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Full text of "Blätter für literarische Unterhaltung"

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HARVARD 
COLLEGE 
LIBRARY 


Blätter für literariſche Unterhaltung. 


Jahrgang 1833. 


Erſter Band. 


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2 


B Tät A ; r 
literariſche Unterh tung. 


ſSabtgans 1833. 





Erster Band. 


Sanuar bi Juni. 
| 


Enthaltend: Nr. 1181, Beilagen Nr, 1-6, literarifhe Anzeiger Nr. I—XVL) 





Reipzig: 
8. A. Brodhans. 
1833. 













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Regiſter. 


Aberglaube in Irland, Not. 36. ‘I train) 1192, (Fouch« — bie Sharte — Ball, G., Robeöpierre, ober ber neunte 
Aebli, 3, P., GEeſchichte des Landes Glas} Audiatur et altern pars) 1208, (Le de- Zhermibor, 897. . 

rise, 292. serteur — Reflexion — Danton — Des Balzac, M. v., Neue Erzählungen, a. d 
Abfchieb einer Miſſtonairin, Not. 840. ie) 1324. Franz. 0.0.2.8. Wolff. 1. 8b. 1179 


Abyffinien, Neueſte Kunde von; 1310. Arago, Betrachtungen über die Bewegung A Se. „ Ersähtungen und —88 


Adele, Mad., Atab de Moutbard, 1828. und bie Natur ber Kometen, 274. 


Abeif VL, &rof v. Holſtein, eDrame, 451,| — —— des Mondes auf unfre At⸗ Bien Di, vu Proph. Eiiſa 1295. 
Ackerdaucolonien, Beisitäe, 2 ‚259. mofphäre, 967. Barginet, A., Die zweiunddreißigſte Halb⸗ 
Album -littör. red. p. A. Gathy, 1508. |Arago, J., et Kermel, Insomnies. 779. brigabe, deutſch d. D. 2%. B. Wolff. 839. 
Aexis, W., Sabanis, 835, Arbigar der Er ue Wanderer, 520. Bärmann „SG. N., Ablev IV., der Held 
Algier, lieber, MR. Arblay, Mad. d’, Memoirs of Dr. Bur- hat: ber Shauenburg, 889. 
Allert, BHort., Indienne, 319, ney. Rot. rrington, J., Bistorig memorials of 
Atpenrofen f. 1888, 282. Arlincourt, d’, * &corchers, 320. lie — 888. 
———— — und ältere franzoͤſ. berfeh. v. Gambihler. 567. Bartels, Fr., Das Bombarbement von 
Literatur, —— Bolt, Segenwärtiger Zuftaib| Antwerpen, 1100. 
Alvensieben , ra »., Der Lügenkaifer, 543.| beffelben Barthold, Fr. W., Der Rdmerzug Koͤnig 
Umerita, Reifen d. Herzoge Paul v. Wür: — Zuieratur, Not. 804. Heinrich von Lägelburg, 235, 
temberg in. Grfter Art. 1129. Zweiter] Arnaplt, Bouvenirs d’un sexagsnalre, — — Georg von Frundeberg. 
Art. 1473. 964. Not. 1086. 
fgen aus Kr 5 B. Abrian). Arasult, F., et Fournier, Struensde, 96%, Bauerafelb, Buftfpiele, 450, 
1289. Zweiter Art. 1 Baumſtark, Edw., Staatäewiſſenſchaftliche 
Ammon, Fr. W. Ph. v., — der ben Artand. A. F., Macchiavell, son genie Werfuce über Stoatscredit, Staatsfchuls 
würbigften Perfonen, welche im 16., 17.) et ses erreurs, 1059. den m. f. mw. 1007, 
m. 18. Jahrh. von bes evang. zur kathol. Artemiflo, Die Schauerruine, 971. — e., Der Sonntag, 28. | 
Kirche übergetreten find, 842. Arthur vom Rordftern, Blicke der Vernunft — Novellen und Phantafieges 
— Chr Fr v., Die Sortbirbung bes; in das Jenſeits, 837. mälde, 159. 
Ehriſtenthums zur Weitreli igion, 860. thalie, Gine vor⸗Racine'ſche, 696. — — Faurſtus, 561. 
Andeo f, 3%, Gtatiftifcge kwuͤrdigkei⸗ Athene. Rebig. v. Ehr. Kapp. 1. u. 8. — — Das tolle Jahr, 1159. 
ber Xoctau, 28. 9. 827, Belant, H. E. R., Schriften. 18.8. 112. 
3 Bere h ‚ Atkinson , J., —— ——— fl — — — — Angelo deil’ 2 112. 
Angetfachien, ehe in erautgeg. the women of Persia, " — — — — Erzaͤhlun . 
RR. Schmidt. 1. Th. Auch eine polit. Schrift, 1455. — — en cine. ‚ der 
Ansuaire du bureau des Tongitnden p.|Austin, Sar., Characteristics of Goethe, Bandit, 1092. 
1833. 00. 982. Beleuchtung , erdiättice , bes beutichen 
Antiten, 198, Autenrieth PA & v., as ben Be: — I. 
ine r rieg auf der Univerſ. Bemerkung üter vn reffag: : Beiträge 
Angeigee für et bes deutſchen Mittel: —X herrſchte, 1 zur Charakterſchiidr. einiger Beitgenoffen 
atters, 1156, Baader, Drang, Pit. Schriften und a den aut . 1831 (0. 9. emerit. 9ı in 
—— (Extrablatt — BReminifcon)| Auffäge 2. D.), 476. 
532, (Bleihnig — Gegenfag) 552, (8a Baafh, A. J., — 889. Benede, S.z, Beiträge zur Kenntniß 
valeite — Tür Pädagogen) 676, (8 Baggefen’s A I. , Briefwechhfel, 801. der aftdeutfchen Sprache und Literatur. 
" bensweisgeit — Ooheit des Gefühtd) 784,1 Bähr, I. C. &., Gelchicte der römifhen| g- Hälfte. 147. 
(Berlorne Worte — — —— 1255. te Geſchaͤfteverei Bennati, J., Die phyſiolog. u. patholog 
uggire tedesco trico-/Baiern, Fortgefegte Ge svereinfachun Y ” 
-Jore — Gchönet —8 SIE, (Politik| im, 620, 4 FR vigefeg f fachung Berhättniffe der menfchl. Stimme, 1363. 


— Werth dee Anebdoten) 1040, (Anek|Baierns Heerzug nach Griechenland, 1028. Bennq, 3. G., Novellen. 28 Boch. 76, 
"date — Borſchlag — Abeltprobe) 1148, Balbi, Adr., Abrege de geographie, 900.!Beranger, Chansons nour. et derniöres, 
(Salebiner — Anektote) 1164, (Meprise — Bailie, Se Dis, Die fufame pe Mebenf.|_ 576. 


— te) 1176, (Garicatur — Euife © Berger, Mor., Rinterabende, 1092, 


Blatter für literarifche Unterhaltung 


Jahrgang 1833. 


Erftter Band. 


— 


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2 


Blätter 


für 


literarilche Unterhaltung. 


Sabrgang 1833. 


Erster Band. 


Sanuar bis Suni. 


Enthaltend: Nr. 1— 181, Beilagen Nr. 16, literarifhe Anzeiger Nr. I—XVI) 





Reipzie 
% A. Brockhaus. 
1833. 


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Regiſter. 


Zoergionbe in Irland, Not. 36. train) 1192, (Fouché — die harte — Ball, G., Robespierre, oder ber neunte 
acht, 3,9., Geſchichte des Landes Sla:| Audiatur et altera pars) 1208, (Le de- Xhermidor, 597. . 
, 298. serteur — Reflexion — Danton — De⸗ Balzac, M. v., Neue Sr ählungen, © 
—*8 einer Miſſtſonairin, Rot. 840. lite) 1324, Franz. v. D. L. B. —8 
Abyfſtaien, Neueſte Kunde von, 1810. Arago, Betrachtungen über die Bewegung Bangkel, &., Eriohlungen und Rene 
Adele, Mad. „ Atab de Montbard, 1828.| und bie Ratur der Kometen, 274. Boch. 876 
Moif VL, Graf v. Holflein, Drama, 451.| — Ginfluß des Mondes auf unfse At Bien Die, des Proph. Eiiſa⸗ 1295. 
Aderbaucolonien, Beigifche, 259. mofphire, %7. Barginet, A., Die zweiunddreißigſte Halb⸗ 
Album “littöx. red. p- A. Gathy, 1508, Arago, J., et Kermel, Insomnies. 779. brigabe, deutfch v. D.2.8. Bolff. 839. 
Iris, W., Gabanis, 325. Arbigar ber Er ue Wanderer, 520. Baͤrmann, G. R., Ablev IV., der Heid 
Algier, Ueber, BAR. Arblay, Ma Memoirs of Dr. Bur- en der Gcauenbung, 889, 
Allert, Hort., Indienne, 819. Rey. Barrington, J., Bistoris memorlals of 
Ylpeosofen f. 1888, Aare Y en &corchers, 320. Us! Ireland, 888, 
—— * und aͤltere kanzſ. Mh} v. Gambipter, 567. Bartels, Br., Das Bombarbement von 
Literatur, Armenilches Bolt, Segenwärtiger Zuftaib] Antwerpen, 1100. 
Atvendleben, rare v, Der Luͤgenkaifer, 543.| beffelben, 9. Barthoid, Fr. W., Dee Mömerzug König‘ 
Umerila, Reifen d. Herzogte Paul v. Wür: — Literatur, Not. 804. Y vdeioriche von Shgelburg, 235, 
temberg in. Erſter Art. 1129. Zweiter Aroaplt, Souvenirs d’un sexagenaire, — Georg von Brundäberg. 
Art. 1473. 964. Rot. 1036. 
aus (v. J. V. Adria n). Arnoult, F., et Fournier, Struensde, 964, Bauernfeld, Luſtſpiele, 450. 
1289. Zweiter Art. 1813, Baumftart, Edw., Gtaatswiffentchaftiiche 
Ammon, Fr. W. Ph. v., Galerie der ben: Artand, A. F., Macchiavell, son genie] Berſuche Aber Gtaatscrebit, Staateſchul⸗ 
wöxbigften Perfonen, welche im 16., 17.| et ses erreurs, 1059. ben w. f. w. 1007. 
=. 18. Jahrh. von der evang. zur kathol. Artemiſio, Die Schauerruine, 971. Behkein, 2., Der Sonntag, 28. | 
Kircye übergetreten find, 842. Arthur vom Nordftern, Blide der Vernunft — Novellen und Phantafieges 
— Gr Fr. v., Die —— des, in das Jenſeits 837. mätde, 159, 
Ehriſtenthums zur —— .  j&thalte, Eine vor» Rocine ſche, 696. — — Fauſtus, 561. 
Andeoffef, A., Gtatiftifdge fwürbigkeis | Athene. Rebig. v. Chr. Kapp. 1. u. | — — Das tolle Jahr, 1159. > 
ten über Bostau ‚8. 9. 827. Belant, H. E. R., Schriften. 18.8. 112. 
—— 868 . Atkinson, J., —— and manners f| — .- — — — "Angelo beit’ Duca, 112. 
Angetfachien, Die Berge ber hereutees the women of Persia, Fa — — — — Grjählungen 
v8. Shmüt. 1. Th. Im eine polit. Schrift, 1455. — — Nietro cine. P der 
1838. 300, 982. —* Serhiättiä, bes deutſchen 
Xntiten, 198. anni, 3. 9. 8. v., Ueber ben Geiſt,, Staatsrechte, I. 
—* im 8Ojähr. Kriege sauf dee Univerf.| Bemerkung ter ven "uffag: Beiträge 
Angrigre Kir Kunde des dentſchen Mittels Tübingen berzfchte, 1 zur Eharakterſchildr. einiger Beitgenoffen 
alters, 1 Baader, — Piel. Schriften und in den 2 f. 1831 (0. 9. emerit. 9 in 
* nr gr nf — ——— J. 2 839. — 
( — Gegenfag a Baafdh, ., Ge * enecke t 
— Be RS: —— * Sen 
densweitheit — Hoheit des Serie) 783,1Bähr, I. 6. J., Geſchichte der sömifhen| ©, Hälfte. Gm 


(Berlorue Worte — Schoͤne Maxime — Literatur, 1 
Buggire tedesco) 824, (Cocard trioo-!Baieen, Forigeſerte Gefchäfte Bennati, ®., Die phufiolog. u . patpolog. 
ee Forteeſette Geſchaſtevereinſuchnng zer nflmiffe der menfähl. Grimme, 1 15 
. — Werth der Anefboten) 1040, (Anck | Baierns Veerzug nad) Griechenland, 1028. Benno, I. ., Novellen. 28 Boch. 
dete — —5 — Adelt probe) 1148, | Balbi, Adr., Abrégé de géographie, 900. Béranger, Chansons nour. et —e 
(Ialobiner — Aneltote) 1168, (Miprive|Baide, Ri, Die vlame She. Urberf.| 576. Ä 
— at) 1; 1176, (Goricatur 1352, 


p. Luiſe Eck. Berger, Mor., Din eradende, 1092, 


U 


Berlin, Gorrefpondengnachrichten aus, 23,1 Brodhaufen, Mub., Euife, bie Königin, | Campagna, Mäuber ber, 715. 
52, 258, 464, 547, 668, 827, 911,| feche Geſaͤnge. 837. Canada, Statift. Rot. 944. . 
1055, 1208, 1495. ® Brockhauſiana, Art. aus ber Zeit. f. d. eleg. Sannabig, 3. G. Ir., Reueftes Gemaͤlbe 
Berri, Herzogin von, Denkwuͤrdigkeiten u. W. abgebr. 991. von Frankreich, 1239, 
Dauptmomente aus ihrem Leben, 524. |Bronikorwsli, Alter. v., Gchriften 13, und Capefigue, Histoire constitutionn, et ad- 
Berthoud, Henr,, Le cheveu du diable,} 14. ®b. ober Dlgierd u. Olga. 4. u. 5.| ministrat. de la France, 1321. 
951 j 





. sh. 40. Sappellari, 9. M., Kri des heiligen 

Beſchreibung ber Schlacht bei Lügen unb — — — Die Frauen von Stuhls 1431. ‚ru beilig 
Guſtav Adolfs Tod, 641. Neibfhüg, 61. Safanova, Urtheil ber Revue de Paris 

u aber bie Repräfentation mo: — — — Beit, 519. c Ober Im ge Aitia dal 
ralifher Perfonen . Cellini, Benven., Vita a lui 
B:belüberfesung, Berfälfgung ber englifchen,| . "app, &. , Polniſche Miscellen, Nr i meide., pobl. dal Tas, 537. le 
— ** parlamentariſcher Beredſamkeit. —— — 1189 an hand unt Eiteratur, 882. " 
1288 ’ auge, : Chambers, Rob., Lives of illustr. and 


1. e D 9 5 
a 6 sehn Mies Garn Ging Tun Ei 

v. C. A. Holmboe. . ‚ Urfpr. ‚864, 
Bignan, Une fantaisie de Louis XIV, run, Brieber, Römifhes Erben, 989. bgl. Shey, W. v., ——ã— Eli a 

950. R iolaericht, Buccaneer, The, a tale, 564. T. TAæx. Perarca, Drama. 
Witberbed, 8. 8. v., "Das Specialgericht, — . = ü 5 —5 — 6. 8. Bar —e— pr — — ade u. Wörtern 

, und v. 3. Sporfchil, 1017. „4 

Birmanen, au bes Ghriftentgums in Buchdruckereien u. Buchhändler in Frank⸗ Bäder, der (Kuffog v. Wilh. Schott), 


ihrem Reiche, 932. reich, 295. . 
Biſchoff, Merkmürbige Sriminalvechtsfälle.| Bucher, A. L., Zür Revolutionsfreunde u. —— ——— zur oͤſtreich. Ge: 
1. Bd. 3 0 ‘ . . {} 


Revoiutionsfeinde, 150, 
Blanc, ——— 

digſten aus der Natur u. Geſch. der Erde. * Königehand, 1176. 

.1..%5., 1857. Ban, Huber Beruf und Stand des ginrend, Uefprung bes perjogl Kite von, 

Biaut, ©, Br,, Das Muftge, 212.  Bußolg, BB. D, Gefhichte ber Begier| ysugon, Therdse, 390, 

Blicher, ©. 38 —— kur Buckogaem 185 Mi —e— re.) Slaufewig, General K. d., Vom Kriege. 
» Ye %s « y mv. .9g . - — 

Ntoqhen auf Rhodos, view and family ma gaz. Rot. 640, 56. diaterlaſſ Werke. 1. Bd. 1. 2. 
Blindekuh, Not. 448. Peard, E., Le marquis de Kermo-) si" Dis gRact des Gewiſſens, Drama. 
Blum, K., ODramatifche Werke, 714. triou, 820, , 

Blumenbach, W. C. W., Neueſies Gemälde) Bührlen, J. &., Der Enthufiaft, 868. Cobres, AL, Der Reichetag ber Thiere, 176. 

ber öfkceich. Monarchie, 1239. eutfäpen, 907. nficten eines Süd Cie offering, The. Bd. dy Lu M. 
Blumenlefe aus Gchlefiens Alpenthaͤlern, deutſchen, * Sheridan. 167. . 

881. Buͤlau, F erfaſſung und Verfaſſungs⸗ Gonfeil, &. P., Polit, und philoſoph. Miss 
Bohemus Ye Die Burgruinen Boͤhmens. 2. 88 dei dnigreichs Sachſen. 1. Bb. cellen aus den Memoiren und der Cor⸗ 

Bbh. . z.reſpond. v. Th. Jefferſon. 741. 

Bohe, A. W., Geſchichte der neuern deut⸗ Bulgari, Stamati, Notice aur Capodi- Constan .D theisme romain 

(den Bocf; 316. strias, 892. u Dupoly 


‚ 85. 
Bonnelier, Hippol., Calomnie, 320, Bulier, Gugen ram, 25. Walter Scott's Gonverfations » Lexikon ber neuften Zeit unb 


_ “| Urtheil darüber, 132. 
minee, 780, La pleque de che _ England ai —— gr _ * 
— Juivre et Mauresque, Buͤrger, ©. A., Aeſthet. Schriften. Her⸗ 
N ausgeg. dv. K. v. Reinhard. 407. Pie runs, 25. 


1327. 
Borel, P., Champavert, contes immo- Barnes, F ee of, a visit to the Corbiere, E. de, Les pilotes de l’Iroise, 
raux ’ y t 


* ® 3%. . 
drne, L., Briefe aus Paris. 8. u. 4. Tg. Burnouf, E., Rapport sur les travaux 984 | 
Ber ’ j pa de la sociôté asiat. (Aufſatz v. J. ©. ef 1 ' herausgeg. von Aloys 


Ausıe| 8. Kofegarten) 1493, wer 
ee * — boit des Aut Buß, 8. 2, Bot, u. Volkermoral, 312. Coup d’oeil sur la révolut. de Pologne, 


ee —S Baiernt, 591. Bussoni, Ph., Memoires, fragmens his- Gramer ‚br, Sf chi chte ber Erzieh. u. des 
ichts 


Literatur (Probe baraus), 77. 
sitter Art. 8 — 


Boucher, Glossary of archaic and pro-| toriq. et correspond. de la duch. d Or- Unterrichts in welthifier. Gatwidelung. 
vinc. words, Rot. 60, 112. leans, 845. . . 8b. . 
Boury, Ad., Me&moires de, 1241. Butte , Dr Dip. a Craon, la Priac. de, Thomas Morus, 779. 
Brofilien, Klima. Not. 84, Byron über Eoott. At. 855 Graffelt, J. A., Die Bekanntfchaften im 
Braun, J., Die Mebdicin des 19. Jahr- — vor, en 991 rt. 855, Einglifhen Babe und die Ahnung, 971. 
hunderts, 645. T. über £iebe, 991. — — — Die Gur, mnebfk andern 
— von Braunthal, Fragmente aus b; Cabot, Seb., A memoir on, 612. intereff. Erzählungen, 971. 
Tagebuch eines jungen Themanns, 756. |Gäeilie, Taſchenb. f. Freunde der Tonkunſt, Grebillon, Das Copha, beutfch d. 3. Gas 
Briefe aus und nad; Abbera u. f. w. über] herausgeg. v. kyſer. 288. fanova, 1191. 
Demolritos angebl. Verruͤcktheit, 194. Callenius, G., Der Tod bes Malachoweki. Crome, A. J. B., Selbſtbiographie, 1057. 
— — Wien Über ben Herzog v. Reich⸗ Drama. 709. Sruflus, M., Notiz über befien Turco- 
ſtadt, 1040, Gamaleonti, o. bee Briefwechſel durch die graecia, 1500 


— — Bin an Frau &—u, 1806. Kapuze, Luſtſp. d. C. P. u. 448.  IGuriofe, Eiterar. 1119, 





M 


Cartis, Th., The exist, menopoly, 492.|Droz- Desnoyer, Le conteur noir, 779, Falſen, E., Ida. Aus b. Din. von Ehr. 
Cuvier, G., ” Mömoires, 1870. Drudfehierunfug, Not. 448. G. Wetter 717 
Dahl, 3. &., ‚Domcapituler in Mainz Duden, Sottfr., Europa und Deutfäjland!Faulkner, A, B., Visit to Germany and 
1031. von Rorbamerifa aus betrachtet, 919. the Low Countr. 454, 
— — Die heilige Hildegardis, Duelle in Jena, Not. 100. Feldzug der Ruffen u. Polen gwifchen Bug 
Tis Duller, Ed., Der Antichriſt, 1287. und Narew, 19 


Daͤnemark, Finanzen von, wie der Hergeg: |Dunlap, will, History of the american Felix, Jul. de &., Dalilah, 951. 


thümer Schletiwig u. Holftein, 773, vgl. theatre, 1044. Berber, 8. W., Reue Beiträge zue Kennt: 














Rathanfon. Duval, Aler., und Bictor Hugo. 3”, 589. niß des getverbi. u. commerc. Zuſtandes 
Danileweky, X. Michaleweky⸗, Denfwür | Dyre, Alex., Ausgabe der dramnt. Werke) der preuß. Monarchie, 607. 

diakeiten aus d. 3. 1814 u. 15, 67. von Greene, Perle und Webſter, 780. ZFeuerbach, A. v., tieine Schriften. 1. und 
Dankbahr, W. v., Der Uebertritt des poln. Dymocritos, ober Hintestaff Jopier tinee| 2. Abth. 538. 


Fiacte, Urſpr. des Namens, 864. 
Fichte, J. H., Ueber Gegenſag, Wende: 
punkt und Ziel heut. Philoſophie, 233. 
Finanz, Ueber das Wort, Not. 148, val. 

414, 


Sebiet, ar. Earle, A., A narrat. A a nince months 
Darfiellung, Geſchichti. des Befbguge der resid. in New Zealand in 1827. 44. 


Reifen, verd. v. 8. 3. Ph. v. Martins, She, Ueber bie, sie. 
797. Eichendorff, Ser Schr. von, Die Freier, 
Dazur, Fr., Marie ou l’initistion, 1828. 2ufifp. 7 


De imitatione Christi, wer ee geſchrieben? Eiſenlohr, ehr. Jak., Irene, oder Verſuch Follenberg, K., Seid. vr Berbinbungen i 


35. Bermitt!. ber bilofo b. Syſteme (v. der neuſten Zeit 7. 09 
—— er Diamanten und Ju: 8 Mehring), ⸗ Forgei me net for 1838 by F. Skoberl, 
Eifenmann, 3.%., und 6. F. Hohn, topo⸗ 
Delstouche, Valde aux lups, 912, 98. ee ‚ fatift Lexikon vom Königr. —* —5 Guſtav Adolf. Hiſtor. Dra⸗ 
e, Can, Les fis d’Edouard,| Boiern, 
—— ν ove Eiſenſchmidt, L. M., Beiträge z. Kenntniß * er. A, nicherdett, üderf. v. q, 
Delavigne, er ar XI. Trip. „ über. * —*8 600. D. Gries. 2. Th. 
v. P. H. Kuͤl Ellrich, Aug., Genrebilber aus 


Foncher, Paul, Prien dans le monde, 
779 


Demarest, Tensigmagen historiques ou) und ben verwandten Ländern, 1183, 779. 
FFouinet, E., La strega, 819. 


quinze ans de haute police sous Na- Emerina auf Madagascar. Rot. 536, 


poleon, 700. Emmy, Märgveilhen, 1352. Fouque, Karol. v., Der Schreibtiſch, 1451. 
Demoftpenes’ Staatereben. Ueberf. u. f. w. England, Briefvoſten in, und fatift. Notiz. Fraͤhn's, Ch. M., Beleucht, der merkwuͤrd, 
v. Irdr. Jacobs. 657. 1368, Notiz. eines Arabers aus d. 11. Jahrh. 
Dentwürdigkeiten und Hauptmomentt auss — Dampfwagen und Gifenbahnen, 1381. 
dem Leben ber Herzogin v. Berri, 524. | 328. Franee pttoresgne, 1285. 
Deppen, D. v., Novellen. 1 Bid. 1092| — Journalweſen in, 635, Tronti, & a6 Habsburglied, 835. 
Desbordes-Valmore, une raillerie de l' - — Skizzen aus (0.9. 8. Adrian), Branfteich, Buchbrudkreien u. Buchhaͤndl. r 
mour, 952. 817, 993. in, 295. 
— Les pleurs. Poesit — Borſchlag gu einer literar. Want, — Religidſer Glaube in, 727, 
nour. 968. 7r2. — Verbrechen in, Rot. g8. 
Desprez, Ern., „Un enfant, 951, — Literatur, Neuere, 2, 28, 654,| — Vertheilung bes Bobens in, 712. 
Diaicktiſches, 756. 787, 869, 980, 10% , 1846 . Franz, Agnes, Gyanen, 1852. 
Diamant. Der Linte, Not. 586. . — Marine und Dampfiäiffadrt zw. Franzoͤſiſch und nur Franzoͤſiſch! Not. 776, 
‚3. &., Berfudge zu Sehen, oder| Indien, Not. 768. Franzoͤſiſche Golonien, Statiſt. Not. 944. 
Bde auf die Vergangenheit, 312, — _ Romanporfle zur Charakteriſtik der — Uiterar. Antiquitäten, 512, 1099. 
Divination auf ben naͤchſten wärtemberg.| neuen u. ſ. w. (0. F. G. Kühne). Er _ Romane, Neuefie, 319, 774, 
Sonttag, 10. ſter Art. 25. Zweiter Art. 177. 950, 1096, 1147, 1827. 
Don Pedro's Made, bearb. v. 8. Kruſe, — Union, große literar. 888, — Sprüchwörter, Ueber einige, 
Dopmel: und Munt enſchen i. 3. 15 Ensiyo, Kistor,eritiee sobre la legial “> Zeitſchriften in den Provi 
ppels erm n i. J. 1557.|Ensayo istor.-critico sobre la legisla- — Zeitſchriften in ben Provinzen 
Misc. 68. cion de Navarra, 533. ui 556. zen, 


Fremy, Arn., Les deux anges, 819. 
rere, Ed., Fragmens lättör. de Jeanne 
Grey, 


Döring, &., Das Opfer von Ofleolenta, ICntführung, Die, oder der alfe Buͤrger⸗ 
37. capit. Lufiip. 880. 
— Phdantaſtegemaͤlde a. 1888. Erdmann, Fr., Expeditio Russorum auct. 


102. Nisamio, 1354. Breudenreih, D., Die Zamilie Orloff, 776. 
— —  BRoland vor Bremen, 847. Erfahrungen eines jungen Magiſters 844. Freundedgräber, 889, 

— — Tage der Vorzeit. Dramat.|Grinnerungen eines alten preuß. Offtz. aus Freya, od. eheliche Kiebe und haͤueliches Les 
rerät. 713. “| d. Zeldzligen 1792. 9 1127. ben, 419 


edber R. F v., edmei . Annalen 
1.u2 zer 


Bine, G., Guflav —* Helbdentod, 
ine der Srofr, Rt, über ihn, 315, 


496, 1291, 
beffen eigenhaͤnd. Dies 
glnlefolationen, 87. 


D., ‚Jean Papl edr. Richters Eryählungbliterotur 
desen und &h —— 1206 ® Elder, Dor., —8è > raltiänge, 854. 


Dramatifihe Bürherfhau f. 1882, Stfleri eff Ne BW., Denkſchrift auf Georg Hermes, 
Artitet 445. Zweiter X. 598, Dritter 363 nl u ’ 
Art. 709. Etienne, Pauline, 1147. 

Dresbvens literar. Leben u. Wehen am (Ende) Etwas über bie neneften Volkefeſte in ei 
des 18. Jaheh. Erſter Art. 625, Zwei⸗deutſchland, befonders In Baiern, 120 
teg Art. 79, uftatdios von Ipeffalonih, Rot. 632. 


u. | j \ ® Ä 1) 


. x . IV ” j 
Friendship’s offering and winter ’s[@riedhenlanb, Mittheilumgen über, 105, Heine, H., Bus Geſchichte der neuern ſqꝛ 









wrath, 167. 878, ve, 658, 678, 750, 955, 1210. | nen Eiteratur in Deutſchland, 929. 
Frigart, gt Anregungen. Erſte Rums — Rotigen 900, 1876. Th. 1388. 
mer. 287 Griechiſche Sproche Grammatit und Erris baten I. A. G., Gedichte. 1. H. 880. 


kographie, 972. J. 6. A., Grundzuͤge ber C 
Erienwalbt, 3. M., Wiens erfte Belage⸗ minalpfphologie, 1050. os e. 
rung durch bie Türken. Drama. 451. |Heder, 3. $: ©., Die Tanzwuth, 395. 

Srieffelih, 2., Sktzzen aus dee Mappe ei⸗ — GE. Th., Saitenklänge, 965. 


Gagern, Mein Antheil an ber Politik, IV. 
497, vgl. 801. 

Gardiner, W., The music of nature, 48. 

Gay, Mad. S., Un mariage sous l'em- 


ı pire, 774. nes eifenden grmdopathen, 16501. Senftenberg , 6. ®. und bie e 
Beyenwart Polit. und literar. 345. Grosheim, ©. E., Fragmente aus ber Ges —— mangelt 
Geib, K., Handbuch der griech. u. roͤm. ſchichte ber um 1115. Heft, Bernd. , Die "Rinde und ihre Geg⸗ 
ee —— 1881. 1184. — — Chronolog. Verzeichniß, ne, 579. 
Gelehrtenge e, ge zur, Bibliothek l. De 
——— The irish, 932. Grosztowsty, ©. v., Das Leben bes Ge 2. Bd. "Bavater. 288 $, ir ner. 
Gerbeffen, 3. A., Reben an das Volk, mer. Gr. Bog. Tauengien, 459. Herloßſohn, ©,, —* Leiden, 124. 
127 Großmann, Ehr. 3. £., Ueber eine Re⸗Hermanfried, Srauerip. 


276. 7. 
Gerhard ‚ &b., Thatſachen bes archäolog. formation der proteftant. Kirchenverfaſſ. Dermann, Ueber den — * in der 


Inſtituts in Rom, 599. „in Sohlen, 155. Kunft, 832. 
Gersborf, Wilhelm. v., Renate, 818. Gruber, &. X., v., Spätlinge, 829. Hermes, Georg, 362. 
Seräihte, Die, von ben fieben Schwaben, | Gruner, &. A., Ueber MWollsfchuhwefen u.| Herrmann, A. 8. ag kebrbuch ber allgem. 
Boltsvereblung , 1871. Weltgefchichte, 1 
Befäihtfäeeiser und bie Geſqichtſchreibung Gruppe, Die, der Charitinnen, 220. Dergendtron , —E Keinigleiten. 8 . 


ten barüber, 465. | Guacharogrotte, Die, 752 
—— —— heilige eig, | Gurtoda, Meftfät. — — 1833, der: Heu soir, 
ber, 830 / ausgeg. v. M. Bachmann. —* . beye⸗ —æeS—— v. beutfch. Sprache, 
" Gunn, W., Cartonensia, 860 
Glaukopolitanus, Gaef. Nyktimen., Die Günt er, %., @üb: und Norblihter am Si, Hofr. ., Dr. Waagen u. f. w. 169. 
magnetifgen Träume, 830. — [perula. Theologie, 116. Hirtenbriefe, Drei geiftlihe, 14. 


Gluͤmer, Charl. v., Die graue Nonne an ag, Geſchichte unfrer Hodges, G. Li., Narrative of the ex- 
clemence⸗ Grab, 844, Ge ber Gegen⸗ Erde, ‚1344. Poofiſche ng te anf pedit. to Portugal in 1832. 1247. 
— si. — : Die Fehbe der Geg Guſtav Adoif, wo er gelandet? 8. — Ir Menſch in allen 

— Dehrdent und Did — — König von Schweden, der| Hoffmann, K. 3., Das Richtvorhandenſein 
ung. 1. u. u. 2. Boch. Netter Deufhlande, 642. der Schidfalsidee in ber alten Kunft (v. 


Godofshin, 1043. 

Golbery, de, Essai sur l’hist. et les an- 
tiquit6s du departem, du Haut-Rhin,|Halls, J. J., The life and advent. of deinen, 
1099. 


Halevy, L., et Francis, Indiana, drame.| Amab. an ‚121. 
1479. —8X bes deutſchen Kir⸗ 


Nathan Pearce, 1310. — L bollͤndiſche Bolkslieder, 
Gordon, Th., History of the greek re- Hamburg, Torreſpondennachr. aus, 908. 1105. 
volution, abs, Hamilton, Elifab., Briefe über Erziehung. — J. D., Bauft, 680. 

Goͤſchel, — F., Seel und feine 3eit, 238.| %. b. Engl. v. 2. K. Meier.‘ 1837. — C. 3., Kampfbilder, 837, 
Goſſelmann, x. * Reife in Golumbien, Hammelburger Reife. 11. Fahrt. 925. — K. F. Rolle. ., Jahrbuch d. Rei⸗ 
überf. v. A. ©. F. Freeſe. 1240.. Hammer, Jel v., Sefsigte bes odman. fen u u. neuſten Statiflil. 1. Jahrg. 1003. 
Soßler, A., Das Chriftenthum, 1090. Reihe, 9. Bd. — — — Die Erde und 

Gdihe, ueber Kunſt und Alterthum. 86 H. Sat, Ad., Das Dräbchen von Gleiwitz, ihte < Benopner, 1804. 
bes 6. Bbs. 143. W., Beichreib. ber Erbe, 1804. 
— und Satan, v. Feop. D. 1164. FR „Henr., Tante und Nichte, u. Die — J. J., Beiträge zum Schach⸗ 
Goͤthes nachgelaffene Bere. 1-5. Bb. dritte Frau, 376, ſpiel, 1852. 
— Cliſabeth, 1892. Hoffnung. Ein Gebicht. 8834. 
ri —— an Labater, herausgeg. v. obegr⸗ Ueber das Heirathen der Armen, —— C. F. F holerodea (Kritik d. Ih. 
€ nbt 
Gottesftant bes Heil. Auguftin, 884. Hanf, G., Biftor.s ftatift. Darftellund | Hook, Th., I "The parson’s daughter, 1048 
@öginger, M. W., Deutfhe Dichter. 2. ber Anfel Fehmarn, 1036. Hormayr, Jeſ. v., Taſchenbuch f. d. vater⸗ 
674. Hauſer, Kasp., Bemerkungen über ihn. 549.| laͤnd. Sefhichte. Neue Folge. 4. Jahrg. 


Bräberg von Sen, Das Sultanat Mogh' 5 — einpfgologifhes Nachtſtuͤk, 897. 


ribb⸗ul Alfa, uͤberſ. v. A. Reumont. 1378. 685. Horſt, J. F. to der, Getreue Erzaͤhlung 
Graͤbner, K., Novantiken. 2. 8b. 971. |d’Haussez, Bar. de, La Grande-Bre- bes Verlaufs meiner proceſſual. Verhaͤli⸗ 
Graffs altpodjbeutfcher Sprachſchatz, 623. | tagne, 871. e in Hamburg, 55. 


Gräff, Der, wie er leibt und lebt, 883, 
Great, ein Gefpräd über das Papſtthum. 


Gregory, 8. v., Denkſchrift Über ben wo ‚259. . 
ren Verfaſſer des Buches von ber Na debr. „eine poetifch » muſikal. Toilettengabe. u, Eh Die bemagog. Umtriebe in b. 


avast, Fe TO und, 8 Michael, Sproͤß⸗ —8* 834 A., Gfiggen aus Spanien. 2. 
inge 
Heafh’e Pieter. nal, by L. Ritchie. Huerne de Pommeuse, Des oolonies agri- 


folge Chrifit, Über. v. 3. B. Weigel, 85.| 102, aſchaften, 69%, dgl. Bolenberg. 
Greswell, W.P., A view of the early|Hegels, G. W. J., Werte. 1. — A, u. Hugo, ietor, Le roi s’amuse, 8 

paris. greek press. 564. 12, Bb. 233. La Quinqueng 
Greverus, J. P. * Ueber Shakſpeare's deruq Gräber, Not. 76. — Luorèce 7 26 261; 

Romeo und Julie, — Heigel, ©. M., Die Zeitalter, 721. Parobien barauf, 608. 


Gua 8, Zelpn, 966 Seine, ©, Stangöfifge Zufände, 846. = .— under. Dunal, 352, 539. 





% v — 


HAego, 5 Litterature et philosophie Ralaihuitof, S Bu ——9 115. Sb, Job., Die Maurin, 916. 


des Kauf: rufe, Di u utt d 
Hulbigung den Frauen a. 1833, herausgeg. anne Sholobor (v. 8. ©. Kühne), BL: ‚ do, ie Urgroßmutter und ihre 8% 


v. opel, 97, — —  Diealten Freunde. Yalmyra. 40. 
— — a 1334, 1378. Kamenski, Demetr. Bantyſch⸗, Geſchichte — — —— —E8 
Homtold, Bob., Die Sutperbrile, 1248. | Nieinrußlands, 1195. hen von Rhodos, 916. 

Surtabo, Der Zeufel ns groile Oper, Lapodiſtriat Schriften über, 60, 260, 392.| — — Das fhwarze Herz, 1179. 
bearb. v. Lichtenſtein. 45 Koramfin’s Geichichte bes zuffiihen Beide] — -—— Don Pebro’s Badye, 1179, 
Hyakinth, Denkwuͤrdigkeiten "Aber die Mon 11. — herausgeg. v. Blubow. 1805. | — — ©. auch Blicher und Kay: 

golei. U. d.Ruff. v. Fr. v.d. Borg. 179.1 Karls XI. von Schweben Viſion, Officiell. mund. 
Jacob le biblioph. Vertu et temperament,ji Gutachten darüber, 1068. Krufeniann, ©., Ratigen, herausgeg. v. X. 
75 — Quand j’etais jeune 776. Karr, Alph., Sous les tilleuls, 775. El. Sterk, a. d. Holländ. uͤberſ. v. C. 
Jacob, K. G., Charabteriſtik Lucian's von Kartoffeln und ir. Verbreitun ng 864. Mapboom. 444. 
Samofata, 420. Keepsake, The, ed. by F. Mansel Rey-Kucharſti, Neue Eintheilung der flawifchen 
Jacob's Anfichten von den Birkungen der) nolds, 164. —— 851. 
Gold⸗ u. Silberausbeute u. ber Münze, Kımpis, Thomas a, 85. Kuhfahl, L., Die Geſchichte ber Verein. 
723. Kirchenmuſi ueber, 819. Steeten von Rorbamerita. 1. u. 2. Th. 


Jacobi, ©. J. *8 — der Stadt z Kiggheler, M ., Das Leben Wilh. Farel's, —8 F.T., Poerie- francalses et ita- 

he ae Bu — Klaproth, J., Examen crit. des travaux iiennes, 199. 
—— 8* blungen bes de feu M. "Champollion, 586, Kunft, Denkmaͤler alter, 140. 
gar * nee * eife im Drirat 088 Klein, J. A., Das Mofeltpal. 1. Abthl Kunftftatifif, Zur, Rot. 148, 

quem Ad Orient, den en 782. Kurländer, gafpiele, oder dramat. Almas 
ur &; 5 zum beutfi olks⸗ 0” Dentplätter f. meine Freunde L ned f. 1 1858 22. Iabız. 446. 

. abutte, eux m © saceord 820. 

Jahrbuch — Buͤhnenſpiele Heraußs Klencke, Herm., Harmonien für Geiſt, Herz|Lacroix, J., Une grossesse, 780, 














gegeb. © - 5. 8: Bubig. 12. Jahrg. fl und Ginn, 834. Ladenburg, ®., Die Gl ellung be 
833. 446. Klenze, Berfuch über bie Bedeutung ber|_ vaeliten Badens, 861. “öhelung der Je: 
Jahre, Zwei, in Peteröburg, 1073. Provinzialftände, 483. Lafosse, T., Le bosquet de Romain- 


James, Mary of Burgond 982 
rem, Rem, über bie Beichiffung ber Luft, 


an Yaul, ar aus beffen Leben. 
7.8. Beftl. (v. € nsltfab) 1169. 

Jeanne de Naples, 1147. 

Sefsitenbelannt haft, Gine, 1874. 


Klusmann, Fr., Rovellenkranz beutfcher| ville, 779. 

Sdeififeler, 1. u. 2. Bd. 344. tamartine, Alph. de, Wo flehen wir? 92, 
sur, ® A., Anſchauungen a. b. Schweiz, Laͤmmergeier, Dex, 0. Gelerabler, 455. 
Knorring, 8. R Miee Bibliothek für ” en Fr * * Po Nr 

norrin v. ufſiſche ang itter v., oſchreiben a 
—— —— a a arehen on 3. 


Knowles, J. er » The elle, a tale off fange, —8 ‚bi Diedertaͤufer zu Muͤnſter, 


Jeux floraux, 7 Mantua, 1248. Schauſp. 
Jaorꝰe Bug gegen m die Polowger, 1124. |Röhy, R., VPoetiſche Werte. 1. I6. 812.| — @., Unterfucungen über die Geld. 
Smmermann, 8., Merlin. Cine Mythe. Komet, Der zu erwartende große, 276. u. das —*2* ber nord. u. deutſchen 
(Beurtheil. v. ®. Alexis) 873. - IKometen, Ueber,. 274. Helbenſage, 902. 
!Impartial, 1277. Koenig, H., Die hohe Braut, 1041. Laplace, Voyage autour du monde, 592. 
Indien, Brauenverlofung, Rot. 96. Könige, I T, Dre Sommer, 830. Lappland, Denen ha Erſter Artikel 65. 
— Notizen (Weihe eines Parfentem: | Kopenhagen, Gorzefponbengnar. 627. Zweiter Art, 1 
pels — Alter der Bılt), 156, 252. Korais, literar, Nachlaß, 7 Lasker, J., Beide, 839. 
— äulzefen im britifäyen, 129, drner, Jul, ie zu einer Phi⸗ Lassailly, Les roueries de Trialph. 951. 


Ingls, A. D., The Tyrol, 863. lofophie des Nationalismus, 103. Laſſanis, G., Der Renegat auf Morten, 
Inſel id, Die. Hiſtor.⸗ romant. Erzaͤhlung, Korte, C. G., König Voilmar auf Har⸗ Üäberf. v. Harro Harring, 608. 
denſtein, Trauerſp. 722. Laube, H., Das neue Ja rhundert, 1219, 
*. Antiquites du grand cimetiere| Kofegarten’s, L. Gotth., Reben und Eleine Sauenftein, Fr., Neue Sammlung von Ge: 
d’Orleans, 656. proſaiſche — ——8 von @.| dichten, 833. 
Jof, I. M., Allgemeine Sefhichte des] Chr. Er. Mohnik Lauter, K., Pring Hugo, Sr 598. 
isroelit. Wolle, 605. Kogebue, A. v., —8 des deutſchen eeben, Das, auf dem Lande, 244. 
— __ Dffnes Sendſchreiben, 861. — fortgeſ. v. 8. A. Kuͤder. 4 Bd. Lebensdauer, Menſchl., Berechnung derſel⸗ 
Journal of an excursion to Antwerp, 868. ben, 1168. 
Stalien, Aus, 89, 84, 212,424, 732, 791, — — Amero⸗ dramatiſcher Lecerg, Th., Nouv. proverbes drama- 


936, 948, 98 4, 1060, 1228, 1272. Spiele. 81. Jahrg. tiques, 1056, 
— Bemerkungen eines Ruifenden über, | Krämer, ©. v., Geſ ia ni unüberwinbl. Lefävre, Jul., Confidences, 964, 
969, Blotte, 1 1396. Legouve, E., Max. 779, 
‚5%, 540, 544, Krebſe, ihre Verwandlung, 1144. Leibrock, Aug., Der weiße Sonntag und 


Literar. Noti 
576, 624, 1080, 1 52, 1244. 
— Zaſtant der Liter. u. ber Wiſſen⸗ 
ſchaften in, 1445. 
Suben, ade Lage in Preußen und Schrif: 


Sure Irrthum, Starker, Not. 840.| und bie Schweiz, 2 

Kaffıe * — des, Not. 808, Krofigt, Erneft.v., Laͤndliche Stunden, 244. Leopardi von Rimini Sefprädebüditein, 684 

Kaifer, Joſ., Kleinigkeiten für. eine allgw | Krug, WB. Zr., Allgem. Handwoͤrterbuch der Lerminier, E., De l’influence de la phi- 
lange Stunde, 484. phitofoppifgen Wiffenfchaften. 1. 2. Bo. losophie du 18. sidcle ‚sur la lögislat. 
— Franz, Der Weltorganismus, 1175.1 110% 070, 


Kritel, Adelb. Iof., [1 Bubeeife durch ben] drei anbere Erzaͤhlungen, 800. 
größten Theil ber Öftreih. Monarchie) — — Die Bamilie Ahiburg, 972. 


bert, 
Reititer und Rrititen. Befefe. 64. Eembert, Bifor, Ofisge der f. E: Hoftpeater 


Kröger, 3. ©., Reifen durch Deutichland Lson, Mad. de St., Henri, 780. 


— — — — — — — - 


" "WM 


3, G. Urtheil über Keger, 62. Maclaveli’s fämmtl. Werke. u Michelet, 8. , Einfeitung in Degel's 
sein — she in Sonn] ® Bere v. 3 ‚Biegter 1. Bd. 1150. —— Abhandlung en, 233. 8 ie 
Same ms Echweden darüber, 5 2, u Für, in Ver Bi B., Bereit und Behreib, de 
— ec v 5 ehema ei Cam 
Lettres de Napolöon à Josephine, 120; Bind. mit Wriebri IT. Antimachiavel), IMtiehieroic, , Rot. 636. 


Bemerkungen gegen biefen Auflag von ” WB. Braten von Hohenthat» Städten) — Drbon’3 Rebonte, 747. 
Buddens, 1895. . tiefe. 1151. — Die Bücher bes poin. Wolke, 
. Lead, Fr., Ueber das Anlehn ber koͤnigl. mliit J. E., Der Graf v. Mirabeau, 22. 1282, 
preuß. Geebandlung, 211. Mahon, History of the war of the sac- — Konrad Wallenrodt (v. K. 8. 
— X, Das Octoberfeſt im J. 1882. cess. in Spain, 47, vgl. 604. Kannegießer), 1345. 
1172, Mai, A., Scriptorum veter, nova coll. Mintberg, F., — Sagen u. Er⸗ 
— 7 Movellm. 3 20. 1 |gRaci R y * ie England ale —** Io 10 1048, 1084, 1096 
N N 1 a 099, eſchichte von 5 and, ceuen, N ‚ ⸗ 
de  makit ber ruffiniſchen gperf, d,.G. 9 Murm. 2. &h. 1491. | 1140, 1160, 1212, 1228, 1248, 1856, 
’ —* — vo, Hanbbud der Mill: 1291, 1308, 1316, 1320, 1828, 1344, 


tairgeographie v. Europa, 1294. 18360, 1872, 1380, 1392, 1482, 1443, 


Liber, L., Frescogemaͤlde und Genrebilder, 
838. Maltig, G. A. v., Pfeffertörner. 3. Hftl.| 1460, 1492, 1496. 


dies mi Ig enduch f. geſell. unterhalt. 175. Witcelen, Krit., 124, 810, 
Manna, Das, ber Ieraeliten, 1296. Miserrim , 564. 
Life, "The, ih a saylor, 787. Bank, Konr,, Geſchichte der Deutſchen. —72— Rot, . Geſchichtliche Radroeifängen 
Lindeman, $. 8. v., Meine Gefangenfchafti 2. Th. 896. über bie Gitten u. f. w. der tübinger 


in Rußland, 1404. ** J. a.” ‚ Anfangsgrünbe d. Geo: Ecubirenden während bes 16, Jahrhund. 
2 ⸗ 2 grap 
Eindner, Wolf, Einige humoriſt. Abende. u es "9. $., Geſchichte der ger\mRalke, B.0., Decftellung ber innern Ver— 
Eipomätg, 8. 3., Eben u, Theten Mari * Zgeindungen ber meuflen Ari.) pältife unn des gefelfihaftl. Zaſtandes 

1. len, 

milian ‚Sof. IL. Manou, Lois de, trad. du sanscrit par|Mönn W. B., Paͤdagogiſche Blätter. I. 
Fiterarifche —* 788. Loisel. de Longchampe. 1087. p Fl Pãbagosiſch 
— BL, cv di Greuel dee Ins Marheineke, Ph:, Geſchichte der deutſchen Montgomery, J., Journal of voyages and 


tio Reformation, 194, traveis by Tye erman and Bennet, 856. 
quifition, 97 Maria Aegyptiaca, 795. —  Lectures on poetry and 
p poetry 

eittrow, 3. J., ee Lebensverficherumgen |Marfano, W., Marco Dolorofo, 511. general literar. 1246, 

und anbere Berforgungsanfkalten, 181. — —— Die unbeimlichen Gaͤſte, 511. Montigny &,, Seien aus den Settgügen 

— — — lieber ben gefürchteten Ko⸗ Martin, H., Le libelliste, 952, der großen Armee, 1448, ° 

meten b. 3. 1832. 275. Martineau, Miß Har., Selbſtbiographie, Moore, 7 ‚„ A journal from London. to 
Livre, Le, des conteurs, 819, 779. 1348. Odessa, 864. 
Localdramen, Kleine, 879, Massou, M., et A. Luchet, Thaddaem| — Th., Travels of an irish gentie- 
Lohner, © W. K., Nürnberger Zahrbis| le ressuscit#, 952, mean, 980. 

.1. 858, Maͤßigkeitsvereine in Großbritannien und Morgan, Lady, Dramatic scenes, 1246. 
Sonden, Statik. Not. 944. Amerita, 708. Morier; En der Geißel. nederſett v. 
Lorend, Rud., Grundzüge zu Vorträͤgen Matraja, Giov. Gios., Genigrafia ita-| @porfhül. 7 

über bie Geſch. der Wöller und Staaten 3 212. Moͤrike, Ed., Wier Nolten. Norelle. 8; 
des Altertb. 963, atthäi, G. Chr. R., Der Myfticismus, | Mortonval, Der Graf von Blamajor, Q 
Löm’s Gefchichte der beutfchen Reichs⸗ und — b. Franzoͤſ. von 2. Kruſe, 811. 
Territorialverfaſſung, krit. Misc. 124. Matthias, Ueber poften u. Poſtregale (v.|Mosaique, La, 1285, 
Eoöwenigh, Barto v., Gedichte, 830, Ruͤrnberg en. 4 458, Modtau, —8 Denkwuͤrdigkeiten von, 
— March. Eeſare, 782. gtidinen 6, Ir. v., literariſcher Nachlaß. Not. 2 
kLuden, H Fflſchihte des deutſchen Bolkes.! 3. u. 4. Bd. 196. Möwes, *. Der Pfarrer von Andouſe, 
7. — Mayer, R., Lieder. 618, hiftor. Ko. 428, 


Du Freiherrn Ferdin. Ar. v. — zZampa/ od. die Marmorbraut Muczkowſki, Joſ., Samml. ver vorzaguich⸗ 
Sedendorf Dechtöftreit wider Se. Mai Tem. Dper, n. d. Franzoͤſ. v. ©. Blum,| ſten und feitenften poln. Dichter, 792. 
den F v. Sachſen, 55. 598. mine , & D., Denkmäler der alten Kunft, 
Ludvigh, M es 
en in Reſe ia Hager im 3. 6. Orlopfopm. " N riere. Drrautgeg. | _ B., Ueber das Verhättniß des geiſtl. 


Standes zum ©taate, 176. 
* KV. Ractrag su beffen Geſchichte, Mensiren eines deutſchen Gtaatemannes, Fr., Denkwärbigkeitn ons Gries 


— XVMNI. Memoiren, überf. v. Meémoires de la s0ciété des amtiquaires| den er berautgeg. von P. D. Brände 
2 * Rd vergl. "tot de Normandie, 1099 — Alex., Grundriß zur Kenntniß ber 
* *33 &., —52 — der letten 50 —— . Seize ans a20us les Bour- a paliın in Europa und Ames 
n Benz! Wolfgang, 701. Münd, E., Allgem. Geſchichte ber neuften 
Lügner Sat, Erika über bie 200jäh: De Sofchendud d. neuften Ind, Erften Bbs. 1 — 3. Liefer. 1 
tige Jubelfeier urban 64. Weſchichte. 3. Jahrg. Mundt, Der Baſilisk, oder ehe 
Lügen, 8. v., h. Mergy, oder bel — — an bie Regler. | fublen, 1059. 
oriholomkutnade 1028. über ben Bühernaddrud, 1226. Durat, 4a, Ueber Amerifa, 48, 
Maccaroniſches, Sadichuich⸗ 696. Meritanifche Alterthuͤmer, 1859. — Briefe über den moral. und 
Mac Farlane, O., The lives —— exploits| Mepnert, O., Kriegeſcenen, 164. nolit, Zuſtand ber Verein. Staaten von 


of banditti and robbers, — —  Korallenzmweige, 511. Rordamerita, 1225. 








—* deſſen polit.⸗ literar. Bit Rordamerika, 945. 
tigfeit im 3982 


Erſter Artil 
ↄweiter 
— Das Recht ber Ratienen 
Grftreönnd geitgemäßer Staatsver⸗ 


en, Z01. 
aſungen,  Binrdk des Staete, 50. 
— — Das koͤnigliche Veto, 58. 
— — Die Bolksſounverainetaͤt, 
197. 


— Ueber Wiberftand, Empoͤ⸗ 
rung und Zwangsuͤbung ber Staatsbuͤr⸗ 
er, 201. 
Mufenalmanadı, ei eine Neujahrsgabe f. 1833. 
Derautgeg. von H. Küngel u. Ir. Met. 


Diutfcher, heraudgeg. von 
2. * Thamiſſo — 5. Jahrg. 


Messer, Alf. de, Un spectacle dans un 
fautenil, 255. 
— Paul de, Samuel, 779, 
Ragel, Guſt., Erzählungen, 112, 
Sreigtr. Darfiellung bes 
& ber Briten sea die nordame⸗ 
ritauiſchen —— 183. 
Intereſſante Erzaͤhlungen, 


Nariseus, Joh „Geſammelte Blätter, 180. 
Rathanſon, M. L., Dänemarks Hanbel, 
eiteprt, 8 Geld» md dinanzweſen, 57, 


773, 
e, e, Bur, 455, 1068, 1295, 


1 
ichtliche N ‚1148. 
* I., —E Pflanzung u. 


Leitung ber Se Kirche durch bie Xpos Bopelentsang beutfäger Gchriftfteller, 


fi. + Bb. 
Rebbermeyer, F. ry — b. freien 
und Danfeftabt Sombn 18, . 
—— Handbuch f. Reiſende in Frank⸗ 


en Inſeln und Maltas, 126. 


Retertarfe » herausgegeben v. Fr. Richter, Difen 8, Tob., Sefhichtöbücher ber Stadt 
Kefreiog, Neuer, der Deutfchen. 9. Jahrg. Olschen, M 


Reuffer, &., Das Gebet bes Herrn, 837. 


Reumann, © s. W., —— eine: einer Seſchichte 
ubvoͤgte, 987, 
Kit 8 ——— Did, der Knaben Oppen, D. V. 37 


raͤuber. Schauſp. 449 
Ney, maréchal, Memoires, 1847. 
Neyfeld, K., Polens Revolution u. 

im J. 1831. 1285. 

— über Goͤthe, 56. 
Tal 3. U, Klagen 


ber Polen, meter. bearb. v 


Gauby, 1467 d. Be. Fehr. v 


Kampf Orioli's Vorleſun en über 


vu 


Ueber (von W. Pirfcher), 


617. 
Kork, F., Figaro's Memoiren, 204. 


Dttenheimer, Henriette, —— 51. 


ilber und Lieder, 
835. 


Abermals eine Stimme über, Oettinger, E. M., Liebesblicke, 484. 


Ourliac, Ed de, Jeanne la noire, 951. 
Drenftierna. Ein Brief von ihm. 276. 


Normann, Dane, Deftzeih wie es ift, 615.|Pacca, Barthol., Hiſtoriſche Denkwuͤrdig⸗ 


Notizen, Am 
876, 1152 . 
———e — 1888 
—— 8, 476, 588, 796, 1508. 
liſche, 8 
152, 164, 208, 248, 272, 296, 
824, 368, 


aeitun. + 


376, 896, 452, 520, 612, 


4, 44,484, 512, 644, feiten, 289, 


Anekdote, 1812. 
Pal lady, Fr., Joſ. Dobrowsky's Leben u. 
gelehrtes Wirken, 1362. 


‚92, 60, 72, 132,|Paldamus, H., Römifche Erotik, 1484, 
820, Palgrave, Fr., 'Th 


e rise and. rogress 
of the engl. commonwealth, 455. 


624, 628, 6is, 652, 678, 680, 716,| Panorama litter. 1273 


736, 740, 748, 768, 780, 816, 820, 


de l’Univers, 1285, 


823, 880, 884, 1003, 1028, 1032, 1072, Papſt, Der, und bie Freiheit, 238. 


1384, —— — 12, 20, 144, 276, 
— ran 

"284, 304, 308, 324, 336, 356, 364, 
868, 872, 432, 600, 603, 612, 628, |- 
648, 634, 692, 716, 740, 796, 820, 
904, 960, 1004, 1008, 1032, 1044, 


1056, 1068, 1092, 1104, 1180, 1232| — _ 
1276, 1336, 1356, 1364, 1396. 1400,: — 


1404, 1416, 1420, 1448, 1472, 1480, 
1488, 1508. 

Bermifchte, 16, 24, 48, 92, 172, 
176, 188, 224, 30, 320, 328, 404, 
448, 476, 430, 488, 523, 560, 564, 
672, 576, 708, 872, 876, 892, 932, 
940, 1012, 1016, 1064, 1076, 1080, 
1088, 1128, 1182, 1186, 1152, 1156, 


Paris, Gorzeiponbengnacheidgten aus, 307, 


899, 1259, 1339, 1506 
Die Theater im Jahre 1888... 281. 
Zweiter Art. 479. 

Kunftausftellung , 506. 

Republilan. Zeitfchrift in, 728. 

Gelehrtes Eſſen in, 7833. - 

od. das Buch der Hundert und Sin, 
überf. v. Th. Hell. 2-4. 8b. 1089. 

Miscellen über Eiteratur, Kunft unb 
Öffentliches Leben in, Erſter Artikel 785. 
Zweiter Art. 877. Dritter Art. 1117. 
Vierter Art. 1021. Fünfter Art. 1273. 
‚Eine antiromantifche Zeitfchrift in, 


Deffentl. Bauten in, 1875. 


1184, 1188, 1220, 1224, 1236, 1252, Paffionat Sort und Antichrifti, 511, vgl. 


1268, 1284, 1288, 1300, 1832, 1408, 
1428, 1456, 1464, 1476. 


unbe, Der hiflor. Riefenverein in (v. 
K. 9. Ritter v. Lang), 724. 
Defele n AL Freih. v., Büder aus Italien, 


Art. 1 
Dehlenfchläger und Ingemann, Rot. 588. |Pecchio, Gius., 
neket Gemaͤlbe Italiens, der Delönig, Ed., Bonaventura, ober Leipzigs 


aeheimnißvolles Daus, 915. 
—— 1 ‚108. 


Srauenftein ‚ 1092. 


O' Mahony’s, bes Grafen, polit. Erinne: 


rungen, 442. 


ber Geſttze, 1487. 
riental. Helfen, Zur Liter. der, 522. 


der Etrusker, 
Orlowstg, Aler., Pat 516. 


eines Verbann⸗ Derſted, H. ©, Minbetale over E. v. af —2* 


Schimmelmann, 200. 


— — 6 t Geſaͤnge Oertei, W. v., Harald und Elsbeth. 186 
he oe v.!Orthus, Zach., Lobgebicht auf Stralfund, 


herausgeg. v. C. D. Zober, 495. 


KRiemeyer’ 3 Beben, Al deſſen Becenfent im Li⸗ Ortlepp, E., Lob: u. Schmähfchriften, 508. 


teraturblatt, 
Rimi, Mob., Die din vom Schloſſe, 


Nader, Ch., Oeuvres, 778, 815. 
Nopitſch, Se: 8 L.teratur der Spruͤch⸗ 
wörter, 13 


Nation, 838. 
— Cdleſtin, 968 


beiden, 968. 


34, Paltorf, 3 


v., Beiträge zur Reviſ. pa⸗ lope, 


bie Alterthuͤmer Penn, 


—  Landtagstieder für bie deutfche 


Not. 8 
Paſſow, Kan ‚883. 


W., Wahrheit ohne Worur⸗ 
theil, 


Paul, 23 von Wuͤrtemberg, Reiſen in 


nen Erſter Artikel 1129. Zweiter 
i no a quel punto Ile 
roduz. scientif. ec. segnano le leggi 
conom. della produz, 223, u 
Semi-ser, observat, of 
an ital. exile, 568. 


. 8. v., Der wilde Jäger von he da Saluzzo, Silv., Tre nuove tra- 
gear 


1314, 


Mie prigioni, 688, 

Memoiren, 742. 

Opere, 998, 1086. 

—— 1884, herausgeg. 

v. Th. Hell, 

Granv., Memorial of the profess. 
life and times of W. Penn, 787. 

Pepin, Alph., Deux ans de regne, 1318. 

efpicte ‚ Neuere, Not. 808. 

Literatur, Denkmäler 

der (v. %. 2. Dartmann), 1358. 

Peru, Handel in, 752. 

Petersburg, Bevölkerung von, 920. 

Petrarca’s6, Kranc., ſaͤmmtliche Ganzonen, 
Sonette, Ballaten und Triumpke, überf. 
u. ſ. * v. K. doͤrſter, 8 

Pfaff, K., Allgem. fen ber 
europ. Menſchheit. 1. Abth. 


— Das —8 ber Kriegt⸗Pfeiſfer, S. F., Meine Reiſe u. Rhahr. 


Gefangenſchaft in Algier, 247. 





vr 


Pfirſichbaum, Der (v. 3. &. Klein), 913.|Rafarls Gartens u und bie barnady gewirks Richter, 3. U. 8, dandbuqh ber populair. 
Dfoffer zu Reue, J. J. X., Sonnenblicke/ tem Tapeten, 860 Aftronomie, 1858, 

und Rebelmolten, 971. — Lo spasimo di Sicilia, 848, — Am. ©, Xusgabe bed Corpus 
yhyhandafien, - Gonflitutionnelle, eines alten Fahele Raclaf, Brudfi. aus 977, 1198.| jur. canon. Rot. 1100. 


©teuermannes, 150. 
‚|[Rauer, Die Probleme der Staattkunſt, 149.| 1267. 
ee Das, in ber Literatur. ’|Raumer v., Geſchichte Guropas ſeit Riemanu, K., Politiſch⸗naturhiſtor. Abe 
ſen Einfluß die Geſundheit. 188. bem de bed 15. Sapıy. 1 . @d. 309.| hanblungen, 532. 6 
Poilipt, B.. D eutſche Beidiht: mis be 2. 8. 1161. Kiefer, ©., Belt. Belenöt. u. ſ. m. über 
fond. Kuͤckſicht auf Religion, echt un — F 3 Lehrbuch der allgem. Geo⸗ Gmancipation ber Juden, 861. 
Gtaatsverfafl. 1089, graphie, | Ritchie, Leitch, The library of romance, 
Phrenologie in England, 1180. Rapadı, G., &, "dent an Caͤſar! Poffenfp.| 863, 1088. Dre 3 ber Gef, 
meier : ‚ oman er v. 
Feder, A Der Dumoni als Städte) "der Meter. Bukfp. 450.| : Brankreich, überiegt v. I. D. Spazier, 
Dingenauer, ©., auf bem Kufien, S7E en uf. Bokhologlen, 856. 1. |Hifet, @. 8, Der Orden dre Asappife 
en r 3 und ſein Lehrmeiſter .,* Mh Le puritain de Seine| 1265. wpixen, 
eiber, 1484. et Marne, 77%. Nitfon, Joſ., Reue Feenmaͤrchen, Rot. 780. 
PieteeD, Sorrefpondengnachrichten aus 0.| — — Daniel ber ʒ Gteinfänei Roch, E., Paris malade, 780. 
B. Pirfher), 251. ber, uͤberſ. v. &. Krufe, 1179. Roclig, $r., Für Freunde ber Tonkunſt. 
Pium_desiderium (Eingeſ. v. E. Münd), Recueil de —8 de jeux Aoranz, 765.1 4. 8b. (v. ..® endt) 699, 
676, Need, Andr., Martha, Roͤer, H. 9. E., Ueber Herbart's Des 
Paten, Aug. Graf v., Geſchichten bes Kb Beformationgefhichte — der Diſſiben⸗ thobe der Begiehungen, 1423. 
nigreichs Neapel, 1118. ten in ber Stadt Pofen während des 16.|MRähr, Unſer Herr als das Muſterbild aller 
Platner, Ed., Lieber bie polit. Beſtrebun- u. 17. Jahrh.) 1180. Weltverbeflerer, 735. 
gen ber g egenmärt: Zeit, 145. Rehm's, Joh., Gedichte, 839. Rorpell, Rich, Die Grafen von Habsburg. 
Pluto, od ober Bertpeibigung bes Buchs: Die Reichard, H d. ©., Hiſtor.⸗ polit. Anfihten] er. Preisfhr. 771. 
unb Unterfuchungen, 673. Homanenliteratur, 40, 75, 112, 311, 844, 
gr m und ri (v. 3. 8. Klein), 365.|Reichlin: Meldegg, Der Freih. v., 100. 876, 463, 519, 651, 696, 799, 848, 
E. und ®. Kollar, Brafliiens Beid J., Biblioteca scoto-celt. Rot. 116. 915, 971, 1098) 1179, 1858, 1892. 


——— täftige Snfekten, 1063. Reifferfcgeib, Ferd., Klänge freier Dufe, 176. Romans ‚Li, de Garin, p. Paris, 1099, 
Polen, eine Schriften über, 3 388, 471. Rein, Th., Bilder aus dem Leben, 344. dmiſche WRalaria, 711. 
Zu deſſen — xemreg G., Genbfäreiten an die Lehrer Roos, H. U. 2. v., Dentwärbigkeiten aus 
— Bolkspoeſie der, 1168. der utterfprache, 1 bem Kriege bes q 1812, 1331. 
— Sculptur und Architektur in, 1868. Reinhart Buchs in feinen en verfhte, @eflals |Roscoe, Th., The landscape annual, 164. 
— Sktizzen aus, 276. au (von 2. geimällen). Srfter | Rofenkranz, X, Neue Zeitſchrift fuͤr die 
— WBolktlieder der, 585. kel >. Zweiter Art. 213. Dritter] Geſchichte dee german. Bölker, 9. . 
— _ £iterar. * en, 584, 719, 924, a _ — Die Raturreligion, 279. 
1000, 105%, 1 es 1260. * Theorie bes menſchl. Er — — Handbuch einer ollgem. 
Politiſche Dichter, 17 untnißvermoͤgens. 1. Bd. 569. Geſchichte ber Poefie, 1088. 
Poͤlid, X. % e., Sroatsrsiffenfaftt Bor —*5 10083. Rosier, La mort de Figaro, 914, 
Iefungen. 3. 8b. 1258. Relation über einunbvierzig Dichter der Roſinis Torquato zoo (Aufſat von Dr. 
Polniſ Dichter, Neuere, 1020. neueften Zeit, 829. Zweiter Art. 961. Karı Witte), . 
— Gebdbichte, 746, 792, 1771. KRellſtab, vi os sählungen, GSkizzen u. Ge⸗Rugo, A. W. G., Das Dermannslied, 966. 
— zuereiue, deſondere der neuern/ Dichte, 1 Rumohr, E. F. v. ., Drei Reifen: in Ita⸗ 
p Be Fr kur Rot. 516. Republcain, | Le, franzoͤſ. Zeitſchr. 728. lien, 17, vgl. 169. DeutfäeD 
o 6, Ro — — — — Deutſche Denkwuͤrdi 
Pons, Gasp. de, Charles d’Albret, 779. Elan hr 8. Zheſcie Cacilius pe keiten aus alten Papieren. 4. Dt. —* 
— N. aan nd Ben über Ratur e Romante, Gine, aus dem Eriminalrecht, Bunde, Rursgefaßte olbenburg. Chronik, 
Schweb. v. G. Ericſon. 578. Rush, Rich., Narrat. of a resid. at the 
Popnlaire, Le, 1277. Beoifione » Beätfertigungefkrift in Seqen court of London, 1247. 
Portugiefen, Ueber ihre neuere Literatur, des quiescirt. u. |. m. ©. S. Thomat, gupa, Dav., Der Dbotrite, 651. 
t. 9, 9 Russel, J., Tho causes of the french 
Gere 8, 2 enbfunben, 5%. 26, ı ovellen und Gryählungen.| revolution, 782. 
Dre, D.C, 30 8 grtrih be Bei Te Kuffiiche an Ka ten über. ©, 
igreligiös geweſen . Publi e, — iteratur, richten 


"Eine Sebenägelh. 1. 2.Wb. Mit einen —** — Not. 428. 
Urtunbenbude 1. 259. 1108. ent geenärtige Gmmung u of, I., Gtimmen der Mefcrmation unb 


Preußen und Po Lage, 538. der Reformat an die Kürften 
——— zu —2 — 88. Rheinpreußen, Steunerregulirung in, Rot. ger ln Seit, 610. u BöL 
Hroteſch X. Ritter v., Das Land zwifchen) 70% Bacchi, L'arca Yi B. Agostino, AM, 
den Katarakten- bes Kits, 181, Ricard, Aug., L’ouvreuse de loges, 776. Ga fens Anſchluß an ben preußifchs bairi⸗ 
Promötheides, Les, Gatire, Not. 592. Richter, FIr., Nero, Trag. 59, f Bollverband (Briefe von Fr. von 
Prom ee „Berausgeg von H. Z3ſchokke/ — .— gen * Ra am HUF: ?), 519, 4, Bhf, 529. 
— — Die Ehre von 5— r. 
Drofeinemmadieret und Br. v. Ammon’s em u. Die 1. Unftechlichteitschel | — —** eit dem re 18 
Gonnertitengalerie, 841. —— 1981, “ ’ 73. J I % . 


Ramalila, ind. Feſt, Rot. 78. Rickette, Narrat. of the Ashantee war, 


MI er MM U Th — — ⏑⏑ u ED a A A A BE A an u 


EB AO ED an BE Du BEE —— ——⏑⸗— ö— — — 


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x 


mie, ul ige, berf. v. er. 
eat, 8. H., Die Söttlichkeit der Biber, |Schmittgenner, Fr., Weber den Eharakter|Scribe, 'un amant 
831. und bie Aufgabe "unferer Zeit in Bezieh. Le malheur un —8 


Sagostin, D., Roßlawlew ober die Ruffen| auf Staat u. Gtaatswiffenfhaften. 1. O-]Scheimaier, Maria Joh., Gedichte, 838. 


im im 3. 1812, äberfegt von C. Goͤring, 1078. Seranemonen. Novellen eines Unbelanns 
Schmitz, 3. W., Grundlage eines allgem.| -ten. 652. . 
Binde, X B, Le mutile, 773. Gredituereins für Anleg. v. Eifenbaynen, | Senancourt, de, Isabelle, 1147. 
Selle, Eus. de, Bakontala & "Paris, 1056.| 1227. Seybold, Ft., Novellen, 1407. 
— — Au ber Fuche, über. v. Bcneibanin , 8. 3. &., Lavalette's wun⸗ Senfarth, Möoldemar, Weine Beifetoge in 
eo. Alvensieben, 1180. volle Rettung, 582. Deutfälanb, Frankreich uf. w. 3.4 
Selm, Const. de, Mes soixante ans, 1476. — — — Usbertiefrungen xh. 
Salmigondi. 8. et 9. vol. 951. u. ter zur Geſchichte. 1. 9. 1391. | Spaker —8 tanzende Quaͤker, 251. 


ondis, oder noveliſtiſche Buntereihe | Schneller, I. 5., Iahrbugp neue Tha⸗ vb. X. 
des Auslands, überfeht v. Hell u. f. w.| ten und Beiten f, 1 —— am, Bat uͤberſ. v. Ph 
Band, G., Löin, 1148, ie yo an — Iberlau.— un Anacronismen, 956. 
riefe 
— Jul, La rose blanche et la rose Frankreich, 853. et Frag Be — Dem Krieg 


rouge, 964. Scholler, K. F., Italieniſche Reife. 2. Bd. Shurreef, Jaffur, Quanoon - e-Islam, or 
Sandfort, J., Lives of engl. female wor-| 195. the oustoms of —W in India etc. 
1248. Cähön, Riät Schoen Not. 712. transl. by G. A. Herklots, 47. 
en. a: G., Reueſte Schriften 1-8. eig 35 * Pe fpecielle Pa | Sicher, z Tuͤbinger Liedertafel. 1. H 
/ 184. _ 
—8 U. v., Zeichnungen aus ben © enpauer, Jop, Neue Rovelen, 655.) — — Die kleine Lautenfpielerin, 
Eeben und der —— 7 26 of ea, Jul. Dor., Maͤnchens öffentiichel 1340, 
Gauswein, B., Der Amerikan Ba im Gebiet der Malerei, 1076.] Giümonianer ‚ Die &t.: und ihre Beluflis 
882, ——— F., Pr 7a, 1558. gungen in d. Umgebungen v. Paris, 171. 
Scarpa, Antonio, 791. Schram, Joſ., inheit ds beutfgen|Sjx weeks on the Loire, 787. 
Säpefoereblung u. Wollyerwendung, Ueber, Baterlande ) "1808 3. Sketohes in Greece and Turkey, g1. 
Schreiben on *** iber ben Herzog von! Sinde, Ad., Records of trarels in Tur- 


— M. F., oe Reichftabt ‚ 84. 
‚Sb. v., a It Kunft, 7 0. Drei aus Rom gegen Kunftichreis —8*— teen etc 569. 
, * * —X Kud) cin Wort ae: „se Ri E., Ueber Gothes Tauf,| F Dialekte, Reue Eintheilung der⸗ 
._ Geldihte der Ron: i280. ben. Bibeläberfegung, 1000. 
898, 6.8 B Beifaer in. ‚Waldeniguich, E. Are H. G. O. Dright, Be- 
— J. H., Leben u. Selbſtbilbungs⸗ burg), ' 2 m searches in Armeaia, 145 
bes Ichrten Bauers Rica. — Edqttenſpiele bes Eu, 1408, 
— 2 be bens RING der ber Eiche, 696. —— — — Trſp. 717. 
Schhildener, &., Kine Auffäge aus bes Eau, B., Bas darf das deutſche Voll "3. @., Kofdenbud g Werhreis 
brängter 3eit, 1404. n feinen Landſtaͤnden erwarten ? 339. tung geograpbifcher Kenntaiffe. 11. Jahr⸗ 
Schild erungen * Begegniſſe eines Biel⸗ —* ehr. — Elifabeth, Teroein . 1008. 
gereiften, 505, 895, vgl. Not. 588. Bee und Eandgräfin von Thurin⸗ m -— Dos Könige. Böhmen, 
Shiller’s Geiſterſeher, Eine neue Bortfeb.|e Aug., Gedichte, 965. 
def. 1220, umde, Cogen R in) Haryes, 468. Sonette unb Gugien Dom Berl bes Don 
won gu, — L. Pe af Sch — — ag u. 28. Bi. Soulis, Er., Las deux ondarres, 7. 
‚ Die, bei Kappel, 1216. — &., Armin, gen. Herrmann. Sep. Erchn, 8, Buben Au — Wr de 66. 
laguhren, deren Verbeſſer. 1559. Net. u — Unioteftäten in, Rot. 88, 
— ‚ De Kirchenftaat, bibliſch Sparbfen im 3. 15 Misc. 68. 
Edlange, Gine brätende, 456. —8* — in Rom, 198. Spatiergaͤnge eines beten Porten, 644. 
Schlegel, A. W. de, Reöflexiens sur lé- (Sähire, Br) Der Scholar auf Kloſteꝛ — D., Funfzig Fabeln für "Kinder, 
os os asiatiques u v· erge, 
J. 6. . Kofegarten), 1493. ae — nft, Die, 538. 3. er, C., (Bergifeneinnict auf 1838, 
Gaiden Aus (Der Domenaufrub: in ber Shoe Eiteratur, No baräber m; auf 1834, 1368. 
am Sie — Die Biendentorrände 1% vie | euf er, «18, 


. u u Iap Uler., Eutbald und Herrmann, 
Sch Jea. 2. &b. 971. 1882. „te ? Artikel 517 ter dv 972. 
v., Reueſtes Gemaͤlde titel 7 Biete, 8.2. 3 Pfalter und Harfe, 866. 


der deriſchen Bunkei Raaten, 1239. Schwediſches Heer» und Seewe en, Gtatift, |Ipo 
eg zur Offenbarung @t.:Johannis,| Not. du 6 k Opringt fe, © HT Der leuchtende in Deſtia⸗ 
1091 Scipio Cicala, 858. dien, 1184. 
* M. erſter erangel. Preb. Scott, W., Graf Robert von Paris. 8. Stahmonn, ar. Der Morbbremer im wil⸗ 
wofked u. f. w., neu herausgeg- von| u. 4. Thi. Das geheimnifoolle Ghiog.| den Thale, 468, 
* 2. 8. ale 188. 696. Starke, Charl. ©. H., Abeline ober bie 
Behmidt, E., Der Gieg bei Lügen, 663. | — — Gin Beſuch bei, 1074. Fügungen dee Ceſgiae, 835. 










x 


Starkisf, e., Wittelinb, Bil. Tafhenbächerfihun f. 1888. Bierter Artikel Vaux de Vire, Les, p. Travers, 1099. 
— Helgoland, 811. Nachleſe 282. Wapffe be Wiliers, Bellen durch das füh. 
Staniſiſche Schniçer u. Albernheiten, 744. — f. 1884. Erſter Artitel|” Frankreich, 1003. 
Notizen, 944. 1297. Zweiter Art. 1865. Dritter Art. Velte, Bertha van ber, Novellen und Er⸗ 
Stein's Briefe an den Frhru. v. Gagern,|_ 1483. zählungen. 2. Bochn. 916. 


497, vol. 801. Zaufend und eine Nacht, in Rußland ie Brit., zue Verbreit. nuͤhl. Kennt: 


boten, 882. niffe und feine Gegner, 88 
Srmigkin, Das, in Tivoli. Lotalpoſſe. — J., Records of my life, 568. Berenigte Otacten Eon Borbomerite, Baht 


mo, R., Skizzen aus bem Leben eines der Sklaven darin, Not. 44. 


—— Freih. v., Die Zerriſſenen, |” Sermanns, 463, Bergißmeinnicht, Dramat., f. 1838, v. Ih. 
—8* 8 Miſſton in bie Eandwichnſet Thelasson, Mad. de, Lucile ou la can- Hell. 10. Bochn. 447. 
tewart’3 Miffion In bie Eanbwiginfeln,| tatrice, Verhandlungen Die 0 
595. Ipiere, ihr Inftinkt, 64. rhanblungen, ‚Die, bed poln. Beichätage, 
Stieglig, Chr. &., Geſchichti. Darftellung Tporwaid, Ärlantife Raͤchte, 11. |Berfäumniffe, Keit., in Bezieh. auf Göthe 
ber Gigenthumsoerhättifie an Wald und Tieck, Ludwig, 118. und Iean Paul, 263. 
Sagb, 1209. — Novellentrang, 1437. Befta, Zafchenb. f. 1834. 1378. 
Stille, Karol., Abendunterhaltungen, 876. Zitot, H., Beſchreib. und Geſchichte der Wictorin, 83 und Phantefie, 468 
Stolle, Ferd., Stella, 696. Hauptlicche zu ‚Deilbronn, 1852. Vigny,"Alph. C. de, Stello, 775. 
Storch, ®., Die Königsbraut, 912. Touchard - Lafosse, Les reverberes, 1928. Binde, ©. Behr von, Die Schiacht bei 
— — Erzaͤhlungen „Novellen und Toumon, Etudes statistig. sur Rome etc. Eügen, 
Sagen, 831. . ı Violet, Conten de la semaine, 964. 
— — Malers Sram, 1187. Train, I. R. v., Reuefte Biographien ver Vie, 1 Histoire des ancjennes villes de 
— — Der Srellnedt, 707. Bapnfinnigen, 1092. France, 964, 
— — Der Sreibeuter, 972. — — — Die Ehauergeuft in der \iogt, Sb. Gottlob, Leben und Schickſale 
Gtorthing des Jahres 1382, 1397. Baldtapelle, 1092. des, 215. 
Gtraußens, 3. 3., Reife durch Stafin, | Trait& complet de diplomatie par unan- Boigt Joh., Leben des preuß. Staatemi⸗ 
Griechenland u. f. w. 367. cien ministre, 1469. nifters uf. w. Dobna: Cxhlobitten, 375. 


Travels of an irish gentleman in search gaagen, D 69. 
GStreckfuß, K., Ueber das Verhältniß ber of a religion, 990, aagen, Dr., gegen Hofr. Hirt, 1 


61. Wacousta, by the auth f Ecarte, 
Juden zu den Grifl. Gtaaten, 8 Zrarel, A., Briefe aus Frankreich. 1. h. 787. > 07 autor 0 


Strombeck, J. 8. v., Darftellungen Rn 
meinem Leben und aus meiner Zeit, 527, — Abenteuer in Oſtindien, a. d. —— Idorimen über d. Gym, 
Engl. v. ©. Richard, 891. Wahnfinn in England und Italien, 656. 
Stuart, a ir Thrse years in North Ame- Trolpe, Fr * rofugee in America. N aus Sean Pau Beben. 7. u. 8. 
. v e a 
Stubentenieben, Das deutiche, fonft, 1072.) Sfchabufchni .v., Gedichte, 965. 
Stuhr, P. ®., Die drei Ingten Beldzäge m 17. Sahrhund. 946, vgl. ®ürken biöße, 469 gypen und Spaten des 
gegen Ropokeon, 418. _— ale bie . chineflfche 
Sturt, Ch., Two expeditions into the —* — Sprache, Not. 52. Kaiferbrant, 799. ’ 
interior of South. Australia, 104%. ueber die Mahl des Pringen Dito von: gpalthers von ber Wogelmeibe Gedichte, übers 
Gtuttgart, Gorrefponbenznadr. 984. Baiern z. König v. Griechenland, 146. | fegt von K. Simrod, 391. 
Su, Eugene, Aiar — —8 aberl | at Drehfeeibeit, Droteflantiömus, Revo MBarnofeie, ‚Die Eirge com  Manafed, 40 . 
rw Alvensleben, 59. — bie en "het Gigenthums ber. Weber ergeih Gedichte 837. 
— Die Gucaradja, über]. von! dramatiſchen Gchriftfteller in Deutfland,, _— ' G. @. v., Ueber die bevorſtehende 
D. e. B. Wolff, 1251. 1123. umgeftaltung ber Kirchenverfaſſung des 
Sunday in London, 931, vgl. 996. uhland, deffen Gedichte im Ed. rev. beur: Könige. Sachſen, 1271. 3 
BSzafarzyk, Ru 508, 686. tpeitt, 132. Beiäfeibaumer, K., Dramat. Dichtungen. 
Sara, R ikol. Semp, Gedichte, 792. |imriffe einer möglichen Reform in Ungarn.| 2, Wh. 1035. 
Sodow, Br. v., Dre beruͤcht. Vild ſchuͤt Bon * 149. Weid’6 Deutſcher Staͤndeſaal, 1216. 

Karl Stälpner, 7 un .S., Das Prämiengefhäft des geist, J. B., Abt Prechti, 1351. 
Tabackrauchen, FR "im Driente, 38. A " Ceehanbinngeinfit in Berlin, 211. eiße, G. 8, Ueber das Berhättniß des 
Taraon, Banuy, Erzaͤhlungen u. Novellen, Unterridt A — 3 Schottland, Ire| Yublicums zur Philoſophie, 238 

bu en 
— — ‚de ** ‚Di 3 3. a Staattnifier 
meiern Zeit, — ur u. Uran 34. 1297. 
„sa a a a Urbein N., Introduct. & Tetude de Ve- en, De „, Ylachbia, Königin ber Veſ 
au erau 
la 985 0. 1884, 1867, 05 |urfans, Merbreigerin, 200 an Re Die Bitweipe. Travel. 
— Pe Liebe und Freundſchaft a. uſener, F. Ph., Die Frei⸗ und heimlichen |ierner, 8., Blicke aus meinem Eckſtuͤb⸗ 
1884, 1 Gerichte Weftfalens, 31. hen ind Menſchenleben, 376. 
1888 10 * geſelligen Vergnuͤgen auf utni P., Kleine geſammelte Schriften) — — Die Rache, 651. 
⸗ Weſtafrika, 1266. 
— — ‚ heraus auge. v. Er. v. uf , ER, Diärangen A —— — en Yelant or den Jahren 
’ ’ a 
— — or 1888, herausgeg. —* — » Don Feder, Fremde Biu: mund, roch. , ——— ‚Katfer 
er egen die Hau 1 
—2— Gall . 11888, 168, Vahram Chronicle of the armen. king-| Witte, —* Rein. 2. Pr 5.8. 318. 
om in Cilicia, 9. 4, 8 





» X 


* ex. Neueſtes Gemalde von Au⸗ wei, ", D. 8 B., Herbfizeitiofen. 1. Folge. Belingere Geſchichte des appenzeller Volks, 

ien 

— — — v. Ame⸗ — 8., Briefe in ve Beimat. Heraus: | 3erfireute Blätter ans den Papieren eines 
meria, 1239. ln v. S, en. 10 oe t. Gab alten Diplomaten, 1421. 

der eu⸗ ng, 6 . urova, eine por 6 Simmermann W., Mofaniello. TIrſp. 585. 

co. Zörtei u unb Briechenlands, 1289. ' ®, Fon Er nach 
_— vormoios. Vorſchule zur Weiter, Br., Dramat. Rleinigkeiten, 602. |, feinem Leben, Wirken u. Charakter, 867. 
Gröfunde, 141 mann , —* d., Der Ultra undder ginkeiſen, 3. B., Gefhiäte Griechenlands. 

— gun a ort, Gin, über brütfhe Beiefkeker, mit| 52° 
ru , ege zu geben und zu vo ort, Ein, über beutfche Brieffteller, mi ‚ 
ziehen, 198. befonb. Bezieb. auf Sellert’s, Forſter's, ri ve 2,2 —E Sonn 

Bindelmann's Werke in italienifcher Ueber-| Baggelen’s Brieffammtungen (Auffag v. zum beutfchen Bunte, 1316. 

— Fran Dorn), Zollwefen, Das, in Deutſchland, 887. 
Wunderlich, ©. G., Die ehemal. Kloſter⸗ 

Wirty, Dr. 3. 8. unr, Beurtheilung) Nſchrien u. f. w. in Würtemberg, 1010, — ni-Orlandini, A., Atlante geo- 
Bee fe Artikel 765. Zweiter Year, The, of liberation, 564. 0, fisico e storico del grandue. 
art. Zayas, M. de, Rovelen, überfegt v. W. di Toscana, 207. 

Di von Far Jugendleben umb „Set. * and. 708 Sediche 36. ZU, Fr. 3., Der Sherubimmwagen, 1232. 

‚S11. Zedlitz, r. v., Sedichte, ur Geſchichte der oͤffentlichen Meinung in 

Bol J. H., Igiſchlands Geſchichte. 1— Sehner ‚9. G., Die Pietiflin, 112. ⸗ — Seit (von Fe Sifter 

6. Liefer. — — Zwei Novellen, 112 | Artikel 257. Zweiter Art. 277. Dritter 

Beiſ, D. 2. * F Die ſchoͤne Literatur Eu⸗Zeitſchrift, Neue, ee bie Beidihte der ger:| Art. 857. Vierter Art. 405. Fuͤnfter 
ropas in der neueften Zeit, 187. man. Böller. 3.9. 9. Art. 477. 

— — — — droben altholäntiigr| — Sifer. * , berangrg. v. &.|3mweibein, Der —* CM. 2 d. Titel: 
Bollslicher, 1105. Ranke. 2. 8b. 1.9. ſaͤmmtl. Werte. 1. Bd.), 971. 


— — 





‚Blätter. 


literariſche Unterhaltung. 
—— — r.1. 


| Zur ridt nz ' 
Don dieſer Zeitfchrift erfcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für den 
Sahrgang 12 Zhle. Alle Buchhandlungen in und außer Deutfhland nehmen Beftellung barauf an; ebenfo 
elle Doftämter, die f9 an die koͤnigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, dad koͤnigl. 
preuß. —— mt in Halle, oder das fürſtl. Thurn und Zarifhe Poftamt in Altenburg 
wenden. . Die Verfendung findet wöchentlich zwei Mal, Dienſtags und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt. 








Dienfta 1. Sanuar 1833, 


REN _- 








ben unterflügt hätte. Claufewig pflegte ihn daher ben 
Vater feines Geiftes zu nennen, und bat ihm in 
ber erſt nach feinem Tode erſchienenen biographiſchen 
Skizze: „Ueber das Leben und den Charakter von 
Scharnhorſt“ (Hamburg, 1832, und früher In’ Ranke's 
ra spolisifcher Zeitſchrift“ abgedrudt) ein kleines 
enkmal zuruͤckgelaſſen. Wir übergehen bie uͤbrigen Les 
bensverhälmiffe des Generals Clauſewitz und erwähnen 
im, neben manchem lauten und flillen Widerfpruche ein | nur, daß er, nachdem er in den Heldzügen von 1813— 
großes Aufſehen zu erregen. Durch den gegenwärtigen | 15 mit Auszeihnung gebient und fih einen Schag 


Bom Kriege. Hinterlaſſenes Werk des Generals ; 
HZericht gedenken wir diefe Meinung zu vechtfertigen und von Erfahrungen erworben hatte, im Jahre 1818 zum 


von Slaufemwit. Erfter heil. Auch unter dem Ti: 
tel: Hinterlaffene Werke des Senerald Karl von 
Slaufewig über Krieg und Kriegführung. Erſter 
. Banb. Berlin, Dümmler. 1832. Gr. 8. 2 Zhlr. 4 Sr, 
Das vorliegende Wert kann mol mit Recht zu den 
bedeutmbften der nemern - Rriegsliteratur des In⸗ und 
Auslandes gezählt werden, und wird gewiß nicht verfehs 


heisutengen, die Aufmerkſamkeit, nicht bloß der mis Director der allgemeinen Kriegsſchule ernannt wurde. Erſt 
ken. —* —* gebildeten Welt ‚überhaupt | in dieſer Stellung, die feinen. aufſtrebenden Geiſt nicht 
auf dieſes Werk zu lenken. Weit weniger beabfichtigen | ganz befriedigte, gewann er Muße, feinem Werke, das er 
wie eine eigmtliche Kritik, die, wären auch unſere Kräfte | ſchon früher begonnen hatte, eine erweiterte Geftalt und 
Derfeiben gewachſen, jest noch nicht an der Zeit fein dürfte. | größere Vollendung zu geben. Entſchloſſen, es nicht bei 
Der weußiſche . General von Clauſewitz gehört zu | feinem Leben erfcheinen zu laſſen, beſchaͤftigte ex ſich in 
den Männern, die ihre Bildung weit mehr ihren natürs | abfichtlicher Abgeſchiedenheit von der ihn umgebenden mie 
Gen Gaben und ihrem beharrlichen Streben nach Er⸗ litairiſch⸗literariſchen Welt ununterbrochen mit demſelben: 
kenntaiß und Wahrheit als ihrer Erziehung verdanken. denn er wollte „ein Buch ſchreiben, welches nicht nach 
Diefe komate, da er, mac) ber fruͤhern Verfaſſung, kaum | zwei ober drei Jahren vergeſſen wäre, und „ſollte ihn 
412 Jahre alt als Faͤhnrich des nfanterieregiments | ein fruͤher Tod in der Arbeit unterbrechen, dem naqh 
Prinz Ferdinand in den Kriegodienſt trat und von dem drei⸗ Wahrheit und Ueberzeugung bürftenden Leſer in den Fruͤch⸗ 
zehnten Jahre an ſchon den Zeldzügen am Rhein beiwohnte, | te eines mehrjährigen Nachdenkens und eifrigen Stu⸗ 
und da fein Vater bei einem Gehalte von 300 Xhalern | diums bed Krieges die Hauptgedanken hinterlaſſen, vor 
ſeche Kinder zu erziehen hatte, wur hoͤchſt mangelhaft fein. | denen eine Revolution in biefer Theorie auẽ⸗ 
Exit fpäter wurde ihm durch die Aufnahme in die von | gehen Lönnte” (S. x u. zum) Durgf‘feine im Früh⸗ 
Ben damaligen Oberftlieutenant Scharnhocſt neugeftaltete | jahre 1830 erfolgte Verfegung zur Artillerie und ſpaͤ⸗ 
Rriegöfcgule die gewuͤnſchte Gelegenheit, ſich wifienfchafts | tere Anftellung als Chef des Generalſtabes bes Feldmar⸗ 
lich auszubilden; aber ohne Vorkenntaiſſe und ohne aͤu⸗ſchalls Gneiſenau wurde er feinen literatiſchen Arbeit 
fere Hrifemittei hätte er wie Viele, benen ein folcher | entzogen, die er, feinem verehrten Feldherin bald ins 
VBorzug zu Theil wurde, von den Borlefungen kaum mehr | Grab folgend (er flard am 16. November 1831 tie 
als eine trodene Nomenclatur bdavongetragen, wenn er | diefer an ber Cholera), unvollenbet und in ihrer vorlie⸗ 
nicht ſchon früh die Aufmerkſamkeit des treffllchen Scharn⸗genden Geſtalt feiner trauernden Witwe hinterlicß. 
horf auf fi) gezogen und dieſer ihn in feinem ernſten Stre⸗ Bon einem Danne, dem das, milltälrifchen Schrift 


ſtellern feltene' Gluͤk beſchieden war, den augezelchnetſten 
Feldherren feines Heeres amtlich und perföntich nahe zu 
ftehen und fo in den höhe Regionen des Kriegsweſens 
einheimifch zu fein, der mit reicher Kriegserfahrung eine 
feltene Büdung und ehnen klaren, durchdtingenden Merz 
kam vereinigte, welcher nicht ſchrieb, um fih an dem 
eifalle feiner Zeltgenoſſen zu weiden — von einem ſol⸗ 
chen kann die oben ausgeſprochene Abſicht wol nicht als 
ein eitles Vornehmen gelten. Nach unſerer Meinung hat 
ex fie erreicht und in feiner Schrift wenigftens die Keime 
“einer Revolution in ber Theorie des Krieges gelegt. 
Rn man dieſes auch nicht zugeben, fo wirb man doch 
des Verfaffers richtigen, fiherm, nur bei reicher Erfah⸗ 
wung und einem Maren Verſtande moͤglichem Takte, ſei⸗ 
nem Scharffinne und feinem hochgebitdeten Geifte nicht 
den verdienten Beifall verfagen: Eigenfhaften, bie ſich 
auf jeder Seite des Buches ebenfo zeigen, als fie in ſei⸗ 
heni öffentlichen und Privatleben ungetheilte Anerken⸗ 
fanden. J 

J 1 Sicherhelt des Taktes, diefen Scharffinn Haben 
wir vorglglich in den Definitionen gefunden, in Denen ber 
Verf. die Vegriffe erft von ihren fremdartigen, zufälligen 
und ſchimmernden Belmifhungen und Cinfafjungen ſchel⸗ 
det und ſodann Mar, ſcharf begrenzt und oft ganz neu 
darſtelit, dabei aber ftehende Phrafen, prunfende Termi⸗ 
ologien, ja felbft auch Gitare forgfältig vermeidet. Die 
eſchichte, die Erfahrung gilt ihm viel, alle ſeine Unter⸗ 
fuhhungen ruhen auf dieſem Boden. Aber fein kritiſcher 
ſinn, fein fpeculativer Geift hätt ſich über demfelben 
ünd läßt fi durch das Geſchehene keine Feſſeln anlegen. 
Dadurch {ft «8 dem Verf. gelungen, von einfeitiger Rich⸗ 
tung auf die eine ober bit andere Seite ſich freihaltend, 
ie Erfahrung mit! der Speculation, das Leben mit der 
iſſenſchaft zu verföhnen und zu verbinden, ohne ſte wi⸗ 
Germatüclich zu verfäpmelgen, und an mehr al Einer Stelle 
gu jelgen, wie die Krtegsprattit zwar ohne Wiſſenſchaft 
und Specularton befichen kann und aud) oft befteht, dann 
ober aufhört," Gegenftand der Kritik und Mittel der Be⸗ 
GHrung zu fein. Dabei ift feine Darftellung, wo er mit 
dein. Meichtjume de6 Stoffe umd der Fülle der Gedan- 
zu ſeht zu fämpfen hatte und die Unterfuchun⸗ 
t zu fhroferig wurden, einfach, Mar und lebendig, 
and. frei ‚von jenen glaͤnzenden Gemeinplägen und jenen 
efuchten "Metaphern vieler militairiſchen Schriftfteler. 
eft am Ziele der oft mihfamen Unterfuhungen anges 
Kangt, ſchwingt ſich die Darfteltung auf und faßt die Er⸗ 
gepniffi n, aber treuen Bilde zufammen. 
. Fu 8 gehalten, aber oft ablehnen; 






melde tole der Berf. felbft bei feinem 
Aeben ! aber militairiſchen Schriftſtel⸗ 
km, fi t &x, feiner Ueberlegenheit fich 
beioußt E etwas keck —XX berührt 
akmiid und Meinungen, M denen fi 
die hei Schriftſteller und Lefer recht 


zu gefa 2.06 war ihm nur um Beleh⸗ 
rung. u | m, denen er perſoͤnliche Rüde 
ffihten opferte und, da er ja fein Werk ſchtied, um «6 


. trieben halten, 


etſt nach feinem Tode erfhehien zu laſſen, auch opfern 
konnte. Aber nicht blos von perfoͤnlichen, ſondern auch 
von patriotiſchen Kuͤckſichten zeige ſich der Mann hier 
unbefangen, deſſen Eifer für fein Waterland feiner Lobs 
vebe bedarf. Diefe Unbefangenheit ergibt ſich zwar Than 
aus dem Gtreben nad) hehe ie iſt aber cine Mi 
Erſcheinung ie militairiſchen a die m 
zu oft die Geſchichte und ihre beſſere Ueberzeug den 
MRüdfichten der Pietät opfern. es 

Mit der Anlage und der Eintheilung des Werkes 
find mir weniges -einverftanden. Beide ſcheinen uns viels 
mehr mangelhaft zu fein, daher fi denn häufige Wies 
derholungen finden. eb mag biefed zum Theil in 
dem gewetifhen Gange Liegen, welchen ber Verf. einger 
ſchlagen hat und bei dem Manches erft der fpätern Ente 
widelung und beftimmtern Begrenzung überlaffen ivurde 
Auch iſt das Werk ſelbſt nicht als ein in ſich vollendetes 
anzufehen, und viele Theile deffeiben ſcheinen von bee 
Herausgeberin Nur aneinander gereiht zu fein. Entbehrt 
«8 auch dadutch der Rundung eines geordneten umd" ges 
fdloffemen Ganzen, fo wäre -e6 bad) unbillig, 
feinem Verfaſſer, der es nicht vollenden. konnte, zu rech⸗ 
ten. Auch als Ruine (infofern ein nicht fertiges Gebäude, 
nach Göthe, eine folche genannt werden ann) fft es das 
Werk eines Meiſtets. J 

Wem man Das, was wir ſoeben von dem Bude 
im Augemeinen gefagt haben, anerfennt, fo wird man 
unfere Anſicht, daß daſſelde eine Bierde der. Mititaitlites 
ratur iſt und in derſelben einzig daſteht, nicht fÜR übers 

Dod gehen wir nun zu ben einzelnen 

Thellen über. u 


Erftes Buch. Bon der Natur des Krieges. - Dritteh 
Eapitel. Der Eriegerifche Genius. Der Verf. umterſchil⸗ 
det den kriegeriſchen Geift vom kriegeriſchen Genius, defs 
fen Weſen er in- die gemeinſchaſtliche, harmoniſche Rich⸗ 
tung der Seelenkraͤfte zur kriegeriſchen Thaͤtigkeit feht: 
San iſt, was ©. 56 fg. von dem Kriege, als dem Ger 
biete der Gefahr, der Börperlichen Anſtrengungen und Leis 
den und bee Ungewißheit gefagt wird. Wegen des Leptern 
fobere er von -feinen Genoffen vorherrfchende Vers 
ffandesträfte. Der Geift des Kriegers möffe immer 
gleihfam unter ben Waffen fen. -- 

- Soll er nun dieſen beftändigen @treit ‘mit. dam Unerwar⸗ 
teten gluͤcklich beftehen, fo find ihm zwei Gig em unenty 
behrlich, einmal ein Berfland, ber auch in biefer gefteigertem 
Dunfelpeit nicht ohne einige Spuren de& innern Lichtes ift, die 
ihn zur Wahrheit führen, und dann Murd, dieſem ſchwaͤchen 
ichte zu folgen. Der erftere iſt bilbfi mit dem franpöfifen 
Autbru@ coup d’oeil bezeichnet worden, der andere iſt die 
@ntfchloffenheit. - . . 0 

©. 59. Die Geiſtesgegeuwart iſt dem Verf. nichts 
als eine Beflegung bed Unerwarteten. Wir innen & ums 
nicht verfagem, folgende Stelle herzuſetzen: 

So lange eine Zruppe voll guten Muthes mit Luft unb 
Leichtigkeit kaͤmpft, ift felten eine Weranlaffung da, große Mile, 
Ienstcaft in der Berfolgung feiner Zwede zu zeigen; fowie aber 
die Umftdude ſchwierig werben — und das ann, wo Außerordent · 
liches geleiftet werden fol, nie ansbleiben — fo geht die Sache 
nidyt- mehr von-felbft, wie mit einer gut eingedlten Mafdiat, 





lAecadie Wönfäftes felot fängt 









n Yebividain :simag: vorkenunedf fonbern 
Befamikt Ahbrwct ——— phogqen ‚und movoliſ 


allen Audern, bie, unmittAbar ode mittelbar, ihre Eindruͤcke, 


na, B:forgniffe ud‘ Beſtvebungen in ihn ader⸗ 


Ehre Gmpfindungen, B:T 

geben lafien. Sowie die Kräfte in bem Einzelnen erflerben, 
biefe nicht mehr vom eignen Willen angeregt und getragen wer⸗ 
ben, laſtet nad) und nad) die ganze Inertie der Waffe anf dem 


Willen des Felbherrn; ag, b ut in feiner Bruft, an dem Lichte 
5 % mi be Bor hd, das Licht der 


Br Beißre ſoll ſich die 

ffnwig aller Andern von Neubm ent ſunden; nur kſoweit 
er bies verhag, inſoweit gebiſeear Mödr vdie Muſf⸗ und dueise 
Derr derſeiben; ſowie daB aufhött, Forvie fein eigner Muth nicht 
mehr Hark genug iſt, den Muth aller Andern wiederzubele 
ben, fo giebt ihn die Maffe zu ſich hinab in die niedete Reglotn 
der thierifchen Natur, die vor der: Gefahr gurktfweidhe und die 
Schande nicht Fennt. Dies findidle Gewichte, werde der Muth 
Und die Seeienftaͤrke des Fuͤhlere it Rautipfe zu ubetivinben hat 
wenn er Aüögegridmetes: leiten welt. -- Wie wathfen Inlt den Mafe 
IF und fo möffen 'alfo bie Meäfte auch zunehmen mit ber 
oͤhe ber Steffen,‘ wenn: fie Yen REN angemefan Stelbhe ſol⸗ 
im. (©. 6% fg.) nn a 
Der Verf. ſchließt dieſes wirklich ausgezeichnete, Ca» 
itel mit der Erdrtetumg der Frage, melde Art. nom 
fand dem Ariegestfien Grniue am nachſten undchdre? 
„Däß' es meht bie Hehfenden als ſchaffenden ; imehe :die 
minfaffenden als einſeitig verfolgenden, mehr die kuͤhlen 
als die beißen Köpfe find, Regen wir im Kriege, das Heil 
umferer Bruͤder und Kinder, die Ehre und. Sicherheit un 

ſeres Vaterlandes -anvettranen möchten! ( S. 83). - 
Biertes Capitel. Bon ber Gefahr im Kriege. Iſt 
dem Reulinge zu. .empfehteny denn 08’ fhlägt deſſen oft 
phantafttiche Begriffe vont Kriege nieder. — Siecbentes Gas 
tel. Friction im Kriege. Det Verf. beantwortet Die 
age, was denn eigentuch die, Kriegführung..fo ſchwierig 
mache, da die Werkzeuge dazu dach fo. einfach find? auf 
eine treffende Weile. Es ift die Friction! Die Frie⸗ 
tion, nicht blos ber ganzen Mafchine, fondern jedes, auch 
des Heinften Theiles, und die ſich nicht, wie in der Me: 
chanik, auf wenige Punkte concentriren laffe. Man. lerne 
fie nur durch die Erfahrung ‚Emmen; fie muͤſſe aber ei: 
wem jeden Anführer bekannt: fen: nicht um fich (mie er⸗ 
führene, aber Ängjtfiche Generaler von ihre imponicen zu 
laffen, fondern um fie, wo möglih, zu überwinden 
ad nicht, unerfahrenen Anführern gleich, eine eben mes 
gen diefer Friction unmoͤgliche Beſtimmtheit der Wirs 
tungen zu erwarten, Im dem’ achten Capitel (Schlußbe⸗ 
Mmerfungen zum erften Buche) wird das „mildernde Dei” 
für diefe Reibung genannt. . Es ift — wie ſchon In dem 
vorigen Gupitel angebeutet — die Kriegs gewohnheit 
des Heeres. ‚Wie das menſchliche Auge im finftern Zim⸗ 
mer feine Pupille erweitert, das wenige vorhandene Licht 
einfaugt, nad, und nad die Dinge nothdärftig unterfchels 
det, zulegt ganz gut Beſcheid weiß: fo der geübte Soldat 
Im Kriege, während dem Neulinge nuc bie flodfinftere 


Nacht entgegentritt.” (©. 9%.) & ſei nothwendig, die 


·— 


dleſen zu überwinden ‚--dazu gehbst.bie große Willenskraft bes 
Kane Unter dieſem Widarfionde wir) man ſich nidyt gerade 

Ungehotfam und Midermbe. denken, wiewol auch dieſe ge ein | 
ed. ber 


fie, ed iſt deu hergzerreißende: Anblick der "biatigen Opfer, 
den bee Frei" ih ae ekaͤmpſemhat und bann in 





‚tät, ben man dem Gtüde unſers Beduͤnkens ni 


" ar WDibertanb zu lelfken, und ı Fritdensuͤbungen fo einzurichten, daß ein Theil jener Srie 


tionsgegenſtaͤnde vorkomme. Wir freuen uns, bier einer 
von uns ſchon ausgefprochenen Anficht zu begegnen, mük 
fen aber geflehen, ſie bier viel ergreifender ausgeführt ges 
funden zu haben. Möchte fie bei Denen Eingang finden, 
die alle Frictionen fo fehr fcheuen, daß fie nur Die Uebun⸗ 
gen anordnen, in welchen ſie vermieden wetden koͤnnen, 
d. h. ſolche, die blos auf mechaniſche Kunſtfertigkeiten geb 


eichert find !! 
(Der Beſchluß folgt.) 





Le roi s’amuse. : Drame par Pietor Hugo. Paris, 1832, 

- Die Erſcheinung dieſes Dramas hat zu einem unerhörten mi 
aifteriellen Gewaltſtreich Anlaß gegeben. Den Tag nach der em 
Ren Aufführung erhielt der Verfaffer von dem Bühnenbirector 
bei T e frangais die Weifung, bie Borfiellungen bes namen 
Stuͤckes feien auf höhern Befehl unterfagt worden. Gründe wur 
den nicht angegeben; fpäter erfuhr der Dichter, man habe ſich 
uͤber bie Immoralitaͤt einiger Scenen geärgert, namentlich hät 
ten ſich mehre Deputirte darüber beim Minifter (Hrn. YArgout) 
befchwert. Die wahre Urfache war wol diefe: Am Abende ber 
erfien Vorſtelluss waren das Parterre und das Orcheſter burch 


junge Leute, meiſtens Kuͤnſtler, Literatoren und Studenten, fanati⸗ 
ſche Anhaͤnger des Dichters, in Beſchlag genommen worden. Dieſe 


hatten lange vor dem Aufziehen des Vorhanges einen ‚gewaltigen 
Lärm gemacht, gefchrien und gefungen: Poulot s’en va-t-en 
guerre (Poulo6 if ‚ber Spottname ded Kronpringen) und die 
Marfeillaife und die PYarifienne, ımb überhaupt eine republikani⸗ 
fhe Srultation blicken laſſen, welche in einem fo kritiſchen Seit⸗ 
punfte, kurz nad) Gröffnung der Kammern, wo eben die politi⸗ 
fchen Geidenfiiften wieder mit allem Grimme erwacht waren, als 
lerding® heftigere Auftritte Hätte herdeiführen koͤnnen. Berner hat 
man in dem. Verſe: — 
Vos.möres aux laquaſs se sort prostitudes . 
rine Anfpielung auf tie Sittenloſigkeit der Großmutter einer ho⸗ 
ben Perfon finden wollen. Des Dichter ſpricht ſich Aber al Die 
fes in der Vorrede des foeben bei Renduel erfchienenen Dramas 
mit energiſcher Bitterfeit aus, und erklärt zugleich, daß er ges 


formen fei den Lönigl, Sommiffair beim Tiheätre francais, Hen. 


Zayior, gerichtlich zu belangen. Dee Borwurf ber orali⸗ 
ganz mit Un⸗ 
seht gemacht, giot Hrn. Hugo Anlaß ſich uͤber die Anlage und 


bie Tendenz des Stuͤckes auszufprechen, und ba Niemand beffer . 


ein Kunſtwerk erfiären kann als der es gefchaffen, fo geben wir 
bier die Worte bes Verf. wieber. 

„zriboutet iR Hofnarr (Wrang I), er iE dabei uns 
geftaltet und Eranf. Diefes dreifache Ungläd macht ihn boehaft. 
Tribonlet Haft ben Koͤnig, weil er König ift, die großen Herren, 
weil fie große ‚Herren find, und bie Menfchen, weil fie nicht alle 
einen Höder auf dem Mücken haben. Er verberbt den König, 
er treibt ihn an zu allem Boͤſen, zur Gitteniofigkeit, zur Tips 
rannei. Der König iſt unter ben Händen Zriboulet’s eine all 
maͤchtige Gliederpuppe. Eines Tages, während eines Peftes, 
bringt Ex.⸗Vallier zum König und wirft ihm bie Entehrung ſei⸗ 
ner Tochter, Diene he Noitiers vor. Triboulet ſpottet des uns 
glaceichen Waters, dem Kranz I. fein Kind genommen. St.⸗Val⸗ 
ker fludt dem Narren. Deraus fließt nun das ganze Stuͤck. 
Das eigentliche Sujet ift der Fluch des Hrn. von St.⸗Vallier. 
Er trifft Triboulet, nicht den Hofnarren, ſondern ben Menſchen, 
ben Vater. Er, Triboulet, hat eine Tochter; er verbirgt fie vor 


ben Augen der Menſchen in einem einfomen Haufe eines abges 


— Thetiles der Stadt. Gr ergieht fein Kind in. der Unſchuld, 


fürdtet nichts fo fehr, als daß fie verführf 


&r 
werde, umb in biefem Kinde, in dieſem feinen taeuerften Kleinobe 
wird Triboulet von bem Fluche des beleidigten Vaters ereilt. 


{ 
| 
’Aüllin.; 


Bean . gu weit geführt; daß er bie &chliberung feiner Laſter 
Wirkli 


Ver König 09 
Oh! sais-in'qui nous sommles? 

La France, un peuple entier, quinze millions d’homnıes, 

Richesses, honneurs, plaisirs, pouvoir sans frein ni loi, 

Tout est k moi, tout est pour moi, je suis le roi. 

Eh bien, du souverain tu seras seuveraine, 

Blanche, je suis le roi, toi tu seras la reine! 

Biunde 
Læ reine! et votre femme? 
. Der König, Iedhenb - 
Innoceuce! o vertu! 

- Ob! ma fenmme n'est pas ma maltresse, vois-tu? 


Der König ruͤckt ihr immer näher, nimmt fle in die Arme, 
win fie kuͤſſen, bi6 das arme Kind in ihrer Werzweiftung ſich 
in ded Könige Schlafzimmer vettet. Dieſer hat aber den Schluͤſ⸗ 
fer, fließt die Thuͤre des Gabinets auf, tritt hinein und macht 
Ginter ſich zu. W 
Le Uon a trainé la brebis dans son antre 

-ſagt Cléement Marot, weldyer feit einiger Zelt an. bes Hinten 
—— lauert. Dieſer Auftritt wurde mit unerbittlickem Misfal⸗ 
en aufgenommen, man pochte, ziſchte und ſchrie fo arg, baß 
fetöft dei „Hernani” ber Tumult nicht größlider war. Beim 
Seraustreten aus ihrer verberblichen Zufluchtöftätte hätte Blanche 
blos mit- wenigen Worten ihren Water von ihrer Entehrung uns 
terrichten ſollen. Solche Faͤlle haben nun einmal zwei Geiten, 
und Hier mußte dem Dichter Alles daran Liegen, dem Zuſchauer 
nur flets die tragifche zuzuwenden. Statt befien läßt er bas 

der koͤniglichen Woluft ihre Ungiäd vom erſten Anfang 

Ihre Zufammentreffend mit ihrem Verfuͤhrer lang unb breit ers 
gählen, in Ausbrücten, die nicht felten das Lachen erregen. Alles 
Wefes zechtfertigt Diejenigen volllommen, welchen "bie Wirkung 
bes Gtäcde in mancher Hinfiht unmeratifch erfcheint. Mas ber 
Dichter in ber Vorrede über die Grundidee und Anlage bed Dra⸗ 
mas fagt, wird eine kurze Andeutung ber Kataſtrophe mehr ents 
wideln. Im vierten Aufzuge ift die Buͤhne is zwei Abtheilun⸗ 
gen gefpalten: rechts der Qaai Notre-Dame, Eins das Bimumer 
Gene wald Durd) ihre Siege De Ohlackopfer Det Bandk 

er, e durch ihre Reize die 
ten Far Folle lockt. Triboulet Elopft an. „Diefen Abend,“ 
fagt er zum Bravo, „Tommt ein Gavalier zu bir, bu ermorbefl 
ihn unb nähft ibn in einen Gad: Hier find zehn Viſtolen; 
wenn ich die Leiche habe, befommft bu noch zehn.“ Det Gas 
valier Forhmt, eb: ift Prang I. Dieſer gefällt Magdelonne, fie 
Üüberrebet ihren Bruder, ihm das Leben gu laſſen. Alleia er bat 


gu 1 Rribeutit- eine 


| | E 
en ne Ram ee —— — 





Rear vl ws fe 
Blonde, welicher ihr Sat. eilt zum; ie: 
um ihren’ Verführer zu reiten; fie wird ftaft feiner ermordet 
ee a —— 
i ' B ‘ e 
und beliotſcht wurte, "and ber: eibes, "ik ih Des 
a Da ah — 
mie. Qu erlegen | e 
feine Tochter. Win werben auf bee. Fr —— 
wen anbess nicht einer: unferer verehrten Collegen er; zuvor⸗ 








. A 22 ’ o,.. . 

[ sem... ., u 
.ZRus ruͤhnt Inı.feingn, „Spain In 18804 "hie, fr 
Einrictung 
Düigeneen, mad erzäplt, daß er in Bittoria dem Infanten Dog 
Erancieco mit feiner Zemilie und Gefolge begegnete, weicher in 
zwei folgen Wagen reiſte. Pie Unſicherheit ber Landfirafen 
war ‚aber: fp. :guoß, Laß die Unternehmer ber Diligencen durch 
ſormlichen Tzitut aa. bie, großen, Räuberbanden die Gicerheit 
deu Paflagiers «laufen, und; da, dies vor ‚Beinen umkerfizeifes 
ben Zruppe. nad; nit ſchuͤtte, ihren Wagen durch einen Raͤu⸗ 
berchef · begleiten· Igfien ‚umußpen,, deſſen  gefüschteter ‚Name 
—* —A———— — 

erne hie 


Keben vieien Beinerkungen über die Verdorbenheit ber Site . 
fe in Spanten, beſonders in ben [hbäichern Provinzen, too! 

andere Mhefdjlecht: keiner. Schranke a feint,- : 

Herr Inglis „auch Folgende wenig So te Begebenpeit , 

Kiner ber reicften Wechsler in Gadir, Namens Sargallo, des 
wohnte ein —28 Gebaͤude dicht neben einem Franziskaner⸗ 
kloſter, von welchem es nur durch ein kleines undewohntes 
getrennt wird, das ben Wechsler ebenfalls angeherte. Obglei 
ſehr reich, befünmerte.ar ſich doch geyau um. ſeinen ‚häuslichen 
Aufwand und machte dabei die Bemerkung, daß fein Koch weit 
mebr brauche, als bie Webürfnifie feiner Tafel erfobern könnten. 
Sind Tange Beit"tieß er ſich dies ‚gefallen ; als es ibm aber ein 
mal gu arg wurde, gab eg-bem Koche ben Abſchieb. As letzte⸗ 
ver jetzt einen neuen Dienß fuchte und ein Zeugniß feines Wohl⸗ 
verhaltens bedurfte, verweigerte. ihm dies Bargallo wegen feine 
vermeintlichen’ Wetrugb. Das bräkte den Koch auf; er holte 
fi Zeugen und erzählte laut ini Hofraume feines : ehemaligen 
Seren, daß er taͤglich ein vollftänbiges Mittagseſſen ins Reben⸗ 
haus babe liefern mülfen, wo bie Zrau vom Hauſe und ihre 
Tochter die. Geſellſchaft einiger auserwählter Brüder Franziska⸗ 
ner zu genießen pflegten. Uebrigens lebten dort auch noch dret 
Kinder und eine Amme aus n Bargallo's Beutel, " Anfunge 
wollte ber Betrogene die der Selbſtoerleugnung ergebenen Wonchte 
beftraft willen, allein ber Generalcapitain der Yrypinz dulbeie 
Beine Auffehen erregende Procebur gegen die heiligen Eranzistas 
ner, bie nicht im Mindeſten beunrupigt wurden. Gargallo vers 
heirathete feine Tochter mit einem alten Apotheler und fperrte 
feine Srau zwei Jahre lang ein, nad) welcher Zeit er fie wiedee 
zu Gnaben annahın. F 


¶Auch Rordamerika befigt eine Gefelfkaft zur Berbreitung 
nüglicher Kenntniffe. Sie nennt fih The american philoso- 
phical society for promoting useful knowledge, hält ihre 
Sitzungen in Philadelphia umd macht bie Grgebniffe ihrer wife 
fenfchafttichen Yorfdyungen durch den Drud bekannt. Der britte 
Band der neuen Folge ihrer ,, Transactions‘ zählt 511 @. in 4., 
und enthält neben phufitalifchen, chemifchen, goologifcken und an⸗ 
bern Abhandlungen auch eine Grammatik ber Sprache ber Des 
laware » Indianer. ' 8. 






Redigirt unter Berantwertligteit der Berlagäbendlung: J. %. Brochaus in Seipzig. 


es auf Spanient Angnigen Runitftzaßen. * 





I 





0 Blätter 


N 


für 





: GSeſchluß qus Ne. 1.) 
Zweites Buch, Ueber die Theorie des Krieges, es 
ſtes Gapitel. Eintheilung der Kriegskunſt. Der Verf. trennt 
ben Krieg oder Kampf von ber Vorbereitung zu bemfel: 
ben, und bie Zhätigkeit, welche jener, von ber, welche biefe 


erfodere. Die bewaffnete und ausgerüftete Streitktaft fei 
als gegebenes Mittel zur besrachten, von dem man, um 
es zweckmaͤßig anzuwenden, nichts als bie Wirkungen zu 
Sermen brauche. Im eigentlichen Sinne fei alfo die Kriegs: 
tunft nur die Kunft, fich des gegebenen Mittels im Kam⸗ 
pfe zu bebienen. Dieſe Beſchtaͤnkung iſt nicht neu, aber 
von weientlihem Nugen. Denn es wird dadurch einem 
theorefiihen Irrthume umd einem praßtifchen Vorurtheile 
auf gleiche Weiſe begegnet. Der Verf. gibs nun vors 
Kufig eine Erklärung der Taktik und Strategie. Jene ift 
ihm die Thaͤtigkeit, die Gefechte in fih anzuordnen 
und zu führen, und diefe, fie unter fich zum Zwecke 
des Krieges zu verbinden. „Es ift aljo die Taktik die 
Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, die Stra⸗ 
tegie die Lehre vomi Gebrauch der Gefechte zum Zweck 
bes Krieges.” (S. 105.) Am. Schluffe diefes Capitels 
fpricht der Verf. von dem Mugen ber Begriffsbeſtitumnn⸗ 
gen und rügt die „verworrenen und verwircenden, auf kei⸗ 
nen feften Standpunkt geflästen, zu keinem befriedigenden 
Meſultate führenden, bald phantaftifchen, bald in leeren 
Allgemeinheiten ſchwimmenden“ Vorftellungen über bie ei⸗ 
gentliche Kriegführung, die wir dedwegen fo oft hören und 
leſen müfien, weil noch felten cin Geiſt wiflenfchaftlicher 
Unterfuchungen auf diefem Gegenflande geruht habe, 

- Zweites Bapitel. Weber bie Theoxie des Krieges. Mach⸗ 
dem der Verf. die Unhaltbarkeit einiger Theorieverſuche, 
namentlich Buͤlaw's und Jomini's, die nur nach beſtimm⸗ 
ten Groͤßen ſtreben, waͤhrend im Kriege Alles unbeſtimmt 
ſei, welche die Betrachtung auf materielle Groͤßen beſchraͤn⸗ 
ken, waͤhrend der ganze kriegeriſche Act von geiſtigen Kraͤf⸗ 
ten und Wirkungen durchzogen werde, kurz, aber treffend 
dargelegt, zeigt er die Schwierigkeiten, die fuͤr die Theorie 
1) aus den geiſtigen Kraͤften und Wirkungen, 2) aus 
der lebendigen Reaction und 3) aus der Ungewißheit al⸗ 
ler Data hervorgehen, und ſchließt hieraus auf die Un⸗ 
möglichkeit einer poſitiven Lehre. Dann tritt er vers 


iterarifhe Unterhaltung. 


2. Sanuar 1833, 


mittelnd zroffchen Theorie und Wirklichkeit. Nicht pofitive 
£ehre, db. f. niht Anwelfung zum Handeln, fons 
dern Betrachtung fei die Theorie. Die Selbfterziehung 
des Krieges müffe fie leiten, nicht aber mis ihm auf das 
Schlachtfeld gehen. Von der verfiändigen Behandlung 
dieſes Geſichtspunktes hänge es ab, fie mit dem Handeln 
fo zu befreunden, daß ber widerfinnige Unterſchied zwifchen 
Theorie und Praris ganz verſchwinde, ben eine unvernuͤnf⸗ 
tige Theorie oft hervorgerufen und Beſchraͤnktcheit ‚des 
Gelſtes oder Unwifienheit ebenfo oft zum Vorwande ges 
braucht habe, um fich in der eignen Ungeſchicklichkeit recht 
gehen zu laſſen. (S. 130.) 

Deittes Capitel. Kriegskunſt oder Kriegswiſſenſchaft. 
Nah dem Verf. gehört der Krieg nicht in das Gebiet 
der Künfte und Willenfchaften, fondern in das des gefelle 
f&haftlihen Lebens; denn er Äußere fein? Thaͤtigkeit nicht 


“gegen einen todten, nicht gegen einen lebendigen oder lei⸗ 


denden, fonbern gegen einen lebendigen reagirenden Stoff. 
Wiertes Capitel. Methodismus. Nachdem der Verf. 
Gefeg, Srundfag, Regel, Vorfhrift und Ans 
weifung kurz befintet hat, erklärt er Methode ala 
ein untere mehren möglichen ausgewähltes, wiederkehrendes 
Verfahren, und die Anwendung berfelben Im Kriege für 
befonbezs -wichtig, namentlich in dem niedern Thaͤtigketten. 
So lange es indeß noch keine erträglihe Theorie, d. h. 
keine verfiändige Betrachtung über die Kriegführung -gebr; 
möffe der Methodismus auch in den hoͤhern Thaͤtigkeiten 
um fich greifen. So babe es eine Methode Friedrich's, 
eine Methode Bonaparte's gegeben: nämlich eine Much: 
ahmuag der diefen Feldherren eigenthümlichen Verfahrungs⸗ 
weiſe. Wir find auch hiermit einverflanden, möchten aber ' 
Methode, im militairiſchen Ginne, den Stempel, das Ges 
pröge, die Richtung nennen, welche Begebenheiten, Zrits 
geift und große Heerführer der Maſſe, den Untergeordnes 
ten aufdrüden und geben, unb ihre infofern, als fie auf 
etwas Gegebenem, Wirklichem beruht, immer den Borzug 
vor ber Theorie — auf deren gegenwärtigem Standpunkte 
— einräumen. on 

Fünftes Capitel. Kritik. Der Verf. bezeichnet fie als 
eine Anwendung, der theoretffchen Wahrheit auf wirkliche 
Ereigniſſe. Es iſt diefes Capitel von großer Wichtigkeit, 
denn es bringt die Kritik unter einen ganz neuen Ge⸗ 


ſichtspunkt und zeigt ihren gleich ‚großen Werth für Lehre 








n 


TG 


und Leben. Namentlich wird übe Eriegögefchichtliche For⸗ 
ſchungen hier ein neues Licht verbreitet. Aber nicht blos 
die wirklich angewendeten, fondern auch alle möglichen 
Mittel find nah dem Verf. Gegenfland ber Kritik, was 
er durch ein Belfpiel aus dem Feldzuge Bonaparte's und 
Wurmſer's im. Juli 1796 ſehr anfhaulih macht, Auch 
an andern aus der Gefchichte entiehnten Beweilen — nas 
mentlih aus Napoleon’s Feldzuge in Rußland — ſieht 
man, wie des Verf. die Gefchichte in fi aufgenommen, 
wie fie fo ganz feine Betrachtungen und Unterfuchungen 
duchdeungen, wie aber auch keine Begebenheit, kein Res 
ſultat feinen kritiſchen Sinn geblendet oder uͤbermannt hat. 
Drittes Buch. Bon der Strategie überhaupt. Erz 
fies Capitel. Strategie. Der Begriff derſelben wird num 
mehr entwidelt. Sie zieht mit ins Zeld, ruht nie, ift 
ſehr einfach, aber nicht leicht. Wegen bdiefer Einfachheit 
tadelt ber Verf. das emphatifche Lob ftrategifcher Bewe⸗ 
gungen, bie bannalen Phrafen von genialen Maͤrſchen und 
gelehrten Manoevres u. ſ. w. und beruft ſich auf bie 
Maͤrſche Friedrich IL zwiſchen den Heeren Daun's und 
Lascy's im Juli und Auguft 1760, welche Maͤrſche nicht 
an und für ſich, fondern der gewaltigen Friction wegen, 


die fie in der Mafchine hervorgebracht und die der König 


zu befiegen gewußt, Berounderung verdienen. 
Kann der Geift des Feldherrn foldye Bervegungen mit ber 
Leichtigkeit hervotbringen wie bie Hand bes Feldmeſſers bie 
Bervegungen' feines Aftrolabiums? Durchſchneibet nicht der Ans 
blick biefer Müpfeligleiten ber armen hungernden und durften» 
ben Kampfgenoffen taufenb Dat das Herz des oberſten Führers? 
Kommen nicht ‘die Klagen und Bedenklichkeiten darüber an fein 
Dhrr Hat ein gewöhnlicher Menfh Muth, dergleichen zu bes 
gehren, und werben ſolche Anftrengungen nicht unvermeiblich ben 
Weist des Heeres herunterbringen, feine Ordnung löfen, Turz 
feine militairifge Tugend untergraben, wenn nicht ein maͤchti⸗ 
ges Vertrauen zu ber Größe und Unfehibarkeit bes Felbherrn 
Alles gut macht? — Diefe Wunder der Ausführung find es, 
welche wir bewundern mäflen. Alles dies aber fühlt ſich mit 
feinem ganzen Gewichte nur, wenn man durch bie Grfahrung 
einen Vorſchmack davon befommen.... (&. 208 fg.) 
Zweites Capitel. Elemente der Strategie. — Deittes 
Capitel. Morafifche Größen. - | ” 
Die Theorie darf fie nicht aus ihren Grenzen verwelien, 
weil die Wirkungen der phyſiſchen Kräfte mit den Wirkungen 
ber moratifchen ganz verſchmolzen unb nicht wie eine metallis 
ſche Legi durch einen chemiſchen Proceß davon zu 
find. .... Km beften wirb der Werth ber moraliſchen Groͤßen 
überhaupt bewiefen und ihr oft unglaublicher Einfluß gegeigt 
durch die Geſchichte, und bies iſt ber ebeifte und gebiegenfte 
en ‚„ den der Geil bes Feldherra aus ihr zieht. 


Viertes Capitel. Die moralifhen Hauptpotenzen: „Die 
Talente des Feldherrn, Eriegerifche Tugend bes Heeres, 
Volksgeiſt deſſelben“. — Fuͤnftes Capitel. Kriegeriiche 
Tugend des Heeres. Der Keim derſelben gedeihe nur 
in dem Boden einer beſtaͤndigen Thaͤtigkeit und Anſtren⸗ 
gung; aber auch nur im Sonnenlicht des Sieges. „ft 
er einmal zum flarten Baum ausgebildet, fo widerſteht 
er ben größten Stürmen von Ungluͤck und Niederlage 
und fogar ber trägen Ruhe des Friedens, wenigftens eine 
Beitlang.” (&. 219.) 

Girbentes Capitel. Beharrlichkeit. 


Im Kriege beſindet ſich ber Führen eines großen Ganzen 
im beftänbigen Wellenfchlage von falfhen und wahren Rad 
richten, von Fehlern, die begangen werden, « ..... von Zu⸗ 
füllen, an die kein Menſch gedacht hat. Kurz, er ift hunderte 
taufend Eindruͤcken preiögegeben, von denen bie meiften eine bes 
Torglicye, bie wenigften eine ermusgigende Tendenz haben. Lande 
Kriegserfahrung bringt zu bem Takte, ben Werth diefer einzel 
nen Erfheinungen hell zu würdigen, hoher Muth unb ine 
nere Stärke wiberftehen ihnen, wie ber Fels dem Geplätfcher 


der Wellen. Wer dieſen Eindruͤcken nachgeben wollte, würbe- 


feine feiner Unternehmungen burchführen, und _darum tft bie 
Beharriichleit in dem gefaßten Vorſatze, fo lange nicht 
die entfihiebenften Gründe dagegen eintreten, ein ſehr nothwen⸗ 
diges Gegengewicht (&. 227 fg.). 

Achtes Gapitel, Ueberlegenheit der Zahl. Nach dem 
Verf. ift fie ſehr wichtig, weniger die abfolute, als Dis 
relative, d. 5. die geſchickte Fuͤhrung überlegener Streit⸗ 
Bröfte auf den entfcheldenden Punkt, 

- Das breizehnte Capitel handelt von ber ſtrategiſchen 
Referve, bie der Verf. für widerſinnig erlärt und dieſe 
Behauptung mit dem in dem $eldzuge 1806 nutzlos aufs 
geftellten Reſervecorps des Prinzen Eugen von Wuͤrtem⸗ 
berg belegt. — Funfzehntes Capitel. Geometrifches Ele⸗ 
ment. Diefe Lieblingsidee aller neuern Strategen, von 
Bülow bis auf Jomini und eimen großen Feldherrn uns 
ferer Zeit, wi der Verf. ganz aus der Strategie verbans 
nen. Lebte er noch, fo wuͤrde er deshalb manche Anfech⸗ 
tung zu beftehen haben. — Siebzehntes Capitel. Ueber 
ben Charakter der heutigen Kriege. Hier hätten wir mehr 
erwartet. 

‚Vierte Buch. Das Gefecht. Es wird ums ſchwer, 
dee Verſuchung zu twiderfiehen, bie gegenmärtige Anzeige 
über die Grenzen biefee Blätter binauszuführen, doppelt 
fhwer aber In dem vierten Buche, von dem wir Lieber 
eine bloße Inhaltsanzeige als ‚einen nur kurzen Bericht 


geben. — Zweites Gapitel. Charakter ber heutigen Schlacht. 


In wenigen abet ganz ans dem Leben genommenen Züs 
gen gibt und ber Verf. ein Bild der heutigen Schlacht, 
welches vielleicht manchem Unerfahrenen oder Befangenen 
matt erfcheinen dürfte. — In dem dritten und viesten 
Capitel wird don dem Gefechte überhaupt, in dem fünfe 
tm und fechöten von defien Bedeutung und Dauer und 
in dem ficbenten von. der Entfcheidung defielben gehandelt. 
Hierauf geht der Verf. im neunten Capitel auf die Haupts 
ſchlacht über und handelt im zehnten und elften, als ben 
Bortfegungen des neunten, von der Wirkung des Sieges 
und dem Gebrauche ber Schlacht. Das zwölfte Capitel 
handelt von den ftrategifchen Mitteln, den Sieg zu benus 
gen, das breizehnte von dem Ruͤckzuge nach verlorenen 
Schlacht und das vierzehnte und legte von dem nächtlis 
chen Gefechte. Ä 

Wir Eönnen und nicht enthalten, zum Schluffe dieſes 
Berichts einer von dem Verf. meifterhaft widerlegten recht 
verderblichen Irtlehre vieler Theoretiker zu erwähnen, bie 
zwar jegt als folche anerkannt worden ift, aber doch, wie 
fo manche andere falfche Lehte, im Laufe ber Zeiten leicht 
lich wiederkehren kann: bag nämlich die firategifchen 
Combinationen firategifch geloͤſt werden können, ja mol 
gar gelöft werden müffen, db. h. ohne Schwert und Blut⸗ 


= 


. 


Gergfeßen. "Wenn auch hen bee beraͤhmte Marſchall von 
Sachſen diefe Anficht ausgeſprochen bat, fo iſt fie nichts: 
deſtoweniger ein Irrthum, ber uns Deutfchen theuer zu 
fiehen gekonmmen. Unſer Verf. bricht über denfelben im 
eiften Capitel vollends den Stab und fast u. a.: 

Die Hauptfchlacht iſt der biutigfte Weg der Loͤſung; zwar 
iſt fie Fein bioßes gegenfeitiges Morden und ihre Wirkung 
mehr ein Zobtfchlagen des feindlichen Muthes als. ber feindli⸗ 
(gen Krieger, allein immer iſt Blut. ihr Preis und Binfchlachs 
ten ihr Gharafter wie ihr Name; davor fchaubert der Menfch 
Im Feldherrn zurüd. Aber noch mehr erbebt ber Geift des 
Menſchen vor bem Gedanken der mit einem einzigen Schlage 
gegebenen Gntfcheidbung. In einen Punkt bes Raumes und 
der 3eit ift hier alles Handeln zufammengebrängt, und in fols 
chen Augenbliden regt fö in uns ein dunkles Gefühl, als ob 

unfere Kräfte in biefem engen Raum nicht entwideln und 
thätig werben koͤnnten; als ob wir mit ber bloßen Zeit ſchon 
viel gewonnen hätten, wenn auch biefe Zeit und gar nichts 
ſchuldig if. Dies ift rine bloße Saufen, aber au als Täus 
fung iſt es etwas, und eben biefe Schwäche, welche den Mens 
fgen bei jeber andern großen Entſcheidung anwanbelt, Tann ſich 
im Felbherrn ftärker regen, wenn er einen @egenftanb uon fo 
ungeheuerm Gewicht auf eine Spitze flellen fol. — &o haben 
denn Regierungen und Felbherren zu allen Zeiten ſtets Wege 
um bie entſcheidende Schlacht herum gefucht, um entweber ihr 
Biet ohne biefelbe zu erreichen, ober es unvermerkt fallen zu 
laffen. Die Geſchicht⸗ und Theorienſchreiber haben fich dann 
abgemäht, in biefen Feldzügen unb Kriegen in irgend einem ans 
dern Wege nicht blos dad Aequivalent der verfäumten Schlacht⸗ 
entfheidung zu finden, fondern feloft eine höhere Kunft. Auf 
dieſe Weiſe find wir in unferer Zeit nahe daran geweſen, in ber 
Delonomie bes Krieges die Hauptichlacht wie ein burch Fehler 


nothwendig gewordenes Uebel anzufehen, wie eine krankhafte 


w bes ein orbentlicher,, worfichtiger Krieg niemals 


—— — 


te; nur diejenigen Feldherven ſollten Lorbern verdie⸗ 
zen, die es 


mb die Theorie bes Krieges, ein wahrhaftes Bramin 
follte ganz eigend dazu i fein, dies zu lehren. — 
Geſchichte ber Zeit Hat dieſen Wahn zerſtoͤrt, aber Tein Menſch 
kann bafür einftehen, daß er nicht hier unb ta auf kürzere oder 
längere Zeit zurüctehrt und die Fuͤhrer ber Angelegenheiten 
zu folchen Verkehrtheiten Hinzieht, die der. & 

atfo dem Menſchen näher lies 

ger Zeit. Bonaparte's Felbzäge und Schlachten wie Rohheiten 
und halbe Dummpeiten betrachtet und noch einmal mit Wohk 
gel und Zutrauen auf ben Galanteriedegen veralteter, zus 


endienſt, 


bie Theorie davor warnen, fo hat fie Denen, welche ihrer Wars 
Gehoͤr geben, einen weſentlichen Dienft geleitet... . 
it blos der Begriff des Krieges führt uns dahin, eine große 
Gntfdyeibung nur In einer großen Schlacht zu fuchen, fondern 
auch bie Erfahrung. .. Gelbft Bonaparte wärbe das in fe 
wer Ast rinzige Um wicht erlebt haben, wenn er das Blutver 
e. 5.. Wir mögen nichts Hören von 

‚ bie ohne Menſchenblut flegn. Wenn bas bin; 

tige Schlachten ein ſchreckkliches Schauſpiel iſt, fo 
foll das nur eine VBeranlaffung fein, bie Kriege 
mehr zu wärbigen, aber nit die Schwerter, bie 
man führt, nah und nah aus Menfhlickeit 
fumpfer je marken, bis einmal wieder Einer ba+ 
wifhen fommt mit einem f&harfen, ber uns bie 
geme beim Leibe wegh aut. (@.M41fg.) (Sehr wahr !) 


Möchte diefe ‚Anzeige dazu hienen, dam Merle recht 
viele Leſer zu verſchaffen, fo wir den Zweck der⸗ 
felben erreicht. 168, 





werfländen den Krieg ohne Blutvergiehen zu führen, . 


Mon, 
en. Vielleicht, daß man in eini⸗ 


fter Ginricktungen und Manieren fieht. Kann . 


7 





‚begründet ift, was bier über den Wilhelm von Grumbach 


Eulſabeth, Hetzogin zu Sachſen und Landgraͤfin zu Thuͤ⸗ 
ringen. Ein Beitrag zur Geſchichte der ſachſen⸗ko⸗ 
burg > gothalſchen Lande, von Chriſt. Ferd. Schulze, 
Gotha, 3. —8 1832. Gr. B. 21 Gr. 

Als der durch viele andere hiſtoriſche Schriften mli 
bekannte Verf. vor 9 Jahren n — I dan * 
ſchichte bes gothaiſchen Gymnaſiums ſuchte, fielen ihm auch 
Reben und Leichenpredigten auf bie berühmte Wittelöbacherin 
Elifabeth, Gemahlin des unglüdtichen Johann Friedrich bes 
Mittlern von Gotha (fl. 1396) in bie Haͤnde. itere Nach⸗ 
forfhungen auf ber Bibliothek und in’ Archiven gaben immer 
mehr Stoff, und nach Vollendung bes achten Theils des „Hiſto⸗ 
riſchen Bilderſaales / verarbeitete der Verf. feine Materialien zu 
vorliegender Biographie. In gut gewählten und gut ausgefühts 
ten gefchichtlichen Monographien liegt ein eigner Gegen. Gie 
find nit allein tuͤchtige Bauſtrine für größere und Allgemeis 
neres umfaffende Werke, fondern zugleich eine für Des; und 
Berftand gleich anſprechende Lecture. Denn wahrlidy bie Ges 
fhichte fol gewiß nicht blos durch Namen, Zahlen und trodene 
Bactenerzäplung den Werftand (oder am Ende .bles dad Gedaͤcht⸗ 
niß) bereichern, ſondern auch menſchlich das des Menſchen 
—— re buch Bet Ile zum Guten begeiftern 

en a en. würdigt fie noch ni t 

ner Bra je ler u a8 fie noch nicht zu eis 
an Tann alfo biefes Buch erftlich unter bem tös 
punfte eines wichtigen Beitrages zur fächfifchen ober —** 

Geſchichte betrachten. So angeſehen enthält es treffliche Notizen 

über bie Zeiten des Kaiſers Maximilian II. und bes berühmten 

Tächfifchen Kurfürft Auguſt, der aber gerade in Beziehung auf 

die Adıtierecution an feinem Wetter, Eliſabeth's Semahl, und 

in feinem unbeugfamen Sinne bei beffen Ungluͤcke nicht die gläns 


zendſte Rolle fpielt. Indeß erklärt eine aus be i 
ee zu Gotha (S. 219) mitgetheilte Beilage, eine 5533* 


nfiruetion, was David Baumgärtner mit dem Kaiſer verkags 
bein fotl, und worin Kurfuͤrſt Auguſt bem Kaifer aut 

feind, ber nad der kaiſerlichen Krone trachte und das Baus 
Deſtreich nitderbrüden wolle, geſchildert wird, Ciniges. Wahre 
iſt, daß ſich Marimillan II. gegen Kurfürft Auguſt verpflichtet 
hatte, den geaͤchteten und zu Reuftadt bei Wien gefangengehale 
tenen Dergog nie ohne Augufl’s Sinwilligun auf ferien uß zu 
fegen, und nach fo Innger Strafe mußte Auguft einen Kürften 
immer fürdten, gegen den er zu ſtreng gehandeit zu Baben ſich 
felbſt fagen mußte, und von beifen Smpfänglichkeit auch für bie 
chimaͤriſchſten Plane er Beweiſe genug hatte. Nicht minder 

ges 

fogt wird, daß er anfangs in ben wuͤrzburgiſchen Händeln bei 
weitem fo ſchuldig nicht war, als bie — ſinden 
wollte. Der Berf. hat es nämlich richtig herausgefunden, baf 
diefe ganzen Grumbach ſchen Händel nur ein Theil jener euer 
tion waren, welche viele dentſche Ritter gegen bie damals fo 
fleigende Fürftengewalt verſuchten. Et war alfo nicht fo ſehr 
bad legte Auftauchen bes mittelalterlichen Fehdeweſens als ein 
Ringen ber alter Xbyiöfrrigeit gegen bie orialhoheit ber 
Bürften, wie bies ſchon Wöttiger in feiner „„Befchichte Sadhfens‘’, TI, 
12, bemerkt hat. Derſelbe weift aber auch in feiner „„@efchichte 
Baierns“ (Grlangen,. 1852, ©. 229) eine ins 3. 1564 fallende 
Verbindung des bairiſchen Adels nach, welche zuerſt vom Kurs 
fuͤrſt Auguſt dem Herzog Albrecht angezeigt und von biefem 
mit großer Mäßigung unterbrüdt wurde, und an welcher bie 
Politik und die Religion gleichmäßigen Antheil gehabt zu haben 


einen. Ku zu haber 

„Wenn nun dieſe Geſchichte gewiß einen ſehr drauchbaren 

Ba en BI ne 
es Der oben angebeutete zwei 

nicht gu Aberfeben, ja von bem Meef, elbfE Theil in her Aucike 





| nung bes Buches an die Herzogin Karolina Amalia, theils 


ber Vorrede durch die Worte: „zur Belebung frommer Ge 
nungen’,"außgefprochen wo.den. "Die geiden biefer wahrhaft —* 


» 9 a 


. | . 


$ 
men und verftänbigen Fuͤrſtin, weiche Ihem Kg‘ u 


Tihtäfätbigen Gemahl, ohne ihn vetten } 
jenes Grunibach's und feinet Geſellen flärgen ficht; welche von 
dem unvermeidlien Unglüd, das baraus für das garze Luͤr⸗ 
ſtenhaus folgen muß, ihren verbiendeten Dann nicht überzeugen 
Bann; melde durch beffen Thorheit in die ärmlichfte Lage vers 
Tegt wird und endlih 22 Jahr freiwillig die Gefangenschaft 
des wunderlichen Mannes, fern von der ‚Heimat, in welder 
ihe unterdeß mehre Kinder fierben, unter ben drüdenditen Ent: 
behrungen, zum Theil auch Religiondanfechtungen theilt, dann 
noch ats Leiche: den Glaͤubigern Ihres Gemahlẽ ald Pfand bit: 
nen follz einer Yürftid, welche aber nicht in trauriger Reſigna⸗ 
‘tion die Hände in den Schoos Legt, fondern unnufhörlich auf 
redliche Mittel und Wege dent, wie fie bie Gegner ihres Mans 
mes erweidhen und von ihnen beffen Freiheit erbitten Tann, da⸗ 
bei niemals ben Muth und das Vertrauen auf Gott verliert 
and ftill und gelaffen, Höchftens mit dem Kummer aus ber Welt 


geht, wer nun ihrem armen unglädlichen Gemahl ihre Gtelle, 


erfegen könne — das Leben und bie Leiden diefer ehrwürbigen 
Kürftin werben gewiß im jeber fühlenden Menfchenbruit Theil⸗ 
"nahme finden und vielleicht auch tröffenb und ermuthigend wirken. 

Es fei erlaubt, zum Schluffe als Probe der Darftellung 
folgende auf das eben Gefagte bezügliche Stelle herauszuheben. 
„Gluͤcklich Tonnte man fie preifen. Sie hatte den Kampf bes 
Sebens und Sterbens vollendet, unb frei von irdiſchen Leiden 
war fie eingegangen ‚zu himmliſcher Vollendung und Seligkeit. 
Wie ung ei mußte dagegen das Loos ihres Gemahls erſchei⸗ 
nen! batte das Traurigſte erfahren, mas Menſchen hienier 
"den treffen kann. Wr hatte Kreiheit,. Heimat, Herrſchaft, fürft 
liche Würde verloren, "hatte feit 27 Zahren die Bebrängnifie ber 
Gefangenfchaft büßen (9) müflen, und nun war ihm auch Die 
entriffen, bie mit ihm biefe Leiden getragen unb durch Theil⸗ 
nehme unb Järtliche Sorgfalt fie ſhm erleichtert hatte. Selbſt 
der aͤrmſte und niebrigfte der Menſchen bat mitunter das Gluͤck, 
"Mm feiner Heimat, geachtet von feinen Ditbürgern und gepflegt 
von feinen Kirdern, die Tage des hülfsbedürftigen Alters bin: 
zubringen und im Kreife der Scnigen und unter ihren Thraͤ⸗ 
nen hinuͤberzuſchlummern in das Land des ewigen Kriedene. 
Richt fo Herzog Johann Friedrich. Ihm war bieles Gluͤck ver: 
ſagt. Bern von der Heimat, in frauriger Verlaffenheit wankte 
‘er dem Grabe zu! Gr war Sefangener, war allein, war ohne 
Gemahlin, ohne Kinder, ohne Freunde. Großes und bauerndes 
mniegeräid kann das Edlere im Menſchen abftumpfen und wie 
die Kraft des Geiſtes, fo auch bie Lebendigkeit und Innigkeit 
der Gefühle übermältigen. Auch Herzog Johann Friedrich ſcheint 
"durd die Größe und Dauer feines Misgeſchicks von einer ers 
:ftarrenden Scywermuth ergriffen worben zu fein, bei der Ibm 
nur Misrouen gegen Andere und ber Gebanfe an feine Be 
frejung übrigblieb u. f. w.“ 

Auch bie ſechs ‘bläher noch ungedruckten archivaliſchen Bei⸗ 
Bar find als Weiträge zur fächfifchen Geſchichte fehr bantend- 
werth. 





Wo lanbete Guſtav Adorf? - 
Bel Gelegenheit des am 6. Nov. 1832 gefeierten Erinne⸗ 


berangeregt worden. Harte im „Leben Guſtav Adolf’, Schiller 
und zuleat Philippi in feiner, auch in d. WI. mit verbientem 
Lobe amgezeigten Schrift (&. 10) nennen Rügen als ben 
vLandungẽpiat; Andere, wie auch der Hei. ber Philippi'ſchen 
Schtift im Nr. 278 d. Bl. f. 1832, wollen, daß dies bei 
ber Infel Ruben geſchehn fei, und. vor ein paar Jahren Hätte 
man biefen Wahn faft durch Granit und Erz verewigt. Das 
Richtige darüber verdanken wir jegt der Beri tigung des Con⸗ 
ſiſtorialraths Mohnike in den von Zober 1830 herausgegebenen 
„Ungebruckten Briefen Albr. von Wallenftein und Guſtap Adolf's 


-bes Großen”. Bier erfahren wir nämlih, daß von ber Lan: . 
dung einer Flotte bei Ruden gar, nicht die Rebe fein fann, weil; 








"zungsfeftes an die Schlacht bei Rügen iſt auch diefe Frage wies | gemachten Aufwand, von ber ‚Ankunft 


bie fogenannte Iuſel Ruben nichte xfE als ein Bichmr, wine mis 
Baffer umgebenee Sandfled, wie auch ſchen ein Blick auf die 
Karte ehrt. Dieſe Eleihe und flache Infel Liest eine Meile 
von der Infel Hägen, etwa eine Halbe Meile von ber Inſel 
uUfebom, eine Welle vom feflen Lande, oberhatb der Peene⸗ 
mündung, Für die an ſich ſchon hoͤchſt unmehricheinliche An⸗ 
nahme, daß Guſtav Adolf in einem Boote nach biefer Inſel 
gerubert fei, iſt gar Fein biftorifcher Beweis vorhanden. Viela« 
mehr ging die Flotte am 24, Juni 1650 wegen eines heftigen 
Gewitters hinter ber Beinen Inſel Ruben vor Anter, die Aus⸗ 
fhiffung der Truppen aber ward am folgenden Tage beim Aus⸗ 
fluſſe der Peene bewerkſtelligt. Bier war der Landungsplag 
Ruden, portus Rudae auf alten Karten, ober, wie Micräliuß 
fagt, „der vornehmſte Meerhafen bei Peenemunbe⸗ Da aber 
auf neuen Karten ſich dieſe geogeapbiihe Bezeichnung nicht mehr 
vorfand, To warb das Ganze irrtümlich auf die Infel Ruben 
übergetragen. Das Wort „Ruben leitet übrigens Luͤtzow und 
Anbere nad ihm faͤlſchlich von „ruben”.d. h. „maußern“ ab. 
Mit diefer Berichtigung ftimmt auch bie Erzählung 

‚Erinnerungen aus der pommerſchen Reformationsgeſchichte“, 
bie Grieben für dad Programmı des Gymnaſiums zu Köslin_vong 
3. 1830 verfaßt hat, S. 23, vollkommen überein. 89. 





Notizen. 

Der 83. Band der bei Murray in London herausgekomme⸗ 
nen „Family library’’ enthält „Lettres on naturale magic, 
addressed to 'Sir W. Scott By Sir David Bresster." 
Mit dem 36. Bande wird biefe „Family library’ gefdioffen. 


Am SoventgardensZheäter iſt „a masque in honour of the 
genius of the minstrel of the North” aufgeführt worden. 
Die Scene wird am Grabe W. Scott's in Dryburgh⸗Abbey 
durch einem Barden eröffnet, weicher einige Berſe an bes Dich⸗ 
ters Ruheſtaͤtte "richtet und dann die Phantafle, den Genius 
Schottlands und ber. ſchottiſchen Poeſie, den Geiſt der Gebirge 
und die Unfterbiichkeit auffodert, des großen Todten Angedenken 
u feiern. Dies geſchieht durch das Gefpraͤch der heraufbes 
—** Geiſter und eine Heihenfolge lebender Bilder aus 
Scott’3 Werken. Den Schluß bildet ein Jubelfeſt in Abbots⸗ 
forb, von dem aber, nach verftriddenen Zahrhunderten, nur noch 
bie Ruinen vorhanden find. Engliſche Blätter rühmen an dem Stüde 
mehr die Pracht und bie Vortrefflichkeit der Darftellung als 
He poetiſche Zdee und Anorbmung. ' 


: Min ebinburger Literat iſt Türztich zum Weis einer hoͤchßz 
werthoollen Sammlung handfchriftlicher Denkwuͤrdigkeiten der 
Familie Stuart gelangt. Es befinden fich barunter Memoiren 
eines der vorzüglichiten Agenten ber Stuart's vor 1745, welche 
viele bisher ungelannte damalige Freunde berfelben namhaft 
machen follenz ferner Berichte über die Unternehmung bed Präs 
tendenten in Briefen von Lord George Murray u. A.; genaue 
Nachrichten von ‚allen, während bes Feldzugs vom Prinzen ger 
haltenen Verathungen, fowie eine auf ‚bie geringſten Umſtaͤnde 
eingehende Erzählung feiner Flucht. Auch Ebuarb’s Ausgabes 
buch befindet ſich dabei; es enthält bie genaueſte Angabe bes 

bes Prätenbenten in 
Holyrood⸗ houſe bis zur, Schlacht bei Gufloben. 


Zu Anfang bes alabemifihen Jahres 1831 — 82 zäflte bie 
kopenhagener Univerfität 84 öffentliche Lehrer; drei in ber theo⸗ 
logiſchen, dier in ber uriftifchen, vier in ber meicinifhen, ZB 
in der philoſophiſchen Barultät, Dref Lehrſtuͤhle, im theologi⸗ 
ſchen, medicinifhen und philoſophiſchen Fach, Überall eier, wa⸗ 
ren unbefept, Neu timmatriculirt wurden 169 Studirendé. 
Die Zap ber Schaler tn,ben 20 Goninafim bes-Bandes war 
3847 u. 182. Aleich, noͤmlich 9805 im ‚den virs privile 
Privgterziehungsanftalten, wo ebenfalls Schuͤler für. ben Beſuch 
ber Univerfität vorbereitet werden, befanden ſich in benfciben 
Jahren 390 und 406. 3 


Redigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagshandlung: F. U. Bro@baus tn Reipsig 


in tn 


— — ⏑ — ER mm alien 


- — — — ⸗ — — - | 





Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung. 





Donnerstag, 


— Nr. 3. 


3. Januar 1833. 


u 


Der gegenwärtige Zuſtand des armenifchen Volkes. 

Nah den Kindern Iſrael iſt kein Boll fo in allen 
Gegenden der Erde verbreitet als die Armenier. Die ar: 
meniſchen Kaufleute bilden große und fehr wohlhabende 
Gemeinden in Bombay, Madras und Kalkutta, deren 
Anzahl auf 20,000 Perfonen gerechnet wird. Armenifche 
Kaufleute treiben einen großen Theil des auswaͤttigen 
Handel8 In den Königreihen jenfeit des Ganges, in 
Barma, Siam und in den englifhen Befigungen unter 
deu inboschinefifchen Nationen; die angefehenfien und reich: 
fin Kaufleute zu Singapur find Armenier; fie beſuchen 
von hier aus Die des Handels wegen wichtigen Inſeln 
des oͤſtlüchen Acchipelagus und die chinefiihe Handelsſtadt 

ton. Die Armenier bereifen die Khanate oder Für: 

enthuͤrner Mittelaſiens; fie befuchen Kaſchemir und bie 
andern großen Beſitzungen des Ranadſchid Singh, des 
Herrn von Labore, fowie Afghantitan. In Djulfa, einer 
Vorſtadt Ispahans, und in andern Gegenden . Perfiens 
befinden fich zahlreiche Gemeinden ber Armenier. Armes 
nier find die MWohihabendften ber ganzen hart gebrüdten 
Bevölkerung Aegyptens, und das Haupt der Kirche von 
Abyſſinien iſt jegt ein Armenker. Diefe Nation hat Über: 
died religiöfe und Handelsniederlaſſungen in allen Theilen 
Syriens, in ber europäifchen Türkei, in Rußland, Polen, 
Deflreih und Italien. 

Das alte Armenien, von feinen Bewohnern ſelbſt 
Hañaſtan, das Land des Halt, des fabelhaften Stamm: 
vaters der Armenter, genannt, umfaßte in alten Zeiten eine 
weite Länderficede von Oſt nad Welt; es erſtreckte ſich 
vom Euphrat bis zur perfilchen Provinz Aderbidſchan und 
zum Zufammenfluß des Kur mit dem Arared. Nicht klei⸗ 
ner war die Strede“ von Sud nah Mord, von Mardin 
imd Rifibis bis an dns alte Chald& oder das heutige Pafcha= 
lik Zrebifund, Aghalzik und den Kurfluß. Der größte Theil 
dieſes Länderftriches warb in unfern Zeiten von Rußland 
erobert. Die Armenier betrachten jest Rußland als ihre 
jweite Heimat und wandern fcharenweife von den tuͤrki⸗ 
ſchen und perfifchen Beligungen in ihre altes Stammland, 
wo fie unter dem ruſſiſchen Serpter in der Ausübung 
ister Refigion und m dem Beſitze ihres erworbenen Ver: 
moͤgens ungeſtoͤrt leben Können. Ein älterer Reiſender 
ſchaͤtzte die ganze Anzahl der aͤrmeniſchen Nation auf mehr 
als 7 Millionen Köpfe; dieſe Annahme ſcheint aber ſehr 


uͤbertrieben. Die ganze armeniſche Nation betraͤgt wahr⸗ 
ſcheinlich nicht mehr als 3 Millionen, von welchen 2 Mile 
tionen jegt unter ruſſiſcher Herrſchaft fi befinden möger. 
Es warb in nenern Zeiten mehrmals und von verſchiede— 
nen Seiten ber darauf aufmerkiam gemacht, daß dis 
Haus Romanow das alte armeniiche Königreich wleder⸗ 
hetſtellen koͤnnte *); dies ſcheint aber nicht mit der Poli⸗ 
tik des petersburger Cabinets ſich vereinen zu laſſen. 
Seit dem Jahre 1820 richteten die verſchiedenen 
Miſſionsanſtalten in Amerika und Europa ihr Augenmerk 
auch auf Armenien. Die nordamerikaniſchen Miſſionare 
in Syrien fanden bei den daſelbſt wohnenden Armeniern 
mehr Eingang als bei den Syrern ſeibſt; ſie ſuchten von 
bier aus ihre Wirkſamkeit nach einer Seite hin bis nad) 
Tiflis und nach der andern bis nad Zaurid zu verbreis 
ten; mehre Miffionare hielten ſich eine Zeit lang zu 
Smyrna, Bagdad, Mofal, Mardin und in vielem Gegen: 
den Ciliciens auf, um für ihre ruͤhmlichen Zwecke zu 
wirken. Ein englifcher Miſſionar hat ſich feit Tangerer 
Zeit fammt feiner Familie. in Bagdad niedergelaffen und 
daſelbſt eine Schute gegrlindet, wo jegt ſchon 60 armen 
ſche Knaben und mehre Mädchen in den Lehren des evan- 
gelifchen Chriftenthdums und in den nothwendigſten Kuͤn⸗ 
ſien und Wifſenſchaften Unterricht erhalten. Das arme⸗ 
niſche Volk iſt auch der thaͤtigen Miſſionsgeſellſchaft zu 
Bafel nicht entgangen. Die deutſchen Miſſionare, die 
im Jahre 1823 die Provinzen Georgien, Sarabagh 
Schirwan und Baku befuchten, fühlten fih allenthalben 
zu den bdafelbft lebenden Armeniern hingezogen. Die Mifs 
fionsgefeltfchaft zu Baſel beftimmte deshalb zwei der Bruͤ⸗ 
der zu Arbeitern unter den Armeniern. Es ward im Jahre 
1827 in Schuſchi eine Schule für armeniſche Kinder ge- 
gründet, die im folgenden Zahre hen 130 Schüler zählte; 


*) Zn der Vorrede zu einer aus bem Armeniſchen ins 
> nelifere äberfegten Chronik bed armeniſchen Koͤnigrei⸗ 
he® in Giticien: „Wahram’s Chbnicle of the arme- 
nian kingdom in Cilicia, during the time of tbe cru- 
sades. Translated from the nrigiaal armenian, with 
notes and illustrations, by Charles Fried. Neumann 
(lzondon, printed for the Oriental translation-fund, 1881), 
heißt es wörtli: „It seems probable, that we may ses 
yet in our times a new kingdom of Arınenia, create 
out of barbarian elements by the generosity and magua- 
nimity of the emperor Nicholas’. 


‘ 


S 


\ 


| wit biefer Säule ward auch ein Anfang gemacht für bie 


Erziehung und Bildung von Landſchullehrern. Mit den 
Miffionaren vereinigten ſich zwei junge Armenier, bie 
in den Driginaffpeachen der heil, Schrift Unterricht er: 
hielten. Scyon früßer ward durch bie emuͤhungen ber 
englifchen Miſſionsgeſellſchaft das Neue Teftament in die 
Vulgarſprache des weſtlichen Armeniens überfegt und neben 
bei für Diejenigen, die ihe Idiom unter den Türken ganz 
verlernt hatten, eine Ausgabe in türkifher Sprache mit 
armenifchen Lettern gedrudt. Jetzt ward durch die Be⸗ 
mühungen der deutfchen Miffionare dad Neue Teſtament 
auch in: die gegenwärtige Volksſprache Oſtarmeniens über: 
ſetzt und zu Schufhi nebft andern Werten zur Befoͤr⸗ 
derung des chriſtlichen Jugendunterrichtes gedruckt. Die 
deutſchen Miſſionare zeichnen ſich vortheilhaft vor den 


engliſchen und amerikaniſchen aus; ſie ſind ſaͤmmtlich mit 


gruͤnduͤchen Sprachkenntniſſen verſehen und ſcheinen, nach 
alle Dem zu urtheilen, was in den basler Miſſionsberich⸗ 
ten und auch ſonſt von ihnen bekannt geworden iſt, in 
der Profans und Kitlchengeſchichte ſowie in ber Literatur 
des armenifchen Wolke gründlihe Studien gemacht zu 
haben. Ein fehr lehrreiches Werk zweier Zöglinge ‚der 
Miffiensanftalt zu Baſel iſt im vorigen Jahre zu Pe⸗ 
tersburg unter folgendem Titel erfchlenen: „Kurze hiſto⸗ 
rifche Barſtellung des gegenwärtigen Zuflandes des arme: 
nifchen Volkes“ (Peteröburg, 1831). Diefes Werkchen 
ward von dem Staatsrat und Ritter von Schuhberth, 
Director dee St. Petrihanptfchule zu Petersburg, dem 
Drude übergeben. , 

Die ungenannten Verfaſſer fagen in ber Vorrede, 
daß fie „Reine graue oder ſchwarze Schminte aufgetragen 
hätten, um bie Tobtengeflalt des Elendes zu erhöhen, 
fondern alle Züge ſeien aus den Quellen und aus mehr⸗ 


jähriger Erfahrung genommen”, Ihr Hauptführer für” 


den hiſtoriſchen Theil war wol die große in drei Quart⸗ 
bänden beftehende Geſchichte Armeniens des Mechita⸗ 


riſten Michael Tſchamtſchean, die mit Erfchaffung der 


Melt beginnt und mit dem Jahre 1784 n. Chr. endet, 
Diefe allgemeine Geſchichte Armeniens erſchien in dem⸗ 
ſelben Jahre (1784) in armeniſcher Sprache zu San⸗ 
Lazaro bei Venedig. Michael" Tſchamtſchean war aus 
Konftantinopel und gehörte wie alle Mechitariften zur ka⸗ 
tholifchen Kirche; er war geboren im Jahr 1738 und 


flach im Jahre 1823. Es war der Hauptzweck der Ber: 


faffer der „Hiftorifchen Darftellung des gegenwärtigen Zu⸗ 
ftandes des armenifchen Volkes’, das Elend armenifcher 
Shriften den abendlaäͤndiſthen Brüdern zu verkünden, da⸗ 
mit mehre ſich emtfchliegen möchten, binüberzulommen, 


um das Reich Gottes dafelbft aufzubauen, Sie beginnen | 


mit einer Weberficht der wichtigften Begebenheiten der ar 
menifchen Volksgeſchichte, die dem Kundigen wenig Neues 
darbieten wird. Die legte-Spur von der Selbftändigkeit 


des armmifchen Volkes verſchwand mit dem Untergange 


des armenifchen Königreiches in Cilicien. Leon VI. aus 
dem Haufe Lufignan ward 1375 gefangen genommen und 
nad) Aegypten abgeführt; er lebte bier bis zim Jahre 
1382 als Gefangener und erhielt dann durch die großs 


L 


10 0 


müchige Fuͤrſprache König Jehann I. von Caſtillen feine - 
‚ Sreipeit. Leon VI. duschwanderte bie verfchiedenen Koͤ⸗ 


nigreihe Europas und flarb endlich zu Paris am 19. 
November 1393._ In der „Hiftorifhen Darftellung” heißt 
es untichtig 1391. » : - 

Der zrocite Abſchnitt enthält eine Weberficht der wich⸗ 
tigften Begebenheiten des armeniſchen Kirchengeſchichte 
Gregor Lufaworitfh oder der Erleuchter war ein Sohn 
eines Fürften aus dem Stamme der XArfaciben und bes 
A. gegen den Anfang bes vierten Jahrhunderts ſeinen 
Verwandten, ben König Dertab (Tiritades) von Armes 
nien. Gregor ftarb im Fahre 331, und das junge Chris 
ftentbum in Armenien gerleth nach feinem Tode in große 


Gefahren. Snahaf der Parther, auch Iſaak der Große _ 


genannt, ber im Jahre 390 zum Nachfolger Gregor des 
Geoßen ernannt wurde, fan als der zweite Gruͤnder der 
cheiftfichen Kirche in Armenien betrachtet werden. Aus 
feinee Schule gingen die gelehrten Männer hervor, bie 
ein eignes Alphabet für die armenifhe Sprache zuſam⸗ 
menfesten,, bie beiligflen Schriften und andere Werke aus 
dem Griechiſchen überfegten und fo ber Nation Mufters: 
bilder in die Hände gaben, nach denen fie fih in den 
folgenden Sahrhunderten ausbilden konnte. Die armeni⸗ 
(he Kirche hatte viele Kämpfe gegen die Unbuldfamteit 
der Anhänger des Zoroaſter zu, beſtehen. Erſt im Zahre 
484 verfprachen ihnen. die Perſer, daß von nun an jeder 
Armenier frei die cheiftliche Religion bekennen und Nies 
mond zum Feuerdienft gezwungen werben ſoll. 

Der Zwieſpalt zwifchen der armenifhen und katho— 
liſchen Kirche begann nad) dem Concilium -von Chalcedon 
(451); bie Armenier haben diefe oͤlumeniſche Synode nie 
anerkannt. Sie folgen zwar nicht ganz ber Lehre des 
Eutpches In Betreff. der Natur Chrifti, fondern vielmehr 
den Ausbrüden des Cyrill von Alerandrien, find aber 
nichtsbeflomeniger große Feinde aller Derjenigen, von denen 
fie glauben, daß fie durch die Keberei des Neſtorius bes 
fledt wären. Es geihahen im Laufe der Jahrhunderte 
viele Verfuche von den Griechen ſowol als von den Las 
teinern, um bie Acmenier zu ſich hesüberzuziehen. Aber 
alle diefe von Päpfien und Kaiſern unternommenen Bes 
£ehrungsverfuche waren wergebens; man befehrte einzelme 


Semeinden, ohne aber deshalb die Mationaflicche der Ars. 


menier im Geringiten zu erfchüttern, 
(Der Beihluß folgt.) 





⸗ 


Dwination auf ben naͤchſten wuͤrtembergiſchen Landtag. 
Hanau, Koͤnig. 1832. 8. 4 Gr. 

Man zerbricht ſich in Wuͤrtemberg den Kopf uͤber den 
muthmaßlichen Verfaſſer dieſer mit vielem Geiſt und unverkenn⸗ 
barer Abfiht (aber welcher?) geſchriebenen Flugſchrift. Der 
Verf. will ein Liberaler von der aͤußerſten Linken fein und zieht 
auch grob genug gegen die legitimen Kürften, bie Duodezſtaaten 


Deutichlands und ihre Regierungen, den Bundestag und feine - 


Befchlüffe los, ja, er flelt einen, ben Worten nach zu urtheis 
len, recht grünblicdyen Haß gegen bie Unterbrüdung der Freiheit 
zue Schau; zugleich aber macht er auf die Schwächen ber Op⸗ 


pofition, auf: ihre perfchiebenartigen Clemente, auf bie Keime . 


. 3 
ber Gintzweiung, bie in ihr Tiegen, mit fo haftigem Gifer auf: 
merlfam, ald hätte er ein Intereſſe dabei, biefe Ichtern zu pfles 
Fr er macht die geachtetfien Namen ber gemäßigtern Oppos 

tion verdächtig, indem er ihre Intelligenz gar ſehr in Zweifel 
zieht; dagegen ertheilt er theild bekannten Ertremen ein faſt 
übertriebenes und dadurch zweifeihaftes, theils andern Nota⸗ 
bilitären, die aber als Gtändemitglieder noch unbefannt find, 
ein verdächtiges, faft ironiſches Lob, und räth am Ende, er, der 
Radicale, zur firengften Beſchraͤnkung auf die Partialfreiheiten 
und materiellen intereffen des Eleinen Vaterlandes. Was iſt 
aun der Berf., fragt man ſich allenthalben. Iſt es ein Wer: 
fappter Minifterlelier, dem erlaubt worben iſt, auch auf die Res 
gierung gelegentlich zu ſchimpfen, wenn er nur die ſchoͤne Mas 
fime: divide et impera, bei ber ſtaͤndiſchen Oppofition gluͤcklich 
ins Werk zu ſetzen verſteht? Dies iſt das Allerunwahrſchein⸗ 
lichſte, denn die Regierung wird fih aud nicht im Scherze und 
ven einem guten Freunde foldye Grobheiten fagen laffen, und 
ein guter Freund der Regierung Würde es auch nach erhaltener 
Griaubniß nicht wagen, fie zu fügenz denn er, würde mit Recht 
fürchten, mit der Zeit doch dafür beim Kopfe genommen zu wer⸗ 
ben, als hätte er feinen Auftrag gar zu fehr con amore ausge⸗ 
führt. Alſo kein Winifterieler! Aber vielleicht gar ein geweſek⸗ 
ner Minifter felbft, oder etwas der Art, ein Mann, ber gejichert 
und ohne Gegenſtand, des Ehrgeizes lebt, nichts mehr hoffend 
und fürchtend ; der nur etiva zeigen will, daß er noch zu elwas 
zu brauchen wäre, wenn man ihn länger, ober wenn er ſelbſt 
Anger gewollt hätte? Oder ein oppofitionsluitiget Deputirter, 
ber von der Dppofition vergeffen worden ift und fi dafür ber 
Regierung, jedoch auf eine ſcheinbar unabhängige Weife, ins Ge⸗ 
daͤchtniß rufen möchte. Oder ein von beiden Theilen gekräntter 
oder. bintangefegter Eligible, der ſich jest an beiden rächen 
wii? Dean bar die Wahl unter au biefen; aber bis jept if 
dad Publicam noch nicht einig, auf wen fie fallen foll, obgleich 
füft ein Dugend Gigennamen genannt werben. Inzwiſchen bat 
die Schrift ein afigemeines Intereſſe, nicht nur weil fie großen« 
theild Fragen berügrt, die allen conftitutiomellm Gtaaten 
Dent ſcands gemein find, fondern au, weil: die Banner, 
weiche fie abhandelt, faſt alle eine deutfche und nicht bios eine 
provinziele Reputation haben. , 

Aus dem allgemeinen Theile der Gchrift, in welchem Wahr 
red mit Unwahrem, Klares mit Unklarem bichft feltfam gemifcht 
if, entiehnen wir als Probe, was vom Verhältniffe ber deutfchen 
Oppoſition zar fran;öfifchen und engliſchen (S. 11 fg.) gefagt wire, 
wo der Berf. nachzuweiſen bemüht ift, daß eine würtembergifce 
Dppofition nicmals eine radicale Aenderung bes Syſtems nad 
fi zu zieben im Stande fein werde, „Einmal“, fagt er, „ift 
die Durchbildung bes conflitutionnelfen Syſtens bei uns nod 
nicht bis zu jener Confequenz gediehen, wie wir fie üßtr dem 
Rhein und' dem Kanal aptreffen; andererſeits jind die Beſtand⸗ 
theile der deutfchen DOppofitionen Elemente, die in Frankreich 
und England vergebens nad einer Analogie fuchen. Während 
hier die Parteien bis zu einer volllommenen Abgrenzung ihrer 
Meinungen und Maßregeln ſich ausgebildet haben, werden bei 
uns die vielfachen, politifchen Glaubensbelenntniffe no lange 
vergeblich auf NRebuctionen warten, werben die Goterien noch 
immer bie innere Kraft der Kactionen zerfören..... Die Zalı 
tik der WVoigs und Tories ift fo alt wie bie Privilegien ber 
engliſchen Berfaffung.... Auch ift der König bier eine willen: 
lofe Sroberung, die jede Partei machen kann, wenn ihre Ans 
ftrengungen einen gluͤcklichen Erfolg haben. Die Majorität in 
der Kammer beftinmit bie Wahl bes neuen Miniftere...ı Bei 
un6 dagegen wird ein ar nie Anftand nehmen, einem Minis 
fer, wenn bieler auch jest feine Propofitionen zuruͤcknehmen 
mößte, das Yortefeuille zu laffen, weil es ſchon längft in Deutſch⸗ 
land hergebracht ift, daß wir nicht nach Geſchen, ſondern duch 
bie Polizei regiert werden.” 

Was die Perfonenfrage betrifft, fo ift der Verf. recht aͤngſt⸗ 
lich bemüht, barzutbum, daß bie künftige Oppofition ber wür: 


tembergiſcher Stänbeverfammiung aus drei heterogenen, von einer’ 


2} 


41 


geſchickten Regierung leicht zertrennbaren Elementen beſtehe: ben 
Zübingern oder den Dichtern, an beren Spitze er —5— Mi 
P. A. Pfizer fell; den Advocaten, auch von ihrem Watte die 
Hochwaͤchter⸗ Partei genannt, ald deren Haupt er den bekannten 
Dr. A. Schott, den Griechen, und Polenfreund, bezeichnet; end⸗ 
lich eine dritte action, die er noch nicht beftimmter zu bezeich⸗ 
a Be “ a mahlichen Stimmführer er aber Wolfs 
i ‚ dem er den ehbemali i 
Wangenheim an die Geite gibt. bematigen Winiſter vom 
Bor allen Dingen laͤßt e& ſich der feine Verf. nun angeles 
gen fein, die Partei der Dichter, von Seiten ihrer Geiſtesga⸗ 
ben und ſogar ihres politiſchen Glaubensbekenntniſſes moͤglichſt 
herabzuſetzen, gerade als ob er befürchtete, daß es dieſen Mäns 
nern bei dem allgemeinen Zutrauen, den ihr Geiſt und ihr Cha⸗ 
rakter einflößt, wirMicd, gelingen fünnte, eine compacte Majo⸗ 
sität sufammenzubringen. Es fol bewielen werben, daß fie bies 
ſes Zutrauen nicht. verdienen, ja daß es „eine falfche Pietät‘ 
war, dieſe Wänner nur zu wählen. Wit einer gewiffen perſoͤn⸗ 
lichen Beindfeligteit wird hierbei der in feinem naͤchſten Watere 
lande nicht bios als Dichter gefeierte Ludwig Uhland behandelt, 
dee doch bekanntlich fein Neuling in dev Kammer der Abgeords 
neten iſt wud fieben Jahre lang den Miniftern genug zu fchaffen 
gemadt bat, audy mehr als einmal im vollen Befige der Ma— 
jorität war. Der Berf. findet es ſehr unwahrſcheinlich, daß 
„bie trefflichſten Köpfe unter den jüngern Depütirten, die Afrans 
ceſados, Maͤnner, die jeder größern Standſchaft durch ihre ges 
naue Kenntniß des parlamentarifchen Lebens Ehre maden wärs 
ben und von ber Regierung ald die gefährlichfien Gegner ges 
fuͤrchtet find, und von denen man rühmen muß, daß fie fich mit 
freiem Gewiſſen unter die Fahne des franzöfiichen Eideralismus 
ſteilen, ... auf alle Bälle Heren Uhland das Principat übers 
tragen werben.‘ Die Infinuation iſt verftänblich genug: wenn 
die Afrancefados klus find, fo geben fie (nady bed Verf. Rathe) 
Herrn Upland bei der Präfidentenwapl ihre Stimme nicht. Dies 
fee iR ohnehin „längft in den Blumenpfaben des 13. Jahr⸗ 
hunderts verlaufen, wird mit fühen Klängen aus feiner 
len Herrlichkeit wieder heraußgelodt, in feine friedliche Hand, 
nur gewohnt (?!), die Saiten der Leier zu fchlagen, ſteckt 
man eine brennende Fackel, mit der er zum Kampfe gegen bie 
neuefte, ihm fo ‚fremd gewordene Zeit voranleucdhten ſoll; verlafs 
fen von ben Gaben ber gefcdhmeidigen Suada foll er wie aus 
dem Stegreif das von Rotteck, Zorban, Weicker unvollendet ges 
lafſene Bert fortfegen, eine Zumuthung, bie für ehrenvoll zu 
balten, ihm gewiß nicht wenig Ueberwindung gefoftet hat. Aber 
er hat fie angenommen. Herr Uhland ift jn die Lage bes Abbe 
Sieyes gefommen, als Mirabeau von ihm fagte: Ich will ihm 
einen Ruf machen. dem er nicht gewachſen iſt!“ Eh bien, nous 
verrone, Monsieur I’anonyme! . j 
Nicht viel beffer kommt‘ P. A. Pfizer weg: „Tief von bem 
Netzen der abſoluten Philoſophie umftridt (??), voller Born 
über bie dreifte, Alles wagende und in die Schanze fchlagende 
Zeit, unangenehm berührt don den Wirren feiner ungläubigen 
Beitgenoffen und aͤngſtlich alle feine Kreibeitäfäge aus den Prin⸗ 
cipten des Gefuͤhls und einer trüben Wiſſenſchaft herleitend.“ 
Daß Pfizer nach volle::deten Studien das glänzendfte juribifche 
Sramen gemacht, daß er Jahre Iang als Secretair unter ben 
Augen des Juſtizminiſters zu deſſen voller Aufriedenheit gearbeis 
tet, darauf Jahre lang als Richter in einem Collegium aefeffen, . 
und daß bis zur Pubtication feiner Schrift im 3. 1831 Nies 
mand in ibm den Philofophen, fonbern nur ben vortrefflichen 
Kopf getannt hat, das ignoriert unfer unparteiifcher Verfaſſer. 
Gr geht aber nody weiter, er macht auch die liberale Geſinnung 
biefer beiten Deputirten verbächtig. „Der große Anhang, ben 
diefe beiden Männer haben werden (hinc illae lacrymae), if 
nichts weniger als von ihren eigentlihen Herzensgeheimniſſen 
unterrichtet. Die weniger gebildeten Deputirten, die Adlers und 
Kronenwirthe, werden nur wie fie flimmen und exrflaunen, wenn 
fie ſich zuiegt in unauflößliche Widerſpruͤche werden verlaufen 
haben.” Nach ihm werben Uhland und Pfizer in bie Länge 


⸗ 12 


„ihre wahre Ueberzeugung““ nicht verleugnen koͤnnen, werben 
darauf bedacht fein, ne gegen voreilige Schläffe gu verwahren ; 
der Kragen, bie das eigentlihe Landesintereffe betreffen, gar 
nicht zu gebenfen! „Wohlan, man fodere einmal Herrn Uhland 
auf, feine Stimme über bie Zünfte zu geben. D, es iſt ärger 
lich, fo viel Taͤuſchungen vorbereitet zu ſehen.“ 

Dagegen .wirb der Hochwächters Partei nicht wenig geräus 
dert: „An die Dichter werben ſich die Staͤdter, an biefe bie 
Bauern anſchließen. Hier ift Herr Schott der Heigenführer, 


ein durch Feſtigkeit des Charakters und eine reiche ſtaͤndiſche 


Erfahrung ausgezeichneter Mann.... Man verfolge die Ber: 
bantlungen früherer Landtage und man wird ihn immer an der 
Spige ſehen, wenn es fidy um bie rabiealen Ideen der neuen 
Zeit handelte.” Das Zageblatt „Der Hochwaͤchter“ wird nicht 
weniger mit Lobſpruͤchen erhoben als der Gentralpunkt ber vers 
‚ einzelten Klagen, und fein Verfaffer wird das ganze Land ges 
nannt. Etwas auffallend ift dabei, daß diefer gewaltige Radi> 
cale nicht, gleich feinen Brüdern, ein Wort bes bittern Tadels 
für, die vorige Kammer und die Weishaar'ſche Partei bei ber 
Hand hat; diefe wird mit völligem Stillſchweigen übergangen 
und dem gewefenen Kammerpräfidenten und nadmaligen Minis 
fir Weishaar felbft „ein gewiffes ehrenhaftes Renommee’ zu: 
geftanden. Dadurch unterfcheidet ſich der Lobredner ber Hoch⸗ 
wächterpartei von biefer" felbft weſentlich. In ber grellen 
Schilderung von Würtembergs Zuftand überbietet er aber noch 
den „Hochwaͤchter“. 

Endlich kommt der Verf. auf bie dritte Ruance ber Kam: 
mer und flellt mit überfchüttenben und doch etwas zweideutigen 
Kobfprüchen Wolfgang Menzel an deren Spitze. Er begeht da: 
bei keine Eleine Inconſequenz, denn oben bat er „die ſchwache 
Seite der gefchehenen Wahlen” in den „literarifchen Notabilis 
täten‘ gefehen, und jegt wuͤnſcht er fogar eine -rein Literarifche 

Notabilitaͤt wie Herrn Menzel an bie Spitze ber Oppoſition 
geftellt und trägt einem Wanne, ber bem würtembergifchen 
Detail ganz fremd ift, dem Principat in einer Kammer an, die 
fid, nach feinem Rathe, doch nur mit wärtembergifchem Detail 
befaffen fol. Der Verf. hat die Meinung, „Herr Menzel fei 
ein Freund ber Wahrheit, wie es deren wenige gibt; ex haffe 
jede Rüdficht,, die verhindern koͤnnte, fie frei zu befennen, und 
verachte die Schwäche, die an bie Stelle bes Wirklichen Träume 
und SPhantaften fegt u. f. m.’ Diefen Lobſpruͤchen aber gehen 
boßhafte Kragen und Bemerkungen voran und folgen, z. B., 

„Das Schweigen bed Herin Menzel bat Biete mit hoher Be: 
wunderung gegen ihn erfüllt. Wan ift durch die Gefchichte fo 
gewöhnt, die Schweigfamen für Diejenigen zu halten, von denen 
man dielleicht- gerade bie wenigften Handlungen, aber immer 
fehr viele Srüchte diefer wenigen zu erwarten hat.“ Wenn ber 
Gelobte auch nicht ſchon durch ſolche Aeußerungen mistrauifch 
gegen den Lobredner werden moͤchte, ſo iſt er doch ganz gewiß 
klug genug, aus dem ganzen Vorſchlage zu merken, daß der 

Verſucher zu ihm tritt, und daß hier es Mirabeau iſt, der mit 
Sieyes ſpricht. 

Rachdem ber Verf. die Unhaltbarkeit einer Oppoſitionsma⸗ 
jorität wahrſcheinlich zu machen geſucht, wirft er noch einen 
veraͤchtlichen Blick auf bie wuͤrtembergiſchen Minifter, denen 
man vergebens bie verwundbare Seite bes Achilles zeigt. Er 
felbſt aber verfichert ganz naiv, in bem Befige bes Regierungs⸗ 
arcanums zu” fein. Aber bie Stände follen fich darum nicht 
fürchten; denn wenn ber König fi auch entfchließen folte, ihn 
ans Ruder zu rufen, fo würde er doch nicht die Treulsſigkeit 
befigen, ed einem Thiers und Sonforten gleichzuthun. 

Und bamit entlaffen wir ben Ungenannten. Iſt es nur ein 
„Malcontenter” irgend einer Sorte, fo gönnen wir ihm das 
Bergnügen, feine Galle auf fo vielen Seiten zugleich ausgeleert 
zu haben; ift es aber ein Abgefandter bes böfen Feindes, der 


Unkraut unter den’ Weizen fäen foll, fo wiffe er, daß er noch 


zu fehr bei hellem Zage ausgegangen ift, als daß Uhland, Pfi⸗ 


zer, Schott und Menzel nit, Einer wie der Andere, felne 
wahre Geſtalt erfannt haben foliten, und baß, wenn man bi 
Abſicht hat, Parteifactionen zu entzmweien, man ihnen bief 

nicht vorherfagen muß. 163. 





Literarifche Notizen. 


An Yaris bei Renouard erichien vor Kurzem: „Atlas hie- 
terique et chronologique des litteratures anciennes et me- 
derihe, des sciences et de beaux arts”, nach bem Plane des 
„Atlas historique‘’ von Eefage, von Jarry be Mancy, in einem 
Foliobande von 25 culerirten Blättern. Preis 120 Frans. - 


Hahnemann’8 Werk über die chroniſchen Krankheiten ift in 
einer franzoͤſifchen Tiberfegung, mit einer Vorrede und praftifchen 
Bemertungen von Dr. Bügel „vom Grafen Desguidi herausge⸗ 
geben worden. 





„Don Bliguel, ses aventures scandaleuses, ses erimes et 
son usurpation’' angeblich nach. dem Driginal eines angefchenen 
Portugiefen von 3. B. Mesnard ins Franzoͤſiſche Überfegt, iſt in 
Paris erfchienen. 


In Paris iſt foeben „Apercu statist/äe de la force du 
parti de la branche döchue, sous le rapport de l’opinion, du 
nombre, de ce qui a été jadis ou pourrait &tre aujourd’hui 
militant’’ erſchienen. Der Verf. fegt die force militante 1792 
auf 2000, 1794 und 1795 auf 30,C00. 1798 und 1799 auf 
90600, von 1799 — 1814 auf 2000, 1815 auf 9000, 1830 
auf 50,000, 1832 auf 10,000. Die force d’opinion oder sen- 
timentale rechnet er 1792 au 600,000 Meniden, 1804 zu 
50,000, 1814 unb 1815, zu 200,000, 1332 zu 50,000. - 


Eine Auswahl von Lafontaine’s Fabeln iſt in Nantes er⸗ 
ſchienen. Es find 25 Kabeln und aus einigen Fabeln mehre 


peti ire in Nantes beflimmt ift. 





Literarifhe Anzeige. 

Durch alle Buchhandlungen iſt von mir zu beziehen: 

Raumer (Karl von), Lehrbud der allgemei- 
nen Geographie. Mit fünf Kupfertafeln. Gr. 8. 
27 Bogen auf weißem Drudpapier. 1 Ihlr. 
6 ©r. 

Um die Einführung in den Schulen zu erleichtern, 
wird von ‚jeder Buchhandlung auf 12 Er. ein Freier. 
bewilligt. 
Raumer (Karl von), VBefchreibung der Erde 

oberfläche. Eine Vorſchule der Erdkunde. Zwei⸗ 
te unveränderteXuflage Gr. 8. 54930 
gen auf weißem Druckpapier. 4 Gr. 

Auf 25 Er. werden drei, auf 50 Er. acht Freier. 
bewilligt. Diefe Schrift ift bereitö in vielen Schulen 
eingeführt worden, fodaß die zmeite Auflage wenige Mos 
nate nad) der erſien veranftaktet werden mußte. 

Leipzig, im Sanuar 1833. 
S. A. Brodhans. 


Nedigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagshaudlung: F. U. Brodhaus in Leipzig. , 


Verſe aus biefer purificieten Ausgabe weggelaffen, bie für das . 
t s6minaire 9, 


nr sup m _ 


2 


— mM. mL — mv—— 





Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltung. 


Der gegenwärtige Zuſtand bes armeniſchen Volkes. 
(Beſchluß aus Nr. 8.) 


Nach bem Kalle des armenifhen Königreiches blieb . 
der Sig des Hauptes der armenifchen Kirche, Katholikos 


genannt, noch immer zu Sis in Cilicien. Die arment: 
ſche Geiſtlichkeit wurde fehr von ihren aͤgyptiſchen Herren 
bedrüdt, ſodaß män fich endlich entfchloß, den Sig des 
Katholikos nach Etſchmiatſyn bei Erivan zu verfegen. 
Der erſte Katholikos von Etſchmiatſpyn ward im Jahre 
1441 der Dr. Gyragos. Das Daupt ber Kicche zu Sis 


behielt deffenungeachtet eine gewiſſe Unabhängigkeit; auch 


die Bifhöfe von Achthamar im Wannfee fchalteten in 
Ihrem Sprengel auf eine mehr oder minder unabhängige 
Weile. Etſchmiatſyn ift das Rom der armenifchen Kirche, 
und ber Haß gegen die unirten oder Latholifhen Armes 
nier wird von bier aus nicht meniger befördert als der 
Haß gegen die Proteffanten vom abendländifchen Rom. 
Diefer Haß zwilchen den beiden KReligionsparteien derſel⸗ 
ben Nation veranlafte befonders in Konſtantinopel fehr 
Heftige Auftritte. Die Anhänger der armenifchen Natio⸗ 
nalkirche verklagten häufig ihre Brüder, bie katholiſchen 
Armenier, bei der Pforte und ſtellten fie ald geheime Ver: 
bündete der Lateiner oder Abendländer dar, die den Sturz 
bee Pforte beabfichtisten. Dieſe Umtriebe bewirkten, wie 
bekannt, zu unfern Zeiten, vorzüglich in.den Sahren 1828 
und 1829, große Berfolgungen; alle katholiſchen Armenier 


wurden aus Konftantinopel nad Angora verwiefen: ein. 


Umftand, der unausſprechliches Elend über vide Taufende 
brachte. Die Pforte wurde vorzliglich durch die menſchen⸗ 
freundliche Bermittelung Oeſtreichs und Frankreichs zu 
mildern Sefinnungen beſtimmt und über ihr eignes In⸗ 
terefie aufgeklärt. Sie entjog bie Patholifchen Armenier 
der Oberaufſicht des Patriarchen der armenifchen Natio: 
nalkirche von Konflantinopel und feste einen unabhängl: 


gen Eatholifhen Erzbiſchof der Armenier ein, der fie jest. 


der Regierung gegenüber vertritt und gegen alle fernern 
Bedrückungen der armenifchen Patriarchen fchügen kann. 
Der Erfte, der gegenwärtig. diefe neue Stelle eines arme: 
niſchen Erzbifchofs in Konftantinopel begleitet, heißt Don 
Antonio Nuridfham. Der Katholilos von Erfhmiatfyn *) 
” Fir Name beibt au ui: bie mieberlaflung des 
ingeborenen“; auf diefem e fo riſtus Gregor 
dem Erleuchter erfchienen fein. “ ve ö 





wird von den Wartapieds oder Doctoren ermählt und 
mußte vor ber Eroberung diefer- Gegenden durch die Ruf 
fen feine Beftätigung immer durch eine große Summe 
Geldes von den Derfern erkaufen. Die beiden Patriarchen 
zu Konftantinopel und Serufalem forwie manche andere - 
Metropoliten werden ebenfalls von den Wartapieds erwaͤhlt 
und dann von den Katholikos von Etſchmiatſyn beftätigt. 
In dem dritten Abfchnitt der „Hiſtoriſchen Darſtel⸗ 
lung” wird die jegige Verfaſſung der armenifchen Kirche 
befchtieben. Unfere Verfaffer fanden Haupt und Glieder 
dee armenifchen Kirche in ſehr ſchlechtem Zujtande. Die 
Priefter können kaum die heiligen Schriften in der alten 
claſſiſchen Sprache Iefen; fie haben zu wenig Bildung, 
das Volk vermitteld einer Predigt zu erbauen, und be 
onügen fi damit, flatt alles Gottesdienſtes blos eine . 
Meile zu leſen. Das Volk ſelbſt fei deshalb voll von 
Klagen über feine Bifhöfe und Wartapieds und fehne 
fihh nach der Zeit, wo einmal fromme und wiffenſchaft⸗ 
lic) gebildete Geiſtliche die Leitung Übernehmen würden. 
Der Abſchnitt vom Zuſtand der chriftlichen Lehre 
bei ben armenifhen Großen bat blos Intereſſe für den 
Theologen von Fach. Man kann fich leicht denken, daß 
in einem Lande, wo es fo fchlimm mit der Bildung ber 
Priefter — die einzigen Gelehrten bei jeder uncivilificten 
Nation — ausfieht, die Schulen und übrigen Bildungs: 
anftalten des Volkes in einem fehr fchlechten Zuftande 
fen muͤſſen. Unſere Verfaſſer entwerfen auch in- dem 
fünften Abfchnitte von bee Bildung und dem cheiftiichen 
Leben im armenifhen Volke ein fchrediiches Bild. Es 
braucht wol kaum bemerkt zu werdefi, daß die eifrigen 
Sendboten eines neuen Chriſtenthums Manches zu ſchwarz 
geſehen haben moͤgen. Ihnen ſcheint auch kein anderer 
Unterricht als der das religioͤſe Leben befördernde etwas 
zu gelten. „Wohl iſt“, rufen ſie aus, „eine bedeutende 
Schule unlaͤngſt in Tiflis gebildet worden; wohl blüht 
eine andere in Moskwa unter dem thätigen Wartapied 
Michael Salandian; wohl hat fich befonders Konſtanti⸗ 
nopel feit längerer Zeit durch groͤßern Eifer für den Uns 
terricht ausgezeichnet. Keine diefer Schulen bat aber den ' 
Zweck, beſſere Religionsiehrer, Kicchenvorftcher und Prie 
ſter für das Volk zu bilden; fie befchäftigen fi, vielmehr 
mit Grammatik, Rhetorik und Logik und haben es fid) 
zur Hauptaufgabe gefegt, einzelnen europaͤiſchen Wiſſen⸗ 


‘14 


(haften ben Eingang in bie Nation zu bahnen. Eilgent⸗ 
liche Gemeindeſchulen gibt es beinahe gar nicht; die Pries 
fter in den Städten unb auf den Dörfern haben blos 
einzelne Knaben um fich, die theils für den ünftigen 
Kirchendienſt, theild um der Kaufmannfchaft willen leſen 


und fchreiben lernen. In den meiften Städten Oftarmes 


nims mag man unter 100 Perfonen etwa 10 treffen, 
bie lefen und fchreiden Eönnen; auf den Dörfern aber un⸗ 
tee 100 nur etwa 3—5. In ben weftlichen türkifchen 
Prodinzen und namentlich in Konftantinopel herrſcht ein 
größerer Eifer, ſich die nöthigften Schulkenntniſſe zu er: 
werben. Vorzuͤglich ſchlimm ſieht es aber allenthalben 
mit der Bildung des weiblichen Geſchlechts aus, denn 
weder die Aeltern noch der Geiſtliche denken je dar⸗ 
an, daß eine Tochter im Leſen oder im Chriſtenthum 
unterrichtet werden muͤſſe. Und fo wachſen die Töchter 
ber Vornehmen wie die der Armen fin dee finfterften Un- 
willenheit auf; fie begnügen ſich damit, die von den Xel- 
tern erlernten Geremonien ihr Leben lang aus Gewohnheit 
mitzumachen. Das Vorurtheil gegen die Erziehung des 
weiblichen Geſchlechts geht in Armenien fo weit, baß ein 
Vater fih ſchaͤmen würde, feine Zochter unterrichten zu 
laſſenn denn Jeder würde ihn fragen, ob er fein Kind 
zu einer Nonne machen oder zu leichtfertigem Sinne ans 
leiten wolle.” 
In dem fehöten und legten Abfchnitt wird von ber 
evangelifchen Gotteserkenntniß in ber armenifchen Kirche 
gehandelt. Die Streitigkeiten, bie fi) durch das Ein: 
drängen europäifcher und amerifanifcher Miffionare in 
der armenifchen Rationalliche erhoben haben, werden 
faum berührt. Wir wifjen aber von anderer Seite her, 
‚daß bie Kiche von Erfhmiatfpn die neuen Glaubenspre- 
diger und die Verbreitung der heil. Schrift in den ver: 
fhiedenen Vulgardialekten des armenifchen Volkes mit eis 
ferfüchtigen Augen betrachtet und dem Wolke auf alle 
Weiſe die Miffionare und ihr reiben verdächtig zu 
machen fucht. Unfere Verfaſſer mochten ihre Gründe ha: 
ben, in einem zu Peteröburg gedrucdten Werke bier: 
son fo wenig als möglich zu fagen. Mir wiffen aus 
ganz zuverläfiigen Nachrichten, daß in allen Kirchen bes 
weſtlichen Afiens unter den Syrern, den Drufen, den 
Griechen und Armeniern. duch das Eindringen der euro: 
päifhen Cultur und Eivilifation fowie durch die Verbreis 
tung ber heil. Schriften und die Schulen der Miffivnare 
eine große Gährung hervorgebracht wurde. Die Beift: 
lichen, aus Furcht, ihr Anfehen und ihr Einkommen durch 
bie Aufklaͤtung des Volkes zu verlieren, erlauben fich die 
tößten Verfolgungen gegen alle Fremden, die das Volk 
Über feine wahren Intereſſen auftlären wollen. Mehre 
Miffionare oder WBibelmänner, wie fie die Geiftlichen 
zum Spott nennen, haben -in folh einem Grade die 
Much der einheimifhen Geiſtlichkeit erregt, daß fie fich 
nur duch die Flucht oder den Schuß der eutopdifchen 
Gonfulate von einem fichern Untergange retten konnten. 


Dies war vorzüglih bei den katholiſchen Syrern ber 


Fall, die von Rom aus bearbeitet wurden, 161. 





* —— 


Dee geiſtliche Hirtenbriefe. 


Wir nehmen ſie billig nach dem Range ihrer Verfaſſer. Alſo 


1. Hirtenbrief Seiner paͤpſtlichen Heiligkeit Gregor XVI. 
alle Biſchoͤfe der katholiſchen Welt. Ober 8* Urtheil der 


biefer Zeit. Erlaſſen in:Ronr den 15. 
gnd beniie Ueberfegung. Regensburg, 
Tv, 


Kirche Chriſti über den Geiſt ‚ bie Kidkyngen und Dres . 


g. 1832. Ofigi 
Sul. — 


„Bir hätten länge an Euch ſchreiben ſollen“, ſo lautet 
in gutem paͤpſtlichen Kirchenlatein ber Inhalt bes erlaffenen 
Briefe; „aber wir wurden ſogleich bei dem Anfange unfers 
Pontificat® auf das Meer det Unruhen durch gottloſe Verfchwoͤ⸗ 
rer geworfen, von benen uns aber Gott durch ihre Niederlage 
befreite; indeß die großen Sorgen bei unſerer neuen Kat N 
fung und eine neue Rebellion verzögerten abermals den Krla 
Aber gerade an dem Tage der triumphirenden, Dimmelfahrt: der 
heiligen Jungfrau, biefer Patronin in unfern Nöthen, und die 


wie in einer Pfüge voll Unraths. Diefem Eben im Walde müfs 
fen wir feuern. Das Erfte, was zu bedenken ift, beißt: bie alls 
gemeine Kirche wird durd jede Neuerung erfchättert.”’ „Der Papſft 
Agathon ſagte: an Dem, was regelmäßig feſtgeſeßt iſt, barf 


unverſehrt“ geblieben iſt. „Wer ben Stuhl Petri verläßt 
iſt nicht in der Kirche. Das Urtheil über die reine Lehre fos 


„Die verworfenen Kreidenker haben’ vorzüglich eine abſcheuli 
Berfhwörung gegen den Cdlibat der Kieriker geftifter, I —* 


wahn, daß einem Jeden bie Freiheit des Gewmiſſens zuzu 
und zu erwirken ſei. Das iſt eine Peſt, ein RR, er Kon. 
arundes, aus welchem Johannes ben Rauch und bie Heus 


ſchrecken auffteigen ſah. Dazu gehoͤrt auch bie Preßfreiheit, 


a EEE > ED 42— A re IE — 


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15 


vor ber wir, Brüder, erſchaubern! (&. 27) Die Disclplin war 
ſchon feit dee Apoftelgeit ganz gnders, von denen wir lefen, daß 
- fie viele Bücher öffentlich verbrannt Haben” (Apoftelgefch. 19, 19). 

Allerdings, aber nicht bie Apoftel, ſondern die andern Chriſten 
verbrannten fir, weil fie wohl fahen, daß mit bem Abracadabra 
der Sauberformeln nichts anzufangen ’iwäre. Es könnte fein, fie 
machten es mit den falfchen Detretalen und mit mancher papis 
ſtiſchen Reliquie au fo. Dumme Moͤnche verbrannten auch 
Bibeln. Das legte Unheil, mit: beffen Erwähnung Gregor XVI. 
noch die Regenten zu fchreden und zu gewinnen fucht, ift der 
Ungehorfam der Neuerer gegen die Obrigkeit, fowie die Pietir 
Ren und Myſtiker unferer Zeit auch fogleich damit zur Hand 
find. : Davon follte jedoch Se. Heiligkeit nicht reden ; die Banne 
mad Interdicte gegen die Fürften, womit bie Untertfanen vom 
Gib der Treue entbunden wurden, bie jeſuitiſchen Grunbfäge 
über Königsmorb ſind nicht vergeffen. Damit nun alle froms 
men Wuͤnſche in Erfüllung geben, fo nimmt ber Statthalter 
Shriſti feine Zuflucht zu der Zürbitte der Maria und der Apo⸗ 
Bel Petrus und Paulus (S. 41), wenn aud von biefer Kür 
bitte und ihrer Kraft nichts in der Wibel ſteht. 

San; anders lautet nun freilich | 

2. der zweite „„Dirtenbrief des Herrn Biſchofs von Nan⸗ 
Yo, Primas⸗Coadjutor Lothringens“, mit der Ueberfchrift: „Die 
wrfprünglie Kirche Ehriſti“, und dem Motto: „Die Wahr⸗ 
Kit fügen. St.⸗Auguſtin““. Grlaffen den 1. März 183%, 
Aus dem, Franzoͤſiſchen überfest. Zweibrüden, Ritter. 1882. 
&. 38. 3 &r. 

Dem Gruß an bie untergebenen Beiftlichen folgt ber Spruch 
1. Jim. 4, 1—4: „Der Geiſt fagt u. ſ. w. — nüge. „Zu allen 
Zeiten feufzten die Boͤlker unter des Aberglaubens und bes Fa⸗ 
natiömus Joch. Das Heidenthum fah feine graufamen Priefter 
Menſchenblut auf den Altären feiner Goͤtzen vergießen, und das 
Chriſtenthum mußte nach einigen fhönen Zagen feine Priefter 
fi um Kirchenaͤmter ftreiten, fich im Namen Jeſu ber Kös 
nigöthrone, des Reichthums der Völker bemädhtigen und bie, 
entweder um ihre gefegwibrig erworbenen Rechte zu vertheibis 
gen ober um einen Gott des Friedens und ber Erbarmung zu 
rächen, errichteten Altäre mit Blut befprigen fehen. Unſere Bäs 
ter erlebten diefe Greuel, und die durch den Apoſtel verfüns 
digte Zeit, wo heuchleriſche Betrüger ihre teuflifchen ehren der 


Wdabenen Lehre Chriſti unterfchieben, die Ehe und den Genuß 


von Kleifchfpeifen als etwas GSuͤndliches verbieten,  Lächerliche 
und kindiſche Maͤrchen lehren und die Religion zu einem Außer 
tigen Geremoniel in ftörperlichen Uebungen, bie, wie Paulus 
ſeloſt fagt, wenig nüge find, beftehen machen, aber die Allem 

liche Frömmigkeit verlaffen würden. Das Grftaunenswär: 
bige bei dieſer Vorherſagung ift, daß fie gerade diejenigen Mens 
ſchen trifft, die feit zwölf Sahrhunderten behauptet haben, bie 
einzigen Verwahrer der reinen Lehre Chrifti zu fein, zu deren 
Oberherten fie ſich erfiärt haben. Was fich ihren eigennügigen 
Abfichten widerfegte ober ben’ mit der Religion getriebenen Mide 
bräuchen, wurde mit dem Bannfluche belegt. Dan Iefe die 
-Saprbücder der vorigen Sahrhunterte und man wird fidh übers 
zeugen, daß die Religion den Bifhöfen in Rom nun ein Werks 
zeug geweſen, deffen fie fich bedient, um bie Wöller in ein 
drüdend Zoch zu ſchmieden und ihnen ihren Reichthum zu raus 
ben. Aus ihrem Bott machten fie ein den heidniſchen Gögen 
ähnliches Hartes, unbarmherziges Weſen; in das chriflliche Pries 
ſterthum verpflanzten fie bie barbarifchen Grundfäge und Ge⸗ 
brauche des Heidenthums, beffen Geiz und Graufamlelt fie 
nachahmten; der Werderbtheit, weldye fie eingeführt haben, müfs 
fen wir jene Steichgüttigfeit, jenen Haß zufchreiben, den man 
gegen bie Religion und ihre Diener nährt. Zur Lehre der 
Kirche müffen wir zurüdtehren. Man fieht, was biefer in 
der Lehre der Bibel rechtglänbige Biſchof will; karz, aber büns 
dig beweißt er feine bittern Wahrheiten aus ber Geſchichte, for 
wol bie Berfälfhung der Lehren und Gebräuche als auch bie 
weltlichen Anmaßungen Roms und die Scandale unter den Paͤp⸗ 
Ken ſeibſt, zugleich mit einem Blick auf ben Gardinal Albant, 











der als „Lictor und ungebildeter Garbinal. Steine Yon Mut 
vergießt‘. Armer Papſt! Was helfen Klagen und Berwän: 
fchungen gegen ſolche Zhatfahen? Die proteſtantiſchen Bis 
ſchoͤfe ſtehen bekanntiich ſeibſt unter evangeliſchen Regenten im 
Igee und in Einkünften weit hinter ben katholiſchen, darum 
olge 

3. nun „Draͤſeke's, Biſchofs in Magbeburg, Hirten⸗ 
brief”’ in dem zweiten Abbrud. Halle, Anton. 1832. 8. 2 Er. 

‚Des ehrwürdigen Mannes erfte Reden und dicfer Hirten⸗ 
brief find nicht allenthalden gleich gut aufgenommen worben. 
Manche Leſer konnten ſich von jeher nicht mit ben Eigenthüm⸗ 
tichkeiten bes Verf. und feiner befondern Darftellungsart in 
feinen nidyt immer würdigen Bildern, - @leichniffen und Aus⸗ 
drüden befveundeh. Andere haben an feiner Orthodoxie Anftoß 
genommen. Noch Andere. haben in ihm ein gewiſſes unficheres 
Schwanken gu bemerken geglaubt, das, wenn es nicht auf eig⸗ 
ner Unklarhe.t berube, feinen Grund in einem nicht rühmlichen, 
nicht heilfamen WBeftreben, es mit Niemanden zu verderben, 
babe. Gewiß barf man aber einem fo geifivollen und gelehre 
ten, in Bremen fo geliebten unb einem fo erfahrungäteichen 
Lehrer der Wahrheit nichts Anderes zutrauen, als daß er ſpricht, 
wie er glaubt, daß fein reicher Geiſt herrliche Borräthe chriſt⸗ 
cher Weisheit und Grfenntniß befige; daß aber auch wol Les 
bendigkeit der Phantafie, die ſelbſt im Alter noch nicht erfchöpft 
iſt, ihn bei vieler Gefihäftigfeit hindere, noch firenger gu 
fihten und Menfchliches und Göttliches genauer zu ſcheiden. 
Seine folgenden Reben, bie er in Magdeburg gehalten hat, ha⸗ 
ben und mehr angeſprochen als bie erfte. Der Dirtenbriefupift 
ganz aus einem frommen, nach Verföhnung mit Gott und une 
ter den Menfchen fi) Tehnenden Gemüthe hervorgegangen. Vom 
Derzen entiprungen, wird er gewiß aud wieder an manches 
Herz dringen, unb wir wünfchen, daß feine ſchoͤnen Wuͤnſche 
bei ihm und Anbern in Erfüllung geben mögen, und er ein gluͤck 
liches hohes Greiſenalter als Biſchof erleben möge. Indeß kennen 
wir freilich auch ſolche gutherzige, nun aber, wo es gilt: „Wer 
nicht mit mir iſt, ber iſt wider mid‘, auch wol furchtſame 
Sriebensftifter, die entweder, indem fie dad juste milieu ergrife 
fen zu haben vermeinen, boch fi zu dem einen Grtrem neis 
gen und es vertbeibigen, oder es mit beiden Parteien verderben. 
So klingt es (S. 6) fehr ſchoͤn: „Seht unfere Aufgabe! An 
ber Berföhnung mit Gott zu arbeiten!” &. 9: „Der Diener 
Gottes fol ‘in Ehrifto fein, wie Sort in Chriſto war; er fo 
das Wort von der Verföhnung in Kraft unter ben Menfchen 
erhalten.” Wenn wir aber etwas tiefer in folche oft wieder⸗ 
holte Sentenzen eingeben und bie Begriffe zergliedern, was 
beißt denn nun verföhnen mit Bott? und unfere Iudendhris 
ften die ganze Typologie des Hebräerbriefs geltend machen wol⸗ 
len; die geiftigen Ehriften aber in ber Geſchichte von dem vers 
lorenen Bohne Feine andern WBebingungen finden als: SKehre. 
um mit Neue und Trauer »und mit Vertrauen zu dem barm⸗ 
berzigen Water, er verzeiht: wiebann? S. 12: „Wie weit fou 
die Nachgiebigkeit geben?” S. 14: fol „man bie Bibel ent 
weder ganz liegen laffen, ober fie nehmen, wie Bott fie gegeben, 
und da brauchen, wozu fie Gott verordnet hat?‘ Do nicht 


jede Partei, fie handle fo? . 





Bilder aus dem Kriegsleben von Moyle Sherer. Aus 
dem Engliſchen uͤberſetzt von Rud olf Lin dau. Heraus 
gegeben von Wilhelm Adolf Lindau. Leipzig, 
Brodhaus. 1832. 8. 1 Thlr. 16 St. 

Der Berf. diefer anziehenden Kriegsfcenen ift derſche Mas 

joe Sherer, beffen „Story of a life‘ (deutſch: „Buntes Leben’, 

von Th. Hei) vor vier Jahren in Deutfchland nicht gerihgen 
eifall erwarb, da fie eine Feder von feltener Kraft ber Sci. 

derung verkündete. Die „Sketches of India‘ (London, 1821) 

und die vorliegenden „Recollections of the Peninsula“, die zu 





Ä 46 


Bonbon 1823, in vierter Kuflage 1825 erſchienen, zeigten in ihm Jdarnach zu greifen geneigt ſei, Tönnen mehre sum hell auffals 
einen geivandten und geiftreihen Grzäbler. Die „„Spenes and | lende Beifpiele Ichren. Bei den Inbern hat fie aus bichterifchen 
impressions in Egypt and Italy“ (1824) und bie „Tales of | Beiwoͤrtern eine Menge von virtarmigen und entftellten Götter 
the wars of our times“ (1828) find ebenfo intereffans durch | geboren oder erſt geformt, wie ja aud aus dem Schweißtuche 
die Gegenftänbe, als durch bie Auffaffung und Darftelung dere | Ghrifti mit der vera ioon eine heilige Veronica geworben; und 
felben. Sherer beſchaͤftigt ſich jegt mit Ausarbeitung einer | wenn der Dulder Hiob nad) eingm hebraͤiſchen Tropus fich in 
Biographie Guſtav Adoifs. Gr iſt ein Mann, ber nit | Staub und Aſche ſetzt, fo Hat baraus der neuere Drient einen 
bios „vieler Menſchen Städte gefehn und Sitte gelernt hat“, | Düngerhaufen ſich gefchoffen, nad welchem an mehren Orten 
fondern ber uns mitten in ein bewegte& Leben bineinzuführen, | fogar die Ehriften walfaprten. So behaupteten denn auch 
mit lebenvollen Anſchauungen zu unterhalten und auf eine hoͤchſt ältere Gelehrte in vollem Ernſte, daß Mofis Hörner, bie nur 
‚angenehme Art zu belehren weiß. ein poetifhes Symbol bes uteene find, zwei lange Loden ge 
' Zn den vorliegenden Kriegsfcenen, welche uns balb heitere Bil | voefen, wie jie die.alten Lydier, Armenier und bie heutigen pol 
der bes gefelligen Lebens, bald biebliche und idylliſche Scenen, bald | nifchen Juden tragen. Juvenal nennt biefe gewundenen Loden 
Kriegsftürme und rauhe Abenteuer vorführen, weiß er mit fharfem | einmal cornua, unb dies war vollends beweifend (S. Junius 
Bil die Volkathuͤmlichkeiten der Nationen, mit denen er edzutbun | „De coma“, ©. 435); demnach har nun auch wol bie Geliebte 
dat, Portugiefen, Engländer, Spanier und Franzoſen, in ihrem | bes Sipfon ihm blos die Hörner abgeſchnitten. 
eignen Eoftume aufzufaffen und geiftweich und lebhaft wiederzugeben. . 
Dies if fein Hauptzweck; aber auch der firengere Geſchichts⸗ . 
freund geht in dieſem Buche nicht leer aus; denn es iſt reich Die alte Hypotheſe einer dereinſtigen Bevoͤlkerung Ameri⸗ 
an hiſtoriſchen Zuͤgen und dankenswerthen Einzelheiten aus ber | kas von dem oͤſtlichen Aſien aus ſcheint durch genauere Kenntniß 
Wefchichte bes unvergeßlichen Kampfes, ben Portugal und Spas | der rohen Voͤlkermaſſen auf den Sundainſeln immer mehr an 
wien ſeche Jahre lang für ihre Unabhängigkeit .fochten. Der | Haltbarkeit zu gewinnen. Daß bie Sprachen ber amerifanifchen 
Major Sherer war Augenzeuge und Iheilnehmer an biefem | Urſtaͤmme fidy mit den verfchiedenen Mundarten Hochofiend und 
Kampf, welcher ben Kriegdruhm der englifhen Waffen für lange | namentlich mit ber Tagala auf ben Philippinen berühren, iſt oft 
Beit Hin gegründet hat. Sein jugendliches, völlig unbefangenes | gefagt, aber eben diefe Unterfuhung ift als der eigent⸗ 
Gemäth, das auch dem Fremdeſten und Feindlichſten Gerechtig⸗ liche Schlußſtein der ganzen Muthmaßung noch nicht überzeus 
keit widerfahren laͤßt, nimmt die Erfcheinungen und die Greige | genb dargelegt worden. Sm Debrigen finden ſich viele @igens 
niſſo wie in einem treuen und ungetrübten Spiegel auf und | thümlichleiten bei den Papuas und andern halbwilben Stämmen 
gibt fie fo zurüd, Form and pressure of the time, @eftalt | ber fogenannten malaiifhen Kaffe in fo überrafchendem Eins 
und Abdruck der Zeit ift bier in ber That wieberzufinben — | Blange mit den Gebraͤuchen ber Urbewohner Amerilas, daß fie 
fein Borurtheil kreuzt und verdirbt die Mare Ginfiht des Er | mitunter .wol kaum alle zufällig zu betrachten fein möchten, 
daͤhlers, der von Patriotiemus, kriegeriſcher Ruhmliebe, Neis | Dahin gehört nicht fowol, daß fie die Zähne fich ſchwarz faͤr⸗ 
gung und Abmeigung gerabe nur fo weit bewegt wird, als diefe | ben, den Bart ausreißen und ben Körper tätowiren, fonbern 
keife Anregung zur lebendigern Auffaffung und Wiedergeftattung | ganz "befonbers die auffallende unb unerklärlihe Gewohnheit, 
bes Geſehenen und Erlebten nöthig war, ohne bee Wahrheit | nach welcher bie Männer ftatt der Krauen bei der Geburt eines 
zu nahe zu treten. Kindes mehre Wochen fi ins Bette legen unb bedienen laſſen, 
Ueber den Inhalt biefe Buchs müffen wir nad diefer | worüber Bedmann alle Zeugniffe ber Reifenden gefammelt hat 
allgemeinen GSharakteriftif deffelden Eurz fein. Die Graäblung | (,‚Literat. der Reiſebeſ.“, I, 30). Des Skalpirens erwähnen bes 
beginnt mit bem Feldlager bei Eiffabon, unt ber Verf: findet | reits bie Alten bei den Skythen und nennen es negroxusfoas 
Muße genug, uns die Haupiſtadt und ihre hinreißenden Umges | (Galmaf. zum Golin., ©. 581). 
bungen in ziemlicher Ausführlichkeit zu fchilbern. Das Politis 
fhe und Kriegeriſche wechſelt auf gefällige Art mit Reflerion 
‚und. Raturfhilderung ab. Endlich ertönt der Befehl zum Gins Die Eriftenz völlig weißer Glefanten, welche man entwe⸗ 
marſch in Spanien. Bier fehen wir das Volt und feine Pars | ber bezweifelt ober wenigftens als kraͤnkelnde Albinos ihres Ges 
teiung ; ber Haß gegen den Eroberer, welcher bei dem Portu⸗ſchlechts angefehen hat, wird durch einen Fleinen Auffag in dem 
siefen nur mäßig laut wurbe, wirb bier zur Glut und zur | neueften ‚Hefte, der „Transactions of (he royal asiatic society‘ 
That. Die beiden Nachbarvdiker erfcheinen fo verfchieben, wie | von Neuem erwiefen. Zum Zweifel war in der Zpat Eein hin⸗ 
Holländer und Franzofen nur fein Können. Bon Sieg zu Sieg | reichender Grund, denn ſchon im 16. Jahrhundert erwähnt Caͤ⸗ 
. gelangt der Berf. mit den Fahnen Gnglande nah Madrid; ! far Friedrich am Hofe bes Könige von Siam vier diefer Thiere, 
Rädtehr nah England, Wiederkunft, Sieg von Salamanca, | welche in einem ſchoͤnen Gebäude lebten und aus golbenem Troge 
und nun ungehemmter Zriumpbzug bis gegen bie Pyrenäen bin. | aßen; auch ift befannt, daß Hyder Ali bei ber Einnahme von 
Hier endet die Eriegerifche Laufbahn des Grzählers in der Ger | Ganara einen meißen Elefanten exbeutete,. welcher taufend ans 
fangenfhoft. Wir find damit zufrieden, denn ohne fie entbehre | dern gleikhgefchägt und göftlidy verehrt wurde, und ben er nun, 
tin wir die anziehende Schilderung, welche der Werf. von der | zum Zeichen ber Sklaverei, mit filbernen Ketten feſſeln ließ. 
Stimmung und. dem Heerweſen der Zranzofen entwirft. Hier: | &o außerordentlich felten jedoch dieſes Naturfpiel ift, fo Toll das 
mit fließt dies Buch, das nicht blos dem Krieger von Fach | Thier durchaus Feine Epur von Schwäche oder Kraͤnklichkeit 
und bem Gefchichtäfreund, fondern auch dem Liebhaber wechfel: | zeigen, fondern ber Anblic® deffelben in der That majeftätifch 
valler, abenteuerlier und unterbaltender Lebentereigniffe wills | fein; und wenn wir erwägen, daß fchon der gewöhnliche Elefant 
tommen fein wird. Die Ueberfegang iſt geſchict und tabels | al& die Krone ber dftlihen SChierwelt, ald der ſtolze Thron der 
los. . 89, Könige und als Pluger und gelehriger Kämpfer ein befonderes 
Anſehen genießt. fo darf uns tie Verehrung bes weißen nicht 
-auffallen. Die Siamefen, treiben biefe bis zur Vergoͤtterung; 
bee König hält ſich für weit geringer als ſolche Elefanten⸗ 
‚gortbeit und zieht mit feinen betenden Prieftern in Proceffion 
dem gluͤcklichen Zäger entgegen, ber einen weißen Giefanten 
eingefongen. 160, _ 


En 0 nei 



















d Notizen. 


Wie ſehr Die ſpaͤtere Zeit allenthalben bie Poeſte bes Alter⸗ 
ums Immer nur durch einem dichten Nebel zu betrachten und 





Rebigirt unter Verantwortlichkeit ber Berlagbhandlung ı g X Brodhaus in Beipsig 
TFT ————m— ee 


* 


Blaͤtter 


für 


literariſche Unterhaltung. 





Sonnabend, 





Drei Reifen in Italien. Erinnerungen von C. J. von 
Rumopt. Leipzig, Brockhaus. 1832. 12. 1 Xhlr. 
12 Gr. 


Es gehört ein ausgezeichneter Name, eine als geiſt⸗ 
reich befannte Feder dazu, um einem Buche Lefer zu vers 
ſchaffen, das heutzutage unter dem Xitel einer Reiſe nach 
dem in jeder Besichung aus: und abgefchriebenen Lande 
der Citronenbluͤten in die Welt tritt. Der Verf. befige 
einen folhen Namen, er führt eine ſchon feit dem bes 
kannten „Geiſt der Kochkunſt“ und mehr noch feit bem 
Erfcheinen der „Deutihen Denfwürbigkeiten” mit Mecht 
beliebte Feder. Das Buch wirb daher Leſer und biefe 
werden fi in ihren Erwartungen nicht getäufcht finden, 
denn es iſt unterhaltend, beiehrend und jedenfalls, wenn 
auch oft. zum lebbafteften Widerſpruch, doc, immer in 
hohem Grade anregemd. ' Und diefe letztere Eigenſchaft iſt 
es, worauf ich bei jedem Buche beſondern Werth lege. 
Es gibt Buͤcher, denen ich von Aufang bis zu Ende bei⸗ 
ſtimmen muß und die mir dennoch ſehr zuwider ſind, 
denn fie laſſen mich in dem Zuſtande, in dem fie mich 
antrafen; es gibt andere, die mich bei jeder Zeile zum 
Widerfpruch reizen, bie ich haften möchte, fie find mir 
dennoch nuͤtzlich und lieb fogar, denn indem ich mich zus 

muß, um ben Irrthum bes Verfaſſers 
wir Bar zu machen, ihn innerlich zu volderlegen, babe ich 
unfreiwillig eine neue Wahrheit, ein. neues Verhaͤltniß 
erfanut und finde mich geſtaͤrkt und befriedigt. Das vor 
Uegende Buch mthält gar Manches von der legten Gat⸗ 
tung und verdient daher Lefern, bie Freunde einer antls 
yathifdyen Lernmethode find, recht angelegentlich empfoh⸗ 
im zu werden. Soll ich nun über daſſelbe berichten, fo 
muß ich mir zuvoͤrderſt die Erlaubniß ausbedingen, mit 
einem täschtigen Sprunge gleich In die Mitte hinein, we: 
wigfiens über die erften 84 Seiten mwegzufegen. - Diefe gu 
tefen und mid zu überzeugen, daß ber Verf. hier im 
Gefftien Irrthum rettungslos verfunten iſt, bat mich zu 
viel Zeit, Mühe und Geduld gekoftet, als daß ich mei⸗ 
wen Lefer ein gleiches Opfer zumuthen kännte. Alfo da 
von war kurz das Reſultat. Herr von R. behauptet, 
Minckelmann, Leffing, Goͤthe und Alle, die feit hundert 
Jahren über die Theorle der bildenden. Kunſt gefchrieben, 
fein total auf dem Holzwege gewefenz fie haben durch 
ihre grundfalfchen Theorien deu Fortſchritten der Kunfl 


1) 


5, Januar 1833. 


bedeutend gefchadet; nur er allein, Herr C. F. von Rum⸗ 
ohr, habe ben wahren, echten, alinheilbringenden Bes 
griff des Schönen in der Kunft, diefe Handhabe ber aͤſthe⸗ 
tiihen Kritik gefunden, welcher in nichts Anderm beſtehe 
als in der „Erfreulichkeit des Scheines oder des Anfcheis 
nes“. Ich dagegen behaupte, daß Herr von MR. alle jene 
Autoren gaͤnzlich misverfianden, was in ihren Schriften 
fteht, nicht herauss, und was nicht darin fteht, hineinges 
leſen habe, und baß feine Theorie des Kunſtſchoͤnen ein 
Unding fel. Verlangt Jemand den Beweis, fo wit ih 
ihn geben; wer aber feine Unterhaltung lieb hat, ber fos 
dere ihn nicht, denn dieſe Verwickelungen find nicht fe 
licht zu entwirren. 

Nach biefer Heinen Diishelligkeit fegt fi Ref. nun 
fogleih, um ben Berf. auf feinem erften Ausfluge nach 
Stalim zu begleiten, mit in feinen Reifewagen und fins 
bet, daß er einen angenehmern Reifegefellfchafter gar niht 
hätte wählen können. Die Gegend von München mid: 
fällt mir; mein Meifegefährte macht mich aber bald auf 
große Schönheiten aufmerffam und: zeigt mir in einigen 
Umbliden die Vorbilder zu ben ſchoͤnſten Landſchaften 
Glaube Lorrain’s, der wirklich mehre Jahre hier gemohnt 
bat. In Tirol, im Gebirge angelommen, finde ich mid) 
in meinen Erwartungen von dem herrlichen Eindrud ber 
Gebirgsgegenden body etwas getäufcht; das fteile, ſchwarz⸗ 
graue Felſengebirge in der Nähe von Innsbruck beengt 
mich; fo fehr ich mich hineinfehnte, fo fehne ich mich 
doc) nun fehon wieder hinaus; ich betrübe mich, daß es 
für das Berlangen in der Welt doch gar keinen Ruhepunkt 
gibt. Mein Reifegefährte tröftet mid. „Ei fo ſchlimm 
it es denn doch nicht”, fagt er, „am Ende wird Alles 
darauf hinauslaufen, daß aud das Gebirge haͤßlich, we⸗ 
nigfteng unangenehm fein kann, eben wie auch die Ebene 
nicht nothwendig haͤßlich iſt.“ Ich beruhigte mih, und 
in ber That warb es ſchon am folgenden Tage befler. 
Im Poſthofe zu Schönfelo hatte ich Gefegenheit, zu bes 
merken, wie die unbedeutendften Gegenftände meinem Ber 
gleitee Anlaß zu feinen Beobachtungen und geiftreichen 
Einfällen zu geben, vermocdten. Als wir in bie Küche 
traten, bemerkten wir über dem räumigen Herde eine . 
wohlbefegte Dienagerie von Hühnern jeden Geſchlechts 
und Alters, ‚weichen. die Pofthalterin - zugleich die Buße 
auferlegt hatte, fett nahrhafter Halmfruͤchte gefotteng 


\ 


Grasſaͤmereien zu freſſen, auf. deren Genuß ſie aͤußerſt 
gefpannt zu fein fich flellten oder, wenn «6 Ernft war, 
nicht verhehlen konnten. Die Poithalterin verficherte ung, 
fie würden bei diefer Lebensweife fehr fett. Der von R. 
eriguerte fich halb und halb, daß Plinius meldet, man 
tönne verſchiedene Thiergeſchlechter durch bloßen Dampf 


heranmaͤſten, und biefe armen Thiere genoffen bei fetten“ 


Kuͤchenrauch allerdings aus der erften Hand. Da wir lange 
genug auf bie Poftpferde warten mußten, fo hatte mein 
Benleiter Zeit, mir feine Betrachtungen über diefen Ge: 
genftänd amitzutheilen. „Welch ein fhönes Bild der Mes 
fignation!“ fagte er. „Eingeſperrt, geräuchert, mit Deu ges 

ttert und dennoch "heiter und zu den Lebenspflichten fehr 
Gufgelegt, d. i. epluftig; denn Hühner haben bie Beſtim⸗ 
mung, möglichft viel gu eſſen, damit am Ende ihrer Lauf—⸗ 
bahn moͤgůchſi viel Mn ihnen zu verfpeifen ſei. Bei ers 
finnlich fchlechtefter Haltung das erſinnlich Vortrefflichſte zu 
eiften, wo, ſage man, würde biefe große Aufgabe voll: 
ftändiger geloͤſt als hier?" — In Verona befahen wir 
um erſten Male römifhe Alterthuͤmer, fahen zum erften 

ale, ein ganz ununterbrochenes, ganz vollftändig mittel: 
olterlichee Wefen; denn es hat das Moderne In biefer 
Stabt nur fparfame Eroberungen gemadht. Der Bode 
der Provinz iſt unfruchtbar, deffen Anbau wenig energifch, 
der Handel der Stadt gering. Here von R. freute ſich 
über „diefe glücklichen Umſtaͤnde“, wie er fie nannte; „fie 
fegen“, fagte er, „ber Bauluſt ein Ziel und fihern der Zus 
kunft noch für lange bie Erhaltung einer Hiftorifchen 
Merkwürdigkeit.” Iſt aber, fiel id ihm ein, die Erhal⸗ 
tung der Vergangenheit auf folhe Weiſe nicht zu theuer 
erfauft auf Koſten der Gegenwart und ber Zukunft? 
Here von R. lächelte Über dieſe Frage, die er für philis 
fterhaft zu halten fchien und führ, ohne ſich auteebrrpen 
zu laſſen, fort: „In dee ganzen Lombardei ift Verona bei: 
fahe das einzige Eremplar feiner Art- Die großen Städte, 
fügte er hinzu, haben alte Denkmale, doch wenig alte 
Privathaͤuſer. Allein aud die kleinern find häufig zu 
wohlhabend, um beim Alten zu bleiben, was in Italien 
noch ganz fo verhaßt iſt als bei und vor vierzig Jahren.” 
— sSo foll e8 denn ewig nur beim Alten bleiben, feufzte 
id) im Stillen, und müßte auch die unendliche Mehrzahl 
unſerer Mitbrüder dabei arm und elend bleiben für nun 
und immerdar! — Die Erinnerungen unfers flüchtigen 
Aufenthalts in Bologna, Florenz und Siena bat Herr 
von R. flüchtig angedeutet. Als wir in die Nähe vom 
Mom kamen, fügte er, auf unfere Reifegefährten deutend: 
„Wer nicht mindeftene halbhin zur Künftterwelt gehört, 
vermag nicht, ſich vorzuftellen, mit meld, einem bänglichen 
Gefühle, mit welcher feltfam : zweifelhaften Erwartung biefe 
Art Leute ſich erfüllen, wenn fie die Nähe der Stadt zu 
toittern beginnen. Weltleute pflegen auf dieſer Straße 
zu ſchlummern und Schulgelehrte an ben Fingern ihre 
fogenannten hiftoriihen Erinnerungen, abzuzaͤhlen. Allein 
der Kuͤnſtler denkt bier an ganz andere Dinge, an Altes, 
was dort feit Jahrhunderten gemalt, gewetteifert, gezankt 
worden ff. Ihm. wird es bier einfallen, an Rafaei 
zu denken, ben verehrten, ‚mächtigen, von einem Hofe 


48 


2 


"Roma glöt es von Allem die Fülle. 


7 
ganz eigenthuͤmllcher Art nicht prachtlos umgebenen; 
oder an Michel Angelo, der Paͤpſten getrotzt, auch an 
fo viel andere Kuͤnſtler der alten und jlingſten Zeit, 
welche bier Bildung geholt, Ruf erworben haben, oder 
gänzlich gefcheltert, gerfchellt find an. dem Felſen a 
welchem — Kirche baut iſt, oder andern; denn 
Auch dns froͤh 
liche Geſindel der Zeit des Bamboccio und Claude, von 
welchen Sandrart die huͤbſchen Geſchichtchen erzaͤhlt, mag 
ihm, wenn er des Gellchters iſt, dabel einfallen koͤnnen. 
Genug er bezieht Alles und Jegliches geradehin auf ſich 
ſelbſt, ſeine Wuͤnſche, Gefuͤhle und Phantaſien, was einen 
ganz andern Eindruck macht, als zu wiſſen und ſich von 
zuſtellen, was laͤngſt abgethan und durchaus vorbei iſt.“ 
Unſter Aufenthalt in Rom hat zu ˖wenig intereffanten Mit⸗ 
theilungen Gelegenheit gegeben, tie denn überhaupt Dass 
jenige, was Hr. von R. in Galerien, Gefellfchaftöfälen 
und in feinem Umgange mit ausgezeichneten und vorneh⸗ 
men Perfonen erlebte, dem Lefer bei weitem geringere 
Unterhaltung Ddarbietet als feine Kleinen Abenteuer auf 
Stadt: und Landftraßen ſowie ſein Umgang mit ſchlich⸗ 
ten Perfonen ans den mittleren und niedern Claſſen des 
Volles. Wir machten eine Ausflucht nad) Neapel, wels 
che mir wieder zu einigen Mittheilungen fir meine Leſer 
Stoff bietet. 
überall franzoͤfiſche Poften und Patrouillen. Man verfah 
uns mit einer Schutzwache, d. h. man feste uns in Cons 
teibution.. Denn es galt bier nicht Räuber abzuwehren, 
fondern Guerillas, und hätten bie ſich gezeigt, fo wäre 
unfere Bedeckung ohne Zweifel ausgerifien. Die Banden 
des Fra Diavolo hatten fih in Achtung gefegt. Bis zum 
Tode des Commandanten von Saeta, des braven Prins 
zen von Defiens Philippsthal, brach dieſer gewandte und 
kuͤhne Parteigänger ſtets gluͤcklich durch die Poſtenkette des 
franzöfifchen Belagerungsheeres. Ihm zu begegnen machte 
ber Prinz an verabredeten Zagen einen Ausfall; bei fol 
chem verabredeten Zufammenlommen wurden Unternehmuns 
gen verabredet und Kriegsmittel des Streifcorps ergänzt, 
Leider war es ein ruhiger Tag. Andere Reifmde baden 
das Gluͤck gehabt, auf eine halbe Stunde dem Gefechte 
ziemlich gefahrlos zuzufehen. Denn man war loyal und 
tefpecticte die Neutralität. Für den Verdruß, welchen 
Fra Diavolo damals den Franzofen gemacht, haben biefe 
fid) gerächt, indem fie ihn als einen gemeinen Strauchdieb 
auf die Bühne ſetzten. Allein, was fie uns fagen und 


fingen mögen, fo ift er doch ein patentigter, anerkannter 


und in feinem Fache fehr achtenswerther Parteigänger ; 
um fo achtenswerther, al& die Sache verzweifelt und das 
Material das fchlechtefte war.” Hr. von R. bemertt, fr 
dem er biefes aus feiner Erinnerung mittbeilt, es fei der 
Geſchmack unferer Zeit, poetiſche Illuſionen zu verſtaͤrken, 
indem man fie an Thatſachen und bekannte Namen ans 
knuͤpft. Ob die Poefie hierbei gewinne, darüber moͤge 
fie ſelbſt entſcheiden. So viel aber ſei ihm Har, daß man 
der Menge hierdurch die Geſchichte verwirre und viele ehr⸗ 
liche Leute unverdient um iheen guten Namen bringe — 
Hier. muß Ref. feinem Begleiter wieder :Einiges entgegen⸗ 


'. 


„Bon Itri bis Molo di Gaeta fanden voig 





‚49: 


Ya. Diſech Verſtaͤrkung der Illuſton iſt in dee’ Poeſie 
Thon viel gewonnen, nur muß bie Antnüpfung An: bes 

ante Thatfachen und Perfonen mit Geſchick, Geiſt und, 
we nicht mit. rein hiſtoriſcher, doch mit poetifcher Wahr: 
heit geſchehen. Aus. der Poefie fol man nicht Geſchichte 
lernen Wollen; und wenn jene zuweilen einem hiſtoriſchen 
Namen nahhtheilig werden ſollte, fo hat fie manchem auch 
Schon zu Ehren verholfen, wodurch fid) denn die Sache 


im Ganzen ausgleicht. — Wie wir in Molo von allzu ' 


ſtatken Drangendüften, dann mit Knoblauchsgeruch, end⸗ 
Hd, von Floͤhen und Soldatenfluͤchen eine Nacht hindurch 
gequäft wurden, möge ber Leſer im Buche nachleſen. Hr. 
son... hat es lebhaft und. artig erzählt. Unſere Mob: 


zung in Neapek "war nicht übel belegen und mit ihren | 


Eigentchuͤmlichkeiten verfehen. Aus dem Balconfenfter Über: 
fahen wir den Largo di Gaftello, Caftellnuovo, den Has 
fen,. die Bai, das Vorgebirge von Sorrento und fogar 


den Veſun, deflen regelmäßig conifhe Korm, graue Barbe, : 
artmfeliger Dampf (denn Feuer zu fpeien zeigte er fich ' 
unaufgelegt)- Hru. von R. immer verdrießlich geblieben iſt. 


„Er tft”, ſagte er, „ein Effectftüd, welches nur in gewifſem 
Lichte fi) ausnimmt. Ich weiß in der That nicht, wes⸗ 
halb ber kurrige Gefelle fo viel befucht,- gefehen und ge: 
priefen wird. Als ein unerträglicher Nachbar, als ein 
ewiger Schmaucher und Bauchredner, beſitzt er meines 
Erachtens wenig Anſpruch auf Gunſt und noch weniger 
‚uf chriſtliche Duldung.“ — Ich verſuchte meinen Reiſe⸗ 


begleiter ebenſo zu troͤften, wie er mich beim Eingange in 


das Tirolergebirge gettoͤſtet hatte. Es wird, fagte ich, 
dem Befund eben gehen wie andern Perſonen auch; fie 
haben mislaunige verfiimmte Tage, an welchen ihr Um: 
gang wenig erfreulich ift, und doch muß man fie dulden, 
bis frohe Zeiten, glüdlihe Momente bei ihnen eintreten, 
wo fie dann unfere Geduld, durch MWig, Laune und an- 


dere gefellige Tugenden reichlich belohnen. Und fo gering 


auch die Anfprühe des Veſuv auf chriftliche Duldung 
fein mögen, fo muß man doch geftchen, daß er fie be 
wundernswürdig lange. zu behaupten gewußt hat und auch 
jest nody keineswegs aufzugeben fcheint. Meine Apologie 
des Vulkans machte jedoch wenig Eindrud auf Hrn. von 
R. Er nahm wenig Notiz vom Veſuv, der es ihm hin: 
zeichend vergalt, indem -er- ihn Raum zu bemerken fchien, 
als wir ihm die Ehre erzeigten, in fetmem Bimſteingeroͤlle 
Schlitten zu fahren. Doch fand es Hr. von R. pilant, 


in feinem Bauche herumzufpazieren, ihm nach) dem Pulſe 


gu taften, ber warm und lebhaft ging. 
(Dee Beſchluß folgt.) 





Kleine Schriften Polen’ betreffend.“ 

3. Der Feldzug der Ruffen und Polen zwiſchen Bug und Na: 
rew im Jahre 1851. Nach den beiten bis jegt vorhandenen 
Materialien. Mit ‚zwei Planen. Glogau, Heymann. 1832, 

. 12 2 Gr. 

— Gin Militaie — als ſolchen gibt er ſich wenigſtens theils 

in der Borrebe, wo er fein für einen Freundeskreis beflimmtes 

Schriftchen Tem militairiſchen Publicum übergibt, theils Geite 


71 kund — gibt hier eine kurze Geſchichte dieſes merkwuͤrdigen 


y 


“ 
. 





. 


Thriles bed großen Kriege. Befeernt, in: Grin am bie fchöne 
ſtrategiſche Erlaͤuterung ber erſten ruſſiſch⸗ polniſchen Kämpfe, 
welche der nreußifche Oberſt Willifen bekannt machte, nahm das 
° Büchlein mit großer Erwartung in die Hand, ba. ihm Als aufs _ 
merkſamen Beobachter jenes Krieges dergleichen Beobachtungen 
ſachkundiger Männer ſehr erwünfcht find, fand aber feine Er⸗ 
— ſelbſt als Laie, in der Kriegswiſſenſchaft keineswegs ganz 
befriedigt. u 
: Der Verf. beginnt mit der Unternehmung des polnifchen 
Obergererals gegen tie Garden und fließt mit der Schlacht bei 
Oſtrolenla. Wenden wir und zuerft zu der Befchreibung bes 
idzugs. Wenn au ber Mangel an neuen Aufflärungen 
ber diefen Zeitabſchnitt, die man nach bes Werfaffers Aeußerung 
in ber Vorrede, von beiden Parteien Mittheilungen empfangen 
zu haben, erwarten koͤnnte, noch nicht gegen die Herausgabe efs 
ner ſolchen Relation entfcheibet, wenn, in ihr nur die wichtigſten 
Begebenheiten nad) den vorhandenen "Quellen klar und lichivoll 
geordnet zufammengeftellt erben, fo bat doch unfer WVerfaffer 
diefe Bedingung der Nüglichkeit feiner Schrift nicht ganz ers 
füllt, indem wichtige Umflände theild gar nicht, theils nur ober« 
flaͤchlich berührt. worden find. So fehlt 3. B. bei Seite 10° 
eine genauere Würdigung der Zeldderrntalente der polniſchen 
Generale, flatt deren wie bie Worte leſen: „An der Spitze aller 
Abtdeilungen fanden tüchtige Männer.” Man darf nur am 
Gielgud's Traͤgheit bei der ihm Aufgetragenen Einnahme von 
Oſtrolenka denken, die aus dem von dem Verf. gefannten Mes 
moiren Dembinski's genugfam bekannt iſt, um die Unwahrheit 
biefer Behauptung zu erkennen. Werner vermißt man bei der 
mit Recht getadelten Zögerung des Generals Skrzynecki, nad 
bem erſten kühnen Angriff die Garden noh vor Tykoczin 
foffen, eine genauere, biefe Zögerung erflärende Charaltiri 
defjeiben, die doch dem Zelbmarfchall Diebitfcy gu Theil gewor⸗ 
ben ift, fowie bie Erwaͤhnung des wichtigen Umftandes, baß 
Skrzynecki nad raſcherm Vorbringen bie Nachricht ber Ein- 
nahme Nurs durch Lubienski erwartete, welche ungluͤcklicher⸗ 
weiſe zu ſpaͤt eintraf. Bei der Schlacht von Oſtrolenka ver⸗ 
mißt man eine klare Beſchreibung des Terrains, die man doch 
bei einer ſolchen Einzelſchrift erwarten darf, ſowie die aus 
Dembinski's Memoiren zu ſchoͤpfende genauere Beſchreibung der 
Einnahme von Oſtrolenka durch Dembinski und die genauere Er⸗ 
mwähnung.bes befammten Umftandeg, daß bei bem nach energifcher 
Abwehr ber ruſſiſchen Angriffe dur den ſchwaͤchlichen Rath als 
ter po:nifcher Generale erzeugten Entfchluß Skraynedi’s, ſich von 
Oſtrolenka eiligft nah Warfchau zurückzuziehen, nur bie. Kühne 
heit Dembinski’3 ben in Lomza preisgegebenen Gielgub rettete, 
Befriedigender fcheint dem Referenten bie von Geite 67 fols 
gende Kritik erft der polnifchen und von Seite 62 ber ruffis 
ſchen Operationen. Nur etwa Folgendes duͤrfte dagegen einzus 
wenden fein. Daß nämlich Dieditſch bei Grochow einen großen 
Fehler beaing, das Küraffierregiment Prinz Albert nicht: weiter 
zu unterftügen und bei ber burch diefen Angriff entflandenen line 
orbnung der Polen vor Praga fliehen zu bleiben, geben wir dem 
Verfaſſer gern zu; ob es ihm aber nach ber Schlacht bei Oſtro⸗ 
lenka möglich var, mit feinem upon einem Marſch von 7 Meilen 
in einem Tage ermatteten Truppen den Feind zu verfolgen, bürfte 
wol. fehr zweifelhaft fein. Eher möchte ihm wol als eine ſchwere 
Unterlaffungsfünde anzurechnen fein, wie auch unfer Verfaſſer bes 
merkt, in Erwartung eines ſolchen Rüdzugs tee Polen keine 
‚ruppen nah Razan detachirt zu haben. Sodann maß Ref. 
nicht, was nad des Vexrfaſſers Anſicht S. 69 Diebitich ‚nach ben - 
Schlachten bei Wawre und Dembe Wielki gegen bie Polen hätte 
ausführen follen, da hier. ale Vortbeile auf Seiten biefer las 
gen, und es vielmehr ale der größte Fehler Skrzynecki's betrach⸗ 
tet werden muß, weber ben in ben Moräften am Wieprz ſtehen⸗ 
den Feldmarſchall nach biefen Schlachten angrarifien noch Sied⸗ 
lec genommen zu baben. Uebrigens ift das Buch ziemlich uns 
parteiiſch, doch mit mehr Hervorhebung einzelner Züge ruffilcher 
Bravour gefchrieben. Der Anerkennung der Eugen Leitung bes 
Ruͤckzugs der Garden buch Großfuͤrſt Michaei ſtimmt ef. 


R . 





3 


wilig Sei. Wtöge bee Werfaffer bei vlelleicht beabſicheigtet Hekr 
ausgabe anderer Monographien über die legte Kriegegeſchichte 
rg bei der Benugung ber Quellen ſorgfaͤltiger zu Werke 
gehen. 
2. Preußen und Polen, eine Beleuchtung ber Verhaͤltniſſe beiber 
in Bezug auf die neuefte polnifhe Revolution, mit vorzäglis 
" der Ruͤckſicht auf bie von einigen Zournaliften gegen Preu 
geriäteien Zugriffe und bie Übergetretenen polnifchen Truppen 
Elbing, Dirſchau und Marienburg. Nach dem zuverläfs 
figſten Quellen und eigner Wahrnehmung. Bon einem Be 
wohner Weftpreußens. Danzig, Gerhard. 1882. 8. 10 Gr. 
Hätte der Werfaffer biefer kleinen Schrift, von innigem Ach⸗ 
tungsgefuͤhle gegen die preußiſche Regierung gefrieben, das ef. 
mit ihm von ganzem Herhen thefit,, fich begnügt, das gewiß in 
jeder Beziehung lobenswerthe, nur durch giftige Berleumdungen 
befangener und getäufchter Zeitungsſchreiber verbrehte Benehmen 
ber preußifchen Regierung gegen bie unglüdtichen polnifchen Fluͤcht⸗ 
linge in Weſtpreußen nach eigner Wahrnehmung und ben Acten 
za ſchildern, wie er «6 von ©. 29 an gethan hat, fo würden 
wir fein Büchlein mit dankender Anerfennung zur Minberum 
bes in neuerer Zeit zum Schmerz für jeden echten Deutfchen o 
ruͤckſichtslos hervortretenden Haſſes vieler Deutfcyen gegen Preu⸗ 


Sen dankend anzeigen. So aber will der Verfaſſer aus guter” 


Meinung mehr thun und fücht nicht nur das Benehmen ber preus 
Sifchen Regierung während bes letzten ruffifchspolnifchen Krieges, fons 
dern aud in früherer Zeit bei ber Theilung Polens zu rechtfer: 
tigen, indem er nach ©. 10 die Vorwürfe eines unpolitifchen, 
inhumanen unb illiberalen Benehmens berfelben abzuwehren und 
ihre Gerechtigkeit und Liberalität während und nach ber legten 
Revolution ber Polen nachzuweifen verfpricht. Der Verfaſſer bes 
ginnt nun bie politifche Rechtfertigung bes Benehmens ber preus 
ziſchen Regierung, inbem er zu beweilen ſucht, daß Friedrich IL. 
‚und fein Nachfolger —— Wilhelm II. die Theilnahme an 
den frübern Theilungen ihrer eiguen Sicherſtellung ſchuldig ges 
weſen wären. Dies ift aber fehr die Frage, und Ref. ift über 
geugt, bag wenigftens Friedrich Wilhelm II. anfangs verhießener 
Schutz der polnifchen Gonftitution bei bem bapnaligen kraͤftigen 
Wirken ber polniſchen Patrioten Curopa die Schmach ber Ber⸗ 
nichtung eines im Todeslampfe ſich ermannenden Volkes und bes 
zen traurige Folgen erfpart haben würde. Doc Mef. übergeht 
dies als einen unmefentlichen Theil der Schrift, gefteht aber, die 
‚aun folgende Rechtfertiaung ber von der preußifchen Megierung 
"angenommenen, den Ruffen günftigen Neutralitaͤt nicht genägend 
zu finden. Denn ein feindliches Auftreten Preußens gegen Ruß: 
land hätte vorzuͤglich nach der Schlacht bei Grochow, bei ber 
ſolchem Auftreten günftigen dffentlihen Meinung und bei ber 
"leicht zu ermerbenben Theilnahme der Abrigen Hauptmaͤchte, po⸗ 
litiſch Alles für fich gehabt und Preußen eine Berftärfung feiner 
politiſchen Kraft geben müflen, won ſich nicht fo. leicht wieder 
eine Gelegenheit barbieten dürfte; bie Furcht hingegen vor fpäter 
"eintretenden Beſtrebungen des imieberhergeftellten Polens zur 
Wiebergewinnuung der polniſch-preußiſchen Provinzen erſcheint 
"wegen ber von unferm Werfaffer gegen die nad) der Bernichtung 
Polens fpäter zu erwartenden Angriffe Mußlands auf Preußen 
und Deftreich gerähmten Wehrkraft ber Deutſchen unbegründet. 
Bon diefem Standpunfte aus nun, beffen Nichtigkeit wir 
‚aber dem Verfaffer nicht einräumen, rechtfertigt nun berfelbe fol⸗ 
gerecht alle Begünftigungen welche die Ruffen mit Erlaubniß, und 
‘alle Beeinträchligungen, welche die Polen durch Weigerung ber 
preuß. Regierung während’ bes Kampfes von: Privatperfonen ers 
‚fuhren. Erſcheint aber die den Ruffen guͤnſtige Neutralität nicht 
politifh gerechtfectigt,, fo fallın natuͤrlich auch alle daraus gezo⸗ 
gene Kolgerungen, bie biß @eite 29 geben. So weit bie politi⸗ 
ſche Rechtfertigung. Wo bleidt aber mım ber Beweis dev Gr 
sechtigleit und Liberatltät in bem von ber preußifchen Regie⸗ 
rung angenommenen Syfteme während Ted Kampfes? Dieſen ift 
der WBerfaffer fehuldig geblichen unb mußte ihn ſchuldig bleiben. 
Er Hätte ihm aber gar nicht verfpreiben follen. Denn die Politik 
— hier verſtehen wir natürlich Beine egoiſtiſche der Regierung für 


: falls unter der Yrrfie. 


5 und ihre Gavelt, wie fie einer berpatißihen- 
liebt, fondern für bas a bed Volkes a Bus " 
en 


muß ihren eignen, oft von Recht und Kiberarismug 

ten Weg gehen, und waͤre nar bas preußlfihe: Benehmen * 

zu sechtfertigen, wegen angeblicher Imiberaiität: kaute bay: Math 
liebes Baterland 


faffex fein rublg von gutmäthigen Yhantaften 
und umkund Schreiern bei Tages verlä lfm: -. 
gesäth — — der den Polen —E — — 


aber wahrſcheinlich durch bie Anſchauung der zu misbilligenben 
Auftritte eines Theils der freundlich aufgenommenen, aber 
Verführung undankbar gewordenen polnifdyen Golbaten fm 
preußen gegen fie. ztwas erbittert 

80 und bie Bemerkungen ber 
Hört — in einen 


Bon Seite 29 an wirb das Benehmen ber preußiſchen Big 
glesung gegen bie polniſchen Wlüchtlinge beleuchtet. Die ihnen 
zu Theil geworbenen anfehn Unterflügungen an Gelb und 
Kleidern twerben mit Recht geruͤhmt, bie von Gelten der We 
hörden und befonders des Oberlandeögerichts zu Marienwerder 
gegen die Tumultuonten zu Reuteich bei Cibing, zu Clbing, zu 
Dirfhau und endlich zu Fiſchau genommenen Maßregeln aus 
führlich erörtert, woraus auf das deutlichſte hervorgeht, daß 
zwar auf der einen Seite bie rohe Maffe der ungluͤcklichen, vol 
— Emiſſairen über die Abſichten Preußens getaͤuſchten 
und aufgehetten polniſchen Soldaten nicht zu 


werben muß, auf der andern aber auch das WBenehuren ber hier in 


ihrer Geduld fehr geprüften Behoͤrden, wie es ſich von bem mile 
ben Sinne ihres Königs erwarten läßt, jedem Unbefangenen ger 
recht und liberal erfcheinen muß. 

Schließlich bemerken wir noch, daß ber ſaͤchſiſche Minifter Eins 
denau den Polen den Durchzug durch Sachſen nicht, wie. der Ver⸗ 
faffee meint, wegen gefürchteter Exceſſe berfelben, bie fich bei ih⸗ 
rem -zeitherigen mufterhaften Betragen in Sachſen nicht erwarten 
ließen, fondern deswegen verfagen mwußte, weil bie weſtlichen 
Nachbarſtaaten bie weitere Beförderung der ſelben verweigerten, 
und verſtchern dem Verfaſſer, daß, wenn auch unfer Mitge⸗ 
fühl für bie Polen uns in der legten Zeit oft mit Schmerz auf 
das Benehmen von Preußen bliden ließ, dennoch Preußen im⸗ 
mer noch unfere und aller unbefangenen Deutſchen Hoffnung F 
und bleiben wird, fo lange es im Ganzen in dem Geifte fo 


wirkt, der ihm die Achtung von ganz Puropa verſchafft bat. 


Einzelne Misgriffe und Mängel können dieſe Hoffnung u 
Pr wie ber Menſch, fo irrt auch ber Staat, fo ng 
ce ® oe 





Literarifche Notizen. 


Ein neues Werl, unter dem Zitel: „Souvenirs de Paris 
& de Vienne‘‘, die Geſchichte des Herzogs von Reichſtadt — 
unb wahrfcheinlich viele Lügen — enthaltend, wirb in Kurzem 
erſcheinen. Desgleiden foll Herr von Ealvandy mit einer Gefchichte 
Cromwell's beichäftigt fein. . 


Bictor Hugo's neuer Roman „La Quinguengrogne’’, 
wofür ber Autor 15,000 $r. von ben Verlegen erhalten hat, 
ift foeben erſchienen. Hugo erklärt den Zitel feibft folgenderges 
ſtalt; „La Quinquengrogne ift ber gemeinlidhe Rame eines 
der Thürme von Bourbon l’Archambault. Diefes Bub feu 
meine fernern Anfichten über die Kuͤnſte bes Mittelalters ent⸗ 


"halten, die ih im „Notre- Dame de Paris’’ zu entfalten anfing. 


In „Notre- Dame” verfuchte ich auf meine eigne, gute eder 
ſchlechte Art, das Kirchenweſen jener Zeit zu fdyilbern, in „Quin- 
quengrogne ’ nehme ich ebenfo das Feudalweſen auf.” — Lee 
fils de la bossue‘‘, ein anberer neuer Roman Hugo's iſt eben⸗ 
oo. 1 


z ( N 


.. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagéhandlung: F. A. Brodpaud in Leipzig. 


x 


! 


Blaͤtter 


für 


lite rariſche Un terbal tung. 





 BRumohr . 
(Beſchluß aus Nr. 6.) 

Nach ımferer Ruͤckkunft nach Rom machte Hr. von Ru: 
mohr die Bekanntfchaft des Pfarrers Thaney, welchem man 
Schuld gibt, daß er Andreas Hofer an die Franzofen verra- 
then habe. In dem vorliegenden Buche theilt er-über die In⸗ 
bividualität und das Leben deſſelben [ehe intereffante Notizen 
mit, und gibt aufden Grund der ihm aus ben beften Quel⸗ 
ien zugelommenen Kumde bie beſtimmteſte Verſicherung, 
daß diefe Belchuldigung völlig grundlos fei, und nichts in 
der Welt erlogener fein, der innen Wahrfcheinlichkeit und 

oe  duferer Zeugniſſe gruͤndlicher entbehren könne, ale was 
Bartholdy in Bezug auf Thaney Jeichtfinnig aufgenom- 
Men und noch viel leichtfinniger in den Drud gegeben 
habe. Thaney hat, wie Hr. von R. berichtet, die Ge: 
ſchichte des tiroler Aufftandes vom 3. 1809 gefchrieben, 
und es wäre wol zu wünfchen, daß dieſe Handfchrift, die 
er feibft gelefen zu haben verfichert, durch den Drud be: 
kannt gemacht würde. Im J. 1806 traten wir bie Ruͤck⸗ 
reife nad) der Deimat an, . wo Ludwig Tieck ſich der 


4000 mm — — — — — — 


Reiſegeſellſchaft anfchioß. Bei dieſer —— zeichnete 


» Dr. von R. ein Portrait des trefflichen Dichters in fein 
Erinnerungsbuch, das ich, weil es ebenfo wohl getroffen als 
trefflich ausgeführt iſt, den Lefern.nicht vorenthalten will. 
„Viel Herrſchaft Über fich felbfl, gleiche Laune, Heiterkeit 
ſelbſt unter Lörperlichen Leiden, feiner Wis, Beobachtungs⸗ 
und Mittheilungsgabe, flete Vergegenmwärtigung des Er: 
lebten, Ecfahrenen, Selernten, Gedachten; ſchon fo Vieles, 
und doch muß ich hinzufügen: Jugendlichkeit und Friſche 
der Empfindung bei Allem, was an uns vorlberging.” 

Wie. der Berf. auf feinen Wanderungen beobachtet, 
umb auf welche Weiſe er das Beodachtete mittheilt, hat 
der Leſer nun fchom wahrgenommen, und ed witd daher 
nicht nöthig fein, uns auf der folgenden Reife fo eng an 
den Wanderer anzufchließen. Ich begnüge mich daher mit 
der Mittheilung einzelner intereffanter Momente. Berans 
taffung zu diefer Reife gab das gegebene Verſprechen, ei⸗ 
nen jungen angehenden Maler nad Rom zu begleiten, 
für den fich der Verf. intereſſirte, Die Perlönlichkeit des 
jungen Mannes wird in der pikanten charakteriftifchen Weiſe, 
die wir ſchon kennen, vortrefflich gefchildert. Che die Rei: 
finden noch im Wagen figen, werden wir fchon wieder 





mit einer artigen Anekdote erheitert. 


Hr. von R. hatte 
außer dem jungen Maler, welcher Horny hieß, noch einen 
dritten Reifegefellfchafter in der Perfon eines gar feinen 
wohlerzogenen Mannes angenommen, der, als er ſich zur 
Abfahrt einftellte, Hormp auf dem Sopha fchlafend, baͤuch⸗ 
lings ausgeſtreckt und heftig ſchnarchend fand, und daher 
mit einiger Beforgniß fragte, ob der Herr auch mitreifen 
werde imd wer berfelbe fei, worauf Dr. von R. In einem 
Anfklle von Muthwillen erwiderte, diefer feltfame Man 
feb ein übrigens ganz unſchaͤdlicher junger Karaibe und 
war von der menſchenfreſſenden Art, welcher ihm zur 
Oumanifirung überfandt, des mildern Klimas wegen mit 
nad) Italien genommen werde. Der Fremde, welcher in 
diefe Angabe, wie denn das Unmahrfcheinttchite am Leiche 
teften Glauben findet, keinen Zweifel fegte, beobachtete dem 
angeblichen Karaiben im Wagen mit großer Aufmerkfans 
keit und Vorſicht und ließ fih, ald er zufüllig entdedte, 
daß derfelbe ſchon etwas deutſch ſprach, in ein Geſpraͤch 
wit ihm ein, das. er feinen Faflungsträften möglichft ans 
zupaflen ſuchte. Die Entfernung. feines Baterlandes, defs 
fen Gebraͤuche und Sitten kamen in gehöriger Folge, eines 
nad dem andern zur Sprache, wobel denn aus Zartges 
fühl das Menſchenfreſſen kaum berührt wurde. . Das. blinde 
Gluͤck gab nun dem guten Hormp, welcher den Srethbum 
des Unbelaunten gar nicht ahmete, fehr hübfche und paßs 
liche Antworten in den Mund, die Jenen in feiner Mei⸗ 
nung nur beſtaͤrken konnten. Und als er zuletzt ber albern 
genug herquskommenden Zudringlichleit des Unbelannten 
mäde ward, fein Misvergnügen in Ton und Mienen, auch 
wol in derbem runden Ausdruck ihm zu erkennen gab, bat 
Hr. v. R. die Sache nicht zu weit zu teriben, das ungebaͤn⸗ 


digte Naturell nicht aufzureizen, welchen Wink der Fremde 


denn befolgte und auf der fernen Reife den jungen Wil⸗ 
den mit jener Schonung und Vorficht behandelte, welche man 
bei reißenden Ühieren anzuwenden pflegt. Im Verfolg 
macht Dr. dv. R., indem er uns die Bildungsgefchichte 
Horny's mittheilt, ſehr richtige und beberzigungswerthe 
Bemerkungen über das Studium der Malerkunſt überhaupt, 
ſowie insbefondere über das Arbeiten nad) der Natur. Er 
gibt hierauf nähere Nachrichten über feine in mehren 
Arhiven zu Florenz und Siena angeſtellten Forſchungen 

e Aufliärung und Berichtigung der Kunſtgeſchichte, und 

es feine Arbeit zur Ermittelung ber Verhältniffe des 


[4 
Pi 








wis. tolae Aug Ionnte man. bamınld- an ben ‚meiften 
m rern wahrnehmen, denn Hegel’s wunderbarer, tiefgrolimder 

ortrag verfenkte alle perfönliche Eigenthuͤmlichkeit, alle fetbftifche 
Regung des Gemuͤthes, des Derzend, des Glaubens ; er wifchte 
alles fort aus der Tafel ber Erinnerung, und um mit bem ſchlich⸗ 
ten, nadten, Fahlen „, Sein’ anzufangen, faß der Jünger arm 
und nüchtern vor ihm und flaunte nur, wie der Mann feine 
Weisheit mit ſchweren Cimern und aud dem tiefen Brunnen fo 
mühfam heraufwand, aber ohne Jemand zu tränten, blos in bie 
Sache verfunten und ohne alle Rüdficht auf Die, zu benen er 
fra. Sein Bortrag war wie ein ſchwerfoͤlliger, ſchweinsle⸗ 
derner Solioband, ben Niemand ale Handbuch recht zu handha⸗ 
ben vermodte. Ihm fehlte recht eigentlih das nothwendige 
guium des Talents Ay geſchmackdoller, wirffamer Mittheilung. 

elche feelenvollere Wechſelwirkung herrſcht in Steffens‘ ort 
len zwiſchen Echter und Lernenden! Während ber verewigte He⸗ 

t, ganz unbekuͤmmert um feine Zuhörer, auf tem Katheder in 
einen verworrenen Deften berummühlte, um bie Paragraphen 
mäühfelig zufammenzufuchen und Gag an Sag mit fleifem Kitt 
aneinanderzulieben, ift Steffens ber Iebenbigfte Redner, ber zu 
jedem Ginzelnen ſpricht und ihn zu ſich hinaufzieht. Die Hemm« 
- wife, die ihm bie frembe Sprache entgegenftellt, machen ihn nur 
noch eifrigeg, um trotz ber mangelhaften, harten Schale feinen 
Bei klar und bentlich auszugießen; wie ein Bergſtrom Skan⸗ 
dinaviens, der durdy den Widerfland der Zelfen empdrt fi um 
o rei macht, bricht bie Fuͤlle feiner oft misgeſtalte⸗ 
ten Saͤte und angakoluthen Perioden hervor mit ber ganzen 
Macht feiner sreibinben Junigkeit. In elt er 


anem Jeden ſchuͤtt 
die eigne Seele wach, die dieſer ihm nicht opfern, ſondern zu 
hinanbüben ſoll, denn bie Eine allgemeine Philoſophie foll 

als eine eigne in der Bruft des Individuums erzeugen, und 
adem er ſich fa einem eben zum Hadegeten aufbrängt, fprechen 
flürgenden- Worte, fein leuchtender Bli und feine degei⸗ 
Danbbemegungen nur von ber Ungebuld, nicht mit einen 

igen Guſſe 3— entfalten und offenbaren zu koͤnnen, während 
Begel's zaͤhe und rübe Rede Niemand zu begeiftern und fortzus 
zeißen. vermochte. Hegel fepte, heißt es, bei bem Juͤnger ber 
Philofophie nichts voraus; aber er verlangte bock fehr viel, naͤm⸗ 
Ud ein gaͤnzliches Entſchlagen aller fonftigen, fhon gewohnten 
Ihauumgen, wie fie im Wamilienleben etwa in ber jungen 
Geele ſich Hereits erzeugt hatten. Gteffens fegt außer ber Zus 
verficht, den Wifiensburft flillen zu Eönnen, ben religiöfen Staus 
‚voraus und macht die Liebe old ein Uranfänglidyes, ſchon Bes 
gebenes, zur Baſis bes Forſchens und Denkens. gel fh — 
Man verzeibe den ehrlich und gut gemeinten Ausdrud — wie 
sine Gphinz brütenb auf dep Schägen der Vergangenheit und 
. pffenbarte dieſe, um Gegenwart und Zukunft unbefümmert. 
Steffens, ſteht inmitten zwiſchen Wergangenheit und Zukunft; 
jene markt er Mar, aber zugleich Enüpft er an die Gegenwart 
wie «in Prophet eine erſt zukünftig. vollendete Offenbarung in 
ber ganzen geiftigen Gemeinſchaft der befondern Perfönlichkeit 
der Zosalitäs des Urweſens. Hegel bannte die Offenbarung 

bes Geiſtes, die nach ihm ſchon vollendet war, ganz und völlig 
an bie Geſchichte ber bisherigen Vergangenheit; er fab die 
Wahrheit, dem abfivacten Gedenken nad, vollſtaͤndig gefunden; 
er bedurfte zus Wahrheit keines Erdenlebens, ja teines Jen⸗ 
feits ferwer, obfchon er die Rottwenbigfeit ewiger Crxiſtenz feſt⸗ 
fegte; die Welt hatte. vor feinen Blicken ſich ausgelebt. Stef— 
fen® iſt der ewig ruͤſtige Forſcher, der bie Wahrheit ſucht und 
als ein Endziel bed: Daſeins, als ein zweites Paradies, tn 

e ferne Zukunft und in das Jenſeits feat, wo fi das Ich 
eh vollänbig. mit tem Urweſen zuſammenſchließt. Nach Hegel 
perſchwindet die befondere Perfönlichkeit des Iche ſchon bier im 
Erdenleben, es fubfumirt fie dem Heide der Nothwendigkeit, 
bie bie objectiv vernünftige Welt beherrſcht; deshalb bildete er 
viele Bögendiener ber ZKormeln „nur Wenige drangen tiefer zur 
dtichen Harmonie von Freiheit und Nothwendigkeit. Sftef⸗ 
bübet Teinen einzigen Gögenbieners; ex entzündet bie ſelbſt⸗ 


| Repigtet unter Berantwortiicteit: der Berlogäßendlung: KU Broddans in Leipzig. 


% 


eigeafte, ‚inbivihuelifte. Yueiheit, in Bubjeche- und laſt fie Alla auız 
in freiwilliger DYingebung von ber Liebe‘ getragen werben. 
Wenn man erwägt, daß 8 um einen alabemifchen Lehrſtuhl 
der Philofophie meiftens Zünglinge verfammeln, bie in ihre von 
ben Gagungen der Welt noch umgefüllte Seele bie erſte Ahnung 
von einem abfolut geiftigen. Dafein aufnehmen, fo wirb man bie 
Bolgen ermeffen, weiche der Wechſel auf ber berliner Univerfi« 


tät hervorrufen niuß. Mit dieſem Hinblick wollen wir. das neue 


Jahr begrüßen. 188, 





"Motizen. 


Ein neuer Artikel des pariſer Buchhandels heißt: „Me- 
meires de mes criamciers”, von Wlarime James (2 Wände). 
Der 3 und bie —* Fe Bart it mindeftens neu. Der 

Berſaſſer ee zuſammen und fihiägt 
ihnen alt Mittel, zu ihrem Gelbe zu gelangen, vor, ihm ihre 
orduen 


tem 
Auf diefe Weiſe 
nicht unwahrere Memoiren entftanden als die meiften, in 
den legten zehn Jahren Frankreich lieferte. Am interefianteften 
folen ſich leſen die Memoiven der auögebienten Hebamme, des 
Sapitalifien, der Wirt " 


meißter®, Topnfdreiberb, Arzteh, Krämers 

Die meiften Deitglieder des nunmehr ausgeftorbenen es 
ſchlechts der Gonde waren von jeher rd Jäger unb 
Qunheliebhaber. In der alten, arglofen Zeit hatte diefer Um⸗ 
Rand denn einen allerdings ertravaganten Gebrauch ein 
ber in den legten Jahrhunderten, wo er noch beftand, wol nicht 
mehr fo unbefangen mag angefehen worben fein. Wan hielt naͤm⸗ 
ih, wenn ber „Revue de Paris” zu trauen iſt — und bie ka⸗ 
tholiſche e weiſt ähnliche Dinge, wie die Schweine bes 
heiligen Antonius von Padua auf! — in dem alten Gonbe chen 
Schioffe Chantilly, alljährti am St.⸗Hubertustage eine Meffe 
für die Hunde, um für fie Gewandtheit und Witterung, Abs 
wendung aller möglichen Krankheiten vom Pimmel zu erfichen, 
Die Kapelle war alsdann wie an hoben Feſttagen ebenfo wie 
ber Hunbeftall aufgefhmüdt, der In Ehantilld einen ganzen Fl⸗ 
gel bes zweiten Schloßhofes einnimmt, und bie Hunde wurden 
gekaͤmmt, gewaſchen und gebürftet, in Proceffion zur Kirche ge 
führt, wo man fie während des Amtes dem Bochältare mit 
dem Wilbniß des heiligen Hubertus gegenüber flehen ließ, beffen 
Lob der Almofenier von ber Kanzel prebigte. , 


Here Marcel, der bie aͤgyptiſche Expedition begleitete, wich 
naͤchſtens ‚eine neue Sammlung arabiſcher Märchen berauägeben, 
besen Originale er von Kairo mitgebracht dat. Seinem Wötrke 
werben Noten zu ber Grpedition und Grläuterungen ber Gig 
ten, Eiteratus und Philofophie des Oſtens beigefügt fein. 





‚Die orientaliſche Sprachkunde iſt neuerdings durch ein bie 
daktiſches Gedicht in der Tamilſprache, die auf der oſtlichen Geil 
der inbifchen Halbinfel geſprochen wird, unter dem Titel ‚‚Nidi 
Neri Vilaccam‘' bereichert werben. ine englifäge Ueberſegung, 
Wörterbuch und Roten find durch dem Herausgeber, H. Scoka 
in Madras beigefügt, der Preis des Buches if 5 Pf. 

f 


. _ Um einen Begriff ter ungeheuern Abgadea bon Grundffuͤcken 
in ®ondon zu geben, diene Ber kuͤrztich in Weſtminfter getegents 
lich gemachte Ueberfchlag, wonach bei einem Pausbau daſelbſt 
die Koften ſich dermaßen vertheilen, dab auf Arbeit: 86, auf 
ra 10, und auf Materialien 54 Procent zu rechnen 

® 158, 





— — 


\ 


bicgafterin, bes Gerichtadienero, Haar⸗ 
Spefcwirthe, Ipäsftehers, Gigenthömers, ange . 
und Papiermadierk 


\ 


Bl it ter 


en 4 


ur 


littrariſche Unterhaltung 





daß ein neuer Roman von Cooper oder Irving in Eng- 
Iand, Frankreich und Deutfchland faft zw gleicher Zeit er⸗ 
fheint, fo möchte man beinahe zu glauben verführt wers 


‘ben, es fei ein Theil Deflen, was von einer allgemeinen 


Weltliteratur geträumt, gewuͤnſcht und geahnet ift, bereits 
verwirklicht. Aus .diefer im Dften und Welten gleich ſtark 
werhandenen Empfänglicylelt für poetiſche Werke von eis 
mr beſtimmten Art und Gattung ergibt ſich jedoch zu: 
wirberfi nichts weiter als das zu einen allerdings hohen 
Grade der SGemeinfchaftlichleit gefleigerte Beduͤrfniß eines 
geſammten Weltpublicums, und obwol die öffentliche Stimme 
und der geheime, inwendig treibende Ruf, der die produc⸗ 


tiven Geiſte beſeelt, ſtets Hand in Hand gehen und ſel⸗ 


an weithin divergiren, fo bliebe doch immer noch bie 
Frage zu erörtern, ob die für eine irdifche Ewigkeit, wie 
mid dunkt, erbauten Säulen volksthuͤmlicher Ueverfchies 
denheit in allen: Elementen des Lebens jemals infomeit 
fortgeruͤckt oder zertrummert werben Eönnten, daß die Poeſie 
eines Volkes aller nationellen Phyfiognomte verluftig ginge. 
Den Dichter — wie es zum Gegenfag mit der Erahnung 
einer Weltliteratur aud) Mode geworden — auf die Ges 
bitde der Geſchichte feines eignen Volkes Hauptfächlidy zu 
serweifen, offenbart einen ängftlichen Patriotismus, den 
nur Wenige noch theilen ‚möchten, bie den allgemeinen 
Puls der Zeit in ihren eignen Adern mitzufühlen nicht 
im Stande find. Im Gegentheil, der Dichter, zumal 
der Romandichter, foll, als Kosmopolit feiner Gefinnung 
nah, für die gefammte, verfchiedenrlichft verzweigte Ent: 
faltung der Gefchichte des ganzen Geſchlechts gleich Sehr 
empfaͤnglich fein; er durchſpaͤhe die volle Welt der Er: 
ſcheinungen und fpüre, fei es in der brennenden Wuͤſte 
sder am eisſtarren Pole, uͤberall Jedwedem nach, in wel: 
chem ſich die Offenbarung eines Goͤttlichen in irdiſcher 
Geſtalt verwirklicht: in dem Kleide, das er feinem Bilde 
gibt, in der Manier feiner Auffaffung wird er dody bins 
reichend verrathen, wes Landes Kind er ſei, und welcher 
Volksthuͤmllchkeit feine Schoͤpfungen angehören. In dies 


fem Sinne wird eine Weltliteratur möglich fein, ſo⸗ 
tange die Eigenthuͤmlichkeiten der Voͤlker fich nicht mehr 
als bisher vermilchen und im Gegentheil das Aneinanders 
reiben ihrer verfchiedentlich bedingten Elemente gerade Daß 
ausmacht, was die moderne politiſche Geſchichte charakte⸗ 
riſirt. Jenen a Patriotismus aber der Bits 


dungsgefchichte der Poefie einprägen, hieße in der Chat 


den breiten Strom der Zeit, der dem Meere zueilt, zus 


rlickdaͤmmen und das großartige Ineinandergreifen der 
Geiſter zu einer allgemelnern Umarmung flören. Die Als 
ten mit ihrer naturgemäfern Bilbungsitufe, in die ſich 
der moderne Sinn nicht einzwängen läßt, können une 
bier nicht Muſter fein; an Shakfpeare und Goͤthe wol⸗ 
len wie nicht erinnern, weil ſich an ihnen die Faͤlſchlich⸗ 
keit jener Beſchraͤnkung zu leicht nachweiſen ließe; aber. 
auch für die neuefte, fogenannte biftorifhe Romandich⸗ 
tung iſt fie nichts weniger als leitendes Princip und 
Das, was ihre Eigenchümfichkeit bezeichnet, denn wer 
möchte nicht den Scott'fchen „Quentin Durward” mans 
em Gemaͤlde des ſchottiſchen Hochlandes dreift an bie: 
Seite ftellen, und Cooper bat in feinem „Bravo“ einen 
Roman aus der Geſchichte Venedigs gegeben, ber bie 
melften feiner frühern Gebilde, die aus den heimiſchen 
Berhältniffen ihren Stoff entnehmen, an Glanz und 
Reichthum uͤberragen möchte. Das gedankenloſe Geſchwaͤtz, 
daß in Cooper's Werken lediglich deswegen ein geiſtigerer 
Athem der Poeſie wehe als in Walter Scott's Gemaͤl⸗ 
den, weil die Heimat jenes Dichters poetiſcher ſei als 
des Schotten vaterlaͤndiſcher Boden, ſtreift faſt an die 
triviale Anficht, als ob der Dichter, als rein⸗natürliches 
Pilzgewaͤchs feines heimiſchen Landes, keine andere Fune⸗ 
tion hade als maſchinenmaͤßig ſeine Umgebung und die 
Verhaͤltniſſe, in denen er erwachſen iſt, zu copiren. Sol⸗ 
hen Anſichten gegenüber, die nur aus Koͤpfen kommen, 
deren Phantafie in der Anſchauung ber materiellen Bes 
beutfamkeit der neuem englifhen Romanpoeſie unterges- 
gangen und von der Körpermaffe derfelben erdrädt zu 
fein fcheint, möchten voir den Grund, warum der „Bravo” 
poetiſch bedeutfamer fei als die fo belicbten Copien des 
nordameridanifchen Lebens, grade darin zu fuchen haben, 
daß Cooper auf nichtheimiſchem Boden ‘aus mangelhaftes 
ver Kenntniß localer Bagatellen in feine hoͤchſt pentble 
Ausmalerei der Kleinheits verhaͤltniſſe fich nicht ſoweit vers 


- nannten Werke die geteeuefte Wahrnehmungsfähigkeit der 


lieren Eonnte. Er bekundet bei allebem in dem vorbes 


fremden Localität in einem bedeutenden Grade. Venedigs 
wunderreiches Mauerwerk, Die phantaftifch = geillenhaften 
Daldfte, die wüften Steinkloͤtze von übereinander gethuͤrm⸗ 


. ten Pracptmaffen, dee Marcusplag, der Rialto, der Cam: 


pgnile und alle bie Gebäude einer launenhaften, in orien⸗ 
talifchen Abenteuerlichkeiten ſich gefallenden Structur per: 
den uns ebenſo getreu und klar als reich und glänzend 
zur bequemſten Anſchauung dicht vor Augen bingeftellt; 
in der erwartungsvollſten Spannung, die unſer Dichter, 
wenn er will, beim Leſer zu erhalten weiß, folgen wir 
ihm bald durch das Labyrinth der wunderlich ausge⸗ 
ſchmuͤckten Zimmer des raͤthſelhaften Dogenpalaſtes, bald 
durch die finſtern Inquiſitionsgemaͤcher der geheinmißvol⸗ 
len Dreimaͤnner, die zur Zeit der Republik die eigentli⸗ 
chen Machtinhaber waren; wir hoͤren das ſchwanenleiſe, 
geiſterhafte Hinſchießen der Gondeln in der dunkeln Nacht, 
das leiſe Geſumme der am Kai wogenden Menge; wir 


fuͤhlen die aͤngſtliche Stille der ganzen wuͤſten Melancholie, 


die der Waſſerſtadt eigen iſt und die das laute Wagens 
gerafiel und Pferdegedränge von Paris und London fall 
berbeifehnen laͤßt. ine gewiſſe wohlthuende Trtaͤgheit, 
die auf den Cooper'ſchen Gemälden laſtet, reizt den Leſer 
zu gleicher Stimmung; er genießt hoͤchſt bequem, und 
ohme daß an feine geiftige Schnellkraft eine bedeutende 
Anfoderung ergeht, den ganzen Reichthum der materiellen 
Welt in einer beflimmten Sphäre hiſtoriſcher Erfcheinun: 
gen,. und bie bis zur handgreiflichften Wirklichkeit ausge: 
prägte Schilderung macht ung bier In ber romantiſchen 
Rocalität des mächtigen Waflerftantes fo einheimiſch, daß 
und faſt unmwohl zu Muthe fein kann, wenn wir nach 
beendigter Lecture auf dem eingewohnten und Lieb gewon⸗ 
nenn Schauplag nicht mehr wandeln, unter den Masten 
Venedigs und nicht mehr verfledden, mit ben Gpionen 
der Snquifition nicht mehr lauern und in der finitern 
Nacht, unter dem ewig wachen Sternenhimmel, der Alles 
ficht, auf der trügeriichen Waſſerflaͤche ſtill und leife mit 


der Gondel das Gewirre der verfchlungenen Kandle nicht 


mehr durchkreugen, um ben Schlangenpfaden einer tüdl: 
fen Staatsmacht nachzuſpaͤhen und ihren Klanen ein 
ſchuldloſes Opfer zu entreißen. So phyoſiſch wohl wird 
uns in Cooper's Welt, daß wir eine höhere Befriedigung 
faft vergefien möchten, wenn das Schickſal der Menichen, 
die uns eine Weile intereffirten, keineswegs klar oder ges 
nügenb abläuft, oder Diefer und Jener unter ihnen, ber 
feinem aͤußern, hoͤchſt gewiſſenhaft portraiticten Coſtum 
und Auftreten nach uns anfangs bedeutſam erſcheinen 
wolite, mit ganzem Leibe, aber halber Seele davonlaͤuft 
und uns uͤber ſich ſelbſt im Dunkeln laͤßt. 

— Mir heben bier eine Eigenthuͤmlichkeit heraus, bie 
keineswegs Cooper allein angehört, fondern als ein weſent⸗ 
licher Charakterzug der ganzen neuen englifhen Roman: 
poefie angefehen werben darf; es iſt neben dem Mangel 
an pfnchologifcher Wärme die hoͤchſt penible, oft ins Ab- 
firufe ſich verlierende Ausmalerei der gleichgültigften Em: 


pirie des Lebens. Dieler Vorwurf trifft Cooper's ame⸗ 


26 


titanifhe Gemaͤlde, wie ich bereits bemerkte, weit mehr 
als feinen „Bravo“, umb ber Dichter fcheint grade hier 
auf nichtheimifchen Boden mehr die charakteriftiſche Faͤr⸗ 
bung de6 Ganzen im Auge behalten und, um bes bins 
dbenden Nerus bei luͤckenhaften Einzelheiten nicht zu er⸗ 
mangeln, der fchaffenden Phantafie mehr Spielraum, ges 
gönnt zu haben als bei der Schilderung vaterlaͤndiſcher Loca⸗ 
litäten, wo er jedes Steinchen, jede Safer und jedes 
Pünktchen auf das gewifienhaftefle portraitirt und uns 
die armfeligfte Gewoͤhnlichkeit bes ſchlichteſten Daſeins 
feiſten und teägen Geſindels mit ber oͤdeſten Eangmuth 
und ohne jenen Humor barftellt, der in einer andem 
Kunft Scenen aus dem niedern Leben ber bürftigften 
Alltaͤglichkeit, jenen nieberländigghen Genrebildern, durchaus 
die noͤthige Folie gibt und fie erft zu Werken ber Kuufl, 
erhebt. Der Maler darf und ſoll überhaupt mehr auf 
die Qualität jedes Zipfelchens feiner Figur eingehen, denn 
die fertige Geſtalt tritt doch als ein Ganzes, dem bie 
Theile dienen, ploͤtlich hervor. Des Dichter aber fpinnt 
langfam, der Beitfolge gemäß feinen Kaden ab, und da 
ſchwillt die kleinlich zerdehnte Materie zu einer unſaͤglich 
fangen Reihe nichtöwürdiger Bagatellen. Wir vertennen: 
gar nicht die Bedeutſamkeit und die urgefunde, vollbluͤ⸗ 
tige Kraft, die Cooper's Werke mächtig durchzieht; wie 
fhägen die romantifche Schilderung des Seelebens im 
„Red Rover’ wie in ber „Waflernige”; wir geben zu, 
daß er in dem erfigenannten Gemälde fogar nach pſycho⸗ 
logifher Ergrüundung feines Helden fuchte, und preiſen, 
wie billig, in bem „Resten Mohikan“ die ebenfo treue wie 
phantafiereiche Darftellung der amerilanifhen Naturwelt; 
Cooper müßte ja feinen Stoff verwüflen, wenn er zur 
Poeſie, die er nicht fucht, aber die ibn fucht, fidy nicht 
theitweiß binreißen ließe, und die Majeſtaͤt ugb urmächs 
tige Materie des Natur: und Menfchenlebens ihn der 
trägen Werfumpfung in müchternee Empirie nicht zu ent» 
ziehen im Stande wäre. Cooper iſt großartig, wenn er 
uns die Wunder der amerilanifhen Waldnatur fo getreu 
vergegenwärtigt; aber unter den Menſchen liebt ee — und 
an feiner Liebe erkennt man den Dichter — vorzugsweiſe 
jene englifchen Beefſteaksnaturen von Altengland, jene geifts 
abzehrenden Auswürflinge der alten Welt und feilten 
Schlemmer, die mit berfelben Gteichgältigkeit, wie fie. 
Punſch und Flip hinunterfpüten, ihre ſchlaͤftigen Gedan⸗ 
Een kaͤuen und wiederkaͤuen; jene Daushälterinnen, die ko⸗ 
miſch fein könnten, wenn die Lava ihres Gewaͤſches mehr 
concentrirt. und weniger breitgetreten wäre; jene Wund⸗ 
ärzte, die beinahe wigig heißen könnten, wenn fie nicht 
zu flumpffinnig und aus Vollbluͤtigkeit wie ihr Autor- 
felbft zu träge wären. Soll Cooper für nichts weiter 
als einen Gopirer der außen Wirklichkeit gelten, dann 
müffen wir es ibm ſogar danken, daß er in feinem 
„Spion” den nordamerikaniſchen Freiheitskrieg, dieſe mers 
cantile Infurrection mit den kahlen Begriffen von Frei⸗ 
beit und Gleichheit, in feinen „Anfiedlern an den Quel⸗ 
len des Susquehannah” die oͤde Nüchternheit geijtesleerer 
Handwerker und Geldfpeculanten, .die der armfeligften 
Empirie verfallen find, die vollfländige Religiomslofigkeit 


/ 





x 


— 


und KReliglontgleichguͤlgkeit, bie 

Buczum, das crivialſte Verſunkenſein in die bloße Werkel⸗ 
thaͤtigkeit des Alltagslebens und bie ganze Kahiheit.Tener 
Ioufmanmifchen Repubtiten, die nur in einen Rande moͤg⸗ 
Gh find, das aller mittelalterlichen Beftaltungen, mithin 
dms großen Theiles germaniſch⸗ romantifcher Ideen baar 
und ledig ifl, — daß er dies Alles uns fo entſetzlich getreu, 
gewifienhaft und gedehnt vor Augen führt. Wie ſich in 
ben politiichen Zuftänden Nordamerikas merkwürdige Keime 
zu einem neuen, feifchen Anfang welthiſtoriſcher Geſtal⸗ 


tungen entwideln, mag. bem Hiſtoriker ein reiches Feld 


der Unterſuchung bieten; was fol aber dem Dichter dies 
fer Wuſt des alltäglichen Werkellebens! Darfiellungen aus 
dieſem Gebiete vermag nur, wie gefagt, der fluͤſſigſte, quedks 
füberartiofte Humor zu abeln; aber Cooper's Wis iſt fo 
corpulent, daß er vor Zeiftigkeit faft allen Aether, mithin 
Alles verliert, was ihn eben zu dem liquiben Dinge, Hu⸗ 
Mir HeNanmt, t. Humor kann fo -Förperhaft mager, 
Weich und hohlaͤugig fein, daß man, im Erfchredien vor 
feiner Geſtalt, nicht die Lächelnde Miene des ſpielenden 
Knaben, fondern die heißhungerige, ftechende Bitterkeit, 
wie fie Verzweiflung erzeugt, in ihm zu erbliden glaubt. 
Humor kamn aber auch mit materiellem Webermaß fo ges 
füttert fein, daß vor allzu gefälliger Mohlbeleibtheit fein 
Athem kurz und träge wirb, oder mit dem Athens wol 
gar fein ganzer Aether entſchwindet. Ein magerer Autor, 
ber den Meichthum der materiellen Welt nicht fo leicht 
beherrſcht, Heut ſich ſeldſt mehe zufammen, und bie troft: 
Iofe Picknickslangweile, bie wir in den Werken ber neuern 
engliſchen Romandichter fo oft genießen, iſt durchaus Eis 
genthümlichkeit diefer vollbiätigen Dichternaturen, für bie 
jene läfiige Bequemlichkeit ein Beduͤrfniß zu fein fcheint. 
Es hat fidy ziemlich allgemein unter uns die Behaups 
fang verlauten Laffen, daB man In Walter Scott den 
Stifter einer neuen Sattung des Romans zu fehen habe, 


. die, dem befchräntten Kreife des Familienlebens enthoben, 


ia der hiſtoriſch und politiſch offenbar gewordenen Entfal⸗ 
tung eines Moments in der Wölkergefchichte ihre Baſis 
fuht. Adgefehen von ber Irrthuͤmlichkeit diefer Meinung, 
in W. Scott den erften Bebauer eines Feldes der Dicht: 
kunſt finden zu müffen, das vielmehr fange vor ihm in 
Deutfhland felbft fleißig euftiviet wurde, ſcheint der eng: 
le neuere Roman ſich nur um bdeswillen der Sphäre 
des Familiendaſeins entzogen und zu einer allgemeinen, 
eine reichere Wirklichkeit umfaſſenden Region ſich verfties 
gen zu haben, um fodann hinter den vorgefchobenen, his 
flerifch bedeutfamen Geſtaltungen defto fücherer der Klein: 
malerei der häuslichen Alltaͤglichkeit ſich hinzugeben und 
bier Alles zu entfalten, was treue- Auffaffung der naͤch⸗ 
ſten Wirklichkeit und emfige Nachbildung der blanken, 
baren Natürlichkeit zu erreichen vermag. Eine Poefie, 


die aus der ewig friſchen und lebendigen Fülle voͤlkerge⸗ 


ſchichtlicher Begebenheiten ihre Stoffe entlehnt, wird al 
lerdings nicht fo leicht und fo tief in die feichte Verſum⸗ 
pfung fentimentalee Miferen, wie fie der Lafentaine’fche 
Familienroman geboten, hineingerathen: ber unverwüftliche 
friſche Strom der Wölkerbewegungen bürgt dafuür mit. feis 


7, f 
fein ſoll, 


ı 


nem ımerföhöpflichen Gehalts und iſt unfere Zeit eine all⸗ 

gemein zegfamere, weniger dumpf fich verfchliehende, Eike ⸗ 
ner die Welt und ihte Thaten durchdringende wie richtende, 
kurz, iſt :unfere Beit eine die Geſammtheit des aͤußern 
Daſeins umfaffendere geworben, als dad Ende des vork® 


.gen Jahrhunderts fi) ergab, welchem auch Goͤthe's Ro⸗ 


mane ihrer Tendenz nad angehören, fo wird man nicht 
in Abrede flelen können, daß die Intereffen des heutigen: 
Romandichters bei weitem voller und reicher finb als die⸗ 
jenigen waren, welche in den Geſichtspunkt des Dichters 
in jener Zeit fielen, wo ber [chüchterne Sinn bes Deuts 
ſchen ſich mehr hinter den Zamilienherb verkroch und zwi⸗ 
ſchen den vier Pfaͤhlen fich herzlich gern einpferchen ibeß. 
Eine ſtreng durchgeführte Parallele zwiſchen Bäche’, Wii⸗ 
beim Meifter” etwa und Tied’s Aufruhr in de Ceven⸗ 
nen” wuͤrde erweiſen, ob im Samilienroman oder im hi⸗ 
ftorifchen Höhere und reichere Sintereffen zum Thema ers 
hoben werden koͤnnen, indem fi) uns dort die Erzle⸗ 


Hungsgeſchichte eines buͤrgerlichen jungen Menſchen entfals 
: tet, der, durch Schaufpielerleben, romantifche Liebe, Lecture, 


Logengeheimniffe und gefellige Erfahrungen gebildet, einen 
birrgerlichen Biele entgegenreift, während in. dem nachges 
nannten Werke ſich die Entwickelungsgeſchichte eines fich 
ſeibſt reformitenden Volks vor unfern Augen erfchließt, 
das die Feſſeln, bie feine Kindheit Auferlih und innerlich 
banden, ploͤtzlich abftreift und, vom Mebermuthe der Juͤng⸗ 
Iimgetuft und einem wunderbaren Gelfterruf getrieben, ges 
gen ben Doppelrleſen des politifchen und kirchlichen Abſo⸗ 
lutismus einen vielgeftaltigen Kampf beginnt. Was dort 
ber Laune des Individuums verfällt, wird hier eine Frage 
über Sein oder Nichtfein einer Nation; das religioͤſe Ele⸗ 
ment, dem fi) dort auf bürgerlichen Geſellſchaftsboden 
die Willkür des Einzelnen entzieht, vodhrend es nur als 
Sache der Eigenthümtichkeit einer frommen Tante abge: 
handelt wird, ift hier im Voͤlkerleben der gewaltig treis 
bende Impuls, der wie eine Pofaune zum neuen Daſein 
euft und wie am Pfingſttage in hundert Zungen redet. 
Haben wir fo der allgemeinen Conftruction und dee 
nah dem Tieck'ſchen Werke vor dem Gäthe’fchen Romane 
den Vorzug zuerkannt, fo muß die Wagfchale zur prüs 
fenden Entfcheidung jedoch von Neuem erhoben werden, 
denn die Bedeutſamkeit des aus einem Gedichte abſtrahir⸗ 
ten Gedankens kann nicht ausfchließlih zur Beurtheilung 


‚des concreten Banzen und Über die dialektiſche Durchfuͤh⸗ 


rung der allgemeinen Idee den Maßftab leihen; fonft müßte: 
ja der Scott’fhe, der Gooper’fche Roman über Goͤthe's 
„Meiſter“ und „Wahlverwandtſchaften“ rein deshalb ſte⸗ 
ben, weil vr die vier Wände des Familienlebens zu einem 


Schauplatz völfergefchichtlichee Bewegungen ausdehnt. Die 


Unterfchiedlichkeiten, die fich für die beiden Kategorien des 
Romans, wenn fie vor der Hand noch als ſchlechthin ges 
fonderte fo belaffen werden dürfen, entichieden genug her⸗ 
ausftellen, gehören meniger dem dichtenden Individuum 
als der Zeit an, deren Intereffen der Dichter aufninmt 
und vertritt.” Wie aber, wenn eben biefer, wofern er nicht‘ 
die unbemußte, ſtlaviſche Copirmaſchine feines Zeitgefchmas 
des ift, in einem weit hoͤhern Dienfte ftände? Wenn 


m dab Gemälde einer wirfiichen Weit, es fA dem gefe- 


tigen Schoofe bes bürgerlichen Lebens oder dem Zumuite 
des Öffentlichen Dafeins entnommen, nur als Plan und 
Ebene hinwirft, um tiefere — feine eigentlichen — Ans 


"tspefien darauf fpielen zu laffen? Wie dann, wenn ee mit 


feiner Kunſt noch etwas Eſoteriſches bezweckte, und die 
Meinung, die Porfie fei nicht bios Copie einer beflimm: 
ten Wirktichkeit, fondern eine Offenbarung des Heiligthums 
der menfchlichen Seele, keine Zabel, ſondern bie hellſte 
Wahrheit wäre, ber Alle huldigen, bie wiſſen, was Kunſt 
fein folle und wirklich ſei? Und wis dann endlich, wenn 
in jenem beſcheidenen, durch allzu lärmenden Prunk der 
äußern Materie nicht getrlibten, weniger verworrenen Kreiſe 
des häuslichen Geſellſchaftslebens die Offenbarung ber Se 
bein des inwendigen Dafeins ſich ſchneller, einfacher, 
wärmer und heimlichwohler vollbringen ließe als auf dem 


wielfältig zerſplitterten Grund und Boden eines politiſch, 


kriogerifch oder überhaupt ſtaatiſch bewegten Lebenegemaͤldes? 
(Der Beſqtai folgt.) 





Der Sonntag. Gedicht In ſechs Geſaͤngen vonLudwig 
Bechſtein, nebſt ſechs Kupfertafeln, erfunden und ra⸗ 
dirt von Ferdinand Berthotd. Leipzig, Börner. 
1832. Querfolle. 1 Thix. 24 Gr 

Die poetiſche Auffeffung und gelungene Darftellung der ſechs 
Kupfer dieſes Werkchens, welche von dem Känftierberufe ihres’ 
Urhebers erfreulich zeugen, wie bie gleiche Anzahl von Gelängen, 
womit ber fo dekannte als gefchäute Dichter 2. Bechſtein dens 
felben Gegenſtand im Gebiete ber Dichtkunſt entwidelt, vereinen 
ſich hier ala Ganzes zu boppeitem Genuß bes Schönen. - 

Die Beier des Sonntags im religidfer Erhebung umb heite⸗ 
ser Belebung des Gemuͤthe iſt der Gegenſtand biefer Darftels 
Ringen, welchen das erfle Kupfer in pbantaflereicher Allegorie 
glädtich andeutet. Zwiſchen grünenden Zweigen find bier ſechs 
Ishliche, mit Werleitagsarbeiten befchäftigte Genien, bie Tage 
der Woche, nach oben durch den Genius bed Sonntags zu ber 
Beutungsvollem Krame verfnüpft. Laubarabesken verbreiten ſich 
in anmutbhigen Berfchlingungen von da nad) Sechts und Linke, 


am. bier die ſymboliſchen Figuren ber BReligion, bort bie der heis 


tech Freude nebſt vielen andern fih Klar und gefällig ausfpres 
enden Beziehungen dem Ganzen zu ten. Die würbige 
Begehung bed Sonntags entwidelt der ſtier durch die barauf 
folgenden fünf Kupfer, in ben Perfonen eines ehrfamen Fami⸗ 
Kenvaters mit feiner Gattin und drei blühenden Kindern. Dies 


fen begegnen wir zwifchen ben mannichfachften Gruppen anderer 


Bewohner ber Gtabt auf Trommen Wege zum alterthümlichen 


Dome auf bem zweiten, und ſehen fie auf dem dritten Blatte 
im Innern deſſelben einer Predigt mit Andacht zuhören. 


Auf heiterm an in der N ines belebten & 
feüfchaftsplages und darauf in traulicher Bene einer —* 


iegt und, wngeben von dem tre , 
Kechhfegen den Tchönen Zap befäticen Ta hommum 


. Literariſche Notizen aud Rußland. :. 


n Moskau if unter dem Zitel: ‚‚Stetisätscheiknje‘ . 
sapiska oto.’' ( Statiſtiſche Denkwürbigkeiten über Mosfau), 
von A. Androfof (Moskau 1882), eime Weidreibung biefer ala 
ten Hauptſtadt Rußlands erſchienen, die. viele intereffanta Zur 
fammenftellungen und Angaben enthält. Wir heben baraus Cie 
niges aus. Mosfau nimmt eine Erdoberfläe von 64 Quadrat 
wert und 120 Faden ein. Der zwölfte Theil dieſes Raumes 
find Gaͤrten, und es werben überhaupt 1639 Bartenpläge ger 
zählt, 243 mehr als vor 1812. Ginen ſechsten Theil des Stadt⸗ 
umfangs nehmen außerdem umzäunte Felder ein, worauf Ge⸗ 
müfe und Dbft gebaut wird, aud befinden ſich innerhalb ter 
Stabtlinie 18 Wieſen. Ehemalige Wohnpläge, die nach dem 
Zeuer von 1812 nicht wieberangebaut worden fand, zählt man 
148. Häufer von Badkeinm gibt es in Woslau 8137, vom 
Holz 6715, überhaupt 9842, wovon 287 jenfeit der Stadtü⸗ 
nie. Ginwohner zählte man im Anfange 1830 185,006 Männer, 
120,625 rauen, überhaupt 805,631 Köpfe. Rachdem hierauf 
der Verf. die Einwohner nach Stand und Gewerbe claffifichrt,. 
zieht er nachſtehenbe Folgerungen: 1) Die Hälfte ber Bevolke⸗ 
ung Woslaus befteht aus pflichtigen, bem Abel terthänigen Ion 
dividuen, in welder geht drei Viertel leibeigen find. Fuͤgt man hing, 
bie Eopfiteuerpflidhtigen Gewerbeleute, bie Proletarier jeder Art 
und Soldaten, fo beſteht nur ber ſechſte Theil der Bevoͤlkerung 
aus Individuen der hoͤhern Staͤnde. 2) Die Staatöbiener im’ 


Civilfach jeder Abſtufung, deren Zahl man als feſtſtehend an⸗ 


nehmen kaunn, verhalten ſich zur Gelammtberdikerung wie 1 zu 
30, die Handelsieute wie 1 zu 3. 8) Die Zahl ber Leute, bie 
keine andere Gubfiftenzmittel haben “als phufifcde Kräfte und 
rohe Arbeit, beträgt mehr als bie Hälfte der Wenöfkerung, wo⸗ 
ber ber Zagelohnı :ber Arbeiter durch bie Goncurrenz ſehr 
gering ſtellt. 4). Die Bedientenzahl iM zum. Beuölferung außer 
dem Verhältniffe bes i Auf jeden Abelie 


— Bedarfs, Au 
gen und Staatsdiener fommen im Durchſchaitt zwei ienten.. - 


Rimmt man nun au, baß in ber Zahl ber bei Givilbehörben 
angeftellten fubalternen Amtsperfonen zwei Drittel keine Bediente zu 
halten vermögen, fo kommen auf jeden Abdeligen 12 Dienftboten 
beiderlei Befchlechte. Man wirb übes biefe Rechnung nicht eve. 
flaunm, wenn man bebenlt, daß «6 in Moskau viele abelige 
Haushaltungen mit mehr als 100° Dienern gibt... 5) Die Mäge 
nerzahl verhält fih zu der der Zrauen wie 100 zu 155. — 
Kirchen des griechiſchen Ritus gibt es 283, und von ber Sekte 
der Attgläubigen, bie keine Kirchen haben, Ichen in Moskau 
9896 Köpfe; evangelifhe Kirchen zwei, kathotiſche zwei, enge: 
lifchsbifchöfliche eine, armenifche drei; zu den Ki einden 
dieſer fremden Confeſſionen gehoͤren im Ganzen 2409 Köpfe, 
von denen bie Mehrzahl Katholiten. Die Univerfität zaͤhlt 711 
Gtubenten, worunter 248 ebiciner, 222 IJwriften und Kame⸗ 
raliſten, 37 Philelogen und Philoſophen. Das Buch enthätt 
noch viele bemertensiwerthe Angaben 
ben verwehrt. 

Bon dem arbeitfamen hiftorifirenden Literaten Baſilius Berg, 
ber ſchon manche vergeffene Urkunde zu Zage geförbert und mehr 
als eine hoͤchſt nuͤtzliche Hiftorifche Wonographie ausgearbeitet Hat,‘ 
ift neuerdings ein ähnliches Merk erfhienen: „Shisneopisanije: 
ete.“ (Lebensbefchreibungen der frübeften ruffifchen Udmirale 
oder Verſuch einer Geſchichte der ruſſiſchen Zlotte, erſter Theil. 
Petersburg 1831). Schon feit 20 Jahren ſammelte ber 
Berf. mit Umſicht und Fleiß die Notizen, die er jegt georbnet 
dem Yublicum übergibt. inter ben Eebensbefdhreibungen ficht 
voran das Seedienſtleben des Admiral Peter Wichailows; fo 
nannte ſich Peter I. in ben Dienftliften der Offiziere feiner 
Flotte, in ber er, wie befannt, die verfchiedenen Stufen burdhe 
ging. Dann folgt: Theodor Aprarin, Cornelius Eruye, Georg. 
Lima, Balthafar Delazier, Graf Johann Bozis, Samuel Irds' 
zel, Wigbrand Scheiting, Paddon, van Heff u.X. m. 44. 


Redigirt unter Berantwortlichkeit ber Berlogähentlung: B. U. Brodbausd in Leipzig. 


⸗ 


- 


‚ Die ber Raum auszuzie⸗ 


-—L.— — — 


Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltun g 





Dienſtag, 


—T Nr. 8. 


8. Januar 1833. - 





Zur Charakteriſtik der neuern englifchen Romanpoefie, 
mit befonderer Beziehung auf Cooper's „Bravo ” 
und Bulmwer’s „Eugen Aram”. 

GE rker Arrtikel. 

Geſchluß aus Ar.7) 
Wir enthalten uns dee Beantwortimg ber hier ges 
hänften Fragen und geben unfer Glaubensbekenntniß durch 
eine Behauptung, die nur dem erſten Anfcheine nach räth- 
feihaft und parador klingen mag, indem wie fagen, daß 

Goͤthe In einer einzelnen, einfachen Geſtalt feiner Ro⸗ 

mane, fogar in einer flatternden, flüchtigen, vom Bam: 

pagnerfchaum des Lebens gefchöpften Philine, eine tie: 
fere Kunde gibt von der innen Weſenheit des Menfchen 


eis Cooper durch das brillantefle Gemälde des venetias 


niſchen Staates, in welchem fid, das Menfchendafein 
auf einer: beftimmten Stufe für Jahrhunderte hindurch 
entfaltete, Bluͤten trieb und Früchte 309, wo ſcheinbar fo 
glänzende Zwecke erſtrebt, fo gewaltige Triebfedern in Gang 
gefegt und fo bedeutende Kräfte verfchwendet wurden. In 
diefem Staatökoloffe habs ihr die groteste Maſſe einer 
Pyramide — und in jener durchfichtigen, ſchwebend Teich: 
. tea Geſtalt ein griechiſches Marmorbild, weit zerbrechlicher, 


viel weniger getragen von der ——a hiſtoriſcher Dauer 
i 


und koͤrperlicher Wirklichkeit, aber die lichtere Enthuͤllung 
eines Goͤttlichen im Staube, ein Symbol der im Schaum 
der Luft fi badenden Menfchenſeele, ein Bild jener Goͤt⸗ 
ia, die in ewig lädjelnder Seligkeit bem müften Lebens: 
element des flürmenden Meeres fi) wunderbar entwindet. 


Nicht ohne Abſicht lege Tch eben eine fo einfache, bios 


Rantich ſchoͤne Geſtalt, die ſogar von Seiten der beſchraͤnk⸗ 
cten Moral bezüchtigk werden duͤrfte, einem umfafſenden, 
Kaum und Zeit fo rieſenhaft umſpannenden Geſammt⸗ 
Bilde voll hiſtoriſcher Bedeutſamkeit gegenuͤber in bie Wag⸗ 
ſchale, und gleichwol ergibt ſich ein Unterſchied wie Geiſt 
und Koͤrpermafſe, wie Freiheit des Lichts und vegetatives 
Leben der Materie. In Betreff der moralifchen Anfech⸗ 
tung erlaube ic, mir noch folgende Bemerkung, bie eine 
viefgerühmmte Seite des neuern englifchen Romans berührt. 
Man dat Walter Scott's fittlihe Reinheit fo body ges 
ptieſen: ich möchte fagen, er wäre ohne diefe nicht zu ge: 
nießen noch uͤberhaupt erträgtih, weil fein allerbings ge: 
funder Siem nur die baare Natürlichkeit des menſchlichen 


Dafeins umfaßt, und ein Thema, wie es die Wahlver⸗ 


wandtfchaften”, „William Lovell”, das „Dichterleben” bee 
handeln, würde in Walter Scott's Manier unfäglic herab» 
getwürdigt oder gar nicht denkbar erfcheinen, da fein bios 


phyſiſcher Fernblick die geheimen Irrgaͤnge des Innern See⸗ 


ienlebens nicht erreichte, geſchweige durchſpaͤhte. Den nas 
türlichen Menſchen bewältigt überhaupt ein Wangenerroͤ⸗ 
then oder ein Schwindel der. Anyft, wenn er in jenen 
Gemälden. fo keck und jaͤh Scenen des. Lebens fich eroͤff⸗ 
nen fieht, deren Daſein er nicht ahnete und deren Anblid 
fein bloͤdes Auge nicht zu ertragen vermag, well ex bie 
hinter allen Erfcheinungen waltende geheime, geiflige Macht 
und ihre verföhnende Harmonie nicht fieht, deren Arme 
auch über die Riffe und Kelfenbänke des irdiſchen Lebens 
leife hinäbergreifen. zu einer ſtillen, heiligen Verſoͤhnung. 
Daß um Green’s Geſtalt im „Dichterleben“, ber, trot 
der Empörung feiner urfprünglih guten Natur immer 
wieder in bie Netze des buhleriſchen Leichtſinns vers 
fälte, ein umverrüftlicher Meiz ſchwebt, den der Dich⸗ 
ter wie eine Kolie um ihn ziehe, verſteht der natu⸗ 
lich moralifche Menſch nichtz er muß bier ſchon haflım, 
wo ein tieferes Gemdch noch liebt; er weiß nis, daß 
das leiſe Etwas in ber Seele des Verworfenen, mas ihn 
noch pofitiv hält und adelt, herautzufuͤhlen, eine Religion 
iſt; obwol er unter andern V unbewußt ein 
Aehnliches in fich verſpuͤrt, wenn er Mit klopfendem Ders: 
zen dem verurtheilten Verbrecher nach dem Richtplatze folge 
und ihm eine Thraͤne heiliger Wehmuth weint, weil ihn 
bier, ohne daß er ſich's geftehen mag, die Ahnung ergreift, - 
in dieſem Mitbruder fei noch ein Etwas, das ihn hal 
und trägt. 

Um nun aber im Allgemeinen unfere . volle Meinung 


T über die ganze Gattung des neuen englifchen Romans, 


der auch in Deutſchland mit aller Breite hiſtoriſcher Aeu⸗ 
ßertichkeit vielfacdye Nachahmungen hersorgerufen, mit fun 
zen Worten unumtunden zufammenzufaflen und den Une 
terfchted, der zwifchen einem Scott'ſchen ober Cooper ſchen 
Roman und dem Erzengniß eines echt deutſchen Dichterges. 
nis Mar genug obwaltet, herauszuheben, wi Ich ‘osraleie 
chungoweiſe fprechen und auf dem Gebiete einer nicht ferne. 
liegenden Wiffenfchaft an diefeibe zwiefache Richtung er⸗ 
innern, die fich im Selbe der Romanpoefie fo entichieben 

herausgeftellt hat. Es gibt fogenamnte pragmatiſche Ges 

ſchichtſchreiber, die das Thatſaͤchliche einer Vergangenheit 








mit allen babei waltenden aͤußern Intereſſen, unmittelba⸗ 
een Urfachen, Beweggründen und Erfolgen in einem Ge: 
maͤlde getreu wiederzugeben bemüht find, das bei mannich⸗ 
fachem Slanze der Darftellung ſchon immer ein erfreuliches 
Beiſpiel phantafiereiher und bebeutfamer Auffaflung liefeen 
mag. Es gibt aber auch andererfeits Hiſtoriker, die in 
dem Faden der Gefchichte der Menfchheit die Emanation 
eines göttlichen Geiftes fehen und hinter dem Puge menſch⸗ 
licher Herrlichkeit, wie fie ſich geſtaltenreich als Product 
endhichee Beſtrebungen, äußerer Ziele und irdifcher Befrie⸗ 
digung in Raum und Zeit vollbringt, die Entfaltung und 
Offenbarung des Urweſens nachweiſen, das in den Erſchei⸗ 
nungen der ſtufenweiſen Entwidelung des Geſchlechts, vom 
dunkelumhuͤllten Ausgang aus einem verlorenen Paradieſe 
am, dutch die gotterfüllte Wirklichkeit des menſchgeworde⸗ 
nen Sohnes hindurch bis zu dem ungefchauten, aber geah: 
neten, wiederum paradieſiſchen Endziel alles Seins und 
Werdens binfort, nun die Manifeflätion feiner eignen We⸗ 
ſenheit verroickliht, um Das zur endlihen Erſcheinung 
- zu bringen. was vom Anfang an, als im feligen Schlafe 
ſich ſelbſt genießend, der Friede des Als mit fich felber 
war. Haben wie dieſe Doppeltichtung der hiſtoriſchen Wiſ⸗ 
ſenſchaftlichkeit als ein weſentlich Zwiefaches anerkannt, 
ſo werden die entſprechenden Gattungen, in die der Ro⸗ 
man zu zerfallen droht, in-die Augen ſpringen. Entfaltet 
alſo jeder Geoper'ſche Roman einen neum Reichthum ber 
phyſtſchen Welt, fo ift jede Tieck'ſche Novelle eine neue 
Offenbarung des Seelenlebens, davon abgefrhen, daß jie 
die Bahnen durch die Fülle des aͤußern plaftiichen Lebens 
nicht minder durchſchteiten kann und durchſchritten bat. 
Ben einem Dilemma zwifhen biftorifhem und Familien⸗ 
roman kann aber fortan nicht mehr die Rede fein, denu 
daß diefe beiden Elemente ineinandergreifen müffen, dar: 
auf dringt der Geiſt unſerer Zeit, die ſolche Zerbrechung 
bes vollen ganzen Lebens verwirft; und daß fie in einem 
und :demfelben Kunftwerke ſich innig durchdringen Eon: 
nen, dafür geben außer dem „Aufruhr in den Gevennen‘ 
auch Henrich Steffens’ geiftvolle Gemälde die” ficperfte 
Gewoͤhrni 


ß. 

Halten wir dieſe beiden Richtungen bes Romans nad) 
der Breite des Daſeins und nach der Tiefe des innern 
Lebens — nicht dem Gedanken nad als nothwendige 
Spaltungen — ſondern als Thatſachen der Erſcheinung 
fe auseinander, fo duͤrfen mir uns ohne Gefahr, das 
bentfche Bewußtfein über die ideelle Bedeutſamkeit ber 
Kunſt zu verlieren, bem- Senuffe der Eörperlihen Fülle, 
dr: uns der „Bravo in der reizenden Beleuchtung einer 
romantiſchen Localitaͤt zufammenftellt, vollauf bingeben und 
miit jener mäßigen, bie Gemaͤchlichkeit Des Schauens nicht 
verdraͤngenden MReugierde dem bunten Maskenknäuel’ zuſe⸗ 
ben, den uns Cooper bier.vor Augen führt. Der Ban⸗ 
dis Jatopo, ein Menfch, der das Opfer der doppelzüngi: 
ger Politik Venedigs wurde, iſt die geheimnißreiche Haupt⸗ 
geſtalt, fuͤr welche der Dichter bis zu Ende den Leſer zu 
ſpannen verſteht. Jacopo's Vater mußte, auf faͤlſchlichen 
Verdacht der Umgehung der Zoͤlle bezuͤchtigt, zum ewigen 
Gefaͤnguiß unter die Bleidaͤcher wandern; und obwol ſpa⸗ 


N 


tee feine Unſchuld nachgewieſen wurde, fo erheifcht dennoch 
die Inquiſitionspolitik der Dreimänner, die Unfehlbarkeit 
ihres Spruches aufrechtzuhalten, und nur auf das Fle⸗ 
ben de6 verzweifelnden Sohnes, der Mutter und Schwer 
fter vor Gram flerben fah, estaubt man diefem von Zeit 
zu Zeit unter dem Slegel der. Verſchwiegenheit den Alten 
zu beſuchen, den der Aufenthalt Im Kerker bereit zum - 
Gefpenfte, zum blödfinnigen Schatten feiner ſelbſt, ume 
wandelte. Jacopo's Kindesliebe aber erſcheint dem Senat 
als ein Zügel, an dem man den Unglüdlichen nach Ge⸗ 
fallen ‚leiten koͤnne, man erzieht in ihm ein Werkzeug zu 
geheimen Plänen und verheißt ihm die baldige Befreiung 
des Vaters, wenn er ſich entfchließen wolle, für. Jeden ein 
Stilett bereit zu haben, der zum Delle des Staats bei 
Seite gefchafft werden muͤſſe. Erheiſcht das Vaterland 
den blinden Gehorſam bei der Führung des entblößten 
Degens, fo muß aud der geheime Dolch fanctionnirt ere 
feinen, wenn das Wohl des Ganzen die verborgene That 
und die DVerfchwiegenheit der dunkeln Nacht erfodert. Se 
wird Jacopo Meuchelmörder und Bandit, und während. 
die Menfhen vor ihm als einen‘ Verpefteten, ber der 
Hölle verfallen iſt, mit Entfegen fliehen, wandelt er unter 
bem geheimen Schuge der Regierung frei umber, weil er 
nur M ihrem Dienfte die blutige Waffe führe. Der Lohn 
feiner Thaten, die Befreiung feines Waters, ward ihm je: 
doch nur vorgefpiegelt, und während er nad und nach 
das Gewebe des Betrugs, in dem er gefangen ift, übers 
ſieht und beim Anblid der Reihe von Schandthaten, bie 
er angeblich im Dienfte des Staats, in Wahrheit aber 
ins Intereſſe ber leidenfchaftlihen Graufamkeit einzelner 
geheimer Machthaber vollführt hat, mit banger Seele zu⸗ 
ruͤckſchaudert, fühlt er zugleich, daß .er fuͤr immer der 
ſchrecklichſte Spielball in den Händen der Snquifition ges 
worden ift, die ihn, fobald er fich ihrem Gehorſam ente. 
jöge, der Stimme des Volkes, das die Gerechtigkeit an 
suft, preisgeben wuͤrde. 

Mit diefer Darflelung Jacopo's haben wir jedoch 
den ganzen Romanfloff gewiffermaßen umgekehrt, indem, 
der Dichter Dos, was jenen um Bravo mache, erſt gan. 
zu Ende in dem Bekenntniffe, weiches der als Verbrecher. 
Verurtheilte feinem Beichtvater im Kerker ablegt, den Les 
ferg mitsheilt und ſo die Spannung bis auf die legte Lüs 
fung des Geheimniſſes zu erhalten wei, Ein ‘Dichter, 
dem die pſychologiſche Enthüllung des innern Menſchen 
ein Hauptthema iſt, hätte den Kampf zwiſchen Kindesliebe 
und Verbrechen und das ganze Werden des Bunditen 
nicht als bloße Entfädelung und endliche Aufklarung des 
Stoffes, Tondern als den sigentlihen Mittelpunkt des 
Ganzen mit vollftändiger Vergegenwärtigung aller Motive 
hingeſtellt. Daduch, daß diefe Motive nur kurz zum 
Auffchluß referiig werden, erlangt die Figur des Banditen 
und die Möglichkeit feines innern Zuſtandes nur eine his 
ftorifhe, nicht ganz die pſychologiſch als nothmwendig er: 
gründete Glaubwuͤrdigkeit. Aber die Geſtalten find in 
Cooper'd Romanen felten Zweck, nur Mittel, Figuranten 
und Zräger für das große hiſtoriſche Wandgemälde, dem 
es den Farbenreiz des nächften und lebendigſten Wirklich 


x 


31 


keit zu geben ſucht. Cooper ſtellt feine Figuren bin, wie ſ Ehrenmann ſchaͤtzte und liebte, ſucht vergebens ihn zu em 


fie find: wie fie gehen, wie fie ſich Eleiden, wie fie ſchla⸗ 


fen, wie fie fchwmeden, wie jie riechen, huſten und ſich 
rauspern, das tritt in plaſtiſcher Vollendung fchön zu: 
fammen; wo aber dem Sein einer beftimmten Perfönlid;: 
feit eine große inwendige, die Seele durchhoͤhlende und 
durchbohrende Metamorphofe vorangegangen, und jenes 
durch diefe bedingt ift, da fühlen wie die Schwäche diefer 
Dichtungewelfe, die bei allem verführeriihen Glanz der 
geſchilderten äußern Wirklichkeit dem deutfhen Bewußtſein 
gegenüber nicht. ganz Stand hält. Gleichwol wird jeder 
Leſer gern einräumen, daß bie. Wirkung, die Cooper mit 
feinem Banditen erreicht, eine große iſt, indem er diefe 
markirte Geſtalt in vielfach verſchlungenen Berhättnifien 
bald als Carlo, buld als Roderigo, bald In feiner eigent⸗ 
lichen Larve als das verfluchte und vom Mantel ber ges 
beimen Staatsgewalt noch immer beſchirmte Werkzeug der 
furchtbaren Drei in allen Haͤndeln der Privatleute und 
denn verfteckteten Treiben der Dunkel liebenden, ſcheuen 
Waſſerſtadt faſt als einen Allgegenwärtigen und Allwiſſen⸗ 
den ericheinen und handeln läßt. Trotz dem furdhtbaren 
Das, den er, weil er fich betrogen fieht, auf die heimtüs 
dildge Regierung, die ihn zum. VBerbredyer machte, werfen 
muß, leitet er fortan die Schlangenpfade ber venetiani- 
(hen Politit nody immer und iſt das wichtigſte Rad im 
Betriebe der geheimen Verbrechen, die die Regierung bes 
seht, bis den Senatoren feine Zeit gelommen zu fein 
ſcheint und die Stimme des Volkes, das nach Rache 
ſchreit, ein Opfer verlangt. Außerdem beginnt das bis⸗ 
her willenloſe Werkzeug der Inquiſition ſelbſtaͤndig zu 
handeln, indem es einem neapolitaniſchen Herzoge mit ſei⸗ 
mer Huͤlfe gelingt, dem Staate eine reiche Erbin zu ent⸗ 
ziehen, und fo wird der Bravo den wüthenden Zifchern, 
die Uber den getvaltfamen Tod des unfchuldigen Antonio 
den Doyen zur Rechenſchaft ziehen, al6 der Thaͤter ange: 
deutet. Antonio, das gelungene Bild eines treubergigen, 
feiner felbft unbewußten Republikaners, war ein alter, 
ehrlicher, harmloſer und freifinniger Mann aus den La: 
gunen, der keinen andern Gram kannte, als feinen Enkel, 
den der Staat eines jugendlichen Vergehens wegen auf 
die Galeeren fcidte, dort, wo er erſt zum Verbrecher reis 
fen muß, in den Klauen des Verderbens zu wiſſen. Er 
friet im der beicheidenen Kedheit, die ihm eigen iſt, vor 
den Dogen und bittet als Lohn für feinen Kriegsdlenſt 
und feine Wunden um die Loslaffung des Knaben; er 
wird der Sieger in der. Megatta, verſchmaͤht den goldenen 
Preis und dringt auf die Freiſprechung des Enkels; er 
fie den Ring auf, den der Doge bei feiner feierlichen 
Bermählung mit dem Meere in die Ziefe ſenkte und 
Behe ſtatt aller Belohnung nochmals vergeblih um die 
einzige Stüge feines Alters. Udeberall ſchnoͤde zuruͤckge⸗ 
wiefen trog feiner vielfachen Bemühungen, dem Staate 
einen Dienft zu keiften, murrt er endlich, und feine 
Stimme findet ein weited Eye unter den, Lagunenfifchern. 
Gomit ſcheint der einfache Biedermann dem Senate ges 
fäprlich; eine geheime Hand flöjt ihn ruͤckwaͤtts von ſei⸗ 
nem Machen in den: Abgrund, und der Bravo, der den 


Kziehen mit brohen 
“ genpalaftes. Der Inquiſitor, der an der Seite des Dos, 


retten. "Die Fiſcher raunen fid) den. plöglicen Led Ans 
tonio's als ein Bubenſtuͤck des Staats in die Ohren: und 


Geberde in den Hofraum des Dos 


gen vor ihnen erfcheint, lenkt mit der Miene des Zwei⸗ 
fels den Argwohn der gekraäͤnkten Menſchen auf den Bravo, 
Ein prachtvolles Leichenbegängniß, das der Senat dem 


Entfeelten halten laͤßt, verföhnt die Empoͤrer; fetoft der 


nun freigelaffene Enkel folgt der Bahre zum XTodtenamte, 
während der Freund des Geopferten, öffentlich als deſſen 
Mörder angeklagt, dem Schaffote uͤberüefert wird, mache 
dem feineg Beichtvaters und feiner Geliebten Bemuͤhun⸗ 


gen, dem Dogen die Raͤnke der inquifitorifchen Dreimacht 


aufzuhrlien und den Unglüdlichen i 
helm gludlihen zu reiten, vergeblich 
So außerordentlih die Wirkung ift, bie Cooper zu 
erreichen vermag, ſo wuͤrde er doch bei groͤßerer Concen⸗ 
trirung des Stoffs weit mehr zu leiſten im Stande ſein. 
In manchen Scenen laͤßt ſich die kuͤnſtleriſche Gruppis 
rung nicht verkennen, wogegen ſich wieder gedehnte Zwi⸗ 
ſchenpartien finden, die, ohne die Kataſtrophe zu foͤrdern, 
gleichwol des geiltigen Fluidums entbehren, das ihnen eis 
nen felbjtandigen Werth zu geben vermäöchte, und wodurch 
Scenen aus der niedern Sphaͤre der Hefe des Volkes. 
lediglich die Weihe der Kunft erhalten. Um nur auf Ei⸗ 


niges zu deuten, fo find das britte und das zehnte Capi⸗ 


tel im zweiten Buche, mehre einzelne Stellen ⸗ 
ſchweigen, wahre Muſterſtucke von Zerbehnung, die aus 
den Zweck verrathen, dem allzu eiftig nad Entfheidung 
jagenden Stofflefer eine gähmende, ihm vielleicht wohls 
thuende Erholung aufzundthigen zur Abkühlung eines Ei⸗ 
fers, der fodann an Dauer geroinnt, was ihm an intens 
fivee Stärke abgeht. Es ift dies die. weile Politik, in. 
welcher weiland unfer Spieß Meifter war, wenn er mit. 
einer lächelnden Verfchwiegenheit in Bil und Miene und 


‚mit bedeutungsvoll erhobenem Finger die Geheimniffe der 


alten Aegpptier behutſam luͤftet, oder den irrenden Mitter, 
der den zwölf ſchlafenden Jungfrauen anſcheinend vaftios 


entgegeneilt, aber ſich jeden Augenbli von der Landſtraße 


in Nebenwege verliert, immer wieder mit dem geheimniß⸗ 
zeichen Silbergloͤckchen langſam naͤher und näher nach ſoel⸗ 
nem Ziele hinlockt. F. ©: Küpne 





Die frei: und heimlichen Gerichte Weſtfalens Beitcag | 


- zu deren Geſchichte nach Urkunden aus dem Archiv bey 
feeien Stade Frankfurt. Von F. Ph. Ufener. Mit 


89 Urkunden, 2 Tabellen und 36 Eirgelabbildungn: 


Frankfurt a. M., Eauerländer. 1932. &r. 8. 2 The. 


Auh nad ben fchägbaren unb ergiebigen 5 
weiche über dieſen Gegenſtand —8 in —eS— 8 
Kopp und von Wigand angeſtellt worden find, iſt derſelbe bach 
noch nicht in dem Maße erledigt worden; daß fernere Untere 
ſuchungen, zumal wenn ſich urkundliches Material darbietet, 
nicht noch Berichtigungen ober Bereicherungen der bisher ger 
wonnenen Ausbeute geben follten, und fo ift auch das Jorlier 
gende Buch ein fehr willlommener Beitrag zu singe genauere 


Kenntnif des fraglichen Gegenfiandet, Veranlaßt wurde dab⸗ 
felbe er das überhaupt fehr reichhaltige 

furtee Stadtarchiv über ziveihundert, zum Theil weitiäufige 
und nad ben Proce nden und nologiſch geordnete 
Actenfascikel der frei⸗ umd heimlichen Gerichte Weſtfaluns ent⸗ 
Hält; allein ber Verf. beſchraͤnkte ſich nicht darauf, daraus bie 
wichtigften Urkunden mitzutheilen, welche, als wirklich bei je 
nen Gerichten verhanbelte Actenftüde, bie Wirkſamkeit derfeiben 
veranfchanlichen und vom I. 1410 bis zum I. 1524 herabge⸗ 
ben, fonbern er hat denſelben auch nody das Reſultat eignet 
Unterfuchungen, welche fi theils auf dieſe theild auf andere 


im Auszuge mitgetheilte Urkunden flügen, vorangefchidt. Diefe | 


Grörterungen beziehen fi) namentlih auf die Gompetenz ber 
Gerichte, worüber, wie dargethan wird, bie verfchiebenen Frei 
Kühle verſchiebenen Grundfägen folgten, und auf das gerichtliche 
Verfahren. Daß daſſelbe nur ein accufatorifcyes, nie ein inqui⸗ 
fitorifche® war, wird zunächft aus einigen ber mitgetheilten Ur: 
kunden gefolgert, fodann wird von ben Vorladungen und don 
den Verglei n gehandelt. Die ſchwierige Unterfuchung 
über das Beweisverfahren bei den Bemgerichten konnte aller: 
dings auch ungeachtet des vorhandenen Reichthums an Urkunden 
nicht aufs Reine gebracht werben, weil die vom Gericht audger 
ftellten Urkunden faft immer nur die Gntideibung enthielten 
und nur felten auch ben Beweis mittheiltens allein ber Verf. 
bat doch aus feinen Quellen manche fehe wahrfcheinliche Folge⸗ 
zung in Beziehung auf biefen Gegenſtand gezogen. Bon ber 
Form des Urtheild wird durch bie Mittheilung und Erläuterung 
weier Urkunden eine anfdauliche Vorftellung gegeben, und bie 
—2 — , daß die peinlichen Urtheile in allen Faͤllen den Verur⸗ 
theilten unbefannt geblieben ſeien, wird mit urkundlichen Bes 
weiſen als irrig dargethan, und zugleich wird erwieſen, daß 
jede wegen eines abidéiichen Verbrechens erkannte Todesftrafe 
ober Acht dem Verurtheilten bekannt wurde; zugeſtanden wird 
nur, daß dies im Fall eines unabloslichen Vergehens nicht uͤb⸗ 
lich geweſen ſein mag. Endlich finden auch noch die gegen die 
Erkenntniſſe der Freiſtuͤhle vorhandenen Rechtsmittet genauere 
Erwaͤgung. Eine ſehr dankenswerthe Bugabe iſt ein Ramens⸗ 
regiſter der Freiſtuͤhle mit Bemerkung der Stuhlherren, der 
Freigrafen und der Jahre, in welchen ſie erſcheinen, und die Abbil⸗ 
dung der Amtsſiegel von ſechtunddreißig Freigrafen. 16. 





4: 


Notizen. 


Das Tabackrauchen im Driente 


. Ich babe in Indien einen Hookah gekoftet, in Perfien eis 
nen Nargilly, in Aegypten einen Sheeſha, in ber Zürkei viren 
Shibouque, in Deutſchland einen Meerſchaum, in Holland eine 

‚Yip, in Spanien einen Gigarre und muß erfiären, bie Orien⸗ 
talen führten bie Kunft zu rauen zur hoͤchſten Wervoikons 
mung. Bedachte ich die argwöhnifche Berachtung, womit bie 
Ottomanen jebe Neuerung anfehen, fo habe ich manchmal wol 
die Bermuthung feflgebalten, die Nationen bes Drients könnten 
mit dem Taback bekannt geweien fein, ehe ihn Sir Walter Ra: 
leigh nach bem Abendlande gebracht hat. Aber eine Gtelle In 
dem berühmten alten Reifenden Sandys überzeugt vom Gegen: 

eile, indem er über den ſchlechten Taback in der Levante klagt, 
nur mit dem Auswarf der europäifchen Märkte verforgt 
merde. Und jegt waͤchſt der außgefuchtefte Taback von ber Melt 
an ben Küften Syriens! 
Was mochten eigentlich die Morgenlänber, ehe das Rauchen 

Wi ihnen Bitte ward, thbun? — Bom reich bekleideten Paſcha 
mit feines Bernſteinſpige und jumelenverzierten Ghibougue, 
He länger ale eines Uhlanen Pile, bis zu dem in blaue Lumpen 


üllten Araber, der durch einen kurzen Stumpf von ausge | 


Öpltem Dattelholz ſchmaucht, von Stambul bis Großkairo iR 
gegenwärtig nur’ eine Quelle phufifhen Wohlbehagens. Stattet 
man Irgendwo im Driente einen Beſuch ab, fo wird ebenfo re⸗ 


gelmäßig durch den Sklaven eine Pfeife wie in England u 
den Bedienten ein Stuhl gebracht. Der Aufsug der Pfeife i 
in großen Häufern merkwürdig genug. Praͤchtig ˖gekleidete 
Sklaven gehen mit ben brennenden Ghibeuiquen im Munde, bie 
fie bin: und wiehen beivegen, in Drbnurig voraus, worauf ans 
dere. mit Schafen vol vielfarbiger Sorbete folgen, in deren 
Mitte ein vornehinerer Diener den ftarten, heißen Kaffee in klei⸗ 
nen, von durchbrochenen Silber gearbeiteten Geftelien ftehenden 
Porzellantaffen und zwar auf einem ungeheuern Präfentirtellee _ 
bringt, über den eine weißdamaftene, von Goldſtickerei fleife und 
glänzende Serviette gebreitet if. _ 

Bei Öffentlichen Audienzen ift all Dieſes eine Sache ber 
Korm. Die Ehre ber Pfeife beweift die und zu ‚heil werdende 
Hochſchaͤzung. Man berührt fie mit den Rippen, gibt fie zurück, 
nippt aus einer halogefüllten Scale Kaffee, fteht auf und ent⸗ 
ferne fih. Naͤchſten Tages aber fällt ein Schwarm von Haus⸗ 
bebienten über den Fremden her und verlangt feine Trinkgelder 
von ihm. Bei Privatbefuhen wird auf den Eurus der Pfeife 
mehr gefehen. Gin Wirth it auf die Zahl und Schönheit ſei⸗ 
nee Shibouguen, die Länge und Reinheit feiner wie eine ſyriſche 
Zitrone fleckenloſen Berafteinfpigen, auf den feltenen Wohlgeruch 
feiner Tabacke, auf die häufige Anerbietung feined Kaffees und 
auf die Ziertichkeis, womit das Rofenwaller in das Fruchtſorbet 
gemifht wird, ſtolz. Im Sommer vertaufcht man die Kirfche 
daumholzchibouque vom Balkan mit dem leichtern Jasminrohre 
von Damask oder Aleppo, das mit rehfarbener Beide überzogen 
und mit filbernen Franzen befegs if. 

Die von Strado um ihrer Weine willen gepriefenen Hügel . 
von Eaobicäa bringen jegt unter dem Namen bes Latalia die 
eriefenften Tabacke der Welt hervor. Ungluͤcklicherweiſe verträgt 
dies Löftlicdhe Product aber nicht den Zransport und verliert ſchon 
auf den Märkten Nlerandriens feinen Wohlgeruch. Bibel, das 
Product einer benachbarten Huͤgelreide, gleicht ipm, wiewol e6 
von flärferm Wohlgeruche ift und wol, ohne verloren zu haben, 
Sngland erreihen mag. Der @ibel ift der Lieblingstabad Mohame. 
med Ali's, Paſchas von Aegypten, der jidy vortrefflich auf das 
Rauchen verfieht. Gein non einem glänzenden in Gold mb 
Scharlach gekleideten nubiſchen Verſchnittenen getragener reich 
verzierter filberner Sheeſha war ein Bild für Stephanoff. Der 
EHibouquejee des Vicekoͤnigs brauchte immer fünf Minuten, um 
die viceföniglihe Pfeife zu flopfen, benn der erfahrene Einge⸗ 
weihte weiß ſehr wol, wie ſeht der Genuß bes Raudens durch 
die Art, ten Kopf zu flopfen, echöht werden kann. Ich meinere 
ſeits gebe trog der hohen Autorität bed Paſchas dem Beirut, 
einem Taback vom alten Berptus, den Borzug. Er funfelt beim 
Brennen und läßt eine hellblaue Flamme ſehen. Ale biefe 
Blätter haben eine fehr dunkie Farbe. In ber Türkei hat man 
aber einen ſchoͤnen heilgelben Taback, der von Salonichi im alten 
Thracien kommt. Dieſe verfiedenen Gorten find die andges 
fuchteften, die es gibt, und der befte Kanafter ſchmeckt bagegen 
fhaal wie Stroh. Der Sheeſha kommt dem Hookah ziemlich 
glei. Aus beiden zieht man eine Compoſition durch Roſen⸗ 
wafler anftatt des echten Krautes ein. Beim Nargilly bedient 
man ſich der Schlange mit gläfernem Rohre. 

Jeder wiſſenſchaftliche Kenner des Tabacks räumt gewiß 
nach langgeprüftes Erfahrung der tärfifhen Chibouque ben Vor⸗ 
zug ein. Man muß aber beren viele befigen, Feine gebrauchte 
vor Ablauf zweier Tage wieder rauchen, den Kopf nad jeder 
Pfeife wechſeln, die Chibouque tagtäglih reinigen und ga 
mit DOrangenblätenwaffee abwafchen kaffen. Dies Alles verlang 
große Aufmerkfamkeit, und die muͤhſame, Eoftfpielige Bedienung 
in Guropa würde nur einem Maune von großem Bermögen zus 
laſſen, zu feiner Befriedigung auf orientalifche Weiſe zu rauchen 
(‚New monthiy magazine”, @eptember 1832.) 

An der beitten Nummer des in’ engliſcher Sprache in Eon 
bon von einem Polenserein ebirten Journals ,‚‚Polonia’” ſteht 
ein Artikel über bie Behandlung der Polen von der preußifchen 
Regierung und von preußiſchen Dffizieren. .15$, 


Rebigiet unter Berantwortlichkeit der Berlagähanblung: B. U. Broadband in Seipsig 


Blättern 


für 


ee ———— 


.4 


Mittwoch, 





9. Januar 1833, 





Die Unterwelt. 


Ein Unbekannter trat bereits im Yahre 1828 mit | | 
einer Beinen Schrift hervor, in welcher er bie Bewohn⸗ 


barkelt und Bewohntheit des Innern unferer Exde zu 

erweiſen ſuchte, und ſeit dieſer Zeit gab er zu jener Schrift 

noch zwei Nachtraͤge, ſodaß über. dieſen Gegenſtand fol⸗ 

‚gende drei Broſchuͤren vorhanden find: 

4. Die Unterwelt, oder Gründe für ein bewohnbares und 
bewohntes JInneres ‚unferer Erde. Leipzig, Wienbrack, 
1828. Sr. 8. 21 Gr. | 

2. Pluto, oder Vertheidigung des Buches: „Die Unter 
weit. ıc.” Leipzig, Wienbrack. 1829. Gr. 8. 8 Gr 

3. Die Unterwelt x. Zweiter The. Auch unter dem 
Zitel: Anfichten der Voͤlker über die Bewohner bes 
Jun unferer Erde, Leipzig, Wienbrack 1832. Gr. 8, 

‚weiche wenigſtens die Theilnahme der Leſewelt an dieſem 

Gegenſtande beurkunden 

Auch kann wol von vorn herein kein folcher Gegen⸗ 
grund wiflenfchaftlih geltend gemacht werben, baß man 

‚berechtigt wäre, ohne Weiteres die Sache ale Unfinn und 

Unmöglichkeit zu verwerfen. Raum möchten wir die Erb: 

cube irgendwo bis zur Tiefe einer deutſchen Meile durch: 

drungen und erforfcht haben, und auch ſelbſt dieſes als 
erforſcht angenommen, würde immer noch eine unerforfchte 

Hoͤhlung von 1718 Meilen Durchmeſſer - bleiben. Aber 

wie weit find wir davon entfernt fagen zu koͤnnen, daß 

wir die Erdrinde auch nur eine Stunde tief wirklich tens 
nen. Das Eindringen einzelner Schachte in bedeutende 

Tiefen kann nicht als eine ſolche Erkenntniß gelten. Hohl 

dachte man fi die Erde ſchon ziemlich früh, und- ihr 

‚Zunere6 bald mit (feuer, bald mit Waſſer, bald mit gus 

ten, bald mit böfen Geiſtern erfüllt; auch wiſſenſchaftlich 

bat Steinhaͤuſer in neuerer Zeit die Erfcheinungen ber 

Magnetnadel dadurch zu erklären geſucht, daß er einen 

im Simmern der Erde ſich bernegenben Planeten annimmt, 

welcher durch feine zwei Pole die Veränderungen der magne: 

tiſchen Linien auf der Erde begrändet: 
fer Hohlkugel fein koͤnne, iſt nicht unmeglich, vielmehr 
wahrfcheinlich, da überall, wo das Licht der Sonne nicht 
hindringt, die Natur durch andere Anſtalten für Beleuch⸗ 
sung geforgt hat, vole durch Nordlicht und Südliche, durch 





Daß Licht in dies. 


Phosphorefcenz in leuchtenden Pflanzen und Thieren u, 
w., ja man könnte wol glauben, daß in jenen Punkte, 
nach welchem bin Alles granitiet, bes alſo felbft Beim 
Schwere mehr haben Tann, fi der natürliche Gegenfal 
der Schwere, das Richt, felbfländig entwideln müfle. Daß 
endlih organifhes Leben auch im Innern der Erbe 
fein und beftehen könne, kann nicht geleugnet werben, - 
denn überall, wo nur irgend Bedingungen für eine 
des organifchen Lebens auf der Erde vorhanden find, fehlt 
andy) dieſes ſelbſt nicht; Lebende Individuen bewohnen ſelbſt 
das Innere anderer Pflanzen und Thiere, und keine Dies 
gion dee Erde, weder Höhe noch Tiefe, weder Wuͤſte noch 
Meer ermangelt ihrer Bewohner. So iſt «6 bean wel 
an fih nicht unwahrfcheinlich, daß das innere der Exbe 
hohl, erleuchtet, bewohnbar und bewohnt fein inne, 
Der Berf. obiger drei Schriften Hat fich nicht ges 
nonnt; aus den Schriften .felbft gebt hervor, daB «6 
ihm an allgemeiner Blidung nicht gebreche, daß er aber 
gewiß weder Mathematiker, noch Aſtronom, noch Phyſiker, 
noch Chemiker, noch Naturhiftoriker, noch Philolog, noch 
Geſchichts⸗ und Sagenforſcher ſei; das gaͤnzliche Still⸗ 
ſchweigen über alle in der Bibel erzaͤhlten Naturereigniſſe, 
von denen mehre ſehr wahl hieher gehörten, einige Spies 
ten von Kennmiß der hebräifchen Sprache, das Eitiren 
der „Kirchenzeitung“ und der an vielen Stellen in breiter 
Flut hervorbrechende Kanzelton laſſen auf einen proteſtan⸗ 
tifhen Geiſtlichen fchließen, deffen Wohnplatz kein Haupt⸗ 
fig deutfcher Literatur fein Pann. . Dabei find wenigſtens, 
bei völiger Unkenntniß der Perfon des Verf., alle unfewe 
Vermuthungen ftehen geblieben. . 
Die Schrift Nr. 1 ift offenbar bie beſte und am 
meiſten leſenswerthe, obgleich fie nur allzu ſehr an ben 


Ballenſtaͤdt'ſchen Kram erinnert. Ne. 2 enthält mehre 


Recenfionen des Buches, zum hell geiſtreich und get 
gefchrieben; in der Beantwortung berfelben bat. ſich aber 
unfer Verf. beigehen laflen, auch witzig und humoriſtiſch 
fein zu wollen, tft aber damit fo verungfüdt, daß ein ' 
hoͤchſt widerliches, fades Geſpaße ohne alles Salz daraus 
geworden if. Me. 3 ift für die Sache fehr entbehrlich 


amd wahrfcheinlih nur durch den guten Abfag der erflen 


beiden Nummern veranlaßt worden, und enthält bekannte 
Kobold:, Eifenz, Een: und Gnomengefhichten, ſelbſt 
Ri fehle nicht, dann. einen Auszug aus Dante's 


| 34 


„Inferno“ und „Purgatorio”, Nachrichten über den Has 
des der Griechen und den Tartarus der Roͤmer, Ge: 
ſchichtchen vorm chriftlichen Zeufel, der immer betrogen 
wird, einen Auszug aus dem fatirifhen Roman „Niels 
Kim“ des Dänen Holberg u. dgl. m. Uebrigens kann 
man dem Berf. Beleſenheit und unelgennügigen Eifer 
für feine Sache nicht abfpredhen, obgleich er in ber 
Auswahl ber Quellen nichts vwoeniger als bedenklich iſt. 
Er ſtellt fih die Erbe als eine Hohlkugel vor, welche 
aus einer 54 bi6 Br Meile dien, höhlenreichen Schale 
befieht, und theild durch diefe Höhlen, theild durch Def: 
nungen an den Polen mit ber von uns bewohnten Ober: 
weit in Verbindung fteht. Daß die inwendig hohle Erb: 
Eugel an den Polen Deffnungen habe, ift aud) anderwei⸗ 
tig ſchon geglaubt worden. Ein nordamerikaniſcher Schiffs⸗ 
capitain, Ino Clerves Symnes, erklärte in ber Zeitung 
von Louisville im Staate Miſſuri: die Erde enthalte in 


ihrem Innern concentriſche Sphaͤren, ſei an den Polen 


12 — 16 Grabe offen, und er wolle, wenn man ibn 
durch Geld und zehn brave Gefährten unterflüge, von 
Sihirien aus an den Pol vordringen und dort die ge: 
nannte Höhlung unterfuchen. Schon über ben 82. Grab 
hinaus boffe er ein warmes reiches Land mit uͤppigem 
Dflanzenwuhle und fettem Vieh zu finden und im fol 
genden Frühling fhon wieder zuruͤckzuſein. 

Unfer Verf. hofft nun mehr von einer genaum Un⸗ 
terfuchung der Höhlen, welche man body bisher nur fehr 
oberflächlich unterfucht habe. Er unterfcheidet bei ihnen 
bie uns bis jegt nur allein befannten Borderhöhlen, in 
welchen es an allem Lichte mangele und welche nur zum 
Theil miteinander zufammenhängn. Werde man in eis 
nigen biefer zufammenhängenden Höhlen weiter vors und 
abwärts dringen, fo gelange man in die Mittelhoͤhlen, 
in welchen nicht alles Licht fehlen, fondern eine ſchwache 
Daͤmmerung ſich zeigen ſoll; von dieſen iſt uns bis jetzt 
noch nie etwas bekannt geworden, weil wir die Vorderhoͤh⸗ 
len nicht ſorgfaͤltig genug untzrſucht und tief genug be⸗ 
fahren haben. Aus diefen Mittelyöhlen gelange man end: 
lich: in die lichten Innenhoͤhlen, welche nämlich zu: 
naͤchſt in die große Hohlkugel der Erde münden und dort 
ebenfo zu Tage ausgehen wie bei uns bie Vorderhoͤhlen. 

Die große Hohlkugel der Erde ſei nun auf aͤhnliche 
Weiſe, wie ihre von uns bewohnte convere Flaͤche mit 
Berg und Thal, mit Wafler und Erde verfehenz ein fort: 
währender Tag, unfern. Mondnaͤchten gleich, erleuchte fie, 
indem theils durch Innenſterne, theils durch leuchtende 
Mhotofphären ſich Licht genug dazu erzeuge. Häufige Ge: 
witter follen fich dort finden und bisweilen Erdbeben auf 
unferer Obererde bervorbringen, zum Theil fih in tiefe 
trichterförmige Thaͤler herabſenken, welche ſich in unfere 
Vulkane öffnen. _ 

&o ſei denn auch nicht zu zweifeln, daß biefe Innen⸗ 
erbe organifch belebt fei, um fo mehr, als wir ja ſchon 
jest Pflanzen und Thiere genug kennen, welche nur in 


der Dunkelheit gedeihen und zu. leben vermögen, wie bie. 


leuchtenden Rhizomorphen, Byſſusarten und ähnliche Ge⸗ 
waͤchſe der Bergwerke, welche felbft wieder einigen Der: 


fe 


« 


meſtesarten zur Nahrung umb zum Mohnplage dienen; 


die Mautwürfe, der Chlamyphorus, die Höhlenraubthiere 
und viele andere, wohin man allerdings auch die fämmte 
lichen Entozoen rechnen koͤnnte. Manche Thiere fcheinen 
ohnedie6 der Unterwelt mehr anzugehören als deu Erd⸗ 
oberfläche, fo ber Eleine Fiſch, weichen manche amerikani⸗ 
he Vulkane in großer Zahl auswerfen (Pimelodes cy- 
clopum); ber räthfelhafte Proteus angainus, welchen der 
wieder anmachfende Gzirknigerfee jährlih aus der Tiefe 
ber Erde mitbringt; dee Hoͤhlenvogel Guachato beim Klos 
fter Caripo in Colombia u. dgl. Auch find vielleicht nicht 


alle von uns außgeftorben geglaubte Thiere der Vorwelt j 


wirklich nur ale DVerfleinerung noch vorhanden; fie tsben 
vielleicht noch in ben tiefen Höhlen der Erbe oder gehe 
ren der Unterwelt felbft an, wie benn die Bewohner von 
Sibirien ganz feſt glauben, da8 Mammuth lebe nod) 
heute wie ein großer Maulwurf im Innern ihres Erd⸗ 
boden®. 


aller Völker angefüllt find. Meiſtens werden fie als Hoͤh⸗ 
lenbewohner geſchildert und als plöglich erfcheinende, früher 
nicht gefehene Ungeheuer, welche eine Zeit fang die Ges 
gend verheeren und endlich einem muthigen Bekaͤmpfer 
zur Beute werben. Daß fie aus der Erde gekommen find, 
ift deshalb wahrſcheinlich, weil, wenn fie an ber Stelle, 
wo ‚fie ſich zeigen, aufgewacfen wären, man fie wol 
früher getödtet haben würde, ehe fie biß zu einer ſchwer⸗ 
bezroingbaren Größe herangewachfen wären. 

Hier ſei es und erlaubt, unfern Bericht unterbrechend, 
eine Nachricht einzufchalten, deren VBeftätigung und gee 
nauere Beſtimmung für die Naturkunde von hoher Wich⸗ 
tigkeit wäre, In der Stadt Eßlingen am Nedar, uns 
weit Stuttgart, foll in einem tiefen Felfenkeller zwei Mal 
der Hall ſich ereignet haben, daß Lehrlinge, weiche darin 
etwas zu thun hatten, nicht wieber- heraufgelommen find 
und auch feine Spur von ihnen zu entdeden gemwefen ift. 
Zufällig habe man einige Zeit darauf ein krekodilarti⸗ 
ges großes Thier in diefem Keller aus einem Felſenloche 
bervorfommen ſehen, daſſelbe getödtet und als Merkwuͤr⸗ 
bigfelt in der genannten Stadt aufbewahrt. Die Sache 
iſt erſt in neuerer Zeit, angeblih vor 10 oder 20 
Jahren gefchehen, muß fi alfo fehr leicht unterfuchen 
laffen. Ref. wagt die Bitte darum um fo mehr, als Eß⸗ 
lingen fhon in früherer Zeit burch feine merkwürdigen 
Keller berühmt war und gerade auf demjenigen Theile 
von Wuͤrtemberg liegt, der fehr reiche Ausbeute an wich 
tigen SPetrefacten, insbefondere aus der Amphibienwelt, 
geliefert hat. . 

Aber auh mit Menſchen bevölkert unfer Verf. feine 
Unterwelt, ftellt fich Diefelben aber etwas zwerghaft und 
gnomenartig vor. a, er glaubt felbft, dag Individuen 
aus jener Unterwelt bereits ſchon manchmal zu und ge: 
langt find. "Nicht mie Unrecht erinnert er an die bie 
weilen vorgelommenen fogenannten vermilderten Menſchen 
und Hält es gar nicht für fo ausgemacht, ald man ge: 
wöhnlid zu glauben pflegt, daß fie von Thieren gepflegt 
und erzogen worden feien. Komme nämlih ein Kind 


Auch erinnert der Verf. an bie vielen Drachen, " 
Lindwürmer, Schlangen u. dgl., mit welchen die zogen 


na WE WB 8m 


4 
4 
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— 


werde es entweder fich" wieder zu bewohnten Menſchen zu 
finden wiſſen, * doch wenigſtens Erinnerung an- feine 
fruͤhern Verhälmifferund eine Spur von Sprache bewah⸗ 
ven, was bei den bisher gefundenen nicht der Fall war; 
komme ein Kind aber vor bem fünften Sabre In bie 
Wildniß, fo werde es, wenn auch nicht von wilben Thie⸗ 
- gem gefreflen, aber doch von Hunger, Kälte, Schmuz und 
Krankheit bald aufgerieben werden. Er. behauptet daher, 
daß dieſe verwilderten Individuen Bewohnet der Unter: 
welt waren und durch irgend einen Zufall zu uns herauf: 
gelangt feien, wie auch, dab der Mattenfänger von Hameln 
bie Kinder biefee Stadt in die Erde.geführt babe. Ends 
ich leitet er auch die Zigeuner, bie Eskimos und die 
Peſcheraͤhs des Feuerlandes aus der Unterwelt ber. 

Aus alledem glaubt er die Uebergeugung fchöpfen zu 
bürfen, daß es auch uns möglich fei, in das Innere ber 
Erde - und zu unfern bortigen Mitbrübern zu gelangen, 
Es gäbe dazu zwei Wege, einen duch die Pole, zu 
weichem aber freilich diefe ſelbſt erft erreicht fein müßten, 
und einen zweiten durch die Höhlen; dieſen legten gibt 
er als den leichter zu erreichenden an und erbietet fich, 
diefe Fahrt ſelbſt mitzumachen, wenn man ihn mit Geld 
und Gefährten unterffügen wolle. Er will dazu fünf vers 
fhiedene Höhlen vorfchlagen, die am meiften Bertrauen 
in dieſer Hinſicht verdienen; fie find hier noch nicht bes 
zeichnet, und es wird von ihnen bios angegeben, baß fie 
nicht am Darze liegen follen. Man fol bei diefer Hoͤh⸗ 
lenfahrt fich befonders an bie unterirdifchen Fluͤſſe halten, 
fol Stridieitern, Compaß, Senkblei, Leuchtlugeln, Rake⸗ 
sen, Kanonen, Chinaertract, Hunde u. f. w. mitnehmen 
und in Begleitung von Zeichnern, Naturforſchern, Herz: 
ten, Bergleuten u. dgl. die gefährliche, aber hoffnungs⸗ 
reiche Reife antreten. 

Wir fcheiden von dem uns unbekannten Verf. mit 
der Achtung, welche Jeder verdient, ber fih für eine 
große Sache (und bie iſt die genannte doch mol ohne 
Zweifel) lebhaft und unzigennügig bentüht, möge er aud) 
ins Einzelnen geirrt haben. Wir wünfchen eine genaue 
Unterfuhung der Höhlen ducdy vereinte Kräfte von gans 
zem Herzen, denn wiſſenſchaftliche Schäge find daſelbſt 
genug zu heben; wir werden aber ſchwerlich dazu gelan⸗ 
gen, ſobald wir in den Hoͤhlen nichts weiter thun als 
fie wie bisher mit Fackeldampf ſchwaͤrzen und Steine 
fa ihre Abgründe rollen. 146, 





Wer iſt Verfaffer des von Katholiken hochgeſchaͤtzten und ges 
woͤhnlich Thomas a Kempis zugefchriebenen Erbauungs⸗ 
budyes: „De imitatione Christi’? - 

Seltener forfht man nad) dem quis als nach dem quid 
einer Schrift. Ihr Titel muß Aufmerkſamkeit erregen, ihr Ins 
halt ein lang gefühltes Beduͤrfniß ftillen oder lange ſchwebende 
gelehrte Streitigkeiten fchlichten, ihr innerer Werth ünvergängs 
lich fein, und feinem Zwede ganz entfprechen: kann, hätte ſich 
der Berf. aus Beſcheidenheit nit genannt, bann vermuthet 
man ihn, forfcht nad) ipm und freut fich, wenn man ihn zwei⸗ 
fellos nennen kann, um ihm Öffentlich zu danken. Die vielen 


. 38 
nach dem fünften oder ſecheten Jahre in bie Wildniß, fo 


älteen unb neuern Ausgaben umb Ueberfegungen des oben ge: 
nonnten Buches fcheinen die Gediegenheit feines innern Ges 
halts zu verbürgen. Mehr aber ald Scheingrund Tönnen fie 
nicht gelten, wenigften® in unfern Zagen nicht, wo im großen 
Bücermeere mander Paffagier leicht untergeht, verfchwindet 
oder auf einem Riffe figen bleibt, ganz unerwartet unter neuem 
Namen zum Vorfchein kommt und unter neuer Firma fein in 


"Mintel geborgenes Kindlein als ein eben erſt zum zweiten Mal 


geborened in die Welt einführt. Die Täufchung ift hier leiche 
ter zu entdeden, ald wenn Verfaſſer von Schriften auf einer 
böpern Stelle in der bürgerlichen ober kirchlichen Verfaſſung 
ihren Anvertrauten ihre ſchriftſtelleriſche Probuctionstraft wide - 
men in dem anmaßlihen Glauben, daß fie am beiten für ihre 
Bildung und Vervolllommnung forgen können. Dan denke nur 
an Lehrbücher für Volkeſchulen. Wie felten entfprechen fie ih⸗ 
sem Zwecke: Und doch vergreift fi eine Auflage nach ber ans 
bern, wenn ihr Verf. feine Untergebenen dafür einzunehmen und' 
mit dem Debut bderfelben gebörig zu beauftragen verfteht. (Erf 
fürziih gründete ein Rec. in einer vielgelefenen theologifchen 
Zeitſchrift die Güte eines einen Religiondlehrbuches sum Iheil 
anf feine fo früh erfchienene dritte Auflage, was er ſicher nicht 
—* hätte, wenn er gewußt, wie bie kaum aus ber Dreffe 
ervorgezogenen Eremplare in die Hände der armen Schulkin⸗ 
ber gepreßt würden. Dies im Vorübergeben! Bei dem Buͤch⸗ 
lein „De imitatione Christi” iſt es ein Anderes. 

Den Werth biefes Buͤchleins hier zu beurtheilen liegt uns 
nicht ob, wohl aber zu berichten: wen man nad) langem dor⸗ 
[hen al® feinen Verfaſſer gefunden habe. Vermuthung über 
Bermutgung, mit und ohne Gründe, Behauptungen ohne bins 
reichende Beweiſe Haben ihn noch nicht erforfcht und erwiefen. 
Wen die vorliegende: „Denkſchrift Über den wahren Verfaſſer 
des Buches von der Nachfolge Chrifti, von Herrn G. von 
Gregory. Revidirt und herausgegeben burdy ben Herrn Gra« 
fen Eanjuinais (Paris 1827), Ins Deutiche überfegt und 
mit den nothwendigen Grläuterungen und Zufägen verfehen von 
305. Baptift Weigel“ (Sulzbach, Geibel, 1832, gr. 8., 
20 Gr.) ald Verfaffer nennt, können wir gegen bie Ordnung 
ber hier barüber geführten Unterfuchung nicht fogleich angeben. 
Mehr ale 200 Seiten nimmt bie Unterfuchung ein. Ueber ben 
Borzug, Homer ihren Landsmann zu nennen, flritten fieben In⸗ 
feln und nach ihnen bie Philologen noch heute. Schwerlich has 
man heftiger unb parteiifcher darüber gefämpft ale über ben 
Verf. des genannten Buches. Theologiſche Facultaͤten, ganze 
Möndsorben, große Gelehrte, ja ſelbſt Staatsbehoͤrben mif 
ten fich in diefen Streit oder wurden als Schiedsrichter hinein« 

ezogen. 

2 Die ganze Schrift fpaltet ſich in zwei Theile, deren erſter 
(die Meberfegung bed Gregory'ſchen Werkes) den wahren Berfafs 
fer gefunden und mit allen Beweifen der Echtheit erwiefen zu 
haben ſich anmaßt, und bee andere Grläuterungen und Zufäge 
enthält, die von bem Herausgeber und H. Edmund Wal 
berer, nach Vorrede &. ıx, herrühren, welche bie wegen bei 
bisher unbefannten Verf. geführten Streitigkeiten ausführ: 
lich erzählen und das vorangehende Schriftchen ergänzen. Wer 
ift bean nun ber wahre WVerfaffer? Drei Männern gab das 
Buch einen berühmten Ramen: dem Kanzler der Univerſitaͤt zu 
Paris, Johann Gerſon (oder Idhann Charlier und Janſon), 
arboren au Rheims 1863, geftorben zu yon 1429; Thomas 
be Kempis (Thomas Hämerlen oder Malleolus), geboren 1386 


-zu Kempen, daher de Kempis genannt, einem Städtchen in 


Dder:Yffel, zulegt Superior tes Capitels zu Zwoll, wo er 1471 
geftorben. Weiden kann das Buch aus Äufern unb innern 
Gründen nicht zuerkannt werben, fondern Johann Gerſen, Abt 
zu ©t.:Stephan ber Gitabelle zu Vercelli gegen das Jahr 1240, 
Urfprüngli wollte biefer nicht ein Erbauungsbud für Kathor 
liken, fondern einen Leitfaden beim Vortrage der Moral für’ 
Benebictiner geben. Die Uebereinftimmung bes Inhalts mit 
ber Ortensregel ber Benebictiner beftätigt es, und die lateinifche 
Sprache, in welcher es gefchrieben, verräth einen in Italien 


lebenden Deutfchen. Daß er dem Buche feinen Ramen nicht 
vorfegte, findet hinreichenden Grund theild in ber Demuth, beö 
Ordens, theild in dem Inhalte bes Buches felbft, der nicht 
Cigengebadhtes, fondern aus andern Schriften Entlehntes zit: 
theilt. Einige Handfchriften des 15. Jahrhunderts nennen Ihn, 
oder vielmehr: dankdare Schüler fügen ihren Heften feinen Nas 
men bei. Er felbft fchreibt I, 5: „Frage nicht, wer biefes ges 
fagt babe, fondern darauf merke, was gefagt werbe”. Dieſer 
Sohannes Gerſen, geboren gu Sabanaco, jegt Cavaglia im vers 
teller Gebiete, kommt ohne Kamiliennamen unter Johannes be 
Gabanaco nad) damaliger Mönchsfitte in den Hanbfcriften vor, 
aber der Name feiner Bamilie ift noch in den Zaufregiftern des 
16. Jahrhunderts zu finden. Weide Herausgeber biefer Denk⸗ 
ſchrift wollen ihn aber nicht für einen geborenen Italiener, fons 
dern für einen Deutfchen halten. Aus unverwerflichen Gruͤnden 
giebt dee Verf. den Schluß, daß Werfen feinen Möndystractat 
zwifchen 1220 und 1240 gefchrieben habe. Viele Handfchriften 
beftätigen biefen Johannes Gerfen ale Verfaffer, und wie bie 
Sprache bes Buches, fo auch die philofophifchen Anſichten defs 
ſelben fegen es ins 18. Jahrhundert. Wie in ben Altern, fo 
in neueren Zeiten iſt diefes Buch, gleich der Bibel, durch unzaͤh⸗ 
fige Ausgaben und Weberfegungen vervielfältigt worden. Mau 
findet es in catafonifher, caftilifcher, portugiefifher, flas 
mänbifcher, altdeutfcher,. böhmifcher, polniſcher, griechifcher, eng: 
tifcher, ungariſcher, illyriſcher, japanefifher, arabiſcher, türkis 
ſcher, armenifcher, chinefifcher und noch andern Sprachen; alle 
diefe Uecberfegungen im Collegio romano beifammen. 
Dem Herrn Grafen genügte es nicht, biefe Schrift Jo⸗ 
bannes Gerſen vindicirt zu haben, nein, er überführt auch feine 
keſer von ber Unmöglichkeit der Annahme, daß bie oben genanns 
ten Johann Gerfon und Thomas de Kempis Berfaffer fein koͤn⸗ 
nen. Sn bee Schrift wirb noch von der Abminiftration bes 
Abendmahles unter beiben Geſtalten geſprochen. Dieſe hob das 
Concilium zu Koftnig 1415 auf. Jene Senannten lebten aber 
hadı bemfelben. Viele andere Gründe aus der damaligen Moͤnchs⸗ 
oxdensgefchichte, viele Unterfchriften unter den Handſchriften, 
viele unterſuchungen ber Gelehrten, bie hier genauer berührt 
werden, erweifen ben Johannes Gerfen als Berfaſſer. Leicht 
war bie Vertaufchung de e mit 0, und man nannte an ber 
Stelle des unbekannten Gerſen den berühmten Kanzler der pas 
rifer Univerfität Berfon, und Ref. fest hinzu: Der Ehrgeiz dies 
ſes Mannes war’ groß genug, ſich diefe Schmeichelei gefätlen zu 
laffen und nicht gu widerſprechen. Leicht konnten linwiffende 
Shomas be Kempis, der viele Abfchriften des Buches beforgte 
und ihnen feinen Namen beifchrieb, für ben Verfaſſer halten 
and ihn als ſolchen nennen. “ 

Am Schluſſe ber literarhiſtoriſchen Unterfuhung wirb 
Here Geuce, welcher in ber neueften Ausgabe tes Buches (Pas 
sis 1826) ſich für den Kanzler Gerſon erkiärt, obgefertigt. 

Die ben größten Theil biefer Schrift füllenden Erlaͤute⸗ 
rungen und Zufäge des Ueberfegers und Walberer's gehen bie 
Geſchichte bes über ben Werf. des alten Buches geführten Lite: 
rariſchen Kampfes anz fie fügen Eritifche Bemerkungen bei und 
theilen bie Reſultate der neueften Unterfuchungen mit, find alfo 
theild berichtigenb, theils ergänzend. Auffallend ift, wie biefer 
Streit zwiſchen den Gerſoniſten, d. h. bie den parifer Kanzler 
als Verfaffer annehmen, und Kempiften, d. b. die Thomas de 
Kempis ale ſolchen vertheidigen, vor einen weltlichen Gericht# 
hof zu Paris zur Gntfcheidung gebracht werben fonute, biefer 
fich auch damit befaßte, und, weil ex bie Sache nicht entfcheiden 
onnte, mit ben Parteien nur fpieltes wie der Erzbiſchof von 
Paris ſich in einer Sache als Schiedsrichter angefehen wiſſen 
wollte, bie Gelehrſamkeit, alte codices u. f.w. entfcheiden konnten. 

Hervorgeboben muß hier noch werben, daß der Derausges 
ber Johannes Gerſen zu einem geborenen Deutichen ftempelt. 
Auf bie im Buche vorfommenden Germaniämen, beren einige 
recht broflig find: In moriendo totum iacet (Im Sterben liegt 
das Ganze); Disce te pati (Lerne dich gedulden); Tepescimns 

tam mane (Wir werben fo früh lau); Nog est remediumn, nisi 






- 


B6 te tatieris (4 iſt Epin anbexes Diittel, als baf du dich om 
dulden), dürfte er ſich wol nicht als Enticelpungsgtund berus 
fen. Wie viele entdediten nicht lateiniſche — in 
ben Schriften der Reuern, bie Acht immer deutſcher Ablunſt 
— ee — a en — Du Rare 
erſen iſt deutſchen Urſprun entet gern, begierig, gi 
rig; er endet, wie —— auf en. Dentfäpe und tan 
liener ftanden in dem Zeitraume von 1216 —40' in politle 
[hen Berkehr. Die Hochſchule zu Vercelli biühte. Wie vrele 
andere Familien aus Baiern, fiebeise ſich auch die FJamille ers 
fen im derceller Gebiete an,. fit find noch einige Gar 
pitel aus dem Buche abg . 
Für die asketiſche Literaturgeſchichte ber katholiſchen Kirche 
bat diefe Schrift großes Intereffe. Verfaſſer, Herausgeber und 
Ueberfeger verdbimen Banl. Erwarten fie aber von ihren Bee 
muͤhungen, daß das. Bud, „Me imitatione Christi“ felbft bei 
Katholiten in höhere Achtung kommen ober in ber bisherigen 
ſich erhalten fol, fo werben fie getaͤuſcht. Truͤgen nicht alle 
Zeichen ber Zeit, fo erbaut ben Katholiten nicht mehr Möndyer 
moral, fein Geiſt fobert reinere, Fräftigere Nahrung. Dan 
mäßte font an den Fortſchritten bee Menſchheit zur fittlichen 
Bervollkommnung zweifeln. 19, 





Notiz. 


Der bei dem Wolle in Irland vielleicht noch Häufiger und 
büfterer als bei einem andern in Cutopa anzufreifende Aber 
glaube gibt ſich auch bei Gelegenheit der bort wuͤthenden Chor 
lera mannichfach Fund. &o halten die Leute den fogenannten 
Kippeen, ein auf ber einen Geite angebranntes und in einem 
Keffel mit Weihwaſſer geloͤſchtes hoͤlzernes Stäbchen, für ein 
Gpecificum gegen die Seuche, das von Haus zu Haus weiter, 
und von einem Sehen, es mag Katholif, Protellant odex Sek⸗ 
tirer fein, auf ber ‚Stelle, fobalb er es bei Tage oder bei Nacht 
empfängt, feinem Nachbar als das einzige Mittel, die Peſt abs 
zuwenden, gefendet wird. Diefer "Aberglaube iſt in ber Maße 
allgemein verbreitet, daß unlängft in wenigen Stunden bei dem 
Zollhauſe auf der Brüde, bie bie Grafſchaften Kilkenny und 

erford trennt, 20. Pfund Sterling halfpennyweiſe durch 
die ben Kalisman hin und wieder von Freunden zu freunden 
tragenden Boten eingingen. Gin indeß noch wirkfameres Schutz⸗ 
mittel gegen die Cholera hat ſich in dem volkreichen Kilkenny 
gezeigt. Während naͤmlich alle ringsumber gelegenen Ortſchaſ 
ten flarl von der Krankheit ergriffen waren, blieb diefe Stadt 
feltfamerweife gänzlich davon befreit, und man vermodte ſich 
diefe Erſcheinung nicht anders zu erflären, als indem man dem 
bei ihrer Verbrennung entwidelten Dampfe der Pilfennyer Koh⸗ 
len beilfame Kraft beilegt, weiches Brennmaterial Fein ſchwefelſau⸗ 
res, fondern Tohlenfaures Bas, ganz der Art wie das in verfchlofs 
fenen Zimmern fo gefährliche der Grotta del cane, enthält, 
Denn nun auch bei uns in Deutſchlaud biefelbe Erſcheinung 
ohne ergrünbliche Urſache nicht felten war und iff, daß gang 
von der Cholera eingefchloffene Städte, ja Länber, wie etwa 
Sachſen, von ihr nicht heimgefucht worden find, fo -mag doch 
immerhin biefeh giftigen Dämpfen die Kraft inwohnen, bie An« 
ſteckung zu ertöbten, indem durch bie allgemeine Kobtenfenerung 
wol der ganze Dunſtkreis jener Stadt durdhräuchert iſt. Ar 
fol auch nicht blos Kilkenny, fondern mehr oder minder | 
Dorf bee Grafſchaft von der Seuche verſchont geblieben fein, 
je nachdem es ſolche Kohlen feuerte. Im wie tiefer Finfterniß 
das irländifche Volk übrigens, wie oben gefagt, noch ſchmach⸗ 
ten mag, bavon zeugt eine Mummerei, bie die Fatholifche Geiſt⸗ 
lichkeit in einer bubliner Kirche oͤffentlich vorzunehmen gewagt 
hat, um bem Volke die Cholera als Strafe für feine Sünden 
anzurechnen und barauf reinigendes Weihwaſſer zu erhöhten 
Preifen zu verfaufen. Diefe Nachrichten find aus bem „New 


:monthly magazine‘ geſchoͤpft. 


Redigizt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: J. A. Brodhaus In Leipzig. 





| Blätter 


literariſche 


fuͤr 


Unterhaltung. 





Donnerstag, — . 


ie Gefchichte der Seele. Bon ©. H. Schubert, 
Bwdi Bände. Stuttgart, Cotta. 1830. Gr.8. 4 Thlr. 
. 5 ⸗ 


* 





Die rechte Lebensphiloſophie, heiße fie nun Natur: 
oder Staats: (Gefellichafts:) oder Kirchenphiloſophie, wird 
immer diejenige bleiben, die den Menfhen zue Einigung 
mit fich ſelbſt mitten in dem taufendfältigen Zwieſpalt 
und Streit, der unabläffig umb aus fich ſelbſt ſich immer 
wieder erneuernd das Ich umkreift, oder richtiger ausge: 
dehdt : die ihn zur Sebendigen Einheit mitten in dem- end⸗ 
loſen Dualismus des Lebens zu führen vermag. Aber «6 
wäre wol zu wänfchen, daß fie fo leicht gefunden werden 
koͤnnte, als das Beduͤrfniß derfelben, genau genemmen, zu 
aller Zeit erkannt worden iſt. Der Dualismus ift frei 
lich da; ber Gegenſatz geht durch die ganze Welt hin: 
duch; wol beutet er felbft auf die Einheit hin und würde 
gar nicht da fein können, wenn biefe nicht mit und in 
ihm da wäre; dennoch iſt «8, der Erfahrung zufolge, fehr 
ſchwer, die Einheit fo zu finden, daß der Gegenſatz mit 
ihr und in ihr micht verichwindet; und leider iſt es das 
gewöhnliche Loos menfchlicher Speculation, daß fie, den 
Blick auf die Duplichtät gerichtet, kein Auge für die Eins 
beit übrig bat, oder aber an dem grade Entgegengefegten 
zerſchellt. Das Leben felbft, das echt praßtifche, veeiß nun 
zum Sal in ſehr vielen Fällen ſich vecht gut in dem 
wunderlichen Doppellichte zurechtaufinden und, wie oft es 
auch in feinem blinden Herumtappen fehlgreift, doch am 
Ende auch ebenfo oft den rechten und Alles verföhnenden 
Brenn⸗ und Centralpunkt zu finden. Sa, es ift, als ob 
eine höhere mätterlihe Vorſicht in folchen Faͤllen bem 
menfchlichen Kinde, das In diefer Zeitlichleit nie über Die 
Kinderjahre hinauskommen zu innen ſcheint, ihr Auge 
fsihe ; und leicht koͤnnte man eben darum glauben, daß es 
mit der ganzen Phitofophie nicht viel fei und fie am Ende 
gar nur als ein verführerifcher Baum ber Erkenntniß das 
fiche, um bie Iäfternen Kinder von der fehägenden Mut⸗ 
verhand himmwegzuloden, ſowie, daß in blinder Hingabe an 
den angenommenen höhern Einfluß, wenn fie nur recht 
unbedingt und willenlos ſich geftaltete, die volle Befreiung 
vom Irrthum am ficherften gewonnen werden koͤnne, was 
dern auch Myſtiker und Theoſophen unferer Tage, alle 
Heſychaſten früher Zeit Überbietend, begierig ergreifen. 
Nichtsdeſtoweniger gibt fid, jedoch gar bald jenes muͤtter⸗ 





10. Januar 1833, 


— ⏑ ———⏑—⏑⏑———————— 





liche Leiten des menſchlichen Kindes nur als Complement 
zu erkennen, durch welches bios ber einſtweilige Mangel 
des Selbſtleuchtens ergaͤnzt und ausgeglichen werden ſoll; 
und dieſelbe unwiderſtehliche Naturgewalt, die die Bluͤten⸗ 
knospe endlich am himmliſchen Strahle zur duftenden Blues 
me entfaltet, treibt auch den Menſchengeiſt in dieſer Zeit⸗ 
lichkeit raſtlos vorwaͤrts, daß er immer mehr lerne auf 
eignen Füßen ſtehen und mit eignen Augen in die Herr⸗ 
lichkeit der Weit fchauen, wie vielfach auch Nebelflocken 
und DBlendungen ihm den teinen Bid trüben und bie 
volle Klarheit der Anfchauung auf immer für die Ges 
genmwart verhindern mögen. Entſprechender dürfte deshalb 
auch ſchwerlich für: das menſchliche Wiflen in fenem Rin⸗ 
gen nach Seibftändigkeit ein Name gefunden werden koͤn⸗ 
nen ald der dee Philofophie, indem er, Liebe zur Weib 
heit ausdrüdend, eben damit das volle und innige Sehnen 
nah Wahrheit, das jedoch auf jeder Stufe des zeitlichen 
Lebens fih immer wieder aus fich ſelbſt gebährt, auf das 
befte bezeichnet. Denn das eigentlichfte und innerſte We⸗ 
fen aller wahren Kiebe, wie fie auch immer bes geliebten 
Gegenftandes fi) bemädytigt haben möge, bleibt dennoch 
eine tiefe und Lebendige Sehnſucht, nur noch inniger mit 
dem Geliebten fi zu verbinden. Zugleich möchte fich 
aber auch von hieraus bie allerdings noch nirgends wirk⸗ 
lich gewordene Identitaͤt der wahren Pbilofophie mit ber 
Religion ſehr beftimmt nachweiſen und die bekannte Schels. 
Iing’fhe Behauptung, daß alle echte Phitofophie zulegt 
mit der Verklärung des Chriftenthbums endigen müfle, auf 
das genügendfte fich rechtfertigen laſſen. Religion iſt im, 
fetbft der unftreitig ficherften Etymologie zufolge, ein im 
mer erneuertes Vernehmen des Weltgeiftes und feiner Ofs 
fenbarungen, das darum Immer roieder erneuert werden 
muß, weil mit jeder Erneuerung die himmliſche Stimme 
lauter und heller vernommen wird, ohne daß jemals in 
der Zeit das höchfte Wort ausgeſprochen werben koͤnnte.“) 


*) Es ift in ber That auffallend, daß in ber neueſten Zeit 
bie meiften Theologen, und unter ihnen felbft Rationaliften, 
die natuͤrlichſte und fprachgemäßefte Etymologie bes Worte 
Neligion von relegere, die Gicero ſchon fo vollftändig rechte 
fertigt, verlaffen und ber viel unnatürlicdhern des Lactans 
tius von religare ſich zugewendet haben. Faſt möchte man 
auch darin eine Wirkung des myſtiſchen Driadına erkennen, 
das bie Zeitatmofphäre einmal inficirt bat und beffen wes 

ſentlichſte Eigenthuͤmlichkeit doch hauptſaͤchlich darin befteht, 





38 


gen anſtellen, wenn man ben Gang ber naturphllos 
ophiſchen Leiſtungen dieſes Mannes ihrer Zeitfolge 


Wie geben nun, um auch bies noch hinzuzufügen, bie 
Hoffnung nicht auf, daß ed gar wohl mit ber Zeit zu ei⸗ 
ner völligen Vereinigung und Verſchmelzung der Philofo: 
phie und Religion kommen könne, indem fie, genau genom: 
men, bisher fchon nur formell, d. h. dadurch von einander 
gefehieden waten, daß jene in ber Selbſtſucht des eignen 


Wiſſens, diefe in träumeriihem Misverſtehen des offens. 


- harenden Weltgeiſtes ſich taufendfältig verbiendete, wäh: 
rend immerhin der wahre Lebensgehalt in beiden, fobald 
ein folcyer fich wirklich auswies, derfelbe war. Wirklich 
zeigt uns auch die Geſchichte einzelne Erſcheinungen, in 
welchen jene Identitaͤt det Philoſophie und Religion faſt 
zum vollen Durchbruch _gefommen war; und wenn wir 
fagen könnten: Chriftus, in feiner Idealitaͤt aufgefaßt, ſei 


in Wahrheit davon das vollendetſte Urbild, ſo moͤchten 


wir ſelbſt in manchen ſogenannten Theoſophen des 17. 
Jahrhunderts beſtimmte und entſchiedene Anklaͤnge derſel⸗ 
ben wahrnehmen dürfen. Ob nun aber etwa durch die 
Leiftungen der fogenannten Naturphilofoppie in dem lebt: 
vergangenen Vierteljahrhundert Hauptfaͤchliches für bie Rea⸗ 
liſitung dieſes Ziels in unferer Aera gewirkt worden ſei, 
das wollen wir gegenwaͤrtig auf ſich beruhen laſſen und 
nur fo viel bemerken, daß, wenn die Schelling’ihe Philo⸗ 
fophie gewiß einen recht tüchtigen Anlauf genommen hatte, 
die felt alter Zeit an den Wagen der Menſchheit nad) 
divergivenden Richtungen gefpannten Roffe einander näher 
zu bringen, ber Hegelianismus, ſich felbft unbewußt, und 
wol fogar gegen feinen Willen, die Trennung aufs Neue 
nur zu entfchieden wieder ausgeſprochen und befeftigt hat. 
Mimmt vielleicht in der geiftigen Entwidelung unſers Jahr⸗ 
hundert der Hegelianismus biefelbe Stelle ein, welche 
von der unſeligen Reaction nad) dem Befreiungsjahre 
4815 auf dem politifchen Gebiete bis auf unfere Zeiten 
herab, in welchen fie nun ernſtlich vor Gericht gezogen 3 
werden fcheint, behauptet worden ift? 

Menn indeß Ref. es unverhohlen bekennt, daß er in 
feinem henotifhen Sinne, bei dem er jedoch jedes Mal 
dern juste milieu noch ein neues juste vorzufegen ſich ge⸗ 
drungen fühlt, eine befondere Vorliebe für jene Einigung 
und friedliche Verbindung der Philofophie und Religion 
bat, und deshalb mit ber größten Entfchiebenheit forwie 
mit dem freudigften Bewußtſein, daß er jeder Halbheit 
von ganzem Herzen Feind ift, den Rationalismus wie 
den Myſticismus unferer Tage in völlig gleicher Weiſe 
perhorreſcirt; fo hat er dabei (dom längft mit inniger 
Freude einen Forſcher, mie ber Verfaſſer der vorliegenden 
Geſchichte der Seele“ iſt, der gemuͤthliche Schubert, beob⸗ 
achtet und es bat ihm ſchon oͤfter einen wahrhaft über: 
raſchenden Genuß gewährt, zu fehen, mie biefer finnige, 
mit der fchönften Weihe des Schellingianismus ausge: 
flattete Naturphilofoph wol jene Einigung nod nicht zum 
vollen Abſchluß in fich ſelbſt gebracht hat, ihr jedod) fo 
nahe, wie vielleicht kaum Einer neben ihm in unferer Zeit 
getommen iſt. Es laſſen fih eigenthuͤmliche Betrachtun⸗ 
rate des Natürlichen das Unnatürliche, flatt bes einfachen 


Woh!geſchmacks das Pikante und Gewürzte, flatt bed Schoͤ⸗ 
nen das Gezierte und Gelünfelte u. f. w. zu erwählen. 


' 


nad) begleitet und fo von feinen „Ahnungen einer höhern 

Geſchichte des Lebens” Ihm zu ben „Anfichten von ber 

Nachtſeite der Naturwiſſenſchaft“, dann zur Ken if 
fol 
iec®, 






Traums‘s, ferner zu der „Urwelt und die Firſterne 
und endlich bei feinen neueften Gaben auf dieſenr G 
feiner „Allgemeinen Naturgefchichte” und der vorliegenden 
„Geſchichte der Seele” ftehen bleibt. Unverkennbar ift mit 
jedem Schritte vorwärts feine Sperulatton bucchfichtiger 


und freier von einer gewiſſen krankhaft üppig Blästfülle 


geworden, und wirklich erfcheint fit in feinem neuelten 


Werke fo tief in jene lebendige? Cinheit· des , 
die wir ganz im Anfang andeuteten, eingegangen, daß es 
uns fast. befremdet, wenn unſer' Verf. noch: am Schluſſe 
feiner ‚großen, gegliedertn Entwidelung (&.-892) von eis 
nem Unterfchiebe zwifchen religisfer Betrachtung Und wiſ⸗ 
ſenſchaftlicher Forſchung redet. In der That, unfer Bes 
duͤnkens, fehlt nur wenig, um die naturphiloſophiſche 
„Geſchichte der Seele” zu einer wirklichen Cheohicee.zu 
erheben; etwas aber freilih immer noch. Bme 
gleich) hat indeß der reichbegabte Schubert neben diefer ſpe⸗ 
culativen Laufbahn noch eine eigentlich reügioͤſe beſchritten. 
Nun mag es wol fein, daß ihm die Leiftungen in dieſer 
nicht ganz freiwilkg, fondern vdielmehr erſt auf aͤußert 
Veranlaſſung gekammen find, die er in feiner liebenswürs 
digen Gutmüthigkeit nicht zuruͤckweiſen konnte. Ihr ab: 
foluteer Werth ift offenbar ein viel geringerer als der der 
Anbern auf dem Gebiete der Speculation, und Das, was 
überall als Ausdrud der Einfeitigfeit, wie wenig hervor⸗ 
tretend fie auch immer fein mag, erfcheint, die Manier, 
iſt ihnen weniger fremd als jenen. Davon jedoch hin: 
weggefehen, fo ift auch in ihnen die Tendenz, den Glau⸗ 
ben bem Willen, die veligisfe Anficht der philofophifchen 
anzunähern, nicht zu verfennen; fis find ſonach offenbar 
auf dem Wege, die von uns herbeigewuͤnſchte Einigung 
fördern zu helfen, fodaß fie fid) von den zelotifchen und 
ſchroff einfeitigen Ergüfien einer gewiſſen Partei unferer 
Rage noch durch etwas ganz Anderes als bios durch ih⸗ 
ren heitern, mitunter fogar humoriſtiſchen Charakter, ums 
terfdyeiden, . Und fomit möchten wir mol fagen, die beiden 
Parallelen nähern. fish in dem geiftreihen Schubert nicht 
blos fcheinbar, wie Die beiden Baumreihen einer geraden 
Allee in der Perfpective; der Winkel, unser welchem fie 
fih wirklich in dem Unendlichen fchneiden werden, wird 
in der That immer [piger, und es fehlt offenbar nur noch 
fehr wenig, fo fallen fie. zuſammen und die Einheit müßte 
dann fehr glüdlich. gewonnen. fein; dennoch fürchten wir 
allerdings, daß es zu dieſem -Iufammenfallen nicht kom⸗ 
men wird. Eine der erfreulichften. Exrfcheinungen aber in 
unfern zerrifjenen und in ihrem Sinnerften getheilten Zeis 
ten bleibt uns deshalb auf jeden Fall unfer Schubert, 
und wenn wir ihn oft im Stillen mit ‚jenem alten ſyra⸗ 
Eufgnifhen Aſtronomen, der mitten unter den Stürmen 
der wildeſten Eriegerifchen Gewalt feine mathematifchen 
Kreife in heiterer Gemuͤthlichkeit zu ziehen fortfähre, ver: 
glihen ‚haben, fo, meinen wir, wäre der ſchwer drohende 


Karhpf' unferer Tage mit einem Male entſchieden und gewiß 
eine neue, beſſere Zeit mehr als ‚begründet, wenn nur vorerft 
bie trenmende Kluft zwiſchen den ſtreitenden Tendenzen bes 
Tages nicht größer wäre, als jene zwiſchen Speculation und 
religioͤſer Auffafjung in der Individualität unfers Verf. 


. Wir haben uns diefe Lange, faſt ermüdende Einlei⸗ 
tung erlaubt, nicht ohne einiges Vertrauen boffend, daß 
unfere Zıfer der guten Meinung, die ibe zu Grunde liegt, 
Ihre Naͤchſicht geſtatten werden: Zugleich flehen mir in 
der Erwartung, damit eine ziemlich fichere Baſis für die 
BeurtHeilung der Schrift ſelbſt, die uns bie Veranlaffung 
dazu geworden ift, gewonnen zu haben. Wir tragen aber 
kein Bedenken, diefe Schrift den bedeutendften Erzeugnif: 
fen der Literatur unferee Tage beizuzählen; und wenn ihr 
Berfaffer in det Vortede verſichert, feit 25 Jahren die 
Grundgedanken zu biefer Arbeit in ſich getragen und fie 
38 geſtalten geſucht zw. haben, fo bezweifeln wir die Wahrs 
heit diefer- Berfiherung nicht im Geringſten; denn ein 
felches Werk ift nicht auf jene Weife zu produciren, in 
iwelcher ſo manche ephemete, mitunter ziemlich corpulehte 
Schriften aus dem trüb angefchwollenen, ausgetretenen Li⸗ 
teraturſtrome der Gegenwart auftaudhen. Um nun gleich 
vern berein eine allgemeine Charakteriftil des Inhalts dies 
ſet ſeinent Titel nach allerdings etwas räthfelhaften Buche 
zu geben, ſo fuͤhren wir Folgendes ziemlich rhapſodiſch an, 
Wenn eigentlich fuͤr die wahre Lebensphiloſophie jede der 
unendlichen Individualitaͤten in der. Welt ein doͤg oı mod 
ro, ein Standpunkt ift, auf weichem "das ganze Uni» 
verfum in eigenthümlichee Weife angezogen und angeeig: 
net werden kann und foll: fo muß jede Betrachtung zwar 
an einem diefer zahllofen Demmungspunkte beginnen, aber 
in ihrer Entwidelung dennoch, wie der Schild. des Achil⸗ 
les untee den Händen des Eunftreichen Hephäftos, Erde, 
Himmel und Meer und die unermübete Sonne fammt 
dem ſich füllenden Monde, nicht. weniger die "ganze Sir: 
flernwelt (Teipen nuysa) umfaffen, indeß durch die un: 
endlihe Marmichfaltigkeit der Anfangspunkte die Herrlichkeit 
der Form bedingt und in Sicherheit geftelt wird. in 
ſolcher Standpuntt iſt auch die Seele, und bie echt phis 
Iofopbifche Betrachtung derfelben, heiße fie nun Pſycholo⸗ 
gie, oder Geſchichte der Seele, oder Idealismus, oder auch 
Pneumatologie, muß ihren Gegenfland zum durchfichtigen 
Diamant fchleifen, in welchem das ganze Weltall fich ab: 
fpiegelt; und in diefer Faſſung fcheint allerdings der Ti⸗ 
tel: „Geſchichte der Seele”, ganz befonders fignificant zu 
fein. Denn es wird pon folder Betrachtung. gleihfam 
Pſyche in noch finnigerer Weile als in dem bekannten 
griechifchen Mythus duͤrch Himmel und Hölle geführt, und 
dee Gang ihrer Keiden und Freuden bis dahin, wo fie 
aus Tiberftandener Prüfung zue Bewährung Übergeht, in 
böherm hiftorifchen Style gezeichnet. Materiell fonach ans 
gefehen, wird fie zugleich zur Anthropo:, Phofior, Kosmos 
Theologie. Wenn aber, wie wir oben andeuteten, bie echte 
Philoſophie uͤberall bemüht ift, die Einheit‘ in dem ewi⸗ 
gen und immer fich wieder erneuernden Gegenfage nach⸗ 
zuwelfen, ſo iſt ihr tanerer Organismus kein anderer als 


ber, eben Das, was Seele heißt und von dem Jeder 
weiß, was er zu benfen hat, wenn er es auch nicht zus 
fagen verſteht, in feiner Selbftändigkeit in allem Conflicte 
der obern und untern Kräfte und Elemente aufjuzeigen, 
und dieſe Selbftändigkeit in ſolchem Tonflicte recht eigents 
lich genttiſch fi) evolviren zu laſſen. Hierbei ift es num 
freilich) nicht damit abgethan, eine ullgemeine Formel aufs 
zufinden und Diefe wie ein Prokruſtesbett auf die vers 
ſchiedenen Momente des Berhältniffes dee Seele zu dem 
Univerfuni anzuwenden: ein Verfahren, das uns befonders 
die Heinroth'ſchen Forfchungen vielfach verleidet hat, und 
das offenbar in ben alleräußerften Vorhof der Philofophie, 
etwa in eine Hegel’fche Logik, gehört. Wol aber entflche 
auf ſolchem Wege eine eigentliche Geſchichte der Seele, 
bie für jedes beſondere Factum die Zeugen forgfältig abe 
hören muß, und die hiermit auch fogleich den Charakter 
ber innerften Wahrheit und Wirklichkeit fi) zu erwerben 


weiß; dabei am weitelten entfernt von jenem nichtigen 


Spiel mit Inductionen und Analogie, das allerdings von 


vielen Naturphilofophen aus der Schelfing’fhen Schule, 


denen wir zum Theil feloft den geiftreichen Ofen beizähs 
ken müffen, auf eine gar arge Weiſe getrieben worden iſt. 
As wahrer Meifter bewährt fih in bdiefer hohen Kunſt 
unfer Schubert, und gewiß in der „Gefchichte der Seele” 
noch vielreiner und gediegener als in den vorangeganges 
nen Werken, namentlich in ben „Anfichten von der Nachts 
feite‘ der Naturmiffenfchaft”; und wenn wie ja auf Das 
hindeuten follen, was dermoch feiner Forſchung in irgend 


welchem Grade das Prädicat der oben getadelten philofos 


phiſchen Einfeitigkeit vindicirt, fo finden wir es hauptſaͤch⸗ 
lich darin, daß er fo zu fagen den frifchen Glaubensmuth 
nicht hatte, feine Reſultate poſitiv und entfchieden genug 
auszufprechen; ober lieber: daß ‘er ſich's nicht verfagen 
Eonnte, die eigne Muͤhe, die ihm fein Finden, gekoftet 
hatte, noch allzu. ſehr ducchfchimmern zu laffen. Geben 
wie daneben zu, daß manche einzelne Beweisfuͤhrung in 
diefem oder jenem Kalle dem Kenner mislungen erfcheinen 
wird, und fomjt nicht alle fpecielle Partien in gleicher 
Vollendung ausgeführt find, fo geflehen wir es auch von 
diefer Seite ein, daß wir die Schubert'fhe Schrift allere 
ding® nicht über bie Schranken der allgemeinen Menſch⸗ 
lichkeit hinausgeruͤkkt und erhoben denken können. Wen⸗ 
den wir uns nun noch zu einer kurzen Detailuͤberſicht des 


eiſtreichen Buchs. 
3 ſt c che (Die Vortſetung folgt.) 





Aus Italien. 


WBindelmann’s Werke, bie fo weſentlich dazu beigetragen 
haben, die Liebe zu den alten Kunſtdenkmalen Italiens zu foͤr⸗ 
dern und Lebhafter anzuregen, gab es vollftändig noch in Feiner 
italienifchen Ueberfegung. Endlich haben muthige Buchhändler, 
die Brüder Giacchetti in Prato, Windelmann’s Werke nach dem 


1829 zu Donaueſchingen erfhienenen Nachdrucke von Gifelein ih’ 


italienifcher &prache zu drucken angefangen und Alles in ihr vers 
einige, was zu ihrer Ausftattung in ihrem Bereiche lag. Aber 


freilich wird das Buch dadurch theuer ausfallen, indem es auf 


12 Dctavbände und auf einen Atlas von 30 Heften in Folio 
berechnet iſt, die zufammen 300 Eire Toften werden. Gifelein’s 
Bemerkungen, wie bekannt aus ber neuen dresdener Ausgabe ents 


* 


40 


lehnt, findet 'man bier zur ‚der mandherlel Irrthuͤ⸗ 
* —* benutzt, body iſt noch Eins und das Andere ſte⸗ 
geblieben. was nach siner Anzeige von Frane. Longhena im 
tihefte ter „Biblioteca ital.” von 1832 durch Zutiehung ber 
Badus'fchen Ausgabe von E. Q. Bißconti’d „Opere varie’” wol 
vermieden werben koͤnnen. Schon find ſechs Bände dieſer 
uögabe erſchienen. — Kür den Unternehmungsgeift ber Bruͤder 
GSilacchetti und folglich als Gewähr, daß das Ganze nicht fteden 
bleiben wird, Tann angeführt werden, daß fle es waren, welche 
tie fo fehr bereicyerte zweite Ausgabe von Gicognara’s Geſchichte 
der Büdhauerfunft”’ und außerdem die italieniſche Meberfehung von 
Agincourt’s „‚Befchichte der Kunft nach Dentmälern‘‘, mit Bemer⸗ 
tungen von @tef. Ticozzi gaben, die 1826 begann und durch 
fechs Octavbaͤnde Text ‚und 80 Lieferungen Kupfer in Bolio jegt 
beendigt if. Diefes letztere Werk fepte um fo ‚größere Ausdauer 
voraus, ais auch in Maitanb eine Ueberfegung bei den Drudern 
Bainiero Fanfani zu Tage kam, die von nicht unbebeutenden Ger 
lehrten unterftägt, ward, freilich aber auch ein trauriges Zeichen 
des ſich ſelbſt überlaffenen und unfihern Buchhandels in Italien 
iſt. Doch wagen. Buchhändler dort Unternehmen, von denen 
ihre Geſchaͤſtsgenofſen in andern Ländern mit taufend Vedenklich⸗ 
keiten zurüdtreten. So ift in Mailand ganz fürzlid) eine „Bac- 
colta delie migliori fabbriche ed ornamenti della citth di 
Genova, disegnate dal architettore e pittore Gius. Berlen- 
dis, bergamasco” (1828—31, Querfol.) erſchienen (48 Kupfer), 
die Bautier’s koſtbares Werk: „Les plus beaux edifices de 
la ville de Genes’’ (Paris 1818), nicht uͤberfluͤſſig macht, weil 
dort für Architekten das Rothwendige vollflänbiger beifammen 
it, und boc bei dem Preife von 40 ital. Liren auf Käufer u 
rechnen feheint. In Deutſchland hätte Ders Berlendis v t 
Beinen Verleger gefunden, 


Eine nme Geſchichte der Infel Gorfica („Istoria di Cor- 
sica dell’ arcidiacono Anton Pietro Filiypini. Beconda ediz. 
feceduta da una introduzione storica sulle rivoluzioni di 
ors. fino al 1769, dell avvoc. @. C. Gregor), accompagnata 
ed illustrata da documenti per la piä parte inediti.“, & Theile, 
Piſa 1828 — 32) finder fi angezeigt in italieniſchen Zeit 
ſchriften unb nichts‘ zu ihrer Empfehlung weiter erwähnt, als 
tab Graf Pozzo di Borgo in Paris die Widmung berfelben ans 
nahm. Roc mehr Auffehen verdiente nach dieſem Maßſtabe 
eine „Storia dei principi dj Savoja del ramo d’Acaia, sig- 
nori del Piemonte, dal 1294 al 1418, di P. L. Datta, pre- 
miata della R. accad. della scienze di Torino e dedicata 
alla Maestä del regnante Carlo Alberto’ (2 Bände, Zurin 1832). 
Keine dieſer ebenbürtige Empfehlung bringt die Chronik von 
Piacenza mit („Ristretto di storia patria ad uso de’ Piacen- 
_ Gni, dell’ avv. Ant. Dom. Ross, Piacenza 1829 — 82, 
4 Bände, 16.), bie doch durch genaue Angaben für die Eulturs 
geſchichte Oberitaliens nicht zu überfehen ift. 27. 





Romanenliteratue 


1. Schriften von Aleranber Bronikowseki. Dreizehnter 
‘mb vierzehnter Band. Dlgierd und Diga, oder Polen im 
elften Jahrhunderte. Vierter und fünfter Theil. Dresben, 
Arnold. 1832. 8. Preis ber fünf Theile 7 Ihe. 12 Br. 

"Nach langer Unterbrechung , fodaß man an ber Bortfegung 

- jweifelte, bat ber Verf. ben Baden feines hiftosifhen Romans, 

dem Anfchein nah mit verminderter Luft daran, wieber aufge: 

Rommen. Um noch zwei heile auszufüllen, ergeht er fi in 

Wiederholungen unb endlofen Gefpräden, beren Ergebniß kein 

anderes ift, als längft befannte Dinge ind Gedaͤchtniß zuruͤckzn⸗ 

zufen. Es bedurfte feine umftänbliche Zerglieberung von der gries 
chiſchen Abgefandten, unb alfo auc ihres Dberhauptes, treulos 
fer Argliſt, betrügerifcher gieriger Selbſtſucht. Die Streitig⸗ 
keiten zwifchen der Kirche und der Krone waren auch kürzer 


abzuthun, bie pp Gelage minder beutlich auszwmmalen. 
Des Dolenkönigs Eee Berelendung Tegt fih in wilde raus 
ſamkeit um, nachdem ihn feine getreuen Kitter aus ben Roſen⸗ 
feſſeln befreiten, die bereit# begannen bie eifernen biidden zu 


laffen, welche jene bededten. Das Einwirken ber Grledgen, Ol⸗ 


gierd's und feiner Räuber Schendthaten, und Boiesian’s Häe 
befördern den Buͤrgerkrieg, die rohefte Anarchie, die jenen bes 
ſtimmten Zeitabfhnitt in Polens Gefhichte zu einem ber, blutigs 
ften, troftiofeften, finfterften machen. Boleslav endet ſchimpflich 
in ber Berbannung, erſt fpät ehren bie mit ihm geädyteten An⸗ 
bänger in die Heimat zurüd. Zar Demetrimk füllt von bem 

Hand feines Sohnes Dlgierd, ber von feiner Am Digg, nicze 

feiner Mutter, für die fie gelten wollte, ſyſtematiſch zum Boͤſen 

erzogen, den Word, ohne zu wiffen, wie nahe ihm das Opfer 
flieht, vollbringen muß, unr der Rachgier des teuflifchen Weibes 

Senüge zu leiften. Olga und Digierd, ſowie He meiflen bei 

durch ihre Perfbnlichkeit angiehenden Figuren ber Frühen Theile; 

find in den legten unbebeutend,, fobaß es das Anfehen gewinnt, 

als feien Gute wie Boͤſe ihrem geiftigen Water —— * 

worden, und er habe nur daran gedacht, auf die leichteſte Weiſe 

eine ihm Läftige Dbliegenheit fi) vom Bals zu ſchaffen. , 

2. Die Urgroßmuttr und ihre Familie. Erzaͤhlung von 9 
Krufe. Leipzig, Kollmann. 1832, 8. 1 Ahle. Br. 

8. Die alten Kreunde. Grzählung. Palmyra. Phantafieflid. 
Aus dem Daͤniſchen. Bon 2. Kruſe. Ebendaſ. 1832. 8, 
1 Thlr. 6 Gr. 

ine Kinberverwerhfelung, welche an bie Asßerfte Linie bes 
Mahriieiniichen grenzt, aber durch die Gewalt ber Umfänbe 


‚gerechtfertigt toird, gibt ben Stoff der erſten Erzaͤhlung. Das 


Gelungenfte in diefer iſt die Zeichnung der Urgroßmutter, eines 
ſtarken, ſchroffen, aber fich gleichbleibenden, nicht unnatürlicyen 
Charakter, den der Berf. ficherlich nit in dem franzöfie 
fen Roman vorfand, ber einige Data zum Gujet gab. Der 
Plan, bei aller Einfachheit verwickelt, fpannt bis zuleht die 
Aufmerffamteit, und verflebt es die Verwechſelung fo zu Ders 
büllen, daß man nur fie vermuthen, über feinen Scharfſinn fidy 
exfreuen Tann, und nicht über die Ginfalt ber Betheiligten ſich 
zu ärgern bat. | 

„Die alten Freunde” finb originell gebadht, geiftweich ausge⸗ 
führt. „Palmyra’, der Eraum eines ſich bewußten Wahnfinnigen 
it diesmal in der That ber ruͤckwaͤrts fchauende Prophet, man 
wird verſucht eine Allegorie hineinzudeuten und nach ernftem 
Sinne in dieſer Phantafie zu fpähen. 
4, Die Särge von Mantfeld. Hiſtoriſch⸗romantiſche Erzählung 

von Warnofrid. Eisleben, Reihartt. 185%. 8. 22 Gr. 

Rittergefhichte aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, vers 

ſtaͤndig troden, etwas langweilig. . 18, 





Literarifche Anzeige. 
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten: 


Converſations⸗Lexikon 


neueſten Zeit und Literatur. 
Zehntes Heft. | 


Grimm bi8 Zeiberg. 
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Leipzig, Wſten December 1832. 
8. 4 Brodhauß, 


Rebigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagshandlung: %. a. Brodhaus in Keipzip. 


\ 


- 


Blätter, 


fiterarifhe 


ftr 


Unterhaltung. 








Die Geſchichle der Seele. 
Zwei Theile. 
(Bortfegung aus Nr. 10.) 

„Mitten in dem Reiche bes Seins”, fo beginnt bie 
Seelengeſchichte, „ſtehet eine Somne, weiche Alles trägt 
und hält, Alte belebt und bewegt, und es iſt ein Auge, 
felbee von Gonnennatur für jene Sonne gemacht... Die 
Sonne ift Gott, das Auge ifi die Seele.” Wir finden 
dies Wort mit vollem Rechte an bie Spige der Unterfus 
dung geftelt, und ohne eben eine allgemeine. Formel zu 
fein, faßt es bennody alle Elemente in fi, die auf dem 
langen Wege der geichichtlichen Forſchung nach einander 
verhört werden follen; das Reich des Seins; Gott über 
ihm, „welcher dee Dinge Anfänge in feiner Dand bil’; 
und die Seele, die ausgegangen Hi, um gemäß ihrer 
befchaulichen Natur, auf dem Grunde bes Seins, zu 
Bott zu kommen. Der Verf. aber bat, um dies hier 
fegteich zu bemerken, vieleicht doch ſchon vorn herein bie 
Anficht Tih damit etwas getrübt, daß er durch die in 
pruerer Zeit wieder geltender gemachte qualitative Unter 
ſcheidung zwiſchen Seele und Geiſt fo zu fagen in etwas 
faschnirt oder. mpftificirt worden if. In jenem Anfanges 
werte will er noch in der vollen Unbefangenheit fein; 
ja, noch auf Seite 370 fagt er: „Einftweiten begreis 
fen wir noch das ganze inner und ober dem Kreis 
des Sinnlichen und Leiblichen gelegene Gebiet des Lebens, 
unter dem beide, Seele wie Geift, zufammenfafienden Nas 
men bes Seele.” Indeß ſchwebt ihm immer fchon das 
Sefpenft der zu feiner Zeit, wie er meint, unvermeidlichen 
Scheidung vor, und von ©. 668 am tritt es num wirk 
Uch entſchiedener auf, gluͤcklicherweiſe durch den fihern Takt 
des Verfaſſers fo modificirt, daB es nur geringer Abſtrac⸗ 
tionen bedarf, um es in ſeine naturgemaͤßen, blos ſormel⸗ 
len Schranken zu weiſen. Wir meinen, durch die Lehre 
des in anderer Beziehung hoͤchſt wackern Hrn. von Meyer 
vom Hades und beſonders vom ſeeliſchen und geiſtigen 
VPrincip iſt manche klare Anſicht in unſern Tagen irrege⸗ 
leitet worden, und es würden viele Misverfländniffe erſpart 
worden fein, wenn man den Ausdruck Geift in feiner in 
dividuellen und qualitativen Faſſung nur auf Gott und 
die von ihm ausfttömenden hoͤhern Lebenskraͤfte bezogen, 
außerdem aber in formaler Bedeutung, wo es dann nur 


die höhere Potenz der Seele anzeigt, blos auf bie Erea⸗ 


Von G. EN Schubert. 





tur angewendet haͤtte. Wie aber ſchon bemerkt, bei ber 
geoßen Sicherheit, mit welcher unfer Verf. Aber feinen 
Gegenftand berrfcht, hat jene Nachgiebigkeit gegen den erſt 
neuerdings wieder aufgefommenen Sprachgebrauch nur eie⸗ 
nige Truüͤbung in das Ganze bringen koͤnnen, die ſich 
uͤberdies ziemlich leicht auflöfen läßt. 

Die Seele, da8 Auge, um bie Some im Reiche 
bes Seins zu fchauen, läßt er num ausgehen, um ſich im 
Niedrigften wie im Höchfien, in dem Unten wie in bem 
Oben zu faflen, und. begleitet fie auf ihrer Wanderung 
Schritt vor Schritt; auf jedee Stufe findet er fie aber 
in der tiefen, alle& Leben und feine Herrlichkeit bedingen« 
den Harmonie der obern und unten Weltkraͤfte, Gottes 
und des Seins, zugleich jeder befondern Stufe die eigen« 
thuͤmliche Herrlichkeit dadurch fihernd, daß fie fortan die 
Bedingung ber ihr zunächliftehenden in ſich begreift und 
fo Dasjenige fi) ausfchließend vindicirt, was die Nachbare 
fiufe ewig nur in der Liebenden Dinneigung zu ihr auf 
ſich überzutragen ‚vermag. Wir wollen, um unfere Lefer 
nicht allzu fehr mit einer Darlegung, bie blos das Biel 
haben kann, fie zum eignen Studium ber geiftreichen 
Schrift zu reizen, aufzuhalten, den Verf. nur zu einigen, 
befonders ausgezeichneten Stationen begleiten. 

Mit dee dußern Natur beginnt er, um ba bie Ans 
fänge der Seele aufzuzeigen, und das Ringen des Lichte, 
als des Zugs von oben und nad oben, mit der Schwere, 
als dem Zuge nach unten und von unten, iſt der erfte 
Ausdrud des Seins, das in der Gemeinfchaft des Lebens 
und des Todes beftcht. (S. 4.) Sm Licht ift der Seele 
Anfang ſowie in der Schwere ber der Leiblichleit. Wie 
aber zwei Weltkoͤrper, die ſich gegenfeitig durch gemeinfame 
Anziehung bewegen, nur in einem beiden gemeinfamen 
Schwerpunkt zufmmentreffen, fo muß für die Anziehung 
des Lichts und der Schwere auch ein folches gemeinſames 
Medium gefunden werden, und bas ift das Fluͤſſige; 
und zwar für die Annäherung des Lichts zu der Schwere 
das Feuerwaſſer des obefh Elements, ber Fixſternenwelt; 
für die der Schwere zum Lichte die Geſtalt des elemens 
tarifchen, irdiſchen Waſſers. (S. 7) Wenn nun biers 
nah im Folgenden der Einfluß des Lichts, diefer Seele 
der Leibtichkeit, als ein Flüffigwerden des Starren, wos 
durch zugleich das Entſtehen des Mannichfachen und bes 
Vielen bedingt tft, nachgewieſen wird, fo wird bei diefer 


“ 


P 








2» 


Gelegenheit auch der Grund aufgezugt, ‚auf weicher bie 


neuefte Theurie der Firfternenmelt, als ber anfänglichen 
Helmuth des Lichts und eines Lichtaͤthermeers (die , nad 
den Herſchel'ſchen jüngften Entdeckungen über Lichtnebel, 
kugliche Sternenhaufen u. |. w., von unferm Def. in feiner 
Schrift: „Die Urmelt und die Fixſterne“, mit fo großer Si⸗ 
cherheit ·aufgeſtellt worden if) in kaum laͤnger zu verken⸗ 
nender Klacheit ruht. (S. 8.) In eben dieſem Abſchnitt 
wird höchft intereffant noch das Verhaͤltniß der Seele zur 
unorganifchen, zur organiſchen Natur, zu den Individuen, 
Arten und Sattungen, hiernähft zum Pflanzen: und Thier⸗ 
reich entwidelt, um dann zulegt in. ber Rede vom großen 
Sabbath, der mit der Schöpfung des. Menſchen aufgeht, 
die Unterfuchung auf ihr eigentliches und abgegrenzte6 Feld 
zu beſchraͤnken. 

Die Seele iſt ſomit auf ihrer Wanderung zuvoͤrderſt 
aus den großartigen, kosmiſchen Kreiſen titaniſcher Ver⸗ 
haͤltniſſe, wenn wir fo ſagen ſollen, herausgefuͤhrt worden, 
um fortan, blos in dem Mitrotosmus des menfchlichen 
Seins, da aber allerdings in einer unendlich geglieberten 

Mannichfaltigkeit fich zu evolviten. Mit einer allgemeinen 
N Betrachtung des menfchlichen Leibes im Verhaͤltniß zu dem 
Strahl des Geiftes, der von Oben kommt und nad) Oben 
wieder entfleucht, oder, mit einer vorbilblichen Abſpiege⸗ 
fung des Weſens der Seele in der Natur bes Leibes bes 


ginnt -(&. 43) die Entmidelung, und bie Seele wird 


auch hier als die Vermittlerin zwifchen dem Dben und 
Unten aufgefaßt, in ihrer Richtung gegen das Lelblihe an 
diefem den Zug des Grauſens und des Elends (den Tod 
und die nahenden Schmerzen) beleuchtend, zugleich aber 
in dem Menſchen des Fleiſches durch ihre Gemeinſchaft 
am Lebenshauche von Oben ben hoͤhern Menſchen weckend 
und geſtaltend, welchem der Tod ferner kein Leid thut. 
Dies erläuternd ſchreitet nun die Geſchichte von Einzel⸗ 
nem zu Einzelnen fort, in ficherer Folge zunächft mit den 
'hemifcyen Elementen des Menſchenleibes (©. 47) bes 
ginnend. 
Die Chemie findet den Leib der thierifchen Melt und 
namentlich des Menſchen ſchon als ben Goinpfer vielfa⸗ 
cherer und in eignem Miſchungsverhaͤltniſſe verbundenet 
Stoffe, und die Anatomie erkennt eine dreifache Elemen⸗ 
tarform deffelben: Safer, haͤutige Blaͤttchen, Kugel. Ent: 
ſpricht diefe Grundform den planetariichen Formationen 
Durchmeſſer, Flaͤche, kubiſcher Inhalt der planetariſchen 
ugel), ſo ſtellt jene Miſchung der chemiſchen Stoffe eine 
Verbindung atmoſphaͤriſcher Einflüffe und aus dem untern 
Meiche der Dinge ftammender Elemente (dev um bie Kalk: 
erde ſich fammelnden oberirdiſchen DVierheit des Stickgaſes, 
des Sauerſtoffs der Luft, des Waſſerſtoffgaſes und der 
gefäuerten Kohle) dar, und beida deuten ſchon auf den 
Einfluß aus ber obern Region Serabwirkender, durch bie 
Seele vermittelter Kräfte hin. Aber entſchieden tritt zus 
erſt dieſer Einfluß bei den urſpruͤnglichſten Acußerungen 
des leiblichen Lebens im Menfhen, dem Athmen und 
dem Blutumlauf (S. 60) hervor. Athmen iſt ein: 
athmen das noch unbelchte, ausathmen das eben noch les 
hende Element, vereinen und wieder trennen, bilden und 


fl .. 
wleder Jeeſtören aber fo gewiß das Lelbliche nur ben Tod, 
die Ruhe, die Sättigung begehrt, fo kann von ihm bie 
Kraft nicht ausgehen, die ein ſolches immer fich wieder 
erneuernde Spiel der Lebensregungen bedingt, und wir fee 
ben im Athmen fhen uns an die höhere Orduung ver⸗ 
giefen, die ben Hammer, fo oft er auf das klingende 
Metall gefunfen iſt und nun zuhen will, Amnte wieder 
erhebt, daß die Glocke des Lebens forttoͤne. Noch gefchies 
dener offenbart fich dies im Blutumlaufe, der ein befläns 
diges Miederfteigen bes Fluͤſſigen iſt, das fih zum Feſten 
geftaftet und ein Auffteigen des Kelten, das zum Slüffigen 
wird. Genau mit dem Geſchaͤfte des Athmens und des 
Blutumlaufs zufammenbängend ift die Berbauung und 
Ernährung (S. 83), und das Bewegen bes allgemeis 
rien hoͤhern Lebensftromes, ber hier in ganz verwandten 
Ordnung einwirkt, ift zum hell dabei recht augenfällig 
wahrzunehmen. 
Es würde uns zu weit führen, wenn twir-unferm 
Verfaffer zu dem Detail feiner phyfiologiſch⸗ anatomiichen 
Erörterungen noch ferner folgen wollten, in welchem er 
von S. 115 an biß zum Ende des erfien Theile in eis 
ner ſehr natürlichen Ordnung den Baum bes leiblichen 
Lebens, den er bisher in den Proccfien des Athmens, des 
Blutumlaufs und der Ernährung nad) feiner Form und 
Geftaltung in Stamm, Zweigen und Blättern dargeftellt 
hat, nun in feiner materiellen, weſentlichen Befchaffenheit, 
namentlih von Seiten der Blüten und Früchte, die er 
trägt, und feiner endlichen Beſtimmung betrachtet. Wir 
duͤrfen jedoch mit voller Uebergeugung fagen, daß durch 
den ganzen Umfang dieſer Unterfuchung einestheild der 
Lichtftrahl, mit welchem Pfyche, aus ben obern Regionen 
bes Lebens niederfleigend, den in der Erftarrung des To⸗ 
des befangenen Leib verfiärt und belebt, als ununterbros 
chener Faden fi) hindurchſchlingt, anderntheild aber auch, 
wie es der rechten Gefchichte geziemt, auf keinem. Punkte 
die Korm des Lebens, die fomlt dem Leibe entiteht, in 
diefen hineingetragen, fondern immer mit gewiſſenhafter 
Treue und genialem Scharffinn, der das Intereſſe an der 
Unterfuhung auf jeder Stufe wach erhält, aus feinem 
eignen Innern entroidelt wird. Es fchreitet Die Betrach⸗ 
tung in einem fichern Aufwärtsfteigen von der leiblichen 
Bewegung und Empfindung, die durch Knochen, 
Muskel und Nerven bedingt iſt (S. 115 — 173), zu dem 
Sefhäft dee Sinne und den Organen derfelden (©. 
174 — 225) vorwärts, in beiden fo zu fagen die Blüs 
ten jene® Lebensbaums aufjeigend, weift hierauf im Schlaf 
und Wachen (S. 225—237) und in der Liebe der 


Geſchlechter mit Einfluß der Zeugung (S. 2377 — 


257) die aus jenen ſich entwidelnde Doppelfrucht nad) 
und endet damit, in Gefundheit, Krankheit und 
Tod des Leibes (S. 257— 314) die eigentliche Beſtim⸗ 
mung biefer Srucht zu enthülfen, indem fie zulegt noch als 
Schlußſtein ein gehaltoolled Wort Über ben äußern Unters 
fchied des leiblichen Menſchen von den Thieren (S. 315 — 
340) brifüge. Mit großer Sicyerheit, die zugleich, frei 
von allem Spiele mit Analogien: und blos formaler Aehn⸗ 
lichkeit, auf reicher Anfchauung und forgfältiger Beobach⸗ 


! 


beffelben auf jedem einzelnen Punkte feftgehalten, und bie 
tmmer ſich wiederholende Gleichung, daß je bie entfchie: 
denſte Einwirkung von oben je dem ftärkften Widerflande 
von unten gilt, fomit aber die rechte Ausgleihung durch⸗ 
gängig hergeſtellt wird,“ indeß der endliche Sieg immer 
dem Peinelp, welches das Leben in fidy trägt, bleiberemuß, 
ſchlingt fi in einer Mannichfaltigkeit und Vielſeitigkelt 
hindurch, die den wahren Künftter, ber bie Natur in ib: 
ver geheimen Merkftätte beobachtet, nie aber ſich e8 eins 
fallen läßt, fie aus ber eignen Megativität conftruiren zu 
wollen, beurkundet. Der gelungenen, böchft uͤberraſchen⸗ 
den Gombinarionen, die mitunter in die dankle Aefe bes 
keiblichen ein echt ſchauerliches Licht werfen, find fo viele, 
bag wir in Verlegenheit find, einzelne herauszuhebcn. Wir 
machen indeß unfere Lefer auf. die ſehr intereflanten Be⸗ 
merkungen aufmerkſam: über die Knochen, als das Bild 
des Todes mitten unter den Erzeugungen und Bewegun- 
gem des Lebens, dem Nerven gegemüber, deffen Subſtanz 
fhon auf ein im Merden Begriffenes, Bildungsfäniges 
(Ktüffiges) hindeutet (&. 117 u. 139); über willkuͤrlich 
und unwillkuͤrlich bewegtiche Muskeln (S. 1.30); über Ce: 
rebral⸗ und Gangliarnerven (S. 157 fg.) und das merk: 
würdige Verhaͤltniß der letztgedachten Muskeln und Ners 
ven zu den eritaufgeführten,. wovon jene, wie ber tiefiten 
Leiblichkeit zugewendet, doch auch zugleich ben unmittelbar: 
fm Einfluß der obern Lichtimelt erfahren und fomit im: 
mer in die rechte Gleichung mit diefen kommen; über Die 
Stimme und dad Stimmorgan (S. 138), in welchen 
nun erft die Bewegung ebenfo geſtaltend und bildend her⸗ 
vortritt, wie etwa der willfürlich bewegliche Muskel, im 
Gegenſatz des. blos den eignen Leib reconftruirenden uns 
willkuͤrlich beweglichen, nad Außen hin baut und ſchafft 
ober wie das obere Mervenfoftem im Gegenfag ber San: 
gliarnerven die Empfindung bedingt. Reich an neuen und 
finnoolen Auffchlüffen iſt das Gapitel von den Sinnen, 
die als Geſicht und Geſchmack ein Emporfteigen, ein 
Dinausgehen bes leiblichen Lebens aus feinem eignen en⸗ 
gen Kreife nach dem oben Einen, ald Gehör und Geruch 
das Aufnehmen ber von oben zu den Greaturen nieder 
ſteigenden ſchaffenden und belebenden Liebe repräfentiren; 
und ſchwerlich iſt ſchon irgendwo bie große Verwandtſchaft 


zwiſchen den Früchten am Baume des leiblichen Lebens, 
In den Steinkohlenminen erkennen die Arbeiter ebenfalls durchs 


zwiſchen Schlaf, Liebe und Tod, ſo durchgreifend nachge⸗ 
wieſen worden, als es hier geſchieht. 

Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, wenn 
wir unſern Verfaſſer bis zum Ziel begleiten wollen, und ſo 
lenken wir billig ein, um zu dem zweiten Theil der See⸗ 
lengeſchichte fortzugehen, der inſofern mit vollem Rechte 
ein zweiter Theil heißt, als er die Region des Leiblichen 
vertäßt und in die zwar unmittelbar darangrenzende, doch 
nichtsdeſtoweniger ganz und völlig davon gefchiedene des 
eigentlich Pſychiſchen eintritt. Der dritte Hauptabſchnitt 
beginnt und hat die Aufſchrift: „Die Seele des Men⸗ 


ſchenꝰ. 
(Dee Beſchluß Folgt.) 





2 
tung tut, wird ebenſowol der Gegenſatz als die Einheit‘ 


Neuere engliſche kiteratur. 


1. The music of nature; or, an attempt to prove that what 
is passionate and pleasing in the art of singing, »penking 
and performing upon musical instruinents, is derived from 
‚the sounds of tho auimated world. By W. Gerdiner. 

- Sondon, 1882. " 

Wir haben es Hier mit rinem enthuſtaſtiſchen Muſikfreund 
zu thun, der alles Mögtiche aufgeboten hat, um feinen Leſecn 
das Ariom anſchaulich zu machen, „jeder Misklang iſt eine une 
aufgelöfte Harmonie’. Dem Vorgange bes Franzoſen Dupont 
von Remours folgend, ber befanntlidy den Geſang ber Boͤgel in 

Reten brachte, dat G. Alles, mas Odem bat, Bienen, Vögel, 

Pferde, Eſel, Hunde, und endlich auch Athemloſes, wie den 

Klang eines falſchen Geldſtuͤcket, das Lodern des Feuers n. ſ. w. 

vor fein muſikaliſches Ohr berufen und in beſtimmte Toͤne übers 

fegt, ſowie zur Erläuterung feiner "Anfihten von den Tönen der 

Natur benugt. Daneben. tft fein Buch reich an fcharffinnigen 

und trefienden Bemerkungen über die bekannteſten Mufikſtuͤcke, 

ihre Gomponiften und bie beliebteiten Sänger und Birtuofen, 
welche bei ihrer Aufführung glänzten. Um jedoch beim Leſen 
diefes Buches, trotz feines hoͤchſt mannichfaltigen Inhalts nicht 
zu ermüden, muß man ein Inftrument zur Band nehmen und 
die gegebenen Beiſpiele fogleich erecutiren; fo nur wirb man 
alle Annehmlichkeiten und intereffanten Seiten beffefben Eennen 
iernen. Reben mandem Vorzuͤglichen und Originellen tifcht 

Here ©. freilich auch Ueberfpanntes und mitunter ſchwer Vers 

ſtaͤndliches aufs doch das muß man ja enthuflaftifchen Verebrern 

jeder Kunft zu Gute zu halten, und wer nicht gar gu mürrifchen 

Gemuͤthe iſt, wird dergleichen Grtravaganzen eher ergodͤtzlich als 

ärgerlich finden. Schwer dürfte es fein, von dem fo unendlich 

vielexiei umfaffenden Inhalte eine nur erträgliche Skizze zu ger 
ben, und auf die Gefahr Hin, unfere Anzeige zum Abbilde bes 

Buches, zu einem pot-pourri zu machen, ziehen wir es vor, 

dem geehrten Lefer einige Kuedgr, mit dem Motto ex ungueleo- 

nem, daraus vorzulegen. Vom Gehoͤre z. B. wird gefagt: 

„Uebung kann es im hoͤchſten Grabe verfeinern, und Spielers 

und Diebesglük hängt von feiner Schärfe ab. Seit der Ums 

prägung unſers Geldes haben tie einzelnen Muͤnzen durch ihre 

Gleichfoͤrmigkeit auch einen ins Ohr fallenden übereinftimmene 

den Klang erbalten. &o geben Halbe Kronen einen Ton wie 

A im Alt, und die Wechsler entdeden an der geringfien Ab⸗ 

weidyung des Klanges eın falſches Gelbftäd unter vielen echten; 

ebenfo wiffen Spieler nad dem Gehör au beurtheilen, auf wel⸗ 
de Seite ein in die Höhe geworfenes Geldſtuͤck gefallen iſt. 

Neuere Entdedungen haben und Körper Eennen lernen, welde 

den Schall vernehmlicher fortpflanzen ale die Luft an fi. Be⸗ 

fefligt man 3. B. einen Bindfaten an ben Stiel einer Stimm⸗ 
gabel, laͤßt diefelbe frei ſchweben und bringt ben mit bem an« 
dern Ende des Fadens ummidelten Kleinen Ringer ins Ohr, fo 
wird jedes Geraͤuſch auf eine Entfernung von: 200 Yards Höre 
bar, von dem andere Perfonen nicht das Mindeſte vernehmen. 


Gehör, auf was für Geftein fie fichen, und befannt iſt, daß 
man jegt vermitteld eines an bie Bruſt gelegten Hoͤrrohrs bie 
unmerfliche Bewegung des Herzens entbeden fann. Manche 
Perſonen find im Stande, ben keifeften kaut zu vernehmen, unb 


‚einer meiner Freunde verficherte, deutlich das Geraͤuſch zu hör 


ren, welches eine auf feiner Nachtmüge herumfpazierende Wiege 
verurfeche.” Wir merken hier nad Wallafton an, daß Perſo⸗ 
nen mit im Allgemeinen fehr feinem Gehdre dennoch für fehe 
tiefe ober ſchneidende Töne mitunter völlig taub find. Wallaſton 
führt den kaut der Brille (gryilus campestris), der Fledermaus, 
dee Hausgrille (gr. domest.), des Sperlinge als ſolche an, bie 
von mandyen Ohren faum vernommen werden, und zwar bie 
zulebtgenannten am wenigften. Nach ihm gibt es Thiere in 
der Ratur mit Stimmen und Gehörwerfzeugen, bie fo wenig 
Fr ba$ das eine völlig taub für bes. andern Gimme 
an van. 





“4 


a 


Ueber ben Valt bemerkt unfee Mel; „Bu Oippokra⸗ 
e6’ Zeiten machte derfelbe wahrſcheinlich nicht mehr wie 60 
Gäläge in eines Minute, und baper rührt wol auch bie Gin 
thellung bed Zages in 86,400 Gecunden. Mit ber Verfeine⸗ 
zung beö Menſchengeſchlechts beſchleunigt ſich aber vermuthlich 
ber Pultſchlag, und wir find fo durchaus Maſchinen, daß wir, 
ch einer Uhr, je ſchneller wir geben, auch um fo ſchneller ablau⸗ 

n.“ — „Sin bemerlenswmerther lImftaud if, daß man vielen der 
ausgezeichnetſten Sänger und Eängerinnen ben nicht unbegruͤn⸗ 
beten Vorwurf macht, zuweilen gu betonirenz in ber Regel ges 
ſchieht dies bei ber Terz, Quinte oder Dctave, ald den Inter⸗ 
vallen, bie wir auch beim Gprechen inftinktartig beobadıten, 
und grade aus biefem Grunde werben fie oft beim Gingen 
dernachlaͤſſigt, während die andern, größere Aufmerkſamkeit ‚und 
befondere Bildung ber Stimme fodernden Töne deshalb auch 
ſtets richtiger gefungen werben.” 

Dem SGharakter und ber Farbe bes ganzen Zonumfangs ber 
Blasinſtrumente Hat Herr ©. eine intereffante, nur zu lange Abhand⸗ 
lung gewibmet, um fie hier mittheilen zu fönnen,. Wir wählen baher 
zum Schluffeunfers Berichtes Das aus, was über bie Violine bemerkt 
wird. „Rad Anton Wood's Bericht ift es jept 200 Zahre ber, daß 
dies Inftrument zum erftien Male in einem Concert zu Orforb ges 
fpielt wurde. Obgleich es der Viola in vieler Hinficht ähnlich 
war, bezweifelten bennoch alle anwefenden Kenner nach forgfäls 
tiger Prüßing, daß es bei mufilaliichen Aufführungen je mit 
Erfolg gebraudt und überhaupt mit Sicherheit gehanbhabt 
werden könne, weil ihm gerade das Griffbret der Viole 
abging. Und boch ift es bie Beſeitigung dieſes mechanifchen 
Hülfsmittels, weiche ihm eine von unfern Vorfahren nie geah⸗ 
nete Kraft bes Ausdbruds verlieben hat. Erfunden wurbe bie 
Bioline um 1600 in Italien. Den böcfken Werth legt man 
ben 50 Jahre fpäter, von X. und 3. Amati und ihren Zeit: 
genoffen Stradivari in Gremona verfertigeen bei. Sie wer 

en von Feiner fpäter verfertigten übertroffen, wozu wol ihr Alter 

5 Meifte beiträgt. Die Amati'ſchen Biolinen find Peiner als 

neuern und ‚werben fogleih an bee eigenthümlichen Weich: 

eit des Tons erkannt.) Größer und von flärkerm Zone find 
te Stradivari ſchen; man hält fie fo body im Werthe, daß viele 
mit 200 Guineen bezahlt worden find. Geit den legten 180 
Jahren hat bie Violine Ihre Geftalt nicht verändert, deſte ber 
beutenbere Fortſchritte hat aber die Methode, fie zu fpielen, ges 
„macht, und bie Ausbilbung beö Geſanges fcheint befondern Ein: 
gut auf fie gehabt zu haben, Ahmte fie unter Goreli's und 
artini’d Händen, obgleich gu Doppelgriffen und Arpeggien 
wenig paflend, beinahe nur der Orgel und dem Klaviere nach, 
fo gewann fie bafüs fpäter mit Dintanfegung dieſer Künftes 
Lien durch Geminiani und Giarbini an · Leidenſchaft und Gins 
f{achheit. In den Tagen, wo Haydn anfing, die Kunfi mit na⸗ 
türlihen Tönen und Wendungen zu befeeien, trat das Einfache 
nd Melodiereiche an bie Stelle des blos Regelrechten, und jeht 

g auch die Violine an, ihren Reichthum zu entfalten, der ihr 
unter ben Inſtrumenten ben eriten Plag erwarb und fie um 
beften Dollmetſcher der Ideen bes Componiſten macht. Am 
meiften vervolllommnete fie ſich aber nad bes Ausbildung ber 
weiblichen Sthume, die ihre erfte Lehrerin im Pathos und Kuss 

drud des Gefühle wurbe, wofür fie jener ale Wufter der Gras 
gie in ber Ausführung diente. Der Umfang der Violine iſt groͤ⸗ 
Bez als ber ber menſchlichen Stimme. Gie gebietet über vier 
Dctaven, unb ba ſich bie Toͤne ihrer Saiten fo fehr unterſchei⸗ 
ben, Tann man Ihr gewiffermaßen eine viesfache Wirkung bei⸗ 
legen. Die überrafchendften Gigenfchaften des Inftrumentö woh⸗ 
nen jeboch im Bogen, und der Reichtbum ber durch Eunftgewands 
ten Führung beffelben erzeugten Toͤne ift fo groß, baf nach der 
franzoſiſchen Schule ein Muſikſtuͤck auf 54 verfchiebene Arten 
ausgeführt werben kann.“ 


°) Trogdem füllen fie einen srößern Raum aus als unfere neuen 
und Rärkern Inſtrumente. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagkdandlung: F. A. Brodbaus in. Leipzig. 


Giner b Beacbeitung hiefeß *— 
wie Pe würde Eh Ferne Mi 
fillicbenben Publicums gewiß nicht entgehen. 

men deſalve folgt) | 





a Notizen. J— 
Micht unwichtige Beiträge‘ zur Kenatkik der Neufeander 
gibt %. Carles „A narrativa ef a mine months repidennb 
in New-Zesland in 1827”. (London 1852). Gb beflanb 
unter biefem Volke feither allgemein ber unnatärlihe Ges 
brauch, die Mehrzahl der Kinder weiblichen Geſchlechts alte 
bald nach ber Geburt gu tödten, well ihre Erzichung und 
GSrnährung faft ebenfo viel Maͤhe und Rahetın i wie bie 
ber Kinder mänulicıen Geſhlechtes giigbere, die Maͤbchen abıy 
in erwachfenen Jehren nicht fähig wären wie bie Knaben mit 
in den Szieg zu gehen. Die Stolz und die Macht eines ja 
Häuptlings beruhete alſo in der Anzahl feiner Söhne, und 
wenigen Brauen, die man buibete, lebten verachtet und unter⸗ 
drückt. Der Umgang der Gingeberenen mit ben Gunopäern hat 
inzwiſchen ſchon ſehr wohlthätige Folgen auf Schickſel die⸗ 
fer Ungluͤcklichen gehabt. Seitdem nämlich die Männer ſahen, 
mit welder Aufmerkſamkeit die Zremden ihre huͤbſchen jungen 
Frauen betrachteten, was für wertvolle @efchente fie ihnen 
zur Bereicherung ihrer Familien machten, und welch großes 
Einfluß den rauen über Lie Weißen zu Gebote Rand, lieben 
und pflegen fie ihre Eleinen Mädchen ebenfo forgfältig, wie fie 
biefeiben vorher vernachläffigten oder unbedenklich toͤdteten. 
Ganz eigenthümlicdher Art iſt der Abſchluß der Che bei dem 
Neuferländer. Gicht nämlich ein Mann ein Mädchen, das «ee 
fi zur Frar wuͤnſcht, fo heit ex guerft bie Ginmwitligung ihres 
Vaters, ober, wefern fie eine Waife if, bie ihres noͤchſten 
Verwandten ein. Hat er fie erlangt, fo entführt er ſich feine 
nad aller Kraft widerfirebende Braut mit Gewalt, wobei ſich 
benn zuweilen, find beide Theile robujter Natur, ein ſehr ernfle 


licher langwieriger Kampf entipismt. Iſt die Jungfrau item 


Freier geneigt, fo leiftet fie Ihm wol nicht zu heftigen Wilken: 
fand; gelingt es ihr aber, fich ihm zu entreißen und wieber 
nah Haufe zu entfliehen, fo verliert er alles Recht an fie. Gie 
wird dagegen fofort fein Weib, nachdem er fie triumphirend in 
fein Haus gebracht bat. Im Allgemeinen haben die Frauen 
bei den Neufeeländern, wie nicht zu verwundern ſteht, eine ende 
fiedene Abneigung gegen die Ehe. Go lange fie iebig find, 
enießen fie aller Rechte bes andern Geſchlechts, dürfen ‚umher« 
—— wo fie wollen, und ihre Gunſt zuwenden, wen es 
ihnen gefällt, indem ihnen keinerlei Einhalt gethan oder Zwang 
auferlegt wird. Sobald fie aber verheiratet wurden, ift es 
mit ihrer Freiheit aus, und fie find mei. grabezu die @ttas 
vinnen Derer, bie man als ihre Herren über Lehen und ob 
anerkennt. Der Verfaffer bes obigen Wertes bat ſelbſt mit 
angefehen,, wie ein Neufeeländer eine feiner Frauen, von berem 
Untreue er überzeugt war, ohne Weiteres tobtfihlug und ihren 
Leichnam den Hunden preisgadb. Das Verbrechen des Ehe« 
bruchs wird bei ihnen niemals verziehen, und jeder Ehemann 
bat das Recht, den Liebhaber feiner Frau ebenfo wie fie felbfk 
zu tödten, wofern er ihm in feine Gewalt befommt. Es wirb 


leider durch diefe Reife auch mit ben beftimmteften Thatfachen 


erwiefen, daß die Abſcheulichkeit der Wenfchenfrefferei bei bew 
Reufeelänbern noch ſehr uͤblich if. 


Bor 40 Jahren gab es in ben KWereinigten Staaten 
von Norbamerit: 700,000 — 800,000 Sflaven. Nach neuer: 
lien Angaben belief ſich die Angapı der bafelbft vorhandenen 
über 2,100,000. Und wenn man wahrfcheinlihen Zuwachs 
feitvem und bie heimlich von Cuba u. a. D. eingeführten bazus 
fdlägt, fo mag jenes Land jegt wol dritthalb Billionen Stia⸗ 
ven befigen! ’ 158 





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Die Sefipichte,,der. Seal -. Bon ©. H. Schubert. 
Zwei Theile. : 


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Meichänf aus; fix. 1.) 


Moaandem Wisher in der phdse. hed Leiblichen ſchen 


der Lichtglanz. ans. den, Megiomen : sitier bee; Walt uns 
entgegefgeisunhtet: und. misten-.in. der Wirheit‘ deſſelben sine 
Duplicnät; cm · Megenfatzi ſich geaabare hat, ig welchem 
das eine Stich. bar. immet feine, Priectaͤt und. Patiori⸗ 
taͤt behauptete, jedoch nie fo geltend machte, daß Ins an⸗ 
dere daruͤber zu ſein aufgehoͤrt haͤtte, indem dieſes viel⸗ 
mehr ‚dakmuch zeinktich:.exft ia die Gemeinſchaft des Lebens 
wishes warde, fü liegt n vol dien Frage racht male: 
SE: denn · auch zenes· Agena, Kos ſo allmmachtig befruchtend 
‚umdr-bie Herde. der koͤrperllhen Echwere loͤſend · ainflicht,: 
mwicklich auf. einem icherleiſnichen Grunde eutfpruungen3 vder 
gehört es nicht am Ende doch in .bieleibliche Sphäre 
eib, indem «6 etwa. bios der einen Seite, alö bie an- 
dere, gleich mothmendige gegenhberficht, ſodaß das Leibliche 
Seunoch Altea in Alem iſt? Und iſt Diefe. Frage fo beat: 
wortet, mim fie beantwortet. werben muß, fuͤr die nufle 
Haͤlfte naͤmlich wit: Sa, und für die zweite mit: Nein, 
je öffnet fich alspaun sem gar; großes, weite Feld der Ans 
terſuchung, daräder, was denn und welcher Art biefes Hoͤ⸗ 
dere, dies aus den oben, Lichten Regionen Stamsmende 
fei, und in welcher Weife: es ebenſowol ſelbſtaͤndig zwi: 
ſchen der Heimat : der Liche und dem Leib. dieſes Todes 
in der Mitte ſtehe, als in ſteta Geweinſchaft mit jener 
dennoch auch in dieſem, ben menſchlichen Leibe, wenig⸗ 
. Bens eine zeitliche Derberge; finde. Und dieſe beiden Fra⸗ 
. gen beantwortet unfere „Geſchichte ber Seele“ im zweiten 
Theile in fünf Hauptabſchnitten, wovon L, wie gefagt, 
die Sede des Menfchen, Il. die Lehre vom Geifte, II. 
die Herrſchaft des Leibes, IV. die Herrſchaft der Seele, 
V. bie Hertſchaft des Geiſtes behandelt. — Weiche. wich⸗ 
tige, vielumfaſſende Capitel, und wie tief und geiftvol bes 


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ſem Upquell in ihrer, Selbſtaͤndigkgit und 
:müt derſelben Entfchiebenheit abgeleitet, in welcher der Leib 
‚aus der Unermeßilchkeit aller Leiblichkeit indipibusl und 
- gefondert heraustritt. Hiermit aber erhalten nun alle bie 





ter—— 
nterhaltung— 
— \ 12.3 any a 18 33. 


x 


den Uebergang aus dem erſten In ben zweiten Theil a 
geflelle Haben, in einigen Beziehungen auf den vor ums 
liegenden Reichthum anzuwenden, zufrieden, wenn tie dee 
‚mit. unfern Lefern vielleicht nur ‚einigermaßen unfere ins 
nigfte Uebergeugung, daß hier Audgezrichnetes und hoͤqhſt 
Beachteaswerthes gu finden ſei, mitzutheilen im Stande find. 
Es iſt ein beuelicher Abſchnitt, in welchem in den bei⸗ 
den Abhandlungen über „die Frage mich der Seele und 
ihrem Sein” (S. 242 - 364) unh „die Seele in ihrer 
Geſchiedenheit und Beſonderheit vom Leibe” (S. 364 — 
837) die Subſantialitaͤt der Serie in der erſten mehr 


nwegativ, it der zweiten poſitiv nachgewieſen wird. Wenn 


‚ebmferogt Materialiamn⸗ als Pantheismus hier in ihter 


. Usholssarkeit. dargeſtellt ſind, fo wird ‚mis. dem Glauben 


an ben. perſoͤnlichen Gott, der ‚ber Alles; [dmffende und ers 
haltende Geiſt über der leiblichen Welt waltet, niche nur 
der Urquell aller geifligen » Kräfte, weiche: mitten durch. die 
Zeit ‘der Leiblichkeit hindurch wirken und Leven fchaffen, . 
aufgezeigt, ſondern auch ‚die Serie des Megichen aus dies 
ſenhaftigkeit 


Offenbarungen, die im Gange der Verbindung der Seele 


‚mit dem Leibe im zeitlichen Leben über die‘ Selbſtaͤndig⸗ 


Leit der erſtern ia fo vielfachen Geſtaltungen fi uns bars 
bieten, ihte volle. Deutung. und unbeftreithare Wahrheit, 


ſodaß wir nun die Seele in einem höhern Sinne als den - 


Rerven des Leibes erbliden, deſſen wlativer Buftand ges 
nau nach der: größeren ober geringern Abhängigkeit von 
dem Körper in einzelnen Faͤllen hoͤchſt auffallend ſich bes 
ſtimmt und ebsnfowol im Herrſchen über den Leib als 
im Beherrfhtwerden von ihm offenbar wird, Wol kaum 
irgendwo iſt tiefer über die Bedeutung des Traums, ber 
Begeiſterung, ber. Nuͤchternheit umd aͤußern Stille in ih⸗ 


“ Handelt und ausgeführt! Wir müßten über die Gebühr |.vem bie Seele entbindenden Einfluſſe, vornehmlich des fos 


weitläufig werden, wenn wir eine nur einigermaßen genuͤ⸗ 


genannten animaliſchen Magnetismus gefprochen worden, 


gende Ueberficht des da aufgehäuften. Stoffes. geben wolls |- als, es bier. in der zweiten jener Abhandlungen gefchieht. 


ten, und entbehrt könnte doch immer dabei die geiſtreiche 
Schrift wicht werden, wenn es zu einer rechten Verſtaͤn⸗ 
digung darüber. kommen fol. Dem in der- That, um 
epitomitt zu werden, if fie ſelbſt zu ſehr 


Iſt nun. ſemit die Selbſtaͤndigkeit der Seele außer allem 
Zweifel geftellt, fo kann nun mt großer Sicherheit das 
Weſen und die Natur -derfelben abgeleitet. werden, was 


Epitome. Wis |; dem in einer Schrift, die ſich als Gefchichte gibt, nicht 


begnuͤgen und darum, jene beiden ragen, bie: wis. .füc gluͤcklicher geichehen mag, ats indem der Setle Wirkſam⸗ 


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keit, autgehend von Ihrem Werhätiniß zum Ielbiichin Le⸗ſbaß DIE Unteffuchung: uͤber bie leibliche Polaritaͤt ber Seele 


ben und der Dffenbarung ihrer Natur in dieſem, nach — man ſehe uns dieſen ber Kürze wegen gewaͤhlten eis 
den verfchiedenen Glied erungen, und von Stufe zu Stufe I:was ungeſchickten Ausdruck nach — nachdem bie elemen⸗ 
fortfchreitend bis zu ihrer Vereinigung als Geift mit | tarifche Verwandtſchaft des Weſens der Seele zu ben Er⸗ 
dem hoͤchſten Geiſte, im eigentlichen Sinne genetiſch cheinungen der fiebaren Natur und die drei Elewent 
dfgefieht wird. Dies iſt ber Gang, ‘welchen die Opus?! gihtungie der — Sau ei ar 
Det’Iche-Uintenfuchung man fortan · mit · Abenſo geoßer Sissi ten und Wewegen,, abgebiber dw ben d 

planetarifchen Natur, nachgewiefen worden, zuerft von els 


cheiheit als bereundernswürdiger Fuͤlle verfolgt. 
Zunaͤch ſt treten tie vag eine fehr ernfle und düflere | nem Athmen ber Seele, welches der große Lebenszuſam⸗ 
Partie, gieich beim Eingang auf das vieiumfaffende Sees ft, in welchem die Seete zudem allgemeinen 
ta, um den krankhaften Zuftand der Seele von Ihe | pfi Princip flieht, das mit in das ‚Meichnienee 
rem gefunden zu ſcheiden ‘und durch folde Jſolirung fir | zhenpplen (©. 433), jenes Complements, wovon daB 
Botrachtung ber legten ganze Univerfum iſtand wornit icec 
Leben erſt zur Erſcheinung kommt, gehoͤrt, und dann von 


groͤßere Freiheit zu 
dem: Ernchruugsꝑtoccs ber Bere huichel biffvie Maer 












% ift das pfochifche Irreſein und ber Wahnfinn, mes 
yon ig. 27 handelt, und team der Waheiſtun als ‘eine 
Att Entleibung der Seele, die zugleich in den metſten 
Faͤllen mit dee Annahme einer fremden Leiblichleit oder 
Vlelmehr eriöntichleit ſich verbindet, betrachtet werden 
mmnß, fo führt dieſe Bemerkung za der inhaltſchweren und 
Nicht genug zu deherzigeunden Folgerung, daß bie. Serle 
doch nur in der vollen und ungetruͤbten Berbiudung mit |; 
ihrer eignen: Leiblichteit hienleden einen Tempel zus Eike |- 
‚ oder ein Daus--zur Wnehre fich erbauen koͤnne; und wenn 
Ute auch ſelbſt aus: den Veebachtungen über den Wahns. 
- fin und vornehmlich abvo: dem Teaum die Ansicht in. 
ı ein neben dem waächen Beben, ders Außen Simn verber⸗ 
war,“ noch ehe ‚jenes feinen Unfang genommen, und wel⸗ | 
«bes ‚fein wird, wenn dieſes tmbet, enöffnet wird, f6 muß |: 
08 Ihe doch zugleich zur Gewißheit werden, daß ſie wur | 
durch die Anftrengungen Ihres leiblichen Lebens hindurch 
zu den wahrhaft beslüdenden Früchten deſſelben gelangen 
“möge. bee die Befürchtung: einer weiten Unteebredgung 
"Bonn nunmehro die Seele im ihm hang durch Die Leib: 
lichkeit begleitet und auf jeber Station deſſelben im einer |. 
“ geuen Entböllung ‚ihres großen uneeſchoͤpflichen Organis⸗ 
: mas aufgefüßt werden. Es find aber zwei Seiten ober 
-Michtumgen, ähnlich den Polaritaͤtin des Magnets, nach 
welchen in der ganzen, Imfaffenden Unterfuhung die eime 
- gind- immfeltbare Serie fortan In der Weiſe betruchtet wird, 
daß die Betrachtung mit der erfien jener Erltm begirint, 
. deſe in genetifcher Folge entwickelt und in kaum bemierfs 
daren Uedergaͤngen in die zweite hinuberleitet, um dann, 
wenn auch diefer ihr Recht geſchehen, an der in ihrer 
Totalitat begriffenen Seele die herrlichen Lebensfrlchte,, die 
ihr werden konnen und werden follen, in den Inhalt 
i. m Capiteln von der Devrfchaft der Liebe, der 





der des Thierrs. In der Vecrachnug ˖ dew - One :akm in 
chrer geiftigem' Poßarktät fikdet das ıgsope Übort: von Da 
geiftig Guten und geiſtig Woͤſon feine miöfirkefinge ‚Stelle, 
worauf dann ft die doͤchſt: sterefferten Forſchungen Ieber 
Ye ſchon oben gedachten eigentlichen Bebindfsisigte ln 
Baunie des pſychtſchen Seins fg: a. ' .. 
Wir können nad) all Dieſem nis weiter then, die 
unſete Leſer zu rinem ſoegfaͤltigen Diudium diefet ‚es 
ſchichte der Seele” einladen; denn ftetlich Stabium wird 
allerdings von einer ſolchen Schrift gefodert ‚ben uber 
das Verſtaͤndniß derſelben wirklich aufgegangen iſt, "der 
wird in ihr, davon find tote überzeugt, mit uns dike 
gZrucht erblicken, die, recht gmarlänılich. and Ben. urfpriang: 
lichſten und hoͤchſten Clementen umferer Zeit erzeugt "ahd 
geboren, geroiß auch⸗Kraͤfte in fich ſchließt, die allen gerig⸗ 
“net find, die großen wand tiefen Krankheiten unferer:Beit 
zu beiten, ſobato dieſe :mur mit ihnen in bie vechte Be⸗ 
Ehrung gebracht aa hat —2 meines * 4 
r Berchäftigung mit dieſem e die ſchoͤnſte K 
erte ſeibſt und des Geiſtes aufzuzeigen. Jene Por gung jenes Glaubens, der wich ſchoͤn ſeit der langſten 
latitaͤten der Seele find: aber: die zwei. Elemente, durch Zeit im Jmerſten erfuͤllt, gewonnen, duß der geifigen 
elche das Leben derſelben in ſeiner Einheit ſich geſtaltet Aſphyrie unſers Geſchlechts weder durch Verkundigeng eis 
und bewegt, davon das eine aus ber Natur bes Sibes nmes alles geiſtige Prtncip des Lebens leugnenden und pa⸗ 
hervorgeht, das andere aber aus der Region :des Geiſtes, rafpfirenden Unglaubens, noch aber auch durch die Pre⸗ 
ver obern Welt göttlicher Lebenekraͤfte, kommt, und ihre digt eines nicht minder materiellen Möflichenms, der ben 
Betrachtung erfüllt fih in den beiden Capiteln von der | Geiſt hermetiſch in dem⸗ noch überdies unduichfichtigen 
Seele des Menſchen und von ber Lehre vom Geiſte. Gefaͤß verfalieht, ſondern allein durch ein -heiies und ſich 
- Uhfere Leſer gerinnen wertigftene eine Vorftellung:von:dem ſelbſt Man: bewußtes Dchauen ik dur Böen und Xirfen 
Mrichthume · des hier · Verhandelten, :wınn wir. anfuͤhrzn, des geiſtigen. umnd leiblichen Univerſums, ſodaß es mm: mit 


#7 


Sie’sah Dear iunb Anpethätnie, 


‘per „'den Spbtt 
— und dabei feſthaͤlt, 
den Gnne, indem id) feft .d 
vertraue, daß fir wor der def 
Fwanfen, vielmehrzutetzt auch din MWiderftrebendften dem 
Dlantea an ihre Uefprünglichleit und Herruchteln ger 


gehoffen wer⸗ 


* röise, Dim’ en und“ "Defoptenen ' dagegen el. 


ment werden. 
r Wir · ſcheiben wit gene — ‚von anf: Be) 
r. So Lebhaft jene ern enerkenne, die in 


Au Eigerfäyaft einer 
Wandelbaren und Vexgaͤnglichen hindurchgeht ünd Die Ein⸗ 
‚genen umb — wie Difionaszen -.zu ein melo⸗ 
-Bifden wWerwebt S. 433), >die jener ‚goiefache 
Zug if, der ‘von der odern Einheit zu dem’ Einzeineh · und 
GSetrennten herab, ufid von dem Einſehnen aufwärtegthedo | 
:gur Einheit ohne Aufhoͤren, umgefuͤhlt ud unbew 

mwirke (af); fo::gewiß ich an: jenes‘: Sonapiensent. — 
wurd) das m die Enrh 





xB. dad. Wort vom Hades (S. 213; val. 


— 


— 370, ag. &. 668 fe.) viel weniger fi 
—— oh anf Def. — * 
“weine auch, metnen obigeri Tadei ber alletdings auf tirfe 
‚Anfpruchsiofigkeit hindeutenden Methode deſſelben, nach 
„welcher ex dem Gebiete des Geiſtes noch Vieles überlaf: 
ıfen ga mäflm ‚glaubt, was für Dis Wiſſenſchaft zu hoch 
re ar (©. 8%), ven hleraas gar wohl recheſertigen u 


—— zweite Bemerkung verwandelt ſich In bie Frade 
„an bie Leſer, was fie wol zu des Auſicht von der homoͤo⸗ 
. pathifchen Heilart. fügen werden, die (&..766) in folgen⸗ 
"ven "Wortert‘ gegeben wirb: Kiem Heilart der Reueften 
Zeit, welche man die homoͤopathiſche denannt, wirkt auf 
5 Weife:. durch das Entfernen aller üihertäubend a 

Genuffe und durch das laͤnger fortgeſetzte 

Feen von Miteain deren feine Zerchellung an ſene oben 
‚erwähnten Verſuche (S. 19 dr& Robert Brown erinnert, 
ber den Btaͤubchen der Körper durch unmeßbares, kuͤnſt⸗ 
Uches Verkleinern eine merkwürdige ſelbſtaͤndige, ee 
ſcheinende Bewegung gab. Es [cheinen alsdann die Stoffe, 
veriſcht mit dem Waffe, mehr auf jene elektriſche (6. 18) 
Weiſe und ebenſo wie "bei der Seherin durch die "bloße 
Beruhrung der aͤußern Haut einzuwirken als nach "der 
Art der gewoͤhnlichen Aſſimilation duch den Darmcanal. 
Die Stäubtein ,; fo lange fie wech in größerer Maſſe vers 


- int waren, gehorchten 6106 dem Zuge ber Eohäflonz "die | 


feine Iertheitung gab ihnen die Beweglichkeit Yegen den 
elekteiſchen Einflaß, welche das Auge durch das‘ Mikroſtop 
an ihnen ‚bemertg,” - Es: wäre wel auffallend, wenn 


2 Lmpiri⸗ auch hier wieder ein weont cu⸗e Geſetz ent⸗lElend; deun 


J. * 4— * . rt 


» 


Geundpfeilern des Lebens; 
n Unterſuchumg nicht 


—8* durch bus Reich |) 


2 he sul verfüht' w 


At’ vet Wrdeinanbers and eimunder | 
. Yetttgegenfirchenben Glieder auf’ allen Stafn und Punks |- 
ten’ ded Lebens Bebinge und begründet. wird: "fo kann ih’ | 
doch weder jene Weitordnung nach dieſes (mit ihr iben: |. 
a anders ats zumal mit. ben Gegen⸗ 

3 uMd- mit dieſen febend auffafſen md * 


—— Ks von ber Trennung ber Seele. und * | 


ten mitge 


deckt biete, Has Jahrtau dem 
—— blieb. ud au We ven 
Dr. 8. B. Meißner in Veldendurg. 





‚Reiner enstifae Eitecatur. 
(Beſchluß aus Br.11.) 
% Quanoou-s-Islam; ; or the customs of ibe moasulmans of 
‚ Iodia: comprising a full and exact account of their va- 
.. —8 and By 9 47 ‚gie moment of birth till 
16 Bour of deat afur Shurreef; translated 
@. 4 Herklots. baden, 1832. fi w 


Ein Werk, welches von einem Eingeboranen Indiens zur 
ung der Ausländer über Sitte und Lebensweiſe eines gro⸗ 

Sen Theus ber Bevdlkerung diefes unermeßlichen Landes ger 
Ichrieben worden, gehört unfreitig zu den feltenen Erſcheinun⸗ 
KR Der - re Das obige iſt ein ſolches und warb urs 
des Matterſprache, dem binduflanifchen 
im Güben Indiens, in Dekan, einhei⸗ 

il: iſt. Das Bud iſt noch vallſtaͤndiger als der Titel bes 
— 4. enthaͤlt auch die *8 ſebet Monate der 
aft. an ſowie bje 


* und r wird 
den Beben eines metallenen Be: 
zu shun,. fobann: ine Anzahl Knaben zu serfammeln ugb 


‚fie a wab nady ihre Hände auf den Becher legen zu —8 


Dieſer wird ſich bei der Berührung irgend einer an in 
wegung fegen, und nun muß Drrjenige, weicher bad GSeſtohlene 
auffiuden will, feine Hand auf die des Knaben legen und Ar 
bes, daß der Weder ihn zu dem geftohienem Gute. führe, was 
alsbald geſchiedt. Dſchafer Gherrif verjüchert, biefed Mittel 
paobat gefunden zu.. heben. Troedem wirb man verſucht, 


„ferne Seichtglänbigleit in - Zweifel zu sieben, wenn er erzaͤhit 


daß er lange Beit. mit frommen und | Perfonen 
Grorciften und Reiſenden aus Arabien a ter 


wit 
d. h. aus 
alten Weltgegenden, in Verbindung geſtanden, um ihr eheim: 
niß volles Diſſen zu ergruͤnden; allein was ex dadurch gewonnen 
babe, ſei in bene 
einer Maus wegen Berge um. — Bin ber - veligiöfen 
Gebraͤuche der indifhen Modems werben * bie bee Simmi⸗ 

ut und demnach dad ‚verbienftliche Werk bey Miſteeß 
Meer Haſſan Ali ergänzt, im welchem bis ber Schiiten enthals 
ten find. Die methodiſche Am , ein Inder und ein eis 
ches Gloſſarium machen biefes- reichhaltige Buch noch fchägbarer. 
8. History of the war of the sucvession in Spain. By 

Lord Makon, onde 1882. 

Unter Kart II., dem iedten Mönig Öftteidhlfchen GStanaces 
auf dem ſpaniſchen Throne," war detannttich die innere Zerrut⸗ 
‚tung dieſen Aeichs auf einen-fo- hohen Bad gefirgen daß ber 
ganze t dae Schickſal der veriöfchenven 
linie theilen zu woßen ſchien. Dennoch knuͤpfte bie — ** 
Sevdlkerung noch einige Hoffnung an ben * Bed; 
fel der bisherigen Ordnung der Dinge; denn wie Lord Wahön 

bemerkt: „Die weue Odnaſtie, ein neues Biegierunge: 
‚fotem konnte unmöglich ſchlechter fein, ale bisher, und einem 


‚yeauditen Bolle ericheint soft die Hoße Weränberung- feiner Un⸗ 


terbrüder wie eine Erleichterung.“ Doc auch dirfe Veraͤnde⸗ 
‚wung machte Ehrgeiz muglos zur Duelle von neuem, größeem 
Yarte' Engand Pyltipp V. zubig den Whron e 


Sn 


Spruͤchworte gefagt, vor es — „Ge groͤbt 


⸗ 48 


nlens befkeigen laſen, fa wärhen die Jaigen daven biefelben ge⸗ 
weſen und viel Blut und Gold erſpart worden fein. Das pa: 
tärlide und unvermeidliche Widerſtreben der Intereffen Spas. 


niehs und Frankreichs war hinreichend, de Beforgniß vor der 


vereinigten Macht diefer Reiche zu verſcheuchen, und es hätte 
keines zwblfjährigen Kampfes beburft, um nach großem Auſwande 
und vergeblichem. Widerſtande das unvermeiblich: Beiworbene ge: 
ſchehen zu laſſen. 

Die vorliegende Geſchichte dieſes Kampfes erhält, ab: 
geſehen von“ der Maren, geiflreihen unb lebendigen Dar⸗ 
Beuung, einen befondern Werth durch die vom Verf. bes 
nugte, ſehr woeitläufige Correſpondenz des Generals Stanhope, 
eines feiner Vorfahren, durch feine (1708) gluͤckliche Unter⸗ 
nehmung gegen 


wald durch deſſen ſchriftlichen Nachlaß in den Stand gefett, 


die Geſchichte der Ereigniſſe auf der Halbinfel vollſtaͤndiger und, 


getreuer gu ſchildern als irgend einer feiner Borgänger. Auch 


t er auf dieſelbe den meilen Raum berwenbdet und die: 
‚übrigen damit in Berdindung- fiehenden Begebenheiten - Fener! 


Zeitperiode nur kurz abgehandelt. Belegenflich gibt er ih auch 
Betrachtungen aUgemeinerer Art Hin; fo 4:3. am Souſſe 
des Buchs bei folgendem Bergleich zwiſchen Madrid und Paris: 
„Aus dem Erzaͤhlten geht auf das unzweiſelhafteſſe her⸗ 
vor, wie ſehr verſchieden die Wichtigkeit: des Beſitzes beider 
Sauptfäbte iR.” Während Paris in Frankreich Altes, Hit 
Madrid in Spanien nur wenig. Die Erfahrung. hat betätigt, 
daß der Jeind beim Vorbringen gegen Parks gwar feinen Wieg 
- dur manch tapfere Schar bahnen und den heftigften Mider:| 
“Mand überwinden muß; Hat er aber dieſe Hauptſtaht genommen, ' 
ſo hoͤrt allee Biberſtand auf unb dem bort: erridhteten Gou⸗ 
vernement unterwirft ſich das Hanze Land. Derſelbe Ball tratı 
ein bei bürgerlichen Entzweiungen. Wer bit Wenöllerumg von 
Paris für ſich zu gewinnen, ihren Beifall zu erfaufen, ihren 
unwillen zu befänftigen wußte, dem huldigte auch ganz Frank⸗ 
reich; wer bagegen die Hauptſtadt erzürnte, wäre es auch durch 
.etwas zum Beſten der Depattements Unternommenes geſchehen, 
der hatte unfehibar Alles gegen ſich. Gine vollſtaͤndigere und 
unbilligeve Sklaverei als dieſe blinde Unterwuͤrfigkeit fe vieler 
Miltionen gegen bie veränderlicdyen Dictaten einer lelchtſinnigen, 
aller Srundfäge baaren Hauptſtadt, als biefe Demuth des fran« 
zoͤſiſchen Bolkes gegen ben Pöbel von Paris ift unerhoͤrt. In 
Spanien dagegen haben ber Succeffionstrieg, fowie die unferm 
Jahrhundert angehörenden bort geführten Kämpfe berviefen, daß 
der Beſitz der Hauptſtadt weber für ben fremden @roberer noch 
für den einheimifchen Parteichef von ſonderlichem Rugen ift. Zwei⸗ 
mal zog ber Erzherzog Karl, breimal Zofeph Bonaparte fiegs 
wei in Mabrib ein, und immer erfuhren fie, baf die Grobe: 
rung der Hauptſtadt Gaftitiene und bie Unterwerfung der Gas 
filiee zwei ſehr verſchiedene Dinge find. Was in Frankreich 
die Eroberung vollendet, iſt demnach in Spanien nur ein Ans 
fang berfeiben, und daher kommt es, daß trog aller Nachtheile, 
ſchlechter Armeen, fchlechter Generale, Regierungen und Geſetze 
die Spanier ihre Unabhängigfeit vom Auslaude behauptet haben 
_. uud wol auch behaupten werben.’ i 
ur Wir ſchlieben mit folgendem Beifpiele- ſpaniſchen Stolzes. 
Es war von Jafang herein Vendoͤme's Beſtreben, bie guten 
Gefinnungen ber ſpaniſchen Granden gleichzeitig zur Schau zu 
fiellen und ſich ihrer zu vergewiſſern, indem er fie zur Ausfer⸗ 
tigung einer Öffentlichen Erklaͤrung ihrer Ergebenheit gegen Phi⸗ 
Kpp einlud. As dieſe Erklaͤrung unterzeichnet wurde, fügten 
mehre Granden ihrer Unterfchrift bie Worte: „fo adelig wie 
ber König”, hinzu. Vendome trug dies ſtillſchweigend, weil er 
fie beim Guten erhalten mußte; als jeboch einer. diefen Zuſat 
mit „und noch ein, Wenig mehr” erweiterte, rief er unwillig 
ans: „Himmel! wogt Ihr den Abel des Hauſes Bourben, des 





:tutta and mit allen 


Port Mahon Erwerder des Titels, den’ unfer, 
Geſchichtſchraͤber führt, Nach Lord Peterborough's Abtreten 
"vom Kriegeſchauplat in Spanien erhielt General Stanhope ben. 
Dberbefeht in Gatalonien und Aragonien und ‚behauptete ven⸗ 
felben in dan Jahren 1700 und 1710 mit Ruhm. Unfer Verf. 





‚ Stelle des Iheokit (IE, 87): ‚Alderan 


tung:a, Malatt, ©. 5, - 
Kedigirt unter Werantwortlihkelt der Berlogähendtung: 8. X. Brodbans in Belpsie. 


älfeften ia 
Hein Idr DE 5 dem 
Allen nicht verge — König Philipp ein, ‚Bean t, — 


21 





— Bus PEN: 


Reiten 


.. 


SEE Tor BEL RE, 
.. Bon ben yolitifgen Umwälzungen in Vegupten "hängt ein 


"wichtiges Unternehmen äb, welches bie oftindiihe Gömpagnie 


lange beabfichtigt und befprocdyen hat. Sie unterhält befanntiidg 
fon feit mehren Jahren eine lebhafte Dampfihiffaget von Ale 

Kifkentäub and af dem 
‚mis, dexfelben 


ei, 
Voogly ‚fi Seſchaͤftigkeit 


ie : :, GOAMOLS ; er f 
‚der Ihe e An und herz nur if die Gommunicafion ad 


britmnien immer noch auf den gewöhnlichen Weg angewieſen, 
und, um eine regeimäßige Dampffaıt zu u bedat 


⸗ 


"66 Ser einer teichen Nirderlage von Mieinlshten Otuserg, 
‘dm Gap, Isle de Fraute, Zrinfomele und Mehr. Bon Bem⸗ 
‚bay ‚nad Suez, gehen bewaffnete Dampfböte, um reiche moham⸗ 
medaniſche Pilger, wie unlängf einen Fürften von Deipi, nad 
Mefka zu gefeiten, bei welcher Gelegenheit Koßlendepots in . 


Aven, Juddah, KHoffeir.und Suez augtiegt wurden, denn gute 
Gerigkoytenifind in Bombhy' fo Sch baßche;oft dis Ballafk 


eingenpimen werden; 'alleie da bie. Fahrt keinen eigentlich ma⸗ 


‚pien (800 Thlr.), ohne Beau ügkreife, ſelbſt fie 
dem gewöhnlichen Pilger’ gu bedeutend. in unternehmender 
Mann im Dienfte ber Marine, Hr. Waghorn, gründete hierauf 
den Plan, eine Dampficiffahrt Aush Das auittelländifche Were 
sa erhffaen und innerhalb 60 Magen va Bombay nadı. ‚Arm 


cantilifgen Zweck hat, fo ik das Pa rt; »on 1200 Rue 


"Mutteriande zu fegeln, Mit ihm soncureirte Cap. Taylor, ber 
1 Ki: Zage ti * 


von Falmotith nad Gibraltar dihete, don Bier Bis 
Malta‘9;, bie Aerandria 7, Tobann durch die Wäſte bis Suez 
‚fine Karavanenſtrecke von 4 Tagen .und sadlich von hit WiS- 
‚Bombay: & MWochen, alſo in SO Tagen bie Tour. zu vallahen 
verſprach und für jebem Brief auf zwei Zahre das mäßige Pı 

von zwei Rupien verlangte. Erin Unternehmen fand ben gr 

ten Beifall; felbft auf Ceylon uhd im nörblidhen Indien wurde 
ihm die möglichftertinterfilgung verfprochen, aber Taylor wurde 
tm Oktober 1830 in Perſien, woſtibſt eu bie Flaßgebicte zum 


Beſuche einer, ausgedehnten Daupiihiffshrt bereifte Den Rue 


bern erfhlagen, und Waghorn foll bei dem erften 
eignes Bermoͤgen zugeſeet haben, 


Der Engländer Kenball bat ſich bie Muͤhe zenominen, bie 
Anzahl von Haustpieren, weiche in Rußland im Laufe eines 


erſuche ſein 


einzigen Jahres, ben officiellen Berichtey zufolge, von Wölfen 


zerriſſen worden, aufzuzaͤhlen. Die einzige Provinz Liefland 
"bietet bier im Jahre, 1823 folgende faft unglaublihe Menge: 
1841 Pferde, 1243 Fuͤllen, 1807 groͤßere Rinder, 733 Kälber, 
15,182 cafe, 786 Lammer, 2545 Ziegen,‘ 185 Biden, 


:4190 @cweine, BIS Beikel, 708 Hunde, 675 Gänfe. 


Wie überaus anziehend und belehrend auch neben ber innis 
gen Verwandtſchaft der Sprachen die Vergleichung bes indifchen 
Alterthums für die claffifhe Philologie werden könne, zeigen oft 
die Üübereinkimmenpfien Züge des Volkeglaubens, von benen man 
kaum fi. Kechen ſchaft zu geben vermag. ZJetermans :tennt bie 
„I t —XXX uos,ö 
dskicg', und die Erklärung des Scholiaften: daß die Augen jr 
gendwen von den Haußgenoffen fehen ſollen,“ wenn ſie böpfen, 


- dringt durchaus nicht in den vollen Einn ein. In ben indifcyen 


Dramen iſt das Zittern des rechten Auges bei Wämern sin 
gutes, bei Beibern immer, aber nur im Gebiete der Liebe din 


. böfes Dmen, 5. B „Meicbal”, &.188, 222 (kalkutt. Ausgabe), 


sphurati daksbinam lochanam, ebenfo bei der Eafuntala, als 

fle vor ihrem koͤniglichen Gemahle ſteht, S. 97, heraueg. v. Chegy. 

Das Zittern des linfen Auges dagegen iſt von Buter- ehe 
ur ne 3 





I 


A — — — — — — 


Blätter 


- für 


Unterhaltung. 


literariſche 


— 










Ein Buch auf Friedrich pelitiſch⸗ literariſc 
_ Daͤtigkeit im Jahre Bra) iterariche 


Erſter Artikel. 


Friedrich Murhard gehoͤrt gewiß zu dem cempes 


tenteften Stimmfüͤhrern Ir Öffentlichen Angelegenheiten, 


Aeußere Stülsumftände, wie fie dem Gelehrien ferten zu 
Theil werden, ſetzten ihn im ben Stand, ganz nur ſich 
und feinen Studi zu leben und feine geiftige Krafk, 


‚ohne fie des lichen Brots wegen durch fremdartige, we⸗ 
nig fördernde Geſchaͤfte zerfplitteen zu muͤſſen, Jahre lang 
nur auf einem Punkt zu concenttiren. Dieſer Punkt wa⸗ 
ren die Stantsroffimfcdhaften, die von jeher die Lieblinge 
beſchaͤftigung des talentvollen Mannes ausmachten. Ce 


wurden von. den "Univerfitätsinhren an fein ganzes Lehen 
hindurch von ihm angebaut, und ſchon fruͤh gelangte er 


‚ya der Ueberzeugung, daß die echte politiſche Aufkidrung 
die Bedingung aller übrigen Xufftärung ſei. Maſtios ging 
fein Streben dahin, das Wahre vom Katfchen, das Ges 
zeifte vom Ungereiften, das Zweifelt afte vom Verwetflichen 
zu unterfcheiden und auf dieſem Wege das zu erfirebende 
Ziel in immer hellerm Lichte dem Auge des Suchenden 
darzuſtellen. Beharrlicher Fleiß und reger Eifer in Beach⸗ 
tung und Auffaſſung alles Deſſen, was mit feinen Stu⸗ 
dien in näherer oder entfernterer Beziehung ſtand, war 
bie nothiwendige Folge dieſes Strebens und bie unerlaͤß⸗ 
liche Bedingung ſeines Gelingens. Er ließ es daran: nit 
fehten. Dabel war fen Gemüth, tote das jeden Water: 
lands freundes, ftets von der wärmfien und lauterfien Btebe 
für die Menſchheit Befeelt, und die von Wort ihm verkies 
benen Fähigkeiten und bie durch Fleiß erworbenen Kennt⸗ 
niſſe zum Wohle feiner Mitmenfchen anzuwenden, war bie 
‚einzige Richtſchnur diefer Thätigkeit. Wer die Menſchheit 
nicht liebt, wird aud ſein Vaterland nicht lieben, und fo 
umgefehrt; beide Gefühle entfpringen derſelben lautern 
Queſle, die nur In der Bruſt des Kosmopoliten auch im 
veifern Mannesalter noch ungeſchwaͤcht fprubelt, im Bu⸗ 
fen des Ichſuͤchtlers aber, wenn fie" auch als flädhtiger 
Jagendtauſch ihm kurze Beit floß fehr bald für immer 
verfiegt. So erkannte Murhard es als Aufgabe ſeines 
Lebens, fuͤr die hoͤchſten Intereſſen feiner Gattung zu ars 
Briten. -Wisfehders geſchickt machten ihn -bazu uͤberdem die 
"vielfältigen Reifen, weiche-er, mit alten Vorkenntniſſen zur 
erſprießlichen Benutzung berfelben wohl verfehen, unternahm 


— N.18. — 


und ſo die Menſchen unter den verſchiedenartigſten Ver⸗ 
haͤltniſſen beobachtete, Laͤnder und Voͤlker verſchiedener Zun⸗ 
gen kennen lernte. Er ſah Nationen im fröhlichen Ges 


aniffe ‚dee freieften Verfaſſungen, er fah Voͤlker ımter dee 


Seißel eines morgenlaͤndiſchen Despotismus. Das Leben 
der Hoͤfe, der großen und vornehmen Welt war Thm f6 
wenig fremd, als das der niebrigften Claſſen. Befreundet 
wit den Meifterwerken des claſſiſchen Alterthums, konnte 
er die Lehren der Alten mit denen ber Neuen verzglei⸗ 
"en, und vertraut mit ben politifchen Theorien der ber: 
fhiebenften Zeitalter, hatte er Gelegenheit, praktiſch feine 
Anfichten zu vervollſtaͤndigen und zu berichtigen. Sein 
Leben fiel Überdies in eine an außerordentlichen Begeben: 
beiten fo reiche Zeit, daß er diefe nur mit empfänglicem 
Gemüthe in ſich aufzunehmen brauchte, um dinen uner 
ſchoͤpflichen Schatz der bedeutendften Erfahrungen zu bes 
figen, welcher einen fihen Maßſtab zur Beurtheilung 
wiederkehrender aͤhnlicher Erfcheinungen und zur, Wuͤrdi⸗ 
gung theoretifher Lehren barbot. Dem auf diefem Stand⸗ 


punkte des Lebens und ber Wiffeusfchaft ſtehenden denken⸗ 


den Manue konnte es nicht entgehen, daß die Staatswils 
fenfihaften nicht nur dem großen Haufen, fondern felbft 
Denjenigen, für welche ihr Beruf ald Diener des Staats 
ober ald Vertreter des Volks eine befondere Auffoderung 
zam Studium derfelben "enthält, nur zu häufig mehr 


doer weniger. eine terra inpogmita fein. Die Schaͤdlich⸗ 
"Seit. einer ſolchen Unwiſſenheit mußte fih ihm um fo lebe 


bafter darftellen, da auf dieſem Felde fi) auch der Un⸗ 
kundigſte aufzutreten und fein.Urtheil abzugeben fuͤr be⸗ 
rechtigt hält, dadurch aber die auf wenige einfache Wahr: 
beiten gegründete Wiſſenſchaft, namentlich in unfern jetzigen 
bewegten Zeiten, zu einem Chaos geworden ift, in welches 
fi Mancher kecken Muthes hineinftürzt, aber, fortgertffen 
vom Strudel, vergebens. nach dem —*8* Faden der 
Aciadne ſpaͤht, um dem; ſichern oben. wiederzugewin⸗ 
wen. Solcherlei äußere Verhaͤltniſſe und innere Betrach⸗ 
tungen mußten Murhard auf die Idee leiten, auf dieſem 
Felde der Verwirrung und Verirrung eine Sichtung ber 
Begriffe, eine allgemeine Revifion des ſtaatswiſſenſchaftlichen 
Sefammtgebietd vorzunehmen. Einen ähnlichen, wiewol 
weit enger begrenzten Werfuch der Art batte bereits ein 
ſehr achtbarer Stantsiehrer *) vor ihm gemacht. : Allein 

*) Briebrich von Raumer: „Leber bie gefchichtliche Entwicke⸗ 


13. Jannar 1833. 


, 


1% 


Du" — 


dat Webhefntf nach einem Werke, dab nad) einen! großarti 


gern Plane gearbeitet wäre, wurde dadurch nur um fo tebhafs 


ter angeregt. Nicht nur für Den, welchem feine Zeit und 
anderweiten Arbeiten nicht geftutten, an dee Quelle ſelbſt 
zu Achoͤpfen, welchem Mittel und Gelegenheit fehlen, ſich 
fuͤbſt alle die Schriften anzuſchaffen, in welden ſich a6 
Material für ein ſoiches Merk zerſtreut findet, müßte: eine 
ſolche Revifien, eine Zufammen ud Gegenäberftellung 
der verfchiedenen Anfichten und Lehren ber Denker aller 
Zeiten über die wichtigen Fragen des Staatslebens hoͤchſt 
errihfcht fein, fondern au für die Bünftige ſyſtematiſche 

usbildung der Wiſſenſchaft felbft würde fie eine rund: 
age” abgeben, melde von großem Mugen fein koͤnnte. Als 
ein avenn ih auch in Murhard bie nothwendigen Eigen: 
ſchaften zur Bearbeitung eines ſolchen Werkes in feltenem 
Grade zufammenfanden, wenn e6 Ihm auch weder an ben 
uöthigen Fähigkeiten, Kenntniſſen, noch an bee gänfligen 
äußern. Lage fehlte, um ein Werk zu unternehmen, was 


nicht etwa in einigen Jahren und unterbrochen von man⸗ 


chetlei fremdartigen Berufsgefchäften ausgrführt werzn 
Zann, fondern zu deſſen gluͤcklicher Vollendung ein Men⸗ 
ſchenieben ungeſtoͤrter Arbeit erfodert wird, fo traten them 
doch die Verhättniffe des bdeutfchen Buchhandels abmah⸗ 
nend entgegen, welche fuͤr den Abſatz eines ſo umfaſſenden 
Werkes Leine guͤnſtige Ausſichten verſprachen. Die größt: 
moͤglichſte Verbreitung des Werkes war aber umeeläßliche 
Bedingung feiner‘ Nüglichteit. Durch biefe und ambere 
Ruͤckſichten fand fi Muthard veranlaßt, von feinem. ur: 
fprünglichem Plane in etwas abzugehen ind folchen: ber 
* Enplichkeit unferer Verhäftniffe mehr anzupafjen. Seine 
Abſicht geht nun: dahin, aus dem weiten Gebiete ber 
Staalswiſſenſchaften einzelne wichtige Gegenſtaͤnde auszu⸗ 


wählen und fie nach dem urſpruͤnglichen Plane zu hear⸗ 


beiten. Auf diefe Weiſe wird derſelbe mit der Zeit, wenn 
die Vorſehung dem thaͤtigen Schriftſteller Leben und Kraft 
noch lange erhält, und wenn derſelbe in dem degonnenen 
Maße der Production fortfähet, den anfänglichen Plan 
auch fo realifiren, und zwar noch volllommener. und er- 
ſchoͤpfender, da bie einzeln behandelten Gegenftände mit 


„größerer Ausfuͤhrlichkeit und Gruͤndlichkeit dargeſtellt wer⸗ 


den koͤnnen, als wenn ſie nur als Theile eines groͤßern 
Ganzen ins Leben traͤten. BE 
‚Das Jahr 1832 hat'˖ uns nun fünf folher Mono: 
„graphien in raſcher Aufeinanderfolge bereits gebracht und 
"einen Beweis von der Rüftigkeit und Schnelligkeit gelie: 
‚fert, mit welcher ber Verf. arbeiter. Eine Schnelligkeit, 
die ‚vielleicht Mancher für Fluͤchtigkeit zu halten geneigt 
‚wäre, wenn fie ſich nicht aus dem. Vorhergehenden und 
. ber Abficht des Berf,, mehr eine Zuafammenſtellung frem⸗ 
„ber Anſichten zu geben, als ein eignes Syſtem aufzuſtel⸗ 
len, Conftrutrung und detaillirter Ausbau allerdings 


“mehr Zeit und Mühe erfodert haben würde, genügend 


 „ertlären ließe, fowie durch die Xüchtigkeit ber Arbeiten 





tung ber Begriffe von Recht, Staat und Politik’ (Leipzig 
:, 1836).: Die: in vorigem Jahre erſchienene zweite Aufage 

bes fchägbaren Werkchens ift um Vieles vervonſtaͤndigt 
und verbeifert.: 00 nt 


l 


ſelbſt widerlegt wuͤrbe. Es wird ef. eine angenehme 

Pflicht fein, den Leſer in Folgendem mit den Erzeugniſ⸗ 

fen eines unferee aufgellärteften, mit entichiedenem und 

feurigem Eifer auf eine vernunftgemäßere Geflaltung uns 
6 Staatslebens himarbeitenden Schriftſtellers näher be⸗ 
nnt zu machen Be LE 

%. Der Ieoe des Staats. Eine. prepolitiſche, Umerſu⸗ 
hung im Lichte unfers Jahrhunderts. Won Friedrich 
* ard. Goͤttingen, Dieterich. 1832. Gr. 8. 

NMit Recht hat ber Verf. mit dieſer Unterfuchung den 


— 


"Anfang gemacht, da fie die nothwendigen Voörderſaͤte in 


fih faßt, über weile man fih vor Allem verfländigen 
muß, um mit $olgerichtigkeit die uͤbrigen Kragen Löfen zu 
können. Haben wir den Zweck deutlich vor Augen, fo 
wird es dann leichter, über die verfchiedenen Mittel zur 
Erreichung deffelben ein richtiges Urtheil zu fällen. „Sehr 
zu wuͤnſchen wire 48”, bemerkte [chen früher ein als 
Schriftſteller und. Staatsbürger gleich achtungswerther 
Mann *), „daß man endlich einmal hber den wahren Zroc® 
des Staats, als die Baſis aller Theorie vom Staate fd 


wie aller Staatöpraris, ind Reine und zum allgemeinen 


Einverſtaͤndniſſe käme. Denn che und’ bevor das erfolgt 
fein wird, kann weder ein ſicheres und gedeihliches Fortz 
ſchrejten in ber Cultur der Wiffenfhaft vom Staate und 
m allen ihren Zweigen, noch eine wahre Feſtigkeit und 
Gonfequenz in. den Lebensfunctionen des Staats felbft ges 
‚hofft werden.“ - Wenn der Berf. uns’ die Meinungen, 
‚welche. die Seaatsrechtslehrer aller Zeiten uͤber die wichtige 
Srage, zu welchem Ende die Menſchen in Staaten zus 


fammengetreten find, gehegt haben, in bem vorliegenden - 


Werke vor Augen führt, feine eignen Anfichten einflech⸗ 
tend und in sin Endreſultat zufammenfaflend, fo. hat er 
dadurch nicht nur ein ſehr nüglichee Werk für den Laien 
-unternommmen, ber über biefen wichtigen Punkt Aufſchluß 
ſucht, fondern auch dem Gelehrten von Fach einen Dienft 
erwieſen, Indem er ihm die Mittel erleichtert bat, über 
hen in Frage feienden Abfchnitt der ſtaatswiſſenſchaft⸗ 
lichen Propädeutit zu einem Endrefultat zu gelangen. Die 


Wiſſoenſchaft hat jedenfalls einen nicht unintereffanten Betz 


teng: zu ihrer Riteraturgefchichte dadurch erhalten. Links 


„und ;pechte. die Begriffe vevidirend, beginnt der Verf. 
„feine Schrift mit.der 2 
umgaͤnglichen Nothmwendigkeit einer richtigen Beflimmung 
des Staats zwecks. (S. 3— 18.) Man müßte ſich wuns 
‚ben, daß .diefelbe überhaupt bat in Zweifel geftellt und 


arlegung dee Nüglichkeit und uns 


vorfäglih von Staatsrechtslehrern Üübergangen werden koͤn⸗ 
nen, wenn man nidt wüßte, daß. es grade den gruͤmd⸗ 


‚lichten Gelehrten ‚nur zu häufig begegnet, daß fie den 
Wald vor lauter Bäumen nicht ſehen, und daß es ihnen 


ebenfo oft. nicht. um die mit wenig Worten geſchehene 
Anerkennung einer fi) "vorfindenden einfachen Wahrheit, 


_ fondern um. das Erbauen eines zufammengefegten Syftems 
eiguer Erfindung zu thun ifl. Was der Verf. ſchon im. 


Behr, in 'dee- Worcebe zur erſten Abtheitung. feines „@y- 
" ftem6 des angewandten: allgemeinen Gtaatsichre‘ (Frank⸗ 


U... fügt. aM. 1810). .. 


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0. mt MB m — ⸗ [2 ⸗⸗ — — — — 


On. — — - 


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defem Gapitel "über ſein eigentliches Thema, den Zweck 
bes Staats ſelbſt, einfließen laͤßt, gehoͤrt ſtreng genommen 
wicht hieher, auch wuͤrde er leichtlich für feine, Meinung 
och mehre Schriftſteller haben anführen können, als bie 
von ihm hier genannten. - 

Das zweite Capitel ber vorliegenden Schrift handelt 
son den hiſtoriſchen Zwecken des Staats. (S. 19— 36.) 
Der hiſtoriſche Zweck des Staats iſt von dem philofophi: 
ſchen Zwecke deſſelben fehe wohl zu umterfcheiden. Wie 
alle Verhättniffe im Leben nicht immer fo find, mie fie 
fein ſollten, fo haben auch in der Erfahrung die Staaten 
ſehr von einander abweichende, mit den Srundfägen der 
Vernunft wenig uͤbereinſtimmende und noch öfter gar keine 
mit Beſtimmtheit fi) bewußte Zwecke verfolgt. Gemiffe 
Berbindungsideen müffen indeß Immer vorhanden geweſen 
fein, denn, „s’il n’y avait pas quelque point sur lesquels 
les interets s’accordent, nulle société ne saurait sub- 
'seter”, fagt Rouftenu mit Recht. Allein dieſe find mehr 
als Motiv der urfprünglichen Wereinigung anzufehen, fie 
‚baden ſich aber ſpaͤterhin nach Verſchirdenheit der aͤußern 
Lage der Staaten und ihrer Scidfale ganz verſchieden 
ausgeprägt. Der Verf. fucht die hiſtoriſchen Zwecke eini- 
ger namhaften Staaten darzulegen und theilt die Anfichs 
‘ten verfchiedener Staatsrechtslehrer über den aus der Er⸗ 
fahrung abflrahirten Zweck des Staats mit. " 


- Zub dritten Gapitel gibt una ber Verf. Exoͤrte⸗ 


ungen zur nähern Ausmittelung und Seftftellung ber 
ꝓhiloſophiſchen Zwecke des Staats. (S. 37 — 58. 
Wenngleich bite cher eine Einheit moͤgllch iſt als bei 
den Zwecken, welche in der Erfahrung von ben beftehen: 
‚den Staaten befolgt. werben, fo herrſcht doch über dieſe 
wichtige Aufgabe des Staatsrechts noch eine ungemeine 
; Verfchiedeiiheit idee Anfichten ämter den Lehrern beffelden. 
Diefer Divergenz hat der Verf ein eignes Sapitel (das vierte, 
©. 58-68) gewidmet, fowie er auch diejenigen Staates 
rechtslehrer, weiche gar keinen allgemeinen Staatszweck 
geiten laffen wollen, in ein befonderes Gapitel (das fünfte, ©. 
69 — 82) verweift. Nachdem er auf biefe Welfe das Ter⸗ 
rain zuvor recognofcirt und gewiſſermaßen blos plänfernd 
ducchzogen, gebt er in ben folgenden Abfchnitten auf die 
einzeinen Anſichten genauer ein. Er prüft bier zuerſt 
(Cap. 6, S. 83 — 116) diejenige Meinung, nach welcher 
Begehindung eines Rechtszuſtandes als hoͤchſter Zweck des 
Staats angefehen wird. Wenn die Alten gemeiniglich er 
babenere und weitumfaflendere Zwecke mit der Idee des 
Staats verbanden, fo waren es hauptlächlich die Juriſten 
im 17. und 183. Jahrhundert, weiche fich bei dem nieders 
gedruͤckten öffentlichen Xeben an diefe Idee, als den legs 
ten Nothanker, anklammerten. Darüber hinaus verftiegen 
ſfie ſich nicht, und es iſt auch allerdings noch in jegigen 
. Zeiten detjmige, mit deffen Lauterer Erreichung man fchon 
zufrieden fein muß und zu welchem ſich noch fehr viele 
thäytige Staatsrechtslehrer bekennen. Die Bezeichnungen, 
weiche fie dafür wählen, find mitunter verfehieden, jagen 
aber Daffelbe. Winkler und Daties nennen Rechtöfichers 
heit als Zwed des Staats; Schlözer fagt: „Eifer Zweck 
und Pflicht des Staats ift bios Schutz... Seit Kant ka⸗ 


a 


men die Meiſten darin uͤberein, bie Herrſchaft des Nechts⸗ 
geſetzes als Staatszweck anzunehmen; man drückte dies 
bald du die Worte: Rechtsſicherheit, vollkommen recht⸗ 
licher Sriedenszuftand, Selbſterhaltung des Staats, St: 
herung vor Unrecht u, ſ. w. aus. Vorzuͤglich vertheidigte 
Schmalz die Anfiht vom Staate als einer bloßen Rechte: 
anftalt. Auch Spittler hätt Sicherung ber Zwangsrechte 
oder äußern vollkommenen Rechte für völlig hinreichend 
zur Beflimmung des Staatszwecks. Anton Thomas bes 
trachtet den Staat als eine zur Realifirung des Rechtes 


verhaͤltniſſes organiſirte Geſellſchaft. Der Staatszweck, 


lehrt Ant. Bauer, beſteht in allgemeiner Rechtsſicherheit. 
„Det Ziveck des Staats iſt“, fagt Koh. Paul Pal —* 
fuͤr zu ſorgen, daß Jeder habe, was dem Rechte nach ſein 
iſt, damit er ungeſtoͤrt duch Andere, aber auch außer 
Stande geſetzt, Andere zu ftören, frei in feinem Kreife hans 
dele, und daß jeded Unrecht gegen das Ganze aber auch 
gegen jeben Einzelnen unterlaffen werde.” Dr. Franz Eg⸗ 
ger fucht darzuthun, daß Sicherheit der Rechte der philos 
fophifche, eigenthuͤmliche, nächte ober unmittelbare und 
Hauptzweck des Staats fel. Behr ſtellt die Geltung und 
Sicherheit de6 Rechts der im Staate Vereinigten als dem 
Zwei bed Staats fell. „Der Endzwed des Staats iſt 
nah Rechtsprincipien: die Sanction des Rechtsgeſetzes 
durch eine phyſiſche Gewalt“, Mut Zachariaͤ. Selbſt Ares 
tin, in ſeinem trefflichen, Conſtitutionnellen Staatsrechte“ iſt 


‚dee Staat nur eine Vereinigung von freien Menſchen 
) | auf. einem beftimmten Landeöbezick, unter gemeinſchaftli⸗ 


cher Obergewalt zu alifeitigem Genuß eines feften Rechts: 
zuſtandes. Er fügt jedoch näher beftmimend und weiter 
faffend hinzu: „der Rechtszuſtand, zu deffen Erhaltung 
man fich vereinigt, aber umfaßt zugleid die Sicherung 
aller Urrechte der Menfchen, alfo der Nechte der Perfon, 
bed Eigenthums, mit voilſtaͤndiger Entwidelungss und 


Bildungsfreiheit.“ Er bat wohl gefühlt, daß bloße Herr: 


fchaft des Mechtögefeges ein zu nadter und unzulängficher 
Begriff ift, daß zwar Rechtsficherheit die erfte Bedingung 
alles Wohlbefindens und alfo der näcfte Zweck des Staats 
ift, daß aber darüber hinaus noch manche fchöne und hoͤ⸗ 
bere Zwecke liegen, die fi) durch den bürgerlichen Verein 
wohl erreichen laſſen und zu deren Ausfchließung kein 
Grund vorhanden ift. Der Verf. bemüht fih nun im 
fiebenten Cap. (8.117—151), die Unzulänglichkeit bes Be: 
griffe von einem bloßen Rechtszuſtande zur Bezeichnung 
bed Staatszwecks darzulegen und zeigt im achten Gap. (S. 
152— 167), daß die Verwirklichung eines Rechtszuſtan⸗ 
des blos als naͤchſter Zweck des Staats zu betrachten fei. 
(Der Beiblus folgt.) 





Gedichte von Henriette Ottenheimer. Stuttgart, 
Hallberger. 1832. 8. 21 Gr. 

Bon bem gefangreichen Oberdentſchland tönt abermals eine 
neue Stimme zu und herübez, die einer Sängerin Würtembergs 
anzugehören ſcheint. Beim Durchblättern des mäßigen Buͤch⸗ 
leins erfreute es uns fhon, auf gereimte Charaden, Bomonys 
men, Logogryphen, Yalinbrome u. dgl. zu ftoßen, nicht ale 09 
ef. ein leidenſchaftlicher Liebhaber vom müßigen Auflnaden 


52 


folder Räffe wäre, ſelbſt wenn fie einem Kern in fü flßliehen, 
‚ fondern weil er daraus wahrnahm, daß ber Kritik wit bem 
Buche body) vielleicht überhaupt etwas zum Enträthiee geboten 
werben Fönnte. Was fobann unfer Intereffe in Anfprud nahm, 
war ber in faft allen Gedichten vormaltende Reichthum an Reis 
men und ehythmifchem Formenwechſel. Die naͤchſte Cutdeckung, 
die wir machten — dena ein Kritiker ift ein Gntdeddungsfahrer, 
der auf der nur allzu oft eiskalten Nordpolexpedition feiner kri⸗ 
tifhen Wanderung, ohne bie Durchfuhrt zu einer neuen 
Welt zu echoffen, grüne Giländer zu finden ausgeht —, 
war feine geringere, als baß unfere Didterin taub ift, und 
die an ſich fetbit in dieſer Hinſicht gerichteten Troſtesworte 
find das fchönfte Gedicht in ber Sammlung, weil fie, 
aus innerftsr Seele hervorgequollen, ben wahrſten Ausbrud eis 
gen erlebter Gefühle zu Tage bringen. Ihr Lage — fagt fie — 
Daß nie die Wonne in geliebten Herzen 

Su mir heräbertönt von ihren Lippen, 

Und daf die Klage über ihre Schmerzen 

Berfhellen muß an des Behöres Klippen. 

Daß nicht berühren kann und aufwärts heben 

Mich die Mufit mit ihren Seraphsſchwingen; 

Daß Engel, die um Aeolsharfen ſchweben, 

Mir keinen Gruß aus fernen Welten bringen. 

Doch klaget nit — mir blieb ein ſehend Die, 

Mit meinem Aua' kann id) Myſik erlauſchen; 

Des Lichtes Quell wird mir zum Hynmmenchor. 

Und kann um Worte ich nicht Worte tauſchen, 

So wirb zur Sprache mtr ber Freunde Bild, 

&o wird der Vögel ſchimmerndes Sefleder, 

Ibr behrer Flug nie bimmlifcher Gefang, 

Und duch die Seele ziehn. mir Brühlingslieber 

Mit ſuͤßem, fremden, nie gehörtem Klang. _ 
Und fe dat fie im ter, That mit kräftig kuͤhnem Blicke den 
Farbenſchnie 


ck der Ratur aufgefaßt und hämentlich in ben bei⸗ 


ben Gedichten: „Die Himmelsfpiegel” und. ‚An ‚den Eenz’, in 
‚glänzend reicher Diekien ihren Anſchauungen Ausdrud verliehen. 
Daß ihre Sprache Sedanfen, nicht blos Gefühle gibt, moͤchte 
ihren Gedichten, die nichts weniger als bioße Ergießungen er» 
ſter Zugendanfivaltung find, einen nicht unbebeutenden Rang 
anweifen, ja, ihre dilderreiche Diction fuͤhrt oft zu fo kraͤfti⸗ 
gen, faft Shakſpeare'ſchen Tropen, wie ſie einer weiblichen Schoͤ⸗ 
‚pfungsfähigkeit feiten gelingen möchten. Den Zrühling ruft fie 
3. B. an: 
Du Held, der obne Blutvergießen 
Die Ketten fprengt, die rauh und Talt 
Der Erde berrliche Geſtalt 
Erbarmungslos und feit umfchließen u. f. w. 
Der Erbe Keffeln werden fallen, 
Denn Freibeit ii dein Lofungswort u. f. w. 
Auch eine freiheitathmende Stimme laͤßt fi hier und bort 
'pernehmen, befonber® in ben Gedichten: „Polens Gtreitern” 
und „Die Bräber von Wiffolunghi”. : Den religiöfen Tönen 
fehlt alle weibiſche Weichlichkeit; faſt mochte bie, „Religion“ 
‚Üüberfchriebene Elegie etwas zu pomphaft erſcheinen. Kine fo 
£räftige Snnigkeit, wie jeboch das Gedicht: „Der reichſte Schacht”, 
in einem trefflich und vollftändig durchdachten Tropus aus⸗ 
ſpricht, ift uns unter den lyriſchen Grzeugniffen ber Jetztwelt, 
felbft wenn fie berühmten Namen angehören, nicht leicht vor⸗ 
getommen. Die Leiftungen Henriettens erinnern uns an einen 
langgenährten, abermals bewährten Glauben, daß nur in einer 
_ Seele, deren Lebensfunction irgendwie im Körper ſchmer dh gebt 
und umflort if, die wahre Flamme poetifcher Ergüffe ſich vollftän« 
- dig entzünde. Auch die dem Iprifchen Sraeugniffen angehängten 
profaifden Aphorismen geben mandye gut durchdachte Gefuͤhls⸗ 
meinung über Leben umb Literature und kommen aus einem 
Gemüthe, das nad einem Bewußtſein über die Gricheinungen 
des Dafeins ſtrebt. 181. 


’ [3 . 
v 
. 


Kite urtheilte einſt Lefftag über Ketzer und Sagerininigert 
Aud für unfere Zeit gilt, wäß Leffing über Ketzer unb Re⸗ 
der dente: „Das 8, dad man nenut, hat im 
de gute Ge ik ein Menſch, der mit ſeſnen eignen Au⸗ 
gen wenigſtens ſehen will. Die Frage iſt nur, ob es gute Au⸗ 
gen geweſen, mit welchen ex Gelb dat ſehen wollen. 3a, i® 
gewiffen Jahrhunderten iſt der Name Ketzer bie größte Empfeh⸗ 
lung, bie von einem Gelehrten auf die Nachwelt dat gebracht 
werden koͤnnen; nod größer als ber Name Zauberer, Magus, 
Zeufelöbanner; bean unter biefen läuft doch mancher 
mit unter.” Dagegen fagte Leffing von den Ketermachern: 
„Immer wollen fie die graufamen Anklagen, durch welche fie 
ihres Naͤchſten Ehre und Wohlſtand und eben in die aͤußerſte 
Gefahr fegen, für nichts als unumgängliche Gelbfivertgeidigung 
gehalten wiſſen. Ohne biefe wärben fie gern gefchwiegen, ex 
‚gern ihrem Bott nur in der Gtille gelingt haben, wie ſehr ˖ feine 
eilige Wahrheit gefränft und geläftert werbes aber ihr eigner 
guter Leumund wird darüber verunglimpftz; ihr eigner Glaube, 
deffen Licht fie vor aller Welt Leuchten zu laffen fo verbunden 
find, wirb daruͤber verbumlelt: nun möüflen fie auftreten unb 
nıhffen reden und mäflen vor Gott und der Welt bezeugen, wie 
verbeeblich, wie greulich, wie werth, mit Feuer und 
‚verfolgt zu werben, fie bie Irrthuͤmer ihres ihnen fonft fo lies 
ben Nädjften,, ihres Bruders in Ghrifto finden.” Im biefem 
Sinne, wie Eeffing ihn hier angibt, mag man es fich zur Ehre 
anrechnen, eim Ketzer zu fein und verlegert zu werben; unb 
kommt demnach Keper von zasegos (vein, lauter), bann wehe ben 
Ketzermachern, dergleichen ja einſt ſelbſt Shriſtum xels 


ten! 





I “ Motizgen. 


Paris und Verf. einer im vorigen Jahre in London erſchienenen 
„Grammar of the turkish language: with a prelimina 
discourse on the language änd literature of- turkish 


“ matiuns etc.', vom welcher die englliche Kritik mit der höchften 


Achtang ſpricht, id im noth wicht vollendeten 2i. Jahre ein 
Dpfer der Cholera geworden. no 


Die tuͤrktſche Sprache wird jest auf einem außerorbentiidh 
weiten Flaͤchenraume und von Nationen gerebet, weidye groͤßten⸗ 
theils voneinander. unabhängig find, auf fehr- verfchiebenen 
Stufen der Cultur fliehen und deren Verbindungen mit bem 
Rachbarftaaten ſich je nach ihrer Lage verſchieden geftaltet 8 
ben. Dieſe Verhaͤltniſſe erzeugten zehn tuͤrkiſche Dialekte, we 
gegenwaͤrtig geſprochen werden ; fie finds. der Wighur:, Dſchuga⸗ 
tais, Kaptfchaf:, ber kirgiſiſche, turtamannifche, Laukaſiſche, ſuͤdſiberi⸗ 
ſche, yalutfdge, tſchuwaͤfche und asmannliſche Dialekt. Einen bevfgls 
ben findet man faft bei jedem Volke, weiches zwifchen dem mittel⸗ 
ländifhen Meere und China, zwifchen bein Außerften Pankte 
Siberiens und den Grenzen Indiens wohnt. In Aegypten, 
den Barbärestenftaaten, ber Levante, am Hofe zu Teheran uhd 
in Perſiens weſtlichen und noͤrdlichen Provinzen wirb Tuͤrklſch 
‚geredet, und im Gebiete des Sultans, im größern Theile her 
Zartarei und Siberiens ift der eine oder andere tuͤrkiſche Dias 
lekt Mutterfprache der Gingebornen. 


Zu Walter Scott’ Werken erfcheint jegt auch eine Reihe 
„Portraits of the principal female characters‘';- ba jedoch 
Scott's Frauen, etwa zwei ausgenommen, lauter Gebilde ber 
Phantafie find, ſcheint der Titel eben nicht gut gewählt. 


Gin gewiſſer 3. Gilbert bat durch Herausgabe eines 17. 
Sefange zu. Byron’d „Don, Juan“ neuerdings den ſchon 
anberweitig verungläüdten Berfuch gemacht, eine Bortfegung Vier 
ſes Gedichts zu liefern. 3. : 


Nedigiet unter Werantwortlidgkeit der Werlagsbanblung: 3. U. Br oddaus in Leipzig. 


Aethur Rumlep Davids, Mitglied‘ der aatifdien Geſellſchaft in 


Bl aͤ 


tter 


für 


literariſche n 


nterbaltung 





Ein Bid auf Friedrich Murhard's politifch = Titerärifche 
Zhätigleit im ‚Jahre 1832. 
ErſterArtiktel.r 
WBeſchlus aus Nr. 18.) 

In den folgenden Capiteln werden ſodann die an⸗ 
derweiten Anſichten von dem Zwecke des Staats gepruͤft 
und die Meinungen ber Staacsrechtslehrer daruͤber mitge⸗ 
teilt. Das neunte Cap. (S. 168— 187) handelt von ber 
allgemeinen Wohlfahrt und Gtüdfeligkeit als Zweck bes 
Staats, das zehnte (S. 188— 220) macht uns mit den 
Begnern diefer Anfiht bekannt. - Im elften Gap. (&. 221 
— 246) tigg die moralifhe Vollkommenheit oder geiftige 
Bildung und Sittlichkeit als Zweck des Staats abgehan⸗ 
beit, und das zwölfte Gap. (S. 247— 262) betrachtet bie 


phafifche und moralifch=intellectuelle Vervolikommnung in 


inniger Berfnüpfung als Zweck des Staats, Im Gap. 
413 (S. 263 — 283) geht der Verf. zur Freiheit als 
Zweck des Staats über und theilt uns im Cap. 14 (S. 
284 — 305) noch verfchiedene andere Verſuche zur Bes 
zeichnung des Staatszwecks, entweder durch Angabe bes 
ſonderer Zwecke oder durch Vereinigung verſchiedener mie 
Das Cap. 15 (S. 306— 339) handelt von ben ge 
fammten Iweden des Menſchen als Zwecken bed Staats, 
und das Gap. 16 (&. 340— 355) betrachtet den Staat 
als Erziehungianitalt für die Zwecke der Menſchheit. Im 
Febzehuten und letzten Cap. (S. 356 bis Ende) endlich gibt 
und ber Verf. die Refultate der bisherigen Unterfuchungen fos 
wie feine eignen daraus abſtrahirten Anſichten. Er haͤlt 
es, um zu einem beftimmten Staatézwecke zu gelangen, 
mit Jactobs für das Belle, von der Materie oder dem 
Inhalte des Zwedd ganz abzufehen und nur bie Form 
genau fefizufegen, d. b. die Merkmale herauszufinden, welche 
irgend etwas Wuͤnſchenswerthes zur Verwirklichung durch 
den Staat qualificiten. Er fege aber dabei voraus, daß 
eme Realiſirung bdefiefben auf andere Weiſe nicht möglich 
iſt als durch ben Staat, weil es ſonſt, da jede Gefell: 
ſchaft um fo mehr von ihren individuellen Freiheiten und 
Rechten aufgeben muß, je mehr gemeinfame Zwecke fie 
ih flellt, an einem vernünftigen Grunde gebrechen würde, 
un etwas zum Staatszwecke zu erheben. Solcher Merk: 
male, welche ein Gegenftand an ſich tragen muß, um 
zur Erhebung zum Staatszwecke fich zu eignen, gibt der 
Verf. vier an. 1) „Es muß,” ſagt er, „ein aemeinfamer, 


. 


geſellſ 


d. h. ein ſolcher Zweck ſein, den alle Mitglieder des 
Staats wollen, oder vermoͤge der Vernunft wollen ſollen; 
2) dieſer Zweck muß durch die iſolirten Kraͤfte der In⸗ 
dividaen und ihre freiwilligen Verbindungen entweder gar 
nicht, ober doch niche fo ficher und gut erreicht werden 
tönneg als durch die Staatskraftz 3). die Staatskraft 
muß wirklich ein ſicheres Mittel fein, diefen Zweck zu rea⸗ 
lifiren, und 4) die Mittel der Realifirung dürfen dem 
Dauptzwede, weswegen der Staat errichtet ift, weder im 
Ganzen noch theilweife widerfprechen.” | 
Nach diefer Anſicht des Verf. ergibt fih, daß manche 
Gegenftände, die von verfchiedenen Staatslehrern als aus⸗ 
ſchließliche Zwecke des Staats aufgeftelt worden find, wie 
allgemeine Gluͤckſeligkeit und oͤffentliches Wohlfein, Ver⸗ 
vollkommnung und Moraliſirung des Volks, Herrſchaft 


des Rechtsgeſetzes u. ſ. w., allerdings Zwecke des Staats 


ſein koͤnnen und auch vernuͤnftigerweiſe ſein ſollen, ſofern 
ſie unter die angegebene Form paſſen. Der Ausweg, wel⸗ 
hen der. Verf. zur Vermittelung ber Extreme eingeſchla⸗ 
gen, ſcheint uns fehr paffend. Der Widerftreit der Mei⸗ 
nungen wird dadurch auf eine gluͤckliche Weiſe gehoben, 
ducch engherzige Theorien die Ihätigkeit des Staats nicht 
beſchraͤnkt und überhaupt die Theorie mit dem Leben mehr 
in Einklang gebracht. Des vom Verf. eingefchlagene Weg 
erfcheint um fo richtiger umd ficherer, da «6 fich nicht 
leugnen läßt, daß erfahrungemäßig bie verfchiedenften 
umd mehre der angegebenen Zwecke nebeneinander von den 
Staaten erfirebt werden. 
2. Das königliche Bere. Eine wichtige Aufgabe in ber 
Staatslehre der conftitutionnellen Monarchie von Frie d⸗ 
urhard. Kaffel, Bohne. 1832. Gr. 8 1Thir. 
21 Gr. 


Wenn der Verf. in der vorhergehenden Schrift, in 
welcher wir unter 1. Bericht erſtatteten, den Staat als 
lichen Verband im Allgemeinen betrachtete, ſo 
seht er num auf eine beſtimmte Form deſſelben, zu tel: 


cher fih mit ſteigender Gultur alle Staaten immer mehr 


neigen werden, zu ber eonflitwiionnellen Monarchie über, 
Er behandelt - ins vorliegenden Werke aus dem Gebiete, 

bes conſtitutionnellen Staatsrechts ein nicht unmwichtiges Gas 
pitel, bie Lehre von einem dem Regenten verfaſſungsmaͤ⸗ 
Big einzuräumenden Veto in ben Angelegenheiten des 
Staats, Infonberheit bei der Geſezgebung. Seine Watır 


. 
® 


Aft Hauptfächlicy deshalb auf diefen Gegenftand gefallen, 
weil derfelbe ſich bie jegt verhältnißmäßig fehr wenig Be⸗ 
ruͤckſichtigung von Seiten der Lehrer des conftitutionnellen 
Staatsrechts zu erfreuen gehabt hat, meil man das At: 
tribut eines unbedingten Veto als einen ſich von felbft 
verftehenden Beftandseil der hoͤchſten Gewalt zu betrach: 
ten und dfe daraus mögficherroeife entftehende Gefahr für 
Erreihung der Staatszwede nicht gehörig zu würdigen 
pflegt. Nicht mit Unrecht fchreibt dies ber Verf. ben eu⸗ 
ropaͤiſchen politifchen Vorurtheilen zu, von, welchen ſich der 
in autoßratifchen Monarchien geborene und erzogene Schrift 
fiellee felten ganz losmahen kann. Dazu kommt nod), 
daß die in ber Erfahrung gegebenen repräfentativen Staates 
verfaffungen unferer Zeit häufig nur Zwittergeſtaltungen 
find, welche unter andern Namen‘ und Kormen den, frlis 
bern Autokratismus zu üben freien Spielraum geben. 
Darin beftehen die wahren Taͤuſchungen des Repräfentas 
tiofoftems, daß man in ben heutigen Staatsverfaffängen 
demfelben nidht aus vollem Derzen buldigt, und daß es 
nicht in feiner Reinheit fondern nur werflümmelt und um⸗ 
fangen von den Schlacken des Yutofrätismus. in denfelben 
bervorteitt. Die wahrhaft guten Kolgen defielben werden 
dadurch nur zu oft paralyfirt und es bleibt nichts als das 
Beengende und Lähmende, mas jede Form, die Willkür 
und Misbraud) verhüten foll, nothwendigermeife in ihrem 
Gefolge haben muß. Diefe Zäufhungen und die Wir 
kungsloſigkeit fo mancher Conftitution liegen aber nicht im 
Spſtem, fie liegen 'theil® in der Art und Weife, in wel: 
her daffelbe in den einzelnen Verfaſſungen ausgeprägt iſt, 
teils in dem Geifte, mit welchem die gegebenen Formen 
in der Wirklichkeit gehandhabt werden. Das unbedingte koͤ⸗ 
nigliche Veto zaͤhlt nun ber Verf. nicht ohne Grund zu ben 
Mitteln‘, um die wehlthätigen Folgen des Reptaͤſentativ⸗ 
foftems zu ſchwaͤchen, ja zu vereiteln. Er entwidelt uns 
feine Anfihten in fieben verfchledenen Abfchnitten, weldye, 
nach der Vorrede, zu verſchiedenen Zeiten niedergefchrie- 
ben wurden, und wovon fhon einzelne früher in Zeit: 
ſchriften vom Verf. mitgetheilt wurden. 
Der erfte Abſchnitt (S. 1— 32) vorliegender Schrift 
gibt einige einleitende Bemerkungen, in welchen der Verf. 
"Befprung und Zweck des Veto zu entwideln ſucht. Er 
geht dabei von dem leitenden Principe aus, daß der 
Stantsrechtölehrer die Menſchen zu nehmen habe, wie fie 
find, und nicht wie fie fein ſollten; daß die Staatswiſſen⸗ 
fchaft eine Erfahrungswiſſenſchaft fei, und daß Theorien, 
ale bloße Früchte der Speculation, nur zu Verirrungen 
führen. Geſchichte und Erfahrung lehren aber, daß jebe 
unumfchräntte Stantegewalt dem Misbrauche unterworfen 
iſt. Gefeggebende wie erecutive Gewalt bedlirfeg deshalb 


auf gleiche Weife der Schranken. Den Misbrauch ber 


erften bat man nur dadurch zu begegnen gefucht, daß 
man der zweiten das Recht einräumte, ein Veto geltend 

machen, fobald fie mit den Anfichten ber erftern nicht 
—— Nur auf ſolche Weiſe kann der Uebel⸗ 
ſtand entfernt werden, daß die executive Gewalt in die 
Mothwendigkeit verſetzt wird, Geſetze zur Ausfuͤhrung zu 
bringen, bie fie für unzweckmaͤßig und fchädlich Hält. Das 


54 


Te — — —— — — — — —— — — ———á —— — — 


unbedingte Vetorecht, welches man deshalb dem Regenten 
sinräumen zu muͤſſen glaubte, wurde aber in Folge der 
franzoͤſiſchen Revolution in Zweifel gezogen und man 
fragte fi, weshalb der Regent nicht auch in diefer Hin⸗ 
ſicht gehindert "werden ſolle, blos nach Willkuͤr handeln zu 
koͤnnen. Der Verf. glaubt dies allerdings dadurch errei⸗ 
chen und Misbrauch auf beiden Seiten moͤglichſt entfer⸗ 
nen zu koͤnnen, wenn er dem Regenten nur ein bedingtes 
und zwar ein ſuspenſives Weto einraͤumt. Die Noth⸗ 
wendigkeit und Moͤglichkeit eines ſolchen ſucht er in den 
fernern Abſchnitten ſeiner Schrift auseinanderzuſetzen. 

Der zweite Abſchnitt (S. 33 86 führt die Ueberfchrift: 
„Ueber die Lehre vom Böniglichen Veto im Spfteme der cons 
flitutionnellen Monarchie”, und vindicirt für diefelbe den 
angemeffenen Plag. Der Verf. verlangt, daß im conftie 
tutionnellen Staatsrechte dem Regenten ebenfo wenig hin⸗ 


fihrlich feiner negativn Wirkſamkeit Unumfchränttheit beis 


gelegt werde als ruͤckſichtlich feiner pofitiven. Dem Ein 
wurfe, daß ohne ben freien Willensact der Sanctionirung 
von Seiten des Regenten kein Gefeg Gültigkeit erlangen 
Eönne, fucht er dadurch zu begegnen, daß er vorausſetzt, 


der Lünftliche Souverain (dev Regent) werde bei der Exs 


theilung oder Berfagung der Sanction eines in Vorſchlag 
gebrachten Geſetzes ſich als treues Drgan bes natürlichen 
(des Volks)‘ benehmen, baß demnach der von ihm ausge⸗ 
fpeochene Wille dee Ausdruck bes vernünftigen Nationale 
willens fei und nur fein koͤnne. Daraus folgert er, daß 
wenn der Wille, den ber Regent ausfpricht, nicht der 
Mationalwille, fondern blos ein individueller Eigenwille iſt, 
berfelbe dann nicht mehr al& Regent, fondern als Privats 
perfon handele. Das Vorhandenfein des Nationalwillend 
will ber Verf. daraus erfennen, wenn die Nationalrepräe 
fentanten in verfchiedbenen auf einander in geraumen Zwi⸗ 





ionen ein und bdaffelbe Gefeg in Anregung bringen, 
und die Berweigerung der Sanction von zulänglichen 
Gründen nicht unterflügt iſt. Für _folhen Fall fol im 
Staatsgrundgefege Vorſorge getroffen werden, daß auch 
ohne Sanction des Regenten das Geſetz auf eine bindende 
Weife promulgirt werden könne. Allein wollte man auch 
ber Anſicht des Verf. von dem künftlichen und natürlichen 
Regenten und der von Willkür felbft nicht ganz freien 
Voetausſetzung des Borhandenfeind des Nationalwillend beie 
pflichten, fo bleibt hier doch noch immer der Uebelſtand, 
daß der Regent dann fpäter Gefege vollziehen muß, die 
wider feinen Willen das Dafein erhalten haben. 

Im dritten Abſchnitt (S. 87 — 166) fucht der Verf. bie 
Gründe zu befeitigen, welche gegen ein bedingtes Könige 
veto gemacht worden find, und im vierten (&. 167 — 230) 
gibt er uns die nicht unintereffanten Debatten, welche über 
diefen Gegenſtand in ber franzoͤſiſchen conftituirenden Nas 
tiorialverfammlung flattgefunden haben. Im fünften Abfchnitt 
(S. 231 —254) handelt»er von dem befchränkten Königs 
lichen Veto in den Staatsorbnungen mehrer conflitutiens 
nellec Monarchen. 
255 — 290) noch auf die Luͤcken aufmerkſam gemacht 
bat, welche bie Lehre vom koͤniglichen Veto fowol in ber 


—— worin das Perſonal wechſelte, folgenden 


Nachdem er im fechsten Abfchnitt (8. - 


- — — —— — — 


Theorie als in der Praxis barbietet, gibt er uns zum 
Schluß no einen Auffag (S. 291 dis Ende) unter ber 
Ueberfchrift: „Weitere Dechufersigung des Dorzugs eines 
bedingten königlichen Weto vor Anem umbedingten”, wel⸗ 
cher bereitö früher in den „Allgemeinen politifchen Anna⸗ 
fen” mitgetheilt worden ift, und auf welchen wir, als am 
meiften eigne Anfihten des Verf. enthaltend, noch einen 
Blick werfen wollin 

Der Verf. widerlegt hier zuerſt die Meinung, daß 
burdy die Berantwortlichkeit der Minifter in conftitution= 
nellen Monacchien die Schädlichkeit des unbebingten Des 
to gehoben werde. - Er zeigt, daß dieſe Verantwortlich⸗ 
keit blos ‚eine pofitiv verderblich wirkende Thaͤtigkeit des 
Regenten verhüten, keineswegs aber die Nachtheile entfer- 
nen könne, melde aus Unthätigkeit des Stantsoberhaupts, 
die fich grade durch das Veto ausfpriht, entftehen. Er’ 
macht darauf aufmerkfam, daß die Koderung, welche das 
conſtitutionnelle Staatsreht an die Minifter macht, in 
Faͤllen, wo der Monarch ſich hartnädig weigerte, feine Zu⸗ 


55 


tenen Civilifation ber Öffentlichen Meinung nicht ruͤcſichts⸗ 
los entgegenzutreten. Er weiſt aber auch auf einen an⸗ 
dern Ausweg hin, welchen ſich in den meiſten conſtitution⸗ 


nellen Monarchien die Megenten duch das Adoptiren des - 


Zweikammerſyſtems offen erhalten haben, und welcher die 
Liebe ſehr erklärlich macht, mit welcher man dies Mits 
tel umfaßt, die DBeilrebungen dee Volkskammer wite 
kungslos zu machen, ohne fich felbft dadurch zu compros 
mittiren. Nachdem der Verfaſſer noch einmal auf bie 
Staatsrechtöiehrer zurüdgelommen und ihnen das Unges 


reimte in ihren Anſichten vom abfoluten Veto vorgeruͤckt, 


fpeiht er am Schluß. feine Ueberzeugung mit den Wor⸗ 
ten aus: „Es wird eine Zeit kommen, wo bie Staatslehre 
dee repräfentativen Monarchien kein abfolutes, fondern 
nur ein fuspenfives Veto von Seite der Megenten aner⸗ 
kennen wird.” Auch wir treten diefer Hoffnung gern bei, 
und glauben, daß die Zeit nicht mehr fo ganz fern fein 
wird; nur hätten mir um fo mehr gewünfht, daß uns 
ber Verf. mit der Art und Weife, wie er das fuspans 


ffimmung zu Maßregeln zu geben, die fie für unumgäng: |"five Veto ausgeübt wiffen will, näher vertraut gemacht 


lich nothwendig halten, ihre Entlaffung einzugeben, zum 
Ziele zu führen weit entfernt fe. Cr unterflügt feine 
Behauptung mit dem Erfahrungsfage, daß füch in ſolchen 
Faͤllen immer Individuen genug finden mürden, welche 
fi) der äußern Wortheile wegen zu. mwillfniofen Orga: 
nen des Megenten hergeben. „So lange es noch Men⸗ 
ſchen gibtwfagt der Verf. „die nichts fehnlicher wünfchen, 
als fidy mit Titeln und Drden gefhmädt zu fehen, die 
es als das hoͤchſte auf Erden zu erreichende Gut anfehen, 
Excellenz genannt zu werden, wenn fie aud gar nichts 
Errelientes an ſich haben, und einen Stern auf ihrer 


Bruft oder ein Bändchen im Knopfloch zu tragen, wenn‘ 


fie auch eine Auszeichnung bee Art durch nichts verdient, 


wird es nicht an Subjecten fehlen, bie nicht nur bereits - 


vollig find, ein Dinifterpatent mit Freuden anzunehmen, 
fondern fogar diefes zum Gegenſtand ihres hoͤchſten Stre⸗ 
bens machen. Es iſt gar keine Seltenheit, Menfchen 
zu finden, die es als eine außerordentlihe Gunſt ihres 
Geſchickes betrachten würden, auch nur eine Woche ober 
einen Tag mit ber ‚Auszeichnung fich beglüdt zu fehen, 
nach dem Fürften für den Erſten im ganzen Staate zu 
gelten. Ja, eben diefer Umſtand iſt es grade, ber oft 
von den fungirenden Miniltern als Hauptgrund angegeben 
ober vorgefchügt wird, warum fie es für ihre Pflicht, für eine 
Art Gewiſſensſache halten, wo möglich Alles zu thun und ſich 
gefallen zu laſſen, um nur ihren Poften zu behaupten ıc.” 
Dem Baterlandsfreunde, ber ſich eines Poſtens freut, 
der ihn zu einer ausgebreiteten mwohlthätigen Wirkſamkeit 
die Gelegenheit verſchafft, wie dem Egoiften, der feine 
Stellung zu Privatzwecken benugt, muß es auf gleiche 
Weife erwuͤnſcht fen, fi) in feinem Poften zu behaupten. 
Daß tin der Wirklichkeit der Fall dennoch fo felten 


vorkommt, daß ber Regent in fortwährender Oppoſition 


mit der Nationalrepräfentation fich befindet und alle ihre 
Anträge und Gefegesentwürfe ohne Scheu verwirft, leitet 
ber Verf. ſehr richtig aus der Staatsklugheit ab, melde 
dem Fürften gebietet, in einem Zeitalter der fortgefchrite 


— 


hätte. -*) - 132, 





1. Gettene Erzählung bes Verlaufs meiner proceffualfs 


[hen Verhältnijfe in der freien Hanſeſtadt Hamburg, „ 


Don 3. F. to der Horft Altenburg, Literatur⸗Comp⸗ 
toie. 1832, Gr. 8. 8 Gr. | 


2. Des Freiherrn Ferdinand Alerander von Sedendorf 


Nechtöftreit wider Se. Majeftät den König von Sach⸗ 
fen. Herausgegeben von Dr. Heinrich Luden. Jena, 


Frommann. 1832. Gr. 8. 16 Gr. | 
Die Veröffentlichung bürgerlicher Rechtsſtreitigkeiten gefchieht 
in der Regel entweber im Intereſſe der Partei, wenn berfels 
ben daran gelegen fein muß, zur eignen Rechtfertigung die That⸗ 
fadhen dem großen Yublicum bekannt zu marhen, ober wenn 
nach ungünftiger Beendigung ber Sache nichts Übrig bleibt, ale 
bie flattgefundenen Umftände im traurigen Gefühle erlittener 
Unbilden vor den großen Gerichtehof der Öffentlichen Meinung 
zu ziehen, oder im Intereffe ber Wiffenfchaft, wenn bie procefjuas 
lifhen Verhandlungen, die Entfcheidbungen und ganzen übrigen 
Verpältniffe von der Art find, daß fie wegen ihrer wiſſenſchaft⸗ 
lihen Wichtigkeit feld eine Bekanntmachung verdienen. Die 
erfte der obengenannten Schriften gehört jener, bie zweite der⸗ 
felben dieſer Claſſe 
Der Herr Mai 
Angelegenheit mit ber dritten Schrift über dieſelbe auf; bie früs 
bern ſelbſt find ef. nicht näher bekannt; da aber auch in bies 
fer Alles zufammengeftellt ift, was einen. Leberblid über die 


Berhältniffe des Hra. Verf. gewähren kann, fo ift eine ſolche 


Bekanntſchaft auch nicht erfoberlich. 

Die ungünftige, ſach⸗ und zweckwidrige Stellung und Behand⸗ 
lung der Dffisiere bei ben kleinen Zruppencontingenten und bes 
fonders im Dienft ber ftolgen kleinen Republiten tritt durch biefe 
Schrift recht grell zu Zage, und der ganz unmilitairifche Geiſt 
der hoͤchſten Militairbehörben in biefem letzten Aſyl eines Buͤr⸗ 
gers und eng a erhellt deutlich durch bie 





merkwürdige Aeußerung eines früßern Bürgermeifters : „Ach, was 
Ehre, dafür befommen fie bezahlt.” Und biefer Bürgermeifter 


war Generaliffimus. Bedenkt man hierbei noch ben in biefen 


Berhöttniffen ärger als in allen andern Staaten ſich darſtellen⸗ 
*) Dex zweite Artikel folgt im Monat Februar. D. Red. 


to der Horſt teitt hier in feiner eignen ” 


” 





56 


den Nepotienns, fo wird man gewiß die Gtellung eines ſolchen 
Offiziere für nicht angenehm und gänftig erfennen. 

Nachdem der Here to der Horft ſchon frühere manche kraͤn⸗ 
Sende Zurädfegung erfahren hatte, wurde er als Hauptmann im 
Fruͤhjahr 1815 zum Bataillonscommenbanten ernannt, indem man 
ihm hierbei weder bie dazu nöthigen Nebenausgaben zur Hal⸗ 
tung eines Adjutanten x. verguͤtete, noch ihm den etatmäßigen 
Molortgebat, fondern nur deſſen Titel und eine bie Differenz 
des Soldes keineswegs ausgleichende monatliche Zulage von 
20 Thlin. gab. Zrop allen Borftelungen und Proteflationen 
blieb es dabei auch nad ber rRuͤckkehr aus dem Zelbe, und ſelbſt 
dann no, als der Hr. Verf. fpäter das definitive Commando 
des Militairs und das Interimiftifche der Stadt Übertragen bes 
kam, wobei er zugleich in bie fernere und vermehrte Nothwen 
bigkeit weiterer Auslagen verfegt wurde. Der aus rufftfchen 
Dienften abgegangene Schwiegerfohn eines Senators erhielt 1822 
die Stelle eines Stadtiommanbanten, worauf ber Verf., im bor 
den Grad indignirt, feine Entlaffung eingab, die man auch ans 
nahm, ihm aber erft 1827 eine Penfion von 3000 Mark bewil⸗ 
Ügte. Rach ben vielfältigften, aber ſtets fruchtiofen Verfuchen 
Des tief gefränkten und durch bittern Hohn oft verlekten Verf., 
den. rüdfländigen vollen Maforsgehalt, den er nach Abzug ber 
erhaltenen Sapitainsgage auf 17,600 Markt berechnete (&. 838), 


N 


und bie in ihren unmiberlegbarflen Punkten auf 2620 Marke 


(&. 59) angegebenen Auslagen zu erhalten, flellte er endlich 
deshalb recdhtlihe Klage an, wobei von Seiten feiner Gegner 
ihm auf die hartnädigfte und leider auf Träftigfte Weife entge- 
gengearbeitet wurde, und er wegen beider Anſpruͤche abfällige 
Erkenntniſſe erhielt. Nach den Formalien bed Procefjes und 
dem pofitiven Rechte Eonnten bie Richter allerdings nicht anders 

. erlennen, aber die Wahrheit des Spruͤchwortes: Summum jus 
summa injuria, erhellet recht deutlich hieraus. \ 

Wegen mehrer Stellen in feinen frübern Schriften über 
diefe Angelegenheit erhob bie Behörde gegen ben Verf. fißcalis 
ſche Klage, wobei der Fiscal auf eine kraͤnkende Weife für ihn 
verfuhr, er aber endlich ganz freigeiprocdhen wurde. 

So fehr nun auch die Gegner bed Verf. gegen ihn ſtete 
Eräntend und verfolgend in feinen ganzen Berhältniffen verfahren, 

fo ift body auch nicht zu verfennen, daß er felbft, freilich in einer 
fehr natürlich zu erflärenden, gereizten Stimmung ſich ſtets bes 
fand, wovon zweimalige Duelle, ftete, aber auch nicht gang uns 
gegründete Unzufriedenheit mit feinem Advocaren, Verſuche zur 
Anftellung eines Snjurienproceffes gegen den Fisſscal, dreimalige 
Drudichriften über biefe Sache und eine Menge von fchriftlichen Vor⸗ 
ftellungen bei allen Behörben fattfames Zeugnig geben. Möge der 
Berf. die ihm nach einem langen und fehrverbitterten Leben noch blei⸗ 
benden Zage in röohlverbienter und ungeftörter Ruhe bahinbringen. 
Ohnz alle perfönliche Beziehungen flellt bagegen der zweite 
ber hier anzuzeigenden Rechtöftreite ſich bios als aus hoͤchſt eis 
genthämlichen Geſtaltungen ber Ihatfachen entftanden bar. Der 
Herausgeber erzählt bis Seite 30 den ganzen Hergang ber Bade 
.und die vom Kläger früher außergerichtlich getbanen Gchritte, 
und gibt fodann die hauptfädlichfien der gewechſelten Schriften 
forwte bie verfählebenen in biefer Sache bis jeht ergangenen Er« 
tenntniffe bes Appellationegericht zu Dresden famt ben bazu ger 
börigen Entſcheidungsgruͤnden. Das Intereffante bes Falles 
fetöft, mit den einzelnen dabingehörigen Fragen, die im Ganzen 
guten obwol urfprünglich nicht für ben Druck beflinmten und 

Gebrauche nach daher etwas weitläufigen Abvocatenarbeiten 
und bie gediegenen Entfcheidungen mit ben vortrefflich ausgearbeite⸗ 
ten Gründen geben diefer Schriftin vielen Beziehungen einen wiſſen⸗ 
ſchaftlichen Werth, während fie aber auch für das größere Yublicum 
als Beweis einer unparteiifchen Sufliz nicht ohne Wichtigkeit ift. 

Der Freiherr von SedenbodP wurde 1789 an bem bamaligen 

Aurfürfttich Tächftichen Hofe als -Kammerjunfer mit einem (Ger 
halt von 800° Zhalern angeftellt, den er auch nach feiner Er: 
nennung zum Kammerherrn 1808 bis mit Ende bed Jahres 1813 


e bie Einſtellung der 


Hoſſtaate vorgenommenen Krſparnifſen den fruͤhern Zuſtand nicht 
wieder ber, ſondern gab wur einigen wenigen, beſonder( bes 
dürftigen und im Lande wohnenden Kammerherren einen Eleinen 
auf Penfionsftand angeriefenen Gehalt. Herr von Sedenborf, 
deſſen Gut und Wohnfig im abgetretenen neuflädter Kreis liegt, 
gehörte nicht unter diefe, wurde aber fortigährend im ber Reihe 
der Kammerherren, bie bei einem Kopfgeltiiliion. 60 Thalern blos 
ald befondere Beguabigung einen Gehalt beziehen, fortgeführt. 
Die vielfältigen Schritte des Derrn von Seckendorf um Rach—⸗ 
und Kortzahlung bes Gehalts waren erfolglos, und am 6. Ja⸗ 
nuar 1827 erhielt er die Entfchließung, baß ber ruͤckſtaͤndige 
Gehalt während ber Zeit des fremden Gouvernements von 
435 Thaler ihm ausgezahlt werden folle, dagegen «ine Yortbes 
zahlung des vormaligen Kanmerherrngehalte nicht flattfinben 
kdunte. Nach dem Tode Friedrich Auguſte that der Hr. v. ©. 
im Monat Auguft 1827 den Kammerherrndienſt bei feis 
nem Nachfolger und ftellte mach erneuerten fruchtlofen aus 
ßergerichtlichen Werfuchen zur Erlangung feiner Anfprüche im 
Sabre 1829 vor bem Appellationszericht’ gegen ben König, ale 
Erben bes verfisebenen Könige, Kioge an. Das erfle Er⸗ 
tenntniß (©. 51) verurtheilte ben Beklagten in bie Zahlung ber 
rüdfländigen Gehalte bis zum letzten Januar 1827 ſammt ben 
befonders aufgeführten Werzugszinfen unter Compenfation ber 
Koften. Das, auf eingelegte Käuterung erfolgte zweite Er⸗ 
kenntniß nahm einen ganz andern Gefichtepunlt an und legte 
Beklagten ben Beweis ber Ausflucht auf, daß die unter dem 
fremden Gouvarnement erfolgte Aufhebung bes Kanmerherrnge⸗ 
haltes dem Klaͤger amtlich notiflcirt fei (S.107), wobei es denn 
auf erfolgte Dberlänterung blieb (S. 159) und die ferngre Obers 
t 


us denn nach 
diefem interlocutorifh erfolgten Erkenntniß ber Ausgang der 
Sache noch vom Beweiſe ber Ausflucht abhängt. — 
Die über das Weſen bes Hofdienſtes und andere einſchla⸗ 
gende Punkte Hierbei erdrterten Hechtägrundfäge gewähren 
beimeitem nit das Intereſſe a’S die ‘hier von Seiten 
betheiligten Staats felbft anerkannte Nechtögültigleit der Hand⸗ 
Iumgen bes Zwiſchenherrſchers, was im reinen Gegenfag gegen 
das Benehmen und bie aufgeflellten Grundfäge anderer Staaten 
lebt. Ein näheres Eingehen auf dieſe Verhältniffe aber könnte 
nur in einer jwiftifchen Zeitſchrift flattfinden. 60. 


J Niebuhr über Goͤthe. 


In dem jetzt herausgekommenen dritten Theile ber „Römts 
ſchen Geſchichte“ von Niebuhr findet ſich eine treffliche, ergrei⸗ 
fende Stelle über Goͤthe (S. 144): „uUnſere Väter, ge wir, 
nun Bejahrte, geboren wurden, erkannten im, Goͤt umb den an⸗ 
dern Gedichten eines jungen Mannes, der Valerius in ſeinem 
erſten Conſulat an Alter gleich war, den Dichter, der uͤber alle, 
bie unſer Volk zählte, weit dervorrage und nie übertroffen wer⸗ 
ben Tonne. Diefe Anerkennung genießt Goͤthe feit mehr als eis 
nem halben Jahrhunderts fchon blickt das dritte Geſchlecht rei⸗ 
fer Männer zu ihm’ hinauf als bem Grften ber Nation chne 
einen Zweiten und Nebenbubler, und die Kinder vernehmen feis 
nen Namen, wie einft unter den Griechen ben Bes Homerus. 
Er bat es erlebt, daß unfere Literatur, ver allen feinetwegen, 
vom Ausland anerfannt unb- geehrt iſt; aber überlebt hat er 
in ihe die Zeit der Dichtung umb bee Jugend und iſt einfam 
übrig geblieben. Möge Er dennoch, feiner ewigen Kraft feob, 
noch lange .beiter unter uns verweilen, von und als Greifen 
die naͤmlichen Hulbigungen empfangen, bie wir ihm als Knaben. 
weihten; möchte ich ihm dieſe Gefchichte, welcher Er feine Gunft 
ſchenkt, vollendet darbringen koͤnnen.“ (Gefchrieben im Some 
mer 1829) 138. 





läuterung Kläger (@&. 178) verworfen wurbe, 





bezog. Das ruſſiſche Gorwernement verfügt 
aus ben Landeskaſſen bezahlten Hofgehalte, und ber verftorbene 
König flellte nad feiner Ruͤckkehr 1815 Yei den vielen im. 





Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagätandlung: 3. X. Brockhaus in Leipzig. 








an —— für: 


= 





Dienflag, 


. 


literarifhe Unterhaltung: 


15. Januar 1833, . 





Dänemarks. Handel, Schifffahrt, Geld⸗ und Finanzwe⸗ 
fen von 1730— 1830 hiftorifch dargeftellt vom Groſ⸗ 
fire M. 2. Nathanſon. Kopenhagen, 1832. *)' 
Auf der Leuten Seite fagt der Verf.“ „man hat 
meine Schilderung Sch meichelei genannt, die Wahr: 
beit dieſer Behauptung aber nicht durch eine einzige That⸗ 
ſache dargethan.” Ohne Zweifel weiß der Verf. am bes 


Ben, im weicher Apficht er geſchrieben; alfo mollen wir 


keineswegs in die Behauptung Derjenigen einſtimmen, 
welche feine Schilderung vom. blühenden Zuſtande der dä: 
niihen Finanzen Schmeicyelei genannt haben. Das aber 
dürfen, und wuͤſſen wir ausfprechen, bag unfers Erachtens 
und nach dee Meinung vieler Ehrenmänner die Gefahr 
da ifl, die Schrift des Hrn. Mathanfon koͤnne und müfle 
fait „unvermeidlich. ald Schmeichelei ‚wirken an demjenigen 
Orte, wohin.der Patriot am meiften der Wahrheit den 
Eingang wuͤnſcht. Ein Bud: kann im Einzelnen nur 
Wahrheit enthalten und dennoch im Ganzen bie halbe 
Wahrheit verfchweigen. Was hilft ein finanzieller Bericht 
über sin Handlungshaus -oder einen Staatshaushalt, der 
nur die Activa angibt, aber nicht die Paffiva, und was 
iſt cin Gemälde ohne Schatten? Die Freude des Verf. 
bei Beendigung feines Buchs kann nicht größer gewefen 
fein, als die unferige gewefen fein würde, wenn wir bie 
Theſis des Buchs von dem vortreffligen Zuftande der daͤni⸗ 
fchen Finanzen darin bewiefen gefunden hätten. Für jeden 
guten Staatsbürger iſt die Frage: wie ſteht es mit 
den Zinanzen des Landes? eine Lebensfrage. Jeder Pa: 
triot wuͤnſcht von Herzen, daß die Antwort eine erfreus 
liche fein koͤnne; jeder geſcheite Mann weiß aber auch, 
dab Jaufionen im finanziellen Fache nicht von Dauer fein 
Sonnen, fondern am Ende allzu theuer bezahlt werden 
muͤſſen. Geben wir uns bem Glauben hin, welchen das 
angezeigte Buch predigt, fo können wir getcoft neue Schul: 
den machen, fo laufen wir die Bahn des jungen Man: 
mes, der vor Jahren fein Landgut antrat und in ber 
Meinung, daß fein Reichthum unerſchoͤpflich fei, jeden 
Tag Feſttag hielt, ohne ein einzig Mal Ausgabe 
und Einnahme zu balanciren, und vielleidt wäh« 
werd im hellerleuchteten Saal ihm ein Loblied gefungen 


*) Danmarts Handel, Skibefart, Pengesog Finantsvaͤſen fra 
170 11880. Hiſtorisk framftillet og oplyſt. 


wird, nicht mehr fo viel reines Eigenthum hat, daß ex 
den Wein, den die Sänger trinken, bezahlen kann. 
Das Buch iſt dem Könige dedicirt. Gut. Aber es 
iſt nicht mit dee männlichen Freimüͤthigkeit gefchrieben; 
welhe Demjenigen Pflicht ift, der zu einem guten Fuͤr⸗ 
fien fpriht. Beweis: der Verf. urgirt nicht das Unter 
bieiben der Bekanntmachung des Budgets. Den Befehl 
bazu erließ der König an das Finanzminifterlum bekannt⸗ 
ih vor 20 Jahren. Ich fage, daran ernftlid 
zu erinnern iſt die erſte Pflicht Desjenigen, 
der Über die dänifhen Finanzen ſchreibt und 
verfpricht, daß er die Wahrheit fagen wolle. Es enthält 
das Werk des wohlunterrichteten Hrn. N. auch nicht dem 
Verfud einer approrimativen Balance der je- 
gigen Einnahme und Ausgabe; es iſt alfo unge 
faͤhr was ein Degen ohne Klinge iſt. 

Sch geftehe, daß ih das Buch mit tiefem Schmerz 
‚gelefen habe. Der Dann wendet treffende Kritit an bei 
den Binanzoperationen Friedrich V. „Wir geben jegt zu 
den unglüdlichen Misgriffen und Unternehmungen über.” 
Aber wenn von den Finanzoperationen der fpätern Zeit 
bie Rede fein foll, fo läßt er den Auszug aus der Reichs⸗ 
bankverordnung in Hrn. Prof. Falk's „Magazin“ abdruden. 
Hr. N. hätte Ichreeih fein koͤnnen. Aber willlommener, 
meint er wol, ſei der Finangmann, ber blos von ben 
glänzenden Einnahmen fpridyt, nicht von den Ausgaben. 
HR. muß fein Publicum für ſehr unerfahren, für fehr 
unfhuldig in Finanzſachen halten. Der prächtige Schloß: 
bau in der Refidenz wird als Beweis für den guten Zus 
fland dee nicht Öffentlichen Finanzen angeführt. Wer 
10 Millionen einnimmt, ift er reih? Wenn er 10 Mit 
lionen und 10 Thaler ausgibt, fo wird er arm. Wir 
wiſſen, daß in England die Taxe auf Taback gegen 15 
Mitionen Thaler einbringt, die Taxe auf Roſinen und 
Korinthen gegen 1 Million u. f. w.; dennoch wiſſen wir 
auch, daß in. England. teog der ungeheuern Einnahme bie 
deingendfte Nothwendigkeit ift, bie Ausgaben einzuſchraͤn⸗ 
ten. Es find ja die Zinſen für 800 Millionen Pfund 
Steling Schulden ‚abzuziehen von der Einnahme. Alſo 
wird durch das englifche beifpieliofe Einnahmebudget nidyts 
Anderes bemiefen, al& daß die englifchen Finanzen blühend 
fein Eönnten und follten. Und ebenfo beweift die Schrift 


1 des Hm. N., welche eine für Dänemark ſtupende Menge _ 


⸗ 


“ger Einnahme durch Abgaben A 1,850,000 Einwohner 


Ginnahmen des Staats anzeigt, Steuervermehtung, Zettel⸗ 
vermehrung, Anleihen, doch weiter nichts als die Moͤg⸗ 


halt gut zu fuͤhren. 
-fen, weil in dieſem Unvermoͤgen allem Anſchein nach die ein⸗ 
zige hinlaͤngliche Urſache und Rechtfertigung liegt, weswegen 


% 


lichkeit, daB die Finanzen Dänemarks fehr gut fein 
koͤnnten und vielleicht follten. Aber find fie es wirklich? 
Was bleibt dedlactis deducendis? das iſt die Klage. Durch 
ein approximatives Ausgabehubget würde Hr, N. fich ver: 
dient gemacht haben. Konnte ober wollte er das nicht 
geben, fo hilft alle einfeitige Angabe von Zahlen ber Ein 
nahme zu nichts, fo haben wir nicht viel mehr als eine 
aus Morten beftehende Lobrede auf bie Finanzen. Mir 
müffen uns gedulden, bis das Sinanzminifterium dem vor 
20 Sahren an daſſelbe ergangenen koͤnigl. Befehle we⸗ 
gen Bildung und Veröffentlihung eined allgemeinen Bud⸗ 
gets nachkommen wird. Bis dahin fein wir. auf ber 
Huth, und grundlofen Hoffnungen hinzugeben. Ja, wol 
Einnten die dänifhen Finanzen vortrefflih fen. Der 
Sundzoll hat in einem Jahre 1,900,000 Bankthaler be: 
tragen. Das ift mehr als wenn Frankreich ein Bergwerk 


befäße, welches im Jahre 32 Millionen Bankthaler Sit | 
Menn es aber wahe iſt, daß der 
Sundzoll verpfaͤndet ift, fo kann er nicht zur reinen Cin⸗ 


ber reinen Ertrag gäbe, 


nahme geftellt werden. 
Wenn man fi bemüht, aus ben zerftreuten Anga⸗ 


6m des Hm. N. ein Refultat zu ziehen, fo kommt un 


ſers Erachtens heraus: daß bei 84 Millionen &peciesthas 


in. Dänemark und den Herzogthümern in biefen Ländern 
mehr Abgaben auf den Kopf kommen als in Preußen. *) 
Preußen hat befanntlid eine Schuldenmaffe, bie vier 
Jahreseinnahmen gleichkommt. Die. Schulden Dänemarks 
betragen nach den ungefähren Angaben des Hrn. N. bei: 
nahe acht Zahreseinnahmen. Werden num die Zinſen für die 
Schulden mit ungefaͤhr 24 Millionen Species von der Eins 


"nahme, die auf 34 Millionen angefchlagen wird, abgezogen, 


fo tft die Frage, ob genug übrig bleibt, um den Staatshaus⸗ 
Es möchte dies bezweifelt werden duͤr⸗ 


noch fortdauernd von ber ‚humanen dänifchen Regierung 


"die Befoldungen der Miülitairperfonen, der Richter, die ge: 


eingen Penfionen felbft für ausgediente Militairs reducirt 


find von Xhalern Courant auf Bankthaler, das ift um 


drei Achtel. Stellen wir die Frage ganz befiimmt an 
Hm. N.: wie tft die Beſoldung ber bänifchen Armee, vers 


"glichen mit der Beſeldung anderer europaͤiſchen Armeen 
‘md mit der eignen früheren Beſoldung? Iſt dieſe Redue⸗ 
‘tion des Soldes ein Beweis der blühenden Finanzen, oder 
iſt nicht vielmehr jedem Offizier der Glaube wmentbehr: 


lich, daßı das Opfer der Soldreduction für König und 
Vaterland nothwendig ſei? Hr. N. führe als Beweis ber 
Wohlhabenheit des Landes S. 388 Kolgendes an: „Die 


gewoͤhnliche Koft, welche der Bauer (in Dänemarf) feinen 


Knechten und Tageloͤhnern gibt, iſt wöchentlich ungefähr: 
414 Pfund Brot, 1.Pf. Butter und etwas Käfe, 24 Pf. 


) Presßen "at 18 Millionen Sinwohner unb 52 Ritionen, 
Einnahme. 





’ 


| ee 
n 





— 
* 


Spree, 1 Pf. Fleiſch, 7 geſalzene Heringe, Pf. Alpp⸗ 
Ki, Schipp (deren 8 auf 1 Tonne gr Kartoffeln, 
4 Schipp Gruͤtze, 14 Flaſchen Bier, 1 Flaſche Brannt⸗ 
wein, Milch in großer Menge u. ſ. w., ſowie auch die 
Belöftigugng der Armee gut und zeichlih If. Wie ſiehe 
es hingegeg damit in andern Bändern ans?” 
Wenn dem i ift, fo geht daraus hervor, daß ber 
Bauer in Dänemark ungemein wohlhabend iſt. Aber ‚ver 
gleichen wir nun, was von jenen Speiſen der Soldat fidh 
anzufchaffen vermag für feinen täglichen Sold? Darf man 
mi Recht fchliehen von Dem, was der Bauer dem Ars 
beiter gibt, auf das Vermögen des Bauers, fo iſt au 
ber Schluß richtig von dem Solde des Militairs auf das 
Vermögen ober Nichtvermoͤgen des Finanzen. 
Zweitens darf wol an Hm. N. die Frage geflelit 
werden: wie geht es zu, wenn die Finanzen 
fo blühend find, wie wie es den Verficherungen des Hrn. 
N. gar zu gem glauben möchten, daß in Daͤnemark mit 
Ausfchluß der Herzogthuͤmer kein Silbergeld eriftint? Die 
Finanzen innen nicht bluͤhend fein ohne Sicherheit. Si⸗ 
Ayerheit iſt aber nicht da, two Papiergeld gesmungenen 
Curs hat, fondem nur, wenn ich die Wahl habe sw: 
Dapter oder Slider, W 
Ueber die wichtigſten Gegenſtaͤnde, 3. DB. bdas ſtaato 
rechtliche Verhaͤltniß der neuen Steuern in ben Herzog⸗ 
thuͤmern, bie beiſpielloſe Vermehrung dee directen Steuern 
in den Herzogthlimern auf das Dreifache binnen 12 Jah⸗ 


| ven, die gewaltfame Aufhebung ber aftonäer Want, bie 


moraliſchen Folgen der OReichsbdankverordnung, die noch im⸗ 
mer fortbauern (Gott beifet), über das Verhaͤltniß unſe⸗ 


ter directen und indirecten Steuern, über die geheimen 


Urſachen der Erhebung ber tief geſunkenen Staatsobligatio⸗ 
nen bie faſt zum Nominalwerth u. f. w., finder fich im 


bem Buche auch kein Verſuch eines befriedigenden Auf⸗ 


luſſes. 
wuͤnſchen iſt, daß Hr. N. in einer kuͤnftigen Aus⸗ 
gabe die Zahlen, die er angibt, für jede Periode unter 


gewiſſe Rubriken zufammenflelle, damit Erzaͤhumg und 


Reflexion voͤllig getrennt fel von ben Zahlentabellen. Go 
wird jeder Lefer zu eignem Urtheil ermächtigt. Schwer⸗ 
lich wuͤrde die Form, die er für fein Buch gewählt hat, 


ihm genügen, wenn es darauf ankaͤme, beutlichen Bericht ' 


zu erhalten Über die Activa und Pafliva, fiber bie Zah⸗ 
lungsfaͤhigkeit eines Handlungshauſes, mit dem er Bes 
fchäfte anfangen: möchte. Auch moͤchte «6 gut fein, wenn 
von Millionen Eirmahme bie Rede Ift, zu bemerben, ob 


Silber gemeint wird oder Zettel. Bekanntlich bezahlen 


bie Herzogthlimer Schleswig und Holſtein ihre Abgas 
ben in GSilber. Schließlich) die Verſicherung, daß, 
wenn ed Hm. N. gefallen Tolite, in einer künftigen Aus⸗ 
gabe Ergänzungen und Zufäge aus dem reichen Schat 
feiner Kenntnifje zu "geben, Niemand erferuter und 
dankbarer fein würde als Derjenige, welcher vorftchende 
Ausftelungen ber Deflderata über das genannte Buch ges 
macht hat. 155. 


Dänemarks ' 








— — — — 


L Kar-Sutt von Engine Sue. Aus bem Sranzöfl 
rs, Brockhaus. 1832. 12. 4 Xhlr. 


s 
2 Der Salamander. Ein Roman aus dem Geeleben 
von Eugene Sue Deutſch von 2. v. Alvens: 
leben. Leipzig, Aligemeine niederländifche Buchhandlung. 
: 4832, 8. 1 Thir. 12 Gr. 

SEs if gar nit zu leugnen, daß Eugene Sue ein außer: 
abentlid; degabter Dichter und „Atar-@ull” ein hoͤchſt origineller, 
faum mit irgend einem andern Werke der franz. Literatur vers 
gleihbarer Roman if. , Aber es iſt die Frage, ob er ein ſchoͤ⸗ 
ner fei. Eine Phantafle, die aus ganz neuen Beobachtungen 
höpft, ine Lebensanficht, bie man oft verfucht wird grabezu 
eine fotanifdye zu nenn:n, eine Leichtigkeit der mannichfaltigſten 
Charakteriftit und der ganze Zauber von Schilderungen und 
Gemälden, welche uns nie weber fo reizenb nod fo graͤßlich, 
nie fo rährend noch fo erfchütternd dargeboten worben find: 
dies find Elemente genug zu einem weitbinfchallenden Autors 
ruhm. Gugene Sue iſt einzig, er ahmt Niemand nach, ni 

einmal Hoffmann oder Ch. Nodier, welche er Beide ſowol 
fe wie an Beherrſchung feiner außerorbentlichen Phantafie 
. Reu wie feine Gedankenweiſe ift auch feine mates 
gielle : Gerbiber, Orlane, Graufomleit und Gerechtig⸗ 
kit, wie fie auf bem ftilen Ocean, taufend Meilen fern von 
jeder bewohnten Küfte, geübt wird, Sklavenhandel, Gorfaren 
End es, bie er uns ſchildert. Unter allen feinen Geſtalten, 
ſchwarze oder weiße, Männer ober Frauen, ſucht ihe umfonft 
nach einem Gngel, ja felbft nad) einem Menſchen, es find Zeu: 
fel; zuweilen fsomme und gerechte Teufel, aber immer doch 
Kinder bes Satans und Gingeborene der Hölle. Gin fo begab 
tee Dichter Sugene Sue daher auch if, ein pſychologiſcher Kos 
mandichter ift er nicht und wird er nie werden. Es fehlt ihm 
an einer kleinen Gigenfdyaft, aber freilich an einer weſent⸗ 
‚ an der Liebe nämiih. Zu tief, wu gruͤndlich, zu bitter 
haft er das Menfchengefchlecht, zu innig ift ex überzeugt von 
feiner bobenlofen Verdorbenheit, einen zu tiefen Gindrud hat 
auf feine empfänglidhe Phantafte der triumphirende Anblid von 
chuid, WBosheit und Ungerechtigkeit gemacht, als baf er ihm 


Gerechtigkeit erweiſen koͤnnte. pas in ibm herrſcht, waltet 
a 


und fpricht, iR ſchlimmer als Daß; es ift Beratung, Berach⸗ 
tung, ber feld die menſchliche Tugend, weil fie bei ihm als 
Schwachheit erfcheint, nicht entgeht. Dies iſt ein ingläd, benn 
es wirb den reich begabten Gugene Bue ſtets abhalten, ein lies 
benswürbiger Dichter zu werben. 

Aue Graͤßlichkeiten der Menſchennatur find ber willkom⸗ 
mene Gegenſtand bes Romans „Atar⸗Gull“. Der Berf. malt 
uns suerk einen Seemann, fromm, guter Dausvater, treuer 
Satte, redlich, gerecht, ftreng und mild zugleich, fogar liebens⸗ 
würdig, und dieſer freffliche Mann iſt — ein Sklavenhaͤndler. 
Gr treibt das graͤßlichſte Weichäft mit Liebenswuͤrdigkeit; es 
faͤllt ihm nicht ein, etwas Unrechtes zu thun. Bein Ende fins 
det er in dem Bauche ber Ramalen. Nr. 2 if Brulart, 
der Sorfar, gewiffermaßen die Quinteffenz aller Sklavenhaͤnd⸗ 
ler, denen er ihre Beute abjagt, um fie für fich felbft ohne 
Ginfauföpreid zu Markte zu bringen. " Eine Vorgeſchichte, wie 
fe Beelzebub ſelbſt nicht Ohönee erfinden Tönnte, hat den Gra⸗ 
Ten von *** zum Gorfaren gemacht: Es if wahr, in diefer Ges 
fatt, wie in den Dpiumträumen Brulart's, waltet eine Phan⸗ 
tafe, gegen welche die Hoffmann’s oder. Breughel's ein Zwerg 
M: ee I außerordentlich, erftaunend, in feiner Art ſelbſt ſchoͤn; 


aber die Art ift ein Makel aller Kunfl. Nr. 3 iſt Atar⸗Gull, 


der riefige Slave, Adler und Schlange, Ratter und Held zu: 
gleich, unmöglich vielleicht als Menſch und entſetzlicher als Daͤ⸗ 
mon feld. Diefem ähniich find die Nebengeftalten, Water van 
Hop, ber menfchenfreundliche Pflanzer, welcher den alten Job 
für 2000 Fr. hängen läßt, bie Engländer auf der Fregatte; 
lauter nie gefchitberte Gricheinungen. Was foll die Kritik zu 


86 


einen Werte biefer Art fagen? Mir mäffen erlaunen, bewan⸗ 
bern ſelbſt, aber wir Tönnen weber Ueben, noch loben. Es fehie 
dem erfchütternden Gemälde von Braus und Nacht an coms 
traſtirendem Licht und Verklärung. Es waltet ein Spott, cine 
Berachtung gegen Das, was man die guten Geiten der Mens 
fhennatur nennt, ein Hohn gegen bie Tugend darin, der und 
tief, tief ſchmerzt, weil er und zu dem Glauben zwingt, der 
Dichter verachte Liebe, Berſoͤhnung, Milde, Freundſchaft, Recht 
als ebenfo viele Schwachheiten. Wit einem Wort: ugene 
Sue betet einen Goͤtzen an, und biefer Goͤte ift die Kraft. Gr 
wird fein pfochologifcher Romandichter werden, bevor er fidh von 
biefem Heidenthum nicht belehrt und wieder ein Ehriſt wird. 

Dies außerorbentliche Werk, in dem zugleich eine Kunfk 
der Steigerung und der Gegenfäge ſich verbirgt, welche das 
Zalent des Verf, zu bewundern zwingt (vgl. 3. B. das dritte 
Gap. des dritten Buchs mit dem folgenden), iſt fo vortrefflich äberfegt, 
als nur möglich. Das Geſchick des Ueberfesers macht, daß und 
feine der originellen Wunderlichkeiten des Verf. verloren geht; 
er trifft jeben Ton, ben ber Dichter anſchlaͤgt, und überbietet 
ihn ſelbſt an ſtiliſtiſcher Kunft und fprachlichem Wermögen. 

Der Roman: „Der Salamander”, ift der vollftändigfte Aus⸗ 
drud von bem neuen Princip, das Eugene Sue in ben Roman 
einzuführen firebte. Wan könnte über dies neue Princip ein 
merkwuͤrdiges Buch fchreiden, denn der Gegenftand fft allerding® 


“ merkwürdig und des Rachdenkens werth. Der Verf. ſpricht ſich 


in einer Vorrede darüber aus. Nicht zufrieden damit, in feis 


[4 


nen Geeromanen neue Charaktere, eine neue Scenerie, ein neues 


Gebiet, welches eben das Meer ift, aufzuftellen, kehrt er daB 
ganze bis jegt herrſchende Princip des Romans geradezu um 
und flelt es auf bie Gpige. Liebe, Tugend, Gerechtigkeit, 
Pflihtäbung, Bottvertrauen zu belohnen, lehrt er, ift durchaus 
fatfh, weil es unwahr und natunwidrig if. Diefe fiegen nie 
oder außerſt felten, und wenn fie flegen, fo fagt uns ihr @ieg 
nichts. Das Lafter iſt es, was in der Ratur triumppirt, alfo 
muß es dies auch im Roman. Hierdurch allein kann diefer bes 
lehrend für und werben; denn er verweiſt uns auf bie Noth⸗ 
wendigkeit der Religion, der göttlichen Gerechtigkeit ımb eines 
Lebens nad dem Node. Wäre ed wahr, daß die Tugend hier 
triumphirte, ſo bebürften wir biefer nicht. Gine ſolche (falſche) 
Darftellung der Natur ſchwaͤcht und deſchaͤdigt alfo nur unfern 


Stauden. Sie iſt unmoralifch und unmwahr, alfo zugleich kunfts \ 


widrig. Dies ungefähre ift der kurze Inhalt des Sue'ſchen 
Raifonnements, das feinen Gindrucd made, weil ein Kern von 
Wahrheit in biefer Huͤlſe fledt. Dan muß Sue lefen, um dies 
zu empfinden, denn bes tiefe Eindruck feiner feltfamen und neuen 
Gebilde ift unleugbar. Wir fireben umfonft fie zu vergeſſen; 
nicht moͤglich; fie laſſen fich nicht vergeffen, fie verfolgen uns 
Zag und Racht. Zraurige, hoͤchſt traurige, hoͤchſt entfegenvolle 
Phüofophie; aber nicht total unwahr! Rechnet der Lefer hinzu, 
daß ed nie eine grausliebenbere, glähenbere und gewaltigere 
Phantafie gab, als die Sue's if, fo wird ber unglaubliche Ein⸗ 
druck erfiärbar, den er hervorbringt. Neue Philofophie, neue 
Phantaſie, neue Farben, neue Sprachtöne, was braucht es mehr? 
Was gewoͤhnlich in Romanen gefchieht, kehrt unfer Dichter — fo 
nennen wir ihn mit vollem Zug — völlig um. Die Bravheit, 
die Pflichtliebe, ber Edelmuth, bie Liebe, bie Gerechtigkeit, ale 


dieſe geben im „ Salamander” an Peter Huet, Paul, Alice u. ſ. w. 


aufs Fläglichke ufter; bie Dummheit, die fatanifhe Bosheit, 
die Sämmerlichkeit triumppiren nicht blos, ſondern leben an bem 
Extabackhaͤndler Marquis und Schiffscapitain, an Szaffie (der 
lũcklicherweiſe ein unmoͤglicher Menſch tft) in Shren und Ans 
ehen in ber Geſellſchaft fort, und bies Alles gibt uns der Verf. 
fo troden hin, als wenn es ſich ganz von ſelbſt fo verkände unb 
gar nicht andere fein koͤnnte. Es ift entfeglih, dreimal hoͤchſtt 
entfeeih! Haß, Hohn, Berachtuug bes Menſchengeſchiechts 
fönnen weiter nicht geben. Wictor Hugo iſt ein Kind gegen 
Sue. Diefer bringt promiscue Zugend und Eafler um; jener 


kroͤnt abfichtlih und par principe das Lafter und Iäßt bie Zus 


gend nicht etwa groß,‘ fondern elend untergehen. Gr iſt ein 





© . 
su bebauern, daß bie- Qusiem, woraus babel gefi 


Baußerer, aber glädficherweife, bei aller Weisheit, bei aller Le⸗ 
benälenntniß, bei aller unerreichbaren Phantafie doch — ein 
blinder Zauberer. Gicht er nicht, daß z. B. Szaffie unmöglidy 
it, und daß, wenn Huet flirdt, fein Menſch ihn bemitleiden 
kann, weil ee nicht von ber Hand ber Welt, fondern an feinem 
eignen Gigenfinne ftirbt und gleichfam als Gelbfimdsder ? 
Hier nun kehrt ſich bie ſchwache Geite Sue's heraus. Gr mag 
die Welt Eennen, unb es fcheint, er Eennt fie genug; aber er 
ſtellt fie dar, etwa wie londoner Garicaturbilder bie koͤrperlichen 
Gebrechen ber Minifter darſtellen. Gin Fuͤnkchen Wahrheit und 
alles übrige Lüge und Uebertreibung! So viel gegen feine Phi⸗ 
loſophie. Seine Phantafie ift unnachahmlich, weit gräßlicher, aber 
koch auch weit bichterifcher ald V. Hugo's. Welcher Menſch, 
außer Sue, und wäre es auch Hoffmann, hat je eine Scene 
geihrieben, wie das hitzige Geeficber auf dem Floß ber Ges 
fheiterten? Oder den vergeffenen Commanbanten ? Dber enblidy 
diefen, als Goͤhen in Afrika verehrt und beauftragt, Kranicheier 
euszubrüten? Gugene Sue hat in diefem Punkte gar nicht 
Seinesgleichen. Gr iſt völlig einzig für bie Grfindung, bie 
Steigerung, bie Darftellung bes Graͤßlichen und Wunbervollen. 
Was er daher auch ſchreiben mag, und wie balb feine troftlofe 
und unfelige Sebensanficht fein Schrecddensarfenal auch erſchoͤpfen 


mag, mit biefer neuen Kunft wird er immer Gindrud maden;‘ 


wir felbft werben ihn immer mit Xhellnahme, mit Bebauern 
und Bewunderung fo feltener und verlorener Gaben lefen. Die 
vorliegende Ueberfegung des „ Salamander’’, der nebenher durchweg 
eine tief einfchneidende Satire auf die BVourbonibenregierung von 
1815 enthält, iſt mufterhaft; wir müßten nidyt bad Geringſte 
daran zu tadeln. Wir zweifeln, daß Sue jemals den Zon vers 
laflen werde, den erim „Kernod”, „„Sitano‘‘, „Atar⸗Gull“ und 
„Salamander” behauptet hat, und wiffen für diefen Ton keine 
beffern Ueberfeger zu empfehlen als die ber beiben legtge⸗ 
nannten Werke. 3. 





Ueber den geroefenen Praͤſidenten Griechenlands Grafen 
Kapodiſtrias. 

Die Alten über Kapodiſtrias find noch nicht geſchloſſen. 
Die bald nach deſſen Ermordung, von Eynard erſchienenen 
Briefe und die Antworten darauf von mehren Griechen in Pa: 
ris, ferner bie „Lettres et documens ufficiels relatifs aux 
derniers &v&nemens de’ la Grece, qui ont preced6 et suivi 
la mort du comte Capodistrias” «Paris 18331), bann bie 
Briefe des Rranzofen Dutröne ff. d. Bi. 1832, Nr.254) und die 
in Paris 1831 erfchienenen „Zunuxtra Elinvıza’, ſowie auch 
Das, was der Eng!änder Trant in feinem Ruche unter dem 
zitel: „Narrative of a journey through Greece in 1830” 
(London 1880) — f. d. Wi. 18323, Nr. 94, 95 — Über die Ver⸗ 
waltung des Kapobiftrias jagt, enthalten nur Materialien, bie 
unbefangen geprüft und verglichen fein wollen, - um das von 
der Verwaltung bes Yräfidenten zu fällende, mehr auf feine 


äußern Handlungen gerichtete Urtheil mit bem von bem ins 


nern Menfchen, von feinen Gefinnungen und Abfichten, bie 
oft von den Handlungen ebenfo unabhängig find als diefe von 
jenen, gehörig in Einklang zu bringen und anf dieſe Weiſe 
das Sefammturtheil über bie Erſcheinung begründen zu koͤnnen. 
Die politiſche Rage Griechenlands an und ir fih und in Bes 
ziehung zu ber ſchwankenden Politik der drei Mächte und zu 
bes Präfidenten -igner, nur proviforifcher Gtelung in Gries 
chenland darf dabei durchaus nicht außer Acht gelaffen werden. 
In diefer letztern Beziehung ift der Aufſatz von Friedrich Buch⸗ 
holz: „Johann GSraf von Kapodiſtrias, ober die vier legten 
Sabre der griechifchen Revolution’, im „Berliner Kalender” auf 
1833, von befonderm Intereſſe und von dem künftigen Bios 
graphen Kapodiftrias’ wohl zu deachten. Im Ginzelnen ift 


— — — — —— — —— — —— — — — — 


> 


een 


nicht angegeben find. Mit der diographiſchen & 
mondi (Wegweifer Nr. 79 zur ‚„‚Abendzeitung‘‘ 1 finden ih 
bier manche Widerſpruͤche. Sehr richtig fagt Buchholz int All⸗ 

gemeinen: „Geblendet buch ſeine Vorliebe fir Griechenlan 

unterzog · ſich Kapodiſtrias einem Unternehmen, das, wenn 
es überhaupt durchzuführen war, nur von Demjenigen durchge⸗ 
führt werben Eonnte, dee mit unerfchöpflidden Hülfsmikteln eine 
Ueberlegenheit bes Geiftes verband, die ihn in die Reihe übers 
menſchlicher Weſen flellte. Ein Wolf, das feit zwei Zahrtaus 
fenden unterdrädt worden ift, in die Bahn der Sittlichkeit und 
bes Gehorſams gegen bie Gefege zurüdzufähren, ift minder 
leicht, als Viele glauben. Mehr Diplomat ald Gtaatömann, 
ließ Kapobiftrias ſich von einer nur allzu verzeihlidhen Gitels 
keit bereden, daß ihm wmter dem, Schute der drei großen 
Mächte jede harte Maßregel werbe erfpart werden. Dee 
Praͤſident Kapodiftriad liebte ſich felbft zu wenig, um aus 
Keigheit zurüdzutreten, und indem er feine Zuflucht zur Härte 
nahm und den Anftrich eines Tyrannen gewann, hatte er das 
Schickſal, das vor ihm fo Viele getroffen hat, bie fi in eis 
nee ähnlichen Rage befanden.’ ebenfalls iſt dieſes uUrtheil 
Wenigftens ber, auch durch fein früheres Leben bethätigten Ges 
finnung ded Mannes, ber auf bie Auffoberung des Kaifers 
Nikolaus zum Zurhdtritt in das ruffifche Miniſterium zus Ante 
wort gab: „Sire, in Ihrem Minifterrath würbe ich nur Srieche 
fein; erlauben Sie mir alfo, daß ich es in Griechenland fei”, 
volllommen entſprechend. - 30. 





Notizen. 


Boucher, deſſen außerordentlich reiche Sammlungen zur 
Erlaͤuterung altengliſcher Literatur pm Sprade faft 20 Zahre 
ruhten, ehe jest ein Theil derfeiben als erfler Band von Bou⸗ 
cher's „Glossary of archaic and provincial words” (London 
1832) dem Yublicum zugänglich gemacht wurde, war Rector in 
Epfom und verwendete den größern Theils eines langen Leben 
auf Anlegung eines Gloffariums zur Erklaͤrung altengliſcher 
Schriftſteller, deſſen Mangel ex mit Andern tief empfand. Gr 
forſchte überall an den Quellen, und fucte in alten Chroniken 
Dichtern, gerichtlichen und andern Urkunden nad) Aufklärung. 
Allein auch Dasjenige, was in den mit Unrecht fo geringſchaͤtzend 
betrachteten Dialetten der Landleute von ber alten Sprache 
übrig geblieben, futte er unermüdlich zu ergruͤnden; er fams 
melte die Propinzialismen, und ba er Gelegenheit hatte, fich 
genaue Bekanntſchaft mit den verſchiedenen Diolektch zu erwers 
ben, fand er durch Vergleichung die urfprüngliche Korm. Nach 
jahrelangem auf die Vorbereitungen zu feinem Werke gewendes 
ten Fleiße, und nachdem ber größere Iheil zum Drude fertig 
war, unterbrach der Tod feine Arbeiten. Nur der Budiftabe & 
erfchien einige Zeit nachher unter fehr nadıtheiligen Umftänten. 
Die Refultate der neuern Forſchungen über die Ältere englifche 
Literatur werben in Bouder's Werk aufgenommen. . 


Die englifche Ueberfegung von Zumpt's Tateinifcher Gram⸗ 
matik hat bereits die dritte Auflage erlebt. 





Die Iondoner „Religious tractate society“ Kunbigt für 1833 
ein Halfpennywochenblatt: „The weekly visitor”, an, we 
ches ewige und irdiſche Weisheit vereint verbreiten helfen foll. 


Bisher galt der Ben Nevis als hoͤchſter Berg Schottlands 
bei neuen trigonometrifhhen Deffungen fand man aber, daß der 
Ben Machui in Abesdeenfhire 4390 Zuß hoch fei und jenen 
alfo um 20 Fuß Übertreffe. Man wird ihm alfo wol den Zitil 
des Ben Nevis beilegen müffen. 8. 


7 


Redigirt unter Verantwortlickeit der Verlagshandlung: J. A. Brodhaus in Leipzig. 





Bl t ter. 


' für. 


literarifche 


⸗ 


urte cha tum 8. 





Mittwoch, 


— — —— 





Die Frauen von Neidſchuͤtz. Novelle von Alexander 
Bronikowski. Zwei Theile. Leipzig, Brügge: 
mann. 1832. 8. 3 Thlr. 

Hofintriguen,. wiewol unfere Zeit die Höfe mit ganz 
andern Augen anfeht als das Jahrhundert vor uns, Hof: 
intriguen aus ber Bluͤtezeit der Höfe bilden noch immer 
einen fehr anziehungsreichen Stoff fir die Rovelle. Die 
Worte: der König fagte, der Kurfürft erwiderse, der Her⸗ 
zog ergriff u. f. w., üben noch immer auf die Phans 
sofie vieler Lefer eine magifche Kraft aus, und bei mans 
den Leuten eine um fo größere, je mehr fie fi) das Ans 


ſehen geben, dieſen Zauber zu leugnen. 86 verhält ſich 


damit ungefähr wie mit der Geſpenſterfurcht — nicht Der 
iſt frei davon, ber fie ableugnet, 

Der Stoff ber vorliegenden Movelle wird alfo für 
einen anziehenden gelten koͤnnen; denn bas ganze Buch 
iſt eine — furchtbare Hofintrigue. Die Geſchichte der 
Geliebten Johann Georg IV. von Sachſen, Katharine 
Gräfin von Rochlitz, und ihrer Mutter, dee Intriguen⸗ 
meifterin, Gräfin von Neidſchuͤtz, ded Kurfürften uns 
ſelige Kämpfe für diefe feine Beherrfcherin und Schüglins 
gin gegen feine Mutter, feine Gemahlin und feinen Brus 
der, Auguſt den Starken, fein und ihr endliches phufifches 
und moraliſches LUnserliegen, nach kurzer Ueberfpannung 
feiner von Daufe aus geringen Kraft — bilden den In⸗ 
halt diefer Erzählung! deren unleugbares Verdienſt ein ſpan⸗ 
nendes Intereſſe und eine gluͤckliche Malerei der allervers 
ſchiedenſten Serlenzuflände if. Wäre dem Verf. unter 
feinen Naturgaben nur halb fo viel Geſchmack befchieden 
worden, als iym Phantafie und Beobachtungsgabe zu Theil 

ift, fo wäre er unſtreitig ein gluͤcklicher Erzaͤh⸗ 
ler; fo, wie er ift, ift an keiner feiner Erfindungen Was 
Ganze, au jeder aber etwas und Einzelnes, hier Erfindung 
und Situation, bort Begründung und Entwidelung ber 
Charaktere und Anderes zu loben. Was an ber vorlie 
genden Erzählung zu loben oder zu tabeln iſt, werden wir 
leicht erfennen, nachdem wir die Zabel berfelben und bie 
vorzüglichften. handelnden Perfonen kurz überbiidt haben. 

Die Scme eröffnet fi, indem wir den jungen, aber 
ꝓhofiſch ohnmaͤchtigen Kurfürften Johann Georg an der 
Geite feines lebensfrohen und Präftigen Bruders, Herzog 
Auguft’s, welcher foeben von feinen Reifen heimgekehrt ift, 


Nr. 16. — | 









—— — — — — nn — u — mn — 


16. Januar 1833. 









tenpalais ihres hochſeligen Vaters im großen Garten hin⸗ 
ausreiten ſehen. Der Regent iſt voll bruͤderlichen Gefuͤhls, 
Herzog Auguſt aber hat ſchon das neu entſtandene Verhaͤlt⸗ 
niß feines Bruders zu der Gräfin von Rochlitz, welche wie 
vorüberfahren fehen, auf dem Herzen. An feinen wohl⸗ 
gemeinten, aber etwas Eauftifchen Bemerkungen- entſpinnt 
fi) ein Streit der Brüder im Palais, mährend und zus 
gleidy in einem etwas gewaltfamen Geſprtaͤch zwifchen dem 
Kammerpagen Visthum und dem Hofbettmeifter Gobau 
bie Erpofition der Geſchichte gegeben wird. Statt biefe® 
langen, ermüdenden Geſpraͤchs hätte der Verf. uns Hands 
lung geben follen. Weberhaupt aber bat er den Fehler 
begangen, die Grenzen feiner Selchichte zu eng zu ſtecken 
Faſt Altes Aft fchon gefchehen, che der Worhang aufrellt, 
und die Folge davon iſt, daß die Erzählung ſelbſt fi um 
Geſpraͤche dreht, ohne anders ald aͤußerſt langſam fort 
zurüden. Er hätte uns die Leidenfchaft des Fuͤrſten vR, 
ihren Keimen an vortragen follen; in zwei Theilen wäre 
Raum genug dazu vorhanden gewefen. Diefe Borgefchichte, 
feiner Liebe wäre wahrſcheinlich anziehender geweſen ale 
die Intriguen der alten Neidihüg, weiche man füglic- 
des Teufels Großmutter nennen bunte, um den Prinzen 
Auguſt zu ſich hinüberzuziehen und aus ihm einen Nach⸗ 
folger in der Liebe ihrer Tochter beim Tode Johann 
Georg's zu mahen. Genug, um biefe Intriguen dreht 
ſich die größte Haͤlfte ber Geſchichte. Katherine von, Roch- 
tig ſelbſt, ein bedauernswerthes und liebenswäürdiges Merk, 
zeug in den Händen diefer Zeufelsgroßmutter, die jeboch, 
mit ungemeinem Sarbenreihthum ausgemalt iſt, hat nur, 
ihre Strafpredigten anzuhören. Ihr gegenüber hat ber, 
Kurfürft die falbungsreihen Mercuriaten feinee Mutter, 
Anna Sophia von Dänemark, einer Eöftlichen fürftlichen, 
Caricatur, auszuhalten, die Wehllagen feiner Gemahlin,. 
gleichfalls einer mit veicher Phantaſie ausgeftatteten. Er⸗ 
fcheinung, und bie fpigen Reden feines Bruders. zu bes 
fieben, fo lange, bis er endlich den Zügel in ben Mund 
nimmt und Mutter, Gattin und Bruder zum Tempel 
binausjagt: eine uͤberſpannte Kraftäußerung, bie fih an 
ihm durch gänzlihe Ermattung rät. Dieſer Theil 
der Erzählung iſt reich an den treffendſten Scenen und 
wirklich aͤußerſt glüdtich durchgeführt. Die beiden Aufs 
tritte im Cloſet der alten Kürftin und im Schlafzimmer 


wow ber Hofburg zu Dresden nach dem bekannten Bars | der regierenden Kurfuͤrſtin find ‚mis kuͤhner und ficherer. 


> 


2, 


Hand gezeichnet; fie wären meilterhaft zu nemen, wenn 
die unglüdtihe Manier in Styl und Darftellung, bie 
der Verf. fi für diefe Erzählung zum Geſetz gemacht 
bat, ihnen nicht die Hälfte ihres Werthes raubte. 
| Diefe ungluͤckliche Manier des Styls iſt ein anderer 
Punkt, uͤber den wir mit dem Verf. ernfthaft zu rechten 
haben. Weil feine Erzählung am Schluß des 17. Jahr⸗ 
hunderts vorgeht, ſo hat er geglaubt, ſeinen ganzen Vor⸗ 
trag in dem tollgewordenen Kanzleiſtyl dieſes Jahrhun⸗ 
derts halten zu muͤſſen. Dieſer Irrthum iſt unverzeih⸗ 
ich, weit er eine Verſuͤndigung gegen ben guten Ge 
ſchmack in fi ſchließt. Einzelne Auftritte, in biefem 
Stcyl erzählt, vwolrden effectooll fein und wären bincels 
chend geweſen, die fonderbare Ausdrucksweiſe der Zeit zu 
dverſinniichen. Allein ein ganzes fiebentehalbhumbert Sei⸗ 
ven ſtarkes Buch in dieſer olla potrida von Deutſch⸗ Frans 
fiſch umd Lateinifch zu fchreiben — das heißt den Ge⸗ 
—* der Leſer für einen Suͤndenbock halten, dem man 
alles und jeded Ungemach aufbärden kann. ine einzige 
Beine Probe mag genügen. ' 
.„Was das Erſte anbelanget”, entgegnete bie Gemah⸗ 
En des kurſaͤchſiſchen Kanzlers, „ſo danke ich Eurer Durchs 
tauchtigkeit bejahend fire huldreiche Nachfrage, nicht alſo 
genügend mag ich jedoch Hochders in Betreff des Zweiten 
den, dieweil ich mich juſtement von einigen deplai- 
sär afficieet befimde.” — „Atſo gewahre ich mit Bedauern“, 
ehtgegnete Augufl, „und nicht ohne Verwunderung, inter 
mal die Frau von Friefe mie bekannt ift als eine Dame 
von nicht geringer Einfiht und Reſolution. Weßmaßen 
K denn glauben muß, «6 ſei Sein geringfügiger Umſtand, 
€ folche alteration hervorgebracht; alfo möchte ich Dero 
Bitten, mir denfelbigen zu communicien, überzeugt, tie 
fle iſt, von dee diſtinguirten Eſtime, welche ich nicht nur 
fir ihre eigene Perfon hege, ſondern gleichermaaßen fir 
Ben Deren Kanzler und Dero fänmtlicheg Angehörigen.” — 
Dr Dame erwiderte in gegogenem Xone: „Allerdings iſt 
fothe Höchfte Gnade und protection ganz befonder6 ſchaͤtz⸗ 
Bar für Monsieur von Frieſe; folite dieſelbe fich jedennoch 
allzu ſchr auf unſte Angehörigen ertendiren, fo würde zu 
erroägen fein, ob dies nicht zum Praͤjudiz berührter Pers 
foren gereiche.” — „Sch verftehe Dero nicht, Madame”, 
Wverſetzte der Prinz empfindlich u. f. 10.” — Iſt es nun recht 
uhr loͤblich, daß dee Verf. uns zumuthet, fall 700 Set: 
sen biefes Styls zu verbauen? Abgefehen davon, daß 
wie zweifeln möchten, ‘ob man Anno 1690 wirklich fo 
gefprochen habe; abgeſchen davon, daß dieſes vorgebliche 
ereue Gonterfei der Zeitweiſe wiederum in ſich ſelbſt feh⸗ 
lerhaft und ungenau ft, indem man 5. B. damals gewiß 
nicht einen Edelmann mit „Euer Hochwohlgebohren“ anre: 
dete; abgefehen ferner von der völligen Geſchmackloſigkeit 
‚ eines folchen niederlaͤndiſch⸗ genauen Lumpenbildes, liegt 
diefer Caprice des Verf. aud) ein radicaler Irrthum zum 
Grunde. Gibt denn der Maler die Natur, ober bie vers 
edeite Natur? Und käme es darauf an, bie Zeit ſprechen 
zu laffen, wie läßt der Verf. denn Karl d. Großen oder Wit: 
teind und Friedrich I. fprehen? Wie endlich den Polen, 
den Spanier, den Juden? Iſt diefe. Act von Treue ein 


Y 
& 


Berbienft, vote ihm fcheint, oder eine Laͤcherlichkeit, wie 
uns dünft? Der Lefer mag entſcheiden; uns aber thut 
es leid, daß ber Verf. lieber auf der Fährte gebt, auf 
weldyer Fouqué zum Geſpoͤtt geworden ift, flatt fih am 
ige und anerkannte Muſter zu halten, wie Fielding } 
iſt. Aus dem „Tom Jones” hätte er lernen koͤnnen, w 
man Manleren einer Zeit treu malen könne, öhne def 
guten Geſchmack einer andern, und zwar der ſtets Recht 
behaltenden Gegenwart, mit Süßen zu tretm. Man gebe 
Proben, Überlaffe der Phantafie bes kundigen Leſers ets 
was, ſchreibe vor allm Dingen deutſch und martere ibn 
nicht mit Geſchmackwidrigkeiten. 

zuruͤck zu unferer Geſchichte. Als eine Katar 
ſtrophe derfelben haben wir fchon der Scene im Schlaf 
gemach der Kusfürfttn gedacht, bie nady den barlber ere 
haltenen bifterifchen Andeutungen dußerft gluͤcklich erzählt 
if. Dee Kurfürft, entrüftet über die entſetzliche Strafe 
predigt, Die er foeben von feiner Mutter angehört bat, 
eitt zu ſeiner Gemahlin, um bier, wo er ſich als die 
Staͤrkere fühlt, die Sache zum Bruch zu bringen. Er 
dringt ein, Findet Eleonoren im Bette und kuͤndigt -ihe 
an, daß fie das Schloß verlafien müfle. „Die längere 
Bereinigung zweier Ddisharmonicenden Charaktere bringe 
nur deplaisir hervor und felle aufhören, er fei Herr im 
Land und Schloß.“ Die Kurfürfiin widerfegt fi zume 
erften Mal in ihrem Leben; Johann Georg zieht dem 
Degen gegen fie und bringt, außer fi) vor Zorn, auf Me 
Wehrlofe ein, als Prinz Auguftus erfchent, den Wuͤthen⸗ 
ben in feine ſtarken Arme nimmt, ihn daventrägt und 
Efeonoren fo rettet. Diefer wunderbare Auftritt wird vor 
mehren Zeitgenoffen berichtet; der Verf. aber hat ihn zw 
einem überaus kühnen und glänzenden Bilde benugt, bad 
um fo fprechender wird, als Prinz Auguft glei darauf 
fine That als eine Verlegung der Majeftär feines Bru⸗ 
ders empfindet und felbft um feine Verbannung als ver 
diente Strafe bittet. 

In dem ganzen Gemälde, fo weit es hiſtoriſch iſt, 
it überhaupt Herzog Auguſt mit Gluͤck und Vorliebe por» 
traitirt. Wir erhalten in ihm eine burdjaus ritterlidhe 
Erſcheinung, voll Weltluſt, leichtfertig und finnlich, aber 
ſtets edel, bieberherzig, klug und gefuͤhlvoll. Beine Wer 
bindung mit der Keſſel, die wir als eine Epifode entſte⸗ 
ben und wachen fehen, ift ein vorttefilicher Zug tm bien 
fem fehr treuen Bilde bes fächhfiihen Hofes am Schluß 
de6 17. Jahrhunderts. Eben der Beſuch dieſer Keſſel 
beP der alten Graͤfin Neibfhüg gibt zu einer der Übers 
vafchendften Scenen in der ganten Erzählung Antaf. Daß 
der Berf. übrigens den Hof kenne, alle Labytinthe feiner: 
Intriguen entweber mit propbetifthem oder mit erfahres 
nem Blick durchfchaue und Sein und Weſen des Hofle⸗ 
bene, wie e6 ehemals war, volllommen begriffen habe, 
kann nach diefem Buche Niemand bezweifeln. In diefer 
Naturtreue liegt das Verdienſt und das Intereſſe dieſes 
Werkes; es iſt ein wahres, treffendes hiftorifches Genres: 
bild. Als Werk der erfindenden Kunſt läßt es viele Aus⸗ 
ftellungen zu; der ganze romantifhe Zufag In demfelben; 
die Zauberbrauerei, die Spanierin Eſtavania Bevas, Die 


a 


enmertochter, Gobau, lewol auch fie geſchichtlich fein 
ers; wirkt eher ſtoͤrend als guͤnſtig; bie Geſchichte der 
Hofintrigue ſeibſt, die Porcraits der hiſtoriſchen Perfouen 
Imb die Bilder, in venen 'fie als folche handelnd auftre⸗ 
ten, find treffllch. Der Schluß ber Erzaͤhlung tft gleich⸗ 
falls ſtreng geſchichtlich. Nachdem die teuflifhen Intri⸗ 
guen der alten Neidſchuͤt, welche dem Kurfürften das Le 
ben Lofteten, an den Tag gebracht, nachdem auch das 


&rme Opfer, die Gräfin Rochlitz, hinicber und Auguſt auf 


ben Thron gefliegen iſt, witd und kurz der Ausgang bes 
Proceſſes gegen die Urbeberin aller diefer Greuel erzählt. 


Man fand bie alte Gräfin eines Morgens entfeeit auf 


Ihrem Lager im Sefängniß, wohin ihre treuer Anhänger, 
Kanzler Beihling, fie ſelbſt abführen muß. Ihre Leiche 
ward, trog der Rachenehmungen ber Kurfürflinnen, durch 
Bisthum’s Vermittelung beerdigt, und auch bie Rochlitz 
echlelt ein unbezeichnetes Grab in der Schloßkirche. Kurs 
fürft Augufs Leben entwickelte ſich zu einem Glanzpunkte 
in dee ſaͤchſiſchen Geſchichte; Joh. Georg's Witwe folgte 
bieſem bald; Anna von Daͤnemark lebte lange genug, um 
den Abfall ihres Sohnes von ber ihr theuern Lehre Lu⸗ 
ther's zu erleben; die Spanierin Levas aber entging den 
Haͤnben der Gerechtigkeit nicht, fie warb als Bere zu 
Paſſau verbrannt. oo 

Wir Haben anexkannt, daß der Verf, mit dieſer Er: 
hlung ein, hiforifches Gemaͤlde, außgezeichnet durch 
Wahrbeit, Treue der. Charaktere und uͤberaus anzichend 
derch feine Geſchichte, werrmkaltet aber dur, Das, was 
6 reine Erfindung ihm angehört, und durch eine un⸗ 
gädlihe Manier der Darftellung, geltefert habe. Wir 
glauben, er wird gegen dies Urtheil kaum appellicen Eins 
wen. Sein Geſchick, Hifteriiche Ereigniffe zu tebenvolien 
Genen zu geftalten und fie wie freie Erfindungen wohl 
gefällig vor unfern Augen vorüberzufähren; ein Talent, 
aus ſolchen Ereignifien Charaktere und Seelenzuſtaͤnde 
Kar, naturgetreu und auf anziehende Art hervortreten zu 
kaffen: diefe beiden Geſchicklichkeiten find an ihm unver 
keanbar. Er iſt auf dem Geblete feiner Gefchichten, hier, 
wie immer, voͤlllg einheimiſch, und es iſt kein oberflaͤchli⸗ 
ches, ſondern ein tief eindringendes, hiſtoriſches Vorſtudiuni, 
das ihn in den Stand ſehtzt, geſchichtliche Charaktere zu 
verklaͤren. Eben die® unterſcheldet ihn von manchen Dit: 
bewerber, von Tromlitz, Spindler, Döring u. A., welche 
dei einer allgemeinen Auffaſſung des geſchichtlichen Fac⸗ 


cams ſtehen bleiben und ſich für die Details auf ihre |... Geizigen in eine reich gefüllte Schatzkammer und, feht 


: Augen, mit ber er hier Barren, dort SGeldfaͤſſer, dort Docus 


Phantafie verlafien. Aber darum iſt er doch: noch kein 
Walter Scott, und eine ungeheure Ktaft, in welcher 
eben ber ganze Kunſtwerth der Hiftorifchen Erzählung liegt, 
trennt ihn von diefem Genius. Denn W. Scott weiß — 
und feiner feiner Nachahmer verfteht Died wie er — bie 
Gefchichte tie einen Mythus zu behandeln und Erfin⸗ 
Bung umd Hiftorie dergeflalt zu verfchmelsen, daß er, In: 


"dem er feine Erfindung erzaͤhlt, eine Geſchichte, wie fie 


fein koͤnnte, vortraͤgt. Bei ihm iſt nichts von jener ro⸗ 
ben Nebeneinanderſtellung hiſtoriſcher Ereigniſſe mit Er⸗ 


fundenem zu bemerken, in der feine Nachahmer, ſelbſt 


unter den Englaͤndern und Amerikanern, ſich gefallen, ſon⸗ 





bern Alles in Ahm AR zugleich Erfindung und Seſchiche, 
Eines durchdrungen von Andern. Für die bloͤden Augen 
mancher Kritiker verliert ſich Diefer feine Unterſchied allen 
dinge, umd- dnher if es gekommen, daß man: bald Wan 
dervelde (reicher, beilaͤufig geſagt, mol noch den melften 
Anſpruch daranf hat), bald Spindier, bald Tromlitz, da 
unfern Verf. einen neuen Walter Scott titulirt hat. Sie 
haben auf dieſen Titel ungefähr eben das Anrecht, weis 
ches bie modernen franzöfifhen Romantiker darauf 
für Nebenbuhler Schillet's oder Goͤthe's zu gelten. Har⸗ 
monifhe Schmelzung roher Beſtandtheile fehlt Ihnen, 
wie fie jenen fehle; aber eben die Harmonie macht das 
Kunftweet. | 89, 





Materialien zuk oͤſtreichiſchen Geſchichte. Won Joh - 
CEhmel. Erſter Band. Auch unter dem Kite; 
Beittaͤge zur Geſchichte Kaifer Friedrich IV. . Erſter 
Band, erſtes Heft. Linz, Fink und Son. 1832, 
4. 18h. 38 Se Ä 


Hier kommt einnial unter das unabſehliche Kleingewehrfener 
unferer hiſtoriſchen Literatur — denn wer meint nicht wenigſtent 
eine Schluͤſſelbuͤchſe von Geſchichte jegt abfchießen zu konnen, 
wo Bunderte, die auf Univerfitäten thre Hiftorifhen Gollegien 
geſchwaͤnzt haben und etwa als Lehrer an dieſer ober jenef 
Schule auch Geſchichte mit zu dehren Yaben, fchnell aus If B 
chern das zwoͤlfte zuſammenſchreiben, weil keine Aufficht da iſt 
der Gevakter Reetor und Superintondent bie-- 
und ein paar andere gute Freunde den Druck wuͤnſchen, die 
Schuͤler abes ihn bezahlen muͤſſen — wieder ein tuͤchtiger Ras 
nonenſchuß. Der fiotianer Chorherr und Pfarrer Ehmel wii 
die durch Kurz a. A. fo body gehobenen WBerbienfie feines Stif⸗ 
tes um Geſchichte nicht finfen laffen und bat num zur Geſchicht«— 
Kaifer Friedrich IV., 1440—93, welde ſchon Franz 
1812 bearbeitete, aus Archiven und Bibliotheken Materiafick 
geſammelt. Solche Arbeit iſt um ſo mehr zu ſchaͤten, weil 
ihr die größere Keſtgnation gehört. Der Menge füllt fie nicht 
in bie Augen, wie mühfem fie auch ift; ſie gleicht dem erzhalti⸗ 
gen Geſtein, weldes der Bergmann mühfam unter der Erde 
Iospocht, und aus welchem erſt durd ganz andere Hände bad 
seine glänzende Metall gervoiinen und in blanke Münzen um⸗ 
geſchaffen wird. Aber der Kenner weiß das Geſtein zu igen. 
ESGSs iſt ein hoͤchſt erfreuliches Zeichen, daß Deſtreich feine 
faſt uͤberfuüͤllten Archive nun öffnet. Wie viel iſt ſeit einigen 
Jatren ſchon aus henſelben geſchoͤpft worden, und noch fft 

rund abzufehen. "Gin Sand veredelt, verklärt ſich durch fein? 
Geſchichte, und Deſtreich kann fi der ſeinigen erfreuen und 
wird ed mit dee Zeit noch mehr koͤnnen, je freimüthiger Befone ' 
ders längft vergangene, ber Domaine der @efchichte unwiber« 
ſprechlich angefallene Zeiten befprochen werben dürfen. er 


mente und Schuldverſchreidungen oder Staatepapiere, die alll 


Augenblicke wieder verfiibert werben koͤnnen, muſtert. So ein 


Blickchen eroͤffnet ſich und bei dem Autzuge aus ben Verzeiche 


niſſen der Handſchriften des ©. k. Archivs zu Wien in Hinſicht 
‚auf die Zeit Kaifer Friedrich IV. mit Nachweiſung der Archiv⸗ 


Iocatur. Außer ben allgemeinen Sachen find duch bie zu Yen 
ungarifhen, ſalzburg⸗ und berditeßgadifcdhen, titetifchen und 
voraribergiſchen, venetianiſchen, lothringiſchen und elſafſiſchen, itds 
lieniſchen, ſchweizer, polniſcheruſſiſchen und tuͤrkiſchen Angelegen⸗ 
heiten. jenes haiden Jahrhunderts gehoͤrigen im Archive vorfind⸗ 
lichen Actenſtoͤcke deſonders verzeichnet; die mit einem Sternchen 
bizeichneten Manufcripte find von’ Hr. Ehmel näher -unterfucht, 
excerpirt oder copirt worden. u ” 





” 


ſGiewauf folgt ein Repertorium von 264 urkunden (weldes 
ein erſt A von 1424— 1439 enthält und fortgefegt wer: 
* fett), die nach fortlaufender Nummer, Datum, Ort der 
Unokrkung und Angabe tes Inhalts rubricirt find, Die Gamım! 
Ion von Kaifesregefien Tbunen. alfo Hier, eine ſehr veiche Aus 
.ünden, wenugkidh beimeitem nich alle Stuͤcke eigent⸗ 
——— nd. (S. 11-36.) Da gibt es Hinder⸗ 
angs:, Scutds, Stell⸗, Gegen:, Bermächtbriefe; Verkaufs, Ber: 
dt: und Toͤdtbriefe; Seſchaͤft⸗, Auffand«, Schadlos⸗, Pfante, 
ueiergabbriefe Rait⸗, Spruch⸗, Lehen⸗, Gunſt., Quitt⸗, Befehl⸗ 
Urlaubbriefe; Gab⸗, Scqchirm⸗, Gehorſam⸗, Gewalte, Ber 
—— iſtliche Bruderſchaftsbriefe z Geleits⸗, Erneuerungse, 
eiſtungs⸗ Germ htniß:, Schug: und Zrugbündnißbriefe; Zeugs 
niße, Ginrbumungs : und Gewehrs⸗, Leibgedinge⸗, Amts: und 
Belenntnißbriefes Rotein, Urfehden, Wernirkzettel, Vidimus, 
Verzeichniffe u. f. w. aller Art. Dann folgt 37—98 eine Reihe 
von 35 vollfländig und biplomatifch genau abgebrudten Urkun⸗ 
den. Die legte iſt ein Verzeichniß der GSinfünfte ber Erzher⸗ 
goge von Deftreich in den I. 143738. ® 
Wir geben gern zu, daß noch genauere. Angabe des Ins 
paltt hier unpaffend ſei; aber wir machen duf die Wichtigkeit 
Gammiung aufmertfani, weiche eine wahrhaft merkwürdige 
Beit. betrifft. Die Worbenitungsjahre. ber. Heformation, ber 
Sonfelidisung des Haufes Habsburg, die durgundiſche Angeles 
geupeit, die legten großen Tage. Ungarns und Benedigs fallen 
hinein; die Gntwidelung des eurcpäifhen Nordens und die Ka: 
taftrophe die Suͤdoſtens durd) bie Türken: alles Grfcheinungen, 
welche die fogenannte neue Gedichte einielten, vorbereiten und 
- bedingen. Freilich, wer in biefen Erzen mit angreifen und ar⸗ 
heiten will, muß ſelbſt nicht blos Pochjunge fonberu ſchon ein 
tüchtiger Huttenmann fein. . 20. 





u Lefefrüdte 
Inſtinkt der Thier«. 
. Man Tann ben Inſlinkt der Thiere, cher beſſer gelagt, ih⸗ 
sen Berſtand aus duch lange Beobachtung in feines ganzen 
Ausbehnung kennen lernen. Wir wellen einige Beifpiele anführen. 
Sin amerikaniſcher Naturforſcher, Steel, beivundert den Scharf: 
I der Schwalben, welche fih am Garatona aufhalten uab 
e Nefter öfter anders baum, wie ed gewifle Umſtaͤnde und 
bie. Gicherheit ihrer Jungen vor ihren natürlidien Feinden not, 
wendig machen. Der Schottlaͤnder Hall erzählt etwas Auffal⸗ 
lenderes, das er vor einigen Jahren in Schottland bemerkte. 
„Der Frühling war ungewöhnlidd mild und das Zuſammenſtroͤ⸗ 
men von Schwalben in ber Naͤhe bes Cheviot größer, als 
bie aͤlteſten Bewohner dieſes Grenzdiſtrikts es jemals bes 
: gbahtet hatten. Dean fah ‚zahlreiche Scharen ihre Nefler 
unter den ſtrohbedeckten Dächern ber Gcheunen und Pacıthäufer 
. am Kale und am Beaumont andbauen. Gin altes Gebäude, 
Shirifieine genannt, ſchien ſich vorzuͤglich ihrer Gunf zu er⸗ 
renen; die Manern waren dicht mit ihren Reſtern bedeckt, und 
zei hingen ſogar an ben obern Enden eines hohen Schlafge⸗ 
machfenfters. Waͤhrend die Kamilie eines Morgens beim Fruͤh⸗ 
ffuͤck ſaß, 208 eine ungewöhnliche Bewegung unter biefer befies 
derten Gemeinde ihre Aufmerkfamfeit auf fi, und man ent 
deckte, daß ber Beſen des Hausmäpdhens die zwei genannten 
Kefter herabgeworfen hatte. Den erften heil des Tages hin: 
bush verfammelten ſich die Vögel in zahlreichen Scharen bei ei» 
ner verfallenen Halle hinter dem Haufe, und nad dem unauf 
börlichen Ziſchen und Schwirren fonnte man auf eine tiefe Be: 
zathung fchließen. Gegen Mittag brach das geräufchvolle Gon: 
clave auf, wo beun bie ihrer Neſter beraubten Thiere ſogleich 
ihre Arbeiten wieber an einem Mintel bes Daches anfingen, ber 
jener unfichern Stelle am entfernteflen gelegen war. Die Roth: 
menbigfeit ber Eile fiel in bie Xugen, da die MWrütezeit habe 
ſchien; auch halfen ihnen die Äbrigen Vögel in ihrer Roth, und 
men ſah ſechs, oft acht Hins und herfliegen, das Material her⸗ 


Redigirt unter Brrantwörtfigieit der Berfagäbantlang: 8. U. Bro@hauß in Leipzig = 


hatten offenbar um Beiflaud muchgtfudt und man Watte neu 
Unterfiögung gugtlogt: — Der Ruglıan welchem bie: meine Ionbos 
ner. Brücde dem Publicum guöffet mawzbe „war, eim Feſttag⸗ {fg 
jene Lleinen Thiere in den Umgebungen der Hauptſtadt, a) 


hei , b fe, —5 
HA gr N Ba br Noten * 


an demſelben die Gaſſen und Plaͤtze von ihren Bewoͤhnern gaͤ 


entbloͤßt wurden, bie zur Bruͤcke geeilt waren, um Augenzeug 


jenes glänzenden Gchaufplels zu fein. Ginige Vögel aus einem 
nahegelegenen Garten dickten gewoͤhnlich ia Angſt und Eile die 
Krumen auf, .die. ich ihnen von dem Fruhſtuͤcktiſche auf bis 
Straße zu werfen pflegte ‚Die Gntfernung alles Geräufck 
machte fie keck und fit famen ohne gurät auf das Zrottoir anf 
verzehrten ihre Fruͤhſtuͤck; aber eine harte Krufte, von dem Um⸗ 
fang einer greßen Miclinuß widerſtand ihren vercinigten Bemile 
hungen, fie Bein zu bringen. Ich gab forgfältig auf chr Thuu 
at. ie flogen einer um dea andern weg, und nur ein einzi⸗ 
ger blieb und feste feine Bemühungen nody eine Zeit lang fort. 
Nach) einer Weile riß aber auch fein Sebutbfaden, und er bäpfte 
augenſcheinlich in des Abficht an ben Rand des Trottoirs, ſei⸗ 
u Kumeraben u Plans rn aber, "wie. pr 7 Sins 

eines neuen Gedankens, te er zuruͤck, fi ya 
berzige Kruſte mit feinem Schnabel und flog zu einer kleinen 
Woafferpfiige, in welche er die Krufte warf. Nach einer halben 
Stunde brachte er die erweichte Kruſte wieber auf bas Pflaſter 
und zerpickte fie nım ohne Schwierigkeit.“ 

Krititer und Kritilen - 

Dee junge engliſche Dichter Churchill iR, nach kerd Byron, 
an einer ſcharfen Kritik im „Quarteriy review‘ geflochen. Weg 
ig, das Leben der Selehrten und Eiteratoren eingeweiht ift, wird 
diefen Fall weder auffallend noch einzig in feiner Art finden. 
Batteur hatte feine Sammlung von „Eiementarbuͤchern für bie 
Wititairfgule‘ mit Miͤche zufammengetragen; fie.wurde ſchecht 
aufgenommen und er flarb vor Gram. Wie beffer erging es 
bem belannten Dr. Hawkesworth; Als feine Sammlung new 
Reifen eine ſchlechte Kritik erfuhr, tödtete er fi. Gin bes 
ruͤhmter Quäler, Cummyns, farb an einem anonymm Brief 
in einem titerarifchen Blatt, welcher fi über feine ſchriftſtelleri⸗ 
ſchen Beiflungen luſtig machte. Der Adbé Gaffagme, ein gelehes 
ter, taleatwoller Mann, wurbe Hofprediger; Boileau’s 
twaf ibn; er wurde melancholiſch unb ftarb bald im furchtbarſten 
Wahnſinn. Peliffon erzähle in feinee „Geſchichte der Akademie 
von Branfreich”, ein junger Menſch voller Anlagen fei mit ei« 
nem Drama nad) Paris gekommen, um deſſen Aufführung gu 
veranlaſſen. Gin Stecenfent im ‚‚Etoile” wies ben angehenben 
Dichter mit ernfler Strenge zurecht; biefer verbrannte augen 
blidiicg feine Arbeit, kehrte auf das Land zurüd, verſchloß ſich 
in feine Stube und flarb vor Aerger und Sram. Beiſpielr 
großer Angft vor ber Kritik find bei ſehr berähmten Menſchen 


häufiger als bei ben kieinen Geiſtern, bie eier. vor Geibfizus 


friedenpeit berſten, eis fie fi) um fremde Urtheile viel kam⸗ 
mern. Racine fagt, eine firenge Kritik habe ihn immer mehr 
gequält, als alles Lob ihn freuen konnte. Won Gdthe Läßt 
ſich daſſelbe behaupten. Bir John Marsham verbrannte ben 


zweiten Theil ſeiner, Chronologie“, weil er Fein fo ſtrenges ur⸗ 


theil als über ben ecſten ertragen zu Tönnen glaubte. Pope 
ſchrieb mit der größten Kengftiichkeit am feinem Pulte, wenn 
ee durch irgend eine Beranlaflung an Eibber’s „Brief“ und aͤhn⸗ 
lie Angriffe erinnert wurde. Wenn es au) unmwahr if, daß 
berbe Kritifen Montesquien getödtet haben, fo ift es body aus⸗ 
gemacht, daß fie ihn in tiefe Witrübniß verſegten. Newton 
wollte lieber unbelannt bleiben, als fein ruhiges Leben burdh 
bie literariſchen Stuͤrme getrübt fehen, welche ben GSchriftftellern 
drohen. Geine Abhandlung über die Optik blieb ungebrudt, 
weil er vorläufig einige Einwendungen gehört hatte. „Ich 
würde”, fagte er, „es für unklug halten, wenn ich etwas fe 
Reelles, wie meine Ruhe, hingeben wollte, um einem Schatten 
nachzulaufen.“ 56, 


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literariſche 


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Unterhaltung, 





Donnerstag, 





Scenen aus Lappland. 
Erſter Artikel. 
Zu Ende bes Jahres 1831 erſchien in Stockholm: „Ta⸗ 
meines erſten Amtsiahres als Miſſionar in Lappland, 
von Petrus Läſtadius“, das die allgemeine Auſmerkſam⸗ 


Beit fogleich auf fich 303, wie wir bereits in unſerm Bericht 
über die ſchwediſche Literatur (Mr. 159 u. 160 d. Bi. f. 1882) 
bemerften. Lappland if freilidh Feine terra inoogaita in Cu⸗ 
ropa; ba jebody alle Reifende, bie dies Land befchrieben, daſſelbe 
fat nur im Sommer befuchten, fo konnten fie auch nur über 
Dos, was fie in biefer Jahreszeit fahen, berichten, weil aber 
dort der Sommer höchfiens drei Monat dauert, fo blieb das 
Bid fche wuvellkändig: was das in vielfacher Hinſicht merk: 
wöürbige, ewig wanbernde Volk den langen übrigen heil bes 
Jahres treibt, um fein kuͤmmerliches Leben zu friften, davon 
wußte man fogar in Schweden wenig oder nichts. Zum erſten 
Bat erhält man darüber buch dies Tagebuch eine vollſtaͤn⸗ 
Dige Auskunft. Der Berf. — feinem Vaterlande nach felbit ein 
Bappländber — gehdrt darch feine Geburt von ſchwediſchen Pfarrs 
leuten, durch feine Erziehung unb fein Amt ber gebildeten Weit 
on, und nur Wenige befigen wie er das Talent, To kraͤftig, 
feifg und lebendig zu malen. Nach dem Lande feiner Kindheit 
puerädigelebrt, hat er dort grabe fo lange verweilt, um das 
Eeben daſelbſt vollftändig zu kennen und es von allen Geiten 
aufzufaffen, aber glüdlidherweife nicht lange genug, um bie Kris 
ſche ber erfien Eindrüde durch die abflumpfende Macht der Ges 
wehnheit zu verlieren. Daber ‚hoffen wir, daß auch die beutfche 
Leſewelt ihn auf bie Bahn feiner Amtspflicht freundlich beglei- 
ten wird; wäre es auch nur, um zu erfahren, daß felbft in der 
ähe des ewigen Gchnees, mitten in erſtarrender Dede das Les 
den, wenn ‚nicht veich und mannichfaltig, doch heiter und ans 
mutig fein kann. Wir bedauern nur, daß das Original in 
ünferer Uebertragung fehr viel von feiner Krifche und nachlaͤſſig⸗ 
enmuthigen Lebendigkeit verlieren wird. Doch felbft auf biefe 
Gefahr hin wollen wir den keſer ohne weitere Borrede in diele 
neue Weit einführen und machen ben Anfang wit ber Gelbft- 
biogzaphie Des Werfaffers, welche uns ſchon einen Begriff von 
den Gitten und ber Lebensart feiner Heimat gibt. Vielleicht 
werden wir auch Züge antreffen, die durch ihre lebendige Wahr: 
beit das Herz tiefer als die erbichteten Leiden manches Roman: 
Yeiben ergreifen. \ 17. 
1. Der Berfaffer berichtet über ſich ſelbſt. 

So war ich denn jetzt nach Artepfog gelommen, „zu 
Jen Gräbern meiner Väter am befannten Strome”. Dies 
waren meine Vorfahren, von der Zeit Karl Guſtav's bie 
zu der König Adolf Friedrich's, Pfarrer geweſen, in unun⸗ 
zerbrochener Reihenfolge vom Vater auf ben Sohn. Der 
legte war mein Großvater, der bei feinem Tode, 1755, 
11 .unmündige Kinder hinterließ, von denen das juͤngſte 


- = 


— 


. Dammerde; rings nichts als Suͤmpfe. 


eine Woche nad feinen Tode zur Welt kam und bie 
zwei Alteflien eben auf das Gymnaſium nach Hernöfand 
abgingen. Bald darauf zog die ganze Familie, auf viele 
Wagen gepadt, nad) Pitek. Zwiſchen diefem Ort und 
Arieplog war damals Alles dve. Man fuhr nur mit 
Rennthieren, die im Winter felbft fouragirten. Mein 
Vater wurberin die Lehre bei einem Goldſchmied gethan, 
weis keine Mittel da waren, ihn ſtudiren zu laſſen. 

wurde Aufeultant im Bergcollegium, verheirarhete fi in 
Stodholm, und murde emdlih als Inſpector bei dem 
eben von einer Compagnie errichteten Silberwerk zu Nas 
ſafaͤll angeſtellt. Diefe Compagnie jedoch, die blos aus 
Wefterbottländern beſtehen follte, befaß nur geringe Gapis 
tale, und die Befoldungen ihrer Beamten waren. damit 
in Verhaͤltniß: der Inſpector erhielt 900 Daler Kupfer 
(25 Thlr. Sähfifh). Auch kam dies Silberwerk nie recht 
in die Höhe, und aus mehren Gründen fah ſich mein 
Vater genöthigt, feinen Abfchied von diefem nicht eben bes 
neidenswerthen Poflen zu verlangen. Das Werk ging alle 
mälig ganz und gar ein. Mein Mater. unternahm jegt, 
Land urbar zu machen unb fidy anzubauen, was ihn aber. 
vollends in Außerfte Armuch brachte. Weder er noch feine 
Frau verfhanden die Sache, auch gingen ihnen die Mittel 
ad, fid) Leute zu halten, die überdies ſchwer zu bekom⸗ 
men waren. Nachdem er die neue Pflangung hatte aufe 
geben muͤſſen, ließ er ſich im dem Kirchdorfe Arieplog 
nieder, um Leim aus Rennthierhörnern zu kochen, was 
freilich einträglicher war. 
verheicathete fi 1799 wieder mit der Tochter eines are 
men Neuanfiedlere, die damals 40 Jahre alt war; er felbft. 
zählte in die 50. Aus diefer Ehe gingen Lars Levi, jet 
Pfarrer in Karefuando, und ich hervor. Sn diefer Zeit 
verfuchte es fein Stud noch mit einer neuen Pflanzung,, 
Er fiedelte. ſich auf einer verlafienen Hufe, Gaͤckwik ges 
nonnt, am weſtlichen Ende des Sees Hornafvan, an. 
Dies iſt ein ſchreckucher Drt, an ber Hinterfeite einer 
woltenhohen Schneealpe, bie Pelje-kajse heit. Der 
Grund befteht aus lauter Beinen Selfenplatten; faſt keine 
Milliarden Muͤ⸗ 
en durchſchwaͤrmen die Luft und bilden eine Art Gewoͤlk 
in ber kurzen Sommerzeit; am erſten Derbflabend fleigt 
ein kalter Nebel auf, um über bie Vegetation einen Schleier 
von Reif zu breiten. Sechs (9 deutſche) fchred.iche Mei⸗ 


Unterdefjen wurde er Witwer, - 


N: en . u 


ken find bis zum mäcften Kirchdorfe, 616 bahin ein | Hand be zwilden ben Steinen hervorkommenden Grabe 
menfchliches Welen. Im Sommer ift oft de® Sturmes halme aus, welche Andere verfhmähten. So konnte fie 
wegen kaum fortzulommen; ebenfo iſt es im Winter bei: | an dieſem futterarmen Orte zwei Kühe nebſt etlichen Zie⸗ 
nahe unmoͤglich zu Pferde dahin gu gelangen wegen de8 | gen und. Schafen halten. Das von ihr im Sommer gefanss 
tiefen Schnees oder des aus dem Hornafvan auggetrete⸗ melte Deu mußte fie im Yachten Winter. ſelbſt nach 

nen Waſſers. In dieſem Hades ließen fi) meine ‚Acls | tragen. do mußte aud herbeigeſchafft und: bie Fiſche 
term nieder; aber bald zeigte fi) die Unmöglichkeit, dort beforgt werden. Die Kinder Mußten dann ben ganzen Tag 
zu leben, eine Erfahrung, welche ſchon viele frühere Go: 
toniften gemacht hatten. Mein Vater war den größern 
Theil des Winters abmwefend, um die wenigen Erzeug⸗ 
niffe mit Rennthieren landniederwaͤrts zu fhaffen und Salz,. 
Getreide und andere Bedürfniffe dagegen einzutaufchen. 
Ein Baun wie er, an das gefellige Leben gewoͤhnt, mochte 
wol auch nicht eben eilen, ſich von den gaflfreien, gefels 
tigen Kreifen in MWefterbotten zu trennen; fein Eden vr: 
wartete feiner. Man bedenke nun das Schickſal eines 
Weibes, das, allein mit ihren Meinen Kindern, den ganzen 
langen Winter binduch in dieſem Schattenreich figen 
mußte, ohne zur Kirche kommen oder mit Verwandten 
und Kreunden ſich unterhalten zu innen. Kein menſch⸗ 
liches Weſen ift auch in diefer Heimat des Todes im der 
Winterzeit anzutreffen, nie weriert fich jemals ein Wande⸗ 
rer dahin. Ueber der ganzen Gegend ruht die Stille des 
Grabes, welche nur zuweilen von dem Heulen ber Wölfe 
oder dein widrigen Gefchrei der Uhus aus den Gebirgen 
unterbrochen wird. Hier follte die arme Frau Allem vors 
ftehen, bie Kinder pflegen, das Vieh warten, die Wirte 
fchaft und Alles deforgen: Wenn jene eine Krankheit ein⸗ 
getreten wire! 

Gaͤckwik warb nach ein paar dort elend veriebten Wins 
Een verlaffen. Kars Levi iſt dort geboren. Darauf wurde 
en Winter in Buckt, eine Meile von dem Kicchdorfe, | und im fechsten Sabre gab ich einfältige Antworten fer 
Bei einem dort wohnenden rechtſchaffenen Anfiedler zuge: | den Dauptflüden des Chriſtenthums. Die fhönften, nad 
bracht, und bier kam ich zur Welt. Eines möchten bie | den Regeln ber Kunft ausgearbeiteten Predigten machen 
Frauen der großen Welt ihren Schweſtern, Die unter vie | wol nimmer bie Wirkung, bie der eltern einfacher Unter⸗ 
fen Kümmerniffen und Entbehrungen ihr trauriges Leben | richt und ihre Ermahnung auf mich ausgeübt haben; 
in diefen- Wildniſſen hinſchleppen, bemeiden — eille erftauns | und wenn es wahr iſt, daß wir fuͤr das Leben, nicht für 
fih leichte Entbindung, welche beſonders bei den Lapp⸗die Schule lernen, fo habe ich unter allen meinen Lehrern, 
Sänderinnen ftattfindet. Meine Mutter hatte den ganzen | deren ich mich immer: mit Dank und Achtung erinnerz, 
Tag gearbeitet, Holz hauend und Birkenreiſer — ein Roth⸗ ihnen am meiften zu danken. Friede affo ihrer Met: 


den Tiſchfuß, das andere an den Pfahl des Feuerherdes. 

Damals befanden fi alle Anfiedier in Ariepiog im 
roßer Armuth, und nur Wenige vom ihnen hatten the 
tägliches Best. Die Kinder wurden auch ſehr aͤrmlich 
erzogen; aber fo elend und zerlumpt wie wir waren keine 
im ganzen Kirchipiel; deshalb blieben wir unbeachtet, und 
Sein anderes Kind wollte fi zu uns geſellen, denn Reichs 
thum und huͤbſche Kteider haben auch in diefer Wildniß 
ihre überall anerkannten Vorzüge. Gemeinen Augen fcheint 
der im Staube kriechende Wurm häßli und verächtiidgz 
aber die Vorfehung läßt daraus einen Schwetterling ber» 
vorgehen, und dieſer zieht wenigfiens die Aufmerkſamkeit 
| des Entomologen auf fih. Welche Schidfale ich auch 
ferner in der Welt haben möge, mein erſtes Bette war 
in einem ausgehöhlten Holze, und mein legte wird zwis 
fchen vier Bretern fein. 


bürftigfte Erhaltung des Lebens, vrigaßen doch unfere Keks 
tern nicht, uns leſen zu Lehren. Als wir no kaum [pres 
Gen konnten, lehrte und der Vater Gebete, die wir Mor⸗ 
gend und Abends herfügen follten. Die Mutter fparte 
keine Mühe, und im Seien zu unterrichten. In dem Al⸗ 





futter für das Bich — nach Haufe ſchleppend. Man hatte Mein ältefter Bruder aus der erften Ehe! Raky Erik; 


ih kaum niedergelegt, fo hörte man fie leife 'winnmern. | hatte ſchon feine Studien vollendet und In demfelben Jahre, 
Der Anfiedler eilte fogleidh herbei, um das Feuer angus | wo ich geboren ward, die Würde eines Magister phileso- 
Hafen, aber noch bevor er damit. zu Stande kam, war phiae erlangt. Wow der Univerfität. zu Upfaba kehrte es 
Die Leibesfrucht Schon zur Welt gekommen. Am folgens | nach Lappland zurück und ward 1808 Comminiſter zu 
den Tage lief bee Wirth auf Schlittſchuhen, das Kind | Quickjock. Kaum dort anfällig, wief er uns, feine Brlis 
ir einem Kont (fo heißt der hohle, mit Bellen befietdete | der, zu fich, gab uns acht Fahre lang Unterhalt und Uns 
Klotz, worin die Lappländer ihre Kinder zu tragen pfles } terricht bis 1815, wo er uns auf das Gymnaſium zu Ders 
gm) tragend, um es tauſen zu laffen, nah dem Kirch: | ndfand fhidte. Zwei Jahre darauf farb er, feine Frau 
dorfe. Lars Levi, bei dem das nicht möglich war, hatte | und ſechs Eleine Kinder in geoßer Armuch hinterlaſſend, 
die Nothtaufe in Gaͤckwik erhalten. dee zum Theil durch Wohlthaͤtigkeit edelmuͤthiger Menſchen 

Im naͤchſten Jahre ließen ſich meine Aeitern in dem abgeholfen ward. Mein anderer Bruder und ich waren min 
Kirchdorfe Arieplog nieder. Fiſchen, Leimkochen und eine | auf ung ſelbſt verwieſtu; indeſſen gelang es un, durch Er⸗ 
unbedeutende Viehjucht gewaͤhrten hier ihnen Umtechalt. | theilung von Unterricht Ritt zur Fortſetung unſeter Stus 
Meine Mutter fchnite theils mit einer Handſichel, tHeil® | dien zu finden. : Mein Bruder Lars Levi iſt jetzt, wie fchon 


mit einer Senfe das ſpaͤrliche Riedgras, das in den ımz | gefagt, Pfarrer zu Kareſuando, und ich bin ein wohlbeſtall⸗ 


feuchtbaren Suͤmpfen wuchs, oder ziß mit der bioßen d ter Miſſionar in des Lappmark von Pited. 


su Haufe bleiben und wurden angebunden, das eine am 


Bei aller Armuth, bei allen Mühen um: bie noth⸗ 


tee von fünf Jahren konnte ich richtig Schwediſch leſen, 


So endet der Bert I Lebertslkitze, oder' U tole er pr 


fie nennt. — feine, „Derfonalien“. Das Fehlend⸗ wollen 
‚wie mit- ein paar fluchtigen Zügen vollenden. Petrus Laͤ⸗ 
Radius ging nal Upſala, Iebte dort als Infeumater etwa 
6 Jahre IR‘ einern Privathaufe und wurde mit vieler 
zeichnung gum Magister philosophiae promovirt. Schon 
worher, als. Gandidat, erhielt er vom. Confiftorium zu Her⸗ 
aifand die Beſtalung als Miſſionar im der piteaͤſchen 
Lappuuck. Dieje Wiiffionsanfintt iſt eine neue, vom Def. 
öft getadefte Einrichtung von 1829, die an die Stelle der 
qufgehobenen Kappfhule getreten ift. Dem Miſſionar 
lege ob, in allen Jahreszeiten, fo weit es möglich iſt, 
herumzureiſen, die Lapplaͤnder währenb ihrer periodiſchen 
Wanderung fleißig zu befuchen, chun mit Lehre und Uns 
terricht an die Hand zu geben, umd vorzüglich über bie 
Ratecheten, benen in untergeordneter Stellung dieſelbe Pflicht 
obliegt, eine genaue Aufficht zu führen. Im J. 1830, 
dom Saͤſtadine auf Lurze.: Zeit zumid, gab eine gelehrte 
Differtatien heraus, die ſichdurch ihren Inhalt wie bumdy 
dr ſchoͤnes Latein auszeichnete, "und kehrte mit einer Braut 
guck, die, wiewol die Tochter eines angefehenen Pfar- 
rers in Upland, doch Muth befaß, ihren Gatten auf ſei⸗ 
wer mühevolien Bahn zu begteiten. ’ Was feinen Bru⸗ 
ber Lars Leni betrifft, fo tft derſelbe ein- ausgezeichneter 
Botaniker und hat sin Buch unter dem Titel: „Om Up- 
podliogar i Lappmarken” (Ueber Anfiedelungen in Lapp⸗ 
land), herausgegeben, das viele treffliche Bemerkungen über 
vie Gewaͤchſskunde, die Meteorologie und die. norbifche 
Oetkonomie enthält. . 
(Die Bortfegung folgt)" · 





Ruffifge Memötiren,. | 

Der Admiral Alexander Schiſchkof, Präfident ber per 
tesöbuzgifchen Akademie für ruſſiſche Sprache, eine Zeit lang 
Binifter des Guitus und des Öffentlichen Unterrichts, deſſen Ver⸗ 
dientte um bie ruſſiſche diteratur und kritiſche Ausbildung ber 
Sorache ruͤhmlichſ betannt find, begleitete den Kaifer Alexander 
mährenb der Feldzuͤge gegen Nepolton in der Gigenfcait eines 
Staataſecretairs. Faſ alle in des Zeit erſchienenen Manifeſte 
ſind aus feiner berehten: und kraftpollen Feder geftoflen. Jett 
Jar ex feine Memoiren über jenen denkwuͤrdigen Zeitraum her⸗ 
amögegeben: „Kratkija sapiski’ (Kurze Bemerkungen bed 
Dimisaie Schiſchkof, gefammelt. während des Kriege gegen 
die na 1812 un» die folgenden Jahre) (Petersburg 
1881). Der würbige Berf. fast im Aafange feines Buches: 
„Keineötwege, will ich alle Greigniffe iener Zeit befchreiben, mid 
in potitifk;e und ſirategiſche Fragen vertiefen, die oft genug ven⸗ 
tilirt And, fondern nur kdurz der Vorfaͤlle gedenken, die mid) 
* yerfönlicy betreffen oder berem näherer Augenzeuge ich geweſen 
din. Biellcicht werden: auch dieſe ſragmentariſchen und Füchtis 
gen Erinnerungsblättes. wohlwollenden Lefern einiges Beugadigen 
dewähren.“ Und. diee- thum Me gewiß. Der vaterlaͤndiſche Mis 
fer des Berf. die milde, menfchenfreundifhe Befinnung, die fh 
Rirgends verfeugnet, müflen feibß den auswärtigen und um fo 
mehr den inlaͤndiſchen Erfer anziehen, und gern folgt man dem 
berebten Grzäpter in das Hauptquartier von Mina, von ba 
ind Lager an der Düna und nad deu Flucht ber franzöftfchen 
Berre nad) Sachſen, Böhmen und an ten Rhein. Hier bleibt 
der Berf. wegen Kraͤnklichkeit zuruͤck und vesbringt die Zeit, 
während weicher bie graufe Zwingherrſchaft vollends zertruͤm⸗ 
mert wird, abwechfelnd in Freidurg, in Baten, Raſtadt und in 


bdes Scieb, neben Der 





& 


Kabine; rn. Hofe der Kaiſerin Glfabeth, bie eben bamald 
um VDeſuch ihrer Verwandten und bes. Oeinatlandes bortiis . 
gedommen war. Mach bear pariſer Frichen teitt der Verf. die 

Külreife au Wir hebea aus bau. Schate mannichfaltiger Bes 
merkungen folgende Anelbote amd. Die Kalferia Siiſabeth 
machte mit ibwer ‚Wüutter, ber Marfgriin von Baben, und ide 
von Schweſter; der Königin von Schweden, eing kleine Reife 
nach Manheim ‚und Heibelberg, wobei’ ber Abntiras bie Ehre 
hatte fie zu begleiten. Won dort warb wieder ein Ausflug im 
das maleriſche Neckart hal bis Reckargemuͤnd unternommen. ‚Auf 


der Rackfahrt, bie zu Waſſer geſchad, ſtehe ich”, fo druͤckt ſich 


der Berf. aus, „und ber Hofmacuſchall Naryſchkia im Steunertheif 
Kbnigin von Schweden. Unterdeſſen 
war ihr Sohn im Vordertheil und hatte ſich dort auf den An⸗ 


ber geſezt. Wir bemerften dies und ſagten ber Königin: „O 
: feben Sie, worauf Iye Bohn fiat!’ Sie erwiberte laͤchelud: 


Was bleidt ihm denn übrig, als auf einem Anker (dem Ginne . 
bilde ber Hoffnung) zu figen! Indem wir fo redeten, hatten 
wie laͤchelnde, Heitere Geſichter, und body durchdrang uns bei 
dem. Audit bed wunbefangenen,, liebentwuͤrdigen Knaben, wie 


auch wol das Derz der Butter, eim Gefühl von Trauer und 
FTheilnahme.“ *) . 


Un diefe Memoiren ſchließen ſich ber Zeit nach andere an, 
die den @enerallieutenant A. Michalewsky-⸗Danileweky 
zum Verfaffer haben: „Sapiski etc.’ (Denhvürbigkeiten aus den 
Jahren 181% und 1815 von A. Michalewsky Danitewsky, vor 
mals Flägeladjutant Er. Mai. des Kaifers Alerander) (Peters 
burg 1832), In der Schlacht bei GSrochow vor Warſchau vers 
wurde, hat der fieche Krieger die zweimonatlihe Muße de 
Krankenlagers dazu benugt, um frühere Grinneringen und Denk⸗ 
biätter aus der Zahren 1814 und 3815 zu ordnen‘ and burdy 
den Druck befannt zu machen. Hier eröffnet fih eine reihe Ga« 
lerie imtereffanter Jeitbilder. EHE daB Buch eine, bollftändige 
deutfche Ueberfegung erlebt, heben wir daraus folgende Stellen 
aus, in denen wenig bekannte Umftänbe näher beieuchtet, oder 
gänzlich unbekannte Thatſachen und Anekdoten mitgetheilt wers 
den. Der Berf., im Jahre 188% zu Paris häufig Mit der Ans 
nahme von Fremden beauftragt, die ben Kaifer zu fehen wuͤnſch⸗ 
ten, fagt S. 62: „Wie fehe bie Franzofen nach unfern Orden 
tüftern find, darüber mag fölgender Fleine Vorfall als Beleg 
dienen. In den Vorzimmern des Kalfers trat mich eines Tas 
ges ein Mann mit der Anrebeian, daß fein Name mir nicht 
ganz fremd fein werde. Es war Chateaudriand. Nachdem er 
mir die Angelegenheit auseinanbergefent hatte, wegen welcher 
er gekommen war, enbete er mit der Bitte, ihm zum Lohn feis 
ner unbegrenzten Ergebenheit gegen den Kaifer irgend ein Gna⸗ 


benzeichen auszuwirken. Ic bat ihn, beutlicher zu fein, und 


nach vielen tönenden Phrafen fagte er endlih: „La moindre 
decoration russe me rendra heureux.” — In Wien wihrend 
des Congreſſes fieht der Verf. den Herzog von Reichſtadt, ©. 
16: „Das Schoß zu Schönbrunn gewährte in dieſer Zeit 
ein ſichtbares Zeichen der Veraͤnderlichkeit irdiſcher Erfolge. 
Dort wohnte Rapoleon während ſeines zweimaligen ſiegreichen 
Einzugs in Bien, und ebendaſelbſt war fein Sohn waͤhrend det 
Gongreffes einlogirt. Ich bat um bie Griaubniß, den Knaben 
u fehen, und ward in ein Gemach geführt, "worin td. drei 
hwarı gefteibete rauen fand. ine derfriben, die Frau von 
Montesquiou, Hitie den Keinen bei der Hand, ber damalt vier 
Jahre zähıte. Dichte blonde Locken, auf die Schultern binabs 
fallend, befchatteten ſchoͤne blaue Augeti und ein angenehmes 
Geſicht, deſſen Bıäffe durch bie ſchwarze Bufarenjade, die ex 
trug, noch mehr in die Augen fiel. Der Stern ber Ehrenlegion 
und drei andere Pleine Orden, von des Waters Stiftung, blitz⸗ 
ten von feinem Kleide. Gr fah gern den Beſuch von Militaire 
perfonen und betrachtete'mit Aufmerkſamkeit meine Uniform und 
meinen Degen. Ihn umgaben in jener Zeit nur Branzofenz 


°) Ueber eine beutfche Veberfegung von Schiſchtofes Mewolren Des’ 
richten wie naͤchſtens. BD. Red. 


“ 


Defizeichen waren nicht ‚bei then. Beha Wüänufen. mac, aniz rar. 
ten einige Euglaͤnder ein, bie um Tragen theten, ul 
fo ging th weg." — ©..179: „Wirgemds war in. Deutichland 
fo viel Pracht anzutreffen alt: am Hofe zu Stuttgart, deſſen 
GSlanz den ber Höfe von Wien und Berlin übertraf. Napoleon 
ſoll während. be verſchwenderiſchen Doflagers gr Gt. : Eieub: 
Hofbeamte nach Stuttgart geſandt haben, um in ber Pracht 
Unterricht zu: nebmen.. Er pfleate zu fagen: „In Wuͤrtembera 
gibt «6 fein Königreich, aber einen König.” — ©. 204 heißt 
86: „Nach unferer Ankunft in Hagenau (im Gifaß, 1815) «rs 
fuhren wir, daß in Paris eine proviſoriſche Regierung organis 
rt fei, won welcher eine Deputation ind Hauptquartier abges 
" fertigt wäre. Die alllirten Soweraine fankten ihr den Grafen 
Schuwalof mit der Anzeige entaegen, daß fie biefelbe nicht ans 
nehmen würden, und daß der Graf beauftragt fei, ihre Anträge 
anzuhören. Schuwalof verfehlte indeß die Deputation , die eis 
nen andern Weg genommen hatte unb unaufgebalten im Haupt⸗ 
vartier anlam. Sie beftand aus Rafayette, Sebaftiani, Eaforet, 

ontecoulant, b’Argenfon und Benjamin Eonflant. Diefe Herren 
Kberbrachten Schreiben an bie Minifter der auöwärtigen Angelegen⸗ 
heiten der vereinigten Souverains mit der Vollmacht, Tractaten 
gu eröffnen, die dahin zielten, die Rechte des Sohnes Napoleons 
und bie Integrität Frankreichs fiherzuftellen. Sie hatten auch 


den Auftrag, bie Ruoͤcklehr der Bourbons möglichft zu verbins | 


dern und, wenn bie alliirten Mächte die Rechte des jungen Ra: 
gpoleon nicht anertennen follten, die Krone Frankreichs dem Kds 
nige von Sachſen ober dem Herzoge von Orleans anzutragen. 
Während Graf Kapodiſtrias vom Kaifer ben Befehl erhielt, die 
Deputirten anzuhören und ihnen anzuzeigen, daß fie ſich nad) 
Lauterburg (etwa 3 Meilen von Hagenau) begeben follten, mel: 
‚ bete fi Lafayette beim Kürften Wolltonsty, Chef bes Generals 
abed bed Kaifers, wurde aber von ihm nicht, angenommen. 
i8 er in dad Vorzimmer bes Fürften eintrat, fragte ihn beffen 
Abjutant, wer .eg fei. „Ich bin kein gekroͤntes Haupt”, ante 
wortete Lafayette; „aber die Könige ehren mid.” Graf Kapos 
diſtrias blieb den ganzen Abenb mit den Depusirten, und als 
er fie um Mitternadt verlaffen, fagte er zu mir: „Sie behaupten, 
daß die Kammern den Sohn -Napoleon’s als Kaifer anerkannt 
aben, gber man fieht aus ihren eignen Worten, daß dies ein 
eeres Borgeben iſt. Soͤbaſtiani ſpricht beifer und verfändiger 
618 die Andern; Benjamin Conftant ift zu ſehr Hitzkopf.“ — 
Ueber die Niebergefchlagenheit der Franzoſen beim fiegreichen 
Vorruͤcken der Alljirten bemerft ber Berf.: „Ich babe bie 
Deutfchen. während ihrer Knechtſchaft (Danilewsky reifte in 
Deutſchland in ben Jahren 1809—11) gefehen. Sie waren nie 
fo niebergebrüdt wie jegt die Franzoſen, welche nicht gern mehr 
von Politik fprechen ‚und feine Zeitungen lefen wollen. Uebri⸗ 
gens kann man fagen, daß ganz Frankreich in Paris enthalten 
it, und daß bie- Einwohner in den Departements nur darauf 
warten, mad man ihnen aus der Hauptſtadt zur Acclamation 
übermachen wird: eine Republik, Heinrich IV., oder einen Kai⸗ 
er. Nur Gine Regung zeigt ſich in biefer Apathie, es ifl die 
et Neugierde: Alle wollen ben Kaifer Aleranber. fehen. Die 
Treppen und Borzimmer ber Häufer, wo er ſich aufbält, find 
ben ganzen Tag mit Leuten angefüllt, bie viele ‚Stunden auf 
einen einzigen. Augenblid harren, in dem fie ihn fehen koͤnnen.“ 
— ©. 219, Der Kaiſer Alerander erhält zu Gr » Dizier aus 
ben von den Preußen und Englaͤndern bereit befegten Paris 
ie Melbung, wie fehr bei der großen Aufregung ber Gemüther 
fein balbige® Erſcheinen bafelbft zu wuͤnſchen ſei. „Gt. Dizier 
von Paris noch gegen 30 Meilen entfernt, und diefe Gtrede 
fonnte unfere Armee nur binnen 2—8 Zagen zurüdiegen, und 
obgleich jeder Augenblid wichtig war, um blutige Bewegungen 
zu verhüten, bie aus ber Spannung zu Paris entftehen konn⸗ 
ten, fo ſchien «8 hoch zu verwegen aus unferm Hauptquartier 
eine Reife von SO Meilen durch 


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: über Chalons nad Parts. Wei dem Etſtern befanden fü Züri 
' Metternich werd Graf Woebna, beim Lettern Kürft Hardaadergs 


‚Higrgm ‚bag ‚Kaifer-; Sein Hauptquartier den Marſch 
d a) über Gezan und — N eher reife 
9. Jaͤti mie Kaiſer Franz und dem Könige don Preußen 






im Gefolge Atexamder’s Die Grafen Neflelcobe, unb 
ürft Wolchonsty ‚und id. Wir fahen in neun Wagen, b 
h nicht von einander trennen follten. Auf jeder Poſtſtation 
bis Deaug waren je 50 Kofaden poftirt, die ums unter den 
Befehlen des Grafen Orlof⸗Denifſſof begleiten folltens der Guaf 
ritt neben uns, ohne dad Werk zu wechſein, der raſchen Pofke 
fahrt ungeachtet, bis Shalone. ‚ine ‚Menge Volks fammelte 
fh um uns auf den Poſtſtationen; bie Leute betrachteten und 
babei mit ziemlicher Gleichguͤltigkelt, an einigen Orten umring» 
ten fie indeß den Wagen Alerander's und riefen: Gt lebe Hein⸗ 
vi IV., ober ber König von Rom, oder Marie Luiſe, ober 
Ludwig, wie es fam ; dann-uad wann riefen fie fogar:- Napoleon, 
am bäufigfien aber: Es lebe Alerander! Man muß barüber er⸗ 
ſtaunen, mit welcher Gntfchioffenheit ber Kaifer eine fo gefähre 
liche Reiſe unternahm, während weldyer ein Haufen von hun⸗ 
dert kuͤhnen Franzoſen der ganzen Lage ber Dinge Eine andete 
Geſtalt hätte gebea können. Wir umfahren auf kaum zugaͤng⸗ 
Uden Hohlwegen bie Feſtung Vitry, bie ſich noch nicht ergeben 
batte und deren Befagung mehre Zaufende betrug. (Eine ges 
ringe Anzahl ünferer Dragoner ftanden ihr gegenüber, bie Fran⸗ 
zofen konnten von den Wällen ımfere Wagen fehen, und zwei 
Golonnen rüdten ploͤtzlich aus der Feſtung. Ich exbebte, aber 
bie Golonnen zogen ſich bald zurüd. Am; Abend kamen wis 
na Chalons, wo wir uͤbernachteten. In ben Straßeg wogte 
eine Menge Bolks; bie Ginwohner über unfere Ankunft erftaunt, 
konnten nicht fallen, wie wir uns mitten unter ihnen ohne 
Truppen befänden u. f. m.” ' ' 
" (Dee Beltuß folgt.) 
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Sindblinge. Ä 
Doppel: und Wundermenfgen im 3. 1557. 

Das zuſammengewachſene Siamefenpaar erregte vor werte 
gen Jahren bie Aufmerkfamleit von ganz Europa. Daß dev 
artige Erfcheinungen ſchon früher dageweſen und beobachtet wor⸗ 
ben, erfehen wir aus E. Werlich'sUAugsburger Shronik (1599, 
Foi., S 95), wo es heißt: „Sm Jahr 1557 wurden auch 
zwei feltfame Wundermenfchen bierhergebracht und Jedem um 
einen Kreuzer gewiefen. Das erſte war ein Dann eines geſtau⸗ 
denen Alter, welchem gwifchen dem Wagen und Nebel ein gane 
zes Mägdlein bis an Hate angewachfen war, beugeftait, als 
wenn e# bas- Daupt in feinem Leib verbergen ‚hätte. Viewol 
aber baffelbe Beine eigne ober unterſchiedliche Bewegung hatte, 
fondern gleichſam ein angewächſenet Kropf ober ſechtter Finger 
an dem Mann hienge, pflegte es doch taͤglich einmal zu baren: 
Das andere war ein Weib, 30 Jahr alt, die weder Hände ned 
Arm von Mutterleib an gehabt, jedoch mit den Füßen ſchreiben 
nähen, Eſſen und‘ Trinken feiber zw fi nehmen und ihr felbes 
die Kleider an und austhun können. Und beffen noch mehr, 
mit einem Beſen das Haus kehrte, dazu fir das Kinn brauchte.” 
Spardfen im J. 1559. 
. E. Wertich meldet:in feiner „Augsbugger-Shronil”, ©. 1008 
„Ferners kam auch im Sabre 1559. eine neue Art und Kunfk 
von Defen an: Tag, durch weiche men niel Holz konnte erſpo⸗ 
ren, wad ward folche Kunft von Zwickio, einem Goftniger (wel⸗ 
cher ein befondereö Priviiegium vom Kaifer Yerbinand darum 
befommen), für Gelb geicheet. Aber nachdem biefe Kunfl von 
Etlichen und Vielen bei uns verſucht, konnte fie nicht lang bes 
fieben. Denn beinahe die Defen und Herde mehr zu machen 


egenben zu unternehmen, bie | Bofteten als das Holz, fo man in einem ganzen Jahre An ver⸗ 


durch keine alliirten Truppen beſeßt waren. Indeß entſchloße brennen dedurfte.“ 


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Redigirt unter Verantwortlichdeit der Verlagshandlung: J. A. Brod haus in Seipzig. 


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Scenen au Lappland. 
Erfter Artikel. 
(Bortfetung aus Nr. 17.) 
ꝛ 2. Der Jahrmarkt in Lappland. 
In diefen nördlichen Gegenden werben zu berfelben Zeit 
Sahrmarkt, Ting (Berichte) und Steuereinnahme gehalten, 
und nicht felten benugt ber Propft diefe Gelegenheit, wo 
fat die ganze Gemeinde zufammenftrömt, um Katechis⸗ 
:musverhör und Kirchenvifitation zu halten. Bei dem 
Jahrmarkt zu Arvidéjaur im Februar 1830, den der Verf. 
jene fchifdert, trafen folgende Beamte ein: ber Härade- 
"höfdiag (der Nichter), der Kronofogde (der Steuerein⸗ 
nehmer), der Provinzialarzt, bee Pfarrer als Viſitator, 
der Landfißeal; ferner drei Neifende, des Vergnuͤgens wil⸗ 
ten, und endlich ein Gymnaſiaſt, als Viaticant. So wird 
nämlich ein Gymnaſiaſt genannt, der umherreifl, um Mit 
tel zu feiner Reiſe auf die Univerfität einzufammeln. Nach: 
dem er in Dernöfand feinen Curfus gemacht hat, befommt 
er vom Conſiſtorium eine Empfehlung nebſt Anweifung, 
in welchen Sprengeln er vlatkiren darf. Dem Viatican⸗ 
ten gibt jeder Bauer in der Regel 2 Gr., und auf diefe 
Weiſe kehrt jeder mit 100, 200, ja felhft 200 XThlm. 
zeruͤck, das Derumtelfen bauert aber oft 6 bis 8 DRonate. 
Diefe Sitte, im Abrigen Schweden abgekommen, Ift nur 
ned in Norrland uͤblich. Ferner kamen hinzu fieben 
Kaufleute aus Piteaͤ, und endlich eine große Menge Bauern 
von nah und fern, ſowol Lappen als Schweden. 
Hennthierhäute machen bei diefem Jahrmarkt den 
dornehenſten Artikel aus. Fuͤr ein Brunskinn (Haut ei⸗ 
nes Remmtbierftieres) wurbe 1 Thlr. 8 Gr., für bie eis 
me gefchnittenen Rennthierochſen 1 Thlr., für en Wajskinne 
(Haut einer Rennthierkuh) 8 Gr. bezahlt. Uebrigens hat 
der arvidéjauer Lappe etwas Flaum feilzubieten, weil er 
Inögenen ein flinker Schuͤte ift, und uͤbt fich darin von 
Ainbeöbeinen an. Die neuen Anſiedler haben hier wenig 
zu verlaufen, well fie ſchon vorher auf dem Jahrmarkt 
zu Skelleſteaͤ im December ihre Erzeugniffe meift verkauft 
haben. Jeder Kaufmann (hier Barkal genannt) hat feine 
gewiſſen Kunden. Branntwein aber muß er ihnen vor X: 
om kaflen, wenn aus dem Handel etwas wer⸗ 
den fo. Wenn nun ein Lappe zu feinem Handelsmann 
nr VA muß es zuerft feinen Puorist-kokje (Milton: 
dnaps) haben, ben ex ſelbſt verlangt, wenn ber Buͤr⸗ 





Blätter 


? “ .. . für . . . u 


literarifhe Unterhaltung. 


18. Januar 183 3, ' 





ig 
erh, 


Stud, und zwar darum, weil er für jeden Kauf den 
Äses-kokje (Handelsfchnaps) haben will. Sobald er alfe 
einmal trinken will, hoft er aus feiner Bude, die jeder im 
Kicchdorfs hat, ein Fell und geht damit zum Kaufmanı. 
Hat er feine Haͤute verkauft, fo bedingt er ſich oft einen 
halben oder ganzen Pott Branntwein ald Theil ber Zahe 
fung und läßt diefen in feine zinnerne Flaſche füllen, eilt 
damit, von feinen Freunden begleitet, in eine Stube, Hütte 
oder Bude, oder die Gefellfchaft laͤßt fi im Schnee nie 
der. Der Wohlthäter feert nun den Branntwein in eis 
nen Kokse (Kochlöffel) hinein, und daraus nippen zwei 
oder brei wechfelsweife, bis er leer wird. Dann wird ber 
Löffel wieder gefüllt und wandert weiter zu den Andern 
in der SBefellfchaft fort. Die Kokſe ift eine Art Länglicher 
Silbertuͤmmler mit einem Handgriffe an jedem Ende und 
Happerndem Laubwerk am Rande. Zumeilen bebfint man 
fich auch eines Heinen Holzsöffels. Die Unterredung wird 
Immer lebhafter, heiterer, herzlicher, je mehr der Nektar 
wirkt; endlich Hört bie Profa auf und Geſang tritt am 
beren Stelle. Diefer ift hoͤchſt einfach und durchaus mee 
noſirophiſch, fobaß die Wörter fich leicht verbinden Laffen. 
Dies heißt Jojkat. Die Melodien (Wuolle, Pur. Wuo- 
keh) find unzaͤhlig, einige trüb, andere heiter u. f. w. 
Ausdrucksvoll find fie Freilich, wie einfache Naturlaute, 
wollen aber doch ſchwediſchen Ohren nicht zufagen. Bei 
folchen Gelagen täßt Jeder feinen Gefuͤhlen freien Lauf, 
Einer fält dem Anden um den Hals, man fingt, weint 
und \ oft Alles auf einmal: der Menſch zeigt fi, 
wie er fit. 

Am Sonntag, den 4. Febr., wurde nach beendigtem 


. 


72 


der Hatte Ih: vbehauphet, daß man Wapobeon is dad Immeredtufße 
Ye; hineinloden muͤſſe.“ Am Gchiuffe de Geſpraͤchs fragte - 
"U ihn, warum er. bie MWebäctnißmünge an den Krieg von 1812 
nicht trage. „Ich bewahre“, erwiderte er, „zum — 
deffelben nue deu Gedanken an meinen reinen Willen und verſt⸗ 
chere Wie, daß von: allen Ausländern, die in Rußland bienten, 


Niemand weniger als ich aus ebefüchtigen Abſichten gehandelt 


‚nifieten pelnikken 
—S ap 


von alrfaenöienien hat. ER 887: „uf Ver Durdhreife 

Marien mafirte der Kuiſer —8 mm wi 22 * * 
en: Truppen, Die Maſſen, die Untſorwiccuus 
nt, des. aiferlicken — indem daB 


ſehr erfchöpft war, um feldft, biefe Ausgaben, u 


‚Sins. zu 
fteeften. "Als Jemand während ter Muſterung bemerkte, 
:bie Weitewei verhältnigmäßig in zu geringer Anzahl fei, alte 


Kat. Sch hatte nur den Rugen Ihres Vaterlands im Auge.’ — ı) wuertete bez Kal: „Mas-ıift kein Mäunber,. baum bie Polen 


Weber das gute Vernehmen der ruffifchen und preußifhen Mill: . 
taleperfonen unter einander Tieft man &. 324 folgende Zeilen: 


„By Tpeite in Prag sei dem General Graf Kieneu. Die oͤſt⸗ 
ja Dffigiere fparden. zwar mis Sinficht, Find aber wertg 
md. Die ganze Liebentwuͤrdigkeit bez Iungen —* 

n derſel⸗ 


Auuvork 
"des. Bröfen vermochte nicht fie heiterer zu ſtimmen. 
Gen Zafel’defand fich der Atjutant des Fuͤrſten Bluͤcher, Strang, 
Imit dem ich bald bie freundlichſte Bekanntſchaft machte. Es 
‚bat wot nie ein fo inniges Verdaͤltniß zwiſchen zwei Heeren 
geherrſcht als zwiſchen dem ruffifhen und preußifcden. Wenn 
“ beiberfeitige Olfäi irgendwo aufeinander treffen, fo fehen fie 
M volllommen für Kameraden an.’ — S. 832 wird erwaͤhnt, 
:yaß während bes wiener Songrefles bee Kaifer Alerander unter 


jener Wienge- von - Bittfdyriften aller Art auch eine von Jean 


Hau erhalten. hat, der um die Müdgade einer ibm entzogenen 
‚Yenfion nachfuchte. - Diefes Schreiben iR im Sert des . Wuchs 
‚Überfeät, wird aber in ben Anlagen deutſch mitgetpeüt. Es if 
-barin. „die Klaue des Löwen“ wohl zu erkennen, und ba wir 
nicht wiffen, 0b es irgendwo außer in biefery zuffifgen Buche 
‚abgedrudt ift, copiren wir es forgfältig: - 
£_ mMitten in der erhabenen Zeit, dba Ew. kaiſerliche Moaje⸗ 
ftaͤt ber Schiedsrichter TCuropas find wie vorher der WBefrsier 
"deffelben, und Sie aus dem Gchusgeifte des Bieges ber Schut⸗ 
geiſt des Zriedens werden, tritt eine Peine Anlegenfeit vor 
ren Thron. Doc wie bem Geifte nichts zu groß, fo if der 
‚Wüte nichts a Eieln.” 
„Ueber 25 Jahr hatte ich für die Muſen und bie Philols⸗ 
„gie gearbeitet, als mir ein einziges deutſcher Fuͤrſt, der vorma⸗ 
lige Großherzog von Frankfurt, im Jahre 1808 eine jährliche 


Penfion von 1000 Gulden bewilligte, um den Armgeborenen 


unterftügen,, deſſen Körper blos von feinem Geiſte lebte. 
ach ber fiegreichen Befekung des Großherzogthums wurbe mir 
von 1814 bie Kortfegung des Penſton vom Generalgouveruement 


Yerweigert bis auf höhere 


Entidyeibung. 
„Werden bie hoben Verbündeten, welche für deutſche Frei⸗ 


deit und beutfche Wiffenfchaft zugleich gekaͤmpft, bie iche 
Unterftägung eines Schriftſtellers zurüdzunehmen gebieten, wels 


cher zu einer Zeit für europäifche Freiheit gefchrieben, wo er 
feine eigne einem Davouſt btosftellte? Ic wende mid) hier: 
bös Aleranber’s, da.bie wohlwollende Vorſehung gerade ' 
Jahrhimderte des Cgoismus die Menſchenliebt auf den hoch⸗ 


en Thron Guromas gefegt. Ich wende mich hier an ſeinen 
Meift, der Geifter befchügt, und weicher, ba’ er ein anderes gro⸗ 
zes Reich mehr zu vergrößern bat, als das größte, grenzenloſe, 
das ber Wiffenfchaften, dem Norden auch geiftlängfte Tage zu 
den geographifchen geben will. Möge ber Herrſcher, beffen 


Bepter bem Magnete ähnlich iſt, welcher zugleich liebenb an: 


geht und lehrend bie Segenden des Himmels zeigt, bie Kuͤhnheit 
Hoffnungen verzeihen, zu welcher er wie Länder 
erhebt. Genießen Em. Majeftät lange bie einzige ‚bawerhafte 
Nniverfalmonardjie, bie der Liebe, nachdem Sie bie haffende und 
gehaßte gekürzt, umb lange weine die Freude vor Ihnen mund 
erſt ſpaͤt die Trauer um ie.” 

Welchen Grfolg diefes Geſuch gehabt hat, wird in den Me⸗ 
moiren nicht gefagt, aber gewiß wird man noch jetzt das Schreis 
den als ein ſchwer nachzuahmendes Mufter einer Bittſchrift 
mit Theilnahme Iefen. Daß ed auf jeden Fall eine gewiſſe 
Wirkung hervorgebracht und nicht in ben Korb ber Bergeſſen⸗ 
heit geworfen warb, bafür zeugt des Umftand, daß ein Mann 
aus ber nahen Umgebung beö Kaifers baffelbe in feine Hlemois 


des Königreichs ermamme! MBiefe 


Stimmrecht: 


aben ihre,. Pferde in Rußland aufgegeſſen.“ — Anı. Sciuffe 
bes VWerkes &, 389 7— der N In ber ge 
unferee Adreiſe ward Bet’ Genera L gelongt zum Statthalter 
ette baͤchte His zum lepten 

Augrablid dir Bin Adam Gravtorgsli zu erhalten, 
Ka an — * nenen nn ——— 
na feiner ehr gen Srwartung. getaͤuſcht, ging er bie ganze 
Naht hindurch mit zerfiörten efichtözäger 63 koͤniglichen 
Schlofſe umher, wie Jemand, der alle Faſſung verloren, und 
ſorach mit Niemand von uns Kuffen, bie wir uns in ben Bor⸗ 
zimmern be6 Kaiſers aufhlelten, bee in feinem Gabinet unauße - 
gefent bis an den Morgen und bis zur Stunde der Abeeiſe ev⸗ 

ete.“ 

Dieſe Auszüge mögen 'als Belege dienen, wie viel ine 
‘fereffante Züge zur Zeitgeſchichte diefe Memoiren enthalten, 
die, ans dem eignen Dentblättern eines Mannes von Geiſt und 
hoher Stellung im Leben von ihm feibt zufanmmengefent, ſich 
ſehr von den verdienftlofen, mit Unwahrheiten angefüllten Com⸗ 
pilationen franzöfifcher Lohnſchrift ſteller unterfcheiten, welche aud 
Zeitungen und Anefdotenbüchlein unter erborgter Firma zufams 
—— — Ro En eitet Bat „ * 
die Rachwelt. . er .. 


— 


der An⸗ 





Notizen. 


Nach der engliſchen Reformbill haben folgende Perſonen kein 
Fremde, Bloͤdſinnige, Verruͤckte und Weiber. 
Britiſche Pairs, Staatsminifter, Lordſtatthalter und Braffchaftse 
gouverneure. Des Meineide oder der Beſtechlichkeit, oder der 
Berfuͤhrung zu Meineid Ueberwieſene. Berurtheilt geweſent 
Miſſethaͤter. Bon ber Gemeinſchaft ber Kirche Ausgefloßeae. 
Zn Crimipalunterſuchung. Befangene. Zu feiner Neligiem 
ich Bekennende. Bankrottirer und Zahlungsunfaͤhige untes 
gewiffen Umftänden. Arme, bie binnen Jahresfrift in Staͤd⸗ 
ten oder Flecken Almofen empfangen. Gteuers und Zollbes 
amte aller Art. BPoftbeamte zu Waffer und zu Land. Lonbe 
nee Politeibeamte und Wahlbeamte unter gewiffen Beſchran⸗ 
tungen. Und endlich . Pfandyläubiger ober Bevollmaͤchtigte 
aller Art, bie nicht im wirklichen Beſit des Srunbflüds oder 
der Renten fint. 


Unter dem Zitel: „Lights and ahadows of | 
kündigt man in England eine „Bammiung hoͤchſt originellez 
und merkwuͤrdiger Gharalterzüge aus bem Leben ber Deutfchen, 
Scenen aus ben legtern Feldzügen ber Franzoſen in Deutſchland 
und Darftellung der Zolgen derfetben auf das bürgerliche Leben 
des Deutfchen” an. ° 


Der Erzbiſchef von Ganterbury und ber Biſchof von Lone 
bon ergreifen. nach dem „British magazine” Maßregein, alle 
von ihnen abhängigen Heinen Pfründen unter 200 Pf. jährlidher 
Einkuͤnfte (deren ber lehtere freilich nur acht in feinem Sprengel 


bat) bis zu einer Dotation mit 200 Pf. zu verbeffern. 


Ein Nuffe hat eine „„Ueberficht aller befannten Sprachen 
und ihrer Dialekte” herausgegeben, wonach man in Allem von 
937 aſiatiſchen, 587 europäifchen, 226 afrifanifchen und 1268 
amerilanifchen Sprachen und Dialekten weiß. 158, 








Nedigirt unter Berantwortlicgkeit ber Berlagäbandlung: F. U. Brodbausd in Eripsig 





Blätter 
für 


literariſche Unterhaltung 





Sonnabend, 


—— 1. 19. 





19. Sanuar 1833, 





Sctenen auß Lappland. 
Erſter Artikel. 
(Beſchluß aus Nr. 18.) 

Uebrigens ift bie Inppländifche Kleidertracht für Maͤn⸗ 
ner und Weiber faſt dielelbe und befteht aus folgenden 
Studen: 1) Schuhen mit ſchmalem Oberleder und oben 
auf jeder Seite des Fußblattes einer Naht, die an den 
Zehen in einem aufwärts gehenden Schnabel endigt. Im 
Sommer trägt man fogenannte Kängskor (Schnürfchuhe). 
Die Sohlen find von umbereitetem, nur lobgarem 
Rindöleder, das Oberleder ſaͤmiſch von eigenthuͤmlicher 
Art. Im Winter hat man Schuhe von haarigen Renn⸗ 
thierfellen; dieſe Art von Pelzſchuhen (Lappskor, Lapp⸗ 
landsſchuhe) werden in dieſer Jahreszeit uͤberall in Schwe⸗ 
den getragen. Die Struͤmpfe vertritt bei dem Lapplaͤn⸗ 
der eine Art Heu von Carex vesicaria; dies Gras wird 
forgfältig im Herbfte gefammelt (es tft des Lappen ein 
zige Heuernte), barauf gehechelt, ſodaß es fih in dünnen 
Faden ausfafert, und fobann zufammtengebunden zum 
Trocknen aufgehängt. Diefe Bündchen (Pilka), bie in 
die Schuhe geflopft werden, find dem Fuße fehr zuträglich 
und halten bie Kälte ab. Nach ein bis zwei Wochen 
aimmt man ein anderes Pilka. Auch die Schube find fehr 


zwedmäßig, weil feine Kälte duch die Rennthierhaare 


dringt, und zugleich waſſerdicht. Iſt man einmal bar: 
an gewöhnt, fo will man gar keine andere Fußbekleidung 
haben. 2) Dofen. Diefe reichen bis auf die Hüften her: 
anf und werden von Weihern wie von Männern getras 
gen. Die ber Weiber find meiftend voth. Sie werben 
mit einer Schnur eng zufammengezogen, fobaß feine Do: 
fenträger nöthig find. 3) Das Oberkleid (Kapte). Der 
Form nad) gleicht ed ganz einem Hemde. Im Sommer 
ft es von Tuch, meiſtens blau, mitunter fchwarz, weiß, 
gen oder grau, nie braun, gelb oder voth. Dex Kragen 
ift von anderer, gewöhntich dunklerer Farbe, mit vielen 
Nähten und öfters mit zinnemen oder filbernen Faden 
geſchmuͤckt; den Rand umlaͤuft eine rothe Leiſte. Zuwei⸗ 
len iſt auch dies Kleid von ſaͤmiſchem Leder aus Renn⸗ 
thieren, Im Winter werden Pelze von demfelben Thiere 
getragen; find fie aus den Häuten junger Rennthierkäl: 
ber gemacht, fo fehen fie fehr gut aus; bie ans ditern 
Rennthieren find freilich wärmer, verlieren aber nach zwei 
bis drei Jahren das Haar und werden dann im Som: 


- 


tuches. 


mer getragen, bis ſie ganz abgenutzt ſind. Hemden ſind 
ganz unbekannt, ſtatt derſelben traͤgt man entweder einen 
Rock von der eben beſchriebenen Art, von Wadmal oder ſelbſt⸗ 
gefponnenem Tuch (im ſuͤdlichen), oder auch einen Pelz 
(im nördlichen Lappland), die Haarſeite zumeilen einwärts 
gekehrt. Bei drmern Leuten befteht die ganze Kleidung 
aus Zellen, mit Ausnahme der Müge und des Bruſt⸗ 
Das letztere (fchreed. Barmkläde, lappl. Ätsä- 
leppa) vertritt bier die Weſte. Es beſteht aus einem 
Stuff Tuch mit Verzierungen von bunten Rauten (blau, 
roth, geün), oben befegt und unterwärtd mit einem ro⸗ 
then Halbmond von phantaftifhen Figuten aus Silber 
draht eingefaßt. Die Nähte find mit Streifchen 
weißen ſaͤmiſchen Leders verbraͤmt. Dies Brnfttuch ift 
der Hauptgegenftand lappländifhen Lurus. Nah Innen 


hat es ein Unterfutter, das nur an den Rändern feftgee - 


näht, an einer Seite aber offen ift, um darin mie. in 


einer Taſche allerlei Kleinigkeiten zu verwahren. Die Müge 


hat ganz die Korm eines. Zuderhutes, aus verfchiedenen 
Zuchftüden, die wie gleichfeitige Triangel zugefchnitten 
find, zufammengeflidt. Die beliebtefte Karbe ift dunkel 
blau; nur tragen die füdlichen Lappländerinnen meiftens 


eine rothe mit dunkeln Nähten, doc fest man darauf 


ein ſchwarzes Futteral ober aͤußere Müge, einem ftumpfen 
Kegel aͤhnlich, aus deſſen offener Spige die innere rothe 
Muͤtze hervorgukt. Auf Reifen oder bei ſchlechtem Wet⸗ 
tee trägt man einen Rundkragen, ber wie ein Shawl 
Schultern, Bruft und Rüden überbedt, ſodaß nur das 
Geſicht frei il. Um ben Leib ſchnallt man einen Guͤr⸗ 
tel von feinen Leberftreifen. In der Art, wie die Klei⸗ 
ber zugefchnallt werden, befteht der einzige Unterfchied zwi» 
[hen der weiblichen umd der männlichen Tracht, nur daß 
die Maͤnner weber die Bafte (die aͤußere Müge) no 
die Nialme-fatte (den Rundkragen) haben. Bei diefen näme 
lich liegt der Rock oben über dem Gürtel nicht eng an, fondern 
läßt vielmehr roie ein Meßgewand einen leeren Raum, in den 
der Lappländer feinen Wufferlöffel, feine Koft, feine Brannts 
weinflafche und andere Kleinigkeiten ſteckt. Die Weiber aber 
ziehen das Kleid, eng an den Oberleib anfchließend, bis auf 
die Waden hinab; bei den Männern reicht es nur bis zum 
Knie. Des Lapplaͤnders vollftändige Feierkleidung ift ein 
fehr theueres Coſtum und kann auf 100 Thaler koſten; 
für feine Umftände eine bedeutende Summe! 


Th 


Bir begeben uns nun auf ben Marktplat zu Arie⸗ 
plog, um zu ſehen, wie es dort zugeht. Die Lapplaͤnder 
befommen tie in — Kg he he 
Kochfleiſchſchnapſe, Handelsſchnapſe u. |. w., Die wes 
—— Tolle Kaffee oder einen Kask (Kaffee mit 
Branntwein), Alles bei dem Bürger. Wir, die Herr⸗ 
ſchaft, verfhmähen auch nicht feine Bewirthung, den 
Branntweintummtler, den er uns darcreicht, und die Roſi⸗ 


nen und Zwetſchen, die er auf dem Kramtiſche ausſchuͤt⸗ 


tet. Es kann auch gefchehen, daß er und gar einem 
Tuͤmmler (Glaͤſer find nicht im Gebrauch) rothen Wein 
- bietet. Nachdem wie fo die Gaſtfreiheit des einen Buͤr⸗ 
gers erprobt, gehen Wir zum andern, und fo fort, bis 
der Mittag da ift, dann verfammeln wir und im Pfarr: 
hauſe. Dort finden wir in dem großen Saal einen lan 
gen gedeckten Tiſch und darauf ein ſtattliches Mahl, wor: 
auf man fogar in Stockholm Gaͤſte mit Ehren laden 
önnte. Hier wird Niemand genöthigt, Niemand macht 
Complimente, Niemand ift genirt. Ein Fremder mehr oder 
weniger bedeutet nicht; Pläge am Tiſche find genug 
vorhanden. Nah der Tafel raucht man eine Pfeife, 
trinkt Kaffee, oder gebt, wenn man will, in ein oberes Zims 
mer, um ein Stündden zu ſchlafen. Abends kommen bie 
Bürger, dann trinkt man Toddy, ſchwatzt oder fpielt 
Karten; die gebraͤuchlichſten Spiele find Vingt-un, und 


ein anderes, nur im Nordland gefanntes, das Scherwen⸗ 


gel heißt, das Lieblingsfpiel ber Bürger. So geht «8 den 
‘einen Tag wie den andern, und das iſt das Marktleben 
in Lappignd. Bisweilen wird auch der Abend bei. einem 
der Bürger zugebracht, aber keiner vergeht, wo nicht die 
ganze gute Geſellſchaft beifammen ift, unb fiher gibt ® 
feinen Markt, wo ein fo fröhliches und gefelliges Leben 
geführt wird. Hierbei darf nicht vergeffen werden, daß 
der Pfarrer am Marktſonntag einen Schmaus anftellt, 
wozu alle Standesperfonen nicht nur willtemmen, fon: 
dern auch förmlich eingeladen find, und wobei vorausge: 
fegt wird, daß die Güfte im Effen und Trinken echte 
„sothifche Kraft” entwickeln ſollen. Hiet wird Wein und 
wunſch getrunken, und Alles geht wie in der großen 
Wet zu. 
Noch eine Markterfheinung darf nicht unerwaͤhnt 
bleiben, nämlich das Küdjlein (Hönsungen). Der, web 
cher zum erfien Mal den Markt beſucht, heißt Küchlein 
und muß an einem Abend etwas zur Bewictthung lie 
fern. Diesmal fanden fid) vier oder fünf Kuͤchlein vor, 
und auch ich ftand auf ber Lifte, deren Anfang aljo lau: 
tete: „Dieweil eine alte, loͤbliche Sitte heiſcht, daß ein 
Jeder, der zum erſten Mal den weitberühnten Markt zu 
AÄrieplog befucht, den Hühnerzins zahlen foll, alfo wird 
jeder der befagten Seren erinnert, eine Flaſche Arad und 
4 Pfund Zuder zu praͤſtiren und fi) bamit heut Abend 
im Pfarchaufe einzufinden.” Daß auch ich unter ben 
Küchen aufgeführt wurde, veranlaßte meinerfeitd einen 
Protefi, womit es nicht -ernfllicher gemeint war als mit 
dem eines gefälligen Maͤdchens sinem unternehmenden 
Gavalier gegenüber. Mein Kontingent blieb alſo nicht 
aus und noch weniger ich ſelbſt. Am Abend ward alfo 


plenum im Pfarchaufe, und nenne plenum opti 
ubi omnes pleni? | Gefundheiten wurden getrunfen, und 
der Lärm ftörte Epikur's Götter, wie fern fie auch von 
Arieplog wohnen mögen. Es ſollte au ein Ball ans 
geftelt werden, und Studiofus Lindahl, als geſchickter 
Violinift, leitete das Orcheſter — freilich allein, wie Adam 
im Paradiefe. Das Schlimmſte war, daß der Mangel 
an Weibern wie bei den Römern ſich fuͤhlbar machte, 
und in der Mühe fanden fich keine Sabinerinnen, die 
man füglich hätte einladen können, an dem Ball Theil zu 
nehmen. Indeſſen ging Alles gut ab, und endlich begab 
fih ein Jeder nach Haufe, um auszuruhen; nur Einige, 
die Aelseften der Bürgerfchaft nebft dem Landfiscel ***, 
die nicht an der Kanzfreude Theil genommen, fonbern 
am Spieltifche zugebracht hatten, blieben zurüd, wie bie 
alten Senatoren in Rom, als bei dem Cinrliden der 
Gallier Alle die Stadt verliefen, allein in ihren Häufern 
in vollem Ornat und auf ihren Amtofigen feſtſaßen. Auch 
diefe unfere Senatoren vwerhartten an ihrem Tiſche, bis 
die Galli (die Hähne) Alarm im der Stade zu machen 
anfingen. Da faßen fie mit fchweigendem Ernſt, und 
wäre ein Fremder nach der Mitternachtflunde eingetreten, 
fo Hätte er fie gewiß fir Mumien oder Kobolde gehalten 
oder vieleicht auch für die Schatten uralte Richter von 
heidnifchen Zeiten her, die einft im diefen Gegenden Recht 
fprachen, jegt aber zuruckgekommen wären, um den wahe 
ven Sinn des Geſetzes in Beinen viereckigen Blaͤttern, 
wahrfcheinlich Geſetztafeln, die fie in den Händen bielten 
und von Beit zu Zeit auf den Tiſch legten, ohne Zweifel 
um fie zu collationiren, bedaͤchtig zu ermitteln. Am Ende 
fol einer der Richter vom Richterſtuhle gefunfen und uns 
tee den Tiſch gefallen fein, worauf die übrigen nach Dies 
fer Kataſtrophe, consensu tacito, einen Paragraph des 
Bierrechts angewandte haben, fo lautend: „Run könnte 
der Fall eintreten, daß der Biermann in der Straße oder 
im Rinnftein liegt: dann möge er ſich aufrichten, wenn 
er es kann; kann er es nicht, bliebe er liegen.” Dee 
Verurtbeilte appellirte nice, fondern lag da wie „in 
des ſchoͤnen Griechenlands Halnen ein geflürztes Dercus 
leebild”. . 
Ein Tag verging wie ber andere, und endlich kam ein 
fehr mertwürdiger: der Wadmalstag. Dies iſt der große 
Feſttag der Lappländer, weit dunn, einer uralten Sitte 
nad, Branntwein frei gekauft und verkauft werden barf, 
was fonft in den Lappmarken verbosen il. Der Wade 
malstag iſt der letzte und lebhafteſte des ganzen Mark⸗ 
tes und wahrſcheinlich auch der eintraͤglichſte für Die 
Kaufleute; denn was in den vorigen Tagen für Haͤute 
und Selle an die Lappländer ausgezahlt worden ift, das 
gebt an dieſem größtentheil darauf. Auch iſt es tein 
Wunder, daß der Lapplaͤnder nach gut verrichteten Geſchaf⸗ 
ten, nach gluͤcklich uͤberſtandenen Muͤhſeligkeiten und Uns 
faͤlen fi einen fröhlichen Tag bereitet. Er bat jetzt wähe 
vend des Markts, wie es beißt, „Geld gekauft”, hat 
Steuer an die Krone, den Lanbdrichter, den Einnehmer, 
den Pfarrer entrichtet und Kochfleiſch rechts und linke 
ausgetheilt, vieleicht aud, wegen Voͤllerei gerichtlich be= 


fangt, die Geldſtrafe bezahle ober auch mit einem Blan⸗ 
Een (1 The. Spec.) fi) davon losgekauft, wol endlich 
eine Sache — etwa fiber Renuthierweide — vor das Ge 
richt gedracht und dabei nöthig erachtet, die Mäder der 
Gerechtigkeit ein wenig zu ſchmieren; vielleicht ift er fo: 
gar wegen Dieberei vorgelaben worden, um fo ſchlimmer 
und Eoftipieliger. Ferner iſt zu bedenken, daß Freunde 
und Verwandte ſich jest trennen muͤſſen, und daß fie fich 
erſt nach mehren Monaten, vielleicht Jahren, ja vielleicht 
mimmer volederfehben. Hierzu kommt endlich, daß eine 
für Mandye noch fehmerzlichere, noch berzangreifenbere 
Trennung bevorftieht, naͤmlich von dem edeln Goͤttertrank 
des Lebens, dem Branntwein, ber ja nicht in Alpens 
ſtroͤmen rieſelt, nicht aus den Waldquellen zu fchöpfen, 
ſondern erfl, wenn man das nächte Mat, d. h. wenn 
Gott win, nach zwei, drei Monaten nad) dem Kirchdorf 
kommt, zu haben ift, dann aber viel mebz koſtet. Sept 
kauft alſo der Lappländer Branntwein und trinkt mit 
Freunden und Berwandten ; jegt ‘tönt der Geſang aus 
allen Buden, Hütten und von den Schneetriften. Keine 
Proſa exiſtirt mehr. Sept fingt Alles oder hört zu, und 
Keiner wird während der füßen Begeiflerung gewahr, daß 
ber Nektar auf den Boden verfchüttet wird; es ift ja ein 
anvermeidliche® ‚„‚Libavimus Jovi liberatori”. In jener Ede 
wird geſchluchzt und gemeint in der Umhalſung ded Ab: 
ſchieds, der Freundfchaft und der Liebe; aus der andern 
hallt Scherz, Jauchzen und freudiges Lachen wieder. Hier 
fige der Eine, die Hände in der Seite, und fingt in flols 

Tönen von feinem „Steinplunder“ (d. 1. ſchreingeleg⸗ 
ser Reichthum), „feinem vielzmweigigen Horn“ (d. i. zahl: 
weiche Rennchietheerde), „feinem Rennthierkalb“ (d. 1. Renns 
thiere) — alles poetifhe Redensarten, wo fid) unter dem 
Schleier der Beſcheidenheit Prahlerei verbirgt. Diefe fas 


turnalifchen Scenen werden mitunter durch ſtuͤrmiſche Auf⸗ 


tritte geftört, denn bei ſolchen Gelegenheiten, wo fid) das 
: Herz öffnet und Luft macht, geht es fo, wie wenn Aeo⸗ 
ins mit ſeinem Scepter den Winden einen Ausgang vers 
ſchaffte: | 
— Venti, velut agmine facto, 
Qus data ports ruust et terras turbine perflant — 

Dann firömen nicht allein die milden, Lindfäufelnden 
Winde, fondern aud) die tobenden Orkane heraus. Man 
ſtoͤzt auf Einen, den man in Verdacht hat, uns ein 
Rennthier geſtohlen zu haben, Einen, von welhem man 
Dieb geſcholten werden, Einen, mit welchem man über 
Mennthierweiden im Streite liegt, in Summa Einen, den 
mon als Feind anſieht. In dieſem Augenblid legt keine 
EScham oder Verſtellung der Zunge Feſſeln au. Von 
Werten geht's zu Thaͤtlichkeiten uͤber. Man ſchlaͤgt ſich 
wie einſt die Hetden vor Troja: bittere, ſchimpfende Mes 
den geben dem Streit voran, begleiten ihn und folgen 
ihm. Eine blutige Naſe macht oft dem Kampf ein Ende. 
Dies find die hauts faits des Wadmalstages, die freilich 
auh an den übrigen Markttagen vorkommen können, 
Auch vergiße man nicht, ſich mit Reifebranntwein zu ber 
- fehen. Am folgenden Tage früh merden die Rennthiere 
aus dem Walde geholt, amgefchiert und einflweilen, bis 


75 


man fertig iſt, an irgend einen Zaun angebunden. Died 
dauert bisweilen lange, oft bis zum ſpaͤten Abend; zus 
weiten wird man auch da noch nicht fertig, ſondern ſchickt 
die Rennthiere auf die Weide zuruͤck. Das ift diefen fehr 
gelegen; manche aber haben einen fo unbarmherzigen 
Deren, daß er die armen Thiere den ganzen Tag und die 
ganze Nacht Über angebunden, ohne Nahrung ſtehen 
taͤßt, während er felbft ißt, trinkt und den Raufch vers 
ſchlaͤft. Wann es endlih zur Abfahrt kommt, fo liegen 
etlihe in den Attjien wie Leichname feftgefhnürt: eine 
nothwendige Maßregel, um fie zum Abzug zu dewegen, waͤh⸗ 
zend fie noch fo beraufcht find, daß fie ſich Kicht aufrecht 
erhalten Binnen. So geht es in großen Raravanen nach 
alien Richtungen. Wenn man von andern Städten und 
Drten zieht, fo bat man Meilenfäulen zu beachten; von 
Arieplog aus hat man Sauftannen, d. i. merkwürdige 
Tannen, wo man nad alter Sitte Halt macht und eis 
nen Schluck nimmt. „Die ſchlimmſte Schlittendahn iſt 
Im Thorwege“, ſagt ein ſchwediſches Eprichwort, und 
das finder auch zu Arieplog feine Anwendung, denn von 
da bis zur naͤchſten Sauftanne iſt nicht meit, defto ents 
fernter aber die darauf folgende. Die Sauftannen has 
ben wahrfceinli ihre Entftehung von den nach de 
Landesgericht hinfahrenden Herrſchaften; denn vom Lapp⸗ 
länder iſt dergleichen nicht zu erwarten, ihm ift jede 
Tanne, wo die Trinkluſt ihn amvandelt, eine Sauftänne, 
ſelbſt mitten auf dem See hält er ſtill, hole die Stafche 
aus dem Buſen hervor und labt füh mit einem Schlud: 
Sept kommen die Sauftennen immer mehr ab: auf dem 
nördlihen Wege, weil das Gerichtsperfonal diefen nicht 
mehr einfchlägt; auf den Übrigen, weil am Wege mehre 
Höfe liegen, wo man einkehren und bie Luft befriedis 
gen fannı. *) 





Romanenliteratur. 


1. Die Burgruinen Boͤhmens. Gine Reihe hiſtoriſch⸗romanti⸗ 
ſcher Erzäplungen von Bohemus. Zmeiter Band. Schloß 
HRaby, oder ber Affe im Narrendorfe. Cine hiſtoriſche Sage 
A dem 15. Jahrhundert, Leipzig, Raud. 1832, 8. 1Thir. 

r 


Das Hiſtoriſche repraͤſentiren einige Schilderungen von Ge⸗ 
braͤuchen, ein Stuͤckchen Sage, boͤhmiſche Namen, die in ben 
Roten erfiärt werden, und mitunter die Erwähnung eine ger 
ſchichtlichen Sreigniffes. IR nun das Hiftörifdye karg bebadht, 
fo geht das romantifhe Princip vollends leer aus, man müßte 
es denn in einer wigelnden biämelnden Gchreibart, mit ſchwuͤl⸗ 
Rigen Metaphern ſuchen, die hoͤchſtens zur Zeit, wo rofenfarh und 
grün bebänderte Schäfer und Schäferitmen fi auf der Bühne 
Albernheiten erzählten, für erwas Abfonderliche® gehalten werden 
tonnte. Die Scherzenden diefer modernifirten Ritter und Fraͤu⸗ 
lein möchten wol im 16. wie im 19. Jahrhundert fab und- 
nüchtern gedimkt haben und duͤnken. 

2. Dberfchlefifiche Sagen und Erzählungen von F. Mineberg 
Zweites Bändchen. Neiffe, Hennings. 1832, 12. 18 ®r. 

Etwas gehaltreiher ald obige längere Erzählung; aud) 
ſprechen die Alitagtleute natürlich und wollen fig nicht hoͤhec 
ausdruͤcken, als wozu die Fähigkeiten auslangen. Bloß im Aen⸗ 
ern ſtehen fie hinter der böhmifchen Nachbarin zurüd, die Farbe 


*) Gin zweiter und Iegter Artikel folgt im Februar. D. Reb. 


⸗ . 


76 


des Papiers, worauf bie Schlefierinnen ihre Thaten erzaͤhlen, iſt 
von haͤßlichem Gelbgrau. 
8, Rodellen von J. E. Benno. Zweites Baͤndchen: 1. Der 
.Jahrwarkt in Bomow. 2. Georg Hodiebrab und fein Bars 
“bier. 83. Der Küfter zu Glittenbach. 4. Der Mutter Angfl« 
traum. 5. Herzog Suantepoll, Köslin, Hendeß. 1831. 8. 
1 Zhlr. 
—* 2 und 5, rhythmiſche Luͤckenbuͤſſer, koͤnnten wegbleiben, 
weil fie indeß wenig Raum einnehmen, mögen wir ihnen ihr Plaͤt⸗ 
chen wol gönnen. Die drei Srzählungen behandeln Scenen aus 


dem breißigjährigen Kriege, aus dem von 1806 und bie Empoͤ⸗ 


rung Ragoby's zu Enbe des 17. Jahrhunderts mit kraͤftiger Zrifche, 

und Verhältniffe, Dertlichkeiten und Perfdnlichkeiten, bie ſchon 

an ſich des Meiged der Neuheit nicht entbehren, geminnen 

ihn durch bie der Darftcllung. a 

4. Der berüchtigte Wildſchuͤtz des fächfifchen Erzgebirges, Karl 
Stülpner. Gin biographifches Gemälde, der Wahrheit treu 
angelegt und mit romantifchen Yarben ausgemalt von Fries 





drih von Sydow. Gonderöhaufen, Eupel. 1832. 8. 


1 Thlr. 
Iſt bei weitem beffer als fein Titels weber Rohheit, noch Efr 
fecthafcherei, noch unechter Silberſchaum, Liebestänbelei genannt, 
ärgert. Es ift die einfache, einfach erzählte Geſchichte eines von 
hamiſchen Zuftizbehörden gebrüdten Bauerburſchen, ber nothges 
bdrungen Wildfhüg wird, von feinen Kameraden fih trennt, 
weit diefe das Räuberhandwerk ergreifen wollen, worauf ex, der 
aus nicht zu fcheltenden Gründen ben Goldatenfiand verlieh, 
wieber in einem größern Heere dahin zurüdtehrt, fih Ruhm 
und Vermögen erwirbt und als redlicher Gatte und Landwirth 
fein Leben befchließt. Optimiſten, bie das Jetzt gegen das Vers 
gangene preifen, koͤnnen ihrer Vorliebe durch dies Bud Sründe 
anterlegen. Gine ſolche Willkuͤr und Härte, wie ber arme Stuͤlp⸗ 
ner von feiner Obrigkeit erfahr, wäre heutzutage unmöglich. 
6. Zeichnungen aus dem Leben und ber MWergangenheit. Von 
X. von Sartorius. Gotha, Flinzer. 1832, 8. 1Thlr. 


12 Gr. 

Die biftorifche Unterlage gibt ben geift« und gemüthvollen 
Erzaͤhlungen die höhere Bedeutſamkeit, merkwürdige bekannte 
Perſonen und Greigniffe treten durch das Medium einer roman: 
tifchen Fiction heil und lebendig vor und, Wahrheit unb Dich⸗ 
tung durchdringen ſich zu beiberfeitigem Gewinn. inter ben 
vier Erzählungen möchte, „Der Hauswirth von Paris’, freie Be: 
arbeitung nach bem Franzoͤſiſchen, durch Mare Entwidelung bei pſy⸗ 
chologiſchen Problems, wie das Unrecht, ja. das Verbrechen in 
dem Kopf deö reblichen, nicht wild aufbraufenden, leicht täufch: 
baren Mannes, ſich ald Recht einbürgert, dem Denkenden zu 
finnvollen Betrachtungen hinlänglichen Anlaß bieten. 18, 





Notizen. 


Heidnaiſche Gräber. 

Prof. Voigt befchreibt im erften Bande feiner „Geſchichte 
Preußens“, ©. 568, die Grabhügel ber alten Preußen, wie fie 
auf mehren Anhöhen oder fandigen Haiden in großer Menge 
und, wie aus einer Vergleichung mit den altpemmerfchen Graͤ⸗ 
bern erhellt, immer mit berfelben &leichförmigkeit und Structur 
angetroffen werben, weiche Ref., ber fie oft zu fehen Gelegenheit 
hatte, befonders aufgefallen it. Gewöhnlich finden fich ganze 
Gruppen diefer Ereisförmigen Gräber beifammen; jebes einzelne 
aber ift mit einem Ringe von Steinen eingefaßt, gegen welchen 
aus bem Mittelpunkte andere Steinreiben wie Strahlen auslaus 
fm, jedoch ſo, dab im Süden eine größere Niſche, etwa 

wei Schub lang und anderthalb breit, mitteld flacher Stein⸗ 
Iöde, welche mit einem Deckel verfehen, gelaffen worben, und 
‚im Norden ein größerer Ausfchnitt fich befindet, weldgen Voigt 
ben Verbrennungsplag nennt. Damit ftimmen nun hoͤchſt auf: 
fallend diejenigen Antagen überein, melde ter Engländer Wal⸗ 
ters in Indien angetroffen und vor Kurzem in feinem Reiſebe⸗ 


Nebigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodhauß in Reip sig. 


— . 


richte ber Aſiatiſchen Geſellſchaft zu Kalkutta geſchildert hat; 
wobei er auf die aͤhnlichen Grabmaͤler in Cornwallis, cromlechs 
genannt, aufmertfam madıt und ſich mit Recht über das gleiche 
Verfahren zweier fo weit von einander entlegener Voͤlker ver 
wundert. Gr traf, über Dakta hinaus, auf den Yanducanhde 
ben einen Eräftigen und fchönen Menſchenſchlag, die Goffeahe, 
an, welche fih vor ben Bewohnern der Ebene, obwol mit ihnen 
der Religion und Sprache nad) verwandt, in phyſiſcher und 
moralifher Beziehung vortheilhaft auszeichnen. Sie werben von 
«ignen kleinen Rajas milde beherrfcht, und ihre Dörfer, welche 
meift am Abhange ter Berge liegen, verrathen eine gewiſſe Orb» 
nung und Betriebfamteit, infofern jedes Gehöft mit einer nete 
ten Mauer eingefaßt if. Auf Anhöhen, unter Bäumen zer⸗ 
ftreut, liegen ihre Grabmaͤler, gewoͤhnlich 2 — 300 eingföre 
mige Monumente von zwei bis acht Buß im Durchmeſſer, und 
auch bier hat jedes einzelne Hügel an ber einen Geite für Me 
Bamilienurnen eine Kammer von gelantelten Steinen, welche 
mit einem flachen Dede gefchloffen wird. Auf diefen figen bie 
Coſſeahs zu gemeinfcaftlicher WBerathung, fobaß jeder pater 
conscriptus feine eigne sella currulis hat und auf eine ſchoͤne 
Weife über den Afchenkrügen feiner Angehörigen feine Beſchluͤſſe 
heilige. Die Brandſtaͤtte der Leichen aber ift von dem Kriebhofe 
etwas weiter entfernt, und dies koͤnnte die Vermuthung erregen, 
ob nicht iener nörbliche Ginfchnitt bei den preußifchen Gräbern 
nur für Zodtenopfer und Zrinfgelage beftimmt gewefen, welche 
ſowol bei den Römern als Preußen zu gewiffen Zeiten am Grabe 
huͤgel flattfanden. Man hat diefe Stelle zwedtmäßig ben Herb 
genannt, und fo fagt auch Feſtus: „Culina vocatur lorus, in 
quo epulae in funere comburebantur.”’ Hier hätten wir wol 
die fpeciellfte Bedeutung des Wortes culina, denn kulina heißt 
im Sanskrit blos: zur Familie achörig. 
Großartiges Drama. 

Ein Schauſpiel ganz eigner Art, welches wenigen unſerer 
Leſer bekannt fein dürfte, wird alljährlich au Benares aufgeführt, 
das Feſt Ramalila. Es kann baffelbe abermals einen Beleg ges 
ben, wie lebendig das alte Epos bei'den Hinbus fortiebe, unb 
wie geneigt die Nation noch gegenwärtig fei, jede Epiſode befs 
feiben zu bramatificen. Daß ſolches befonders mit den Thaten 
bes Kriſchna geſchehe, weldye von eignen. Schaufpielern, von Bee 
nen Augenzeugen verfihern, daß es unmöglich ſei, mit mehr 
Kunft und Ratur zu fpielen, am Durgafefte aufgeführt werden, 
ift befannt genug, und noch vor einigen Jahren kam eine wan⸗ 
dernde Schauſpielertruppe aus dem fernen Suͤden nach Kalkutta, 
um ihre Stuͤcke zu geben; bei dem Ramalila ſpielt indeſſen das 
ganze Volk und iſt zugleich fein eigner Zuſchauer. Das Feſt 


beginnt um Neujahr und dauert, je nachdem ber Glanz der Aufe 


führung es geflattet, an dreißig Tage; es verfammelt fid) auf 
dem Lanbfige des Rajah von Benares, Ramanagara, oder auf 
andern Plägen außerhalb der Stadt, ein Kreis von Vornehmen 
und Gebilbeten, um den „Ramayana“ vorzulefen, während das 
ganze Volk in täglichen Proceffionen und Scheingefechten Alle 
barftellt, was barin nur irgend bramatifh iſt. Ramas ımb 
Sita mit ihrem Gefolge erfcgeinen als Kinder im Goftume der 
alten Zeit und bewegen ſich mit vieler Gravität, wenn nicht eim 
kurzweiliger Zufhauer eine Handvoll ‚Nupien oder Confect untez 
fie wirft; die Nachtfcenen werten. bei Badellicht gegeben, und 
folen Elefanten durch den Ganges ſchwimmen, fo geichieht auch 
diefes. Ganze Gärten werben zu der Handlung vorbereitet und 
umgeſchaffen; in einen folden wird Ramas auf einige Tage vere 
bannt, unterbeffen die Handlung fortgeht. In einem andern iſt 
bie Feſtung des Ravanas; fie wird erſtuͤrmt und das 60 — 70 
Fuß hohe Bild des Tyrannen, von Bambus und gemaltem Pas 
piere, mit brennbaren Materialien gefüllt, geht endlich in Flam⸗ 
men auf, während ber ganze Garten bengalifches Feuer ſpruͤht. 
Zulegt zieht die Proceffion in bie Stadt; die Straßen find, wie 
es Epos will, mit Sand beſtreut, die Haͤuſer erleuchtet und 
aus den Fenſtern fallen Blumenſchauer (pushpavrishti) auf bie 
Menge herab. 160. 
Hierzu bie Bellage Nr 1. 


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Beilage zu 
| | 1 
Gonverjationd-Leriton 


neueften Zeit und Literatur. 


Aus dem elften Hefte dieſes Werks, das im Laufe 
& Monats ausgegeben wird, entlehnen wir nachſtehenden 
Artikel | D. Red. 


Dengftenberg (E. W.) und bie Evangeliſche 
Kirdenzeitung. Zu den merkwärbigften, obgleich für ben 
Sreund einer gefunden und freien Entfaltung des zeligidfen Le⸗ 
beng nicht eben erfreulichen Grfceinungen unferer Zeit gehört 
ohne Zweifel die religiöfe und zugleich kirchlich⸗politiſche Rich⸗ 
tung einer Partei, die in H. ihren Vorkaͤmpfer und Bortfuͤhrer 
und in ber „Edangeliſchen Kirchenzeitung“ ihe Organ gefunden 

.. 9. warb am W. Oct. 1802 zu Frondenberg, einem Dorfe 
ber Grafſchaft Mark, geboren, wo fein Vater, ein Mann von 
grönblicher Gelehrſamkeit, jent in Wetter bei Soeſt, damals 
Pfarrer war und feinen Sohn, ohne ihn dem linterrichte eines 
ums zu übergeben, felbft unterrichtete und zur Univer⸗ 
tät vorbereitete. nn auch ber Vater ben Grund zu einem 
ernten religiöfen Sinn überhaupt in dem Sohne gelegt haben 
mag, fo rährt doch von ihm keineswegs unmittelbar bie ſchwaͤr⸗ 
merifch-büftere Seligionsanficht her, die H. nachmals ausſprach; 
vielmehr war jener dem Rationalismus, wiewol einem gemäßigs 
tm fogenannten chriftlichen oder fupernaturalen, zugethan und 
wog ſich erft fpäter durch den Einfluß feines Sohnes bem Pies 
tiemus mehr zugeneigt haben. 9. felbft folgte während feiner 
Studienzeit einer ganz andern geifigen Ridtung Gr bezog 
1820 die Univerfität zu Bonn und beidäftigte fih Hier mit phis 
lologiſchen, namentlidy auch orientalifchen Studien. Unter ben 
©tubirenden zu Bonn war damals, wie auf ben meiflen andern 
dentſchen Univerfitäten, ein non jugendlichem Enthufiasmus für 
Sreiheit und Vaterlandsliebe lebhaft aufgeregtes Treiben, das 
in den burſchenſchaftlichen Vereinen feinen Mittelpunkt fand, 
weiche, obgleich von den Behörden verboten, heimlich fortbeftan: 
ven. H. ſchloß ſich diefer freien Richtung mit Lebhaftigkeit an, 
ee war für die Burfchenfhaft mit großem Gifer, mit Wort 
oder Arm thätig, ſchloß ſich aber derjenigen Partei an, welche 
den Zweck biefer Verbindung über bie bioße Anordnung ber Stu⸗ 
bentenangelegenheiten binaus auf gegenfeitige Grwedung be 
Rinımter pelitifhs und wiſſenſchaftlich⸗freiſinniger Grundfäge 
ausbehnte. Dieſer Richtung wit Enthufiasmus bis an ihre äus 
Berften Grenzen folgend, warb er ganz politiſcher Idealiſt und 
befämpfte duit Eifer die Anfichten derjenigen feiner Freunde, bie 
ia ber Politik noch an hiſtoriſcher Grundlage fehzuhalten ſuch⸗ 
ten. Gine Frucht jener Begeiſterung für politifche und fittliche 
Idrale in den Burſchenſchaften war die Erweckung eines ziems 
lich allgemeinen lebhaften Eifers für philofophifche Studien, bes 
fonders für praktiſche Philofophie, unter den fubirenden Juͤng⸗ 
Eingen, und auch H. wurde davon ergriffen. Gr fludirte Kant 
und vorzüglich Fries, deſſen Schriften in ihren praktiſchen Theis 
Ien feinem $reiheitsfinn am meiften Nahrung gaben. Diefe be: 
ſchaͤftigten ihn noch fpäterhin ernfihaft und galten ihm eine 
Seitlang als Brundlage feiner philoſophiſchen Meberzeugung. 
Daß D., To lange er diefer philofophifchen Anficht zugetban war, 
Überhaupt einer freifinnigen Richtung bes Weiftes entichieden an⸗ 
gehörte und namentlich auch in re'igiäfer Hinſicht von kirchlicher 
ober offenbarungsgläubiger Autorität frei-war, if für alle Die: 
jenigen unzweifelhaft, denen die philofophifchen Anfichten jenes 
ausgezeichneten Derkers befannt find. Wegen Hegel's Philoſo⸗ 
pbie ußerte er ſich damals oft, doch bauptfählid wol nur aus 
pcsitifchen Gefihtöpunfte, wegen ber Zendenz, die fie in 
"ihrem Verpältniß zu bem preußifhen MWinifterium angenommen 
hatte, mit einer gewiffen Bitterkeit und Berachtung. Dennoch 





den Blättern für literariſche Unterhaltung. 


19. Januar 1833. 





lag auch in biefem, im Ganzen freifinnigen @eifte der Burſchen⸗ 
ſchaft ein Element, das jene fpätere Umwandlung H.'s vielleicht 
vorbereiten konnte; nämlid die mittelalterlidjsromantifche Rich⸗ 
tung bes von Jahn, Arndt u. X. angeregten fogenannten Alte 
beutfchthums, das eine religiös. und politifcyeilliberale Richtung 
hatte. Das anfängli durch bad Jntereſſe für praktiſche Phi⸗ 
lofophie erweckte philofophifche Streben H.'s nahm fpäter durch 


- den Einfluß des damals (1822) nad) Bonn gelommenen gründ« 


lichen Zorſchers im Gebiete ber Geſchichte der Philofophie, 
Brandis, eine mehr biftorifche Richtung. Durch ihn veranlafßt 
und geleitet, unternahm H. in ber legten Zeit feihes Aufents 
halte in Bonn eine Ueberfegung ber „Metaphyſike“ des Ariſto⸗ 
teles (exfter Theil, Bonn 1824), zu welder Brandis Anmers 
tungen fdjreiben wollte, die jedoch nicht erfchienen find. Bei 
au dieſen Beſchaͤftigungen aber blieb H. body ben vom Anfange 
feiner Studienzeit an mit befonderer Vorliebe getriebenen orien⸗ 
talifhen Studien treu,- fodaß er eine in dieſem Fache gegebene 
Preisaufgabe, die Derausgabe eines arabifhen Schriftftellers, 
ruͤhmlich loſte („Am ruckeisi Moallakah’’, Bonn 1829). Gr 
hatte früher bie Abfiht, nad dem dreijährigen Studium ber’ 
Philologie edenfo lange Zeit auf das Studium ber Theologie in 
Berlin zu verwenden. Gr begab fi) jedoch, von. Sacy empfohs 
ien, ſchon 1823 nach Bafel ald Lehrer eines jungen Mannes in 
den orientalifhen Sprachen. In Bafel fcheint feine theologis 
fe Umwandlung, wahrfcheinlih auf Anregung ber Pietiften, 
die dort in dem Miſſionsverein einen Sammelplag haben, vor, 
fich gegangen zu fein. Auch feine äußern Verhältniffe zu dee 
preußifhen Regierung, bie durch feine nicht unbefannt geblie⸗ 
bene Ichhafte Theilnahme an ber Burfchenichaft nicht vortheile 
baft für feine Ausfichten auf preußiſche Staatadienſte fein konn⸗ 
ten, geflaiteten ſich zu derfelben Zeit günftiger. Während feines 
Aufenthalts in Baſel wurde er nämlih von bem preußifchen 
Minifterium aufgefodert, einen Bericht über feine Studien ein» 
Ansehen, worauf er 1824 als Privatdocent ber Theologie in 
Berlin auftrat, ohne einen eigentlichen theologifhen Gurfus ges 
madıt zu haben. In ſchneller Folge warb er feitbem befördert: 
1826 zum außerordentlihen Profelfor der Theologie, 1828 zum 
ordentlichen, und 1829 warb er Doctor der Theologie. Beine 
Thaͤtigkeit als akademiſcher Lehrer befchräntte ſich anfänglidy 
faſt ganz auf Vorträge über orientalifdye Literatur, feine literas 
riſche auf einige kleine Schriften, z. B. „Ueber das Berhältnif 
bed innern Worts zum äußern” (Berlin 9825), „Die preußis 
fe Minifterialverfägung über Diyfliciamus, Pietismus und Ges 
paratidmus, mit einigen Bemerkungen und einer authentiſchen 
Erktaͤrung verſehen“ (Berlin 1826), bis er 1827 als Redacteur 
ber bekannten „Boangelifhen Kirchenzeitung” auftrat und da⸗ 
mit in derjenigen Geſtalt erfhien, in welcher er eine gewiſſe 
Berühmtheit in unferer Zeit pewonnen hat. Zwar hat er aud) 
feit diefer feiner mehr praktiſchen unb polemifchen Thaͤtigkeit 
für die Sache der „Evangeliſchen Kirchenzeitung‘ nicht aufges 
bört im Gebiete der eigentlichen Wiſſenſchaft und namentlich ber 
orientalifhen Sprachen und Literatur thätig zu fein. Geine 
„Shriflologie des Alten Teſtaments“ (erfien Theils erſte und 
zweite Abtheilung, Berlin 1829) und feine „Beiträge zur Gin 
leitung ins Alte Zeftament” (erfier Band, Berlin 1830) zeu⸗ 
gen davon. Aber audy biefe Werke find’ nichts weniger als in 
dem rein wiffenfchaftlicden Intereffe für die Sprache oder Ge⸗ 
ſchichte des Alten Zeftaments, fondern nur zu fihtbar im Ginne 
und für die Zwecke jener religiäfen Partei gearbeitet, der er ſich 
jest unbedingt bingegeben hat. Unverkennbar leuchtet die Abs 
fiht aus ihnen hervor, mit Hülfe ber neuern Ergebniſſe für 
orientalifche Sprach » und Geſchichtskunde das alte bogmatifche 
Borurtpeil von der meſſianiſchen Bedeutung ber Weiffagungen 
bes Alten Zeftaments von Neuem geltenb zu machen unb bas 
duch das Dogma von ber göttlichen Infpiration ber heiligen 
Schrift, das durch die neuere biblifche Kritid am meiften in 


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des Alten Teſtamentt wankend gemacht worben war, 
wieber zu behaupten. Nur durch dieles bogmatifde Varteün⸗ 
taxeffe if es O. gelungen, mit diefen Werfen ein gewiffes Aufs 
feben in der theologiihen Welt zu erregen, daß fie auf rein 
wiffenfhaftlichem Stanoͤpunkte ſchwerlich erregt daben würden. 
Anerlannt ausgezeichnete Fotſcher in diefen Gebiete, wie Baum 
arten-Grufiud und Paulus, haben in ihren gründlichen Beurtheis 
ungen derfelben bargethan, daß, ungeachtet alles Aufwands von Ger 
lehrſamkeit und ſophiſtiſchem Scharffinn, die zu Grunde liegende 
dogmatiſche Anficht nichts weniger als gendgend gerechtfertigt if. 
Die wahre Eigenthuͤmlichteit H.'s tritt erſt in feiner Stel⸗ 
lung als Redacteur der „Evangeliſchen Kirchenzeitung” ale 
Haupt ober doch Wortführer der Partei, bie durch fie ſpricht, 
hervor. Wir müffen biefe Partei ſelbſt näher charakteriſiren, 
was fie auch, wegen bes Intereffes, das fie für unfere Zeit ec» 
regen muß, ſchon an ficy verdient. Es ift jedoch nicht Leicht, 
den Geiſt und das Wefen diefer Partei mit einem Worte au 
dezeichnen, da, wie fchon die Ramen Derjenigen beweifen, d 
als Mitarbeiter jener Beitfchrift genannt find, fehr verſchiedene 
Elemente in ihr zufammentrrffen. Halten wir uns zunädft an 
r eigues Bekenntniß, fo fehen wir biefe Partei, wie ſchon ber 
nie „Evangeliſche“ andeutet, ben fie nicht blos ihrer Kirchen⸗ 
eitund, fonbeen auch fidy ‚felbft und ihrem &lawben beilegt,-mit 
—* nſpruch auftreten, die Sache der wahren urfprünglicen 
angelifihen Kirche gegen den angeblichen Abfall des Rationar 
mus, ober vielmehr der ganzen Geſinnung der neuern Zeit 
von ihr, zu vertreten und zu vertheidigen. Begründung und 
Vertpeibigung der Lehreinheit ber evangelıfhen Kırche, wie fie 
In den Bekenntnißſchriften derſelben ausgeſprochen wird, tft nad) 
Sen Worten der erfien Ankündigung Hauptzweck der „Svanges 
Uſchen Kirchenzeitung”. Bür bdiefen Zweck will fie, nach einer 
fpätern Erklaͤrung ber Redaction, nicht allein gegen Deismus 
und Rationaliemus, fondern auch gegen den Supernaturalismus, 
fofern er nicht die durch Sünde verberbte fpeculative Vernunft 
unbebingt ber göttlihen Dffenbarung unterwerfen will, gegen 
unſicheres Gefühlsieben und gegen unevangelifhen Myftitismus 
und Pietismus die reine Lehre der Objectiven goͤttlichen Wahr: 
heit vertheidigen. Wie wenig jedoch diefe Partei bereditigt ſei, 
ih vorzugsweife und ausſchließend das Prädicat der evangeli⸗. 
ſchen beizulegen und im Ramen und ntereffe der evangelifchen 
Kirche zu ſprechen ımd zu handeln, darüber hat bie gebildete 
öffentliche Meinung in biefer Kirche längft entfchieden. Die evan⸗ 
nelifchsproteftantifche Kirche iſt ihren hoͤchſten Brunbfägen nad, 
ie ſchon ihre Gruͤnder, die Reformatoren, leiteten und in neues 
rer Zeit entfchiedene „Anerfennung gefunden haben, eine Kirche 
ber fteien veligidfen Ueberzeugung. Sie unterwirft den Glauben 
ihrer Mitglieder keiner menſchlichen Autorität umd erkennt als 
emeinfamen Ausdrud ihres Glaubens nur die in. ber heiligen 
Gärift geoffenbarte goͤttliche Wahrheit an, für die fie zu feibftän: 
diger Auslegung und freier vernunftgemäßer Anerfennung bereich: 
tigt. Ihr koͤnnen daher bie von Menichen verfußten ſymboliſchen 
Bücher durchaus nicht als bindende Norm des Glaubens gelten, 
auch haben dieſe bereits feit längerer Zeit factifh aufgehört, 
olche Gültigkeit zu Haben, feitdem man eingefehen hat, daß fie 
ihrer eignen hiftorifhen Beſtimmung nad) nur ben vorüderge⸗ 
henden Zwed ber Elaren Unterfheidung ber damaligen Lehre der 
proteftantifhen Kirche van ber katholiſchen hatten und nur durch 
Misverftand eine Seit lang Fine Slaubensautorität für die Kirche 
ſich anmaßten. *) Cine Hälltg grundloſe Anmaßung ift es dafer, 
wenn die Partei der „Evangeliſchen Kirchenzeitung’’ ſich darum 
ausfchließend den Charakter der evangeliſchen zueignet, weit fie 
die Autorität der alten fombolifcken Lehre geltend zu machen 


*) Neuerbings hat Scheidler („Oppeſitionsſchrift““, dritten Bandes 
erſtes Stüd) gründlich aus den Quellen dargethan, daß die augds 
vburgiſche Eonfeffion ihrem wahren Wefen und urſpruͤnglichen 
Bwede nach durchaus nur als apologetifche und ireniſche Schrift, 
kemeſswegs aber als Kirchenconftitution angefeben. werden muß. 
Daffelbe gilt aber auch von ber Concorbienformel und den. übrigen 
(pmbolifgen Büchern. 


s . N 


7 
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t. Wittig im nehdt fie mit ben 


ſtreb BSiberſyornch Grunbfägen ber 
proteſtantiſchen Kirche, wenn fie nicht allein allen freien Ver⸗ 
nunftgebraucdh in der veligiäfen Neberzeugung verwirft und an⸗ 


. Teindet,, ſondern ſtewiderfrretret nem diſtortſch 


pottorn 
Gharalter, derſelben, wenn fie-meßr die Lehre. den; fomboliſchen 


Buͤcher als die dee VBibel aufzüftellen, und biefe ſogat vön jener 
durch eine dogmatifche oder trabitionnelle Auslegung abhängig 


zu machen furht. Aber gu nicht eimmal jenes -Tombolifdgen 
Eehre ber Kirche iſt die Partei ber „Evangeliſchen Kirchenzei⸗ 
tung‘ fireng treu geblieben. Wie eine völlige Nebereinffimmun 
der religiöfen Ueberzeugung wit dem Buchſtaͤden einer, in ein 
längf vergangenen Zeit, bei ganz anderer Denkart und Migeis 


thuunlichkeit ber Zeit, bei ganz anderer Bildung 


EEE EEE <> 
Le e En * = * 


| ‚ gang andern 
philoſophiſchen Srundfägen und hiſtoriſch⸗ gelehrten —* 
aufgeſtellten Lehre mög!ic ſei, iſt ſchon pfychologiſch vbllig ums 
begreiflich. Auch iſt ſchon Häufig der Evangelifchen Kirchen⸗ 
zeitung‘ von ben tüchtigften Theotogen im Einzelnen nachgewie⸗ 
fen worben, baß fid oft von der ſomboliſchen Kirchenlehre abge⸗ 
wien. Namentlich enthält fie myſtiſche, pietiſtifche, hwarme⸗ 
riſche, fanatiſche, ſeparatiftiſche Elemente in ſich, die ausbruͤcklich 
von ber alten Kirche verworfen werden, daher man ihr-icht 
mit Unrecht Müngerianismen und Schwenkfeldianis men vorger 
worfen bat („Amtliches Gutachten über das WWerderblühe des 
Rationaliemus“,; ©. 63). Mit jenen Beziehungen aber hat man 
ihren Charakter ebenfalls nur Fehr unvollfommen angegeben, ba 
die Ausdrüde myſtiſch und pietiſtiſch gewöhnlich in einem vieb 
zu unbeflimmten Sinne gebraucht werben, wiſſenſchaftlich ſchaͤr⸗ 
fer genommen, abet nicht ganz auf diefe Partei paffen.. Die 
Myſtik hat ihren Urfprung in einem tiefern und reinern Befühf 
ber. Brömmigleit, ats ſich bei ben Meiften diefer Partei geoffen« 
bart hat; auch gehört ihr eine freiere Innere Geiſtesbewegung, 
bie ſich fetten fo knechtiſch einem todten äußern dogmatiſchen 
——— hingegeben Hat, wie die fogenannten Evangelifchen. 
ie religiös» praktiſche Sefinnung bes Pietiemus aber hat in 
feiner gefunden Erfcheinung in Spener's Schule fowol als in 
feiner krankhaften Geſtalt in den neuern Gonpentifein weber die 
bogmatifhe Schroffheit noch das fanatifhe hierarchiſche Streben 
gehabt, das diefe Partei zeigt. Am Uunbeftreitharften fann man 
die ganze Partei zu den Supernaturatiften zählen; bie Grunde 
füge ded Supernaturalismus liegen allein zum Grunde, in’ theos 
retiſcher Bedeutung, als unbedirgter Glaube an eine übernetürs 
tie Offenbarung der göttlichen Wahrheit, ber die menſchliche 
Bernunft undebingt zu unterwerfen wäre, unb in proltifcer 
ale Lehre von ber angeerbten Sündhaftigkeit und abfoluten Une 
fähigkeit des Menſchen zum Guten, von der. Geligfeit allein 
durch Gnade und ber Erlöfung durch Chriſti Stellvertretun 
wie fie in der Auguftinifden Sündentheorie ausgefprochen ım 
in den ſymboliſchen Büchern, nach der bamals gerade vorherr⸗ 
ſchenden perfönlidhen Autorität der Reformatoren, „wiederholt 
worden if. Man würde daher ihre @iyentbümlichkeit ganz imd 
gar nicht bintänglich bezeichnen durch das Prädicat de Super⸗ 
naturaliemus, ba diefer bisher noch nie in diefem fywärmerifch« 
fanatifchen Charakter aufgetreten iſt, umb da der gewöhnliche 
Supernaturaliömus in ber „Evangeliſchen Kirchenzeitung” oft 
als unen:fchiedene Baubelt oder todte Drthotorie angegriffen wirb, 
fowie die Supernaturaliften oft grmeinfchaftlich mit den Ratio: 
naliften gegen bie Evangeliſchen ftreitend ſich erhoben haben, 
wie namentlich in der bekannten halliſchen Streitſache. 5 
Sin druttihes Wild von der Buntfarbigkeit dieſer Sekte 
und einen Beweis, wie weniy fie drm aufgeftellten Zwecke ber 
Eehreinpeit und ter reinen Kirchenlehre entfpreden, wird uns 
ein Blick auf Einige der bedeutendften unter Denjenigen geben, 
weiche in der „Evangeliſchen Kirchenzeitung‘ das Wort führen. 
Dos Gektenhaupt felbft, Hengftenberg, läßt bie Propheten bes 
Alten Teſtaments mit Aufhebung aller eignen felbftändigen Gei⸗ 
ftestraft, alſo bes Berftandes und Bewußtſeins, blind und paf: 
fin von dem göttlichen Geiſt in ihren Weiſſagungen getrieben 
werben: eine Schre, bie, nichts weniger als kirchlich, die poͤttliche 
Infpiratien in eine neuplätonıfche Ekſtaſe verwandelt und aus 


* 
‘ . 
— — — — — — — — — — — .. — —— — — — — — — — — — — — — 


‚49 


Aa Wefiätspuntt zu ſehr bebenkilchen Folgen für die 
riet des Ghriftentbums führt, da auf der Meifianität 
Ber Propheten bes Alten Teſtaments die durchgehende Inſpira⸗ 
tion ber heiligen Schrift beruht, und da auch die des Neuen 
Zeftaments, ja die Autorität Chriſti ſelbſt, gefährdet wird, wet 
ud die Weiffagungen Chriſti eben dieſen Gharafter haben. 
Die Grundlage der kirchlichen Lehre ſelbſt wird erfchüttert, wenn 
„die freie einfache Schrifterfiärung bald mit einer eregetifchm 
radition (wie in feiner „Shriftologie des Alten Teſtaments“), 
Bald mit einer myſtiſchen auf fogenannte „innere Erfahrung“ 
gegroͤndeten Auslegung vertauſchen will („‚@vangelifche Kirchen⸗ 
tung‘, 1882, Ar. 10). Wie wenig wird ihm hierin und in 
endern Erhren ber ihm zunäcft ſtehende und an Gelehrſamkeit 
und philofophifcher Bildung tüchtigfte von diefer Partei, Tholuck, 
Beiftimmen, da er in feinen eregetifhhen Schriften immer einer 
freien Methode der Auslegung gehuldigt hat. Aber auch die 
von ihm amfgefiellte Theorie von der Sünde wird wol ſeldſt 
nicht darauf. Anfprudy "zu machen wagen, als bie rein kirchliche 
u gelten. Weit aber ſteht von ihm entfernt auf der einen 
eite der in der Behandlung der Dogmatik von rationaliftifchen 
rincipien ausgehende unb nur nach dem fupernaturaliftifchen 
Syoſtem inconfequent hinlenkende Lahn, unb auf ber andern 
Seite ber an naturpbilofophifche Speculation in fcheinbarer Or⸗ 
fdodoxie die tirchlichen Kormeln accommobirende Steffens und 
er myſtiſch platonifirende Heinroth. Neben bdiefen fehen wir 
ann wieder Lie freie geiftige Anſicht bes der flarren Lehreinheit 
ber Kirche wiberftrebenden Pietismus Reander's ober die myſti⸗ 
fhe Snofis Olshauſen's, und dagegen wieder das dialektiſch⸗ 
kuͤnſttich gemachte Ehriſtenthum Göfdel's,- dee nach Degel’s 
rmein das Kirchenfoftem zu conftruiren verfudhte. Und neben 
efen dann das verworrene Schreärmergefchrei, bald in wild 
fanatifhem, dald in miderlih füßlichen, bald in zügello® 
phantaftifhem, bald in pfäffifch finfterm Zone, wie es bie 
de Balenti, Grundtvrg, Guerife, Krummacher, Böttiger : Reichs 
meiſter, Etier, von Gerlah, von Meyer, Schmieder, Rubel: 
bad u. f. w. vernehmen laſſen. Endlich denfe man an die oͤf⸗ 
fentlich verhandelten Streitigkeiten, welche bie ehemaligen Mitarı 
beiter ber „Evangeliſchen Kirchenzeirung”, Neander und Steu⸗ 
bel, bei Belegenheit ihrer Losſagung von berfelben geführt has 
ken. Bei diefee Mannichfaltigfeit und Buntfarbigkeit der reli⸗ 
gidfen Denfarten und wiſſenſchaftlichen Richtungen, die in dies 
fer Partei zufammenfommen, muß man e6 Überhaupt aufgeben, 
eine gemeinfame, beifimmt ausgeprägte dogmatiſche Lehte der: 
ſelben aufzufinden, und es bleibt nur ein Picdylidh : politifcher 
Sharakter derfelben übrig. Die Partei befteht, wie ſchon oben 
bemerkt wurde, aus einem Zuſammenfluß aller, mit der freifins 
nigen Richtung des religidfen Geiſtes der Zeit Unzufriebenen ; 
es if die Partei des Widerſtandes oter der Reaction in relis 
iöfer Hinſicht, bie ſich hier durch ihre Äußere Werrinigung 
— geltend zu machen ſtrebt. Innerlich in die ver⸗ 
ſchiedenſten religidfen und dogmatiſchen Elemente zerriſſen, hoͤch⸗ 


ſtens in der Anerkennung einer uͤbernatuͤrlichen Offenbarung und 


der Auguftinifch : Lutherifhen -Gündens und Gridfungstheorie 
Iodter verbunden, findet fie ihre Wereinigung nur in dem ge: 
meinfamh Interefie des Widerfirebens gegen alle freie Geiftes: 
bewegung in Sachen ter Religion und in ter Abfiht, eine 
Hichhiiche Gewalt zu erfämpfen. Als Grundlage dazu will fie 
die beftehende proteflant.fche Kirche in Befig nehmen, indem 
fie fih als wahre, urſprüngliche Kirche ausruft und alle Krei⸗ 
geſinnten als Abtrünnige heraufzutreiben fucht. So verenigten 
fi) alle verſchiedenen Denkarten ber neuen Sekte in tem Be: 
muͤhen, fi Me Formen ber ſymboliſch-kirchlichen Orthoborie 
fo viel möglich angupaffen, um nun mit bem gemeinfamen Feld⸗ 
gefchrei der Reinheit und Ginheit ber Kircheniehre in gefctof 
fenen Reiben gegen alle Anbersbenfenden anzuräden. Unbe⸗ 
Dinate Autorität der fombolifhen Kirchenlehre, Unterbrädung 
alles Bernunftgebrauds und freien Widerſtrebens in Baden 
der Religionsüberzeugung‘, Ausübung einer hierardifchen Ge: 
walt in der proteftantifhen Kirche, dies waren bie kirchlich⸗ 


politiſchen Grunbfäge, in welchen bie neue Sekte ſich vereinigte 
Mit einer in der proteſtantiſchen Kirche bis dahin ganz unere 
hörten Keckheit tritt jept offen in dem ganzen Than und Trei⸗ 
ben diefer Partei, wie es fi) namentlich in der Evangeliſchen 
Kirchenzeitung⸗ auefpricht, ein entſchiedenes Syftım der Glau⸗ 
bensverfinfterung, ber Intoleranz und des Kegermachens, taß 
Streben nad kirchlicher Macht und inquiſitoriſcher Michtergei 
malt Herver, das unverkennbar auf das Biel einer ptoteftantis 
fen Glaubenshierarchie hindeutet, die, unter bre eifeenen: Ger 
wait eined ewig ftarren, tobten Worte ber Symbole, an furcht/ 
barer Härte weit über der roͤmiſchen, die in der Perſon des 

apfted noch ein Princip des Lebens bat, fiehen nräßte. Der 

eim zu biefer Denfart liegt fchon in ben Weſen des Super! 
naturaligmu® an fidy, fobald er comfequent auf das Teben an) 
gewendet wird. Sheoretifher Supernaturaliömus, Glaube am 
eine Übernatürlihe geoffenbarte abſolute göttliche Wahrheit, 
ſchließt die Anerfennung einer untrüglichen Lehre umd eined 
alleinjeligmadyenden Glaubens in fi, und führt fo in ber Ans 
wenbung gerade zur Intoleranz, zum Glaubenszwang und zu 
hierarchiſcher Gewalt. Praktifher Supernaturaliemus führe 


mit feinen Lehren von’ ber Verderbtheit der menſchlichen Ratur 


und bios uͤbernatuͤrlichen Befeligung durch Gnade zu demſelben 
Ziele; denn alles natürliche Leben des Menſchen kann nur 
Auftöfung aller fittlihen Ordnung in Anardik und eökerifäe 
Rohheit führen, und muß daher durch äußere Bucht, durch hie: 
rardifchen Zwang im Ramen Gottes gebändigt werben. Die 
Srundföge der Zoleranz, der Glaubensfreiheit und der reinen 
ſittlich⸗ rechtlichen Ordnung find weſentlich rationaliffifh. Den⸗ 
noch hat ber Kampf zwiſchen Rationalismus und Supernatu—⸗ 
ralismus lange Zeit beftanden, ehe er diefe praftifche Wendung 
nahm. Es war nur ein Streit der Wiffenfchaft, wobei man 
Im Leben meift in frieblihem Verhaͤltniß blieb, ja wo man bem 
ganzen Streit für praktiſch nichtöbedeutend erklärte und zum 
Theil noch jegt erflärt, oder doch ſich gegenfeitig duldete. —* 
bie neuere Zeit hat durch mancherlei Umftände dem Streit dieſe 
neue Wendung gegeben, woburd der vorher milde, ruhige unk 
befonnene Supernaturaliemuß einen leidenſchaftlichen, intolerans 
ten, fanatifhen Charakter angenommen bat. Dazu trug vors 
züglich eine, durch bie deutſchen Befreiungskriege in den Jah⸗ 
ren 1818 — 15 berbeigeführte geiftige Aufregung viel bei; das 
mals gelang ed, an den Haß gegen bie Franzofen und ihren 
politiſchen Liberalismus auch eine religidfe Reaction gegen dew 
Rationalismus anzukniwmfen. Wie man in politifcher Hinſicht 
die feit der Revolution durch franzoͤſtſchen Einfluß großentheils 
umgeftürzten alten Gtaatsformen des ehemaligen deutfchen Reis 
ches mit feiner feudaliftifch sariftofratifchen Herrlichkeit wieber 
—— fo ſtrebte man auch in religidſer Hinſicht bie 
ruͤmmer des zerſprengten alten Glaubens wieder zu einem 
Gebäude bes Kirchenglaubens zufammenzufügen. Die politifche 
Reftauration verband fidy mit einer religids » kirchlichen. Bon 
diefer Zeit her vorzuͤglich ſtammt eine religidfe Reaction gegen 
bie freie Beifteöbernegung im Bebiete ber Religion, die ſich in 
den verfchiedenften Richtungen kundgab. Gleichzeitig ftrebte man 
in ber Fatholifhen Kirche, die alten Formen und bie alte Wacht 
ber ‚Hierarchie wieberherzuftellen, und in der proteflantifchen, 
bie alten kirchlichen Symbole wieder geltend zw madyen. Ob 
aud eine geheime Äußere Werbindung zwiſchen dieſen beiderfeis 
tigen Reactionspartrien flattfinde, mag, wievol man es mit, 
Grund vermuthen darf, ungewiß bleiben; gewiß aber iſt, daß 
fie innerlich burch den Geiſt ihres Strebens auf das Engſte 
verbunden find. Während aber biefes Zurücdftreben in ber ka: 
tholiſchen Kirdye an die noch befiehende Macht des PYapfies und 
ber Hierarchie fih anichnen und von dba aus ımter bem Schutze 
ber Kirche fich geltend machen konnte, fand fidy daffelbe in ber 
proteftantifhen Kirche verlaffen von ber beftehenden Kirchenver⸗ 
faffung und größtentheile auch von ben weltiidhen Behörden, 
und fo Fam es uns zunädft in jenen feparatiftiften Conven⸗ 
tifeln zur Erfcheinung, die unter dem Namen des Myſticismus 
und Pietismus anfänglich wenig deachtet wurden. In bem Pier 


y’ 


4 


\ 


tiemus waren bie Grunbfäge des & 
prattifch geworden, aber nur in der 
der Gingeinen, und fie zeigten ſich bier als engherzige herru⸗ 
. butbifche Weltſcheu, kraukhafte veligidfe Empfindelei und Ge⸗ 
hitſchwelgerei, manierirte Froͤmmigkeit und geiſtlichen Hoch⸗ 
muth; ihre Anhänger behielten jedoch in ben Conventikeln ben 
en und ruhigen Gharalter des Geparatismus, ohne Anders⸗ 
kende mehr als durch zudringliche Proſelytenmacherei in ih⸗ 
rer Ueberzeugung zu ſtoͤren. Ratuͤrlich aber war es, daß jene 
neue thätige Reactionspartei ſich hauptſaͤchlich an biefe Pietis 
fienvereine, in welchen fie eine für ihre Plane empfänglide 
enge fand, anſchloß. Geftärkt durch mandyerlei andese Zeits 
umftände, namentlich auch durch Beguͤnſtigung mancher Fuͤrſten 
und hohen Staatsbeamten, haben fie es endlich in ben legten 
Jahren gewagt, eine Anwendung ihrer GBrundfäge auf das oͤf⸗ 
fentliche eben zw verfuchen und angrifföweife gegen den beſte⸗ 
nden Zuftand ber Religion und ber Kirche ſich zu erheben. 
ie find nun aus ihren Gonvenrifeln herausgetreten, und haben 
angefangen fi) als eine Macht in Staat und Kirsche geltend 
gu machen. Die Grundfäge des Supernaturalismus von dem 
olleinfeligmachenben Glauben und ber Verderbtheit der menfchs 
lihen Ratur find hier ald Grundfäge der Hierarchie und des 
Dbfcurantismus praßrifch geworden, So hat bie ehemals harm⸗ 
loſe Pietiftenpartei einen politiſchen Eharakter angenommen und 
iſt dadurch in Fanatismus übergegangen. Diefen neuen Zeit⸗ 
puntt bezeichnet am fichtbarften die Gründung ber „Gvangeli 
ſchen Kirchenzeitung“. 

Auch außer dieſer tritt indeß die eifrige Thaͤtigkeit dieſer 
hierarchiſchen Obſcurantenpartei deutlich hervor. Sie hat in 
Norddeutſchland, hauptſaͤchlich in Preußen, ihre Hauptmacht ge⸗ 
funden und erſtreckt von hier aus ihre Wirkſamkeit nach allen 


| ı heilen Deutfchlaudse und anderer Länder, beſonders Eng⸗ 


lands. Gonventifel ober Betſtunden, Miſſions⸗, Bibel⸗ und 
Zractatengefellfchaften, die befonders in allen Theilen Preus 
Pens gegründet find, bilden überall Sammelplaͤge und Halt 
punkte und erhalten eine enge Verbindung unter allen Mitglies 
dern der Sekte. Den Centralpunkt ihrer Thaͤtigkeit aber, gleich: 
fam die Gtaatögeitung ober bad Regierungsblatt ber neuen Kirs 
chengewalt, in weicher täglich neue Verdammungsurtheile gegen 
die Ungläubigen, Verhoͤre über. die Verdächtigen, Gelege für 
die Gläubigen publicirt werden, bilbet bie „Evangeliſche Kir: 
Senpeitung”. Auf ihre Wirkſamkeit müffen wir daher noch 
einige Blicke werfen. Bier tritt uns aber ſchon in den erften 
Worten der Ankündigung ber, alle freie religidſe Ueberzeugung 
aus ſchließende Zweck der „ſtreng gehaltenen Ginbeit in ben Grund⸗ 
lehren des Chriſtenthums“, wie fie in ben Belenninißfchriften 
der Kirche autgefprochen find, entgegen, woran ſich dann in jes 
der Nummer die Behauptung einer untrüglichen goͤttlichen Wahrs 
heit, die Foderung unbedingter Unterwerfung der menſchlichen 
Bernunft unter die Autorität der Kircheniehre Inüpft. So war 
es ganz confequent, wenn offen und obne Scheu Intoleranz, 
Glaubendzwang, Berkegerung gelehrt, Toleranz, Glaubenöfrei: 
eit und Wilde als ſchwaͤchliche Lauheit bezeichnet und nur für 

iejenigen angemeflen gefunden wird, bie blos „fubjective Weis 
nungen“ befigen (Band 2, Nr. 1 und 26, Band 6, Nr. 19). 
Dieſe Grundfaͤtze werben denn auch in der „CEvangeliſchen Kir⸗ 
chenzeitung?““ nach Kräften angewendet durch Verketerung der 
angeſehenſten rationaliſtiſchen Theologen, gegen welche ſie nicht 
wiſſenſchaftlich ankaͤmpft, ſondern nach dem Maßſtab ihrer kirch⸗ 
lichen Orthodoxie verdammend und ſchmaͤhend aburtheilt. So 
‚ werben ein Roͤhr, Krug, Niemeyer, Schulz, v. Colln, GSlaufen, 
ſelbſt Schleiermacher als abgefallene Keper und Heiden bezeich⸗ 
net. Ihe Kampf gegen ten Rationalismus wirb überhaupt ale 
gleichbedeutend dargeftellt mit dem Kampf bes Glaubens gegen 
den Unglauben, bed Chriſtenthums gegen das Heidenthum, des 
Söättlihen gegen das Menſchliche, der Wahrheit gegen die Lüge. 
Nicht blos eigentliche Rationaliien aber, auch Supernaturali⸗ 
fen, wenn fie nicht blind ihrem Gpftem huldigten, wurden bies 
fen Berdammungen untegworfen, wie Bretſchneider, Goldhorn, 


upernaturaligmus bereits 
nwenbung auf das Leben | 


Gtenbel, Reanber, Fritſche, Huf. wer ber 

feine „Schuilehresbibel” und andere pra Schriften bed 
verdiente Dinter oft der Gegenftand ihrer Anfeindungen. D 
„Stunden der Andacht”, in denen viele Xaufende wahrhaft res 
ligidfe Erbauung gefunden hatten, wurden als ein d 
unchriftliches Bud, als eine „Bibel bes Naturalismus” ver⸗ 
ſchrien. Den Höhepunkt diefes Iuquifitorengeichäfte bex „Evans. 
gelifchen Kirchenzeitung“ bezeichnet jeboch die beruͤchtigte Wer« 
tegerungsgefdhichte der beiden hallifchen Theole gen Weglcheider 
und Geſenins. Es konnte aber ben Reuevangelifchen unmöglid 
entgehen , daß ber Kampf, ben fie führten, nicht blos auf dem 
Gebiete der Theologie und praktiſchen Religionslehre durchge⸗ 
tämpft werben könne; fle mußten einfeben, daß bie freie Gehe 
ſtesdewegung, die fie zu unterdbrüden unb bem tobten Wort ige 
ser Orthodoxie zu unterwerfen firebten, auf alle Gebiete deu 
Wiffenfhaft und bes Bebens ſich erſtrecke, und fo wenbeten fie 
ihre Grundfäge des Dbfcurantismus mit einer nicht zu verken⸗ 
nenden Geſchicklichkeit und Planmäßigleit in den verfhiedenften 
wiffenf&haftlihen und praftifhen Beziehungen an. ebereil, we - 
ſich freier Geiſt zeigte, traten fie ihm vertegernd entgegen. Ge 
erhoben ſich ganz allgemeine Anklagen gegen bie Zeit und ibes 
freie Geiſtesrichtung überhaupt. „‚Die Religion ber @ebildeten‘‘, .. 
hieß es, „if ein Semifch von Heidenthum, Wohammebanismut 
und Afterphilofophie''; die „ganze neuere Beitgefinnung mit ige 
ser Beiftesbildung iſt Abgdtterei”; der „Kunſt⸗ und Willen _ 
ſchaftsenthuſiaemus unferer Zeit ift nur ein Eurrogat für die 
erftorbene Religidfität und ein Ausbrud des heidniſchen Sin⸗ 
nes”. So mußten bie Heroen unferer beutfchen Piteraturs 
Schiller, Goͤthe, Herder, Jean Yaul, Jacobi, WBindelmem, 
ſich vor ihr Ketzergericht ſtellen und den freien S ihres 
Genies nach dem gaabersigen Maßſtab einer tobten Orthodexie 
als unchriſtlich und ketzeriſch verustheilen laſſen. Alle 

der Wiffenfhaft und Kunſt fuchten fie ber Norm ber Ki 
und Bibel zu unterwerfen. Nach ihrer beichräntten 

fouten Philofbppie, Pädagogit und Poefie den Gheralter der 
Shriftliyleit annehmen; die Pfychofogie wurbe eigens dem So⸗ 
pernaturaliömus angepaßt, wie 3. B. Heinroth bie kirchlichen 
Lehren von der Gündhaftigkeit und Griöfung pfychologiſch gu 
begründen fuchte (Band 2, Nr. 18 fg.); feibft die Naturwiſſen⸗ 
ſchaft fol fi, trog den rieſendaften Zortfchritten der neuern 
Zeit, unter die in der Wibel vorfommenden roben und kindiſchen 
naturwiſſenſchaftlichen Borftellungen der Ifraeliten beugen, wie 
denn wamentlidh die bewährteften Reſultate der neuern geologis 
ſchen Forſchungen ats gottlos vertammt werden, weil fie mit 
der moſaiſchen Schöpfungsgefchichte im Biderſpruch ſtehen (Ban 
1, Nr. 13). Eudlich auch in ber Politik trist die „Gvangelie 
ſche Kirpenieitung” unbedingt der Sache des freien Geiſtes ende 
gegen, und eifert lebhaft gegen das Streben der Voiker nach 


„freien Berfaffungen und Bürgerredten (Band 8, Nr. 18; Band 


9, Ar. Lu. a.) Go fühst alfo bie ganze Tendenz ber „Evans 
gelifhen Kirdyenzeitung”’ entſchieden aut gaͤnzliche Vertilgung 
aller Fruͤchte der freien Geiſtesbewegung und auf Gründung ei⸗ 
ner völligen Barbarei und Berfinfterung, auf Knechtſchaft des 
ganzen Lebens in Wiffenfchaft, Kunft, Sittlichkeit, Etaat, un« 
ter dem ſtarren Wort der Kirche bin. Daß es jedech dieſer 
Dbfcurantenpartei nicht gelingen werbe, biefes Biel zu erreichen, 
bafür bürgt uns bie Allgewalt des freien Geiftes, der, einmal 
in unferer Zeit zum Leben gewedt, alle Hemmungen, bie fels 
nem Lauf entgegentreten, durchbrechen wird, wie vielmehr das 
Ketzergeſchrei dieſer ſchwachen Sekte! Richt die proteftantifche 
Kirche allein, die ihrem biftorifchen Grund und ihrem Weiße 
nach wefentlih Rationalismus if, fondern unfere ganze geiffige 
Bildung, Wiffenfhaft, Kun, Bitte, bür reliche Drbnung 
und Gefepgebung ruhen auf freier Geiftesthätigkeit und haben 
durch fie ihre Criſtenz; all Diefes mühte umgeſtuͤrzt und vers 
nichtet werden, follte an ber Gtelle der freien Geiflesbilbung 
die ſtarre Form eines veralteten Glaubens gewaltfam bem Les 
ben aufgebrungen werden. Nur ber telle Wahn der Schwaͤrme⸗ 
rei kann dies verſuchen. 


Hebigiet unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: 8. U. Brodbaus in Leipzig. 
—— ne aaa u " 


T 


2 





Sonntag, 


nen. 


Maler Nolten. Novelle in zwei Thellen von Eduard 

Mörike. Mit einer Mufifbeilage. Stuttgart, Schweis 
zerbart. 1832. ©, 2 Thlr. 18 Sr. 

Wir find unfhlüffig, -ob wir zuerft mit den Sehlern 
sber mit den großen Vorzuͤgen biefes Novellenromans 
unfere Beurteilung anfangen follen. Thun wir jenes, 
b erwelfen wir dem Verfaſſer, der Vertrauen bei den 

efern verdient, und dem Verleger, der zu ermuntern iſt, 

weil er ſich entfchloffen hat, ein junges und noch namen- 
loſes Talent in die Welt einzuführen, einen ſchlechten 
Dienſt; fangen wir aber mit den Vorzügen an, fo ges 
tathen wir bei einem an den volllommenern Organismus 
erfahrener Novelienmeifter gewohnten Lefer, dem die Un- 
beholfenheiten der vorliegenden Dichtung ohne Zweifel 
eher in die Augen füllen werden als ihre Zugenden, in 
den Verdacht der SParteilichkeit. Am gerathenften if, 
ME. begibt fich mit feiner Anzeige ſogleich in mediam rem 
und entwirft, bevor er urtheilt,, einen Grundriß der Ers 
zählung. Und fomit aßs Wr — — — — « 

Der Anfang der Novelle zeigt und einen jungen Ma⸗ 
ler, Theobald Nolten, der fein glänzendes Talent, den 
wackern, aber erfindungsarmen Meiſter überflügeind, von 
Gönnen und Freunden- geliebt Und bewundert, in der 
Refidenz, an deren Weltleben er Antheil nimmt, entfaltet. 
Sm Haufe des Grafen von Zarlin Iernt er deſſen fchöne 
Schweſter, Konftanze von Armond, eine junge Witwe, 
kennen. Die Reize ihrer Perfon, die Beinheit ihres ge: 
bifdeten Geiftes, ihre Kunftfian machen ihn zu ihrem ſtil⸗ 
im, aber leidenfcyaftlichen Bewunderer, und es peinigt 
ihn, daß einer feiner —A— Goͤnner, der Her⸗ 
zog Adolf, fein Nebenbuhler nzwiſchen myſtificirt er 
fh fo gut wie möglich "uber "feine wachſende Neigung, 
denn eine früher geknuͤpfte Verbindung machte noch im⸗ 
mer ihre ftillen Rechte an fein Herz geltend. Das reine 
Gtüd, ‚weiches dee unverdorbene Süngling oftmals in 
der Liebe zu einem hoͤchſt unfchuldigen Gefchöpfe, Agnes, 
ber Körfierdtochter zu Neuburg, gefunden, war feit Kurs 
zem bush unglüdielige Misverſtaͤndniſſe geftört worden. 
Die Sache hatte fo viel Schein, daß er das freie Maͤd⸗ 
hen keines Wortes mehr würdigte und ihr nicht im ge: 
ringſten den Grund dieſer Veränderung zu erkennen gab. 
Jene Agnes war, was der Lefer erft fpdter erfährt, durch 
eine Nervenkrankheit dem Tode nahe gebracht geweim; 









Blätter 
ws fe, 


literarifche Unterhaltung. 


[4 


ur. 


20. Januar 1833. 





in ihrer krankhaften Reizbarkeit glaubte ſich bie Geneſende 
ihres Bräutigams als ein bäuerliches einfältiges Gefchöpf 
nicht mehr würdig. Diefn Wahn beftärkt eine geheim⸗ 
nißvolle Zigeunerin, die ihr aus den fchiefen Linien der 
Hand prophezeit, daß fie und ihr Geliebter nicht füreinans, 
der geboren feien, und zugleich ihr an einem liebenswuͤr⸗ 
digen Better Dtto, der fie im Guitarrenſpiel unterrichtet, 
eine neue Liebe zuweiſt. Vergebens ringt Agnes, fich von, . 
der trügerifhen Prophetenfiimme unabhängig zu machen; 
ihr Gemuͤth war zerriffen umd gepeinigtz jene Idee von 
Dtto firiete ſich Lünftlih darin, und die eingebildete 
Nothwendigkeit fing an, den Widerwillen gegen ihn zu 
überbieten. Ein ſtiller Wahnfinn fett bei ihr an. Nols 
ten aber wirb, ebenfalls durch einen plumpen Brief Dts 
t0’8, der ihm anmuthet zurlichzutreten, von bes vermeint⸗ 
lichen Untreue feiner Brapt unterrichtet und geraͤth in. 
haſſende Werzweiflung. In Ddiefer wunden Stimmung 
trifft ihn fein Büſenfreund, geniale Schaufpieler Lars 
tens, der, von einer Reife zuruͤckgekehrt, ein frohes Wie⸗ 
derfehen mit dem Freunde zu feiern gefommen iſt. In 
Theobald's Liebe zu Agnes früher eingeweiht, das Mis⸗ 
veritändniß ahnend und zum Theil durchſchauend, Nol⸗ 
ten's neue Neigung zu dee Gräfin noch ziemlich leicht: 
anfchlagend, unternimmt es der bizarre Dann, der aus 
einem zerrütteten Leben einen ebein Geift und Charakter, 
der aufppfernditen Freundſchaft fähig, fich gerettet. bat, 
die Sache ohne Wiffen feines Freundes wieder ind Ges 
teife zu bringen. Nachdem er ihn vergebens durch eine. 
etwas mislungene (audy dem Dichter mislungene) Faſt⸗ 
nachtsmummerei gewarnt, entſchließt er fi zu einer Mas⸗ 
kencorreſpondenz mit Agnes. „Er ahmt feines Freundes 


Handſchrift nach; er correſpondirt mit der armen verlaſ⸗ 


ſenen Braut, als wäre fie nicht verlaſſen, und ſorgt da⸗ 
fuͤr, daß nur er die holden Antworten des durch dieſen 
frommen Betrug geneſenden Kindes erhaͤlt. Inzwiſchen 
gibt ſich Nolten mit Glut ſeiner neuen Liebe zu Kon⸗ 
ſtanzen hin, und zu feinem Unſtern wird dieſe Liebe all⸗ 
maͤlig erwidert; ein Zufall druͤckt ihm in einer Grotte 
der fürftlichen Sartenanlagen die Sräfin-ohne Zeugen ans 
Herz; fie duldet feine Thränen und feinen Kuß, der auf 
ihrem: Halfe brennt. Durch die freundliche Unbefangens 
beit Konftanzens in den Tagen, welche auf diefe Scene 
folgen, darf ber Gluͤckliche fich überzeugen, daß er voll 





Gegenliebe gefanden hat. Inzwiſchen fest Larkens, der 


von alle dem nichts ahnt, feinen verfiohlenen Briefwechſei 


82 


mit Agnes fort und erhält von diefer endlich einen trunke⸗ 
nen Brief, in welchem fid die völlig Genefene wieder‘ 


ganz als Nolten's Braut empfindet, Jetzt glaubt der 
Freund, es gelte, was es wolle, einen Bruch mit der 
Gräfin vorbereiten zu müflen. Bei dem Grafen Zarkin 
wird ein phantasmagorifches Zuziſchenſpiel, von Larkens 
verfaßt, von demſelben vos einer großen Geſeſlſchaft aufs 


. geführt. Nachdem die Geſellſchaft auselnandergegangen, 
breitet Konſtanze mit Wonne über ihrer Liebe zum Mas- 


? 


fer; aber Larkens hat feine mit Nolten's Namenschiffte 
foegfältig bezeichnete WBrieftafche, welche alle Antworten 
von Agnes enthält, abſichtlich, fo abſichtlich, wie Marquis 
Poſa die feines Freundes, im Palais des Grafen verlo: 
wen; noch in derſelben Nacht kommt die Taſche durch 
das Kammermaͤdchen in Konftanzens Hände; fie erkennt 
in Nolten den ruchlofeften Heuchler — fie ergibt ſich im 
der Verzweiflung dem Merzog Adolf, Nolten wird (er 
weiß nicht warum) verfloßen, und Larlens und er werden, 
wegen unvorfichtigee Anfpielungen auf den regierenden 
König in jenem Scattenfpiele politifc verdächtigt, vers 
haftet und in langer gefonderter Haft gehalten, in welcher 


fi Nolten's ein: hitziges Fieber erbarmt. Inzwiſchen er⸗ 


fahren wir aus dem Manuſcripte eines feiner Fremde, 
wie vounderbar jene Zigeunerin in das Geſchich des Mas 
lers verRochten iſt. Er traf fie in feiner Jugend auf ber 
Gebirgsruine feiner Heimatgegend, die er von Hauſt aus 
mit feiner: jungen Schwefter befuchte; aus einer Reihe 
von feltfamen Scenen ergibt ſich, daß fie die Tochter eis 
nes väterlichen Oheims von Nolten iſt, ber als Mater 
in die weite Welt ging, Mer eine Zigeunerbande gerieth 
und Losßine, die ſchoͤne Nichte des Zigeunerhauptmanns, 
entführte und ehelichte. Er lebte mit Ihe, gemieden von 


* der Familie, aber reichlich von felner Kunft genähet, Eli⸗ 


ſabeth, die Bigeunerin, war .die einzige Frucht ihrer Che. 


kommen follte. Dit heftiger Bewegung verabfchlebet er 
fih vom Maler, der feinen Entſchluß nicht begreifen kann. 
Aber nach feiner Abreife erfährt Nolten aus einem Briefe 
feines Freundes den ganzen, vollen Betrug, felbft in Bes 
ziehung auf Konflange oa 

Theobald (ſchließt der Brief), noch ein Mal: den® an den 


' Garten, meulich hat fie bie Laube zurechtgedugt, die Bart, wo 


'.gute Menſchen gluͤcklich zu machen. 


ber Liebſte bei ihr figen foll. Wirft Du bald kommen? Wirſt 
Du nicht? — Wag' ed, fie zu,betrügen! den heilen, füßen 
Sommertag bdiefer fchuiblofen Sele mit Ginem verzweifelten 
Streiche hinzuftürzen in eine bumpfe Nacht, wehe! das win 
mernde Gefchäpfl Ahu’s, und exiebe, daß ich ig wenigen Mon⸗ 
den, ein einfamer Wallfahrer, auf des Mädchens Brabhügel die 
Eraftiofe Pofle, das Nichts unferer Freundſchaft und bie zer⸗ 
fhlagene Hoffnung bemweine, daß mein elendes Leben, kurz ch’ 
ich's ende, doch wenigfiens noch fo viel nüg fein möchte, zwei 





Der Maler wird uns auf diefen Frief als hoͤchſt uns 
gluͤcklich gefchlidert; und doch „mer hätte gluͤcklicher fein 


koͤnnen als er, wäre er fogleich fähig gemefen, feinem 


> A — — ——— ü⏑ 
“ 


Loskine farb bald am Heimweh. She heranwachſendes 


Kind entlief zu der Bande, und wahrfcheinlich hat diefe 
Loskinens Entführung duch den Mord des Vaters ge: 
sähe. Nachdem Eliſabeth mit feitlamer Leidenſchaftlich⸗ 
keit den jungen Nolten ſich gleichfam zum Eigenthume 
getweiht, verläßt fie bie halbe Heimat wieder. Aus dieſen 
Mittheilungen erklärt ſich hinreichend, wie bie Bigeunerin, 
welche Motten bis jegt nie wiedergeſehen, ſich prophezeiend 
in fein Schickſal miihen konnte. Die Mittheilungen ſchlie⸗ 
en die erſte Abtheilung der Novelle. 

Der zweite Theil bebe mit der Befreiung ber 
zwei Freunde aus ihrer ungeredhten Daft an. Der genes 
fene Nolten glaubt fich jegt erſt zu verſtehen, er betrach: 
tet ſich als frei von aller truͤgeriſchen Liebe und will hin» 
fort nur der Kunft Geweihter fein. Da faßt Larkens den 
Entſchluß, auf unbeitimmte Zeit die Stadt zu verlaffen 
und ins Ausland zu gehen. Zum legten Mal, und uns 
gern zum legten Mat fchreibt er in Nolten’s Namen an 
Agnes und nimmt in Gedanken den herzlichiten Abs 
fhied von dem Mädchen, weil nach feiner Berechnung 
fhon ihr naͤchſter Brief wieder unmittelbar an Molten 


benugt, ihm den Kerker zu beveitn, und nur ein 


Geiſte nur fo viel Schwung zu geben al nöthig, um 
einigermaßen fi über die Umftände, deren Foderungen 
ihm furchtbar über das Daupt hinauswuchfen, zu erheben 
und eine Mare UWeberficht feiner Rage zu erhalten”. In⸗ 
zwifchen kommt er allmälig zur Befinnung und verſenkt 
fi in Agnes’ Briefe, welche Larkens ihm beigefchlof: 
A und in denen fi das ſchoͤne Gemuͤth wie verjüngt 
ellte. 


Der ganz unfaßliche Gebanke, dies einzige Geſchoͤpf, wann 
unb fobald es ihm beliebe, als Eigenthum an feinen Buſen 
fließen zu koͤnnen, durchſchuͤtterte wechſelnd alle Nerven Theo⸗ 
bald's. Auf Gin Mal überfhhattete ein unbelanntes Etwas bie 
Seligkeit feines Herzens. Diefe zärtlihen Worte Agnefens, 
wer anders galten fie ald Ihm? Und body will ihm auf Aus 
genblicke dünten, er fei es night, ein uftbild babe jich zwifchen 
ihn und bie Shreiberin gedkaͤngt, haͤbe den Geiſt dieſer Worte 
voraus ih zugeeignet, ihm nur die todten Buchſtaben zuroͤck⸗ 
laſſend. Ja, wie es nicht felten im Traume begegnet, daß uns 


- eine Perſon bekannt und nicht bekannt, zugleich entfernt und 


nahe ſcheint, ſo ſah er die Geſtalt des lieben Maͤdchens gleich⸗ 
ſam immer einige Schritte vor ſich, aber leider nur vom 
Rüden; der Anblick ihrer Augen, bie ihm das treueſte Zeugniß 
geben follten, war ihm verſagt; von allen Seiten fucht er fie 
u umgeben; umfonft, fie weicht ihm aus; ihres eigentlichen 
elbſis kann er nicht habhaft werben, 

Zugikich entdeckte ihm des Schaufpielere Tagebuch die 
wiederholte Anweſenheit ber Zigeunerin, welche aufs Mene 
die Bahn feines Lebegs auf eine abfichtlih Gefahr bros 
bende Weiſe durchkreuzen, mußte; auch gegen Larkens 
ftreitet fi in feinem Derzen Dank und Tadel, unb auch 
wegen feines Schickſals wird ihm bange. Sein nächfter 
Gedanke. ift nun, fi) vor Konftanzens Augen zu rechtfers 
tigen, und e6 gelingt ihm, durch Vermittelung einer bes 
fteundeten Dame, der er ſich aufs zartefte mittheilt, bie 
volle Wahrheit vor ihre Ohren zu bringen. Nach einigen 
Tagen erhält er auf biefem Wege einen herrlichen Hoch⸗ 
zeitſchmuck für feine Braut nebft einem Blatte won Konz 
ftanzgen, in. welchem fie ſich das jammervoliite und, ady, 
zugleih das unwürdigſte Weib nennt. Sie ſelbſt hatte 
Theobald’8 unfchuldigen Ancheil an jenem Schattenfpiele 


ſchein⸗ 


= 


bares Wunder erfäfstterte. und befttunmte fies; then m be 
feeten. Sie hatte nämlich: fruͤher von Mherbetd das Kanıch 
fonft in ber Novelle hexautgehobene) Pild einer. wahnfins 


Ohnmacht niedet. (Es war die Zigermerin, die als Mo⸗ 
do zu Molten’s Bilde gebiönt hatte.) Diefelbe Hand, die 
den Meter gekürzt, mußte ihn, jetzt retten — ber Herzog 
Adoif. Verzweifelte Anbentungen verrathen Theobald 
find dem Leſer, daß Komflanze‘ aus Mache ihre Tugend 
ben "Dergop geopfert hatte. Jetzt' betet fie für den Ma: 
ler es 


Res. 
Der Roman läßt ben. — auf einen Augenblick 
fallen und zeigt uns dann den Maler fröhlich und ent⸗ 
fshloffen auf der Brautreife zu Agnes. Er überrafche fie 
auf dem Kirchhof ihre heimatlichen Dorfes und detrach⸗ 
vet fie fang umgefchen.. 
Agnes, ihn erblickend, fällt mit einem leichten Schrei dem 
ſt ftehenden .Bater um ben Hals, wo fie ihr glühenbes 
verbirgt, während unſer Freund, der biefe erſchuͤttert 
nbte Bewegung blitzſchnell durch fein böfes Gewiſſen er⸗ 
Bären läßt mit einiger Verlegenheit ſich heranfchmiegt, bis ein 
verſtohlener, balbaufgerichteter Blick bes Maͤdchens über bes 
Alten Schulter Hinweg ihm fagt, daß Freude, nicht Abſcheu 
oder Schmerz es fei, was hier am Baterherzen ſchluchze. Als 
aber das herrliche Kind fih nun plöglich gegen ihn berums 
wandte, ihm mit aller Gewalt leibenfchaftlicher Liebe ih um 
ib warf und nur die Worte vorbracdhte: „Wein, mein!" 
auch er laut ausbrechen uebermacht 


ſten Thraͤ⸗ 
nen erſtarren machte. 
Theobaid ſtaunt Aber die Herrlichkeit ſeiner Braut. 
Virklich war ihre ganze Figur entfchiedener, mächtiger ge 
worden. Aber audy alle bie Reize, bie ber Mräutigam ihr von 
jeher fo hoch angerechget hatte, erkannte er wieder. Jenes tiefe 
Dunkelblau ber Augen, jene eighe Form ber Augenbrauen, bie 
von allen Übrigen ſich dadurch unterfchieben, daß fie gegen die 
Schlaͤfe Hin in einem Meinen Winkel abfprangen, ber in ber 
hat etwas Bezauberndes hatte. Ihre Haare, bie er bei 
feiner Iegten Anweſenheit noch beinahe blond gefehen hatte, was 
sen durchaus in ein fchönes glänzendes Kaftanienbraun Überges 
gengen. Theobalden war es beim erfien Blicke aufgefallen, 
aber auch fogleich hatte fich ihm die fonderbare Ahnung aufge 
drungen, Krankheit und budkitr Kummer hätten Theil an die 
ſem Ihönen Wunder. Agnes felber ſchien nicht im, Gntfernten 
dergleichen zu denken, vielmehr fuhr fie ganz heiter fort: „Und 
meint Du wol, es habe fonderlih viel Zeit dazu gebraucht? 
Richt doch! faſt zufehende, in weniger als zwanzig Wochen, war 
ih fo umgefärbt; "die Paſtorstothter und ich wir haben heut 
noch unfern Scherz darüber.‘ u 0 
Inzwiſchen ſcheint des Schauſpielers Werk vollbradyt 
und gelungen. . Ein feliges Stillleben beginnt zwiſchen 
Motten und ber Braud, dem guten nmunderlichen Foͤrſter 
und dem ebein, alten; gebildeten Baron, dem. Jugend⸗ 
wohlthäter Theobald's. Alte leben in ſuͤßer Erinnerung 
mub Almung, Nolten und der Baron auch im Um⸗ 
tauſch dee geiſtreichſten Gedanken, - die auch bem Lefer zu 
te kommen. Nur felten Angfligt Agnes Otto's, Theo⸗ 


gute 
bald Konftanzens act voruͤberſchwebendes Bild, dem 


ern auch wie ein Geſpenſt die Etinnerung an das 
ummatürliche Mittel, das ihn in den Beſitz der Geliebten 
gefegt hat. Ein Befuc bei befreundeten jungen Nach⸗ 


barn, wo ſich Bebaunte: und Verwaundte zur Ueberra⸗ 
ſchung zingefunden, wird jubelnd ausgeführt und bildet 
eine der lieblichſten von den vielen Epiſoden des Buches; 
Rolten erhätt-jegt auch einen: glänzenden, feine Zukunft 


1 fidernden Ruf zu einem fernen FZürften. Aber die Kuͤck⸗ 


Eehrenden trifft die Schredensnachricht, dab ben guten 
Baron der Schlag getroffen. Damit kehrt eine ernfte 
und wehmtgthige Stimmung in ben Beinen Meeis ein. - 

Was Theobalden betrifft, fo war ein ſoicher Verluft für - 
fon no von befonderer Bedeutung. Wenn uns unvermuthet 
eine Perſon wegſtirbt, deren innige und verftändige Theilnahme 
uns von Jugend an begleitete, deren ununterbrochene Neigung 
uns gleichſam eim® file Bürgfchaft für ein dauerndes Bohl⸗ 
ergeben geworben war, fo ift es immer, als ftodte plöglid uns 
fer eignes Leben, als fei im Gangwerk unfers Schidfals ein Rab 
gebrochen, das, ob es gleich auf feinem Plage beinahe unentbehrr 
lich feheinen konnte, nun durch den Gtillftand des Ganzen erfk 
feine wahre Wedeutung verriethe. Wenn aber gar der Fail 
eintritt, daß ſich ein ſolches Auge fchließt, indem uns eben bie 
wichtigfte kebensepoche ſich Öffnet, und ehe den Freund die frohe 
Nachricht noch erreichen konnte, ſo will der Muth uns gänzlich 
fehien, eine Bahn gu befchreiten, welche bes beften Gegend zu 
ermangein, uns fremd und traurig anzubliden ſcheint. 

"Agnes iſt die Ruhigſte von Allen. Sie kämpft mit 
Erhebung gegen ein Gefühl, das fie mit Niemand theis - 
len zu koͤnnen fcheint. Sie verzehrt feit Kurzem eine 
andere Empfindung, eine umerflärliche Angfl. „OD wenn 
es wahr wäre”, fpricht fie, „daß ich meine Thränen auf 
groͤßeres Ungluͤck aufiparen fol, das erft im Anzug iſt!“ 
Mit. diefen: Worten bricht fie in das fürchterlichfte Wei⸗ 
nen aus. Bald darauf widerſetzt fie ſich aufs entfchies 
denfte dem Willen des Vaters und dem Wunſche des 
Bräutigam, fi) in der Ausſicht auf die nahe Werfors 
sung fofort in der Heimat trauen zu laſſen, und nug 
ungern, Nachdem man ihr hierin nachgegeben, willigt fie 
darein, mit dem Bräutigam und deſſen jüngfter Gchwes 
fler auf einent Umwege nach dem Biel ihrer Beſtimmung 
abzureiien. Am Ende tritt fich diefe Reiſe mit Heiterkeit 
an; bie Ahnung ift beſchwichtigt, und ſorglos gehen Die 
Liebenden der Kataſtrophe entgegen. Nach einigen Regen 
tagen fommen fie bei heiterm Wetter in einer ehemalis 
gen Reichsſtadt an, Hier entdeckt Nolten einen Schuft 
won. ehemaligen Bedienten, der im erſten Theile ber No⸗ 
velle eine nicht unbedeutende epiſodiſche Rolle fpielt. Dies 
fer zeige ihm in der dampfenden Stube eines alten Bier 
baufes der Stadt, im der unerwarteten Gefelifchaft von 
genialen Säufen aus dem Handwerksſtande — feinen 
Freund Larkens, felbft als Handwerker verkleidet. 

“ Noten, wie er hinſchaut, wie er das Geſicht des Fremden 
erkennt, glaubt in bie Erde zu finfen, feine Bruft krampft fidh 
sufammen im entfegläsbften Drang der Freude und beö Schmer⸗ 
zens; er wagt nicht, zum zweiten Dal binzufehen, und bodh, 
er wagt's, und — ja! es iſt ſein Larkens! er iſt's, aber, Wott, 
in welcher unfeligen Berwandlung! Wie mit umſtrickten Juͤßen 
bleibt Theobald an eine Säule gelehnt ſtehen, die Hände vors 
Auge gebedt, und gluͤhende Thraͤnen entflürgen ibm. Go vers 
barrt ei eine Weile. Ihm if, ald wenn ex, von einer Riefens 
dand im Flug einer Gecunde duch ben Raum ber tofenden 
Dölle getragen, bie Geftalt bes thenerſten Freundes erblickt 
hätte, mitten im Kreife der Berworfenen 

. _ (Der Beſchluß folgt.) 





Aus Jrorien . 2A 


Erndkhich If der prächtige, dem Frieden gewrihte Bogen au 
- ber Nocfdfeite des Waffenplatzes zu Mailand beinahe volendas, 
der feit feinem Beginnen fo viele Umgeſtaltungen, ber -Diege an 
fi) norübergeben f Er verdankt feinen Urſarung zinem aud 
£atten und. Leinwand aufgezimmerten Schaugebäude,’ dab beim 
Einzuge des Vicekbnige Gugen von Italien nad felner- Ber 
mählung mit der Prinzeffin Amalte von Baiern vom Gemeinde 
zathe dee Gtadt Mailand auf dem inwern Gork der Yorta 
Drientale war, .aufgefüprt worden (im Ian. 1806), Diefes 
Schaugebaͤude gefiel fo fehr wegen feiner vortrefflichen Verhaͤlt⸗ 
nifle und wegen der Gleganz feiner Anordnung, daß der Com⸗ 
munaltath der Stadt Mailand in einer Sitzung am 8. Febr. 
1838 beſchloß, den Meifter jenes allgemein peiwunderten Tho⸗ 
res zu beauftragen, daß dr an geeignetertr Gtelle und in 
dauerndern Stoffen fein ſchoͤnes Bauwerk wiederhole, nur mit 
dem einzigen Unterfhiede, daß bie Reliefs, welde im Modells 
baue auf Eros und Anteros anfpielten, hier in dem beabfichtigs 
ten Monumente auf die Seriegsereigriffe Bezug nähmen, welche 
damals die Melt mit ihrem Getöfe erfüllten. Natürlich blieb 
die Ausführung diefes prächtigen Monumente bemfelben Archi⸗ 
selten, ben Marcheſe Luigi Gagnola, übertragen, ber durch je: 
nes Modell ſchon Alles entzoͤckt hatte. Nicht feine Schuld je⸗ 
doch war es, daß die Vollziehung .diefes Auftrags fo langſam 
von flatten ging. Die Ungunft ber Zeit, weldhe auf alle Ver⸗ 
daͤttniſſe drückte, blieb nicht ohne Einfluß auf das fo greßartig 
angelegte Unternehmen. Kriege waren.auf Kriege gefolgt, unb 
der 19. April 1814, ber bem Königreiche Italien ein Ende 
mache, war herbeigelommen, als dad Prachtthor erit - bis 
u dep Kämpfern ber beiden Nebendurchgänge gebiehen war: 
af'war biefes Zurüdbleiben für’ eim Gluͤck zu achten, "indem 
onſt feinem Fortbau fich beinah "größere KHinberniffe möchten 
ia bin Weg geftellt haben." Noch war bamımis feines. her Mes 
liefs angebracht, bie nach dem ˖ urſpruͤnglichen Pfane zu feiner 
Verzierung beitimmt waren; Feines durfte wieder zerflört wer: 
den; und nody liefen fidy den fie zu erfegen beftimmten Bezie⸗ 
bungen auf Ereigniffe unterlegen, die Europa als Unterpfänder 
des für lange gefi.berten: Friedens anſah. Jetzt iſt biefer reiche 
@chmud des trefflichen Gebämbes an bemfelben angebracht, und jegt 
kaun man ſich überzeugen, daß bei dem Tauſche weder an. Bes 
deutfamkeit ber gewählten Momente noch am Werthe der’ Aus: 
übrung etwas’ verloren ging. Die Geſchichte ber’ Kröegtjahre 
813-—14 bis zum Einzuge in Paris, fo weit ſie die lombardi⸗ 
ſchen Staaten berührt, iſt hier in 24 vortrefflicdhen Bildwerken 
durch Luigi Acquiſti, Somaini, Gaetano Monti, Benktdetto 
Gacciatori. Camillo Paccetti, Claudio Monti, Graz. Rusca, 
Wiumbatt. Perabo, Angelo Pizzi, Pompeo Marcheſi ausgeführt, 
und der Einfluß det Kunſtanſichten, welche ‘jest die Welt bes 
hertſchen zeigt ſich in ber geiſtreichen Erſtndung, in der Rum 
hdeit der Formen und der Beftinmtheit der Umriſſe auf ejng ex⸗ 
freuliche Weiſe. Acht koloſſale Säulen mit Sgaͤften aus eine 
einzigen-Stoͤcke Marmor aus Crevola ſchmuͤcken dieſes Pracht: 
thor, deſſen Hauptſims, ſobald der Fries‘ wird beendet fein, 
wird auf daz Gebäude aufgelegt werden. Schon find: auch im 
der Gießerei des Herrn Manfredini die Statuen der Bollen⸗ 
bung nahe, weiche das Denkmal: ſchmuͤcken und Erönen follen. 
Bier Poloffale Roſſe mit darauf figenden Giegesgättinnen -für 
die Eden und ein Siegeswagen, von ſechs Roffen gezagen, mit 
dem Stanbbilde der Goͤttin des Friedens für die Mitte der At⸗ 
tiea. Gin fehr junger Kuͤnſtler, Abbondio Sangiorgio, dem ein 
Theil davon dufgetragen wurde, namentlich bie ſechs Roſſe zum 
Wagen der Goͤttin, entrwidelte "dabei ein Talent, das für bie 
Zukunft zu den glänzenbften Hoffnungen berechtigt und auqh 
von biefer Seite die folge Sheimahme eriiärt, mit der bie 
Mailänder auf ihren Friedentbogen hinweifen. Mag zum Heile 
der Kunſt die Goͤttin ſelbſt, det biefe Pforte geweiht ift, nie 
fih von dem ſchoͤnen Malland entfernen ! m. 


Gehrelben:ans**t: herr; den: Herzes an: Reſſabe. Non 
einem fen FSorunde. Freibxxga heher. 4632. 8. 6 hr, 
Dad Schnitſal DE Welten, Bi Konige geboren werben unh 
nicht auf dem Iytmme-firuieti, das ac biz ixte 
jenes Infek ‚des M 6, Rad Arab: ben. geikürzten, Mai 
auf ber Inſel des angehenern Dceans 3 cr gen Aben.rineg 
bämonifhen ‚Bierögipphif" Enüpft, “hatte auch "ben Zerzog "von 
Neichftatt in “feinee Wiege und in feinem frühen Grabe wie ik 
ben Verhaͤltniffen feines Lebens‘ als eine Hieroglyphe in "bie 
Welt Hingeftelit, Sie ſelbſt ift. ns: ben Afern Wilden entriditg 
aber das Räthfer ift —8 ‚nicht ‚gelöft, und.das, Auge, b 
num ogil Thraͤnen uud in innerer Wehmush' auf dem ga 
ruht, ih das jene Erſcheinang eingefinfen ift, dermag hun ebe 
weiter nichts, als — zu Elagen und zu weineny ubte es -fießt, 
In dem umflörten Blite, den es aus’ fi) heramsfentet, nür — 
bas Grab des Herzogs von Reichſtadt. Wenn «8 je für die 
fühlenden Genoſſen einer Zeit ein Räthfel in der Geſchiſhte dies 
fer Zeit gab, das — wenn auch der Verftand, bo nicht das 
Gemüt zu entziffern vermag, fo ift es bier in der „Bohne 
bes Mannes” zu finden, und in ſeinem ˖ frͤhen nde erreicht 6 
ben hödjften Punkt, wo der Manſth, Der nur etwas Bemäth bes 
figt, ſtumm und lautlos — wennmicht Mpränen bie Sprache 
find, die beredter find als bas Wort — der Grfcheinung. mb 
ihrem Vergehen gegenüberfieht. Nur dos mag, man hiermit 
bem Freunde dieſer Erſcheinung, der in dem vorliegenden Schrei⸗ 
ben eben fo ſchoͤn als gewiß defaͤhigt, zu ſprechen, unb wahe 
über diefelbe fpricht, fi Tagen: Das Verhängniß mußte erfäilt 
werben, und erft in feinem Sohne farb ber Vater vduig! 
(©. 38.) Jener Freund, der Verf. bes vorliegenden Schreibens, 
kann Rienfand anders fen, als ber Major v. vᷣrokeſch, von weis 
dein vor und nad dem: Tode des Herzogs von Reichſtadt .öfe 
fenetiche Wi geſagt Haben, daß er in cinem foldyen Berhaͤl 
niffe zu demſelben geſtanden habe. Daß bies von dem ‚Werf. 
biefes Schreibens gelte — mag es fein, wer es auch will — 
geht. aus dieſem ſelhſt deutlich bexpor, wie auch tiefe Blick, 
womit jener in feinen Gegenitand einbringt, und die Klarheit, 
womit er vor bem Eefer namentlich das innere Erben bes Prin« 
jen verlegt für Wie Wahrheit und Treue zeugt, mit der er bies 
en gezeichnet bat. ebenfalls ift das Green ‘vor allem Ans 
bern, was bisher über den Herzog von Michſtadt erfchienen if, 
vorzuͤglich geeignet, benfelben feinem innern Wefen nach kennen 
su lernen. Wem daran gelegen ift, ber barf das Schriftchen nicht 
unbeachtet laffen. Zu biefem Gnde hielten wir vorfiehende Worte 
ſelbſt für hinreichend. ' 30. : 





Zu MNMotiz. 

3. K11ma von Braftlten. 

Zu St.Joſé während der kalten Jadreszeit faͤllt das Ther⸗ 
mometer wol auf 14° 21/R. Sein bödhfter Stand war 20°87°; 
gewöhnlih war es auf 160 482bis 16°87.. Im Ganzen genome 
men ift die Luft zu dieſer Zeit (Juni) lieblich und erfrifchend. 
Gin Engländer, welcher Brafilien bereift, erzählt, daß während 
ber Regenzeit das Hemd, das ex auf dem Leibe hatte, nie tros 
den war, bie Kleider, die er des Abend6 auszög, ‚waren am 
ftudht. —— fo.:dampfte fein ganzer 


ändern Morgen ‚10 
nzlih in Dünfte. auf. Ig 


Körper; es war, als-Lfe er fih g 
Afrita würde. gie ſolche Temperatur unter derſelben Breite 
tödlich fein; in Brafftien befindet man ſich bei diefem Zuſtande 
ber Atmolphäre fehe gut. Auch gab es zu Ste⸗-Jofé Feine 
Aerzte. - Man berichtete unferm Reiſenden, es hätten ſich Fee 
ber zwei Mebiciner in San Jono dei Rey aufgehalten; der. eine 
aber hat die Stabt verlaffen, weil er nichts zu thun gehabt, 
bee anbere babe lange Zeit keinen andern. Patienten gebabt 
als ſich ſelbſt. W 143. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagshandlung: F. a. Brodbaus in geipzig. 


81 


- 


| für 


literariſche Unterhaltung 


- 


tter- 





Montag, 


Nr.2. — 


21. Sanuar 1833. 





zwei Theilen von 
brike. J 
| (Bericht aus Ar. ©.) 

Aber Lackens Hat auch ihn gefehen, er derſchwindet 
wmd fühet ‚einen früher fdyon gegen Nolten brieflich un: 
gedeuteten Entfchluß plößli aus. Er vergiftet ſich. Der 
Dichter laͤßt vermuthen, daß eine geheime, aus ihren 
Briefen entſproffene und genährte Leidenſchaft für bie 
Draut feines Freundes den Schauſpieler zu dem verzwei⸗ 
Wen Entfchiuffe gebracht habe. An der Leiche des Freun⸗ 
Ws teifft der troftloſe Theobald einen vornehmen Mann, 
ine Präfidenten, ber, in biefer Stadt zurhdigezogen le: 
sad, den Rünftter in Tee Verkleidung erfannt und kurs 
yon Umgang mit ihm gepflogen hatte. 

Is moͤglich, ſprach der Präfident, ſeh' ich 
eines Mamnes, dir Welt voll & umd 


Maler Roten. Novelle in 
E. M 


bier die Reſte 


weate unb sand — vot ums 
€ e a» nt vor uns 
—— gen pet  z 


trefflidhe Talent felbft, womit She Freund bie Melt entzuͤckte, 
To harmlos nicht war, als es ſchien; wenn bie heitere Geiſtes⸗ 
ſich vielleicht am beften Del bes innerlichen Menſchen 
naͤhrte: wer ſagt mie dann, warum femes namen 

loſe Beh, das alle Mannheit, alle Luſt und Kraft ter Seele 
baib daͤnglich ſchmetzend untergräbt, balb gomig aus den Bren- 
treibt, warum bed; jene Heimatlofigfrit des Geiſtes, dies 
* und Nirgendhiĩnverlangen in Mitten eines reichen, menſch⸗ 
83 Dafelns To oft das Erbtheil herrlicher Naturen 


Bon dieſem, im Jammer und burih denſelben neu 
sewworbenen Freunde erfährt Nolten auch, daß nur Die 
Hypochondrie und der Glaube, daß Tein Eörperliches Mis⸗ 
behagen durch Handiverferarbeit gehoben werben koͤnne, 
ven Schaufpieler jener abenteuerlichen Geſellſchaft zuge: 
führt Habe. Bon allen Trauernden ift Agnes die Rubigfte. 
Sie erblickt in der ganzen ſchrecktichen WBegebenheit mit 
Larkens nichts Anderes als die gemiffe Erfüllung eines 
ungriifien Vorgefuͤhls, und fo vermag fie, ein offenbares 
und geſchehenes Uebel mit feichterm en zu beweinen 
old ein gedrohtes zu erwarten. Unſere Reiſenden haben 
fi en mit ihrem Beduͤrfniſſe, den theuern Hinge⸗ 
ſchiedenen zu betrauern, feſt an dem (von feiner fteifen 


. - 2 2 » 
ee a nung 


Gemahlin halb getrennt lebenden) Praͤſidenten und feine 
liebenswuͤrdige, männlich gebildete Tochter Margot ange 
ſchloſſen und beziehen auf feine Einladung das ländliche 
Schloß defielben. Hier IE ed, wo ein vom Landmann 
und Gärtner erfehntes Gewitter, dem Agnes und ihr 
Bräutigam gelauſcht haben, den Legtern zu verführen‘ 
ſcheint, ſich auch feines ſchnoͤden Geheimniffes gegen Agnes 
zu entladen. AB daher Agnes, vom Standpunfte eines 
weiblichen Gemuͤthes aus, den Schaufpieler, von welchem 
die Mede geworden, etwas ftreng beurtheilt, bricht Theo⸗ 
bald aus: „Warum «8 Dir verhalten? Was aͤngſtigt 
mih? O Gott, bin Ich es ihm nicht ſchuldig? Du ſollſt, 
Agnes, ih will's, Du mußt Ihn lieben lernen! Dies ifl 
der Augenblick, um Dir das rührendfle Geheimniß aufs 
zudeden.” Und bamit ftrömt den Maler der ganze fromme 
Betrug feines Freundes von den Lippen. Er mar zu Ende.. 
Sanft drüt er ihre Hand an feinen Mund; fie aber, 
ſtumm, alt und verfteinert, gibt nicht das Meinfte Zei⸗ 
Hm von fi. Endlich ſtuͤrzt fie mit dem Ausruf: „D uns 
glüdfelig, unglücfelig!” händeringend und den Mater weit 
wegftoßend in das Haus. Der Wahnfinn hat fich ihrer 
bemaͤchtigt und dies Dal unhellbar. Sie wird in ihm 
durch die ploͤtzlich erfcheinende Zigeunetin beftärkt, welche 
die wuͤthendſte Leidenfhaft für Theobald an den Tag legt 
und fich flir feine Geliebte erklärt. In Agnes aber ſchien 
die fonderbarfte Perſonenverwechſelung zwiſchen Nolten und 
Larkens vorgegangen zu fen. „Den Maler fehlen fie 
zwar als den Geliebten zu betrachten, abet keineswegs In 
der Geſtalt, wie fie ihn bier vor Augen fah. Die Briefe 
des Schauſpielers trug fle mie Ein Heiligthum jeberzeft 
bei ſich, ihm ſelbſt erwartete fie mit der ſtillen Sehnſucht 
einer Btaut, und doch war es eigentlich nur wieder Nol⸗ 
ten, den fie erwartete.“ Am llebſten haͤtt fie ſich an ei⸗ 
nen frommen jungen Blinden, den mufitaliihen Gaͤrt⸗ 
nersfohn Henni, des ſich vergebens beftrebt, ihren vetirt⸗ 
tem Geift wieder auf die rechte Straße zu bringen. Ver⸗ 
gebens hat ſich and, der Mater, nachdem er zum legten 
Mat in einem ihrer fichten Augenblide an Agnes’ Lip: 
pen gehangen, aus dem Schloffe nifernt, um fhrer Ge 

nefung nicht im Wege zu fichen. Alle iſt vergebens 

Eines Morgens wird Aynes vermißt umd nach langem 
Suchen des ganzen Haufes in einem Waldbrunnen er: 
traͤnkt gefunden. Nolten, ben die ausgefandten Voten 


\ N 86 . 


(t hatten, eint unerwartet bom einer andern 
a Aa Er —8 nach Agnes; aber in der Nacht 


vor ihrem Begraͤbniſſe erwacht er vom Orgelton, der aus 
ben ünken Schloßfluͤgel heruͤberſchallt (ein im erſten helle 
prophezeltes Omen). Auch dee Gärtner und Henni vers 
nehmen es. Sie eilen nach der alten Kapelle, von wo⸗ 
"per fie einen ſtarken Fall ſammt lautem Aufſchrei gehoͤrt. 
Dort finden ſie den Maler leblos (und lich todt) am 
Boden. Der blinde Henni aber hate wunderbare 
Viſion — er fieht leibhaftig Nolten und die Zigeunerin 
an der Orgel ſtehen, dann Beide gleichgültig — über 
Molten’s Leichnam binfchreiten.. Nach des Malers Tode 


bringt der Präfident Theobald's Schweſter nach Neuburg 


zu dem armen Förfter; da kommt der Brief eines alten, 
‚bizarren, kunſtliebenden Hofraths aus ber Refidenz an, 
der in der erſten Hälfte des Romans als ein Gönner 
des Malers öfters auf die Scene gebracht worden iſt. 
Diefer gibt fich in dem Briefe als jenen väterlichen. Oheim 
Theobald's, Friedrich Nolten, den Vater der Figeunerin, 
zu erfennen; er ruft ihn nach Agnes’ Tode zu fi: 
„Sehen Sie, wir gehören ja recht füreinander, ale 
Zwillingsbruͤder de Geſchicks! Mit dreifachen ehernen 
Banden haben freundlich⸗feindſelige Götter dies Paar zu⸗ 
ſammengeſchmiedet.“ Umſonſt! Auch die Graͤfin Kon⸗ 
ſtanze, die mit Nolten's Gluͤck noch bis auf bie legte 
Zeit in Verbindung mit dem Hofrath beſchaͤftigt war, 
überlebt jene klaͤglichen Schickſale nur wenige Monate. 
Dies waͤre der Grundriß der Erzaͤhlung, der, obgleich 
er alles Nebenwerk bei Seite laſſen und auf jede Aus⸗ 
führung des Einzelnen verzichten mußte, doch wol ein 
hinreichende Zeugniß von der Originalität der Erfindung 
ablegt. Die eingemifchhten Stellen des Buches, zugleich 
von ‚uns beftimmt, die Zrodenheit bloßer Umriſſe zu mils 
dern, find fo gewählt worden, daß fie den ſchoͤnen Styl 
des Verfaſſers, feine Meifterfhaft in Schilderungen, fein 
Talent durch Kataſtrophen zu übercafchen, endlich die pſy⸗ 
shologifche Tiefe feiner Betrachtungen über Menfchen und 
Verhältniffe durch einzelne Proben belegen, die indeſſen 
. Jeicht Hätten vergehnfacht werden können. Die Lefer d. Bl. 


find durch unfern Auszug überzeugt worden, daB fie in 


diefem Buch etwas Eigenthümliches und Vorzuͤgliches zu 
erwarten haben. Um fo unbedenklicher äußern wir uns 
daher jegt auch uͤber die Fehler der Anlage und Ausfüh: 
zung. Diefe entipringen zum größten Theile viel mehr 
aus dem Reichthum als aus ber Armuth eines dichten: 
den Geiſtes, der noch nicht zu wiſſen fcheint, daß es auch 
in der Poeſie eine erfchöpfende und verberblihe Ber: 
ſchwendung geben kann, welche, fortgefegt, freilich am 
Ende zur Armuth führen müßte. Schon bei der Grund: 
Idee der Novelle, welche wie bei jedem wahren Gedichte 
das geiftige Subftrat feiner Erfcheinung bilden muß, ſto⸗ 
Gen wir auf: eine verfchroenderifhe Duplicität. Die Dichs 
tung des Verf. wird naͤmlich nicht bloß von Einem, ſon⸗ 
bern von zwei und zwar ziemlich heterogenen Gedanken 
beberrfcht und geleitet, von einer pfochologifchen Wahrheit 
und einem Mythus der Phantafie. Jenes iſt offenbar 
der Gedanke: daß es einem Menfchen bei dem beften 


lien nur meislingen Tann, wenn er das Schickſal fpies 
len und den Zufall einer⸗, den Betrug andererfeits zum 
Diener feiner Vorſehungsgedanken machen will; Die ganze 
Weltregierung des Pygmaͤen wird, je nachdem Betrug und 
Zufall wirken, entweder zur lächerlichen Komoͤdie (und dies 
wäre die wuͤrdige Aufgabe für einem tomifchen Roman) oder 
zur ſchrecklichen Tragödie, wie fie in Mörike's Novelle durch 
ben fo fürchterlich mislungenen Verſuch des Schaufpielerd 
Larkens, die Vorſehung feines Freundes Nolten zu werben, 
vorteefflich dargeftellt worden iſt. Abes der Verf. begnuͤgte 
ſich damit nicht; es follte noch ein anderes phantaftifchere® 
Geſchick durch fein Buch fchreiten: Nolten's Oheim und bie 
verhängnißvolle Zigeunerin foßen ben Gedanken anfhaulid 
machen, „daß oft eine unbelannte höhere Macht in wunbers 
lichen Bohnen den Gang bes Menfchen planvoll zu lei⸗ 
ten fcheint. Der meiſt unergeündliche, verhüllte, innere 
Schidfalstern, aus welchem fi) ein ganzes Menfchenleben 
berauswidelt, das geheime Band, bau fi durch eine 
Reihe von Wahlverwandtfchaften hindurchſchlingt, jene 
eigenfinnigen Kreife, worin ſich gewiſſe Erſcheinungen wie⸗ 
derholen, bie auffallenden Achnlichkeiten, welche ſich aus 
einer genauen Vergleichung zwiſchen fruͤhern und ſpaͤtern 
Familiengliedern in ihren Charakteren, Erlebniſſen, Php⸗ 
ſiognomien hier und ba ergeben (ſowie man zuweilen ums 
vermuthet eine und biefelbe Melodie nur mit veraͤnderter 
Zonart, in demſelben Stuͤcke wiedererklingen hört), ſodann 
das ſeltſame Verhaͤngniß, daß oft ein Nachkomme die uns 
vollendete Rolle eines längft möbernden Vorfahren aus⸗ 
fpielen muß: dies Alles fpringt uns offener, überrafhene 
ber als bei hundert andern Individuen hier am Beifpiele 
unfers Sreundes in das Auge. Dennod wird man bei 
biefen Verhaͤltniſſen nichts Unbegreifliches, Grobfataliſti⸗ 


ſches, vielmehr nur die natuͤrlichſte Entfaltung bed Noth⸗ 


wendigen entdecken.“ (1, ©. 274 fg.) Dieſe tiefe, bier fo 
geiſtvoll ausgedruͤckte Idee hätte in einem eignen Roman 
duch, das Talent bed Verfaſſers, das allerdings einer ſol⸗ 
hen Aufgabe gewachſen war, ausgeprägt werden follen. 
Aber parallel mit jenem andern Grundgedanken durchs 
ganze .Buch hinlaufend, ſchadet fie offenbar ſeiner Ent 
widelung und wird wieder durch ihn in -ihrer eignen ges 
ftört. Djefes neue Fatum führt nämlich eine Unzahl von 
Vorzeihen und (in Sachen und Perfonen beftehenden) 
Scidfalsboten herbei, eine Menge Verwidelungen, biftoe 
riſche Erklärungen, Rüdblide u.f.w., welche der Einheit 
der Erzählung und dem Intereſſe der einfachen Verhaͤlt⸗ 
niffe zroifchen Larkens, Molten, Agnes und Konflanze ofs 
fenbaren Eintrag thun. Die Legtere muß viel zu bald 
für die Theilnahme, bie ihr Wefen und Schickſal einges 
flößt hat, von der Scene abtreten; der Hokuspokus mit 
der Zigeunerin während "ber Maskerade auf dem Stads⸗ 
thurm nimmt einen ungebuͤhrlichen Raum weg und macht 
offenbar, daß der Dichter nicht Play genug findet, bas 
Kunſtſtuͤck von Larkens mit der falfchen Correfpondenz auf 
eine die Wahrfcheinlichkeit, welche fich der moderne Ro⸗ 
man durchaus zur Pflicht maden muß, nicht allju grob 
verlegende Weiſe einzuleiten. Nimmt er fi doch nicht 
siamal Zeit, und zu fagen, wie es ber Gchaufpieler ame 


— — — 


geeift, um die Handſchriſt ſeines Freundes mit einer 
ſo unbegreiflich taͤuſchenden Kunſt nachzuahmen. Haͤtte 
der Verf. nicht ſo viel mit ſeinen Zigeunereien zu thun 
gehabt, ſo wuͤrden wir vielleicht auch mehr von dem In⸗ 
halt der Briefe erfahren haben, welche die liebliche Agnes 
ſchreibt, und im zweiten Theile haͤtte es ihm alsdann 
vielleicht gefallen, die geheime Liebe, die durch dieſelbe 
Correſpondenz in des Schauſpielers Herz wie eine grü⸗ 
nende Saat um den Krater eines ausgebrannten Vul⸗ 
kans zu keimen beginnt, nicht blos mit der ſteifen Kanz⸗ 
leiſprache eines Ehronikenſchreibers auzudeuten. Aber wie 
bie pſychologiſchen Wunder durch dieſe phaptaſtiſchen lei⸗ 
den, fo wird bie Entwickelung der Mythe durch die Ent: 
fsitung her Vernunftidee geſchmaͤlert; dem Leſer wird 
es fait unmoͤglich, in dem fehr feitwärts gehaltenen, wun⸗ 
derlichen Hofrath (der Überhaupt. eine etwas verbrauchte 
Momanenfigur if) bei der Testen Kataſtrophe den alten 
Oheim Nolten, den Semizigeuner, zu erkennen. Auch 


Zheobald, der Held der Novelle, waͤre ſchwerlich ſo ganz 


dazu verbannt geweſen, einen neuen Beitrag zu’ den vor 
fauter Dulden zu feiner Entwidylung eines Eräftigen Cha⸗ 
rakters fommenden Romanhelden zu Hefern, wenn er nicht 
mit einem gedoppelten Fatum, dem gemachten feines Freun⸗ 
des und bem angeborenen der Kamilie Nolten, zu kaͤm⸗ 
pfen gehabt Hätte. Er wäre dann wol auch nicht fogar 
Sald ale Maler verſchollen, um blos als ungluͤcklich Lie: 
bender fortzuleben, wodurch der Titel „Maler Nolten” 
foft zur Unwahrheit wird. Die ſeltſame Liebe der Zis 
gemerin zu Nolten verwickelt den tragiichen Ausgang der 
Geſchichte und Lrübt den ſchoͤnen und rührenden Wahn: 
fin Agnefens vollends fo, daß dem Lefer der Troſt eines 
klaren Schmerzes, der zur VBerföhnung des Gefühle 
durchaus nothwendig war, dadurch gänzlich geraubt wird. 


So viel vom VBerfchwenderifchen in der Grundanlage. 


Noch viel auffallender zeigt fih der Reichthum eines 
wahren Dichtergeiftes, der aber fein feld noch nicht ganz 
mächtig ift, in der Menge von Epifoden und der Ueber: 
sah! von Perſonen und Charakteren. Die Epifoden find 
größtentheild an und für fi fo fhön, daß es Mef. eis 
nige Ueberwindung Eoftet, fie zu tabeln. Aber der fleten 
Entwickelung der Hauptideen wird doch durch die allzu 
häufige Unterbregung Einhalt gethan Die twirderholten 
Wispelinden, worunter die zweite (1, S. 124 fa.) über: 
dies, trotz ihrer komiſchen Kraft, doch wieder alle Gren⸗ 
zen der Wahrfcheinlichkeit Überfchreitet, die Legende vom 
Geiger, die Gefchichte von XAleris und Belſore find 
ſehr hoffnungsvolle Novellenembryone; aber unfere ums 
fangsreiche Geſchichte follte nicht mit ihnen ſchwanger ge: 
Yen. Mur das Zwifchenfpiel: „Der legte König von 
O.“, mit feiner Thereile und wunderbaren Siipelitt, ſowie 
ſaͤmmtliche gar Böfttiche Lieder der Sammlung, aud) Dad Hand: 
werkercollegium Loͤrmer's im Bierhaufe möchten wir keines⸗ 
Falls vermiffen, denn diefe Epifoden find wirklich mit "un: 
fichtbaren Fäden an bie Hauptgefchichte felbft geknüpft. 
Sa den Charakteren offenbart ſich eine Herrliche Kennt: 
miß des menfchlichen Herzens, die an dem ohne Zweifel 
jungen Verfaſſer fo. dewundernswürdig iſt wir am bem 


87 


Ajaͤhrigen Goͤthe In „Werther's Leiden”. Der liebli⸗ 


chen Agnes hat ſchon Wolfgang Wenzel im „Literatur⸗ 


blatt“ ihr volles Recht angethan, und wir unterſchreiben 
alles dort über fie Geſagte; nur Einen Zweifel erlauben 
wir und: iſt fo viel Geſundheit des Leibes und Geiftes 
mit der frühen Prädispofttion zum Wahnſinne vereinbar? 
Der Charakter von Larkens ift ein Meiſterſtuͤck; ja, es 


‘gibt folche edle, aber halb verlorene Naturen, die, was fie 


mit Unterlaffungs» und Begehungsſuͤnden an ihren eig⸗ 
nen Sch verbrochen haben, durch die aufopferndfte Fürs 
forge für ein zweites Ich wieder gutzumachen fuchen: 
Daß es ihnen nicht gelingt, daß ſie darüber verzweifeln - 
und zu Grunde gehen, ift ein Act der göttlichen Straf 
gerechtigkeit. Die Durchführung diefes Charakters erfülfe 
mit Achtung gegen den jungen Schriftfteller, deffen Feder 
ihm gezeichnet hat. Die Zigeunerin wäre und in einem 
neuen Roman fehr willlommen; bier iſt fie nicht blos ber. 
böfe, flörende Genius der Gefchichte, fonbern auch des 
Kunftwerts und dürfte fchon als zweite Wahnfinnige 
etwas überzählig fein. Gehe viel Werth haben als Chas - 
rakterzeihnungen auch Konftanze, Adelheid, Nanette, der 
Söriter, Amandus, das ſchoͤne Mohrengefiht Margot, in 
welcher Mörike die gelehrten Frauen, wenn fie es mit 
Vernunft find, ſehr fchön vwertheidigt hat; dann Nolten's 
veunberlicher Vater, Wispel, Lörmer, welches Caricaturen, 
aber gewiß Caricaturen nach dem Leben find, wie denn uͤber⸗ 
haupt an dieſer Novelle es fo anziehend iſt, daß fie fühl 
bar faſt lauter Erlebtes, nicht aus der bloßen Idee Derauss 
gefponnenes oder andern Büchern Abgeborgtes enthält. 
Der Fehler iſt nur der, daß der Verf, zu viel Erlebtes, 
namentlich in Charakteren, anbringen wil. Wozu zwei 
ober drei Barone und ein Präfident obendrein, da für 
die Geſchichte Eine Perfon dee Art genügt hätte; wozu 
ein Leopold und ein für bie Begebenheiten ganz gleich 
gültiger Raimund, der mit feiner Henriette doc fo aus— - 
fuͤhrlich behandelt iſt; wozu andere Perfonen die Menge? 
Henni, der Blinde, eine ganz Sean Paul’fche Figur, ift 
hoͤchſt anziehend, aber in ber klaren Atmofphäre des Bus 
ches nimmt er ſich noch ängftlicher aus als ſelbſt Eliſa⸗ 
beth, und im Wunbereifer laͤßt dee Dichter den Blinden 
nicht blos eine Viſion (die hertlich iſt), fondern den leib⸗ 
baftigen Leichnam des Malets ſelbſt fehen. Wären nicht 
fo viele Charaktere und Epifoden gehäuft, fo würden wir 
auch das ahnungsvolle Gemälde Nolten's, das ben 
Grundton des Ganzen zum Voraus angibt (I, S. 9 fg.), 
beſſer im Gebaͤchtniſſe behalten. Won den zahlreichen 
BVerftößen gegen den Ton der Gefellfchaft; welche der 
Verf. begeht, wo er die große Welt, die er nicht Eennt, 
zu ſchildern unternimmt, wollen wir nicht weitläufig fpres - 
chen, abwof der Lefer, ‚der längft des Dichters Freund 
geworben iſt, dieſen anſtoßen und noch zu rechter Zeit war⸗ 
nen zu muͤſſen glaubt, wenn er leſen ſoll, daß Konſtanze, 
die Graͤfin, von der Geſellſchaft aufſteht, um — nach dem 
Thee zu ſehen; oder wie ſie in Gedanken mit einem 
Wiſchlumpen die Meubles abputzt, oder Morgens bei 25 
Grad Kaͤlte in den Garten geht. Doch, ſtille von biefen 
Heinen Unbeholfenheiten! 





— ingeniam ingens ' 
Inculto latet hoc sub corpore. — 
Wie diefer Ueberzeugung nehmen wir von dem Erſtüngs⸗ 
produtte eines feltenen Talentes Abſchied und hegen den 
fanigen Wunfh, daß es einem Ludwig Tieck gefallen 
möchte, den „Maler Nolten“ zu Iefen und den Verf., der 
fi zu feinem Schüler bekennen muß, eiges aufmerkfa⸗ 
men Blickes zu würdigen. 3. 





Der britiſche Verein zur Verbreitung näglicer Renntuiffe 
und feine Gegner. 


Bor fünf Jahren, im Februar 1827, begann der britifdge 
Derein zur Verbreitung nuͤtlicher Kenntniffe mit Herausgabe 
jener wohlfeilen Schriften, die, nad der eignen Belanntmadyung 
es Bereins, zunäcdft dem Mangel populairer Lehrbücher zum 
Selbſtunterrichte aller Volksclaſſen in allen Faͤchern des Wil 
ſens abhelfen follten. Damit der Anlauf auch den Aermſten 
moͤglich werde, wurde beftimmt, daß man monatlich nur zwei ‚Hefte 
zu 6 Pence jedes, ausgeben wolle. Mit der erften Lieferung 
ward ferner eine Ginleitung gratis vertheilt, bie von bem n 
und Vergnügen handelte, weldye ber Betrieb der Wiffenfchaften 
— und ben jetzigen Lord Kanzler Brougham zum Ber: 
afler hatte. Geitbem find von biefem Vereine herausgegeben 
worden in monatlichen Lieferungen: „The library of usefel 
knowledge”, „The library of entertaining knowledge”, 
„Gallery of portraits”‘, Berner ale Wocenfcrift: ‚The penny 
magazine’'; vierteljährlidy: „The quarteriy journal of educa- 
&on’'z; alle Sabre: The british almanac’ und „The compa- 
nion to the almanac”; außerdem: „A cheap eabinet - atlas’', 
„Ihe working man's companion” in periobifchen Lieferungen 3 
„Ihe results of machinery', „Cottage evonings’‘ eine Reihe 
für den Landmann beftimmter Bändchen; ‚The rigbts of im 
dustry”, „The physician’” (über bie Cholera), „Frugal cook- 
ory", ‚The history of the church‘“ in einigen 20 Baͤndchen 
and eine Anzahl kleiner Schriften. Daß der Verein auf dieſe 
Weife den untern Glaſſen die Mittel zur Selbſtbildung unge 
mein erleichtert, unterliegt gewiß einem Zweifel.” Da er je 
doch, wie ſchon aus dem gegebenen Berzeichniß erhellt, dem ur: 
ſpruͤnglichen Plan fo erweitert dat, daß er mit den meiflen 
Branchen bes Buchhandelt gu concurriren beginnt, fo erheden 
ch bereits Stimmen dagegen und ſachen ihn als eine monopo⸗ 
firte Handelögefeufchaft darzuſtellen, weiche durch die Notabi⸗ 
täten an ber Spitze ihrer Mitglieder (die Lords Brougham, 
John Ruſſel, Atthorp, Auckland, Dover, Sir John Parnell, 
Sir John Hobhoufe u. T. w.) und durch Beldbeiträge und Be⸗ 
gänftigungen aller Art im Stande fei, wohlfeiler yu verkaufen 
als jeder andere rechtliche Buchhaͤndier. Außerdem fucht man 
den Verein auch. des Nachdrucks zu beſchuldigen, infofern «x 
nämliä) in feinem „Cheap cabinet-atias” die auf Arrowſmith's 
und Eary's Landkarten angebrachten neueften Berichtigungen 
aufgenommen hat, welche zum Theil burdy bedeutenden Auf⸗ 
wand biefer Herren erzielt wurden. Am en twirb jer 
doch bie „Gallery of portraite” angegriffen, bie allerdings gänzs 
lid) außerhalb des Planes der Geſellſchaft liegt md — wenn 
ihre kuͤnſtleriſche Ausfattung andern nicht nachſteht — durch 
Wopifeiinett jedem ähnlichen Imterhehmen ben Fortgang verdie⸗ 
een wird. Es haben ſich daher bereits eine Menge Stimmen 
gegen dieſe erweiterten Dperationen des in Rede ſtehenden Ver⸗ 
eins erhoben, ja ber Neid iſt fe weit gegangen, gu behaupten, 
% verfaufe feinen Namen an Herausgeber von Schriften, deren 
Wotoffumg Ihm durchaus fremd fei. Zugleich find nach und nad 
mehre gleich wohlfeile Zeitfcheiften entflanden, welde fi mit 
dem Wereine feibft im directe Oppofitien gefegt haben. Dabin 





sehbrt namenttich daR wit Hülfe beb —— „Baciety for 
promoting christian knowledge’ heraustoiımenbe „Saturday 
magazine”, welches übrigens eher alles Andere als moraliſche und 
religiöfe Belehrung enthält; das Pennyjournal „The truth“, unb 
neuerbings Kvery man’s paper’', welches bem Vereine gradezu 
ben Mamen ‚„Bocisty for the diffusien of we knowledge” 
gibt. Es finden ſich aber auch andere Bewerber um die Gumft des 
Yublicume, welche an Wohffeilheit ihrer literariſchen Erzengniffe 
dem Vereine nicht nachſtehen und doch noch Gewinn von ihren Uns 
ternehbmungen erwarten. Dahin gehört 3. B. bie neben ber 
vom Vereine angefündigten ‚„‚Cyolopsedia‘” von einer Buchhanb⸗ 
iung begonnene „Peuny oychepaedia”, frene John Timb’s 
„Knowledge for the people or the plain Why and Beoause”‘, 
ın Katehismusform u. a. 

Da wir nicht aus eigner Anfhauung über dieſe penny 
poblications urtheilen tönnen, fo beftießen wir diefe allge 
meinen Rachrichten darüber mit ber auch für ben deutfchen 
Buchhandel gewiß beberzigendwerthen Bemerkung, dab Wohl 
feilheit in feinem Gebiete nur in einem Grade wünfdhenswerth 
fein kann, welcher die Literatur ſelbſt nicht herabwürdigt unb 
nicht befürchten laͤßt, das Beſſere vom unkrautartig wucernden 
Schofel verdraͤngt zu ſehen. 8. 





Lefefrüdte. 
Profefſoreugehalt zu Orforb. 

Nach einem Hartnädigen Kampf zwiſchen ben Freunden Wil: 
fon’s und Mills, welche ſich beide um bie Profeffur der Sam 
ſtritſprache zu Oxford bevarben, firgte Wilfon mit 207 Stine 
men gegen 200. Die Gintünfte biefer Profeſſur belaufen fi 
auf 8,300 Thaler. 

Univerfitäten in Spanien. 

Spanien hatte, was man kaum glauben feilte, vor 1806 
22 Univerfitäten; in biefem Sabre ſchmolz ihre Zahl bis au 
eif, feitdem kamen noch fünf dazu. Wan theilt fie in mayores 
(Salamanca, Balladolid, Altala) und menores. ſind 
fümmtlich erbaͤrmlich dotirt und nur zu Salamanca erhalten bie 

rofefforen einen ihrer Stelle angemeſſenen Gehalt. Am ſchlimm⸗ 

en find die Profefforen der Philofophie und Mathematik daran, 
die nirgend über 150 Thaler Gebalt beziehen. In der neueſten 
Seit follte bie Stelle eines Profeffers ter Philofophie ganz anfe 
gehoben werben, man hat aber die Strenge dahin gemilbert, 
das man den Wortrag uͤber neuere Philofephie, weil fie zum 
Skepticismus neige, verbet und „bie alte Logik und Metaphy⸗ 
fit’ empfahl. 

Berbrechen in Frankreich. 


Bon 100 Angeklagten werben regelmaͤßig 61 für ſchuldig 
erkannt. Auf 4460 Perſonen kommt ein Angeklagter. Von 
100 Verbrechen find 25 gegen Perfonen, 75 gegen das Eigen⸗ 
thum gerichtet. Die Erfahrung zeigt, daß die Anzahl ber Er⸗ 
merdbungm jährlich faft biefelbe bleibt, und, was noch auffallen 
ber ift, daß die Werkzeuge ober angewenbeten Mittel in dem⸗ 
feiben Verhaͤliniß bleiben. Der Hang zu Verbrechen if bei 
Männern im 25., bei Frauen im 30. Johre am flärtfien. Das 
Verhaͤltniß angefiagter Männer Und Frauen ift 4 zu 1. Die 
Sahresgeiten haben einen Ginfluß auf die Verbrechen. Im Gon® 
mer werben mehr Verbrechen gegen Perfonen, weniger gegen 
das Eigenthum verübt. Die Gntwidelung bes Hanges zu Ver» 
brechen hält vollkommen Schritt mit der der Keibenfkaft und 
der körpertichen Araft; auf der andern Geite firebt die Ent⸗ 
widelung der Bernunft, dad Verbrechen zu zügeln. Die größte 

Kraft des Mannes entwickelt ſich im 30. bis 85. Johre, 

ie größte geiſtige Kraft zwifchen dem 45. und 50. Gs iſt eine aufs 
follende Thatfache, daß in biefem Alter der Wahnſinn fi am 
bhäufigften zeigt und am fchwerften zu heilen ift. 56... 





Bepigfet unten Berantwortiitelt der Belogöhantiusg: E. X. Broddans in.Keipsig-. 


Blätter 


für 


literarifche Unterhaltung 





Dientas 


22, Januar 1833, 





che Reinhart Fuchs in feinen ‚verfchiebenen Geſtal⸗ 
fungen. 

Erſter Artikel. 

Unter allen Bedichten bes Mittelalters erlangte keines 
eine -fo große Verdreitung und dadurch einen fo bedeu⸗ 
tenben. Einfluß auf die ſchoͤnen Wiſſenſchaften, ja, wol auf 
das Leben der Menſchen felbft als das Gedicht von Mein: 
bart Fuchs. Wie weit verbreitet und wie fehr. beliebt bies 
fes in feiner Art bie jegt noch unübertroffene Gedicht bei 
ben meiften europaͤiſchen Voͤlkern im Mittelalter und auch 
ter noch, war, erſehen wir daraus ſchon, daß wir dieſes 
edicht heute noch im lateiniſcher), mittelhochdeutſcher ?), 
mittelniederlaͤndiſcher ), faflifcher *) und altfranzöfifcher 
Sprache °), ‚und zwar in felbfländigen Bearbeitungen, bes 
fiten; daß wir davon eine Auflöfung in mittelniederländi: 
pie Proſa 8), eine Ueberſetzung in gereimte lateiniſche 
rſe) kennen; daß wir ferner eine hebraͤiſche °), eine 


bolländifche °), eine englifhe !°), eine franzöfifche 10), eine, 


daͤniſche und eine ſchwediſche Ueberfegung dieſes Gedicht '?) 


1) Reinhart Fuchs, aus dem 9. und 12. Jahrhundert. Erläut. 
und herausg. von Kranz Joſeph Mone. Stuttgart 1832. 

L) Reinhart Buhs, gedichtet im 12. Zahrh. von Beinrid dem 
Glichfenäre, und von einem unbekannten Dichter im 13.. 
Jahrh. überarbeitet. 
deutſcher Gedichte”. Peſth 18 

$) Reinaert de vos, gedichtet on einem gewiffen Willem 
(Wilhelm); nach einer unvolftändigen Handfchrift gedruckt 
im Gräter’s „Odina und Feutona”. "Breslau 1812, - Das 
Ganze wirt Ion Broede Hoeckſten herausgeben. 

4) Reineke de Fos, gedichtet von Heinrich von Alkmer. 
Bon 1498 — 1825, 20 Ausgaben. 

5) Le Roman du Renard, publi6 d’apres les manuscr. de 
“Ja bibl. du roi des 12, 14, et 15ieme sicles par M. D. 
M. Mean. Tom. I—IV. Paris 1826. 

-6) Reinaert de vos. Deift in Holland, 1485. 

7) Opus poäticum de admirabili fallacia ef astutia vulpe- 
culae Reinekes. Auctore Hartmauno Schoppero. 1567 
— 1661, 7 Ausgaben. 

8) Mischne schualim. Won Rabbi Barachias Ben : Natronai. 
Mantua 1557. 
Reinaert de vos. Bon Ban ber Putte. 1736, - 

30) Beinard the fox. Londen 1681. 

11) Le docteur en malice, maltre Reynald. Paris 1551. 

“and Reynier le Renard, en frang. et bas-allemand, 
Antwerp. 

12) Nach Sceffer „De script. Suecias ©. 115 und ran 

genderg’s „Baterländ. Archiv”, 5. B. 1824. 


u im „SKoloczaer Gober alt } 





nachzumeifen vermögen; daß wir endlich mehre neuhochs 
beutfche Ueberfegungen, ober auch zum Theil freie Beate 
beitungen anführen können. 

Eine ſolche Verbreitung und eine beinahe taufenbjähs 
tige Gunft, fo das Gedicht fi) zu erwerben und zu erhals 
ten wußte, läßt und nun wol ficher auf einen diefer Er ® 
ſcheinung angemeffenen bedeutenden innern Werth deffels 
ben fchließen; denn man wuͤrde fi ch, zoͤge man ſolchen in 
Zweifel, biefe durch die Zeit, worein fie fällt, allen ſchon 
mehr als gewöhnliche, Erſcheinung gar nicht erklären koͤn⸗— 
nen. Da wir nun durch die von Mone beforgte Herz 
ausgabe dieſes Gedichte in feiner urfprünglichen Geftalt 
mehr als je befähigt wurden, dafjelbe feinem rechten Sinne 
nach aufzufaflen, fo wird. e8 den Freunden der Literatur 
gewiß nur angenehm fein, diefen viel befungenen Stoff feiner 
erften Geftaltung und urfprünglichen Geltung nad uud 
hier befprochen zu ſehen. Auch werden wir unferer 
trachtung der urfprünglihen Geſtaltung dieſes —*8 
eine kurze Schilderung der Hauptumwandlungen folgen, 


laſſen, welche dieſes Gedicht in den verfchiedenen Jahrhun⸗ 
derten bei verſchiedenen Voͤlkern erfuhr, um ben Leſer in 
den Stand zu fegen, biefe ganze merkwürdige Erſcheinung 
‚ mit einem Blicke zu überfehen und fie richtig zu würdigen, 


Ueber den urfprünglühen Dichter wiffen wir nicht mehr, 
old daß er im 9. Jahrhunderte lebte (um 895 — 900 
ward :das Gedicht nach Mone gedichtet), und daß er ficher 
ein Lotharinger war. Er hat alle Begebenheiten, die, er: 

tn feinem Gedichte ſchildert, felbft erlebt, und er war of⸗ 
fenbar mit ben Perfonen, die er in feinem Werke hans: 
dein läßt, genau bekannt. Ferner gebt aus feinem Ur⸗ 
theile über die Geiſtlichkeit und die religioͤſen Anſichten 
und Glaubensmeinungen feiner Zeit hervor, daß er dieſem 
Stande wol nicht angehörte, fondern ein Laie war. Aber: 
ee muß ein ſehr heilfehender und auch wifjenfchaftlich. ges. 
bildeter Mann gewefen fein. Erſteres beweiſen feine eben: 
angeführten Urtheile, letzteres feine für jene. Zeit Wicht ge⸗ 
meine Kenntniß und Behandlung der Iateiniichen Sprache. 
Was nun fein Gedicht ſelbſt betrifft, fo unterſcheidet es 


1): Bon Beutber in: „Scimpf und Ernf”, 2. Th. Frankf. a. 

45 — 1664, 10 Ausgaben. — Bon eitfem Unbekann⸗ 

ken Pr ro, ohne Jahr und Det. — Bon Gottfheb 1752, 
PR Goͤthe. Berlin 1796 — Bon Soitau. Berlin 


Gh von allen fpätern Bearbeitungen ſchen durch bie Ans 
lage und Ausführung. In Bezug auf die erflere führen 
wie an, daß fein Gedicht epiſch vollendet und abgeſchloſſen 
iR. Es hat einen Mittelpunkt, um ben fi das Ganze 
beroegt, und Alles, was geſchieht, gefchieht in Beziehung 
anf dieſen. 

Auein ſchon in der Geftalt, in welcher das Gebicht 
wor uns liegt, müffen wir bie Zuthat eines fpätern Ueber 
arbeitere von dem Werke des Dichters fcheiden. Sprache, 
abweichende Anſichten und eingeflochtene Ereigniſſe feiner 
Zeit erheifchen es, machen es aber aud leicht. ſchon 
bat die Perſonen des Gedichts in allgemeiner Beziehung 
aufgefaßt, und wie bie Satire bes urſpruͤnglichen Dich⸗ 
tung individuell iſt, wie ihre Perfonen befiimmte Men⸗ 
fügen, geſchichtliche Charaktere find, fo tft feine Satire 
meift generell, fo find feine Perfonen auch meift Keptaͤ⸗ 
fentanten ganzer Stände. Dennoch, iſt bei ihm noch nicht 
an eine folche aflegoriiche Auffaſſung zu denken, wie wie 
fie bei ben andern, zum Theil gleichzeitigen, zum Theil 
foätern Bearbeitern dieſes Stoffe finden. Er verftand 
ficher noch die Meinung des Dichters; da dies jedoch bei 
den meiften feiner Zeitgenoſſen der Fall nicht mehr fein 
mochte, fo wollte er durch theilweife Verallgemeinerung, 
buch Einflechtung von Begebenheiten, und buch Erwaͤh⸗ 
nung von Perfonen, welche zu feiner Zeit Aufmerkſamkeit 
erregten, dem Gedichte neue Theilnahme erwecken. Die 
von ihm eingeflochtemen geſchichtlichen Erelgniſſe feiner 
Zeit beurfunden uns, daß er zwiſchen 1130 und 1164 
bas urfprüngtihe Gedicht Überarbeitete, umd daß Mord: 
holland fein Vaterland war. Er nennt uns z. B. den 
Abt Walter von Egmont in Nordhollend (von 1130 — 
61, nah Done), und den Abt Baldwein von Lies 
born in Weſtfalen (an der Zippe), weicher von 1130 — 
62, nah Mone, regierte, als die beiden einzigen würdi⸗ 
gen Männer geiftlichen Standes; umd als die beiden un: 
würdigften flellt ex uns den Papft Eugen (1145 — 53) 
und den Biſchof Anſelm von Tournad (1146 — 49) 
bar. Die Ueberſchwemmung Frieslande (1164) befchreibt 
er in ber Art, daß man annehmen darf, er fei Augen 
geuge geweſen. Wir werden feiner fpäter bei der Betrach⸗ 
eung des Gedichte mehrmals nod gedenken; bier fei dies 
über ihn genug. ’ 

Fragen wir num, was ber Dichter für einem Zweck 
bei feiner Dichtung vor Augen hatte, fo erkennen wie ſehr 
leicht, daS er dem König Zwentibolk von Lotharingen bei 
feinen Bekannten, Freunden und Feinden ein Denkmal 
dadurch fiften weilte. - Denn die gefchichtiiche Grundlage 
des urfprünglichen ſatiriſch⸗ komiſchen Gedichte bildet aus 
genſcheinlich der Untergang des Königs Zwentibolk von Lo: 
tharingen, bed Baſtards Kaifer Arnulf’ von einer «dein 
Slawin Aus Kärnthen. Go dürftig auch die gefchichtlis 
hen Quellen aus jener Zeit uns fliehen, fo ließen ſich 
body die hauptſaͤchlichſten Begebenheiten, welche Zwenti⸗ 
boll’6 Untergang herbeiführten, erfennen und als Probirs 
Rein an die Schilderungen unfers, im diefer Beziehung jes 


- Ne weit reihen Gedichte halten. Die Uebereinſtim⸗ 


mung muß in ber That auch ben igſten übers 


zeugen, daß bee Dichter wirkllch Zwentlbelle Wutergang 
ſchilderte und nur dieſen ſchildern wollte, und daß dem⸗ 
nach ſeine Satire uͤberall politiſch und individuell ſei und 
ihren gewiſſen Zweck habe: die Entartung der Karolinger 
und beſonders Zwentibolls, bie Mängel und Gebres 
Gen ihrer Regierungen und bie daraus beruomgegangene 
willkaͤriiche Eigenmaͤchtigkeit ber groͤßern Lehngeägee im 
fränkifchen Reiche ſeinen Zeitgenoſſen beutlich vor Augen 
zu legen. Wan kann mit ziemlicher Gicherheit behaup⸗ 
ten, daß in dem urfprünglichen Gedichte nichts außer bene 
Mamen der handelnden Perſonen erbichtet fel; und auch 
biefe Namen find fo gewählt, daß fie dem Zeitgenofſen des 
Dichter auf den erſten Blick verfiändiich fein mußten, 
Um nun dies Alles zu erweifen, werben wir den Inhaͤlt 
jeder Fabel kurz angeben, das Geſchichtliche dazin 7 
wickeln und die Nachrichten dee Annaliſten zur Berg 

dung hinzufügen. 


> 
- 





. Erftes Bud. Erſte Faber, J 
Beinhbarts Gefahrund Rettung. " 
Der Wolf Ifengrim gebt aus dem Walbe hervor, 
Beute zu fuchen, und begegnet dem im gleicher Abſiche 
umberfcleichenden Fuchs Reinhart. Diefer hat in frühe 
ter Beit den Iſengrim vielfach "hart beleidigt und feinen 
Zem und feine Rache zu fürdten. Gern möchte dahes 
Reinhart Iſengrimen ausweichen; da diefer jedoch ihn 
ſchon erblidte, volrd dies unmöglih, und Keinhart bes 
ſchließt, zu verfuchen, ob er nicht vieleicht durch geher⸗ 
chelte Zutraulichkeit umd vorgefpiegelte Treuherzigkeit des 
verdienten Rache noch entgehen koͤnne. Schon fernbes 
rief ihm Iſengrim zu: 


Welch ein Brabanter in jener Nacht, Ha! wareſt bu, Reinhart Ne_ 


ent, Hohis Satan dich nicht, wirft bu ein Engel durch mich! 

erſt nenn’ ich ben Schimpf, ben bu mir, ben Kindern 
und meinem 

Weide gethan damals! FIR er nicht Allen bekannt ? 


Iſengrim's Zorn ift zu heftig und Reinhart's Bemuͤhung 


ihn zu befänftigen, vergebens. Scum bat er ihn ereilt — 
und gibt ihm hoͤhniſch den Rath, freiwißig In feinen Das 
gen zu fpringen, wenn er es fpäter nicht gezwungen thun 
wolle. Zugleih padt er ihn mit feinen Zähnen, beißt 
fie drei bis vier mal zufammen und fags: „Weine Zähne, 
fiehft du, find ſtumpf, fie fchneiden nicht mehr; du brauchſt 
dich alfo nicht zu fürchten! Ohnehin wirft du Ruhe noͤ⸗ 
thig haben, deine Füße werden wund fein, da bu fie fe 
lange ſchon gebraudt haſt. Faſſe nur Much und ferne 
did, denn: 
Jett zum Bitter du wirft, doch nicht mit Waffen belaftetz 
Soaͤmmtliche Bürbe, fie wird ruben auf meinem Genick. 
Dder du ſollſt, daß ja nicht du faͤuſt, nach Art des Propheten 2) 
Reiten, de fei dir der Sit innen, nicht außen der Bug." 
Reinhart aber macht Umftände. Er ſei, fagt er, einer ſol⸗ 
hen Ehre durchaus unmwürdig; er babe wol den Galgen, 
aber nicht eine fo ehrenvolle Grabſtaͤtte verdient. Auch 


1) Brabanter, d. d. Unsächtiger, Ehebreiher. Bergi. Bud 8, Yab. & 
© Ionad, von der Haifif verfhleng, der Gage nad. 


= A am um Mani m, mas. men - 


mn — vn — Mn ie Ale ER AU BEE [. ] um 


. 


A e cin allzu geringeo Mahl fir Iſengrim e Dingen, duͤrr 
aad Hein, wie er fel. Iſengrim aber täßt ſich dadurch 
wit abwendig maden, ſendern entgegnet ſpoͤttiſch, baf 
er von jeher gewohnt geweſen fel, auch verlange es feine 
Danchsregel fo, mit Kleinem fich zu begnügen, wenn er 
bas Große nit haben kinne Da erwähnt Reinhart 
er wit Iſengrim, und daß fie beide Frau⸗ 


— — — Be ruft er: „Ad Oheim, | 
Keintz der Slawen ich bin, weder ein Schwab noch ein Sachs! 
Siche doch, Reinhart if ed, erkenne den treuen Verwandten!“ 
Jener darauf: „Und bu kenne ben gültigen. Ohm; 
im iſl's, ber wenn bu. der Bitte verfagft ben Gehorſa 
Mol, daß ein Baftfreund du m in ihm, dich no 
zwingt. 
Reinhart beruft fi num auf die vielen guten Mathfchläge, 
bie er ihm ſchon gegeben; aber auch dies fcdhlägt fehl. Da 
fagt Reinhart endlich: „Er habe kurz vorher einen Bauer 
ehr großes, fettes, wohlgeräucertes Schwein tragen ſehen; 
bas folle er hahen, wenn er ihn. frei ließe.” Mach einis 
gem Weigeru geht. Ifengeim dem Vorſchlag ein, vergibt 
dem Reinhart alle Schuld, ſchließt mit ihm neue Freund⸗ 
haft,‘ und ſchwoͤrt, das Schwein mit ihm zu theilen. 
tinhart bedingt fi) jedoch nur den vierten Theil ba> 
vn. Durch Lift weiß er nun zu machen, baß ber 
von ihm bald eingehelte Bauer das Schwein abwirft, 
welches Iſengrini, der verabrebetermagen nachſchlich, ſogleich 
hinegtraͤgt und gänzlich aufzehrt, ſodaß nur das Holz, 
woran das Schwein beim Raͤuchern aufgehängt war und 
weran es der Bauer trug, uͤbrig bleibe. Dies gibt er 


beun aud dem endlich ermübet zuruͤckkehrenden Reinhart, | 


und fagt, er möge fich dee Taͤuſchung halber nur mit 
ihm tröften, der felbft getäufcht worden fei, ba.rr das 
Schwein für weit größer gehalten habe. Reinhart bes 
ſchließt fi) zu raͤhhen. 

Seſchichtliche Nachweiſungen. 

Diefe Fabel macht faſt unter allen die meiſte Schwie⸗ 
rigkeit, wenn es gilt, die in ihr erzaͤhlten Thatſachen als 
geſchichtliche nachzuweiſen. Die in ihr handelnden Perſo⸗ 
nen find Iſengrim, Reinhart und der Bauer, welcher das 
Schwein trägt. Daß unter Iſengrim der König Zwen⸗ 
tibolk von Lotharingen verfanden werde, war die Mei⸗ 


mung mancher Gelehrten fdrom’ lange. Das flaroifche Iwens | 


tiboit (Zwaty-wlc, Swjati-wic) bedeutet „heiligee Wolf”, 
umd Überall wird Zwentibolk, feiner woͤlfiſchen Geſinnung 
nach, d. h. als Wolf geſchildert. Den ſlawiſchen Namen 
erhielt er von ſeinem Pathen, dem Herzog von Maͤhren 
Zwentibole. Rauh und gewaltthaͤtig, wie die Geſchichte, 
ſchlidert ihn auch das Gedicht, und einen Räuberiihen, Un: 
erfättlihen, Xrogigen bedeutet auch das Wort Iſengrim, 
von welchem [charfiiunig. Mone wermutbet, daß es der 

des in der Volksſage lebenden Währwolfes 
(— Manmwolf) geweſen ſei. Reinhart iſt der ſchlaue 


Sraf Reginard von Hennegau, und bei ihm hat der Dich⸗ 


ter nicht erft den Namen zu verändern für nöthig befun⸗ 
Den, denn Reginard iſt nur andere Form für Reinhart. 
Zwentibelt und Reinhart warm Blutsverwandte, denn 
Letzterer ſtammte von mütterlicher Seite (feine Mutter war 


oi 


Irmengarb, die Tochter Lothar I.) von den Karolinget; 
wie Zwentibolk von Vaters Dee Daher nennen (ie 
auch einander immer „Better”. Zwentibolk war ein aus⸗ 
ſchweifender Mann, und vermuthlich hatte Reinhart bei 
deffen Gemahlin Oda Gunſt gefunden, daher Miover⸗ 
ftändniß und Zwietracht unter ihnen. Nun haben wir 
noch zu unterfuchen, was unter dem Schweine zu verfies 
ben fei, welches Reinhart dem Iſengrim verfchafft, um ih 
zu verföhnen. Daß irgend ein Land gemeint fel, ein gräs 
Beres Reichslehen, welches beide einem Dritten abnehmen, 
unterliegt keinem Zweifel; da der Dichter ſeine Helden 
aber einmal als Thiere bezeichnete, ſo mußte er auch na⸗ 
tuͤtlich den Gegenſtand ihres Streites bildlich bezeichnen. 
Allein es fragt ſich, welches Land? Es kann die Graf— 
ſchaft des Grafen Meingaud, eines Enkels des Königs 
Ddo, fein, weiche Zwentibolk im J. 892 erhielt. Wahr⸗ 
ſcheinlicher aber iſt «6, daß das Koͤnigreich Lothringen feibft 
gemeint ff. Annallſta Saro erzählt bei dem Jahre 984: 
„Kaiſer Arnulf babe zu Worms einen Tag gehalten, um 
auf demfelben feinen Sohn Zwentibolk zum König von 
Lothringen ernerinen zu laſſen; allein die Großen wären 
damit nicht zufrieden geweſen.“ Gleich darauf aber fagt er, 
„daß «6 doch mit der Genehmigung ber Großen gefchehen 
fe”. Seine Worte find: „Deinde (Arnulfıs) Wormaciae 
placitum tenuit, volens Zwentibolh, filium suum, regno 
Lotharii proficere, sed optimates regni assensum non 
pracbuerunt” ; und gleih nachher: „Posthaec Arnulfüs 
Wormaciam venit, optimatibas ex omnibus regnis suaa 
ditionis oceurrentibus, conventum publicam celebravit, 
omnibus collaudantibus Zwentibolh regno Lotharii prae- 
fecit,” Dies fegt aber irgend eine Vermittelung zwifchen 
den Großen Lothringens und Zwentibolk voraus.“ Mies 
mand aber konnte befier Vermittler fein als Reginard, dee, 
von Lothar abflammend, ſelbſt Anfprüche haben konnte, 
und fie vielleicht auch vorher geltend machte, denn feibft 


jegt noch bedingte er fich, dem Gedichte zufolge, den vier⸗ 


ten Theil des Erwerbs aus, um welchen er jedoch betro⸗ 
gen ward. Daher denn feine folgende ftete Feindſchaft 
gegen Zwentibolk, welche fogar zu offenem Kriege zwiſchen 
Beiden führte. Denn Annaliſta Saro erzähle, Jahr 896 
und 899: ‚„Zwentibolh rex Reginariums sibi fidelissimmunm 
a se repulit, honoribus ejus et haereditatibus interjectis, 
X1V diebus e regno secedere jubet. Ile, adjuncto sibi 
Odacro comite et quibusdam aliis, cum omni familia 
et suppellectili in loco tutissimo Durfos se communivit, 
quem Zwentibolh cum exercitu expugnare conatus, pro- 
pter paludes ‘et nimias Mosa& refusiones nom potuit.” 
Später werden wir diefe Belagerung auch im Gedichte 
erwähnt finden und die Verbündeten Reginard’s kennen 


fernen, wenn man nämlich die Buch 3, Babel 1, erwähnte 


Belagerung biermuf beziehen ann. Verſtehen wie alfe 

unter dem Schweine das Königreich Lotharingen, fo ha⸗ 

ben wie unter dem Bauer, der das Schwein trägt, Karl 

den Diden zu verfichen. Bu 
WDer Beſchluß folgt.) 





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r 





92 


Mo fliehen wir? wohin gehen wir? und was haben wir zu 
thun? oder: Ueber die vernünftige Baftaltung unferer 
Staaten. Aus dem. Sranzöfiihen des Alphons de La: 
martine überfegt und der Weachtung unferer Zeit 
beim Beginne des Jahres 1832 gewidmet. Braun: 
ſchweig, Verlagscomptoir. 1832. Gr. 8. 8 Sr. 


Der Berf. vorliegender Heinen, aber geiftreihen, in Paris 
1831 unter dem Zitel: „Sux la politique rationgelle‘', erfchie: 
nenen Schrift gehört zwar zu den. Anhängern ber alten Dünaftie, 
verkennt aber beren unendliche Miegriffe ebenfo wenig als bie Pflicht 
des Patrioten, tei feinem Baterlande und Bolfe treu auszuhar⸗ 
ten, ber beftenenden Regierung gehorfam zu fein und auf con 
Kitutionnelem Wege an der politifhen Fortdildung bes Staats 
nad Kräften zu arbeiten. In dieſem rein und echt conſtitu⸗ 
tionnellen Geifte ift die "ganze Unterfahung gehalten, zu dem, 
weit entfernt von dem frömmelnden Zone beutfcher Pietiften, 
noch eine wahrhaft religiöfe Sefinnung kommt. Die exfte der 


‚ vom Ueberfeger auf dem Zitel bemerften Kragen beantwortet 


der Berf. dahin, daß wir an einem wichtigen Zeitabfchnitt uns 
befinden, an dem gefellfhaftlicher Erneuung und Umbildung, 
ähnlich dem des Evangeliums, oder, möchten wir vielmehr mei 
nen, ähnlich dem der Reformation, indem jept die Lebensfrage 
Guropa® die der bürgerlidhen und politifchen Freiheit if, wie 
fie damals die ber kirchlichen und Bewiffensfreiheit war, Moͤge 
jene ohne bie biutigen Kämpfe durch die fortfchreitende Civill⸗ 
fation gelöft werben, weldye bei diefer in zwei Jahrhunderten 


nöthig waren. Wei Beantwortung der ziveiten Frage berührt | 


der Verf. die Gefahr eines europäifchen Kriegs, von dem er 
das Schrecklichſte fürchtet, während er bei rubigem Fortſchreiten 
eine ſchoͤne Zukunft ſich eröffnen ſieht. Sollten aber in dieſer 
Ausſicht nicht Felſenmaſſen dem Blicke entgegenſtehen, bie nur 


durch Sprengung beſeitigt werden koͤnnen? Bei der legten 


Erage eatwickelt der Verf. fein echt conſtitutionnelles politiſches 
Syſtem. ‚Yotitit und Moral muͤſſen hiernach in inniger Ber 
rinigung, nicht als Gegenſaͤte auftreten. Eine Idee, bie ſehr 
ſchon if, aber, fol fie praktiſch werden, gleichzeitig es über: 
“U fein muß. Das Recht des Volkes und der Dynaſtie 
ft dem Verf. glei, nicht wiberfireicend, bie Legitimität ‚eine 
bloße Rechtserdichtung, bie ſtets nur auf einer hiſtoriſchen Thot⸗ 
face beruht. Die conftitutionnelle Regierung ift hiernach kein 
Urbergang zur Republif, fondern eine gluͤcküche Verſchmelzung 
beider Formen, Republik von Unten, Monarchie von Oben. 
Eine erbliche Pairie, Beſchraͤnkung der Preffe und des Unter: 
richte verwirft ber Verf, und ſpricht ſich für vollftäntige Treu⸗ 
nung von Kirche und Staat, für möglichfie Ausdehnung: der 
Wahlen, gründliche Reform ber Griminalgefeggebung mit Abſchaf⸗ 
fung ber Zodesftrafen und eine möglichfte Begründung und Gins 
führung eines vernänftigen Ehriſtenthums mit vieler Wärme 
und Geift aus. | 6. 





Notizen. 
Ueber die neuere Literatur ber Portugiefen. 


Die Literatur und Poeſie der Portugiefen bat niemals eine 
bedeutende Höhe erreicht, und ihre Camoens, deffen Gleichen 
freilich kein Sand viele aufzuweiſen hat, ſteht als großer Dich: 
ter faft einzig unter ibnm ba. Ende des vorigen und’ 
Anfang diefes Jahrhunderts tauchten auch in Portugal wie 


faft überall in Europa viele, nur leider wertblofe Mamen auf, 


worunter eine nicht geringe Anzahl Irhprovifatoren, deren be 
deutendſter, Manoel Barbofa du Bocage, vorzuͤglich Sonette, 
Anakreontiſche Lieder und Dithyramben dichtete; er hatte aber 








Redigirt unter Brrantwortgihteft der a FJ. A. Brod haus in Seipsie 


dermaßen ſianlichen Genuͤſſen gefroͤhnt, baß er in feinem 35. Jaht 
an Entkraͤftung ſtarb. Der eiaflüßreichſte portugieſiſche Dichtet 
neuerer Zeit war Frantiexo Mansel da. Wasimente ,: der, mes 
gen geiltiicher Verfolgungen aus ſeingm ‚Waterlande verbannt, 
20 Sabre in Paris lebte und vor Kurzem bafelbft 80 Zah 
alt farb. -Diefer fruchtbare Schriftſtetler Verband‘ biel Iveifä: 
Talent mit ſatiriſch⸗kritiſchem ind Aferte befonbers gegen bit 
abfurbe, Einführung franzöfifiher Monte: in feine Mütterfprache, 
fowie für die Verehrung portugiefifdher GSlaffiter.. Leider mochte 
ihn nur eine zu blinde Worliebe für die alten Claſſiker über 
den Geiſt feiner eignen Sprache verblenden und gegep bem 
Keim einnehmen, den er wenig oder nicht In feinen eigneh Epi⸗ 
fein, Satiren und Graählungen angewendet hat. Unter dem 
lebenden portugiefifigen Autoren zeichnen fih aus: I. Mu.da 
Gofta y Sitvas -3. U. de Macebo; 3. F. de Gaftilho, der im 
feinem fechften Lebensjahre erbliibete; B. M. Curvo Semedo; 
J. Evangeliſta de Mordes Garmento;s I. B. Pimentel Mole 
donado und feine; Schweſter Mariannı; drei andere Daten, 
die Viscondeffa de Bajſamao von ber Bamilie-Billa Pouras: be 

imaroend, eine Zrou die im hoben Alter noch Iyrifcge Be 


dichte macht; Dona Francisca de Paula de ba Coſta 

Dora Leonor d'Almeida; DM. GC. &. d'Ahuiar, ein ſehr gu ts 
barer, nitht ganz -verbiehfllofer: Kideßkienfhreiber; D. U. 3% 
Dforio de Pina Leitas, ein Brafitiers 5: do Paula Mebinz 
e Vasconcellos, ein Eingeborener der Zul Rabeim; 3. BrEeh 
taõ d’Almeida Garrett und Luis ba SilvaMozinho de Albu⸗ 
querque, welche Iegtere Beide jegt mit vielen Andern im Grile 
find. Albuquerque hat ſchon ungemein Bieles gefchrieben, und 
Almeida Garrett Tann ſich durch feine beabfihtigte Sammlung 
alter portugiefifcher Romangen, „Chacras’‘, sin großes Berdienſt 
erwerben, wenn ex fie nicht überarbeitet oder verſuͤmmelt her⸗ 


ausgibt. Gin epiſches Gedicht über bie Kriege quf der Halbe 


infet hat Vasconcellos geliefert. , 

Unten ben in ber legten Zeit verftorbenen Autoren nennen wir noch 
Joam Baptiſta Gomez, den Trften Tragiker ber neutrn Zeit, deſſen 
„Nova Castro’ großes Anfehen auf ber portugisfifhen Wühne 
behauptet; alsdann Nicolau Zolentino, einen nationnellen Sati⸗ 
rifer; Domingo Marimiano Torres, der Eklogen und Ganzos 
nen dichtete; Antonio Ribeito dos Santos, einen eleganten Radıs 
admer Perseiras, und ten Braflier A. P. Souza Galdas, 
einen guten Eyriler. Diefe Nachrichten gibt das „Foreign 
quarterly review‘ nad) dem Werte: „‚Paraaso Lusitano, ou 
poesias selectas dos auctores Portuguezas, antigos e moder- 
nos, illustradas com notäs. Precedido de uma historia ab- 
reviada de lingua e poesia Portugueza” (5 Thle., Paris 
1826). j ⸗ 158. 





Das newyorker Packetboot, mit einer am Hauptmaſt ber 
feftigten und feitwärts ins Waſſer geführten eifernen Stange 
ald Blitzableiter verſehen, wurde im April 1827 von einem hefe 
tigen Sturme überfallen und während beffelben vom Blide ges 
troffen. Die Erplofion war fürdterlih; das ganze Fahrzeug 
fhien in Rlammen zu ftehn, und Schwefelgeruch füllte alle 
feine Räume; eine Mefchädigung fand jedody nirgend flatt. 
Nur der untere, zufällig bünnere Theil bes Bligableiters war 
geſchmotzen. Dagegen ward bie merkwürdige Enttedung ges 
macht, daß alle Scmpaffe ihre Richtung verändert hatten und 
alle Shronometer flehen geblieben waren; ja, einzelne Theile 


derſelben ſowie faͤmmtliche Meffer und Gabeln hatten alle Ei⸗ 


genfchaften des Magnets angenommen. Auf einen aͤltlichen, 
Ieanten Paſſagier, ber bewegungslos in der Kajoͤte lag, hatte 
die Erſchuͤtterung einen fo heilfamen Ginfluß, daß er von Stund 
an wieber Herr feiner Gliedmaßen war und, als das Schiff 
— ſich ohne Unterſtuͤzung in ſeine Wohnung yseden 
nnte. . 


4 


Blätter Be 


für 


literarifhe Unterhaltung. 





Mittwod, 


23. Januar 1833. 





Ueber Reinhart Suche in feinen verfchiebenen Geſtal⸗ 
- tungen. 


Erſter Artikel. 
(Deſchluß aus Nr. 22.) 
Erftes Bud. Zweite Fabel, 
Sfengrim’s Fiſchfang. 

Reinhart baut den Plan feiner Rache auf bie Hab: 
fucht und Bier Iſengrim's. Er begegnet biefem wieder 
und führt ihn zu einem Fifchteiche, wo er Kifche fans 
gen foll, um feinen Hunger einmal volltommen zu flillen. 
Da fie kein Ne zuc Hand haben, fo heißt Reinhart den 
Sfengrim feinen Schwanz in das Waſſer tauchen und in 
diefer Stellung fo lange verhareen, bis er die gehörige 
Laſt Fifche daran merken würde. Diefes ſei immer feine 
Art, Fiſche zu fangen, fagt er, und er habe fie ſtets 
gut befunden. Es gefchiehe dies aber zur Winterszeit, 
und Iſengrim gefriert ein. Während ber Wolf fo ber 
Fiſcherei obliegt, geht Reinhart in das benachbarte Dorf 
und ſtiehlt dem geiſtlichen Herrn dafelbft einen Hahn. 
Diefer, der grade in der Kirche die Früͤhmeſſe lieſt, fieht 
den Dieb, macht Laͤrm und verfolgt mit der ganzen Ges 
meinde den Räuber. Bei diefer Gelegenheit wird der 
Ritus der katholiſchen Kirche etwas befpottet. Reinhart, 
ber ſich verfolgen ſieht, flieht nach dee Gegend bin, wo 
der Wolf im Waſſer eingefroren ſteht, rufe Ihm zu, fi 
zu retten und mic den bisher gefangenen Fiſchen ſich Ri 
begnügen. Anfangs nimmt Iſengrim diefe Mahnung für 
Scherz, als aber Reinhart wicrklich das Weite fucht, und 
er ſeibſt die Bauern von ferne mit Hacken, Gabeln und 
Stangen kommen fiebt, will auch er fi) davonmachen. 
Jetzt erſt merkt er, daß Reinhart ihn übel angeführt habe; 
die herbeiſtuͤrzenden Bauern fchlagen auf ihm los, wobei 
er denn, da ein Schlag, den Aldrada, die Frau des Prie⸗ 
ſters, nach feinem Haupte führe, fehlgeht und feinen 
Schwanz vom Leibe trennt, frei wird und dem Walde 


zuflieht. 

Bei dieſer Fabel begnügen wir uns mit dieſer kurzen 
Inhaltsanzeige. Sicher iſt ſie ganz umd gar eine Hinzu: 
that des erften Ueberarbeiters. Der bittere Spott auf den 
Eacholifchen Klerus, der aber mehr generell als individuell 
iſt, ſcheint died allein fchon ſehr wahrſcheinlich zu machen. 
Hierzu kommt noch, daß Iſengrim nur in dieſer Fabel 


von ben Bauern gezuͤchtigt wird, da dies uͤberall ſonſtl 


nur von den Großen geſchieht: ein Umſtand, der die Fa⸗ 
bel gleichfalls verdaͤchtig macht, denn einen Koͤnig konn⸗ 
ten wol in jener Zeit die Großen, nicht leicht aber die 
Bauern zuͤchtigen. Wichtig iſt endlich auch Mone's Be⸗ 
merkung, daß, da zu jener Zeit nur Kloͤſter Fiſcherelen 
hatten — mie denn auch diefer Fifhfang in die Nähe 
eines Teifchen Kloſters gelegt ift —, die Leute, welche ben 
Wolf züchtigen follen, ziemlich ungefchidt aus dem, wenn 
auch nicht fernen Dorfe geholt werden, da fie jedenfall® 
aus dem Ktofter felbft näher zu haben waren. Geſchicht⸗ 
lich laͤßt fich diefe Kabel nicht erläutern. Wir wollen je: 
doch, ehe wir von diefer Fabel feheiden, nody die Art und - 
Weife zeigen, wie ‚bier die Glaubenslehren und der Ritus 
ber katholiſchen Kirche verfpotzet werben. Immerhin bleibt 
diefe Erfcheinung wichtig, und wenn wir die daraus her⸗ 
vorgehende Anficht von diefen Gegenfländen aud nur eis 
nem aufgeflärten Manne des 12. Jahrhunderts beilegen 
dlırfen, fo iſt es doch für dieſes Jahrhundert immer kuͤhn 
genug, alfo zu denken und zu fehreiben. Da jedod nicht 
alle ſolche Stellen ſich wohl überfegen Laffen, fo müflen 
wir deine ober die andere ſchon in Original geben. 

Als der die Meſſe leferide Priefter den Fuchs Rein⸗ 
hart das geraubte Huhn forttragen fieht: 

„Salva festa dies!” fo fang er, wie ſtets er ber Befte 
Morgen begrüßte; darauf: „Kyri’ das Vol! und „ole!” 2) 
Salva festa dies doch verfagte dem Herz und dem Wunde, 
Und fein Harm rief laut: „Vae tibi, moosta dies!” 


merz. 
„Nicht mir frommte bie Meffe, dem Fuds nur; ich ſchwoͤr's 
beim Altare: 

Beſſer, ich hätte verfäumt zwanzig ber Meffen und. mehr.” 
Nachdem Aldrada, die Frau des Prieſters, ben ertapptem 
Wolf tuͤchtig abgeſchimpft hat umd ihn chen nım tobt 
Tchlagen will, durch weldyen Schlag jedoch; wie oben er⸗ 
wähnt, Sfengrim frei wird: zu Zr 
Da demüthigen Wortes erfleht man der Beiligen viele, 
Deren Namen das Volk fiets im Gedächtnis bewahrt: . 
Naͤmlich ben Heil’gen Ofanna mit feiner Gemahlin Srcelfiß ?), 

Welchen vom Salgen ſich einft Gott, wie man fagte, geraubt. 


1) Kyrie eleison. - 
2) Osanna in excelsis. In bedeutet in altholländtfher Sprache 
„unb’, daher dab Volt wohl ein Ehepaar finden konnte. ' 


94 


Annen zugleich, der Phanuel einf, ber König, bie Wade 
Gtäubte, und weldge des Herrn Mutter, Marien, gebar. 
Alleluja fobann, einft Petri holde Gemahlin, 
Weicher, als Mutter, entſchwebt Michael, fdwingenbegabt.') 
Notburgis und Belpvara, Beide den Flehenden freundlidg, 
- Und Brigitta, des Viehs Schug, fo die Wölfe bekriegt. 
Jenes Geflirn vor Allen fodann, wodurch, da gefchwiegen 
Saͤmmtliche Zeugen, erhielt Petrus das herrliche Rom.?) 
Den Reiben befchließt die heilige Pharailbie, deren Se 
ſchichte ziemlich weittäufig erzählt wird, weil fie, wie Mone 
bemerkt, die Schugpatronin Belgiens war. Der Dichter 
gibt fie für die Herodias aus, die Tochter des Herodes, 
und fagt, fie ſei ſierblich in den heiligen Baptiſt (Johans 
ned dem Täufer) verliebt geweſen. Herodes habe dies mit 
Unwillen gemerkt und den Galan enthaupten laſſen, worauf 
Herodias ewige Jungfraufchaft gelobt und den Namen Pha⸗ 
raildis angenommen babe. 
Diefe Vetteln und Andere, fährt der Dichter fort, 
. welche Heilige zu nennen Sitte ift, fängt das Volk mit 
Verfprechungen und Gelübden und ruft fie mit lauter 
Stimme alle: 
Bisque „pater nuster” secum et „cred-in-.de’' resolvit, 
Quinque „dei paces“ et „miserele‘' quater; 
„Oratus fratrus, paz vobas ‘ clamat et infert 
„deus- gracis” finem, quando ferire parat. ete.*) 
Dies mag genug fein, den Geift des erſten Ueberarbei⸗ 
ters Eennen zu lernen. Mir kommen jest zur dritten 
Kabel, der legten des erſten Buches, welche jedoch, unferer 
Anfiht nach, fogleih auf die erfte folgt, da wir die 
ganze zweite Kabel aus den angeführten Gründen für 
hinzugefügt halten. Diefe dritte Babel enthält nun ei: 
gentlich die Rache Reinhart's an Iſengrim, weil ihn dies 
fer um feinen Antheil an der Beute fo ſchmaͤhlich prellte, 


Erftes Bud. Dritte Fabel. 

Iſengrim der Feldmefſer. 

Der Eingang dieſer Fabel enthaͤlt die Beileldsbezei⸗ 
gungen Reinhart's, daß feinem Fteunde fold ein Leid 
bei feinem Fiſchfange widerfahren fe. Er iſt natürlich 
vom Ueberarbeiter hinzugedichtet, um Dasjenige, was er 
eingefchoben hatte, mit dem darauf Holgenden in Verbin⸗ 
dung zu bringen. Kür uns beginnt demnach biefe Fabel 
mit B. 1333, welchen wir füglih auf DB. 558. fölgen 
Yaffen Eönnen, ohne daß der Zufammenhang dadurch zunter⸗ 
drohen wird. " 

Der Wolf verhöhnte, wie wir fahen, am Ende ber 
erften Fabel, den von ihm betcogenen Suche. Reinhart 
verbarg damals feinen Unmuth, beichloß jedoch, ſich zu 

As Iſengrim und Reinhart bald damuf elnans 
dee. wieberum begegnen, ensfchufdigt erflerer feinen fruͤhern 
Betrug und verſpricht jegt, wenn er ihm irgend eine 
Beute zumeilen koͤnne, gerecht: zu theilen; Reinhart ent: 
fagt jedoch für Immer jedem Theile an ihrer gemeinfchaft: 
lichen Beute, und Iſengrim läßt ſich dies, ohne Argwohn 


3) Der Erzengel Michael, den man bier als einen Sohn der heili⸗ 
gen Aleluja kennen lernt. 
2, Etwa Constantinus magnus? 
. 8) Pater noster;, credo in unum Deum; da pacem; miserere 
nobis; orate fratres, pax vabis; Deo gratias 


x 


beshalb zu hegen, vecht wohl gefallen. Er ſei nicht fo 
weile, fagt er, daß er nicht weifer werden könne; Eines 
aber wiſſe er und werde ſtets es wifien, das Dargebotene 
zu verzehren. Da kommſt du grade gelegen, fügt Reins 
hart; denn bier nabebei haben vier Bruͤder feit längerer 
Beit fchon ‚miteinander Streitigkeiten. Die vier Widder, 
Joſeph, Bernhard, Colvarian und Belin, können fi nicht 
über die Trift vereinigen; gehe demmach mit mir hin 


‚und theile fie ein, wie ſchon bein Vater fidy unter ihnen 


als Eintheiler zeigte. Iſengrim geht fogleih mit Rein⸗ 
hart fort; als er aber die Hörner der Widder ſieht (nicht 
ohne Bedeutung bier „Thuͤrme“ genannt), fühlt‘ er doch 
einige Scheu und will nicht theilen. Reinhart fpricht ihm 
jedoh Muth ein, und Iſengrim verlangt jegt nur noch, 
die Zähne der Widder zu ſehen, um ganz ſicher zu geben. 
Nachdem ihm darin genügt worden ift, ruft er den Wid⸗ 
dern zu, er wolle fie auffreſſen; drei von ihnen follten 
einftweiten fidy binmegbegeben, fo weilte er den einen ver 
zehren, oder. einer folle von ihnen gehen, fo. werde er drei 
zerreißen. Er zeige darauf feine Zähne. Die Widder 
erfinnen Liſt und bitten ihn, zuvor die Tefft gehörig ein- 
zutheilen, dann möge er alle viere verfpeifen. Sie würs 
den ſich für jegt alle viere von ihm nad vier Seiten bin 
gleichweit entfernen, daß er gerecht theilen könne. Ge 
Died geichehen, ſo möge er nur rufen, und fie würden 
kommen. Der Wolf geht diefen Vorſchlag ein, und bie 
Widder nehmen ihre Stellungen, ſtrecken die Hoͤrner vors 
wärts und flärzen verabredetermaßen zugleich auf Iſen⸗ 
grim 106, ſodaß ihm zwei Widder in die Seiten floßen, 
ber dritte aber vor den Kopf und der vierte. an das Hin⸗ 
tertheil. Site ſtoßen fo flark, daß Iſengrim halbtodt nie: 
derfintt. Darauf rufen fie den Reinhart herbei, und alle 
fünfe fpotten des ohnmaͤchtig daliegenden Wolfe, wobei 
ihn die Widder noch tuͤchtig flofen. Dann aber gehen 
fie ihrer Wege und laflen ben übel zugerichteten Feind 
liegen. 
ies Geſchichtliche Nachweiſung. 

Bei dieſer Fabel koͤnnen wir, wie kaum ſonſt wo, die 
66 Zwentibolk's bis im die kleinſten Umſtaͤnde zur 

r 


laͤuterung benugen. Annaliſta Saro fagt bei dem Jahr 


897: „Die Brafın Stephan, Odacar, Gerhard und Dat: 
ftid verlieren bie von dem Kaiſer Arnulf ihnen verliche: 
nen Würden, und Zwentibolk kommt mit einem Kriegs⸗ 
heete nad) Trier, befegt ihre Gebiet und verteilt ihre 
Ländereien unter feine Anhänger. Fuͤr fich aber behielt ex 
das claustrum ad horrea und das claustrum St,- Petri, 
Metis situm‘‘ (Metz oder Mezieres?). Hier hätten wir alfe 
die vier Widder, deren Trift Ifengrim eintheilen voolite, 
wie ſchon fein Water unter ihmen getheilt hatte, und des 
ven Hömer Iſengrim fürchtete und, wie ber Erfolg zeigt, 
mit Recht zu fuͤrchten hatte. Offenbar naͤmlich find ihre 
Hoͤrner ihre Burgen, daher Iſengrim fie audy als Thieme 
bezeichnet, und dieſe Eonnte er nicht in feine Gewalt ber 
tommen, denn die Grafen blieben im Lande umd erfchies 
nen Eur; darauf auf dem Tage zu Worms als Klaͤger 
gegen Zwentibolk. Fuͤr jest aber kam Zwentibolk den vier 
Geafen unerwartet; fie hatten ſich nicht gerüftet, daher 


0 


Jengrim bie Zaͤhne bee Wibder nicht furchtbar findet 
umdb trogig Ihnen die feinigen (fein Kriegsheer) zeigt. 
Rad) der Geſchichte theilte er zwar fürs erfte ihre Län: 
dereien unter feine Anhänger aus, mußte jedoch in dem⸗ 
felben Fahre noch Altes voiederherausgeben, da Kaiſer 
Arnulf auf dem Tage zu Worms die Grafen in Schug 
nahm. Der Dichter greift demnach dem Gange der Ers 
eigniffe nur ein wenig vor, und läßt den Ifengrim nicht 
erft die Theilung vollbringen. Unter dem Widder Joſeph 
ii der Graf Stephan gedacht; der Widder Colvarian ift 
der Graf Odacar; der Widder Belig der Graf Matfrid 
umd der Widder Bernhard der Graf Gerhard. Odacar 
und Matfrid kommen duch noch unter andern Namen 
vor. *) Ludwig Ettmülter, 





Neue Zeitſchrift für die Gefchichte der germanifchen Voͤl⸗ 
fer. Don dem Thüringifch: fächfifchen Vereine für Er: 
forſchung des vaterländifchen Altertbums und die Er: 
baltung feiner Denkmale, herausgegeben durch den zeitis 
gen Secretair des Vereins, Karl Roſenkranz. Erfter 
Band, erſtes bis drittes Heft. Mit Steindrudtafeln. Halle, 
Anton. 1832. 8. Der Band von vier Heften 3 Thlr. 


Unter ben verſchiedenen Mereinen, welche in ben lehten zehn 
68 zwölf Jahren in Deutſchland neu begründet worten find, 
hat wnftreitig des Ihöringifch-fächfifche Alterthumsverein das fon» 
derbarſte und beklagenewertheſte Schickſal erfahren. Wir braus 
chen bad tepfere Beiwort ganz befonders, weil eine in Liebe und 
Sarmiofigfeit begonnene Unternehmung, bie erfprießliche Folgen 
verfpradh, durch die Beröffentlidhung berfeiden untergegangen iſt. 
Wer wie Ref. es weiß, mit welchem Eifer und in wel: 
der echt patriotiſchen Gefinnung die am 3. Dct. 1819 auf 
bem alten Schloſſe Saale, zwei Stunden von Raumourg, ver: 
fommelten Freunde bie Begründung jenes vaterlänbifchen Ber 
eins unternahmen; wer ferner Zeuge gewefen ift, mit welchem 
Eifer und mit weldyer Aufopferung un Zeit und Mühe ber Land» 
rath Repfins und mit ihm der verſtorbene Lange in Pforte (denn 
Dr. Jigen hat wur wenig für den Berein geleiftet) die beabſich⸗ 
tigten Zwecke zu fördern bemäßt waren; und wer nun fiebt, in 
weichem traurigen Zuftanbe der genannte Berein feit feiner Lieber 
fisvelung noch Halle ſich Befunden hat, — der wird ſich in ber 
That eines ſchmerzlichen Befühls nicht erwehren können, daß To 
viele Aräfte faft autzlos verfplittert worden find und ein fo eb» 
ler Zweck nur zu fo geringen Refultaten geführt hat. Ja, man 
wird bied um fo mehr beklagen müffen, ba ähnliche Vereine 
wie der voigtlänbifhe, Leipziger, naſſouiſche unb andere, welche 
ouf Anregung bes Thuͤringiſch⸗ſaͤchſtſchen Vereins geftiftet wurden, 
ſchoͤner und fräftiger gediehn find. 
Der Erfer wird nach den Urſachen biefer fehlgefihlagenen 
fragen. Wer ben im erſten ‚Heft ber vorliegenden Samm⸗ 
tung enthaltenen Jahresberiht vom 15. Oct. 1829, das Girs 
eularfchreiden an bie Mitglieder vom 18. Dec. 1881, unb bie 
Grpestorationen in H. 2, ©. 112, gelefen hat, wird fih Man⸗ 
eb fetdR deuten Fbnnen. Dod wollen wir in der Kürze noch 
Giniges rrgänzen. Der Berein begann zu finfen, wie er im 
Sabre 1823 nad Halle verlegt‘ und aus Lepfius’ treuer Obhut 
genommen ward, ben nur Äberhäufte Amtegefhäfte einer Direc⸗ 
tion entziehen konnten, in welder er fo Bedeutendes geleiftet 
Batte, wie unter Andern die Intereffanten drei Jahresberichte 
bes Vereins, die ımter feiner Leitung erfchienen, binlänglich bes 
zeugen. In Galle fanb ber Berein glei von Anfang an yes 
singe Zheilnahme, ſowol bei den Mitgliebern der. Univerfität 


*) Der zweite und dritte Artikel folgen im Februar und 
März. D. Red. 





5 


9 
äh 
.| sesq 


ſehr ehrenwerthe Berg: 
zum Praͤſidenten bes Vereins * 
fuͤr die Geſchaͤfte eines Vereins, 
dem er ſich nicht gut ganz entziehen konnte, und fein correſpon⸗ 
dirender und ordnender Secretair, Prof. Kruſe, wollte gleich mit 
einem Dale zu viel erreichen und dem Vereine durch ‚organifch 
Beſtimmungkn“, buch, „ Präfidial: Gonfesenzen “ und aͤhnli 

uipedalia verba einen Glanz geben, der die fruͤhern, beſchei⸗ 
denen Leiſtungen zu überſtralen ſchien. Aber vergebliche Muͤhe; 
das Miniſterium in Berlin kennte bei aller Eiberalität und Be 
gänftigung wiſſenſchaftlichen Strebens nicht die einzeinen Gäge 
ber neuen, vom Prof. Krufe. entworfenen Statuten gutheißen, 
in denen unter Anberm der Verein fi) das Recht des fogenannten 
Findeleuchtens, ganz gegen die Rechte ber Grunbbefiger, zueignen 
wollte, vom Miniſterium einen Beitrag zu den Verwaltungskoſten 
verlangte und für den Gecretair (einer Privatgelifchaft) eine 
Bermebrung feines Dienfteintommens in’ Vorſchlag gebracht hate. 
Das Septere war in ber That ſehr main. Auch die Gigenichaft 
eined mit der Univerfität verbundenen Inftituts follte lange Zeit 
dem Bereine.nicht zugeftanden werben, die Portofreiheit vermochte 
er ebenfalls nicht zu erlangen, und fo mühte ſich Präfibium und 
Bicepraͤſidium (erft Prof. Eprengel, dann feit 1827 der geſchickte 
Arzt zu Halle, Dr. 3. R. Weber) und Gecretariat vergeblich 
ab, bie Mitglieder zur regen Theilnahme und zur — Zahlung der 
Beiträge anzuhalten. Die meiſten Mitglieder waren ſchiechte 
Bahler, die halbe Armee, konnte wan mit ber Marketenderin in 
„Wallenſtein's Lager‘ fagen, ftand in des Kafflrers Buche, und 
aud) dies binderte wol manche Unterachmung. Dazu kam noch 
ber fonderbare Gedanke, ein Corpus scriptorum rer. anic. 
antiquiss. usque ad a. 500. p. Chr. n, herauszugeben. ie 
erfehen zwar aus H. 2, &. 113, der vorliegenden „Beitfchrift”, 
daß diefe Herausgabe nicht von dem Präfldinn und Gecretarigt 


als bei ben Bewohnern der Stadt. "Der 
hauptmann von Belth.im, jetzt 
wählt, fand nur wenige Beit 


bed Vereins Üübernemmen worben ift, aber man Eonnte bei ber 
erfien Ankuͤndigung in Krufe'6,Zeitfchrift" 3b. 2, H. 8, S. 151 fg., 
nicht ander® glauben, als daß der Verein babei betheiligt fei. Und 
ba mußten ſich denn ſelbſt Ditglieber des Vereins wundern, wie man 
bei fo geringen Vorarbeiten von Seiten des Vereins ein fo weit⸗ 


ſchichtiges Unternehmen beabfichtigen und ben feligen Hofrath Schat 


an die Spige fielen konnte. Denn unfer, in feiner Soviatität 
fo hoͤchſt liebenswürbige Schuͤt konnte es freitich bei feiner Gut⸗ 
muͤthigkeit nicht abfchlagen, eime ſoiche Rebaction auf feinen Ras 
men zu nehmen, wuͤrde aber trontefn feibft bei Iängerm Leben 
gewiß nie auch nur einen Federſtrich für das Corpus gethan 
haben. Wer in ben legten zehn Jahren in Schuͤh'ens Nähe 
lebte, wirb es zugeben, daß es ein großer Misgriff war, 
grade ihn zu wählen. Hr. Krufe aber, ein gelehrter Mann und 
von einem gewiß fehr guten Willen, war durch anbere literari⸗ 
ſche Arbeiten und pädagogifche Gefchäfte zu fehr in Anſpruch 
genommen, als daß eine thätige Theilnahme an biefer Redaction 
za erwarten geweſen wäre. Jetzt bat Herr Roſenkranz jenes Ges 
fchäft ganz. aus dem Bereiche des Wereins gewieſen und drin ' 
gend gebeten, ihn mit allen Anfragen zu verfchonen, indem bie 
Beantwortung allein dem Hrn. Krufe obläge. Alſo dürfte mol 
das bekannte parturlant montes hier eintreten. 

Nach Hrn. Kruſe's Abgange bat Hr. Prof. Lorens nad 
Kraͤften geftrebt, dem Bereine näglich zu fein, aber nach feinen 
Aenferungen in H. 1, ©. zıı — xzırı, ohne großen Grfolg 
und auch — wie wir glauben hinzufegen zu dürfen — ohne 
fonderlihe Freude. Ihm Hat _fih jegt in Petersburg ein 
befferer Wirkungekreis aufgethan. Mit Luft und Kraft fcheint 
fih nun Hr. Roſenkronz des verwaiften Kindes anzunehmen, und. 
allerdings berechtigen bie bisherigen Leiftungen dieſes thätigen Ge⸗ 
Iehrten zu erfreulien Erwartungen, bie ſich auch namentlich in 
der vorliegenden „Beitichrift” offenbarın werben. Das Redactions⸗ 
geſchaͤft· liegt ihm größtenteils allein ob, und dies ift wahrlich 
ba nicht leicht, wo bie Mitgliebee fo ſehr zerftreut find, wo fo 
viele von den 188 Mitgliedern, unter benen 63 Chrenmitgticher 
find (9. 2, S. 112), fi nur Anflands megen zum Beitritt ent 
ſchloſſen haben und bie thätige Mitwirkung berfelben flets nur 


% 


ſehr bebingt iR. Nef. will indeß fein Unglöcktprophet fein. 
Auch ihm liegt das- Bluͤhen und Gebeihen des Vereins ſehr am 
Herzen, und er gibt ſich gern ber Hoffnung hin, baß bie neue 
Drganifation gute Früchte tragen werde. 

Zunaͤchſt verbanfen wir der neuen Rebaction bie Beforgung 
der vorliegenden drei Hefte, mit denen bie „Neue naeitſzriſt fuͤr 
bie Geſchichte der germaniſchen Voͤlker“ hervortritt. Der ver⸗ 
aͤnderte Titel fand feinen Grund in ber richtigen Bemerkung des 
Herausgebers (H. 1, ©. vi), daß „in einem Kreiſe geſchichtli⸗ 
chen Lebens ſich Alles gegenſeitig erlaͤutere“, der wir ebenſo gern 
unfere Beiſtimmung geben als der frühern Aeußerung bes Herrn 
Prof. Loreng, daß ‚für bie Zeitfchrift des Vereins jeder Aufſatz, 
außer den birlorifche und geographifch.antiquariichen Unterfuchun: 
gen, ber über Verfaffung des Staats und der Kirche, über Eis 
genthuͤmlichkeiten bes beutfhen Lebens, über Sitten und Ges 
bräuche, Üüder ausgezeichnete Menfchen unb ihre Einwirkung auf 
bie Nation ein neues Licht verbreitet, vorzugsweiſe willlommen 
fein würbe.” Allerdings ift ſchon in dieſen Heften eine größere 
Mannichfaltigkeit fidytbar, bie aber noch mehr gefteigert werben 
muß, wozu die Worte des ‚Beraufgeb. in H. 1, ©. ıx, gegrün: 
dete Hoffnung machen. Er felbft verfpricht Arbeiten über bie 
Zauberer bes Mittelalters, über den Einfluß bed Boethius 
auf bie Literatur bes Mittelalters, über norbifhe Mptbos 
logie, über eine Archäologie des MWittelatters u. a. m. und 
erwartet von Freunden geſchichtliche und artiftifche Auffäge über 
mittelalterliche Gegenflände. «Aber ſchmerzlich vermißt man in 
ber Lifte der Mitglieder den Namen der Sebrüber Grimm. Soll 
ein Verein für deurfche Geſchichte ohne fie unternommen werden ? 
Auch die Namen Benegke, Graff und Koberftein fucht man vers 
geblih unter ben Ghrenmitgliedern fowie unter ben correfpons 
direnden und ortentlichen Mitgliedern. 

Den größten Theil des erften Heftes füllt ein Auffag von 
Hrn. Director Heſſe in Ruboiftadt Über das foaenannte kevern⸗ 
burgifche Semälte und die Geſchichte des Schloſſes Kevernburg. 
. Diefe durch außerordentliche Belefenheit in Allem, was auf bie 

thuͤringiſche Geſchichte Benup bat, und eine’ befonnene Kritik aus⸗ 
gezeichnete Abhandlung ift ein wuͤrdiges Seitenſtuͤck zu des Verf. 
Beſchreibung dee Rothenburg, zu Wilhelm's Schrift über Mem⸗ 
leben und zu Lepfius’ Aufſatz über die MRudelsburg. Achnliche 
Monographien würden ber Beitfchrift ftet® zur großen Zierde ges 
seichen, ta fie durch Erläuterung von Details der ausgebehn: 
tern Geſchichtsforſchung trefflich in die Hand arbeiten. Dieſer 
Abhandlung zur Geite, ale die zweite an Borzüglichkeit, ſtellen wir 
ben Aufſatz bes feitbem verftorbenen Wilhelm (H. 2, ©. 938 — 103) 
über das fächfiiche Caſtell Hocfeburc oder Saochſeburg (die hobe 
Sachſenburg an dem Paſſe ber Unſtrut nach der golbnen Aue), 
ein fhägbarer und wohlgefchriebener Auffag zus Geographie des 
Mittelalters. 

Bon nid,t geringem SIntereffe für ſolche Hiſtoriker, welche. 
wie Jakob Grimm in ſeinen, Deutſchen Rechtsatterthümern‘’, das 
Volksthuͤmliche in Sprache, Gage, Gebrauh mit Sinn und 
Geiſt aufzufaflen verftehen, find bie Eocalitätss und Geſchichtsver⸗ 
geichniffe, weiche nach der Auffoberung des Thuͤringiſch⸗ſaͤchſiſchen 
Vereins von Landräthen, Prebigern und ftädtifhen Beamten ge 
wünfcht worten find, indem folche Ausführungen bie Höhere 
Forſchung gewiß in einem nicht geringen Grade erleihtern und 
beförbern. Diefer Weranlaffung verdanken zwei Auffäge, einer 
in 9. 2, über ben mansfelbfchen Seekreis, ber andere (H. 3) 
über die Stadt und Flurmark Xreiburg (beide im preußifchen 
Herzogthum Sachſen), ihre Entflehung. Der erſte enthält nach 
ben Anfragen bed Vereins bie einzelnen Rotizen mit ben Worten 
der einzelnen Prediger, die fich ber Auffoberung des Landraths von 
Mündhaufen, der hier das Organ bes Vereins war und auch die 
Ginfendung an benfelten beforgte, angeſchloſſen haben, und bietet 
in bunter Reihe ein Gemälde verfchiebenartiger Einzelnheiten, 
freilich von fehr geringer Erheblichkeit. Das Protokol über bie 


Stadt und Flurmark Freiburg iſt bie Arbeit bes baflgen Stabb - 
fecretaiee Winkler, aber ebenfalls nur von ſchwachem Intereffe 
Die orbnende Hanb eines Mannes von Fach wird freilih aus 
beiden Auffägen viel wegfchneiden müffen, und die Frage liegt 
daber fehr nahe, ob bie Collectaneen in diefer Geſtalt wol 
zum Drucke geeignet waren. Zur Vervollſtaͤndigung der verſchie⸗ 
denen Kategorien und Rubriken, nach welchen foiche Merzeichniffe 
ausgearbeitet werben müffen, theilt Dr. Roſenkranz einen Abe 
ſchnitt aus der ſach⸗ und gebankenreichen Schrift des Hrn. Preus⸗ 
fer zu Broßenhain: „Ueber Mittel und Zweck der vaterlaͤndiſchen 
Alterthumeforfchung”, mit (H. 2). Won demfelben Forſcher fine 
den fih in H. 3 mehre Pleine antiquarifhe Mittbeilungen, uns 
ter denen wir uns befonder6 gebrungen fühlen auf feine Worte 
über die beutfche Alterthumsforſchung der neueften Zeit (S. 86 fg.) 
aufmerffam zu machen, und fein Bedauern, daß man von der 
Ueberfhägung zur Nichtachtung der deutſchen Alterthämer gekom⸗ 
men fei, bier wiederholt und mit unferer gänzlichen Zuftime 
mung auszuſprechen. Die übrigen Auffäge übergehen wie 
al8 weniger bebeutend. Gie enthalten wenig ober gar nickts 
Neues, wie der Auffag des Paflors Keffel über bie naumburgifce 
zeiziſchen Münzen (9. 1), ber nur von einer neuen, und doch 
dazu von einer falſchen Münze zu fprechen weiß. Aus der Ehros 
mit des Vereins haben wir fchon Einzelnes mitgetheilt. Daß in 
H. 2. des Todes des Hrn. Dr. Wilhelm gedacht wurde, war. 
nicht mehr als billig ; aber ein Dann, ber fein ganzes Leben an 
die Erforſchung deutfcher Altertbümer gefeht hatte, der recht ei⸗ 
gentlich zu den Wenigen gehörte, welche das belebende Princip, 
bie Seele des Vereins bildeten, hätte nach unferm Dafürhalten 
einen ausfuͤhrlichern Nekrolog verdient. Ref. Tannte den was 
dern Verſtorbenen unb ift nie von ihm gefchieben, ohne mit here 
liher Achtung gegen feine edle Perföntichkeit und fein tächtiges, 
ganz uneigennügiges Streben erfüllt zu werben. eine defcichts 
lihegeograpbifhen Werke werben feinen Namen burdy die Gründe, 
licyleit der in ihnen enthaltenen Forſchungen bei verbientem Ans 
fehn erhalten; aber aud die Art und Weile feiner kn 
der gefälligen Einkleidung, die nicht allen Auffägen über beutf 
Aterthümer nachgeruͤhmt werben kann, und feinem lebendigen‘ 
Sinne für alles Schöne und Gute gebührte eine dankbare Ans 
erfennung. Have cara aniına! 

Wir fchließen unfere Anzeige mit bem aufrichtigen Wunfdge, 
recht bald wieder in biefen Miättern über gediegene Auffäge im 
der Zeitfchrift des Drau. Roſenkranz berichten zu können. Die 
Zeit ift freilich ſolchen Beſtrebungen und Grinnerungen an bie 
Vergangenheit ungünftig; um fo größer aber wirb das Verdienſt 
Desjenigen fein, der folchen Beſtrebungen einen Mittelpunkt bare 
bietet und von demfelben aus thätig die Wiffenfchaft zu fürbern 
bemuͤht ift. 89. 





Notiz. > 


Ein 3eitungsartitel aus Kalkutta erregte vor einiger Zeit 
in London großes Auffeben, und man war nahe baran, ben Ges 
genftand in eine Öffentliche Berathung zu zieben, fo allgemein 
und laut hatte befonters das ſchoͤne Geſchlecht feine Misbilli⸗ 
gung durch ein shocking indeed zu erkennen gegeben. Die Ans 
zeige lautete folgendermaßen: „Krauenverlofung. Es wirb 
biermit befannt gemacht, daß wieder ſechs niebliche junge Damen 
mit zwei füßen Kindern von Guropa gelommen, alle mit bluͤ⸗ 
henden Roſen auf ihren Wangen, mit Liebenswürbigkeiten reich⸗ 
lich ausgeftattet und von böchft ſchmiegſamen Temperamente. 
©ie follen bart an ber britifchen Galerie verlooft werben, das 
2008 Eoftet 12 Rupien und die hoͤchſte Rummer gewinnt bie 
bezauberndfte.” Wei genauer Unterſuchung zeigte es ſich aber, 
dad ein Modenhänbler auf biefe Art feine Waaren fcherzhaft 
angepriefen. 160. 





Redigtet unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: 9. U. Br o@baus in Lei piig. 





- 


— — — — — — — — — —— —— 


— — — — — ⸗— 


\ 


Blatter 00 


für 


literarife Unterhaltung. 





Donnerstag, . .. 


— Nr. 24. — — 


24. Januar 1 833. 





Taſchenbücherſchau für 1833. 
j Biertey Artikel.9 . 
Bergeblih war unfer Harren auf zwei gehoffte Erſcheinun⸗ 
gen im Bereiche der Almanadyeliteratur, Zied’s „‚Rovellenkwanz” 
und das bei Gotta erfcheinende, aber diesmal nicht minder wie 
im vorigen Jahre audgebliebene „Damentaſchenbuch“. Wit bei⸗ 
ben gedachten wir in unferer Taſchenbücherſchau für 1888 einen 
wärbigen Abfihfuß machen zu koͤnnen, der ſich nun ohne dies 
feiben vollziehen muß. Gleichwol findet ſich unter der Tegten 
Bteibe, bie wir Hiermit dem geneigten Leſer vorführen, des Ins 
tereffanten, ja des Bedeutfamen nody jetz nur barf:ber 
Bud nicht ermüden, unter vieler Spreu ein feltenes Koͤrnlein 
aufsufpähen. Gpindier entfaltet uns die Kunft feines Zalents, 
obwol die näher zu befprechenden Probuctionen feines vorliegen: 
den Taſchenbuchs den gehaltvollen Werth feiner fräbern groͤ⸗ 
Gern Romane und Gittengemälde beimweitem nicht - erreichen. 
&. Krufe, der alte rüftige Dänt, Liefert zwei treffliche Lebens: 


unb Gerienbifber, und W. Bilumenhagen fcheint ſich wit der 


gueiten feiner beiben hier vorgaführenden Novellen mit der Kris 
tie verföhnen zu koͤnnen. Zum Frommen ber Kunft mag fomit 
ein näheres und ernftlidyes Eingehen in bie Leitungen der ſechs 
vorliegenden Büchlein erfolgen. 

18. Bergißmeinnidht, von 6. Spinbler. 

Durch einen treffiihen Druck und eine Galerie von Kupfern 
aus Gpindler’s ältern Romanen hat die Hallberger’fche Vers 
kagshandlang in Stuttgart hen vierten Jahrgang dieſes „Ver⸗ 
gißmeinniht” treffiich aufgeftattet. Mit dem Stauren’fchen Tas 
ſchenbuche von gleihem Titel Hat das vorliegende bie Gleichfoͤr⸗ 
migfeit des Inhalte von einem und bdemfelben Verfaſſer gemein, 
wobei jedoch der Lefer die Mannichfaltigleit der Prodbuctionen 
entbehren muß, bie den eigenthümlichen Reiz in folgen Zuſam⸗ 
menflellungen zu einem Parabebüdjlein ausmacht. Jede ber drei 
bier mitgetheilten Erzählungen verfegt uns in eine anbere Loca⸗ 
Ktät: „Der Liebestranf‘’ nach Spanien, „Die Peſt zu Marfeille‘ 
gibt ſelbſt ihre heimifche Dertiichkeit an, unb ‚Die Beleitötage” 
führen uns corſiſche Ratur vor Augen. 

Wenn wilde Haft ein edler Eifer, Erhitzung Begeiſte⸗ 
rung und thierifche Entzündung Liebe genannt werden dürfte, 
bann wäre Spindler einer unferer brillanteflen Romandichter. 
Bei ihm iſt nur allzu oft bloße Erhigung, was ben Poeten fe: 
Lig begeiftert; niedrige Begier zeichnet er da, wo Anbere ein 
Entzuͤcken der Seele unb eine Derzensneigung ſchildern; Haß, 
Jaͤhzorn, wilde Wuth, das find feine Karben, mit denen er 
gluͤckũch malt, fodaß Züge aus dem Mittelalter ihm befonders 
gelingen; aber er muß aud dann treuffeißig geftalten, weil ihm 
ber bligende Humor, ber plöglich feine Leuchten zündet, verfagt 
ik. Man kann nicht leugnen, daß auch gegenwärtige Erzaͤh⸗ 
lungen in einemtforgfältig gehaltenen Styl verfaßt find, den bie 
pathetifche, Fothurnartige Stimmung Spindler's nie flüchtig wer⸗ 
den läßt; ‚allein bie Stoffe find doch, befonders in dem „eie⸗ 


° Bal. Rt, 590 — 801, 819, 880, 836 u, 337 81, f. 1838. D. eb, 


"und duch aus und magert ihn dergeftalt zum 





bestrant”, ganz wild und. wüft durcheinander gefchteudert und 
nicht dargeftellt, fondern hingeftürzt. Lüfterne Weiber, die dem 
König von ihren Brüdern verfauft werben, während‘. die er⸗ 
wählten Liebeshelden vor Wuth fehäumen und zittern, Auto— 
dafss, Stiergefechte, als Seitenſtuͤcke der Liebeshaͤndel, Mädchens 
entfuͤhrungen, abgelebte Cardinaͤle mit dem Zipperlein, tübifche 
Troͤdler, Giftmiſcher, Hexenmuͤtter, Raͤuberhoͤhlen, ſpaniſcher Ka⸗ 


tholicismus, alle dieſe Karben kennt Spindler und hat fie ſicher 


auf ſeiner Palette; ſein Pinſel wird aber von den wuͤſten Ele⸗ 
menten, bie er bewältigen will, ſelber bezwungen, und fo miſcht 
er ein Gemaͤlde voll Wirrwar und Rohheit zuſammen, daß der 
Duft, der ber ſchlechten Delmiſchung entſteigt, anwidert. Dee 
Faden, der durch jene heißentbrannten Scenen, bie uns auf ſpa⸗ 
niſchem Boden vorgefuͤhrt werden, ſich dindurchſchlingt, iſt duͤnn 
und doch verworren. Ignazia, ein gluͤhendes Weib, liebt den 
Verlodten ihrer Feindin, der fie bisher mit Verachtung behan⸗ 
delte. Sie gibt ihm einen Liebestrant, nad beffen Genuß er 
für fie alsbald entbrennt und ihr mit zitternder Wuth auf ak 
len Wegen und Landftraßen wie vom Böfen beſeſſen grabezu 
nadhläuft. Dir Trank, den ex genoffen, hoͤhlt ion aber durch 

erippe feiner 
felbft ab, daß Ignazia vor ihm entfest flieht, als er fie aus 
dem Klofter befreit. Der von ber Furie der Begier getriebene 
Mariano läßt aber nicht von ihr ab; er befreit ſich aus den 
Händen von Räubern, aus ten Ketten des Gefängniffes und 
tummelt fidy balb wahnfinnig vor Sehnfucht tauſendfach umher, 
ohne den Beſitz ber Geliebten zu erlangen, bis der Giftmifcher, 
ben Sgnazia ald ben Zeugen ihrer Schandthat bei Seite ſchaf⸗ 
fen will, ihr ſelbſt den tödtlichen Becher kredenzt. Mit ihrem 
Tode hört der Zauber des Liebestrankes auf, und Mariano, der 
unterbeffen auf die Galeeren gefchmiedet wurde, kommt aus feis 
nem traumartigen Taumel wieber zu Sinnen und verföhnt ſich 


reuig mit feiner Verlobten. 


„Die Peſt zu: Marſeille“ ift mit fo flächtig ſtizzirten Ro⸗ 
manverdaͤltniſſen durchzogen, daß das Product nicht fuͤglich eine 
Novelle heißen kann. Die Menſchen, die bier zu feindlichen 
oder freundlichen Gruppen zufammentreten, find fo raſch abges 
ſchattet, daß man bei ber Haft, wie fie kommen und verfchwins 
ben, gar fein Intereffe für fie haben Tann. Dagegen ift bas 
Gemälde der marfeiller Peft mit allen Glutfarben, bie Spind⸗ 
ler in reichſtem Maße bei Schilderungen dieſer Art zu Gebote 
fteben, ausgeftattet. — „Die Geleitstage” bringen es auch zu 
£einer individuellen Geftaltung und begnügen ſich mit Darſtel⸗ 
lung corfifher Naturen, an bie ſich einige ſchlaff zuſammenhaͤn⸗ 


‚gende und fchlotternde Scenen anknüpfen. 


14. Hulbigung den rauen, herausgegeben von Caſtelli. 

Diefer elfte Jahrgang bes eben genannten Tafchenbuchs ift 
mit einigen aus den Erzählungsfloffen des Inhalts enttehnten 
weiblichen Bildniffen geſchmuͤckt, deren Zeichnung jedoch nicht 
jedes Mal wohlgerathen genannt werden kann, und die fämmts 
li von dem Titelkupfer übertroffen werden, das bie Erzher⸗ 
zogin Sophie, geborene Prinzeſſin von Baiern, darſtellt. Die 


N 


, 
! " 98 


t befgämt bier eimmal auf ſchlagende Weife bie Phan⸗ 

—— Bönhient die Sopie des Wirtlichen überbietet bier 
an Hoheit und Anmuth alle Erfindung. Der Literarifhe Ja⸗ 
halt des Boͤchleins, ber bie erwuͤnſchte bunte Mannidfaltigkeit 
nicht vermiffen laͤßt, bietet zunächft eine Novelle von &. Krufe: 
„Beau und Magd’. Krufe, ein Veteran deutfcher Novelliſtik, 
iſt nicht in jener romantifd) s hiſtoriſchen Schule erwachſen und 
alt geworden, die fo viel Unpoefie in die Dichtkunſt hineingeſchleppt 
hat; er hat durchaus feinen eignen Cyklus ſelbſtgeſchaffener 
Ideen und Figuren, die er mit vieler Durchdringung der bloß 
äußerlich ſchimmernden Schale ausprägt. Jene romantiſchen 
Subler reihen einige hiſtoriſche Scenen aneinander und benten, 
wenn fie eine romantiſche Localitaͤt, ſei's aus Reiſebeſchreibun⸗ 
gen oder aus eigner Anſchauung getreulich abftrahirt und aus⸗ 
gepugt haben, ihr ſchlotterndes Machwerk, das nicht niet⸗ noch 
nageifeſt ift, fei dann comantifche Poeſie. Kruft kennt und liebt 
die Romantit immitten bes bürgerlichen beutfchen Lebens ber 
Gegenwart ; er fchildert gern Derzensangelegenpeiten im Con⸗ 
flict- mit äußern Verhältniſſen, ſchafft aus dem Schatze wohl: 
erworbener und trefiender Menſchenkenntniß plaſtiſch Lebendige 
Wefen, weit den Stufengang, das Steigen und Sinken ber ins 
nern Regungen feiner Perfonen nach und madıt — was ihn von 
jenen hiftorifhen Romantikern weſentlich unterfeider — eine 
Kataftroppe, um bie er feinen Stoff vertheilt und herumlegt, 
ſodaß man am Ganzen Zweck und Plan, Anfang, Mitte und 
Gnde abſieht, wa6 an ben Spindler’fchen Novellen oft vergeb⸗ 
Lich zu fuchen fein möchte. Gin junges feelenvolles Mädchen, 
das nad H. kommt, um nad) ded Vaters Tode irgendwie einen 
Dienft zu ſuchen, iſt die Hauptheldin der oben genannten Novelle 
von Krufe. Mariannens Weſen ift die verzichtende Unſchuld, bie 
ſich den, wenn nicht heiter, doch rein bleibenden Urgrund ihrer 
Seele mitten im Gontraft gegen Welt und Menſchen bewahrt 

und mit Jener flilen buldenden Apathie ſich räftet, bie fie von 
der eigenfüchtig ftrebenden und zufammenraffenden Lebensiuft und 
Lebensgier der meiften Menfchen gar fehr unterfcheibet. Der 
leichte Hauch ber Kröplichkeit if von Mariannens Antlig fort 
gewiſcht, eine innere Seelenerfahrung hat ihr Gemuͤth ſchon fruͤh 
gereift. Ihre Halbfchwefter, bei der fie in der Stadt einen 
Bufiuchteort ſucht, findet fie krank; ein bildſchͤnes Kind, das 
diefelbe für das ihrige ausgibt, um das fid; jedoch eine vorneh⸗ 
wie Dame oft und angelegentlidft erkundigt, liegt neben ber 
angeblichen Kinbbetterin. Aus den Zügen der Heinen Aglaja 
Spricht Mariannen ein unnennbares, geheimnißreiches Etwas an; 
.fie kann von dem Kinde nit laſſen und befchließt, nach der 
Schweſter Tode ſeine Mutter zu fein, obwol die Ahnung, es 
gehöre bem niebern Kreife nit an, immer mehr ſich zu beftä« 
tigen fcheint. Grau von Strahlenhelm, bie vornehme, reigende, 
verfuͤhreriſch ſchͤne Dame, nimmt Mariannen in ihren Dienft 
und eröffnet derfelben in einer Stunde. vertrauter Mittheilung, 
wie fie einen jungen ſchwermuͤthigen Wann gefeffelt habe und 
mit ihm einem ſchoͤnen Büntniß entgegenfehe. Marianne muß 
ihr eigned Liebeögeheimniß, dad an ihrem ftillen Herzen nagt, 
effenbaren, und aus ben gegenfeitigen ‚Derzendergießungen zwi⸗ 
f&en Frau und Magd ergibt es fich, daß der Gegenſtand ihrer 
"peiberfeitigen Neigung berfelbe if. In dem Landfchloffe einer 
‚ Gbelfamilie, wo Marianne Erzieherin der jüngern Kinder ge: 
weſen war, hatte ber Sohn des Haufes zu ihr eine innige Liebe 
gefaßt. Je fanfter und fliller er liebte, deſto mehr prägte ſich 
aud in ihrem Herzen fein Wild tief ein, und erft als feine 
unterdräcdte Neigung in eine fchleichende Krankheit aus zuarten 
begann, entſchloß fie fi, den Kreis ber Zamilie, deffen Ruhe 
fie aicht weiter nefährten wollte, zu fliehen. So kam fie nad 
H., und Guſtav, der fid) auf Reifen zerfireuen wollte, wurde 
eben Sort von den Reizen der rau von Strahlenheim gefeffelt. 
Bor der Thür treffen fie unvermttbet aufeinander. Man hatte 
dem jungen Manne die Unfchuld feinen frübern Geliebten ver⸗ 
daͤchtigt; jest fieht er fie weit dem Kinde im Arme das Baus 

feiner Verlobten für immer wie eine Fluͤchtige verlaffen, und 


ihre ſchwankenden Worte erregen von Neuem den falfchen Ber⸗ 


⸗ 


dacht. ben feine Braut nicht ermangelt-zu erharten. Shen IR 
ber Hochzeitetag beflimmt, da bricht in der Straße Beuer aus, 
wo die Räherin, die das Wrautlieid fertigt, wohnt. Guſtav 
eilt hinzu: Marianne felbft ift die Räherin, die, das gerettete 
Kind im Arme, das er für das ihrige fie für das feinige hält, 
buch bie Fiammen fchreitet- Auf der Reiter ſchwankt ihr Schritt, 
während Yinter ihr der brennende Giebel zufammenftürzt; Gm 
ſtav fliegt ihr entgegen und bringe fie in Sicherheit. Im Bine 
mer feines Baters erwacht die Ohnmächtigez das Raͤthſel mit 
dem Kinde loͤſt ſich, die Strahlenhelm ift die Mutter, fein Va⸗ 
ter bleibt unbelannt, und Guſtav wechfelt bie Braut, nachdem 
fi die urfprängitche Eiebe aus der Verirrung des Lebens friſch 
berausgefhält Hat. Die endliche Adfertigung der Kolette ift 
hoͤchſt originell erdacht. — Kruſe's Styl if bald zu falopp, 
bald in eingefchadhtelten Perioden zu ſchwerfaͤllig gedehnt; Der 
Ausbrudy bed bedratfamen Feuers Hätte beffer motiviert ‚werben 
ſollen, und das Dunkel, das über dem Vater des Kindes ſchwedt, 
möchten ‚wir fortwuͤnſchen; aber bei alledem find body menfche 
liche Weſen, befondere Indiwidwalitäten, für bie man fidy inter 
eſſiren kann, hingeſtellt md die innerlichen wis aͤußerlichen Be⸗ 
— verſchiedener, fertig und klar gezeichneter Perſoͤnlich⸗ 
iten zu einem Gonflict und einer Kataſtrophe geſchickt zuſam⸗ 
wengefaßt und geordnet. - 
ie andern profaifdgen Erzeugniſſe des wiener Taſchen⸗ 
buche find weniger eigenthümlicy und bebeutfom unb berratpen 
fort ſaͤmmtlich die glüdfelige Gutmuͤthigkeit der wiener Verfaſ⸗ 
fer, die ſich aoch an Gebilden und Formen ergögen, welde im 
Niederbeutfdjland laͤngſt in ‚das Regifter des Weralteten einges 
teagen find, „Die Rache bes Daͤmons“, eine romantiſche Er⸗ 
zaͤhlung von Kuffner, in welder ſich ber Held dem Teufel 
verſchreibt, um die Geliebte zu erlangen, kann nur in Wien fo 
aͤffiſch und pfäffifch erzäpit werben. Selbſt der Styl iſt kin⸗ 
diſch wienerifch. 


Werthvoller erſcheint bie wiener Lyrik, denn bier iſt nain 
und kindlich, was in einer hoͤhern Form ber Poeſie als ſchlaff 
und nachlaͤſſig gerügt werben muß. Wir finden freilich hier 
auch viel inhaltsleere Sehnſuchts⸗, Wondfchein:, Brühlinge =, 
Dämmerungstöne, die gewöhnlichen Ditettantenftüdkhen ; allein 
außer manchem erfrfulichen Eiede: einen gefühlvollen Liebesfeufs 
zer „Zu Dir”, von W. Marſanoz acht Lieber unter bem 
gemeinſchaftlichen Zitel „Verona illustrata”, von bem zu früh 
geftorbenen &. Halirſch, vom Mai 1831; eine anmuthig 
fpielerifche wiener Wigelel: „Die Bebeutung bes Woͤrtchens: 
na!‘ von A. Kahlert, ein fehr gelungenes Declamationsftüchz 
zwei treffliche Gedichte vol phantaſtiſchem Wig von Braun v. 
Braunthal, u. f. w. Verwunderung erregt aber, daß ber bes 
rühmte 3. v. Hammer in dem „Mittag, nach Öftlichen Dich⸗ 
tern” fo fchlotterichte Diflichen machen Tamm wie folgendes: 

Hirſche röhren nicht, es heulen nicht die Schakale; 
Dferbe wiebern nicht, ed beflet nur heifer ber Hund. 
Auch ber niederdeutfhe Raupac Hat als Lyriker mit brei Liebe 
hen beigefieuert, von denen das britte befonders ebenfo innig 
tief wie anmuthig ift. . 


15 Rheinifhes Taſchenbuch, herausgegeben von 
Dr. Adrian. 

Eine Galerie aus Cooper's Werken, und zwar aus ber 
„Waſſernixe“ und dem „Bravo“, gewähren dem Lefer zunädft eine 
anmuthige Grinnerung an frühere Lecture; bie begleitenden und 
erflärenten Textworte bieten dem Gedaͤchtniſſe zugleich eine 
willlommene Unterflügung. Sodann führt uns ber Herausgeber 
einige Skizzen aus Lord Byron's Leben und Schriften vor, bie 
uns, fo wenig auch damit ein biographiſcher Abfchluß oder eine 
genügende Probenauswahl aus ben Dichtungen bes merkwuͤrdi⸗ 
gen Briten bezweckt werben follte, dennoch einige Scenen aus 
feinem äußern und innern Leben erdffnen, bie recht wohl zur 
Sharafteriftit feiner Perſoͤnlichkeit als Menſch und Dichter ges 
eignet find. Zu Byron's Portrait ſtellt fein beutfcher Ueber: 
fegee mehre kurze Schüberungen feines Perſonlichkeit von Zeitz 


— — — oo 
(2 


0. 


„ bie längere ober Pürzere Zeit in feiner Nähe lebten, 
einen von verfchiebenen Seiten aufgefaßten, erläuternden 
Gommenter zufammen, zu weichem WBonfletten, eine ungenannte 
Benrtianerin, fodann des Dichters Geliebte, bie Gräfin Guic⸗ 
ciolt, Leigh Bunt, der den Lord feinen Wohlthaͤter nennt, ferner 
ein berühmter englifcher Portraitmaler und endlich Thomas 
Moore baid mehr oder weniger mit gluͤgtichen Beobachtungen 
beifteuern. Gehr richtig portraitirt ber genannte Leigh Hunt By⸗ 
rons Geftdgtsbildung unter Anderm mit folgenden Worten : „Der 
Kianbatken war zu ſtark für die obern Theile bes Antliges. 
Es Hatte den ganzen Gigenwillen eines Despoten. Das Anis 
malifke war über den intellectuellen Theil feines Kopfes in 
dem Mate vorherrihend, als das Geſicht im Verhaͤltniſſe zu 
dem Schaͤdel groß war. Geine Geſtalt war fehr ſchoͤn, obwol 
fie in Lahmheit endigte und fi zu Beleibtheit und Verweichli⸗ 
&ung neigte, wobei ich mich Deffen erinnere, was ihm eine 
feindlich gefinnte Schöne vorwarf, nämlid daß er wenig Bart 
babe, ein- Fehler, der nad) "ber Anficht einer andern, nicht feinds 
Ed gefinnten Dame, das Goͤttliche feines Antliges nur noch ers 
höhte, — imberbis Apollo.” Der Portraitmaler Lawrence bes 
merkt: ‚Nie hat ſich die Wahrheit des Syſtems von Lavater 
fo einbringenb bewährt als bei Lord Byron's Gefiht, in wels 
dem man den ganzen Charakter ficht: feinen fühnen und ra⸗ 
fen Beil, feine Ausfchweifung und feine Bitterkeit, fein urs 
fprängliched Gbenmaß, durch tie Leidenfchaften verzerrt, fein 
Lachen, in weldem Heiterkeit und Hohn gemiſcht find” u. f. w. 
Abrian begleitet fodann drei Scenen aus dem „Gorfaren”, „Mas 
seppa” und ‚Manfred‘ mit Stellen feiner im Ganzen gelungenen 
Ueberfebung und erläutert bie Darftellungen von Janina aus 
dem „Edhilde Harold’, von Byrne Palaſt in Benedig und von 
bes Mewftead: Abtei, wo ber Dichter als Anabe und Jüngling 
lebte. Unter biefen drei Lembichaftäbildern iſt bad erſte befons 
ders fein und gebiegens das zweite zeigt uns den Schauplatz, 
wo Byron feinen „Don Zuan” bichtete und lebte, wo fein Freund 
Shelley bie Energie dieſes wunderfamen Geiſtes am vollenbets 
fien entwidelt fand, und wo jene merkwuͤrdige Fornarina, Mars 
gerita Gogni mit Namen, bie wüthende Grazie, die Byron eine 
Fauſtina mit junoniſcher SBeftalt” in einem Briefe nennt, fih 
eine Zeitlang Mygibın gefeilte. , 

Bon fremden Beiträgen wirb uns eine hiſtoriſche Sryth- 
lang von bem überall engagirten Blumenhagen und eine Ro⸗ 


N, 


velle von Zehner bargereicht., peldyem letztern Poeten, wofern. 


es ein ſolchek if (quod est demonstrandum), wir ſchon in der 
„Ütinexva” zu begegnen fo unglüdlich baren. Daß Blumen: 
Jagen in ber hier vorliegenden Erzählung: „Der Gonvent zu 
Hildesheim im 3. 1640”, mit handverifgem Patriotismus renom⸗ 
wirt, verſteht fich von ſebſt. Es kann aber nicht fehlen, daß ein 
fleißiger Hiftorioromantiter, felbft wenn er nach intereffanten Ins 
triguem und Gruppen: blos in heimifchen Geſchichtsbuͤchern fpäht, 
in alten Schwarten und Acten dekgleichen mitunter findet, zu 
welchem fodann eine kuͤnſtleriſce Geflaltung und Ausführung Hin: 
zulommen muß, wenn ein gefälliges und geſchmackvolles Zeitbild 
einer vergangenen Wirklichkeit geliefert werben fol. Wenn ber 
Stoff der genannten Novelle einige gute vorgefunbene Züge und 
Phyfiognemien verräth, fo fehlt es body gar fehr an Dem, mas 
ich Zuthat nannte, was aber in kuͤnſtleriſcher Hinſicht eine 
HOamptſache ift, naͤmlich an gefhmadvoller Gliederung und Grup⸗ 
pirung der gegebenen Elemente. Im genannten Jahre traten 
mehre proteftantifhe Fuͤrſten Niederdeutſchlands, franzöfifche 
Abgefandte fammıt dem ſchwediſchen Banner zu dem Gonvente 
in Oiidesheim zufammen, wo ein großer Theil von ihnen durch 
die Botheit fanatifcher- Mönche, weiche bie Becher vergiftet hate 
ten, umlam. Während fie noch bei Tiſch figen und zechen, ers 
hätt der Herzog Georg von Lüneburg von feinem Hofmaler ein 
Gonterfei zugeſchikkt, auf welchem die Wergifter mit einer 
Schlange als Symbol dargeſtellt find und auf biefe flumme 
MWeife verrathen werben. So retten fi Gero Georg unb 
General Banner, während Andere ſchon Dpfer bes Verrathes 
find. Dies anſcheinende Hauptintereſſe der Erzaͤhlung tritt je- 


— — nn: EEE REES 


bed) ganz an dat Ende derſelben, und der ganze Vorgang wird, 
ſtatt Iebendig und praͤſent vorgeführt zu werden, nur tfferirt. 
Die Hauptfigur ift der Maler, ein Katholik, weicher nach einen 
vergeblichen Verſuche der Mönche, ihn zur Theilnahme am Vers 
brechen geneigt zu machen, unter dem abgendthigten Verſpre⸗ 
hen, Niemand das Geheimniß mitzutheilen, fo lange bis das 
Bubenſtuͤck vollbracht iſt, gefsmgen gehalten wird. Die Bor⸗ 
nirtheit ded Malers, der fich ohne Hinlängliche Motive an Ort 
und Gtelle feffein läßt, glaubt dem Poeten kein Menfch in der 
Weitz; man ift zu fehr an pfiffige Haupthelden, die Haar auf 
ben Zähnen haben, gewöhnt. In der verfperrten Kiaufe ente 
wirft num der bornirte Maler jene Skizze, die er durch ein 
Kind dem Herzog überſchickt und welche beinahe zu fpät ben 
Verrath ber Jeſuiten enthüllt, Des Malers Verhältniß zu eis 
ner aͤltiihhen Dame ift dann die Hauptſache des Stoffes, fo wer 
nig Zufammenbang felbft äußerlich zwiſchen feiner Liebe und 
der Conventsgeſchichte auch zu finden fein mag. Im Schloſſe 
biefer Dame, er weiß nicht, iſt's ein Fraͤulein oder eine Witwe, ' 
war er früher als ein Fieberkranker verpflegt worden. Kunſt⸗ 
ſtudien zogen ihn darauf nach Italien, allein die Gebnfucht zu 
Klotilden trieb ihn bald genug wieder nady der Heimat ber 
Edeldame. Diefe fon bedeutend ältere Beliebte Hält dem 
Stuͤrmiſchen das Misverhältniß ihrer Jahre entgegen, unb als 
ee noch eifriger in fie dringt, bie Geinige zu werden, fagt fie 
myftifch genug: „Begehre nicht, was dem Grabe verfallen iſt, 
bu wirft Moder und Graus finden, wo du Gold und Gbelfteine 
fachteſt!“ Diefe Worte, bie auf Wahnfinn deuten koͤnnten, ers 
klaͤren ſich fpäter dann dadurch, daß Klotildens unreines Ber⸗ 
haͤltniß zum Schloßherrn, der ſie als eine Waiſe zu ſich nahm, 
aufgehellt wirb. Sie gebar einen Sohn, den der Freiherr je⸗ 
doch, in Windeln gehuͤllt, in den Schnee warf. Der grauſame 
Bater rigte fich aber dabei an einer Radel ben Finger, und feine 
Hypochondrie fagt ihm, einft muͤſſe er an einem Nadelſtiche ver⸗ 
biuten. Halb wohnung flieht ee das mit ben fpigig kleinen 
Dolchen bewaffnete Weibergeſchlecht, und ſelbſt Klotilden trennt 
in einem und demſelben Zimmer eine Barriere von ihm. Aus 
biefem Verhaͤltniſſe Hätte der Humor etwas Gelungenes fchaffen 
koͤnnen; allein To trodten ernfl, wie der ehrſame Hanoveraner 
dies bingeftellt bat, macht es die Eäglichfte Wirkung von bee 
Welt. Die Widerfinnigkeit des ganzen Geſpinſtes wird nicht 
wenig noch badurch vermehrt, daß der Lüneburger Herzog ſich 
bei dem verrückten Freiherrn Raths erbolt, ob er ſich den 

den oter dem Kaifer anfchließen folle. Endlich ergibt ih wun⸗ 
derlich genug, daß der Maler das ausgeſetzte Kind iſt; der Frei⸗ 
berr flirbt darüber vor Schreck; Grauen aber und Gntfegen exe 
FH Mutter und Gohn, bie an eine. eheliche Verbindung 
dachten. 

„Belly“, eine Erzaͤhlung von Zehner, probucirt eine 
lange, dde und verworrene Geſchichte von Negerkriegen, Neger⸗ 
liebe und Negerrache mit untermifchten Suropäergeftalten, die 
in Guinea landen. Ein Haufe von Namen kreuzt fih wuͤſt 
durcheinander; daß Perſonen dahinterſtecken, ift fchwer wahre‘ 
zunehmen, denn es find lauter Schatten. Herr Zehner iſt eine 
Art Offian, aber ein burlester Oſſian. Der afritanifhe Boden 
und bie Regerfitten in Guinea bieten dem gelehrten Undichter 
vielfache Veranlaflung, feine erlernten Localfenntniffe in fremds 
artigen Namen und Bezeichnungen an den Tag zu legen; wenn 
es weniger verworren bingeftellt wäre, hätte es ſicher einen, 
wenngleich nur bedingten Werth: jebe Reifebeichreibung berich⸗ 
tet aber klarer und deutlicher, ats es bier geſchieht. Die Als 
bernheiten in der Diction (‚die brüfelnde Phantafie”, „wozu das 
Grammeln!” u. fi.) vollenden die Geſchmackloſigkeit, in wels 
der fih ber Verf. gefält. 

Mac einer fo unerfreulicden Lecture werben bie „Erzaͤh⸗ 
lungen am Meere‘ von Adrian auf jeden Leſer befto freund⸗ 
licher wirken. Im Salon des Babhaufes zu Boulogne:fursmer 
findet fich eine kleine Gefellfhaft zufammen, bie uns mit 
frifhem Humor geſchildert wird, und in welcher ein jedes 
Mitglied eine feinem Charakter angemeffene Hiſtorie zum 


} 


100 - - 


Beften gibt. Unter ben gu biefer Weranlaffung mitgetheil⸗ 
ten Anekdoten ift befonders bie zweite, „Abenteuer eines 
Schaufpieldichters”', trefftich erfunden und mit jenem meifterhafr 
ten Pinfel ausgeführt, der bie Skizzen und Bilder aus Eng⸗ 
land ſchuf. Gin ebenfo waghalfiger als betrüglicher Schau: 
fpieldirector, der feine Benefigvorftellung fo wohlfeil wie moͤs⸗ 
iich auszuſtatten gedenkt, weiß einen armen Poeten für feinen 
gan zu gewinnen und überredet ihn, an dem gewinnreichen 
bend das Held für ihn einzulaffiren. Der Dichter, ein ſchuͤch⸗ 
terner, armer Teufel und ein gutmüthiger Narr obenein, laͤßt 
fi dazu bewegen: da bringt jener noch in ihn, eine Bedien⸗ 
tenrolle im Stüde felbft zu übernehmen. Auch dazu verfteht 
fi endlich der gedemüthigte Muſenſohn; als er jedoch mit ges 
füllten Taſchen aus der Kaffe nach der Bühne kriecht, um dort 
als der Diener des Directors zu agiren, da bligt ber Gebanfe 
in ihm auf, das Geld nit eher herauszugeben, bis er fi 
für feine Foderungen an ben hartherzigen Gntrepreneur bezahlt 
gemacht haben würde. Gr trift als Diener mit feinem Herrn 
vor bie Gouliffen, und während fie ihre Rollen laut weiter führen, 
unterhandeln fie fadyt für fich über gegenfeitige Auseinanberfegung, 
bis fie plöglih vor Eifer über Das, was fie wefentlicher inters 
effirt, au® ihren Rollen fallen und fi zu raufen anfangen, um 
mit ber Kauft ihre Anſpruͤche zu erfräftigen. Der Poet ftürzt 
zu Boden, feine gefüllten Taſchen berften; bie Geiger im Dr: 
chefter, die noch nicht bezahft find, flreichen bie rollende Münze 
mit ihren Bogen ein, und endlich flürmen die "Gläubiger im 
Parterre, denen der Director ebenfall& verfchulbet if, auf bie 
WBreter, um in bem allgemeinen Tumulte fo viel als möglich zu 
dem Ihrigen zu kommen. 
. " (Der Beſchluß folgt.) - 





Der Freiherr von Reichlin : Melbegg. 


Unter denjenigen Thatſachen, welche Carové in feinem ins 
haltreichen Buche: „Die legten Dinge des roͤmiſchen Katholicis⸗ 
mus in Deutſchland“ (Leipzig 1832), für das in der Fatholifchen 
Kirche Deutfchlands vorhandene Läuterungss und Beflerungss 
fireben, mit namentlicher Beziehung auf die Fatholifchen Hoch⸗ 
ſchulen, anführt, gebenft er auch (S. 105) bed vormaligen Pro» 
feflors der Kirchengeſchichte an ber Fatholifhen Univerfität in 
Freiburg im Badiſchen. Denn von bem Uebertritte deffelben zur 
proteftantifhen Kirche (d. 19. Febr. 1832) konnte &. damals, 
als er jene Einleitung ſchrieb, noch nichtd willen. Wir haben 
früher in d. Bl. (1832, Nr. 160) des „Sendſchreibens“ an ben 
Erzbiſchof von Freiburg. gedacht, welches v. R.⸗M., zur 
Motivirung jenes Uebertritts vor dem katholiſchen und prote⸗ 
ſtantiſchen Deutſchland, bald nach demſelben hatte drucken 
laſſen (Freiburg 1832). 
gen Acten, behufs des von der Wiſſenſchaft, nicht uͤber die 
Perſon, die es betrifft, ſondern uͤber die Sache ſelbſt zu faͤl⸗ 
lenden Ausſpruchs, naͤmlich daruͤber, ob das Syſtem der katholi⸗ 
ſchen Kirchenlehre vor dem Tribunale der Wiſſenſchaft gerettet 
werden koͤnne, oder wenn nicht, ob es nicht auch im Leben auf⸗ 
gegeben werden muͤſſe, — wollen wir hier nur in der Kuͤrze, 
theilg der im Sinne der katholiſchen Kirche angeſtellten Prüfung 
obigen „Sendſchreibens“, unter bem Titel: „Das katholiſche Glau⸗ 
bensbefenntniß, wie es bei ber Priefterweihe befchivoren wird. 
Von Ih. Zof. Heberling” (Augdburg 1832), theild des 
„Ausfchreibens bes Erzbiſchoft B. Voll zu Freiburg, den Außs 
tritt bes Prof. Reichlin: Meldegg aus ter kath. Kirche betr., 
an die Seelſorger und gefammte Geiſtlichkeſt des Erzbisthums, 
d. d.10. April 1832” (in der „Allg. Kirchenz.“, 1832, Ar. 170), 
theil® endlich des „Sendſchreibens an Herrn Freih. v. Reichlin⸗ 
Meldegg. Bon dem Verf. der Schrift: Wider römifche Ber 
fegerungsfudht u. f. w.“ (Mainz 1832), gedenken. Mit 
dem Berf. biefes letzten Sendfchreibens wollen wir hier biefe 
ganze Sache allen katholiſchen Dogmatikern ausdruͤcklich zur 


Zur Vervollſtaͤndigung ber diesfallſi⸗ 


Prufung und zur redlichen Entſcheibung empfehlen‘ Uebrigent 


iſt der Verf. der Schrift: „Wider roͤmiſche VBerkegerungsfuckt‘! 
u. fe w. (Reipzig 1831), ſelbſt ein rüftiger Kämpfer füe 
chriſtlichen Karholicldmus gegen roͤmiſchen; er iſt Derſelbe, 
von dem die Schriftchen: „Die Opfer des Coͤlibats“ (Reuſtadt 
a. d. OD. 1881), „Wie lebte und farb Ganganelli ?“ (ebend. 
1832) find, und bey die „Stimmen aus ber fatholifhen Kirche 
Deutſchlands“ (zwei Hefte, ebend., 1831 — 32), herausgegeben 
Ge Er ift ein bentender Latholifcher Geiſtlicher * Deſt⸗ 
rei [ w. — 





Findlinge. 

Verbeſſerung der Schlaguhren im J. 1559. 

Bis zum Jahre 1559 gaben die Uhren ber Stadt Augs⸗ 
burg durdy Anfchlagen nur den Ablauf der ganzen Stunden zu 
erkennen. In jenem Jahre verweilte Kaifer Ferdinand in Augs⸗ 
burg, und auf feine Beränlaffung gefchah es, daß der Rath eine 
neue Glocke anfertigen und über ber alten Schlaguhr auf dem 
Rathhaus aufhängen ließ, durch welche ebenfalls die Viertel⸗ 
ſtunden angegeben wurden. 


Duelle in Jena. 


Der alte Spruch: 

Wer von Leipzig kommt ohne Weib, 

Von Wittenberg mit geſundem Leib, 

Von Jena ungeſchlagen, 

Der hat von Süd zu ſagen. . 
mochte in früherer Zeit woWoft. ſich bewahrheiten. Snbeffen 
hat audy das Gerücht hier übertrieben. Es fehlt uns af ftatis 
ftifhen Zabellen in Hinſicht auf Kipzig und Wittenderg.- lies 
ber Sena liegen genaue aus ben Stirchenbücdern entnommene 
Liſten vor. Es finder fi in des Grafen Beuft „Sächfiichen Pro⸗ 
vinzialblättern” (3. 1798, Bd. 2, ©. 325, fg.) eine chronologi⸗ 
fe Ueberfiht, welder zu Folge vom Jahre 1581 — 178% 
57 Gtudiofen im Zweikampfe töbtli verwundet wurben, 
Vom Jahre 178% bis heute wird ‚fi die Anzahl foldyer 
Unglüdliden kaum auf fünf oder ſechs befaufen. Es ges 
hören demnach ſolche Zälle auf einer Univerfität, die in ihrer 
hoͤchſten Blütezeit über 2000 benten zählte, immer nody zu 
den Seltenheiten. Der Erfte zu Sena im Duell den Lob 
fand, war der Stud. der Rechte von GSitbie (Febr. 1581). 
Am Ofterfonntag 1616 drangen brei Stubenten in bie Woh⸗ 
nung bes Gtubiofus Chph. PYalemann aus Verden und fegten 
ibm fo zu, baß er aus Angft zum Fenſter binausfprang und 
auf diefe Art das Leben verlor. Auch ein Brudermord findet 
fih in den Werzeichniffen (Khph. Stromer Nov. 1636), wo 
ebenfalls biejenigen genannt find, bie in der Saale, meift beim 
Baben, um bas Leben famen. Es find deren (von 1581—1796) 
16, darunter auch zwei Studenten, bie nebft einem lübers 
lihen Weibsbild, das fie auf ihrem Pferbe mit in die Stadt neh⸗ 
men wollten, in der damals eben angefchwollenen Saale ers 
tranten. Grfroren ift nur ein Gtubent im’Xebr. 1660. Im 
Zumult erfchoffen wurben im Auguft beffelben Sahres vier von 
ber Buͤrgerwache, und zwei andere im Aug. 1712 von den 
Grenadieren. Selbſtmoͤrder macht jene Lifte ebenfalld mehre 
nambaft. Der erfte, Reit aus Wien, erhbenkte ſich im April 
1672. Im Mai 1728 entteibte fi ber Student Zehner durch 
zwei Sticye in bie Lunge. Im Dct. 1772 erſchoß fi Freeſe aus 
Medtenburg, nachdem er ſich über 30 Stiche mit dem Meffer in 
die Bruft gegeben. Im März; 1790 md im Dct. 1792 fielen 
ebenfalls Selbſtmorde vor. — Es wäre unftreitig intereflant, 
wenn in Bezug auf andere Univerfitäten ähnliche genaue Ber⸗ 
zeichniffe über ungewöhnliche Todes arten von Studenten befannt 
gemacht würden; es dürfte baraus hervorgehen, daß die Anzahl 
der im Duell Gebliebenen beiweitem geringer ſei als man ges 
mwöhnlich anzunehmen pflegte. 84, 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshandlung: 8. A. Brodhaus in Leipzig. 


— 


B lätte r 


literarifch e 


un terbaltung. 





Büerter Kertite N). 
(Beſchluß aus Nr. 2.) 


16. Zofhenbud zum gefelligen Bergnägen. Leim 
zig, Hartmann. . 

In Betreff ber Stiche minder reich auögeftattet, hat das 
Büdlein um fo mehr der innen literarifchen Ausfchmüdung fich 
au erfreuen, ba der Zufall von Krufe und Blumenhagen 
ihre beſten diesjährigen Erzählungen hier vereinigt zu haben 
ſcheint. Nehmen wir an dem Mroducte deö erſten der genannten 
Dieter: „Verirrung aus GSelbfifudt”, die etwas zu fehr ges 
dehnte Ginfädclung des Stoffs und bie an der Schreibart des 
Bekf. ſchon von un, gerügte kanzleiartige Einſchachtelungsma⸗ 
nier feines Periodenſtyie hinweg, To möchte an dem treffenden, 
gelungenen Geelengemälde, das und der wadere Däne hier ents 
faltet, nichts Stoͤrendes nachgewiefen werben en. Die durch⸗ 
aus bürgerliche Kataftrophe lehnt fi) an den Dintergrund hiſto⸗ 
riſcher Weltzuftände, indem ſich die Verhaͤltniſſe durch die fran⸗ 
zðſiſche Revolution, bie Kaiſerzeit und die Reſtauration bins 
d ingen. Ron der Familie Rivarbiere, in beren mäÄnnlis 
hen Mitgliedern ber folge Troz bes ancien régime fi in 
hohem Maße erhielt, hatten Water und Sohn, Iehterer als Kind, 
Frankreich verlaflen, während die Mutter, in einer Bürgerfamis 
lie gebesgen, in Paris felbft den Sturm ber Revomtion übers 
lebte. Bor ber Rotbwenbigkeit einer geitgemäßen Ummandlung 
in dem befangenen Gemüthe ihres Gatten überzeugt, zumal ba 


Be ein Document in Händen bat, das ben Abel feiner Geburt 


als eriogen erweift, erzieht ſich die edle Yrau in ber garten 
Tochter ihrer Wohlihäter, bie fie I Schut nahmen, eine 
mit allem Zauber geifligee Schoͤnheit auögerüflete Bunbeöges 
neffn, die den Ariſtokratenduͤnkel, den fie au in bem Ges 
mehsbe des Sohnes lebendig geworden glaubt, feſſeln und befies 
gen fol. Rach des Vaters Tode benugt bee bereits erwachſene 
Anclor auf ben Ruf der kranken Mutter die Grlaubniß zur 
HRüdlche in bie Heimat, und als er vor ihrem Bette Eniet, um 
den Gegen zu empfangen, ‚legt fie feine und Louifens Haͤnde 
erbend ineinander. Adolar ift in ber That von Louiſens Lieb⸗ 
geiz überwörtigt; Beide ſchwoͤren ſich ewige Treue, aber nad) 
Dem erſten Raufche ihrer Neigung drängen ſich frembe Mächte 
ia ihren Bund, Die Bourbons find zurückgekehrt, "mit ihnen 
bie Formen der alten guten Zeit. Dex Grbe des Ramens Ri⸗ 
‚vordiöre tritt in den Glanz bes Hofes und fühle bie Unmoͤg⸗ 
Udleit, bie Laufbahn der Ehre mit feinex Eiche zu einem Bürs 

zu vereinigen. Der Kampf ber widerftreitenten 
Möchte in feinem JInnern ift mit jener Kenntaiß der menfchlis 
dgen Seele gezeichnet, die ben Werth von Kruſe's Romanen 
fihert. Auch in Eouifens Innerm fehen wir die wiberfirebenbe 
Kraft der Liebe, die ihr Feuer in bie Flammen bes Haſſes und 
ber Rache wandelt, mit dem Gtolz und ber Gitelleit. des ver 
Zmäpten und gekraͤnkten, aber der ganzen Blut der Neigung 
no yreisgegebenen Weibes in warmer, wahrer und doch wohl⸗ 


- 


a 


huender Zarbenmifchung. linter erborgtem abeligen Namen ers - 


ſcheint fie piögli in bEW hohen Zirkeln, für deren Sphäre das 
bürgerliche Mädchen. nach Adolar's Meinung nicht geſchaffen 
fei, und genießt den Triumph der Gitelkeit, daß ihr Alles hul⸗ 
digt und felbft ihres Geliebten Freund, ein Herzeg. zu ihren Züs 
Ben liegt. Ganz verfehlt wirkt aber ihre uͤberraſchende Erſchel⸗ 
nung auf Adolar's Gemüth; er fühlt jegt erft, was fie fein 
würde, wenn fie ber erborgten Höhe des Standes angehörtez 
ber Triumph, den fie erfuhr, duͤnkt ihm nichts als der Schim⸗ 
mer der Zäufhung. Da erwacht in Louifen® Seele ber ganze 
Stolz des Weibes; auf fein Anerbieten zu einem heimlichen 
Ghebunbe, das fie verächtlich zurüdweift, entdeckt fie ihm durch 
bad Document, bas feine Mutter ihr anvertraut und zum Ges 
Brauch anheimgeſtellt hatte, daß fein höheres Dafein auch nur 
ein erlogenes Scheinleben fei, ‚und als er, das Zeugniß feiner 
niedbern Abkunft wüthend vernichtet und die Maske des Adels, 
eben weil 8 ey bloße Maske ift, um fo eifiiger mit allen 
Bortheilen, bie der Wahn der Melt daran knuͤpft, zu erhalten 
und zu ſchirmen ſchwoͤrt, ſtoͤßt fie ihn von ſich und gelobt ihm 
eine glühende Rache. Der Herzog bietet ihr Herz und Band, und 
Abolar verzehrt fi in Eiferſucht. Mit dem neuen Verbältniß 
iſt es Louifen Fein Ernſt, denn ihre Seele blutet in finfterer 
Schwermuth, aber fie weiß mit bem bezauberten Dersog ſo 
furchtbar zu ſpielen und ihn, obwol er keine Gegenliede erfaͤhrt, 
fo unaufloͤsbar in ihr Netz zu ziehen, daß er ſich zu dem ſchwaͤr⸗ 
merifhen Plane, fih mit ihe gegenfeitig zu erſchießen, bereit 
erklärt, und lieber mit ihr untergehen als obne fie jeben will, 
Sn dem nahen Gehölge bei Paris nöthigt fie ihn, das Piſtol 
auf fie zu feuern, während fie das auf ihn gezielte, nur blind 
geladene ebenfalls abbrüct. Der zitternde Herzog flreift nur leife 
ihren Arm, aber fie flürzt ald eine dem Tod Geweihte zu Bo⸗ 
den. GSelbft bei ihrem Grwacen kehrt Ihe Bewußtfein nicht 
völlig wieder; fie"ift leitend wie ein Kind und erlebt ihre innes 
ves Leben flufenweife noch ein Mal, bis fie in des reuigen Abos 
lor Armen fi gang wieder als diefelbe fühl. Die feinen 
Nuansen und Uebergünge des Affects find dem Dichter trefflich 
gelungen. ’ . 
Se mehr wir an Blumenhagen’s Erzählungen neben der 
Beſchraͤnktheit eines ebenfo localen als nüchternen Yatriotismus 
eine rohe Heftigkeit feiner Geflaltungen zu rügen gerechte gs 
ſache hatten, deſto mehr iſt es Pflicht, auf feine bier gebotene 
Rovelle: „Kain’, als ein vielfach gelungenes Wert voll glüdlis 
her Erfindung, anfprechender Charakteriſtik und einer trog bes 
büftern Themas freundlich gehaltenen Faͤrbung aufmerkfam zu 
machen. Wie viel auch davon ber vorgefundenen Gage von ben 
Zwilingsbrüdern der Edeln von Spauer in Salzburg angehö« 
zen mag: der Dichter hat durch richtige Motivirung, anmuthigg 
Einfalt und bramatifch: Iebendige Gruppirung ben Beweis ges 
liefert, daß er eben Dichter ift ober fein kann. Andreas und 
Leo find bie geiflig ebenfo unähnliden, als koͤrperlich bis zur 
Verwechſelung gleichen Bräter. Während jener, feinem finflern 
Gemuͤthe gemäß, ein Sohn bes wilden Gebirgsnatur, in ben 


mi arllen hauſt, zieht Leo In ruͤſtiger Wandertufl nadf 
—S kaiſerlicher ————— macht den Feldzug in Ita⸗ 
ten wacker mit und gewinnt ſich außer ber Achtung, feines 
Vorgefegten-der fhönen Kathi Herz. Im fihern Gefuͤhl ſei⸗ 
ner Blüdfeligkeit kehrt er in bie Heimat zurüd, um bie blinde 
Mutter und den Andreas gu beſuchen. In des Brudgs Seele 
abir erwacht bei Leo's Grjählung von ber ſhoͤnes wien Welt 
und dem Heitern Gluͤke, das feiner in ber Kaiſerſtadt harrt, 
dee finfterfte Groll und Neid. Gr we Leo’s Untergang, 
ſtoͤßt ihn am einer Eiswand in bie tiefe Schlucht hinunter und 
eilt in bes Reiters Kleidern nach Wien, um bie Rolle des Be 
ı geibeten weiter zu Tpielen. Obſchon er fremd in bie Berhättniffe 
bed Bruders tritt, und Braut und Freunde fein linkiſches Mes 
nehmen wie den Gchatten der irren Zrübfal, der über feine 
Miene zieht m fich nicht zu deuten willen, fo glüdt der Betrug 
gleichwot durch die taͤuſchende Aehnlichkeit des Verdrechers mit 
dem früher geliebten und geachteten Spauer, bi® ber wiber Er⸗ 
warten aus der Gebirgsſchlucht geretih Leo plöslih am Ber: 
mählungstage erfcheint und wie ein nom Grabe erflandener, aber 
milder Geift feine Rechte zurüdfodert. Vergebens aber mahnt 
er den Betrüger zum gütlichen Tauſch der Rollen, ſodaß der 
Lauf ihres Lebens ungeſtoͤrt und die Schmach ber Schandthat 
vor der Welt verſchwiegen bliebes Andreas, ber Alle geſchickt 
täufchte, trogt auf Beweiſe, daß er nicht Eeo, fonbern er ſelber 
fet. In der meifterlih klar und ficher gruppirten Gerichtäfcene, 
wo auch bie blinde Mutter, die ihre Söhne kaum zu unter 
ſcheiden vermag, wirkfam und effectvoll probucirt wird, werden 
die Beweiſe gegeben, bie ben Betrüger entlarven. Die geiflig 
ungleigen Brüder find fehr richtig individualiſirt, nur die Zeich⸗ 
nung Kathi's verraͤth einen Mangel an pſychologiſchem dark 
finw. Die kindlich file Maͤdchenſeele, die bei aller Einfalt des 
Werftandes und bei allee untemußten Bingebung in bem &er 

eimniß der Liebe body eine tiefgreifende, ahnungsreiche Offen⸗ 
arung findet, konnte ſich auch bei vollendete Körpergleichheit 
der Brüder nicht vdllig täufdgen lafien. Das Wunder der Ah⸗ 
nung, das nur ber tiefere Dichter kennt und zu handhaben 
weiß, mußte bier geheimnißvoll fich geltend madyen. 

Was fihh noch ſonſt Novelliftifhes im Taſchenbuch findet, 
iſt „Die Giftmiſcherin“, von H. Meynert, ein Berſuch, bie 
bremer Verbrecherin Geſina Gottfried der Poeſie zu vindiciren. 
Um eine Verbrecherſeele mit Wahrheit zu zeichnen, gehört we: 
entlich, daß das innere Geluͤſt zur Sünde und äußere Motive 

chtig ineinandergreifen; was aber das baarfträubend Selt⸗ 
fame in ber Grfcheinung der Geſina war, daß fie, wit bem 
Morden vertraut, aus Gewohnheit und ohne Zweck, hoͤchſtens 
des Experimentirens wegen ihrer Umgebung Arſenik beibrachte, 
{ft in der gegenwärtigen Darftellung verſchwunden; bie vierzehn 
Semordeten find auf vier rebucirt; fomit ift Meynert's Gift: 
mifcherin gar nicht mehr bie bremer Geſina, zumal ba er ale 
wohlfeile Sheaterfigur einen räthfelhaften Kräutermann als Deus 
ex machina flets hinter ihr wie ihren Schatten aufpoſtirt, ber 
{hrem zu fehe ausgemalten Hang zur Schwaͤrmerei und Pros 
ꝓhezeihung huldigt und das Pulver ihr jederzeit, auf das ber 

uemfte offerirt. Diefer myſtiſche Kräutermann ſteht ſchon als 
Are iftophele® am Bette von Befina’d Mutter, als fie in ben 
chen liegt, und fpielt, nad einer übel angebrachten Reminis 
cenz aus dem „Wilhelm Meifter‘, im „Hamlet“, wo bie eitle 
Gefina die Königin agirt, den Geift des alıen Könige. Der 
geſchmackvolle Scyl, in bem bie Erzählung verfaßt ift, laͤßt 
dermuthen, daß ber Werf. mit ber Want eines günfigern Stof⸗ 
fes nicht Unbedeutendes Leiften koͤnnte. 

Ein kleines Luſtſpiel von X. &. Kannegirper: „Wen 
venuto Sefini und feine Kraͤhe“, ift vecht friſch und ruͤſtig ber 
Sprache nach, aber ohne bebeutfame Pointe. Unter den Iyris 
ſchen Beiträgen ift „Niklas Iurifchig‘‘, eine Ballade von A. 
Schumacher, nennenswerth; die lithauiſche Volksſage von 
Morvell ermüdet wegen ihrer laxen Diction. ' 

- 47, Phantafiegemätbe, von Georg Döring. 

Wit der blühenden Fuͤlle einer anmuthigen Diction, bie 


402. 


⸗. 


jedoch Häufig In zemüͤthliche Mebfellgkeit übergeht, verbindet der 
genannte Dichter eine fanft erhebende, geiwiffermaßen lauwarme 
Phantaſtik, die gleich fehr, wie fein einſchmeichelnder Hang 
zum fetbftgefälligen Reflectiren, felne Novellen befonders zur 
Frauenlecture qualificirt. Dem Romane: „Doppelleben”, der 


e 
ifches 


biesjährig Alan der ‚„‚Phantafiegemätde” füllt, Liegt ct 
Eu at hena zu unbe, an welchem 8 D 
9% Dasitellun Hi 


“ 


aft al& zu hwächlidy-.erwei. Das Mäpe 

chenhafte, daß Jemand in feinen Träumen ein ganz anderes Ich 
darftellt und in ihnen eine ganz heterogene Geſchichte feines 
Dafeins erlebt als in ber Weit der Wirklichkeit, follte hier dem 
Ride dee Babel entzogen "und als diſtoriſch glaubliche That⸗ 
Wurdigeführt werden. Der bleidhe, fchwermüthige Felix iſt 
wunbetdare Sägling, ber in ber. Welt des attägıihen Les 
bens der Sohn eines Kaufmanns in einer deutfchen freien seh | 
ftadt, im feinen Träumen, einer ganz fernen Sphäre angehören®, 
eine blutig büftere Jugend in Epanien erkebt unb als Bitter 
Gandyo -Felides mit ſpaniſchen Granden und Rebenbublern um 
ben Befig einer Linbora im wilden Getümmel ber aufgeregteſten 
Leidenfchaft zu !ämpfen hat. So unfduldig und einfady bürs 
erlich fein wirkliches Daſein fi um ihn geflaltet, fo verbres 
—* an» wuͤſt iſt fein Traumleben, das * in einer fortlau⸗ 


fenden Reihe verworrener Bitger ihm erſchließt und mit bämos 


niſchen Elementen —5 ik. Dem’ Raͤthſel dieſer Er⸗ 
ſcheinung folgt eine koͤſung, Lie ſelbſt nichts Anderes als ein 
neues Raͤthſei if. Das Doppelleben bes Felix wird nämlid) 
dadurch motivirt, daß feine Mutter, als fie ihn unter dem Ders 
gen trug, an einem bleichen, wile fpanifchen Hauptmann, Ras 
mens Sancho Felides, fogufagen ſich veriehen hat. Als wähe 
rend bes großen Religionskrieges Tpanifches Kriegtvolk in, der 
deutſchen Reichtſtadt hauſte, quälte diefer Wuflling dad arme 
Weib in der Abwefenheit ipres Mannes mit ehrlofen Anträgen, 
und obwol fie ihn veraͤchtlich zuruͤkwles, mußte fie doch feine 
Nähe, feinen Umgang und bie oft wiederholte Erzählung ſeiner 
wöüften Abenteuer ertragen, und auf diefe Weiſe gemartert, muß 
nun ife Sohn, ben fie bald darauf gebar, fo furchtbar boͤßen, 
indem er alles Das, was Sancho Felides in: der Wirklichkeit er⸗ 


lebte und womit er bie Phantafie der Mutter vergiftete und 


ſchwaͤrzte, in feiner Zraummelt repetirt und in ben wunderlichen 
Schickſalen, mit denen er bort zu kaͤmpfen bat, bie Rolle bes 
ſpaniſchen Ritters fpielt. An der Seite eines Freundes zieht er 
nad -Itallen, und bier beginnt fein Traum in bie Wirklichkeit 
zu treten und fein bisheriges Doppelteben fich in eind zuſam⸗ 
menzuſchließen, indem er in der fhönen S Fiametta 
feine Traumgeliebte Lindora zu erblicken glaubt. Bald nachher 
ergibt ſie ſich als Lindora's Tochter, und ihr alter wunderlicher 
Begleiter, dee dem jufden Deutſchen wie ein Doppelgänger exe 
ſcheint, ift Niemand anders, als ber fpanifche Hauptmann, bee 
an dern Qualen feines innern Lebens ſchuld war. Nach manchen 
romantifchen Abenteuern, die ohne den Reiz der Neuheit durch 
ihre, wenngleich fluͤchtig Hingeworfene, doch gefaͤllige Darſtel⸗ 
lung viele Leſer ergoͤden werden, gelangt Felix endiih in ben 
Beſitz feiner Lindora⸗Fiametta, und der Dichter glaubte auf 
dieſe Weiſe den Widerſpruch der damoniſchen Traumwelt bes 
Juͤnglinge mit ber Wirklichkeit harmoniſch zu loͤſen. 

18. Hebe. Gine poetifchs mufitalifche Zoilettengabe. - 

Die Bedärfniffe der Damentoileste durch jährliche Lieferun⸗ 
gen und Mittheilungen aus dem Gebiete ber neueſten Putze umb 
Galanterieprobuetionen zu befriedigen, iſt eine Unternehmung, 
die fih gewiß den Beifall des ſchoͤnen Publicumd erwerben 
wird. Auch kann es nidt wundern, baß bie Zuſammen— 
ſtellung von bergleichen Neuigkeiten für den Balfaal und ba 
weiblihe Bouboir ſich an bie Taſchenbuͤcherſaiſon anſchließt und, 
mit poetiſchen Gaben ebenfalls ausgeftattet, ein Product ber Ale 
manacheliteratur werben barf, in deren Bezirke es bereits zur 
Zagesorbnung zu gehören -fcheint, die Spenten der Muſe als 


Modewaare zu betrachten. So findet die galante Welt dem 


in der Dresdner „„Hebe’ nee Wüfter gum Vieißſticken und 
Blondiren oder Stopfen in Gpigengrund, von Fanny Büsten, 


- 
— m: EEE MH BE fm A ER _ ER c⏑ 


Dr — 





MR 


neue Tarzlökfen, erfinden von Eſchatter, eiad Rptre bee 
Zarz nen, ef und zwölf Eieder, auf. jeden Monat des 
| fügt, bon’ veufchiebenen: Spntwenifien in WERE ger 


vd f 
ia _ Weiter den poekifcjen Beitraͤgen) -die Im’ @anzei Fuptrel: 
re als bebeutfam find, finden wir eime Ndvelke: „Ee0’ yi'voh 

Karoline Leonhardt; tin Sugenbuerfich voll gewoͤhnlicher Ge⸗ 
Haltungen und Erfindung, wenn auch nicht ohne alles Kaftit der ; 
BDarflellung: In dem Gebichte: „Wibsin”, von d. Mehnert, 
Hört man die Ernft Schulze'ſche Diction und Manier zu - beuts 
ch Heraus, 3. ©. in folgender Emophe: 

So doͤre Du dir Töne Mmeiner'Klagen, 


® 
FE FE ar Pr 


ya; Kuͤrften fe Dir koch I’ Mandjes fagen, "N in 
"Wal Ahrens nde vie tfehfle Vruſt· empfand! ---  -- 
Meirt Sieb darf nicht Un Kaben Urforung Pipe, ° 7° 2 
Und ſchweigenb muß tr fiigen; — fingend (diwelarkt:: . -- 
Die Meine Hyde in draͤmatiſcher Form: „Dis Münbel auf 
dern ande’ von Friedrich Kid, if ganz fo heiter, niedlich 
db naturfrifch, wie mandye andere Schbpfungen defſelben Dichters... 
Unter den mannichfachen Gaben der Igtifchen Muſe möchten wir 
auf ben „Sonnenaufgang auf dem en’ up ben Verf. deſ⸗ 
fetben, Advolf Peters, 'aufmerffam- machen, deſſen Meter Not 
wenig erffähgener Name einen guten Klang fich: gu: verſchaffen | 
den Tuſchein hat. Man Höre folgende Srrophe, bie wi als 
Probe geben: , N 
“Wis Hoher Liebt Genius dert De En 
. "Das it verbündet mit dem eid’gen Grmbe, ' 
Und endlos durch Berwandlungen geführt, 
Schlaͤgt ihm In jeber der Vollendung Stunde. 
GStets undufhörlid- waͤchſt ber heiße Drang, - " 
’ Sein’ Heftes Selbſt dem Alben hinzugeben, 
Aiyar zie-verfchtinhen ganz'das eignso Barden, 
Acukqzuerſtehn im lühnfien Untergang -' - 
Gämmtliche poetifche Beiträge der Heben koͤmen mehr ober 
weniger als ber "Modelecküre entfprechend -amgefeben werden; 
welcher Zufall aber Bagnocavalle'6 Madonnenbild aus ber 
bresdner Galerie in diefe Zoifettengabe führte, mag ſchwer zu 
enträtbfeln fein. Gibt es größere Gentrafte, als tier im Buͤch⸗ 
fein, das mit der Glorie der Mutter Gottes beginnt und mit 
meuen Tanztouren und Skickmuſtern ſchließt, in fo engem Raume 
vereinigt nebeneinander fichen? In einer Beit, wo ‚mit ben hei: 
Ugſten Begenfähen bes’ Lebens ein’ blutiges Spiel getrieben iſt, 
muß man fi auch die yufällige IMonie gefallen laffen, bie je⸗ 
doch, je weniger fie bier vom Herausgeber bezwekt und je ges 
Lankenlofer fie überhaupt IM, deſto misfälliger erſcheint. ganit 


| 


diefem Geufzer wolken wir ſchließen. 





- Grundiiwien zu eintr Philoſophie des Nationalismus von 
Julius Körner: Veran eine Zuſchrift an Herrn 
Dr. Hahn, deffen Sendſchreiben an Herrn Dr. Bret⸗ 
fchneider ‚betreffend. Schneeberg, Schumann. 1832. 
8 18 >. 
Zufoͤlligerweiſe ging Referent von ter Lecture einer, aus der 
fupernaturaliſtiſchen Schule, doch aus einer wohlmeinenden Fe⸗ 
der Hervorgegangenen- Berthefdigung der alten Inſplrations⸗ 
theorie zum Kefen ber vorliegenden ‚- eine Herausſtellung des je⸗ 
ner Theorie entgegengefedten rationaftflifcken Principe ber Ne 
figion beabfichtigenden Schrift über, und durch eine ziemlich 
naheliegende Combination fiel es ihm ein, nadjdem er auch bie 
letztere Unterſuchung uͤberblickt hatte, zu frogen: Wie? wenn 
num eine chemiſche Decompoſition im Stande wäre, die Elemente 
"beider Schriften in gasdrtigen Zuftand zu berfegen; die fomit 
frei geworbenen aber in einem Epikur'ſchen Atomenwirbel in ein 
gegenſeitiges⸗/ Anziehungsverhaͤltniß gebracht wurden; müßte nicht 
ein großer Theil der Elemente, um der feindlichen Entzweinng 
willen, die unter ihnen flattfindet, im Gonflict- fidy gegenfeitig 
weutzcüfem oder Leder annſhitiren; dennoch aber auch ein et⸗ 
F 


-» 


wien Thell ouf jeber Selie übrig Steiden, der als wahrte und 
poſitides qhemiſches Pröduct betsachtet werben müßte, feinen po⸗ 
Aictven Wehatt jedoch immer ‚nardee Weeichartigteit und dhemis 
fen WBerwandtfchafe der Giemente, mithin augemeiner ausge⸗ 
drutet, der fie dutchdriagtaden,“ lebengebenden Luͤrde zu verdan⸗ 
ten. haben würde? Und — mid Freuden antwortete deu Hefte 


ront fi ſeibſü⸗ auf Die eigne Menge, dab in der Körner'fchen 


Schrift von ſolchem Liebes⸗ und Ledmdelement gewiß ein ſehr 
reichliches Educt übrig bleiben und als wahrer Gewinn nach Auss 
ſcheidung des Herben und Reindfeligen, von dem es vorher ges 


ie Töne! ' md ‚', bunden ‚werben war, betrachtet werden müffe. 
Leid bon der Seohfagt'nadı Dir hingefandts' -: 4 


1 86 telte. naͤmiich unfer Verf. allerdings ald Kämpfer auf 
Yen in neuefter Beit and zuallerlegt durch den Wretfchneiders 


Baha’fdyen: Bweikampf -gany beſonders wieber beiebten Turniers 


plagi der fiteitenden Theologid und bringt fomit unverkennbar 
die Vornebe für: ſeine Partei mit, Dei weicher es "nicht ohne 
herbe Auoſchließang des Gegenthrild abgehen kann. ber bei 
alledem zeige er auch einen großen, ehrenwerthen Ernſt, in wel⸗ 
him die Wurzel der zur Berföhnung bereiten. Liebe nicht ver⸗ 
kannt werben mag, und wie heißen ihn darum auf dem Plane 


alt herzlicher Freude wißtommen. Wir meinen, es wird Fels 
|} ‚ner unferer* unbefongenen Lefer (gewiß, die Zadi dee Leſer unfer 


ms Blatteg iſt, dem Himmel fei Dank, fo groß, daß wir und 
ich nonlommen müßten, wenn wir nit Befangene unter 


‚Ihnen vorausfegen wollten) die fraglihe Schrift, wenn er auch 
‚ta Leſer werden follte,- ganz unbefriedigt ans der Hand legen, 
and namentlich wird jeder des reinen, frifhen und ehrlichen 
Mollens ihres Berf. ſich aufeidhtig freuen mäflen. In diefer 
‚Beit, wo die Partelführer und Parteigänger fo vi 
:1 ab. Altar — dafür und bawider — hadern, am Ende aber unb 
J in eigentlicher Abſicht, die fie wohlweisiih nur nicht ausfpres 
"Ken. mögen, etwas ganz Anderes vertheidigen oder befämpfen 
‚als was fie zur Deviſe ihrer. Fahne ‚gewählt haben: da thut «6 
in Ur That fchon wohl, Einem zu begegnen, ber es wirklich treu 


ltig um Thron 


und xeblich mit dem Gegenfkande des Kampfes weint, und man 
wird fi in feiner Erwartung nicht täufchens bei Solchem findet 


"man immer in dem einen. wie in bem anhern Ball unter ben 


Hüllen und Schalen: der Partellichfeit und Einſeitigkeit zulegt 
einen gar nicht. zu verachtenden Kern, hier echten, van Selbfi⸗ 
fucht freien "Bürgerjinnes, bort warmer unb aus dem eigentlis 
den Grunde flammender Froͤmmigkeit. Gewiß, in dem Verf. 
ber vörliegenden „‚Kirundlinien‘ und bed „Kaiſers Julian bei 


‚Abtrünnigen’‘ etlennen wir mit großer Befriedigung den Fonds 


eines aufrichtigen und ernfien Wohlmeinens mit den großen Ger 


-genftänden ber überfinnlichen Welt an unb finb überzeugt, an 
ſolchem Lichte wird fich auch anderwärts gar erfreuliches Licht 


entzünden, fo viel wir.baneben von Ginfeitigfeiten und falfchen 


-Lihtern und Schatten, bie feinem elliptiſchen Standpunkte ihr 


Dafein verbanten, zu fagen willen. 
je geben dem Verf. in--aufrichtigem Wohlmeinen, mit 
Beziehüng auf unfere zulegt ausgelprodhene Limitation, Folgen⸗ 


des zu bedenken: KBiltiet.er fig wirklich ein, mit ſeinent Ideg⸗ 


lismus, mit feiner Whilofopbie bes. Ichs, allen Realidmus und 
das Richtich entbegren zu koͤnnen? — mit diefen Hebeln unb 
Hypomochlien etwas Anderes und Wefenhafteres zu geminnen 
als die Möglichkeit der Religion, von welcher zur Wirklichkeit 
noch eih weiter Weg iſt? Glaubt ex wicklich folgende Gonfes 
quenz, die aus feinem $. 4, S. 32 fehr natürlich gezogen were 
den Tan, auf feinem Standpunkte mit leichter Dähe elubiren 
zu können: wenn id nur erſt den Hunger in dem Organismus 
meines leiblichen Lebens als- ein notbivendig Wedingtes nachge⸗ 
wiefen babe, To tft mir auch das Brot ſchon gegeben, womit 
ich jenen Hunger ſtillen kann — ? Meint er in ber That, mit der 
Entdedung, daß er ein Organ befige, die Außenwelt in ſich auf 
zunehmen, ein allbefriebigendes edenzu ausrufen und an Ihr fi 
‚gnügen Taffen zu koͤnnen, als wäre das Organ nun auch ſchon 
die Außenwelt ſelbſt, nach ©. 22. fg? Iſt es möglich, einen 
anerfannten perſoͤnlichen Bott als ſoichen der Gontrole der Bet 
nunft feines Geſchoͤpfs unterzuftellen, und hätte-nicht ſchon das 


+ 


‚Yeiov Im Menſchen, wenn 26 nicht jum'oröngöfutoy werben 
fo, den Philofephen an bie Annahme einer urſpruͤnglich peöfles - 
‚bilieten Harmonie zwiſcher Bett uud feiner Weit, ſemit ab 
an die Kotbwenbigteit, ie gleiche 
bängige Erikenz wenigftene, die dem Organ, dat ihm erlenut, . 
vindicirt wisd, zuzugeſtehen, erinnern follen? .(@. 1.) Wie 
will er es rechtfertigen, wenn er zwar die Ypramike ber Weſen 
aufbaut und gus Spitze berfelben den Menſchen erheht,. aber um: 
terläßt, von der Spitze wieder zur Baſis wisderzußeigen und fo: 
mit erft die wahrkaft abfolute Form der Melt asfzufaflen? 
(©. 44 fg) wenn er dem edeln Gefühl des uerlichenen Wuͤrde 


unferer Ratur niet in der echt chriſtlichen Demuth, die aller: | 
Anderes ift als das genre lanmoyant dar. 


bings etwas gan 
neuevangelifhen Nyſtiker, ein entſprechendes Gagengewicht zu 
geben bemüht iſt? (©. 100 u, a.) — Wir koͤnnten noch viel 
folche Fragen aneinander reiben: es würde dem Venf. ſchwer 
fallen, quf fie befriedigende Antwort zu ertheilen; fie aber weis 
fen alle nur auf das eine und owzom weidas hin, anf jene 
Ginfeitigkeit, die über dem Innern das Aeußere und üben bie: 
-fem jenes in bes Speculation vergibt, wiewol fie in des Praxis 


-felbR unb in dem echtretigiäfen Sinne unferes Verb; sewifine: | 


maßen bewußtios, immer in ber von und gefoderten Sinheit ſteht. 

Die friſche, lebendige Begeiſterung unſers Werf.: hat ˖ mans 
"eb hoͤchſt beherzigenewerthe Wart in dieſer Schrift niedagte⸗ 
legt. Dahin rechnen wir ganz beſonders die kruͤſtige Stawei⸗ 
fang S. 14 u. 15 auf die Gefahren, mit welchen das Feſtwur⸗ 
gein bes neuevangelifhen Myſticismue auf unfern Hochſchulen 
unſere Jugend bedroht, wozu wir aus unferee Erfahrung mans ! 
hen wirklich Irfchätternden Beleg liefern koͤnnten. Und reiht ' 
wohl hat uns auch die „‚Zufchrift am den Herrn Prof. Dr. Hahn 
in &eipzig” gethan, bie den „Grundlinien“ voranfteht. In unfes ı 
zer teleologifchen WBefangenheit fühlen wir uns faft verfadht, ſie 
als ein von ber gütigen Natur in Veraus bereitetes Heitm:ttel 
zu betrachten, um die Schmerzen: einer Wunde, die dem Thes⸗ 
logen, an welchen bie Zufchrift gewichtet Ifb, bald nad ber Sr: 
ſcheinung ber „Grundlinien“ von einer ganz andeen Geite her ger 
ſchlagen werben folge, gleich von vorn herein in etwas zu lindern. 
Bekanntlich bat Dr. Bretfchneider in Gotha das an ihn gerich⸗ 
tete polemifcdhe „„Senbfchreiben!‘ bed Dr. Hahn in einer Schrift 
"über ‚die Grunbprincipien ber evangetifgen Theologie in einer 
Beiſe beantwortet, bie. in bem etſchneider ſchen Bezfahren 
Saum etwas Anderes als einen Verſuch, feinen Gegner moraliſch 
und literariſch todtzuſchlagen, erkennen läßt. “Infener „Zuſchrift“ 
legt nun unſer Rationaliſt, noch vor dem Erſcheinen der Bret⸗ 
ſchneider' ſchen Schrift und ohne das Mindeſte davon gewußt zu 
haben, freunbliches Zeugniß für den Dr. Hahn ab, das gewiß: 
mandem Pfeil, ber von Gotha aus gegen ihn abgefenbet wor⸗ 
ben ift, feine veriegiube Spige genommen hat. 87, 








Ueber dae Hei athen der Armen und: das dabei betheiligte 
Wecht der Communen. Don Paſtor Hanſen zu 
Nottmark. Altona, Aue. 1832. Gr. 8. 4 Gr. 


Der Verf, dieſer Abhandlung über eine oͤfters ſchon zur 
Gpoprache gebrachte, aber ſchwer zu einer beſtimmten Entſcheidung 
‚gu führende Frage: ob vaͤmlich die Gemeinden ihren Armen ein 
-unbebingtes Heiratherecht zugeſte hen, ober.ob Fe nicht pielmehr, 
wie es in einigen Ländern geſetzliche Beſtimmung fogar. iſt, be⸗ 
-fugt fein follen, daſſelbe zu beidgräpfen, gebs: dabei zunaͤchſt von 
dem Gefihtöpuntte aus, baß die Natur eines gerwungenen Az 
menweſens die Armen ſelbſt zu gleicher Zeit audy im ein ganz 
anderes rechtliches Werhältniß verfene als bie übrigen Staats: 
bärger. Gr fiebt ſonach jeden Armen nicht anders als einen 
‚Bevormundeten der Commune an, weil derſelb⸗ badardj, daß er 
fi) von ber Gemeinde unterhalten laffe, bie Erklaͤrung feiner 
Unfähigkeit, ſelbſtaͤndig zu exiſtiren, abgelegt habe; mit dem 


Redigirt unfet Berantwortliäkeit der Verlagshandlung? $. 


— 


dem wrlaunten Bett bie wesd: | daraus 





‚wünfdten Amtes nicht fähig.“ 
lich bie beflimmte Meinung aus, baß es durchaus nicht hart, fe, 
‚ben Armen an ber. Vollziehung einer ‚Heirath, bie ihn ſelbſt und 
feine Angehörigen nur-in immer größeres Elend flürzen könne, 


zu einfeitig . betuachtet und nicht zugleich mit In 


- 


Boreranbfchaftärcht ‚aber habe bie. Bene. dab ”. 
erhalten, ihrem Muͤndel daß Heirathen Bi nice fand 
vorguäßebe,. MOB kam vodex ber: ganzch ‚MBemeinde Nachthei 
daraus herhozgebgu. ‚: Die, Ge iR allerdinqe nerpflidteh, 
jedem Würder, der: unfähig, ſich ſelbſt zu — ihre A 
ſten dianothwendigſten Mittel. zu. feiner. Subſiftein ‚zu „peraße 
reichen, und biefe Verpflichtung he eich, in jedem —28 0% 
ganifisten Armenweſen eines Staate bar. Deshalb. fagt ber 
Bert. Jehr richtig: „Wäre ein. ehelichek Erben zur Bubfifteng 
eines Menfchen nothwendig „. würde es fih von ſeibßt verfiche 
daß der Arme nicht nur das Recht, ‚ohne weitere (Finwilligung 
zu heirathen,. hätte, Sondern daß fogär die Kommune ihn mit 
allem Rothivendigen, um heirashen zu Lönugn, zu nerfchen ſchul⸗ 
big wäre; gehörte. es zu de eren. Bebigkunkien d Lebens, 
müßte die Gommyns, wenn eig Mann dag Frauenzimmer has 
ben wolise,: ige. einen verfchaffen, und ‚umgekehrt... Diefe Bere 
aus fetung grabegu verneinend, macht ber. Berf. barauf im Ge⸗ 
gentheil. bemerkiich, wie das. Heirathen ein dem Gtaate unter⸗ 
„worfened Recht fei, und berfelbe mithin ‚Deirathen verhindern zu 
fönnen bie Befugniß babe, welche feinem Infereffe Shädlich feien. 
Win unbedingten, Recht day; Armen, zu heirathen, lei aber offers 
char ein Gingriff in das Eigenthumerecht ber. Bürger, benn deu 
zum —— ‚will, ‚mache unſtreitig, au einen wei be 
:Weruihgenß feiner Mitbürger eigen ige Anfprüde; - 
— ſich ſchon —A—— * — 5 — 
liche Unterſtuͤgung ſeine Unfähigkeit, durch eighe Kraͤfte zu ſub⸗ 
fiſtiren, eingeſtanden, jegt wolle er aber noch mehre Pflichten 
übernehmen, ſich feine Gubfiftenz daher in ber Regel auch noch 
fhwerer machen; kurz, er heirathe auf das Gigentbum feiner 
Mitbürger, wie ‚anf einen-Grwerb aber ein ſchon erwordenes 
But. Hier geht bes: erh, ſeibſt fo weit, daß er — als Paſtor 
vielleicht zu fehe pre dome ſprechend — fagar bie Copulations⸗ 
gebühren in Anfchlag bringt, die ten Kirchenheamten durch bie 


Arauung gaͤnzlich mittellofer Armen entgingen, und fo Mg 


reſultirt en, auch nicht einmal die Gopulation ohne Gingriff 
fremdes, Cigenthum vollzogen werden. ferner wendet der Verf. 
feinen Gegenſtand nad) einer andern Seite bahia,. baf er das 
Heirathen der Armen als einen „dffentlichen Betrug” heraus 
ftellt, intem der Arme in ber Che Verpflichtungen für eine Fa⸗ 
milie übernehme, die er notorifch nicht zu erfüllen im Stande 
fei. „Es ift ein Öffentticher Betrug, der, falls ‚fpecielle 
ftände die Sache nicht anders, geftalten, werbindert werben mu 
Die Gommune wird betrogen; oder wielleicht ift Welrug ein zu 
gelinder Ausdrud, es ift ein Raub. Das Weis wird betrogen, 
welches einen Dann heirathet, ber Feine Familie ernähren kannz 
es Hitft bier wenig, baß fie betzogen werden will; bie Geſetze 
unterfagen es den Bürgern, fich betrügen zu laffen. Der Staats⸗ 
bund wirb betrogen: das eheliche Leben, wie eg im Staate be⸗ 
ſteht, if ein öffentliches, nicht nur unter dem Schutze der Mo⸗⸗ 


ſetze ſtehendes Verhaͤltniß, ſondern es iſt ein Amt im Staate; 
:| ber Mann uͤbernimmt die Pflicht, für einen Theil ber 


Bürger 
bes Staates zu forgen; nun hat aber der Arme ſchon erfiärt, 


daß er nicht im Stande ift, für ſich ſelbſt zu forgen, alfo auch 


viel weniger für eine ganze Familie; er ift daher auch des er⸗ 
Dar Berf. ſpricht daher ſchließ⸗ 


zu hindern, ſondern bias vielmehr als ein Werk der chriſtlichen 
kiebe erfcheine., Wie uns bünkt, hat-er indeß feinen Gegenſtand 
tig . t Erwaͤgung ges 
zogen, wie bei. wadern und vedlich gefinnten Armen bie She zu⸗ 
gleidy eine Verbindung unb gegenfeitige Grräftigung zu gemein 
ſchaftlichen Arbeiten fei, und bie Frau in biefee Staͤndeclafſe 
an als Miterwerberin und Nährerin der Familie betrachtat 
werben muͤſſe, und mithin auch in ihr eine Quelle der Gr. 
tung und nicht blos ein Gegenfianb der Sonfumtien des Ya 
liencapitals ſich darſtelle. 88, 


. Brodhauß in Selpzig. 






.-_ u a 12 —_ 12 ** 


- 


Blätter 





für 


fiterarifhe Unterhaltung, 


“ 





Sonnabenb, 


2 N.26. — 


26. Januar 1833. 





Mittheilungen über Griechenland. *) 


Athen, 1882. 


Weit ſpaͤter, lieber Freund, als ich Ihnen verſprochen 
und mir ſelbſt' vorgeſetzt hatte, gelange ich dazu, Ihnen 
wieder Nachrichten aus unſerm theuern Athen zu geben, 
in welchem ich mich nach der Ankunft meines Freundes 
Forchhammer auf neue zwei Monate niedergelaſſen habe, 
nachdem ich fchon ſechs Wochen allein hier gewefen war. 
Um defto bequemer gemeinfhaftlih Eprcurfionen machen 
und fludiren zu koͤnnen, haben wir zufammen eine Woh⸗ 
nung bezogen. Sie liegt gleich mefllih vom Gymnaſium 
bes Hadrian, abwärts von der Straße, von hohen mobers 


“nen Ruinen umgeben, wie eine Sinfe im Truͤmmermeere. 


Doh fehen wir nad) Morden den Parnes faft in feiner 
ganzen Ausdehnung, nad) Süden den Areios Pagos mit 
dem gefpenftifhen heulenden Derwifh und einen Theil 
der Akropolis. Freilich, hätten wir die Abſicht, bier ein 
Jahr lang rubig zu bleiben, fo wäre unfere Wohnung 
hoffentlich fchledht gewählt. Denn diefer Theil der Stadt 
ft nach den hier gemachten Plänen und Entwürfen, be: 
nen wir aus ganzer Seele beiftimmen,. benen das gefammte 
gebildete Europa feine Beiftimmung geben wird, beftimmt, 
mit Ausnahme der Refte des Alterthbums demolirt zu mer: 
ben, um nad) und nad) durdy Ausgrabungen fo viel vom 
alten Athen, ald die Erde noch verbirgt, wieder ans Licht 
zu bringen. Diefe Entwürfe haben auch für Sie zu vie 
Intereſſe, als daB Sie mir nicht erlauben follten, ein 
paar Worte darlber zu fagen. Nur muß ich dazu etwas 
weiter aushofen. 

Bor etwa drei Jahren kamen zwei junge in Berlin 
und fpäter in Italien gebildete Architekten nad) Griechen: 


Iand, He. Schaubert aus Breslau und Hr. Kleanthes 


aus Theffalien. Ste fanden beim Präfidenten, der da⸗ 
mals noch auf Aegina refidirte, eine Anftellung und einige 
Beſchaͤftigung. Als Graf Johann feinen Sig nad Nav: 
plion verlegte, blieben fie anfangs noch auf Aegina, einige 
Feine Öffentliche Bauten zu vollenden. Aber bald, ber 
Schitanen des Iaunenvollen Herrſchers und der Intriguen 
feiner Werkzeuge, namentlich des Muſtoxydis, müde, reich: 
ten fie ihre Entlaſſung en, die fie fchon zweimal vor: 
her angeboten hatten, und wandten ſich nad) Athen. Hier 


*) Bgi, Nr. 268,269, 858 1.359 1.81. f. 18352. D. Red. 


fingen fie; obgleich fie bei bem offenfundigen Haffe*) des 
Prafidenten gegen eine Stadt, welche einen Harmodios 
und Ariſtogeiton gebar, nicht hoffen konnten, baß unter 
feiner damals fcheinbar feft begründeten Hertfchaft je etwas 
Bedeutendes für Athen gefchehen würde, aus reiner Liebe 
zuc Sache umd mit bedeutenden Koften einen genauen, auf 
forgfältigen Meffungen beruhenden Plan Athens und der 
Umgegend nach einem fehr großen Maßftabe an und be 
ſchaͤftigten fi) mit Entwürfeg zu einer neuen Stadt. Die 
Arbeit mar fchon faft zum Ende gedichen, als vor etren 
vier Monaten, nachdem Johann Kapodiftrias feinen Har⸗ 
modios und Artftogeiton gefunden und des Auguſtinos drol⸗ 
lige Schattenherefchaft fi in ihr Element aufgelöft hatte; 
bie jegige proviforifche Regierung Griechenlando die Hera 
ten ©. und K. wieder als Negierungsarchiteßten anſtellte 
und fie förmlich zu den erwähnten Arbeiten beauftragte. 
Einen Monat fpäter wurde auch Hr. Lüderd von der Mes 
gierung angeftellt, und er iſt gegenwärtig mit Meffung 
und Aufnahme der Häfen befchäftigt. 

Vollendet, und fehr ſchoͤn von Hrn. Schaubert gezeich- 
net, fft bis jegt der Grundriß oder bie Karte von Athen 
und der naͤchſten Umgegend, reichlich den Raum einer 
halben geographifchen Quadratmeile umfafiend. Gegen Süs 
ben erſtreckt er fi) wenig über das Stadion und den 


*) So oft Zemand aus der Umgebung bes Präfibenten fo 
unvorfihtig war, ben Namen Athen auszuſprechen, bes 
merkte man krampfhafte Zuckungen in feinen Gefichtözügen. 
„Was redet Ihr immer von Athen? Iſt es nit eine 
Gtabt mie alle andern?” fuhr er bann auf. Nur ein 
mal war er einen Tag lang incognito in Athen, ſprach 
aber nachher mit der kälteften Geringſchaͤzung von ben vor⸗ 
bandenen Reſten bes Alterthums. Rur wenn Fremde (Eur 
ropäer) zugegen waren, erheuchelte er eine Art Enthuſias⸗ 
mus, um bie guten, gelbfpendenben Philhellenen in Europa 
nit aus ihrem Schlummer zu weden. Anbreas Muſto⸗ 
xydis, der Archaͤolog (!), war in Hinſicht auf Athen das 
treue Echo feines Herrn und Meiſters. Richt allein hat 
er während eines zweijährigen Aufenthaltd auf Aegina 
aus bloßer Höfifcher Deferenz gegen ben Prälidenten Athen 
nie felbft beſucht, ſondern er brach auch einft gegen Bra. 
Kleanthed in die Worte aus: „Der Teufel Hole die Türe 
ten, baß file in Athen noch einen Stein auf dem andern 
gelaffen Haben; dann würde man body nicht immer von dem 
alten Srinnerungen hören mÄffen!“ (O dıaßoäos v& ndpy 
Tovs Tovgxovs, önou div Eyalacay Ölen aiıa Ta de- 
zxeie.) 2 











106 


Welten’ enthätt ex Die Hhgel Mus Die Beide der 


Yes hinans; gegen 9 

felon, Pnyr und Lykabettos noch ganz, gegen Oſten ben 
größten Theil des Anchesmos und gegen Norden endigt- 
ee in der Ebene, etwa 4000 Fuß engl. von dem alten 
acharnifchen Thor. Er enthält die alten Mauern, die fid 
nor ziemlich genau verfolgen laſſen, und ale alten Reſte, 
bis zu einzelnen Piedeſtalen, infofern fle nad an ihrem 
Plage zu fein feinen. In biefer Beziehung konnte er 
naturlich reicher ausfallen als alle frühen Grundriſſe, weil 
Manches erft durch die Berflörung der meuern Stadt ſicht⸗ 
bar geworden iſt; und dem Fleiße umferer Architekten iſt 
nichts entgangen. Zugleich enthält er bie neue Stadt 
mauer und die ganze neue Stadt, d. h. bie Kirchen, Mo: 
fheen und die Straßen, fo weit fie entweber [don wieder: 
aufgebaut find, oder ihre Richtung durch bie Truͤmmer⸗ 
haufen bezeichnet wird. In demſelben Maßſtabe, wie 
der Grundriß der Stadt, wird die Karte von der Gegend 
der langen Mauern, und ſobald Hr. L. feine Meſſungen 
beendigt hat, die Karte der munychiſchen Halbinſel aus⸗ 

bet werden. 

- Die Trümmer ber neuen Stadt find eigentlid nur 
in den Plan aufgenommen worden, um ihnen beito bes 
quemer dad Gataus machen zu können. Sie ziehen ſich 
. (wenn Sie den Plan von Athen in Krufe's „Hellas⸗ zur 
Hand nehmen wollen) vom albaueſiſchen Thore im Suͤdoſt 
Roͤrdlich und nordweſtlich uͤber das Monument des Lyſi⸗ 
krates hoch an dem ganzen nördlichen Abhange des Burg: 
felfens und des Areios Pagos hin bis in die Mühe des 
Theſeions. Nehmen wir diefe Linie ald Baſis, fo erſtre⸗ 
den ſich die Ruinen (und die einzelnen neuen Häufer unb 
Hütten) nördlih bis an die „alte Säule”, bis an bas 
Thor des Gribos Kapefi (da6 acharniſche), und von hier 
in einer Art Bogenlinie bis gegen den Bogen des Ha⸗ 
brian, fodaß vor dem Thore Botaniſtra innerhalb der 
Mauern eine weite Strecke Landes frei bleibt, die zu Aeckern 
und Gärten benutzt wird. Don Weſten nach Oſten läuft 
der wiedererbaute Bazar, laͤngs der Nordſeite des Gymna⸗ 
ſiums des Hadrian und parallel mit dieſer, die heutige 
Truͤmmerſtadt in zwei faſt gleiche Haͤlften ſcheidend. Hier 
endigt erſt der nördliche ſanftgeſchweifte Abhang des Burg: 
felſens; von hier beginnt die Ebene, die nur durch kleine 
Erdruͤcken etwas wellenfoͤrmig gefaltet wird und in demſel⸗ 
ben Charakter nordwaͤrts weit über die Mauern hinaus ſich 
fortjegt. Möge diefe kurze Andeutung des Tertains, auf 
welchen die Entwürfe zur neum Hauptfladt Griechenlands 
fi zu bewegen haben, Ihnen verſtaͤndlich fein! Ich fahre 
weiter fort. 

Sie fehen, wenn Sie fih bie Linie, die der Bazar 
beſchreibt, in der angegebenen Richtung auf Ihrem Plane 
gezogen denken, daB faft alle Aiterthümer, von denen noch 
Mefte vorhanden find, In den füdlichen Theil der Stadt 
ztoifchen diefer Linie und der Höhe ber Akropolis fallen, 
und Sie willen aus den Alten, daß bier die. meiften 
Prachtgebaͤude und Statuen zufammengebrängt waren. Der 
Boden iſt bier duch den Schutt, welchen Sahrtaufenbe 


angehäuft haben, unglaublich erhöht. So fieden 3. 8. | ( 


beB Peytanelens reſpective 10, 12 — 20 Sqhah 
und darüber in der Erde; zu der Kirche der Megali Dans 
bagfa, im Centrum des Gymnaſiums des Hadrian, in 


welcher noch antike Säulen an ihrem Plage fichen, fteigt 


man ungefähe 9—-10 Schuh hinab u. f. wm. Man braucht 
in diefer Gegend nur wenige- Schuh tief zu graben, um 
Kapitäte van Saͤulen und Pilaſtern, Bruchſtuͤcke von Stas 
tuen und Inſchriften u. dgl. zu finden. So- iſt geſtern 
in dem Hofe des Daufes, welches ich zuerft bewohnte, in 
einer Ziefe von —5 Schub ein fchönes Basrelief ges 
funden worden, eine weiblihe Figur von etwa 3 Schuh 
Höhe, der nur der Kopf fehlt. Ein Marin, ber feit drei 
Tagen in ber Nähe bed Thurms der Winde über ber 
Agora graben Läßt, hat fhon 7 — 8 Brudjftüde von Sn: 
fchriften ans Licht gefördert w.f, w. Mit einem Worte: 
es ift nicht blos wahrfcheinlich, fondern durch einige we⸗ 
nige Verſuche ſchon erwieſen, daß hier dem Schooße der 
Erde noch unzählige ſchaͤtzbare Hefte des Alterthums abs 
zugewinnen find, und es Läßt fi) nach andern Erfahrun⸗ 
gen mit Gewißheit behaupten, daß man, menn man bie 
auf'den Boden der alten Stadt eindringt, noch die Sun: 
damente und felbft bedeutendere Ueberbleibfel einer Menge 
von Gebäuden finden wird. Kann das neu erflandene grie⸗ 
chiſche Volk,, kann das ihm befreundete gebildete Europa 
zugeben, daß diefer heilige Boden aufs Neue mit Gebaͤu⸗ 
den bedeckt werde, welche, wie in Rom, alle Tpätern Nach⸗ 
forſchungen entweder unmoͤglich machen, oder body im 
böchften Grade erfchweren werden? Und wird es, felbft 
bierson abgefehen, nicht ſchon in Dinficht auf Bequem⸗ 
lichkeit und policeilihe Ordnung gerathener fein, die neue 
Stadt auf der Ebene anzulegen, flatt an dem- fteilen Ab: 
hange des Felſens? 

Auf diefe Ideen, denen fie gewiß mit Recht ziemlich 
allgemeine Billigung verfprechen, fußten die Herren AL, 
und Sch. bei ihren Entwürfen. Sie fuchten demnach 
noch während der Kapobiftrias’fchen Zeit auf ihre eigne 
Verantwortung bie Athenienfer davon abzuhalten, ihre 
Häufer auf jener Strede wiederzuerbauen, buch die 
Vorftelung, daß die Negierung früher oder fpäter jenem 
Raum gegen eine mäßige Vergütung zu Öffentlichen Zwe⸗ 
den in Anfprudy nehmen werde; und es ift Ihnen biefes 
ziemlich gelungen. Die jegige proviforifche Regierung bil⸗ 
ligte gleich bei der Anftellung der. Architekten biefen Theil 
ihrer Vorſchlaͤge und ließ, da fie in Athen noch nicht bes 
fehlen kann, die Einwohner wenigftens warnen, nicht bier 
zu bauen. Dadurch iſt der kommenden koͤniglichen Res 
gierung bis jegt die Möglichkeit erhalten, biefen ganzen 
Stadttheil für die Summe von 1 Million türkifchen Pia⸗ 
ftern (100,000 — 150,000 $1.) an ſich zu bringen, Denn 
ein Bauplatz koſtet im Durchſchnitt 1000 Piaſter, und 
ihrer dürften bier nicht über fünfhundert fein; der Meft 


- dee angegebenen Summe würde binreihen, die Beſitzer 


der jegt fchon gebauten Häufer zu entfchädigen. Diefer 
Anfchlag iſt eher zu hoch als zu niedrig. 

Entfchließt fih der Staat einmal zu dieſem Ankaufe 
und wer möchte daran zweifeln?), fo müflen die Aus: 


der Thurm ber Winde, dad Monument des Lyſikrates, | grabungen nach dem größten Maßſtabe betrieben werden. 


107 


Man darf ſich wicht darauf beſchraͤnken wollen, nur bie 
bekannten Dionumente von bem fie umgebenden Gchutte 
m reinigen, fonbern es gilt nichts Geringeres, als bie 
ganze Maſſe von Erde und Steinen bis auf ben Boben 
der alten Stadt berauszufchaffen, und zwar nicht bios 
auf ber Nordſeite, fondern auch auf bee Süpfeite der 
Burg, aus den Theatern des Dionyfos und des Herodes 
Atticus, bie ganz mit Erde gefüllt find, ſodaß jenes jegt 
ats Getreideacker dient. Freilich werden bie Koften diefer 
Ausgrabungen hoͤchſt beträchtlich fein; fie laſſen fi im 
woraus nur fehs unbeſtimmt berechnen. Aber wenn der 
neue griechifche Staat, der vermöge feiner reihen natür: 
Uchen Hüffsquellen in wenigen Jahren fehr gute Finan⸗ 
zen haben wird, jaͤhrlich eine nicht zu Meine Summe zu 
diefem Zwecke feftfegt, fo wird man in einem halben 
Menfchenalter fehr leicht dus große Werk vollenden kön: 
nen. Und warum follten nit die zahlreichen Freunde 
des Alterthums in Europa zu biefem Zwecke beitragen? 
Sch denke mir, wenn einer der Korpphäen ber Alterthums: 
wiſſenſchaft in Deutfchland feine Stimme für diefe Sache 
echöbe und ſich an die Spige eines Vereins zur Foͤrde⸗ 
eung der Rachgrabungen in Athen flellte, es wäre bald 
eine namhafte Summe zufammengebracht. Die griechifche 
Regierung würde eine Beihlife der Art nicht zuruͤckwei⸗ 
fen koͤnnen, da es fih um einen Iwed handelt, der jedem 
Gebildeten theuer iſt; fie dürfte darin nur einen ſchwa⸗ 
den 208 der Dankbarkeit fehen gegen die gemeinſame 
Mutter der Kimfte und Wiffenfchaften. — In jedem Herbfte 
würde bas bis dahin ausgegrabene Terrain zwifchen dem 
alten Monumenten mit Bäumen und Gebüfch zu bepflanzen 
fein, die in angemefienen Entfernungen gruppenweiſe zu 
vertheilen wären, damit bie wiederentftandene alte Stadt 
weder eine zu nadte Flaͤche zeige, noch auch ſich In einen 
Wald verwandele. Auf der oberften natürlichen Zerraffe 
bee Akropolis, unter ihrer nadten Felſenkrone, von der 
Grotte des Pan bis an das Theater des Dionyfos läßt 
fich mit leichter Mühe ein fchattiger Baumgang anlegen, 
Herrlich werden dann bie gelbbraun glänzenden Felſen ber 
Atropoiis und ihre heilen gefärbten goldgelben Mauern 
mit ihren unregelmäßigen malerifhen Zinnen aus dem 
dunkelgruͤnen Laube hervorragen; hoch Über ihnen noch. bie 
impoſanten Säulenmaffen des Parthenon. Und welche 
entzuͤckende Ausficht wird ſich von biefem Baumgange aus 
dem Wanderer eröffnen, auf die alte und neue Stadt zu 
feinen Füßen, und über diefelbe hinaus auf bie weite Ebene 
mit dem tiefdunkeln Oelwalde und auf die fernen blaum 
Gipfel des Kithairon, Parnes und Penteliton. Athen wird 
einen Park befigen, Iehrreich und ehrwürdig zugleich durch 
die Ruinen der Vorzeit wie fein anderer, und reich an 
Naturſchoͤnheieen wie wenig andere. 

Daß die Höhe der Akropolis in ben beabfichtigten 
Ausgrabungen miteinbegriffen tft, darf ich wol nicht erſt 
erwähnen. Hier wird es verhälmißmäßig wenig Erbe weg⸗ 
zuſchaffen geben, aber deilo mehr Steine; theild unver: 
zierte oder doch unkenntlich gerorbene Marmorbloͤcke, theils 
andere Zelsarten, welche den Boden body bedecken. Wenn 
man fie zu öffentlichen Bauten verwendet ober an Privat: 





leute verkauft, werden fie die Koſten ber Wegräumung 
faft ganz wieder einbringen. Ob das Erechtheion, deffen 
zwei nordweſtlichſte Säulen im letzten Kriege durch türkis 
(che Bomben geflürzt wurden und einen Theil der Dede 
mic fich einrifjen *), aus den ziemlich wohlerhaltenen Truͤ⸗ 
mern wieder aufzubauen iſt? ob die Batterien und Maw - 
een, welche um die Proppläen, zroifchen ihren Säulen und 
ſelbſt auf diefen erbaut find, eingeriffen werben können, 
ohne bie beträchtlichen Reſte der völligen Zerftärung auss 
zufegen? — das ſind Fragen, welche ſich, wie ich glaube, 
nur durch wirkliche Verſuche unter dei Leitung kundiger 
Maͤnner beantworten laſſen. Nur fo viel möchte ich fuͤr 
ausgemacht bakten, daß die Akropolis nie wieder eine Je⸗ 
fung wird, und folglich ihre ehrfuechtgebietenden Ruinen 
nie wieder der Zerſtoͤrung ausgefegt werden; zumal da 
von dem nur wenige Schuh niebrigern Muſeion aus faft 
dad ganze Plateau ber Akropolis beichoflen werben kann, 
Was endlih die Hadriansſtadt oder die Gegend um 
das Diympieion und oͤſtlich von demfelben betrifft, fo darf 
man fürs Erſte nicht um fie beforge fein, da wenig Leute 
geneigt fein werden, fich in diefen vom Gentrum der 
neuen Stadt umd von den Hauptſtraßen (den pirdifchen 
und eleufinifhen) entlegenen Räumen anzubauen, fodaß 
bier für Nachgrabungen noch immer Raum bleibt. | 

Diefe ausgedehnten Entwürfe zu Nachgrabungen find 
bie von meinen Freunden Schaubert und Kleanthes für 
unumftößlich gehaltene Bafis ‘zu ihrem Plane der neuen 
Hauptſtadt, und ich moͤchte nochmals fragen: iſt es moͤg⸗ 
lich, daß König Otto, der Sohn des kunſtliebenden Lud⸗ 
wig von Baiern, fie nicht genehmigt? ine nothwendige 
Folge davon ift, daß die neue Stadt, aus dem Winkel 
zrolichen dem Lykabettos, Areios Pagos und dem Burgs 
felfen heraus, weiter nörblid in die Ebene geruͤckt wird, 
wo fie in jeder Hinſicht eine weit angemeffenere Lage bes 
fommt. Um ben entfiehenden Staat nicht gleich in den 
erften Jahren feiner Eriftenz mit zu beträchtlichen Koften 
zu befchweren, würde die Norbhälfte der heutigen Stadt, 
vom Bazar an bis gegen das acharnifhe Thor hin 
(Egribos Kapefi oder nogse zo Ilarıooim) vorläufig 
zu lafien fein, wenn man fie nur vermittel® Durchſchla⸗ 
gung einiger grader umd breiter Straßen etwas vegelmäs 
Biger zu machen ſuchte. Da aber andererfeits bie Haͤuſer 
in biefem Stadttheile faft nur aus elenden Lehmbätten 
beſtehen (Wohnungen ber albanefifchen Arbeitsleute), die 
in diefem Zuflande nicht wohl in der Hauptſtadt bleiben 
innen, und da auch in biefee Gegend faft bei jeder 
Nahgrabung einige fchägbare Reſte des Altertbums ges 
funden werden, fo ließe fih bier das politifche und anti 


*) Der griechifche General Gouras, welcher während ber Be - 
lagerung durch die Tuͤrken auf der Akropolis befehligte, ließ 
feine Frau und feine Kinder in das‘ Crechtheion bringen 
und die Dede beffeiben, um es noch bombenfefter zu mas 
hen, eine Ele hoch mit Erde uͤberſchuͤtten. Die Türken, 
welche dies erfuhren, richteten ihr Geſchuͤt vom Areios Pa⸗ 
808 aus vorzüglich auf die erwähnten norbweftlihen Gäu 
len des Tempels, bis biefe einftürzten und bie Familie bes 
Gouras unter der nachſtuͤrzenden Gteinmaffe begruben, wo 

ihre Gebeine noch ruhen. 


8 


108 


quariſche Intereſſe vielleicht durch ein Geſetz vereinigen, 
daß alle Haͤuſer In dieſem Bezirke innerhalb 10 — 20 
Jahren neu gebaut werden und jeder Grundbefiger gehals 
ten fein folle, feinen Boden bei biefer Gelegenheit 8— 
10 Schuh tief (zu Wohntellen) auszugraven. Wenn 
dann die Megierung fich das Ausgraben der Strafen und 
Öffentlichen Piäge vorbebielte, fo dürfte kaum ein antiker 
Marmorfplitter den Nachforſchungen entgehen. Die aus⸗ 
gegrabene Erde wird keine Schwierigkelt machen; fie wird 
theils dienen, die Unebenheiten des Bodens vor dem achar⸗ 
nifchen Thore auszugleichen, theils die unfruchtbaren weft: 
lihen Abhänge des Lykabettos und der Pnyxr in Aecker 
und Gaͤrten umzufhaffen In diefem zu verjüngenden 
heutigen Stadttheile wird eine hübfche Anzahl der beften 
noch vorhandenen Kicchlein beizubehalten fein, welche, aus 
bräunlichen Quaderfteinen erbaut, denen Sonne und Wet: 
ter einen bronzeartigen Glanz gegeben haben, mit ihren 
£uppelfösmig gebildeten naiven Ziegeldächern und ihren ſtum⸗ 
pfen Thuͤrmchen fich gar artig ausnehmen, und die einen 
gefälligen Uebergang aus ber alten Stadt des Themiſto⸗ 
kles und Perikles, duch das byzantinifchstückifche Mit⸗ 
gelalter in die eigentliche neue Stadt des Königs Otto 
vermitteln werben. 
(Der Beſchluß folgt.) 


⸗ 


Tobias Olfen's, eines braunſchweigiſchen Rathsherrn, 
Geſchichtsbuͤcher der Stadt Braunſchweig, herausgegeben 
von C. F. von Vechelde. Mit einer Vorrede des 
Geheimraths von Strombeck. Braunſchweig, Vie⸗ 
weg. 1832. 8. 20 Gr. 


Stadt- und Bürgertum find bie Grundlage ber neuern 
Sulturperiode, beren Sntwidelung um fo zuverläffiger fortfchritt, 
da die Berlodung zu Abwegen des Ritters, Pfaffen: und Sol⸗ 
datenweſens balb den vormwaltenten Ginfluß verlor und nur dazu 
diente, jenes zu confolidiven und zu läutern. Wie diefer Laͤu⸗ 
terungsproceß fo nöthig war, um ber Vermeſſenheit des Buͤr⸗ 
gerthumes gehörige Schranken und demfelben die richtige Stelle 
auf den Stufenleiter der Staatsverhältniffe anzuweifen, erkennt 
mon in der Vorzeit, wie in ber Gegenwart, und tritt in ber 
Geſchichte Braunfchweige deutlicher als anderwärts hervor. 
Der Zeugniffe jener Wahrnehmung kann es nidjt zu viele geben, 
deshalb verdient Hr.v.8. Dank, die Olfen'ſche Ehronik Braun 
ſchweigs, welche noch nie gebrudt iſt, bier mitzutpeilen. Mit 
Mecht geſchieht es nur theilweife, benn bie erfte Hälfte bes 
Werkes, welche den Zeitraum von ber Grbauung der Stadt bis 
zur Reformation enthält, gibt auf gewöhnliche Weiſe ungeprüft 
wieder, was anberwärts ſchon öfter erzähle iſt. GShronikenfchreis 
ber gewinnen erft höheres Intereſſe, wenn bie mitgetheilten 
Thatſachen in ihrer Nähe ſich ereignen; non ber Vorzeit wiffen 
fie bri aller Breite ſich felten aus ber Duͤrftigkeit herauszuar⸗ 
beiten. Die hier gebotenen Mittheilungen find in 16 Ga: 
pꝓitel zufammengeftellt: Kirchenreformation, und zwar was zu 
ber Zeit allhier gefchehen iſt; Krieg der Stadt WBraunfchweig 
wider Herzog Heinrich ben Züngernz; fernere Unruhen wiber 
denfelben; Belagerung Brounfchweigs und Feldſchlacht bei Sie: 
vershaufen; zweite Belagerung ber Stadt im Jahre 1553; die 
Stadt Braunfdnveig unter Herzog Julius; unter Heinrich Ius 
Kuss Uneinigleit ber Prediger und der Stadthauptleute; graus 
fames Verfahren mit Hennig Braband und ben übrigen Haupt 








Rebigtet unter Berantwortfiäkeit der Werlagsbandlung: 9. A. Brodhaus in Leipzig. 





> — , v 


leuten (das undergeßliche Biutſchandmal Braunſchweigt, bekannt 
durch die reichhaitige Monographie des Hra- v. Strombeck); 
was ſich 1605 zu Braunſchweig ereignet; Heinrich Julins bes 
lagert die Stadt; 1606—18; Aufſtand der Gemeinen 16145 
Herzog Friedrich Ulriche Belagerung; bie Stadt Huldigt ihm, 
und was fich ferner zugetragen; von Dem, was fi während 
bes breißigjährigen Kriege in Braunſchweig begeben hat. 

Die Behauptung bes Herausgebers, daß Difen in treffene 
der Schilderung ein lebhafte Bild vom innern Bolkeleben unb 
vom Treiben feiner ftäbtifchen Sommune gibt, ift nicht übertries 
ben; aud verweilt man gern bei den Reden und Ermahnun⸗ 
gen, weldje er den Magiftratögliedern und ten Wortführern dee 
Parteiungen in ten Mund legt, um fi für bie ftarre Hoffahrt 
biefes in fich ſelbſt verfintenden Vürgerthbums zu entfchädigen: 
Ihr erlag Braunſchweig und hat ſich feitdem nie wieder zur 
vorigen Macht, Reichtum, Größe und politifher Selbſtaͤndig⸗ 
keit erheben Können, da Huͤlfe und Rettung am unrechten Drte 
geſucht wurden. Die Olfen'ſche Shronit führt mehre Hierher 
gehörige Thatſachen auf; fo verlieh fih Braunſchweig gegen 
die wachiende Macht der Derzoge viel zu fehr auf das Gegen. 
gewicht der Hanſa, da doch lehtere ſchon bie Spuren des une 
aufpaltfamen Verfalls zeigte. 

Mit dem Borrebner möchte man beflagen, baf der Her⸗ 
ausgeber den Perlodenbau der Chronik, welcher freilich durch 
Weitſchweiſigkeit, Verworrenheit und Dunkelheit oft zurüdftößt, 
zu fehr veränderte, als baß man in temfelben noch das zeitges 
möße Goftume wahrnehmen Tann. Doch leſen ſich biefe Ges 
ſchichtsbuͤcher gut. Bei den dftern Verweiſungen auf einen Aus 
bang wird man getäufcht, denn berfelbe ift nicht zu findens 
dagegen lieſt man auf ber legten @eite bie Worte: „Der im 
ben Anmerkungen mehrfach erwähnte Anhang wirb nebſt dem 
ber übrigen Theile ber braunſchweigiſchen Geſchichtſchreiber in 
dem legten Bande bed Werkes mitgetheilt werben.” Hiernach 
fheint diefe Gabe der Anfang einer Zufammenftelung brauns 
ſchweigiſcher Befchichtfchreiber zu fein, deren Fortſezung um fo 
mehr zu wuͤnſchen ift, ba fich vereinzelt abgebrudte Special⸗ 
chroniken fpäter ſchwierig zuſammenfinden Laffen. 

Wenn Hr. v. V. die gewoͤhnliche Neigung ber Menſchen, 
die Vorzeit auf Koſten der Gegenwart zu preifen, gefährlicher 
nennt als die Zäufchung vieler Philofophen, weldye in der Ger 
fhichte ter Menſchheit ein beftändiges Zortfchreiten erkennen, fo 
möchte man darüber mit ihm rechtens; doch Das, was wir ihm 
ale Wahrzeichen der beftändigen Fortentwidelung des Menfchens 
gelchlechts zu höherer Gejittung entgegenflellen möchten, räume 
der hochſinnige, edle Dann fetbft ein, intem er &.xıı augefieht, 
baß unfee Zeitalter gegen das der erften Hälfte des 17. Jahr⸗ 
hunderts verherrlicht ift durch milden Sinn, Wiſſenſchaftlichkeit und 
vorgefchrittene Bildung. Grfagt: „Der Menſch ift jegt menfde 
licher, die Herrſchaft der Gefege kräftiger, bürgerlidge Freiheit 
größer und geficherter. Was uns jegt verlegt, würde uns ba« 
mals vernichtet haben; der Unfchuldige fand zu der Zeit den 
Schug felten, den er jezt oftmals findet — bamals, wo bie Un⸗ 
ſchuld, war fie einmal dem Haſſe verfallen, dem gewiffen Unter⸗ 
gange auf dem Rabenſteine entgegenging: in Zeiten, wo Tov⸗ 
tur Geſetzmaͤßigkeit, theologifche Heuchelei Brömmigkeit, Grau⸗ 
ſamkeit Tapferkeit, Unordnung und Empoͤrung Freiheit hießen. 
Wenn es Pflicht iſt, der Tyrannei Widerſtand zu thun, ſo ſtellt 
es ſich als ebenſo heilige Pflicht dar, der oberſten Staatöges 
walt in ihren Anordnungen zu gehorfamen. Es gibt keine gife 
tigere Arzenei als die her Revolutionen; auch bie zechtmäßigen , 
und unvermeidlichen laſſen lange Zeit hindurch ben Staats koͤr⸗ 
per, ber durch das traurige Extrem ſolcher Fruercur geführt 
werben mußte, in der bedenklichfien Siechheit. Unfere Zeiten bies 
ten der Beifpiele genug bar. Die gewiffe Begleiterin buͤrger⸗ 
ficher Unruhen ift aber Nahrungsloſigkeit.“ 61. 





_ Bin u u 


2 aM. nn m 7} rw) — en mn [1 am [3 


literarifche 


Blätter 
j . für BE 


Unterhaltung 





Sonntag, 





(Berölus aus Nr. 36.) . 

Die Ottosſtadt befteht freilich bis jegt nur auf dem 
Papiere, doch ſcheint mir ihre Anlage auf einer fo ver⸗ 
Bändigen Benugung . der Dertlichkeiten und des Vorhan⸗ 
bene zu beruhen, daß fie wenig weſentlichen Veraͤnde⸗ 
sungen unterliegen dürfte. Um Sie nicht zu ermüben, 
wiß ich mich bier fo kurz wie möglich faſſen. Ihr Cen⸗ 
tzum bildet ein großer vierediger Pins, etwa 800 Schub 
wor dem heutigen acharziichen Thote. An bie Norbfeite 
beffelben kommt das königliche Schloß, welches aus feis 
nen Fenſtern nach Süden” den Hywettos, die Akropolis, 
Den Areios Pagos, das Muſeion, die Pnyr und den Ly⸗ 
Babettos. überfchaut; mac) Wellen. der Pirdeus, das Meer, 
Aegina, Salamis, die Gebirge ded Peloponnes bis nach 
Arokorinth,, den Aegaleos, Korydalos und die Gipfel des 
SKithairen; nach Norden die Ebene und den Parnes; nach 
Dften endlich den Brileſſos, Anchesmos und darüber das 
Denteliten. In die Suͤdſeite des Platzes fallen, auf dem 
Mittelpunkt der Fagade des Schloſſes gerichtet, drei Haupt⸗ 
firaßen, die eine füdöftlich in. das wohlerhaltene Stadien, 
ams füblichen Ufer des Zuſſos führend, -die zweite ſuͤdweſt⸗ 
lich, ſchnurgrade auf das runde Balfin des Pirdeus; 
zwiſchen beiden liegt die dritte, füdlich Liber die Reſte des 
Gynmaſiums der Ptolemaͤer auf den nördlichen Flügel der 
Proppläen und den Arcioe Pagos ausgehend ,: fodaß der 
Koͤnig von feinem Baison aus gleichzeitig die ringenben 
Kämpfer im Stadien, den alten ruhmgekroͤnten Sig uns 
beflochener Gerechtigkeit, and bie meecheberfchenden Tri⸗ 
eren in feinem Dafen überbliden kann. Gibt es einen 
Königsfig wie diefen? und welche andere Stelle wird man 
ihm ammwelfen können? — Ueber daß weitere Detail ent 
halte ich mid, zu fprechen, da man hier verſchiedener Mei⸗ 
nung fein kann, et adhuc sub judice lis est. Nur fo 
viel muß ih noch hinzufügen, daß alles. Wefentliche ers 
wegen if. Waſſer erhält die neue Stadt vom Anchesmos 
aus der noch fließenden Waflerleitung des Habrian, und die 
Usreinli fließen durch Kloaken weſtlich gegen den 
Deiwald hin in Die tiefer gelegene Ebene ab. Zu anmus 
thigen Landhäufern aber bieten die angrenzenden Höhen, 
befonders Die Gegend von Patiſtia am Brileſſos den ſchoͤn⸗ 
ſten Pag. — Und nun glaube ich genug geſagt zu ha⸗ 
ben, um Shen und Allen, Die ſich für das attiſche Als 


terthum intereffiren, diefe Ideen lieb und ihre Ausführung 
wünfchenöwerth zu mahen. 

Sie fehen aus dem Dbigen, daß ich in bes legten 
Zelt mehrmals fo glücklich geweſen bin, bei Ausgrabums 
gen zugegen zu fein, die fi) in Folge ber neuerwachten 
Bauluft mehren. Die ausgebehntefte derſelben iſt vom 
Herrn Kontoͤſtavlos (von Aogina) vorgenommen worden, 
auf einem Plage innerhalb der heutigen Stadtmauer und 
bart an derfelben, etwa 400 Schritte öftlich vom acharnis 
ſchen Thore, auf einer Heinen Erhöhung, bie in neuem 
Zeiten als Ader benupt wurde. Hier war kein Fund 
von Intereſſe zu erwarten, ba in biefer Gegend kein ein⸗ 
ziges altes Öffentliches Gebäude bekannt If. Kaum war 
Indeß mit Ausgrabung bed Kellers ber Anfang gemacht, 
als man bereitö in einer Tiefe von 1—2 Schuh auf eine 
Menge von Gräbern file. Sie waren aus Dachziegeln 
gebaut, welche 2 Schub 8 Zoll bie 3 Schuh engl. in 
der Länge, oben 1 Schub 6 Zoll, unten 1 Schuh 3 Zolk 
in der Breite halten und einen Zoll did find. Ihre Wöls 
bung bat in der Mitte 13 Zoll Tiefe. Je zwei und zwei 
biefes Ziegel bildeten, der Länge nad (2 Schuh voneinam 
der entfernt). auf die Erde geftellt und mit den obern 
Rändern aneinander gelehnt, ein Grab, deſſen offene En 
den durch zwei davor geftellte kleinere Ziegel verichloffen 
wurden. Die meiften hatten bie Richtung von Welten. 
nah Oſten. Auf dem Boden diefer engen Räume fand 
fih etwas lodere, in Kügelchen zuſammengerollte Erde, 
von dem verweiten Körper herrührend, einige Arm⸗ oder 
Beinknochen und gewöhnlich am weſtlichen Ende der ziem⸗ 
lich wohlerhaltene Schädelz nur in wenigen eine Grab: 
lampe von fchlechter Arbeit, die meiften derfelben mit eis 
nem Kreuze bezeichnet. An mehren Drten waren zwei 
und felbft drei folcher Gräber übereinander. Hin und wies 
der ſtieß man zwifchen den Gräbern auf fchlechigeformte 
Gefäße aus grobem Thon, mit Erde gefüllt, in welcher 
ſich Kindergebeine fanden. Alle hatten aber, obgleich fie. 
in der Erde liegend unverfehrt zu fein ſchienen, Riffe und 
Spalten, fodaß fie beim Herausnehmen immer in Stüde 
zerfielen. Ihr kurzer Hals war fo eng, bad man ſelbſt 
den Körper eines neugeborenen Kindes nicht durch bie 
Deffnung hätte bringen können... Sind bemnad die Ges 
beine, welche ſich darin fanden, aus andern Grübern aufs 
gelefen und in biefen Gefäßen nur zum zweiten Dale 





110 


 beftattet? ober zerbrach man bie Gefäße aͤbſichtlich, um 
den todten Körper bineinzufchleben, und fegte fie dann in 
der Erde wieder zuſammen? Sehr alt dürften dieſe Graͤ⸗ 
ber jedenfalls nicht fein. Die Arbeiter fließen hierauf zus 
nächft auf eine Menge Heiner Wafferleitungen, welche in 
verfchiedener Höhe und weitlicher oder nordweſtlicher Rich⸗ 
tung theit® zwiſchen den Gräbern, theils unter ihnen bin: 
gingen. Sie find aus gebrannten und zu biefem Zwecke 
eigens geformten Biegeln und fcheinen ihr Waller aus 
dem großen Aquäbuct des Hadrian bekommen zu haben, 
um es weiter weftlich gelegenen Häufern ober Gärten gu: 
guführen. Keine derfelden hatte nody Waſſer. Unter. dies 
en gen, in siner Tiefe von 4—5 Schub 
and man wider Erwarten nad und nach mehre antike 
chſtuͤke, - aber leider faft alle fehr verflümmelt: eine 
Baſis mit einem Paar. geflügelter Süße, vermuthlich von 
einer kleinen Statue des Hermes, einen Kopf, eine ſehr 
ſchoͤn gebildete Hand, ein Paar Arme und Weine, Altes, 
sole ſich aus der Größe diefer helle ergibt, von verſchie⸗ 
denen Statuen; ein artiges weiblihes Köpfchen aus ge 
brannter Erde, ein Säulen mit einee auf den Hadrian 
bezüglichen Infchrift u. f. mw. Noch ein paar Schub ties 
fer zeigte ſich im der füdlichen Seite des Platzes ein ges 
twaltiges, denfelben quer bucchfchneidendes Sundament, von 
weichem wir anfangs große‘ Hoffnungen hegten. Beim 
Nachgraben ergab fih, daß auch diefes fchon einer ziem⸗ 
tich fpäten Epoche des Alterthums angehören muß, indem 
ein Ärchitrav, ein Sarkophag und andere bearbeitete Marz. 
morbloͤcke unter den gewöhnlichen Quadern mit vermauert 
waren. Doch wurde hier noch ein Schönes, ganz und 
vorzüglich gut erhaltenes Basrelief gefunden und mehre 
Anfchriften, unter welchen eine fehr alte ift. Damit en⸗ 
digte diefe Ausgrabung. Cie koͤnnen ſich Leicht denken, 
daß die oben erwähnten Nachgrabungen, weiche Herr An- 
tonopulos feit einigen Tagen beim Thurm ber Winde 
auf einem weit kleinern Raume (einem heil der Agora) 
angefangen hat, intenfiv weit reicher auszufallen veripres 
hen. Außer den Bruchſtuͤcken von Inſchriften find auch 
fhon Fragmente von Statuen gefunden worden, und 
geftern tft man auf Reſte von Bauwerken gefloßen, deren 
Beftimmung ſich noch nicht enträchfeln läßt, die aber in⸗ 
tereffante Auffchlüffe zu geben verheißen. Da noch an 
mehren andern Orten gegraben wird, fo gehört es zu un: 
fern täglichen Beſchaͤftigungen, die Runde über biefe Pläge 
zu machen, ımd jeder Tag gewährt einige Ausbeute. . Reis 
der fehle es bie jegt gänzlih an einem Raum, bie ge: 
fundenn Sachen, foweit die Beſitzer fie dem Staate zu 
ſchenken gemwilligt find, in Sicherheit zu bringen, doch 
hoffen wir, daß die Regentſchaft gleich für eine proviſo⸗ 
riſche Einrichtung diefer Art Sorge tragen. wird, 

Mit weiten Ereurfionen fieht es noch immer ſchlimm 
aus, da das ganze Land mir Mäubern gefüllt if. In 
Megaris, Theben und ſelbſt bei Acharnd und Marathon 
haben griechifhe Kapitaine mit ihren Horden ihr Quar⸗ 
tier aufgeichlagen und leben, da es ihnen freilich gaͤnzlich 
an Eolde gebript, auf Koften der Umgegend, von.der fie 
‚ordentlich Lieferungen und Abgaben erheben, während. ihre 


‘ 


Soldaten In der Nähe herumſchweifen, um gelegentlich 
Reiſende zu plündern, Seit einigen Tagen fürchten bie 


-Rürten felbft einen Ueberfall und Plünderung Athens - 


und verrammeln des Nachts die Thore mit Holz und 
Steinen. Doc ſcheint wir diefe Vorſicht zu weit getries 
ben. Gluͤcklicherweiſe gibt us die naͤchſte Nähe noch ime 
mer unerfchöpflichen Stoff zur Beſchaͤftigung. Bor einer 
Woche find wir drei Zage im Pirdeus gemefen, um 
die Gegend der Häfen zu wnterfuhen, und wir haben 
und überzeugt, daß auch hier noch unendlich viel zu thun 
if, and daß der neue Grundriß ſehr intereffant ausfallen 
wird, Bereits habe ich ein drittes wohlerhaltenes Thea⸗ 
ter dort gefunden, deſſen Kruſe weder auf feines Karte 
noch im Texte gedenkt, und das mithin wahrſcheinlich 
auch Leakes Aufmerkſamkeit entgangen ift, während Freund 
5. die Kundamente zweier bis jegt unbelannter Thuͤrme 
unter Waſſer im. Pirdeus entdede hat und mit befon= 
derer Sorgfalt die Spuren ber alten Wefefligungen vers’ 
folgt, von. denen weſentliche Theile no auf den Karten 
fehten. Wis find beimeitem noch nicht fertig geworden 
und werden nochmals einige - Lage bort unten zubringen 
müffen. Ein fehe erfreulicher Umftand für uns -ift, daß 
feit einigen Wochen der Prof. Benthylos hier angekom⸗ 
men ift, und daß uns jest feine hoͤchſt fchägenswerthe 
Bibliothek zu Gebote ficht. — 

Bor vierzehn Tagen haben wir die curiofefte archaͤo⸗ 
logiſche Expedition gemacht, die bis jest ein Menſch in 
Athen unternommen bat, Schon feit längerer Zeit hatte 
ein Maurer den Architekten von einem merkwuͤrrdigen um⸗ 
terirdifchen Kanal erzählt, weicher von Oſten nad) Weften- 
unter dem Bazar fortlaufe und die Gaͤrten von dem heu⸗ 
tigen piraͤiſchen Thore, bei Hagla Triada mit Waſſer 
verſorgez er ſei fo Hoch, daß man bequem darin reiten 
könne, und man finde unten viele Inſchriften, Bildſaͤu⸗ 
Im und ſelbſt sine Saͤulenreihe, fo fang wie das The⸗ 
feion. Unſere Neugierde wurde lebhaft gereizt, aber im⸗ 
mer kam der Unterfuchung ein Hinderniß in den Meg. - 
Endlich waren alle Borbereitimgen gemacht, und wir wache 
ten uns and Werk. Unfere Gefellichaft beitand aus 7 — 
9 Perſonen nebſt vier Arbeitsleuten. Durch eine Eifterne 
am Ööftlichen Ende bes Bazars ftiegen wir 3— 4 Klafter 
tief in den Kanal Yinunter und wandten uns weſtlich. 
Wir fanden den Kanal etwa A—5 Schuh Ireit, zum 
Theil durch Felſen getrieben... Die Dede deſſelben ift von - 
fehe verfchiedener Bauart. An einigen Stellen- ift fie ges 
wölbt und body genug, um aufrecht darunter ſtehen zu 
innen. Diefe Gewölbe halte ich aber für fpdtere Are 
beit, wie man noch kuͤrzlich eine fchadhafte Stelle auf 
diefe Weiſe ausgebeffert hatte. Auf. den übrigen weit - 
längeren Strecken befteht die Dede blos aus gewaltigen : 
Steinbalken und Steinplatten, welche quer über bie theils 
natürlichen, theils aus rohen Duabern gebauten Felde 
wände des Kanals gelegt ſind. : An diefen Felsplatten 
hatte fih Tropfſtein in 3—4 Zoll langem Zapfen gebil⸗ 
det: der befte Beweis, "glaube ich, daS dies die aͤlteſten 
Theile des Werkes find. Hier beträgt die Höhe bes Ka⸗ 
nals nur 4 Schuh, und das Gehen war, da der Moden 


— 


— — — 170mm Um m Pr 


111 


über einen Schub Hoch mit Schlamm bedeckt iſt, in ben 
wir bis an die Knie einfanten, ſehr befchwerlih. Nicht 
weit vom Eingange kam inks ein Kanal von ähnlicher 
Größe urid Bauart von der Akropolis herunter, in den 
wir aber, weil er bis zur Hälfte mit zähem Schlaum 
gefühlt war, nicht vordringen konnten. In die Dede des 
Hauptkanals öffneten fi) mehre Gifternen, und kleinere 
Kandle gingen zu beiden Seiten ab, um andere Ciſternen 
mit Waſſer zu verforgen. Wir verfolgten ihn bie etwa 
50 Schritte über die Weftfeite des Gynmaſiums des Da: 
brian binaus. Hier war er eingeflürzt gemelen und eine 
Peine Strecke lang nur durch eine enge Roͤhre hergeftelit 
worden, bie ganz mit Schlamm und Waſſer gefuͤllt war. 
Wir fliegen daher durch die naͤchſte Gifterne wieder her⸗ 
ons, ohne bis dahin von den verheißenen Herrlichkeiten 
das Geringſte gefumden zu haben. Zwar hatten wie Saͤu⸗ 
len gefehen, aber nur einige ganz rohe aus Granit, weldye 
fih zufällig unter die Felsplatten ber Dede verirrt haben 
mochten; die Inſchriften hatten ſich in Riſſe und Spals 
ten der Steine anfgelöft, welche ungefähr Buchſtaben gli: 
Sen, und an Statuen war vollends nicht zu „denken. 
Doch blieb der Führer zuverfichtlich bei feinem Verſpre⸗ 
en, uns zu einem unterirdifchen Tempel zu führen, und 
wir fliegen baher unmeis des Thefeustempels aufs Neue 
hinab, diesmal uns öftli wendend. Der Kanal mar 
Der anfangs ganz in derjenigen Bauart erhalten, welche 
ih oben als die urfprüngliche bezeichnet habe, und aud) 
hier zeigte fi die Tropfſteinbildung. Hier fommt ebens 
falls ein zweiter, bald mit Schlamm gefüliter Kanal wie 
ber obm erwähnte vom weſtlichen Ende der Aktopolis 
herunter. Bald kamen wir aber an eine reparirte Stelle, 
wo 6—7 Schub lang nur eine 2 Schub hohe, aus Zie: 
gen gebaute Röhre war, fo fhmal, daß ein Menſch ſich 
wit Mühe durchwinden konnte, und bis zur Hälfte mit 
Waſſer gefüllt. Um weiter vorzubringn, gab es fein 
anderes Mittel, ats fi) auf die Hände zu legen und bis 
an .den Hals im Waſſer durchzukriechen, den Körper 
nachſchleppend. Ich war der Vorderſte und gab das Bei: 
ſpiel; die ganze Geſellſchaft folgte lachend. Nur ein eng⸗ 
Ufſcher Maler, zufaͤllig der Schlankſte unter uns Allen, 
erklaͤtte, das Loch ſei für ihn zu eng, und kehrte um. 
Nicht weit hinter biefem ſchwierigen Paſſe gelangten wir 
endiih an das Biel unferer Wanderung. -Dier ragen auf 
der nördlichen Seite des Kanals in einer Linie 30— 32 
Saͤnlentambours, 2— 3 Schub hoch, aus dem Schlamm 
hervor. Sie find nicht aus Marmor, fondern aus einer 
weichern gelblichen Steinart, bie mit Stud überzogen ges 
zaefen zu fein ſcheint; alle haben Canelirung und gleiche 
Größe (3 Fuß engl. im Durchmeſſer). Die Saͤulenord⸗ 
nung, welcher fie angehörten, laͤßt fi nicht beflimmen, 
da wir eine Kapitäler fanden; dem Anſchein nad) wa⸗ 
ven fie doriſch. Sie tragen auf diefer Seite die Dede 


des Kanals; aber nicht unmittelbar, fondern, da fie in 


Entfernungen ſtehen, vermittelſt Üübergelegter Steinbalken, 

auf denen transverſal die Felsplatten der Decke ruhen. 
Die Hauptfrage iſt jetzt: Wie kamen dieſe Saͤulen⸗ 

tambours an bie Stelle, welche fie einnehmen? Hier find 


zwei Möglichkeiten denkbar: entweber wurben fie bei dem 
Baue des Kanals von einem zerflörten Gebäude genom⸗ 
men und bier verwendet, oder fie fichen noch an ihrem 
alten Plage und bezeichnen bie Stelle eines verſchwunde⸗ 
nen Tempels oder.einer Stoa. Nehmen wir einmal das 
Eritere an, fo erfcheint es fehr auffallend, daß man die 
Säulen nur an Eine Seite de6 Kanals und in ziemlidy 
gleichen Entfernungen voneinander ſtellte; ja, daB man fie 
überhaupt gebrauchte, da fie durch ihre ſchwere Maſſe 
unbequem zu transporticen und buch ihre Geſtalt zu eis 
nem Werke diefer Art wenig fchidlic waren, während 
man, wie ber Reſt des Werkes zeigt, Weberfluß an teeffs 
lichen Quadern und Steinplatten butte. Fuͤr die letztere 
Meinung, daß fie noch ihren Plag behaupten, fprechen 
dagegen mehre Gründe. Ein fehe bedeutendes Moment 
fcheint mir zu fen, daß der Kamal, der fonft immer m 
grader Linie fortgeht, am oͤſtlichen Ende der Saͤulen⸗ 
reihe, wo er zuerft auf fie ſtoͤßt, plöglich eine Biegung 
in einem rechten Winkel macht, um fich laͤngs derſelben 
binzuziehen. Dies erklärt fich Leicht, wenn man annimmt, 
daß der Kanal, ber allem Anſchein nach einer ziemlich 
ſchlechten Epoche der Baukunſt angehört, erft angelegt 
wurde, als fchon viele Mefte alter Gebäude in dem wachſen⸗ 
den Schutt begraben waren. Die Arbeiter, von Often 
ber, von wo das Wafler kommt, beginnend, fließen bems 
nad) beim Graben auf bie untere Hälfte einer Eolonnade, 
und um biefelbe zugleich zu umgehen und zu benugen,, 
lenkten fie die Waſſerleitung an der Süpdfelte bderfelben- 
bin. Freilich ftehen nicht alle Säulen in einer gleichen. 


und ihren Groͤßenverhaͤltniſſen angemeffenen Entfernung; 


aber vielleicht fand man fie ſchon fo oder zerftörte die 


Drdnung erft, indem man einige Zambours nach Maße. 
gabe ber barlıber zu legenden Steinplatten näher zufama: 


men oder weiter auseinanderrüdte, 
noch in einer faft ganz graden Linie. 
ter welcher fie ſich finden, tft die niedrigfte der ganzen 
Stadt. 


Dagegen ftehen fie 


des heil. Philipp, welche nach der Behauptung des Herrn 
Pittakis (eines athenienfiichen Archäologen) auf den Grund 
einer von diefem Heiligen erzählten Legende hin den Plag 
des „alten Leokorion einnimmt. Doch ließe fich leicht noch 
ein Dugend anderer Vermuthungen aufitellen; man kann 
aber nicht einmal hoffen, zu einem feſten Refultat zu 
‘tommen, fo lange man nit an dieſer Stelle von oben 
herunter Nachgrabungen madıt. | 
Athen, * Oktober. 
Da ſich eben eine Gelegenheit nach Navplion findet, 
eile ich den Brief zu ſchließen. Seit ich denſelben ange⸗ 
fangen, haben wir faſt fortwaͤhrend Regenwetter gehabt, 
aber nicht die kalten, von Stuͤrmen begleiteten Herbſtre⸗ 
gen, wie fie bei uns im biefer Jahreszeit gewöhnlich find, 
fondern milde, befruchtende Gewitterregn. Rings um die 
Stadt und auf ben von ihren Mauern eingefchloffenen 
Aeckern regt Jung und Alt jegt die Hände, um bie gün- 
flige Witterung zur Getreidefaat zu benugen. Man faet 


Die Gegend, uns- 


Nach ungefährer Berechnung fteht grade über’ 
ihnen eine fehr alte und 4 — 5 Schuh tief liegende Kirche: 


_ 


‚® 


112 


nicht blos Roggen, ſondern auch bie Getreidearten, welche 
bei uns die Kälte des Winters nicht ertragen innen, 
Gerſte und Hafer. Dogegen reifen diefe auch ſchon im 
Mai, wo fie bei und faum erft fingerhody aus der Erbe 
blicken. Seit zwei Jahren iſt in Attika nicht fo viel 
Degen gefallen wie in diefem Derbfte feit Anfang Sep⸗ 
tembers, und- man verfpricht fich eine ungewöhnliche reiche 
Ernte. Schon find nad dem erften Regenguͤſſen überall 
Gras und Kräuter, bie bei meiner Ankunft buchftäblich 
zu Pulver gebrannt waren, luſtig bervorgefproßt, und 
wenn nad) vierzehn Zagen auch die jungen Saaten kei⸗ 
men, werden wir Attila noch im ganzen Schmude des 
Fruͤhlings fehen. Gleichzeitig ift der Landmann mit der 
Del: und Weinleſe befchäftigt, die indeß ſchon ihrem. Ende 
nahe iſt umd befriedigend ausfällt, ſodaß den Athenienſern 
zu Ihrer völligen Zufriedenheit nichts weiter fehlt als bie 
Nachricht, daß die Negentfchaft angefonımen fei und Athen 
zur Dauptftadt beſtimmt habe. Moͤchten wir nicht zu 





lange mehr darauf warten müflen! 125, 
Romanenliteratur. 
3. Die Pietifiin. Novelle von H. &. Behner. ant 
a. M., Sauerländer. 1832, ur 1 —9 8 Pa Tut 


2. Zwei Novellen. Aus bem Stalienifchen 
elben. Hanau, Edler. 185%, 8. 12 


Als Driginalfchriftftellee zeigt fich der Verf, als gewandter 
Berwickeler und Löfer romantifcher, nicht oft romanhafter Pläne 
md Ereigniffe. Dabei verbindet er das Verdienft, die Machi⸗ 
notionen eines gewiffen Ordens zu enthüllen, barzuthun, wie er 
wol das Kleid, aber nie bie Geſinnung ändern, nie das Streben 
aufgeben werde, ben Willen der Menſchen zu lenken, zu beberr: 
fen. Hier huͤllt fih der Zefuit in das Gewand eines pietiftis 
ſchen Predigere, der jede Rebensfreude knickt und Alles in Falter, 
lieblofer, finſterer Furcht vor Bott erftarren macht. Gott ift 
ihm nicht der allliebende, allweife Water, nein, ein büfterer 
Despot, der Wohlgefallen hat an Traurigkeit, Zittern und Bans 
gen und kuechtiſchem Sinn. Beiläufig kommt zur Sprache, wie 
auch wahrhaft fromme Gemuͤther durch verkehrte Begriffe vom 
geiftlichen Glauben zu ſolch eifiger,. felbftquäterifcher Andacht 
gelangen koͤnnen; indeß ift dies blos Nebenfacdye, und das Je⸗ 
fsitenthum in feinen Verkappungen zu offenbaren das Wefentliche. 
Als Ueberfeger ſteht unfer Verf. nicht minder feinen Mann. 
Er trifft in ben Rovellen: ‚Romeo und Julie”, von Ruigi da 
Porta, und „Belphagor’‘, von Mackhiavelli, den Sinn und Geiſt, 

‚ja den naiv altoäterliten Ton ber Originale fehr gut, ohne da: 
geztoungen und käppifh zu werden und in eine unferer 
Sprache ſchlecht kieidende Weitſchweiſigkeit gu fallen. 
8. Schriften von H. E. R. Belani. Achtzehnter Band. 
Auch unter dem Titel: Der Marodeur. Laura. Zwei Ro⸗ 
vellen. Braunſchweig, Meyer. 1832; 8. 1 Thlr. 8 Gr. 
4. Angelo del’ Dura. NRomantifche Novelle und Gittehgemätbe 
aus dem Raͤuberleben ih Stalien, nad italienifchen Volksge⸗ 
‚Tängen bearbeitet von H. ©. R. Belani. Auch unter dem 
‚Zitel:. Raͤuberleben in Italien. Erſter Theil. Mit einem 
Fitelkupfer. Neuhaldensleben, Eyraub. 8. 1 Ihir. 12 Sr. 
. . Bertraut mit bem verborbenen Geſchmack unferer Tage, 
geht der Berf. obiger Novellen ihm nad), abee er laͤßt ſich nicht 
von ihm fortreißen, regt nicht durch gewaltiges Rennen und 
Schnauben Alles verhällenden Staub auf, der freitid nur auf 
einen Augenbli die Zäufchung erregen fatın, daß Gehalt und 
Zorn darunter verborgen liegt. Unfer Verf. behält die Lenk⸗ 


überfegt von Dems 
Gr. 





—— —— — — ———— — — 
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodbans in Leipzig. 


ſelle in der Band, er will nicht allein verbluͤſfer, auch gefkatten, 
und zwar fein ephemeres Geſchoͤpf. eine Mäuber find wmeben 
eınbfindfame, edeimuͤthige Nullitäten, noch der Abfhaum der 
Menfchheit. Angelo dei’ Duca, bereits im reifen Mannesal⸗ 
ter, ergriff das Räuberleben gleichwie ein anderes erläubte® 
Handwerk, um ſich gegen unverfchuldet erlittenes Unrecht gu roͤ⸗ 
den, und aus ganz verfehrten Anfichten vom Recht Aberhaupt, 
Diefe Gefchichte, die auch an gemuͤthlichen und naiven Motiven 
nicht barbt, berfegt uns leibhaftig auf fübitalienifchen Boden, 
oder doch in ein gut gemaltes Panorama, das jene Gegenden 
mit ihren Bewohnern ber Natur ablaufchte. 

„Dee Marodeur‘ tft anderer Art. Nicht falſche Meinungen 
von Recht und Unrecht, feine tobenbe, nach Wefrtebigung lech⸗ 
zende RKachſucht trieb den Züngling, ben Rorddeutſchen, auf die 
Bahn des Verbrechens; eine fonderbare Verkettung der Um⸗ 
ftände, vielleicht irrige Erziehungsweife verwilderten fein Ges 
müth und gefeilten ihm zu dem Auswurf ber Menſchdeit. Rurtie 
Liebe, obgleich die Hoffnungslofe, ließ dem göttlichen Funken niche 
völlig in ihm erlöfchen, nicht bie Seele mit dem Körper unter⸗ 
geben. Außer ihm ift in der Novelle bie Frau, welche ex liebte, 
und deren Dann, durch die Art, wie fie ſich verfennen, beibe 
an ber gegenfeitigen Liebe zweifeln und endlich durch Das, was 
fie auf immer trennen ſollte, ſich erfennen und vereinen, anziehend 

Laura, eine ſchoͤne, gefalifüchtige und gefüllende Schauſpis⸗ 
lerin, verläßt den gefährlichen Weg der laxen Möral, che fin 
dazu gezwungen wird, belehrt ſich auf die rechte, fruchtbringende 
Weife, beleidigt. weder bas Zartgefühl, noch verbirgt die Neffeln 
und Dornen der Unfittlilelt unter verführerifhen Blumen und 
kokettirt nicht mit der Buße, ber ſchwierigſten der negativen Tu⸗ 
genden. 


5. Erzählungen. $erausgegeben on Su av Nagel, Leip⸗ 
re 


zig, Kollmann. 1882. 8. 21 
Sentimental im guten Sinne, gefällig vorgetragen, werben 


I fie des Zwecks, angenehm und dem Gefühl wohlthuend & um 


terhalten, ſchwerlich verfeblen. 





Notiz. 


In Boucher's „Glossary of archaic and provinciel 
words”, erfter Theil, finten fi unter bem Buchſtaben A au) ſob⸗ 
gende Erläuterungen. A, mit den lateiniſchen Worten por se verbune 
den, wird von einigen unferer alten Dichter zur Bezeidhnung ei⸗ 
ner Perfon von außerordentlihen Vorzügen, die ihres Gleichen 
nicht hat, gebraucht. ' 

In feith, my sweet honeycomb, II! lore thee, 4 per sea. 

.. (Wüy Beguild.) 
That is the 4 ver se of all, the oream of all. , 
(Blurt Master Constable, 1608.) 

Es ift ſchwer zu entſcheiden, ob biefe eigenthümliche Redentart 
von jenen Aufbewahrerinnen alten Brauchs und alter Bitte, 
den Dorfſchullehrerinnen, hertuͤhrt; bekannt iſt jeboch, daß den 
Kindern als Anfangsgrund alles Willens eingepraͤgt wird a by 
itself a ; ebenfo wird das für „unb‘' gebräuchliche Schriftzeichen : de, 
noch immer and per se and genannt, Zeltere Autoritäten fuͤr 
diefe Redensart fehlen übrigens nicht. In der Offenbarung Jos 
hannis heißt es 1, 8: „Ich bin das Arc.” Martial in den Epigr. 
II, 57 u. 27, nennt Kodrus das Alpha paenulatorum, grabe 
wie wir fagen: König der Bettler. " Mit Gluͤck braudt Gawin 
Douglas diefen Buchftaben im Vorworte zur Ueberfegung Vir⸗ 
gil's, den er darin A per se nennt. Wahrſcheinlich veranlaßte 
bie Stellung des A an ber Gpige des Alphabet zu feinem 
Gebrauche als Wild des Außgezeichneten. Ghaucer 3. B. fagt 
im Anfange von „Troilus und Kreffida‘‘, feine Helbin befchreibend : 
„Grade wie unfer erſter Buchſtabe jept ein A ift, fo war fie an 


| Schönheit die Erſte.“ Witunter wird die Redensart auch ohne 


A gebraucht, wie bei Shakſpeare in „Troilus und Kreffida”, 1, 


They say he is a very man, per se . 








Blätter 


für 


Literarifohe Unterhaltung. 





Lubwig Tied. 

Dee Correſpondent eines unferer politiſchen Zeitun⸗ 
gen meinte zwar neulich, darin etwas Neues aus 
Frankreich gehört zu haben, daß unfer Dichter Lud⸗ 
wig Ziel fo hoch wie unſere größten Maͤnner Goͤthe 
und Schiller zu verehren ſei. Wir halten aber daflır, 
daß dies ſchon Lange bei allen Gelehrten und Nichtges 
lehrten eine einverflandene Sache war. 

Wenn wie nun gegenwärtig durch vielfältige Stim⸗ 
wen deB Auslandes Kenntniß erlangen, daß Tieck's vas 
terkänbifcher hoher Ruhm und Einfluß europäifch zu wer: 
dern beginnt, wenn fogar bie büflere Dede Rußlands fich 
durch Ueberſetzung ber in England feit 1825 ſchon bes 
kannt gewordenen Novellen erleuchten will, fo überrafchen 
uns Unbefangene derlei laͤngſt vorhergefehene Erfcheinuns 
gen keineswegs. "Wohl aber vernehmen wir mit Vergnuͤ⸗ 
gen, baß das unruhige, in ſich zerfallene Frankreich eher 
ats wir hoffen durften danach firebt, Tieck's milden, ers 
habenen Genius zu verfichen und von feinem lebendigen 
Worte Heil und Nutzen zu ziehen. Es veranlaßt uns 
zu dieſer Mittheilung zunaͤchſt ein in der „Revue de Pa- 
zis” (Bd. 43) enthaltener, Tieck betreffender Artikel, deſſen 
Verf., Herr Amedee Prevoft in Genf, vor der Hand 
weit einer Geſchichte der deutſchen Philoſophie befchäftigt, 
Demnähft ein Werk Über die deutſche Literatur im 19. 
Sahehunbert. beabfichtigt. 

Der angenfcheinlih aus dem Beduͤrfniß nach edlerer 
Poeſie als ber neueſten franzöfifchen hervorgegangene Aufs 
fag, dem andere über deutſche Romanfchreiber und Dich⸗ 
ter in der „Hevue” folgen werben, hebt mit der Bemer⸗ 
kung an, daß man in Frankreich die letztern Jahre her 
ſehr falfch Über deutſche Literatur geurtheilt habe, indem 
won des Glaubens geweſen ſei, fie durch Goͤthe perfoni: 
ficirt und alfo mit defien Tode erlöfchen zu ſehen. Als 
Beweis dieſes Irrthums nenmt Here Prevoft Tieck, von 
dem die mit unferm Sahrhundert in Deutfchland einge: 
tretene literariſche Unwaͤlzung, bie Ihm einen ber erften 
Diige neben den größten Namen feiner Zeit .fichere, zum 
Theil ausgegangen fe. Er fchlldert in ber Kürze bie 
verichiebenen Epochen unferer Literatur nach Goͤthe's Ge: 
durt, von ber am ſich doch eigentlich; unfere neue Beits 
tedmmng datirt, Mepflod’s, Wieland's, Voß's und ihrer 


tus, eine Religion. 
ſiasmus, der Allem, was in dieſer Welt Großes gethan 
werde, zu Grunde liege, habe bei allen damaligen Schrifte 
fiellern das Verlangen nach Ruhm verdrängt. Man habe 
die Kunſt, für deren inniges Gefühl doch nur eine Heine 
Anzahl fähig fei, Allen zugänglich zu machen und zum 
gemeinen Zeitvertreib der Menge berabzuwhrbigen ſich 

beftrebt. 

Hierauf werden Leſſing's tieffinnige Anregungen, Goͤ⸗ 
the's begeifternde Jugendſchriften und, nach Kotzebue's und 
Iffland's ſchaͤdlichen Einfläffen, Tied’s und der fogenanns 
ten xomantifhen Schule wohlthätige Beſtrebungen er⸗ 
wähnt. Bon den Philofophen und Schelling zunaͤchſt 
geht der Berichteritatter, immer fluͤchtig und nicht immer 
richtig — der Manier der Franzofen allerdings gemäß — 
zu Tieck's Schriften über. Bei Tied’s Liebe zu Dee 
Poeſie des deutſchen Mittelalters hätte er länger verweilen 
und feinen Landsleuten begreiflich zu machen fuchen follem, 
wie befonders Tieck's desfaltfige Studien bie ganze Bildung 
dee Deutfchen nach Göthe leiteten und eben Tieck's ins 
nige, daraus entwidelte Deutfchhelt Goͤthe'n den von ihm 
in fpätern Jahren felbſt aufgegebenen Kührerflab entwunden 
bat. Er verficht Übrigens Tieck nicht, wenn er in ihm 
eine Abneigung gegen das ciaffifche Alterthum gewahrt: 
Wir behaupten: Tieck würdigt bie Alten infofern mehe 
denn Göthe, ald er ihren reinen Begenfag in Shakſpeare 
vollftändiger als Goͤthe umfaßt. Wir führen Einiges 
aus jenem Auffage woͤrtlich an: 

Man kennt in Frankreich von Tieck nur einige Erzaͤhlun⸗ 
gen und Romane, und hat fi) gewöhnt, in feinen Werten Gels 
tenftüce zu den Hoffmann'ſchen zu fehen, indeß ihn Deutſch⸗ 
land feinem Gdthe und feinen größten Dichtern zur Geite ftellt. 
Zied’s Schauſpiele haben ein noch höheres Werdienft als feine 
Romane und halten die Parallele mit denen Soͤthe's und Schil⸗ 
ler's aus. Die beiden Dramen ‚„Dctavian‘ und „Genovefa“⸗ 
behaupten unter feinen Werfen den erſten Rang. Der Dichter 
verfuchte in ihnen die beiden Grundideen des Mittelalters auf 
einer. Seite bie Ritterlichkeit und Liebe, auf ber andern die Res: 
ligion zu verfinnlihen. In „Genovefa“ fehen wir die eheliche, 
durch die chriſtliche Neligion unterftägte Treue bie ſchwerſten 
Prüfungen beftehen und eine verbrecheriiche keidenſchaft in ber 
Geburt erftikt, im Octavian dagegen alle ritterlichen Gefühle 


— — — — — — — —⸗— — — — 


"wunderbarer M 


118 


bes Mittelalters mit poetiſcher Wahrheit autgemalt. Die Ei 
besgefänge ber Prinzeffin Marzebille kommen bem Schoͤnſten 
glei, was Shakſpeare und Schiller in dieſer Art geſchrieben 
haben. Die Zied’s emften Dramen eigenthümliche Färbung 
geichne auch feine komiſchen aus. Gr befehdet die ganze fran⸗ 
zönifche Schule des 18. Jahrhunderts und übertrifft an Kein» 
heit und. &chärfe feines Spottes bie gewandteſten Spoͤtter der 
Boltaire ſchen. „Prinz Zerbino! if in dieſem Genre fein Meiſter⸗ 

Der durch Tieck's Werke gebildete und vielleicht ein we⸗ 
nig parteliſche Kritiker Wolfgang Wenzel ſtellt ihn über Gd⸗ 
the und erkennt ihn für ben nationellſten Dichter Deutſchlands 
an, ber in ſich die glängendfien Eigenſchaften des Mittelalters 
und ber neuen Zeit vereinige. Nach unferer Meinung gibt Nie: 
mand beffer als Schlegel ben Unterſchied zwiſchen Goͤthe's unb 
Tieck's Talente an, indem Bi jenes, das Antike, plaftifch, dieſes 
dat Tieck hat in feinen Novellen allmälig jedes Genre ‚von ber 
moralifchen bis zur fpanifhen Erzählung oder zum hiftorifch: 
Sramatifgeh Romane Walter Scott'äs verfuht. Walter Scott's 


„größtes Verdienſt ift, den poetifhen Werth der Geſchichte all⸗ 


emein füblbar gemacht zu haben. Tieck, ber ſich früheshin nur 
gemein Ti und alter —— zu ſeinen — 
ungen: bediente, nahm bei einem feiner neuern ane 
—— in den Cevennen zur hiſtoriſchen Cinfaſſung. Wie 
gewandt er auch in ber Kunft ber Zeichnung und Ausmalung 
von Charakteren ift, fo übertrifft ihn ber Berfafler bes „Zvans 
hoe“ doch vielleicht in ber Kunft zw indioibwalificen, abgefehen 
bavon, daß Tieck in feinen Novellen als Dichter body über 
Walter Gtott zu ftehen kommt. Denn Zied’s Novellen ent 
halten nirgend die gemeinen und profaifchen Detaild,. mit denen 
der ſchottiſche Romanſchreiber feine beften Buͤcher entſtellt; fie 
othmen biefeibe Friſche und Jugendlichkeit wie alte feine andern 
tungen. 
en kann vielleicht Tieck ben Vorwurf machen, daß er 
ſich oft zu fehr in Entwidelung einer Scene ober eines Cha⸗ 
zalters auf Koften ber Handlung gefalle, die, um Intereffe ein« 
gufiößen, raſch fortfhreiten muß. Diefen Ginwand machen 
aber-eigentlich nur feine Dramen fühlbar, in weichen bem Gange 
ber Handlung bie auf der Bühne unerlaßliche erfinderiſche Ener⸗ 
ie faft niemals zur Seite flieht. Der die ſpaniſchen Theater⸗ 
de treffende Zabel ift auf fie anwendbar. Ergoͤſſe Igrifcher 
Doefie halten unaufpörlidy bie Handlung auf, ein glänzend por: 
riſch·muſikaliſches Colorit iſt den einzelnen Theilen Zierde, paras 
Infirt aber das Intereffe bes Ganzen. Man klagt Tied auch mit 
Brecht an, er bebiene fi) zu häufiger Allegorien. Bielleicht 
daß ibn fein Widerwille gegen alle hohle Abftraction und duͤrre 


Kormeln in biefer Hinſicht ein wenig zu weit geben ließ! 


Tieck hat in feinen verſchiedenen Dichtungsarten zahlreiche 
Nachahmer gehabt. Unter den Dichtern bezeidnen wir als 
ſolche Uhland und Menzel; unter den Romanfczeibern Arnim 
und La Motte Fouqués. Achim von Arnim, beffen Berluft 
Deutſchland betrauert, gibt fih in feinen Romanen ale 
Zied’s würbiger Schuͤler kund unb übertrifft den Meiſter faſt 
zuweilen in ber Malerei leidenſchaftlicher Gefuͤhle. Fouqus hat 
gwar einen größern Ruf als Arnim erlangt, ſteht aber an Ta⸗ 
Ient hinter ihm. Gr gibt und von ber mittelalterlihen Welt, 
bie Tieck fo vortrefflich fchilberte, faft niemals mehr als das Co⸗ 
flume, das er uͤberdies oft mit ganz modernen Karben Überzieht. 

Man kann in Zied’s Schriften vier Perioden nady feinen 


. verfchiedenen Lebensabfchnitten fehen. In feinen erfien Roma⸗ 


nen kaͤmpft er offenbar mit ber Entmuthigung, ber faſt ein 
jeber Künftler beim Beginnen feiner Laufbahn unterliegt; er 
fpricht fie im „Lovell“ befonbers durch bittere Klagen gegen bie 
Menſchen aus. In feiner zweiten Periode unternimmt Tieck 
den Krieg gegen den ſchlechten Geſchmack feiner Zeit, verſpot⸗ 
tet fie mit beißender Ironie und uͤderſprudelnder Heiterkeit. In 
ber dritten entfchleiert ſich eine noch Lebendigere und echtere 
Poeſie, die keinen andern Zweck als ſich felber hat, wie wir 
aus dem „Octavian“ und ber „Benovefa” exfehen. In der vier 


ven Perlode feines Lebens aber Hat Tieck, beffen Beil nun zum 
Praktiſchen überging, fi von ber vorzugsweife fo genannten 
Poeſie moralifhen Graählungen und aͤſthetiſch⸗hiſtoriſchen Stu⸗ 
bien zugewandt. Einige beutfche Krititer haben biefen Ueber⸗ 
gang für eine Abnahme feines Talents erklärt. Dan verkennt 
aber in feinen Ieptern Werfen durchaus nicht biefelbe Friſche 
der Ginbispungskraft, benfeiben Grfindungsgeiß dee fräbern. 
Tieck erhob mehr als Bine Dichtungsart zur Poefie, die ihrer 
Natur nothwenbigerweife nach der Profa anzugehören ſchien. 
Bon den zahlreihen Schriften Tieck's wurden nur drei bid⸗ 
ber in das Franzdſiſche Überfent: „Steenbald‘‘, „Der geftiefelte 
Kater’' und bie erfie Abtheilung von „„Dichterleben”. Sie machten 
nicht fo viel Gluͤck, als ihnen ber Ruhm bed Dichters zu verfprechen 
fhien. Worin liegt ber Grund? „Der geftiefelte Kater” if 
eine gegen Berfchiedene gerichtete Satire, wie z. B. gegen Iff⸗ 
land, der als Schriftfteller und Schauſpieler einige Jahre des 
beutfchen Publicums Kiebling war. Unter allen Werken Tieck's hat es 
unftreitig den individuellen unb localften Zweck. Es bleibt uns 
ein Vorbild zu Parodien und fatirifchen Komoͤdien; bie in ihm 
enthaltenen Anfpielungen müffen uns aber unverftänblich fein. 
„Sternbald“ gehört nicht Tieck ausfchließlih an (2). Am 
erften Bande hat auch Wackenroder Theil. Es iſt ein von beis 
den Freunden zur Werbreitung ihrer -Kunfttheorie gedichteter 
öftpetifcher Roman. Es kam ihnen Hauptfädlih auf Zuräde 
führung der Kunft zu ber altdeutfchen Weife an, fowie auf big 
Veredlung des täglih mehr einreißenden falfchen Befhmads 
in der Malerei. In Erfindung und Styl ihres Romans ahmen 
beide Autoren „Wilhelm Meiſter“ nach und hemmen durch dies 
Beſtreben ihr Talent. Ihrer Abſicht nach konnte es übrigens 
nicht anders kommen, als daß ber Eritifhe und abhande 
Theil ihres Buches den romantifchen und poetiſchen uͤberwog. (? 
Das „Dichterleven” darf man nicht für einen Roman ane 
feben. Es ift eine Studienzeichnung von Shaffpeare’s Charak⸗ 
ter, bie Frucht langer, über. ben britifcdden Dichter angeftelltem 
Nachforſchungen und Betrachtungen, bie Tieck auf feiner vor 
mebren Jahren nah England unternommenen Reiſe vervolls 
fommnete. Dan hat Tieck vorgeworfen, er habe Shakſpeare philo⸗ 
ſophiſche Reden und Anfichten in ben Wund gelegt, die mit den über 
den Dichter und feine Denkweiſe gefaßten unvertraͤglich find. 
Wir finden aber grade darin einen Beweis des Tiecck bezeich⸗ 
nenben tiefen Forſchungegeiſtes und der Weisheit, mit ber eg 
feine Charaktere entwirft. Nichts kann gewiß wahrer als bie 
rinciplen fein, wonad er hier ben Charakter Shakſpeare's 
aufgefaßt bat, denen zufolge Urtheil, gefunde Bernunft und ein 
Horaziſches Bapere beö poetifchen Genius nothwendige Beglei⸗ 


ee find. 

—* Prevoft ſchlleßt mit dem Verſprechen, naͤchſtens 
der „Bevue” eine biographiſche Motiz uͤber Tieck, ſo⸗ 
wie eine ausführliche Ueberſicht ber Tieck ſchen Schriften 
zu geben, und legt eine Weberfegung von „Liebeszauber” 
vor, bie wir als eine verflümmelte leider fehr mislungen 
nennen müflen. 

Wenn man e8 bei bem jegt in Frankreich vorherrſchen⸗ 
den poetifhen Geſchmack natürlich findet, daß der Uebere 
fegee grade diefe, allerdings ihrer Kürze nach dazu geeignete 
Erzählung’ zur Probe gewählt, fo fcheint ums derſelbe, 
nad) feiner Ueberfegung felbft zu fchließen, keineswegs vor 
der poetifhen Entartung feiner Landsleute frei zu fen. 
Sonderbar genug, daß er den „Kiebeszauber” mit beng 
Lobe Amadeus Hoffmann's empfiehlt, befien Schrifters 
erft duch Tieck's Dichtungen und beren Aufnahme tz 
ein krankhaftes Gemuͤth entflanden find! Was bei Tieck 
als wunderbares Märchen, als phantaftifcher Traum vor⸗ 
uͤberſchwebt, ſtellt fi wenigfiens häufig bei Hoffmanız 
ald widerwärtige, nadte Wirklichkeit vor uns hin. Tied’s 





u 416 


MAllſde laͤßt immer noch in dern , Liebetzauber“ bie Moͤg⸗ 
Uchkeit durchſehen, daß ber Kindermord nur ein wahnſin⸗ 
niger Traum Emil's geweſen iſt, er erhält ums in einet 
fortwaͤhrenden hochpoetiſchen Exaltation, die keine weitern 
Bedenken zutäßt. Ueberſetzt man aber, wie Herr Prévoſt 
gethan hat; laͤßt man das zweite, Emil's Seelenzuſtand 
erklaͤrende Gediht ganz hinweg und zieht das eritere, 
nochwendig anbeutende in bürre Profa zufammen, fo wirft 
man das ganze Märchen allerdings fo weit wie. möglich) 
in bie Kategorie Hoffmann'ſcher Phantafien hinab. 

Eine andere Frage iſt es freilich: Iſt die franzoͤſiſche 
Sprache zu einer guten Ueberſetzung Tieck's geeignet? Ihre 
Entffeidung bleibt, wie billig, der’ Erfahrung anheim ges 
fett. Eine erfreuliche Erfcheinung iſt es immer, wenn 
einzelnen Sranzofen die Ahnung Goͤthe'ſcher oder Tieck'⸗ 
ſcher Größe moͤglich wird. Daß den Franzofen das „Dich 
terfeben” fo Lange merfaßlih fein muß, als es ihnen 
Shakfpeare ſelber ift, verſteht ſich von ſelbſt. „Der gefties 

Kater” und „Steenbald“, wie man fie ihnen mag in 
Ueberfegungen geboten haben, Tonnten ihnen noch weniger 
zugänglich fein. Der Berfuch, fie mit Tieck zu befreun- 
ben, gelang alfo nicht vollſtaͤndig aus Ungefhid, „Petrus 
Apom”, „Die Reifenden”, „Der Alte vom Berge”, „Der 
griechiſche Kaiſer“, „Der Herenfabbath” würden ihnen Jeicht 
mäher zu bringen fein. Vor allen rathen wir aber zur 
Ueberfegung des „Aufruhts in den Gevennen”, wofern ſich 
ein franzöfifcher Ueberfeger zu dieſer echt deutſchen Dichters 
böhe erheben und das Original richtig Kbderliefern kann. 
Wieleiht bewöge den Dichter die geipannte Erwartung 
eimer zweiten Nation eher als die bringendften Bitten und 
Waäunſche feiner deutfchen Freunde zur Vollendung des 
großen Werts! Vom Ueberfeger. verlangte man fo lange 


zmausgefegtes Studium, bis er zu der Erkenntniß käme, 


Daß Tieck's Profa nicht etwa mie die Hoffmann’fihe vers 


dreht ober verkürzt zu werden verträgt. 
- Der Beſchluß folgt.) 





Nachrichten über ruffifche Literatur. 
Seitdem Sagoskin und Balgarin der ruffifhen Romanen- 
Yiteratur einen glüdlichen Impuls gegeben, mehren ſich die Er» 
geusuifle in Gattung. Neuerdings find wiederum folgen: 


De Romane erfhhienen: „Andrei Besimenny” (Andreas der Ras 


menloſe, eine alte Geſchichte) (Petersburg 1882). Es ift ein 
Moman mit einem hiftorifhen Hintergrunde, und zwar enthält 
dieſer Hier Scenen und Barflellungen aus ber Regierungszeit 
Peter I., in denen ber Kaifer felbft, Fuͤrſt Menſchikof und ans 
merkwuͤrdige Beitgenoffen auftreten. An dieſe Geſchichten 
zeihen ſich in einem andern neuen Romane: „Læonid ili tscherty‘’ 
ren oder Züge aus dem, Leben Napoleon’s) (Petersburg 

- 1832), Scenen aus dem Kriegsieben unlängft vergangener Zeit. 
Ein dritter Driginalroman mit einem biftorifchen Hintergrunde 
it: „Grafina Roslawlewa” (Die Gräfin Roslawlew, oder 

ie heibenmüthige Gattin, ein Hiftorifher Roman aus bem 
Kriegsjahre 1812) (2 Theile, Moskau 1832). Der Inhalt 
erzählt die aufopfernde Liebe: einer fchönen Gräfin, bie ihrem 
Wanne, einem tapfern Bufarenoffizier, in ben vaterlänbifchen 
” Krieg folgt, den Verwundeten pflegt, durch ihre Sorgfalt ret⸗ 
tet und gluͤcklich nah Haufe zurüdtringt. 
Buch viel Tapferkeit, Enthuſiasmus und Langweile zu finden. 
Erüher haben wir Gelegenheit gehabt, zu erwähnen, wie in 


r 


Es ift in dieſem 


mehren ruſſiſchen Romanen: hiſto | 
tung, bie Scene in — — 52— 





ride, sstheidhrdihen 
ung, bie ©: afifdge Gebirge, des Gchauvla⸗ 
eines vielfady bewegten Eebeng, gelegt: wird. Jett iſt in biefee 

rt ein neuer, Roman erfchienen, day -bagegen in den Schnech 
ebenen und auf den besisten Sera Kamtſchatkas porgeht.- Sein 
Zitel it: „„Kamtschadalka” (Die, Kamtſchadalin, ein Roman 
von 3. Kalaſchnikof) (Petersburg 1832), Darin. wird; erben 
andern Örtlihen Scenen, ein Nachtlager unter einem Schnee 
bügel befchrieben, welche Darftellung wir hier gum Beweis - 
überfegen, wie nüglich bie neuere Romantik, bie Walter Scott. 
mit feinem BZaubergriffel, wie mit. einem Zauberfiab and deu 
Feldern, Felſen und Geſchichten alles Länder hernorgerufen, fin 
eine anſchauliche Kenntniß entfernter Länder und Zeiten wird: 
Man ſtudirt Hiftorie, Geographie, Antiquitäten, Natiovalitaͤten 
auf die vergnüglichfie und bequemfie Weife. Doch sur Sache, 
nämlich gu unferm Samtfchabalifchen Roman. Gin deriftiicher 
Pfarrer dortiger Gegend ift mit feiner Nichte, feinem Kuͤſter, 
einem kamtſchadaliſchen Fuhrknecht und dazu gehörigen Hunden 
fpät Abends über Land unterwegs. Der ungefüge Kaͤſter hat 
feine Pelzhandſchuhe verldren und dadurch bie Fahrt verzögert. 
Der Kamtſchadale Lemſchinga wird aurücdgefchicdt, um fie auf⸗ 
zufuchen. Gr, ein lanbeölundiger Gingeborenee, warnt vor .nas 
bem Sturm, inbeffen will der Küfter feine Hanbſchuhe nicht 
einbüßen, auch nicht im MWWeiterfahren bie Hände erfrieren, ba 
jeder der Reiſenden nach Landesbrauch in einem befonbern, klei⸗ 
nen Schlitten figt und feine Hunde felbft lenkt. &o entftehen, 
indem ber Kamtfchabate wirklich wegfährt, um in ber unges 
heuern Wüfte ein paar Handſchuhe wiederzufinden,. aus Zieh 
nen Urfachen unendliche Folgen. Der Sturm übereilt die wan⸗ 
dernde GSeſellſchaft, veranlaßt das Webernachten an einer’ dden 
Seekuͤſte, die damit zufummenhängende Lebmöretturg eines 
Sehiffbruͤchigen und verwidelt ben. Roman. Wir mollen uns 
jebody, ohne weitere Auszüge aus hemfelben, nur beim gebadye 


J.ten Länder und Sitten malenden Rachtlager aufhalten: „Die 


Hunde vannten fort und ber ausgefandte Kamtſchabdale ſchlug 
mit der Schellenklapper dald auf bie linke, bald auf bie. rechte 
Schlittenkufe, je nad weldger Seite er bie Hunde zu vide 
ten hatte und rief von Zeit zu Zeit: Zah, kach! Hug, Hug. 
(vehts! Liofs!). Die Zurüdgebliebenen -warteten geduldig 
und e6 veeging eine Stunde, während welder das Wetter 
fih wirklich änderte Die Wolfen ſtürzten plöglih, eine 
die andere drängend, von Süden nad) Rorben, die Wogen 
des Meere rafeten zu ihrem ewigen Kampf gegen bie Yelfen 
empor, ber auf den Höhen ber Werge liegende Schnee, flatterte - 
hinab, das Herannahen des Sturmes verfündend. 6: fäumte 

auch nicht, im furchtbaren Pfeifen, Gekrach und Zofen daher⸗ 
fliegend, Himmel, Erde, Meer ineinander mengend. Schnea⸗ 
wirbel tobten furchtbar in bee Ebene und droheten bie ungluͤck⸗ 
lichen Reiſenden mit fich fortzureißen ober in Schneegrüften zu 
begraben. — „D gütige Borfehung”, feufste der Küfter, „dn 
hattet zu uns durch die Lippen bes ſchlechten Kamtſchadalen 
gerebet; ba haben wir nun den Sturm!” — „Sept ift nichts 
mehr zu thun”, erwiberte der Protopop, „als ben Muth nicht 
zu verlieren. Halten wir uns dicht zu einander; Gott im Him⸗ 
mel, welch ein Wirbein, bie Augen liegen mir voll’ Schnee, ich 
fe kaum mich ſelbſt! Marie halt deinen Schlitten zunaͤchſt am 
den meinen, Hier ift ja wohl die Anhöhe, von ber wir vorhin 
fpragen?” — „Ja“, antwortete ber Küfter. Die Reiſenden 
hielten num unter dem Schutz der Anhöhe, ftellten die Schlitten 
zufammen, widelten- fi) dann in ihre Pelze und legten ſich nes 
benelnanber in den Schnee. Zwar pflegen Reifende in ähnlichen 
Källen dann und wann Gezelte aus Zweigen und Straͤuchen zu 
verfertigen unb ſich darunter zu bergen, dies konnte aber bier 
nicht gefchehen, ba Fein Walb in der Nähe war. Kaum hatten 
fie ide Nachtlager gerüftet, ald das Gchneegeflöber fie ganz 
uͤberdeckte und auf ber weiten, weißen Oberflaͤche bes Landſtrichs 
blieb nicht bie geringfte Spur von Hunden, Schlitten, oder 
Menſchen. Inzwifchen fenkte fi) die Nacht herab und vollch» 
bete ein Raturgemälbe, das ſchwer mit ber Einbildungskraft zu 





418 






erfcffem/ OR wentger lebdaft und ins Sinyeine barzuftelen iſt. 
jener menfchenfeindlichen Gegenden waren bei: 
fammen, um das Herzblat unferer armen Reifenden gerinnen 
Bei der trüben, aber unburdbringlichen Dunkel 
beit der Racht, dem wilden Beulen des Sturmes, ber ganze 
Voltenladungen voll Schnee herbeitrieb, bei den Toben unb 
VDathen des Dcrans, ber das Pelfenufer in feinen Grundfeſten 
zu erfüttern fchien, mitten in der unermeßlichen, oͤden Wüfte, 
weren fie in Gchneegrüften lebendig begraben, in benen fie 
leicht ihr Leben beſchließen konnten, dem nicht felten erfrieren 
derin die Reifenden, wenn die Näffe ihre Kleider durchdringt. 
Melchee Vewohner gluͤcklicherer Erdſtriche fchautert nicht zuruͤck, 
wenn er ſich alle dieſe Schrecken lebhaft vorſtellt? Aber unſere 
Bteifenden waren an ſolche Ereigniſſe gewöhnt und fanden ihre 
Lage weder ſehr wiberwärtig, noch gefährlich. Indem fie im 
Wcnee eine Pleine Deffnung vor ſich hatten, welche burdy ben 
warmen Athemhauch entftand, lagen fie fehr ruhig unb wand⸗ 
ven fih nur von Beit zu Beit von der einen Seite auf bie ans 
dere, biefe Bewegung jedoch mit großer Vorſicht ausführend, 
am das Gchneegewölbe, das fich über ihnen gebilbet hatte, 
aicht zu zertruͤmmern.“ — In biefer Weile geht die kamtſchat⸗ 
kiſche Nacht gluͤcklich vorüber und in der Dämmerung bes Mor⸗ 
gene wedt der Pope feinen Küfter, um bei beruhigtem Sturme 
an das Weiterfahren zu benten. 
- Ber Veſchin folgt.) 





Suͤb⸗ und Nordlichter am Horkzonte fpeculativer Theolo⸗ 
gie. Fragment eines evangeliſchen Briefwechſels. Her⸗ 
ausgegeben von Anton Guͤnther. Wien, Mechltari⸗ 
flensGongregationsBuchh. 1832. Gr. 8. 1 Thir. 8 Gr. 


Schon mit dieſem Titel glauben wir unfern Leſern mehr 
als eine Unwahrheit geſagt zu haben; wir muͤſſen es aber aus 
gen Gründen bahingeftelit fein laffen, die Moftification, bie 

unterläuft, zu erklären, und halten es für unfer einzigeö 
Beſchaͤft, die Haupttendenz der Schrift anzugeben. Sie beſchaͤf⸗ 
tigt ſich keineswegs allein mit Theologie, fondern vielmehr da⸗ 
mit, wie die politifhe Stimmung ber Zeit mit der theologifchen 
im Zufammenhange ſtehe. Sie theilt Hiebe vechts und linke 
aus, erklaͤrt ſich gegen bie Congregation und eine lutheriſche 
Dogmatit, gegen Karl X. und die Srundfäge, bie feine Dyna⸗ 
fie des Throns verluftig erflärten. Doch laflen wir den Bes 
faffer, der fih am Schluß der VBorrebe „Weltpriefter‘ unter: 
geänet, feloft über die Veranlaſſung feiner Schrift fprechen und 
damit zugleih eine Probe feines Styls geben: „Der Verfaſſer 
vorkiegenden Fragurmts iſt einer gewiffen Claſſe von Lefern fei- 
mer bisherigen Schriften (e8 if bie Partei der abfoluten Nichts 
wir, fie mag nun Übrigens einen gefenften oder aufcechten 
Kopf im Schilde tragen) ſehr viel Dank ſchuldig. — Wine Hdf⸗ 
lichk eit fodert nun bie andere, und in diefer Beriehung hat der 
Verfaſſer die vorliegenden Verhandlungen über gewiſſe ſpecu⸗ 
lative Gegenftände chriſtlicher Theologie, wie ſolche 
"der Wochenmarkt des wiffenfchaftlichen Handels und Wandels ſoeben 
in den Audlegeläften zur Schau flellt (verſteht ſich: um bie 
Slicke der Kaufluſtigen von ben verlegenen Artikeln ber alten 
Geheimnißkroaͤmer auf fich zu ziehen), in ein Fragment aus einem 
edangeliſchen Briefwechfel eingelleidet, worin der eine der Cor: 
-refpondenten mehr als liberaler (sit venia verbo), ber anbere 
‚aber in biefer Borausfegung ganz natürlich (salva venia) mehr 
als ferviler, d. h. als pofitiver Theologe fich verlauten läßt und füch 
fo verlauten. laffen muß, wenn der Eine zu allen Geſten bes Andern 
nicht immer Sa, Ja! fagen will.“ Diefe beiden Gorrefponbenten 
find ein David b’Harlice, reformirter Paftor in St.⸗Juſt im Elſaß, 
und Shriftian Franke, pastor evangelicus in Neukeidenberg im 
Breisgau. Den Schluß der Schrift macht „Der Ablaßpfennig‘' als 
Anhang zu der Schrift von H. König: „Der Roſenkranz eines 


Kathotiten” (Frankfurt d. WE. 1889).. Wir glauben kaum, daß 

bed Verfaſſert Crpoſtutatienen großen Tindruck machen werben, ba 
feine Gpradee phontefifh gegiert, fein Humor Yemlidt Tdrote 
fälig, feine Darftellung unndthig breit und wortreich, felb® 
von Radhiäfiigkeiten nicht frei if. _&o, um nur Eines anzufühs 
ren, kommen S.'6 und 11 Wieberdötungen faft mit benfelben 
Worten vor, bie wir nicht dee Holle, welche dem Schreibenden 
zugetheilt wird, zurechnen wollen; denn eine allgu große formelle 
Natürlichkeit diefer Art müßte offenbar ben hoͤhern materiellen 
Zweck der Schrift zum voraus faft vernichten. Um ein Thema, ' 
wie das vorliegende, mit Grfolg zu behandeln, dazu gehörte ein 
Weſen, wie das des verewigten Tzſchirner, Tein wuͤrdevoller 
Graf, feine klare Ruhe, weicher energifche Lebendigkeit darum 
keineswegs fehlte . Aber von all Dieſem ift bei dem affer 
foum etwas zu verfpüren. 











Notißz. 


Celtiſche Sprache und Literatur. 

Ein wichtiges Werk über gaeliſche Literatur, von J. Reid, 
iſt unter dem Titel: „Bibliotheca acoto- oeltiea; er an ae- 
count of all the books which have been printed in the gar 
lic language; with bibliographical and biographical notices’’ 
im vorigen Sabre in Glasgow erfdienen. Nachdem ber 
Berf. eine flüdgtige Skizze ber verfchiebenen, nach feiner Ans 
fiht aus emer Quelle berfiatumenden Dialekte (des baskiſchen, 
niederbretagner, corumwallifer, wallifes, gaelifchen, iriſchen 
u. a.) und Proben von 84 Abarten berfelben gegeben hat, bes 
richtet er, daß gegenwärtig noch im den fchottifchen Hochlanden 
zwei fo verfchiedene Wundarten bes Gaelifchen gefprochen wer⸗ 
den, daß in vielen Faͤllen bie Bewohner fidy untereinander nicht 
verftändigen koͤnnen; nämlich die weit: und bie nordgaeliſche. 
Die Ältefte non beiden iR offenbar bie erfiere, in ber Grafſchaft 
Argyle und ben weftlien Hochlanden einheimifhe, und dem 
Iriſchen viel ähntichere, wie die andere, in der Grafſchaft In⸗ 
verneß und ben nördlichen Hochlanden uͤbliche Mundart. 

Das erfte, fo viel befannt, nur in zwei Gremplaren vorhan⸗ 
bene, gebrudte gaelifhe Buch, ift Biſchof Carſewell's Ueber 
fegung von John Knor’s Liturgie, welde 1567 in Edinburg 
erihien. Die 1631 ebendafelbfi herausgegebene Leberfegung von 
Calvin's Katechismus ausgenommen, ſcheint in einem Zeitraum 
son faſt 100 Jahren kein Werk in gaelifcher Sprache gedruckt 
worden zu fein. Das Erſcheinen von Macdonalv’s ‚„Gaelic vo- 
cabulary‘ gab ber bis dahin ganz auf Religionsbücher beſchraͤnk⸗ 
ten gaelifchen Literatur einen neum Impuls. Um Alerander 
Macdenaid’s 1751 herausgegebene Berichte riffen ſich bie Hoch⸗ 
länder, und arme Ortſchaften legten zufammen, um nur ein 
Exemplar derfelben anlaufen zu koͤnnen. Vermehrte Auflagen 
bavon erfchienen 1764 und 1802. Rod mehr Beförderung 
des Studiums und zur Srhaltung bes Gaelifhelt trug das Bes 
fanntwerden von Dfftan’s Gedichten (1760) bei; beibes ift gegen 
waͤrtig, durch die auf Dampfbooten und Landkutſchen in die Dodge 
fande dringende moderne Gultur, im raſchen Abnehmen begriffen. 

Bon einem hochländifchen Dichter, Alerander MWlachos 
nalb, dem Bohne bes Pfarrers von Moibarl, welcher gegen 
Ende des 16. Jahrhunderts geboren wurde, finden wir folgende 
Schilderung. „Von Yerfon war M. plump und daͤßlich, feine 
Gefihtsbildung gemein und "unregelmäßig. ein nachlaͤſſiger 
Anzug war gewöhnlich fehr ſchmuzig und fein Mund troff vom - 
Safte des Tabads, den er in Menge kaute. Auf dem Rüden 
liegend, des Winters im Bett, des Sommers im GSrafe, und 
bie Bruft mit einem großen Steine befchwert, überließ er fi 
feinen poetifchen Gingebungen, bie er in dieſer Rage vor ſich bins 
murmelte.“ — Es fieht zu erwarten, daß Befiger von Manu⸗ 
fcripten ober Büchern in gaelifher Sprache den Berf. in dem 
Stand fegen werben, fein Merk bei einer neuen Ausgabe gu 
veroollffänbigen. 8. 


Nebigirt unter Betantwortlichkeit der Werlägdhantlung: J. U. Broddans in Leipzig. 
ung] 


Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung. 





Dienſtag, 


29. Sanuar 1833. 





Ludwig TZied. 
(Beſchluß aus Nr. 28.) 


Man glaube nur ja nicht im Auslande, daß Wolf: 


gang Menzel, wie er ift, der Tieck ſchen Schule angehört. 


- As Dichter hat er’ bei uns wenig Erfolg gehabt und ift 


zuicht bekannt geworden. Als Kritiker bewies er in feinem 
Buche über die deutfche Literatur ungewöhnlichen Geiſt, und 
was er zu Tieck s Lobe fagte, Hang in dem Herzen der Na⸗ 
sion wieder. Wie lächerlich hat er fi aber mit der 
Zurückſetzung Görhe’s gemacht! Menzel bat Geift genug, 
einzufehen, daß er mit fo willkuͤrlicher Kritik nicht durchdringen 
wird. Seine Heberzerugung kann eine ſolche Anſicht über Goͤthe 
aut fein. Warum vernichtet er alfo muthwillig das Gute, 


das er gewirkt bat und wirken koͤnnte? Wenn Menzel von. 


Söthe nichts- Hält, wie mag er Tieck's Freund und Verehrer 
fein, deſſen Novellen meift von der Liebe zu Goͤthe durch⸗ 

und in eben dem Geiſte gefchrieben find, den 
Wenjzel an Göthe verkennt? Menzel ift nicht bedeutend 
genug, einen eignen Weg zu bahnen. Konnte man ihn 
jemals einen Schüler Tieck's nennen, fo riß er fi) body 
lange ſchon frevelhaft von dem Meifter los. Daß ber 
geniale Amim zu feiner kuͤnſtleriſchen Klarheit gelangte, 
iſt wol ein Verluſt; von jemaligem Webertreffen Tieck's 
wiſſen wir aus feinen Schriften nichts. Wir haben über: 
haupt bier nicht Raum und Zeit, in nähere Erörterungen 
und Berichtigungen ber Irrthuͤmer des Heim Proͤvoſt 
einzugehen. Nur noch die Bemerkung, daß deſſen fcharf: 
fihtige Erkenntniß „Sternbald's“ für eine Nachahmung 
„Wilhelm Meiſter's“ an Erfindung und Styl und etwas 
ganz Neuss war. Bon einem Bergleiche der claffifchen 
Werte Tleck's mit Walter Scott's geiſtreichen Improvi⸗ 
ſationen kann in der hoͤhern Kritik keine Rede ſein. Im 
hohen Style der Poeſie zeigen uns Tieck's Novellen im⸗ 
mer Individuen, unter denen der einſeitige Liebhaber auch 
derbe Erdenſoͤhne, fo gut Walter Scott nur einen ſchil⸗ 
derte, nicht mifjen wird. Zum Goftumier hingegen gibt 
fi) der große Dichter niemals her. 

Vielleicht fliehen bier einige Worte über Tieck nicht 
am unrechtn Orte, die wir ‚einem ungedrudten, einer 
jüngern Feder entfloffenen Auffage entiehnten, der uns 
oor Jahren zu Gefiht kam: 

Ziel if ber Repräfentant einer neuen Beit, deren Mor: 

fein vorwärts gerichteteß Antlig widerſtrahlt. @öthe 


iſt der Inbegriff bes vergangenen Zeitalters, wie es war, feine 
unſterblichen Werke ziehen alle in ihm liegenden Lehren daraus, 
figließen ed ab. Aus @öthe kann man allerwärts lernen, wie 
bie Alten nachzuahmen find, wie nicht, was ihe Studium uns 
war und ferner if. Goͤthe hat für immerdar bie europäifch- 
literarifhe Yrage, bewußt und unbewußt, verneint: ob unfere 
Poeſie ald Nachahmung der antiken eine lebendige fei? Tieck 
hat dagegen die andere Frage: ob die moderne, Shaklpeare'ſche 
Poeſie ald Gegenſatz zur antiken eine lebendige? zumeift in feis, 
nen Novellen für immerbar, praktiſch und bewußt, bejaht. Gr bat 
zum andern Male naͤchſt Shakſpeare bewieſen, baß bie moderne 
Poeſie unabhängig von der antiken ift. 


sterm ober geringerm Grabe burchgeben wird. Dier meldet 


„fich das aufquellende Talent, aber es Tennt ſich noch nicht, ber 


Dichter fühlt unſicher Hierhin und dorthin, des Stoff beherrſcht 
ihn, und er macht ſich endlich, was fchon im „Abballah”‘ vers 
ucht war, im „Lovel“ volle Luft, in weichem koͤſtlichen Buche 
diefe Periode cuiminirt. Die Erzählungen von 1796: „Siege 
mund“, „Der Fremde“, „Die Sreunde”, „Das Tagebuch”, bil⸗ 
den ben Uebergang in die zweite Periode, ber der bewußtvollen, 
glänzenden Jugendzeit. In ihr tritt eigentlich erft ber Dichter 
hervor, der mit Gewandtheit und Gluͤck ſich bes vorhandenen 
Stoffes bemächtigt, bie vergefienen herrlichen Zeichnungen ber 
Borzeit aus dem Staube zieht umb mit feined Gemuͤthes ſchim⸗ 
mernder Barbenpracht übermalt. Jugendlichen Uebermuthes, hands 
babt er die poetifhen alten Sagen, ermißt feines Iunern Reichs 
thum und Kraft, erkennt und beladht die Welt mit ihren Thor⸗ 
heiten, lebt in Gothe, Shakſpeare, Gervantes und ben Schaͤtzen 
bee Kunft und Poeſie vergangener Zeiten, bes beutfchen Mittels 
alters Öypige Dichtungen, Minneſinger unb Ribelungen ergrei« 
fen ihn. Diefe Periode hebt mir bem Drama „Blaubart” an, 
enthält alles Bedeutende, „Magelone“, „Kater, „Zerbino”, 
„Verkehrte Welt”, „Eckbert““, „Scart, „Genovefa“, „Rothe 
kaͤppchen“, „Dctavian’‘, „Runenberg‘‘, und endet 1802 mit bem 
„gortunat”, obgleich fie fpäter im „Daͤumchen“ wiederklingt. 
Cie culmtnirt offenbar im „Octavian“. In biefen Werfen ers. 
Scheint ber Dichter wie in gottbegeifterter Trunkenheit. Auf einer 
ſolchen Höhe it dem Keinen Alles rein, gibt es feinen Daß und 
keine Bitterkeit, bie durchaus nicht in Tieck's Satirn, wenn 
man fie fo nennen will, zu finden finds wer fich getroffen fühlt, 
mag dagegen fchreien wie er will. Wem genügte nicht diefer 
Gedichte voller, liebliher, wie Gilber wiberballender Zon! 
Bier erkannte ehedem ſchon in ihnen nur bie Bluͤte der fpätern 
ruht, ahnete, daß der männliche Dichter bereinft, neu vers 
jüngt wie der Phönix, aus biefer Afche ter Jugend ſich empors 
fhwingen werbe! Wer hätte vorher noch eine britte Periode 
der Ausbildung, wer die Novellen von Tieck verlangt! 

Die Grundlage, worauf Tieck bie Form feines Novelle ges 


, 118 


waren Boecaccie Gche als mußberhafte 

— allerdings. Gexvantes naͤchſt Shakſpeare und Go⸗ 
the wefentlichen Eiafluß auf Tieck gehabt. In Gexvantes ‚Don 
Duirote” iſt die höchfte Weihe der Kunft, die Ironie, am ausgebile 
detftens aber gegen bie Allfeitigkeit derſelben in Shakſpeare und 
in Tied’s Novellen kommt fie nicht emper. Zied hat ie wie Ghak⸗ 
fpeare auf das innigfte mit der Dichtung verfkhmielgen, ſodaß die 
Fronie dee Dichtung Gerle geworben if. Bon ber Ironie gu ſpre⸗ 
den hat noch Riemand außer Solger vermodit, nach bem „Brief 
woechfel”‘ zu fchliehen, von Zied's Freunden fuͤr ihn der bedeutendſte. 

Den ichen ebergang von Zied’s zweiter Jugendpe⸗ 
riode zu vr beine, gie 18 2 ee ee Ferro: — 
die Erzählungen „kiebeszauber“, „Sifen“ und „Pokal⸗ 
Pe beiden das frühere Gtairobfeue ſchon in das seinfle 
Gonnenlicht übergeht. 
WVon Tieck's Novellen find bereits durch einen Herm 
Hare „Die Gemälde”, „Die Verlobung”, „Der Alte vom 
Berge”, „Petrus Apone” und „Der Liebeszauber“ vor 
trefftich ins Engliſche überfegt. Aus der Einleitung in 
bie erſten beiden Novellen, die der Weberfeger ihnen vors 
drucken zu laffen für noͤthig fand, theilen wir einige Stel⸗ 
Im mit: 

Eine Erzaͤhlung ſoll niemals einer Vorrede oder Erlaͤute⸗ 
rung bedärfen. Die beſten Erzaͤhlungen find immer die volls« 
thümlichften, populairften im Höcflen Sinne bes Wortes und 
fprechen das unmittelbarfte Mitgefühl der lebenden Generation 
an, indem fie dad Grundelement unferer Ratur, das rein Meynſch⸗ 
liche, entwickeln, deſſen gefeufchafttiche Verknüpfungen dem Aus 
tor und efer gieich nahe liegen. Denn altdaun finb wir mit 
Anhalt und Zorm gleich vertraut, wenn fie abfldhtelos und von 
felbſt ineinander ſchinelzen, keines von beiben befonbers gepfiegt 
ober bem andern aufgeopfert wird. Aber ſelbſt, wenn es des 

ichters Beſtreben if, wie es denn oftmals feines hoben Beru⸗ 

3 hoͤchſte Aufgabe mit ſich bringt, das Wild der Vergang enheit 
in ihren indivibueliften Zügen wieder aufzuftellen,, bie verbliche⸗ 
nen Farben einer bebeutungsoollen, halbvergeſſenen Zeit wieder 
aufzufrifhen, die ſchwachen Töne einer verklingenden Tradition 
aufzufangen und wieber anzufchlagen, bie hiſtoriſche Grundlage 
mag in einer noch fo entfernten Periode, auf einem noch fo 
fremden Schauplate beruhen, muß die Erzaählung doch alles 

fobertiche in ſich faffen, um durch ſich ſelbſt gefühlt und ver- 

nden zu werben. Sie muß nidt nur volllommen unabhän 
gig von jeder formellen Ginleitung oder Grläuterung befiehen, 
fondern auch felbft der Hülfe jener Abſchweifungen und Be 
tradjtungen, umfländlichen Schüderungen unb breiten Beſchrei⸗ 
dungen entbehren Finnen, die in der That nur Worreden am 
unrechten Orte, in ben Text aufgenemmene Roten zu nennen 
find und mandmal fogar ben beften unferer modernen Somane 
"gerunftalten, ja bie von dem Dichter hervorgerufene Slluſion 
ganz zerftören, indem fie uns hinter feine magiſche Eaterne fuͤh⸗ 
ren und und das Mafchinenwefen feiner Kunft verrathen. Dies 
findet in ben meiſten Faͤllen auch auf leberfegungen folder 
Werke Anwendung. Es mag ſich jedoch zuweilen ereignm, daß 
eine dem Leſerkreiſe, für den ſie geſchrieben ward, volllommen 
verftändliche und kiare Erzählung einem andern Publicum dum⸗ 


Set erfcheinen ober ihm zu Misverfiändniffen Gelegenheit geben | 


Tann. Diefer You tritt meift bei Erzaͤhlungen ein, bie aus⸗ 
jchließlich der Zeit und bem Lande des Gchriftfellere angehören, 
wenn er vamlich nicht bloß bie menſchliche Ratur, im bie beſte⸗ 


eher Kormen ber @efellfchaft gekleidet, barzuftellen beabfichtigt, | 


onbdern den Geiſt und bie Richtung feiner Zeit, ihre Grund⸗ 
füge und Meinungen, ihre Weflrebungen und ihren Geſchmack 
gu feinem befondern Gegenſtande macht. In Werken biefer Art 
nimmt man wol manche Dinge für ausgemacht an, berührt 
manche obenhin, die der Fremde nur unvollſtaͤndig oder gar nicht 
gennt. Die ganze Darftelung kann einen einfeitigen Anbtid ges 
währen, indeß bie Gefslifhaft, ber fie arfpränglih zugedacht 


J 


33 88 
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Fr 
5* 


an Dinge, woraus fie entflanden und wovon fie mr 

€ Seiten ausftellen, ganz fremb iſt; e6 träten aber 
vielleicht bdeffenungeachtet ohne einige Bufäge unfererfeits nicht 
alte inpeinen in wol das Ganze in 


Theile voifed, ed träte 
ein fi Bit, oben if fear Pike Bedentung eitzo · 


Es folgt hierauf eine geiſtvolle Ueberſicht der allmaͤli⸗ 
gen Zuſtaͤnde Deutſchlands ſeit der Reformation und 


neuern literariſchen Wiederauflebung. Des Verf. ſetzt nichts 


bei ſeinen Leſern voraus und wird um ſo verſtaͤndlicher, 
weil er keinen Namen nennt Daß er Goͤthe's Namen 


nicht anführt, der faſt gleichbedeutend mit unferer ganzen. 


neuern Literatur geworden ift, möchten wir allein misbil⸗ 


gen. Man kann aber aus jener franzöfifchen und die⸗ 


fer englifchen Einteltung die ſelbſt zwiſchen den beſſern 
Köpfen beider Nationen gegenwärtig beftehende Kluft er⸗ 
ſehen, wobei denn der Vorzug der Ruhe und Tiefe niche 
wohl anders als unfen Stammverwandten zuzuerkennen 


it. Daſſelbe Refultat gewährt der Vergleich der beider⸗ 


feitigen- Ueberfegungen des „Liebeszauber“. 
Die Einleitung ſchildert mit richtigen und beflinmter 
Zügen bie erfichtlichfte Tendenz ber „Gemaͤlde“ und „Der: 
lobung“. Der Gegenfland letzterer Novelle gibt babei 
viele Berührungepunfte in England und die Erwähnung 
des vielleicht aiemals von dem englifhen Nationalcharak⸗ 
tee ganz zu verwiſchenden, den Kuͤnſten und ber Poefle 
fo nachtheiligen puritanifhen Kinfluffes an die Hand. 
Auf Tieck zuruͤckkommend, fagt der Weberfeger ſchließ⸗ 


the'n dargebrachten feiner Berchrung als etwas Großes, 
wahrhaft Raͤhrendes anfchen. In anderer Hinfit iſt dieſe 
@telle des Buches dem engliſchen Pefer ebenfo verſtaͤnblich als 
jede andere, denn auch bei uns man den kaum erfi bekann⸗ 
et ern. BT Bey te 
und n ' an. er bat feine 

tifdhe Aufgabe wit @eif und Caune bucdhgefähet und Ah in ber 


vor. Es tann ww Rs 
ch Denjenigen ia die Augen fällt, ne ber a 
ve 


— — 









Beth: fie intereffiren nicht nur hi 
einer mertwärbigen Zeit, fondern als wahrhaft 
ofitionen ihrer Art. Mir Tonnen nicht wohl 


unfere Literatur etwas Achnliches aufzuweiſen 5 
haben wol von zwei ober drei namhaften Dichtern proſai⸗ 
Dichtungen; bes PBauptunterfchieb zwiſchen ihnen beftcht 
nur in — Quantität. Unſere Novellen find nur längere 

en 


der —— Literatur findet man nicht 
Zied’fihen Novellen Gteichlommenbes, dba die Novellen 
Nationen zuweilen nur umfländiich erzählte Anekdoten 
Wir haben im von Ziel ihnen gegebenen Namen beibe 
‚ wiewol er nem Kerle von weniger als drei * 
—— —* Die Eigenth dieſer 
eht in ber — e* Zuſammendroͤngung aller 
in einen mögtichft kleinen Raum, ber ‚onen dennoch 
une Entwickelung geſtatten nk * — ı fogar ben 
Schriftſtellern in biefem — 
eſtimmten Raum entweder 8 —A— en oder nicht aus 
yufänen: fie a cn effe oft in einem unb dem⸗ 
Werl. Entweder rutfalten fie einige Beſtandtheile ganı 
wm gar nicht, oder dehnen anbere zu willlür e 
Die rechte Mitte it eben das größte Geheimniß, deſſen 84 
den Triumph der Kunſt ausmacht, und ſie verdient in die⸗ 
beiden Novellen, trot aller andern Schoͤnheiten, doch viel⸗ 
hödfte Bewunderung⸗ Die Mannichfaltigkeit und Ori⸗ 
gimalität der hier eingeführten Charaktere wuͤrde überall hoͤchſt 
naerkwärbig feins es erregt aber in diefen Merken befonderes 
Erſtaunen unb Ent 5 ſſe auf ſo kleinem Raume ſo frei ſich 
bewegen und fo völlig hervortreten zu ſehen. Es wären ihrer 
—* Ausßattung ebenſo vieler Novellen modernen Um⸗ 
Hätte der Dichter feiner Phantaſie auch geſtat⸗ 
Bituationen zu vervielfältigen und nene Jutriguen für 
Bine einzufiechten, es Hätte uns bie — 
* klarer und beſtimmter, nicht mit mehr Leben und 
Augen geſtellt. Sie find noch Feine Stunde in un⸗ 
ehe gehen, fo werben fie uns alte —— 
mehr von ihnen erfahren, laͤſen wir d 
—— ihres Lebens durch. 
Es war bei dieſer Vorrebe nicht beabſichtigt, des Dichters 
Berdienſte zu verfündigen. Wir haben fie fo ſchon gu unflatts 
Hofer Länge msögebehnt. Der Ueberſeter hätte fie lieber für 
ange — ag nichts beifügen, was er 
— —* u in ber That gluͤcklich, 
Veh er nit 
fertigen “ en 


au if, die Moralität dieſer Novellen recht⸗ 
kritiker, rc und klein, dafür, daß bie Moral ein weientlidyer 


4; 
ib 


| 
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Hut 


Ip 
— 








bei uns halten nicht nur die meiſten 
ber Dichelunft ſei. Es kommt baber 
Movellenſchreiber, ber ſich ihres Beifalls verſichern will, 
zu , entweder auf dem Jitel ober am Ende bie Art von Mora» 
nennen, ber fein Wert bulbigt. Die beflen beutichen 
— — haben ſeitſame Begriffe von dieſem Gegenſtand: 
eine Erzaͤhlung koͤnne von hohem Werthe ſein, wenn 
Moral auch nicht in einem Spruch ober einer Sentenz 
Fa akfonberr;. ja, flo ſchaͤten fie nur um fo mehr, xt fie 
nicht zu den didaktiſchen. — ehe f fo Bei zu ven, daß 
da lung Teine Moral haben . 





FR 


Befer, ſondern aud alle unfere Journals | 


Verfaſſers —55— und er ſich die 
fie 5 Kaiben. Gr haͤlt den Leſer nicht Länger pr Tom, 





| Geſell ab. 167. 





Nachrichten uͤber ruſſiſche Literatur. 
* ——* aus Nr. W.) 
n nemen Meberiegungen ins Stuffifche aus dem D 
it gu erwähnen: „Der 2. bruar” *8 Berner — 
— d. 3.5 „Die Abderiten“ von Wieland durch R. Was 
tafin. Aus dem Franzoͤſiſchen find mehre Romane von Balsar 
u. A. m. Überfegt. Desgleichen ift von S. Chaplet das „Leben- 


: Rapoleon’s" von Walter Scott dem ruffifchen Eefer olnelih 


gemadht werben. en diefe Berfion bet fi aber 
landefreund in einer eignen — mit —R8 ei 
„Tschuwstwowanija dolgoborodago etc.’ (Gefühle eines tang⸗ 


| bärtigen Bojaren beim Lefen des 7. Theils bes „Lebens Napoleon 


Bonaparte's' von Walter Scott, niebergefchrieben unter ben num 
zinnen bes Kremis, in einem: ber dreieckigen 
FJlammenlicht des brennenden Woslaus) (Moskau 1882). u 
biefem Buͤchelchan commentirt ber vaterlaͤndiſch geflumte Bojar 
bie WBeichreibung von Napoleon's Kriegszug nad) Moskau, 
berichtigt. die falfchen Darftellungen und tabelt zugleich den Ue⸗ 
berfeger, daB er folche Ungereimtheiten dem en keſer 
übergibt, dem beſſere Relationen zu Gebote ſtaͤnden. — Einzeine 
Gedichte berühmter Sänger, fowol beutfcher, franzöfifcher,, als. 
auch englifcher und fpaniicher, werben fortwährend in großer 
Anzahl und oft ſehr gluͤcklich Överfegt. Wir bemerken bad in 
diefer Art der „Zobtentang” von Goͤthe gar in Jakutek in Si⸗ 
birier (1090 beutfdge Meilen von Petersburg) von 3. Petrof 
überfegt ift und eins ber biesjährigen Blätter bee Zeitſchrift 
„Dee ruſſtſche Invalide“ ziert. 

Ebenfalls aus einer fibirifchen Stabt, Krataojartt (im Gu⸗ 
bernium Tomek, über 600 deutſche Meilen von Petersburg), 
it in die ebengenannte Zeitſchrift ein Gebicht — das 
der Berf., Namens Stepanof, an feinen  gaihte hat, 
der, Diiier bes ruſſiſchen 84, im polniſ eg ſchwer 
verwundet ward. Wir heben daraus einige en eu, als 
eine Stinme über bie Zeltereigniffe aus bem fernen Sibirien. 

Der wilde Kotbal”) ſchwoͤrt in eif'gen Wäldern 
Und ruft, ein Heide noch, den Bär sum Beugen. 
Gr Hält den Schwur; fo feſt teilt nicht 
Dem Ientfei ein Felſenriff entgegen, 

Als fell den Schwur der zauhe Wilde hält. 


Daß ſeb' ih Bier — Du aber ſahll, mein Sohn, 
Wie leicht der Pole feine Schwuͤre brach, 
Die Treue In die Weichſelwellen werfenb 
Und Waffen fchwingend, die vertraund ber Steger 
Dem flehenden Befiegten rädgegeben. 

Bom Euphrat eilt der Räder folgen Areubruchs, 
Doc ohne Rache, ein verzeihnder Ordner 
Der Zwietracht, die ſich feihft Thon woͤrgte; 
Der Blit wer da, er konnt' ihn fchleubern, 
GStatt deſſen warf die Milde ihren Strahl 


Anbeffen du an ſchoͤn errungnen Wunden 
Auf dem erkaͤmpften, biut'gen Sager liegt, 


*) Die Kolbalen find eine Boͤlderſchaſt ſamojediſcher Adtunft, die 
ei im ſajaniſchen Gebirge, in der Gegend von Arabnojarst, kber 
Selten des 


‚, OR des Sentfet 
KM. v. Brömfen, „Rüfs 
©. GB. 





in — — v. Jurten nomadiſtrt 
land, ein geographifche® Handbud‘ Menitn 119, & 





100 


Weit ih In Talmurs ſtarrem Eiögefilde . 
Und böre lieber bier die Stürme heulen, 
Am grimmen Froſt das is ieh krachend fpalten, 


Als ich die Kämpfe hörte eiteln Aberwigeb, 
Der Zungenberrfgaft nimmer rubnde Bebben, 
Den Riß des Spaltd, den irrer Lehren Schärfe 
In den granitnen Boden alter Sitte bobrte, 

. Dem Frieden unfrer Beit den Abgrund Öffnend ! 


An neuen poetifchen Probuctionen iſt außerdem zu erwaͤh⸗ 
nen: „Plennik” (Der Gefangene) von Rodiwanoweki (Petersburg 
1832). Bekanntlich hat A. Puſchkin eine poetiſche Erzählung: „Der 
Gefangene im Kaukafus‘‘, geſchrieben. Diefe Dichtung hat Bei⸗ 
fall und Rachahmung gefunden. Cine ſolche iR auch die Arbeit 
des Hrn. Rediwanowsli, des zwar nicht ein fo ausgezeichneter 
Dichter wie Puſchkin, aber dafür menſchenfreundlicher if als 
fein Vorgänger. Der Gefangene im Kaulafus flieht durch ben 
Beiftand einer ſchoͤnen Cirkaſſierin, die ihn liebt, aber nicht wie: 
der geliebt wird. Sie wirft ſich darüber aus Liebesgram in den 
Grenzfluß, über ben fie dem Geliebten geholfen, und ertrinkt. 
So tragif 
treuer Rachahmer Byron’s. Rodiwanowski ift freier unb weich⸗ 
herziger. Sein Gefangener (er wird es durch bie Tuͤrken) ents 
fommt mit Hülfe einer ſchoͤnen Griechin, aber er 

licht raſch mit ihr in feine ferne Heimat, 

Der Liede Schwingen find auch bie des Glaͤks — 
Und bier beflegelt feine treue Liebe 

Ein Bräut'gamdtus im Tempel des Erſtandnen! 


Zungen, verliebten Braͤuten muß Robimanoweli mehr gefallen 
als Puſchkin. — Ein anderer junger Dichter iſt mit einer 288 
Seiten ſtarken Sammlung feiner poetiſchen Beftrebungen aufges 
trefen: „Stichotworenija‘' (Gedichte von A. Polefhaief) (Mob: 
fau 1832). Es if darin, wie von jungen Dichten in allen 
Ländern und Sprachen zu erwarten, viel Geſtoͤhn über Liebes: 
unglüd, Enttaͤuſchung, Unzulänglichleit des Lebens und allers 
hand dergleichen Misgeſchick. 


Die rufjifhe Maͤrchenliteratur iſt mit einer neuen treffs 

lien Sammlung von Volksmaͤrchen bereichert worden. Man 
- Iamn in ben ruſſiſchen Volksmaͤrchen drei verſchiedene SKreife 
unterfcheiben, zu denen bie einzelnen Maͤrchen zu rechnen. Diele 
finds Der Sagenfreis des Kürken Wladimir und beffen Tafel⸗ 
runde, ober ber Alteftes fobann ber mittlere, ober der Kreis tas 
tarifcher Märchen, die wahrfcheinlich während ber zweihundertjaͤh⸗ 
rigen Zatarenberrfchaft ins Land eingewandert find, als z. B. 
das Maͤrchen von Jeruslan kazar's Sohn, dem Bohatyr Polkan 
u. a. m.; und endlich der jüngere, ober der Kreis abendlaͤndiſcher 
Märden, wie z. B. vom Zürftenfohn Bowa (dem Grafen Beaus 
vaiß), den fieben Simeonen (dem Haimonsföhnen) u. ſ. w. Dieſe 
legten Wärdyen mögen wol durch Polen und die ſprachverwand⸗ 
ten ruffifhen Länder dieſes Reiche in das eigentlihe Rußland 
gedrungen fein. Es verfteht ſich Übrigens, daß feitbem auch im 
Lande felbft im Volksmunde Maͤrchen entftanden, bie wahres 
Rationalprobuct find, fowie an allen überhaupt die Einkleidung 
und Srzählungsart national find, fogar an denen, die nachweis⸗ 
lich ausländifhen Urfprungs. Jetzt bat ein pfeudonymer Samm⸗ 


ler eine erſte Reihe ſolcher jänaften Volksmaͤrchen in ber Drud | 


gegeben und fidy durch treue Auffaffung der finnreichen, eigens 
thuͤmlichen Erzaͤhlungtart, wie fie im Volk üblich, verbient ges 
macht. Sein Bud Heißt: „Ruskija skaski ili 
(Ruffifhe Märchen, oder muͤndliche Bollsäberlieferungen in bürs 
gerlihe Schrift gebracht, dem Hausgebrauch anheimgefteilt unb 
mit mundgefügen Gprüchen audgeziert durch den Koſaken 
Wladimir Luganzfi) (Petersburg 1832). Als Motto iſt ber 
folgende Sprud vorangeftellt: „Im Ausland gibt es Pilze, 
aber nicht für unfern Korb.” Um eine Ueberfidht diefer Samm⸗ 


und graufam mußte vielleicht Puſchkin dichten als | 


predanija” | 








\ a geben, üßerfeten wir bie eigenthämlidgen Ueberſchelſter 
ver edar Grin I — 119 Bon dem jungen Ger⸗ 
geanten Iwan, einem wadern Burſchen, obſchon namenloſer 
Waife, ohne Stand und Werwanbtfdaftsbaend.” 2) „Won Schem⸗ 
jakin's Bericht, von feinem Schalten und Verwalten, einfimals 


„war's eine wahre Sach', jegt ein Maͤrchen zum Werkeltag.“ 8) 


„Bon ben Königsfdhnen Rochwolod und Mogutichen, und vom 
ihrem dritten Bruder, von ihren Thaten und Werten, vom neuen 
Fürftenthum und Regiment.” 4) „Reuigfeit:@eltenheit, ober «in 
Wunder bis jegt ungeſchehn und ungefehn.” 5) „Die Geſchichto. 
des bienfibaren Teufels, Sidors Polycarpi Sohn, zu Baſſer 
und Land, von feinem anfänglichen Misgeigid und endlichen 
Gluͤck, da er ein Schreiber wird.” Schwer würde es einem: 
Ueberfeher werden, diefe Maͤrchen in ihrer gangen Gigenthäme 
lichkeit wiederzugeben. Um Giniges daraus mitzutheilen bes 
ben wir folgende Wendungen aus, die die launige vollsthäms 


liche Erzaͤhlungſart charakteriſiren: „Er war unterwegs eine 


ganze Woche und einen Tag, weniger ſieben Tage, ober, wie 
Andere fprechen, Jahr und Tag, weniger ein ganzes Jahr, und 
als er ankam, legte er fidh auf den Bauch hin und deckte ſich 
mit dem Rüden zu. — „Die Nächte hindurch aß er nicht, unb 
die Tage hindurch ſchlief er nicht.” — „Solches wußte ich nicht 
und habe es vergeffen; mein Gedaͤchtniß iſt aber der Art, daß 
es Das, was ed nicht weiß, auch nicht behält.” — „Gr hatte 
die Blebenmeil: ober Gilftiefeln an, und Derjenige, fo in ſolchen 
geht, kommt fo ſchnell vom Fleck, daß, wenn er ſtillſteht, es 
doch von feinem Reiter eingeholt wird.” 4. 





Notizen aus China. 

Das „Canton Register‘ bemerkt gegen bie barmftäbtfdhe 
„Allgemeine Kirchenzeitung“, welche demnach fogar ihren Weg bis 
Ghina findet, folgendes: Sie habe eine Uederſicht ſaͤmmtlicher 
Religionen gegeben und unter die Wonotheiften fünf Millionen 
Anhänger des Sonfucius angefegt. Zu biefer befchränkten Zahl 
aber fei durchaus kein Grund, da bie ganze Bevoͤlkerung von 
beinahe 200 Millionen Gonfutianer fein wolle; ſodann auch 
tönnten diefe keineswegs Monotheiften heißen, da es eine unbe⸗ 
ftreitbare Thatſache fei, daß fie keine Perfon, fondern die ganze - 
Katur, den Himmel, die Geflirme, Untergeifer und Dämonen: 
verehrten, mithin nicht einmal von Theismus, geſchweige bemm 
von Monotheismus die Rebe fein könne. . 

. Daffelbe Blatt vom Jahre 1828 enthält mehre Züge, weis 
de für den moraliſchen Zuftanb des Reiches der Mitte immer: 
noch beiehrend fein kennen: Im Jannar wurden 41 Bubbhas 
prieftee nach Kanton eingebracht, weil biefe Moͤnche aus ihrem 
Kiofter im Schaukingdiſtricte Häufige Raub» und Worbanfätie 
auf die Reiſenden gemacht hatten. Sie jollten alle enthauptet,- 
ide Klofter aber bemolirt werben. Der Vräfibent ter Literaten, 
Koffein, in ter Provinz Kiangfi, hatte mit gelehrten Wuͤrden 
Unterfchleif gemadt und eine Wenge von Diplomen verlauft, 
obne ein Öffentliches Examen zu veranftalten. Die kaiſerlichen 
Sommiffarien fanden bei der Durchſuchung feines Hauſes eine 
bebeutende Summe Geldes, welche bei einem Gelehrten nicht 
vermutbet werben konnte; Fokſchin wurbe gefänglidh eingezogen, 
erbroffelte fich aber vor der Unterfuchung. Die Befängnifie in 
Shine find von zweierlei Art: ber reiche Gefangene Tann bie 
beften Zimmer, Gpiellarten, Diener und jeben Lurusastifel ers 
halten; es werben ihm bie Zeffeln abgenommen und bis zu dem 
Augenblide, wo die Runde umgeht, an bie Wand gehangen. 
Der Arme dagegen wirb fogar bafür gepeitſcht, daß ex kein 
Geld hat, um, wie der Ausbrud heißt, dem Gefängnißgotte ein 
Brandopfer zu kaufen; für einen ſolchen «IR ber ungefunbefte 
en üomugigfte Kerker, gewöhnlich Te yak, bie Pölle, grmaant, 

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Rebigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagähanblung: 3. A. Brochaus in Leipzig. 


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Literarifhe Unterhaltung 





ten Kunfi, nacgemiefen am König Dedipus bed Sos 


phokles von Karl Joh. Hoffmann. Berlin, 


Dehmigke. 1832. Gr. 8. 8 Gr. 

Wahrſcheinlich enthaͤlt dieſes Scheiftchen bie aͤſthetiſch⸗ 
&ritifhen Erſtlinge, welche ber. begabte Verf. dem Publi⸗ 
cum darbringt. Richtiger wuͤrde der Titel lauten: Be⸗ 
merkungen über die Grundidee des Sophokleiſchen „Königs 
Dedipus”, nebſt vorausgefhidten Reflexionen über bie 
Schidfalsidee in den Tragoͤdien ber Alten; denn bad Erſtere 
des obigen Ziteld hängt mit bem Zweiten nur fehr loder 
und nadläffig zufammen. Ueberhaupt nermißt der Refer die 
Sruͤndlichkeit und ben gebiegnen Zuſammenhang, worauf 
Die Behandlung ſolcher Gegenſtaͤnde, bie nicht zum erſten 


Male befprochen werben, vielmehr von ben ausgezeichnet⸗ 


fien Schriftſtellern ſchon öfters behandelt worden find, Ans 
ſpruch machen darf; auch fehlt es ber Darſtellung noch 
an Beſtimmtheit und dem Style an gehoͤriger Durchbil⸗ 


. dung. Deffenungeachtet enthält diefe Abhandlung manche 


intereffante Bemerkung, und da fie ber herrfchenden An: 
fücht entgegenzutreten beſtimmt ift, fo hält es Ref. nicht 
für zwecklos, die Hauptgedanken berfelben zu verfolgen. 
Ben dem Begriffe der alten (griechifchen) Philoſophie 
über die Kunſt gebt dee Verf. aus, behauptet die Leber: 
einflimmung des Plato und des Ariftoreles in Hinſicht 


dieſes Begriffs (jedoch ohne weitere Ausfuͤhrung oder Be⸗ 


lege), namentlich aber in Hinſicht auf die ethiſche Be⸗ 
flimmung, welche Beide der Kunſt gegeben haben. Hierauf 
geftügt, ‚behauptet her. Berf., daß „In der alten Kunft” 
(überall aber beichränkt ſich feine Unterfuhung nur auf 
die alte Tragödie) „von eigem Ringen gegen das 
ſchlechthin Heilige, gegen die legte und hoͤchſte, von jedem 
Zwiefpalt freie Einheit fich nichts finde”, und Diele Be⸗ 
hauptung fei kein Paradoron. Allerdings nicht; denn der 
Begriff des ſchlechthin Deitigen kommt in dem griechifchen 
Alterthume gar nicht vor, und Niemand hat unfers Wil: 
feus von einem ſolchen Ringen: mit dem abfolut Seillgen 
geipeochen. — „Die Schidfalsidee”, führt der Verf. fort, 
„war das Schlußdogma der alten Religion”, Hier fcheint 
ed nun ganz offenbar, als ob der Verf. die Schickſalsidee 
dem ſchlechthin Heiligen gleichfege; aber was berechtigt ihn 
dazu? „Es muß daher, heißt es weiter, „von felbft 
m allen Schoͤpfungen (doch wahrſcheinlich des alten 


tragifchen Kunft?) erfcheinen, nur bald ſchwaͤcher, bald 
ſtaͤrker“, und fomit alfo behauptet ber Verf. grade daB 
Vorhbandenfein des Schidfals in der griechiſchen Tra⸗ 
goͤdie. Nach einigen Bemerkungen über Ariftoteles, in 
denen Ref. keinen deutlichen Zufammenbhang mit ber Sache 
finden kann, wird fogar gefagt: „roril der Menſch fein 
befonderes Wollen durchſetzen will gegen eine höhere Macht, 
gebt er unter; weil er als Einzelnweſen nicht Alles wiſ⸗ 
fen, weil er als Individuum nicht Alles durchfegen kann”. 
Gleich darauf verwandelt fich die höhere Macht in „bie 
heiligen Mächte feines Bewußtfeine”, obne daß bemerkt 
wird, was unter dieſen zu verfichen fei, und es foll ber 
ewige Kampf des Individuellen gegen biefe Mächte fein, 
befien Löfung bie alten (tragifchen) Dichter auf verfchies 
bene Weile darzuitellen fuchten. Dom Schidfale komm⸗ 
auch nichts bei Ariſtoteles vor, über welchen man doch 
nicht hinausgehen dürfe; aus ihm lernten wir, daß nicht 
das Schickſal, welches in ben tragifhen Familien waltete, 
fonbern „das herzzerſchneidenbe, am meiften Mitleid und 
Bucht erregende Samilienleiden” die Urſache geweſen, warum 
die Dichter Ihre tragiſchen Stoffe aus den Heroenſagen 


-gewählt hätten. Es waͤre nun mol das Natürlichite ges 


seien, daß ber Verf., indem er als Beſtteiter der Schide 
falsidee in den Tragoͤdien der Alten aufteeten wollte, zus 
voͤrderſt dargeſtellt Hätte, was die bedeutendern Kunftrich 
tee unter der Schidfalsidee verfianden, und auf 


welche Weife fie ein Vorhandenſein berfelben in der 


antiken Xragödie behauptet haben. Davon aber nirgend 
eine Spur. Wenn aber bie befonnenen Kunftrichter nie 
mals behauptet haben, das Schickſal trete als abſtracte 
Idee in der Tragödie der Alten auf, vielmehr dem Verf. 
darin beiftimmen koͤnnen, „baß es in jeder griechiſchen 
Tragödie vorhanden ſei, aber nur weil die Kunft unwill⸗ 
kuͤrlich der Allmacht des Glaubens gehorcht“, fo begreifen 
wie nicht, gegen welche Gegner der Verf. eigentlich kaͤmpft. 
Daß übrigens Ariſtoteles der Schickſalsidee in der „Poe⸗ 
tik“ keine Erwähnung thut und nur, wie ſich der Verf. 
ausdrüdt, „von dem berzzerfchneidenden, am meiften Furcht 
und Mitleid erregenden Familienleiden“ redet, ſcheint nicht 
nothwendig darin feinen Grund haben zu müflen, daß 
„das Schickſal den religisfen Gehalt der Zeit bildete, für 
die ceflectirende Kunft aber ein Unmittelbares und 


noch nicht im Ihe denkendes Erkennen Übergegangen war”, 





422° 


denn zwiſchen der Kunſt und dem Kunftpbilofophen 
iſt Vo ein Unterfchied zu machen, und die Ariftotelifche 
Poetik“ koͤnnte hier um fo weniger als Beweis dafür gels 
ten, daß Ariſtoteles ‚jenen veligiöfen Gehalt noch nicht aufs 
gefaßt habe, wenn ja Der Verf. [soft von ihr annimmt, 
dad fie eine populaise Tendenz zeige, daß ferner „dee Arts 
ſtoteles Polemik in berfelben ſich keineswegs auf der wiſ⸗ 
ſenſchaftlichen Hoͤhe halte“, daß ihm die ſchoͤne Kunſt im 
Zufammenhange feines Syſtems höher ſtehen 
mußte, als fie in ber jetzigen „Poetik“ erſcheine, wo 
er nur von einem a, und gewöhnlichen Ges 
tspunkte ausgehe” (vgl. ©. 4). 

1“ FR uͤbergehen die hierher nicht gehörigen Bemerkun⸗ 
gen uͤber die Anwendung der Schickſalsidee auf die heu⸗ 
tige Tragoͤdie und die flüchtigen Andeutungen fiber dab 
Verhaͤltniß des Aeſchylus, Sophokles und Euripides ge⸗ 
geneinander („die zwei Seiten Gottes, bie beide dem 

oͤttlichen Moſes erfchienen, die eine als Segnung der 

rde, heil und mild, bie andere als deren Verwuͤſtung, 
dunkel und ſtreng u. f. w. — mit einander auszufähnen, 
oder dert Menfchen verftändlich zu machen, verfuchten diefe 
Dichter — nach S. 15 — auf verfchiebene Weiſe“); wir 
übergehen ferner auch die abgeriffenen Bemerkungen uͤber das 
Verfahren des Dichters, über das Werhälmiß der griechl⸗ 
fen Dichter zu Ihren Stoffen, über da6 Berhättniß der 
Idee zur dargeftellten Handlung, Über Veräußerung des in: 
Yividuellen Charakters des Dichters und feine Hauptent⸗ 


wickelungsperioden durch feine Werke (hierbei die Angabe : 


der Hauptmomente der Sopholteifhen Lebensanſicht) ib 
über ben Einfluß der politifchen Zeitumftände auf die dra⸗ 
“matifhen Werke der Alten (S. 28) und kommen nun 
zur Hauptſache. Der Verf. verſpricht auf dem Titel am 


„König Dedipus“ nachzumweifen, daß die Schidfaleidee in 


den Tragsdien dee Alten nicht vorhanden ſei. Abgeſehen 


von dem kuͤhnen lögifhen Sptunge, deffen er ſich durch 
eine ſolche Ankündigung offenbar fhuldig macht, indem 


‘er den Sophokleifhen „Oedipus“ flatt der ganzen alten 
Kunſt nimmt, fo war doch hier. wenigſtens zu erwarten, 
daß er fi über das eigentliche Beweisobject beſtimmter 
erklären würde, um fo mehr, da er ja oben felbft behaup⸗ 
tet hatte, die Schilfalsidee, als das Schlußdogma ber 
alten Religion fei auch im jeder griechiſchen Tragoͤdie vor⸗ 
“handen. Allein auch hier keine Erklaͤrung. Es Heißt 
'nue: „doc auch im „Dedipus Tyrannos“, der fo ganz anf 
die Schickſalsidee aufgebaut heine (woher denn dieſer 
Schein?), {ft e8 nicht der Sturz einer großen Kraft durch 


das Schickſal, den Sophokles aufzeigen will, fondern er 


will an dieſem Sturze ein Belonderes barftellen, und bie 
Idee, daß der Menſch nichts gegen das Scidfal ver: 
möge, liegt auch hier im religiöfen Gemüthe der Bett (?) 
und im Stoffe.” Nun, was wollen denn diejenigen Kunſt⸗ 
richter, welche ein Schickſal als Angelpunft der griechiſchen 
Tragoͤdie annehmen, mehr? Erklären fie nicht ebenfalls 
das Schickſal für ein Algemeines, welches alfo doch In 


der griechifchen Tragödie vorhanden, aber unſichtbar und. 


in concreto darin wirkſam iſt? 


Doch wir koͤnnen Das, warum der Verf. dieſe un⸗ 


terſuchung angeſtelt hat, auch ganz auf ſich beruhen laſ⸗ 
ſen und wenden uns nur zu der Grundidee, die er dem 
„König Oedipus“ unterlegt. Sie ſcheint ihm folgende zu 
fen: „Sötterwort [ei das ewig Wahre und als 
ein Uptrüdlichez Peine menfhlihe Weisheik 
koͤnne fichiüber das Deitige erheben, uud felb 

die hoͤchſte menſchliche Vernunft frei ohnded 

Segen der Sortheit nur unheilbringend.” Des 
Verf. Streben ift nun einzig dahin gerichtet, die wefent» 
lihen Momente jener Tragoͤdie aus dieſer Idee zu erklaͤ⸗ 


‚wen. - In biefer Auselnanderfegung ſcheint er feinen Haupt⸗ 


zweck ganz aus den Augen verloren zu haben. Wenigſtens 
kann Ref. nicht winfehen, inwiefern die von dem Verßſ. 
jener Tragödie beigelegte Grundidee und deren Auselnans 
derfegung mit dem Vorhandenſein des Schickſals in jener 
Tragödie fEreite. Auffallend iſt es jedoch dabei, daß der 
Berf. jenen Gag als Grundidee bes „Dedipus” (S. 30) 
mit fo zaghafter Beſcheidenheit aufftellt, da doch deſſen 
Auseinanderfegung grade die fo kuͤhn verſprochene Nach⸗ 
weiſung enthalten fol. Ließe fidy num zeigen, daß bee 
Verf. mit jenem Sage ben Sinn der Tragödie doch fehe 
einfeitig aufgefaßt, und daß er oft zu grumdlofen un) ges 
zwungenen Erklärungen bes Einzelnen feine Zuflucht genom⸗ 
men babe, fo wäre damit auch nachgeriefen, daß er fein 
Hauptziel durchaus verfehlt hat. ef. will Mes durch Hervor⸗ 


hebung der -wefentliägften Punkte in ber Kürze verſuchen. 


Fürs Erſte hat Hr: H. den Unglauben als bie 
Haupffeite des „Dedipus“ herausgehoben und behauptet, 
„mach biefer Tragoͤdie ſei der Glaube das Beſte“ (S. 32); 
Dedipus und Jokaſte feim zwar „nicht ganz ohne Glau⸗ 
ben‘, aber „Sophokles habe ihnen feinen wahrhaften Glau⸗ 
ben gegeben” (S. 31); das Vertrauen auf göttliche Welse 
heit fei bei Dedipus von vorn herein nicht vorhanden. Aber 
warum floh denn Dedipus feiner vermeinten Aeltern Haus, 


wie ec Jokaſte erjählt,. wenn nicht aus Schen vor dem 


Goͤtterſpruche? Der Berf. wird vielleicht entgegen, daß 
das Borheryegangene bei dem Drama nicht in Anlchlag 
fomme. Aber wie würden fragen: warum nicht, wenn 
ber Dichter es ſelbſt ben utzt "hat, von welchem doch nicht 
anzunehmen, daß er den Charakter in Widerſpruch mit 
fig felbft bilden werde? Doch wir brauchen uns gar 
nicht auf das Vothergegangene zu ſtuͤtzen; wir Wollen bei 
dee Handlung des Stuüͤcks ſtehen bleiben. Zuerſt wirft 
der Verf. dem Dedipus von feinem Standpunkte vor, daß 
diefer zwar Vieles verftändig überlegt habe; „darauf aber, 
die Götter um Math zu fragm, kam er doch nicht ſo⸗ 
gleich und zuerfl.” Wie aber kann der Verf. darin 
einen Mangel an. Göttervertrauen finden, daß Oedipus nicht 
im erften Augenblicke‘ der Det das Orakel befragt 
babe, zu weichem Mittel man ohnehin nicht fogleich grei= 
fen fonnte, wenn eine folcye Krankheit ausbrah und man 
ihre Wichtigkeit noch nicht beftimmen konnte. Die Worte 
des Dedipus:. 
Und ein Errettungsmittel, das ich ausgefpäht, 
Verſucht' ich endlih — (na X. Wagner's Ueberſehung) 

enthalten ohnehin Beine gmaue Zeit beſtimmung. Fer⸗ 


ner wird bemerkbar ‚gemacht, „daß Debipus und Jokaſte 


. 


Kreon an ihn gedacht 





BB 


He Sthuung ber 


Ermordung 
Jahre hindurch vernahläffige hatten.” Kreon 


ſelbſt fagt dem Dedipus vielmehe: bie naͤchſte Noth 


babe von der Nachforſchung fiber jene Toͤdtung des Lajus 


abgehalten. Es iſt daher nicht zu -verwundeen, daß Oedi⸗ 


pus, der — bie Zeit iſt unbe , wie lange — nad 


Diefer Toͤdtung nach heben kam, feine Verpflichtung zu 


einer feichen Suͤhnung erſt durch deu Orakelſpruch aner⸗ 
Tonne. Als Mangel an Retigiofität ferner wird es von 
dem Berf. angefehen, „Daß Dedipus ſich ſelbſt GB. 132 fg.) 
ſehr ſtark vertraue, daß er diefe® Werborgene, was bis 
fegt noch Keinem gelungen war, entbeden wolle ( S. 34); 
des Oedipus Worte aber, auf weiche der Verf. ſich hier 


bezieht, Haben nur den Sim: ich übernehme pflichtgemaͤß 


die mir aufgetragene Blutrache, und will Alles anwenden, 
die Unthat zu entdecken, wobei allerdings ein eigennuͤtzi⸗ 
ges Motiv, wie der Verf. bemerkt, mit wirkend iſt. — 
Weiter heißt es: „V. 151 wendet fi der Chor fromm 
an die Goͤtter“, aber V. 217 tritt Dedipus auf und 
meint, fie koͤnnten ſich durch eigne Kraft weit beffer bel 
fen. Auein we ficht dies gefhrieben? Dedipus fagt: 
Du flehſt, und was du fieheft, wink bu anders nur 
Bein Wort befolgen und im Weh behülftich fein, 
ECrreichſt du: Rettung imb der Moth Grleichterung. 
Died aber bezicht ſich auf die Bekanntmachung, welche 
er in dem Foigenden an daB ganze Volk erläßt. Hier iſt 
fo wenig die Rebe daven, daß man ohne Goͤtterbei⸗ 
Kand das Verborgene auch wohl entdecken würde, als im 
den diefem Chor vorhergehenden Verſen (147 fg): 
Wein iſt allein die Sorge. Denn mit Gottesmacht 
Sind wir gerettet, oder auch herabgeftürzt. 
As Mangel am Glauben wird es ferner auch angele- 
den, baf der Ehor den Dedipus auf ben ‚göttlichen Ges 
der (Tireſias) verweife, aber nicht Dedipus ſelbſt, ſondern 
babe. Aber bemerkt denn der Verf. 
wicht, daß dadırrch,. daß Kreon au Tireſias erinnert, dem 


er auch als Eingeborenem näher fland, der fpäterhin ent: 


ſtandene Argwohn des verbiendeten Dedipus motivirt 
worden iſt. Es fragt ſich nur, ob dieſes Mistrauen bei 
Oedipus urſpruͤnglich und aus irreligioͤſem Sinne hervorge⸗ 
gangen ·war, amd dafuͤt gibt es keine beweiſende Spur. 

(Der Seſchluß folgt.) . 





M. Joachiin Schluͤter, erfter evangeliſcher Prediger zu 
Ein Beitrag zur Reformiatlonsgeſchichte aus 
der Hiſtoria van der Lere, Levende und Dode M. Joa⸗ 
chim Sluͤter's, geſtellet und geordenet dorch Nicolaum 


Gryſen, zur Erneuerung des Andenkens an ben ver, 


300 Jahren geflorbenen Zeugen der Wahrheit, jest 
aufs Nene ‚herausgegeben mit Srläuterungen von. K. 
Sr. Ludmw. Arndt. Luͤbeck, Rohden. 1832. 8. 6 Gr. 


Kür bie Keformationsgefchicgte der eingelnen beutſchen Län: 
der forſcht und veröffentlicht man, was irgendwo fi Denkwaͤr⸗ 
biges findet. Gin Keichthum von Materialien erbrüds faft den 

und Berfaffer, welcher ihre Werarbeitung in ein Gan⸗ 
unternimmt. Auch das oben genannte kleine Buͤchlein von 
found Gryſe, Prediger zu Roſtock, in den Jahren 1674 — 
1614 abgefaßt und zu Roſtock 1695 in 4. erſchienen und vom 


ung bes Bates m. f. w. fange: 


und 


Arnbt . wieder ernenert, bereichert bie Meformationdgefi 


.Mecklenburgs. Ungeachtet ber in Klammern eingef@toffenee 


Wörter bleibt bas Buͤchlein in feinem plattdeutfchen Dialekt 
‚für Biele unlesbar, und der neue Derausgeber hätte wohlgerhan, 
eine Ueberfegung ins Hochdeutiche, beſſer noch eine freie Bears 
beitung beffelben zu geben. Wir verfucgen einen Eurzen Lebende 
abris Schluͤter's, wie er dem Geſchichtsfreund und Forſcher 
willkommen fein möchte, 

Schlüter, geboren um 1490 zu Doͤmit an ber Elbe im 
Mecklenburgiſchen, verlor früh feinen rechten Vater, einen Fuhr⸗ 
mann, Namens Kugner, und nahm ben Namen feines Gtiefs 
vaters Gchläter an. Gryſe nennt Schluͤter zwar einen Disci⸗ 
yel und Schuͤler Euther’s, aber ficherer ift das Zeugniß aus der 


| Univerfitätsmatritel zu Roſtock, in welde er 1518 infcribirt 


wurbe, wo fid von fpäterer Hand daneben gefchrieben findet: 
„Domiaus (naͤmlich Magifter oder Baccalaureus decretorum) 
Joschieus Siüter evangelium a Luthero instauratum ad St.- 
Betpum. hic Rostochii etc.” Gr lehrte, che er Prediger am 
der Peterötiche warb, in der Schule zu St.⸗Peter. Hier 
beftand feit 1419 eine Hochfchule und feit 1484 ein Domftift, 
deren Lehrer und Domperren dem Gindringen ber gereinigten 
Lehre mit aller ihrer Gewalt entgegenwaren, Schlüter verfolge 
ten und aus der Stadt vertrieben. Herzog Heinrich von Dede 
lenburg nahm fich feiner an und beflellte ibn 1526 zum Preble 
ger zu St.Peter. Gr hatte fo viele Zuhörer, daß fie bie Kirche 
nicht aufnehmen konnte und er unter einer Binde auf dem ges 
säumigern Kixchhofe predigen mußte. Die Moͤnche im Klofter 
St.⸗Johannis und Gt. Katharinen geriethen über bie (Geburt 
der Jungfrau Maria in Uneinigfeit und trugen, ohne daß fie 
26 beabfichtigten, bei recht vielen Bewohnern der Stadt zum 
Abfall vom Katholicismud bei. Schlüter, umgeben von Katho⸗ 
en, gerieth oft in Gefahr, von Moͤnchen und paͤpſtlichen Ans 
bängern vergiftet zu werden. Oft nahmen ihn die Römlinge 
gefangen, fhleppten ihn busch bie Straßen, aber bie Anhängte 
ber Reformation. entrigen ihn wieder ihren Bänden. Cr duls 


dete muthig, feiner guten Sache und bem eye feines Lane 


desheren vertrauend. Herzog Heinrich Fam ſelbſt nach Roſtock, 
uns foderte & auf, feine. Beinde und Gegner der zeinen 
Lehre zu nennen; er aber unterbrüdte jedes Gefühl von Radie 


“and nannse fie großmräthig nicht. Nach großem Kampfe . be6 


Lichts mit der Zinfterniß bahnte fich hie Lehre Euther’s den Sieg, 
und ſelbſt Moͤnche traten freiwillig aus ihren Flöfterlichen Ver⸗ 
hältniffen . und befannten fich für Luther. WBalenfinus Korte 
(Curtiuo), Franziskaner, wurde fogar 1528 lutherifcher Predi⸗ 
ger an der Kirche zum heil. Beil. Zum Aergerniß für_bie 
Katholiken verheirathete fih Schlüter 1528 mit Katharine Gigs 
bern (oder Belem, wie.eine andere Nachricht fie nennt), wahr⸗ 
fheinlih mit Willen und Bewilligung feines herzoglichen Bes 


iſchüters und wurde von dem Kapellan Grüwel in ber Peterds 


Eiche eingefegnet. Die Luthesaner im Kirchſpiele St.⸗Jakob 
wählten Barteldt gu ihrem Prediger. Ihrer waren in ber Pas 
rochie weniger al6 ber papiſtiſchen Anhänger. Es entitanden 
wegen biefer Wahl Unruhen. Der Magiftrat ließ die Stimmen 
der Kirchenglieder fammeln und ber Gewählte wurde nit ans 
gefteilt. Dagegen beriefen Rath und Buͤrgerſchaft 1530 Mate 


.thäus. Ehdeler (Aquila) zum Prediger an bie Kirche Unferer 


Heben Frauen. Diefer verwaltete fein Amt mit gsoßem Gegen 


-und. viele Katholiken traten über. Doch warb in feiner und 


andern Kirchen der Stadt immer noch Meſſe gelefen und ges 


-Rattet, um Aufrupe zu vermeiden. Am Ende bes Jahres 1530 


verſuchte der Rath ‚die lutheriſchen und katholiſchen Geiſtlichen 
zu vereinigen und bewog fle zur Unterſchrift einiger bie Ruhe 

ben Frieden der Stadt beswedenden Artikel, Zugleich 
weirbe bier der, Grund zu einer Kirchenorbnung gelegt. Bon 
beiden @eiten mußten "darüber die Erklärungen abgegeben wers 
dm. Gchläter that es im Namen der lutheriſchen Prediger in 
einer befonders gedruckten Schrift: „ine korte und grünbds 
tike Bericht der Geremonien beö Olden und Nyen Teſtamentes 
mit wehrhaftiger Antöginge bes rechten und falſchen Gebrukes 


PL} 


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"Des Heren Nachtmals, der Döpe, Miſſe, Bigtilen v. ſ. .“ 3 


Dee Rath, vernahm darüber auch die Katholiken und befahl 
nun, daß man bie eingefegten lutheriſchen Prediger in ihren 
Kirchen ihr Amt verwalten Laffen folle, weil ihre Yrebigten 
and Sacramente nicht mit dem Evangelio flritten; wärben aber 
(die. Katholiken) nicht folgen, fo wollten der Rath und bie Bär 
gerſchaft ihnen etwas Anderes fehen Laffen, als fie gehofft hät: 
ten. Die unter den neuen Predigern entſtandene Uncinigkeit 
über die Beibehaltung der Privatbeichte bämpfte ein von Luther 
und Melanchthon eingeholtes Gutachten, welches Ginigkeit em» 
pfiehle und Dem, weldyer Unfrieden fliftet, aus der Stadt zu 
geben gebietet. Auch beutfche Pſalmen führte Schlüter nad 
Luther’d Vorgang in bie Kirchen ein. Die Reformation machte 
zecht glückliche Vorſchritte. Die Kirchengüter wurben vom Lan⸗ 
desheren den Kirchen zuerkannt und gelaffen. Herzog Albrecht 
ſchuͤgte fle dabei und ging in alle die. Reformation förbernde 
Ginrihtungen des Magiftrats ein. Ueber das herrliche Gedei⸗ 
den feines begonnenen Werkes war S. hoch erfreuet. Gern 


hätte er ben Segen feines Werkes vermehrt und länger genoſſen. 


"Aber er flarb bald an Gift. Auf Anftiften eines pepikithen 
Papen, Namens H. Joachim Nyebur, wurde 1582 ein Vuchbin⸗ 
der, welcher S.'s ganzes Vertrauen genoß, gewonnen, ihn in 
einem Tranke, ben berfelbe ihm nady einem —— reichte, zu 
vergiften. Das Gift wirkte langſam, und er kaͤmpfte lange mit 
dem Tode, der ihn nach furchtbarer Qual am 19. Mai ben 
Lebensfaben zerriß. Nah feinem Tode trat an feine Gtelle 
Joachim Schröder, ein ebenfo gelehrter als berufseifriger Wann, 
der viele deutfche Lieder dichtete. Die Nonnen: und Moͤnchs⸗ 
kloͤſter wurden aufgehoben und in Schulen verwantelt. Das 
Verbot, außerhatb ber Stadt Mefle zu hören, bei 10 Gulden, 
vollendete bie Reformation. 
Was Luther that für feine Stadt, that Schluͤter für RKo⸗ 
ſtock. Die Einfihten und perfänlichen Tugenden des Wanhes 
‚zeihen ibn ben Neformatoren an. Fuͤr die Anmerkungen, 
ie meiſt biographifch und literariſch find, verdient ber ‚Heraus: 
geber Dank, ⸗ 19. 


- 





‚Anatomifche Leiden. Novelle von GC. Herloßfohn.. 
v Leipzig, Brüggemann. 1833. 12. 1 Thlr. 
Gin zeicher Banquier, Schreiber, will nicht zugeben, daß 
feine in den Gomtoirbiener Walther verliebte Tochter Julie dies 
‚fen heiratde. Es gefchiegt aber dennoch, worüber ‘der Bater 
außer fich geräth und die Tochter verfiößt und entexbt. . Diefe 
‚wird dadurch mit ihrem Gatten und Kinde im eine elende Lage 
verfeät, endlich aber der verarmte Water felbft, ber ‚nach bem 
Bankrotte feines Haufes immer tiefer finkt, fi dem Trunke 
‚ergibt und Lohnbebienter im Gafthofe zur Stadt Warſchau 
wird, NB. das Städ fpielt in Leipzig, und mehre dort ber 
kannte Namen kommen mit einer leichten Veränderung in ber 
Novelle vor. In jenem Gafthofe nun, wo fi häufig bei Hrn. 
Gaftwirth Buſchmann (der auch fehr angenehm auf dem Forte: 
piano phantafict) der Profeffor der Anatomie, Bord, ein juns 
ger intereffanter Schriftfteller, Berold, und ein aus Rußland ge: 
kommener, möpftifch » pietiftifcher, angeblidher Gollegienrath v. 
Reichmann Abends zufammenfinden, auch Schreiber fid, gubrängt, 
erzähit einft der Profeffor feine Abenteuer, die ex als resurres- 
tioa- man aus Liebe zur Wiſſenſchaft befanden, unb fo wird 
denn im Gefpräd, über die Anatomie und beim Feuer des Pun⸗ 
ſches Schreiber veranlaßt, fein Gabaver für 20 Thaler bem 
Profeſſor contractmäßig zu verkaufen. Zur NRächternheit zurkd: 
gelehrt, wird Schreiber von dem entfeglichen Gedanken, feinen 
Leib der Serglieberung preisgeben zu müflen, fa bis um 
Mahnfinn gequält, von welchem ihn ber neue Profeffor ber 
Anatomie (ſchade, daß diefee Nachfolger des inzwiſchen verſtor⸗ 


benen Bord Gartorius heißt und nicht lieber Roſenthal ober 


Meberfelb) zu heilen verfucht, indem er ihn raͤth, einmal eine 


.ogne Zweifel bie scudati aurei, escus d’or, 


euglirbezung chen, webel ch ale leeren 
verlieren würden. Schreiber willigt ein, wird Nachts in 
fern Secirfaal geführt, wo ſich die wunderſchoͤne Leiche 
ungen im Waſſer verungtädten Krau befinden: fol, und 
beim Lichte den Leichnam feiner Tochter. Jule nämlich, 
die Borlefungen des Hrn. v. Reichmann, ber hinterher als Bi 
trüger erfannt wird unb Arreſt bekommt, durch Ungluͤck und 
Schwaͤrmerei irre geleitet, hat Ihren Tod in den Wellen gefucht, 
und Schreiber flirbt wahnfinnig. Dies it der Inhalt ber „Anats⸗ 
mifchen Leiden“, von weldyen zu beforgen lebt, daß fie Ach für viele 
Lofer in aſt hetiſche Leiden verwandeln bürften. 102, 





. Kritifhe Miscellen. 
1. Die flawifdgen — das Jus Polonlam — f. v. à w 


„Beſchichte ber beutfi und Territorialver tung 
(Geibelberg 1832) — glaubten wir zum Theil noch dahin er 
sen zu Tönnen: 
oradee, von Poradj, Reife, Straße, vicus, eine Art 
Diſtrictsumlage, Gemeindedienſt. Pedworowe, Hufenſchatz, Dus 
fengeld, von Dwor, dee Hoſ. Pomoc, von Pomoc, subsidium, 
die Beede. Podwode, nach Hrn. v. 8. Vorſpann für i 
Gefandte u. f. w., wiewol Borfpann als Naturalleiftung n 
wohl zur Rubrik ber Abgaben zu paffen ſcheint; ich glaube, es 
fommt von Woda, Woditzka, Wafler, gebrannte Waffer, Ab⸗ 
gabe von Branntwein. Bobrowinci, Aufſicht über bie Bieber, 
wie He. v. LAow vermuthet? ich halte es für die beſtimmte Lies 
ferung bes Biebergeils. Slad, eine Serichtsabgabe nah Hrn. 
v. &,, oder, wie ich bädhte, von Blad, Malz, ein Malzauf⸗ 
Glova, ein Gtrafgelb, das ganze Diftricte für einen 
vorgefallenen Todſchlag hätten zahlen muͤſſen; Glova if fein 
w Wort, glaube, es muß beißen Hlawa, der Kopf, 
wa stjbi den Kopf abfiglagen, ifo die limlage für bie Ko⸗ 
fen einee Hinrichtung. Prevod, Gtellung von Wegweiſern? 
ich glaube von preweda, ich fege über bad Waſſer, das Faͤhr⸗ 
eld. Strota, Wagegeld; in dieſem Ball von Straz, bie Wage; 
aͤgt fih aber, ob das vorherrfchende o in Streta nicht herkommt 
von Stros, ein Berg: oder Fetſenauswachts, in ber Bergwerko⸗ 
terminologie gewöhnlich; alfo Mutzgeld, id. Dan von 
dam, dabi, geben, alfo Babe, Abgube. Dei, Friedſcha Sep 
von Cep, ber Zapfen, das Zapfengeld? Opolie, von Obilne, 
vecti entarium, Obolj, das Getreibe. Naraz, von 
Narat, der Anſchlag, aestimatio pecuniaria. Ledna, Korfte 
geib, Br von Leunj, sylraticue. S. 240 wird ange 
fragt, ob Narochnici etwa Gchweinehüter bebeuten möchtes 
es heißt aber Narochnici, camerarii, subdapiferi; bie Ne- 
rochnici finb unfere Marfchälle, von Narutschojk, equds 
dextrarius. 0 
2. Friedrich Michels, jegigen Pfarrers su Camp 
—— Beſchreibung der ehemaligen Abtei Camp‘ 
( eie o " ‘ 
©. 29, woher bie Dorfihaft Kirchhof ihren Namen erhal⸗ 
sen? von einem Gottesader finde fi keine. Spur: wir glauben 
von Klofterhof, da Klofter und ecchesia gleichbebeutend genoms 
men wurde; auch viele Kirchen, ſelbſt die Kiofterpfarrfirchen, 
ihre eignen Pfarr s oder Kirchemsibengüter hatten.  @. 180, 
100 goldene Schadaten; „eine unbelannte Münze” ; doch wol 
bavon noch unfere 


Edhildlouistores f. Dufresne. S. 15T, 86 Karatten Weinz 
„ein jegt unbelanntes Maß von Fluͤſſtgketten“; ebenfo doch wol 
nur bie in alten Klofterurfunden vortommenden. Carrada, Ca- 

vis ſ. D e: Canonici habeant aunustim 144 
Carratas vini, ein Yuberfaß? Ego quidem de vino nibhil 
hbabeo, nisi unam parvulam Carrodam — ad sacrificum — 
fagt ber Propft von Berrieben; dimidia vini Caratta ad 


festivo celebrandam aposoli assumtionem; dazu wird wol ein 
halbes Yuberfaß zu ſechs Gimer für alle Kirhweihgäfte eines 
ganzen Kloſters nicht zu viel gewefen fein. 85. 


Resigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagäbandlung: F. U. Brodbeus in Seipsig 


+.) r . ‘ a 


„Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltung. 





Donnerstag, 





Das Nichtvorhandenſein ‘der Schickſalsidee in ber alten 
Kunft, nachgewiefen am König Dedipus des So: 
phofled von 8. I. Hoffmann. 

Beſchlus aus Nr. E0,) 
Am meiften, wie natürlich, bezieht nun der Verf. bie 

Behandlung des Kirefias. von Seiten des Oedipus auf jene 

von ihm aufgeſtellte Grundidee; er fagt: „hier (bei Dedipus) 

iſt das Vertrauen auf göttliche Weisheit von vorn herein 
nicht vorhanden” (S. 33). . Wie kann jeboch der Verf. 
dies behaupten, ba des Dedipus erfte Anrede an-den Seher 
fo lautet: 

Der Altes finnvoll fhauet an, Erkennbares u 

Wie was unfagbar, Himmliſches gleich Irdiſchem, 

Du Zirefiad, erkenneſt, flebft du gleich es nicht, 

An weihem Siechthum Alles krankt: nur bich allein - 


’ 


Erſah zum Vorftand unfre Stadt, zum Retter felbft u. ſ. w. 


Durch diefe Scene befonders findet dee Verf. den Ges 
danken begründet: „baß der von Gott begabte Seher, der 
duch die Religion gemeihte Priefter, der ſchlichte Ver⸗ 
fland des gläubigen Menfchen tiefere Einfiht habe als 
ber größte auf fidy beruhende Scharffinn.” ‚Nur bie Ses 
herkraft könne ſich mit Fug und Erfolg an das Verbor⸗ 
gene wagen; denn die Wahrfagerkunft fei Leine menfch- 
fie Erfindung, fondern flamme unmittelbar von ben 
Goͤttern, und baher. müßten die Orakel und die Seher 
(beiläufig aber wollen wir bemerken, daß Orakel und MWeifs 
fager in bem Alterthume nicht in gleichem Range ftanden) 
vor Allem befragt, geehrt und befolgt werden” (5. 31). 
Debipus Heißt es dann auch (S. 35), „weil er feinen 
Stolz beleidigt fühle und feine, bes Eugen Herrſchers 
Bitte, der ſich gleichſam herabgelaffen hat, jenen um Rath 
zu fragen, zuruͤckgewieſen fieht (meit weniger aus Beſorg⸗ 
niß für die Stadt), entbeennt im grimmigſten Zorne. 
Hätte er innigern Glauben gehabt, oder des Sehers Wort 
nachher mehs beachtet, fo wäre er ‚gegen den heiligen 
Mann milder geweſen, ober. hätte doch efnige Reue gefuͤhlt.“ 
Es ift allerdings ein feiner Zug der Kabel und der Tra⸗ 
göbte, daß derfelbe Mann, deſſen Klugheit das Räthfel ber 
Sphinr gelöft hatte, nun ſich felbft zum Hächfel wird, und 
Sophofles hat dieſen Zug-fehr weife benußt, indem er den 
Debipus mitten im aufbeaufenden Zorne dem Scher ben 
Vorwurf machen läßt, bei bem Raͤthſel dee Sphinr 


babe ſich feine Kunſt nicht gezeigt; er ſelbſt aber habe es 


31. Sanuar 1833, 


gluͤcklich ohne Weiſſagerkunſt geloͤſt, worauf Tireſias er: 
widert, fein Gluͤck werde ihn verderben (V. 442). Daß 
fih hier ‚der Uebermuth des durch fein Gluͤck beraufchten 
Menſchen hervorbrängs, iſt Bein Zweifel; aber der Verf. 
hat Altes auf-diefen Punkt hingedraͤngt unb geht 
fo weit, daß ex dieſe Löfung‘ bes. Raͤthſels dem Debipus 
felbft zum Vorwurfe macht. Er fagt nämlich) gegen Bluͤm⸗ 
ner (aber ohne diefen zu treffen) S. 33: „da erft, als 
ee das Raͤthſel der Sphinr zu loͤſen ſich unterfing, griff 
ee in der Götter Rechte“. Mit nichten; Dedipus that 
hierin nichts Widerrechtliches oder Unhelliges, fondern han⸗ 
defte ſelbſt nach ber Goͤtter Willen. Was aber die Be 
handlung des Tireſias Überhaupt anlangt, fo: tft es che 
falls nicht gegründet, 'daß Beleidigung feiner Klugheit ben 
König dazu verleitet; vielmehr zeigt ſich Debipus hier wie 
bei jenem verhängnißvollen Zufammentreffen mit: feinem 
ihm unbelonnten Vater am Kreuzwege von leicht reizba⸗ 
rent, aufbraufendem Gemüth und mit leidenfchaftlicher Ges 
waltſamkeit aufftrebend. Dee Verf. entſtellt dm Sinn 
ber herrlichen Scene mit Tireſias, wenn er nur in bes 
leidigter Klugheit die Quelle des Zoms des Debipus 
findet. Auch kautet bie Bitte des Letztetn an Tirefias gar 
nicht wie eine blos verftellte Bitte um guten Rath, ober, 
tie wir zu fagen pflegen, wie ein bloßes Gompliment; 
fie iſt ein Flehen Um Etklaͤrung des Goͤtterſpruchs zum 
Beſten Allee (vgl. V. 300 — 315). So muß daher bie 
Weigerung bed Tibeſias, eins Erklärung zu geben, von 
bem Koͤnige, zu dem ˖ auch der Chor ſtoht („Bei allen. Böts 
teen,’ wende dich nicht ab m. ſ. w.“), zuerſt als Mangel 
an reger Theiknahme, ſelne wiederholte Weigerung, 
das von ihm Gewußte nicht zu eröffnen, als Härte und 
Berrath erfcheinen. Der leidenſchaftliche Herrſcher Tpricht 
es aus; Tireſias fühle fich in feiner Sinmesart angegrif⸗ 
fen und geläftert, aber beharrt im feiner Weigerung. Dies 
fteigert den Unmuch des. Könige zum Argwohn, ber ſich 
gegen ben Sehet ſelbſt richtet. Diefer nun, In hoͤchſter 
Aufwallung, wirft ihm nun ſelbſt den begangenen Frevel 
vor, der dem Lande dad Weh bereitet. In all Diefem 
tote tn dem Kolgenden iſt es nicht. dee Mangel an Scheu 
vor ben Göttern, oder, wie ber Verf. es nennt, geringer 
Glaube, worauf der Dichter vor Allem hinweiſen will; 
es iſt vielmehr die Reidenfchaftlicyleit des Semüchs, welche, 
genährt durch das Gluͤck des Herrfchers, hier hervorbricht, 


126 


die Seherkunſt des Tireſias Läftert und den · Debipus bie 
zur lm Ungerechtigkeit gegen ben friedlichen, rechtlich 
gefinnten Kreon treibt. „Dedipus⸗, ſagt der Verf., „haͤlt 
Alles, was der Seher ſagt, für Unſinn, weil fein Vers 
fand noch Eeinen Sinn barin finden kann u. ſ. w.“; aber 
man muß hier auch zugeben, daß Debipus bis zu dem 
Geſpraͤche mit Tireſias auf keine Weiſe ein eben tonnte, 
daß er ſelbſt der Mörder des Lajus fel, welcher, wie Kreon 
erzählt hatte, von Räubern umgebracht worben fein follte. 
Ganz anders zeigt fich freilich Jokaſte; fie erſcheint gleich 
von vorn herein mit allem Leichtfinn des Weibes ‚und 
meint, daß auf Seherwelsheit nicht viel zu achten ſei. 
Aber eben ihre leichtſinnige Rede iſt es, durch welche in 
des Oedipus Seele zuerſt die Ahnung ſeines Frevels aufſtei⸗ 
gen muß, die dann mit jedem Moment geſteigert und 
endlich zur ſchaudervollen Gewißheit wird. Zwar fagt 
Hr. 9. ſelbſt, wo es Debipus Far geworden (®. 731 f9.), 
daß der Seher doch Recht habe, glaube er ihm nod 
nicht voliftändig und hänge noch am feiner eignen Deu: 
tung des: Orakels. Aber völlig klar geworden iſt es 
dem Dedipus in dieſer Stelle noch nicht, und der Ver⸗ 
ſuch, das Orakel zu deuten, iſt nicht, wie der Verf. oft 
wiederholt, Selbftvertrauen auf eigne Klugheit, fondern 
war bei dee Dunkelheit und Verwickelung der Sache gas; 
natürlich; ja eben dieſe allmaͤlige Aufklärung des ſchauder⸗ 
vollen Schickſals macht einen Hauptreiz diefer tragifchen Dich: 
tung aus, denn mit ihr fteigt aud) das Pathos der Perſonen. 

Wir uͤbergehen, was wir noch in anderer Hinſicht ge⸗ 
gen den Alles auf jenen- einen Punkt hin erflärenden 
Verf. zu fagen hätten. Nach unferer Anſicht greift bie 
priefterliche Beziehung, welche derfelbe annimmt, b. i. bie 
Mechtfertigung der Goͤtterorakel zwar weſentlich in bie Tra⸗ 
goͤdie ein; aber näher liegt und body noch ber auch biefe 
Beziehung umfaffende Gedanke, durch Leidenſchaft und al 
les Uebermaß zieht der Menfch der gerechten Götter Strafe 
auf ſich herab und bringt das Schidfal, dem er zu ent 
gehen ftrebt, zur Erfüllung. Hieraus fieht man aud, 
inmiefern Sophokles die Frevelthat, um und mit bem 
Verf. auszudruͤcken, außer ber Handlung liegen gelafjen 
bat. Die erfte Fehlthat nämlich, deren ganzes, Gewicht 
ber in dem Uebermaße der Uebereilung Handelnde nicht 
kannte, indem er in dem reife, welchen er tödtete und 
bem er hätte mit Ehrfuccht ausweichen follen, feinen eigs 
nen Vater umbrachte, legt zwar außer ber Handlung; 
aber die Quelle diefer Unthat flog noch tief und ſtark in 
dem Gemüthe des Dedipus, welcher im Beſitze ber Guͤ⸗ 
ter bes Getoͤdteten und in dem Genuffe der Macht und 
Willkuͤr jene That vergeffen hatte, Derfelbe, Stun, 
der dort ben greifen Lajus tödtere, iſt es auch, der ſich 
bier in allen Aeußerungen bed Könige und vornehmlich in 
der Schmähung bes Tireſias und bed redlichen Kreon [pies 
gelt. Es ift minder die Handlung als ber Sinn, wel: 
chen bie Nemefis trifft. Es iſt die Verblendung der Fels 
benfchaft und des Uebermuthes, vor welcher ber Menſch in 
diefem lebendigen Bilde gewarnt wird; und doch fühlen wir Dies 
ſes Mitleid; denn der Menſch ſteht hier nicht als Verbrecher, 
fondern nur ald Schuldiger vor une. 


J 


Auch In dieſem Sinne iſt das Werk nach allen ſei⸗ 
nen weſentlichen Beziehungen erklaͤrbar. Der Verf. aber 
entfernte dadurch die Schickſalsidee nicht, daß er die 
Verletzung der Goͤtter innerhalb des Dramas als die 
einzig an Oedipus geſtrafte Schuld anſah, da doch bie 
Verhöhnung des Tireſias im dufwallenden Zorne, die ße 
unter dem oben Angeführten einzig zugeben Finnen, nicht 
als Urfache des Geſchicks ausgeſprochen wird, fondern dies 
ſes Geſchick felbft nur als Wirkung einer That erfcheint, 
welche, im Ganzen vorausbeftimmt, durch freies Thun aber 
erft zu feiner Handlung wurde. So iſt das Schickſal, 
das allerdings auch in biefer großen Tragödie vorhanden 
ift, bier feine blinde, den Unfchuldigen graufam erdruͤe 
ende Vorherbeftimmung, ſondern bie den Göttern (Apollo) 
vorherbewußte Nothwendigkeit in dem Erfolge der Tha⸗ 
ten, welche wie das Feuer aus ber Wolke die verborgene 
Flamme ber LKeidenfchaft trifft und verzehrend reinigt und 
darum auch den Zufchauer, bem die finnverbiendende Macht 
ber Leidenfhaft droht, mit Mitleid und Furcht erfüllt, 
tie Ariftoteles hervorhebt und damit felbft die erhebende 
Läuterung des Gemuͤths darbietet. A. Wendt. 





Neueftes Gemälde Stalins, der tonifchen Inſeln und 
Maltas. Don Neigebaur Brei Theile. Auch 
unter dem Titel: Schüg’s Allgem. Erdkunde u. f. w. 
Zweiundzwanzigſter und dreiundzmanzigfter Band. Mien, 

"Doll. 1832. Gr. 8. 3 The. 


Die Sammlung geographifch : ftatiftifcher Laͤnderſchiſderun⸗ 
gen, zu welcher das vorliegende Wert als ein Theil gehört, er⸗ 
freut fid mehr und mehr eines nicht unverbienten Beifalls, ber 
auch in b. BI. ſchon mehrfach ausgefprochen worben if. Die 
einzelnen Gemälde find durchaus fähigen und geſchickten Häns 
ben übertragen und befriedigen meiftens, fpwol was bie wilfen« 
fhaftliche wie bie Geſchmacksrichtung betrifft, alle billigen An⸗ 
fodberungm. Daß nicht bier unb ba eine irrige Angabe ober 
eine nicht gerechtfertigte Anficht unterliefe, ik unvermeidlich und 
kann einem Unternehmen von“ biefem Umfange nicht zum Vor⸗ 
wurfe gereichen. Die Hauptfache ift, daß überhaupt der neuefte 
Zuftand der gefchliderten Länder zum Grunde gelegt, zuperläfs 
fige Nachrichten gefammelt und eine zwedimäßige Orbnung bes 
Vortrages beobachtet wurde. Dies * ‚, wie \im Allgemeinen 
fo auch befonder& bei dieſem heile bes Werkes geichehen. Dex 
Verf. kannte bas Land, das ex ſchildert, größtenteils aus eigner 
Anfhauung, und wir befigen ſchon von ihm ein „Handbuch für 
Keifende in Italien“, das Anerkennung und Beifall gefunden hat. *) 
Sachkunde, Ueberbli und gefhmadvoller Vortrag kommt dieſem 
wie jenem Werke feiner. Geber zu. 

Der erfte Theil dieſes, Neueſten Gemaͤldes von Italien” ume 
faßt außer ber allgemeinen Ueberficht bes Landes die Einzels 
ſchilderungen ber farbinifhen Monardie, des Herzogthums 
Parma und Piacerrza, Mobena mit Maſſa, Lucca, Toscana und 
den Kirchenſtaat; der zweite begreift das Königreich beider Si⸗ 
cilin, Malta, Gozzo und Gomino und bie tonifchen Inſeln 
Korfu, Parc, Sta:Maura, Ithaka, Eefalonia, Zante unk Gerigo. 
Die Quellen, aus welchen biefe Schilderung entlehnt iſt, find zahle 
reiche und Zuttauen erweckende; für die flatiftifchen Nachrichten 
ſcheint befondere Balbi („Balance politique”, 1828) bes 
nugt zu fein. Ueber Sitte und Volkscharakter aber war ber 
Verf. im Stande, auf fein eigne® Urtheil zurüdzugehen, was 
biefem Gemälde vor mandyem andern einen fühlbaren Vorzug 


*) Es erſchien 1925 in der Werlagshandlung d. BI. und es If davon 
ieht eine gweite umgenrbeitete Auflage unter. der Preffe. D. Rer- 





197 


gewann. Die nicht Teichte Aufgabe, in einem allgemeinen Ueber⸗ 
bit Das zu umfaffen, was ganz Italien, biefer Welt im Kleis 
nen, eigenthuͤmlich iſt, bat er auf loͤbliche Art geloͤſt. Es if 
ein treues und richtiges Bild, das er von dieſem Land nordiſcher 
Gehnfucht entwirft, weder. ſchmeichelnd unb ins Schoͤne malend, 
wie es deren nur allzu viele gibt, noch aus befangenem und per 
bantifhem Geſichtspunkte her gezeichnet, wie es ven Andern 
wiederum ſehr oft entworfen if. Es gehört ein eigner Sinn 
der Gerechtigkeit dazu, das italienifche Weſen richtig zu wuͤrdi⸗ 
gen, der gar Vielen abgeht. Wo Alles anders ift als bei uns, 
ba begegnet es uns nur allzu leicht, daß wir mit einem Nabel 
beginnen oßne andere Gründe als ſolche, bie aus unfern Zu: 
ſtaͤnden entiehnt find. Die Berfaffung, bie Berwaltung, bie ſitt⸗ 
iihe und bie geſellſchaftliche Fuͤhrung ber Völker Italiens aber 
wid aus ihren eignen Gharakteranlagen, aus ihrer Geſchichte, 
and.ibrer bifkorifchen Herkunft ımb Abflammung, endlich aus 
Bedingungen bed Klimas und des Bodens her beurtheilt wer: 
den. So macht man der römifchen Verwaltung z. B. die ge: 
ringe Bevölkerung einiger Provinzen zum Vorwurf, ohne zu 
bebenten, daß faſt der ganze Staat aus rauhen und unfrucht- 
baren Gebirgen ober aus verpefteten Küftenpropingen befteht, 
und daß eine Kirche hier ihren Sitz bat, bie. ben Gölibat em⸗ 
pfieblt; die Verwaltung felbft aber bat für die Vermehrung ber 
Bevölkerung vielleicht fo viel und mehr gethan als bie Regie⸗ 
tung Snglands und anderer Länder. . nt 

Der Berf. gibt die Bevölkerung Italiens für 1830 mit 
Malta und Sicilien auf 21,796,800 Geelen an, wonad hier 
durchſchnittlich 3725 Menſchen auf ber geographiſchen Quadrat⸗ 
meile leben. Dieſe Angabe mag richtig ſein; aber unrichtig iſt 
es, wenn er ans ihr den Schluß zieht, daß Italien das bes 
wohntefte Land Europas und bie Lombardei ber bevoͤlkertſte Theil 
Staliens ſei. England und Holland zeigen eine bichtere Bevoͤl⸗ 
ferung, und ber bewohnteſte Staat in Europa ift Luce. Kurz, 
aber wahr iſt Das, was er von bem Rationaldharalter ber Ita: 
liener fagt: Froͤhlich, nüchtern, gefällig, ſtolz (?), aber auch 
ſchlau, gewandt, rachgierig, habfüchtig, zum Betruge geneigt 
und feige (2). Der Stalienerraubt, aber er ftiehlt nicht. (Ber; 
trägt fi das mit ber ihm Schuld gegebenen Beigheit?) Beſſer 
noch hätte ber Berf. getban, bie Eharaktereigenthämlichkeit bes 
Stalieners in eine unglaubliche und außerorbentliche Dehnbarkeit 
der Gemüthsanlagen zu fegen, bei welder faft jebe gute und 
jede ſchlimme Anlage ſich zu Zeiten in ihr Gegentheil auflöft, 
als eine Zolge feiner größern und fchnellern Reizbarkeit. So 
ſcheiat ber Staffener z. B. gewiß jedem Fremden bienftfertigs 
aber ex iſt dies nur, wenn bie Ausſicht zu irgend einem Ge⸗ 
winn ober irgend eine Befriebigung ihn dazu macht; bie ges 
ringſte Kleinigkeit reicht dazu bin, aber ohne fie ift ex —— 
lich träge und ungefaͤllig. Bon Haus · aus ſcheut er Gefahr, 
benn er liebt die Ruhe, aber bie geringfte Anreizung macht ihn 
kühn und furchtlos; ebenfo iſt er eigentlich geizig und wird doch 
zu Zeiten zum Verſchwender: kurz, alle Begenfäge in feinem 
Charakter werben durch eben biefe Leichte Reizbarkeit bedingt 
und hervorgebracht, welche in anderer Richtung auch die Baſis 
feines Bergnügungsfudht, feines Spieltriebes und feines Kunſt⸗ 
ſinned if. Diefer Punkt ift allzu oft überfehen ober falſch ans 
gefehen worben; ben Staliener und den Deurfchen unterfcheibet 
eben nichtE Anderes voneinander als das Verhaͤltniß Leichter und 
fhwerer Erregbarkeit im Allgemeinen. Der Verf. nennt weiter 
Benedig den Sig des wahren Frohfinnes (die Vergnuͤgungsſucht 
theilt es mit Neapel), Mailand der Treuherzigkeit (doch wird 
der Fremde nirgend mehr betrogen als in ber Lombardei), Ge⸗ 
ana deö Geizes (der fich mit Prachtliebe paart), Turin den 
Gig des gallfüchtigen Ariftotratismus (und feines Gegentheils, 
canf, Alfieri), Bologna der Befonnenheit und zugleich bes ebein 
Entyufiesmus, Rom ben is ſtarker und tiefer Leibenfchaften 
(aber auch großer Apathie und philofophifchen Gleichmuthe im 
Bolke), Neapel ben der Genußgier, Florenz den geſetzter Lebens 
und Kunftfeeude. Auch den Artikel über bie geiftigen Anlagen 
des Italieners hätte der Verf. ſich kurz machen können; bies 


Bolt hat alle bie Anlagen und Fähigkeiten, welche mit eine 
leichten Erregbarkeit zufammenhangen : ie Wie, Ge 
ſchmack, Kunſtſinn, ſchnellergreifenden Enthuſiasmus; und ihm 
fehlen im Allgemeinen die Eigenſchaften, welche der Iangfamern 
Empfaͤnglichkeit entfliefen: Gtetigleit, beharrlicher Fleiß, pbiles 
ſophiſcher Sinn, georbnete Thätigkeit, Wärdigung des Kleinen, 
Geiſt ber Entdedung. Ueber den Gittenverfall huldigt ber 
Berf. gemäßigter Anſicht; ber Italiener iſt im Ganzen Kind 
und unverborben; dem Weibe ift Liebe weder Zeitvertrieb noch 
Laune, wie meift bei uns, fondern ernftes Bedürfniß; der Ita» 
liener aber kennt weber Heuchelei noch Coketterie, unb nichts 
if weiter von ihm entfernt als ber franzöftfche Chevaliergeift 
bes vorigen Jahrhunderte. Ziemlich ungefchicdt ift, was 
ber Berf. über bie italienifche Zeitrechnung ſagt; man rechnet 
bie Stunden ja nicht rüdwärts, ſondern vorwärts .vom Aves 
maria ab. Leber bie gelehrten Anftalten Italiens ift er nicht 
ganz im Niveau mit ber neueften Zeit, wenn er fagt, daß ber 
Zuſtand der Wiffenfchaften feit bep 16. Sahrhunberte nur Rüds 
ſchritte gethan babe, oder daß‘ feit Muratori und Maffei 
fein ausgezeichneter Geſchichtsforſcher aufgetreten wäre; Lanzt 
und Botta verbienen biefen Namen unfers Erachtens wohl. 
Daß wenig Grfolgreiches für den Unterricht gefchehen, iſt auch 
wol nit unbedingt wabr; der Volksunierricht in Ztalien ift 
im Ganzen. genommen beifer als ber in Frankreich und Engs 
land, und es gibt verhältnißmäßig weniger Italiener ats Fran: 
sofen und Engländer, die weder Icfen noch fchreiben koͤnnen; 
in ber Lombardei und in Zoscana wird ber Bolksunterricht 
dem in Balern, Oeſtreich und am Rhein eben nicht nachftehen. 
Univerfitäten nennt ber Verf. 18: Bologna, Neapel, Par 
dua, Rem, Pile, Florenz, Satania, Turin, Genua, Pavia, 
Parma, Gagliari und Saſſari; aber nur Padua, Papia, Pifa 
und Bologna haben eine Cinrichtung, bie fie beutfchen Univerfis 
täten ähnlich) macht. Dagegen gibt es vortreffliche Schulanſtal⸗ 
ten, deren der Verf. nicht gebenkt, in Mailand, Brescia, Ber 
nebig, Verona, Reggio u. a. D., und bie Kunftafabemien 
Italiens in Florenz, Rom, Bologna und Mailand haben 
in Deutſchland wenige ihre® leihen. Doc; Non omnia 
possumus omnes! Italien iſt bas Land heitern Lebendgenufs . 
ſes und ber Freude am Schönen; bie Büchergelehrfamleit hat 
es Deutichland überlaffen, von dem feine einzelnen gelehrten 
Männer bankbar zu lernen bemüht find. „‚Ueberall aber”, fchließt 
ber Berf. feine allgemeine Ueberficht, „‚ftellt fi) das Gemälde des 
heutigen Italiens in viel vortheilhafterm Lichte bar, als es un: 
fern Vätern und Großvätern erfchien.” Die Kortfchritte der 
Verwaltung in Neapel, Sardinien und Zoscana find in ber 
That unverkennbar, und felbft der Kirchenſtaat wird durch bie 
Zeit zu beffern Ginrichtungen bingeriffen. 

Wir müffen uns begnügen, ber allgemeinen Ginleitung des 
Verf. bis Hierher gefolgt zu fein, und feine Schilderung der einzelnen 
Länder, Provinzen, Städte und Orte Italiens als durchaus befrie- 
bigend und dem Zwecke dieſes Unternehmens entfprechend anzuerken⸗ 
nen. Vorzüglich gelungen duͤnkt uns ein weniger befannter Theil 
ber retzenden Halbinſel und vieleicht ihr allerreizendſter, die ri- 
viera di ponte von Savona bis Nizza, ein Landſtrich, deſſen 
hinreißende Schönheit von Heifenden barum bi6 jest weniger 
gewürbigt zu fein fcheint, weil er biß vor einigen Jahren noch 
ziemlich ſchwer zugänglich war. est find überall Straßen ge: 
broken, und bie entzuͤckendſte Küfte, das reizendfte Meer und 
eine Sauna unb Blora, wie fie ganz Guropa nicht weiter aufs 
weift, ift in behaglichen Reiſewaͤgen auaingtih gemacht. Die 
Begetation an biefer gefegneten Küfte ift die bes gegenüber lie⸗ 
genden Afrikas; aber fehe vielen und felbft belefenen Bewoh⸗ 
nern bes Elbſtrandes ift es nicht befannt, baß fie nach einer 
Reife von etwa 160 Meilen (bei Borbighera) in einem weiten 
Palmenwalb ausruhen und von libyſchen Lüften ſich anfächeln 
laffen koͤnnen. Dieſer Palmenhain von Bordighera (unfers 
Beduͤnkens felbft ſchoͤner als ber berühmte Walb von Elche in 
Spanien) fcheint uns aber eine ber größten, befriebigendften und 
genießenswertheiten Merkwuͤrdigkeiten von Stalin. Der Grin: 


128 


nerung baran gleichen wenige anbere für den Zuruͤckgekehrten! 
Sehr gut und zweckmaͤßig ift ferner die gebrängte, aber nichts 
Wichtiges überfehende Schilderung von Rom. Der Verf. hat 
hier eine Bemerkung, bie uns neu war. „Die aͤlteſten Kamis 
lien Roms’, fagt ee, „find lombarbifchen Urſprungs; faft alle 
begüterten Römer flammen aus ben Provinzen ab; bie zahl⸗ 
reiche Geiſtlichkeit gehört aber eigentlich ganz Guropa an. So 
fehle e8 Rom denn ganz an einem einheimifhen Mittelftande, 
unb bie Familien, welche man dazu rechnen müßte, gehören 
meiſtens bem Auslande an. Go find faft alle Kaufleute, Kraͤ⸗ 
mer, Wirthe, Zuderbäder Lombarben ; alle Großhändler, Koh⸗ 
lenträger, Markthelfer Gemuefens; alle Handwerker Toscaner unb 
Neapolitaner und die geringern Stände Leute aus den Abbrusgen 
und der Mark Ancona.” Der Theil ber römifchen Bevoͤlkerung, in 
bem vielleicht allein noch echt römifches Blut rein anzutreffen ift, 
bie Zrafteveriner, bildet einen Menſchenſchlag für ſich, von 
anderer Denkart, andern Bitten, anberer Lebensweife. Der 
Adel ihrer Abſtammung erlaubt ihnen nicht, zu niebern Diens 
fien herabzufteigen. Die Mäßigkeit biefes echten Römers und 
was ber Verf. S. 395 davon erzählt, ift merkwuͤrdigz der 
treffliche Beobachter Sievers hat dem Verf. hier zum Leitfaben 
gedient, und er iſt zuverläffiger ale. Wilhelm Muͤller. 
Im zweiten Theile dieſes Gemälbes hat und bie Wefchreibung 
dex. — * — Inſeln beſonders angeſprochen, ohne daß wir jedoch 
recht einfehen, warum dieſe bei Italien behandelt worden find. 
Will der Verf. vieleicht bamit andeuten, wie wuͤnſchenswerth 
für dies Land e8 wäre, wenn biefe Inſelrepublik ihm angehörte? 
Iſt bas feine Meinung, fo geben wir ihm volllommen echt. 
Der Handel Italiens wäre faſt nur auf diefem Wege aus ſei⸗ 
ner Lethargie emporzurütteln; Venedig, das arme, verurtbeilte 
Benebig, würde zu alter Blüte wieder emporfeimen. Doch, wer 
hoͤrt auch das nicht gern, daß das Odyſſeiſche Ithaka, vor ein 
gen Jahren faft noch ein oͤder, menſchenleerer Fels, recht ſicht⸗ 
x emporbluͤht und in brei Flecken unb ſechs Dörfern ſchon 
8200 Einwohner ernährt, Die englifhe Regierung auf den 
tonifchen Inſeln muß doch ihr Gutes haben, wenngleih in 
Korfu viel Abneigung gegen fie herrſcht. Die elf Kupfertafeln 
erweifen fich meiftens als eine wirkliche Zierbe dieſer beiben 
Theile; einige barunter, wie 3. B. bie Bai von Meapel, find 
in ber That ſchoͤn zu aennen; andere find wenigftens nicht uns 
würdig. So gereicht denn auch dieſe Abtheilung des umfaffens 
den Unternehmens demſelben zur Empfehlung. Der Preis iſt 
billig, bie Arbeiten find, was fie fein ſollen, und bie Ausſtat⸗ 
tung if bis auf die fpigen, unanfehnlicgen wiener Lettern loͤb⸗ 
lich und achtbar. 5%, 





Lehrbuch der aligemeinen Weltgeſchichte für höhere Bil: 
dungsanftalten und Gymnaſien von A. 2. Herrmann, 
Mebft vier Karten. Meißen, Goedſche. 1833. ©r. 8. 
1 Thlr. 21 Gr. 

Co groß bie Zahl der Lehrbücher, Grundriffe und Leitfäs 
ben ber allgemeinen Weltgeſchichte auch fein mag, fo liegt barin 
fein Grund, bie Vermehrung berfelben für etwas Unnüges zu 
erklären, da biejenigen Lehrer ber Geſchichte, welche ihre Wiſ⸗ 
ſenſchaft auf eigenthämliche Weiſe zu behandeln und vorzutra⸗ 
gen pflegen, wol nur felten unter jener großen Zahl ein ihnen 
völlig zufagendes Bud finden möchten. Wenn aber foldhe Mäns 
ner ke dann gebrungen fühlen, felbft Hand ans Werk zu le 
gen, fo wird dies dee Wiffenfhaft und dem Unterrichte dankene⸗ 
werthen Gewinn bringen. Der Verf. bes vortiegeriben Kehrbuche, 
weldyen wir jenen Lehrern gern beizählen, befand fidh in biefem 
Balle: er fand feine Methode des Vortrags der Geſchichte durch 
mehrfache Erfahrung erfolgreich, ee wollte fidy das zeitraubende 
unb geifttöbtende Dictiren erfparen, um fortgefest durch bie 
Kroft und das Leben bes freien Bortrags auf feine Schüler eins 
wirten gu können, unb er entfchloß fich deshalb zur Abfaffung 





eines Lehrbuchs, welches weber tabellenmäßig trocken noch weit⸗ 
ſchweifig langweilig fein, ſondern durch eine gebrängte, uͤber⸗ 
ſechtliche, auch Einzelnheiten anbeutende Darſtellung noch immer 
lesbar bleiben und wol auch Privatlehrern und Erziehern, de⸗ 
nen die Geſchichte nicht Hauptfach ik, ein willkommenes Huͤlfs⸗ 
mittel gewähren und zugleich dieſen wohlfeilere gefchäpte Werfe 
gar weitern Belehrung nachweiſen ſollte. Daß der Verf. Das, 
was er bezwedt, auch im Ganzen erreicht, daß er namentlich 
ein lesbares, durch gefällige Darftellung ſich auszeichnendes Buch 
geliefert habe, koͤnnen wir bezeugen, obgleich unfere gleichfalls 
durch Erfahrung bewährte Ueberzeugung und Anſicht von ber 
zweckmaͤßgſten Weiſt des Hiftovifchen Bortrags in manchen Punks 
ten von ber feinigen abweicht unb wir einige Gegenbemerkun⸗ 
gen in Beziehung auf feinen Plan und bie Ausführung beffel« 
ben machen werden. Die Bertteilung des Stoffes gründet ſich 
auf bie in dem „Chronologiſchen Abriffe‘” von Kohlrauſch befolgte 
Eiutheilung in zehn Zeiträume; altein da burdy dieſe in ber als 
ten Gefchichte eine unnüge Zerfplitterung ber griedifchen und 
mehr noch. bee roͤmiſchen Geſchichte eutfieht, unb ba in ber 
neuen Geſchichte das Reformationsgeitalter mit dem mercantis 
liſch⸗ militairiſchen zufammengefaße ift, unb durch bie ethnogras 
phiſche Methode ber weſentliche Gharakter ber.menern Geſchichte 
als der eines Stantenſyſtems verwiſcht wird, fo hat ſich der 
Berf. für die Cintheilung jenes Abrifſes wol mur. entfchieten, 
weil derſelbe dem von ihm zu ertheilenden Geſchichtsunterrichte 
zum Grunde let. Dagegen würbe ein beflimmteres Hervorhe⸗ 
ben ber Perioden, in weldye bie römifche unb bie griechiſche Bes 
ſchichte ſich gliedert, für ben Ueberblick des Verlaufs derſelben 
gewiß ſehr zweckmaͤßig geweſen fein. Die Auswahl bes Stoffs 
iſt im Ganzen der Beſtimmung des Buchs angemeſſen zu nen⸗ 
nen; jeboch wäre es In einem für hoͤhere Lehranſtalten beſtimm⸗ 
tem Lihrbuche paſſend geweſen, den politiſchen Zuſtaͤnden ber 
Böhler und Staaten, namentlich waͤhrend bes Altertbums, ber 
fonbere und fortgefegte Aufmerkfamteit zu ſchenken, und es er⸗ 
ſcheint dies um fo zuläffiger, ala es ohne erhebliche Erweiterung 
bes Umfangs hätte gefchehen können. Denn wenn manches dem 
Anekdotenartigen ſich Naͤhernde, welches allerbings.bismeilen ber 


Perg größere Lebendigkeit. gibt, aber anbererfeits, als aus 


herm Glementarunterichte ber befannt, nur angebeutet zu 
werben brauchte, befchränkt ober. weggelaffen worben wäre, fa 
würbe dadurch ber Hinreichente Raum ſchon gewonnen worben 
fein. &o hätten 3. B. ber Birginta einige Zeilen ‘entzogen unb 
bafür Aber Beſtimmung und Charakter ber Geſete der zwölf 
Zafein etwas mehr gejagt werben koͤnnen, als daß „ihr Geiſt 
das Gepräge bes rauhen Zahrhunberts noch an ſich trug’. 
Sinzelnes hätte genauer gefaßt werben können: fo hätten 
bie Bubdhiſten nicht nur als neben ben Braminen beftes 
hend, ſondern als” aus biefen hervorgegangen bezeichnet 
werben tönnen. Bin und wieber wäre eine Beruͤckſichtigung 
neuerer Unterfuchımgen wiünfchenswerth gemwefen: fo Eonnten in 


ber Altern roͤmiſchen Geſchichte bie Refultate der Niebubr’fchen 


orfhungen, wenn auch nicht über den biftorifhen Gehalt ber 

egebenbeiten, body wenigftens über bie Gntwidelung ber innern 
Buftände, über die Entftehung der Yatricier und Piebejer, ber 
Clientel unb bed Yatronats angebeutet werden. In ber deige⸗ 
fügten Literatur Hätte einiges bereits Weraltete weggelaffen, Ans 
deres genauer beftimmt werben koͤnnen: fo ift 3. B. von Nies 
buhr's „Römifcher Gefchichte” nur bie erfte Auflage angefühet, und 
die deutſche Leberfegung des erften Banbes ber Siemondiſchen 
„Geſchichte der Franzoſen“ ift auf eine Weife erwähnt, baß der 
des Umfangs bes Originals Unkunbige fie für eine Arbeit über 
bie ganze franzöfifche Geſchichte Halten muß, Ungeachtet wir 
vun Überzeugt find, daß durch Entfernung biefer Mängel bee 
Werth bes Buches noch gewonnen haben würbe, fo wirb es 
doch gewiß durch die Ihm eigenthümlichen Vorzüge Beifall unb 
BSerbreitung finden und bazu beitragen, Intereffe und Reigung 
5 die Beſchaͤftigung mit der Geſchichte zu wecken mb zu 
nähren. . 


— 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brockhaus in Leipzis. 































a 
R Wreitag. 


I 
3 Rule 


12 Thlr. 


BI Doll 


zen Grenzpoſtamt im 
Die endung 


"." Ueber das Schulweſen im britiſchen Indien, 
BE Roh vor etwa zwanzig Jahren Eonnte bie oſtindiſche 
Aerwagnie mit vollem Rechte einer kalten Nachlaͤſſigkeit, 
E. ke fie in Bezug auf Bildungsanftalten in ihrem weis 
 ‚Sebiete oͤffentlich an den Tag legte, befchuldigt wer⸗ 
an, ‚and fie wurde ſelbſt eines Strebens, fich aller Er 
Fang der Eingebormen zu widerſezen, auf das Nach⸗ 
ER de in beitifchen ſowol als auswärtigen Zeitſchrif⸗ 
—2 Die Sache hat ſich in neuern Zeiten, be⸗ 
u unter den beiden wuͤrdigen Generalgouverneuren 
8 Bentinck und bei dem raſtloſen Streben des 
m Biſchofs Heber bedeutend geändert; bie eiſer⸗ 
weiche Abneigung, Vorurtheil, lange Bes 
x — —EX hatten, ſind endlich 
es iſt für den Menſchenfreund wahrs 
Bene; ev Foriſchritte der gereiften europaͤiſchen 
in einem Lande zu beobachten, welches einſt durch 
Miliſatien für fo viele Voͤlker der alten Welt bie 
u gelegt hatte... Nur wenige Jahre find hinreichend 
* * die Inder von der Ueberlegenheit der weſt⸗ 
J m Überzeugen; wir ſehen fie anfaͤnglich ſich 
| Fihe Inßhiien und Fortſchritten -derfelben entgegenftem> 
m wihie, aber mit Verdacht und Unmuth ders 
all ‚ enblich aber mit einem Eifer ſich heran⸗ 
Kein ar "euttich beurkundet, daß fie die Vortheile 
Mung im Stillen gepräft und nunmehr ernſtlich 
be im, 14 dieſe ebenfalls anzueignen. Die Preffen 
find in beftändiger Bewegung, Journale 
u » Gieffitee werben gedruckt, die beften Werke 
j gran amd beiſpiellos Deu verkauft; oͤf⸗ 
3 werden angelegt, zu Bombay wurde 
um — ein Gebaͤude dazu errichtet, und 
4 Tagen liefen über tauſend gedruckte Werke 
eg *2 ein; bie meiſten griechiſchen und 
X find vorhanden, die Bibllothek iſt Je⸗ 


I. *. 
























J Bllatter 
Ta - für 


Fiterarifche Unterhaltung 





1. Sebruar 1833. 








ei Zur Nachricht. 
Von dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen taͤglich eine Nummer und iſt der Preis fuͤr den 
Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beſtellung darauf an; ebenſo 
aͤmter, die fih an 5 königl. — Beitungserpedition in Leipzig, das koͤnigl. 
alle, oder r 
findet wöchentlich zwei i Mal, Dienſtags und Freitags, aber auch in Monatsheften ſtatt. 


I. Thurn und Zarifhe Poſtamt in Altenburg 


dem zugänglich, und bie Eingeborenen wetteifen m mit den 
Briten, biefelbe zu benugen; nach englifchen Büchern ift 
die meifte Nachfrage, denn die gebildeten Dindus eignen 
fi) vorzugsweife dieſes Organ der Mittheilung an, um 
ihren Lehrern nicht nachzuftehen. Was noch vor einem 
Decennium ein Wunder in der literariſchen Welt gewe⸗ 
fen wäre, das Dichtwerk eines Hindu in englifcher 
Spradje, welche von feinen Mundarten fo gaͤnzlich vers 
ſchieden ift, liegt gegentwärtig vor: „The shair (der Barde) 
and-other poems by Kasiprasad Ghosh‘' (Kalkutta 1830), 
dem Lord Bentinck zugeeignet. Die Gedichte find fo 
vortrefflic und in einer fo reinen Sprache, daß wir uns 
kaum enthalten können, eine Probe daraus mitzutheilen. 
Mehre englifche Briefe an das Parlament, den Court of 
directors und einzelne Gelehrte find vorhanden, welche 


wahrlich) den Dindu nicht verrathen, und eine Kritik des 


Kaſinaͤth Ghoſe Über Mill's Schmähungen des indischen 
Charakters geht mit grimdlicher Gelchrfamkeit und mit 
Kennmiß der griechiſchen Schriftiteller auf die Sache ein. 
Die beiden . Präfidenefchaften Kalkutta und Bombay bil 
ben gegenwärtig noch dem eigentlichen Herb der aufblühene 
den Cultur, jedoch verfpricht auch Madras nicht zuruͤck⸗ 
zubleiben; allenthalben drängen die Indier nicht ſowol 
ihre Kinder in die Schulanftalten, fondern fie tragen auch 
am reichlichſten mit ihrem Vermögen zur gedeihlichen Erz 
haltung derfeiben bei. Diefe Sreigebigkeit erftredt ſich 
ebenfalls auf andere Inſtitute: im Sabre 1828 wurde 
eine Sammlung zue Ausbreitung nuͤtzlicher Kenntniffe in 
ben fchottifchen Hochlaͤndern von eingeborenen Indiern 
burch bedeutende Summen vermehrt; im folgenden Jahre 
ſchenkte ein Indier von Morſchidabad, welchem man die 
Rajahſchaft (eine Art von Adel im gegenmwärtigen Indien) 
ertheilt hatte, eine halbe Lak Rupien oder mehr als 
5000 Pf, Sterl., um fie zur Einrichtung einer Dampf⸗ 
maſchine,“ einer Wafferleitung in Kalkutta und auf dqs 





Sen. Die weſentlche Webingung Iegenb eines gemeinſchaftlichen 
Feſchaͤfts iſt Garantie bes rechtlichen Werhältnifies, welches bie 
Gefene jedem Wucherer, jedem Pfaͤnderleiher geben, bad aber ben 
meiften Verforgungsanftalten entweder ganz fehlt oder, was noch 
fchlimmer ift, auf einer Illuſion beruft. Es wirb in ben Ans 
empfeblungen folcher neu entftehenden Anflalten von ber Eins 
willigung und Billigung ber Regierung, oder von befannten 
Perſonen, deren Namen als Protectoren der Geſellſchaft anloden 
follen, fo viel Pomphaftes gefagt, daß der Unkundige glauben 
muß, die Regierung oder jene Korgphäen ber Anftalt würden 
jedes etwanige Deficit der Kafle ſogleich been, während bie 
‚Repierung das SInftitut keineswegs garantirt, ſondern ihm nur 
wie andern Gpeculationen eine Gonceffion ertheilt, jene Patrone 
der Xnftalt aber nur Perfonen vergleichbar find, bie ih ein 
Buch dedicien laffen, ohne fi weiter um deſſen Schickſale zu 
betaͤmmern. So gefchieht‘ es, daß, wenn eine fehlerhaft berech⸗ 
nete Anſtalt nach dem ſcheinbdar guͤnſtigen Succeß des erſten 
"Angenblids immer mehr ihrem Untergang zueilt und enblid) 
m Grftaunen ber BDirigenten unter ihren ‚Händen verſcheidet, 
€ GBetäufchten fig vergebens nad einer Garantie umfehen 
und ihre Unglüͤck um fo weniger begreifen können, als fie mit 
"lauter rechtuichen Männern zu thun hatten. 
1 @# ift bemnad, wenn LZebensverfüherungen ihrem beab: 
‚fidtägten Zweck entſprechen follen, die wichtigfte, leider am mei: 
en vernadjläffigte Webingung, daß ihnen vollfiänbige Garantie 
‚nicht fehle, die im ausgebehnten Einn nur ber Staat geben 
"Tann, ſodaß mac; meiner Ueberzeugung ein ſolches Iuftitut ſtets 
"vom Staat ausgehen follte, welcher ein ewig lebender, ewig 
ſicherer Vorſteher ift, während alle andern Dirigenten ben Un⸗ 
olüdsfällen unterworfen find, die den Menſchen in praktiſcher 
und intellectueller Hinſicht bedrohen. Man fan bie Wahrheit 
»biefer Behauptung deutlich: an unfern. Theatern fehen, beren 
‚WBefteten auf ähntichen, wenn aud) einfachern Berechnungen als 
Die Werforgungsanftalten terubt. Gelten erhält ſich ein folches 
dauerud ba, wo es kein Etaatöunternehmen ift, und faft alle 
‚von Privatperfonen errichteten Theater, berechnet nach dem güns 
tigen Erfolg bes erfien Augenblids, wo ber Heiz ber Neuheit 
allgemeinen Kunftfinn als Mode entwidelt, verfallen, weil das 
erhe Deficit ber Kaffe das Sinken bes artiftifchken Werthes 
hervorruft, indem bie Beſoldungen verkürzt werden muͤſſen, 
ebenfo wie bei einer. bem Untergang ſich nahenden Verforgungs: 
‚anftalt die Penfionen nicht mehr gezahlt perden koͤnnen. 


Der Beĩcuas felgt. 





"Notizen. 

. ublanb 

-, Bas „Edinburgh review’ beurtheist in feiner lehten Rum⸗ 
wer Uhland's Gedichte im Ganzen ſehr günftig, wie es denn 
seht und billig iſt. Aber es meint, bie fünfte Auflage erklaͤre 
‚ich dach nur aus ber trog.aller Quantität fehr ſchwachen Dun» 
Haär der neuefken beutfchen Porfien, und fügt hinzu, daß Ge⸗ 
dichte von weit größerer Kraft und poetifcher Kähigkeit als “die 
Uhland’fchen zu berfelben Zeit in England erichienen und kaum 
gu ber Ehre einer zweiten Auflage gelangt wären, fo geringe 

ufmertfamteit hoͤtten fie erxegt. Wir wollen babingeftellt 
dein: laffen, ob England gegenwärtig fo reich an lyriſchen Poe⸗ 
fier iſt, deng wir kennen nichts davon, ‚und wuͤnſchen nur, es 
möge ſich bald ein tuͤchtiger Ueberſetzer finden, ber uns, folch 
merbandene Schaͤte zu Tage foͤrdere. Dem engliſchen 
cenfentan ‚werfen wir zuvorderſt ein, 
Ubland, Nüdert ausgenommen, aquch keine Namen unter ben 
Apriſchen beutfhen Dichsern ber neueſten Beit gibt (?), doch 
manches einzelne treffliche Gedicht zu finden iſt, wie benn 
wol faft ein jeder Dichtende einmal eines geſchrieben bat, 


Uoplstrt 


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— 


—R 


Re⸗ 
daß, wenn es naͤchſt 


———— ——— —— —— —— —— — 


unter Berantwortllchkeit der Verlaghhandiung: F. A. Bra@hdus in Seipsig. 


42 


unb baß wir bereinft aus biefer Zeit eine Anthologie Haben Fiss 
nen, aller Ehren werth. Uhland's Gedichte ſtehen alfo nicht. fo 
allein, wie ihr, Sänger ‚feloft fteht. Engländer. meint, 
in einem Lande außer Spanien fei die Ballade wie in Deuff 
land culiivikt, und barin bat er Hecht. Er charakteriſirt He 
beften Walladertbichter mit ein paar Worten, dbes ohne Släck. 
Daß er die’ Stolberg'ſchen Balleden nicht haben mag, ‚gilt und 
gleichviel, fie finten in Vergeſſenheit. Die Schlegel’fchen. Yes 
ben Feuer, aber geborgtes, fein natürliches: das mag auch hin⸗ 
geben. Aber was will er damit fagen, baß er Tieckts Romans 
zen nicht gelten läͤßt? daß Tieck der Muſik ber Sprache zu 
viel von Kraft und Snergie aufopfere? Wir bezweifsin mit 
Recht, daß er irgend eine Romane von Tieck, daß er die um 
vergleichlich ſchoͤnen, beutfchkräftigen im „‚Setreuen, Scdarbt” 
Eennt.. Den Maler Müller lobt er. Immerhin. ‘Gegen Buͤr⸗ 
ger iſt er aber um fo ungerechter, als er ben Gchiller’fchen 
Balladen vor allen, felbft vor Goͤthe's den Vorzug gibt, welt 
ihm ber letztern Gegenftände zu wenig hanbgreifii find. Das 
ee an Schiller's Balladen bie malerifche Diction, bie Reflerioe 
den (the contemplative) befonders hervorbebt, begreifen wie 
nicht. Als Mufter und Vorbilder zu Balladen firhen doch um« 
ftreitig bie‘ alten, altenglifchen, altſpaniſchen, altdeutfhen ta, 
Die altengliſchen kennt ee gewiß. Findet ſich aber in diefen, 
in bem echten Balladentone , eine Spur von ben reflectirenden 
Auswüchfen des Schiler’fhen? Wan verftehe wohl, wir achten 
bie Schiller'ſchen Balladen fehr. Aber in reinerm Geſchmack, 
als die Höchfte, in unergründliche Gedankentiefe getauchte Wer» 
edlung bes alten echten Ballabentones, erfcheinen doch bie Sd⸗ 
the’fchen. Daß fig bamit das Derbe, Materielle der Bürger’: 
ſchen nicht verträgt, verſteht fi nom ſelbſt. Aber find nicht 
unter ben alten Ballgben auch viel zartere, bie aus ber Melt 
der Einbilbung nicht in die wirkliche übergehen? Hält ßch nun 
uhland mehr an Goͤthe alt an Schiller, fo hat er eben Hecht. 
Und es ift gewiß ein Hohes Lob, wenn man ihn bdereinft als 
ben reinften, uäftigfien Nachhall des von Goͤthe angefchlagenen 
Zones nennen fannz wiewol der Ton boch immer nur Neben⸗ 
fache bleibt, und nicht zu vergefien ift, daß eben die höchfte 
Weihe ber Goͤthe'ſchen WBalladen, von der bei Schiller Feine 
Rede fein Tann, in ber Conception beruht, bie nicht mo nad 


geahmt werben möchte. 

. —rtp | =, . 
Walter Scott über „Eugen Aram”. 
Als W. Scott in Kom war, bat er einen. feinge Landes 

leute um eine englifche Lecture, Unter bem kleinen Buͤchervor⸗ 


sathe, den diefer befaß, wählte er etwas vom Verf. des „Pel⸗ 
ham’ unb erhielt darauf „Sugen Aram”. Als nad) wenig 
Tagen W. Scott dies Buch zurhdigab, verficdherte ex, ſeitdem 
ee England verlaſſen, habe ihn nichts fo viel Bergnügen ge⸗ 
madıt. Gr fprady bann noch ‚viel &ber Bulmer und feine ſchrift⸗ 
ftellerifche Thätigkeit und äußerte. u. %,, nachdem er feinem 
legten Werke die größten Lobſpruͤche ertheilt Hatte: „Ich kann 
mir kaum einen größern Beweis von Talenk denken als der iſt, 
wenn ein Autor zum Dtoff feiner :Eraählung MWegebenheiten ° 
wählt, bie faſt allen feinen Lefern bekannt find and dennoch fo 
außerorbentliches Intereffe dafür zu erregen weiß. Das ift ber 
einzige Fehler biefes Buches’, fetzte er laͤchelnd hinzu, „ich 
las baran bis ſpaͤt in bie Nacht, konnte es aber nicht aus der 
Das legen, und es bat mich zwei Mal um den Schlaf ger 
racht.“ 


EGEine Flugſchrift: „A call to women of all ranks in the 
british empire, on the subject of the national debt“ (London 


1832), fodert alte britiſchen Frauen auf, durch freiwillige Bar 


ben und periobifche Beiträge einen Theil der Ratiomalfchuib 
du fügen. Das Wie u. fe w. wird febr ausfüprtid „Darin 
erörtert. . 


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fuͤr— 


liferarifhe Unterhaltung 





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Bannäbend; a 


2 Bebruan 1833. 





uber: das Schulweſen im briüſhen Indien. 
WWeſchluß aus Nr. 8.) 

Fuͤr die niedern Volksſchulen iſt im Allgemeinen ſeit 
4817 bie Calc, .schoolbook society durch Werbreitung 
won nuͤtziichen Elementarbuͤchern, an deren Genauigkeit 
freilich Manches gu. tadeln wäre, beſonders thaͤtig, und 
Bombay ſowol als Madras find mit einer ähnlichen Ein⸗ 
richtung gefolgt. Die Gefelifchaft erfreute ſich fofort bei 
ihrem Auftreten der reichten Unterftigung von Seiten 
der Hindus, denn unter 200 Subfcribenten . hatten 80 
reiche Eingeborene auf das Freigebigfis beigeſteuert. Vom 
October 1825 bis December 1827. waren 28,668 Schul 
bücher ausgegeben. und dafür jährlid) 6425 Rupien ein: 
genommen, wozu Lord Amhetſt bei feiner Abreife noch 
4000 Rupien fchenkte. In den Sahren 1829 und 1830 
beachte der Verkauf 10,000 Rupien ein, jedoch bemerkte 
man eine geringere Theilnahme dar Hindus; nach engli⸗ 

Buͤchern war große Nachfrage. Die eben genannte 


Geſellſchaft bildet einen engern Ausſchuß der allgemeinen 


Calc. school oder edutation society, welche uͤber ſaͤmmt⸗ 
liche Elementarſchulen zu Kalkutta die Aufſicht führe Sie 
Hat ſich neben Priyatunterſtuͤtzungen eines Zuſchuſſes vom 
Souvernement zu erfreuen, und ber Generalgouverneur 
ſelbſt hat ihr einen jährlichen Beitrag von 1200 Rupien 
zugefichert; wiederum aber find es groͤßtentheils bie Eins 
geborenen, welche am meiſten fubfcribirt. haben und bie 
meiſten Schulen freiwillig unterhalten. Der vierte Be 


zichs des Secretairs Radakant Deb. vom. Jahr 1825 if 


bier von großem Intereſſe. Er habe, ſagt er, die ſaͤmmt⸗ 
Ehen Schulen Kalkuttas, damals 166 an der Zahl, in 
vier Bezirke abgetheilt und vier Babus oder vornehme Hin- 


dus zu Oberinfpectoren, gleichfam Schulraͤthen, ernannt, 


7 fie beſtaͤndig revidiren zu können; 85 von jenen Schu⸗ 

Sen ſeien gegenwaͤrtig unter der Patronſchaft der Schul⸗ 
focietät, 30 Privatſchulen hätten fi in die übrigen auf⸗ 
geiöft; er babe überdies wieder 17 bramaniſche Reli 
giendiehrer durch eigne Anſicht dee Schulbücher überzeugt, 
daß keine religioͤſen Gegenſtaͤnde darin zur Sprache Bi: 
men. Bei einer GCentralverfammiung im Haufe des Gopi 
Mohan Deb (Zebruge 1827). belief fi) die Baht ber 
Schiler auf 2000, von demen 200. zugegen waren, um 
Preife, meiß in englifhen Büchern, zu erhalten, Die 
Fortſchritte in der griechiſchen, roͤmiſchen und englifhen 


Geſchichte wurden bedeutend gefunden, das Examen wurde 
Engliſch und Bengaliſch vor einer großen Menge von 
vornehmen Indiern abgehalten. Es mangelte jedoch fuͤr 
die meiſten Schulen noch an eignen Gebaͤuden und der 
Unterricht fand in den Wohnungen reicher Hindus ſtatt; 
aber der Uebelſtand, daß fruͤher die Knaben nach dem 
Range und der Kaſte einzeln unterrichtet werden mußten, 
hatte ſich bereits in den meiſten dieſer indigenous schools 
gehoben, denn es war nunmehr ein gemeinſchaftlicher Un⸗ 
terricht nach der Claſſenordnung eingefuͤhrt. Die meiſte 
Srequenz bat die Arpulyfchule, in deren höhern Claſſen 
ein Pandit und vier einheimifche Lehrer unterrichten; fie 
zählte 1829 225. Knaben, welche bei der Prüfung bes 


ſonders in ber Geſchichte, Geographie, der neuern Statie 


fit von Europa und im Engliſchen gute Kenntniffe zeig: 
ten. Eine wichtige, für fi ſich beftehenbe Buͤrgerſchule, welche 
jedoch mit der Societät in Berbindung fteht, iſt noch zu 
nennen, die Anglo-indian school oder college. Sie zählt 
über 400 Schüler aus den erftim Ständen der Hindus, 
it in 17 Claſſen nach dem großen Umfange ihrer Lehr 
gegenftände getbeilt, denn fie geht von den Lefrübungen 
aufwärts zu allen Hauptdialekten Indiens und zu den 
Wiſſenſchaften Europas über, ſodaß unter Anderm Mechas 
nit, Optik, Hydraulik -und Chemie gelehrt werben, und 
bei dem jährlichen Eramen 1827 dag erfte Buch des 
Euklid ind Bengaliſche ˖ überfegt wurde. Einheimiſche leis 
tem auch bier faſt Alles; Babu Prafannatumär Thakur 
hielt bei einer Prüfung (14. Januar 1825) eine ſchoͤne 
Dankrede an den Praͤſidenten Harington für den freunds 
tihen Beſuch, und Babu Kaſikant Ghoſal ſchenkte bei 
dieſer Gelegenheit dem Comité 20,000 Rupien zum Bes 
huf des Schulweſens. Von den Fortfchritten ber Schüs 
ler mag es einen Beleg geben, daß im Jahr 1828 ein 
junger Hindu, Kriſhna Mohan Banerji, in Gegenwart 
des Lord Bentind die Urſachen und Folgen der Kriege 
der "weißen und rothen Roſe gruͤndlich auseinanberfegte, 
und ein anderes Mal (1831) der Secundaner Ramtonu 
Lahori von dem Umſturze des roͤmiſchen Reiches durch 
den Einfall ber germantichen Völker ſprach. Was aber 
dieſer Schule noch ein befonderes Intereſſe verleiht, iſt, 
daß fie durch den merkwürdigen Kammohun Roy unter 
dem Kamen Vidyälaya (mifienfchaftliches Inſtitut) geftife 
tet umd anfänglich unterhalten wurde, durch jenen Phil⸗ 





Blätter. 


" für 


; iteratifge Unterhaltung 


ta 
L 





















N — — 12 Thir. 


* * — poſtamt in Halle, oder das f 


‚Leber das Schulweſen im britifchen Indien. 
5° Mod vor etwa zwanzig Jahren konnte die oftindifche 
e e mit vollem Rechte einer kalten Nachlaͤſſigkeit, 
7 fie in Bezug auf Bildungsanftalten in ihrem weis 
h Gebiete öffentli an den Tag legte, beſchuldigt wer: 
— und fie wurde felbft eines Strebens, fich aller Er 
— m: der Eingebowmen zu volberfegen, auf das Nach: 
Xillchſte in beitifchen: ſowol als auswärtigen Zeitſchrif⸗ 
Ge ongeflagt. Die Sache hat ſich in neuern Zeiten, bes 
s unter den beiden würdigen Generalgouverneuren 
R und Bentinck und bei dem raſtloſen Streben des 
m Biſchofs Heber bedeutend geändert; bie eifers 
Bi Seunten, weiche Abneigung, Vorurtheil, lange Ge: 
. und 4 geſchmiedet hatten, ſind endlich 
und es iſt für den Menſchenfreund wahr: 
Dre, Die Kortfchritte der gereiften europaͤiſchen 
ia einen Rande zu beobadyten, welches einft durch 
—* für fo viele Voͤlker der alten Welt die 
gelegt: hatte. Nur wenige Jahre find hinreichend 
um Die Inder von der Ueberlegenheit der weſt⸗ 
u Mater zu Überzeugen; wir fehen fie anfänglich ſich 
aften und Hortichritten derfelben entgegenftems 
a achig, aber mit Verdacht und Unmuch ders 
‚ endlich aber mit einem Eifer fich herau⸗ 
es Deutlich beurkundet, daß fie bie Vortheile 
z im Stillen gepräft und nunmehr ernſtlich 
* * dieſe ebenfalls anzueignen. Die Preſſen 
find in. beſtaͤndiger Bewegung, Journale 
e Gieffiter werben gedruckt, die beiten Werke 
m Aberfebt ‚und beiſpiellos wohlfeil verkauft; oͤf⸗ 
werden angelegt, zu Bombay wurde 
ein Gebäude dazu errichtet, und 
— * * liefen uͤber tauſend gedruckte Werke 
— ein; die meiſten griechiſchen und 
ſind vorher, bie Bibliothek iſt Je⸗ 


L 
e 


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.o 


ämter, die fich an die koͤnigl. —A — Beitungserpebition in Leipzig, das 
fürſtl. Thurn und Zarifhe Poſtamt in Altenburg 
tfendung findet wöchentlich zwei Mol, Dienſtags und Freitags, aber auch in Monats heften ſtatt. 





1. Februar 1833. 


zur Na ch richt. 
Bon dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und ift der Preis fuͤr den 
Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beſtellung darauf an; ebenſo 


koͤnigl. 


dem zugaͤnglich, unb die Eingeborenen wetteifern mit den 
Briten, diefelbe zu benutzen; nach englifhen Büchern ift 
die meifte Nachfrage, denn die gebildeten Hindus eignen 
fi vorzugsweife dieſes Drgan der Mittheilung an, um 
ihren Lehrern niche nachzuſtehen. Was noch vor einem 
Decenntum ein Wunder in der Iiterarifchen Welt gewe⸗ 
fen wäre, das Dichtwert eines Hindu in englifcher 
Sprache, welche von feinen Mundarten fo gänzlich bers 
fehteben iſt, liegt gegenwärtig vor: „The shair (der Barde) 
and other poens by Kasiprasad Ghosh (Kaltutta 1830), 
dem Lord Bentinck zugeeignet. Die Gedichte find fo 
vortrefflih und in einer fo reinen Sprache, daß wir uns 
kaum enthalten koͤnnen, eine Probe daraus mitzutheilen. 
Mehre engliihe Briefe an das Parlament, ben Court of 
directors und einzelne Gelehrte find vorhanden, welche 
wahrlich den Hindu nicht verrathen, und eine Kritik des 
Kafinach Ghoſe über Mill's Schmaͤhungen des indischen 
Charakters geht mit geimbdlicher Gelehrſamkeit und mit 
Kenntniß der griechiſchen Schriftitellee auf die Sache ein. 
Die beiden . Präfidenefchaften Kalkutta und Bombay bil 
den gegenwärtig noch den eigentlichen Herd ber aufblühens 
den Cultur, jedoch verfpricht auch Madras nicht zurüde 
zubleiben; allenthulben drängen die Indier nicht ſowol 
ihre Kinder in die Schulanftalten, fondern fie tragen auch 
ans reichlichften mit ihrem Vermoͤgen zur gedeihlihen Er: 
haltung derſelben bei. Diefe Sreigebigkeit erſtreckt ſich 
ebenfalls auf andere Inſtitute: im Jahre 1328 wurde 
eine Sammlung zur Ausbreitung nüslicher Kenntniffe in 
den ſchottiſchen Dochländern von eingebotenen Indiern 
durch bedeutende men vermehrt; im folgenden Jahre 
ſchenkte ein Indier von Morſchidabad, welchem man die 
Rajahſchaft (eine Art von Adel im gegenwärtigen Indien) 
ertheilt hatte, eine halbe Lak Rupien oder mehr als 
5000 Pf. Sterl. mm fie zur Einrichtung einer Dampf⸗ 
maſchine,“ eines Waſſerleitung in Kalkutta und auf dqs 


130 


Biſchofscolleglum zu verwenden. Die ſchoͤnſten Gebäude 
in Kalkutta erheben fi auf Koften der Dindus, dahin 
gehört das prächtige Haus des Dvarkanath Tagore in ber 
Damdamftrafe und der weitläufige Palaft des Rajah 
Buddinäch, in welchen er die vomehmften Europder mit 
glänzenden Gaftmählern zu bewirthen pflegt: gewiß das 


befte Zeugniß von dem guten Vernehmen, in welchem bie 


Vornehmften des Volkes zu ihren Obern ftehen. Zuͤge 
diefee Art könnten noch in reicher Menge angeführt wers 
den, allein wir befchränfen uns bier auf die wichtigfte 
Angelegenheit, nämlich) den gegenwärtigen Band des 
Schulweſens in Indien und hoffen, daß einige Mitthei⸗ 
lungen darüber, zu welchen beſonders Meferent ſich vers 
pflichtet fühle, da er früher in die obige Klage mit ein 
geftimmt, von Interefie fein werden. 

Das Ältefte Inſtitut zu Kalkutta, das Fort William 
college, von W. Jones geftiftet, bleibt von biefer Be⸗ 
trachtung, welche nur bie jüngern Anftatten ins Auge fafs 
fen will, ausgefchloflen, denn es bat einzig und allein 
zum Zwede, junge Engländer, welche ald Schreiber In 


den Dienſt der Compagnie treten wollen, in ben Landes⸗ 


fprachen auszubilden. Es reiht fi aber daran, um von 
den höhern Lehranftalten zu beginnen, ba das Datum ber 
meiften einzelnen Stiftungen fid) aus den jährlichen Rap⸗ 
‘ports kaum ermitteln laͤßt, das Sanskrit college zur Er: 
‘Haltung und Belebung ber Paterländifchen Sprache und 
Literatur, zur Aufrechthaltung der alten Geſetze, inſoweit 
fie mit der neuern Zeit beftehen können, beſonders aber 
zur Erwerbung und Aneignung ber europäifchen Bildung, 
fodaß dieſes Gymnaſium ein wichtiges Band zwiſchen 


Indiern und Briten bildet. Die meiſten Lehrer ſind ge⸗ 


borene Hindus, jedoch unterrichteten früher auch Shak⸗ 
ſpeare, Price, Wilſon und andere ausgezeichnete Kenner 
des Sanſkrit; bei den Pruͤfungen iſt ein gemiſchtes Pu⸗ 
:blicum von Pandits und Briten zugegen; Reden werben 
im Sanſfkrit gehalten, Ueberſetzungen aus dem Engliſchen 


ins Sanffrit vorgelegt und dor dem Eramen einzelne Acte 


aus den alten Dramen, z. B. „Mrichchhakati”, von ben 
Zöglingen bargeftelltz im Sebruareramen 1830 wurden 
Stellen aus dem Shakſpeare mit richtiger Accentuation 
declamirt. Die Anftalt befteht durch Beiträge von Hin: 
dus mit Zuſchuͤſſen vom Gouvernement, fie trat 1824 
ins Leben, und ſchon bei dem erften öffentlichen Eramen 
(15. San. 1825) wurden für 350 Rupien Buͤcher als 
Preiſe vertheitt: „Panini“, „Mugdhabodha”, „Sähityadar- 
panam“ und- andere wichtige Werke ber alten Literatur. 
Eeit 1826 erhielt das College ein, eignes Gebäude in 
Datäldangafquare und im Februar 1828 war fogar bie 


- Mede, den Kreis der Lehrgegenftände fo bedeutend zu er: 


meitern, daß fortan-in einer medicinifch » anatomifchen Glaffe 
ein vollftändiger Curſus der Medicin auf eucopäifche Weiſe 
follte durchgemacht werden. Die Anflalt wird von den 
indifchen Zeitungen häufig befprechen, von dem Blatte: 
„Timer Nasaka”, welches die gute alte Zeit erhebt, na: 
tärlicherroeife verdammt, von der bengalifchen Zeitung: 
„Samächäradarpana”, die unter Mitwirkung der Miffio: 


rampur erfcheint, ebenfo unmäßig gelobt. Hier möge nur 
die Klage eines Vaters, wie fie eigentlich wol noch bie 
Stimme jedes orthodorm Hindu iſt, aus der gemäßigten 
MWochenfchrift „Samvatchangrika” eine, Stelle finden: 

Ich babe (heißt e6 Hier unter Auderm) eine monatliche 
Summe nicht geſcheut amb Meinen Sohn in das college 
than, um einen Gelehrten aus Ihm zu machen. ' Aber fein 
tragen hat ſich ganz geändert, er hat Sitten und Kleibung feis 
nes Landes vergeflen, trägt fein Saar abgefchnitten und engs 
liſche Schuhe an ben Füßen, wäfcht fi vor dem Eſſen nicht 
mehr und antworter auf alle meine Srinnerungen nur: bummes 
Zeug! Ic fragte nun bei den Übrigen Zöglingen und Lehrern 
weiter nach und erfirhe, daß bie Burſche Engliſch lernen, Arith⸗ 
metit, Meßkinde, Altronomie, Geographie, Geſchichte ber Kör 
nige von England, und baf fie drei Mal in der Woche Bar: 
trägen beimohnen, wobei man Feuer in Waſſer und Waſſer in 
euer verwandelt; daß fie in den Abenbftunden zuſammenkom⸗ 
men, um zu disputisen, und mit Bänfefebern ein zirpendes Ge⸗ 
Prigel machen, was fie Handſchrift nennen. Ich nahm hierauf 
meinen Zungen vor, befay feine Banbdfchrift, die weber zu Gins 
ladungslarten noch zu Rechnungen mehr zu gebrauchen war; er 
aber meinte, meine Schrift fei nicht Schreiben, fondern Malen, 
und die Pandite ſchrieben gewöhnlich fchledyt (Hocti male pin- 
gunt) ; eine Sprache war ein englifches Bengaliſch geworben, 
und fobatd ich tum corrigirte, rief er: dummes Beugt ODie hei⸗ 
ligen Bramanen und Pandits nannte er Spigbuben und Nar⸗ 
ven, und demit er ſich ganz; von feinen Vätern entferne, ges 
wöhnt er fi en, mit ſchnellen Schritten einherzugehen wie bie 
Engländer. In ber Religion ſah es bei feinen Mitfchhlern 
ſchlimm aus, denn’ einige waren völlige Atheiften, andere hete⸗ 
rodox geworben, und einige glaubten Gemeinſchaft mit dem hei⸗ 
ligen Srifte zu haben. So haſſen fie Alles, was ihr Baterland 
betrifft, kennen jeden Berg und Fluß in Rußland, obne Kiber 
ihre Heimat etwas au wiflen; fie koͤnnen nicht fagen, an wels 
er Seite von Kallutta Burbwan liegt, oder wo der Sona 


fließt und die Rajmahalberge fidy befinden. Ich wollte meinen 


Sohn aus tem College nehmen, aber ber Lehrer ließ es nicht 
zu3 meine monatlichen Beiträge «babe ich jeboch eingeftellt. 

Welche Früchte aber unter den gebildetn Indiern 
disfe Anitale trage, läßt ſich ſchon daraus ermeflen, daß 
diefe nach dem -Beifpiele Ihrer Söhne zufammentreten, um 
fi) gegemfeitig zu delchren; eine dieſer Gefelifchaften führt 
ben Namen Inänasandipana (Kenntniß zu belauchtenbe) 
ober Hindu society for .promoting knowledge, fie verfam= 
melt fi unter ihrem Präfidenten Babu Omananda Tha⸗ 
tur in defien Behauſung alle Sonnabend, um mit ihren 
Pandits ‚gelehrte Disputationen zu halten. - Europa endlich 
verdankt bereitö der Commitee for public instruction, 
welche über jenes Hinducollege die Inſpettion fährt, eine 
Menge von wohlfellen Texten ber Sanfkrittiteratut, uͤber 
welche bei einer andern Gelegenheit: Bericht erflattet wer: 
den fol. W 

Eine zweite Anſtalt, welcheden Namen College führt, 
alfo nad emglifcher Weife fi, von ben Knabenſchulen 
unterfcheidet und auf hoͤhere Lehrgegenitände Anſpruch 
macht, iſt das Bishops college nahe bei Kalkutta. Es ers 
haͤlt ſich durch Subferiptionen und Schenkungen bei ei: 
nem jährlihen Zufchuffe von 1000 Pf. Stel. aus dem 
Miffionsfonds, denn der Zweck iſt ausfchliehlich, um Miſ⸗ 
fionare für die englifhe Kieche zu erziehen. Das größte 
BVerdienft hat dieſes College dadurch, daß es einige Ars 
menſchulen und Findelhaͤuſer unterhaͤlt und deren Zoͤg⸗ 


nare und im Intereſſe der britiſchen Regierung zu Se⸗linge ſpaͤterhin aufnimmt; jedoch koͤmen auch andere Kna⸗ 


434 
hen eiatreten, nur von Ihren eltern und Verwandten 


dem Miffionsgefchäfte nicht mehr entzogen werben. Eine 
Armenfchule der Art, Benevolent institution, findet ſich 


In Lolbazas; fie wicd won. 
im Sabre 1824.16, Snaben von britifchen: Arten, 95 


iffionaren geleitet und hatte 


von portugieffichen, 21 junge Hindus, 10. Chinefen, 6 | 


Mottenien, 4 Malayen und 3 Armenier; eine zweite, 
Native infant school, auch Grammar school genannt, zählt 
gegen 80 Kinder aus ber dürftigiten Clafle von 2—8 
Jahren, welche Morgens um 9 Uhr hingebracht, ‚Abends 
um 5 Uhr abgeholt und Mittags mit einem guten Mahle 
geftärft werden. Im Urbrigen aber ſtimmen auch bei bie: 
fer Gelegenheit bie indifhen Zeitungen mit ben Reiſenden 
auf eine merkwuͤrdige Weiſe uͤberein, daB felbft durch je- 
ned College das Miffionsgefchäft in Sindien wenig oder 
gar nicht gefördert werde. in englifches Blatt („Calc. 
John Bull”, 1829) fagt: es ſei Leicht, eine Socletät mit 
ihren Patronen, Präfidenten, Virepräfidenten und Secre⸗ 


talren zu· gründen, Berichte und Tractate gu drucken, 


ber der Eifer der Miſſionare ſelbſt muͤſſe nothwendig bei 


den unuͤberwindlichen Hinderniſſen erkalten, und ſchließt: 


„at this moment there are fewer professing chtistians 
frem among our native population than there were ten 
years ago“. Eine andere Zeitung meint: die Bemühuns 
gen bee Miſſionare muͤßten den aufgeklaͤrten -Einheimi: 
fihen eroig fremd bleiben, und die Wenigen, über melche 
fie ttinmphirten, "gehörten zu dem ‚Abfchaume der menfchs 
lichen Geſellſchaft (the scum of sgciety). -. Der denkende 
Chriſt, der die Wohithaten feiner Rekigien um fo wär: 
mer und inniger erkennt, je mehr er die Bande der alten 
Dogmatik abftreife, wird diefe Erfchelnung zu würdigen 
wiſſen, aber fie wird ihn keineswegs nieberfchlagen dürfen, 
wenn er in den Bildungsanftälten die erſten Seminarien 
erblidt, aus welchen dereinſt auch für Indien die ſchoͤn⸗ 
fin Fruͤchte des Chriſtenthums heroörfprießen werden. 


Dir Plan zu einem dritten College, Melcyes zwiſchen 


beiden foeben gefchildetten in der Mitte liegen und hin- 


fihtlich feiner Einrichtung und Lehrgegenflände ganz nad) 


Kings college in London fidy richten folfte,; erfchlen 
im Jahre 1829, vom Archidiakonus ˖Gorrie entworfen. 
Die Sonde follten durch Artfen, Subfeription und Schen: 
tungen aufgebracht werden und das Inftitut in zwei grö- 
here Abtheilungen zerfallen: . in,eine höhere Claſſe für die 
Anhänger der englifdsen Kirche, welche an allen Benefi⸗ 
cha des College Anthell nehmen, die eigentlihen Mem- 
bers deſſelben bilden wuͤrden und zu Lehrämtern die Aus: 
fiht hätten, und eine niebere für andere Confeffionen, 


welche nur zu Beiträgen verpflichtet. ngären und zum. wes 


nigften 500 Rupien ſchenken müßten, um einen Zoͤgling 
vorfhlagen. zu duͤrfen, Allein gegen. den Profpectus er 


ſchienen fofort in der „Calc. gazette” triftige Einwen⸗ 


dungen, welche das Enaherzige des Plans beleuchteten: 


— 


ed gebe weit mehr Andosportugiefen, roͤmiſche Katheliken, . 


Hindus und Moslemen als Mitglieder der high church, 
deren Kinder kaum ein Zehntel des College ausmachen würden, 


während alle Uebrigen die Lafien trägen und in den Dins ' 


tergrund traͤten. „We must protest”, heißt es daher, 


„against an institution founded on views.and pretensions 

so narrow, intolerant and illiberal.” Und fo ift die Ein: 

richtung des College bis jegt unterblleben. 
| u : (Der Befhluß feigt,) 





Ueber Lebensverficherungen und andere Verforgungsanſtal⸗ 
tn. Von J. 3. Littrow. Win, Bed. 14832. 
Gr. 8. 18 Str. | 

Es if fehr verbienftlich, wenn Gelehrte von. dem 


1) { 
Standpunkt, ben fte im Reich der Wiffenfchaften erlangt —8 


herabſteigen, um ſich durch Beleuchtung von weniger tiefen, aber 


‚für. das praktiſche Leben und die buͤrgerliche Criſtanz gemeinmügf: . 


gen Problemen allgemeinen Dank’ zu:⸗verdienem Diefed:-Khut 
der ald Mathematiker ruͤhmlich bekannte Verfaſſer, indem er eis 
nen Gegenſtand der wiffenfchafttichen Forſchung unterwirft, weis 
her, an fi wohlthätig, ja fegenereich, durch jede Irrung, jeden 
fi einfchleichenden arithmetifchen Fehler in fein Gegentheil ver⸗ 
Wwanbeit wird ‚und Fiuch ftatt Gegen hervorruft... Es bebauf 
feiner weitläufigen Auseinanderfegung, um darzuthun, wie bie 
vnem Jeden; deſſen Einnahme nus einigermaßen. die unum⸗ 
re noͤthigen Webürfniffe überfchreitet, gegebene Moͤglichkeit, 
ch und bie Beinigen- für ben Fall feines hülfgbehürftigen- M⸗ 
ters gegen Roth zu ſichern, oder durch jährliche, feinen Verhaͤlt⸗ 
niffen angemeffene Beiträge feinen Hinterlaſſenen ein von ſei⸗ 
nem frübern oder fpätern Tode unabhängiges, gegen alle Wech⸗ 
feifälle des Schickſals geſchuͤgßtes Austonimen zu hinterlaffen, 
ein hoͤchſt erfreuliches Ergebniß gefteigerter Cultur und verbrei« 
teter Humanität fei. Wenn man bebentt, wie von Einrichtun⸗ 
gen biefee Art der Zroft im Beben unb im Tode vieler Faml⸗ 
lienvägee abhängt, wie auf ihnen‘ die einzige ‚Rettung huͤlfelo⸗ 
fer Waiſen gegen Noth tm grellſten: Sinn bes Worts, gegen 


phyſtichen und moralifcyen Untergang beruht, zugleich aber bt: 


ruͤckſichtigt, daB die Beiträge, welche ihre Fonds bilden, aus 


muͤhſam erfparten Pfennigen armer, um bie Zukunft der Ihrl⸗ 


gen beſorgter Kamilienväter zufammengefegt find, daB Abdar⸗ 
bungen, von denen ber Wohlhabende keinen Begriff hat, Ver⸗ 
zichtieiſtung auf alle Beinen, ohnehin fo ſparſam zugemeſſenen 


BWeuͤfſe diefe Erfparniffe möglid machten: fo wird man. von . 


der Heiligkeit diefer Inflitute durchdrungen werbep usb fühtem, 
daß, wenn irgend ein Eigenthum oder Recht im Staate einer 
befondern Begünftigung, einer Art daſſelbe fehügenden Sacrile⸗ 
giengefeges genießen darf, es die erwähnten Verſorgungsan⸗ 
falten fein müffen. Um fo tabelnswerther ift ber unbegreifliche 


- Reichtfinn, mit welchem Berforgungsanftalten oberflächlich bes 


rechnet, eiligſt conftituirt, 'mit pomphaften Worten auspofaunt 
Werbe ind uhr fo mehr Ungluͤckliche finden, weiche ſich täus 
fen laſſen, als grade ber Aermete am leichteſten hofft‘- wunb 
der natüirtihe mathentatifche Sinn, welcher durch angeborenm 
Talt die Unausführbarkeit übertriebewer Verſprechungen erkennt, 
nur Wenigen gegeben iſt. Uebtigens ift Betruͤglichkeit nme Tälhd«- 
ner die Urfache folder midlungenen Operationen, meiftens iſt es 
die große, mächtige Triebfeder, welche faft alle unbefugte po⸗ 
litiſche, ſtaatswirthſchaftliche, uͤter aruche Speculationen hervot⸗ 
ruft, die Eitelleit, und die Ider ais Begkider der Menſchbelt 
bewundert gu werben‘; iſt ;fehe verlockend. Es ft nicht meine 
Abſicht, Hier gegen Sie Eitelkekt beim Wohlthun zu declamiren, 
vielmehr möchte ich in unferer Zeit, wo einmal nichts ohne 
Affectation geſchehen kann, ihr in’ Berug auf den Efolg Gas 
Wort reden. Möoͤge die Sitelkeit bei Verkheilung von Mohle 
thaten ihr ohnehin weites Terrain behalten, mögen elegante Das 
men an den Kirchthuͤren Beld fammeln, mögen die S AR 
Bebürftige von zarten Schönen grazids vertheilt werden 4 WEM 
nur gegeben wird; aber anders ift es, wenn umgelehrt ber Aunie 
geben, feinen legten Nothpfennig gegen Berfpredungen-vertum 
ſchen foll: da muß kalte Profa am die Stelle fhöner Redende 
arten treten, abfolute Sicherheit für den MWetheiligten fattfin 





Sen. Die weſentliche Webingung irgend eines gemeinſchaſtlichen 
Feſchaͤfts iſt Garantie des rechtlichen Verhaͤltniſſes, welches bie 
Gefege jedem Wucherer, jedem Pfaͤnderleiher geben, dad aber ben 
meiften Berforgungsanftalten entweber gang fehlt ober, was noch 
ſchlimmer ift, auf einer Iluſion beruft. Es wirb in den Ans 
eampfehlungen ſolcher neu entftehenden Anftalten von der ins 
wiligung und Billigung ber Regierung, ober von bekannten 
Derfonen, deren Namen als Protectoren der Geſellſchaft anloden 
follen, fo viel Pomphaftes gefagt, daß ber Unkundige glauben 
muß, die Regierung oder jene Korpphäen ber Anftalt würden 
jedes etwanige Deficit der Kaffe fogleih bedien, während bie 
‚Regierung das Zufkitut Feineswegs garantirt, fonbern ihm nur 
wie andern @peculationen eine Conceſſion ertheilt, jene Patrone 
der Anftalt aber nur Perſonen vergleichbar find, bie ſich ein 
Buch dediciren laffen, ohne fich weiter um deſſen Schickſale zu 
bedimmern. So geſchieht ed, daß, wenn eine fehlerhaft berech⸗ 
nete Anftalt nach dem ſcheinbar günftigen Succeß bes erſten 
Augendlicks immer mehr ihrem Untergang zueilt und endlich 
m Grfaunen der Dirigenten unter ihren ‚Händen verſcheidet, 
e Getaͤuſchten ſich vergebens nad) einer Garantie umfehen 
md ihr Ungläd um fo weniger begreifen koͤnnen, als fie mit 
lauter cechtlächen Maͤnnern zu thun Hatten. 
1 6 ift demnach, wenn Lebensverfiherungen ihrem beab: 
fichtigten Z3weck entiprehen follen, die wichtigfte, leider am mei⸗ 
fen vernachlaͤſſigte Bebingung,, idaß ihnen voliftänbige Garantie 
nicht fehle, die im ausgebehnten Einn nur der Staat geben 
Kann, fobaß nach meiner Ueberzeugung ein ſolches Inſtitut ſtets 
vom Staat ausgehen follte, welcher ein ewig lebender, ewig 
ſicherer Vorſteher it, während alle andern Dirigenten ben Un⸗ 
fällen unterworfen find, bie ben Menſchen in praktiſcher 
und intellectueller Hinficht bebroben. Man kann bie Wahrheit 
‚biefer Behauptung deutlich: an unfern Theatern fehen, deren 
MBeſtehen auf ähnticgen, wenn andy einfachern Berechnungen als 
Die VBerforgungsanftalten beruht. Gelten erhält ſich ‚ein: ſolches 
-hauernb ba, wo es kein Staatsunternehmen ift, und faſt alle 
‚von Privatperfonen errichteten Theater, berechnet nach dem güns 
tigen Erfoig bes erſten Augenblid&, wo ber Reiz ber Neuheit 
„allgemeinen Kunftfinn als Mode entwidelt, verfallen, weil das 
-erfle Defict der Kaffe das Sinken bes artiftifchen Werthes 
hervorruft, indem bie WBefoldungen verkürzt werben möüflen, 
ebenfo wie bei einer. bem Untergang ſich nahenden Verforgungss 
‚anftalt Die Penfionen nicht mehr gezahlt werben koͤnnen. . 
, (Der Beſchluß folgt.) 





»RNotizen. 
uhland. 

‚ Das „Edinburgh review” beurtheist is feiner legten Num⸗ 
wer Uhland's Gedichte im Ganzen ſehr günftig, wie es denn 
seht und billig ift. Aber es meint, bie fünfte Auflage erklaͤre 
‚Sıh dach nur aus ber trog.aller Quantität fehr ſchwachen Aua⸗ 
Wär der neueften deutfchen Porfien, und fügt hinzu, daß Ge 
Dichte von weit größerer Kraft und poetifcher Faͤhigkeit als "ie 
Upland'fchen zu derfelben Zeit in England erſchienen und faum 
g der Ehre einer zweiten Auflage gelangt wären, fo geringe 

ufwertfamteit hätten: fie ersegt. Wir wollen bahbingeftellt 
Fein laſſen, ob England gegenwärgig fo reich an lyriſchen Poe⸗ 
fen iſt, deng wir Tenmen nichts, bavon, ‚und wuͤnſchen nur, es 
mbge fich bald «in tüchtiger Ueber ſetzer finden, ber uns, fold 
er handene Schaͤte zu Tage fordere. Dem englifdhen Re⸗ 


12 


unb baß wir dereinſt aus dieſer Zeit eine Anthologie haben Fiss 
nen, aller Ehren werth. Uhlanb's Gedichte ſtehen alfo nicht fo 
allein, wie ihr. Sänger ſeihſt ſteht. Dre Gugläuder meint, 
in keinem Lande außer Spanien fei bie Ballade wie in Deutfi 
land cultwirt, und barin ha er Hecht. Gr charalterifirt bie 
beften Balladendichtet mit ein paar Worten, abes ohne Gluͤch 
Daß er ie Stolberg' ſchen Balleden nicht haben mag, ‚gilt umS 
gleichviel,. fie finfen in Bergeffende, Die Schlegel’fhen dar 
ben Feuer, aber geborgtes, Fein natürliches: das mag auch hin⸗ 
gehen. Aber was will er damit fagen, baß er Zied’E Romans 
zen nicht gelten läßt? daß Tieck ber Muſik der Sprade zu 
viel von Kraft unb Energie aufopfere? Wir berweifutn mit 
echt, daß er irdend eine Romanze von Tieck, daß er Vie un⸗ 
vergleichlich fhönen, beutfchkräftigen im „Betreuen, Scarbt” 
tennt.. Den Dealer Müller lobt er. Immerhin. Gegen Buͤr⸗ 
ger ift er aber um fo ungerechter, als er ben Schiller'ſchen 
Balladen vor allen, felbft vor Goͤthe's den Vorzug gibt, weil 
ihm der letztern Gegenftände gu wenig bandgreifiich find. Daß 
er an Schillers Balladen bie malerifche Diction, bie Reflexio⸗ 
den (the contemplative) befonbess hervorhebt, begreifen wie 
nicht. Als Mufter und Vorbilder zu Balladen firhen doch ums 
flreitig bie! alten, altenglifcyen, attfpanifchen, altbeutfchen ta. 
Die altenglifgen Eennt er gewiß. Findet fih aber in 

in bem echten. Yalladentone, eine Spur von. den refle 
Auswüchfen des Schiller' ſchen? Man verftehe wohl, achten 
die Schiller'ſchen Balladen ſehr. Aber in reinerm Geſchmack, 
als die hoͤchſte, in unergruͤndliche Gedankentiefe getauchte Wer» 
edlung bes alten echten Balladentones, erſcheinen doch bie Go⸗ 
the ſchen. Daß fi damit das Derbe, Materielle ber Buͤrger'⸗ 
ſchen nicht verträgt, verficht ſich vom ſelbſt. Aber find nicht 
unter ben alten Ballgben auch viel zartere, bie aus ber Welt 
der Eindildung nicht in die wirfliche übergeben? Hält ſich num 
uhland mehr un Goͤthe ats an Schiller, fo hat er eben Kecht. 
Und es ift gewiß ein Hohes Lob, wenn man’ ihn bereinft als 
ben reinften, Enäftigfien Nachhall des von Böthe angeſchlagenen 
Zones nennen kann; wiewol ber Ion doch immer nur Reben⸗ 
fache bleibt, und nicht zu vergefien ift, baß eben die hoͤchſte 
Weihe ber Goͤthe'ſchen Balladen, von ber bei Schiller Feine 
Rebe fein Tann, in der Gonception beruht, bie nicht wohl nach⸗ 
geahmt werben möchte. i 1053, 


—nppn | on R 
Walter Scott über „Eugen Aram”. 


Ks W. Seott in Kom war, bat ex einen. ſeingz Lands⸗ 
leute um eine englifche Lecture. Unter bem kleinen Buͤchervor⸗ 


rathe, den diefer befaß, wählte er etivas vom Verf. bes „Pels 
ham’ und erhielt ‘darauf- „Eugen Aram“. Als nah wenig 
Tagen W. Scott dies Buch zurädgab, verfidyerte er, ſeitdern 
ee England veriaffen, habe ihn nichte fo viel Bergnügen ge⸗ 
macht. Gr ſprach dann noch viel Aber Bulwer und feine ſchrift⸗ 
ſtelleriſche Ihätigkeit und äußerte. u. %,, nachdem er. feinem 
legten Werke die größten Lobſpruͤche ertheilt Hatte: „Ich kann 
mir kaum einen größern Beweis von Salene denken als ber iſt, 
wenn ein Autor zum Stoff feiner : Erzählung MBegebenheiten 
wählt, bie faft allen feines Lefern bekannt find and dennoch fo 
außerorbentlicyed Intereffe bafür zu erregen weiß. Das ift der 
einzige Fehler dieſes Buches”, fegte er laͤchelnd hinzu, „ich 
las daran bis fpät in bie Naht, Tormte es aber nicht aus ber 
2 legen, und es hat mid zwei Wal um ben Schlaf ges 
racht. | ' 


W Gine Flugſchrift: „A call fo women of all ranks in the 


senfmten. ‚werfen wir zuvorderſt ein, doß, wenn es naͤchſt | britich 


Ubland, Rüderk ausgenommen, gudy feine Namen umter ben 
Zurifchen beutfchen Dichtern ber neeften Zeit gibt (?), doch 
manches einzelne treffliche Gedicht zu finden iſt, wie benn 
wol faf ein jeber Dichtende einmal eines gefchrieben bat, 


wer) 
... 
. 


t ⸗ 
see 


itish -empire, on the subject of the national debt” (London 
1832), fodert alle britifhen rauen auf, durch freiwillige Bas 
ben unb periobifche Beiträge einen heil der Ratiomalichuib 
* tilgen. Das Wie u. ſ. w. wirb ſehr auifuhrlich, darin 
eroͤrtert. 


r : Mepigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagähanblung: J. I. Bra@baus in Seipsig- 
> a . oo. ı " . - , . Fa 


Ä of 


— — — — — —* 


Blaͤtter 


fuͤr 


literarifhe Unterhaltung. 





is 


Sonnabend, 





ceſciut aus Mr. 32.) \ 

Für bie niedern Volksſchulen ift im Allgemeinen feit 
4817 bie Calc, ‚schoolbook society durch Verbreitung 
von nüglihen Elementarbüchern, an bern Genauigkeit 
freilich Manches zu tadeln waͤre, beſonders thätig, und 
Bombay ſowol als Madras find mit einer ähnlichen Ein- 
richtung gefolgt. Die Sefellfchaft erfreute ſich fofort bei 
ihrem Auftreten ber reichten Unterflügung von Seiten 
der Dindus, denn unter 200 Subfcribenten . hatten 80 
reiche Eingeborene auf das Freigebigfie beigeſteuert. Vom 
October 1825 bis December 1827 waren 28,668 Schul 
büdyer ausgegeben: und dafür jähelih 6425 Rupien ein- 
genommen, wozu Lord Amberit bei feiner Abreife noch 
4000 Rupien ſchenkte. In den Jahren 1829 und 1830 
brachte der Verlauf 10,000 Rupien ein, jedoch bemerkte 
mon eine geringere Theilnahme der Hindus; nad) engli⸗ 
ſchen Büchern war große Nachfrage. Die eben genannte 
Gefelfchaft bildet. einen engern Ausfhuß der allgemeinen 
Calc. school oder education society, welche über ſaͤmmt⸗ 
liche Elementarſchulen zu Kalkutta die Aufſicht führt, Sie 
bat ſich neben Prinatunserflügungen eines Zuſchuſſes vom 
Seuvernement zu erfieum, und ber Generalgouverneur 
ſelbſt hat ihe einen jährlichen Beitrag von 1200 Rupien 
gugefüchert; wieberum aber find es größtentgeils bie Eins 
geborenm, welche am meiſten fubferibiet haben und bie 
weißen Schulen. freiwillig. unterhalten, Der. vierte Bes 


richt des Secretairs Radakant Deb vom. Jahr 1825 if 


bier vom großem Intereſſe. Er habe, fügt er, die ſaͤmmt⸗ 
lchen Schulen Kalkuttas, damals 166 an der Zahl, in 
vler Bezirke abgetheilt und vier Babus oder vornehme Hin⸗ 


dus zu Oberinſpectoren, gleichſam Schulraͤthen, ernannt, 


am fie beſtaͤndig revidiren zu koͤnnen; 85 vom jenen Schu: 
fen fein gegenwaͤrtig unter der Patronſchaft der Schul: 
focietät, 30 Privatſchulen Hätten ſich in die übrigen auf- 

; er babe überdies wieder 17 bramaniſche Reli 
giondtehrer durch eigne Anficht der Schulbuͤcher überzeugt, 
daß Leine religisfen Gegenflände darin zur Sprache kaͤ⸗ 
men. Bei einer Gentralverfammiung im Haufe des Gopi 
Mohan Deb (Februar 1827) belief fi) die Baht ber 
Schuler auf 2000, von demen 200 zugegen waren, um 
Preiſe, meif in englifhen Büchern, zu erhalten. Die 
Fortſchritte in der griechifchen, roͤmiſchen und englifchen 


Geſchichte wurden bedeutend gefunden, das Examen wurde 
Engliſch und Bengalifh vor einer großen Menge von 
vornehmen Indiern abgehalten. Es mangelte jedoch für 
die meiften Schulen noch an eignen Gebäuden und ber 
Unterricht fand in den Wohnungen veiher Dindus flatt; 
aber. der Webelftand, daß früher die Knaben nad) dem 
Range und der Kaſte einzeln ‚unterrichtet werden mußten, 
batte fich bereits In den meiften diefer indigenous schools 
gehoben, denn es war nunmehr ein gemeinfchaftlicher Un⸗ 
terricht nach der Glaffenordnung eingeführt. Die meifte 
Frequenz hat die Arpulpfchule, in deren höhern Claſſen 
ein Pandit und vier. einheimifche Lehrer unterrichten; fie 
sählte 1829 225 Knaben, welche bei der Prüfung bes 
ſonders in der Gefchichte, Geographie, ber neuern Statie 
Fit von Europa und im Englifchen gute Kenntniffe zeig: 
ten. Eine wichtige, für fich beſtehende Bürgerfchule, welche 
jedoch mit der Societät in Verbindung fieht, iſt noch zu 
nennen, die Anglo-indian schpol oder college. Sie zählt 
über 400 Schüler aus den erſten Ständen der Hindus, 
ift in 17 Claſſen nach dem großen Umfange ihrer Lehr⸗ 
gegenftände getheilt, denn: fie geht von den Lefeubungen 
aufwaͤrts zu allen Hauptdialekten Indiens und zu dem 
Wiffenfhaften Europas über, ſodaß unter Anderm Mechas 
nit, Optik, Hydraulik -und Chemie gelehrt werden, und 
bei dem jährlihen Eramen 1827 dag erfte Buch des 
Euklid ind Bengatifche- überfegt wurde. Einheimiſche leis 
tm auch bier faſt Alles; Babu Prafannatumär Thakur 
hielt bei einer Prüfung (14. Januar 1825) eine [höre 
Dankrede an den Präfidenten Harington für den freund 
lichen Befuh, und Babu Kaſikant Ghoſal fchenfte bei 
diefer Gelegenheit dem Comité 20,000 Rupien zum Bes 
buf des Schulweſens. Won den Fortfchritten der Schüs 
lee mag «8 einen Beleg geben, daß im Jahr 1828 ein 
junger Hindu, Kriſhna Mohan Banerji, in Gegenwart 


des Lord Bentind die Urfahen und Folgen der Kriege 


der weißen und rothen Roſe gruͤndlich auseinanderfegte, 
und ein anderes Mal (1831) dee Secundaner Ramtony 
Lahoti von dem Umſturze des römifchen Meiches durch 
den Einfall der germanifchen Völker ſprach. Was aber 
dieſer Schule noch ein befonderes Intereſſe verleiht, iſt, 
daß fie durch den merkwürdigen Kammohun Roy unter 
dem Namen Vidyalaya (wiſſenſchaftliches Inſtitut) geftife 
tet und anfänglich umterhaften wurde, durch jenen Phil⸗ 


* 


anthropen Hindoſtans, deſſen Ruf lange zu dem gebilde⸗ 
ten Europa heruͤbergeklungen war, bevor ihn ſelbſt ein 
unerfättlicher Durft nad Wiffen an die englifhe Küfte 
trieb. Rammohun Roy würde felbft in einem civilifirten 
Lande die Aufmerkſamkeit auf fich ziehen, denn er iſt in 
der That Reine gewöhnliche Erſcheinung. der Bea⸗ 
manenkaſte von fehe religiöfen und fireng otthodoten el: 
tern geboren, hat er die erſte Entwickelung feines raſchen 
Geiſtes nur ſich felbft und dem Studium ber Sanſtrit⸗ 
fiteratur zu danken, "und fein ganzes Streben tft ſeitdem 
auf die moraliſche Beſſerung feines Volkes bedacht gewe⸗ 
fen. Sein erſtes Augenmerk war auf die Sattis und 
Sen ehtarteten Kultus ‚gerichtet; er wies aus den aͤlteſten 


Schriften nad, daß die Witwenopfer nicht geboten, da⸗ 


gegen aber die reinfte Lehre von dem hoͤchſten Weſen in 
denfefben enthalten fei, und legte nun aud in mehren 


engliſchen Abhandlungen bie Beweiſe einem auswärtigen | 


Yublicum dar. Die Schriften des Rammohun Roy lafs 


{en den feingebildeten, philofophifchen Geiſt nicht verten- 
am: er verfaßte eine bengalifhe Grammatik, dbderfsgte : 


mehre Upaniſchads, trat polemifh gegen das Chriſtenthum 
auf und bewog durch dieſe in münblicher Unterhaltung 
erdrterten Zractate den Miſſionar Adam, feiner Sekte, 
welche in Bengalen ſich auszubreiten anfängt, fih anzu⸗ 
fließen. Sie hat bereits einen eignen Tempel zu Kal 
kutta mit einem einfachen Gottesbienfte, welcher [che dem 


hriftfichen fich nähert; e6 werden Hymnen gefungen, Be: 
dete aus den Vedas verlefen, fobann eine Predigt Über 
eine Stelle der Beben vorgetragen und der Euleus mit. 


abermaligen Gefängen gefchloffen. Zum Chriſtenthume 
ſelbſt jedoch war Rammohun Roy nod) vor feiner Abreife 
nach England nicht Übergetreten, und eine kalkuttaer Bet 
tung beflagt es bitterlih, wie nım wol durch bie neue 
Sekte alle fanyuinifhen Hoffnungen, welche man von je: 
nem Manne gehegt, vereitelt werden duͤrften. Seine Reife 


ift ſehr verfchleden beurteilt worden: er follte bald als 


Botichafter eines Fürften von Delhi, bald im Dienite 
. dee Compagnie abgefandt fein; in London lebt er mit ſei⸗ 
ner eignen Dienerfchaft als vornehmer Privatmann im 
Megentöpart und befchränet feinen Umgang. größtentheile 
auf die Unitarier, befonders Me.-Y...., welche feinem 
Glauben nahe fiehen, obgleich feln einnehmendes Aeußere 
alle Herzen gewinnt. .. on 

Gegen die Erziehung des weiblichen Geſchlechts, um 
zu unferm Gegenftande zuruͤckzukehren, haben die Hindus 
fi) am mwenigften gefträubt, denn es liegt keineswegs in 
dem altindifhen Syſteme, das Weib herabzufrgen. In 


dm alten Schriften des Volkes ſpiegelt ſich im Gegen⸗ 
rheile die reinſte und hoͤchſte Achtung gegen das Weib, 
und es ward bereits auf die feinſte Weiſe gebildet, mußte 


Leſen, Schreiben, Daten, Sing, Tanzen und Dichten 
YHernen, als noch bei andern Nationen die größte Barba⸗ 
zei auf diefer „fchönern Hälfte des Menſchengeſchlechtes 
zuhte; ja, mehr als ein Mat find in den alten Schulen 
zu Benares und Dugein Traum als Lehrer aufgetreten, 
und.die moralifhen Schriften der Hopar genießen noch 
‚gegenreärtig in der tamulifchen Literatur eines großen Ans 


werden durch reichliche Beiträge unterflügt. 





ſehens. Daher finden bie Maͤbchenſchulen Native female 
schools, unter ben Indiern eine fchöne Anerkennung und 
Sie fichen 
unter ber Aufficht und Leitung eines wuͤrdigen Frauen⸗ 
vereins mit Labp ne an ber Spitze; die Da 

Kalkuttas und der Umgegend ſaben zu der He 
Prüfung Une Menge von Handacheiten ein, derih Ertraj 
zu den Fonds gefchlagen wird, und fchon durch diefe allein 
gingen im Jahre 1825 1300 Rupien ein, 708 im 
Jahre 1828, forte 1400 Rupten im Jahre 1829. Aus 
Gerd fallen die_Collecten glänzend aus, und ber :peiche 
Buddinaͤth Roy Ichenkte im December 1835 unter einer 
sierlichen Aurede an: Zul per: 2000 Elze Rule 
zum Behufe eines neuen Gentralgebäudes, deſſen Grund» 
fein von dDlefa Dame am 18. Mai 1825 in Newſquare 
in Gegenwart vieler Hindus feierlich gelegt wurde. Auf 
dieſe Art flieg dis. Zahl der kalluttacr chenſchulen in 
einem Jahre von 22 auf 30, weiche, in vier Wericke ver⸗ 
eheitt, von ber Eentralſchule und Eommmilfion geleitet werk 
den. Mehre Inſtitute find in ber Umgegend entſtanden, 
water andern in Burdwan, Birkhum und Dakta; «ine 


| Benevolent institution von etwa 100 Maͤdchen wurde 


von Mis. Witten und Yates unternommen, und 25 Er 
zieherinmen konnten fchon 1828 dieſen Inſtituten entnom⸗ 
wen werben. Der Unterricht beſchraͤnkt fi in allen auf Leſen, 
Schreiben, Religion und Handarbeiten; aber der Ruf dieſer 
Anſtalten wird durch ihre Zoͤglinge weltet verbreitet, und ſchon 
haben achtungswerthe Mohammedaner, welches viel ſagen 
wit, fid) erboten, jenſeits bes Ganges aͤhnliche zu gruͤnden 

Werfen wis zulegt noch einen Blick auf die Korte 
ſchritte der Budung im übrigen Hindoſtan, fo iſt zuvoͤrderſt 
das Serampur college zu nennen, welches zwar für DRife 
fionare beftimame ift, aber durch das Sineimzichen-ded Brie 
fen, Latriniſchen, Sanſkrit umb der Mathematik in 
den Lehrkreis "einen ruͤhmlichen Aufſchwung wer andern 
Colleges. biefer Art nimmt. Die Baht der Bögftuge uͤbder⸗ 
fleigt felten 50, ſodaß der Director Marſhman fie faſt 
allein leiten . kaun; für ben--Oricntalifien dürfte es von 
Intereſſe fen, daß He. Marſhman durch lange rfahe 
sung bei dem geammatlfchen Unterrichte Die indiſche Re 
thode am bewährtelen gefunden hat: er beginnt mit e& 
wen Texte, am tebften mit kurzen Sentonzen, und men: 
des darauf die Regel des Vepadeva un, ohne das 
Memoricen des ganzen Patabigma die Schuͤler zu ernrk 
ben. ef. geht denfelben Weg nad europdifhen Prin⸗ 
tipfen mit gleichem Rußen. 

In Bourbay endlich befteht eine aͤhnliche Erziehungs 
und Schuitniczlorteräe mie zu Kalkutta; me hat dieſe mit 
mehren Bolkedialekten, Perfiſch, Hindoſtantſch, Guzurat⸗ 
tiſch und Mahrattiſch, zu kaͤmpfen 1827 warm 16 Em 
mentarwerke in -17,000 Abdruͤcken, 1828 in 1200, und 
1830 40 Werke in 13,000 Exremplaren gedruckt. Die 
Zwede find bier dieſelben: bie Eingeborenm durch das 
Medium ihrer Mundarten mit: ben emeopäifchen Wiſſen⸗ 
ſchaften bekannt zur machen und butth ‚humanen Unterricht 
ihre Vorurtheile zu tigen, ohne dieſen zu nahe zu tretem, 
und die Fortſchritte find Hier ebenſe erfreufich, -bie Weis 

N 








Wlge der due reichlich. Im Mal 1825 wurbe 
ver ein zu einem neun Schugebäude in Bykul⸗ 
Mh gelegt, und man konnte 128,973 Rupien auf bie An: 
Inge. von Schulen uͤberhaupt verwenden, weldye, mit ge: 
olumigen Gipieipiägen verfehen, einen 200 Scyülee fafs 
fen follten. Das vorjädrige Einkommen war 37,039 Rus 
pien gewefen, im Sabre 1828 nur 29,898 R., im fol: 
rei Jahre wieder 33,389, welche. fofort von einem 
ter. mit 1000 Rupien vermehrt wurden, ald er ge 
hoͤrt, daß die Summe nicht reichen wuͤrde. Als im Jahre 
4827 der Souverneur Eiphinftone feinen Poften zu vers 
lafien im Begriffe fand, traten die vornehmften Hindus 
unter dem Borfige des Madhow Das Ramchoddas zu: 
ſammen, um ihren Dank für die Verbeſſerung bes Schußs 
weſens darzubringen, und unterzeichneten eine Summe von 
52,276 Rupien, aus welcher drei neue Lehrftelien (Eiphin- 
stone professorebips) gegründet werden follten, wenn das 
Dortzait des Gouverneurs davon angefertigt fei; zwei 
Männer, weiche ihren Namen nach Parſen waren, Framji 
Cowasit Banati und Jemſhidji Jijibhoy trugen allein 
34,000 Rupien bei: gewiß ein ſchoͤner Bug einer zarten 
Dankdarkeit, welche die Indier von jeher ausgezeichnet. 
Bei einer Generalyerſammlung (8. März 1828), an wel: 
der der Gonverneur Malcolm, der Nabob von Surate 
ds Vicepräftoent der Erziehumgsinftitute und viele Einhei⸗ 
miſche heil nahmen, wurde berichtet, daß die Schulen 
son Bombay fi einer reichen Frequenz erfreuten, und 
daß auch in Punch und Kaira Inſtitute im Entſtehen 
ſeien; 14 Lehrer waren bereits im vorigen Sabre in das 
Dekthan, ſowie zehn nad) Guzurat befördert worden. Sie 
erhalten 20 Rupien nionatlichen Gehalt und freie Reife: 
ſtation; gefodert wird von ihnen, daß fie ihre Mutter: 
ſyrache grammatifch verſtehen, die currenten Schriftzuͤge 
fowie Devanagari, worin die Societaͤt mit Recht ihre 
Werke drudt, leſen und fihreiben, die vier Species Een: 
wen und deſonders praktifche Lehrfähigkeit befigen. Wir 
übergeben die Schulen der Marine, die Militairfchulen, 
bie Taubſſummen⸗ und Lehrburfcheminflitute und fegen 
voraus, daß unfere gedrängte Schilderung der neuaufleis 
menden Cultur bei den gütherzigen Hindus hinreichend 
fi, um ven Freund des Menichenwohles ebenfo zu er: 
freuen, als es ben Briten entzuͤcken mag, wenn er bei 
ben Prüfungen. das „God save the King” aus bem 
Munde der indiſchen Jugend fingen hört. 160, 





Uber Lebensverfiherungen und andere Verforgungsanftat: 
ten. Bon J. 3. Littrom. 
, Geſchluß aus Nr. 38.) 

Wenn jebody der Etaat fi) der Leitung ber Berforgungss 
aſtalten nicht unterziehen kann oder will, jo muß wenigftene 
Beteiligten klar und beuttich gefagt werben, daß fie im 
rl des Wislingens des Unternehmens durchaus keine Garan⸗ 
ie Haben, baf mithin ihre einzige Sicherheit auf der Bichtigs 

der dem JInſtitut zu Grunde liegenden Rechnung beruht. 
jedoch Berechnungen von Berforgungsanftalten unter bie 
fogenaunten Probabilttätsrechnungen gehören, wo nicht wie bei 
andern arithmetifchen Problemen aus ber Kenntniß gegebener 
Größen unbetannte abgeleitet werden, fondern vielmehr die dem 


#38 


Galcıl. gu Brunbe Hegende, als befaunt angenomuune Größe, 
nur hopothetifch feRgeftelt, aus WBermuthungen hergeleitet if, 
folgt hieraus, daß das Ergebniß der Rechnung auch nur ine 
ſofern mathematifche Gewißheit gewann, ald jene bie Grunb 
annahme bedingende Hppothefe ducky die Erfahrung 

wird. Die Beltimmung, wie lange ein ſpecieller Menſch noch 
leben werde, iſt natürlich und zwar gluͤcklicherweiſe vdllig pres 
blematiſch, bagegen laͤßt ſich aus der Erfahrung allerdings abe 
ſtrahiren, in weldyen Stadien beö Lebens eine gewiffe Quanti⸗ 
tät zugleich geborener Menfchen, z. B. eine Million, nad und 
nach abzufterben pflegen, aus weld;en Beobachtungen man bie 
fogenannten Mortalitätstafeln bilbet, welche demnach anzeigen, 
welches Alter ein eben geborener ober in einem Alter 
befindlidher Menſch dem mittlern Durchſchnitt nady zu erreichen 
babe. Auf biefen Mortalitätstafeln beruht die Berechnung als 
ler Berforgungsanftalten, und ihre Angaben find die als bewährt 
angenommenen hypothetiſchen Größen, welche das Juſtitut bes 
gründen. Se längere und genauere Beobadıtungen biefen Mor⸗ 
talitätstafein zu Grunde liegen, um fo mehr wächft die Proba⸗ 
bilität ihrer Nichtigkeit, ſodaß durch lang fortgefeäte Unterſu⸗ 
dungen man endlich eine ſolche Menge von Erfahrungen fams 
meln kann, aus benen Wortalitätstafeln zu fertigen find, beren 
wahrfcheinliche Nichtigkeit ber Berwißpeit gleichzufegen if. Ime 
deffen find wir noch nicht auf biefer wänfchenswerthen Gtufe ; 
benn genaue Zobtenlifien, Volkszaͤhlungen w. dergl. find erſt im 
neueſter Zeit entfianben, da unfere guten Vorfahren, ähnlich dem 
Gott ber jüdiichen Mythe, welcher ben ihm fon wegen Tanz 
und Gefang mwoblgefälligen König David für das vernünftige 
Unternehmen, fein Volk zu zählen, zwifchen Krieg, Pet und 
Qungerönoth wählen ließ, dergleichen arithmetifhe Gtatiftik 
nicht ſehr liebten. Daher find unfere beften Dortalitätstafeln im⸗ 
mer noch eine ſehr hypothetiſche Grundlage, und es bedürfen 
die auf ihre Richtigkeit gegründeten Inftitute einer häufigen 
Bergleihung mit der Grfahrung, damit bie erfte Abweichung 
bes praktiſchen Reſultats von dem berechneten fofort erfannt 
werde, bevor bie nothwendbig in fleigenber Progreffion wach⸗ 
fende Irrung jede Abhuͤlfe unmöglidd macht. Diefe Wergleis 
Kung der Erfahrung mit ber Theorie befteht im einer klaren, 
öffentlich. vorgelegten Bilanz bed Kaffenverbältniffes, nicht, wie 
es jegt meiftens bei folchen Öffentlichen Rechnungsablegungen der 
Bau ift, in einer Darftellung des augenblidlidhen baaren Kaflens 
beftandes, ſondern vielmehr in einer Ergruͤndung des gegen⸗ 
wärtigen Activ⸗ und Paſſivbeſtandes bes Inſtituts. Zu dem 
Activbeſtand gehört außer dem baaren Geldvorrath ber gegen⸗ 
waͤrtige Werth aller nody kuͤnftigen Beitkaͤge ber bereits beſte⸗ 
henden Mitglieder, d. h. dieſe kuͤnftig zu erwartenden Weiträge, 
auf den Werth discontirt, ben fie im gegenwaͤrtigen Augenblid 
haben, während alle gegenwärtigen und Fünftigen Penfionen, 
ebenfalls auf ben Werth in der Gegenwart biscontirt, ben Paſ⸗ 
fiobeftand bilden, Die Differenz des Activ⸗ unb Paffivbeflans 
bes zeigt den gegenwärtigen Beſigſtand des Inſtituts. Nur 
auf ſolche Art ift es bei ber nothwendigen Undollkommenheit 
ter Mortalitätstafein gu erkennen, ob ber zu raſch wachſende 
Befioftand der Anftelt eine Herabſezung ter Beiträge den 
Ratte, oder umgelehrt bie Werminderung des Beſitzes zu einen 
Modification der Drganifation der Anflalt nöthige. Eine folche 
volftändige Ergruͤndung des wahren Beſitzſtandes ift hoͤchſt wich 
tig bei allen Verſorgungtanſtalten, ganz unerlaßlich aber bei 
denen, welche kein unter Beitung und Garantie des Staats 
ſtehendes Inftitut find, und zwar um fo mehr, als nicht nur 
die genaueften Mortalitätstafeln durch Zufälligleiten, wie } B. 
die Impfung der Sqchutblattern der Yall war, aufhören koͤnnen 
die bisherige Richtigkeit zu haben, ſondern auch, außer den 
notbwendig mehr oder weniger hypothetiſch bleibenden Mortalis 
tätstafeln, in dem willfüslicy angenommenen Zinefuß, gu wel: 
dem bie Anftalt die bei ihr niebergelegten Summen benuger 
tann, eine neue unbeflimmte Größe in die Werechuung kommt, 
welche mit den durch Leine Arithmetik zu ergründenden politis 
ſchen Conjantturen ſteigt und fäut. 


Cs ſchten mir paffend im gegemvärtigen Augenblick, wo 
bes erblähenbe Gtaatsieben vieler conflitutionnelen Staaten ber 
Hoffnung. Saum gibt, daß bie fo unendlich widtigen Verſor⸗ 

anftalten immer mehr den vielfadhen Zufätkigkeiten, welche 
ett ihre Eriſtenz gefährden können, entzogen, auf bie mit ſtei⸗ 
‚ gender Cultur ſtets genauer werbenden Berechnungen bafirt und 
mit dem allgemeinen Staatsintereffe, von bem fie einen fo wer 
fentlichen Zweig bilden, ganz vereinigt werden mögen, über bie 
einfachſten Grundregeln diefer Inſtitute einige Worte gu fagen, 
weil grade diefe häufig fo fehr vernackläffigt werben. Bei Ers 
richtung ſolcher Lebensverfiherungs s und Berforgungsanftalten 
wird das oben angekündigte Wer? von großem Nugen fein. Die 
erſte Abthellung beffelben enthält allgemeine Bemerkungen über 
biefe Anftalten, rügt bie dabei häufig obwaltenden Behler unb 
fagt vorzüglich über die in England vorhandenen Snftitute fols 
eher Art viel Belehrendes. Die zweite Abtheilung enthält bie 
Berechnungen, worauf diefe Anftalten bafirt find, mithin die 
eigentliche Lehre über dieſelben. Die NRefultate find, wie ſich 
erwarten läßt, nicht nur richtig, ſondern geben auch bequeme 
Schemas zu ähnlichen Rechnungen bei abgeänderten Verhaͤlt⸗ 
niſſen. Nur möchte ich bier bemerken, baß ich bei ber ariths 
metifhen Gntwidelung biefer Refuitate, wodurch dem Leſer bie 
Wahrheit derfelben anſchaulich gemacht werten foll, infofern 
getäufcht worben bin. ald man, wenn ein Mathematiker höherer 
Urt über einen ſolchen Gegenftand ſchreibt, eine vollkommene 
Deutlichkeit verlangt, wie fie z. B. Euler in feinen Gchriften, 
welche deshalb für den Lehrer und Schüler gleich belehrend find, 
auf erfreuende Art an ben Tag legt, im vorliegenden Werk je: 
doch in diefer Hinfiht Giniges zu wünfchen übrig bleibt. Kür 


r ben Mathematiker, welcher nur der Rechnung felbft folgt, ohne 


fih um die Worte, weldye den arithmetifchen Proceß erklären, 
zu befämmern, find Undeutlichkeiten im Ausdruck nicht ſtoͤrend, 
aber um fo mehr für Den, welcher mit weniger mathematifchen 
Borkenntniffen ein ihm unbefanntes Gebiet betritt. So will 
% B. der Verfaſſer &. 64 eine Reihe Cm entwideln, beren 
« lieber bie Baht derjenigen Perfonen ausbrüden follen, welde 
von 1000 zugleich geborenen Individuen fucceffiv nad m, m +1, 
m + 2 u. f. w. Jahren noch am Leben find, welche Reihe bis 
gu dem Jahre fortgeführt wird, wo das nädhfle Glied — O 
wird, weil fämmtliche 1000 zugleich geborene Perfonen endlich 
geftorben find. Diefe Reihe befinirt der Verf. dahin: „Die 
Bahlen diefer Columne zeigen alfo an, daß von 1000 aufammen 
Geborenen nad m Jahren noch eine Anzahl glei Cm folder 
Derfonen eben, die entweber m Sabre oder auch noch älter 
Find”, welches offenbar eine contradictio in adjecto ift, benn 
son 1000 zufammen Geborenen find die nach m Zahren annody 
Lebenden ſaͤmmtlich m Jahre alt, eben weil fie in einem und 
bemfelben Jahre geboren find. Wenn ich daher die zweite Ab⸗ 
theilung bes Buche nicht fo populaie verfaßt finde, als diefer Ge⸗ 
genftand behandelt werden Tann, fo ift fie dennoch jedem mit 
Berechnungen ähnlicher Art ſich befhäftigenden Mathematiker 
fehr zu empfehlen, und äußerft intereffant find die beigefügten 
Tabellen, weiche theils die muthmaßliche Kebenebauer, in Bezug 
auf verfhiebenartige Verhältniffe berechnet, theils frühere Ex 
fahrungen barftellen, worauf die beſtehenden Snflitute der ans 
gegebenen Art berechnet find. 36, 





Haralb und Elsbeth, oder daB Zeitalter Johann's des 
Schrecklichen. Romantifhes Originalgemälde aus ber 
Geſchichte des 16. Jahrhunderts von W. v. Der: 
tel. Zwei Bände. (Petersburg 1831.) Leipzig, Brock⸗ 
baus, 12. 2 Thlir. 8 Sr. 

Diefe ziemlich gewöhnliche Hiftorifch « romantifche Geſchichte 
zeichnet ſich durch nichts von den tauſend und ein Protuctios 
nen dieſer Art aus, an denen unfer fruchtbares Waterland fo 


136 


reich iſt, ald etwa durch ben Grunb anb Boben, auf dem bie 
Frucht gewachfen iſt. Sie kann uns den Maßſtab Deffen geben, 
was bie deutſche Zagesliteratur unter dem 60. SBreitengr 
noch etwa hervorzubringen im Stande ift. Hiet geht bie mitt 
tere Piimatifche Wärrke, weldye bie deutfche Zunge braucht, um 
berebt zu werben, nach unb nad auf ben Nüllpunkt 

und die deutfchen Probuctionen Rußlands empfinden und zeigen 
dieſe klimatiſche Ungunſt. Mir wüßten keinen in Rußland ers 
ſchienenen deutſchen Roman, dem nicht auf fühlbare Art Feuet 
und rafcher Blutumlauf fehlte (Klinger's Romane wurden in 
Deutfchtand entworfen), und was unfere Landsleute in Petersburg 
zu eignem Landesverbrauch hervorbringen, mag ihnen feibft gen» 
gen, aber über ber Grenze wird es felten gefucht oder begehrt. 

Der vorliegende Roman gehört der großen Claſſe von Mike 
telgut an, das man keinem Lande beneidet. Die Elemente zu 
einer guten Erzählung find da, aber fie nehmen feine recht ger 
fällige Form, keine recht bedeutende Geſtalt an. Ichann War 
ſitjewitſch, der große, geitgemäße, aber ſchreckliche Zar, ber im 
unbewadhter Zornesaufwallung feinen eignen Sohn erfchlug, der 
Befreier Rußlands von tatarifcher Waffengewalt; dann fein 
Günftling Boris Godunow; die Gefangenſchaft des Heermeifters 
Fürftenberg in Moslau; bie deutfche Geſandtſchaft dahin und 
des jungen, edeln Grafen Falkenegg Liebe zu Eisbeth White, 
des Baͤchſenſchmieds und Mechanicus Tochter, welcher White 
fi jedoch als ber geflücdtete Graf Mpitecaftle ausweiltz 
hiernaͤchſt die Geſtalt des hollaͤndiſchen Doctors Elifäus Bomheel, 
eines Schaͤndlichen, ber ſich in ten Beſig der Gunſt des Zaren 
geſetzt und bie frechſten Schandthaten erlaubt, und ber junge Boris, 
ben wir bier nur von feiner edeln unb ritterlidden Seite kennen 
lernen: all Diefes find unflreitig Elemente und Daten, bie in 
Verbindung mit Sitte und. Geſchichte bes neu erwachenden Rußs 
lands, leicht ein gute und angenehmes‘ Gemälde geben könnten. 
Aber dieſe Elemente fiehen rod nebeneinander und treten unter 
fi in kein rechtes und lebendiges Spiel. Der Rahmen tft ba, 
aber es fehlt an ben Ichendigen Geftaiten in ibm. Das Laſter 
und bie Tugend — Bomelius und Falkenegg — kämpfen etwa 
mit eben den Waffen gegeneinander wie in den Ritterromanen 
der weiland berühmten Cramer⸗Spieß'ſchen Schule; das Beiſpiel 
W. Ecott’s if für den Verf. verloren, und für bie feinere, 
wahrheitögemäßere Golorirung feines Wildes hat er ebenfo wenig 
gethan, als eine große Anzahl von Rovelliften dieſſeit bes Nies 
mens zu thun gewohnt iſt. 

Das Ganze ift gut und leicht gefährieben, und gegen ben 
Styl haben wir wenig Ausftellungenz «8 lieſt fih auch ganz 
angenehm und leicht und hat alfo einen offenbaren Vorzug vor 
vielen biftorifhen Romanen eigentlich deutſchen Urſprungs. Die 
Verwidelungen löfen ſich ganz befriebigend, und das fürftliche 
Genbfchreiben bes Zars Boris an den nad) Deutichland heim⸗ 
gelehrten Grafen Falkenegg befchließt bie Geſchichte auf eine 
volllommen erwuͤnſchte Weife. Zu größern Grwartungen berech⸗ 
tigt diefe Erzaͤhlung jedoch nicht, und höhere Anſpruͤche ber Kunfl 
erfüllt fie nike. Was wir vor allen Dingen in ihre fuchten, 
Schilderung des Sittenzuftandes in Rußland unter bem gewale 
tigen Zare Waſiljewitſch, Darftellung der Sittenumkehr, bie 
fi in biefer Zeit in feinem Reiche anlünbigt, bas fanden wir 
nicht, wenngleich uns ber Verf. einiges Intereſſante von bem 
Snftitut der Opritſchniks, aus welchem wol bie Streligen bers 
vorgingen, erzählt und einige Züge der Regierungsweife durch⸗ 
blicken Läßt, welche anbeuten, daß ber Zar kein fo vollkommener 
Autofrat war, wie man gewöhnlich anrimmt, und daß er felbft 
feine Ehre darein feste, kein Ruffe von Stamm, fondern beuts 
ſcher (bojarifcher) Herkunft zu fein. Wir verlangten mehr aus 
dieſer Region, und der Verf. gibt uns wenig. Indeſſen bleibt 
ein leöbarer und unterhaltenber Roman zurüd, und bies ift auch 
vielleicht Alles, was er zu geben bie Abdficht hatte. Der Drud 
ift reiner, als gewöhnlich bei beutfchen Büchern, bie aus Ruß⸗ 
land kommen, der Fall iſt. 89. 


Nedigtrt unter Berantwortlichkeit der Verlagshanblung: 8. A. Brodbaus in Erippig. , 


——n —— 


— — 





Blätter 


fuͤr 


literariſche Unterhaltung 





Sonntag, 





Die ſchoͤne Literatur Europas in der neueſten Zeit, 

dargeſtellt nach ihren / bedeutendſten˖ Erſcheinungen. 
‚Porlefungen, ehalten vor einer gebildeten Berfamm: 
ung von O. L. 8. Wolff. Leipzig, Breitkopf und 
Härte. 1832. Gr. 8. 3 Thlr. 


Trotz ber vielen Journale und Beitfchriften, welche, 
gleich ebenfo vielen fchnellfegeinden Paketbooten, aus allen 
hellen des gebildeten Europas, wöchentlich und faft taͤg⸗ 
Sich nad) Deutichland feuern, um, befrgchtet mit den neues 
fien literarifchen Producten unferer nähern ober entferntern 
Mahbarn, unfern unerfätrlichen Heißhunger zu ftilfen, iſt e6 
dennoch ſchwer und eben wegen der rcogenden Fülle, bie fich 
auf dem Marktplag ſammelt, ganz befonders ſchwer, nur eis 
nigermaßen bie flüchtigen Blüten der Poefie anderer Länder 
zu einem überfichtlichen Kranze zu orbnen. Wie dig politifche 
umb bie mercantilifch = induftrielle Welt ift auch die Literarifche 
in einem fieberhaften Zuftande, welcher zwar neue und immer 
neue Erfcheinungen hervorruft, wobei aber bie mechfelnden 
Beftalten, wie in einem heraufbefchworenen GBeiftergewims 
mel, ewig einander dedien und verdrängen, ſodaß es nur 
felten einem ſich auf Stelzen Erhebenden auf Augenbiide, 
noch feltener einem wahren Riefen gelingt, ſich über die 
Köpfe der Menge zu erheben und bie Aufmerffamteit blei⸗ 
bend zu fehlen. Sie dringen heran am bie Literaturzels 
tungen, die Journale, die Reviews, die Converfatione: 
blätter, um in diefe leichten Kähne aufgenommen und 
felten nur in das Elyſium der Nachwelt, meiftens in bie 
sden Steppen der Vergefienheit. hinübergeführt zu werden. 
Sie drängen ſich an den bärtigen (?) Charon (Rec.) und 
hören nur zu oft von ihm die Schreckensworte: 

Non isperate mai veder lo cielo, 

lo vegno a menarvi all’ altra riva 

Nelle tenebre eterne. 
Bei diefem verwirrenden Treiben müfjen wir es bem Hrn. 
Wolff allerdings Dank vwiffen, daß er die Mühe uͤbernom⸗ 
wen hat, bie unzähligen Scharen der neueften Dichter, nach 
Völkern und Battungen und Arten wohlgeordnet, vor un: 
ſerm geiftigen Auge voruberzuführen; daß er mit freundlicher 
Hand bald Diefen bald Jenen näher ‚bezeichnet, ihn vor 
unfern Blicken feſthaͤtt und bie minder bekannten Töne der 
uns fremden Zungen in verſtaͤndlicher deutfcher Rede erklin⸗ 
gen läßt; und wir wollen nicht allzu flreng mit ihm rechten, 
wenn ſich auch bei genaueres Prüfung finden follte, daß er 





nicht immer, gleich den Schwänen des Arioſt, nur bie fuͤt 
die Unfterblichkeit Beftimmten Beraushebt, fondern auch wol 
bei manchem Namen verweilt, der troß feiner Bemuͤhun⸗ 
gen durch eigne Schwere unmwieberbringlich in die Fluten 
ber Lethe zurädfallen wird.’ 

— Zn 21 Vorlefungen, vor einem gebildeten Kreife von 
Männern und Frauen in Jena gehalten, führt und Hr. 
Wolff durch alle Länder Europas, ohne auch nur die fonft 
am wenigſten berudfichtigten zu übergehen. Bon diefen 24 


Vorträgen befchäftigen ſich fünf mit Frankreich) und ſechs 


mit England, wogegen Holland, Spanien, Ktalien, Per: 
tugal, Rußland, Ungarn, Dänemark, Schweden, Polen und 


Deutſchland jedes mit einer Vorlefung abgefertigt werden, 


Man ficht wol auf den erften Bid, daß hier nicht for 
wol ber innere Reichthum des Gegenftandes, als vielmehr 
Vorliebe für einige Sprachen und vertrautere Bekanntfchaft 
mit ihnen, die Wahl und die Behandlung beftimmt ha⸗ 
ben. Der Gang der Vorträge aber ift der, daß zuerft 
eine Ueberſicht und Gefchichte der Altern Literatur jedes 
Volks, am ausführlichiten da, wo die Gegenwart am dürfe 
tigften, gegeben wird; dann folgt die Aufzählung und Cha⸗ 
rakteriftit der neuern Dichter, von ; welchen bald längere, 
bald kürzere Stüde in meift fehe gelungener Weberfegung 
vom DBerf. oder von Andern mitgetheilt werden. Dage⸗ 
gen iſt nichts zu erinnern, und es find namentlich die 
Üeberfegungen grade das Sntereffantefte am Buche, da 
der Hr. Ueberfeger mit großer Gewandtheit fih Gedanken 
und Form feiner Originale anzueignen weiß und ihnen 
fogar nicht felten, befonders einigen franzöfifchen Dichtern 
eine Innigkeit und Gemuͤthlichkeit leiht, wonach fie fetbft 
in ihrer. fpröden Sprache vergebens gerungen, Dagegen 
find die Eingänge ber. einzelnen Vorleſungen, die Ueber⸗ 
ſichten des Altern Zuftände offenbar zu mager ausgefallen, 
Es mag allerdings ſchwer fein, mit wenigen Zügen große, 
fruchtbare Zeiträume und ausgezeichnete Geifter zu ſchil⸗ 
dern; aber mit einigem Fleiße müßte es doc) gelingen, 
ein einigermaßen treues Bild davon zu entwerfen: was 
und aber hier geboten wird, das ift Baum mehr, ald was 
jeder mit dem Gegenftande Vertraute ohne Worbereitung 
in jedem Augenblid aus dem Gedaͤchtniß zu geben im 
Stande wäre, wobei es nicht an Unrichtigkeiten und fehle: 
fen, ober wenigſtens ſchief ausgedruͤckten Anfichten fehlt 
Wer z.B. wäre im Stande, ſich bei folgendem Sage, 


r 1833, . 











Breitag, 


20.00 Blätter,» 


J fuͤr 


iterariſche Unterhaltung 








zur Nachri ch t. 
* diefer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen taͤglich eine Nummer und iſt ber Preis für den 



















12 Thlr. 


un 


Ueber das Schulweſen Im britiſchen Indien. 
Neoch vor etwa zwanzig Jahren konnte die oftinbifche 
Fan mit vollem Rechte einer kalten Nachlaͤſſigkeit, 
"weile fie in Bezug auf Bildungsanftalten in ihrem weis 
un Gebiete öffentlich an den Tag legte, befchuldigt wer⸗ 
en, und fie wurde felbft eines Strebens, fich aller Er: 
—— Eingebovmen zu widerſetzen, auf das Nach⸗ 
8* in britiſchen ſowol als auswärtigen Zeitſchrif⸗ 
angeklagt. Die Sache hat ſich in neuern Zeiten, be⸗ 
unter den beiden wuͤrdigen Generalgouverneuren 
— und Bentinck und bei dem raſtloſen Streben bes 
m SBitchof6 Heber bedeutend geändert; die eifer: 
J — weiche Abneigung, Vorurtheil, lange Ge: 
| x und Knechtſchaft gefcdginiedet hatten, find endlich 
| a, und es: iſt für den Menfchenfreund wahrs 
u ‚tebebend, Me Fortſchritte der gereiften europätfchen 
= 3 in einem Lande zu beobachten, welches einft durch 
in Ghrtkfaripn für fo viele Völker der alten Welt die 
Minis gelegt hatte. Nur wenige Jahre find hinreichend 
nie, um Die Inder von der Ueberlegenheit der weſt⸗ 
Kap Gultur zu Überzeugen; wir fehen fie anfänglich ſich 
b_Rinhfien uud Foriſchritten derſelben entgegenſtem⸗ 
schlag, ober wit Verdacht und Ummuth dere 
x | zufchauen, endlich aber mit einem Eifer ſich heran⸗ 
Bags „be es deutlich beurkundet, daß fie die Vortheile 
3 im Stillen gepräft und nunmehr ernſtlich 
eb, fich biefe ebenfalls anzueignen. Die Preffen 
” * ngebertnen find in beſtaͤndiger Bewegung, Journale 
Hiinbifche Elaſſiker werden gedruckt, bie beſten Werte 
X berſehi und beifpielios wohlfeil verkauft; oͤf⸗ 
A, werden angelegt, zu Bombay wurde 
% —* groͤßten e ein Gebaͤude dazu errichtet, und 
H $ 14 Zagen liefen Über taufend gebrucdte Werke 
d. Handſchriften ein; die meiſten griechifchen und 
1* a Maſßter find vochanden, bie Bibliothek iſt Je⸗ 





- ie 


ämter, die fih an bie koͤnigl. fä hfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, dad 
rue Sen — in Halle, oder das fuͤrſtl. 
endung findet woͤchentlich zwei Mal, Dienftagd und Freitags, aber auch in Monatsheften ftatt. 


Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beftellung darauf an; ebenfo 


koͤnigl. 


Thurn und Taxiſche Poſtamt in Altenburg 





dem zugänglich, und bie Eingeborenen wetteifern mit den 
Briten, bdiefelbe zu benutzen; nach englifchen Büchern iſt 
die meiſte Nachfrage, denn die gebildeten Hindus eignen 
fi vorzugsweiſe dieſes Organ ber Mittheilung an, um 
ihren Lehrern nicht nachzuſtehen. Was noch vor einem 
Decennium ein Wunder in der literariſchen Welt gewe⸗ 
ſen waͤre, das Dichtwerk eines Hindu in engliſcher 
Sprache, welche von feinen Mundarten fo gaͤnzlich ver⸗ 
fchieben ift, Liegt gegenwärtig vor: „The shair (der Barde) 
and-other poenıs by Kasiprasad Ghosk‘' (Kalkutta 1830), 
dem Lord Bentind zugeeignet. Die Gedichte find fo 
vortrefflich und in einer fo reinen Sprache, daß wir und 
kaum enthalten Binnen, eine Probe daraus mitzurheilen, 
Mehre englifche Briefe an das Parlament, ben Court of 
directors und einzelne Gelehrte find vorhanden, welche 
wahrlich den Hindu nicht verrathen, und eine Kritik des 
Kafinach Ghoſe über Mill's Schmähungen des indifchen 
Charakters geht mit grimdlicher Gelehrfamkeit und mit 
Kenntniß der griechifchen Schriftitellee auf die Sache ein. 
Die beiden . Präfidenefchaften Kalkutta und Bombay bil 
den gegenwärtig noch den eigentlichen Herb ber aufblühene 
den Cultur, jedoch verfpriche auch Madras nicht zurüde 
zubleiben; allenthalben drangen die Indier nicht ſowol 
ihre Kinder in die Schulanftalten, fondern fie tragen auch 
am reichlichften mit ihrem Vermögen zur gebeihlichen Erz 
haltung bderfeiben bei. Diefe Sreigebigkeit erſtreckt ſich 
ebenfalld auf andere Inſtitute: im Sabre 1828 wurde 
eine Sammlung zur Ausbreitung nuͤtzlicher Kenntnifle in 
den fchottifchen Hochlaͤndern von eingeborenen Indiern 
durch bedeutende Summen vermehrt; im folgenden Jahre 
ſchenkte ein Indier von Morſchidabad, welchem man die 
Kajahſchaft (eine Art von Adel Im gegentoärtigen Indien) 
ertheilt —7 eine halbe Lak Rupien oder mehr als 
5000 Pf. Sterl. um fie zur Einrichtung einer Dampf⸗ 
waſchine,“ einer Waſſerleitung in Kalkutta und auf bes 


130 


Biſchofscollegium zu verwenden. Die fchönften Gebäude 
in Kalkutta erheben fi auf Koften der Hindus, dahin 
gehört das prächtige Haus des Dvarkanath Zagore In bet 
Damdamftrafe und der weitläufige Palaft des Rajah 
Bubddinäth, in welchem er die vomehmften Europäer mit 
glänzenden Gaſtmaͤhlern zu bewirthen pflegt: gewiß das 


befte Zeugniß von dem guten Vernehmen, in welchem bie 


Vornehmſten des Volkes zu ihren Obern fliehen. Züge 
diefee Art koͤnnten noch in reicher Menge angeführt wers 
den, allein wir befchränken uns bier auf die wichtigfte 
Angelegenheit, nämlich) den gegenmärtigen Zußfand des 
Schulweſens in Indien und hoffen, daß einige Mitthei⸗ 
tungen darüber, zu welchen beſonders Referent ſich vers 
pflichtet fühlt, da er früher in bie obige Klage mit eins 
geftimmt, von Intereſſe fein werben. 

*Das aͤlteſte Inftitut zu Kalkutta, das Fort William 
college, von W. Jones geftifter, bleibt von diefer Be⸗ 
trachtung, welche nur die jüngern Anftalten ins Auge faf- 
fen will, ausgelchloffen, denn es hat einzig und allein 
zum Zwecke, junge Engländer, melde als Schreiber in 


den Dienft der Compagnie treten wollen, in ben Landes⸗ 


fprachen auszubilden. Es reiht ſich aber daran, um von 
den hoͤhern Lehranftalten zu beginnen, da das Datum ber 
meiſten einzelnen Stiftungen fi) aus den jührlihen Rap: 
‘ports kaum ermitteln läßt, das Sanskrit college zut Er: 
"Haltung und Belebung der Haterländifhen Sprache und 
Literatur, zur Aufrehthaltung der alten Gefege, inſoweit 
fie mit der neuern Beit beftehen können, befonders aber 
zur Ermerbung und Aneignung dee europäifchen Bildung, 
fodaß dieſes Gymnaſium ein wichtiges Band zwiſchen 
Indiern und Briten bildet. Die meiſten Lehrer ſind ge⸗ 
‘borene Hindus, jedoch unterrichteten früher auch Shak⸗ 
ſpeare, Price, Wilſon und andere ausgezeichnete Kenner 
des Sanſkrit; bei den Prüfungen iſt ein gemifchtes Pu: 
blicum von Pandits-und Briten zugegen; Reben werden 
im Sanftrit gehalten, Weberfegungen aus dem Engliſchen 
ins Sanſkerit vorgelegt und bor dem Eramen- einzelne Acte 
aus den alten Dramen, z. B. „Mrichchhakati”, von ben 
Zoͤglingen dargeſtellt; im Zebruareramen 1830 wurden 
Stellen aus dem Shakſpeare mit richtiger Accentuation 
declamirt. Die Anſtalt befteht durch Beitraͤge von Hin: 
dus mit Zuſchuͤſſen vom Gouvernement, fie trat 1824 
ins Leben, und fhon bei dem erften Öffentlichen Examen 
(15. San. 1825) wurden für 350 Rupien Buͤcher als 
reife vertheilt: „Panini”, „Mugdhabodha”, „Sähityadar- 
panam“ und- andere toichtige Werke der alten Literatur. 
Seit 1826 erhielt das College ein eignes Gebäude in 
Daräldangafquare und im Februar 1828 war fogar die 
Rede, den Kreis der Lehrgegenftände fo bedeutend zu er: 
weitern, daß fortan- in einer mediciniſch⸗ anatomifchen Glaffe 
ein vollfländiger Curſus ber Medien auf europälfche Weife 
follte durchgemacht werden. Die Anflalt wird von den 
indifchen Zeitungen häufig befprechen, von dem Blatte: 
„Timer Nasaka”, welches die gute alte Zeit erhebt, na: 
türlichermweife verdammt, von der bengaliſchen Zeitung: 
‚Samächäradarpana”, die unter Mitwirtung der Miffio: 


rampur erfcheint, ebenfo unmaͤßig gelobt. Hier möge nur 
die Klage eines Vaters, wie fie eigentlich wol noch bie 
Stimme jedes orthodorn Hindu iſt, aus der gemäßigten 
MWochenfchrift „Samvatchangrika” eine, Stelle finden: 

Ih habe (heißt es Hier unter Auderm) eine. monatliche 
Summe nicht gefcheut aud Meinen Sohn in’ bag coll 
than, um einen Gelehrten aus Ihm zu machen. : Aber f 
tragen hat ſich ganz geändert, er hat Sitten und Kleidung feis 
nes Landes vergeffen, trägt fein Baar abgefchnitten und eng⸗ 
liſche Schuhe an den Füßen, wäfcht ſich vor dem Eſſen nicht 
mehr und antwortet auf alle meine Erinnerungen nur: bummes 
Zeug! I fragte nun bei ben übrigen Zoͤglingen und Lehrern 
weiter nach und erfuhr, daß die Burſche — 2 lernen; Arithe 
metik, Meßkyunde, Aſtronomie, Geographie, Geſchichte der Koͤ⸗ 
nige von England, und daß fie drei Mal In ber Woher Vor⸗ 
trägen beimohnen, wobei man Feuer in Waſſer und Waffer in 
euer verwandelt; daß fie in den Abenbitunden zuſammenkom⸗ 
men, um zu biöputisen, und mit Bänfefebern ein zirpendes Ge⸗ 
krigel machen, was fie Handſchrift nennen. Ich nahm hierauf 
meinen Jungen vor, befah feine Danbfchrift, die weber zu Gins 
ladungskarten noch zu Rechnungen mehr gu gebrauchen war; er 
aber meinte, meine Schrift fei nicht Schreiben, ſondern Malen, 
und bie Panbite ſchrieben gewoͤhnlich ſchlecht (Hocti mein pin- 
gunt) ; eine Sprache war ein englifches Bengalifch geworden, 
und fobatd ich tur ‚ rief er: dbummes Beugi ODie Geis 
ligen Bramanen und Pandits nannte er Spighuben und Nar⸗ 
ven, und damit er fidy ganz von feinen Vätern entferne, ge⸗ 
wöhnt er fi en, mit fchnellen Schritten einherzugeben wie bie 
Englaͤnder. In ber Religion ſah es bei feinen Mitſchuͤlern 
ſchlimm aus, denn einige waren völlige Atheiften, antere hete⸗ 
robor geworden, und einige glaubten Gemeinſchaft mit bem hei⸗ 
ligen Seifte zu haben. So haſſen fie Alles, was ihr Waterland 
betrifft, kennen jeden Berg und Fluß in Außlanb, ohne über 
ihre Heimat etwas zu willen; fie können nicht fagen, an wels 
cher Seite. von Kalkutta Burdwan liegt, oder wo der Gona 
fließt und die Rajmahalberge fidy befinden. Ich wollte meinen 





Sohn aus tem College nehmen, aber ber Lehrer ließ es nicht 


zu; meine monatlichen Beitraͤge +abe ich jeboch eingeftellt. 
Weihe Brüchte aber unter den gebildeten Indiern 
diefe Anitalt trage, läßt fich fchon daraus ermefln, daß 
diefe nach dem Beiſpiele Ihrer Soͤhne zufammentreten, um 
ſich gegemfeitig zu beishren; eine dieſer Geſellſchaften führt 
ben Namen Inänasandipana (Kennmiß zu belsuchtenbe) 
ober Hindu society for promoting knowledge, fie verſam⸗ 
melt ſich unter ihrem Mräfidenten Babu Dmananda Tha⸗ 
tur in deſſen Behaufung alle Sonnabend, um mit ihren 
Pandits geehrte Disputationen zu halten. - Europa endlich 
verdankt bereitö dee Commitee for public instraction, 
welcye über jenes Hinducollege bie Inſpettion führt, eine 
Menge von wohlfeilen Xerten der Sanfkrittiteratur, Aber 
welche bei einer andern Gelegenheit Bericht erflattet wer: 
den ſoll. B 
Eine zweite Anſtalt, welcheden Namen College fuͤhrt, 
alſo nach engliſcher Weiſe ſich von den Knabenſchulen 
unterſcheidet und auf hoͤhere Lehrgegenſtaͤnde Anſpruch 
macht, iſt das Bishops college nahe bei Kalkutta. Es ers 
haͤlt ſich durch Subferiptionen und Schenkungen bei ei⸗ 
nem jährlichen Iufchuffe von 1000 Pf. Sterl. aus dem 
Miffionsfonds, denn der Zweck iſt ausfchließtich, um Miſ⸗ 
fionare für die engliſche Kirche zu erziehm. Das größte 
Verdienft bat diefes College dadurch, daß «8 einige Ars 
menſchulen und Findelhaͤuſer unterhaͤlt und deren Soöͤg⸗ 


“nare und im Intereſſe ber britiſchen Regierung zu Se⸗linge ſpaͤterhin aufnimmt; jedoch koͤnnen auch andere Annas 





4131 


den eiatreten, nur von ihren Aeltern und Verwandten 


dem Mffionsgefchäfte nicht mehr entzogen werden. Eine 
Armenfchule der Art, Benevolent institation, findet fich 
in Lollbazar; fie wich von Miſſionaren geleitet und hatte 


“ 


Im Jahre 1824.46, Snaben von britifchen: Arten, 95 ; 
von yortugiefifchen, 21 funge Hindus, 10-Chinefen, 6 


Mosterien, 4 Malayen und 3 Armenier; eine 'zweite, 
Native infant school, aud, Grammar school genannt, zählt 
gegen 80 Kinder aus der duͤrftigſten Elafle von 2—- 8 
Jahren, ‚weiche Morgens um 9 Uhr hingebracht, Abende 
um 5 Uhr abgeholt und Mittags’ wit einem guten Mahle 
geftärft werben. Im Uebrigen aber ſtimmen auch bei die: 
fer Gelegenheit bie indifchen. Zeitungen mit den Reifenden 
auf eine merkwuͤrdige Weiſe überein, daß ſelbſt durch je- 
ned College das Miffionsgeihäft in Indien wenig oder 
gar nicht gefördert werde. in englifches Blatt (Cale. 
John Bull”, 1829) fagt: es fei leicht, eine Socletät mit 
ihren Patronen, Präfidenten, Bicepräjidenten und Secre⸗ 


talren zu gründen, Berichte und Tractate gu bruden, . 


uber der Eifer der Miffionare felbft müfle noshivenpig bei 
den unüberwindlichen Hinderniſſen erkalten, und ſchließt: 
„at this moment there are fewer professing christians 
from among our native population than there were ten 
years ago”. Kine anders Zeitung meint: die Bemühun- 


. gen bee Miffionare muͤßten den aufgeklaͤrten Einheimi⸗ 
fen eroig fremd bleiben, und die Wenigen, fiber welche 


fie riamphirten, "gehörten zu dem ‚Abfchaume der menſch⸗ 
lihyen Geſellſchaft (the scum, of society). - Der denkende 
Chriſt, der die Wohlthaten feiner Retigion um fo waͤr⸗ 
mer und Inmiger erkennt, je mehr er die Bande der alten 
Dogmatik abftreift, wird diefe Erfcheinung zu würdigen 
wiflen, aber fie wird ihn keineswegs niederfchlagen dürfen, 


wenn er in den Bildungsanftälten die erſten Seminarien 


erblickt, aus welchen dereinſt auch für Indien die ſchoͤn⸗ 


ſten Fruͤchte des Chriſtenthums heroörfprießen werden. 


. 





„against an institufion founded on views and pretensions 

80 narrow, intolerant and illiberal.” Und fo ift die Ein: 

richtung des College bis jegt unterbliehem, . 
VWer Berhluß folgt,) | 


fl 





Ueber Eebensverfiherungen und andere Verforgungsanſtal⸗ 
tn. Don 3. 8 Littrow. Min, Bed. 1832. 
Gr. 8. 18 Gr. | 

Es ifk ſehr verdienſtlich, wenn Gelehrte von. dem hoͤhern 


Stanbpunkt, ben fie im Reich der Wiffenfchaften erlangt haben, 


Gerabfteigen, um ſich durch Beleuchtung von weniger tiefen, aber 


‚für. das praßtifche Leben und die bürgesliche Sriftenz gemeinnuͤtzi⸗ 


gen Problemen allgemeinen Dank’ zur :berbienem Diefesi hut 


der ald Mathematiker ruͤhmlich befannte Verfaſſer, indem er «is 


nen ®egenftand der wiffenfchaftlihen Forſchung unterwirft, weis 
der, an fih wohlthaͤtig, ja fegensreic, durch jede Irrung, jeden 
ſich einfchleichenden arichmetifchen Fehler in fein Gegentheil ver⸗ 
wandelt wird ‚und Fluch ftatt "Segen hervorruft... Es bebauf 
feiner weitläufiger Auseinanberfegung, um barzuthun, wie bie 
einem Jeden, deſſen Cinnahme nur einigermaßen die unum⸗ 
glich noͤthigen Bedurfniffe überfchreitet, gegebene Möglichkeit, 
ch und bie Srinigen fuͤr ben Wall feines bälßbebürftigen AM⸗ 
ters gegen Roth zu fichern,- oder! durch jährliche, feinen Verhaͤlt⸗ 
aiffen angemeffene Beiträge feinen Hinterlaſſenen tin von fei⸗ 
nem fruͤhern oder fpätern Node unabhängiges, gegen alle Wech⸗ 
felfälle des Schickſals geſchuͤgtee Auskonimen zu binterlaffen, 
ein hoͤchſt erfreuliches Ergebniß geſteigerter Cultur und verbrei⸗ 
teter Humanitaͤt ſei. Wenn man bedenkt, wie von Einrichtun⸗ 
gen dieſer Art der: Troſt im Beben und im Tode vieler Faml⸗ 
lienväsere abhängt, wie auf ihnen“ bie einzige Rettung .hülfeis 


‚fer Waifen gegen Notb im grellſten: Sinn bes Worts, gegen 
phyſtichen und moralifägen Untergang beruht, zugleich aber Kies 


ruͤckſi 


gen beſorgter Familienvaͤter zuſammengeſetzt find, daß Abdass' 
bungen, von denen ber’ Wohlhabende keinen Begriff hat, Ver⸗ 
zichtieiſtung auf alle kleinen, ohnehin fo ſparſam zugemeſſenen 


‚Wenäfle diefe Erfparniffe möglig madgten:.:fo wird man. von 


J dee Heiligkeit dieſer Inflitute durchorungen werben umb fühlen, 


Der Man zu einem dritten College, feelcyes zwiſchen 


beiden foeben gefihildetten in der Mitte legen und hin- 


fichtlich feiner Einrichtung ‚und Lehrgegenflände ganz nad) - 


dem Kings college in London ſich richten ſollte, erſchien 
im Sabre 1829, vom Acrchidiakonus -Eorrie entworfen. 
Die Sonde follten durch Actien, Subſcription und Schen- 
kungen aufgebracht wyerden und das Inftitut in zwei groͤ⸗ 
Bere, Abtheilungen zerfallen: in eine höhere Gtaffe für die 
Anhänger der engliſchen Kirche, welche an allen Benefi⸗ 
cin bes College Anthell nehmen, die eigentlichen Mem- 
bers deſſelben dilden wuͤrden und zu Lehrämtern die Aus: 
fiche ‚hätten, und eine niedere für andere Confeffionen, 


welche mur zu Beiträgen verpflichtet. ngären und zum. we: ' 


nigften 500 Rupien fchenken müßten, um einen Zoͤgling 


vorfhlagen. zu dürfen. Allein gegen. den Profpectus ers | 
ſchienen fofort im der „Calc. gazette” triftige Cinwen- ! 


dungen, weiche dad Engherzige des Plans beleuchteten: 


es gebe weit mehr Indo⸗portugieſen, römifche Katholiken, 
Hindus und Moslenien als Mitglieder der high church, . 


beten Kinder kaum ein Zehntel bes College ausmachen würden, 


während alle Uebrigen die Laſten trugen und in den Hins ' 


tergrund träten. „We must protest”, heißt es daher, 


Werben iind uhr fo mehr Ungluͤckliche finden, welche‘: 


‚geben, feinen legten Rothpfennig | 


daß, wenn irgend ein Gigenthum oder Recht im Staate einer 
befondern Begünftigung, einer Art baffelde Tüfgenten Sacrile⸗ 
giengeſetzes genießen darf, es bie erwähnten Verſorgungsañ⸗ 
ſtalten ſein muͤſſen. Um ſo tadelnswegther iſt der unbegreifliche 


Leichtſinn, mit welchem Verſorgungsanſtalten oberflaͤchlich be⸗ 


orten aus ofaunt 
taͤu⸗ 
ſchen laffen, als grade ber Aermete am leichteſten hofft‘. und 
der. natürliche matheniatifche Sinn, welcher durch angeborenen 
Takt die Unausführbarteit übertriebener Verſprechungen erkennt, 
nur Wenigen gegeben ift. Uebrigens ift Betruͤglichkeit mt Fähde- 
ner die Urfache folder mißlungenen Operationen, meiftens iſt es 
bie große, mächtige Triebfebder, welche faft ‚alle unbefugte po⸗ 
titifche, ſtaatswirthſchaftliche, Aterartfidie Speculationen Hervoss 
ruft, die-@itelfeit, und die Idet, als Beglaͤcker ber Menſchhelt 


rechnet, eiligft, conftituirt, 'mit pomphaften 


bewundert zu werben‘) iſt ſehe verlockend. Es iiſt nicht meine 


Abſicht, hier gegen die Eitelkeſt“ beim Wohlthun gu declamiren, 
vielmehr moͤchte ich in unferer Zeit, wo einmal nichts ohne 
Affectaͤtion geſchehen kann, ihr in’ Bezug wAf den Erfolg Su 
Wort reden. Möge bie Eitelkeit bei Werkhellang pon Wohl 
thaten ihr ohnehin weites Terrain behalten, indgen elegante Das 
men an den Kirchthuͤren Beld fammeln,' mögen die Suppen 'aR 
Bebürftige von zarten Schönen grazids vertheilt werden — wem 
nur gegeben wird; aber anders ift es, wenn umgelehrt ber Armt 


gegen Verfprechungen vertuue 
fhen foll: da muß 'kalte Profa am’ re Stelle ſchoͤner Redens⸗ 
arten treten, abfolute Sicherheit für ben Betheiligten ftattfin 


ichtigt, daß die Beiträge, welche ihre Fonds bilden, aus "| 
‚ mädfam erfparten Pfennigen armer, um bie Zukunft ber Ihri⸗ 


SL 





142 


Laͤngeninhalt 1° 26” 56” hat, wo Im Original ein Druck⸗ 


fehler (46” ftatt 56”) ſtattfindet. 


In Bezug auf Meilenzahl iſt es daher nur ein klei⸗ 
ner Zuwachs, den unfere Kenntnif von Afrika erlangt, 


denn die Entfernung von Phil bis an die großen Ka⸗ 


tarakten beträgt nicht mehr als 36% geographifcge Meilen 
in grader Linie, der den Krummungen des Stromes fol: 
gende Weg ungefähr 90 Stunden. In biefem kleinen 
Raum, deſſen Beſchreibung ber Verf. mit den an ber 
Grenze von Dongola befindlichen großen Katarakten bes 
ginne und, dem Lauf des Nils nach Aegypten folgend, 
mit Beſchauung der Inſel Philaͤ ſchließt, find fo’ viele 
Monumente einer uns unbelannten, an die Dythenmwelt 
ſich anfchließenden Vorzeit enthalten, an welche ſich Rui⸗ 
nen aus ber Zeit ber römifchen Weltherrſchaft fchließen, 
bag man glauben follte, eine geheimmißvolle Hand habe 
die Denkmäler großer Vergangenheiten bier abfichtlich ans 
gehäuft und mit dem Sand der unabfehbaren Wüfte ums 
geben, um die Richtigkeit des Irdiſchen recht grauſend 
anſchaulich zu machen. 

Die Waffen von Mohammed Ali, Vicekoͤnig von Ae⸗ 
gupten, defien Sohn Iemael Paſcha im Jahre 1820 Dons 
gola und andere nubifche Weiche eroberte, oͤffneten Afrika 
von biefer Seite dem Reiſenden und verbanden das bis 
daher nur mit Gefahr zu betretende Land zwifchen den 
Katarakten mit Aegypten. Dieſer Landftrich iſt jegt in 
vier Bezirke getheilt, welche bie Namen Wadi Halfa, in 


welchem die großen SKatarakten liegen, Ibrim, Dor und 


Kelabſche führen, in welchem letztern die Inſel Philaͤ nebft 
ben Heinen Katarakten liegt. Die Einwohner find Ara⸗ 
ber und Nubier, welche Legtere ſich von andern Neger⸗ 
flämmen daburch auszeichnen, daß fie weder platte Naſen 
noch aufgeworfene Lippen haben. Sehr intereffant find 
die Mergleichnngen, welche der Verf. zwifchen den aus 
Herodot und Diodor entiehnten. Nachrichten und feinen 
eignen Beobachtungen anflellt, und woraus man fieht, 
sie unendlih wenig bie Beſchreibung des vor Jahrtau⸗ 
fenden lebenden Mubierd von der bes jegigen abweicht. 
Auch ſtellt derfelbe die aus dem „;Itinerarium Antonini“ 
uns bekannten Meifemaße mit den von ihm beitimmten 
vergleichend zufammen, woraus er den Namen ergründet, 
welche die von ihm als Ruinen aufgefundenen römifchen 
Städte" ehemals hatten, und bie alte Geographie mit der 
neuen In Einklang bringt. 

Der Nü ift das befruchtende Princip bes Landes 
zwifchen ben Katarakten ebenfo wie Aegyptens, denn zwi: 
hen der Wüfte und dem Ril beſteht ein ftets fortgefeg: 
ter Kampf, ımd von der in jenen Gegenden herrichenden 
Gultur hängt es ab, ob die Wuͤſte den Ni immer mehr 
verdrängen ober der Nil die Wuͤſte zurüchweifen werde. 
Betrachtet man, welche große Landftriche Nubiens und 
Aegypten, ehemals von herrlichen Städten .und blühen: 
den Fluren erfüllt, jegt von dem Sandmeer begraben in 
trauriger Dede daliegen, 6106 weil während langer Zeit 


bee Barbarei Leine gefrhidte Dand den mwohlthätigen Nil, 
mit Recht den Water des Landes -genannt, auf bie vers. 


fengten Felder leitete, fo kann man ſich durch biefes Bild 


— —, ————— ⏑ Le — —————— — — —üö " ’ u 


bee Verrohftung Überzeugen, wie Segen unb Reichchum 
eines Landes viel weniger von ben Gaben ber mehr ober 
weniger freigebigen Natur als ber Cultur und ntelligenz 
der Bewohner abhängt. 

Nachdem ber Verf. das Land zwiſchen ben Kataraks 
ten in topographifcher Hinſicht und in En ‚auf die 
Producte, welche es liefert, beſchrieden, auch der neuer⸗ 
lich von dem Vicekoͤnig getroffenen nuͤtzlichen Einrichtun⸗ 
gen gedacht hat, worunter beſonders die Erbauung vieler 
Wafſerzuͤge (Sagieh) gehört, welche den Mil auf die Fels 
ber‘ leiten, gibt er uns zoologiſche Nachrichten über die 
dort heimifchen XThiere, die Hyaͤne, den Schakal, die Ga⸗ 
zelle, das gefährliche Krokodil und eine wos weniger bes 
kannte kleinere Art deſſelben, das Warran, welches, dun⸗ 
kelfarbig, 2 Fuß lang, die Eier'der Krokodile frißt, auch: 
die Euter der Kühe und Ziegen ausfaugt. Hierauf wen⸗ 
det ſich der Verf. zur detatllicten Beſchreibung der einzel 
nen Denkmäler und majeſtaͤtiſchen Baue ber Vorzeit, von 
denen e auf der beigefligten Karte einen genauen Grund» 
riß gibt, ee I. 
Philaͤ, unter den Piolemdern und Pharaonen eine 
heilige, zu geheimnißvollem Dienſt eingerichtete, ausfchließe 
lich. von Prieſtern und Geweihten bewohnte Inſel, iſt 
zwar fchon öfter befchrieben, aber die Eolofiaten Reſte dies 





fer Heiligen Bauten find fo reichhaltig, in andhiteßsontfcdyer: 


Hinſicht ebenſo merkwuͤrdig als in Bezug auf Skulptur; 
wohlerhaltene Dierogipphen und aſtronomiſche Wilder bies 
ten fo inzereffante Deutungen, auf das myſtiſche Leben 
Aegyptens, daß diefer Tempel, der: geößte und praͤchtigſte 
Bau der Ptolemaͤer, allein Stoff zu Tanger Betrachtung 
bazbietet. Roͤmiſche Bauten find mit ben aͤgyptiſchen ver⸗ 
bunden, und die Ringe, auf welchen Die. Ramen der Er⸗ 
bauer eingegraben find, "geben: eime chronologiſche Ueber 
ſicht der Zeiten;.in denen fie entſtanden. 
Unfern Philaͤ liegt die Inſel Bitſche, vielleicht 
ehemals der Reinigungsort für ben Ungeweihten, bevor 
ee die heilige Stätte won Philaͤ betreten durfte, wo bie: 
Mefte eines Ägpptifhen, von den. Römern fortgeführten, 
von den Chriften gemishandeiten Tempels fid erhalten. 
haben. Der Tempel bei Dabot, ſtromaufwaͤrts von Dhizd, 
ift gemifchten Styls, auch nennen bie: Hierogiyphenringe 
Ptolemaͤus, Caͤſar und die erften roͤmiſchen Kaiſer, ſodaß 
man ſieht, wie dieſer Bau kurz vor dem Fall des Ptole⸗ 
maͤiſchen Reiches begonnen, von Roͤmern fortgeführt wurbe, 
weiches ebenfalls bei den nahe liegenden Ruinen von Kar⸗ 
taß ftattfindet. Unter den Ruinen von Taffeh find zwei 
£leine fehr Jierlich ausgeführte Tempel erhalten,. deren ei⸗ 
nen ber Verf. von einer nubifhen Familie bewohnt und 
ein Weib mit zwei Kindern auf den Seufen bes Thores,. 
über welchem der geflügelte Diskus prangte, figend fawb.- 
Der Tempel von Kelabfche iſt das größte, von den Roͤ⸗ 
mern in diefen Gegenden unternonmmene Werk, zu beffen 
Erbauung ein, ganzes Wolf aufgeboten zu fein ſcheint, 
denn ein Vorhof folgt- auf den andern, ein Saal führt. 
in einen neuen, bie einzelnen Pläge überbieten fih an 
prächtigen Verzierungen. Die. Ringe,. welche an allen: 
Agpptifchen Tempeln angebracht find und die Namen der 


148: 


Erbauer nennen, enthalten bie Bezeichnung: Autokrator 


Elar. Dieſer Tempel, zerſtoͤrt, bevor er vollendet wurde, 
yigt eine Säule, welche man chen angefangen hatte mit 
Dieroglyphen zu verzieren, ‚die auf dem Stein in ben 
Ehrien , in welchen. fie ausgeführt werben follten, ſorgſam 
gezeichnet find. Auch einen aͤgyptiſchen Tempel bewahrt 
Kelabſche auf, welchen den Nantensring des großen Mes 
meſes (Sefoftris) trägt, deſſen Säle kunſtvoll in. den Fel⸗ 
fen grhauene Bilder ſchmuͤcken, welche aͤgyptiſche Scenen 
ans dem wirklichen Leben, Schlachtſcenen, Opfer, Grup⸗ 
pen von- Gefangenen, koͤnigliche Audienzen a. |. w. enthal⸗ 


en und eine Varſteilung ber ehemaligen Macht der Pha⸗ 


raonen ſind. Merkwuͤrdig iſt es, daß unter den dem 
König als Tribut dargebrachten Thieren, welches lauter 


bekannte Gattungen, Löwen, Affen, Widder, Biegen u. ſ. w., 


ſich andy ‘en Giraffe und ein Einhorn befinden, wes— 
halb, da man nicht annehmen’ kann, es ſet ein fabelhaf⸗ 
vs Thier abſichtlich eingemiſcht, die wirkliche, metiigfich® 
ehemalige Criftenz des Einhorns neue Wahrſcheinlichkeit 
gewinnt Der Tempel von Garb⸗Meroe iſt als Merk, 
eöwifcher ſpaͤterer Architektur intereſſant und ber aͤgypti⸗ 
ſchen Venus Athor vorzugsweiſe geweiht; der Namens⸗ 
ring Henne den Autokrator Claudius. J 

Dagegen gehört der majeſtätiſche Bau bes Tempels 
von Gef: Huflein der großartigſten Schöpfung’ des altem 
Urgupten® an, iſt umgeben von zerfchmetterten Koloffen 


md männlichen Sphingenzs Säle, deren Wölbungeh von 


tigen Koloffen, deren Kußfohlen 3° Länge haben, ge⸗ 
as — bieten einen ſchaueriichen Anblick; die Na⸗ 
mensringe nennen ben großen Remeſes, den wir für Seſo⸗ 
ſtris halten. Unweit von dieſem wahrſcheinlich zu duͤſtetm 
Zweck beſtimmten Bau iſt der heitere, von den drei ko⸗ 
niglichen Frauen Arſigos, Berenice und Kleopasıa erbaute 
Tempel von Dake, durch Zierlichkeit ſich als ‚eine weibliche 
Schoͤpſung beurkundend; außer den Namensringen der er⸗ 
waͤhnten Koͤniginnen befinden ſich auch Ringe eines Pto⸗ 
lemaͤers, ſowie der unbekannte Name Alek⸗Amon, den 
der Verf. auf den vergoͤtterten Alexander deutet, und im 
Vorſaale der Name Autoktator Caͤſar, woraus hervor⸗ 
geht,- daß Römer den Bau vollendeten. Ein geandiofes 
Monument altägpptifher Zeit iſt der Tempel von Ges 
bean, Namensringe des großen Remeſes enthaltend, mit 
Hiereglyphen im aͤlteſten Style reich verziert, Abbildungen 
don Iſis und Oſiris, Darſtellungen, aͤgyptiſche Seite zei⸗ 
gend, leider aber durch chriſtliche Melßel verunſtaltet, 
welche den Apoſtel Petrus verewigen wollten. Der Tem⸗ 
zei veon-Damada, ausgezeichnet. durch wohlerhaltene Mei: 
helarbeiten "von Hieroginphen und Bildern, von benen 
umter Anderm die Abpildung eines rothbraunm und ſchwar⸗ 
zen Mames, Belde zu einem ‚Altar reiche Opfer brin⸗ 
gend, auf die enge Verbindung zwiſchen Aegypten und 
Aethiopien zu deuten ſcheint, trägt bie koͤniglichen Ringe 
von fiinf auf einander folgenden Pharaonen: Thotmo⸗ 
ſes L, Thotmoſes II., Thotmoſes III., Amenophi II. und 
Thotmoſes IV. und von dem zweiten Koͤnig aus der Dy⸗ 
maſtie der Remeſiden. Der Felſentempel von Dör, weni⸗ 
ger impoſant durch die Bauart, enthaͤlt wohlerhaltene Hle 


roglyphen und Biber, unter denen eine Schlacjtfcene, wo’ 
die Sieger ſchwarz, bie Ueberwundenen rothbraun ſind, 
fi auszeihnet. Die Ringe nennen den großen Remefes, 
Der vormalige Landesherr, Haffan Kafchef, fragte den Ver⸗ 
faffer, „ob Franzoſen odre Engländer den Tempel vor⸗ 
mals ausgehauen hätten”. 

Der Felſentempel von Abufombul, ein Werk, den 
Pyramiden Aegyptens an die Seite zu ſetzen, welches der 


erſtaunte Wanderer von den Haͤnden der Giganten er⸗ 


baut waͤhnen ſollte, zeigt eine Niſche, 115 breit, faſt 
ebenſo hoch, 24° tief, ſchiefliegend eingehauen. An dies“ 


. fer Pforte find vier Riefengeftalten, 67 8” hoch, in ſitzen⸗ 
der Stellung, welche wie die fleinernen Rieſen des Märs 


chens eine geheimaißvolle Wache zu halten fcheinen, mb 
bie: ſie verzierenden Ringe des großen Remeſes gemahnen 
on bie das Leben feſſelnden Talismane der Zauberer. 
Zwiſchen bisfen. Koloſſen fühet ber verfchüttete, von dem 
engliichen Gonfal-Henry Salt, den. engliihen Gapiteiung 
Charles Leon, .Geby und James Magles nebft bem bes 
Bannten Belzoni zuerft ini Jahre 1817 nad 22 Tagen 
Arbeit geöffnete Gang in den Xempel, wo 14 Säte, 
in das Innere bes Felſens eingebauen, von.riefigen Ko⸗ 
loffen getragen, bern Wände mit Bildern und Hierogly⸗ 
phen reich, verziert find, den Beſchauer in Erſtaunen fetzen. 
Ein Meinerer,: ebenfalls aber koloſſaler Tempel befinder 
ſich bei Abufombul, wo ein mit 14 übermalten Bildern‘ 
und Hieroglyphen gefhmüdter Saal Opferſcenen darftellt..\ ' 
Diefes find die wefentiichiten Denkmaͤler, welche in _. 
bem engen Thal, welches der Nil in feinem Lauf zwi⸗ 
fhen den Heinen und großen Katarakten bildet, fich vor⸗ 
finden, ſodaß bie Katarakten zwei Pforten vergleichbar, 
find, welche in biefes wunderbare Antiquitätencabinet fühsı 
ten. Bedenkt man, welchen Raum in den Zeiten mangelns' 


der Cultur die Wuͤſte dem Mit abgewonnen, fo kann 


man fich denen, welche Schäge ber Sand begraben hat. 
Der Berf. befchreibt die von ihm unterfuchten Monu⸗ 
mente ebenfo anſchaulich als beiehrend, und gewiß wird 
Niemand, welcher für bie erhabenen Mefte einer großen 
Bergangenheit ein hiſtoriſches, antiquarifches, architel- 
tontfches Intereſſe bat, die angekündigte Schrift ohne 
großen Antheil lefen und ohne Nugen ſtudiren. 104. ' 





Ueber Kunft und Alterthum. Bon Goͤthe. Aus ſei⸗ 
nem Nachlaſſe herausgegeben durch bie weimariſchen 
Kunftfreunde. Drittes Heft bes fechsten und legten 
Bandes. Stuttgart, Cotta. 1832. 8. 1Thlr. 20 Sr. 

Mit biefem Hefte ift eine Unternehmung gefeloffen, welche 
beinahe 17 Jahre hindurch von Zeit zu Zeit das Publi⸗ 
cum mit ben reifen Xrüchten gediegener Kunſtanſchauung und 
hochgebildeter Kennerſchaft im ganzen Gebiete des Schönen’ bee 
fchenkte und das Greifenalter bed großen Heimgegangenen in 
einem ungemein heiten und mwohlthätigen Lichte erfcheinen ließ, 

Denn flatt ſich der Welt gu entziehen und vor ben glänzenden 

Erſcheinungen in Kunft und Literatur eigenfinnig. zu verfchlies 

gen, war Goͤthe vielmehr are Alles, was fi als würdig, 

bedeutend und eigenthuͤmlich ankuͤndigte, wohlwollend zu prüfen, 
zu erläutern, barauf aufmerffam zu machen, oder wie es in 
dem geiftzeichen „Schlußworte” heißt, „auf Begränbung eines 





16 


edlern, koamopolitiſchen Slnnes füs Kunſt und Literatur hin 
wirken, und fo — wie in einem geſelligen Sprechſaal — 
fein gemüthliches Beduͤrfniß geiftiger Mittheitung Befriedigung 
gewinnen.” Der Gedanke, eine großartige, durch Beine eng: 
ige Rationalität befchränkte Weltliteratur einzuleiten , Kr 
biefen Heften ihre Entſtehung unb verjüngte ben titaniſchen 
Greis, bee nidt mübe warb, 2» yagaos oüde, nein, ſelbſt 
on ben Grenzen bes hoͤchſten Alterd den Samen bes Schönen 
und Guten auszuftreuen. Noch diefes legte Heft von „„Kunft 
und Alterthum‘‘ legt hiervon Zeugniß ab, und gleichgeſinnte edle 
Freunde haben in feinem Sinne vollendet, was ihm nicht mehr 
geſtattet war. Dit. Recht hat er daher in feinen zahmen fe 
aien einmal prophezeit: 
Die W. 8. 58, 
Mit ihren Treffs, “ 
z Sie wieken noch eins Welle . 
Dieſe Prophezeiung iſt jent ſchon eine Wahrheit geworben, aber 
wird es noch mehr in der Zukunft werben, wenn manches 
ſich zur Blüte entwickeln wird, wozu jegt nur bie Gaat und ber 
Keim gelegt worben ift. | 
:2. . Durchblaͤttern wir die ſechs Bände vor „„Kunft unb Alter 
ham“ nody einmal ober durchlaufen wir nur- das dem: fechöten 
Hefte angrhängte Inhalteverzeichniß zu dem fünften und ſechs⸗ 


ten Bande, fo bringt bie Menge und ——66 den darin 
cb gehandelten, auf Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben ſich beziehenden 


Gegenſtaͤnde in uns die angenehmſten Eindruͤcke der Erinnerung 


und neuen Anregung: hervor. Alles, was waͤhrend faſt zweier. 
Decennien 


im Gebiete der kiteratur und bildenden Kuͤnſte ſich 
hervorthat und geeignet war, edlern Seiſtern Theilnahme abau⸗ 
gewinnen, fand in der großen, fuͤr all ⸗ 
prenglien „ barmonifchsgeftimmten Seele Goͤthe's den veinften 

nklang umb erhielt in biefen Heften ausführlicher ober ge: 
deängter feine Würdigung. Jedes Berdienſt fand bei Gdthe 
freubige unb willige Anerkennung, jebes. Talent Aufmunterung ; 
aber aud wo er misbilligt, geſchah es sine ira et atudio, 
fern von „jener einfeitigen, nieberfchlagenden, unfruchtbaren 
Kritik, die fi blos im Auffpüren von Mängeln und Schatten⸗ 
feiten gefällt; ihm kam es allenthalben mer darauf an, bas Tas 


lent, wo er es entdedte, über ſich ſelbſt aufzuklären, vor fals 


ſchen KRichtungen zu warnen und jedes vebliche Streben durch 
aufrichtige Theilnahme zu fördern,” Nicht blos im Vaterlande, 
auch im fernften Auslande entging feine bebeutende Erſcheinung 
feinem präfenden Bid; wir wollen nur an Lord Byron, Mans 
joni, Galvandu erinnern, unb fogar daB „Livre des cent-et- 
un‘ wird in biefem legten Hefte befprochen. Won: Böthe ſelbſt 
enthält daſſelbe noch manche fchägbare Reliquien: wir erwähnen 


namentlich bie Briefe an H. Meyer und WB. n. Humboldt „Ueber ' 


den Abfchluß des Fauſt“ und den Auffag: „Für junge Dichter”, 
weldyen G. gleichſam als eine allgemeine, nicht gang erbauliche 
Antwort an die gewiß zahlreichen deutfihen Muſenjuͤnger gerichs 
tet Hat, die ihm ihre Gedichte zur Begutachtung u. f. w. üben 
ſchickten. Die meiften Auffäge rühren von Wöthe'6 Freunden 
Der nun auch verewigte Meyer bat „„Neber Böthe'6 Ko!oſſal⸗ 
ildniß in Marmor von David” einige Bemerkungen mitge⸗ 
thellt, bie dazu dienen follen, dem häufig getabelten und in der 
Bibliothek zu Weimar ungünftig aufgeftellten Kunftwerfe mehr 
Anerlennung zw verfchaffen. Varnhagen von Gufe, Goret, 
‚ Riemer, W.v. Humboldt und J. v. Mäller Haben zu bie 
Sem Hefte beigefteuert, der Lepte ein vortreffiiches Schlußwort, 
welches uns noch einmal bie Tendenz biefer periobifchen Mit: 
theilungen und Goͤthe's großartigen Kosmopolititmus auf die 
wuͤrdigſte Weiſe vor die Seele ruft. Iatereflant ift es, gu ber 
merken, wie fämmtlidhe Freunde fi in G.'s Art und Weile fo 
eingelebt haben, daß ihnen auch in Styl unb Diction ihn wies 
geben gelungen if. 
Mit wahrer Zrauer nehmen wie von biefem legten Hefte 


_ Kedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Broddans in Leipzig. 


Abſchieb; wicht weil es in 
genheit fehlt, über Kunft mab Altertbum gründlid In vera 


Wahre und Gute ems | 


"la divilisstion et les 


am Mitteln und Gele 


bandeln, fondern weil der Spiegel zerbrochen it, her ihre Er⸗ 
fheinungen am reifen auffaffen und das erzeugte Wi 
eigenthümlidh, surädfinaßtte, 


zwar 
aber treu, lebend und beiebenb 102; 





Handbuch für Reiſende in Ftankreich. Won Meigebaut.. | 


Wien, Do. 1832. Gr. 8.: 2 The. 12 Sr. 

Der Berf. ſehr brauchbarer und an Ort und GStelle 
vielfady bewährt geſundener Reiſehandbuͤcher für Italien umb: 
Gugland gibt hier, nach bemſelben gun und mit gleicher Sorg⸗ 
falt gearbeitet, ein ähnliches Merk Tür die noch größere Anzahl 
von Reifenden in Fronkreich. Es ift fonderbar, aber vollkom⸗ 


‚daß ein Toldyes B 8 eigentlich fehlte. Rec., 
ber —— Aha Fr beat hat, ee nicht dm 


Reiſehandbuch für ambaft machen, und 
bat He * ftets hrs englifhen Buche, bes Hanbbuchs 
von Galignani,. auf feinen Heifen bedient, weil kein guter 


gefendene: auf eine allgemeine Beſchreibung des Landes 


waͤhrt 
(erfte Abtheitung) folgt bie Ueberſicht der Pofverbindungen, ſo⸗ 


dann bie KReiferouten in Zabellen, dann Literarnotigen 
—— und endlich bie alphabetiſche Beſchreibung aller 
ften D e, Städte, Fleck 


en und einzelnen Schloͤſſer, am 


genb eine Bedeutung Inäpft, Bei allen dieſen An⸗ 


. weidye | 
gaben find die neuehten Bufiände (die fpäteken Daten ſcheinen 


die von 1829 zu fein) berüdfictigt und keine Quelle von Ras 
men und Gewicht ift unbenust geblieben.” Banz vorzüglich 


' ie überfichttich und gut iR das Gemälde der politiſchen 


‚ ber Rechts⸗ und anzverwaltung umb beö Zuftane 
des —— Se alle Gegenftände von. x 
beblichkeit find nebenbei die Duslien, woraus weiterer Unterricht 


| darüber gefchäpft werben fann, mit großer Genauigkeit angeges 


ben, und Fein billiger Wunſch wird fo von biefem Buche, das 


in feiner Art jeden Anſpruch befriedigt, underuͤckſichtigt geiaſſen. 
Die — 7* ——— ‚and römifchen Claſſtb⸗ 


tern bewähren den Werf. Abrigens ais einen Gelehrten nem es 


ſchmack, wie feine ‚ganze Darftellungsiveife ben Daun don ge 


mäßigtem- und gründlichem Urtheil verfündet. 





Notizen. 

Eine Heine, Schrift von J. P. Gatc: „Education ratien- 
nelle, pötition adressee & la chambre des deputds sur les r&- 
formes qu’exigent dans l’6&ducation publique l’dtat actuel de 
beseins de la soci6t# moderne”, if 

Gryiehungsisefen 


bei den jetigen Berhandlungen über das 
Jrankreich beachtenswerth. 


Der Marquis be Chabannes hat zwei nee 
herausgegeben: „La priee de la citadelle d’Anvers, 
jougleries d&masqudes’‘, unb 

Du timbre du visa portant double cachet; 

De par la loi, j'entends, n’en de&plaise a Gisquet, 

‚ Tirant de ses &carts une faible vengeance, 

D£nommer ma chanson l'arr&t de sa deınence. 


Ch. Paul de Kock hat forben herausgegeben: „Georgette, 
ou la niece du tabellion” (4 Bde). ie biiden den drit⸗ 
ten und vierten Band feiner „Oeuvres completes”. . 


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für | | 


Dien ſta 





. Broſchuͤrenliteraͤtur. | 

Der Hauptſtrom unferer Zeitentwickelung ſtuͤrzte bon: 
wernd ein und ein halbes Jahr über Throne und Län: 
der; dann trat ploͤtzlich dee Punkt feiner Demmung ein; 
feit 1832 ift Altes ruͤckwaͤrts geſtaucht worden. Der be⸗ 
gleitende Generalfiab ber Bulletins, die Brofyhren, haben 
aber wicht ganz bdiefelbe Geſchichte, weil fie theils vorzei⸗ 
tige, theils nachzeitige Pflanzen ſind. Ich erinnere mich, 
daß die 1830 im Juli zum erſten Dat angegriffene Par: 
tei fehr fange wie vor Schred erflarrt ſchwieg; das Une 
erwartete, fetbft wenn «8. nicht fo groß wäre, beſtuͤrzt meht 
als das Groͤßte, defien Möglichkeit man geglaubt. Der 
magnuetiſche Schlafzuſtand Europas warb aber allgemein, 
feibft von Denen, die bald darauf thätig waren, für nas 
thrlicge Befchaffendeit der Generation gehalten, Niemand 
glaubte, daß. etwas zu erwarten ſei, Niemand wußte, was 
man überhaupt erwarten ſolle. Das ift etwas Eigen⸗ 
thuͤmliches an unferee Epoche, dag fie fi, wie der Stein 
im Scheos ber Erbe, ungeſehen, durch Anfegung gebildet 
bat und plögfich durch einen großen Impuls an die Obers 
äche geſchlendert worden iſt — die neue Zeit iſt wie bie 
zeue Pallas, die ploͤtlich und ganz geharnifcht dus dem 
Haupte des Himmelsherrſchers gefprungen iſt. Damals 
wengte ſich keine reagirende Brofchlire ans Tageslicht, es 
wor die Zeit der Morgendaͤmmerung, man wußte noch 
wicht, wie flark ber Send, wie er bewaffnet wäre. Den 
größten Muth bewies ein Berliner mit feiner erſten Troſt⸗ 
(cheift: „Einiges Über Mehres“ — um fo größern Much, 
als ex ſich mit dem gebrechlichfien Waffen ins Getuͤm⸗ 
mel wagte. Ich glaube nicht, daß diefer blaue Bieter 
Aurnierheiden gefunden hat; man ließ ihn -Haps 


einen 
yernb verüberreiten;. bamals war noch heffnungsgrüne 
-Beit. 


Aber es war ber erſte Luftfchöpfenbe Athemzug ber 
Ariftelratie, bald ein weiter, wenn auch weniger 
ulten „doc, brummemnd und :bitterböß „Audiatur- et altera 
gars’‘, und mm Üffnete allmaͤllg Hanover feinen Schoos, 
Manheim den feinem, He. Peter von Kobbe trat naiv 
auf .mit Leier und Schwert ıc.; aber bie. Periode ging 
wor einnal vorlber, fie wurde erfäuft in der cmflitus 
tionswelm, bie nun eintrat.” Es ward eine Belt lang ber 
fetide, buͤrgertiche Liberalimns gepredigt; feinens langſa⸗ 
men Gange teunte die Reaction mit Leichtigkeit Schlag⸗ 


literarifde Un terhaltung. 





bäume vorbauen,. und als er im feiner Kurzfichtigkrit ame 
28. Zunft de® Morgens plöglid mit der Nafe zu Frauk⸗ 
furt anpralite, :da war er wie jene im Jull zwei Sabre 
vorher verblüfft, und num begannen bie blindgeladenen 
Frendenſchuͤſſe — es kamen die Broſchuͤren, die I 
neulich in d. Bl. *) beiprach, die Opfer dee Soͤhnt 
ngal's. 

Darauf trat eine Zeit lang Ruhe ein, das Schlach— 
feld warb von ben Parteien verlaflen; nur einige Made 
zügler und Marodeurs ſtrichen barüber bin, einzelne 
kandsmannſchaften fahen nach ihren Todten oder Verwun⸗ 
deten — die allgemeinen Broſchuͤren verſchwanden, es et⸗ 
ſchienen die provinziellen. Jetzt begibt ſich nun allmaͤlig 
die Wiſſenſchaft, die Gelehrſamkeit auf den Wahlplatz, 
mißt das Terrain, befchließt die Zahl der Unſterblichkeits⸗ 
orden, der Balgenqualificationen, unterfucht, ob die Sache 
gehörig wiſſenſchaftlich hergegangen fel. Die Derren von 
der Profeffion haben lange gemig vergeblich verfucht, zu 
Worte zu kommen, fie müflen ihrer Conſtruttion nach 
breiter reden, denn fie müfien das Syſtem anbringen unb 
retten; man fiel ihnen ſtets in die Rebe — jest endlich 
tft Zeit, daß die ganze, unterdrüdte Flut hereinbraufe; e® 
ift eben Raum da. u 

Den Reigen beginnt elgmtlih Hr. Mauer, welcher 
„Probleme "der Staatslunft, Phitofophie und Phyſtk. 
Zur. Herbeiführung eines befjern Zuſtandes für Fürften 
und Völker, Wiffenfchaft und Leben auf das befrie⸗ 
digendfte gelöft” für 1 Xhlr. 2 Gr. zu Leipzig 1833 
bei’ Chriſtian Ernſt Kollmann In ge. 8. herbeibringt. 
Da indeß diefer -befcheidene Mann doch eigentlih, wie 
er ſelbſt verfhämt eingefteht, aller Wiſſenſchaft die 
Krone aufſetzt und alles fonflige Streben überfiäffig 
macht, fo - verfpare ich mir ihn bis zulegt, damit 
ich erft noch ein paar Worte uͤber andere Leute fagen 
kann. J 
Weber die politiſchen Beſtrebungen der gegenwaͤrtigen 
Zeit von Eduard Platner. Marburg, Elwert. 1832. 
Gr. 8 3 ©r. 

Der Here Verf. entſchuldigt fi anfänglich, daß 
ee eine Broſchuͤre gefchrieben, weil das ja doch ein 


„nichtiges Geſchaͤft“ fl. Weil er nun alle dieſe Sa⸗ 


®) Bol. Nr. Se u. 843 b. Wr. f. 1888. DD. Rebe 





i, 
N 


den groͤſtenthells fhe Die „Rirdhenzektumg® abgelaht fe 
ſei das ein anderes Ding; Partei nehme er nicht in der 


Politik, fo wenig wie er einer Schule in der Wiſſenſchaft 


angehöre. Es ift ein ſchoͤnes Gapitel in ber Natutge⸗ 


ſchichte, das von ben Amphibien. - Hr. Prof. Platuer will 
cin fein. 


burchaus fein Bürger, fondern ur 
Diefe Art von biusofer Indifferenz, die immer wur 
nungsfuͤhrer, nie aber -mitgerechnefe Zahl fein will, biefe 
deutfche Gelehrſamkeit, deren Füße an den Studirtiſch ges 
bunden find, die nur wiſſen, aber. nichts thun will — 
iſt ein altes Capitel. Es iſt neuerdings ſo viel * 
geſchrieben worden und bit doch nichts geholfen. 

der Here Profeſſor Geſchichte [hreiben will, fo wird es fein 
und feiner Leſer Vortheil werden, wenn der Standpunkt 
fo gewaͤhlt iſt, daB ſich Seine. eigne vorgefaßte Parteimei⸗ 
mung in dem Vordergrund draͤngt; wenn er aber’ in ber 
Vorrede zum Publicum, d. h. als Privatmann vor die 
Aſſiſen tritt und aud da keinen Namen, keinen Charak⸗ 
ter haben mil, fo wird er ald unbrauchbar für unſern 
bürgerlichen Verein zuruͤckgewieſen. 

Im Verlauf der Broſchuͤre, die an ſich gut geſchrie⸗ 
ben iſt, kommt es dem Verf. namentlich darauf an, daß 
der. Stoat in innigen Rapport mit der Religion geſetzt 
werde, . So bedauert er, daß bie „heilige Scheu vor dem 
Regentn, als Weſen einer höhere Abkunft“ verſchwun⸗ 
den, und der Staat nicht mehr eine „goͤttliche Anſtalt, 
ſondern ein bloßes Werk der menſchlichen Willkuͤr ſei u. ſ. w.“ 
Die ſogenannten Gelehrten haben darum ſo viel Un⸗ 
gluͤck angerichtet, weil fie die Wiſſenſchaſt der Vergan⸗ 
genheit mit bee Liebe für bie Vergangenheit identificirten. 
Weil bei den Griechen die Götter mitregierten, follen fie 
es auch bei und. Daß jene Götterbegriffe gewechfelt, daß 
wie andere Götter haben, künmert fie nicht. Daß 
bei einer im Morgennebel entſtehenden Welt bie Phans 
tafis leichter Gebilde ſchaffen ımd das Herz fie glaus 

ben konnte, daß nach den vielfältigen Forſchungen meh: 
rer Sahrtaufende mehr und mehr die buftigen Rebel 
der Phantaſie verfhwinden, und wahre fchmudiofe An: 


ſſchauung an ihre Stelle treten mußte, das Alles bes 


denken fie nicht. Ich will ben Helden bewundern, ‚der 
aus unferm modernen Staate heute noch ein dimmliſches 
Jeruſalem machen kann. 

Ebenſo bedauert Dr. Platner, daß Deutſchland mit 
feinen Wuͤnſchen nach Freiheit ſich nicht mehr gemetifi 


entwickelt, an ſeine geſchichtlichen Verhaͤltniſſe halte; daß 


es eine andere Freiheit wolle, als fie die Praͤmiſſen der 
Vergangenheit verlangten. Ich möchte wohl wiſſen, ob 
die Lappländer für uns die Freiheit wünfchen, oder ob 
wir, die wir moderne Verhältniffe wollen, keine Deutfche 
feten, ob Indien zu Grunde gehen wird, wenn. die ver: 
witweten Weiber fi nicht mehr verbrennen, ob überhaupt 
die Vergangenheit ber Kamafchencorporal der Gegenwart 
oder ihr geiftiger Lehrer fei.. Dem Volke, das feine alten 
Verhaͤitnifſe vergefien hat wird fie Niemand wiederzubrin- 
gen vermögen, denn fle find aus feinem Blute verſchwun⸗ 
den. Hätte man 1790 Deutfhland reformiren wollen, 
fo hätte man allerdings größere hiſtoriſche Ruͤckſicht auf 


146 








bie Unglelchhelt der Staͤnde ehenen müffen; umnterbef 
ift eine Generation g ‚Die weuen Theorien, ber 
durch keine Crinnerungen echende Verbienfimefler, ber 


au beſt 
Krieg, haben ein anderes Deutſchland gefchaffen, und ber 
Anhänger des Alten wird lange ſuchen und flarle Glaͤ⸗ 


Gelehrter fer aufſehen he er die —— | 
Rech⸗unſerer Nationali em Sr *- —X 


9 
ſtockwerke umſonſt von Ihnen ſtudirt fein koͤnnten, das Ars 
gert die Herren; daher die gelehrten Broſchuͤren. 
Ueber die Wahl des Prinzen Otto von Baiern zum Koͤ⸗ 
nig von ir er nd. Zumdeg, Kirgel und Wieß⸗ 
. Gr. 8. r. 
Saͤhe es nicht aus, als hätten ihrer Zwei am dieſer 
Broſchuͤre geſchrieben, fo würde ich ſagen, fie iſt recht gut; 
aber der zweite bedaͤchtige Baier, der dem Verf. zuweilen 
bazwifchenfpricht, taugt nichts, es iſt rin ſchwathafter 
Mann. Es iſt weniger Gelehrſamkeit, aber mehr Ser 
ſundheit in dieſer Broſchuͤre denn in jener. Er leitet da⸗ 
mit ein, wie die Revolution Europas nothwendig gewor⸗ 
ben ſei, hebt heraus, daß bie vermittelnden Mächte ſich 
von der griechiſchen Nation für bevollmaͤch tigt erklaͤrt 
und fomit als Organ Griechenlands bie Krone vergeben 


‚hätten, fährt fort, wie durch König Ludwigs von Balern 


mehrfach bekundetes Intereſſe für jenes Land die Wahl 
auf feinen Sohn gelenkt worden fei, weichen Glanz und 
welche Ehre das Ereigniß für das Haus Wittelsbach 
bringe. Da guckt der Baier dem verfläudigen Mann über 
bie Schultern; ber Ruhm oder Glanz eines einzelnen 
Haufes kümmert die heutige Gelchichte nicht mehr, Die 
fi) mit Maſſen und Begriffen beſchaͤftigt. Darauf ſucht 
er nach dem Nupen, den Balern bauen haben werde, und 
findet keinen, beruhigt ſich aber wieder nıit dem Glanz⸗ 
punfte der bairifhen Geſchichte“ — für Glanzpunkte gibt 
man heutiges Tages nicht viel. Unter ben Nachthellen 
findet er aber, daß bairiſche Truppen und bairiſches Geld 
auswanberten und vielleicht nie wiederkemmen bürften; fins 
bet eben auch, daß ber Koͤnig von Malern nie das Recht 
gehabt, ohne Zuziehung bee Stände bie fortlaufenden Ap⸗ 
panagengelder zu bewilligen, falls er biefe nicht aus einer 
Civittifte beftreiten wolle, daß aber die Civillifte ſicher zu 
groß fei, wenn er dies koͤnne. Ueber bie Verfaſſung bes 
griechiſchen Staats iſt er. vorläufig der Meinung, daß eine 
ziemlich unbeichränfte Monarchie vonnoͤthen fei, wünfche 
aber nicht, daß diefe, weit im die Zukunft greifend, fich 
unabänderlich feſtſtelle. Alles Uebrige, bie einflige Groͤße 
bed Staats betreffend, find Träume, bie man bem Ganz 
guiniker gern geflattet, zumal fie fid) auf dem Felde pros 
ducisender Speculation bewegen, wo mehr nach Phans 
tafie als nach Yrengen: Geſetzen esfchaffen md zerſtoͤrt wird; 
Es thut mir nur immer leid, wenn ich das partiale In⸗ 
tereſſe eines Vaiern dabei betheillgt fehe, der in betruͤg⸗ 
licher landsmanuſchaftlicher Spielerei. feinen gefunden Kern 
verllert. Ob Griechenland durch einem Baier ober durch 
einen Mecklinburger Ausſichten zu einſtiger Größe babe, 
koͤnute uns, duͤnkt mich, ſehr gleihgüftig fein. Ich. fetbfk 
befürchte ‚ne, es koͤnnte ſich bei ber ganzen. Angelegens 


\ 


heit Manches andere begeben. Ye Weielinkktieimg 
geiechifche Nation duͤrfte nicht wie Acclamation 
angenommen ioetden, und bie Träume von bairiſcher Herr⸗ 
lichkeit duͤrften nur ein Prolog werben, zu dem das Scück 
verloren gegangen. Die ruſſiſchen Beſtrebungen deuten 
leider bis jegt fahr. Darauf bin. . oh, " 





Beiträge zur. Kenmniß der altdeutſchen Sprache unb Lite 
ratur. Bon George Friedrich Benecke. Zweite 
Par N e. Göttingen, Dieterih. 1832. Gr. 8. 1Thir. 

t. 


Wenn es bei einem Buche dieſer Art nicht voͤllig gleich⸗ 
wäre, wie man die Folge des Inhalts beſtimmt, fo 
töunte es auffällig fein, daß Hier launiger Spott und anmus 
thige Schattheit den woärdenollen Grnft in die Mitte genommen 
haben, wie dies im gemeinen Leben zwei Beringere mit bem 
Bornehmern gleichfalls zu halten pflegm. Zwiſchen den fpöt- 
tiſchen Liedern des einft alibefannten Herrn Nithart’s nämlich 
und bem mit mannichfachem Trug erfülten Leben des Pfaffen 
Amis, weldyes der Stridäre dichtete, finden wir bier bie ernften 
Echren, welche der Winshede feinen. Sohne und die Winsbeckin 
ihrer Tochter ertheilen. Der Verf. bed legten Werkes ik un: 
belannt. GH kann uns zwar nicht einfallen, die Merbienfte, 
weiche Hr. Benecke fi um die Kritik der Texte erworben hat, 
Gier auſchaulich zu machen, dafür aber wollen wir über Herrn 
Nithart ſelbſt und über feine Gedichte, ingleichen über den Pfaf: 
fen Amis Giniges mittheilen. Behalten wir Raum, fo befpres 
den wir auch wol Gines oder das Andere aus ben beiden Lehr: 
gebichten,, was fih auf Sitte und Gewohnheit bes Mittelalters 


Ueber Herrn Nithart wiffen wir nicht mehr, als er uns 
IHR über fi, in feinen Liedern mittheilte. Die Ermähnuns 
gen, To gleichzeitige Dichter von ihm thun, beziehen fih ‚nur 
auf feinen auögebreitetn Ruhm als Dichter. Dadurch mögen 
wir aber uns auch leicht erklären, wie es gefchehen konnte, daß 
Sinige, weil fie feine Lieber nicht gelefen hatten, ben Rithart 
f eine mythiſche Perfon hielten, deren Charakter fie aus dem 

amm Rithart (Neidhart), wiewol faͤlſchlich, erflärten. Wit 
hart war ritterlichen Geſchlechts, wie ſchon, wenn er es aud) 
nicht ſelbſt fagte, das feinem Namen ſtets vorgefepte ‚„„Derre” 
beweiſt. Gr fcheint vom Rhein geboren, wenigſtens fpricht er 
XIX, 5, von feinen Sreunden am Rhein alfo: 
Lieben Voten ich heim zu Lande fenbe.- 
au mein Trauren dad foll haben Ende. . 
Wir nahen zu dem Rheine 
Gerne feben die Freunde meine 
Un Pilgerelne. 


Andy trägt in ber That feine Sprache bier und. ba Gpuren 
zheinifcher Mundart. Demnach wäre vielleicht uͤberall, wo «8 
non dem „Sau’' ſpricht, ber Nheingau zu verſtehen. Geinen 
unfpränglihen Wohnfig nennt er felbft mehrmals Riumental; 
wohin er alle Tchönen Mädchen führt (LVI, 5), wo er alle 
liebt, aber auch da fchon viel von Nebenbuhlern dulden mußte 
mb mandyes Klage: und Spottlied, feinem eignen Geftänbniffe 
zufolge, farg (II, 8). Gr fam, wann und wie weiß man nicht, 
Stelleicht aber nach Art reifender Dichter, an den öftreichifchen 
Bof, wo ihn ber Herzog wohl aufnahm, unb ihn bei fi) zu Mies 
delicke (iept Mei) (II, 8) behielt. Schon zu feiner Zeit müfs 
fen die Stahlfabriken zu Waidhofen in den Gifenwurgen bes 
zhbemt geweien fein, denn er erwähnt AXI, 9 Schwerter daher. 
Andere Derter, aber nicht alle in Oeſtreich gelegen, deren ex 
noch erwähnt, find Atzenbruk (jezt Brud?), Bottenbrunne (Pots 
tenbeef?), Lengedach, Tuln, "Gt.:Eienhart, Schonellten, Gns, 
Mideifufen, bad Martfei, 


Bandeshuot, Pernviute, Witendrüel, 


Dach Htabife am tue March in — und ben dohenft * 


ſeine Ruhe und Aller Freuben in d 
Becaiır ihn tig 3 Doch That [ei 
sennem @lI, 7). eint feile Liebe zur 
Pr und Semächlichkeit ihn wicht gehindert zu haben, in denn 
Gefolge feines Herzogs wahrfceinlich einen Roͤmerzug mitzu⸗ 
» Gr erwähnt beffen ſelbſt (XIL, 2) mb Eagt, dab bie 
Waͤlſchen auf feinen Belang nicht achteten, daß fle ben Yilges 
rimen (b. h. ben Deutſchen) wehgethan Hätten (XII, 6), und 
baß ihr Heer mehr als zur Hälfte umgelommen wäre (KIL, 7). 
Das Gericht IR. im Auguft (1210, 1211 7) geſchrieden, und 
fiher war es der Abmerzug, ben Kalfer Otto that, beffen Nit⸗ 
hart ald Augenzeuge gebenlt. Webrigend muß er zur See n 


und der Böhmen 


"Stalten gelommen fein, weil er wuͤnſcht hinwieder über bie rd 


zurüdzufahren. Gr kam gluͤcklich wieder heim, wie wir aus 
XXXVIII, 4 fehen, wo ee fü aluu einem ereiften Mann 
ruͤhmt, dem alle Sande von Detreich bis an den Rhein, mb 
von ber Elbe his an den Po befagnt feien. Sovpiel willen wie 
über Nithark, aus feinen eignen Gedichten. Anberer Dichter 
Erwaͤhnungen, 5. B. Wolfram's von Eſchenbach, Gotfrid's von 


Strasburg und Anderer geben uns nur inſofern über ihn Aufs - | 


luß, d i Nithart's Ei 
— —— 


Nithart's Gedichte tragen augenſcheinlich mehr den Cha-⸗ 


rakter der Lieder eines — — als eines Hofpoeten. Der 
genußfrohe Mann, der alle tiefſinnigen Kluͤgeleien und alle ji 
litiſchen Sorgen für Kberfläffig und nur freubeftösend hält, 
biit überall ums Nithart's Licbern- hervor. Tanz und Balls 
fpiel, Freude über bie Mädchen und Aerger über bie Nebenbuh⸗ 
ler find der Gegenſtand aller feiner Lieber. Letztere bezeichnet 
er zwar immer als eckige ungefchichte Burfche, nennt fie Bauern, 
Zölpel und fade Zierbengel; dennoch find wir nicht der Mei⸗ 
nung, daß alle feine Nebenbuhler dem Bauerftande angehörten; 
bie Edelknappen und ritterlidhen Leute des dftreichifchen Hofes 
blieben dem: Orte gewiß nicht fern, wo ‚Herr fein Bere 
gnügen. fand. Auch befchreibt er feine Nebenbuhler zuweilen 
dergeftalt, daß man nur gefchnügelte und gebügelte Hofſchran⸗ 
sen in benfelben erkennen kann. Er gedenkt z. B. ihrer kuͤnſt⸗ 
lich gekraͤuſelten Haare, ihrer überaus weiten ſtidenen Keider 
und ihrer langen Schwerter (XVIII, 47, LEI, 9. Es if 
auch wol einzufehen, wie foldge Leute ihn ebenfo fehe, wenn 
nicht mehr ärgern mochten als fchlichte Bauern. 

Beine Geliebte, d. h. die Grfte und Angefehenfte feiner 
Liebchen, Vriderun, war eine fchöne Dörferin, wie er XIT, 3 
ſelbſt ſagt; aber im feinem weiten Herzen fand auch noch Rebe 
gung zu andern ländlichen Aindern, woſern fie nur fchön wa⸗ 
ren, hinlaͤnglich Räum. Dies ſcheint bamals fittlih und darum 
ber. Dauptgeliebten nicht eben anftößig geweſen zu fein. Ob 
aber dieſe Hauptgeliebten eines Hitterd auch Nebengeliebten eis 
ned Anbern fein durften? 

Genug, ben Rittern was erlaubt, zur groͤßern Ehre ber vor 
Allen Erwaͤhlten neben ihr noch Andere zu lieben, und 
Nithart gelebt XXIV, 6 feibft: Gr fei ben Weibern holder 
als fie ihm, und es fei ihnen fehr unauftänbig, daß fie ihn bies 
entgelten ließen. Ueberall zeigt fi Nithart demnach in an⸗ 
mutbiger Selbfibefchräntung, als ein im firengen 
bart geplagter ‚ und feine Schi des 








gemußzselchen Ä 
Landiebens in ber Nähe des Hofes if mit ben Tebenbigften Ban J7 


ben gemalt, was feinen Liebern einen ſehr reizenden idylli 
Anftrid gibt. „Es wird uns bei Betrachtung biefer Lieber in 
ber That recht augenſcheinlich⸗“ fagt Hr. Benecke, „wie beliebt 


diefe Lieder Rithart'e fein mußten, nicht nur als Rithart ſelbſt 


u 








Singen fondern auch Lefer von Stadt 
urg zogen; Letztexe führten epifche Geb 
Yan dee nieberbeutfihen Gedichte von Walentine mb Remer 
ft, von Bios und Blancflos find Cigenthum folder Leſer ges 
weien, wie daraus herporgeht, daB in biefen Handfehriften noch 
ungefähr je 200 Verſen eine Auffsberung an bie Hörer einge 
ſchaltet if, dem Lefer zu trinten zu geben. Wie befamat koͤn⸗ 
nen die Deutſchen nie wohl lange durften; ſchon Tacitus gi 
dies wahrgenommen. ‚Aus der Worliede für Nithart’s Ger 
bichte‘, fährt Hr. B. fort, „erklaͤren ſich auch nicht wer bie 
bireichen Abfchriften, -tie daven von jeher gemacht worden, 
ndern aud die fpätern und roben Machahmungen berfeiben, 
denen man fein Bedenken trug, den Namen des alten Dichters 
yorzufegen.” 
um nun wenigfiens ein Beifpiel zu geben, wählen wir 
Sieb IV, weiches Nithart —— 1 In Stalin bidhtete, und 
geben eb, fo gut wir zum überfegen im Stande fat. Es if auf 
Beiberun gebichtet. - 
Sommer , beiner Tieben Augemmelbe 
Muß ich wieder mich getröften fonder meinen Dank; 
Denn mid ztoinget jest, vor allem Leibe j 
Ein dreifaches Leid und macht mein Herz an Freuden krank: 
Cine iR die ſchwere Beit, 
Die in. naht und Alenz 
. Dann das Andre, bad mir Sehnen gibt und Traurigkeit, 
. Daß Ihr al mein Dienk nit will gefallen; 
Endlich, daß bie Gute weilet meinen Herzen weit. 
Meiner leder fehnfudztvoße Klagen 
Behn itre tn die Ohren wie das NBaffer in ben Stein. 
Leicht, aus Stolz, mag fie mir mol ihr Herz verfagen, 
Unfrer beider Wille, leider, ſtimmt nicht überein. 
Zeind iſt Fe; ich bin ihr Horb. 
Wann bat dies ein Ende? - 
Dieſen Buwiefnalt ſchaffet Madelweig und WBerenbold: 
Gott ben Beiden alles Gluͤcke wende! 
Was Ich diefen Sommer trug, ich trüg’ ed nicht um Gold! 
Ich bad’ Ungemad von Diabelmelge, 
Mehr als viel erleid’ ich feines Werbens Balber hie; 
N Seiner Ungefäg’ ich viel verfdsmeige, 
u Nimmetr wili den Lenten ich zur ‚hälfte künben fie. 
IH bin ibm von Schulden gram; 
Stets ihm kreißt die Zunge. . 
ı Bah wer den, ber Briberunen Ihren Spiegel nahm? 
: Dem ft gleich im Thun ber Bant, der junge: 
Defterd ſchon erregte mir fein roher Unglimpf Schaue! 
‚Heuer, als bie Kinder Freuben plagen, ' 
Sprang er, feht, ben krummen Reihn an ihrer weißen Hand. 
Meine Freunde da begann ich feagen, 
Wer der Tolpel wäre? Jedem war er fremb im Sant. 
. Dabei wuchs mir nitgenbe Schmer, 
Da fie vor mir ſprungen. 
Traun, es war fo toͤlpiſch nicht fein Yıte Eugelger. 
Run bin ich befchweret von dem jungen. 
Weh, wer bracht’ ibn immer von Sanct Leonharken ber! 


Ja, ber war mir feines Leibes ſchuldig, 
; Der ihn mis zum Schaden aus dem Forſte der vertrieb. 
: Gr if voller Frevel ungebuldig, 
Wehe, daß er borten nicht bei feinen Sippen Bien. 
Dann nicht firidh er feinen Fuß 
„Hier an meine Seiten! 


48 


Aa ie man ai Feten bhfEn ſadoa 1 aß - 
Sreundlig bitten ben von Sqhaneleiten, 
Daß ex feine HpId mir geb’; Id mähne wohl, er thrs: 


Ich bin allzu fern ihr, der mie Naben, 
Ihre Lofen Augen brechten fie ind Herze mein. 
Da die beiden eb einander faben, 
Däntte fie mid) ſchoͤne wie ber’ Achten Sonne GAR... 
Und es iR, Ad ich erſchaut 
An der Holden Reizen! 
Nimmer mäfle Madelweige werben fie vertraut, 
Den man ſtets um fie gewahrt fi ſpreizen; 
Dean nie fah ich unter Dirnen ſolche ſchoͤne Braut. 


Seht, fo trag’ ich berzelide Schwere, . 
Unter meinen Freuben eine ſolche große Lak, 
. Die dem Kalfer kberläftig wäre, 
Und doc mar ich Betö In Urem Dieufie vecht in Hell, 
Daß beim Wechſel neuen Sang 
Stets ich Ihe gefungen. 
Dansi£ dient’ id} Ihr den Sommer und ben Minter lang, 
Eh mi Adelfrid von ihr verbrungen; 
Auf dem Schemmel fig’ ich nun, er oben auf. ber Bank. 
Der Beſchluß folgt.) 








Notizen. 
ueber das Wort Binanz *) 
Rau fagt in feiner „Politifchen Dekonomie”, III, 8, daß im 

14. und 15. Jahrhundert financia eine fchulbige Gelbieitung 
geheißen habe. Man findet auch finatio, ſodaß vielleicht finie, 
weiches öfters gewiffe Abgaben - bedeutete, bie weh 
Wurzel if. (Dun e's „Glossar.’‘, und Spelmann’s „Glossar. 
archaeol.“ ) Mehre Schriftſteller halten. aber den 
Stamm des 843 für gerinaniſch und deuten bald auf fein 
bald auf finden, weides im Gdpoedifchen und Sslänpifc—hen * 
den Begriff von Kunftgriffen in ſich ſchließt. An eine feine 
Kunft wurde bei dem Worte Finanz immer gedacht, Es kam 
auch im dbeutfcher Sprache immer in ber einfadyen Zahl vor. 
—— paraphraſirt Finanz durch Schinderei, Sebaſtian 
Brant ſtellt Finanz mit Haß und Neid zuſammen. In Frank⸗ 
reich Heißt finance eine Einnahme, finances der Staatehaus⸗ 
halt. Die franzöfifcge Bedeutung bed Wortes wurde zuletzt 
auch in Deutfählond angenommen. Man fieht, daß alfo Prof. 
Dr. Schön Recht hatte, die „Wrundfäge der Finanz zu fchreiben, 
weil er dad Wort aus dem Getmanifchen ableitete Er Hat 
fi) aber auch nichts Neues herausgenommen. Gonnenfels 
ſchries ſchon: „Brundfäge der Policei, Handlung und Finanz“3 


Harl hat ein „„Dandbuch ber —— — und Finauz⸗ 


verfaßt. Der letztere Schriftſteller laͤßt ſich S. 749 dieruͤber 
ausfuͤhrlich vernehmen: „Finanz bedeutet bie Beſtimmungen der 
— über Erwerb und Gebrauch des Gtaatöbermös 
. 812% iſt überfchrieben: uuDerftelung ber Grundge⸗ 
fege der — karzere Ausdruck hat etwas fr ſich 
Es iſt daher zu wuͤnſchen, —— dem More ‚Binang” in der 
Bedeutung vom meoleean geist Fe fitunt das ——*— geben: 
ur Kunſtſtatiſtieke. 

Die Statiie hat in neueſter Zeit ihr Gebiet merdlich er⸗ 
weitert. Ihre Zahien betrafen ſonſt nur Land, Leute, Och 
Schafe, Steuern, Schulden und Soldaten. enwärtig gi 
es bereitö uͤberall Zahlenangaben über bie —— 
ben Unterricht, über bie Preſſe. Wan begreift ader nicht, ware 
um benn über bie Kunftfammlungen, über bie jährliche Kunſt⸗ 

production, über bie Zahl der Künfkter u. f. w. fo gar nichts 
um Borfchein kommt. Wan mwürbe gewiß ſehr intereffante 
chen ermitteln, wenn man auch die Kunftverhättniffe Cu 


7’ | ropas ia Rechnung” brächte! 


*) Bol Weil. Mr. 10. BET  . D. Bet. 


Nedigirt unter Weranttortliigtelt der Berlagslanblung: $. X. Brodbaus in Leipzig. 


- 


4 


Bla t ter 


für 


literarifde u nter ha ltung. 





Nittwoch, 





Beſchluß aus Nr. 86.) 

Umrifie. einer. woͤglichen Reform in Ungarn, im Geifte 
des juste-milieu. Bon U..... . London, gedruckt bei 
Morlot. 1833. Gr. 8. 12 Sr. 

Man darf ſich nicht am den mittelmäßigen Titel ſto⸗ 
pen. Es iſt manches Gute in dem Buche, und es iſt 
wol wahr, daß für manches Land nur das Mittelmäßige 
gut if. Im Allgemeinen iſt der Verf. ſehr unzufrieden 
mit der Art, wie Deftreih Ungarn regiert. Er fpricht 
zuerſt vom Handelsweſen; das Mauthſyſtem und ber 
Geldmangel oder das gegen Ungarn befolgte Finanzſyſtem 
find ihm die vorzuͤglichſten Hinderniſſe des ungariſchen 
Handels. Jenes wird, trotz der wiederholteſten Zuſiche⸗ 
rung, nicht abgeſtellt, die Reciprocitaͤt und Feſtſetzung der 
ungariſchen Mauthen dem Reichstage noch immer entzo⸗ 


gm. Das Finanzſyſtem, meint der Verf., laſſe zwar 


alles Gelb heraus, ‚aber keinen Groſchen hinein In daB 
darum arm gewordene Ungarland. Nationalbank ſei das 
allgemeine Schlagwort. „Der Bergbau allein, wenn man 
ihn nicht ruinirte, konnte die bisherigen Differenzen auf: 
heben; doch auch bier muß Ungarn feine Compagnie mit 
Deſtreich theuer bezahlen, denn -trog aller Maren, wieder⸗ 
beiten Gefege wird das edle Metall, geprägt und unges 
prägt, nach Wien geführt, um fein Vaterland nie wieder: 
zuſchen. Vom Satz, dieſem unerfchöpftichen Reichthum 
des Landes, kann hier nicht umſtaͤndlich geſprochen wer⸗ 
den, da die Frage bereits zu einer europaͤiſchen geworden, 
indem die Reichsſtaͤnde hierin an das Urtheil der Welt 
appelirten. Auch hierin wird endlich Tag werden.“ Der 
zweite Abfchnitt der Broſchuͤre befchäftige fi mit Stra⸗ 
Sen, Kandten und Eifenbahnen. Für diefe Territorialeivi⸗ 
Uſation iſt nun leider in Ungarn noch gar nichts gefches 
ben, und es iſt eine fehr erfreuliche Erfcheinung, daß die 
Ungarn jegt Immer öfterer ihre Stimme erheben, um von 
jenem Regicrungsdunkel den Leuten zu fprechen. 
Die Probleme der Staatskunſt, Philofophie zc. von Rauer. 
Ich habe ſchon oben .ein paar Worte mit dem Herrn 
Darf. angeknuͤpft. Das Buch iſt zwar eigentlich zu did 
für die Broſchuͤre; da uns aber ein compendiöfer Schnell: 
peſtkoffer verfprochen wird, in welchem wir alle Wiſſen⸗ 
ſchaft etligft fortbringen könnten, fo ordnet ſich dadurdy 
dos Buch in die Meihen unferer Meifebüchlein des Wiſ⸗ 
0 


6. Februar 1833. 






Buch. Der Verf., ein gebildeter Phyſiker und geſcheiter 
Mann, ſchlaͤgt eine italieniſche Carnevalsbude auf, worin 
viele vernuͤnftige Medicin zu finden iſt, ſtellt ſich ſelbſt 
in ſchreiendrothem Charlatanrocke als Wunderdoctor hinein 
und faͤngt nun an zu peroriren. So lange ſich die Rede 
um die Natur und ihre Erſcheinungen, ſein Hauptſtu⸗ 
dium, bewegt, ſind die Zuſchauer aufmerkſam ſtill. Als 
er zum Menſchen uͤbergeht und ſich fußſtampfend ereifert, 
daß man ihn nicht immer blos ein Ebenbild Gottes, ſon⸗ 
dern auch ein Saͤugethier nennt, werden die Leute ein 
wenig unmbig, fie fangen an zu hungern, das bloße 
Ebenbild Gottes darf aber nicht hungern; er will fie bes 
[hwichtigen und fpriht nun au von Politif und macht 
fie greutich herunter, daß fie fo verfiändig geworben und 
nicht hinreichend gemüthlich wären, 


In der Vorrede heißt es: „Unfteeitig find es bie hoͤch⸗ 


fin und edelſten Gegenſtaͤnde des menfchlihen Wiffens, 
die fchwierigften und zum Theil tieffinnigften ragen, "des 
ven Löfung ich unternommen und, "id darf wol [as 
gen, mis nie gefehener Leichtigdeit und Eins 
fachheit durchgeführt habe. Ich babe zum erſten 


Mate den glüdtichen Verfuch gemacht, das Leben der 
Natur in feiner Harmonie darzuftellen.” Berner: „Wie - 


einfah und ſchoͤn alle diefe großen Probleme mit 
Hülfe eines einzigen leitenden Faden entwicelt und gelöft 
werden, zeigt die Schrift ſelbſt u. f.w.” „Erkennt man 
meine Ausführung für confequent, dann wird unfere Gis 
vilifation eine andere Richtung nehmen.” Babe ich num 
mit meinem Wunderdoctor und der roͤmiſchen Bude Uns 
echt? Der Haupttheil des Buches aber, wo man die 
Marktfchreierei vergißt, vwoelcher gewandt und originell ges 
ſchrieben iſt, betrifft die Probleme der Phpfil, wo Her 
Mauer darzuthun verfucht, daß alle Naturerfcheinungen, 
Licht, Wärme, Bewegung, Magnetismus, Elektricitaͤt, 
Wechſelrichtung der Körper (Polarität) u. ſ. w., ihre Kraft, 
ihren Mittelpunkt in dem Lebensprincip hätten. Dies 
Altes iſt geiſtreich aufgefaßt, geiſtreich durchgefuͤhrt; und 
haͤtte der Verf. nicht den uͤbrigen Unrath dazu drucken 
laſſen, man koͤnnte ſich ſehr an ibm erbauen. Von die⸗ 
ſem innern Naturleben ſucht er nun einen Uebergang zum 
innern Gemuͤthsleben des Menſchen und verlangt nun 
ebenfalls ein inneres Gemuͤthsleben des Staats, Darin 


ZT ] 








- 150 


befteht feine Conſequenz. Bei biefem Verſuch wid er 
aber von Seite zu Seite ſchwaͤcher und kraͤnker, er ſucht 
mit Parry umſonſt die Durchfahrt; und wenn er nicht 
wie Jener im Eife einfrieet, fo loͤſt er ſich doch in laus 
ter gemuͤthlicher Sonnenglut in Khseinander fläubende Atome 
auf. Im Staate, dem reinen Producte menſchlicher Ver⸗ 
nunft, defien einzelne Glieder nur durch das Lebens: 


princip des Verſtandes ſtraff und lebendig erhalten 


werden, will er nichts vom Verſtande wiffen. Die 

Aufklaͤrung, meint er, bringe nichts als Unheil, man folle 

nach gemüthlicher Vollendung traten; durch gute Ber 

faffungen. und Gefegbücer den Staat verbeſſern wollen, 
fei geroatige Täufhung Wir wollen uns in die Sonne 
feßen und unfer Gemüth ausbrüten laſſen. Einen andern 
eg weiß uns Herr Mauer nicht fchidlich anzugeben; und 
da er Deftreich als den feinem deal am naͤchſten kom⸗ 
menden Staat erkennt, fo wollen wir Reſtbratel dazu 
eflen, um das Säugethiee zu vergeffen. Der Verf. möge 
ſich nicht befchweren, daß ich feine neuem Theorien nicht 
verftanden und ihn, vote vorſtehend, "platt beurtheilt habe. 

Ich habe fie aufmerkfam, alsdann lachend, endlich) ärgere 

ti) geleſen, ich habe fie verſtanden; weil ich fie aber ab⸗ 

geſchmackt finde, mag ich mich nicht lebendiger mit ihm 
zanken. 

Gonftitutionnelle Phantaſien eines alten Steuerman⸗ 
nes im Sturme des Jahres 1832. Hamburg, Fr. 
Perthes. 1832. Or. 8. 16 Gr. 

Rehberg iſt der Verfaſſer. Er beginnt das Buch 
mit feinem alten Liede, daß er nichts gelernt und nichts 
vergeſſen habe; daß er es fich feit demi erften Ausbruche 
der franzöfifchen Revolution 1789 zum Geſchaͤft gemacht, 
dem Einfluffe der Speculationen de6 metaphoflihen Nas 
turtehts und eines aus ihm abgeleiteten: allgemeinen 

Staatsrechtd entgegenzuarbeiten. Er entbloͤdet fich aber 

nicht, im Verlaufe des Buches wie der beſte Metaphyſi⸗ 

er einmal gelegentlich zu fagen: die Rechte des Menfchen 
beruhen auf den allgemeinen Gefegen der Vernunft. Er 
fpricht viel durcheinander, und es ift auch wahrfcheinlic) 
fein Unheil, daß er viel weiß. Er iſt außerordentlih uns 
terrichtet von ben ſpeciellen hiftorifchen Verhaͤltniſſen der 

Ränder, und ich glaube, es hat ihn wie manchen Andern 

gefchmerzt, dieſes ſociale Geſchichtsthum durch das Ders 

nunftrecht in den Hintergrund gedraͤngt zu ſehen. Der 

Philolog, der die meiſten unnügen Bücher geleſen, ers 

zieht am fehlechteften.. Die Menſchen find fo egoiſtiſch, 

daß fie, um nicht ein Jota von ihrem unnlgen Wiſſen 
toegzumwerfen, von bee Welt verlangen, fie folle das Wil: 
fen annehmen; fie vermechfeln das Individuun mit dem 

Objecte. Wer viel roͤmiſches Recht weiß, will keine ncue 

Serihtöverfaffung, um den Vortheil feines Wiſſens nicht 

aufzugeben. Das vorliegende Buch beichaftige fi) Abri: 

gene zunaͤchſt mit Hanover und emthält allerdings nur 

Mhantafien. Der Verf. dringt feiten gründlid und feft 

auf etwas. Bei Gelegenheit der Preßfreiheit mug Macchias 

veil ſprechen; natürlich fpricht er, wie es zu feiner Belt 

Mode war.. Daben wir denn nody nicht mehr gelernt, 

als Macchiavell wußte? wenn nicht, fo find wir aflers 


Bings keiner Preßfrelhelt wuͤrbig. Dieſer einige Geſchichto⸗ 

autoritätenfram, den die Deutſchen wie Siſyphus fein 

Rad wälzen, wird täglich widriger, weil bie Zeit täglich 

jünger und Älter wird. Das Wort Civilliſte iſt Herm 

Rehberg ſchon ein Hochverratt. „Steht etwa ia dee 

Lifte der zu Öffentlichen Geſchaͤften Angeftditen ber Koͤntg 

Kenan?“ fragt er fehr naiv: IR Heern Rehbergie A 

nig vielleicht blos zu allgemeinem Amufement da? fragt 

ber Lefer ebenfo naiv zurüd, „Die Rechte bes Volks“ 
haben auf ein paar Seiten Pag; das Hauptrecht beſteht 
darin, daß fie bitten dürfen. 

Far Nevolutionsfreunde und Revolutionsfeinde, von 
Zug gtopoid Bucher. Koͤslin, Hendeß. 1832. 
8. r. 
Was kann ein pommeriſcher Prorector ſeinen pomme⸗ 

riſchen Schuͤlern über Politik ſagen? noch dazu am 3. 

Auguſt. Wenn er was Rechtes weiß, fo darf er's nicht 

mittheilen; weiß er nichts, fo, iſt den jungen Pommern 

mit feiner Rede nichts geholfen. WBorliegefiber Inculpat, 

Hrofeffor und Prorector in Köslin, Auguſt Leopold Bu⸗ 

her, weiß vichts als unintereflante Variationen über das 

1813 beliebte Thema: „Mit Gott für König und Va⸗ 

terland!” — Das find umfere gelehrten Broſchuͤten! 167, 





Beiträge zur Kenntniß ber altdeutfchen Sprache und Lite⸗ 
ratur, von ©. 5. Benecke. Zweite Hälfte, 
(Beſchluß aus Wr. 96.) , 
Bir laffen einfiweilen den Ernſt ber Lehre bei Seite unb - 
wenden uns, dem Scherze getreu, zu ben überaus Iuftigen Schel⸗ 
gienftreichen eines hochwuͤrdigen Herem, bes Pfoffen Amis, der 
endlich, Tem Gedichte zufolge, als Abt zu Tranis felig verſchied. 
Nah Benedi’6 Annahme liegt diefem Gedichte ein engliſches 
Driginel zu Grunde, was jebody bis jegt noch nicht befannt ges 
worden if. Nach ihm lautet jept der Name: Amis, Ames; 
bie Abtei Tranis hat er nicht nachgewieſen. Diefer gerftliche 
Heer, der die Breuden bes Lebens Eannte und liebte, hielt, bes 
vor er noch Abt ward, auf feiner Pfarrei bergeftalt offene Ta⸗ 
fet, daß es allgemeines Auffeben erregte. Seinen Biſchof, ben 
bie verbroß, und der, feine Quelle fo ergiebig glaubend, auch 
mitfchöpfen wollte, wußte Amis Hftig abzumeifen; dadurch aber 
warb er fo berühmt, daß die Anzahl der Fremden, welche nun 
ihn kennen zu lernen wünfchten, feine Ausgaben außer allem 
Verhättniffe zu feiner Einahme brachte. Amis jedoeh, als ein 
guter Wirth, will feine Safifreiheit feineswegs aufheben oder 
auch nur befchränten, fondern lieber, fei es auch wie es wolle, 
Geid ſich verſchaffen. Nun folgt im Gedicht eine Weträgerei 
des geifllichen Herrn nach der andern, bis endlich er genug zu 
haben meint, feine Gaflfreipeit gewohntesmaßen fortzufegen. 
Endlich aber, bes geraͤuſchvollen Lebens mübe, gebt er in ein 
Ktofter, we er auch bald von allen Brüdern feiner Zrömmigfeit 
und Verdienſte halber zum Abte erwählt wird. Schließlich vers 
fichert uns der Dichter, Amie fei felig gefiorben. Wir wollen 
nur einen Steimenftreich überfegt hier mittheilen; vielleicht d 
dadurch ein oder der andere Standesgenoſſe tes Amis zu einem 
ähnlichen verdienftlichen Unternehmen fi aufgemuntert fühlt. 
Zetenfatts kann man fig einen Begriff davon bilden, wie ein 
Geiftlicher fi bamals den leeren Beutel füllen konnte. 
Nachdem Amis feinen Plan gefaßt hat, verficht er fidh 
mit den nöthigen Dingen, um je nach Gelegenheit als Prebis . 
ger, Maler, Arzt oder Kaufmann feine Role fpielen zu koͤnnen. 
Sechs berittene Knechte begleiten ihn, wahrfcheiniih um fein 
wohlerworbenee Gut zu befhügen, damit es ihm nicht ergebe, wie 








— ———— —— — — m —ñ — —ñ —— — 


B. 851: 


154 | — 


RNachdem ex ſich alſo bereitet hatte, beginnt das Gedicht 

Siermit fahr er in ein Land, da ein Kirchweihfeſt er fand, 

Unb bat den Pfaffen in dem Drt, wenn er bed ECvangeliums Wort 

@elefen, baß er ibn prebigen Iteß. Freundlich er ihm flugs verbieß 

Die Hälfte ded Beroinned. Ihn hörten frommed Sinnes 

Bauern viel und Frauen. Der mochte ba man ſchauen 

Mol zwanzighundert ober nr. Vom neuen Bunde ba die Lehr 
er und zog zugleich auch bie vom alten in feinen Be: 


seid. 
Died that er heiliger Selbung voll. Dann rief er Taut, daß rings 
ed ſcholl. 
Und ſprach mit Eifer alfo: Ihr mögt wol des fein Immer froß, 
Daß mid Bott hat hergeſandt. Ich br euch ber in dieſes 
. . "Raub 
‚ Ein Gelligtbum, alfo gut, daß ed alle Tage Beidyen thut. 
Bud fol Gnade hier geichehn ; ich LaiP euch Zeihen beute fehn, 
Daß al’ ihr meinem Worte glaubt. Ded Heiligen Brombanud 


Haupt 
Mas [chet hier, das habe ich. Es hat geſprochen wider mis 
Ich fo ihm ein Müufter baun, von Buben, doch nur reiner Braun, 
Daß Gottes wol ed wuͤrdig ſei; und daß ih Opfer nicht dabei 
(Das gebot ed mir an ben Leit) verwende, dad mir gäb' ein Weib, 
Die zu ihrem Ehemann jemald andern Mann geivann. — 
Bon der nun foldhe Rede geb’, ber gebiet’ ich, daß fie Rille ieh’; 
Denn gäben foldye mir etwas, wahrlich, ich naͤhme nimmer dad! — 
Das laß ih wol euch ſchuuen. Da begannien die Brauen, 
Als an er hub zu Äingen, mit Opfer dar zu bringen; 
und die Beimänner bätten, bie fab man an den Stätten 
Schnell fid, drängen die Erſten dar. Das Opfer nahm er alleb 
gar. 
ALS Fe da nun fahen, daß er begann empfahen 
AUes, werd auch dar ihm trua, und daß er nichts aubſchlug, 
Da frrangen die Frauen alle zum Altar hin mit Schalle; 
Denn, bie geblieben waͤre, die hätte böfe Maͤhre a 
GSewonnen Angenblidö daran z man fpräche, fie hielt's mit and 
Mann. 
Des konnten die Frauen [2 verfiehn, und huben aW an, bar zu 


‚gehn; 

Und bie nicht hatte mitgebradht_ einen Dpferptenning,, die war bes 
dacht, 

Und lich iba von ber Nachbarin, oder opfert ein Fingerlin 
Bon Silber oder Bolde. So eilten mit dem Solbe 
Die Weiber allgemein und fehr, als ob fie alle ihre Chr 
Damit follten löfen. Die Guten und die Böfen 
Die duben fi) gleicherweiſe bar. Sie nabmıen alle fleißig wahr, 
Die nicht man opfern fähe bier, daß man von ber fpräche ſchier, 
Ihre Treu fel Kopfer. Da ward bad reichſte Opfer, . 
Das vorher man, oder feit, bei fogetbaner Kirchweihzeit, 
Segend einem Pfoffen gab. Da wär’ mınd Gine wol ind Grab 
ANRit Ehren lieber geleget dort, ald daß fie felpft an ſolchem Det 
Jor thaͤte ſolche Schande und blieb In ihrem Stande. 


Die Männer hatte genommen und gern body wollte kommen 
Aus dem Gerede, die opfert fehler dreimal und zeigt fi dreimal 
hi 


er 
Um den Alter zu dieſer Stund, daß ja den Leuten wuͤrde kund, 
Bte fonder argen Zalfch fie fei, beideß, rein und ſchandenfrei zc. 


&o gewinnt der Pfaffe Amıs fein reiches Opfer und gebietet 


daranf bei dem Banne, alle Weiber, die heute geopfert haͤt⸗ 


ten, für rein nnd ohne Falſch gu halten, „denn er würbe auch 
das rrichſte Dpfer einer Zreuelofen nicht angenommen haben”. 
Darauf zieht .er fort und predigt auf dieſe Art im Lande 
ringe und überall, fagt ber Dichter, wohin er kam, wa⸗ 
ren bie Frauen feiner Ankunft froh, ja fie ſchickten ihm fogar 
Doten und ließen ihn bitten‘, in ihren‘ Qrimaten ara zu 
prebigen. Daburch ward er reich und trachtete fort an nach 
größerem Gewinne. u 


Ginige andere Streide ermähnm wis nur kurz. Bald nadh 
ben DOpferpredigten begibt fih Amis atı den Hof bes Königs 
von Kerlingen (Frankreich) und verfpricht biefem, einen Saal 
fo zu malen, baß nur ehelich erzeugte Maͤnner und Frauen bie 
Gemälde zu fehen im Stande wären. Der König findet. ben 
Vorſchlag vortheilhaft, weil er den umehelich erzeugten Großen 
bie Lehen nehmen kann, gibt dem Maler Amis Geld und Gut 
in Menge und heißt ihn malen. Amis lebt herrlich und in 
Sreuden, und ats ber Zag kommt, wo die Gemaͤlde beſehen 
werden follen, führt er den König und alle Andern einzeln in 
ben Saal und erklärt ihnen die Gemälde. Keiner fieht etwas, 
Jeder dber ſchaͤmt fi, zu geſtehen, er ſehe nichts. Ebenſo geht 
es mit der Koͤnigin und ihren Frauen. Amis aber nimmt ſei⸗ 
nen Lohn und gebt feiner Wege. Darauf gehen die Herren 
und Krauen in Maffe in den Saal und Alle loben die Schoͤn⸗ 
heit der Farden, Zierlidzleit ber Zeichnung u. f. w., bis end⸗ 
lich ein Knecht offen defennt, ex fehe nichts, worauf auch bie Ans 
dern eingeftehen, nichte zu fehen. Darauf heilt Amis als Arzt dem 
Herzoge von Eothringen Alle Kranken feiner Siechhaͤuſer dadurch 
für ſchweres Geld, daß er den Kranken fagt, er wolle den Kräns 
teften unter ihnen töbten und mit beffen Biute big Uebrigen 
heilen; fie follten den Kraͤnkeſten felbft wählen. M er wie 
derkommt, wollen alle gefunb fein, und fo befiehlt er ihnen, zu 
dem Derzoge zu gehen und ihre Geneſung ſelbſt anzuzeigen. 

Hieraus fchon wird man abnehmen, daß man den Pfaffen 
Amis allenfalls ats einen Vorläufer bes naͤrriſch⸗klugen Till 
Eulenſpiegel betrachten könnte. Beachtenſswerth ift die Bemer⸗ 
kung, welche Benecke bei dieſem Gedichte uͤber die Geſinnung 
bes Mittelalters macht. „Daß ber Gtridäre Betruͤgereien eis 
wes geifilichen Hertn erzählte, Tand man nicht auftößig, denn 
fie bereihern am Unde im Klofer;z aber daß ein geifts 
licher Herr ſich prellen täßt, das fchien ebrenrährig, bas follte 
nicht bekannt werden.” In dem Gerichte Barlaam und Sofas 
phat fand ſich nämfich ein folcher Worfall: Rudolf, der Dichter, 
hatte ſich vergeffen, und war zu weltlich gewonben, allein man 
wußte Rath, man verftümmelte das Gedicht. LE nee 

In dem Gedichte „Der Winsbecke und die Winsbeckin“ gibt 
Vater und Mutter dem Sohne und ber Tochter zute Lehren” 
ber Weisheit und Tugend 5 folgende Strophen, als den Geiſt je: 


ner Zeit beſonders charalteriſirend, theilen wir bier mut. 


Str. 5. Sobn, geiftlich Leben ehre mir, 
Daß iſt dir gut, und ift ein Sinn. 
Deu Willen raube Niemand biz, 
Das wird an Helle beta Gewinn. 
Nicht kuͤmntre dich ber Pfaffen Ibun, 

An ihnen dienſt du Gott mit Sinn. 

SR gut ihr Wort, ibr Werk fei krumm: 
Du folge nur dem Worte .ncdh, 
Dem Werke nit; fonk bill bu bumm. 


Ste. 14. Sohn, bindet dir den Helm der Strick, 

Sogleich fei mutbig, Tähn und dald. 
Geben!’ an reiner Frauen Bid, 
Der Gruß man fletd mit Dieuſt vergalt. 
Eis’ grab; verſchwende fo den Wald, 
Als ob dir’d angeboren fei. 

So Banden warf ich, vor ih alt 
(Erwarten mußt‘ ich gleiches 2008); 
Gut Ritterſchaft iR Würfelfpiel, 

Dem Slüde ruht der Sieg im Schoos. 


Ste. 16. Sohn, willſt du zieren beiten Leib, 

So daß er fei dem Schlechten gram, 
&o nimm’ und ehre guie Weib; 
Ihre Tugend uns fletö von Sorgen nahm. 
&ie find der wonnetragende Stamm, 
Davon wir Ale find geborn. 

Er hat nit Zucht, noch rechte Scham, 
Der Ihres Lobes nicht wird frob. 
Er muß der Thoren einer fein, 

Und ſpraͤch er klug wie Salomo. 


.. ® 


S 





152 


&ts. 17. Sie Mind ein wonnetragend Licht 
.. An-Ebien und an Wärbigkeit, 
Der Welt an Ehr’ ein’ Zuverſicht; 
Nie debt dad Weifer Wiberftreit. 
Sir Name trägt der Ehren Kleid, 
Gar hoch gemeffen und gewirkt 
„ Mit Tugend völlig und auch breit. 
Benabe Gott und werden ließ, 
Daß er, da Engel dort er ſchuf⸗ 
Sie hier ald Engel wandeln bieß. 
te, 18. Auch magfi du, Sohn, noch willen wohl 
Bon rauen Ehre fonder Streit; 
Ob das dein GIäE dir fügen ſoll, 
Daß du erledſt die liebe Zeit, 
Daß die die Gute Breude weiht: 
So kann dir nimmer baß geſchebn 
Auf diefer Welt, bei meinem Eid. 
Mit Treuen hold follft ihnen fein?! 
©pri ihnen wohl; thuf du das nicht, 
So muß ich mid) getzöften bein. 
ty. 39. I Tage, Sohn, dir fonder Wahn, 
o Des Mannes Her I} ungefund, 
Das innen nit ih reinen kann 
Mit Weibes Lieb’ zu jeder Stund. 
Es war ein tugenbliher Fund, 
Da guter Frauen warb gedacht. 
SIR Jemand ſchwerer Sorgen wund, 
Dem bittred Leib das Herz durchweht, 
Der ſtreiche Frauenguͤte dran: 
Die Noth ihm wie ber Thau vergedt. 
Hiermit glauben wir dem Lefer zur Erkenntniß bes Werthes 
der in biefem Bande enthaltenen Altern deutſchen Dichtungen 
behuͤlflich geweſen zu fein. Zür bie Würdigung ber Eritifchen 
Leitungen bes Hrn. Herausgebers iſt hier natürlich nicht ber 
Ort. Go möge die Verfiherung genügen, daß er Alles leiftete, 
was man von einem Wanne feines Vufes erwarten konnte. 40, 





Correſpondenznachrichten. 
Berlin, Janunar 1838, 

— — Das. vor Kurzem erfchienene, vom Eouffleur ber hiefigen 
koͤnigl. Bühne herausgegebene Sheaterrepertorium zwingt uns 
im neuen Jahre zu einem Ruͤckblick auf das alte in Betreff 
feinee Kunftieiftungen. Die Theaterſtaliſtik Berlins erweiſt das 
immer mehr fidy fleigernde Ueberwiegen ber Oper unb des Bal⸗ 
lets, während uns body in muſikaliſcher Hinſicht weder eine 
neue Schöpfung von Webeutung, noch für den Verluſt der Mil 
der, Schult und von Schaͤtzel durch eine neue Känfllerin von 
Auf irgend sin Srfag geboten wäre. Weder die Waagen⸗Schech⸗ 
ner noch die Schröder : Devrient gaftirten im Verlauf bes Jahr 
re. Gpontini gab wie immer nichts Neues. Des Erwerb 
Rott’S wurde burch den größten ber Werlufte im Felde der Mi⸗ 
mit, ben wir am Schluß des Jahres erlitten, weit überboten: 
.Lubwig Devrient, vielleiht der größte Lear, Franz Moor und 
Shyiod in bee Theaterwelt, flarb am 30. December 1832. 
Im 3.1784 geboren, debutirte er bier 1815 als Franz Moor und 
war feitbem trot ber gidhtifhen Zuckungen, benen feine Perſoͤn⸗ 
lichkeit wie fein Spiel in lepter Zeit unterlag, befonders in jes 
nem Dreigefiien feiner Leiftungen die Bewunderung bes gebildet: 
ſten Publicums, 

Gine: feltfame MWrofchüre von einem Hrn. G. W. Kähne 
greift zum Theil in das Bühnenmwefen unferer norbbeutfcen 
Refideng; ſchon ber Titel, der nicht ironiſch gemeint ift, erſcheint 
parador: „Raupach und Haͤring, ober Giniges über bie Stel⸗ 
lung von Preußens Dichtern zu Güddeutfchland und Guropa’. 
Red paradoxer {ft dem Verlauten nach der Inhalt des Buͤch⸗ 
leine, indem Sophokles' Groͤße vor Raupach's Leiſtungen vers 
ſchwinden ſoll. 


Hebigirt unter Brrantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brofhaus in Leipzig 


ber Meujohröngdgt machte, wis die Sage anht, uafen 

Per... von ber langen Vruͤcke aus abermals feine Runde u. 
die Königsftadt, und Hr. J. J. laͤßt ihn in feiner fiebenten Le 
gende das Mufeum diesmal beſuchen, wo ex bei ben Riederlaͤn⸗ 
dern, namentlich vor Wouwermann's Belagerung von Antwer⸗ 
pen, mit vorzüglicher Theilnahme verweilt. - 

In den gelehrten Kreifen Berlins bietet das neue Gelchichte 
wert vom hiefigen Peofeflor 9. F. Stube: „Die drei legten 
Feldzuͤge gegen Napoleon *), hiſtoriſch⸗kritiſch Dangeftellt”, 
ebenjo reichen wie intereffanten Stoff dar. Der ftarkmüthige 
Daͤne, aus Flensburg gebürtig, der in preußiſchen Dienften die 
Feldzuͤge felbft mitmachte, gehört, obſchon er fig von ber hiefi⸗ 
gen Phüofophenfchule, in der Ahnung, fein eigenthuͤmliches Selbſt 
und bie Willkuͤr feiner freien Forſchung erhalten zu müfien, 
losfagte, gleichwol zu jenen kaͤmpfenden Geiſtern, die bie Welt 
der hiftorifchen Erfcheinungen dem Gedanken und dem Principe 
unterwerfen, von bdeffen Wittelpuntte aus bie auseinander fallende 
Wirklichkeit mit allen ihren Zerftüdelu in eine einzige 
einen einzigen Durdrag t *2 &o in 
Stuhrs Darftellung Ginzelheiten heraustreten mudgen, ber Xthem 
der Geſchichte und ihr inmwendig quellendes Leben ſtroͤmt in Al⸗ 
lem, was er ſpricht und fchreibt. In Betreff auf obiges Merk 
macht man dem Berf. zum Borwurf, er ſuche bie Wurzel’ber 
Greigniffe gu tief, er firebe zu durchdringend dem Zuſammen⸗ 
hange der Weltbinge nach. Specieller ergibt ſich ber Zabel, er 
babe ben geographiſchen Einfluͤſſen auf Staaten⸗ und Voͤlker 
entwidelung zu viel eingeräumt. In feiner Polemik gegen Rise 
buhr’s Roͤmiſche Befchichte” und Ereuzer’s Symbolik” ift freitich 
bie Herausſtelung ber Boͤlkermomente in ihrer eigenflen Ratio⸗ 
nolltät auf eine glänzende und fiegenbe Weiſe an örtliche Be⸗ 
biagungen angeknuͤpft. Möchte der geiſtvolle Stuhr, ber ſich 
anfangs fa nur polemiſch entwidelt hat und deshalb von dem 
Parteien der Zeit weniger als er verdiente berüdkchtigt iR, 
feine philoſophiſche @liederung ber Weltgeſchichte, die er in 
Vorlefungen bisher einer Kleinen akademiſchen Zuhoͤrerſchaft 
mittpeilte, bem größern Publicum nicht länger —— 
en. 





Notizen. 


Eine amtliche Nachweiſung über die Verſammlungen und 
bie Thaͤtigkeit des engliſchen Unterhauſes während ter letzten 
25 Jahre, verfaßt vom Secretair KRickman, gibt 28 Situn⸗ 
gen während diefes Zeitraums an. Wit Ausnahme ber kurzen 
Berfammlungen zu Anfang der jegigen und der vorigen Regie 
rung war bie im 3. 1807 der Zahl der Tage nad) (45) von 
ber kuͤrzeſten Dauer. Die längfien Verfammlungen nach Tagen 
fallen in bas Jahr 1811, 185 Tage, 1812, 187 Tage, und 1818, 
136 Tage. Die größten Bigungen nach Stunten fanden 1831 
wegen ber Heformbill und 1821 wegen ber Königin Karoline 
ſtatt; die erftere dauerte 918, die andere 8611 Stunde. Die 
Smancipation der Katholilen, die Reform und bie Königin Has 
roline wurden Weranlaflung zu der zahlreichſten Abftimmung. 
In den Angelegenheiten der erfien und letten ſtimmten mehrer 
mals über 520-Mitglieders allein über die ziveite Werlefung 
ber erſten Reformbill am 22. Mär 1831 flimmten 608, und 
über die zweite Verlefung ber zweiten Reformbill am 6. Juli 
deſſelben 3. 538 Mitglieter ab. 

In einer englifchen Papiermuͤhle (Wbite Hall mill in Deu _ 
bufhire) wurde im 3. 1831 ein Stuͤck Papier — denn Blatt 
fann man es body unmdglidy nennen — von 13,800 Fuß Länge 
und 4 Fuß Breite fabricirt. 8. 


Es wird nachſtens ausführlich daruͤber in d. BL. geſprochen wer⸗ 
ven. . OO D.Red. 


x 


Blatte 


r 


⸗ 
e 
— 


für ur 


Titerarifge Unterhaltun oo 





fehen . In ödriefen, ausge 
Chr. Jac. Eiſenlohr. Karlsruhe, Groos. 1831. 
Gr. 8 x. | 
Nice. obere Misbehagen ſchickte Ref. ih an, ber 
uffoberung, vorſtehende Schrift anzuzeigen, Genlge zu 
thum, fofern irenifche Verſuche auf ders Gebiete ber Wil: 
ſenſchaft überhaupt, insbefondere aber der philofophifchen 
Wifſenſchaft ihm immer etwas DBedenkliches zu haben 
fihtenen und and), wie und die Geſchichte der Wiſſenſchaft 
Iehet, aoch wenig gedeihliche Fruͤchte gebracht haben. Das 
gewöhnliche foukretiftifche Streben der Irenik muß entwes 
der jeder Aufftellung eines feſten Principe ſich entſchlagen 
ober eine feltene Berleugmumg der Gomfequenz uͤben, burch 
Eines wie das Andere aber dem Charakter ber Wiſſen⸗ 
ſchaftlichkeit Eintrag thun und fidy alfo grabe gegenüber 
von einem folchen Streben der Autorität, bie es in Ans 
(euch nimmt, berauben. Die Zeit muß Frieden fliften 
unter den Syſtemen: eine Macht, bie über allen Syſte⸗ 
men fücht, die biefe wie Zweige von ben Bäymen baut 
und fie auf den Weg ſtreut, auf welchem die Wahrheit 
einziehen fol. Wäre Ref. nicht ein abgefagter Gegner 
von jener in der Wiſſenſchaft weitverbreiteten Mode, phy⸗ 
fifche und moraliſche Kräfte gänzlich umtereinander zu mens 
gen und dem Entwidelungsgange dieſer das Prognoſtikon 
mach dem Geſetze jener ya ſtellen, fo wehrde er, was er 
hier nur metaphorifch verſtanden und zur Verbeutlichung 
angeführt wiſſen will, in einer ſtrengern Bedeutſarnkelt 
ausſprechen: die ireniſchen Verſuche find ein Stoff, der 
Die in voller Thaͤtigkeit begriffene Gaͤhrung einer Fluͤſſig⸗ 
keit plöglich niederſchlaͤgt, aber fie dadurch wicht abklaͤrt, 
fondern vielmehr gänzlich verdirbt und ungewießbar macht. 
Bei dieſem Vorurtheil, wie ex es gem genannt wiſ⸗ 

fen will und, wie mm einmal die Sachen flehen, auch nens 
wen laffen muß, war es ihm eine freudige Urberenfchung, 
die er gewiß mit eimer nicht Heinen Anzahl Kreunde der 
Philoſophie theilt, bier nichts weniger als Friedensverſuche 
in der genannten ſynkretiſtiſchen Weiſe zu finden, fonbern 
eine aus entfchiebener ſpeculativer Kraft, verbunden mit 
veicher Kenntniß der Sefchichte der. Philoſophle, in gefaͤlliger 
Sposche gegebene felbftändige philoſophiſche Anſitht. Kef. 
daͤlt es alfo für fein einziges Geſchaͤft, den Leſern d. Wi. 
einen karzen Ueberblick von den Forſchungen des Verf. 


zu geben und dabel einige Punkte der Unterſuchung her⸗ 
auszuheben, bie ihm beſonders wichtig erſchienen find, fel 
es aus objectiven,. fei es zum Theil vielleicht nur aus 


ſubjectiven Gründen. Das Ganze befteht aus 19 Brie⸗ 
fen, deren erſter die Unterfuchungen einleitet durch Die, 
Bemerkung, die aus biftorifhen Hinweiſungen gefolgert 
wird, daß der Zuſammenhang zwiſchen bem Idealen und 
Realen noch nicht gefunden fei. Allein fchon hier vers 
raͤth es fig, was auch im zweiten Briefe ſogleich beſtaͤ⸗ 
tigt wird, daß der Verf. auf der Seite der Denker ſteht, 
bie von pfuchologifchen Unterfuchungen anheben, die willen 
wollen, was der Menſch fei und vermöge, bevor er mit 
ſtarker Zuverficht es unternähme, einen Palaft nad) neues 
ſtem Geſchmack, mie Arthur Schopenhauer ſich Ariſtopha⸗ 
niſch ausdruͤckte, „in Wolkenkukuksheim“ (vegeAoxoxxuyta) 
aufzufuͤhren. Er wirft mit Kant die Frage auf, ob Raum 
und Zeit etwas außer und Beſtehendes ober nur eine 
Form unferer finnlichen Vorſtellung fei, und glaubt vor: 
läufig wenigftens fo viel behaupten zu Finnen, daß ber 
Raum nicht blos eine Form unferer Vorftellung Tel, for 
fern diefer Anficht der falſche Schluß zu Grund llege: 
Alles, 1006 uns erfcheint, fiellen wir uns Im Raume vor; 
der Raum iſt eine Form unferer Vorſtellung, folglich 
nichtE außer uns Beſtehendes. (S.9.) Die Trage bildet 
indeſſen bier nur ben Uebergang, um einige ſchwankende, 
aber für die Speculation unumgänglihe Begriffe aus der 
Pſychologie näher zu beflimmen. Zuerſt kommen Em: 
pfinden und Vorftelten an bie Reihe, bie einander 
wicht fubordiniet, ſondern coorbinirt werden. (Br. 3.) Er⸗ 
kenntniß bezeichnet bie allgemeine Form, unter welcher. 
wir uns eines Dinged bewußt find, Wir unterfcheiden 
Hierbei 1) die (finnliche) Wahrnehmung eines charakterie 
füfchen Merkmals; 2) bie (geiftige) Vorftelung unter ber 
Form eines allgemeinen Begriffs; I) die organifche Afs 
fection in der Empfindung und 4) den geiftigen Genuß 
Des Angenehmen im Eindruck auf unſer Gemuͤth. Die 
erften beiden Elemente find dufere und Innere Vorflelluns 
gen, bie andern find dufere oder innere Eindräde. Die 
kritiſche Unterfuchung bes Gefuͤhlsvermoͤgens, zu der auch 
noch wicht einmal ein Verſuch gemacht worden (follten' bem 
Verf. Beneke's Pſychologiſche Skizzen”, Göttingen 1825, 
unbetannt geblieben fein?), würde die größte Luͤcke unſers 
Wiſſens ausfüllen; aber bie Arbeit fobert einem philoſo⸗ 


—8 ⸗ 


51 


phiſchen Hercules. (S. 19.) Der Verf. felbft gibt uns 
einen trefflichen Beittag, und es ift mit dem frommen 
Wunſche, eine Unterfuthung über die Natur ber Gefühle 
und ihe Verhaͤltniß zu unſern Vorſtellungen, ‚Begriffen 
und’ oem erüffwet, die fich durch mehre Briefe Hinzicht. 
(Br. 4— 8.) Dies Reſultat der Unterfuchungen läßt ein 
Zufammenfaffen in wenigen Worten nicht zu, und wir 
mäffen uns deshalb begnügen, auf einzelne Punkte aus 
dem Reichthum diefer den Lefer in ununterbrochener Span⸗ 
mung erhaltenden Forſchung hinzuweiſen. Nicht die koͤr⸗ 
perlichen Organe, thut ber Verf. dar, empfinden, ſondern 
die Seele. Es gibt keinen innern Sinn, wol aber in 
neres Gefühl, bei welchem bie, dußern Organe nicht affi⸗ 
cirt erſcheinen. Es beſteht in der Affection des Gemuͤths 
durch ſinnliche Eindruͤcke und Vorſtellungen; nicht als ‚ob 
ſich diefe in ihm zu einer Empfindung ecft veflectiren muͤß⸗ 
ten, ſondern indem fie dad Gemuͤth in eine Gefuͤhlsſtim⸗ 
mung freudige oder traurige u. |. iv. wie Sraum, Schwins 
det, Schauern, Ekel, verfegen. Hiervon tft wohl zu uns 
terfcheiden das intellectuelle Gefühl für das Schöne, Wahre 
und Gute, welches unabhängig von jeder organiſchen 
Empfindung oder finnlichen Gemuͤthsaffection durch bloße 


| Ideen gewedt wird und fi zugleich als eine urfprüngs 


fich geiſtige Thaͤtigkeit in unferm Bewußtſein offenbart. 
DB 08 Gefühl ift vorhanden, ehe noch der Menſqh fi 
einen deutlichen Begriff von irgend einem Dinge zu mas 
chen weiß. Es iſt gleichſam der urfprüngliche Inſtinkt, 
mit dem alle Erkenntniß anfängt, und die aus dem Ins 
nerſten unfers geiftigen Weſens hervorftrömenbe Lichtquelle 
unferer Weltanfchauung, unferer Gemütheflimmung und 
unfers Glaubens. In ihm liegt die Wohnung des hei⸗ 
Ligen Geiftes, der bei uns einkehren folk, um unfer Herz 
für die himmliſche Wahrheit zu öffnen und jeder fünd» 
haften Neigung zu widerſtreiten. Auf ihm beruht die 
hohe Begeifterung für Tugenden, bie Dingebung und Auf: 
spferung der Märtyrer für Wahrheit, ber edelſte Enthus 
iasmus des Menſchen, wodurch er fich noch weit höher 
ber das niedere Thier ſtellt als duch feinen Verſtand. 
Könnten wir dies Gefühl rein und lauter in uns bewah⸗ 
sen, fo würden wie von feiner Sünde wiſſen und- im 
Paradieſe der Unfchuld leben. (S. 33.) Wer folte es 
nicht diefer Sprache anhören, daß hier: bee Verf. dem 
Herzen feiner Unterfuchungen, durch bie er ſich Jacobi auf 
eine eigenthuͤmliche und die Soderungen der Präcifion mehr 
befriedigende Weiſe anfchließt, nahe fteht. Jedoch wird 
ung erſi die Anficht des Verf. deutlicher werben, wenn wir 
noch einen Schritt weiter gethan haben. Vorlaͤufig gibt 
er naͤmlich einige Andeutungen uͤber das Gewiſſen, das 
ſittliche, das ſympathetiſche Gefuͤhl (Br. 5), die wir nur 
faſt etwas zu kurz finden, ba wir glauben ſollten, daß. 
auch für den naͤchſten Zweck des Verf. fid durch Ihre tie- 
fere Erforſchung manches ſchoͤne Ergebniß haͤtte heraus⸗ 
ficlten laſſen. Hernach ſcheidet er genauer Empfindungen, 
Wahrnehmungen, Vorftellungen und Begriffe voneinan- 
ber (Br. 6), führtinsbefondere an (ob in Uebereinftime 
mung mit dem herrfhenden Sprachgebrauch, nad) weichen 
Vorftellung der allgerneinfte Name für jedes. Product ber 


Erkenntnißthaͤtigkeit If, möchten wir zweifeln), daß nicht 
jeder Gedanke eine Vorſtellung, -aber jebe Vorftellung ein 
Gedanke fei, ſucht ben diſtinctiven Charakter der Vorſtel⸗ 
Jungen in ihrer formellen Beſchaffenheit und ihrer Ent⸗ 
Hebung darzuthun. Sie entfpringen ihm nämlich nur aus 
dem Erinnerungs= und Cinbildungsverinägen, alfo ledig⸗ 
ih durch einen felbfithätigen und in gewiſſem Grade 
willkuͤrlichen Act unfers Geiſtes. Inſofern ift ihnen bie 
Mahmehmung entgegengefegt, bei welcher wir das Mans 
nichfaltige nicht nach Innern fubjectiven, ſondern nach Aus 
ßern ebjectiven Gefegen, bie zu aͤndern nicht in unferer 
Macht fleht, in keiner beſtimmten Ordnung und Reihen⸗ 
folge verknüpfen. Empfindungen will ee fo vom Gefühl 
getrennt willen, baß jene die Mannichfaltigkeit der Affec 
tionen im Eindruck, dieſes die allgemeine Quelle ber Ems 
pfindungen ſelbſt bezeichnet, und moliten wir bies auch 
immerhin gefcheben laſſen, fo möchten wie doch gern mit 
dem Verf. barüber rechten, daß er und Empfindungen 
zumuthen will, ohne deren bewußt za fein (S. 54), wenn 
wir nicht einerfeits fürchten müßten, das Maß diefer Arte 


zeige allzu fehr zu überfchreiten, andererfelts bee Verf. 


uns der Mühe ber Widerlegung überhebt, indem. er ſpaͤ⸗ 
terhin gegen Hegel ſelbſt behamptet (S. 160), es fei uns 
gegründet, daß +6 eine Empfindung ohne Bewußtfein gebe. 
Wir weiten bie Aufmerkſamkeit der Leer nicht weiter zer⸗ 
fptittern, die wie gern auf den Punkt concentrirt fehen 
möchten, an dem wir num angelangt find, und über wel: 
hen den Verf. fprechen gu hören, uns mit der lebendig⸗ 
ſten Freude erfüue hat; wie meinen die Unterfuchungen 
über bie Idee, die der achte Brief, gewiß einer der eigen« 
thmlichften ber ganzen Sammlung, beginnt. Die Lehre 
von den Ideen hat, wir glauben nicht zu viel zu bebaups 
tm, in der Geſchichte ber Philoſophie eine mannichfache 
Mishandiumg erfahren. Als ein erhabener Mythos mit 
mythiſchem Halbdunkel umgeben, aber lichtverkuͤndend ges 
wahren wir fie zum erften Mal in der Platoniſchen 
Weltanſicht. Wie Göttergeftalten läßt er fie, bie ewigen 
Muſter der fchöpferifhen Allmacht, den Forſcher mehr ar 
sathen als fchauen. Schon bie nachfolgende philoſophiſche 
Generation der Peripatetiter, wenngleich fie, was wir nicht 
leugnen bürfen, manche. Schwächen ber Platoniſchen Entde⸗ 
ung richtig dezeichnete, im Ganzen beläcdhelte fie nur was 
fie nicht verftand. Ihre zweite Epoche erreichte die Lehre 
von den Ideen, als jenes Gemenge von Chriſtenthum, Ju⸗ 
benthum und Heidenthum, das wir unter dem Namen der 
alerandrinifchen Schule kennen, ſich mit Platonifcher Moſtik 
verkittete. Der Grobheit des Misverftandes oder ber abficht: 
chen Entftellung, dem bierbei insbefondere die Ideen umters 
lagen, der Eörperlihen Deutung Deflen, was von Plato 
ſelbſt in reiner Geifligkeit aufgefaßt war, dem haben wir 
es ohne Zweifel zu danken, daß die Lehre von den Ideen 
aus dem Kreis be fpeculativen Lebens verfchwand und 
nur bier und da noch als antiquarifche Rarität vergezeigt 
wurde. Die Bedeutung, in ber das Wort bei Locke und 
Leibnig. wiederauftaucht, laͤßt den fpecifiihen Charakter 
ber Idee fallen und verflacht das Bild berfelben dadurch, 
daß fie identificirt wird mit Dem, was mir Vorftellung 


— 


ET 


155 


nennen. Kant zuerft, in vieler, wenn auch nicht in aller 
Hinficht ein Nachfolger Platon’d im reinem -Sinn zu 
nennen, ſchied wenigftend wieder das Wefen der Idee von 
einer Maſſe anderer Vorftellungen ab. Aber morin das 
Unterfcheidenbe beftehe, verfäumte auch der Kritidemus 
nachzuweiſen, und den- Vorwurf, der ihm aufgebürdet 
wurde, daß ihm bie ideen nichts feien als einfachere Bes 
griffe, rechtfertigte er felbft theils durch die Unordnung, 
in welcher er fie ließ, theild durch den blos regulativen 
Gebrauch, ben er von ihnen zu machen geflattete. Die 
Willkuͤr, mit welcher dee neuefte Idealismus überhaupt 
die bisherige Terminologie behandelt, erſtreckt fi auch 
auf den Begriff der Idee, die er für die abfolute Ein: 
beit des (fubjectiven) Begriffs und der Objectivität erklaͤrt, 
alfo fie doch unter die Lehre vom Begriff, abgefehen von 
der Subjectivität, umterordnet, zu einer Species der Bes 
griffe macht. Die Idee iſt auch in biefem Syſtem bis 
auf den Namen, und tie fich leichd zeigen laſſen möchte, 
zu nicht geringem Nacyeheil, insbefondere der ethifchen Wahr⸗ 
heiten, verkannt. Sie ift auch durch diefes Syſtem nichts 
weniger als zu ber ihr eigenthuͤmlichen Freiheit gelangt, 
fie lebt unter dem Drucke des Begriffs und leidet von 
ber Zprannei eines vorgeblich abfoluten Wiſſens. 
(Der Beſchluß folgt.) 





Ueber eine Meformation ber proteflantifchen Kirchenver⸗ 
foffung im Königreihe Sachſen. Vota ber Dioͤces 
Leipzig und amtliches Gutachten von Chriftian Gott» 
105 Lebrecht Großmann. Leipzig, 8. Fleiſcher. 
1833. Gr. 8 12 Er, 


._ Das Minifterium des Gultus und Unterrichts in Dresden 
ließ in Bezug auf bie vielfach vernommenen Wuͤnſche nach eis 
wer Presbpteriale und. Synobalverfaflung der proteftantifchen 
Landeskirche des Koͤnigteichs ein Minifierialfchreiben ergehen, in 
welchem alle Geiſtliche aufgefobert wurden, ihre Stimmen, Gut: 
achten und Vorſchloͤge Darüber abzugeben, indem fidy nicht alls 
gemeine und gleichlautende WBilligung bee Sache vorfand. Es 
kamen babei mandgerlei zum Theil wunderliche Anſichten und 
Berfahrungsarten zum Vorſchein. Gphoren wie Rudelbach 
hielten es für viel zu anmafend, wenn die Ghriften, bie im 
Fleiſche wandelten, Denen, welchen das Regiment gebühre, weil 
fie an der augsburger Sonfeffion hingen, eine Werfaffung geben 
wollten (man leſe deſſen 14 Thefen). Anbere ſchienen mehr 

am zu horchen, wo ber Hofwind herfomme. Es erſchie⸗ 
men: „Wuͤnſche der enangelifchen Geiſtlichkeit Sachſens u. ſ. w.“; 
«ber man ſah es ihnen an, daß fie nicht das Ganze richtig ers 
faßt und dargeſtellt Hatten, und ©. 85 erklärt Hr. Dr. Gr., 
daß er nichts darin unterſchreibe als bie beiden amtlichen Schreis 


- ben. Run dekamen die Federn zu thun. Krehl, Meichert, Gis 


rarbet, Bretſchneider und viele Andere, auch bie Kirchenzeitun⸗ 
gen, ſowie die Pblig’fcyen „Jahrbücher gaben ihre Stimmen da⸗ 
für oder bawider ab, und es mag feine leichte Aufgabe fein, 


aus dieſen verfdiedenen Anfichten bie Frage zu beantworten: 


Bas ift Wuhrheit ? 
Dr. Gr., der nicht zu den Theologen gebört, bie ihre lieb⸗ 
wertheften Ramen und Aütäglicyleiten allenthalben zur Schau 
bringen, bafüe aber, mag er fid nun auf den Philo einlaffen, 
ober im „Vaterland““, ober über einen Gegenftand, wie der vor⸗ 
— iſt, ſprechen, immer gruͤndlich und klar, kraͤftig und 
alich, freifinnig und beſonnen ſich vernehmen laͤßt, theilt bier 
erſtlich die Vota feiner Didcefanen mit. Es find davon drei 


Stimmen unbebingt gegen bie Wresbpterials unb Syno⸗ 
balverfaffung, „weil dicfe unnöthig und überfläffig find”. @r.’s 
Antwort: „Alles allein machen wollen, mit Verſchmaͤhung jedes 
Raths, jeder Hülfe, bas iſt das Iandeöverberbliche Princip des 
Abſolutismus im Staate, das feelenverderbliche der Bierarchie 


in ber Kirche." — „Sie paflen nicht für unfer Volk und unfere 


Zeit.“ Antwort: „Es ift grade an ber Zeit und das hoͤchſte 

niß, um bie Auflöfung aller kirchlichen Werhältniffe und Wiek 
famteit zu verhüten.” — „Man ift jetzt gegen jeben Anfchein 
bon Zwang und will ſich nicht willenlos von der Hierarchie leß 
ten laſſen.“ Antwort: „Shen das verlangt die Kirche in Abficht 
ber Staatsgewalt: fie will ihre Autonomie, foweit es ihr von 
Gott und Rechts wegen gebührt; fie will weiter nichts, als was 
ihre Schweſtern, die katholiſche, die zeformirte, ja auch bie 
Zuben haben, um deren innere Verwaltung, Gefehgebung, An 
orbnung ihres Gultus u. dgl. fi ber Staat nicht befünmert. 


Bas dem Volke in politifcher Hinficht geworden ift, fol ihm 


auch in kirchlicher werben. An hierarchiſche Beſtrebungen iſt 
nicht zu denken; eine Kirchenzucht, inſofern man ein Sitten 
gericht mit Genförgewalt und Bannrechten verficht, weiſen wie 
gradezu ab; durch freie Wahl foll das Presbyterium gewählt 
werben, bie Mehrzahl foll aus Laien beftehen, die ſich nicht im 
Prieftergewalt werben bringen laſſen.“ Mit gleicher Klarheit 
beleuchtet der Verf. die Einwendungen, z. B. „dab das Boll 
nicht mündig fei, weder in intellectueller noch in fittlicher Hin⸗ 


ſicht“ (&. 11), und nennt dies „bie befländige Sprache der Abe 


folutiften, um die Unentbehrlichleit und ſogar Wodhlthaͤtigkeit 
ihres Syſtems zu beweifen”, was doch nichts Anderes heiße als: 
„es gibt keinen verftändigen fronmen Hausvater in ber Ge⸗ 
meine, Feine Chriften in der chriftlichen, Eeine Proteflanten is 
der proteftantifchen Kirche”, was offenbar zu viel, alfo nichts bes 
weife, und was auch kein Geiftlicher feiner Gemeinde ohne Scham⸗ 
röthe nachſagen werde. Trefflich fpricht bee Verf. über das 
Mislingen der neueſten Verſuche zur Einfuͤhrung von Presby⸗ 
terien in Baiern und Preußen. (S. 13.) Gr fielle zuerſt die 
Erfahrungen bed Gelingen in Schottland, in ber Schweiz, Hole 
land, Weſtfalen und Naffau entgegen 39 zeigt dann ſehr ges 
[hit die zum Grunde liegenden Urſa jener nothwenbigen 
Wirkung. „In Baiern wollte man eine Kirchenzucht einführen, 
die ſchon vor ber Reformation faft unwirffam war und für uns 
gar nicht mehr paßt”; dazu kam, „baß die Sache von eine 
theologifchen Sekte ausging, die in bem Rufe eines pietiftifche 
myſtiſchen Zelotismus ftand.” „In Preußen Tam man post _ 
festum, ließ 1817 den günftigen Zeitpunkt vorübergehen, machte _ 

wos die Wahl, aber nicht bie Einführung der Gewaͤhlten feier⸗ 
lih genug, ging überhaupt mit zweifelndem Muthe an das 
Bert und betrieb es ohne höhere Sanction; aus Mangel an 
einer richtigen Organifation fegütteten einzelne Mitglieder, ſtatt 
den reinen formalen Zweck im. Auge zu behalten, das überreicdhe 
Fuͤllhorn ihrer materiellen Intereffen aus. Die Menge und 
Berfchiebenteit berfeiben, ber zelotiſche Widerſpruch ber wittens 
bergifchen Generalfgnode gegen die Vereinigung der beiden ptos 
teftantifhen Gonfeflionen, biefe kirchli @ährungen unb bie 
eben eintretenden DBeforgniffe vor demagogiſchen Umtrieben un⸗ 
ter ber lieben Jugend ſchreckten bamals die Gemüther der Ges 
waltigen. Er. v. Bülow in Magbeburg wurde es bamit leicht 
gemacht, die Weltleute durch eine von Schuderoff gezuͤchtigte, 
aber bei ihrem Publicum nachhaltend wirkende Bröfchäre mit 
Gefpenftern der Hierarchie zu ängfligen und hohe Hände von 
dem Werke ber Presbyterien und Synoden abzuziehen.” — Die 
Presbyterien erflärt man auch für unnüs: daß fie nicht allmächs 
tig find und als bloße Form nicht ben Inbifferentiemus bannen 
können, gibt Er. zu; „aber in Angelegenheiten des Glaubens 
und Gewiſſens muß bie Huͤlfe und das Gute nidyt von Oben 
herab erwartet werben, fondern ed muß von Innen heraus Toms 
men, mie denn auch die wohlthätigften Reformen, wie das Chris 
ſtenthum und bie Reformation, von Unten ausgegangen find.’ _ 
Doß aus ben Presbypterien „Duͤnkel, Inquiſition, Sektirerei 

und Unduldſamkeit hervorgehen, ift nicht nothivendig und nur 





450 


3 —** Schreckbild. In Wehfalen wenigſtens findet 
En 

— deren Vota gegen Yresbptericl « oder 
——— — — oder gegen beide gerichtet waren, hätten frei: 
Bd) ganz andere Waffen anwenden follen, als fie gebraudt 
heben; fie waren leicht zu beſiegen. Dreiundvierzig Stimmen 

en für Presbyterial⸗ unt ———— „aus Gruͤnden 
der Nothwendigkeit, der Möglichkeit, der Rechtmaͤßigkeit und 
der Näglichkeit”, auf eine verftändige, werm auch verfdiebene 
Baeife. Dr. Dr. Gr. trägt dann feine Privatanſicht nody beſon⸗ 
Ders vor. Wir haben ſchon bei unferer besten Ueberſicht der 
theologiſchen Literatur barauf Jingebeutet*), daß uns das Votum 
bes würdigen MWretfchneider ‘gegen bie Sache nicht gmäges 
es betrachtete den Gegenſtand nicht von allen Seiten. Gr. prüft 
es fcharfund genau. Krehl’s heftige Aeuferungen vnd bie „Biene in 
‘ Bwidau treffen ihn nicht; beibe belämpfen die Idee einer Kirchen⸗ 
gucht, wie fie bem Verf. nicht in ben Sinn kam. Gegen Br. wird 
' an zunaͤchſt, das Beduͤrfniß einer Berbefferung bes Kirchenwefend‘’ 
aus dem „Buftanbe bes innen, häuslichen, religidfen und bes 
Öffentlichen kirchlichen Lebens” erwiefen ; fobann wird gezeigt, * 
„eine Kirchenregierung dieſe Bebürfniffe kennen müffe”‘, daß „aber 
die jetzige Kirchenverfaffung mis ben Grundſaͤtzen unferer Kirche 
in einem unaufloelichen Widerfprudge ſtehe, indem der Gtaat 
gar oft aus eigner Machtvollkommenheit und ohne bie Kirche 
darum zu fragen, das Recht ausübe, über Dogma, Liturgie, 
Gultus und Ritus pofitive, für alle Glieder verbinblidhe Be: 
ſtimmungen zu treffen, gegen die Schrift (2. Kor. 1, 24), bie 
augsburger Gonfeffion (Art. 28) und bie —4 ber ange 
ſehenſten Rechtelehrer⸗ —— ruͤgt er die Inconfequenz, 
wie man in Bezug auf andere Sonfeffionen verfaͤhrt, und ver⸗ 
langt nr Bereärigkeit, Gleichheit mit ihnen. Er widerlegt 
Hru. Br. , ber zuviel von ber Liturgie erwartet und babei be» 
Jauptst, das Kirdyenregiment fei vom jeher ariftofratifch gewe⸗ 
fen, wovon Gr. bad Gegentheil barlegt. Noch beftzeitet er 
mehre unzichtige Anſichten ber miniſteriellen Borfchläge, z. B. 
daß die Gerichtebirectoren, die in der Regel nicht einmal Ge⸗ 
meinbeglieber find, den Preöbpterialverfammlungen zugegen 
fein follen, was Rec. ganz fonberbar vorfommt, wenn 
es an bie Ausführbarkeit denkt, und man Tann die Ausdrüde 
aicht F ſtark finden (S. 58): „daB dann ber alte Sauerteig 
wieder da ſei und bie Freiheit ertöbter werbe.”’ Den Kirchen: 
petronen will ber Berf. wol ben Play eines beftänbigen Eh⸗ 
senmitgliebs geben, aber „wenn bie ganze Welt poll Privilegien 
wäre, vor Bott gibt's eins; ihm gegenüber finb wir Alle gleich, 
* vr Fi —— ber ihm nahe iſt, ſteht er am naͤchtten.“ 

q ſolcher Beweis von Befangenheit oder 

a — aus Menfchenfurcht wird ber Regierung ſchlechten 
Dont verdienen.” Nicht minder fpricht er gegen ben beruͤhm⸗ 
ten ken Giaatelgeer Poͤlig, ber eime Generalſynode und Presbyte⸗ 

rien ohne Synoden, d. b. „Kopf unb Yüße ohne Rumpf” will, 
und wo es uns überhaupt fcheint, als ob ber Theorstiler 
body hier, wie auch anderwärts, bad wirfliche Leben zu 
wenig fenne unb berü ge. Fehlt, nad Er.’s Anſicht, eins 
ber drei Slieber, das Presbyterium als bie Grundlage, bie 
Gpecialfonode als vermitteinbes Glied nach Oben und Unten, und 
Be GSeneralſynode als Schlußſtein, gleichfam der surf, fo wird 
das Einzelne nur Verwirrung und Gchaben Wie nun 
das Alles einzurichten fei, was in jeben Bezirk. 3 wie 
ſich bie Verfafſung zum Staate verhalten folle, trägt der Verf. 
in allgemietnen und befonbern Wuͤnſchen vor, welche uns wohl 
erfuͤlldar fcheinen, hätten alle Betheiligte belle Einſicht und 
frounme Wegeifterung für bie 5* Die Conſiſtorien haͤlt der 
Berf. wenn auch nicht au ich, doch künftig für herfidfe 
fig, wenn bie Gyno ons su Stande kommt. Wir 


| DIN Die. 06 und SED. BL BEER 553 re I Mahakalye im [LU 100 BL. f. aca. D. Red. 


fern Orts glauben jedech· wie bie Dinge in ber Welt num ein⸗ 
mal ſtehen, und da Weltliches und Kirchliches fo nahe aneins 


anber grenzt, ja gegenfeitig eingreift, ein zmedmäßis eine’ 


gerichtetes Sonfiftorium könne in vieler ie Begiepung ſehr Bar 
thätig noch Dben und Unten wirken. wir ſtimmen © 
. bei, —* nur ausnahmöweife ein abeliger —— — darin fein, 
und diefe Stelle nicht mehr ale Stufe zum Minifteriom für den 
Adel betrachtet werben folle. Nur bei eminenter perfönlidher 
Züchtigleit, namentlich durch Gelehrſamkeit (daß er Schriftftels 
ler oder Profeſſor des Kirchenrechts fein folle, klingt doch gs 
zu unbarmherzig, obgleich «6 Wahrheit ifl), wähle man ihn 
aus biefer Glaſſe; außerbem paßt bie Erziehung und Ei 
des Adels nicht recht zur Regierung bes Kirche; er ſonnt * 
im Lichte der Hofgunſt und liebt es, verwickelte Faͤlle du 
Machtſpruͤche zu entſcheiden. In dem Punkte bed Wahlrechts 
der Gemeinde weicht Rec. rot ganz (@. 69) von bem verehr⸗ 
ten Berf. ab: fie werde wit ihren Gimvendungen vos und 
bei deu Probe gehört und beachtet, aber der Daun verdanke 
r nicht das Amt; in der ‚Hegel entfcheidet fie meiſt nach Zus 
fälligleiten, nach dem Aeußern; NRepotiömus, Simonie und 
grobe Fehlgriffe, innere Awietracht und unverbiente Zuruͤckſetzun⸗ 
gen find kaum zu verpittn. Dagegen muß eine Behörde, weiche 
iäre Leute ſchon von der Schule an und in ihrem Amtsgange 
beobachtet, prüft und kennt, am beften wiffen, wer mit feinem 
Gaben und Eigenſchaften an diefen oder jenen Ort, für eine 
gute unb für eine vermwilberte Gemeinde paffe u. f. w. Möge 
diefes Schriftchen, das mit Wenigem Alles fagt, eine gerechte 
Würdigung allenthatben finden. 68, 








Notizen. 
Beihe eines Parſentempels. 

Die alten Anhänger Zoroaſter's, welche bekanntlich ſeit der 
mohammedaniſchen Verfolgung im weſtlichen Indien ein neues 
Baterland gefunden haben und ſich hier durch moraliſchen Wan⸗ 
dei ſowol als durch ihre Betriebſamkeit vor ihren Nachbarn vor⸗ 
theilhaft auszeichnen, weibten am 17. Nov. 1830 einen neuen 
Beuertempel zu Bombay feierlich ein, wozu Tauſende don Par⸗ 
fen aus allen Gegenden Indiens zufammengelommen waren, 
Das Gebaͤude tft vierediig und ſehr zierlich gebaut; die Hallen 
erglänzen von Spiegeln und Leuchtern, und das Allerheiligſte 
iſt befonders prachtvoll muſiviſch mit Marmor getaͤfelt; in der 
Mitte ſteht die ſilberne Vaſe fuͤr das heilige Feuer, 40,000 Rus 
pien an Werth. Die Koften ded Bauet werben auf eine Sal 
Rupien (12,500 Pf. Sterl.) angefchlagen. Die Schenkungen 
waren ſehr bebeutend, und ber Oberprieſter Cduldarn erhielt 
allein an dreißig der koſtbarſten Shawls. 


Alter ber Welt. 
Die Bubbhiften auf Ceylon begen über bie Dauer unb um⸗ 


waͤlzungen bee Welt bie überfpannteften Begriffe und haben, um 


bie großen Perioden berfelben zu. berechnen, Zahlen von einer 
Unität mit 63 Nullen mit eignen Namen ausgeprägt. obs 
gende Beifpiele find aus’isren alten Schriften entnommen: Die 
Erde wähft in einer Antatalpa fieben Zobanas (1% engl Mer 
len), in taufenb Jahren aber nur einen Zollz ein Jodang hat 
1,075,200 sd, fieben mithin 7,526,400 Zoll, biefe, burdg 1000 
multiplicirt, geben bie Antatalpa ‚ beren 80 eine Mahälalpe 
ober 602,112,000,000 Jahre ausmahen. Cine andere Stelle 
beftimmt "biefe Periode 0: Man bente fi einen kubiſchen Fel⸗ 
fen von neun Klafter Höhe und Breite; bei biefem gebt alle 


1000 Jahre eine fchöne Goͤttin fe vorüber, daB nur der leife. 


Zephyr ihr Muffelingewandb gegen ben Belfen reift: bie gr 


‚num, welche erfobert wird, jenen Stein bis zu ber Größe eines 
Senfkorns abzunugen, iſt bie Antakalpa, deren achtzig sat eine 


Mahäkalpa gehen. 


‚ ö— nt unter Benantwortiihleh der Verlanbbandiunn: Zn uniez Weuantwartlichteit ber Berlagsbandblung: J. X. Beoddans ia Leipzig - 


Blatter 


für 


literarifche Unterhaltung 





Breitan — Rt. 39. — 





Irene, ‚oder Verſuch ae Vermittelung der philoſophi⸗ 


en Syſteme. In Briefen. Herausgegeben von 
Eiſenlohr. 
(Beſchlus aus Nr. 88.) 

Eine treffliche, hoͤchſt lichtvolle Erörterung über bie Pla⸗ 
toniſchen Ideen, voll ber fruchtbarſten Andeutungen bat 
uns Herbart („Einleitung in die Philoſophie“, zweite Aus⸗ 
gabe, ©. 175 fy.) gegeben und mit biftorifcyer Herab⸗ 
loffung, eine feltene Eigenfchaft eines, genialen Syſtema⸗ 
— dieſem Punkte ber Platoniſchen Lehre die Gerechtig⸗ 

feit, die fie verdient, in hoͤherm Grade widerfahren laſſen. 
Einm fehe allgemeinen Misverſtand hat er es genannt, 
durch den die Ideen die Bedeutung von Vorftellungen ir: 
gend welches denkenden Weſens befommen haben; höchft 
ſcharfſinnig iſt die Parallele, die er zwiſchen ber Lehre der 
Eleaten vom Sein und ber Ideenlehre zieht, deren Ge: 
meinfames ber Segenfag gegen die Erfcheinung wäre. Aber 
doch ſcheint grade biefer Gegenfag gegen das Sein ihn 
ga verkiten, daß er fie, faft möchten wir fagen, im Wis 
derſpruch gegen feine anfänglichen Behauptungen, doch nur 
zu abfoluten Qualitäten macht, eine Benennung, bie, wenn 
wir nicht in Ihr einen Widerfpruch fehen follen, wiederum 
den Ideen nur logifche Entftehung und Bedeutung geben, 
fie zu welter nichts machen würde als wieberum zu alls 
gemeinen Begriffen mit wilkuͤrlich hinzu gedachter Reali⸗ 
it: eine Verwechſelung, deten ſich fchon Ariftoteles ſchul⸗ 
Dig gemacht hatte. Es wärbe zu wett führen, wenn wir 


Bier zeigen mwoßten, wie und inwieweit Plato felbit zu 
. Diefen Verwechſelung Anlaß gegeben hat. Solite fie auch 


polig hiſtoriſch getreu fein, was wir jeboch fo gradehin 
yuaugeben uns noch nicht gebrungen fühlen, fo ift es doch 
sebenfalls eine Unvolllommenheit in der Lehre von den 


Seen, bie wir nur dann rubig dürften fichen laſſen, 


wenn wir diefe Lehre für weiter nichts hielten ale für 
eine einmal dageweſene Erſchelnung in ber Geſchichte der 
Ppltefophie. Sind wir hingegen durchdrungen bavon, daß 
dieſe Erſcheinung keineswegs sine zufällige fei in der Ge⸗ 
ſchichte des denkenden Geiſtes; dag ber Skepfis, worin 
am Ende alle menſchliche Speculation beſteht, ebenſowol 


Kraft als Bedeutung und Schranke nur durch eine Idee⸗ 


legie gegeben werden kannz. ſehen wir, daß das gemein⸗ 
ſrime oft mehr oder weniger unoifffürliche Drängen aller 
Spfeme anf Erwes, das über der fimnlichen Exfceinung 


und über dem Begriffe. liegt, jenem Platonifchen Verſuche 
innere Nothwendigkeit gibt: ſo koͤnnen wir Forſchungen, 
die dieſen Gegenſtand in ſeiner eigenthuͤmlichen Bedeut⸗ 
ſamkeit und Reinheit aufnehmen und fortfuͤhren, nicht 
anders als mit dem lebhafteſten und freudigſten Intereſſe 
begruͤßen. Br. 8: „Idee iſt“, wenn wir den Verf. nach 
dieſer kurzen Abſchweifung ſelbſt weiter ſprechen laſſen, 

„ein Begriff. Wiefern aber zu dem Inhalt des Begriffe 
noch ein Grund hinzugedacht wird, warum und wozu er 
ift, fo verknuͤpft fi) mit dem Begriffe eine Idee. Wenn 
ich die Afrikaner als eine eigne Menſchenraſſe, die Tugend 
als eine Pflicht, die Freiheit als ein Princip oder morali⸗ 
ſches Geſetz, die Menſchheit als ein moraliſches Weſen mir 
denke, fo verknuͤpfe ich mit dieſen Begriffen eine dee 

die nicht aus ihnen felbft hervorgeht, fondern ihnen dur 
die Bernunft unmittelbar beigefellt roird. ine Ideenlehre 
als eine Wiffenihaft von Erkenntnißgrämden, wie die Los 
gie eine Wiffenfchaft von Erkenntnißformen, follte handeln 


1) von der Natuc bee Ideen, 2) von dem Urfprung und 


von der Bildung derfelben, 3) von ihrer verfchtedenen Ein« 
theilung, #) von ihrer Verbindung und Zrennung, 5) von 
ber Bernunftmößigkeit unferer Ideen, 6) von wiſſenſchaft⸗ 
lichen ideen, 7) von der Macht unferer Ideen uber Ges 
danken und Gefühle. — Was das Erſte anbelangt, fo find. 
nicht die Sdeen, fondern nur bie. Faͤhigkeit zur Entwicke⸗ 
lang derſelben uns angeboren. Die Erzeugung einer Idee 
vermögen wir nicht nachzumweifen. Ideen kann der Menſch 
nur empfangen und faffen, fie befigt nur der höhere Geiſt, 
dem, wie die Alten fagen, die Babe der Weiflagung ver⸗ 
liehen iſt Ideen werden eingetheilt in vernünftige und 


unvernünftige (Chimären), einfache (3.3. Weisheit, Gerech⸗ 


tigkeit) und zufammengefegte (5. B. Vogel Greif u. f. w.).” 
Es fei uns erlaube, zu biefer kurzen Angabe ber Er⸗ 
Örterungen bed Verf. Über eine Ideenlehre mur wenige 
Bemerkungen hinzuzufügen, bie wir ben Verf. nur als 
den motivirten Wunfch anzunehmen bitten, daß «6 ihm en 
fallen möge, biefe feine Unterfuchungen weiter zu fee 

Sret Ref. nit, fo iſt einer der Hauptmaͤngel, 

noch ber Platonifchen Ideenlehre anhängen und fie * 
ein noch nicht völlig Entwickeltes darſtellen, der, daß wirk⸗ 
Uch, twenigftens in einzelnen Darftellungen, die Ibee noch 
nicht binlänglich vom Begriff, überhaupt von einem rein 
analytiſchen Erzeugniß geſchieden worden; und es bebasf 


⸗ 


- 


158 


nur, daß wir und biefer Unvollkommenheit recht Har wer⸗ 
ben, um unſere fpeculative Thaͤtigkeit auf diefe vollftäns 
digere Scheidung hinzulenken. Auch dem Verf., halten 

r dafuͤr, würde dieſe Ueberzeugung von dem Mangel ber 
Platoniſchen Ideenlehre eine entſchiedenere Richtung geben 


und ihn veranlaſſen, die Spur zu verfolgen, auf welcher 


er ift, wenn er die Ideen in zufammengefegte und eins 
fache eintheitt, ferner wenn er ſagt, daB (S. 59) bie 
Idee mit dem Begriff verknüpft werbe, 5. B. wenn man 
fich die Menfchheit ald ein moraliſches Wefen denke. Hier 
ift die Idee ſchon nicht mehr rein, fondern fie ift mit 


dem Begriff (der analptifchen Erkenntniß) Menfd vers 


einige. Wenn er weiter fagt, daß der Inhalt der Ideen 
auch aus Begriffen beftehen könne — aber fie entſtehen nicht 
durch willkuͤrliche Zufammenfegung von Begriffen, fondern 
nach einer durch die Vernunft erlannten Regel — fo würde 
er ſich wol ſchwerlich dem Vorwurf entziehen können, daß 
Ideen nichts Anderes als Urtheile (Verknüpfung von Bes 
griffen), aber nur nicht analytifche, nach einer in der Zu: 
fammenſetzung des Begriffs felbft liegenden Regel gebilz 
bete, fondern fonthetifche Urtheile, aber als folche doch 


.eben nichts weiter als logiſche Producte fein. Ref. das 


gegen ift der Meinung, daß Ideen wol funthetiihe Ur⸗ 
theile (nur nicht grade im Kant'ſchen Sinn) erzeugen 
innen, nicht aber diefe feldft feien; daß alfo nicht die 
verknüpften Begriffe die Idee feien, fondern daß vielmehr 
die Regel, nach der fie verknüpft werden, uns auf fie el: 


tn muß. Wie hoffen, das, auf diefem Wege fortgegans 


gen, bie Ideen auch nicht mehr als bloße Erkenntnißs 
gruͤnde erfcheinen und die Frage Über den Urfprung ders 
fetben nicht meht gradehin abzumeifen fei, ber „Unter 
ſchied aber zwiſchen zufammenggfegten und einfachen und 
namentlich zwiſchen vernünftigen und unvernänftigen Ideen 
ganz wegfallen würde, da eine Idee, fofern fie überhaupt 
vorhanden wäre, niemals anders als eine vernünftige fein 
tönnte; Das aber, was als unvernünftig erfcheine, ent: 
weder in einem Mangel oder in einer falfhen Anwen: 
dung ber Ideen auf die Begriffe, alfo in einem Fehler der 
logiſchen Thaͤtigkeit beſtehe. 

Der Verf. um zu ihm wieder zurückzukehren, macht 
unmittelbar von den Unterfuchungen uͤber die Ideen Ge: 
brauch. Nachdem er ndmlih (Br. 9) die Schwächen 
des einfeitigen Rationalismus und Empirismus dargelegt 
bat, kommt er endlich zum Mittelpunkt feiner Unterfus 
hung und zur Darlegung feines phitofophifhen Glau⸗ 
bensbefenntniffes (Br. 10). In einem ber berührten 
Spiteme findet er die gefuchte Wahrheit, aber boch in 


- jedem etwas Wahres. Dafür erkennt er im (Kant'ſchen) 


Idealismus bie Anſicht, daß alle empirifche Erkenntniß 
nur eine Erfennmiß von Erfcheinungen ſei; im Rationa⸗ 
lismus bie Anfiht, daß die Erkenntniß der Wahrheit 
nach ihrem Grunde auf Ideen und nicht auf Wahrneh⸗ 
mungen der Sinne beruhe; im Empirismus hingegen die 


Anſicht, daß wir durch bloße Begriffe zu Feiner Erkennt⸗ 


niß von den Dingen in der Natur gelangen können ;. end 
th im Kormalismus die Anfiht, daß alle unfere Er 
kenntnifſe, inſoweit fie fih auf Vorſtellungen und Be⸗ 


griffe beziehen, nur formelle Wahrheiten enthalten. Stellt 

er alle diefe verfchiedenen Anfichten zuſammen, fo gewinnt 
er folgendes, fie alle vereinigende umd nur durch einem 
Bufag ergänzte Reſultat: „daß wir durch Vorſtellungen 
und Begriffe mr formelle, durch die Wahrnehmungen 
ber Sinne aber reelle Wahrheiten in der Exrkenntnif der 
Erfeinungen. und digrch bie ihnen entſprechenden Ideen 
erft die reelle Wahrheit in ber Erkenntniß der Dinge 
ſelbſt, von allen diefen Wahrheiten aber nur durch das 
Gefuͤhl die volle Gewißheit und lebendige Ueberzeugung 
erhalten koͤnnen.“ Dieſe Saͤtze werden einzeln erwieſen. 
Der Stoff unſerer Vorſtellungen ſelbſt beruht auf Wahr⸗ 
nehmungen, bie unabhängig von Begriffen find, alſo koͤn⸗ 
nem wir durch Borftelungen und Begriffe nur formelle 
Wahrheit erhalten. Um zu ber Ueberzeugung zu: gelans 
gen, daß wir durch die Wahrnehmungen der Sinne reelle 
Wahrheit in der Erkenntnif von ben Erfcheinungen = 
halten, geht der Verf. die einzelnen Sinne duch, um 
nachzuweiſen, was dabei dem Einfluß aͤußerer Dinge ans 
gehöre. So ſehr auch dieſe Unterfuchungen den gründkis 
chen Kenner und fcharffinnigen Forfcher zeigen, fo fuͤrch⸗ 
ten wir doch, daß es ihm bier nicht fo leicht gelingen 
moͤge als in dem vorherigen Punkt. Das Gebiet der 
Sinnlichkeit iſt unſtteitig ein weit gefaͤhrlicheres als das 
des logiſchen Denkens, und man muß es der beſcheidenen 
Skepfis zu gut halten, wem fie die vielen Vortheile, die 
ihr hier dargeboten werden, treulih benugt. Wir wollen 
uns mit dem Verf. ganz auf feinen Boden fielen, auf 
ben ber -Erfahrung, und ihm nur den Wahnfinnigen, den 
Magnetifchen,. den Xräumenden vorführen und fragen: 
wie es mit der Mealität der Erſcheinungen in ſolchen Zus 
finden ſtehe. Wir dürften ihn nicht loslaſſen, er gäbe 
uns denn ein Kriterium, wodurch wir Echein von der 
Erfcheinung fcheiden. Die Verwirrung in unferer Sinn 
lichkeit iſt größer, als daß wir fie fo ſchnell hinwegraͤu⸗ 
men. Durch bloße Ideen werden wir auf reelle Wahr⸗ 
heiten in der Erkenntniß der Dinge gefuͤhrt, indem Ideen 
und Erſcheinungen in der Form zuſammenkommen, ver⸗ 
knuͤpft werden; denn wie in unſerm Verſtande die Er⸗ 
kenntniß von aͤußern Erſcheinungen der Dinge an be⸗ 
ſtimmte Formen geknuͤpft iſt, ſo ſind es auch die von un⸗ 
ſerer Vernunft erkannten Ideen (Br. 11). Je angemeſ⸗ 
ſener eine Idee den Erſcheinungsformen eines Dinges iſt, 


deſto gewiſſer iſt unſere Erkenntniß von ſeiner wirklichen 


Beſchaffenheit. Subftantielle Ideen find die Gründe ber 
Erfcheinungefl und weſentlich unterfchieden von den menſch⸗ 
lichen fubjectiven, die nur. erfennend und formell find. 
In allen .diefen Sägen, auf welche ber Verf. fuͤr feine 
Weltanfiht (mis meinen, mit Recht) größeres Gewicht 
legt, zeigt er, etwa mit Ausnahme des legten, durch den 
Unterfchied zwiſchen objectiven und fubjectiven Ideen, durch 
den er Leicht das bis dahin Aufgebaute wieder erfchüttern 
fönnte, eine umverfennbare Verwandtſchaft mit Hegel, 
von dem er fich bier faft nur in ber Terminologie unters 
fheidet. Nach Degel muß ja auch das Ding aus der 
Erſcheinung, dem Andersfein zuruͤckkehren; Begriff und 
Erſcheinung muͤſſen, wie bei dem Verf. durch die Form, 





159 


ia dee Idee verkaupft werben, um Wahrheit, Wirklich⸗ 
‚kit, Geiſt zu werden. Wir glauben deshalb auch, daß 
der Verf. mit Unrecht fih mit fo vielen Gegnern des 

abfetuten Wiſſens gegen den Hegel ſchen Say fträube: 
‚ les, was wirklich iR, ift vernuͤnftig, und was vernünfs 
tig iſt, iſt wirklich. Wir mäflen nur bedenken, daß H. 
den Begriff der Wirklichkeit auf eine ganz. eigenthuͤmliche 
Weiſe feftfegt; wenn fchon Mef. nicht leugnen will, daß 
9. in der Vorrede zu feiner Rechtsphiloſophie ein fo ar» 
ges Spiel mit diefem Sage treibt, daß man leicht Der: 
anlaffung findet, gegen ihn fich zu verwahren. Indeſſen 
beforgen wir, daß bei dem Verf. wie bei H. jenes Hin: 
und Herwandeln von der Erſcheinung zur Idee in ein 
finnreiches dialektiſches Spiel firh verwandeln möge. Dem 
Verf. ſelbſt ſcheint diefe Beſorgniß nicht fremd geblieben 
m fein; denn font fehen wir nicht ein, aus welchem an: 
den Grunde er noch ein Mat frifhe Maffen in den 
Kampf führt und den legten Sieg ber Wahrheit bei dem 
Gefuͤhle fucht (Br. 13 — 16). Nur durch das Gefühl 
bekommen wir eine völlig befriedigende Gewißheit. (Sollte 
man hier nicht lieber fagen, daß wir eine für das Ge: 
fühl befriedigende Wahrheit fuchen, bie uns durch bie 
Dialektik nicht geleitet werden kann?) Auch abftracte 
Wahrheiten erhalten nur durch ihre Beziehung auf das 
Gefühl und das In ihm ergriffene Sndividuelle Gewißheit. 
- Wir bergen nicht, daß wir gern theild uns felbft noch 
weiter daruͤber ausgefprochen, theils insbeſondere den Verf. 
noch ansführlicher darüber hätten fprehen hören, inwiefern 
das Gefühl Organon der Gewißheit ſei. Was das Erſte 
anbelangt, ſo koͤnnen wir, falls es der Verf. der Muͤhe 
werth achten ſollte, die Anſicht des Ref. naͤher kennen zu 
lernen, vorlaͤufig nur auf einige Andeutungen in Fried⸗ 
teich'· Magaʒin fuͤr philoſophiſche Seelenkunde“ (neue 
Folge, Hefe I) hinweiſen. Nachdem er (Br. 17) über 
Wille und Freiheit ſich geäußert, gibt er zulegt bie Grund: 
jüge einer fpeculativen Phyſik (Br. 18, 19). Was das 
Erfte anbelangt, fo wollen wir nur nody eine Hauptftelle, 
bie zugleich die Anficht des Berf. von der Zuſammen⸗ 
fegung des menfchlichen Weſens aufführt, herfegen (S. 
189 fg.): „Der Menſch beſteht nach richtigen Begriffen 
von ſeinem Weſen aus Geiſt, Seele und Leib in Einem 
Individuum. Jener, ber Geiſt, iſt das Abſolute, der 
Grund des Bewußtſeins, des Erkennens und Wollens. 
Sein Gegenſatz iſt das Zufaͤlllge, Vergaͤngliche, der Leib 
als organiſcher Koͤrper, durch welchen der Geiſt mit der 
aͤuhern Sinnenwelt in Verbindung geſetzt wird. Aber bie 
Bereinigung von Gelft und Körper iſt vermittelt durch 
die Segle, als Inbegriff der thätig wirkenden Kräfte, des 
Berft , des Sefühls u. ſ. w. Man könnte alfo kurz 
weg fagen: der Körper befteht aus materiellen Organen, 
die Seele aus immtaterichen, ber Geiſt aus bem erken⸗ 
nenden und wollenden Wein, Er befigt zwar an und 
für ſich abſolute Selbſtbeſtimmung und abfolute Selbſt⸗ 
erkentniß; aber der Zeit und dem Raume nad) an bie 
nur in ſolchem wirkenden Mkäfte gebunden, vermag er 
auch nur durch biefe im Bewußtſein ſich zu offenbaren. 
Selbſtbeſtimmung und Freiheit find logiſch zu unterfcheis 





ben. Jene iſt unbeſchraͤnkt, aber dieſe nicht; fie IE nur 
die Äußere Sphäre, nicht die innere Kraft des Willens, 
das bedingte Vermögen, nicht der Act des Wollens, bie 
Richtung, welche unfg Wille nehmen kann, nicht er 
felöft.” Wie gern möchte Ref. darlıber ſowie uͤber das 
darın gefnüpfte Princip des Strafrechts, von ihm das 
Princip der Ausgleihung (Compenfation) genannt, mit 
dem geiſtvollen Verf. ſich verftändigen. Allein, da er ſchon 
zu lange für ſich Gehör in Anſpruch genommen hat, fo 
muß er gewaltfam abbrechen und verweift in Beziehung 
auf den legten Punkte nur auf die Bemerkungen von 
Fr. Groos in feinee Schrift: „Schuͤchterne Blicke in die 
Ziefen der Philofophie” (Karlsruhe 1832), S. 6 fg., wo⸗ 
fetbft ſich fcharffinnige Bemerkungen über das gedachte 
Princip des Strafrecht eingeflochten finden. - 

Auf jeden Fall glaubt er aber bargethan und hier⸗ 
mit feine Pfliht in Beziehung auf bie treffliche Schrift 
erfüt zu haben, daß, von welchem Punkte der Periphes 
tie der Denker zum Centrum der Philofophie zu dringen 
gewohnt fei, ſei es von der Pſychologie, Phyfiglogie, Ge: 
ſchichte der Philofophie, von dem leiblichen, geiftigen oder 
rechtlichen Verhaͤltniſſe des Menſchen aus, ihn bier reicher 
Genuß und Belehrung erwarte, der ihn nur wuͤnſchen 
laͤßt, daß es dem Verf. gefallen möchte, die Kortfegung 
dieſer Briefe, zu der er in der Vorrede Hoffnung macht, 
vecht bald zu geben. 

8. Mehring. 





Novellen und Phantafiegemälbe von Ludwig Bechſtein. 
Zwei Bände. Hildburghaufen, Keſſelring. 1832. 8, 
2 Thlr. 12. Gr. 


Der einzige fihere Mopftab für ben Werth ber Novelle 
findet fi, nachdem Sprache und Ausbrud faſt gu einem es 
meingut geworden find, in ber Idee, die fie verförpert. SIE 
biefe würdig, wahr und neu, IB waͤchſt der intenfive Werth ih⸗ 
rer Geftaltung mit den Eigenſchaften, welche der Idee an ſich 
beimohnen. 

Es gibt Novellen, welche gar Teine Idee zur Grunblage 
haben und nur in ber Begebenheit — in einer Anekdote — wurs 
zeln. Zu biefer Gattung gehört die Mehrzahl aller Befchichten, 
welche unter dem Namen ber Novelle in Deutfchland, England 
und Frankreich erfunden und gefchrieben werden. Es gibt ans 
bere Novellen, welche eine Caprice, irgend eine einfeltige und 
eigenfinnige Lebensbetrachtung ſtatt einer allgemein wahren und 
durch fich felbft als wahr bewiefenen Idee veranfcdhaulichen, und 
zu biefer Gattung gehören bie beffern Erfindungen bes Auslans 
bes in diefem Gebiete, 4. B. Victor Hugo’s, Grattan's, Eus - 
gen Sue's u. A. Erzählungen, nebft einigen und einzelnen Er⸗ 
zeugniffen ber beften Rovellendichter unter uns, 3. B. Tiecke, 

leiſt's, Arnim's, Brentano's u. f. w. Es gibt endlich eine 

ine Anzahl von Novellen, wie fie nach äfthetifchen Geſegen 
fein follen, und zu diefen rechnen wir bie Mehrzahl ber Leis 
flungen Tieck's in biefem Fach, bie Posgaru’s und die beſſern 
der Borhingenannten, nebft Hoffmann’s und Fouqué's beften 
Leiſtungen. Zu weldyer von biefen Gattungen bie „Rovellm und 
Dhantaftegemälde Ludw. Bechſtein's gehören, iſt nicht ſchwer 
zu fogen; weiſtens zu der erſten, im beſten Fall und ſtets nur 
theilweife zu des zweiten; für bie dritte Claſſe, für bie Leſer, 
für welche Jedermann zu fchreiben ſtreben follte, hat er feine 
Novellen nicht gefchrieben. 





— — 
— 


Dies Urtheil gu begroͤnden, wollen wir die drei Rovellen 


des erſten Bandes gegenwaͤrtiger Sammlung etwas näher be⸗ 


trachten. „Der dunkle Mime“ befteht zur Hälfte aus den al⸗ 
lergewoͤhnlichſten, um nicht zu fagen gemeinften Elementen: Luͤ⸗ 
= Verworfenheiten einer Buhlerin. Spieß und Eramer 


aben dies Thema bereitd vor 30 Jahren erfchöpft, auf diefem- 


elde wädhft fein Lorber mehr. Die andere Hälfte ber Geſchichte 
eine Gefpenſtercaprice; das Ganze knuͤpft fi an die Aufs 
führung bes 8 von Klingemann, und bie Lehre, bie damit 
gegeben wird, heißt entweder: „Du fouft den Fauſt von Klin 
ann nicht aufführen‘, ober: „Du ſollſt Dich vor Buhlerinnen 
Düten“. Mitten in der Darftellung bes Trauerſpiels wirb 
Schauſpieler, der ben Fremden fpielt, Trank, unb ber de 
wird nun wirklich von einem Fremden fortäefpielt, ben der Les 
fer nach feiner Neigung entiveder für den „Leibhaften”, ober 
für einen verrathenen Liebhaber Helenens (Heroines) halten 
kann. Hier iſt weber fehr viel Neues, noch Wahres, noch 
Schoͤnes; aufs befte kommt Alles auf eine nicht ungeſchickte 
Nachahmung Hoffmann'ſcher Phantafieftüde heraus, nur daß 


biefe Rachahmung, wie alle Nachahmung, von viel geringerer . 


Wirkung ift ald das Original. 
Denm Verf. fehlt es an einer eigenthuͤmlichen Geltung an 
Weftigfeit, Gelbfipeit. If er In diefer Novelle ein Echüler 
und Rachtreter Hoffmann’s, fo zeigt er fich in der zweiten Ges 
ſchichte: „Der Dialer Gebalbus‘, gar als Einen, der fich Fou⸗ 
gas zum Vorbild genommen hat. Dies unglüdiihe Vorbild hat 
ale feine Rachbildner total ungluͤcklich gemacht. Was wir vor 
Kin als biejenige Werirrung bezeichneten, in weldyer ber Erzaͤh⸗ 
ler eine Saprice ftatt einer Idee veranſchaulicht, ifk in biefer 
Rovelle wirklich recht meifterhaft bargeftellt. Oder ift es viels 
Beige etwas Anderes als eine ſchreckliche Caprice, ein moͤrderi⸗ 
der Eigenſinn, wenn uns Jemand eine Geſchichte erzählt, bie 


-ba beweifen fol, daß ein Priefter die Macht habe, die Hand 


eines Kuͤnſtlers dergeſtalt zu verfluchen, daß alle Die, deren 
ortrait er entwirft, in Burzer Zeiffines unnatürlichen Todes ſter⸗ 


I müffen? Iſt eine ſalche Vorftellung etwas mehr als ein 


raufamer Gigenfinn? WBerbient fie den Namen einer Idee? 
ante und Form dieſer Erzählung find übrigens nicht einmal 
des Berf. Eigenthum; fie find fo durchaus Fouquéiſch, daß-ibs 
nen kaum das Yräbicat einer freien Nachahmung zukommt. 
Nr. 3, „Der Lehrling zum König Salomo’‘, fängt bedeu⸗ 
tender an. r erkennen einen neuen Weg, ben ber Erzaͤhler 


eipdſchlaͤgt und der zu Anfang durch natuͤrlich- reizende, kunſt⸗ 


los⸗ freundliche und wenig beſuchte Baumgaͤnge und Wieſen führt. 
Mir lernen ben Verf. achten, wir ſehen einen Dann in ihm, 
ber einen Blick in das Leben gethan hats denn biefee Erzaͤh⸗ 
Img liegt wirklich eine wahre und würbige Lebensibee zum 
Grunde. Ueberwinde die jugendliche Schwärmerel, wähle eine 
fihere, beinen Mitmenfchen nügliche Lebensthaͤtigkeit; anfangs 
wird fie dich erfchredten in ihrer nüchternen Alltaͤglichkeit; nad 
und mach wirft du fie Lieb gewinnen; halte fe an ihr — fie 
brt zum Süß, wenigſtens zur Zufriebenheit. Dies ungefähr 
die Lehre, der Gedanke, den biefe Graäblung, bie eigent: 
lich keine Novelle ift, verkörpert. Hier ift Vieles zu loben: 
Gedanke, Form und Behandlung bes Stoffe; es wäre Alles zu 
loben, wenn nicht wieder gegen das Ende hin die unfelig Hoffs 
marnifch » Kougqusifhe Phantafet dem Grzähler, einen Streich 
fpielte. Die Scene auf dem Boden ber Apotheke, an fi vers 
bienftlih, kommt blos ein Menſchenalter zu fpät, um noch 
fallen zu koͤnnen. Beide Vorbilder des Verf. nebft Weis 
Yaben uns zur Genuͤge mit ganz Ähnlichen Scenen gefättigt; 
es iſt weder Reiz noch das geringfke Verbienft mehr in ihrer 
Wiederholung. £ 


In ähnlicher Art nım verhält es ſich mit ben übrigen Kos 


vellen, welche den Inhalt bes zweiten uns vorliegenden Bandes 
bilden. „Meifter Wolfram und feine Shärme” fight an Werth 


160 ü 


und unwerth tem „Maler Sebalbus/ 


x 


| Des Berk, yeigh 
ſich nebenher, als in gewiffe Kormen des Ausdrucks und ge 
wiffe Regeln ber-Srfindung gebannt, bie uns fehr misfällen 
und eben kein Zeugniß von eigenthämtlidder Kraft ber Ber 
ſtaltung ablegen. Die Böfen, bie Buten, bie Iinbebeutenben wie 
derholen fi) auf eine beängfligende Weife. Wir beforgen, daß 
der Verf., ber, wie wir vermuthen, Arzt ift, allzu fehr nach eine 
mal erprobten Recepten arbeite, was um fo Tchlimmer wä 

als das Recept nicht einmal von feiner elgnm Grfindung 1 
und bie Hoffmann: Kouqus« Weisflog’fige Apotheke ben Grebit 


verloren. bat. „Mater doloroea“, ein Nachtſtuͤck, ik beffer, weil _ 


es eigenthämlicher iſt und kürzer. Es ift die Weihe des irdi⸗ 
fen Schmerzes und Hinterläßt einen Ginbrud von Erhebun 

und Beruhigung, wie ihn keine ber übrigen Erzählungen be 

Verf. gewährt. „Maravi“ iſt eine fehr unbedeutende und oben» 
ein viel materiellere Wieberholung bes „Lehrling zum König 
Salomo’, ym ſo unbebeutender, als bie Aufiöfung bes Ganzen 
ein Traum if. 

Baflen wir nun unfer Urtheil über biefe Graählungen wie 
in einem Eritifhen Juryverdict zufammen, fo würden wir auf 
bie Brage nad) bes Verf. Talent „vorhanden” antworten. Wir 
würden ihn ferner vernadhläffigter, flüchtiger Grfindung, ſtereo⸗ 
typer Charakteriſtik und ungeprüfter Nachahmung ſchuldig fine 
ben; ihn aber ſeiner guten und geſchickten Darftellungsgebe 
wegen der Bnabe bes höchften Eritifchen Zribunald zu em⸗ 
pfehlen geneigt fein. uf außerorbentlihe Großthaten wie 
auf außerordentliche Sünden würden wir bei ihm für bie 
Zufunft keineswegs rechnen, ba er uns zu beiden ber eigen⸗ 
pen brängenden und fchaffenden Kraft zu entbeven 

int. ‚19. 





Literarifhe Notiz 


Der KRecenfent von Niemeyer’s Leben im „Eiteras 


turblatt" des „Morgenblatt”. 

Man ift es feit einiger Zeit gewohnt, in bem von Herrn 
Wolfgang Menzel rebigirten „Literaturblatt“ oft ſehr hoch⸗ 
müthige und abfprechende Krititen zu lefen, bie zumeifi aus 
ber Feder bes Herausgebers kommen. Diefer nun felbft oder 
einer feiner Mitarbeiter hat fih in Nr. 102 des Blattes vom 
3 1832. recht arg an Niemeyer verfündigt und wies 
ber einen Beweis dazu geliefert, wie wenig manche Recenfenten 
verbiente Deutihe achten. Das von U. Jacobs gefchriebene 
und von 3. &. Gruber vollendete Eeben Niemeyer’s hat manche 
Mängel und Bloͤßen, die auf bie Rechnung des zu früh ver» 
ftorbenen Jacobs kommen und aud in b. BI. gerügt find. Dar⸗ 
auf laͤßt fidh jener Nec. wenig ein; aber fein Spott über Nie⸗ 
meyer, ben er „einen woblanfäfligen Univerfitätspapa”, einem 
„Drofeffor, wie wir fie Gott fei Dänt zu Dugenden haben“, 
nennt, und was ähnliche unanftändige Kusbrüce mehr find, ſteut 
die Geſinnung des Rec. in. $ ziemlich dunkles Licht. Der Ref. 
iſt ohne alle perſoͤnliche Verdinblichkeit gegen den ſel. Niemeyer, 
aber er weiß, und Hunderte wiffen es mit ibm, baß Nies 
meyer’6 Thaͤtigkeit und Anftrengung bie Wieberherftelluug der 
fm Jahr 1807 aufgehobenen Univerfitäb Halle bewirkte; er weiß 
ferher, und Xaufende willen «6 mit ibm, daß Niemeyer 
40 Zahre unzählige Schüler und Schülerinnen in bes $rante’- 
fen Stiftungen zu nüglichen Bürgern und Bürgerinnen gebil⸗ 
det hatz er weiß endlih, und das willen alle Gebildete 
Deutfhlande, daß Niemeyer, fein pebantifcher. Univerfitätö- 
gelehrter war, fondern ein Dann, ber durch das Leben für das 
Leben gebildet war. Was ift gegen foldhe Verdienſte die In⸗ 
vective bed Hecenfenten ? 89. 


Rebigit unter Werantwortlichkeit der Berlagshendlung: F. A. Broddand in Leipzig ° 





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Zmeiter.und Isgtiv Erkill.) )J 

HE Lebensart: Her Lapp länder: rd 
ki, tar "le, Lapyldadir ih Moinaden upb "Niet 


nomaben untelſch eiden. Pe find ‘der Kern: gi ‚Reste 
imd ſtellen fie in echter “und "urfprünglichee oim 
diefe find ‚zur wie sin Pränklichee Auswurf derfe ben zü 


betradiien, e Lßten find entweder „Sifchlappländer, 
die ſich th an be heimifchen Seen, theils dm Nor: 
Bude Ai $ aufhalten, din auch herumſchweifende 
Bi oder” Armentuißter; etllche find and) in 

Im & peengeln ki: lagös ja gar Heftnglande a8 Ab: 
der, — € 33 angeſtellt, wiewyl die Nation ;i 


Dienſten Ber. Ürt keihe fonderitühe Anlage beſitzt. Indef: 
fen Hat fith. boraus ein Abdecerſtamm gebildet, der eben⸗ 
fo ewig dauern dürfte "wie "die Juden und die Zigeuner, 
und wol; wenn dee Übrige Theil der lapplaͤndiſchen Voͤu 
kerſchaft —* it, noch ‚fortbeftehen wird. Unver 
miſcht wird ee ich gewi erhalten weit wahrſcheinlid 
—— ‚mit [em Fappländetgefhledht befteinden, Mag. 
Indeſſen find’ Doch diefe Renſchen betriebfame und in alferld 
——— befonders in der Werfertigung von Koͤrben von 
alern, geſchickte Leute. Die Hirten werden mit der Zeit 
y u Bettlern oder "Armenhäusfern, vote auch die nomiadiſchen 
apptaͤnder ſelbſt, ſodald ſie durch Angluͤcefaͤll⸗ oder Vet: 
ſchwendung ober, Dutch Voͤllerel ihre "Helinthierheerben ver: 
Isten haben. Es blelbt ihnen dann nichts übrig, als 
intmoeber Fiſchert zu werden bden’ Bey Bettelſtab zu ergtei⸗ 
fen, gewoͤhnlich jenes zuerſt. Anſiedler koͤnnen "fie nicht 
dazu find ſie zu faul und kraftlos; iſt aber ein 
Lapplaͤnder von’ Kindesbeinen an ſchwediſche Sitte und 
Lebensart gewöhnt, dann wird er freilich leicht ein An: 
fiedfer, in Nfirem Jahren aber nie. Zur Fiſcherel iſt der 


ehr leicht, deſonders wenn der Verarmte noch 


Uebergan 

einige” Mittel zy Auſchaffung des Geraͤthes Üibrig hat, 
Hier tritt ihm ſeine alte Lebensweiſe, wiewol "unter ver: 
Anderter Geſtalt und verſchlechterter Belchaffenheit, entge: 
gen. Er muß zwar frieren, hungern und viel Ungemach 
ertragen, darf aber bazroifchen .. ſchlafen ‚und fich. pflegen, 
Wenn ber Fiſchfong gut ausfaͤllt, lebt er im Uberäuß, 
freilich nur von Sid, ‚denn gtwas Anderes zu fen hat 


) Bol Wr. 17:19 4 2 . 77 


er nich. Auch but er dee Fiſchchaffel guten Befihei, 
benn er ißt faſt ebenfo viel als zehn Perſonen in Stods 
holm, die dies Gericht cheuer bezahlen: muͤſſen; der Fiſch 
iſt auch hier ia Lappland ſehr wohilſchmeckend. Dat ex 
Fish fart gegeſſen, fo irinkt er Die Brüge nad) -und legt ſich 
wieder; fein Talent zu fchlafen; iſt wunderbar. Wenn ein 
Fifchlapplaͤnder -fich einige ‚Ziegen anfchaffen kann, fo iff 
damit ein Uehergang zu den. fchwebiichen Lebensart ges 
macht, und dann -teifft es wol, baß er ober doch fei 
Rinder ſich ‚ zu :- Amfiediern empoeſchwingen. Gewoͤhnli 
wird su Bettler ober Armenhaͤusler, infofen «ex. nicht fein 
ürftiges Leben bis zu ſeinem Tode friften kann. Die 
Hlappländer wohnen in. hölzernen Hütten, an guten 
Fiſchſtellen angelegt. In gewiffen: Jahreszeiten it dep 
Fiſchfang in ‚einem gewiſſen See ſeht ergiebig, in andern 
BE wicht, dann aber kann er in einem andern Gier reich 
lich ausfallen, Hun zieht man herthin, Die Fiſche, die 
nicht zum Unterhalt erfoderlich waren, wethen geſpalten 
und zum Doͤrren aufgehängt; man ˖ perzehrt fie, wenn 
der Faug fehlſchlaͤgt. Die, Fiſchlapplaͤnder ſchießen auch 
Voͤgel wer ‚fangen fie... An den Geſtaden der inpplaͤndi⸗ 
ſchen Seen halten ſich im Sommer eine Unzahl von Quakx 
enten (anas clangula) auf und legen ihre Eier in boble 
Baͤume und Kloͤtze. Einen folhen hohlen Klotz nimmt 
man,..verftepft ibn. wit einem Pflock oben und unten 
macht in der Mitte eine Deffnung und haͤngt ihn, d F— 
Heffnung ber See- zugelehrt, nahe am fer an- einen 
Baum, die Quakente fliegt dann in demfelben und legt ihre 
&ier- hinein, Dies ift eine Eierkammer des Fißcherlapn⸗ 
laͤnders, wie auch des Anfiedlers. Wir gehen jetzt zu 
ben Nomaden über, 
Der wandernden Lapplaͤnder ſind ameierfel: Ylplapyr 
kinder und Waldlapplaͤnder. Auch im _ ihrer Lebensweiſ⸗ 
iſt sin großer Unterſchied. Jene baltın-fih im Sommer 
in den Fjaͤllen (Alpen) aufz bie Resten [chweifen- in den 
Wäldern umher, welche etwa drei Viertel der Oberfläche Lappr 
Lands einnehmen, Unter Ffaͤll verſteht man hohe Gebirge, die 
nit mit Wald bewachſen, fondern kahl und, auf ihren 
Spigen foger im Sommer mit Schnee bededit find. - Dies 
iſt die wahre, Bedeutumg des Wortes Fjaͤll; zuweilen aber 
werden beſonders von den Bewohneen des untern Landes 
gewiſſe flerife Felſengegenden fo benannt, ‚und in biefer 
uneigentlihen Bedeutung heißt ganz Bappland ‚hie Fiaͤu⸗ 


Grenzgebirge die Hauptmaffe ber lappländifhen Fjaͤllen 


aus. Von diefem Bergruden, der, von Norden zum Sü- 


den hinziehend, an der fhwedifchen Seite in fanften Ab: 
hängen herabfällt, an dee norwegiſchen aber ſchroff und 
jaͤh berabftürzt, gehen verfchiebene Zweige nach Dfieh .ab 
mb verflachen ſich mehr und mehr, je nachdem fie fi 
von dem Hauptſtock entfernen. Zwiſchen diefen Gebirge: 
zweigen laufen die Ströme Lapplands und MWefterbottens 
dem Meere zu. Diefe 
gebirge find Leiter deu Inppländifhen Züge, bie immer 
diefen entlang, nie quer darüber gehen. Im Herbfte und 
im Frühling halten fi) die Alpenlapplaͤnder auf biefen 
Bergrüden auf und haben dort ihre eigentliche Heimat. 
Die Wolmungen ‚liegen grabe an dem Waldrande oder 
auf der Grenze des Walde und des Gebirgsiandes. Neben 
dem Zeite hat er immer eine Heine Bude (Stabur ; Apps 
laͤndiſch: Njalla) von Bretern, auf "einem einzelnen [ehe 
hohen Balken ſtehend. Diefe Einrichtung iſt wegen des 
Vielfraßes, der mit feinen ſcharfen Zähnen Daͤcher und 
Khüren gewöhnlicher Buden zermalmt und, in das Vor⸗ 
rathshaus eindringend, nicht nur alles Fleiſch .auffeißt, 
fondern auch andere Sachen zerflört oder wegſchleppt. 
Den hohen, einzeinftchenden Valken kann er aber nicht 
binauftiettein. Bei dem Stabur hat bee Kappfänder auch 
ein- Gaͤll (lappl. Luopte), d.h. ein Gebäude mit Dady, 
aber ohne Wände, In diefem dffenen Scheppen: werden 
theils Kleider, um gellftet, theils Fiſch oder Fleiſch, um 
getrocknet zu werden, aufgehängt. Wenn ber Lapplaͤnder 
im Herbſt aufbriht, um nah Oſten zu zlehen, ſo be 
wahrt er im Stabur feine Fruͤhlingskoſt, Flelſch, und was 
ee fonft voreäthig hat, zur Nahrung ‚im naͤchſten Frlih⸗ 
ling auf, wo er feine Rennthiere fchlachten kann, weil 
ihre Felle dann faft untauglich und mit unzähfigen Heinen 
Löchern durchſtochen find; diefe kommen von einee Raupe 
ber, die fih im ganzen Winter zwifchen ber Haut und 
dem Fleiſch des Mennthiers aufhält, im Frühling heraus: 
trieht und zur Brene wird. Das Fell des in Diefer 
Sahreszeit gefchlachteten oder umgelommenem Thieres iſt 
ganz einem Siebe Ahnlich. U 

Unmittelbar nach Johannis wird aufgebrochen. Dann 
geht der Zug nach den hoͤhern Gebirgen, um der den 
Rennthieren unertraͤglichen Hitze und -den Mosliten zu 
entfliehen. Hier, zum Theil innerhalb der norwegifchen 
Grenze, weilt man den Jult und halben Auguſt. Waͤh⸗ 
rend dieſer Zeit werden die Rennthiere gemolken und Kaͤſe 
gemacht, und der Lapplaͤnder hat dabei auch feine: Mabs 
rung. Der Käfe wird theils verfpeift, theils in Norwe⸗ 
gen gegen Filz, Deden, Watmal (mollened' grobes Bauer 
tuch) und Branntwein vertaufcht, der Übrige wird mitge: 
nommen, wenn man nach der Mitte Augufts den 
Rüuͤckzug anteitt. Dee Bug geht jetzt nur in kleinen 
Tagereiſen fort und unterwegs wird : zumellen ange⸗ 
halten. Im Anfang Septembers iſt der Lapplaͤnder wie⸗ 
der in ſeiner Herbſtſtation. Iſt die Gegend von Woͤl⸗ 
fen feel, ſo laͤßt er feine Rennthiere frei herumlaufen. 
Seiten entfernen fie ſich doch ˖weit von ben · gewoͤhnlichen 


162 -, 
mar. Nun macht ber Köln oder das norwegiſche 


und unſchmackhaft. der Herbſtſtation vermeilt ano bit 
eiwa — — 8, BR . in Bie Se Ft 


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205 
wohlbefannten Orten. Im October fammelt ex fie wies 
ber, dann werden fie auch von ihrem Inſtinkt zufammens 


betrieben, weil nun ihre Brunftzeit herannaht. Jetzt ſchlach⸗ 


tet er feine Mennthierftiere, denn fpäter wird Ihr Fleiſch ranzig 


dann zieht er ſchneller, dald langſamer M die w 
wachfenen Gegenden. am bottnifchen Meerbuſen hinunter. 
Die Wölfe beftimmen oft feine Züge waͤhrend diefer Zeit. 


Stroͤme (Eifvar) und” die Seitenm |" Sinden“ fr ſich hr, Torte 


' eitt er nach lee andern fichern 
Gegend, doch gewoͤhnlich immer im oͤſtlicher Richtung, 
"Dft Tommt er dem bottnifchen Dleerbufen ganz nahe. Im 
Aprit fängt er wieber an fi - erfiwänte. zu: weni. = 
wartet den Zeitpunkt ab, wenn der Schnee am Tage 
thaut,. in der Nacht aber feſtfriert uhd'eine Eiskruſte 
bildet, welche bie trefflichſte Schlittenbahn iſt; auf biefer 
eilt er fo, daße er 9 Fages fi keine Belt nimmt, fein 
Belt ‚aufzufchlagen,. onde tuht, fo gut er permag, in 
ber Nacht aber zeifkier, „So kommt er im Yofang arai 
34 feinen: Herbſtquartiet sucht "und bat nun feine große 
Tour vollendet. . 53 
.Dieg ſind die. Hauptzuge der Lebensweiſe des Alps 
lapplaͤnders. Wr’ lebt einzig von feiner, Rennthierheerde, 
ohne ſich mit. Jagd oder. Fiſchfang & beſchaͤftigen. Liegt 
* feine Heimat nahe an.einem See, [6 ‚hat er biswel- 
en Fiſchgeraͤthe, ſonſt ber 'nie ‚Auf den Alpes find 
rg andern Vögel zu finden als Schneehühner, und man 
at eine Zeit, ſich mit ihnen zu. befallen. . Freilich) bes 
ſchaͤftigen fi einige weniger wohlhabende ‚Pappländer ins 
Fruͤhling ſowol mit Vogelfang als mit Fifcherei; „man 
fängt dann den Auerhahn in Schlingen an Stellen, wg 
er Tih der Begattung wegen aufhält. Alg Hauptſach⸗ 
gehört dies jedoch nicht zu der Lebensart des Alp applaͤu⸗ 
ders. Die Rennthiere find fein Allee, und er hat genug 
damit zu ſchaffen, daß fie beifammen bleiben und ſich nicht 
in der Wildniß zerficeuen. Nur im Herbfte, wenn nichts 
von Wölfen zu fürchten iſt, zuweilen aud im: Frühlinge, 
Tann er fie loslaſſen. Die, welche ohne Aufficht find, 
lauferi, wenn ‚die Hitze und bie Mosfitenzeit- eintritt, aus 
Inſtinkt und Gewohnheit die Berghöhen hinauf j 

Des Waldlapplaͤnders Lebensweiſe iſt ungefähr fol⸗ 
gende. Waͤhrend des ganzen Sommers halt er fih ins 
nerhalb Lappland auf und nimmt Keine großen Wander 
rungen vor. Kin Jeder derſelben befigt -fein elgnes ber 
ſteuertes Weideland (vöuog), wo er vermeilt. Dort bat 
er eine Menge Hütten auf pafienden Stellen, deren jede 
etwa 4 bi6 4 Meile von ber andern entfernt if. Nabe 
bei jeder Hütte ift ein Gaͤll, wo bie Kaͤſe gedoͤrrt werden, 
errichtet und ein umzäunter Plag, in welchen er feine 
Nennthiere treibt und fie melkt. Bei den größern Sta⸗ 
tionen” bat er auch eine Bude, aber befonderd bei der 
Hauptſtation, wo er fi) am laͤngſten aufhaͤlt. Sch will 
feine Gefchichte sit dem Frühling anfangen, wo er von 
dem untern Land berauflommt, d. h. Ende Apsis ober 
Anfangs Mai. Sogleich läßt er feine Rennthiere los, ſo⸗ 
daß fie ganz feel in die Wildniß fih verlaufen dürfen. 
Nun ul. ihre Wartung völlig los und faͤngk zu fiſchen 


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103 


and zu jagen am, was fle ihn ein Nebenerwerb iſt. ie 


mittelbar nach Johannis, bei Eintritt der Muͤckenzeit, 
treibt er feine Heerde zufammen. Ein Jeder ftreift nun 
bie Wälder durch und fängt fo viele Rennthiere auf, als 
w trifft. Es gibt gewiſſe offene Stellen, wo: bie. Thiere 
von ſelbſt fih fanmeln, um die Müden wegbiafen: zu 
laffen. Diefe Stellen Eennt ber Lappländer fehr gut, fie 
beſucht er zuerſt, und bort findet er gewöhnlich twenigftens 
einige Thiere und haͤngt ihnen eine Schelle an. Dann 
treibt or fie weiter, ımb der Haufe vermehrt fich unters 
wegs; bean wohin ber klingelnde Bug kommt, floßen ans 
dere aus der Gegend umher dazu: Der Inſtinkt treibt 
fie an, ſich zufammenzuhalten, wett die Muͤcken, wie mn 
fogt, fie weniger plagen, wenn fie fich Icharenmweife Dicht 
' ngen. Nun aber gehören die auf diefe Weife 
Zufanimengebrachten Menzihkere ‚nicht einem, ſondern meh⸗ 
um Eigenthümern an, aber hier fammelt’Seber,. fo vick er 
kann, uiid fpäter entſteht dis: Brage, wie. Jeder die -feinis 
gen belammen:tann. Damit wird es ſo gehaftene ber 
Lappländer befucht: feinen naͤchſten Ruchbarz wir nehmen 
an, daß dieſer von jenem nordwaͤrts wohnt; nun ſondert 
der Beſuchende bei ihm nicht nur feine Reniithiere aus, 
fendern auch alle bie, weiche den füdwärts von ihm woh⸗ 
nienden Lapplaͤndern ‚gehören, unb. treibt fie nach Hauſe. 
Sodann kommt fein füdlicher Nachbar zu ihn und nimmt 
auf dieſelbe Weiſe von ihm die ſeinigen Und bie der ſlid⸗ 
lichen Nachbarn mit; So geht es fort und. fort, und 
Die dazu beflimmeen Inge find gewoͤhnlich im Voraus 
verabredet. Zuweilen treiben am einem beſtimmten Det 
und Zage mehre Nachbarn die von ihnen aufgefangenen 
Heerden zufammen, und dann fonbert Jeder aus ber 
Maſſe die feinige aus. Dies dauert: etwa zwei Moden, 
und zulegt hat Jeder feine Thiere zuſammengebracht, und 
der Monat Juli ift nun da. [nn 
Bon diefer Zeit an bis Mitte Auguſt hätt der Wald⸗ 
lapplaͤnder feine - Deerde unter eigner Obhut. Die Renn⸗ 
thiere werden dann in die oben befchriebenen Umzdununs 
. gen zwei⸗ bis drelmal des Tages getrieben; man: zündet 
an, verfchiedenen Stellen Feuer an und legt darauf naffen 
Torf, um durch dem Rauch die Müden zu verfcheuchen, 
fodaß die Thiere fich ‚ruhig niederlegen und wiederkaͤuen. 
Gemolten werden .aber die Mennthiertühe nur, einmal 
des Tages; jede gibt nur etwä zn ſchwediſche ‚Kanne 
Mich, diefe ift aber fehr ſtark und Eräftig, faſt wie füßer 
Rahm und dabei fehr lieblih. Die Säure der milden 
Beeren, die man hineinthut, wird bucch ihre Suͤßigkeit 


fo gemildert, als wäre Zuder. darin. - Die meiſte Milch 


wird jedody zu Käfe verwendet; fobald das Lab dazu ge: 
Tommen, wird Alles zu Käfe, «und man bekommt keine 
Motten. Hieraus kann man. entnehmen, warum ber Lapp⸗ 
länder fo viele Aufenthaltsſtellen fo dicht beieinander hat; 
es geſchieht nämlich, um nicht nöthig zu haben, die Thiere 
weit von ven gPPtntion auf die Weide zu treiben. Sobald 
das Futter einer Station aufgefreſſen iſt, zieht man 
nach einer andern, die gern in der Naͤhe eines Sees an⸗ 
gelogt wird, um die muͤßigen Stunden zum Fiſchfang 


zu benugen. Von ber Mitte Auguſt an, wo bie Naͤchte 


fehr kuͤhl zu werben anfangen’ und bie (chiiumfte Muͤcken⸗ 
zeit vorbei tft, mollen die Mennthiere ſich nicht mehr zus 
fammenhaften, fondern jerftreuen ſich nach allen Richtuns 
gen. Died muß ber Lapplägber zulaſſen. Jetzt, ihrer ledig, 


flellt er den Waldvoͤgeln Schlingen, ſtreift in den Wäls 


dern umber, um Vogelwild zu fchleßen, und -befchäftigt 
ſich mit Sifcherek. Zu Michaelis Thon muß er feine 
Rennthiere wieder fammeln. Sobald das gefcheben ift, 
hält er fie den ganzen Winter hindurch unter Dbacht und 
zieht mit ihnen wie ber Alpiappländer nach ben niederen 
Begenden. Die Rennthiere, des Waldlapplaͤnders find ges 
wöhnlih ein wenig größer als die des Alplapplaͤnderd; 
die Urſache iſt, wie man glaubt, die, daß die Thiere jener 
einen Theil des Sommers frei in der Wildniß hberums 


laufen dürfen, wodurch fie beſſer gedeihen, 
(Der Beſchiuß folgt.) 


Engliſche Taſchenbuͤcher fie 1833. :  . : 

Wenig Jahre ift es her, daß die petiodiſche ſchoͤne Bltmkhe 
tur Englands einen Zuwachs durch die Annuals, die bei uns 
längft eingebürgerten Taſchenbuͤcher erhielt, und doch wird ſchon 

die Klage vernommen, daß es deren zu viele gebe, daß der Bu 

händlerifche Gewinn dem angelegten Gapital und ber | 
folcher Unternehmungen nicht entfpreche, und daß folglich jeber 
neue Mitbewerber um die Weihnachts⸗ und Reujahrögunft ber 
Heganten Welt nur ein Nagel imebe gu bem Sarge fel, in wels 
den das ganze liebenswuͤrdige Gefchlecht diefer Wintervoͤgel über 
frz obet fang werbe verfchloffen werden. Diefe Anficht ſchmeckt 
etwas heftig nady Spleen, allein unterftüßt von ber bi «t 
mhortality: der laufenden Almanacksfaifon, auf ber wir z. B. 
„Phe tem" und „The winter’s wreath”. finden ‚ ift fie nicht 
übel geeignet, Herausgebern und Verlegern von Taſchenbuͤchern 
bie größte Sorgfalt für diefe Zwitterblumen der Literatur und 
Kunft anzuempfehlen. Cridfchen wird. ihr Geſchlecht übrigens 
gewiß nicht, denn abgefehen. davon, baß auch in England bie 
Stelle der verblicgenen ſogleich durdy neu erſcheinende ausgefältt 





wird, bleibt ja bie Teilnahme des Pudlicums ben mit Geiſt 


und Gefhmad Ausgeflatteteim Kortfehungen der Altern immer gewiß. 
- Wir beginnen unfern Ueberblid mit einem alten Bekann⸗ 
ten: „The forget me not. Edited by F. Shoberl‘', war das 
erfte aller englifchen Anntals und ift fortwährend ein Eiebling 
bes englifchen Publicums. Dieſe Gunſt follte aber durch etwas 
mehr Sorgfalt: für Schmud und Gehalt gerechtfertigt werben, 
als wir bisher wahrgenommen haben. Das „Forget me not“ iſt 
laͤngſt von mehren feiner Nebenbuhler übertroffen, und wenn wir 
auch den birsjährigeh Jahrgang in mehrfacher Beziehung, beffex 
als den vorigen nennen müffen, koͤnnen wie ihn doch nicht mit 
dem Beſten biefes Jahres auf eine Stufe flellen. Die werte 
vollſten literarifgen Beiträge. Heferte Hr. Groly (Berf. bes 
„Salathiel’‘) und Miß Iſab. Hill. Erſterer gab zwei Erzaͤh⸗ 
lungen, dit zwar ohne feinen Namen abgedruckt find, allein uns 
verbar feiner Eraftvollen Keder entfloffen. „Jack Shabbod” von 
iß Hill iſt eine ber originellften und lebendigſten Skizzen von 
enhanb. Nur wenige der übrigen Beiträge werben durch 
oihe Rachbarſchaft nicht verbunfelt. Unter den poetifchen Bei⸗ 
m von 'I. Montgomery, Eh. Swain, 38. H. Harriſon, 
Thomas Hood u. A. heben wir befonbers bie außerordentlich. 
gelungene Meberfegung ber Buͤrger'ſchen ‚Weiber von: Srim⸗ 
berg’ von Miß Domwitt heraus, Dem beſchraͤnkten Raume 
Trotze können wir und nicht enthalten, zwei Verſe davon 
als Probe mitzutheilen. 
Who can tell me where Weinsberg lies? 
As brave a towı as any; 
. Yt must have cradled good and wie 
Both wifes and muidens many. 





— — — — — — —— — 


Hajji Baba’) und Lord Morpeth und die ſchoͤnen Verſe der 


Sheult I e’ er waring-hate to do, Zn nr 
‚Y' faith, in Weinsberg will I woo. 
The.emperor Conrad, on a time, - 
In wreth fhe town was(battering, 
And near it lay his wegriors prime, 
And sturdy horsemen clattering; :: 
And, with fierce firing, rod and ren h 
. All round about it horse and man etc. 
Unter den zehn Stahiftichen bes Tafchenbuches befindet fi zwar 
einer ohne allen Werth, doch verdienen nur drei, „Egmont's 
Sumwelen‘‘ (die bazu gehörige Erzählung iſt in beh „‚Driginalien” 
ſchen überfegt werden), „Die Smigräntentochter” und „GBiu« 
lietta’', von biefen wieder der erfte, und legte in hoͤherm Mrabe 
ausgezeichnet genannt zu werben.” 

„The keepsake, Edited by F. Mansel Reynolds’, war 
zuerft auf dem Plage und hat allerdings Anfpräde darauf, die 
ecke Stelle unter allen engtifchen Annuals einzunehmen. Doc 
fehlt diesmal der künftierifhen Ausſtattung jene Bolkom⸗ 
menheit, welche fruͤhere Jahrgaͤnge ſo hoch uͤber ihre Nebenbuh⸗ 
ler ſtellte. Zwar blickt uns auf dem Titelblatte („Das Lebe⸗ 
wohl’ von Ghalon, geſt. von Heath) einer ber reizendſten Köpfe 
an, ben je ein Taſchenbuch enthielt, und für den Shenſtone's 


2. Zn 
So bold bet fie mir Lebewohl ; 

ae Gebot zur Rüdtebr ſchien d wir —  .- . 
ebüchtet zu fein fcheinen. Berner find. „„Zulie” von Liverfeege, 
„Die Brautjungfes” von Parris, „Pepita” von Gattermole, 
„Rofine” von Boral und bie Landſchaften von Turner und Stan⸗ 
Held fo vortreffliche Blätter, daß fie dem Ruf des „„Koepsake‘’, 
das Beſte in dieſem Fache zu liefern, völlig eatſprechen, Allein 
um fo mehr wundert es uns, baß Meifkgr: Heath, ſelbſt einer 
der talent: und geſchmackpollſten Kupferſtecher Englands, benfelben 
einige Blätter beigeſellt bat, welche, urfprünglid für die „Wa- 
verley novels” beflinmt und dort auch ganz an ihrem Plage, 
biecher gar nicht paffen, Es faͤllt ſehr umangenehm .auf,. dab 
Gewöhnlicdye zu-finden, wo man zu Außerordentlichem berechtigt 
ill. Der literarifhe Theil dieſes Taſchenbuches bat nie viel 
— Gluͤcke beigetragen. Lords und Ladys fahren fort, 

ihre Beiträge zuzuwenden, und baben ibm dadurch fchon 
das Präbicat „ariftofratifch” erworben. Mir koͤnnen inbeffen 
mit gutem Gewiſſen eine treffliche Erzaͤhlung von Leitch Ritchie, 
„Die RNovize“ "betitelt, zwei andere von Morier (Berf. bes 


Baby Bleſſington der befondern Aufmerkſamkeit empfehlen. 

- „Keath’s picturesque annual. Travelling-sketches on the 
Bhine and in Belgium. With 26 beautiful finished engravinge, 
from drawings by Clarksen Staafield etc. By Leisch Ritchie." 
Ebenfalls ein Unternepmen, deflen Grfolg mehr auf den artiflis 
fen als Literarifchen Gehalt ‚berechnet iſt, womit wir aber 
den von Herrn Ritchie gelieferten Text keineswegs berabzufegen 
gedenken. Cine Guinee für 26 meifterhaft ausgeführte Blätter 
pach Stanfield wird auch deutſchen Kunſtfreunden nicht zu theuer 


ſcheinen. Als die auziehendfien nennen. wir Heibelberg, Frauk. 
fart, Mheinftein, Koblenz, Andernach, Brüffel, Rotterdam, ches ! 


veningen. Wo wäre übrigens ein Fluß, der an Raturſchoͤnhei⸗ 


gen und poetifchem Intereffe den Rhein übertrifft? Jede Ruine . 


hat bort ihre Gage, bie ganze Romantik des Mittelalters "bie 
nnichfaltigften Dentmäler. Dennoch entſpricht Hra. Ritchie« 
nicht ganz unfern Erwartungen, befonders ba nicht, wo +8 
KG. um die Behandlung des Muyfteriöfen und Wunderbaren hans 
Set, bie ihm nicht recht gelingen will. Auch die Geſchichte ber 


Raͤuberbanden am Nhein hat R. nach Beder's „Attenmäßige 


Seſchichte der Räuberbanden an den fern des Rheins ” 
42 Bände, Köln 1804) im Auszuge mitgetheilt, und ſchon hat ein 
beutfches Blatt (‚‚Tit. Blätter der Boͤrſenhalle⸗) Ruͤckuͤberſebun⸗ 
gen baraus gegeben. - 


„Ihe landscape annual. The tourist in Italy.’ By Thom. 
Bebigist unter Bexantwoxtliht 









Bibcoe”’, Tin: Geikerifkäch' zu dem varigen ib 34 Miätten 
er D: Hazding, verdient bus, bie We enheit und 
ge tentheils rei Ausfüprung feiner Anſichten, die eig, mit 
alent und Kleid bearbeiteter Zert von Rosche begleitet, mi 
minder die Aufmerkfamteit des Pubkicumd; Der üben - Euros 
pas Lich ders Maler die Driginale, und die umfaffenben, :nıiö 
Begmden unh onziebenden Gaſchichten ler. Art dunwehien 
Belchseibungen Roscoe's beurkunden, daß er nach ben beten 
Autoritäten geſchildert, Berichtigungen und neue Nachrichten 
von vielem Meifenden empfangen und den auf biefe Weife erhals 
tenen Stoff ebenfo geſchickt als unterhaltend zu orbnen gewußs 
het. Dr Kreis * abenifihen Kafcıten xc. iſt mit tiefem 
vierten rgange en wor 
| ta Hat 





Keiegsoſcenen. Aus bem Framoͤſiſchen nach: be lit de 
camp, scines de la yie militaire”, übertragen von 
Hermann Meynert. Leipgig, Hartmann. LER. 
8: 1 Thir. 6 Br. 8 
Der Berfe, hätte ſeln Vuch beſſer „Schreckensſcenen: aus 
dem Kriege“memſen koͤnnen, denn ber Schrecken iſt «6, der, igz 
Berbindugg mit ſainen Pruͤdern Graus, Gntfegen, Mord, 
Blut unh Mahnfinn, in diefen Mlärtern vorherrfät. Cs Ik 
ein Bud, das viele Leihbibliothekabonnenten intzüden wird, ' 
Die Mehrzahl der hier gefammelten, unter ſich weber durch 
Beituenbättniffe noch durch eine Innere Berbindung zuſammes⸗ 


hängenden Girzäßlungen if uns bereits in Journalen und Zeit> 


iften, we auf franzöfifhe Geſchichten Jagd mar 
Men — anzugeben, vorgeführt worden. Faſt 
alten wohnt ein gewiffes, thetit diſtoriſches, theils materieiles 
Intereſſe bei, und man lieſt fie mit Thellnahtne. Keint von 
allen zwoͤlſen (fi. ganz ‚unbebentegb,:.votewal ‚big erſter „ME 
Kugel‘, aus dem Jahre 1769, „Hauptmann Rabe, von 1802, 
„Det Babefinnige bei der. großen Armee“, 1812, und „Zachs⸗ 
rino“, mit der Jahrszahl 1831, wol die dervorftcchenöften fein 
mögen. „Die Kugel” lehrt uns, daß ber große Napoleon ein 
u früh geboreried Kind fel. Wie wiffen nicht, ob bie Graäßs 
— biftorifchen Anuud hat, aber fie iſt jedenfalls anziebend 
Gin Genueſer, Giacomo, hat feinem gefallenen Rater als Rad 

lobt, eine ſchoͤne ſchwangere Frau mit, ber elben Kugel 3 

tödten, bie ihm das keben nahm. Gr ſieht Latitia Bonaparte 
beim Kefte Marik Bimmelfabet am 15. Auguft 1769 und wäglt 
fle zum Opfer. Die Kugel fehlt, aber bie ſchoͤne Laͤtitia faͤlt 
in Ohnmacht uab — ‚Napoleon if die zu frhp enthuͤlte Frucht 
ihres Schtecens. in par 

Wir beftreiten das Koffartige 3 e biefer Skizzen keines⸗ 
wegs; Pünftierifche Theilnayme erregen fe Jedoch nicht. Trot der 
oft wiederholten Priegerifchen unb meartialifdgen „Doruerwetten, 
Wi und Bonnes und. Mietter noch einmal” ſcheint bes Ueber 
feger hoch ein äuhruft friedfegtiger Mann, der den Krieg, und waß 
ihm anpängt. ‚wol nur vom Höcenfagen kennt. Diefer Umſtand per 
Jeitet ihn zu häufigen militairifhen Misverſtaͤndniſſen, und wir 
mußten lachen, als er gleich auf ©. 8 eine Kartätfche ſtatt ei⸗ 
ner Granate ober Bombe Jerplagen ließ. Hiervon abgeſehen, 
Eeſt ſich die Ueberſetzung gut. J 89. _- 





Yu J oe Noriz. u. : 
Die Irkaͤnder befleßigen ſich nach ihren eignen doffentlichen Blaͤt 

teen ganz außerordentlich dee Weäßigkeit, und wird es nachgewie⸗ 

fen, daß iq dan erien ſechs Monaten des Jahres 4881 blos 721,560 

Gallons Kornbranntwein weniger getrunken worden find 

in denſelben ſechs Monaten des Jahrs 1830. Mn Schottlan 

(welches bekanntlich weniger bevoͤlkert iſt) hat in demſelben 


Zeitraume bie Vermindernug 513,697 Gatlons betragen. 42.: 
der Berlogähandiung: F. U: Brpdhans in Leipsig 


Ä 


% 


» 


Blätter, on 


für 


literarifge Unterhaltung. 





Sonntag, . 





Sceunen aus Lappland. 
Zweiter und Tester Artikel. 

(Beſchluß aus Nr. 40.) 

Aplapplaͤnder gibt es mehr als Waldiappländer. Doc, 
finden ſich legtere in allen Lappmarken. In Piteä Lapp- 
mark find fie am zahlreichften und dürften dort der An: 
zahl jener gleich fein. Sie ſtehen auf einer höhern Cul⸗ 
turfiufe und find moralifch beſſer. Auch fcheint mir ihre 
Lebensart fo glücklich, daß kaum eine fchönere für die 
Claſſe von Menfhen gedacht werden kann, welche ihr 
Brot im Schweiß ihres Angefichts eſſen und die Nahrung 
aus ber Erde holen muͤſſen. Was Die betrifft, die ohne 
Arbeit leben koͤnnen, fo ift e8 wol auch unentfchieden, ob 
ihr Loos in der That glüdlicher fei. Preiſen nicht die 
Dichter das Hirtenlebenz Jagd ift ja ein koͤnigliches Ver⸗ 
gnügen, und Mandye kennen keine größere Ergögung als 
Fiſchen. Diefe drei Befchäftigungen madyen nun das ge 
wöhnliche Leben. des Waldlappländers aus, Er iſt 
nicht wie der Alplappländer auf offenem Selde jebem Uns 
wetter preisgegeben, und muß nicht Nacht und Tag feine 
Rennthiere hüten. Die Iaubigen Zweige ber Bäume 
fügen ihn nicht vor Regeg und Schnee, und felbft 
wenn er in fein Zelt fommt, findet er nur ein ſchlech⸗ 
tes Obdach. Er bat keine Stelle, wo er feine Klei⸗ 
der trodinen kann — ſolche finden ſich nur an ber Herbſt⸗ 
flation —; er kann zumeilen kein Feuer anzünden, dein 
auf den Alpen, wo er im Sommer hauft, gibt es kein Brenn⸗ 
holz außer Zwergbirken, und auch diefe nur in geringer 
Anzahl, ſchwach wie Reifig, dabei niedrig und naß, ſodaß 
fie nicht eigentlich brennen, fondern nur rauhen. So naß 
er it, muß er fich in feiner ganzen Kleidung niederwer: 
fen. Nur deshalb wol ift alle Sauberkeit von feinem 
Anzug verbannt. Er kaͤmmt nicht fein Haar, bat faft 
keine Kleider zum Wechfel; dem Ungeziefer find fein Kopf 
und feine Kleider eine gafllihe Herberge. Wenn er auch 
seich iſt, muß er oft hungern, denn auf den weiten Berg: 
Höhen entfernt er fi oft weiter als feine Abfiche war, 
und kann nicht fo früh zaruͤckkehren, wie er glaubte. Sich 
zu fäubern, wenn er nach der Kirche oder nach fremden 
Stellen kommt, fällt ihm nicht einz es ift ihm ganz 
gleich, wie er. ausfieht. Freilich kann er im Kirchdorfe 
ein Prachtkleid, wie oben befchrieben ift, mit Silberguͤrtel 
and Silberkragen anziehen, doch iſt Alles ohne Ge- 


10. Februar 1833. 


ſchmack. Dee Rod ift mic Nenntbierhanren und Uns 
rath verungiert, feit er jüngft betrunken herumtaus 
melte. So ift dee Alplappländer, befonders in ben 
nördlichen Lappmarken. Der Winter ift feine befte Zeit, 
denn dann hauft er im Waldlande und bleibt dadurch 
vor dem ungeflümften Wetter gefhüst. Damm kann es, 
infofern er zwei Pelze befigt, einen nad) dem andern auss 
hängen und das Ungeziefer todtfrieren Lafien und, wenn 
die Gegend frei von Wölfen ift, ruhig leben, d. h. ex 
kann Naht und Tag in dem Zelte fchlafen, kochen und 


eſſen; nur dann und wann muß er herausgeben, um nad) 


feinen Rennthieren zu ſehen. Fleiſch ift feine erite und 
feste Nahrung, oft fein Einziges und. Alles. Es gibt 
viele Alplappländer, die fogar im Sommer ihre Nenn: 
thiere nicht melden können. - Der Waldlappländer dages 
gm kann, während feine Kinder oder Diener die Heerde 
in der Umgegend hüten, felbft mit feiner Frau auf dem 
See herausrubern und, wenn ee die der. Heimat nahen: 
den Schellen hört, mit dem Fiſchfang heimkehren. Dann 
laufen die Kinder neugierig dem Strande zu, um nach⸗ 


| zufehen, wie viel er befommen, ergreifen den Fiſch und 


nehmen ihn aus. 
der Fifch gar. 
man pflüdt Beeren und thut fie in bie Rennthiermilch; 
dies alles find Speifen, die befler auf den vornehinften 
Tiſchen nicht aufgetragen werden koͤnnen. Bor Regen 
und Näffe ift er ebenfo gut gefchügt mie der Schmwebe 
in feiner Stube. Wird er naß, fo kann er wechfeln und 
die Kleider unter dem Gaͤll ober in ber Hütte Mm Trock⸗ 
nen aufhängen. Wo er auch in feinen wohlbekannten 
Mätdern herumwandelt, ift er nicht von feiner Wohnung 
fern und kann fich dort hinbegeben, fo oft er will. Der 
Tauſch des Wohnortes felbit hat einen eignen Reiz. Bel 
ber Ankunft treten ibm freundliche Penaten, bekannte Hüs 
gel, Seen und Haine als unveränderte Freunde entgegen; 
auch hört man ben Waldlappländer beim Anblick feiner 
Hütte die dem Waldecho fo günftigen Volksmelodien ans 
ſtimmen. Auch ift ihm die Meinlichkeie nicht fremd. Er 
wäfcht ſich oft, kaͤmmt bie Haare; die Weiber flechten fie 
in zwei Böpfe. Das Gefchire wird gewaſchen und Tauber 
gehalten; der Alpfappländer dagegen leckt mit der Zunge 
ober dem Singer feine Holzichüffel und feinen Trog ab und 
wirft fie dei Seite, bis er ihrer das nächte Dial bebarfz 


Ehe die Kühe noch gemolken find, iſt 


Im Derbft find nody Vögel dazu zu habenz _ 


+; 


ein gewdhnliches Gchreittit. In Weſtſalen wenigfiend findet 


s 3833 
.. e Geiftlichen, deren Wota gegen Yresbyterial « oder 
——— — ober gegen beide gericktet waren, hätten feet 
Bi gang anbere Waffen anwenden follen, als fie gebraucht 
haben; fie waren’ leicht zu befiegen. Dreiundvierzig Etimmen 
ſprechen für Presbyterial⸗ ind Gynebalverfaffung „aus Gruͤnden 
dee Notbwendigkeit, der Moͤglichkeit, der Rechtmäßigkeit und 
der Mäglicdykeit”, auf eine verftändige, wenn aud) verfchieben 
Meile. Hr. Dr. Gr. trägt denn feine Privatanſicht noch befoms 
ders vor. Wir baden ſchon bei unferer betztern Ueberſicht der 
theolegifchen Literatun darauf Jingebeutet*), daß ums das Botum 
des würdigen Bretſchneiber gegen die Bade nicht gemäges 
es beteadhtete den Gegenſtand nicht von allen Seiten. Gr. prüft 
eu fcharfund genau. Krehl's heftige Aeußerungen und bie „Biene“ in 
AZwickau treffen ihn nicht ; beibe bekämpfen bie Idee einer Kirchen⸗ 
zucht, wie fie dem Verf. nicht in ben Sinn kam. Gegen Br. wirb 
sun 28 „das Beduͤrfniß einer Verbeſſerung bes Kirchenweſens 
dem „Buftande bes innern, häuslichen, religibſen und bes 
7. 3. kirchlichen Lebens‘ erwieſen; ſodann wird gezeigt, daß 
„eine Kirchenregierung dieſe Beduͤrfniſſe kennen müffe‘‘, daß „aber 
bie jepige Kirchenverfaffung mis den Grundfägen unferer Kirche 
in einem unaufidelichen Wiberfprudhe ſtehe, indem der Staat 
gar oft aus eigner Machtvollkommenheit und ohne bie Kirche 
darum zu fragen, bas Recht ausübe, über Dogma, Liturgie, 
Gultus und Ritus pofitive, für alle Glieder berbinbfidhe Be: 
ſtimmungen zu treffen, gegen bie Schrift (2. Kor. 1, 24), bie 
augsburger Gonfeffion (art: 28) und bie Kustoräce‘ ber ange 
ſehenſten Rechtelehrer⸗ Worzüglih rügt ex bie Inconfequenz, 
wie man in Bezug auf Pe Sonfeff onen verfährt, und vers 
langt nur Gerechtigkeit, Gleichheit mit ihnen. Gr widerlegt | 
Hrn. Br., ber zuviel von ber Liturgie erwartet und babei ber 
Yauptst, das Kirchenregiment fei von jeher ariftofratifch gewe⸗ 
‚ wovon Gr. bad Gegentheil darlegt. Roch befizeitet er 
mehre un € Anfihten der minifteriellen Vorſchlaͤge, z. B. 
daß die Se fäbirectoren ‚ die in ber Regel nicht einmal Ge 
nn einbeofieber find, den Presbyterialverfammlungen zugegen 
fein follen, was Rec. ganz fonberbar vorkommt, wenn 
es an die Ausführbarkeit —8 ad man Tann bie Ausdrücke 
nicht a ſtark finden (©. 58): „baß dann ber alte Sauerteig 
wieder da fei unb bie Freiheit ertöbter werbe.’ Den Kirchens 
pꝓatronen will ber Berf. wol ben Plag eines beftändigen Eh⸗ 
senmitgliedö geben, aber ‚wenn bie ganze Welt voll Privilegien 
wäre, vor gott gibt's keins; ihm gegenüber find wir Alle gleich, 


unb nur dem Beſten, der ibm nahe ift, ſteht er am nädfen.” 
„Ich fürdte ſehr, ſolcher Beweis von Befangenheit oder 
Rachgiebigkeit aus enfchenfurcdht wird der Regierung ſchlechten 


Dan? verdienen.” Nicht minder fpricdht er gegen ben beruͤhm⸗ 
ten en Staattieheer Yöllg, ber eine Generalſynode und Presbyte⸗ 
zien ohne Synoden, b. b. „Kopf unb Füße ohne Rumpf” will, 

und wo «8 uns Aberhaupt fcheint, als ob der Aheoretiker 
doch hier, wie auch anderwärts, das wirkliche Leben zu 
wenig fenne unb berü ige. Fehlt, nach Gr.'s Anficht, eins 
ber drei Glieder, dad Preöbyterium als bie Grundlage, bie 
Gpecialfgnobe als vermittelnbes Glied nach Dben und linten, unb 
ke Generalfynode als Schiußfteln, gleichſam der Kopf, fo wich 
bas Ginzeine nur Verwirrung und Gchaben feiften. Wie nun 
das Alles einzurichten fei, was in jeben Bezirk gehöre, wie 
ſich bie Verfaſſung zum Staate verhalten folle, trägt der Verf. 
in allgenieinen und befondern Wuͤnſchen vor, welche uns wohl 
erfüäbar fcheinen, härten alle Betheiligte helle Einſicht und 
Fromme wre — für bie Kirche. Die CGonſiſtorien hält ber 
blicktich, doch kuͤnftig für Aberfiäfs 
aflung zu Stande kommt. Mir uns 


) gl Nr. 6 und SOE d. Bl. f. 1E58, D. Red. 


Derf. wean Br nicht au 
fig, wenn bie Gyno 


‚ ET ——— — unter Beantwertlichkelt der VBerlogähandiung: 8. x Beodband ig Leipzig. 


fern Orts glauben jedech: wie bie Dinge in ber Welt num ein 
mal fliehen, und da Weltliches und Kirchliches fo nahe aneine 
ander grenzt, ja gegenfeitig eingreift, ein zwedmäßig eine‘ 
gerichtetes Sonfiftorium koͤnne in vieler ce Beglfung ſehr web 
thätig noch Dben - und Unten wirken. wie fimmen 
bei, daß nur amsnahmemweife ein abeliger er Yeifbent daria Pr 
und biefe @telle nicht "mehr als Stufe zum Minifteriam für ben 
Adel betrachtet werben folle. Nur bei eminenter perfönlicher 
Züchtigleit, namentlich durch Gelehrſamkeit (daß er Schriftftels 
Ver ober Profeffor des Kirchenrechte fein folle, klingt doch gar 
zu unbarmherzig, obgleich es Wahrheit if), wähle man ihn 
aus biefer Glaſſe; außerdem paßt bie Erziehung und Gtell 
bes Abel nicht recht zur Regierung bes Kirche; er fonnt L 
im Lichte ber Hofgunſt und liebt es, verwidelte Källe bu 
Machtſpruͤche zu entſcheiden. In dem Punkte bed Mahlrechts 
ber Gemeinde weicht Rec. faft ganz (S. 69) von bem verehte 
ten Berf. ab: fie werde mit ihren Gimwendbungen vos und 
bei bee Probe gehört und beachtet, aber der Mann verbanfe 
A r nicht das Amt; in der Hegel entfcpeibet fie meift nach Zus 
fälligkeiten, nad) dem Aeußern; Repotismus, Simonie unb 
grobe Kebigriffe, innere Zwietracht und unverbiente Zurädfegune 
gen find kaum zu verhiiftn. Dagegen muß eine Behörde, weiche 
ihre Leute ſchon von der Schule an und in ihrem Amtögange 
beobachtet, prüft und kennt, am beften wiffen, wer mit feinem 
Gaben und Cigenſchaften an biefen ober jenen Ort, für eine 
gute und für eine verwilberte Gemeinde paffe u. f. w. Möge 
dieſes Schriftchen, das mit Wenigem Alles fagt, eine geredte 
Würdigung allenthalben finden. 68. 








Notizen. 
Weihe eines Parfentempels. 

Die alten Anhänger Bovoafter’s, weiche bekanntlich feft der 
mobammebanifchen Werfolgung im weltlichen Indien ein nenues 
Baterland gefunden haben und fich Hier durch moralifchen Wan⸗ 
bei ſowol als durch ihre Betriebſamkeit vor ihren Nachbarn vor⸗ 
theilhaft auszeichnen, weibten um 17. Nov. 1880 einen neuen 
Feuertempel zu Bombay feierlich ein, wozu Tauſende don Par⸗ 
fen aus allen Gegenden Indiens zuſammengekommen waren, 
Das Gebäude ift vieredig und fehr zierlich gebaut; bie Hallen 
erglänzen von Spiegeln und Leuchtern, und das Allerheiligſte 
ift befonbers prachtvoll muſiviſch mit Marmor getaͤfelt; in bey 
Mitte ſteht die fiiberne Bafe für das heilige Feuer, 40,000 Rus 
pien an Werth. Die Koften des Baued werden auf eine Lak 
Rupien (12,500 Pf. Sterl.) angefchlagen. Die Schenkungen 
waren ſehr bedeutend, und ber Oberprieſter Cduldarn erhielt 
allein an breißig der Toßdarfken Shawls. 


Alter ber Welt. 


Die Bubbhiften auf Geylon hegen über bie Bauer unb Um⸗ 
wälzungen bes Welt bie überfpannteften Megriffe und haben, ums 
bie großen Perioden berfeiben zu berechnen, Zahlen von einer 
Unität mit 63 Nullen mit elguen Namen ausgeprägt. Fol⸗ 
gende Beifpiele find aus ihren alten Schriften entnommen: Die 
Srde waͤchſt in einer Antalalpa fieben Jodanas (14 engl. Mei⸗ 
len), in taufenb Jahren aber nur einen Zoll; ein Jodana hat 
1,075,200 3ef, fieben mitgin 7,536,400 Joll, biefe, durdg 1000 
multipliciet, geben hie. Antafalyo, beren 80 eine Mahälalpe 
oder 602,112,000,000 Jahre ausmachen. Gine andere Stelle 
beftimmt dief⸗ Petiode fo: Dan denke ſich einen kubiſchen Fei⸗ 
fen von neun Klafter Höhe und. Breites bei diefem geht alle 
1000 Jahre eine ſchoͤne Goͤttin fo vorüber, daß nur der leife. 
Zephyr ihr Muflelingewand gegen den Belfen fireift: bie Zeit 
num, weiche erfobert wird, jenen Stein bis zu der Größe eines 
Eenflorns abzunugen, ift bie Antakalpa, deren achtzig auf eine 
Vahakalpa DEN Pe MO und SED. BL IEER 53535 De I Mahäkatpa geh--..... 0. 160, 


81 after 


für 


literarifhe Unterhaltung. 





Breitag, . 





Jrene, oder Verſuch zur Vermittelung der philoſophi⸗ 
4: Oyfieme. In Briefen. Herausgegeben von 
3. Eifenlobr. 
(Beſchluß aus Fir. 88.) 

Eine treffliche, hoͤchſt lichtvolle Eroͤrterung über bie Pla⸗ 
toniſchen Ideen, voll der fruchtbarſten Andeutungen hat 
uns Herbart („Einleitung in die Philoſophie“, zweite Aus⸗ 
gabe, S. 175 fy.) gegeben und mit hiſtoriſcher Herab⸗ 
lafſung, eine feltene Eigenfchaft eines. gentalm Syſtema⸗ 
tikers, diefem Punkte der Dlatonifchen Lehre bie Serechtigs 
keit, die fie verdient, in höherm Grade widerfahren laſſen. 
Einm fehe allgemeinen Misverſtand hat er «6 genannt, 
durch den die Ideen die Bedeutung von Vorftellungen it 
gend welches benfenden Weſens bekommen haben; hoͤchſt 
ſcharfſinnig ift Die Parallele, die er zwiſchen ber Lehre ber 
Eleaten vom Sein und ber Ideenlehre zieht, deren Ges 
meinfames der Segenfag gegen die Erfcheinung wäre. Aber 
doch ſcheint grade dieſer Gegenſatz gegen das Sein ihn 
gu verkiten, daß er fie, faft möchten wir fagen, im Wis 
derſpruch gegen feine anfänglichen Behauptungen, doch nur 
su abfoluten Qualitäten macht, eine Benennung, bie, wenn 
wir nicht in ihr einen Widerſpruch fehen follen, wiederum 
den Ideen nur logiſche Entſtehung und Bebeutung geben, 
fie zu weiter nichts machen wuͤrde als wiederum zu all: 
gemeinen Begriffen mit willkuͤrulch hinzu gedachter Realis 
taͤt: eine Verwechſelung, beten fich ſchon Ariftoteles ſchul⸗ 
dig gemacht hatte. Es würde zu weit führen, wenn wir 
bier zeigen woßten, wie und inwieweit Plato felbi zu 
. Diefee Berwechſelung Anlaß gegeben hat. Sollte fie auch 
voͤllig hiſtoriſch getreu fein, was wir jedoch fo gradehin 
quzugeben und noch nicht gebrungen fühlen, fo ift es Doch 
ebenfalls eine Unwollkommenheit in der Lehre von ben 
Foren, die wir nur dann ruhig dürften ſtehen laſſen, 
wenn wir dieſe Lehre für weiter nichts hielten als für 
eine einmal dageweſene Erſcheinung in der Geſchichte der 


Phileſophie. Sind wir hingegen durchdrungen davon, daß 


diefe Erſcheinung keineswegs sine zufällige fei in der Ge⸗ 
ſchichte des benkenden Geiſtes; daß der Skepſis, worin 
am Ende afle menſchliche Speculation beftcht, ebenſowol 


Kraft als Bedeutung und Schranke nur burch eine dee 


logie gegeben werben kann; . fehen wir, daß das gemein- 
Iime oft mehr ober weniger unwillkuͤrliche Drängen aller 
Syſteme auf Etwas, das über der finulichen Cricheinuug 


und über bem Begriffe liegt, jenem Platoniſchen Vaſuqh⸗ 
innere Nothwendigkeit gibt: ſo koͤnnen wir Forſchungen, 
die dieſen Gegenſtand in ſeiner eigenthuͤmlichen Bedeut⸗ 
ſamkeit und Reinheit aufnehmen und fortführen, nicht 
anders als mit dem lebhafteften und freudigften Intereſſe 
begrüßen. Br. 8: „Idee iſt“, wenn wie den Verf. nad 
biefer. Eurzen Abſchweifung felbft weiter fprechen laſſen 
‚Fein Begriff. Wiefern aber zu dem Inhalt des Begriffss 
noch ein Grund hinzugedacht wird, warum und wozu er 
ift, fo verknuͤpft fi mit dem Begriffe eine Idee, Wenn 
ich die Afrikaner als eine eigne Menichencaffe, die Zugend 
als eine Pflicht, die Freiheit als ein Princip oder moralis 
ſches Gefeg, die Menſchheit als ein moralifhes Weſen miy 
denke, fo verknuͤpfe ich mit diefen Begriffen eine Idee 
bie nicht aus ihnen felbft hervorgeht, fondern ihnen bur 
die Vernunft unmittelbar beigefellt wird. ine Ideenlehre 
als eine Wiffenihaft von Erkenntnißgrimden, wie die Los 
sit eine Wiffenfchaft von Erkenntnißformen, follte Handels 
1) von bee Natur dee Ideen, 2) von dem Urfprung und 
von ber Bildung berfelben, 3) von ihrer verichiedenen Ein⸗ 
theilung, 4) von ihrer Verbindung und Zrennung, 5) von 
ber Vernunftmaͤßigkeit unferer Ideen, 6) von wiſſenſchaft⸗ 
lichen Ideen, 7) von der Macht unferer Ideen über Ger 
banken und Gefühle. — Was das Erfte anbelangt, fo find 
nicht die Ideen, fonbern nur bie. Fähigkeit: zur Entwides 
lung :berfelben uns angeboren. Die Erzeugung einer Idee 
vermögen wir nicht nachzuweiſen. Ideen kann der Menſch 
nur empfangen und faffen, fie befigt nur der höhere Geifl, _ 
dem, tie die Altın fagen, bie Gabe ber Weiffagung ver⸗ 
lichen tft. Ideen werden eingetheilt in vernünftige und 


unvernünftige (Chimären), einfache (4.8. Weisheit, Gerede ‚ 


tigkeit) und zufammengefegte (3.8. Vogel Greif u. f. 7* 
Es ſei uns erlaubt, zu dieſer kurzen Angabe der | 
Örterungen des Verf. über eine Ideenlehre nur wenige 
Bemerkungen hinzuzufligen, die wir ben Verf, nur ale 
den motivirten Wunfch anzunehmen bitten, baß «6 ihm ge⸗ 
fallen moͤge, dieſe ſeine Unterſuchungen weiter zu fübe — 
Gert Ref. nicht, fo iſt einer der Hauptmaͤngel, (wel 

noch der Platonifchen Ideenlehre anhängen und fie Hr 
ein noch nicht völlig Entwickeltes darſtellen, ber, daß wirk 
lich, wenigftens in einzelnen Darftellungen, die Idee noch 
nicht. hinlaͤnglich vom Begriff, überhaupt von einem rein 
analpsifhen Erzeugniß geſchieden worden; und es bedarf 


⸗ 


168, 


Tbhe landscap album” eine neue Ausgabe im bes 
quemerer Korm von Weſtall's Anfichten aus England und 
Wales. Sechszig Blätter, zu etwa brei Pence jedes, dabei eine 
Beſchreibung und einen huͤbſchen Einband obendrein, wirb wol 
Jedermann ſehr billig finden, befonders in England. - 

„Ihe drawing-room scrap book’ gehört wol eigentlich 
nicht in bie Reihe der Tafchenbücer, obwol in die ber Annuals. 
Es enthält bekanntlich keine neuen Werke des Grabftichels, fon» 
dern eine Auswahl ſchon anderweitig erfchienener, biesmal 36 
an ber Zahl, begleitet von poetifchen Erläuterungen. Das Ti⸗ 
telblatt, ber hmte Graf Derby mit feiner Gattin Charlotte 
von Tremouille, wirb Kunftfreunden leicht bie Hälfte ber 
Gutnee werth fein, welche ber Preis bes Ganzen if. Britiſche 
und morgenlänbifche Anfichten, dazwiſchen bie Portraits ber Kös 
aigin von Portugal, W. Scott's, Lord Durham’ u. a. ausge: 
geichneter Perfonen, find ber Hauptinhalt ber trefflich ausgeführs 
ten Blätter, die in fo großer Anzahl und fo billig zu liefern, 
dem „Drawing-room scrap book‘' als befte Empfehlung bient. 

Bon neu erfchienenen Taſchenbuͤchern kennen wir bis jegt 
„Ihe book of beauty”, deffen artiſtiſchen Theil Gt. Heath, 
den literarifhen Miß Lanbon beforgtz Turner’ „Landscape 
annual”, Herausgeber der unermübliche Leith Ritchie; „The 
Aurora borealis; a literary annual, Edited by members of 
the society of friends‘ und „The Eligin annual.” Lesteres, 
von Herrn Grant, Derausgeber bes „Eigin courier”, beforgt, 
unterſcheidet fi im Aeußern fehr unvortheilhaft von feinen ele⸗ 
ganten Brüdern, auch bie wenigen artiftifhen Beilagen find un⸗ 
anſehnlich; dagegen bietet der literariſche Inhalt, zu welchem 
außer dem Herausgeber, Dr. Bowring, Hr. James, Thomas 
Alkinſon, Zohn Malcolm u. A. beitrugen, Vieles dar, was nicht 
Überfehen zu werden verdient. 

„Ihe Aurora borealis’” fann als ein Zeichen bew unter ber 
„Society of friends’’ weit verbreiteten Neigung zu ben fchönen 
Wiſſenſchaften gelten, obgleich wir nichts Beſonderes daran zu 
sühmen finden. Won ben zwei Stäpiftichen ift „Die Quaͤker⸗ 
braut“ als Titelblatt nicht ſehr einlatend anzufeben. Das 
niedlich eingebunbene Büchlein iſt dem Herzog von Bedford ger 
wibmet und fdheint im Ganzen genommen feine großen Ans 
ſpruͤche zu machen. - 

Die beiden andern oben genannten Annuals follen nad) Dem, 
was darüber verlautete, bie Nonpareils unter ben andern fein. 
Wir hoffen nächftens ausführlicher darüber, fowie über „The 
amulet“ und Hood's „Comic anumal”, beffen ältere drei Jahr⸗ 

nge in neuen Auflagen erſchienen find, berichtet zu können. 

rwaͤhnen müffen wir noch das der ſchoͤnen Literatur nicht ans 
ebörende „„Geographical annual” und „The biblical annual”. 

rſteres enthält 100 in Stahl geftochene Karten von allen Rei: 
chen der Erde, berichtigt nach ben neueflen Entdeckungen und 
Veränderungen, babei eine neu entworfene Karte von England. 
Unftreitig ift dieſes Annual das nüslichfte und brauchbarfte von 
allen. „The biblical annual”, gleichfoͤrmig mit dem vorigen, 
gibt, zum Theil in ſchoͤn colorirten Stafifticden, ‚Abbildungen und 
Karten von allen Ländern und beren Bewohnern, bie in ber 
heiligen Schrift vorfommen, ebenfo Pläne von der Stadt und dem 
Tempel zu Serufalem. Bibelleſer werben mannichfaltige Be⸗ 
lehrung daraus fchöpfen: Aeußere Eleganz zeichnet bie zwei zu: 
jest genannten Annuals gleich aus. 8. 





Die Geſchichte von den fieben Schwaben, mit zehn litho⸗ 
graphirten Barftellungen. Stuttgart, Brodhag. 1832. 
4. 1 Thle. 16 Gr. | 

.In dem erſten Bande des vor mehren Jahren zu München 

seichienenen „„Boltsbüdleine‘' ftanb neben ber Geſchichte von dem 

ervigen Juden auch bas Abenteuer ber fieben Schwaben, jene 
aus dem Munde einer alten Wärterin, diefes aus ben Zruch⸗ 
uden einer Chronik angeblich geſchoͤpft. Die Sprache ft zein 
deutſch, dia auf bie ſchwaͤbiſchen Benennungen und einzelnen 


Idiotismen, bie mit feiner 


‘ 


Vahl inner am rechten Orte ange 
bracht find, um den vollsrhömliden Boden der Dichtung zu 
behalten und die eigenthümtiche Laune der Darſtellung zu uns ' 
tesftügen. Das Ganze iß eine wahrhaft poetiſche Wolksfage, 
in ihrer volkothoͤmlichen Genzüthlidgleit un wigigen Munterkeit 
ohne irgend einen Anfprud) oder Schminke ber. Darftellung ex» 
zählt, ſodaß dieſe Geſchichte Bei feinem offenen, unverbilbeten. 
Sinne einer günftigen Wirkung” verfehlen kann. Der Inhalt. 
ift* befannt: es ift die Kunde von dem Zufanımentreffen fieben 
ehrlicher Schwaben aus veri&iebenen Strichen jener deütſchen 
Provinz, um dem Ginen unter ihnen, ber, vom Wobenfee ges, 
tommen, bie Uebrigen zufammengerufen hat, im Kampfe.gegen, 
das von ihm befchriebene Ungeheuer beizuftehen, welches, mittels 
eines langen Spießes unter Furcht und Bittern angegriffen, 
ſich als ein Dale berausftellt, der bei ber erften Annäherung 
entfliebt. Diefes Hauptthema ift mit mehren hoͤchſt ergöglichen 
Anekdoten von der Wanderung ber firben Schwaben durch bie 
Städte Augsburg, Memmingen und Rapensburg bis zur Ans 
kunft am Bodenſee, wo fie das Ungeheuer auffuchen, mit origis 
nellen Particularitäten über Herkunft, Charakter und Lebenss 
weife der verfchiedenen Theilnehmer bed Zuges u. ſ. w. durch⸗ 
webt, und es bietet ſich in dem Eleinen Umfange biefer Volks⸗ 
fage ein Reihthum von Motiven dichteriſcher und kuͤnſtleriſcher 
Behandlung bar. Das Merkwürdigfte ift es indeſſen, daß biefe 
Cage keinen andern Urfprung hat ald Schwaben felbft, unb 
Ddaß innere wie äußere Gründe dafür fprechen, biefe Dichtung 
fei eine humoriſtiſche Gelbfigeißelung, die um fo kecker fi 
felbft und ben eiguen Namen unb Herd zum Gegenfland ihrer 
Laune wählen kann, je geiftreidher und gemüthlicher an und für 
fi dieſer Humor fich geltend macht. Dabei hat die Sage nicht 
unterlaffen, balb in feinern, bald in derbern Winfen das vollss 
thuͤmliche Selbfigefühl Hervortreten zu laffen, wie dies naments 
lich ber Abſchnitt darthut, in welchen die burdy Uhlanb bes 
rüßmt gewordenen Schwabenſtreiche auch hier in ihrer eigens 
thämfichen Weife zur Anwendung kommen. Wenn benn auch 
eine ſchwaͤbiſche Buchhandlung von biefer Sage einen neuen 
Abbruck beforgt und benfelben, wie man es nicht fo fehr von 
beutfihen Officinen gewohnt ift, auf die würdigfte Weife aus⸗ 
ſtattet, fo darf dies Unternehmen in Wahrheit als ein patriotis 
ſches und ehrenvolles betrachtet werben, nicht zu vergleichen mit 
bem Reutlinger, ber Schiller's „Kabale und Liebe’ fammt den 
Paſſus von ben Nachdruckern nachgedruckt hatte. Eine rühms 
liche Zugabe biefes fchönen Abdruds find die von einem Unges 
nannten — in den Öffentlihen Ankündigungen wirb er als Dr. 
Fellner aufgeführt — gefertigten Zeichnungen zu bee Geſchichte 
von den fieben Schwaben. Der Künftler bat bie Laune bes 
Gedichts in ihrer Kraft und Euft in fi aufgenommen. Er 
flellt in den einzelnen G@eftalten und ganzen Gruppen bie natür⸗ 
liche Derbheit der Perfonen ber Dichtung bar, und ohne fi 
von dem Kreiß ber Sage unb von bem eigenthümlicdhen Cha⸗ 
rakter berfelben gu entfernen, behandelt ex feinen Gegenſtand 
mit eigenthümlicher Kreiheit und echter Phantaſie. Es it ihm 
gelungen, die bedeutenbften Scenen für feine Darftelung heraus⸗ 
zafinden, und er hat biefelben mehr ober weniger geiftreich an« 
gelegt. Dabei hat er den voltsthümlichen Charakter feiner 
Darftellungen durch eine gewiffe Typik ber Darftellungsformen 
firirt, wozu nicht bloß überhaupt die große Kenntlichkeit der 
einzelnen fieben Schwaben auf jedem Blatte, fondern auch die 
fombolifhen Attribute und Situationen gehören, wenn überall 
3. B. der Knoͤpfleſchwab aus Nördlingen mit einer Menge von 
Schäffeln und Toͤpfen um feinen feiſten Bauch behängt, ber 
Neſtelſchwab im buntgeflidten Goftume, ber Spiegelſchwab mit 
dem Rockaͤrmel an dee Naſe dargeftellt if. Die Anordnung 
ber Wilder ift Iebendig, die Zeichnung gut. In ber Lithographie 
fhen Behandlung ift jene Annäherung an ten volfsthümlidyern 
Holzfchnitt erzielt, welche früher ſchon von Andern, wie von 
Schlotthauer in: Münden bei feiner Nadpbildung bed Hol⸗ 
hein’fchen Todtentanzes, mit vielem Gluͤck verſucht xrder 
war. . 








Nedigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagsdandlung: F. X. Brodhans in Leipzig. 


Blätter 


- er 6 
.. 
= 


für. 


literariſche Unterhaltung. 


MI . . 
5 ⸗ 





55 | ’ — 
Montag, —n Nr. 42, — — 


11. Februar 1833. 


Hofrath Dirt, Doctor Waagen und Herr C. F. von 
Rumohr. 
Ein literariſcher Kriegsbericht. +) 

Sn den „Sahrbüchern fuͤr wiſſenſchaftliche Krĩtik“ (Jahrg. 
1831, Nr. 112 und 113) recenſirte Here Hoftath Hirt den 
dritten Theil der „Stalienifchen Korfchungen‘‘ des Herrn €. 
"5. von Rumohr. Das Buch handelt vornehmlich von 
Rafael und wurde von dem Mec. ungünftig beurtheilt, 
indem derfelbe verſi cherte, daß neue Quellen darin nicht 
eroͤffnet und die in den letzten Jahren von ‚Dungiteoni 
gegebenen nicht geprüft worden. feien, fonach eine Schrift 
vorliege wie fo viele andere über Rafael, deren iwefentliche 
Autorität auf Vaſari und auf Gonjecturen beruhe, bie 
der Verf. aus eignem Stublum der Werke Rafael’ ſich 
abftrahirt habe. Herr H. folgt dann dem Verf: in den 
ſpeciellen Angaben über die Lebensumftände und Arbeiten 
des großen Malers, indem er biefe Angaben theild zu 
widerlegen fucht, theils ihnen einfach miderfpricht, auch 
gelegentlih Vaſari gegen die Anfchuldigungen des Herrn 
von Rumohr in Scug nimmt. Da einige Arbeiten Ras 
fael's und folhe, die daflıe ausgegeben werden, fi in 
dem Mufeum zu Berlin befinden, fo werden über die 
Echtheit derfelben von dem Mec. hin und wieder Bemer⸗ 
tungen gemacht; und ba dieſe Bemerkungen die Haupt: 
veranlaffung des Streits find, auch nicht zu viel Raum 
einnehmen, fo muͤſſen fle zur Begründung des Urtheils 
hier aufgenommen werden: 

1. „Eine andere Arbeit Rafael's erkannte Here von 
R. in einer Copie nad Pietro Perugino. Er eritand 
das Gemälde um 20 Dufaten für das Muſeum zu Ber: 


lin. — Gewiß gehört ein beſonderes Auge bazu, in biefer. 


Dir ſchwachen Copie, die Hand eines Rafael's zu er: 
kennen.“ 

2. „Auch der Rec. iſt der Meinung, daß die Anbe⸗ 
tung der Koͤnige in der Kapelle Ancajani in Spoleto ein 
Werk Rafael's ſei. Aber wie konnte ſich der Verf. aus 
der Anſicht dieſes herrlichen Gemaͤldes beigehen laſſen, 
das elende Machwerk eines Leichnams Chriſti fuͤr eine 
Arbeit Rafael's in dem berliner Muſeum, Nr. 226, auf: 
Reli zu laſſen.“ 

3. „Hiermit möchte Here von N. dem großen Mei⸗ 


*) Bel. Kr. 6 u. 6b. Bi. D. Red, 


ſter noch eine Partie anderer Gemaͤlde zuſchieben, welche 


der Verf. in dem koͤnigl. Muſeum zu Berlin aufſtellen 


ließ (ſ. die Vorrede zum „Verzeichniß der Gemaͤldeſamml. 
des koͤnigl Muſeums zu Berlin“, S. vıu.xıu). Diefe 
beftehen: erſtlich in einer Madonna mit den beiden Kin⸗ 
dern und zwei Engeln, die Rafael nad) einem Gemaͤlde 
bes Pietro bei dem Eingange In feine Schufe copirt ha⸗ 


ben fol. Im Mufeum ift das Bild unter Nr. 222 auf ' 


geftellt. Diefe Arbeit iſt Außerft roh und unbegreiflich, 
wie man dem Rafael ein folhes Machwerk unterfhieben 
fann. Aber nichs weniger roh iſt zweitens ein auf beb 
den Seiten bemaltes Kreuz Nr. 224. Die Arbeit ift fo 
fhülerhaft, dag man fie nur einem Sungen, der bie Far⸗ 
ben reibt und jegt zum erften Mal den Pinfel zum Ans 
ftreichen gebraucht, zufchreiben kann. Das dritte iſt ein 
Leihnam Chrifti, Nr. 226, von fo geringem Gehalt, daß 
man babei faum an einen Maler, gefchmweige an Rafael 
denken Tann. Hierzu fommt noch viertend eine Prebella, 
in der Mitte der todte Chriſtus u. ſ.w. — Nach der An: 
gabe des Verf. machte Herr von R. mit diefem Bild: 
hen ein Gefchent an einen großen Zürften als eines ber 
einen Gemälde von der Predella, welche Rafael zu dir 
Krönung der Maria, jest im Vatican, malte. Aber wiel 
die drei Beinen Bilder der Predella zu dem genannten 
Gemälde find ja ebenda, wie wir oben angegeben haben, 
noch vorhanden. Durfte dies dem Geber unbewußt fein?” 

4. „Noch tft ein viertes nicht großes Gemälde, Mr. 
225, unter dem Namen Rafael vorhanden. Sicher ein 
gefälliges Bild aus der Schule des Pietro, nur nicht von 
Rafael, dem vorzüglichften Meiſter der Schule! — Es iſt 
hart füc den Rec., folche unerfreufiche Offenbarungen bei 
einem fo großartigen Inſtitute madyen zu müffen, an dem 
er lange den lebhafteſten Antheil genommen und bei 
dem er ungern eine ſo ſchlechte Auswahl erlebt hat.“ 

Wenn man die obigen Aeußerungen unbefangen bes 
trachtet, fo wird man finden, baß fie zwar einen berb 
ausgefprochenen Tadel enthalten, jedcch immer fireng bei 
dem Segenftande bfeiben, niemals aber auch nur im Ents 
fernteften die Perfon des Gegners ober deſſen Charakter 
berühren. Ob diefer Zabel begründet war, kommt hier 
nicht zur Frage; und war er es nicht, fo blieb Deren von 
N. der Weg ber Widerlegung immerhin in glei | derbem 
Tone offen. 


— — — 


a‘ = 


170 EN 


Die Einrichtung ber Gemäldegalerie des koͤnigl. Deus 
ſeums zu Berlin und die Auswahl bet Bilder war einer 


vom Könige ernannten Commiffion unter dem Präffbium , 


des Herrn Staatsminiſters von Humboldt Übertragen wor⸗ 

den, von welcher ber Herr Galerledirector Dr. Waagen 

neben andern geachteten Männern ein Mitglied war. Es 
war daher natuͤrlich, daß der Letztere durch einen ſo un⸗ 
ummundenen Tadel ſich gekraͤnkt fühlen mußte, welchem 

Gefühl er denn auch in.einer Schrift von 121 Seis 

unter dem Titel: 

Der Here Hofrath Hirt al6 Forſcher über bie Gefchichte 
der neuern Malerei, in Erwiderung feiner Recenſion 
des dritten Theils der Italieniſchen Forſchungen des 
Herm C. F. von Rumohr. Berlin, Nicolai. 1832. 

r. 8. 16 ©r. 

sr machte. Er ſucht die Aufftelung der oben ‚erwähn- 

ten Bilder unter dem Namen Rafael'ſcher Werte zu ver» 

theidigen. Aus diefer Wertheidigung gebt indeffen doch 
hervor, daß diefe Bezeichnung derfelben mehr auf Eonjec- 
tur und Gefühlsurtheil ald auf wirklichen Beweifen be: 

“ zuht, umd er muß daher am Ende zugeben, daß Derjenige, 

den fein Gefühl und feine Bilderkenntniß auf ein entge: 

gengefegtes Urtheil binführen, vielleicht wol auch Recht 
haben koͤnnte. Herr Hofrath Hirt findet dieſe Bilder theil⸗ 
weife gut, nur nicht von Rafael, und theilweiſe fo ſchlecht, 
daß fie von Rafael gar nicht fein tönnen, und nennt 
eine Auswahl und Bilderbezeichnung, bei ber ſolche Fehler 
dortkommen, gradezu ſchlecht. Herr Dr. Waagen dagegen fin⸗ 
det, daß fie faͤmmtlich ſehr gut, und wenn auch nicht aus 

Mafael'd befler Zeit, doc muthmaßlic und fogar wahr: 

ſcheinlich feine Werte find, und halt fomit Auswahl und 

Bezeichnung für binlänglich gerechtfertigt. Wie kommt es 

aber, daß Here Hofe. Hirt wegen biefer angeblichen Mis: 

griffe Heren v. Rumohr angreift? Weil die vorgenannte 

-Sommiffion auf höhere Veranlafjung bie fachverftändige 

Begutachtung des Legtern in Betreff ber Anorbnung des 

Mufeums, der Auswahl und Aufitellung der Bilder u. f. w. 

begehrt und erhalten, und wiewol ganz fetbftändig, 

doch in Uebereinflimmung mit feinen Rathſchlaͤgen gehan⸗ 
delt hat. So weit find, wie es Mef. fcheint, beide Theile 
noch in ihrem guten Rechte. 
langen Jahren als Sachkenner geachtet und zu Rath ges 
zogen worden, hat ſich des Rechts feines freien Urtheils 
in Gegenftänden feines Berufs, wiewol vielleicht mit ei⸗ 
niger Härte bebient, Wa 

Meinung und das Verfahren der Commiſſion, wofür er 

mit verantwortlich ift, vertheidigt. Er geht indeſſen wie 

e6 bei ſolchen Streitigkeiten zu geſchehen pflegt, in feiner 


Empfindlichkeit ſogleich um viele Schritte weiter. Er ver: 


(at die ganze kunftgelehrte Laufbahn des Herrn Hofe. 
— — * Kritik von Anfang bis zu Ende, fuͤhrt 
eine Unzahl von Fehlgriffen, Irrthuͤmern, Verkehrtheiten, 
deren derſelbe nicht nur in ſeinen Schriften, ſondern auch 
teils beim Ankauf von Bildern, theils bei der Auswahl 
und Beftimmung der im Mufeum aufzuftellenden Bilder 
in feiner frühern amtlichen Stellung ſich ſchuldig gemacht 
haben fol, auf, befehuldigt ihn 


Herr Hofe. Hirt, der ſeit 


und Herr Dr. Wangen hat feine. 


der Anmaßung, der 


® * 


Unduldfamkeit, ſelbſt der Unwahrhelt, vertheibigt welt: 
laͤufig die Werke und Verdienſte des Herm von R.; kurz, 
er beabſichtigt nichts Geringeres, als die ganze literariſche 
Exiſtenz ſeines Gegners auf Null herabzuſetzen. Er hat 
hierin, wie mir ſcheint, mindeſtens einen taktiſchen Feh⸗ 
ler begangen. Der Feind hatte nur erſt geplaͤnkelt und 
ſchien einen ſtaͤrkern Angriff erſt noch sanzyfündigen und 
vorzubereiten. Es gehügte alfo, den einzelnen angegriffe⸗ 
nen Punkt zu vertheidigen und den Feind von da zurüds 
zutreiben, „übrigens aher feinen weitern Gang zu erwarten 
und ihn dann wo möglich total zu fchlagen. Hr, Dr. 
Waagen ˖ dachte aber feinen Feind fogleich. mit ungetheile 
ter Hauptmacht zu erdrüden . und bat fomit. feine g 
Munition fhon verſchoſſen, ehe biefer fein Feuer eröffnete. 
Was vorauszufehen war, IR gefhehen. Hr. Hofrath H. 
teitt hervor mit einer Gegenſchrift unter dem Titel: 
Hr. Dr. Waagen und Hr. von Rumohr ald Kunſtkenner 
bargeftellt von A. Hirt. Berlin, Naud, 1832. 
6.8 10 Gr. | 
Hierin fuht er die gegm ihn angebrachten Beſchul⸗ 
digungen zu widerlegen, ftellt feinen Gegner ale einen 
Mann dar, ber in Kunftfahen durchaus kein felbftändi- 
ges Urtheil habe, von ihm erſt eigentlich ins Amt gezogen 
und zu feiner künftigen Stellung vorbereitet worden fel, 
ihm bei feinen amtlichen Arbeiten als Schreiber gedient, 
jedoch wenig Intelligenz bewiefen babe, und rechtfertigt 
feine frühere Gemaͤldeauswahl als eine blos vorläufige 
Ausfonderung folcher Bilder, aus welchen dann fpäterhig 
erft die würdigern in das Mufeum aufzunehmen und nds 
her zu beſtimmen und zu ordnen geweſen wären. Hier⸗ 
mit ſcheint denn freilich diefer Angriff abgefchlagen. Ueber: 
haupt aber fieht man nicht, wer in diefem Kampf ber cis 
gentliche Sieger ſei. Gewiß ift, daß keine Partei dabek 
bedeutend gewonnen hat; daß bei foldhen Kämpfen Aunft 
und Wiſſenſchaft Hberhaupt nichts gewinnen, und daB 
Gelehrte, die auf ſolche Weiſe gegeneinander auftreten, in 
der Meinung des Publicums nur dabei verlieren fönnen. 
Mer in den eigentlihen Streitpunkten Recht habe, ift beä 
fo probfematifhen Gegenftänden nie mit Sicherheit zu 
entfcheiden, und doch pflegt SHeftigkeit und Selbſtuͤber⸗ 
ſchaͤtzung gerade dba am größten zu fein, wo eine volkom⸗ 
mene Gewißheit unmöglid iſt. Bis auf diefen Punkt 
ftelfe fi die Sache als ein gewöhnlicher Gelehrtenftreit 
dar, wie er in ber literarifchen Welt taufend und wieder 
taufend? Mal vorgeflommen iſt und nur den eigent= 
lichen Gelehrten vom Fach zu interefficen vermag. 


Durch die Wendung aber, welche ihm Hr. von Rus 


mohr in feinen kürzlich erfchienenen „Drei Reifen 
nah Italien“ gibt, erhält derfelbe einen durchaus ans 
dern Charakter. Hier greift er feinen Recenſenten auf 
eine Weife an, die jeden Freund der Literatur, ja Jeden, 
der Recht und Sitte liebt, aufbringen muß. Auf eine Wi- 
beriegung der Fritifchen Angriffe, auf den eigentlichen Ge⸗ 
genitand des Streits läßt er fih gar nicht ein. Sein 
Gegner hat feine Schriften, feine Kunſtkennerſchaft, feine 
Einwirkungen auf Kunftinftitute zu tadeln gewagt; dafür 
muß er gefhmäht, beſchimpft, herabgewürdigt werden. 


’ \ 


B 


171 


Hr. von Mumahe, ber im Mmgange mit den Gros 
fen diefer Erde feinen höcften Genuß zu finden bekennt 
und alfo in der feinſten Sitte fein‘ Lebenselement erken⸗ 
nen muß; er, der ſich feiner Verhaͤltniſſe zu den hoͤchſten 


Perſonen, ja ber Freundſchaft hoher Fuͤrſten oͤffentlich 


ruͤhmt, faͤllt ploͤtzlich, durch einige kritiſch⸗ derbe Tadels⸗ 
worte zur hoͤchſten Wuth gereist, aus dem feinen, ruhi⸗ 
gen, diplomatiſchen Tone, den wir fuͤr ſeinen natuͤrlichen 
hielten, in den des Vorſaals. Alles, was in Druckſchrif⸗ 
ten etwa ſchon früher gegen Hrn. Hirt geſagt worden, 
wird ihm, wie man mit einen leider in dieſem Verhaͤlt⸗ 
niffe ſehr wohl pafjenden Ausdeud zu fagen pflegt, unter 
die Naſe gerieben. So iſt in dem Briefmechfel zwiſchen 
Goͤthe und Schiller eine Stelle, wo ber Letztere, wiewol 


‚mit Schonung und Borfiht den Zweifel äußert, ob die 
Wärme und Libhaftigkeit, mit welcher Hr. Hofrath Hirt, 
ben er eben erft kennen lernt, Manches darftelle, ganz ei⸗ 


gentlich in feiner Natur liege. Daß hier Verftellung zum 
Grunde liegen könne, davon ſpricht Schiller keineswegs. 
Lebhaftigkeit und Wärme können in ruhigen Charakteren 
verübergehend entſtehen, ohne eben tn Ihrer Natur zu lies 
gen. Dr. von Rumohr aber legt die Stelle fo aus, als 
habe Schiller einen Verbacht gegen die Wahrhaftigkeit des 
Gefühle in Hrn. Hofrath Hirt gehegt; ja, er behauptet, 
daß diefer Werdacht fehr wohl gegründet und der Letztere 
von jeher von Vielen für einen literarifch-äfthetifchen Tar⸗ 
tuffe gehalten worben fei. Er nennt feinen. Gegner einen 
Dnirtaner, einen Mann von ſchwaͤchlichen Vorkenntniffen, 
fein Runftgerede ein Skandal, und mas ber Artigkeiten 
mehr find. Er behauptet, Hr. Hofrath Dirt fei ald quies⸗ 
cirter Beamter gar nicht competent, uͤber Einrichtungen zu 
urtheiien, die von den hoͤchſten Behörden angenommen 
und gebilligt, ja belohnt worden find. Wie, alfo über 
GSegenftände der Kunft und des Wiffens hört alles freie 


Urthell auf, fobald fie das Korum der Behoͤrden paſſirt 


haben? Wenn auf Math des Hrn. von Rumohe Bilder 
als Werke von Rafael aufgeftellt werden, die von ‚diefem 
Meifter nicht find, fo darf dies Niemand fagen, Niemand 
tadeln, weil die Bemühungen de6 Hrn. von Rumohr mit 
einer Tabatiere belohnt wurden? In welchen Zeiten leben 
wir? Der gereizte Kunſtkenner behauptet ferner, daß man 
ihn fuͤr feinen Rath nicht zur Rechenſchaft ziehen koͤnne, 
für den er nur feinen Gewiſſen verantworilich ſei. Er 
bat Recht, zur Rechenſchaft kann man ihn für feinen 
Rath nicht ziehen; uber diefen feinen Rath zu tadeln, auch 
das wäre nicht erlaubt? Hr. von Rumohr geht noch weis 
ter. „Here Hofrat; Hirt”, fagt er, „habe durch diefen Zabel 
Die Veranſtaltungen der hoͤchſten Behörden heruntergerifen, 
mit groben und ehrenrührigen Epitheten belegt und bie 
Ucheber diefer Veranftaltungen dadurch befchimpft in Schrif⸗ 
ten, benen wenig fehle, um für folenne Schmähfchtiften 
zu gelten.” Ref. kann diefen Charakter darin nicht finden; 
man fieht aber wel, daß es nid an Hm. von Rumohr 
liegt, wenn Hr. Hofrath Het von feiner frei ausgeſpro⸗ 


denen Meinung nicht die fhlimmften Folgen erlebt. Wo⸗ 


bin foll es mit Kunft und Wiſſenſchaft kommen, wenn 


in ihrem Bereich von Lob-und Tadel nicht mehr die Rede: 


fein darf? Demi wo der Tadel nicht mehr außgefprochen 


“ werden San, da kann natürlich auch kein Zob mehr ſtatt⸗ 


finden. Zum Schluß wird Hr. Hofrath Hirt noch ges 
fragt, ob er das Ding: Gewiſſen kenne? Mef. ift diefem 
Streite fremd; das aber bringt Ihn auf, daß in irgend eis 
nem literarlihen Streite fo ſehr auf die Gunft der 
hoͤchſten Behörden und Perfonen gepocht wird, daß fie 
vorgefhoben und gleihfam als Inftrumente zur Beſtra⸗ 
fung misfälliger Urtheile, die Niemand als den Verf, gels 


ten, gebraucht werden follen. Die Vornehmheit bringt ihn 


auf, mit der Hr. von Rumohr auftritt im Zorne, nicht 
ſowol bes getadelten Schriftftellers als der hochgeſtellten 
Standesperfon, die ein Plebejer zu kritiſiren wagte. Diefe 
Zeiten follten vorüber fein. Es ift gar fchön, wenn vors 
nehme Herren fi mit Kunft und Wiſſenſchaft befchäftis 
gen; find fie aber einmal in dieſen Kreis getreten, fo 
müfjen fie in biefem jedem Standesrecht entfagen, denn 
bier wird, wie es überall fein follte, ohne Anſehen der 
Perfon der Irrthum corrigiet, die Fehler getadelt, und 


‚Hr. von Rumohr richtet nichts damit aus, wenn er feis 


nen Recenfenten mit flolzer Vertraulichkeit „lieber Hirt” 
anredet. 119. 





Die St.⸗Simonianer und ihre Beluſtigungen in ben 
Umgebungen von Paris. 
(Mach dewm Berichte eine6 Xugenzeugen; aud bem 
Snglifgen.) 

Paris, den 2. Nov. 188. 
Am Testen Sonntage war ich bei einem Feſte der St.⸗ 
Simonianer Theilnehmer, und zwar in Geſellſchaft eines meiner 
befien Freunde. Wir waren ausgegangen, um den Kirchhof bes 
Pater Lachaiſe wieder einmal zu fehen, doch ſchien es uns, als 


wenn derſelbe feine eigenthümliche Schönheit, wenigftens in uns _ 


fern Augen, immer mehr und mehr verliere. Die Cypreſſen 
find alle fo hoch und dicht geworben, daß die fonft fo reizende 
Ausfiht nad allen Seiten dadurch befchränkt wird. Die Blu⸗ 
menftüce und zierlichen Grabmäler, die chemals einen fo herrli⸗ 
hen Anblick gewährten, find nun in wahrhafte Schatten des 


Grabes verfunten. Die erhöheten Waufoleen von Boy, Dafe 


fena und ihrer Waffenbrüder ragen jetzt zwar noch hervor; 
wenn aber binnen einigen Jahren fi bie Art und Gäge 
nicht ins Mittel fhlägt, fo werden ſoiche ebenfalls mit den 


übrigen in das Dunkel der Schatten, wo nicht in Vergeſſenheit 


verfinten. 

. Wir burchfchritten bie Umgebungen bes Kirchhofs mit dem 
Gebanten, an diefem Tage, nach der Bitte ber Parifer, außer: 
halb bei Barrieren zu Mittag zu effen, als es fich traf, daß 
wir der ganzen Zunft ber St.: Simonianer begegneten, welche, 
etwa ihrer vierzig, aus ihrem Wohngebäude zu Menilmontant 
famen und, wie es fchien, in ber Abſicht, ebenfalls wie wir zu 
Mittag zu effen und ſich unter das Volktgetuͤmmel zu mifchen, 
weiches fidh in den Wirt hohaͤuſern der Boulevards jeden Sonn⸗ 
tag zufammenfindet. Aus Neugierde hielten wir uns in ihrer 
gäbe auf, und als fie biefes bemerkten und in uns Fremde ers 
Tannten, ſchickten fie einen ihrer Brüder ab, um uns einzuladen, 
in ihrer Gefellfchaft zuzubringen. Wir .nahmen es an, und 
ba wir mit denfelben zu Mittag aßen — unfere Zeche bezahlten 
wir jedoch ſelbſt — fo kann ich Ihnen von biefen Leuten eine 
vollſtaͤndige Schilderung machen. 

Wie Sie ſchon wilfen, tft ihr Anzug ‚außerorbentlich male 
riſch, denn er beftcht aus einem kurzen Leibrock oder einem 


Oberrock von blauem Tuch, wie die Knaben folchen tragen, nur 


- 





' 172 


/ - 
gekürzt und etwas mobifch zugeſtutzt, und wird folder geöffnet, 
fo zeigt fih eine weiße Zunica. Der Hals ift bloß, der Bart 
lang gewachſen, wohl gekräufelt und gekaͤmmt und parfumikt. 
Ich Tann Ihnen verfihern, daß während ber Tafel, als id 
zwiſchen ben vierzig fi auf und nieder bewegenden Bärten ſaß, 
ih beinahe das Lachen nicht bemeiftern konnte, — dann aber 
auch wieder träumte, als wenn ich bei einem Gaſtmahle märe, 
wie man foldye in unfern alten Buͤchern und auf alten Gemaͤl⸗ 
den erbliden fann. Enfantin, das Oberhaupt, wird gewaltig 
vanerirt. Er ift ein etwas vierfchrötiger Gefell, der cine merk⸗ 
würdige Figur darſtellt. Sein Geſicht ift nicht häßlich, aber 
wie übertündt und etwas einfältig, und es fagte eine Dame von 
ihm, er fei aussi animal qu’un homme peut l’Etre — und 
man muß dem richtigen Urtheile des andern Geſchlechts Kierin 
Vertrauen ſchenken. Nach meiner eignen Beobachtung ift er 
auch wirtiih im hoͤchſten Grade Thier und fcheint keiner 
andern Schwärmerei fähig zu fein als ber der höchften Eitel⸗ 
keit. Auf eine Krage, wie ſich foldye während der Eſſenszeit, 
3. B. über die Speiſen und Gerichte, die aufgetragen wurden, 
erhob, äußerte er: „Wir leben wie Leute von geringem Stande, 
und Keiner verzehrt täglich mehr als 25 Sous.“ Es war bie: 
fes aber eine eigne Aeußerung von einem wohlriechenden Stuger, 
mit einem Kaſchemirſhawl um den Naden gewunden, er komme 
mit Dem aus, was ein Tagelöhner brauche. Auf der Vorder⸗ 
feite dee Zunica, welche Gnfantin trug, waren bie Worte ges 
fidt: Le pere. Kaum wage ich aber zu fagen, wie ih es 
noch bemerkte, daB bdiefer freche Narr ſich nicht fcheute, durch 
Kleidung, Haltung und gezwungene Drrablafjung den Muſtern 
gleichen zu wollen, bie uns durch die vorhandenen Bilder und 
Beſchreidungen von Jeſus Chriftus bekannt find. 

Doch war unter Denen, weldye diefem eingebilbeten Tho⸗ 
zen anbingen, auch mehr ala ein würbiger Mann. Barraultz. B., 
din gründlider Gelehrter, verlieh, obgleich verheirathet, 
feine vortbheilhafte Lage und gab günftige Ausfichten auf, um 
fi) der Gemeinde anzuſchließen. Die zehn angefehenften Mit: 
glieder berfelben haben etwa ein Jeder 100,000 Fr. hergefchof: 
fen, und biefes iſt ihr Gefammtvermögen. Zu ber merfwürdig- 
fien ihrer Bekehrungen gebört die von Bournel, eines ehemalis 
gen Zoͤglings der polytechnifchen Schule, welcher ber Direction der 
Gifenwerfe von Greugot vorftand, welches bie beimeitem ans 
ſehnlichſten von ganz Frankreich find. Er opferte ein Einkom⸗ 
wen von jährlidy 25,000 Kr. und außerdem 100,000 Fr. in bie 
gemeinſchaftliche Kaffe. Bei den gerichtlichen Unterfuchungen, 
denen fie unterworfen wurden, legte man im Verhoͤre großes 
Gewicht auf die Umftände, welche Kournel, einen wiffenfchaft: 
lich gebildeten Mann, zu dem Uebertritte bewogen hatten, 
zumal bie &t.:Simonianer felbft bekannten, daß er — um ihre 
eignen Ausdräde zu gebrauchen — eher pofitive als imaginative 
(auf Schwärmerei gegruͤndte) Brundfäge in fich trage und ein 
Mann von rubigem Zemperamente und kalter Ueberlegung fei, 
der vorfitig Allee berechne. Dieſe Borausfegungen find aber 
alle vielleicht gänzlich unrichtig, und ich zweifle ſehr, daß man 
sin Schwaͤrmer werben könne, ohne ungezügelten Neigungen 
und ohne einer feurigen Ginbilbungskraft ergeben zu fein. Pers 
ſoͤnliche @itelkeit ſcheint ſowol Hei Fournel ale bei Enfantin bie 
DHaupttriebfeber zu fein. Der Lestere war, beiläufig gefagt, 
Kafficer bei der Hppothelenkafle, ein Strazzenmann und Buch⸗ 
halter; man kann aber für gewiß annehmen, daB von bem 
Comptoirſtuhl fidy bis jegt noch fein begabter Seher erhoben 
bat. Gin anderes ausgezeichnetes Mitglied ber Geſellſchaft ift 
Duveprier. Gr befigt viele Beredtſamkeit und ift ganz Schwaͤr⸗ 
mer, während Barrault, obgleich er gut fpricht, doch nicht für 
einen Rebner gelten kann. Gr zeigte wenig Verftand und Ur: 
theilätraft, als er feine ziemlich feurige Lobrede auf das Zus 
genbfame und Gchuldlofe ber Gefchlechtsliebe hielt, weshalb 
ie G@efchworenen ihm ein Jahr Gefängnißftrafe zuerkannten. 
Duveyrier unternahm, wiewol ohne allen Erfolg, bie befannte 
Miffion nach England. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Veriagshandlung: F. A. Brochaus in Leipzig. 


unter ben öffentlichen: Lehrern, bie gegenwaͤrtig in Paris 
leben, if, Lerminier ohne Zweifel der ausgezeichnetſte. Auch er 
wurde zu den St.⸗Simonignern hingezogen iynd nur bahurd) - 
gerettet, ehe er ſich einkleiden ließ, daß feine Freunde ihn mit 
Gewalt in den Wagen festen und nad Italien ſchickten. Es 
beburfte num einer kurzen Reife, um ihn wieder zur Befinhung 
fommen zu laffen. on . 

Wir hatten gehofft, von den Herren etwas Naͤheres uͤber 
ihre Lchrfäge u. ſ. w. zu erfahren, und fo geſchah es auch in 
ber That. Gin neben mir figender Stutzer gab mir eine genüs 
gende Erklärung der drei befondern Barden, aus denen ihre 
Shawls gewebt waren. „Was glauben Sie wor’, fragte er 
mich, „welches der eigentliche Sinn biefer Yarben ſei? Soldye_ 
bedeuten Wiffenfchaft, Gewerbfleiß und Künfte, und diefe drei 
Barden follten auch in ihrer Klejdung vorhanden fein.’ Auf 
meine Bemerkung, daß ich die drei Karben nicht erblidde, wurde 
mir emvidert, daß die langen Hoſen weiche jept noch weiß wär 
sen, roth werden würben, Tobalb fie Gelb oder Hinlänglichen 
Grebit hätten, um ſolche anzuſchaffen. Diefe Angelegenheit war 
eine des wichtigften ber St.» Simonianer, a ya 

Nachdem bie Tafel aufgehoben worben, erwarteten wir nichts 
Geringeres als eine Predigt oder eine Rede; allein dieſes war 
nicht der Kal. Unfere Geſellſchafter mit kurzen Roͤcken und 
mit Shamwis um ben Racken begaben ſich hinab’ auf den Tanz⸗ 
plat im Garten und felleen fi in die Reihen ber Tänzer und 
der fröhlihen Mädchen ber Roulevards. . 

Mit ebenfo viel Widerwillen als Verſtimmung eilten wir 
und zu entfernen. 42, 





Notigen. ' 

“rfprung bed herzogligen Titels von Glarence 

Auf einem Berge an ber Weftküfte des Peloponnes, ber 
Snfel Zante gegenüber, liegt in Trümmern die Feſte Caſtel Tore 
nefe, die ehemals die an bem nördlichen Buße bes Berges lies 
gende Stadt Giarenza (Chiarenza), nahe dei dem gleichnamigen 
Vorgebirge, beſchuͤgte. Wahrſcheinlich entfland, nach ber Meis 
nung des Capitain Trant in feiner „Narrative of a joumey 
through Greece” (London 1830) hier in den Zeiten ber Kreuze 
züge, als die Lateinifhen Eroberer Konftantinopeld Theile des 
weftlichen Reiche an ihre Feldherren verfhentten, ein Derzog⸗ 


-thum Gtarenza, mit weldgem einer ber abendlaͤndiſchen Feld⸗ 


herren beiehnt wurde. Dieſer hinterließ es feinen Nachkommen, 
bis die männliche Linie ausftarb, wo dann bie weibliche Erbin 
in die Kamilie der Grafen von Hennegau heirathete. Philippe, 
aus dieſem Baufe, bie Gemahlin Eduard III. von England, 
vererbte in der Folge auf ben Prinzen Lionel den Zitel des 
Herzogs von Clarenza (Glarence), welcher ſeit dieſer Zeit im 
ber königlichen Kamilie von Großbritannien geblieben iſt. 


Du ſoliſt dem Ochſen, der ba driſchet, das Maul 
nicht verbinden. 

Am koͤniglichen Gymnaſium zu Stuttgart müffen felbft bie 
Lehrer dad Schulgeld für ihre Kinder begablen. Go hat ſich, 
wie Prof. Klumpp in feiner Schrift: „Die gelehrten Schu⸗ 
len nad) den Grundfägen des wahren Humanismus” (II, 318), 
erzählt, ber Zall ereignet, daß ein Gymnaſiallehrer, der mit 
1100 Fl. (ohne freie Wehnung) befoldet ik, für feine fhnf 
das Gymnafium beſuchenden Söhne 100 Fl. Schulgeld gabe 


len mußte, 


Wohlfeilheit in Aegypten. | 
DIE ganze Erziehung eines Kindes im alten Aegypten Tor 
ſtete bis zu ben Juͤnglingtjahren nach Herodot's Berſicherung 
nur 20 Drachmen (4 Thlr. 14 Gr.). Eine ſolche Wohlfeilheit 
bürften moberne Finanzkuͤnſtler doc nicht möglich Zachen 
unen. 





oo Blättern 


Lit erariſche 


fuͤr 


Unterhaltung 





Au 





Kuſſiſche Bibliothek für Deutfhe. Bon Karl von 
Knorring. Erſtes bis drittes Heft. Reval 1831. 
8 2X. 12 &r.*) _ 

Der Geift des 19. Jahrhunderts, weicher uns mehr 
umb mehr alte Völker Europas als in einer gemeinſchaft⸗ 
lichen Wanderung nad, deu hoͤchſten und letzten Zielpunk⸗ 
tee in Staatobildung, Leben, Kunft und. Wilfenfchaft be: 
gräffen zeigt, hat auch nach und nach in Deutichland das 
Beduͤrfniß fuͤhlbar gemacht, mit deu Kortichritten und 
dem Entuihkelungsgange der jungen ruffifchen Literatur 
vertraut zu werden, unb bereits find einige nicht umbes 
deutende Verſuche gemacht worden, bie hervorragendſten 
Erfcheinungen ber ſchoͤnen Literatur Rußlands in Bear: 
beitungen und Hebertragungen zur Kenntniß der. Deutichen 
Kritik zu bringen. Die großen, uns nicht unbelansten 
Schwierigkeiten eines ſolchen Unternehmens, ber fo gaͤnz⸗ 
lich verfchiebene, ja faft unverſoͤhnliche Geiſt der beiden 
Idiome hat viele einzelne Beſtrebungen biefer Art ſchei⸗ 
tern laſſen, und ihr Mislingen bat zu neum Verſuchen 
aufgefodert. Wie dem auch fei, es tft an der Zeit, daß 
Maͤnner von Geſchmack und im Beſitz beider Sprachen 
dieſe Idee auf vinem breitern Plan verfolgen, und ein 
‚Unternehmen dieſer Art, das den Zweck bat, uns nach 
und nach mit den vorgüglichfien Werken ber ruſſiſchen 
Literatur bekannt zu machen, uns. treue Ueberfegungen von 
den Arbeiten vorzulegen, welche ben Ruf von claffiichen 
behaupten, ein ſolches Unternehmen, von einem in Ruf: 
land ſelbſt einheimifchen deutſchen Literator, verdient da⸗ 
her die volle Beachtung ber Alles überfchauenden deut⸗ 
fen Kritit. 

MRußland felbft befaß vor dem Befreiungskriege ein: 

Dichter und Literatoren, aber eine ruſſiſche Litera⸗ 
tur bat ſich erft feit zwanzig Jahren etwa gebildet. Ihr 

Exfdyeinen, ihre Heranbildung, ihr erhöhtes und mannich⸗ 

facheres Streben ſcheint auf das engſte mit den politi- 

‚Shen Erſcheinungen felbft zufammenzubdugen, und das 

erſte weithiforifche Deraustreten ber ruſſiſchen Staates 

macht auf dem eigentlich europälichen Boden, auf das 

-Bebiet der Weltgeſchichte, iſt auch das Signal gewefen, 

auf weiches der eigenthuͤmliche Geift einer ruffifchen Lite: 

ratur wie auf feine Auferfiehungszeichen geharrt zu Haben 
I lung b. at den Debit für Deut 
”) Die Beriegspand 8! BL 5 | de Beute 


\ Blenfag, on — Nr. 43, 





12. Februar 1833 


fheint. Bis dahin waren ruffifhe Nachahmungen einen 
ſeits des franzöfifheng andererfeit bes beutfchen und enge 
liſchen Geiftes zu hohen Anfehen und hoher Ehre gelangt; 
allein, erſt feit diefer Epoche haben ruffifche Literatoren 
die Schmelzung beider Formen und beider Richtungen in 
eine neue Form und Richtung verſucht, die man als ben 
Anfang einer neuen Literatur betrachten fann. Mit Einen 
Wort: erft feit diefer Zeit find echt ruffifche Werke erſchie⸗ 
nen, und was fo lange Nachahmung war, hat den Char 
rakter nationaler Individualität angenommen. Sprache und 
Styl haben nad) und nach bie Entfchiedenheit und die 
freie Bewegung erlangt, die erft gewonnen werden kann, 
wenn bie Beit einfeitiger Nachahmung vorüber ift, und 
die Gedankenreihe ſowol als die Regein der Sprachform 
find zu der Selbftändigkeit gelangt, ohne welche «6 keine 
Kiteratur gibt. In diefer Burgen Zeit bat die junge ruf 
ſiſche Muſe ihre aͤltere Schroefter, die polnifche, in allm 
Richtungen weit Hinter ſich zurüdgelaften; fie ft, fo zu 
fagen, mit beiden Füßen mitten in das Gebiet des euro 
päifchen Geiſtes niebdergefallen und bat von ihrer Stelle 
für immer Beſitz genommen, gleihfam um uns aufs 
Neue zu beweifen, daß ohne Volksgeſchichte, ohne politis 
[he Seibfländigkeit und Bedeutung in Kunft und Literas 
tur kein Rang zu geroinnen fel. 

Wunderbare Fuͤgung der Gefchidel Der Ruſſe bat 
die Sranzofen politiſch haſſen lernen müflenz er bat im 
einem Kampf auf Leben und Tod das Gewicht feiner 
Nationalehre empfinden, feine Selbſtheit fühlen lernen 
müflen, um zu dem Bewußtſein zu gelangen, daß auch 
im Reiche des Geiftes ibm mol eine eigne Bahn vor 
behalten fein möchte, und um zu dem Verſuch vermocht 
zu werden, ben frifchen und lebendigen Quell feiner na⸗ 
tionalen Lebens⸗ und Kunſtanſicht dem allgemeinen Welt: 
ſtrome auf eignem Wege zuzuführen: ein Quell, ber ohne 
jenen Nationalkrieg vielleicht für immer im dürem Sande 
der Nachahmung vertrocknet wäre. 

Die Verdienſte Derer zu mwürbigen, von welchen biefe 
gluͤckliche Neuerung ausgegangen ift, muß einer andern 
Stelle aufbewahrt werden; ihre Namen find bekannt. 
Allein, taͤuſcht ums nicht Alles, fo wird nun bald eine 
Zeit kommen, wo «8 dem Literachiftoriker, zum Beruf 
werden wird, die Schwierigkeiten zu überwinden, welche 
das ruſſiſche Idiom umgeben, um jenen neum Strom 


m 


von Gedanken und Anſichten an ſeiner Quelle kennen zu 


lernen. Bis dahin muͤſſen wir es mit Dank anerkennen, 


wenn wir auf dem leichtern Wege treuer und geſchmack⸗ 


voller Ueberſezungen zu dem Lande hingefuͤhrt werden, wo 
diefer Lebendige und friſche Strom entfpringt, der feiner: 
ſeits nicht verfäumen wird, das Gebiet des Menſchengei⸗ 
ſtes Hefruchtend zu durchziehen. 
Eine Betrachtung ift es beſonders, welche uns große 
Erwartungen von der jungen ruſſiſchen Literatur einflößt. 
Ss iſt der gänzliche Mangel des antiten Principe In Ihr, 
weiches mehr oder minder alle übrigen europäifchen Lite: 
raturen in eine beftimmte und beengte Richtung gewiefen 
hat. Wen biefer Feſſel frei, die allerdings zu ihrer Zeit 
auch als ein Leirftern, ein Kanal erfcheinen konnte, muß 
die tuſſiſche Literatur, *fobatd fie nur erſt ben Geiſt ber 
Nahahmung ganz überwunden und ausgeftoßen hat, zu 
einem hoͤhern und freien Kluge angeregt werden, als eine 
“ihrer Vorgängern ihn, von dem antiken Kunſtgeſetz ge: 
demmt, einzufchlagen vermochte. Mit beiden Flügeln ge: 
Hört die ruffifche Muſe der Gegenwart an, mährend bie 
veutſche, englifche, franzoͤſiſche und italieniſche die Feſſel des 
Alterthums an einem ihrer Fittige ‚trägt. Es wäre bie 
Schuld des ruffiihen Volkes und feines Geifted, wenn aus 
diefer günftigen Lebensbedingung nicht ein günftige® Kunfts 
vefultat entfpränge, denn Altes ift dafür, ein ſolches zu 
vermuthen. ine neue Volksentwickelung, die ihre Keime 
ausſchließlich aus der Gegenwart nimmt, Unabhängigkeit 
von kirchlichen, feudaliſtiſchen und antiken Xraditionen, 
eine friſche Gefchichte, hohe Volkskraft, politiſche Bedeu⸗ 
tung — dies ſind Elemente, die nur zum Bewußtſein 
gebracht werden dürfen, um ſich in ihrer umgeſtaltenden 
Kraft zu dußern. Allerdings Liegen noch manche Ueber: 
gangsftufen zwiſchen dem Jet und der Zukunft des ruſ⸗ 
fifchen Volkes, die vor im Auge haben; aber mer darf «6 


verneinen, daß der gefunde Sinn eines neuen Volkes, das 


feine Kraft ſoeben kennen lernt, biefe Stufen nicht ſchnell 
erfteige, diefe Dinderniffe nicht fchnell und wie im Spiel 


iege? 

en biefe Abfchweifung führt uns im Kreiſe zu un⸗ 
ferm unmittelbaren Gegenſtande zurüd. Dee Herausgeber 
bes votfiegenden Werkes nimmt den von Ihm vereinzelt 
und ohne Spftem verfuchten Gedanken, die ruffifche Lite⸗ 
rotur in ihren eigenthuͤmlichſten Erfcheinungen uns be: 
kanntzumachen, auf einem breiten Plane auf, als er 
bisher gefaßt worden iſt. In zmanglofen Heften ver 
ſpricht er und nach und nad die wichtigften und natios 
nalften Werke jener Literatur in treuen Weberfegungen 
vorzulegen und uns ihre „Form und Abdruck“ zu zeigen, 
indem er uns bie Mühe erfpart, mit der Sprache felbft 
in Kampf zu treten. Diefem Unternehmen kann unfere 
Anerkennung nicht fehlen. — 

Die kritiſchen Blätter Rußlands („Die Biene”, „Der 
Telegraph“) leiſten uns durch ihre lobende MWürbigung 
Buͤrgſchaft für die gewiſſenhafte Treue Des Ueberfegers, 
die wir felbft nur ungenügend verfolgen koͤnnen. Defto 
"mehr halten wir uns jedoch für berufen, über Wahl der 


ein Urtheil abzugeben. Im Ganzen genommen, mäflen 
wir, bei aller Anerkennung für die Fähigkeit des Verf., 
bas Bedenken hegen, daß er in feiner Auswahl bis jet 
nicht mit der nöthigen Umficht verfahren fe. Die Er⸗ 
zoͤhlung: „Simeon Kardlapa”, von Polewoi, hat alles 
dings die amerfannteften ſtyliſtiſchen Vorzuͤge; allein eine 
bedeutende Anzahl ſpaͤterer Nodellen voltebe geefgnettt 
gewefen fein, den Deutfchen eine Vorſtellung von der 
fittenfchildernden Kraft ruſſiſcher Erzählungen zu geben 
und ihre eigenthuͤmlichſten Verdienſte hervorzuheben. 
Das Märchen: „Die drei Guͤrtel“, von Schukowski, 
hat dagegen alles Recht, in dieſer Muſterſammlung eine 
Stelle einzunchmen; Babel; unb- 

(ung find überhaupt die Gebiete, welche die ruſſiſche Litera⸗ 
tur am früheften felbftändig ausgebildet hat. Im zweiten Hefte 
gibt dee Verf den „Boris Godunow“, ven Alerauder 
Puſchkin, zu unferer Beurtheilung bin. Diefer, ein 
bramatifches Gemälde wach Art der „Barricades”, ber 
„Btats de Biois” und des „Henri Ill”, ift unſtreitig eime 
der Bräftigfien und eigenthuͤmlichſten Schoͤpfungen der ruß⸗ 
fiſchen Muſe. Wir fagen nicht zu wel, wenn: wir. meis 
nen, daß fie ben Freibrief dadurch erlangt habe. Ruks 
fifche Kritiker Haben ihm Anachroniemen und falfche Kraft 
vorgeworfen: wir fehen in ihm allerdings zumeilen etwas 
Uebereilung, wir vermiflen in ihm bier und ba allerdings 
ſtrenge Motivirung und fcharfe Gonfequenz; uber an 
Reichthum und Tuͤchtigkeit der Charaktere, an ſchoͤnen 
BZuͤgen einer noch unbeobachteten Natut, an echter Er⸗ 
gräudung und Zeichnung des Menfchengemüths ſtellen 
wir den „Boris Godunow“ dreiſt uͤber die ganze Schar 
biftosifcher Tragoͤdien, welche z. B. die Hohenſtaufenge⸗ 
fchichte Dramatificen follen, und unmittefbae neben ‚Egmont‘ 
und „Goͤtz“. Der Wurf und bie Form “des. Ganzen iſt 
buchaus neu und felbfländig, und an dieſem Ausſpruch 
kann es uns nicht irre machen, bag wir zwei ober drei 
Paralleiftellen, zu Schiller oder Shakfpenre antreffen, bie 
ebenfo gut aus eigner Maturbeebachtung als ans ber 
Erinnerung bergefloffen fein können. Die ruſſiſchen Kunſt⸗ 
richter find in diefem Pamkt an fich ſchon eiferflcchtiger, 
als es noͤthig iſt oder gerecht, umb wir hüten und, in 
ihren Ton einzufallen. Daß Dmitri ausruft: . 

„Es if tädgerlih! Und was? Du lachſt nicht? 

iſt noch kein Beweis, daß Puſchkin bie „Räuber“. copirt 
babe. Vieles dagegen iſt in diefem Drama .fo wahrhaft 
volksthuͤmlich, daß nur ans einer ruſſiſchen Keber folche 
Gedanken geflofien: fein koͤmen, fo .edyt begeiftert unb bes 
gelfternd (wie 3. B. Kurbskj's Rede auf ber ruffifchen 
Grenze), fo wahrhaft patriotifch, daß wir wünfchten, es 
fanden fich viele folche Stellen in ben deutſchen Dramen. 
Was die Kunft des Ueberfegers betrifft, fo find wir mie 
feiner Behandlung unferer Sprache allerdings nicht ſehr 
einverftanden. Dffenbar fehle ihm Uebung und rhythmi⸗ 
fhes Ohr. Dagegen fteht ihm ein kräftiger und entipres 
chender Ausbruck fat immer zu Gebot, und kann man 
über den [chwerfälligen und zerriffenen Vers wegſehen, fo 
mag das Ganze immerhin befriebigend erfcheinen. Bei 


. @Gegmflände und über den Geſchmack der Ueberfegungn | alledem wmrden, wenn wis bie Wahl bes. Ueberſeters zu 


« 


leiten gehabt Hatten, „Die Zigeuner”, „Der Gefangene 
vom Kaukafus⸗, Baktſchiſeral“ und andere Dichtungen 
Dufchkin’s fi) uns noch eher dargeboten haben als „Bo: 
ei. Das Eigenthümliche aufzuſuchen, iſt eine beſon⸗ 
ders nahe liegende Pflicht des Derausgebers, und deshalb 
toben wir bie Aufnahme des „DMariahains”, von Schu: 
kowskj, in dieſem forie des äußerft merkwürdigen Luft: 
fpiels: „Gore ot uma“, ober „Leiden durch Bildung”, von 
Sridojedomw, in das dritte Heft. Der Verf. diefes fo 
enziehenden, originellen und durch feine Malerei ruffifcher 
Sitten fo hoͤchſt affectvollen Dramas, das geadezu eine 
neue Aera der dramatiſchen Poefie in Rußland eröffnet 
bat, iſt derfelbe Staatsrath und ruſſiſche Gefandte, wels 
der in Ispahan ein Opfer zligellofer Volkswuth wurde, 
die fein Blut nach einem eben erft.gefchloffenen Frieden 
verfprigte. Dies gervaltfame Ende eines noch jungen und 
äußerft originellen Dichters ift für die Literatur feines 
Vaterlandes nicht genug zu beklagen. Alles in ihm Eins 
digte an, daß Gribojedow ganz dee Dann war, von dem 
die Befreiung der ruffifchen Thalia von den Feſſein fremd⸗ 
Ländifcher Nachahmung ausgehen konnte. Gedanken, Sprache 
und Vers gehören ihm And feinem Lande ausſchließlich an, 
und er bat Liebe genug zu feinen Sitten und feiner 
Denkart, um -beide dreifi und in aller Naturwahrheit dem 
Beſchauer hinzuftelln. Das Luftfpiel: „Leiden durch Bil⸗ 
dung”, ift ein treffliches Parallelſtuͤck zu Sheridan’s „School 
for scandal” und ein .claffifches ruſſiſches Drama Die 
Ueberfegung der freien Derfe Gribojedow's ift dem Verf. 


nicht befonders gelungen; fein Fehler fcheint eine allzu 


ängftliche Treue zu fein, die dem Geift des Deutfchen 
nicht genug Recht widerfahren laͤßt. Die ſehr großen 
Schwierigkeiten dieſer Webertragung gereichen zu feiner 
Entſchuldigung, aber rechtfertigen können fie ihn nicht. 
Vielleicht wäre eine Ueberfegung in Profa beffer gelungen. 

Mit dem dritten Heft fchließe für jegt der uns vors 
liegende Theil dieſes beachtenswerthen Unternehmens. Zu 
feiner Förderung, an dee uns fehr gelegen iſt, waͤre wol 
zu wuͤnſchen, daß der Derausgeber feine Kräfte mit denen 
verwandter Geiſter vereinigte, und da ihm ſelbſt eine ge: 
ſchickte Behandlung der metriihen Sprache nicht beis 
wohnt, fo würde zu wünfchen fein, daß er fich auf die 
Bebertragungen in ungebimdener Rede beſchraͤnkte und die 
gebundene gelibtern Kräften uͤberließe. Das Ganze dieſes 
Unternehmens bedarf aber nicht erſt unferd Lobes und 
unferer Anerkennung, um fi dankbare Theilnahme zu 
gewinnen. Es ift durchaus zeitgemäß und befriedigt in 
der That ein fühlbar gewordenes Bebürfniß. 84. 





Politiſche Dichter. 

1. Pfefferkoͤrner. Im Geſchmack der Zeit, ernſter und ſatiriſcher 
Gattung, von G. A. Freiherrn von Malti Drittes Heft⸗ 
kein. Hamburg, Hoffmann und Campe. 1832, 12. 16 &r.*) 

Der freie Freiherr bat nun einmal Pafiion für bie Zreis 
heit gefaßt, und wir müffen uns deshalb ſchon darüber zufrie⸗ 
den geben, daß er uns immer von Neuem wieber mit bem 


°) Bel. Ar. 145 9. BE f. 18M. D. eb. 


475 ‚ 


Pfefferfönnernieswurg feiner erftaunlichen-Wreibeitsliebe überfchät: 
set. Mon nieft einmal und ſchneuzt fig und entiebigt ſich 
fo des Freiherrn umd feiner. Pfeffertörnerprife wieder. Hr. 
v. Maltig gehoͤrt leider zu Denen, weiche in neuefler Zeit den 
Liberalismus in Deutfchland verdächtig unb verächtlich gemacht 
haben. Er vertritt gewifjermaßen als Stimmführer: ben „aus 
danfenlofen Liberalismus”, wie man neuerdings eine gewiſſe 
Gattung des audgearteten Zeitliberalismus dharalterififh ge: 
nug bezeichnet hat. Obwol von Herzen liberal, moͤchten 
wir doch die Freiheit diefer Herren, die Freiheit, nad ber 
fie in Profa und Werfen fchreien und kraͤchzen, um feinen 
Preis in der Welt theilm. Man fehe nur die Gebichte und 
Auffage des Herrn v. Maltig an! Wie geiftlos, wie talentloe, 
wie mittelmäßig in jeder Hinſicht! Da if auch nirgend eine 
Spur von einer höhern Anficht, von Kenntnis ber Geſchichte, 
von wahrer Begeiſterung, von humane Gefinnung, welde bie 
Verwirklichung des Beften und Gpeiften in ven menſchlichen 30s 
fländen vor Augen hätte. Es ift nichts als ber armfelige. wide 
tig thuende Walcontent, ber mit feinem Misvergnuͤgen über bie 
Gegenwart, von beren Zuftänden er ſchwerlich eine burchbrins 
ende Kenntniß befiten kann, renommirt und ein fchriftftellerts 
—* Handwerk treibt. Und ein ſolcher Mann ſollte ſo hoch 
uͤber der Zeit ſtehen, daß er wirklich Recht haͤtte, wenn er, wie 
er in feinen Schriften unaufhoͤrlich thut, dieſe ganze Zeit als 
eine geſunkene und veraͤchtliche in allen ihren Zuftänden ſchmaͤht 
und mit feiner ohnmaͤchtigen Beber zu brandmarlen fucht? Uns 
möglih) Man werfe uns bier Feine Leibenfchaftlichleit ber 
Kruit ver, don der wir in ber That Immer frei waren, wenn 
wir in den Zufländen der Zeit mehr Pofitives und Wahrhaftes 
finden als in ben gegen biefelben gerichteten Schimpfichriften 
eines Herrn von Maitig! Zwar Eönnte man einen Augenblid 
an der Zeit irre werden, wenn man fiebt, daß die Poeſie biefes 
Breipeitsmänndens im Yublicum einiges Blüd zu machen und 
wenigftens ihre Käufer auf dem Siteraturmarkte zu finben ſcheint. 
Do das has man zu allen Zeiten gehabt, daß Marktſchreier 
Bulauf fanden, während bie wahren Volksredner verlaflen Ran» 
ben. Es if eine augenblickliche Selbflironifirung einer von gros 
Ben Aufregungen bewegten Zeit, Wan verachtet aber den Rar⸗ 
zen, nachdem man ihn beladht bat. Man höre jedoch, wie ein . 
Maltig unfere Zeit charakterifirt, von ber ex in hiefem neuen 
Hefte feiner „Pfefferkoͤrner“ (S. 78 fg.) ganz im Allgemeinen 
und ganz unterfchiebslos Folgendes zu fagen ſich nicht entblödet: 
„Mit Schaudern blidt der Menſchenfreund in eine Beit, bie - 
einerfeits aufs Neue Despotie und Verfinfterung berghoch auf 
zuthürmen ſich beftrebt und andererfeits an muthigen Männern, 
die am richtigen Orte das richtige Wort wagen, faft ausgetrock⸗ 
net baliegt, und zwar bereits bdergeftalt wieder erfchlafft, daß 
fetbft das Eräftige Wort der wenigen Männer, bie ed auszufpre - 
hen fi erfühnen, nicht mehr einzubringen im Stande ift und 
als zu ſtarke Hausmannsloft ben ſchon bis zur Lethargie er⸗ 
f&tafften und verwoͤhnten Kindermagen der Zeit anelelt. Kein 
Wunder, werm daher bergeftalt diefelbe nur ein Tummel⸗ und 
Zurnierplag alles Geichten, Schlaffen, Schlechten, Zeigen und 
Erbaͤrmlichen geworden; benn nur da, wo der Herold der Zelt 
keine Männer — mehr aufzurufen bat, reiten Lumpen in bie 
Schranken ein. So zeigt fich's überall, in allen Gtänben und 
Berhättniffen, in allen Künften und Wiffenfchaften. Alles trägt, 
vom fteinften Bettler, — bis zum größten, — nur eine allges 
meine Barbe: die ber Gntmannung, mit dem fihern Todeszel⸗ 
den auf der Stirn, einer völligen, nahe bevorftehenden, allge⸗ 

meinen Auftöfung und Zerrüttung. — Aber nirgend 
man biefes deutlicher, als an ben Schriftſtellern, Dichtern und 
überhaupt an jeder Art von Künftlern jegiger Zeitz denn vors 
zugsweife in ihnen fpiegelt fich ſtets das Jahrhundert qm treue 
ften ab. Man erflaunt, wenn man in biefes Chaos bed Une 
finns, der Feigheit und Jaͤmmerlichkeit blickt, und möchte fi 
ſelbſt vor der eignen Schande verbergen, noch irgend ein Wort 
zu fprechen ober eine Feder es benn ic frage: wo IE 
bes politikers maͤnnliche Sonfequenz und Wahrheit? we des 
® 


176 


Kritikers Ziefe und Unpartellichkeit? und wo bed KRänfkiers veis 
ner Geſchmack? Wegraben liegen fie in dem Schutt bes allges 
meinen Verfalls!“ u. f. w. Herr v. Maltig wollte damit uns 


fexe Zeit charalterifiren, aber man flieht, er hat nur bie eine 


Nichtung derſelben charakterifirt, dee er angehört. 
2. Klänge freier Mufe von Berb. Reifferfheid. Zwei 
Hefte. Zweibrüden, Ritter. 1852 Gr. 8. 5 Gr. 
Ebenfalls ein Zreiheitsfänger, der noch fehz jung fein muß, 

denn feine Lieber Eönnen nur noch für Schuͤlkkproben ber Frei⸗ 
heitöpoefie gelten. Man höre gleich ben Anfang des erften 
Seite: „An bie Freiheit”, bie, obwol fie eine Göttin 
ift, doch matt und alltäglich genug von bem freien Sänger ges 
feiert wird: 

Freiheit, freien Mannes Bier, 

Hochbegeiſtert fing* id) bir; 
- Du erhebfi mid) aus dem Staufe 
' Bu der Menſchheit heil'gem Recht, 
I Daß ber Wilür nicht zum Raube 

Ich erliege, tief ald Knecht, w. f. m. - 


8. Der Reichstag der Thiere. Ein humorifch-bibaktiftifches Ge⸗ 
" bier von Alois Cobres. Münden, Franz. 1831. 12, 
r. 
Es iſt ſchwer zu ſagen, was der Verf. mit dieſer Satire, 
welches ohne Zweifel fein Gedicht fein ſoll, gewollt und gemeint 
at. Zebenfalls ift er fein Mann ber Äußerften Linken und 
at bie falfcye Freiheitsſchwindelei eher perſifliren als verherr: 
lichen helfen „wollen. Das Gedicht ift nicht ganz ohne Talent 
und Humor geſchrieben, aber wir geftehen aufrichtig, es nicht 
verftanden zu haben, ba die eigentliche Beziehung, bie möglicher 
weife zu Grunde liegt, zu dunkel geblieben iſt. 140, 





Ueber das Verhaͤltniß des geiftlihen Standes zum Staate 
und ben Einfluß dieſes Standes auf bie Erreichung 
des Staatszweckes; nebſt Vorfchlägen zur Wegräumumg 
mancher Dinderniffe, welche der groͤßern Wirkſamkeit 
beifelben im Königreihe Hanover noch entgegenflchen: 
Don W. Müller SHanover, Dahn. 1832, 8. 
5 Gr. 


Die Berpältniffe ker Kirche zum Staate find bei Belegen: 
beit der in.neuefter Zeit von ben Beiftlichen erhobenen Anfprüce 
theild auf Vertretung als befonderer Stand, theild auf Presby: 
terien und Synoden, oͤfters beſprochen und beftritten worden. 
Nach der Binleitung und dem erflen Theile vorliegenden Schrift: 
chens glaubt man es auch hier mit eben foldyen, aus hierarchi⸗ 
Them Streben bervorgehenden Apfprüden zu thun zu haben, 
während fie felbft doch am Ende füch als fehr mäßig und ver 
nünftig darſtellen. Das, was nämlich der Verf., mit befonderer 
Berüdfichtigung des Königreich Hanover, geändert und theils 
aufgehoben, theils neu begründ«t haben will, bie Wegräumung 
der Hinderniffe der Wirkſamkeit des geiftlichen Standes daſelbſt, 
bezieht fi auf Folgendes: Gr verlangt eine beffere und gleichere 
Befoldung, nach deren Bewilligung auch ficher fi mehr taug: 
liche Subjecte zum Prebigeramt finden würden, fowie eine be 
fondere collegiatifch eingerichtete Prüfungscommifftion und bie 
Gründung von umfaffenden Seminarien für künftige Prediger ; 
fobann tadelt er, unb wie es ſcheint mit Recht, die häufigen 
Verſetzungen der Geiſtlichen; wünfdt Abfchaffung der ben Pre: 
diger in den Augen der Gemeinde herabjegenden Aecidenzien, 
und eine neue beffere Liturgie und Kirchenordnung an die Stelle der 
veralteten. An den Wunſch nach letzterer knuͤpft er den nad 
Presbyterien, denen er eine ziemliche Ausdehnung und fogar 
Nebertragung bes Armenmwefens zubenkt, und ſchließt endlich mit 
dem gerechten Verlangen nad) einer Werbeflerung ber Schuls 


ftelien und fo auch bee Schullehrer felbſt, damit durch fie dem 
Prediger beſſer als zeither vorgearbeitet werde. So ſehr Ref. 
ſich mit dieſen Anſichten und Ampruͤchen des Verf., bis auf die 
Presbyterien in der verlangten Ausdehnung, fuͤr einverſtanden 
erklaͤren muß, ſo wenig kaunn er dies in Beziehung auf ben ev⸗ 
ſten Theil dee Schrift, deſſen Zuſammenhaug mit dem legtern 
überhaupt. nicht zu erkennen iſt. Es ſtellt ſich nämlich bar Verf. 
auf einen idealen Standpunkt, den der Religionsphiloſophie und 
bes allgemeinen Staatsrechts, findet den Zweck der Kirche in 
ber Beförderung der fittlihen Vervollkommnung ihrer Mitglies 
ber durch Befriedigung der Yoberungen ihres religiöfen Gefoͤhls 
und ben bes Staats in ber Derrfchaft bes Rechts, geficht fon 
dann beiden eine höhere Einheit zu, woraus er das Gollegialfye 
ſtem auf die fattfam bekannte Art bemonftrirt, und bie Geiſtli⸗ 


“den zu ben GStaatsbeamten durchaus in ein coorbinirtes Werd 


haͤltniß, unter Berwerfung aller Gonfequenzen des Territorial⸗ 
foftems, ſtellt und endlich den Ginfluß bes geiflichen Stan⸗ 
bes (?) auf Erreichung des Staatszwecks barftellt und baraus 
bie Pflicht bes Staats, diefe Wirffamkeit zu befbrbern, ableitet. 
Ref., der, trog aller auf feine Belehrung gewandten Muͤhe, bad 
Collegialſyſtem nicht anerkennen und, da er den Staat nicht 
blos als Sicherheitsinftitut, fondern als eine wegen aller in der 
Natur bes Menſchen liegenden Zwecke eingegangene Geſellſchaft 
betrachtet, von dem Zerritorialfgftem nidyt abgehen Tann, will 
bier ben Kampf um Principien nicht erneuern, fondern befchräntt 
fi nur auf die Bemerkung und ben Zabel, daß felbft bei An⸗ 
nahme bes Gollegialfofkems bie Prediger ebenfo wenig einen 
geiſtlichen Stand bilden, als bie Staatsbeamten, Aggzte, Abvos . 
caten xc., unb daß eben in dieſer Gebahrung ala befonderer 
Stand eine nicht zu duldende, unferer Zeit nicht angemeffene, 
hierarchiſche Anmaßung liegt. 60. 








Notizen. 


Zwei franzoͤſiſche Chemiker, Capron und Boniface, wollen 
eine neue Methode, Leichname vor der Verweſung zu ſchuͤtzen, 
erfunden haben, wodurch nicht nur das Aeußere volllommen exe 
halten wird, fondern auch die Gingeweibe, das Gehirn u. f. w. 
in ihrer natürlichen Lage. bleiben. Die Gefichtezüge der Ver⸗ 
ftorbenen unterliegen nicht ber minbeften Veränderung, und es 
ift gleichviel, ob ein fo behandelter Reichnam in der Erbe, in 
einem Gewölbe ober in der freien Luft, unb figend ober Legend 
aufbewahrt wird, Die Grfinder nennen ihre Kunſt Momifica- 
tion, Einige Tage reichen hin, einen Leichnam darnach zus 
zubereiten. 


Der jährliche Ertrag des Aderbaus in Großbritanien,- 
nad) dem Durchſchnittspreis ber . legten vier Jahre berechnet; 
wird auf 160 Millionen Pf. St. angeſchlagen. Den Verbrauch 
ber Producenten mit 25 Willionen, ferner Abgaben, Geſinde⸗ 
Iohn, Zehnten und Unkoſten aller Art mit 914 Willion verane 
—* bleibe n reiner — * 43; Million Pfund, 
weicher zu efferungen unb zur duung bes Lebenege 
fe vermendet werden ann. au 








Im 3. 1826 wurben 1719 Schiffe von 206,686 Tonnen 
{n Großbritannien gebaut, und 1831 nur 1089 von 108,081 
Zonnen. Es ift alfo in’ diefem Gewerhäsweige eine Verminde⸗ 
sung um bie Hälfte eingetreten. " 


Bon W. und E. Finden wirb in London eine „Gallery 
of the Graces‘‘, b. h. eine Sammlung von Pertraitd reigender 
Frauen nach Driginalgemälben, angekündigt, welche in beimm⸗ 
ten Lieferungen erfcheinen ſoll. 3. 


Redigirt unter Berantwortlichleit der Verlagshandlung: J. X. Brodbaus in Eeipsig 
P « . a 


- 
a 
. 


Blatter 


für 


literarifche U 


nterhaltung. 





Mittwod, | . 





Zur Charakteriſtik der neuern engliſchen Romanpoeſie, 
mit beſonderer Ruͤckſicht auf Cooper's „Bravo 
und Bulwer's „Eugen Aram“. 

Bwriter und lezter Artikel.) 
Der engliſche hiſtoriſche Roman hat ſeiner Entſtehung 
keineswegs in Walter Scott's Novellen feine uran⸗ 
ſungliche Baſis; die Geſchichte feines Werdens und feiner 
allerdings neuen Geſtaltung durch den genannten großen 

Autor muß vielmehr an weit frühere Erſcheinungen in ber 

englifchen Literatur, nämlich an bie Ritters, Zaubers und 

bes vorigen Jahrhunderts, angeknuͤpft wer⸗ 
ben. Der romantliſche Schmuck des mittelalterlichen Les 
bens war unter der Regierung Eliſabeth's, beten Zeit bie 

Angel zwiſchen der fendatiftikhskatholifchen und dee mmos 


verfolg 
fangen ber engliſchen Bühne fefielten damals bie volle 
Aufmerkſamkeit poetiſcher Gemuͤther. Der Roman ver 
langt feiner 'eplidken Matur nach eine ſtillere Wiege für 
bie_Zeit feiner Geburt, als. jener ſcharfe Eonflict der ges 
feligen ‘wie politifchen Zuſtuͤnde, in berem dialektiſcher Bes 
wegung das Domma gedieh, ihm zu gewähren vermochte. 
Unter ben Stuarts tobte ſich das alte Elament Im öffents 
chen. Beben ganz aus; auf dem Throne ſelbſt grub es 
ſein eignes Grab. Mit dem Drauier begann fich 
das moderne proteſtantiſche Prinrip auf dem Throue zu 
und während ſchon unter ben erſten Regenten aus 
Hauſe Braumſchweig ber pelltiihe Haß gegen bie 
somantiiche Stuarttimanie erſtarb, umb eine Duldung 
mehr feinbfelig bewaffneten Romanticiemus, der 
VBerſchwinden feiner Embleme für politiſch tobt 
fonnte, in allen Verhaͤltniſſen des Dafeins um ſich 
erwarhte im Schooße bes fitlien Familienlebens an 
Erinnerungen der aus der Deffentlichkeit verdrängte 
den weittslalterlichen Formen und drang von 

in bie Piteratur über, indem er in Romangebil 
mm voll Bitteschre, Pfaffenheiligkeit und Geifterfput, fich 
mac, und nach abſchwaͤchend und mobernifirend, feine volls 
ſtaͤndige Machfeler hielt und fo allmaͤlig verklingend fich 
sicht. „Ds Schloß von Dtranto”, von Henry Wal⸗ 


Re Bed 


ERSTER 
paper 


ar 
8 


©) Bol. A. 7ER. 


— 
J 


13. Februar 1833. 





pole, gab den Ton an zu dieſen im „gothiſchen Style“, 
wie man es damals in England nannte, geſchriebenen Ro⸗ 
manen, und bald folgten viele aͤhnliche Productionen hi⸗ 
ſtoriſch⸗ romantiſchen Inhalts, deren Veifaſſer, die verſtaͤn⸗ 
dig bedingte Gegenwart fliehend, welche nur Geiſter wie 
Fielding, Smollet und Sterne mit dem Aether des Hu⸗ 
mors und einer tief pſychologiſchen Erforſchung der innern 
Menſchenwelt adeln und begeiſtigen konnten, die roman⸗ 


tiſchen Fetzen des fern geruͤckten, im Schimmer der geheim⸗ 


nißreichen Verklaͤrung leuchtenden Mittelalters zu Schauer⸗ 
und Wundergemaͤlden zuſammenſetzten. Walpole's naͤchſte 
Nachfolger waren zwei Damen, Clara Reeve, unter de⸗ 
ren zahlreichen Romanen beſonders dem „Old english ba- 
ron” „Das Schloß von Dtranto” zum Mufterbild diente, 
und Anna Nadeliffe, die Walter Scott für die Erſte 
haͤlt, welche Poefie im Roman gegeben, unb welche mit: 
bin Romanbichterin fei, während ihm Fielding und Smol⸗ 
let nur für Romanfchreiber gelten, weil fie, flatt nad) 
feiner gewohnten Anfhauungsweife einen fpannenden Stoff 
auf romantiſcher Localität abzufädeln, und flatt die Erre 
gung jener „füßen Schauerlichkeit” zum Zweck des Mor 
mans zu fegen, die pſychologiſche Entfaltung des verſchlun⸗ 
genen Gewebes, in das die menfchliche Seele mit ihren 
Leidenſchaften und Neigungen ſich einfpinnt, als erfles 
und festes Ziel ihrer Dichtungen betrachten. An hiſtori⸗ 
fche Charakteriſtik ift aber in ‚‚The romance of the fo- 
rest”, „Ihe mysteries of Udolpho”, ‚The Italian’ *) 
und ben fonftigen Sebilden dee Miſtreß Anna noch nicht 
zu denken; fie faßt den Hang zum Wunderbaren Bloß 
von ber Seite des Aberglaubens auf, und um jenen füß: 
fchauerlihen Kigel hervorzurufen, genuͤgen ihr unterirdiſche 
Gänge mit Waldesdunkel, Moͤnchskutten und fehnfüchtige 
Nonnen, ſammt Meuchelmoͤrdern, teuflifhen Snquifitionse 
larven und allen Raͤnken des italienifchen Katholicismus, 
über die fie eine Zeit lang ben geheimnißvollen Schleier. zu 
verbreiten weiß, der die Lefer feſſelt. Erſt nach und nad 
verfchwanden diefe fchlechten und ber Barbarei der Geſin⸗ 
nung fröhnenden Motive des hiſtoriſch⸗ comantifchen Ro⸗ 
mans, und W. Gcott, ber mit dem gluͤcklichſten Talent 
Alles, was feinen Vorgängern fehlte, reelle Zeichnung hie 
ſtoriſcher Wirklichkeit, gediegene, ſcharf gefonderte Farben⸗ 
*) „Der Beichtflugt der ſchwarzen Büßenben”' in der deut⸗ 
ſchen Ueberſetung. 


— 


=> 


178 


miſchung und ebenfo glänzendes als getreues Coſtum, zu 
geben vermag, fucht nicht in Kobolden und Waldmoͤnchen, 
binter geheimen Kapugen und gefchloffenen Viſiren bie Ges 
bel der romantifchen Muſe, fondern im Glanze bedeuten: 
der Localitäten und im Conflicte großer gefchichtlicher De 
fönlichkeiten untereinander, während die inmwendige Das 
ſchinerie ſeiner Darftellungen doc, eigentlich mehr ober 
weniger nur ein Spiel mit vorhandenen, befannten Stei⸗ 
nen ift, und auch bie gelungenfte Copie hiſtoriſcher Aus 


ßenpracht das uralte Räthfelfpiel der Sphinx, das auch 


ben inwendigen Menſchen und feine Seele bedeutet, nicht 
weiter zu tiefen Dffenbarungen fördert. 

Gleichzeitig und parallel mit den Erſcheinungen dieſer 
Dichtungsart, deren Entwidelung ich kurz andeutete, brach 
fih auch der englifche Samilienroman feine eignen ſelb⸗ 
fländigen Bahnen. Gene Tendenz wie feine Gonftruction 
fft von Anfang an weſentlich eine andere, und der Chas 
after von Richardſon's Familienbildern, mit denen uns 
Die Reihe Diefer Produetionen eröffnet wird, iſt ein moras 
liſcher. In der „Clariſſa“ iſt ein weiblicher, im „Gran⸗ 
diſon“ ein männlicher Tugendengel datgeflelit, und indem 
und der Kampf diefer Geftalten mit den abfolut böfen 
Elementen des Lebens vorgeführt wird, erfcheint uns das 
ganze innere Getriebe des Richardſon'ſchen Romans wie 
eine pedantiſche Spielerei mit den abftracten Begriffen: 
Gut und Böfe, die wie eine alte fleife Jungfer und ein 
alter hart geröfteter Junggeſell fich nicht beruͤhren, geſchweige 
umarmen und vermifhen können; und fo ſieht man denn 
in diefem undialektiſchen Widerftreit zweier feſt verwahrten 
Mächte die pruͤde Popanzerei vom Siege des Guten und 
vom Untergange des Böfen, die in der deutfchen Damen« 
Uteratur, obwol Niemand an einen abfeluten Engel: und 
abfoluten Xeufel glaubt, fo vielfah das Lieblingschema 
gervefen iſt. Fielding's Wig gelang es zuerſt in feinem 
Joſeph Andrews”, der noch vor dem „Tom Jones’ ers 
ſchien und für eine Parodie auf Richardſon's „Pamela“ 
. gelten kann, die aufgeftelfte, eilenfefte Romantugend in 
ihrer lächerlichen Bloͤße darzuftellen. Smollet, der teufels 
gewordene Dienfchen mit allem Zauber des Entſetzens ſchil⸗ 
dert und Fielding’ Raͤuberhelden „Jonathan Wild” durch 
feinen „Ferdinand Count Fathom“ uͤberbietet, fchüttelt noch 
mehr das Dilemma zwifchen guten und bifen Gewalten 
von fih, denn er weidet fi mit Vorliebe an den Ber: 
irrungen bed menſchlichen Gemuͤths, und fein durchboh⸗ 
render Blick entlarvt faſt mit haͤmiſcher Luſt die Verbre⸗ 
cherſeele, in deren Innerm Schauder und Grauſen niſtet 
Recht zum Gegenſatze zum pruͤden Richardſon ſuchen Fiel⸗ 
ding und Swmollet mit einem gefährlichen, aͤngſtlich ſtim⸗ 
menden Geluͤſt ihre Stoffe in den Höhlen des Laftere 
und in den fhmuzigen Kanımern in der Defe de& Volkes. 
Mit der Fackel des Hohnes leuchten fie hinab in die tiefe 
Rlaufe, wo die Ungeheuer der Menſchenbtuſt lauern, und 
Lüften die Gräber, die fi) die Leidenfchaft ſelber wählte, 
Jie feuchten hinab und machen fomit das Dunkle heil; 
aber im Entzüden über den remantifchen, helldunkeln 
Schimmer, den ihr Licht in der fchaurigen Tiefe um ſich 
verbreitet, werfen fie die Fackel des Bewußtſeins von fich 


unb ſtelgen nicht wieder hinauf aus der duͤſtern Verwir⸗ 


‚tung, in der fi Ihr melancholiſcher Humor gefaͤllt. Auch 


als Menfhen in ihren Perfönlichleiten blieben diefe bei⸗ 


‚ben cyniſchen Dichter, feltfam genug, in den Sphaͤren 


web Elementen befangen, von denen fie, ſtatt dieſelben zu 
beherrſchen, Uberwältige wurden. Smollet bat im Matt 
thew Bramble *) feineg elgnen Cynismus geſchildert, und’ 
von Fielding weiß man, daß er als Friedensrichter mit befons 
berer Vorliebe Diebesbanden aufipionirte und dabei feine Hin⸗ 
neigüng zur Hefe des Volkes bethaͤtigte, die ein Grundzug in 
feinem Charakter. war und die es Ihm möglich madıte, fich 
in den Armen feiner ſchmuzigen Köchin [elig zu dünfen. 
Trot der im Leben vole in ven Wer⸗ 
ten biefer beiden Didpter, waren und blieben bie Bahnen, 
die der englifhe Familienroman mit ihnen zu durchmeſſen 
begann, no Immer diefelben, und aud In Edward Lpte 
ton Bulwer's großartigen Gemälden iſt bie Poefte bes 
Verbrecherlebens das eigentliche Ahema; mur daß biefer, 
bie Kreife feiner Anſchauung erweiternd, nicht blos in den 
bumpfen Schlupfwinkeln der SKellerregionen von Thames 
Court, fondern auch im Glanz der City und der Pracht 
ber Ariſtokratenſaͤle die Verirrungen wuͤſter Leidenfchaften 
ſchildert und fomit aud das furchtbare Dilemma dieſer 
beiden Elemente, bie Englands Verfaſſung und fein gefel⸗ 
liger Zuſtand gebiert, zum tragiſchen Gegenſtaude feinen 
Darſtellungen erhebt. Auf ſeinen erſten Momanen cube 
ber druͤckende Nebel der heimiſchen Hypochondeie, und mes 
ben der Qual her Schwermuth iſt der düfkere und Nnıkbe 
Bil des abgeſpannten Geſchaͤftemannes, den sr in dee 
Borrede zu „Paul Cliffard“ am ſich felber als antipoetis 
fie Stimmung rügt, gar ſehr erſichtlich. Dem draͤngen⸗ 
ben Schmetz, der beim Anſchaum der verworrenen Zercife 
fenheit an heimifchen Menſchen und Buftänden rege wich, 
läßt der Mangel am Iprifcher Ergießung in unſerm Dicke 
ter. exſtarren und hart werben, bi eine fchweidende Sa⸗ 


tire ihm Luft verſchafft, die es nicht vermag, mu 


den Schwingen des fluͤchtigen und gluͤcklichen Genius uͤber 
die. harten Formen dee umdraͤngenden Welt: hluwegzuſchluͤ⸗ 
pfen, ſondern mit bee Materie, über die fie Die Geizei ades 
die Tattſche ſchwingt, behaftet und befaugen bleibt: DER 
Smollet hat ar den tiefen Blick in die geheimſte Gedan⸗ 
kenwerkſtatt einer getruͤbten und verkuͤmmerten Wenſchen⸗ 
ſeele ebenſo ſehr gemein, wie ſich ia feinen erſten Gemäls 
den, beſonders im „Disowned”, derſelbe Mangel au Ka⸗ 
taſtrophe vote in Smollet'sPeregrine Pickle findet; Scons 
reihe fih an Scene, und kaum hält ein bünner Faben 
die auseinander ‚fallenden einzelnen Gituationen und its 
tembilder aus ber Menfchenmwelt feiner Gegenwart zuſam⸗ 
men, Mach und nad tritt. aber in Bulwers Werken an 
die Stelle der innerlich wie aͤußerlich gleich ſtarken Zer⸗ 
fallenheit eine harmoniſchere Eintracht; der anfänglich faſt 
daͤmoniſche Drang, die geſunkene Verbrecherſeele in ihrem 
verborgenfien Winkeln aufzufpären und in ihren leiſeſten 
Megungen zu begreifen, laͤutert ſich zu einer gottbefeligtem 
Ruhe dee veinften Menſchenllebe, und wenn in Smelle’s 


*) „The expedition ef Humpbey Clinkes, 





179 


Größen neben dem Grauen ſuͤnchafter Begier wid. Den 


Schauder bes fittlichen Untergamgs die ungebunbenftr, wahn⸗ 
wigigfte Luſtigkeit ſchneidend contraflict,, und über den Rui⸗ 
men ber inwendigen Menſchenwelt, die Smollet ſchildert, 


Beine Sonne und Fein. Sternnlicht aufgeht, laͤßt ſich in. 
Balder’ s Werken, die wir in kurzen Umkiffen dem ge: |' 


neigten Lefer alsbald zufammenftellen, ein bedeutfamer Stu: 
fengang nachweifen, in welchem bed Dichter Bewußtſein 
über Die Ireſale des heimifchen Lebens ſich immer flarer 
amd milder entwidelt. Sammer erklärlicher und freier tritt 
im Verfolg feiner Gebilde zu plaftifch fertigen Geftaltum: 
gen Das zufamnien, was er anfänglich als ein unheimli⸗ 
es Räthfel und einen unabmwendbaren Kluch In der Volke: 
thuͤmlichkeit feiner Mitmenſchen angeſehen wiffen wollte; 
Die grellen Ausgeffirten umfistlicher Verworrenheit räden 
fi) dem Auge näher, je mehr ihre Motive mit Ihren 
Erſcheinungen verſoͤhnen; „die wirften Irrniſſe der Leidens 
[haft entfalten fih zu Tragoͤdien, hinter deren Trümmern 
ber:sriede des Elnufien Werumfejeits heraufſteigt, und. in 


dem legten feiner buͤrgerlichen Roeinane, „Eugen Amım“, 


finden ‚fü ‚neben dem · fichern Ausgang, zu weicher. der 
Dämon des Verderbens fich auslebt, ſchwebende Lichtge- 
falten vol Wahrheit und Wirklichkeit, an denen die Be: 
wubigumg mit dem Entzüden der Liebe fich weidet. Wenn 
Bulwer in dem erfim feiner Romane in die tabyeinthi: 
ſche Nachtſeite des innern Lebens fich oft verliert, fo zeigt 
ſich in dieſer erfchlaffenden Schwermuch no ein Mangel 
on poetiſcher Siegerkraft, die die. Materie des gegebenen 
Dafeins überwinden muß; mit. der fleigenben Vollendung 
prafifcher Biſdnerei greift much die geficherte Klarheit ber 
Geſinnung mehr um fih, und eine gewiſſe praftifche 
Berftändigkeit, die auch fchon früh in. Bulmer’s (es 


büulden durchblickt, hält ihn bei feinen Sterben nach Be 


wußtſein davon zuruͤck, unter ben Ruinen der Menſchen⸗ 
feele wie Lord Byron wohlgefällig zu kuſtwandeln ımd 
mit bem Dämon der. Melancholie ein kokettes Spiel zu 
treiben. Schon daß er als Romandichter die objective 
Melt, wie fie ift, gu’ begreifen umd im Höherm Lichte der 
Verklaͤrung daczuſtellen ſtrebt, fichert ihn vor dem Wahne, 
in der Witte einer erträumten Welt die Raͤthſel des 
Lebens Iöfen zu können; und ‚wenn ſomit Bulwer’s Fas 
milienbilder ‚mit dem biflorifchen- Moderoman, dem er ſelbſt 
einen Libersin ber Liferatue nennt, dem Anſchein nach 
Das gemein haben, «ine vo 
len, fo waltet zwiſchen beiden doch der großk Unterfchled 
ob, daß diefe Wirklichkeit, die ber genannte Dichter fchils 
bert, Eeine fremde, fern Weagende, fondern feine eigne Welt 
iſt, für deren fprachbegabte Seele er ſich ſelbſt anfieht. 
Hat ſich dee engliſche Fantlllenroman diefe feſte Sphäre 
nun einmal baſirt, ‚die gegenwaͤrtige Wirklichkeit der hei: 
miſchen Zuſtaͤnde zu Bildern zuſammenzuſetzen, fo kann es 
erklaͤrlich ſcheinen, warum in ihm das ganze weite. Meich 
menſchlicher Berirrungen ſammt allen audy nur ber Moͤg⸗ 


lichkeit nach ertraͤumten Ausgeburten leidenſchaftlicher Auf⸗ 


regung mit einer Darſtelung bes vorhandenen Daſelns 
zuſammenfaͤllt. 
. nen ne . (Ds Bertfekung folgt.) -. 


„1 


- 






dene Wirklichkelt darzuſtel⸗ 


Hyakinth. Aus dem Kuſſiſchen uͤberſetzt von Karl 
Friedrich von der Borg. Mit fünf iuminiceen 
Steindruͤcken und einer Karte der Mongolei. Berlin, 
; Reimer. 1832. Gr. 8. 2 Thir. 8 Or. : 


Der Verf. dieſer Denkwuͤrdigkeiten iſt Geiftlicher und 
durch einen 14jährigen Aufenthalt in Deling. ber * 
lich auch zu Betreibung chineſiſcher Sprach und Geſchichtsſtu⸗ 
dien Gelegenheit bot, mehr befähigt als die meiften nach dem 
. Hinefifhen Reiche Reifenden gründlidye und delehrende Nachrich⸗ 
ten über einzelne Theile deffeiben zu geben. Die vorliegenden 
Denkwuͤrdigkeiten nun, die einen der ſchaͤtzbarſten Beiträge zur 
Kenntniß des Öfttien Xfiens bilden, zerfallen in vier Daupts 
-theile. Der erfte enthält die Befchreibung der Ruͤckreiſe bes 
Berf. don Peking bis zur ruſſiſchen Grenze. Er feibft findet, 
daß die Lecture diefes Theiles nicht eben amufant genannt wers 
den koͤnne und fagt in dieſer Beziehung in der Vorrebe: „bs 
| gti der Weg von Kälgan bis Kiächta größtentheils Über uns 
chtbare, wenig bewohnte Steppen ſich hinzieht, fo wird doch 
der Leſer, wenn er, um ber Ginförmigkeit zu entgehen, nicht 
‚von Station zu Station mir zu folgen wuͤnſcht, einen wahren 
‚Begriff von den Wüfteneien ber Mongolei erlangen, ohne biefen 
aber nicht im Stande fein, über bie auf benfelben ewig herum⸗ 
ziehenden Wölferfchaften zu urtheilen.” Auch die Reife, fo 
“weit fie nicht die Steppen grabe berührt, gehört nicht unter bie 
intereffanten, ba der Reiſende zu der umgebenden Ratur eine 
hoͤchſt ruhige Haltung einnimmt, wodurch einerfeits der Vortheil 

‚ entfteht, daß feine Nachrichten einen hohen Grab zuverlaͤſſtger 
und wahre Belehrung ſchaffender Nuͤchternheit an ſich tragen, 
andererſeits aber der Rachtheil, daß des Verf. Notizen immer die 
Natur von Einzelnheiten behalten und ſelten zu einem anſchau— 
lichen Bilde erwachfen, felten Zotaleindrüde gewähren. Gr bes’ 
f&reibt bie Gegend, man fann fagen geognoftifh genau, aber 

| nirgend faft zeigt fich jenes Talent, was Burdhardt in fo ho⸗ 
hem Srade befaß, dem Eefer feibft durch wenige charakterififche 

| Umriffe einen Rahmen in bie Hand zu geben, der jene Ginzelns 
heiten zu einem Ganzen ber Anfhauung zufammenfaßt. Wie 
indeß nicht leicht irgend eine Reife ganz ohne laͤchrrüche oder‘ 
tragifche Abenteuer abläuft, fo begegnet auch unferm nüchters, 
nen, würdigen Mönd Hyakinth ein Unfall, der fih für ung’ 

. Europäer laͤcherlich genug ausnimmt; er erzählt nämlich vom 


22. Mai: „um zwei Uhr Nachmittag flel ein ſehr heftiger Res . 


gen bei furchtbaren Donnerfhlägen. Im biefe Zeit faßen wie 
ruhig bei Zifhe, der nach dem Hofe zu geöffneten Thür gegen⸗ 
über, und ſchauten auf bie fehrägen Ströme des nieberfallenden 
Regens, als plöglich bie Zimmerdecke grade über unferm Tifch 
‚einftürgte. Der Leſer wird hierbei gewig zufammenfahren, als 
lein dies ift bier die allergewoͤhnlichfte Sad. Wegen der Kofts 
‚barkeit bes Holzes fertigt man in Shina keine hölzernen Zim⸗ 
merdeden und bebarf deren auch nicht wegen des warnien Ri: 
‚mas. Daher werten die Deden aus zwei Reihen feinen Papiers 
verfertigt, welches an einen Roft aus tem Stroh ber bobarfie 
fen Pirfe angeltebt und an eine Dachplatte befeftigt if. So⸗ 
batd ber Regen durch das Dach auf das Papier dringt, fo reißt 
diefe Stelle batd entzwei. Und fo führte bie über uns einges 
ſtuͤrzte Decke keine weitere Folgen herbei, ats baß der von ber 
. felben herabfallende Koth unfere weiße, feidene Kleidung befprigte: 
Ein folder Durchbruch fügt zur Zeit anhaltenden Regens ben 
Bewohnern große Unannehralidhfeiten und dem Hausgeräthe gros 
fen Schaden zu“ 
Hoch merkwuͤrdig ſind in dieſer Reiſebeſchreibung bie No⸗ 
tizen uͤber den Bau der großen chineſiſchen Mauer. Es iſt die⸗ 
fen Gegenſtande ein eigner Abſchnitt, &. 835242, gewibmet, 
wo man tie chronologiſchen und technologiſchen Data zur Ge⸗ 
ſchichte der einzelnen Theile dieſer Landwehrmauern beifammen 
findet. Wir entnehmen biefem Abſchnitt nur ein kleines Bruchi- 
nüd S. 40 u. #1, welches eine allgemeine Bemerkung ent: 
galt: „Cinige werden ſich vielleicht wundern und es fogar für 


Denkwurdigketten Über bie Mongolei von dem Mind - 


= 





160" 


unwahrf ch halten, baf bie alte große Mauer in einer Aus⸗ 
bebnung von dem gelben Meere bik zum Chuchunor, wie bie 
Geſchichte bezeugt, in eineni Sommer aufgeführt fei, und baf 
auf gleiche Weife auch in der Beine ſaͤmmtliche Theile der großen 
Mener. erbaut worben. - Aber diefe Wahrheit ift nicht dem mins 
deften Zweifel unterworfen. In China berechnet man. bwi gros 
Ben Seftungsarbeiten zuerſt vorläufig, wie viel bei bem beabſich⸗ 
tigten Bau ein Menſch in einem Sommer arbeiten kann. Rad 
biefer Berechnung verfammelt man fo viel Menſchen, als zur 
Ausführung der beabfichtigten Arbeit erfoderlich find.” Auch 
einige fpätere Theile der Reifebemerfungen "bilden intereflantere 
Juatte ‚ gewiffeemaßen Dafen in der Steppeneinförmigleit bes 
brigen Journals. Wir zeichnen fo &. 76 fg. auss befons 
ders aber auch &. 85, wo don gewiffen Zagben ber mons 
goliſchen Kürften die Rebe if, bie jegt noch ganz in derſelben 
Weife angeftellt werden, wie fie fchon in —X 
beſchrieben werden: „Oblewa heißt diejenige Jagd, auf welcher 
man ein Thier mit Reiterei umkreiſt und es dann erſchlaͤgt. 
Dies iſt eine alte Gewohnheit, welche aus ber Urzeit übrig ges 
blieben ift, als die Menſchen mit gemeinfchaftlichen Kräften bie 
Thiere, welche fich zu fehr vermehrt Hatten, auszurotten firebten. 
Gie Hat fi bei den Dirtenvöltern erhalten und macht gegen: 
wärtig eine Eriegerifche Beluftigung ber Landeögebieter und Gros 
fen aus, etwa wie in Quropa bie Kriegtmanoeuvre. Diefe Jagd 
wird auf folgende Art angeftellt: eine gewiffe Anzahl bewaffe 
neter Reiter zerftreut fi rings um bie zur Jagd beftimmte 
waldige Gegend und bitbet eine, einen großen Raum umfaffende 
Kette. Hierauf nah und nad innerhalb bes Kreifes ſich bins 
ziehend, reizt die Reiterei das Thier vorwärts zu fliehen, und 
treibt es auf diefe Weife gegen das Gentrum des Zagbreviers. 
Wenn nun die Jagdkette ſich dermaßen verengt, daß bie Reiter 
fi} ganz nahe beieinander befinden und, bie umzingelten Thiere 
pldslih auf offenem Zagbrevier erfcheinen, dann ſchießt ber 
Magnat mit dem Bogen nad) bem Thiere und vergönnt hierauf 
auch den Gefährten baffelbe zu thun. &olbaten bürfen nur nad 
demjenigen Thiere ſchießen, welches durch die Jagdkette durch⸗ 
zubrechen ſtrebt. Eine ſolche Jagd wird unter die wichtigen 
—— engen gezählt und bat deshalb ihre Regeln und 
efege u. ſ. w.” 
Der zweite heil bed Wuches enthält eine vortrefftiche flas 
tiftifche Ueberfiht dev Mongolei, welche aber keinen Auszug 
erlaubt, Aügemein intereffant dürfte eine S. 163 fo. ent: 
haltene Abhandlung über ten Ramen Zataren fein. Den bier 
gegebenen Notizen zufolge iſt ber allgemeine Volksname der Ber 
wohner des gegenwärtigen Chalcha feit dem 11. Zahrhundert 
der Rame Zatanier gewefen. Die Tatanier theiten fi in viele 
Stämme, unter denen bie mädhtigfien waren: Mongol, Tai⸗ 
gut, Körd und Zatar. Der Name Tatanier wurde dann durch 
Dſchingiskhan auf alle Bewohner ber Mongolei ausgebehnt, und 
biefer Name Iatanier blieb bei den Nachbarn ber Mongolei 
für die Voͤlker berfelben, felbft als er ſich bei diefen Völkern zum 
Theil wieder verlor. Den Ramen Tataren gaben bie Ruffen 
guerft ben gegen Curopa vorbringenden Zataniern, wahrſchein⸗ 
ih weil fie von den tatanifhen Stämmen, bie Dſchingiskhan 
unterthan waren, zuerft bie Tataren nennen hörten, und beren 
Kamen auf alle Stämme ausbehnten, die Dſchingiskhan's Sie⸗ 
geslaufe folgten. Wem fällt dabei nicht ein, was Tacitus von 
dem Ramen der Gerinanen berichtet. 
Seite .167 beginnt ber dritte Theil, welcher eine Eurze 
Ulberſicht der Geſchichte bes mongoliſchen Wolkes enthält und 
weder eines Auszugs faͤh'g noch Im Einzelnen fehr intereffant 
it, obwol fie in-vieler Hinſicht eine Lüde auefült. Weſſen 
Gebädhtnig etwa an ben Namen europäifcher Dynaftien, Herr⸗ 
ſcher, Heroen u. f. w. noch eine zu leichte Würbe hätte, bürfte 
. ah bdiefer kurzen Ueberfiht mongolifder Weichichten eine reich⸗ 
liche Schiffsladung auf einmal finden; freilich für. bie hoͤhern 
tereffien der Menfchheit fa nur Ballafi. 
Der vierte Theil, welcher S. 320 beginnt, enthält has 


er Zeit in Alien. 


ſehr veſpenn 


mongolifche Geſetbr. Fün veyoleichtdde Sechtd» unb Staetſ 
wiffenfhaft non guoßem Intereſſe, und ſelbſt im Einzelnen nicht 
ohne pikante Biestmürbigkeiten. So .erinnert Manches Togar 
an alte germanifche ECinrichtungen, freilich nur an ſolche, die 
ihren Urſprung in kriegeriſchen Zuſtaͤnden ſanden, 5. 8. &. 889 
heißt es: „Ueber gehn Läufer Fol ein Zehenmann gefeht wer⸗ 
den. — Wenn Jemand in einem Bazirk von: zehen Häuferm ee 
nen Diebſtahl begeht, fo fol ber Zehenmann um ein Pferb ger. 
firaft werden u. ſ. w.“ Die Germanen hielten ſich freilich nicht 
an das Zehenthaupt, fonbern an bie Zehentgemeinde, unb man 
fieht fo, wie dieſelbe Sinrichtung fich bei einem despotiſch regiers 
ten unb wie bei einem freien Volke gefaltet. Amufant ik 
Das, was ſich auf Sitten und Gebräuche bezieht, 3. B. &. 346, 
Artilel 20: „Bon ben ben ZKürftentöchtern bei ihrer Verheira⸗ 
thung mitzugebenden Leuten”, oder &. 351, Art. 1: „Die mon⸗ 
golifhen Kürften jenfeits ber Grenze Tollen um Rewjahr in ber 
feierlichen Hofkleidung, nach ber Hauptflabt gewandt, brei Knie⸗ 
beugungen nebft neun Büdlingen bis zur Erde schen,’ 
Dergleichen GSuriofa finden fich faft auf allen. Seiten. . 





4. Geſammelte Blaͤtter von Johannes Nariscus. 
Sul;bach, Seidel. 1832 16. 16 Sr : . 


2, Einige humoriftiſche Abende von Wolf Linduer. 
Mürnberg, Winter. 1832. 16. 1 Thir. 


Zwei Humoriſten, von denen ich den einen loben, ben an⸗ 
bern tadela will. Nenn bie Herren bas lefen, fo werben fis 
t fein, efwa wie bei einer Lotterieziehung, wen. 
der Treffer, wem bie Niete fallen werbe. Ich weiß, es ſchlaͤgt 
ihnen dad Herz, felen fie auch noch fo alte Sünder, fei ic 
auch ein mod fo ſchlechter Recenſent: ich ſpreche, wie Jener 
ſagte, vor dreißig Millionen Menſchen. Es if feine Kleinig⸗ 
keit vor fo vielen Leuten gelobt ober getabelt zu werben. Gr. 
Nariscus het den Treffer, Or, Dr. Wolf Lindner die Niete; 
ed fol dem Leetern aber deshalb wenig Leib gefchehen. Es if 
nur zuweilen ein Xerbrechen, nicht fpaßhaft fein zu koͤnnen. 
Der Humor biefer beiden Schriftſteller unterfcheidet ſich dadurch 
von einander, daß der eine humoriſtiſch fein will und alles 
Mögliche zu dan. Ende aufbietet, ber andere es if. Es geht 
aber mit bem Humor wie ‚mit ber Lichenswürbigleit, wie mi, 
bem Reiz: wo man die Abficht merkt, verfchwindet der Erfolg. 
Sben weit der Humor nichts Kıuftliches ift, Täßt er fi nicht 
ertünften. Man kann allenfalls wig ſchreiben, ohne es zu 
fein, nimmermehr aber humoriſtiſch. Jener iſt ein Srperiment 
bes Berſtandes dieſer eines des Der Verſtand kann 
taͤuſchen, das Herz nicht. Der Huwor iſt bie Poafie ber Proſo. 
Man kann poetiſch fein aber nicht ſich poetiſch nachen. 

Dr. Lindner ſchraubt die Worte fo lange, dis fie aus Ver⸗ 
ziwelffung ein wenig wigig werben; Nariscus läßt bie ungezoge⸗ 
men Kinder, 'unbelämmert barum, wie fie ausſchen, herante 
Ipringens aber weil fie aus einem muntern Innern kommen, fo 

fie auch außen munter. ® | 

"Wer fan ihm böfe fein, wenn er, wie folgt, in der Bor 
rede fagt: „Da Sancho merkte, wie übel feine polen ausfchtue‘ 
gen, fagte er mit Anßerfter Demuth: Berubigt Sul, g 
ger Herr, benn, bei Bott, ih fpaße mar. Gerade bad will 
id) meinem guädigen Herrn amd gefagt und wit äuferflee 
Demuth gebeten.haben, es nicht zu vergeffen. Iſt ein gnädiger 
Herr mit den jegigen großen Angelegenheiten, mit Ausbefferung 
ber Staaten, der Mönfchheit und ber Weit beladen, fo wird 
er ohnehin meine ‚Spielereien nicht in die Hand nehmen: wer 
Re * — — gab wicht alle Bäume :eine * 
inde haben, u no um veiche gehöre 
was nit einmal ein Baum iſt. 3 , Diignipn ee sch . 
Rapunzchen und Eiche nn 
Gehört zum Pflanzenreiche.” _ TB. - . 


Nedigirt unter Berantwortligkelt der Werlagsbandlung: J. U. Broddausiu Terpite. 





Blatter 


für 





Donnerstas, — RI — 





Zur Charakteriſtik der neuern engliſchen Romanpoeſie, 
mit beſonderer Ruͤckſicht auf Cooper's „Bravo“ 
und Bulwer's „Eugen Aram“. 

Zweiter und legter Artikel. 
(Bortfegung aus Nr. Ak.) 

Die englifche Heimat ift bas Land furchtbar tragifcher 
Contrafte in den geſanmten gefelligen- Verhaͤltniſſen; kecker 
Hohmuth und dumpfe Zerrifienheit find dort fo hart und 
fhroff, wie nirgend bie beiden abirrenden Endpole, an 
denen das Gemüth zerfcheitert. Die Poeſie, die in der 
Hülle des Irdiſchen das Göttliche nachweiſen foll, bat 
nirgend fo ausgebildete Abnormitäten des proſaiſchen Wer⸗ 
kellebens, noch überhaupt fo feindliche Elemente im dußern 
Daſein zu überwinden, nirgend finder ſich freilich auch 
ein fo ftofflicher Reichthum für die Romandichtung als 
ia England, und man hat ſchon aus dem bloßen Vor 
Handenfein bes großen Gegenſatzes ber ———— 
heit nicht ganz mit Unrecht die reichhaltige Fuͤlle eng⸗ 
liſchen Romanliteratur motiviren und erklaͤren wollen, waͤh⸗ 
rend in Frankreich mit dem Verſchwinden jenes Contraſtes 
das Feld, auf dem ſich der Familienroman mit Vorliebe 
ergeht, nach einer Seite hin wenigſtens geſchmaͤlert er⸗ 
ſcheint. Mit dieſem Widerſtreit zweier Elemente, die ſich 
Stirn gegen Stirn mit kalter Starrheit anblicken, iſt 
aber die ganze Eigenthuͤmlichkeit des engliſchen Lebens eng 
verwachſen, und was fi) Großartigbäfteres, Werfchloffens 
kaltes und Wahnfinnigroildes im Charakter jenes Volkes 
zeigt, der bittere Hohn umd die flumpfe Verzweiflung, alle 
Grauen des fittlihen und phyſiſchen Unterganges möchten 
Irgendwie ihre Wurzel in jenem hiſtoriſch verknoͤcherten 
und eritarrten Verhaͤltniſſe aufweifen. Soll aber bie Poes 
fie die Klippen und Riffe, an denen das äußere wie das 
Innere Leben zerfchellt, erlaͤren und verfiäcen, fo vermag 
fie dies auf zwiefache Weile. Entweder flürzt fie ſich 
vollauf in den Strudel der Verwuͤſtung, die die vorhan⸗ 
denen Elemente dee Gegenwart bieten, und fteigt in alle 
Tiefen des Labyrinthifch » verfehlungenen Menſchenlebens, um 
feine Gefahren durchzufählen und die erſcheinende und in 
der Erfcheinumg zeriplitterte Welt am Abfoluten der gött- 
fichen Liebe zu erwärmen und zu concentriren, bie fleilen 
"Klippen zu ebnen, die Untiefen zu fülen und mit dem 
Bewuftfein des Friedens Alles mit Allem zu verföhnen. 
Nicht Jeder freilih, der im anfänglichen Vertrauen auf 





— — 1 


die ihm inwohnende Kraft den gefaͤhrlichen Elementen ſich 
preisgab, taucht als ein freier, geſaͤttigter, aber gelaͤuterter 
Geiſt wiederum empor, oder die hoͤhnende Ironie in ſei⸗ 
nem Auge, der zerknirſchende Spott auf feiner "gefucchten 
Lippe zeigen es Mar genug, daß er jenen Regionen den 
gottbefeligten Frieden nicht hat abgewinnen mögen. Des⸗ 
batb gibt es und hat es in England noch eine zweite 
Richtung für die Romanpoefie gegeben: nämlich ein gänze 
liches Zuruͤckziehen aus Raum und Zeit ber umbüfterten 
Gegenwart, ein Ignoriren aller Anfoderumgen auf Loͤſung 
ber Zweifel, die den geängfteten Geiſt umftriden, und eine 
Flucht in ferne Belt und Dertlichkelt, wo das Gemüth, 
im Entſchlagen und Vergeſſen feiner felbft und bes ent⸗ 
zweiten Dafeins, an fremde Natur -und Gefittung ſich 
anfchließt und in entlegene Verhaͤltniſſe, die der Reiz ben 
Neuheit umſchwebt, ſich willig und freudig einfpinnt. So 
Huf Walter Scott von Neuem ben hiftorifhen Roman, 
und feine Gebilde, denen ber Stempel einer faft claffifchen 
Gemuͤthsruhe und einer feltenen Sicherheit der Geſinnung 
aufgeprägt ift, genügen alien den Taufenden, die im Ders 
gefien der gewohnten und trog ber Gewohnheit unents 
raͤthſelten alltäglichen Umgebung fich gern in fremde Per⸗ 
ſoͤnlichkeiten, Thaten und Ereigniffe verfenten, durch welche 
bie Raͤthſel des Lebens nicht gelöft, die ahnungsvollen 
Stimmen, bie fid) aus ber Gemuͤthswelt vernehmen laſſen, 
nicht gedeutet werden, fo wenig als die wunderbare Genefis 
bes menſchlichen Geiſtes erklärt wird, welche aber durch 
die Flucht aus dem Gewebe aller ungelöften Kragen über 
Sein und Nichtſein eine ſtarkmuͤthige Erholung und eine 
ruͤſtige Tapferkeit für einige Friſt erzeugen. Ich weiß, 
daß auch Walter Scott nicht immer ſtark und heiter iſt 
und dem nebelhaften Spieen feines Volkes auch den fchule 
digen Tribut zollt; aber daß der melancholiſche Schatten, 
mit dem er in ber „Braut“ die Verhaͤltniſſe feines Hoch⸗ 
landes überzicht, immer mehr verfchwindet, je ferner ee 
fi die Stoffe rückt, fpricht für das oben Ausgeſprochene 
und erklärt die heitere, fleißig ausgearbeitete Plaſtik feiner 
Gebilde, fein bewundernswerthes Talent in der ehrſam ges 
treuen Ausmalerei der objectiven Außenwelt fowie feine 
erfreuliche Rührigkeit ſammt dee faft immer frifchen, wenn 
auch mitunter zäben Stimmung feiner Langmuth,. 

aben wir nun im Allgemeinen das Weſen und bie 


8 
Bedeutſamkeit des Samilienromans anerlannt und feine 


literarifhe Unterhaltung. 


’ 
“ 

. 
. 


14. Zebruar 1833, 


— — — — — _ — 


Eigenthuͤmlichkeit eben darin nachgewieſen, daß der Dich⸗ 
* ſich als das Herz und der Mund ſeines Volkes 
weiß, in der Darſtellung der heimiſchen Leiden und Freu⸗ 
den feine eignen Drangſale und feine eigne Erhebung ſchil⸗ 
dert, wie etwa in Goͤthe's —— ee 
Imnanbergreifen ber eignen Geiſtesbeduͤrfniſſe mit Di 
Anfobrrumgen der Zeit und Nation zu einer, giädlichen 
Wechſelwirkung erſichtlich ift, To wird eine kurze Zuſam⸗ 
menftellung der Bulwer'fhen Productionen erſprießlich fein, 
um zu fehen, tie bie Ströme des englifhen modernen 
Lebens fich geiftig In ihnen abfpiegeln. 


Im „Kalktand”, womit die Reihe von Bulwer's Kos 


manen eröffnet wird *), iſt ein jugendlicher Stürmer bars 
geftellt, ber mit dem ungeftümen Drange, einen Mens 
feden zu finden, ber feinen Wünfchen, Neigungen und Leis 
benſchaften fröhnen ſoll, fi ins Leben flürzt umd für feine 
glähmbe, anmaßende Herzenseroberungsſucht nichts heim⸗ 
Bringt als eine erfchütterte, gebrochene Seele, bie nun am 
Haſſe fi weiber, weil fie am bee Fuͤlle der Liebe nicht 
fo uͤberſchwenglich zehren durfte, als der erſte Rauſch vers 
hieß Goicye engliſche Charaktere, die ſich mit verſchloſ⸗ 
fenem Ingrimm aus dem Lebensgewühl zurückziehen, kom⸗ 
men auch in ſpaͤtern Werken unſers Dichters, mannichfach 
modificirt, wieder vor: im „Verleugneten“) find ſolche 
Nuinen weltmaͤnniſcher Erfahrungen ergreifend dargeſtellt, 
und in „Morton Devereur” zeigt und Bulwer bie ganze 
tragiſche Geneſis eines feurigen Geiſtes, den die Menſch⸗ 
heit fo lange martert, bis er da haſſen muß, wo er heiß 
und innig, aber zu ſtuͤrmiſch lieben zu bürfen waͤhnte. 
Und wenn es wicht bie ſchwarzen Karben des Haffes find, 
fo ift es das Grau einer kahlen, abgeſtorbenen und uns 
heitbaren Gleichguͤltigkeit, in das jene Gemuͤther ſich klei⸗ 
den, deren fieberhafte Sehnſucht, womit fle ein theueres 
Lebensgut, eine Menſchenbruſt oder die Säule des Ruhmes 
erfaffen wollten, in keiner Sphäre des Lebens einen Ans 
Hang fand. Im „Falkland“ aber ift eine duͤſtere und vers 
worrene Qudierei der Gefühle das recht eigentliche Thema, 
und wer deu Fluch nicht Bennt, von dem Francis Bacon 
einmal fpriche ***): „Kannibal feines eignen Herzens fein 
zu müſſen“, kann ihn bier dargeſtelt finden. Falkland 
ift ein englifcher, mithin mehr phyſiſcher, mehr materieller 
Werther, der da genießt, ſchwelgt und verwuͤſtet, wo der 
deutſche Sentimentaliſt fanft fhmärmend und tefignicend 
ſich abzehrt. Emille ift in Bulwer's Roman eine in den 
Strudel der Verirrung tiefer hineingerifjene Lotte; auch das 
Apboriftifche umd Briefliche der Darftellung erinnert ebenfo 
fehr als die Überfrömende Lava ber Gefuͤhlspein, hier nur 
berber, fangutnifcher, mit den Elementen bes äußern Lebens 
beſchmuzter und unreiner, an ben beutichen „Werther“. 
So glühend und krampfhaft Falkland, ebenfo ftarr, 
troden und kalt iſt „Pelham“, ein Werk, das weniger 
fie einen Roman als eine im Memoirenſthl verfaßte Sa; 


*) Die-Borzebe zum „Zallland” ift 1827 unterſchrieben. 


*e) „The disowned’’, nad Sicharb’s deutſcher Ueberfegung : 
„Der Berfkoßene‘. 


er) „Essays or counsels civil and moral”‘; im zweiten Bande 


feines Werte-(ondon 1819); 


—. 82 


tire auf bie engliſche Ariſtokratie gelien kann. Der Dich⸗ 
ter, der durch die auffladernde Exhigung, bie im „Kalk 
Ind’ dominiert, fich vergebens zu verzehren drobte, fcheint 
im „Pelham” mit einem plöglichen Umfchlagen in ein ents 
gegengeſetztes Cetrem durch die Geißel des Spottes und 
die Kälte des Hohnes die vergifteten Elemente bes vor⸗ 
nehmen Geſelligkeitslebens, durch die alle Bande des ine 
nern Gluͤckes zerrifien werden, befiegen und überwinden zu 
wollen. Henry Pelham, der einzige Sohn und verzärtelte 
Dinfel zweier ariftofratifcher Narren, ein junger charakters 
loſer Müßiggänger, nicht ohne Kopf und Talent, wodurch 
rs ihm möglich wird, mit vieler Seelenkälte feine Mit⸗ 
menſchen zu überfehen und Ipöttelnd am Gewebe ihrer 
Thorheiten ſich zu voeiden, reift nach Paris, um bie Welt 
kennen zu lernen, den auffallenden Kafblonable dort zu 
fptelen und in.dee Abſicht, fi einen Charakter zu mas 
hen”. In dem eiteln Gewühl des lockern parifer Lebens 
bewahrt er fich feine nüchterne Kälte und ein Gefühl von 
Ueberlegenheit, das feine Anlage zuc wegwerfenden Witze⸗ 
lei volftändig in ihm entwidelt. Die Schwächen der 
Menſchen ftehen uns nadt und kahl vor Augen, bie ganze 
fitttiche Verwuͤſtung der raffinirten Geſelligkeit iſt ſcho⸗ 
nungslos aufgedeckt, und das negative Sittengemaͤlde vers 
räch nur den Zweck, eine Menfchenkenntniß zu entwickeln, 
die uns anmidert, weil fie das wirktiche Leben ſchon fels 
ber liefert, und weil wir uns in der Kunft das befeligende 
Gefühl, das Gefchlecht zu Lieben, ſelbſt wenn wir die er» 
ſcheinenden Periöntichkeiten. abweifen, nicht vermüften und 
derkimmern laſſen dürfen. Dem Verf. ergeht «6 wit 
bee Wirkung auf das Publicum wie manchem, wenn nicht 
jedem Satiriker; man fühlt ſich getroffen, aber freut ſich 
gleichwol, daß man das Gluͤck bat, für fo merkwürdig zu 


gelten, und mit Horaz fcheint er auch Das gemein zu has - 


ben, baß er alle Moderhorheiten, uͤber die er bie Geißel 
ſchwingt, mitturchgelebt und durchgefuͤhlt hat. Das merk⸗ 
würdige Buch liefert, trotz der Ironiſirung des Ariſtokra⸗ 
tenlebens, den Betheillgten die groͤßte Fuͤlle des beſtmoͤg⸗ 
lichſten Stoffes in die Haͤnde, mit dem fie ben fieberſiechen 
Müsiggang überfirmniffen können; es tft ein wohl aſſortir⸗ 
tes Waarenlager von Anftanderegein für den eiteln Geutle⸗ 
man, und jeder Gourmant und Moue findet in ihm efne 
reihe Auswahl von ſchlauen und belicaten Principien, 
nad) denen er fein. Schmwelgerleben einzurichten hat; ſelbſt 
wie die Gravate zu binden und die Manfchette zu falten 
ſei, lehrt der fpöttelnde Pelham mit fupremer Fineffe und 
gießt uͤber alle die taufend Beinen Nichtswürdigkeiten der 
Satanterie die Lauge feines Wiges, defien Aufwand bei 
ber Geringfuͤgigkeit des Gegenſtandes oft unbelohnt bleibt, 
So geſchah es, daß Pelham teog aller bitten Satire das 
Mufterbitd der jungen feinen Welt auch in Deutfchlaud 
terden fonnte,- und mic find von gewifien Gurnifonen 
gar viele ritterliche Gecken vorgelommen, bie, mit Aus⸗ 
nahme ihrer „honourable points of ignorance”, bie noble 
Gleichguͤltigkeit, die volftändige Ataraxie gegen ale Gemuͤths⸗ 
affecte, den Modeteint der Wangen, kurz Alle und Jedes 
bis auf das Eleinfte Faͤſerchen, dem Pelham nachaffectiren 

(Die Fortſetunga folgt.) . 


183 


Gefpictfühe Darfleltung des Feldzags der Welten gegen 
die nordamerikaniſchen Freiſtaaten in ben Sjahren 1814 


“ und 1815 unter ben Generalen Rob, Pakenham und. 


Lambert. Bon dem Verf. des „Subaltern”. Aus dem 
Englifhen. rei -bearbeitet von Guſtav Nagel. 
Gele, Schutze 1832. 8. 1 Thir. 21 Gr. 


Nachdem alle Voͤlker Europas im Jahre 1814 fi tes 
long erfehnten Friedens erfreuten, glaubte England die ihm ge: 


mworbene Muße nicht fehönee anwenden zu können, als burdy 


GEntfendung einer Flotte das unmiffende Amerika in benjenigen 
feinern Künften des Kriegs zu unterrichten, welche im cultiver⸗ 
ten Suropa in der legten Zeit fo glänzenddMgortfchritte gemacht 
hatten, naͤmlich im erlaubten, durch das Kriegsrecht geheiligten 
Raub, Mord und Diebſtahl. Dieſer Raubzug, oder wenn man 
will, dieſe Kriegserpedirion blieb damals in Deutſchland ziemlich 
unbeachtet, da die Befreiung vom auswärtigen Despotismus 
eine zu allgemeine, voltsthümliche Freude erweckte, ald daß uns 
fere Blicke jenfeit bed Oceans verweilen mochten, und fpäter 
verwifchten neuere Greigniffe das Andenken an diefe Begebenpeit. 
Es verdient daher der Ueberfeger unfern Dank, eine englifche 
Schrift, weiche jenen Reldzug näher betaillirt und‘, obfchon aus 
parteiifher Feder gefloffen, den Stempel der Wahrheit in Ber 
zug auf die Greigniffe ſelbſt trägt, wenn auch die fie leitenden 
Motive etwas verfchönert ober wenigftens gemilbert bargeftellt 
werten, in einer ſehr guten Uebertragung dem Yublicum bes 
kannt gemacht zu haben. 

Die zur Bedrohung ber amerikanifchen Freiſtaaten beſtimmte 
Flotte unter Befehlen des Admirals Malcombe, welche ungefähr 
26500 Mann, bie der General Roß befehligte, am Bord hatte, 
lief am 2. Jun. 1814 von BWBordeaur aus, erreichte am 20. 
Jun. die Azoren, von benen der Berfi eine kurze Schilderung 

idt, welche zeigt, in welchem greilen Gontraft bie uncultivirte 
enölkerung mit ber reizenden Natur fieht, fegte am 27. Zun. 
feinen Weg fort und gelangte am 21. Zul. zu ben Bermuden, 
deren Hauptftabt St.» Georg außer der unmäßigen Theurung 


aller Bedürfniffe nebft großer Trägheit der Bewohner nichts 


Mertwürbiges darbietet, wogegen bie wunderbaren daſelbſt bes 
findlihen Zelfenbhhen als grandiofe Wunderwerke ber Natur 
hoͤchſt intereffant erfcheinen, auch wol für den Geologen beleh⸗ 
cend fein bürften. Hier übernahm Sir Alerander Cochrane den 
Dberbefebl über die Flotte, weiche, bie burch mehre zu ihr ge: 
ſtoßene Iransporte bid auf 4500 Dann Truppen verſftaͤrkte 

itionsarmee am Bord, in ber GShefapeafebai eintief, in 


Exped 
ber Mündung des Patukent eindrang, auf dieſem Strom ihren 


Weg fortfepte, bis fie gehn englifche oder zwei beutfche Weiten 
von der Bai entfernt die Anker auswarf, wo bei dem Dorfe 
Benedict die Ausfchiffung ber Truppen am 19. Aug. bewirkt 
wurde. Es wird ber künftigen Generation fabelhaft erfcheinen, 
wenn fie vernimmt, daß 4500 Mann in Rorbamerifa zu lan 
ben wagen und Giege erfechten konnten. Gine amerilanifche 
Flottille von Kanonenböten auf dem Patukent, welche durch das 
Sinlaufen ber englifchen Zlotte in der Muͤndung des Stroms 
von dem Meere abgefihnitten war, wurde ber naͤchſte Begen: 
Hand des Angriffe. Die Armee drang, dem Lauf des Patukent 
Mromaufmärts folgend, nach ber Stabt Nottingham vor, welche 
von den Einwohnern verlaffen war, erreichte Malborough, wähs 
rend die amerikaniſche Flottille zuruͤckging, bis der fie befehlis 


Commodore Baoney, nunmehr an ihrer Rettung verzwei⸗ 


‚ fie in bie duft fprengte, werauf die Engländer, welche bis⸗ 
ber nur einige amerilanifche Gavnterie erblickt Hatten, ben Weg 


nach Waſhington einſchlugen. Nach einigen unbebeutenben Ges 


fechten, aber fehr beſchwerlichem Marſch gelangte die Armee bis 
gur kleinen Stadt Bladensburg, wo fie bie Amerikaner jenfeit 
Des Fluſſes Potowmak aufgeſtellt fanden. Nach bem Verfaſſer 
waren die Amerikaner 9000 Mann ſtark, beſaßen Gavalerie und 
20 Kanonen, während die Engländer nur einige in ber Gile zu⸗ 
fammengebrachte Pfesde und wegen Mangel an Beſpamung 


‚Nottingham ihrer Klotte nach Benedict 


aur einen Wecöpfümber und zwei Dreipfünber hatten. Wie 8 
möglid war, unter biefen Umftänben aus einer vortheilhaften, 
mar durch Gritürmung der über den Potowmak führenden von 
der amerifanifchen Artillerie deſtrichenen Bricke angreifbaren. 
Pofition verdrängt und gefchlagen zu werden; noch mehr aber, 
warum ber amerifanifche General, welcher doch die Unerfahrene 
beit feines Armee kennen mußte, nicht durch kleine Angriffe, Be⸗ 
augung feiner Gavalerie und Scharfſchoͤtzen, Verhaue, Spren⸗ 
gen der Brüden, Bedrohung der Gommunicationslinie den Marſch 
der Engländer fo lange aufpielt, bis er noch größere Verſtaͤrkun⸗ 
gen an ſich gezogen hatte, mag der Himmel willen; wenigftens 
erkannte man, daß ber Geiſt von Wafhington nicht auf feinen 
Nachfolger übergegangen war. Ungeachtet aller Ueberlegenheit, 
und obfchon bie das Geſchuͤtz dedienenden amerifanifhen Matro⸗ 
fen gefickt und tapfer waren, wurden die Amerikaner vollſtaͤn⸗ 
dig gefhlagen und bes Weg nah Waſhington fland ben Cug⸗ 
ändern offen. nn 

Da es unmdglid war, mit einer fo geringen Macht 
bauernde Grobermfgen zu machen, fo beſchloß ber General Roß, 
ber Stadt Waſhington eine Gontribution aufzuerlegen und ſich 
dann zu ben Schiffen zurüdzugiehen. Als jedoch auf bie 
Zruppe, welche den die Stadt auffobernben Parlamentair bes 
gleitete, aus einem Haufe gefeuert und dem fich dabei befindens 
ben General das Pferd getdbtet wurde, To glaubte derfelbe bas 
dadurch verlegte Kriegsrecht rächen zu muͤſſen. Nicht zufrieden, 
die ſaͤmmtlichen Bewohner bes Haufes, aus dem geſchoſſen war, 
fowie das Haus felbft zu vernichten, wurde Alles, was einigess 
maßen als Gigenthum ber Regierung betrachtet werben konnte, 
der Rache geweiht. Der Palaſt dei Senats nebft dem bes 
Präfidenten, Schiffswerften, Kafernen, Magazine, Schiffe, Puls 
vervorrath wurden in bie Luft gefprengt, ja fogar eine große 
Bibliotyet, Druckereien und Archive verbrannt. Lebteres findet 
ber Verf. ſelbſt etwas zu weit gegangen; body behauptet ex, es ſei 
alles Privateigenthum refpectirt worben. Gin furdhtbarer Sturm, 
mit Gewitter verbunden, machte bie Zerſtoͤrungeſcene noch’ gräßs 
licher· Bierauf zog bie englifche Armee in aller Stille über 
zu, nachdem der General 
die amerifanifhen Gefangenen auf ihr Ehrenwort freigegeben 
und bie eignen Verwundeten, welche ex zuxrüdlaffen mußte, der 
Großmuth ber Feinde überlaffen hatte, worin er auch nicht ges 
taͤuſcht wurde. Pſychologiſch intereffant ift es, daß der Zerſtoͤ⸗ 
zer von Waſhington einen Gewiſſensſcrupel fühlte, ob es ihm 
erlaubt fei, Negerſtlaven, weldhe ihn um Aufnahme in der Ars 
mee zur Erlangung ihrer Freiheit baten, ihre Bitte zu erfüllens 
er entſchied fich dahin, _diefe inglüdlichen als Privateigenthum 
betrachten und in der Sklaverei laffen zu muͤſſen. 

‚Während der erzähtten Exrpebition ber Armee war eine Abe 
theilung.. der Flotte unter Gapitain Gordon in ben Fluß Po⸗ 
towmak eingelaufen, hatte bad von Truppen entblößte Alexan⸗ 
dria eingenommen, wo fie Schiffe und Vorräte fand, und kehrte 
gluͤcklich in die Cheſapeakebai zuräd, indem fie durch ihre ge 
[hit angewendete Artillerie die Amerikaner, welche ihre Ruͤck⸗ 
fahrt hindern wollten, zerfprengte. Ueberhaupt wurben alle 
Küftenwerke ber Bai burch flete Landungen von Warinefoldas 
ten geängftigt, weldye bie Magazine plünderten, Sontributionen 
erhoben und Schiffe wegführten. Nachdem bie Truppen gu Ber 
nedict ſich eingeſchifft hatten, fegelte die Flotte den Patukent 
binab, in bie Ghefapeafebai zuräd, drang in dem Potowmak 
bis gegen Alerandria vor, wo fie ber Mündung des Patapsco 
zufteuerte und Baltimore bedrohte. Die burdy Marinefoldaten 
und Matrofen auf 5000 Mann verftärkte Armee lanbete an einem 
vom Patapsco auf ber einen Seite befpülten, auf der anbern von 
ber Krümmung der Mai felbft gebildeten, ungefähr 15 eng⸗ 
liſche Meilen von Baltimore entlegenen Vorgebirge, marfcirte 
gegen diefe Stadt, wobei ein Scharmuͤtzel vorfiel, in weldgem 
der General Roß blieb, worauf ber Dberbefehl an, ben Ober⸗ 
fen Brook kam. Unter biefem neuen Anführer wurde gegen 
eine ungefähr 6000 Mann ſtarke ameritanifche Zruppe am 12 
Sept. 181% ein vollſtaͤndiger Gieg erfochten, aber bei dem 





18% 


weiten, durch Verhaue unb andere Hinderniffe erſchwerten Bor 
dringen fliefen bie Engländer auf die in ſtarken Verſchanzun⸗ 
gen chende 20,000 Wann ſtarke amerikaniſche Armee, melde 
anzugreifen wm fo nuglofer gewefen wäre, als wegen Seichtig⸗ 
keit des Waſſers feld nicht die kleinſten Kahrzeuge ber Flotte 
den Angriff auf Baltimore unterflügen konnten. Daher wurde 
der Kuͤckzug zur Flotte im Kriegsrath befchloffen, wo man bie 
Truppen einfchifite, in die Cheſapeakebai zuruͤckkehrte, unb nach 
einigen unbebeutenden Unternehmungen fegelte die Flotte auf 
verfchiedenen Wiegen nach Jamaika, um daſelbſt Berftärkungen 
an fig gu ziehen, weiche Sir Alexander Cochrane und ber Ads 
miral Malcombe zuführen follten. Die in Port⸗Royal und 
‚Kingfton gelandeten Schiffe verfammelten fi in der Regril⸗ 
bai, wo am 2. Nov. 1814 die Berſtaͤrkungen unter ben 
erwähnten Admiralen eintrafen, worauf die Armee, zu ber Staͤrke 
von 6000 Wann angewechfen, unter dem Befehle bed Generals 
Keane geftellt wurbe. 

- Die aus 80 Gegeln beftehende Escabre, reichliche Kriege 
‚bebärfniffe und 6000 Wann Landungstruppen am Bord habend, 
verließ am 28, Nov. Jamaica, fegelte bei Cuba vorbei 
"und gelangte am 10. Dec. 181% ben Ghandeleurinfeln ges 
genÄber zu der Einfahrt des See Borgne. Es war naͤmlich 
der Zweck diefer neuen Grpebition NReuorieans zu bedrohen, 
welche Statt von ungefähr 30,000 Cinwohnern am öoͤſtlichen 
‚ufer bes Miffifippi im SO. Grabe nördlicher Breite liegt und 
110 englifge oder 22 beutfhe Meilen vom Bolf von Mexito 
entfernt ift. Der Befig diefes aͤußerſt wichtigen Orts, von wels 
dem der ganze ‚Handel der vereinigten Staaten beberrfcht wers 
‘den kann, — denn der Mifliflppi (in der Landesipradye Mechas 
fippl, „Vater der Klöffe”, genannt), an deſſen Ufern bie Stadt 
erbaut ift, nimmt in feinem majeftätifchen Laufe ben Miffouri, 
Ohio und alle bedeutenden Blüfle Rorbamerikas auf — würde als 
‚Jerdings für Gnglanb ven nit zu berechnendem Rugen gewes 
fen fein, ſowie umgelehrt ber Verluſt biefes Plages und mithin 
‘der Mündung des MWiffifippiftroms das aufblühende Leben Ame⸗ 
rikas gewaltfam unterbrochen hätte. Zum Heil von Amerika 
tommandirte Jadfon auf diefem Punkt, und leicht erklaͤrlich muß 
es dem Lefer werden, wie biefer Mann jeitbem eine ſolche Praͤ⸗ 
ponberany in der Republik erlangen Tonnte, ba jeber einzelne 
Bürger dem Bertheidiger von Heuorleans, dem Grhalter ber 
Unabhängigfeit des Handels der Vereinigten Staaten dankbar 
:perpflichtet war. Die betaillirte Beſchreibung dieſer Unternebs 
mung würde hier zu weit führen, ba eine genaue Befchreibung 
des ungewöhnlidden Terrains, welches biefen zwiſchen Fluͤſſen, 
Seen, Moräften v. ſ. w. liegenden Ort umgibt, vorhergehen 
müßte, um bie militairiſchen Operationen zu erläutern. Rad 
mehren blutigen Gefechten brach ſich ber englifche Muth an ben 
Verſchanzungen, weiche ‚ber amerikanifche General Jadfon anges 
legt Hatte, nachdem er früher durch flete naͤchtliche Angriffe, 
dur den kleinen Krieg, wozu die Amerifaner als vorzügliche 
‚Schügen ſich beſonders riguen, den Muth feiner Truppen erhöht 
and fie an den Kampf gewöhnt hatte. Am 13. Dec. 1814 
dranden die Engländer in ben See Borgne ein, fammelten ſich 
auf der Infel Pine, nachdem der Gapitain Lodier die ben See 
vertheidigenden amerifanifhen Kuttero mit den großen Bbten 
und Barken ber Flotte, welche allein auf dem feidhten Waſſer 
ſich bewegen tonnten, genommen hatte, überfielen von der Infel 
Pine aus bie amerifanifchen Pikets, drangen durch unwegfame 
Moräfte zu ber nad) Nemorleans führenden Straße, wo bie 
Avantgarde, bei welcher ber General Keane ſich ſelbſt befand, 
ein ungeregelte® heftige Nachtgefecht beftand. Am andern Tage 
langte bee Beneral Pakenham ald neuer Oberbefehlstzaber an, 
den man in London zu diefem Gommando nach bem Tode bes 
Benerald Roß auserfeben hatte. Unter ihm wurde am 26. 
Dec. ein Verſuch, die amerikaniſche Hauptarmee anzugreis 
fen, gewagt, am 1. San, 1815 dad amerikaniſche Lager ber 
fchoffen und (nachdem ber General Lambert eine unerwartete 
Verſtaͤrkung von 1600 Mann herbeigeführt Hatte, auch Matro⸗ 


fi Geefolkaten ber e wit ber Armee verbunbin we 
sen, fobaß biefe gegen Mann ftarl war) am 8. Im 
eine ſehr geſchickt vorbereitete Beftürmung ber feindlichen Ber 
ſchanzungen befchloffen, indem man durch einen mit großer An⸗ 
firengung über die ganze Landzunge von dem von Bajo de Satilene 
gegrabenen Kanal von bem See Böte bis zum Bluffe-zu fühe 
sen, Zruppen auf das jenfeitige Ufer zu fegen und den Zeind 
auf zwei Geiten anzugreifen gebadhtr. Mehre Unfälle. walteten 
jedoch bei diefem combinirten Angriff 06, indem theils der neue 
gegrabene Kanal nicht die Hinlängliche Menge von Boͤten zu 
affen vermochte, theils die zum unmittelbaren Angriff ber fein 

lichen Verſchanzungen beflimmte Golonne ſich nicht mit Leitern 
und Faſchinen verfspen Hatte; hierdurch fowie durch die ſtarke 
Pofition und das Yutgerichtete Geſchuͤz ber Amerikaner wurbe 
der Angriff abgefchlagen. Ueber 1000 Mann blieben auf dem 
Pag, faft alle Generale, auch Pakenham und Keane wurden 
getödtet ober verwundet, und ber General Lambert führte bie 
Truppen .unter vielen Befchwerben duch unwegfame Moräfte 
zur Flotte zurüd, welde am 20. San. 1815 bie ohne weitere 
Störung nad) und nach überfchiffenden Mannſchaften aufnahm. 


In ber von einer vorfpringenden Lanbfpige, Pont⸗Bajo, der 
Inſel Dauphin gebildeten Mobilebai, wo bie Flotte nunmebe . 
einlief und das von 400 Mann beſetzte Fort einnahm, langte 
die Nachricht von dem zwiſchen England und ben Vereinigten 
Staaten gefchloffenen Frieden an, worauf die Erpedition über 
Gubg nad dem Vaterlande zurüdkehrte, um an bem durch Ras 
poleons Ruͤckkehr aus Elba neuerregten Gontinentallrieg Ane 
theil zu nehmen. 

Mebrigens enthält bas angekündigte Buch außer ben mili⸗ 
tairifchen Greigniffen manche interefjante Nachrichten über eine 
zeine Gegenden, 4.8. Jamaica, gibt ein anſchauliches Bild von 
dem Leben ben Chaktawsindianer, zu welchen, ald einem bem 
Sngländern befreundeten Stamm, eine Geſandtſchaft geſchickt 
wurde, ertheilt Kunde von manchem Seeabenteuer und iſt in eo 
nem angenehmen Styl geſchrieben. 86. 





Tübinger Liedertafel. Herausgegeben von F. Silcher. 
Erſtes Heft. Tuͤbingen, Laupp. 

Der Herausgeber dieſer Sammlung tft d eine treffti 
Bearbeitung alter und neuer Volkslieder für et Pr 
fang befannt, und aud in biefen WBlättern find bie von ihm 
herausgegebenen ſchwaͤbiſchen Boltsweifen empfohlen worden, wie 
denn diefelben immer mehr in verſchiedenen Gegenden auch bes 
nörblidhen Deutſchlands Cingang “finden und die muſſkaliſchen 
Kreife beleben. Das vorliegende Heft einer neuen und anders 
weitigen Lieberfammlung begreift vierfiimmige Sefänge von mehe 
rerlei Art, doch ſaͤmmtlich der Gattung angehoͤrig, welche ſich 
aus dem naiv ſchlichten Zone des Volkeliedes hervorgebildet hat 
in die fünftlihere, wiewol immer noch einfach⸗wuͤrdige Form 
ber mufllalifchen Gefelligkeit, welche dem Begriff und Charakter 
der, wie es fcheint, nun aus bem Norden audy in den Güden 
des deutſchen Baterlandes Übergemanderten Liebertafeln entſpricht. 
Dem Titel zufolge iſt diefe Sammlung ber alademifcyen Lieber⸗ 
tafel zu Zübingen gewibmet, und find wol bie einzelnen Chöre 
und Quartette aus dem Beduͤrfniß oder Wunfche diefer Geſell⸗ 
fhaft hervorgegangen. Die Weifen find nur zum Theil vom 
dem Derausgeber; andere hat er von Mozart, Karl Maria vom 
Weber, Konrabin Kreuzer, Friedrich Schneider, Bernharb Kleiw 
entiehnt. Der vierfimmige Gas iſt jedoch dei allen 10 Geſaͤn⸗ 
gen bem Sgeber eigen. Diefer hat auch hier bie Gew 
wandtheit und Innigkeit der Behandlung gezeigt, bie feine Be⸗ 
arteitung ber Volkslieder harakterifirt. Unter das Vorzäglichfie 
gehört die für vier Männerflimmen gefehte Hornpartie aus 
Seh Duverture bed „‚Breifchäg” mit untergelegtenr fanigen 


Redigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagähandlung : 8. A. Brocdaus in Leipzig. 


- Blätter 


> “ 0, für 


liferarifde U 


— Ds 


mE: 


Interhaltung. 





Freitag, 


— N 46 — 


15. Februar 1833. 





Zur Charakteriſtik der neuern engliſchen Romanpoeſie, 
mit beſonderer Rüdfiht auf Cooper's „Bravo“ 
und Bulwer's „Eugen Aram“. 

Zweiter und, letter Artikel.. 

Zortſetzung aus Nr. 4.) a 
Durch diefe Verfluͤchtigung ber Intereffen ben Regio⸗ 
nen der Poeſie ganz enthoben, greift Bulwer in ſeinen 

„Verleugneten“ wieder tiefer in das verworrene Men⸗ 

ſchenherz und in das Unheil, das deſſen Leidenſchaft um 

ſich her anſtiftet. Der genannte Roman iſt freilich noch 
kein geſchloſſenes Kunſtwerk; es fehlt am Merus und an 
dem leitenden Faden, noch weit mehr an Harmonie und 

Berföhnung, aber bedeutfame Menſchenbilder find ih gro: 

fen Zügen hirigeworfen, und die Teitende Grundidee, daß 

andy die verworfenſte Menfchenferie nicht zu tief für den 

Seraph der Tugend ſtehe, der in ihre Nacht hinabfteigen 

und fie erleuchten muͤſſe, beginnt ſchon hier, zum bittern 

GSegenfag gegen des Dichters Heimifche Wirklichkeit, fich 

geltend zu machen. Unter die Seftalten, die einen groß: 

artigen Eindrud machen, obfchon ihr Lebensfaden zu fehr 
ifofiet ſich abfpinnt, gehört Talbot, ber verzogene Sohn 
reicher aͤffiſcher Leute, dem das Ungethuͤm dee Citelkelt 
ſchon fruͤh tm die junge Seele gepflanzt wurde und wie 
ein böfer Dämon in Ihm erwaͤchſt, der alle feine Freuden, 
feine Liebe umd feine. Freundſchaft vergiftet und zerftört, 


bis fein Gemuͤth, durch das Unheil, das feine Setbftfucht 


angerichtet, tief erichüttert, jenen Wanbel in ſich erfährt, 
der ihn zur prubeflen Demuth, zum. entfchledenften Ge⸗ 


genſtuͤck gegen den verzehrenden Athen feines bisherigen 


Lebens ummwandet. Warner, ber junge ruhmlüchtige 


Maler, den der Kuͤnſtlereifer wie ein ſtilles, geheimes 


Feuer langſam, aber rettungslos vernichtet, iſt nicht min⸗ 
der ergreifend, wie Sohn Wolf, der conifche, gluͤhende 
Freiheitsſchwaͤrmer, der mit. biederer Ehrlichkeit’ uͤber das 
Unglüd und das Elend ber Hefe des Volkes in England 
bis zum Wahnfinn grübelt, wie Ihm abzubelfen fet. 
Ueber Mordaunt's und Iſabel's refignicender Liebe, Die 
durch aͤußere harte Umſtaͤnde herbeigeführt wird, fiegt ber 
Mebel des heimlichen Klimas, der jene verfchloffenen Ge⸗ 
ftatten fo unheimlich büfter umzieht. Dem Werke, als eis 


nem Ganzen, fehlt durchaus die zufammenfaffende Ein: 


heit ber Kimſtform; es ift “ein Convolut von allſeitigſten 
Reflexionen, eine magazinartige Niederlage von "Auen, 


was Bulwer ald Menfh, Dichter, Philofoph, Kunſtkritj⸗ 
£er, Politiker und Juriſt erfahren, gedacht, äußerlich und 
innerlich ducchlebt hat. Dee Verf. trägt ald Dichter den 
faltenreichen, uͤberſchwenglichen Surtout feiner landsmaͤn⸗ 


1 niſchen Mode, wie man denn in der That an dem Zu⸗ 


ſchnitt der Kleidung nicht weniger als aus der Form der 
Dichtwerke den Geiſt der Nationalität herausconftruiren 
und in England den faloppen, aber inhaltsfchweren Chas 
vater in beiden ebenfo wahrnehmen wie die knappe Dürfe 
tigdeit des parifer Fracks und Redingots mit der Schnitt: 
maare der franzöfifchen Vaudevilles und Thenterfarcen in 
Einklang fegen koͤnnte. 

Sm „Devereug” begegnen wir unter Bulwer's Wer⸗ 
Een zum erftenmal ber Form nach einem gefchloffenen 
Roman; die Nebenpartien find: weniger fchlotternd wie 
früher aneinander gereiht und ſchließen ſich fraffer an das 
Hauptthema, das fih aus dem Misverhältniß, welches 
das Recht der Erſtgeburt erzeugt, zu allen Schreden bes 
wildeſten Familienhaſſes entwidel. Morton, ber erfges 
borene Sohn des Haufes Devereug, entfaͤdelt von Anfang 
an vor unfern Augen bie Gefchichte feines Werdens. In 
fchnöder Lieblofigkeit von feinee Mutter zurüdgeftoßen, well 
er, im Aeußern von der Natur ſtiefmuͤtterlich ausgeſtat⸗ 
tet, überall gegem feine Brüder der Ueberwundene ift, wo 
es auf Reise und auf Anmuth einfchmeicheinder Perſoͤn⸗ 
lichkeit anfommt; von einem Sefuiten in feiner Jugend 
geleitet, der ihn anfangs für feine Pläne erziehen zu ins 
nen gemeint, ber ihn aber mit dem bitterften Haß zu 
verfolgen beginnt, weil er fi von feinem Zoͤgling ent 
larot fiehtz von Jedermann zurüdgefcheucht und nur von 
einem alten fanft: und ſchwachmuͤthigen Oheim aus Mit: 
leid gebuldet, ſetzt ſich gegen feine Mitmenſchen jene Kalte 
Bitterfeit in ihm fell, die das Senkblei und die Sonde 
zur Prüfung eines Jeden wird, ber fich ihm nähert. Sei⸗ 
nen Brüdern geiftig Überlegen, iſt er fortwährend ber Zus 
ruͤckgeſezte, felbft die Neigung feiner Geliebten fucht ihm 
der Nachgeborene abzugerrinnen, und duch bie Heuchelei 
des jüngften Bruders lange Zeit hintergangen, buch die 
Raͤnke des Jeſuiten um ben Vorrang in der Erbfchaft 


„betrogen, verdüftert fich fein Gemüth, das von den Lockun⸗ 


gen des Ehrgeizes ſchon früh geflächeft wurde, in der ver 
fchloffenen Tiefe feines racheduͤrſtenden Buſens, bis es 
aus der ſchweigenden Stille ſich losreißt "und ſich kuͤftet. 


186 


So eröffnet ſich dies doppelte Nachtſtuͤck eine furchtba⸗ 
ren Leidenſchaft, die, anfaͤnglich in ſich ſelber feſtgebannt, 
zur ſchroffſten Kaͤlte verknoͤchert und ſich dann in der 
Außenwelt, die dunkle Nacht der vereinſamten und erſtarr⸗ 
ten Trauer abſchuͤttelnd, eine maßloſe Befriedigung ver⸗ 
ſchafft. Morton wirft die Bande der ſtummen Vexzweif⸗ 
fung von fi, die ſtarre Verachtung foll flüffig werden, 
und nachdem er feine Geliebte durch die Greuel feiner 
Mitmenfchen verloren und am Heiligſten irre wurde, flürzt 
er mit jener krampfhaft Lächelnden Miene der kaͤlteſten 
Steichgültigkeit in dag Leben der großen Sündenwelt und 
eilt am der Seite eines geftürzten Staatsmannes, Gt. 
Sohn Bolingbrofe, ber, obwol er feinem England Alles 
geopfert, mit Hohn verftoßen iſt, nach Paris, dem Sam⸗ 
melorte Derer, die im Raufche bes eiteln und prunkvol⸗ 
"Ien Lebens irgend eine geheime Macht imBufen zu über: 
täuben fuchen, welche in ber Stille der Einfamtelt gum 
Befpenfte erwachſen möchte. Die prunfende Genußfucht 
am Hofe Ludwig XV., die Ausſchweifungen bes raffi⸗ 


nirten Wüftlingg Orleans, ber ſchimmernde Spott und‘ 


der gfeißnerifche Hohn, ber fih an der Vernichtung des 
Heiligen weidet, das ganze abſchreckende Gaukelſpiel ber 
ſich vermwüftenden, ſich ſelbſt abitumpfenden Leidenfchaften 
in dem parifer Goterieleben, deſſen Strom feine trügerifch- 


glatten Fluten ſcheinbar heiter fortzieht: an all dieſen 


Erfheinungen eines verirrten Außendafeins, das den ver: 


düfterten Infulaner als Gegenſtuͤck feines Innern Zuſtan⸗ 


des reizt und feffele, übe Morton den Stachel feines 
Witzes, bis er im Schauder vor dem verzehrenden Atheis⸗ 


mus, der ihm mit taufend Bildern der Lüge umfchwiret, - 


und vom Echafchen bes Merthlofen uͤberſaͤttigt, bie alte 
Herzens einſamkeit wieder in fich verfpürt, deren Sehn⸗ 


fucht nach einem Goͤttlichen In irdiſcher Geſtalt dem Be 


wußtfein eines geficherten Friedens nahe führt. Er be 
finnt fih auf die ihm inwohnende edlere Kraft, verläßt 
Paris, ficht Rußland und die Schöpfungen des großen 
Meter, gewinnt fih ben Glauben an die Möglichkeit ei: 
nes gefunden Dafeins wieder, fieht in Itallen den von 
Mahnfinn gefolterten jlingften feiner ' Brüder und kehrt 
endlich nad dem beimifchen Sige feiner Väter zuruͤck, 
wo fi) der Fluch, den man auf ihn warf, an den Der: 
raͤthern ſelbſt vollzieht. Womit viele deutfche Dichter Ihre 
Erzeugniffe oft überfluten — Gemuͤchlichkeit und ſtill 
begnligliche Friedensliebe — das träufelt in Bulwer's Ro: 
manen nur in Heinen Perlen vom Tropfſtein des harten 
Schmerzes, und die Spuren eines feelenreinen Stilllebens, 
die gegen die verwilderten Leldenfhaften contraſtiren, find 
im „Devereup” nur fparfam zeeflreut. Richard Cromwell, 
der tefignicende Sohn des Protectors, gehöet unter An: 
dern zu ben Siguren, die der Zauber der gefättigten 
Ruhe umſchwebt. Sonft iſt noch viel fpröde Härte in 
den dunkeln Geftalten, die den Glauben an fie zerfiört, 
und der junge Heuchler Aubrey, ber jüngfte Sohn bes 
Haufes Devereug, iſt eine_völlig verfehlte Figur, deren 
Widerſptuͤche ſich ſelbſt aufheben. Ein ſchwachnerviger 
16jaͤhriger Juͤngling kann den Zahn der Eiferſucht, der 


An ihm nagt, nicht fo vollklommen verbergen, noch uͤber⸗ 


Da 


haupt Die Maske bes fanften und hinbruͤtenden Froͤmm⸗ 
lers ſo conſequent wie Aubrey ſich anheucheln. Um ſo 
ſtoͤrender wirkt eine ſolche Geſtalt, welcher der Dichter 
zu viel zutraut, wenn ſie zum Hebel des Stoffes dienen 
ſoll, und dieſe Ruͤge verhindert mich, dieſen Roman fuͤr 
ven bedeutendſten unter Bulwer's Werken gu halten, mie 
dies von einer kritiſchen Stimme in England ſelbſt vers 
lauten wollte. Die hiſtoriſchen Elemente, bie der „Deves 
eur” in fih aufnimmt, find als bloße Träger der fubjec 
tiven leitenden Idee zu wenig um ihrer ſelbſt willen bins 
geftelt, um das Merk von der Sphäre des Familienro⸗ 
“mans ausſchließen zu dürfen, und es fragt ſich, vb des 
Dichters gloomy enthusiasm, womit er die innern Ges 
wirrniſſe des -Seelenlebens am beimifchen Geſtalten zu ent⸗ 
raͤthſeln ſtrebt, ſich klar und gluͤcklich in fremde, hiſtori⸗ 
ſche Objecte zu verſenken und dieſe aus ſich ſelber zu con⸗ 
ſtruiren im Stande iſt. Walter Scott's ganz eigenthuͤm⸗ 
liche Bedeutſamkeit, die eben in ber Kunſt beruht, das 
Object ber Welt, ſelbſt wenn es der fernften Zeit und 
ber fremdeſten Dertlichkeit angehört, in ſeinem freien, fich 
ſelbſt bewegenden Leber plaſtiſch gerundet hinjuftellen, tritt 
und hier recht in feiner gefunden und füfchen Schöpfers 
kraft erfreulich entgegen, und. in Deutſchland, two dieſe 
geſchichtliche Buldnerkraft unſern hiſtoriſch⸗roniantiſchen 
Dichtern noch eine neue Äft, duͤrfen wir in dieſer Hinficht 
| Witibatd Alexis „Cabanis“ zuverſichtlich begrüßen, . 
| _. Sn „Paul Clifford‘ bemegt fi der Stoff ganz, um 
| London ia, dieſe Amme des des und Mutter Dee 
aufgefleilteffen Pracht, dies Reſiduum und dieſer Brenn⸗ 
punkt aller bis zum Wahnſinn aufgeſtachelten Contraſte 
des Menſchenlebens iſt das eigentliche. Thema dieſes merk⸗ 
würdigen Romans. Wir erfahren den Zauber furchtba⸗ 
rer Gefahren in uns, der das Gewirre dieſes großen Ba⸗ 
bylons umſchwebt, und finden +6 begreiflich, wie. Lord 
JBolingbroke *), der vielfach werjloßene, vielfach fich ſelbſt 
verbannende Staatsmann. ſtets mit neuer, ebenfo ſchwer⸗ 
müthiger als inniger Sehnſucht nach der Themieftadt, 
diefer zum Stein. geweinten Niobe, wieder hineilte, um 
alle die herzzerdruͤckende Dual des großartig büftern Les 
benß, mit ber fein Gemüth verwachſen war, nen Neuem 
in ſich zu erfahren. Bulwer entfäbelt hier bald mit bit 
term Sarkasmus, bald mit vergehrender Truͤbſal ‚ben ver 
| Ihlungenen Knaͤul des heimifchen geſellſchaftlichen Buftane 
bed, den Knechtsſinn und die Gewinnſucht, den Mober 
ber Armuth und den Schauprunt der Vornehmen; ex 
[pürt der Quelle des Unhells nad, das bie Macht ber 
Beit fanctionicte, und indem er aus dem Keime die vollen⸗ 
dete Frucht erwachſen laͤßt, entfaltet er vor unſern Biden 
ein erhabened Trauerſpiel. Der Roman ift. zugleich ein 
tieued Bild des duch Eigennutz und Selbftfucht der hans 
beinden Machthaber durchhöblten Gebäudes der englifchen 
Gerichtsverfaſſung. Wo Armuth fuͤr Verbrechen gilt, da 
witd der Arme zum Verbrecher, und fo tritt der junge 
‚Paul, arm, freundios, ohne Heimat, ohne Namen, ſchlim⸗ 





| 4 olingbzofe's. Leben {n 'Gotbfmith’4 Mioos —* ne. 
fugitive pieces’' (kondon 1774), Bd. Du, ©. 82 (9. 


4187 - 


mer noch als eine Waiſe, ber Sohn einer Dirne, bie der 
unbekannte ‚Vater verleugnete, in bie feindliche Welt. Mit 
dem Fluche eigenfüchtigen Strebens und der Sucht nach 
raſtloſer, alles Wagniß freudig begrüßender Thätigkeit bes 
haftet, erklärt er einer Gefeggebung, die ihn zuerft ans 
-feindete, den Gegenkrieg. So lange zwifchen einen Morde 
und einem Diebftahle, den der nagende Hunger der un: 
gurechnungsfähigen Verzweiflung abnöthigt, kein Unter- 
ſchied obwaltete, und die fehlende Weisheit des Geſetzes 
durch Grauſamkeit erſetzt werden ſollte, ſo lange mußte 


die Geſetzgebung durch den Hohn, den ſie gegen die Ver⸗ 


irrungen der Menſchheit übte, ſelbſt Verbrecher erzeugen. 
Vielfach umhergetrieben in dem Schmuze der Armuth, 
vielfach verſtoßen und gemartert, wird Paul Raͤuber, „ein 
Hochtord, ein trotziger Abfoderer der Boͤrſen“, wie es in 
der Kunſtſprache heißt, zum Gegenſtuͤck der liſtigen Beu⸗ 
telſchneider, die fih „Whigs“ nennen. Der Stufengang 
feines Innern und dußern Werdens offenbart den vollen- 


‚beten pfpchologifchen Dichter. „Paul Clifford“ ift aber kein 


bloßer Raͤuberroman in modernem, nordifchem Elemente; 
vielmehr ift die Parallele zwifchen den Anreizungen, ber 
Geſinnung und der Laufbahn eines Raͤubers und der 
ebenfalls langſam reifenden Entwidelung eines raffinirten 
Diener der Gerechtigkeit, der durch Beſtechung ‚ins Par: 
. umest kommt, durch Deuchelei ſich hebt und feinen In⸗ 
teiguen, durch die er, ohne die Popularität zu verlieren, 
der Krone dient, Ruhm und Wichtigkeit ‚verdankt, die dia⸗ 
lektiſche, ebenſo ſcharfſinnig als ſchneidend durchgeführte 
Tendenz des Werkes. Und dieſer Lord Dberrichter, Sir 
William Brandon, iſt kein Anderer als Clifford's Vater. 
In der Gerichtsſcene wird der gefangene . Räuberhaupt: 
‚mann von feinem eignen Vater, der ihn zu Dem machte, 
was er iſt, weil er ihn unter bie Hefe des Volkes ſtieß, 


verurtheilt. Mitten in dee Verhandlung, wo Beide ans. 


fange, ohne zu ahnen, welches Band der Natur fie um: 
ſchlingt, anklagend und fich vertheidfgend gegeneinander 
ſtuͤrmiſch eindringen, erfährt Brandon, daß er den Sohn 
vor fidy fehe, der vergebens die Strenge des. Gefeges zu 
überwinden verfucht. Hart wie des Geſetzes Buchſtabe 
iſt Branden’s verfteintes Derz; das Urtheil wird gefällt, 
der Richter zieht fiegreih von bannen, aber die flarre 
Seele laͤßt auch den Koͤrper plöglich flare und tode Die 
grauenvolle Bedeutſamkeit diefer Kataftrophe bei aller ins 
nern und aͤußern Wahrheit der Darftellung- iſt bewun⸗ 


dernswürbig. (Der Beſchluß folgt.) 





‚Briefe Über Erziehung von Elifabetb Hamilton, 
Aus dem Engfifhen von Friedrich Kart Meier. 
Zwei Theile. Jena, Scommann: 1832. 8. 2Xhle. 
6 ©r. 


ec. ift gewohnt, den Zitel jedes Buches genau gut leſen, 
von allen Seiten zu beleuchten und ſich zu Tragen: Mas wüͤr⸗ 


deft und koͤnnteſt bu über diefen Gegenſtand ſprechen? In wels 


&er Drbnung wuͤrdeſt du das Gehachte vortragen? In weis 
dem Zone müßteft du fchreiben, wenn dem .Eefer ein deutliches 
Bid vom Ganzen vorſchwe 7 
Sqlußwort oder Beides kommen ma an bie Retihe. Hier 


Richt einmal der Titel des 


‚einfiimmen. Sn der am 


ben Sollte? Die Vorrede oder das 


fat er bie Ertiarung bes Verf. äber ben Zweck und Inhalt 
bed Buches und freut ſich, wenn der Verf. feinen a 
möglichft nahe gefommen, ober auf zweckmaͤßigere Weiſe feinen 
Segenſtand behandelt. Gr lieſt fodann das Buch vom Anfange 
bis zum Ende und beachtet die Treue, mit welcher der Verf. 
an ſeinem Gegenſtande gehangen, die Tiefe, mit welcher er ihn 
erſchoͤpft, das Gewand ber Sprache, das er ihm umgehangen. 
Je nachdem er nun bad Alles mehr ober minder findet, motis 
— *. fein Uctheil und legt es unpartelifch den Augen feiner 

‚ @Rec. las ben oben angezeigten Titel und dachte: Er läßt 
viel unheftimmt. Wird das Ganze fich in dem — —2— 
ber Etziehung ergehen oder ſich ein beſonders abgegtenztes 
Stuͤck deſſelben zum Anbau waͤhlen? Es ſind Briefe von einer 
Dame in England; der Mann erzieht den Mann, das Weib 
das Weib. Doch wahrſcheinlich uͤber weibliche Erziehung? Der 
Rame Hamilton klingt englifh; aus dem Englifchen überfegt 
ind Deutſche? worttreu ober frei? Wird und kann, was auf 
engliſchem Boden gedeiht, auf deutfchem fortlommen und Srudt 
tragen? Wäre es nicht beffer gewefen, diefe Briefe in einer 
freien Bearbeitung den Deutſchen zu geben? , 

Run, eine Borrede wird fich über dies Alles ausfprechen. 
Wo ift fie? wo ein Schlußwort? Nirgend. Welchen Grund 
tann ber Ueberfegen haben, bavon ganz zu ſchweigen, ohne 
Gruß in die Welt und ohne Abfchied aus berfelben zu treten? 

englifhen Originals iſt irgendivo 
angegeben. Rec. beſchleicht dee Gedanke, als wolle ung Herr 
Meier feine Anfichten über Erziehung mittheilen. Dem fei 
nun wie ihm wolle; wir halten uns an Das, was wir im 
Buche finden. ' 

‚Der weiblichen Erziehungsfunde gehört das Buch wirklich; 
es eignet ſich für wahrhaft gebildete, nicht blos fih fo nennenbe 
und dünfende Mütter. ‚Schriften biefer Art zählt die Literatur 
grade noch nicht gu viele, welche den Müttern ihre Pflichten 
pfochelogifh und empieifh and Herz legen. Vollkommen eins 
verftanden find wir mit der Verf. — wir haben uns überzeugt, 
bag eine englifche Mutter die Briefe gefdjrieben bat, daß ber 
Beruf. ber Mutter die erfte Erziehung ber Kinder, ganz vor⸗ 
zuͤglich der Töchter umfaffe, biefe fhon früh begonnen werben 
und über bie Gindrüde wachen müffe, welche das Kind ems 
fängt, daß fie bie Bildung bes Verſtandes und erzend mit 
gleicher Sorgfalt fördern - und diefelbe von der Mioße völlig uns 
abhängig fein muͤſſe. Der erfte Eindruck "bleibt; von . ihm 
hängt bie richtige oder falſche Worftellung der Gegenftände und 
von biefer mandye Eigenfchaft des weiblichen Charaktere, z. 8. 
Schreckhaſtigkeit, Furcht, Schüchternpeit 2c., ab. Wenn aber 
©. 31 die Furcht vor dem Tobe allein von dem erſten Gindrus 
de, welchen ein unter fchredtidhen Umftänden Sterbenber ges 
macht haben foll, abgeleitet wird, und daher das Wermeiben 
der Grinnerung an ihn bie üble Gewohnheit, dad Seine nit 
bei Zeiten gu ordnen, zur Kolge haben fol, ſo kann Rec. nit 
hefien erwachenden und am fi 
teten triöfchenden Liebe zum Leben, welche bie ewige Weisheit 
dem Menfchen einhauchte, liegt ber Keim der Furcht vor dem 


Scheiden vom Leden, das taufend Umftände erleichtern der 
ſchweren, bie Hoffnung ‘ any 


dem Chriften verfüßen kann. Ganz 
laͤßt fie ſich dem Gemuͤthe nicht entwinden. Voͤrurtheile, Lei⸗ 
denſchaften, Haß ſind ebenfalls Kinder der erſten Eindruͤcke, und 
Wachſamkeit der Muͤtter erſte Pflicht uͤber jene, bie fie erzeu⸗ 
‚gen. Daß vorzügtich Kinderftuben umb Muhmen die. Schu 


‚tragen, iſt wahr; aber bie traurigen Folgen koͤnnen abgewehrt 


werben, wenn ihnen ein ernſtes, feftes, verftändiges Betragen 
bes Waters und der Butter gegen das Gefinde, das "eben durch 
‚feinen Umgang jene Fehler foͤrdert, "entgegentritt, namentlich in 
angefehenen Haͤuſern. Recht viel Gutes und Wahres enthält 
ber fünfte Brief über die Nachgiebigkeit ber Aeltern gegen bie 
‚Kinder und deren Gigenfinn ſowie über die Mittel, bas Kind 
davor gu bewahren oder dagegen ficherzuftellen. Ungern vers 
mißt Hier Rec. bie von der Erfahrung abgezogenen Mittel und 


188 N 


‚Wege, auf welchen ein krankes Kind von jenen fem gehalten 
wird. Dies gehört in die paͤdagogiſche Gafuikik, für,beren Ans 
bau Salzmann in feinem noch unübertroffenen „SKrebsbücdlein” 
‚arbeitete, nur nicht zum Gebrauche für gebildete Mütter. Mo: 
gen diefe „Malwina' von Dinter lefen und beberzigen! Treff 
"ih und ganz aus ber Erfahrung geſchoͤpft ift im fiebenten 
Briefe das Raifonnement über die Dinberniffe des Wohlwollens, 
. bas Gefühl für Recht und Unrecht, Unterordnung bes weiblichen 
Geſchlechts, die Würde beider Geſchlechter, das Zartgefühl, bie 
Bewahrung der Reinheit des Herzens und die Beſcheidenheit. 
Wir können bier Das, was uns weniger beflimmt und deutlich 
ausgebrüdt fcheins, nicht bemerken, am wenigſten aber bie. Bor: 
urtheile näher würbigen, welche aus ber Unterordnung bes weib⸗ 
lichen Gefchiechfes hervorgegangen fein follen. Hier ſcheint der 
englifche Boden Dornen und Difteln zu tragen. Bemerkt man 
wol in gebildeten beutfchen Familien aud nur die geringfte 
Spur bavon? Die fittlihen Eigenfchaften beſtimmen ben Werth 
des Menſchen. Sind diefe beim Manne und Weibe einander 
gleich, fo ftehen beide auf Einer Linie der. Achtung. Gegenfei: 
tige Liebe ift die Frucht fittlicher Gleichheit. Nur als Haus: 
"frau dürfte das Weib aus mehr als einem Grunde unterge: 
ordnet fein. Alle Mütter gedt ber neunte Brief an, der 
vom guten Zone, Ehrgeize, dem Streben, Bewunderung zu er 
zegen, der Putzſucht und Eitelkeit handelt. Der Urfprung und 
‘die verderblichen Folgen biefer Beiteigenheiten ber weiblichen 
Welt werben erfahrungsmäßig nadıgewiefen, die beiten Gegenmit: 
tel angegeben und gelehrt, in wie weit mon bem Etrome ohne 
Gefahr für Sittlicgkeit und Wohlſtand folgen könne und nad 
veunünftigen Grundfägen folgen muͤſſe. Was in den zwei leg 
ten Briefen bes erfien Theils über religidfen Unterricht gefagt 
wird, unterfchreibt Rec. und bekennt, daß derſelbe früh begins 
nen möffe, damit Religion Sache bes ‚Herzens und nicht bles 
des Verſtandes werde. Das vom Kind unverflandene Wort 
über Bott liegt vieleicht ange in feinem Kerzen, ebe es wur⸗ 
zeit und keimt und Frucht trägt; aber ed trägt gewiß Frucht, 
wenn auch fpät. 

Sn den Briefen bes zweiten Theil hat ſich bie Verf. zur 

Aufgabe geftellt, die Kräfte und Anlagen des menſchlichen Geis 

fies kennen zu lehren und anzugeben, wie fie auf dem von ber 

Natur vorgezeichneten Wege gebildet werben Lönnen. Unſerer 
Anfiht von einem Grziehungsbuche für Mütter zufolge hätte 
es zuerit die Geiftesträfte in Betrachtung ziehen follen; fie 
find ja die Baſis, auf welche das Erziehungsgebaͤude auferbaut 
wird. Hiermit flimmt auch bie Verf. zufammen, wenn fie ©. 1 
bes zweiten Theils fagt: Der wahre Zweck ber Erziehung 
'fei, alle Kräfte und Anlagen unferer Natur zur böchitmögli- 
hen Vollkommenheit zu bringen, und zwar, fegen wir hinzu, 
vereint, wie erft ©. 5 erwähnt wird. Mit Recht ſteht hier 
das Auffaffungsvermögen obenan. Bon feiner Schwaͤche oder 
Staͤrke hängt die Mehr⸗ und Minderzahl, bie Deutlichkeit oder 
Unklarheit ber Vorftelungen ab. Mas bdiefes Vermögen, iſt's 
ſorglich gepflegt, leiften kann, beftimmt den Grab ber Bilbung. 
"Raum glaublich aber iſt's uns unb vielleicht auch vielen Ans 
bern, taß ein Kind von zwei Jahren eine ſchwarze und weiße 
"Kugel voneinander unterfheiben koͤnnen fol. (S. 27.) on 
ber Aufmerkſamkeit, bie wol eigentlich bie genauere Auffaffung 
eines einzelnen Gegenſtandes bezweckt, alfo wol unter jenem 
Auffäffungsvermögen begriffen werden konnte, fpricht die Verf. 
umftänbli und weißt nach, wie fie geweckt und worauf fie ge: 
richtet werben müfle, wenn fie als Grunbdfraft bie Bitbung der 
übrigen befördern fol. Richtige Wegriffe find der bee Schat 
für jeden gebilbeten Wenfhen. Sie werben durch gute Leitung 
bes Auffaffungsvermögens, durch Richtung der Aufmerkfamteit 


auf die das Kind umgebenden Gegenftände erzeugt. Gin Be⸗ 


griff umfaßt Zweierlei: die richtige Auffaffung und das ber 
‚Wirklichkeit ganz dee Bild des Begenftandes. Einer weitern 
"Ausführung bedarf's Hier nicht; wol aber barf bie Beſchreibung 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshanblung: F. A. Brodbaus ig Leipzig. 
“ “ . [7 a N 


eines Begrifft in ben brei ber Betrachtung dieſet Weimdgens 
geweihten Briefen nicht fehlen. Oder fol diefe S. 60 zu lefen 
fein? — Inder Anweifung zur Bildung der Urtheilstraft kommt 
bie Verf. auch auf Dichtungen zu ſprechen, welche die Ginbils 
dung nur befchäftigen und die Urtheilstraft hemmen oder gar 
fhwächen. Ueber die jegt faft allein willfommenen Rovellen 
fäus fie ein nicht günftiges Urteil: „Da fehen wir, wie bie 
Einbildungskraft dieſer Schriftfteller die wenigen verworrenen 
Begriffe, welche fie zufällig haben, auf das abgefchmadtefte an» 


- einanderreiht; die Erfindungskraft wird auf bie Kolter ges 


fpannt, um Wirkungen bervorrubringen, denen die gegebenen 
Urſachen keineswegs gewachſen find, die Geſetze der Natur wer⸗ 
ben verlegt, bie Neigungen des Herzens zur Unnatur verkehrt, 
bie Srundfäge ber Sittlichkeit verachtet und das Gange in ein 
empfindſames Geſchwaͤt eingekleidet, weldyes dem gefunden Diens 
fhenverftande umbegreiflich if. Dennoch ift das Verlangen nad 
folgen Novellen bei allen Denen, beren Urtheilskraft nie gehbt . 
worden iſt, fo wenig zu befriebigen, daß dieſe Bücher und zwar 
nur dieſe fehr Häufig von jungen rauen gelefen werden, welche 
in kurzer Zeit Mütter von hoffhungsvollen Familien zu werden 
hoffen.” (S. 139.) Ginbildungstraft und Gefchmad werden bier 
nebeneinander geftellt und find doch fo verfihieden in ihrem 
Weſen und Aeußerungen. Der Geſchmack entfpringt aus ber 
urtheilskraft und hat großen Einfluß auf das Leben des em⸗ 
pfindlihern Weibes. Ihn ſchon im Kinde fo zu begründen, 
daß er mit den übrigen Kräften und burc deren Hülfe ein lies 
ber Ecbensgefährte werde, follte Beine Murter verfäumen. Durch 
Bildung und Wefriedigung des Ginnes für alles Große und 
Schöne, dur Muſik und alle andern Küinfte Heiterkeit, leich⸗ 
ten und frohen Sinn ihm anzueignen, ift Recht; nur darf dies 
fer Sinn nicht herrſchen wollen. Es kommen ſonſt leicht nach 
feohen trübe Stunden, die da rauben und mehr rauben, als 
jene gaben. Das Abftractionsvermögen und das Nachdenken 
nehmen bier die feste Stelle ein. Die Vortheile beider Kräfte 
find ebenfo unverkennbar als die Mittel, die ihre Vervollkomm⸗ 
nung befördern, anwendbar. Die Beſorgniß, daß durch eine 


‚höhere Ausbildung des weiblichen Geſchlechts fein Blick anf 


Haͤuslichkeit, Ordnungsliebe, kurz auf feinen hohen. muͤtterli⸗ 
den und hausmütterliden Beruf abgeſtumpft werbe, ift grunbs 
los. Die wahrhaft gebildete Mutter, wie wir fie Uns denken 
und ihr gleich viele in ihren Kamilien wirken fehen, wirb das 
ne quid nimis allenthalben meiben und in ihren Toͤchtern ebenſo 
feingebildete Frauen als forgliche Mütter und Hausfrauen erziehen. 

Empfehlenswerth ift diefe Schrift allen Müttern von Bil 
dung. Leſen fie diefelbe, manches Vorurtheil wird weichen, mans 
den Irrweg wird fie verzäunen und die Erziehung nad) ber Natur 
Iedren. Mir meinten im Gingange unferer Anzeige, eine freie 
Bearbeitung würbe biefe Schrift genießbarer gemacht haben, unb 
dachten daran vorzüglih ©. 80 u. 169. im erften Theile, wo 
der Ueberfeger auf ben Unterfchieb zwiſchen England und Deuifäe 


land fetbft aufmerffam macht. 





Notiz. 


Die Gewohnheit, mit dreimal brei zu trinken, bie heutzu⸗ 
tage wol nur in England und fodann in einem geheimen Orben 
gebraͤuchtich iſt, ſtammt bereits aus alter Zeit her. Man trank 
auf die Sefundheit der Geliebten, der anwefenben und abıwefens 
ben &reunde, wobei ber Becher im Kreife von der Rechten zur 
kinken berumging und nad der Zahl der Grazien und Muſen 
geirent wurde. Aufonius druͤckt biefe Trinkregel folgendermas - 

en aus: " 
Ter bibe vel toties ternos, sic mystica lex est 
Vel tria potandi, vel per tria multiplicandi, 
Mehr findet man bei dem alten Stuckius in feinen „Baftmahls- 
alterthmern“, &. 559. 160. 


oo | Blätter 


für 


2. 


Sonnabend, 


1 


lite rariſche Unter 5 altu ng. 








Zur Charakteriftif ber neuern englifchen Romanpoeſie, 
- mit befonderer Rüdfiht auf Cooper's „Bravo“ 
und Bulmer’s „Eugen Aram", | 
Zweiter und letter Artikel. 
Beſchluß ans Nr. 46.) 

In „Eugen Acam” entruͤckt uns der Dichter anfaͤng⸗ 
Uch den Qumulte dee verwilderten, fich felbft verwüften: 
ben Leidenſchaft. Während in feinen frühen Werken 
zum pofitiven Gegenfage dee dunkeln Gewirre fi nur 
fpurenweife vor unfeen Augen ein seines, finnig begrenz- 
6 und friedliches Stillleben erfchließt, bei deſſen Anblick 
dee anfgefieberte Stolz der Menſchenbruſt mit allem fel: 
‚nem Prunke in Zerniefhung zufammenfintt, macht Buls 
wer hier das freundliche Landleben einer Edelfamilie. in 
einer abgelegenen Grafſchaft zum weiten, gefälligen Vor⸗ 
Dergrunde feines Gemaͤldes. Ein Squire mit feinen bei 
den Töchtern in gemüthlicher Eintracht, drüben im ftillen 
Waldhaͤuschen ein fhüchterner Gelehrter, der im Um⸗ 
gange mit Büchern die Schäge feiner einfamen Weisheit 
‚bäuft, ein alter Corporal, der mit kühler Serle um Bache 
figt und angelt, die Befchäftigungen der Dorfbewohner, 
dem ruhigen Mandel der Natur ganz preisgegeben: über 
"dem ganzen Thale liegt ber aumuthige Friede eines ſchaͤ⸗ 
ferlihen Lebens in der Form moderner Verhaͤltniſſe. Und 
gleichwol nagt am ber ſtillen Blüte irgendwo ein verſteck⸗ 
tee Wurm. In dem einfamen Gelehrten, Eugen Aram, 
verfündigt ſich bei feinem erften Erfcheinen ein menfchen: 
Scheuer, bleiher, aber eblee und intereflanter Mann. Sein 
vergangenes Leben fcheint, ahne einer Jugendthorheit Raum 
‘gegeben zu haben, das ſich gleich bleibende Niveau eines 
:fanft erregten Stromes und ein fortwährendes Opfer der 
Wifſenſchaft gemefen zu fein. Bei alledem erregt feine 
Scheu vor Geſellſchaft, Teine Haft, Menfchen zu fliehen, 
amd das Merbergen feiner geheimſten Gedanken ein um: 
heimliches Befremden, das ſich zur peinlichen Angſt ſtei⸗ 
gert, je mehr wir den Sonderling kennen lernen... Haft 
allen Zweigen der Wiſſenſchaft hat er Bedeutendes abge: 
wonnen, unb wenn er von dem Syſtem der Sternenwelt, 
von den Meisen der Raturwiffenfchaften mit jener harm⸗ 
:Sofen Anmuth Tpricht, die wie ein Bunber feine leiden⸗ 
ſchaftsloſe Miene umfchwebt, "und der wißbegierigen Ma: 
deline, des Squire Älterer Tochter, ein neues Wunder 


= 


‚fit begehen zu laſſen. 


aus dem Gebiete des Natur⸗ und bes Geiſteslebens er⸗ 
öffnet, fo wirkt er. wie ein feiner Kraft bewußter Halb⸗ 
gest auf das ſtillſinnende Maͤdchenherz. Wenn nur feine 
Seibſtgeſpraͤche nicht wären! „Hier offenbart ſich ein ganz 
anderer Geift, dem Bodenfag feiner Seele entfliegen, eine 
laͤhmende Melancyelie, die ihren giftigen Brodem immer 
mehr von fih flrömt und eine Derzweiflung .an dem 
Motten einer allmächtigen Liebe verräch. Jene edle Gleiche 
maͤßigkeit, jene fanft umgrenzte und behaglich erwaͤrmte 
Stimmung, die er vor den Menfchen zur Schau trägt, 
ft nur eine Maske; hinter jener ruhigen Aleberlegenheig, 
die er mit Zalent geltend mucht, niftet deu. ſtarrſte Glaube 
an Prädeftination und Unentrinubarkeit eines Zufalls, der 
ihm doch zugleich mit der Nothwendigkeit bes Geſchicks 
identiſch daͤucht. Der Dichter verficht es meifterhaft, und 


biefen rounderbaren Menſchen in feiner monologifchen Ein- 
ſamkeit erſt fpärlich, damn immer näher und tiefer belau⸗ 


ſchen zu laſſen; die Angſt, die den Leſer um dieſen Geiſt 
befaͤllt, wird zur nagenden Qual, je mehr ſich das Grab 
ſeines Buſens oͤffnet, wo Glaube, Liebe, Hoffnung als 
Leichen ſchlummern, und je mehr er die traͤumeriſch⸗lie⸗ 
bende Madeline in die Kreiſe feines Daſeins heruͤberzieht. 
Es daͤmmert langſam heran; endlich wird es Mar, hier 


muß, um dieſe Zerſtoͤrung moͤgtich zu finden, ein großes 


Verbrechen zum Grunde liegen, Und fo if «8: Cugen 

Aram bat. in feiner Jugend einen‘ Mord begangen. Der 
Dichter hat: fig die fchwierige Aufgabe geftellt, einen fanfs 
sen, traͤumeriſchen Süngling, der, mit all feinem Sinnen 
in die. Tiefe wwiffenichaftlicher Forſchung verfenkt, nur 
durch eine einzige Megung feines Gemuͤths, die Sucht 
wach zufünftigem Ruhme, mit dee ihn umgebenden Melt 
der Wirklichkeit zuſammenhing, diefe Unthat, nicht in der 
Aufwallung des Zornes, ber Mache oder fonftiger Leibens 
ſchaft, fondern in der Abirrung einer gruͤbelnden Sophi⸗ 
Bang verlosen ia bie Auſchauung 
des Abſoluten, fühlt er fi ploͤtzlich von Mangel und 
Elend auf eine peintiche. Meile umdroht, die ihm fein 
finnendes Forſchen nad den Geheimniſſen der Wahrheit 
verbietet. Zum erſten Male blickt ex voll Verwunderung 
um fih und ſieht Tauſende uͤbermuͤthig die Güter ver: 
praſſen, weit ber Zufall fie deberhäufte, während er, dem 
das Auge Bottes mb das Ders des Welt fih zu er 


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ließen begann, aͤußerlich barben und innerlich entfagen 
—8* Fa * ihm ein Wuͤſtling in den Weg, der, an 
allen heiligen Intereſſen ein Verraͤther, nachdem er ein 
junges Maͤdchen zum Selbſtmorde getrieben, mit erbotg⸗ 
ten Schägen das Land zu verlaſſen gedenkt. Eugen Aram's 
ſittliche Empörung hilft ihm die Ueberzeugung befeſtigen, 
mit dee Hinwegraͤumung dieſes Unholdes ſei der Menſch⸗ 
heit gedient — und nebenbei dem Moͤrder ſelbſt. Zum 
innern Verſucher geſellt ſich ſchnell der aͤußere; mit Huͤlfe 
eines wilden, kecken Burſchen ſchafft er den Boͤſewicht 
bei Seite. Die Geſpenſter, die aber nun in Aram's 
Seele aufſteigen, laſſen ſich mit den Kluͤgeleien des Ver⸗ 
ſtaͤndes nicht beſchwichtigen. Er wirft ſich in den Tu⸗ 
mult des Lebens, bald darauf in bie Einfamkeit jenes 
Landhaufes in der Nähe von des Squire Edelfig. Die 
tiebende Sorafalt der edeln Menfchen gewinnt ihn ber 
Gefelifhaft wieder; das Grab feines Innern uͤberwaͤchſt 
mit Blumen; Madeline wird feine Braut; bie unheim⸗ 


tihen Stunden, in denen fie keine ‚Gewalt über ihn zu 


aben ſelbſt verfpürt, fcheuchen fie nicht zuruͤck; fie liebt 
In ee nutfvaken nur um fo geheimnißvoll tiefer. Die 
drohende Wolke des Unheils entladet fit) aber auf ihre 
Haͤupter an demfelben Tage, an welchem ihe Bund ge: 
fchloffen werden fol. Houfer, der Genoffe der Unthat, 
umtreift den Unglüdtichen, von Eigennutz getrieben. . An 
einer grauenhaften Nachtſcene überwindet Aram's Geiſtes⸗ 
‘größe bie rohe Wuth bee dringenden Mahnere, und «6 
gelingt ihm, die Habgier deffelben fire immer zu befriedi⸗ 
gen, indem er ſich felbft gegen ihn fichert. Da bricht das 
‚tödtende Licht über das Dunkel ber verſchwiegenen That 
von einer andern Seite herein. Des Squire Bruder, 
Godfrey Lefter, war feit vielen Jahren verſchwunden. 
Sein Sohn folgt jetzt den Spuren des Verſchollenen; 
Houſer wird betheilige gefunden; er gibt Kram für den 
Mörder an. Madelinens Liebe iſt unerſchuͤtterlich, bes 
Alten Freundſchaftsgefuͤhl unwanbeldar. In der merkwuͤr⸗ 
digen Gerichtsſcene entwickelt Aram, um die ſchwachen 
Beweiſe zu entkraͤften, das ganze Gewebe ſophiſtiſcher Be⸗ 
redtſamkeit, weil der Schein fuͤr ihn iſt und von der 
Aufrechthaltung des Scheins das Leben ſeiner Geliebten 
abhängt. Mit den hartem des: Argwohns ringend, un 
terfiegt ihre zarte Seele, und Aram offenbatt nun dem 
Sohne des Ermordeten feine - Schuld. Auf all diefen 
Situationen liege der Stempel ber innerften Wahrheit, 
und das ganze Gemälde, am fo vielfachen plaflifd, gedies 
genen Scenen reich, erweiſt eine durchdringende Spuͤr⸗ 
kraft der geheimſten Geneſis des fich vor ſich ſelbſt ver⸗ 
ſteckenden Menſchengemuͤths, die Bulwer einen bedeutſa⸗ 
men Platz unter den Dichtern ſichert, welche die Roman⸗ 
tie der Poeſie in der innern Ideenwelt ſuchen und finden. 
Ich kann nicht dee Anficht fein, daß der Deutſche ſich 
felbſt aufgibt, wenn er die ſubjective Indrunſt, die ſein 
Eigenſtes iſt und bleibt, mit dem Reichthum der objecti⸗ 
ven Welt zuſammenſchließt: aber ein identiſches Zuſam⸗ 
menſchließen muß es doch eben ſein, kein Verfluͤchtigen 
ſeiner tiefern Intereſſen und kein jaͤhes Umſchlagen feiner 


guten Gedanken gehabt, aus dem Schri 


Idee des Geiſtes abgefallenen, bios natuͤrlichen Außen 
welt. Die Verſoͤhnung des Subjectiven und Objectiven, auf 
welche die Philojophie unferer Tage feit Schelling bringt, 
muß fi auch auf dem Zelde der Porfie vollziehen. 

8. ©. Kühne. 





Geſchichtliche Nachweiſungen uͤber die Sitten | und das 


Betragen der tübinger Studirenden während bes 16. 
Sahrhunderts, van Robert. Mohl, ord. Prof. der 
Stautswiffenfhaften. Tuͤbingen, Sept. 1832. 


Der Verf. diefer alabemifchen Gelegenheitsfchrift Hat ben 
Frenvorratbe bes tübin» 
ger lniverfitätsardivs ſowie ber Stadt und des Oberamts 
Tübingen alles auf das oben angegebene Thema Bezügliche zu 
iummeln und mit Treue und Genauigkeit zufammenzuftellen. 
Er verfährt in rein chronologifcher Ordnung und läßt, ohne eine 
eünftliche Verknüpfung zu ſuchen, nur die Thatſachen ſelbſt fpres 
hen. Auf diefe Weife bleibt den Greigniffen der Zeit ihre uns 
getrübte Färbung; der Hiſtoriker und ſelbſt ber nach Motiven 
dürftende Romanfchreiber findet hier einen lautern und reichlich 
fließenden Quell. Bis jener ihn ergrünbet, diefer ihn abſchoͤpft, 
wolen wir dem Lefer mit Weglaffung bes Unweſentlichen einige 
ber intereffanteften Zeitbilder, die er abfpiegelt, vorbalten. 
Nach den Statuten von 1518 follte es zu Anfang des 16, 
Jahrhunderts auf der Univerfität gang menſchlich und geſittet 
zugeben. Die Decane aller Facultäten follen halbjährlich bem 
Fleiß und bie Bitten fämmtlidher Stubirenden ihrer Zacultät 
durchgehen, die Läffigen ermahnen, ganz Werborbene dem Ges 
nate zur Entfernung anzeigen. Wer die Predigt nicht beſucht, 
wer ſchwoͤrt, wer flucht, wirb vom Rector beliebig beftrafts 


‚Berbalinjurien unter Stubenten koſten 15 Kreuzer, Degen zuͤ⸗ 


den 22 Kr., Gefecht ohne Wunde 1 Fl., mit leichter Wunde 
2 Fl., Beleidigung ber Wächter wird mit 15 Zagen Carcern 
beftraft. Nachtlärm, Abendgänge ohne Licht, nächtliche Spazier⸗ 
gänge in Scharen find verboten. Unzucht wird zuerft mit dfe 
fentliher Rüge, im MWiberholungsfalle mit Relegation beftraft. 
Wirthshausbeſuch und Würfelfpiel werden mit Geldbuße unb 
Sarcerftrafe geahndet. Ueppigkeit in den Kleidern ift verboten, 
befonders pilei illi oblongi, quibus Turcica barbaries delecta- 
tur. Schmaͤhſchriften find verpoͤnt; Niemand foll ohne vorgäns 
gige Senfur des Rectors und der Decane etwas bruden laffens 
jeder Student foll feinen Privaticehrer, magister ober praecepton 
genannt haben. 
Diefe Geſetze Tauteten auf bem Papier ganz ſchoͤnz wie 
fieht «8 aber mit der Anwendung aus? Gchon im 3. 15235 
wirb geklagt, Lie Studenten feien gar zu lasciv und diſſolut. 
Sn Gang und Anzug gleichen fie ben Landéeknechten, tragen kurze 
Rödlein, die die Waden nicht erlangen, zerfchnittene und ges 
theilte Dofen, zerichnittene, getdeilte, mit Federn geſchmuͤcte 
Barete, nicht „wie fie Ehrlichen und Liebhabern ber Tugend‘ 
‚geziemen. Bon biefer Ehrlichkeit und Tugend find jedoch bes 
greiftich dispenſirt „Freiherren, Grafen und Zürften, welche fie 
ihrer Würden nad ber Hauptgezier, ber WBefleidung aber ‚Bere 
kommens gebrauchen mögen”. Der junge Abel fcheint diefe Eis 


.cenz in ziemlicher Außbehnung genommen gu haben. Da begeg⸗ 


nen wir (1532) einem Vitus Lung von Planef, ber eine Dirne 
unterhält, Bürger und Fremde beunzuhigt, Feine Vorleſungen 
befucht, ‚ungeläden zu einer Weingärtnershochzeit kommt, auf 


dem Spitalkirchhof den Philiftern ein Gefecht liefert. Kaspar 


Spät, Junker, bittet für ihn im Senat, und er wird „in ho- 
norem nobilium” begnabigt. Wenige Sage barauf betsinkt er 
ſich wieber mit dem edeln Schenk von Winterftetten (vielleicht 
einem Abkoͤmmling des Minnefängers), will den Wirth erſtechen, 
seht sub divo, auf bem Marktbrunnen figend. Wie fie hören, 


angeborenen Innetrlichkeit in die Materie der von der baß in des„Wuͤrzkramers“ Haus Tanz ſei, wollen fie das Haus 


41 


frärmen. Yuf: den Hatferuf bee Sürzkeaͤmerin eilen- bie Nach⸗ 
73 mit Spießen und Hellebarden herbei und verjagen „die 
ent⸗ — 

Inzwiſchen gingen auch die Einwohner, beſonders auch die 
Vornehmern nicht immer mif den Studenten um, wie fie ſollten. 
Als Mogifter Bolland und Gonforten mit einem brennenden Eichte 
bie Laute ſchlagend umhberziehen (Dec, 1549), flößt Einem von 
ihnen der Untervogt mit tem Echweinfpieb ins Geſicht, ſchlaͤgt 
den Andern mit dem Blechhandſchuh auf den Kopf. Derſelbe 
kommt wieber mit Studenten in Streit (März; 1550), als biefe 
auf Kübeln trommelnd auf die lange Bruͤcke ziehen. Später 
(156%) beſiehit der - Untervogt ˖ den Waͤchtern, alle Studenten, 
„weiche Unfuhr hätten, wie Saͤue über den Haufen zu ſtechen“. 

Sm Mai.1564 .entfegt ſich der Senat Über die Edelleute, 
Lie neuerlich angelommen, wegen ihrer „Brutalhofen und Bloß⸗ 
geſaͤß⸗ (nadtn H—). Sie haben „foldy unfläthig und kriege⸗ 
riſch Kleid’’ abzulegen, widrigenfalls fie nidyt angenommen werben. 

Die Langweile erzeugte wie noch heutzutage allerlei Stu⸗ 
dentenunarten. Die einen flehlen Sänfe und werben bafür 
bei Waffer und Brot ins Carcer geſchickt; biefelbe Strafe auf 
10 Zage trifft (1557) den Zörg v. Hanau und ben Magifter 
Kalt, weil „fie wölen einander bie Zinger abfchneiden und 
darumb fpielen”. M. Roß gebt Nachts (Ian. 1559) mit 
einem Schweinſpieße aus und will den ihm begeguenden M. 
‚Heller damit fhlagen ; überhaupt Hält er fi „ungepürlich im 
Zechen, liegt in allem Luder, fchreit und floßt manchmal bie 
Fuͤß zum Fenſter aus”. 

Im März 1559 wurde ein in Tübingen fiudirender Pole 
erſchlagen, wie es fcheint, weil er eine ketzeriſche Abhandlung 
über die Dreieinigkeit drucken laffen wollte. Die Übrigen Pos 
len beffagen fich beim Herzog über bie Langfamteit der Unters 
ſuchung und drohen, das „homicidium bombardis vindiciren zu 
wollen”. 

Aus ben gemeinfchaftlich mit ber Stadt Tübingen entworf⸗ 
nen neuen Statuten yon 1575 erfieht man, daß manche Buͤr⸗ 
ger heimliche Trinkſtuben für Studenten halten; Wirthe laſſen 


” Zechfchulden auflommen, Apotheler verkaufen ben Stubdirenden 


Marcipan, Eonfect und „anders Schleckwerk““. Welſche Geiger 
und Gpielleute muficiren an ben Kofttifchen. In ber Mode 
find kurze gewuͤrkte Roͤcke und Mäntel, baufchende und Pluber: 
bofen, eiterfappen, gar breite oder fpigige Hüte, mit Bedern 
und Gträußen beftedt. Heimliche Ehen find unter den jungen 
Studenten nicht felten. 

Um jenes neue Statut zu verhöhnen, das ihnen bie Filz 
böte und die kurzen Mäntel verbot, tragen einige Stubenten 
jegt „lange Babmäntel, fammetne Hafensbedeiin unb Bader-hüte”, 
Die Freiherren und Grafen, bie. natärlidy ven ber Kleiderver⸗ 
srbnung ausgenommen find, nehmen ohne Weiteres auch ihre 
Diener von’ dem Gefete aus, Am 8. Nov. 1575 zeigt ber 
Kanzler dem Rector einen Studenten, ber „während der Pre: 
digt .mit einem ſchandlichen kurzen Rödlin im Chor geflanben‘, 
Gr wirb relegirt. 

Auffallend kann es erfiheinen, daß bie Reformation in bies 
fem ganzen Zahrhundert nicht ben mindeften Ginfluß auf bie 
Sitten der Studirenden ausgeäbt zu haben ſcheint, wie aus 
den trocdenen Actenauszügen, ohne daß ber Verf. ein Wort bar: 
über verliert, von felbft hervorgeht. Dagegen wirken: bie ſtren⸗ 
gen Statuten von 1575 wie zu Athen Drako's Geſetzgebung: 
Wöllereg und Unzucht, ja „Mord und Todſchlag nehmen auf eine 
Schrecken erregende Weiſe überhand. Gin gottlos Welen, wie 
in Sodom und Gomorrha” reißt ein, wie der Untervogt im 
Senmer 1577 klagt. Der Senat jammert, baß „tes C. Puckers 
Hure wieder angelommen und zu beforgen ſei, daß fie wieder 
profticire”. Wald treiben bie Studenten in Faſtnachtstracht Un⸗ 
fug,, bald gehen fie im Hembe durch die Straßen. Einem Hafı 
nergefellen wirb der Daumen aus ber Hand gehauen (1576); 
ein Nniverfitätsverwandter wird ermarbet gefunden (Jul. 1578), 
Mantel, But und Dot liegt bei dem Leihnam, und body ent: 
deckt man ben Thaͤter nichts ein tübinger Bürgersfohn wird 


von einem Gadyfen bei einer Sochzeit 
Daß dies fo Leicht gefchehen Eonnte, begreift ſichz denn „die 
studiosi fommen wie bie milites mit ihren Brarfpießen zu 
Tiſche, bie fie immer unter dem Arm tragen, wie wenn fie 
dreinfchlagen müßten‘. Dabei tranken fie entfeglich. Dex Witwe 
Megelin wird bas Kofthalten gänzlich verboten, weil fie ein 
Trinkgelage geftattet hatte, bei welchem 16 Gäfte 50 Maß 
Wein getrunken, unb bei bem man den M. Konigſpach auf 
dem Scieblarren heimführen mußte. Seine Kameraden aber 
ſchuͤtteten iym unterwegs noch Wein ein (1534). Solche Schmäufe 
hießen Kränglein. &ie werben ftreng- verboten. Die Studen⸗ 
ten entſchaͤdigen fih durch Zrinfgelage in Derendingen unb 
Rottenburg, wo fie fi mit Katholiken und Pfaffen prügeln. — 
Stud. Hügel fticht einen Andern fo, „baß bie Gebärm bie auf 
ben Boden bangen” (1586). Jörg von Ehningen ift bie „P®- 
stis studiosorum”. Trotz ber vielen Carcerſtrafen ift der Pedell 
mit „feinem Basen Lochgeld’’, bei dem es die Herren vom Ges 
nat bewenben laffen, nicht zufrieben., Einmal paſſirt es ihm 
gar ſelbſt, daß er wegen Nachlaͤſſigkeit bei einem großen Studen⸗ 
tenaufruhr (1583) auf zweimal 24 Stunden ins Garcer Ecmmt. 

Große Sorge macht dem Senat auch das Läfterliche Flu⸗ 
chen und andres ruchloſe Weſen ber Studenten. Abraham 
Wolfskehl von Speier wird vom Hector ins Garcer gelegt,, 
weil er um Mitternaht auf der Straße greulich Gott geläftert, 
ald nämlich „hundert taufend Donner: Sacrament” und „das 
Feuer foll vom Himmel fallen”. Zwei Studenten, melde (1587) 


erfjlagen (Dec. 1579). 


das Iractätlein vom Fauſt (eine Komäbie) gemadt, werden 


auch ins Garcer geworfen. Vier antere trinken in des Henkers 
Haus 22 Maß Wein, begehren fein Schwert zu (eben and eis 
nen Strick von ihm zu erhalten. Sie werden, „weil ſie greu⸗ 
lich belinquirt‘, auf einige Wochen ins Carcer gelegt. Im Sen: 


‚nee 1594 wagen es gar bie „Herren Grafen und Freiherren“, 


bei Nacht Schlitten zu fahren, „res nova, nec sine periculo”. 
Der Stud. —* iſt ‚„acorrigibilis”, bat auf dem Tanz⸗ 
hauſe Haͤndel ange angen und iſt die Treppe hinabgeworfen wor⸗ 
ben. „Auch babe er einen ungewöhnlich böſen Fluch gethan: 
Stern e Sacrammt”. Ein Studioſus, Ramens Leipziger, vers 
ſchreibt ſich, weil er 200 1. Schulden hat, gar dem Teufel; 
bei ber Unterſuchung erftärt er: „er habe e8 nur auf 2 Zahre 
mit bem Zeufel treiben wollen, und wäre er geflorben in dieſer 
Beit, fo hätte er vorher ihm abgefagt und ihm erflärt, ex babe 
einen andern ‚Helfer, Jeſum.“ Aber der Zeufel hatte biefen 
Leipziger bob am Kragen: im an. 1597 wird angezeigt, daß 
ee in Wirthshäufern brei fülberne Becher und drei Löffel geftohlen. 
Run wird peinlich gegen ihn verfahren. 

Mitten unter biefen Greueln begegnen wie zur Erholun 
auch einer ſentimentalen Liebesgeſchichte. Des berühmten Puh. 
Martin Crufius Töchterlein, Theodora, bat eine ehrbare Lieb⸗ 
ſchaft mit M. Heder und verſpricht ihn die She. Der Vater 
wit aber nichts von ber Heirath willen. Der Liebhaber wird 
vom Senate vorgefodert und erfiärt: „bie Dirne babe ihn erft 
bewegt und angefprocdhen, ihr bie Ehe zu verfprechen, und ihm 
eins darauf unb baraus getrunken; woll fie aber sub conditione 
verlaffen, daß ihm kein Rachtheil daraus entſtehe. Geb's ihre 
aufs Gewiſſen.“ Theodora erklaͤrt: „Sie koͤnne ihn gar wohl 
laſſen; wolle es aber nicht auf ihr Gewiſſen nehmen, ſondern 
ihrem Vater folgen.“ (8. Sept. 1599.) ‚Aber am 12. Sept. 
wird das Pärchen doch wieder unter ber Hausthäre ertappt. 
Cruſius beharrt dei feiner Weigerung. 

Das Iente Factum, mit welchem bie Schrift ſchließt, iſt 
ber Amazonenftreih eines Maͤdchens, bie, von ihrem Freunde 
Eellius verleitet, einem Studenten, auf ben er eiferfüchtig war, 
ein Mefler in ben Hals flicht. Gellins, der fich geflüchtet bat, 
wird relegirt. 

Der Sammler wendet fi) von ben „keineswegs immer ſehr 
tobensiwertben Sitten einer Längft entſchwundenen Zeit” zum 
Lobe der Gegenwart, wozu er als Verkuͤndiger des Eöniglichen 
Geburtöfees gerufen war. 168. 





— 


392 
J wollten, gu Umitken, fonbefti fi zur Wortiefung der 


—Zur Geſchichte Polend. 


Die Berhandlungen des polnifchen Reichſtages, von dem Tage 
ber Beſtuͤrmung Warſchaus bis zu feiner legten Sitzung⸗ 
Aus den ungedrudten polnifhen Protokollen überfegt un 

als em authentifher Weitrag zur Zeitgeſchichte mitgetheilt.- 
Gtattgart, Gotta. 1832. Gr. 8. 18 Gr. 

Ein intereffanter Beitrag zur neuern polnifchen Geſchichte, 
der das bis auf ben lepten Augenblick würbige Benehmen der 
Vertreter des durd die ſchaͤndliche Selbſtſucht Krulewiedi’s 
verrathenen polnifchen Volkes in das Heufte Licht Het. 

Voran geht eine Darfleilung bes Benehmens Krufowiedi'ä, 
vorzüglich gegen ben Marfchau der Eanbbotenfammer, Wladis⸗ 
laus Oftroweli, gegen ben Jener bei ben leuten Unterhanblunes 
gen mit dem ruſſiſchen General Berg deswegen fo wütend war, 
weit alle feine felbftfückhtigen Bemühungen an deffen Patriotiss 
mus ſcheiterten. Godann folgen bie Reicdystagepretofolle vom 
—* in Warſchau. Fruͤh 10 Uhr machte General Prond⸗ 

4 
I, Pläglihen Bericht von dem Zuſtande des polnifhen Verthei⸗ 
Vigungsmittel, daß ſchon im Reichetage die Anſicht laut wurde, 
die Stabt capituiren zu laffen und durch Verlaſſen derſelben 
die Ehre des Reichtags zu reiten. Da fi aber vorzäglich bie 
Landboten Szaniedi, Niemojowsli, Swirski und Kochanoweli 
gegen jene Maßregel als des Reichſtags unwuͤrdig erfiärten, 
entfernte ſich Prondzinski, und die Landboten, ermuthigt durch 
Roman Soltyk, der aus den Verſchanzungen gute Nachrichten 
brachte, beſchloſſen Proclamationen an Heer und Volk abzu⸗ 
faſſen. In der Nachmittags 4 Uhr erneuerten Sitzung ſandte 
Krukowiecki feine Dimiffion ein, ließ fie aber unbemerkt wieder 
gurücnchnien und wurde auf einen erneuerten Klagbericht Pronds 
zinsti's zur Ginleitung von Unterhandlungen befugt erklärt. 
Endlich nach 10 Uhr durch Malachoweki von Krukowiecki's fei⸗ 
gem und ſchaͤndlichem Misbrauch jener Ermaͤchtigung benachrich⸗ 

tigt, trug ber Marſchall Oſtrowski auf ſeine Abſetzung und 

— Niemojoweli's Ernennung zum Regierungspräfl- 

n an. 

In JFolge ber durch Krukowiecki herbeigeführten, zwiſchen 
Malachoweti und General Berg abgefhhloffenen Militairconnen: 
‚sion verließen die Reichstagsmitglieder mit bem Heere die den 
‚Ruffen übergebene Hauptſtadt und verfammelten fi den 11. 
12., 14. und 19 September in Zakroſzym bei Modlin in einem 
Kapuzinerliofter. Krulowiedi’s Benehmen, der Wunſch, von 
den neuen Miniftern Aufliärungen über die noch vorhandenen 
"Hülfsgquellen der Nation zu erhalten, ber Beſchluß von bi: 
plomatifhen Noten für die auswärtigen Höfe wit entfchiedener 
DProteftation gegen Krulowiedi’s Verrath waren Dauptgegen: 
Hände ber Didcuffion- der Reichetagsmitglieder, die auch in fols 

em Unglücde noch groß genug badıten, ah ber Rettung bes 
öterlandes nicht zu verzweifeln. Doch bie Bitte des Oberbes 
fedlshabers ber Armee, Rybinsli, mit welchem General Berg aur 
nach Entfernung bes Reichſstags unterhandeln wollte, bewog 

Oſtrowsti, Zafrofzyen zu verlaffen und nad Ploc zu geben. 

Da während biefer Zeit die Rufien, burdy den Mebertritt des 

Ramorino’fchen Corps aach Deftreich bewogen, die zeitherige Ba- 


ſis des Unterhandlungen mit Rybinski aufgegeben und völlige Uns ' 
terwerfung verlangt ‚hatten, worüber bie von Ref. früher an⸗ 


"gezeigten „Mewmoires ofücielles sur ia Pologne’‘' den beſten 
"a Aluß geben, fo legte der Regierungspräfident Bonap. Nie: 
mojowäli fein Amt nieter, um bem Reichötage in dieſer Gefahr 
die Möglichkeit zu geben, bie ganze Militair⸗ und Givilgewalt 
in Eines Hände zu legen. Died geſchah in der legzten Situng 
ve Plod den 23. Gept., worauf Uminsi zum: Dbtefelb: 
herrn erwählt und Niemojowski wieder zum Regierungspräfiden- 
ten ernannt wurde, ba: Uminski die Civilgewalt ablehnte. 
Die Hoffnung, durch Uminski'g beabfichtigten Zug uͤber bie 
Veichſel mit ind Krakauſche zu kommen, bewog endlich "wach ' 
Tangen Debatten die Reihstagsmitglieder, ſich nicht, wie Sinige 


Redigtrt unser Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: J. X. Brodbaus im Beipzig. 


durch die Einnahme Wolas aller, Faſſung beraubt, einen . 


lungen ia die 
den befannten 
möglig war. 


» 
ft Kuatau zu dageden, was aber bei 
ſpaͤter eingetretenen Ungluckefaͤllen vicn, mie 





Das Gpechalgeriche, ober Frankreich im Jahre 1815, 
Ein Roman von &.$. von Bilderbed. Zwei Theile, 
Aachen, Mayer. 183%. 8. 3 Xhle, 


Der Verf. hat einen fehr guten Romanſtoff ſehr mitteluke 
Sig bearbeitet, wofern ihm hie Gefindung bes Stoffs Aberhnupt 
zufommt, was und nach triftigen, aus Gtyi und Darſtelung 
entiehuten Zweifeln zu verbürgen bebantlicdy ſcheint. Die inner 
Verhättniffe Frankreichs vach den gweiten Befamsation, der ep 
fene und heimliche Kampf ber Parteien unter einem liberalen 
König und einem verfoigungsfücgtigen Hofe, bie Kühnheit des 
Sieger, ide Troh gegen bie Gefege, und die Srfturrung, die 
Neſignation, die Muchlofigkeis iprer Wegner, die ſich befiegt fab 
ben, ber Verſuch anf dee einen Geise, das rollende Weltrad 
rüdwärts zu ſchieben, und das entmuthigte Beſtreben auf ber 
andern, ſich Liefer Bewegung entgegenzuftemmen, des Zuſam⸗ 
menbrach einer ganzen gefelfchaftligen Ordnung, und bie Mes 
‚mühung, die neusalten Geſeze derfeiben wieder zur Geltung zu 
bringen, vor allen Dingen aber der wiedererwachende Papismus 
und die exceptionnellen Gerichte: au Dies erhebt üvisfe Pe⸗ 
riode ber neuern Geſchichte Frankreichs zu einem fo frugtbaren 
Gedier des Romans, als der hiſtoriſche Romantiker nur immer 
begehien Bann. Die Gtemente diefer Zeit find zu Darflelungen 
diefes Art fo auffobernd, haß wir uns mit Recht wundern, ſie 
von den franzoͤſiſchen Romanſchreibern nicht häufiger und mache 
beffer benugt zu fehen. Bielleicht iſt die Grinnerung für fie u 
bitter, als daß jie zu einem @egenfland der Kunſtbildung werben 
tönntes um fo mehr Auffoderung hätten aber bie deutfchen Ro⸗ 
mandichter, fi dieſes Gegenſtandes zu bemächtigen, der fin fie 
gerade in der rechten Rahe und vechten gerne Uegt, um des 
Wirkung verfichert zu fein. Es wäre ein Stoff für Spindler. 

Der Verf. des „Sprecialgericht” mag dies erkannt habens 
aber ihm bat die Kraft gemangelt, den far überreichen Stoff 
känftlerifch zu geflalien. Was er uns ia fo außerorventlichen 
Zeiten zeigt, find gewöhnliche und verbrauchte Romanverhättniffe 
und Charaoktere: Tümpfende Liebe, verfolgte Unſchuid, bie nicht 
einmal fo ganz unfduldig ift, Kerter, Urtheilsſpruch uw. dgl. 
Wenige und nur Äußerft ſchwache Berſuche, uns die Denkweiſe 
der Parteien und. Glaffen, die Höhen und die Ziefen der Geſell⸗ 
ſchaft, die Wahrheit und das Hecht in jeder der kriegführenden 
Meinungen, Zielpunfte und Beflrebungen der eınzeinen ſtreiten⸗ 
ben Haufen zu zeigen, kurz, ein Bild der Zeit und ihrer ſittli⸗ 
Gen Geftalt zu entwerfen, werden gemadt; der Verf. begnägt 
fih mit den Details des Romane, mit der Liebes: und Leidens 
.gefchidgte feines Heiden, ohne dem höher liegenden Ziel des Sit⸗ 
tenmalerd, des Dichters, der, indem er ergögt, zupleich uniess 
richtet ,. nachguftreden.. Statt daher ein Werk zu liefern, am 
dem ſich ein gebiideter und gefczmadootier Leſer erfreuen fünner, 
hat er germöhnlihes Fatter für den Eefeheißgunger gehefrt, und 
Die Leihbibliotheken find es, für bie er gefchrieden bat. 

Untere fotchen Umftänden haben d. WI. keinen Anlaß, m 
eine nähere Anaiyfe feines Romans einzugehen, der ſich fein 
Eefepublicum ſuchen mag. Wir feugam nicht, baf die Scenen, 
wo Arfoıd vor feinen biulgierigen Richtern erfcheint, ein fo 
tebhaftes Intereſſe erregen, als beſtrafter Leichtſiun aur immer 
erregen kann; aber damit iſt auch Aues zum Lobe bes Buches 
gefagt, was ſich ſagen laͤßt. Die Darſtellung ‚erhebt ſich nie 
über das Triviale und Herkoͤmmliche, und der Styl mahnt alle 
zuſehr un eine ungeſchickte Berdentſchung irgend eines frauzdfle 
ſchen Drigiaals, als daß wir bie Theunahme der Leſer für dieſe 
Eeiſtung aufrufen Könnten. 38 

. Dlerzu Beilage Mr. %& 


ö— — — 


Beilage zu 





ben Blättern für literariſche Unterhaltung. 


Ba NR 16. Februar 1833. 





- Antiken. 
Unter dieſem Titel muß ich einige Bücher aufführen, bie 
plöglich wie alte fteinerne Maffen unter bie lebendige Welt ges 
Idobm werben. Bie gehösen einer lange vergangenen trauris 
ge Zeit an und riechen nach Moder und Gruft, als ob fie in 
Raͤbe der Todten gefegen. Es iſt wirklich bewunbernewerth, 
vis zu welcher Hartnaͤckigkeit der Starrſinn alter Leute ſich flei⸗ 
Sera kann; denn alt müͤſſen namentlich die Verf. der beiden 
Faerſt zu nennenden Buͤcher ſein; wie bie weinenden Kinder ers 
wibern fie auf ale Ermahnung und Belehrung: ich will aber 
nicht. Es kommt mid ein Grauen an, wenn ich die Büder 
wieder öffnen foll; ich meine, fie find aus ber Santa casa ents 
nommen, es ift ein erſchreckliches Maß yon Unmenfchlichkeit, von 
Imwmoralitaͤt, von Geiſtesſchwaͤche darin, obgleich bie. Hahne der 
Meorarttät in fhreienden Karben auf.ben Waften biefer Trans⸗ 
ʒortgine nah Botanpbap weht. 
r 


Binke für Regenten und Fe welche berufen find, Geſetze zu 
geben und zu vollziehen. Sulzbach, Seidel. 1832. 8. 8 Gr, 
Der Dann nennt ſich einen „Freund gefeglicher Freiheit“. 
Es fehauert den Befer, wenn er diefe Freundſchaft und diefe ge: 
fegliche Freiheit näher Tennen lernt. Es if ein chriſtlicher — 
mas man fo chriſtlich nennt — Drako biefer Herrs Strafe 
tigung, Kopf herunter‘. wenn das Volk nur mu! Die 
enſchen finb blos der Gefeke wegen ba, unb man muß eigent: 
feelenvergnuͤgt fein, fobald man fein letztes Stündlein her⸗ 
annaden fieht, daß man biefen zweifchneibigen Schwertern ents 
ronnen ſei. Das Leben wird eine fortlaufende Ang und Ges 
ahr; bie Terroriſten in Frankreich waren Schulbuben gegen 
iefen winfenden Herrn. Wenn bie Regenten diefen „Winken”‘ 
folgen, fo wird’$ etwas Reelles zu thun geben. Dieſer Herr 
meint dem auf, das fei eine Kleinigkeit geweſen, dieſe ganzen 
neuem Revolutionswirthſchaften wie die Kage im Gade zu em 
ſticken; er hätte das ganze Bischen neue Zeit ins Hundeloch 
eworfen ober in ben polnifchen. Vock gefperrt, und wir hätten 
ie nie gefehen, Es ift entfeglich, der Herrgott ſelbſt — follt’ 
ich meinen — müffe ſich fürchten, wenn ex ſolch einen Gefaͤng⸗ 
et das Quentchen Erde, Menfchheit und Zeit bers 
a icht. “ 

Bei Gelegenheit. des polniſchen Kampfes unb des Mitge⸗ 
fühle, was gr in Deutſchland erweckt, ift der Verf. mehre Zeilen 
lang außer ſich, wie tief das Chriſtenihum in Deutſchland ges 
funken ſei. Und das Alles hennt der Dann „Winte” — er if 
ſchlinnner Uhland's ſchwarzer Kitter, ber im- Kleibe von Ei⸗ 
fen ſchauerliche Weifen tanzt; wenn er einmal mehr ſchreibt 
ats „Winke”, datın Gnade uns Gott; er koͤnnte für Gefege und 
Politit Das werben, was Spieß, Cramer und Bulpius in ih: 
rer ſchauerlichſten, unterirdifhen Epoche für den Roman murs 
ben. Der Himmel möge diefen grimmigen, abgefchiedenen Geiſt 
derfäßnen! . nn 
Rr..2. Der Kirchenſtaat, bibliſch prophetiſch begränbet in. Mom, 

vonWilhelm vn Schüs. Leipzig, Rein. 1852; Gr. 8. tr. 

Bon traut feinen eignen Augen nicht, - wenn" man ben 
erften Gap lieſt, ber .alfo lautet: „Zu ſchoͤnen Heffnungm bes 
xechtigt die Erfcheinung, wie von fo vielen @eiten her Man vers 
fucht, nachzuweiſen, daß ber hriftliche Oberhirte in Rom ımmits 
tyibar durch den Heiland feldft, Eraft auf und gelommener Worte⸗ 
bes Deren, in bie höcfle Vefugniß eingefeht worden, deren ei 
Dienfch theilhaft werden kann Ich wandte haſtig um,. die 
Sahredzapl zu luchen, denn ich glaubte yuveufichklic :am rinen 
JZahrhundertirrthum; aber main fah wich die Sahreigaht:: 1848: 
an. Und fo bringt un Hr. v. Schoͤt eine ſehr glänbige 


a 


= 


Noͤtiz von Ihnen ntıhmt *), daß 


1 Erfiärumgsweife der Worte Shriſti: „Weide meine Schafe“, 


und der neue Hirtenbrief Gregor XVI. für bie Schafe Euro⸗ 
pas iſt Kleinigkeit gegen biefe Art von Glaubensanfoberung, 
Das WBüdhlein fpinnt fi nun in Wehmuth, Rührung, Zertules - 
fung und Jaͤmmeriichkeit weiter, und dee Hr. v. Schuͤt cm 
klart weinend, baß er erſt fromm fei, ſeit er dumm geworden 
denn „denkende Geiſter muͤffen fich endlich entſchließen, die 
Selbſtvernichtung ihrer Vernunft in jener heiligen Aufopferung ’ 
u begehen.” „Es hilft Alles nichts, daß mic, bie geſchickten 
eute verſpottet haben — fie haben mid; nicht zum en 
gebracht, ich werde viel fiegreicher über das hochwichtige Thema 
zum zweiten Male auftreten, denn es bat mich ein prieſteruh 
gerechter Katholik bamit aufgerichtet, daß er mie geſagt, ich 
bätte infusas Ideas!” , 
..&o lalit das Büchlein 38 Geiten lang, ih mag nicht 

„confaB" ſJagen; es ergreiſt mid ein Mitleid mit dieſen zitterne 
ben alten Dingen — abet bruden follte man fie nicht mehr. 

Hr. 3. Mit ihrem Domenkranze kommt denn auch wieder 
eine zweite Sammlung ber ‚Blätter aus Prevorſt. Sriginalien 
und Leſefruͤchte für Freunde bes innern Lebens, mitgetheilt von 
dem Derausgeber ber Seherin von Prevorſt.“ (Karlerude, Braun. 
1832, 12, 16 Gr.) Gie beffagen Mh, daS die Kritik fo wenig 
‚man ſich ungebuͤbrlich viel mit 
Äufßerer Freiheit beſchaftigt und ihre innere daruͤber zu Grunde 
richte; Eſchenmayer mältraitirt "einen gewandten Geiſt weiter, 
er T6ßt ihn die Engel und den Batan ſchauen; Juſtinug Kern 
erhält Briefe, die außer fi find, daß die Miet ihre Herr * 
keiten noch immer nicht giauben wolle, und ſchuͤttelt wien ne and 
Menge Wundergeſchichten aus ber Taſche. Er if wie bilig 
äuferft entrüftet hber einen Sec. im „Hermes, der ibm einx 
ſchreckliche Geſchichte von einem tobten Yerummanbeinben Rod 
Gürpi zu Dülfe gibt, wern fm etwa.der Ctoff ausgingt, un 
bedauert hriftlich die arme Siele des frivolen ecenfenten. : 
hätte ſich ader doch lieber bebenken fellen; denn der Geoff ae 
den Leuten doch am Ende wirklich aus: einen großen ae 
ſes Wüchleins Fällt bereitd ein 1725 erſchienenes Geſchwaͤtz üben 
ben Hades. 

Se ie fich min aber einmal dies Weib gedffnet, fo if kein 
Ableben dieſes Dings: wenn fie nun erſt bie ganzen Moͤnchs 
eſchichten und höher hinauf diefe und jene Racht ber Baer 
Fefämerbe diefe® und . — drucken laſſen werden, 
dann wird bie Freude 8 n. . 

Es ift ER gar nicht leicht, Über biefe- ganze —“ 
etwas Genuͤgendes zu fagen. Wer möchte ſich vermeſſen, die 
Grenzen des Diesfeits und Jenſeits. genau abzuſtecken, wer 
möchte beftimmen, wie weit das Rervenſyſtem in aͤberreizter 
Stimmung gehen Fhnne? Die Theologen befehlen, bie Poilofe, 
phen bemweifen, bie Myſtiker ahnen, fühlen und ſchauen, vr 
unter biefer irdiſchen Dede ruhen fol; fagt man: Ihr ha 
Unrecht, die Sache fo und fo darzuſtellen, fe —— 
denſelben Fehler, denn wer das unrecht kennt, will auch 
Recht kennen; ſagt manı Es iſt untzios, Dingen —5 vu 
außer unſerer Fahigkeit liegen, fo heißt das ber philofopt fen 
tuansſtendenten Opeculation bad Terrqin vbſchneiden und Bruch 
land fleinigt den Frevler. Gitirt mam den „Bauft’: „UN > 
wir halt ‚nichts wiffen können”, fo rümpfen fie uͤder den pro 
fanen Skeptiker bie Nafe und meinen, fie haben nad un 
Kauft das Nöthige erfahren. Die flarren Yormph:tefophen wie 
die Begelianer mit dem gefundenen Abfotuten treiben es ja doch 
nur auf eine andere’ Weiſe: fie haden in auch das Roͤthige entdeckt 


9) Mrehoden Abet dle erſte Samuatang in Br. ia t. —F 180g 
beckhtet. - D. Med. 


191 
dlele debentſane nzeheiten, und .biefe nd durch bie Lelden⸗ 


* ® - . 1 

ein mitleldig über bie blöde Welt, bie noch mit leeren 
a nt 334 nur eine andere romanhaftere Kichtung 
der dreift beweifenden und fingivenden Specutation, und ſpielte 
fie nicht fo ſtark in den Kinderglauben hinein, fi würde leicht zu 
Anfchen kommen; hätte fie ein anderes Höherts Prindip als das 
zeratete dogmatiſch chriſtliche, wodurch fie ihre Jugend alt 
macht und ſich in die Antiken reiht, kriebe fd die "alte Biſtons⸗ 


son:h ein wenig mäßiger und moderner, fie wuͤrde viel mehr 


ck machen. 

a an? kann ihr. nichts Beſſeres zu hören geben, als 
“ Wolfgang Menzel gethan: ihre Bilder feien ja doch nichts und 
Cönuten nichts Anderes fein als Reflere ober Ergebniſſe biefer 
-isdifchen Thaͤtigkeit. Das rebucixt den Gewinn dieſes Schauend 
aur den richtigen Yunlt. Unb nun laffen wir fle in ipren neu 
* erfunden Bauberfpiegel guten, fo lange fie wollen, und foba.d 
ie in die biesfeitigen Th I dene fin 
wit ihrer gemweihten Hand ftörend eingreifen wollen, fo weiße 
man fie als fiörende Phantaſten zurüd. Man gewähre ihnen bie 
inmere Freiheit, die Jeder in Anfprud nehmen kann, aber feßle 
bie von Nervenzuckungen bebenden Hände, fobald fie mit belieb— 
ter frommer Dreiftigteit Das antaften wollen, was im Kreife 
unferer irbifchen Thaͤtigkeit liegt. 
Diefen drei ehrwürbigen Werken glaube ich am paflenbßen 


gen? IJ 

Rn —X aus und nach Abbera uͤber des Raturforſchers De⸗ 

mokritos angebliche Verruͤcktheit, gegen. die Veraͤchter und 

Spoͤtter dee Speculation. Freie Ueberfegung aus bem Grie⸗ 
dqiſchen. Sulzdach, Seibel 1882. 8. 4 Gr. 

: Das Buͤchlein entpält zwas nur 82 Geiten, aber ben Grund 
feiner Eriſtenz wird die Seidel ſche Buchhandlung ſchwerlich ger 
nägend angehen koͤnnen. Eo iſt ein vollkommen unintereſſantet 
Blaͤtt, was auf dem abristifchen Meere heraufgeſchwommen, zu 
Trieſt aus Pietät herautgeſiſcht, getrecknet, zu Sulzbach gläur 
Big gedrudt iR. Die Abderiten glauben nämlich, Demokritos 
fei verrät, weil er fpecutives deshalb laffen fie ben Hippokra⸗ 
tes holen, der ihnen denn ſagt, Demotrit fei geſchickter denn 
fie Darüber gehen dann einige Briefe hin und her, und bamit 
meint der ieberfeger den Keinden ber Gpeculation etwas ange: 
than zu heben. Man muß geftehen, daß die Waffe fo groß und 

lang ift, daß fie kein Menſch zegieren kann. In brei Worte 
efaßt, Tonnte fie wenigftens eine Pritſche fein. Daß alte, vers 
Fersen Leute die Meberfegung- folder Dinge für nüglich gefun⸗ 
n haben, bezweifte ich gar nicht; bean «6 gibt heut noch fo 
alte Philologen, die da rufen würden, es fei der Welt groß 
beit widerfagren, wenn fih ein Büchlein zum Beberfegen vors 
ände, in weichem flänbe, wie fich ein Athener heute Abend um 
und morgen Abend um 6 Uhr befunden, ob er Kopfſchmerʒ 
oder keinen gehabt habe. Ich geſtehe aber, daß ich anfangs 
eine viel feindlichere Abſicht, als eine Vertheidigung ber Specu⸗ 
Lotion iſt, mehe Hinterlift bei biefem Büchlein gefucht habe; 
die gar zu große Simplicitaͤt machte mich irre, und je workihtis 
ger und aufmerffamer ich Schritt für Schritt ging, um nicht 
piöglih im Rüden ausgelacht zu werben, deſto Yerbrießlicher 
war ich hinterher, daß ich mich felbft angeführt. Zu alledem 
raucht man aber fein Feind ber Speculation zu fein. 118. 





Geſchichte ber deutſchen Reformation, von Philipp Mar: 

heineke. Zwelte verbefferte und vermehrte Auflage. 
"Drei Theile. Berlin, Dunder und Humblot. 1831. 
8 4 Ihe. 12 Sr. 


Die durch Luther bewirkte Kirchenverbefferung iſt eine in 
das Sechickſal und die Verhaͤltniſſe bed deutſchen Volkes fo tief 
eingreifende Begebenheit, ‚baß bie Geſchichte derſelben den Haupt⸗ 


ꝓuutten nach feinem gebildeten Deutſchen, er. gehöre übrigens | 


gu ihren Anhängern oder Gegnern, unbefannt fein barf. Gleich: 


gleiten, zu denen wir deſtimmt find, 


d 4 


ſchaftlichkeit der Geſchichtſchreiber zum Theil fo entfteilt, daß 
nur ein genauet Studium dei Quellen, die freilich im Uebere 
fluß vorhanden, ‚eben deshalb aber auch ſchwer zu erſchopfen 
find, dazu gehört, um biefe große Begebenheit mit ihren Urſa⸗ 
hen und Wirkungen nad allen ihren Richtungen ‚Elgr zu über 
ſchauen. Die Geſchichte der deutſchen Reformation ift fo oft 
und fo verſchiedenartig arbeitet worden, daß es fcheinen koͤnnte, 
als ſei bereits für das Bebuͤrfniß aller Claſfen von Leſern bins 
reichend geforgt. Wenn aber bennoch ein fo berühmter Gottes» 
gelehrtev als Hr. M. eine neue Bearbeitung berfelben unternome 
men hat, wmb wenn das von ihm herausgegebene und mit ent 
ſchiedenem Beifall aufgenommene Werk binnen kurzer Zeit ik 
Buchhandel vergriffen worden ift, fo LABE ſich daraus en — 
daß er dem doͤchſt wichtigen, aber auch allgemein bekanuten un 
ziemlich erſchoͤpften Gegenſtande einen neuen Gefichtöpuntg ab⸗ 
gewonnen haben müfle, von welchem aus neues Licht über jene 
wichtige Begebenheit verbreitet wird. Und das ift denn auch in 
der That der Ball. Der Berf. ift nämlich der Meinung,’ daß, 
um jene großen Begebenheiten richtig aufzufaffen und ei Ph 
seines Wild davon zu erhalten, ber Geſchichtſchreiber fi auf 
den Standpunkt jener Zeit ſelbſt erheben und bie darin Bandelnd 
auftretenden Zeitgenoflen ’fonde bie biftorifchen Documente ſelbft 
reden laffen müfle. Dem gemäß bat er nicht nur aus dei 
Quellen pie geſchoͤpft, fondern dieſe in ihrer. Urſpruͤnglichkeit 
und im Weſentlichen umorränbert im bie Erzählung aufgenoms 
men. Es ift dadurch gleihfam ein mufivifches Gemälde ent⸗ 
fanden, weiches eine ſichere, zuderläffige und ungetrübte Ane 
fhauung des großen Werkes der Kirchenverbeſſerung und bex 
Begebenheiten und Gefinnungen jener Zeit gibt. Die Aufgabe, 
bie ſich Hr. M. geſetzt, iſt eine der ſchwierigſten; "denn zu übe 
rer grädlichen Loͤſung gebe nice nur eine umfaffende Kennb⸗ 
niß der unzähligen in dem Zeifalter ber Reformation erſchiene⸗ 
nen Gtreitichriften, fondern auch ein fiherer, geübter Bid und 
ein durch vielfeitiges Wiffen gebftbeter Gefhmad, um aus dem 
ımermeßlichen Vorrath die richtige Auswahl zu treffen, ber uns 
fäglihen Mühe, aus dem überfhmwenglichen Wortſchwall die ge⸗ 
eigneten Gtellen aufzuſuchen und paffenb aneinanderzureiben, 
nicht zu gebenten. 2. M. hat unferer Anſicht nach dieſe Auf 
gabe auf das gluͤcklichſte geldft und zur Literatur der deutfchen 
Kirchengeſchichte ein Hauptwerk, geliefert, weldes fo hbefriebis 
gend für den gelehrten Kenner als anſprechend für Lefer aller 
Elaffen, die ſich eine genauere Kenntniß von dem hochwichtigen 
Gegenſtande anzueignen wünfchen, fein wird, Gr ift bei Abfafe 
fung des Werkes von bem Grundfag ausgegangen, ſich mit eis” 
genen Betrachtungen und Urtheilen fo wenig als möglich in den 
Gang ber Begebenpeiten ſelbſt einzumiſchen; doch ift er dadurch 
keineswegs in ben Kalten farbentofen Indifferentismus gefallen, 
welcher ‚den Lefer ohne Theilnahme läßt, indem dr ihm nur 
ſchwankende formlofe Umriffe zeigt; vielmehr Hält er es fün 
die Pflicht bes Darſtellers, ſich lebendig in die Zeit feiner Ge. 
fhichte zu _verfegen und ein ungetheiltes Intereſſe baran zu 
nehmen. Das thut es benn audy reblich und zeigt fi als ein 
aufrichtiger Freund ber Reformation, ber ihren unausfprechlichen 
Segen richtig zu fhägen weiß imd ſich beffen freut, body ohne 
deshalb ungerecht gegen ihre Wiberfadher zu werben. - Die Dice 
tion iſt dem GBegenftande angemeffen, Mar, concit und ebel ges 
halten, mitunter etwas an das Alterthümliche fireifenb, um in 
oͤckſicht ber aus Altern Schriften wörtlidj aufgenommenen Ause 
zuͤge die Gleichfoͤrmigkeit bes Styls herzuftellen, doch if babei 
jebe unnöge Atterthuͤmelei forgfältig verinfeden. Wie groß auch 
bie Berfuchung if, einige der gelungenften: Stellen als Proben 
der Darfellungstveife des würdigen Werf. mitzuteilen, fo wi⸗ 
berfichen wir ihr doch, um ben nöthigen Raum zur Mittheilung, 
einee bebeutfamen Aeußerumg beffelben über die künftige Geftatt 
der deutfchen Kirche zu gewinnen, bie als ein Dom einem com⸗ 
pebenten Beuttheiter dieſer Angelegenheit zu vechten Beit geſpro⸗ 
henes Wort ſicher viel zur Beruhigung ber Gemuͤther deitragen 





wol hat dieſe wichtigſte aller Erſcheiungen der neuern Zeit fo |, wird und ner von den Dunkelmäenern, die gern aufs Reue bie 
\ . Pi I’. . „' Pe Fe Pre re . . 


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Seiſter in Seffeln ſchlagen möchten, misbentet werden kann. Er 


ſagt &. xıx fg. in der Vorrede: 

⸗Was auf Kine Berbefferung ber . gemeinfamen deutſchen 
Kicche eine gute Ausficht gibt, iſt befonders Dies, daß gegen: 
waͤrtig, nad) Auftöfung aller Bande des mweftfälifchen Friedens, 
bereits eine ſolche Diffolution aller Öffentlihen Verhäftniffe ber 
Kirche, ſowol proteftautifchere ale römifcherfeits in Deutſch⸗ 
land vorhanden ift, daß man aus folder chaotifcher Verwirrung 
felbſt Schon eine ſchoͤnere Zeit nicht undeutlich hervortreten fieht. 
Es laͤßt fid) nicht wohl verkennen, daß felbft an der gegenwär⸗ 
tig hetrſchenden potitifchen Indifferenz gegen jede Glaubensform 
in ber That nicht Nos Indifferentismus, ſondern auch die Ueher⸗ 
gugung von den gegenfeltigen Gebrechen und Mängeln aller 
hren Antheil hat. Und fd verderblich auch jener Grunbfag für 
den Augenblid auf das innere Leben der Staaten zuruͤckwirkt, 
L ann er doch für die Zufunft von ken erſtaunlichſten und ers 
reuficäften Kolgen werden. Man muß ed ruhig abwarten, wie 
fih vie Politik mit ber Öffentlichen Religion auseinanderfegt, 
und wie lange es gehen wird, die Kirche "ganz aus dem Spiel 
zu laffen. Das kann die Meinung unmöglich fein, wie, Einige 
ſich ſchon ſchmeicheln/ daß "irgend eine einfeitige Form nun bie 
anbere mit Allen,. mas fie Herrlihes bat, allmälig verdraͤngen 
unh wur ſich ag derſelben Stelle fegen folle. Auch ſchonen follte 
man billig der Nebergeugung Derer, bie ſich in den neuen Grund⸗ 
ſag nicht fo gefhwind finden. Eönhen, weil fie freilich nur allzu 
gut fehen, auf weldger Seite vor der Hahd der offenbäre Ge: 


winn, auf welcher ber unfehibare Verluſt fein werde. Doch aber - 


ſich freuen und Helfen muß man veblih, wenn man, wie ſich's 
immer beutlicher entwidelt, bemerkt, bag von biefem Punkte 
ans bie Zeit fh den Durchgang brechen will zu einem höhern 
und urmfoflendern Leben im Chriſtenthum. Es iſt unleugbäar, 
Laß Deutſchtand war, unb eins und groß, bevor ber hartnädige 
Kampf gegen bie Kreigeit des Glaubens und Evangeliums eis 
nen Religions » und werfälifchen Frieden nöthig machte. Seht, 


ba wir von biefem auch ben letten Buchſtaben erlofchen fehen, ; 


iſt wahrlich ſchon ein anfehnlicher Schritt gethan zu künftiger 
neuer Geftaltung bes kirchlichen Lebens und zu einer Reformas 
tion, ohne die man freifich nicht ablommen wird, deren Gang 
und Richtung ſich ſchon jope höchft wahrſcheinlich bezeichnen laͤßt, 
Lie auch unftreitig, ohne viel Auffehens zu machen, mehr inner 
lich als Außeslich erfolgen wird, wozu aber unverfennbar Thon 
Jegt bie weſentlichſten EClemente und nicht undentliche Zeichen 
in der proteſtantiſchen fowol ats roͤmiſchen Kirche Deutfchlands 
vorhanden find. Es laͤßt fi ſchon ohne große divinatoriſche 
Kraft mit Zuverficht Behaupten, daß biefes Jahrhundert nicht 
verlaufen wird, ohne daß ein zweiter Luther erſtehe, der, obwol 
in anderer Art, body für feine Zeit werde, was der Erſtere für 
bie feinige war, der, mit hohen und ausgezeichneten Gedanken 
und Baden von Gott gerüftet, mit großen und heilen Blicken’ 

ofebendb von allen unweſcutlichen Dingen, aber dagegen 
nit tiefer Erkenntniß des wahren Schadens, obne alle Anlage 
ger Hierarchie und Pfafferei, deren Zeit für immer vorüber, 
und vor ber fich auch jedt wirklich nur Kinder fürchten, viels 
zeicht nicht einmal dem geiftlichen Stande angehdrend, aber ohne 
Menſchenfurcht, erhaben und kuͤhn, fein Leben dem heiligen 
Dienfte der Wahrheit und bes Chriſtenthums opfert, ber bie 

lien Staaten mit ben inneren zeligibfen Reben, ohne wel: 

fie doch nur leere und hohle Jormen find, new und Innig 
wieder verbinden wird, und der dann dud bie getrennten Kir⸗ 
chen uf die Art wieber vereinigt, wie fie allein geeinigt fein 
önnen und follen, und zwar durch ebenbaffelbe Maß eines 
sunerfhöpftichen, Herzerhebenden und echtchriſtlichen Glaubens, als 
der war, von welchen die Trennung vor nun drei Jahrhun⸗ 
derten die ganz unbegbfichtigte und auch von allen Redlichen 
dazumal fhon tief beflagte Holge war. Denn was die Mens 
ſchen trennt, if allein das Menſchliche; bas Göttliche, vereinigt 
fie immerdar. Wie aber fo etwas zugleich nie das Werk eines 
Gingigen war, fo gehört auch dazu noch eine etwas andere Reit 
als die gegenwärtige, und muß ſich dazu befonhex& (wozu es 


auch Bott fei Danl einen guten Aafcheln hat) bie Zahl Br 
Geiftligen noch —* vermehren, bie in einer ae 
ie chriſtlichen Ueberzeugung leben, die, durch bie Kiffen 
ſchaft befeftigt im Glauben, nicht jebem Winde ber Lehre nude 
hängen, oder gar noch kraͤnkein an den Rachwehes eines: glaws 
benslofen und jammervollen Zeit. Denn wenn nun der einzige 
und ewige Erldſer von Neuem zu uns kommt (er kommt aber 
allein im Glauben), fo brauden wir auch keinen Luther mehr, 
der als ein fündiger Menfh doc nur auf ihn hinweifen, uns 
nur zu ihm zurüdführen konnte und wollte. Bis bahim.abes 
muß vornehmlidy das Bewußtſein ber religiöfen Geſchichte une 
fers Volkes im bitfem Immer lebendig erhalten werden, weil 
ih nur baram anjchliegen Tann, was al& ein lebendiges 
lied in bie. Zeit eintreten und wiederum aus. ihr heraus 
Einfluß auf die Entwidelung bes religiäfen Geiftes der Nation 
gewinnen fol.” . 
Das Werk iſt in biefee neuen. und verbefferten Auflage 
mit bem dritten Theile dis zum Jahr 1540 fortgeführt; möchte 
uns body ber Hr. Berk recht bald mit der Berndignung deffel⸗ 
ben erfreuen. . gi‘ 


—8 * 2 v. 





Itallenſſche Reiſe. Won Karl Frſedrich Schalten _ 
Zweiter Band. Auch unter dem Titel: Natur, Volks 
leben, Kunft und Alterthum in Stalin. As neueftes 

. allgemeines Handbuch für Reifende. Leipzig, Hartmann, 

4832. Gr. 8, Preis für beide Bände 3 Thlr. 8 Gr. 


Der erftt Band diefer neuew Reifebefchreibung von Italien, 
welche unter dem gelehrten Sefihtspunkte bie Xufmerkfamleit 
bed Ardyäologen und des Kunftfreundes verdient, if in d. BL. 
nad) Verdienſt gewuͤrdigt und empfohlen worden. ) Wir ermaw- 
teten den Verf. in Kom, um unfer Urtbeil über ihn und fein 
Merk feflzuftellen. Der zweite Band, blos mit dieſer Gtabt 
beſchaͤftigt, liefert nun das Waterial zw einem entfcheibenden 
Ausſpruch. Rach ber Durkhficht diefer Bogen will es und je 
doch fcheinen, daß der Verf., trefflich ald Sammler und Rad 
weiſer Deffen, was über bie einzelnen archaͤologiſchen Streitpunkte 
für und wider vorgetragen it, body besjenigen eignen Urtheils- 
oder ber dazu befähigenden Forſchung entbehrt, die allein. zu bee 
friedigenden Refultaten führen kann. Im Allgemeinen verläßt 
er bie fireitigen Punkte, nach einem gründlichen und banfend» 
werthen status causse, ben er davon gibt, in bemfelben Zu⸗ 
ftande dee Unentfchiedenheit, in dem er fie aufnahm. In ber 
That iſt aber auch ein Aufenthalt von ein ober awei Monaten. 
in Rom nicht geeignet, auf ben Standpunkt gu erheben, ben ein 
Richter einnehmen ſoll; er. reicht faum aus, mit Dem bekannt 
zu werben, was ſchon erforſcht, vorhanden, nachgemiefen und 
vorgetragen worden iſt; wie viel minder aber, eine foldde Sach⸗ 
kunde zu erlangen, wie fie ein enticheibender Ausſpruch billigh 
vorausfegen läͤßt. Wir fuchen alfo in biefem Werke giemlich 
umfonft nach völlig befriedigenden Endurtheilen ober Refultaten, 
eigner Forſchung; was e6 und bagegen gibt, iſt eine klare und 
foßtiche Gegenüberftellung des Streitigen und des Grwiefenen, 
und bed Für und Wider verfchiedener Meinungen über zwels 
feipafte Yunkte ber Topographie, ber Archäologie und ber 


Kunſtgeſchichte. Hin und wieder werben zwar eigne Urtheile, 


ie z. B. über die fo flreitige Lage des Gapitoliums und ‚der 
tr, angekündigt; fie lehnen ſich aber flets wieber an fremde. 
Forſchungen und Urtheile an und find nicht mehr als ein logie 
ſches Naifonnement über biefe. Die Kritil muß dadei aͤnerken⸗ 
nen, daß dem Berf. weber ber Blick fehlt, welcher das Falſche 


‚vom Wahren fondert, noch daß ihm irgend etwas entgangen 


fei, was auf das Urtheil darüber weſentlich einfließts allein im - 
voͤllig felbftändiger Ermittelung bes Thatbeſtandes fehlt «ö ihm 
näindeftens, wen nicht‘ an Willen, doch an Zeit. Geloͤrdert if 


9 Bol, Nr. 9 5.BL f. 1831. ' D. Red. 


⸗ 


der Suftanb bey amäelogifchen Wallenkhaft ober der ber vb: 
wilden Topographie durch dies Buch Wehr, aber es ſtellt den 
Kunſtfreund auf den richtigen Standpunkt, um ein eignes Ur⸗ 
cheil zu finden, 
- Rah dem großen topographiſchen Werke von Bunſen, 
Platuer, Gerharb zc. bebarf es jedoch ſolcher Datenfammlungen, 
wie die vorliegende, eigentlich gar nicht weiter, und wir hoffen, 
daß dies das Iepte Werk fein werde, das ſich die bloße Samm⸗ 
dang von Urtheildmaterialien zum Biel ſetzt. Was hilft es auch, 
das ſchon Borhandene immer von Neuem wieder roh zufammen: 
eden? Die Zeit der Enburtheile iſt für bisfen Zweig ber 
enfhaft gefommen, und worüber fich jegt zu keinem fichern 
Befultate konnnen läßt, das wird aller Wahrſcheinlichkeit nad 
für immer zweifelhaft bleiben. "&o müßten wir denn auch nicht, 
was ber Werf. und völlig Neues lehrt, und was, wiewol zers 
freut, ſich nicht anderswo ſchon vorfände. Er geht freilich etwas 
geyaure zu Werke als 5. B. Kephalides; aber Für den großen 
Haufen der Heifenden reicht biefer aus, und die Erwaͤhlten und 
n, wo fle weitere Runde zu ſuchen haben. 
Race aiht Berüdfiätet, ein kan, Dn 5 Aber made 
ace st, an _ 
und wicht wohl nachzuholen iſt. * 

Der Zahalt. dieſes Bandes bildet has alte und bas neue 
Kom in willkuͤrlicher, ungeordneter und darum flörender Zuſam⸗ 
menftelung. Wir haben alle Achtung für Zagebücer; allein 
Die chrouologiſche Drbnung in Werken wie bas des Verf. tangt 
durchaus nicht und muß einer fächlichen binig nachſtehen. Wei 
Roterfuchungen fo ernſter Art, wie fie der Verf. eingeht, iR «6 
nur flörend, wenn er vom Gapitol zum &t.:Peter, vom Pans 
theon irgend einer Gemaͤldegalerie uͤberſpringt. Gr ſcheint 
es felbft gefühlt zu haben; denn bie erften Gapitel, welche bie 
Topographie behandeln, find ohne Unterbrechung fortgeführt und 
eefäyöpfend. Erſt fpäter tritt eine tagebuchartige Behandlung 
Wer Segenftände ein, bie bei einem flüchtigen Reiſeberichte lodb⸗ 
Hd, bei einem Werk ernfter Wiffenfchaft aber an unrechter 
Stelle if. Die Erfhöpfung des Materials wird bei folcher 
Dehandlung von feibft ausgefchloffen. Am meiften vertieft ſich 
ver Bert. in hiſtoriſche Unterfuhhungen über das Sapitol, dad 
Serum, nebft feinen Reften, und den Tempel des Agrippa, das 
Pantheon. Wir Iaffen biefen Abfchnitten gern Gerechtigkeit 
wiberfoheen, wiewoi fie eben nichts Unbelanntes darbringen. 
Zoega hat allerdings über die Lage bes capitelinifchen Tempels 
Sendgreiflidh Unrecht, wenn er biefen aufden norböftlicyen Bipfel, 
- We Berg aber auf ben fuͤbweſtlichen verſegt. Des Dionyſios 
Erzaͤhlung (T, 82.) vom Einfali bes Herdonius madıt bie 
Sache Mar: bie Sabiner, fagt er, feien Nachts die Tiber 
Anabgefahren, bis dahin, wo fie den capitolinifchen Hügel faſt 
berüprt; hier fein fie gelandet, durch das offene earmentalifche 
Aor gebrungen, auf das Saplolium gezogen un) hernach 
weiter auf bie Burg gerädt, die dieſem nahe liege: eine Dar⸗ 
Mellung, die deutlich erweiſt, daß der Tempti dem Fluſſe näher 
lag als bie Burg, und daß Araceli nicht der Platz des Capito⸗ 
Hums fein Eönne, wohl aber der ber Burg. Hiernach iſt Beoga 
wie Kephalides allerdings zu berichtigen. Die Saͤulen bes Ju- 

ter tonans will ber Verf. der Sräcoftafis vindiciren; aber feine 
führung ift nicht Mar; überhaupt fehlt dem Buche ein Plan 
vom Forum, von bem bie Phantafle bes Leſers feite Anknuͤ⸗ 
pfangspunftehernehmen fonnte. Weber das Pantheon aber verlierf 
ee ſich in ein Iuftiges aͤſthetiſches Argumentiren, das, weil es feften 
Grundes entbehrt, uns mindeftens höchft unnäg duͤnkt. Gr will 
bie Schoͤnheiten und die Mängel dieſes Baues aus den Gefegen 
von ber Kugel herleiten. Wie nun, wenn der Erbauer an gar 
Feine Auart dachte! Dergleihen Raifennements haben einen zu 
eingefchräntten Werth, als baß für die Förderung der Wiffen- 
fchaft etwas von ihnen zu erwarten wäre. Unſere Zeit neigt 
fi) dem Praktifchhebeutenden zu, uͤberall, felbft in der ſtren⸗ 


vn Viſſenſchaſt und in gewiſſer Meife ſelbſt in bee Runfls 


4. 

Zu Auszügen für d. Bl. gibt dies Buch keinen Stoff bag, 
ba es, mit beinahe ausfchließlicher Beſchraͤnkung auf bie archäo⸗ 
logiſchen Intereffen, die Theile feines Titels, weiche Raturs unb 
Bolkseleben angeben, faft a übergeht. Bielleicht werben 
diefe Lücken durch den dritten Band, Per uns verfprochtn wirb 
und welcher auch bie Inhaltsanzeigen nachbringen foll, erfüllt, 
und wir behalten uns daher vor, biefen mit Rüdblid auf das 
Ganze des Werks zur Kenntniß unferer Eefer zu bringen. Was 
den vortjegenden zweiten Band Insbefoubere betrifft, fo if ex 
uns alt Quellene und Datenfanmiung achtbar und bedeutend 
und wird als folcher dem Neifenden, der mit bem Zweck exnfteres 
Studien Rom betritt, wohl zu empfeblen und von wefentlihem 
Rügen fein, da feine Citaten zuvertäffig und die Wiſſenſchaft 
des Ber. umfoffend genug if, um ben ganzen Vorrath des 
Materials auf einmal zu überbliden, " 84. 





Friedrich von Matthiſſon's literariſcher Nachlaß, 
nebſt einer Auswahl von Briefen feiner. Freunde. Ein 
Supplement zu allen Ausgaben feiner Schriften. Dritter 
und vierter Band. Berlin, Mylius 1832. Br. 12. 
Preis für alle 4 Bände 2 Thlr. 16 Gr. *) 

Gin liebenswürbiger Mann muß der Berſtorbene geweſen 
fein, da fo viele Menfchen an ihn ſchreiben unb Freundliches 
Schreiben (ihrer ſind 77), oft blos, weil fie mit ihm zuſammen⸗ 
getroffen auf Reifen oder ia einmal befudht. Inzwiſchen was 
der Mann, aud) Derausgeber einer Igrifhen Blumeniefe, und 
dies gab mancherlei Berbindung. Daß biefe Wriefe und Brief⸗ 
hen wenig Merkwuͤrdiges enthalten, außer die Mamichfaltigkeit 
bee Kreundfchaftsbezeigungen — und was fragt darnach ein 
Lefepublicum? — warb ſchon bemerkt dei ber Anzeige von deu 
erften beiden Bänden und ift noch weit mehr der Ball bei dem 
vorliegenden. Aus einen Öffentlichen Anzeige Hat Ref. gefehen, daß 
ber Derausgeber ſich gegen Friederike Brun rechtfertigt t 
ohne Erlaubniß druden gu laſſen, usb fi darauf beruft, fie 
feiber babe Briefe in den Drud gegeben, unb Matthiſſon Hade 
vor feinem Tode neh 
Herausgabe beftimmt. 


finder ein, ſolches Supplement 'zu den Schriften wunderlich. 
Laut einem ungerifhen Almanach (180%) if die poetiſche 


Wohlgeordneter Ideenreichtdum. Feierlich hinſchwebender Eruſt. 
CEdle, ſehr correete, ſanftfließende Sp 
Hang: bed getraͤngten Versbaues. Hoͤchſt lebendige Anmuth im 
Schilderungen, beſonders aͤußerer Gegenſtaͤnde.“ Man wchte 
hiezufegen: die Glanzliebe des Geſchmacks geht manchmel 
er in geſuchten Prunk, umb ber Ideenreichthum aͤußert fi 


:wenigftens nicht durch Verſchwendung, fontern eher dutch ſpar⸗ 


fame Haushaltung, ober auch Dusch einen innern Dany, gera 
drucken zu laſſen. Um aber doch etwas aus den Mricfen zu 
erzählen, ſtehe Hier eine Nachricht vom Herzog Auguſt von 
Gotha. Er hinterließ «ine ungeheure Schudanmaſſe, viele 
Kunſtſammlungen, Seltenheiten und Kleinodien, allein über 
500 Ringe Geine Witz⸗ und Wortſpiele ſollten geſammelt 
werden. Eine literariſche Geſellſchaft, die ſich zu Altenburg im 
obern Stock des geweſenen: Schloßwaſchhauſes perſammelte, bat 
den Herzog um eine Inſchrift ihres Verſammlungsſaals. 
a leichter⸗, fagte dieſer, „man ſetze unten mailen, oben 


") Wel. Über die deiden erſten Binde Nena BL.ERM 


D Reb.. 


Nebigirt unter Merantwortiichteit der MWerfagsbaublung: 8. I. Beodhaus in Leipzig. 
ee a un . , 


Bıarter 


für 


literarifhe Unterhaltung. 





Songtag, 











en ten 





Ein SHE auf Friedrich Murhard's politifch sliterarifche 
Thaͤtigkeit im Jahre 1832. 
Bmweiter und legter Artikel. *) 


3. Die Volksfouverainstät im Gegenfag ber ſogenannten 


gegitimität. Bon Friedrich Murhard. Kaſſel, 
Bohne. 1832. 8, 1 Thlr. 21 Sr. 

Das unbebingte koͤnigliche Veto, welches den Gegens 
ſtand der ‚vochergegangenen Schrift ausmachte, und bie 
Idee der ſogenannten Legitimitaͤt find zwei Hauptſtuͤten 
des rein monarchiſchen Princips und verdanken auch der⸗ 
ſelben Quelle, dem Beſtreben, das Anfehen der oberſten 
Staatsgewalt durch außergewöhnliche Attribute zu befeſti⸗ 
gen, ihren Urſprung. Zwiſchen beiden beſteht indeß der 
bedeutſame Unterſchied, daß die Ider der Logitimitaͤt bei⸗ 
weitem unſchaͤdlicher und von weniger unmittelbar ein⸗ 
greifenden Folgen iſt als bie conſequent durchgefuͤhrte Lehre 
von dem unbedingten koͤniglichen Veto, welche zu gaͤnzli⸗ 
der Eudirung des conflitutionnellen . Principe und zur 
SHankhabung des Abfelutismus unter der Maske conſti⸗ 
tutionneler Formen nur zu leicht gemisbraucht werben 
tom. Wir find deshalb auch beiweitem geneigter, bie 
Lehre von ber Legitimitaͤt mit milbem Auge zu betrach⸗ 
ten, und werben Gelegenheit finden, unfere Anfichten von 
den abweichenden bes Verf. im weitern Verlaufe der Bes 
trachtung feiner Schrift auseinanderzufegen. 

Zunaͤchſt wollen mir ben Leſer mit bem: weſentli⸗ 
den Inhalte derſelben bekannt machen Der erfle Ab⸗ 
ſchnitt (8.182) führt die Ucberfiheift: Begriffebeſtim⸗ 


mung und Rechtfertigung der dee und Theorie.” Was 


ber Verf. in diefer Beziehung vorbringt, iſt wenig geord⸗ 
net umb beftcht mehr in Behauptungen als Beweiſen, 


mehr in ben Aeußerungen anderer Staatsrechtsichrer. als. 


in einer eignen felöfländigen Beweisfuͤhrung. Letztere fins 
ben wir nur ©. 8 fg., wo es heißt: 

Die hoͤchſte Gewalt im Staate Tann, barf, fell und muß 
aerbings ‚ner .eine fein; aber. daraus folgt noch keineswegs, 
daß fie nur bei Ginem, bei einer, phoſiſchen Perfon,. bei 
einem einzelnen einzigen Menfcen fei. Die Ultramonars 
chiſten begehen offenbar einen Trupſchluß, inbem fie auf bem 
Grunde jenes politifchen Grundſatzes von der Einheit ber Sour 


verainetät. bie Behauptung auffiellen, die Monarchie fei nicht‘ 


nur bie allein Haltbare, fondern auch bie beſte Berfaffung, Wäre 
BER. 13 u. 14. d. RÊ. OD. Red. 








ihre Staatsanſicht bie richtige, dann müßte bie reise abfolute 
Monardie bie vollfommenfle Beherrſchungeform fein, ba fig 
doc von der Erfahrung grade als eine ber verderblidzften nach⸗ 
gewieſen wird. Weberdies ift ein Staateweſen, wo Einer Alles 
in Allem, der Staat. felber fein fol, wo .biefer Eine, als Bow . 
yerain, allein Rechte hat, alle Uebzigen hingegen nur fo viel vom 
Rechten, als jenes Gnade ihnen bewilligt, . gar nicht einmal 
mit dem Begriffe eines Gemeinweſens, der doch dem Staate 
wefenttich ift, vereindarlich. Man hat aldtann ein bloßes Herr⸗ 
fhaftöwefen, das wol für sin Staatsweſen ſich ausgeben mag, . 
letzteres aber in.der That nicht iſt. Iſt die fonveraine Macht 
bei einer Minorität In der Staatsgeſellſchaft, wie in ber reinem 
Ariftofratie, dann tritt biefe Minorität ganz und gar an bie 
Gtelle des Einherrſchers in ber Monarchie und bie Idee eines 
Gemeinwefens geht wieberum verloren. Entweder muß man 
alfo biefe Idee aufgeben, ober es bleibt nichts übrig, als in ber 
Gefammtheit fämmtlicher Staufögenofien bie Duelle. und ben 
Grund ber oberfien Machtvollkommenheit im politifchen Vereine 


zu erfennen. 


Was nun bie Ankündigung dieſer Quelle nad aus 
ßenhin beteiffe, ſo ſieht dee Verf. diefe äußere Darfte 
als das künftliche Drgan am, ‚welches aufgeſtellt wird 
um dem natürlichen Drgan, das bie Geſammtheit ber 
Staatögenoffen bildet, zum Ausdruck zu dienen. Das Ver⸗ 
haͤltniß der Geſammtheit zu dem aufgeſtellten kuͤnſtlichen 
Organ betrachtet er wie das ber Repraͤſontirten zu dem 
Repraͤſentanten, das des Mandanten zu ſeinen Mans 


datarien. 


Zu gleicher Zeit aber (fährt er S. 14 fort) führt. die Walls 
macht zug. Ausübung der hoͤchſten Gewalt nach der Natur ihs 
res Zwecks die Kolge mit fi, daß bie einzelnen lieber jener 
Gelammtheit, als Einzelne, fih zu den von der Geſammtheit 
bevollmädtigten Subjecten wie gehorchende gu gebieten» 
den, wie Unterthanen zu ihrem Oberhaupte verhal⸗ 
ten... Als integrixendes lieb der Geſammtheit ift demnach je⸗ 
der Staatsgenoffe Theilhaber des urſpruͤnglichen Rechts ber 
Souverainetaͤt, als der im Staate beſtellten ſouve⸗ 
rainen Gewalt unterworfenes Individumm hinge⸗ 
gen Unterthan. Als von ber Geſammtheit zur Ausübung 
ber oberſten Gewalt beiegirte Perfonen find alle Subiecte, 
fie mögen nun für die Geſetzgebung ober für die Ballzichung, 
ernannt fein, Hepräfentanten und Mandatarien; als 
Geſetzgeber oder Vollzieher dagegen find fie Theilhaberber 
durch fie perfonificirten einen Staatsgewalt, welche durdy 
den Willen zum Behufe ihrer: Ausübung in ihre Hände nieder» 
gelegt if. Dieſes zweifache Verhältniß wirb Jedem klar wer⸗ 
ben, wenn er erxwaͤgt, daß jeder Mandant an- bie Haudlungen 
feines Mandatars, wozu er ibn bevollmäctigt hat, gebunden. 


Mfei, daB aber auch hinwiekerum jeder Mandatar als folcher 


von feinem Mandanten abhängig ſei. Gelbft die erblichen 


> 


Machtinhaber — Erbmonarchen, Erbariſtokraten — fichen zu 
Ihren Boͤlkern in keinem andern Berhättniffe. In der urfpräng- 
lichen Beſtimmung ihres Erbrechts iR nämlich bie vorläufige 
Wahl und Bevollmaͤchtigung derfelben von Geiten ber Geſammt⸗ 


beit ber Staatöglieder enthalten, fowie die Befugniß, an Les. 


Bolles Statt bie ſoureraine Staatsgewalt auszuüben, ve 
eingige Döert ber Bererbußg ausmacht. Auch fie mögen da 
als Repräfentanten und? Mandatarien der Geſammt⸗ 
beit ber Gtaatöglieder in einer und ald Staatsohberhäups> 
ter in ber andern Hinſicht betrachtet werden. Immer aber 
bleibt die Geſammtheit der Gtaatöglieber die einzige Quelle, 
aus welcher die Befugniß zur Ausübung bee Staatsgewalt bes 
flimmten Subjecten zuftrömen Tann, fobaß allezeit bios eine 
Bevollmaͤchtigung zur Ausübung ber Öffentlichen Gewalt Nas 

mens ber Sefammtheit, nie aber von Geiten biefer eine Ber: 
‚ Außerung ihres urfprünglidden Rechts flattfindet. 

Der zweite Abfchnitt (S. 83— 190) iſt vorzugkweiſe 
den Anfihten, Meinungen und Lehren anderer Staats: 
gelehrten gewidmet und gibt uns, ſich bei der Darſtellung 
an die Ordnung der Zeit haltend, in welcher die aufge: 
führten Schriftftelier lebten, gleichſam einen kurzen, nicht 
unintereffanten und lehrreichen Abriß ber Gefchichte der 
wifienfhaftlihen Behandlung der fraglichen Lehre. Im 
dritten Abfchnitte (5. 191— 256) ſucht der Verf. man: 
cherlei Gründe zu befeitigen, welche von ben Gegnern der 
Volksſouverainetaͤt gegem biefelbe vorgebracht find. 


Der vierte Abfchnist (S. 257 — 336) gibt uns eine 
Geſchichte der Geſetzgebung und Gtaatsprarie über da6 
von ihm behandelte Capitel des Staatsrechts und fucht 
endlich im fünften und legten Abfchnitte (S. 337 bie 
Ende) feinet Schrift die Verträglichkeit des Dogmas auch 
mit dem Weſen des erbmonarhifhen Syſtems nachzu⸗ 
weiſen. Er beruft fi) zu diefem Ende zunaͤchſt auf das 
Zeugniß der Geſchichte, auf das Königehum bei den 
Römern, bei melden er in der Berufung auf bie allge: 
meine Volksverſammlung in letzter Inſtanz die Anerken⸗ 
nung bed Principe der Volksſouverainetaͤt ſindet. Dann 
führt er bad -claffiiche Altertum am, weiches die unum: 


fchränfte Monarchie mit einer von ber Volksgemeinde un⸗ 


abhängigen individuellen Souverainetät im Sinne der 
Neuern nur als ungefeglihe barbarifche Regierung, als 
Despotie kannte, und die alten Griechen, beiewelchen 
der Titel Fürft oder König nie den Begriff von einer der 
Perſon oder Samilie inwohnenden eigenthuͤmlichen Gewalt 
enthielt; endlich die roͤmiſchen Kaifer, welche nichts weiter 
abs oberfte Leiter einer Republik fein voollten und ihre 
Autorität ale vom Volke delegirt betrachteten. Durch ihr 
Beifpiel, wie das Friedrich des Großen, Sofeph II, Gu⸗ 
ftav III. und ſelbſt Katharina I. und Napoleon’d, wo⸗ 
von die Erſtern ſich als Diener des Staats, und dir 
Letzte als Repräfentant ber franzoͤfiſchen Nation öfter er⸗ 
klaͤrten, fuchl er zu bemeifen, daß neben dieſen Anfichten 
hohes Anfehen und unumſchraͤnkte Machtvollkommenheit 
befteben könne. Die dee ber Legitimitaͤt fucht. ee mit 
- ber Lehre der Volksſouverainetaͤt auf die Welle in Eins 
Hang zu bringen, daß er annimmt, das Volk habe feine 

Souverainetätörechte nicht dem einzelnen Herrſcher wie 
in Wahlreihen oder Republiten übertragen, fondern ber 


* 08 9 


lange ſortpflanze, als Gprößlinge zur Uebetnahme deſſel⸗ 
ben vorhanden und nicht Misbrauch der Gewalt —* 
loͤſung des Vertrags oder Herkommens berechtige. Gmb: 
lich ſucht er feiner Lehre für unſere repraͤſentativ⸗ monar⸗ 
Miche Staaten noch dadurch mehr Agwendung zu vers 


‚Inden, daß er fie Imitkt und zianengich Fincäwegs im 


der Ausdehnung verflanden wiſſen will, welche iht Roufs 


feau, bie abfolute Demokcatie im Auge habend, beilegt. 


In dem Maße und mit der Einfchräufung, wie ber Grund⸗ 
fa& ber Volksfouverainetät in Nordamerika aufrecht erhalten 
wird, glaubt er denſelben ohne Gefahr auch in unſern con- 
fitutionnellen Staaten Anwendung geftasten zu koͤnnen. 
Werfen wir einen Rückblick auf bie" ganze Schrift 
des Verf., fo laͤßt ſich nicht leugnen, daß -derfeibe Mans 
ches zur Aufklärung der behandelten Frage beigetragen 
und für feine Anficht manches trefflihe Wort anderer 


Staatölehrer und manden gefunden Gedanken, in eig: 


nem Kopfe entiprungen, angeführt bat. Allein aufs 
Reine gebraht hat er das befandelte Thema noch 
keineswegs. Seine fehr khapfodifhe Behandlungsart bes 
Gegenſtandes dürfte auch dazu wol am wenigen geeig⸗ 
net fein. Die Sache hat offenbar mehre Seiten und ges 
fattet verfchiedene Geſichtspunkte, aus weichen fie zu be: 
trachten iff. Je nachdem man ben einen oder ben an⸗ 
dern Geſichtspunkt fefthält, wird man zu einem verfchies 
denen Reſultate kommen. Um daher einigermaßen Orb: 
nung in biefe Lehre zu bringen und zu einer richtigen 
und sinfahen Anſchauung zu gelangen, war es unum: 
gaͤnglich nöthig, die Geſichtspunkte, unter welchen ſich bie 
Sache betrachten läßt, zu fondern. 

Wir glauben drei verfapiebene Standpunkte annehmen 
zu muͤſſen, um zu einer zichtigen Würdigung ber.zu Iöfen- 
den Frage zu gelangen, den rationellen, den hifto- 
rifhen und den politifchen. Bon dem Standpunkte 
der Dernunftmäßigkeit, welchen man auch den ideellen 


nennen kann, infofern er von allen Schranken abſtrahirt, 


die und die Wirklichkeit zieht, kann man ben Anfichten 
des Verf. nur beipflihten. Die Vernunft fodert, daß die 
hoͤchſte Staatsgewalt, welche der Staatsverband befigt, 
nicht ihren Urfprung außerhalb befielben habe, fondern 
bei den Mitgliedern des Verbandes ruhe, und wenn bie 
äußere Darftellung und Außlkbung derfelden auf. ein an⸗ 
deres Subject übergegangen if, dies nur vermoͤge Aufr 
trags des Eigenthuͤmers gefchehen fein koͤnne. Die Ges 


fhichte unferer monarchiſchen Staaten. im heutigen Eum. 


ropa, von reichen bier, da der Verf. die Volksfouverab⸗ 
netät im Gegenfage eines erft in neneften Zeiten in Be 


zug auf dieſe ausgefprochenen Princips nimmt, nur bie. 


Rede fein kann, weit aber, wie der Verf. ſelbſt (S. 18) 
zugeben muß, auf andere Entfichungsarten ber factifch 
bei einzefnen Perfonen, welche diefelbe durch Erbgang auf 
ihre Nachfolger Übertragen, vorhandenen Souverainetät hin. 

Das Recht des Stärken oder bie freiwillige Unter⸗ 
werfung unter der Bedingung des Schuges find in. ber 
Regel die Quellen, welchen unfere noch jegt regierenden 
Häupter ihre Machtvollkommenheit verdanken. Bei fort: 


Familie, in welcher ſich dies Recht durch Erbgang fo " fchreitender wiflenfchaftlicher Bildung und erwachtem Nach⸗ 


= 





19 


denken über eines ber bedeutſamſten Werhältniffe, in wel: 
em wir leben, fuchte man aber auf der einem Seite bie 
wenige Uebereinſtimmung eines folchen factiſchen Verhaͤlt⸗ 
niſſes mit den Grundfaͤtzen des philoſophiſchen Stat: 
rechts nachzumellen, während man auf der andern Seite 
für die Rechtmaͤßigkeit deſſelben die Geſchichte und 
für die Zweckmaͤßigkeit die. Lehren ber Klugheit und 
Erfahrung anzog. Die Iegtern fcheinen ums allerdings eis 
ner befondern Beherzigung zu bedürfen. In der Staats: 
lehre müffen, wie der Verf. felbft bei einer andern Gele: 
genheit bemerkt, die Menfchen genommen werden, wie fie 
find, und nicht, wie fie fein follen. Sehen wir uns 
aber, vornehmlich in unferm Deutfchland, um, fo fleht 


‘ 


Die Maſſe des Volkes immer noch, wir bürfen «8 uns 


nicht verhehlen, auf einer Stufe der politiſchen Bildung, 
welche es gefährlih und unraͤthlich erfcheinen laͤßt, ihr 
das Bewußtſein zu verfchaffen, daß der Repräfentant der 
Höchften Würde im Staate, diejenige Autorität, deren Be: 
fehlen fie zu gehorfamen ſchuldig iſt, blos ihr Mandatar 
und Infofern von ihnen abhängig iſt. Die abſtracte dee, 
daß man in gewiſſem Sinne Here und in anderm Sinne 
Diener einer und derfelben Perfon fein koͤnne, liegt dem 
an Diflinctionen fo wenig gemöhnten Volke zu fern. Die 
Erinnerung der hohen Stellung würde dafjelbe zum Ge: 


haorſam gegen die nothwendige Autorität unbereitrillig ma: 


chen und dadurch Leicht ein unheilvoller und yefeglofer 
Zuſtand herbeigeführt werden Binnen. 

Niemand überhebt fih feiner Stellung fo leicht ale 
die Menge, welche von Jugend auf und vermöge der 
ganzen Geſtaltung unferer bürgerlichen Verhaͤltniſſe an ei: 
nen engen Geſichtskreis und eine abhängige Stellung ge: 
wöhnt if. Mit weit weniger Gefahr des Misbrauche 
Laßt fi die Souverainetät einem Individuum zutheilen, 
welches, von Geburt an mit tem Gedanken der Macht 
volllommenheit und feiner hohen Stellung vertraut, aus 
Grunbfägen, fel es dee Moral oder der Klugheit, fich vor 
Misbrauch hüten wird und überdem durch Staatsgrund⸗ 


- gefege fo eingefchränkt werden kann, daß ihm felbft, wenn 


der boͤſe Wille dazu vorhanden, das Vollbringen unmög: 
lich gemadyt wird. Man könnte zwar dem Bolke eben: 
fans ſolche Feſſeln anlegen, allein, wer leiſtet Garantie 
dafür, daß es, da Ihm die phyſiſche Macht zugleich inne: 
wohnt, fie zu brechen, diefe nicht dazu gebraucht, während 
der Einzelne, einem ganzen Wolle gegenüber, ſehr leicht 
durch diefes zu Beobachtung der vorgezeichneten Schran⸗ 
ten genöthigt werden kann. Aber man hat noch einen 
andern, wie uns fcheine, auf die menſchliche Natur fehr 
wohlberechneten. Weg eingefchlagen, um den Regenten dem 
Volke gegenüber eine würdige, das Anfehen der in ſei⸗ 
nem Namen gehandhabten Gefege fichernde Stellung an: 
zuveifen, in feinen elgnen Augen aber ihn an feine Ends 
lichkeit zu "erinnern. Durch die Sormel: Bon Gottes 

naben, welche blinder Eifer in neueflen Zeiten mit 
feinen Schmähungen nicht verfhont bat, hat man ihn 
batan erinnert, daß auch über Ihn noch ein Döherer ſteht, 
dem er dereinft Rechenſchaft abzulegen hat von dem Amte, 
welches die Vorſehung feinen Händen anpertraut hat. 


[4 


Nicht kraft eignen Rechtes, ſondern keaft eines böhern 
Macht, weiche von alles Erdenſoͤhnen grade ihn an feinen 
wichtigen Poften berufen‘ bat, verwaltet ber Herrſchet iſein 
Amt. Dies iſt die vohrdigfte Stellung, welche man ihm 
anweifen konnte. | 
man die Regentenwuͤrde zuruͤckfuͤhrt, exhoͤht ihr Anfehen 
in den Augen der Gehorchenden, es entfernt die niedri⸗ 
gen menſchlichen Leidenſchaften, Neid und Eifetſucht, ver⸗ 
leiht der Perſon des Regenten die nothwendige Heiligkeit 
und Unverlttzlichkeit beſſer als ein bloßer Ausſpruch auf 
dem Papier und den Thronen denjenigen Glanz und die 
aͤußere Wuͤrde, welche dieſelben noch zur Zeit bei der Bil⸗ 


Das Höhere, das Unſichtbare, worauf 


dungsſtufe des größten Theils des Volks nicht entbehren - 


dürfen. Bon ber Wahrheit der hier ausgefprachenen An⸗ 
ſicht ſind wir um fo mehr uͤberzeugt, je mehr une das 
Bemußtfein befeelt, ein aufrichtiger Freund des Kortfchreis 
tens im Staatsleben (deſſen Sache wir bei jeder Gele 
genheit öffentlich, ohne Menſchenfurcht und mit Wärme 
zu führen für Pfliht gehalten haben) und ein abgefagter 
Feind aller Finſterlinge, Abſolutiſten, Stabilltaͤtsmaͤnner 
und Reactionnairs zu ſein. 
(Der Beſqluſß folat. 





Poesies frangaises et italiennes de F. T. Kühne, 
Marburg, Eimer. 1832. "12. 18 Gr. 


Die deutſche Mufe liebt bekanntlich Greuzfe in bie poeti⸗ 
fen Wälder anderer Völker, aber gewöhnlich beguügt fie ſich, 
alles Schöne, ıwaß ihr dort begegmet, „in ihr geliebtes Deutſch 
zu übertragen”. Nur Profefforen ber claſſiſchen Literatur und 
Schulmänner dürfen ihe zumuthen, bei feierlichen Selegenheiten, 
fi lateinifh oder gar griechiſch vernehmen zu laffen; zu eis 
nem modern auslänbdifigen Gefange noͤthigt fie hoͤchſtens ein 
Erercitienmeifter ober ein Lehrling neuerer Spraden, ohne jes 
doch dergleichen Exercitia gleich dracken zu laſſen. Dr. Profefs 
for Kuhne in Marburg iſt anderer Meinung. Geine Uebungen 
im Sranzdjifchen und Stalienifchen laͤßt er in einem 403 Geiten 
flarten Bande in zwei Abtheiläwgen, ale ‚‚Mes vers frangain‘%k 
und „I miei versi italiani’ erfdeinen. Der Zätel verfünbi 
gar Poefien, wird aber ſchmaͤhlich durch den Inhalt Lügen ge: 
ftraft. Proſaiſcheres Machwerk ift dem Ref. nicht Teiche vorger 
fommen. Nach dem franzöfiihen und italienifhen Vorworte 
ſollen diefe „vers de ma plume’'(!) der lieben Zugenb die Lec⸗ 
ture franzöfifcher, englifcher, italieiifcher und fpanifcher Meiſter⸗ 
werte erleichtern helfen; Hr. Kühne muß alfo doch feine vers 
jenen Werken fehr verwantt glauben. Ach, er fcheint nicht zu 
wiffen, quantum distant nera lupinis! 
dem Erſcheinen diefes Buchs glauben wir der „Zeitung für bie 
elegante Welt“ zuſchreiben zu müffen, welche ver etwa zehn 
Jahren einige italieniſche Verſe des Verf. gelobt Haben fol. 
Zur Strafe möchten wir den eleganten Rec. verurtheilen, bie 
fen Bund „Poe&sies frangaises etc.” von Anfang bis zu Ende 
durchzuleſen, und wir find fiker, daß er nad folder Buße ge⸗ 
wiß nicht wieder unbeiehens den Kodrebner maken wird. Was 
nun die „„Po&sies’’ ſelbſt betrifft, fo find fie gereimt und unges 
reimt lyriſch und nicht Iyrifh, correct und incorrect, kurz Alles 
in der Welt, nur nicht poetiſch, nicht franzdfifch und nicht ita⸗ 
lienifdy; die Geifter eines Lafontaine umd Voltaire, und noch 
mebr die eines Petrarca und Zaffo werten fi ‘von ihnen mit 
Gntfegen abwenden. Um aber auch den Lebenden fein Aerger⸗ 


niß zu geben, wuͤnſchen wir innigſt, daß das Buch weder über 


den Rhein noch über die Alpen feinen Weg finde, fondern tık 
Laden des Dra. Siwert 1 Warburg den Huͤterpoſten als his 
heplat erlange, weidden ihm dad Pult des Hrn. Kühne verwei⸗ 


Eine Hauptſchuld an 


8 


- | 00 


gert hal. Und vor ben Leſern zu en ipnen 
ylden, was Hr. K. Fdine und italierifge V 
nennt, heben wir, uns ganz dem übwiaffenb, aus jeder 
Atteilung ein Pröbchen aus, wie felgt: - 
f Le commerce. 
. Un homme respectable 
Dans un pays quelcongque 
Est de maschand qui fait un'grand trafic, 
B6 qui #’y gonduit avec probißk, 
Le u6gooe est le vrai moyen 
Pour rendre un &tat opulent, 
Voilä le grand lien 
De la socidt# commune. 
Mais l’ame du commerce 
Consiste dans la banne foi 
Et dans Ie don d’esprit. 
Qui ces vertus poss2de, 
. Reussit dans ses enfreprises, 
Sil a beaucoup de bien. 
Un tel est digne de l’estime 
De tous les gens honnites. 
Venise, Londres, Amsterdam 
Et tent d’autres places marchandes 
Ne seraient pas des villes 
Si grandes et si florissantes, 
Sans l'aide du commerce. 
Encore le revendeur 
Devient un homme utile, 
Sl joint Nintegrite 
Arec son industrie. 


und 


ı 
Lo scatolino d’oro. 

"Ecco uno scatolino d’oro, 

Ch’a me vale ın tesoro, 

Percht meguanima Princoessa (sic?), 

Ch'& la clemenza steusa, 

In segne d’alta graria me lo diede, 

Di che’l rescritto ancor fa fede. 

Avevo a lei con umiltä spedito 

Un picciol libro, il quale fu gradito, 

Siech’io l’inestimabil dono, 
. Di cui tutt’ inveghito sono, . 
Attentamente guardo in questa vesta, 
’ Che mai non porto che nel di di festa. 
Km: deim Apoll und ten Muſen! „Porfie, wie bie ſchwarze 
upper", muß gegen dieſe noch ein Rektartrank fein, 102, 





Minbetale over bet Longelige banfte Wibenflabernes Selſ⸗ 
kabs Praefes, hand Erc. Geheime Staatsminifter Dr. 
Ernſt Heincih Greve af Schimmelmann, Ridder af 
Elephanten o. f. v. Holden i Selſkabets Moͤde d. 
14. Juli 1831 of dets Secretair, H. C. Derſted. 
Kopenhagen. 
Der am 9. Febr. 1831, als daͤniſcher Miniſter ber auswoͤr⸗ 
tigen Angelegenheiten, im 84. Jahre verflorbene Graf E. H. 
von Schimmelmann ift auch in Deutfhland als Breund und 


Beförderer der Wiſſenſchaft, als liberaler Unterftüigte von Ges 
lehrten und Dichten befanpt. Giner unferer edelſten @eifter, 


Schiller, ward durch ihn und den Herzog v. Auguftenburg , 


jahrelang ‚vor druͤckenden Sorgen geſchuͤgt; Baggeſen, ber ja 
auch der beutichen Literatur angehört, erhielt in feinen frühern 
Jahren von ihm fürftliche Unterflägung. Noch Eebende zu nens 
"nen, fühlen wir uns um fo weniger berufen, da auch ber Prof. 
Deftedt Tagt, daß died kaum paſſend fein würde. Dagegen wird 
in kurzer Auszug aus ber von bemfelben vor ber koͤnigl. däni- 


ihm Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zum Gedaͤchtniß ihres Prä: 


fibenten, bed verewigsen Grafen Sch. gehaltenen Rebe manchem 
unferer Lofer exwuͤnſchten Aufſchluß über das Wirken biefes wahr 


haft ede 

reichen 

wickein und fo zu ſagen su af 

ward 1747 geberem. areine Jagen ib schen 
wi 


Mannetjehus 
geſellſchaftücher Werbefferungen, do —— — 
* brauchte fi) jedoch an bem eignen @eifte zu vertrauen, um bie 








füsenben . Bräßgeitig fon Rand 

ber Beziehung zu den Weiten feiner Zeit und Imüpfte vertraute 
Freund ſchaftsbuͤndniſſe mit Sünglingen, aus benen feitdem vers 
diente und geachtete Männer geworden find. In biefer unb jes 
nee Hinſicht verdienen Klopftock, Glaubius, Gerftenberg, Audr. 
Peter Dernſtorff, Leopeid Stolberg genannt gu werben. . Bu 
feinen Kenntniffen fammelte er ſich auf Heilen nach den aufges 
Märteften Ländern Erfahrungen und trat nach feiner Kuͤckkehr, 
taum 25 Jahr alt, als Deputirter beim Dekonomie- und Goms 
merzcollegium in ben Gtaatedienfl. Da er ben Gtaattwiffenr 
ſchaften längft zugethan geweien, erhoben ibn feine Talente 
fhneil in die Nähe des Ihrend. Sqchon 1784 warb ee Han 
beiöminifter, 1788 Finanzminiſter, 1884 Minifter ber answärs 
tigen Angelegenheiten. Waͤhrend feines GOjährigen Wirkens 
half er unter Anberm auch die Aufhebung der Leibeigenfchaft 
vollenden und veranießte bie Werbot des Negerhandels, womit 
Dänemark allen andern Gtaaten voranging. Den i 
beförberte er auf alle Meile, ja fogar mit eignem Weriuft bei 
Berfuchen, welche er in feinen Fabrikanlagen vornehmen lief. 
Dänemark genieht noch jept die Früchte ber Werbefferungen, 
welche Sch. ale Handelsminiſter herbeiführte. Die Gegenwart 
wird kaum glauben, daß es noch vor 1788 ein Yrivilegium ber 
dänifchen Gutöbefiger war, Bich zur Zusfabe zu maͤſten, und 
daß damals nur die wenigften bänifchen Gtäbte mie dem Aus⸗ 
lande Handel treiben durften. Die Aufhebung eines alten, bie 


Korneinfuhr in Dänemark und bem füblichen Rorwegen verhins ' 


beruden Geſetzes gehört ebenfalls in jene Zeit, ſowie viele ans 
dere, die ramnbelngenbe des Handels unb Berkehrs bes 


Breipeit 
treffenbe Reformen. In gleichem Geifle wirkte er auch als Miinifter 


des Xutwärtigen durch Abſchließung verfchiebener Handelttractate. 

Im Hauſe des Minifters waren Künfller unb Gelehrte 
immer willlemmen, und er felbft verfland in hohem Srade bie 
Kunft, ber Unterhaltung Eeben gu geben. Baggefen trug hier 
in feiner Bluͤtenzeit mit aller feiner Lebendigkeit und Heiter⸗ 
keit und in ber erften Wegeilterung bie Gedichte vor, welche 


fi nachher vorzugsweife im Andenken alter Dänen verewigten. 


Hier hörte man Dehlenfchläger feinen „Aladbin“, feine fchönften 
Zragdbdien und gewaltigen norbifchen Bebichte mit ber ihm eignen 
Kunft und Kraft recitiren. Bentzens Beredtſamkeit glängte 
bier, leider beinahe kein öffentliches Werk Hinterlaffend, und auch 
tie improvifirten geiftreiden phüofoppifchen Reden Steffens 
mwurben bier mit Entzucken vernommen. Allein biefe ben Did: 
tern und Rednern gebrachte Huldigung verfchloß die Ohren 


‚ weder für bie einſichtsvollen Geſpraͤche Riebuhr's, die Niemand 


mehr fchäste als Schimmelmann, noch ſchwaͤchte fie bie begeis 
fterte Aufmertfamleit, mit der man Fichte's tieffinmigen Wor⸗ 
ten laufchte, als er während feiner Anweſenheit in Kopenhagen 
im Haufe Schimmelmann's erfien. Kurz, jede Art ber Wiſ⸗ 
fenfhaft war hier willtontmen, tenn der Wirth felbft war ber 
Meinung, daß eine jede genug don Dem beftite, was ber allges 
meinen Birbung unentbehrlich Sei. 

Schimmelmann war zweimal vermäßlt, Beine erfte Gattin, 
Smilie Karoline Amalie v. Ranzau, ward ihm frühzeitig vom 
Tod entriffen, und ein Denkmal, weiches der tief betrübte Gatte 
ihr auf feinem Landfige errichtete, fowie Pram’s Gedicht: „Emi⸗ 
liens Quelle‘, bewahren ihr Andenken. Sch.'s zweite Gattin 
hieß Charlotte v. Schubert. Beitraͤge zu ben) Schriften ber 
bänifchen Geſellſchaft der Miffenfdpaften, deren Präfident er ein 
Drüteljahrhundert war, hat Sch. nie geliefert. Seine bichteri« 
ſchen Verſuche blieben ungedrudt. 3. 


' Nedigirt unter Werantwortlichteit der Verlagähandlung: 3. A. Broddaus in Leipatg 


nn 


—— 


d 


— 3 Pr 


Blatter 


für F . 


literariſche Unterhaltung 





Montag, on 
.. Io... 








Ein Blick auf Friedrih Murhard's politffch = Titerarifche 
’ Thätigkeit im Jahre 1832. N 
3peiter und legter Artifel, 
" — (Veſchluß aus Nr. 48.) 
4, Dos Recht der Nationen zur Erſtrebung zeitgemaͤßer, 
ihrem Qulturgrade angemeffener Staatöverfafjungen. Von 
Friedrich Murhard. Frankfurt a. M., Hermann. 
1832. 8. 2 Thlr. 
Mie wir von dem fteifinnigen Verf. erwarten koͤn⸗ 
nen, witd das Recht der Nationen zur Erftrebung 
zeitgemäßer Staatsverfaffungen von ihm im  vollften' 
Umfange anerkannt, ' und wir koͤnnen darin nur mit, 
ihm  Übereinftimmen. Die Frage, welche er abhanbelt,. 
berührt die Gegenwart unmittelbar. Mitt erneuter Leb⸗ 
haftigkeit war das Streben nach einer vernunftmäßigern 
Geſtaltung der Staatsverhältniffe, nach Feſtſtellung der: 
felben durch Staatsgrundgefege nach der legten franzöfi: 
fhen Revolution erwacht. Mit ihm erwachte auch das 
Gegenſtreben der Stabllicätsmäuner. Der Verf. deutet 
ſelbſt in ſeiner Vorrede auf ein Unternehmen bin, welches 
in Preußens Hauptftadt in neueften Zeiten in diefer Be: 
ziehung in6 ‘Leben getreten iſt, auf das „Politiſche Wo: 
henblatt”, herausgegeben vom Prof. Tarde in Berlin. 


‚Das Wirken diefes als fcharffinnigen Eriminaliften befann- 


ten, durch feinen Uebertritt zum Katholicismus aber in 
ben Augen allee Derer, welche Convertiten an und für 
fih fhon, und mol nicht mit Unrecht, mit mistrauifchen' 
Augen anfehen, übel charakterifirtm Mannes ift von einem 
dem Zortfehreiten der Givilifation nicht günftigen Staate 
in neueften Zeiten durch die Uebernahme defjelben in feine 
Dienfte genugfam anerkannt. Seine Freunde fegen das 


glorreich begonnene Wert fort. Ob dadurch der emig 


fortrollenden Zeit die gewünfchte Retarbation angelegt wer⸗ 
den wirb, haben wir von der Zukunft zu erwarten. Die 
Berhältniffe find gänftig und mächtige Gerichte In leg: 
tee Beit in bie Wagfchale ber Reactionnairs gelegt wor: 
den. Doch tröftet den Freund ber guten Sache bie Er⸗ 
fahrung aller Zeiten, daß es unmoͤglich iſt, der Zeit im 
ihrem unaufhaltfamen Laufe Feſſeln anzulegen. Wie fich 
die kirchliche, fo wird fi) auch bie politifche Reformation 
Bahn brechen. Nur muß ‚man wuͤnſchen, daß es auf ei⸗ 
nem weniger blutigen Wege geſchehe, und daß durch Ein⸗ 


gehen auf Das, was bie höhere Eulturſtufe erfodert, die 





r— 
Regierungen der Erploflon zuvorkommen mögen, zu wel⸗ 
cher der MWiderftreit der Principien im gegentheiligen Halle 
früher oder fpäter führen muß. ' 

Wie wir es an ihm gewohnt find, Handelt der Verf. - 
feine Stage an bee‘ Hand ber Geſchichte und der Weis: 
heit ber Staatsmaͤnner ber Vergangenheit und "Gegenwart 
ab. Er widerlegt die entgegenftehenden Anfichten mit fies 
gendem Scharffinn, wobel ihm in gegenroärtigem Falle. 


das gute Recht und die Einfachheit und Faßlichkeit der 


Wahrheit, welche er vertheidigt, als treue Bundesgenoſſen 
zur Seite fichen. Wer wird nicht gern bie Worte un 


terſchreiben, womit er &. 369 feine. Lehre vertheidigt: 


” Niemand wird beftreiten, daß dem Menſchen ein natürlis 
ches Recht zufteht, eine gefellfchaftlidde Ordnung zu begebren, 
worin er im Gtande fei, auf die möglichft vollkommene ‚Welle 
feine Beflimmung zu erreichen, und dieſe iſt auf Erden feine 
andere als die naturgemäße Entwickelung feiner Anlagen umd 
Kräfte. So lange er noch nicht zu ber Ginficht der Mittel ges 
langt ift, dieſen Zweck durch Ginrichtung ber Staatsorbnung zu 
realifiven, Fann er freitih auch kein Verlangen nah Reformen 


der beftehenden politifhen Ordnung haben; ein folches Verlan⸗ 


gen kann erft das Reſultat vorgefchrittener politifcher Aufklaͤ⸗ 
rung fein. Iſt diefe aber bei einer Nation vorhanden, dann 
äußert ſich auch unvermeiblich diefes Verlangen, tas das Recht 
auf feiner Seite hat. Unrecht handeln darum — wir kommen 
immer wieber auf diefen Gas zurüd — Hegierungen, wenn fie 
Boͤtkern, bie burdy ihre Bildung reif zum Genuſſe der Freiheit 
find, freie Verfaflungen vertveigern, und berechtigen durch Richt⸗ 
erfüllung ihrer. Regentenpflichten bie Regierten zur Anmwenbung - 
von Zwangsmitteln, zu welchen biefe nicht ihre Zuflucht genom⸗ 
men haben würben, wenn bie Regierenten weifer gewefen und 
ihrer Beflimmung nadgelommen wären. 

Ueberall wird der Verf. das Recht der Voͤlker zur 
Erftrebung zeitgemäßer AInftitutionen anerkennen, auf den 
Fall hingeführt, in welchem ber Widerftand ber Regie 
rungen Empörung und Zwangsuͤbung hervorruft. Er hat 
dieſem alle eine befondbere Schrift gewidmet, die unter 
Nr. 5 ihre Beurtheilung finden mag. 132. 
5. Ueber Widerſtand, Empoͤrung und Zwangsuͤbung der 

Staatsbürger gegen die. beftehende Stantögewalt, in 
fittficher und rechtlicher Beziehung. Allgemeine Revifion 
der Lehren und Meinungen über dieſen Gegenſtand. 
Bon Friedrich Murhard. Braunſchweig, Vieweg. 
1832. Gr. 8 2 Thlr. nn. 

Wenn der Verf. am Schluſſe feiner Schrift ſelbſt 


ſagt, er bitte, dieſelbe nur als einen Vorläufer eines 


202 , 


Werkes anzufehen, in bem er das Wiberflandss und 
Zwangsrecht ber Regierten gegen ihre Regierer in eine 


zweckmaͤßige rechtliche Korm zu bringen werfuchen werde, 


fo wird man dadurch in ber Vermuthung noch mehr un: 
terftügt,, Daß vorliegende im Weſentlichen nur eine etwas 


verarbeitete Collectaneenſammlung fei. Rec. will bamit aber 


keineswegs einen unbebingten Tadel ausgeſprochen haben; 
ift ja doch das nicht gmug zu ſchaͤtzende Schriftchen bes 
Tacitus über Deurfchland nach ber Meinung Mehrer auch 
nichts Anderes! Und muß. es nicht auch Jedem, der für 
die hochwichtige, vom Verf. abgehanbelte Frage Intereſe 
hat, angenehm ſein, wenn er durch vorliegendes Buch 
gleichſam den Bauſtoff, aus dem das wirklich noch zu 
vellendende Gebäude hervorgehen fol, kennen lernt und 
ſomit Gelegenheit erhaͤlt, den Verf. in ſeiner Werkſtaͤtte 
zu belauſchen! | 

Damit fei aber nicht gefagt, daB ber Verf. in biefer 
Schhrift nichts Selbftändiges geliefert habe, oder daß fie 
erſt nach Erfcheinung des angekündigten größern Werts gele⸗ 
“fen werden folle, vielmehr will Rec. damit nur den Verf. 
‚erinnert haben, fein gegebenes Verſprechen, fobald er bie 
örhige Zeit und Muße gefunden bat, zu erfüllen. 

Der Verf. verbreitet ſich zuerſt in ber ausführlichen 
Einleitung (S. 1— 99) über bie verfchlebenen bier ein: 
ſchlagenden Begriffe, und man fieht daraus, welche Sprach⸗ 
verwirrung immer noch auf biefem Felde vorherrſcht. Es 
Scheint dem Rec. dies feinen natürlichen Grund barin zu 
Haben, ‚daß ein jedee Widerfiand von ben nerfchiedenen 
MParteien aus einem andern Gefichtspunkte aufgefaft wird, 
daher auch jede Partei für dieſelbe Sache ein anderes 
Wort gebraucht, und fomit ebendiefelden Erfcheinungen 
‚bald mit dem, bald mit jenem Ausdrucke belegt werben, 
voraus dem wieder verfchiebene ober wenigftens fchiefe 
Deutungen der hier gebrauchten Worte entfpringm. Gut 
wird es daher in folchen Fällen immer fein, wenn man 
fih an den einmal herrſchend gewordenen Sprachgebrauch, 
wenn er nicht grabezu widerſinnig ift, anfchließt und zur 
Bermeidung von dennoc möglichen Misverftändniffen ge: 


nau angibt, was man unter den gebrauchten Ausdruͤcken 


ſich denkt und wie man fie von andern unterfcheider. 
Mit Vergnügen lieft man bann in jener Einleitung 


weiter, wie ber Verf. die Revolutionen von verſchiede⸗ 


nen Seiten beleuchtet, und wie er ſich deſonders über 
ihre Urfachen und Folgen verbreitet. Obwol auch bier 
ben kundigern Lefer nicht viel Neues geboten wird, fo 
bleibt es Immer verdienftlih, dad mehr oder weniger Zer⸗ 
ſtreute in ein Ganzes zu verflechten und mit der Spra⸗ 
he der Ueberzeugung auf Wahrheiten, bie man immer 
noch von gewiſſen Seiten bee nicht als ſolche gelten laſſen 
möchte, aufmerffam zu machen. Wenn bier der Verf. 
ſagt, daß faſt alle Revolutionen mehr oder weniger gute 
"Folgen gehabt haben, und wenn er fi dann bei ber 
Schilderung der Greuel der Revolutionen weniger aufhält, 
To koͤnnte er dadurch vieleicht bei Manchem in ben Vers 
dacht kommen, 'als fei er ein Freund ber Revolutionen 
und boffe, daß grade fie am beften zum Ziele führen. 
Beruͤckſichtigt man aber, was er dann am Schluſſe diefer 


J Ce 


ba. 


Schrift als Refultat nicberlegt, fo fieht man fehr wohl, 
wie Die ihm Unrecht thun würden, die Ihn auf biefe Art 
beurtheifen wollten. Denn bort baut er feft darauf, bag 
bie Völker, bei ber Stufe ber heutigen Cultur, nicht leicht: 
finnig und aus bioßer Reuenmasfucht 328 au⸗ 
fangen werden, da fie ia ſtets dabel ihr eisiies Gluͤf und 
Wohl aufs Spiel fegen, und daß ebenfo auch bie Regie 
rer zu dee Einſicht gelangt feien und immer mehr zu ihr 
fommen werden, daß fie nur im einer Regierung nad) ben 
Geboten der Sittlichkeit und Gerechtigkeit ihre Heil zu fu: 
chen haben, und -gegründete Urfachen zu Revolutionen ih: 
rer Völker zu geben vermeiden werben. Er ſchließt fi 
daher an die Worte Flichte's an: ‚Wenn "niit" Aið 
taͤuſcht, dann ift jegt der Moment der hereinbrechenden 
Morgenröthe erſchienen, und der volle Tag wird ihr zu 
feiner Zeit nachfolgen.“ 

Wenn Vieles von Dem, was der Verf. in biefer Ein- 
feitung fagt, nur ein Beitreten oder Widerlegen ber Ans 
ſichten Anderer ift, fo enthält, was fih auch fon aus. 
dem Titel ergibt, der andere Theil bes Schrift die Zu- 
fammenftelungen der Stimmen für unbedingten leidenden 
Sehorfam der Staatsbürger und für die Rechtswidrigkeit 
der Empörungen überhaupt (S. 108— 195), und die der 
Stimmen für die Rechtmäßigkeit bes Widerftandes und 
der Iwangsübung gegen die beſtehende Staatsgewalt in 
befondern Fällen (8. 195 — 397), an bie fi dann Für: 
zere und ausführliches Beleuchtungen des Verf. annüpfen. 
Derſelbe beurkundet bier eine große Belefenheit und eine 
gute Gabe, uns mit den Hauptgrundfägen, namentlich durch 
gluͤckliche Aushebung der eignen Worte jener Männer be⸗ 
fannt zu machen. Es hätte hier vielleicht Der und Jener 
noch hinzugefügt werden und ein Anberer dafür auch wol 
binwegbleiben können; fo hätte z. B. Jarcke wol noch eis 
nen Plag verdient. Sollte der Verf. dies etwa deshalb 
unterlaffen haben, weil ohnedies Berlin die bebdeutendfte 
Anzahl in diefe Reihen geftellt bat? Dagegen glauben 
wir, baß in diefer Beziehung Hugo mit den Worten: 
„Vater, vergib ihnen, denn fie wifien nicht, was fie thun!“ 
hinreichend abgefertigt gewefen wäre. 

Immer wirb es nach ber Anficht bes Rec. elu ver 
geblicher Verſuch bleiben, für alle Zeiten, Völker und Staa⸗ 
ten allgemein gültige und anwendbare Grundfäge Uber das 
Widerſtandsrecht der Staatsbürger gegen die beflebende 
Staatsgewalt aufzuftellen. Der Berf. macht ja ſelbſt 
batauf aufmerkfam, wie vielen Einfluß auf eine Revolu- 
tion materieller Nothftand, die Verſchiedenheit des Volks⸗ 
charakters und die Stufe der erreichten Bildung babe, und 
alle biefe Umflände wirken natürlich bier auch auf das 
Recht zuruͤck. Noch mehr wird es aber nöthig fein, zu 
unterfcheiden, ob der Widerſtand gegen eine von außenher 
aufgedrungene Staatögewalt, wenn bas Land z. B. dem 
Sieger als Preis zufiel, gerichtet ift, oder gegen bad eigne 
angeſtammte oder aus freier Wahl angenommene Fuͤrſten⸗ 
baus. In jenem Falle glaubt Rec., daß gar nicht ein⸗ 
mal eine tyranniſche Regierung nöthig If, um das Recht 
zum Aufftande gu begründen; es wird deshalb nur an , 
ben ber Ziroler 1809 erinnert, forwie an bie einzelnen 


IE m 


BVerſuche, det Xbalg von fiat zu flärgen: .' dm letz 


sem. Gabe, Soriat: wieber wie; Aurapf ari, pie. bie ilsatd; 


g felbſtbeſchaffenaiſt. 


verfüffe af 
tisnheett' Monarchie ah) aan Ein: ur Den 
* —— — :WADCR onnen Ind 


einer andern rc. des Wldetſtandes ſchon 


es nur Killſchweigend'geheillgt ſein ſolle, wie das roͤ⸗ 
miſche Recht, nur fteitih im umigekehrten Verhaͤltniſſe, 
Leine Beſtimmung uͤber die Ermordung des Kaiſers ent⸗ 
haͤlt. * 169. 





Vabagogiſche Blaͤttir. Herausgegeben von Wilhelm 


Bernhard Moͤnnich. I. Nürnberg, Schrag. 1832. 
&. 8. 18 Gr. “ 


Die im vorliegenden Buche enthaltenen vier erſten Abhand⸗ 


lungen find von ihrem Verfaffer, dem Director ber’ doͤhern Vuͤr⸗ 
gerſchule in Nürnberg, mil befonderer Beziehung auf die Bür: 


203 Ä - 


gers und Realfchulen der neuerm Zeit gefchrieben worden. Bon 


verfihiedenen Seiten wird das Beduͤrfniß dieſer Anftalten (bie 
am paffendften Realgymnaſien hießen) in feiner Unabweistichkeit 


dargeſtellt, worüber wol nur eine große Kinfeitigkeit noch in 


4 


Zweifel fein Fann. Der Umſchwung neuer Ideen und Anfichten, 
der freilich auch die proſaiſche Nüglichkelt einer liberalen Gel: 
ſtesbildung vorzieht und aus unferer Jugend nur Induſtrie⸗ 
leute ſtatt tüchtiger Beamten und gründlicher Gelehrten mathen 
möchte, hat auch jene Nealinflitute in das Leben gerufen, mehr 
als eine Regierung hat diefelben begünftigt und ihnen neben ben 
andern Lebranftalten des Landes eine Stelle eingeräumt; aber 
doc finden biefelben noch viele Gegner, und nicht blc# unter den 
altzläubigen Philologen, fondern ebenfo gut unter Kaufleuten, 
Bürgern und Handwerkern. Um fd zeitgemäßer iſt das Beſtre⸗ 
ben des Hrn: Mönnich, zur Vermittelung des Streits zwiſchen 
tem zhilolegifchen und dem technolögifchen Elemente (fo nennt 
er poffend Das, was man fonft wol das philanthropiftifche Ele 
ment nannte) beizutragen. Gr zeigt fig durchweg als einen 
gemäßigten, einfidtigen Mann, feine Argumentation iſt Kar 
und einfach, feine Sprache .ebel und gebildet: alles Gigen- 
(haften, die ihn wol befähigen, ein Wort in dem großen Streite 
mitzuſprechen, der in Deutſchland Thon feit Zahren gefochten 


und in England und Frankreich (In beiden Kändern that es bes 


Tonders Noth) neuerdings ausgebrochen iſt. 


In der erften Abhandlung: „Ueber die zunehmende Etubit: 
ſucht in Deutſchland“, verwirft der Verf. jede birecte und in: 
directe Beſchraͤnkung der Beiftescultur Überhaupt und insbefod: 
dere ber Gtudirfeeipeit und findet ben Hauptgrund ber Studir⸗ 
ſucht einmal in bem allgemein verbreiteten Streben, in ben 
Staatöbienft zu kommen und alle andern ehrenwerthen Beſchaͤf⸗ 
gungen Dinsankufegen, und zweitens in ber zur Zeit noch herr: 
ſchenden Beſchaffenheit bes Rationalunterrichtwefene. Die Wehr: 


Ref. nur umterfhreiben. In bes andern Hinficht wird die An⸗ 


Aneit der Bemerkungen in Beziehung auf ben erſten Punkt Tann }- 





für die € 
füon fie ehfedung genug 


ng: Ger, HAB der Staat 
8 bleßen Slementaruns 


am Habt, wenn er den u 


' teneidit dekofgee ober Bent fei, @tantöbfenee di fhnen EN. 


ben m wollen. fer Berf verlangt’ auch Monbere Anftalten 
für: die Vrkvgtlutere ſin des bargerüchen Lebens, ferner eine 
beffert · Methobe im —2* die Iebenbig Fei und nicht + 
padagogifche Peincipien und Theoreme verfinte, und durch vel⸗ 

„Kenner“!, nicht drod, Koͤnner gebildet würden. In das Schluß: 

vefultat auf S. 20 werben gewiß recht Viele mit bem Berf. ein: 
flimmen: - „Mdchte einerſeſte immer mehr darauf bie Aufmerk. 
famteit gertägtet werben, daß ein Jeder in jebem Geſchaͤft We: 
friebigung, Nahrung; Wohlkabendeit,, perfönliche und Bürger: 
kiche Ehre‘ zu finden hoffen bäcfte, anbererfeits aber barauf Bes 
dacht gensmmen werben, daß ber geſanimte Nationalunterricht 
ben Anfodetungen unſert Culturzuſtandes immer angemeffener 
— einſeitig theoretiſtrender Methodik immer mehr befreit 
werde.“ 

Die zweite Abhandlung: „Ueber hoͤhere Vuͤrgerſchulen ober 
Healgnmnafien‘‘, halten wie für die vorzäglichkte ber ganzen 
Sanmlung. Nach einleitenden Bemerkungen über allgemeine 
und Berufsbildung und die Nothwendigkeit, durch Realgymna⸗ 


I fidn ebenſo gut als durch Lingualgymnafien bie verbeteitende 


Bildung zu gewismen (mo ber Verf. auf S. 26 meint, daß drei⸗ 
mal : mehr Realgymnafien ats Eingualgymnafien vorhanden fein 
müßten), fleilt Sr. DMönnic die Bebingungen auf, von bemen das 
Sedeihen ber Realgynmafien abhängt. Als bie erſte dezeichnet 


Swedes und hat ſich hierlber fo Far und befriebigend ausge: 
ſprochen, baß wir ums nicht leicht erinnern fo etwas Verſtaͤndi⸗ 
geb in ber Kürze gelefen zu haben. Wir können hier zur Gin- 


| seines andeuten. Als Gegenflände bes Unterrichts nennt er Ra: 


turfunde, Mathematik, bie Mutterſprache als drei unerlaͤßliche, 
allen andern vorhergehende Unterrichts zweige; ferner Geographie, 
Antpropsisgie und Geſchichte, frauzoͤſtſche Sprache, Zeichnen 
als nothwendige SErgängungen ber übrigens endlich als Neben: 
unterridt andere neuere Sprachen und Latein, das neben bem 
Franzdfiſchen gelernt werben barf. Der Religionsunterricht ver⸗ 
fieht ſich von ſelbſt, der Gchreibunterticht wird als beenbigt an- 
geſehen, wo ber Gurfus der Bürgerichute anhebt. Wir finden 
diefen Plan verftändig abgefaßt: bas Latein wit bee Merf. auf 
©. 32 nur von Golden erlernt wiffen, bie Buchhändler, Gbis 
zurgen, Apotheker u. dgl. werben wollen ober für irgend einen 
Zweig bes mittlern Staatsdienſtes, für Werwaltungsftellen, bes 
RKimmt find. Dieſer Punkt macht überall viel Schwierigkeiten 
und kann wol erft durch eine längere Erfahrung ganz entſchie⸗ 
den werben. Wie⸗die Sachen jest liegen und wie bie Auf 
fih nach ben Eocalitäten mobifiren, halten wir bie Ausfchlig: 
Fung bes Lateins nicht für zuläffig, nur muß es ganz anders 
als in Gpmnaften und mit vorhereſchenber Ruͤckſicht auf ben 
Gebrauch der Lernenden bei andern Sprachen betrieben werben. 
Wir erinnern uns dabei an fehr lebhafte Debatten bei- der 
GSruͤndung einer hoͤhern Bürgerfhule in einer großen ‚Hanbels- 
Habt am Rhein, wo ber Fatholifche Kaufmannsſtand fireng auf 
Erlernung des Lateins beftanb, während bie proteftantifche Re: 
gierung in Uebereinffimmung mit ber Staatsbehörde das Latein 
ausgefchloffen wiffen wollte. Die Katholifchen fiegten doch am 
Ende, — Die zweite Bebingung ift in ber Gewaͤhrleiſtung von 
ſolchen @inrihtungen enthalten, die von den Regierungen ausgin> 
gm. Dazu müßten ſich dieſelden thaͤtig biefer Anftalten anneh- 
men und namentlich Maßregeln ergreifen, daß fie ſich zweckmaͤ⸗ 
Big entwickeln könnten. Zu biefen Maßregeln gehört nach un« 
ferm Verfaſſer 1) das Feſthalten ber Schulzeit vom 12. his 18. 
Jahre inclusive, 2) die Anerkennung der Abfolutorien (wir 
behalten ber Kürze wegen bies Wort aus dem fübbeutichen Ges 
[häceRyte bei) der Realgymnafien für weitere Berufsſchulbil⸗ 
ung und afademifche Bildung, dann Foderung berfelden behufs 
ber WBahlfähigkeit bei bürgerlichen Xemtern. Dies würde ſich 
namentii bei Wtabtverorbneten und Gommunalrepräfentanten 
recht gut erreichen laſſen; bagegen bürfte die Zulaffung von 


[4 


Jer eine Mare, richtige Erkenntniß ihres wahren Weſens unb - 


, 


S 









| aus Bealgymmafien auf Univerfisäten, * ben 
Gun, noch mande in der Natux der. aa 
Scqhwierigkeiten haben., lnfere. ——8 Spk 
it ein ganz befen i 
nd 8} 
naſien mit ben möthigen Jonbs ausgefastet | 


zu gründen. Unter deu Städten, welche bazu ald geeignet auf 
©. 52 genannt werben, vermiffen wir in Preußen Gibezfeld, 
diefe reiche unb gewerbfieilige GStabt, wo die Sommune zur 
„Ausführung eines ſolchen Planes fehr erfolgreich mitwirken kann 
und bie Lage fowie bie nähfte Umgebung «ine folge Anffalt 
ſehr begünftigen würden. Sin Gymnaſinum neben der Bürger: 

ie, wie es jest in Elberfeld befteht, wird inmer nur eine 
krankhafte Erfcheinung fein, wie ſich Ref. überhaupt von biefen 
gemifchten Anftalten, wie fie zu Duisburg am heine befteht 
und wie fie ber Rector Daade in Stendal in einem Programme 
vom 3. 1882 empfahl, Beinen fonderlihen Nutzen verſorechen 
kann. Es find und bleiben Zwitteranftalten. 

Die vierte Abhandlung enthält „Blicke auf bie geſchicht⸗ 
lie Entwidelung des Begriffe der Realgyamafien‘’. 

Bon ben beiden übrigen Abhandlungen: zeugt die über ben 
„Begriff des Gatzes“ von einer philofophifchen Ausbildung des 
Hrn. Moͤnnich, wie fiein feinen Werhältniffen und in feiner Stel⸗ 
Iung nicht anders als fehr erfreulich fein kann. 

Die „Aphorismen Über ben Unterricht in der Mutterfprache 
laſſen in dem Verf. (wie auch zu erwarten ftanb) einen Freund 
des Mutterſprachunterrichts erfennen, der in demfelben. die Aus 
fihten der Philologen und Technologen bekaͤmpft. Geine Mei⸗ 
nung verbient beachtet zu werben, überzeugt hat er und aber 
noch wicht. Auch findet feine Lehre, dem Unterrichte in ber 

Mutterſprache die erfte Stelle in allem Gprachunterrichte an⸗ 


zumweifen, den meiften Wiberftand bei Denen, für bie sr fpricht, 


nämlich bei ben zu erziehenden Schulen. Run Tann freilid 
eine foldye Abneigung von Kindern unb Zünglingen nie zum 
Maßſtabe für bie Ruͤtzlichkeit oder Unmüglichkeit eines Gegenftan- 
des genommen werden; aber bie allgemeine Abneigung gegen 
deutſche grammatifche Lehrſtunden und bie viel größere Neigung 
für die Uinterweifung in griechifcher und in lateiniſcher Gramma⸗ 
tie find doch ein nicht ganz zu verwerfenbes Zeugniß, baß bie 
gegemwärtige 'Lehrart in-beutfcher Grammatik noch wenig geeig> 
net für jugendlihe Gemüther fei. Und an ben Lehrern liegt 
es doch gewiß nicht überall, wenn freilich nicht geleugnet wer: 
den Tann, daß bie meiften diefen Unterricht als eine crux paeda- 
gogica anfehen. Vielleicht, baß bie mehr philologifche Begrändung 
ber beuticyen Grammatik durch Jakob Grimm unb feine Schüler 
bier die Fehler früheren Methoden verbefiern hilft. 89, 





Figaro’6 Memoiren. Herausgegeben von F. Nork. Leip: 
zig, Wigand. 1832. 8. 1 Thlr. 

Es Tann kaum einen Titel geben, ber bie Neugier und 
©pannung der Leſer mehr reizen bürfie als der obige. Der 
Dec. geſteht, daß er, als er das Buch Abends fpät auf feinem 
Ziſche fand, mit größter, Begier baffelbe aufzufchneiben an» 

‚um fi, wie er an Winterabenden gern thut, dem ge: 


fing 
fährlichen Vergnügen hinzugeben, im Bette zu leſen. Weil 


ihm aber nicht felten begegnet, baf er, durch bie Lockung 
der geiftigen Speife verführt, Halbe Nächte mit eine foldyen 
Lecture zubringt, fo befchloß er ſich ſelbſt einen Riegel vorzu: 
ſchieben und nur 50 Seiten aufzufcgneiben. Mit welcher Leb⸗ 
haftigkeit wirft du, dachte ih, dann morgen das Buch wieder: 









—— 
—— u 


leg pi! bei: ben. 











RL 

uſcht 
wech * 
ber Jeltexa/ ꝓ u 1. aus der 4 Diägt, DEE 
Baters nahm und meine Lefi e baran zu FAltigen Juchte, 
Ich ſtieß dann auch auf — wie ſie vor 30 Fahren 
gäng und gedk waren, Leute,‘ vie ſich groß duͤnkten «in 7 


ty 
etwa wie Vangbeı's, in ungeich peter „und. gemeinever 
Veie men: reich Hehe id Inhalt. md Ticxi iener 
Bücher längft vergeffen, allein eine bunkie Grinnerung bed Ton, 
der barin Mt wislh gelten follte, war mir geblieben, Hr. Nork 
Or mwohlgethan Haf, ſeinen Namen zu verfähleiech) Mei cht diefe 
innerung in mir mänhtig wieder auf. Ich kann nicht leug⸗ 
nen, daß ich damalsals din 0 Snabeim 
0 


liche Gtunde bei biefen lechten 3 


ren‘ auf meinen Dank Anſpruch. Dies 
gilt aber nur für die erſten fünf Minuten; als er nachher mid) 
durch fich ſelbſt - feffein follte, -fant ber Zaubernebel und Die 
platte Geſtaite der Firklichkeit fan im rem Ianımer vor kiir. 
Ich weiß zwar nicht, ob der 12jährige Schulknabe einen ‚befs 
fern Geſchmack hatte als bie Eefer, für welche ber Verf. ſchreibt; 
allein fo viel glaube ich behaupten zu dürfen, daß fein” Buch 
noch tief unter ben genannten fleht. Wir wollen von der Ans 
maßlichkeit des Werfe., von bem Herumdrehen auf Beaumar⸗ 
chais berüßmten Luftfpielen und auf Paefielo’s, Mozarts and 
Roſſini's Opern, von bem gaͤnzlich unfitslichen und ungragidfen 
Inhalt gar nicht einmal reden; aber bie Form der Ginfleidung, 
die bei der Satire Alles ift, erſcheint fo erbarmungswärbig, fo 
nüchtern, fo gemein, fo auf ber breitgetretenen Deerftraße ber 
Semeinpläge verfehrend, daß uns das Lefen kiner eingigen Seite 
fhon über ben Werth des Buchs ins Klare bringen Eonnte. 
Blickten wir tiefer hinein, fo war es die reine Neugier, jener 
Trieb im Menſchen, audy das Ende Tangweiliger, trivialer Er: 
sählungen zu erfahren. Wir geben dem Kefer nur eine Styl⸗ 
probe, wie wir fie eben aufs Gerathewohl herausfifchen, und 
Tonnen einen Cid leiften, daß fie das Ganze fo freu repräfens 
tirt wie ein Glas Wein aus dem Faſſe diefes. „Der alte Mon⸗ 
tebro, weldyer gut wußte, daß er an Clara Maria einen Schap 
beſaß, hatte dieſer zum Wächter einen Drachen in Geftalt eis 
ner Duenna geftellt. Weil jedoch auch Dradgennaturen zu gols 
benen XAepfein abſonderliches Attachement bezeigen, die bes 
wachte Schöne aber außer ein paar bezaubernden Augen und 
dito Liebesäpfeln(!) (letztere von vorzüglider Weiße) auch noch 
einen erklecklichen Worrath von dieſer Fruchtgattung befaß, die 
allenfalls durch den Fleiß des Don Wontebro gepfiegt und von 
feiner jungen Ehehaͤlfte gegen Austaufd anderer Früchte fleißig: 
gepfluͤckt wurde, fo mußte oberwähnter Drache nothwendig feine 
Zähne fi an zu haͤufigem Genuß ber gebotenen goldenen Aepfel 
fo ſehr abflumpfen, daß nichts von ihm für abenteuernde Gluͤces⸗ 
und Eiebesritter mehr zu befürdgten war, wenn fie um die holde 
Dame hinter dem Rüden ihres Befigers zu minnen befchlofs 
ſen.“!!! (Hilf Samiel!) Wenn bie Leſer nach diefer geiſthalti⸗ 
gen Probe noch Luft haben, ſich an bas Buch zu wagen, fo will 
es der Rec. ihnen mit keinem Wort mehr verfümmern. 76. 


Redigirt unter Werantwortli@delt des Berlogbbandlung: 8. 1. Bro@daus in Eeippig. 


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Blaͤt ter. 


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literariſche Unterh un 





Dienſtag, 





Gedichte von J. Chr. Freiherrn von Zedlitz. Stuit⸗ 


gart, Cotta. 1832. 8.2 Thlr. 


Die “vorliegende Gefammtansgabe der Iyrifchen Poefien 
eines Dichters, der auf dem deutſchen Parnaß bereits eine 
feſte Stelle einnimmt, macht einen eigenthuͤmlichen Ein⸗ 
druck. Es iſt, als hätte der Verf. durch die Sammlung 
und Aneinanderreihung feiner verſchiedenen Hervorbringun⸗ 
gen recht anfchaulid machen mollen, welch einen wunder: 
baren, fchöpferifchen Zauber bie Korm in der Poeſie aus: 
zuüben berufen ift, wie mächtig fie auf den Geiſt zurüd: 
wirkt, wie fie einen Dichter, verſteht fih, einen Dichter, 
bee den Funken bat, zu, heben und zu tragen vermag, 
wie er fi aber auch nicht ungeſtraft ihrer entfchlagen 
barf. Der Verf. der „Zobtenkränge” hat in dieſem cykli⸗ 


ſchen Gedichte Ausgezeichnetes geleiſtet, und er fuͤhlt es Daß 


er es nicht geleiſtet Haben wuͤrde ohne die gluͤckliche Form, 
deren Wahl ſelbſt jedoch ſchon ein Act echter Poeſie war, 
konnte man zum voraus Kberzeugt fein; der Dichter hat 
aber durch die reichliche Beigabe fliegemder Lieder, Balla⸗ 
den, Romanzen, Gelegenheitsgedichte u. ſ. w. baflır geforgt, 
biefe Ueberzeugung bei dem Lefer zu beftärken und ihr Ge: 
wißheit zu verleihen. Nicht als ob ſich unter diefen uͤbri⸗ 
gen Gedichten nicht auch mancherlei recht Schönes, der 
„Todtenkraͤnze“ und „Mprologen”, die_beide auf gleicher Höhe 
fiehen, Bürbiges fände; zufammengenemmen aber wiegen 
fie doch viel leichter, and wir können den Mangel an Ge⸗ 
Saft, den wir bei vielen derſelben antreffeu, nichts -Anderm 
zufchreiben als dem Mangel an Form. Der Verf. hat 
auch ſeibſt das Verhaͤltniß diefer Lieder zu jenen gedrun⸗ 


genen Poeflen volllommen gefühlt und angegeben, wenn | 


er im Vorworte zu den „Todtenkraͤnzen“ fagt: 
Dft und viel hab’ ich gefungen 
Barter Liebe Huldigungen, 
Und es ward manch füßer Laut 
Kleinen Liedern anvertraufz 
Doch nun flimme mein Befang 
Bollern Ton und heilen Klang, 
Wie aus innerſtem Bemüthe 
Ich ihn auszufprähn mid) ſehne! 
Darum nennen möcht’ ich jene 
Lieder meines Wipfels Blüte, 
Diefe meines Stammes Marl. 


Mm der‘ Shot verhalten fich bie beiden Haͤtften net 


Sammlung nicht vofe Blüten und Fruͤchte zueinander; z3 


denn jene Bluͤten haͤtten nimmermehr ſolche Fruͤchte er⸗ 
warten laſſen, und wir glauben daher dem Dichter gern, 
wenn er in der angefuͤhrten Strophe andeutet, daß von 
jenen fluͤchtigen Bluͤten ſeines Geiſtes zu dieſer gediege⸗ 
nen Fuͤlle kein vorſchreltender Uebergang zu finden iſt: wir 
laben uns an dem Marke ſeines Stammes und hegen 
uͤberdies die Zuverſicht, daß ein fo kraͤftiger Stamm auch 
noch andere Blüten treiben Tann, fobald er will. Indeſ⸗ 


fen ift es Pflicht der Kritik, ihr Urtheil, zumal wo «6 


ein tadelndes ift, durch Hinweiſung auf Einzelnes zu be 
gründen, und fo wollen wir denn den „Fruͤhlingsroſen“ 
des Verf, wie er feine frühen Lieder nenne, näher treten. 
Die einleitenden Strophen: „Dichterfehnfucht”, In gehalte: 
nee Form, erinnern allerdings an den Dichter der „Tod⸗ 
tenkränge”, und obgleich es zu jener Gattung verſtuͤmmel⸗ 
ter Detaven gehört, an welchen die Poeſie vor einiger 
Beit fo reich war, fo geht ed doc auch in dieſen unvolls 
ftändigen Schranken feinen flrengen, gemeffenen Schritt. 
Aber ſchon das zweite Gedicht: „Die Dorfliche” (©. 7), 
ſchuͤttelt die Feſſeln der Form zur Hälfte ab, indem es — 
wohlgemerkt, nicht ein ganz kurzzeiliges, fondern ein fuͤnf⸗ 
tehalb⸗ und vierfuͤßiges Jambenlied — nur zur Haͤlfte 
reimt: 

In einem Dorf am fruͤhen Morgen 

Sah ich ein Kirchlein offen ſtehn, 

Und waie's mir freundlich ſchien zu winken, 

Trieb mich das Herz bineinzugebn. 
In einem fo loſen Kleide machen es ſich denn bald aud 
die Gedanken bequem, und das ſchoͤne Motiv (eine Glaͤu⸗ 
bige am Xifche des Derm, welche die Hoſtie mit ihrem 
Säuglinge theilt) wird zum Xheil unter etwas trivialen 
Dhrafen ausgeführt, wie 3. B. der Segenewunid iſt: 

Bieh’, junge Frau, mit frommem Xrofle, 

Und reicher Segen fei dein Theil! 

Wie du vertraut, fo ſei erhöret, 

Dem Kinde blühe Gluͤck und Beil. 


Dem rafchen Liedchen: „Die Reife” &. 9, ſteht fein leich⸗ 
tes Gewand beffer, aber das nächfifolgende, „Wiederfehn”, 

iſt gar in reimloſen Jamben gedichtet und ©. 32 — 38, 
43 —52, 66fo., 70fa , 87 fo., 96 fg., 1119. ‚126, 

139, 148 fg., 16% fo., 1760. begegnen wir lauter haib⸗ 
oder gar nicht gereimten Gedichten. Bei manchen der⸗ 
ſelben kann man es nur bedauern, daß es dem Dichter, 
den man in den „Todtenktaͤnzen um feine Meiſterſchaft 


- 


| a? a 
in ber Form beneiden muß, nicht gefallen bat, ben eben 
Keim, der in dieſen Liedern liegt, auf gleiche Weiſe zu, 
pflegen; in manchen aber hat fich die verfhmähte Form 
an dem-Sänger bitter gerädht, indem fie ihn einem Xone 
preiögegeben bat, in welchem man ben wlrhevoien Dich⸗ 
tee micht mehr zu eikennen vermag. Dber iR es Kähe 
im „Blinden Geiger” der Fall, der recht fehnfüchtig ſchoͤn 
anfängt: " 

Es figt ein blinder Geiger 
Am Markt und fpielet auf 
Biel Leute gehn vorüber, 


Doch Niemand Hörer drauf, · 2 


Er ſpielt die ſchoͤnſten Weiſen 
Recht aus des Herzens Grund, 
Und gibt in Sehnſuchtstoͤnen 
Sein tiefſtes Leben kund. 
Aber in dieſem unſchuldigen, reinen Volkstone faͤhrt das 
Lied. Leider nicht fort. Die Ironie bat mit dem bereite 
willigen Metrum ſchon gar zu oft gebuhft, unwillkuͤrlich 
bemaͤchtigt fih die Freche auch unter Zedlitz's edler Fe⸗ 
der deſſelben und fängt an zu handtieren: 
Die Leute gehn und ſchauen 
Hinauf am nädjften Haus: 
Da fieht ein großer Affe 
Bornehm zum Fenſter 'raus, 
Gin junges Kind nur eingig 
Bleibt bei dem Geiger ſtehn 
Und gibt ihm einen Heller 
Mild im Borübergehn. 
. Die arme Dirn’ iſt thöricht, 
Weil fie der Herzwurm plagt; 
S'iſt eine boͤſe Krankheit, 
Dem Himmel fei’6 geklagt. 


Ich felder bin bee Geiger 

Und fpiele mid in Schlaf; 

Wer aber ift ber Affe? 

Man fagt, es fei ein Graf! 
Mit wahrem Schmerz empfindet man es oft, wie jme 
Nonchalance in ber Korm die orbinairften Paffagen neben 
innige, wahre, neue Gedanken forglos anreihen, ober ih: 
nen gar voranflelen kann, wie ©. 88 in bem Gedichte: 
„Bewußtloſe Neigung”: | 
Mäbchen, fo nenne ben Zauber 

Der mid gefangen hält; 
Sage, was haft du benn eigen, 
Das mir fo [ehr gefällt? — 
Ab! 's iſt die Einblicke Seele, 

Die noch gebankenlos träumt, 

Während in jeglicher Aber 

Leben und Jugend ihr ſchaͤumt. ' 
Wir wetten darauf: in ein firengeres Sylbenmaß häts 
sen ſich jene erſten abgebrofchenen Redensarten gar nicht 
bineingewagt, und ber zweite, ſchoͤne Vers hätte ſich in 
einem engem Gewande noch reizender ausgenommen. 

Doch wir wenden uns, um nicht sadelfüchtig und 

nicht als Verkleinerer eines fo anerkannten Dichtergeiftes 
zu. erfcheinen, den volllommenern Lieben zu, beren ſich 
auch biefe erſte Hälfte der Sammlung erfreut. Dahin 
find neben ber viel.geruhmssen „Naͤchtlichen Heerſchau“, In 
deren Lob. wir einſtimmen, obgleich uns Gedanke und 


4‘ 


20° 


Ausführung nicht fo eriginel vorfommimn, ald man durch⸗ 
gaͤngig zu glauben ſcheint, noch weiter zu rechnen: „Der 
Beduine” (S. 14), ein frifhes Naturlied vol Leben und, 


was bei dem Gegenſtande hoch anzuſchlagen iſt, ‚ohne _ 


Manie: :, 1. 4 r „ 
* % ” nn. e } ® ot. j , 3 
Mein Habe Hält Fein Zaun umfaft, 
Ich bin mein Wirth und eigner Gaſt; 
Mein naͤchſter Nachbar neben mir 
BBohnt Hundert Meilen | 


2.707 Prei, wie der Wind der Wäſte weft,  - 


ei, wie bie Antilope gebt, . 
teg” Ich auf dem dar en, 
&o weit die Ebne ausgefpannt. 
Weib meine® Herzens, meiner Luft, 
Du einzig liegſt an meiner Bruft, 
Dein braunes Aug’ blickt mild und klar, 
Wie Mofhus wallt Bein dunkles Haar. - 
Nie werd’ ich deiner Sehnſucht fatt, 
Nie werd’ ich deines Reizes matt; 
Roch glüh” ich wie am erften Tag, 
Wo id im deinen Armen lag. 
Dentft du der wonnefel’gen Nacht, 
Unter tes Sternenhimmels Pracht, 
Wo ſuͤß gebuhlt die blaue Euft 
Mit der Akazie Bluͤtenduft? 
Sobald der Dichter: es dee Mühe werth findet, feine 
Kunft nur einigermaßen anzuwenden, fene Worte, rem 
wir fo fagen dürfen,’ zufammmzuhalten, fo werben auch 
feine Gefühle ernſter und wahrer, wie 3. B. in „Gute 
Macht” (©, 41), wo das arme, verlaffene Mädchen fo 
rührend fragt, 0b es auch recht fei, daß ber Geſelle fie 
wie feine Braut gekuͤßt, und watum er fe lieb und bo 
fo fchlecht fel. Alsdann fingt bie ſchwarzlockige Marie 
(S. 56 fg.) fo rührend bei ihrem Kind: 
Nein, neim! wir roollen leben, 
Mir Weide, du und id! 
Deinem Water fei vergeben, — 
Wie ſelig macht' er mid! 
Schade ift es, daß auch in dieſem Liebe bie verzweifelte 
Bequemlichkeit den Sänger übernommen bat und ihn von 
zehn Strophen willkuͤrlich nur die erſte, zweite, fiebente und 
(die angeführte) letzte hat durchreimen lafſen. In freiem, 
hymnenartigem Metrum, aber doch in einem funflvollen 
KRhythmus bewegt fih das „Lieb eines Wahnfinnigen‘‘, 


welches ſehr ſinnvoll bie drei Geiſter des Ehrgeizes, des 


Geizes und der Liebesleidenſchaft, von welchen er beſeſ⸗ 
fen iſt, ſchildert. Gut gehalten find auch „Der arme Saͤn⸗ 
ger” (&. 19) und „Der fremde Buhle” (&. 45), nur 
erinnern fie zu fehr, jenes an ein Uhland'ſches, dieſes an 
ein Heine’fches Vorbild, Durch feine Wahrheit und In⸗ 
nigfeit erfreut auch — obgleich es ſchon Dftgefagtes wie⸗ 
derholt — das Lied: „Troſtloſe Thraͤnen“ (S. 78). Eis 


genthuͤmlicher und vortrefflich ift das Lieb: „Beruhigung“ 


(&. 91), in welchen dem Mädchen, das mit bem Tage 
lichbäugelt, die wunderbare Seelennacht ber Liebe. geweifs 
fagt wird, im welcher einft Ihe Auge, ſich umdüflert und 
ihr Blick in Thraͤnen lat. Wenn fie fih dann mit 


DM. _ 


allen Ranken an ben Trauten klammert, ben Ihre Innern 
Augen ſchauten, dann ſol ber Liebe Macht fie ſchirmen: 
And er denke dich nicht ſchlilmmer, 
Weil in ungeahnten Shfingn 
Jugend dich und Arglift fingen, 
Und Fein Engel dich bewacht! 

In „Srühlingsliebe” hat einem nicht eben neuen Ges 
banken die Kunſt eine neue Geſtalt verliehen, und wie 
freuen uns mit ben zufchauenden Sternen, tote an zwei 
getrennt ffehenden Bluͤtenbaͤumen „In wonnefeliger Nacht die 
zartefte der Chen geheimnißreich vollbracht wird” (S. 102). 
In den Romanzen und Balladen erfcheint Zeblig durchs 
aus nach Uhland gebildet; wir glauben nicht, daß dieſe 
Sphaͤre ihm urſpruͤglich von feinem Talent angewieſen war. 

Unter ber Rubrik „Gelegenheitsgedichte“ finden ſich 
einige durchaus nicht unter dieſe Rubrik paſſende freie Lieder, 
die wir zu den beſten der erſten Hälfte mit Freuden zaͤh⸗ 
len, z. B. „Thraͤnengrund“ (S. 148 — 151) und „Deut: 
ſches Lied” (S. 155). Ein Gelegenheitsgedicht iſt das „An 
den König Ludwig von Baiern“ (S. 157). Der Did: 
ter, „der nie vor Fürften gekrümmt gekrochen bat und 
nur Dem, der der Ehrfurcht werth ift, Ehrfurcht zollt“, 


neigt fih vor ihm — denn Miguel und Ludwig gelten 


ihm nicht gleich, — nur als vor dem hoben Menfchen 
und vergleiht ihn mit Siegfried, ber den Zwerg flug, 
und mit Arion, ber die Fluten zähmt. Die beiden 
Gedichte auf Goͤthe's Tod hätten wir lieber zu einem 
Todtenkranze fefter geflochten und jenem Cyklus einverleibt 
gefehen, wiewol ber Zoaft, welchen dem großen Dichter 
der Juͤnger in Tokaier zutrinkt, vecht fchön if. Unter 
den finnvollen und der Form nach bucchaus zur zweiten 
Hälfte der Sammlung gehörenden Sonetten zeichnen wir 


das aus, das der Dichter „An die Tadler“, ohne Zwei⸗ 


fel an die adeligen Standesgenofien, richtet, und daß feis 
ner wahrhaft edeln Sefinnung Ehre macht: 
Ihr ſchmaͤht, Ihr ſeht mid Gure Zeichen tragen, 
Unb dennoch fei ich Keiner von den Cuern! 
Nie werd’ ich's fein, das kann ich euch betheuern, 
Weit eher würd’ ich meinen Schild zerfchlagen ! 
Ich ſeh“ Euch nur nad Euerm Vortheil jagen, 
Mich muß ein hoͤh'res Biel zum Kampf befeuern: 
Der Menſchheit Adel, den allein mir theuern, 
Möcht? ich erhalten fehn in Fünft’gen Tagen! 
Wie Ihr befig’ ih, was ich nicht veradhte, 
Doch auch nicht achte mehr als fich gebühret; 
'S ift nit vom Fuchs die Kabel und der Trauben! 
Ich will nicht ſchmaͤhn; doch laßt mir meinen Glauben: 
Daß Gottes Hand zu jenem Ziele führt, 
Bon dem Ihr flieder, und nach dem ich trade. 
(Der Beſchluß folgt.) 





Atlante geografico, fisico e storico del granducato di 


Toscana, di A. Zuccagni-Orlandini. Florenz, In 


ber großherzoglichen Buchdruckerei. 1832. 

Das fleißige und verdienſtliche Werl bes Dr. Zuccagni zu 
Blorenz, der „Geographiſch⸗phyſiſch⸗hiſtoriſche Atlas von Ich. 
cana“, ift nun mit berjenigen Karte, welche bie Ueberſicht bes 
gefammten Großherzogthums enthält, in 20 Großfolisblättern 
vollendet worden, Wenn biefes Unternehmen auch fihen im All⸗ 


- N 


⸗ 


J 


gemeinen Anerkennung nerbient, fo. iſt dies noch mehr ber Jall 
durch bie große Sorgfalt, womit es In allen feinen Theilen des 
arbeitet ift, während ſich vermöge des Zuſammentretens verſchle⸗ 
dener Verpättniffe der Ausführung deffelben durch die beſchraͤnk⸗ 
ten Mittel eines Privatmannes Echmierigteiten aler Art dar⸗ 
bieten mußten. Der unermüdlidke Derausgeber verdient das 
Lob, weder Zeit no Mühe und Koflen geipart zu haben, um 
fein Werk fo brauchbar und volllommen als möglich zu machen. 
Bis jest waren Targioni⸗Tozzetti's Reifen die einzige umfaf: 
fende und gründliche Arbeit über das Großherzogtdum, obgleich 
es an werthoollen Schriften über einzelne Theile und Gegen⸗ 
ftände nicht fehlte, unter denen Koffombroni’s, Siuli’s und Ma: 
netti's Arbeiten über das Chianathal, mehre verbienflliche Ab⸗ 
handlungen in den Acten der thätigen Alademie ber Beorgofli, 
botanifhe, chemiſche und mineratlogifche Werke von Gavi (Io 
deffen fchöne toscaniſche Ornithologie in trei Bänden), Gazzeri, 
Biuli, NRepetti u. A., ber neuern gefhichttichen und archäologis 
fhen von Pignotti, Micali, Inghirami u. X. m. nicht zu geben: 
fen, eine befondere Grmähnung verdienen. Aber Zargioni, ein 
gewiffenhafter Beobachter und wiſſenſchaftlicher Forſcher, war 
in mander Hinſicht veraltet, und die Uebrigen Eonnten und ſoll⸗ 
ten nichts Umfalfentes geben. Es wäre für das Kortfchreiten 
ber geographiſchen und ftatiftifchen Wiffenfihaften im Großherzog⸗ 
thume fehr wünfchenswerth geweſen, wenn bie vor einigen Jah⸗ 
ren gegründete totcan'fhe Gefellfchaft Fur vaterländifche Erd⸗ 
und Boltsfunde, an deren Spitze mehre verdienſtvolle Männer 
flanden, Fortgang gehabt Hätte; aber fie erregte, man weiß 
niht wodurch, das Misfallen ber Regierung, welche fie unters 
drädte. Zuccagni's Werk, um wieder auf daſſelbe zurüdzus 
fonımen, vertient alfo die Anerkennung, die ihm bereitö allge 
mein in Toscana zu Theil geworden ift. Jede Karte enthält 
eines oder mehre Ihäler (die natürlicfte, und wegen ber Bers 
fdyiedenheit der Verwaltungseinfheitungen des Großherzogthums 
für eine ſolche Arbeit allein zutäfjige Anordnung) neo deren ges 
brängfer aber voufländiger Befchreibung. welche in ber yhpfifchen 
Chqrographie von der Autdehnung, ben Grenzen, dem Anblide 
bed Landes, ben Erb rgen, Ebenen, Klüffen und Seen, ber 
Orpftologie, Botanik und Naturgeſchichte der lebenden Geſchoͤ⸗ 
pfe, dem Klima und den Bewohnern Nachricht gibt. Die His 
ſtoriſche Shorograpbie erzählt Lie Schickſale des Landes ober ber 
Provina unter den Etruskein und Römern, während und nad 
ber Völkerwanderung und fo fort biß auf unfere Tage, nebft 
einer Aufzählung der berühmten Männer und intereſſanten topos 
graphiſchen und geſchichtlichen Notizen Über alle einzelnen Drte 
von einiger Bedeutung, deren 3abl man nicht nad dem Um⸗ 
fange des Landes, wol aber nach der Rolle, weiche fo viele dies 
fer Orte in den Zahrbüchern verganaener Zeiten fp.elen, ſchaͤ⸗ 
gen muß. Der Abfchnitt uͤber die Induftrie endlich handelt von 
bem Aderbau, den Manufaczuren und dem Handel, woran fid 
endlich eine Ueberſicht der Gebietseintheilung in Gemeinden, dee 
Flaͤchengehalts und ber Bendlterung anſchließt. Den Anger 
ben feiner Vorgänger Bein blindes Zutrauen ſchenkend, bat ber 
Verf. alle einzelnen Provinzen wieder burdreift, an Ort unb 
Stelle nachgefeben und Erkundigungen eingezogen: ein Verfah⸗ 
ren, das namentlih bei ſolchen Gegenden, wo ſich feir wenig 
Jahren Vieles geändert, wie in dem Chianathal und den Ma⸗ 
remmen, oder die noch weniger unterfukt waren, wie die In⸗ 
ein, für die Nichtigkeit und Woiftändigkeit der Arbeit ſehr er⸗ 
prießlich fein mußte. 

Nachdem das Phyſiſche und Geſchichtliche und der Zuſtand 
der Induſtrie der verſchiedenen Provinzen auf ben einzelnen 
Karten dargeſtellt werden, enthält die zuleht erſchienene (der Ord⸗ 
nung nach die erſte) die Ueberſicht des Ganzen nebſt jener der 
‚@ebietseincheilung, des Fiäcyenraums und ber Bevdikerung des 
Großherzogthums. Es iſt intereffant, bem Verf. in ber Zus 
fammenflellung der Bemerkungen über Aderbau und Manufactu⸗ 
xen zu folgen. Xoßcana, fagt er darin, verdient in mehr denn 
einer Dinfiht ben Ramen des Wartend von Italiens hinſichtlich 
feiner Bebauung indefien- fing ea erſt vor nicht vielen Jahren 


208 


und auch dann nur theilweile an, ih Anfprücde auf diefen Na⸗ 
men gu erwerben. Unter der forglofen Mediceiſchen Verwaltung 
fhien der Boden bes Landes von dem Fluche der Unfrucktbar: 
keit getroffen und zeigte feinen Reichthum erft, als Peter Ero: 
pold die liegenden Gruͤnde in Fractionen theilte, und feine wohl⸗ 
ige Hand die harten Feſſeln Löfte, welche den Beldbau zu 
den bdrüdten. Gegenwärtig ift der Aderbau wol in’ ganz 
Zoscona in gutem Zuftande, aber nur im Bal bi Nievdle ei- 
entlich blägenb zu nennen, weil dort allen Landbauern Indus 
e eigenthümlich und erblich I, während man bies im Bal 
v’Elfa nur dem Geifle und Gifer einiger Wenigen verbantt, 
und In dem übrigen hellen bes Großherzogthums der Lands 
bauer ſich zwar thätig, aber felten induſtrids zeige. Wahr iſt 
es indeffen, baß die alten fehlerhaften Verfahrungsweiſen nad) 
und nad beffern Ylag machen; und wenn dies Überall geſchiedt, 
wird ber Reichthum des Bodens. in Toscana ſich mit dem des be: 
nachbarten Luccheſiſchen meffen Fönnen. Dem Zostaner fehlt es 
nicht an Neigung und Liebe zum Ackerbau: Beweis fei bie verhälts 
nißmäßige Anzahl der Solonen. In nur zehn Gegenden über: 
ſchreiten diefelden nicht die 20 auf 100 Ginwohner, und in 15 
die 30 auf 100, wo nämlidy der Boden volkreiche Städte trägt, 
in 21 Gemeinden befchränken fie fih auf 30 — 40, und in 30 
auf 40 — 50: dies iſt waldiges und gebirgiges Land, wo nur 
die Viehzucht fortlommt, oder ans Meer ftoßende Ebenen, wo 
es ausgedehnte Befigungen unb wenige Einwohner gibt. Aber 
in 36 Gemeinden belaufen ſich die Aderbauer auf 50—60, In 
44 auf 60—70, in ebenfo vielen auf 70-80; endlich in 30 über: 
ſchreiten fie die 80 und in 10 bie 90 Köpfe ter Bevdtterung. 
Der Staat ift in 247 Gemeinden getheilt, die im San: 
zen einen Flaͤchengehalt von 7957 Miglien (italieniſch) und 
1,887,795 Ginwohner haben. In mehr denn 120 Gemeinden 
überwiegt ber Ertrag an Getreide, Del und Wein ben Bebarf, 
in mehren andern reicht er hin, und fehlt zum heil ober ganz 
(namentti Del) nur in ben höchften Gebirgsftrichen. Das Rind: 
vieh beläuft fih auf 353,380 Stüd, wozu 3000 Büffel zu rech⸗ 
nen; Pferde und Eſel auf 118,340 (ohne die Pferde in Yen großen 
Städten), Schweine auf 194,220, Schafe auf 877,650, Ziegen 
auf 191,150. Dazu kommen noch 150 Dromebare in ter Ebene 
von Pifa (zu San⸗Roſſore, worüber u. A. Eullin de Chateau: 
vieug in feinen von Hirzel Üüberfenten Briefen redet). 

Nach Jahrhunderte langer Knechtſchaft, womit bie Barbas 
ren Italien bebrüdten, waren bie frei gemorbenen Toscaner bie 
Erſten, mittels der Induſtrie den Nationalwohlſtand wiederzu⸗ 
erlangen. Piſa warb mächtig durch feinen Seehandel, und ber 
florentinifdhe Freiſtaat, die Künfte zum Stuͤtpunkte aller Wuͤr⸗ 
den und Ehren erhebend, machte einen Befchluß, daß foldye, die 
zu Feiner Kunftgilde gehörten, an der Verwaltung nicht follten 
theilnehmen können. Die bebeutendften Nationen Guropas wur: 
den zu jener Zeit der toscanifchen Induſtrie zinsbar, bis Gngs 
land, Brabant u. a. ſich davon loszumachen begannen, ſodann 
in Bervollfommnung der Probucte den Sieg davontrugen und 
damit endigten, Lehrer des Voikes zu werden, von bem fie Urs 
fprung und Grundfäge der Kunft erhalten. Zum verberblichen 
Einken ker toscanifhen Wanufacturen trug namentlid das Sy⸗ 
ſtem ber Privilegien bei, welches durch das Zunftweſen genährt 
und von ber Webiceifchen Regierung mit Worliebe gepflegt 
wurde. Diefe Einritung mochte den Manufacturen nüsgen, fo 
Nlange fie nicht die Vergleichung mit ber austänbifchen Induſtrie 
zu beftehen und zu fürditen hatten; aber als dieſe lettere aus 
Berpolllommnung voranſchritt, erflidte in Toscana das Privis 
legium den Wetteifer, fchügte bie Mittelmäsigkeit, erniedrigte 
und feffelte den Geift. Die Leopolbinifche Befeggebung weckte 
von Neuem den Benius ber Kunft, aber nunmehr erfreuten fi 
frembe Nationen bes Oberrangs in. jedem Induſtriezweige, Dan 
den in Stalien nicht anerkannten Vortheilen einer populair ge 
morbenen wiſſenſchaftlichen Bildung, und Toecana, gleich jeder 
amdern Provinz ber Halbinfel, blieb frembem Kunftfleiß unterles 
gen. Kleidungsftoffe aller Art, @egenftände bes Luxus, Hausge⸗ 


raͤth im beſten Beihmad und viele nothwendigfien Dinge 
tommien jeut, aus engılflben, 65 deutfden Jabriken; 
alte Maͤrkte Arvgen von fremden und cu Maares. 
toscanifhen Kuͤnſtler und Handwerker fehlt es wicht an Geiſt: 
deshatb geben mandye von Beit zu Belt in biefem ober jenem 
Kunftzweige Proben von Arbeiten, weldge bie fremden an Schoͤn⸗ 
heit übertreffen; aber ber Käufer gibt biefen legtern den Wors 
— weil er ſie zu geringern Preiſen erhaͤlt. Dieſer Vorzug, 
n der häuslichen Oekonomie fo beachtenswerth, laͤßt ſich von je: 
nen Fabriken erlangen, in weichen Wafchinerie die Anbeiten ers 
leichtert, verkuͤrzt, veroolllommnet ab wohlfeiier machts aber 
der Zoscaner, ben Unloften einer langwierigen, Beit und Belb 
raubenden Dandarbeit unterworfen, Tann in keiner Hinſicht die 
fremde Concurrenz aushalten. "Hier und ba beginnt man ei⸗ 
nige Maſchinen einzuführen, aber es geſchieht Iangfam und mit 
verderbtihen Zögern. Zu Stia im Gafentino hat man bei 
Berfertigung von Wollenfioffen moderne Mechanismen ange⸗ 
wandt, in einer Papierfabrik zu Seravezza bie Walzen ſtatt der 
Pumpftöde, im Val di Chiana, zu Pescte, zu Modigliana wird 
die Seide mitteld Dampf gezogen; aber biefe BVeifpiele find zu 
felten und werden zu wenig nachgeahmt. Man darf nicht ver» 
ſchweigen, daß dann und wann von denkenden Köpfen bie Sins 
führung irgend einer fremden Wanufactur verfucht wird, wie 
die der Nankins, ber Kryftallgläfer, bes Leims u. f. w., aber 
fetten rechtfertigt dee Erfolg bie Doffnungen. Deſſenungeachtet 
fehlt es Toscana nit an vielen nützlichen Künften und Erzeug⸗ 
niffen. Die Wollenzeuchfabrifen find zahlreich, Liefern indeB 
meift nur gewoͤhnliches Tuch. Prato bewahrt feine Manufactur 
von levantinifchen Mügen und hat viele Mefjingfabrilen. In 
Piſa und Livorno gibt es viele gute Kunfttifchier. Pescia und 
Golle baben zahlreiche Papierfabriten. Sm Val di Chiana, 
Bat v’Sifa, Val d'Orcia und Bal di Nievole gibt es viele Toͤ⸗ 
pfer⸗ und @lasdfen, bie aber nur Gegenflände von gewöhnlicher 
Qualität liefern. In der Vorſtadt von Florenz gibt es Kry⸗ 
ſtallglas und Porzellan, Damaftleinwandb und feine Strohhuͤte, 
und Florenz endlich bat zahlreiche Lebergerbereien, gute Kärbes 
reien, Danufacturen von Luruswaaren unb feinen Arbeiten in 
Marmor, Atabafter, Gypskryſtall und harten Steinen, enblidh 
feine Strobhüte, bie vorgüglichfien biefer Gattung, und feine 
ausgezeicneten Geidenfabrifen, die ſchon vor Jahrhunderten fo 
allgemein berühmt waren, 

Toscana ift bis jegt unter den Rändern Staliens das eins 
zige, welches ein fo gründliche® unb umfaflendes und mit fo vier 
ler Freimuͤthzigkeit gefchriebenes topographiſches Werk beſigt. Der 
Verf. hat es in der Zeit von vier Jahren begonnen unb volls 
endet: eine wirklich ſehr kurze Friſt, wenn man bie Schwierig: 
keit ber Arbeit betradhtet. Den Karten feldft Liegt bie große 
des Pater Inghirami gu Grunde, weldye, nach neuen trigonos 
metrifhen Aufnahmen bearbeitet, an Nichtigkeit wol nichts zu 
wünfden übrig läßt und an Schönheit der Ausführung mit den 
beiten Werten dieſer Gattung bie Vergleichung aushalten kann. 
Bor Kurzem erfhien eine Verkleinerung derfelben (in einem 
arch Kolioblatte), von G. Gegato, dem man die prächtige Karte 
Nordafrilas und mehre geographifche Arbeiten über Aegypten ver⸗ 
dankt. Die Anordnung feines neuen Werkes ift ebenfo finnreidg, 
als man deſſen graphiſche Ausführung mufterhaft nennen Fann, 
und es ift das ſchoͤnſte diefer Act, welches bis jest aus Florenz 
hervorgegangen il. Kür den Fortgang der geographiſchen Wiſ⸗ 
fenfyaften find dies waere und bankenswerthe Beſtrebun⸗ 
gen, und es ift ein gutes Zeichen, daß das Yublicum es an 
Aufmuntesung dazu nicht fehlen läßt. 144, 


4 








Notiz. 

Die erſte Sefammtausgabe von ‚The plays and poems 
of Shirley” if bei 3. Murray in London, beforgt von Wil 
Ham @ifforb, in ſechs Octavbaͤnden erfchienen. Der verglichene 
Text ift von Eritifden und andern Noten begleitet. 8. 





Nedigirt unter Berantiwortligtelt der Wertagähandlung: BU. U. Brodhaud in Selpzisg- 
— —— ——— — — 


—3⁊ 


“” 


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W Blätter 


für ” 





Mittwod, 


— Nr. 51. — 


20. Februar 1833. 





Gedichte von J. Chr. Freiherrn von Zedlitz. 
(Beſchluß aus Nr. 50.) 

Mit der zweiten Abtheilung feiner Sammlung, welche 
bie „Todtenkraͤnze“ eröffnen, kommt eine ganz andere 
Stimmung in die Poefie unfers Dichters; Gedanke und 
Wort haben die Salbung vom Himmel erhalten und feine 
Mufe erfcheine mit einem Mal als das Mädchen aus 
der Fremde, deren Hoheit und Würde jede Vertraulichkeit 
entfernt. Die Vollendung, die in diefen Dichtungen ver: 
mittel® einer tüchtigen Selbftbefchränkung durch das Ge: 
ſchmacksurtheil hervorgebracht, worden, contraftirt auffallend 
gegen fo viele mislungene Beftrebungen des Tages. Wie 
Anfufionsthiecchen entflehen und vergehen heutzutage in 
der deutſchen Literatur Iyrifche Bedichte zu Tauſenden; 
geroiß würden wir bei noch mäßigern Gaben der Dichter 
Bleibenderes von ihnen erhalten, wenn, fie fich entichließen 
tönnten, mit ihren Mitteln hauszuhalten und mit ihrem 
Dfund auf Binfen zu wuchern. So aber ziehen fie «6 
vor, das Capital auf Einmal zu verfchwenden. Ihr 
Bischen Phantafie gewährt ihnen den Schein der Unend: 
lichkeit, weil fie formlos ift; Regelzwang erfcheint ihnen 
als verächtlihe Armuth, und nun vergeuben fie, unbe: 
kuͤmmert um Einheit und Darmonie des Stoffes, unbe: 


. müht ſelbſt um jene Spiegelklarheit der Sprache, die bei 


den ˖ Dichten des Alterthums imerlaßliche Bedingung des 
DProdbucirens war, in einem leichtfinnig behandelten Syl⸗ 
benmaße zehnerlei Gedanken und Bilder auf Einmal, 
und begreifen es nicht, wenn das flumpfe Publicum nicht 
mit Begierde nad) ihrem Reichthum greift. Ganz anders 
it unfer Dichter in feinen „Todtenkraͤnzen“ verfahren. 
Er hat ſich eine einfache Idee gewählt, welche die Gren⸗ 
zen des Stoffes fogleich genau beflimmte, und bat die: 
fefbe in einer Form ausgearbeitet, welche ben Grundges 
danken mit allem feinen Entwidelungen in großer Klar 
heit, wir möchten fagen Durchfichtigkeit, darſtellt. Jene 


| 


Sie ſucht das Höchfte ſtets, wie ſie's erfennet! 
Längft im Gemeinen wär’ bie Welt zerfallen, 
Laͤngſt wären ohne fie zerfläubt die Hallen 
Des Tempels, wo bie Himmelsflamme brennet ; 
Sie ik der Born, der ew ges Leben quillet, 
Vom Leben flammt, allein mit Leben füllet! 


Grade weil diefe Idee, wie alle Wahrheiten, keine neue 


ift, fo verdient es um fo mehr Bewunderung, wie ihr 
der Dichter bucch die Anwendung und Ausführung eine 


[4 


wirklich neue Geſtalt zu geben gewußt und hier eine uns ° 


beftreitbare Erfindungsgabe beurkundet hat. Er läßt naͤm⸗ 
lich, nachdem er jenen Grundgedanken ausgeſprochen, eis 
nen riefenhaften, grauenvollen Schatten zu fich treten, den 
Geiſt des Grabes; er erbietet ſich, ihn dahin zu fühs 
ven, wo die Xhoren modern, die fowie er einft Lichtge⸗ 
danken geträumt haben und die ihr eignes euer verzehrt 
bat. Der Dichter hat ſich durch diefe Wendung auf eine 
gefhichte Weife in feinem überreichen Stoffe befchräntt, 


der ihn fonft durch feine Endloſigkeit hätte bang machen 


Grundidee ift aber die, daß das Ideal, das unfere Bruſt 


entzimdet, das allein Unfterbliche fei: 
Ein Kern des Lichts fließt aus in Hundert Stralen, 
Die gottentfiammte Abkunft zu bewähren, 
Begeiftrung if die Sonne, bie das Leben 
Befruchtet, tränkt und reift in allen Sphären! - 
In welchem Spiegel fi ibe Bild mag malen, 
Mag fie im Liebe kuͤhn bie Zügel heben, 
Bag Herz su Herz fie fireben, 


— 
* 


muͤſſen; denn wenn er alle Geiſter, welche in großartiger 
Begeiſterung dem Ideale nachgeſtrebt, ſich aufzuzaͤhlen 
vorgeſetzt haͤtte, welch eine Galerie haͤtte das gegeben; 
mit Willkuͤr aber auszuwaͤhlen, waͤre ſehr unbefriedigend ge⸗ 
weſen. Dadurch aber, daß es der Erdgeiſt, der vernei⸗ 
nende iſt, welcher die Auswahl zu treffen bat, verengt ſich 
bee Kreis ber DBegeifterten, welche Gegenfland des Liebes 
werden Eönnen, auf der Stelle. Denn natürlich wird ber 
Geiſt des Grabes zuvoͤrderſt alle Diejenigen bei Seite 
laſſen, welche in vollee Selbftbeftiedigung für bas Ideal 
gewirkt und entweder gluͤcklich geendet haben ober wenig: 
ſtens erſt dann gefcheitert find, als ihr hoher Lebenszwedl 
der Dauptfahe nad erreicht war. Dann aber wird er 
auch von ’den Andern nur Diejenigen ausfuchen, welde 
theils duch eigne Schuld, durch Werunteinigung des 
Ideals mittels Beimiſchung irdiſcher Stoffe zu Grunde 
gegangen, theils durch den Meid des Schickſals geflürzt 
worden find, che ihre Begeiſterung das erſehnte Ziel hat 
erreichen können, theil® nur das ewig Unerreichbare ers 
fitebt haben. Diefen Kreis, der begreiflich immer noch 
ſehr weit ift, lag dem Dichter noch ob auf kuͤnſileriſchem 
Wege zu verengen, indem er für jene verfchiedenen Gat⸗ 
tungen innerlich ober aͤußerlich verunglüdter Begeifterung 
nur bie Hauptrepräfentanten aus der Gefchichte des menſch⸗ 
lichen Geiſtes herauszufinden hatte. Aus dem oben Ges 


8 


4 


v 


Fiterarife Unterhaltung 


Pd 


‚210. ' 


fagten erklaͤrt fih nun zur Genüge, warum wir von Rd: 
nigen und Sriegshelden feinen Alerander, Beinen Karl ben 
Großen, keinen Guſtav Adolf hier gu ſuchen haben, wol 
aber ein Waltenftein, ein Napoleon uns bekraͤnzt entge⸗ 
gentritt; warum von Dichtern kein Aeſchylus, kein So: 
phokles, kein Shakſpeare, Dante, Göthe, Schiller mit 
dem Kranze begabt wird, fondern nur Etlicher von ihnen 
in der Schlußantwort des Dichters Erwähnung gefchieht, 
bagegen ein Petrarca und Taſſo hier nicht fehlen burf: 
ten; warum aus allen Liebenden nur Romeo und. Zulie 
ausgewählt find; und vieleihr neben andern Beweggrün: 
den auch hieraus, warum von begeifterten Staatsmännern 
nur Canning und von Meformatoren kein Luther, fondern 
nur Kaifer Joſeph auf der Scene erfcheint. Unbegreiflich 
" Dagegen iſt es uns, warum auch in jenen felbftgefegten 
Schranken die heiligſte aller Begeiflerungen, die relis 
giöfe Begeiſterung, keinen Pag gefunden bat. 

Da die „Todtenkraͤnze“, wenigſtens im Gabre, ſchon 
ältere und durch eine frühere Publication hinlaͤnglich ge: 
kannt find, fo bedarf es in biefer Anzeige keiner ausführ: 
lichen Darlegung ihres Inhalte, und wir können uns 
mit einzelnen Bemerkungen und Belegen dafür begnügen. 

Die ſchoͤne Schilderung Wallenſtein's, welchek bie 
Scene zuerft betritt, iſt in einiger Abhängigkeit von dem 
Schiller'ſchen Bilde gehalten, welche fih zum Theil fo: 
. gar bis auf den Ausdrud der Gedanken erſtreckt, wie in 
den folgenden Worten? 

Kaum angellagt, ift er auch ſchon gerichtet, 

Und fo wie Einer, ber tie That vollbrachte 

Wird er geftraft, weil er vielleicht fie — 
. dachte. 

Der Gedankenſtrich iſt hier vergebens, denn es weiß jeder 
Leſer und nicht nur aus dem Reime, was hier kom⸗ 
men wird. 

D Der dritte Todenkranz beginnt mit einer glänzenden 
Beſchreibung der Geiſterreiſe: 

Und ohne Ende daͤuchte mir bie Reife, 

Und wechſelnd fah ich's dunfeln bald, bald tagen! 

Bald z0g der Morgen her mit feinen Gluten, 

Und nah’ bei mir fah ich den GSonnenwagen 

Mit goldnen Rädern auf bemantnem Gleife, 

Unüberfehbar ſchienen rings die Fluten 

Des weiten Meers zu bluten, 

Euftfiröme blendend mich zu überfließen; 

Maid wieder bas Gewoͤlk ſich zu verdichten, 

Die Nebel thürmend fih auf Nebelfchichten, 

und Finfterniß ſich allwärts zu ergießen; 

Bis ich bie Greife ſchnauben Hört’ am Zügel, 

" Der Nacht Sefpann mit Mähn’ und Dracenflägel. 

Die Fahrt führe ihn nah St. Helma. Hier war es 
für den Dichter noch fchreieriger als in dem vorangehen: 
den Abfchnitt, ein ungefprochenes® Wort zu ſagen; aber 
auch bier zeigt der Zauber der Form uns das Bekannte 
in einem neuen Lichte, wie Duft und Sonne uns bie 


geroohntefte Gegend zu erneuen und zu verklaͤren im 


Stande find. Was wir allein wimſchen möchten, ift, 

daß der Dichter fein eignes hiſtoriſches Ich dem Titanen 

gegenüber (DB. 30) aus dem Spidie gelafien hätte. Der 

Scher ſehnt fich jetzt aus biefem „allzu thränenwerthen” 
\ : v 


! 


- 


- 


Raume weg, fort von dem Schwerte zu: ben Palmen, zu 
denen, bie mitten im Oetümmel einfam fichen und nur 
nah einem füßen Sterne bliden, und ber Geiſt des 
Srabes führt ihn nach Vaucluſe und zeigt ibm Pe⸗ 


trarca’8 Loos. 


O felig Paar, wohl werth, deß man dich neibe! 
ruft der Dichter aus; ber Geiſt aber erwibert: 


und dennoch fag’ ich bir, daß mehr ber Thraͤnen 
Sefichen find aus Laura's fühen Augen, 

Mehr Vipern an Petrarca's Bruft gehangen, - 

Die Ströme feines Blutes draus gu faugen, - 
Ibn zu zerfleifhen mit ben gift'gen Zähnen, 

Als je genetet zarte Rofenwangen, 

Ze eine Bruſt umfchlangen ! 


Man folite meinen, fährt der Geiſt fort, ein foldhes 


Band, in Luft und Schmerzen geftäble, könne nur mic 
den Herzen brechen. 
und body geſchah's viel eher, als fie flarben! 
‚Bon jener Flamm' ift Aſche nur geblieben; 
Es hat das kurze Sein nicht überbauert, 
Was doch unfterblich, ewig ſchien, ihr Lieben! 


Ein dittereres Argument konnte der Grabesgeiſt dem Ver⸗ 


theidiger ber Begeiſterung freilich nicht vorhalten als das 
aus der Vergaͤnglichkeit der heiligſten Gefühle enggom: 
mene. Die Behandlung dieſes Gedankens durch den Dich⸗ 
tee iſt vorteefflich. Der fünfte Todtenkranz befingt Ro⸗ 
meo's und Julia's Geſchick und zeigt, wie oft der Liebe 
auch ein Außerlich klaͤgliches Loos auf Erden bereitet fei. 
Uns daͤucht, eine auffteigende Klimar hätte hier mehr 
Eindrud gemacht, d. h., Petrarca's Loos, welches, fo vom 
Dichter aufgefaßt, offenbar das troftlofere ift, wäre beffer 
erft nach dem Loofe Romeo's gefchitdert worden. Hoͤchſt 
geiſtreich, gewiß aus den eignen Erfahrungen des Did: 
ters ergänzt, ift Taſſo's Schidfal behandelt (S. 286 fg.), 
befonders (S. 290 fg.) fein Leben am Hofe des Alfons. 

Du meinft, fie ehren dich, weil fie erfuhren 

Dub Walten deines Geifts im tiefften Eeben, 

Himmliſcher Gaben angeborned Weben, 

Den Zauberſtab begünftigter Naturen? 

Du bätteft ihre Achtung fortgetragen, 

Weit fie entzücdt in ihre Hände ſchlagen? 

Unfel’ger Irrthum, ber dich hat geblenber! 

Sin Gaukler biſt du, ihre Zeit zu würgen, 5 

Um, vorgerufen nad dem üpp’gen Mable, 

Den trägen Lauf der Stunden zu verkürzen! 

Man fit dich fort, wenn du dein Lied geenbet!.... 


Der ſiebente Todtenkranz ift Lord Byron gewidmet. Wir 
glauben, nirgehd eine treffendere Charakteriftik diefes großen, 
aber unfeligen Genius gelefen zu haben als in den meifter- 
baften Verſen S. 304 fg. Nur einige Proben) &. 306: 


Sowie bie graufen Lieder ber Dämonen ‘ 

Zum Wahnfinn trieben durch die wilden Klänge, 

So fühlen wir das tiefte Mark erbeben, 

Bernimmt das Ohr die furchtbaren Geſaͤnge; 

Und wie in den verbünnten Regionen -. 

Des hoͤchſten Luftraums Denen, die brin ſchweben, 
Oft Athem ſtockt und Echen, 

Und Blut entquillet den gepreßten Lungen: 

So ſtrebt die Seele angfivoll zu entrinnen 
Dem Zanberliede mit betaͤubten Sinnen, 


A| 


MiS baf ber Dagwö, der ben Kreis gefälungen, 
’s ibm genehm if, Eure zu enden, 


Ungf 
Hohnlachend bebs den Etab, den Bann zu wenden. 
©. 308: | 


ungluͤckliches Gemüth, deß träber Spiegel 

So groß entftellt die Witber widerſtralet, 

Die Leben und Ratur mis holden Zeichen 

In hellen Karben liebiich bat gemalet! — 

Wohl auf der Stirne glänzt das Meifterfiegel, 

Dem Macht gegeben in den Geikerreichen, 

Doch freut es didy, im bielchen, 

Unfikern Schein bie Seele zu beirren! — 

Richt mebr dich felbft vermag ich zu erfennen! 

Prometheus’ Bild ſcheint vor dem Blick zu brennen, 

Doc feltfam wechfelnd, feh’ ich's ſich verwirren! 

Bift du, Prometheus, der bie Wunden fühlet, 

Bit du der Geier, ber fein Herz durchwuͤhlet? 
Ze eigenthuͤmlicher diefe Schilderung des Byron'ſchen 
Geiſtes ift, um fo. ſtoͤrender iſt die offenbare Reminifcenz 
aus Lamartine, welche den Dichter bei feinem Adlergleich: 
niſſe befchlichen hat: 

Blei dem einfamen Aar biſt 


‘ 


Sn dder Wüfle Grauen u. f. 
Grade fo, aber mit gründlicherer Durchführung des Gleich⸗ 
niſſes redet ber franzöfifhe Dichter den Helden an: 

L’aigle roi des deserts dgdaigne ainsi la plaine 


bu zu ſchauen 
w. 


Suspend aux flancs des monts son aire sur l’abime, 
Et la seul entour6 de membres palpitans, 
De rochers d’an sang noir sans cesse degoutans, 

. Trouvant sa volupte dans les cris de sa proie, 
Perc& par la tempete, il s’endort dans la joie. 


Die letzten Kränze vertheilt der Dichter an die Staats: 


lenkex Canning und Kaiſer Joſeph. So richtig ber Ers 


fiere bezeichnet und gewürdigt fit, fo dürfte doch, nach: 
dem feine Nachfolger duch die Parlamentsreform beinahe 
das Unglaubliche durchgefept haben, unfer Dichter felbft 
feine Worte für übertrieben und unwahr erklären, ob: 
gleich fie ſehr fchön find: 

Sieh', wie die Blätter, feinem Kranz entfallen, 

Roh gnügen, um bie Erben zu befrängen 

Mit Buͤrgerkronen! — Ihre Häupter glänzen 

Bon Strahlen, die von feinem Antlis wallen ! 

Unldsbar ficht fein Zauber, denn fie haben 

Das Siegel mit dem Wanderer begraben. 


Aus der Kinalantwort bes Dichters an den Erdgeiſt 
hätten wir bie voreilige Apotheofe eines Lebenden (S.346) 
um bes Verfaſſers willen hinweggewuͤnſcht. Im Uebel: 
gen ift fie genügend und voll herrlicher Verſe. Sie con: 
centrirt ſich in folgender Strophe: 


Doc Alle, die ben Flammentrank getrunlen, 
Sind gluͤcklich, ja, fie find’s, ich will's beſchwoͤren; 
Denn ihren Urfprung haben fie empfunden, . 
Den göttlichen, unmoͤglich zu zerſtoͤren! 

Die Helden, die fürs Baterland gefunten, 
Siegjauchzend mit den tiefen Tobeswunden; 

Die fi ein Herz verbunden, 

Die einen hoben, himmliſchen Gedanken 

Genaͤhret mit dem Marke ihres Lebens, 

Die fi) ein würbig Biel gefent bes Gtrebeng, 

In Wirken, Lieben, Leiden ohne Wanken, 

Sie warm felig, felig zum Beneiben, 

Unb ihre Schmerzen wogen taufenb Freuden! 


4 241 


Nach dieſer Mufterung ber „Tobtenkraͤnze“, bie ihrem 
Verf. die Dichterunfterblichkeit ſichern, erwähnen wie noch 
des Fragmente: „Das Kreuz in Hellas“, welches eigent⸗ 
li nur die Einleitung bildet zu einem verfprochenen Bes 
dichte und erſt die Ueberſchrift zu feinen Gegenſtande 
machen fol, das aber durch die Wuͤrde der Gefiunung. 
und den hohen Grab von Freimuth, von welchem bafs 
ſelbe beſeelt iſt, ſowie durch nicht geringe Vollendung ber 
Form ſich fehr ruͤhmlich auszeichnet, obgleih es demer an 
Phantafie und rhetoriſch⸗ dialektiſcher iſt als bie „Todten⸗ 
ränze”. Man ſieht es In unfern Zeiten gem, wenn 
um der hoͤchſten, tebifchen Güter willen ſich bie Dichter 
zumellen aud von dee Profa hinzeißen laſſen. Und fo 
wird man auch nad) dene Atberlichen Kluge ins Reich ber 
Geifter die Schupprebigt des Verf. für vernünftige Kreis 
beit bee Preſſe u. ſ. w. (S. 368 fg.), zumal in fo Eräfs 
tigen Verſen, willkommen heißen. 28. 





4. Ueber bas Anlehn der Eönigl. preußiſchen Seehandlung, 
von Friedrich Lewald. Hamburg, Hoffmann und 
Campe. 1832. 12. 4 ©. 


2. Das Prämiengefhäft des koͤniglichen Seehandlungsin⸗ 
flitute® in Berlin, verbunden mit ciner Nachweiſung 
über den Stand beffelben und über den natüclicyen 
Werth der Praͤmienſcheine in jedem Sabre befonders. 
Don €. S. Unger. Gotha, Henninge. 1832. 12. 
8 Br, 


Die auf,25 Jahre berechnete unb in einer Emiſſton von 
252,000 Prämienfdeinen zu 50 hir. beftehende Anleihe der 
preußifchen Seehandlung vom 80. Zuli 1832 mußte Genfation 
erregen, weil man weiß, daß eine Gabinetsorbre die Aufnahme 
neuer Staatsſchulden bis zur Sinberufung ber Reichöflänbe aus⸗ 
zufegen verfprah, um dem Bolfe eine Gewähr ber Berfaffung 

“zu geben. Man ſah diefe Anleihe der Geehanbiung als eine 
mastirte Staatsanleipe an, um jene Gabinetsorbre anftändig 
umgeben zu koͤnnen. . \ 

Die Schrift von Friedrich Lewald faßt offenbar bie 
Sache von biefer Seite. Sie ifk daher mit feltener Bitterkeit 
abgefaßt. Zuerſt wird mit ber größten Heftigkeit gegen bie 
„Binanzgritter zu Felde gezogen, die ihren gebiegnen Silber⸗ 
baum an bie morſche Adelseiche anpflanzen und den Böllern 
hoͤchſt gefährlich zu werden broben, indem fie den Goldatlas 
ber Staatsſchulden zu vergrößern fich bemühen. Dann wirb 
das Seehanbdiungsinftitut als ein bem Ganzen nachtheiliges, fruͤher 
übel angewendetes bargeftelit. Der Präfident von Goͤrne ſoll 
das Gapital der Geehandlung zum Anfaufe polnifcger Güter, 
zur Verleihung an polnifhe Magnaten gemisbraudyt haben, 

"um — bie polnifche Koͤnigtkrone durch feine Schuldner ſich aufs 
fegen zu laffen! Hierauf wirb das gegenwärtige Anichn als ein 
ſehr luͤgenhaftes bezeichnet. Einmal fou die Seehandlung, weiche 
‚angebli ihr in dem Straßenbau fiedenbes Gapital flüffig ma⸗ 
hen wid, nicht, wie. fie ausfant und aufnimmt, 12, fondern 
nur 7 Millionen Thaler in dem Straßenbau fiedten haben, dann 
foU die Seehanblung das Anlehn zu 5 Proc. berechnen wollen 
unb doch nur 4 Proc. wirklich berechnen. Alle birfe Ausflel- 
Iungen find durch ftärfere oder ſchwaͤchere Brände geftügt, und 
es ift feine Frage, daß bad Schriftchen viel zu reben unb 
za denken gibt, wenn auch zu viel Galle in bie Tinte gera⸗ 


if. 
Die Schrift des Herrn Unger geht bie Anleihe ganz rubig 
durch. Es wird von der —— Bebratuns —** und 


nur bas fe der Theilnehmer en. Au) er macht 
die Wem ‚ bob im Plane der Bindfuß zu 5 Proc. ange» 
nommen wirb, wähzenb er niebriger ausfalie, indem man das 
Sapital, das man anleiht, um 600,000 Thir. ober um „'; über 
das verſicherte und beredunete hinaus vergrößerte. Die Gerhand- 
Iung fpricht naͤnclich in ber Zinsberechnung nur von 12 Mil⸗ 
lionen und nimmt body 12} Millionen auf. Indefien wird zu 
elaſſen, dab aud in der gegenwärtigen Geſtalt die Anleihe 
für bie Gapitaliften vortheilhaft fei, welche bios 45 mit ihren 
Sapitalen gewinnen können. Die Anleihe fol zwar unter den 
Staatsanleihen eben, weil biefe regelmäßigen Zinfengenuß ges 
ben, aber dafür den Lotterieloofen ind felbft den Sparkaffen⸗ 


fcheinen weit vorzuziehen fein. Die arithmerifchen Meweife find 
hoͤchſt flgäebar. . 
In der That verdient bie Anleihe nidht die Anfechtungen 


°des Hrern Lewald in dem angeivendeftin Maße. Heutzutage 
find Gapitale genug vorhanden; wärum follte man nicht auf 
moͤglichſt wohlfeile Anleihen denken? MWirb auf ein Letterieloos 
die Summe von 36 Thlr. gefegt, warum foll man nicht Praͤ⸗ 
mienfcheine zu 50 Thlr. ausgeben * Gewinnt bie Regierung, fo 
kommt es doch gewiß ben Gontribuenten zu Gute. Dagegen 
muß man bie Meinung theilen, daß man den Beinen Kunftgriff 
der 600,000 Thlr. Hätte vermeiden follen. 150. 





Aus Italien. 


In der Straße Prabella zu Mantua ſteht ber ehemalige 
Palaſt der Marchefen Zorefli, fo von einer Yeuersbrunft bes 
fſchaͤdigt, daß nur ein Zimmerden im Erdgeſchoſſe unberührt 
übrig blieb. Aber grabe diefed Zimmerchen reicht hin, Breunde 
der Kunft zu überzeugen , wieviel bei jenem Brande ihnen ver 
loren ging, benn trefflidhe chtliche Bilder und Landfchaften, 
nah Art der Miniaturen ausgeführt, find auf feinen Wänden, 
die beweifen, daß Biulio Romano dem Schmude dieſes Haufes 
fein Zalent weihte. Man beabfidytigt jeht, die Srämmer durch 
ein ſchoͤnes Gebaͤude zu erfegen, und auch das befprodgene Zim⸗ 
mer wirb abgebrochen werben müflen; um jedoch Freunde ber 
Kunſt nicht des Benuffes für immer zu berauben, ließ man ben 
&ud von ben den unb von der Wölbung der Dede vor⸗ 
her abfägen, und burch bie Geſchicktichkeit Pietro Dovati’s, der 
fi dem Gefcgäfte unterzog, find nicht allein alle Gemälde gerettet, 
fondern mehre GSthde, die iffe früherhin Hatten, durch feine 
geſchickten Vorkehrungen nger geſichert. Der Genius ber 
Baufunft in einer Laube, über dem Kamine, Apollo's unb 
Marfyas’ Wettlampf, Wariyas’ Strafe, durch ben Wort feibk 
vollzogen, wie auf einem Bilde ber bresdner Galerie, das 
Urtheil des Paris, Diana im Bade und Neptun in ber 
Muſchel find die Gegenſtaͤnde der geſchichtlichen Darflellungen, unb 
ſelbſt die Weife, wie die Aufgaben erfaßt find, verräth Giulio's 
häufig muthwillige und Eräftigsfinnlihe Seiſe. Giner Pleinen 
Schrift: „‚Dipiati nuovamente scoperti d’invenzione di Giulio 
Romano, 1 quali servono di appendice ai Mmonumenti man- 
tovani” (Mantua 1832, 4.), gibt auf ſechs Tafeln bie Umriffe 
diefee Werke, und bie beigegebme ſchlichte Erklaͤrung ſtellt als 
Bermutbung hin, daß Siulio, Bolbafare Galtiglione zu eh⸗ 
zen, beffen Gemahlin eine Zorelli war, wol grabe im Schmu⸗ 
te diefes Hauſes ſich gefallen haben möge. 


Ein DOrbensgeiftticher zu Lucca, Johann Joſeoh Matroja 
ik in ber Muße feines Berufs auf ben Gedanken gekom⸗ 
men, ein Syſtem von Zeichen aufzuftellen, durch deren Huͤlfe 
man Leuten, bie leſen koͤnnen, in allen Sprachen der Welt le: 
fertich wäre. Er hat ſonach bie Aufgabe gelöft, die ben verſtor⸗ 
denen Gavary fo viel befkäftigte, wenn rine Wethobe, wie Das 
traja fie vorſchlaͤgt, für eine Löfung gelten kann; denn voraus 
Hefent, daß Iemand den Muth habe, fh in fein ſchwieriges 


212 


Rebdetheile in der Schrift. Die 3a 
nenten an die Buchſtaben angefügt, balb gehen fie, wie Multi⸗ 
plicatoren voraus ober folgen. Als Exponenten beigefeht, ber 
zeichnen fie, welchem Redetheile das verſtandene angehoͤre; 
als Multiplicatoren vorausgehend (wie algebraiſche Goefficien⸗ 
ten), geben fie bie grammatiſchen Zufaͤlligkeiten; als Muitipli⸗ 
catoren bem Buchſtaben nadıgefegt, beuten fie auf bie Einheit 
oder die Bieiheit. A' z. B. ift ein Subflantivum ; weiches man 
jedoch erſt durch des Werf. ſynoptiſches Wörterbuch erfährt, 
das er feinem unten zu nennenben Werke beigegeben hat. Run 
gibt es in ber italienifhen Sprache ſchon viele Gubftantive ; 
daher bat Hr. Matraja oftmals das Alphabet wieder von vorm 
anfangen muͤſſen. Diefes anzubeuten fest er die Ziffer, welche 


diefe® angibt, unter den Grponenten auf bie Linie; das Wort 


„corriere'’ ift aufbiefe Weife 8' 94 geworden. Wer Genaueres 
zu wiffen verlangt, mag bie „Genigrafia italiana, o nuovo 
metodo di scrivere quest’ idioma affıach® riesca identica- 
mente leggibile in tutti gli altri del mondo, inventato e pub- 
licato dal M. R. P. F, Gie. Gius. Maeireja, di Lucca, 
Minor ÖOsservante della provincia di Toscana etc.” (Rucca 
1831.) Iefen; und damit der glädticdde Gedanke auch andern 
Ländern nicht verloren fei, fo dag der Verf. 1832 fein Wert im 
Lucca in frangdfifcheer Sprache Herausgegeben unb beabfichtige, 
es —— ſpaniſch, engliſch, deutſch und lateiniſch zu wie⸗ 
derholen. Die „Biblioteca ital.“ hat im Geptemberhefte 1832 
dem Buͤchelchen eine Widerlegung gewidmet, die außer dem Verf. 
Bielen zu gruͤndlich ſcheinen wird. 


Wie lebhaft in dieſem Augenblicke bei ben Italienern das 


Intereſſe für Werke der Baukunſt iſt, beweiſt der Umſtand, daß 


der Buchdrucker Vinc. Ferrario gu Mailand eine, Raccolta dei 
classici italiani di architettura civile da Leon. Batt. Alberts 
fino al secolo XIX begonnen hat, bie außer Alberti’s Schrift 
„Dell’ architettara”, Gerlio, Barozzi von Wignola, Yalladio, 
Scamozzi, Sanmicheli, Gattaneo, Rusconi, Dfio und Galli, aus 
ßerdem auch noch einzelne berühmtgeworbene Abhandlungen ents 
halten fol. Als erfter Band iſt davon ein Werk Milizia's ers 
ſchienen, ber begreiftich nicht fehlen burfte, herausgegeben von 
@iov. 'Antolini („Principj di architettura civile di Fr. Ms- 
Iizie. Prima ediz. milan. illustrata per cura del prof. archit. 
@. Antelini", Mailand 1852, mit 56 Kupfern, 12 Lire; 
auf Belinpapier nad) Boboni’fcyer Weiſe gebunten 20 Eire; bie 
beigefügten Bemerkungen find wefentiiche WBereicherungen. 


Die oft und viel befprodgene Frage, ob der Purpur ber Al⸗ 
ten bios ein prangendes Roth geweſen ober, wie Amati unb 


1) 


nad ihm Rofa und Viviani behauptet haben, viele andere Far⸗ 


ben, nicht bios Abflufungen von Both unter ibm verſtanden 
worden feien, bat einen gelehrten itelienifchen Chemiker aufs 
Neue angeregt, ter mit Berſuchen, die Herrlichkeit des altem 
Yurpurs berzuftellen, feit Jahren beſchaͤftigt iſt. In einer klei⸗ 
ner Schrift: „La porpora rivocata entro i confini del pn. 
Diss. critica del farmacista Bart. Bizio' (Venedig 1882.), 
ſacht er nun barıuthun, daß der Name Purpur bei deu Atem 
nur der rothen Farbe in ihren verfchiedenen Grabationen zu⸗ 
kam, unb madıt biefes durch befchriebene chemiſche Verſuche 
glaublicher. Voß's Erklaͤrungen zu Birgil’s ländlichen Ge⸗ 
dichten (1V, 44) beſtaͤtigen feine Behauptung, wenn auch 
Schneider in ben Anmerkungen zu Ulloa's, Rachrichten ven Ames 
vita’ (II, 877) zweifelhaft machen koͤnnte. 2. 


Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Veriagähanblung: F. A. Brodbaus in Leippig- 


⸗ 


Blätter 


.—... ——— x . oo für . . ‘ . 


titerariſche 





Donnerstag, 


Unterhaltung 








Zweites Buch. Erfte Fabel: 
Sfengrim und Reinbart auf dem Hoftage.- 

Mer König dee Thiere, der Lime Rufanus (oder nach 
anderer Handſchrift beffer: Ruffanus, welches durch Aſſt⸗ 
milation für Rulfanus, d. h. Arnulfus ſteht) iſt krank 
und beſchließt einen Hoftag zu halten, um durch Feſtlich⸗ 
keiten ſich zu zerfteeuen und aufzuheitern. Auf biefem 
Tage erfcheinen Berfrid, der Wide, Grimmo, der Eber, 
Rearidus, ber Hirſche, und Bruno, der Bären Vertreter. 
Die Scyöpfe vertritt der Widder Joſeph, die Wölfe Iſen⸗ 
grim, die Füuͤchſe Reinhart. 
im Ramen ber Ziegew, und Gutero im Namen ber Da: 
fen. Alte fühlen fich furchtlos anfer dem Fuchs Reinhart, 
der vieler argen Streiche fich fehuldig wußte, und der das 
ber erſt auch ſaͤumt bei Hofe zu erſcheinen. Iſengrim bes 
ſchloß den Fuchs. anzullagen und eilt daher den übrigen 
Magnaten voraus an ben Hof. Zuerſt fpielt er den Arzt 
und fühlt dem Könige an den Puls, welcher jedoch anfangs 
Iſengrim's Wiſſenſchaft in Zweifel zieht; als er aber be: 
merkt, daß dem Wolfe zum Theil ein neues Fell waͤchſt 
(da die Widder ihm zuvor das alte zerlächert hatten), 
fängt er an, an feine Kunft zu glauben und erſucht ihn, 
auch ihm diefe Kunſt der Werjüngung zu lehren. Da 
beginnt Iſengrim Reinharten anzuklagen. Diefer babe, 
ſagt er, allein gewagt, des Könige Gebot zu verfigen; 
das folle er beſtrafen. Uebrigens muͤſſe er, um zu genes 
fen, beute den Schoͤps und morgen ben Bock verfpeifen; 


dies befehle er als Arzt... Ja, er folle nur den Bock, wenn. 


er ihn auch morgen erſt zu eſſen hätte, heute gleich toͤd⸗ 
ten, da frifch getödtetes Fleifch ohnehin ihm weniger gefund 
ſei. Da merken Bold und Schöps, die während ber Zeit 
mit ben andern Magnaten anfamen, was Sfengeim, in: 
dem er mit dem Könige leife fpricht, ihnen bereite, und 
heißen ihn des Königs Ohr verlafien, wobei fie ihm denn 
zugleidy mit ben Hoͤrnern tüchtige Stöße verfegen. Grim⸗ 
mo und Bruno oben bie beiden Muthigen. 
aber weicht nicht, bis er endlich von der Seite des Rd: 
nigs herabgeworfen wird, worauf Schoͤps und Bock bem 


*) Bol. Ar. 22 u, 23 d. BI. D. Red. 


Bertiliana endlich erfcheine | 


Iſengrim 


Könige den Reinhart als Arzt empfehlen. Bruno ent: 
ſchuldigt Reinhart's Abweſenheit und fendet den Hafen, 
Butero, Reinharten berbeizubolen. Diefer kommt und- 
dringt heilfame Kräuter mit, da er ſchon zuvor von bes 
Königs Krankheit gehört und den Arzt zu fpielen fich vor: 
genommen hatte. 
König, erfreut durch den Wohlgeruch derfelben, befiehlt 
Reinharten, näher zu ihm au figen. Da hebt ber Bod 
an, den Iſengrim, der den Arzt unglüdtich fpielte, merk: 
würbig zu verfpotten, er fagt: 
— — — — Proceres, aliter, quam noscitis, actum est. 
Artis adhuc medicae permanet ipse memor; 
Sed desunt species, Transcendere sueverat Alpem, 
Mercari species, more sagacis avi, 
Nostra sed arva super Gallae commercia vocis 
Perdidit; idcirco stat vacua olla domi. *) 
Der Spott biefer Zeilen iſt bitter, ungewiß aber, ob er 
mehr auf Kaifer Arnulf oder auf Zwentibolk gehe. Neh⸗ 
men wir legteres an, fo ſcheint der Dichter anzubeuten, 
Zwentibolk felbft Habe einen Trank in Stalien erhalten, 
gleich wie fein Water Arnulf einen erhielt, wovon fein 
Haus Einderleer fei, und dann könnte in dem olla eine 
Anfpielung auf Zwentibolk's Gemahlin Oda liegen, wo⸗ 
durch zugleich erklärt würde, wie Neinhart den Iſengrim 
in biefem Punkte beleidigen konnte. Der avus ift na- 
tuͤrlich Karlmann von VBalern. Ferner ſcheint ber Dich: 
tee anzudeuten, Zwentibolk würde feinem Vater felbft ei⸗ 
nen ſolchen Trank beigebracht haben, hätte er die Spe⸗ 
cies. gehabt. In dem Karolingifchen Haufe darf man 
ohnehin jedes Lafter zu finden erwarten, und Zwentibolk's 
Herrfchbegierde und Habfucht wird überall im Gedichte 
gefchilbert. Doch wir kehren zur Fabel zurüd. 
Wie nun Reinhart neben dem Könige figt und feinen 
Trank bereitet, wirft er einen. Bli auf feinen Oheim 


Iſengrim und fagt: etwas fehle dem Könige noch, und 


*) Anders, als ide wol meint, ihr Herzen ‚liegen bie Sachen. 
Noch iR eingedent jener der ärstfihen Kunſt; 
Aber ed fehlen bie Mittel. Gr ging zwar über die Alpen, 
Daß er, wie einft fein Ohm, Taufe bie Mittel ſich ein. 
Unfre Gefilde jedoch, im Betrieb der galliſchen Bunge, 
Mocht' er nit baun; fo Rebt Leer ihm zu Haufe der Topf. 
Mabvſchtinlich braucht der Dichter arva dier, wie Virgil arrum 
genitale. Dann würde nostra arva auf Dda zu beziehen fein, 


bie, wie bekannt, fräntifcher Abkunft war, und olla wäre nur eine ' 


zweite Dietapnber 


L 


Er breitet feine Kräuter aus, und bee 


- 


\ 


ohne dies helfe fein Trank nicht. Schwer aber, ober gar 
nicht ſei es zu erhalten. Der König vergißt, daß er 
erft Eürzlich eine Verfaſſung gegeben habe, und: „O rev: 
ler”, ſagt er, „was magft du irgend in meinem Reiche 
finden, das ich nicht fogleich haben könne? Reinhart er⸗ 
innert ihn jedoch an bie gegebene Verfaflung, aber nur‘ 
um ihn zu reizen, daß er fie brehe: 
Nicht, wie bu wähneft, entgegnet ber Arzt, zu thun bir 
.. ‚ erlaubt iſt; 
Biel zwar kannſt bu, doch nicht Alles gehört bir allein. 
Mas ich bedarf, bu ſiehſt's; doch wirft bu gnädig bedenken, 
Was, da e6 gierige Klau' wahrt, bir es frommt, es gu 


aun. 
Heifche, gebiete, beſiehl, gib, bränge Aelcbe, bebrobe, 
Immer ben Abweg ſucht Iener, er weigert es bir. 
Huld nicht, noch Mitleid, noch rührt ihn ſelbſt die Ver⸗ 
wandtfchaft, 
Nur ber Gewalt er es gibt, gibt er, o König, es je. 
Da wird der König zornig und heiße Reinharten das 
Nöthige nur befehlen; er wolle body fehen, wer Ihm es 
weigern werde. Da fobert Reinhart eines dreijährigen 
Wolfes Zeit, als worin der König fchreigen müffe Rul⸗ 
fanus Aimmt zwar Anſtand, doch auch Bruno ſowol als 
Grimmo und die Andern rathen dazu, und ſo muß, trotz 
der vielen Ausfluͤchte, die er macht, Iſengrim ſein Fell 
hergeben, welches ihm Bruno abzieht. 
Geſchichtliche Nachweiſung. 

Daß in dieſer Fabel die Verhandlungen', welche auf 
dem Tage zu Worms im Jahr 897 zwiſchen Zwentibolk 
von Lotharingen und den Grafen Stephan, Gerhard und 
Matfrid gepflogen wurden, dargeſtellt find, wird Jeder 
leicht erkennen. Aber von dieſem Tage erwaͤhnen die An⸗ 
naliſten nichts weiter als eben dieſe Ausgleichung zwiſchen 
den Großen und Zwentibolken durch Arnulf's Vermitte⸗ 
fung. Saxo ſagt nur: „Imperator Wormaciam venit. 
Zwentibolh ad colloquium occurrit. Interventu imperato- 


ri Stephanus, Gerhardus et Matfridus cum filio recon- 


res fcheint uns gewiſſer, da Obacar im folgenden Fahre 


bekannt; follte fie etwa Berta geheißen habe, fo twäre 


ciliantar. Sie erhielten demnach ihre Lehen wieder, d. h. 
Iſengrim, der im dritten Jahr regierte, daher dreijaͤh⸗ 
rig heißt, mußte ſein Fell hergeben. Wir erfahren nicht 
einmal, ob der vierte Graf, der ſich mit den erwaͤhnten 
dreien in gleichem Verhaͤltniſſe befand, der Graf Odacar, 
in der Verſoͤhnung mit begriffen war oder nicht. Letzte⸗ 


zuerſt auf Reinhart's Seite tritt, als dieſer mit Zwenti⸗ 
bolk in offene Streitigkeiten verwickelt wird. Unſer Ge⸗ 
dicht ſagt uns gar nur von zweien Grafen, die auf die⸗ 
ſem Tage erſchienen ſeien, naͤmlich Stephan (der Widder 
Joſeph) und Matfrid (dev Bock Berfrid, fruͤher hieß er: 
der Widder Belin). Die Ziege Bertiliana, die auf die⸗ 
ſem Tage erſcheint, iſt die Abbatiſſin des Kloſters St.⸗ 
Petri, welches, wie wir oben ſahen, Zwentibolk bei der 
Vertheilung der vier Grafſchaften fuͤr ſich behielt. Ber⸗ 
tiliana ſteht nach Mone fuͤr Petriliana. Dies iſt aller⸗ 
dings wahrſcheinlich. Der Name dieſer Abbatiſſin iſt nicht 


der Name Bertiliana ſo gewaͤhlt, daß er nicht bezeichnen⸗ 
der gewählt werben konnte. Mone erwähnt jedoch einer 


on 
a — ——— 


— — Ge A ——⏑— 





iſt dieſer Hatto 


u; 


Nonne biefes Kiofters, mit Namen Gelfa, welche ihrer 
Heiligkeit wegen im 9. Jahrhundert berühmt war, und 
biefes Geiſa ſchickt ſich wohl zur Ziege, als welche ge 
Dichter die Nonne ſchildert. Unter dem Bär Bruno ber: 
fieht Mone den Erzblfchof Hatto I. von Wainz (von 891 
912). Hatte war von wederer Herkunft, aber [lau und 
verſchlagen und bei Kaifer Arnulf fo in Bunft, daß er nur 
cor regis (das Herz bes Könige) genannt ward. Er war 
auch bei der Verfammlung gegenwärtig, welche zwilchen 
Zwentibolk und ben Großen gotharingens zu St.⸗ Goar 
am Rhein 899 flattfand, wo, nad) Rıgino’s Zeugniß bie 
Verſchwoͤrung Legterer gegen Erftern zu Stande kam. E66 
von Diatn; derſelbe, welcher den Graf 
Albrecht von Babenberg verrieth, Heinrih von Sachſen 
(fpäter Heinrich I.) verrathen wollte, aber von biefem, nach 
Eberhard von Gandersheim, zur Antwort erhielt: 
Hinrikes kals enist fan harderen senen nicht, 


Denne Albrechtes were, den. he to deme töde brachte 
lesterlich, 


Er if ein Many der Gage .gervorben, denn er. Res 
auch, ben die Mäufe in dem bekannten Thurme im Rhein 
gefreffen haben follen. Anders erzählt Eberhard von Gan- 
beröheim feinen Tod; er fagt: Nachdem Datto erfahren, 
dag Heinrich von Sachſen ihn erkannt hatte: 
Torsechtig möd begenäe sik an bischop. r 
Unde *8 dödlike siuke faste —* mede, p rece, 
De ſel dicke komd ſan torenlichem, sede, 
Sö den liuden äres willen nicht inäg geschehen. _, 
Und alsö- ik dat bek höre wärliken jehen, . 
Deme bischope geschag fel. rechte aisamiike : 
Med grimmegbe£d levede he harde torenlike, 
Wande sin wille nicht was follengange 
Nä dr&n dagen lag de arme med dem 
* Unde seiden liude, dat et alsd queme, 
Dat öme sin levend En donreslag n&me, 
Soviel über Hatte. — Unter Grimmo, bem Eher, wi 
Mone den Ratbodo, den Erzbiſchof von Trier erkennen, 
weldher von 883—-915 Zwentibolk's Kanzler war. Das 
gute Vernehmen zwiſchen Beiden bauerte nicht lange, denn 
einft prügelte Zwentibolk den Erzbiſchof mit einem Stode, 
und feit kder Zeit trat biefer zu feinen Feinden über. 
Die Krankheit des Königs verfteht Done fo, daß durch 
Zwentibolk's Unthaten große Verwirrung im Reiche an⸗ 
gerichtet worden fei, wodurch natürlich des Vaters Maje- 
ftät und die Würde des Reichs verlegt ward. Später 
erft fei Arnulf in Stalten vergiftet worden, und es fe 
nicht glaublih, daß ber Dichter das fpÄter Erfolgte als 
früher daſeiend gefchildert Habe. Allein Annalifla Saro 
erzaͤhlt ſchon bei bem Fahr 996, alfo bei einem frühern 
Sahre als dem, in welchem der Zag zu Worms gehalten 
ward: „Arnulfus a Roma revertens .paralysi gravatus diu 
languescit.” Er ſtimmt demnah mit unferm Gedichte 
überein. Das Gift Toll Amulf von der Gemahlin Gui⸗ 
do's erhalten haben, bie er nah der Flucht ihres Ge⸗ 
mahls belagert... Nach unferer Meinung hat demnach 
ber Dichter beides, bie Krankheit des Kaiſers und feinen 
Unmuth über das Betragen feines Sohnes im Sinne 


gehabt. ‚ 


N; 
döde hefangen, 


215 


Drittes. Bud. Erſte Faber, 
on Sfengeim’s Wallfahrt. . et 
Nachdem bee König ben Trank genemmen und unten 
Iſengrims Zelle geſchoitt hat, vorlaugt er, Reinhart -folke 
durch anmuthige Erzählungen khm bie Zeit kürzen. "Er 
verlangt von Iſengrim's Kloſterleben zu hoͤren, und role 
er bei: der Ziege (Bertiliang) Gaſtfreund gewelen fei; fer: 
nee wie ber Hahn Sprotin, ſetzt ex laͤchelnd Hinzu, Rein⸗ 
harten geprelit habe. Reinhart iſt ſchwierig, weil von 
vielem Reden müde. Er erfucht daher Bruno'n, ber bieſe 
Begebenheiten unlängft erft in Berfe gebracht habe, fit 
vorzutragen. Diefer willigt. ER Der Inhalt feiner Er 
zählung iſt folgender: Die Ziege Bertiliana begab fich 
einft auf eine Betfahrt. Sieben Gefährten, Rearidas der 
Hirſch, Berfeid der Bo, Joſeph der Schöps, Carcophas 
der Efel, Reinhart der Fuchs, Gerard der Gänferih und 
Speotin dee Hahn begleiten fie. 
Nachtlager machen, konmt Iſengrim und verlangt. Ders 
berge und bietet ſich zugleich zum Befellfchafter an. - Exit 
abgewiefen, wird er fpäter doch zugelaffen. Als er Dun: 
ger. klagt, werden ihm Köpfe von Mölfen vorgefegt, wo⸗ 
von ihm einige Kuccht ankommt. Später wird er ven Als 
len gemishanbelt und verfpottet, daß er froh ift, endlich 
fliehen zu duͤrfen. Im Freien aber fühle er über eine 
ſolche Handlung großen Born, und verfammelt feine Freunde, 
ch zu rächen. Jene vertheibigen aber ihren fleilen und 
verfhanzten Berg, und er muß mit Schanben abziehen. 
Den meifign Schaden fügt den Wölfen ber Eſel Catco⸗ 
phas zu; Indem er nämlich, da er ſich bei feiner Mahl: 
zeit verfpätet hatte und die Mölfe fchon mit großem Ges 
heul heranfpringen ſieht, auf die Burgmauer fpringen 
will, kann er diefe nur mit ben Vorderpfoten erreichen 
und flürzt demnach wieder hinab, mehre Wölfe mit fich 
fortreißend. Reinhart, der dies bemerkt, weiß aber dies 
Unglüd in Gluͤck zu verwandeln; er fendet ben Gaͤnſerich 


» Gerhard dem Efel zum Beiftande, und da hiefey mit gro= 


Ben Geraͤuſch ankommt, erſchrecken die Zeinde und fuchen 


die Ferne. 


Geſchichtliche Nachweiſung. 
Bei der Nachweiſung der geſchichtlichen Grundlag 

dieſer Fabel macht die meiſte Schwierigkeit, daß wir un⸗ 
gewiß bleiben, ob der Dichter ſeiner Angabe zufolge wirk⸗ 
Gh hier Begebenheiten fchildert, welche der Zeit nach dem 
Tage zu Worms vorangehen, oder ob er die Geſchichte 
fortfchreiten läßt und nur, um ber Anfoderung an Epi: 
foden, die man in größern epifchen Gedichten macht, zu 
genligen, fpäter Gefchehenes als früher gefchehen uns vor 
Augen führt. Es laſſen ſich für beide Annahmen Gründe 
anführen. Für erflere fpricht, daß der Dichter den Iſengrim 
auf einer Fahrt nach Rom fo behandeln läßt, wobei man 
jebody wohl bemerken muß, daß ber Dichter, entweder weil 
er die Begebenheit vor dem Kaiſer erzählen laͤßt, oder um 
vielleicht da8 damalige Ehrgefühl des deutfchen Volkes zu 
ſchonen, die Heerfahrt nach Stalien in eine Betfahrt 
verwandelt bat. Aus der Geſchichte aber ift bekannt, daß 
Arnulf den Zwentibolk im Jahr 888 nach Italien ſandte 
— nah Anden war er ſelbſt gegenwärtig — um din 


Während fie einmal | 





Rudolf von Burgund zu ſtuͤrzen. Annaliſta Gars fogt: 
„in regao Lotharii Rudolfus coronam sibi imposuif. 
Dico, Araulfo super eum cum exercitu irruente, arctis 
Kikeribus in tuta rupiam loca praeoccupata fugit, inter 
Jaram et Alpes Apenninas securus degens omnibus die- 
bus vitae suae. - Arnulfus et Zwentibolkus filius ejus 
kunc persequentes laedere non potuerunt, quia loca 
imaceessibilia sequentes acies ab ingressu prohibebant.” 
Wir Haben hier in ber Geſchichte, wie bort in ber Kabel, 
unerfteigliche Berge, welche bie Angreifenden hindern. 
Nur paffen die Perfonen nicht wohl zu biefer Annahme; 
benn bie in der Zabel ben Iſengrim ſchlagen, flanden 
ficher, meit Ausnahme des einzigen Carcophas, vielleicht bei 
dem Streite, den die Geſchichte erwähnt, feiner Seite. _ 
Die Nonne Bertiliang kennen wie fchon aus ber vor: 
bergehenden Zabel. Der Efel Carcophas iſt Baldemin II, 
Saar zu Flandern, der Sohn Balbewin I. oder bes 
Eifernen. - Er. und fein Vater flanden immer auf Sei⸗ 
ten Karls des Sinfältigen gegen Arnulf und feinen Ans 


bang. Joſeph und Berfrid find uns fchon bekannt. Uns 


ter dem Hahn Speotinus verficeht Mone den Strafen Oda⸗ 
car, den wir früher als den Widder Colvarian kennen 
lernten. Da jedoch Reinhart bald darauf den Hahn Spro⸗ 
tin umbringen will, Odacar aber einer der treueften Freunde 
Reinhart'6 war, fo Eönnen wir diefe ErElärung nicht mohl . 
annehmen; denn wir fehen im ganzen Gedichte niemals, 
daß Reinhart feine Freunde zu Schaden. ‚bringen weil. _ 
Wer aber unter Sprotinus eigentlich verborgen fei, vers 


‚mögen wir nicht zu fagen, fowie wir auch den Hirſch 


Rearldus, der gleichfalls früher ſchon vorkam, nicht zu 
erklaͤren wiſſen. Den Gaͤnſerich Gerhard nimmt Done 
für den Grafen Gerhard, welcher nach Zwentibolk's Tode 
feine Witwe, Oda, ehlihte. Da nun faſt lauter lo⸗ 
tharingifche Grafen mit Iſengrim zu thun haben, fo Eönnte 


; man auc annehmen, baß der Dichter eine fpätere Bege⸗ 


benheit bier fchildere,. und fuͤr folche die ſchon zur erften 
Babel erwähnte Belagerung von Durfos durch Zwentibolf 


| halten. Wir erinnern jedoch zugleich, daß fpäter zu be: 


fprehende Fabeln die zweimalige Belagerung von Dur- 
fo8 hoͤchſt wahrfcheinlih zum Gegenitande haben. Viel⸗ 
leicht daß eine umfihtige und forgfältige Dürchforfhung 
ber gefchichtlichen Quellen künftig einmal ein helleres Licht 
darüber verbreitet. 

(Die Sortfegung folgt.) 





Leben und Gchiclfale des Johann Gottlob Vogt, ehe 
maligen kaiſerl. ruffifchen Rittmeiſters, nachherigen koͤnigl. 
niederländifhen Dauptmanns. Don ihm felbft befchries 

. ben und als Andenken für feine Freunde dem Drud 
übergeben. Drei Theile. (Mit dem Bildniß des Ver⸗ 
Bo) Gotha, Stinzer. 18279 — 31. Gr. 8. 4 Thlr. 
12 &r. 


Der Berf., deſſen ziemlich wohlgetcoffenes Bildaiß dem . 
Werke beigefügt if, wibmet bie Erzählung ber Begebniffe feines 
Lebend dem Kreis. feiner nähern Freunde und WBelannten, für 
welche die aufgeführten Particularituͤten nothwendig größeres 
SIntereffe haben ats für das größere Yublicum. Dennoch kann 


. feinem Wunſch 


es 


der erwaͤhnten Bio te eine zahlreiche Leſewelt nicht- fehlem 
wenn alle —ã— — een. Im Eure feines’ Lebens 
Gefälligkeiten ober wefentliche Dienſte erwies, ſich file dieſeibe 
intereſſiren; benn bei ſehr guten Anlagen war. befenders der 
frenndlich⸗ gutmhtbige Sinn fornie der gänzlide Mangel bin 
gemöbnlichen‘, ‚vielleicht nothiwenbigen mercantiliſchen Eagherzige 
teit das Hinderniß des Gelingens feiner Gpeculationen., ; 

nun’ die Welt, wie Leffing im „Nathan“ fadt, nur Den füc 


ält, wei einen Bortbeil gut bein 
a heil gu ka 


‚ Berf. von Bielen 

Ref. glaubte, da ihm zufällig die Bekanntſchafſt des Autor® 
biefe Bemerkung vorausſchicken zu müffen, um bas Werk 
der Muße eines in manchen Hoffnungen getaͤuſchten Mannes 
Bi * freundlichen Theilnahme als der ſtrengen Kritik zu 

empfehlen. ⸗ 
Ber. Verf. im Jahr 1774 zu Mumburg geboren, wurde 
von , Kinem nglih zum Studiren beftimmts aber 
die heimliche Lecture einer Reifebefchreibung in ber Schule, als 
ee den Gornelius Nepos erponicen folte, 308 ihm eine Ohr⸗ 
feige zu, welche bas Gi war, aus dem bie nunmehr fidy ganz ums 
wandelnde Lebensbahn ih entwidelte, indem fein Bates nunmehr 
‚, Kaufmann zu werden, nachgab. Rachdem es 
feine Lehrjahre in Chemnitz zugebracht, dann unter bey Aufpis 
cien feines Vaters als Kaufmann in Naumburg. fidg- etablixt, 
als Lieutenant, fpäter Hauptmann ber Buͤrgerſchoͤhen viel. ‘Po: 
putorität erworben hatte, reifte er nady bem Zode feines Vaters 
and Holland, wo ihn ber Handel in. feiner großartigen Geftatt 


.angog. In Folge angelnüpfter Handelsverdindungen ſchifft er 


ed 


im Jahr 1809 nad Amerika, kommt nad Philadelphia und 
Neuyork, von welcher Reiſe er mandjes Intereffante berichtet 
and praftifche Notizen Denen ertheilt, welche efne aͤhnliche Reife 
machen wollen. In Amerika fah der Verf. Moreau, gegen 
weichen eben ein nächtliches, fein Leben bebrohenbes Attentat 


‚ uögeführt war, als beffen Urheber man den franzoͤſiſchen Ge⸗ 


fandten betrachtete: beobachtete die vielfachen Religionsfelten, von 
denen ſich gegen 70 in ben Bereinigten Staaten gebildet haben, 
mb erzählt mehre unterhaltende Particularitäten. Auf einem 
eigens dazu: ausgeräfteten Schiffe reift er als Supercargo der 


L2adung von. Amerika ab, um biefe nach Riga zu bringen, wirb 


aber von den Gngländern, welche bie Waaren für frangöfifdgre 
Eigenthum hielten, angehalten, und nach Portsmouth gebracht. 
Nah einem langen Aufenthalt in England gelingt es ihm mif 


feinem freigegebenen Schiffe unter: Bedeckung einer englifchen | 


Flotte nah Raßland zu gelangen. Die Schwierigkeiten, welche 
dee Dandel in jener "Zeit erlitt, waren unglaublich, da ein alls 
gemeiner. Krieg auf ber See herrſchte, welche, ungefähr wie 


Deutſchland zur Zeit bes breißigjährigen Krieges von räuberis 


ſchen Kreibeutern, ebenfo von Kapern alle Rationen beunruhigt 
wurde. Die Gerichtöähäfe, welche in ben Häfen, wo ein genom⸗ 
menes Schiff aufgebracht wurde, über beffen Schidfat entſchie⸗ 
den, waren meiflend mehr als parteüſch; fo verlor z. WB, ber 
Berf. Waaren, welche von Amerifa nad Dänemark beftlimmt 
waren, weil fie wider feinen Willen einen geziwungenen Aufents 
halt in England gemacht hatten und das dänifche Prifengericht 
fie ats feindliche Waare erklärte. In Petersburg war ber Verf. 
während bes verhängnißvollen Kataftrophe bes Jahrs 1812, von 


we er im Jahr 1813 in fein befreites Baterlarid zurückkehrte... 


Der zweite heil befchreibt, wie ber Verf. ala Rittmeifter 


bei der Tächfifchen Landwehrcavalerie angeſtellt wurde, welches 


aus zwei Escadrons beftehende Corps, ben unter dem Namen 
‚Banner: der freiwilligen Sachſen ausgerüfteten fächfifchen Kreis 
willigen ‚beigefügt, mit biefer etwas langſam organiſirten Truppe, 
welchee wegen ber uͤbertriebenem ber Zeit nicht angemefimen Sie 


ganz von dem verflorbenen Herzog Auguſt von Gotha nicht übel |' 


„die Prachtausgabe des Tächfifchen Patriotismus” genannt wurde, 
gegen ben Rhein marfchirte, um post festum wie ein zierlich 


decorirter Epilog anzulangen. Wegen einer kleinen Brouillerie 
Nebigiet umer Berantinestiiigtett der Bertagbbänslung: %. A. Brockhaus in eopais. 
Zu we , . —rtÛ —— —— —— — ! | 1 u. 


“ 





216 


mit ſeinem Bor n nahm ber. Darf. 5 draburg feinen 
Abſchied, a na a —ãX eine —E 
ach vielen. Hinderniſ⸗ 
| einer nach. 
gli N Mxpadiclen exhialt/ , A 
drei Elsinen Zahrzeugen und. 1600 Mann: Arıppen Aid 
. Diele Expedltion "den 
bie urſoruͤglich Holland ehörenden ‚3%. 1811 /wo bie 
verbunden waren, von den Engläns 
bern. — genommenen oſtindiſchen Beſigumgen, bear Artikein 
"Part 
men, medhalb ber Gouverneur, General van der Gapellen, und 
er 


fonders die Kameraden des Verf. in bee Capſtadt erjebten, for 
wie einige Begebenheiten, in die er ſelbſt verwidelt wurde, ale 
Wahrheit und Dichtung, oder vielleicht mehr als Dichtung und 
Wahrheit gu betvachten fein dürften, Tann bei dem femen Schau⸗ 
pla& derfelben .nyz Gott und dem Merf, brfannt fein... :. 

Der dritte Theil beginnt mis ber. Befipreibung ber Schönen 
feuchtbaren Zafel Igua, welche von einer Art von Hirfe,. den — 
man In der Landesſprache Djava nennt, biefen Ramen erhielt 
und in Hier Provinzen gettreilt ift, von denen bie noͤrdliche Jakl⸗ 
katra⸗ den Hollaͤndern gehört, Me brei übrigen aber, Bantam, 
Eheribon und Gamarang, von eignen Yürften, von benen ber 
Beherrſcher ber legtern ſich Kaifer von Java nennt, regiert, den 
Holändern tributair find. Die Infel hat ungefähr zwei Millioe 
nen Eimvohner, aus Mälaten und Eingewenderten beftehenb. 


| Die von: 150,000 Menſchen, zum großen Theil Shineſen, be 
wohnte Hauptſtadt Batavia, an ber «Mündung des Jattatar, 
iſt aus Uocalen Gruͤnden, auch wegen der in dag 


fſer gepot⸗ 
fenen, bei dem heißen Klimg ſchnell verweſenden Mteinigkeiten 
vielleicht der einzige üngefunde Drt der ganzen Inſel und im 
3. 1629 von ben Hofländern auf ben Ruinen ber alten Stade 
Jacatra erbaut. Des Verf. ergählt viet Intereffantes: von ben 
Bitten und: Steligionsanfidgten des aus ihrem Vatertande ver⸗ 
triebenen, in Iava einheintiſch gewordenen Ghinefen, erwähnt 
be& berüchtigten Giftbaums Bohan Upaë, über den fo viel ges 


fabelt ift, ſowie des gefaͤhrlichen Sammelns der indianifhen 


Bogelnefter,, deren es weiße, graue und bräunlicde gibt, von 
denen die. erſtern als bie beften an Ort und ‚Stelle fehr thener, 
das Pfund mit 80 ſpaniſchen Piaftern bezohlt wird, woraus 
man ermeflen kann, baß bie zu ungleich mwohlfeilerm. Preis in 
Paris verkauften Neſter nothwendig unecht fein müffen. 

Die militoirifhen Expeditionen, an denen ber Verf. Theil 
nahm, befäyräntim ſich auf die Unterbrüdung einzelner, größten: 


theils durch Bedruͤckungen herbeigefuͤhrter Aufftande und Streife⸗ 


reien gegen Raͤuber, welche durch grüufgme Erecutionen hinge⸗ 
richtet wurden. Auch begleitete ber zum Hauptmann avancirte 
Verf. ein nad den Moluften beftimmtes Corps, welches bes 
ftimmt war, die dafelbft ausgebrochenen Unruhen zu dämpfen, 
und dieſen Auſtrag auf des Infel Ambeina mit Leichtigkeit volle 
führte, dagegen auf ben andern Inſeln mit vielen Schwierigkei⸗ 
ten zu kaͤmpfen hatte. Auf Ternate verwundet, kehrte derfeibe 
nah Java zurüc, indem er. auf dem Ruͤckwege Borneo und das 
von ben wegen ihrer Tapferkeit fo berühmten Makafſaren be⸗ 
wohnte Celebes berührte. Grabe biefer Theil ber Erzählung, - 
weicher. ußerſt inteseffant fein und über: die Eigenthuͤmlichkei⸗ 


ten deu Bewohner ſowie beren Berhäliß zur holändifden Res 


gierung Licht verbreiten Tönnte, ift übertrieben furg. _ 
.. Degen mehrer Miöverhältniffe mit feinen Vorgeſetzten 
nimmt der Verf. feinen Abſchied und kehrt im Jahr 1823 in 
ftin.: Vaterland zuruͤck. 86, 








— Blätter Ä 


für 


iterarifhe Unterhaltung 





Ueber Reinhart Fuchs in feinen verfchiedenen Geſtal⸗ 
tungen. 
Zweiter Artilel 
(Bortfegung aud Nr. 2.) -. 
Drittes Bud. Zweite Fabel. 
Reighart’s Abelsprobe, 

Am Morgen nah der Nacht, in welcher Iſengrim's 
Ueberfall ftattgehabt hatte, wundern fi bie fieben Ge: 
führten, wie durch Reinhart's Lift fo viele Wölfe beftegt 
worden waren. Da warnt Sprotin ber Hahn vor Rein: 


“ harten und raͤth, daß man fi von ihm trenne, denn 


er werde ihnen fpäter Das werden, was ber Wolf Iſen⸗ 
grim ihm fein wollte. Gerard der Gaͤnſerich ſtimmt ihm 
bei und Beide trennen ſich von der Gefellfchaft. Wein: 
bart befchließt, diefen Bundbruch zu ahnden, ergreift feinen 
Stab und Pilgerranzen und geht ihnen nah. Mad) lan: 
gem Suchen fieht er endlih den Hahn im Grafe figen, 
und ſogleich verfucht er feine Lil. Erſt tadelt er feine 
heimliche Abreife, dann aber bietet er fih ihm, wenn er 
denn allein reifen wolle, zum Gefährten an; Sprotin je: 
doch verwirft fein Anerbieten. Da hoͤhnt ihn Reinhart 
und fagt, fein Vater fei kühner und beffer geroefen denn 
ee. Jener habe 3. B. auf einem Beine ſtehend und ein 
Auge fließend mwunderherrlich fingen innen. Aus Ehr⸗ 
geiz thut Sprotin fogleih Daffelde. Reinhart lobt ihn, 


fagt aber, fein Vater habe auch trefilid gefungen, wenn |. 


er auch beide Augen geſchloſſen gehabt habe. Gprotin zeigt 
ihm fogleih, daß er die auch verſtehe. Da Reinhart 
der Fuchs ihm aber noch nicht beigekommen war, fagt er, 


er habe gar zu laut über gewiſſe Perfonen in Hinſicht 


des Bundbruches geklagt; Dies fei gefährlich, er folle 
mit ihm lieber in ben Wald geben, dort möge er ihm 
Alles und fo laut Magen, ald er wolle, dort höre ihn 
Niemand. Sprotin willigt ein und Beide gehen. eins 
harten aber dauert ber Weg zu lange, er erfieht ſich da⸗ 
ber Gelegenheit, padt den Hahn und trägt ihn fort. Da 
kommt eine Schar Bauern, welche Reinharten ſchimpfen. 
Sprotin fängt ſogleich an zu Hagen, daß er eines fo uns 
adeligen Mannes. Beute fei, und fodert ihn auf, das Wolf 
eines Beſſern zu belehren, er wolle fich bie Zeit über rus 
big im Graſe verhalten und gern dann flerben, wenn er 
nur wiffe, daß er einem ehrenhaften adeligen Manne er: 
läge. Reinhart läßt den Dahn gehen, um das ihn bes 


ſchimpfende Volk mit Worten zu ſtrafen; ſogleich fliegt 


dieſer auf einen Brombeerſtrauch und verſpottet von da 
herab Reinharten. Der aber droht, er werde wol noch 
einen Tag erleben, wo er ihm feinen Adel werde bewei⸗ 
fen können, und läuft fort. 
die Sage weiter audgefponnen und eine neue Fabel hin: 
zugedichtet. Er laͤßt Reinharten, wie ber Hahn oben auf 
dem Strauche figt, feines Verluftes halber ſich beklagen 
und feine Zähne verwuͤnſchen. ‚Sodann läßt er ihn zum 
Hahne näher hingehen und ihm ben vom Koͤnig befoh: 
Ienen allgemeinen Frieden verfündigen, wobei er ihm zu: 
gleich die koͤnigliche Urkunde daruͤber vorzeigt. Allein der 
Hahn glaube nicht und fagt, um die Wahrheit zu erfor: 
ſchen, er fähe Hunde baherfommen, worauf der Fuchs 
ſchleunig entflieht. 

Die gefchichtlihe Grundlage diefer Kabel Finnen wir 
nicht ficher nachroeifen. Vermuthlich fiel irgend ein Graf 
von Reginard ab, ale Zwentibolk ihn befriegte, und Res 
ginard fuchte deshalb fi an ihm zu rächen, was jedoch 
mislang, wie die Babel lehrt. Ob aber diefe. Begeben- 
beit in ben erften oder in den zweiten Feldzug Zwenti⸗ 
bolk's faͤllt, iſt unbeſtimmbar. 


Drittes Buch. Dritte Fabel. 
Iſengrim's Cinkleidung ale Moͤnch. 
Von der Flucht ermuͤdet und hungrig, ſieht Reinhart 
auf dem Felde den Koch eines Kloſters, deſſen Schafe er 
einſt vor Iſengrim bewahrte und der Paſteten bei ſich 


bat. Er gebt auf ihn zu, und Jener, Mitleid mit dem . 


vor Müdigkeit und Hunger Zitternden fühlend, gibt ihm 
einige Pafteten. Reinhart ißt, bewahrt aber mehre auf, 
laͤßt fih darauf eine Platte fcheren und gebt weiter. 
Sfengrim begegnet ihm, und von Weitem fchon kündigt 
er Reinharten den Tad an. .Diefer jedoch wirft ihm die 
aufbewahrten Pafteten zu und fagt, er ſei Moͤnch gewor⸗ 
den, befinde ſich wohl dabei und. rathe ihm, ein Gleiches 
zu thun. Sfengrim ißt und fast, daß er bei folchen Ge⸗ 
richten auch Mönch fein wolle. Reinhart ſchneidet ihm 
eine Platte und führe ihn ins Kiofter Blandinium, wo 
Sfengrim eingekleidet und uͤber die Schafe gefegt wird. 
Er findet ſich fchwer in die Gebraͤucht, bee Mönde, und 
anftatt Dominus vobiscum fagt er ifimer nur: Comi- 
nus ovis komm! Bald aber der gekochten Speiſen 


Der erfte Ueberarheiter hat. 


+ 


218 


uͤberdruͤſſig, fchimpft er die Köche, indem er fagt, das rohe 
Fleiſch fei beffer und gefünber. 

Geſchichtliche Nachweiſung läßt ſich nicht beibringen. 
Wahrſcheinlich bezieht fi die Kabel darauf, daß Iſen⸗ 
grim, als er die Länder der vier Grafen vertheilte, bie 
beten Kaſter fhr ſich bthielt. 


Drittes Buch. Vierte Fabel. 
Reinhart's 3wiſchenſpiel. 

Waͤhrend Iſengrim im Kloſter iſt, geht Reinhart in 
die Wohnung deſſelben, hoͤhnt die Kinder Iſengrim's, 
lockt dadurch Iſengrim's Welb in eine enge Felſenſchlucht, 
wo fie weder vor noch ruͤckwaͤrts kann und ſchaͤndet fie. 
Sie wird jedoch nicht welter” ungehalten darüber, ſondern 
fagt nur: 

HEHla jocum capiens: Reinarde, facetius, inquit, 

Publica quam de te fama fatetur, agis.. 

Si tibi, qualis inest industria, robur inesset, 

Verna penes doıninas asserere probus. 
Vix egomet cogenda tuos intrare penates, 
Janus si paulum latior esset, eram. 


Geſchichtlich laͤßt fi hierbei nichts erläutern. Muthma⸗ 
Inngen haben wir oben (Buch IT, Zabel 1) gegeben. 


Drittes Bud. Fünfte Fabel. 
Iſengrim's Abſchied vom Klofter. 

Iſengrim fol im Kfofter, als die Reihe an ihn kommt, 
fingen, er aber verfteht das Beichen, das ihm die Brüder 
geben, nicht, bricht das Stillſchweigen und fragt, was «8 
gebe. Da echeben die Mönche großes Geziſche, und fen: 
geim, der endlich begreift, ‚was es bedeute, fängt an zu 
fingen, aber auf feine Weife, da er die Moten nicht vers 
fteht.” "Davon entfteht allgemeiner Aufruhr, Indem die 
Mönche Ihren unmufttaltfchen Bruder zum Schweigen brins 
gen wollen. Endlich mächt der betrunfene Abt Ruhe, und 
Iſengrim wird, ba er in bee Kirche nichts taugt, beim 
Weinkeller angefteilt. Er fol Wein holen und beginnt 
fein Geſchaͤft als ein guter Chrift mit dem Spruche: 
„Pruͤfet Altes, und das Beſte behaftet!’ Dies thut er 
denn auch, öffnet ein Faß nach dem andern, verichließt 
jedoch keines wieder, ſodaß er bald im Weine ſchwimmt. 
Den Moͤnchen dauert feine Abroefenheit etwas Lange, und 
als Einer nachfieht, findet er zu feinem Leide den Wolf 
in angegebener Lage. Erzuͤrnt, entfchließen ſich darauf die 
Brüder, birfen überall unnuͤtzen Moͤnch aus dem Kofler 
zu flogen, und dies gefchieht mit großen Schlägen und 
Schimpfworten. Ifengrim läuft fort und befimmt ſich 
erft wieder, als er bei feiner Frau ankommt, welche er 


noch in ber Kfemme findet, worein fie Reinhart's Liſt 


gebracht hatte, Er befreit fie, und ba fie nicht leugnen 
kaun, zuft fie Rache über den Thaͤter, und fie und Iſen⸗ 
geim drohen ftrenge Ahndung. Doch, fage der Dichter, 
ward Alles dies von Reinhart durch das Schwein vers 
fühnt (Buch I, Kabel 1). Gefchichtliches laͤßt ſich bei dies 
fee Kabel nicht nachweiſen. Auch fie wird mol nur auf 
Zwentibolks Erweppuug ber oben. erwähnten beiden Kloͤ⸗ 
ſter Bezug haben. | 
| Hiermit follte num eigentlich das driete. Buch fließen, 


indem bie Begebenheit ber folgenden Zabel offenbar, ber 
Zeit nach, nad) "dem Tage zu Worms fällt. Sie wird 
jedoch, ungeriß buch weflen Schul, noch zu dem drits 
ten Buche gerechnet, und mit ihr die Vorleſung Bruno’s 
geſchloſſen. Durch Verſetzung einiger Verſe kann Et 
Alles im’ Orbnung gebräghe werdetg, allein pir 

e mit dem Gedichte an ſich ur than hd Nicht mie 

itifcher Feſtſtellung des Textes. 


Deittes Buch. Sechste Feabel. 

Corvigar's Siegel. 

Iſengrim war, wie wir oben ſahen, ain Hoftage ſei⸗ 
nee Haut verliſtig geworden. Er geht ˖ betruͤbt 

und ſieht auf ſeinem Wege den Wallach Corvigar an ei⸗ 
nem ſumpfigen Orte auf der Weide. Sogleich fuͤhlt er 
Trieb, ihn zu verzehren und ſein Fell ſtatt des verlorenen 
eignen zu tragen. Er begrüßt ihn, und als ber Wallach 
fih wundert, daß man ihn als einen Kuttenträger jegt 
ohne Kutte fähe, und Ihn fragt, wer denn ihm diefe aus⸗ 
gezogen habe, fagt Iſengrim, der. kranke König habe ihn 
um fein Fell gebeten, und fo habe er es ihm gegeben; 
übrigens freue es ihn fehr, zu hören, daß er, der Walz 
lach, folche Theilnahme für ihn hege, weil er daraus auf 
feine Freundſchaft ſchließen koͤnne, und er hoffe daher, von 
ihm einftweilen fein Fell zu erhalten, bis fein eignes wie⸗ 
der gewachfen fei. Gern rolle er ihm dafuͤr ben Gegen 
dienft erwelfen und ihn von feinem übermäßigen Sette bes 
freien, damit er in Zukunft leichter zu Fuß werde. Eben 
fo höflich entgegnet Corvigar und nimmt Iſengrim's An⸗ 
erbieten an, nur wuͤnſcht er, daß Iſengrim ihn in dem 
nahegelegenen Walde feines Kleides entfedige, weil es hier 
in der Nähe gar zu viel Hunde gebe, welche Iſengrim 
bei feinem Unternehmen hindern würden. Auch, meint 
er, thue es Noth, daß Iſengrim's Zonfur etwas zuge= 
[tust würde, und er wolle ſich im Walde diefer Mühe 
gern unterziehen, denn er ſei in der Friſirkunſt wohlgenbt, 
übe fie jedody nur im Verborgenen. Iſengrim geht dem 
Vorfchlag ein, und als fie Beide nach dem Walde gehen, 
nimmt das vorauseilende Roß die Belegenheit in Acht 
und fchläge Iſengrim fo vor den Kopf, daß er halbtod 
binfintt. ‘Darauf verfpottet Gorvigar den Geſchlagenen 


fattfam. 0 
' Geſchichtliche Nachweiſung. 

Dieſe Zabel enthält fiher eine Begebenheit aus dem 
erſten Kriege zwifchen Zwentibolk und Reginard, tweldyer 
fi nebſt Odocar (hier Corvigar) in eine von Sumpf 
umgebene Gegend zuruͤckgezogen und in feiner Burg Dur: 
fos befeſtigt hate. Die Stelle des: Amnaliſta Saro 
haben wir ſchon zu Buch I, Fabet 1 angeführt. Er: 
wähnmg verdient noch, daß ber Dichter in der Kabel 
ausdruͤcklich erwaͤhnt, Iſengrim habe Corvigar bis an ben 
Hals im Waffer ſtehend angetroffen, da dies genau mit 
der Nachricht des‘ Annaliften überemftimmt, nach welcher 
Zwentibolk der Suͤmpfe halber dem Feinde nicht fchaben 
kann. Uebrigens tft der Annaliſt nicht fo ausführlich, 
daß wir die einzene Begebenheit aus dieſem Felbzuge, 
weiche dee Dichter im Auge hatte, angeben könnten. 


819 ’ 


Bierten Bach. Erſte Babel 
Kofepb’s Rachenfprung.- 
2. Als Iſengrim fo zerfchlagen baliege und vor Schmerz 
mit den Zähnen knirſcht, geht. Reinhart von ungefähr 
yorbei und hört das Geraͤuſch. Ex fpiele ben Forſtauf⸗ 
feher, und gleich als fähe er Iſengrim nicht, hebt: er am, 


—** zu fragen: wer: fo frech ſei und im des Koͤnigs 
l 


de Baͤume faͤlle, ohne von ihm, dem Foͤrſter, Er⸗ 
laubniß zu haben. Wie er nun nahe bei Iſengrim 
ſteht, entſchuldigt er ſich, daß er ihn fo hart angelaffen 
babe, alkein er habe ihn nicht gefannt. Der zerfchfagene 
Wolf firebt ſich zu rächen und thut, als ob er Reinharten 
Altes vergebe und nur dem Könige feines Kelles wegen 
zuͤrne. Er’ beißt ihn fi naͤhern; Reinhart aber vers 
fagt die Annäherung, beklagt ihn jedoch und erkundigt 
ſich, wie es gekommen ſei, daß er, der auf fo viele Freunde 
am Hofe habe rechnen können, ba alle-feine Freunde auch 
- bie feinigen wären, fein Fell dort habe laſſen müflen? 
Alle Schuld ſchiebt Reinhart nun auf den Widder Jo⸗ 
feph. „Haft du noch Muth”, fagt er, „fo gehe mit mir; 
er foll dir für bein verlorenes Fell das feinige geben.” 
Der Wolf erhebt fih, durch die Verheißung geſtaͤrkt, und 
gebt mit Reinhart zum Stalle Joſeph's, weichen diefer 
jedoch zuvor unterrichtete, wie er Sfengrim anführen Eönne. 
Reinhart rät dem Iſengrim, ſich freundlich zu ftellen, 
und biefer folge ihm. Joſeph jeboch will nichts von Freund⸗ 
[haft wiffen. Da fagt Iſengrim, er muͤſſe ihm jegt bie 
Ländereien, die er ihm jüngft zugemeffen (Bud) I, Kabel 3), 
mit feinen zwölf Kindern bezahlen und ſich obendrein ge 
ben. Joſeph aber entgegnet, er wolle lieber von Bauern 
als von ihm verzehrt werden. Sa, wenn Iſengrim noch 
ganz und auf einmal ihn verfchlingen koͤnnte; aber 
dazu fei es jest zu fpdt, da fchon der Morgen anbraͤche 
und Menfchen und Hunde bald Hierher kämen. Sfengrim 
meint jedoch, dies noch vollbringen zu koͤnnen. Da heißt 
Joſeph ihn die Vorderpfoten feſt in die Erde ſtemmen, 
ſich auf die Hinterpfoten ſetzen und ihm den ſo weit als 
moͤglich aufgeſperrten Rachen entgegenhalten; er wolle 
dann ſo hineinſpringen, daß Iſengrim nichts von ihm 
verliere. Iſengrim gehorcht, und Joſeph ſpringt mit vor⸗ 
geſtreckten Hoͤrnern auf ihn los, zerſtoͤßt ihm den Gau⸗ 
men, die Lippen, die Naſe und die Stirn, ſodaß er ohn⸗ 
maͤchtig niederſinkt, worauf Joſeph ſeiner ſpottet. 

Geſchichtliche Rachweiſung. 

Der Dichter folgt der Geſchichte genau, und wir 
bürften in dieſer Fabel eine Begebenheit aus Zwentibolk's 
zweiter Belagerung von Durfos vor uns baden. Nach⸗ 
bem Zwentibolk die erſte (898) aufzuheben genöthigt wor⸗ 
den- war, vereinigten ſich die vier Lotharingiihen Grafen 
mit dem König Karl von Frankreich, welcher ihnen auch 
zu Dülfe zog und dadurch den König Zwentibolk nd: 
thigte, die Belagerung abermals aufzuheben. Man wird 
demnach die Worte Joſeph's: „der Tag breche an, und 
Menſchen und Hunde würden bald ſich nähern”, auf bie 
Amaͤherung Karl's beziehen können. Zu einem Treffen 


Übrigens zwifchen ben beiden Königen kam es nicht. 
(Der Beſchluß felgt.) 


Neiſen durch Deutfchland und bie Schweiz, mit beſon⸗ 


derer Ruͤckſicht auf dad Schul⸗, Erziehnugs⸗ und Ars 
chenweſen, auf Schullehrenſeminarien⸗, Waiſen⸗, Armen⸗, 
Blinden⸗, Taubſtummen- und andere Wohlthaͤtlgkeits⸗ 
anſtalten von 3, ©. Kröger. Erſtex Band. Leipzig, 
Hartmann. 1893. Gr. 8. 2 Thlir. 


Paͤdagogiſche Reiſen, mit Umſicht und Geſchmack angeftellt, 
find unftreitig ein Gewinn für die Wiſſenſchaft und ein vortreff⸗ 
lies Mittel, bie Theorie mit ber Praris zu verbihben. Aus 
diefem Grunde reifte auch ber Altmeifter ber beutfchen Päbas 
gogit, der verewigte Niemeyer, To viel und fo gern. Gene 
Keifen bienten nicht blos pädagogifcgen Zwecken, aber er mußte 
feine päbagogifchen Bemerkungen fo gefickt den übrigen Thei⸗ 
len feiner Reifebefchreibung einzuflechten, "daß fie unftreitig mehr 
Nutzen geftiftet haben, als wenn fie fi als rein pädagopif 
Keifen angekündigt hätten ; denn ein Schulmann unferer Tage, 
der felbft die Augen über das Leben nicht aufgethan bat, ver« 
mag auch nicht fie Andern für ein Leben aufzufchließen, welches 
in der ebeiften Anftrengung für bie gefammten Intereſſen der 
Menichheit und in ber befonnenften Liebe zum Guten, Rechten 
und Schönen beftehen fol. j 

Ref. will nun gern glauben, daß Hr. Kröger, Katechet am 
Waifenhaufe zu Hamburg, feinen pädagogifhhen Reifen dur 
Beimifchung anderer Notizen einen groͤßern Reiz hat geben wol⸗ 
len. Aber feine hiftorifchen und flatiflifchen Bemerkungen haben 
gar zu fehr das Anſehen, ald wären fie aus andern Reifebüchern 
entlehnt; feine Schilderungen find nicht lebendig genug, und bes 
große Gewinn, den wir beim Reifen durch bie Kenntniß berühms 
ter Perfönlichkeiten erlangen, ift nur wenig fihtbar.. Wir er 
innern uns feines einzigen berühmten Mannes, für. beflen In⸗ 
bioidualität wir aus diefen Briefen (die übrigens won Briefen 
blos bie Form haben) etwas gelernt hätten. Denn felbft- was 
er über Peftalogzi fagt, iſt nicht neu oder. unbelanat. So iſt 
bei Straßburg, bei Zürich, Bern und andern Städten flets bie 
Einmwohnerzapl . angegeben, bie Einnahme der Fabriken fowie 
die Zahl der barin befchäftigten Kinder und Arbeiter wird forgs 
fältig angeführt, ebenfo Preife der Lebensmittel, bie Zahl der 
Geiſtlichen und Schullehrer in verſchiedenen fchweizerifchen Kan⸗ 
tonen — und dies Alles noch bazu aus dem Jahre-1816, wo 
die Reifen gemacht find, und woraus alfo nicht einmal ein richtiger 
Mapftab für das Jahr 1833 entlehnt wggrden kann. Die ſtaͤdtiſchen 
Mertwürbigkeiten werden wol genannt, aber nur kurz unb 
oberflählih: in den Bibliotheken der ſchweizeriſchen Städte 
fheint Hr. Kröger nur einer der alltäglichen Befucher gemwefen 
zu fein; über den Münfter zu Strasburg Iefen wir nur das 
Gewoͤhnlichez Danneder’s Werkftätte wirb nur mit zwei Wor⸗ 
ten befchrieben, um fo ausführlicger dagegen die Eönigliche Mes 
nagerie zu Stuttgart, den Züricherfee begrüßt Hr. Kröger 
war mit Klopftod’s Worten, aber babei bleibt es auch, und 
ür ben Rheinfall bei Schaffhaufen Hat er Feine Worte als 
Reſchky's poetiſches Scmälde deſſelben; der Anblid der Alpen 
(S. 230) ſcheint den Verf. allerdings zu begeiftern, aber auf 
berfelben Geite darf die Befchreibung einer Seunhuͤtte fowie 
bie Angabe, wie viel Mil eine fette Kuh täglich gibt und 
wie viele Kaͤſe gemacht werben, nicht fehlen. „Sie verberben 
uns die Imagination’, möchte man ba mit Aurelien im „Wilhelm _ 
Meifter” ausrufenz „weg mit Shrem fetten Hamlet.“ ' 

Uebrigend wollen wir auch nicht unerwähnt laffen, bag 
manche Curioſa zur Grgöglichleit des Leſers fich in dem Buche 
finden, wie &. 53 das Beifpiel von ber Kanzelberebtfamkeit ei⸗ 
nes katholiſchen Beiftlichen: in Strasburg, ber nach einer fuls 
minanten Strafpredigt in bie Worte ausbrach: „Sage ich nicht 
die Wahrheit? Wenn ich euch nicht die Wahrheit fage, fo reißt 
mir bie Zunge aus dem Halſe.“ Und babei griff er ſich 
feioft in ben Mund, daß ber Verf. ſich fchaubernd umwenden 
mußte. 

So viel von der aͤußern Einkleidung, auf die Br. Kröger 
einer geriffen Werth zu legen fheint. Wenden wir uns nun 


229 


su dem Hauptinhalte bes Buches, * ber Deſchrelbung ber auf 
dem Zitel angegebenen Anftalten, fo zeigt fi der Berf. Hier 
als einen fehr forgfältigen Berichterſtatter und als einen Dann 
von umfaffenden Kenntniffen in biefem Fache, den man ſchon 
achten muß, weil er fein Leben ber Bervollkommnung biefer An⸗ 
Ralten des menſchlichen Elende widmet. Geine Befhreibungen 
der verfchiebenen Zaubfiummen und Blindenanſtalten, ber Ars 
men» und Walfenhäufer in Rheinbaiern, im Elſaß, in der 
Schweiz und in Wärtemberg werben für den Dann von Bad 
beichrend und intereffant fein. Nur ift zu bedauern, daß bie 
Briefe dem Jahre 1816 und 1817 angehören und daß, da nur 
felten Zufäge gegehen find, gewiß Vieles anders und beffer ges 
worden it. Dies Beſſerwerden mag wol namentlid von bier 
len fühmeizerifhen Santonen, namentlid von Unterwalden, Ap⸗ 
penzell, Bünden, Teſſin und Wallis gelten, wenn bie gefunde 
Vernunft über eingewurzelte Vorurtheile und geiftlihen Hochmuth 
den Sieg bavongetragen haben ſollte. Freilich iſt dies von 
einem großen Theile der heutigen Schweizer nach den neueſten 
Greigniffen kaum zu erwarten. 

Die vom Verf. gegebenen hiftorifhen Nachrichten über den 
Zaubftummenunterriht (S. 270 fg.), über die Btindenanftalten 
(8. 868 fg.) und über die Schulen bes wechfelfeitigen Unter: 
richts (S. 289 fa.) find gute Zufammenftellungen. Dod iſt 
bie Literatur nicht überall bis auf die neuefte Zeit herabgeführt. 
In Betreff der Bell-Lancafter’fhen Methode bat es uns ge: 
freut, ten Verf. nicht auf ber Seite Derer zu finden, welche ſich 
allen moͤglichen Wortheil von biefer Ginrichtung verfpreden. 
Vielleicht zu ausführlich find bes Verf. Nachrichten über Peſta⸗ 
lozzi, Tein Leben, feine Anftalt und ben Geiſt feiner Methode 
(8. 97 ot Die Sache ift doch im Elementarſchulweſen 
nit mehr fo fremb, baß man eine fo weitläufige Auseinanbers 
feßung jener Grundfäge und jenes Unterrichts für nothwendig 
halten Tönnte. Dabei ift denn auch bie Nothwendigkeit der Er⸗ 
lernurig der alten Sprachen wieder befprocdyen worden (8. 173 
—176), was bier wol einigermaßen ein hors d’oeuvre iſt. 
Peſtalozzi dat — daran wirb Riemanb zweifeln — zu ſehr tuͤch⸗ 
tigen Reformen im Glementarfchulwefen und in ber häuslichen 
Erziehung Beranlaffung gegeben, und daher wirb fein Rame 
auch nicht vergeffen werden; aber wenn bie Peſtalozzianer von 
der Methode des philologifchen Unterrichts oder von ben alten 
Sprachen reden wollen, fo find fie ganz außer ihrer Sphäre 
und brauchen nicht gehört zu werben. 

Intereſſanter waren uns bie Dittheilungen des Verfafs 
fers über Hofwyl und Fellenberg's Anftalten (&. 333 —343), fo: 
wie über das Schulweſen bes wäürtembergifchen Rantes, wo wir 
nur Nachrichten über bie Kiofterfchulen und bie diefem Lande 
eigenthämlichen Präceptorenfcyulen, bie neuerdings burch Thierſch 
(‚Ueber gelehrte Schulen‘, III, 229 fg.) zus Sprache gefommen 
find, vermißt haben. Die Entſtehung ber Armenfchuliehrerans 
ftalt in Bafel (©. 76 fg.), aus welcher fpäterhin die Miſſions⸗ 

efellfchaft und das „‚Wochenblatt‘’ von Beuggen hervorgegangen 
d, bat Ref. hier zuerft kennen gelernt. 

Wir wiederholen unfere Aeußerung, daß Hrn. Kröger’s 
Eifer und guter Wille alle Anerkennung verdient, fönnen aber 
doch unfere individuelle Anficht nicht bergen, baß auf ben 473 
Seiten feines Buchs manches Ungehörige und ben Männern vom 
Fach hinlaͤnglich Bekannte von ihm gefagt worten ifl. Wir ba: 
ben noch einen zweiten Band zu erwarten, ber ſich über Raffau, 
Heffen, Baden, Norbbaiern, die ſaͤchſiſchen Herzogthuͤmer, das 
preußifche Herzogthum und das Königreih Sachſen, Branden⸗ 
burg, Mecklenburg, Bolftein, die vier freiem Städte des deut 
ſchen Bundes u. f. w. ausbehnen wird. Aus diefen Ländern 
wird hoffentlich viel Erfreuliches zu berichten fein, was von 
Hrn. Kröger gewiß gern anerfannt werben wirb, ber feine echt 
deutfche Geſinnung und feine Abneigung gegen allen franzoͤſi⸗ 
fen Kliugklang an mehren Gtellen feines Wuchs deutlich be: 
thätigt bat. 3, 


Ta U U} 


Die Gruppe der Charitinnen. Ein Beitrag zur Philoſo⸗ 
phie des Schönen, in vier Gefpeuͤchen; nebſt einem 
Anhange uͤber die Allegorie. Leipzig, Schaarſchmidt 
und Volckmar. 1832. Br. 8. 1 he. 

Manche Bücher verbienen, abgefehen von dem Werthe, den 
fie an ſich haben, ſchon Hinſichtlͤch bes Ruthes, ber bei ihrem 


Verf. dazu gehörte, um fie ſchreiben zu koͤnnen, unfere Bewun- 


derung. Daß es noch immer Autoren in Deutfchland gibt, bie 
folgen unerhörten Muth beſitzen, iſt nicht j leugnen, und der 
Platonifcgedtalogifche Werf. bes oben angezeigten Buͤchleins tritt 
ſelbſt beweifend dafür in die Schranken. In einem Augenbiid, 
wo das. Intereffe des Yublicums ber Form, bie er fi zur Bes 
handlung feiner Begenftände erwählt, laͤngſt entfrembet if, uns 
ternimmt er «8 bennocy getroften Muthes, Platoniſche Dialoge 
in ganz ſchalgerechter Rachbildung zu liefern und bie alte wohls 
befannte Sokratifche Hebammenkunſt wieder herauf zu beſchwoͤren, 
um in deren bialektifchem Frag⸗ und Antwortfpiel Bragen aus der 
Philofophie des Schönen abzuhandeln. Es wäre vielleicht, übers 
flüfjtg, den Verf. darauf aufmerffam zu machen, daß biefe Form 
und Manier fo, wie er fie in ihrer ganzen antiken Kärbung. 
beizubehalten geſucht bat, durchaus nicht mehr zeitgemäß ifk 
und heutzutage ſelbſt bei einem bedeutenden Inhalt ohne Ans 
fang vorübergeben muß. Gr bat dies ohne Zweifel felbft ges 
wußt, und es ift auch kaum zu überfeben, ba felbft fein großer 
Vorgänger in diefem Beſtreben, Solger, ber mit einem fo gros 
den Aufwand von Kraft und Geift den Platonifchen Dialog 
ftatt der abhandelnden Korm im Gebiete der Kunftphilofophie 
einzuführen fuchte, daran fcheiterte und weder mit feinem „Er⸗ 
win” noch mit feinen andern Geſpraͤchen biefer Art durchzu⸗ 
dringen vermochte. Hätte Solger feine genialen Bebanfen über 
bie Kunft, deren er obne Zweifel viele hatte, in einer einfadhern 
und weniger gelehrten und gefünftelten Weife mitgetheilt, ex 
würde unberedyenbar mehr gewirkt und feine Beftrebungen im 
Yublicum geltend gemacht haben, ale es ihm fo gelang. Den 
Berf. der „Bruppe ber Gharitinnen” fdyeint ein kuͤnſtleriſcher 
Dilettantismus, ben man an ſich nicht zu Hart beurtheilen muß, 
befonders angetrieben zu hoben, ſich an biefer Korm, bie für 
ben Freund und Kenner bes Antiten allerdings einen vielfachen 
Reiz hat, zu verfudgen, und er bat feinen Plato nicht nur mit 
Geiſt gelefen, fondern fih auch in ber That mit Zalent und 
Darftelungsfunft der Manier beffelben zu bemächtigen gewußt. 
Aber er vermochte es nicht, biefelbe, wie Golger, mit eigens 
himlichem Gedankenreichthum anzufüllen, und formelle Nachah⸗ 
mung bleibt dann immer formelle Nachahmung, ohne tiefer eins 
greifende Gindrüde zu gewähren. Die ale Refultat gewonnene 
Idee feiner Dialoge wiegt, tin ihrem Werth an fidy genommen, 
oft bie großen Anftalten einer Fünftlichen Dialektit.und Sophi⸗ 
ftit nicht auf, die angewandt werden, um fie anſchaulich zu 
machen. Der befondere Inhalt ber vier Geſpraͤche bezeichnet 
fi in ihren Neberfchriften: 1) Theano: Ratur und Kunftz 
2, Kleiton: die Kunft und der Künftler; 3) Chaͤrephon: 
Vernunft und Verſtand, Geſchmack und Kennerei; 4) Mnes 
fippos: die Kunft und der Menſch. Diefe Dialoge beziehen 
ſich vornehmlich auf bie bildende Kunft, wie auch das ale Aus 
bang binzugefügte Geſpraͤch über die Allegorie, das von der 
Anwenbbarteit oder Nichtanwenbbarkeit derfeiben handelt. ef. 
möchte jedoch die Befprähsform zur Ausführung folder, bie 
Kunft und die philofophifche Reflerion berührender Fragen, kei⸗ 
neswegs befeinden, fie vielmehr recht oft, aber in einer, unferm 
beimifen Sprachidiom natürlihern und mehr populairen Weife, 
ftatt ber weniger lebensvollen Abhandblungsform, angewandt fe 
ben, Warum ſoll auch bie beutfche Sprache und bie bialektifche 
Bewegung des mobernen Geiſtes nicht ebenfalls eines eigenthuͤm⸗ 
lihen Ausdruds im Dialog fähig fein, ohne fi nad ben antis 


' Ten alten umfehen zu muͤſſen? 


Nedigirt unter Berantwortlikeit der Werlogähandlung: 8. X. Broddaus in Eeipsig 





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Blätter 


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litetrariſche Unterhaltung, 





Bennabend, 


8 Bebsuar 1833. 





Ueber Reinhart Fuchs in feinen verfihiedenen Geſtab 
tungen. 
3weiter Artilel 
(Deſchluß aus Nr. 53.) 
Viertes Buch. Zweite Gabel. 
Sfengrim’s Theilung. 
Als Iſengrim wiederhergeſtellt iſt, befucht ihn Rein 


hart in Begleitung des Königs und fodert ihn auf, ſei⸗ 


nem hohen Gaſte anitändige Speifen vorzufegen. Iſen⸗ 


grim hat Peinen Vorrath und Reinhart verfpottet ihn 
„Es iſt nur gut”, beginnt er, „daß wir ſelbſt 


deshalb. 
dafür geforgt haben. weir wiffen ein feiftes Kalb; allein 
der König ſhaͤmt ſich, es fortzutragen, ich aber "bin zu 
ſchwach. So komme denn du, ber du nie die ſchaͤmſt, 
wenn es etwas -fortzuttagen gibt, und trage bad Thier 
in den Wald, wo wir es ficher verfpeifen mögen.” Als 
fie im Made ankommen ; fol Iſengrim flugs auf ein: 
hart's Beranftaltung die Beute theilen, und er laͤßt ſich 
willig finden. Er erinnert ſich ſeiner fruͤhern Theilung 
mit Reinhart; ba jedoch diesmal der König" zugegen iſt, 
glaubt er ſchon gerecht theilen zu muͤfſſen. Er betvachtet 
die drei Anwefenden ats gleich, macht drei gleiche Theile, 
wevon er einen’ 'dem Könige, einen fich felbit und den 
dritten Keinharten zufpricht, und glaubt feine Sache wohl 
gemacht zu haben; ber König jedoch zuͤrnt über dieſe 


Theilung und nennt fie ungefchidt. Iſengrim entgegnet 


darauf, dee Koͤnlg mög? feine Ungeſchicktheit entſchuldigen, 
er. fei mie gewohnt geweſene zu theilen, da er Immer Alles, 
was -ce fange, allein behalte. Nun theilt Reinhart und 
macht gleichfalls drei Theile Den größten ſpricht er dem 
Könige zu; den nöchften der Königin und den dritten den 
koͤniglichen Kindern, für ſich behält er nur ein Bein des 
Kalbes. Diefe Thellung bilkigt der Loͤwe und fragt, wer 


"denn ihn fo meiſterhaft vheilen ‚gelehrt habe? Da rühmt 


Reinhart ſpoͤtctſch den Ifengrim als feinen Lehrer im die: 
fer Kunſt; der König ader meint, es fei doch fonberbar, 
daß Der, welcher Andere doch fo gut die Kunft ſchicklli⸗ 


der Theilung zu lehren wiffe, diefe Kunſt felbft fo unge: , 
ſchickt übe. Darauf gerubt der König, bie drei Theile 


zu verzehren und dann fich wegzubegeben. 


Geſchichtliche Rachweiſßung. 
Die Begebenheit dieſer Fabel faͤllt in bie naͤchſte Zeit 


nad) den Tode Kaiſer Arnulf's. Dee im dieſer Fabel er⸗ 


waͤhnte Koͤnig iſt Ludwig, Arnulfs ehelicher Sohn, Zwen⸗ 
tibolks Halbbruder. Es ſcheint dieſer Zabel nah, als 
habe Zwentibolk mit Ludwig erſt unterhandelt und ihm 
einen Theil Lotharingens (denn das Koͤnigreich Lotharin⸗ 
gen wird unter dem Kalbe hier verſtanden) gutwillig ab⸗ 
treten wollen. Die Geſchichte weiß von ſolcher Unterhand⸗ 
lung nichts. Annaliſta Saxo erzählt bei dem Jahre 900: 
„Zwentibolk propter assiduas depraedationes et bella, quae 
in zeguo fiebant, et quia cum mulieribus et ignobilibus 


'regni negetia disponens honestos nobilesque dejiciebat 


et digmifatibus spoliabat, odiosus omnibus eflcitur. Cer- 
tatım igitur priores regni ejus Ludovicum introducunt, in 
Theodonis villa, manibus datis, ejus dominationi se sub- 
jiciunt.” Das Bein, das Reinhart behalten darf, dürfte 
fein Lehen fein. Zuvor fchon war Ludwig zu Forcheim 
von den verfammelten Fuͤrſten zum Könige erwählt worben. 


Diertes Bud, Deitte Sabel, 
Sfengrim’s Schwur. 

Reinhart tröftet nach. dem Abgange des Könige den 
Ifengrim über den Zorn deſſelben, trifft jedoch ſogleich 
auch wieder Anſtalt, ihn - noch ärger auzufuͤhren. Er 
raͤth ihm, von dem Eſel Carcophas die Haut zu verlan- 
gen, da diefe ihm nach Recht gehöre. Iſengrim will ſich 
erſt nicht dazu verfichen und fagt, er habe .nyn wohl «u: 
fahren, daß alle Racthſchlaͤge, fo Reinhart ihm,gegeben, 
ihm übel, ausgegangen fein; bennoch aber fügt er fi 


‚auch jetzt, geht mit Meinhart zu dem Efel Carcophas und 


thue ihm feinen. Willen kund. Carcophas leugnet Iſen⸗ 
grim's Mecht an feiner Haut, und Reinhart wird von 
Beiden als Schiedsrichter angenommen. Als  folcher 
raͤth er dem Iſengrim, fein vermeintes Recht durch einen 
Eid auf einen Reliquienkaſten zu beftätigen, ermahnt ihn 
aber, keinen Meineid zu ſchwoͤren weil der Heilige ſonſt 
dieſen ſogleich ahnden wuͤrde. Iſengrim aber entgegnet, 
darnach frage er nicht viel, er ſolle ihm nur den Reli⸗ 
quienkaſten herbeiſchaffen. Da fuͤhrt ihn Reinhart zu ei⸗ 
ner Wolfsfalle, welche, ſobald Iſengrim ſein Bein darauf 
legt, um den Eid zu leiſten, ſogleich ihn feſthaͤlt. Dar⸗ 
auf wird er verfpottet und erinnert, daB man ihm vor 
einem Meineide gewarnt habe. Meinhart und Carcophas 


‚begeben ſich hinweg, und Iſengrim muß fid, um fe zu 


werben, die Pfote abbeigen. 


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} » 


Geſchichtliche Nachweiſung. * 

Wir haben ſchon oben geſehen, daß unter dem Eſel 
Carcophas der Graf Baldewin II. von Flandern darge⸗ 
ſtellt werde. Gleichfalls iſt erwaͤhnt worden, daß deſſen 








Vater Baldepin I, der Eiſerne, zu Karl dem Einfaͤlti⸗ 
oe ve * mulf, und: von jenenf daher feine Ehen 
Senomitien hätte. Baldewin der Eifetne war 879 Und 





Kaifer Arnulf 899 geftorben, ohme daß die Sache ent: 
fchieden worden wäre. In demſelben Werhaͤltniſſe war 
Baldewin IM. Teinem Water gefolgt. Jetzt nun täth 
Meginach dert Zwentibolk, ben Grafen feiner Lehen zu 
berauben. Er verfucht es, allein zu feinem Nachtheile. 
Be .: m davon, und Saxo er⸗ 
zaͤhlt nur im Allgemeinen: „Ludovico trans Rhenum eunte 
-Zwentibolk, coadunatis quoscumque potuit, civitates regni 
circnit, incendiis et rapinis omnia devastat, arbitratus hos, 
qui propter inmanem ejus maliciam ab eo defecerant, in- 
_  maniora faciens ad se revocare posse.’ Die Sache kann 
“aber dennoch fehr wohl ihre Richtigkeit haben. 


Biertes Bud. Vierte Fabel, 
Das wilde Heer ber Salaura. 

Endlich wollte das Schickſal Ifengrim’s Leiden endi⸗ 
gen, beginnt dee Dichter die legte feiner Fabeln; es warf 
den Unglüͤcklichen in ben Rachen des Todes. Befreit aus 
ber Woifsfalle, gerteth Iſengrim in den gierigen Rachen 
der Safaura, ber gefräßigen Mutterfau des Papftes (papae 
'scröpha). | . 
Schon dur der Dinge Gebrauch, bie oefehn fie, befiegte 
der Achte 


Neun fie, was Ränke betraf, neun auch ber Päpfte zugleich. 
Diefe Salaura nun will Iſengrim durch feine Schlauheit 
überliften, wie er ſchon Andere (alias, d. h. Nonnen) 
Arberliftete. „Friede fet mit die, theuerſte Mutter, Friede 
mit dir!“ ruft er ihr ſchon von ferne zu; „ach, wie 
lange iſt es ſchon, daß mic) bie Liebe zu dir quaͤlt!“ 
Sie jedoch verlacht den breifüßigen Wolf: „Was iſt denn 
das, Bruder?“ fagt ſie; „als Vorfteher und Abt warft 
du ja ſtets gewohnt, vorn zwei Lichtträger zu haben; 
von einem fehle ja ein Theil; in weſſen Wohnung haft 
du wol den eingelegt?”. Iſengrim erzählt ihr darauf 
feine Schickſale, „und jetzt“, fagt er, „denke ih nur am 
Frieden, ba ich num wohl fehe, nur ein kleiner Reſt des 
Lebens fei mie uͤbrig. Doch gern möchte ich noch“, fährt 
er fort, „bevor ich flerbe, dich geküßt haben!’ Damit 
nähert er fich der Goktara mit zaͤrtlicher Miene. Dieſe 

"aber entgegnef: 
gleibe nur dort! Nichte, Bruder, vernahmſt tiaun unfere 


e 
"Du wär auch vielleicht wohl bie bie beine belannt. 
Duldet' ich dies, du nähmft als Moͤnch bie Küffe der Nonne, 


‚Welche zu geben dem Mann fcheut in der Meffe das Weib. *) - 


Füge hinzu, daß noch nicht die @lode bie Prima verkuͤndet, 
—2— das Sicht konmt erſt (eben erſchien erſt das Licht). 
mer ber Meſſe der Ruß, doch nie dem Kuſſe bie Weſſe 


—— fo gehe denn auch Hier ihm bie Mefle voraus. 


"n) Der fopenannte Briedenbtuß nach ber Deffe (osculum pmcis) iſt 
‚ bier gemeint. 2. ”. 


222 


1 


—————— —— — — — — — 


AN 


Aber ich & ‚ mie webrt bas Geſetz, bie Meſſe zu fingen; 
Anberer Prieſter uns fehlt; Tage, wer fänge fie wol? *) 
Wer fie nun finge? — Bin nicht ber ſaͤuiſchen Religion ber 

Abbatiffinnen oberfte Meifterin ih? **) _ 
Abbatifjin ich bin; dreihundert zaͤhl id; ber Nonnen; 


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Naht die gehörige Stunde, fo Ief ich im Walde die Meffe***), 
Weiche mit Staunen fürwahr felber vernehmen du wirft. 
Darauf entgegnet Iſengrim, er habe jetzt die Ordensregel 


der hochwuͤrdigen Frau kennen gelernt; jetzt moͤge ſie ſeine 
Fennen lernen: ",...uns® 


Fleiſcherner Klang, nicht eherner mir verfändet bie ‚Dora, 
Schlundes Leere beikiummmt mich, 
Phoͤbus mir nicht, nur der Bauch Zen iſt mir Zeiger der 
.5 en, — 8 
— Lehrete mich's das Geſchick! — mahnet ber, ſolg' ich 
| ſogleich. 

Nimmer erkenntlicher war mir irgend der Glocke Geklingel, 
Hätte gegoſſen auch fie ſchwoͤbiſcher Pfrfft voreinſt. ++) 
Fange nur an, wie du kaunſt — Ackerlied, ob ein 

aldlie 
Du mir fingft, iſt mir gleich, wenn dir die Stunde gefaͤtlt. 
Und fo fährt er fort, ihr zuzureben, daß fie feinen Frie⸗ 
denskuß empfangen folle, da fie ihn einmal nun empfan⸗ 
gen müffe. Er ermuthigt fie ferner, ſprechend: 
" Gage, was fronmt's, bie dem’ Kuß dorgehenden Worte zu 


en, 
Wenn ber Geber ben Kuß —* zu geben'verfeht. u 
Wär’ es erlaubt und ehrbar, ſich ruͤhmen feiner Geſchicktheit: 
Traun, ich habe gelernt, ſchicklich zu geben den Kuß. 
Da ſagt die Aebtiſſin: da er meine, ſo wolle ſie die 
Meſſe beginnen; er ſolle nur hinkommen und ſie etwas 
in das Ohr kneipen, weil ſie ſonſt keinen lauten Geſang 
hervorbringen koͤnne; ſo aber werde ſie ganz gewiß ihre 
Verwandten herbeirufen, denen allen er, wie er wuͤnſche, 


den Friedenskuß zu gehoͤriger Zeit geben moͤge. Iſengrim 


freut ſich der zu hoffenden Kuͤſſe und baelpt die Mutter⸗ 
ſau ſo kraͤftig, daß ſie mit hellem Tone aufſchreit. Und 
es kommt das Heer der Wildſchweine heroͤngejagt: 

Wie mit Sturm und Geraͤuſch, die zitternde Welt zu zertreten, 

Stuͤrzt herbei bereinft Magog, gefolges von. Go. . 

Sfengeim erfchridt darob und laͤßt das Ohr der Selaur 
los, fie aber heißt ihn dagegen noch. etrrab derber kneipen, 
denn finge ſie nicht welter, ‚fo kehre vielleicht ihre Sipp⸗ 
(haft ſaͤmmtlich zuruͤck; Iſengrim jedoch geſteht, durch 
ihren Geſang genug erbant worden zu fein Da zuͤrnt 
bie Aebtiſſin und meint, Iſengrim müͤſſe ſelten in bie 
Meſſe geben, wenn er dies ſchon für vollſtimmigen Ge⸗ 
ſang halten koͤnne. Sm der Kirche gebe, lehrt fie, ſtille 
Beichte der Meſſe voran, und dieſen Brauch befolgten fie 
hier auf dem Felde auch. Jetzt legten fie zur ihr Suͤn⸗ 


*) Nach dem Geſetz der katholiſchen Kirche muß jeder Prieſter an 

- - feinem Leibe unverffümmelt fein. “ 

) Quis celebraret eam? nisi summa magistra suillae 
Abbatissarum relligionis ego? 

ee) Silvestrem missam. 

f) Carnea clanga mihi non aerea nuntiat horam. 

tr Schwaͤbiſche ˖ Prieſter feinen In jener Beit die deruͤhmteſten 

Biodengießrteien gehabt zu haben. 5.. —525— 





® 


223 


vernähme.- aber Hatte die päpftlihe Mutterſau 


— ab, weehalb er diefes dumpfe Semurmel 
re Rede geenbet, fo beginnen die Schweine den lauten 


Belang. und zugleich geben fie Iſengrim hie Friedenskuͤſſe 


(pacem)... Am eifrigſten zeigen dabei fiy Kono uud Bal⸗ 
tero, beide kräftige Eber, und Beetca und Sonoche, zwei 
gewaltige Saͤue. Iſengrim merkt alsbalb, daß es um 
ihn geſchehen fei, er beflagt fen Schickſal und fagt, daf 
Agemund ihn rächen werde. ı Darauf beginnen bie Wild: 
fchroeine Iſengrim zu zerreißen, indem Salaura fagt, wenn 
er denn ein Prophet fein wolle, fo möge er Jonas fein, 
fie wolle bie Rolle des Haifiſches Über fich nehmen; fo 
hätten fie Propheten genug, und als einem Freunde fage 
fie ihm, er werde in ihrem Speiſebehaͤlter (mus-sak, nicht 
min sak, wie Mone will) auf werden. Er follte 
nur freudig eingehen, das Kintrittsgeld erlafle fie ihm: 

Denn wir erkennen ˖es wohl, os Deitiger kommft du, bes 

rein 


Kürdig, und daß man dich ehre mit frommem. Gebet. 
Wüßteft du nur, welch triftiger Grund mich beweget, bu 


flehteft, 
Daß ich es wolle, wenn ich weigerte, ſo dir zu thun. 
Und ja gebietet die Schrift, die Feinde zu lieben, und Gottes 
Liebe verdient, wer ſtets liebt den — 
Ich nun folge dem Wort. — Ob * em Feinde bu forſcheſt, 
Siehe, wer waͤre nun wol feindlicher mir als der Bauch? 
Mich mit Streichen, mit Deopungen, oft mit Stoͤßen bes 


er: 
- Diefen nun lieb’ ich, daß nicht ſchuldig bes Todes ich fei. 
Alles verfchwelget ex mir, was je mir diebiſche Muͤhe, 
Was mir erwarb bie Gewalt, ober das Recht, er verzehrt’. 
Ihm 'nun weib’ ich, je füßer es iſt, mit größerer Freude 
Jegliches, daß mir das Herz Heilige Liebe nur full’. 


Aber man w 
. Sfengrimen verbergen ber Urnen eilfs es bezeugen 
: Viele Gräber. des Herrn viele Verdienſte dem Bolt. 
As man zählte der Monate ſechs feit Lenzes Gricheinung, 
Starb bei Cluniac er, nahe beim Klofter Johanns.“ 
Nachdem Salaura dieſes gefprochen,, beginnen die Schweine 
den Zerriffenen aufzufrefſen. Diefe ganze Handlung wird 
als eine Meſſe dargeftellt, und dem legten Act berfelben, 
die Dpferung, bildet Iſengrim's Zerreißung. Schließlich 
fagt der Dichter, die Schweine hätten ihn fo rein aufge 
freffen, daß auch nicht ein Achtel eines Flohes auf der 
Erde liegen geblieben fei. 
Der Ueberarbeiter hat noch eine fünfte Sabel hinzu: 


| gedichtet, worin Iſengrim von Reinhart beklagt wird, und 


worin mit großer Gelehrſamkeit auf viele Dinge ange: 
fpielt wird, weiche in das 12. Jahrhundert gehören. 
Seſchichtliche Rachweiſung. 
Annaliſta Caro ſagt beim Jahr 900: „Ludovicus 
iterum in .regaum (I,otharii) accersitur, et a comitibus 


Stepkiano, Gerhardo et Matfrido in proelio circa Mosam 


rer - — — 


L = 


Zwentibolk interfictur Idibus Aug.” ' Hier weicht nun d 
Dichter von dem Annaliften ab. Mone fagt, Zwentibo 
fei wahrfcheinlih von Lehnsleuten des Kloſters St. : Se: 
bannis Augnfiobunenfis erfchlagen worden. Died Kiofter 
fi ein: Nonnenkloſter geweſen, woven der Dichter Veran: 
laffung genonmten, bie Abbatiffin Salaura dergeflaft ein: 
zuführen. Die Grabfchrift lautet in der Urſprache: 

Unum pontificem satis unum claudere marmor 

Sueverat; ex merito quisque notändus erit. 

Undecies senis jaset Isengrimus in wenis ; 

. Virtatum turbam multa sepulcra notant. 

Nono Idus Janjas ex ortu veris is inter 

Cluniacum et sancti festa Johannis obit. 

Das Nono Idus Junjas ex ortu veris erklaͤrt Mone fo, daß 
man zum März (inclusive) ſechs Monate (Juni iſt der 
fechete) binzuzählen muͤſſe, fo erhalte man ben Auguft, 
in welchem Monat Zwentibolk farb. _ 
Wir haben Übrigens, um bier nicht allzu weitlaͤufig zu 
werben, eine ziemliche Anzahl Anfpielungen des Dichters 
unberücfichtigt gelaffen, welche darthun, daß er bie jedes: 
mal won uns genannten gefchichtlichen Männer in feinen 
Thieren erkannt haben wolle. Man wird nun, hoffen 


lage nad) rein gefchichtlich fei, und dag Überhaupt, wie wie 
oben fchon fagten, wenig mehr ald die Namen darin als 
erdichtet angendmmen werden bürfe.. Wir fcheiden jegt 
von dieſem ſchaͤtzbaren Vermaͤchtniß des 9. Jahrhunderts 
und wetden in einem folgenden dritten Artikel zeigen, wie 
dies hiſtoriſch⸗ epifche Gedicht fpäter misverftanden, alle: 
gorifch aufgefaßt und als Allegorie mannichfaltig, aber immer 
anziehend behandelt wugde. *) Ludwig Ertmäller. 





Sino a qual punto le produzioni scientifiche e lettera- 
rie seguano le leggi economiche della produzione in 
generale. Dissertazione di Giuseppe Pecohio. Lu: 
gano 1832. 

Diefes Gchrifthen Hat einen Dann zum KBerfafler, 
ber mit ebenfo tiefem poetifchen Gefühle begabt als in ber 
Staatswirthſchaft exfahren ik. Es wäre zu wünfchen, daß 
fi biefe beiden Cigenfchaften Yäufiger bei einem Wanne 
aufammenfänben, bean dann würde bie gebilbete. .Laienwelt 
vor ſtaatswirthſchaftlichen Schriften und beren Berfaffern nicht 
wie vor Männern von trodener Berechnung und kaltem 


*) Der dritte und Mbhte Artikel folgt im Raͤrz. D. Reb. 


twir, ſich Überzeugt haben, daß dies Gedicht feiner Grund- 


2 


bee Wilffenfihäft, in bee Litergtur umb ber Kunſt wie bei bem 
Aderbau, ben Fabriken und dem Danbel „dat Beduͤrfniß der Ur⸗ 
Toene Ar Acheit iR pH zn —— — ſtei m mm 
Seo mehr ve en eugniffe der N uous 
sitkt unb QDualiskt bes beiinpt die Quantität und 
‚Qualität der Erzeugniſſe; großer Werbrauch und: Bedarf fühgt, 
indem er bie ung beguͤnſtigt, zus Verbeſſerung und Ber: 
volllommung.”’ (&. 1.) 

a a ⏑ 
machen gu t, entgi innigen Verf. 
nicht, und er fagt: „Man fuͤrchte indeß nicht, daß durch die, Un⸗ 
terwerfung der Erzeugniſſe des Geiſtes umter bie Gefete der 
materiellen Probuctionen bie erſtern ihren Abel und ihre Gei⸗ 
ſtigkeit verlieren ſollen, ober daß ich das Gehirn zu einer Dampf: 
maſchine ober einem Kartoffelfelbe machen wolle. Wenn id) 
auch behaupee, die Duantität und Qualität fiche unter 
diefen Gefegen, fo gebe ich doch recht gern zu, baß die Bor; 
trefflichteit und Erhabenheit geiftiger Schöpfungen nicht 
immer jenen Geſetzen folgen, vielmehr über allen Gefegen fit 
hen; und fo wird unfer Geiſt, flatt durch biefe Forſchungen et» 
was von feines unbegseiflichen, geheimnißvollen unb magiſchen 
Gewalt, bie man ihm gewöhnlich zufchreibt, zu verlieren, noch 
gerabe ers von feiner freien, eblen Natur behalten.” (Gin: 


Dre Raum geftattet und nicht, dieſen Unterſuchmgen gu 
folgen, bie mit oiafer Klarheit, bebeutender Geichefamteit und 
einem großen Aufwanbe von Wis und Scharfſinn angefleilt find 
und durchgeführt werben. Wir empfehlen die Schrift allen 
Freunden der italienifchen Sprache, auch denen, die ſich nicht 
grabe für ben eigentlichen Gegenftanb berfelben intereffiven, denn 
Se werben darin fo viel Unterhaltung finden, als in zehn ſchwind⸗ 
Shchtigen Romanen. Slellen, wie die nachſtehende, könnten wie 
in Menge aus dem geiftzeichen Werke des Grafen Pecchio aus: 
heben: „Wollt Ihr die Genealogie des gewaltigen Satans Mils 
ton's und feines Pandbämonions kennen? — Der Mönd Albe⸗ 
zico gab mit feiner Biſion oder Hölle, wie fie damals in ern 
fin Opern auf ber fiosentiner Bühne bargekellt wurde, bem 
unfterbliden Dante den Typus zu feinem Eucifer. Bald darauf 
brachte Boccaccio in feinem „Filosofo’ einen Teufelsrath vor. 
Biba, ein veſſerer Dichter als Baccaccio, erfinnt im feiner 
„Christiade” einen beffern infernalifhen Congreß. Pulci erfaßt 
denfelben Gedanken und bildet feine Aftaroth daraus; Michel 
- Angelo malt ihn; Taſſo verbeffert diefen Teufelsrath noch mehr, 
und endlich vervollftändigt Brilton das Gemälde in feinem grans 
biofen Satan und feinem entfeglichen Pandaͤmonion.“ (S. 96.) 

„gange vor uns hat es mehrmals GSchreibfreiheit gegeben 
und vielleigt ausgebehntere als in unfern Sagen, aber ihr ging 


die jegige Leichtigkeit, zu drucken und fi Bücher zu verfchaffen, |‘ 


fowie die jegige große Lefeluft ab. Fruͤher in Rom unb in 
Athen, im 14. und 15. Jahthunderte in Florenz, in Frankreich 
und in Neapel konnten die Leute mit größerer Freiheit fchreiben, 
als fie es jegt in London, Paris oder Philadelphia können. 
Aber ‘zur Zeit ber Griechen und Römer waren die Schreibma⸗ 
terialien theuer und die Erziehung befchräntte fich auf bie freien 
Bürger, von welchen fih die größte Anzahl nur mit Politik 
und dem Kriege befchäftigte. Damals waren aud bie 
Breauen, welche bei uns die. Mehrzahl ber Lefer 
von Romanen und andern unterhaltenben Schrif⸗ 
ten bilden, zum Waſchen und Spinnen verurteilt, 
in bee Brauenwohnnng eingefhloffen und den Au⸗ 
gen ber Kremben entzogen, wie nodjegt die Mäns 
ner im Driente ibre Srauen in ben Harems eins 
gefhloffen Halten. Im Mittelalter waren bie Bücher in 
Zolge dee Erfindung, Leinenpapter pi maden, wohlfeiler, aber 
aller Seiſter wurden durch äußere Kriege, innere Yartelungen 


und Fehden zerſtreuet. Dann kam bie glorreiche Erfindung 
der Vuchdru ft, und bie Bücher wurden nun zahlseih und 
wohlfeil. Die Großen und Beiden zeigten ſich freigebig, und 


die Bildung wurde durch Bolfoſchulen allgemeiner. Die Leſer 


- 


4“ 
mäßen sieh gerocken fein, ben es gab wielt Giüwiifkuge. 
Bon den E00000 —— welge im 17. Ichrhuns 
derte gedbrudt Wurden, traten wol 40,000 i 
lien ans Licht. Und doch wer bie Philoſoohie noch nicht 
gehowen , bob Bolt aoch nicht gewohnt, Bäder’ zu Waufen, unb 

‚Jg bus Bedarſ au, allgemeinee zu werten, altz die I 

tion dazwiſchen trat Ges BRefosumkionskrigg, des ben Mich 
ern im Rorben die Freiheit errang, brachte Gedankenknecht⸗ 
daft in den Suden, und daB tribentinifihe Goncilium (der Urs 
fprung ber Genfur, ber Semmungen und Sinfchränfungen, welche 
der Preffe im ganzen Satholifchen Curopa eutgegengeWtilt win 
ben) verſdaͤrkie und uerboppeite die EElavenketten, fohaß 

hunderte mad) bes Grfindung ber Buchd 

grade das Gegenteil von ber erſtern Zeit gelgte, dermehrter 
Bedarf und verminderte Breipeit. Der Bedarf und Verbrauch 
glich indeß beiweitem nicht dem in unferer ‚Zeit, dem in bie 
ſem Jahrhunderte esfihienen sur 60,008 Bude, während im 
18. 80,000 herauslamen, und das 19., da "im Durchſchaitt 
jährlih 3000 in Dautfchland, 1000 in Gngianb und 2009 
in Frankreich erfcheinen, wahrſcheinlich wenigitene 700,000 — 
800,000 Yervorbringt.” (©. 146.) 

Einen Scriftftellee muß bei dem Gedanken an biefe Pyras 
miden, an biefe Berge von Büchern ein wahres Grauen anınans 
bein, Graf Pecchio fagt, nach ber Berechnung eines engliſchen 
Schriftſtellers „Bon taufend jährlich in England erfcheinenden 
Büchern find 650 im erften, 100 in zwei, 150 in brei Jahren 
vergeffen, und nad 20 Jahren erinnert man fi) kaum an 10. 
Bon den 50,000 im 17. Jahrhunderte erſchienenen Schriften 
fiehen jest nicht über 50 noch in Anſehen; von den 80,000 bes 
18. hält man kaum O0 bes Wiederabbruds wärbig, und nur 
etwa 500 ziehen die Aufmerkſamkeit noch auf ſich. Won der 
Zeit an, wo die Drenfchen zu fchreiben anfingen, bis auf unfere 
Tage herab haben nur 500 Werke von allen Nationen dem nas 
genden Zahne ber Zeit gänzlich wiberftanden. Ich weiß nicht, 
inwieweit diefe Berechnung genau iſt; ficherlich iſt fie nicht 
übertrieben, und es gebt doch wenigftens baraus hervor, daß nur 
ein fehr geringer Theil geiftiger Erzeugniſſe dauert nnd bas 
Sapital menſchlicher Kenniniffe und Bildung vermehrt.” (©. 142.) 
D du Ruhm bei Beitgenoffen, bu-Grinnerung während 20 Zats 
ren! — ein Ruhm, ber nicht länger lebt als ein Pferd Uber 
ein Sfel! In Bergeffenheit finken bie liebften, sagfleanıken Er⸗ 





zeugniſſe unſers Geiftes, wenn kaum ber Körpek der Erde zu 
rüdgegeben iſt. u . 


129 





"Notiz. 
Nichte Neues unter ber Sonne - 


Was im Weften Ludwig XIV. zuerſt Har ausfpradh „L/dtat 
c’est moi”, wodurch der Staat, wie e8 Gans ımlängft fo geift: 
reich entwidelt dat, zum eigenttihen Bewußtſein Feiner elbſt 
gekommen, in feiner perſoͤntichen Ichheit und vdlligem Abſolutis⸗ 
mus auftrat, daes bat ſchon vor ihm rin indiſcher Rauavch it 
denfelben Worten auögelprochen. Es if a eva 
haraga, Stifter der Kafatigabynaftie von Warankul im 
Sahrh,, der eigenhänbig ein Geſetzbuch, „Sarasvativlläfem”, 
fprieb und darin bie Ahankara ober Ichmachung zum Grunts 
principe aufftellte. Der Wille bes Wonaschen. if das arfle Ge⸗ 
ſet für den Unterthan, wab dieſer hat es ala einen Act der 
Gnade anzufeben, wenn er vegetiren darf, ba aller Grundbefig 
dem Fürften ift, Der letztere Grundſatz hat factiſch feit dem 
Anbegirm ber indifhen Staaten beftanden; ſchon &trabo weiß 
es (©. 1030: „Zar: d2 9 ywon Baaıdkızn aan); allenthalben 
ift darauf das Feudalſyſtem gebaut, wie ed Malcolm, Briggs, 
Gtirfing und Zob in mehren Provinzen Zabiens nadmweifens 

um wenigften ift das Princip in dem Regulativ für die Grunds 
euer fichtbar, und wenn der alte Manu (9, 44 und öfter) bem 
Bürger Cigenthumerechte zutzfennt, fo bemeift er wur, daß bas 
argenifie Staatsletzen hier, wie anderswo bie Theorie je nichte 
ma te. Paar en ‘ . 


Redigtrt unter Verantwortlichkeit der Verlagßhandlung: J. A. Brockhaus in Leipzigs. 


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Io . 


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Blätter. 


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literarifche Unterhalt.ung, 


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Sonntag, - 





Der Römerzug König Heinrichs von Luͤtzelburg. In 
ſechs Büchern dargeftellt durch Friedrich Wil: 
beim Barthold. Zwei Theile. Königsberg, Gebr. 

Borntraͤger. 1830— 31. Gr. 8. 5 Thlr. 20 Gr. 

Herr Dr. Barthold, durch feine heiter und klar gefchries 
bene Biographie über Johann von Werth bereits vortheil: 
baft bekannt, übergibt in Heinrich's Römerzuge den Freun⸗ 
den der Gefchichte ein Werk von größerer Bedeutung und 
noch groͤßerm Umfange. Indem es fi) an von Raumer's 

Hohenſtaufen, welche dem Verf. jedoch in ihrem ho⸗ 

hen Werthe nicht zum Muſterbilde der Darſtellungsweiſe 

gedient haben, anſchließen ſoll und die Zeiten von dem 

Untergange dieſer Herrfcherfamilie bis zum Tode Robert's 

von Anjou darſtellt, ſcheint Hr. Barthold anfaͤnglich uͤber 

die Benennung ſeines Buches in Zweifel geweſen zu ſein, ſich 
aber doch fuͤr obige Aufſchrift entſchieden zu haben, weil die 

Schickſale Kaiſers Heinrich, oder mit des Verf. Worten: 

weil ber. durch Die Geſchichte Italiens und Deutſchlands 

motivirte Verſuch eines toͤmiſchen Königs, die qußer Uebung 
gekommenen Hoheitsrechte uͤber Italien wieder geltend zu 
machen, die Hauptbeſtandtheile dieſer geſchichtlichen Arbeit 
bilden. Um dies durchzufuͤhren, wird in dem zehn Capi⸗ 
tel ſtarken erſten Buche der ſittliche und politiſche Zuſtand 
Italiens vom Untergange der Hohenſtaufen an bis zu 


Heinrich's Wahl zum roͤmiſch⸗deutſchen Könige beſchrieben, 


dann in fuͤnftehalh Büchern Heinrich’ Abkunft, Jugend, 
Wahl zum Könige, Heerzug nad) Stalin und Tod ers 
zählt, und bie legten Capitel des fechsten Buches ſchlie⸗ 
Ben das Werk mit Dorftellung des Eindrucks, welchen 
des Kaifers ploͤtzlicher Tod auf die Gemüther der Welfen 
und Ghibellinen fowie auf ganz.-Europa gemucht hatte, 
fammt den Schickſalen Stalins bis zu Robert's Tode. 
Diefed begrenzte Feld hat der Verf. mit Fleiß und Sorg⸗ 
fait dergeftalt bearbeitet, daß die Wißbegier des Leſers 
volllommen befriedigt und der eigenthümliche Charakter 
jener Zeit und der darin handelnden Perfonen beutlich er⸗ 
tannt werben kann. Stalien, ale Mittelpunkt der Hands 
lungen, ift zwar umfaffender gefchilbert worden als Deutſch⸗ 
lands fittliche und politifche Befchaffenheit vor und waͤh⸗ 
rend Heinrich's Deerfahrt; indeß fieht man doch, daß hier 
fih nad) Hrn. Barthold's Entdedungen die Lage der Dinge 
zu Anfange des 14. Jahrhunderts ſehr verändert hatte. 
Der abenteuerliche Drang nach dem Morgentande, heißt 


44. Februar 1838. 


mn nn u nn -.— 





es, war verſchwunden; die Tampfbegierigen Ritter ſahen 
lieber auf Preußen, auf die flavifhen» und Donaulaͤnder 
als auf reichen Lehenerwerb in Stalien, vor welchem Lande 
fie eine Art von Scheu, wie fie die Sittigung den Ban 
baren einflößte, zuruͤckhielt. Und doch bewilligten, fügt 
Mef. Hinzu, biefe rüftigen Reichsſtaͤnde und Ritter auf 
dem Reichstage zu Speier 1309 Heinrich's Roͤmerzug. 
Diefer Heinrich, als Graf von Lügelburg der Dritte, und 
als roͤmiſch⸗ deutfcher König der Siebente feines Namens, 
war wegen feiner ritterlichen Thaten, großen Gerechrigkeites 
liebe und Frömmigkeit 1308 auf den deutihen Thron 
gefegt worden. Durch feine Gemahlin Margarete von 
Brabant zu anfehnlicher Genoſſenſchaft "gelangt, aber ohne: 
bedeutende Hausinacht, war er eigentlich palitifch ohnmaͤch⸗ 
tig, und darum hatten ihn Lediglich die Tugenden. gehot 
ben, bie er aber nicht zum Heile und Mugen Deutfchlands 
anmwanbte, was der Verf. überfehen bat. Dafür: entſchul⸗ 
bigt er den ritterlichen König und fagt I, 350: - 

Sn dem beruhigten Deutfchland. war Fein Raum für, Hein 
rich's Sinnedart; bis auf die unbebeutenden Händel in Thuͤrin⸗ 
gen (bed Landgrafen Friedrich) mit ber gebiffenen Wange) und 
in Echwaben (des Grafen Eberhard won Würtemberg) foterte 
nichts des Könige Gegenwart; felbft bie Krone Böhmen konnte 
dem Haufe ber Eüselburger (für Heinrich's bekannten "Sohn Io: 
bann) obne fein perfänlidhes Mitwirken erworben werden; leine 
andere Gelegenheit zur Vergrößerung ber Hausmacht bot ſich 
dar, ohne daß der Verdacht der Ländergier erwachte, welche den 
König Albrecht um Thron und eben gebracht. Aeußere Kriege 
gab es nicht; was blieb in Deutſchland dem hochftrebenden Hein⸗ 
rih zu thun übrig? Dagegen ermunterte die Stimme des Pap⸗ 
ſtes ihn unzweideutig, das Kaiferkhum in Italien wieder aufs 
zurichten u. |. w. a L 

Alfo vernahm die Verfammlung zu Speier (S. 351) 
mit großer Freude den hohen, befonders durch die Einla⸗ 
dungen der Berbannten und Unterdrücdten Italiens (haupt⸗ 
ſaͤchlich der Ghibellinen) rege gemachten Entfchluß des Koͤ⸗ 
nige, nach dem reizenden Lande jemfeit der Alpen zu. zies 


hen. ‚Heinrich (heißt es S. 5), „mit den Welthändein 


nicht gar vertraut” und (wie ſich aus mehren Stehen 
des Verf. befonders S. 409 fg., ergibt) mit der Lage ber 
Dinge in Stallen gaͤnzlich unbelannt, zumal ba feine voran⸗ 
geſchickten Kundſchafter durch die fchlauen Italiener getäufcht 
worden waren, konnte daher auch (S. 393) den Gedan⸗ 
Een, in Italien mit Geringfhägung Deutſchlands den Sig 
eines neuen Meiches aufzufchlagen, nicht mit aller „Klar 


\ 


226 


heit aufgefaßt haben; allein es fehlt nicht an fruͤhern Ans 
deutungen fowie an Zeugniſſen in dem weitern Verlaufe 
der Dinge, daß ihn Deutſchland nicht feſſelte, und daß 
ihm weniger an einem maͤßigen Ehrentitel als an dem 
Euch sines bleibenden, felbftämbigen Befigse gelegen 
war 


x dieſem unerfreulichen Lichte ſehen wir deu Koͤ⸗ 


nig e 410), mit ſehr mäßiger Nannſchaſt geruͤſtet, nad 
Stalin ziehen, wo ber gefelerte Dante Atighieri feine 
Ankunft duch einen Aufruf und buch die Schrift „De 
monarchia” vorzubereiten und zu erleichtern ſich bemühte. 
DR große Schonung, bie ber König anfangs gegen bie 
Staliener bewies, und fein fefter Vorſatz, diefe durch fried⸗ 
Tiche Mittel zu geteinnen, half wenig; zwar fehte er ſich 
zu Mailand eine neue lombardifche Krone auf — die alte 
war verloren worden —, feine Foderung ber Krouſteuern 
aber. vorbarb alte Zuneigung und regte Empoͤrungen auf. 
Nachdem biefe gedämpft, bie Lombarden meiſtens einge: 
Fhlichtert, Wicenza genommen, Gremona gebemüthigt und 
der Ghibelinen Macht in ben Bezirken am untern Po 
begründet werden war, galt «8, entweder Über Parma uns 
gefäumt.nad Rem vorzubeingen, ober erſt die übrigen 
ibelfen zu unterdruͤcken. Auf biefem Scheidewege em⸗ 
fing Henri von dem ihn aufmerfam beobachten 
den Dante einen ſchwuͤlſtigen und myſtiſchen Mahnbrief 
(S. 535 fg.), „von dem fruchtloſen Kampfe gegen bie 
ftets wachſende lombardiſche Hydra abzulaffen und. fein 
DSehwert nach dem verborgenen Kopfe des Lebens zu ze 
en." Allein Heinrich fegte den Kampf mit den Welfm 


fort: und zog erſt am 7. Mai 4312 in Rom ein, wo. 


{H, 192) fein Neid, duch einem Kampf mit ben Neapo⸗ 
Htanern und dem Anhange dee Orſini gleihfam noch ein 
Mal gewonnen werben mußte. Nach fat zweimonatlichen 

‚ Anfttengungen wurde er nicht im Heiligthume be6 Pap⸗ 
fies, St.: Peter, wie es fein Wunſch war, fendern im 
Zateran am 29. Juni mit Zuftimmung des abmefenden 
Papftes gekrönt, wobutch aber im Mefentlichen nichts er: 
teicht worden war, als etwa, duͤnkt bem Ref., bie Ge: 
wißheit, daß die kaiſerliche Majeftät nicht auf Frankreich 
übergetragen werden konnte. Das nun geichloffene Ehe⸗ 
buͤndniß zwifchen Beatrice und Pedro verfchaffte zroar dem 
neuen Kaiſer einen bedeutenden Beiſtand durch König 
Friedrich von Sicilien; allein der wichtige Robert von 
Neapel biieb ihm feindfelig, ſelbſt nach Abſchluſſe des ein 
jährigen Maffenftiliftandes, welchen Papft Clemens V. bem 
Katfer geboten hatte. 

In Arezzo angekommen, hielt nun Heinrich Gericht 
über den Gegner, ließ Ihn, ber Felonie umb des Treu⸗ 
bruches angeklagt, vor fi) fodern, und ba biefee nad 

mehrmaliger Auffoderung nicht erſchien, wurde endlich Die 
Acht im Ausdruͤcken unechörter Strenge uͤber ihn ausger 
forochen (S. 385 f3.). Dies gab Anlaß zu dem Ger 
ſetze über die Majeſtaͤtsverbrecher und Rebellen, welches 
im April 1313, nit 1312, wie die Ausgaben des Cor- 
„pas juris” leſen, nad Befragung ber bolognefer Rechts⸗ 
gelehrten genannten: Rechtsbuche beigefügt wurde und den 
Schiuß daſaben Bilder. | - 
Merkwuͤrdig iſt, daß Heinrich, während feine Macht 


‘ N ı 

und fein Einfluß allmaͤlig fant, und Robert mit ben Wel⸗ 
fen in Vortheil kam, auf „einer veröbeten Stätte, ehema⸗ 
ligen langes”, dem Monte Imperiale, einen neuen Kaiſer⸗ 
fig erwählte und anbauen lief. Noth und zugleich feind⸗ 
felige Stellung gegen Florenz, Lucca und Gina ma 

dazu mehr gewirkt heben als unbezwingliche Stanbhafs 
tigkeit und romantifher Sinn, was gar zu abenteuerlich 
erfcheinen würde; denn bie Noth trieb ihn ja wieber 
nach dem getreuen Pifa zurüd. Deffenungeachtet ſollten 
die vielen auf dem Kaifersberge erlaffenen und vom Verf. 
gerechtfertigten Achtserklaͤrungen hauptſaͤchlich und zunaͤchſt 
gegen den Neapolitanerkoͤnig vollſtreckt werden. Der Verf. 
ſucht nun zu beweiſen, daß die Unternehmungen, welche 
bin und wieder verkehrt genannt worden find, nicht uns 
finnig in ihrer Zurüftung gemwefen feien; benn Heinrich 
bereitete fih zu Piſa mächtig vor, ebenfo fein Bundes⸗ 
genoffe in Sicilien, König Friedrich, von Deutfchlanb war . 
ein anfehnlicher Beiftand über bie Alpen ber Im Anzuge, 
die Ghibellinen fiegeen wieder in ber Lombardei und brach: 
ten bie drei Säupter der Gegner in ihre Gewalt, und 
endlich proteſtirte der Kaiſer gegen bie buch Philipp dem 
Schönen abgezwungene päpftlihe Drohbulle, vom Vorha⸗ 
ben gegen Robert abzuſtehen, in zahlreicher Geſandtſchaft 
an den geängftigten Clemens V. zu Avignon. Sorge, 
Laft der Geſchaͤfte, Kummer über den Papſt, meint ber 
Verf. (&. 434), und gereizte Stimmung zehrten an des 
Kalſers Leibe. Er brach, jedoch fchon keank, von Piſa 
gegen den Neapolitaner auf und "farb auf dem Wege 
nach Rom zu Buonconvento am 24. Auguft 1313, nach⸗ 
dem er (S. 41) ſchon bei Belagerung Breseias ben 
Keim des Todes empfangen, aber zwei Jahre ſtill in ſei⸗ 
nem gefunden (?) Leibe umbergetuagen hatte. Da er aber 
Eur; vor feinem SHintritte aus diefer Welt zu Buoncon⸗ 
vento das heiffge Abendmahl vom Dominicanermoͤnche Ber: 
nardino von Montepulciano empfing (S. 439), „eifigee 
Schauer gleich darauf feine Gebeine durchriefekte, und fein 
Hinfheiden um die neunte Tagesſtunde welſcher Rechnung 
voll Ergebung in ben Willen bes Himmels in ober nes - 
ben der Kirche erfolgte”, fo wurde urploͤtzlich der Ver⸗ 
dacht einer Vergiftung in den Deuefhen rege. Der Glaube - 
an bie gewaltfame Todesart murde nachmals in Italien 
fo gut wie in Deutſchland herrfchend. 

Hm. Barthold's Bermuthung (S. 440), baß ber Kais 
fee vos feinem Ableben den ſchwarzen Verdacht ber Sei⸗ 
nen erfannt und dem Moͤnch, von deſſen Unſchuld über- 
zeupt, zur Flucht gerathen habe, findet Ref. unwahrſchein⸗ 
ch, fowie ihm bie Behauptung (S. 444 fg.) von ber 
Section des kaiſerlichen Leichnams vor dem Verbrennen 
nicht genug begründet worden zu fein fcheint, zumal wenn 
man auf-Bellage I, S: 42; binfieht. Dagegen hat Dr. 


Barthold durch feine fcharffinnigen und befonnenen Unter: 


fuchungen in genannter Beilage (&. 1 — 64) den Ref. voll⸗ 


| kommen Hberzeugt, daB die Vergiftung bes Kalfers, welche 


anf bie Angabe zeitgenoſſiſcher, dem Schauplatze ber Bes 


gebenheiten ober ber Perſon Heintich's nahe lebender Schrift⸗ 
ſteller in Italien und Deutſchland ſowie auf die ange⸗ 


fochtenen, von den Dominikanern ſpaͤter zur Freiſprechung 


thres Drbenägkiebes bekannt gemachten Feugniffe gegtlindet · zu 


227 


werden —5 — nicht erwieſen ſei, vielmehr die Gewißheit von 
dem natuͤrllchen Tode angenommen werden mülle. Die 
Echtheit von vier Zeugniſſen für die Unſchuld des Moͤnches 
vertheibigt Dr. Barthold, während. se au dem fünften noch 
einige Bebenklichfeiten findet. Die zweite Beilage theilt ei: 
nige Poefien über ben Tad des Kaifers mit; bie dritte ent: 
Haft Minnelieber bed Grafen Wernher von Homberg (kai: 
ferlichen Statthalters ber Lombardei) und einigen wenigen 
Andern; die vierte Beilage verbreitet ſich über bie vor⸗ 
zuͤglichſten Quellen, Huͤlfsmittel und Vorarbeiten zur Ge⸗ 
ſchichte Heinrich VII.; die fünfte gibt diplomatiſche Nach⸗ 
weiſungen über bed Kaiſers Aufenthalt vom J. 1308 — 
13, und die ſechste Liefert die Anfuͤhrung bee citirten 
Schrifeſteller, 183*an der Zahl. Sieht man auf den Eins 
druck, welchen Hm. Barthold's Darftellung von den Tha⸗ 
ten dieſes Kaiſers auf die Seele des aufmerkfamen Lefens 
macht, fo läßt er fi etwa tn ‚folgende Betrachtungen zu> 
fammenfaffen: Heinrich überließ undankbar oder leichtfins 
mig das deutfche eich einer Innern Zerrättung, welche 
nachmals fi) bei der neuen Königewahl fo offen barlegte; 
vergaß bdafjelbe in dem hoch gepriefenen, aber vom Partei: 
gewühl zerfleiſchten Italien; ſehnte ſich fo wenlg nad, der 
Heimat zuruͤck, als er hier zurudigewimfcht wurde, und 


man möchte faft vermuthen, daß die Deutfchen ihn, den | 
Ohnmächtigen, zum Könige gewählt hatten, um ihn auf | 


bequeme Weiſe wieder 108 zu werden, damit fie im Reiche 


nah Gefallen wirthſchaften konnten. Die Theilnahme, 


welche der Anblick eines fo einfachen, vedlihen und ehr⸗ 
lichen Charakters, wie ber Heinrich VIT., erregt, wenn 
man ihn wie einen Feld unter den Nichtswuͤrdigkeiten ber 
eäntefüchtigen, ſchlauen und betruͤgeriſchen Italiener ſtehen 


ſieht, wird durch den Gedanken gemildert, daß ihn eigent⸗ 


Uch kein wahrhafter Beruf, ſondern die romantiſche Aben⸗ 
teuerlichkeit der Ritterzeit ſammt dem verfuͤhreriſchen Bei⸗ 
ſpiele der alten Kaiſer zu dem Heerzuge getrieben hatte. 
Ob Heinrich, gleichwie Dante, einer idealen Welt, wie 
4, 19, behauptet wird, angehört babe, laͤßt Ref. an ſei⸗ 
nen Ort geftellt fein; er findet aber das Beflreben, wenn 
es ber Kaifer wirklich gehabt haben ſollte (II, 351), darch 
Die fittliche Macht feines Berufs bie verborbeuen Bewoh⸗ 
ner Welfchlands zur Pflicht zuruckzufuͤhren, verkehrt und 
der Zeit nicht angemeflen. 

Ueber bie Anordnung und Vertheilung des reich 
baltigen Stoffes in dem Werke Tann Ref. aus Bes 
ſergniß, zu weitlänfig zu werden, bier nur fo viel 
anbeuten, daß des Ken. Verf. „Divination eiguer Art‘, 
welche ihm die Zeugniſſe orbnen und vereinen half, 
ihn bisweilen verlaffen habe. Und was endlich den Styl 
Diefes gehaltreichen, unterrichtenden Werkes belangt, fo 
Hätte ber Verf. hier und da mehr, Sorgfalt auf denfelben 
verwenden können, wodurch nicht nur bie Härten mancher 
Wendungen, fondern auf manche umbeutfche Conftruction 
fammt etlihen alltäglichen Ausbrüden vermieden worden 
wäre. Ref. findet auch das Auslaflen ber Huͤlfszeitwoͤr⸗ 
ser fein und baden bei dem Particip ber Vergangen⸗ 


beit, wie Hr. Barthold häufig ſchreibt, ebenfo anſtoͤßig 


\ 


“fi in kurze, wigige Geſpraͤche zwiſchen fünf jungen 


Gennaro, ein junger Offiz 


AR® den Gebrauch mancher ſeltſamen Morter, wie z. B. 
ernuͤchtern, vernuͤchtert, adels frind, Genußling, verwunden 
(für uͤberſtanden, verſchmerzt) auch lieſt ſich die Bezeich⸗ 
ung eines Kriegehelden duch Degen in einem Werkchen 
wie über Johann von Werth vief anmuthiger als in einene 
wuͤrdevoll gehaltenen Geſchichtswerke. 145, 





Lucräce Borgia, drame en cing actes et_en prose, par 
V. Huga 


Nachdem wir goel Abende Yintereinanden das Thehire de 
la porte St.-Martin belagert haften, und ber Angriff jebes⸗ 
mal war abgeriefen worden, verfwdhten wir unverbroffen einen 


dritten Sturm, ermuthigt buch einen Talisman, mit dem 


uns ber Verf. derfehen Hatte, naͤmlich mit einem Sintrittöbillete 
fürs Orcheſter. Wir trafen am Gingange bes Theaters biefelbe 
lärmende Menſchenmenge wie an ben vorherigen Tagenz es war 
ein Summen, ein Brummen und Braufen wie am eines 
ftürmifchen Meers. Die gewaltigen Volkemaſſen ſchoben unb 
hoben fi Hin und Her mit einem Umgeſtuͤm, der uns tro& uns 
ſers Talismans flugig machte.  Inbeffen „faßten wir uns ein 
Herz und gelangten endlich zu einem Municipalgarbiften zu 

ferde, der uns an einen feiner Collegen wies, ber und einem 

imieninfanteriften- überiwies, ber uns einem sergeant de ville 
überlieferte. Dieter führte uns, einem MWilletcontroleur zu, auf 
beffen Befehl fi ein Meiner mit hölzernen Gittern verfchlof: 
fener Raum dffnete, in weldem wir ohne weitere Gefahr war: 
ten Tonnten, bis bie Bureaur geöffnet würden. Endlich thaten 
ſich die Pforten bes Heiligthume auf, mb durch alle Zugänge 
drängten ſich bie Heißhungerigen Zuſchauer, um ben Lohn ber 


langen Kämpfe zu genießen. Die Gtille, welche bis zum An⸗ 


fange des Sktuͤckes berrfchte, würbe und befremdet haben, hätten 
wir nicht gewußt, daß der Dichter feinen Juͤngern Ruhe anem⸗ 
pfohlen hatte. Ber Lärm bei ber erſten Worftellung von „Le 
roi s’amuse” war Hrn. B. Hugo theuer zu flchen gekommen ; 
zubem tft das Schreien und Raſen nicht mehr nöthig, um bem 
Dichter Anfehen zu verfchaffen. Die Romantiker werben wide 
mehr als titerarifche Parlas behandelt; die Theaterlaffen haben 
ben Gtreit entfchieden. . 

Das Orchefter beginnt, ber Vorhang rot in bie Hoͤhe; 


ein herrliches Schaufpiel entfaltet fi) wor unfern Augen. Wir 


find zu Venedig; es it Rachts; auf beiben Geiten erhebt fi ein 
praͤchtiger Porticus; die Paläfte find beleuchtet; im Hinter: 
grunde ſchimmern bie Kadeln der vorbeiziehenden Gondeln. Die 
Erpofition, anſtatt fich in der langen Erzählung eines Vertrau⸗ 
ten beutlich und ermübend allmaͤlig zu entwideln, zerfplittert 
belleuten. 
Indeſſen fpringe fie zu ſchnell vom Einen aufs Andere über; 


man kann ihrem behenben, unftäten Gange um fo weniger fol 


gen, ba das Publicum Mühe hat, ſich zu beruhigen, bie Logens 
thüren fich dffnen und fchließen, und man ſich hier und ba um bie 
Plaͤtze zankt; was uns aus der Unterhaltung der jungen Herren 
Im Gebächtniffe geblieben, iſt die Grmorbung bes Zohan Bor⸗ 
gia, Herzogs von Balentinois, nebft einigen Verwuͤnſchungen ges 
gen bie Lucretia Borgia, die Tochter bes Papftes Alexander VI., 
bie fih ihrer Liebhaber durch GSift und Dolch entiedigt und alle 
Beinde und Nebenbuhler ihrer Bamilie zu Liebha nimmt. 
Die reich gelleideten Zünglinge Eehren zum elle zurüd, das fie 
einen Augenblick verlaffen hatten, um friſche Luft zu fchöpfen. 
ier, dee während ihrer Erzählungen 
auf einer Bank eingefchlafen, bleibt allein zurüd. Eine Dame 
mit einer Larve vor dem Seſichte fleigt aus einer Gondel, es if 
Lucretia Borgia. Aus ihrem Gefprädhe mit Gubetta, ihrem 
Bertrauten, erfahren wir, daß fie nach Benebig gelommen, um 
ihren Gennaro zu fehen und während ber Feſtlichkeiten des 
Carnevals ungehindert zu ſprechen. Gubetta geht abs; Lucre 
tia tritt zu bem noch immer- 


mit Sntzüden, kuͤßt ihn auf die Stirn. In bemfelben Augen» 


f&hlafenden Gennaro, betrachtet ihn ° 
n 


228 u 


biE erſcheint ihr. Gemehl Don Alfonfe d'Eſe, Dir fie qu 
dee Berne ‚belaufcht; ex fieht in Gennaro einen neuen Liebhabez 
feiner zögelisfen Gemahlin, und eilt, nach Sache dürften, 
nach Ferrara zuruͤck; Gennaro erwacht. Gennaro if ber 
Sohn Eurretiad; er kennt feine Aeltern nicht, aber er liebt 
feine Mutter unausfprechlihs er -Heft Lucretia einen Brief ſei⸗ 
ner Mutter vor, erzählt ihe bie Geſchichte feiner Jugend; 
er klagt, daß er feine Mutter nicht kenne, feine Mutter, bie, 
wie er fagt, rein und tugenbhaft iſt. Lucretia wendet 
fih ab und. weine Die raͤchende Remeſis beginnt ihr Amt: die 
Idee, auf welcher das Drama ruht, bringt, Schaudern und 
Mitleid erregend, in unfere Bruſt. Gennaro’s Freunde haben 
Zucretia erfannts fie umringen bie verruchte Giftmiſcherin. &8 
iſt Keiner‘ unter ihnen, bem fie nicht einen Brußge ober einen 
Bater geraubt. Sie dringen auf fie ein, -überhäufen fie mit 
Schmaͤhungen: „Ich bin Maffio Orfini, Sohn des Maffio Dr: 
ini, den bu haſt erbolcyen Laffen”, ruft der Eine; „Ich bin Olo⸗ 
ferno Bitellio, Neffe des Vetellio, ben du vergiftet haft‘‘ u. f. w. 
Trotz iger Bitten und Thraͤnen reißen fie ihre die Maske ab und 
nennen Gennaro ihren Namen. Gennaro flucht ihr; fie ſinkt 
ohnmaͤchtig nieder. Diefer Auftritt macht ungeheuere Senſation; 
bie Unterrebung Gennaro’s mit feiner Mutter fcheint uns er 
greifender und tiefer gedacht; wir zählen fie dem Schönften bei, 
was V. Hugo gedichtet bat. 

Nachdem ſich uns die Elemente ber Dramas nun entfaltet, 
tönnen wir die Gntwidelung bee Handlung raſcher verfolgen. 
Gennare und feine Freunde kommen im Gefolge des venetianis 
chen Geſandten nach Berrara. Jeppo, einer von ihnen, entwirft 
ein fchauberhaftes Gemälde von ben Wergiftungen ber Lucretia; 
im Hintergrunde fieht man eins ihrer Schlachtopfer vorüber: 
fchwanten. In feiner Entrüflung flürzt Gennaro auf den Palafl 
ber Lucretia, loͤſcht mit feinem Schwerte den erften Buchſtaben 
des Worte Borgia aus und macht Orgia daraus. Gennaro 
wird feſtgenommen; Lucretia verlangt von ihrem Gemahle das 
Leben des Boͤſewichts, ber ihr Wappen beſchimpft. Don Al⸗ 
fonfo gewährt ihr die Witte; Gennaro wird hereingeführt. Gine 
erſchuͤtternde Scene; der Hauptgedanke bes Gedichts fleigt hier 
neuerdings wie ein unverfähnliches Gefpenft an der Hand bes 
Schickſals auf. Lucretia fucht vergebens den Liebling zu reiten 
in einem langen, meifterhaft durchgeführten Auftritte; zulegt 
findet fie fein anderes Mittel, ihn dem Tode zu entreißen, als 
ihn zu vergiften. Gennaro wird wieber hereingerufen ; ber ‚Her. 
309 verfündigt ihm, daß er ihn, auf ber Herzogin Bitte, begna- 
dige, und bietet ihm mit teuflifcher Verftellung an, ihn in feine 
Dienfte zu nehmen. Gr dringt ihm Geld auf, bas der Züngs 
ling ſtolz zurüdweifts ba er im Dienfte der Republik Venedig 
ſteht, ift ihm unterfagt, Geld von einem fremden Souverain 
anzunehmen. Gin Glas Syrakufer fchlägt er nit aus; 
nachdem er ben Giftbecher geleert, laͤßt ibn Alfonfo mit Eucres 
tia allein; biefe gibt ihm Gegengift, das er nad) langem Gträu: 
ben annimmt. Auf ihren Rath will ee noch in ber Naht Fer 
rara verlaffen ; indeffen beredet ihn fein Freund und Waffenges 
fährte Orfini, ihn zu einem Feſte bei ber Prinzefiin Negroni zu 
begleiten. Die Bühne ftellt einen reich geihmüdten Saal im 
Palaſte Negroni vos: an einem mit filbernen Vaſen, Blu: 
mentörben und Speiſen belabenen Zifche figen junge üppige Weiber 
mit halb entblößtem WBufen zwifchen den @äften, die, bad Haar 
mit Rofer umwunden, zechen und ſchmauſen; ihre feflichen 
Geſaͤnge werden piöplih durch einen bumpfen Grabgefang 
unterbrochen. Die Iuftigen Geſellen flugen, doch ber Zaumel 
des Genuſſes reißt fie bald wieder hin, fie fingen fort; bie Tod⸗ 
tenmelodie kommt näher und näher; ber Hintergrund Öffnet ſich; 
die Vorhalle if ſchwarz ausgefchlagen; vor einem mächtigen 
ilbernen Kreuze ftehen fünf Gärges Möndye, mit Wachskerzen 
in der Hand, ftellen ſich rechts und links in zwei Reihen auf. 
Lucretia erfcheint: „Ihr feid bei mir, meine Herren”, ruft fie 
triumpbivend ; „Ihr hattet mir einen Ball zu Benebig gegeben, 
ich gebe Euch ein Souper zu Ferrara; Ihr feib alle vergiftek, 
hier ftehen fünf Saͤrge: Drfini gehe nun zu beinem SBater, 


| 


VWilela ya dein Puch” Gennace delagt af Lucreti⸗ 
um Pe —*8 zu raͤchen; nach Fe Re — 
entſetentvollen Stene erſticht Gennaro die Luctetka, welche ihm 
ſterbend zuruft: „Ich bin deine Mutter ⸗ Ri 148, 


Anfangsgründe der Geographie, mit ausführlicher Bes 
“ handlung der Geographie von Deutfchland und vors 
nehmlich von’ Balern. Ein Lehrbuch für die latente 
ſchen Schulen in Balen von I. B. Mannhart, 
Zwei Theile. Sulzbach, Seibel. 1831. Gr. 8. 
18 Gr. En Ze \ 
Wir wiffen nicht, ob dies Buch in Kolge ber doͤr zwei Jah⸗ 

ren eröffneten Goncursenz für Abfaffung guter Schulbuͤcher für 
das Königreich Baiern geſchrieben worden iſt; aber das volffen 
wir, daß es noch nicht allen Yoberungen entſpricht, die man 
on eine folche Gchrift machen darf. Gind ihm bis "dahin 
nicht andere. Bücher zuvorgelommen — und das fürchten wir —, 
fo fönnte Bei ciner zweiten Auflage noch Vieles verbeffert und 
dadurch dem Buche erft ein tüdtiger Birkungskreis gewonnen 
werden. Der Verf. hat es in ber Einleitung mit Begriff, Eins 
theilung und. Hölfsmitteln der Geographie, dann mit ber. mar 
thematifchen, phyſiſchen und politifchen unb endli (aber ganz 
kurz) mit den fünf Erbtheilen felbft zu thun. Der zweite Theil 
behandelt nun Deutfchland und zulegt und am weitläufigften 
Baiern. Als Zufäge zu den einzelnen Paragraphen, befonders . 
des erfien Theilt, werden den Schülern Aufgaben aus der Geo⸗ 
graphie gegeben, zu deren Loͤſung fie an einige geographiſche 
und naturhiftorifche Werke und vor Allem an das „Sonverfationds 
Lexikon“ gewieſen werben. Wir haben keine Probe gemacht, ob 
ſich 88 die Fragen S. 16: Warum faͤllt nicht alle 29 Tage 
eine Sonnenfinſterniß vor? oder: Iſt eine Sonnenfinſterniß uͤber⸗ 
au gleich ſichtbar, d. i., wenn fie z. B. in Baiern als total er⸗ 
ſcheint, iſt fie dies auch in Konftantinopel? aus dem „Converſations⸗ 
Lexikon“ beantworten laffen. Wir fürdyten, mancher Lehrer wirb 
mit Beantwortung folder und ähnlicher Punkte feine Noth Has 
ben, wenn e8 zumal Gefen wäre, wie bei einer Akademie der 
iſſenſchaften, wir wiſſen nicht gleich weicher, baß jede unbe» 
antwortet gebliebene Preisfrage van einem ihrer Mitglieder ber 
arbeitet werben muͤſſe. Uebrigens ift umfer Verf. (den wir hiers 
mit zum erften Mat Eennen lernen, und bes fein Buch zu Pals 
fau unterzeichnet hat) ein patriotifher Mann, der pflichtſchul⸗ 
bigft mit feinem Baiern durdy und durch zufrieden iſt, und wir 
heben aus II, 116, folgende Stelle aus feinen Buche aus: „Die 
Bildung iſt, vornehmlich Seit der Regierung Marimilian I, 
bedeutend vorwärts gefcritten, fodaß nunmehr Baiern in Dins 
ficht der allgemeinen unb wiffenfchaftlihen Bildung jebem an⸗ 
bern deutſchen Staate ſich unbedingt an die Geite ftellen Tann. 
Künfte und Wiffenfchaften flehen in vorzuͤglicher Blüte unb er⸗ 
freuen ſich des Schutzes einer freifinnigen, alles Gute befärbernben 
Regierung. Drei Univerfitäten find von ausgezeichneten Lehrern 
befest. In München befinden fi eine Akademie der Wiſſen⸗ 
[haften und eine der bildenden Künfte, ferner eine Gentralves 
terinairſchule und ein landwirthſchaftlicher Werein für ganz 
Baiern. In den meiften Städten befiehen Künſtler⸗ und Ges 
werbs s (potgtechnifche) Schulen, an mehren Orten bebeutende 
Bibliotheken, unter denen’ ſich befonberd bie zu München autz⸗ 
eichnet.” Mehre Lyceen, einige .20 Gpmmafien und viele Ia= 
einifhe Schulen forgen für bie gelehrte Sugenbbilbung aufs 
Foͤrderlichſte. Zu Lantshut, Bamberg und rzburg find dire 
urgifhe Schulen, zu Aſchaffenburg eine Borfliehranflatt unb 
außerdem in vielen Städten Lehr: und Bilbungsanflalten vers 
fehiedener Art. Zahlreiche Bürgers und Landſchulen wirken feit 
Anfang diefes Jahrhunderts fo.eifrig, baß man gegenwärtig kaum 
einen nicht fehr- alten Landmann treffen dürfte, welcher weber zu 





leſen nody zu fchreiben verfteht. Gluͤckliches Baiern!“ 30, - 
*, Mir kommen nod auf Hugo’s Drama zurbd. D. Red. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodhaus in Leipzis. 





Blatter 


für 


litera tif e Unterha (tum g. 








Allgemeine und ſpecielle Pathologie und Therapie. 
ah J. 2. Schoͤnlein's (Profeſſors in Wuͤrz⸗ 
burg) Vorleſungen niedergeſchrieben und herausge⸗ 
geben von einem ſeiner Zuhoͤrer. Erſter Band. Zweite, 
verbeſſerte Auflage. Würzburg, Etlinger. 1832. Gr.8. 

2 Zhlr. 12 Gr. 
Medicinifches paßt nicht für diefe Blaͤtter; aber was 
ben Stand der Aerzte betrifft, intereffirt gewiß die meis 


ſten unferer Lefer. Dahin zielende und noch etwas wei: 


ter greifende Bemerkungen, die fih beim Lefen des ge: 
nannten Buches aufgedrängt haben, bitte ich zu hören 
und fich nicht durch die Meberfchrift abſchrecken zu Taffen, 
. Das vorliegende Buch iſt nur zu betrachten wie ein 
Holzſchnitt nady einem Oelgemaͤlde; ein ungebildeter Schuͤ⸗ 
ler bat fein Heft zuverläffig ohne Wiſſen und Willen 
des Lehrers dem Druck Übergeben. Möge biefe Indiscre⸗ 
tion dem Verf., wenn auch nicht die erfreulichfte, doch 
dringendfte Veranlaffung fein; fein Werk felbft herauszu⸗ 
geben, nicht nur in, vollendeter Form, fondern aud mit 
Hinzufügung Deffen, was nicht fehlen darf, wenn der 
ältere Arzt, der Lehrer der Heiltunft zu den Juͤngern 
ſpricht. Ich meine die Worte, die aus nienfchenfreund: 
lihem Derzen fommen, bie Mahnung an die Pflichten 
des Arztes. Das fchnell eintretende Erfoderniß der zwei: 
ten Auflage iſt ein Beweis der Begierde, womit bie 
Worte eines Schönlein von den Aetzten Deutfchlande 
aufgenommen, werben. Und in der Xhat’ verdient dies 
Wert auch in feiner jegigen unvollommmen und ver 
fülfchten Geſtalt fo aufgenommen zu werden, denn es ift 
das Werk eines Mannes von Geiſt, ber neue, kühne 
Sombinationen macht. Der Verf. fteht auf einem hohen 
Standpunkt, was die äußere Natur betrifft, auf einem 
fo hohen, daß er mit unparteilfhen Auge alles Menſch⸗ 
lihe und Thieriſche, alles Lebendige, Sefunde und Kranke 
zu überfehen glaubt. In der feanzöfifchen und englifchen 
Literatur iſt kein Ähnliches mediciniſches Werk vorhanden. 


Genug des Lobes für hier, da hier doch keine Kritik des 


Einzelnen flattfindet. Aber von einer andern Seite be 
trachtet, hat das Buch einen hoͤchſt betrübenden Eindruck 
auf mid gemacht, und es hat fi) eine Kette ernfihafter 
Betrachtungen daran geknuͤpft. 

Die Kraukheiten find dem Verf. nur ein hell dee 
Naturerſcheinungen; das find fie allerdings, aber fie find 


—— St. 


U U 7 3 
56. 








blos Noſologie lernen, fonbern auch Pathologie, und rich 
tig nennt Schönlein feine Verlefungen pathologifde. Die 


nomene, ber thäte beffer, nicht nur für fein (Ergögen, 
fondern für feine unfterbliche Seele, die kalcbluͤtigen Thiere, 
Beophnten, Mooſe und Algen und Kryfialle zu fiudiren, 
als die Krankheiten ber Menſchen. Aber von allem 
Menſchlichen zu abſtrahiren In der Mediein, in der Thes⸗ 
logie und Jurieprudenz, das gilt heutzutage in Dertſch⸗ 
land für reinwiſſenſchaftlich. Die Einleitung, bie ganze 
Einleitung bed vorliegenden Buches Imutet woͤrtlich 

Die Medicin beſchaͤftigt fi) mit dem Beben überhaupt 
und mit bem bes. Menfchen Insbefondere. Der Menſch eis rin 
Theil des Sefammtorganiemus, bes AUS, ſucht wie alle anbere 
Geſchoͤpfe fi vom Ganzen loszureißen, als ſelbſtaͤndiges Weſen 
fih darzuftellen. Auf der andern Geite finden wir Kid: Be 
möhen ber Ratur, das befondere Leben in das allgemeine hincin⸗ 
zugiehen und mit fi zu verbinden. So ensfticht ein Gagenſatz. 
Spannung zwifchen dem egoiftifchen und planetarifchen Princip: 
jedes ſtrebt zu ſiegen, und fo lange das egoiſtiſche uͤberwiegt 
oder dem planetarifchen das Gleichgewicht Hält, wirb das Ge 
ſchoͤpf feine Integrität (Seſundheit) erhalten; «6 muß dagegen 
ju Srunde gehen, wenn das Grgentheil flattfindet, und das pie⸗ 
neteriſche das egoiſtiſche überwirgt. Der Gieg des planetaris 
fen Principe ift nur ber Tod des befondern Lebens. Krank⸗ 
heit ift alfo der Kampf bed egoiftifhen Princips (des befonbern 
Lebens) mit dem zerſtoͤrend auf daffelbe einwirkenden planetar 
rifhen Principe, ber fchäblihen Potenz, bie es zu zerſtoͤren 
ſucht. Dieſer Kampf ſtellt fi} verſchieden bar, weiche Verſchie⸗ 
denheit nur die Form der Krankheit gibt. 

Von da an iſt gleich die Rede von den Krankheits⸗ 
formen u.ſ.w. Sapienti sat! Wie leicht kann dus „egoi⸗ 
ftifche Princip” von den Schülern misverſtanden werden! . 
Gott Lob, ich hatte einen Lehrer der Medicin, der Würde 
und Wohlwollen ausftraplte, deffen Gegenwart am Kran: 
kenbette erquickend war wie dem Durfligen Waller; denn 
ee war Menfchenfreund, er hatte den Drang und bie 
Freude, den Kranken, ben Leidenden zu helfen, nicht bloß 
Krankheiten zu curiren. Wer den Trieb nicht in ſich fühlt, 
zu beifen, der widme fi der Medictn nicht. Was fol 
werben aus ben Aerzten, wenn fie verleitet ober gar ans 
geleitet werben, bie Krankenbetten zu betrachten wie Kaſten 





230 u 


in einem DMineraliencabinet oder in einer entomologifchen | der reinen Wiffenfchaften, was Ihr in ber Jugend wünfcht, 


Sammlung, wo Alle® aufgefpießt ift zur Freude des Be: 
fhauenden? Was foll ans den Kranken werden! Nach 
wenigen Jahren elfrigen Studirens wird in ben allermeis 
fin Aergten bie Wißbegierde erſtickt fein, die Schwere der 
täglichen Praxis wird erdrüdend, und wenn auch nur els 
ner oder ber andere Arzt fo handeln wird wie Dr. Gas 
ftaing elenden Andenkeas, fo werben doch vielleicht Tau⸗ 
fende fo denken. Wahrhaftig, nicht bie reine Wiſſen⸗ 
ſchaftlichkeit allein, fondern die Dienfchentiebe, der Wille, 
zu helfen, verbunden mit bem Bewußtſein, vedlich ſtudirt 
haben, und fortwährend fi zu bemühen, Tann bie 
Bürte des Arztes aufrecht erhalten und das ſchwere Ge: 
ſchaͤft deſſelben erträglih machen. *) 
| Ich bin weit davon entfernt, Herm Profeſſor Schön: 
lein insbefondere anklagen zu wollen; aber allerdings will 
ich lagen über die mehr und miehr ſich ausbreitende Herr: 
fchaft eines böfen Geiftes, der umfagliches Webel der kom⸗ 
menden Gmeration in Deutfchland bereite. Wir küms 
mean uns um bie St.s Simonianer in Paris, wir find 
eifrig in Widerlegung ihrer Principin, in Prophezeihun⸗ 
gen der uͤbeln Folgen für Frankteich; aber was zu Haufe 
ift, fehen wir nicht, weder den Propheten noch das fchon 
gegenwärtige Uebel. Und dennoch iſts wahr, daß fich die 
verberblichite Sekte bildet im deutſchen Vaterlande, tau⸗ 
ſendmal verbreiteter, eindringender als die Lächerlichen 
&t.s Stmontaner und demgemäß gefährlih. Die Sekte, 
die ich. meine und bie ich anklagend zu nennen. mich nicht 
ſcheue, das iſt die Sekte der Reinwiffenfchaft: 
lichen. n 
Reinwiſſenſchaftlich, das iſt ſeit geraumer Zeit bie 
Looſung auf dem Gebiet der beutfchen Hochſchulen. Wie 
Napoleon die Schüler durch Trommelſchlag in die Lehr: 
fäte rufen ließ, fo ſoll bei uns das Zauberwort gelten: 
reinwiſſenſchaftlich. Toͤnend Erz und Schellenklang! Rein: 
wiſſenſchaftlich, das ſoll fein iſolirt⸗intellectuelle Thaͤtig⸗ 
keit ohne Menſchenllebe, ohne Gefuͤhl, ohne Hinblick auf 
ein hoͤheres Ziel. Aber die Mathematik ausgenommen, 
haben alle Wiſſenſchaften Bezug auf den Menſchen, und 
ſie auf unmenſchliche Weiſe behandeln wollen, iſt Verir⸗ 
rung, bie fi ſtraft. Wahrlich, ich ſage Euch, Foͤrderer 


*) Als äußeres Mittel, bie Wuͤrde ter Aerzte vor drohen⸗ 
dem Verfall zu fhüsen, kann dienen: freie Affociation ber 


beffern Aerzte, Bildung einer Art Ariftofratie unter den 


Arrzten. In jedem konigl. preuß. Regierungsbezirk bilde 
fih ein Golleglum der Aerzte. Nur Derjenige, der länger 
als fieben Jahre ehrenvoll prafticirt hat, Tann aufgenom« 
men ‚werben.  Das- Collegium kann Gigenthbum haben, 
nimmt Ginfchüfle an, um Leibrenten zu geben, die erſt mit 
dem 60, Lebensjahre anfangen. Ein gewählter und wechfeln: 
der Vorſtand Abt Cenſur aus in gewiffem Grade nach Art 
der Advocatenvereine in Frankreich. Mas ift wahrlich befs 
fer für Aerzte und Arzneiwiſſenſchaft, ald wenn einige ber 
folbete Aerzte als Regierungsbevollmächtigte ihre Gollegen 
und bie Mebisin mit geliebener Macht commandiren wol: 
len, z. B. nit die Irrthuͤmer und Fehlgriffe wegen ber 
Cholera geftehen,- fondern beczetisen, zum Zrog bed Xugen: 
Teine, daß Eholera in Maß und Art anfteddend fei wie 
altern. ' 


“ 


Ihr werdet's haben im Alter die Fuͤlle: reinwiſſenſchaft⸗ 
liche Theologen, fpig wie die Byzantiner, Kalt wie Reis 
chenſteine. Haben wir nicht ſchon ein berühmtes Moral: 
foftem, welches. der Meinung fpottet, daß dasjenige Mo⸗ 
ralſyſtem das befte ſei, weiches die Ausuͤbung der Tugend 
fördere; das Moralſyſtem muͤſſe ſich felbft Zweck fein, 
bürfe feinen Bwed nicht außer fih haben und bergleichen 
Weſens mehr. Reinwiſſenſchaftliche Zuriften. Ei freilich, 
geehrte Unterfuchungen über bie Gerichtöverfaffung in. ei: 
ner entfernten Beinen Inſel vor 3000 Jahren, das ift 
viel wichtiger, als ob am Sig ber juriftifchen Wiſſen⸗ 
[haft unter den Augen der Lehrer des Rechts fehretendes 
Unrecht gefchieht oder nicht! Wo warb in Deutfchland 
zulegt die Tortur abgeſchafft? Wo kehrt noch jegt bie 
reine Wiſſenſchaft, daß Sklaverei rechtlich feit Man bil 
det fih ein, die Pſychologie jedes Verbrechers haarklein 
conftruiren zu koͤnnen — o der bobenfofen Kunft! Die 
wiffenfhaftlichfte Rechtsfacultaͤt, hat fie in zehn Jahren 
ein fo nuͤtliches Buch zu Tage gefördert wie das Heine 
Wert der /Herrn von Binde über die Verwaltung in 
Großbritannien? Reinwiſſenſchaftliche Medicin! da wird 
der Arzt kalt ſein wie ein Cadaver und der Chirurg un⸗ 
empfindlicher als ſein Meſſer. Reinwiſſenſchaftliche Phi⸗ 
loſophie! da iſt die Wurzel des Uebels; und die Frucht? 
Ihr werdet mit Eurer reinwifienfchaftlichen Bildung Prin⸗ 
ciplenmenfchen erzielen, und Ihr werbet erfchredien über 
die Gefährlichkeit wie ber Zauberlehrling, wenn's zu ſpaͤt 
it. Schwache Beifter werden fteden bleiben in hundert 
Pfeudoprincipien, 5. B. in der Pfüge des Hahnemannla⸗ 
nismus. Aber ſtarke Geiſter, erzogen zu Principienmen- 
ſchen, die werben eben Das, was Ahr um jeden Preis 
vermeiden möchtet, " die werden die wahren Revolutions: 
männer. Schonungslos werden fie auf ihr Ziel losgehen 
wie die Reiter beim Steaple:Rennen, und das Blut, ſei's 
der Feinde, ſei's der Freunde, wird fie nicht fchreden, 
das Geknirſch der zerfchmetterten Knochen unter den Raͤ⸗ 
dern ihres Wagens wird ihren Lauf nicht hemmen. So 
und nur fo iſt's möglih, in Deutfchland eine große tra⸗ 
gifhe Revolution zu bereiten, daß man kuͤnſtlich Men⸗ 
ſchen erzieht, genährt blos mit Wiſſenſchaftlichkeit und 
gepanzert mit reiner Wiffenfhaft, von der alle Menfchen- 
liebe abgleitet wie von der Bruft der Pallas der Pfeil 
bes Eros. er bat bie franzoͤſiſche Revolution blutig 
gemachte (abgerechnet den Kigenfinn der Ariſtokraten in 
und außer Frankreich), den erflen Theil und den zweiten 
Theil derfelben? Principienmenfhen: Sieyes, Robespierre, 
Danton, Marat, darauf der reintoiffenfchaftliche Krieges 
beid Napoleon. „Hundertauſend Köpfe müffen fliegen”, 
fagte Marat, „um mein Syſtem zu Stande zu bringen.” 
„gunderttaufend jährfih!” fagte Napoleon. Die reine 
MWiffenfhaft des Kriege wird freilih den guten EI. 
nicht zum menfhenverachtenden Eroberer machen. Aber 
Mopoleon, ber Mann von Erz, der Eorfe, ward in Brien- 
ne erzogen, wußte und lernte nichts von Familiengluͤck, 
nichts von Freiheit, glaubte nicht daran. Man wollte eis 
nn Militair aus ihm machen, dem der Krieg das Höchfte 


‘ 


Pr Bu 


waͤre; wohl, es geläig.: Ihm ‚war das Vaͤterland nichts 


ober nur ein Scheel, für feine ‚Küße, nichts war ihm. 


Me Menſchheit, er war veinwifienfchaftlicher Kriegemann, 
er hatte reine Liebe zum Kriege. Geht da-Euer Werk, 
Euer warnendes Muſter in allen Sichern! Ihr, die She 
in Deutfhland durch Auffiht, Belohnung und Beſtra⸗ 
fung alle Hochſchulen in reinwiſſenſchaftliche Schulen vers 
wandeln wollt! Das Aft, es ſoll ausgeichloften werben 
alte- Liebe zum Vaterlande, alles politifche Streben, ber 
brüberlicge Hang des Juͤnglings zum Juͤngling fol vers 
pönt fein. Und warm das Alles? Weil Ihr fürchtet, 
daß bie Jugend, wenn ihre Kräfte nicht abgeleitet. werben 
auf die Zretmühle der reinen Wiffmfchafglichkeit, wenn 
fie nicht geübt werden, leere Stroh zu dreſchen, gleich 
den Mönchen in finflern Kiöftern, mit Wärme und Liebe 
fü, werfen auf das Vaterlaͤndiſche. Und warum fürchtet 
Ihr? Weil She ein boͤſes Gewiſſen babe, weil She nicht 


bdas Vaterlaͤndiſche, nicht ealus populi wollt, auch nicht 


ein zweckmaͤßiges Adelthum, fondern ein privilegirtes, bo⸗ 
denlofes, naturwidriges, verberbliches und gar nicht mehr 
haltbares Junkerthum. Das iſt's, was Ihr, die Ihr 
Eud mit Unrecht bie Mobiled oder Gonfervativen nennt, 
mit Aufwand aller Künfte, mit gemietheter Philofophie 
und Wiſſenſchaftlichkeit noch ein paar Jahre vertheidigen 
wollt. Könnt She einen Augenblick aufrichtig fein, fo 
geſteht, daß es nicht das alte Recht ift, was Ihr wollt, 
uiht Kaiſer und Rei und Reichslammergericht und 
Reichsadler, fondern alles Getreibe, alles Intriguiren, um 
die edeln Kräfte der ftudirenden Jugend zu derivicen, geht 
auf das Hägliche Ziel weniger Eigennügiger, ein Junker⸗ 
thum zu fshügen, welches den Thron und das Vaterland 
weder in Berfailles noch bei Jena beſchuͤzte. Ehre, dem 
Ehre gebührt, dem größeren Grundbefiger Ehre und Macht! 


Wenn aber fieben Junker nad Berlin kommen von Med: 


lenburg, Böhmen, Lithauen ober von ber chineſiſchen 
Grenze, die allefammt fein einziges But befigen, fo praͤ⸗ 
tendiren fie doch, adelig zu fein; aber die Ritter des eifer: 
nen Kreuzes Tollen nicht adelig fein. Jenen foll es ge: 
ziemen, bie Eönigfiche Leibwache zu befehligen, nicht bie: 
fen. Sieben Junker, bie zufammen nicht ein —7 
Gut ihr nennen koͤnnen, wollen doch Jeber die Chre 
haben, die dem Gutsbeſitzer zukommt. Dieſe Junker nen⸗ 
nen ſich Herren von A, B., C., D., &, F., G., d. h. 
fie find Uſurpatoren. Will man ihnen ihren Adel neh⸗ 
men?. Keineswegs; man will ihnen nichts nehmen, kann 
ihnen nicht nehmen, was fie nicht haben. Wir verlangen 
nichts von ihnen; aber fie ſind's, die von uns verlangen, 
wir follen ihnen Ehre geben und Brot dazu, denn ehr: 
liche Arbeit ift unter ihrer Würde; das ſteht aber bei 
uns wit ebenfo viel Recht und Macht, als wir haben 
gegen Den, der und Almofen abfobert. Das Begehren 
diefee Junker iſt gegen die Natur der Dinge, gegen das 
Recht, iſt revolutionnair. — — 


— — 


11141 


— — — Dieſe Junker ſind's, dle dem wahren Abel, 

ben majoribus terrae Gefahr gebracht haben in Frank⸗ 

reih und Gefahr bringen in Deutſchland. Es kann duch 

den Daß gegen- bie Junker das reinwiſſenſchaftliche Prin⸗ 

I F Herrſchaft gelangen: es ſoll reines Buͤrger⸗ 
um ſein. 


Berlin, Anfang 1833. Independent. 





Die Theater In Paris im Jahr 18383. 


‚ , Pas Theätre frangais erleidet eine Kataſtrophe, welche 
in ber Zukunft ohne Zweifel erwuͤnſchte Fruͤchte zu Tage för 
dern wirb, einfiweilen aber einen für den Kunftgenuß und 
bie Unternehmer hoͤchſt traurigen Anblid gewährt. Gin ewiges 
meen, eine flete Ungewißheit in dem Charakter geben dies 
fer Bühne den Anftrih eines proviſoriſchen Zuftandes wie 
ber, welder auf bie Hinfälligkeit eines Trühern Syſtems folgt 
und der anbrechenden, aber noch nicht firirten Neuerung vorans 
geht. Unwillkuͤrlich wird man an bie frühere Spoche erinnert, 
wo Zalma dieſes Theater verherrlichte und bie franzöfifche Tra⸗ 
gödle zu einer nie geahneten Größe erhoben hatte. Damals 
fonnten bie Franzoſen in biefem großen Meifter die Widerle⸗ 
gung ber Behauptung barftellen, als feien fie zur Tragoͤdie 
nieht geeignet; fie thaten es mit gerechtem Stolze, benn Kalma 
ragte mit wahrer antiker Größe über alle feine Beitgenoffen 
hervor. Allein, was fon während feines Lebens und feiner 
Thaͤtigkeit angedeutet wurbe, das iſt heute in allgemein erkann⸗ 
tee Wahrheit hervorgetreten und läßt ben Kunſtkenner den Vers 
luſt bes berriihen Schaufpielere um fo tiefer fühlen. Talma 
ſtand allein, er war feine eigne Schule, für fih unabhängig von 
der frühern franzoͤſiſchen; feine Vorbilder lagen im Alterthum 
usb feine Gewaͤhr im eignen Genie. In dem Maße, als fein 
Spiel 5— abweichend war von Dem, was man gewoͤhnlich 
unter tragifhem Ernſt und Pathos verſteht, von Dem, was bie 
franzoͤſiſche Tragödie charakteriſirt, eine unbändige, fratzenhafte 
Ausichweifung der Leidenfchaften und Geberden — in dem 
nämlichen Maße ift er bisher von feinen Schülern und Nach⸗ 
abmern unerreicht geblieben. Es gewährt einen wahrhaft ſchmerz⸗ 
lichen Gindrucd, wenn man fieht, wie die Schaufpieler ſich ab» 
müben, irgend eine Miene, eine Wendung, einen Ausdrud Tal⸗ 
ma's nachzubildens es gelingt nicht, fie entkleiden fich dadurch 
ber Originalität und verlieren ben legten Werth, ihren eignen, 
ne ben Gegenſtand ihres Ringens zu erreichen. „Wie er ſich 
räuspert und wie er fpudt u. f. w.!” . 
Demoiſelle Mars iſt noch immer die Krone bes Luſtſpiels; die 
Parifer find entzüdt, und Niemand, ſelbſt mit der ungemeſſen⸗ 
fien Strenge, Eann ihr ein ausgezeichnetes und glänzendes To⸗ 
lent abſprechen. Sie befigt die bohe und in ber Komdbie bei- 
weitem mehr als im Zrauerfpiel fchiwierige Gabe der Ratürlich- 
keit in aller Fuͤlle; ihre Bewegungen, (ihre Schere, ihr Laͤ⸗ 
Kein find das treuefte Wild ber Rasur, ohne die Widrigkeiten 
ber Gewoͤhnlichkeit, und wer fie in ‚„‚Valsrie’' hat fpielen feben, 


muͤſſe die Komödie gefpielt werben, um wahren Genuß zu bite 
ten. Sie ik allgemein beliebt, und Niemand hat ihr bas uns 
vermuthete Gluͤck eines reichen Erbſchaft, welche fie foeben 
macht, misgönnt. Gin alter Marquis naͤmlich, ein früherer, 
jedody nie erhörter Anbeter, welcher auf bie mannidhfaltigfte 
Weife verſucht hatte, feinen zaͤrtlichen Gefühlen für die reizenbe 
Schauſpielerin Gingang zu verfhoffen, farb vor kurzer Zeit 
mit Hinterlaffung eines Teſtamentes, wodurch er bie Mile. Mars 
zu feiner Univerfalerbin einſezte. Die Erbſchaft ſoll etliche 
40,000. France Rente betragen. *) . 


*) Nach einez andern Erzählung fol ber Teſtator Buſſiere de Cha⸗ 
labre beißen, erſt 42 Jahr alt und ebenfo Tunfliebend als mohlthäs 
tig geweſen fen. 





x 


muß befennen, daß fie zu bem Urtheil biareißt, fo und nur fo - 


232 


groß nun auch- das — dieſer Kuͤnſtlerin iſt, fo 
un eis d Umfand nicht zu Überfehen; welcher, ob san kunſt⸗ 
gerecht oder nicht, in die ale fan}. Sie iſt SO Jahre 
6; dire IR etwas an Für: we 17:unb fB Sahsen, ‚anb 
Ind Yubkcam ift uitmaiß entlörpert genug, um ſich über alle 
materielie Erwägungen binauszufegen. Ich glaube, daß bie 
Yarfer hierin noch nachfichtiger find als Fremde; fie eignen fich 
gewiffermaßen das Verdienſt ihrer Talente an und vertheidigen 
"6 gegen die geringfte Berunglimpfung. Aber jedem Unbefan⸗ 
enen, zumal wenn er etwas nahe an der Bühne fipt, muß bie 
luft zwifchen ber Rolle der Schaufpielerin und ihren Zabren 
auffallen, und ſolche Reflesionen machen feinen günfigen Gin: 
druck: weit entfernt, zu. noch böherer Würdigung Tee Kunft der 
Darftellerin ya vermögen, Taffen fie biefelbe in biäfferm Glanze 
erfheinen. Daß die Mile. Mars heute noch in fo hoher Ans 
erkennung ſteht, beweiſt, wie weit alle andere Schauſpielerin⸗ 
nem von der Auszeichnung entfernt find; laſſen Sie eine ſchoͤne, 
junge, wenn auch nur halb fo gewandte Künftierin auftreten, 
und das Poblicum wirb richten, —— vielleicht, ſicher aber 
zum Bortheil der Jugend und Schoͤnheit 
Bon dem tragiſchen Kokhorn des Thötre frangais inſon⸗ 
derheit kann in dieſem Augenblide geſagt werben: bas Alte 
geht zu Grabe, ift der Zeit, ben neuern Ideen und dem ii 
Ehritte verfallen ; aber etwas Renes, Beſtimmtes, Ganzes, 
tiges hat fi) noch nicht an feine Stelle geſegt. Talma iſt tobt, 
die Duchesnois, feine berufenſte und ruſtigſte Mitkaͤmpofſerin, 
it von ber Buͤhne abgetreten; hiermit iſt die Perſonlichkeit 
der altern Tragödie verfgwunden, und zuglefch befteht «in uns 
verſohnticher Bruch, ein offener Kampf zwifihen ber alten umb 
neuen Schule. Jene, gewoͤhnlich die claſſiſche genannt umb 
durch mehre Mitglieder der Akademie vertreten und geftügt, 
möchte die Breter des Théatre français ausſchließlich den Pros 
ductionen aus bem Zeitalter Ludwig XIV. und XV. geöffnet und 
dlfen neuen aus ber romantifchen Schule verſchloſſen ſehen. 
Früher fen, unter Karl X., hatte nur am Hof intrinufet, 
um ein ſolches Interdirt zu erwirken; ter Kbnig wies biefe 
— von fi, und ber Verſuch mislang. Seitdem ſinb 
mit der eingetretenen Kataſtrophe die damaligen einfachen KAm⸗ 
pfer einer Titerarifchen Partei politiſche Koryphaͤen der Juſte⸗ 
milieuregierung geworben, und ihrem ernenerten Aufinnen iſt 
die Willfahrung nicht ferner verweigert werben. So erklaͤrt 
ſich das Verbot des Drama von Bicktor Hugo: „Te zoi s’a- 
muse”, und fo hat es auch B. Hugo in feiner gerichtlichen und 
auhergerichtlichen Vertheidigung bezeidmet. Gine fernere Be⸗ 
ſtuͤtigung Yiervon muß in ber Schwachheit ber dem Berdete 
wntergelegten Gruͤnde gefimben werben. Das Drama enthaite, 
o gab man vor, eine Anfpielung 'auf den König und fei außen 
em unmoraliſch; allein biefe hbermäige ei f&yon nad ber 
erften Vorftellung, und ehe das Publicum, ehe bie Blätter über 
bdie fragliche Anfpielung ſich ausgefprochen, mußte billig Beben 
Ten erregen. Was die Moralftät ang A RL. ift zwar richtig, ı 
daß der Gegruftand nicht zu den erbaulichſten gehört. Franz |, 
von Liebesabenteuer Yu Liebesabenteuer IR rmend, verführt 
en auch die Tochter feines Hofnarren; biefer, von Vater: , 
chmerz zerriffen, ſtellt fi in ben Hinterhalt umd dingt einen 
Mörber gegen den König. Um die derabrebete Stunde wird 
hm auch ein Leichnam überliefert, aber nicht der des Korigs, 
fondeen der feiner Tochter, weiche, ihren Verfuͤhrer noch immer 
liebend, flatt feiner fich dem Dolche des Mörbers preisgegeden 
hatte. Wer nun aber bie Theater Hier der Heike nad befucht 
und die an ter Porte St.-Martin, am Vaudeville u. f.'mw. 
gedenen Stuͤcke aus den Regierungen Karl VI., kudwig XI L. 
ubwig XIV., Lubwig XV. md Rail IX. mit ben vorlie 
genden vergiekht, dee wird den Grund einer plöglichen, fo ſehr 
empfindlichen Schamhaftigkeit ſchwerlich auf einfache Weiſe 
rechtfertigen können. Warum fo Schr über Franz F. ent: 
rüften, während man bie Begenbilber von Sfabella von Wuiern, 
don Margaretha von Walois, von Anna von von Margarerha von Waloiß, von Anna von Defveiß, von es IT von der 


an von. Pompado b ber Dubarry s von K IX, 
> Wiegen ya ufwertfamtets dem * 


in 35 Mar ter Pen 
6 iſt ein x 2 — 5 ſich at 


— nach Epo —*—* —* nicht beſtimmtes Bru 
ſtuͤck, welches ri wunderfiönen Berfen niele Längen und Unna» 
tuͤrkichkeiten in einzelnen Theilen darbietet; es hat won neu 
den —— 3 — ob Pe brc iS Wytikir voctreſficch 

besuuntiicen Gebiete jemals: Hüd machan werde. Made‘ —* 
nem Verbote erhob Hugo sine Klage zufolge welder das Han⸗ 
delsgeriht in erſter SInfanz fich, —e erflärt hat 
Dies wirb auch in zweiter an gefhehens bie Policei N 
bie flärkere, und das Stuͤck barf nicht aufgeführe werden. 

—— wird. die Leerheit und bie Langweibe mit Siem 

licher Art außgefuͤlt. Reulich bei ber Be 
—— iner Schauſpielerin, Mile. Dupont, fpielten 
cteurs der verſchiedenen Vuͤhnen auf dem Theätre Fran- 
unter Andern auch Mde. Dorval von‘ ber Porte St. 
eine laͤngſt bekannte und. audgezeichnete Schauſpittecin. 
Broßer "Streitund. Siweifel bei den hakktude hei Thedize Frag- 
gais, diefer allein clelſiſchen Erde: wid fie auf den Bretern 
biefer —8 — auch gehen koͤnnen? Wie wird ſie geſticuliren? 
Weihe Mimik wird fie beobachten u.f.w.? und ſie ging, mo 
culirte und fyielte zu allgemeinem Gntzüden, fobaß -felb 
vorherigen gräßten Sweifler ihre Hulbigung darbtingen htm 
Dier wie überall herrſczt Varurtheil und Achwaͤche neben den 
glänzendften Vorzuͤgen. 

An die Stelle des „Le roi s’amuse” jft nunmehr getre⸗ 
ten: „Le sophiste, ou Fhomme et sen &crits”, von Laverpit⸗ 
Here, eine Satire auf den „geiommmten dermalig -forialn Zu⸗ 
Hand. Dirfe Matur des Stuͤckes allein reichtt bin, 26 auffaitenb 
aund ſomit intereffaut gu Ianchen. Die Noligei häte- ſehr gem 
bie Aufführung — allein Leverpilliere iſt im Bit ei⸗ 
nes vechtsfräftigen Urtels, welches das Theätre ais Ders 
urtbeitt dat, das Städt uwerſtuͤmmelt, forie es m Drlimt 
beſteht, darzuſtelen. Natürlich kommt datin -eine - 
wmpftnbiihen und derben Vahrheiten son ‚be ‚Stegkerimng; 8 
Minifteriuen, das Boͤrſenſeiel u. £ w. dor, weile, trog des 
Mangels an Handlung und bramatifchen. Ehrectt and — aller 
heimlichen Kunſtgriffe der winiſteriellen Agenten, ſehr beklatſcht 
werden. — Die Schaufpieker des Fhéatre frangais ſpielen 8 
abwechſelnd in der Straße Richeceu unb ‚m Ddeon. Lkehtzteres 
theut die Buen Pi — 

n bee Porto St. Martin waren in. 
wechfend „L’auberge des adrets” 3 „at Ag £ 
und ‚‚Perrinet le <lerc” an ber Ka eSorenund. 

em tüde ‘Hat De. Weorges die Rolle der Sfabella Don 

In ioeidme He von Km Yublipum ſehr oünftig auf 
er Zee made: 

3 und Mröße et⸗ 


— 


Sr Georges in eingehen Stellm nicht ein at ii ausge 
geicmetes Talont ‚rprabte, was gaben darch ihren mtl sEdhbs 

men Kopf maͤchtig mnterfihst: wirds allein, dieſes unweibliche 
"Beberbenfpiel, ‚biefe „epeentxifge Mimik zerſtoͤrt gumeilen alle 
Ziefe des Eindrucks; ftatt ein Gefdjüttern des Gefühts, wish 
ein Widerwillen und Ekel und oft ſelbſt das Gegentheil von 
tragiſchem Effect, rin Laͤcheln der Ironie, erzeugt. 

(Die Portfegung foist.)- - 


Nedigirt unter —S 8. Tg eigtrt unter Berantworlikötett 3. A. Brodband ——— Brotbaus in Leipzig. N 


— Blatter 


für 





Iiterarifhe Unterhaltung. 


Dienftag, 





mm m nn nn nn m pa Sn ER 0 ur Turn 


Zur Kritit der Hegel'ſchen Philofophie. 
1. Geor ilhelm Friedrich Hegel's Werke. 
Vollſtaͤndige Ausgabe durch einen Verein von Freunden 
des Verewigten: Ph. Marheineke, J. Schulze, 
Ed. Gans, Lp. von Henning, H. Hotho, 
8. Michelet, F. Foͤrſter. Erſte und zweite Liefe⸗ 
rung, Erſter, zweiter, elfter und zwoͤlfter Band. Berlin, 
Dunder und Humblot. 1832. Gr. 8. Subferiptionsprels 
6 Thlr. 16 Br. u 
2. Einleitung in Hegel's philoſophiſche Abhandlungen. Von 
8 8 Michelet. Ebd. 1832. Gr. 8. 4 Sr. 
3. Hegel und feine Zeit. Mit Rückſicht auf Goͤthe. Zum 
Antereichte- in dee gegenwaͤrtigen 


Grundzuͤgen. Bin Kari Friedrich Goͤſchel. Ebend. 
1832. &. 8. 18 Sr. | 
4. Uber das Verhaͤltniß des Publicums zur Philoſophie 
in bem Zeitpuntte von Hegel's Abſcheiden. NR ei⸗ 
ner karzen Darlegung melnee Anficht des Syſtems der 
Ohiloſophie Won C. H. Weiße. Leipzig, Schaue: 
fdymibt und Volſckmar. 1832, Gr. 8. 12 &. - 
5. Ueber Gegenfatz, Wendepunkt ımb Biel heutiger Phi⸗ 
leſophie, vn J. H. Fichte. Erſter, kritiſcher Theil. 
Heiidelberg, Mate. 1832. Gr. 8. 1 Thir. 12 Br. 
Die Anzeige der raſch fortfchreitenden Geſammtaus⸗ 
gabe von Hegel's Werten, Die ohne Zweifel «ine bee bes 


deutendſten Iiterarifchen Unternehmungen der Gegenwart ift, 


verbinden wir bier mit den gleichzettig erfcheinenden Schtif⸗ 
ten einiger feiner geiftreichiten Ausleger, Commentatoren 
d Widerfadyer, welche uns dazu dienen koͤnnen, die aͤn⸗ 
ere Geſchichte dieſes erſtaunenswuͤrdigen Denkſoſtems, wie 
es an ſeiner Zeit und deren Anſpruͤchen fort⸗ und weiter⸗ 
geht, zu bezeichnen; und ſo bietet ſich nach dem Sinn 
dieſer Zuſammenſtellung hier die Einſicht in die Schoͤpfung 
rines unſerer groͤßten Denker dar, die ſich aber ſchon ſo⸗ 
gleich wieder, wie man aus den ſich kundgebenden Beſtre⸗ 
bungen von Fichte und Weiße erſehen witd, zu einer 
Außficht auf eine Umgeſtaltung und Weiterfuͤhrung bes 
Seleiſteten verwandelt, von der Beweglichkeit bes nie ſtill⸗ 


Toohendenr Geiftes det Zeit auf eine erhebende Weiſe zeugend. 


Daß Hegeks Werke bier in einer gefammelten Aus: 


gabe, alfo mit muen md, wie es ſcheint, verſtaͤrkten 


— Nr. 32. 


Philoſophie nach th⸗ 
ren Verhaͤttniffen zur Belt und mac) ihren weſentlichen 


— 26. Februar 1833. 


———— nn. - 





Anſpruͤchen nuf Geltung und Anerkennung in ihrem Aus 
fammenhange vor das Publicum bintreten Einnen, iſt 
von den Anhängern des verewigten Philofophen neuerbin 

zu einem ſcheinbar ſehr fihlagenden Argummt auch für 
die äußere fiegreiche Herrſchaft biefer Philoſophie in ber 
Zeit benugt worden, aber, wie uns duͤnkt, mit mehr gut⸗ 
gemeintem Eifer fuͤr ihre Sache, mit welcher der unſelb⸗ 


ſtaͤndige Anhang einer Partel immer ſteht und fällt, als 


in Wahrhelt. Denn will man aud) m Anſchlag bringen, 
wie man gethan bat, daß keinem der frühern beutfchen 


Philoſophen diefe Gunft einer vollſtaͤndigen Sammlung fel- 


ner Werke vwiderfahren fei (wo man boch ſchon Jacobi 
ausmehmen müßte); will man auch anführen, daß Kant's 


"Schriften zerſtreut umderliegen und vieleicht zum Theil 


ſchon aus dem Buchhandel verſchwunden ſind, daß Schel⸗ 
linig eine Sammlung ſeiner Abhandlungen zwar begann, 
aber aus Mangel an Theilnahme mit dem erſten Bande 


klegen laſſen mußte, fo wuͤrde doch nur Der, welcher die 
Begebenheiten und Schickſale in der Geſchichte der neues 


ſten deutſchen Philoſophie abſichtllch verkennen will, daraus 


folgern dürfen, daß Hegel eine derbreitetere und tiefer gtei⸗ 
fende Aufnahme bei feinen Zeitgenoſſen ‘gefunden ats feine 
‘großen, die Bewegung der deatf_hen Sperufation anfühs 


renden Vorgänger. Im Gegentheit liegt das deutliche Er= - 
gebniß zu Tage, daß die gewaltige und allgemeine Auf⸗ 
regung der Gelfter, welche die Perloden von Kant, Fichte, 
Schelling in Deutfchland als wahrhaft weltgefchichtliche 
bezeichnete, das fo lange ſpurlos gebliebene Auftreten He⸗ 


gel's nicht bealeltete und auch der ruhlg banenben und 


abſchließenden Eigenthuͤmlichkeit feiner Philoſophie gemäß 
nicht begleiten konnte. Vielmehr hat wol feine Philoſo⸗ 
phie fo ſehr als die ſeinige, die ſich auf dem von ihr 


nachgewieſenen Widerſpruch alles Selenden dialektiſch bes 


geimdete, mit dem Widerſpruch der Zeitgenoſſen zu kaͤm⸗ 
pfen gehabt, und der truͤbe Eindruck, ja bie Erbitterung, 


welthe dies Syſtem durch die dem unmittelbaren Leben 


gegenuͤbertroetende Feindſeligkeit ſeiner Abſtractlonen nach 
vielen Seiten bin 'ercegte, hat, kamm man wol fagen, nicht 
wenig dazu beigetragen, eine Verſtimmung gegen alle Spe⸗ 
eulation uͤberhaupt bei Manchem hervorzurufen. Ebm dies 


fon: Widerſpruch, ben es gegen ſich ‘erzeugte, verbanft es 
aber auch erſt feine in die legten Lebensjahre feines Stif: 
ters fallende Eeledritaͤt, waͤhrend es ſonſt nur. dei ‘den 





V 
2 


ſehr Wenigen, die es halb oder ganz verſtanden und ihm 
als dem erſten (und zugleich dem letzten) ſtrengwiſſenſchaft⸗ 
lich gegliederten und beſchloſſenen Syſtem der modernen 
Philoſophie ſeine Bedeutſamkeit abzuſehen wußten, eine 
wirkliche Aufgabe des Forſchens, Aneignens und melſten⸗ 
theils auch nur des Staunens war. Die Werke Hegel's 
verdanken es jetzt auch den veraͤnderten Verhaͤltniſſen des 
deutſchen Buchhandels, daß ſie geſammelt erſcheinen koͤn⸗ 
nen, waͤhrend in Bezug auf die Zeit von Kant, Fichte 
oder Schelling die Theilnahme des Publicums fuͤr Veran⸗ 
ſtaltung von Geſammtausgaben eines Schrifſtellers damals 
noch nicht wie jetzt zu einer herrſchenden Mode gewor⸗ 
den war. Auch lag dem aͤußern Kreiſe, mit welchem ſich 
bie neueſte Philoſophie in den lezten Jahren, wo fie ſich 
ſo dringend Verbreitung und Anerkennung erſtrebte, um⸗ 
gab, ein gewiſſes Coterieweſen nicht fern, das, wie an 
dieſer Philoſophie Alles ſyſtematiſch war, ſo auch nach 
außenhin in der Behauptung als Partei einen gewiſſer⸗ 
maßen ſyſtematiſchen Charakter annahm. Und das eifrige 
Wirken der Anhaͤngerſchaft für die Verbreitung. ber Werke 
ihres Meiſters felbft in den Kreiſen, wo fie kaum inner: 
lich einen Anklang haben, aber doc Außerliche Sörderung 
ihres Grfcheinens gewinnen, zeigt fih auch, wie aus dem 
vorgebrudten anſehnlichen Subſcribentenverzeichniß erficht: 
fih, von dem beften Erfolg für das nunmehrige Hervor⸗ 
treten der gefammelten Ausgabe derfelben. Alle biefe bes 
‚günftigenden Umftände fehlten bei Hegel's Vorgängern, 
"die nicht fo planmäßig umd ſyſtematiſch wie er und feine 
‚Schüler barauf bedacht waren, fid Aubern Anhang und 
Parteitang zu erwerben. | 
Wir machen biefe Bemerkung bier nicht, als mis⸗ 
gönnten wir diefer Erſcheinung, die wir vielmehr In ih: 
tem ganzen Werth zu würdigen wiſſen, ihr Dafein und 
das Gluͤck der Wirkfamkeit, die fie ausüben koͤnnte; aber 
es fchlen nötbig, auf das wahre Verhäftniß dee Sache 
hinzuweiſen, ba ed zu irrigen Anſichten veranlaßt, wenn 
Hegel’ 8 Schüler darauf ein inneres Bericht ber Idee 
‚ nad) legen, daß Ihe Meifter der erfle und einzige Philos 
foph in Deutfchland fel, defien Werke es zu einer Samm⸗ 
lung gebracht. . | 
Was nun biefe Sammlung felbft anbetrifft, fo iſt fie 
für das. vollkommene Verſtaͤndniß dieſer Phitofophie und 
für Die, denen daran liegt, es fih anzueignen, ohne Zwei⸗ 
fel fehe wichtig. Hegel hatte zwar in feinem bisher ges 
drudt gerefenen Schriften den yanzen Umfang feined Sp: 
ſtems volfländig hingezeichnet und ausgebaut, und e6 mar 
eben bei feiner Philoſophie die Lauptfache, ja bie eigent: 
liche Bedingung derfelben, baß er mit ihrer Entwicklung 
wirklich zu Ende fam und, ben logiſchen Abfchluß errei: 
‚hend, bei dem abfolusen Geift anlangte, deſſen fich. ſelbſt 
- zu fich big bewegende Conſtruction der muͤhſam confequente 
Weg des Denkers war. Hegel, der Denker des fich ſelbſt 
begründenden und findenden Begriffs, hatte bei feinem Ab: 
ſcheiden die Aufgabe, die er fich gelegt, volllommen gelöft 
binterlaflen, indem der Begriff in feinem Spftem zu fich 
felbft gefommen war, und er hatte ſchon mit ber Abfaf: 
fung feiner „Encyklopaͤbie“, die als wiſſenſchaftliches Lehr» 


23. 


buch wol einzig in ihrer Act zu nennen iſt, feinen Weg 
als vollendet bezeichnet. Die völlige Unmoͤglichkeit, He⸗ 
gel's Philoſophie aus feinen gedruckten Schriften allein zu 
verfichen, ift jedoch, wenn wie nicht irren, auch von ihm 
feibft eingeräuimg worden, und feine akademiſ nt 
gro, in denn er ſich wnaufbfrli und nät elfe 

eharrlichkelt ˖ bemühte, den Inhalt feiner Lehre ſelbſt moͤg⸗ 
lichſt populair zu zerlegen und die wiſſenſchaftliche Strenge 
feinee Methode durch mehrſeitiges Beſprechen, Aufzeigen 
und Zuruͤckgehen zu mildern, haben deshalb einen großen 
und unentbehrlihen Werth für die Geſammtauffaſſung 
feines Syſtems. Sie find es baher, welche ber varlie 
genden Ausgabe der Werke, in ber fie dem anzuerfennens 
den Plane ber Derausgeber nach mitaufgenommen erfcheis 
nen, ihre Wichtigkeit für das Verſtaͤndniß beilegen; und 
fo erhalten wir in den bisherigen Lieferurfin bereite Die 
„Vorleſungen Über die Religionsphilofophie” im elften und 
zioölften Bande, welche zu den fputer abgefaßten Collegien 
Hegel's gehören, nebft einer Heinen Schrift: „Ueber die Bes 
weife vom Dafein Gottes”, die von Hegel feloft zum Eins 
zelabdruck beftimmt, aber ebenfalls noch im ber legten Zeit 
in einem afademifchen Bortrage von ihm mitgetheilt war. 
Die Herausgeber find bei ber Zufammenftellung von Hegel’s 
Heften für den Drud vornehmlich dem Grundſatz gefolgt, 
von eigner Zuthat nichts beizufügen, fondern den Philos 
ſophen meiſtentheils fo fprechen zu laffen, wie er auf dem 
Katheder, in dem befondern Verhätiniß zu feinen Zuhoͤ⸗ 
rern zu fprechen pflegte. Diefe Eigenthuͤmlulchkeit des De: 
gel'ſchen Kathedervortrags haben beſonders die Vorleſungen 
über die Religionsphiloſophie in seinem faſt zu auffallen⸗ 
den Grade an ſich behalten. Dieſer Styl iſt wie ein 
Spuk, als hoͤrte man den Verewigten noch einmal leib⸗ 
haftig huſten, ſich raͤuspern, die Saͤtze gliedweiſe foltern 
und bald von vorn, bald von hinten in unbeholfenen Wie⸗ 
derholungen auseinanderzerren; und ſo ſcheint denn auch 
dieſe Seite ſeiner irdiſchen Perſoͤnlichkeit in dieſer Weiſe 
auf bie Nachwelt kommen zu ſollen. Der nur zu be 
kannte Kathederftyl des Philofophen myıßte ſich aber grabe 
in feinen Vorlefungen üper die Religionsphilofophle um 
fo treuer wiederfpiegeln, da Degel zu diefen Vorträgen kein 
ausgegrbeitetes Heft, fondern nur Umeifje und Andeutun= 
gen niedergeſchrieben hatte, deren eigentliche Ausführung 
er erſt muͤndlich unternahm. Später pflegte er ſich fogar 
eines von einigen feiner Zuhörer ihm nachgefchriebenen 
Heftes auf dem Katheder zu bedienen, das er wieder Mit 
Bemerkungen und Berbefferungen verfah, und woraus bie 
gegenvwoärtige Geſtalt diefer Vorleſungen für den Drud 
entnommen ift. 

Während fo der Abdruck dieſer Collegienhefte. für bie 

im Detail ſich ergehende Erläuterung der Hegel'ſchen Phi⸗ 
loſophie, für die vertrautere Einſicht in ihren ganzen in⸗ 
nern Staatshaushalt, möchten wir fagen, weſentlich iſt, 
gewährt dagegen die Zufammenftellung der verſchiedenen 
philoſophiſchen Abhandlungen Hegel's, weiche den erften 
Band diefer Sammlung ausmacht, gewiſſermaßen einen 
Blick in die urfprünglichfte Entſtehungsgeſchichte des Sy⸗ 
ſtems. Den Bezug diefer Abhandlungen auf bie nach⸗ 


5 


„Juanita, le grand seigueur et 


\ 


meafige voftänbige Eittwickeling der Hegel ſchen Phiioſo⸗ 
phie nachgewleſen zu haben, iſt ein Verdienſt ber unter 
Mr. 2 namhaft gemachten einleitenden Schrift des Hrn. 
Michelet, obwol fonft.die Ausführung und der übrige In⸗ 
Yalt derſelben ſich nicht über den feichten und unſelbſtaͤn⸗ 
digen Eharakter hinaus erhebt, welcher die Arbeiten der bloß 
nachſprechenden Schüler Hegel's fo oft bezeichnet. Die 
wichtigfien dieſer Abhandlungen find: „Glauben und "Wil: 
fen :oder die Reflexionephiloſophie ber Subjectivität, in der 
Botftänbigkeit Mrer Kormen als Kant'ſche, Jacobi'ſche und 
Fichte ſche Philofophie”, merkwuͤrdig theils durch die Beur⸗ 
theilung der genannten Philoſophien, theils durch die ſchon 
damals im Denkprincip verſuchte Verſoͤhnung und Ber 
wittelung von Wiſſen und Glauben, und durch. das Un⸗ 
ternehmen einer philofophifchen Auffafiung des Proteftan: 
tiomus; „Differenz bes Fichte ſchen und Schelling’fchen 
Soſtems der Philofophie in Beziehung auf Reinhold's 
Beiträge zur leichtern Weberficht des Zuflandes ber Phi: 
kofophie zu Anfang bes 19. Jahrhunderts“, die erfle Ab⸗ 
Handlung Hegel's, die ihn bekannt machte, und worin fich 
Schon fehr deutliche Dinweifungen auf die Methode fin: 
ben, deren fich Degel in ber nachherigen Conftruction ſei⸗ 
ned Spſftems fo eigenthuͤmlich bemachtigte; „Weber das 
Berhaͤltniß der Naturphitofophie zur Philoſophie uͤberhaupt“, 
gerolffermaßen eine Apologie der Naturphilofophie und zu 
denjenigen Abhandlungen Hegel's gehoͤrend, welche fein 
Herdergehen aus der Schelling'ſchen Philoſophie noch am 
deutlichſten und unmittelbarſten belegen; „Ueber die wiſ⸗ 
ſenſchaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts, feine 


"Stelle in der praktiſchen Philofophle und fein Verhaͤitniß 


au den poſitiven Rechtswiſſenſchaften“, ebenfalls eine der 
frühern Abhandlungen Hegel's, aus der viele Begriffsbes 
ſimmungen faft unverändert in. feine fpätere Rechtsphite: 
fophie übergegangen zu fein fcheinen. 

(Die Sortfegung folgt.) 





Die Theater in Paris im Jahre 1833. 


(Fortſegung aus Nr. 66.) 

Ein neues, an diefem Theater aufgeführtes Stüd iſt: 
le majordome”, Drama in 
zwei Acten von Paul Forcher und Paulin. Das Banze iſt 
matt und in einem alten Rahmen dargeſtelt. Gin Graf Le: 
mos laßt fh von bem Alcalden Ruüez vorerzählen, wie er, 
der Graf, ehemals ein Maͤdchen, Zuani:a, unter Heirathsver⸗ 
fpredgungen verführt habe. Der Graf wird des Erzaͤhlers zu: 
legt müde unb jagt ihn zum Zeufel, wie gang netürlidh. Nuft; 
ſchwoͤrt, fi zu rächen. Da Lemos auf dem Punkt flieht, bie 
© er des Minifters zu heirathen, fo beauftzagt er feinen 
Majorbomus Henriques, Zuanita eine Eumme Geltes anzubie: 
ten. bamit fie ſchweige, oder aber fie nach Frankreich zu bein: 
en. Henriquez verweigert dies und nimmt feine Gntlaffung. 
it Fecht fagt ein hieſiges Blatt, daß nichts fehlerhafter und 
—— ſei, wie [ei ne afrupapeen mit 

prebigten neben ihren an Derren uführen, welche 
fiherih zur Thuͤre —2* würden, — geſchehe dies 
doch ſogar von einem Miniſter lieber hundert als einmal! Sm: 
bem Henriquez gehen will, kommt Juanita, um mit den Gras 
gu fprechen; fie erkennt in Henriquez einen jungen ann, 
weicher ihr fonft den Hof gemacht, ımb welchen fie geliebt, ehe 
fe verfüprt war. Sie hat eine Zufammenfunft mit dem Grafen, 


welcher the: verſpricht, fie om nimlicdhen Abend burch zinen Wer» 
tret er zu heirathen. Dieſer Vertreter iſt Henriquez, welcher 
ſich ploͤtzlich wieder vorfindet. Unterdeſſen gehen große Veraͤnde⸗ 
zungen vor; es zeigt ſich, daß Verwechslungen von Kindern ſtatt⸗ 
ehabt, und Juanita wird Graͤfin von Lemos, während ber dis⸗ 
Genf zum Sohn eines einfachen Bauers in Navarra her⸗ 
abfintt. Ratuͤrlich behält Henriquez Juanita und aus ber Hei 


rath bes umgewandelten Grafen wird nichts. 


Victor Hugo het für bie Porte St.-Martin ein neues Drama 
gefhrieben: „Lucretia Borgia“, welches unverzüglich über die Bre⸗ 
ter geben wird. Die Ausgaben ber Scenerie, deren Anorbnung 
ber Wille. Georges und Frederic überlaffen wurbe, belaufen ſich 
auf 50,000 $rancs.*) 

In einem Lande, wo Alles, was ben Ruhm und ben Ra: 
men der Nation berührt, fo allfeitig mitempfunden wirb, mußte 
die Einnahme der Sitabelle von Antıverpen nothwendig Stoff zu 
neuen Theatervozflellungewgeben. Während ber Cirque Olym- 
pique, welcher dermalen bald an feiner 120ften Vorſtellung von 
„Bepablique, empire et cent jours“ ift, einige Künftler eigens 
nach Belgien geſchickt Hat, um den Plan ber Feſtung und bes 
ganzen WBelagerungttableaus aufzunehmen und baraus eine neue 
Verherrlichung des franzöfiichen Kriegsxuhmes zu fchaffen, haben 
mehre ber Eleinen Theater ähnliche Stüde gegeben. Unter aller 
Kritik iſt die Vorſteliung der Ginnohme der Gitabelle auf dem 
Theätre de Luxembourg, wo nur eine Gntfchulbigung beſteht, 
die naͤmlich, daß alle andern Worftellungen, weile aus bem 
Genre diefes Theaters heraustreten, gleich ſchlecht find. Man 
darf Hier nicht vergefien, daß da das Parterre 6 Sous bezahlt und 
der theuerfte Ph Theater nur 1 Franc koſtet. Auch fieht man 
bie Arbeiter Staffen in aufgefchürgten Aermeln, kurzen 
Jacken, Kappen, und bie Frauen im tiefften Roͤgligs, d. h. in 
ihrem Alltugsarbeitslleide, das Amt der Kritiler üben; unb 
wahrlich, wer biefe vollkommene Aehnlichkeit der Tracht auf unb 
vor ben Bretern fieht, wer das loſe Lahn, WBeifalleufen oder 
Kabeln und mitunter eine aus bem Parterre nach der Bühne ge 
richtete Anrebe eines nzufriebenen oder Wißbegierigen mitanhört, 
Cana leicht in den Irrthum gerathen, daß bie Bühne zumeilen 
wechsle. Dem Ambigu-comique, wo geither eine ziemliche 
Lauheit beftand, bar das Gtäl ‚Antwerpen‘ auf einige Zeit 
neues Eeben gegeben. Gine Maſſe von Golbaten, Kanone, 
Marketenderiunen, Bahnen, Bomben und Schuͤſſe, die Marfells 
laiſe und ber Chant de depart, was braudt es mehr, um das 
Haus in Sntzäden zu fegen? Doc if das Stuͤck nicht durch⸗ 
gehende mit gleihen Beifall aufgenommen werben. Die Er⸗ 
zaͤdiungen und Grinnerungen eines Gorporals ber alten Armee, 
die Ehrenmeldung Rapoleon’s, das Lob der jungen Arme: und 
bie Betheuerungen des Schutzes und ber Sicherheit, beren bas 
Baterland unter dieſem doppelten Schilde fidy erfreum koͤnne, 
wurben mit allgemeinem Jubel begrüßt. Ueber bie nicht unbeuts 
lich perfiflirte Feigheit der Belgier und das Ungläd der Hollin 
ber wurde gelacht; aber einige eingeflidte Lobgefänge auf dem 
Kriegsruhm Louis PHilipp’s und feiner Söhne, uͤber bie guten 
väterlichen Abfichten des Minikeriums wurden mit Kälte und 
bier und ba mit Pfeifen angehört. Das Ganze ift eine Geburt 
des Augenbiids und wirb mit ihm vergehen, ober {ft jchon 
vergangen. 

Auch tas 'Theätre de ia gatets, fehr uneigentlidh fo ge 
nannt feit längerer Zeit, hat fein Reujahrsgeſchenk erhalten, 
doch iſt das Arme fliefmätterlich besagt worden. „Ciöte, om 
la fille d’une reine”, Melodram in brei Acten und fünf Ta⸗ 
bleaur, fpielt wie „Juanita” in Navarra. Cine Kongin im 
16. Jahrhundert verzweifelt darüber, baß fie Feine Kinder er 
halte, wallfahrtet zu der Kapelle der Wunder und begegnet auf 
dem Miene dahin einem fadnen Mädchen, welchem fie vers 
ſpricht, ſich feiner anzunehmen; bald darauf, abermals bei dem 
Mädchen, einem Pilger. Dieſer lieſt in einer auf dem Tiſche 


*, Bel. Mr. 85 d. BI. In eine ber naͤchſten Lieferungen kommen 
wir darauf zuruͤck. D. Red. 








2 


llegenden Cheentk bie Begebeweiten werde ſih 15 | 
N. in Navarra zugetrogen: daß bie — 
ter niebergelommen, ch verſchwunden wmb u 
son Rroent auf fehe myſteridſe Art geſtorben Alsbarb 
in leitung des Mbchens 3 Diefer Rinig 
IE: X —— * Bann, zitternd vor ſeinem 
Mn einem Teſtamente Ravarra an m Bean 


—ã 






ſhwoͤrt, Ad zu dm — wer ta fuͤr —* — — — der 
'Infpiration? — Am Tage ber Krönung ift Giotilde im praͤchti⸗ 
gen Zuge und in ihrer golbimen Kleidung fehr traurig, und im 
Augmblid, wo fie, auf dem Throne ſich niederlaffend, das ihr 
von Senodani gefchenfte reiche Gebetbuch öffnet, Rürzt fie tobt 


w den Füßen des Volles nieder. Die Breube Genovani’s, der 
in die Rache Gottes fehen will, bauert e; denn da 
er gezwungen wird, das Buch zu öffnen, * er todt zu⸗ 


men — vergiftet. —* bleibt” nur ber franzoͤſiſche Ge⸗ 
= übrig, weldger in bie Bauft lacht, weil um Navarra an 
ati kommen muß. 


pastement”, Baubeviiie infünf Zableaur 


berieben, und will er von ber zulegt unbantbaren Maſſe, w 
des Trhhern Guten ich nicht mehr erinnert, nicht anbarmbergtg 
‚verworfen werden, fo möge er ſich beeilen, noch etwas Ausges 
*3* in Tage Sage A fördern und unter dem Schirme dieſes 
aluͤcklichen Ginbruds fi von der Scaubühne guruͤckzuziehen. 
Geine_fucosfiden Wiöglüde an dem Gymnase, an ber Porte 
St.-Martin, on bem Ambigu, an ber Opera comique, bush 
welche alle er wicht ohne einiges Pfeifen gulegt an die Verietds 

gezogen ft, muͤffen ihm eine finftere Berpebeutung fein. „Die 
Meife im Zimmer’ war nicht auserfehen, ihn von diefer Ungunſt 
gzu retten. Gin Minifterlalfecretair, Guillois, wünfcht die Tochter 
eines veichen Holzhaͤndlers zu beiratben. Die Krau diefes Letztern, 
mit weldger er auf vertrautem Fuße fteht, läßt ihn wiſſen, daß 





fein zukünftiger Schwiegervater ihn erſt prüfen wolle, und ba 


er, ui, bee feinen Schwiegervater gar nicht kennt (?1!), bie 
Perſon eines gewiflen be Girandele, Berfaffers einer kleinen 

Schrift über die Kunft, fein Gläͤck zu machen, für dei Holz 
Yandler amfleht, To empfängt ev Ienen ſehr gut. Unterdeſſen 
aber war der wahre als Schreiber iin fein Haus gelommen 
und hatte da Gelegenheit gehabt, alle die übeln Launen feines 
zufänftigen Schwiegerſohnes zu erbalben. - Guilleis fpielt auf 
der Börfe.unb verliert 100,000 Dufaten u. ſ. w. Der Herr Bar 
ter iſt ſehr enttäufcht und gibt feine Tochter einem jungen 
Manne, Better von Guilleis, und täßt biefen in ber Ausſicht auf 
eine Abſezung. Der unglüdtiche Slädsfünftler Girandole muß 
dies zunaͤchſt entgelten und wird bei dem naͤchſten Mefuche ais 


unwilltommene Gaſt erpebiet, Trotz der ſchwachen Production 


geht das Stuͤck noch gut in ber Aufführung und wird dem 
Zulauf ber Varietss Teinen merklichen Abbruch thun. Dieſes 
Theater befigt einige Anziehpunkte, welche fo leicht ihre Kraft 
nicht verlieren werden. Die Varietes find die wahre Rational: 


[ 
⏑ν⏑ ö— — —— — — 


| fig „Püris-mlader, we Then Are Mitel 






büe "des: Mcheriſte getreneſten 
Kollsfitten und — an —X Ba 
Fr —— ——— — von dem ſtange Ye 
manden Yin us Dis —— 
Kheeter 
3 einige. gute fpieler 


nen und in ber Regel eine gluckliche — 
das Publicum herbei. "Ins Beſttze des Zula 








wenn :ch im der. m 
nicht gebtotht, zumalin Maris, deſſen res Aalent darin 
beſteht, ‚jedem Er e feinen ——æ— 9 Fi bie 2 
keit auf ben erften Blick abzugewinnen. — „La matson du com- 
missaire”, Vaudeville in einem Act von Modhefort wib Ber: 
thetenmy Aiment Ye Wolicek unten die Mathe und Mhilbere”nds 
Quad ober Semniifieird wie vinen -Mienfammlungtort von; 
Das Stüd hat keinen Ge⸗ 


fein, Beiglingen und Dummkoͤpfen. 
balt und wenig gefallen. 

Aber der Triumph aller kleinern Theater, der Liebling bes 
lebrnstuftigen Publicums und bie Wtebebühne if dermalen Das 
Vauderille in der Bu» de Glareees. Gs ik nicht mehr Du 
Peivilegium der Kulienifgen Oper allein, daß man Stunden 
ne dem Bing —5 baren muß, das Vaudeville iſt in dieſem Ay: 

enblidde d agnet, weldyer die Zufchauer umwiberftehlich an 
16 — und feine —*— die des Frohſinnes. Vor eis 
e auch der, von dem allgeme 


, aa Ki * g gu weten nd By 
vonften, weinertichen m Dramen — 
Bott ſeis —— was per rg amen find — Hinzugeben: 


Momus im Kothurn, Sganarelle in der Toga Finnen Aut Tags 
weilige Tragifomdbien werden. Jet hat der beffere Sinn unb 
en Gehhmatt wie bar den Tinumgiellen Docthoil 


A 


niger Belt droht 
VBDchwinudel ‚ergriffen 





geteitetes 
ck 
—* Mae fremder, ungewohnter M 


Revoin⸗ 
entſchaft und . alle jene 
das 7 


tin, die Erbſtuͤcke ber 
@ittenauföhfung, bie — des Sebens, 
der —— dem Volke, welches ſoeben jene ganze Maſſe dx 
vornehmen Suͤndhaftigkeit zuſammengeſtuͤrzt hatte, vor die —* 
gen geführt und ihm mit ſicherm Finger alle bie Racktheiten, 
Sebrechen und Bloͤßen Derjenigen gezeigt, welche die Nation 
bisher gewohnt war zu verehren. Diefer Roman, weldher eis 
Fr ‚dee geiftreichften Mitglieder der ‚girondififchen "Partei zum 
erfaffer hatte, lieferte in Dee Darſtelung ber ffandalöfen Sce⸗ 
nen bed geſellſchaftlichen und Bamitienlebens, in der Cathuͤllung 
des Innerften der Frauengemaͤcher und Boudoirs, ber Gelage und 
Drgien ein um ſo ergreifenderes lebenathmendes Bild jener Diener 
und Sklaven, Gecken und Schweiger und ber. ganyen verkruͤppelten 
Seneration, als ex wirkliche Scenen malte und die Wahrheit 
barftellte. Jene Zeit iſt heute vorüber wie ein Traum, und bie 
Srinnerung bavan, wie Alles, was ſich an eine conftatirte Wer: 
gangenheit Inäpft, bat tängft das richtige Urtheil gereift. 
(Der Veſchlouß folgt.) 





Notiz. 


Ueber ben RAoman ber Miß Irolloye:. „The refugeo In 
America’ (dvei Wände, Eonbon 1882), verlautet nichts Vortheil⸗ 
haftes. Waller Wiederholungen aus ben '„Domestic manners 
4 the Amerioans'' dexfeiben Kerfaſſeria, misfällt er auch durch 
—— Breite und viele Unwagrf&einlißteisen ber Er 

ng. 


Nedigirt unter Berantwortiichteit der Berlagshenblung: & X. Brod daus in Leipzig. 


| B At ter 


für 


liter a una Unterhalt ung, 





LALSUFE Ä 


r c«6 


#7. 7 Bebenay 4838. 








Bar critit ber Hegel ſchen Dpitofophie. 
(Bertiehung aus Nr. 68.) - 
Der zweit⸗ Baund der Sammlung ber Werke enthaͤtt 
Die. „Dhänsmeneivgie des Geiſtes, die umnſtreitig eine Der 
reiche n, und am weiſten . conaretes .- Erben habenden 
Derfkeilungen Herels it, ja in der ſich Säge finden 
die; wenn ee fie in feinem ſpaͤter methedifch conſtrairten 
Soſtem ebenſo ˖ſehr ihrem wirklichen Inhalt nach darin 
geltend gemacht hiltte, wie ex fie nur der logiſchen Form 
nach, zu verreisklichen fu, demſelben offenbar Das ge 
geben würden, was ihm jetzt fehlt und: ihm fo 
wilfach ia. bie trube Schetaenfeite ſeiner Nhupfophie vor⸗ 
gehniten worden iſt, Nämlich ben wahren ‚concretam und 
—3 Gehalt, das wahrhefte Reale, Ins zwar in 
der prinzipienumäßigen Identitaͤt mit ber Form als Begriff 
in dem Spſtem als. wirklich vorhanden behauptet wird, 
aber ſchwerlich aus einem andern Grunde. alö dem bias 
lettiſchen Scheingrunde, wonach bie. merunbufifehe Formal, 
die au ſich ihrer ſAengſtan Wegsuftbung wicht ermangelt, 
tunſuch an die Sttelle des Lehens gelegt und auf das 
Leben damit als auf ein begriffenes und nun erſt zu ſei⸗ 
nen eigentlichen Rechte gekommenes hingewieſen wird. In 
der Phaͤnomenologie⸗, wir koͤnnen es und nicht verheh⸗ 
len, herrſcht viel mehr innere Freiheit ber Gedankenent⸗ 
wickelung und eine — Umficht auf alle Sphaͤren 
der Hervorbringung des: Geiſtes in at, Kunft ud 
athiſchem Leben, die nach vielem Seiten. hin durch tieffins 
nige Gedankenblicke eflenchtet‘ werden, als in der ſpaͤtern 
abgefchloffenen Ausführung des Hegel'ſchen Spſtems. Seibft 
binfichttich der abfoluten Idee, die als Aufang und Ende 
diefer Philoſophie an die Spitze der ganzen großen Auf: 
gabe tritt, wird man in ber „Phaͤnomenologie⸗ auf uͤber⸗ 
raſchende Ausdruͤde flogen, welche in der Faſſung derſel⸗ 
ben noch nicht auf das abſtract Allgemeine deuten, wie 
«6 fih in dem methodiſchen & ale das legte und 
hoͤchſte Endgiel herausfickit, ſondern die noch bie indivi⸗ 
duelle Idealitaͤt des Abſoluten feſtzuhalten ſcheinen und, 
wenn in dem Abſoluten der Begriff der Gottheit gedacht 
wird, zugleich damit auf die ewige Perſoͤnlichkeit des goͤtt⸗ 
lichen Weſens hinweiſen, welche in dem Syſtem ſelbſt ent⸗ 
weder wieder verloren gegangen, oder ſich zu ſehr in das 
abſttact Allgemeine —— hat. 
Es ſcheiat deumach, als man das Soſtemeuiſche mad 


Methodiſche das an daers Phitofophie mais. Kecht--aid 

ein fo wichtiger Fortſchritt der Wiffenfchaft bewundert und 
anerkannt worden iſt, dennoch dens wahren Gehalt. deß 
Realen in der dialektiſchen Conſtructjon des Lebegebaͤnde⸗ 
aber geſchadet. alt: genuͤzt, es cher sin feiner Lebensfiule 
verkuͤmmert als zu - einer lebendigen Eutfaltung gebradf 
habe. Nachdem Hegel die eigenthuͤmlichſten Ideen ſein⸗ 
Standypunktes in ſich zur Neffe: gefördert und ſie zum 
in mehr vereinzeften Darflellungen und Prolsgenmn, wie 
in feinen Abhandlungen, Keitilen und in dee „Mhängme 
nologie”‘ "gegen bie. Stanbpunfte feiner naͤchſten Vorgaͤn⸗ 
ger im: Phllofophiren fcharf abzugrenyn oder aus denſel⸗ 
ben zu entwideln. verfucht hatte, wi er erkannt - zu 
haben, daß das Eigenthuͤmlichſte [eines Standpunktes am 
meiſten und vorzugsweiſe darin ſich begruͤnden wuͤrde, bie 
Geſchichte des bisherigen Philoſophirens zu einem 3 
menhaͤngenden Soſtem zu organiſiren und fo, waͤhrend 
ſeine Vorgaͤnger aur immer -ihs Syſtem gegehen hatten, 
jene ein allgemeines Syſtem ber Philoſophie 
fetbft zu conſtruiren. Hinſichtlich des Inhalts ber Sye 
culation mar er offenbar zu einem neuen Standyunkt ges 
kommen, da das Princip der abfoluten Identitaͤt hexeits 
in der Schelling'ſchen Philofophte entichieden genug zum 
Srunde lag; aber das univerfelle Syſtematifiren, alſo die 
Form war es, das ihn zu einer noch nie dagemeſenen 
Schoͤpfung berufen zu haben ſchien und deſſen er ſich 
nun mit jener von einge eiſernen Conſequenz getragenen 
Methode bemächtigte, über das ganze biöher -zu Tage. ger 
förderte Gebiet des menſchlichen Wiſſens zewiſſermaßen 
feine Pflugſchar auswerfend. Dieſe Methode machte feine 
Philoſophie vorzugsweiſe zu einer alademifchen, zu einer 
Eehrpbitofophie, Die deshalb au beſtimmt war, frucht⸗ 
bringend felbft in die Behandiungsweiſe dee empiriſchen 
Wiſſenſchaften hinübergugreifen. Kant. wur, möchten wir 
fagen,. der Kritiker, Fichte der Redner, Schelling der 38 
ter und Hegel der Gelehrte unser den Philoſophen. 

ebers wegen dieſes vorhersfchend akademiſchen Fe 
feiner Philoſophie mußte fie ſich wol vortrefflich als Weg⸗ 
weiſerin und Bildnerin fuͤr Studirende und —* a 
Wegweiſerin guf dem Wege des Facultaͤtewiſſens, aber 
nicht als ausroeichende Zührerin auf bem Wege de Le⸗ 
bens erzeigen. Hegel glaubte zwar die große Aufgabe zu 
Stande gebracht und Som und ) Bil, Wiekliches und 


\ 





238 


Vernünftiges, Sein und Denken in einer concreten Gin: 
beit in feinem Spftem bingeftelt zu haben; aber er be: 
ging darin einen ebenfo ungeheuern Irrthum, als ber ift, 
an dem feine ganze Philoſophie Eränkelt, daß er nämlich 
in feinen metaphnflfchen Abſtractionen bie concrgte Wahr: 
beit nicht nur begriffen, fondern auch mitfammt ihrer 
ganzen Lebensfülle darin wirklich enthalten wähnte. Wenn 
bei jeder Philofophie Das die wefentlichite und wichtigfle 
Frage ift, die wir an fie richten: was ihr nämlich für 
das Reale gilt? und wir bei Hegel darauf bie Antwort 
erhalten: ber Begriff; die Idee, das Sein, welches das 
Denken iſt — ſo koͤnnte uns bei dieſem abſoluten Lebens⸗ 
idelios, Her «ins ſehe vreita und ebenfalls zu bumbker 
bende Seite der Wirklichkeit, die nicht Denken fein kann, 
gänzlich) verneint, zwar ſchon glelch etwas bange werben, 
aber wir befinden uns body immer noch in der Mitte bes 
Lebens ſelbſt, und fein Inhalt iſt uns noch nis +At: 
viihe, wenn amd) bereits kuͤnſtlich beleuchtet. - Sehen wir 
aber, wie Degel von dieſem Standpunkt, den er an ſich 
Thon: ausgeſprochen vorfand, weiterging, um ihn nach fel« 
net Weiſe ſyſtematiſch zu begründen und zu entwideln 
und int logiſchen Ausdruck darjuftellen, -fo finden wir, 
wenn und das Sein, weiches das Denken tft, in feiner 
Spitze als Begriff hier confirufet: wird, daß «6 fich uns 
mich nur in einen dialektiſchen Inhalt, weicher iſt, indem 
ve wicht iſt, in das Sein, welches der Schein iſt, - vers 
wandeit und aufgelöft hat. Wir behaupten demnach, baf 
das Reale in der. Hegel ſchen Philofopgie nur als For⸗ 
males vorhanden fei. Der viel beſprochene und viel ver 
nommirte Sag: „was vernünftig iſt, iſt wirklich, und 
was wirklich iſt, iſt vernünftig‘, ben wir einen Knallef⸗ 
fetfag der Vernunftarroganz nennen möchten, exicheint 
deshalb nur als dialektiſche Formel bewieſen in dem Gy: 
ſtem, denn dieſe Einheit von Sein und Denken iſt etwas 
Uebermenſchliches, das nur in den formellen Demonſtra⸗ 
tionen eines Denkſyſtems eine bialektifche Scheinwirklich⸗ 
Bert behaupten kann. Go fehr abes auch unfere philoſo⸗ 
phifchen Syſteme in der That am Menſchlichen leiden 
und nicht anders koͤnnen, fo ſehr haben fie ſich freillch 
auch inmimer zu uͤbermenſchlichen Vermeſſenheiten empor⸗ 
zutreiben geſucht. Der abſtracte Gedankt ſteht in der 


Hegel ſchen Philoſophie als das. reine und mit ſich ſelbſt 


eine Lichte an dee Spitze. Iſt menſchlicher Gedanke aber 
wol dem reinen Licht als ſolchem vergleichbar? Oder iſt 
er nicht vielmehr nur gebrochener Lichtſtrahl, der, am menſch⸗ 
lichen Thun und Treiben ſich mannichfach truͤbend, erſt 
am Ende der Tage zur Einheit mit der Sonne, von der 
er ausgefloſſen, wieder eingeſammelt wird? 
Aber Hegel's Syſtem will ſchon die verwirklich 
Sonne fein; und dies iſt der alte menſchliche Irrthum, 
welcher die Erde für ben Mittelpunkt bes Univerfums 
unfieht, während fie doch nur die relative Richtung hat, 
fi) ewig ruhelos um eine Sonne zu drehen. Und ba 
wir einmal diefe Wilder hier gleichnißweife gebraucht ha⸗ 
den, fo liegt es nahe, ‚die bekannte Beſtimmung aus Des 
gel's Naturphiloſophie hetbeizuziehen, wonach er in der 
That durch die wunderlbchſte Anwendung feines logiſchen 


Zauberſtabes ben Copernikaniſchen Sonnenfofkem eine Deu⸗ 
tung gibt, weiche dieſe große Entdeckung, die für das 
Bewußtſein der Voͤlker von wahrhaft weltgefchichtlicher 
Bedeutung iſt, eigentlich in ein fophiftifches Nichts zus 
ruͤckwirft, indem er die Sonne nur als das abftzacte Gens 
trum des Weltſyſtems befeichnet und gelten läßt, woge⸗ 
gen die Erde der wahre‘ concrete Mittelpunkt der Schoͤ⸗ 
pfung fei, dem die Sonne nur als ein untergeordneter 
Körper diene, und zu dem fie fi) nur gleihfam wie eine 
elementare ——— wie em, abſtractes Moment des 
indieiduellen Erdkoͤrpers verhalte. Go rasit kann es bie 
Anwendung ber Logik in der Schöpfung bringen! Wenn 
Ye Some dadurch nur zume Latee wo der Mehe, ber 
das Beleuchtungegefchäft derfelden bat, herabgewuͤrdigt 
wird, fo koͤnnen md mögen wir dach kaum eine irechte 
Berherrlihung ber Erde darin erblicken, obwol in ihr bee 
Inbegriff alles Geiſtigen and Wahrhaften dadurch cons 
tenteirt werden fell, da Die Erde, das Irdiſche die wahre 
Verherrlichung nur In der Relatkoltaͤt, in der Beichung 
gu einem Jenſelts mipfängt, welches: frei in ber Der 
gel'ſchen Philoſophie, die Nein Jenſeits kennd, völlig fehlt. 
Aber nicht nur in Hinſicht auf. die Natur; welche: in / dies 
ſem Spftem nur als dee Abſall der Ider von ſich felbſt 
und ſomit ale ‚das Schlechte“ — um einen ſehr gelaͤu⸗ 
figen Auſsdtuch Hegel's gu gebrauchen — gewußt wich, 
zeigt ſich die Alles erklaͤren und vertreten ſellende logiſche 
Gonfiruction von fo erſchreckenden Folgen; noch ſchneiden⸗ 
der und truͤgeriſcher tritt die Anwendung dieſer Methode 


zu ſich ſelbſt zu kommen und Mh: in bee A 
ſeines Begrifſes hervorzubringen! Die Momente der fi 
ſtufenweiſe ſelbſt conftruicenden Gottheit entwickein ſich 
aber dergeſtalt, daß nach dee Hegel'ſchen - Religiensphiler 
ſophie Gott erſt in Chriſtus ass zu ſeinem„Selbſtbe⸗ 
wußtfein” gelangt gedacht wicd. Was iſt dies aber für 
ein ohmmächtigen Gott, welcher ber proceffualifihen Selbſt⸗ 
verendlichung bedarf, um dadurch erft fein Selbſtbewußt⸗ 
fen zu erreichen? Heißt Dies nicht ‚Bert abhängig mas 
% von der Welt? Unb die ganze Tiefe ber religioͤſen 
dee von der Erſcheinung Chriſti wird, unſers Erachtens, 
dadurch zu einer nüchternen, logiſchen Definition enthei⸗ 
fig! Aber Über das Logifche, über die metuphyſiſche Form 
tommt Hegel nirgend hinaus, und indem er glaubt, da6 
Hoͤchſte damit num erft wahrhaft ‚begründet zu haben, hat 
er fi) doch nur eine Schranke daran gefegt, an der ihm 


| after wirkliche Inhalt unter den Händen zerſchellt. So 


ift die Begriffsbeſtirmung des Boͤſen eigentlich noch vom 
feinem Philoſophen fo Flach gefaßt worden als von ihn. 
Das Böfe bat nach der Degel’fchen Philofophie keine 
Eriftenz, keine Wirklichkeit, fonderm ift nur die logiſche 
Unangemefienheit des Seins gegen das Sollen, und Goͤ⸗ 
ſchel bemüht ſich in ‚feiner unter Re. 3 

Schrift vergeblich, das Chriſtliche dieſer Anficht von der 
Sünde zu retten; fie iſt und bleibt dennoch unchriflfich. 
Aber dieſe Auſicht iſt nicht nur unchelfitich, ſondern, moͤch⸗ 


tem: mie fagen, auch -antiseltgefchiihtiäih. Ja der Melt: 
und Volkergeſchichte ſehen wir das Wöfe als daͤmonlfches 
Ingetdiens freigegeben; 6 iſt gewiſſermaßen der treibende 
und draͤngende Gonflist ;in. der Beppegung; aber in bem 
mechaniſchen Leben des Syſtenn . fleht ‚ber. Mephiſtophs 


6 burſ eine tie gebunden: da, Do:er freilich 
auch hier nicht anders als mit durchlaͤchelnder Teuſels⸗ 
frage trägt. " u ' 


&o glauben wir uns. benn deutlich genug- nach. meh⸗ 
zn. Seiten bin ausgeſprochen zu haben, daß wir ‚Degel’s 
Phttofophie zwar- für ein uhgehmmres,- ti mühe 
—F Begriffsſyſtein halten und ihm in dieſem Sinne 

Arkſamkeit, welche es von hleraus zu üben vermag 
und geuͤbt hat, gern anerbennend zugeſtehen, daß uns aber 
dies Syſtematiſche zugleich nur als das iſche und 
Verſteinernde darin entgegentritt. Wenn das Syſtema⸗ 
tiſiren hier für die hoͤchſte und leßte Blüte des Philoſo⸗ 
phitens überhaupt, ausgegeben wird, fo ſcheint ſich dage⸗ 
gen, wofern wir recht ſehen, in der, Zeit. bercits eins un: 
wiMhrtiihe Ironie gegen biefe Richtung hervorgethan zu 
Haben. Mies find die vielen: kleinen und Sy⸗ 
ſtemchen junger Gelehrten, bie man jetzt faft täglich‘ und 
aller Orten in ber philoſophiſchen Literatur auftauchen 
fieht, und es gibt kaum einen jungen Privatdocenten, der 
micht, Inden ex fein Katheder aufichlägt, damit anfinge, 
ein eignes Syſtem zum Beſten zu geben; und- er bat für 


fein" Theil voilkommen Recht daran. Dieſe Syſtemſucht 
verſifürt ſich alſo bereits ſelbſt und gibt ums. außerdem 


woch, wie es ſcheint, bie: tiefere and hoͤchſt beachtenawerthe⸗ 
Lehre, daß ein univerſelles Autotitaͤtsſyſtem, das die Allein⸗ 
herrſchaft im Denken behaupten moͤchte, durchaus weder 
mehr an der Zeit, noch uͤberhäupt dem Zuſtande der heu⸗ 
«gen r angewmeſſen und v ſei. Das 
Palloſephiren fol fortan ein freies und individuelles rl 
ſtedeigenthum der Gebildeten des Geſchlechts ſein, daB, 
von feiner Schulform gefeffelt, nur Früchte des Bes 
bens trägt. . (Der Weidius folgt.) 





Die, Theater in Paris im Sabre 1833. 

‚(Beiäiuß ans c. 97.) 
Ecx war nichts Berichtes ; diefen Noman mit. getreuer Auf⸗ 
rechthaitung feines Gharakters und dennoch ohne Auſtoͤßigkeit 
oder ohne Toͤdtung des ihn belebenden Intereſſes zu dramati⸗ 
Arm. Die Verſaſſer ber ueueri erſchienenen Romädie von 
fünf Acten: „WFaublas”, haben diefe Aufgabe meifterhaft geiäft. 
Nichte gleicht der Kräftigkelt, ber Lieblichkeit und Natürlichkeit 
diefer Charakteriſtik; es iſt nicht Spiel, es ift nicht Taͤuſchung, 
fondern es ift die Wahrheit ſelbſt. Sie leben tm jener Zeit, fie 


fehen vor ſich die wirkliche Marquiſe, die Madame te Gigrolles 


und den Brofen Rofambert, das Triebrad der ganzen Jntrigue. 
las, ein junger. Ghenalier, welcher eben. im bie Melt einges 
st. wird, wie er gleich beim erften Auftreten feine ſchoͤne, an⸗ 
gebstete Braut fammt allen väterlichen Ermahnungen und War- 
nungen vergiät, feinen Freund verräth, anſtatt ihm zu bienen, 
und beffen Geliebte ihm entzieht; wie er von Verkleidung zu 
Berkleidung, von Intrigue zu Intrigue ſchwaͤrmt, vom Gluͤck 
‚verfolgt and, raten wird, und die gutmüthigen Gpeherr 
der gefälligen en ihm meift Tetbft alten erbenkuͤchen Vorſch 
keiften, iſt mit ſoicher Grazie und ſolchein anmuthigeh Reize gr: 
childert, daß das Publicum pgd-mit, ihm, biesRafie-ber. Kritiker 


- m — vr 


‚Ss fchlafend träumen unb 


in eine ſtuͤrmiſche Hulbigung hingeriſſen wurben. Es gibt keinen 
gluͤcklichern Abend alt ben, weichen N Bufchauer bes we 
—e und bie Bortrefflichkeit des Spiels, bie richtige Auf⸗ 
aſſung der Charaktere haben daran ebenſo großen Antheil, als 
fie. das Talent der Schauſpieler bewähren Moͤgen immerhin 
unfere Brönmmier die Steine vach uns profanen Weitkindern wer⸗ 
fen and Ach und Weh Über Gittenverfall ausrufen, — gehen 
Siein „Faublas‘, Hören und fehen Cie, und hinterher fagen Sie mie 
Shre Meinung. Uebrigens überfehe man die Quelle ſolcher Klage 
lieder nicht; Hier, 100 Alles zur Politik wird, hat auch bie 
Sheaterkritit dieſe Barbe angenommen. Es find bie Karliften, 
welche in ihren Blättern ba8 Anathem über dieſe Stücke nice 
allein, fondern Über alle PYrobucte ber jehigen Literatur, Kunſt 
und Theater ſchleudern — mit Ausnahme’ jeboch der Schopfum⸗ 
gen ihrer Parteimaͤnner. Das iſt ihr Eyftem, aber darum 
nicht Wahrheit. Sobalb eimmat feftitebt, daß diefe Vorſtellun⸗ 
gen geſchicht liche Thatfachen zur Grundlage haben, fo wäre. 
bie Wermeibung ihrer Reproduction um ber Bitten halber eine 
laͤcherliche, zweckloſe Gleisnerei. Die Grfchichte in ihren Groͤßen 
wie in ihrer Berworfenpeit iſt uͤberall ein Hebel des Fortſchrit⸗ 
tes, und ber a ber Zugenb und bes Laſters laſſen ſtete einen 
der Moral zutraͤglichen Eindrud zuruͤck. Das Publicum ſieht 
und urtheilt und macht fi felbft. feine Nutganwendung: riden 
corrigo! Wenn bie Karlifien nach Herzensluſt ihre Entruͤßung 
außgieben, fo vergeffen bie braven Leute, bag es die Kehrſeile 
jener guten alten Zeit, das Bild ber Bourbonenherrſchaft, ber ' 
Kefler jener ritterlichen, «bein, großen Ariſtokratie ift, welche 
wachend zuruckwuͤnſchen. Sie verleug⸗ 
nen ihren eignen Gott! Endlich iſt für sin vortreffliches en 
gift geſorgt. Sonderbarerweiſe hat beinahe gleichzeitig das 
Gymunase ein Stuͤck auf das Repertoire genommen, weldges eis 
nen ähnlichen Begenftand bebanbelt: „Les malheurs d’un amant 
henreux““, Vaubeville in zwei Acten von Scribe. Auch hier 
fpielt eine Art von Faublas; aber er iſt nicht der frivole, lebens⸗ 
Iuftige und muntere Zunge ber Rue de Chartres, fonbern es iſt 
ein, Bafbionable bes Jahres 1882 mit langem Ueberrock, abges 
mübet, überbrößig und von feinem Liebeögläd erdruͤckt; mit. 
dreißig Jahren fiebt ee mit wahrer Zerknirſchung auf feine Ver⸗ 
irrungen zuröd und thut Baße dadurch, baß er eine ber Uns 
gtödtiigen, welche ihm unterlegen, heirathet. Das Stuͤck ik nicht 
jchbecht, nur zu eng gefaßt, was ermübet, unb wird gut aufe 
defuͤhrt. Den Moraliften ift zu rathen, daß fie das Vauderille 
gum Mahle und dab Gymnase zur Verdauung nehmen: Erſter 
und giveiter Theil — und bie Ethik ift befriedigt. 
Neben ‚‚Faublas” wird ein anderes Stuͤck gegeben: „Les che- 
miss en Tor’, weiches bie Werfaffer ein Vauderille-revue nen: 
wen, weil es in ber pet am Schluß beö Jahres 1832 einen 
stödbtid auf den Zuftand ber Givikifation, bes Öffentlichen Les 
bene, ber Literatur, ber Miflenfchaften, plaftifchen und drama⸗ 
tiſchen Känfte u. ſ. w. wirft und allentpalben bie Auswuͤchſe 


ohne beſondere Schonung ber Regierung geißelt. Gin Ingloman 
unbd ſchwaͤrmeri 


fi fer Anhänger der Ciſenbahnen wird im Traum 
auf die retrograden Infeln verfent, mo er mit ber aeuern frage 
söffgen Ginilifation in Dampfwagen anlangt und ſolche dem 
Köntg der Infel vorfiellt. Unter Andern kommen zum Vorſchein 
l’adultöre, als Königin des Dramas, und ein gewvappneter 
Ritter „To moyen Age”, ald König ber Eiteratur, und verlaffen, 
eine Galopabe tanzend, die Scene. Gobann als modele des 
arts ein budiiter Wlayeup, der von dem König bie Erlaub⸗ 
aiß ſich ausbittet, die Runflausflelung , zu weicher voriges Jahr 
kein Local verwilligt worben, auf ber Inſel halten zu duͤrfen, 
wobei er ihm auf das einladenbfle alle Wertrefflichkeiten ſchüdert: 


Oh verra, c'est convent, 
Un poöte en gel&e de pomme, 
En caramel un grand honmme, 
Un peintre en sucre fondu; 
En diablotin un artiste, 
En compotte un journäliste, 
‚ , Ba papiloite un pianiste, 





Pai vu sans plus de fagens 

En seindeowr, Dieu, quel Wiespktme! 
Le ptte Enfantin Iul mäme 
Entourt de cornieloßs . . . . ' 


Nach ihm erſcheint bie Preſſe, eine Jchöne junge Dame in Ge⸗ 
feufchaft Ihrer fleten Begleiter, der Gaution, ber Poſtgebuͤh⸗ 
zen undbe Stempels. Sie hat zierliche Halsketten und Hand» 
ſchellen an und trägt ein Meines Gtrobbünbel in ‘ber Hand. 
Auf die Zrage, was das für Geraͤth fei, erklärt fie ihm, fle 
wiffe nie des Morgens, wo fie am Abend ſchlafen werde, und 
fo bilde dies ihre Gefaͤngnißlager, bie Handzierden aber feien, ohne 
eine Maſſe anderer kleiner Ketten, bie ex ihr an ben Hals ges 
worfen, eine Artigleit des Gtaatöprocurators : ’ 


.. . Cest le procureur du roi 
i Qui se charge de ma paruro. 
Voila ses doens d’ameour & lui, 
; J'en regois toutes les semsaines; 
' M m’a donne, meme aujour-d’hui, 
Ce collier la pour mes etreunes. 


Bei dem Anblick diefer fatirifirenden erfolgten, die die Ketten 
mit freubigem Muthe trägt, ſtets Kopf oben, im Gefängnis wie 
in der Freiheit noch wirkt und bee Gewalt) welche fie zwaͤngt, 
ide Stigma auf die Stirn heftet, noch in den Banden Königin 


„de: Welt, wie fie ſich ſelbſt nennt, fielen mie ihre Leidensges | 


äbrtinnen andermärts ein — Doc ſtill — bie Genfur möchte 
drein mifchen ! 

Nach dem Auftreten bee France mit zwei Proflien, ein 
altes und ‚ein junges in einer Perfon, weile im Zwieſpalt 
liegen, nach einigen andern minder intereffanten, mehr localen 
Spottchatakteren, worunter aud bie Wohtthätigkeitätheorien ohne 

raktiſche Anwendung Ihre 
Kart durlesfe Figure, Franconi , auf einem kleinen Pferdchen 
von Pappe als „Mufeum bes franzdfifchen Auhmes, allgemeine 
Niederlage von Gefechten, Kanonen, Fahnen, Kugeln, Elefan⸗ 
ten, Kamelen u. ſ. w.“ &tolzirend auf feinem Säulchen und voller 
großer Redensarten und Btobomontaben: 
Vaillance! Prance! guerriers! lauriers! Prangsis! succks: 
j Poum! Poum!... 
16Bt ihn dee Berf., in diefen treffenden Strichen das ganze Ge 
maͤlde gebend, ausrufen und mit großen Sprungen abziehen, 
nachdem er zuvor den König ber Wilder als Frangais. be 
üßt mb ihm ohne Weiteres ein Ehrenkreuz auf die Weuft. ges 
(edit bat. Le diable d’argent ‚ale Alles bebere- 
ſchendes Printip, ſchließt bie Reihe und reißt Alles mit ſich fort! 

Wer dieſe ungebunbene, Alles erreichende Ruthe des Spot⸗ 
tes und des Epigrammes gewahrt, darf nicht beſorgen, daß bie 
Berierungen des Lebens wie ber Kunſt und ber Willenfhaften 
in Frankreich die Oberhand erhaltens ſtete von eimem- aufmerf: 
famen Wächter, ber äffentlihen Meinung, der Preffe und ben 
Theatern, beobachtet und im Zaum gehalten, wachen unb ges 
deihen WE Kräfte zu einer friſchen, vichtig ergreifenden und bem 
Pedantiönius abholden Lebensfreude und Philoſophie, weiche der 
Nation eine fo hohe Stellung und ums einen wmbeftrittenen 
praktiſchen Sinn und Werth ertheiten. 

Die komiſche Oper leidet an ber für eine Opernbuͤhne ge 
faͤhrlichſten Krankheit, Wangel an Sängern und Sängerinnen, 
zu weichem der neuerliche Verluſt ihres ruͤhmlichſt bekannten 
Eomponlftien Herold Hinzugetretm iſt. Sie ift deshalb Haute ein 

ſtand bes Diges und in deu „Chemins de fer‘ wird von 
ihre gefagt, daß fie fi vorgenommen habe, nicht mehr gu fingen, 
fondern fingen zu laſſen: 
Nous voulons r&soudre un probl&me 
Et prouver a nos spectateurs 
Que l’opera comique mê᷑me 
Peut &tre en vogue sans chanteurs. 


‚Dies ift um fo mehr zu bedauern, als ihre nettefle Oper „Le 


pr& aux cleres“ mit vielem Beifall aufgenemmen wurde. 


Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshandlung: F. W. Brodfiaus in Breiwzig. | 
LE 


Ladung erhalten, erfcheint eine wahr 







ie fablenifge Kipde, wehlherieit-bet 


ergsblih Eh zu zecrulicen, 
wigtlich ‚Lunfifennend ift, ha, 
alß eine angenommine | 

beſv Ichwer für weililche K 





ni ſterrs amiedar ebene: vm ne; Lordere 
er eg 
Bor Kurzem wurde „Don Juan‘ "aufgegriffen. Demolfelle 
Sarl, eine Deutſche, ale Donna Anna, Madame Tabolinf als 
Donna Elvira, and Mile. ’Zulie Grift als Zerline. Die Vor⸗ 


ſtellung, was deſonders bie Damen angeht, war nichte mi 
—— "Die Gtimge Apr Bier — 


jene und Schule, ermangelk aber der jugendlichen u 
es Metalls und, uf br den Abſtuͤnd der Au g u: 
der Hohen Idee be6 "Irten alle? To ler empfliben” OR 
Bännerftinmen, Beubimi: ars Dabio, Tamburini. ie Dem 
Sun — erwad Feifiim Gpiel.-— nid -Gantini. «if Eiyowile, . 
waren vortrefflich. Behr intezeffant war mir, au dies dem 
überall herrſchenden Bwiefpalt in der Beurtheilung des Holen 
von £eporello und der Zerline zu beobaditen. Die Einen wollen 
in Leporello einen charaktertoien, feruft imfättichen Helfershelfer 
und Poffenweißer haben, wähsenb'nie. Amern im ihm nur einen 
* a ft ——* ge u * * 
u 0 exlich es We erbli 

Venn ſicherlich der letztere der —326 en gr der Rolle 
ift, fo hat auch Santini ſie nicht Höllig erfaßt, fonbern bad Bur⸗ 
Ieöfe allzu fehr vorherrfchen Laffen. Julie Erifi hat die Zerline 
ws remes unſhuldiges Madchen dargettett, weiche ohre Akten 
der Gefahr, die hinter den Lichlehmaig Qen ZDuan's Iqu Pr 
in aller Wainpeit ben —5 Soingen, hab Ara 

xiſchen Glanze des neuen Andetexg auf Turze Zeit kingfüt, b 
fie am Rande des Verderbens zdr toahren Gekennmuig gelängt — 
ganz verfchleben von dee ehr häufigen und ſehr ˖ gewohnlichen 
art, in ihr ine gefhüfktige, Bokeiticchbt. junge. Biurrußicue 
sorzußehen. inet Oper son Vellini, nad. Shakſpeares 
„Romeo unb Julie”, weiche mit vielem. Theaterpomp auf 
eführt wird, hal bisher Feine allgemeine Anerkennung ger 


| ' | ten 
eime neue Oper „Le bal, masqué“ einflubizt. 
ſtoriſch und auß ber Ermordung Guſtav In 


nden. 
An der grohen Oper, wofeR Kingre Bit -„ieBunt kesdiabler 
dem Goofy füpete, and Dia Maglioni' imo pi Eutin 
sewandielt das. Gustzhslen des Plate ge Bun on 
ujet i 


€ 
wine von Schwe⸗ 


tefte Analogie darbietet, ie neue gtaͤßtiche Spottnieberlage ab« 
wehrt. Darum Hat fig denn. bas Winiſterium in eine Reihe von 
Unt ngen mit dee Dizection eingelaffen unb will alles 
Mögliche gefintten, in Gottos Namen möge fie ber armen Gu⸗ 
ſtav III. mit Dolch ober Wift, mit Musketen, Kenonen oder 
Bomben umb Leben briigen, — nur nicht mit einer Piſtole! 
bas ift gar gu graͤßlich — und was liegt denn an der Ge⸗ 
ſchichte7! . 171. 


rn | — — — 


Rotiy. 

Der Schach von Perfieh, weldjen eine ziemlich langtveilige 
Mufe auf feinem einſamen Shronfige dann und warn zu bes 
ſchleichen pflegt, Theilte vor zwei Jahren, denn bie petersbur⸗ 
ger Zeitung feine Ironie beabfichtigte, einen Lorberkranz vom 
ganz neuer Erfindung aus: er ſchenkte einem Dichter von Te⸗ 

eran, der eine Ode auf ben Geburtätag Sr. Majrfkät gemacht, 
in Paar Beinkleider von Hippopotamisieder ohne Nabe, mit 
Knöpfen von Topafen. 280. 











— — — 


a 
ð 4‘ 


Blätter 


für 


literariſche Unte de Itu ns 





Bonnertrag, 





Zur Kritik ber u Hegelfäen Dhitofonpie 
WBeſchluß aus Nr. a.) 
Das * pend und Bannende, das ein ſol⸗ 


ches abgeſchloſſenes Autoritaͤts ſyſtem als "daß Hegelſche 
mi fi fi) bringt, fi f eht man nirgend jo deutlich ein wie an 
a md unter feinen Einfluſſe arbeitenden Schülern u 

Anh dieſes Philoſophen. Leider hat ſich auch 

ſchel in ber neueſten Zeit völlig in die Schranken des 
Sbpſtems einengen laſſen und baburch feinen felbftändigen 
und geiftteichen. Charakter, der fic in feiner erflen Schrift: 
„Aphorismen über Nichtwiſſen und abſolutes Wiſſenu. ſ.w.“, 
fo viel verſprechend offenbarle, bedeutend geſchwaͤcht. Damals 
bewegte er fi ich ſelbſt, der Hegel’fchen Philofophie gegenüber, 
in eigenthuͤmlichen Betrachtungen und Forichungen, bie 
zein und fref dem Wege ber geiftigen Mahrheit nachgin⸗ 
gen und ſi N nur durch ſich felbft und den Gedanken, aber 
durch keine aͤngſtliche Beziehung auf ein gegebenes Sy⸗ 
ſtem bedingen ließen. Jetzt zeigt er fich in feiner oben 
namhaft gemashten Schrift: „Hegel und feine Zeit, mit 
Ruͤckſicht auf Göche”, in volllommener Identitaͤt mit der 
Philoſophie, die er darin erlaͤuternd und apologetifch dar⸗ 
ſtellt und als das Univerſalſyſtem aller menſchlichen Spe⸗ 
qulation zu verherrlichen ſucht; und es iſt erſtaunlich zu 
ſehen, wie abgefallen und gewiſſermaßen entkraͤftet ſich 
jest bei dieſem abſichtlichen Streben, fein Denken überall 
mit dem Princip des. Syitems in Einklang zu fegen, alle 
feine Entwidel ausnehmen, die man fonft mit beis 
weiten weche geifliger Friſche und Fülle gepaart bei ihm 
anzutreffen gewohnt war. Dazu kommt, um biefe neuefte, 
der Erklärung und Rechtfertigung feines Meiſters gewid⸗ 
mete Schrift voͤllig unleidlich zu machen, ein aͤſthetiſiren⸗ 
des Schoͤn⸗ und Wichtigthun mit Goͤthe, das er ſich 
ebenfalls aus ber Hegel'ſchen Schule heruͤbergenommen 
und angeeignet hat. Man konnte es oft mit Verwunde⸗ 
rung von Hegel's Anhängern vernehmen, wie fie bei jeder 
nur erfichtlichen Gelegenheit beftrebt waren, Säge und 
Paragrappen ihres. Meifters mit Ausfprüchen und poetl⸗ 
fhen Sentenzen Goͤthe's zu parallelifiten und fo eine 
Scheineinheit —**— dem Dichter und Philoſophen be⸗ 
merklich zu machen, gleichſam als fuͤhlten ſie das Be⸗ 
bürfnis , dadurch nachzuweiſen, daß ihrer Philoſophie das 
poetiſche Element, das ihr, unſers Erachtens, freilih fo 
ſehr mangelt, keineswegs ein entgegengefetztes ſei. So bes 


- 


Ihe bean auch biefe „Rüdficht auf She”, | in welcher 
Göfchel, dem Titel feiner Abhandlung zufolge, Hegel be: 
trachten will, in nichts Anberm als in ziemlich gewaltfam 
Herbeigszogenen Verſen und Citaten aus Goͤthe's Dich⸗ 
tungen, mie fie grade in den Kram ber Schule taugen, 
namentlih aus dem „Kauft“, der in dieſer Weiſe oft 
Parallelfiellen hergeben muß, obwol body am Tage liegt, 
daß der Dichter grade dies Werk in einem andern Sinne 
gefchaffen, als um der abſtracten Philofophie dadurch eine 
Schutzwehr zu bereiten. Iſt nicht der „Fauſt“ "vielmehr 
eine polemifche Tragoͤdie gegen die Verirrungen und Ans. 
maßungen der Speculatien? Und iſt .es nicht bios: die 
Sophiſtik der Eitelkeit und Selbſtverblendung, wenn die 
Schule fih bemüht, Stellen aus biefem Gedicht, welches 
in feinem ganzen Geiſte grade gegen fie zeugt, zu ihrer 
eignen Verherrlichung zu deuten? Göthe hatte ſich dem 
Urheber dieſer Philoſophie perſoͤnlich freundlich geäußert, 
aber wir glauben ſchwerlich, daB er auch nur ein einziges 
Bud Hegels zur Haͤlfte durchgeleſen oder ſich uͤberhaupt 
mit der innern Natur ſeines Syſtems wirklich bekannt 
gemacht hat. Eine Wahlverwandtſchaft zwiſchen der He⸗ 
—** Philoſophie und der Goͤthe'ſchen Poeſie duͤrfte 
mindeſtens nur eine ſehr zufaͤllige und unweſentliche ſein. 
Wenn ſie, um ſie an einem beſtimmten Gegenſtand an⸗ 


zuknuͤpfen, vornehmlich auch in der Naturbetrachtung Bei⸗ 


ber, die angeblich viel Gemeinſames darbieten ſoll, geſucht 
wird, ſo hat es uns doch nie gelingen wollen, uns damit 
einverflanden zu machen. Goͤthe's heiter spraftifche, finnigs 

forfchende Anſicht ber Natur flcht mit der Hegel’ichen 
trüben, die gewiffermaßen nur eine logiſche Verhoͤhnung 
des natuͤrlichen Lebens iſt, unmoͤglich in einer tiefern Be⸗ 
ziehung als hoͤchſtens nur durch zufaͤllige Particularitaͤten 
einzelner Ausſpruͤche. We aber faͤnden ſich nicht vers 
wandte Einzelheiten feibft innerhalb der verfchiedenartigften 
Sphären? So dürfte auch ber Nachweis der Wahlver: 
wandtſchaft beider Geifter ein zu allgemeiner fein, daß 
fie nämlih, wie Goͤſchel bemerklich gemacht, mit ihren 
Beftrebungen Beide ganz nur id der & egenwart, im Dieſ⸗ 
ſeits lebten, und auch Goͤthe wie Hegel, dem nur dad 
Wirkliche das Dernünftige und das Dernümftige das 
Wirkliche war, von allen tranfcendentaln Verirrungen 
frei geblieben fei. Doch genug von: diefer belachenswers 
then‘ Affectation der Hegel'ſchen Schule, fih mit dem 


größten Dichter Deutſchlands zw verbrüben! Wie fehr 
übrigens jegt, Goͤſchel ganz zu den bios nachbetenden 
Schülen Hegel's zu rechnen fei, bemeilen auch in feiner 
‚ nmeften Schrift die Erörterungen Über Poefie, Ironie 
und Humor, bie fo woörtlih mit Dem übereinflimmen, 
wie fih Hegel felbft in feinen Collegien barüber zu Au: 
Gern pflegte, daß fie uns wie ein Wiederhall gemahnen. 
Die Behandlung und Auffaffung diefer Gegenftände war 
bekanntlich die ſchwaͤchſte Seite Hegel's; aber doch von 
ihm wegen ber Verhaͤltniſſe feine® Naturelld das nun 
einmal nicht mit Kunſtſinn begabt war, wenigſtens zu 
erdulden. Unerträglich wird es dagegen, von feinen Schü: 
lern dies Geſchwaͤtz mit allen Einzelheiten immer wieder⸗ 
holt zu ſehen. Wie fchlecht ſteht ferner einem auf fo 
untergeorbneter Stufe befindlichen Schriftfleller wie Goͤ⸗ 
fhel das fpöttifche Vornehmthun gegen Jean Paul und 
deſſen „gefühlvollen” Standpunft (f. S. 28 feiner Schrift) ; 


aber auch diefe Polemik iſt ihm nicht einmal eigenthuͤm⸗ 


lich, fondern es gehörte, mie Jeder weiß, zu ben Launen 
des verewigten Degel, fi gegen Sean Paul, den er in 
feinen Borlefungen über Aeſthetik als „trivial“ kurz abs 
fertigte, etwas gehen zu laſſen. Was endlich ben apolo: 


getifchen Theil dee Goͤſchel'ſchen Schrift anbetrifft, worin. 


‚er es unternimmt, Hegel's Syſtem gegen bie Angriffe 
ber Kritik zu vertheibigen, fo LAßt er dem von uns unter 
Ne. 5 aufgeführten Buche von 3. H. Fichte, gegen das 
er ſich vornehmlich wendet, wol eine zu flüchtige und 
nichtachtende Würdigung widerfahren. 

Unfers Erachtens iſt der Hegel'ſchen Philoſophie nie 
eine geiftreichere und gründlichere Kritik zu Theil gewor⸗ 
den als in ben beiden genannten Schriften von C. 9. 
Weiße und 3. H. Fichte, und wie bekennen dankbar, aus 
denfelben für das Verſtaͤndniß bes gegenwärtigen Stand: 
punktes des Philofophirens Vieles gelernt zu haben. Sie 
ſcheinen Beide in den Refultaten ihrer Kritik darin über: 
einsuftimmen, daß das buch Hegel Gewonnene nur die 
gorm des Realen ift, und fomit haben fie ſich in ihrer 

nknuͤpfung an das Hegel'ſche Syſtem ohne Zweifel, den 
richtigften Geſichtspunkt eröffnet, um von hier aus, nach: 
dem fie ben Anfang bes eignen Philofophirens gefunden, 
auf dem Wege der Speculation felbftändig weiter zu ge: 
hen und der Wiffenfhaft bie dem Zeitbeduͤrfniß nunmehr 
angemefjenfte Stellung zu geben. Die Abhandlung von 
Weiße iſt beimeitem klarer und anſchaulicher gefchrieben 
als alle ſeine fruͤhern Schriften, die wir von ihm gele⸗ 
ſen, und in denen er, wenn wir nicht irren, ſich noch zu 
ſehr durch das Beſtreben feſſeln ließ, die Strenge der 
Hegel'ſchen Methode in ſeinen Entwickelungen durchzufuͤh⸗ 
ren. Seine bier gegebene Darſtellung von dem Verhaͤlt⸗ 

niß der allgemeinen Cultur und Bildung einer Zeit zur 
Philoſophie, und namentli der Hegel’fchen in Vergleich 
. mit den ihr vorbergegangenen, iſt reich an den ausgezeichz 
netſten und tiefgreifendften Betrachtungen. Die Grund: 
züge, bie er zum Schluß von feinem etgnen Syſtem ber 
Philoſophie zufammenftellt, wageg wir nicht eher zu beur: 
theilen, bis wir fie in vollftändiger Entfaltung aus: 


geprägt erhalten werden; doch fo viel iſt jetzt ſchon er | 


42° 


- 


ſichtlich, daß hier von einem beſtimmten und zeitgemäßen 
Fortſchritt im Philoſophiren die Rede iſt. 

Von Hauſe aus mit einem bedeutenden wiſſenſchaft⸗ 
lichen Darſtellungstalent ausgerüftet, tritt 3. H. Fichte 


‘auf, und.fchog” der Beſitz diefes Talents, das der Philog 
ſophie bisher W ſaten zu gute gekommen, erregt von ſeinen 


Beſtrebungen eine erfreuliche Hoffnung. Auch er geht in 


‚feiner ſcharfſinnigen und von wahrhaft fpeculativem Geift 


duchdrungenen Schrift davon aus, daß von nun an von 
keinem Autoritätöfpftem in der Wiffenfchaft mehr die Rede 
fein koͤnne, föndern daß eine freiere Periode dei: Denkens 
angebrochen ſei. Wie find Begierig, In dem verfprochenen 
zweiten Theil feines Buches bie pofläioe"Beflalt, in’ wel⸗ 
her er fi in ber Philofophie darftellen wird, entwidelt zu 
fehen, unb bie Bedeutſamkeit derfeiten kündigt fi uns 
(don in den vorläufigen Bellimmungen an, bie Fichte 
dem philoſophiſchen Erkennen überhaupt gbt, ‚indem er 
daffelbe in das Anfhauen, das Erleben fest; und 
wer möchte zweifetn, daß dies nicht fortan ber naͤchſte, 
zeitgemaͤße umd lebensvollere Standpunkt in der Philoſo⸗ 
phie fein werde, da don allen Seiten in der Zeit auf ihn 
bingewiefen wird. Dieſer Standpunkt beruht eigentlich 
ſchon in Steffens und ber Perſoͤnlichkeitsphiloſophie deſ⸗ 
felben und wurde einmal in d. Dt. als ber Stande 
punkt dee VBernunftanfhauung begeichriet. Er bes 
darf aber ohne Zweifel noch einer ſtrengern wiſſenſchaft⸗ 


lichen Begruͤndung, als ihm bereits in Steffens zu Theil 


geworden if. Durch ihn entwickelt ſich auch ber höhere 
Sinn einer innern Erfahrung ber Zee, die an die 
Stelle bes bisherigen dialektiſchen Conftrufrens der Be⸗ 
griffe treten muß, worauf wir ebenfalls bei Fichte ſchon 
bingebeutet finden. 

Wenn ſolche Maͤnner wie Fichte und Weiße an bie 
Spige ber neun Bewegung treten, welche fidy in ber 
Wiſſenſchaft wie im Gultur: und Kunſtleben unferer Zeit 
in ber nächften Zukunft zu geftalten fcheint, ann man 
derfelben nur mit ber Erwartung einer wirklichen Foͤrde⸗ 
rung in der Wahrheit und Erkenntniß entgegenfehen; und 
es waͤre nur zu wuͤnſchen, daß fie auch in der Formges 
ſtaltung ihrer Anfichten von einer zu fchulmäßigen, mes 
thodifchen und fuftematifchen Strengwiſſenſchaftlichkeit mög 
lichſt abjtrahirten und fi, ohne in die flache Populari⸗ 
tät auszulaufen, hinfichtlicy deren bei ihnen Beine Gefahr 
wäre, doch der geiftigern und kunftmäßigern, wenn wir 
fo fagen dürfen, befleißigten; benn daß die philofophifche 
Wiffenfchaft in Ihrer Darftellung etwas von ber Kunft 
borgt, kann ihr Nur zu ihrer Wirkſamkeit im Leben bien= 
licher fein. 88. 





Ueber Algier „ 


Sin Herr Aynard be la Zour bu Pin tadelt in ber „Revue 
encyclopedique” das Berfahren ber franzoͤſiſchen Regierung bei 
ber Golonifation Algiere mehrfah und, wie es ſcheint, mit 
Sachkenntniß. Die weſentlichſte Befchuldigung trifft die Regie 
zung freiiy in dem Aus der charakterloſen eusopätfchen j 
überbgupt entfprungenen üben Umftande, daß fie nicht gleich 
fagte: Algier ift uad bleibt eine franzöfifche Colonie. „Haͤtte 
fie dies gethan unb nicht vom Anfange herein die neue Erobt⸗ 


ı gewiffermaßen in Belagerun 


— iu — | — — EEE — —— — — 


243 


rung durch bie Ungewißheit, in ber fie ihr kuͤnftiges Schickſal Lich, 
verfegt, fo würde fie ihr 
die Aufmerffamteit Tpeculativer Gapitaliften zugewendet haben, 
die immerbar entweder zu ängfllid ober zu verwegen find; fie 
Hätte fo keine Bevdlkerung nach Algier gezogen, bie die Golonie 
unmöglih in Aufnahme bringen- kann..... Deutfche Rheinlaͤn⸗ 
der unb Schweiger wanderten auf Treue und Glauben irgend 
eined Zournalartitels aus ihrer Heimat nady Algier aus, fowie 
früher ihre Landsleute nach Amerika, verzehrten unterwegs das 
Wenige, was fie zu Daufe aus dem Verkauf ihrer Habſeligkei⸗ 
ten gelöft hatten, und ſuchten Arbeit, wo fie flatt deren nur 
Almofen fanden. Unzaͤhligen Branzofen aus allen Departements, 
Dandwerlern, Aderbauern, Tagloͤhnern, erging es nicht beſſer 
als diefen Ungluͤcklichen. Gelb ohne die Mittel, ſich das nö« 
shige Geräts zu Urbarmachung bes Bodens anzufcaffen, fielen 
fie der Behörde zur Laſt, die fie ernähren und nothiwenigerweife 
demoralifiren mußte, denn fie gewöhnte fie alfo an den Muͤßig⸗ 


gang und verfchuidete ſeibſt, daß dieſe Menfchen jegt Arbeiten 


ſcheuen, bie fie vorher als eine Wohlthat würden angenommen 
heben, ja daß fie ſchon anfangen, Bedingungen vorfchreiben zu 
wollen. Man huͤte fih wohl, fi in ihnen eine Generation 
Sazzaroni zu erziehen, benn unter einem fo glühenden Him⸗ 
mel, auf fo fruchtbarem, üppigem Erdboden iſt auch der Muͤßig⸗ 
gang, wohl zu bemerken, ein natürliches Erzeugniß.“ 

„Zu biefer erften Claſſe ber Bevölkerung Algiers kommt 
leider eine andere noch verderblichere. Dan muß die afrikani⸗ 
fen Küften gefehen haben, um fidy von dem Gefindel aller Art 
einen Begriff zu maden, das aus den franzöfifchen, ſpaniſchen, 
italienifhen und griechiſchen Gechäfen in die aͤgyptiſchen, nach 
Algier und Tunis hinübergelehrt ober ausgeipfen wird. Es 
Hat fein Baterland , fpricht keine einzige Sprache, weil es alle 
Tpricht,, hat kein Gewerbe, weil es ſich nach und nach in allen 
verfuht haben will. Man muß, einen folchen Abenteurer. felbft 
hören und ſehen, wie er feine Eiägliche Lebens: und Leidensges 
ſchichte dorträgt, entweder von einem beutfchen Fuͤrſten, oder 
von dem Paſcha von Aegypten, ober vom Papfle als ein Märs 
tyrer der Freiheit und Gleichheit verfolgt und vertrieben fein 
will und doc; Feinen feiner Mitbrüder anfichtig werben Tann, 
ohne ihm in das Geſicht zu Lachen. Nimmt man zu biefer gro⸗ 
Ben, durch den ſtarken Willen, auf Anderer Koften zu leben, 
innig verbundenen Nomadenſchar noch bie vielen ungluͤcklichen 
Speculanten aller Welttheile, bie nach Aigier Ardmen, um ſich tort 
abermals zu ruiniren, wie fie ſich ſchon allerwärts ruinirt has 
ben, fo gewinnt man ein ziemlich getreues Bild ter Zuftände 
ber Colonie. 

„Die nächften Bolgen find, -baß bie Stadt unter einem 
Heere Wucherer, Agioteurs, Intriguanten und Unterhänbier ers 
feufzt, in deren Hänben jedes linternehmen verunglädt, weil es 
ihnen an Drbnung, Redlichkeit und Öffentlihem Anfehen und 
Grebit gebricht, und daß bie Felder wäft und unbebaut fichen..... 
Dan erblidt zwar allerwärts, wohin das Auge von ben herr 
lichen Heerſtraßen abſchweift, die durch den Fleiß der Soldaten 
erſtanden ſind, die ſchoͤnſten Landſchaften, die reichſte Begetation, 
hoͤchſt ſelten aber find die Spuren europaiſcher Cuitur. Nur 
hier und ba ſieht man bei Landhaͤuſern, von Tuͤrken oder Mau⸗ 
sen auf Franzoſen vererbt, einige Stuͤcke Feld mit Korn befät 
oder mit Kartoffeln bepflanzt. Oder es tritt mitten aus dem 
Gebuͤſch eine auf europäifche Art neu erbaute, von einer Familie 
in norbifger Kieitung bewohnte Hütte hervor, mit denen 
freitig zuweilen, da foldye Nieberlaffungen gewöhnlich in ber 
Nähe und unter em Schutz eines Lagers, eines Poftens, eines 
Blodhaufes entftehen, der Fall eintritt, daß fie, wenn biefe etwa 


- wo anders hin ober weiter vor verlegt werden, in kurzer Zeit 


ein zerftörted bintbefprigtes Gemaͤuer geworben find, unter befs 
fen Schutt die von bem Yatagan ber Beduinen gräßtich ver 
ſtümmelten Leichname feiner ehemaligen Bewohner begraben lies 
gen. Sogar bie von ber Regierung in loͤblicher Abſicht bes 
wirkte aflzugroße Zerſtuͤckelung der Ländereien, die fie zu Spott⸗ 
preifen, gegen einen geringen Grundzins meiſtentheils weggab, 


wirkt hier. nadıtheilig ein, well ber oft gang unbemittelte Eigen⸗ 
thümer nicht im Stande ift, dem Boden irgend einen Ertrag 
abgewinnen und nur mit feinen uͤbertriebenen Foberungen zu 
Abtretung feines Veligchums im Wege ſteht, wenn einmal ein 
Kapitalift ein geofartipes Unternehmen beabfichtigt.‘‘ 

„Die Golonie würbe dennoch einen ganz andern Anblie, 
barbieten, hätte, bie Regierung ihre Leitung nicht fo gänzlich 
dem Zufall anheim geftellt. Es kam ihr zu, die Erzeugungs 


kraft des Landes auf alle Weiſe im Intereffe Europas und ber 


Gotoniften zu entwideln. Ginjge Kartoffel: und Kornpflanzun⸗ 
gen reihen allerdings nicht zu Erhaltung einer algierifchen Kies 
berlaffung zu. Anſtatt ber Fruchtbarkeit des Bodens durch die 
Unmifienheit ber Anbauer Gintrag thun zu laſſen, bie häufig 
Weingärten anlegen, wo fich Getreidefelder hingehhren, und 
Korn fäen, wo Zuderplantagen gebeihen würden, hätte fie felbft 
vorher bie Gigenfhaften de Bodens überall unterfuchen und 
ſtrenge Auffiht darnach über bie Anpflanzungen führen follen. 
Ueberdied will bie Fruchtbarkeit des Bodens in manchen Stre⸗ 
dem unterfiügt und erft hervorgerufen werben, bald durch Ab» 
— wo er zu fumpfig iſt, bald durch Waͤſſerungskanaͤle 
ol er zu doppelten und dreifachen jaͤhrlichen Ernten ergiebig 
werben. Aber die Regierung Hat biefe nothwendigen Worforgen 
vernachlaͤſſigt und ber Anbau ber planlofen Willlär jedes Gin: 
zelnen anheim geftellt. Ein anderer Grund, warum bie Anpflan« 
zungen nicht gedeihen, liegt in bem feſt beflimmten Tagelohn, 
ber fi im Begentheil bier nach der Arbeit richten follte, ums 
zum Fleiße anzufpornen, wo die Ratur des Klimas ber Abs 
fpannung und bem Nichtöthun fo förderlich if. Kür die Si⸗ 
cherheit ber Bevolkerung hätte man endlich dadurch mehr ſor⸗ 
gen Eönnen, daß man fie gewöhnt hätte, in großen Gebäuden 
oder NRiederlaffungen beifammen zu wohnen und eine georbnete 
Bewaffnung und gegenfeitige Vertheidigung zu Grfparung von 
Truppen unter fi einzuführen.” 

Dies find einige Züge von dem wirklichen Zuflande Algiers 
unb der Befchaffenheit, in der ſich die Celonie befinden könnte 
und follte. 153. 





Neuere engliſche Literatur. 


1. Lives of illustrious and distinguished Scotsmen, from the 
earliest ‚period to the present time, arranged in alphabe- 
tical ordre, and forming' a complete scottish biographi- 
cal dictionary. By Robert Chambers, author of „Ihe 
picture of Scotland” etc. Embellished with splendid and 
an eaaatic portraits. Grfter Theil. Glaſsgow und Edinburg 


Herr Shambers, ein ausgezeichneter Kenner der ſchottiſchen 
(feiner vaterländifhen) Geſchichte und Werbältniffe, von dem 
englifche Blätter fagen, daß vielleicht noch Riemand in feinem 
Alter mit etwas Aehnlichem fo vertraut geweien fei, wie er 
mit den Annalen Schottlande, bat ed» unternommen, ge⸗ 
drängte aber vollſtaͤndige Lebensbeichreibungen von benjenigen 
feiner Landsleute zu liefern, bie fiy in irgend einem Wirkungs⸗ 
treife Ehre und Ruhm erworben haben. Zur Bequemlichkeit 
ber Lefer wählte ex die alphabetifche Ordnung. Und biefem er- 
ſten Banbe bes erwähnten Werkes nach zu urtheilen, fowie nad 
Allem, was fon über ben Verf. verlautet, if er ganz ber 
Mann darnach, um Wort zu halten. „Konnte Schottland je eis 
nen Schriftſteller ausichliehlidh fein nennen, fo ift bies bet 
Gran. Ehambers der Bau’, bemerkt der „D jes courier.’’ 
Auch diefes lehte feiner Werke ift durchaus national und vers 
ſpricht gleichzeitig ein glänzendes Denkmal feines enthuſiaſtiſchen 
und geiftreihen Ganımierfieißes zu werben. Die Ideen, das 
GStreben und die Thaten glänzender Vorfahren find trefflich ge⸗ 
eignet, die Mit: und Nachweit zum Nadeifer anzufpornen und 
mit der mannichfaltigften Belehrung zu bereichern. In Wer⸗ 
fen wie das obige wird biefer edle Stoff für Zahrhunderte 
zur nimmer verfiegenden aber ſtets belebenben Quelle verwan⸗ 
deit, und bie Beichräntung berfelben auf einen beflimmten Ra: 





246 
. J 
- , Siemeliikeid, Sqhettiand, = gewiſſermaben zu Mer-} teuflüd zu von Aulgge’ö cher deu mgang mit 
Bar a Be | Baker ae ER ee Se ee 
i i 8 es N 
Pe enden, den Genius über die — Verhaͤltniſſe bes Gemälde uͤberblickt, wie fie auch 





trinmppisen zw fehen, und bie fdpottifde { 
fyielen der Art minbeftens nicht ärmer als irgend eine. 
ner wie Knox, Wallace, Buchanan, Burns bat fie viele auf 


Dieſer erfie Band geht von A 6i6 C (Abercremby — 
Crosch). Die artiſtiſche Behandlung der Portraits iſt untas 
delhaft, und man ficht fogieich, Daß fie authentiſch ind, fo fpres 
end ift der Auöbrud der meiften. 

2. The lives and explvits of banditti and rebbers in all 
parts of the world, By C. Mac Farlane. Zwei Bänke. 
Lonbon 1888. 

Der Berf. von „Constantinople in 1889” unb „The ro- 
mancoe of italian history’ hat es bei biefem feinem neueften 
Werke offenbar mehr bie Unterhaltung der Leſer abgefehen 
als auf bifkoxsifch treue Erzählung und Unterfuchumg bee Cat⸗ 

— ſtehung, Orgenifation und fonftigen Verhaͤltniſſe der Räuber 

banden, weiche ehemals bie Öffentliche ichesheit fo vieler Laͤn⸗ 

der gefährdeten und noch jegt den Behoͤrben zum Trog am 
manchen Orten ihr Weſen treiben. Obgleich er demnach vor 
zugeweiſe kuͤhne Abenteuer, bie Aufmerkfanteit ſpannende Bege⸗ 
benheiten und Anekdoten, ohne ſonderlich auf ben Zuſammen⸗ 
hang zu achten, aus jener duͤſſern Sphaͤre des Lebens mittheilt, 
hat er doch den Fehigriff vermieben, durch Verfaͤlſchung der 

Wahrheit eine unwuͤrdige Sympathie für zwar bebaueruswertge, 

aber zur Hefe und zu ben Winden der Menſchheit gehörende 


Wefen erregen. Der Anziehungekraft, welde Raub» unb 
mM n auf jebeö Alter ausüben, geſchieht dadurch kein 
Abbruch. chieb liegt nur darin, daß auch der oben⸗ 


Der Unterf 
bin Leſende, anftatt ſich ſchwankenden Gintrüden hinzugeben, 
von ber ganzen Kraft der fdhaudererregenden Wahrheit erſchuͤt⸗ 
tert wird. 6 nur haben wir nodp zu bemerken. Die Bm 
fammenftellung fo vieler einander oft ſehr ähnlichen Verbre⸗ 
dien ermuͤdet enblich ben Lefer, und zwar. bauptlächlich darum, 





Das Leber auf dem Lande. 


Das Beche, Herrliche und Schöne im Anblicke ber Naur 
empfinden, ſich deſſen fo dentlich und Kar bewußt werben, daß, 
was man empfindet, in Worte übergetragen werben und gleiche 
Empfindungen weden Tann, fest ſchaͤrfere Sinne, empfänglis 
dere Auffaſſungokraſt und ein Leichter beiwegliches Herz voraus, 
als Biele befisen. Dem befreundeten, verwandten Geiſte unb 
Herzen gleichfam nachblicken, mit ihm eine Empfindung theiten 
it — und das ift wohlthaͤtige Binsitung — fa Allen mög: 
lich. Lebhaftere, gewaltigere Gefühle Ieben im Berzen, bad, ver: 
funten in ftille Betrachtung der Natur, unb gehoben 
über die Lippen drängt und jebes andere zu beleben ſich ſehnt. 
&o find alle die mehr und minder Empfaͤnglichen fähig, mit 
telbar ober unmittelbar aus dem Labequell ber Natur zu ſchoͤ⸗ 
pfen Freude und Wonne, ſich zu erheben vom Sichtbaren zum 
Unfihtbarn. Gin unſichtbarer Lehter fehlägt das große Much 
auf and unterrichtet alle Erbbewohner. Gewiß werden bie Gb: 
lern unfers Geſchlechts einer kleinen zum zweiten Mal erneueten 
Schrift dee gefühlvollen Erneftine von Kroſigk unter bem 
einfachen Titel: „Sänblige Stunden” (Berlin, Holb, 1882, 8., 
18 ®r.), in diefer Ruͤckſicht ihre Aufmerkfamteit ſchenken. ie 
tennen fie ſchon als eine theilnehmende Freundin der Leidenden, 
die nicht allein ſelbſt gelitten hat und fremde Leiden zu lindern 
firebte, fondern auch Allen, die deö Lebens große Aufgabe, 

- "Liebe zu ben an Unglüdlihen, Kranken, eine treue Lehrerin 
durch ihre Schrift: „Ueber den Umgang mit Leidenden. Geis 


dieſelben 


& 

—— —— 
Ibm war die erſte Ausgabe dieſer Schrift geweiht, bi i 
feinem Anbenfen. Die Gegenftände des Landlebens, welche hier 


gleich zeig an Dem, was bem ‚Herzen 
wohithut. Es iſt die Natur, ber Schöpfer, bie Blur, der 
Hain, dad Yelb, der Garten, die Ernte, bie Weinleſe, die 
Wohnung des Lanbmanns, der Ruhetag, der Kirchhof, bie hier 
fo treu und wahr als lehrreich und anziehend geſchildert wer⸗ 
den. Mir wollen nicht richten über bie ausgewählten Gegen⸗ 


Rände, wicht prüfen, ob fe unter bem Samen „Ränblihe Gun 


beu’' begeiffen werden Gönnen. Dürfen wir ber Berf. wegen ber 
Aufeinanderfolge bes Brgenfilnke, wide den umfaflendern vor 
ben befchränttern,, oder befiee umgelehrt, ben Vorrang onweißk, 

Diefes und Jenes nicht. Nur bad Wahre und 


Gutögerr oder Pächter v 
ihren 


ken Dien 
Werth und ihre Nutbarkrit, die Arbeiter des Feldes, und was 
er 


| fo zufsioden zu leben 
wie bie Menſchen Hier, fleigt unwilllärli aus bes Herzens 
Beftätigte doch bie des Bildes Mahrheit! 


zuruͤckruft, fo bat das kleine Landbuͤchlein, 
wie billig es auch gelauft werden Tann, einen, unenblid hoben 
innern unb äußern Werth. 19. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagäbandlung: J. A. Brodhaud in Leipzig. 
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Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung 


Zrettag, 





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icht. 


Bon dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für den 


Jahrgan 


12 Thlr. Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beſtellung darauf an; ebenſo 


alle Poftämter, die fih an bie Eönigl. fähfifhe Beitungserpedition in Leipzig, das königl. 
"preuß. Srenzpoftamt in Halle, ober bad fürftl. Thurn und Zarifche Poftamt in Altenburg 
wenden. Die Verfendung findet wöchentlich zwei Mal, Dienflagd und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt. 





Ueber bie Lage der Tuben in Preußen. 

Sie fodern mich zu Berichten über Berlin auf, ver: 
.eheter Freund, aber ich gehe nidyt ins Theater, unb au: 
Ferhalb der Berter, die die. Welt bedeuten, geht bei uns 
fo gut als gar nichts vor. Wir begleitet die Weltge⸗ 
fehichte mit ebligaten Wigen, und fo wären denn unſere 


Wise faft. das Einzige, was in Berlin wirklich paſſirt. 


Es iſt uͤberdies nicht ohne Gefahr, in auswärtigen Blaͤt⸗ 
sern Uber Berlin zu berichten, denn man riskirt, mit jenen 
obfeuren Briefftellern verwechfelt zu werden, welche jegt die ge= 
lefenften Beitblätter, namentlich bie „Allgemeine Zeitung” unb 
die „Leipziger Zeitung”, faſt pofttäglic mit ihren Privat: 
mitthellungen uͤberſchwemmen. As bie neuefte Nachricht 
gebe ih Ihnen die Verficherung, daß diefe Briefe von 
der öffentlichen Stimme, fofern ſich eine folche bei une 
vernehmen laſſen darf, gemisbilligt und belacht werben. 
Sie haben doch unfere diesjährige Thronrede gelefen? 
Sc, meine die Rebe, die der Biſchof Eylert zur Feier bes 
diesjährigen Drdenäfeftes gehalten Bat. In vollem Eenft, 
die Drbenshierarchie, die wit jedem 18. Januar immer 
fefter begründet wird, fcheine mir eine tiefere Wurzel zu 
haben, als man gewoͤhnlich meint. Sie fol nämlich, wie 
der Biſchof ausdruͤcklich gefagt bat, der Verſchmelzung der 
Stände entgegemarbeiten und eine Scheidewand befefligen, 
an deren Zerftörung die ganze Zeit arbeite. Denn der 


Drden belohnt nicht allein ein Verdienſt, er bezeichnet. | 


aud) einen Stand. Diefelbe Sucht, zu claſſificiren, foll 
auch in.einem Gefegentwurfe, die bürgerliche Verfaſſung 
der Juden in den preußiichen Staaten betreffend, hervor: 
treten, dee in. ber letzten Zeit die Aufmerkfamteit des, 
Publicums in hohem Grade auffichgezogen hat. _ 
Bei dieſer Gelegenheit nehme ih mir die Freiheit, 
ber ſechs Brofhären *) über Emancipation ber Juden 
*) 1. Geſuch ber Bekenner tes jübifchen Glaubens im Ber: 
zogthum Braunſchweig an Ge. hochfürftliche Durchlaucht 





zu erwähnen, die Sie mic vor einigen Monaten zu über: 
fenden die Güte hatten. Was mir als das MWichtigfte 
an ihnen erfheint, ift das numeriſche Verhaͤltniß, daß 
fünf für und nur Eine gegen die Juden gefchrieben ift. 
Ich möchte Sie namentlih auf bie fehr verdienftlichen 
Schriften von Geitel und Cohen aufmerffam machen, 
welche den Gegenftand gründlich erörtern und außerdem 
auch dankenswerthe Nachrichten über die oͤrtlichen Ver⸗ 
hältniffe der Juden in Braunſchweig und Hanover mit: 
theilen. Krug ſpricht in feiner bekannten Weiſe, wohl⸗ 
wollend und entichieden, und von ihm darf man mol mit 
Recht erwarten, daß er in der fächfifchen Kammer bie 
Sache ber Juden führen und, wenn auch nicht in diefem 
Jahre, duchführen werde. Ludwig Schragge iſt zu ges 
lehrt und beweiſt nichts. Weber den Hülferuf wider bie 
RER 

den regierenden Herrn Herzog Wilhelm von Braunfchweig- 
Lüneburg um gnädigfte Werleihung voller bürgerlicher Rechte. 
Verfaßt und mit erläuternden Zufägen verfeben von G. X. 
Geitel. Braunſchweig, Bieweg u. Sohn. 1831. Er. 8.8 Gr. 

2. Ueber die Lage der Juden nach gemeinem deutfchen Recht 
und die Mittel, diefelbe zu verbefiern. Dit befonderer Be- 
rüdfihtigung des Königreichs Hanover. Ein Verſuch von 
Morig Gohen. Hanover, Hahn. 1882. Gr. 8. 10 Er. 

8. Die Politik der Chriſten und bie Politit der Juden in - 
mehr ald taufenbjährigem Kampfe. Gin Nadıtrag zum 
Portrait von Guropa, gezeichnet von einem alten Staats⸗ 
mann außer Dienften, in Drucd gegeben von W. T. Krug. 
Leipzig, Kollmann. 1832, Sr. 8. 12 Gr. 

4. Wie verloren die Juden das Buͤrgerrecht im weſt⸗ und 
oftrömifhen Reihe? Cine indirecte Beantwortung ber 
Frage: „Sollen die Juden das Bürgerrecht erlangen 2‘ 
Beantwortet von Ludwig Schragge. Berlin, Froͤhlich 
u. Comp. 1832. Gr. 8. 18 Sr. - 

5. Börne und bie Juden. Gin Wort ber Erwiberung auf 
die Flugſchrift des Herrn Dr. Eduard Meyer aegen Börne von 
Gabrielfieffer. Altona, Hammerich. 1882. $r.8.4 Wr. 

6. Zu.Hülfe witte die Juden! — Cin Nothruf und Beitrag 
ur 5 rgarsung. Nürnberg, Riegel u. Wießner. 1832. 

| . T. 


« 


— 


Juden erlaſſen Sie mir etwas zu ſagen; ein reichsſtaͤdti⸗ 
ſcher Judenhaß hat ihn dictirt, aber die Stürme der Zeit 
haben ihn Längft verweht. Rieſſer's Flugſchrift iſt mit 
euer und Beredtſamkeit gefchrieben.. Wichtiger aber ale 
diefe Heine Broſchuͤre ift die Zeitfchrift: „Der Jude‘, bie 
Here «Dr. Rieſſer hemusgibt. Sie übt ei wachſame 
Gontrole über die Angelegenheit der Juden' in Deutſch⸗ 
land, und es dürfte fortan nicht leicht ein Öffentlicher 
Schritt in diefer- Beziehung. gethan werden, der fich ihrer 
ſcharfen Kritik entzichen koͤnnte. Bereits erfreut fich diefe 
Zeitſchtift, won der biöher 26 Nummern erſchienen find 
S n ‚und der Der 
nach die Erklärung abgegeben, er werbe fo lange mit Tel: 
nen Mittheilungen fortfahren, al die Juden in Deutſch⸗ 
land noch unter dem alten Drude ſchmachten. Möchte 
es ihm recht bald an Stoff gebrechen! Here Rieſſer ift 
‚Doetor juris ‘und die Republik Hamburg bat ihm bie 
Advocatur 'verfagt. Er hat das beffere Theil, erwaͤhlt, und 
anftatt für Privatleute zu plaidiren, tft er der Advocat 
eines _unterbriudten. Theils ber ganzen . Menichheit ge⸗ 
worden. . 

Die „Reipziger Zeitung” vom 11. Kebruar, die mir 
farben: zu Geſicht kommt, theilt endlich etwas Ausfuͤhrli⸗ 
ches Uber die geſetzlichen Beſtimmungen in Betreff der 

Inden mit, von -denen’tih Ihnen vorher nur andeutend 
gefchrieben habe. Sie ſetzt die "Grundlagen einer neuen 
Judenordnung für die preußiſchen Staaten auseinander, 
„die bereits bei allen Miniſterien Billigung gefunden ba: 
- ben fol”. Einer unferer berühmteften Staatemänner hat, 
als das freifinnige Edice vom 11. März 1812. berathen 
wurde, fein Votum dahin: abgegeben: Ich flimme für Bein 
»Geſetz über Juden, das mehr als vier Wörter enthält: 
„Gleiche Rechte, gleihe Pflichten!” Jener Staatsmann 
lebt gegenmwärtig im Ruheſtand, und ber vorliegende Ge: 
ſetzentwurf befteht aus 64 Paragraphen. Sie haften ihn 
»fuͤr untergefchoben, Tür die liebenswürdige Schwaͤrmerei 
"irgend eined romantifchen Geiſtes? D Sie Glädlicher! 
Wäre aber auch nicht, ein Jota wahr baran, fo ift er 
dach gut erfunden, fo hat doch kein Vernuͤnftiger und 
Einfihtsvoller daran gezweifelt, daß er wahr fein koͤnnte. 
Aber er iſt nicht erbichtet diefer. Entwurf eines Gefeges, 
das uns urplöglid in die Bevormundung bes. Mittelal⸗ 
ters zurhdführen- würde. Zwar bin ich feſt übergeugt, 
und Seber, der das Verfahren unferer Regierung Eennt, 
ift es mit mic, daß folh ein — — niemals zum Ge: 
feg erhoben werden wird, benn von jeher ift die Scheu 
vor — — —, befonders aber vor dem Lächerlichen 
wirffamer geweſen als die Erkenntniß und freie Wahl des 
Wahren und des Guten; daß aber dieſe Schüterarbeit 
eines Anfängers im Jeſuitismus, der fchon mehre Jahre 
mit diefer poſſirlichen Maus ſchwanger geht, Tänımtlichen, 
Minifterien des intelligenten preußifchen Staats vorgelegt 


werden durfte, daß fie die Angelegenheit der Juden noch 
einmal um Jahre hingezögert und ihre oftmals getaͤuſchte 


Hoffnung noch einmal getäufcht Hat, iſt dies nicht — 


(der erfte Band), durch vielfeitige Zheilnahme eines felb: 
Redacteur hat dem⸗ 


Provinz, Here Flottwell, als auch ber commandirende 
| 


—.. — 


F. 246 


auszuſchreiben, da ich ja im Voraus weiß, daß der Cen⸗ 
ſor ſtreichen wuͤrde, was mir der Unwille eingibt? 

Es iſt in der Stadt von zwei Geſetzentwürfen bie 
Mede, von einer „Judenordnung“ (sic!) für das Große 
berzogthum Poſen and von einer andern für die gefammate 
Monarchie. Der Verf. der letztern iſt, wenn. man dem 
Gerüchte trauen darf, dr — — — — — — — 
Das allgemein anerkannte Talent des ehren⸗ 
werthen Herrn — „denn Brutus iſt ein ehrenwerther 
Mann” —, fich in den Glauben und bie Denkart des 
Mittelalters zu verſetzen, hat ſich auch bei dieſer Arbeit 
auf das Glaͤnzendſte bewährt, denn man darf ihr das 
Zeugniß geben, daß fie nicht durch Die: geringfie Spus-den 
leifeften Argwohn erwedt, als ob fie für die Gegenwart 


den laffen. Anftatt feinem Nachbar, dem Juden, in die 
Fenſter und, wo möglich, ins Herz zu gucken, bat er -bie 
alten Balladen und’ Chroniken“ fleißig: ſtudict; anflatt feis 
nen Nachbar, den‘ Zuden, im Dandel und Wandel Imb 
feine hühfshen Toͤchter auf. dem Ball und im Theater zu 
beobachten, ſchwebte dieſem trefflichen Geſetzgeber der teufe⸗ 
liſche Jude Gerautus von Venedig vor oder die Juden⸗ 
tochter, die in Mirrilandsſtadt ein Chriſtenkind ſchlachtet 
und in den tiefen, tiefen Brunnen verſenkt. Moͤge er 
Gerautus von Venedig oder die Judentochter aus Mirri⸗ 
land inhaftiren laſſen, wenn fie feine Geſetze uͤbertrecen! 
Was gehen ſie ſeinen Nachbar ober. deſſen huͤbſche Taͤch⸗ 
ter an? Wie dem aber auch ſein mag, die Arbeit hat 
ihren hiſtoriſchen Werth und in dieſer Eigenſchaft iſt fie 
bereits dem Vernehmen nach vom Staatsrath ‚mit großer 
Stimmenmehrheit verworfen. worden, indem bie glänzende 
Correlation eines hohen Beamten bie eigentliche Bedeu: 
tung bderfelben fiegreich ins Licht ſetzte. 

. Mebee das Judengeſetz für die Provinz Polen war 
bisher nech nichts Beſtimmtes im Publicum verlautet. 
Man vermuthete nur, daß ſowol der Oberpraͤſedent dieſer 


General derſelben, Herr von Grolmann, ſich zum Theil 
in der Abſicht in Berlin aufhalten, um den Berathungen 
über dies Geſetz beizumohnen — eine Vermuchung, bie 
zur. Gewißheit wurde, als eine Deputation pofener Juden, 
aus Vorſtehern der pofener und liſſaer Gemeinde befichend, 
bier anlam, um die Angelegenheit ihrer - Mitbrüder zu 
betreiben. Da uns noch keine auslaͤndiſche ‚Zeitung über 
den Erfolg diefer Deputation unterrichtet hat, fo haben 
wir, wie ſich's von ſeibſt verſteht, noch nichts Beſtimmtes 
daruͤber erfahren. Nun gibt uns die „Leipziger Zeitung 
ben oben befprocheuen Gefegentwurf, von dem in Frage 
geftelle wird, ob ee für die neuen Provinzen oder für bie 
ganze. Menardjie beflimmt fei. Diele fogenannte Ju⸗ 
denordnung, die uns von dem Correfpondenten der „Leip⸗ 
ziger Zeitung“ im Auszuge mitgetheilt wird, iſt aber, nach 
Demjenigen zu urtheilen, was über die — — ſſche be⸗ 
veits „bekannt geworben ift, nichts Anderes ale eben 
diefe vom Staatsrath bereits vermworfene 


doch warum fol ih mir die Mühe geben, ‚meinen Sag; — — — [he Relation, . Sie. werden den rechten 


® 








⸗ 
⸗ 


Hann ze finden wiſſen, mit bem ein ſo unreblices 
Verfahren gebrandmarkt twerben muß, bas offenbar unfere 
‚Regierung zu verleumden beabfichtig. Denn iſt es mol 
⸗enkbar, daß ein für die ganze Monarchie eben verworfe⸗ 
ner Antrag gleichwol für einen Theil derfelben in Auss 
führung. gebracht werden fol, und tft «6 nicht offenkun⸗ 
dige Berleumbung, das Publleum überreden zu voollen, 
daß unfere Regierung einer folhen Inconſequenz fähig 
ſei? Welches iſt denn nun bie eigentliche Abſicht des 
Einfenders? Er verraͤh fich ſelbſt in folgenden Worten: 
„Bin ſolches Geſetz erſcheint eingreifend für alle hriftliche 
Staaten. Daher (!) wollen wir auf das Ausführlichfte 
Alles mittheilm, was wir’ von diefem Gefegentwurf ges 
hört.” Da bie meiften Ständeverfammlungen fi) gegen: 
toärtig mit der wichtigen Frage ber jüdifchen Emancipa- 
tion befchäftigen, fo will er ihnen dies Geſetz zur Nach: 
achtung vorlegen und fheut ‚nicht eine Lüge oder, was 
baffelbe iſt, das Verhehlen der Wahrheit, um feinen Xefer 


- glauben zu machen, es fei im Emft.die Rede davon, den 


widerfinnigen, laͤngſt verworfenen — — (hen Entwurf 
ins Werk zu ſetzen. Zu ſolchen Myſtificationen ift die 
„Leipziger Zeitung” gemisbraucht worden. 

e Kortfegung folgt.) 





Meine Reifen und meine fünfjährige Gefangenfchaft in 
Algier, von Simon Sriedrih Pfeiffer. Mitch 
ner Vorrede vom Herrn Prof. Dr. Schmitthens 
ner. Gießen, Rider. 1832. 8. 1Thlr. 4 Sr. 


Obgleich die politifche Manie der neueften Zeit elle anbern 
Iatereffen beinahe ausſchloß und das Unkraut der zahllos aus: 
und übereinander hervorfchießenden und wuchernden Zeitungen 
jebe Ausfaat von nahrhaftern und erquicklichern Geiſtesfruͤchten 
hinderte und zu erfiidden drohte, fo fehlte es doch fortwährend 
nit an einer Maffe werthlofer Ephemeyen jeber Art, bie ihr 
Gluͤck verſuchen und oft genug finden in einer Refewelt, wo 
eben die Ueberfülle und das wiberftreitende Getöfe das Urtheil 
immer mehr verwirren und, wenigftens für einige Zeit, bie Auf: 
nahme bes Guten wie bes Schlechten zufällig machen. Na: 
mentlich liefert nicht felten Stoff zu dergleichen die verkehrte 
Richtung vieler jungen Leute in unfern Tagen, weldye, anflatt 
in den Anfodberungen ihres nächften. Lebensfreifes den Umfang 
ihrer Pflichten zu erkennen und zu erfüllen, mit unbänbdiger 
Ueberhebung jn die Weite hinaus zu wirken und zu irren un: 
ternehmen und dann zulett durch den Drud dem Yublicum mit 
ber mwindbeutelnügg Bekanntmachung. ihrer gleihgültigen Be⸗ 
grgniffe und AbcNeuer aufwarten. Es ift deswegen begreiftich 
genug, warum man gegen Schriften wie die vorliegende, ſelbſt 
dann, wenn fie unter dee Schusrebe eined vertrauenswerthen 
Namens auftreten, ein nicht unbegründetes Vorurtheil mit: 
bringt und von foldger Lecture fih um fo weniger Gewinn und 
Vergnügen verfprechen mag, wenn man wie bier auf ben erfien 
Seiten venachrichtigt wird, daß ber Verfaffer ein 23jähriger 
Züngling ift, weicher eben zu Gießen ſich der Arzneiwiffenſchaft 
wibmet und demnad bie“ mitgetheilten Begebenheiten in fehr 
früher und unreifer Lebenszeit erfahren hat. 

Indeſſen verfchwindet. die geringe Meinung, mit welcher 
man allenfalls tas Büchlein zur Hanb nehmen mochte, bei nähe: 
zer Belanntfchaft, und man fühlt ſich bald von einem lebhaften, 
fowol fubjectiven als objectiven Intereffe angezogen. Zunaͤchſt 
iR es bie-adtenss und liebentwerthe Perfönlichkeit des MWerf., 
ein lauterer unb milder Charakter, der ungefchminft in ber 
ganzen Erzaͤhlung fi zu erkennen gibt, und der eine befondere 


Ed 


kunft zu Amftrdam, der Bemannung einer Fregatte 


Tpeilnahme einflößt mit den außerorbentlichen, unverfchufbeten 
Schictſalen eines Jüng'ings von. fo zartem Alter, babei ein ges 
funder, offener Sinn, weicher, wenn auch ungebildet, mit jus 
gendlich friſcher Empfaͤnglichkeit die begegnenden Erſcheinungen, 
ſoweit ihnen ſeine Faſſungskraft gewachſen iſt, rein und richtig 
anſchaut und ebenſo mit unbefangener Wahrhaftigkeit dem Leſer 
das Wichtigere von Dem mittheuͤt, was ‚gr gefehen und erlebt 
hat. Hierin finden fi wahrhaft poetifche Momente; es ift der 
Berlauf biefer Begegniffe, fo einfach und natürlich fie ſich zu⸗ 
getragen, fo ſchlicht fie erzählt find, oft fo phantaftifh, dag 
man an bie Älteften Geſchichten erinnert wirb,. wie namentlich 
an bie Zofeph’s in Aegypten, und bie Vorftellung, wie bas 
Geltfamfte, was man aus fernen Zeiten vernimmt, in unfern 
Zagen dem eignen Landsmann wiberfährt, wie. er mit fanfter 
Bottergebengeit, mit Muth und Geſchick in jede Lage fih zu 
fügen, diefelbe immer zu eignem und Anderer Frommen mög» 
lichft anzumenden weiß, aus ben fhhrediichften Erduldungen ſich 
aufrichtend vertrauensvoll eine beffere Zukunft und Erloͤſung 
hofft und endlich auch erreicht — biefe begründet oder erhöht 
den erbaulidien Eindrud, weichen bie gegenwärtige Schrift im 
Ganzen bervorbringt. Aber abgefehen von biefer Afthetifchen 
Wirfung, ift fie auch durch die ethnographifche und hiftorifche 
Bebeutung der Gegenſtaͤnde, tiber bie fie, beſonders in ber zwei⸗ 
ten größern Hälfte fih verbreitet, objestiv anziehend und Lehr: 
reich, indem ſich über bie örtlichen, politifhen und ſittlichen 


Berhaͤltniſſe Algiers und feiner Bewohner, namentlich über bie 


Umftände feiner Croberung durd bie Franzoſen, welche ber 
Berf. dort erlebte, viele intereflante Nachrichten darin finden. 
Der Antheil der Zeitgenoffen an biefer Begebenheit mußte freis 
ih in ben Hintergrund treten ober verfchwinden, fo lange die 
Löfung ter näher uns angehenden ragen noch vorzugsweife 
die Geiſter beſchaͤftigt; allein bie. Eroberung und Belegung von 
Algier, fo viel auch die Partei es zu verfchreien und zu ver⸗ 
Eleinern ſich bemühte, ift immer ein welthiftorif—hes Ereigniß, 
ober kann es werben und in glänzende Kolgen fich erweitern, 
wenn die politifhen Verwickelungen und ber gewaltige 3ubrang 
der nähern Intereſſen biefelben nicht paralyſiren. Jenen Ans 
theil erneuert nun das Büchlein bes Verf. und lenkt den Blick 
wieder nach, jener unheimlichen Küfte, deren reizende Landitriche 
tünftig vielleicht ber Barbarei entriffen und einem fegensreichen, 
menſchlichen Dafein wiedergegeben werben. Obgleich es an auss 
führligern, zumal franzoͤſiſchen Berichten über bie Gegend und 
über die Belegung von Algier nicht fehlt, der Werf. nach feir 
nem Alter, feinen Kenntniffen und feiner Bildungsflufe übers 
haupt nicht grade geeignet feinen mag, tief und umfaffend 
einzubringen, fo find die Bemerkungen und Erfahrungen, zu 
weichen feine eigenthümliche Lage ihm Gelegenheit verſchaffte, 
dennoch von befonderm Werth und Intereſſe; wie fie in allen 
Einzelheiten das Gepräge der Wahrheit anfichtragen, fo haben 
fie, troz der Kürze und Unvoliftändigkeit, das Sichere und Les 
bendige eines an Ort und Stelle Anweſenden, eines unbefanges 
nen Augen⸗ unb Obrenzeugen, ruhigen und verfländigen Beobach⸗ 
terö, und vergegenwärtigen und beleuchten bergeflalt fehr ers 
wuͤnſcht jene bedeutenden Momente. 

Die folgende Ueberſicht foll ben Inhalt ber gegenwärtigen 
Mittheilungen näher anzeigen. Der Verf., ein Rheinheſſe, nach⸗ 
dem 'er im fecheten Sabre feine Aeltern verloren, dann don 
woblthätigen Menſchen unterftügt und erzogen worben, im drei⸗ 
zehnten Jahre ſich ber Chirurgie gewidmet, begibt ſich im funfs 
zehnten zu Bekannten nah Amfterbam, wo er durch beren Em⸗ 
pfehlung auf einem Linienfchiff im Terel, einer Art Seecaſerne, 
als Prakticant ber Chirurgie eine Unterkunft findet. Hier hat 
er im Scifisfpital unter der Leitung bes Oberarztes ten Ver⸗ 
band und die Apotheke zu beforgen, madt fi inzwifchen mit 
den Eigenthümlichfeiten des Schiffs: und Seelebens befannt und 
wird im December 182%, noch in bemfelben Jahre feiner iur 
eigeges 
ben, weldye zum Schutz bes Handels im Mittelmeer zu kreuzen 
angewiefen it. Das Schiff fährt ab, und unfer Verf. gelangt 


As | 
6. Juli erobert und unter enropälfdh schriftliches Befeh unb Deb⸗ 


nun untee den gewöhnlichen &turmesfcenen und andern Abens 
teuern nach @ibraltar und weiter zu dem hollaͤndiſchen Depot 
Yort Mahon auf Minorca, nach mehrmonatlichem Aufenthalt 
daſelbſt nach Toulon, wo Schiffsbauholz an Bord genommen 
wird, und dann um Sicilien nach Neapel, wohin ber Schiffs: 
capitain dem MWerf. unbekannte Aufträge hatte; von da kreu⸗ 
zen fie fübwärts in ber See umher und ehren wegen erlittes 
ner Befhädigung durch Sturm und Erkrankung ber Mann⸗ 
ſchaft wieder nach Port Mahon zuräd, wo das Schiff ausge: 
beffert und zur Fahrt nach ber Levante beordert wirb. Unter 
Zührung eines Lootſen, den fie in Malta mitnehmen, fegelt es 
gun nah Milo und geleitet von da eine Anzahl Kauffahrer 
durch die wegen der Piraten unſichern Gewäffer an Scio vors 
bei — wo fie bie Spuren ber Verwuͤſtung noch fehen und fowol 
dertürtifchen als griechifchen Fiotte begegnen, auch bald barauf den 
Kanonendonner der Schlacht vernehmen —, nach kurzem Aufent⸗ 
halt auf dem reizenden Tino, in ben Hafen von Smyrna. Auch 


dier verweilt es nicht lange, fondern begibt fih, um frifches 


Waffer einzunehmen und die Kranken beffer zu verpflegen, nad 
uwriah, einem wenige Meilen von Smyrna entfernten Orte, 
wo ber Verf. unter Anberm’ einmal gefehen, wie eine Öftreichis 
ſche Gorvette, trotz der Proteftation von Seiten feines Schiffe 
capitains und eines franzoͤſiſchen, der mit einer Brigg zugleich 
bier vor Anker lag, zwei griechifche Barken in ben Grund bohrte, 
indem fie von ihrer Regierung ſich defugt erklärte, die griechi⸗ 
Shen „Rebellen“ alle wie Piraten zu behandeln. Der Kranken 
wegen bringt ber Verf. zu Uwrlah bie meifte Zeit auf bem 
Lande zu; bier macht er nun einft mit mehren Bekannten ge 
gen Abend "einen Gpaziergang nach einem Wäldchen, als et 
plöglih von einem Haufen bewaffneter Janitſcharen überfallen, 
geplänbert und nah ar 

myrna aus ein algierifches Kaperſchiff gefchleppt wird, das 
ihn mit noch andern griechiſchen Sklaven nach Aigier überführt. 
Dies gefchieht im Juli 1825, alfo ein halbes Jahr nad) des 
Berf. Abreife von Europa; er war eben 16 Jahre alt. In 
Algier angelommen, wird er ber Wohnung bes Haſſenatſchi⸗ 
Effendt, Juſtiz⸗ und Policeiminiſters, zugetheilt und als Sklave 
zum Dienſt in der Küche beffelben angeftellt, wo ihm mit meh⸗ 
ren andern die Reinigung bes Gebäudes und ber Hausgeraͤth⸗ 
ſchaften, das Burichten der Nahrungsmittel u. f. w. unter dem 
brutalen Oberbefehl ter Köche obliegt. Gin Verſuch, dieſem 
drüäcenden Zuftand durch die Flucht zu entgehen, wird durch 
den PVerrath eines boshaften Mitſtlaven, eines Savoyarden, 
vereitelt und durch bie Baftonnabe ſchrecklich beftraft. Inzwiſchen 
find zwei Jahre vorübergegangen und ber Ungluͤckliche hat die 
Landesſprache ziemlich fertig gelernt, als ber Zufall einer pers 


- fönlicden Unterredbung mit dem Minifter, die Erftärung, daß er 


in Europa bie Wundarzneitunde gelernt, und eine zur erften 
Probe wohlgelungene Sur bei einer Unpäßlichkeit des Herrn ſei⸗ 
nem Schickſal eine günftige Wendung gibt: er wird zum Leib: 
arzt des Haffenatfchi: Effendi erhoben, aus ben ſchmuzigen 
Schlafkammern der Küchenjungen in mehre Prachtzimmer des 
Palaſtes einlogirt und mit Glanz und Weberfluß umgeben. In 
diefer- äußerlich behaglichen, wenn auch langweiligen Lege zieht 
ihm der Neid und die Tide eined Verwandten des Minifters 
"no einmal eine graͤßliche Mishandlung zu, bie ihn an Leib 
und Seele zu zerrütten droht. Da kommt ihm (1828), während 
er auch dieſe glüdtich überfieht, das Gerücht von der Mishel: 
Iigkeit des Dei mit dem franzoͤſiſchen Gefandten zu Ohren, über 
beffen vieljährige Urfachen, wie fie von den Algierern ihn ers 
zähtt wurden, uns der Verf. nähern Auffchluß gibt. eine 
‚neubelebten Hoffnungen, bei einem bevorftehenden Kriege mit 
"den Srangofen aus der Sklaverei gerettet zu werben, nähern 
fi der Erfüllung; nah fruchtloſen Verhandlungen und mehr: 
fältigen, gegenfeitig verübten Keinbfeligfeiten während ber fol 
genden zwei Jahre, landet im Sommer 1830 ein franzöftfches 
Heer an dem räuberifchen, chriftenfeindlichen Geſtade, die Scha⸗ 
ren ber Moslims werden gefäjlagen, die Hauptftabt wirb am 


Mishandlungen zum Hafen von | 


nung gebracht. Unſerm Verf., welchen in biefer Bedraͤngaiß 
ber Algierer ſchon vorher die Freiheit gefchenkt worden, unb 
welcher fi inzwifchen mit Gifer und Anftrengung ber Pflege 
der in den Gafernen angehäuften Verwundeten unterzogen, wird 
von @eiten der Sieger ein ehrenvoller Empfang’ zu Theil nd 
bie Ausiict auf eine anfehnlihe Stelle in ber Berwaltung der 
Gtabt; zu gleicher Zeit macht ihm ber Bei von Ziteri, bem er 
aus feinen frühere Berhaͤltniſſen bekannt und empfohlen war, 
ſehr ſchmeichelhafte Anerbietungen und will ihn unter glänzens 
der Bedingungen zu feihem Schagmeifter, Arzt und Dolmets 
ſcher einfegen ; aber biefe lockenden Ausfichten ebenforwel als ber 
Reiz der intereſſanten Bekanntſchaften, bie er jegt anknuͤpfte, 
werden non feiner Sehnſucht nach ber Heimat überwogen; uns 
gern entlaffen und mit Baarſchaft und Empfehlungen freunds 
lich derfehen, ſchiſft er als franzoͤſiſcher Offizier auf einer frans 
zoͤſiſchen Gorvette im September 1830 ficy ein, Fandet in Mars 
ſeille, ſeht umgehindert die Reife durch Frankrtich fort und ers 
zeicht endlich wieder gluͤklich das lang entbehrte Vaterland. 

In der Darftellung biefer Erlebniſſe ift der Verf. durchaus 
befcheiden und anfprudyelos, und auch da, wo er fich veranlaßt 
fieht, der Züchtigkeit und Verdienſtlichkeit ſeines Benehmens zu 
erwähnen, immer frei fowol von Aufbinderei als unangenehmer 
Seioſtgefuͤlligkeit. Ebenſo iſt der Ausdruck einfach, angemefs 
ſen, und der Styl uͤberhaupt ſo gut und correct, daß wir zwei⸗ 
felten, ob der Verf. nach ſo langer Entfremdung und Entfer⸗ 
nung vom Vaterland und feiner Sprache ohne Beihuͤlfe feine 
Erzaͤhlung fo habe abfaffen können, wenn man barin nicht eis 
nen: übereinflinimenben Ion und. gleihmäßigen Charakter ges 
wahr würde, welcher boch auch der Form nach hauptfächlich der 
Perſoͤnlichbeit des Erzaͤhlenden anzugehören: fein: - 

Wir vermißten Öfter eine größere Ausführlichfeit, befons 


ders in ber Beſchreibung ber. Eocalitäten und Lebensverhältniffe, 
und freuten uns daher um fo mehr, daß der Verf., der Vorrede 


zufolge, „eine volftändige Darftellung feiner Erfahrungen unb 
Anſichten“ fpäter noch zu liefern gebenkt, wenn ihm die Um⸗ 
fände hierzu mehr Buße geftatten. Es ift nur zu wuͤnſchen, 
daß durch folchen nothgebrungenen Aufſchub jene Darftellung 
niht am Lebendigkeit und Anſchaulichkeit verlieren möge, wie 
es bei folcher Entfernung des Raumes und der Zeit und bem 
großen unterſchied her Zuftände faſt unvermeidlich ift, wenn der 
Verf. verfäumt, jene Bilder bis ins Ginzelne feſtzuhalten, bes 
vor die Beihäftigungen und Grfcheinungen der umgebenden 
Gegenwart fie in feiner @inbilbungsfraft verbrängen. Zugleich 
wollen wir ihm hierbei nit unbenterkt laffen, baß uns ber 
Stoff feiner Erzählung zur Bearbeitung für eine Zugendfchrift 
vorzüglich geeignet fcheint, und daß diefelbe durch gelegentliche 


Beruͤckſichtigung naheliegender Materien, z. B. bed Ser: und 


Schifflebens, durch fpecielle Schilderung ber häuslichen, bürgers 
lien, religidfen Gebräuche und. Einrichtungen der Orientalen, 
die er kennen gelernt u. f. w., ein fehr lehrreiches, durch: daß 
Zuntament der wahren WBegebenpeit toppgit intereffantes Leſe⸗ 
buch bdarbieten könnte. 

Indem wir durch vorftehende Anzeige das gegenwärtige 
Schriftchen ber freundlidden Theilnahme des Publicums ewpfeh⸗ 
len wollten, fchließen wir biefelbe- mit dem herzlichen Wunſche, 
baß ber Verf. in feinem künftigen Lebensgange durdy recht hei⸗ 
tere und befriedigende Umftände ſich möge entfchädigt fchen für 
die harten Webrängniffe, die einen großen Theil feiner frühen 
Jugend verbittert und verfünmert haben. 165. 





Notiz. 

Leitch Ritchie gibt eine „Library of original romanco“⸗ 
heraus, welde in monatlichen Lieferungen erſcheinen wird. Der 
erfte ftarke Band, am verwichenen Neujahretage ausgegeben, 
enthält, „Ihe gbost -hunter and his family; by the O’Hara 
amily’‘, . 


Redigist unter Verantwortligkeit der Werlagshanblung: F. A. Brodhaus in Leipzig. 


— 


literarifhe 


‚Blätter 
| für 


Unterhaltung, 





Sonnabend, 





(Bortfeßung aus Nr. 60.) 

Erlauben Sie mir daher, um die ſchaͤdlichen Wirkun⸗ 
gen deffelben einigermaßen zu paralyfiren, einige Bemer⸗ 
tungen gegen ‚biefen Antrag. Sie behaupten zwar, daß 
dergleihen Unfinn in unſern Tagen nur veröffentlicht 
werden darf, um als Unfinn erkannt und verlacht zu wer⸗ 
den; aber mas wicd der freiberger Magiſtrat dazu fagen? 
wird er nicht frohloden und jubeln und den Juden, 
die feine Stadt befuchen, eine doppelte Ehrenwache mit 
geben? wird er nicht die alte Inſchrift über feinem 
Thore: „Sin Jude und eine Sau bezahlen gleihe Mau”, 
In goldenen gothifchen Lettern erneuern laffen? Und glau: 
ben EiE mir, der freiberger Magiſtrat erfindet's nicht, er 
plaudert’8 aus; er hat Verwandte und Sreunde in allen 
Deputirtenlammern und Gollegien Deutfchlande. Ans Licht 
bes Tages freilich wagt fich diefe Maulwurfsanſicht fel- 
ten, aber wir haben in neuern Zeiten fo oft den all er: 
lebt, daß in den Ständeverfammlungen die wärmften Re: 
den für "Smancipation der Juden gehalten worden find 
und beim Abflimmen eine große Majorität ihr entgegen 
war. Nur bie befiern Köpfe hatten «8 gewagt, fi öf: 
fentlich vernehmen zu laffen, und bie beſſern Köpfe find 
der Sache ber Juden geneigt; aber die größere Menge, 
die bei der Discuffion gefchwiegen und gefchlafen hatte, 
gab beim Abflimmen den Ausfchlag. Dieſen Herren alfo 
fage ich noch einmal, denn fie könnten den Anfang 
meines Briefs gleichfalls verfchlafen haben, daß fie das 
Beifpiel der preußifchen Regierung nicht für ſich anführen 
können, indem fie den — — 'ſchen Antrag bereits ver: 
worfen hat und niemals im Sinne gehabt ‚haben kann, 
ähntiche gefegliche Beflimmungen, die dem Geiſte des 
Edicts vom 11. März 1812 fo durchaus zumider fihd, 
für die gefammte "Monarchie eintreten zu laſſen. Die in 
dDiefem Edict den Stuben zugeflandenen echte find von 
Str. Majeftät dem König aus freier Wahl bewilligt und 
durch das auf den Schlachtfeldern vergoffene Blut jüdi: 
ſcher Bürger befiegelt voorden; es find wohlerworbene 
Rechte, und wenn fie au in einzelnen Punkten ge: 
ſchmaͤlert worden find, fo iſt Derjenige doch ein Feind 
des preußifchen Staats, dee ihm bie Ungerechtigkeit an: 
muthet, diefe Rechte von Grumd aus zu vernichten. 

Sie erwarten vielleicht, daB ich verfuchen werde, bie 





Sufinuationen der „Leipziger Zeitung” zu widerlegen? Dazu 
ift nicht mehr die Zeit. Sie find bereits taufendfadh toi: 
derlegt worden. Aber es ift die Weife der Verleumdung, 
esoig wieber die alten Anklagen aufzutifchen. Es bleibt 
doch etwas davon hängen, denkt fie, und der Zropfen, 
wenn er beharrlich auf diefelbe Stelle troͤpfelt, höhlt zus 
legt den Felfen aus. Das Vorurtheil ift eine Hydra: 
baut man ihre das geifernde Haupt vom Naden und 
frohlockt über ben vermeintlichen Sieg,, fo wachſen wäh: 
rend des kindiſchen Siegesjubels hundert andere hervor 
und züngeln giftig. In folhem Kampf ermattet auch 
die herculiſche Kraft; denn es iſt der Kampf ber Lang: 
weile. Und wenn es noch ein recht tüchtiges Vorurtheil 
Gefeggebern ſpukt! aber nein, diefe Herren haben Längft 
allem Glauben und allem Aberglauben- entfagt. „Nicht 
find wir den Juden abgeneigt”, fagt ber Correfpondent 
der „Leipziger Zeitung” in einem frühern Berichte, „weil 
diefe Nation eine andere Religion hat als wir, ſondern eis 
nen Staat im Staate bildet, weil fie_alle Reichthuͤmer 
an fich zieht u. f. w.“ Alſo nicht religisfes Vorurtheil, das 
felbft als Vorurtheil achtungswerth fein würde, ſondern 
Brotz und Amtsneid und dergleichen Keine Eiferfüchte: 
(fen find es, Die jenen Staatemännern Redensarten einge- 
ben, an welche fie ſelbſt längft nicht mehr glauben. Stau: 
ben follten fie wirklich an folhen Schnad? „Durd das 
ganze Gefeg, welches man beabfichtigt, blickt ein Geift 
der Milde und der Verſoͤhnung durch, vorzüglich aber 
das Beltseben des Staats, die Juden wieder zu dem 
alten Sag zurücdzufühgen: „Sm Schweiße deines Ange: 
ſichts folft du dein Brot effen”, damit ihre Arbeitsfchen 
vernichtet voerde, um fie wieder zue Bearbeitung des Bo⸗ 
dens zurückzufuͤhren; hierin, nicht aber in der ſteten Spe⸗ 
culation um Gewinn mögen fie das Erdengluͤck fuchen. 
Ihrer Scheu gegen die Feldarbeit mag das Geheimniß 
zum Grunde liegen, baß die Duden den europälfchen 
Srund und Boden nicht als ihr Waterland betrachten, 
fondern daß fie ihren Blick ftetd nach dem fernen, ihnen 
unbekannten Lande ihrer Väter richten u. f. w.”’ Sie wuͤß⸗ 
ten etwa nicht, daB den Juden bis vor etwa zwanzig Jah⸗ 
ten jeder Befig des Grundeigenthums unterfagt war, daß 
fie noch jest mit unzähligen Schwierigkeiten zu kämpfen 
haben, und unter fo erſchwerenden Umftänden nicht wohl 


von Steifh und ‚Blut wäre, das in diefen duͤnkelhaften 





250 


‘ 


erwartet werden kann, daß fie eine vielhundertjährige Ge: 
wohnheit im Zeitraum weniger Jahre ablegen? daß fie 
aber in freien Ländern, 3. B. in Holland, fich den ſchwer⸗ 
fien Arbeiten und Gewerben unterziehen, ja, daß biefe 
vorzugsmweife von Juden betrieben merden? Wenn man 
“fie aber am den Feldbau gewoͤhnen, wenn man ihnen den 
Mangel diefer Beihäftigung zum Verbrechen machen will, 
warum befchränkt fie derſelbe heuchlerifche Gefegentwurf 
in einem andern Paragraphen, worin es heißt: „Neue 
Miederlaffungen auf dem Lande werden den Schugjuben 
nicht ferner bewilligt, ſelbſt wenn fie Kinder dort an: 
fäffiger jüdifher Einwohner find” —? O über 
den graͤßlichen Hohn! Man wende nicht ein, daß ja nur 
die Schutziuden diefer Beſchraͤnkung unterworfen feien; 
denn fie find es vorzüglich, bie der Erziehung durch den 
Feldbau bedürfen. Das nennen fie nım Erfahrung und 
praktiſche Staatsweisheit, und grade die Erfahrung Nord: 
amerika, Frankreichs und Hollande, bes ehemaligen Kö: 
nigreichs Weſtfalen und Großherzogthums Frankfurt, ja 
felbft die Erfahrung Preußens hat das Gegentheil bewie⸗ 
fen. Die Erfahrung iſt der fiebenfach gehäutete rinds: 
lederne Schild, den fie ſich gegen die glühenden Pfeile des 
Zeitgeifte6 trogig vorhalten. Ihre Erfahrung freilich, 
die Wahrnehmungen eines befchränkten Geiſtes und einer 
Eeinlichen Eitelkeit, aber nicht die Erfahrung ber Welt: 
gefchichte und einer großartigen Politik. 

Doch was fagen Ste zu bem Styl unfers Correfpon: 
denten? Was halten Sie von ber Berechtigung eines fol- 
hen Menfhen, der nicht einmal beutich fchreiben kann, 
über die Unbdeutfchheit der Juden zu entfcheiden? Ihm wäre 
es freitich Lieber, wenn fie bei allem Schabernak, bey er 
ihnen anthut, nicht mudfen dürften, und es verdrießt Ihn 
fehr, wenn fie in einem fo urkräftigen und geijtreichen 

Deutſch muckſen, daß felbft die weißblutigſten germanifchen 
Herzen davon entzündet werden. Was ftemipelt den Deut: 
fhen als feine Sprache? Fragen Ste Arndt, und Arndt 
ift doc gewiß kein Sreund der Juden. , 

. Die Zuden follen aber auch, wie es im jenen Lügen» 
briefen heißt, eine guten und aufrichtigen Bürger fein. Sch 
behaupte vielmehr, daß fie befjere Bürger find als Die 
Chriften, oder vielmehr, daß ihnen der Staat wider Wil: 
ten Gelegenheit gibt, ſich als die Beſſern zu bewähren. 
Tragen Ste nit mit mänmlichflarker Ergebung, einer 
beffern Zukunft harrend, dieſelben Pflichten und Laften wie 
Jene, ohne ihre Mechte zu genießen? Sa, nicht allein die 
gleichen, fondern weit bedeutendere Laſten, Indem fie au: 
Ber den gewoͤhnlichen Steuern auch noch fämmtlihhe Ko: 
ften für ihe Spnagogen:, Schul: und Armenwefen auf: 
zubringen haben. Das iſt wahrhafter und ehrender Bür- 
gerfinn, und deshalb allein verdienen fie das aräßliche 
Anathema des Liberalismus, das unfer Herr Correfpondent 
über fie ausruft. Nun wahrhaftig! wen der Liberalismus 
fo nahe gelegt. wird wie den Zuben, der müßte dreifach 
vernagelt fein, wenn er ihm nicht huldigte. Erſt ſeitdem 
fle, ihre wahrhafte Stellung erkennend, in die Reihen der 
Dppofition getreten find, hat ihre Angelegenheit eine welt: 
gefhichtliche Bedeutung gewonnen und geht Dand in Hand 





mit ben Fortfchritteber Zeit. Denn bie jübifhe Frage 
ift.überall grade fo weit gelöft, als es die cona 
flitutionnelle überhaupt iſt. Vergeſſen Sie doch ja 
nicht, biefen legten Sag mit 'gefperrten Lettern druden zu 
laffen, wenn Sie meinen Brief überhappt ber Deffentli 

keit übergeben wollen. Es müͤßte ald eine aͤffentliche C 

Iamität betrachtet werben, wenn einer unferer abfolutiftl: 
[hen Staaten ein gutes Judengeſetz zu Stande brachte; 


denn conftitutionnelle Regierungsform und Emancipation- _ 


der Juden verhält fi wie Urfahe und Wirkung: eine 
Anßcht, die in Ihrem „Converfationg- Lexikon für die 
neuefte Zeit und Literatur” ih dem betreffenden Artikel 
gleichfalls durchgefuͤhrt worden tft. 

Was werden Sie aber dazu fagen, wenn ich Ihnen 
bemweife, daß unfer Gefeggeber im Grunde ſelbſt ein vers 
ſteckter Zudenfreund, ein Saint:Simonift, ja fogar ein Des 
magog nach allerneueftem Schnitt ift? Geben Sie Acht, 
denn ich muß vom Ei der Leba beginnen, um bis zum 
dieſem trojanifhen Pferde zu ‚gelangen. . 

Um die fpartanifcye Jugend, die, wie alle Jugend, 
keine Zugend hatte, zur Mäßigkeit anzuhalten, erfann fich 
Lykurgus einen feinen Kunftgriff. Er verordnete naͤmlich, 
daß bei jedem oͤffentlichen Gaſtmahl einige Heloten abficht: 
lich betrunken gemacht werden follten, um ben Juͤnglin⸗ 
gen als abſchreckendes Beifpiel diefes haͤßlichen Laſters vors 
geführt zu werden. Dann erhob ſich wol ein alter Spar: 
taner, ein ergrauter Lehrer ihrer Staatsweisheit, und hielt 
folgende Anrede: „Seht die® fcheußlihe Bild! So kann 
fi) der Menfh zum Vieh herabwärdigen. Und diefe fol 
ten mit euch zu Tiſche figen, oder zu Mathe oder eure 
Feinde mit euch bekämpfen? Nut zur Zeit ber höchften 
Noth dürfen fie Waffen tragen gegen den gemeinſamen 
Feind, und um fie anzufeuern, verfprecht ihnen bie Frei⸗ 
heitz .aber euer Wort zu halten feid ihr gegen diefe nicht 
verpflichtet. Denn feht nur, fie geberden ſich wie biödes 
Vieh, und wenn fie am Abend nad) Haufe gehen, fo 
brecht hervor aus euerm Hinterhalt und ermordet fie, ihr 
edeln Sünglinge von Sparta!” Und wenn fie nun am 
Abend nüchtern nad) Haufe gingen, die Einen knirſchend 


vor Wuth, die Andern abgeftumpft gegen germohnte Schande, . 


da brachen die hochherzigen, zu Raub und Dieberei ge: 
woͤhnten Sünglinge hervor und ermordeten die Wehrlofen 
(Der Beſchluß folgt.) - 


Topographie ber freien und Hanſeſtadt Hamburg, von F. 
H. Nedbermeper. Hamburg, Hoffmann und Campe, 
1832. Gr. 8. 

Diefe mit ausgezeichnetem Kleiß, und zwar gebrängter, aber 
hiſtoriſch glaubwürbiger Wouftändigkeit ausgefertigte Topographie 
von Hamburg ift, ungeadytet der verdienſtvollen Vorarbeit bes 
verftorbenen von Heß, nidyts Weniger ald.überflüffig, da fich, feit 
der neueften Auflcge von 1810, unentli Vieles anders geftaltet 
bat und Manches in ihr zu berichtigen war. Beſondere Erfennts 
lichfeit ift man tem befcheitenen Verf. ſchuldig, daß er nicht nur 
bie gedrudten und handfchriftächen Nachrichten beteutender Vor⸗ 
gänger und Zeitgenoffen forglich benugte, fonbern ſich auch die 
Unterflügung des unabläfjig forfchenden Archivars, Dr. Lappens 
berg, und des ſehr unterrichteten Stadtbuchſchreibers Peterfen 


254 = e 


zu erwerben fuchte; und wenn biefe Willfaͤhrigkeit Beiden zur Ehre 
gereicht, fo erweckt fie zugleich ein günftige® Vorurtheil für Den, 
welchen fo vollgiitige Richter ihrer würdig hielten. - Das Bu 
will gekauft und gelefen ſein; und fo bet aͤnken wir und auf 
Bie Anzeige Deffen, woräber ber Lefer fich dei ihm Rabhs erholen 
kann. Literotur dee hamburgifgen Zopographie, ; Pros 
fpecte und Grundriſſe. Geographiſche Lage und Größe. Nach 
den neueiten Beobachtungen des Hrn. Profeffor Schumacher Tiegt 
fie unter 27° 38° 21” 8. Länge, und 539 83" N. Breite. 
Der Fläheninhalt der eigentlichen Stabt beträgt 344,784,909, 
der Vorſtadt Sanct: Georg 632,238 hamburger Quadratfuß, 
der bes Stadte Deichd und des Hamburgerberge iſt noch une 
beſtimmt. Allgemeine Ueberficht bes Entſtehens "der Stabt und 
ihrer Feſtungswerke, forwie des Berſchwindens der Igsten Eins 
heilung der Stadt im Alt: und Neuſtadt, nach den Stabt: 

bebüchern, .in Eirchticher Hinficht, nach der Bürgermache, nach 
der Bürgergarde, nach ben Amtbezirfen und nach den Bawdiftrics 
ten. Gewaͤſſer, Wafferleitungen, Mühlen, Löfchanftalten. Elbe 
und Alfter, Häfen, Kandle und Fleete, Haſenmoore, Schleu⸗ 
fen und Siele, Brunnen und Wafferkünfte, oͤffentliche Pum⸗ 
pen und Rettungsanftalten. Erleuchtung ber Stadt und Vor⸗ 
ſtaͤdte. Gaſſen der Stadt und Vorſtaͤdte. Die Zahl fämmts 
licher großen und Eleinen Wohnungen in der Stadt und ben Bors 
ftäbten beträgt 52,157. Mit Recht hat ber Verf. bie Angabe 
der franzoͤſiſchen Behoͤrben, ihrer Locale und Anftalten während 
ber widerrechtlichen Beſitznahme von 1811 — 15 nicht übers 
gangen. Deren bloße Angabe, bie fhlichte Atıgeige, zu welchem 
zum Theil ſchmaͤligen Gebraudy fie Gebäude herabwuͤrdigten, zu 
ganz andern Zwecken beflimmt, wie fie Kirchen und heilig gehal⸗ 
tene Stätten in Pferdeſtaͤlle und Magazine verwandelten und 
nad ihrer eignen Ueberzeugung und Vorurtheit auf immer ent 
weihten, iſt hinlaͤnglich, jeden menſchlichen Sinn empoͤren, 
wie vielmehr den eines hamburger Buͤrgers, eines Deutfchen, 
eines Ehriſten! Mögen Bewunderer des ſieggekroͤnten Despotis⸗ 


mus ber Tapferkeit feiner Diener huldigen, fo viel ihrem knech⸗ 


tifchen Sinne zuſagt; Menfchentenntnig und Staatsklugheit dürs 
fen fie doch meder dem Gewaltraͤuber noch feinen Werkzeugen 
zufchreiben, wenn ihnen nicht bie höchfte Weisheit ſcheint, jeden 
Untergebenen wider feinen augenblicklichen Oberherrn zu erbittern. 
Meigegeben find dem Buch vier Plane Steindrud: Hamburg 
am Ende bes 13, nnd bes 16. Jahrhunderts; bie Dom: 
kirche und ihre Beflgungen im Jahr 180%, und Hamburg mähs 
rend ber Belagerung 1813 und 1814. Eine Karte von Ham⸗ 
Durg, wie eö jest iſt, fchien bei der Menge vorhandener brauch⸗ 
barer um fo mehr üuberflüfftz, da der Ingenieurcapitain Schwarz 
und Lohfe befhäftigt find, eine neue auf die genauften Meffungen 
begrüntete anzufertigen. Die Vianette des Buchs zeigt Ham⸗ 
Burg um 1071, der vordere Umſchlag das alte Steinthor vom 
Jahre 1685, und deffen SKehrfeite das große Stadtfiegel des 
18. Zahrhunderts, ein anderes nicht minder altes, bas jegige 
Stadtfiegel, das bes Domcapitelö, der Kämmerei, der Ober: 
a:ten und ber hoffentlich nie wieder zu befürchtenden Mairie 
d’Hambourg. Selbſt der Ruͤcken bes Umfchlags bildet das Sie: 
gel bes Johanniskloſters ab. Ein reichhaltiges Regifter vermehrt 
die Brauchbarkeit tes Buche. \ 98. 


De 





Correſpondenzukchrichten.) 

Pittsfield, den 8. November 18832, 
— — — Sch. habe vor einiger Zeit nähere Belanntfchaft mit 
einer ber fonderbarften Sekten gemacht, bie je.exüitirt; mit ber ber 
Shaker, ber tanzenden Quaͤker, die hier in meiner Nähe mehre 
Kiederlaffungen Haben; und ich Hoffe, ein kurzer Bericht über 
fie wird Sie unterhalten. Ich bin in mehren ihrer Niederlaf: 
fungen gewefen, habe mit ihren Xelteften lange. Dißputationen 


*) Bol. die legten Berichte ded Verf. in Nr. 808, 309, 329 und. 330 d. 
BL. f. 188. ’ — D Reb. 


gehabt und wohnte nicht nur: Ihrem oͤffentlichen Gottesdienfie, 
fondern durch befondere Begünſtigung auch ihren private mee- 
tings bei, unb glaube deshalb ein competentes Urtheil in der 
Sache zu haben. Was den Namen der Sekte betrifft, fo bat 
er feinen Urfprung von dem Emftande, daß die Wäitglieder in 
ihren Berfammiungen zuweilen, nachdem fie einige Beit in ſtil⸗ 
lem Mebitiren 'gefeffen, von beftigem Zittern ergriffen werben 
und den Unwillen Gottes gegen Sünde jeder Art ausdrüden. 
Zu andern Zeiten fingen, jauchzen und fpringen fie vor Freude 
über die zweite Erfcheinung Chriſti. Stifterin diefer Sekte ift 
Am Lee, eine Engländerin von niederer Herkunft. Nachdem 
fie und ihre Anhänger wegen ber Ausfchiweifungen in ihren Ber: 
fammlungen wieberhpit eingefperrt waren, wurbe ber ‚Mutter 
Ann eine-fpecielle Offenbarung zu Theil, zufolge welcher fie mit 
ihren Anhängern nad Amerifa ausmwanderte, wo fie im Jahre 
1774 anlangten und ſich Burg nachher in der Nähe von Albany 
niederließen. Seit jener Zeit ift bie Zahl der Gläubigen ges 
wachfen bis zu 4000, bie in ungefähr 12 Nieberlaffungen in 
verfchiedenen @egenden der Berrinigten Staaten wohnen. Der 
Mittelpunkt für die fämmtlichen Shaker⸗Geſellſchaften in ben 
Sereinigten Staaten ift gegenwärtig Neulibanon, etwa acht 
engliſche Meilen von bier, wofelbft der Shakerpapſt refidirt. 
Die Gefellfhaft in Neulibanon befist 6000 Acres Land, das 
mmft bergig ift, weshalb fie vornehmlich Viehzucht treiben, doch 
thun fle auch viel: für Gartenbau umd fabriciren eine Menge 
nüglicher Dinge, bie ſich alte durch ihre Nettigkeit, zugleich aber 
auch durch hohe Preife auszeichnen. Ihre Ochſen und Saͤme⸗ 
reien werden zu den beſten im Lande gerechnet. Sie wohnen 
an der Seite eines Berges, einige hundert Fuß niedriger als die 
Leute in Pittsfield, welches beiläufig 1050 Fuß über ber Mee⸗ 
vesfläche erbaben iſt. Die Geſellſchaft in Neulibanon ift in 
ungefähr 12 Bamilien abgetheilt, in größerer ober geringerer 
Entfernung von bem gemeinfchaftticdyen meeting-house (Kirche). 
Zu jeber Familie gehört rin’ Wohnhaus und mehre Werkftätten ; 
im erftern wird bie eine Bälfte vom männliden, bie andere 
vom weiblichen Gefchlechte beroopnt. Allenthalben ift eine Reins _ 
lichkeit und eine Orbnung, wie fie ſchwerlich irgendwo anders 
auf dem Erbboben gefunden werben bürfte.. Das weibliche Ge⸗ 
ſchlecht hat befondere weibliche Aelteften, unter deren Commando 
es ſteht. Weiber und Männer find, obgleich fie in dbemfelben Haufe 
wohnen, ſtreng gefondert, und felbft Eheleute, bie zum Beſuch kom: 
men, haben fich für bie Zeit bes Aufenthalts beiden Shakern zu fe: 
pariren; wenigftens wird ihnen durchaus nicht geftattet, in dem⸗ 
felben Zimmer zu ſchlafen. Beide Gefchledgter effen in demfel: 
ben Zimmer, aber an befonbern Zifchen. Fremden wird ein be 
fonderes Zimmer angemiefen, und ich wenigfiens war beftänbig 
in Geftlfhaft der Aelteften, die e& mir unmöglich machten, midy 
mit einem der Bruͤder oder einer ber Schweftern guunterhalten. Diefe 
Aelteften waren wenigſtens — von ihrem Fundamentalirrthume 
abgefehen — Leute von Berftand, Kenntniffen und Eifer, unb 
fobald fie ausgemittelt, taß ich nicht zu ber gewöhnlichen Claſſe 
der neugierigen Weltlinder gehöre, gaben fie fich alle erfinnliche 
Mühe, ihre Sache von der beften Seite darzuftellen, und da ich 
böftih genug war, eben nicht gewidhtige Einmwürfe gegen ihre 
Argumente vorzubringen, unb andere Gründe ihnen wuͤnſchenswerth 
machten, mich zu den Ihrigen zu zählen, namentlich der, daß 
ich unverheirathet fei und ſchwerlich heirathen dürfte, fo Tuben 
fie mich ein, Shaker zu werden. Unzähligemal wandten fie 
übrigens das Gleichniß vom Baum und der guten Frucht auf 
fi an; feibft ihre Feinde lobten fie wegen ihrer Moralität, bie 
doch einzig Product-des Shakerism fei. Als ich wegging, gab 
mir einer der Aelteften eine Probe von ihrem Benehmen gegen 
die MWeltlinder. Nachdem er mir gefagt, daß ich immer ſehr 
willtommen fein wiürbe, wenn ich länger bei ihnen bleiben 
wollte, ließ er mich vier Dollars zahlen für meinen 24ftänbigen 
Aufenthalt bei ihnen, was felbft in Amerifa ein unerhörter 
Preis if. Alle andere chriſtliche Sekten nannten fie beftändig 
Antichriften, die römifche Kirche die Hure, die enangelifchen Kirchen 
die Züchter einde Hure. Sich ſelbſt halten fie für heilig und rein 





) 
ü 


81 ätter Ä — 


EEE DS 
literarifhe Unterhaltung. 


1. Maͤrz 1833. 





Freltag, 


nn -- m... 














0 | 3 u Na richt. 

Bon dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für den 
Jahrgang 12 Thle. Ale Buchhandlungen in und außer Deutfchland nehmen Beftellung darauf an; ebenfo 
ale Poftämter, die fih an bie koͤnigl. fähfifhe BZeitungserpedition in Leipzig, bad koͤnigl. 
:prenß. Grenzpoſtamt in Halle, ober bad fürſtl. Thurn und Taxiſche Poſtamt in Altenburg 





wenden. Die Berfendung findet wöchentlich zwei Mal, Dienflagd und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt. 





Ueber die Lage der Tuben in Preußen. 

Sie fodern mich zu Berichten über Berlin auf, ver: 
ehrter Freund, aber ich gehe nicht ins Theater, unb au: 
ßerhalb der Breter, die die. Welt bedeuten, gebt bei uns 
fo .gut als gar nichts vor. Wir begleiten die Weltge⸗ 
fegichte mit obligaten Wigen, und fo wären benn unfere 
Wise faſt das Einzige, was in Berlin wirklich paffirt. 
Es tft überdies nicht ohne Gefahr, in auswärtigen Blaͤt⸗ 
seen über Berlin zu berichten, denn man rislirt, mit jenen 
obfeuren Btriefflellern verraechfelt zu werben, welche jegt die ge⸗ 
leſenſten Beitblätter, namentlich die ‚Allgemeine Zeitung” und 
die „Leipziger Zeitung”, faft pofttäglich mit ihren Privat: 
mittheilungen überfhwernmen. As bie neuefte Nachricht 
gebe ich Ihnen die DBerficherung, daß diefe Briefe von 
der Öffentlichen Stimme, fofern fi eine ſolche bei uns 
vernehmen laſſen darf, gemisbilligt und belacht werden. 

Sie haben doch unfere diesjährige Thronrede gelefen? 
Sch meine die Rede, die der. Bifchof Eylert zur Feier des 
diesjährigen Ordensfeſtes gehalten Hat. In vollem Ernſt, 
die Drbenshierarchie, die wit jedem 48. Januar immer 
fefter begründet wird, ſcheint mic eine tiefere Wurzel zu 
haben, als man gewöhnlich meint. Sie foll nämlich, wie 
der. Bifchof ausdruͤcklich gefagt hat, ber Verfchmelzung ber 
Stände entgegenarbeiten und eine Scheidewand befeftigen, 
an beren Zerflörung die ganze Zeit arbeitet. Denn ber 


Orden belohnt nicht allein ein Verdienſt, er bezeichnet. 


aud einen Stand. Diefelbe Sucht, zu claffificiren, foll 
auch in einem Gefegentwurfe, die bürgerliche Verfaſſung 
der Juden in den preußlfchen Staaten betreffend, hervor: 
treten, dee im ber lebten Zeit die Aufmerkſamkeit des, 
Yublicums in hohem Grade auffidhgezogen hat. 

Bei diefer Gelegenheit nehme ih mir die Freiheit, 
ber ſechs Broſchuͤren *) über Emankcipation der Juden 


*) 1. Geſuch ber Bekenner des jübifchen Glaubens im Her⸗ 
zogthum Braunſchweig an Ge. hochfuͤrſtliche Durchlaucht 


- 


— — — — — — — — — — 


| zu erwähnen, die Sie mir vor einigen Monaten zu über: 


fenden die Güte hatten. Was. mir ald das Wichtigfte 
an ihnen erfcheint, ift das numeriſche Verhaͤltniß, daß 
fünf für und nur Eine gegen die Juden gefchrieben ift. 
Ich möchte Sie namentlich auf die ſehr verdienftlichen 
Schriften von Geitel und Cohen aufmerkfam machen, 


‚ welche den Gegenſtand gründlich erörtern und außerdem 


auch dankenswerthe Nachrichten ber die oͤrtlichen Der: 
bältniffe der Juden in Braunfdweig und Hanover mit: 
theilen. Krug ſpricht in feiner bekannten Weife, wohls 
mwollend und entfchleden, und von ihm darf man wol mit 
Recht erwarten, daß er in der fächfifchen Kammer bie 
Sache der Juden führen und, wenn auch nicht in diefem 
Sabre, durchführen werde. Ludwig Schragge iſt zu ges 
(ehrt und beweiſt nichts. Weber den Hülferuf wider bie 
LEE 

den regierenden Herrn Herzog Wilhelm von Braunfchweig- 
Lüneburg um gnädigite Verleihung voller bürgerlicher Rechte. 
Verfaßt und mit erläuternden äufäsen verfehen von G. X. 
Geitel. Braunſchweig, Vieweg u. Sohn. 1831. Er. 8. 8 Gr. 

2. Ueber die Eage der Juden nach gemeinem deutfchen Recht 
und die Mittel, diefelbe zu verbeffern. Mit befonderer Be⸗ 
ruͤckſichtigung des Königreiches Hanover. Gin Verſuch von 
Morig Sohen. Banover, Bahn. 1832. Gr. 8. 10 Sr. 

3. Die Politit der Ghriften und bie Politit ber Zuben in 
mehr als taufendjährigem Kampfe. Gin Nachtrag zum 
Portrait von Curopa, gezeichnet von einem alten Staats⸗ 
mann außer Dienften, in Drud gegeben von W. T. Krug. 
Leipzig, Kollmann. 1832. Gr. 8. 12 Br. 

4. Wie verloren die Juden das Bürgerrecht im wefl« unb 
oftrömifhen Reiche? Gine indirecte Beantwortung ber 
grage: „Sollen die Juden das Bürgerrecht erlangen 2 
Beantwortet von Ludwig Schragge. Berlin, Froͤhlich 
u. Comp. 1882. @r. 8. 18 Gr. - 

5. Boͤrne und die Juden. Gin Wort ber Erwiberung auf 
die Flugſchrift des Herrn Dr. Eduard Meyer gegen Börne von 
Gabriel Rieſſer. Altona, Hammerich. 1832. Yr.8.4 Wr. 

6. Zu Huͤlfe wibte die Juden! — Gin Nothruf und Beitrag 
iur 5 rgortung. Nürnberg, Riegel u. Wießner. 1832, 

r. 8. r. 


⁊ 


— 


Juden erlaſſen Sie mir etwas zu ſagen; ein reichsſtaͤdti⸗ 
ſcher Judenhaß hat ihn dictirt, aber die Stuͤrme der Zeit 
haben ihn laͤngſt verweht. Rieſſer's Flugſchrift iſt mit 
Feuer und Beredtſamkeit geſchrieben. Wichtiger aber als 
dieſe kleine Broſchuͤre iſt die Zeitſchrift: „Dex Jude“, die 
Here :Dr. Rieſſer heiausgibt. Sie übt eine wachſame 
Gontrofe über die Angelegenheit der Juden' in Deutſch⸗ 
lond, und es dürfte fortan nicht. leicht ein öffentlicher 
Schritt in diefer- Beziehung. gethan werden, ber fich ihrer 
fcharfen Kritik entziehen koͤnnte. Wereit erfreut fich diefe 
Beitfeheift, von deu bisher 26 Nummern erfchienen find 
(der erfte Band), durch vielfeitige Theilnahme eines felb: 
, und der Herr Redactenr hat dem: 

nach die Erklaͤrung abgegeben, er werde ſo lange mit ſei⸗ 
nen Mittheilungen fortfahren, als die Juden in Deutſch⸗ 
fand noch unter dem alten Drucke ſchmachten. Möchte 
es ihm recht bald an Stoff gebrechen! Here Rieffer if 
Doetor juris ‘und ‚die Republik Hamburg bat ihm bie 
Advocatur verſagt. Er hat das beffere Theil: erwählt, und 
anftatt für Privatleute zu plaidiren, iſt er der Advocat 
eines unterbreiten. heil der ganzen . Menichheit. ge: 
worden. . 
Die „Leipziger Zeitung” vom 11. Februar, die mir 
‚foeben- zu Geſicht kommt, theilt endlich etwas Ausfuͤhrli⸗ 
ches über die geſetzlichen Beſtimmungen in Betreff der 
Inden mit, von denen ich Ihnen vorher nur andeutenb 
geſchrieben habe. Sie ſetzt die Grundlagen einer neuen 
Iundbdenordnung für "die preußiſchen Staaten auseinander, 
„die bereits bei allen Minifterien Biligung gefunden ba: 
- ben fol”. Einer umferer berühmteiten Staatsmaͤnner bat, 
als das freifinnige Ediet vom 11. März 18312. derathen 
wurde, fein Botun dahin abgegeben: Sch ſtimme für Sein 
»Geſetz über Juden, das mehr als vier Wörter: enthält: 
„Gleiche Rechte, gleiche Pflichten!” Jener Staatsmann 
-Iebt gegenwärtig im Ruheſtand, und ber vorliegende Ge: 
-fegentwurf befteht aus 64 Paragraphen. Sie halten ihn 
-für untergefchoben, für die liebenswuͤrdige Schwärmerel 
"irgend eines romantifhen Geiſtes? O Sie Gluͤcklicher! 
Waͤre aber auch nicht ein Jota wahr daran, ſo iſt er 
doch gut erfunden, ſo hat doch kein Vernuͤnftiger und 
Einſichtsvoller daran gezweifelt, daß er wahr ſein koͤnnte. 
Aber er iſt nicht erdichtet dieſer Entwurf eines Geſetzes, 
das uns urploͤtzlich in die Bevormundung des Mittelal⸗ 
ters zuruͤckkfuͤhren würde. Zwar bin ich feſt überzeugt, 
und Jeder, der das Verfahren unſerer Regierung kennt, 
ift es mit mir, daß foih ein — — niemals zum Ge 
feg erhoben werben wird, denn von jeher ift die Scheu 
vor — — —, beſonders aber vor dem Lächerlichen 


wirffamer geweſen als die Erkenntniß und freie Wahl des 


Wahren und des Guten; daß aber biefe Schiterarbeit 
eines Anfängers im Sefuitismus, der fchon mehre Jahre 


mit dieſer poffirlichen Maus ſchwanger geht, Tämmtlichen, 


Minifterien des intelligenten preußifchen Staats vorgelegt 
werden durfte, daß fie die Angelegenheit der Juden noch 
einmas um Jahre hingezögert und ihre oftmals getäufchte 


Hoffnung noch einmal getäufcht hat, iſt dies nicht — | 


‘ 
[3 
. 


— — — —— ⸗ — —— — — — —— —— ——æ — 


2266 


auszuſchreiben, da ich ja im Voraus weiß, daß ber Gens 
for ftreichen mwürbe, mas mir der Unwille eingibt? 

Es iſt in der Stadt von zwei Gefegentwürfen bie 
Mede, von einer „Zubenordnung” (sic!) für das Groß: 
herzogthum Poſen md von einer andern für die geſammte 
Monarchie. Der Verf. der Iegteen If, wenn. man bem 
Gerüchte traum darf, de — — — — — — — 
Das allgemein anerkannte Talent des ehren⸗ 
werthen Herrn — „denn Brutus iſt ein ehrenwerther 
Mann” —, fich in den GSlauben und bie Denkart des 
Mittelalters zu verſetzen, bat ſich auch hei dieſer Arbeit 
auf das Glaͤnzendſte bewährt, denn man barf ihr das 
Zeugniß geben, Daß fie nicht durch bie. gerimgfle Spur den 
leiſeſten Argwohn erweckt, als ob ſie fuͤr die Gegenwart 
und fuͤr gegenwaͤrtige Beduͤrfniſſe berechnet ſei. Der be⸗ 
ruͤhmte bat fich die Arbeit ſauer wer⸗ 
den laſſen. Anſtatt ſeinem Nachbar, dem Juden, in die 
Fenſter und, wo moͤglich, ins Herz zu gucken, bat er die 
alten Balladen und Chroniken: fleißig ftudirt; anſtatt ſei⸗ 


— [U 1 —⸗ U —— 


nen Nachbar, den’ Juden, ini Handel und Wandel und 


feine „hühfchen Toͤchter auf dem Ball und im Theater zu 
beobachten, ſchwebte diefem trefflichen Geſetzgeber der teufes 
lifhe Jude Gerautus von Venedig - vor oder die Juden⸗ 
tochter, die in Mirrilandeſtadt sin. Chriftenlind ſchlachtet 
und in den tiefen, tiefen Brunnen verfenft. Möge. er 
Serautus von Venedig oder bie. Fubentochter aus Mirri⸗ 
land inhaftiren laſſen, wenn fie feine Geſetze übertresen ! 
Was gehen. fie feinen Nachbar ober. deſſen hübſche Toͤch⸗ 
tee an? Wie dem aber auch fein mag, die Arbeit. hat 
ihren bifterifchen Werth und in dieſer Cigenſchaft iſt fie 
bereits dem Vernehmen nach vom Staatörath ‚mit großer 
Stinmenmehrheit verworfen worben, indem bie. glänzende 
Correlation. eines hohen Beamten bie eigentliche Vedeu⸗ 
tung berfelben fiegreich ins Licht fegte. 

Ueber das Judengeſetz für die Provinz Pofen war 
bisher nech nichts Beſtimmtes im Publicum vetlautet. 
Man vermuthete nur, daß. ſowol der Oberpräfident dieſer 
Provinz, Herr Flottwell, als auch ber commandirende 
General derfelben, Here von Grolmann, fih zum Theil 
in der Abſicht in Berlin aufhalten, um den Berashangen 
über dies Geſetz beizuwohnen — eine Vermuchung, bie 
zur Gewißheit wurde, als. eine Deputation pofener Juden, 
aus Vorſtehern der pofener und liſſaer Gemeinde befichend, 
bier antam, um die Angelegenheit ihrer Mitbrüder zu 
betreiben. Da uns noch keine ausländifche Zeitung über 
den Erfolg diefer Deputation untereichtet hat, fo haben 
voir, wie ſich's von ſeibſt verfteht, noch nichts Beſtimmtes 
daruͤber erfahren. - Run gibt uns die „Leipziger Zeitung’” 
den oben befprochenen Gefegentwurf, von dem in Frage 
geftelle wird,. ob ee für die neuen Provinzen oder für bie 
ganze. Monarchie beflimmt ſei. Diefe fogenannte. Ju⸗ 
denordnung, bie uns von dem Gorrefponbenten ber „Leip⸗ 
ziger Zeitung“ im Auszuge mitgetheilt wird, iſt aber, nach 
Demjenigen zu urtheilen, was über die — — 'ſche bes 
seits bekannt geworden ift, nichts Anderes als eben 
diefe vom Staatsrath bereits verworfene 


doch warum foll ih mir die Mühe geben, meinen Sez — — — [he Relation. Sie werden den rechten 


⸗ 
* \ 


Samen zu finden wiſſen, mit bem ein fo umneebliches 
Berfahren gebrandmarft toerben muß, das offenbar unfere 
‚Regierung zu verleumden beabfichtige. Dean ift es mol 
denkbar, daß ein für die ganze Monarchie eben verworfe⸗ 
wer Antrag gleichwol für einen Theil derfelben in Aus⸗ 
fuͤhrung gebracht werden fol, und iſt es nicht offenkun⸗ 
dige Berleumdung, das Publleum überreden zu wollen, 
daß unfere Regierung einer ſolchen Inconſequenz fähig 
ſei? Welches ift denn nun bie eigentliche Abſicht des 
Einſenders? Ef verraͤh fich ſelbſt in folgenden Worten: 
„Ein foldyes Gefeg erſcheint eingreifend fire alle chriftliche 
Staaten. Daher (!) wollen wir auf das Auffuͤhrlichſte 
Alles mittheilm, was wie‘ von dieſem Gefegentwurf ges 
hört.” Da die meiften Ständeverfammlungen ſich gegen: 
waͤrtig mit der wichtigen Frage ber jldifchen Emancipa⸗ 
tion befchäftigen, fo will er ihnen dies Geſetz zur Nach: 
achtung vorlegen und ſcheut ‚nicht eine Lüge oder, was 


daſſelbe iſt, das Verhehlen der Wahrheit, um feinen Lefer 


glauben zu machen, «6 fei im Ernft die Rede davon, den 
widerfinnigen, längft verworfenen — — (hen Entwurf 
ins Werk zu ſetzen. Zu ſolchen Myſtificationen ift die 
„Leipziger Zeitung” geeiebraudt worden. 

Bortfegung folgt.) 


Meine Reifen und meine finfjährige Gefangenfchaft in 
Algier, von Simon Friedrich Pfeiffer. Mit eh 
ner Vorrede vom Herrn Prof. Dr. Schmitthen: 
ner. Gießen, Rider. 1832. 8. 1Thlr. 4 Sr. 


Obgleich bie politifche Manie der neueften Zeit alle anbern 
Intereffen beinahe ausſchloß und das Unkraut der zahllos aus: 
und übereinander hervorichießenden und wuchernden Zeitungen 
jebe Ausfaat von nahrhaftern und erquicklichern Geifesfrädten 
hinderte und zu erfiidden drohte, To fehlte es doch fortwährend 
nit an einer Maffe werthlofer Ephemeyen jeber Art, die ihr 
Gluͤck verſuchen und oft genug finden ın einer Lefewelt, wo 
eben die Ueberfülle und das wiberflreitende Getoͤſe das Urtheil 
immer mehr verwirren und, wenigftens für einige Zeit, die Auf: 
nahme bed Guten wit des Schiechten zufällig machen. Na: 
mentlich liefert nicht felten &toff zu dergleichen die verkehrte 
Richtung vieler jungen Leute in unfern Tagen, weldye, anftatt 
in den Anfoberungen ihres nächften. Lebenskreifes den Umfang 
ihrer Pflichten zu erkennen und zu erfüllen, mit unbändiger 
Uebeshebung jn bie Weite hinaus zu wirken und zu irren uns 
ternehmen und bann zuiegt burch.den Drucd bem Yublicum mit 
ber windbeutelntgg Bekanntmachung ihrer gleidhgültigen Be: 





geoniffe und Abceuer aufwarten. Es ift deswegen begreiflich 
- gmug, warum man gegen Schriften wie bie vorliegende, ſelbſt 


dann, wenn fie unter der Schutzrede eines vertrauenswerthen 
Namens auftreten, ein nicht unbegründetes Vorurtheil mit⸗ 
bringt und von ſolcher Lecture fi um fo weniger Gewinn und 
Bergnügen verfprechen mag, wenn man wie bier auf ben erfien 
Seiten denachrichtigt wird, daß der Verfaſſer ein 2Sjähriger 
Züngling ift, welcher eben zu Gießen ſich der Arzneiwiffenfchaft 
widmet und demnach bie“ mitgetheilten Begebenheiten in ſehr 
früher und unreifer Lebenszeit erfahren hat. ' 

Indeffen verfchwindet. die geringe Meinung, mit welder 
man allenfalls das Büchlein zur Hand nehmen mochte, bei naͤhe⸗ 
ser Belanntfchaft, und man fühlt fidy bald von einem lebhaften, 
fowol fubjectiven als objectiven Intereſſe angezogen. Zunaͤchſt 
iſt es bie-achtene s und liebenswerthe Perfdnlichkeit des Berf., 
ein lauterer unb milder Gharakter, ber ungefhminft in ber 
ganzen Erzaͤhlung fi zu erfennen gibt, und der eine befondere 


Theilnahme einflößt Mit den außerorbentlichen, unverſcheldeten 
Schidfalen eines Juͤng'ings von fo zartem Alter, babei ein ges 
funder, offener Sinn, weicher, wenn auch ungebildet, mit ju⸗ 


gendlich frifher Empfänglichleit die hegegnenben Erſcheinungen, 


foweit ihnen feine Faſſungskraft gewachfen ift, rein und richtig 
anfhaut und ebenfo mit unbefungener Wahrhaftigkeit dem Leſer 
das Wichtigere von Dem mittheilt, was gr gefehen und erlebt 
hat. Hierun finden ſich wahrhaft poetifche Momente; es ift ber 
Berlauf diefer Begegniffe, fo einfach und natürlich fie ſich zu⸗ 
getragen, fo ſchlicht fie erzählt find, oft fo phantaſtiſch, ba 
man an bie Alteften Geſchichten erinnert wirb, wie namentlich 
an bie Zofeph’s in Aegypten, und bie Vorftellung, wie bas 
Geltfamfte, was man aus fernen Zeiten vernimmt, in unfern 
Hagen dem eignen Landsmann wiberfährt, wie er mit fanfter 
Gottergebenheit, mit Muth und Geſchick in jede Rage fig zu 
fügen, biefelbe immer zu eignem und Anderer Frommen mög» 
lichft anzuwenden weiß, aus den ſchrecklichſten Erduldungen ſich 
aufrichtend vertrauensvoll eine beffere Zufunft und Erloͤſung 
hofft und enblid auch erreicht — biefe begründet oder erhöht 
den erbaulidhen Eindrud, weichen bie gegenwärtige Schrift im 
Ganzen hervorbringt. Aber abgefehen von biefer äfthetifchen 
Wirfung, ift fie aud durch bie ethnogzaphifche und hiftorifche 
Bebeutung der Begenflände, über bie fie, beſonders in der zweir 
ten größern Hälfte ſich verbreitet, objestio anziehend und lehrs 
reich, indem fich über bie drtiihen, politiſchen und ſittlichen 


-Berkältniffe Algiers und feiner Bewohner, namentlich über bie 


Umftände feiner Croberung durch bie Franzoſen, welche ber 
Berf. dort erlebte, viele intereffante Nachrichten darin finden. 
Der Antheil der Zeitgenoffen an biefer Begebenheit mußte freis 
ih in den Hintergrund treten ober verfchwinden, fo lange die 
edſung ter näher und angehenden Kragen noch vorzugsweife 
die Geiſter befchäftigt; allein bie. Eroberung und Befegung von 
Agier, fo viel auch bie Partei es zu verſchreien und zu ver⸗ 
kleinern ſich bemühte, ift immer ein weitbiflorifäce Ereigniß, 
oder kann es werden und in glaͤnzende Folgen ſich erweitern, 
wenn bie politiſchen Verwickelungen und ber gewaltige Zudrang 
der nähern SIntereffen biefelben nicht paralpficen. Jenen An» 
theil erneuert nun das Büchlein des Verf. und lenkt ben Blick 
wieber nach, jener unheimlichen Küfte, deren reizende Landftriche 
fünftig vielleicht der Barbarei entriffen und einem fegendreichen, 
menſchlichen Dafein wiedergegeben werben. Obgleich es an auss 
fuͤhrlichern, zumal franzöfifhen Berichten über bie Gegend und 
über die Beſetzung von Algier nicht fehlt, der Verf. nach feir 
nem Alter, feinen Kenntaniffen und feiner Bildungsflufe übers 
haupt nicht grade geeignet fcheinen mag, tief und umfaffend 
einzudringen, fo find die Bemerkungen und Grfahrungen, zu 
welchen feine eigenthümliche Lage ihm Gelegenheit verfchaffte, 
dennoch von befonderm Werth und Intereffe; wie fie in allen 
Einzelheiten das Gepräge der Wahrheit anfihtragen, fo haben 
fie, tro& der Kürze und Unvoliftändigkeit, das Sichere und Les 
bendige eines an Ort unb Stelle Anmwefenden, eines unbefanges 
nen Augen» und Obrenzeugen, ruhigen und verftändigen Beobach⸗ 
ter6, unb vergegenwärtigen und beleuchten bergeflalt fehr er 
wuͤnſcht jene bedeutenden Momente. 

Die folgende Ueberficht foll den Inhalt ber gegenwärtigen 
Mittheilungen näher anzeigen. Der Verf., ein Rheinheſſe, nach⸗ 
dem er im fechheten Jahre feine Aeltern verloren, dann bon 
woblthätigen Menſchen unterftügt und erzogen worben, im breis 
zehnten Jahre fich der Chirurgie gewidmet, begibt fich im funfs 
zehnten zu Bekannten nah Anıfterbam, wo er durch beren Ems 
pfehlung auf einem Linienfhiff im Texel, einer Art Seecaſerne, 
als Prakticant der Ghirurgie eine Unterkunft findet. Hier hat 


ee im Schiffsſpital unter der Leitung bes Dberarztes den Ver⸗ 


band und die Apotheke zu beforgen, madt fi inzwifchen mit 
den Eigenthümlichleiten des Schiffs: und Seelebens befannt und 
wird im December 182%, noch in bemfelben Sabre feiner Ans» 
kunft zu Amfterdam, ber Bemannung einer Fregatte beigege 
ben, welche zum Schutz des Handels im Mittelmeer zu Exeuzen 
angewiefen if. Das Schiff fährt ab, und unfer Verf. gelangt 


. bier verweilt es nicht lange, 


x 


R4s 


nun unter den gewöhnlichen Sturmesfcenen und andern Aben⸗ 
teuern nach Gibraltar und weiter zu bem hofländifchen Depot 
Yort Mahon auf Minorca, nad) mehrmonatlichem Aufenthalt 
bafelbft nach Tonion, wo Schiffsbauholz an Bord genommen 

wird, und dann um Gicifien nad Neapel, wohin der Schiffe: 
capitain dem Verf. unbefannte Aufträge hattes von da Ereus 
zen fie fübwärts in ber See umher und Eehren wegen erlittes 
ner Befchädigung buch Sturm und Grlrantung ber Mann» 
ſchaft wieder nad Port Mahon zurüd, wo das Schiff ausge, 
beffert und zur Fahrt nach der Levante beordert wird. Unter 
Kührung eines Cootfen, den fie in Malta mitnehmen, fegelt es 
nun nah Milo und geleitet von da eine Anzahl Kauffahrer 
durch die wegen der Piraten unfichern Gewäfler an Scio vor 
bei — wo fie bie Spuren der Berwüftung noch fehen und ſowol 
der tuͤrkiſchen als griechifchen Flotte begegnen, auch bald darauf den 
Kanonendonner der Schlacht vernehmen —, nach kurzem Aufent- 
balt auf dem zeizenden Tino, in den Hafen von Gmyrna. Auch 
fondern begibt fih, um frifches 
Waffer einzunehmen und bie Kranken beffex zu verpflegen, nad 
Uwrlah, einem wenige Meilen von Smyrna entfernten Drte 
wo ber Verf. unter Anderm einmal gefehen, wie eine Öftreichi- 
ſche Gorvette, trog der Proteflation von Seiten feines Schiffe 
capitaine und eines franzoſiſchen, der mit einer Brigg zugleich 
hier vor Anker lag, zwei griechiſche Barken in den Grund bohrte, 
indem fie von ihrer Regierung ſich befugt erklärte, bie griechi⸗ 
ſchen „Rebellen” alle wie Piraten zu behandeln. De Kranten 
wegen bringt ber Verf. zu Uwrlah bie meifte Zeit auf bem 
Sande zu; hier macht er nun einft mit mehren Bekannten ges 
gen Abend "einen Gpaziergang nad einem Wälbchen, ale et 
plöglih von einem Haufen bewaffneter Janitſcharen uͤberfallen, 

epländert und nach ar Mishandlungen zum Hafen von 
Smprna auf ein algieriſches Kaperſchiff gefchleppt wird, das 
ihn mit noch andern griechiſchen Sklaven nad) Algier überfährt. 
Dies geſchieht im Juli 1825, alfo ein halbes Jahr nad) bes 
Berf. Abreife von Europa; er war eben 16 Jahre alt. In 
Algier angefommen, wird er ber Wohnung bes Haſſenatſchi⸗ 
Effendi, Juſtiz⸗ und Policeiminiſters, zugetheilt und als Sklave 
zum Dienſt in ber Küche deſſelben angeſtellt, wo ihm mit meh⸗ 
ten andern die Reinigung des Gebäudes und der Hausgeraͤth⸗ 
fhaften, das Zurichten ber Nahrungsmittel u. f. w. unter dem 
brutalen DOberbefehl der Köche obliegt. Ein Verſuch, dieſem 
brödenden Zuftand burd die Rlukt zu entgehen, wird durch 
den Verrath eines boshaften Mitſklaven, eines Savoyarden, 
vereitelt und durch die Baſtonnade ſchrecklich beſtraft. Inzwiſchen 
find zwei Jahre voruͤbergegangen und der Ungluͤckliche hat bie 
Landesſprache ziemlich fertig gelernt, als ber Zufall einer pers 
föntichen Unterredbung mit dem Minifter, die Erklaͤrung, daß er 
in Europa die Wundarzneikunde gelernt, und eine zur erſten 
Probe wohlgelungene Cur bei einer Unpaͤßlichkeit des Herrn ſei⸗ 
nem Schickſal eine guͤnſtige Wendung gibt: er wird zum Leib⸗ 
Ei des Baflenatfchi » Effendi erhoben, aus ben f ſchmuzigen 

Schlafkammern der Kuͤchenjungen in mehre Prachtzimmer des 
Palaſtes einlogirt und mit Glanz und Ueberfluß umgeben. In 
diefer- aͤußerlich behaglichen, wenn auch langweiligen Lage zieht 
ihm ber Neid und die Tücke eines Verwandten des Miniſters 


noch einmal eine graͤßliche Mishandlung zu, die ibn an Leib 


und Seele zu zerrätten droht. Da kommt ihm (1828), während 
ee auch biefe gluͤcklich uͤberſteht, das Geruͤcht von der Mis er 
ligkeit des Dei mit dem franzoͤſiſchen Gefandten zu Ohren, 

beffen viefjährige Urfachen, wie fie von den Algierern ihm * 
zähft wurden, uns ber Verf. nähern Aufſchluß gibt. Seine 


Eehbelebren Hoffnungen, bei einem bedorfiehenden Kriege mit 
"den Zranzofen aus der Sklaverei gerettet zu werben, nähern 


ih der Erfüllung; nad fruchtloſen Verhandlungen und mehr: 
ältigen, gegenfeitig verübten Reindfeligfeiten während ber fol: 
genden zwei Jahre, landet im Sommer 1830 ein franzöfifches 
Heer an dem räuberifchen, chriftenfeindlichen Geſtade, die Schar 
ren ber Moslims werden en ber Moslims werben gefälagen, bie Dauptftadt wird am mil — die Hauptflaßt wird am 


. nen: übereinftinimenden Ion und. gleichmäßigen 


Perſoͤnlichkeit des Erzaͤhlenden ang 


6. guti erobert und unter Mopand if Grfeh unb Deb⸗ 
nung gebracht. Unſerm Verf., welchem in dieſer Bebrängaiß 
ber Algierer ſchon vorher die Freiheit geſchenkt worden, und 
welcher ſich inzwifchen mit Gifer und Anftrengung der Pflege 
der in den Gafernen angehäuften Berwundeten unterzogen, wird 
von Seiten der Sieger ein ehrenvoller Empfang zu. Theil md 
bie Autſicht auf eine anſehuliche Stelle in ber Berwaltung der 
Stadt; zu gleicher Zeit macht ihm ber Bei von Titeri, bem er 
aus feinen frühers Werhättniffen befannt und empfohlen war, 
ſehr fchmeicheihafte Anerbietungen und will ihn unter glänzens 
dem Bedingungen zu feihem Schagmeifter, Arzt und Dolmets 
ſcher einfegen ; aber diefe lockenden Audſichten ebenfowel als ber 
Reiz ber intereffanten Bekanntſchaften, bie er jegt anknüpfte, 
werden von feiner Sehnſucht nach ber ‚Heimat überwogen; uns 
gern entlaffen und mit Baarſchaft und Empfehl ngen freunds 
lich verfeben, ſchifft er als franzöfifcher Ofiier auf einer fran⸗ 
dfifchen Gorvette im September 1850 fi ein, fandet in Mar: 
ie eille, ſeht ungehindert bie Reife durch Frankreich fort und er⸗ 
zeicht endlich wieder gluͤklich das lang entbehrte Vaterland. 

Sn der Darftellung dieſer Erlebniſſe ift der Verf. durchaus 
befcheiden und anfpruchslos, und auch da, wo er fidy veranlaßt 
fiept, der Tuͤchtigkeit und Verdienſtlichkeit ſeines Benehmens zu 
erwähnen, immer frei fowol von Aufbinderri als unangenehmer 
Serd ſtgefuͤlligkeit. Ebenſo ift dee Ausdruck einfach, angemefs 
fen, und der Styl überhaupt. fo gut und correct, daß wir zweis 
feiten, ob der Berf. nad fo langer Entfrembung und Entfer⸗ 
nung vom Baterland und feiner Sprache ohne Beihuͤlfe feine 
Erzaͤhlung fo habe abfaffen können, wenn man barin nicht eis 
Charafter ges 
wahr würbe, welcher doch auch der Form nad & Hauptfäglid der 
ugehören: ſcheint. 

Wir vermißten, öfter eine 8* Ausfuͤhrlichkeit, beſon⸗ 
ders in der Beſchreibung der. Localitaͤten und Lebensverdaͤltniſſe, 
"und freuten uns daher um fo mehr, daß der Verf., der Vorrede 
zufolge, „eine volftändige Darftellung feiner Srfahrungen unb 
Anſichten“ fpäter noch zu liefern gebenkt, wenn ihm die Um⸗ 
fände hierzu mehr Muße geftatten. Es ift nur zu wuͤnſchen, 
daß durch folhen nothgebrungenen Aufichub jene Darftellung 
nit an Lebendigkeit und Auſchaulichkeit verlieren möge, wie 
es bei folder Gutfernung des Raumes und der Zeit und bem 
großen Unterfchied her Zuftänbe faft unvermeidlich ifl, wenn ber 
Verf. verfäumt, jene Bilder bis ins Einzelne feftzuhalten, bes 
vor die Beichäftigungen und Grfheinungen bee umgebenden 
Gegenwart fie in feiner Einbildungsfraft verbrängen. Zugleich 
wollen wir ibm hierbei nicht unbenterkt laffen, daß und ber 
Stoff feiner Erzählung zur Bearbeitung für eine Zugendfchrift 
vorzüglich geeignet ſcheint, und daß biefelbe durch gelegentliche 
Beruͤckſichtigung naheliegender Materien, 3. B. ded See⸗ und 

Schifflebens, durch fpecielle Schilderung der häuslichen, bürger: 
lichen, religiöfen @ebräude und Ginrihtungen der Drientalen, 
En F kennen Bee uf. wi ein fehr lehrreiches, durch: At 

undament der wahren Begebenheit to intereffantes Leſe⸗ 
buch barbieten Lönnte. ” Pr 

Indem wir durch vorftehenbe Anzeige das gegenwärtige 
Säriftchen ber freundlichen Theilnahme des Publicums ewmpfeh⸗ 
len wollten, ſchließen wir dieſeibe mit dem herzlichen Wunſche, 
daß der Verf. in feinem kuͤnftigen Lebensgange durch recht hei⸗ 
tere und befriedigende Umſtaͤnde ſich moͤge entſchaͤdigt ſehen fuͤr 
die harten Bedraͤngniſſe, die einen großen Theil ſeiner gylden 
Jugend verbittert und verkuͤmmert haben. 





Notiz. 


Leitch Ritchie gibt «ine „Library of original romance” 
heraus, welcke in monatlichen Lieferungen erſcheinen wird. Der 
erfte ftarfe Band, am verwichenen Neujahretage ausgegeben, 
enthätt „The ghost -hunter and his family; by the O' 
family”, . 


Rebigist unter ö—meblte unter Vreantwortlikelt ver Berlagshandlung: Ba. oda — der VBerlagähanblung: 8. A. Brockhaus in Leipzig. 





Blätter 


für j 


literariſche Unterhaltung. 





Sonnabend, 





Ueber bie Lage ber Juden in Preußen. 
(Bortfekung aus Nr. 60.) 

Erlauben Sie mir daher, um bie [chädlihen Wirkun: 
gen deffelben einigermaßen zu paralpfiren, einige Bemer⸗ 
tungen gegen ‚diefen Antrag. Sie behaupten zwar, daß 
dergleihen Unfinn in unfern Tagen nur veröffentlicht 
werden darf, um als Unfinn erkannt und verlacht zu wer: 
den; aber was wird ber freiberger Magiftrat dazu fagen? 
wird er nicht frohloden und jubeln und den Juden, 
die feine Stadt beſuchen, eine doppelte Ehrenwache mit: 
geben? wird er nicht die alte Inſchrift über feinem 
Xhore: „Ein Jude und eine Sau bezahlen gleihe Mau”, 
In goldenen gothifchen Lettern erneuern laflen? Und glau⸗ 
ben Sid mir, ber freiberger Magiſtrat erfindet's nicht, er 
plaudert's aus; er hat Verwandte und Freunde in allen 
Deputirtenlammern und Collegien Deutfchlande. Ans Licht 
des Tages freilich wagt ſich diefe Maufwurfsanficht. ſel⸗ 
ten, aber wir haben in neuern Reiten fo oft den Fall er: 
lebt, daß in den Ständeverfammlungen die wärmften Re: 
den für Emancipation der Juden gehalten worden find 
und beim Abftimmen eine große Majorität ihr entgegen 
war. Nur die beffeen Köpfe hatten «6 gewagt, fich oͤf⸗ 
fentlicy vernehmen zu laffen, und die beſſern Köpfe find 
der Sache der Juden geneigt; aber die größere Menge, 
die bei der Discuffion geſchwiegen und gefchlafen hatte, 
gab beim Abflimmen den Ausfchlag. Dieſen Herren alfo 
fage ich noch einmal, denn fie könnten den Anfang 
meines Briefs gleichfalls verfchlafen haben, daß fie das 
Beifpiel der preußifchen Regierung nicht für fich anführen 
£önnen, indem fie den — — [hen Antrag bereits ver 
morfen hat und niemals im Sinne gehabt haben kann, 
ähntiche gefeßlihe Bellimmungen, die dem Geiſte des 
Edictd vom 11. März 1812 fo durchaus zumider find, 
für die gefammte Monarchie eintreten zu laffen. Die in 
diefem Edict den Juden zugeflandenen echte find von 
Sr. Majeftät dem König aus freier Wahl bewilligt und 
durch) das auf den Schlachtfeldern vergoffene Blut jüdt: 
fer Bürger befiegelt worden; es find wohlerworbene 
Rechte, und wenn fie auch in einzelnen Punkten ges 
ſchmaͤlert worden find, fo ift Derjenige doch ein Feind 
des preußifchen Staats, dee ihm die Ungerechtigkeit an: 
muthet, diefe Rechte von Grund aus zu vernichten. 

Sie erwarten vielleicht, daß ich verfuchen werde, bie 





Sufinuationen der „Leipziger Zeitung” zu widerlegen? Dazu 
ift nicht mehr die Zeit. Sie find bereitd taufendfach wi⸗ 
berlegt worben. Aber es ift die Weife der Verleumdung, 
eig wieder die alten Anklagen aufzutifchen. Es bleibt 
doch etwas davon hängen, denkt fie, unb der Zropfen, 
wenn er beharrlich auf dieſelbe Stelle tröpfelt,, höhlt zu: 
legt den Felfen aus. Das Norurtheil ift eine Hydra: 
baut man ihr das geifernde Haupt vom Naden und 
frohlockt über den vermeintlichen Sieg,, fo wachſen wäh- 
vend des kindiſchen Siegesjubels hundert andere hervor 
und züngeln giftig. In folhem Kampf ermattet aud 
die berculifche Kraft; denn es ift ber Kampf der Lang: 
weile. Und wenn es noch ein recht tüchtiges Vorurtheil 


von Fleiſch und Blut wäre, das in biefen duͤnkelhaften 


Gefeggebern fpuft! aber nein, diefe Herren haben laͤngſt 
allem Glauben und allem Aberglauben- entfagt. „Nicht 
find wir den Juden abgeneigt”, fagt ber Correfpondent 
der „Keipziger Zeitung” in einem frühern Berichte, „weil 
diefe Nation eine andere Religion hat als voir, fondern ei: 
nen Staat im Staate bildet, weil‘ fie_alle Reichthämer 
an fich zieht u. f. w.“ Alſo nicht religioͤfes Vorurtheil, das 
ſelbſt als Vorurtheil achtungswerth fein würde, ſondern 
Brotz und Amtsneid und dergleichen Keine Eiferſuͤchte⸗ 
leien find es, bie jenen Staatsmaͤnnern Redensarten enges 
ben, an welche fie ſelbſt Längft nicht mehr glauben. Glau⸗ 
ben foliten fie wirklich an folhen Schnad? „Durch das 
ganze Geſetz, welches man beabfichtigt, blidt ein Geiſt 
der Milde und der Verſoͤhnung durch, vorzüglich aber 


das Beſtreben des Staats, die Juden wieder zu dem 


alten Sag zuruͤckzufuͤhren: „Im Schreiße deines Ange: 
ſichts folft du dein Brot eſſen“, damit ihre Arbeitsſcheu 
vernichtet werde, um fie wieder zur Bearbeitung ded Bo⸗ 
dens zuruückzufuͤhren; hierin, nicht aber in der fieten Spe: 
culation um Gewinn mögen fie das Erdengläd ſuchen. 
Ihrer Scheu gegen bie Feldarbeit mag das Geheimniß 
zum Grunde liegen, daß die Juden den europälfchen 
Grund und Boden nicht als ihr Vaterland betrachten, 
fondern daß fie ihren Blick ſtets nach dem fernen, ihnen 
unbelannten Lande ihrer Väter richten u. |. w.”’ Sie wuͤß⸗ 
ten etwa nicht, daß den Juden bis vor etwa zwanzig Jah⸗ 
ten jeder Befig des Grundeigenthums unterfagt war, daß 
fie noch jegt mit unzähligen Schwierigkeiten zu kämpfen 
haben, und, unter fo erfchwerenden Umftänden nicht wohl 


Dan] 


24% n 
4 


. ’knelleeld, —— ——— m Be 
wahren des Gbeiften, was dem Rationalcharakter eines 
eigen if. Grmuthigenb wirkt «6 «6 übrigens auf jebes 
ende Gemöth, den Genius über die un 
triumphiren zw fehen, unb bie —— 
fyielen der Art mindeſtens nicht aͤrmer als irgend eine. 
ner wie Knox, Wallace, Buchanan, Burns bat fe viele auf⸗ 


Diefer fie Band gebt von A bis C (Abercremby — 
Oroech). Die artiſtiſche Behandlung der Portraits iſt untas 

delhaft, und man fieht ei daß fie authentiſch find, fo ſpre⸗ 

chend iſt deu Ausdruck der meiſten. 

2. The lives and explvits of banditti and robbers in all 
arts of the world. By C. Mac Faerlane. Zwei Bänke. 

nben 1888. 

Der Berf. von „Constantinople in 1889” unb „The ro- 
mance of italian history’ hat es bei biefem feinem neueflen 
Werte offenbar mehr auf die Unterhaltung der Lefer *8 
als auf hiſtoriſch freue Erzählung und Unterfuchung des 
ſtehung, Drganifation und fonftigen Berhättniffe der uber: 
banben, welche chemals bie Öffentliche Sicherheit fo vieler Laͤn⸗ 
Ver gefährbeten und noch jegt den Betzoͤrden zum Trog am 
mandyen Orten ihr Wefen treiben. Obgleich ee demnach vor 
zugsweife Bühne Abenteuer, bie Aufmerkfansteit ſpannende Weges 
benpeiten und Anekdoten, 33 bei auf den Zuſammen⸗ 
Yang zu achten, aus jener bäfern Sphäre bes Lebens mittheilt 
bat er doch den Fehigriff vermieden, durch Berfälfchung der 
——— eine unwärdige Sympathie für zwar bebauernäwerthe, 

ber zur Hefe und zu den Feinden der Menſchheit gehoͤrende 





Bıfm erregen. Der Angiehungetzaft, welche Ka und 
Abbruch. Der Unterſchieb liegt nur darin, baß audy ber obens 


bin Leſende, anftatt fi ſchwankenden Eindruͤcken hinzugeben, 
von der ganzen Kraft der ſchaudererregenden Wahrheit Et 
tert wird. nur baden wir noch zu bemerten. Die 3m 
fammenftellung fo vieler einander oft ehr ähnlichen Verbre⸗ 
den exrmuͤbet endlich den Leſer, und zwar hauptſaͤchlich darum, 
weil ihr Hrn. Mac Farlane's oben angedeutete Meiſe der Dar⸗ 
Rellung jenes tiefere Intereffe benommen Yat, weiches allein im 
Stande iſt, für diefe ſormigkeit zu entfchaͤdigen 





Dos Leben auf dem Lande. 


Das Berohe, Herrliche und Schöne im Anblide ber Nur 
empfinden , ſich deffen fo deutlich und klar bewußt werben, daß, 
was man empfindet, in Worte übergetragen werben und gleiche 
ſchaͤrfere Giane, empfänglis 

pe dv 


voraus 
beferunbeten, verwandten Geifte unb 
Derzen gleichfam nachbtiden, mit iym eine Empfindung theiten 
it — und das ift Ithätige — — — faſt Allen moͤg⸗ 
lich. Lebhaftere, gewaltigere Gefühle leben im Herzen, das, vers 


als Biele beſitzen. 


ſunken in ſtille Betrachtung der Natur, und gehoben — 


über die Eippen draͤnge und jedes andere zu beleden ich febmt. 
So find alle bie mehr und minder Gmpfänglicken fähig, mit: 
teilbar ober unmittelbar aus dem Labequell ber Natur zu ſchoͤ⸗ 
pfen Freude und Wonne, fi) zu erheben vom Sichtbaren zum 
Unfiäitbaren. Ein unſtchtbarer Echter ſchlaͤgt das große Bud 
auf and unterrichtet alle Erdbewohner. Gewiß werden bie Ed⸗ 
lern unfers Geſchlechts einer Tleinen zum zweiten Mal erneueten 
Shrift dee gefählvollen Erneftine von KrofigE unter bem 
einfachen Titel: „Sänblidde Stunden” (Berlin, Hetb, 1832, 8., 
12 Gr.), in biefer Radriht ihre Aufmerffamteit ſchenken. Gi⸗ 
kennen fie ſchon als eine theilnebmende Freundin ber Letdenden, 
die nicht allein ſelbſt gelitten hat und fremde Leiden zu lindern 
firebte, ſondern auch Allen, die des Lebens große Aufgabe, 
- "Liebe zu uͤben an Unglüdlidden, Kranlen, eine treue Schrerin 
durch ihre Schrift: 





nachgezeichnet und in das Der Deren, bie fie au 
mertfem befchauen, Glaube, Eiche umd Sofnung ii * 


uagen 
ben Gedruüͤckten mit ber Erbe Wärben werföhnen, dem M 
loſen Bertrauen einflößen, ben Unglücklichen erheitern, die Melt 
mit ihren —— Die verkiären und das Auge nad Dben 
. Raturbetradgrungen gern —* 


eiche, bes Desfiellung 
eines body aefeierten, num —— Kanzelreb⸗ 
ners, des net Hanfein, der man Gemuͤthlichkeit zuſchrieb, 
Syn war bie erfte Ausgabe biefer Schrift geweiht, bie zweite 
- feinem Andenken. Die Gegenflänbe des Landlebens, welche hier 
von ihrer freundlichſten Seite beleuchtet worden, find nicht alle 
gleich umfaſſend und 
wohlthut. Es 
‚do Jeld Sorten, die Ernte, die Weinleſe, bie 
Bohrung be6 Leandmanns, der Ruhetag, der Kirchhof, bie hier 


finde, wicht yeüfen, ob fie unter bem Kamen „Laͤndliche Stun 
bew’' begeiffen werben koͤnnen. Dürfen wir ber Berf. wegen ber 
Aufeinanderfolge des Gegenftände, weiche den wmfaffendten vos 
ben beſchraͤnktern, oder beffer umgelchrt, den —— anweiſt, 
gärnen? Dieſes und Jenes nicht. Nur das Wahre und 
Schhoͤne im Gedanken und Ausdruck bemerklich zu machen, ziemt. 
Die Wohnung des Landmanas (©. 53), unter welchem ber 
Gutögter oder Pächter verſtanden wird, bad Leben in ihr und 
ihren. Umgebungen, die Menſchen vom Haupte bis zum niebrig« 
fen Dienftbeten, die Thiere in den Gtällen und AL op, ige 


Werth und ihre Nusbarkit, die e Irbeites des Feldes, unb was 
font dierder noch gezogen worden, umfaft die Betzachtung.- 
Sie wird anziehenber eg in bie legten Arbeits⸗ 
Runden ber Woche verlegt 


—* * ſchoͤnes, anſprechendes laͤnd⸗ 

liches Wild! Der Wunſch, fo zu wohnen, fo z leben 

wie die Menſchen bier, Aeigt unwillkuͤrlich aus des 32 
e. Bei rfahrung bes 


cher Bater zum Erben großer ——* machte. Die alte 
gute Dausfitte, woran biefes Bild erinnert, iſt —ES 
—ã und Prunk hat die alten braunen Nußbaumgeräthe 
in die Polterkammer verwiefens fremde Grbtheile haben mit ih⸗ 
zen Erzengniſſen den Gaumen verwöhnt, has Leben gefeigert; 
die ſtille rege Thaͤtigkeit Hat das Wohlleben verbrängt; Gigennug 
und Habſucht haben das Band innigen Vertrauens, das fonft 
alle Dausgenofien an den Hausherrn Inüpfte, zerriffen. Wie 
AR das Jetzt gang anders als das Gonft!i Wenn ber Reiz bie 
fes Tönen Ländlichen Gemäldes auch nur Ginen ber vom 
Prunfgeifte der Zeit Neberwältigten ergreift, nur Gines und das 
Andere aus der alten Zeit in die neue — benn nicht alles Alte 
iſt empfehlenswertg — verpflangt und Ginfachpeit in ber Le⸗ 
bensweife, Zufriedenheit im Herzen, Siebe und WBertraum Uns 
ter bie Hansgenoflen zurüdkuft, fo bat das kleine Landbuͤchlein 
wie billig es auch gekauft werden kann, einen, unendlich den 


„Ueber den Umgang mit Leibenden. Geis innern und äußern 


Redigirt unter Berantwortligkelt der Berlagäbandlung: J. A. Brodhaus in Leipzig. 


über bie ansgewählsen Gegen _ 








! 


Li 


Blätter 


für 


27: eitag, 


mer. r-- 









Zn an — 








ur achricht. 


literariſche Unterhaltung. 








Von dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen taͤglich eine Nummer und iſt der Preis fuͤr den 
Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beſtellung darauf an; ebenſo 


Jahrgang 12 Thle 
. alle Doflämter, die fih an bie Eönigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, das Fönigl. 


preuß. Srenzpoftamt in Halle, ober dad fürftl. Thurn und Zarifche Poftamt in Altenburg 
wenden. Die Verfendung findet wöchentlich zwei Mal, Dienflagd und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt. 





Ueber die Lage der Juden in Preußen. 
Sie fodern mich zu Berichten über Berlin auf, ver: 


: ehetee Freund, aber ich gehe nicht ins Theater, unb au: 


Berhalb der Breter, die die. Welt bedeuten, gebt .bei uns 
fo .gut als gar nichts vor. Wir begleiten die Weltge⸗ 


ſchichte mit obligaten Wigen, und fo wären denn unfere 
ige faſt das Einzige, was in Berlin wirklich paffirt. }. 


Es ift Überdies nicht ohne Gefahr, in auswärtigen Blaͤt⸗ 
sen über Berlin zu berichten, denn man riskirt, mit jenen 
obfeuren Briefſtellern verwechſelt zu werben, welche jegt die ge: 
Lefenften Zeitblaͤtter, namentlich Die „Allgemeine Zeitung” und 
bie „Leipziger Zeitung”, faſt pofttäglich mit Ihren Privat: 
mittheilungen überfchwersmen. As bie neueſte Nachricht 
gebe ich Ihnen die Verſicherung, daß biefe Briefe von 
dee öffentlichen Stimme, fofern ſich eine folche bei uns 
vernehmen Laffen darf, gemisbiligt und belacht werden. 
Sie haben doch unfere diesjährige Thronrede gelefen? 
Ich meine die Rede, bie der Biſchof Eylert zur Feier des 
diesjährigen Ordensfeſtes gehalten Hat. In vollem Ernſt, 
die Orbenshieracchie, die mit jedem 48. Januar immer 
fefter begründete wird, ſcheint mir eine tiefere Wurzel zu 
haben, als man gewöhnlich meint. Sie foll nämlich, wie 
der. Bifchof ausdruͤcklich gefagt hat, der Werfchmelzung der 
Stände entgegenacbeiten und eine Scheidewand befefligen, 
an deren Zerſtoͤrung die ganze Zeit arbeitet. Denn ber 


Orden belohnt nicht allein ein Verdienſt, er bezeichnet. 


auch einen Stand. Diefelbe Sucht, zu claffificiten, fol 
auch in einem Gefegentwurfe, die bürgerliche Verfaſſung 
der Juden in den preußiſchen Staaten betteffend, hervor: 
treten, ber in der Iehten Zeit die Aufmerkſamkeit des 
Publicums in hohem Grade auffihgezogen hat. _ 

Bei dieſer Gelegenheit nehme ich mir bie Freiheit, 
der ſechs Brofhären ”) uͤder Emahripation der Juden 


*) 1. Beſuch ber Bekenner des jüdifchen Glaubens im Ber: 
zogthum Braunſchweig an Ge. hochfuͤrſtliche Durchlaucht 


- 


a —— — —— — — — — — 


zu erwaͤhnen, die Sie mir vor einigen Monaten zu uͤber⸗ 


ſenden die Güte hatten. Was mir als das Wichtigſte 
an ihnen erfheint, tft das numeriſche Verhaͤltniß, daß 
fünf für und nur Eine gegen die Juden gefchrieben ift. 


Ih möchte Sie namentlih auf die ſehr verdienftlichen 


Schriften von Beitel und Cohen aufmerkfam machen, 
welche den Gegenſtand gründlich erörtern und außerbem 
auch dankenswerthe Nachrichten über die oͤrtlichen Ver⸗ 
hältniffe der Juden in Braunſchweig und Hanover mit: 
theifen. Krug ſpricht in feiner bekannten Weiſe, wohl: 
mwollend und entfchieden, und von ihm darf man wol mit 
Recht erwarten, daß er in der fächfifhen Kammer bie 
Sache der Juden führen und, wenn aud nicht in diefem 
Sabre, duchführen werde. Ludwig Schragge iſt zu ges 
(ehrt und bemeift nichts. Weber den Hülferuf wider die 
ITA 

den regierenden Herrn Herzog Wilhelm von Braunſchweig⸗ 
Lüneburg um gnädigfte Verleihung voller bürgerlicher Rechte. 
Verfaßt und mit erläuternden Zuſaͤtzen verfeben von G. X. 
Geitel. Braunfäweig, Bieweg u. Sohn. 1881. Er. 8,8 Gr. 

2. Ueber die Lage der Juden nach gemeinem deutfhen Recht 
und die Mittel, diefelbe zu verbefiern. Mit befonderer Be: 
rüdfihtigung bes Königreichs Hanover. Gin Berſuch von 
Morig Cohen. Banover, Hahn. 1832. Gr. 8. 10 Gr. 

8. Die Politit der Ghriften und bie Politit ber Zuden in - 
mehr als Laufendjährigem Kampfe. Cin Nachtrag zum 
Portrait von Guropa, gezeichnet von einem alten Staats⸗ 
mann außer Dienften, in Drud gegeben von W. T. Krug. 
Leipzig, Kollmann. 1832. Sr. 8. 12 Gr. 

4. Wie verloren die Juben das Buͤrgerrecht im weſt⸗ und 
oftrömifhen Reihe? Cine inbirecte Beantwortung ber 
Frage: „Sollen die Juden das Bürgerrecht erlangen 2 
Beantwortet von Ludwig Schragge. Berlin, Froͤhlich 
u. Comp. 1882. ®r. 8. 18 Gr. - 

5. Boͤrne und bie Juden. Ein Wort der Ermiterung auf 
bie Blugfchrift des Herrn Dr. Eduard Meyer gegen Börne von 
Gabriel Rieſſer. Altona, Hammerich. 1832. &r.8.4 Gr. 

6. Zu. Hülfe wider bie Juden! — Ein Notruf und Beitrag 
iur Gefenartumg. Nürnberg, Riegel u. Wießner. 1832. 

r. 8. r. 


— 


Juden erlaſſen Sie mir etwas zu ſagen; ein reichsſtaͤdti⸗ 
ſcher Judenhaß hat ihn dictirt, aber die Stuͤrme der Zeit 
haben ihn laͤngſt verweht. Rieſſer's Flugſchrift iſt mit 
Feuer und Beredtſamkeit geſchrieben. Wichtiger aber als 
dieſe kleine Broſchuͤre iſt die Zeitfchrift: „Dee Jude“, die 
Here Dr. Rieſſer hemusgibt. Ste. übt eine wachſame 
Controle Über die Angelegenheit der Juden' in Deutſch⸗ 
land, und es dürfte fortan nicht leicht ein oͤffentlicher 
Schritt in diefer Beziehung. gethan werben, der fich ihrer 
fcharfen Kritik entziehen Tönnte. Bereits erfreut fich diefe 
Beitfehrift, won deu bisher 26 Nummern exrfchieen ſind 
(der erfte Band), durch vielfeitige Theilnahme eines felb: 
gen Beſtehens, und der Herr Üebartenr hat dem⸗ 
nad) die Erklaͤrung abgegeben, er werbe fo lange mit fei: 
nen Mittheilungen fortfahren, als die Juden in Deutſch⸗ 
tand noch unter dem alten Drucke ſchmachten. Möchte 
es ihm recht bald an Stoff gebrehen! Herr, Riefler ift 
'Doetor juris und die Republik Hamburg hat ihm bie 
Advocatur verfügt. Er hat das beffere Theil, erwählt, und 
anftatt für Privatleute zu pfaidiren, tft er der Advocat 
eines „unterbrüukten. Theils _ber en. chheit _ge: 
worden. . 
Die ‚Leipziger Zeitung” vom 11. Februar, die mir 
fſoeben zu Geſicht kommt, theitt endlich etwas Ausfuͤhrli⸗ 
ches Uber die geſetzüchen Beſtimmungen in Betreff der 
Faden mit, "von denen ich Ihnen vorher nur andeutend 
geſchtieben habe. Sie fegt die Grundlagen einer neuen 
Indenordnung für die preußiſchen Staaten auseinander, 
„die bereits bei allen Miniſterien Biltigung gefunden ba: 
: ben fol”. Einer unſerer berühmteften Staatemänner bat, 
als das freifinnige Ediet vom 11. März 1312 derathen 
wurde, fein Votum dahin ubgegeben: Ich flimme für ein 
Geſetz über Juden, das mehr als vier "Wörter enthält: 
„Gleiche Rechte, gleiche Pflichten!” Jener Staatsmann 
-1ebt gegenwaͤrtig im Nuheftand, und ber vorliegende Ge: 
ſetzentwurf beſteht aus 64 Paragraphen. - Ste halten ihn 
für untergefchoben, für die liebenswürdige Schwärmerei 
irgend eines romantifchen Geiſtes? O Sie Gluͤcklicher! 
Waͤre aber auch nicht, ein Jota wahr daran, fo ift er 
bach gut erfunden, fo hat doc kein Vernuͤnftiger und 
Einfichtsvoller daran gezweifelt, daß er wahr fein koͤnnte. 
Aber er tft nicht erdichtet diefer. Entwurf eines Gefeges, 
das uns urplöglich in die Bevormundung des Mittelal: 
ters zurbdführen- würde. Zwar bin ich feſt uͤberzeugt, 
und Jeder, der bas Verfahren unferer Regierung kennt, 
iſt es mit mir, daß folh ein — — niemals zum Ge 
feg erhoben werden wird, denn von jeher iſt die Scheu 
vor — — —, befonderd aber vor dem Lächerlichen 
wirfamer geweſen als die Erkenntniß und freie Wahl des 
Mahren und des Guten; daß aber dieſe Schüterarbeit 
eines Anfänger im SJeluitismus, der fchon mehre Jahre 
mit dieſer pofficlichen Maus ſchwanger geht, ſaͤmmtlichen, 
Minifterien des intelligenten preußifchen Staats vorgelegt ' 
werden durfte, daß fie die Angelegenheit der Juden nod) 
einmas um Jahre hingezögert und ihre oftmals getaͤuſchte 
Hoffnung noch einmal getäufcht hat, iſt dies nicht — | 
doch warum fol id mir die Mühe geben, ‚meinen Satz 


auszufchreiben, da ich ja im Voraus weiß, daß ber Cen⸗ 
for flreichen würde, was mir der Unwille eingibt? 

Es ift in der Stadt von zwei Gefegentwärfen bie 
Mede, von einer „Zubenordnung” (sic!) für das Groß: 
berzogthum Pofen md von einer andern für die geſammte 
Monarchie. Der Verf. der letztem If, wenn. man be 
Gerüchte trauen darf, br — — — — — — 
Das allgemein anerkannte Talent des ehren⸗ 
werthen Herrn — „denn Brutus iſt ein ehrenwerther 
Mann” —, ſich in den Glauben und die Denkart des 
Mittelalters zu verſetzen, bat ſich auch hei dieſer Arbeit 

auf das Glaͤnzendſte bewaͤhrt, denn man darf ihr das 
Zeugniß gehen, Daß fie nicht durch Dia geringfle Synr Den 

leiſeſten Argwohn erweckt, als ob ſie fuͤr die Gegenwart 
und fuͤr gegenwaͤrtige Beduͤrfniſſe berechnet ſei. Der be⸗ 
ruͤhmte bat fich ⸗ die Arbeit ſauer wer⸗ 
den laſſen. Anſtatt ſeinem Nachbar, dem Juden, in die 
Fenſter und, wo möglich, ind Herz gu:guden, hat er die 
alten Balladen und Chroniken.’ fleißig: ſtudirt; anſtatt feis 
nen Nachbar, den’ Juden, im Handel und Wandel und 
feine huͤbſchen Toͤchter auf dem Ball und im Theater zu 
beobachten, ſchwebte dieſem trefflichen Geſetzgeber bes teufe⸗ 
liſche Jude Gerautus von Venedig vor oder die Juden⸗ 
tochter, die in Mirrilandsſtadt ein. Chriſtenkind ſchlachtet 
und in den tiefen, tiefen Brunnen verſenkt. Möge. er 

Serautus von Venedig oder die Judentochter aus Mirri⸗ 

land inhaftiren laſſen, wenn fie feine Geſetze übertregen! 

Was gehen fie feinen Nachbar ober. deſſen hüͤbſche Toͤch⸗ 
tee an? Wie dem aber auch fein mag, bie Arbeit. hat 
ihren hiſteriſchen Werth und in dieſer Sigenfhaft iſt fie 
bereits dem Vernehmen nach vom Staatörath ‚mit großer 
Stimmenmehrheit verworfen worden, indem bie glänzende 
Correlation. eines hohen Beamten die eigentliche Bedeu⸗ 
tung derfelben fiegreich ins Licht ſetzte. 

. Meber das Judengeſetz für die Provinz Pofen war 
bisher nach niches Beſtimmtes im Publicum verlantet. 
Man vermuthete nur, daß ſowol der Obespräfident biefer 
Provinz, Derr Flottwell, als auch der commanbirende 
General derfelben, Herr von Grolmann, fih zum Theil 
in der Abfiht in Berlin aufhalten, um ben Berathungen 
über dies Geſetz beizumohnen — eine Vermuchung, die 
zur. Gewißheit wurde, als. eine Deputation pofener Juden, 
aus Vorfichern der pofener und liſſaer Gemeinde beſtehend, 
bier ankam, um die Angelegenheit ihrer  Mitbrüder zu 
betreiben. Da uns noch keine ausländifche Zeitung über 
den Erfolg dieſer Deputation unterrichtet hat, fo haben 
wir, wie ſich's von ſeibſt verſteht, noch nichts Beftimmtes 
daruͤber erfahren. . Run gibt uns die „Leipziger Zeitung” 
den oben befprochenen Gefegentwurf, von dem in Frage 
geſtellt wird, ob «u für die neuen Provinzen oder für bie 
ganze. Monarchie beflimmt fei. Diefe ‚fogenannte: Ju: 
denordnung, die und von dem Gorrefpomdenten ber „keip⸗ 
ziger Zeitung” im Auszuge mitgetheilt wird, iſt aber, nad) 
Demjenigen zu urtheilen, was über die — — 'ſche bes 
seits „bekannt geworden ift, nichts Anderes ale eben 
diefe vom GStaatsrath bereits verworfene 
— — — ſche Relation. Bie werden ben rechten 


— 


381 
‘ - ‘ IN 


Samen zu finden wiſſen, mit bem ein fo aureblides 
Berfahren gebranbmarkt werden muß, das offenbar unfere 
‚Regierung zu verleumden beabfihtigt. Dan ift es wol 
senkbar, daß ein für die ganze Monarchie eben verworfe⸗ 
mer Antrag gleichwol für. einen Theil derfelben in Aus⸗ 
führung. gebracht werden fol, und tft es nicht offenkun⸗ 
dige Berleumbung, das Publleum düberreben zu wollen, 
daß unfere Regierung einer folhen Inconſequenz fähig 
fei? Welches iſt denn nun bie eigentliche Abficht des 
Einfenders? Er verraͤh fich ſelbſt in folgenden Worten: 
‚Kin ſolches Geſetz erſcheint eingreifend für alle chriftliche 
Staaten. Daher (!) wollen wir auf das Ausführliche 
Alles mittheilen, was wir‘ von diefem Gefegentwurf ge: 
bört.” Da bie meiften Ständeverfanmlungen ſich gegen: 
waͤrtig mit der wichtigen Frage der jhdifchen Emaneipa: 
tion befchäftigen, fo will er ihnen dies Geſetz zur Nach: 
achtung vorlegen und ſcheut nicht eine Lüge oder, was 


daſſelbe if, das Verhehlen der Wahrheit, um feinen Lefer 
glauben zu machen, es fei im Emft die Rede davon, den 


widerfinnigen, längft verworfenn — — (den Entwurf 
ins Wert zu ſetzen. Zu folhen Myſtificationen iſt die 
„Leipziger Zeitung” gemisbraucht worden. 

e Bortfegung folgt.) 





Meine Reifen und meine fünfjährige Gefangenfchaft in 
Algier, von Simon Friedrich Pfeiffer. Mitch 
ner DBorrede vom Herrn Prof. Dr. Schmitthens 
ner. Gießen, Rider. 1832. 8. 1Xhlr. 4 Sr. 


Obgleich die politifche Manie der neueften Zeit alle anbern 
Intereſſen beinahe ausfchleß und das Unkraut der zahllos auss 
und übereinander hbervoricießenden und wuchernden Zeitungen 
jede Ausfaat von nabrhaftern und erquicklichern Geiftesfräckten 
hinderte und zu erſticken drohte, fo fehlte es doc fortwährend 
nicht an einer Maffe werthloſer Ephemeren jeber Art, bie ihr 
Städ verfuchen und oft genug finden in einer Refewelt, wo 
eben die Weberfülle und das wiberftzeitende Getoͤſe das Urtheil 
immer mehr verwirren und, wenigftens für einige Zeit, die Auf: 
nahme des Guten wie bes Schlechten zufällig machen. Ra: 
mentlich Liefert nicht felten Stoff zu dergleichen die verkehrte 
Richtung vieler jungen Leute in unfern Tagen, welche, anflatt 
in den Anfoderungen ihres naͤchſten Lebenskreifes den Umfang 
ihrer Pflichten zu ertennen und zu erfüllen, mit unbändiger 
Ueberhebung in bie Weite hinaus zu wirken unb zu irren un: 
ternehmen und dann zuiept durch.den Druck bem Publicum mit 
ber — Bekanntmachung ihrer gleichguͤltigen Be⸗ 
gegniſſe und Abceuer aufwarten. Es iſt deswegen begreiflich 
genug, warum man gegen Schriften wie die vorliegende, ſelbſt 
dann, wenn fie unter der Schutzrede eines vertrauenswerthen 
Ramens auftreten, ein nicht unbegründetes Worurtheil mit: 
bringt und von folcher Lecture fi um fo weniger Gewinn unb 
Vergnügen verfprechen mag, wenn man wie bier auf den erfien 
Geiten denachrichtigt wird, daß ber Verfafler ein 2Sjähriger 
Zöngling ift, welcher eben zu Gießen ſich der Arzneiwiffenſchaft 
widmet und demnach die” mitgetheilten Begebenheiten in ſehr 
früher und unreifer Rebenszeit erfahren bat. 

Indeſſen verſchwindet die geringe Meinung, mit welder 
man allenfalld das Büchlein zur Hand nehmen mochte, bei nähe: 
zer Belanntfchaft, und man fühlt ſich bald von einem lebhaften, 
fowol fubjectiven als objectiven Intexeffe angezogen. Zunaͤchſt 
iR es die- achtens⸗ und Tiebenswerthe Verfönlichkeit des Verf, 
ein lauterer unb milder Charakter, der ungefchminft ia der 
ganzen Crzaͤhlung ſich zu erkennen gibt, und der eine befondere 


Tbeilnahme einflößt mit den außerorbentlichen, unverſchulbeten 
Schidfalen eines Füng!inge von fo zartem Alter, dabei ein ges 
funder, offener Sinn, weicher, wenn auch ungebildet, mit jus 
gendlich friſcher Empfaͤnglichkeit die begegnenden Erſcheinungen, 
foweit innen feine Faſſungskraft gewachfen if, rein und richtig 
anfhaut und ebenfo mit unbefungener Wahrhaftigkeit dem Leſer 
das Michtigeie von Dem mittheilt, was gr gefehen und erlebt 
hat. Hierin finden fi wahrhaft poetiſche Momente; es ift ber 
Berlauf dieſer Begegniffe, fo einfach und natürlich fie fidy zus 
getragen, fo ſchlicht fie erzähle find, oft fo phantaſtiſch, daß 
man an bie aͤlteſten Geſchichten erinnert wird, wie namentlich 
an die Joſeph's in Aegypten, und bie Vorftellung, wie bas 
Geltfamfte, was man aus fernen Zeiten vernimmt, in unfern 
Zagen bem eignen Landbemann wiberfährt, wie er mit fanfter 
Gottergebengeit, mit Muth und Geſchick in jede Lage fig zu 
fügen, diefelbe immer zu eignem und Anberer Frommen mög» 
lichft anzuwenden weiß, aus den ſchrecklichſten Erduldungen fi 
aufrichtend vertrauensuoll eine beffere Zukunft und Griöfung 
hofft und endlich auch erreicht — dieſe begründet oder erhöht 
den erbaulichen Eindruck, "welchen bie gegenwärtige Schrift im 
Sanzen hervorbringt. Aber abgefehen von biefer aͤſthetiſchen 
Wirfung, ift fie auch durch bie ethnographifche und biftorifche 
Bedeutung der Gegenflände, über die fie, befonders in der zwei⸗ 
ten größern Hälfte ſich verbreitet, objestiv anzichend und Iehrs 
reich, indem ſich über die oͤrtlichen, politiſchen und ſittlichen 


Verhaoͤltniſſe Algiers und feiner Bewohner, namentlich über die 


Umſtaͤnde ſeiner Eroberung durch die Franzoſen, welche der 
Verf. dort erlebte, viele intereſſante Nachrichten darin finden. 
Der Antheil bes Zeitgenoſſen an dieſer Begebenheit mußte freis 
lid in ben Hintergrund treten ober verfchwinden, fo lange die 
Löfung ter näher uns angehenen Fragen noch vorzugsweife 
die @eifter beſchaͤftigt; allein die Eroberung und Befegung von 
Algier, fo viel auch bie Partei es zu nerfchreien und zu vers 
kleinern fich bemühte, ift immer ein weltbiforifähes Ereigniß, 
oder Fann es werden und in glänzende Kolgen fich erweitern, 
wenn bie politifhen Werwidelungen und ber gewaltige Zudrang 
der nähern SIntereffen biefelben nicht paralyſiren. Jenen An« 
theil erneuert nun das Büchlein bes Verf. und lenkt den Blick 
wieber nach jener unheimlichen Küfte, deren reizende Landftriche 
tünftig vielleicht der Barbarel entriffen unb einem fegensreichen, 
menſchlichen Dafein wiedergegeben werden. Obgleich es an aus⸗ 
fuͤhrlichern, zumal franzoͤſiſchen Berichten über bie Gegend unb 
über die Beſetzung von Algier nicht fehlt, ber Werf. nach feir 
nem Alter, feinen Kenntniffen und feiner Bildungsſtufe übers 
haupt nicht grade geeignet fcheinen mag, tief und umfaffend 
einzubringen, fo find die Bemerkungen und Grfahrungen, zu 
welchen feine eigenthümliche Tage ihm Gelegenheit verfcaffte, 
dennoch von befonderm Werth und Intereffe;s wie fie in allen 
Einzelheiten das Gepräge der Wahrheit anfidhtragen, fo haben 
fie, trog der Kürze und Unvollſtaͤndigkeit, das Sichere und Les 
bendige eines an Ort und Gtelle Anmwefenden, eines unbefanges 
nen Augen: und Obrenzeugen, ruhigen und verftändigen Beobach⸗ 
terö, unb vergegenwärtigen unb beleuchten bergeftalt fehr ers 
wuͤnſcht jene bedeutenden Momente. 

Die folgenbe Ueberficht fol den Inhalt ber gegenwärtigen 
Mittheilungen näher anzeigen. Der Verf., ein Rheinheſſe, nach 
dem 'er im fecheten Jahre feine Aeltern verloren, dann don 
woblthätigen Menſchen unterflügt und erzogen worben, im drei⸗ 
zehnten Jahre fi) ber Ghirurgie gewidmet, begibt ſich im funfs 
zehnten zu Bekannten nach Amfterbam, wo er durch deren Ems 
pfehlung auf einem Linienfchiff im Texel, einer Art Seecaſerne, 
als Prakticant der Chirurgie eine Unterkunft findet. Bier hat 
er im Schifisfpital unter der Leitung bes Dberarztes ten Ver⸗ 
band und die Apothefe zu beforgen, macht ſich inzwiſchen mit 
den Gigenthümlichkeiten des Schiffs und Seelebens bekannt und 
wird im December 182%, noch in bemfelben Zahre feiner An» 
Zunft zu Amfterdam, der Bemannung einer Zregatte beigege⸗ 
ben, weiche zum Schutz des Handels im Mittelmeer zu kreuzen 
angewiefen if. Das Schiff fährt ab, und unfer Verf. gelangt 


‚As 


nun unter den gewöhnlichen Gturmesfcenen und anbern Abens 
teuern nach @ibraltar und weiter zu dem holländifchen Depot 
Hort Mahon auf Minorca, nach mehrmonatlichem Aufenthalt 
bafelbft nad) Toulon, wo Sciffsbauholz an Bord genommen 
wird, und dann um Gicilien nach Neapel, wohin ber Schiffs: 
sapitain dem Verf. unbelannte Aufträge hattes von ba kreu⸗ 
zen fie fübwärts in ber See umher und kehren wegen erlittes 
ner Befchäbigung durch Sturm und Erkrankung ber Manns 
ſchaft wieber nach Port Mahon zurüd, wo das Schiff ausge: 
beffert und zur Fahrt nach der Levante beordert wird. Unter 
Zührung eines Lootſen, ben fie in Malta mitnehmen, fegelt es 
nun nad Milo und geleitet von da eine Anzahl Kauffahrer 
durch die wegen der Piraten unſichern Gewäfler an Scio vor« 
bei — wo fie bie Spuren ber Verwuͤſtung noch fehen und ſowol 
der türkifchen als griechifchen Blotte begegnen, auch bald barauf den 
Kanonendonner der Schlacht vernehmen —, nach kurzem Aufent⸗ 
halt auf dem reizenden Tino, in ben Hafen von Gmyrna. Aud) 


‚ bier verweilt es nicht lange, fondern begibt fih, um frifches 


\ 


Waffer einzunehmen und die Kranken beffer zu verpflegen, nad) 
Uwrlah, einem wenige Meilen von Smyrna entfernten Orte 
wo ber Berf. unter Anderm einmal gefehen, wie eine Öftreichis 
ſche Gorvette, troß der Proteftation von Seiten feines Schiffe 
capitains und eines franzöfifägen, der mit einer Brigg zugleich 
bier vor Anker lag, zwei griechifche Barken in ben Grund bohrte, 
indem fie von ihrer Regierung fich befugt erklärte, die griechi- 
Shen „Rebellen“ alle wie Piraten zu behandeln. Der KAranten 
wegen bringt ber Verf. zu Uwrlah bie meifte Zeit auf dem 
Lande zu; bier macht er nun einft mit mehren Bekannten ges 
gen Abend "einen Gpaziergang nach einem Waͤldchen, als er 
plöglih von einem Haufen, bewaffneter Janitſcharen überfallen, 
geplänbert tmd nad argeh Mishandlungen zum Hafen von 

myrna auf ein algierifches Kaperſchiff gefchleppt wird, das 
ihn mit noch andern griechiſchen Sklaven nach Algier überführt. 
Dies gefhieht im Zuli 1825, alfo ein halbes Jahre nach des 
Verf. Abdreife von Europa; er war eben 16 Jahre alt. Jn 
Algier angelommen, wird er ber Wohnung des Haſſenatſchi⸗ 
Effendi, Juftiz: und -Policeiminffters, zugetheilt und ale Sklave 
zum Dienft in der Küche deffelben angeftellt, wo ihm mit meh⸗ 
ren andern die Reinigung bes Gebäudes und ber Hausgeraͤth⸗ 
ſchaften, das Zurichten dee Nahrungsmittel u. f. w. unter dem 
brutalen DOberbefehl ber Köche obliegt. Ein Verſuch, diefem 
brücdenden Zuſtand durch bie Flucht gu entgehen, wirb durch 
den Verrath eines boshaften Mitſklaven, eines Savoyarden, 
vereitelt und durch bie Baftonnabe ſchrecklich beftraft. Inzwiſchen 
find zwei Jahre vorübergegangen und ber Unglüdlidye hat bie 
Landesfprache ziemlich fertig gelernt, als ber Zufall einer per: 
fönlichen Unterredung mit dem Minifter, die Erflärung, daß er 
in Europa die Wunbarzneifunde gelernt, und eine zur erften 
Probe wohlgelungene Sur bei einer Unpäßlichkeit des Herrn ſei⸗ 
nem Schickſal eine günftige Wendung gibt: er wird zum Leibs 
arzt des Haffenatfihis Effendi erhoben, aus ben ſchmuzigen 


Schlafkammern der Kuͤchenjungen in mehre Prachtzimmer des _ 


Dalaftes einlogirt und mit Glanz und Ueberfluß umgeben. In 
diefer- äußerlich behaglichen, wenn auch langweiligen Lage zieht 
{fm der Reid und die Tuͤcke eines Verwandten des Miniftere 


“no einmal eine gräßlihe Mishandlung zu, bie ihn an Leib 


und Seele zu zerrütten brobt. Da kommt ihm (1828), während 
ee auch diefe gluͤcklich überfteht, das Gerücht von der Mishel⸗ 
ligkeit des Dei mit bem franzoͤſiſchen Gefandten zu Ohren, über 
deffen viefjährige Urfachen, wie fie von den XAlgierern ihm ers 


zählt wurden, uns der Verf. nähern Aufſchluß gibt. Seine | 
‚ neubelebten Hoffnungen, bet einem bevorficehenden Kriege mit 
den Zrangofen aus der Sklaverei gerettet zu werben, nähern 


ih ber Erfüllung; nad fruchtloſen Verhandlungen und mehr: 
ältigen, gegenfeitig verübten Feindfeligfeiten während der fol: 
genden zwei Zahre, landet im Sommer 1850 ein franzöfifches 
Heer an dem räuberifchen, dhriftenfeindlidhen Geſtade, die Scha⸗ 
ren ber Moslims werben geſchlagen, die Hauptſtabt wirb am 


Rebigist unter Verantwortlichkeit der Werlagshandlung: 8. A. Brodhaus in Leipzig. 


6. Juli crobert und unter europaͤtſch⸗ chriſtliches Gefeh und Deb⸗ 
nung gebracht. Unſerm Berf., welchem in biefer Bedrängaif 
der Algierer ſchon vorher bie Freiheit gefchenkt worden, und 
welcher fi inzwifchen mit Gifer und Anftrengung ber Pflege 
der in den Gafernen angehäuften Verwundeten unterzogen, 

von Seiten der Sieger ein ehrenvoller Empfang zu Sheil md 


bie Ansfie auf eine anſehnliche Stelle in der Berwaltung ber 


Stadt; zu gleicher Zeit macht ihm der Bei von Ziteri, dem er 
aus feinen frühera Werhättniffen bekannt und empfohlen-war, 
ſehr fchmeichelhafte Anerbietungen und will ihn unter glänzens 
der Bedingungen zu feihem Schagmeifter, Arzt und Dolmet⸗ 
ſcher einfegen; aber diefe lockenden Ausfichten ebenſowol als. ber 
Reiz der intereffanten Bekanntſchaften, die er jegt antnäpfte, 
werden von feiner Sehnſucht nach ber Heimat übertwogen; uns 
gern entlaffen und mit Baarfchaft und Empfehlungen freunds 
lich verſehen, ſchifft er als frangdfifcher Offizier auf einer frans 
zöfffchen Gorvette im September 1830 ſich ein, kandet in Mar⸗ 
feile, fest ungehindert bie. Reife durch Frankreich fort und ers 
zeicht endlich wieder gluͤklich das lang entbehrte Vaterland. 

Sn der Darflellung biefer Erlebniſſe ift der Verf. durchaus 
beſcheiden und anfpruchelos, und au ba, wo er fidy veranlaft 
flieht, der Tuͤchtigkeit und Werdienfttichkeie feines WBenehmens zu 
erwähnen, immer frei fowol von Aufbinderei alß unangenehmer 
Seldſtgefuͤlligkeit. Ebenſo iſt der Ausdruck einfach, angemefs 
ſen, und der Styl uͤberhaupt ſo gut und correct, daß wir zwei⸗ 
felten, ob der Verf. nach fo langer Entfremdung und Entfer⸗ 
nung vom Baterland und feinee Sprache ohne Beihuͤlfe feine 
Erzählung fo habe abfaffen können, wenn man barin nicht eis 
nen übereinflinimendben Ion und. gleihmäßigen Charakter ger 
wahr würbe, welder doch auch ber Borm nad hauptfächlic der 


Perſoͤnlichkeit bed Erzaͤhlenden anzugehoͤren ſcheint. 


Wir vermißten oͤfter eine groͤbere Ausfuͤhrlichkeit, beſon⸗ 


ders in der Beſchreibung der. Localitaͤten und Lebensverdaͤltniſſe, 
und freuten Uns daher um fo mehr, daß der Verf., der Vorrede 


zufolge, „eine volftändige Darftellung feiner Erfahrungen unb 
Anſichten“ fpäter noch zu liefern gedenkt, wenn ihm die Um⸗ 
ftände hierzu mehr Muße geftatten. Es ift nur zu wuͤnſchen, 
daß durch folchen nothgebrungenen Aufſchub jene Darftelung 
nit an Lebendigkeit und Anſchaulichkeit verlieren möge, wie 
es bei ſolcher Entfernung bes Raumes und ber Zeit und dem 
großen Unterfchieb her Zuftänbe faft unvermeidlich ift, wenn ber 
Verf. verfäumt, jene Bilber bie ins Einzelne feſtzuhalten, bes 
vor die Belhäftigungen und Erſcheinungen der umgebenden 
Gegenwart fie in feiner Einbildungskraft verdrängen. Zugleich 
wollen wie ihm hierbei nicht unbenferkt laffen, daß uns ber 
Stoff feiner Erzaͤhlung zur Bearbeitung für eine Zugendichrift 
vorzüglich geeignet fcheint, und daß diefelbe durch gelegentliche 


Beruͤckſichtigung naheliegender Materien, 3. B. bes Ser: und 


Schifflebens, durch fpecielle Schilderung ber häuslichen, buͤrger⸗ 
lichen, religiöfen Gebräude und Ginrihtungen der Drientalen, 
bie er kennen gelernt u. f. w., ein ſehr lehrreiches, durch: bag 
Sundament der wahren Begebenheit voppglt intereffantes Leſe⸗ 
buch barbieten könnte. 

Indem wir durch vorfiehende Anzeige das gegenwärtige 
Schriftchen der freundlichen Theilnahme des Yublicums empfehs 
len wollten, fließen wir biefelbe- mit dem herzlichen Wunſche, 
daß der Verf. in feinem künftigen Lebensgange durch recht bei: 
tere und befriedigende Umftäude ſich möge entſchaͤdigt fehen für 
bie harten Bedrängniffe, die einen großen Theil feiner frühen 
Jugend verbittert und verfünmert haben. 165. 





Notiz. | 
Leit Ritchie gibt «eine „Library of original romance’’ 
heraus, welde in monatlichen Lieferungen erfcheinen wird. Der 
erfte ftarfe Band, am verwichenen Neujahrstage ausgegeben, 
entpäit „Ihe gbost-hunter and his family; by the O’Hara 
amily‘, . \ 


literariſche 


- 


für 


Unterhaltung. 





Sonnabend, 





Ueber die Lage der Juden in Preußen. 
(Bortfeßung aus Nr. 60.) 

Erlauben Sie mir daher, um die ſchaͤdlichen Wirkun⸗ 
gen deſſelben einigermaßen zu paralyfiren, einige Bemer⸗ 
tungen gegen ‚biefen Antrag. Sie behaupten zwar, daß 
dergleichen Unfinn in unfern Tagen nur veröffentlicht 
werden barf, um als Unfinn erlannt und verlacht zu wer: 
den; aber was wird der freiberger Magiſtrat dazu fagen? 
wird er nicht frohloden und jubeln und den Juden, 
die feine Stadt befuhen, eine doppelte Ehrenwache mit: 
geben? wird er nicht die alte Snfchrift über feinem 
Zhore: „Ein Jude und eine Sau bezahlen gleiche Mau”, 
In goldenen gothiſchen Lettern erneuern laflen? Und glau: 
ben Ei! mir, der freibergeer Magiſtrat erfinder’s nicht, er 
plaudert’8 aus; er hat Verwandte und Freunde in allen 
Deputirtenlammern und Gollegien Deutſchlands. Ans Licht 
des Tages freilich wagt fi) diefe Maufmurfsanficht. ſel⸗ 
ten, aber wir haben in neuern Zeiten fo oft den Fall er: 
lebt, daß in den Ständeverfammiungen die waͤrmſten Re: 
den für Emancipation der Juden gehalten worben find 
und beim Abflimmen eine große Majorität ihre entgegen 
war. Nur die beffeen Köpfe hatten «8 gewagt, ſich oͤf⸗ 
fentlich vernehmen zu laffen, und die beflern Köpfe find 
der Sache der Juden geneigt; aber die größere Menge, 
die bei der Discuffion geſchwiegen und gefchlafen hatte, 
gab beim Abflimmen den Ausfchlag. - Diefen Herren alfo 
fage ih noch einmal, denn fie könnten den Anfang 
meines Briefs gleichfalls verfchlafen haben, daß fie das 
Beifpiel der preußifhen Regierung nicht für ſich anführen 
tönnen, indem fie den — — 'ſchen Antrag bereits ver: 
worfen bat und niemals im Sinne gehabt haben kann, 
ähnliche gefegliche Bellimmungen, die dem Geifte des 
Ediets vom 11. März 1812 fo durchaus zuwider fihd, 
für die gefammte Monarchie eintreten zu laffen. Die in 
diefem Edict den Juden zugeftandenen echte find von 
Sr. Majeftät dem König aus freier Mahl bewilligt und 
durch) das auf den Schlachtfeldern vergoffene Blut juͤdi⸗ 
fer Bürger befiegelt worden; «8 find wohlerworbene 
Rechte, und wenn fie auch im einzelnen Punkten ge: 
fhmälert worden find, fo iſt Derjenige doch ein Feind 
des preußifchen Staats, dee ihm die Ungerechtigkeit an: 
muthet, diefe Rechte von Grund aus zu vernichten. 

Sie erwarten vieleicht, daß ich verfuchen werde, bie 





Inſinuationen der „Leipziger Zeitung“ zu widerlegen? Dazu 
ift nicht mehr die Zeit. Sie find bereitd taufendfach wi⸗ 


berlegt worden. Aber es ift die Weife der Verleumdung, 
eyoig wieder die alten Anklagen aufzutifchen. Es bleibt 
doch etwas davon hängen, denkt fie, und der Tropfen, 
wenn er beharrlich auf diefelbe Stelle tröpfelt,, Höhle zu⸗ 
legt den Felfen aus. Das Vorurtheil ift eine Hydra: 
baut man ihr das geifernde Haupt vom Naden und 
frohlockt über den vermeintlichen Sieg,, fo wachen wäh: 
vend des Lindifchen Siegesjubels hundert andere hervor 
und züngeln giftig. In folhem Kampf ermattet auch 
die herculifche Kraft; denn es ift der Kampf ber Lang⸗ 
weile. Und wenn es noch ein recht tüchtiges Vorurtheil 


von Kleifh und Blut wäre, das in biefen duͤnkelhaften 


Gefeggebern ſpukt! aber nein, diefe Herren haben laͤngſt 
allem Glauben und allem Aberglauben entfagt. „Nicht 
find wir den Juden abgeneigt”, fagt dee Correſpondent 
der „Leipziger Zeitung” in einem frühern Berichte, „weil 
diefe Nation eine andere Religton hat als wir, fondern eis 
nen Staat im Staate bildet, weil fie_alle Reichthuͤmer 
an fich zieht u. f. w.” Alſo nicht religisfes Vorurtheil, das 
ſelbſt als Vorurtheil achtungswerth fein würde, ſondern 
Brot und Amtsneid und dergleichen Keine Fiferfüchte: 
leien find es, die jenen Staatsmännern Redensarten einge: 
ben, an welche fie felbft Längft nicht mehr glauben. Glau⸗ 
ben ſollten fie wirklich an folhen Schnad? „Durch das 
ganze Gefeg, welches man beabfichtige, blidt ein Geiſt 
dee Milde und der Verſoͤhnung durch, vorzüglich aber 
das Beftseben des Staats, die Juden vwoleder zu dem 
alten Satz zuruͤckzufuͤhren: „Sm Scheiße deines Ange: 
fihts folft du dein Brot effen”, damit ihre Arbeitsſcheu 
vernichtet werde, um fie wieder zur Bearbeitung des Bo⸗ 
dens zuruͤckzufuͤhren; hierin, nicht aber in der ſteten Spe: 
eulation um Gewinn mögen fie das Erdenglüͤck fuchen. 
Ihrer Scheu gegen die Feldarbeit mag das Geheimniß 
zum Grunde liegen, baß bie Suben ben europäifchen 
Grund und Boden nicht als ihr Waterland betrachten, 
fondern daß fie ihren Blick ftets nach dem fernen, ihnen 
unbefannten Lande ihrer Väter richten u. ſ. w.“ Sie wuͤß⸗ 
ten etwa nicht, daß den Juden bis vor etwa zwanzig Jah: 
ten jeder Beſitz des Grundeigenthums unterfagt war, daß 
fie noch jetzt mit unzähligen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen 
haben, und unter fo erſchwerenden Umftänden nicht wohl 


250 


‘ 


eriwartet werben kann, daß fie eine vielhundertiährige Ge: 
wohnheit im Zeitraum weniger Jahre ablegen? daß fie 
aber in freien Ländern, 3. B. in Holland, fich ben fchwer: 
ften Arbeiten und Gewerben unterziehen, ja, daß diefe 
vorzugsmweife von Juden betrieben werden? Wenn man 
“fie aber an den Feldbau geröhnen, wenn man ihnen den 
Mangel diefer Beichäftigung zum Verbrechen machen will, 
warum befchränkt fie derfelbe heuchleriſche Gefegentwurf 
in einem andern Paragraphen, worin e8 heißt: „Neue 
Miederlaffungen auf dem Lande werden ben Schugjuben 
nicht ferner bewilligt, [elbft wenn fie Kinder dort an: 
fäffiger jüdifher Einwohner find’ —? DO über 
den oräßlihen Hohn! Man wende nicht ein, dag ja nur 
die Schugiuden diefer Beſchraͤnkung unterworfen feien; 
denn fie find es vorzüglich, die der Erziehung durch dem 
Feldbau bedürfen. Das nennen fie nım Erfahrung und 
praktifche Staatswelsheit, und grade die Erfahrung Mord: 
amerikas, Frankreichs und Hollands, bes ehemaligen Koͤ⸗ 
nigreichs Weſtfalen und Großherzogthums Frankfurt, ja 
felbft die Erfahrung Preußens hat das Gegentheil bewies 
fen. Die Erfahrung tft der fiebenfach gehäutete rinds⸗ 
lederne Schild, den fie fih gegen die glühenben Pfeile des 
Zeitgeifte6 trogig vorhalten. Ihre Erfahrung freilich, 
die Mahrnehmungen eines befchränften Geiftes und einer 
kleinlichen Eitelkeit, aber nicht die Erfahrung der Wett: 
gefchichte und einer großartigen Politik. 

Doc was fagen Sie zu bem Styl unfers Correfpon: 
denten? Mas halten Ste von ber Berechtigung eines fol 
chen Menfhen, ber nicht einmal deutſch fchreiben kann, 
über die Undeutfchheit der Juden zu entfcheiden? Ihm wäre 
es freifich lieber, wenn fie bei allem Schabernat, dep er 
ihnen anthut, nicht mudfen dürften, und es verdrießt ihn 
fehr, wenn fie in einem fo urkräftigen und geiftreichen 

Deutſch mudfen, daß felbft die weißblutigften germanifchen 
Herzen davon entzlndet werden. Was ſtempelt den Deut: 
hen als feine Sprache? Fragen Ste Arndt, und Arndt 
ift doc gewiß kein Freund der Juden. . 

‚Die Juden follen aber auch, wie es in jenen Rügen» 
briefen heißt, Beine guten'und aufrichtigen Bürger fein. Sch 
behaupte vielmehr, daß fie befjere Bürger find als bie 
Chriften, oder vielmehr, daß ihnen der Staat wider Mil: 
len Gelegenheit gibt, ſich als die Beſſern zu bewähren. 
Tragen Sie nicht mit maͤmlichſtarker Ergebung, einer 
befiern Zukunft harrend, diefelben Pflichten und Laften wie 
Jene, ohne ihre Nechte zu genießen? Fa, nicht allein die 
gleichen, fondern weit bedeutendere Laften, indem fle au: 
fer den gewöhnlichen Steuern aud noch fämmtliche Ko: 
ften für ihe Spnagogen:, Schul: und Armenweſen auf: 
zubringen haben. Das tft wahrhafter und ehrender Bür: 
gerfinn, und deshalb allein verdienen fle das aräßliche 
Anathema des Liberalismus, das unfer Here Correfpondent 
über fie ausruft. Nun wahrhaftig! wen der Liberalismus 
fo nahe gelegt. wird wie den Juden, der müßte dreifach 
vernagelt fein, wenn er ihm nicht huldigte. Erſt feitdem 
fle, ihre wahrhafte Stellung erkennend, in die Reihen der 
Dppofition getreten find, hat ihre Angelegenheit eine welt: 
geſchichtliche Bedeutung gewonnen und geht Hand in Hand 


— — — — — — — En. EEG EEE EEE EEE EEE EEE EEE — 


mit den Fortſchrittewmder Zeit. Denn bie jübifhe Frage 
ift.überali grade fo weit gelöft, als es bie cons 
fitutionnelle überhaupt iſt. Vergeſſen Sie doch ja 
nicht, diefen legten Sag mit 'gefperrten Lettern druden zu 
laffen, wenn Ste meinen Brief überhappt ber Deffentli 

feit übergeben wollen. Es muͤßte als eine Hfengliche C 

lamität betrachtet werben, wenn einer unferer abfolutiftt: 


hen Staaten ein gutes Judengeſetz zu Stande brächtez 
denn conftitutionnelle Regierungsform und Emancipation- _ 


der Juden verhält fih wie Urfahe und Wirkung: eine 
Anſicht, die in Ihrem „Converſationg⸗ Lexikon für die 


neuefte Zeit und Literatur” in dem betreffenden Artikel  _ 


gleichfalls durchgeführt worden ft. 

Was werden Sie aber dazu fagen, wenn ich Ihnen 
bemweife, baß unfer Gefeggeber im Grunde felbft ein ver: 
ſteckter Sudenfreund, ein Saint:Simonift, ja fogar ein De: 
magog nach alferneueftem Schnitt iſt? Geben Sie Adıt, 
denn ich muß vom Ei ber Leba -beginnen, um bis zu 
dieſem trojanifhen Pferde zu ‚gelangen. . 

Um die fpartanifche Sugend, die, wie alfe Jugend, 
keine Tugend hatte, zuͤr Mäßigkeit anzuhalten, erfann fich 
Lykurgus einen feinen Kunftgriff. Er verordnete nämlich, 
daß bei jedem öffentlichen Gaſtmahl einige Heloten abficht: 
lich betrunken gemacht werden follten, um den Sünglins 
gen als abfchreddiendes Beiſpiel diefes haͤßlichen Laſters vor⸗ 


‚geführt zu werden. Dann erhob ſich wol ein after Spar: 


taner, ein ergrauter Lehrer ihrer Staatsweisheit, und hielt 
folgende Anrede: „Seht dies fcheußlihe Bild! So kann 
ſich der Menfh zum Vieh herabmwürdigen. Und diefe foll: 
ten mit euch zu Tiſche figen, oder zu Nathe oder eure 
Feinde mit euch befämpfen? Nut zur Zeit der hoͤchſten 
Moth dürfen fie Waffen tragen gegen den gemeinfamen 
Feind, und um fie anzufeuern, verfprecht ihnen bie Frei⸗ 
heit; .aber euer Wort zu halten feid ihr gegen diefe nicht 
verpflichtet. Denn feht nur, fie geberden ſich wie biödes 
Vieh, und wenn fie am Abend nach Haufe gehen, fo 
brecht hervor aus euerm Hinterhalt und ermordet fie, ihr 
edeln Sünglinge von Sparta!” Und wenn fie nun am 
Abend nüchtern nad) Haufe gingen, die Einen knirſchend 
vor Wuth, die Andern abgeftumpft gegen gewohnte Schande, . 
da brachen die hochherzigen, zu Raub und Dieberei ge: 
wöhnten Sünglinge hervor und ermordeten die Wehrlofen. 

(Der Beſchluß folgt.) - 


Topographie ber freien und Hanſeſtadt Hamburg, von 5. 
H. Neddermeyer. Hamburg, Hoffmann und Campe, 
1832. Gr. 8. 

Diefe mit ausgezeichnetem Fleiß, und zwar gebrängter, aber 
biftorifch glaubwärbiger Vollſtaͤndigkeit ausgefertigte Topographie 
von Hamburg ift, ungeachtet der verbienftoollen Vorarbeit bes 
verftorbenen von Heß, nichts weniger als überflüffig, da fich, feit 
der neueften Auficge von 1810, unentlich Vieles anders geflaltet 
bat und Manches in ibe zu berichtigen war. Beſondere Erfennts 
lichkeit ift man tem befcheitenen Verf. ſchuldig, daß er nicht nur 
die gedruckten und handfchriftächen Nachrichten bedeutender Vor⸗ 
gänger und Beitgenofen forglich benugte, fonbern ſich auch bie 
Unterftügung des unabläfjig forſchenden Archivars, Dr. Lappen⸗ 
berg, und des ſehr unterrichteten Stadtbuchſchreibers Peterſen 


‘ 


251 


zu erwerben fuchte; und wenn biefe Willfaͤhrigkeit Beiden zur Ehre 
gereicht, fo erweckt fie zugleich ein günftiges Vorurtheil für Den, 
weichen fo vollgisftige Richter ihrer würdig hielten. - Das Bundy 
Wil gekauft ımd gelefen ſein; und ſo befäeänfen wir und auf 
die Anzeige Beffen, woräber ber Lefer fich det ihm Habhs erholen 
kann. Literatur der hamburgiſchen Topographie, Wächer, Pros 
fpecte und Grundriſſe. Geographiſche Lage und Größe. Nach 
den neueften Beobachtungen des Hrn. Profeffor Schumacher liegt 
fie ‚unter 27° 38° 21” 8. Länge, und 53° 83° R. Breite, 
Der Flaͤcheninhalt der eigentfihen Stadt beträgt 344,784,909, 
der Vorftabt Sanct: Georg 692,238 hamburger Quadratfüß, 
der bed Stadt: Deichd und bes Hamburgerbergs iſt noch une 
beitimmt. Allgemeine Ueberficht des Entſtehens "der Stadt und 
ihrer Feſtungswerke, fowie des Berfdinpindens der Igsten Ein, 
Heilung ber Stabt m All: und Neuflabt, nach den Stadt: 
Erbebähhern, .in Eirchticher Hinficht, nach der Vuͤrgerwache, nach 
der Bürgergarbe, nach ben Amtbezirken und nach den Baudiſtric⸗ 
ten. Gewaͤfſer, Wafferleitungen, Mühlen, Löfchanftaften. Elbe 
and Alfter, Häfen, Kandle und Fleete, Hafenmoore, Schleu⸗ 
fen und Siele, Brunnen und Wafferkünfte, oͤffentliche Pum⸗ 
pen und Mettungsanftalten. Erleuchtung ber Stadt und Vor⸗ 
ſtaͤdte. Gaſſen der Stadt und Borfäbte. Die Zahl ſaͤmmt⸗ 
licher großen und Heinen Wöhnungen in ber Stadt und ben Bors 
ſtaͤdten beträgt 32,157. Mit Recht bat der Berf. bie Angabe 
der franzoͤſtſchen Behoͤrben, ihrer Locale und Anftalten während 
ber widerrechtlichen Beflgnahme von 1811 —15 nicht über 
gangen. Deren bloße Angabe, bie fhlichte Anzeige, zu welchem 
zum Theil ſchmaͤligen Gebrauch fie Gebäude herabmwürbigten, zu 
ganz andern Zwecken beflimmt, wie fie Kirchen und heilig gehals 
tene Gtätten in Pferbeftälle und Magazine verwandelten und 
nady ihrer eignen Ueberzeusung und Vorurtheit auf immer ent« 
weihten, iſt binlänglih, jeden menſchlichen Sinn sw empdren, 
wie vielmehr den eines Hamburger Bürgers, eined Deutfchen, 
eines Chriften! Mögen Bewunderer des fieggelrönten Despotis⸗ 
mus der Zapferkeit feiner Diener huldigen , fo viel ihrem knech⸗ 
tifhen Sinne zuſagt; Menſchenkenntniß und Staatskiugheit bürs 
fen fie doch weder bem Gemwalträuber noch feinen Werkzeugen 
zuſchreiben, wenn ihnen nicht bie Höchfte Weisheit fcheint, jeden 
Antergebenen wider feinen augenblicklichen Oberherrn zu erbittern. 
Beigegeben find dem Buch vier Plane Steindrud: Hamburg 
am Ende bes 13. nnd des 16. Jahrhunderts; bie Dome 
kirche und ihre Befigungen im Jahr 180%, und Hamburg mähs 
rend ber Belagerung 1813 und 1814. ine Karte von Bam 
durg, wie es jept iſt, fchien bei ber Menge vorhandener brauch⸗ 
barer um fo mehr überflüffiz, da der Ingenieurcapitain Schwarz 
und Lohſe befchäftiat find, eine neue auf die genauften Meffungen 
begrüntete anzufertigen. Die Vianette des Buchs zeigt Ham⸗ 
Burg um 1071, ber vorbere Umſchlag bad alte Steinthor vom 
Jahre 1685, und deſſen Kehrſeite das große Stadtfiegel des 
18. Jahrhunderts, ein anderes nicht minder altes, das jetzige 
Stadtfiegel, das bes Domcapiteld, der Kaͤmmerei, der Ober: 
a:ten und der hoffentlich nie wieder zu befürdhtenden Mairie 
d’Hambourg. Selbft der Rücken des Umfchlags bildet das Gier 
gel des Johanniskloſters ad. Ein reichhaltiges Regifter vermehrt 
die Brauchbarfeit tes Buche. \ 98. 


— 


— — ———⏑ 





Correſpondenzukchrichten.“) 

Pittsfielb, den 13. November 1882, 
— — — Sh.habe vor einiger Zeit nähere Belanntfchaft mit 
einer ber fonderbarften Sekten gemacht, die je erüitirt, mit ber ber 
Shaker, der tanzenden Quaͤker, bie bier in meiner Nähe mehre 
Nieberlaflungen haben; und ich hoffe, ein kurzer Vericht über 
fie wird Sie unterhalten. Ih bin in mehren ihrer Niederlaf: 
fungen gewefen, habe mit ihren Xelteften lange Disputationen 


329 und. 830.2. 
- De. 


*, Dgl. die legten Berichte ded Verf. in Nr. 308,. 309, 
BL. f. 1832, ' 


- 


ebabt und wohnte nicht nur. Ihrem oͤffentlichen Gottesbienfte, 
ondern durch befondere WBegünffigung aud) ihren private mee- 
tings bei, unb glaube deshalb ein competentes Urteil in ber 
Sache zu haben. Was den Ramen ber Sekte betrifft, fo Hat 
er feinen Urfprung von dem Umftande, daß die Mitglieder im 
ihren Berfammiungen zuweilen, nachdem fie einige Beit in flil- 
lem Mebitiren gefeffen, von heftigem Zittern ergriffen werben 
und den Unmillen Gottes gegen Sünde jeder Art aushrüden. 
Zu andern Zeiten fingen, jauchzen und fpringen fie vor Freude 
über die zweite Erfcheinung Chriſti. Stifterin diefer Gefte ift 
Am Eee, eine Engländerin von niederer Herkunft. Nachdem 
fie und ihre: Anhänger wegen ber Ausfchweifungen in ihren Berr 
fammlungen wiederholt eingefperrt waren, wurbe ber Mutter 
Um eine-fpecielle Offenbarung zu Theil, zufolge weldger fie mit 
ihren Anhängern nad) Amerifa auswanderte, wo fie im Sahre 
1774 anlangten und ſich kurz nachher in der Nähe von Albany 
niederlichen. Seit jener Zeit ift bie Zahl der Gläubigen ges 
wahren bi® zu 4000, bie in ungefähr 12 Niederlaffungen in 
verfchiedenen Gegenden der Bereinigten Staaten wohnen. Der 
Mittelpunkt für bie fämmtlihen Shaker⸗Geſellſchaften in den 
Vereinigten Staaten ift gegenwärtig Neulibanon, eima acht 
englifche Meilen von hier, wofelbft der Shakerpapſt refidirt. 
Die Geſellſchaft in Neulibanon befist 6000 Xcres Land, das 
bergig ift, weshalb fie vornehmlich Viehzucht treiben, doch 
thun fie auch viel für Gartenbau und fabriciren eine Menge 
nüglicher Dinge, bie ſich alle durch ihre Nettigteit, zugleich aber 
auch durch hohe Preife auszeichnen. Ihre Ochſen und Saͤme⸗ 
reien werden zu den beſten im Lande gerechnet. Sie wohnen 
an der Seite eines Berges, einige hundert Fuß niedriger als die 
Leute in Pittsfield, welches beiläufig 1050 Fuß über der Mee⸗ 
reöfläche erhaben if. Die Gefellfchaft in Neulibanon ift in 
ungefähr 12 Familien abgetheilt, in größerer ober geringerer 
Entfernung von dem gemeinſchaftlichen meeting-house (Kirche). 
Zu jeder Familie gehört ein’ Wohnhaus und mehre Werkftätten ; 
im erſtern wird die eine Bälfte vom männlidhen, bie andere 
vom weiblichen Gefchlechte bernohnt. Allenthalben ift eine Reine _ 
lichkeit und eine Ordnung, wie fie ſchwerlich irgendwo anders 
auf dem Erdboden gefunden werden dürfte. Das weibliche Ge⸗ 
fhledt hat befondere weibliche Aeiteften, unter beren Gommando 
es ſteht. Weiber und Dränner find, obgleich fie in demfelben Haufe, 
wohnen, fireng gefondert, und felbft Eheleute, bie zum Befuch kom: 
men, haben ſich für die Zeit des Aufenthalts bei den Shakern zu fer 
pariren; wenigſtens wirb ihnen durchaus nicht geftattet, in dem⸗ 
felben Zimmer zu ſchlafen. Beide Geſchlechter effen in bemfels 
ben Zimmer, aber an befondern Zifchen. Fremden wirb ein bes 
fonderes Zimmer angewieſen, und ich wenigftens war beftändig 
in Geftüfchaft der Aelteften, die es mir unmöglich machten, mid) 
mit einem ber Brüder ober einer der Schweftern gu unterhalten. Diefe 
Aelteften waren wenigſtens — von ihrem Bundamentalirrthume 
abgefehen — Leute von Berftand, Kenntniffen und Eifer, und 
fobald fie audgemittelt, daß ich nicht zu der gewöhnlichen Claffe 
ber neugierigen Weltkinder gehöre, gaben fie fih alle erfinnlidhe 
Mühe, ihre Sache von der beften Seite barzuftellen, unb ba idy 
böflihd genug war, eben nicht gewichtige Einwuͤrfe gegen ihre 
Argumente vorgubringen, und andere Gründe ihnen wuͤnſchenswerth 
machten, mich zu den Ihrigen zu zählen, namentlich der, daß 
ich unverheirathet fei und ſchwerlich heirathen dürfte, fo luden 
fie mich ein, Shaker zu werden. Unzähligemal wandten fie 
uͤbrigens das Gleichniß vom Baum und der guten Frucht auf 
ſich an; felbft ihre Feinde lobten fie megen ihrer Moralität, die 
doch einzig Probuct-des Shakerism fei. Als ich wegging, gab 
mir einer ber Xelteften eine Probe von ihrem Benehmen gegen 
die Weltlinder. Nachdem er mir gefagt, daß ih immer ſehr 
willlommen fein würde, wenn ich länger bei ihnen bleiben 
wollte, ließ er mich vier Dollars zahlen für meinen Laſtuͤndigen 
Aufenthalt bei ihnen, was felbft in Amerifa ein unerbörter 
Preis if. Alle andere hriftlihe Sekten nannten fie beftändig 
Anrihriften, die römifche Kirche die Hure, die evangeliſchen Kirchen 
bie Toͤchter einer Hure. Sich felbft halten fie für heilig und rein 


. 252 


LS 


von Suͤnde und ſehen auf Alle, bie nicht zu ihrer Befekfchaft 
gehören, mit Geringfchägung herab. \ 

Der öffentliche Bottesdienft am Sonntage beginnt um 10 Uhr, 
und gewöhnlich ift der Welt nur bei diefer Gelegenheit erlaubt, als 
Zuſchauer gegenwärtig zu fein. Die Brüder und Schweſtern langen 
in einem Zuge zu Zwei und Zwei bei dem mceting- house an, 
unter Anführung der Xelteften beider Geſchlechter. Während der 
Proceffion wird das tieffie Stillſchweigen beobachtet und aufrecht 
erhalten durch die deacons, welche ihren Plat im Nachzuge has 
ben. Bei ihrer Ankunft degahen fi bie Brüder in bie Thür 
zur linten Hand, die Schweftern gingen durch die Thür zur 
Rechten in das Berfammiungshaus; durch die Thür in der Mitte 
war den Weltkindern der Zutritt geftattet. Das Haus ſcheint 
etwa 100 Fuß lang und 70 breit zu fein; bad Dad bildet einen 
Bogen und ift mit Blei belegt, im Innern blau, auswendig 
weiß, hat eine einfache Befriedigung und im Ganzen gefallendes 
Aeußere. Im Saale find nur Bänke und, wie allenthalten in 
Amerika, Defen. Ungefähr 200 Shaker waren verfammelt, in 
gebührender Entfernung von den Weltlindern, die fi als Zu« 
fyauer eingefunden, die Geſchlechter fireng gefondert. In ber 
Dede bemerkte idy eine verfchloffene Deffnung, die nad dem 
Zimmer über dem Gaale führte, welches die Wohnung des Bi: 
ſchofs oder Papfis fein foll, ber fih nie bei den meetings ein; 
findet, fondern in feinem Zimmer während bes Gottesbienfkes 
den Horcher macht. Die Weiber hatten braune Roͤcke an, ein 
weißes Halstud und Bauben, die Männer hellgraue Röde mit 
kurzen Kragen, einer Reihe Andpfe und hinten zu, und braune 
Dofen ; Mehre mit langem ſchlichten Haare, body Alle fehr reinlich. 
Beide Geſchlechter faßen einander gegenüber, in mehren Reihen; 
zwifchen beiten war ein leerer Raum gelaffen, mehre Gchritte 
breit; in den vorbern Reihen waren bie Alteften Brüber und 
Schweſtern aufgeftellt, wahrſcheinlich nicht ohne Abfiht, viel 
leicht, damit die hintern Reihen, beftehenb aus. den jüngern Bruͤ⸗ 
dern und Gchweftern, nit im Gtande fein möchten, einander 
zu ſehen. Brüder und Schweſtern fahen ausnehmend bleich 
aus. Nachdem fie eine Zeit lang in tiefem Stillſchweigen da⸗ 
- gefeffen, wurden, wahrfheinlich auf ein von einem der Aelteften 
gegebenes Zeichen, die Bänke bei Seite geſetzt, die Brüder und 
Schweſtern rangirten fi in Reihe und Glied und fangen ein 
Lieb nicht nah einer langſamen, feierlichen Melodie, fondern 
ſchnell und eher luſtig, worin fie einander zum Tanz auffoders 
ten. Darauf trat einer ber Aelteften vor und hielt eine Ans 
rede an die Zufhauer, worin er ihnen anbeutete, daß Rachen, 
Zlüftern und andere& ungebührliches Betragen verboten fei und 
nicht gebuldet werde u. dgl. m. Nah einigem Schweigen fies 
len Ale auf die Knie und beteten wahrfcheinlih (lautes Bes 
ten halten fie für weltlich und undhriftlih). Dann erhoben fie 
ſich und fangen ein Lieb zu Ehren der Mutter Ann. Darauf 
traten nach und nach mehre Aelteflen in den leexen Raum zwi⸗ 
fhen ben Brüdern und Schweftern und hielten Anreben an 
diefelben, worin fie bie Vorzüge auseinanderfesten, beren fie fich 
vor den Weltlindern erfreuten. Darauf wieder ein Gtillfchweis 
gen von einigen Minuten. Giner der Aelteſten rief nun aus: 
„Now, my dear brethren and -sisters, let us travel”. Dies 
war für die Maͤnner das Signal, die Röde, auszuziehen, und 
für die Schweftern, . ihre Schnupftüder bei Seite zu legen. 
Die Sänger ( vier Männer und ebenfo viel Weiber) traten vor die 
Brüder und Schweftern, die fih in Reihe und Glied aufftellten, 
fodaß fie den Zuſchauern ben Rüden zufehrten, und tann vors 
wärts und rüdwärts hüpften, dabei ein luftiges Lieb zu Ehren 
der Mutter Ann fingend. Nach etwa einer, Biertelftunde bildes 
‚ten jie Reihen von Drei und Drei, und tanzten in die Runde; 
fingend und beftänbig mit den Händen watfcheind — eine der kaͤ⸗ 
cherlichſten Seremonien. Sie halten nämlich ten Unterarm fleif 
und wagerecht und bewegen bie ‚Hände beftändig wie ein ſchwim⸗ 
menber Hund ‚die Vorberpfote; als ich einen ber Aelteflen um 
die Bebeutung der Geremonie fragte, erllärte er mir, es werde 


| wie die mährifchen Brüder, bie Freunde zc. 


mit berfelben Demüthigung bes menſchlichen Stolzes beabfichs 
tigt. Dann, war ein Jntervall von einigen Minuten zu Er⸗ 
holung der Fänzer. Nachher tanzten fie in zwei Ringen um 
bie Sänger und Matfchten von Zeit zu Zeit heftig mit den 
Händen. Zulegt ſtellien fie ſich wieder in Reihen gegeneinander 
über, und einer ber Aelteften hielt eine Burze Anrede an die Zus 
börer, worin er den Wunfch ausbrüdte, baß fie erbaut fein 
mödten. Man fang und ging dann auseinander. Die eldest 
befuchten mich hierauf in meinem Zimmer, wo ber Xeltefte und 
Hauptredner mich fragte, ob ich nicht während ihres Gottesdien⸗ 
fies von Geiſte bewegt fei? Aus einem Geſpraͤche mit ihnen 
ging hervor, daß die Lehre von ber zweiten Erſcheinung Chriſti 
in Ann Lee ihre Fundamentallehre ift. Sie glauben au, daß 
Ann Lee bie Frau Chriſti und mit voller Gewalt bekleidet ſei, 
den weiblihen Theil der Menfchheit zu bee Unfhuld und dem 
Stande wieberherguftellen, welcher ber. Eva eigenthuͤmlich war 
vor dem Falle. Chriftus, fagen fie, war der zweite Adam, und 
Mutter Ann ift bie zweite Eva und Vollenderin bes Werkes, 
weiches von Jeſu und ben Apofteln begonnen wurbe. Sie leuge 
nen die -Auferftehung des Körpers, bie zweite Erſcheinung 
Ehriſti fei bie Auferftehung, von ber in ber Schrift gefprochen 
werde, Jettt fei ber Tag des Gerichts, fagen fie, unb Gott 
richtet die Weit durd feine Tochter Ann Lee, ihren Geiſt und 
ihr Evangelium. Beichte iſt nach ihnen bie einzige und allein wahre 
Art des Gerichts der Welt. Die echten Gläubigen find Die, 
auf welche Matth. 22. 30 angefpielt wird. Diejenigen, welde 
im Gheftande leben, Eennen Chriſtum nicht und find nicht feinz 
denn Diejenigen, welde Ghrifti find, haben die Welt und ihre 
Lüfte gekreuzigt. Gölibat ift Lehre Chrifti, gelehrt unb geübt 
von den Apofteln. Nach ihnen kann Mann und Weib nur im 
Coͤlibat zum Stande chriftlicher Heiligkeit gelangen, ohne welche 
Niemand den Herrn fehen kann, Tanzen folgt der zweiten Gr: 
ſcheinung des Herrn in feinem Tempel. Wie der Bau des 
erftien Tempels geringer ift, als der bed zweiten, fo ift dieſe 
legte, welche Mutter Ann repraͤſentirt, größer denn bie, welche 
Jeſus von Nazareth repräfentirt; Die Schrift ift in ihren Aus 
gen feine genügende Regel für ein chriftliches Leben; Mutter 
Ann's Evangelium und bie fogenannten Gaben der Aelteften 
ſtehen über der Bibel; doch find viele Prophezeiungen der Bibel 
in Wutter Ann, ihrem Leben und ben Schickſalen ihrer Anhänger 
in Erfüllung gegangen. Fuͤr ihr Shaking, 'ihr Jauchzen, Sprin⸗ 
gen und andere ſonderbare Manoeuvers beim Gottesdienſte fuͤhren 
fie verſchiedene Bibelſtellen an, namentlich Haggai 2, 6. 7. . 
Jauchzen, fagen fie, zeigt an, daß der Geiſt Gottes in ihnen 
wohnte. Jeſ. 12, 6; 18, 13. Zephanja 3, 14. Tochter Zions 
und Tochter Zerufalems ift Ann Lee. Hüpfen und Springen, als 
Zeichen großer Freude, pralticiren fie in ihren gottesdienſtlichen 
Verfammlungen als ein Zeichen ihres Triumphs über die Sünde 
ober ihre Geneigtheit, mit berfeiben zu ſtreiten. Krieg iſt ih⸗ 
ser Meinung nach unverträglicy mit bem chriſtlichen Charakter ; 
ihre friedlichen Grundfäge vertheidigen fie auf ähnliche Weiſe 
Sie leten in Güs 
tergemeinfdaft. 

(Der Beſchluß folgt.) 


—— 


“ Notiz. 

Bei den Braminen im Benares ift eine Handſchrift, ent» 
baltend eine Befchreibung ber britifchen Inſel und aus den Zei⸗ 
ten vor Caͤſar herruͤhrend, aufgefunden worden. Britannien 
wird darin mit einem Namen genannt, der gleichbedeutend mit 
„gelobtes Land’ ift; die Themfe, Iſis und andere Fluͤſſe führen 
ähnliche Benennungen, und Stonehenge wird als ein großer 
Hindutempel gefhübdert. Die Asiatic society in Kalfutta 
fol eine Ueberfegung Liefer Handfchrift umb die Herausgabe ders 
felben vorbereiten. 160. 





Redigirt unter Werantwortligsteit der Verlagsbandlung: 9. A. Brod haus in Leivzig. 





Blätter 


f 


ur 


literariſche Unterhaltung, 








Beſchluß aus Nr. 61.) 

Diefer Kunſtgriff behagte den Politikern anderer Zei⸗ 
ten und Länder ganz. ungemein und fie beſchloſſen, ihn 
gegen die Juden ins Werd zu fegen. Sie machten bies 
felben daher vor allen Dingen ganz rechtlos und druͤckten, 
verfolgten und höhnten fie mt fcharfjinnig erbachter Quad, 
Und als nun ber Jude hinlänglich gebemüthigt und mo: 
raliſch entwürbigt war, führten fie ihn ihrer edein Ju⸗ 

als warnendes Beifpiel vor und fagten: „Seht dies 
ſes ſcheußliche Bd! So kann fih der Menſch zum Vieh 
herabwürdigen.. Und dieſe follten mit. euch zu Tiſche 
figen oder eure Feinde mit euch befämpfen? Nur zur 


- Zeit dee hoͤchſten Noch dürfen fie Waffen tragen gegen 


den gemeinfamen Keind, und um fie anzufeuern, verfprecht 
ihnen die Freiheit; aber euer Wort zu. halten, feid ihr 
gegen diefe nicht verpflichtet. Denn feht nur, fie gebers 
den fich wie biöbes Vieh, und wenn fie am Abend nad 
Haufe gehen, dann bredit aus euerm Dinterhalte hervor 
und ermordet fie, ihr edeln Juͤnglinge von Boratoria!” 
Und wenn fie nun am Abend ausruhen wollten in ihren 
vier Pfählen, bie armen Geplngten, um fi für die mor: 
gende Plage Stärkung zu erfchlafen, dann wurden fie 
eingefangen von den Dienern ber Gerechtigkeit, um zu 
Nug und Frommen gemeiner Chriftenheit gefoltert, ges 
fläupt, mit glühenden Zangen gezwickt, verbrannt, gehan⸗ 
gen, oder auch, doch nur aus befonderer Gnade, geköpft 
ju werben. 

Diefe Zeiten find: vorbei, Das hat auch der berühmte 
eingefehen und daher jene Politik 
aus dem Althöllifchen in eine moderne Hölle überfegen zu 
müffen geglaubt. Sei e6 nun, daß ihm, wie jenem Bis 
team, der Fluch, den er Über Israel verkünden wollte, 
auf der Zunge zum Gegen ward, ober iſt er wirklich, 
wie ich ſtark vermuthe, ein verſteckter Judenfreund — ges 
nug, fein Geſetzentwurf ift eine wahre Apotheofe der Ju⸗ 
den. Er bat demgemäß bie Politil der Spartaner gras 
bezu umgelehrt und will einen jüdifchen Muſterſtaat im 
Staate bilden, ber allen Bürgern zum leuchtenden Vor⸗ 
bifd dienen fall. 

Urtheilen Sie ſelbſt, ob die Bedingungen, die ein Jude 
erfüllen muß, um Staatsbürger zu beißen, nicht das 
Ideal eines Bürgers vollenden. „Die Juden werden in 


 ——) (EEE (iu dem — v 


3. Maͤrz 1833. 


— m nn mm a nn u. 





zwei Taaſſen, in Staatsbürger und Schutzjuden eingetheilt”; 
nur von der zweiten Claſſe foll hier die Rede fein, weil 
fie eben nur aus Muſtermenſchen beſteht. Denn um bie: 
fer Claſſe anzugehoͤren, bebarf es zuvoͤrderſt eines unbes 
ſcholtenen Rufes, der ſelbſt fo ftrenge geprüft werden fol, 
daß, „wenn ein Zube dreimal wegen eines Vergehens in 
Unterfuhung geweſen und nur von der Inſtanz freiges 
fpeochen, er fchon nicht mehr umbefcholten bei diefer Ges 
legenheit zu nenuen iſt“. Berner ein angemeffener Lebens 
beruf, der alle diejenigen "Sefchäfte, 3. B. Klein= unb 


Viehhandel, das Pfandleih⸗ und Maklergewerbe, Schenk: 


> 


und. Gaſtwirthſchaft u. dgl. ausſchließt, bei denen bie 
Möglichkeit des Betrugs vorausgefegt zu: werben pflegt. 
Diefe Hanbdtierungen, bie fomit wie die Schinderei für 
unehrlich erftärt werden, find den Schutzjuden ebenfalls 
nur unter befchräntenden Bedingungen, den cheiftlichen 


Bürgern aber ohne alle Einſchraͤnkung freigegeben. Um 


aber auch den Credit der Staats: oder Muſterjuden zu 
fihern, dürfen fie auf SYubhaftation oder Sequeftration 
eines Grundſtuͤcks nur dann antragen, wenn ihre Fode⸗ 
rungen innerhalb der erften Hälfte ded Kauf: oder Tar⸗ 
werthes hypothekariſch eingetragen find, wodurch fie augens 
ſcheinlich veranlaßt werden, ihr Geld nur auf bie ſicherſten 
Unterpfänder auszuleihen. . Und, da außerdem eine anbere 
Verordnung befitimmt, daß ein von Juden erworbenes 
Grundſtuͤck erſt zehn Jahre nach ber Erwerbung mit hy⸗ 
potbekarifchen Schulden belaftet werden kann, fo werden 
fie mis wahrhaft vaͤterlicher Sorgfalt vor dem Anlauf 
verfchuldeter Güter gewarnt, bie, wie man fagt, in nicht 
geringer Anzahl vorhanden fein follen. 

Hören Sie weiter, und erſtaunen Sie über bie tiefe 
Moralität, die man den Juden anmuthet. Da man bad 
Verderbliche der Rangs und Titelſucht erkannt hat, fo 
werden fie von allen Staats: und Communalämtern mit 
alleiniger Ausnahme des Kriegsdienfles befreit. Denn freis 
lich wäre es entehrend für fie, auch da Zu fehlen, wo 
Mühe und Tod der Einfag und das Bewußtſein, für das 
Vaterland geblutet zu haben, der Gewinn if. Doc das 
mit ihre Vaterfandeliebe rein und uneigennügig bleibe, fols 
len fie nur bis zum Feldwebel avanciren, während jeber 


ihrer chriftlichen Kameraden den Marfchallsitab in der Pas 


trontafche trägt. Das Ehrenvolle in der Stellung eines 
Staatsjuden wird aber noch dadurch erhöht, daß bie Vor⸗ 


⸗ 


0, 24 ot 


theile jenes Seelenſchachers hinwegfallen, ber mit dem 


Uebertritt zum Chriftenthum bisher getrieben worden iſt, 


denn „getaufte Juden find auch nach ihrem UWebertritt in 
Beziehung auf ihre Kinder und Enkel benfelben 
Beſchraͤnkungen in der Wahl ihres Lebensberufes wie bie 
Suden ſelbſt unterworfen”. Für alle diefe Begänftigun- 
gen werden fie denn auch mit einem Naturalifationspa= 
tent belohnt, für das fünf Thaler Gebühren entrichtet wer: 
den, und ftehen auch infofern über ihren chriftlichen Mit: 
bürgern, als ber preußifhe Staat, ber jeden fremden 
Chriften ohne Weiteres bei fih aufnimmt, lediglich für 
fie die Bedingungen einer Muturalifation feftgeftellt bat. 
Nur dem Juden iſt das Staatsbürgerrecht zuerkannt wor: 
den, während ber Chrift fid nur dann, wenn er ein aftäd: 
tifches Gewerbe treiben will, uͤber ſein Staatsbuͤrgerrecht 
auszuweiſen hat | 

Nun glauben Sie vielleicht, daß man einen jüdifchen 
Erbadel ftiften will? Weit gefehlt. „Das jüdifhe Staats: 
bürgerrecht iſt rein perfönlih und geht auf Erben nicht 


über; jeder jüdifche Unterthan muß zuvor ben vorgefchries 


benen Bedingungen entfprochen haben.” Wittern Sie den 
Saintfimoniften? Chacun selon sa capacite! ‚Uns fcheint 
ed ſehr klug berechnet”, bemerkt bierzu unſer Gorrefpon: 
dent, „daß allen jüdifchen Unterthanen freigeſtellt ift, 


fi eine Stellung zum Staat zu geben, wodurch fie ih⸗ 


ten braven, reichfien und vornehmiten Glaubensgenoffen 
gleich werden, deren Kinder ja auch nur als Schugjuden 
zu betrachten find, bis fie fih duch perſoͤnliche Ver⸗ 
dienſtlichkeit zu den weit ausgedehnten Red: 
ten eines Staatsbürgers (!) würdig gemacht ha⸗ 
ben”. D der ſchlaue Demagog! Unter dem Borgeben, 
eine neue Ariftokratie zu begrüriden, gibt er fein zu ver- 
ftehen, daß der alte Feudaladel auf dem Unrecht, well 
nicht auf dem Verdienſte, begründet fei. Denn iſt «6 
möglich, daß irgend eine Inſtitution einzeln in einem 
Stoate daftehe? Wird nicht am Ende, wenn bei ben 
Juden die Erwerbung des Bürgerrehts, d. i. der bürger: 
lichen Eriftenz, von perfönfichem Verdienſte abhängig. ge: 
macht worden ift, auch die Erblichkeit des Adels in ihren 
Grundlagen erfchüttert werden? Den — — dien Staates 
juden aber bleibt die Ehre vorbehalten, zuerft einen Ber: 
. bienftadel darzuftellen, wie er noch in feinem europäi- 
[hen Staate, nicht einmal in dem frei gefcholtenen Krank: 
reich beſteht. 

Veranſchaulichen Sie ſich nun noch einmal das Bild 
eines Staatsjuden. Strenge Unbeſcholtenheit des Rufes, 
ſtarker und uneigennuͤtziger Buͤrgerſinn, das Knopfloch frei 
von Orden, unerſchuͤtterliche Grundſaͤtze, geſicherter Credit 
— und all Dieſes durch die Anerkennung des eiguen Ver⸗ 
dienſtes erworben. Ums Himmelswillen! hoͤre ich Sie 
ausrufen, fuͤrchtet denn der Mann gar nicht, daß alle 
ſeine Chriſten unter die Juden gehen werden? Allerdings 
fürchtet er, und im 64. Paragraph iſt dieſer Fall aus: 
druͤcklich vorhergeſehen, Dort heißt es: „Getaufte Juden, 
die zum moſaiſchen Glaubensbekenntniß zurucktreten, ſo⸗ 
wie Chriſten, welche dazu uͤbertreten, ſind wie 


auslaͤndiſche Juden zu betrachten.“ Entſetzliche Strafe, 


wenn der Apoſtat etwa verurtheilt wuͤrde, ein franzoͤſi⸗ 
ſcher oder hollaͤndiſcher Jude zu werden! In Defteeih 
3. B. wuͤrde diefe Strafe das höchfte Privilegium fein, 
da nah der Me. 25 ber Rieſſer'ſchen Zeitfchrift bie 
tuͤrkiſchen Juden dort‘ die einzigen find, welche eine polls 
tommene Freiheit genießen. Bun » 

— Soeben erfahre ich aus den Zeitungen, daß Hof: 
gerichtsrach Schenk in der dbarmftädtifchen Kammer einen 
Antrag auf volllommenere Emancipation der Juden geftellt 
bat. Er wird nicht durchgehen; aber das thut nichts, 
er wird doch Öffentlich vertheidige und beftritten werden. 
Mindeftens kann in einer Kammer, deren Verhandlungen 
öffentlich -finb; ein fa Jädjerliches Mi ich vor⸗ 
tommen, als derjenige war, den bie weimarifchen Stände 
neulich begingen » indem fie e8 dem Ermeſſen des Groß: 
herzogs anheimftellten, den Sabbath auf den Sonntag zu 
verlegen. Weit günftiger als irgendwo in Deutſchland 
ſtellt ſich die Frage in England. Doch fprächen zwei Um: 
fände für fie. - Erſtens, daB fie fchon einmal verworfen 
worben ft; zweitens aber, daß fie ‚vor dinem britifchen 
und reformirten Parlament, "Unter den Aufpicien eines li⸗ 
beralen Minifteriums und unterflügt von einer Öffentlichen 
Stimme verhandelt wird, die fi ausfprechen darf und 
auszufprechen gewohnt if. Cine Advocatengilde in Lin: 
colns⸗ Inn hat unter dem Vorfig eines Tory, des Spre⸗ 


chers im Unterhaufe, einen juͤdiſchen Advocaten aufgenoms 


men; unter den Juden felbft hat fich ein Verein gebilber, 
der Petitionen zur Unterzeichnung für Jedermann auelegt, 
um beim Haufe der Gemeinen und der Lords um Auf: 
hebung dee bürgerlichen Unfähigkeiten (disabilities) der Su: 
den anzuhalten; von allen Seiten, werden bie beiden Haͤu⸗ 
fer beftürmt, ja ſelbſt von chriftlichen Religionsgeſellſchaften, 
und nur Sir Mobert Inglis bleibt feiner alten Oppoſi⸗ 
tion getreu, damit es während ber ermüdenden Debatten 
doch auch nicht-an ergögfichen Dummheiten fehlen möge. 

Stehen etwa die englihen Suden auf einer höhern 
Stufe der Eultur als die deutfhen? Im Gegentheil. Es 
ift der Geift des öffentlichen Lebens in England, der all 
Diefes bewirkt und von dem bei-unds kaum eine Ahnung 
erwacht iſt. Somie ein Bater feinen Sohn durch dab 
Lob erziehen zu müffen glaubt, da6 er den Zugenden eis. 
ned fremden Sinaben fpendet, ohne der Fehler deſſelben zu 
gedenken, fo ift der Deutfche berufen, fein Vaterland durd) 
das Lob bes Auslandes, wenn auch mit biutendem Der: 
zen, heraufzufchelten.. O wann wird endlich die "Zeit kom: 
men, wo der Deutfche die Confequenz einfehen wird, daß 
ed in unfern Zagen keine deutſche Juden, daß 
e8 fortan nur jüdifhe Deutfche gibt! 

Bis dahin, werther Sreund, leben Sie wohl. . Oder 
vielmehr, nicht. bis dahin, denn das könnte leicht eine 
Trennung ad calendas Graecas fein; alfo Heber bis zur 
nächften Dummheit in Betreff der Juden — body das 
wäre zu bald, denn ich müßte Ihnen in der folgenden 
Stunde wieder fchreiben — auf jeden Fall leben Sie 
wohl und verzeihen Sie, daß ich Sie fo lange mit biefer 
truͤbſeligen Angelegenheit unterhalten habe. 172. 





pn — t —ñ 0077 


4 


Un spectacke dans un fauteuil , par M. Alfred de 


Musset. Paris 1833. 


Herr Alfreb de Muſſet iſt ein gang junger Mann, der ſich 
zuerſt durch eine SGammlung Gedichte unter dem Titel: „„Com- 
tes d’Bispagne et. d’Italie”‘, bekannt machte. Es befand fich 
darin unter Anderm eine Ballade an den Mond, die durch eine 
ausgelaſſene Verhoͤhnung des Versmaßes, durch die abſichtliche, 

- aber von Vielen nicht verſtandene Tollheit ber Gedanken und 


Bilder manchen Kritiker in Harniſch brachte. In den uͤbrigen 


Gedichten offenbart ſich leidenſchaftliche Glut des Gefuͤhls, uͤp⸗ 
pige Phantaſie und vor Allem eine trotzige Individualitaͤt, die 
fich ebenfo oft zum Seltſamen, Gräßlichen, Empörenben .ver- 
irrt, als zum Schönen und NRührenden erhebt. In dem oben 
angezeigten Bande finden wir zuerft eine Dedication an einen 
Heren Alfred T., vol glängender Phraſen, voll -poetifchen 
Schwungs, aber ohne Gedanken; wir haben vergebens verſucht, 
in diefem farbigen, fchillernden Gewoͤlke eine fee Idee zu fafr 
fm. Dann kommt ein Drama in fünf Acten, betitelt: „La 
cpupe et les levres”. Wir begreifen dieſes Drama noch nicht 
ganz, noch weniger ben Zitel; indeß freut es uns immer, auf 
ein franzöfifches Product zu floßen, bas wir nicht auf ten er⸗ 
ſten Blick verfiehen. Der Held bes Stuͤckes iſt Krank, ein mus 
thiger, gewanbter Jäger in Zirol, ben ein unbezähmbarer Stolz 
beberrfcht 5; Alles, was über ihm ftebt, ift ihm verhaßt. Gr fon: 
dert fih ab von ben fröhlichen Benoffen, um ſich einem finftern, 
verzehrenden Brüten über fein Schickſal hinzugeben. In einem 
Anfalle von Wuth ſteckt er feine väterliche Hütte in Brand und 
buschziedt bie Welt. Auf feiner Wanderſchaft begegnet ihm im 
einer engen Schlucht ein Ritter mit feinem Liebchen. Frank 
erfiicht ihn und nimmt die Schöne, Belcolor genannt, mit ſich, 
Deidamia’d, der Geliebten feiner Jugend, vergeffend. Bon nun 
an führt er ein ausfchweifendes Leben; endlich müde bes Spiels 
und der Wolluft, entreißt ex fich Belcolor's Armen und flürzt 
fh in bie Gefahren der Schlacht. Auch biefe wirb er übers 
druͤſſig; das Bild Deidamia’s erwacht in feiner Seele, er eilt 
der Deimat zu und will fi mit der rein gebliebenen Qungs 
frau vermählen; Belcolor erflicht ihre Rebenbuhlerin. Belcolor 
fgeint eine allegorifche Kigur zu fein, das Symbol der Sinn: 
lichleit s 

Ah! malheur à celui qui laisse la d&bauche 

Planter le premier clou sous la mamelle gauche! 

Le coeur d'un homme vierge est un vase profond; 

Lorsque la premitre eau qu’on y verse est impure, - ' 

La mer y passerait sans laver la souillure; 

-» Car P’abime est immense et la tache est au fond. 


Diefe Stelle enthält einigermaßen ben Schlüffel zum Dramas; 
indeffen herricht der darin ausgefprochene Gedanke nicht ſichtbar 
gerfüg über das Ganze, motivirt auch keineswegs bie Kataſtro⸗ 
phe, welche ein bloßes Ungefähr berbeiführt. Auch wirb Frank 
im Eingange des Stuͤcks vorzugsweife als ſtolz, herriſch, von 
unbändigem Ehr⸗ und Ruhmdurft getrieben bezeichnet, und alle 
diefe Charakterzuͤge läßt der Dichter fpäter ganz aus den Aus 
gen. Wir fönnen in „La coupe et les levres’‘ nichts fehen ale 
Bragmente, aus denen der Dichter, wenn die Jahre feinen Vers 
fand gefchärft und feine Phantafie geregelt, ein fehr beachtens⸗ 
werthes Drama aufbauen Tann. \ 

„A quoirävent les jeunes filles’ ift ein feltfames Durcheinan⸗ 
der, bem es weder an Wig noch mitunter an Grazie fehlt. „Namou- 
na’ ift eine Erzählung in Strophen, bie feltfam genug beginnt. Haſ⸗ 
fan figt nackt auf einem mit Bärenfellen bekleibeten Sopha. Dierauf 


faͤngt ber Dichter an, fich feiner Phantafie zu überlaffen, die ihn auf 


die feltfam verfchlungenften Wege führt, bald nady oben, bald nach 
unten, bald rechts, dald line. Godann kommen Betrachtungen 
über Don Juan, oder vielmehr ein vollftändiges, mit feltener 
Kraft ducchgeführtes Syſtem biefes Charakters, wenn wir fo 
fagen koͤnnen. Die Erzaͤhlung geht, glauben wir, nicht zu Ende; 
beftimmt Fönnen wir es nicht fagen, denn es war uns-unmög: 


- 


TAT) Je a Leo: — — — ——— — —— —ñ—— ————m—j———— — —— 


205 N 


— 


Hch, den Faden wiederzuſinden; ehe man zum Gabe gelangt, 
findet man ſich durch bie verzehrende Glut der Poeſie bes Hrn. 
Muffet fo abgemattet, fo verwirrt und geblendet, baß man auf: 
wacht wie aus einem Zraume. Wohlthuend ift übrigens ber 
Sindrud, der zuruͤckbleibt, keineswegs; weder wirb der Verſtand 
befriebigt, noch das Gemuͤth beruhigt; das Gedicht macht taufend 
Zweifel rege und loͤſt keinen einzigen. Muffe ift ein Zünger By⸗ 
ron’6, aber ein unabhängiger. In mander BHinfiht erregen 


feine Dichtungen, ale Werte eines 22jährigen Juͤnglings, Er⸗ 


flaunen. Der Styl ift nicht frei von Gpracfehlern; in man 
hen Stellen fehlt es auch an Yinlänglicher Klarheit, was fi 
aus ten noch ſchwankenden Anfichten des Dichters leicht erklaͤ⸗ 
ren läßt. - 148, 





Correſpondenznachrichten. 
Pittsfüeld, den 18. November 188, 
(Beſchluß aus Nr. 61.) 
Selbſterhebung findet man jedoch nicht allein bei ben Sha⸗ 
tern, fondern felbft bei ben im gewöhnlichen Sinne für orthos 
dor Sehaltenen. Die amerifanifchen Lutheraner erklären die 
Bewohner des Baterlandes ihrer Voraͤltern von den Kanzeln - 
herab für Neologen und Erzketzer, die des Namens Ehrifti . 
durchaus unmürbig find. Daftelbe thun Leute, die andern Gef: 
ten angehören und einige Kenntniffe Deutfchlands haben. Man 
überfegt dennoch, 3. B. in Andover bei Boſton, wo das befte 
theologiſche Seminarium in ben Vereinigten Etaaten ift, viel 
deutſche Bücher, insbefondere theologifche, ind Engliſche. Als 
ich unter ben Büchern der hiefigen Gongregationalgeiftlichen eine 
englifche Ueberfegung von Gefenius’ Jeſaias vorfand und dem 
guten Manne ironiſch mein Erſtaunen zu erfenfen gab, unter | 
feinen Büchern ein fo viele Kepereien enthaltende® Buch vorzus 
finden, äußerte er: „Man ann felbft vom Teufel was lernen”. 
Da ich mich natürlich den Sitten und Gebraͤuchen bes Landes 
conformire, fo beobachte ich u. U. auf das Gtrengfte ben Sab⸗ 
bath, der am Sonnabend mit Sonnenuntergang beginnt, und 
gebe an biefem Tage wenigftens dreimal zur Kirche, wo ich 
dann unzähligemal hoͤren muß, nicht blos in ber Predigt, 
fondern auch in den Gebeten, beren Güte mit ber Elle gemeſ⸗ 
fen wird, wie fi die Amerikaner allen übrigen Völkern der 
Erde in Frömmigkeit und Tugend, in religiöfer und politifcher 
Hinſicht als Mufter aufftellen. In Gefellfhaft gehe ich felten, 
obaleich die Ladies gnaͤdig auf mich herabfehen. Die Leute find 
mir zu langweilig. Sie find ohne alle Kröplichleit. Die Weis 
ber find ſchoͤn, haben aber durchaus nichts Anziehendes; fie wer: 
ten fehr artig behandelt; ich fahe oder hörte Außerft felten eine 
Roheit oder Unhoͤflichkeit; ber Einfluß der Weiber ber alten 
Welt im Deffentlihen und Häuslichen ift größer, und mit Recht; 
das Urtheil der Weiber ift felten, wenn je, unrichtig, ihre Ge⸗ 
fühle und Srunbfäge nie, was nicht von denen ber Männer ges 
fagt werden kann. Sie find ‘von Öffentlien Verſammlungen 
ausgeſchloſſen; bei diefen ift fein. Schwagen, Lachen oder Froͤh⸗ 
lichkeit in Blicken und Geberden, die Männer figen wie bei ei- 
nem Reichenbegängniß zufammen. Keine Weiber, keine lärmende 
Jugend, denn die Zungen find beinahe ebenfo feierlih und nuͤch⸗ 
tern ale ihre Alten. | 
Gegenwärtig ift bie Zeit, wo bie Präfibentenwahlen 
vor fih geben. In Folge beffen werden allenthalben im 
Lande unzählige Meetings gehalten von ben verfchiedenen 
Parteien; natürlich) unterlaffe id zicht, bei möglichft vielen ge: 
genwärtig zu fein. Sowol die Sadfons als die Clay-Men ma⸗ 
chiniren auf vielfache Weife. Jackſon, ber gegenwärtige Präfibent, 
wird nur ber Sieger von Neuorleand genannt und von ten Ames 
ritanern für den größten General der nceuern «Zeit gehalten, 
weil er die Engländer gefhlagen, biefe bie Franzoſen und dieſe 
alle übrigen Nationen der Erde. Unter feiner jegigen Abmini: 
firation hat er durch feinen General neue Lordern gewonnen 
über die unglädlichen Indianer am obern Miffifippi, namentlich 


206 


in einer bintigen Schlacht, „in der bie amerikawifche Armee, 
29 Mann ſtark, unter Anführung bes Generald Dodge, das 
feindliche Heer, beftehend aus 11 Indianern, vernichtete”’. In eis 
ner andern Schlacht, beren Ausgang bie ganze Nation mit ges 
fpannter Erwartung entgegenjab, wurde mit Bayonetten, Keulen, 
Meflern, Zomapawis, Gpeeren u. dal gefochten und zwei Indianer 
fcalpirt; nach dee Meinung ber Sieger möüffen noch einige 
mebr gefallen fein ıc. Wegen Siege ähnlicher Art und ihrer 
erftaunlichen Fortſchritte in Kuͤnſten und Wiſſenſchaften ſtyliſiren 
ſich die Amerikaner die große Netion. Auf bie Deutſchen ſehen 
. fie mit Gerinsfhägung herab und halten fie insbefondere für 
äußert dumm. Gin amerikaniſcher Schriftſteller machte ſich vor 
Kurzem uͤber deutſche Stupiditaͤt luſtig: ſie verſtaͤnden ihre eig⸗ 
nen Schriftſteller nicht. Heine und Boͤrne ſeien durchaus nicht, 
wie ihre Landsleute glauben, Ultraliberale, ſondern Satiriker 
der entgegengeſegten Partei. 

General Jackſon hat das Verdienſt, neuerlich ben groͤßern 
Theil der Indianer dieſſeit des Miſſiſippi durch ſogenannte Ver⸗ 
träge, wobei ein ſchaͤndlicher Misbrauch von der Leichtglaͤubig⸗ 
feit der Indianer gemacht fein foll, bewogen zu haben, ihren 
Wohnfig in dem ungefunden Sande jenfeit des Miſſiſippi aufs 
zuſchlagen. Wie vortrefflich die Regierung in biefem Lande ift, 
gebt aus einem andern Umftande hervor. Georgien hat ohne 
Weiteres fich bed Landes der Cherokees, einer bereits ziemtich 
cultivirten indianifchen Nation bemädktigt, und zwar gegen alle 
frühern Verträge der Vereinigten Staaten mit biefer Nation. 
Die Cherofees wenden fi) an die Supreme court, deren geſetz⸗ 
liche Autorität fi über alle Staaten und felbft über den Praͤſi⸗ 
denten erſtreckt, unb dieſer Gerichtshof entfcheidet zu Gunſten 
der Cherokees. Geſetzlich Hätten fich bie Beorgier diefem Aus: 
fpruch unterwerfen müffen, was fie jedoch nicht gethan, vielmehr 
haben fie die Entfheidung der Supreme court für nichtig erklaͤrt. 
Anftatt nun die Widerfpenfligen mie Militairgewalt zum Ge— 
horfam zu bringen, legte der Präfident die Hände in den Schoos 
und äußerte ſich fogar zu @unften des Staats Georgien. Die 
Ameritaner beweifen in ihrem Benehmen gegen die unglüdlichen 
Indianer einen großen Mangel an Ehrgefuͤhl und Rechtlichkeit. 
Dabei prahlen fie beftändig mit ihren Tugenden, insbefondere 
mit ihrer Liebe zur Freiheit. Jeden Mann von gewöhnlicher 
Rechtlichkeit muß der Widerfprudy zwiſchen den Grundfägen, bie 
fie zur Schau tragen, unb ihrer Handlungsweife empören. Gie 
ſchimpfen auf die europäifcdhen Regierungen, weil biefe, mie fie 
. fagen, die Mächtigen begünftigen, die Schwachen hingegen uns 
terdrüden. Hiergegen wirb beclamirt im Congreß, gebrällt in 
Wirthehäufern, disputirt in jedem Gefellſchaftszimmer, fatirifirt 
auf der Bühne, ja felbft von der Kanzel und das Anathema 
gefprochen. Man höre dies unb fehe auf ihr Thun und Trei⸗ 
ben in ihrem eignen Lande; mit ber einen Hand fieht man fie 
die Freiheitskappe ſchwingen, mit der andern ihre Sklaven geis 
Bein. Dept prebigen fie über bie unveräußerlien Rechte des 


Menſchen, und im nächften Augenblide treiben fie die Indianer | 


vom Boden ihrer Bäter, obgleich fie fich durch feierliche Ver 
träge anheiſchig gemacht haben, fie zu beſchuͤgen. Und nach 
Principien ewiger Wahrheit und Gerechtigkeit haben fie durchaus 
fein Recht auf das Land. Cie fagen, fie haben es gefauft. 
Von wem? von ben armen 'zitternden @ingeborenen, welche 
wußten, daß eine abfchlägliche Antwort vergeblich fein würde, und 
beshalb aus der Roth eine Zugend machten. Sol cin Verfah⸗ 
zen mag das Gewiffen von Räubern und Amerikanern befriebis 
gen, wird aber ficherlih verdammt vor einem hoͤhern Berichts: 
bofe. Kein Wunder, daß fie ein unverföhnliches Rachgefuͤhl un: 
terhalten gegen bie Meißen; fein Wunder, daß diefe Rachſucht 
vererbt wird von Geſchlecht zu Geſchlecht; Fein Wunder, daß 
fie fig weigern, ſich zu ihren ungeredhten Drängen zu gefellen, 

und mit den Sertilgern ihre Raffe zu vermifchen; Fein Wunder, 
daß fie einen unabläffigen Krieg führen gegen ihre Unterbrüder ; 
daß fie triumphiren, wenn fi ihnen eine Gelegenheit zur Rache 





bietet s daß fie tanzen, fingen und jauchzen, wenn bie Opfer ih⸗ 
ree Rache Röhnen, feufzen und jammern in-ben Klanımen. Die 
Leute bier affectiven Verwunderung, daß die Indianer fo unems 
pfänglich für Givilifation ind, ober mit andern Worten, baffie ſich 


hartnaͤckig weigern, die Bitten und Gebraͤuche ber Amerikaner ans 


zunehmen. Man wiſche aus ihrem Gedaͤchtniß bie Grinnerung bes 


Urrechtte, das fie erlitten. Wan laffe fie vergefien, daß dies Band 
WBöälbern 


einft das ihrige war, daß über dieſe Zelder und in biefen 

ihre Vorfahren einft in forglofer Froͤhlichkett fcherzten und jag⸗ 

ten, baß bies Alles mit der Ankunft ber Meißen aufhoͤrte, daß 

fie feit jener Zeit gleich Hunden behandelt, ihr Leben, ihre Kreis 

heiten unb Rechte muthwillig geftbrt, ihre Land und bie Gräs 

ber ihrer Väter ihnen entriffen, und fie von Fluß zu Fluß, von 

Wald zu Wald immer weiter nad Weſten getrieben unb im⸗ 

mer flüchtig unb fremb find in ihrem eignen Lande unb im 
ftummer Bergweiflung dem melauchotifchen Zeitpunkt entgegens 

fehen, wo ihre Rachtommen gänzlich verfchtwunden fein werben 

vom Boden ihrer Väter, über das Kelfengebirg in ben weſtlichen 
DOcean getrieben ober, was jammervoller, zu Sklaven gemacht. 

Man. laffe fie alle diefe Erinnrungen und Befürchtungen vergeffen, 

und man wird aufhören, über ihren Mangel an Empfaͤnglich⸗ 

teit für Binikifation zu lagen. Und die Urheber aller dieſer 

Graufamteiten bekennen ſich zur Religion Jeſu Chrifli! 

Die unglüdticyen Polen haben fi von Paris aus au ben 
Präfidenten gewandt und angefragt, ob fie Wohnfige erhalten 
tönnten, unb inwiefern man ihre Nationalität refpecticen wuͤrde, 
falls fie fi in irgenb einem heile bes unbewohnten Rorbwe⸗ 
ſtens nieberlaffen dürften. 
Laͤndereien anzuweifen, und kein Volk kann ihnen, wie ſich von 
ſelbſt verftebt, geftatten, als felbftändige Nation in ihren Gren⸗ 
zen zu wohnen. Außerdem find biefe Ungluͤcklichen jedoch in ei⸗ 
nem großen Irrthum über die Leute in diefem Lande, wenn fie 
glauben, daß Aufopferung für Sache der Freipeit eine Em⸗ 
pfeblung ‚in den Bereinigten Staaten iſt; fie find oolllommex 
gleichgültig bie Grundſaͤhe und Handlungsweiſe bes Mannes im 
diefer Ruͤckſicht anlangend, und intereffisen fih nur für ihre 
eignen Angelegenheiten. Als die Polen noch im Kampfe bes 
griffen waren, ſandte bie reiche amerikaniſche Nation für fie eis 
nige Iumpige Zaufend Dollars nach Paris; und ftatt fi wegen 
der Beringfügigkeit dieſes Betrags zu ſchaͤmen und zu ſchweigen, po⸗ 
faunte fie dies aus in allen Zeitungen. 
baß ber Kampf in Polen fchon feit Monaten beendigt fein müffe, 
fammelte man bier lädertidgerweife ein Freicorpo, um wenigs 
ſtens prahlen zu koͤnnen, daß dies geſchehen. 

Wilhelm Pirſcher. 











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der " 
neueften Zeit und Literatur. 


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Leipzig, 12. Februar 1833. 

3 A. Brodhauß, 





Redigtet unter Berantwortiichtelt der Werlagshandlung: %. A. Brockhaus in Leipzig. 


Der Praͤſident hat kein Recht, ihnen ! 


Als jeder Unbefamgene fah, « 


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Blätter 


ur 


literariſche rn 





Ro Fontas, 


4, A A Mir 1833. 





Zur Gefchichte der öffentlichen Meinung in Deutfchland. 
Erſter Artikel. 

Voͤlker und Einzelne haben eine Geſchichte ihres Wachs⸗ 
thums an Koͤrper und an Geiſt, und bei Voͤlkern und 
Einzelnen zeigen fi) in der Periode bes ſchnellern Wachs⸗ 
thums eigenthümliche Erfcheinungen, die man von einem 
gewiffen Standpunkte aus als ein Uebel und als eine 
Krankheit bezeichnen mag. Naht das Frühjahr heran 
und fleigen die jungen Säfte ſchwellend in die Höhe, fo 
muß die alte Rinde der Bäume berfien und bie —* 
terten duͤrren Blaͤtter und Zweige werden abgeſtoßen. 
Und hätten diefe Blätter und Zweige in ſolcher Fruͤh⸗ 
lingszeit eine Stimme, fie würden ſaͤmmtlich einen Häglis 
Ken Chorus anſtimmen gegen die fchlimmen Folgen des 
Fruͤhlings und gegen die empoͤreriſch in die Höhe fleigen: 
den Säfte, die fie. von der lange behaupteten Stelle vers 
brängen. Im Beiflesfrühlinge des Voͤlkerlebens gibt «6 
aber folhe Stimmen, und fo wundern wir uns nicht, 
wenn mannichfahe Klagen uͤber die gefährlich gährende 
Zeit, über den Erankhaften Zuſtand der Öffentlihen Mei: 
nung zum Vorſchein kommen. Es ift dies nichts Anderes, 
als die alte chronifche Bölferkrantheit des ſchnellern Wache: 
thums ber Erkenntniß, ein erbliches Uebel, das ſich forts 
während wiederholt, feitdem die erflen Srüchte, von dem 
Baume der Erkenntniß gepflüdt, das erfle Uebel in ber 
Welt und unter den Menfchen verbreitet haben. Dage⸗ 
gen gibt es Bein befferes Mittel, als die freie, friſche Luft 
der Deffentlichkeit ſowie die Beſeitigung aller Hinderniſſe, 
welche das Wachsthum ſtoͤren koͤnnen, und es hilft hier 
nichts Anderes, als eine homoͤopathiſche Curart, die nach 
dem Seundfage: „Similia similibus“, durch die Gewährung 
der Deffentlichkeit den Gefahren derfelben zu begegnen ſucht. 
Altes im Leben flcht im innigen Zufammenhange, 
und für jede nächte Erſcheinung, wie fie auch in anfcheis 
nend zufälliger Abgeriffenheit dem Auge des oberflächlichen 
DBeobadıters ſich darflelen mag, wird der weiter forfchende 
Blick eine tief greifende Verkettung pbpfifcher und mora⸗ 
liſcher Urſachen zu entdecken wiſſen. Auch wer es unter⸗ 
nimmt, eine wahrhafte Naturgeſchichte der öffentlichen 
Meinung, eine Pſychologie des Volksgeiſtes zu fchreiben, 
darf ed nicht unterlaffen, auf die Befchaffenheit des Bo: 
dens hinzumelfen, in welchem bie Quelle entfpringt, aus 


welcher der Durſt nah Wahrheit gelöfcht werden foll.. 


Diefe Aufgabe iſt ſo ſchwierig als umfaſſend. Ihre völs 
lig befriedigende Löfung kann hier nicht verfucht werden. 
Immer bürfen role. es jedody unternehmen, in nicht ganz 
unvolftändigen Umtiffen, zu deren Ausfüllung die lebens 
bigen Farben jedem gebildeten Leſer Leicht zue Band fies 
ben, den Bildungsgang ber Öffentlichen Meinung unfers 
deutfchen Volkes, insbefondere während der juͤngſt verflofs 
fenen Jahre, näher zu bezeichnen. Vielleicht trägt dies 
zur Berichtigung einiger einfeitigen Anfichten bei, und «6 
ift wol um fo mehr an ber Zeit, ald man gegentoärtig 
von einer gemiffen Seite her fi) bemüht, der Öffentlichen 
Meinung eine Deutung und eine Richtung zu geben, 
welche diefelde nimmer anzuerkennen und nimmer zu ver: 
folgen geneigt fein wird, 

Schon der dreifigjährige Krieg hatte die (oder ver⸗ 
bundenen Glieder des bdeutfchen Reichskoͤrpers gewaltiam 
auseinander geriffen, und ber weſtfaͤliſche Friede hatte auf 
die tief Elaffenden Wunden nur fein papierenes Pflaſter 
gelegt, um ſie zu bedecken, allein ohne ſie heilen zu koͤn⸗ 
nen. Der unheilbare Zwieſpalt kam hauptſaͤchlich im ſie⸗ 
benjaͤhtigen Kriege von Neuem zum Vorſchein. Wir ſa⸗ 
hen damals faſt allerwaͤrts in Deutſchland, wenn nicht 
der That, doch der Geſinnung nach, lebhaft Partei ergrei⸗ 
fen für den einen oder. andern dee kriegfuͤhrenden Theile. 
Waren es religiöfe Ideen und kirchliche Zerwuͤrfniſſe, die 
im Berlaufe des dreißigjährigen Kriege den politifchen 
Spaltungen zu Grunde lagen, fo ſchien dagegen zur Zeit 
des fiebenjährigen Kriegs hauptſaͤchlich die Perſoͤnlichkeit 
der betheiligten Monarchen fuͤr die eine oder andere An⸗ 
ſicht den Ausſchlag zu geben. Es war dies durchaus ent⸗ 
ſprechend der ſeit dem weſtfaͤliſchen Frieden ſo weit fort⸗ 
geſchrittenen Entwickelung des unumſchraͤnkten Monarchen⸗ 
thums, die in Frankreich — mehr oder minder aber auch 
in dem größten Theile des übrigen Europa — den Grund: 
fag: „L’etat c’est moi”, an die Spige bes öffentlichen 
Rechts geftellt hatte.‘ Wenn indeſſen die überwiegende 
Perſoͤnlichkeit eines Friedrich des Großen die Gefinnung 
der großen Mehrheit des deutfhen Volkes in derſelben 
Zeit für fih zu gewinnen mußte, in welcher er als 
Reichefeind von Kaifer und Reid) belämpft wurde, fo 
war bies ein defto fchlagenderer Beweis, daß bereits im 
Geiſte des Volkes Leine Wurzel mehr hatte, was dieſes 
Volk zur Einheit einer Nation verbinden follte, 


In Mitte der politifhen Zerwürfniffe ſollte inzwifchen 
von einer andern Seite her der verglimmende Funke ei: 
nes deutſchen Nationalfinnes und deutfcher Nationalehre 
wiederangefacht werden; ja, man kann die Wiedererwe⸗ 
dung, wenigftens theilweife, als die Folge jener Zermürf: 
niffe feldft betrachten, weil jedes Volt, dab niht von 
Grund aus verdorben tft, [bon durch bie Größe ber 
Uebel, welche es belaften, auf die Mittel der Rettung ge: 
feitet wird. Die beutfche Literatur, von Luther und fel: 
nen Mitſtreitern zu einem felbfländigen Leben berufen, 
haste, aufl die Dauer Ihre Selbſtaͤndigkeit nicht behaupten 
Zönnen. Che unfer Volt unter die Gewalt ber Fremd⸗ 

hewefäiwft" fiet;. war ſchon der Gift deffetben in die Bande 
.des Auslandes geſchlagen, und fo hatte ſchon in dem 
Schickſale der deutſchen Literatur die politiſche Zukunft 
unſers Vaterlandes prophetiſch fich abgeſpiegelt. Allein 
ehe unſer Vaterland dieſer Fremdherrſchaft unterlag, hatte 
auch ſchon die deutſche Literatur wieder ihre geiſtige Eman⸗ 
cipation fiegreich begonnen; und konnte hierdurch die Un⸗ 
terjochung nicht abgewehrt werden, ſo wurden doch bereits 
Keime in den Geiſt der Nation gelegt, welche die ſpaͤtere 
Befreiung vorbereiteten und erleichterten. Der ſcharfe 
Verſtand eines Leſſing verbannte den hohlen franzoͤſiſchen 
Geſchmaͤck und zerſchnitt die Bande, womit‘ fremdes Vor⸗ 
urtheil und fremde Mode und gefangen hielten. Klop⸗ 
ſtock fang feine „Hermannsſchlacht“ und feine Oben. 
-Bürger, Claudius, Schubert u. A. dichteten ihre Wolke: 
lieder, welche, die fchlummernden Grfühle ber Deutfchheit 
anregend, allerwaͤrts wlederklangen. Immer war 06 je: 
doc nur das Nationalgefuͤhl, das geweckt wurde, und 
welches zundchft nur zum Schaffen und Wirken im Reiche 
der Gedanken trieb, womit das der Wirklichkeit fortwaͤh⸗ 
rend in fchroffem Gegenfage ſtand. Auch firömte neben 
dem erfrifchenden Bergquell, der von den Höhen der deuts 
fchen- Kiteratun ſich ergoß, in der platten Ebene ein breis 
tee und feichter Strom von Alltagsgeſchichten, von fentis 
mentalen Familienromanen u. dgl., welcher die Kuͤmmer⸗ 
lichkeit unſers Volkslebens nur allzu treu abfplegelte und 
derfelben neuen Vorſchub leiſtete. Denn in der Zerriſſen⸗ 
heit feines öffentlichen Lebens hatte ſich der Deutſche mehr 
und mehr in den engen Kreis des Häuslichen zuruͤckzie⸗ 
hen müffen; und obwol ihn bie Tugenden des Familien⸗ 
lebens zierten, fo hatte er doch, in ein entnervendes Spieß⸗ 
bürgerthum verfunken, Beine Ahnung mehr von der Würde 
des Staatsbürgers. 


Die politiſche Kleingeiſterei, wie ſie unmittelbar vor 


dem Ausbruche der franzoͤſiſchen Revolution in: Deutſch⸗ 
land herrſchte, fand auch in den damaligen materiellen 
Verhättniffen eine breite Unterlage. Die ſtaatliche Zer: 
fpfitterung bes deutſchen Landes hatte dazu beigetragen, 
den Befig und den Erwerb nad alken Seiten hin gleich⸗ 
mäßiger zu vertheilen, ald anderswo der Yalk tar. 
andern Staaten Europas, in welchen dad Centtaliſations⸗ 
ſyſtem feine Herrfchaft errungen hatte, beſaß Deutichland 
einen zahlreihen, wohlhabenden und bebaglicd lebenden 


Vor 


353 


— —— —— ——— Sa aa a ee eu 


gere Gewohnheit leicht ertragen. Der freie Verkehr war 
mindeflens nit in dem Maße wie in unferer Zeit ge: 
bemmt und gehindert. In dem Landbau hatte ſich von 
den Zeiten des Mittelalters ber die Gefchloffenheit größe: 
rer Güter, und in dem Gewerbsieben hatte ſich das alte 
Zunftweſen erhalten. Big und Erwerd waren hierdurch 
in feſt beftimmte Schkanken gewiefen, in welchen man um 
fo bequemer fich bewegte, als noch die Dichtigkeit der Bes 
völterung geringer und hiernach der Antheit der Einzelnen 
am Gefammteintommen verhältnikmäßig beträchtlicyer war. 
Zone hatte ſchon damals die Gefeggebung fin Herbilfüh: 
rung einer größern Theilung der Güter fowie für die 
altmälige Loͤſimg des Zumfruewmges- Eiwettme- grrroſſin 
Auch hatte bereits die Verdrängung- der einfachern Hand⸗ 
arbeit durch Fabriten und Mafchinenwefen der Anfang 
genommen. Alten diefe hochwichtigen Thatſachen ber 
neuern · Culturgeſchichte, von fo bebeutendem Eimfluffe auch 
auf die politiſche Geſtaltung, haften- doch noch keineswegs 
ihre nothwendigen Folgen in ihrem vollen Umfange ent“ - 
wickeln Binnen. Vielmehr fchienen diefe Veränderungen 
und Reformen — verbunden mit einigen andern Verbeſ⸗ 
ferungen in verfchledenen Zweigen des: Staattlebens, wo⸗ 
bin 3. B. die theilweife Aufhebung ber Leibeigenfchaft ge⸗ 
hörte — hellere Ausfichten für die nächte Zukunft zw 
eröffnen, ohne mit der Gegenwart zu verfemden. Sie 
trugen alfo dazu bei, die Zufriedenheit mit dem Beſtehen⸗ 
den wenigſtens infoweit zu befeſtigen und su erhalten, als 
man biefes Beftehende gem ſich gefallen ließ, went mar 
gleih nirgend fehr geneigt ſich fühlen mochte, für bie 
Erhaltung deffelden irgend bedeutende Opfer zu bringen. 
Don einer thätigen und wirkſamen Oppofition und Oppo⸗ 
fitionspartei konnte natürlich unter jenen Verhaͤltniffen 
feine Rede fein. Kam eine foiche irgendwo zum Vot⸗ 
ſchein, wie unter Sofeph IT. in einigen Theilen der oͤſtrei⸗ 
hifhen Monarchte, fo war diefelbe mehr im Sime ber 
Stabilität al6 der Bewegung. Das patriarchaliſche Vers 
haͤltniß des Kandesvaters zu feinen Landeskindern war ba= 
mals nody nicht durchaus ein finnleeres Gleichniß. Ohne 
Widerſtand und im Gefühl feiner politiſchen Unmuͤndig⸗ 
keit unterwarf ſich das Volk den Launen feiner Machtha⸗ 
ber, welche durch Gewohnheit und in der Regel durch 
einge den beutfchen Fuͤrſten eigenthuͤmliche Bonhommie 


gemildert wurden; und wenn auch wol das eine oder an: 


dere Mal ein geltebtes Landeskind unfchuldig die Ruthe 
befam, fo war man body noch vorit entfernt, darin eine 
Beleidigung der Gefammtheit und eine DBerlegung der 
ſtaatsbuͤrgerlichen Ehre zu erblicken. 

Bel diefer Lage der Dinge brady die "Revolution in 
Frankreich aus. Die Erhebung eines großen Volkes ge: 
gen den lange gefteigertn Druck, die auch in Deutſch⸗ 
land widerhallende Eroͤrterung der Mechte des Dienfchen: 
und des Bärgers, die natürkiche Wirkung einer großartis 
gen Begeiſterung, die im Sturm des Kriegs zur entftheiz 
denden That und: zum Siege führte: dies Alles mußte 
weithin in unferm Vaterlande den Anftoß für eine Um: 


Mittelſtand. Die mannichfachen Gebrecyen der einzeinen | waͤlzung der Begriffe und Anfihten geben. Schon früher 
Staateverfaffungen und Staatsverwaltungen ließ wine län= | hatte der Umabhänyigkeitstampf der Nordamerikaner ge: 


- 


—— 7 


ſo eng verknuͤpft war. 


259 


gen ihr Mutterland — zum erſten Mate nach Jahrhunder⸗ 
ten, die nur eine Cabinetspolitik und Cabinetskriege kann⸗ 
temp. welche von Soͤldlingen ausgefochten rourden — ba6 größe 
Betſpiel einer Volksſache und eines triumphirenden Volkes 
gegeben. Hatte aber dieſes Ereigniß die Bemuͤther vorbe⸗ 
reitet und für neue Ideen empfänglic gemacht, fo muß: 
ten fie jegt doppelt ergriffen werden, da mit dem Schid: 
fale des franzoͤſiſchen Nachbarvolkes das eigne Schicfal 
Die Flamme, welche In Krank: 
reich auffoderte, beleuchtete jegt plöglich mit grellem Wi: 
derfcheine alle feither unbeachteten Fehler und Gebrechen 
des beutfchen Staatenkoͤrpers; fie ſchien zugleich eine gläns 
zunde Ausfiht in bie Zukunft zu eröffnen, fobald man 
erſt die naͤchſtllegenden Hemmniſſe befeitigt haben wuͤrde. 
Mehr oder minder unumwunden ſprachen daher aller Or⸗ 
ten in Deutſchland die Freunde der franzoͤſiſchen Revolu⸗ 
sion fih aus. Es wurde hiermit der erſte Keim einer 
im Wolke felbft wurzelnden Oppefition gegen bie bisher 
befofgten Regierungsſyſteme gelegt, ein Keim, der ſeitdem 
nad) allen Seiten hin Uppig fid) entfaltet hat. Von ih: 
ver Seite fah man dagegen bie Regierungen ſchon damals 
biefeibe Politik verfolgen, bie fpäter den karlsbader Be⸗ 
f(hlüffen zu Grunde lag und die Bundesbeſchluͤſſe vom 
28. Zun. bes Jahres 1832 erzeugte. Statt den Geift 
ber neuern Zeit befonnen zu lenken, indem man an bie 
Spitze deſſelben fich flelite, glaubte man duch directen 
Wiperftand Ihn uͤberwinden zu koͤmen. Man verfolgte 
nicht nur die wahren, fondern auch die angebihen Ans 
haͤnger der frangöfifchen Revolution; man vermehrte die 
Zahl. feiner wirklichen Gegner, indem man bie Schar ber 
eingebilbeten Feinde vergrößerte. Das wiberliche Geſchlecht 
ber Belauerer und Angeber ‘drängte ſich hervor, und ſchon 
während der franzöfifchen Revolution verlor man fi auf 
jene unheilbringende Spur der Jakobinerriecherei, welche, 
fpätee immer weiter verfolgt, vom rechten Wege fo weit 
abführen mußte. 

Mit vergeblihen Anftrengungen und Opfern war von 
Seiten der deutfchen Regierungen der Kampf gegen Frank⸗ 
veich fortgefegt worden. Der fhlimme Ausgang beffelben 
mußte die Uebeszeugung von ber Nichtigkeit des feither 
Beitandenen noch allgemeiner verbreiten. Die Separats 
verträge einzelner deutfcher Staaten, vom bafeler Frieden 
an, zeigten wiederholt, daB fortan Deutfchland ein ge: 
meinfomes Schickſal weder zu hoffen noch zu fürchten 
habe; Der endliche Abfchluß des allgemeinen Friedens 
unterwarf einen Theil unfers DVaterlandes der Herrſchaft 
der Sieger, und die Territorialveränderungen im Sahre 
1803 führten auch auf der rechten Mheinfeite vielfache 
neue Machtverhältniffe herbei. Dahin und dorthin ver: 
theilt, hatten die Bewohner bedeutender Laͤnderſtrecken ihre 
Herren vertaufchen müffen. So wurde bie gewohnheits⸗ 
mäßige Treue und Anhängliykeit an die angeflammten 
Sürftenhäufer vernichtet, die fo manche Fehler bededite und 
fo mandye Gebrechen hatte verfchmerzen laſſen. Mit ges 
fieigerten Soderungen und mit einem völlig neuen Maß: 
flabe für die Rechte und Pflichten der Regierungen un: 
terwarfen ſich die neuen Unterthanen ihren neuen Regenten. 


t 


et 

Wie ſchon die frühen Ereigniſſe das Uebergewicht 
des in ſich einigen Frankreichs über das gerriffene Deutſch⸗ 
land offenbar gemacht hatten, ſo vollendeten die weitern 
Begebenheiten die gaͤnzliche Unterwerfung unter die Herr⸗ 
ſchaft der Fremden. Halb freiwillig und halb gezwungen 
ließ ſich ein Theil der deutſchen Regierungen an den 
Siegeswagen Napoleon's feſſeln. Ihr Abfall von dem 
untssgehenden deutſchen Reicht, das nun auch in feinem 
legten Schimmer erblid, wurde durch das Wort 
„Souverainetaͤt“ belohnt, welches, dem Herrfcherwillen 


Napoleon's gegenliber, fo ganz ohne Bedeutung blieb, fos 


wie durch Ermeiterung einer Satrapenherrſchaft vermit» 
tels neuer Mediatifirtungen. Hierdurch wurden in noch geös 
Berm Umfange, als durch den Reichsdeputationshauptſchluß 
von 1803 geſchehen war, fange beflandene Verbindungen 
zwifchen Regierungen unb Unterthanen aufgelöft, ohne 
daß fich im fortwährenden Schwanken der Begebenh eiten 
neme und fefte Verbindungen fo bald wiederanfnüpfen 
ließen. Mit dem Abſchluſſe des cheinifhen Bundes war 
daher über die naͤchſte Zukunft unfers Vaterlandes ent 
fchieden worden, und bie endliche Erfüllung eines lange 
verdienten Schickſals mußte nun auch bis in die nenefte 
Zeit hinein den fernern Bildungsgang der Anfichten und 
Meinungen beflimmen, *) W. Schulz. 


Ueber die belgiſchen Ackerbaucolonien. 


Indem ber Miniſter des Handels und ber öffentlichen 

Arbeiten neuerlih, nad dem Erſcheinen der Schrift des Hrn. 
Huerne de Pommeufe: „Des colonies agrichles et de leurs 
avantages’‘ **), ben Plan zu Anlegung von Aderbaucolonien 
in Frankreich aufgenommen bat, bringt die „Revue encyclope- 
dique’’ über den Zuftand der in Belgien vorhandenen einen 
von bem Dberauffeher der Mefängniffe und Wohlthaͤtigkeitsan⸗ 
ftalten Belgiens, Herrn Ed. Ducpetiaur, in ber ausgefprodhenen 
Abſicht abgefaßten umſtaͤndlichen Bericht, deren Grgebniffe rich⸗ 
tig abzuſchaͤzen und zu würdigen, wozu er durch amtliche Kennt« 
niß mancher wenig oder nicht gekannten Thatſachen befähigt fei, 
und vor ben Klippen, an denen die gewiffenhafteften und aus⸗ 
dbauerndften Bemühungen in Belgien gefcheitert wären, in Frank⸗ 
reich zu warnen. 
Die, nah dem Mufter der in Holland 1818 geftifteten, 
1822 in Belgien zufammengetretene Wohlthätigkeitögefellfchaft 
begann ihre Operationen mit dem Anlaufe von 532 Morgen 26 
Ruthen Haidelandes in der Gemeine Wortel, zu 14 Guld. den 
Morgen, und mit der Erbauung von 129 kleinen Pachthoͤfen 
zunaͤchſt vier großen Hauptgebaͤuden, bie die freien Golonien bil: 
deten. Im Jahre 1823 vereinigte fich die Geſellſchaft mit der Regie: 
rung zu@ründung einer neuen mit gefunden Leuten aus den Armene 
anftalten zu bevöllernden „Aderbauanftalt zu Unterdrüdung der 
Bettelei”, Eaufte zu dem Ende wieder 516 Morgen, 36 Ruthen 
Eandes in den Gemeinen Merrplas und Ryckevoorſel, und ver: 
pflichtete fih, vom Ablaufe des Zahres 1825 an 1000 Bettler 
zurübernehmen, für beren Unterhalt fi die Regierung ihrers - 
feits anbeifchig machte, 35,000 Guld. jährlich, wenn aud bie 
Zahl dieſer Bettler inzwifden fi vermindere, 16 Jahre 
lang zu zahlen, wo fie bann aber berechtigt fein folle, abermals 
1000 Bettler an die Colonie abzuliefern, ohne weiter etwas zu 
entrichten (sans ne plus rien devoir payer de ce chef). 

Die Koften diefer Anftalten, als da find Ankauf der Län: 
bereien, Bauden, Urbarmachen, Verwaltung, Unterhalt und Bes 


*) Der zweite Artikel folgt in at Tagen. - D. Reb. 
*.) Vgl. Nr. 335 d. BI. f. 18%. D. Rev. 


t 


2360. 


Pieibung ber Goloniften, Ankauf der Baus: und Hofgeraͤthe, der 
Thiere, Saaten, Affecurangen u. f. w., beftritt die Geſeilſchaft 
feit jener Zeit bis heutiged Tages: 1) mit dem Grtrage der 
zwifcdgen ihr und Gemeinden fowie Spitaͤlern abgeſchloſſenen 
Gontracte, wegen Aufnahme von Bamilien oder Waifen in die 
freien Colonien; 2) mit dem Belaufe freiwilliger Eubfcriptios 
nen und Geſchenke; 3) mit dem jährlihen Regierungszufchuffe 
von 35,000 Guld. und 2) mit dem Ertrage ber Kolonien, in 
Ernten, Biehverfäufeniu. f. w., der fi wegen mangelnder 
Angaben leider nicht genau genug zur überfihtlihen Beim» 
mung bes künftigen Schickſals ter Anfalten erweift. 

Es bleibt indeffen fo viel gewiß, daß die Geſellſchaft wäh: 
rend ihres zehnjährigen Beſtehens 766,000 Guld. aufzeborgt 
dat, von denen ſich nach Abzug des zu 511,000 angefchlagenen 
ungefähren Werthes ihres Immobiliars und Mobiliarvermdgens, 
ein reines Deficit oder eine Schulb von 255,000 Guld. offenbas 
zen wird. Sonach iſt nicht nur an feinen Gewinn, fondern fos 
gar nicht an bie Möglichkeit der Abzahlung biefer Schuld der 
eſellſchaft zu denken, bie immermehe in ihrem Öffentlichen 
Grebite finft unb, nachdem fie von 1823—29 einer jährlichen 


Idurch GBubferiptionen zufammengebradten Unterflügung von eis 


nigen und zwanzig bie einigen und breißigtaufend @ulben ges 
noffen hatte, 1881 auf biefem Wege nur 6698 Guld. einnahm. 
Die allmälige VBerbefferung ber Ernten, bis der Beben feine 
Bebauer ausreichend ernährt, ift dabei Höchft ungemwiß und 
weitausfehenb, fodaß bie immer zunehmenden Koften ter Anftalt 
bis dahin nicht füglich aufzubringen fein möchten. 

Die Negierung kann aber nicht wohl mehr thun, als fie 
ſchon gethan hat, indem fie der Gefellfchaft ftatt 1000 Bettler 
nur 500 überwies und ihr dennoch bie volle Summe von 35,000 
Sum. jährlich auszahlte, wobei ihr ein folcher gefunder Armer 
täglich auf 22 Sents, ein kranker, unthätiger aber in ihren eig⸗ 
nen Anftalten nur auf 16—17 Gents zu ftehen kommt. 

Die frühere Regierung’ hatte auch die kritiſche Lage der Ges 
fellfchaft richtig erkannt und ihr den Vorfchlag gethan, um fie 
wenigſtens noch für eine gewiſſe Zeit folvent zu erhalten, alle 
öffentlichen Armenhäufer in ben beigifchen Provinzen aufzuhe⸗ 
ben und deren gefunde fowie invalide Bevoͤlkerung von etwa 
4500 Köpfen ben Golonien gegen einen jährlichen Zufchuß von 
217,500 Guld. zu überlaffen; die Ausführung diefes Vorſchlags 
unterblieb aber, weil die Geſellſchaft dazu eine neue Schuld von 
300,000 Guld. Hätte eingehen muͤſſen. Das Unternehmen würbe 
übrigens bderfelben nicht nur eine ungemeine Laſt geworben, fons 
dern auch den Hauptabfichten dffentlicher Wohlthaͤtigkeitsanſtal⸗ 
ten mannichfach zuwidergelaufen fein. 

Als Urfachen bes Nichtyebeihens ber Golonien gibt der Bes 
richterftatter Kolgendes an: 1) Urfprünglidher Zuſchnitt der Un⸗ 
ternehbmung nach einem zu großen Maßftabe, wozu der anſchei⸗ 
nende Woblftand ber bolländifchen Golonien verführt haben 
mochte. Wan hätte mit Vorficht und Bedacht nur Schritt vor 
Schritt weiter geben follen. 2) Theilung des rundes und 
Bodens mit allzu geometrifher Regelmäßigkeit ohne Ruͤckſicht 
auf deffen Beſchaffenheit. Viertelhaib Morgen Landes erhielten 
allemal cinen glei) geräumigen Pachthof, unbeacktet der Stärke 
der darin aufzunehmenden Familie. 8) Mangel an Dünger, 
unregelmäßiger Abfag ber Producte und Mangel an den noͤthi⸗ 
gen Zransport« und Verbindungsmitteln, beffen Folge war, daß 
von 1072 Morgen Haitelandes nur 310 beadert, 289 mit 
Tannen bepflanzt wurben und 488 wüft liegen blieben, viele 
Pachthoͤfe aber, 49 von 125, wegen ber gänzlichen Unfruchtbar: 
keit bes Bodens, worauf fie mit großen Koften gebaut mworben 


, Waren, gar nicht bewohnt find und allmälig verfallen. 4) Auf: 


nahme vieler Stäbter, die aus gänzlicher Unbekanntſchaft mit bem 
Aderbau ihre Felder nicht zu beftellen verftanden, tas ihnen 
anvertraute Vieh durch fehlerhafte und forglofe Behandlung und aus 
Mangel angehöriger Nahrung umlommen ließen und fi burdy 
die erhaltenen Vorfchüffe an Lebensmitteln, Kleidungsftüden und 
Geraͤthſchaften nah und nah in Schulden fledten, bis bie 





Geſellſchaft ſich gendt ſah, im Wiberfprudd mit bem ur⸗ 
ſpruͤnglich eblern Zweck der Anftalt, die Bewirthſchaftung ſetbſt 
zu übernehmen und die Soloniſten als Tageldhner arbeiten zu 
laffen, wodurch der wefentliche Unterfchied zwifchen ben fegien 
Golonien und benen zu Unterdruͤckung ber Bettelei aufgehoben warb. 

um biefen und manchen andern Mängeln ber Armencolos 
nien alfo abzubelfen, madt nunmehr der Berichterftatter den Vor⸗ 
flag, die twefentlich nicht mehr voneinander verfchiebenen Co⸗ 
tonien zundrberfi zu vereinigen, die zum Ackerbau ungeſchickten 
freien Coloniſten, gleich benen, deren Gemeinden nicht mehr zu 
igrem Unterhalt beifteuern wollen, weil fie. nicht in ben prepins 
zielen Armenhäufern, wohin fie gebörten, gelaffen worben find, 
und ebenfo wie es ber Geſellſchaft contractmäßig frei fleht, bie 
ein Siebentheil ber Bevolkerung ausmadyenden Invatiden in ihre 
Heimat und an bie Behoͤrden zurädzufchiden, die ſonach und 
an.und für fi ſchon (nachdem fie 1827 aus 1131 SInbivibuen 
beftand, 1831 auf 982, gegenwärtig noch bebeutend mebe) bers 
abgelommene Bevdlkerung folgendermaßen wieder zu verftärken, 
um neue tuͤchtige Arbeiter zu erhalten: 1) durch gefunde Bett: 
fer und Bagabunden aller Art, die nichts Fu verlieren und Alles 
zu gewinnen haben; 2) durch freigelaffene Gefangene, bie von 
ihren Verwandten und Gemeinden wegen ihrer frühern Berger 
ben verftoßen wurden und febr oft den guten Willen, obwol 
felten die Moͤglichkeit vor fiy haben, fidy auf redliche Art in 
ber Welt fortzuhelfen;s 3) durch junge Verbrecher unter 18 
Jahren, die man bäufig mittels georbneter Arbeit und milder 
Behandlung. beſſern könnte, und endlich 4) durch Kindel« und 
Waifenkinder. , 

Allerdings müßte aber auch eine andere Verwaltung und 
Bewirthſchaftung eingeführt werden, um das Gebeiben bdiefer 
belgiſchen Solonien möglih zu maden. Cine gewiffe Anzahl 
Pachthoͤfe und Ländereien müßte immer ber befondern Aufficyt 
erfahrener Landleute Äbergeben werben, bie bie newen Goloniften 
in der Bewirthfchaftung anfaͤnglich unterzichteten, damit fie ſich 
nad und nad zu felbftändigen Lanbleuten bildeten. Denn das 
rößte den Wohlſtand der Kolonie hemmende Hindernig würbe 
ederzeit das zulegt nothgebrungen befolgte Syſtem fein, die Co⸗ 
loniften ‘ale Tageloͤhner arbeiten zu laffen, weil dadurch alle 
Betriebſamkeit und Arbeitsluft in ihnen vernichtet wird, wenn 
fie nicht die Ausfiht haben, ihre Lage mit der Zeit zu verbefs 
fern und fih ein unabhängiges Dafein zu erwerben. 159. 





„Notice sur le comte Capodistrias.” 


Abermals eine folde, aus ber Feder des Gtamati Bulgark, 
ift im 3. 1832 in Paris, bereit in ziveiter Auflage, erfchienen. 
Sie ift immer, auch wenn ſich nicht verkennen läßt, daß ber 
Berf. dem Kapobiftrias etwas gar zu fehr das Wort rebet, als 
ein Beitrag zu denjenigen Acten zu betrachten, aus deren ſorg⸗ 
fältigee und genauer Prüfung und unbefangenee Vergleichung 
allein das richtige Urtheil über den fo verſchieden beurtheilten 
Präfidenten von Griechenland gewonnen werden kann. Bulgari 
reifte mit demfelben im Dec. 1827 von Ancona nach Griechen⸗ 
land und ift dort drei Zahre, bald mit Militairoperationen bes 


ſchaͤftigt, bald in Givilangelegenpeiten, in vertrauterm Verhaͤlt⸗ 


niffe zu Kapodiſtrias geblieben. Er gibt in feiner „Notice” 
theils Thatfachen, theils Urtheile; es bleibt aber immer, unb 
grade bier, Schwierig, auf Thatfachen allein ein Urtheil zw 
gründen, wenn man — bad Innere des Menfchen, fein Herz 
und feine Abfichten nicht kennt. Und wer will ſich anmaßen, 


biefen immer und uͤherall den Schlüffel zur bejigen? nach 


u 
Äugern. Thatſachen diefe Abfichten, das Wollen und innere Wirs 
Een des Menſchen ermeffen zu wolen? Auch die hier nicht in 
großer Anzahl mitgetheilten. Briefe an und von Kapobiftria®, 
aus den Jahren 1828 und 1829, können, fo fehr fie zum Theil 


für Kapodiſtrias fpredgen, doch nicht allein für ihn aeugen. - 


Wo aber ift hier — ber Herzenslündiger ? 





Nedigirt unter Berantwortiichteit der Verlagshandlung: 3. A. Brodbaus in Leipzig. 


Blätter u 





literarifche 








Lacvetia Borgia, Drama in drei Acten von Victer 
Hugo.*) 
Der Name Böergia erinnert im Italien gleichzeitig an 
"die größte Verworfenheit, an die raffinietefte Tiefe menſch⸗ 
ficher Laſter und am ausgezeichnete Talente, Feinheit, 
Weltbildung, Liebe und Unterflägung ber Künfte und 
Wiſſenſchaften. Während auf der einen Seite zur Zeit, 
wo biefer Name in Flor war, zu Ausgang des 15. und 
zu Anfang des 16. Jahrhunderts, in dem Webergange 
"des Mittelafters zu einer neuen Belt, Die: Dichter umd 
‘Sänger ihren: Mäcmaten ımb Patronen unſterbliche Kraͤnze 
:wanden und fie zu den Helden ihrer Wergötterangen ſtem⸗ 
pelten, laſtete auf der andern Seite der Fluch, bie Verwiim⸗ 
fung und die Anklage bes Verraths, des Trenbruces, 
‘der Ueberliſtung, des Mordes im allen Geſtalten und der 
Slutſchande auf ihnen. Damals, wo das Recht keine 
feſten Stügen, bie Gewalt und der glüdfiche Kampf Die 
Oberhand befaßen, wo der Krieg und der vocchenfeltige 
Raub das Element ber italleniſchen Edelleute bildeten, 
‘waren jene Eigenſchaften die Mittel dee Auszeichmmg 
-und die Buͤrgen des Siegs. Unter Allen tagten die Bor: 
gia hervor, und wenn Greuel und Schredithaten hinreich⸗ 
ten zu einer Tragoͤdie, fo wäre zu vermundem, daß dieſe 
reiche Vorrathskammer ‚noch nicht benutzt worden. 
Alerander VI. war in Spanien geboren. Ehe er zur 
paͤpſtlichen Würde gelangte — durch Beſtechung umd 
Intrigue —, trug er den Namen Rodrigo Lenzuoli, wel⸗ 
hen er gegen den Samitiennanten feiner Mutter Borgia 
vertanfhhte: Die Geſchichte hat uns uͤberliefert, weiche 
"Art von Gianz und Erfindungsgeift dieſer heilige Vater 
um ſich verbreitete, und unſere erſte deutſche Beſchreibuͤng 
der Fahrten von Dr.-Zauft, wie er mit Mephiſtopheles 
- zu’ Alexander VI. in Rom kommt, gibt ung ein ſeht pla: 
ſtiſches Bild davon. Hier nur'fo viel, als zur Verſtaͤn⸗ 
digung des Artikels dienlich. Alexander VI. hatte mit 
“einer Ihrer ausnehmenden Schoͤnheit wegen befannten 
Dame, Rofa Vangzza, fünf Kinder erzeugt, worunter 
eine Tochter, Eucretin, und die beiden Alteften Söhne, Jo⸗ 
hann und Caͤſar Borgia, befonders befannt find. Der Papft 
fuchte durch feinen Einfluß und fein Anfehen diefe beiden 
Ssdͤhne zu erheben. Der aͤlltere, Johann, war Derjog zu 


*) Bel einen kurzen Bericht in Ar. 555.0 FD Bed, 


Dienftag, — Nr. 64. — 


für . | “ ' 


Unterhaltung, 





5. Mär; 1833. 





Gandla, der zweite Hergog zu. Valentinois. Won allen 


Dreim, dem Vater und ben zwei Söhnen, erzählt die 
Geſchichte, daß fie in blutſchaͤnderiſcher Verbindung mit 
ber Tochter. und Schweſter Lucretia gelebt. Caͤſar Bors 
gia, dee Ausbund aller bamaligen Heinen Tyhrannen, die 
wie Vampyre an dem Marke der unglüdlichen italieni- 


[gen Fürſtenthuͤmer fogen, beguͤnſtigt mit Naturanlagen, 


Kenner und. Verehrer der Künfte, tapfer als Krieger, ohne 
Zreue, ohne Wert, rachgierig, verſchmitzt und vor keinem 


‚Zafter zurücbebend, ein würbiges Bild zu einer Charak⸗ 


terfhilderung, war der Ippus, welchen Macchiavell in fels 
nem lange verfannten und gemisbeuteten „Principe” vor Aus 


‚gen hatte. Als er. aus doppeltem Grunde, ſowol wegen 


feines wachlenden Anſehens als wegen Jeines Umganges 
mit Lucretia eiferfüchtig auf feinen Bruder Johann wurde, 


ließ er ihn heimlich erdolchen und den Leichnam in bie 


Ziber werfen. Es war zur fprichwörtlichen Redensart ge⸗ 


‚worden, zu fagen: Was gewöhnlidger Lift und Trug nicht 
„erreichbar fei, das ſtehe Caͤſar Borgia zu Gebot; was er nicht 


mehr koͤnne, das vermöge noch der Teufel, und als Dies 
fier über diefem ſtehe Papſt Alerander VI. Diefem It: 


‚tern wird bie Erfindung eines neuen Giftes zugefchrieben, 


woduch er je nach dem ertheilten Maße die fernere Les 
bensfähigkelt feiner Opfer auf Tag und Stunden zu bes 
rechnen im Stande gewefen; ein gaſtfreundlich geweihter 
Becher, ein Trunk im Palaft der Borgia war der Tod 
ihrer Gegner, welche fie in Abgang anderer Mittel durch 


Verſtellung und Deuchelei in ihr Neg zu locken wußten; 


und ſelbſt die vergiftete Hoſtie mußte ber Machgier des 
Nachfolgers Petrus zum Werkzeug dienen. Lucretia Bor: 
gia war zuerſt mit einem aragonifchen Edelmann ver: 
bunden, fodann an Johann Sforza, Der zu Peſaro, Ipds 
tee an Afonfo, Herzog von Bifeglio, und zulegt an Als 
fonfo, Herzog von Ferrara, verheiratet. Da die Ehe 
mit Sforza und dem Herzog von Bifeglio dem Papfte 
in feinen eignen Lüften hinderlich war, ließ er den Einem 
für impotent erklären und. ben Andern ermorden. Zur 
Geier der Dermählung feiner Tochter. mit dem. Herzog von 
Ferrara erfand er jenes berüdhtigte Ballet, in weldem 
50 — nad) Anden 80 — nadte Männer und. Weiber 
tanzten und :die wollüfligften Stellungen und Bewegungen 
mit Preifen belohnt wurden. So — fagt ein, parijer 
Blatt — näherte fi der Batican dem Paradieſe Algran⸗ 


e. 





* 


ein Glas Wein, reiches er für einen Gardinat Corneto 
bereitet hatte. Lucretia fol ihm in den Giftmifchungen 
thätlich beigeftanden und bie Unnatur fo weit getrieben 
haben, daß fie in einzelnen Fällen alle ihre Reize und 
Schönheiten proftituirt habe, um einen entrorfenen Plan 
auszuführen, da6 Schlachtopfer zu erreichen und das Gift, 
welches bier und da von der fchönften Hand und mit 
den eindringlichften Worftellungen als Gegengift und Wet: 
tungsmittel eines unterflekten Mordanfchlage dargeboten 
wurde, um ſo ſicherer anzubringen. Aus diefen Weberlies 
ferungen, welche übrigens von den Geſchichtſchreibern jener 
Epoche nicht uͤbereinſtimmend gegeben werben, bat Victor 


. Hugo den Plan feines neuen Dramas gefhöpft, dabei aber 


ferner unterftellt, daß aus ber Verbindung ber Lucretia mit 
Johann Borgia ein Sohn entiproffen fel, welchen fie, um 
ihn der Rache von Caͤſar Borgia zu entziehen, entfernt 
"und armen Fifchern zur Erziehung anvertraut habe. Der 
Dichter greift nun erzählungsmeife in die nähern Verhaͤlt⸗ 
niffe der Familie Borgia ein; er ſchildert nicht die Ju: 
gend dee Lucretia, fondern fein Drama fällt in die ſchon 
vorgeruͤckten Jahre derſelben, wo fie mit dem Herzog von 
Serrara vermählt, ihre Sohn bereits 20 Sabre alt iſt 
umd als‘ Hauptmann im venetianifhen Solde fleht. In 
dem Herzm biefer Frau, welches für alle edein Gefühle 
abgeftorben iſt, Lodert die mütterliche Liebe zum erheben; 
den reinfgenden Feuer auf, und aus ber Hand Deſſen, 
welcher einzig in der Welt berufen iſt, fie zu lieben, fol 
fie den Tod empfangen; fie darf das Gluͤck der DRutters 
liebe wicht genießen, und bis zum Augenblide des Todes 


darf ſelbſt das Geheimniß nicht uͤber ihre Lippen gehen. 


Waͤhrend eines Balles, zur Zeit des Carnevals in 
Venedig, finden ſich auf der Terraſſe eines Palaſtes mehre 
junge Edelleute ein und unterhalten ſich uͤber die Lage 
Italiens, wo natuͤrlich der Name Borgia mit Schrecken 
und Abſcheu genannt wird. Einer unter ihnen insbeſon⸗ 
dere erzaͤhlt eine myſterioͤſe Geſchichte, wie vor vielen 
Jahren ein Vermummter zu Pferde, in einen großen Man⸗ 
tel gehuͤlt und von mehren Männern begleitet, ſich der 
Ttiber genähert und, den Hintertheil feines Pferdes dem 
Fluſſe zugewandt, unter dem weiten Mantel eine Leiche 


. aufgebedt habe, welche alsbald feine Begleiter in einen 


Nahen genommen und in ber Mitte des Fluſſes ins 
Waſſer gefchleudert Hätten. Der Dann zu Pferde aber fei 
unbeweglich flehen geblieben, und auf die erhaltene Ant: 
wort, „es fei gefchehen”, habe er erſt ſich umgewandt und 
nah dem Fluß gefehen. Dort ließ fich noch etwas Dre: 
hendes auf dem Waflerfpiegel erbiiden. „Es ift, Monfig: 
nor”, fagte einer der Helfer, „Ihe Mantel, er wirb bald 
verſinken“, und er warf einen Stein darauf, daß die fegte 
Spur verfchwand. Der Kühlgebettete war der Herzog von 
Gandia, der Mann zu Pferde Caͤſar Borgia. 

Dieſe Erzählung iſt ſchoͤn, ergreifend und romantiſch, 


aber fie iſt nicht neu und Ihe Gewand nicht original; 
Alexander Dumas in feinen „Chroniques de France”, da, 


wo er die gräßliche Rache befchreibt, welche ber Herr von 
Giac an ber fchönen Katharine, feiner Gemahlin, wegen 


26? 
der ftarb ſelbſt aus Verſehen den To ber Vergiftung durch 


— — —— — — — —————— —— ——————————— —— — ——— — ———— — ——— 


N 


ihres Ehebruches mit dem Herzog von Burgund nimmt, 
mag ber Phantafie des Dichters als ein verführerifches 
Bild vorgeſchwebt haben. 

Unterdeffen war ein junger Dann, Gennaro ifl fein 
Name, auf einer Bank eingefchlgfen. Die Edstleute keah⸗ 
sen zum Vergnuͤgen zuruͤck, da erfcheint in einer Gondel 
eine maskirte Dame und nähert ſich dem Schlafenden; 
fie blickt ihn lange und wehmüthig- freudig an, es ift 
Lucretia Borgia, welche nach Venedig kommt, um fi 
an dem Anblicke ihres geliedten Sohnes zu ergögen. Sie 
drückt ihm einen Kuß auf die Stirn, und -Gennare er: 
wacht; er erzähle ihr fein Geſchick, wie ex feiner Mutter 
alle Liebe geweiht, wie er, weber Familie ‚noch Herkunft 
kennend, nur allmonatlih Nachricht von ihr erhalte, und 
das Herz der Mutter wird zu den weichſten Empfindun⸗ 
gen umgeftimmt; fie -möchte fortan nur Milde üben und 
um der Liebe zu ihrem Sohne willen ihr verfleflenes 
Leben duch Tugend fühnen. Sie kann fih ihm aber 
niht enthuͤllen, denn fchon ber zufällig genannte Name 
Lucretia Borgia entreift Sennaro einen Ausdrud bes Ab⸗ 
ſcheus. | 

Diefer Auftritt war nicht ohne Beobachter geblie= 
ben.” Während Lucretia fid) über den Schlafenden hin 
neigte, war ber Herzog von Ferrara, der Gattin aus Ei- 
ferfucht folgend, ausgeftiegen und hatte ben Kuß bemerkte, - 
welhen er für ben flagranten Beweis feiner Entehrung 
halten mußte. Er kehrt zuruͤck Rache bruͤtend. Außerdem " 
hatte einer der jungen Edelleute von dem Balcon eines 
Hauſes herab die Fremde, die er fruͤher ſchon geſehen, 
erkannt, und beſorgt fuͤr das Leben des Freundes, wel⸗ 
chen er in den Liebesnetzen dieſes gefaͤhrlichen Weibes 
waͤhnte, eilte er, alle Genoſſen und Gefaͤhrten herbeizuru⸗ 
fen. Ploͤtzlich ſieht fich Lucretia von einer Maſſe neugie⸗ 
riger, ergrimmter und ſchadenfroher Geſichter umgeben, 
welche hoͤhnend mit Fingern auf fie zeigen. „Weißt du 
auch, wer diefe Frau ift, mit welcher du gefprochen?” fragt 
Einer unter ihnen ben beſtuͤrzten Gennaro. Lucretia, in 
der Todesangft ber Verzweiftung und von Scham und Wuth 
zerknirfcht, bittet und fleht vergebens, ihren Namen bier 
nicht zu nennen, denn um allen Preis möchte fie fi) vor 
den Augen Defien, den fie eben mit fo vieler Theilnahme 
angehört, vor ihrem Sohne, nicht als bie furchtbarſte Frau 
von ganz Italien bezeichnet hoͤren. Vergebens, die Edel⸗ 
leute umgeben fie, und fie ift den Foltern der Schreckens⸗ 
erinnerungen preisgegeben. „Kennſt du mich?” ruft ihr 
ber Erfte zu, „ish- bin Oloferno Bitellofo, der Sohn von 
Vitelofo Vitelli, Here zu Cittaͤ di Caſtello, welchen bu 
buch Verrath in feinem Lager ergreifen und mit Doldy: 
flichen ermorden ließeſt.“ — Ein Anderer: „Ich bin Apos 
ſtolo Gafello, Neffe yon Jakob von Appiano, melden bu 
in einem Feſtgelage vergiftet haft, um ihm feine güte 
Velte von Piombino zu ftehlen.” — Ein Dritter: „Sc bin 
Depzeo Dliveretto, Herr zu Fermo, welcher deinen Bru⸗ 
ber bei der Eroberung, von Sinigaglia unterflügte, und 
welchen du vor deinen Augen in den Kellern des Vati⸗ 
cans erbolchen ließeſt.“ — „Ich bin Maffeo Orfini, Sohn 
von Paul Orfini, welcher beinem Befehle gemäß auf der 


863 


"großen Treppe deines Palaſtes emmeubet teurbei Unb dies 
ſes Weib, Gennaro, mit welcher du geſprochen, iſt Lucretia 
Borgia!“ — Gennaro laͤßt fie, von den erſtarrendſten Ab- 
ſchen durchſchuͤttert, zar Erde ſinken. So weit der erſte Act. 

Der zweite Act ſpielt in Ferrara, wo ſich ploͤtlich bie 

- fünf Edelleute nebſt Gemaro im Gefolge der venetiani⸗ 

Shen Geſandtſchaſt einfinden. Auf dem Plage vor dem 
(die des Herzogs, welcher bie ‚Doppelte Juſchrift der 

Eſte und Borgia trägt, ſetzen fie ihre Unterhaltung bes 

erſten Actes uͤber bie Werbrechen ber: Famitie Borgia fort. 


VBefonders getaͤth Gennaro, welchen feine Freunde wegen | 


feines tete-A-tete mit Lucretia necken, in einen Zuſtand 
von Syaltstion, in weichem er ſich in einen Strom von 
Verwimſchungen gegen biefe ergleßt und- zuiegt als thats 
-fächlichen Beweis feiner Verachtung und Verabſcheuung 
an der Juſchrift: Borgia, das B herabreißt, und fo dem 
Palaſt den Namen Drgia gibt. Diefer Vorfall warb ent: 
deckt und reiste die Rachgier des Herzogs und feiner Ge: 
mahlin. Diefe ſtuͤrmt — nad) dem Ausbrude des Dich 
ters, comme une tempete — in das Gemach des Her 
3088 und verlangt Rache gegen bie widerfahrene Beſchim⸗ 
pfung, und als fie vernimmt, daß ber Herzog den Thaͤter 
bereite feſtgenommen babe und ihre binlängliche Genug⸗ 
thuung verfpreche, läßt fis ihn noch beſonders verheißen, 
bag der Thaͤter, wer er auch fri, nicht lebend -den Palaſt 


verlaffen Tolle. Es wird ihr zugefage. Der Gefangene 


wird vorgeführt, und fie erblickt in ihm ihren Sohn Gen: 
naro, welchen ber Derzog, von Eiferſucht getrieben, hatte 
ergreifen Taften. Vergebens bemüht fie fich, denſelben zu 
retten, allen ihren Inſinuationen und Ausreden und Deus 
tungen fest Sennaro das unummundme Geftändniß ber 


That entgegen, und es bleibt ihr nichts übrig, als bie. 


Folgen ihres eignen Ausſpruches eintreten zu ſehen. Die 
hefttgfte Leidenſchaft wecfelt nun im Ausbrud, Sie vor 
Sucht die füßeflen Schmeichelmorte, Erinnerungen aus der 
Zeit ihrer Vermählung und Erhebung der perfönlichen 
WVorzuͤge des Herzogs, um biejem die Sreigebung des (Ges 

fangenen zu ewtroinden. Je mehr fie. fich bemuht, deſto 
mehr fleigt die Eiferfucht ihres Gemahls, und dieſer be: 
ſteht auf dem Ausſpruch. Er entdedt Ihr, daß er in Be: 
nedig ihre Zufammenkunft mit Sennarg belauert habe, und 
bricht in eine Reihe von Aufdelungen aller Verbrechen 
der Kamilie Borgia aus. Sie aber väth ibm, fi 
zu hüten. Alles ohne Erfolg. Sie muß zwiſchen dem 
"Schwerte ober dem Gifte wählen. Sie entfcheidet für 
das letztere. Der Herzog, welcher fehon vorher feinem 
vertrauten Henker die genauefte Unterweilung über bie To⸗ 
deswerkzeuge gegeben hatte, verlangt, Daß Lucretia ſelbſt 
das Gift einſchenke. Er laͤßt Gennaro vortreten, erklärt 
ihm, daß er auf Verwendung feiner Gattin ihm Gnabe 
ertbeile, und Sabet ihn zu einem Glaſe Syrakuſer ein. 
Gennaro erzählt nun, wie er einſt dem Water des Der: 
zegs da6 Leben gerettet; dieſer ſteht von feinem Rache 
vorhaben nicht ab und befiehlt der Herzogin, einzufchenten, 
was fie auch thut. Kaum bat Gennaro bas Gift getrun: 
tem, fo emtfernt fich der Derzog, um, wie er hoͤhnend bes 
merkt, Die Sellebte allein mit ihm zu laffen. Lucretia reicht 


Gegengiſe, was er lange nicht nehmen will, eine Wer 


giftung fuͤrchtend; er entfchließt ſich endlich, es zu neh⸗ 


men, worauf Ihn Luctetia auffobert, unverzuͤglich Ferrara 
zn verlaſſen. Gennaro, von bem rätbfelhaften Benehmen 
biefer Frau ergriffen, verlangt von ihr, daß fie ſchwoͤre, 
daß fie an dem Unglüd feiner Mutter in keiner Art be 


theifige fei. Sie verweigert, er flucht ihr, fie aber fegnet ihn. 


(Der Beſchluß folgt.) 





Kritiſche Verſaͤunmiſſe F Beziehung auf Goͤthe und | 
al. 


en P 

Unfere äfthetifchen Kritiker waren in den erſten Jahrzehn⸗ 
ben nach Kant's Grfceinung fo fehe mit neuen Theorien, deren 
fie wenigfiens alle Monate Eine zu Tage foͤrderten, befchäftigt, 
daß fie daruͤber mandyes anderweitig Löbliche verfäumten. Die 
meiften Neuern dagegen find zwar viel zu ſtolz und verbrieklich, 
um fi mit Syſtemen zu bemühen, haben bafür aber viel An: 
beves zu than, das fie ſtets in Athem Hält. So muͤſſen fie z. B. 
bie poetiſch⸗kritiſchen Ehren: und Prachtſtuͤhle für fidy und ihre 
Breunde täglich mit neuem Purpurlammt deſchlagen, ba ber 
alte fo leicht verfchießt ; fie muͤſſen für- Lorberbäume — Zweige 


find zu unbebeutend — und Zriumphbbogen, fowie für Stein⸗ 


ſchieudern und Katenmuſiken forgen und enbli) wenigfiens alle 
vierzehn Tage von Neuem ipre Feinde im Drud eumorben, kenn 
einigen dieſer fhlimmen Leute ift nicht zu trauen, und hundert⸗ 
mal Getoͤdtete ſtehen mit bedenklichem Lächeln immer wieder le 
bendig auf, fobaß ein räfiges Kritiker das Mordgeſchaͤft ſtets 
von Neuem beginnen’muß. Darüber und über vieles Andere wirb 
aber, wie gefagt, manches Rüglihe und Wichtige verfäumt, 
worüber ſich seden. läßt. 
&o Hat man 3. B. unferm geliebten Goͤthe nicht felten, 
bald ernſthaft und wehmäthig, balb bitter und grimmig ben 
Vorwurf gemacht, er achte das Yublicum gering, ex feile nicht 
genug und denke immer, Alles, was er fehreibe, fei gut genug. 
Diefen Zabel zu widerlegen. bebürfte es fa nur zwei geſunder 
Augen unb des Aufzaͤhlens Deffen, was bie gefunden Augen ex: 
forſchten. Dann ergibt ſich grade das Begentheil jenes Bor: 
wurfe.. Es haben wol nus wenige Dichter felt Homer fo 
forgfam und fireng, ja fogar zumeiien fo überfireng gefellt, ge: 
befjert und umgearbeitet als Goͤthe an mehren feiner Werke. 
Bei diefem Urtheile werten mid; manche Lefer ſtaunend anfehen, 
denn fie haben nie davon gehoͤrt. Und body if es fo. Weiche 
firenge Hand erfuhr der junge Werther von 1774, um 1786 
wieder in einem neuen Leben gu wanbeln? und hat nicht „„Ippi: 
gende faft wie Pamina in der „„Zauberflöte”, durch Feuer und 
ſſer geben mäffen, ehe fie zu ihrer jegigen künftierifchen Ae⸗ 


therreinheit gelangte? war nicht „Glaudine von Billabella’‘ mit 


dem genialiſch firogenden Bagabonden Rugantino von 1777 eine 
ganz andere fihöne Waldnymphe als bie zartatelige Schäferin 
mit lauter abeligen Verhaͤltniſſen, wie fie.aus Goͤſchen's Officin 
1787 hervortrat? und find nicht „Erwin und Elmire“, nachdem 
fie lange genug von plaubernden Nebenperfonen umringt und ge: 
Rört worden waren, in ber neuen Auflage aus dem hemmenden 
Buſchwerk berausgelaufen, und haben fie ſich nicht jest als 
zeine Arkadier auch eine rein arkadiſche Welt erobert? Und nun 
vofends „Stella“? Iſt nicht vor 55 Jahren vielen Leferinnen 
bie Kaffeetaffe und vielen Leſern das Weinglas vor Schreck aus 
der Hand gefallen, wenn fie am Schluſſe des Gtüdes fehen 
mußten, daß bier eine Doppelehe etablirt wurbe, worein fie ſich 
unmöglich finden konnten? Auch ich babe mich nie ganz bamit 
vertragen können, denn, ganz abgefehen von anderweitigen Bes 
denklichkeiten, iſt es völlig unmöglich, abzufehen, was Gecilie 
und Gtella, biefe beiden wahrhaft lebendigen, liebefähigen und 
liebebebärftigen Srauen, mit Fernando, ter wanbelnden Halb: 


leiche, Grfprießlidges hätten anfangen wollen. Wit einer Todes- 
wunde im Herzen — und eine ſolche hat Gtella wirklich em⸗ 


DR 


| fe Bat dene 

ar den aumzen, Tünten Yet feiner ie. umgeßaltet 
t ſterben la as in fi n Zod trug. 

3*8* Bun jr 8 for kein RE Gedicht, das 


tendem Hand trüge, und wie Has 
feit dam 8%, Yen. bber 


— Mir 
Dichter und — überaus nügliche Arbeit geweſen, wenn 
man eine genaue Vergleichung der Böthe’fchen Werke nad) den 
‚ werfchiebenften Ausgaben unternommen hätte? Mid bäntt, 1 ſelbſt 
die in Ueberniuth erſtarrten und efrorenen Poeten, die ſich 
von. vorn herein für ‚neue Jupiter und Apollo dalten, 


das 

werben wär 
—** wußte, „was ger * 
Jeicht iſt eine ſolche Arbeit nicht. Man mößte z. B. bie Gin 


a 


nei’ u. fi w. zuſammenſchleppen, und bergleicgen iſt immer 
zeit einigen Unbequemlichleiten verbunden; lnbe leiten 

aber fäyeut man ungemein. Auch iſt man viel zu vornehm zu 
ſolcher Arbeit und fdhreibt Heber eine Raͤn hidyte u. dgl., 
und fo. ift Vie ganze GSache untecblieben. 


Yfesbe geſchrieben zu fein, das Papier liegt auf dem: Gattel- 
Inopf und die Bleifeder macht grimmige Striche; ja, wir: haben 
fogar Krititen, von denen man fagen moͤchte, fie feien nicht von 
den Seiteen, ſondern — ich erſchrecke ſelbſt über mein eignes 
Wort — von ben galoppirenden Pferben verſertigt werben. Un⸗ 
fere Beit zeichnet ſich dadurch fehr merklich aus vor ber Mitte des 
vorigen Jahrhunderts, wo manche Schafergedichte sicht von Schaͤ⸗ 
fern, fondern von den Schafen felbft ausgearbeitet zu fein fcheimen. 

&o viel aber auch bei Göthe verfäumt. worden iſt, fo hat 
‚mar dbdoch we 
nicht ohne eine gewiffe kunſtleriſche Befonnenheit und rende 
geweſen; aber freilich mit unferm herrlichen Jean Paul ſtand 
es trotz feiner Herrlichkeit viel ſchlimmer. Wie urtheilt men 
be ihn! Sch will es mit ben türzeften Morten anbeuten : 
Sin Genie ik der Mona freilich, aber ein: horrendes, wildes, 


man ben Athem verlieren muß; herzruͤhrend, aber ohne Maß, 
und. mitunter foldhe Angft ervegend, baß einem das Herz möchte 
im Leibe ſpringen; naturbefchreibend fo herrtich, daß man ſich 
doppelt ärgert, wenn man gewahr wird, es fei draußen bach 
lange nicht fo hübſch als im Buche u. f. wm. Ich mag dieſe 
feiht und platt und hochmuͤthig plaubernben und doch nicht ſel⸗ 
ten als gerecht erachteten Stimmen nicht weiter fortplaubern 
Iffen, fondern will ftatt deffen ein kurzes eignes Wort verfus 

en 


Genie, ımb wenn es nicht zu leugnen if, daß an manchem 
deutfchen Meiſterſtuͤck Frankreich und Spanien, England unb 
Italien mitgeholfen haben, ſo koͤnnt ihr, wenn ihr etwa nicht 


ſolltet Luft haben weiter zu disputiren, ruhig auf die Werke 


Yan Paul's zeigen und fagen: bier ifk eine rein deutſche 
Senialität, ihm hat Niemand geholfen (fogar bie Briten, die 
er felbft in uͤbergroßer Beſcheidenheit zuweilen ats feine Belfer 
nennt, wenig ober gar wicht); aber ihm bat auch Niemand ges 
— ſelbſt die beutfchen Kritiker nicht, denn es koſtete ihm 

Ende doch nur ein großartiges Wigwort — er hatte deren 
aber immer ein paar hundert vorraͤthig — und eine gewiſſe 
Gattung von Berföhnung — ich möchte fie faſt eine chriflich- 
beutfche, e pathis· —* nennen — kam immer wieder 
raſch zu Stande. 


Fine Eigenſchaft aber iſt, fo weit mir bekannt, bei Jean 


Paul noch nie betrachtet worden, meine die große Strenge 
gegen ſich ſelbſt und feine eignen Werke; wal aber bat man 


3 


- Manntkhfatti 
ausgaben von 1774 und 1775, bie von 1778, die Jasobifdhe |: 5 


verglichen? Hat'man gezeigt, wo die Keile am: gklüuͤcklichſten 
waltet babe wab wo 
‚ frattich. nie‘, umb- dee: Gebe Mann. hat feine Sache sanı uf 
einne Hand teeiben müflen, bosh. ohne Zweifel in der. 
. Soffnung, daß Ginzelne Ihn. im Stillen wol genießen "ürden. 


"muß, fo wollen wir un® auch nicht ga 
nigftens zumeilen im Allgemeinen verfichert, er fei 1: Paul 
: neuen Auflagen bes „‚Deäpams” und der Anſicht aren Loge“ Fe 
: AH26 ließ, wie es war), wobei. wir jeboch ruͤhmend hinzuſetzen, 
‚dab er beide Werke mit vortrefflichen Vorkeden vermehrte, bie 
“an innerm Gehatt und witzig tiefer Sruͤndlichkeit gar manche 
“hundert und wieder hundert neuere Fe anfıntegen - und 
geſchmackloſes; geiſtvoll eribaunlich. und. entfeglich kenntnißreich, rırlhte. : D 


aber ohne kuͤnſtleriſche Begrenzung: witzig und bumaoriftifch, daß :in feiner Gelaffenhtit und machte. zu dem Allen 


Diefee Jean Paul, ihr lieben Deutſchen, if, trog des |: 
ſcherzhaft framzoͤſtrten Vornauiens, ein darch und durch beusfches | 


Aamlich 
Sache: wenn. in. De and. einmal Urtheil 
(zumeilen and Au nur ein Titularurtheil) über einen Dichte gäng 
und’ gebe geworden if, „D bleibt es” Tür Detennien dabei, «e 
‚mag fig audy ſtellen/ wie eu will; hatto ibn 26 we 15 


ones e eriebew ‚konnte s 

k für ben Dichter eiafrat. fo fo 

Sm an roh die Deere und ebeifte Weif: 
ner 


ee bad Megankbeit:bHi-ihen getabelt.. 7 








er das ganze We baren Sorgfalt rn 
a a — naar Ir jr 
uftneten Senetiend, ud 


‚an Klarhe ‚Anmush: beträcht 5* 
| das Ku * ar —* * Hart eriſtiſche 


Zuͤge dei Siedentäs, Leidgeber und’ dem Schutrath, die größere 
gkeit der 


Seenenreihe im zweiten "Shell u. fi w. m 
und man- wi wie 


Weßger: Serchruag und Liebe. fehen , wie 
herrlich hier der Mann Sean Paul den Zen Paul 
‚behandelt. hat. Gine. folge Aufgabe ift viel ſchwerer, als man 


"gewöhnlich denken mag. und misglädt faft immer; denn’ der 
"Mann s Dichter nimmt teider zu oft den Juͤmnglinge Dichter ein 
wenig fchulmeiftetich in die Lehre, Ywobei:doig am Bnde- ner 
Ich nik es sur 

8 iele unferee heat Hecenfionen fiheinen zu |. ein wage: 
Fr A Den w den, vell ewiger Wahrheit und Jugend. Iſt dad nun aber eis 


„Salbes. heeamslemmit. Ans dem ;‚@iebeutäg” iſt —— 
heftiaes Iänglings:, Manns und Greiſenduch 


fannt worden? Hat man bie erfle und zweite Auflage genau 


* 


nicht? u. ſ. w. So viel ich weiß, 


er echten 


Da man jedoch das Menſchliche dem — immtr zugeben 
ſehr wundern, daß Jean 


über ſene Kälte etwas ungetzalten wurde end -bei ben 


zum Spell im. Voraus ve ab beuticye Aublicker blleb 


eine Miene, 
P., bereits 


als wolle es fagen:- Wir haben id, werther 3. 9 


. 1795 und die nächfifolgendben Jahre nad ünferer Weiſe ges 
"lobt; ein neues Lob kriegſt du nicht, du magſt auch machen, 
"was du willſt. Ein wenig iromifiren kannſt hu -uns. inumer⸗ 
hin; machſt du aber: gar zu nik] Wis: 


übte. uns, fo aimm- dich 
in Acht, daß wir nieht auch. das alte Lob: zurädnchmen, bean 


‚wenn man und. aus unſerer Bequemlichfeit und Gstaffenpeit 


reißen will, fo Eönnen wir auch böfe werben: 

Ich. will jedoch weder die günftigen Leſer noch mid zu 
traurig machen, fondern mit der fröhlichen Anerkennung ſchlie⸗ 
Sen, daß wir allerbings auch mehre treffliche Kritiken über „88; 
the und einige gute Ger Jean Paul befigen, ſowie auch. bie 
aeueſte Zeit hier und da eine regere Verehrung und Liebe bes 
fonber& für ben Letztern zeigt. In einigen frühern Momenten, 
3. B. nach der Erſcheinung des „Titan“, der nur ſehr felten vers 
ftanden wurde, zeigte man ſich kuͤhler und verbroffener. ' Doch 


: eben , weil wir mit manchen Beiden ber Zeit in dieſer Ginfücht 


zufeieden.fein duͤrfen iſt es beſendere Dflicht, auf frühere Merfäum- 
niffe. hinzudeuten, damit fie endlich. vergütet werben. 8.. 


*) Indeflen fand der Plan, auch biefe Werte einmal von Reuem 
durchzuarbeiten, feſt bet ihm, und es warb bei ber Morbereftung zur 
Sammlung febser fämmtliden Wertemitber „Unfihtbagen Loge” 
bereits ein trefflicher Anfang gemacht. Schließlich möge hier 
auch nod) der, wie e8 Scheint, nur wenig bekannt geworbenen, 
edelftrengen Umarbeitung der ‚Gebntändifen Proceſſe ardaqht 
werden. 





Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagsdandlung: F. A. Brodhaus iu Lelpzig. 





(4 


f 


Blätter u 


U 


ur \ 


x 


literarife, Unterhaltung. 





Mittwod, 


— Nr. 65. 


6. Maͤrz 1833. 





Lueretia Borgia, Drama in drei Acten von Victor 
Hugo. 
Beſchluß aus Nr. 64.) 


Dem dritten Acte geht folgende Einfeitungsftene voraus. 


Gennaro erzählt feinem Freunde Maffeo Orfini bie Bege: 
benheit im berzoglichen Palafte, feine Gefahr, feine Ret: 


tung und feinen Vorſatz, fogleich wegzureiſen. SMaffeo 
dagegen erklärt die ganze Vergiftungsgeſchichte für eine 


leere Drohung und die Hülfe der Lucretia als eine In: 
trigue, um fich der Liebe Gennaro's zu verfichern; er vers 
leitet diefen, feine Abreife zu verfchieben und den Abend 
mit feinen Freunden, welche fämmtlidy bei der Gräfin 
Negroni eingeladen feien, zuzubringen. Obſchon Gennaro 
einen geheimen Widerwillen gegen biefes Feſt in dem Ne: 
groni'ſchen Palafte, welcher an jenen des Herzogs ſtoͤßt, 
empfindet, fo gibt er doch zulegt nach und verfpricht zu 
bleiben. Als dee Herzog, welcher mit feinem Henker biefe 
Unterhaltung angehört, diefen Entſchluß vernimmt, zieht 
er fih in feinen Palaft zurüd. 

Nun folgt das Feft und der Ball’ bei der Graͤfin 
Negroni. In einem biendend heil erleuchteten, mit gro: 
testen Nitterbildern und Wappen ausgemalten Saale figen 
die Edelleute mit den Danien, Alle zufammen mit Blu: 
men befränzt, an der Tafel und überlafien ſich dem aus: 
gelaffenften Frohſinn. Ploͤtzlich, nachdem im Gefolge eis 
nes Streites die Damen ſich entfernt hatten, und während 
die Säfte Trinklieder fingen, erfchallt ein fremdartiger Tod⸗ 
tengefang in der Nähe des Saals. Die Thüren öffnen 
fih, und herein treten zwei Reihen weiß und ſchwarz 
gekleideter Mönche mit Wachskerzen in der Dand, ihren 
Zobtengefang fortfegend. Auf die Frage: „Oü sommes 
nous donc, sommes nous chez le diable?” antwortet Lu⸗ 
eretin, die heroortritt in ſchwarzer Kleidung: ' „Vous etes 
chez moi, et je viens vous annoncer, que vous £tes 
tous empoisonnes. Fete pour fete, Messeigneurs!” und 
die Sprache der ihr in Venedig widerfahrenen Demuͤthi⸗ 
gung nachahmend, höhnt fle jeden einzelnen der Edelleute, 
indem fie ihnen fagt: „Du Dioferno Vitelloſo, gehe nun 
zu deinem Water, den ich erdolchen, bu Gaſello, zu bei: 
nem beim, welchen ich vergiften Heß” u. f. w. „Est- 
ce bien une vengeance, hein?” — In biefem fürdy: 
terlihen Tone fügt fie bei: „Ich babe für Eure Körper 
geforgt; ſeht, da fliehen Eure Särge”, und fie zeigt im 


- 


Hintergrunde fünf mit ſchwarz und weißen Kreuzen bes 
dedte Särge. „Zaͤhlt wohl, es müfjen deren fünfe fein!” 
Da erhebt fih Gennaro und fpricht: „Ihe tert Euch, es 
fehlt ein fechster für mich!” Xucretia, wie vom Donner 
gerührt. beim Anblick ihres Sohnes, welchen fie längft von 
Ferrara entfernt glaubte, läßt Alle abtreten. und beſtuͤrmt 
ihn, den Reſt des Gegengiftes zu nehmen. Gennaro fragt 
fie, 06 es hinreihe, um fie alle ſechs zu retten, und ba 
bie Antwort verneinend iſt, fehleubert er das Flaͤſchchen 
weg und kuͤndigt der Herzogin an, daß fie ſterben muͤſſe. 
In bee nun folgenden langen Unterredung, wo Lucretia 
mehre Male auf dem Punkt ſteht, fich zu entdecken, er: 
ähle fie ihm, daß Johann Borgia fein Water gewefen. ' 

ennaro glaubt, daß Lucretia feine Tante und bie Urs 
fahe des. Unglüds feine Mutter ſei; able vermehrt 
feine Erbitterung; dennoch war er duch das KBitten 
und Flehen der Herzogin wankend geworden, als die 
Stimme feines flerbenden Sreundes, ihn zur Rache auf: 
fobernd, .ertönte. Er ergreift das Meſſer und ſtoͤßt es 
ihr in die Bruſt; indem fie niederfinkt, find ihre leg 
ten Worte: „Ich bin deine Mutter!” Nicht weniger als 
fieben Leichen find die Ausbeute! 

Wenn auh der Dichter in feinen Schöpfungen fich 
nicht flavifh an die Gefchichte binden muß, fo iſt es 
doch des Tragikers und Dramatiters Pflicht, fih ohne 
Noch nicht von derfelben zu entfernen; alle Handlung ges 
winnt das hauptſaͤchlichſte Intereſſe durch ihre thatfäch: 
liche Natur, und die allerwege ſich aufdringende Reflexion 
der geſchichtlichen Unwahrheit einer Darſtellung iſt dem 
Eindrucke hoͤchſt gefaͤhrlich. Victor Hugo iſt auch hier 
wieder fo wenig als in, feinem „Le roi s'amuse“ der Ges 
ſchichte gefolgt. Diefe letztere laͤßt zweifelhaft, ob Lucretia 
Borgia überhaupt In die Giftmifcherelen ihrer Familie ſich 
eingelaffen habe, und weiß weder von einem Sohne, wel: - 
her aus der Verbindung mit Sohann Borgia entfprun: 
gen, etwas, noch von der an den Venetianern genommes 
nen Race. Alfonfo von Ferrara dagegen, welcher hier 
als ein herzlofer uͤberlegter Mörder, zugleich als ein Sbirxe 
und Auflauerer bargefteltt wird, ift der Gefchichte als ein 
vorzüglicher und ausgezeichneter Fuͤrſt bekannt. 

Dee Grundgedanke, daß Lucretia, von ber Macht ber 
Verhaͤltniſſe umſtrickt, niht nur fih ihrem Sohn nicht 
entdecken Tann, fondern verdammt ift, das einzige Gefühl, 


- 86 53 


fuͤr welches ſie Alles hingeben moͤchte, nicht genießen zu 
duͤrfen, weil es aus ihren Verbrechen entſtiegen, und end⸗ 
lich von der raͤchenden und ſtrafenden Hand ihres Sohnes 
zu ſterben, iſt unleugbar tragiſch. Allein der Dichter hat 


das Unnatuͤrliche und Boshafte des Charakters feiner Hel⸗ 


din ſo ſehr gehaͤuft und Leiche an Leiche gedraͤngt, daß 


dee Endeindruck nicht ſowol eine erfchütternde und das 


Gemüth tief ergreifende Senfation, als vielmehr eine an: 
firengungsvolle und erflarrende Anregung von Abfcheu und 
Widerwillen iſt. Der vorberefchende Fatalismus trägt 
hierzu nicht wenig bei. 
eine ertravagante Idee ergreift, befümmert fich nicht fon: 
derlih um die nähere Verbindung und den Wahrſchein⸗ 
lichkeitszuſammenhang ber einzelnen Auftritte. Gewiß if 
es nicht fehe natürlich, daß Gennaro einer weltfremden 
Dame, welche er zum erflen Mate fieht, feine rärhfel: 
hafte Geſchichte fogleich erzählt und iht die Briefe feiner 
Mutter zeigt, und noch unwahrſcheinlicher iſt, daß im 
zroeiten Acte alle fünf Ebdelleute und Gennaro fich plög: 
ih in "Ferrara in der‘ Reſſidenz der fo fehr beleidigten 


Victor Hugo, welcher mit Feuer 


Herzogin befinden. Daß fie fich ſelbſt hierüber wundern, 


töft den Fehler nicht, und ebenfo wenig die Bemerkung, 
daß fie mit der venetianiſchen Geſandtſchaft angelangt, 
foiglich durch das Voͤlkerrecht gegen jede Unbitbe gefchuͤtzt 


felm. Das Voͤlkerrecht im Schr 1500 unter ben ttalie⸗ 


nifhen Zürften war ein ſchwaches Bullmert! Aber noch 
auffallender ift, daß der Platz vor dem herzoglichen Pas 
tafte zur Scene neuer Ausbrüde gegen bie Familie Bor: 
gia gersähft Wird‘ und die Säfte ſich ummerhohlmer nody 
ausbilden als in Venedig. Gemaro mochte den Namen 
Borgia wegen feiner Verbrechen haffen, warum aber ift 
grade er, weichem Lucretia bisher befonderes Intereffe be: 
wieſen und in deſſen Bruſt eine innere Stimme: für fie 
ſprechen follte, ercentrifcher in feiner Leidenſchaftlichkeit als 
ſelbſt feine Gefährten? — Das Herabreißen des Anfangs: 
buchſtabens ift ein Bleinlicher und unwuͤrdiger Scherz. 

Das Lucretia Rache gegen ben Thaͤter verlangt und 
fi diefe zufichern läßt, ohne Rüdficht der Perfon, ift voll: 
ſtaͤndig angemeffen, um fo mehr als fie Auftrag gegeben 
hatte, Gennaro zu iht zu rufen, und in dem Gefangenen 
ihn nicht vermuthen konnte. Allein daß fie, bie Mutter, 
fie, in allen Empfindungen aus dem Maße tretend, folg: 
tich auch tm ihrer mütterlichen Liebe, daß fie, Lucretia, 
dem geliebten Sohne das Gift reiche und ihn trinken laſſe, 
da fie doch im mindeften nicht gewiß war, daß 
Gemaro das Gegengift aus ihren furdtbaren Händen 
nehmen werde — das iſt weder tragifch, noch ſchoͤn, noch 
groß, fordern rein unnatärlich und‘ undenkbar; fie mußte 
Altes opfern, ihre Schande und: die Wahrheit aufdecken, 
aber den Giftbecher reihen — nimmermehr! 

Die Unterredung zwifchen ihr und ihrem Gatten im 
ztoelten Act iſt etwas lang, und jene’ zwifchen ihr und 
Sennaro vor ihrem Tode im dritten Act erleidet ben 
nämlichen Vorwurf; das: gezuͤckte Meffer bleibt zu Lange 
in ber Luft, und die Senfationemerven des Zuſchauers 
werben‘ zu oft in Anfpruch genommen. ’ 

Vietor Hugo Hat des Außerorbemtiichen und Bijzarten, 


wie namentlich im legten Act, zu viel gegeben: bie fünf 
Särge und der ganze anfchaulidhe Todesapparat find blos 
Nahrung für das Auge und die Galerie; aber bie Tra⸗ 
gödie ſollte foiche mechanifhe Mittel verfhmähen; Die 
Thatſache und bie Refleriom des Zuſchauers müflen deſſen 
Seele ergreifen. Alles‘ Andere ift ohne Dauer und Jiefe. 

Das Drama ift in Profa gefchrieben — eine Neuerung 
in den Theaterflüden von Hugo — und mthält ein eignes 
Gemiſch von poetifhen Schönheiten, Eräftigem und ner: 
vigem Ausdrude neben ben trivialften-und platteften Aus: 
fällen, role man fie im Vaudeville hört. So 5: er- 
zähle der Vertraute der Lucretia, ein Spanier, welcher fi) 
unter fremdem Namen an bie jungen Venctianer ange 
ſchloſſen, um auszukundſchaften, auf die Frage, wie er 
ihe Vertrauen erlangt, daß er Gelb- vor ihnen emtiehne 
als echter caftilifcher Edefmann, und fügt bei: „Si FPon 
ne tirait pas le diable par la queue, on ne passerait 
jamais pour un gentilkomme castillan. A propos de’ cela 
il me vient une reßexion: il faut que le diable' alt la 
queue soude&e, chevillde et vissee à l’dchine' pour qu’elle 
tfienne encore, tandis que tant de gens passent leur 
vie à la tirer”, u. dgl. m. 

Trog diefer Mängel befigt das Stud große Schoͤn⸗ 
heiten’ und Tiefe. Bon maͤchtigem Eindrucke ift die Er: 
Eennungsfcene im erften Acte da, wo die Benetianer auf 
Lucretia einftlrmen, ihr die Larve vom Geficyt reißen und 
ihr die viel gräßlichere ihrer Schandthaten vorhalten. Schön 
ift ferner im zweiten Att nicht ſowol der Verſuch der 
Lucretia, durch füße Worte Ihren Gemahl zu gewinnen — 
diefer ganze Auftritt grenzt zu ſehr ans Lärherliie und 
bat in der That lautes Lachen erregt — als vielmehr ihr 
Zorn und ber ſchrankenloſe Ausbruch ihrer Wurh, wenn 
fie auf die Reihe von Vorwuͤrfen ihres Gemahls mit 
fuͤrchterlicher Miene fpriht: „‚Prenez garde & vous,’ Al- 
phonse de Ferrare, mon quatrieme mari!" — Im brit: 
tem Act gefällt der Contraſt dis froͤhlichen Luftgefanges 
mit den dumpfen, hohlen Stimmen der Mönche, und bie 
ganze Äußere Ausfhmüdung des Feſtes bei der Gräfin 
Negroni ift ausgezeichnet. . 

Mile. Georges als Lucretia hat ihrer Stentorftimrae 
und den bedrohlichen Bewegungen ihrer Glieder einigen 
Zwang angelegt und dadurch ihrem Spiel mehr Annehm: 
lichkelt verliehen als gewöhnlid, Frederic als Gennaro 
fpiefe feine Rolle mit Wahrheit und Gefühl. 

Im Ganzen, einige Misbiligungen der Späße und 
Plattheiten abgerechnet, wurbe das Stud günflig aufge: 
nommen, und die fieben erften Vorftellungen haben bereite 
nahe an 27,000 France eingetragen. 171. 


En u — 


Neueſtes Gemaͤlbe von Auſtralien. Bon G. 4. Wims 
mer. And. unter dem Til: Schuͤtz, Allgemeine 
Erdkunde u. ſ. w. Drsißigfter Band. Mit ſechs Kupfern, 
Wien, Doll. 1882. Gr. 8. 1 Thir. 12 Gr. 
Unter ben verfchiebenen Arbeiten. aus welchen biefe umfafs 
fende Unternehmung befteht, war vieleicht die Aufgabe zu einem 
Gemälde. Auftraliens die ſchwierigſte, aber auch bie belohnentfle. 
Es fehlt uns viel weniger an Nachrichten über dieſen jungen 


Erdtheil, ald an einer Saunmnlung der vorhandenen , un⸗ 
tee einem fichtenden und das Werichiebenartige vereinigenden Ge⸗ 


ſichts punkte. Diefe Aufgabe bat fich ter Werf. geſtellt und ges 
If. Er hat Alles durchlefen, was zu felnent Iweck vorlag, wand 
aus voller‘ Sachkunde eine Darftellung getiefert, bie, indem fle 
Harmonie unb — die widerſprechenden Berichte 
bringt, das erſte befriedigende Bild tiefes Erdtheils aufſtellt, das 
wir kennen. Sein Bortrag haͤlt eine gluͤckliche Mittelbahn zwi⸗ 
ſchen trockener Wiſſenſchaftlichkeit und belebter, unterhaltender 
Sriöhtung, und dieſe ſcharfe 
gewiſſe uͤberjoviale Heiterkeit des Styls verlegt, die wir doch lie⸗ 
ber unterdruͤckt geſehen hätten. Dagegen aber iſt dies Gemaͤlde 
reich an ſehr dankenswerthen und ſcharfſinnigen Ueberblicken, 
griſtteichen Zuſammenſtellungen und am allgemeinen Betrachtun⸗ 
gen über die Natur des Erdlörpers oder tes Menſchen, an de: 
nen felbft Herder feine große Freude gehabt haben würbe. Das 
größte Berdlenſt dieſes Gemaͤldes aber iſt das, alle wirklich zus 
verläfftge und werthvolle Berichte über ‚Polgneflen zu umfaffen 
und im Auszuge und in einer wiffenfhaftlihen Form Das zu 
Hefern, was fonft eine ziemlich beträchtliche Bibliothek bildet. 
Die Daffe der vom Werf. benugten Quellen hindert uns an ih» 
zer Aufzählung; wir begnügen une, anzuführen, baß ber allges 
meinen Ueberſicht beſonders Cook, Korfter, Duperrey, Humboldt, 
D. d. Kogebue, Leffon, Chamiſſo zum Grunde gelegt fint. 
Diefe allgemeine Ueberſicht ift durch höchft leſenswerthe Kuͤck⸗ 
blicke über die fo äußerft eigenthuͤmliche Bildung des Welttheils, 
den wie wol am beften Polyneſien nennen, ausgezeichnet. 
Die Ginleitung liefert zunaͤchſt eine kurze Geſchichte ber allmäs 
je Entbedung dieſer Infelmelt von Magelhaens bis auf King, 
ellinghaufen und Ehafe herab, weldye befonders burch eine chrono⸗ 
logiſche Zabelle dieſer Entdeckungen von 1521—1829 verdienſt⸗ 
Ad) iſt; die für dieſes Inſelreich vorgeſchlagenen, zum Theil 
abenteuerlichen Namen: Forſtokoga, Magellania, Chasdia, Ocea⸗ 
nia, Notafia, Auſtralaſia charakteriſirt und verwirft ber Verf. 
für ben von Cook gebrauchten Namen: Polyneſien, als ben paſ⸗ 
ſendſten und zweckmaͤßigſten, ba auch Neuholland durchaus kein 
- Gontinent, fondern nur bie größte ber Inſeln if. Den Flaͤ⸗ 
chenraum beftimmt ber Verf. auf 170,000 geograph. Quadrat⸗ 
meilen (faft Europa gleich), die Zahl ber Bewohner auf 1,140,000 
Auftralneger, 14 Mil. Auftralindier (Malaien) und 50,000 Eur 
ropäer, wahrſcheinlich in allen Glaffen zu wenig, ba fchon auf 
Reubolond allein gegen 50,000 Deportirte und Abkoͤmmlinge 
Berfeiben fommen mögen. Sehr beachtenswerth und aͤußerſt ans 
ziefend ift Das, was uns über die Entſtehung Polynefiens ſelbſt 
gefagt wird, denn hier, wie nirgend anders, in diefer jungen, 
friſchen Welt, deren einfige Beſtimmung noch im Schooße der 
Vorſehung ruht, Hier wohnen wir gewiflermaßen felbft ber Welt⸗ 
ſchoͤpfuag bei, und bie Analogie en, was wir vor unfern Aus 
gen vorgeben fehen, führt uns gu GSchläffen über den Urfprung 
des Theils ter Erde, den wir die „alte Welt” nenne, ſicher 
und zugleich mit Gritaunen zurüd. Bor unfern Blicken entfte: 
hen neue Inſeln, Erdtheile aus ber Arbeit Heiner kaum fichtba⸗ 
rer Weichthiere heben fi über ben Waſſer hervor, befefligen, 
befemen fih und werden von Menſchen in Beſig genommen, 
fowie fie ſich zu menfhlichen Wohnplägen einrichten. Auf der 
andern Seite ſchaffen und verändern über 100 mächtige Vulkane, 
unter denen einz:Ine, wie der Mowna⸗Roa, acht Meilen weite Feuer⸗ 
Erater Öffnen, ohne Unterlaß biefe neuen Wohnpläge und lehren 
uns bie Kosmogonie der Grbe in Meinen und großm Proben 
formen. Alle hohen Infeln bes flillen Dceans find: vulkaniſchen 
&, vereinzelt oder durch niedrige Korallenriffe verbunden. 
Die flachen Infeln dagegen entfichen aus den Arbeiten jener 
Myriaden Heiner Korallenthiere, welche gewoͤhnlich irgend eine 
zucerhutförmige Erhöhung im Meereögrunde bi zur Oberfläche 
des Deeres hinaufbauen unb fie dann verlaffen, um ihr Werk 
anderswo wieder anzufangen. Dieſe Koralleninfeln zerfallen wies 
der im drei Gloffen, die Leſſon, dieſer feharffinnige Beobachter 
des flilen Dceans, Motous, Motous mit Lagunen und eigent⸗ 
liche Inſeln nennt. Die erſten, bloße Korallenriffr, umgeben 


Grenze wird nur felten durch eine 


en EEE DEE Er ET — — — —— — — — —— — — —— 


20* 


die hoͤhern Inſeln. Die Lagunenmotous ſtab wallſormige Kö: 
rallenmauern um ein Binnenwaſſee her, das mit dem Meere ge⸗ 
woͤhnlich durch eine weitere oder engere Einfahrt in Werbintung 
ſteht. Dieſer Bafen wird durch bie Arbeiten ber Weichthiere, 
durch Seetang und ben Abfall von Wögelheeren allmälig gu ei» 
nem Sumpf (ugune), der ſich gegen die Mitte zu ſenkt, am den 
BVallkreiſen nach und nach abirocknet und feſtet Land wird. So⸗ 
fort findet ſich nun die Vegetation ein, Voͤgel und Meerfäug- 
thiere find die erflen Bewohner diefer Infellreifes unverbaute 
Samentörner fangen an zu keimen, eine uͤberhangende Palmen⸗ 
krone wirft ihre Nuͤſſe in-die Fluten, welche bie Wellen -an den 
flachen Strand tragen. Mit der keimenden Kolospaime, mit der 
Iproffenden Brotfrucht ift das Wohnhaus des Menfchen einge⸗ 
richtet, der nice Tange auf fich warten läßt, und der Korallenkreis 
wird zur Inſel. Dies iſt die Witbungsgefchichte der Inſelwelt 
im ſtillen Ocean. Altes in biefem’ Welttheil ift jung und im 
Wachſen begriffen, ja es fteint oft, als wäre der Menſch ſelbſt 
hier zu früh gefommen. Die Pflangenwelt hat bereits ihren 
ausgebifbeten Eharakter; in ber Thierwelt haben ihn bie niebern 
Drganifationen ; die höhern (die Bierfüßer) find aͤußerſt fparfam, 
Hund und Schwein allein find Überall anzutreffen. Zahllos bar 
gegen if dos eich dee Vögel, und Sturmvoͤgel in Scharen vor 
vielen Millionen ziehen über Polynefien bin. Der Menſch in 
Auftralien ſtammt von einer zwiefachen Kaffe, einer aflatifcher 
(malaiifgen) und einer afritamifchen (Taffrifäyen), von denen bie 
tegte die frübere, jest faft verträngte Bevölkerung, auf einer ge 
ringern Stufe der Menfhenbiibung, die erfte die fpätere, fie 
gende umb beffer gebilbete war. Zu jener gehören die Papuas, 
dunfter gefärbt, bäßlich von Bildung, faft ohne alle Geiflesfähig> 
keit; zu biefer gehören die beilern, ſchoͤner gebildeten, geiflig reg⸗ 
famern, aber auch verborbenern Stämme, größtentheild mit einer 
feubaliſtiſch· monarchiſchen Berfaffung, ber von Java aͤhnlich, waͤh⸗ 
rend bie Popuas ohne alle Gultur, ohne Ackerbau, von Jagd 
und im Krieg erbeuteten Menſchenfleiſch leben. 

Humbolbt’s Hypotheſe, daß Aften einft ſeinen Continent 
bis zum 50. rad &. B. bin ausgebehnt habe, und Neuholland, 
Reuguinea und Reufeeland Truͤnmer diefes gemaltigen Gonti⸗ 
nents feien, bat, fo viel fie auch (namentlich die fpige Seſtalt bee 
Weittheile nad, ©.) für ſich hat, doch Das gegen fich, daß bie 
Natur Reuhollands ihr wiberfpricht. Das Land ſelbſt, die Thier⸗ 
und die Pflanzenwelt in Borm und Lebensweife, hat mehr Aehn⸗ 
lichkeit mit Afrika als mit Aften. IR daher hier ein Sontinent 
verfunfen, fo türfte mehr bie zwifchen Reuguinea und Reufee: 
land liegende Inſelkette feine Grenzen bezeichnen ale Reuhols 
land; denn dort hat in ber That Alles einen aſiatiſchen Charak⸗ 
ter (Urgeftein und Vulkane am DOftrande der Infeln), renb 
im ftillen Dcean biefe ben Mittelpunkt bee Inſeln bilden. In 
Neuholland dagegen, diefer größten Infel von 188,875 geograpp. 
Quadratmeiien Flaͤchenraum, erinnert nichts an Aſien; in biefem 
ſchoͤnen, wohlbewäfferten, aber nicht leicht zuaänglichen ande, 
das jept etwa zwei Menſchen auf ker Quadratmeile ernäbrt; 
während es im Ganzen 200 Mill. nähren Tönnte, iſt es „Som⸗ 
mer, menn bei uns Winter-ift, bier fleigt das Barometer vor 
ſchlechtem Wetter und fällt bei gutem, die Hütten find aus Ges 
bernholg und bie Feldzaͤune von Mahagony; Myrten dienen 
zur Feuerung, der Schwan ift ſchwarz und der Abler weiß; bier 
büpft das feltfame Kängurub, ha'b eh, halb Cichhoͤrnchen, mit 
Vogeikrallen an ben Hinterbeinen, legt ber Maulwurf Gier und 
bat einen Entenſchnabel; bier gibt es Wögel, die halb Saͤug⸗ 
thiere, Fiſche, die halb Reiher finds hier hat bie Wine ihrem 
Gtengel am breiten Ende und bie Kirfche den Stein auswendig” 
und was dergleichen britifche Raunen der Natur mehr find. Die 
Flora Neuhollands, die Mifhung der Gröbeftandtheile, die biefe 
bedingen, iſt gänglidh eine andere als in der altın Welt, und 
daher der ganze Anblick des Landes ein neuer, nie gefehener. 
Thiere, wie der Ornithorinhus, das Schnchelihier und Pflanzen 
wiberfprechen allen unfern Syſtemen. Der ſch ift afrikani⸗ 
ſcher (mabegaſſiſcher) Abkunft, dem Kaffer aͤhnlich, aber auf ei⸗ 
ner tiefern CGulturſtufe. Zwar paßt Callius' Schilderung nicht 


208 


auf bes Meupolländer; aber ex. it ſtumpf, ohne Meugierde, vers 
&ummert von Geſtalt und wenig geſchickt, jemals unfere Begriffe 
von Givilifation zu verwirktichen. Die Kargheit des Landes, ber 
ewige Kampf mit Hunger und Bloͤße erlaubt ihm nie, Vorraͤthe 
fammeln. Der Begriff des Gigenthums bleibt ihm fremd; 
Ihe Roth welt, ganze erdruͤckt den Geift, bie Thierheit ge⸗ 
winnt die Oberhand. Man bat keine Spur des Gottesdienſtes 
unter den Reuholländern eatdeckt. 
Bei alledem. fcheint Neuholland beſtimmt zu fein, zum Mittels 
puntte der Civiliſation für Polynefien gu werben. Die britifche Golos 
nie von Neuſuͤbwales blüht fichtbar empor. Das Land der Eolonie ift 
eines ber fihönften, das bie Phantafie nur bilden kann, reich an Als 
lem. Im 3. 1787 brachte die Fregatte Sirius die erfte Verbrechers 
fendung, 564 männliche, 192 weibliche, und 212 Geefolbaten ans 
Land; 1800 zählte die Golonie bereits 6000 Einwohner, 7000 Acres 
aultivirtes Land, 1200 Stuͤck Hornvieh und 6000 Schafe; jetzt 
zählt fie an 70,000 Ginmohner. Das Klima iſt gemäßigt unb 
überaus geſund. Das Land über jede Worftellung romantifch 
und fruchtbar; eine Schafheerde von 300 Stüden gibt jegt ſchon 
15,000 Guld. Reinertrag, und im 3.1840 wird Reuſuͤdwales an 
England 80 Mil. Pfd. Wolle liefern können. Die Bevöllerung 
wehrt fih durch die jährlichen Zransporte aus England, bie 
1817 in einem Jahre 3300 Perfonen betrugen; man unterfähei« 
det diefe Bevölkerung durch bie Scherznamen Gterling (gebos 
zone Briten und reine Goloniften) und Currency, foldhe, in deren 
Adern fhon Blut von Deportisten fließt. Dieſe ſelbſt heißen 
Konarienvdgel, von ihrem gelben Anzuge, bei ihrer Ankunft, 
fpätee Gouvernementsleute; Verurtheilte barf Niemand bei 
Strafe fie nennen. Die Deportisten werben entweder von ber 
Regierung befchäftigt ober an Anfiebier vertheilt; iſt die Straf⸗ 
zeit vorüber, fo werben fie. Emankipirte und gelten ben freiwilli⸗ 
gen Sinwanderern gleich, wiewol bdiefe mit firenger Etikette ſich 
von ihnen entfernt zu halten pflegen. Bon Aemtern und Lands 
befig meiftens ausgefchloffen, bilden fie die Handwerkerſtaͤnde ber 
Golonie. Der freie Anftebier empfängt nah Maßgabe feines 
baaren Vermögens von ber Megierung unentgelttih von 100— 
2500 Acres Landes zu Lehn; bei einem Vermoͤgen von 500 
Pfd. werden 640 Acres zugetheilt. Nach fieben Zahren erlangt 
er das Gigenthumsreht, wenn er nachweiſt, daß er ein Viertel 
feines Capitals auf die Verbefferung bes Landes verwendet hat; 
von ba an zahlt er eine Abgabe von 5 Proc. bes Lanbwerthes, 
bie jedoch abgelöfk werden kann, unb um fo leichter, als das 
Acre etwa nur zu 3 Guld. Werth veranſchlagt wird. &o füdt ſich 
die Solonie mit Grundeigenthuͤmern, deren anfängliche Hütten 
von Flechtwerk in wenig Jahren zu zierlichen unb gemauerten 
Lanbfigen werben. Bet ber fchonenden Behandlung, welche die 
Deportirten erfahren, hört bie Deportation faſt auf, eine Strafe 
zu fein; befonbers haben bie weiblichen Sträflinge es gutz fie 
finden gewöhnlich ſchnell Männer und die Ghe befreit fie von 
jeber Strafe. In der Nähe ber Haupiſtadt Sibney vergißt 
man, baß Europa durch eine ganie Hemifphäre daven getrennt 
fl. Dan genießt alle europaͤiſchen Ergoͤtlichkeiten, Theater, 
Bälle, Soncerte, Wettrennen, Etikette, Saftmähler finden fi 
hier wieder. Es geben Lanblutichen nach Paramata u. a. Orts 
ten. Auch bie Geiftescultur wird nicht vernachläffiat. Die ca: 
ledonifche Akademie, die lateiniſchen Freiſchulen in Sidney, die 
Seeſchule, die Erziehungsanftalten find nach englifhem Mufter 
eingerichtet. Es erfcheinen neun Zeitfchriften und bie englifchen 
Dichter und Rovelliften finden bier ihr Publicum. Gibney felbfl 
it eine ganz englifche Stadt mit 15,000 Einwohnern, fünf engl. 
Meilen vom Hafen Port Jackſon entfernt, in einer entzüdenden 
Gegend. Der alte König des Landes Boongaͤrry hat von allen 


Borrechten nur das behalten, bie fremden Ankoͤmmlinge zuerft - 


zu begrüßen. Man fieht, ber Engländer achtet die Legitimität! 
Auf den Märkten herrſcht noch immer der Zaufchhantel. Regel⸗ 
mäßige Straßen führen nad Liverpool, Wintfor, Richmond, 
Paramata, Eleinern Stäbten ron 2— 8000 Sinwohnern, bie ſicht⸗ 
“ bar emporblähen und von fehönen Dörfern umgeben find. In 


bee Provinz Argple if Bathurk bie Hauptilabt, 120 engl. Web 
len von Sidney entiegen. ‚Gobarttowm in Banbirmensiand 
hat 1000 ‚Däufer und 10,000 Ginwopner, meift Deportirte. es. 
brigens if diefe Art der Unterbringung der Gefangenen, wiewol 
an ſich theuer, doch wohlfeiler als ihre Erhaltung in Gef 
niffen. Gin Sefangener Loflet ber Regierung in England jäh 
285 — 384 Sud. Die Zransportloften nach Reufübivales bes 
tragm nur 200 Guld. Bon 1788— 1821 Hat bie Golonie 
33,135 Verbrecher aufgenommen; bie ganze Golonie verbrauchte 
5,501,025 Pfb. Sterl. während die Unterhaltung biefer Ver⸗ 
brecher in England faft acht Mill. gekoſtet haben wärbe. Die 
Berfaffung iſt entiprehend, feitbem Neufüdwales 1329 eine 
eigne Sonflitution erhalten und bem Gouverneur ein vollzichens 
ber Rath zur Seite geftelit iſt. Die Mechtäpflege ift bie eng 
liſche. Unermeßlich aber iſt der Gewinn, ben die Sittigung 
Auftraliens aus ber Galonie entiehnt. 

‚Den folgenden Abfchnitt des Gemaͤldes nehmen bie zu Veſtau⸗ 
firalien gehörenden Infeln, Neufeeland u. f. w-, von einem interefs 
fanten Menfchenflamme bewohnt, welchen der Verf. mit ben Germas 
nen bes Tacitus vergleicht, ein. Unter biefen Auftralgermanen, einem 
Volke von reichen geiftigen Anlagen, herrſcht ein firenger feubatifti 
ſcher Kaftengeift, der auf die Unterdrädung einer frühern Urbevöls 
kerung hinweiſt. Die Arifis (dee Abel) find wahrſcheinlich Nachkom⸗ 
men eines fiegenden Stammes. Das Infellabyrinth von Oftaus 
flralien, die Marianen, bie magellanifhen Inſeln, tie Karoline 
(Perewinfeln), bie Mulgraves und Sandwichinſeln, welche legtere. 
zum Sit der Givilifaticn für biefe Inſelwelt beflimmt zu fein 
ſcheinen, find nad Chamiſſo's Berichten ſehr anziehend geſchildert. 
Der Menfhenflamm ber Sandwichinſein ift bekanntlih ber 
hönfte der Erbe, und der Verf. gibt Hinreißende Schilderungen 
von dem paradieſiſchen Leben biefer Naturlinder zur Zeit bes ers 
ſten Erſcheinent der Europäer, indem er ihre aeiflige Empfaͤng⸗ 
lichkeit — als außerordentlich beſchreibt. Leider ſcheint auch 
dieſer ſchoͤne Menſchenſtamm dem Erloͤſchen nahe; von den 
400,000 Bewohnern bes Sandwicharchipels ſollen kaum noch 
100,000 übrig fein. Dtahiti und bie angiehenden Pitcairin- 
feln machen den Befhluß, und ber Verf, endet mit einer Bes 
trachtung, welde zu bem Refultate führt, daß der file Ocean 
einft, wenn von Guropa kaum mehr bie Rebe fein wird, von 
bem lauten Subelrufe glüdlicher Voͤlkerfamilien erfüllt fein werbe! 
Hiermit entlaffen wir Sein anziehendes Gemälde, beffen Durchles 
fung eine im der That lehrreiche und unterhaltende Lecture ge 
währt. Ein tuͤchtiges Regiſter und fechs, meiſtens gute Kus 
pfer gereichen feiner Arbeit zum Vortheil wie zur Zierde. 34. 








Literariſch e Anzeige. 
Allgemeine —— 
der Wissenschaften und Künste 


vn Ersch und Gruber. 

Es iſt wieder von jeder der drei Sectionen, in be: 
nen biefes Werk erfcheint, ein Theil fertig geworden 
(Th. 23 der erften, Th. 9 der zweiten, Th. 3 der 
dritten Section) und an alle Buchhandlungen und 
Subſcribenten verfandt, und es find nun feit Ende 1831, 
wo ih den Berlag der Encyklopaͤdie übernommen, im 
Ganzen ſechs Theile geliefert worden. Den frübern 
Abonnenten, denen eine, Reihe von Bänden 
fehlt, und Denjenigen, die als Abonnenten 
auf das ganze Werk neu eintreten wollen, 
werben die billigfien Bedingungen geftelkt. 

Leipzig, im Februar 1833. 

d 4. Brockhaus. 





Redigirt unter Werantwortlichtelt der Werlagbhanblung: F. A. Brodhaus in Leipzig. 


literariſche 





4 


BSläͤtter 


für 


Unterhaltung. 





Donnerstag, 


—— nn 





Er: 
ſter Band, Praktiſche Erziehung. Von den diteften 
Zeiten: bis auf das Chriftenthbum oder bis zum Her: 
vortreten bed germanifchen Lebens. Elberfeld, Beder. 
1832.. Gr. 8. Preis für zwei Bände 6 Thlir. 

In dem vorliegenden Werke iſt uns die Erfüllung 

eines vielfach ausgefprochenen Wunſches verheißen und zum 
Theil auch bereitß gegeben worden. Ruhkopf ward durch 
den Tod an ber Beendigung feines Werks verhindert, 
Mangelddorf, Hochheimer, Goͤß haben nur einzelne Par: 
tien des großen Feldes beleuchtet, Niemeyer endlich konnte 
feinem Plane gemäß die Geſchichte der Erziehung nur 
fragmentarifch und in einem kurzen Ueberblicke behandeln. 
Aber felbft Hierin ift viel Geiftreiches und Nüsliches, das 
unftreitig eine größere Anerkennung verdient, als Hr. Cra⸗ 
‚ mer bemfelben gleich am Anfange feines Vorworttes ges 
gönnt hat. Hätte Niemeyer, der fih Th. II, S. 313, 
mit einer fo ruͤckſichtsvollen Beſcheidenheit über das Ideal 
einer Geſchichte ber Erziehung dußert, Zeit zur Abfaffung 
einer folchen gewinnen können, fo würde dies Buch bei 
der Weltkenntniß dieſes Verfaſſers, feiner vielfeitigen hi⸗ 
ſtoriſchen Kenntniß und bei ſeiner Milde im Urtheile ein 
treffliches Handbuch für gebildete Leſer aller Stände ges 
worden fein. Wer den verewigten Niemeyer aus feinen 
Schriften und aus perfönlihem Umgange kannte, wird 
dies Urtheil gewiß unterfchreiben. Ueber Schwarz iſt un: 
fer Verf. Anſicht achtungsvoller und anerfennender aus: 
gefprochen worden. Wir geben ihm darin Recht, daß 
feine Erziehungsgeſchichte oft den Charakter einer gelegent: 
lihen Sammlung trage. 

Wenden wir uns num zu der Schrift des Hm. Cra⸗ 
mer (Subrector am Gpmnafium zu Stralfund) felbft, fo 
mäflen wie im Allgemeinen urtheilen, daß in derfelben das 
Große und Schwierige der geftellten Aufgabe keineswegs 
verfannt ift, und daß ſich der Verf. über diefelbe mit ei: 
ner Belcheidenheit, aber auch mit einem Ernſte ausge⸗ 
ſprochen hat, der gleich, vom Anfange herein für ihn eins 

„nehme ß. In der Einleitung verbreitet ee fich über 

ben Begriff, das Wefen und den Zwock einer Gefchichte 
ber Erziehung und des Unterrichts. | 





7. März 1833, 


u... 





ragen wir nam — fat er ©. A2xv — nah dem Nugen 
einer_foihen Geſchichte, fo foll dieſelbe keineswegs rine bloße 
Summe praktiſcher Rotizen für den unmittelbaren Gebrauch 
und bie täglide Anwendung fein; diefer Geſichtspunkt hat dem 
Berf. nie vorgefihwebt und wärbe ihn bei feiner Arbeit nur 
gefört und -ermattet Yaben, fondern die Hauptſache ſoll ſein: 
das Wiffen und das Erkennen ſelbſt, wie von ben aͤlteſten Zei⸗ 
ten bie Menſchheit erzogen bat und wie fle erzogen worben ifl, 
welches die menſchlichen Beſtrebungen auf dem wichtigſten aller 
Gebiete find, und wie ſich die göttliche Idee, das Menſchenge⸗ 
fihlecht dem Ziele der Vollendung immer näher zu bringen, ent: 
widels und fortfchreitend geoffenbart hat. Mittelbar freilich 
if die Sefchichte der Ergiehung ein weſentliches Erfoderniß für 
bie Erziehung felbft, und wie es keine wahre und allfeitige Phi⸗ 
fofophie gibt, ohne eine Gefchichte der Philofophie, überhaupt 
feine Wiſſenſchaft ohne eine Seſchichte berfeiben, fo kann es 
audy ‚keine wahre Erziehungstbheorie ohne eine gründliche Binfidgt 
in bie Gefdyichte ber Erziehung geben , fondern jebe kann hoͤch⸗ 
ſtens nur ein „‚verfhobenes Wild’ gewähren und in einzelnen 
Strahlen, nit als die ganze Sonne, uns erfceinen. 

Diefen Anfichten gemäß ft nun die Geſchichte ber 
Erziehung als eine „Biographie der. Menſchheit“ betrach⸗ 
tt und in biefem erften Bande an den Völkern bes Als 
terthums entwicelt worden. Auf den legten zehn Seiten 
des Vorworts "hat ber Verf. diefe Gefchichte zu ſkizziren 
unternommen, und feine Lefer werden mit Vergnügen ihm 
folgen. Seine Anfihten find Mar und anfprechend, feine 
Sprahe warm, herzlich) und gebildet und zeigt, wie leb⸗ 
haft ihn die Gegenftände bewegt haben, über bie er fchreibt. 
Diefe gebildete Sprache gereicht dem Buche durchweg zue 
Blerde und wird daſſelbe auch bei Solchen empfehlen, die 
bei wiſſenſchaftlichen Werken fih vorzugsweife durch bie 
Einkleidung angezogen fühlen. 

Ref. kann, um nicht für den Raum d. Bl. zu weit: 
Läufig zu werden, nur im Allgemeinen den Inhalt des 


Buches angeben unb bafielbe nad feinen verfchiedenen 


Richtungen mit befonderer Beziehung auf die Griechen und 
Roͤmer, als die hervorragendften Völker des Alterthunne, 
zu charakterificen fuhen. Da müflen wie nun zuvoͤrderſt 
in Beziehung auf das Material bemerken, daß Hrn. Cras 
mer nicht blos das Lob eines geifteichen, fondern auch 
eines fleißigen Schriftfiellers gebührt. Alle ihm nur ir 
gend zugänglihe Quellen in den alten Claſſikern ſowol 
als in neuen Meifebefchreibungen hat er mit Aufmerkſam⸗ 
keit und Ausdauer fludirt und meiſtens auch richtig ges 
würdigt. Wenn ihm nun auch in der Sammlung Der 


⸗ 


i, »” . 
Stellen, die fih auf Griechenland und om beziehen, 
nur eine geringe Nachlefe zu halten übrig biieb, fo if 


fein Verdienſt der Anordnung, der Verbindung und Ber: 


ſchmelzung untereinander um fo größer. Aber hinſichtlich 


der aus Meifebefchreibungen entiehmten Notizen gebührt. 


Hm: Cramer der Auhm, bier zum erflen Male etwas 


270 . 


-». 6 
vw... 


. Cramer, ber jedoch nicht zu den unmäßigen Lobrebnern 


bes indifhen Wefens gehört, bat hier die ihm zugänglis 


- chen englifhen und deutſchen Ueberfegungen verfchiedener 


Böltftändiges und Zuſammenhaͤngendes gegeben und ba: - 


durch feinem Buche einen eigenthümlihen Werth verlies 


hen zu haben, wodurch daffelbe zu einer nicht blos be: 
Ichrenden, ſondern auch ergöstichen Lecture geworben ift. 
Dieſe a Bemugung der Quellen und bes aus ihnen 
zu entiehnenden Müglichen fcheint Hrn. Cramer meniger 
aufmeckſam auf die Forſchungen der Neuern gemacht zu 
haben. Es fehlt allerdings nicht an Verweilungen auf 
Rule, Ottfr. Müller und Soft bei den Abſchnitten über 
die Dorler, Etrusker, Juden und Römer; aber auffallend 
ft es, daß man die Namen eines Heeren, Wachsmuth, 


K. Fe. Hermann, Manfo, Leo gar nicht, ben Namen Böt: 


ticher (sie) nur einmal (S. 309) und den Namen Sa: 
cobs nur zweimal (S. 276, 279) findet. Und grade 
die Schrift des Lehtern: ‚Weber die Erziehung der Helle: 
nen zur Sittlichkeit”, die fo treffliche Erörterungen ent: 
hält, fcheint Hr. Cramer nur in ber erſten Ausgabe, nicht 
aber in ber zweiten („Berm. Schriften”, Th. III) zu fen: 
nem. Hugo's „Rechtögefchichte” ift mehrmals angeführt 
worden; aber wäre nicht die Verweiſung auf Zimmern’s 
„Geſchichte des römifchen Rechts” pafjender und die Be⸗ 
nugung diefes Buches zweckdienlicher geweſen? Hinſichtlich 
bee Monographien fcheint Hr. Cramer kein feſtes Spflem 
befolgt zu haben. Denn es find ihrer nur wenige, wie 
die von Rötfcher über Ariftophanes (S. 248) und von Ro: 


dber „De scholastica Romanoram institut.” (&.433) ange: 


führt worden, da doch Vollſtaͤndigkeit diefer Literatur grade 
in emem folhen Werke würde am rechten Orte geweſen 


fein, und die tleinen Schriften von Hegewiſch, Gedike, 


x. A. Erneſti, J. G. Wald, 3. D. Schutze, Boͤttiger, 
Be, Stäffe u. X. eine Anführung und Würdigung ebenfo 
gut verdient häften, als die foeben genannten oder Die von 


Philipp „De pentathlo” (&. 293). 


Die Charakteriſtik der Erziehung und des Unterrichts 


beginnt mit den rohen Naturvoͤlkern Afrikas und Ameri⸗ 
kas, geht dann zu dem Beginne der geiftigen Bildung: bei 


ben Chinefen über, weiter zu den bnem von Ja⸗ 
pan, Pegu, Tibet und Ava und darauf zu den Indiern. 
Schon die Mittheilungen uͤber China find interefiant, in 
einem noch höhern Grade die über Indien (S. 42— 70). 
Der Fortſchritt des Natürlichen zum Geiſtigen, die Ad: 
fung ber Aeltern, Lehrer, des Alters Überhaupt, der Werth 
Wer Kinder, befonders dr Söhne, die Foͤrmlichkeiten bed 
Unterrichts, namentlich der Braminen, die Charakteriftit 


- der indiſchen Schulm aus der frühern und fpdtern Zeit, 


ber Mangel an Bildung beim weiblichen Geſchlecht, die 
Kinderausfegung , der endliche Verfall des indifchen Volkes 
— at Diefes bildet ein Gemälde, bei dem ber Lefer mit 
Intereffe verweilt, und das befonders in jetiger Zeit, wo 
foft alle Die für dumm gelten, bie das Sanskrit nicht 
verſtehen, gewiſſen Lauten fehr erwähnfcht fein wird. Hr. 


A — — — 
— —— — — — — — — — ——— — EEE 


theologiſcher, poetiſcher und myſtiſcher Schriften Indoſtans 

ißig benutzt; um ſo mehr wundern wir uns, Bohlenis 

hreeiche Scheift nid ehvähar zu finden. Au B OR 
Unſittlichkelt des indiſchen Gottesdienſtes ihr An Ihrem 
ganzen Umfange gewürdigt worden, wozu Ward's „View 
of India”, Bd. 1, S.15, 117, 195 — 205, 257; Bb. IT, 
173; Bd. II, 167, 288 — 295, te Nachrichten bes 
Abbe Dubois, Bd. I, S. 370 fg, und Tytler's (kein 
Geiſtlicher) in den „Considerations of the state of In- 


dia”, Bd. 1, 243, 296, hinreichende Belege - zum Werdruß 
aller Indomanen gegeben haben. 

Auf die Indier folgen die SPerfer, bie Juden, bie Phoͤ⸗ 
niziee und die Karthager, hierauf die Aegypter. Paſſende 
Bemerkungen über die Stellung Aegyptens in der Ge: 
fhichte der Menſchheit machen den Uebergang, an deren 
Schluffe (S. 121) Hr. Cramer alfo ſchreibt: 

In der Entwickelungsgeſchichte der Menſchheit atfprechen 
die Aegypter bem Standpunkte des Knaben, ber in ben Gles 
menten unterrichtet wird, und in bem nach der gewöhnlichen 
Weife des Treibens bie Einzelnheiten in einer ſolchen Menge, 
wie Steine zu einem Denkmale aufgehäuft werben, daß das in: 
nere Leben faft ganz zurüditreten muß, weil bie ganze Thaͤtig⸗ 
feit nur auf Befonderheiten und Einzelnheiten beſchroͤnkt wird. 
Wie ber Knabe fih abmüht, um bie einzelnen Steine zu fei= 
nem Gebäube ber Erkenntnis und Ginfiht zufammen zu bringen 
und ineinander zu fügen, fo ber Argypter beim Bau der Pyra⸗ 
miden unb Obelisken. | 
Der gelungenfte Theil des Buches. iſt nach unſerm 
Dafürhaften die Darftellung ber griehifhen Erziehung 
(S. 142 — 345). Eine tüchtige Belefenheit, ein geſchmack⸗ 
volles Urtheil und eine ausreichende Bekanntſchaft mit der 
Gefchichte des Landes haben hier eine gelungene Darſtel⸗ 
fung Servorgebracht. Wir theilen gleich den Anfang mit, 
der von des Verf. Anfiht und Liebe zum griechiſchen 
Volle Zeuge fein wird: 

Der Genius ter Menfchheit, der ſich bei ben Aegyptern 
aus bem Zuftande der Kindheit herauszmmwinden ſuchte, aber nodh 
nicht feinen Blick frei zu den Wollen emporheben konnte, fon 
bern immer wieder zur Erbe gebeugt wurde, erfcheint in Gries 
Genland als ein heiterer, lieblicher Anabe, dem im jugendlihen 
Wohlgenuffe das eben erblüht, ber in ungetrübter Heiterkeit 
fi feines Dofeins freut, mit harmlofem Sinne die Welt um- 
faßt und mit Allen, felbft mit ben Wörtern in vertrautem Um⸗ 
gange lebt. Der Klaggefang, in bem ſich bad unendliche Weh 
des Aegypters ausfprah und in tem er, nad einem beffern 
Dafein ringend, ſeufzte, 1öfet fi in Griechenland auf in bie 
reine Harmonie einer Mannidfaltigkeit von Zören, in welchen 
des Lebens bunter Wechſel von Scymerzen zur Freubde und von 
der Trauer zum Jubel wieberhalt. Die Kampfſpiele, welche 
bei ben Aegpptern nur zur Verherrlichung der Todten bienten, 
verflären. fi in Griechenland zu ten höchften Freuden bes Les 
bens und werden bier, ftatt eine Zodtenfeier zu fein, eine heilige 
Flamme, an ber fid) das ganze Volk erwärmte. Das Geſtein, 
das in Aegypten durd fein Schweigen redete, wirb in Grie⸗ 
chenland beicht, bie todte Maſſe erwricht und befeelt. In Aegpp=, 
ten war ed bie äußere Sonne, bie bisweilen den Memnonien 
Töne entlocdte; in Griechenland ift e8 die innere, eruie Sonne, 
bie beffändig aus der Tiefe der Steine hervortönt. Aegyp⸗ 
ten diente die Kunſt meiſt den ehrgeigigen Abſichten ber Herr⸗ 
fher, die fh durch ihre Gebäude, verewigen wollten und denen 


.. 


bie jwillenlofe. Menge ſtlaniſch folgte, in Brischenlanb.aber war 
die Kunf ein reiner Abdrud dee freien Geiſtigkeit, der die Gi- 
genliebe und Gelbfifucht aufgeopfert wurbe. 

Wir vermögen nicht der folgenden Darflellung, fe 
gleichſam der Commentar zu biefen Eingangsworten iſt, 
im Einzelnen zu folgen. Aber die verfchiedenen Stufen 
und Zeitalter der griechifhen Erziehung, die heroiſche Zeit, 
die doriſche Erziehung, bie fpartanifche Erziehung in ih: 
ven einzelnen Theilen, mit befonberer Beruͤckſichtigung der 
Knabenliebe, wo es auffallend ift, die claſſiſchen Unterfu: 
Hungen von Jacobs („Verm. Schriften”, Th. IH, ©. 212 
— 254) aud nicht mit einem Worte erwähnt zu finden, 
die Wirkung der Muſik in der ſpartaniſchen Erziehung — 
alle diefe find mit Benugung der vorhandenen Quellen aus: 
führlich gefcjildert worden. Dann Uber Gymnaſtik, Dr: 
cheſtik und die Erziehung, Tapferkeit und Verſtandesbil⸗ 
dung der fpartanifchen Frauen. Nach einer kurzen Be 


trachtung über die Eretenfifche Erziehung folgt (S. 231 — 


343) ein fehe ausführliher Abſchnitt über die tonifche, 
vorzugsmeife bie athenifche Erziehung. In the werden drei 
Dauptperioden unterfhieden: 1) die Zeit, wo die Erzie⸗ 
bung mehr im Staate wurzelte, undawo die perfönliche 
Freiheit in der des Staats aufging, dies ift die. Erzie⸗ 
bung der Sreiheit; 2) die, mo fie fih von den Ge⸗ 
fegen des Staats losſsriß und als nothmwendige Folge in 


freche Willkuͤr ausartete, dies ift die Erziehung der 


Zügelloſigkeit; 3) die Erziehung in der macedonifchen 
und in der fpäsern Zeit, wo ſchon Athen der Mittelpunkt 
der gefammten griechifchen Bildung iſt, aber alles eigen⸗ 
thuͤmlichen Lebens ermangelt, und wo alle Beſchaͤftigung 
mit den Wiffenfchaften mehr eine Richtung auf dußerliche 
Zwecke, fei es das praßtifche Leben oder Gelehrſamkeit, er: 
hätt, — biesift die Erziehung der Unfreiheit. Nach 
diefer Eintheilung wird die ionifche Erziehung unter Dra⸗ 
fon, Solon und dem Areopagus in Förperlicher und geiz 
fliger Hinficht gefchildert; dann ber. Anfang der neuen Er: 
ztehung m Athen mit Sokrates und Ariſtophanes, die 
Derfönlichkeit Beider dargeflellt, die mufifhen und gymna⸗ 
flifchen Uebungen befprochen und einzelne ausgezeichnete Per: 
fönlichkeiten, wie die des Alcibiades, -herausgehoben. Die 
Zeit nach Sokrates liebt vorzugsweiſe bie Rhetorik in den 
Sophiftenfchulen, ihre Bildung iſt nur formell und auf 
den Schein gerichtet, ihre Methode im Unterrichte bias 
logiſch. 

(Der Beſchluß folgt.) 


Geſchichte des deutſchen Kirchenliedes bis auf Luthers 
Zeit, Ein literar-hiſtoriſcher Werfuh von Heinrich 
Hoffmann. Mit einer Muſikbeilage. Breslau, Graß, 
Barth u. Comp. 1832. Gr. 8. 16 Br. 


„Die Geſchichte des beutfchen Kirchenliedes bis auf Lu: 
thers Zeit, ober fireng genommen, bis zum Jahr 1623, 
war bis jest fo gut wie gar nicht vorhanden, weil man 
einestheild von ber Anficht ausging, daß es vor Luther 
Kein beutfches Kirchenlicd gegeben habe, ober anderntheils 
glaubte, jedes geiftliche Lied müffe früher ein Kirchenlied ge: 
wefen fein. (Vorr.) Glaubte man aber, Laß jedes geiftliche Lied 
vor Luther ein Kirchentieb fei, fo könnte ja doch eine Geſchichte 


des beutfhen Kirchenliedes vorhanden. fein, nur böfte ‚mau 
mandes geiftliche Lieb füs ein Kirchenlied fälfclich gehalten. 
Dieler Grund scheint unhaltbar, und bie Urſache, warum noch 
keine Geſchichte des beutfchen Liebes vor ber des Herrn DH. da 
war, iſt beine anbere, als weil's kein eigentliches Kirchenlied noch 
geb. Dies geſteht ja Herr H. felbft ein: „Die roͤmiſch⸗ litur⸗ 
oiſche Sprache iſt die lateiniſche; ſo lange dieſe beſtand, konnte 
ein beutfches Kirchenlied nicht gefunden werden. Deutfche Lies 
der aber, wie fie die hriftlichen Stawen auf Kirchweihen, Bitt- 


gängen, Wallfahrten, Deiligenfeften .u. f. w. fangen, find feine - 


Kirchenlieder, fie können zur Ginführung derfelben bie Bahn - 


gebrochen haben.” Im Widerſpruche ſteht alfo der Titel diefer 
Schrift mit des Verf. eigaer Erklärung (S. 2): „Eine Ger 
fgichte des beutfchen Kirchengefanges bis auf Luiher's Zeit 
kana alfo nur eine Geſchichte derjenigen geiftlichen Lieder ent 


halten, weiche bei jenen Gelegenheiten wirklich Öffentlich gefun- . 


gen worden. find.” Darum iſt aber das Verdienſt des Verf. 
nicht minder groß, ber aus vielen ältern und neuern Schriften 
das Zerſtreute über den Geſang in ben Kirchen überhaupt und 
aus den ber Reformation Luther’s zunäcft vorgegangenen Jahr⸗ 
hunderten die Spuren ber Uranfänge des deutſchen gefammelt 
und möglichit miteinander verbunden hat. Dem Archäologen 


und Hymnologen gilt weniger unfere aller Kritik ber hierherge⸗ 


börigen Angaben ausweichende Anzeige als dem Freunde alters 
thümlicger Forſchungen. 

In den erſten neun chriſtlichen Sahrhunderten nahm das 
Bolt an dem Kirchengefange gar feinen Theil, fondern bei bes 
fondeen Beierlichkeiten, 3. B. an Heiligenfeften, auf dem Wege 
nach und aus ber Kirche, felbft auf dem Marfche gegen ben 
Feind und in die Schlacht fang es Kyrie eleison, Christe olei- 
son, das «6 auch nicht verſtand. Im ben folgenden zwei 
Zahrhunderten machten dieſe wenigen Worte den Schluß 
jedes Verſes eines bei ähnlichen Feierlichkeiten gebrauchten Lies 
bei. Das 12, Jahrhundert, wichtig für deutſche, befonders re⸗ 
ligiöfe Dichtkunſt, zeichnete ſich vorzüglich durch Werbreitung 
bes Shriftentpums, durch Begeifterung für welthiſtoriſche Tha⸗ 
ten, Kreuzzuͤge u. dgl. aus, und erweiterte für fromme Dichter 
das Gebiet. Die Geſchichte des Alten und Neuen Teftaments, 
dad Leben und Leiden Jeſu, die Schickſale der heiligen Familie 
das jüngfte Gericht, die Thaten heiliger Maͤnner, gottesdienfte 
liche Gebräuche u. dal. lieferten ben Stoff. Aus dieſer vielbe- 
mwegten Zeit find nur wenige Lieder übrig, ein Lieb auf Maria, 
ein Weihnachts⸗ und ein Dftergefang. Die Deutfchen gingen 
fingend: „Shrift, der bu geboren bift u. f. w.”, 1167 in bie 
Schlacht bei Zusculum. Es waren ihrer gegen 30,000, gegen 
weiche fie fämpften. Der ältefte kurze Aufruf: Kyrie eleison, 
wieberbolte ji noch immer unb gab jedem andern Liebe der 
Art den Namen Leife (fo viel ald Melodie), Theilte auch das 
13. Zahrhundert diefelbe zeligidfe Stimmung, wurde ſelbſt im 
Volle der Drang nad beutfchen Liedern der Geiftlichkeit be: 
merkbar, fo war biefe viel zu bequem im Beſitze und Genuffe 
ihrer Zehnten und unterbrädte, unter bem mächtigen Beiſtande 
der roͤmiſchen Curie, jeden Geiftesaufflug deö Volkes, jeden Vers 
ſuch eines das Volk Liebenden Prieſters. Die Kämpfe unter 
Heinrih IV, und V. unter den Hobenftaufen, bie Kreuzzüge 
ſchwaͤchten die Macht des Klerus und bes Papſtes und riefen 
in dem Volke einen ritterlien, größartigen Sinn hervor. Der 
Handel bereicherte bie Städte, und in benfelben erhob. ſich ein 
Stand, der rei und mächtig genug war, ſich gegen Fürften 
und Herren zu behaupten. Mit dem Reichthume gediehen Kunfk 
und Wilfenfchaft. Mit bem gehobenen weltlichen Liebe flieg 
auch das geiftliche. Die ritterliche Poefie, ihre Dinnelieber reizs 
ten geiftliche Dichter zu aͤhnlichen unb fchufen, wie der Verf. 
(S. 50) fagt, „bie auf Erden und im Himmel ausfchließende, 
zur ſchwaͤrmeriſchen Liebe gefleigerte Verehrung ber heiligen 
Zungfrau Maria”. Nur wenige Priefter flimmten in biefen 
Ton ein, und wenn es geſchah, fo Tonnten ihre Lieber wegen 
ihrer Länge und ihres Rhythmus in bie Öffentliche und haͤus⸗ 
liche Andacht nicht übergehen. Doch gehörte das beutfche reli⸗ 


! 


x 





on 22 


= 


Keb: „Run bitten wir ben en 

rbenfalls eines fo frühen Beſtandes. Die deutfchen Vilger er⸗ 

quickte auf ihren Wahrten das Lob und Danklied auf Gott, 

und der Gchiffer beſtieg fingend fin Bohren „In — 
r 


Im 14. es 
paͤpſtlichen Interdiet 


den lateiniſchen Geſang bei. 
ten ſich unter dem Volke deutſche Lieder, bie es bei feiner 
häuslichen Andacht fang. Auch fing man an, lateinifche Pfals 
men zu verdeutſchen. Zur Berbreitung bed deutfchen Befanges 
trugen bie Flagellanten nicht wenig hei. Sie dichteten eigne 
Gefänge, Hatten ihre befondern Borfänger und fangen auf ihren 
Bußgängen zur Grbauung ber Zuſchauer. Vom Anfange des 
15. Jahrhunderts bis in das erſte Viertel bed 16., der eigent: 
lichen Wiege der Reformation, erhob ſich die religiöfe Dicht 
kunſt freiee und Eräftiger. Die Kirchenverfammiung zu Koſt⸗ 
nig 1414 — 18, und Bafel 1481 —45, wedten zum ernften 
Nachdenken über das Heitigfte im Menfchen und brachten reli⸗ 
gidfe, Meinungen und Lehren in Umlauf, an die man bisher 
kaum zu denken wagte. Die meu gewonnene Kenntniß ber alten 
Spradyen und die Buchdruderkunft halfen getreulich Gottes 
‚ Wort verbeutfchen und verbreiten; denn fon im 15. Jahr 
bunbert wurden 14 deutfche Bibeln und viele Erbauungsbuͤcher 
gedrudt. Das erſte deutſche wirktiche Kirchentied, d. h. weiches 
in der Kirche gelungen werben durfte, fällt in bie Jahre zwi: 
fen 1414 und 1423. Ge ift ungewiß, ob es von Nifolaus 
von Kofel Herrährt (S. 102 fg.). Leicht Hätten die deutſchen 
Synoden deutfche Lieder einführen koͤnnen; das Bolt fehnte ſich 
darnach; aber fie fürdhteten Rom. In einer ber letzten zu 
Schwerin, 149%, wurbe verorbnet, ein beutfches Lieb nach der 
Meffe anftatt des „Gloria in excelsis etc." ober des „Credo etc.’ 
auf der Orgel ober im Chore zu fingen. Es mußten alfo deut⸗ 
ſche Lieder ſchon früher in ber Kirche gefungen worden fein. 
Bon 1480 an bis 1520 findet man auch in allen Agenden das 
Lieb: „Ehriſt ift erftanden u. ſ. w.“ abgebrudt. Aus jenen Zei 
ten ſtammen fiher noch: „Gelobet feift du, Zefus Ehriſt u. f. w.“; 
„Alſo Heilig ift der Tag u. ſ. w.“; „Freu' dich, du werthe Chri⸗ 
ftendeit u. f.w.; „Gott fei gelobet und gebenebeiet u. f. w.“; 
„Nun bitten wir den heil'gen Geiſt u. f. w.’’; „Ein Kinbelein 
fo loͤbelich u.f.w.”; „Komm, heil'ger Geift, Derre Gott u. f. w.“; 
„Gott, der Bater, wohn’ uns bei u. f.w.” Luther hat zum Theil 
diefe Lieder in fein Geſangbuch 1524 aufgenommen und Bagte, 
daß fo wenig religidfe Dichter bervorträten und der Kirche ihre 
Gaben brädten. Ref. fiel es Auf, daß bie erften Lieder meift 
nur aus Giner Strophe beftehen und fpäter dieſer mehre hinzu: 
gefügt worden find. In ber Kürze lag Kraft, und biefe hob 
die Andacht. Hat man mwohlgethan, ben Fraftvollen Gedanken, 
bie eindringlihe Wahrheit zu vermäflern und die Andacht ab- 
zulühlen? Weberfegungen lateinifchee Hymnen waren ſchon 
im 14. Jahrhundert vorhanden und in die Kirche einfedrungen, 
Ueberfeßimgen neben und ohne ben lateinifchen Zert, wie das 
„Credo etc.’ ; „Wir glauben Al’ an einen Gott u. f. w.“; 
„Der Zag, ber if fo freubenreih u.].w.’”; „Vater in — 
keit u. few. Jenen Liedern, in welche ber lateiniſche Text theils 
weiſe der deutſchen Ueberſezung eingewebt iſt, find die Lieder 
ähnlich, worin lateiniſche Verfe mit deutſchen oder auch nur 


lateinifche Wörter mit beutfchen willlürlidg abwechfeln, wie in ' 


u Prag ge 
Bannte: „In lc jebile, 
Fe He achah hbexf 
mungen aberſegter 

Hymnen an, deren Dicker ihre Selbſtaͤndigkeit verfuchen wol» 
ten; anderer Meinung ift. bee Berf., welchem fie Moͤncheſpie⸗ 
Terei verrathen. Als Brüde, ben deutſchen Kirchengefong des 
romiſchen Berbots ungeachtet, unbemerkt einzuführen, möchten 
wir bie Lieber nicht betrachten. Rack ben angeführten Prabes 
biefee Miſchpoefie ſcheint es, daß fie bald zur Erheiterung ges 
bient, bald ernfk ermahnend war. Sie erloſch im 15. Jahr⸗ 
hundert. Auch an die Grabmäler verlor ſich biefe Dichterei. 
Die kuͤrzeſte Grabſchrift, die wir finden, aus dee Kirche gu 
Dobberan vom Jahre 1588, ftehe aud hier: 

Herr Peter Bitte 

Tumba requiescit in ista, - 

God göwe dm ſpiſe 

Coelestem. Quique legit, sta! etc, 

Schon lange hatte: man weltliche Lieder nach bekannten 
Melodien gefungen. Sie waren dem Volke befunnt. Gigne, 
dem Grundtone bes Liebes entfprechende zu componiren und 
fingen zu lehren, war mit großen Hinderniſſen verbunden. Zur 
Beförderung des deutichen Kirchenliedes und Geſanges bichtete 
man entiveber das weltliche Lieb in ein geiftlidhe® um und bes 
nugte bie Melodie, ober man dichtete ein geiftliches und legte 
es der Melodie eines weltlichen Liebes unter. Zur Zeit der 
Reformation änderte man auch geiftliche Lieder, wenn fie nicht 
mit ber evangelifchen Lehre übereinftiimmten. Gewoͤhnlicher war 
es aber, geiftliche Lieder zu dichten und ben Anfang bes welte 
lichen Liedes als Wezeichnang ber Melodie darüber zu fehreiben. 

So weit der Verfaffer. Freunden ber. alten Ghoräle wirb 
bie Muſikbeilage, welche bie waͤhrſcheinlich ältefle Melodie von 
„Kriſt it exrftanden u. ſ. w.“ und „Nu bitten wir ben heil’gen 
geift u. ſ. w.“ und eines Ofterliedes gibt, wilitommen fein. 19. 





Notizen. 

Das „New monthly magazine’ empfiehlt englifchen Les 
fern in einer anonymen Notiz die Romane der: Madame 
Dante als etwas Vorzuͤgliches. Wir geſtehen, daß uns biefe 
Empfehlung in Deutfchland etwas befremdend klingt, wiewol _ 
wir bie eigentbümlichen Vorzüge der Arbeiten biefer achtbaren 
Schriftſtellerin nicht vertennen, Wie kommt es aber, was wol 
ſchon mandem Lefer ber englifchen Reviews aufgefallen fein 
mag, daß diefe fo achtbaren literarifchen Inftitute ihre deutſchen 
Gorrefpondenten und Mitarbeiter offenbar fo fchlecht zu wählen 
verfiehen, daß in ihren Blättern oft nur bie obfcurften, bei ung 
wenig ober gar nicht gefchägten und gefannten beatichen Schrifte 
ſteller verfündigt und gepriefen werben? 


Das naͤmliche Journal beurtheilt 20 biejährige enge 
liſche Taſchenbuͤcher und erklärt, fteigere ſich deren jährlicher Zus 
wachs ferner wie feither, fo würbe ihre Beurtheilung künftig 
ein Review allein beſchaͤftigen. Wir koͤnnen uns hoffentlich 
dazu Gluͤck wünfhen, die Zahl biefer Ephemeren bei uns im 
Abnehmen begriffen zu fehen, wie aus den legtern Meßkatalo⸗ 
gen erhellt. Weberhaupt bleibt uns in der angebrodenen Zeit 
ber Dürre unferer Eiteratur, ba wir unfere großen G@eifter und 
beffern Köpfe allmälig abfterben und feine neuen dafür aufs 
kommen feben, wenigftens ber beruhigende Zroft, daß wir uns 
fern Nachbarvoͤlkern immer noch weit voramsgeeilt find, von 
denen die Franzoſen 3. B. bie jüngfl erft ‚genoffene unverbaute 
Hoffmann'ſche Koft in ben Rovellen ihrer neueften romantifchen 
Schule wieder von fi) geben, und fi poch lange Zeit 
quälen werben, ehe fie A la hauteur unfers @bthe gelangen. 


* 








Redigirt unter Berantwortuchkeit der Verlagſbandlung: 8. U. Brochaus in Eotpzig. 


.- 


ABlätter 


’ a  Ee für 


fiterarife Unterhaltung, 





Zroita 





Geſchichte ber Erziehung und. des Unterricht3 in welt: 


biftorifher Entwidelung. Bon 8, Cramer. Cs 
ſter Band. | . 


eu. | 

Che ber Verf. zur dritten ber genannten Abtheilungen. 
kommt, verfolgt. er die Geſchichte der. Erziehung in The⸗ 
ben (©. 307 — 315) nach den wenigen Nachrichten, die 
von derfelben auf und gefommen find, dann in Mace⸗ 
donien, mo abet eigentlid nur von Alexander dem Großen. 
die Rede fein kann (S. 315 — 329), Mas über ihn mit. 


Benutzung der Quellen und ber. neuern Hülfsfchriften- von. |. 
Zen und Stahr gefagt iſt, zeugt „von einer gerechten Wuͤr⸗ 


digung dieſes welthiftorifchen Charaktere. 

- Ariftoteles — heißt. es S. 8319 — verwirklichte und realis 
firte die Erziehung, die fein großer Worgänger, Plato, nur in 
der unendlichen Welt deu Fhee.aufgebaut Hatte; Alerander war 
ein Züngling des wirktichen Lebens, Achilles, fein Vorbilb, ein 
Süngling einer frei gefchaffenen Dichterwelt. Beide ſind der 
Triumph ber Erziehung in der Weltgeſchichte. 

In dem dritten Abfchnitte iſt Gibbon und befondess 
Schloſſer in einer Abhaudlung in ben von ihm und Bercht 


Werauögegebenen „Archiv für Gefchichte und Literatur®, 1, 


228 fg, der Führer des Verf. gewefen. Warum ift aber 
des Jeſuiten Creſollius fleißige Compilation, „Theatrum 
rketoricum” genannt, nicht benutzt worden? Zur Gefchichte 
ber Sophiſten würde Hr. Cramer im beitten Buche mans 
he brauchbare Notiz, und in Eichſtaͤdt's Rede: „De riti- 
bus sophistaram in inaugurandis literarum studiosis” 
(Sena 1826), gute Bemerkungen und Stoff zu Paralle:. 
len mit der neuem Zeit und Literatur gefunden haben. 
Andeutungen über den Unterricht in Kleinaſien machen 
den Beſchiuß diefes Abfchnitge, 
Hierauf wendet fi Here Cramer zu ben Römern 
(S. 349). Die Einleitung ſtellt als Hauptgeſichtspunkte 
auf, daß die Suhjectivität der ſpaͤtern Zeit Athens und 
bie in der. Zeit nach Alexander vorwattende Dbjectivität 
fi in der römifchen Welt: fortfegen, daß aber die Inner: 
lichkeit der Römer fi) weniger im unmittelbaren Leben 
des Volkes, als namentlich bei dem weiblichen Geſchlecht 
und in ber Familie ausfpriht; daß ferner die Welt der 
Mömer vorzugsweife eine Welt ber. Asußerlichkeie fei, ihr 
Streben ein nad; Außen gerichtetes ; auf Erwerben und 
Vertheilen, auf Krieg und Necht, mit einem Worte, daß 
man im Römer den gereiften Juͤngling erblickt, dem im 





8. Mär; 1833. 


— Pas nr nen 


will, Wenn dahar die griechifche Erziehung eine reine 


menſchliche war, fo ift bie zömifche mehr eine. auf aͤußer⸗ 


liche Zwecke gerichtete, und es tritt mehr ein Stand ber 
Gelehrten neben und im Molle hervor (S. 349 — 353), 
Diele Andeutungen machen bie weitere Ausführung der⸗ 
felben wuͤnſchenswerth 
In einer Überfichtlichen Darfisiiung iſt Das, was wie 
von etrufrifches Exzichung wiſſen, abgehandelt worden. ‚Dex. 
Abſchnitt über die Römer beginnt mit der Achtung der⸗ 
felben gegen das weibliche Sefdylecht, als einem. Sortfihritte 
deso Geiſtes, und weiſt dies auf hiſtoriſchem Wege nad, 
wie ſchon Mich. Habicht im J. 1792 in einer noch im⸗ 
mer leſenswerthen Schrift: „Ueber den Einfluß ber Frauen 
in ber xoͤmiſchen Gerichte”, gethan hatte. Die Heiligkeit 
der. Che, die Geburt der Kinder, die Namengebung, bie: 
väterlihe Gewalt, Kinderbefig, Auslegung der Kindes finb 
in den folgenden Seiten behandelt, bie fich dee Verf zur 
erften Periode. wendet (S. 382), die bie Erziehung und 
ben Unterricht von den aͤlteſten Zeiten bis auf Auguſtus 
begeeift. In ihre ift die Erziehung mehr Privatſache. Was 
hierauf über. die Einwirkung ber Cenſoren, die aͤußerlichen 
Übzsichen ber Knaben und Juͤnglinge, bie Theilnahme der 
Erſtern an den Senatsverfammiungen, den Einfluß der 
Mütter, roͤmiſche Paͤdagogen und Lehzrer, Maͤdchenſchulen 
und endlich über die Gegenſtaͤnde des Unterrichts und ihre 
Verichiebenheit vom dem griechiſchen ſowie über die Bil⸗ 
dung junger Römer durch Rechtsgelehrte und ihre Theil⸗ 
nahe. amı Kriegsdienſte beigebracht wirb, kann natuͤrlich 
nicht neu fein. , Aber Hr. Cramer bas dieſe Notizen bes 
quem aneinander. gereiht und gut vorgetragen, ſodaß man aus: 
wenige Stellen von Wichtigkeit vermiffen wird; Die gweite 
Periode umfaßt die Zeit bis zum Untergange bes weſt⸗ 
roͤmiſchen Beides (S, 425). Der allgemeine Bildungs⸗ 
zuſtand, die Verſchiedenheit vom bes erſten Periode, bie 
rammatiker und Rhetoren, der Unterriche im Leien und. 
Schreiben, die höhere Unterrichtöftufe, bie Betreibung der 
g jechifchen.. Sprache, ‚die Rhetoren, ihre Verbreitung und 
egunftigung, ihre Machtheilige Einwichung auf die Cre: 
ziehung find die ˖ hier exoͤrterten Gegenſtaͤnde. Bin. Linuzem 


| 22 > % 
5 i 


denſelben unſer obiges Lob nicht verfagen, find auch von 


dem fleißigen Quellenſtudium des Verf. überzeugt, muͤſſen. 
aber doch urthetlen, daß er mitunter zu fparfam in An: 


führung der Quellen gewefen und ben Forſchungen aͤlte⸗ 
cer und neuerer Phjlologen, wie eines Manfp 


zer Abfchnitt (S. 449 — 452) verbreitet fich über den Un: 
terricht in der Rechtswiſſenſchaft. Hinſichtlich der meitern 
Erörterungen ift auf Hugo und Savigny vermwielen; aber 
wie finden doc) das Gegebene zu dürftig, da es ſich hier 


von der Nation handelt, auf welche bie Rechtögelehrfams 


keit einen größern Einfluß gehabt hat als auf irgend eine 
andere. Wir wuͤnſchen, daß He. Sramer.im zweiten helle 
diefe juriftifche Erziehung, die recht eigentlich eine Natio⸗ 
nalangelegenheit war, ausführlicher würbigen möge. Recht 
gut ift die Aufzählung Deſſen, mas von Seiten des Staats 


und des Kaiſers - flır -Erziehung und Unterricht geſchah 


vurch Befbrderung der Gymnaſtik, Errichtüng öffentlicher 


Bibliotheken, Gruͤndung des Muſeums in Rom, des Athe⸗ 


naͤums, des Hadrianeums und aͤhnlicher Anflalten, durch 

Befoldung öffentlicher Lehrer, die Gruͤndung der Univer: 

fitäten zu Rom und Konftantinopel, und durch bie Ber: 

breitung und Pflege dee Miffenfchaften in verfchiedenen 

heilen bes Reihe (S. 452 — 472). Mandye Einzeln: 

heiten koͤnnten, wofern es dev Raum vergoͤnnte, befprochen 

erden, wie auf &. 470 fg. die Bemerkungen Üiber das. 

. Studium ber Philofophle bei den Mömern, bie doch wol 

nach den ‚verfchledenen Zeitaltern einige Mobification er: 

leiden dürften. Ebenſo hat ed uns befrembdet, die Lucia⸗ 

nifchen Schriften nur fehr felten benugt zu fehen, die doch 

für Erziehung und Unterricht viele interefiahte Notizen 

enthalten. In der: Charakteriſtik dieſes Schriftftelers von 

Jacod iſt daher auch dieſem Gegenftänbe eine hefondere 
Würdigung (S. 27 — 49) zu Thell gerorden. 

Auch auf die Provinzen Gallien, Hispanien und Bri⸗ 

tannien bat der Berf. feine Befchreibung ausgedehnt und 

viele zerficeute Notizen vereinigt. Der Staat von Maf: 

2ſilia iſt Hierbei beſonders beruͤckſichtigt worden, jedoch nicht 


fo, daß alte Stellen uͤber denfelben, die unter: andern in. 


Sohannfen’s Schrift: „De Massiline rebus et institut.” 
(Kiel 1847), verzeichnet find, benugt wären. Den Ein⸗ 
flug Spaniens auf Rom und unftreitig auch auf die Er⸗ 
Rehung und Bildung römifcher Jugend hat Hr. Cramer 
zu gering angefchlagen, da derfelbe unter der Kalferregies 
rung bedeutend genug war, wo Gelehrte und Dichter, 
Künftler und Muſiker, Sängerinnen und Gäsherfpielerinnen 
in großer Menge nad) Rom ſtroͤmten. Einige gute Be: 
mertungen hierüber hat Böttiger In den „Ideen zur Kunſt⸗ 


mythologie“, I, 412 fg. ;-der Gegenſtand verdiente wol eine. 


ausführlichere Behandlung. 

In der Vorrede wird im Laufe eines Jahres beftimmt 
ein zweiter Band verfprochen, der die Theorie oder bie 
Erziehungsfofteme der ausgezeichnetften Mänmer bes Alter: 
thums darſtellen fol. Diefem Bande wird ſich fpäterhin 
die Geſchichte des Unterrichts und ‚der Erziehung im Mit: 
telalter und in ber neuem Belt anfchließen, "Allerdings 

eine große und vielumfaffende Aufgabe: Aber Ref. glaͤubt 


- 


m 


4 


nach dem vorliegenden Bande, daß Hr. Cramer durch Geiſt 
‚ynd Fleiß zu der Loͤſung derſelben befähigt iſt. 


Wolf, Aſt, 
Ellendt, zu wenig Aufmerkſamkeit geſchenkt habe. Ein kur⸗ 


"eingerichtet. Wozu immer das häßliche cf. oder conf. in 
VEOrmiſch 


J a 


Fr Un 


Papier und Drud find fehr gut. Wir können jedoch 
hierbei die Bemerkung nicht zuruͤckhalten, daß die Citate 
Blnfıig gleich er amde voßändiger Jein mögde Wi 
find —2 f Druffe d auf Cilatichen ver 
ſchiedener Ausgaben, wie des riſtoteles und Plutarchus, 
faſt auf derſelben Seite geſtoßen. In den Augen philo⸗ 
logiſcher Beurtheiler wuͤrde dieg Org, Cramer nicht zum 
Lobe angerechnet werden. Dann wuͤnſchen wir auch die 
Abſaſſung der Anmerkungen gleichfoͤrmiger ‚für das Auge 


deutfch· Gefchriebenen: Anmerkungen ẽ Oder-rin von 
lateiniſchen und deutſchen Wörtern, role: „Cornel Vorrede“, 
„Diogen. Laert. Lucian“, „Cic. Brut. 91. Plutatch, Cic. 4%, 
ober Symmachus, Cuja Caecilia, Casaubonus, Paufler, 
Athenaeus und andere Wörter, die fich in ber Mitte deut⸗ 


[her Anmerkungen ebenſo timzierlih ausnehmen, als die 


‚vielen mit Lateinischen - Buchftaben gedrudtn Namen in 


Preuß' trefflicher Geſchichte Friedrichs des Großen“. Es 
iſt diefe Ausſtellung allerbings in Beziehung auf das Ganze 
immer nur eine Kleinigkeit; aber ein deutſcher Schriftftet- 
(er ſollte fich doc) weder den Gebrauch lateiniſcher Abkuͤr⸗ 


‚zungen noch cin fe buntartiges Gemiſch lateiniſcher und 
deutſcher Buchſtaben geſtatten. In 'dieſer Beziehung koͤn⸗ 


nen wir und das Ansland zum Muſter nehmen. 


> 


39. 





| Ueber Kometen. 
.Baͤhrſcheinlich war es bas durch die Cholera und revolu⸗ 
tionnaire Erſcheinungen hervorgebrachte, mit der Zeit ftationnair 
und zu einem dveſondern Beblirfniffe gewordene Angftgefühl, 
weiches fh, nachdem die Cholera zu einer orbinairen Krankheit, 


‘ bie, Mevolution: gar zu eihens juste milien herabgefunfen war, - 


auf Sie Kometen warf und von biefen, aus Nebel und Dune 

beſtehenden Körpern alles möglicdge Unheil erwarten ließ. Mehre 

Schriftſteller beeilten fi zwar in mehr und weniger weitläus. 

figen Schriften das. Publicum zu beruhigen, welches fehr 166- 

lich war, bean mancher Geaͤngſtete geberdete fi fo verzweifelt, 

daß man befärchten mußte bie Stelle im „Alarkos“ von F. v. 

She, ©: 

Aus Surcht, zu erben, iſt er gar geftorben, 

auf ihn angewendet zu ſehen; aber unglüdticherweife uͤberſchaͤg⸗ 

ten bie meiften dieſer Autpren ihre Kräfte, verbreiteten Zrrthum 

ſtatt Wahrheit, verwechfelten die einzelnen Kometen miteinander, 
fobaß die Verwirrung ſich fleigerte. Indeſſen ermangeln wir 
auch nicht fehr verdienftvoller iften, weiche jedoch, wie haͤu⸗ 
fig das @ute, erſt ziemlich fpät allgemein befannt wurden, bem- 
nach hier in Bezug auf bie gebrohte Gefahr etwas moutarde 
apres diner, aber zu einer nüglichen Belehrung noch immer zu 
rechter Zeit angefünbigt werben. Zuerſt ift eines fehr interefs 
fanten Auffates bes berühmten Geometers Arago zu erwähnen, 

welcher, in ben „Annales du Bureau des longitudes 1832’ 

aufgenommen, unter bem Zitel: . 

1. Betradjtungen über die Bewegung und bie Natur ber Kos 
meten nebft ihrer Einwirkung auf unfere Erbe im Allgemei- 
nen und inebeſondere über den Kometen, welcder im Jahre 
1832 erfcheint und eine Umlaufszeit von 94 Zahren hat. Bon 
Verego. Brünn, Rohrer. 1882. Gr. 8. 8 Or. 

in beutfdger :Uebesfegung erſchien, wobei jebdoch der Ueberſe⸗ 

der, dieſem Aufſat angehängte geologiſche Discuffionen wegge⸗ 

Laffen hat, weil felbige in einem gleichzeitig erſchienenen Werke: 


% 


ſtem gehörten, ob 


\ 275 F 


9: deber ben gefürchteten Kometen bed gegenwärtigen Jahres 
1832 und über Kometen überhaupt. Bon 3. 3. Littrow. 
Mit he Uthograpfirten Tafel. Wien, Gerold. 1882. 
&r. r. " “ 


bereits abgehandelt find, ſodaß beide Bücher auf gewife 
Art zuſammengehoͤren. Was unfere Kenntniffe über Kometen 
überhaupt betrifft, To war es feit Ianger Zeit die Aufgabe der 
Aftronomie, zu unterſuchen, ob biefe Geſtirne, welche die Alten 
für Meteore unferer Atmofphäre hielten, zu unferm Sonnenfy: 
fie nämlich in der gefchloffenen Bahn 
einer Ellipſe fi fortwährend gleich den Planeten um tie 
Sonne bewegten, ober ob ihre nicht gefchloffene Bahn bie Korm 
einer Parabel habe, wo ſich ber einmal erfchienene Komet im 
unendlichen Raum verlieren und nie wieberfehren würbe. Diefe 
Gtreitfrage war um fo wichtiger, al8 von ihrer Lbfung die rich: 
tige Kenntniß unfers Sonnenſyſtems abhing, aber um fo ſchwie⸗ 
riger zu entfcheiden, als der Eleine Raum, innerhalb welchen 
man einen Kometen beobachten Bann, «es im Zweifel läßt, ob 
feine Bahn eine langgezogene Ellipſe ober «ine Parabel fei, 
weshalb man auch die Beftimmung biefer Bahn in Bezug auf 
ihre Lage und ihr Verhältniß zu der Bahn der Erde um bie 
Eonne bie parabolifchen Slemente des Kometen nannte; denn' 
bag einft eine Zelt kommen werbe, wo man Kometen entbeden 


würbe, weldye in kurzer Umlaufszeit um die Eonne eine ſich 
deutlich barftellende Ellipſe befchrieben, ahnete man früher 
nit. Daher blieb nichts übrig, als die gefundenen Glemente 


eines neu entbedten Kometen, welche ſtets im Sometenfatas 
loge demerdt werben, mit den Elementen früher beobachteter 
Kometen zu vergleichen, weil man mit faft völliger, aus aſtro⸗ 
nomiſchen Gründen hergeleiteter Sicherheit zwei Kometen, wel⸗ 
che gleiche oder ſehr ähnliche Elemente ter Bahn haben, als 
identifh annehmen fann. So fand Halley, daß bie gefundenen 
Elemente des im Jahre 1682 beobachteten Kometen biefen 
als den naͤmlichen barfiellten, weicher bereite 1607 und 
1531 erfhienen wer, weshalb er beffen Wiederkehr im Jahre 


1758 ober 1759 verkündete. Da von ber Erfüllung biefer Pro: 


phezeiung der wichtige Beweis abhing, daB die Kometen gleich 
den Planeten zu unferm Sonnenfoften gehören, zugleich ‚aber 
bei der Beſtimmung einer Kometenbahn auf die Störungen ober 


Perturbationen Rüdfiht genommen werben muß, welde der. 


feibe duch andere Planeten erleidet, wodurch fein Lauf verfpäs 
tet, feine Bahn fogar umgeftaltet werden Tann, zur Zeit son 
Hallen aber bie noch nicht hinlänglich ausgebildete arithmetifche 
Kenntniß tiefe Berechnung nicht geftattete, fo unternahm fpäter 
Clairot die Löfung dieſes Problems, und ber Halley'ſche Komet 
beftätigte das Ergebniß ber Rechnung, indem er am 12. März 
1759 in feine Sonnennäbe, das Perihelium, trat. Nachdem die 
Periodicitaͤt dieſes Kometen außer allen Zweifel geftellt ıbar, 
beredanete ber Baron Damoifeau, ein berühmtes Mitglied bes 
Bureau des longitudes, alle Perturbationen, welde der Hals 
ley'ſche Komet auf feiner neuen Bahn um die Sonne durch die 
Planeten, benen er ſich nähert, namentlich ben früher unbe: 
tannten Uranus erleiden wird, und wir verbanfen den Bemuͤ⸗ 
hungen biefes ausgezeichneten Galculators bie Gewißheit, daß 
diefer Komet am 16. Rov. 1835 in fein Perihelium treten werde, 
mo wir ihn wahrnehmen merben, doch fchwerlich in fo impofans 
tem Glanze und mit fo majeftätifhem Schweif, als er früher 
erſchien, denn dem Kometen fcheint es wie dem Menſchen zu 
gehen, indem er auf feiner Bahn immer mehr an Schönheit 
verliert. " 

Später am 6. März 1815 entdeckte der berühmte Olbers in 
Bremen einen Kometen, beflen Umlaufözeit 74 Jahre dauern und 
welcher am 9. Yebr. 1887 durch” feine Sonnennäbe gehen fol. 
Dass indeſſen früher nie beobadıtet war, auch bie Erfahrung bie 
Rechnung noch nicht beftätigt Hat, fo kayn man feine Periodis 
cität niit als erwiefen annehmen, weshalb Arago im angeführ: 
ten Yuffag ihn auch nicht berüdfichtigt. 

Dagegen entdeckte ber im ˖ Aufſuchen von Kometen uner⸗ 
müblicge Pons in Marſeille am 26. Rov. 181& einen Kometen 


bers in Bezug auf die Etdrungen 


beffen Elemente Bouvarb tem Bureau des longitudes am 13. 
Zan. 1819 vorlegte, ‚mit welchem ber Profeffor Ende in Bir: 
In ſich befhäftigte, die Abweichung. feiner Bahn von einer El 
lipfe und feine kurze Umlaufsgeit von drei Jahren 115 Tagen 
ertannte. Die Erfahrung hat biefe Berechnung beftätigt, und 
diefer durch die Eigenthuͤmlichkeit, baß die Umlaufszeit immer 
Eleiner wird und er mit immer wachſender Schnelligkeit um die 
Sonne läuft, ausgezeichnete Komet iſt in den Jahren 1822, 
1825 und 1828 beobachtet worten .und am 4. Mai 1882 in 
feine Sonnennähe getreten. | 

Hierauf entdeckte der öflreihifche Hauptmann v. Biela am 
28. Febr. 1826 zu Joſephſtadt in Böhmen einen Kometen, bef: 
fen Piriobicität er erfannte und die Umlaufszeit von 6 Jahren 


. 


270 Zagen feftftellte, wie ſolches Littrow im angeführten Buche 


bemerkt, während Arago das Verbienft, die Umtaufezeit beftimmt, 
nämlich’ aus den parabolifhen Elementen die elliptifchen berech⸗ 
net zu haben, den Herren Staufen und Gambart zu ‚Marfeille 
zuſchreibt. “Diefen Kometen haben ber Baron Damoifeau und Ol⸗ 
weiche er erleiden Fönnte, 
beredynet und gefanden, daß berfelbe am 29. Oct. 1882 bie 
Ebene ber Bahn, in ber die Erde ſich beivegt, durchſchneiden 
und am 27.Nov. 1832 in feinem Perihelium ftehen werde. Diefe 
brei, ober wenn man will vier mit Sicherheit wiederkehrenden 
Kometen umfaßt unfere ganze Kenntniß von ber Periobicität 
berfelben, aber aus einer’ erlaubten Analogie fann man aus ih: 
nen auf die Übrigen Kometen fchließen. \ 

Was nun die Gefahr betrifft, welche ein Komet der Erbe dro⸗ 
hen könnte, fo ift «6 Klar, daß dieſes nur in ben beiben Punkten 
möglich fei, wo die Bahn des Kometen bie Ebene unferer Erb: 
bahn ſchneidet, wenn nämlich einer diefer beideg Punkte in ber 
Erdbahn felbft liegt, und Überdies bie Erde in bem gefährlichen 
Augenbti fi in dem bebropten Punkte felbft befaͤnde. Olbers 
in Bremen hat in einer fehr fhönen Rechnung die Probabilität 
berechnet, mit weldyer ein Komet, deſſen Balbmefler der Hälfte 
des Erdhalbmeſſers gleich ift und deffen Sonnennähe fich inner: 
halb des Erbbahn befindet, mit ber Erde zufammenftoße, unb 
gefunden, daß man 281 Millionen gegen 1 wetten könne, daß 
diefer Fall nicht eintrete. Webrigens find bie Bahnen aller MP: 
meten, welche man bisher beobachtete, ſowol unter ſich ald gegen 
bie Bahnen der Planeten fo gerichtet, baß ein Zuſammentreffen un» 
möglich iſt, unb nur ber Biela'ſche Komet macht eine Ausnahme, 
denn am 29. Dct. 1832 durchſchnitt er die Ebene der Erd: 
hahn ganz nahe an einer Gtelle der Erdbahn felbft und mwürbe 
ber Erde bedrohlich gewefen fein, wenn fie fejbft zu diefer Zeit in 
dem erwähnten Punkt ihrer Bahn ſich befunden hätte. Erſt am 30. 
Nov. 1832 gelangte bie Erde an biefen Ort und war mithin, ba 
die mittlere Geſchwindigkeit ber Erde täglih 674,000 franzoͤ⸗ 
fifche Weiten (eine franz. Meile zu 2000 Xoifen ober 5898 
Meter gerechnet) beträgt, im verbängnißvollen Augenblid mehr, 
als 20 Millionen Meilen von der Gefahr entfernt. Uebri⸗ 
gene ift es bei ber wahrfcheinlich fehr großen Zahl der Kometen, 
bei ben häufigen Perturbationen, welche ihre Bahnen erlei- 


ben, nicht unmoͤglich, baß einer berfeiben wirklich einft in die . 


Nähe der Erde kommen könnte; aber felbft diefen Fall ange: 


nommen, ift es böchft zweifelhaft, ob die Wirkung biefes Zuſam⸗ 


mentreffens wirklich fo gefährlich werben follte, benn bekannt⸗ 
lich ſteht die Anziehung, welche ein bimmlifcher Körper auzübt, 
mit feiner Maſſe im Verbältniß,. und ber Komet zeigt fidh aus 
fo dünner, flodiger, burdgfichtiger Subſtanz, weiche fih nur an 
feinem Keen verbichtet, beſtehend, daß feine Maſſe nothwendig 
ſehr unbebeutend fein muß. Auch ſah man einen im Jahre 
1770 entbediten Kometen, beffen Bahn der Zupiter zweimal ſowol 
bei dem Eintritt in feine Nähe als bem Ausgang aus berfel- 
ben gänzlich ummanbelte, auch nie ten geringften Einfluß auf 
bie kleinen Monde des Jupiters, duch deren Soſtem er ging, 
ausüben, und überhaupt beruhen fämmtlicke aſtronomiſche Wer: 
Fünbigungen auf ber Annahme, baß weber die Kirfierne noch 
Kometen irgend eine Störung hervorbrädten, ſodaß das bis 
auf die einzelne Secunde vichtige Eintreffen diefer aſtronomiſchen 


- 


⸗ 


® 


216 


— Mmeten Ich 
figfeit der S liefern 
Indem ich hiermit: ben 


‚ was den Lauf ber Kometen mit 


3 damit in Verbindung ſtehende Begenft 
Iehrung wänfdgen, auf bie am Gingang erwähnten Bird 
merkſam, welche fehr populair, geiftreich 

die vielfachen über die Kometen verbreiteten Irrthümer, nament⸗ 

lich wos ihre illuſoriſche Cinwirkung auf bie Temperatur bes 

trifft, aufzuktaͤren, denen überbies mehre fehr intereffante geolo: 
gifche Beobachtungen beigefügt find, deren nähere Grörterung 
hier zu weit führen würde. 

Schließlich bemerke ich, daß unter bie Eingangt erwähnten 

Schriften über Kometen ganz befenbers nachſtehende: 

3. Der zu erwartende große. Roma nebſt Dasfkellung feiner Gi 
genſchaften und: möglichen Wirkungen auf unfere. Gebe, beis 
gleichen auch Betrachtungen über den Ginfluß bes Mondes 
auf bie Beränderungen unferes Atmofphäre, und noch über. 
dies ein Berzeichniß der fichtbaren Sonnenfinkerniffe und ber 
meglichen Befitage von dem Jahre 1833-1900. Mit ver 
Ihiebenen Zeichnungen. Meißen, Klinkicht u. Sohn. 183 

r. 
gehört, worin ein Aufſatz aus Rr. 176--178 bes „‚Breimüthigen‘' 


. dom Jahre 1880, mithin ein fehr verfpätetes Iractätchen abge: . 


druckt ift, aus dem hervorgeht, daß ber Halley'ſche Komet zwi⸗ 
fdgen den Jahren 1834 — 35 erfcgienen würde, bagegen bie con» 
fufe Behauptung, aufgeflellt wird, diefeg Komet fei ber nämliche, 
welcher ben fogenannten heiligen drei Koͤnigen erfchienen 

weidge Reiſende übrigens, wenn man ber Mythe folgen will, 
feine großen Sternkundigen gewefen fein müßten, weil fie fenfl. 
nicht eine fo ganz unverhältnifmäßlge Zei bei ihrer Heimreiſe 


gebraucht hätten, nachdem ber fie auf ber Hinreiſe leitende. 
Stern erloſchen wer. 86. 





Skizzen aus Polen. Aus der Brieftaſche eines polni⸗ 


ſchen Offiziere. Frankfurt a. M., Koͤrner. 1833. 
Die Geſchichte ber polniſchen Revolution iſt bis jest 


nur in dem Hauptgange ihrer Entwidelung und in den Perfos 


nen Derjenigen belannt geworben, die an die Gpige ber Greig: 
niffe gefteilt waren. Noch fehlte ed in biefem großen Bilde an 
einzelnen treffenden Zügen, die uns das individuelle Leben, das 
auch bie untergeordneten Glieder bes Ganzen befeelte, näher 
vor Augen gerückt hätten. Gin erfreulidher Beitrag, um eine 
ſolche Iebenbigere Anfchauung herbeizufuͤhren, ift in den vorlie⸗ 
genden „Skizzen aus Polen” gegeben. In einfacher Sprache 
gefchrieben, tragen fie das unverkennbare Gepräge der Wahr: 
“heit und genügen hiermit dem hauptfächlichfien Anſpruche, ben 
wir an eine Schrift diefer Art zu machen haben. Nur bat 
Cine möchte zu tabeln fein, daß mitunter das eigentlid Eha⸗ 
rafteriftifche auf dem allzu breiten Grund eines in Polen wie 
ip Deutſchland ſtets nur unter denfelben Formen wiederkehren⸗ 
den afktäglichen Lebens aufgetragen if. Allein immer entbehrt 
doch Feines diefer Bilder ſolcher Züge, die in irgend einer Weiſe 
etwas eigenthümtich Polnifches hervorheben. Auch wird ber 
Berfaffer in der Kortfegung berfelben, die wie wir hoffen 
nicht ausbleiben wirb, ben gerügten Fehler leichte vermeiden, 
da ihn mittlerweile ein längerer Aufenthalt in Deutſchland in 
den Stand gefegt hat, bie feinern Unterſchiede bes potnifchen 
und deutfchen Volkslebens fchärfer in das Auge zu faffen. | 

Im Kampfe mit einem ſchweren Schidfal, eeroft im Unter: 
liegen gewinnt bas in feinen Xiefen bewegte Bemüth einen 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: 3. A. Wrodhaus in Eelpzig. 








$efren d. DI. Dosienige ia kurzer Deren 


te vie. Fanme dei. Lichta auch 
- Go vom 


und in dem Gebicht: „Der Fluͤchtling““, weldes 
ec aus bem Polnifdgen in das übsrtragen werben - 
mußte — als. gelungen gelten Fann. Ei zliegens. 
ban Skizzen beuten auf die Fehler und Mieg 
chen bie Geſchichte der polniſchen Renolution nicht fegi. geblieben. 
if. Unter Anberm wird eine Anelbote von Skrzynecki erzählt, 
bie 08 deutlich genug macht, wie wenig biefer Mann das Wer«. 
trauen feines Volkes zu rechtf und den Geiſt deſſelben 
würbigen verftand. Es wird hiermit ein neuer Beteg 
gegeben, daß. die Unternehmung ber Polen mit deghalb mislin- 
gen mußte, weil man nicht bie Talente aus der Mitte ber Ras 
tion an die Spitze geftellt, fondern ihr Schickſal den Händen. 
Merjenigen anvertraut hatte, bie blos nach ihrer gefellichaftlie. 
ben Rangftufe ald die Erſten erfdienen. Alle anbern Erzaͤh⸗ 
lungen, mit Ausnahme einiger. wenigen, fchildern ben Drud, ber 
auf Polen Iaftet, geben aber zugleich Zeugniß von ber Volks⸗ 
Exaft, welche gegen dieſen Drud anzulämpfen nimmer ermübet. 
Wie dunkel daher in ber Regel bie Karben find, mit welden 
ber Verf. malt, fo wirb man body feine Schrift nicht aus ben. 
Händen legen, ohne an dem Glauben: „Rod ift Polen nicht 
verloren”, und an ber Hoffnung feflzuhalten, baß noch einmal 
die Zufunft ben Vorhang ollen unb ba6 große Drama 
fortfegen wirb, wo dann Manche ber bisherigen Falten Zus 
— auch ſelbſt wider Willen ihre Rolle werben, ſplelen 
muͤſſen. 156. 


- 


Literarifhe Notizen. | 


Ein Hear Okey, Attache der britifchen Geſandtſchaft in 
. Paris, hat zwei Schriften herausgegeben, zwar zunaͤchſt nur für 
Engländer und Branzofen berechnet, allein auch für Jedermann 
widtig, der England ober Frankreich beveifen will, oder wit 
diefen Länden in Verkehr flieht. Die eine, in franzöflfcher 
Sprache, führt den Titel: „Droits et obligations des 6tran- 
gers dans la Grande-Bretagne”, die andere, in englifcher Sprache, 
ift ein Sompenbium aller in Frankreich geltenden Geſete u. bgl., 
welche für reiſende ober ſich dafelbft aufhaltende Engländer und - 
für le Handel mis Frankreich von irgend einem In⸗ 
tereije find. 


Unter bem Titel „L’Europe litteraire'’ wirb in Paris eine 
neue Zeitſchrift angekündigt, welche alle zwei Zage in Kolioformag 
erſcheinen fol. Yauptredacteurs find die Herren Bohain und Royer, 
zur Mitwirkung eingeladen alle ausgezeichnete Gelehrte, Dich⸗ 
ter, Künftter u. f. w., darunter auch viel Deutſche. 

Mitder im December 1832 erfcgienenen fünften Monatsliefes 
rung der, Contes arabes du.cheyk EilMohdy’’, weiche ber gelehrte 
Drientalift I. 3. Marcel in Paris berausgibt, if der erfle Banb 
berfelben vollendet. Charakteriſtiſcher noch als bie berühmten 
en und eine Racht“, bilden fie die natürlichfte Zortfegung. 

erfelben. .- 


Bon Amoͤdée Pichot kündigt. man tin ‚Vie litteraire de 
Sir Walter Scott’ an. 


Mianet’s Geſchichte der Reformation ift der Vollendung 
nahe. Seine Reife nah Genf fol ihm wichtige Materialien 
dazu geliefert haben. ; ' 8. 


8 
— —2— * - 2.0 


— 
+ 


Blätter - 


literarifide 


für 


Unterhaltung. 





Sweiter Artilel.») 
Das deutſche Volt hatte die eiferne Zuchtruthe eines 
Despoten fühlen muͤſſen, um künftig jede, von ſchwaͤche⸗ 
rer Hand ihm zugedachte Zuͤchtigung defto bitterer zu em⸗ 


pfinden. Alte, welche den Sturm der Revolution verfchlas 
fen zu innen gewähnt hatten, wurden gewaltfam aufge 
ſchuͤttelt. Wie tief der deutfche Spießbürgerfinn die ur: 
großväterliche Schlafmüge über die Ohren zog, um fort 
zuruben und fortzuträumen, fo zerriß doch die eiferne 
Hand Napoleon’s, von einer höhern Hand geleitet, alle 
Faͤden des engen Sefpinnftes, in welches die Selbfifucht 
fi) eingefponnen hatte, bamis felbft wider ihren Willen 
die neugeborene Pſyche eines deutſchen Volkslebens ihre 
Schwingen entfalten könne. Der Mann des Schickſals 
weckte wieder den Glauben an ein Schickſal, welches als 


Vollſtrecker einer hoͤhern Gerechtigkeit die Voͤlker und 


Einzelnen ftrafend trifft, wenn fie in egoiftifcher Abfondes 
rung ihr eignes Intereffe und ihe eigne® Wohl auf an: 
derm Wege ſuchen als in dem Intereſſe der Geſammtheit 
und in der Wohlfahrt ihres Volkes. Aus der Merkftätte 
und von der Pflugichar weg mußte der Bürger und 


Bauer den Fahnen des Eroberer folgen; er mußte als’ 


dienende Glieb in die Kette fich fügen, wemit Napoleon 
die Nationen belaftete; er mußte einem fremden Willen, 
einem fremden Intereſſe geborchen, um vielleicht in einer 
fpäteen Zukunft einem deutfchen Nationalwillen und ei: 
nem deutfchen Gefammtintereffe gehorchen zu lernen. 
Die fortmährenden Kriege, in welche Napoleon die 
Deutſchen verwidelte, und das naͤchſte Mittel zur Fort: 
fegung berfelben, bie Einführung einer allgemeinen Gon- 
feription, brachten mit tiefer Wirkung eine mächtige, geiſt⸗ 
erfeifhende Bewegung in das fingnirende Leben. Die 
Zaufenden und aber Tauſenden aufgedrungene militairis 
ſche Lebensweife drang ihnen auch neue Anfichten und 
neue Begriffe auf, die fchnel in die Maſſe des Volkes 
übergingm. Ehe noch die Gefühle für den Ruhm unb 
Die Ehre einer deutfchen Natien fich wiederbeleben konn⸗ 
ten, ermwachte doch wieder ein Iehendigerer Sinn für Erle: 
gerifhen Ruhm und kriegerifche Ehre. Die Soldaten des 
Rheinbundes nahmen Theil an Napoleon's Siegen und 


*) Den erfien Artikel fiche in Kr. 68 d. BL. DD. Reb,. 


Triumphen. Durch ihre zweifelloſe militairiſche Tapfer⸗ 
keit erzwangen ſich die Franzoſen die Achtung ihrer deut⸗ 
ſchen Mitſtreiter, und bei dem Donner dee Kanonen er: 
wachte auf dem Schlachtfelde eine Sympathie, welche noch 
jegt nicht ganz verklungen ifl. 

Ueberbied verdbantte man, was das Mechanifche bes 
Kriegsweſens betrifft, ber Vereinigung mit Frankreich aus 
genfaͤllig zweckmaͤßigere Einrichtungen. Die mannichfachen 
Derbefferungen in diefer Beziehung, in Verbindung mit 
dem Geiſte, welcher die neuen Kormen beferlte, bewährten 
fih in den Jahren 1805 und 1809 in zweimaligem Kriege 


‚gegen Deflteih. Grade in Deſtreich bing man aber im 


Militairwefen noch feft an veralteten Kormen und Vor—⸗ 
urtheilen, welche vielfach hemmenb ſich bewielen; und grade 
in den Heeren Oeſtreichs fehlen ben Soldaten. des Rhein 
bundes, welche die Bebeutung der militairiſchen Ehre in 
höherm Maße hatten fchägen lernen, dieſes Princip min 
der vorwaltend zu fein. Diervon war bie natürliche Folge, 
daß fie, dem Kriegern ihres alten Külferhaufes gegenliber, 
das Gefühl einer gewiſſen Ueberlegenheit in ſich aufnabs 
mem. Mitunter mochte daſſelbe da6 Maß eines gerechten 
Urtheils überfchreiten, allein es Lebt noch jest in der 
Mafle fort und findet ſich nicht beſonders gefchmeichelt, 
fobald irgendwo den Bewohnern bes jegigen conflitutions _ 
nellen Deutſchlands bei ihren Angelegenheiten in Krieg 
oder Frieden die leitende Hand Deftreichs fichtbar wird. 
In anderer Weife und mit anderer Wirkung war der 
Geift des preußifhen Volkes den Sranzofen und ihren 
beutfchen Bundesgenoſſen entgegengetreten. Seit ben Groß⸗ 
thaten eines Friedrich II. hatte ein eigenthümlicher preus 
ßiſcher Nationalſtolz, der Stolz des fchnellen Emporkoͤmm⸗ 
lings, immer ſchaͤrfer und ſchneidender ſich ausgepraͤgt. In 
der Zukunft konnte derſelbe neue Thaten erzeugen, aber 
er mußte jo lange als, eitle Anmaßung erſcheinen, als er 
nicht durch erfolgreiche Handlungen gerechtfertigt wurde, 
Jedenfalls beleidigte er Diejenigen, voelchen er feindlich 
begegnete. Was hier Einzelne gefehlt haben mochten, 
wurde, wie dies in ber Megel gefchieht, ohne Wahl dem 
ganzen Volke zur Lafl gelegt. Als daher Preußen vor 
der Schlacht bei Jena mit kecker Herausfoderung ben 
Sranzofen und den Truppen des Mheinbundes ben Band: 
ſchuh bingeworfen hatte, mußte die gereiste Stimmung 
biefer letztern um fo entfchiebener ſich äußern, je tiefer, - 


J | | 213 


im Gegenfage mit einer eingebilbeten Höhe, ber jählinge 
Sturz des preußifhen Staats war. Wer ſich noch jener 
Zeit erinnert, der erinnert fih auch, daß die Bewohner 
Preußens von Seiten ber bdeutfchen Verbündeten Frank: 
reichs faft noch eine fehlimmere Behandlung ald von ben 
Franzoſen felbft erdulden mußten. Wlie ſehr det Freund 
des Vaterlandes diefe Ausbrüche des Haſſes von Deut: 
fhen gegen Deutſche beflagen mag, fo bleibt doch bie 
Thatfache nicht minder richtig. Und wenn noch jest, haupt: 
fächlich in den unteen der Bewohner der ehema⸗ 
ligen Rheinbundfiaaten, eine gewiſſe bittere, nicht" felten 
bis zur Ungetechtigkelt gehende Stimmung gegen die Be: 
wohner Preußens unverkennbar vorherrſcht, fo dürfte wol 
‚ die hauptſaͤchlichſte Veranlaſſung hierzu in jener Zeit und 
In ihren Begebenheiten zu fuchen fen. Wie dem auch 
fi, fo frommt .e6 jedenfalls mehr, auf das Uebel und 
auf feine Quelle Hinzumeifen, als fi) duch Bemaͤntelung 
deffelben im Täufchungen über die berrichende Volksſtim⸗ 
mung einzumiegen. 

Waͤhrend felbſt in Mitte bee Uebel, welche die Folgen 
der franzoͤſiſchen Diititaicherrichaft Über die Bewohner der 
Nheinbundſtanten verhängten, fo Manches gefhah, was 
auf der andern Selte wieder die Maſſe de6 Volkes mit 
Diefer Herrſchaft ausföhnte ober dieſe wenigftens in nicht 
allzu gehäffigem Lichte erfcheinen ließ, hatte fich der neue 
Buftend ber Dinge aud in ben gebildeten Claſſen zahl: 
reiche Anhänget gewonnen. Es war zunaͤchſt die Macht 
des jeder Beit von Gottes Gnaden herrſchenden Genies, 
das ſich Anerkennung zu verihaffen wußte. Hierzu kamen 
manche pofitive Einrichtungen, befonders fehr bemerkbare 
Berbeflerungen in der Adminiſtration und Gefeggebung, 
welche hauptſaͤchlich viele Mitglieder aus der Claſſe ber 
Staatsdiener den neun Berhältniffen geneigt machten. 
Es waren dies nidyt blos felle Seelen, die jeder Gewalt 
ſchmeichein und an jede Gewalt ſich verfaufen, fondern 
es fanden fi) unter denfelben ebenfowol viele Männer, 
die im beiten Stauben und in gewiſſer Beziehung mit 
vollem Rechte von der Herrſchaft Napoleon's die Wieder: 
geburt eines einigen und kräftigen Deutfchlands erwarte: 
ten, nicht minder achtbare Männer als zum großen Theile 
jene fogenannten Perfer in Spanien, die ald Anhänger 
Joſeph Napoleon's unter ber wiedereingeſetzten Dynaſtie 
Berfolgungen und Verbannung erdulden mußten. Bei el: 
nem andern Theile der gebildeten Glaffen, hauptſaͤchlich 
bei der gebildeten Jugend, mußte jedoch durch die fremde 
Anterdruͤckung das Gefühl beleidigter Volksehre immer 
lebhafter erwachen. Auch bei der Mafle des Volles wur: 
ben bdurdy die Fortdauer ber Fremdherrſchaft fo mannidy 
Sache materielle Intereffen immer tiefer verlest, daß hier 
gleichfaus der Wunſch der Weränderung, bie Schnfucht 
der Befreiung nicht ausbleiben und nicht fänger durch den 
teren Schinmer bes kriegeriſchen Ruhms niedergehaften 
werben konnte, 

Eine größere Stärke und einm welt algemeinern Um: 
fang mußten dieſe Wünfche und diefe Sehnſucht in dem 
. peeußifchen Staate gewinnen. Waͤhrend den Rheinbund⸗ 
ſtaaten die Fremd herrſchaft manche Vortheile brachte, hatte 


- 


l - 


Preußen nur verloren. Es war zugleich ber materielle 
Druck und das bittere Gefühl der in den Staub getrete: 
nen Volksehre, die zur Befreiung und zur Rache antries 
ben. Der plöglihe Sau Preußens fchien für immer die 
folgenſchwere Wahrheit gelehrt zu haben, daß derfelbe nur 
durch die vesberblihe Ayfondwung "von der gergeinfimen 
Schickſale des großen deutfchen Vaterlandes verſchuldet 
worden ſei; und ſo war es nicht blos der Geiſt des preu⸗ 
ßiſchen Volkes, ſondern derjenige einer deutſchen Na⸗ 
tion, den man zur Rettung anrief. Aus den Tiefen der 
Wiſſenſchaft wurde er durch Fichte und feine gleichgefinns 
tem Freunde befchworen, bafit er, unfichtbar Unter den 
Baponneten der Feinde wandeind, die Jugend beschbeinge 
und befeuere. In mehr pofitiver Weife wirkte zu demfe!s 
ben Zroede dee neu gefliftete Tugendbund, der Mitglieder 
des verfchiedenften Sinnes und der abweichendften Meis 
nungen umfaßte, die aber damals duch den gemeinfchafts . 
lichen Haß gegen den gemeinihaftlihen Feind an eine 
und diefelbe Sache gefeflelt waren. Eine neue Wehrver⸗ 
faffung, weiche auf die Maffe des Volkes ſich flügte und, 
wenigftens für eine Zeit lang, dem miltalrifchen Talente 
ohne Ruͤckſicht auf Rang und Geburt den entſprechenden 
Wirkungskreis verſprach, kam ordnend und fördernd dem 
aufſtrebenden Unabhängigkeitögeifte des Volkes entgegen. 
Selbft die Eimführung einer freifinnigern Städteordnung, 
ſowie die Bemilhungen der Gefepgebung zur Erfhaffung 
eines ‚zahlreichen und felbffändigen Bauernitandes können 
als Gonceffionem gelten, die man in den Zeiten des Noth 
der Mafle des Volkes machte, auf welcher, wie man wohl 
einfehben mußte, bie endliche Abwerfung des fremden Jo⸗ 
ches hauptfächlich beruhte. 

So mar denn‘ von Preußen aus der Sinn für deut. 
ſche Unabhängigkeit, deutfche Freiheit, Einigkeit und Ein⸗ 
beit eifrig genährt worden, und derfelbe war bereits im 
einzelnen Unternehmungen und Wagniffen, mie in denem 
eines Schill, eines Herzogs von Braunſchweig, eines 
Dörnberg zum Vorſchein gefommen. Inzwiſchen konnten 
auch die Bewohner Deftreichs, obgleich ſich ihr Kaiſer⸗ 
baus dem Protector des Rheinbundes durch enge Bunde 
befreundet hatte, die im Kampfe mit Frankreich erlitienen 
Verluſte nicht verfchmerzen. Gemäß dem eigenthuͤmlichen 
Charakter und der politiſchen Bildungsſtufe der großen 
Mehrheit des Öftreichifchen Volkes, verhielt man fich je: 
body hier weit mehr in leidender Erwartung der Ereig: 
niffe, als daß man mit energifcher Thaͤtigkeit, wie im 
Preußen geſchah, einen weltumfaffenden Plan verfolge 
und ſchon jest verſucht hätte, das Eünftige Schickſal des 
öftreichifchen Reichs an das Schidfal des übrigen Deutſch⸗ 
lands anzufnüpfen. Auch bei ber beidenmüthigen Inſur⸗ 
zection Tirols waren die hauptſaͤchlichſten Trlebfedern nur 
der Haß gegen die aufgedeungene Herrſchaft und die Ans 
hänglicgkeit an das alte angeflammte Megentenhaus, ohne 
daß man, wie bei den Infursectionnellen Bewegungen ine 
nördlichen Deutſchland, für eine eigentlich deutſche Sache 
die Waffen ergriffen hätte. 

Es lag in der Natur ber Verhättniffe, daß bie eifer⸗ 
ſuͤchtig bewachte und bevornumdete Riteratur während Mas 





— 


. 28 


polesn's Herrſchaft nicht fehr bicect für die Sache ber Un⸗ 
abhängigkelt und Befreiung Deutfchlande wirken Eonnte. 
Einzelne Berfyche wurden mit tyrannifher Willkuͤr geahn: 
det. Sie trugen hauptfächlich nur dadurch, daß fie foldye 
empörende Härte veranlaßten, mehr unb mehr dazu bei, 
das Nationalgefühl zu reizen und zu erbittern. Vor Allem 
war es die für die Bildung der Maſſen fo befonders 
wichtige periodifche Literatur, die man in Feſſeln geſchla⸗ 
gen hatte. Auch andere Zweige derfelben, welche in wei⸗ 
term. Kreiſe ſich geltend zu machen pflegen, wie die Poeſie, 
konnten nicht fowol eine befondere vaterländifche als nur 
eine allgemeinere osmopolitifche Tendenz verfolgen. Goͤthe 
hatte in biefer Zeit fowie in ben vorhergegangenen Zah: 
sen bie reichen Schäge feines umfaflenden Geiſtes entfal⸗ 
#t. Wenn wir indeffen nach der unmittelbasen und eis 
genthümlich vaterländifchen Bedeutung feiner Werke fras 
gen, fo muͤſſen wir ung geftehen, daß fie weit mehr geeig: 
net waren, eine gewiſſe Unterroürfigkeit und eine leidende 
Ergebung unter das fremde Joch zu fördern, als Ges 
fühle zu weden und zu nähren, die zum Kampf gegen 
die Unterörücung begeiftern konnten. Nur in feinem 
„Egmont“ und etwa in.feinem „Goͤtz von Berlichingen” 
huldigte er den Ideen, welche duch den Sieg der fran: 
zoͤſiſchen Revolution ihre Herrſchaft verbreiteten, und welche 
fi) bald gegen die verräthesiihe Mutter wenden ſollten, 
die fie geboren hatte. Entſchiedener und mit unmittelbas 
zer Wirkung für die nächfte Zukunft ſchloß ſich der Ge: 
nius Schiller's dem Geiſte des deutſchen Volkes an. Ob⸗ 
gleich es kein eigenthuͤmlich deutſcher Freiheitsſinn war, 
der ihn begeiſterte, ſo war es doch Idee der Freiheit, 
welche ihm, wenn nicht feine poetifh, doch feine ſittlich 
bedeutendften Werke einhauchte. In verklaͤrtem Lichte ers 
fhien die Sreiheit in feinem Pofa, feine „Sungfrau 
von, Orleans”, und mit feinem „Wilhelm Zell’ hatte 
er den Deutfchen für Lie Beit ihrer Erniedrigung ein koſt⸗ 
bares Vermaͤchtniß binterlaffen, das reihe Fruͤchte tragen 
ſollte. Kaum irgendwo mag in Deutichland unter dem 
gebildeten Claſſen ein Juͤngling gefunden werden, . ber 
nicht einmal aus diefem Werke Begeifterung für Volks⸗ 
echte, Volksehre und Volksfreiheit ſchoͤpfte. Und was 
auch die kalte und ſtrengere Kritik an dieſer Dichtung 
ausſetzen mochte, es gibt wol keine Schrift im ganzen 
Bereiche der neuern deutſchen Literatur, die in ſo weitem 
Umfange gleich tiefe Spuren zuruͤckgelaſſen hätte. In klei⸗ 
nerm Kreiſe, aber mit: ähnlicher Wirkung förderten Sean 
Paul und Andere die fittlih nationale Entwidelung eines 
deutſchen Vo!:kslebens. Immer konnte jedoch der höbere 
Geiſt, weicher die-deutfcye Literatur befzelte, zunaͤchſt nur 
eine unbdeflimmte Nationalſehnſucht hervorrufen, die erft 
fpäter im Denten und Thun eine beftimmtere Daltung 
gewann, wo dann aber freilich auch die Elemente, welche 
fehher ein Ganzes zu bilden fchienen, in mannichfache 
Gruppen mit ſehr entgegengefegten Beſtrebungen fid) abs 
fonderten. 

Diefe Sehnſucht hatte zugleich eine religioͤſe Faͤrbung 
annehmen müflen. Wenden wir uns ja doch immer mit 
unfern Definungen und mit unferm Glauben am liebften 


au den Himmel, ſobald eine druͤckenze Roth auf uns 
faflet, gegen welche der Einzelne mit feiner ſchwachen 
Kraft vergebens ankimpfen würde. Als nun im Sabre 
181% die Stärke des Eroberers vielmehr duch die Ges 
walt der Elemente ale durch die Macht feiner menſchli⸗ 
chen Feinde gebrochen wurde, glaubte man deutlicher noch 
die Hand der Vorfehung zu erkeunen. So wurde es ein 
politifch=religiöfer Kreuzzug, der von Deutfchland aus 
gegen Frankreich begann, fowol mig der ganzen Kraft der 
Liebe für das gemeinfame Vaterland als mit der ganzen 
Kraft des Haſſes gegen den gemeinfamen Feind. Haupt⸗ 
ſaͤchlich im preußifhen Staate und im übrigen nördlichen 
Deutfhland nahm der Krieg bdiefen Charakter an. In ges 
singerm Grade war died im füdlihen Deutfchland, in 
den ehemaligen Staaten des Rheinbundes ber Kal. Den⸗ 
noch nahm man auch hier nicht blos am ber Außerlichen 
Erhebung Theil, fondern auch am ber innerlichen Erhe⸗ 
bung duch neue Hoffnungen für ein großes, mächtiges 
und gluͤckliches Vaterland. Allein je unbeitimmter da und 
dort diefe Hoffnungen waren, je weniger man noch dam 
über klar geworden, worin ber emdliche. Preis des Sie 
ges beftehen Ehnne und folle, um fo mehr mußte in ber 
Folge die Wirklichkeit Hinter den geipannten Erwartungen 
weit zurücbleiben. So folgte denn mit dem erften paris 
fer Frieden eine Reihe von Zäufchungen, an welche ſich 
eine noch lange nicht abgelaufene Kette von neuen Ans 
fihten, Beſtrebungen und Ereigniffen anfnüpft. *) 
W. Schulz. 





Die Naturreligion. Ein philoſophiſch⸗-hiſtoriſcher Verſuch 
von Karl Roſenkranz. Iſerlohn, Langewieſche. 1831. 
Gr. 8. 1 Thir. 20 Gr. 


Der Verf., deſſen Bietfeitigkeit der Bildung ebenſo merk⸗ 
würdig iſt wie die Fruchtbarkeit feines literariſchen Wirkens, 
da man ihn bald bie theologiſchen Wiſſenſchaſten in beſondern 
Schriften und ausfünrlichen Pritifden Abhandlungen, bald bie 
Theorie un? Geſchichte der Kunft bearbeiten und binwiederum 
mit eignen Dichtungen in die Neben der Kunftjünger treten 
fieht, dat in dem vorliegenden Buche einen der intereffanteften 
Zpe le auf dem Felde ver Philoſophie der Geſchichte behandelt. 
Man ift dafür im Voraus inm fon deshalb Dank ſchuldig 
und wird zur Leſung feiner Unterfuchungen eınyeladen, weil wir 
arade in dieſem Gebiete Hiftoriiher Forſchung üverhaupt We⸗ 
niges und noch weniger Ausgezeichnetes, Gruͤndliches und Ge⸗ 
nügendes aufzumeifen haben. Wie groß bisher auch die Ans 
firengungen unferer Archäologen, und wie reich ihre Ausbente 
bei dem Geſchaͤfte fein mochte, die Naturrel’igion in ihren hoͤ⸗ 
dern Bildungsflufen, in den morgenländifchen Gulten, im aͤgyp⸗ 
tifden uno griechiſchen Mythenkreiſe und in dem des ſkandina⸗ 
viſchen Rordens erſchopfend darzuftellen, wohin Greuzer, Rode, 
Baur, Müller, Mone u. A. mit mehr und wen’ger Gluͤck ge: 
ſtrebt Haven, fo bat man birjenigen Völker, weiche wir die uns 
cu tıvirten, die wilden nennen, und von welchen Roſenkranz in 
der Vorrede fagt, fie leben, haben ihre Sitten und Gebräudhe, 
mandıe Beweiſe von Kunft, führen Kriege untereinander wie 
mit den allıgälig fie immer mehr bedrängenden Guropäern, al 
tein es mangle ibrem Thun jene Gebundenheit, jenes unbes 
wußte Verfolgen e'nes wirklich geiftigen Princip6, jener wie aus 
Cinem Stack gegeffene Zuſammenhang, der die wahrhaft hiſto⸗ 


*) Der dritte Artikel folgt zu Ende bes Monats. D. Red. 


* 





riſchen Nationen Aflens und Guropas charakteriſtre, — uch 
keiner folchen Yrüfung, ern“ Fi Goncentration ihres 
geiftigen Lebens, ihrer religidfen elungen und Gebräuche 
unterworfen. Im engen Sinne befaßt nun ber Nerf. unter 
Raturreligion eben diejenige Religion, welche „dem Geifte da 
angehört, wo er im erften Erwachen 
im Geift als. foldhem oder im Bewußtſein feiner eignen Rattr, 
vielmehr noch außer fi in der Natur feibft Iedt”, und bavon 
unterfcheidet er diejenige Geite der alten, im Glemente ber Ras 
tur befangenen Religionen, welche bereits fo weit entwickelt iſt, 
daß IR die Natur nicht mehr identiſch mit bem @eifte und We⸗ 
fen des Böttlichen, ſondern entweder das zweibeutige Zeichen, 
worin der Geift fein Weſen anzuſchauen bemüht ift, oder als 
menfchliche Geſtalt fein wahrbaftes, von ihm ſelbſtbewußt durch⸗ 
drungened Abbild if; Jortbildungen, welche er mit Hegel bie 
fymboliſche und plaftifhe Religion nennt. Ueber die Religion 
der wilden Voͤlker findet fi nun zwar in ungäpligen Reiſebe⸗ 
fgreibungen ein unermeßliches Material. Aber von wiſſenſchaft⸗ 
licher Geite hatte der Werfaffer wenig oder keinen Vorgang. 
Meiners in feiner „Allgemeinen tritifhen Gefchichte aller Reli⸗ 
gionen’‘ (Hanover 1806 — 7) bietet eine unendliche Menge von 
Thatſachen darz aber die Kritik ift bier keine anbere als ein 





vornebmes und lächerliches Abſprechen, als wenn Alles in 
den Religionen der ungebilbeten Voͤlker Fetiſchismus und Aber 
glaube wäre. Benjamin Gonftant, in feinem berühmten Werke 
„Die Religion nad) ihrer Duelle, ihren Geſtalten und Gntwides 
lungen”, verbindet mit einem offenern und billigern Sinne das 
Beftreben nach genetifcher Entwidelung ber Erſcheinungen. Hier 
aber ift dem Verf. fon der Begriff, den Gonftant von ber 
Religion gibt, indem er ihre Wefen in die Empfindung fegt, zu 
unbeftimmt und daher bie daraus entwidelte Darflelung unge⸗ 
nügend. Die neuere Sammlung von Gerlach unter dem Zitel: 
„Fides“, ift eine zu wenig Eritifch genaue und zuverlaͤſſige Zuſam⸗ 
menftellung von Materialien, ald daß fie bem nach einem wiſſen⸗ 
fchaftlichen Einblick in das Wefen und bie Geftaltung der un: 
terfien Gtufen der Raturreligion verlangenden Leſer Befriedi⸗ 
gung gewähren könnte, wiewol berfeiben das Verdienſt des Flei⸗ 
ſies und der Reichhaltigkeit nicht beftritten werben Tann. 

In der allmäligen Entfaltung und Verdeutlichung des gei⸗ 
fligen Lebens am einzelnen menfchlidgen Individuum findet ſich 
die Analogie der Geſchlechter⸗ und Voͤlkerindividuen, ein Bild 
der Urgefchichte der Menſchheit. Nah ſolchen Analogien 
- conftruirt benn ber Verf. philoſophiſch ohne Ruͤckſicht auf den 
etbnograpbifchen Unterſchied ber Religionen die gemeinfame pris 
mitive Geftalt der Naturreligion. Er fchildert zuerſt ten geifli: 
gen Zuſtand der auf der Stufe der Naturreligion noch lebenden 
Menfchen und Völker, geht fofort über zu dem Verhaͤltniß, in 
welches auf jener Stufe fi der Menſch zu ben Kräften und Gr: 
fyeinungen der Natur fest, und fchließt mit dem eigentlichen 
Thema, mit der Entwidelung ber religiöfen Ahnungen und Be⸗ 
griffe, der gottesbienftlichen Ginrichtungen und Verhaͤltniſſe. 
Diefe Darftellung von Leben, That und Religion ber Wilden, 
ober, wie. bie Weberfchriften der drei Abtheilungen des Buches 
lauten, dem religiöfen @efühl ale Grundlage ber Raturreligion, 
ber Magie ald Aeußerung der Rreiheit und dem Eultus als Ins 
begriff des religidfen Verhaͤltniſſes, ift in ihren einzelnen Aut: 
führungen jedesmal von ben betreffenden geſchichtlichen Belegen 
begleitet und gibt ein klares, anſchauliches und uͤberſichtliches 
Bild von dem Ganzen. Es ift Hier nicht der Ort, mit bem 
Berf. über feine Grundbegriffe, bie er bem Hegel'ſchen Syſtem 
entnommen bat, über die Sin: und Abtheilung der vorliegenden 
Schrift, über die Anwendung unb Ausbeutung einzelner Beis 
fpiele zu rechten, worüber ſich Manches beibringen ließe. Gine 
geiftreihe und fcharflinnige Darftellung muß es bach jedenfalls 
genannt werden, die kein Eefer ohne Genuß aus dek Hand legen 
wird, wenn ber Verf. die allmälige Gintfaltung bes geiftigen 
Lebens vom bumpfen, in ba® Naturleben eingefentten Gefühle 
zum Beroußtfein des Unterfchiebes von fich felbft, von ber Nas 


zu fi ſeibſt noch nicht, 





‘ 
.“ L 


tue und von bem göttlichen Weſen beſchreibtz ferner, wmie bie 
Freiheit des Geiſtes im Kampfe mit den Kräften und Hinder⸗ 
niffen der Natur ber Magie vertraut, um durch den, raum, 
durch zufällige ober Tünftliye Zaubermittel, durch Todtenweihe 
und Beſchwoͤrungen fi bie Erſcheinungen bes Lebens dienftbar, 
die Schrecken des Todes unfhädlid zu machen; wie endlich der 
religidſe Gult des Fetiſchismus auf dieſer Lebensſtufe bes menſch⸗ 
lichen Geiſtes vom Niedrigſten und Roheſten ſich emporbildet 
an die Schwelle des ſymboliſchen Glaubens, wie die Idee des 
Prieſters und der Prieſterſchaft an die Stelle der Zauberei und 
des Zauberers tritt und aus dem religiöfen Geiſt der Gemeine ſich 
bas Opfer in feinen primitiven Geitaltungen eutwidelt. Gine 
fehr ſchoͤne, nur zu kurze vergleichende Darſtellung der ſymbo⸗ 
liſchen Religionen des Morgenlandes, mit einem fluͤchtigen Blick 
auf die Vollendung der Naturreligion in dem plaſtiſchen Geiſt 
und Gottesdienſte der Hellenen, gibt der Fark am Schlufſe. 
Der Bortrag ift Mar, foweit es für die nicht in ben Kreis der 
Hegel'ſchen Terminologien Gingeweihten möglich ift, und Eräftig, 
in den biftorifchen Ausführungen nicht felten blühend und üppig, 
fodaß, wenn man im Zuge fortlieft, die Temperatur ter Rede 
nur zu ſchnell und fcharf wechſelt, wie die Waͤrmegrade der 
Luft in den Gebirgöftrichen des mittlern Amerika. Dadurch 
verliert der Sindrud des Ganzen an Ginheit, und wir hätten 
gewuͤnſcht, der Verf. wäre bemüht geweien, auch den philo⸗ 
fophifhen Theil feiner Abhandlung in einer weniger in den 
Schnürleib des Syſtenis gezwängten Form barzuftellen. um bem 
Buche in möglichft vielen Kreifen Eingang und Beifall zu ver: 
ſchaffen. Zu bedauern iſt auch, daß ber Verf. gegen den Schiuf 
feiner Schrift mit einem Dale aus dem würdig gehaltenen Tone 
wiffenfchaftlidhee Darftellung heraustritt, und wie er felbft es 
nennt, in einer kritiſchen Improvifation Über ben berühmten be 
Wette herfällt, deſſen Anfihten über ben ägyptifhen Gult mit 
vermerfendem Bohne mittheilend. Es mag ihn dazu die bes 
fannte Oppofition biefes berühmten Gelehrten gegen bie Hegel⸗ 
fe Philofophie gereizt Haben, und wir find allerbings der Mei⸗ 
nung, de Wette bärte die Ideen der neuen berliner Philofophie 
unbefangener auffaffen und billiger beurtbeilen follen; aber bie 
Widerlegung oder der Angriff, der ihm hier widerfährt, macht den 
Riß größer und den Streit widerlicher, um fo wiberlicher,, als 
auf Seiten des Verf. das Recht zu ftehen fcheint, das ſich am 
beften durch ſich ſeldſt, in fchlichter Grörterung der Thatſachen 
und Nachweifung der Wahrheit, Seltung verfcafft. 46. 


Literarifhe Anzeige. 


Soeben erfcheint bei mir und iſt in allen Buchhandlungen 
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Leipzig, im Bebruar 1833, 
8. 4. Brockhaus. 


[4 


Redigirt unter Werantiwertlichtelt der Verlagshandlung: 8. A. Brodhbaus in Leipzig. 


Blätter 


littrariſche Unterhaltung, 


Sonnta 


m an onen 










Rofini’s „Zorquato Taſſo“. ) 


Während die große Fruchtbarkeit der meiften dramati: 
ſchen Dichter Italiens, 3. B. Nota’s, Federici's u. f. w., 
bei mannichfachem, unverkennbarem Talente ihren Erzeug⸗ 
niſſen dennoch nur untergeordneten Werth verleiht, iſt 
kuͤrzlich ein neues Product auf der italieniſchen Bühne 
erſchienen, das ſowol durch ſeinen innern Werth als durch 
die literatiſche Stellung feines Verfaſſers, der bei vielen 
Verdienſten diefen Zweig der Poeſie faft noch unberuͤhrt 
gelaffen Hatte, vorzüglidye Aufmerkſamkeit verdimt. io: 
vanni Rofini, der Herausgeber des Guicciardini, des 
Machiavell u. f. w. und Verfaffer mehrer eigner, mit 
vielem Beifall aufgenonmener Schriften, unter denen 
„Die Nonne von Monza” in Deutſchland am bekannte 
fien fein möchte, hat feit langen Jahren dem Dichter 
des „Befreiten Jeruſalem“ ein ernſtes und forgfames 
Stubium zugewandt. Der Schreiber diefer Zeilen erins 
nert ſich noch jegt mit lebhaften Intereſſe, wie er vor 
un 13 Jahren bei einer Rundreife durch die Hörfäte 
von Pifa den wohlgewachſenen, faft athletiſch geform⸗ 
ten Mann einem zahlreichen, Hegeiftert aufmerkenden Aus 
ditorium die Mufe Torquato's geiſtreich charakterifiren 
hörte. Seit der Zeit hat Rofini die gewaltige Unternehs 
mung begonnen und faft zu Ende geführt, Taffe’s fämmt: 
liche Werke, vermehrt mit zahlreichen, bisher ungedrudten 
Stüden, den Bedürfniffen jegiger Kritik angepaßt, neu 
berauszugeben. Die Jahre lange Befchäftigung mit dem 
Liebensrohrbigfien und beflagenswertheften unter Italiens 
Dichtern hatte den empfänglihen Mann fo lebhaft auf: 
geregt, daß ich mit Vergnügen der Geſpraͤche gedenke, in 
denen er mir vor ſechs Jahren feine vielfach eigenthuͤmli⸗ 
chen Anfichten über Taſſo's Lebensumſtaͤnde entwickelte. 
Wie es nun dichteriſchen Gemüthern zu gehen pflegt, fo 
Hat Rofini nicht vermocht, die neu gewonnenen Ueberzeu: 
gungen in einer eignen, vieleicht mit vieler Gelehrſamkelt 
-außgeftatteten Lebensbefchreibung niederzulegen, fondern er 
bat vorgezogen, feine ‚gefchichtlichen Anfchauungen in der 
Form eines Kunſtwerkes auszufprühen. So entſtand ſein 
„Torquato Taſſo“, ein Schaufpiel, deſſen erſter Entwurf, 
Im Detober 1831 mehren Freunden mitgetheilt und fos 
gar auf bie Bühne gebracht, einen Beifall und ein Ent: 


— — — — 


*) Bgl. hierüber auch Nr. 355 d. Bl. f. 1832. D. Reb. 


\ 


3, — M.69, — 










01. März 1833. 


Yrs 











I 


züden erregte, von dem ich felber in Florenz und Pia 
Augenzeuge war, und mit dem fich, was man in Deutſch⸗ 
fand bie begeifterte Aufnahme eines Kunſtwerkes zu nen: 
nen pflegt, ſchwer vergleichen faffen wird. Diefer Beifall 
ward indeß, nach dem Berichte öffentlicher Blätter, noch 
um Vieles gefleigert, als der Verf. vor etwa zwei Mo— 
naten fein neu bearbeitetes Werk nun al® ein vollendete 
zugleich ber Preffe und der Bühne übergab, Berichte 
über die Aufnahme, welche die vielfach wiederholte Vor— 
ftelung in Piſa gefunden, und über den enthuftaftifchen 
Beifall, den die Zuſchauer dem Dichter bewiefen, find, 
obgkeich fie gedruckt vor mir liegen, von fo uͤberſchwaͤng⸗ 
licher Art, daß ich mich kaum getrauen würde, fie deut⸗ 
ſchen Leſern in der Ueberfegung mitzutheifen. Indeß dürfte 
der feltene Eindrud, den dies Drama hervorgebracht, eben 
durch feine Entitehung ſich leicht erklären laſſen: Seit 
feinen erſten Anfängen, ſeit Triſſino und feinen Zeitgenof- 
fen bat das höhere italieniſche Schaufpiel ſich niemals 
und am tenigften bei Alfierl und feinen afuern Nach⸗ 
ahmern von gewiffen conventionnellen Formen und Gefüh; 
fen losmachen koͤnnen. Selbſt das bürgerlihe Drama 
eines Golbont blieb, feiner orbinairen Alltaͤglichkeit unge: 
achtet, von dleſem Altherkoͤmmlichen nicht frei. Nun hat 
Roſini, ſich felber vieleicht unbewußt, wie wenig Andere 
vor ihm, einen großartigen, bie edeiften Seiten des menſch⸗ 
lichen Herzens anfprecyenden Stoff, weniger um in ber: 
gebrachter Welfe ein auf den Beifall tfaltenifcher Kritiker 
berechnetes Kunſtwerk zu ſchaffen, als um feine Anfichten 
uͤber den wahren Hergang eines hiſtoriſchen, reinmenſch⸗ 
lichen Ereigniſſes in anſchaulicherer Form darzulegen, ais 
Drama bearbeitet. Seine Vermuthungen über den ins 
nern Iufammenhang der traurigen Schickſale Xorquato’8 
flüsten ſich allein auf feine. Kenntniß des menfchlichen 
Herzens, und fo tonnte er denn auch, wenn er dieſelben 
Andern einleuchtend machen wollte, mit moͤglichſt geringei 
Ruͤckſicht auf traditionnelle Kunſtregeln nur zum Herzen 
feiner Zuhoͤrer reden. Die innere Wahrheit aber macht 
fi, allen Vorurtheilen zum Trotz, immer Bahn und ers 
regt um fo tiefer, je feltener fie gehört wird. Kein Wun⸗ 
der alfo, daß die Jtaliener von Roſini's fchmudiofer 
Profa zehnmal mehr entzudt worden als von Niccoli: 
niſs Funftreihen Verſen. Ich felber kam im vorigen 
Spätherbft grade von einer glänzenden Darſtellung der 


282 


letztern, als ich auf flüchtiger Durchreiſe durch Pifa ben 
mir feit fange befreundeten Verfaſſer des „Torquato Taſſo“ 
begrüßte und über ben eben gewonnenen Erfolg nad 
mehrfachen Berichten Stud wuͤnſchte. Die mie kurz zu 


gemeffenen Stunden machten mir es kaum möglich, mei⸗ 


nen Sefchäften die geringfte Zeit abjumüßigen, und ich 
- will nicht leugnen, daß ich, fo viel die Höflichkeit es nur 
irgend geftatten wollte, gegen den Autor proteflirte, ale 
ee ein nicht unbeträchtlihes Manuſcript zur Hand nahm, 
um, wie er fagte, ein paar einzelne Scenen mir zur 
Probe mitzutheilen. Und dennoch fteigerte ſich nach we: 
niger als einer Wiertelfiunde meine Aufmerkfamkeit fo 
fehr, das ich, Campo Santo und Bibliotheken vergeffend, 
ungebuldig die Kortfegung ber begonnenen Lecture ver: 
fangte und nicht eher aufitand, bis ich den durch ver: 
einzelte Mittheilung unterbrochenen Zuſammenhang nad: 
traͤglich ergaͤnzt ſah. 

Der Gedanke des Verf. iſt, in wenig Worten, auf 
den Grund genauer Charakteriſtik der handelnden, durch⸗ 
aus hiſtoriſchen Perſonen und des ferrareſer Hofes jener 
Zeit uͤberhaupt, anſchaulich zu machen, wie Alfonſo von 
Eſte es für die gefährdete Ehre feines Hauſes unerlaͤßlich 
halten konnte, den Glauben zu. verbreiten, daß Taſſo ges 
wife, allerdings verfängliche Gedichte in einem Anfall von 
GSeiftesabwefenheit verfaßt habe, und wie er bei Taſſo's 
entfchiebenem Widerftreben fi) genöthige glaubte, die Vor⸗ 
ausfegung dieſer Verruͤcktheit felbft durch Zwangsmittel 
aufrecht zu erhalten. Bekanntlich erwaͤhnen mehre gleich: 
zeitige Berichte, daß Torquato's zahlreiche Widerfacher auch 
zu den entehrendften Mitteln ihre Zuflucht nahmen, um 
den vielfach beneldeten Dichter aus der Gunſt der fürft: 
lihen Familie zu. verdrängen. Beim Beginn des Dra: 
mas, der mit ben des Goͤthe'ſchen faſt zufammenfällt, ift 
Taſſo zum Beſuch bei Alfonfo's Schwefter in Urbino, 
Achtung und Keundfcaft, das Einzige, was Prinzeffin 
Eleonore ihm gewährt, haben ſchon Längft feinen glühens 
den Wuͤnſchen nicht- mehr genügt, und er iſt, eiferfüchtig 
auf die, wie er glaubt, größere Gunft, die Andern zu 
Theil geworden, ſchon vor Monaten von Ferrara gefchie: 
den. Inzwiſchen haben Taſſo's Feinde durch die Beſtech⸗ 
lichkeit feines Dieners fih Eingang in fein Zimmer ver: 
ſchafft und dort unter feinen Papieren einige (erſt Fürzlich 
wieder aufgefundene und in dem „Giornale arcadico” ab: 
gedruckte) Zellen gefunden, in denen die Prinzeffin unter 
den zärtlichftn Wünfhen namhaft gemaht wird. Die 
Höflinge haben die verfänglichen Verſe unter der Hand 
verbreitet, und der ganze Hof ift aufgeregt über die Ver: 
wegenbeit jener dichterifhen Wünfche. Da kehrt Zorquato, 
don verliebte Ungeduld getrieben, nach Ferrara zurüd, 
vernimmt das Gefchehene und fodert von dem Diebe ſei⸗ 
ner Schriften Rechenfhaft, und es erfolgt der auch von 
Goͤthe erwähnte Zweikampf. Taſſo's Feinde hatten jedoch 
bereit8 von andern Gedichten Kunde erhalten, die, von 
Taſſo auf das ängftlichfle verwahrt, den Verdacht erwed: 
ten, baß ihre Inhalt noch leidenfchaftlicher fein möge als 
der jener zuerft entbedten Zeilen. Don Gherardo Gher: 
ardini oͤffnet mittels eines Nachſchluͤſſels, unterfiügt von 


ber Unerfahrenheit eined Bedienten Torquato's, bie Cha: 
toulle des Legtern und entwendet eine Brieftafche, welche 
vier von verliebte Glut überftrömende Gedichte enthält. 
Obwol augenblicklich in ben Befig diefes gefährlichen Fun⸗ 
bes geſetzt, wul der tiefgekränkte Alfonfo den Dichter doch 
nicht ungehört verurtheilen und verbirgt daher nicht nur 
in einem Gefpräche des dritten Acts kunſtreich feinen 
Zorn, fondern ladet Zorquato noch auf den andern Tag 
freundlich nah Bel Riguardo. Hier erfolge alsdann 
bie fogleih als Probe mitgggheilte Scene. Der Het: 
zog befiehlt, daB Taſſo zu feinee Deilung in ein 
Hospital gebracht werden fol. Won bier entronnen, er⸗ 
[heint er im fünften Acte noch sinmal im herzoglichen 
Schloſſe vor der Prinzeffin und verföhnt uns hier durch 
feinen männlichen Trotz mit ber frübern Weichheit vers 


liebter Stenen. 
' (Der Beſchluß folgt.) 





Nachleſe zur Taſchenbuͤcherſchau fuͤr 1833. *) 
1. Tipenrofen. 


Aus dem wilb tobenden Gewirre der politifchen Drangfale, 
beren Löfung bie Arbeit von Jahrhunderten iſt, flüchtet ſich oft 
das Gemuͤth in den ftillen Schoos ber aus ber Welt des Wirt: 
warrs verdbrängten Muſe. Was biefe in ihrem fehöchternen 
Verſteck ausfpinnt, kann nicht der volle Baum bes vergeifigten 
Lebens fein, aber eine verfühnende Bemüthsftille war oft ſchon 
unter bem beutfchen Volle die Frucht dieſer Zuruͤckgezegenheit 
aus ben bisharmonifchen Elementen der Zageshändel. Das 
Aſyl neutraler Gemuͤtheruhe, das die Schweiz in ber Wirklich: 
keit nicht mehr vorftellt, hat fiy in bem vorliegenden Almanach 
erhalten, und in ben Stimmen unb Liedern ber Schweizerfäns 
ger tönt noch der alte Klang heimiſcher NRatureinfamleit. Unter 
ben profaifgen Gaben bed biesjährigen Saweizertaſchenbuchs 
entſprechen der angebeuteten Richtung befonders die „Ratur: 
eichnungen⸗ von Dr. Rudolf Meyer, ber ſchon in ben vorigen 
—— Aehnliches lieferte und deſſen Schilderungen unter 
ben Titeln: „Thierzeichnungen“', und „Geiſter der Natur“, bei 
Drell und Fuͤßli geſammelt erſcheinen werden. Die ſanft er⸗ 
regte Phantaſie, die in dieſen Bildern vorherrſcht und an Hirſch⸗ 
feld'6 „Landleben“ erinnert, befähigt dieſelben beſonders zur kec⸗ 
ture für eine bildſame Jugend. Auch in der Erzaͤhlung, bie 
derſelbe Verf. gu dieſem Jahrgange beiſtenerte, ſpricht ſich dies 
ſelbe gemuͤthlich warme Auffaſſung ber dußern Natur aus. 
Bagner von Laufenburg licfert zwei Gedichte in epifch:igris 
ſcher Form, deren erfted eine kriegeriſche Scene aus der Schwei⸗ 
zeraefchichte ausmalt, während das andere in einer Art Bäns 
telfängerton die wunderbare Rettung bes Luftigen Fiedlers im 
Schwarzwald, Hans Keldmann, erzählt, der bei Schaffhaufen 
in einem Nachen auf dem Rheine ben wilden Fluten preißgege: 
ben war. Der gertrümmerte Nachen fchießt an den Zelfen im 
Stromfall vorüber, und der Fiedler, der in ber Todesangſt zum 
erften Mal feiner Beige Töne des Gebets enflocdt, wird ſeitdem 
ein ernfter, gottgeweihter Muſiker. Weniger bedeutend an Form 
unb Gehalt find die zahlreichen Gedichte von A. E. Froͤhlich; 
dagegen wird das „Feſtlied zum Geburtstage eines Muſikers“, 
von Schnyder von Wartenfee, in welchem alle Inftrumente 
des Drcheſters jedes feinem Charakter gemäß perfonifllirt reden, 
Sedermann erfreuen. Das Trefflichſte des Buͤchleins find einige 
Gedankenkoͤrner in lyriſcher Form, von einem nieberbeutichen 
Dichter, Wilhelm Wackernagel, been frifhe Sangesweife 


ſich mit ber Freiheit der Alpenluft gern verbrüdert. Waldesflims 


* Bol. Mr. 29 — 801, 319, 820, 886, 887 d. Bl. f. 1882 9 Nr. za 
u. 25 f. 1883. 5 D. Red, 


wen, Felſenecho, Humpenklang im heitern Meüberkerife, "alle 
Toͤne, Pie in der Turnerzeit taufenb Kehten der dbeutſchen Ju⸗ 


genb entſtroͤmten, hat ſich W. Wadernagel in: foifihee kauterkeit 
‚erhalten;. feine Sprache iſt ebenfo bieder mie gebrangen und: 
keck. Mir geben einige von den Weuschen, bit der harmlofen ı 
kanne des Dichters entſtroͤmten: a 


.... Raum genug. ’ 
Raum if mie genug geblieben: 
.. . Raum zu Schiöffern in ber Euft, 


Dier im Herzen Raum zum Lieben, Y 


In ver Erde Raum zur ruft. 
. Epivemie. . 
: Mer nur lefen Bann und ſchreiben, 
Alles will jegt Berfe machen: 
.. Ber wird endlich ‚übrig dleibon, 
‚ Um bis Anbern außgnicchen? 
Die Schäfer ihrer ſeldſt. 
Der Geßner if doch nicht ſogar 
Aus unfrer Literatur vertrieben : 
Awar nehm’ ich Beine Schäfer wahr, 
Doch Schafe Und genug geblieben. - 
9 Die Maleriſchen. 
„Wie definir ich ihren Styl ke⸗ 
Sie ſchreiben mit dem Pinſel 
Und malen mit dem Federkiel. 


Die Metriſchen. 
Mögt ihr meinethalben fein 
Fuchtge Fußſoldaten: 
Mit den Fuͤßen ganz allein 
Seid ihr ſchlecht berathen. 
Denn Bier iſt ein Pegaſus, 
Und ed gilt zu zeiten: 
“ &uten Sig und feſten Schluß 
Eernt darum dei Zeiten. 
Nicht unerwähnt darf bleiben, baß ber Almanach mit einigen 
treffiihen Stichen ans ber ſchweizer WBefreiungsgefchichte und 
einigen komiſchen Ihiergruppen geziert ift. 
2. Muſenalmanach, eine NReujahrögabe für 1833. Herauss 
gegeben von Heinrich Küngel und Kriedrih Mes. 
Bon den beiden Derausgebern, bie zum Frommen des gu: 
ten Geſchmacks weniger reichlih das Büchlein hätten bedenken 
und anſchwellen follen, ift der erſte ein Sänger von Heſſen⸗ 
Dormfadt, ber heimiſche Thaten in WBallabenform zu feiern 
ſucht, während Hr. Mes als Gegenftüd zu febr für allgemeine 
Sntereffen ſich empfänglich zeigt. Kür dergleichen Thema, wie: 
„Der Liebe Luft”, „Der Liebe Schmerz”, ‚‚Krühlingsgruß” 
un. f. w., find die Saiten ber beutfchen Lyra in ber That längft 
ſchlaff und fchlotternd geworden, weil Jeder, ben ber poetifche 
Zlaum auf feiner Wange kitzelt, fie anſchlug, und Hr. Mes 
zieht fie nicht einmal firaff an. Dem Grftgenannten der Herren 
Derausgeser wollen wir dagegen feinen Eocalpatriotismus nicht 
verfümmern, koͤnnen uns aber nicht für feine kleinen Winkelhel⸗ 
den imtereffiren. Recht anmuthig find die ſcherzhaften Wechſel⸗ 
Tieder unter dem Gefammttitel: „Gros und Lyaios“, von X. 
Rodnagel und. Wittich; Zeber gibt bem Andern immer ein 


Gegenſtuͤckchen zum Beften. An 2. Bed ftein’s hier gelieferten 


Gedichten ift die Diction zu loben, weniger erfüllt uns ter In⸗ 
Yalt; der Bau feiner Zerzinen ift gelungen, allein die Gedan⸗ 
ten proſaiſch. Unter Ruͤckert's Liedern, voll feifch wehender 
Sandiuft, denen nur die neu gebackenen Ausdrudisweifen in ihrer 
naiven Ginfalt einigen Abbruch thun, if „Mein Park“ befon« 
ders fhön und finnreih. Won Fouqus, bem alten Sungeshels 
den Niederdeutfchlande, empfangen wir dankbar zwei werthe 
Shen. Seine nordifhe Ballade, bie ben Zon mit fidherm 
Takte trifft, liefert Lein fertiges, anfchaubares Bild; in der 
Elegie: „Zelter's Deimgang‘‘, athmet eine tiefbegabte Dichter: 
feele und der wehmüthige Anhauch eines ahnenden: „Dahin, 
dahin, ihm nad!” 





8:."Sheilie, ein Taſchenbuch für Freünde Ser Konfunft, heraus: 
gegeden von Lyſer. — 

Dieſer erſte, mit acht Zeichnungen und vier Muſikbeilagen 
von H. Dorn gefhmätte Jahrgang liefert bunte, leichte Waare. 
Sklzzen, nichts als. Skizzen, fluͤchtige obwol mit Geſchick ent: 


worfene unb radirto Stricheichen, auch in Betreff her poetiſchen 


Prodactionen, faſt ſuͤmmtlich vom Heransgeber, nichts als Riſſe, 
nichts als Skizzen — ein Königreich für einen gediegenen Fe 
danken, für einen Einfall, der Stich hält! Indeſſen gutes Mu⸗ 


thes!? was Dpernterte in ‚ber dramatiſchen Literatur, das tft 


Lofes’8 „‚Cäcitie” unter den Taſchenbuͤchern. Der Zweck des 
Herausgebers, dem Muſiker als dienender Mufenbruder in bie 
Dände gu arbeiten, if zeitgemäß, und fomit Tönnte fein zur 
Dper umgearbeiteter: ,, Damilet’‘,: von welchem bier bie beiden er: 
ften &cte mitgethettt And, einen tertfärhktigen Gomponiften wol 
reizen. Kudem bat die genannte Dragoͤdie für den oberfiädhlis 
hen Beſchauer in ben erften Scenen einen opernmäßigen An» 
Rrich, den. Hr. Lyſer herausgehoben Hat, indem er den ſich aufs 
fpreigenden Lärm, den des Könige Hoflager erregt, mit bes 
Prinzen Schwermuth unb tem Erſcheinen bes Geiftes auf dber 


| Nadtfätte gut contraftisen täßt. Rach einem pomphaften Chor⸗ 


gefang zu Ehren ber erborgten Majeftät, beginnt z. B. Dam: 
let in ber beiten Scene ein Recitativ i 


D drechet auf, ihr Wunden meines Herzens! 
Stroͤm' hin, mein Blut! verinne Leben! 
Umwebt (umſchwebt 7) mich, bleiche Todesengel! 
Mit eurem Fittich. 
‘ Kempo.) 
Lost mi erden. — 
. (&rie) 
Umſonſt! — es trotzet mein Geſchick 
Der Macht des Schmerzes, der Macht des Tobdes! 
Zum Kampf! zur Rache! 
Toͤntes fort in mir! 
Dimmel oder Hölle) — gib mir gt! 
kicht:!? — — 
Und ich folge Dir. 


Das Leben eines Muſikers, das den Stoff der erſten Er⸗ 
zaͤhlung im Buͤchlein ausmacht, iſt in friſchem Zone vorgetra⸗ 
gen, Aber ohne allen Werth der Neuheit. Gin größerer Neich- 
ıhum mufitalifher Anekdoten und Beiträge von Fremden, die 
eine firengere Auswahl erlaubten, wären bem Büchlein für das 
nächfte Mal zu wünjden. f 152, 





Der Papft und bie Freiheit. Bon einem Rheinlaͤnder. 
Bweibrüden, Ritter. 1832. Gr. 8. 8 Gr. 


Die chriftlihen Werbinbungen, welche zahlreich genug find 
und eine hinlaͤnglich beſtimmte Form angenommen baben, um 
mit dem Namen Kirche belegt zu werden, könnten gar nicht bes 
ftehen, wenn fie einigen ihrer Mitglieder nicht das Vorrecht der 
Anordnung und Aufficht einräumen wollten. Was biefe gewirkt, 
mit welchen Innern unb äußern Schwierigkeiten und Bebnäng: 
niffen,, verfländigen und unverfländigen Gegnern fie zu kämpfen 
nebabt, welchen Einfluß fie gefunden und empfangen, lehrt bie 
Kirchengeſchichte, die Leinen a ohne Theilnahme laͤßt, 
vom jeher trefflich bearbeitet worde und bearbeitet zu werden 
fortföhrt. Das Berhäutniß des pöpftlicden Stuhls zur roͤmiſch⸗ 
Eatholifchen Kirche, beffen Ausdehnung und Beſchraͤnkung, ift 
von Fleury, Schrödb und Pland mit. einer Gerechtigkeit, Unbes 
fangenpheit und Ausfuͤhrlichkeit entwidelt, die jedem Beſonnenen 
in Stand fegt, eine Meinung in ſich auszubilden. Planck's „Be: 
ſchichte der chriftlichen Geſellſchaftsverfaſſung“ ift ein unübertreff: 
liches Meiſterſtuͤck Hiftorifcher Srjeit und ech philoſophiſchen Dul⸗ 
dungtgeiſtes, welcher eigner Ueberzeugung nichts vergibt, ohne 





fi eine einzige Thatſache zu erlauben, bie fremde für unerwie⸗ 


fen erklären müßte. Gchriftfkeller, die ſich katholiſch nennen, 


° 


> 208 


bleiden unter den Sproteßanten tief -zurkel. Ale Dberkluper', wacht 
einee Verbindung, bie aus Menſchen befteht, befinden fidh in ber | Wir 
ichen age, ſich zu gleicher Zeit ihrer Beinde und ihrer!) Anig fänden die Hin 
eande erwehren zu wüffen, um durch bie weiſeſte, zuvorkem⸗Sruchttuͤcke mögen 
mendfte und zeitgemäßefte Nachgiebigkeit bei jenen nur flägtigen 








Sofiattih in Deitfäpiend nidt ergo 
aufeflge qu beicbigen gläuden, Mam Air dor 
bEB Dänzen de entwiken. . 

gegen; ;(®. 3) Darf'der Mid 


| daf 
‚| Ablelutisums in conſtitutionnetten Staaten fortlieftehen? ' 
Dank, bei biefen bleibende Unzufriedenheit gu erwesben. Am | barf es nicht, weil dadurch ber heilige, aus Bilt Mari 


Hhaͤrteſten trifft diefes Loos Den, welchem num griftiche Waffen zu'| Grundſat der Wollsoberperrichaft.in deuſelben nur halb hervor 
bote ftehen. Die glänzen mehr als fie fein, dürfen nicht | treten Eınnz (S. 48) weis bie auf daB freleſte Voikeleben eins 
feinen und gelten für verroftet, „wenn fie alt geworden flußreichften Ideen. nie verwirkticht 1Berbens (5. 9) weil bie 
find; ihr Beſiher muß ſich nach weltlichen Bunbeögenoffen ums | Bölfer, ftetö tiefer ta religibe⸗ſittlicher Linficht fünkend, zu immer 
fehen, und früher ober fpäter wird ber Schuͤtling zum Unters | größerm Berberben ihrcü flaattichen Seſammtlebens hineilen. 
gebenen. Die Geſchichte der Päpfte iſt eine ununterbrochene | (©. 45) Es ift bie feftefte Ueberzeugung in ben wahren Water: 
Kette folder Erfahrungen, und deu. Beweis urkundlich zu füh: | lands: und Menſchenfreusden, doß wicht eine Handvoil felbffüds 
sen, daß beiweitem bie Mehrheit der von: ihnen ausgefertigten ‚| tiger Herrſcher, überhaupt.nicht ſawache Meitfchönkinder, fondern 
Berfügungen, durch weiche Zwieſpalt unter den Genoſſen ber | ein freier, über alle Schickſaie und Werhänaniffe erhabener, le 
Chriſtenheit entftand, befompere Giaubenstehten betreffend. möcht | benbiger Gott biefe gange Erds mit ibeer Menſchenwelt regiere. 
von ihnen, ſondern von mächtigen weltlichen Schirmberren auss | (©. 60) Nicht minder als die Mörderhöhlen, die kirchlichen Kids 
gegangen fei, beren Gigennup und Gigenfinn fie angeblich bes '| fer, müffen aud verbannt werben bie Kibſter unferer aufgeklaͤr⸗ 
ſchworen, und unter benen fich befonders ber fogenannte erfige: | ten Zeit, die Gafernen, bie Garnifonen, die flehenden Deere. 
borene Sohn ber Kirche, der Beherrſcher des Frankenreichs, von (©. 64) Wenn einmal in freien Staaten freie Kirchen in Wohrs 
jeher autzeichnete. on reinßaͤpftlichem Abfolutismus kann, fels :| heit deſtehen, fo werden ſich die Wölker in allen Ländern ber 
tene kurz bauernde unb ſchwer gebüßte Ausnahmen abgerechnet, | Erde, durch gewählte Repräfentanten für Kirchen: und Maten⸗ 
nicht ohne Unbilligkeit die Rede fein. - War aber das obgedrum: | wohl, in irgend einer freien Stadt ihrer göttlich IhöndPBtaas 
gene und nicht felten lange verweigerte Wort der höchften Birch: "| tenrepublif vereinen, um allen Gtreit, allen Krieg, allen Hader 
lichen Entſchelbung einmal geſprochen, die Banction der Neue !| aus ihren Grenzen als eine gosteBiäfterliche Rebellion gegen 
tung erzwungen, fo befahl allerdings ‚die Klugheit, es nicht zu | Vernunft, Freiheit, Gott und Menfchheit zu verbannenz; und 
widerrufen, wenigſtens durch Beharrlidkeit die Ohnmacht zu bes ı fie werben dies auf graden, öffenen Wegen befferi zu vollbrine 
möänteln, und durch Veraͤnderlichkeit des Einnes nicht auch den | gen vermögen ald jene Monarchen, jene Berricher und Herr⸗ 
Ueberreft des Anfehens zu verfcherzen. Diefe goun in den | Icherlinge aller Zeiten, auch unferer Zage, mit ihren Gefandten 
Gtürmen ber Zeit, diefe Ungebeugtheit bei wiederholten Wertuft, '| auf den berüchtigten Gongreifen, Sonferenzen, Comitien, in Sons 
1 venten bei verfchtoffenen Thüren, auf papierenem Glauben unb 
pergamentener Zreue, verziert mit dem Giezel der — Politik} 
Durch biefed große Beifpiel wird bie Chriftenpeit mehr als 
durch gedruckte Bibeln und einzelne Miffipnare auf tie Maffe 
der nichtchrifttichen, noch nicht wiebergeborenen Völker wirken,‘ 
Der Berf. Hat für gut gefunden, feiner Abhandlung noch fünfe 
sehn Betradtungen und Bifionen im Geifte diefer frohen Bots 
Haft hinzuzufügen, die wir der Beherzigung ſolcher Eefer übers 
taffen, deren Wißbegierde durch das Angeführte nicht überfättige 
it. Das erbauliche Ganze ſchließt mir ber Schitberung, bie 
Samuel (B. 1, & 3) dem juͤdiſchen Voike, das bes Geizes, ber 
Beſtechtichteit, der Ungerechtigkeit feiner Soͤhne mäbe geworben 
war, welche re zu Richtern über fie beftellt hatte, von einem 
Könige entwarf, imter“ beffen Oberherrfchaft fih bie umliegenden 
Böker gluͤcklicher fühlten. Bär die Abſicht des Buches if dieſe 
Auswahl einer Stelle bes Alten Teftaments überaus geeignet. 95. 

















Per damna, per caedes, ab ipso . 

Ducens opes animumgtie ferro, 

und fie allein hat ber römifchen Kirche moͤglich gemacht, ein ı 
Ganzes, und fein unbebeutendes Ganzes zu bleiben, obgleich es 
feit Jahrhunderten raſch zuſammengeſchmolzen ift und taͤglich 
neue Schmaͤlerungen erduldet. Noch finden ſich unter ihren ges 
wiffenhaften Belennern Anhänger, durch Sittlichkeit, Baterlande: 
liebe, Gelehrſamkeit, Beredtfamkeit und Geift ausgezeignet, und 
aufgek aͤrte michtkatholiſche Staatsbehdrben tragen Fein Bedenken, 
ihnen bürgerliche Rechte eimuraͤumen, einige derſelben fogar, 
3. 8. die nordamerifanifchen, fie den eine Zeit Yang mehr beguͤn⸗ 
ten Seligionsparteien gleichzuftellen. Das ift hoͤchſt fotge⸗ 
richtig, ba fie von dem allerdings erhabenen Grundſatz ausgehen, 
Seroifensfreipeit fei das beſeligendſte aller Rechte, und felpft po 
litiſche und perſoͤnliche Freiheit, fo viel ihr nachgeruͤhmt werde 
mag, werde um den Verluſt der Gewiſſensfreiheit zu theuer er⸗ 
kauft, welche unerſetzliche Beruhigung im Leben und im Tode 
gewaͤhrt. Gleichwol iſt nichts dagegen einzuwenden, daß Alles, 
was von Vernunftgruͤnden gegen die Lehren und Ginrichtungen 
der roͤmiſchen Stiche aufgeßoten werben mag, zur Sprache fomme. 
Des ift von jeher und mehr oder weniger überall geichehen und 
beſonders felt der großen Kirchentrennung des 16. Jahrhunderte 
mit glänzendem und entfcheidendem Grfolge, ber fogar für bie 
verlaffene Kirche nicht ohne weohlthätige und beilfame Wirkungen 
geblieben if. Auch mag zeitgemäß fein, Gründe, welche ber Ue⸗ 
berzeugung hochverdienter Vorfahren einleuchteten, burch berebte 
Wiederholung vor ber Bergeffenheit ihrer Nachkommen zu ſichern, 
zu verflärten und Folg en, bie ſich logifch und einleuchtenb 
ergeben, zu allgemeiner ' e zu bringen. Aber die Wahrheit 
ewinnt nicht durch Ungerechtigkeit, Uebertreibung und nichtigen 
ortſchwall, fondern wird vielmehr verkächtig in dem Munde 
des Fanatikers; und bee befönnene unterrichtete Gegner eines bes 
fiedenden und, gleich allen menfdhlichen Dingen, unvolllommenen 
Berbaͤltniſſes, weiſe den unberufenen untauglichen Gehuͤlfen mit 
unvillen zuräd. Dieſem Geſchick wird ber Verf. vorliegender 





Literarifhe Notizen. 

Bon ber Ueberfegung der ‚Briefe eines Verſtorbenen“ 
(„Memoires et voyages du prince Pückler Muskau. Lettres 
posthumes sur l’Angleterre, P’Irlande, la France, la Hollande 
et l’Allemagne”) ift in Paris der dritte Band erfcdhienen. In 
der Borrebe if ein früher in verſchiedenen franzöfiichen Zeitun⸗ 
gen mitgetheilter Brief abgebrudt, worin ber Fuͤrſt Puͤckler bie 
Autorſchaft ablehnt. Jene Vorrede fchreibt diefe Verleugnung 
br Plate Lage des Färften zu und gibt einige Nachrichten 

ee ihn. 


Beéranger's neuefte Lieber erfchienen mit einer Widmung 
an Lucian Bonaparte im Februar unter dem Titel: „Chansons 
nouvelles et dernieres”. Der Dichter nimmt barin Abfchieb 
vom Yublicum. Ginzelne Lieder erinnern an feine beften, aber 
im Ganzen flieht han, wie wahr er felber gefagt bat, mit 
Flugſchrift nicht entgehen. Nichts ift gur daran als Drud und | Karı X. Vertreibung habe feine Dichterſchaft geendigt. Die 
Papier, und fo fhäsbare Baben an fie verſchwendet zu haben, | Verkehrtheiten und Lächerlichkeiten der Reſtauration erweckten 
Tann ber Verleger nur durch Wegänftigung eines Yublitums | ihn zum Volksdichter. 9, 


Nedigist unter Verantwortlichtelt der Verlagsbandlung: F. A. Brodbaus In Leipzig. 





literariſche 


— 





Montag, 


a nn 


— 





Roſini's „Torquato Taſſo“. 
WWeſchluß aus Nr. 6.) 


Antonio Montecatino, dieſe hervorſtechende Figur des 
Goͤthe'ſchen Dramas, erſcheint nicht auf der Bühne; ſtatt 
defien lernen wir den bereits erwaͤhnten Gherardo und den 
Secretair Crispo kennen, die freilich der moralifhen Würde 
jenes Goͤthe'ſchen Charakters ermangeln. Maddalö, ber 
Räuber jener erften Verſe, wird mehrfach erwähnt, unb 

on Ercole Rondinellt, ein Freund Taſſo's, fpielt eine 
Roas untergeordnete Rolle. Defto wirkungsvoller iſt da: 
gegen die Erfcheinung des Dichters Guarino, der, zwar 


eiferfüchtig auf die vielen, Taſſo widerfahrenen Gunſtbe⸗ 


zelgungen und mit feinen Schwächen und Inconſequenzen 
ebenfo bekannt als felber von ihnen frei, dennoch voll 
würdiger Gefinnung an bem heimtädifchen Zreiben jener 
gemeinen Neider Leinen Theil haben will. - Statt ber 
Graͤfin von Scandiano (Leonore von Gan:Bitale) treffen 
wir bei Roſini die gleichfalls gefchichtlihe- Gräfin Arco, 
eine Vertraute der Prinzeffin, ziemlih im Sinn ber franz 
zöfifchen Schaufpiele. Eleonore und Alfonfo endlich er: 
ſcheinen beide ginde weich und poetifch, dafür aber ita⸗ 
Lienifcher und "Individueller ale in der Dichtung unfers 
deutfhen Meifters. Karl Witte. 


» Bierter ct. 


Achte Scene. 
Der Derzog kommt mit einem Buche unter dem Arm aus dem Schloffe 
. unb tritt Taſſo entgegen. . 

Herzog. Ich freue mih, Sud zu ‚begegnen, Zorquato, 
denn ich befdäftige mid, wie Ihr feht, ſchon feit einiger Zeit 
m.t Quern -Sedidhten. | 

Zaffo. Eure Hoheit erzeigt mir zuviel Ehre. Für fi.) 
Es iſt eine andere Abfchrift als die, melde ich der Prinzefjin 
gegeben habe. 

Herzog. Begleitet mich. Laßt uns die balfamifche Luft 
gemeinſchaftlich einathmen, die Morgens durch dieſe Gebuͤſche 
weht. Hier gleicht die Natur der Beſchreibung, die Ihr von 
tem Gipfel det bezauberten Berges macht. Niemals betrete ich 
dieſe Anlagen, ohne zu denken, daß Ihr nach ihrem Vorbilde 
die reizenden Gaͤrten der Armida ſchildertet. Immitten das Schloß, 
tieffeit tie Irrgaͤnge, jenſeit die Waſſerkuͤnſte, welche bie Leis 
tungen des Po mit immer zeichlichem Zufluffe verfehen. Wenn 


wir dereinft nicht mehr fein werden, wenn aber Quer ,Befreites- 


Serufalem’’ im Wunde Aller leben wird, dann wird Niemand, 
wenn er die Gchilterung des Bartens der Armida lieft, die An⸗ 
lagen von Bel Riguardo vergeffen Können. 


— Nr. 70 —— 


Schuld? 


Blaͤtter 


ur 


Unterhaltung. 





11. März 1833, 





Zaffo. Die Breigebigkeit Ew. Hoheit bat diefe Anlagen 
fo fehr verfhönert, daß man Euch ihren zweiten Begründer 


' nennen Tann. 


‚Derzog. Gewiß, Zorquato, ber fechzehnte Gefang Eures 
Gebichtes if einer der kunſtreichſten und beivundernswertheften. 
Niemand hat Cuch aber auf einen Umftand aufmerkſam gemacht, 
weldger dennoch auch bem minder Grfahrenen in die Augen fällt. 

Zaffo. Das wäre? — 

Herzog. Dogleich Armida allein über ſich zu verfügen 
hat, obgleich fie Heidin und Zaubrerin ift, fo find doch für ein 
chriſtliches Gedicht der fchiäpfrigen Schiiderungen von ihren Um⸗ 
gebungen zu viele — und ich würde Cuch rathen, fie zu tikgen. 

Saffo. Aber bie dichteriſche Nothwendigkeit — 

Herzog. Bon der rede ich nichts dee Grund meines Vers 
—* liegt aber tief, tief in Dem, was Euch und was mir 
gez 

Zaffo, Was Em. Hoheit geziemt? | 

Derzog. Zorquato, bie Welt weiß, daß Ihr feit zwölf 
Jahren zu dem nähern, faft mächte ich fagen vertraulichen Um⸗ 
gang meine Schmwefter zugelaffen werdet; was alfo fol fie ſa⸗ 
gen, wenn fie Gedanken und Schilderungen lieft, welche die 
Scham verlegen? wie follte fie nicht von ben Gefühlen und Bes 
ſchreibungen des Dichter auf Dasjenige fdhließen, was er taͤg⸗ 
ih vor Augen fieht und fo wen’g achtet? Sene Stellen alfo 
müffen getilgt werben. 

Taſſo (verlegen. Aber bie allzu verbreiteten Abfchriften ? 

Herzog. Liegt in diefer Verbreitung nicht eine neue 
Je größer ein Mann ift — unb gewiß Ihr ſeid es fo 
fehr ale Wenige — deſto forgfamer muß er bedenken, ehe er dem 
Papiere einen Gedanken anvertraut, mit deſto größerer Vorficht 
muß er anftehen, Abfchriften zu geſtatten, durch weiche feine 
Entwuͤrfe verbreitet werden. 

Zaffo. Manchmal nöthigt die Ungeduld — — und bann 
bie Gewohnheit, auf lofe Blätter zu ſchreiben — — 

Herzog. Wie Ihr noch auf dem Herwege gethan habt. 

Taſſo. So wißt Ihr fchon, gnäd’ger Herr? 

Herzog. Ich weiß Alles. — Ihr verließt die Gondel. 
Ihr ſetztet zu Fuß Cuern Weg fort und verfaßtet vermuthlich 
ein neues Gedicht? | 

Zaffo. Ja, mein Bürft, und fo eilig es entftanden ift, 
kann ich die Hoffnung nicht aufgeben, daß Ew. Hoheit es huld⸗ 
reich aufnehmen werben. (Er nimmt eine Schrift aus ber Taſche 
und überreicht fie dem Herzog.) ** 

Herzog. Und ber Gegenſtand? — 

Taſſo. Die neue Verbindung Ew. Höbheit. 

Herzog. Nun, id weiß nicht, mas der neugierige und 
thoͤrichte Haufen von Liefer meiner dritten Heirath fagen wird, 
In der That aber war der Wunſch, Nachkommen zu erzielen, 
der einzige Grund meines Entſchluſſes. (Er burdfliegt die Schrift.) 

Zaffo. Möge der Himmel biefen Wunſch des ganzen 
Landes erbören. 

Herzog. Das Gedicht hat meinen Beifall und möge bei 


% 


‚ 286 


den übrigen feinen Plat finden. (Er Iegt ed in bad Bud, was 
er no in den Händen bat.) Doc feben wir uns. Auf dem 
Wege hierher habe ich einen Theil Eurer Poeſien gelefen und 
will Euch über einige um Auskunft bitten. Ihr wißt, Zorquato, 
wie fehr ich Euch liebe, und ich bin überzeugt, daß Ihr einft 
meine Gefinnungen erwidert habt. 

Zaffe (für ih). Einf — Bu 

.  Hergog. Auch weiß ich ferner, daß Ihe gefagt, ja felbit 
geſchrieben habt, mein Intereffe an Euern Dichtungen und mein 
Lob haben nicht felten zur Vermehrung Eures Ruhmes beige: 
tragen; denn Ihr wißt wohl, daß Leine Eurer Arbeiten mir 
gleichgültig ift. ' 

Zaffo. Zu viel Gnabe. 

. Bergog Sagt'mir, die Laura, die hier fo oft genannt 
wird, ift doch der Prinzeffin DHoffräulein ? 

Zaffo. Ja, mein Kürfl. 

Derzog. Ic errieth es ſchnell, und wie es ſcheint, war't 
Str ihr fehr gewogen. Und nun die Gräfin Scandiano? Ich 
babe die an fie gerichteten Gedichte mit Aufmerkfamfeit durchs 
lefen ; aber fo fhön, fo zierlich fie audy find, fo habe ich dennoch 
in Beinem berfelben diejenige Reidenfchaft, das tiefe Gefuͤhl ge: 
funden, von denen der Munb überftrömt, wenn das Herz voll 
davon ik, das Gefuͤhl, das nur fich in den Verſen auszuſpre⸗ 
chen Scheint, die ich geftern Abend Euch im Zimmer meiner 
Schweſter nieberfchreiben ließ. (Taſſo macht eine Geberbe bed Er⸗ 
Raunend.) Darin indeß Bann ich wielleicht irren; laßt und jedoch 
zu andern Gedichten übergeben, die der Ueberichrift ermangeln. 
Bier, wo Ihr von funfzehnjährigen Qualen redet, hier, wo Ihr 
Sud Sures langen Dienens rühmt, und hier, wo Ihr die hohe 
Frau verherrlicht, die verkleidet bei emem Feſte erſchien — 

Baffo Mr ihr. Himmel, was will er fagen? 

-  Serpog. Und endlich der in geheimmißvollen orten bin 
und wieber verftreute Name Eleonore — fagt mir, ob dies Alles 
wol aud den Kurzfichtigften in Zweifel laffen kann, von wel: 
cher Cleonore Ihr redet. 

Tafſo Mic duͤnkt, biefe Gedichte ermangeln weder ber 
Ehrfurcht noch der Verehrung? 

Herzog. Ehrfurcht? Verehrung? — So fagt mir benn, 
ob Ihr es auch noch Ehrfurcht und Werehrung nennt, wenn 
Fa an bie Gräfin don Arco, die Ehrendame meiner Schweſter, 


Wenn Livia zu mir fpricht, mein Amor mid) durch ibren Mund 
belehrt; . 
und damit jeber Zweifel ſchwinde, fügt Ihr an einer andern 
Gtelle Hinzu, fie fei: 
Bon einer ſchoͤnern Gottheit hergeſendet. 
Seid Ihe wahnſinnig oder tollkuͤhn, ober ſeid Ihr beides zu: 
gleich. (Jaſſo will antworten.) Schweigt! Eure Rebe würde mich 
aur aufbringen — — doch auch biefen Schritt will ich Euch 
verzeiben, wie ich geſtern Euch großmäthig bie Verſe verzieh, 
die Mabbald verbreitet hatte, und von benen Ihr, ja Ihr, Tor⸗ 
quato, am befien wißt, an wen fie gerichtet find. 
Zaffo. Gmäbiger Her — 
Herzog. Schweigt! Ich wiederhol es Euch, und hört 
mich ſchweigend an. Aber wer? — doch was fage ich wer, 
weldger bostyafte Geiſt ber Hölle kannte es Euch eingeben, daß 
Fur Such ruͤhmt, mit Maren Worten ruͤhmt, Liebe in einer koͤ⸗ 
Beuft entzuͤndet zu haben? 
Saffo Wie? 
Herzog. Keine Deutung, Feine Erklaͤrung kann ben 
®inn Eurer Worte verändern: 
An deinen koͤniglichen Bruſt entbrannte 
Bon meines Lobes Liedern helle Glut. 
Benig Scharfſinn bedarf es, um zu erfennen, von wem bier 
die Rede if, und foll ich nicht fo freche Verwegenheit beftra- 
fen? Antwort. 
— fo. Dieſe Berfe, gnaͤdigſter Herr, ſollten nicht bekannt 
werden. 


J 


Herzog. Wie kamen fie denn in meine Hände? — In 
ber Sammlung der Weorigen? j 

Saffo., Breunde, bie ruͤckſichtslos — 

Herzog. Warum verweigertet Ihr fie dem Freunde 
nit? Gelten Ehrfurcht und Pflicht Euch weniger als die 
Reugier der Freunde? Wohl weiß ich, dab Eure Sinbildungse 
fraft allein Sud bie Sunft vorlog, deren She Euch ruͤhmt, 
benn ſchon feit langen. Jahren thut Ihr nicht einen einzigen 
Schritt, beffen Fubſtapfen mir undekannt blieben, geht kein 
Wort über Eure Lippen, deffen Echo nicht in meinen Ohren 
wiederklaͤnge; ich weiß alfo, baß bis jegt nur Eure Phantajie 
fündigte. Wäre es anters, dann würde Euer Schickſal bekla⸗ 
genswerth fein. Dafür aber, daß Ihr nicht gewährter Gunſt 
Bud rühmt, verbient Ihr Strafe, und Ihr follt fie haben. 

Taſſo. So gebt fie mir. 

Herzog. Rein, auch dies noch will ich dem Dichter 
vergeben, ter mir ben Goffredo gewidmet hat. — Ihr habt 
mich body geehrt, und ich weiß es zu fühlen; Ihr habt mich tief 
gekraͤnkt, und ich verzeih Eu. Nun ader flehen wir uns mit glei⸗ 
hen Anſpruͤchen gegenüber, und unſere edimung iſt mehr als 
aufgehoben. 

Taſſo (sſteht auf). Mein Fuͤrſt, voll Dankbarkeit — — 

Herzog. Set Euch, ich habe noch mehr zu fagen. Tor⸗ 
quatd, ben ich ehrenvoll bei mir aufgenommen, ben ich immer: 
dar befchüst und geliebt Babe, was fol ich von ben Papieven 
benten, welche dieſe Sthreibtafel verichließt‘? tie nimmt die Scheeils 
bafel aus ber Seuentaſche und daͤlt fie dem Taſſo mit drohender Ges 
erve vor. . 

Zaffo. O ſchaͤndlicher Verrath! 

Herzog. Die BVerräther lieb’ ich nicht, das ſagt' ich 
Gar ſchon gettern. und das wißt Ihr. Derjenige alfo, durch 
den biefe Brieftafche in meine Hände kam, wich mir Rebe dar⸗ 
über zu fliehen haben, wie er in ihren Befig gelangte. Die 
Gedichte aber rühren darum nicht minder von Such ber; ohne 
—* ade Amen fie ig meine Hände, und nun ae 

e, Pflicht und verlegte Gaftfreun ft, daß ich Recherichufe 
über ihren Inhalt von Euch ferne. 

Taſſo. Mnäbiger Herr — — für einen Anden — 

Herzog. Hüte Euch wohl, zu lügen; bie Lüge möchte 
Euch theuer zu ſtehen kommen. 

Taffo. Allerdings für einen Anbern, wie auch bie Ueber⸗ 
frift ergibt. 

Derzog. Erhebt Bure Stirn und feht nie ins Geſicht; 
mich foll doch verlangen, ob bie Zreulofigteit weit genug gebt, 
mir Das in die Augen zu behaupten. 

Taſſo. Mein Fü 

Derzog. Bedenkt, daß die Schuld mich zu Zeiten firenge 
machen Tann, daß ich aber gegen ben Lügner unerbittlidh bin. 
Hofft alfo nur, wenn Ihr Euer Herz auffchließt, wenn Ihe 
wahrhaftig ſeid. 

Zalfo. Hoffen? _ 

Derzog. Wenn Ihr nicht luͤgt. — Was Eönnte bie Lüge 
Euch aber auch helfen, wo biefe Papiere Gewißheit bigten ? 
Welt Ihr Euerm Vergehen nun noch die Lüge, wol Ihre 
bartnädiges Leugnen Gurer Verwegenheit hinzufügen? 

Zaffo. Ahr veriangt es? . 

Herzog. Ich verlange nichts, ich fodere Eu auf. _ 

Zaffo (hebt auf). Da Ihr mich denn auffobert, mein 
Zürft, fo will ich mich ruͤckſichtslos Cuch vertrauen. 

Herzog (feht edenfalls auf. (Br ih.) IE möglich? 

Zaffo (verneigt ih mit Würde). Ich bekenne mich ſchuldig. 

Herzog (für ih) Was hör’ ich? 

Zaffo. Und fiehe um Gure Gnade. 

Derzog. Ihr gedachtet alfo wiſſentlich zu fünbigen ? 

Zaffo. Wer auf der Welt ift ohne Sünde? 

Herzog. Ich am wenigften, body nidyt auf ſolche Art. 

Zaffo. Darum flehe ich um Qure Vergebung. 

Herzog. Und Ihr wagt au, zu glauben, daß Ihr fie 


387 


yerbienen könnt, währen hier innen (zeigt auf die Schreibtafel) 

nicht eine Zeile ſteht, die nicht Rüge ober Wahnwitz wäre? 
Zaffo. Da innen ift aber aud alle meine bisherige 

Schuid enthalten, und nur Worte find mein Verbrechen. 
Herzog. Wäre «5 anders, würbet Ihr wol nod leben? 
Zaffo: Was Ew. Hoheit verlegt," kann vertilgt werben. 
Herzog. Um Eures eignen Ruhmes willen unmöglich. 
Zaflo. Bedenkt, wenn die Feder fehlte, daß das Herz im⸗ 

mer voll Ghrerbietung war; wägt das Gute gegen das WBöfe 

eb, und wenn das Lepte überwiegt, fo feib großmütbig. 
Herzog (aͤuderſi heftigj. Großmuͤthig auf Koften meiner 

ve? 


- Kaffe. Mein Kürft, wenn ich reuevoll und zerknirſcht 
bin, fo feid Ihr gnäbig und edeimüthig. 

Herzog (gelaffen und- mis ſcheinbarer Rube). Schuldig, reue: 
vol, Vergebung. Aber fagt mir nur, Torquato, weshalb denn? 

Zaffe. Weshalb? 

Herzog. Habt Ihr midy nicht verfianten, ober wollt 
Ihr mich nicht verflehen? 

Zaffo. Nicht verfiehen wollen ? 

Herzog. Man kann ja nicht fehlen chne Urberiegung. 

Zaffo. Ohne Ueberlegung ? 

Herzog. Sich Feiner Vergehen ſchuldig machen ohne 

i t 


Taſſo. Was hoͤr' ih? 

HOHerzog (mit Strenge). Und Einſicht und Ueberlegung vers 
ließen Guc in dem Augenblicke, wo Ihr es wagtet, jene Ge⸗ 
dichte gu ſchreiben. 

Taſſo. Ih? 

Herzog. Ja, bie Wels foll es —37 — daß Ihr den 
Verſtand verloret und dadurch Euch entſchutdigen; fie ſoll wiſ⸗ 
fen, daß ich bie Verirrung Eures Geiſtes erkannte und Gud 
darum unbeftraft ließ. (Bu Crispo, der an der Ihär des Schloſſes 
erſheint.) Weine Befehle follen ſogleich vollzogen werben. 

Zaffo (außer fih). Sch verrädt? 

Herzog (kehrt nod einmal um). Ja, das feib Ihr, das 
müßt Ihr fein,. und wehe Euch, wenn die Welt jemals ahnet, 
daß Ihr es nicht feib! 





Anregungen. Erſte Nummer. Auch unter dem Titel: 
War Shakſpeare ein Chriſt? Shakſpeare war nicht 
ganz Shakſpeare. Oder über das chriftlihe Princip 
in der romantiſch⸗ dramatifchen Poeſie. Bon Fritz 
Fritzart. Heidelberg, Mohr. 1832. 8. 8 Er. 

Die „Evangeliſche Kirchenzeitung,’ hat in ben Icgten Jahren 

We Heroen unferer deutfchen Eiteratur : Schiller, Goethe, Herder, 

Jean Paul, Jacobi und Windelmann vor ihr Tribunal gezogen 

und ten freien Schwung ihres Geiſtes nach tem enghergigen 

Maße einer todten Drthodorie als undriftli und Fegeriich 

ei'en laſſen. Zu bdiefen Inguifitoren des 19. Jahrhun⸗ 
deris gefehlt ſich audy der Verf der vorliegenden SBrofchüre. 

Er dringt zuvoͤrderſt dievon 3. H. Voß im, Sophronizon“ (Bd. 4, 

H. 2, S. 95 fg.) beregte Frage, ob ſich Shakſpeare an den 

römifhen Katholicismus angefchloffen habe, in Grinnerung lobt 

darauf Giniges an Shakſpeare, vermißt aber gleidy auf der zwei⸗ 
ten Geite „unter ben koſtbaren Ddlsern feiner Apotheofe bas koſt⸗ 
barfte, das allen andern erft das Feuer ber Verunſterblichung 
mittheilen kann, wir meinen das Holz vom Kreuze Chrifti.‘‘ 
Und nun wird an dem Gharalter Wolfey’s in „Heinrich VIII.“ 
gezeigt, daß die Darftellung, bie Geiſtes und Gharafterentfals 
tung bei Shakſpeare falſch und unchriſtlich ſei. Wollen dient 
nicht Gott und Ebriſto, fondern ben br.i Garbinalfü ben: Flei⸗ 
ſcheeluft, Augenluft und Hoffart, bei feinem Sturze weicht er 
ganz vom Gvangelium und evangelifcher Erke ntniß ah, er weiß 
nicht, daß der Menſch nur durch Defum Chriſtum Vergebung 
ker Sünden hat, der Mörter und Todtſchlaͤger Wolſ.y kann 


n 


nicht in den Himmel kommen, mit einem Worte, ber bekehrte 
Wolſey iſt noch immer ber alte Adam, er verkennt und verleug: 
net das Ghriftentbum auf eine entichiedene Weile. Alle dieſe 
Saͤtze find nun auf eine wirklich unangenehme Weile mit An⸗ 
führurgen aus Baader's, Ad. Müllers und Tauler's Merken, 
aber auch mit Stellen aus ber beiligen Schrift angefüllt, mit 
denen nad unferer Anficht ein freventiiches Spiel getrieben wirb, 
ba Ihre Anführung hier ebenſo unmürbig als unpaflend iſt. 
Aus Allem wird nun inbirect und birect gezeigt, daß Ehakſpeare 
kein Chriſt war, denn er durfte ja einen folchen Charakter nicht 
ſchildern. Dagegen würbe e8 ſehr erwecklich gewefen fein und ın: 
nige Theilnahme erwedt haben, „wenn er ben Zuhörern das 


Ringen und Kämpfen eines Menſchen mit fih feltft in feinen 


“ Fe a — ß 
7 


Sünden, und mit dem Geſetz, das ihn verdammt, mit dm Er- 
Iöfer in feiner Snabe, und mit ber Gnade, bie ihm bargeboten 
ift zu feiner Seligkeir” (S. 56), gegeist Hätte. Denn „Berföh: 
nung, nicht der Freiheit mit dein Schickſale, fondırn tes Suͤn⸗ 
dets mit Bott muß ber Zweck der Tragddie, ihr Geiſt und Ge⸗ 
halt muß vein religiös, d. i. chriſtlich idr Schauplatz nicht bios 
bie Erde, die Hätte ber Thoren, ſondern auch das Paradies, 
Himmel und Hölle fein’ (8. 59). Und nun beginnt ein myſti 
fer Unfinn, wo man dem Verf. kaum folgen fann, bis end⸗ 
Ih S. 69 gefolgert' wird: „au in dem dhrifilicden Dichter 
(db. h. Shakſpeare) hatte Chriſtus, wiewol er in ibm war, Peifte 
Geſtalt gewonuen; der Dichter fland außer dem Chriſtenthum.“ 
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Riemand 
tommt zum Bater denn durch mid. Joh. 1%, 6. In Chrifto 
ift Ausgteihung und Ende alles Streites, ift Werföbnung und - 
Kriede. Daraus folgt für die romantisch » bramatifche Poefle: fie 


geht und führt einen unwahren Weg und hat das Leben nicht 


in fi. Jeſus Ehriftus, als ber Berföhner in Ewigkeit, if von 
ihe mit einem heidniſchen Schleier überhält. Und iſt Poeſie 
überhaupt natürlicher Myfticiemus und der urfprüngliche Heyſti⸗ 
ciömus der Schrift die wahre Poeſie, To ift, wie Shaßfpeare’s 
böchfte Poeſte von Profa inficirt erſcheint, die von ihm reprä- 
fentizte Poefie dlos ein Poefie erkuͤnſtelnder Proſaiemus und, 
ba bie wahre Begeiſterung nur vom heiligen Seiſt ausgeht, in 
ihrer hoͤchtten Begeiſterung auswendig und nüchtern.’ 

ienti sat. Denn man wird fon aus biefen Proben 
fehen, wie wenig ber Verf. geeignet ift, über einen Shakfpeare 
zu urtheilen, und wie viele Urf man bat, zu glauben, daß er 


"bald vergeffen fein wird, oder daß er, wie er von Shakſoeare 


am Schluffe jagt, ‚ein Stern ift, der vom Himmel fallen wirb 
ie ber legten Zeit““, d. h. in der allernächften Zutunft. Wäre 
Hr. Frigart nicht fo gang incurabel, fo wuͤrden wir ihn für aͤhn⸗ 
Ihe Unterfuchungen auf Horn's Grläuterungen um Chal 
fprare, Th. I, ©. 272 fg., verweilen, aber dies Buch würde 
er auch ſchon aus dem Grunde verwerfen, weil Horn ein Pro: 
teftant il. Denn Hr. Frigart iſt allem Anfcheine nad ein Kar 
tholit, wie wir außer feiner myſtiſchen Tendenz auch aus bem 
Iateinifchen, Gitate des Alten Teſt ments und einer @telle des So⸗ 
photl:6 (da8 Graeca non legantur gilt bekanntlich vorguasweife 
von den Katholiken) fchließen. Auch feine Abneigung gegen Schil⸗ 
lee, Gorthe un» Ican Paul, die ein guter Katholik nicht leſen 
und befonders nicht Lieben darf, fcheint für biefe Annahme zu 
fprechen. . 

Zum Schluß müflen wie noch bie Anmerkung auf ©. 67 
mitteilen. Im Zerte ift der Teufel erwähnt. Dazu bemerkt 
Hr. Zrigart: „Wie der Teufel (Satyr, Epötter) auf dem Bock 
(zoayos. Zrua) in bie Tragydbire (Bocksgeſang, Krug: unb 
Zeufe:stied) gefimmen ift, fann man ſchon in ber geſchichtlichen 
Entſtehuna berfeiben finten, und wes Geiftes fie iſt, ſagt ihr 
Name. Sie heißt heutzutage, in der romantiſchen Zeit, auch 
Echauſpiel.“ Gin erbauliches Proͤbchen, wie weit es jegt mit 
bem Stomologifiren und Gombiniren gefommen iſt. Goll des 
auch eine „Anreguna” fein, fo kann fie nur zum KBerbruß und 
zum Bebauern anregen. 89. 


+, 


268 


Correſpondenznachrichten. 
Berlin, Vebruar 198. 


— — Unfere Zelegrapbenberichte, bie der bloßen Hebung we« 
gen von hier nad Magdeburg und wieber rädwärts curficen, 
geben bie Thatfachen, die gemelbet werben follen, nody oft in 
fehr verftellter und verkehrter Wehe. Die Hieroglyphenkunſt 
diefer unferer Luftſchreiber — benn es gibt bei uns audy eine 
andere Art Luftſchreiberei — fcheint wenigftend unter den Gin: 
geweihten ſelbſt noch manches Misverſtaͤndniß zu erzeugen. 


Die beiden Elaler haben nun endlich hier das Feld geräumt, 
wenn nicht mit klingendem Spiel, doch mit klingendem Beutel, 
mit Benefiz, Brillantfhmud, einem prachtvollen Reifewagen, 
den fie zum Geſchenk erhielten, und vielleicht auch mit taufend 
brennenden Herzen, bie von den Küßen ber Anmuthigen umftridt 
wurden. Unter die Anekdoten, die man fi von ihnen während 
ihres hieſigen Aufenthalts erzählte, gehört au Fanny's Fur: 
zes poetifches Glaubensbekenntniß. Auf bie Frage, was fie von 


ſtets mit neuen Sinfälen amöflattet. Kemer und ee ur 
beamatifchen Diufe fürdgten, die kurze Scene, anfänglich nur 
ein junges, beſcheidenes Kalb, werde noch durch bie Zufäge zum 
Bohn der edeln Seelen Br einem vierdeinigen Sktuͤck erwachſen. 
Das Ecben der bertiner Bolläpefe iſt ja fo reich: wie kann ba 
ein einziger Auftritt und Abtritt genügen! 

Während ein Theil des berliner Publicums in ben mittlern 
und ımtern ‚Ständen fich ben Bagatellen und den allzu lofen 
Scherzen der Buͤhnenleiſtungen vollauf hingibt, Tann es nicht 
fehlen, daß in denſelben Staͤnden auch eine zweite, jener ſchroff 
entgegengeſetzte Richtung ſichh an einzelnen Erſcheinungen dekun⸗ 
bet, deren Extrem ebenfalls nichts weniger als geſundes Leben 
und frifhe, dewußte Thatkraft offenbart. Ic meine die Ge⸗ 
meinſchaft ber fi vom Außenleben und feinen Spielen zuräd 
siehenden Brommen, deren Gemuͤther an einem woͤchentlich eins 
mal erfcheinenden religiöfen Blatte jegt neue Rahrung gu ges 
winnen feinen. Diefer „Gonntagefreund”, der eine Achrenlefe 
aus der Hengſtenberg'ſchen „Cvangeliſchen Kirchenzeitung““ zum 


Beſten gibt, ſchmeicheit ſich, wie die engliſchen Yennyzeitungen, 


der deutfchen Poeſie halte, und welchem Dichter fie ihre Reis } 


gung aumeift ſchenke, erwibderte bie wigige Grazie, fie wiffe halt nit 
viel davon, von manchen Poeten kenne fie blos den Namen, 
von allen aber gefielen ihr Langbein und Stredfuß am 
meiften. Auch an diefen mag fie wol nur die Namen lieben, benn 
was nicht Bein und Fuß hat, gilt ihr nichts. Den Cham: 
pagner liebte das naive Schweiternpaar in Gefellfchaft mit dem 
biefigen Hofſchauſpieler Blume aus großen Gläfern mit hohem 
Zuß zu trinken. Daß fie überhaupt auf einem hohen Fuß gern 
leben, kann ihnen Niemand verdenten, der weiß, baß jede von 
Beiden während bes halben Jahres, wo fie das biefige Ballet 
leiteten, eine Summe von 8000 Ihalern zog. Gollte man nicht 
meinen, wir lebten in der römifchen Kaiferzeit? SBefagter Herr 
Blume, der fehr gut den Don Juan fpielt, hat fie nad Lon⸗ 
don begleitet, wo auch er an der bortigen deutſchen Bühne 
Saftrollen zu geben gebentt. Wenn der Fama zu trauen, find 
die Damen durch ein bauerndes Engagement ald Balletmeifte- 
rinnen, an unfere Bühne gebunden, und ber Reifewagen ſcheint 
ihnen nicht in der Abſicht, fie fchnell zu transportiren, fondern 
um fie fehleunig hin: und .zurüdzuführen, verehrt zu fein. 
Als die Kinder der Terpfihore abzogen, hofften wie fanfı 
tern und reellen Mufen auf den Bretern begegnen zu können; 
allein Dem: Taglioni, bie berühmte Tänzerin aus Paris, ga: 
flirt bexeitd und fucht den Verluſt zu erfegen, den Berlin er: 
litten. Bald aber benfen wir Dem. Bertha Earl, die in Ita⸗ 
lien, Spanien, Gngland, Frankreich und Belgien gefeierte 
Sängerin, hier zu begrüßen, und bie dahin mag ſich die Tanz 
manie ausrafen. Wenn wir bie Donna Anna, die Armida 
und XAlcefle hören, werben die jeht verfihüchterten Enthuſiaſten 
der Zonkunft wieder Haupt und Stimme„erheben, und eine Par: 
tei der Garliften wird auch in Berlind Mauern aufftehen. Bon 
diefen Garliften hat der Staat wahrlich nichts zu fürchten. 

. Auch in tem königsjtäbter Theater brechen im Sonntags⸗ 
publicam mitunter heftige Parteiungen aus. Man läßt neue 
Stüde nit zu Ende fpielen, trommelt, zifcht, Tchreit nad) dem 
Borbange und verlangt einen beliebten Eckenſteherwitz, den das 
Publicumchen ſich faft täglich vorlegen läßt. Dieſes Schauſtuͤck⸗ 

chen, eine kurze Scene, die einen numerirten Arbeitömann, der 
an ben Gtraßeneden müßig dem Zreiben der Welt zufieht, als 
Helden probucirt, hat den hiefigen Schauſpieler Beckmann zum 
Madyinator, um nicht Verfoffer zu fagen, und um dem flürs 
mifchen Andrange feiner Vergoͤtterer nicht zu erliegen, hat fich 
diefer unſchuldige Bühnendichter fogar entſchließen müffen, fein 
fingerlanges Werkchen im Druck herauszugeben. Die Wuth des 
Beifalle iſt jedoch dadurch keineswegs geſchwaͤcht und abgeleitet; 
man verlangt ben „Scenfteber Nante“ noch immer faſt täglich 
:m Theater ſelbſt, wo ihn Hr. Bedmann mit feinem allerdings 
ergöglichen trodenen Humor ald unverwuͤſtlicher Improviſator 


auch durch feine Wohlfeilheit in taufend ftillen Werkeltagsfa⸗ 
milien ein. oo. 

Eine dritte Richtung Berlins, der die hoͤhern Stände hul⸗ 
digen, iſt bie muſikaliſche. Je mehr das Slaſſiſche in diefer 
Sphäre von ber Bühne verbrängt wird, deflo weiter unb tiefer 
greift die Thaͤtigkeit ausgezeichneter Virtuofen in Soirées und 
Eoncerten um ſich. Beethoven und Haydn find hier neben Dior 
zart die. Heiden des Tages ober vielmehr bed Abends. Der 
zweite Moͤſer'ſche Cykius wurde mit einer Duverture zum 
„Dthello“ von einem jungen Somponiften eröffnet, dem ſchon früs 
ber eine Operette,geglüdt war, und ber fi durch fein eifriges, 
faft ftürmifches Klavierſpiel auch als ausübenber Künftier in der 
muſikaliſchen Welt Berlins befannt gemacht hat. Bon feiner Du⸗ 
verture fagte ein Muſikkenner, er habe wol den wüthenden 
Mohren, aber Feine Desbemona barin wahrgenommen. ' 148. 





Literarifhe Notiz. 


Le malheur d’un amant heureux, Com6&die- 
vaudeville par M. Scribe. 

Während die ffandatdfen Abenteuer des jungen Kaublas 
im Waubdevilletheater die Wollüfllinge ergögen, gibt ihnen Dr. 
Scribe im Gymnase eine berbe Lection. Das legte Stüd 
des geiftreichen Dichters, der nicht immer ganz frei von aller 
Yeppigkeit iſt, zeichnet ſich ebenfowol durch feine moraliſche 
Zendenz als durch Wie und gluͤckliche dramatiſche Conbinatio⸗ 
nen aue. Hr. De Thémines iſt ein junger huͤbſcher Mann, 
ſentimentol, leicht entzändbar und leicht entzuͤndend, dem wenig 
Frauen widerſtehen. Indeſſen fängt er an zu fühlen, daß auch 
die Myrten ihre Dornen haben. Seine Gefunbheit fängt an zu 
leiden; er kommt aus bem Bade zurücd, das er befucht bat, um he 
wieberherzuftelen, und lehrt in dem Baufe eines Jugendfreun: 
des, bed Advocaten Bonneval, unmeit Macon ein. Unfer Dou 
Zuan kat drei Liebfchaften: die eine mit einer Witwe, Mad. 
Simian; bie andere mit Mad. Thorigny, der rau eines Ger 
nerals ; feine dritte Gelichte ift Mademoifelle Bonneval. Diefe 
dreifache Intrigue flürzt ten jungen Wann in fo viel Berles 
genheiten, in ſolche Aengſten und Sefahren, daß man wirklich 
mit feinem Glüde in ber Liebe Mitleid hat. Man weiß, wie 
tünfih Hr. Scribe feine Scenen ineinander zu verfchlingen 
verfteht, wie fein die Faͤden gefponnen find, an denen er feine 
Derfonen lenkt. Es ift und nicht moͤglich in nähere Details eins 
zugehen. Die Gtrafe des amant heureux befteht darin, 
dag erder Mad. Simian, die er wirklich liebt, entfagen muß und 
bie Schiwefter feines Freundet, Mabdemoifelle Bonneval, heirathet. 
Dieſes Vaudeville des Hrn. Scribe rechnen wir unbedingt zu 
feinen beſten Leiftungen. 143. 

R Hierzu Beilage Nr. 8. 


Redigtrt unter Berantwortlicgteit der Verlagäbendlung: F. A. Brochaus in Leipzig. 
LEERE 


N 


Beilage zu den Blättern für Literarifche Unterhaltung. 





Nr. 3. 


» 


IL Mär; 1833. 





Hifterifche Denkwuͤrdigkeiten Sr. Eminenz des Cardinals 


Bartholomäus Pacea über feinen Aufenthalt in 
Deutfajland in den Jahren 1786—94, in de 
Kigenfhaft eines apoſtoliſchen Nuntius in den Rhein: 
landen, reſidirend zu Köln. Von ihm, felbft gefchrieben. 
Dit einem Anhange über die Nuntien und gefchichts 
lihen Documentn. Aus dem Italieniſchen nach dem 
foeben in Rom erſchienenen Drigmal uͤberſetzt. Augs⸗ 
burg, Kolmann 1832. Gr. 8. 21 Gr, . 


Der umfdteg bezeichnet biefe Schrift - als den vierten Banb 
der Werke Pacca's. Diefe BI. (1852, Nr. 193) ſowie bie 
„Zeitgenoſſen“ (dritte Reihe, Nr. 25 und 26) haben 
ih angelegen ſein laffen, das deutſche Publicam auf bie 
Wichtigkeit der Denkwuͤrdigkeiten Pacta’s aufmerffam zu 

Nah mehren töpunften übertrifft vorliegende 
Mittheilung die der vorkergegangenen Bände an intereffanten 
Beziehungen für Deutſchlanb. Ein geiftvoller, menfchenfreund« 
Uher Praͤlat redet hier als Sachwalter unb diplomatiſch⸗ hierar⸗ 
hiſcher Stellvertreter des roͤmiſchen Stuhles in Beziehung zur 
deutſchen Nation und zu ber durch hochherzige Tatbotifche WB’ 
ſchoͤfe vertheibigten Tirchlichen Freiheit; er fpricht fih ale Koͤm⸗ 
fing mit fo würbevollee Unbefangenheit aus, daß man feinen 
Graäblungen gern und mit wahrhafter Belehrung folgt. 

Wie ansınfhig Ikitet Patca bieſes Werk ein, durch eine Zus 
färrift an ben Garbinal Gceberas : Zeftaferzata, in welcher er 
feine Ruͤcklehr von auswärtigen Nuntiasuren vergleicht mit ber 
Heimkehr Eicero’s von ruhmboll verwalteter Quaͤſtur in Sici⸗ 
fin. Wie der eitle Quaͤſtor wähnte, er fei Roms Tagegefpraͤch, 
wegen ber Betriebfamleit, mit weicher er bie Bauptflabt vor 
Hungersnoth geſchuͤht, während er fand, daß man in Rom kaum 
wußte, daß er Quaͤſtor in Sicilien geweſen fei, fo erfuhr auch 
Yacca, dab bas neue Rom ben Thaten päpfllicher Botſchaf⸗ 
ter im Austande wenig Achtung beweift und mis Kälte davon 


icht. 

„So“'“, führt er fort, „bleibt das Verhalten ber Nuntien uns 
bekannt; das Wenige ausgenommen, was man aus ihren Brie⸗ 
fen an Bekannte und durch fremde Zeitungen erfährt, welche 
lestere gewöhnlich nur Kritiken und Zabel über fie enthalten, 
weiß man nichts weiter von ihren apoftolifhen Minifterium, ba 
ihre officielen Berichte in den Archiven niedergelegt werben.’ 
Die Belanntmahung ber Geſchichte feiner Nuntiatur in dem 
Rheinlanden unternahm Pacca zum Rugen für bie Leitung der 
Kircgenangelegenheiten und zur Hirchengefhichtiidyen Rechtferti⸗ 
gung des heiligen Stuhles, intem er fi) Cicero's Worte aneig⸗ 
net; „Jdefendi adolescens, non deseram senex”. Er benugte von 
1827 an ben Eommeraufentbalt in Brascati, Raccarili und im 
Palaſte Solonna zu Marino bis zum Herbſte 1831, um dieſes 
Werk auszuarbeiten. 

Büdfichtlich der Werbältniffe, unter denm Pacca ale Nun: 
tius zu Kbin feinen Worgänger Belliſoni 1786 ablöfte, verwei⸗ 
fen wie auf die Biographie Paeca's in Nr. 25 der „Zeitge⸗ 

noffen‘‘, ©. 49 fa. Er ſelbſt entwickelt aus feinem Standpunkte 
die vieldentige Thatſache, daß bei feiner Ankunft is ben Adein⸗ 

landen bie geiſtlichen Karfuͤrſten weber feine Perſon als Nun 
sind empfangen, noch bie päpftlichen Wollmachten, bie er ihnen 
kberbrachte, annehmen wollten (S. 4), welhes ihn unmittelbar 
darauf Teitet, zur Rechtfertigung ber Breven „bes unflerblidyen 
Yass VI. ſich gu wenden und die beutfchen Gerabifchöfe, weiche 
bie Kutorität ihres Tirhlichen Hirtenamtes, ben Schutz des Kal 
fer6 und bie Dedhtöfprhche ber hoͤchſten BReichögerichte für füch 


hatten, der Ichämblichften Pflichtvergeſſenheit gnzuklagen. Beſon⸗ 
bers bie beiden legten Erzbiſchöfe von Mainf, Erthal und Dal⸗ 
berg, werben hart beurtheilt (&. 6 u. 7) 5 diefe Strenge ſcheltz⸗ 
bar entfchutbigenb, heißt es: „Der göttliche Exrtöfer, ber in feinem 
Geſpraͤchen wit den Sünberinnen und Yublicanen die Ganftmuth 
und Güte ſelbſt war, führte mit den treulofen Gchreibern (7) 
und Gchriftgelehrten eine ganz andere Sprache“. dem 
Zuſtande der katholiſchen Religion (Kirche) in Deutſchland wird 
geſagt: „Nachdem bie Religlentkriege zwiſchen den Katholiken 
und Proteflanten eine Mauer aufgerihtet halten und ſich beide 
im geſellſchaftlichen Leben näherten, theilten ſich nugluͤcticher⸗ 
weife die Grunbfäge des Proteſtartiomut über die Rechte 
und bie Autorität der Fuͤrſten im Kirchenſachen den katholiſchen 
Univerfitäten und Schulen net, und jene Ehrfurcht, welche bie 
gaten Deutihyen für ben kathot. Klerus, den heiligen Stuhl 
und für bie Bisciplinargefege ber Kirche hegken, wurde immer 
ſchwaͤcher. So lange als in Deutſchland die Geſellſchaft Jeſu 
beſtand, welche viele Sollegien auf Univerſitaͤten und an mchren 
Orten die bffentiidgen GSchulen unter ſich hatte, ſauden jene um 
richtigen Grunbfäge ſtarkea Widerſtand; aber die Aufhebung Yie« 
am bie Kivche To verdienten Geſellſchaft und die ng 
unb Fortſchritte geheimer Werbindungen werınfachten ber kacho⸗ 
liſchen Heligion bie größten Rachtheile. Damals ſtürzte dee 
kette Damm zufammen, und Deutfäjland murbe von gottlofem 
und irreligidfen ‘Schriften überfiwemmt.’’ Werner heißt es vom 
Kurfürften won Mainz: ‚Des Baron von Erthal, fit; und aufe 
geblafen, daß er ein Merbänbeter des großen Kbniges von Preu⸗ 
fen, Fricbrich II, in dem berühmten Rürftenbunde geworden 
war, hielt e8 feiner Größe unwuͤrdig, im geiftlichen Angelcgen⸗ 
heiten von einem Yrälsten des rbmiſchen Hofes abzuhaͤngen. 
Dieſer Kurfuͤrſt führte ein durchaus meitliches Leben, indem er 
gleich einem großen Bürften mit Pomp und Pracht Def hielt 
und fi nur dann erinnexte, Biſchof gu Tein, wenn fich ihm 
eine Gelegenheit barbot, bie Paͤpſte zu beunruhigen uber 
bem heiligen Stuhle zu widerſegen.“ Der muthig edle Hont⸗ 
beim Heißt „der Verfaſſer bes infamen Werkes, das unter benz 
Namen Suftinus Bebronius ( ‚Ueber ten Zuſtand ber Kirche und 
bie gefegmäßige Bewalt des Papftes ’, 1763) erſchienen war’iz 
wogegen bem angehenden Muntins ‚die Sache des heiligen Stube 
les fo ſchoͤn und einteuchtenb iſt, daß man, um biefelbe anzugreis 
fen, ober um fich ihe zu wiberfegen, oft dem gefunden Mens 
ſchenverſtande entſagen muß”. Der Berweigerung der geifklidgen 
Kurfürften, befonbers bes von Kbln, ihn aid Nuntius anzumeimen, 
infofern er ſich nicht verpflichte, in deren Sprengel keine Acte 
bee GerichtöbarBeit vorzunehmen, fegt er förmliche Proteſtationen 
entgegen und erhätt bafür von Nom Belodungen und bei fei: 
nem feierlichen Cinzuge in Köln vom MWagifirate ben Ehren⸗ 
wein. Pacca fommt in officielie Werbättwille au Dohm, ber bes 
mals preußifcher Miniſter im "werfätifch « sheiniihen Kreiſe wen, 


und vermittelt auf d Dunſcheſauußerung, daß men in Rom 
dem Könige Fried Withelm 11. ben Kiömigstitel zugeſteht. 
Daß bie fllihen Reſerven, wetihe, als die Kir ciplin 
ſrend, bie d ‚ zufolge des emſer Gongreffes, 
dem Papfte wicht 


choſe 
des Klerus Ihrer Eprengel reforwirt haben, ohne 
dabei von ben Paͤpſten gehindert zu fein” (S. 29). Dann wen⸗ 
bet fit Para gegen die im Rovenber 1786 feieriih erbffurte 
Univerſitaͤt zu Bonn, werüber rin Bericht der ‚Augemeinen beuts 
ſchen Bibliothek‘. beigebracht und die Oppoſſtion wiber des Yapfl: 








x 
. © 


thum als Philofophie und Slluminatiemus bezeichnet wird; „in 
Deutfhland Hat feit vielen Jahren Alles bie Wortfchritte ber 
Srreligiofität begünftigt” (S. &1). Leffing, Semler und Zeller 
werden namentlich angefchuldigt, das Chriſtenthum "beftritten zu 
haben, indeß Nicolai „das Werk ber Gottlofigkeit vollendete” 
durch Herausgabe ber „Allgemeinen beutfchen Bibliothel”’, „deren 
Berfaffer die Abſicht hatten, alle chriftiihen Dogmen gu beftrei: 
ten, indem fie die Sttliche Eingebung ber heiligen Buͤcher, die 
göttliche Autorität der Bibel, bie Myſterien, befonders bie 
Gottheit Jeſu, die Prophezeihungen,, die Wunder unb jede übers 
natürliche Wirkung leugneten.” inter Herzaͤhlung mancher Nun⸗ 
tioturftreitigfeiten kommt Pacca auf Dalberg’® Mahl zum 
Goatjutor des Kurfürften von Mainz, beren päpftliche Beätt 
gung ‚von ber Großmuth und dem Kerträuen Pius VI. 
binterliffigerweife erhalten‘ genannt wird. Der Marcheſe 
Luccheſini warb 1787, nachdem bie Angelegenheit in Deutfchland 
seosbnet war, zur Ginholung ber päpfllichen Beflätigung nad 
Rom geſchickt *) mit Vollmachten vom Könige von Preußen und 
vom Kurfürften von Mainz; als Agent tes Leptein verfprach 
er, daß der Kurfürfi von Mainz als Grabifchof alle- feine 
GSereitigkeiten mit dem roͤmiſchen Stuhle freundfchaftlich beilegen 
wolle; als Agent bed Königs von Preußen fügte er hinzu: daß 
fein Herr bie Bürgfchaft für den Kurfärften von Mainz und ben 
. Baron von Dalberg übernehme, wie beide bie emfer Conven⸗ 
tion nicht begünftigen, fonbern ben status quo aufrecht erhalten 
würben. Berhielt ſich die Sache wirklich, wie hier erzaͤhlt ift, 
fo liegt etwas Unerhörtes barin, daß das Berfprechen eines ketze⸗ 
rifhen Könige beim Papſte mehr Glauben fand als bie Ber: 
heißungen rechtgläubiger Biſchoͤſe. Do wird noch fichtbarer, 
mit welcher Kiugheit fi der Papft des Könige von Preußen 
bediente, um im Meſite alter Anmaßungen zu bleiben. Als 
Friedrich Wilhelm II, 1788 feine weſtfaͤliſchen Staaten bereifte, 
wurbe NRacca an. ibn gefandt, mußte ihn becomplimentiren 
und. ein päpftliches Breve überreichen, worin es heißt: „lnfeg 
Gefandte wird di in unferm Namen befchwören, daß bu 
nicht erlauben möchteft, daß in den dir untergebenen Ländern wie 
in andern Orten, bie zu feiner Nuntiatur gehören, rüdfichtlich 
Diefer etwas erneuert, ober ben Rechten berfelben, wie anber 
wärts geſchah, etwas entzogen würde, ſondegn, baf bu auf 
alle Dem beftehen wolle, was feit den älteflen Zeiten beſtan⸗ 
ben bat. Dein Anfehen und beine Macht wirb gewiß in Allem 
von großem Einfluſſe fein, unb bein koͤnigliches Beiſpiel unſe⸗ 
rer Sache großes Gerwicht geben.” Zur Aufflärung ber Hand⸗ 

ife des berliner Gabinets, welches jenem KBerlangen 
bes Papſtes nachkam, hier folgende Stelle aus Bronau, „Dohm 
nach feinem Handeln und Walten“ (Lemgo 1824), ©. 166: 
„3m Gabinete zu Berlin begte man bie Beſorgniß, taß ber 
dem Papite entzogene Einfluß in Deutſchland dem wiener ‚Hofe 
zufollen und man alödann zu Wien einen furdhtbarern Papft 
als den gu Rom, oder auch an ben vier Erzbiſchoͤfen ebenfo 
siele Päpfte in Deutfchland haben möchte. Bei biefer Anficht, 
die von Dohm bisher vergebens befämpft worden, war auf Fe⸗ 
ſtigkeit und ein burchgreifendes Verfahren ven preußifcher Seite 
nicht zu rechnen.” Briebrih Wilhelm IE. ertheilte dem Nuns 
tius Aubienz zu Wefel ben, 7. Juni 1788, welche zu gegenfeiti: 
ger Zufriedenheit ausfiel. Pacca erwähnte in ber Unterrehung 
mit dem Könige ber päpftlichen Gtreitigkeiten mit ben deutſchen 
Grgbifchöfen nur im Allgemeinen, weil er es für unangemeflen 
hielt, bei einem proteftantifchen Könige den Ankläger ber Ober: 
birten ber deutlichen Kirche zu machen, und ter König empfahl 
hinfichtlich derfelden ben Zeitumfländen entfprechente Maͤßigung 
gu freundfchaftlicher Wereinbarung. Das von Pacca an meh: 
zen Stellen ben beterodogen Regierungen gemachte Lob verhin: 
dert ihn indeß nicht, über fie das Wehe aussurufen, „wenn fich 
ihre Minifter und Agenten in die geiftlicden Angelegenteiten ber 









Hieryach wäre die Angabe, daß L. zuerk in Warfchau als preu: 
piſcher Diplomat wirkfam geweſen, zu berichtigen. ©. „Conv.⸗ 
Eeriton’‘, fiebente Aufloge, Bd. 6, S. 690, 


Kattzoliken miſchen wollen, weil wir natärlidgertueife voramdfe: 
gen möffen, tab Diejenigen mit MWiderwillen gegen und handeln, 
die feit ihrer Kindheit in ihrem Katechismen gelelen haben, daß 
wir Katholilen Bögendiewge find, und daß ber Papfi ein Anti⸗ 
chriſt feiz bie in ihren uf allen. Memalben. bis. co⸗ 
miſchen Päpfte mit gräßlichen Gefichtern und Bodsfüßen barge 
Hell fehen und won ihren Lehrern und Poebigern bie alte Ans 
klage gegen bie roͤmiſch⸗ katholiſche Kirche hoͤren.“ Bon ber 
flöfung ber geiſtlichen Staaten bes deutſchen Reiche wird als 
rſache der Ungehorſam der Erzbiſchoͤfe gegen den Papſt ange⸗ 
geben; denn „bie zwei einzigen Sewalthaber, weiche zu andern 
Zeiten und unter günftigern Umftänden ein fo großes üebel haͤt⸗ 
ten verhindern können, waren der Papft und bas erhabene Dbers 
haupt bes Reiche”. 

Dod wir brechen hier ab, Mitteilungen aus einem Werke 
zu machen, weldjes ben wahren Geift des roͤmiſch⸗ katholiſchen 
Kirchenweſens fo charakteriftifch bezeichnet und befonders bes 
weil, wie wenig die achfeltvägerifche Diplomatie ber -neue« 
fien Zeiten der confequent feften Dialektik ber roͤmiſchen Gurie 
gewachſen ſei. 

als Anhang iſt dieſen Denkwuͤrdigkeiten eine Abhand⸗ 
lung uͤber die Nuntien beigefuͤgt, der noch mehre hierher 
gehörige Urkunden folgen, 3. B. ein Bruf des Nauntius 
Bellifoni an den Carbdinal⸗Staats ſecretair Buoncompagni, 
richten u. f. w. über die Runtien, bie feit 1583 in ben Rheine 
landen refidirt haben. 

Die Ueberfegung ift nicht fehlerfrei, body laͤßt fe ſich 
ee und gibt mehrentheild richtig den Ginn bei Dris 
ginals. 





Geſchichte der Regierung Ferdinand J. Aus gedruckten 
und ungedruckten Quellen herausgegeben von F. B. 
von Bucholtz. Dritter Band. Wien, Schaumburg 
und Comp. 1832. Gr. 8. Pränumerationspreis für 
den britten und vierten Theil 4 Thlr. 


In Nr. 146 und 147 d. Bl. für 1882 ift über bie beiben 
erfien heile diefes in mehr als einer Beziehung merkwürdigen 
Werkes ausführlich berichtet worden, daß grir und bei biefem, 
obwol über 700 Seiten haltenden Bande etwas kürzer faffen 
muͤſſen. Auf die Frage, ob die Biographie Ferdinand's die eis 
gentliche Aufgabe und der lepte Zweck des Werkes fei, oder ob 
feine Regierung nur als leitender Kaben, und beren einzelne 
Momente nur al Anknüpfungspunfte für die Geſchichte feiner. 
Zeit dienen follen, wird in der Vorrede mehr für legtered ent⸗ 
f&ieden, obgleich „es einen Standpunft gebe, von mo aus geſe⸗ 
ben beide Arten ber Behandlung gewiffermaßen zufammenfallen 
und das Berhältniß diefes Regenten zu feiner Zeit ats bie Ein⸗ 
heit des Werkes zu denken it’. Auch über das tiefere Einge⸗ 
hen in bie kirchliche Lebensfrage jener Zeit erklärt ſich der Verf., 
weil jene Zeit vielleicht weniger als jebe andere eine ftrenge 
Scheidung der Frage: was gethan worden? von jener: was 
geglaubt worden? zulaſſe. Damit ift Ref. völlig einverflanden, 
wenn er eb auch über die Weiſe, in welcher, und über den 
Standpunkt, ven welchem es gefhah, nicht ganz einverftanden 
wat, da ber legtere offenbar nicht über beiden Yarteien, fondern 
nur inmitten der eincn genommen tft. Doch muß man eingefles 
ben, daB in biefem Bande ber Verf. fih mit ſcheinbar groͤ⸗ 
ßerer Unparteilichkeit und weniger abftoßend gegen die pro= 
teftantifche Partei verhalten hat, ba in ben auf das Dogma 
bezüglichen Abfchnitten (über bie augsburgifche Confeſſion) 
das Für und Wider mehr beherzigt if. Aber latet anguis 
sub herba! ine genaue Analyſe biefer Abſchnitte würbe deut: 
li zeigen, daß es mit der oftendirten Gerechtigkeiteliede noch 
ziemlich mittelatterlich ausfebe, d. h. mit bes Verf. eignen Wor⸗ 
ten: „Die vorherrſchende Doltrine des Mittelalters (über das 
Berhaͤltniß bes Staats zur Kirche) war biefe: was an ben 


291 “ 


Gtaat, wie an ven Ginzeimen als ber rechte Glaube aus einer 

des Gtaets liegenden Quelle und Autorität gebracht 
werben, babe biefer auch mit Auferlich zwingendem Gefege, fo 
weit feine Wacht reicht, aufrecht zu erhalten. Könne zwar ber 
weitlicde Arm nur die äußere Handlung erreichen, alſo fagte 
men, fo folle doch, indem bad Geſetz von’ ber Aeußerung des 
Unglaubens abfägrede und zum äußern Bekenntniß anhalfe und 
gewoͤhne, hierdurch mittelbar auch Dem, was bes Geiſtes if, 
gebient werben.” ef. Ieugnet es nicht, daß er, einmal bedenk⸗ 
lch über die Richtung und ben Zweck beö Berf., auch im viel: 
leicht unbedenklichen und Aufrichtigen Scrupel findet. So aud) 
bei folgender Stelle: „Eingedenk jenes nur allzu oft auch heut⸗ 


zutage der I von Schriften ungeachtet ſich bewaͤhren⸗ 
den Ausſpruchs: „an allem Dieſen iſt bei euch bie Unwiſſenheit 


ſchuld⸗⸗, Hat der Berf. gewuͤnſcht, über diefe Begenftände ſich aus 
echten Quellen etwas näher zu belehren, und möchte durch bie 
unternommenen Mittfeilungen nach geringen Kräften beitragen, 
dab man weniger getrennt fei, durch gründliche Ginficht in Das, 
worum man getrennt geweſen.“ Geſteht auch der Berf. billis 
fe ein, daß es nur auf Trennung von ben Dogmen eines 
Seen Prieſterthums, keineswegs aber von jenen der Erlöfung 
überhaupt abgefehen gewefen fei, fo macht er es body ben Pro⸗ 
teftanten zum Vorwurf, daß fie nicht neben ber alten Lehre, 
an beren Stelle mit allen ihren Rechten und Anfprüs 
den Hätten beftchen wollen, „etwa wie, wenn der Vergleich er: 
laubt fei, in der Familie unter Mehren, die es zu fein dehaup⸗ 
teten, nur Eine die wahre Ehefrau fein Ebnne”. Lag dies aber 
nicht in dem Weſen einmal gewonnener Uebergeugung und einer 
fo ürmifch aufgeregten Polemik? Wahrlich, ohne diefe GSrelus 
five wäre nichts errungen worden. Doch wir gerathen an ganz 
unrechtem Orte in eine Discuffion, die uns von unferm Ziele 
Pa und unferer Natur wie unferer Zeit glüdlicherweife 
md ifl. 
Was bie gewuͤnſchte vollkänbigere Rachweiſung ber Quel⸗ 
Ion betrifft, bemerft Hr. v. B., daß bie gedruckten Werke ob: 
nebies mehrentheils befannt feien und bei den archivaliſchen 
Duellen wol bie Natur der Sache eine ganz fpecielle Nachweis 
fang ausſchließe. Doch follen in einem fpätern Berzeichniffe 
die Hauptwerke und die Archive ſelbſt, aus denen gefchöpft 
werben, und mit Bezeichnung aller aus ungebrudten Nachrich⸗ 
ten gezogenen Paragraphen, genannt werben. 
Seichen ungemeinen Umfang bie Merk gewinnen werbe 


„und möülfe, flieht man baraus, daß gegenwärtiger dicker Band 


kaum fünf Zahre oder die Zeit von 1526 — 80 umfaßt. Doch 
wiederholt Nef., dab er dies dem Buche durchaus nicht zum 
Borwurf machen koͤnne, indem, die weitläufigen theologiichen 
Discuffionen abgeredgnet, fa Alles aus guten, ja zum großen 

eit aus fehr wichtigen und unbelannten Quellen entlehnt iſt. 
Beſonders find die Auszüge aus ben Briefen zwifchen Kari und 
Ferdinand u. A. von fo großer Me ng zur Aufbellung ber 
geheimern Hebel der Dinge. und der Yeltftellung bes Charakters 
der Dauptperfonen, daß das Buch für jene Zeit und jene Maͤn⸗ 
ner jebem Hiſtoriker unentbehrlich wird und dieſelbe Wichtigkeit 
hat als Rommel's „Philipp der Großmüthige'‘ und Foͤrſter's 
Wallenſtein“. Gelb die theologifche oder kirchengeſchichtliche 
Partie wird, wie Ref. ſich ſchmeichelt, nicht ohne einen günftis 
gen Ginfluß bleiben, indem durch fleißige Anführung von Gtels 
en aus den Schriften der Reformatoren, die vielleicht in einem 
Theile des katholiſchen Deutichiande noch fehr wenig bekannt 
geworben find und werben dürften, das Nachdenken erwedt und 
an das andiatdr et altera pars gewöhnt wird. Nun no in 
Ser Kürze zum Inhalt im Ginzelnen. 

Der erfte Abfcgnitt fhildert den Krieg gegen Frankreich 
bis zum Frieben von Gambray (wie es auch S. 416 ftatt 
Grespy heißen muß). Die intereffantefte Partie ift die Erſtuͤr⸗ 
mung Roms 1527, wo indeß auf die Vermuthung, daß Bours 
bon burdy Benvenuto GeHini geblieben, nicht Ruͤckſicht genom⸗ 
men ift. Die deutſchen Lanz: (warum nicht Lands⸗2) knechte 
fpielen dabei in Rom eine barbarifhe Rolle. Der zweite und 


De a a dd 


britte Abſchnitt find bee Gelangung ber Krone Ungarns und 


‚ber Begründung habsburgifäger Herrſchaft daſelbſt gewidmet. 


Der nierte Abſchnitt ſchidert Suleiman's fiegreichen Bug nad 
Ungarn und die Belagerung Wiens 1529. Der fünfte Abſchnitt 
iſt überfchrieben: „Sächſiſche Kirhenverfaffung”. Die vorges 
drudten Stellen aus a > und Mengel, fo mitten aus bem 
Gontert herausgerifien, fcheinen "freilich wie Waffen gegen ben 
Proteſtantismus felbft auszufehen, allein auf aͤhnliche Art koͤnnte 
man auch aus der Bibel gegen das Wort Gottes bemonftriren! Der 
ſechſste und fiebente Abfchnitt handeln von ber Fürftenparteiung im - 
Heiche zu Sunften ber Religionstrennung und, auf dem Grunde ber 
getrennten Religion, von der Proteftation auf dem Reichetage 
1529 und von den Buͤndniſſen. Ueber die Pack'ſchen Händel 
wird natuͤrlich nur negativ abgeſprochen; indeß iſt nicht Alles 
benust, was Rommel und vor ihm Pland barüber gefagt has 


ben. Der Fürftenconvent zu Breslau wird für ein Kaufmanns 


geruͤcht auögegeben. Der achte Abfchnitt erzählt die Königs: 
und Kaiferfrönungen Karl V. zu Bologna. Der legte Abſchnitt 
Schifdert den Reichstag zu Augsburg. ©. 465 heißt es: „Dem 
Kurfürften von Sachſen hatten feine Theologen geftattet, an 
der Frohnleichnameproceſſion Eraft feines Amtes, nicht aber ale 
an einer Religionshandlung, Antheil zu nehmen.” Darüber 
bleibt der Lefer hald im Dunkeln, ob es audy gefchehen fei, was 
befanntlich nicht der Fall war. Welchen Gindrud die vorgele: 
fene Apologie auf die Kürften gemacht habe, ift nicht angeführt. 
Dagegen berührt der Verf. &. 494 zwei wichtige Punkte in 
der Erklaͤrung ber geiftliden Kurfürften und Bürften über bie 
zu Worms und Nürnberg übergebenen Beſchwerden der weltli: 
hen Reicheftände und die zu ihrer Abhülfe gegebene wichtige 
Neichsconftitution vom 19. Rov. 1530, welche beide unter ben 
Urkunden Nr. IX (nit VIII) und X, ©. 622 — 661, mitge⸗ 
theitt find. Daß bei der Krönung Ferdinand's zum römifchen 
König zu Aachen Pappenheim fein Erbmarſchallamt, trotz Sach⸗ 
De ausdruͤcklichen Verbote, doch verwaltet habe, war dem 
ef. nen. 0 

Bon ben Urkunden gehören 13 nod als Nachtrag zum er⸗ 
ften Theile, 18 zu dem vorliegenden. Merkwuͤrdig iſt in diplo⸗ 
matifcher und voͤlkerrechtlicher Hinſicht ber Friebensartitel mit 
Venedig über die freie Schiffahrt auf dem Meere, Nr. XIII, 
und die erfte Beilage aus dem Gefandtfchaftsberichte von Ha⸗ 
borbancz und Weichfelderger 1529, wie ber Auszug aus einem 
Schreiben Pirkheimer's, welches Freilich Leine erbaulichen Aeube⸗ 
runger über die Reformation in Nürnberg enthält. Das ſchoͤne 
Zitellupfer ftellt das Grabmal Ferdinand's, Teiner Gemaplin 
und feines Gohnes, K. Marimilian II., in ber prager Schloß⸗ 
kirche vor. 20. 





Meine Reifetage in Deutſchland, Frankreich, Italien und 
dee Schweiz. Bon Woldemar Seyffarth. Drit: 
ter und vierter Theil. Leipzig, Hartmann. 1832. 8. 
3 Thlr. 


Ueber den erſten und zmweiten Theil dieſes Reiſeberichts 
bat ein anderer Mitarbeiter, wie uns fdheint, ein etwas 
firenges Gericht gehalten. *) Der Verf. verfiebt es, nad 
unferer Anficht, über an fich unbebeutende NReifeabenteuer - 
den Reiz einer gewiffen milden Theilnahme auszubreiten 
und, indem er uns befonders von Perfonen unb Charak⸗ 
teren unterhält, diefe unferer Reigung oder Abneigung nahe 
zu bringen. eine kunſtloſe, zuweilen etwas breite Dar: 
ftellung verfehlt nicht, uns an feine Graählung zu fefleln, de: 
ren vorzüglichfter Reiz eben darin beſteht, daß ber Erzaͤhler 
aus jeder Geſtalt, die ihm begegnet, etwas zu machen weiß. 
Bei es nun Wahrheit oder Dichtung, genug an jedem feiner 
Neifetage ſtoͤßt er auf irgend eine Bekanntſchaft, bie durch bie 
Art, voie ex fie mit frühern in Verbindung bringt, Bedeutung 


* Bel. Nr. 167 d. BI. für 1832. D. Red. 








” 22 
[} 


Grund haben mag. 

Der dritte Theil diefes Reifeberichts beginnt mit Mars 
feile und endet mit Hola bella; ber vierte nimmt ben 
Baden bier auf und fpinnt ihn buch tie Schweiz und 
Deutfchland bis Dresden Hin fort. Wan bat keine Auf 
foderung, WBtätter zu uͤberſchlagen. Wer dies dennoch thäte, 
würde bald ben Baden in dem allerliebften Roman von 
„Braneis und Diaria’‘ verlieren, bee fich faſt durch das gan 
Buch Hinzieht, eine fehr wohlgebachte Zugabe zu dem Reiſe⸗ 
Ierichte, Den Stelien. lernt ber Verf. nur Das, was oben 
ſchwimmt, kennen; bie Lombardei wird bald mehr öͤſtreichiſch 
als italieniſch fein — bie Räuberbanden abgerechnet. Frank⸗ 
reich dagegen und bie Franzoſen kennt er trefflih und urs 
theilt über die Dinge dort nah unferer Anſicht ſehr rich⸗ 
tig. Politit und Verwaltung ift nicht fein Bad, 
dagegen bat er ein Maͤdchenherz, einen bebrängten Lieben: 
den, eisen glädlidhen Bräutigam, einen gebeugten Gatten 
auf jeder Geite. Sr ift ein sontimental traveller, allein eis 
ner der echten Art, nämlich ohle es zu wiflen; und in ber 
That fehle feinem Bude nichts als Auswahl und Verkürzung, 
um allen Reiz ber Gterne'fchen ‚„‚Jourmey’' geltend zu machen. 
Sharaktere und Situationen find bei ihm richt das Reſultat eis 
ner muͤhſamen Zagd, fondern einer natürlichen, aber eigenthuͤm⸗ 
lihen Beobachtungsgabe. Was das materielle Intereffe feines 
Buches, die eigentlichen Reiſenachrichten, — — von Na⸗ 
tur und Land detrifft, ſo ſind dieſe in hundert Buͤchern beſſer 
anzutreffen, wiewol der Verf. und Tabrellen für Reifeunkoſten 
und Wirthehausrechnungen großmuͤthig mittheilt. Gr Hätte 
dieſe ebenſo gut weglaſſen koͤnnen und doch ein angenchmes und 
leſenswerthes Buch geſchrieben. 34. 





Geſchichte des Landes Glaris, mit theilweiſer Hinſicht 
auf die Geſchichte ber geſammten Eidsgenoſſenſchaft, 
von Joh. Peter Aebli. Erſter Theil. Zuͤrich, 
Trachsler. 1831. 8. 1 Xhlr. . 

Die fchweizerifche Literatur ber legten Jahrzehende gib 
uns mandhen erfreulihen Beweis, baß ernfter Sinn für wahr: 
bafte Geſchichteforſchung und Lebendige Iheilnahme für die Ver⸗ 

Bangenheit der Heimat nod in vielen Gantonen ber Gchweiz 


seehanden And, und ber Wergang des unvergeßlichen Johenach 
von Müller Rackfolges amuegt, weiche, zum wensghend, 
ihres guaßen Worgängers nit unwürbig find. heil bat des 
Weib der Gefchichtölundigen fi der Geſammtgeſchichte der 
Schweiz zugewandt, theils Hat er ſich auf die Erfsckbung anb 

eiung ber ale einzelner Theile beſchraͤnkt, im 
bem er bald den Anfoberungen der Beleprien su entſprechen bes 
mäht war, bald bie Bebhrfniffe eines wein Krriſes zu bes 
feisdigen beabſichtigte. Fuͤr seinen ſolchen arbeitete auch vom 
naͤmlich ber Verf. der vorkiegenden Geſchichte, welcher zur Abs 
füffung berfelben theild dadurch bewogen wurde, daß den vielfach 
belehrenden unb ermunteunden Schickſalen des Gantons Glaris 
noch Feine beſondere Darſtellung gewidmet worben iſt, obgleich 
das Bebuͤrfniß eines ſolchen ſchon feit Iapıen gefühlt warde; 
theils durch die Abſicht, dem Uebelſtande zu helfen, vorzglich 
das fogenannte freie Land Glaris an feine Abhängigkeit, am 
feine Bedhte, am feine Pflichten zu erinnern, bamit bee Glan 
ner ſich erhebe aus feinem gefährlichen, das Leben des Geiles 
erfictenden politiſchen Schlafe und Das erfirebe, für Des lebe 
und ſterbe, was bem ft freien Manne geziomt, damit 
im Lande Blaris bie Freiheit nicht mehr als ein glängenbes 


Aushängefhid an einem Bebäude hange, in welchem Arikolens _ 


ten, durch Bamilienbande enge verfnüpfte Dligarchen ihr ganzes 
Leben binburch herrſchen, fondern bad jene Tochter des ‚Dimummels 
und der Vernunft in That und Leben uͤbergehe, daß fir ſich 
aus einer biendenden Lüge gu einer unumftößliden Wahrheit 
umgeſtalte. Wir haben um fo cher diefe Stelle der Borrebe 
bier mitgetheilt, als fie das pelitifige Glaubenbeklenntniß bes 
Bere. in Beziehung auf ben gegenwärtigen Zuſtand des Can⸗ 
tons enthält und zugleich bie Art und Weiſe der praktiſchen 
Zendenz , welche er feinem Buche’ zu geben beabfidytigse, deut⸗ 
lich genug ausſpricht. Wenn allerdings ein legtes Urtheil über 
des Verfs. Anficht bis zum Erſcheinen des folgenden Theis, 
welcher erſt zur naͤhern Entwickelung derſelben hinreichende Ge⸗ 
legenheit geben wird, verſchoben werden muß, warn berhaupet 
ein ſolches ohne genauere Kenntniß des vorhandenen Zuſtandes 
nicht gefällt werben kann, fo vermögen wir doch wenigſtens in 
ben angeführten Morten nicht bie Stimme eines Mannes zu 
vernehmen, weicher, unberührt von ben Wünfden und Koderum 
gen einer Partei und ohne Gereiztheit, nur bus Wohl dex Ger 
fammtheit und dies nue auf bem ruhigen und befonnenen Wiege 
almäliger Reform erreiht willen will. Doch verkennen wir 
nicht den Gehalt der Begeifterung, mit welcher ber Derf. Lie 
großen Thaten der Vorfahren ſchilbert und den Zünglingen ſei⸗ 
ner Zeit ale Vorbild auffelit, mit welcher er auf Ginpeit durch 
würbige Bande bringt. Berüdiicgtigen wir indeß die Herbei⸗ 
ſchaffung und Behandlung des hifterifchen Materials, fo erklaͤrt 
ber Verf. ſelbſt in ber Vorrede, daß er ſich hauptſaͤchlich ſtreng 
an Joh. von Muͤllers unſterbliches Werk gehalten und aus bie 
fen Stellen wörtlich en t habe, weil er es nicht beffer zw 
fagen gewußt unb weil «6 ihm an Quellen gefehlt babe; und 
in ber That find bie von iym benutzten, nur in ber Vorrede 
hrten Quellen nicht fo bebeutend, baß fie ihm eine ers 
ſchoͤpfende und durchgehend Pritifche Behandlung feines Gegen⸗ 
ſtandes geftattet hätten. Die Beſtimmung des Buchs für einen 
weitern Kreis von Lefern, bei welchen zum Theil nur eine fehr 
geringe Kenntniß ber allgemeinen ſchweizeriſchen Geſchichte vors 
ausgeſegt werben konnte, und überhaupt die Beſchafſenheit bes 
Gegenſtandes, welcher feine Bedeutung vornehmlich durch feine 
Begiehung auf jene erkätt, mag es rechtfertigen, wenn ſich bie 
Geſchichte von Glaris biäweiten zur Geſchichte bee ſchweizeriſchen 
Gidsgenoffenfchaft erweitert. Wit dem Jahre 1438 ſchließt dies 
erfte Theil, in Beziehung nuf den zweiten wird im voraus 
mitgeteilt, baß der Berf. für dieſen bisher völlig unbelannt geblier 
bene hinterlaffene Papiere Tſchudi's bentigen werte. 16. 


Nedigirt unter Werantwortlichteit der Werlagsbanblung: F. A. Wrodbaus in Leipzig. 
uU ⏑⏑ 


x 31 at t r a 7 


ft: 


literariſcht 


Dienſtag, 


—— 





Gin Wort uber deutihe Brieiſteller, mit befonberer | 


. Beziehung auf Gellert's, Forſter's, Baggeſen's Brief: 
. fammlungen. M B 

. Seit: emwa 30 Jahren bat eine Provinz unſerer 
Literatur an Anferm Umf 
desgeftalie gewonnen, daB wir biefeibe faſt als ein neu 
eroberted Reich betrachten Einen. Bor 50 — 60 Jah⸗ 
ven klagten naͤmlich ſaͤmmtliche deutiche. Aeſthetiker über 
den Mangel an deutſchen Briefſtellern, und da dergleichen 
Klagen zufegt mechaniſch werben, fo wergaß man auch 
die einzelnen Schaͤtze, die man bereite hatte, 3. B. die 
überaus wichtigen” und herrlichen: Briefe unfers Luther, 


mit denen mean allenfalls. ein paat hundert andere Bamm⸗ 


lungen fchlagen' Könnte.‘ Allein wie wollen fie eben ‚nicht 
ſchlagen, fondern gern anerkennen, wie viel wir an Kennt 
niß und Genuß ven neuen Briefſammlungen, ja ſelbſt 
den minder bedeutenden, verbanfen. Wir werben zuwei⸗ 
len mit Recht uͤber die Leere mancher: Briefe von. Bod⸗ 
mer, Sulzer, Ricvlai, Gottſched u. ſ. w. Beſchwerde fuͤh⸗ 
ren koͤnnen, allein wir werden doch auch geſtehen miiſſen, 
Daß wir ſelbſt aus dieſen Briefen manthes hiftorifch Mich: 
tigcalernt haben, Trauriges zwar, doch nicht Unbedeutendes, 
wäre es auch nur, um hinfort voerſichtiger zu fein im 
Lobe der. guten. alten Zeit, die in manchen Verhaͤltniſſen 
gar währt gut, ſondern armſelig und eng ‚zu-nentten iſt. 
Greifen wir dann aber weiter nach andern Briefſammlun⸗ 
gen, : befonder® aus ſpaͤtern Zeiten, und fafjen: wir etwa 
Hamann, Herder, Sean Paul u. ſ. w., fo ift uns, als 
gehne und biähe es am uns her: im veinften Lichte und 
ſchoͤner Farbenpracht, und wir forschen wieder gern von 
der guten alten Zelt, die in Dem, worin ſie wirklich gut 
war, auch nie ganz untergehen kann. 

Ich behalte: mir vor, in einem eignen Auflage, viel⸗ 
leicht foger in einem .aignen Wächleln die wichtigſten und 
Sezichungseeichften deutſchen Briefſteler, von Luther -an 
dio heute, näher zu betrachten; : hier werde infenderheit 
Ein Nutzen jmer Briefſammlungen ins Auge gefaßt, aus 
dem jeboh — wena ich fe -fagen darf — bundert md 
wieder handert MRobennugen fließen. Wir Deutſchen bes 
faßen pwar vor: Joher einige vecht gute Chroniken (mir far 
fen fie mur nicht cache), aber was wir nady dem gerech⸗ 
ten Maßſtabe der! Alten Gerichte nennen, bie fchrieben 





* 


Unterhaltung 








12. Mär; 1833. 


— — —E—— 


den noͤthigen Inhalt derſelben nur im traurigſten Grade 
luͤckenhaft beſaßen. Wie konnten freilich die Namen 
det deutſchen Kaiſer an den Fingern abzaͤhlen, wußten 
genau, wie viel Schlachten, Belagerungen und Frie⸗ 


ange und innerm Reichthum densſchläſſe in Deueſchland vorgefallen waren, und was 


dern Kaiſer und Reich iin ſchauerlich lang gegliederten, ine 
einander gewickelten, ſchwerfaͤllig klappernden Perioden no⸗ 


tificirt worden war, konnten wir unbedenklich wiederab⸗ 


drucken laſſen; was aber dabei herausgekommen, iſt trau⸗ 
rig weltbekannt. Die Langweiligkeit unſerer hiſtoriſchen 
Buͤcher uͤberſtieg alle Gebuͤhr, ſodaß ſelbſt die Verfaſſer 
zuweilen dahinterkamen und auf Aushuͤlfe dachten. Dann 
putzten ſie ihre Klio auf eine abenteuerliche Weiſe aus 
und verwandelten fie in einen Theaterprinzen jener Zeit, 
ber im fpanifchen Hut ober In ber Allongenperude umher⸗ 
ftofziet und mit vollen Händen erhabene Medendarten und 
moralifhe Sprüche umherſtreut. Zuweilen brachte der 
Prinz ach einen Hanswurſt mit, und das war noch da6 
Beſte, denn aus dem Munde dieſes guten Geſellen ließen 
ſich doch zuweilen etwas leidilcher Hausverſtand, Hauswit 
und ein paar ertraͤgliche Anekdoten vernehmen, weshalb 
ih auch, um es nur grade herauszufagen, den muntern 
Schulreetor Johann Hübner für einen der beften Hiſtori⸗ 
fer jener Zeit halten zu dürfen glaube, ſchon um des eine 
fachiten Umſtandes willen," weil er weit weniger langwei⸗ 
tig tft als die mellten ſeiner Mitarbeiter auf dem hiſtori⸗ 
fhen Felde. Das deutfche Pubficum wurde auch zuleht 
wahrhaft verdriegfih und wollte von der ganzen beutfchen 
Geſchichte nichts mehr wiſſen, benn es bekam doch immer 
nur Daffelbe wieder zu lefen, was ſchon zum erfin Wake 
zu lefen viel zu viel iſt, und was «8 eigentlich mit Recht 
wollte: reine Menfchen: und Volksgeſchichte, lebendige 
Darftellung ded Innern und aͤußern Volkslebens, das gab 
man ihm nicht. Die armen Hiſtoriker waren dabei ſehr 
zu bebauern, denn Niemand kann geben, road er nicht 
bat, und die deutfche Geſchichte ging nun einmal in der 
angegebenen Beziehung in dichten und dicken Schleiern, 
die fie. nicht heben konnten. In Frankreich haben be⸗ 
kanntlich die unzähligen Memoiren fchon laͤngſt viele bie: 
fer Schleier gehoben, ſodaß wir nicht felten faft bis zum 
Erſchrecken deutlich fehen können; bei und haben jene 
Brieffammlungen angefangen, Aehnliches zu thun. Auch 


wir nicht amb bennten fie auch wicht Schreiben, weil wir I wir haben dabei nicht felten erſchrechen muͤſſen, dafur 


.- 


— 


. 294 


aber auch manche neue Anſicht gewonnen, und einiger 
guter Troft ift immer mitımtergelaufen. Manche unferer 
Briefe übertreffen an Gediegenheit und Tiefe die meiften 
jener Memoiren weit; auch finden wir bier eine theils 


Lächerliche und abenteuerlich bunte, theils wahrhaft intereſ⸗ 


fante und wunderbare Mannichfaltigkeit, bie bei ber be⸗ 
kannten allgemeinen Normalbildung der Franzoſen nicht 
erwartet werden kann. Greifen wir nun einmal felbft 
aufs Gerathewohl in ben Theil unferer Bibliothek hinein, 
weiche die Btieffammiungen enthaͤlt, -und und etwa 
in die Hände: Gellert, Forſter, Baggeſen, fo Öffnen ſich 
uns bier drei Welten, ' die im fich felbft fo verſchieden 
find, daß ein mit den deutfhen Verhaͤltniſſen unbekannter 
Fremder vermutben möchte, Gellert habe einige Jahrhuns 
derte vor Korfter, und dieſer — die Abweichung der Zeit 
laſſen wir unbeſtimmt — etwa 2000 Meilen weit von 
Baggefen gelebt. — Betrachten wir bie Sache genauer, 
wie fie es wol verdient. 

In einer in jeder Hinficht trüben, dumpfen und oͤden 
Zeit trat Gellert mit feinen Fabeln und Erzählungen auf, 
die theils durch ihre einfachen Lehren, theils Durch Scherz, 
Wis und ehrlich behagliche Drolligkeit erfreuten. Go et: 
was batte man ben Deutfchen feit vielen Jahrzehnden 
nicht geboten, und fie zeigten fi) dankbar durch Liche für 
den befcheidenen jungen Mann, ber fo angenehm erzählen 
und fo beifpielloß Leicht reimen Eonnte. Seine Luftfpiele, 
befonders „Das Loos in der Lofterie” und „Die Eranke 
Frau“, vermehrten duch ihre harmloſe Scherzbaftigkeit 
den Beifall nicht wenig, und „Die zärtlichen Schweftern” 
preßten den gefühlvollen Leferinnen die füßeften Thraͤnen 
aus, wie man feit 50 Sahren gar nicht Gelegenheit ge: 
habt hatte, dergleichen bei irgend einer deutichen Lecture 
zu weinen. Seine Mufterbriefe (1751) erregtem eine- faft 
ftarrende Bewunderung; denn daß ein deutſcher Magiſter 
voͤllig wie ein junger Parifee — freilich nur wie ein von 
beutfcher Gelehrtenphantafie geborener — leicht und zier⸗ 
lich, ja überleicht und überzierlich fchreiben könne, war 
doc auch ganz unerhört; als aber vollends bald darauf 
feine milden, fanften, geiſtlichen Lieder nebft den fleißig 
ausgearbeiteten chriftlichen Lehrgedichten . erfchienen, da 
war bie Freude vollftändig und allgemein. Bier war 
doch einmal ein Mann, wie man fid ihn nur irgend 
wuͤnſchen mochte: fromm und ſcherzhaft, gravitaͤtiſch und 
muthwillig, gelehrt und galant, und ſo duͤrfen wir mit 
Recht ſagen, daß er grade ſo viel Leſer hatte, als Deutſch⸗ 
land überhaupt Männer und Frauen aufzeigte, welche le: 
fen konnten. Die Großen und Vornehmen mochten ihn 
wohl leiden, denn dieſer flile Mann hatte einen mädhti: 
gen Refpect für fie und alle ihre bergebrachten Privile⸗ 
gien. Manche feinere deutfhe Politiker (von 1760), die 
ihre Wiſſenſchaft an der Quelle felbft, d. h. in parififchen 
Kaffeehäufern bei dem kühnften Marqueurs und Friſeurs 
ſtudirt hatten, lachten zwar Ins Fäuftchen und fagten das 
befannte Wort: „Laissez le faire, il nous forme des 
dupes” ; aber feinen Ruhm gönnten fie ihm doch. ‚Die 
. fer war auch wirklich unerfchütterlic,, und man fand feine 
Schriften überall in jedem anftändigen Buͤrgerhauſe, ja 


I 


in vielen Bauerhütten, denn auch dort hatte ſich ber Verf. 
eine große Anzahl von Freunden erworben. Aber ady! 
dieſer vortrefflide Mann konnte feines Ruhmes wenig 
froh werden, denn die Kraͤnklichkeit, an der er ſchon als 
SFüngling gelitten, wurde in feinen fpdtern Lebensjahren 
habituel, und es ift nur zu bekannt, daß er in den legten 
15—18 Fahren kaum noch einem gefunden Tag hatte. 
Zu den Auszeichnungen, bie ihm zu Theil wurden, 
gehört nun auch die, daß eine mohlmeinende und fein ge: 


- bildete Dame, Demoiſelle Lucius in Dresden, ohne feine. 


peefönliche Belanntfchaft zu befigen, im Sahre 1760 an 
ihn fehrieb, Lediglich in der Abfiche, Ihn wiſſen zu laſſen, 
wie ſehr ihre Aeltern, Geſchwiſter und fie ſelbſt ihn ſchaͤt⸗ 
ten und liebten. Man ſollte freilich glauben, dergleichen 
Hätte gar oft an Gellert gelangen mäflen, und ˖allerdings 
harte er Lobeserhebungen; genug von allen Selten gedruckt, 
gefchrieben und gefprochen empfangen; aber-da6 Alles hatte 
doch ein etwas officielles Anfehen. Hiet war es andere, 
bier zeigte ſich aus ber Ferne eine liebenswündige, ange 
nehme und zarte Jungfer, die fo allerliebſt naingfchreiben 
Eonnte, wie er nur immer gewünfcht hatte, dag man 
fehreiben moͤchte. Gellert war damals freilich erft im 
45. Lebensjahre, hatte ſich aber laͤngſt ſchon als einen 
alten Mann angefehen, amd weil er ſich fo betrachtet 
hatte, fo war er es wirklich auch Leider Biel zu früh ges 
worden. Traurig für ihn, aber für. das neue Verhaͤltniß 
zu feiner Correſpondentin fehr günftig, da hiefe, wohl wif: 
fend, wie es mit ihm fland, ihn gleidy von varn herein 
wie einen edein Vater, Großonter oder Großoheim bes 
trachten durfte. Ein folcher Umſtand war aber auch nd: 
thig, denn der gute Profeſſor erfcheint gleich in feiner er- 
fien Antwort nahe daran, die ganze ſchoͤne Unbefangenheit 
ber jungen Freundin zu ftören, obwol mit dem beiten 
Willen, ihr Freude zu. machen. Wie nämlich früher 
Sottfhed, in unmaͤßig patriotifhen Flammen brennmb, 
nichts fo fehr gewuͤnſcht hatte, als bie fogenannten Bien 
in unferer Literatur zu füllen, und wie er deshalb ordent- 
liche Hirten: und Girkelbriefe an feine Jünger erlaffen 
hatte mit- dem Anfuchen, Baron X. folle bis zur Aachſten 
Dftermefle ein treffliches Trauerſpiel, Regierungsrarh Y.- 
ein erhabenes Heldengedicht und Secretair 3. ein claſſi⸗ 
ſches Luſtſpiel fchreiben, damit man mit einem Male ben 


hochmäthigewe-Sranzofen, bie immer mit ihrem Corneille, 


Racine, Moliere, Voltaire u. f. w. fich brüfteten, Die 
Spige bieten inne — fo hatte fidy der mäßiger gefinnte 
fanfte Gellert nur nach einem guten deutſchen Briefſteller 
gefehnt, ſodaß ihm das Briefſtellen faſt nur um bes 
Briefftellens wien am Herzen lag. Kaum hatte er da⸗ 
ber ben Brief der Lucius empfangen, fo fielen’ ihm auch 
gleich bie franzoͤſiſchen Briefftellerinnen ein, und er begrüßte 
feine Gorrefpondentin als eine Babet, Beaumont u. f. w., 
ermahnte fie, immer fo huͤbſche Briefe zu fchreiben, 
und lobte überaus ihre Naiyetaͤt. Nim iſt es befannts 
lich eine eigne Sache um die Neivetaͤt, da fie, fo 
bald ſie zum Bewußtſein berfelden kommt, auch ſogleich 
aufhört zu exiſtiren, und wir kboͤnnen deshalb bie robuſte 
Natur der Naivetaͤt der Jungfrau Lucins nicht genug 


. | 296 


ruͤhmen, daß fie fi doch nicht vernichten ließ, ſondern 
nur mie geringem Schaden dadonkam. Sie erfuhr zwar 
nunmehr durch ihren verehrten Lehrer, daß ſie naiv ſei, 
aber ſie nahm gewiſſermaßen nur hiſtoriſch Notiz davon. 
In ſchwaͤchern Augenblicken ließ ſie ſich freilich dieſes Lob 
gefallen, haſchte auch mol nach Witz, Laune und foge- 
nannter Naivetaͤt, ſodaß manche ihrer Briefe leider nur 


als exercitia styli oder gradezu als Uebungen im Brief⸗ 


ſchreiben erſcheinen; meiſtens aber ſiegt doch ihre gute 
und ſchoͤne Natur und die alte Unbefangenheit bricht 
immer wieder hervor. Fa, ſogar die bekannt gewordene 
Anordnung Gellert's, daß dieſe Briefe nach ſeinem Tode 
gedruckt werden ſollten, wirkte nur ſelten nachtheilig auf 
die Epiſteln ſelbſt, da die froͤhlich jugendliche Verfaſſerin 
den Moment erfaßte und ohne Kummer rein genoß. 

Und was enthalten nun dieſe Briefe? Fuͤr Den, der 
nur obenhin lieſt, wenig Ausbeute, und es iſt nichts leich⸗ 
ter, als über die ſteten Geſundheitsbulletins, den zu haͤu⸗ 
fig complimentirenden Ton, ſowie über den geſchweiften, 
gefirmißten Styl zu fcherzen, wir brauchen uns aber nur 
auf den biflorifhen Standpunkt zu flellen, wie wir ja 
bier follen, fo wird uns auch diefer Uebelftand als eine 


beſtimmte und nothwendige Richtung und Aeußerung der 


Zeit wichtig. Diele Zeit lernen wir nun bier in man- 
hen Beziehungen auf eine theils traurige: theild erfreu⸗ 
fiche Weife Eennen. Der Krieg hatte bereits fuͤnftehalb 
Jahre gebauert, aber über biefen erfahren wir gar nichte. 
Darüber zu fchreiben ift Geller viel zu beſcheiden und 
fheu, und als er erfährt, daß der bekannte treffliche 
Rabner'ſche Brief, den Freund und Zeind mit Vergnügen 
Iefen mußte, fomwie feine Antwort in den Drud gefommen 
fet, Tann er nicht ſchlafen vor Beforgniß, daB irgendein 
hohes Haupt dadurch verlegt worden fei, was ohne ein 
Wunder durchaus nicht möglih war. Man könnte mes 
nigftens einige Nachrichten über das Maß der Contribu: 
tionen, Einquartirungen, Anekdoten, Gerlichte von Tref⸗ 
fen u. f. w. erwarten, aber davon ift nie die Rebe. Es 
ziemt fich niche und iſt gefährlih, über fo etwas zu 
fchreiben. Man hält feine Vorlefungen, ermahnt zur Ge: 
duld, geht in die Kirche, Tieft ein gutes Buch, reitet auf 
einem zahm gemachten Schimmel fpaziern, betet viel und 
fhläft wenig. Weit glüuͤcklicher ift die Lucius. Sie be: 
findet fich, ſelbſt liebevoll, in ihrer liebevollen Familie fehr 
wohl, freut ſich, dag fie fo huͤbſche Briefe fchreiben kann, 
und wenn fie auch mit Recht zlmen könnte, daß ihr ver: 
ehrter Lehrer fogar einen ihrer Briefe im Collegium vor 


vielen hundert Studenten vorgelefen bat, wobei fogar ihr 
Name an den Tag gelommen ift, fo bedimt fie fid) doch 


dieſes Mechtes nur fehr mäßig, denn wer könnte gegen 
einen Dann, vote Gellert, lange zlirnen, befonders wenn 
er felbft fein Unrecht fogleich eingefteht? Auch hat doc) 
das Bekanntwerden duch einen folhen Mann manche 


Vortheile, man wird felbft bei den vornehmflen Leuten 


beliebt, die ſich wol gar Abfcheiften der Briefe erbitten, 
man wird ein wohlgezogenes, artiges Kind genannt, man 
darf wuͤnſchen, Gräfinnen und Freifrauen die Hand zu 
küffen, und «6 wird wirklich verſtattet. Es iſt auch ſonſt 


⸗ 


noch viel Huͤbſches in ihrem Leben. Dan geht zuweilen 
um vier Uhr Nachmittags in einen wunderſchoͤnen Gar⸗ 
ten, deſſen Beſitzer das Spazierengehen in demſelben er⸗ 
laubt bat, und wenn man nach einer Stunde zurüd: 
kommt, iſt man für die neue Arbeit fehe erfriſcht, und 
Abends kommen dann einige mwohlgefinnte und gebildete 
Dausfreunde. Iſt man ernfihaft geftimmt, fo fingt man 
wol Gellert's gefftliche Lieder am Klavier, und tft man 
fcherghaft gelaunt, fo läßt man Witzfunken fliegen, aber 
ftets auf die moralifchfle und anmuthigfle Weiſe. Dabei 
tft die Anhänglichkeit an Kürft und Vaterland durchaus 
unerf&hütterlich und wahrhaft erhebend, und das herrliche 
alte Sprühmwort: ‚Krieg und Brand fegnet Gott mit 
milder Dand”, bewährt fih hier auf die erfreulichſte 
Weile. Im fpätern Beiten bielten ſich die deutfchen 
Schriftitelfer in ihrem Unmuth, der denn body nicht ganz 
ausbleiben Eonnte, befonders an die Minifter, und unfere ' 
beutfhe Schaubühne hat befanntli einen großen Ueber: 
fluß an übelgefinnten Staatemännern und Kammerherren 
aufzuweifen; aber in der damaligen Zeit bachte Niemand 
an ſolche Ungebühr, und wenn es auch verflattet mar, 
in ftillee Stube zu fingen, daß Fein Rittergut, Stem 
und Drdensband wahrhaft gluͤcklich mache, fo Eonnte. doch 
die Verbeugung vor einem Manne, der wirklich und 
wahrhaftig ein Rittergut, Ordensband und Minifterftern 
hatte, nie tief genug ausfallen.” Es war freilich nicht zu 
leugnen, daß felbft ein Premierminifter gar viele politifche 
Misgriffe machen könne, aber man verbot -ficd, in tugend⸗ 
bafter Angft, dergleihen auch nur zu denken, und wenn 
er Trank wurde, fo bedauerte man das wie ein großes 
Staatsunglüd; doch wenn er dann einmal wieber in ei⸗ 
nem erleichterten Augenblide fih ein Glas Tokayer rei⸗ 
hen ließ, im welches der bobe Herr — ganz fo idylliſch 
wie unfer eins — fogar ein Zuderplägchen eintunkte, fo 
tar bdiefer Umſtand voichtig genug, um ihn mit umgehen- 
der Poft dem leipziger Freunde mitzutheilen. Mit Einem 
Worte: Alles, was draußen im Staate und in ben euro: 
paͤiſchen Staatöverhältnifien vorgeht, vernimmt man nur, 
infoweit die doppelt und dreifach cenfirten Zeitungen ba- 
von Kunde geben; jedes Urtheil dariiber iſt jeboch verbo⸗ 


ten, und man verfagt es fich ſelbſt als ungeziemende 


Vermeffenheit. 
n (Die Fortfegung folgt.) 


nn — —— 


Statiſtik der Buchdruckereien und Buchhaͤndler in 
Frankreich. 


Die Buchdruckerkunſt wurde etwa 20 Jahre nach ihrer Er⸗ 
findung nach Frankreich verpflanzt. Paris war die zehnte 
Stadt Europas, die erſte Frankreichs, welche dieſe herrliche 
Kunſt, dieſes großartige Geſchenk des deutſchen Erfindungsgei⸗ 
ſtes an die Nationen, in ihre Mauern aufnahm. Ulrich Gering, 
mit feinen zwei Gehülfen Michael Friburger und Martin rang, 
war es, ber die erfie Buchbruderei im Hauſe ber Sorbonne zu 
Paris im Jahre 1469 gründete. Gering war zu Beromünfter 
im Ganton Luzern in der Schweiz geboren und erlangte hier 
bie erften Begriffe vom Buͤcherdrucke. Es lebte naͤmlich zu 
Münfter, als Kanonikus des Stift zu St.: Michael, Elias 
Helie von Lauffen, an Zahren fchon ein Greis, aber noch voll 


% 


” ® 


* 


296 


„| 
zatofen Eifere für bie Miffenſchaften, der bei ber erfien Runde 
von der in Deutſchland erfundenen Kunſt, Bäder zu drucken, 
ſelbſt Berfuche machte und die erſte Buchdruckerei in ber Schweiz 
ersichtete, aus welcher im Sabre 1470 Marchefini’s bibiifches 
Wörterbudg: „Maiotrectus sive primicerius”, und im 3.1478 
Noderiche von Zamora ‚‚Bpeculum vitae haumanse‘' ingen. 
Gering erlernte bei diefem alten Kanonikus, der in feinem 76. 


Sebensjahre den 20. März 1475 zu Wünfter ftarb, bie Kunſt 
des Bücherdruds und begab fi) auf den Rath des Kanonilus 


und Profeffors Johannes a Lapide zu Bafel, welcher ihm Em⸗ 
pfeblungsbriefe an ben Prior der Sorbonne Johann be la 
pierre mitgab, nad) Yard. Das erfie Werk, weiches aus ſei⸗ 
ner Dfficin hervorginz, wer: „Epistolae Gasparini Pergamen- 
sis" (%., 1470). @ering übte feine Kunft bie zum Jahre 1508 
aus und flarb den 23, Xuguft 1510; er hinterließ fein fehr be: 
trächtliches Vermögen der fiudirenden Jugend unb den Armen 


von Paris; deswegen wurde von ber Sorbonne, welche zu ihrem 


Antheile 850D Livres erhalten hatte, fein Gedaͤchtniß jaͤhrlich 
aufs feierlichfte begangen. Außer zu Paris wurden in Stras⸗ 
burg im 3. 1871, in &yon 1478, in Angers 1477, in Chablis 
1478, in Poitiers 1479, in Caen und Baint: Alban 1480, in 
Bienne 1481, in Meg 1482, in Troyes 1483, in Rennes und 
Broéͤand⸗ Loudahac 1484, in Abbeville 1486, in Beſangon und 
Rouen 1487, in Gluny und Orleans 1490, in Dijon und An⸗ 
goul&me 1491, in Döte 1492, in Nantes 1493, in Limoges 
1495, in Provine und Tours 1496, in Avignon 1497, in Tre: 
guier 1499 und in Yerpignan im Jahre 1500 Buchdruckereien 
errichtet, fotaß zu Anfang des 16. Jahrhunderts dieſe Kunſt 
beinahe über alle Theile Frankreichs verbreitet war. 

Im Zahre 1830 Hatte Frankreich in 283 Gtädten 620 
Buchdruckereien und in 259 Städten 1142 Buchhändler. Gie 
waren auf folgende Weife vertheile: 1) Die 21 nördlihen Des 
partements, beren Bevdikerung (nady einer Zählung v. 3. 1826 
im „Almanch royal et national” v. J. 1831) fi) auf 9,982,677 
Seelen beläuft, und deren birecte Staatsabgaben 75,691,909 
Branch betragen, haben in 105 Städten 263 Buchdrudereien 


und in 99 Städten 759 Buchhaͤndler, oder auf 33,964 Einw. 


eine Druckerei und auf 18,112 Ginw. einen Buchhaͤndler. Pa: 
ris allein befigt 80 Drudereien und 506 Buchhändler, Rouen 
9 Buchdr. md 7 Buchh., Lille 7 Bucher. und 10 Buch,., 
Rancy 6 Buchdr. unb 8 Buchh, Gaen 6 Buchdr. und 6 Buchb., 
Mes, Amiens und Arras jede 5 Buchdr. und erſtetes 14 Buchs 
händler. 2) Die 18 meftlichen Departements, mit 5,438,408 
GEinw. und 29,770,246 Franc birecter Abgaben, brefigen in 34 
GStaͤdten 67 Drudereien und in 36 Staͤdten 86 Buchhändler 
oder eine Buchdrackerei auf 81,170 Binw. und einen Vuchhaͤnd⸗ 
ter auf 69,287 Ginw. Unter ben Gtäbten, die Drudereien be 
Aigen, hat Nantes 6, Rennes und Angouleme jedes 4, erſteres 
10, legteres 3 Buchhändler. 8) Die 13 mittlern Departements, 
mit 3,789,316 Einw. und 22,915,613 Francs directer Steuern, 
haben in 32 Gtädten 55 Buchdruckereien und 57 Buchhändler, 
ober eine Druckerei auf 68,896 Einw. Die Stadt Drleans hat 
5 Buchdr. und 6 Buchh., Nevers 3, Ghartres, Tours und 
Blois, jede 2 Buchdr. 4) Die 11 öftlihen Departements, von 
- 4,199,199 Ginw. bevoͤlkert, mit jährlich 25,380,148 Francs 
directer Steuern, haben in 44 Btäbten 8O Buchdruckereien unb 
in 88 Gtädten 106 Buchhändler, alfe eine Druderei auf 52,490 
Einw. und einen Bachhhändier auf 39,615 Einw. Won, die 
zweite Stadt des Reichs, hat 12 Drudereien und 24 Buchhand⸗ 
lungen, Strasburg unb Befancon jedes 6, Diion 4, Golmar 2 
Buchdr., und Gtratburg und Diion jebes 11 Buchhändler, Ber 
ſançon 6 und Golmar 5. 5) Die 28 füblihen Departements 
endiich, mit einer Bevölkerung von 8,463,320 Einw und einer 
directen Gteuerquote von 50,014,531 
Städten 155 Drudereien und in 59 Gtäbten 134 Buchhaͤndler, 
ober eine Druderei auf 54,602 Sinw. und einen Buch. auf 
638,159 Cinw. Warfeille befigt 10, Avignon 9, Kir 5, Tou⸗ 
louſe 14 und Borbeaur 12 Buchdrudereien. — Es kommt alfo 


Redigist unter Berantwortlichleit der Berlagäbandlung: 8. A. Brodbaus in Leipzos. . 


rancd, befigen in 68. 


im Durchſchaitt in Jrankreich eine Muchbruderei. auf SEARF 
Giaw. und ein Buchhändler auf 27,768 Finw. 

Zur. Bergleihung führen wir nach folgende Tatiftifche Ber⸗ 
hältniffe der Buchdruckereien zur Bedoblkerung anderer Staaten 
an. a muhen bat nad) einer: officiellen Zählung vom 3. 1888 
12,989,877 Cinm. und nad einer Angabe vom Sahre 138%, 
280 Buchbrudereien mit 693 Preffen, von denen bie meiſten in 
Berlin, Halle, Köln und Breslau, es kommt allo in Preußen 
fhon auf 45,213 Einw. eine Buchdruckerei. Im Konigreiche 
Sachſen muß bas Berhättniß durch Leipzig, den Hauptflapelplag 
des ganzen deutſchen wohlerganifirten Buchhandels, das allein 
über 120 Preffen beſchaͤftigt, noch beſſer fein. . Im Großherzogthume 
Weimar, welches in 5 Staͤdten (Ima mit 6, Weimar mit 8) 
12 Drudereien und im Ganzen 280,000 GEinw. hat, kommt 
fon auf 19,166 Einw. eine Druderei. Die Schweiz mit 2 
Mill. Bevdtterung hat 46 Druderrien mit 145 — 150 Preffen, 
von benen aber wol ein I den größten Theil des Jahres 
durch unthaͤtig if, alfo auf 43,913 Einw. eine Drudere. AB, 





u ——e —— — — nun 


Martha. Andenken an eine einzige und geliebte Schweſter 
Von Andreas Reed. Aus dem Englifchen frei Abers 
tragen. In befonderer Beziehung auf die Bildung des 
en Geſchlechts. Eſſen, Baͤdeker. 1832. 8, 
1 Thlr. 


Biographie, Erziehungs» und Erbauungsſchrift, ſehr an⸗ 
wenddar fuͤr junge Maͤbchen, deren Religioſitaͤt ſich zu dem 
ſtrengen, abſondernden Sektengeiſt neigt. Sie werben barans 
lernen, daß wahre Froͤmmigkeit ſich mit Duldung, Guͤte, Werk⸗ 
thaͤtigkeit, ja ſelbſt Heiterkeit des Gemuͤthe wohl verträgt und 
auf das bloße Formen⸗ und Formelnweſen keinen fonderlichen 
Werth legt. Für Perfonen, deren frommer Glaube von minder 
ſtrenger Aeunßerlichkeit iſt, trägt. bas Buch ein zu puritanifches 
Gepräge, ſie dürften um des Anftriche willen ben trefflihen Kern 
mitlennen und unempfaͤnglich für das viele Bute bleiben, bas 
ibngn in frembartiger, vielleicht ungefälliger Schale gereicht 
wirb. 18. 








Literariſche Notizen. 


In London iſt 1832 in zwei Theilen hetausgekommen: 
„Memoir and correspondence of the late Sir James Edwa 
Smith. Edited by Lady Baith”. 3. €. Smith war 1759 
geb., Hand mit den beruͤhmteſten Gelehrten, befonders Philo⸗ 
fophen und Botanikern in Briefwechfel, gründete im April 1788 
bie Linné'ſche Geſellſchaft in London und ſchrieb ſelbſt mehre 
botaniſche Werte. Gr flarb am 17. Maͤrz 1828 , 


Der erfte Band der „Works by the author ol Corn law 
shymes‘‘, mit einem Bildniß des Berf., ift in Dec. 1832 gem 
autgelonmen. 


In England erfchrint eine Zeitfchrift, welche Erzählungen, 
Sagen u. dgl., theils befanmt aber feiten, theils neu, aus 
dem Rachlaſſe beliebter Dichter oder yon Beitgenoffen enthält 
und ben angemeffenen Titel „Story -teiler“ führt. In Frank⸗ 
reich wurde im-Gept. 1832 ein ähnliches Unternehmen begonnen 
und ihm nad langer Beratung ber — milb ausgebrüädt — 
wunberliche Name „Salmigondis“ ertheilt, was in der KNüchenter⸗ 
minglogie ein Ragout von uͤbrig gebliebenem Fleiſche, oder wenn 
man die Etymologie zu Hülfe nimmt, eingemachte Yrüchte bes 
beutet (salgama). Duutfdge Ueberſeger, denen der Titel aus 
bee Küche gefiel, verpflaugten die franyöfifche Monatſchrift un« 
ter demfelben Namen nad Deutichland. 8. 

» 





— 


— 


Blätter 


für — 


literariſche Unterhaltung. 





Mittwoch, 





Ein Wort über deutſche Brieſſteller, mit beſonderer 
Beziehung auf Gellert's, Forſter's, Baggefen’s 
Brieffammlungen. u 

(Sortfeßung aus Nr. 71.) 

Die Wiſſenſchaft, welcher Chriftian Wolf eine etwas 
ermüdende fogenannte mathematifche Form gegeben hat, 
ſchuͤtzt durch das wohlgezimmerte Geländer vor großen 
Irrthuͤmern, gewaͤhrt aber wenig neue Ausbeute. In 
der Theologie wie im praktiſchen Leben ſteht noch immer 
im Allgemeinen die Dogmatik der Formula concordiae 
feft, und felbft Gellert ift den firengern Orthodoxen fo: 
wie den füßlichen Pietiften nicht mehr ganz recht. In 
der Geſellſchaft fängt man an, mit einigem Ölüde ga: 
Tant zu thun; Diele können jedoch die alte Gelahrtheit 
und Pedanterie nicht losroerden, bie felbft, indem man 
über fie fpottet, fehr häufig durch eins Hinterthür wieder 
einfchleiht und’ ſich am liebften in den Spott felbft 
milht. Dan. lächelt und lacht und zuͤrnt wol gar über 
die ewige Nachahmungsſucht der Deutfchen, aber felbft 


una Zn 


im Lächeln und Scherzen ahmt man voch oft nad). 


Dennoch zeigen ſich auch jetzt fhon Spuren, daß es 
mit dieſer Zeit bald werde zu Ende gehen, denn was ſie 
bildete und jetzt noch ſtuͤtzt, wird von geiſtreichen und 
hochberühmten Männern angetaftst. Manche berfelben wers 
den zwar ignosirt, und man darf annehmen, daß die reli: 
gioͤs und Afthetifch revolutionnairen Schriftftellee der Fran⸗ 
zofen unter Philipp's Regentfchaft, ſowie ſelbſt Voltaire, 
zu jener Zeit in ber größern deutfchen Geſellſchaft (3. B. ber 
des hoͤhern WBürgerftandes) noch nicht entſcheidend 
wirkten, denn mit moralifhem Stolze fertigte man fie — 
oft zu raſch — als .unmoralifhe und ungediegene Leute 
ab. Beimeitem mehr wirkte Rouffeau, der ohne allen 
Leichtfinn, mit großem Ernſte und feuriger Beredtſamkeit 
eine neue Zeit hervorrufen zu wollen ſchien. Er ließ fi 
von feiner gebildeten Geſellſchaft ignoriren, und fein „Emil“ 
macht felbft in den flillen Kreifen der Lucius ein ſolches 
Auffehen, daß fie den erſten Theil mit wahrer Begierde 
durchlieſt. Ein neues Licht ſchwebt vor ihren Augen, 
aber es erfcheint ihr fo. biendend, daß ihr bange wird und 
daß fie augenbliclich den Lehrer fragt, wie fie es damit 
zu halten habe. Der gute Gellert, ber, wie er ſelbſt ges 
fieht, Rouffeau nur wenig kennt und nur weiß, daß er 


zuweilen gegen den gefchtiebenen Buchftaben der chriſtli— 





13. März; 1833. 





hen Dogmatik ankaͤmpft, erfchricdt heftig bei diefer Nach⸗ 
richt, und er, der fo felten fchreibt, weil ihm auch ber 
Beinfle Brief fehr fauer wich, fchreibt jegt alle Pofttage, 
um fie vor_diefem in mancher Hidficht leider ſehr loͤbli⸗ 
hen, aber defto gefährlichern Verführer zu warnen. Die 
Freundin dankt mit Innigkeit für feine väterlihe Sorge 
falt, doch fucht fie Rouffeau nad) Möglichkeit zu verthei⸗ 
digen und fchreibt ein paar fchöne Stellen aus dem 
„Emil“ ab, um Gellert einige Neigung für das gefchols 
tene Buch beizubringen. Das hilft aber Alles nichts, 
auch jene Stellen gefallen ihm nicht fonderlih, und es 
bleibt dabei: fie fol den zweiten Theil nicht anrühren *); 
fie muß ihr Wort geben, gibt es und hält es wie eine 
rein gehorſame Schülerin. Bald nachher wird ihm auch 
vertraut, daß unter den nähern Kreunden des Lucius'ſchen 
Hauſes fih ein fonft fehr wackerer Süngling finde, der 
einige gefährliche Zweifel in Dinficht der Dogmatik hege. 
Meue große Sorge für Gellert, welcher gefragt wird, 
was dabei zu thun fett Er ſchreibt abermals Briefe über 
Briefe, citirt eine herrliche Stelle ans den Spruͤchwoͤrtern 
Salomonis, empfiehlt Cruſius, Leland, Ganz, Reinbed, 
Pontoppidan, Samuel Squire und andere im GChriftens 
thum voohlgeficherte Autoren; als aber dies Alles nicht 
gleich) heifen will, wird er etwas verdrießlich und bitter 
gegen den unglüdlichen Juͤngling. Er koͤnne, folle und 
müffe fih beruhigen bei Dem, was fo viele treffliche Men⸗ 
fhen fchon beruhigt habe; vielleicht wolle er aber auch 
nur widerfprehen, und man reize ihn zu neuem Wider⸗ 
ſpruch, wenn man mit ihm bißputire u. f. w. Auf eine - 
eigentliche Widerlegung jener Zweifel läßt G. ſich nie ein, 
und in diefem Sich⸗nicht⸗einlaſſen, was bei weniger edein 
Gemüthern als Gellert in ein gänzliches Ignoriren aus⸗ 
artete, finden wir abermals ein fehr bebeutendes Zeichen 
jener Zeit, die eben, weil fie fih im bequemen Ablehnen, 
Eich=nicht=einlafien und Ignoriren bed Neuen gefiel, eis 
nige Unficherheit verräth. Noch auffallender wird biefes 
Ablehnen in Beziehung auf die beutfche Literatur. Was 
fie, die damals mit Riefenfchritten weiter eilte, feit etwa 
1755 Großes theils geleiftet hatte, theils verfprach, ift 
nicht mehr nach Gellert's Sinn, es erfcheint ihm zu kühn 
*) Sm 56. Briefe entichlüpft Gellert fogar der unmuthig 
harte Audruf: „Was gebt uns Rouffeau weiter an? Richte 
mehr von ihm.’ (!!) j 


> 
®‘ 


X * 
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und deshalb gefährlich. Die Freundin fragt ihn nad Us 
- und Wieland, bekommt aber eine ſehr ungenügende Ant: 
wort. Er ift mit den Wieland’fhen Schriften nicht weis 
ter gelommen als bis zu deffen „Sympathien“, bedauert 
den Streit zmwifchen ihm und U; und weiß nichts yon 
dee großen Veränderung, die ſich etwa feit 1760 in Wie⸗ 
land's ſchriftſtelleriſcher Thaͤtigkeit gezeigt hat. Er lobt 
beide Dichter, bedauert die „freien Stellen” in Uz's Poe: 
ſien, freut ſich aber herzlich, daß er dennoch ein fehr gu: 
ter Mann fei, was Ihm fein feliger Freund, der vortreff: 
liche Freiherr von Cronegk, ber jenen genau gekannt, oft 
verfichert habe. Won Klopſtock ift nie die Rede und — 
wer vohebe es glauben? — auch von Leffing nicht. Es 
gibt viele Stellen in dieſen Briefen, wo wir ermarten 
dürfen, es werde Leſſing genannt werden müflen, aber 
unfere Erwartung teifft nie ein. Es iſt nicht zu zwei⸗ 
fein, daß er in dem Lucius’fchen Kreiſe gefannt war, denn 
wie hätte der geiftreichfte aller deutſchen Schriftfteller jener 
Zeit den Mitgliedern defielben verborgen bleiben koͤnnen? 
Über man wagt noch nicht echt, von ihm zu reden, am 
wenigften aber Gellert gegenüber, und da die Lucius 
nichts mehr lieſt, ohne ihres Lehrers Urtheil vorher zu 
befragen, fo iſt zu vermuthen, baß fie Leſſing kaum den 
Namen nah kannte. Wahrlich auch dieſes gänzliche 
Schweigen von Leffing HI uͤberaus beredt. 

Lefen wir nun diefe Briefſammlung auf bie angedeu⸗ 
tete Meife, fo haben wir in ihr nicht blos die ausführs 
liche Darftelung eines individuell Intereffanten Verhaͤlt⸗ 
niſſes mit den anmuthigften Detalts, fendern auch ein 

in hiſtoriſcher Hinſicht hoͤchſt wichtiges und anziehen: 
des, das Buͤrgerleben jener Zeit uns vor Augen 
ſtellendes Werk, und wir ſind dem Bibliothekar Ebert 
in Dresden wahrhaft großen Dank ſchuldig, daß er uns 
endlich einmal dieſen Briefwechſel, der bis dahin nur 
verſtuͤmmelt und mangelhaft (und mithin voͤllig uner⸗ 
ſprießlich) mitgetheilt worden war, unverkuͤmmert und ge⸗ 
nau in einer neuen, auch aͤußerlich erfreulichen Geſtalt 
gegeben hat (Leipzig, Brockhaus, 1823). Ich bin doch gewiß 
nicht der Einzige, der gern einmal zur Abwechſelung auch nach 
fanften, milden und doch wieder einer gewiffen Gattung 
von gelinder Ironie den trefflichflen Stoff bietenden Bü: 
hen greift, unb darum rufe ich befonders den Zefern, 
welche die Löbliche Eigenfchaft haben, nicht blos die Bi: 
her von 1832 zu lefen, mit gutem Muthe gu: Hier ift 
eins, das, in den Jahren 1760 — 69 gefchrieben und 
1823 gedruckt, wert intereffanter iſt ats fehr viele Schrif: 
ten von 1832. 

Legen wir nun den Gellert:2ucius bei Seite und 
greifen (wie oben ausgemacht wurde) zu ben Forſter'ſchen 
Briefen (Leipzig, Brodhaus, 1829, zwei ehr ftarke Bände), fe 
iſt mit einem Male die ganze Scene In allen nur irgend 
denkbaren Bezlehungen verwandelt. Die Zeit ift anders 
geworden‘, fie will überalf meiter, iſt aber nur zu einer 
halben und deshalb ımerquidlichen Aufklaͤrung gekommen, 
und zumeilen mifcht fi die armfeligfte Seichtigkeit ein. 
Man ift unmuthig in den alten Formen, die noch immer 
ſtarr daftehen, und die neue beffere Zeit will fich weder 


Wirthen und fämmtlichen Gäften, indem fie fi 


ee a na ve —— ——— — —— 
* 


298 


innerlih noch dußerlih recht geftalten. Forſter Water 
und Sohn fühlen große Langweile in Deutfchland, aber 
die Liebe für die Wiſſenſchaft erhält fie friſch und fie 
(hiffen muthig um die Welt. Mit den trefflichfien 
Renntnifien bereichert, Lehren „fie zuruͤck, und Die Deutfchen 
jauchzen ihnen entgegen. Beſonderß ifE der junge Georg 
Sorfter ein wahres Wunder in ihren Algen; wo er fi 
nur fehen läßt, bittet man ihn zu Zifh, und er muß 
hundert und wieder hundert Mat die ſchoͤnen Geſchichten 
von den Sübfeeinfeln und ihren wunberlihen Bewohnern 
und Bewohnerinnen erzählen, wobei es den: F— n 
uͤber 
ihre eigne Bildung und Aufklaͤrung freuen, uch einmal 
ſo gut ſchmeckt als ſonſt. Kann man wol mehr fuͤr ihn 
thun? Georg ſcheint es zu verlangen, dem er will ein 
Amt. Recht ſchoͤn und wacker, und er verdient es gewiß; 
indeſſen hat es nun einmal in Deutſchland mit ben Aem⸗ 
tern, fowie überhaupt mit Allem, was in das äußere 
VBürgerleben gehört, feine „gewiefenen Wege”. Seine 
„geroiefenen” Wege rotederhote ich. und fühle dabei ganz, 
welch ein charakteriftifch "Deutfches,; nır von Deutfchen er: 
fundenes Wort das ift! Es find nicht gleich Stellen da, 
er fol warten, und in diefer in Deutfchland fo hochnoͤthi⸗ 
gen Zugend hat er ed — trog feines Kreuzens auf dem 
ſtillen und nicht ſtillen Meere — nicht weit gebracht. 
Er geht nach Kaffee, finder dort eine Anftellung — ich 
glaube gar als Profeffor — aber die Beſolbung iſt ge: 
ring, und er liebt nun einmal — ein ungebührlicher und 
entfeglicher Gebanfe für einen deutſchen Gelehrten — auch 
das Äußere Wohlkeben. Ihn ergräift won Meuem Die 
Langweile, er hofft Zerſtreuung in geheimen Geſellſchaf⸗ 
ten, findet dort aber nichts als jene traurige Gattung 
von Myſtik, die anfangs imponlrend, hinterher nichts bie⸗ 
tet als troſtloſe Duͤrre. Dig Zeit Hatte nun einmal 
Doefte und Religion hinweggeſtoßen und muß 14 dee: 
halb — da doch nun einmal der Dang zum Wunderba⸗ 
ren nicht ganz zu befeitigen iſt — größtentheild mit geifts 
fofer Geifterfeherei begnügen. Die realen Sorgen ver: 
größeren fih, denn mit ein paar hundert Thalern, die ein 
beutfcher Profeflor im Anfang der achtziger Fahre erhielt, 
laͤßt fich, den ſicherſten Nachrichten zufolge, wenig anfan⸗ 
gen. Er geht nah Wilna. Wie es ihm dort gefiel und 
ob er an feiner Stelle war, beantworten wir ums leicht, 
wenn wir bios die beiden. Namen: Korfter und Wilna, 
ausfprehen. Er verheirarhet fih und iſt nicht gluͤcklich 
in der Ehe. Gem folgt er einem’ Rufe nah Mainz, 
und man hofft, nun werde er endlich, wenn auch nicht 
Sul, doch Ruhe finden. Er findet fie aber nirgend 
weniger als bort, und die Langweile, die ihn ſchon fo 
oft ergriffen, fcheint immer peinlicher zu werden. Da 
bricht die franzöfifche Nevolution aus, es locken verführe: 
rifche Stimmen von Frankreich aus, und während fie los 
cken, erfcheint die ohnehin faft immer unzärtlihe Mutter 
Germania noch härter, fpröder, oder gar widerwärtiger als 
je. Er vergißt, daß auch eine unzärtliche Mutter noch 
immer eine Mutter Bleibe, und die Revolution reißt ihn 
in ihre Wirbel, Mainz fällt in die Hände der Franzo⸗ 


— —— — — 


— — 


wicht mitaufgenommen. 


ſen, und er hoͤrt auf ein Deutſcher zu fen. Aber 8und fo hat ſich jener Brief miteingefhlichen. Der Grund 


wohnt in ihm ein Gemüth, welches trog allen Jerthuͤ⸗ 
mern doch ein tieferes iſt, ald daß ihm fo bald in feinem 
neuen Halbvaterlande Befriedigung gewährt werben koͤnnte. 
Die Wellm, die ihn umgeben, werden Immer ranfchender, 
wirbliger, blutiger, bis fie ihn zuletzt verfchlingen, und als 
er flicht, erhalten wir nur die traurige Ueberzengung, daß 
feine Kraft wirklich aufgerieben iſt, aufgerieben ſchon im 
39. Lebensjahre. Seit 1792 war er ohne ein inneres 
Wunder nicht mehr irdiſch zu retten, und fo kam nur, 
was kommen mußte. 

Aber, fragen wir mit Recht, waren denn keine Freunde, 


“ ober vielmehr, war benn Bein Freund vorhanden, um ihn 


mie ſtarkem Arm zu retten? Auf die Freundſchaft verfte: 
hen wir uns doch wahrlich recht gut, und ſelbſt zu der 
vollendetſten Schilderung bdeutfcher Freundſchaft (zwifchen 
Siebenkaͤs und Leibgeber) finden ſich in unferm deutfchen 
Baterlande nicht wenige Abbilder. Aber Forſter hatte 
nur Belannte, viele gute und geiſtreiche, halbe und drei⸗ 
viertel Freunde, und die können ihm freilich nicht helfen. 
Er felbft Hatte das höhere Talent, welches, um einen voll 
endeten Freund zu finden, nöthig ift, nicht im vollen 


Maße, ich meine jenes der reinen Poefle des Lebens, In 


welcher Freiheit und Nothwendigkeit verföhnt und eine 
geworden find, wodurch wir allein das Vermögen gewin⸗ 
nen, und unbedingt, und doch mit Bewahrung unferer 
edlern Individualität, hinzugeben. Aber freilich der kühle, 
kranke Lichtenberg und der zierliche Johannes von Miller (fo 
zeigt- ec fich bier in feinen franzöflihen Briefen) *) eig⸗ 
nen ſich nicht fir Forſter, um fi ihnen ‚ganz hinzuge⸗ 
ben. Lichtenberg freut ſich ungemein über das zu große 
Lob, das ihm Korfter in feinen „Anſichten vom Nieder: 
rhein“ gebracht hat; ſonſt aber ift ihm der Mann fon 
lange etwas unbequem, deſſen tiefen Sinn er ohnehin 
nie verflanden. Müller may ihn wol verftanden haben, 
ober er rettet nur fich und fhläge dann in Wien jam: 
mernd in die Hände, daß es mit dem Freunde fo weit 
gekommen iſt, mit einem Manne, der, wenn auch nicht 
dor Jahr und Tag, doch vor Jahren und Tagen ein 
guter Chriſt geweſen ſei und Johann Arnd's fromme 
Werke faſt taͤglich geleſen habe. Wenn er das wußte, 
warum rettete et ihn nicht damals, als es noch Zeit 
war? Dennoch ſind beide Maͤnner zu entſchuldigen, eben 


‚weit fie Forſter nicht genügen konnten. Friedrich Jacebi 


hätte ihm genuͤgen können und gemlgen follen; aber es 
iſt traurig, zu fagen, daß er grade dieſen ebenfo tiefjin: 
nigen als edeln Mann am wenigften erkannte, und nicht 
minder traurig, daß Jacobi das meiſtens nur exoteriſch 
artige und angenehme Verhaͤltniß nicht zu erhöhen, ober 
beffer,, zu vertiefen ſuchte. Auch findet ſich hier ein fo 


ganz über alle Maßen heftiger Brief von ihm (vom Jahre 


1781), daß wir wünfchen, ein folder Zorneserguß wäre 
Allein die Herausgeberin vers 
kennt Jacobi wo möglih nach mehr als Forſter feldft, 

*) Ganz zu erkennen ift 3. v. M. nur aus ben Briefen an 


feinen Bruder, bie, wie es fcheint, nody nicht genagſam ge: 
lefen und betrachtet worden find. 


biefer Heftigkeit (die rohe Feindſchaft der, Deutſchen Biblio: 
thek“ gegen Voß) iſt ohne Zweifel ein guter; Aber der Zorn 


wird zur- Muth, und zwar zu einer folhen, die ſich Ja⸗ 


cobi fonft Immer ſelbſt verboten hat. Arch der Schwie- 


gervater Heyne kann Forfter wenig helfen, ee hat ſich 


tängit an die Formen des Außern Lebens gewöhnt, ſtudirt 


mit Setaffenheit fortwährend die alten Elaffiter und wohnt 


in ihnen beimeitem mehr als in der Gegenwart, tieft 
zahlreich beſuchte, mit gewaältigem Beifall felbft von Prin- - 
zen und Grafen beehrte Collegien, gibt den Virgil heraus 
und findet feldft in London einen Verleger u. f. w. 
Biel mehr verlangt er von der Gegenwart nicht, und 
wenn ihn auch in feltenen Stunden ein Mismuth über 
manche deutfche Verhäftmiffe beſchleicht, fo begreift er doch 
fchwerlich die Flammen in Forſter's Bruſt, und weil er. 
fie nicht begreift, kann er fie auch nicht befchwären. Hu: 
ber’8 Verhaͤltniß zu Forſter ift ein zu geheimnißvoll com: 
plicirtes, al& daB wir genau Über daſſelbe urtheilen koͤnn⸗ 
ten. Er theilt jedoch manchen biftorifch = politifchen Str: 
thum mit Forfter und kann ihm deshalb in bdiefer Hin: 
fiht wenig ’nügen. Er ift, wie es fcheint, gemäßigter 
und fanfter, gefunder und häuslicher, aber er bat Forſter 
nicht genugfam imponiren Eönnen oder wollen. Soll ich 
mit zwei Worten fügen, wer Forſter bitte fichee retten 
tönnen, fo nenne ich unter ben edein Zodten, ohne alle 
Sucht, misverfianden zu werden, befonders dieſe drei: 
Thucndides, Tacitus und — Luther. 

Pharifätfehes Urtheilen fei jederzeit fern von und, am 
widerlichften und greulichſten aber wird der Phariſaͤismus, 
wenn ee ſich in das Urtheil über Männer mifcht, bie, 
ihre Zeit nicht ganz verftehend und fie bald zu hoch, bald 
zu gering anfchlagend, fobann von ihr misverflanden, ſich 
ſelbſt tragifch aufreiben. Forſter ift ein Ungluͤcklicher, der feine 
Jerthuͤmer ſehr theuer bezahle bat. Wir brauchen nur 
die einzige einfache Frage zu thun: wie befand fih denn 
nun Forfter feit dem Herbſt 17922 in ben neuen Ber: 
bäftniffen in Frankreich? und dann bie Antwort aus feis 
nen Briefen zu vernehmen, ſowol in ben Zeilen ſelbſt, 
als „zwiſchen den Zeilen”. Wahrlich, wie haben hier ein 
böchft lehr: und warnungsreiches Buch vor uns; es muß 
aber — recht gelsfen werden. . 

Vergleihen wir nun diefe Brieffammlung mit ber 
Gellert⸗Lucius ſchen, fo wiſſen wir kaum einen Anknüp: 
fungspunft zu einer Vergleihung zu finden. Zu Gellert's 
Zeit war Alles beruhigt oder doch befchwichtigt; Das Un- 
angenehme ber irdiſchen Werhältniffe wurbe mit einem 
halb religiöfen, halb metaphyufifchen: „Es ift nun einmal 
fo’, abgefertigt. In guten Stunden verfaßte man fanfte 
Klaggedichte, ober betrachtete überhaupt dieſe Welt als 
eine Art von jleinigem Vorhof, auf dem ſich nicht viel 
Blumen und Früchte erzielen laffen. Won einem Staats: 
feben war in der bürgerlichen Geſellſchaft kaum oder doch 
nur felten die Mede, man war größtentheil® zufrieden, 
wenn man für ſich nebft Srau und Kindern Obdach, 
Nahrung und Kleider hatte. Dreißig Jahre fpäter war 


I fehe Vieles verwandelt. Manche fanden bie alte, oft bes 


fahrene und an vielen Stellen etwas langweilige Kunfts 
ſtraße, auf der man fo lange gewandelt hatte, allzu un: 
angenehm und verließen fie; aber der Weg, den man eins 
flug, war nicht immer ber beffkre, und Manche geriethen 
fetöft auf einen unfichern Naphtaboden. Bei jedem flär: 
tern Fußtritte firdmten Flammen aus demfelben heraus, 
Flammen, mit denen man nicht fpielen kann. Nur fehr 
Wenige erinnern dabei an — Hercules' Selbflverbrennung ; 
dazu fehle auch Forſter fehr viel und vor Allem die ſtete 
Bewahrung rellgioͤſer Handlungs: und Duldungskraft. 
In jedem Falle aber gelte auch hier das herrliche Wort 
Bürgers: - | 

Was Yleden war — vermobert; 
Rur ber Himmelsfunfe lodert 


Einft geläutert zur Verherrlichung. 
(Die Fortſetzung folgt.) 





Annuaire du Bureau des longitudes pour Pannée 1833. 


Diefes „Annuaire ift ein fehr nüsliches Buch und baher 
wird es in Parts wenig gelefen. In der Hauptſtadt der gebilbeten 
Welt, in dem Mittelpuntte ber europäifchen Givilifation, wie 
die franzöfifhen Journaliſten wenigfiens ſich ausbrüden, vwill 
man amufirt fein; wer dieſes genußfüchtige Lefevolf unter: 
richten will, ift ein Pebant, eine langweilige Perfonage, bie 
man mit ihrer Wiſſenſchaft an die Schuliungen und an bie 
Stubenten verweif. Woher bie Zeit nehmen das „An- 
nuaire‘‘ zu leſen? Sind nicht neulih 22 Bönde Ro⸗ 
mane, Schauder⸗, Mord⸗, Ehebruchſs⸗, Rothzudhtgefchichten 
an einem einzigen Tage erſchienen? Iſt nicht der liederlichſte 
aller Romane, „Faublas’, ben fonft ein Libertin nur bei verſchloſ⸗ 
fenen Ihüren las, aufs Theater gebracht worben? In Feiner 
Stadt wird vielleicht fo viel, fo allgemein gelefeh ala in Pas 
ris, nirgend gibt es fo viele unwiffende Menichen und felbft 
unter ben gelehrten Ständen. Keep-sa-kes, Muſenalmanache, 
den „Matthieu Laensberg” finder man in allen Lefezirkein, 
bei Aerzten, Abvocaten, Eiteraten u. |. w. Das „Annuaire” 
haben wie nirgendb auftreiben koͤnnen als in ber Biblio- 
theque du roi, wofelbft wir gegenwärtig, den 31. Ja: 
nuar, figen und mit flarrenden, eifigen Fingern dieſe Zeilen nie: 
berfchreiben. Wenn viel gelefen wird in ber capitale du 
monde, fo werden die materiellen Gapacitäten der Menfchheit 
nicht weniger beachtet als die geiſtigen. Im Jahre 1831 wur: 
den hier gebraucht: 776,784 Hectoliter Wein, 28,573 Hectoli⸗ 
ter Brantwein, 112,859 Hectoliter Bier._ Nebſtdem wurden 
verzehrt: 1,161,136 Pfd. Trauben, 61,670 Ochſen, 14,389 Kühe, 
62,867 Kälber, 288,208 Hammel, 76,741 Schweine und Wilds 
fyweine, 996,369 trodene Käfe. Es find ferner bier gegeffen 
worden für 702,180 Francs Auftern, für 477,610 Fr. Fluß⸗ 
ſiſche, für 3,415,159 Fr. Seefiſche, für 6,426,648 Fr. Geflügel 
und Wilbpret, für 9,117,091 Fr. Butter, für 3,904,987 Fr. 


@ier. . 

Im Lanfe 'beffelben Jahres find geboren: 15,116 Knaben 
und 14,414 Mäbdyen, zufammen 29.540 Kinder, von benen 
10,878 uneheli find. Es wurden 6654 Ehen geſchloſſen; bie 
Bahl ber Geſtorbenen betrug 25,996. Faſt der vierte Theil 
der Kinder flirbt im erſten Jahre, ein Drittheil erreicht das 
zweite Jahr, die Hälfte lebt bi zum 20., ein Drittheil bis zum 
40. Jahre. Die Sefammtbevölfesung von Frankreich betrug im 
Sabre 1881: 32,560,934 Gedlen. 

Außer biefen und vielen anbern wichtigen ſtatiſtiſchen No⸗ 
tigen enthält bad „Annusire” einen fehr intereffanten Auffag 
bes Seren Arago über den Ginfluß des Mondes auf unfere 
Atmofphäre. Wir koͤnnen dem gelehrten Afteonomen in feinen Rai: 
fonnements nicht folgen und beſchraͤnken uns, die wichtigften Res 


N * 
⸗ 


300 


ſultate ſeiner Beobachtungen und Berechnungen mitzutheilen. 
In Folge des Einfluſſet des Mondes auf unſere Atmofphäre 
regnet es häufiger und ftärker gwifchen dem Neulichte und dem 
Bollmonde ala in dem legten Dctante; dieſes wird beftätigt 
durch Zoalbo’6 Beobachtungen, denen zufolge won 760 

tagen nur 114 unabhängig von bem Ginfluffe des Mondes waren. 
Im Ganzen genommen wirft unfer Gatelit nur ſchwach auf 
ben Dunftkreis der Erbe. Der Wechfel der Witterung flieht mit 
ben Wondöphafen nicht im feruften Bufammenhange; bies Get 
Herr Aragso mit unumftößlichen Beweiſen bargethan. Schließ⸗ 
lich bemerken wir bier für bie Leſerinnen, bie gern im Mond⸗ 
fein wandeln, daß das Mondligt nicht ſchwarz macht, wie 
mitunter behauptet wird. 143. 





Eine Revenante aus dem Criminalrecht. 


. In Berlin leben noch Manche, welche die ihrer Zeit viel 
befprochene Urfinus von Perfon gefannt, und noch jüngft wurbe 
ihrer bei Belegenheit der färchterlichen Sefina Zimm wieder ge: 
dacht. Die Acten ber Urfinus find zum Theil gebrudt, es exi⸗ 
flirt eine Biographie, ihre Perfon gehört alfo der Deffentiich 
keit, und es ift fein Verſehen gegen die Schicklichkeit, an fie zu 
erinnern. Roch Lebt fie, eine hochbejahrte Matrone, unb wer 
bie rüflige, große, ned von Lebensluft durchdrungene Dante 
fieht, mag in ihr nicht fogleicdh die Krau vermuten, welche vor 
30 Jahren beinahe das Auffehen einer Brinvillier mahte. 
Die Zeiten aber find feitdem tragifcher, wenigftend melobrames 
tifcher geworden. Die Thaten unb Attentate ter Urfinus find 
durch bie zahliofen Verbrechen der bremer Giftmifcherin in 
Schatten geftellt, aber in einer Epoche moralifcher Grfchlaffung 
und ſittlicher Gleichguͤltigkeit, aus ber fie Herborgingen, waren 
fie ganz geeignet das ſchaudernde Entſetzen burch Deutſchland gu 
erregen. Mit ber Laft ihres ſchuldvollen Bemwußtfeins ging fie 
nah lag und. hat dort durch SO "Jahre die ungeheure "küge, 
daß fie ſchuldlos leide, feftgehalten, für den Pfychologen fein 
geringeres Wunder, wiewol es häufiger vorkommt als ber wol⸗ 
lüftige Irrfinn der Gefina Timm. Wäre bie Urfinus nicht. bie 
verflandesfluge Frau, bie jebe ihrer Sandlungen und Worte bes 
rechnet, fo ließe fih glauben, was bei weichern Gemüthern nicht 
felten vorkommt, baß fie fi vor fich felbft rein gelogen. Denn 
fie vermeidet es nicht, von den auf ihr Taftenden Beſchuldigungen 
zu ſprechen, fie konnte mit Elagendem Ion baran erinnern , fie 
konnte feufzend bie Hoffnung. ausdrüden, einft werde ihre Um 
ſchuld an den Zag fommen. Sie konnte auch ſcherzen. Einem 
jungen Faͤhnrich fchenkte ſie vor fangen Sahren für eine Gefaͤl⸗ 
ligfeit eine Zafel Ehocolade und ſagte Tächelnd, als er zauderte: 
„Fuͤrchten Sie ſich nicht, fie iſt nicht vergiftet.” As man 
jüngft in ihrer Gegenwart das Geſpraͤch auf die Timm brachte, 
hörte fie aufmerkſam, mit völliges Unbefangenheit zu, äußerte 
ihr Entfegen über bie unbegreiflichen Frevel und erklärte, das 
Buch davon leſen zu mollen. Nachdem ihre eigentlidhe Straf⸗ 
zeit auf ber Gitabelle vorüber, lebt fie nur noch unter policek 
licher Aufſicht in der untern Stadt Glatz. Ein reichlicdes Ein 
kommen aus ihrem vormundſchaftlich verwalteten Vermögen ſett 
fie in ben Stand, ein Haus zu machen. Sie gibt ‚befuchte Ge⸗ 
ſellſchaften und macht Anfpruch auf Aufmerkſamkeit, fehr empfinb: . 
lich gegen gefellfchaftliche Verſtoͤße. Ja, fo wenig hat langes 
Leiden, bie Laft, die ihre Bruft trägt, und die Annäherung ber 
Swigteit den eiteln Welkfinn ber @iebzigerin gebeugt, daß das 
ihr einziger Lebensgedante fcheint, bie erſte und befle Geſellſchaft 
bei fich zu ſehen. Wer brieftidh mit ihr verkehrt, ſoll oft geneigt 
fein an ihre Unfchulb zu glauben; allein wer ihr Zuge ins Auge 
fah und mit ihr ſprach, fommt davon zurüd. Dem Tode ſcheint 
bie Eräftige Greiſin noch Tange trogen gu wollen; auch bie Gho⸗ 
lera, als fie in Glag mwüthete, wagte nicht an bie Thuͤr ber 
Frau zu pocden, die felbft den MWürgeengel gerufen und. ihm 
ins Gefi£t geblicdt, regungslos wie eine Larve. 26. 


Nedighrt unter Berantwortlichkeit der Verlagshanblung: F. 4. Brodbaus in Leipzig. 


. x 
[) 


— — 


Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltung 





Donnerdtag, 


- 


Brieffammlungen. 
(Bortfekung aus Ar. 72.) 

Wie anders, wie fo ganz und gar anders iſt bie Welt, 
die fih uns in der Baggeſen'ſchen Briefſammlung eroͤff⸗ 
net! *) Baggefen ift raftreih wie Forſter, aber aud 
gefunder, frifcher und bei aller temporairen Hinneigung 
zue melancholifhen Betrachtung doch fanguinifh. Das 
Leben ſelbſt mache ihm mehr Vergnügen, er hat ed gern, 
wenn Prinzen und Prinzeffinnen, oder überhaupt einflußs 
reihe Männer und Frauen ihm gewogen find; er reift 
gern, lieſt gern vor u. f. w. Das Alles ift nicht bios 
unfchuldig, fondern Iöblich. Alles Meittelmäßige, obwol er, 
wenn es ihm im Leben begegnet, baffelbe mit Laune erträgt, iſt 
ihm, fobald es fich ihm felbft als Eigenthum aufbrängen 
will, hoͤchlich zuwider, und er fieht fich deshalb eifrig um 
nach dem Hoͤchſten und Herrlichiten, was die Poefie und 
Philoſophie aufzuzeigen hat. Er will, um «8 mit einem 
Worte zu fagen, durchaus in das Reine kommen über 
das Raͤthſel der Welt und des Bewußtſeins; doch das 
Schoͤne ſoll dieſe Erkenntniß vermitteln. Da bietet ſich 
ihm zuerſt Kant, theils als großartig zermalmender, theils 
als ein neue Welten enthuͤllender Lehrer an; aber der 
Mann iſt faſt gar zu groß, und vielleicht eben weil B. 
ihn grenzenlos verehrt, begegnet er ihm im Leben nie. 
Es bedarf eines Vermittlers, und bdiefen findet er zuerft 
in Reinhold, jenem reinen und holden Damme, der als 
rühmlicher Anti: Egoift immer nur die dee wollte, nie 
ſich ſelbſt allein als Philofophen. Er, „der Exfte der Ler: 
nenden”, wird Baggeſen's Freund, der nun mit ihm ges 
meinfchaftlih Iermt und in bes Freundes „Briefen über 
die Kant'ſche Phitofophie”, ſowie in deſſen „Elementar⸗ 
Ichre” einen wuͤrdigen Stoff für fein höheres Denkver⸗ 
mögen findet, das ſich bei ihm auf eine geniale Weiſe 
ausbildet. Uber eben um dieſer genialen Weiſe willen 
bebarf er eines Mannes, ber großartig zu denken und zu 
dichten zugleich verſteht, und diefen findet er nicht in Rein; 
Hold, fondern in Schiller. Der herrliche freigefiante Pofa hat 
ihn bezaubert, ber „Abfall der Niederlande” hat ihn auf die 

2) Aus Jens Baggefen’s Briefwechfel mit Karl Leonhard Rein: 


hold und Friedrich Heinrich Zacobi. Mit 28 Beilagen. Zwei 
Theile. Leipzig, Brodhaus, 1851. Gr. 8, 5 Ihlx. 


u ee —————————— 


14. Maͤrz 1833, 





erfreulichſte Weiſe belehrt; er vergättert „Die Goͤtter Grie⸗ 
chenlands”, und das tiefſinnige Gedicht: „Die Kuͤnſtler“, ent⸗ 
zuͤckt ihn in einem Maße, wie ſonſt keinem Werke gelungen iſt. 

-Da kommt 1791 ihm die Nachricht, ber treffliche 
Dichter, der ſchon eine geraume Zeit gekraͤnkelt habe, ſei 
geſtorben, die Nachricht verbreitet ſich ſchnell und ein all⸗ 
gemeiner Schmerz erfuͤllt jeden Hoͤrer. Sollte dir, lieber 
Leſer, die Gegenwart zuweilen ein wenig kuͤhl, wenn nicht 
gar kalt, ein wenig liebearm, wenn nicht gar liebelos vor⸗ 
kommen, und bu moͤchteſt bir einmal eine Zeit verge 
genwärtigen, in der es anders war, fo lied in den damas 
ligen Zeitungen und Briefen, befonders aber in diefer 
Baggefen’fchen Sammlung nad, wie bie Deutichen und 
bie deutfchen Sprachgenofien einft zu lieben verflanden. 
Die Römer Eönnen kaum den Tod des Germanicus und 
Drufus tiefer beklagt haben, als wir damals Schiller's 
Tod; und wol dürfen wie biefes fonderbare Gleichniß 
wagen, benn das iſt eben das Bedeutende, daß bie Deut⸗ 
fhen diesmal gar nicht nah Rang und Titel fragten, 
fondern den Verluſt Friedrich Schillers, außerordentlichen 
Drofeffors in Jena, eines armen, kranken, jungen Man⸗ 
ned, als ein entfchiedene® oͤffentliches Ungluͤck (publica 
calamitas) betrachteten. Schiller'6 Leben ſchwebte damals 
allerdings in der höchften Gefahr; als er ſich aber wieder 
gerettet fah, ward ihm dafür auch die große Freude, zu 


fehen, wie man ihn überall geliebt und feine Erequien 


gefeiert hatte. Die Freude über feine Genefung war 
nunmehr aligemein, indeſſen fehlte ihe doch meiſtens jene 
Begeifterung, die fich bei den Meiften im Schmerze gläns 
zender zeigt, wenigftens befumbete fie fi micht veei. 
Hätte man näher nachgefragt, fo würbe man erfahren 
haben, dag Schiller's Geneſung nur eine fehe kuͤmmer⸗ 
liche war, daB er das Leben nur dem Tode abringe, was 
deshalb Immer auf die zartefte Weiſe behütet werden 
müfle. Man wuͤrde vernommen haben, daß Schiller arm 
fei und nur 200 Thaler Befoldung genieße, daß ber Arzt 
eine Reife nach Karlsbad für unerläßlih halte, und er- 
fahrene Leute hätten hinzugefügt, daß eine folhe Cur 
nebft gehöriger Erholung füch nicht wohl von dem Gehalte 
eines außerorbentlichen Profeffors beftreiten laſſe u. ſ. w. 
Was würde aus unferm Schiller geworden fein, wenn 
fi) nicht der Herzog von Auguftenburg und ber Graf 
Schimmelmann auf die edelſte Weiſe für ihn huͤlfreich 


- 


02 


gezeigt hatten? Daß fie fich aber fo zeigten, davon war 
ohne Zweifel Baggeſen die Urfache, der zuerſt jene vor: 
teefflichen Männer mit den Schriften bes großen Deut: 
ſchen bekannt machte. Wahrlich, es iſt gut, es if ſehr 
nöthig, auf dergleichen bedeutende. Facta das vergefliche 
Publicum von Zeit zu Beit aufmerkſam zu machen, da⸗ 
mit es nicht in Setbftzufriedenheit allzufanft einſchlummre. 

Außerdem aber finden wir bier einen abermaligen Be⸗ 
- Seg für einen merfwürdigen Moment in unferer Literar: 
gefhichte. Manche unferee jungen Dichter und Kritiker 
denken ſich das Verhaͤltniß Schillers und Goͤthe's ganz 
anders, als‘ «6 war, weil fie, meiſtens nur in der neuen 
und neurften Zeit lebend, gänzlich ignoriren, daß, als bas 
Verhältniß der beiden großen Männer begann, Schillers 
Berühmtheit die briweitem größere war. Goͤthe's Gele 
britaͤt durch „Big vom Berlichingen” und „Werther war 
allerdings eine ungeheuere, aber auch raſch vorübergehende, 


und eine Menge von Moderantiſten und Philiſtern be⸗ 


muͤhten ſich (leider nicht vergeblich ), ihn als ein gefaͤhr⸗ 
lches Genie vwerbächtig zu machen. Auch das größere 
Publicum, deſſen Beifall ohnehin nur durch bie glänzende 
Schabe jener beiden vortrefflichen Werke erregt worden 
war, wurde bald wieber nuͤchtern. Es ließ ſich auf „Jphl⸗ 
genie und „Taſſo“ nicht ein, und weit entfemt, fich bei 
dem Michtoreftiehen des Groß⸗ Kophen” zu befcheiden, ers 
Härte es denſelben gradezu fin langweilig und ſchlecht, 
‚ja es wollte non beffen Keinele Fuchs” kaum etwas: wiſ⸗ 
fan, Mit Schiller ſtand es ganz anders. Unter hundert 
Jangliugen waren gewiß neunzig,. welche „Die Räuber” 
v en, und als er vollends In ber hoͤchſt beſcheidenen 
Ankuͤnbigung der „Thalia“ (1784) bie Mängel feiner fruͤ⸗ 
hern Werke ſelbſt laut verkündete, erwarb ex ſich auch den 
Deifall ber aͤltern Eritiichen Welt in einem Grade, wie ihn 
dee Juͤngling Goͤthe nie gehabt hatte. Fragt wur, liebe 
Juͤnglinge von. 1832, bei Altern Maͤnnern nad), rote einfl 
ein nes Bruchſtuͤck aus „Don Carlos”, ein Deft ber 
„Thalla“, ja ſelbſt nur ein einzelnes Schiller'ſches Gedicht in 
Deutfctand begruͤßt wurde, und ihr werdet erfahren, daß 
man das Alles mit endlos trunkenem Freudejauchzen auf⸗ 
nahm, während von Goͤthe nur bei dem ſeltenſten und ge⸗ 
biibetſten Maͤnnern die Rebe war. Wenn dethalb Schil⸗ 
ler 1794 Goͤthe zuerſt die Hand reichte, ſo geſchah es 
nicht, um ſich an den Maͤchtigern anzuſchließen, denn: der 
Maͤchtigere war er, ſondern weil ex weit Über ber Mei: 
sung des größeen Publikums ſtand, und mit tiefem Geiſte 
Goͤthe's hoͤheres Genie freudig und uneigennuͤtzig aner⸗ 
kannte.“) Goͤthe ſelbſt bat dies Abbrali genau erſchaut 


*) Selbſt im Jahre 1795. fg. dauerte bie Kälte ober gar das 
Miswollen gegen Goͤthe noch fort, und wenn wir bie Krage 
aufwerfen: Warum gingen bie in mancher Hinſicht fo vor: 
trefflichen „Horen“ fo bald ein? fo tft die jaͤmmerliche, aber 
wahre Antwort zu geben: Größtentheild wegen bee vielen 
Gdtheſchen Beiträge, Noch einmal: fragt nur nad, ihr 
jungen Eefer, wie man bamals bie „Unterhaltungen beuts 
fer Ausgewanderten”, den „Benvenuto Gellini’ u. A. aufs 
nahm, und ihr werbet erfahren, daß man fie faft allgemein 
„hbchſt langweilig” fand. Es fehlte ſelbſt jene Löbliche 
Scheu, bie.man in fpätern Jahren übte, ein ſolches eien- 


und ganz beſonders in ben legten Xheilen ber — mehr 
befprochenen als gründlich gelefenen — Briefſammlung 
bie unſchaͤtzbare Kritik und innige Erquickung gerühmt, 
bie er durch des Freundes Mittheilungen forwie durch das 
ganze Verhaͤltuiß emmfangen. 
Kehren wir zuruͤck zu Baggeſen, fo finden mir Wider, 
daß er ſich Goͤthe nie näherte, ja fügar, daß er fich 
ihm nie nähern wollte. In fruͤhern Zeiten verfannte er 
ihn ganz, und erft fpäter als dieſe Briefe reichen ſcheint 
ihm einiges Licht über ihn aufgegangen zu fein. Aber 
auch mit Schiller entitand ein näheres Freundſchaftsver⸗ 
haͤltniß. Baggeſen konnte beiten ruhige Kraft und — faſt 
möchte ich fagen — „felfige Foſtigkeit· dem Merſchen im 
Leben gegenüber zwar als hoͤchſt bebeutfam ‚anerkennen, 
aber ‚nicht Lieben, umd auch Weinhold klagt, das es ihm 
unmöglih fei, Schiller als Freund mäher zu treten. 
Baggeſen gehört zu der Gattung von geifteeichen Men⸗ 
chen, die, um in ihree anziehenden Eigenthümlichkeit zu 
sıfcheinen, dee ausführlichen, gänzlich, unbefangenen, nach 
alten Selten. hinfchweifenden Rede beblrfen, und bazu 
fand er bei Schiller nie Gelegenheit. Dafür iſt fen Ver 


haͤltniß zu Reinhold ein Im höchften Grabe intereffante®: 


Es kann uns fogar ein Lächeln anmwandeln, daß dieſes 
Verhaͤltniß fich zuweilen faft wie ein Liebesverhaͤltniß ges 
ſtaltet, wobei es niche bios an @iferfucht, ſondern fogae 
an Eiferflchtelet und an depit ameuremz nicht fehlt; aBer 
bei näherer Betrachtung werben mir doch immer finden; 
baß der Grund jenen Ueberzartheiten ein edler ſei. Ver⸗ 
zeihen wir dev Liebe die Eiferſucht, warum nicht auch ber 
Freundſchaft? und ift jene Abſchweifung zum Eiferflichtetet 
wirklich nicht abzulzugnen (was noch bie Frage wäre), fo 
möüffen wir doch einrdumen, daß beide Maͤmnner ihre 

nen Schwächen gegen einamber ftets auf bie liebenswuͤr⸗ 
digfte Weiſe wieder gutmachen. 

Dennoch follte auch dies fchöne Verhaͤltniß nicht ganz 
umgetrhbe bleiben, obwol nur in phildſophiſcher Hfnftcht. 
In beiden Männern war das hoͤchſte Streben nach gei⸗ 
fliger Befriedigung, und nur dieſes kann erklaͤren, daß 
der fanftere Reinhold von Kant zu Fichte, vom Fichte zu 
Bardili m. f. w. überfrat. Bon jest an konnte Baggeſen 
nicht mehr mit ihm feine phitofophifchen Spaziergänge ge: 
meinfchaftlih umternehmen, und es iſt auch überhaupt mit 
diefem philofophifchen Luftwandeln eine eigne Sache. Hoͤch⸗ 
ter Enthuſiasmus, flammende Verehrung für irgend eis 
nen ber deutfchen Philofophen wechfelt mit Käfte und Bit⸗ 
terfeit, und die Götter und Gögen, bie er anbetet, find 
nie fiher, gelegentlich auch wieder verworfen zu werben. 


Baggeſen hat nicht Reinhold’ große Selbſtverleugnung, 


und fehr philoſophiſcher Wig bildet uͤberſprudelnd oft eine 
Oppoſitlon ſelbſt zur Philoſophie. Diefe Bemerkung foll 
keinen Schatten auf Baggefen’s Stubim werfen. Es fol 


bes- Möurtheit auszufprechen. Man fage nicht, daß auch 
Schiller's dunklede philofophifche Auffäge in den „Horen“ 
an dem ſchnellen Verbluͤhen biefer Beitfchrift ſchuld geweſen. 
Sie fanden freifidy viele Widerfacher ; aber für langweilig 
erktärte fie doc Niemand, und die Gedichte welche Schil⸗ 
leg gab, machten Alles wieder gut. 





nur auf die teidenfaftliche Heftigkeit 

der Jlingling überall in Liebe und Haf mehr oder weniger 
watermorfen IR, zugleich aber möge 06 ia Oagmutpeil für 
den Haben, eine Rahnung fein, dech nunmehr ja nicht zu 
gauben, Feierabend machen und fid gleichſam ab: und 
verficlleßen zu blrfen. . 

Nur unter gewiſſe, nie erfuͤlbare Wünfee follen wir 
einen raſchen Sirich machen; unter unſer philoſophiſche⸗ 
Streben nie. Die Sache iſt wahrlich fehr wichtig, denn 
nur zu häufig begegnen wir jegt Maͤnnern, die ehedem 
als Juͤnglinge nit ohne gute Anlage die Kunft zu 
philofophiren trieben, jest aber — menn ich das berbe 
Bild gebrauchen darf — bie metaphpfliche Pfeife audklo⸗ 
pfen, bie Nachtmuͤtze auffegen und fid zur Ruhe begeben, 
bei welchen Anblid die echten Philiſter, bie nie aus ber 
VNachtmuͤtze herausgelommen find, fröhlich in die Hände 
Hatfchen und fagen: „Bott Lob! num wird der liche Mann 
doch endlich auch einmal vernimftig, und wenn er ſich im 
unſer Kränzhen aufnehmen laſſen wi, meine Stimme 
kriegt er.” ‚ 

Während aber Baggeſen's Stellung zur Philofophie 
eine gefährliche wird, führt ihn fein guter Stern in die 
nähere Bekanntſchaft mit Frledrich Heinrich Jacobi, den 
er früherhin nur obenhin gekannt Bat. Ich habe: über 
dieſen vortrefflihen Mann fo viel auf dem Kerzen, daf 
ich kaum anfangen mag, Über ihn zu seben, weshalb ich 
mic; bier nur begnögen will, amuführen, daß er unter 
den Philsfophen des 18. Yahrhumderns bis etwa 1795 
ganz ‘allen und wmbegriffen daſtand. Er trieb Die Phi⸗ 
Iofophie und die Phlofophien im häcften Grade gränd: 
U — über Spinoga hat er vielleicht das erſte entfceis 
ende Wort geſprochen — aber ſtets, wie mid, bimkt, ohne 
Hoffnung, auf irgend einem philofophifhen Wege Beftie- 
digung zu finden. Friedrich Schlegel's Aeußerung, daß 
«8 Jacobi an logiſchem Enthuſiasmus fehle, und daß er 
gleich fam ein philofophifcer dtomeo fei, der von der Phls 
Iofophie verlange, daß fie eine Julie machen folle, if 
wigig, bat aber einen weit tiefem Ginn als Schlegel 


ſelbſt in dem mutgeitigen Augenblide der Wigproduction 


geahnt Haben mag. kommt am Ende doch bei uns 
Auen afen darauf an, ob wir jene Julla finden; ımb 
wahrllch, Jacobi hat, wenn auch nicht die Julia, doch 
eine Zulia gefunden: jene grumdliche Wereblung der Seele 
weine ich, melde unabläflig nach dem Verein mit ber 

Schoͤnheit ringe. Was dabei in einzelnen Ja⸗ 
cobi’fhen Urtheilen Einſeltiges und Irriges mitunterldäuft 
— befonders in feinen fpätern Lebensjahren — werde dem 
ſchwaͤchern Moment angerechnet. Diefen Mann nun fand 
BVaggefen, umd in ihm und durch ihm glaubte er ſich bes 
feledigt, denn durch bie Jacobi’fche Philofophie erfchien hm 
die Phitofophie felbft — entbehrlich, gleichfam als beftche 
der genialſie Gebrauch der Philoſophie darin, die Philos 
ſophie überflüffig zu machen. Auf diefem Standpunkte 
biegt Alles, was wir Myſtik im hoͤhern und mindern Sinn 
nermen, nahe genug, und Baggeſen ſtüuͤrzte ſich mitten in 
ihre Wogen. An Unterfinken dachte er nicht, und wohl 


durfte er auch bis zu einem ge m Grade: feiner 
Sqhwimmkunſt vertrauen. Die DE feiner My: 
iſt von fo feltener Bedsutfamkeit, fo vereint mit Kıaft 
Helle, baf wir ein wenig bei ihr verweilen möäflen. 
je thun am beſten, wenn wir ihm barlber ſeiber reden 
taffen, da wir ohnehin in biefer langen Recenfion auf 


wegen meiner Schwaͤche und bemütpig wegen meines Kraft. Hier 
Spa, un i —— 


D Jacobi! wir a aa genus!" 





Topo⸗ geogtaphiſch⸗ ſtatiſtiſches Lexikon vom Königreiche 
Valern, oder alphabetiſche Beſchteibung aller im Königs 
veiche Baiern enthaltenen reife, Gtäbte, Märkte, 
Dörfer, Weiter, Höfe, Schiöffer, Emsden, Gebirge, 
vorzüglichen Berge und Waldungen, Geroäffer u. f. w., 
von 3.4. Eifenmann und G. Fr. Hohn. Zwei 
Bände. Erlangen, Fein und Enke. 1831 — 32. 


Wenn wir von biefem ausgezeichneten, aus den beften, meiſt 
amtfiien Quellen gefhöpften Werke hier minder ausführlich 
berichten, fo liegt e& in der Natur des Gegenftandes, der aller- 
ding6 zunähkt mehr ein auf Baiern befhränktes Intereffe zu 


- 
30% 2 


haben ſchelat. Der Gelehrte freilich, der ſich mit Geographie, 
a Gtatiftit beſchaͤftigt, oder Poſtbehoͤrden des Aus⸗ 
Landes werben es wegen ber genauen Nachweiſungen gar nicht 
entbebren koͤnnen; inbeß iſt dies der kleinſte Theil der Lefer bie 
fee Blätter. Ohne alfo in bie Einzelnheiten einzugehen, geben 
wir nur eine Schilderung dieſer literacifdgen deinung im 
Allgemeinen, zufeieden, auf bie. Verbienfte und NRachahmunge⸗ 
wärbigkeit der Unternehmung aufmerffam gemacht zu haben. 
Hoffentlich wird es keinem gebildeten Baier in: biefen Blaͤttern 
zum erften Male genannt und befannt; denn in Baiern wird 
doch wol bald Leine Dberbehörbe, kein Amt, Teine Stadt⸗ ober 
Schulbibliothek und keine Poftanftalt fein, von welcher ein ſolches 
Werk nicht angeſchafft würde. Aber der Preis von 8 Thlr. 20 Er. 
oder 14 It.! Scheinbar allerdings viel, aber nur fcheinbar ; benn 
das Buch hat 148 Bogen oder gegen 2400 Seiten groß Lexi⸗ 
konoctavs und engen Drudes auf fhönem Papier, ſodaß doch 
der Bogen faum 6 Kr. ober 16 Pf. koſtet. g 

Died Lerilon enthält nun feinem Titel zufolge eine alpha 
betiſche Beſchreibung aller im Königreidhe enthaltenen Kreife, 
Städte, Märkte, Dörfer, Weiler, Höfe, Schloͤſſer, Einoͤden 
(einzelne Häufer), Gebirge, vorzügliche Berge und Walbungen, 
Gewäffer u, f. w. Dies „u. f. w.’ tft indeß kein gewöhnlicher 
Titelpleonasmus, fondern es find darunter noch die Befchreibung 
und Aufführung anderer Gegenſtaͤnde gemeint, die man auf ben 
erſten Blick bier nicht fuchen würbe: wie z. B. der wichtigften 
abeligen Befchlechter, bie Analyfe mehrer Mineralwaſſer (ob⸗ 
gleich nicht aller), Leberbleibfel des Alterthums, Höhlen, wichti⸗ 
ger neuerer Inſtitute (z. B. das Walhalla), des Umfangs ber 
alten Bauen bes Landes, der alten Rocalfagen, ber Gelehrten, 
die bier und bort geboren find ober gelebt haben (feibft Jean 
Yaul’s Lieblingswirthehaus bei Baireuth ift nicht vergeflen). 
Auch das Quirinsdl bei Zegernfee hat feinen eignen Artikel. 
Mit welcher Gewiſſenhaftigkeit nach Vollſtaͤndigkeit geftrebt wors 
den iſt, bezeichnen die Tauſende von Auffuͤhrungen einzelner 
Muͤhlen, unter ihren beſondern Namen und Lagen, und die ge⸗ 
naue Nachweiſung gleichnamiger Orte. So kommt die bloße 
Begeihnung Müple 84 mal, Aumühle 52, Neumuͤhle 103, Au 
115, Grub 116, Buch 80, Thal 79, Ziegelhütte 190 und Zie⸗ 
gelftadel wol 100 mal, Ried 101 Mal vor. 

Die größten Artikel find: Baiern ſelbſt (momit wol ber 
befondere: Verfaſſung, gleich hätte verbunden werden koͤnnen), 
dann bie einzelnen Kreife, Hauptgebirge unb die wichtigern 
Staͤbte. Ueberall ift nicht blos Häufers und Seelenzahl, ſondern 
auch Zahl der Gewerbe, der geiſtlichen und weltlichen Behoͤrden, 
und bei jebem Orte Kreis⸗, Lande oder Herrfchaftsgerichte und 
Entfernung von ben nächften bedeutenden Orten, befonders ven 
Poſtſtationen, angegeben. Sehr banktenswerth find bie befonbers 
in den fpätern Buchſtaben noch häufiger angehrachten hiſtori⸗ 
ſchen Heminiscenzen, wenngleich Hin und wieder noch einige 
geleprte Zweifel zu erheben wären. Manche ber Localfagen has 

ein großes poetiſches Intereffe und erinnern an —** 
anderer Länder. Es ſei erlaubt bie ſchoͤne Sage vom Untere⸗ 
berg in ber Nähe Salzburgs Hier aus dieſem Artikel mitzuthei⸗ 
len, wobei der Tächfifche Lefer in Gottes Namen an feinen thuͤ⸗ 
ringiſchen Kiffhäufer benlen mag: „Von biefem Berge gebt das 
in Baiern wie in Deftreich befannte Märchen, Kaifer Friebrich 
ber Rothbart, welcher wegen der Wahl misfälliger Individuen 
zu Erzbiſchoͤfen von Salzburg biefes Land in ber zweiten Hälfte 
des 1%. Jahrhundert verheerend mit Krieg überzogen, fei mit 
feinem Hoflager und feinen Kriegöfcharen in das Innere bes 
Berges eingefchloffen. Kriegeriihe Muſik und Waffengeklirr 
follen, befonders bei berannahenden Kriegen, aus den Höhlen 
des Berges fchallen, wilde Ritter und Knappen auf feurigen 
Hoffen, in glühenden Panzern und mit flammenden Waffen um 
Mitternacht die benachbarte Gegend burdhfürmen und mit 
ſcheidender Nacht wieber in den Berg, deſſen eherne Pforte 
zwifchen den emporragenden, durchkluͤfteten Felſenſtuͤcken (Defen) 
beim Hallthurme hinter den Zrümmern ber Burg Plain dem 


Wanderer nur felten und licklich (auf Augenblide) dat 
bor wird, rideilen. Hier follen die Gebannten in 28 
uter e jenes furchtbaren Tages harren, wo Unglaube u 
—** errſchſucht den hoͤchſten Grad erreichen und die Bol⸗ 
ker ſich wie im Wirbelwinde antinander drängen, um auf ber 
weiten Ebene von Wals eine Boͤlkerſchlacht & lagen, in weis 
der Kaifer Friebrich mit feinem Heere den Sieg erringen wirb.‘' 
Bei dem Pfarrdorfe Waltershaufen an ber Milz if fogar der 
Kaufpreis, ben ber Profeffor Sartorius in Göttingen bafkr 
bezahlte (56,000 Il.) und mit beffiin Ramen er Tih in ben 
Sreiherruftand erheben ließ, angeführt. Won dem Balhalla, 
dem prädtigen Tempel aus weißem Wlarmor, beißt es u. &.: 
„Den Buß bes Berges umgeben mädtige Mauern; zwei breite 
Treppen führen hinauf, unb in ihre Witte kommt die Halle 
ber Srwartung zu ſtehen, worin bie Bruſtbilder ber noch Le⸗ 
benden ſich befinden. In ber Walhalla felbft werben, wie is 
einem Tempel ber Berflärten, bie Bruſtbilder aller großen 
Deutichen von faft zwei Jahrtauſenden prangen: Fuͤrſten von ben 
Pipinen an bis zur großen Maria Thereſia, Friedrich dem Gro⸗ 
fen u. ſ. w., Helden von Arminius bis auf Bluͤcher, Glaubens⸗ 
männer, Waife, Dichter, Känftler. Die meiften Bäften und 
Vorarbeiten find fon vollendet u. ſ. w.“ Möge niemals Giner 
vorüdergehen, der ba hungernd bete: Herr, gib, daß biefe 
&teine Brot werben! 118, 


Notizen. 


Ein franzöftfcher Journaliſt bemerkt: „Welch anderes Schick⸗ 
fat fände gegenwärtig Frankreich und den übrigen Kationen 
Europas bevor, wenn alles Geld, das man feit zwei Jahren auf 
jo unfruchtbare Weiſe in Kriegsrüftungen aufgewendet hat, je 
nüglichen Arbeiten wäre ausgegeben worbens wenn ſich bie Voͤl⸗ 
fer damit beſchaͤftigt hätten, ihre bürgerlichen unb politifchen 
Einrichtungen zu verbeflern und bie Schäge der modernen Gis 
vllifation auszubeuten, anflatt ſich einander wechlelfeitig zu 
fürdten zu machen!’ Auf einer Seite ift das allerdings wahr, 
auf der andern hat es fih aber doch immerbar bewährt, daß 
nur die Erfahrung Groß und Klein in ber Welt erzieht. Die 
Lehre, welche die Regierenden unb Regierten aus ber Spannung 
und den Irübfalen ber legten zwei Jahre gezogen haben, wear 
beiden unerlaßlich! 


Das Decemberheft ber „Bevuc encyclopedique‘ enthält 
einen in Auftrag ber parifer Alabemie der Wiſſenſchaften von 
eren Augufte de Gaints Hilaire gelieferten Bericht über das 
von dem brafllifhen Staatsminifter Joſe Keliciano Fernandes 
Pinheiro verfaßte Werk: „Annaes da provincia de 8. Pedro‘. 
Rachdem Herr von St.⸗Hilaire bie Irrthüͤmer bed John 
Mawe in feinen „Travels in the interior of Brazil 1815 ans 
gebeutet bat, weldger Reiſende in Curopa bas erfte Licht über 
das vor ber Ankunft bes Könige Johann VI. allen Fremden 
forgfam verfägloffene Reich verbreitete, gebenkt er ber Berbienfte 
des Abtes Manoel Apres de Gazal, des Baters ber brafili: 
fen Geographie, in feiner „„Corografia brazilica”, und geßt 
fo zu D. Yofe Feliciano über, zu beffen Werte in topographi⸗ 
ſcher Hinſicht eigne Unterſuchungen fowol als lange Nachfor⸗ 
fhungen in ben Ardiven des Landes, in hiſtoriſcher Hinſicht 
Unterredungen mit Perfonen, bie ben Gang ber Greigniffe ge> 
nau Fannten, Daterialien geliefert haben. Der Verf. burdhs 
fteich felbft die Provinz Mio grande auf feinem. Poften als Feld⸗ 
sichter in bem Felbzuge von 1812 und lebte altdann ſechs Jahre 
ruhig in ber Hauptflabt, wodurch ihm genügende Zeit und Ge⸗ 
legenheit zu feinen Studien geboten warb. Herr von St. : His 
laire gibt nach diefen Annalen einen kurzen Abriß der Geſchichte 
und Geographie bed Landes, beffen Mittheilung wir uns bier 
verfagen, wo cd genügen kann, auf das Werk im Allgemeinen 
aufmerffam zu machen. 153. 


— — — 


Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagäbandlung: F. U. Bro@hans in Leipzig. 
a —.———— swWWe— . 


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U . n 


* Me 


4J. 


— 
FE) eh Zu Be — 


literarifhe Unterhaltung 


Breite 


d4 





Ein ort über deutſche Brieffteller, mit befonderer 
Beriehung auf Gellert's, Forſter's, Baagefen’s 


Brie J — aus Nr. 73.) 

Baggeſen redet S. 293 Jacobi an: „Du wahres 
Kolb, mit dem die Philiſter alle heimlich pflügen”. Kin 
derbes treffendes Wort, deutlich für Alle, bie unfere fruͤ⸗ 
bere philofophifche Literatur, befondere die von 1783 bie 
‚etwa 1810 kennen. 

©. 333: Geſchichte ift grade — was nidt iſt. Was ift, 
1äßt ſich To wenig erzählen wie ermelfen. Es laͤßt ſich biswei: 
"Im datftetlen; aber, großer Gott! wie verfähieden it rin jeder 
ſother Gonnenblick von Ser hiſtoriſchen und philefophifchen Klar⸗ 
dit! Er Gtembet aile bidden Augen, denn er burchdringt. DO Ja: 
cobi! tiefer und tiefer biß in die tieffte Tiefe meines Gefühle 
bin ich nam ber Ueberzeugung durchdrungen: Nur in. ber Dich: 
tang liegt das Wahre, und ber Menſch wacht nirgend als im 
Eraum. Richt was er greift, fonbern was ihn ergreift, iſt hei⸗ 
Ug; md ie wenn 'er nicht weiß, was ev ſpricht, ſpticht er 
werke. : Die Keftrion verderbt jede Anfihntiung und dad beut: 
liche: Broußtfein.zernichtet dad Wiffen. Ob ich fühle, was ich 
gefagt ?. iſt meine. einzige Probe; und Tamit ich darin befiche, 
fage ich nur, was ich führe. " Etwaͤrme mich, o Phiſoſoph! vdtr 
Dein Licht if wicht vom Himmel. 

Wie nun ein Mann, der folche Wiſſens, und 
Glaubrusſaͤtze 408 den höchſten Gewinn der ernſteſten Stu: 
Dben ſehnes -gangen :Zubens betrachtet, lieben müͤſſe, iſt m 
MBezühmng auf die Korm der Neigung in der Freundſchaft 
ſchon angedeutet worden; wie er aber bie Liebe ſelbſt tiber, 
jome Lirbe, ‘anf ie wir Deutſchen uns ſchen ſeit Her: 
rardan's Briten vecht wohl verſtauden, und die wir eines⸗ 
wegs dudch „Romeo“ uud „Werthet“ erft kennen · kerrren 
wur, daruber iſt kaum eine Andeutung henreichend, 
ſondern mir koͤnnen nur auf die Briefe ſelbſt Hinzeigen, 
die mit dam Feuerſtrom ihrer Verechtſamkeit auch bie kaͤl⸗ 
teſten Leſer hlureißen und entzinchen weroen. Doppelt 
und dreifach aber merkwmuͤrdig und anziehend iſt es, daß 
ſth die Liebe hier im Verhaͤltuiſſe der Ehe zeigt. Au 
das iſt nicht neu in Deutfchland, und ich könnte nur an 
den berühmten officiellen Prachtdichter und Oberceremo⸗ 
nienmeifter Johann won Beſſer (gef. 1729), der gleiche 
falls feine Gattin mit ſtets ſich gleichbleibender Leiden: 
ſchaft liebte, erinnern; aber gefchildert iſt ein folches Ver⸗ 
haͤltniß ſelten oder nie. Hier iſt ein ſolches Gemaͤlde, ein 
großgttiges, herrliches, mannichfaltiges wenigſtens ſtizzirt 
vorhanden, und der Himmel ſoll mich bewahren, ein ſol⸗ 





—— — —— ——— ꝰ õ õ õ õ ä ä ä ä ä ää — —— — —— — —, —— — 









ches vecenſiren () zu wollen, da ehnehin das Beſte, was 
ſich daruͤber ſagen ließe, wicht gebdruckt werden kann... Hier 
genuͤge es, Alle, die, was wir im gewoͤhnlichen Leben 
„das Menfchenherz” nenwen, im. ungemöhnlichen Leben, in 
Liebe, Schmerz, Todestrunkenheit und Kraftaufraffung 
ſchaurn wollen, dringend gu bitten: fchaut dies .nenße 
Gemälde an. 
Wenn nun ein Buch nichts weiter enthielte, :ald was 
ich bisher angeführt. habe, fo wäre es gewiß ſchon ein 
hoͤchſt anziehendes, .und dadı mthält das vorliegende noch 


weit «mehr, ſobald wir uns auf den welthiſtoriſchen ober 
vaterlandeſch⸗ hiſtoriſchen Standpunkt verſetzen. Dieſer Knat 


und Fichte, dieſer Schiller und Reinhold, diefer Wi 
und Jacobi, dieſe Literaturzeitung u. ſ. w. bildeten jenas 


deutſche Deeennium, und Baggeſen gebt in feinen ‚philes 


fonhifchen Freuden und Leiden einen beftinmiten -EBihet- 
ſchein jener Belt. Es MR deshalb unſtatthaft, don Bag⸗ 
gefen zu verlangen, daß er jedesmal das Richtige nder 


das Genehme ausſprechen ſolle; gemig , daß er bie hiſto⸗ 


riſche Aufgabe erfuͤllt und als bedeutſame Aeußerung jener 
Zeit betrachtet werden darf. So geſteht Kec., daß er in 
manchen phlloſophiſchen und noch mehr in aͤſthetiſchen Ur⸗ 
Heilen mit Baggeſen durchaus nicht ſympachiſiren koͤnne, 
z. B. in dem maßloſen Lobe ber „Aeneide“, ſowie ihm auch 
weder bie Jacobl'ſche noch Baggeſen'ſche Anficht ven Jean 


Paul genügen Bann, der moch weit höher ſteht, als Beide 
:anmthewen. *) Ex beſotgt, daß⸗dieſe Differenz immer und: 
‚ee werden. -anlınde, wenn wir den ſpaͤtern Briefwechſel von 


1601 fg. befämen; ein auf jeurm amgebeuteten hiffo⸗ 
riſchen Standyunkte ‚weiß er jene Verſchiedenheiten Leicht 
zu ſtellen uud ihre bezichungsreiche Bedeutung zu erken⸗ 
am, ohne daß ihn dethatb irgend vin befonberer Gram 
über die Differenz; anwandeln / ſollte. : 
Wir fehen: hier ferner, wie. jene Zeit, die auf dan 
praktifchen Forſter fo praktiſch wirkte, für die Mehrheit 
ber Deutſchen, die im hoͤhern oder geringern Sinne das 
mals monolsgifch = meditirende, analpfirend⸗ metaphufifche 

als 


Naturen waren, fürd erſte wicht viel mehr wurde 
Gegenſtand des Befprähe und der freundichaftlidien Ger: 


*), B.'s großer Entheafiasurus für Jean Yanl war nad) dem 

»,,Heöperus” und „Siebenkäs’' faſt erſchoͤpft, und der herr: 
liche „Aitan‘ werd mit träber Bitterkeit beurtheilt, oder 
vielmehr ganz verkannt. 





J 


— 
reſpondeng. Das Schauſpiel, weiches Feackreich ſeit 1786 
den Deutſchen gab, blieb ihnen ein Schauſpiel, deſſen 
Scenen ſie theils beklatſchten, theils auspochten. 
und recht lange Auftritte wurden mit unendlichem Jubel 


begruͤßt, aber unter die Schauſpieler, die das große Welt⸗ 
drama auffuͤhrten, ſelbſt ſich miteinzumiſchen, fiel nicht | 


leicht Jemanden ein; denn gefaͤhrlich war das Spiel doch 
immer, und man befand ſich im Parterre und in den 
Logen blos zuſchauend ungleich behaglicher. Als aber im 
Jahr 1793 die eigentliche Schreckensperiode in Frankreich 
begann, da wandten ˖ſich die Blicke faſt ſaͤmmlicher deut⸗ 
ſchen Schriftſteller und Nichtſchriftſteller von dem blutigen 
Schauſpiele unwillig weg, ber hiſtoriſch⸗ politiſche Enthu⸗ 
ſiasmus nahm von Tage zu Tage mehr ab, und ſelbſt die 
Feldzuͤge Napoleon's in Italien und Aegypten erregten in 
ben meiſten Kreiſen Norddeutſchlands nur ein bedingtes 
Intereſſe, wie wir etwa fuͤr eine laͤngſt voruͤbergegangene 
große Zeit, z. B. fuͤr den zweiten puniſchen Krieg, em⸗ 
pfinden. Auch dieſer Umſtand muß der heutigen juͤngern 
Welt faſt unbegreiflich erſcheinen; dennoch hat es ſich 
wirklich ſo zugetragen. In einer Zeit, wo man ſelbſt in 
Weimar das Herannahen franzoͤfiſcher Truppen fuͤrchtete 
(1794, vgl. bie. erſten Theile der Schiller-⸗Goͤthe ſchen 
Briefſammlung), two man jedoch bald darauf ſich hecz⸗ 
lich freute, daß doch Norddeutſchland geſichert fei, in einer 
ſolchen Zelt und unter foschen Umſtaͤnden begann bie neue 
Periode unferer aͤſthetiſchen Literatur, die ſich unmittelbar 
an .jenen Verein der beiden größten Dichter fchloß, wo⸗ 
durch denn auch. bald die Schlegel, Tieck, Novalis u. 4. 
‚:fie ihre Poeſie und Kritit Raum gewannen. Es mar 
wicklich Großes und Neues, was bier zur Sprache kam; 
und wenn fi auch ‚manche Unberufene mit in den Kampf 
miſchten, die Wichtigkeit des Kampfes felbft iſt nicht in 
Abrede zu ftellen. Faſſen mir nur ben einzigen Umftand 
ins Auge, daß Schilder, als Water des neuen deutichen 
Trauerſpiels nach und nach einen großen Einfluß felbft 
über ſaͤmmtliche Bühnen Europas gewonnen hat, fo ift 
die uͤberſchwengliche Wichtigkeit jener Zeit ſchon erwieſen. 
- Wie Baggeſen biefen Kampf betrachtete, iſt nicht ge: 
nan zu erfehen, da die Acten nur, wie gelagt, bis 1801 


vor und. liegen; einzelne Aeußerungen des Unmuths Laflen: 


jedoch vermuthen, daß er ihn keineswegs von der rechten 
Seite betrachtete, eine Vermuthung, bie durch fpäter ge: 
druckte Schriften zur Gewißheit ward. Sch zweifle nicht, 
daß Baggefen fähig geweſen wäre, jene, nur felten recht 
gewuͤrdigte Zeit zu wuͤrdigen und ben neum Frühling mit: 
zugenießen; nber infowelt wir nach. feinen gedruckten Schrif⸗ 
ten urtheilen duͤrfen, wuͤrdigte ex ihn leider nicht bin: 

laͤnglich und genoß ihn. faft. gar: niht.*) Er hatte den 
Plan, von Parid aus lediglich für Deutfchland und Nord- 
fand. ſchriftſtelleriſch thätig .zu fein; wenn wie aber auch 
in Manchem, was er feit jenem Jahre (1801) gegeben 
bat, ein fchägbares Talent gern amerbennen, fo war es 


*) Nicht blos „nicht Hinlängkicy” und nicht bies. „‚faft gar 
nidht”', fonbern „durchaus nicht” müffen wir fagen, wenn 
wie Depping’6 „Srinnerungen eines Deutichen in Paris’ 
(&. 155 fg.) als entfcgeidend annehmen. 


Einzelne 


doch nicht dinreichend, um auf eine entſcheidenbe Weiſe in 
die Zeit einzugreifen. Keines feiner Werke hat Epoche 
gemacht, keinem iſt auch nur ein bauerndes Leben von 
dem Publicum zugeflanden worden. Wer auf die Deut: 
ſchen beſtimmt und. beflimmend wirken will, wirb «6 frei⸗ 
lid) bequemer haben, wenn er anmal in Parit, Bonbon 
und Rom geivefen iſt, dann aber wird er wohl ch, 
nad Deutſchland zuruͤckzukehren und bie eigentliche Woh⸗ 
nung dafelbft aufzuſchlagen umd ihnen ſtets nahe zu bfeis 
ben. Auch verlangen die Deutfchen ihre Schriftſteller zu⸗ 
weilen von Angeſicht zu Angefiht zu fehen und haben 
6 gern, wenn fie beſonders bie Leipziger Oſtetmeſſe wohl 
in Acht nehmen. — 

Moͤgen indeſſen auch dieſe und aͤhnliche Umſtaͤnde un⸗ 
guͤnſtig mitgewirkt haben, die Hauptſache bleibt immer, 
daß keine feiner für das Publicum beſtimmten Schriften, 
infowelt fie mir befannt gemworben find, ſich am Kraft und 
Feuer, Wis und Humor, mit Einem Worte: an Lebens 
fülle, mit diefen Briefen meſſen könne: ‘Der Gewalt 
folcher Briefe würde das deutfche Publicum nicht haben 
widerfiehen können, denn felbft da, wo teir von Bagge⸗ 
ſen's Anfihten völlig abweichen, regen fie uns doch be= 
beutfam an, und es iſt eine erfreuliche Oppofition, in bie 
wir uns verfegt finden, mährend wir bei andern gedrud- 
ten Baggefen’fchen Schriften nicht felten blos die üble Laune 
zu beflagen haben, in welcher der Verf. manches noch 
im Gähren Begriffne viel zu träbe, und mandyes Helle 
und Herrliche gar nicht fieht. | 

Hier nun bieten fi uns wieder manche Betrachtun⸗ 
gen, die wir jeboch nur im Fluge berühren wollen, Wir 
baben (und hatten) geiftteihe Männer, die im Freundes⸗ 
Ereife, das Glas in der Linken, und bie Rechte bedeutfanz 
bewegend, vortrefflich, leicht und argenchm reden, umd vom 
denen man glauben follte, fie würden, wenn ſie das Pus 
blicum im Auge hätten, als vorzugsweife begeifterge Schrift- 
flellee auftreten. Dem ift aber leider nicht alfo. Sobalb 


fie fih an den Schreibtiſch fegen, erſcheinen fie wie ganz 


andere Menfchen. Sie werfen fich in die Pentificalia, und 
in Pontificalibus. ift man num einmal etwas ſteif ımb 
felten liebenswürbig. *) . 

Was in gefellfchaftlicher Unterhaltung Feuerſtrom mar, 
gefriart bier, und was friſch flatternder, durch den echöhten 
Moment erzeugter Wig mar, zeigt fich hier als vorberei= 
teter Einfall, der, vor acht eder vierzehn Tagen geboren, 
jegt nothdürftig untergebracht wird, . Ä 

Andere, noch reicher begabt, gebieten Aber das zu 
ſprechende und über das zu fcheeibende Wort; aber uͤber 
das legtere nur, wenn es an einen beftimmten, fehr ge⸗ 
liebten und verehrten Menſchen apart: gerichtet iſt. So—⸗ 


*) Rec. bat einen ſehr geiſtreichen Wann gekannt, ber bei 
einem Glaſe Champagner nach Mitternacht fo finnvoll, ſchla⸗ 
gend. wigig und lebenswarm ſprach, daß, wenn er ſo ge⸗ 
ſchrieben Hätte, wir in ihm einen ber größten beutfchen 
Autoren befigen würden. Leider aber ſchrieb er Vormittags 
und Nachmittags für den Drud faft immer nur in zwaͤn⸗ 
gender Steifleinwand und‘ Schnürbruft, und fo iſt er halb 
und halb vergeffen worden, ohne daß man ſich ſomerlich 
darüber wundern dürfte. 


Pd 


Dofe und feibft 
- Das Gefuch 


3 
807 - 


beib fie aber fi rpreh. binfegen, um für bie Preſſe 
und durch dieſelbe für das Publicum zu arbeiten, fo 
werden fie matt und froſtig, ober hochmuͤthig und ver 
drießlich, wozu infonderheit ber traurige Gedanke beiträgt: 
ber große Haufe iſt doch keines wahren Verſtaͤndniſſes 
und keiner rechten Liebe faͤhig. Baggefen erſcheint in 
feinen gedruckten Schriften meiſtens nur exroteriſch, wes⸗ 
halb auch Jeder, der ihn nur aus dieſen kennt, in hohem 
Grade uͤberraſcht werden muß, wenn er dieſe Briefe zur 
Hand nimmt. Welch ein Leben athmen dieſe Briefe an 
Reinhold und Jacobi! wie ſpricht bier der Geiſt zum 
Geiſte, das Herz zum Herzen! wie gehorcht hier bie 
Sprache, und wie frei bleibt fie im Gehorchen! 

Ich drehe ab, um nur noch zu erinnem, daß ich 
Baggeſen bier lediglich als einen deutſchen Schriftſteller 
betrachtet habe. Er ſelbſt betrachtet ſich ausdruͤcklich fo, 
und in ber That iſt jede geiſtige Revolution in ihm — 
ich wiederhole; daß ich nur von feinem Leben, wie e6 hier 
vorliegt, bis zum Jahr 1801 ſpreche — von Deutfchland 
ausgegangen; auch ift das Deutfch, welches er bier fchreibt, 
keineswegs ein blos erlerntes, fondern nothmendiges und 
größtentheils vortreffliches. | 

Da biefe Recenfion viel Ernfihaftes enthält, fo fri es 


am Schluß verflattet, zur Semüthsergöglichkeit auf einen 


koͤſtlichen Druck⸗ ober Schreibfehler aufmerlffam zu ma: 
hen, der fich in dieles fonft fo forgfältig und fchön ges 
druckte Werk eingefchlichen hat. Es tft nämlich der viel: 
berühmte Polonius, den alle Welt aus dem „Hamlet“ 
kennt, mit feiner löblichen 2ehre: „To thine ownself be 
true etc.” (Theil II, S. 233) in einen Apollonius ver 
wanbelt worden. Mec. bat felt mehren Decennien gar 
viel über den Polonius nachgedacht, bald im Ernſt, bad 


im Scherz, aber Apollonius (von Xyana?) iſt ihm noch 


nie dabei eingefallen. Moͤge indeſſen diefe kuͤhne Iro⸗ 
nie des Zufalls nicht verloren gehen. Es wäre fo übel 
nicht, wenn einmal in eier guten Stumde eine Parallele 
zwiſchen dem Polonius und Apollonius verfucht würde. 
Franz Horn. 








Correſpondenznachrichten. 
Paris, 3. Februar 1888. 
Seit langer Zeit hat nichts die oͤffentliche Meinung ſo ſehr 

beſchaͤftigt als die neuerlich ergangene Entſcheidung des Cafſſa⸗ 
tionshofes über bie Frage der Prieſterehen. Gin junger Abbe, 
Namens Dumonttil, hatte ben geiftlichen Stand, in welchem er 
die Ordination erhalten, wieber verlaffen und wollte in bas 
bürgerliche Leben zuruͤcktreten und ſich verehelihen. Da legten 
feine Aeltern, obne Zweifel von den Prieſtern dazu verleitet, 
Ginfpruch gegen feine Verheirathung ein, und die Sache mußte 
der Entſcheidung ber Gerichte unterworfen werben. Dieſer 
Proceß war bereits längere Zeit vor ber Julirevolution anhaͤn⸗ 
gig, und bie Ungunft, welche er bamals in ber Prieflerwelt, bei 
bei Gerichte erfuhr, war ziemlich natürlich. 

des Abbe Dumonteil warb zulegzt durch das Ap⸗ 
pellationsgeriht zu Varis verworfen. Da ber Implorant ebenfo 
wenig von ber Gtatthaftigleit biefer Gntfcheidbung , welche feine 
koſtbarſte Freiheit zerftörte, ſich überzeugen als auf fein Recht 
verzichten wollte, wandte er fi) an das hoͤchſte Gericht, an den 


Goffationähef, unb verlangte von dieſem bie Aufbebung bes an⸗ 
geseiffenen Gpruches 


Sa ber Gigung vom 21. db. M. fand bie Verhandlung 
flatt. Des Gaflationsgerichtsrath Bernard be Rennes machte 
ben Bericht und ſprach unzweibeutig feine. Anſicht für Zu⸗ 
laſſung des Begehrens aus, welches er durch ſachgemaͤße 
und ſehr klare Gründe unterſtͤgte. Hierauf nahm der Ge⸗ 
neralprocurator Dupin ſeinen Antrag und entwickelte in 
einem ausgezeichneten und ebenſo hiſtoriſch belegten und gelehr⸗ 
ten als einleuchtenden Vortrag bie Guͤltigkeit der von Dumon⸗ 
teil verlangten Ehe. : Er ging auf die geſchichtliche Entſtehung 
des Berbots ber Prieſterehen ein, weld;e er fämmtlich als aus 
politifchen Gruͤnden hervorgegangen bezeichnete; er wies nad, 
daß die Gebote bes Ghriftentbums und der Moral bie She den 
Prieſtern nicht unterfagten, und daß, wenn bas kanoniſche Recht 
und bie Vorſchriften der Goncilien überhaupt jemals volle Kraft 
in Frankreich erlangt Hätten, jie doch nur auf wirkliche Priefter, 
nicht aber auf ſolche Individuen anwendbar feien, welche dem 
geiftlihen Stande förmlich zu entfagen ſich erklaͤrt. Beſonders 
ſtehe das Princip des Geſetzes von 1791, weldyes das religidfe 
und bürgerliche Geſetz unterfceitet, und jenes höhere der Frei: 
heit bes Menfchen und des Bürgers dem Kläger Dumonteil zur 
Geite, während das angefochtene Urtheil biefelbe auf eine 
flandaldfe Weife verlege und bie Anmafungen deö Klerus un: 
terftüße. 

Es war augenfällig, daß biefe kräftige Sprache der Wahr: 


Jheit dem Gaffationshof nicht angenehm war. Nach einer brei: 


Ründigen Beratbung warb das Geſuch aus bem Grunde ver: 
worfen, weil bie kanoniſchen Gefege als Gefege des Landes zu _ 
betrachten und barin bie Prieftereben unterfagt feien. 

Dur diefen Ausſpruch bat der Klerus eine neue Conceſ⸗ 
fion erhalten, und der Erzbiſchof von Paris mochte benfelben 
als eine kleine Vergeltung ber ihm im Februar 1831 widerfah⸗ 
renen lnbilden, ber Zerſtoͤrung feines Palaſtes und ber in der 
Deputirtenlammer jüngft beſchloſſenen ſehr bebeutenben Vermin⸗ 
derung feines Gehaltes, anfehen. Allein biefer Iriumpb wird 
fhwerlid von Dauer und Beſtand fein. In Paris iſt nicht 
ſchwer zu beurtheilen, ob etwas, was fo fehr in das Leben und 
die bürgerliche Griftenz ber Gtaatsangehörigen eingreift, ger 

u 


der Gewalt der Bollsmeinung beſtehen werde ober 


dee Bühne des Théatre francais iſt die Discuffion auf bie 
Kanzel übergegangen, unb es Tonnte ber bier beftebenden fran- ' 
zoͤſiſchen Kirche, weiche fi) vom päpftlicden Stuhle losgeſagt 
bat, nicht entgehen, baß es ganz befonders in ihrem Berufe 
liege, bie Behauptungen des Abb6 Dumonteil zu unterflügen. 
Bekanntlich Hat ſich diefe franzöfifche Kirche in zwei Hauptpar⸗ 
teien getbeilt, bie eine unter Abbs Ghatel, dem eigentlichen 
Stifter berfelben, bie andere unter Abbs Auzou, feinem fruͤhern 
Zänger und Genoffen, welcher: vor einiger Zeit bie Gewaltſce⸗ 
nen in Sticky veranlaßt hat. 

@iner ſolchen Prebigt, welche ber Abbs Auzou in ber Nähe 
der Porte St.- Denis in einem proviforifh zur Kirche eingerich- 
teten Locale hielt, wohnte ich heute bei. Der Prebigt ging ein 
katechetiſcher Kinderunterriht unb eine Meſſe mit Muſik und 
Gefang voraus. 

Der Redner ging in feinem Wortrage, in welchem er ſich 
zum Gegenftande gefekt hatte, bie Guͤltigkeit der Priefterehen 
und die Nichtigkeit der tagegen eingewandten Verbote nachzu⸗ 
weifen, von ber Vorfchrift tes 1. Wuchs Mofis aus: „Wachſet und 


mehrer euch. Be if niqcht zat, daß der Menſch allein Aal.’ Nas - 
dann von ben Gpifteln des Apoftel Paulus an die , 
worin es Heißt, daß der Mann nicht ohne bie „mind bie 
a nicht ohne den Mann fein follen. Gr ging die deei 

uptperioden der Geſchichte, jene der Erſchaffung der MBit 
und des damaligen Zuſtandes, jene der Geburt Shriſti and ſei⸗ 
wen kLehren und jene der heutigen Zeit. Indem er bie Weit 
und die Menſchen in jenem erſten Zeitabſchnitte, dem golbenen 
Ater, mit den glaͤnzendſten Farben ausmalte, zeigte er, daß 
nicht Alles volkommen geweſen, daß namenttich bem erſten Men⸗ 
ſchen etwas fehlte, was Gott ſelbſt als zu ſeinem vollſtaͤndigen 
Sluͤcke und naturgemäßen Zuſtande mentbehrlich erachtete — 
ein Weib. Darum habe er das letztere erfchaffen und dem er⸗ 
ften Menfchenpaare zugerufen: „Wachfet und mehret euch!“ 
Was aber damals Bott gewollt und ala feinen Willen verkuͤn⸗ 
det, warum follte er es heute nicht mehr wollen ? 

Die Sündflut brach ein, und Noah warb: beftimmt, bie 
Erde zum zweiten Dale — bevolkern. Bon ibm ſtammten ab: 
Abraham, das Muſter aller patriarchafififen Tugenden und Le: 
benämweife. Gr war verbeirathet, besgleichen Mofes, welchen 
doch Bott die große Bnabe verliehen, ihn zum unmittelbaren 
Bollzieher feiner Vorſchriften, zu feinem naͤchſten Priefter zu 
machen, teögleidyen Aaron, zu welchem Bott ſprach, daß bie 
Prieſter keine vermorfenen Weiber, ſondern Zungfrauen eheli: 
den follen: Beweis, daß deren Ehe an und für fid als eine 
erlaubte und natürliche Sache betrachtet wurde. Diefe Satzun⸗ 
gen aber felen nicht geändert. 

Das Evangelium enthalte Feine Sylbe von Berbot gegen 
die She der Priefter und die legitime Paternität, was auch um 
——— wäre, als ein Vorbild von patriarchaliſchon 

zügen, d. b. ein guter Batte und Vater, doppett befähigt 
iR, Priefter zu feht, weil ex in feinem Sohne feine Tugenden 
von Reuem hervorbringe. Diefe evangelifchen Lehren und Grund⸗ 
füge ftanden über ber Intoleranz und dem Egoismus jener Prie: 
fer, welche ſich bemuͤhten, fie zu verfennen. Nenn nach bem 
Willen der Heiligen Schrift ein verfiämmelter Menſch ferne 
von der Ehe bteiben folle, fo fei die durch bus Gölfbat erzwun⸗ 
gene und unveränderliche moraliſche Mutilation viel ſchlimmer 
als jede andere, weil feine Bebote gegen die Natur ergingen, 
Mr Jeiten würden und daher gu Aergerniß and Spott An⸗ 
taß gaͤben. 

Der Stifter bes roͤmiſchen Stuhles, Petrus ſeidſt, ſei ver: 
heirathet geweſen, und ats Chriſtus zu ihm gefagt: „Verlaffe 
deine Huͤtte und Netze, habe er nicht deigeſegt: „und beine Frau 
und Kinder“, fondern er ſei ſelbſt in die Wohnung des Petrus 
gegangen und habe duſelbſt Wunder geübt. 

Wem man zur Befeitigung ber WPriefterehen ſich auf die 
Goncitien, das kanoniſche Recht, uf die Borfähriften der Kirche 
und des Pontificats berufe, fo mbge man nicht überfehen: bie 
Mrche, die Mutter und WBelchägerin aller Menſchen, fei nicht 
"die Bereinigung einiger Yriefter und Biſchofe, fondern bie Wer: 
einigung ber ganzen Ghriftenbeit und aller Glaͤnbjgen und Zu: 
gendhaften. Bier wie überall muͤſſe die Regel enticheiben: Die 
Stimme bed Bolkes iſt die Stimme Gottes. Wenn alfo bie 
Soncitien Kraft haben, fo müßte um fo mehr die Maſſe des 
Bockes und fein ausgefprochener Wille ale‘ Rorm angefehen 
werben. Die Gontitien hatten für und dagegen entſchieden, fo 
namen ein Goncilium im 8. Jabrhunderte zu Gunften ber 
Prieſterehen, während das fpättre von Trient biefeiden ver: 
werfe; welchem fei nun ber größere Glaube beizumeffen? Die 
Autorität der Paͤpſte könne von einem entſcheidenden Gewichte 
nicht fein, da man unter fhnen einen Alexander Borgia, ben 
Inbegriff aller erfinnlicgen Eafter, des Mordes, ber Vergiftung 
und der Blutſchande, zähle, ımd einm Eregerius, unter welchem 
jener berüchtigte Jeſuitenorden entfianden, fähig aller Later, 
felb derjenigen, weiche er nit begangen, — wenn es über 
haupt deren noch näbe u. f. w. 

Das oberfie Befes, die Vernunft, beftätige die Freiheit ber 








— 


‚ und was "eine Majenitat beſchioſſen e 
nacıfelgenbe abändern, Gott fei ſtete ant dar Mehrheit. - Mei 
ſehr ſchwankenden Anfichten der Bollegien und fo ſchwacher S 
Menmrdrpelt In denſelden MWer "He wichtigſten Lebendftagen- 
die oðffentliche Melnung Über ders Recht ber Majorirät ober WE _ 

it in leſzter Juſtanz zu wrfiheiten, alfo auch Uber Bus uns 
sgeriftüe Erkenntnis des Guffationshofes, weiches darch Aie 
Stimme des Volles getabelt und gerichtet, ja felbit auf der 
Zribune bee Ständelammer angegriffen werde. Frankreich pro⸗ 
teſtire gegen diefen prieftertihen Ahrachronism, vas Wold tes 
tene die Begehren des Waticatıs nicht ars Wefeg, es Tehe in 
ider Prieſterehe nichts gegen bie Matur ib die Moral, 
nichts gegen das wahre Sheiftensgum mb dad Gluͤck dep: Mus 
tionen, es tönne alfo eine Gentenz nicht ehren, welche den Frau⸗ 
zofen zum Paria erniedrige, indem es ihm verbiete, Bürger Zu 
fein, nachdem er erfärt, nicht mehr Priefter fein zu Ebrmen.- 

Der Ranzier Hepital habe ſchon im Zahre 1564 der Frei⸗ 
beit des Menſchen gehuldigt und bie Decretelen und Anterbiete 
des kanoniſchen Rechts hätten niemals in Kranfreich feſten Bo⸗ 
den faffen koͤnten, die meiſten Parlamente feien fortwährend das 
gegen geweſen, mb bie Priefter Hätten ſich ſtets verheirathen 
Üdanen. Der heilige Kuguftinus ſeibſt ſpreche für die Che ders 
ſelden und eine Kirchenverfammiung su Ehalcedon im Jahre 
451 beftätige biefe Zreibeit. Ueber Alles aber flehe der Wille . 
Gottes: „Wachſet und mehret euch!" 171. 












Literarifipe, Notizen. 


Henrion, Abvocat bei dem koͤnigl. Gerichtshofe in Paris, 
bat ein „‚Annualre biographigque” üngeflmbigt, vas ‘ale Fort⸗ 
fegung ‚diler biographifcken Werke umd hiſtoriſchen Wörterbacher 
dienen und bie Lebensgefchichten der ien Baufe. jedes Jahres ge⸗ 
ſtorbenen beruͤhmten oder berücdktigten Menſchen mthalten ſoll. 
Der erſte Band umfaßt bie Jahre 1828 32 in zwei Abthei⸗ 
lungen. Zn ber Kolge wird jedem Jahre ein Band gewidmet. 
Batchon de Penhoſsn Hat Fichte's Beſtininang der Men⸗ 
ſchen“ in das Franzoͤſiſche üderfegt . 


„Lai d’Haveloll fe Astrois”‘,; rin Gedicht in 1105 Berfen 
fl in Paris nur in 100 Grenrpiaren auf dyinefiikiyem, yELANBE- 
ſchem ˖ und Deliapapier abgedrackt worden. Die erſte Agube, 
‚gleichfaltö nar in wehlger Gremplaren, exſchien 1828 in -Eoms 
don: „The ancient english romance of Haveloll the dane‘’, 
mit dem frarizöfifchen Text und Anmerkungen von Madden. 
Die framzöntde Ausgabe hat einige biefer Anmerkungen bei: 

ebalten. 


Bon ber neuen Ausgabe ber fämmtlichen Werke Buffon's 
von Richard, Profeſſor ber Mebicinzu Paris, finb jegt zwei Bände 
mit Kupferbeften erfchlenen. Die ganze Sanimlung fol aus 
20 Bänden beftehen und in Januar 1834 vollendet fein. 


Bon bem „Recueil des historiens des Gauftes et de ta 
France’, urſpruͤnglich von dem gelehrten Benedictiner Brial bes 
gonnen und von Raubet und Daunon fortgefegt, IE der 19.80. 
erfchienen, ber biß zum Jahr 1226 geht. 








Bon Mennedet’s „Seize ans sous les Bourbons“ ift der 
zweite Band herausgekommen, ber bis 1820 geht. 


Douville Hat eine SRechtfertigungsihrift gegen die, befon- 
ders von England ausgegangenen Wefchuldigungen heramsgeges 
Ben: „Treate mois de ma vie, quinze mois avant et quäise 
mreis apres mon voyage à Congo, ou ma fustification des 
infamies debit6es comtre moi”, mit einem Rachtrage -Beuse 
Bernerlungen über bie Sitten und Gebräude der Bewuimer 
von Brafilien und Buenos Ayred. - ' 


Redigtet unter Verantwortlichkeit der Verlagsbandlung: J. X. Bro@baus in Leipzig. 


| B Latte: 


für 


literariſche Unterhaltung. 





Sonnabend, 





Geſchichte Europas ſeit dem Ende des 15. Jahrhunderts 
von Friedrich von Raumer. Erſter Band. 
Leipzig, Brockhaus. 1832. Gr. 8. Subferiptions: 
preis 3 Thlr. 4 Gr. | 

Nachdem Hr. von Raumer feine Literarifche Thaͤtig⸗ 
feit zuerft der alten und dann ber mittlern Geſchichte zu: 
gewandt hatte, iſt er jegt im folgerechtem Fortſchritt zu 
der neuern gelommen. Der erfien waren Borlefungen, 
welche bis auf die unmittelbaren Nachfolger Alexander's des 


Großen reichten, gewidmet, aus der zweiten bob er die 


Blüte aus, die Geſchichte der hohenftaufifchen Zeit. Um⸗ 
faſſender fol das ber legten jener großen hiſtoriſchen Haupt: 
maflen angehörende Werk werden, deſſen erflen Band wir 
vor und haben. Denn «8 liegt im Plane, es bis auf 
unfere Zeiten zu führen, und wir wiflen die Anzeige des 
erfchienenen erften Bandes nicht beffer anzufangen, als mit 
dem Wunfche, daB es dem verehrten Verf. nicht an Muße 
und Kräften fehlen möge, es zu vollenden. 

Beginnen wir, wie es fi gebührt, mit dem Funda⸗ 
ment, fo haben wir zu bemerken, daß dieſes ſich überall 
als ein auf eignem Grund und Boden, mit eignem Baus 
ſtoff errichtetes darſtellt. Wenn es freilich bei dem ders 
-maligen Zuftande der Wiffenfhaft und den allgemein ge: 
flellten Foderungen einer hiſtoriſchen Schrift geringern 
Umfangs und befchränktern Zieles kaum noch als etwas 
Beſonderes angerechnet werden kann, daß fie nur- aus 
Quellen gefhöpft ift: fo bedeutet diefe DVerficherung von 
einem Werke fo umfaffender Art ſchon etwas mehr. Auch 
kann ein biftorifches Buch blos aus Quellen gefchrieben 
und body fehr einfeitig und unzureichend fein, wenn naͤm⸗ 
lich nur einige Hauptſchriftſteller zu Rathe gezogen, die 
übrigen aber vernachläffige worden find. 
dieſer Verfäumniß nicht anzuflagen ift, wird der Kun⸗ 
dige ſehr leicht bemerken; auch wiſſen wir ja aus feinen 
gefchichtlichen parifer Briefen, wie emfig er. auch unge 
druckte Nachrichten befragt hat. Viele haben ferner Quel⸗ 
fen von mancherlei Art gelefen, ſich aber begnügt, Einzel⸗ 
nes zu berichtigen, und find in den Dauptfachen auf ber 
von geiftreihen und berühmten Vorgaͤngern gebahnten 
Heerſtraße geblieben. Unfer Verf. hat fich auch von ben 
Borzüglichften unter denfelben faft nirgend einnehmen und 
beftimmen laſſen, fondern, einem freien und felbfländigen 
Urtheile folgend, Vieles in einem neuen, von den gewöhn: 


—7 Nr. 75. nn 


Daß unfer Verf. 


16. März 1833. 





mn u un 


— an —— ——— — nn — — — — [nn 


lichen Darſtellungen ganz abweichenden Lichte erſcheinen 
laſſen, ohne daß er irgend darauf ausgeht, das Intereſſe 
in dem Neuen und Ungewoͤhnlichen zu ſuchen. Auch liegt 
dieſes Neue und Eigenthuͤmliche ſeiner Anſichten keines⸗ 
wegs blos in beſtimmten Ausſpruͤchen, ſondern — und 
dies freilich nur fuͤr den Kenner — es geht an manchen 
Orten blos aus der Verbindung der Thatſachen, oder aus 
dem Gewichte hervor, welches auf eine unbeachtet geblie⸗ 
bene gelegt if. Prunk bat er nicht damit treiben wol⸗ 
len, fonft hätte ee auf die abweichenden Darftellungen 
weit öfter und beflimmter hinweiſen koͤnnen; er hat es 
aber felten und faft immer nur im Allgemeinen ‚gethan, 
wo die Abweichungen gleichfam maſſenhaft in, Bezug auf 
die Beurtheilung großer Männer und ganzer Dauptbeges 
benheiten bervortretn. Ja, wie müffen Magen, daß er 
hierin zu wenig gethan hat, denn gar fehr mwünfchen wir, 
Hr. von Raumer hätte fih entfchloffen, zureilen auch mehr 
kritiſch auf das Einzelne einzugeben, die Werfchiedenheit 
der Berichte zu bezeichnen und die Momente des Urtheils 
gegeneinander abzuwaͤgen. Jetzt wird der Korfcher ihm 
oft von Neuem nachforfhen müffen, und die Wiflenfchaft 
wähft durch die in immer größerer Progreffion zuſtroͤmen⸗ 
den .dußern und innern Bereicherungen ſchon ohnehin fo 
an, daß man ficy folcher Arbeit gern überhoben fieht. 
Erſchwert wird dieſes Nachgehen und Nachforſchen noch 
durch des Verf. ungemein kurze und zuwellin räthfelhafte 
Art zu citiren. Xheils find die Ausgaben ber Schrifts 
fiellee nicht genannt, theils nicht einmal die einzelnen 
Werke bezeichnet und unterſchieden, ſodaß man zumeilen 
in Zweifel fein kann, welches Werk eines Schriftftelere 
gemeint iſt. Berner fiehen im Xerte die Zahlen, welche 
auf die Noten verweifen, oft an Orten, wo fie unmöglich 
bingehören können, oder es find in der Note Eitate zus 
ſammengenommen, bie ſich auf ganz Verſchiedenes besies 
ben. Nun find aber die Anführungen doch nicht Derje⸗ 
nigen wegen da, welchen fchon die Berufung auf fo viele 
Schriftfteller, deren Namen fie bisher auch nicht im Zraus 
me gehört, genlgt, um den Verf. für einen tiefgelehrten 
Mann, dem fie blindlings trauen können, zu halten, fon= 
dern theils um Solcher willen, welche einen ihnen neuen 
Umftand weiter zu verfolgen wuͤnſchen, theil$ wegen Des 
ver, welche lernen und angelodt werden follen, felbft Quel- 
ten zu gebrauchen. Wir mwünfhen, daß der Verf. ſich 


entfchlöffe, für biefe beiden Clafien in ber Folge etwas 
beffer zu forgen. Mit welchem Vergnügen und mit 
weicher Belehrung würde man nicht auch von Hrn. von 
Raumer eine allgemeine Eritifche Würbigung ber vorzüg: 
hen Duellenfchrißsftellee lefen, unt fo mehr, ba das Ur: 
FR uber einige derfech ſeit Kutzem etwas Ins Schwan: 

n gerathen iſt. Es waͤre eine Arbeit, zu welcher bie 
Materialien dem Verf. bei ſeinem Werke ganz von ſelbſt 
in die Haͤnde gekommen ſind, und deren Ausfuͤhrung ihm 
wenig Zeit und Mühe koſten wuͤrde. 

Wer die fruͤhern Arbeiten des Verf. kennt, weiß, daß 
in ſeiner Darſtellung die Thatſachen ſcharf umriſſen und 
anſchaulich hervortreten, aber taſch gleichſam fiber bie 
Schaubuͤhne gehen, um andern Geſtalten, die ihnen nach⸗ 
eilen, ſchnell Pag zu machen. Noch mehr als in jenen 
Werken berefcht hier eine große Gedraͤngtheit dee Erzaͤh⸗ 
‘tung, und in verhäftnißmäßig geringem Raume ein uns 
gemeiner Reichthum biftorifchen Stoffe. Schr fetten hat 
ſich der Verf. die Fuͤlle der behaglich ausführenden Schil⸗ 
derung geftattet, aber ebenfo menig find bie Thatſachen 
irgendwo von ber Betrachtung zurudgedrängt, oder von 
der ſubjectiven Auffafſungsweiſe des Erzählers verſchlun⸗ 
gen. In dieſer doppelten Enthaltſamkeit müfjen wir des 
Verf. hiſtoriſche Mufe eine wahrhaft keuſche nennen, koͤn⸗ 
nen jedoch nicht bergen, daß fre in dieſer Verſchmaͤhung 
oft zu weit geht, und daß fie ihrer Würde und Haltung 
nichts vergeben wuͤrde, wenn fie zumeilen durch tebhaftere 
and umſtaͤndlichere Ausmalung die Sinne und durch eine 
Bergleihung, einen Ruͤckblick den Verſtand mehr befchäf: 
tigte. Aber ſelbſt Kaiſer Karl's Eibübergang vor der 


Schlacht -bei Mühlbers, feine nächtliche Sucht von Inne: 


bruck Haben dieſe fpröde Strenge nicht erweicht, ihr zu 
feiner Art von rhetoriſchem Schmuck Reiz und Anlaß ges 
geben. Aehnlicher Fälle koͤnnten wir noch gar manche 
nennen. Mur zuweilen erlaubt fi der Verf., den unauf: 
haltſam dahineilenden Strom feiner Erzählung durch ein 
Wetheit, eine Neflerion, eine Lehre zu umterbrehen. Dies 
find dann aber auch deſto gediegenere. Es find Beine lee: 
ten, unpraktiſchen Abftractionen, vor denen er vielmehr an 
mehren Orten fo dringend als ernft warnt, nicht jene 
bunten Feuerwerke olänzender, aber kaum aufgeftiegener 
auch ſchon wieder geftorbener Luftgeſtalten. Sie enthal⸗ 
ten vielmehr dad wirkſamſte Gegengift gegen bie verſchie⸗ 
denen politiſchen Extreme unſerer Tage, deren Helden und 
Berkuͤnder, Lüge und Wahrheit frech vermifchend, mit 
allerlei Blendwerk eine biftorifche Geiſtesbannerei treiben 
md Zerebilder der ehrwuͤrdigſten Schatten heraufbeſchwoͤ⸗ 
ren, damit fie ihrem Frevel Zeuge ſeien. 

Der geſchilderten Darftellungsweife iſt auch die Schreib: 
art angemeſſen. Sie ift ohne alles Streben nach Effect, 
ohne Manier, keinem Mufter aͤngſtlich nachgebildet, fon: 
dern aus jener Auffaffung und Behandlung des hiftori: 
fen Stoffe ganz naturgemäß hervorgewachſen. Oft, wo 
Gegenſtand und Gedanken ineinander volllommen aufgin: 
gen, warm, fließend und gefligig, gebt fie dann wieder 
an andern Drten in der Verſchmaͤhung des Rhetoriſchen 
bis am die Außerfte Grenze und ſtreift in der freilich un» 





gefuchten Simplicität an das Eintönige, faft Herbe. Be: 
jonders laͤßt fih ein Mangel an gefälligen, Dinge, Ges 
anken und Perioden miteinander verbindenden Uebergaͤn⸗ 
gen fpüren. Zuweilen will e6 ba dem Beobachter ſcheinen, 
‘ habe der WAR in dent Baſtreben, deu Bau xaſh zu 

dern, nık den Algemeinen acchitckloniſhen ı Hach⸗ 
tet und es verſaͤumt, bie Fugen der einzelnen Werkſtuͤcke, 
aus denen er feine Mauern aufgeführt, zu verkleiden und 
dem Auge zu entziehen. Im Einzelnen hat Hr. von Rau: 
mer auf bie Gorrectheit des Styls große Sorgfalt verwen: 
det; eine Periode, wie die S. 61 yuhten, die mit den 
Morten: „Eine für die Größe ıc.”, anfängt, ift ihm unfers 
Wiffens nicht zum zweiten Date entſchluͤpft. Stoͤrend für 
den Ref. find einzelne grammatifche und orthographiſche 
Sonderbarkeiten. Schwerlih kann es hierin eine beffere 
Pegel geben als die, alles Auffallende und Abweichende 
zu vermeiden. Grammatiker von Profeffion haben befon- 
dere Zwecke und mögen fie verfolgen. 

Der vorliegende erfte Band umfaßt die Geſchichte von 

Std: und Mitteleuropa bis zum Tode Karl V., und 
deſſen erſtes Hauptſtuͤck: „Die italieniſchen Angekegenheiten 
vom Einbruche Katl VIII. bis zur Schlacht von Mari⸗ 
nano.” Weniges über den Zuſtand von Stalin am Ende 
es 15. Jahrhunderts vorausſchickend, eilt der Verf. zu 
feinem Gegenftande. Er bat die Gefahr gefücchtet, fich 
in allgemeine Schilberungn, die nur zu verführetifch lo⸗ 
den, zu weit zu verlieren. Weber die Folgen jenes fran= 
zöffihen Zuges wird bemerkt, daß fich von da in Frank⸗ 
reich allmaͤlig bei Königen, Adel und Vote eine hefllofe 
Vorliebe für Eroberungskriege entwickelte, weiche mehr 
Ruhm darin geſetzt, zu zerfldren als aufzubauen, und ne⸗ 
ben verſteckter, liſtiger Staatskunſt die Herrſchaft der blo⸗ 
ßen Gewalt befoͤrdert hat. — Bei Savonarola bemerkt 
der Verf. ſehr richtig, daß dieſer nur eine entfernte Aehrt⸗ 
lichkeit mit Luther hat; denn, ſagt er, der deutſche Re⸗ 
formator enthielt ſich jeder leidenſchaftlichen Einmiſchung 
in ſtaatsrechtliche Verhaͤltniſſe, faßte die Religion ohne 
Vergleich tiefer und reiner auf und unterwarf insbeſon⸗ 
dere das dogmatiſche Spftem der Kirche einer ſtrengen 
Prüfung, während es Savonarola nicht bios in voller 
Ausdehnung annahm, fondern auch burth feine Weiſſagun⸗ 
gen und Wunder zu beftätigen meinte. " 

Je unverftedter und roher in jenen Kämpfen bie ge= 
meine Habgier der Mächte hervortrat, je ſchneller wuchſen 
Schamtofigkeit und Schlechtigkelt ber Grundfäge Stark, 
aber wahr fagt unfer Verf. von der Ligue von Cambrai: 

Wohin jene alle echten Grundfäge entbehrende Staatskurrft 
führen konne, bavon- follte bie Welt ein Beiſpiel ſehen, was 
felbft nach den argen Erfahrungen brrmaliger Zeit noch übews 
rafhen und duch feine Dummheit und Rihtswürdige 
keit gleihmäßig in Erftaunen fegen mußte. 

Wir wollen mit dem Verf. nicht darüber rechten, bag 
er, feiner Erklärung in ber Vorrede zufolge, bie türkifchen 
und außereuropaͤiſchen Geſchichten nur flüchtig berührt; in 
diefem Abfchnitte vermiffen wir aber auch die Beachtung 
und Schilderung ber deutfchen Verhaͤltniſſe. Was Hr. 
don Raumer in einem ber folgenden Abfchnitte über Mariz 
millan und bie deutfche Verfaſſung in jener Zeit beibringe, 






st 


feine und chells zu kurz, theild nicht an feiner Stelle. 
enn in der neuern Befchichte muß eine ausführliche Dars 
ſtellung ber Entwickelung Deutſchlands mit dem allgemeinen 
Landfrieden beginnen, und fe darf nicht nach der Er: 
zählung der italienifchen Händel eingefchaltet werden, weil 
Maximilian's geringe, mit feinen Plänen und feiner Stel: 
lung in fo greilem Widerſpruch firhende Einwirkung auf 
biefelben zum Theil eine Folge jener Berhaͤltnifſe war. 
Der ſchweizeriſche Schwabenkrieg, welcher die Verhaͤltniſſe 
Deutſchlands zur Eidgenoſſenſchaft ſo ſcharf bezeichnet, daß 
6 


- für einen Geſchichtſchreiber, der mit dem Ende be 


15. Jahrhunderts beginnt, kaum In einen gelegnern Mo⸗ 
mente ſich hätte ereignen koͤnnen, hätte dann auch feine 
Stelle gefunden. Und wenn Maximilian mehr in den 
Vordergrund getreten wäre, wuͤrde auch wol fein hoͤchſt 
charakteriſtiſcher Plan, Papft zu werden, nicht mit einer 
ganz kurzen Erwähnung in einer Rote abgefertigt fein. 
Wir könnten aus den folgenden Abfchnitten noch manches 
Aehnliche bemerken, was wir fehr ungern vermißt haben, 
und was ber Verf. ſehr mit Unrecht zu Dem rechnen 
würde, was er in der Vorrede, mit einem Ausbrude Men⸗ 
zes, den Ballaſt der Weltgefhichte nennt, den er in die 
befondern Staats: und Kriegsgefehichten oder in die Fahr: 
bücher der Städte und Landſchaften verwielen wiſſen will. 
Sollten bie Refer diefe Dinge etwa darum entbehren müfs 
fen, weil ber Verf. feinem Werke bei dem außerordentlis 
Hm Reichthume des Stoffe eine laͤſtige Ausfährlichkeit 
zu geben fürdter? Dann wuͤnſchen wir und bitten Ihn 
im Namen ber ohne Zrorifel zahlreichen Lefer, die fein 
Werk ebenfo anziehend als belehrend finden werben, drin⸗ 
gend, dieſe Ruͤckſicht doch ja fahren zu laffen. Iſt das 


Wert unbebeutend und überfläffig, fo iſt jeder Bogen zu | 


viel; füllt es aber feine Stelle auf wuͤrdige Welfe aus, 
welch ein Lefer wäre das, der fein Intereſſe daran nach 
der Zahl der Bogen oder Bände abmeflen wollte! 

(Die Bortfegung folgt.) 





Romanenliteratur. 


1. Der Ultea und ber Liberale, und Die weiße Frau. Ausge⸗ 
wählte Erzaͤhlungen von Karoline von Woltmann. 
Hamburg, Hoffmann und Campe. 1832. 8. 1 Thlr. 12 Er. 


Wo Behalt und treffliche GSchreibart, Kräftiges und Bars 


tes ſich eint, durdbringt, gemeinfam wirkt, ba gibt es einen 


guten Klang. So auch hier. An dem ganzen Buche iſt nichts 
zu rügen alö der mislautende Titel. Politiſcher Meinungsftreit 
it nicht der Inhalt, nur die bedingende Urſache ber Erzaͤhlung, 
der mächtige Beweggrund, welcher einen weder wilb leidenſchaft⸗ 
lichen noch tauben Mann gegen das Gebot ber Vernunft babin 
treibt, fih an dem Leben feines Deitmenfchen zu vergreifen, 
weil er den Königsmorb vertbeibigt, ben jener verabfchent. 
Die politiſche Discuſſion ift mit vielem Geil, Menſchen⸗, Sach⸗ 
und Zeitkenntniß (eb ift von ber Mevolution von 1789 bie Rebe) 
geführt, ſodaß man betauert, fie nicht weiter ausgedehnt zu 
wiffen. Rirgend bört man bie Berfafferin, immer begeifterte, 
wenn auch einfeitig befangene Männer ſprechen. Die ganze Gr: 
zählung überzeugt von der Möglichkeit feltfamer Verfhlingun: 
gen, pfochologifcher Ausbeugungen von ber Regel, Alles iſt na⸗ 
türliy, auch die fortdauernde Neigung beö wahrhaft holbfeligen 
Maͤdchens zu dem unfrelwilligen Moͤrder Ihres Bruders fowie 


bie Trennung von ihm. Auch der übetrafchende gtädtiche Aus: 
gang der Geſchichte Hat nichts befremdend Erzwungenes. 
„Die weiße Frau“ behandelt ſeibſt das Uebernatuͤrliche na⸗ 
tärtich und dadurch überzeugend. Wir glauben, fo lange wir 
leſen, ſicherlich an die Exiſtenz biefes Geiftes und banken ber 
Verf., daß fie in ihm nicht bie Lafterhafte, Gräfin von Orlas 
münde, fonbern eine böhmifche unbefcholtene Edelfrau fehen wol⸗ 
len. Es ſcheint, als habe eine und diefelbe Gage der Frau von 
Woltmann und Benedicte Naubert in den gleichnamigen Erzaͤh⸗ 
lungen Borg neh; aber war bie Duelle diefelbe, die Anwen: 
bung des Geſchoͤpften war fehr verſchieden, lodenswerth, folge 
seht, das Sagenhafte im Weſentlichen, nicht in leeren Bei⸗ 
worten webergebend. Vielleicht iſt es bei ber Bearbei⸗ 
tung der Raubert als ein Vorzug anzuerkennen, baß fie bie 
Erſcheinung ber. weißen Frau nit mit der Erzählung ihrer 
Gefchichte endigen, wenigftens ungewiß läßt, ob fie noch eriftire. 
2. Wittelind. Gin Gemälde altdeutfcher Heldenzeit. Bon Lud⸗ 
wig 2 urklot Bier Theile. Mainz, Kupferberg. 1832. 
r. 


8. Helgoland. Ein Seemärdyen von Demſelben. Hamburg, 

Hoffmann und Gampe. 1832. 8. 20 Gr. 
Sovpol in ber längern, Studien erfodernden Geſchichte als 
in ber wunderlichen Arabesfe, wie es fcheint, ber Wurf eines 
Augenblids, zeigt fi der Verf. ald Mann von Geiſt, Urtheil 
und vielfeitigen Kenntniffen. In ,„Wittefind‘‘ find bie mannichfa⸗ 
hen Beftandtheile vermifcht, aber zugleich gefondert, bie Gigen⸗ 
thuͤmlichkeit nirgend verwifcht und genau angebeutet, wo flüdgtige 
Skizze, wo [harfe Zeichnung das Rechte iſt. Die Seelönige, bie Daͤ⸗ 
nenfürften und Häuptlinge, halb ber Sage; halb der Wirklichkeit 
angehörend, find mit gutem Vorbedacht in ein gewiſſes Dämmer- 
licht geſchoben; ohne, wie viele ihres Gleichen bei andern 
Dichtern, zu einem gehaltlofen, bunt aufgeflitterten Nichte zu 
serfahren, können fig nun diefe Nordlanderecken ber Form und 
Gehalt rühmen. In wie viel höherm Grad gilt dies von ben 
fireng gefchichtlichen Perfonen, von Wittelind und feinen Sach⸗ 
fen, Kart dem Großen und feinen Franken; ‚nichts Fabelhaf⸗ 
tes, Faſeliges, im Guten und. im Gchlimmen Webertries 
bened. Bittekind if kein roher Bär, noch declamiren⸗ 
ber, phraſenreicher Deputirter unferee Tage, fein Scharf: 
blick erhebt ihn über viele Vorurtheile feiner Zeit, abes er 
macht ihn nicht zu einem Fremdling feiner Landsleute und Zeife 
genoffen. Daß er bei feiner Belehrung das Pfaffentbum ale 
einen ſchlechten, bie Saͤfte verzehrenden Auswuchs bes Chriſten⸗ 
thums ober vielmehr des Cultus jeber Religion anfehen konnte, 
iſt bei einem Manne von feiner geifligen Kraft und Grfabrang 
auch kein Wunder. Wer gewohnt ift, überall politifche Bezie⸗ 
bungen zu wittern, fann fie benn wol auch in ben Unterrebuns- 
gen Wittekind's mit feinen Getreuen und Gegnern, in bem 
Verhaͤltniß der Beſiegten zu bem fiegenden Frankenkoͤnig fin 
ben; allein auch ohne alle Deutelei find biefe Geſpraͤche und 
Ueberſichten werths und finnvoll, fie vollenden ein ebenfo tremes 
als tief und klar gedachtes Gemälde ber Zuftänbe, ber Lebens» 
und Dandelöweife, ber Volksthuͤmlichkeit unſerer Vorvordern in 
den teutoburger Wäldern zur Zeit bes großen Wendepunkts im 
ihrer Geſchichte. Auch Karl ber Große erhält geziemende Wuͤr⸗ 
digung, er ift kein uͤbermenſchlicher Halbgott, Eein polternber Prah⸗ 
ker, kein von feinen Paladinen gefoppter, bärenhafter Murrkopf, 
fondern ein erhabenes Wefen, weit überragend fein Jahrhun⸗ 
dert, aber nicht frei.von menfchlichen und fürftlichen Schwächen, 
kurz eine Geſtalt, unter ber man fich diefen mächtigen Carolus 
vorftellen mag und foll. 

„Helgoland“, eine Satire auf unfere Zage, vor Allem auf bie 
Lenker der Berfaffungen und Begebenheiten, ift theils zu ſehr 
auf Dertlichkeit gegründet, theild zu wenig heiter, als daß fie, 
bei allem Gatlot s Hoffmann’fchen Humor, mandem guten Wig- 
wort und koͤſtlichen Einfall‘, recht behagen follte. Die Abfiche 
macht fi) überall au breit, und ba heißt es benn mit ber Eenore im 
„Taſſo“: „Wan fühlt die Abficht, und. man iſt verftimmt. 

4. Der Grof von PVillamajor, ober Gpanien unter Karl IV. 


+, 


‘ 4 
| _ 312 
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J 


Bon Mortonval, Aus dem Brensötfäen von L. Kruſe. 
Vier Theile. Leipzig, Kolmann. 1852. 8.. 4 Thlr. 12 Er. 
But durchgeführte Sharaktere, eine finnreidh vers und ent: 
wickelte Intrigue halten die Aufmerkſamkeit bis zum legten Aus 


genbli,in Spannung, auch dann noch, als der Ausgang nicht F 


länger zweifelhaft fein ann. Beſonders anziehenb wird die Gr: 
zählurig durdy den Umftand, daß ber boshafte, räuberifche, raͤn⸗ 
Befüchtige Schleichhändler unfhulbig an Dem ifl, worüber man 
ihn anklagt, und gewiffermaßen felbft feine Schuld eingeftehen 
muß, fich fälfchlicherweife für einen Verfchoflenen von hoher Ab⸗ 
Zunft auszugeben, um fidy dem angebrohten Tode zu entziehen. 
Politiſche Umtriebe, mit in den Rechtsfall verwidelt, erhöhen 
feine Bedeutſamkeit, fowie die fonderbare Lage des Richters, 
der in mancher Hinfit zugleicdy der Schuldige und ber in feis 
nen Rechten Gekraͤnkte, der Beraubte iſt, das Anziehende ber 
Griminalfadhe fleigert. Der erfte Liebhaber ift ſehr Leichtgläus 
big und zu fehr Werkzeug, als daß er uns fo recht um feiner 
ſelbſt willen intereffiren koͤnnte; indeß ift es bereitö Herkommen, 
daß die jugendlichen Verliebten des Romans ein wenig fad und 
noch mehr untergeordnet find, als daß es uns hier ſonderlich 
auffallen koͤnnte. 

Der Ueberfeger bat kluͤglich den legten Theil, der eine in 
fi geſchloſſene Novelle enthält, zum erften gemacht, nicht ats 
lein chronologiſch richtig, fondern auch für eine im Dunkel ges 
haltene, mehr leidende als handelnde Hauptperfon wichtig, die 
uns durch ihre Jugendſchickfale intereffirt, was umgekehrt nicht 
der Fall fein würde, wenn wir erft hinterher erführen, daß ber 
mwunderliche, ehrgeizige alte Derr ein fehr liebenswürdiger, vom 
Schickſal unfreundlich behandelter Juͤngling war. 

5. Die Koͤnigsbraut. Hiſtoriſcher Roman aus der erſten Haͤlfte 
bes 17. Jahrhunderts. Von Ludwig Storch. Zwei Baͤnde. 
Mainz, Kupferberg. 1832. 8. 2 Thir. 20 Sr. 

Des großen Guſtav Adolf von Schweden erfte Jugend⸗ 
liebe, unglüdtich durdy die Raͤnke feiner herrſchſuͤchtigen Mut⸗ 
ter und ihrer Berbünbeten, macht ben Inhalt eines Romans 
aus, der zu den beffern gebört, wenngleih er gu viel fentis 


mentalifirt, mit Worten muficirt und überhaupt zu wortreich iſt. 


6. Novellen von Henriette Wilke. Zweiter und britter 
Band. Auch unter dem Titel: Die Vermählung zu Mabrid 
und des Günftlings Glanz und Ball. Hiftorifche Doppelnos 
velle aus dem Ichten Viertel des 18. und dem erſten Viertel 
des 19. Jahrhunderts. Zwei Theile. Braunfhweig, Meyer. 
18382. 8. 2 Thir. 12 Er. 

Laut den Romanen von Walter &cott hätten bie frühern 
f&ottifhen Wegelagerer und Preibeuter bei ihren Verhoͤren und 
au im Umgang mit Denen, bie nidyt zu ihnen gehörten, die 
entf&iebenfte Abneigung, Ort und Namen zu nennen, eine Ma: 
zime, bie unfere Verf. bei biefem fehr gut gefchriebenen Buche 
zu ihrem eignen Vortheil ſich hätte aneignen follen. Erlebte ir 
gend ein fpanifher Don alle dieſe Abenteuer unter Bigeunern 
mit fhönen Damen und eiferfüchtigen Rittern, bieße der Mo⸗ 
narch nur der König, ohne weiteres Abzeichen, koͤnnte man fich 
unter dem fremden Ufurpator etwa einen mauriſchen Kürften 
denfen, wir würden mit Vergnügen den feurigen Juͤngling auf 
feinen Irr⸗ und Wegfahrten begleiten, uns freuen, daß er die 
Schwärmerei, das innige Gefühl feiner Jugend, mit in das 
reife Mannesalter, in feine ehrgeizigen, bad Wohl ber Menſch⸗ 
heit beachtenden Pläne mit übernahm. Aber unter biefem Bilde 
uns den Friebensfürften vorzuftellen, ift eine baare Unmoͤglich⸗ 
keit. Alles in diefem Roman, von ben Charakteren bis zu der 
Kleidertracht, ift Unwahrbeit, entiweber ganz falſch, ober halb⸗ 
fhärig, ober durch bie fchiefe Stellung erlegen; bei einer fo 
gut erzählten, verwidelten und entwidelten @efcichte in ber 
That zu bedauern. Entweder rüde die Verf. ihren biftorifchen 
Roman in ferne Zeiten hinaus, wo es nidhr fo leicht ift, fie 
des Irrthums zu zeiben, oder fie gebe ernfihafter zu Werte, bes 


kuͤmmere fih um Thatſachen, ihre Urfachen und Wirkungen, 


Perſoͤnlichkeiten u. f. w., und wolle, was fie ſicherlich vermag, 


x 


nicht nur ein artiges Bild in die Wolken pinfeln, fondern ein 
Gemälde, das mit Schönheit auch Wahrheit verbindet, wit 
Liebe ausführen. 18. 





Flugſchriften. 

1. Volks- und Boͤlkermoral. Politiſches Glaubensbekenntniß 
von J. J. Buß, der Philoſophie, Medicin, Chirurgie, Geburts⸗ 
huͤlfe, beider Rechte Doctor (7), Rechtslehrer an der Univerſitaͤt 
Freiburg. Freiburg, Groos. 1882. Gr. 8. 8 Wr. 

2. Verſuche zu Gehen oder Blicke auf die Vergangenheit, Ge⸗ 
genwart und in die Zukunft. Won 3. ©. Diftling. Frank 
furt a. M., Bofelli. 1882. 8. 15 Sr. . 

8, Ueber bie She. Gin Wort in Laune und Ernfl. St :@als 
fen, Huber u, Gomp. 1882. 16. 4 Br. 

Wir würben uns an der Geduld unferer Lefer zu verfün- 
digen glauben, wenn wir ber Schrift unter Nr. 1 eine längere 
Betrachtung wibmeten. Gin foldyes Glaubensbekenntniß mit ſei⸗ 
nen hochtrabenden Rebensarten, feinem Hin- und Herfahren über 
befannte und unbelannte Gegenftände, feinem Schimpfen auf 
Bürften und Obrigleiten hätte etwa für das hambacher Feſt ge 
paßt, nur baß bie dortigen Redner fich wol eines beflern beut- 
fen Ausdruds befleißigt haben als Herr Buß. Wir wollen 
übrigens zur Ehre bed Hrn. Doctors glauben, daß, wenn ee 
erft eine Zeit lang die echte Philofophie bes Lebens kennen ge» 
leent, die Rechte gründlich Fudirt und tie Mebicin, Chirurgie 
und Geburts huͤlfe praktifch ausgehbt Haben wird, ihm feine Ti⸗ 
raden als laͤcherlich erfcheinen werben, und er wünfchen wirb, 
dergleichen nicht in die Welt gefickt zu haben. 

Weit beffer iſt die Schrift unter Nr. 2. Ihr Berfaffer 
it ein wohlgefinnter Dann, beflen größter Wunſch ift, daß 


— 


Alles im Hauſe und im Staate gut ſtehen moͤge, weil davon 


das Heil des jetzt lebenden Geſchlechts abhängt. Deshalb ent⸗ 
widelt ex zuvoͤrderſt bie großen Folgen ber drei wichtigſten Bege⸗ 
benheiten bes 18. Zahrhunderts, bes fiebenjährigen Krieges, der 
Befreiung Amerikas und ber franzoͤſiſchen Revolution, verbrei= 
tet fich in einer recht angemeffenen Sprache über Friedrich II, 
Joſeph II. und Napoleon, irrt jeboh, wenn er S. 95 bie 
Halsbandgefchichte als dasjenige Sreigniß bezeichnet, durch wels 
ches die Revolution in Frankreich herbeigeführt fe. Dann 
fhildert er bie Gegenwart nad ihren wichtigſten Zuftänden, die 
Acte des heiligen Bundes, die Prebfreiheit,‘ der gefteigerte Werth 
des Geldes, die echte und falſche Demagogie, die übertriebene 
Liebe zu Muſikern und Sängerinnen, die politiſche Schriftftelles 
rei und ber zu wenig wirkſame Ginfluß ber Schriftiteller auf 
wahre begluͤckende Vollsbildung, bad neuere Finanzweſen, die 
Iandftändifhen Berfaffungen, der Lurus und Ggoismus vieler 
Beitgenoffen, der Myſticismus und Verketzerungsſucht — alle 
diefe, freilich nicht immer erfreulichen Gegenflände werben ernft 
und ruhig befprodhen. Fuͤr eine beffere Zukunft, als fie fi 
ben Erwartungen Vieler darftellt, will der Verf. deſonders durch 
die Erziehung ber Jugend zum Gehorſam, zum Fleiße unb zur 
Geduld gewirkt wiffen, durch Gntfernung aller Altklugheit und 
— fo möchte Nef. binzufegen — ber eiteln Genußfucht der 
Jugend. Alle bdiefe Grörterungen find fo vorgetragen, daß 
Niemand den Verf. für einen menfchenfeindiihen Dann halten 
wirb, fonbern für einen Dann, der überall treue Pflichterfuͤl⸗ 
(ung wuͤnſcht, als die Bedingungen der Ruhe, des Gluͤcks unb 
der Freiheit. 

Bon Nr. 8 laͤßt fih wenig mehr fagen als — daß es 
nun einmal ba iſt. Soll «8 ein Zoilettengefhen? für Damen 
fein, fo taugen bie fremdartigen Wörter, ale Spermologe, Rect⸗ 
afcenfionen u. a. nicht in daſſelbe, auch dürfte bie Erwähnung 
der bekannten spelunca in Virgil's „Aeneide“, fowie der Venum 
vulgivaga unb das Öftere „laßt uns Menſchen maden” bie 
etwa gefoderte Erklaͤrung ſehr erſchweren. Soll dagegen Laune 
in dem Büchlein fein, fo geſtehen wir, darin nur einen „gekniffe⸗ 
nen Humor“ gefunden zu haben. _ 


Nedigirt unter Verant aertlicheeit der Verlagshandlung: F. A. Brodhbaus in Seipzig. 


N 


Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung, 





Sonntag, 


— Nr. 76. — 


17. Mir; 1833. 





Geſchichte Europas feit Dem Ende bes 15. Jahrhunderts 


von 3. v. Raumer. Erſter Band. 
(Bortfegung aus Nr. 75.) 

Im zweiten Dauptflüd werden und zuerſt Portugald 
Glanz, feine Könige Joham II. und Emanuel der Große 
vorgeführt. Won dem Legtern konnte in dem vorigen Ab: 
ſchnitte nicht die Rebe fein, da er zu feiner großen Ehre 
alle Anträge, ſich in die Streitigkeiten der füdeuropäifchen 
Staaten zu mifchen, fo weile als ftandhaft ablehnte. Ans 
derö Leider bei Spanien, auf welches die Erzählung zus 
naͤchſt übergeht, da wir Ferdinand den Katholifchen in der 
Geſchichte jener Händel bereits nur zu gut Eennen gelernt 
haben. - Freilich treffen die Vorwürfe der Deuchelel und 
Zreulofigkeit, die er fo fehr verdient, nicht ihn allein, ſon⸗ 
dern wie viele andere Fuͤrſten und Große jener Tage. Aber 
nicht ganz richtig bezieht der Verf. hierauf eine Stelle Me: 
zeray's im „Abrege chronologique de l’hist. de France”, 
wo dieſer von allen Fürften jener Zeit fagen foll, daß 
fie durch ihre Reben und Handlungen einen nichtswürbi- 
gen und thierifcher Atheismus barlegten. Denn Mezeray 
bat in dieſer Stelle zulegt mehre Fürften namentlich auf: 
geführt, auf weſche ſich fein „tous ces potentats” allein 
beziehen kann, und zwar Ludwig Moro, Alerander VI., 
Cäfar Borgia und die Aragonefen von Neapel. Noch 
wollen wir bemerken, daß Llorente der Meinung, die Ins 
guifition fei in Spanien gegen ben Wunſch Sirtus IV. 
errichtet oder vielmehr erneuert worden, entfchieden wider: 
ſpricht, und daß die Echtheit des befannten aragonifchen 
Huldigungseides nad) neuern Forfchungen großem Zweifel 
unterliegt. Den größten Theil dleſes Abfchnitts nimmt 
die Gefchichte der Unruhen in Spanien während der er: 
ften Regierungszeit Karl's ein, welche ſchon vor acht Jah: 
ten in d. Bl. ald erfle "Probe des Werkes mitgetheilt 
wurde. Us naͤchſter Vergleichungspunkt für die Be: 
handlung diefes merkwürdigen, politifh ungemein lehrrei⸗ 
hen Aufitandes bietet ſich NRobertfon dar, und Niemand 
wird anftehen, die Darftellung unfer& Verf. für die un: 
gleich reichere und lebendigere zu erklären. 

Im dritten bis fiebenten Hauptſtuͤck ift die Gefchichte 
der deutſchen Meformation bis zum augsburger Religion: 
frieden ſowie Karl V. und Stanz I. enthalten... Ueber. 
feine Behandlung ber Reformationsgefdjichte aͤußert der 
Verf, in der Vorrede: daß er nach den Ergebniffen ſei⸗ 


— 


ner Forſchungen weder den Katholiken noch den Prote⸗ 
ſtanten die ganze Wahrheit und das volle Recht habe zu⸗ 
ſprechen koͤnnen. Ein Schriftſteller, der fo ſpricht und 
verführt, wird ſich auf Misdeutung und Tadel gefaßt ge⸗ 
macht haben. Den Katholilen wird ſchwerlich mit einer 
Darftellung gedient fein, die das Mecht der Meformatoren 
nit in bee Wurzel vernichtet, und die Proteftanten find _ 
es von fo lange ber gewohnt, die Entftehung ihrer Kirche 
in den Werken ihrer Schriftfteller von einem rein theolo: 
gifchen und fort apologetifhen Standpunkt behandelt zu 
fehen, daß jede Darftellung, die ihnen ihre volles, unbes 
dingted Recht nur einigermaßen zu ſchmaͤlern fcheint, fie 
fhon ſtutzig macht. Ein befonderer geheimer Hintergrund 
von Gedanken, ja von Abfichten wird vermuthet und auf: 
gefuht. Da die allermeiften Menfchen überhaupt weit 
mehr Iefen, um die Anfiht, die fie fchon fertig haben 
und zum Buche mitbringen, beftätigt .zu fehen, als um 
belehrt und zu neuer Unterfuchung angeregt zu werden, 
fo fegen fie auch von dem Schriftftellee voraus, er müffe 
von den entfchieden ausgebildeten Lehren irgend eines Sy⸗ 
ftems ausgehend fchreiben; dies allein beflimme ihn zum 
Lobe, dies allein zum Tadel. Sa, fie meinen, aud) der 
Geſchichtſcheeiber werde in ber ganzen Vergangenheit nur . 
loben und tadeln, mas der Partei, der er angehört, in 
der Gegenwart nuͤblich oder ſchaͤdlich ſcheint. Mit diefer 
Gefinnung wird ihnen grade die Unbefangenheit am ver 
dächtigften, ja, wenn fie ſich nicht blos als Leſer, fondern 
zugleich als Richter und Lenker des öffentlichen Urtheils 
betrachten, fo halten fie es fogar für Pflicht, dieſe Uns 
befangenheit auch bei Andern verdächtig zu machen; benn 
fie haben in ihrer Weisheit jene geheime Abficht ausges 
wittert und meinen dafür forgen zu müffen, daß unfchuls 
dige Gemüther fich nicht verbienden laffen und in Falls 
ſtricke gerathen. Was ift auch natürlicher, als daß Je⸗ 
mand, der 3. B. das Papftthum des 11. Jahrhunderts 
lobt, damit nur verjledt den Wunſch ausfpricht, daB ſich 
im 19. die Protefianten ihm wieder unterwerfen mögen! 
So laͤcheruch died klingen mag, die Erfahrung ſpricht 
nur zu fehr dafür, daß ähnliche Schlüffe noch täglich, - 
bald mehr bald weniger laut, gemgcht werden. ine 
Gefinnung und ein Beftreben, welche unferm ſich feiner 
Zoleranz fo fehr rühmenden Zeitalter nicht ſonderlich zur 
Ehre gereihen! Mir wollen hier die Frage nicht unters 


.- 


. s14 Ä 


fuchen, ob die Mehrheit ber Geſchichtſchreider es ſelbſt 
verſchuldet hat, wenn ſich die Leſer von einem nach Ge⸗ 
rechtigkeit für mehr ale Eine Partei ſtrebenden Urtheile 
fo entwöhnt haben; daß aber Hr. von Raumer ebenfo 
wenig zu bdiefer Zahl gehört, als ſich durch Furcht vor 
Verketzerung zuruͤckſchreckm laͤßt, hat er bucch feine „Ho⸗ 
henſtaufen“ hinlaͤnglich bewieſen 
Ueber das formale Grundprincip beider Richtungen in 
ihrer volllommenen Divergenz ſpricht ſich der Verf. bei 
Gelegenheit von Huß' Lehren und Schickſal aus, in⸗ 
- dem er ſagt: daß die Ueberzeugung von der unausweich⸗ 
chen Nothwendigkeit einer allgemeinen Gefeggebung, ſowie 
Zurcht vor der Altes aufloͤſenden Willkür der Einzelnen 
eine Partei fo weit getrieben bat, daß fie unbedingte 
Uebereinſtimmung aud in Dingen verlangte, wo fie we⸗ 
der möglich noch nuͤtzlich iſt, und die Perfönlichkeit um 
des allgemeinen Begriffs wegen mishandelte, ja vernichten 
‚wollte; während umgekehrt Anbere in ihrer perſoͤnlichen 
Heberzeugung die alleinige Regel fahen und jede aus all: 
gemeinen Gefegen an fie gerichtete Foderung eine Ver: 
legung ihres Gewiſſens nannten. Der Standpunkt, auf 
den fich der Verf. fomit gefteflt hat, wird ihm %on beis 
den Seiten eingerdumt werden müffen; degn der Katholif 
kann wenigftens nicht leugnen, daß die ımbedingte Durch: 
führımg jener Uebereinſtimmung ohne Gewiſſenszwang, ja 
ohne Grauſamkelt nicht möglich fei, der Proteftant nicht, 
dag die leicht mögliche Verwechfelung bes, fei es Schrift 
and Offenbarungs: oder Vernunftglaubens mit einer bios 
fubjectiven Weberzeugung zu den verderblichften Sreehlimern 
führen koͤnne und geführt habe. Won bier aus wird man 
fich verfucht fühlen, auf die Quelle zuruͤckzugehen, und 
es wird Gemuͤther geben, die in der allzu ſcharfen und 
einfeitigen Auffaffung und Aufftellung fehon ber Srund- 
fäge den Keim zu diefen Ertremen fuchen werden und 
fomit in der möglichen Loͤſung jene® Gegenfages auch die 
Möglichkeit einer chriſtlichen Kirche,, welcher bie Einſeitig⸗ 
* Leiten der gegenwärtig flreitenden nicht mn antleben mer: 
den, deren Erfcheinung in der mweiterg Entwickelung des 
Chriſtenthums zu erwarten fteht, wenn nicht bride Weber: 
zeugungen im irbifchen Leben als nothwendige Spaltuns 
gen ber Einen unheitbaren Idee fortdauern müffen. We⸗ 
nigſtens wird man zugeben, daß diefe Betrachtungsweiſe 
für die Erkenntmiß der hiftorifchen Entwickelung weder un: 
geſchickt noch unfruchtbar fein wird. So bemerkt der 
Verf. 3.3. bei Gelegenheit der augsburgifchen Confeffion 
über den großen, ja tiefſten Gegenſatz von der Frucht des 
Gkaubens und der Werke, daB fich eigentlich beide Par: 
teien Unrecht gethan und fih, wo nicht ganz verföhnen, 
doch beſſer hätten verftändigen koͤnnen. Denn die Katho: 
liken hätten ja nirgend behauptet, daß man für das 
Verdienft der Werke, ohne Erlöfung und Gnade felig 
werde. Beide Partelen, fährt er fort, glaubten’ an Chrifti 
Verdienſt und verlangten einen gottfeligen Wandel; umd 
lag nicht das echte Chriftentyum mehr in diefem Mittel: 
punkte als in dem Aeußerfien und ben übertriebenen 
Sormeln, welche man allmaͤlig immer feindlicher einander 
gegenuͤberſtellte ? 7 


nur von Einer 


| 


Nun wird man freilich Demjenigen, ‚der fo denkt und 
urtheilt, das Recht nicht verfümmern können, feine Dar⸗ 
ftellung nach diefen Principien zu bilden. Wir gehen ins 
deß noch einen Schritt weiter und behaupten, daß auch 
bee Hiſtoriker, der fich mit feinem Glauben an die ey 
oder die andere Kirchenpartei auf das feſteſte anſchließt, 
in feiner geſchichtlichen Darftelung von dieſer Ueberzeu: 
gung nicht ausgehen darf, fondern möglichft trachten muß, 
jenen Standpunft zu gerinnen. Hat der Proteflant 
hierin unleugbare Vortheile vor dem Katholiken, fo ſoll 
es fi auch diefer nur in dem ungetrübten Streben auf 
jenes Ziel bin bedienen. Der Geſchichtſchreiber darf ſich 
Dabei nicht von der Einrede verwiesen laflen, die men 
freitich oft genug hört, daß er feinem Werke den Stem: 
pel feiner Ueberzeugung aufbeüeen und es mit derſelben 
ganz durchdringen müfle, weil die Wahrheit doch nur Eine 
fei, der man offen ins Geſicht zu ſchauen den Muth ha⸗ 


‚sen mühe, ja wer fie andy nicht gradesu verfeugne, 


wenn er fich nicht ganz entichteben für fie erfilire, würde, 
wie fein Werk, die Farbe der Lauheit und des Indiffe⸗ 
rentismus tragen. Aber wer fo fpricht, hat das Weſen 
und die Aufgabe der Gefchichte ſchwerlich richtig erkannt. 
Denn diefe hat es uͤberall weit mewiger mit dem Vollen⸗ 
beten und Erreichten zu thun, als mit dem Streben da⸗ 
nad; ihre Richtmaß darf daher auch nicht die Wahrheit 
bee Idee fein, die erfirebt wird, fondem das Edle und 
Tuͤchtige der Geſinnung, von ber die Beſtrebung ausgeht. 
Wer fih von dem Gemeinen, Niedrigen, Geringen ab⸗ 
wendet und fein Leben mit der Kraft der Begeifterung 
an Das fest, was ihm als das Große, Erhabene, Gute, 
Heilſame erfcheint, dem reicht fie die Palme, auch wem 
er irrt, auch wenn das heiß erfehnte Ziel noch nicht das 
rechte if. Wenn diefer Standpunkt fefigehalten wirb, 
ift nicht zu begreifen, wie ein chriftlicher Geſchichtfchrek⸗ 
ber das Alterthum behamdeln tönnte, ohne eine ftete Ver⸗ 
dammung befjelben auszufprechen und durchblicken zu lafs 
fen. Immer mehr kommt man davon zurüd, die Ent⸗ 


widelung des Staats: und Bölkerlebene, der Eultur, dee - 


Miffenfchaft, der Kunſt in frgend einer Periode, mit ei= 
nem andern Maßſtabe zu meffen als mit einem aus ihr 
ſelbſt hergenommenen; follten die kirchlichen Verhaͤltniſſe 
allein auf eime folche Unbefangenheit nicht Anſpruch ma: 
hen dürfen? Sole es hier allen für erfchöpfend gelten, 
ite auszugehen? Es kann hier nit 
der Ort fein, weiter auf diefen wichtigen Gegenſtand ein= 
zugeben; doc haben wir die gegebrnen Andeutungen nicht 
für uͤberflüſſig gehalten, weil fie. fi) auf einen Stand⸗ 
punkt beziehen, der dem bed Verf. fehr nahe kommt. 
Neigt fi) nun aber in einer folchen Darftekung die 
Mage fichtbar auf die eine Seite, fo halten wir einen 
fothen Sieg derfelben für einen um fo entfchtedenern und 
teinern, weil der lobrednerifche Ton des Sachwalters nirs 
gend herrſcht, und die Schwächen derfelben ebenfo wenig 
verdeckt werben ald das Mecht des Gegners in den Schat= 
ten gefteltt. Nicht aus den Worten unſers Berf., wol 
aber aus dem Ergebniß feiner gefammten Darftellung gebe 
ein ſolches Webergewicht für ben Proteftanttemus hervor. 


Ed 


Ben der begeifterte · Freund bee Reformation — becfel⸗ 
de Enthuflasmus vermißt, fo wirde er geſtehen müſſen, 
daß ſelbſt dieſer Mangel den ruhigen Erwaͤgungen des 


⸗ 


bel, Zſchokte m: X. aur fo oberflaͤctich und meiſt mit fo nichts⸗ 


. fagenbem Urtheit 


kenten zu flatten kommt. Die große Ruhe, mit. |. 


weicher 5 B.:die Eimvendimgen. ber ˖ atheliſchen Eixcyrifts 
Ritter gegen kLuther's Angriffe auf den Ablaß zuruͤckgewie⸗ 
fen werden, wirkt uͤberzeugender als eine bittere, heftige 
Holemik. Ein würbiger. Ton iſt fellgehalten, und nur 

am einigen fehr wenigen Stellen bat ch uns geichienen, 
abs ob ber Verf. darin felsigegeiffen habe, wo er naͤmlich 
eittem : ganz ſchroffen katholifchen Urtheile gegenüber das 
Rinige mit einer allzu hoͤflichen Wendung einleitet. Wie 
wenn er verfichert, daß er dee von dem befangenfien Pars 
teigsifte eingegebenen Gchilberung , welche Palnpicini von 
Luther entwirft, „nach gewiſſenhaftem Prüfen aller That⸗ 
ſachen“ nicht beitreten. könne? Wenigſtens können diefe 
Worte nur auf Katholilen berechnet fein, oder auf Solche, 


bie Luſt haben, es zu werben. . 
ie Bertfonung feigs.) nt 





Geſchichte der neuern deutſchen Poefie. Vorleſungen von 
Auguſt Wilhelm Bohtz. Goͤttingen, Kuͤbler. 1832. 
3 1Thlre. 12 Gr. 


Unter der großen Anzahl literarhiſtoriſcher Darſtellungen 
und Verſuche, Die ſich in neueſter Zeit bei uns faſt gedrängt 
haben , zeichnen fidy. diefe Worlefungen eines uns. bisher undes 
faunt geweienen Kritikers zwar nicht durch beſonders hervorra⸗ 


Much eine überall wohlmeinende Anficht, vuhige eble Wärme 
der Auffaffung und mandye treffende Bemerkung aus, die im 
Ginzeinen über biefen oder jenen unferer Schriftſteller gemacht 
wird. Du es bem Berfaffer in feinen Vorlefungen nur um Her⸗ 
verhebung der allgemeinen Refultate feiner Literatunbetrachtung 
ya thun iſt, ober, wie er es ausbrädt, um Darlegung „ber 
jenigen Momente der poetifdyen Riteratur Deutſchlands, buch 
die ein eigentlider Umfchwung in der Sefühls: und Denkungs⸗ 
weife des gahzen Volks herbeigeführt wurbe”, fo darf man an 
feine Darftellung nicht die Anfprüche einer eigentlichen Litera⸗ 
turgeſchichte knuͤpfen. Dazu ift fein Buch beimeitem zu uns 
volftändig unb im Ganzen wie im Einzelnen zu unansgeführt 
geblisben. _ Es berrfcht in deu Verfaſſers Weite überhaupt mehr 
aͤſt hetiſches Raifonnement als Hifterifhe Entwickeiung vor; um 
Ingtere zu geben, hätte es einer zufammenhängenbern und grünbs 
lichern Darftellung der Literaturperioden wie ber fie beberrfchens 
ben Individuen bedurft. Der Verf. befchäftigt ſich, feinem Plan 
gemäß, nur mit ben Hauptcharafteren ber Riteratur einigermaßen 
ausführlich, und wenn man benfen follte, daß dies grade aus⸗ 
reichend araͤre, eine Zeit zu charalterifiren, indem man nur bie 
Heroen berfelben hervorhebt unb bie andern feheinbar unweſent⸗ 
lichern Ceſtalten tarin kaum berührt ober ganz übergebt, fo 
. ann «6 doch unferer Meinung nad kaum eine falfchere unb 
anzulänglichere Eiteraturentwidelung geben, denn grabe jene 
für umwefentliger angefehenen Geſtaltungen einer Zeit find bie 
vermittelnden Glieder berfelben, die, al® zur Erklaͤrung und 
Borbereitung ber großen, Alles comcentrirenden Erſcheinungen 
dienend, ihrerfeits ebenfalls ihre Nothwendigkeit behaupten. Un: 
fer Berf., der 3. B. von bem an die Spige gefteliten Grund⸗ 
Tag ausgeht, das Goͤthe Anfang, Duelle und Mittelpunft ber 
meuern Poefie fei, glaubte demgemaͤß nichts Hauptſaͤchlicheres 
aa thun zu haben, als einen großen heil feines Buches ben 
felten neu ausfallenden Reflexionen über biefen Dichter zu wibs 
men. Dagegen werden ſolche Schriftftellee wie Lenz, Dippel, 
3. 9. Jacobi, Thuͤmmei, Wilpelm Heinfe, Klinger, Zr. Nico: 


eswhhnt, daß er beffer geweſen wärs, fie 
wwgenannt zu.iaffen. Die Unzichtigleit biefes Nerfahrene - 

€ aber auf ben Gegenſtand ber ausgezeichneten Borliebe ſelbſt 
sub, beun obme ‚Zneifel kann bis Charakteriſtik eines Dich⸗ 
ters wie Böthe nur babmech tiefer, wahrer und bifterifch ber 
gehnbeter werden, dab man nicht bios ihn felbft in dem abger 
ſchloſſenen Kreiſe feiner Dichtung auffucht. und beleuchtet, ſon⸗ 
dern ihn auch in den ebenfalls genau auseinanbergefehten Gi: 
genthuͤmlichkeiten ſeiner Vorgaͤnger und Zeitgenoffen, je nad 


. ven biefe auf ihn zurädigewickt ober ihn angeregt haben, ſich 


ſpiegeln läßt. Am meiften haben uns bie Aofchnitte über Wie | 


ı Ind, Leſſing und Windeimann befriedigt. . Großes Unrecht aber 
. weh Konebue von bem’ Verf. e 


tfadren. Eine fo wegwerfende 
Kritik Aber dieſen Schiftſteller ift Längft nicht mehr an ber 


Zeit, ober wenigftens ſehr wohlfeit, und man hat bereits vom 
. andern @elten her angefangen, Kotzebue's Talent für das Luſt⸗ 





dahin bezuͤgliche Gabinetsordres mit. 
‘an den Gmeralmajor Prinz Georg Ludwig von Holſtein⸗Got⸗ 
torp (Nr. 31): 


fpiel geredgter zu würdigen. Des Bert. Duch ſchließt mit eis 
ner cbeufälld wenig Neues bietenden Sharakteriftit der ſogenann⸗ 
ten vomantifgen Schule unb erwähnt die ihr folgenden Er 
fheinungen und Verhaͤltniſſe der deutſchen Literatur gar nicht. 
Ob der Verf. mehr zw geben vermag, als er in biefen Vorle⸗ 
fungen that, würbe- an ihm liegen, zu beweiſen. Jedenfaus 
bat ex hdier gu wenig gegeben. 38. 





Miscellen 


‚. Keledrig der Broße und bie Kleinen deutſchen 


Reihsfürften. 
So warm und feft Friedrich II. bie Rechte ber beutfchen 
Keichöfürften vom Anfang feiner Regierung an bis zum Ende 


genbes Zatent oder Eigenthämlickeit des Urtheils, aber bob. | un men aerrneidigt hat, fo kurz und beftimme erffärte er fidh 


über Fehler und Wergehungen berfelben, wenn die Fuͤrſten in 
feiner Armee dienten. Preuß theilt im erften Theile des, Urkun⸗ 
denduche® zur Lebensgeſchichte Kriedriche des SGroßen“”) mehre 
So ſchreibt bee König 


„Durchlauchtiger Fuͤrſt. Ich Habe Em. Liebben Schreiben 
vom 14. diefes nebft der Copey Dero Briefes an bes Großfürften 


‚ Baifert. Hoheit wohl erhalten und dagegen gar nichts zu fagen, 


weil foldyes Alles recht gut und billig if. Mas Ich aber Ew. 
Liebben aus rechter Wohlmelnung zu erfennen geben wollen, ift 
diefes, daß Ich weiß, wie diefelbe fich oft bei Dero Regiment 
den übermäßigen Trunk übernehmen laffen, woraus nothwendig 
eine wüfte und nachtheilige Haushaltung, fo gewiß wegen Dero 
(häblihen exemples und suites nichts taugt, entſtehen müflen. 
Wiewol IH von Ew. Liebden guter Gemuͤthsart überzeugt bin, 
Sie werden diefe meine wohlgemeinte Erinnerung ſich zu dero 
eignem wahren Beſten bienen laſſen. Ih bin Ew. Liebden 
freundwilliger Vetter. Potsdam, den 16. Nov. 1746. 

Als der Fürft ven Thurn und Zaris den ſchwarzen Ablers 
orden zu haben wünfchte, Friedrich ihm aber denfelben nicht er: 
theilen wollte, gab er feinem Gtaatsminifter von Podewils auf: 
„Vous ferez expédiqr une reponse aussi obligeante que va- 
gue, remplie de grands complimens dans le goüt Ju style 
imp@rial, sans toucher trop clairement ce refus’’ (Wr. 118). 
Markyraf Friedrich, ein Neffe bes Könige, hatte in einen 
Gtreitfahe mit ders Zuben Ephraim die Vermittelung bed Koͤ⸗ 
nigd nachgefucht. Diefer aber antwortete ibm, daß „bie® eine 
pure Juſtizſache fei, in welche er nicht entrirt: er babe da⸗ 
ber die Sache an die Zuftizminifters geſchickt, welche verpflich⸗ 
tet find, eınem Jeden obne Anfehen der Perfon wahres Recht 
zu abminiftrieen” (Nr. 182). Gbenfo wenig will fi ber König 
des. Grafen von Schaumburg: Lippe in einer gegen ihn ange 
brachten Schuldliage annehnuen,, weil er fid mit dem Finanz⸗ 


*) Wir berichten naͤchſtens über dad Werk von Preul. D. Red. 


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weſen nicht abgibt (Mr. 211), and verweigert er den natuͤrli⸗ 
ar Kindern dei Markgrafen Karl bie Sourſaͤhigkeit (Rr. 272) 
mb erinnert ben Prinzen auf eine fehr artige Weife an 
‚ bie ex unerfüllt gelaffen Habe (Mr. 290). Dem 
oben erwähnten Herzog von Holftein räsh er von einer Deiwath 
ab; ba fie für ihn gar nicht vortheilgaft fei (Mr. 439). ebenfo 
dem n von Köthen, feinem. jüngften Prinzen zu ben ihm 
bewwilligten 2000 Thlr. noch 50 Thlr. monatlich zuzulegen, weil 
„erwaͤhnter Prinz nach feinen jegigen Umftänben mit 2000 Ihlrn. 
fehe wohl zufrieden fein und reichlich austommen köonne“ (Wr. 
80), ımd dem alten Kürften Leopolb von Deffau verweifet ex. 
feine Haͤrte in Werbungsfachen ſehr nachdruͤcklich (Kr. 51): 
‚ao muß ih Ew. Liebden aus wahrer Affection zu erfennen 
geben, wie fehr nachtheilig Mir bergieichen higiges und gewalte 
farhes Verfahren bei den jegigen Conjeaöturen im Beide fel, 
als wodurch die fürftlichen Höfe nothwerdig von mir und mei 
nem Interesse eloigniret und zu vielem fchäblichen Geſchrei bes 
wegt werden müffen. Ich habe diefem nach zu Ew. Liebden 
Ginficht und aequanimität und Consideration vor Mir das fefte 
Bertrauen, Sie werben alle Verdrießlichkeit coupiren, Dero Bet 
tern den Kürften von Köthen (ed war ein koͤthenſches Dorf, in 
weichem bie Gewaltthätigkeit vorgefallen war) zufrieden ftellen 
und dus hach deffen Refidenz geſchickte Sommanbo, welches ich 
nicht avoniren fann, ſogleich und ſonder die geringſte Desordre 
zurüdziehen, übrigens aber ſich damit begnügen, wofern biefels 
ben Ihre praetension erweislich machen wollen, bad Ich die 
Sache rechtlich und unparteiifch unterfuchen laſſe.“ (Vom 24. Oct. 
1746.) Noch nachdruͤcklicher iſt die Cabinetsordre an denſelben 
Fuͤrſten vom 5. Nov. d. J. (Nr. 64), wegen ber Vntlaſſung 
des Musketiere Joh. Chriſt. Günther: „Ich febe nicht gern, 
daß diefelben Contradictiones machen, wann Ich einmal Orbres 
gegeben habe, und ba Ich in dieſe Sache Ordre gegeben habe, 
fo muß es babei fein Bewenden haben. Sch verfiche darunter 
Seinen Scherz, und mögen Ew. Liebdben Mich nicht vor einen 
Fuͤrſten von Zerbſt oder Köthen nehmen, fondern meinen Orts 
dres eine Genuͤge thun, fonften es nichts anders wie Verdruß 
machen kann.” An Beziehung auf bie Werbeangelegenheiten — 


unftreitig eine Schattenfeite des damaligen preußifhen Militairs . 


weſens — ift es erfreulich, in biefe Sammlung auch Gabinets: 
orbres zu finden, in tenen bie Härte und Strenge bei diefem 
Befchäfte ernftlich gerügt wird. Es werben unter Anderm bie 
Bürger in Prenzlau (Nr. 414) und in Ruppin (Nr. 437), 
ale auch einzelne Perfonen, wie ein Bürger in Halle (Nr. 28), 
gegen Anmaßungen höherer Militairs vom Könige lebhaft in 
Schug genommen. 

Friedrich IT. in Heirathsangelegenheiten. 

Man weiß, daß es der große König nicht gern fah, wenn 
fih feine Offiziere verheiratheten. Daber ergingen firenge Ber: 
orbnungen, um die Heirathen der Offiziere zu verhindern und 
die. Deirathelufligen mußten ſich ſtets an den König felbft wen⸗ 
den, wie es auch jegt noch in Preußen gefchieht. Aber ſchwer⸗ 
lich erfolgen wol jegt foldye Refolutionen, wie die aus dem 
Gabinet Friedrich II. waren. &o ſchrieb er an den Oberſt von 
Natzmer wegen eines Lieutenants, für den biefer um ben Con: 
ſens nachgeſucht hatte: „Ich fehe nicht gern, wenn bie Hufa- 
renoffizierd fich fo viel verheirathen, welches nicht taugt, denn 
‚wenn fie alsdann marfciren follen, fo ift ein Haufen Lärm 
der Weiber halben.” (Preuß, „Urkundenbuch“, Ih. I, Nr. 
39). In einer andern Gabinetsorbre (Nr. 40) heißt ed, daß 
„die Huſaren Kit durch die Scheide, fondern durch den 
Saͤbel ihr Gluͤck machen muͤfſen“. Als ein Faͤhnrich heira⸗ 
then woilte, reſcribirte der König: „Die Faͤhndrichs bekom⸗ 
men feine Permission zu heirathen“ (Nr. 43). An ben Gene: 
ral von Lexs erging folgende DOrbre: „Wegen bes Lieut. 


von Schwenſitzky vorkabender Heirath mit einer Doctorswitwe 


gebe ich urch in Antwort, daß es mir fehz unangenchw ik, 
wenn Subaltern: Offiziers deirathen und zumal ſich iren 
wollen, Ihr habet alfo die Eurigen vielmehr auf alle Weiſe 
davon abzuhalten, als Euch für fie wegen foldjer marisgen Ri 
intere ſſiren, deum Ihr Fonft dald bauter Bürget gaMffiliere 
gen werdet” (Nr. 45). „Ich will es zwar wohl geſchehen laſ⸗ 
ſen“, verfügt der König, „daß ber Lieut. von Miskowski Cure 
(des Oberſten von Natzmer) Schweſter heirathe; wann aber hier⸗ 
naͤchſt Hunger und Durſt zuſammen kommen, ſo werdet Ihr 
ſolches Cuch ſelbſt zu imputiren haben.” (Kr. 242.) -An den 
Major von Affeburg, der mit ſeiner Ehefrau :in Sirrit bebte, 
fgreibt ber König, deſſen Bermittelung oher Machtſoruch deze. 
felbe wahrſcheinlich nachgeſucht Hatte: „es thus mir Cuer Ches 
kreuz vecht leid, indefjen kann «6 nicht anders fein, als baß 
be die Sache ordentlich dei’ dem Kriegsconfiftorio ausmachen 
mößt‘ (Wr. 236). A der Major TIydaͤus fidh verheirathen 
will, fo begehrt der König weft zu wiffen, „was für eine. Per⸗ 
fon er heirathen wolle, ob fie Vermögen hat unb wie ihre Ums 
ftände fonften fein’ (Nr. 256). Dem Lieutenant von Plotho 
ſchlaͤgt er es rund ab, ſich verheirathen zu dürfen: „Ich gebe 
nicht zu, daß Offiziere fi mit Kaufmanns Töchtern heirathen, 
und alfo wird von @urer intendirten Heirath um fo weniger 
was werben, als benen Gubalternen foldyes ohnehin nicht ges 
bührt”” (Nr. 29%). Auf aͤhnliche Weile antwortet er dem Ca⸗ 
pifain von der Albe auf fein wieberholtes Anfuchen und räth 
ihm, fi) die Heirathsgedanken nur ganz vergeben zu laffen: 
(Nr. 435). Ja felbft, wenn die Frau einiges Geld hat, vers 
weigert der König die Erlaubniß, „‚denn’‘, wie es in einem fols 
hen Kalle heißt, „mit 300 Thir. Intereffen (von 6000 Thir.) 
kann ein Lieutenant benebfl einer Frau nicht leben” (Nr. 389). 
Daher war es dem Könige eine große Zreube, daß bei bem 
berühmten baireuthifchen BDregonerregimente, ale dies am 
5. April 177% aus Pafewalf in das Feld rüdte, von allen 
74 Dffigieren, vom General an bis auf ben jüngften Faͤhnrich, 
nicht ein einziger verheirathet war (Preuß, I, 426). Die neuere _ 
Kriegsgefchichte dürfte Hierzu wol fein Beiſpiel liefen. Ende 
lich zeigt ſich aber in foldyen Deirathsangelegenheiten die Ges 
rechtigkeit Friedrich's in einem ſehr fchönen Lichte, wie in. ber 
Gabinetsorbre an feinen vortrefflihen General, den Grafen GSet⸗ 
ler (Nr. 88), über die „‚gottlofe That feines Sohnes, bes Lieu⸗ 
tenants, ber bed Rathes von Rothkirch Tochter. unter Berfpre= 
dung der She durch Lift verfuͤhtet und detleuriret, folglih im 
den elendeften und verachtetfien Stand gefegt bat’. Der Kds 
nig erflärt nun zwar, in bie Ehe Beider nicht willigen zu wols 
len, doch foll „bie arme, verlaffene Tochter gehörige Satisfac- 
tion und Xbtrag durch Grtbeilung eines raisonnablen dotis 
erhalten”. Dem Bater des Maͤdchens verweifet er dagegen (Nr. 


, 89) die wenige Aufmerkſamkeit, welche er auf das Zuſammen⸗ 
- fein der jungen Leute gehabt habe, „dont l’amour ne pouvait 
' promettre rien de hon’. 


WBie oft iſt Friedrich II. in die Kirche gegangen? 


Die Hengſtenbergianer und die Freunde und. Mitarbeiter 


. ber „Evangeliſchen Kirchenzeitung” werben nun erft recht Zeter 


über Friedrich II. fchreien, wenn fie aus Preuß’ „‚Lebensgefchichte“ 
bes großen Königs (Th. I, &. 87) erfahren, daß Friedrich II. 
ald König wenig mehr als neun Predigten (in den Jahren 
1740 — 57) gehört haben mag. Ald Kronprinz hatte er des 
ren um fo mehr hören müffen.. Unter diefen Predigten iſt auch 


| die, welde er zu Dresden am 21. Nov. 1756 von tem Eu= 


perintendenten Am (Ende hörte und bie zu Merfeburg im 3. 
1831 wieder gebrudt il. Das Thema derfelben war: Suum 
cuique, Jedem das Seine, und ziwar 1) Gott das Geine, 2) 
dem Kaifer bas Seine, 3) tem Naͤchſten das Beine, 4) ber 
Weit das Ihre, 5) dem Tode das Seine, 6) ber Ewigkeit 
das Ihre. 39. 


Redigirt unter Berantwortlichteit der Verlagshandlung: J. A. Brockhaus in Leipzig. 
> age * 


Blätter 
ZZ für 


literarifhe Unterhaltung, 





Montag, | — Nr. 11. — 18. Mär; 1833. 





Auch über die Formen der Kirchenverfaffung fpricht 

5. v. Raumer. Erſter Band. fih der Verf. vollkommen als Hiſtoriker aus, welcher den 

(Bortfegung aus Nr. 76.) Werth der Verfaffungen nicht nach einern in concreten _ 

Jene Hinnelgung, nicht zum Syſtem, fondern zum | Zuftänden nirgend vorhandenen abfoluten Werthe, ſon⸗ 

Princip des Proteſtantismus, aus weichem gemiß verſchie⸗ dern nad ihrem Verhaͤltniß zu der Entwidelung, aus 

denartige Spfteme hervorwachfen können, erklärt fi) ſchon | welcher fie hervorgegangen, ber fie dienen, die fie tragen 
daraus, daß die Geſchichte felbft dieſes Princip gar nicht | und umfaflen follen, beurtheilt. 

entbehren kann, vielmehr ihre eigenthümlichftes Leben in : Wer (fagt er) dem Epfteme einer allgemeinen chriftlidyen 

demfelben erkennt, in der fortfchreitenden nttoidelung | Kirche (sufammengehalten durch die Gtufenfolge der Geiſtlichen 

nämlich, welche revolutionnairer Ausartung nicht minder | Und in legter Stelle durch den Statthalter Chriſti auf Erden, 


/ or | durch den Papft) alle Wefenheit und Würde abfpricht, möchte 
fremd iſt als erſtarrendem Beharren. Der Berf. will | yon einer ondern blo8 zeitlichen Anfiht und Korm ebenfo bes 


zwar einen Unterſchied zwiſchen Charakter und Princip fangen fein wie Derjenige, welder leugnet, daß jenes Soſtem 
machen, indem er fagt: ‚1 von Ausartung ergriffen warb und fid in der Wirklichkeit ganz 
Es iſt merkwürdig, daß die Katboliten, welche neben der | anders geftaltete, als es ber Verſtand dezweckte und die fromme 
Bibel auch ne en vun Garifeen * —— Begeiſterung lange glaubte. 
vaͤter hervorhoben, welche im Papſtthum ein aͤußerliches Mittel 
der fortbildenden Gejesgebung beſaßen, für bie Unveraͤnderlich⸗ di Waum nun aber die. Kicchenverfammiungen, welche 
feit alles Beftehenden fämpften, während ihre Gegner, welche efer Ausartung entgegentreten umd alle bie Uebel und 
neben dem Goangelium keine Quelle der Entfcheibung und Ges | Mängel heilen follten, die vom Ende des 14. Jahrhun⸗ 


feggebung dulden wollten, die größten Neuerungen veranlaßs | dertö ein fo lautes und dringendes Gefchrei um Beſſe⸗ 
ten. — — Indeß bat der Proteſtantismus von jener Bewegung | zung veranlaßten, dieſer Erwartung fo wenig entſprachen, 


er ben bildfamen, der Katholicismus, durch jenes Streben vers . 
Vase. deis beharrlichen Charakter fo fehr angenommen, baß gibe der Verf. kurz und [hlagend an, indem er zugleich 
Viele das Hauptunterfcheibungszeichen jeder Partei in Dem fin, | bemerkt, daß fi in ben Concilien ein Kampf ber katho⸗ 


den, was vielmehr der entgegengefegten angehören dürfte. liſchen Kicche gegen den Papft darftellte, und daß daher 

Dhne dem Katholicismus eine in ihm felbft liegende | Dipjenigen ſehr ungefchichtlich verfahren, welche beide als 
Möglichkeit der Entwidelung abftreiten zu wollen, müffen | immerbar einig darftellen. Es fcheint ihm aus der Ge 
wir behaupten, daß fie für den SProteflanten auf eine | fehichte diefes Kampfes zu folgen, ‚daß, wenn es ſchon 
volllommen genügende Weiſe in der Schrift liegt, infos | große Schwierigkeiten hat, für ein einzelnes Reich eine 
fern diefe nur nicht als Menfchenwerk, fondern ald das | angemefjene Form der weltlichen Verfaſſung aufzufinden, 
lebendige Wort Gottes betrachtet wird. So angefehen, ift | diefe Schwierigkeiten für die gefammte chriftliche Kirche 
fie ein Boden, aus dem mit immer neuer Zrifche eine | noch, ohne Vergleich größer, ja faft unüberfteigli waren, 
unerfchöpfliche Lebenskraft hervorquilit, die, wo es Noth | und Vielen der Glaube an die göttliche Einfegung eines 
thut, ſtets neue Seftaltungen entſtehen läßt, welche die | Statthalters Chrifti natürlicher und beſſer begründet fchien 
Idee des Chriftenthums auf neue Weife verherrlichen, | als an’ eine vieltöpfige, vermeintlich vom heiligen Geift 
während auf der andern Geite, wenn man bie in gehös | geleitete Kirchenverfammlung”. Nur fehlte, um biefen 
tiger Form gefaßten Kircchenfchlüffe zu unmandelbaren | Glauben zu unterflügen und wieder neu zu beleben, eine 
Satzungen erſtarren läßt, jene Schöpfungskraft gehemmt | Reihe schtchrijtlicher Päpfte, welche, wie der Verf. an ei 
und gelähmt wird. Laſſen fi die Proteftanten aus | nem andern Drte fagt, allein den tiefen Spaltungen, 
Surcht vor Anarchie zu Ähnlichen Dingen treiben, flellen | Webertreibungen und graufamen Verfolgungen hätten zu⸗ 
fie Concordienformeln auf und faffen fie dordrechter Bes | vortommen können. Nichts, fügt er hinzu, beweift mehr 
fhtüffe, fo fehen mir hierin ebenfo wenig echten Prote: ) die Notbwendigkeit einer Reformation, als daß Ha⸗ 
ftantismus, als wenn die misverflandene Freiheit der Ents | drian VI, weicher nicht durch italienifche Politik die Zeit 
wickelung im reinen Nationalismus zum Goͤtzendienſt mit | bindigen, fondern ſich felbft an bie Spite einer (freilich 
fubjecriven Ueberzeugungen führt. einfeitigen und nicht ausreichenden) Kirchenverbeſſerung 


Sefchichte Europas feit dem Ende bes 15. Jahrhunderts 
| von 








318 


‚  ftellen wollte, von ber roͤmiſchen Curie verkegert ward, 
weil’er mehr chriftlich war als roͤmiſch. 


Das Hinübergreifen des Politifchen In - das Religiöfe 
und Kirchliche, mie es in Deutfchland im Bauernkriege 
hervortrat, iſt für den Hiſtoriker ein Punkt vom ganz be: 
fonderer Wichtigkeit. Als bie empörten Bauen ſich an 
kLuther's Ermahnungen nicht Eehrten und diefer nun auf 
das bitterfte fchalt und zur Erwürgung der Aufruͤhrer 
auffoderte, da hätten biefe, meint der Verf, wol erwidern 
tönnen: was er fich in ber Kirche gegen die beftehenke 
Ordnung erlaube, das perfuchten nun Andere In Staage, 
und die weltlichen Uebel mären- für den Landmann weit 
druͤckender als die kirchlichen. Aber bem Reformator ge: 
genüber wäre dieſes doch wol fchwerlich mit Recht bes 
bauptet worden, denn dieſer drang ja nach Kräften auf 
Abſtellung der Höchft gerechten und billigen Beſchwerden 
‚der Bauern, nur wollte er nicht, daß fie mit Gewalt er: 
zwungtn wuͤrde. Und hierin machte er keineswegs, wie 
es der Derf. anzudeuten fcheint, einen Unterfchieb zwiſchen 


kirchlichen und weltlichen Verhältniffen, da er ja aud für 


die erfteen die Anwendung aller Gewalt verdammt, nicht 


nur zum Angriff, ſondern auch zur Vertheidigung, und 


ſich in bie Zulafjung ber legtern erſt weit ſpaͤter und 
zwar nur darum ergab, weil man ihm bewies, baß ben 
kaiſerlichen Rechten gegenüber die ftändiichen gewahrt wer: 
den müßten. Der Unterfchieb Liegt alfo in der That nur 
in dem Berhältniffe der Dinge felbft, weil der Menſch 
feinen bürgerlichen Zuflend nicht ohne Zuthun und Eins 
willigung Anderer ‚verbeffern kann, feinen veligiöfen aber 
allein duch ſich felbft von innen heraus, ohne daß irgend 
eine äußere Gewalt ihn jemals überwättigen koͤnnte. 


Noch mag als beſonders charalteriſtiſch für des Werf. 
Beurtheilung der Reformation und der Reformatoren ſeine 
Schlußrede uͤber Luther hier ſtehen, welche er jenen ſchon 

erwaͤhnten Schmaͤhungen Palavicini's entgegenſetzt: 

Gin fruchtbarer Geiſt, deſſen Früchte aber nicht alle zur 
milden Reife Eommen konnten, weil Stürme fie vorzeitig herab: 
ſchuͤttelten. Gin ſtarker Geiſt, der diefe Stürme miterzeugen 
half, allein wäre bee Bau ber Kirche nicht durch ungeheuere 
Misbraͤuche ſchon unsergraben geweſen, würde eine Reinigung 
ohne Umſturz eingetreten fein. Nur weil bie dazu berufenen 
Bauleute bie Mängel nicht abftellten, ſondern vergrößerten, 
‚ward er ihrer Meifter, und mit dem Grfolge wuchs feine Kühn: 
heit, der Glaube an feinen göttlichen Beruf und der Zorn über 
feinen Gegner. Beim Befreiten bes Papſtthums flelt er die 
evangelifche Blaubensfreieit an die Spite, und das ift ber 
Brunnquell bed Proteftantismus; bei bem Gründen feiner Kirche 


wollte er oft feffeln und ward felbft unklar, ja, unbuldfam. | 


Allein, bie härtefien und ungebührlichften Worte erfcheinen milde 
im Vergleiche mit der blutigen Unduldſamkeit feiner Gegner, im 
Bergleihe mit dem Henkerbeile und dem Holzſtoße. An bie 
Stelle unverftändliden Schulgeſchwätzes trat eine höhere Be⸗ 
redtfamkeit; durch ihn lernte Deutfchlanb. wieher reben, das beut: 
ſche Volk wieder hören, und wer mit den Wendungen, ja, mit 
bem Inhalte feiner Schriften unzufrieden ift, muß doch einge: 
"eben, daß ſich Überall ein von Gottesfurdt und Glaubenskraft 
begeifterte® Gemuͤth offenbart. Nie hat Luther geheuchelt, nie 


vermochten Bitten, Schmeicheleien, Verſprechen, Drohungen | 


etwas über feinen felfenfeften Willen, feinen unbezwinglichen 


Muth. Kein einzelner Menſch hat oder exgreift. die Wahrheit 
volftändig und ungetrübt; Wenige aber haben ernftlicher darnach 


geſtrebt und fie ruͤckſichtsloſer bekannt als Luther; Niemand un: 


tee feinen Gegnern kann ihm perfönlich. gleichgeftellt werben, 
er bleibt bei allen Fehlern der größte und denkwuͤrbigſte Mann 
feiner Zeit, an den ſich eine ganze Welt von Anfichten, Beſtre⸗ 
bungen und Thgten anreiht. 

Wir —*8 nun zu derjenigen hiſtoxiſchen Gruppe 
dieſes Bandes, deren, Dasftellung uns als bie glänzendfle 
ericheint, zur Geſchichte Karl V. und Franz I. und ihres 
gegenfeltigen Verhaͤltniſſes. Es gibt wol fehr wenige ber: - 
vorragende Geſtalten in der Gefchichte aller Jahrhunderte, 
über welche die Nachwelt ſich fo ſehr In einem parteiifch 
abgeneigten und ungünftigen Urtheile gefalken hat, als 
Kaiſer Kart V. Seine trefflihen Eigenfhaften hat man 
in den Schatten geſtellt, feine Fehler übertrieben, ſeine 
Handlungen auf unlautere, felbftfüchtige Triebfedern zu⸗ 
rüdgeführt. Zu verwundern iſt dies feeilih nicht, da 
man fein Leben und feine Thaten faft immer einfeitig 
nach den Darftellungen der Franzofen und der Proteflan- 
ten beurtheilt hat. Die Erſtern konnten es ihm nice 
vergeben, daß er dem Ehrgeiz Franz I. Schranken fegte; 
ben Zmeiten iſt e8 fo fehr nicht zu verargen, wenn fie in 
der Hige des Streits nicht eben geneigte waren, ihrem 
Gegner Gerechtigkeit widerfahren zu Laffen, und dieſer 


Streit verſchlang noch lange alle andern Intereſſen, diefe 


Hige glühte noch lange fort, die einmal angegebenen Töne 
Eonnten nicht ſchnell verhalten. Nun ift es aber fchon 
eine geraume Zeit, feit welcher man eine vorurtheilsfreie 
und parteilofe Darftellung hätte erwarten können, und daß 
den nur zu ſehr vernachlaͤſſigten und als Iobrednerifch ver⸗ 
worfenen fpaniihen Quellen ihe Recht widerführe. Ver⸗ 
gebens fucht man aber dergleichen bei Mobertfon, der fich 
in feinem berühmten Werke noch fehr von franzöfifchen 
Berichten und Urtheilen ‚bat imponiren laffen und dem 
Bilde des Kaifers viel zu viel Schatten, dem feines Ne⸗ 
benbublers zu viel Licht gegeben hat. Einzelne Stimmen, 
bie ſich fpäterhin von oͤſtreichiſchen oder in Oeſtreich ein 
gebürgerten Schriftftelleen zu Gunſten des hart angeklag⸗ 
ten Kaifers haben vernehmen laſſen, find unbeachtet ge= 
blieben, weil man fie, freilich nicht mit Unrecht, ihrerfeits 
für parteüſch Hielt, aber doch darum keineswegs ganz 
hätte verwerfen folln. Und fo fcheint benn das allge: 


meine Urtheil etwa auf Robertfon’s Linie ſtehen geblies 


ben zu fein, melcher Karl als einen von unerſaͤttlichem 
Ehrgeiz und der Sucht, als Eroberer zu glänzen, getriebes 
nen Sürften darſtellt, der zur Erreichung feiner Zwecke oft 


zu niedrigen Kunſtgriffen feine Zufludt genommen, und 


deſſen argliſtige und trügerifche Staatstunft um fo mehr 
bervortzete und zugleih um fo gehäffiger erfcheine, weit 
fie im Gegenfag be mit den offenen und arglofen Ge⸗ 
müthern feiner Zeitgenoffen Kranz I. und Heinrich VIII. 
Thut es nun unfer Verf. dem gefeierten Schotten in der 


Rundung, dem Fluß, der Anmuth der Darftellung nicht 
gleich, fo fteht er hier in ber. Schärfe bes Blicks und der 


Unbeflechlichkeit des Urtheils weit über ibm. Dan werde, 
fagt er in ber Vorrede, ‚gegen feine Anficht und Charak⸗ 


teriſtik jener beiden Monarchen die meiften Einwendungen 
erheben, fie werden ſich aber, ungeachtet anfänglichen Wi⸗ 
derſpruchs, mit ber Zeit immer mehr Bahn brechen und 


als ‘bie richtigen erwelſen. Cine Vorherfagung, ber wir 
‚volltommen beitreten. 

Tarl's Rate (ſagt ber Verf.) gehodete nicht zu denen, 
mwelche ſchnell Cindruͤcke auffaſſen und ſchnell wiederum verlie⸗ 
zen, ſondern zu den gediegenen, welche langfam von innen her⸗ 
ans ſich entwickeln, das Aeußere vorficktig prüfen, dann aber 
nach gruͤndlicher Erforſchung und völliger Aneignung fefler und 
Schewer baftehen als Jene, weldye (mie Franz I.) bei glänzen 
berm Echein bes innern Haltung in Wahrheit entbehren. 

Die Schattenfelte von Karl's Regierung fegeint auch 
am ſtaͤrkſten in den erften Jahren feiner Regierung her⸗ 
vorzutreten: unzwedmäßige Behandlung der Spanier und 
die undulbfame, hoͤchſt ungerechte und unweiſe Verfolgung 
der Mauren, welche der Verf. ausfuͤhrlich fchlidert, von 
der der Kaifer fpäter auch zuruͤckkkam. Uber es find brei 
Höchft fchroierige Aufgaben, deren Loͤſung Ihm als Kaifer 
und König von Spanien oblag, an die er ben beften 
Theil feines Lebens und feiner Kräfte gefegt hat, und. die 
ber Beobachter am meiften ins Auge zu faflen bat, bie 
Berhaͤltniſſe zu den Franzoſen, zu den deutſchen Prote⸗ 
ſtanten und zu den Türken. Ueber die beiden erſtern 
hat man aber felten ein gerechtes, billiges Urtheil gefällt. 

Kranz I. Ruhmbegierbe fand nie das echte Maß oder 
Die gehörige Richtung ; ber Gieg von Marignano, bie günftigen 
Werträge mit Karl und dem Papfte verbreiteten einen täufchen: 
den Glanz und verftärkten immer mehr bes Könige Grobe: 
sun ‚ während bas Innere vernadhläffigt ober bald biefer, 
bald jener Plan mit einer Gewaltſamkeit burchgefegt ward, wie 
fie Kaiſer Karl V. ſelbſt nach Beſiegung ber ſpaniſchen Rebel⸗ 


len niemals uͤbte. 
De Beſchluß folgt.) 





Neuefte franzöfifhe Romane. 
1. Les deux anges par Arnould Fremy. Yaris 1883. 


Weldy ein Lieblicher Titel! Welche entzüdente Bilder unb 
Ahnungen erwedt er nicht! Zwei Engel: zwei jener G@enien, 
weldge bie Lücke zwiſchen Menſch und Bott ausfüllen; ſchnee⸗ 
weiß, mit goldenen Flügeln, im Mondlicht auf bie Erde herab: 
fleigend, um die Liebe einer irbifdgen Schönen flehend! Der 
Berfaffer diefer beiden Engel if ein Teufel, ber Zitel ſei⸗ 
ned Buchs eine Höllifche Ironie. Hören Sie, wer biefe Engel find! 
In einem Dorfe wohnen George, ber Sohn verarmter Bauers⸗ 
leute, und Moyrtil, deffen Mutter eine gemeine Dirne war, in 
innigfter Freundſchaft zufammen. Ploͤtlich wandelt unfere beis 
den Gngel die Luft an, das Land zu verlaffen und in der 
Stadt ihr Sluͤck zu verfudden. Geſagt, gethan; fie laben ihre 
leichte Habe auf einen Karren und treten bie Wanderſchaft an. 
Beide ohne Bermögen, wiffen fie nicht, was fie treiben ſollen; 
»er Eine flägt vor, das Ouelliſtenhandwerk gu treiben, ber 
Andere, pubelnadt auf Öffentlihem Markt herumzuſpaziren; 
George meint, es fei beffer, Jemanden zu ermorben, Myrtil 
will Dichter werden. Gegen alle ihre Projecte laͤßt fich indeſ⸗ 
fen fo viel einwenden, baß fie fih zu nichts entſchließen; bier: 
auf theilen fie einander ihre Liebſchaften mit, deren Erzaͤhlung 
hier wieberzugeben oder nur, wie bisher, ben weitern Inhalt 
anzubeuten, die Achtung gefitteter Lefer auf das groͤblichſte 
verlegen Hieße. Die beiden Helben führen in ber größten Un: 

i und Bermworfenbeit ihr Leben fort; Wtasphemien ber 
verobfcheuenswertheften Art, Kuppelei unb Blutſchande — ohne 
die es biefe neue Schule bes franzöfliden Romans gar nicht 
thun zu koͤnnen fcheint — follen Das ſtuͤhen was in ſich ſelbſt und 
Durch bie Kunft keinen Dalt hat. Die Freunde enden nach Gebühr. 
Wie Haben fih in ihrem Alter dem Trunke ergeben und ſter⸗ 


’ 


2 ⸗ 


ben in einer Weinſchenke. Die pariſer Kunſtrichter 
Herr Iromy habe ein eignes Genre erfunden: le roman ko- 
nique; wir möflen noch bemerken, daß bie Darftellung fein, 
nett und ziertich iR. Diefer brillante Styl auf ſolchen Greuel 
macht ungefähr bie Wirkung wie Blumen auf einer faulenden 
Leiche, wie ein mit Boldfpigen verziertes Tohtenhemd, das man 
emem Batermoͤrder überhängt, wenn man ihn zum Sicht: 
plage führt. . | 

2. Le livre des conteurs. Paris 1883. 

Eine Sammlung Erzählungen von’ verſchiedenen ruͤhmlichft 
befannten Schriftfiellern. Wir haben darunter ein Fragment 
von Sue bemerkt: „Das Opfer”, weldes fo anhebt: „Ich 
hatte einen zweijährigen Zeldzug in Indien gemacht. Bei mei: 
ner Ruͤckkehr na Paris Iebte ich mit der Frau meines Ju⸗ 
genbfreundes.” Diefer Maitreffe erzuͤhlt aun Derr Sue, in In: 
dien babe er eine Geliebte gehabt, die ſich, da fie ihn für tobt 
gehalten, in einen bsennenden Scheiterhaufen geſtuͤrzt. Nach⸗ 
dem bie übrigens meifterhafte und erfchätternde Crzaͤhlung vollen⸗ 
det if, bittet er bie Gräfin, Ihm ben Abend zu opfern und bri 
ihm zu bleiben, flatt auf ten Ba zu geben. „Vous dtes un 
enfant‘’, erwibert die Graͤſin und befiehlt ihrer Kammerfrau 
Qulie: „Ma veiture‘', eine bittere Perſiflage auf bie Yariferinnen. 
Sn „Generosa‘', Herrn Sat, verführt ein Sciffecapitain 
ein unſchuldiges Mädchen und verfpricht ihr die Ehe, bricht 
aber fein Verſprechen, weit er fie nicht mitnehmen darf, inbem 
es verboten ift, Weiber an Bord zu nehmen. Die Ungiädliche 
erfäuft fi) vor feinen Augen. Kläger wäre es geweien, fie 


wäre in einem Dampfboote nadgefahren, woran fie nichts in. 


der Welt hinderte. Uebrigens fehle es ber Erzaͤhlung nicht an 
poetifher Kraft und ergreifenden ScKilderungen. Den Inhalt 
von „‚Riche et pauvre’’ und „La demoiselle de co je" 
fann man ſchon aus bem Zitel entnehmen; erftere Erzählung iſt 
von Herrn Saintine, ieptere bet Hera Ancelot sum Verfaſſer. 
8. La laide par Eugönie Foa. Paris 1838. 

Bertha y ßlich; und wenn «6 ü upt für eine Frau 
Gefahr bat, zu lieben, fo ift es doppelt gefaͤhrlich für eine Häß- 
liche. Bertha liebt Gugene, Sugene liebt das Gelb und heira⸗ 
thet Bertha’s Bermoͤgen. Zu fpät fieht Bertha ein, daß ihr 
Wann fie nicht liebt. ie vergiftet fi), damit er frei werbe 
und feine Geliebte beirathen könne. Im Ganıen : matt umd 
feicht ; bier und da fühlt man für die Häßlihe Mitleiden; Eus 
gene iſt ein ganz gewoͤhnlicher Menfch, wie die Romane ber 
Mile. Goa ganz gewöhnlidde Romane find. 

4. Indienne par Mile. Hortense Allart de Therise. Pa⸗ 
vis 188. 

Seitdem die „Indiana” bes Herren Ganb fo viel Auffehen 
gemacht, find die Romandichter in Alarm gerathen. ‚Herr B. Du⸗ 
cange hat fogleich eine „Indiana”‘ gefchrieben; Mile. Altart kommt 
nun mit einer „Indienne” auf den Markt. Es ift im Grunte 
vielleicht eine WBuchbänbierfpeculation; das große Lefepublicum, 
das nicht fo genau Beſcheid weiß in der Literatur, kauft leicht 
Eins fürs Andere. Anna, fo heißt bie Inbianerin, ift mit einem 
Schwachkopfe verheirathet, der fie vernachloͤſſigt; fie wählt fi 
einen Tröfter, Namens Julien, mit dem fie fih auf: und davon⸗ 
macht. Sie kommen in England an. Das feuchte Falte Klima 
Großbritanniens fagt der Indianerin nicht zus fie will in ihr 
Vaterland zuruͤck. Julien ift Mitglied des Parlaments gewor⸗ 
den und weigert fi, Gngland zu verlaffen. Seine politifcgen 
Arbeiten zerruͤtten feine Geſundheit; er flirbt als Opfer feines 
Patriotismus. Man kann ſich wohl tenfen, daß bie Indianerin 
ihn nicht überlebt. 


5. La strega par E, Fouinet. Paris 1883. 

Strega heißt auf Deutfch eine Here. Dies fei für diejeni⸗ 
gen Lefer gefagt, die kein Italienifch verflehen wie Ref. der es 
aber aus dem Buche weiß. Diele Strega ift ein bosbaftes 
Geſchoͤpf, welches durch das Kamin zu den Leuten ins Zimmer 
fteigt, um ihnen den Tod zu verlünden, und ein armes junges 
Maͤdchen mit unerbittliher Wuth verfolgt. Paula Wirbiana, 


x 


+ 


fo heiße ihr unfchuldiges Opfer, heirathet einen alten abgeleb⸗ 
tn Mann, einen n Herrn; bes if nichts Neues. Der 
alte Herr vernadhläffige die junge Frau, das wäre allenfalls 
etwas Neues, aber nicht glaublich; bie junge Frau tröftet ſich 
mit einem jungen Wranzofen, das iſt wieder nicht neu, aber fehr 
glaublich. Die junge Dame, nachdem fie getröftet if, fühle ſich 
unglüdlich, der Troſt war, fcheint es, noch ärger als das Nebel. 
Sie ſtirbt an Gift, ihr Dann ift der Mörder. Was nun bie 
Ströga bei alledem zu thun, bitte ich im Buche felbft zu leſen 
ober in der Ueberfegungs; eine Hexengeſchichte kann unmöglich 
unüberfegt fierben. Im Uebrigen hat bie Darftellung poetifche 
Krafts es ift dies bie glänzende Seite des neuen Probucts bes 
Herrn Koulnet, der, um Vortreffliches zu liefern, ſich nur fürs 
erſte einen Zweck ſtellen, eine Grundidee erfaffen muß. 

6. Therese par Claudon. Paris 1838. 

Sind Gie Liebhaber vom Auffnüpfen, Würgen u. bgl., 
in Romanen nämlih? Herr Glaubon wird Sie vollloms 
men befriedigen. Auf den erfien Geiten wird unfer Held von 
feinem Vater erfucht, ihn zu hängen. Der Herr Sohn if 
viel zu wohlerzogen, um nicht ben väterlidden Wünfchen zu ent: 
ſprechen. Dann folgt eine allerliebfte Liebesgefchichte zwiſchen 
unferm Baterauffnüpfer und feiner Frau Mutter. Indeſſen 
möffen wir ibm body zu Ehren nadfagen, daß er fie nicht 
Tannte. Daffetbe begegnet ihm mit feine® Schweftern ; er wird 
noch zur rechten Zeit gewarnt und entrinnt der Blutſchande. 
Es hilft ihm aber nicht viel; der Henker fchneibet ihm body 
zulegt den Kopf ab. Warum? das wiflen wir nit. Wir hat: 
sen das Vorgefuͤhl, daß ein ſolches Subject nur auf dem Schaf⸗ 
fot umkommen koͤnne, und da wir uns eines wahren Ingrimms 
gegen den Helden, deſſen Ramen wir nicht mehr wiſſen, nicht 
erwehren konnten, ſo ſind wir dem Ende zugeeilt. Gott ſei 
Dank, daß der Hund tobt iſt! Avis aux traducteurs. 

7. Calomaie Hippolyte Bonnelier. Paris, 1833. 

George Max wird in fruͤheſter Jugend aus der Schule 
gejagt in Folge verleumderiſcher Berichte. Bei ſeinem Pflege⸗ 
vater, Herrn Marigieur, findet er ein junges Maͤdchen, das ſich 
in ihn verliebt; auch diefes Berhältnig wird durch Verleum⸗ 
dung vergiftet; dieſe verfolgt ben Helden durchs ganze Leben 
und treibt ihn endli zum Gelbftmord. Gine gar-berzbredhente 
Erzaͤhlung, dabei hoͤchſt einförmig; man fieht beinahe Alles 
voraus. Die Verleumdung erfcheint in dem Romane des Herrn 
Bonnelier wie Don Juan im Puppenfpiele, ber fchon im erften 
Aufzuge ben Degen an die Hand gebunden bat, mit weldyem 
er feine Feinde erſtechen wil. 

8. Deux mois de sacerdoce par Læbutte. Paris 1888. 

Ein junger Mann liebt ein junges Maͤdchen und will fie 
beirathen. Gin Nebenbuhler zeigt ihm einen Brief feiner &e: 
liebten vor, in weldem er, der Nebenbuhler, bes Maͤbdchens Hand 
nachgemacht. Der junge Mann geht in bie Kalle; er verläßt 
die Untreue und wird Prieſter; das junge Mäbchen hHeirathet 
einen Andern. Indeß entdedt ſich ber Betrug; die jungen ie: 
benden nähern ſich wieber und ermorben ſich zulept. 


9. Les pilotes de !’Iroise, roman maritime, par E, de Cor- 
biere. Yaris 1838. 
Herr Gue Hat die Ehre, das Talent bed Herm Gorbiere 
uerft erweckt zu haben. Er fdyeint das Seeweſen genau zu 
nnen, genauer vielleicht al8 Herr Sue, von deffen poetifchen 
Zalenten er hingegen wenig befigt. Seine Helden reden übri: 
gene eine ganz eigne Sprache, bie wir" nicht verftehen. Auf 
langen Reifen mögen fie Geeleuten Unterhaltung gewähren. 
10. Les ecorcheurs ou l’usurpateur et la peste, par 
@Arlincourt. Paris 1833. 

Here d'Arlincourt ift nichts weniger als ein Dann von 
ausgezeichneten Talenten, und dennoch haben feine Werke uns 
geheueres Gluͤck gemacht. Beine erften Verſuche waren ein 
ſchwacher Widerſchein bes poetifchen Keuers, das hier und ba 
in dem literariſchen Frankreich aufzulodern anfing ; fie verkuͤn⸗ 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagsbandlung: F. A. Broddaus in Leipzig. 


beten bie „Meditations” von Samartine und B. Hugo’s „Odes‘, 
obngefähr wie eine trübe Morgenroͤthe bie Gonne . 
Indeffen ertönten in „Le solitaire”, „Ipsibos” u. f. w. bie 
erften Anklänge des Romantiemus; und bies, verbunden mit 
ben @elbfpenden bes reihen Deren Bicomte machten bald feinen 
Ramen zu einem ber berühmteften der Zeit. Nach ber Julire⸗ 
volution fchrieb er einen politifyen Roman: „Les r&belles sows 
Charles V', ein bitteres Pamphlet gegen die Zulirevolution, 
das bie Karliſten verfchlangen. Da biefer Werfuch fo gut ge 
lungen, fo bat fid der Herr Wicomte an «in zweites Libell 
gleichen Inhalts gemacht, das unter bem oben angezeigten Ti⸗ 
tel gegenwärtig von ben Legitimiften wie ein wahres Eabfal ein, 
gefhlärft wird. Gtatt unfer Urtheil darüber zu hören, wird 
es dem Leſer vielleicht willlommen fein zu vernehmen, wie 
die Karlifien fi über die ‚„„Kcorcheurs‘ auslaflen. ‚Man 
hat die „‚Ecorcheurs”” mit berfelben hafligen Neugierde ges 
iefen wie bie intereffantefle Kagesbrofchüre”, fagt die „Quo- 
tidienne”, „und dennoch find Karl VII., Jeanne b’Xrc. 
ber Herzog von Burgund unb Lancafter, biefe Maihelden 
bes Jahres 1418, längft tobt, wie man weiß. Die ganze Bes 
ſchichte Tpieit in dem 15. Jahrhundert. Der redhtmäßige Throns 
erbe wird aus dem Reiche feiner Väter verfioßen, in welches 
ihn die Wünfche feiner treuen Unterthanen zurüdrufen: Die 
Ufurpation paradirt auf ihrem vorübergehenden Throne und bes 
nugt bie kurze Herrſchaft, um das Bold Frankreichs zuſammen⸗ 
zuſcharren, welches von Peft und Elend heimgefucdht wird. Eine 
Frau erhebt fi, um das Grbe bes heil. Ludwig zu retten. 
Wenn die „Kcorcheurs’ einige Srinnerungen erweden, wenn 
fie einige Vergleichungen veranlaffen, fo liegt die Schuld nicht 
am Berfaffer. Gr dat eine Geſchichte gefchrieben; er hat das 
15. Jahrhundert wieder erſtehen laffen mit feinem Ruhme und 
feiner Kataſtrophe u. f. mw.’ 
11. Le marquis de Kernotriou, soirdes d’un vieux manoir 
breton, par Paul Buessard. Paris 18383. 
Es find in allen 40 soirdes. Der Herr Marquls de 


Kernotriou hat fi eine bunte Geſellſchaft zuſammengemacht, 


beftehend aus Karliften, Republilanern, Philippiften u. f. w., 
bie fich efnander allerlei wunderliche Geſchichten erzählen. Mit: 
unter tritt audy ber Berf. felbft auf. Durch alle diefe Erzaͤh⸗ 
lungen, Spruͤchwoͤrter und Vorleſungen ſchlingt fi eine bix- 
tige, ſchauderhafte Geſchichte, bie ſich ganz befonders dadurch 
auszeichnet, daß ber Verf. feinen Perfonen mehre Ramen zus 
gleich gibt, ſodaß fie der Leſer befländig mit einander verwech⸗ 
felt. Die Heldin der Geſchichte wird Lebendig in den Sarg ger 
legt ; ihr Ge:iebter Reinhold — er heißt auch Leonhard — reißt fie 
heraus, aber zu fpät: fie ftirbt in feinen Armen. 143, 





Literarifhe Notizen. 


Bon Joſeph König’s „Geiſt der Kochkunſt, überarbeitet und 
herausgegeben von C. J. v. Rumobr”, ift 1832 eine dänifche 
Ueberfegung vom Dr. Manſa in Kopenhagen erfchienen. 





An bie Gefommtausgabe ber „Waverley novels’ ſchlieſßt 
fi, laut dem zu Neujahr außgegebenen Profpectus, eine gleich: 
förmige Ausgabe ber „Poetical works” Walter Scottis an, 
die auf 12 Bände berechnet ift, von denen, vom 3. Mai b. J. 


an, monatli einer a 5 Schilling erfcheinen wird. Yeder-Banb - 


erhält ein Titelkupfer und eine Signette, Anfichten aus Schott: 
Iand vorfiellend, melde in ben Didytungen vorfommen, und die 
Her I M. W. Zurner im Herbſt 1881 an Ort und Gtelle 
zu biefem Zwecke aufaahm. Angabe der verfchiebenen Lefears 
ten, kritiſche Bemerkungen ber Beitgenoffen und ber Briefwech⸗ 
fet bes Dichters mit einigen ber außgezeichnetften Perfonen zur 
Zeit der erften Herausgabe feiner Dichtungen zeichnen biefe 
Ausgabe vor allen frühern aus. 3. 





—e uw 


Blatter 


fur 


4 


literariſche Unterhaltung 





Dienftag, 


Geſchichte Europas feit dem Ende des 15. Jahrhunderts 
von 5. v. Raumer. Erfter Band. 

(Beſchluß aus Rr. 77.) 

Steih nad) der Schlacht bei Marignano ſchloß Fran 

mit dem Papfte ein durchaus verwerfliches, für Frank⸗ 

teich und deſſen Kirchenverhältniffe hoͤchſt ſchaͤdliches Con: 





cordat und wies den gerechten Widerſpruch des Parla⸗ 


ments mit tyranniich: übermüthigen und -lächerlichen Re: 
den’ zuruͤck. In ähnlicher Art erwiderte er die Einreden 
derfelben Behörde wider eine von ihm erlaffene. harte und 
willtürliche Forſt⸗ und Sagdordnung mit den Worten: 
er fei Here und bie Parlamentöräthe müßten gehorchen, 
oder er würde fie wie Rebellen, gleich den geringfien Un: 
terthanen, firafen. Ald er, um feinen Sinanzverlegenhei: 
ten abzuhelfen, eine große Zahl neuer Parlamentsrathe: 
flelen zu gründen und biefelben zu verkaufen befchloß, und 
die Raͤthe auch hiergegen, wie natürlich, die dringenbften 
Borftellungen machten, ſchrieb der König: wenn fie nicht bie 
zu einem gefegten Tage die gehörige Zahl Käufer herbeifchaff: 
ten, werde er fih an ihre Perfonen und Güter halten. . 
Mas die gegenfeitigen Anfoberungen ber beiden Monar: 
hen aneinander vor ihrem erften Kriege betrifft, fo wird 
man hoͤchſtens fagen können, daß die Wage ziemlich 
gleich fland, keineswegs aber ben Könige von Frankreich 
das größere Mecht einzuräumen haben. Die. Berwidelung 
der Verhältniffe, das Unbeftimmte, ZIweifelhafte der An- 
fprüde war von der Art, daß fie fih ohne Waffen: 
kampf ſchwerlich Löfen ließen. Karl's beſſere Feldherren 
und Anſtalten ſowie ſein Gluͤck gaben ihm den Sieg, 
ſein ſtolzer Gegner wurde ſein Gefangener. Wir haben 
es ſtets ſeltſam gefunden, daß man es dem Kaiſer ſo ſehr 
uͤbel genommen, daß er von dieſer Gunſt des Schickſals 
auch Nutzen ziehen wollte und dem Koͤnige Franz im 
madrider Vertrag Bedingungen auflegte, die allerdings 
nicht milde waren, aber doch Das nicht uͤberſchritten, was 
Karl ſchon vor dem Kriege und vor ſeinem Waffengluͤcke 
verlangt hatte. In ähnlicher Weile urtheilt der Verf.; 
er bemirkt, daß Karl außer dem Herzogthum Burgund 
ja Alles ſchon beſaß, was Franz in dem Vertrage abtrat, 
und außert fi) mit gerechtem Unmillen über deſſen heim⸗ 
lich und hinterruͤcks gemachte Proteflation, welche indeß 
dieſer ehrliche, offene, arglofe König -drei Jahre nachher beim 
Vertrage von Cambrai fi nicht entblödete zu wiederholen. 


— 


m Nr. 78, 





As ber Kaifer ſich durch feinen fiegreihen Zug nad 
Zunis ein cbenfo großes Verdienſt um die Chriftenheit 
als Ruhm erwarb und den Franzoſen die dort befreiten 
Gefangenen ihrer Nation überlieferte, reiste Kranz Dies 
nur zu Zorn und Meid. Ex bereitete einen neuen Krieg 
vor, regte bie deutfchen Proteftanten auf, ließ ihnen vor: 
lügen, daß er nad) einem genauen Studium der augsbur: 
gifhen Gonfeffion ihren Anfichten weit näher ſtehe als 
man glaube, und in Rom fein graufames Keserfoltern 
und Verbrennen als eine „preuve Eclatante d’attachement 
a J’ancienne doctrine” geltend machen; [chloß um biefelbe 
Zeit nach Langen geheimen Verbindungen ein Öffentliches 
Schug: und Trutzbuͤndniß mit ben Türken und ließ den 
Proteftanten verfichern, daß er Lelb und Vermögen daran: 
fegen wolle, Deutfchland gegen diefe zu vertheidigen, daß 
er aber einen Verbündeten leichter zuruͤckhalten könne als 
einen Feind. So blieb der Kaifer nicht nur allein ftehen 
in jenem Unternehmen, woran er fo gern die befte Kraft 
feines Lebens und alle ihm zu Gebote ftehende Macht 
gefegt hätte, der Türken Gewalt zuruͤckzutreiben, der Chris 
ſtenheit Ehre zu rächen und dieſe wieder in den Beſitz 
der verlorenen Länder zu fegen, fondern er wurde in Die: 
fen großartigen Abfichten nod) von den Franzoſen auf alle 
eife gehemmt und geftört. Außer ber Berechnung der 
bloßen materiellen Kraft und des naͤchſten Vortheils Keine 
höhere Ruͤckſicht anerkennend und beachtend, glaubte Frank⸗ 
reich die Zürken zu Hülfe rufen und unterftügen zu muͤſ⸗ 
fen, weil die öftreichifch = fpanifhe Macht ihnen entgegen: 
ftrebte. Lange ſtand dieſer Feindfchaft jenes Buͤndniß 
gegenüber; im unfern Tagen aber bat diefe Spaltung un: 
tee den cheiftlich = europäifchen Mächten aufgehört, und 
man ift Eines Sinnes geworben, aber nicht wider, fon= 
dern — für die Tuͤrken. Der Oſten und der Welten, 
der Abfolutismus und der Liberalismus, fonft überall ha⸗ 
bernd und im Principienkampf begriffen, find hier auf 
wunderbare Weife enig, wenn auch nicht über vie Mite 
tel, doch indem Beſtreben, der tuͤrkiſchen Barbarei, der 
Erbfeindſchaft gegen Chriftenthbum und Givitifation in Eu- 
ropa, Fortdauer und Beſitz zu erhalten. Db unfere Zeit 
in diefem fchroffen Gegenfage zu den angeftrengten Be: 
ftrebungen Kaiſer Karl V. einem Fortfchritt gemacht hat, 
darüber wird die Nachwelt richten. 

Nur ungern enthalten wir und, in Betracht der Gren⸗ 


wie Diefer Anzeige ſtecken müffen, noch Mehe 


welche 
2 die Verhaͤltniſſe der beiden Monarchen anzufuͤh⸗ 
ren, um auch aus den Anſichten und Urtheilen des Verf. 
uͤber die Stellung des Kaiſers zu den deutſchen Prote⸗ 
ſtanten Einiges herauszuheben. Hier bemerken wir zuvoͤr⸗ 
derſt, daß dieſes Verhaͤlmiß beſonders wichtig wird von 
der Zeit an, wo die Proteſtanten als Partei ſo erſtarkt 
waren und Viele ſich buch die Dauer des neuen Kir: 
chenweſens in baffelde fo hineingelebt hatten, daß eine 
beiderfeits befriedigende Löfung immer ſchwieriger, Anwen⸗ 
dung der Gewalt immer bedenklicher erfcheinen — — 
Daher machte der Kaiſer auf dem regensburger Reſchs⸗ 
tage von 154 dem von dem Verf. mit Recht preiswuͤr⸗ 
dig genannten Vorfchlag, gegenfeitige Duldung zu 
zugeftehen, weil das Uebel fonft noch größer und allge: 
meiner werde, erhielt aber von dem päpftlichen Legaten 
die Antroort, daß er Heber den Tod leiden wolle als In 
Dutdung falfcher Glaubenslehren willigen. Bel dem Reiche: 
tag zu Speier von 1544 deutet der Verf. auf die ſchwie⸗ 
tige Stellung Karls zwifchen den Proteflanten, die immer 
mehr verlangten, und den Katholiken, die gac nichts be: 
willigen wollten, bin und lobt mit vollem Rechte bie 
Kiugheit, Maͤßigung, Ruhe und Gebuld, mit melden je: 
ner die Pflichten eines wahren Kaiſers erfüllte, die Leis 

denfchaftlichen befchwichtigte, die Läffigen ermunterte. Diefe 

“Herrliche Haltung Karls iſt erſt fpäter Überfehen und in 
Dergeffenheit geftellt worden; unter ben Bettgenofjen vers 
kannten fie auch die gemäßigten Proteftanten fo wenig, 
daß Melanchthon ſchon 1530 von ihm fchreibt: „Die 
Maͤßlgung feines Gemuͤths ift fo groß, daß keines feiner 
Worte, keine That als anmaßlich gerügt werden kann. 
Es zeigt fih am ihm weder Begier, noch Stolz, noch 
Härte; fein Leben ift vol der preiswuͤrdigſten Beifpiele 
von Selbſtbeherrſchung und Enthaltſamkeit.“ Karl ermü⸗ 
dete nicht in immer neuen DVerfuchen der Sühne, aber 
feiner Mäßigung, feinem Wunfche nach Frieden gegenüber 
erhigten fich die Parteien immer mehr, zulegt mußte er 
die tiefe Kränkung erleben, daß feine dringenden Bitten 
an die Zürften, den Reichstag, den er für 1546 nad) 
Regensburg ausgefchrieben hatte, zu befuchen, fruchtlos 
blieben. | 

Der Kaifer (fagt der Verf. Hier) war ebenfo fehr außer 
Stande, bie Parteien auszuföhnen, als gegen eine von beiden 
in biefem Augenblidde Gewalt zu brauchen, wie denn überhaupt 
jebe entfcheldende Maßregel mit den größten Schwierigkeiten 
und Gefahren verbunden war. Jeder Krieg gajt dem Kaifer 
mit Recht für ein ungemein großes Uebel, auch war beffen Aus⸗ 
gang bei ben befchränkten Mitteln fehr ungewiß; wiederum 
konnte man den jetzigen Zuftand kaum einen Frieden nennen, 
da bie kirchliche Spaltung in eine bürgerlidhe überging und 
allen Gehorfam gegen Geſetze und Beſchluͤſſe anfloͤſfte. Kein 
Wunder alſo, daß Karl endlich über feine wirkungsloſe Stellung 
ungebuldig warb und’ die Ueberzeugung hegte, das Kaiferthum 
gebe ihm andere Rechte, welche für Deutfchlande wahren Bor: 
theil geltend zu machen, feine .unerlaßliche Pflicht fei. Erft nach 
Herſtellung des bürgerlichen Gehorſams werde fich in Rückficht 
ber Religion bie billige Mitte finden und burchfegen affen. 

Aus biefer Stimmung bes Kaiſers ging ber fehmal: 
kaldiſche Krieg hervor, der mit feinem fo glänzenden als 


unerwarteten Siege endigte. Nach diefem Erfolge hoffte 
ber Papft Wernichtung bes Proteftantismus und Erhal⸗ 
tung alles Beftehbenden, der Kaifer bagegen eine Kirchen: 
verbefferung und Ausföhnung mit den Proteftanten; doch 
darf man nicht leugnen, dag auch Karl im Gluͤck feine 
treffliche Halıng nit mehr bewährte, ſondern ſich in 
der Abfiht, das Interim durchzufegen, und in der Be⸗ 
handlung des Landgrafen Eurzfichtigee und härter zeigte, 
ald man von ihm zu erwarten berechtigt geweſen waͤre. 
Dies gibt auch der Verf. in Bezug auf den letztern 
Punkt zu, 'indem sr fagt, daß der Kaifer Hier weder Hug 


noch großmüthig gehandelt habe. Beide Dinge raͤchten 


fih aber auch fchwer genug an ihm, dem ohne biefen 


gegründeten Anlaß zur Klage hätte fih Morig ſchwerlich 


jemals wider ihn erhoben. Leider hatte diefer einen ans 
den „Beſchuͤtzer der bdeutfchen Freiheit und der gefanges 
nen Sürften”, wie er ſich nannte, zu Hülfe gerufen, Hein⸗ 
rich IL. von Frankreich. Hier trat wieder der Fluch un= 
ſerer Gefchichte ein, daß unfere Zwietracht den nach Raub 
lüfternen Fremden das Unfere als Beute dinwirſt. In⸗ 


dem Heinrich in feiner Erklärung heuchelte, daß er aus 
dieſem Vorhaben Leinen Mugen ſuche, fondern nur aus 


koͤniglichem Gemüthe die Freiheit des trefflichen deutſchen 
Volkes und des heit. Reiches gegen die Bedruckungen des 
Kaiſers ſchuͤtzen wolle, fuͤgte er hinzu, daß er ſich dadurch 
einen unfterblichen Namen zu erwerben hoffe mie vor Zei⸗ 
ten — Flamininus in Griechenland. Oberflaͤchliche Gelehr⸗ 
famteit, fagt ber Verf., hatte zu diefem bedenklichen Ber⸗ 
gleiche geführt; Ref. bat ſchon an einem andern Orte 
erinnert, daß man die Anfpielung ebenfo gut für einen 
verſteckten Hohn halten kann, mit welchem fich ein: über: 
kluger Franzoſe über bie ehrlichen Deutfchen Iuflig mas 
chen wollte. Mes, Toul und Verdun waren und bfleben 
verloren und find leider in ben Händen Frankreichs ges 
blieben bis auf ben heutigen Tag. Daß diefes, wie ein 
franzoͤſiſcher Schriftfteller unter Zuftimmung des Verf. 
fagt, den Werth berfelben hundertfach bezahlt habe durch 


Anwachſen der Öffentlichen Schuld, Verwuͤſtung mehrer 


Zandfchaften und Blutſtroͤme, mag für Frankreich wahr 
fein, weil eine ungerechte Vergrößerung immer zu theuer 
erfauft wird; auf und Deutfche bezogen, wenn es Mies 
dererlangung gälte, wäre e6 umgegründet, denn Schulden, 
Verwuͤſtungen, — verſchmerzen und erſetzen 
ſich doch zuletzt, waͤhrend die Entbehrung eines zur Ver⸗ 
theidigung gegen einen ehrgeizigen, eroberungsſuͤchtigen 
Feind wohlgelegenen, ja, in gewiſſem Betracht nothwen⸗ 
digen Landſtrichs immer gefuͤhlt wird. 
Karl's Entſchluß, der Herrſchaft zu entſagen, kam Vielen 
unerwartet und iſt Ginigen big auf ben heutigen Tag fo uns 
begreiftich vorgefommen, daß fie nach Srüuden wundesticher Art 
umberfuchten. Uns bagegen fcheint «6 überaus matärlich unb 
würdig, daß ein Dann, der die Angelegenheiten vieler Voͤlker 
faft 40 Jahre Iang im größten Sinne geleitet und auf Wil 
bung und Geftaltung eines Welttheils fo entf&iebenen Einfluß 
gehabt Hatte, jept, im S6. Jahre feines Lebens, dem unruhigen, 
anftrengenden Bernfe entfagte, nicht etwa mit kalter Menſchen⸗ 
beratung ober in abgedrungener Verzweiflung , fondern aus 


Achtung für die Größe der ihm obliegenben Pflichten, welchen 


vollfommen zu genügen er ſich nicht mehr im Stande fühlte, 


! 


wit in der Sibergrupumg, daß dio Mohilekung,‘ wecher ce ten bei 


frehwiiig mlgegemgeie, am Abeas besi-Eubens nicht minder 
reiche Befriebigung barbirten und zu‘ einem audern' Dafein am: 
vorbueriten re. ° " ' 

Endlich, nachdem wir den Werf. fo bie zum Ende 
der Laufbahn des Kaiſers begleltet, ſchlleßen wir dieſe 
Anzeige mit dem ebenfo ſchoͤn gedachten ald- ausgebuiidten. 
Urtheile- über deffen noch bei feinem Laben gehelertes Leis. 
henbegängniß, daß er es keineswogs in thoͤrichter Geiſtes⸗ 
ſchwaͤche angeosbnet ‘(mit Anfpietung wahrſcheinlich auf 
Hobertfon’s: The act was as wild and uncommon as any 
that superstition ever suggested to a weak amd disorde-, 
rod faney”), ſondern dem Tode mit begeiſterter Kuͤhnheit 


ober wehmuͤthiger Sehnfucht Ins. Auge ſchauend. Nicht 
‚ohne Wehmuth wird ſich auch ber denkende Betrachter 


an dieſen Sarg verfegen, und wenn er das großartige 
Leben, das hier fein Ende fand, überfchaut, dem Verf. 
Dank wiſſen für feine ehrenwerthe Muͤhe, es wieder in 
ſeine Rechte einzuſetzen. 71. 


ee —— — 


Ueber Dampfwagen und Eiſenbahnen in England. 

Wir machen unſere Leſer auf einen intereſſanten Artikel 
in Nr. 11 des —— Yon resiew'' — —** 
Selegenheit der kritiſchen Anzeige mehrer desfallſigen i 
einen‘ umfaſſenden Bericht über den Zuſtand bei: engliſchen 
Dampfmaſchinenweſens und deſſen unabſehbare, bereits einge 
tretene wie zu erwartende Jolgen gibt. 

Mir heben das Allgemeinere heraus: ' 

„Durch Geſchicklichkeit und Gapitalien hat man in ben letz⸗ 
teen Jahren die inlänbifchen Transportmittel, diefe wichtigen 
Hebel des Nationalwohlftandes und ber Kipikifation, auf uns 
glaubliche Art vervollkoͤnmnet. Wer hätte vor wenigen Jah⸗ 
rm wos! an bie Möglichkeit einer ungeheuren eiſernru Mafchine 
geglaubt, bie eine Reihe mit mehren Hundert Petſonen belades 
ner Wagen durch eine Quantitaͤt Waſſer und Kohlen in Ben 
wegung feat und mit ihnen bie 30. Meilen von Mancheſter 
nach Liverpool in wenig mehr als eines Stunde Zeit-buschaißt.: 
und doch unternimmt man :jegt tagtäglich mehre Male diefe 
Hope, ter noch überdies ber zuruͤckzulegende Weg durch feine. 
K ngen und Beugungen fie ungünftig iſt. Ebenſo wuns 
derdar wies die Schnelligkeit dieſer Maſchine iſt die Groͤße 
der von ihr in Bewegung gefetzten Laſt, und es überſteigt, 
was ſie in dieſer Hinſicht leiſten kann, beiweitem das Be⸗ 
duͤrfniß ber zwei größten Handelsmaͤrkte Großbritanniens. 
25 — 30 Raften bringt fie durchſchnittsweiſe in einer Stunde 
15 Meilen. weit, ja neuerlich haben wir fie Waaren, ar 
Bruttogewicht 115 Laſten ſchwer, auf Wagen von biverpool nach 
Mancheſter in zwei ‚und einer halben Stunde führen ſehen J. 
Und doch iſt die Kunſt, durch Dampf auf Eiſenbahnen zu fah⸗ 
ren, ſolche Fahrmaſchinen zu bauen, noch in ihrer Kindheit, un⸗ 
endlich weit von ihrer Vollkommenheit entfernt. So gänzlich 
unbefannt war man mit ber entdeckten Kraft, daß jenes Unter: 
nehmen nur zu ber Fortſchaffung ſchwerer Güter überhaupt 
hatte dienen follen, unb daB man über die böchft unerwartet 
bewirkte Schnelligkeit dieſer Jortſchaffung im Yublicum, ja in! 
ber ganzen Weit, bei ben erften Verſuchen im Jahre 1880 wie 
Über ein Phaͤnomen in Staunen verfant. Iſt num jest fchon 
folder Erfolg einer Erfindung zu Theil gemorden, die noch an 
den fihtbarfien, durch Grfahrung und Zeig erft zu heilenden 
Mängeln leidet, die ſich erſt durch Einen Verſuch, an Giner, 
nicht cben nach den weifeften Grunbfägen erbauten Maſchine 
bewährt bat: was laͤßt fih nicht in der Folge von ihr erwar« 
ten, wenn 3eit, Erfahrung, Gelb.und Grfindungegeift fie ſoͤr⸗ 
derten! Gifenbahnen werden zwiſchen den bebeutendflen Punk: 





x 


igeerichest ſovtiahreus angelegt, Dampfi 
gewohntichen Sheufften verfertiati ' 
Die. sonımeschilen: und pontifchen erhög 
ter Leichtigkeit und Schnelle in Perfonens und Waarenfortfchefe 
fung find gu augenfällig, um einer. befonbern Auseinanderfegung 
Yes: zu bebhrfen. Gin cheiivbes: Prrifes, und zwar dftere ein 
bebentenbur' jedes Artifeis des Luxus oder. bes unmittelbarern 
Beduͤrfniffes Lommt- auf deſſen Zransportkoſten "Son .bem Drte' 
ber Hervorbringuag zu dem deb: Verdrauchs. Alſo muß jede 
Erſparniz an’ ſoichen Kaften ihn vertingern, und zum Bebürfs 
niffe des Armen ebenſowol beitragen wie zu des Reichen Ge⸗ 
nuß. Der Wortheil kommt ben Srieugern nicht minder wie, 
deu Derbrauchern zu gut, und zwar unter erfiern mehr ben 
Lanbbanenden ald den WRonufacturiften, weil ihre Probutte in 

Berhaͤltuiß theurer zu transportiren find.” J 
‚Mebarf. der Landmann 200 Malter Korn um 400 zu er⸗ 
bauen, und gehen ihm 100 -buwauf, wenn er biefe 490 zu Markte 
bringt, fo- ſind nem 100 fein reiner Gewinn. Kührt er nun 
mittels der Dampfmaſchinen dieſelbe Quantität für 50 Ralter 
zu Markte, fo erhoͤht ſich um ebenfo viele fein Gewinn, den er 
ehe auf ——— noch —— oder auf 
eſſerung bes n beſtellten zu tauſendfaͤltiger Fruchtbar⸗ 

keit verwenden wird.“ ſendfattiger Fruch 
„Man hat angenommen, daß in Großbritannien über eine 
Million Pferde mit dem Transporte von Menſchen und Waa⸗ 
‚ren befgäftigt And, und baß des Unterhalt eines einzigen Pfers 
des ein Stuͤck Land erheifcht, von dem ungefähr acht Menſchen 
fi naͤhren koͤnnten. Wärde nun diefes Quantum thietiſcher 
Kroft durch Dampfmafdhinen erfest und die Transportmittel 
aus bem Junern dee Erde gezogen, anftatt auf: ihrer Oberflaͤche 
ernaͤhrt, fo erſparte man, wofern obige Annahme richtig iſt, fo 
viel an Sand zu CErnaͤhrung menfchlicher Weſen, daß bie Be⸗ 
vdikerung einen Zuwache von act Millionen vertrüge. Man 
ı web nit ein, daß es Strecken Landes gibt, die nur Pferber 
futter herdordringen; denn welcher Moden, ber dies erzeugt, er»: 
zeugte nice Zutter fuͤr Kühe und Schafe ober Nahrung für 
Menſchen ebenfaus? Auch bedenke man, daß ie Abdſchaffung 
ber Pferde in großer Menge ihren: Preis ermäßigte und fie da⸗ 

durch zu andern Dingen brauchbar machte.” " 

„Ermuaͤbigte Transportkoſten ber Mannfacturwaaren bes 
: wirten durch Erniedrigung der Marktpreiſe größern Abfag im 
In« und Auslande und wirken mittels deſſen auf den Lands 
‚mann günflig ein, indem der Bedarf mehrer Mubeiter die Bes 
‚ völferung erhöht, bie alfo mehr Mahrungsmittel verbrauchen 
wird, So verflodhten ift das Gewebe der bacheivilifirten, kuͤnſt⸗ 
lichen Gemeinſchaft, in der wir leben, baß rine auf einem ein: 
zigen Punkt entftandene Wirkung ſich augenblidtich ben entfern: 
teen und ſcheinbar unuerbundenen bes gangen Syſtenn mit: 
theilt! Die große Schnelle und Wohlfeilheit des Trandpartes 
muß vielen Artikein neue Märkte und zwiſchen den ent s 
fin Theilen des Landes einen bisher deshalb nicht beftehenden 
Berkehr eröffnen, weil die Natur ber an dem einen erzeugten 
Gegenſtaͤnde, wie die mancher 'thierifchen und vegetabilifchen 
Rahrungsmittet Leine lange Aufbewahrung verträgt, und bie 
an bem andern Theile beftehende Armuth bie Anfhaffung ber 
gegenfeitigen, nun zum Austaufch einzuführenden Kunſterzeug⸗ 
niſſe nicht geftattete. Die Wahrheit biefer Vermuthung befth- 
tigten bereits bie Ergedniſſe der auf dem iriſchen Kanal ers 
öffneten Dampfſchifffahrt, bie die weſtlichen Städte Englande 
zu Märkten einer ungeheuern Maffe irifcher Probucte gemadht 
hat, deren Ausfuhr feither unmöglich war. Der Zransport ler 
ı bendiger, zur menfhlichen Nahrung bienenter Thiere befchränfte 
ſich jegt wegen feiner Koſtbarkeit auf einen fehr geringen Um: 
reis, und überhaupt laffen nur einige Ihierauten den Trans⸗ 
port auf gewöhnliden Wagen ımd Wegen zu. Das Gigen: 
thömliche der @ifenbahnen aber, ber Umfang: ber fahrenden 
Dampfmaldinen befonders, fowie bie wmerbörte Schnelle tes 
Trausportes machen ihn bei jeder Art von Thieren nach jebwe⸗ 
der Entfernung leicht, wohlfeil und anwendbar. Im Berlaufe 


wegen allerwärte. für 


ber Beil, wenn bes Gi voelen pebatitantn. Ui , wen 
hen Yabıc vie Qüuptfakt und * —— — 
bi sv .ipre Umgegend, fonbern f bes. gone Sand. Märkte 
Bu „Die moralifcden und politifchen Folgen einer fo geoken Ver: 


anherung in ben Mitteln, Perſonen von Ort zu Ort zu Achaffen und 
Kenntniffe und Nachrichten zu. verbreiten, find fihweziich zu überfes 





ben. Die in einer großen Haupt: und Weltſtadt immer zuſammen⸗ 
gedraͤngke Maſſe von Geiſt und: Fähigkeiten wird in cinem bes 


traͤchtlichen Maße über das ganze eich auägebehnt, 6 wich 
tiefelbe Wirkung hervorgebracht, als wären alle intfernungen 
in dem Verhaͤltniſſe verkürzt, in dem ber Transport fihneller und 
wohlfeiler geworden ift. : Städte, die jegt einige Poflen von ber 
Hauptſtadt entfernt liegen, merben ihre Vorſtaͤdte; andere, eine 
Tagreife entfernte, rüden in ihre unmittelbare Nähe unb Eön: 
nen nun mit ihr in Geſchaͤfte treten, wie in ihr ſelbſt in ent- 
ferntes Viertel mit dem andern verfehrt. Die Wohnungen ber 


verschiedenen :in den Staͤdten gewerbthätigen Arbeiter werben. 
dann won ihren Werkftätten in einer Entfernung lingen koͤnnen, 


die man jest eine beträchtliche Lanbesftredde nennt, und. der Ge 


fundheitszuftand großer Städte wird infofern beträchtlich erhöht: 


Eglacta, doqh wei falſen 





— — — 


Er ſchließt mit‘ den 


Suunhiägen cohens wuioın. - Wil: 
wei es uns nun unmdglids fallen muß, einen uns fuumben des 
genſtand mach fo verfchieben baräüber werlautenden Berichten ges - 
börig zu würdigen, fo geftehen wir doch, daß wir die Wahrheit 
eher. auf Geiten der. ihm beifaͤlligen Beurtheilung finden mögen, 
als in der abſprechenden, benn feine Rechtfertigung durch bie 
vom Parlament angeftellte ‘amtliche Unterfuhung ift nothwen⸗ 


dig eine entfcheibende. Ueberdies widerſpricht ſich der miöfällige 


Beurtheiler: im Verlaufe feines Aufſatzes ſelbſt, Indem er. trotz⸗ 
dem daß: er im Anfange uͤber bie Schwerfaͤlligkeit der Liver⸗ 
pool. Mancheſter⸗Maſchine geſpottet hat, zugibt, fie bewege ſich 
mit einer Schnelligkeit, eher einem Flug durch die Luͤfte als 
einer Fahrt uͤber die Erde gleich. Er ſchildert und beurtheilt 
naͤchſt dieſer Maſchine noch drei andere Dampfwagen, die auf 
Chauſſeen im Gange find, macht auf die Maͤngel der engliſchen; 
Eiſendahnen aufmerkſam und beantwortet außer ber alſo durch⸗ 
gegangenen Frage: was gethan worden ſei? noch die anderes 
was, in Bezug auf die Dampffahrt zu Lande, eigentlich zu thun? 
Worten: „Wenn wir audy nit fo fans 
guiniſch in unferm Erwartungen von ber Erfindung find, taß: 
wir durch fie einer unfehlbaren Abhülfe- ber Meberfülleunferriz. 


werden, als die Menfchen ber Rothwenbigkeit enthoben find, |: BWevöällerung, ein Gegengift gegen den Hunger bes Volles, ein. 


aufeinander gehäuft zu wohnen, und als die Bevoͤlkerung einer 


Mittel gegen die Leiden Irlands, Vernichtung ber Korngefehe 


Stadt ſich, ohne durch die Unbequemiichleit ber (Entfernung zu |: und Tilgung ber Nationalſchuld gewärtigen, fo erkennen wir 


leiden, auf einem weiten ‚Imlreife ausbreiten kann.“ ; 


„Wer Speculationen diefer Art als ausfchweifende Uns 
wahrfcheinlichkeiten tadeln und vermerfen will, ber denke. fidh 
nur in ben Stand der Öffentlichen Meinung über Dampfihifl: 
fahrt gar nicht lange Zeit zuruͤck. Menſchen, noch nicht über 
den Mittagsfreis ihres Lebens hinaus, werben ſich erinnern, 
wie man noch bie Möglichkeit, Kandle und Seen, bie unfer Zus 
ſelreich burchfchneiben und umgeben, mit Dampfmafchinen zu 
befahren, als enthuſiaſtiſche Hirngeſpinnſte verfpottete. Gew 
männer und Gelehrte verwarfen den Gedanken mit gleicher Mur 


gläubigkeit und felbft mit Unwillen über die Berfiamdesfchwäde; | 


Derer, die fi damit befchäftigten. Dennoch haben wi: Dampf: 
ſchiffe nicht blos unfere Kanaͤle unb @een, fondern chen das: 
große Weltmeer durchſtreichen gefehen! :Unb wenn ber Dampf 
nicht ſchon jept ale das einzige Berdindungsmittel der entfern- 
teften Theile unfers Planeten angewendet wirb, fo gebricht die 
große Erfindung nicht etwa dazu der inneen Faͤhigkeit, fonbern 
es befchräntt fie noch ber durch Dertligpleit und Aufälle bedingte 
Bedarf an gegygmwärtig zu Erzeugung des Dampfes nothmwenz. 
digem Material.” a 
. + Der Referent bed ‚‚Ediaburgh review'' fommt von biefen 
Vorbemerkungen ‚auf Ginzelheiten, beren Mittheitung hier nicht 
am rechten Drte fein würde. Wir nennen als die wichtigſten, 
eine umftändliche Vergleihung der ſich auf Kanaͤlen, Eiſenbah⸗ 
nen und Chauſſeen bereits entwidelnden Kräfte des Dampfes, 
eineenaue Befchreibung einiger Dampfiwägen und. namentlich 
der großen Fahrmaſchine zwiſchen Mancheſter und Liverpool, 
und endlich die Darlegung mannichfacher Verſuche, die Entwi⸗ 
ckelung und Anwendung ber großen Erfindung zum ftören, deren 
oollftändige Rechtfertigung durch ben Bericht eines desfallſigen 
Unterfuhungsausfchuffes des Unterhaufes bewirkt worden ift. 

&o weit gefchrieben, erhalten wir Nr. 20 tes Foreign, 
quarterly review’, worin ein anderweitiger Artikel über die 
Ortveränderungsmafdinen den hohen Erwartungen des vorſte⸗ 
henden ein wenig bie Wage hält. Der Verf. bezweifelt Feines: 
wege bie Möglichkeit, daß die neue Srfindung einmal allen ſol⸗ 
den GSrwartungen entfpreden kann; wol aber ben glänzenden: 
Stfolg der biß daher angefteilten Berfuche, indem er behauptet, 
es beilände weber in England noch anderswo eine regelmäßige 
Lantcommunicafien durch Dampf, beren Erfolge die linterneb: 
mer befriebigten. . Er greift befondere Dampfwagen auf Chauf⸗ 
feen und bie große Maſchine zwifchen Liverpool und Manche⸗ 
ftee an, bie nur durch ungeheuere Geldopfer im Gange erhal: 
ten würden, weil fie, obgleich von den einfichtigften Mechanikern 


doch die mit ihr wahrfcheinlid eintretenden Veränderungen füx 
fehr heilfame, unter denen eben tie beträchtliche Zeiterfparniß unb 
Genernirirung ber Kräfte des Landes, Gröffuung neuer Quellen 


‚bes Wohlſtandes für die entfernteften Theile des Königreihes 
und Verminderung ber Thierquaͤlerei zu bebenten find. Denn 


es gelingt jetzt hoffentlich auch, bie Pferbe, wie früher die Diems- 
fen, durch Mafchinen von vielen Arbeiten zu befreien und alfe 


ibebeutende Getreidemaffen an ihrer Fuͤtterung zu erfparen,. bie 
‚man dem Bedarfe ber Menſchen zumenden kann:“ 158. 


4 





— — — gan 


, Kiterärifge Notizen. 

Alerander Dumas iſt eifrig mit einem hiftorifchen Werkt 
befchäftigt, beffen erfte zwei Baͤnde unter dem Zitel: „Chros- 
ques de V’histeire de France”, näcftens ericheinen werben; er 
wird jedoch ber Bühne feine literariſche Thaͤtigkeit keineswegs 


' entziehen; Die angekündigte Ausgabe feiner „Osuvres melden“ 


wird ſechs Bände umfaffen, wongn. vier dramatifihe Dichtungen, 


‚dabei zwei noch ungebrudkte Stuͤcke, ein.Band Gedichte und. ein 


Band Melanges en prose .enthälten werden: " 


— — 0 
In Paris werden Memoiren des Marſchalls Ney ans 
gekuͤndigt. 

Von Louis Viardot erſchlen jn zwei Baͤnden: „Essai sur 
lhistoĩre des Arabes et des Mores d'Espagne“ (Paris 1883). 
Der Verf. bat feinen Gegenfland getpeitt und die Invaſion 
und Herrſchaft der Araber in Spanien fowie die Geſchichte ih⸗ 
rer Regierung, Geſetzgebung, der Urfachen ber Blüte und bes Ver⸗ 


falles ihres Reiches getrennt behandelt. 


Von Galvandy wirb eine Geſchichte Cromwell'ts erwartet. 


Ein Anhang zu Lorb Mahon’s „Geſchichte des fpanifchen 
Erbfolgefriegs” ift umter dem Titel: „„Appendix to Lord Ma- 
hon’s war of saccession in Spain’ (onden 1838), in ben 
Buchhandel: gefommen. Die 131 Seiten ſtarke Schrift enthält 
Auszige aus dem bandfcriftlichen. -Nachlaffe des Generals 
Stanbope. 


Eine neue Geſchichte Gregor VII. wird von ber Feder des 
Herrn Villemain erwartet. Das Erſcheinen eines gleichen Wer⸗ 
kes von Sir Roger Grietley wurde kuͤrzlich in d. Bl. ans 
gezeigt. 8. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagöhandlung: F. A. Brod haus in Leipzig. 


os Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung. 





Mittwoch, 





Cabanis. Roman in ſechs Buͤchern von W. Alexis. 
Sechs Bände. Berlin, Fincke 1832. 8. 8 Thlr. 
Da das Epifche überhaupt ebjective Darftellung bes 
flimmter Begebenheiten und individualifictee Perfonen ift, 
fo kann der Roman, als das moderne Epos, gar nicht 
anders als auf irgend einem beftimmten Schauplag und 


‘zu einer beflimmten Zeit vorgehend gedacht werden, und 


einer der Grundfehler der vielen fchlechten Romane, mo: 
mit die Welt feit Jahrhunderten uͤberſchwemmt worden, 


- befteht eben darin, daß Raum und Zeit, in welchen die 


Handlung vorgeht, entweder völlig unbeftimmt gelaffen 
-oder nicht deutlich und wahre gezeichnet find. Hiernach 
-wäre eigentlich jeder Roman ein hiftorifcher, oder follte es 
fein, und in der That ruhen „Wilhelm Meifter” umb 
die „Wahlverwandtſchaften“ ebenfo feft auf einer yenau 
abgegrenzten hiſtoriſchen Baſis als „Waverley“ und ber 
„Krieg in den Cevennen“. Der Unterſchied beider Dar⸗ 
ftellungsweiſen beſteht nur darin, daB Goͤthe ſich aus dem 


allgemeinen Leben gewiſſe Gebiete und geſellige Verhaͤlt⸗ 


niſſe zur beſondern Darſtellung herausgehoben und dieſe 
in ihren feinſten Verzweigungen und Gliederungen ohne 
Hinblick auf ihre Verbindung mit jenem allgemeinern Le⸗ 
ben zur Anſchauung gebracht hat, wie es denn feine Lieb⸗ 
lingsneigung war, fich in enggezogenen Grenzen mit Frei⸗ 
"Heit, Kraft und Anmurh zu bewegen, wogegen Walter 
Scott fi bie Darftellung bes allgemeinen Volkslebens, 
alfo des Geſchichtlichen, zur Aufgabe macht, jedody fo, 
daß er es in dem Spiegel bes individuellen Lebens zur 
Anfhauung. bringt. Jedes Werk des englifchen Dichters 
ift ein treffliches, vollkommen rein ausgeprägtes Wild der 
Zeit, die er eben barftellen will, wogegen er feine Perfonen 
viel weniger genau und rein zu individualiſiren vermag, 
wo ihm nicht in der Geſchichte ſchon vorhandene Züge 
zu Hülfe tommen und er alfo im Sinne des Gegebenen 
nur fortzudichten braucht. Walter Scott ftellt uns mehr 
äußeres, Goͤthe dagegen mehr inneres Leben vor Augen, 


"weshalb. denn auch ein Vergleich ihres beiderfeitigen Kunft- 


werthes nur zum Vortheil des Legtern ausfallen kann. 
Diefe beiden einander entgegengefegten Methoden der Ro: 
manendichtung hat der Verf. des vorliegenden Werkes zu 
vereinigen gefucht, indem er wie W. Scott Perfonen 
auftreten: laͤßt, deren Schidfale mit den Weltbegebenheiten 
ihrer Zeit fo eng verbunden find, bag fit nur im Zuſam⸗ 


menbange mit diefen bargeftellt werden koͤnnen, zugleich - 
aber fie uns in ihrer ganzen Charakterentwidelung zeigt, 
alfo nicht blos als Elemente und Mepräfentanten, fondern 
als organifche Producte ihrer Zeit, wie fie nur aus ihr 
hervorgehen konnten und duch ihre Einwirkung fich noths 
wendig Individuell geftalten mußten. Sein Beftreben ging 
dahin, fowol das hiſtoriſche als das pfinchologifche Ele: 
ment des Romans in vollftändiger Ausbildung in feinem 
Kunſtwerke harmoniſch zu verfchmelzen: eine Aufgabe, 
welche nur übernommen zu haben ſchon des größten Bei⸗ 
falls würdig, in fo hohem Grade gelungen, wie fie hier 
erfcheint, aber des ſchoͤnſten Kranzes werth iſt. Wir ha⸗ 
ben in unſerer Literatur hiſtoriſche Novellen und Romane 
in großer Anzahl und beſitzen darunter auch einige gute 
und ſelbſt vortreffliche; an einem echt nationalen Werke 
aber fehlte es uns bis jegt, worin ein in Raum und 
Zeit uns näher liegender Kreis deutſchen Lebens ausführ: 
licher dargeftellt würde, fodaß wir das Deimatliche, das - 
mit uns felbft Sdentifche, unfere eignen früheren Zuftände, 
aus welchen die gegenwärtigen ſich entwidelten, ald wahr 
darin erkennen und mitfühlen möchten. Bill aber bei 
uns ein Dichter ein folches volksthuͤmliches Kunſtwerk 
ſchaffen, fo fleht ihm zunächft die große Schwierigkeit ent⸗ 
gegen, daß es in Deutfchland immer an einer allgemelz 
nen, überall als ſolche gleichmäßig erkennbaren Natlona⸗ 
lität gefehlt bat, dieſe fi) vielmehr nach Stämmen und 
Landfchaften in vielfach verfchiedene Geftaltungen fpaltet. 
Sol fein Werk alfo für ganz Deutfchland ein volksthuͤm⸗ 
liches Interefje gewinnen, fo muß er eine Stroͤmung der 
Geſchichte, die unfer Vaterland in feinem ganzen Um: 
fange durchzogen, es geiftig und phyſiſch in feinem inner: 
fin Leben ergriffen hat, zum Gegenftande der Darftellung 
wählen, und dieſes zwar aus einer Zeit, die entweder mit 
der unferigen zufammenfällt oder ihr doch moͤglichſt nahe 
liegt, weil die feinere Ausführung des pſychologiſchen 
Theils in einer zu weit zurüdliegenden Zeit nicht mehr 
möglich - if. Denn in einer zu fernliegenden Periode. 


würde dee Dichter die Gefahr nicht vermeiden koͤnnen, 


durch Einimpfung moderner Gefühle, Anfichten und Ge: 
finnungen fein Bild unwahr und willkuͤrlich zu geftalten. 
In allen diefen Beziehungen hat der Verf. des „Caba⸗ 
nis” die glüctichfte Wahl getroffen, indem .er es unters 
nahm, in dieſer Dichtung die Zeit Friedrich's des Großen 


326 ” . 
darzuftellen, wie fie im Volks: und Familien⸗, ja im Leben I echt kuͤnſtleriſchen Darftellung, indem er fie mit den Erin⸗ 


einzelner aus ihr hervorgegangener Individuen höherer und 
niederer Natur ſich abfpiegelte. Freilich iſt es reinpreußi⸗ 
ſches Leben, was hier zur Anſchauung kommt, aber es 
iſt zugleich ganz deutſches, denn die deutſche Geſchichte 
war damals durch und durch preußlſch, was fie worher 
nie geweſen ift, ſpaͤter aber einmal In der Art gewiſſer⸗ 
maßen wurde, als ein von Preußen ausgegangener Ge: 
fühlsimpuls das geiftige Blut des deutſchen Volks in 
eine heilſame Wallung brachte. 

Der Marquis von Cabanis gehörte zu den protefien- 
tiſchen Refugles, die, aus Frankreich fliehend, in der 
Marl Brandenburg Schug, gaſtliche Aufnahme und eis 
nen neum Wohlftand gefunden, durch ihre Bildung und 

ie aber fo viel zur fortfcheeitenden Cultur und 
Wohlfahrt des Landes beigetragen hatten. Gr war aus 
Samitienrudfihten und um fein großes Vermoͤgen in 
Frankreich wieder zu erlangen zur Bathollihen Weligion 
übergetzeten und ftellte fi), von dort zurüdkehrend, dem 
Könige Friedrich Wilhelm I. vor. Diefer, ein firenggläus 
biger Proteftant, fuhr ihn heftig an und ließ fih, als 
ee ſich wol zu wenig befcheiden verantwortete, durch feine 
Dige zu den bärteften perfönlichen Mishandlungen gegen 
ihn hinreißen. Der Marquis fah ſich entehrt, entabelt, 
der Verzweiflung preisgegeben. Er ließ fi von feiner 
ſchwangern Gattin, um fie und die erwartete Nachkom⸗ 
menſchaft von jeder Theilnahme an der ihm anklebenden 
Schmach zu befreien, ſcheiden, verheicathete fie mit einem 
Bürgerlichen und verließ Berlin. Der Sohn, ben fie 
bald darauf gebar, Etienne Cabanis, ift der Held des 
vorliegenden Romans. Wir finden ihn neben einem äl 
teen Stiefbruder. in der Kamille feines Stiefvaterd, des 
Snfpectors Bohne, die auf folhe Meife auf der einen 
Seite dem deutſchen Buͤrgerſtande, auf ber andern der 
ſaogenannten franzöfifhen Colonie angehört. Der Held ſelbſt 
entwirft uns eine Schilderung feines Kinderlebens von 
feinem neunten jahre an, welches mit dem Regierungs⸗ 
anteitt Friedrich's des Großen zufammenfält, und dieſe 
Schilderung füllt das erfte Buch des Romans. Wenn: 
gleich es nun Kinder find, die in diefem bedeutenden Ab: 
feanitt des Werks als bie Hauptperſonen der Dandlung 
auftreten, fo iſt dieſes dem Intereſſe derfelben doch kei⸗ 
neswegs nachtheilig, und Mef. haͤlt gerade dieſen Theil 
für eine der gelungenſten Partien des Romans. Die Ein: 
druͤcke der Kindheit prägen fi mit fcharfen Zügen in 
das unbefangene, Leicht emipfängliche jugendliche Gemüth 
«in, und aus den Erinnerungen derfelben laſſen fich die 
fchönften Familien: und Sittengemälde biiden. Das Ge: 
mälde Berlins aus jener Zeit iſt mit der lebendigſten 
Wahrheit entworfen; wir finden uns mitten in eine Be⸗ 
voͤlkerung, auf Straßen und Plaͤtze, in die Spiele einer 
muthwilligen Sugenb, in die wunderlichen Sitten, For: 
men und MWorustheile eines öffentlichen und häuslichen 
Lebens verfegt, das bis auf wenige Spuren ſchon voͤllig 
verihwunden iſt und uns ‚dennoch fo nabe liegt und To 
bekannt erſcheint. Mef,, der zu ben Altern und «ingebo: 


renen Bewohnern jener Hauptſtadt ‚gehört, bat in dieſer 


nerungen feiner eignen Kindheit verglich, die tieflte Wahr: 
beit erfannt, deren Reiz durch die anmuthigfte Behand: - 
lung erhöht voird. Aber auch für Denjenigen, der diefen 
Schauplag nicht keunt, muß das Bild eben bucch diefe 
Eigmfhaften von ber anziehendſten Wirkung fein, bemm 
es find nicht 5106 Außere Erfcheimungen, die hier abgebil⸗ 
det werden, fondern aus Allem tritt uns der Geift des 
Volle, der Kamilie und des Individuums wahr und 
eräftig entgegen. Das firenge Regiment Friedrich Wil⸗ 
beim I. und feine Wunderlichleiten voerden und in den 
öffentlichen Einrichtungen, der ebenfo ſtrenge Gehorſam 
der berlinifchen Benäiterung aber nur in ihren Handlun⸗ 
gen, keineswegs in ihren Worten offenbar, denn in biefen 
ließen fie fi damals wie jegt noch feinen Zügel anle⸗ 
gen. Streit, Pafteiung und Aufläufe unter Jung und 
At, leicht gedämpft durch die Erſcheinung der folgen und 
müßigen Riefengarde oder durch einen einzigen Policeidie⸗ 
ner, erieben wir auf den Straßen, wobei denn die vor: 
laute freche Jugend Berlins keine unwichtige Rolle fpielt. 
Auch unfer Held und fein Stiefbruder treten hierbei ale 
Dauptperfonen mit auf, wodurch wir denn, ald Zeugen 
der ergebenden Strafgerichte in ihre Familie eingeführt, 
deren Verhältniffe und Gefinnungen näher kennen lernen. 
Bei der Mutter zeigt fich die Liebe in frommer, fill 
duldender Refignation ; der Vater gibt ihr, aus Grundſatz 
bie Form unerbittlicher Strenge und glaubt feine Kinder 
mit böchfter Selbftüberrwindung durch das härtefle Straf: 
fpftem ihrem Heile zuzuführen. An Allem, was hierin . 
gefchieht, nimmt die beiderfeitige Verwandtſchaft mehr oder 
weniger thätigen oder berathenben Antheil, und fo lernen 
wir denn auf diefem Wege einerfeit6 ben echt berlinifchen 
Bürgerftand und andererfeits die fogenannte franzoͤſiſche 
Colonie Eennen, diefes mitten in der deutſchen Dauptfabt 
in fremder Sitte und Bildung fortlebende gefchlofiene 
Corps der Refugies, das, eine der intereffantefien Erſchei⸗ 
nungen Berlins, für feine Bildung und feinen Wohlfiand 
fo wichtig geworben, zugfeih aber ein Beweis iſt, daß 
duch das engſte Bufammenhalten, durch die ſtreugſte Abe. 
fonderung nicht verhindert werben kann, daß eine ſeilbſt 
zahlreiche Golonie von fremden Eingewanderten nit nad) 
wenigen Menfchenaltern in ber Maſſe des Volkes ver: 
fchwindet, indem heutzutage von biefer Colonie ale ſolcher 
faft durchaus eine Spur mehr vorhanden ift und fi 
die Nefugies von den übrigen Einwohnern nur noch durch 
ihre franzöfiihen Namen unterfcheiden, Jene, der dama⸗ 
ligen Zeit und Bitte gemäße, überfienge Kinderzucht 
beingt denn bei deu beiden Knaben die verfchiedenfle Wir⸗ 
tung hervor. Der ältere, Gottlieb, von roher, aber guts 
muͤthiger Natur, verbärtet fi in unbeugfamer Verſtockt⸗ 
hit und Trotz, er Hamamert fih, um dem tpranniſchen 
Bwange gegenuͤber feine Willensfreiheit zu behaupten, um 
fo feſter an das Lafter, je mehr die ſchonungsloſeſte Haͤrte 


ihn von feinem Water entfernt, der feine Liebe aus Liebe 


verhuͤlt. Zuletzt kommt es fo weit, baf Gottlieb, durch 
ein Familiengericht verurtheilt, unter die Soldaten geſteckt 
wird, eine Werſtoßung, die damals eine Art von buͤrger⸗ 


— TE TED — — — 
— — ———— ——— — — u 
⸗ 


30 


lichem Tode war und iches Famllieuband aufiöfle. Wir. 
finden ihn foßter bei mehren Gelegerheiten in hoͤchſt in⸗ 


tereffanten Verhaͤltniſſen zu feinem ruder wiedee, 
tief verſunken in Laſter, Verbrechen und Elend, dennoch 
einen nicht aufzureibenden Kern von Edelmuth, Treue 
und loͤwenmuͤthiger Tapferkeit im Imerſten bewahrend, 
einen herrlichen, echt preußiſchen Trotkkopf, deſſen Charak⸗ 
terzeichnung allein ſchon unſern Verf. den Erſten in bie: 
ſem Gebtete gleichſtellt. Der Knabe Cabanis dagegen, 
hoͤchſt lebhaft, doch von zartem Sinn und reizbarem Ehr⸗ 


gefluhl, Wilder ſich feiner heran unter dem Schutz ber 


Mutter. Er lernt mit Erfolg und gewinnt eine Neigung 
zum Ritterlichen und Romanhaften, wodurch ihm ſeine 
alltaͤgliche, pedantiſch ſtrenge Umgebung, ja ſein Geburts⸗ 
land im tiefſten Sinn verleidet wird. Der Krieg gegen 
Maria Thereſia bricht aus, und auch dies erſcheint dem 
Kaben als eine Verletzung ber ritterlfchen Sitte. Er 
nimmt für die Angegriffene Partei, wodurch er ſich eine 
ſchmerzhafte Lection von feinem Stiefvater zuzieht und 
auf foihe Weife in feinem Gemuͤth immer weiter ent 
fernt wird von Allem, was die Natur ihm zunaͤchſt ge: 
ſtellt. Trefflich Hat der Dichter die innerften Regungen 
des kindlichen Gemuͤths, fein Zittern und feinn Muth, 
feinen Schmerz und feine Luft, feinen Muthwillen, feine 
Liebe und feinen Trog Hier vor uns aufgefchloffen, und 
wir müflen es ihm Dank willen, daß er, ein längeres 
Meilen bei folchen Gegenitänden fcheuend, dies Gemälde 
in feinfter Ausführung des Einzelnen mit zubiger und 
figerer Hand vollendete. Der junge Cabanis, fchom lange 
fih binausfehnend, durch eine neue Kränkung feines Ehr⸗ 
gefühls verlegt und einem angebrohten Strafgericht mit 
Angft und Trotz entgegenfehend, entzieht ſich dieſem durch 
die Flucht aus dem älterlihen Haufe, wird durch einen 
Zufall dem Marquis von Cabanis zugeführt, ben er zwar 
Schon perfönlich kannte, doch nicht als feinen Vater, und 
der fi) ihm als ſolcher auch nicht zu erkennen gibt, viel 
mehr nur als Wohlthaͤter fi feiner annimmt und ibm 
als einem angenommenen Sobne eine forgfältige militai⸗ 
riſche Erziehung gebm laͤßt. Was in dieſen Jahren mit 
dem Helden vorgeht, laͤßt der Dichter uns nicht näher 
betrachten, führt uns uielmehe mit dem Anfange des zwei⸗ 
ten Buches ſogleich mitten auf den Schauplag des fieben> 
jährigen Krieges. Es ift nah Hochkirch in das Schloß 
des Grafen Meroni, wohin uns ber Dichter, einen Zeit: 
raum von 18 Jahren überfpringend, verſetzt, wo wir bean 
fogleich deſſen Tochter Eugenie und eine Nichte, Fraͤulein 
Amelie, tamen lernen, auch in die wildluſtige Kriegsgeſel⸗ 
ligkeit der einquartirten preußiſchen Offiziere eingeführt 
werden. Dieſe beiden Damen find die einzigen weiblichen 
Charaktere, die der Verf. ausfuͤhrlich ſchildert oder viel⸗ 
mehr deren inneres Leben er uns mitleben laͤßt, denn es 
iſt ſeine Weiſe und ſeine Staͤrke, alles Pſychologiſche dia⸗ 
logiſch und dramatiſch dergeſtalt zu emtwidein, daß das 
bewegte Leben der Seele in feinem fanfteften Wellen⸗ 
ſchlage wie im.ftürmifchften Auftoben in der Wahrheit 
des Seibfiuernommenen feinem Lefer in das geiſtige Ohr 
tönt. Beide einander fo vollkommen mitgegengefehte Ehe 


13 . 


raktere entfalten fih in ihrer ganzen ſchoͤnen Naturwahr- 
beit und laſſen uns durch ihre vertrauten Geſpraͤche wie 
durch Maren Kryſtall in die Tiefen ihres Herzens ſchauen, 
fobag wir uns ſchwer entfcheiden koͤmen, welcher von 
Beiden der Preis der Liebenswuͤrdigkeit gebühre. Denn. 
wenngleich Eugenie in ihrer feften, entfchlofienen Gefuͤhls⸗ 
ſicherheit als ber veinere Charakter dem Ideale weiblicher 
Vollkommenheit näher tritt, fo hat doch Amelie in ihrer 
bewußten reatififchen Lebensklugheit fo viel feine Gewandt⸗ 
beit und Grazie, daß wir felbft mit ihrer egoiftifchen 
Planmäfigkeit nicht in Feindſchaft treten, vielmehr ben 
Schwachkopf, der ihrem feinen Spiel zur WBente wird, 


wol noch beneiden können. 
(Der Beſchlus Folgt.) 





Athene. Eine Beitfhrift für die philoſophiſchen und hifte- 
riſchen Wiſſenſchaften. Herausgegeben von einem Ber: 
eine von Gelehrten. Medigirt von Chn. Kapp in 
Erlangen. Erſtes umd zweites Heft. Kempten, Dann: 
beimer Gr. 8. 1832. Preis für ſechs Hefte 4 Thir, 
12 ©t.*) 


Bor Allem, Lieber Leſer, wuͤnſcht dir die unterzeichnete Rum: 
mer heute am Neujahrstage, was Der, beffen Namen fie vertritt, fich 
ſelber zu wuͤnſchen nicht zu fühtecht gefunden hat: nämlich ein Jahr 
aus dem dreimal geftrichenen F, d.h. ein frommes, fleißiges und ein 
frohes ; was druͤber ift, tft vom Uebel oder erinnert an meinen alten 
ehrlichen Rachtwaͤchter in einem Städtchen des Thuͤringerwaldes, 
der als Neujahrsgratulant nicht felten etwas bemebeit mit feinem 
von Natur krummen und dann noch viel kruͤmmern Munde ein 
„Freude, Süd, Gefunbheit, Liebliches Weſen, zeitlichen Tod 
und ewige Verdammniß“ zu gratuliren pfleste.e Wann mein 
Munf dem Lefer vor Augen kommen wird, ift am Ende ganz 

leichguͤltig, wenn nur erwieſen ift, daß der Wunſch am Neu 
jahrötage wirklich gewünfcht worten if. Aber auch ihrem Pfleg: 
befohlenen, gegenwärtiger meuen Zeitſchrift, wünfcht bie Unter: 
zeichnete was bei Beitfchriften eine Hauptſache iſt, Sanges Erben, 
viele Leſer, Zräftige Geſundheit, damit fie Ihrem Water und Urs 
heber Freube und nach Art dankbarer Kinder, wäre es noͤthig, 
Pflege bereite. ' 

Bei der Unzahl neu entſtehender Zeitfchriften ift man etwas 
mistrauifch , wenigftens Tchüchtern geworden. Selbſt die Probe: 
hefte in ihrem Sonntagsſtaate und reichlihen Werfprechungen 
machen nicht mehr kirr, obgleich eine ganze Sammlung aller in - 
Einem Jahre erfcheinender Probeblätter, zumal unentgeltiicher, 
eine Quinteffenz fchriftflellerifdder Anftrengungen germähren würde, 
Wir haben alfo uns weder durch bie bairiſche Farbe bed Um: 
ſchlages, noch durch den vielverfprechenden Titel ‚‚Athene” (beren 
neuefte politifche WBeziehumg zueinander bei Gründung ber Zeit: 
ſchrift wol noch undenkbar war), ja nicht einmal durch das gan« 
ge erite Heft beſtechen Laffen, fondern ganz ruhig das ziveite Heft 
abgewartet, ehe wir barüber zu berichten unternahmen. Run 
tönnen wir es mit gutem Gewiſſen thun. 

Die Zeitſchrift if von ben Herausgebern (von denen zur 
Beit nur der obengenannte Redacteur mit Gewißheit befannt 
worben ift) ben philefophifchen und hiſtoriſchen Biffenfchaften im 
wetteflen inne gewidmet morben. Mit Auffüpen aus dem 
Gebiete der reinen Mathematik, der engern Sprach⸗, Arznei, 
Rechtswiſſenſchaft u. f. w. follen die Lefer verfchont bleiben, für 
wie mit allem Geiſt der Partelung und Sekte. Dem größern 
Publieum geboten, fol nur aufgenommen werben, wofür ſich ein 
allgemeineres Intereffe vorausfegen läßt. Ob nun aber bahin 


") Bol. die Anzeige bed erfien Hefts von einem andern Mitarbeiter 
in Nr 186 d. BI. f. 1088, D. Red. 





die philoſophifchen Diffenſchaften im engern Ginne, 3. 8. 
Metaphyſte, Ethik u. |. w., auch gehören bärfen, wie es gleich 
darauf auf bem Umſchlage ‚ wich ſich vorkommenden Falles 
ans der Behanblungsweife tworten laſſen. Es fol die Wifs 
ſenſchaft mit dem Leben mehr verſoͤhnt werben, aber der Pöbel, 
. dem, ſchon einem griechiſchen Weiſen zufolge, die Wiſſenſchaft 
ewig fremd bleiben wird, fol un t bleiben. Leſen wir, 
welcher Spiegel biefem Hd hel vorgehalten wirb: „Inter Podel 
werden bier diejenigen Glieder bes Volles verfionden, die aus 
Theilnahinloſigkeit, Leichtfinn ober ſchlimmen Abſichten, kurz aus 
bloßen Gründen der Selbſtſucht und des Eigenwillene die geiſti⸗ 
gen Gigenfchaften, die das befte Gluͤck und die hoͤchſte Freude 
der Menfchheit ausmachen , ſich nicht erwerben, ja fle wol gar 
in den Augen Leichtgläubiger und Unwiffender zu verbäctigen 
ſuchen. Zu diefem Pöbel gehören alfo ebenfo gut, ja in der 
That noch weit mehr Leute, die ein feines, als folde, bie ein 
grobes Kleid tragen. Diefer, hoͤchſtens dlos äußerlich, oberflaͤch⸗ 
lich und nur ſcheinbar gebildete Pöbel wird immer- mehr in Miss 
achtung finfen, je mehr die wahre Bildung ſich unter den Voͤl⸗ 
tern ausbreitet.“ Wiffenfchaftliche Sründlichleit und Wöürbe foll 
niemals aus ben Augen gefegt werden, Gemeinverflänblichkeit 
nie in Plattheit ausarten. Die behandelten Gegenftände follen 
das allgemeine Intereſſe ter Gebilbeten unſerer Zeit berühren 
und die Betrachtung dem Gange ber MWeltereigniffe folgen. 

Jetzt vom Verſprochenen zum Geleifteten! Der erſte Auffag ift 
eine Vorlefung des Redacteurs: „Ueber ben Anfang der Geſchichte 
und ber religiöfen Sagenkreiſe der Alten. ie wefentliche 
Verbindung der Mythologie und Urgefchichte im früheften Alter: 
thum wird entwicelt, und wie in den Mythologien Urgefchichte 
enthalten iſt. Ein auffallendes Ereigniß wurde von der Phan⸗ 
tafie ergriffen und weiter gebildet. Die Zamilie trug es dem 
Stamme, diefer ben Stämmen zu und fo wurde Eine Ueberliefe⸗ 
zung nachher Eigentyum fehr verfhiedener Voͤlker; aber nad) 
dem Charakter derſelben bildete fie fich verfchieben aus und blieb 
nur ihren Grundzügen nach ſich treu. Daher könne man bei 
den mofaifchen Jubal und Thubalkain an bie griechifchen Apollo, 
Abalos und Vulkan, bei Jehovah an Jao oder Jovis erinnert 
werden. So entftanden die verfchiebenen Mythologien. Hierauf 
werben bie verfchiebenen Methoden, bie Mythologien entweder 
biftorifch, oder allegoriſch myftifch, oder fombolifch zu erflären 
und die um die Mythologie verbienteflen Männer aufgeführt. 
— Ron bes Herausgebers Heifebegleiter nach Italien, dem 
. Herrn 8. Br. Scholler (Verf. einer mit Beifall gufgenomme⸗ 
nen italienifchen Heife *) find zwei Auffäge über bie Grab: 
legung Shriftt von Rafael und den capitolinifchen Jupitertems 
pel in Rom dem erften Hefte einverleibt. Für das Fach der 
Länders und Voͤlkerkunde ſteht hier ein Aufſat über Geſchichte 
von Suiana nad) Ferdinand Denis von Werner. (?) Da 
nun Böttin Athene bekanntlich gleich getwaffnet dem Haupte bes 
olympifchen Vaters entfprang, fo hat auch die unferige das Gleiche 
gethan, indem fie wenigftens fogleich mit ben Waffen der Kritif 
oder als Recenfentin auftritt und Brogniart's Werk über Gebirgs⸗ 
formationen und Heinrich Sufo’s, des Myſtikers Leben, fowie 
‚im folgenden Hefte ein W. Lindemann ben britten Jahrgang von 
Raumer’s „Hiſtoriſches Taſchenbuch“ befpricht. Keiner der Bruns 
theilten wird fig fehr zu beflagen haben. 

Das zweite Heft eröffnet ein Auffag: „Die Rheinbaiern, 
geſchildert von einem Diplomaten”, der grabe wegen ber Aufı 
. tritte im Jahre 1832, obgleih er vor benfelben gefchrieben zu 
fein fcheint, doppeltes Intereffe haben wird. Der Verf. ift mit 
dem gefchilberten Gegenflande wohl vertraut, unb verſchweigt 
auch bie Mängel ber Rheinbaiern nicht, wenngleich fie mit 
großer Vorſicht — nun, bas iſt ja Weife ber Diplomaten! — 
angedeutet werben (Kleben am Dtateriellen, beſonders Bier nach 
Geld, Ungebunbenheit ber Meinung, Herrſchſucht, wo nur ein 


- — — —— — — 


*) Bgl. Nr. as 8.81. .f. 1888 und Beilage Nr.2 v. d. J. D. Red. 


23 p 


Ginzelnee an die Spige treten Tann); bagegen wird verficeet, 
daß Schwindeleien und Gpiegelfechtereien am Kheinbaier ſpurlos 
voruͤbergehen, daß der Sinn für Geſetzlichkeit und Ordnung in 
ſeiner Natur fo feſt gewurzelt ſei, daß nur ein gewaltſamer 
Streich dieſe Heiligen Bande brechen könne, aber auch fo feſt 
und eiferſuͤchtig auf die gewonnenen Rechte gehalten werde, daß 
Schein einer Antaſtung berfelben bie reizbaren Ges 
. wird ber Charakter bes Rheinbaiern 
in Begiehung auf Steligion, Kunft und Wiſſenſchaft durchgegan⸗ 
gen. Wed ber e Diplomat bem Lefer zu errathen 
berlaͤßt, wie viel ober wenig bes Sheindaier zum Altdaier 
und deſſen SInfitutionen paffe, wollen wir auch nicht verre⸗ 
then, vielmehr jeder Ginrebe und Discuffion in jegigen ſchue⸗ 
ren Argusgeiten durch fchleunigen Portgang zum naͤchſten Aufe 
fa vorbeugm. Dieſer handelt von „Rußlands Militaircolee 
nien“ unb ift von A. Freitag. Wir verbürgen in ihm das 
Intereffe, welches auch ſetzt noch, wo das Snflitut dem Ver⸗ 
nehmen nach wieder befchräntt, flatt ausgedehnt werben foll, das 
Gefagte hat. Giner fehr anziebenden Discuffion ift der folgende 
Auffag: „Stammt das Menfchengefhleht von Ginem Paare 
ab?” (vom Prof. Kapp) gewidmet. Es wird zuerfi die Bus 
fhrift eines großen deutſchen Staatsmanns (Humboldt?) mitge⸗ 
theilt, welche fich gegen biefe im erften Hefte ausgeſprochene 
Annahme erktärt, und mit Scharffinn und Belefenheit zwar diefe 
Anſicht vertheibigt, aber doch zugegeben, daß in der langen 
Kataftrophe einer allgemeinen Weltflut, in welcher auch bie 
große allgemeine Veränderung der Temperatur vor ſich ging, bie 
Polarlaͤnder ihr früberes Palmenklima verloren, ſich erft bie 
Roffentupen bes Menfchengefchlechts ausprägten, wie fi auch 
neue Pflanzens und Thierarten erzeugten. So Tönnen trog ber 
Einheit be6 Menſchenpaars bennoch die bebeutendflen Voͤlker 
als fotche auf eignem Grund und Boden entftanden, alfo Aus 
tochthonen geweſen fein. Gine weitere Frucht her italienifchen 
Reife bes Derausgebers iſt ein Auffag über „Die Ratur Ober⸗ 
italiens“, eigentlich eine der Vorleſungen, welche der Verf. 
über diefe Reife in Erlangen mit Befall gehalten Hat. 

Nach dem Geſagten verdient alfo biefe Zeitfchrift gewiß die Ems 
pfehlung, die wir oben ausſprachen. Cine größere Verbreitung 
wirb ihr auch noch mehr Mitarbeiter anzuwerben erlauben, und fo 
möge „Athene““ bald den ihr gebührenden Play im Diymp — 
der Zeitfihriften einnehmen. 11. 


pöre 





Notizen. 


Die hollaͤndiſche Dandelsmarine zählte 1826 1176 Hafenfchiffe 
von 74,117 Laften, Ende 1828 dagegen 1808 mit 82,652 Lafl. 
Die Häfen, worin Schiffe gebaut wurden, waren Amſterdam, 
Antwerpen, Rotterbam, Dortredht, Harlingen, Kapellen, Mid⸗ 
beiburg, Vlaardingen. Bon 1813—28 waren in Amfterdam $1, 
in Antwerpen 25, in Rotterdam 17 Schiffe gebaut worben. 


Die „Revue encyclop6dique” fhreitet in ihrer neuerlich 
eingefchlagenen, praktiſch⸗politiſchen Richtung immer weiter vor. 
In Nr. 856 und 357 vor. 3. theilten biefe Blätter baraus einen Auf⸗ 
fag über ben Journalismus mit. Gewiffermaßen als Fortfegung 
deffelben enthält das Novemberheft der ‚ Revue” einen Artikel: 
„Le tiers-dtat et les proldtaires”, werin fie unter Drohungen 
gegen das Bürgerthum verlangt, das politifche Intereſſe der 
Proletarier oder arbeitenden unterfien Volksclaſſen ebenſo wol 
vertreten zu fehen als das Intereffe des Beſizthums. Auf jes 
den Ball geht aus bem gegenwärtigen Schwanken der europäi: 
fhen &taaten zwifchen Krieg und Frieden ber wefentliche Ge⸗ 
winn hervor, daß auch die innern Parteien in Folge ihrer ge 
genfeitigen Manoeuvres vor ber Schlacht geztvungen werben, 
allmälig ihre Hinterhalte und Verſtecke aufzugeben und fig ein 
ander mit ihren wahren Abfichten offen und felbftbewußt unter 
die Augen zu treten! 159. 


Redigiet unter Verantwortlichkeit der Beriagähanblung: 3. X. Brodhaus in Leipzig. 
RER 


Blätter WB 


fuͤr 


literariſche Unterhaltung. 





Donnerstag, 





Cabanis. Roman in ſechs Buͤchern von W. Alexis. 
Beſchluß aus Rr. 79.) 


Kurz vor dem Ueberfall bei Hochkirch hatten Fried⸗ 
rich's Feinde den Plan gemacht, ihn aufzuheben und ge⸗ 
fangen zu nehmen. In dieſe fein geſponnene Intrigue, 
in welcher der Marquis von Cabanis, dieſer nie ruhende, 
immer neue Plane ſchmiedende, erbitterte Feind des Koͤ⸗ 
nigs eine Hauptrolle ſpielt, war auch der Graf Meroni 
verwickelt, und faſt waͤre die Unternehmung gelungen, 
aber ein ungariſcher Huſarenoffizier, der im Augenblick 
der Ausfuͤhrung zu den Preußen uͤbergeht, warnt ben 
König und vereitelt ben Plan, indem er Friedrich mitten 
duch feine Verfolger ficher nach dem Schloffe. führt. 
Diefer Metter des Könige ift Bein Anderer als der Held 
des Romans, ber junge Cabanis, den wir zum Manne 
gereift bier wieber erblicken. Derfelbe ſchwaͤrmeriſche Zrieb, 
dee ihn früher für die gewaltfam angegriffene Maria Ihe: 
reſia begeifterte, bat ihn jegt für den von allen Seiten 
verfolgten, im hoͤchſten Glanze feiner Heldenthaten pran⸗ 
genden König ergriffen. Nachdem er gegen den Willen 
Feines Pflegevaters, des Marquis, dreimal den Abfchied 
aus den oͤſtreichiſchen Dienſten vergebens gefobert, 
hat er enblih der Kaiferin förmlih den Dienft ge: 
kuͤndigt und hält fih nun, als der Termin, den er zum 
Empfang ber Antwort geſetzt, ſchon laͤngſt verfirichen ift, 
für berechtigt, das öÖftreichifche Heer zu verlaffen und in 
den Reihen feiner Landsleute zu kämpfen. In dem Au 
enblick ded Abganges erhält er von dem Plane gegen 
—*8*— Freiheit Kunde und glaubt ſich, empoͤrt durch 
den Gedanken, daß der Held, der durch ſeine Kraft die 
‚Welt erſchuͤttert, durch feige Hinterliſt in verraͤtheriſche 
Netze fallen fol, verpflichtet, dies zu verhindern. Als 
Friedrich's Netter tritt er auf; doc keineswegs fehen wir 
ihn das ſchwer erfaufte Gluͤck erringen, denn Friedrich, 
durch vielfache Erfahrungen im Urtheil über Menſchen 
vorfichtig gemacht, behandelt ihn, obgleich er in den Dienft 
genommen wird, mit entfchledener Kälte, und ber Juͤng⸗ 
ling, dem ber gefuchte Preis feiner fchönen begeifterten 
Dingebung für den: Helden entzogen wird, erringt dafuͤr 
den ungefuchten Preis der Liebe Eugeniens, die er zu 
befigen niemals hoffen darf. Dier tritt nun fogleich die 





Verhältniffe anknüpfen und eine uͤberraſchende Scene fich 


der andern anteiht. Das kaum aufgekeimte Liebesver⸗ 
haͤltniß, das Wicberantreffen bes in das tieffte Leibliche 
und fittliche Elend verfuntenen Bruders, die Intriguen 
der ſaͤchſiſchen Hofleute gegen Friedrich, der Beginn einer 
neuen, mit Enthuſiasmus angetretenen Laufbahn, zwei 
Duelle, die ausgefochten werden follen, die lebhaft vorbereis 
tete und’ erwartete Schlacht, alle diefe Fäden werden plöß- 
lich zerriffen duch den unglüdlichen Ueberfall bei Hochs 
ich. Der Dichter macht uns duch die Kunft feiner 
meifterhaften Darſtellung zu Zeugen dieſes merkwürdigen 
Ereigniffes, indem er uns die Einzelheiten deſſelben als 
Begleiter feines Helden, wie in einem Drama, in einer 
Reihe von Ecenen miterleben laͤßt. Mit ihm führt er 
und zu den dAußerften Vorpoften, wo mir die Panduren 
als verflellte Ueberläufer in Scharen anlommen fehen, 
bann in Biethen’s Begleitung in das Dimmer des Koͤ⸗ 
nigs, dee fich weder durch bes jungen Cabanis Meldung 
noch durch Ziethen’s Rath warnen laffen will, und ſtuͤrzt 
uns endlich mitten in das Getümmel der tobenden Schlacht, 
die ſich wild dahinwaͤlzt über das brennende Dorf, bis 
unfer Cabanis, im Kampfe ſchwer verwundet, blutend 
in das Schloß gebracht und gerettet wird durch Eugenie, 
die ihre Liebe jetzt noch zu verhuͤllen nicht mehr im Stande 
iſt. Hiermit ſchließt das zweite Buch. Cabanis wird als 
Kranker von der Familie des Grafen Meroni mit nach 
Dresden gefuͤhrt, in deſſen Hauſe verborgen gehalten und 
von Eugenie gepflegt, nachdem die Preußen unter Schmet⸗ 
tau ſchon von dort abgezogen ſind. Hier werden wir denn 
auch mit dieſer Stadt und vornehmlich mit der klatſchen⸗ 
den, ſtandalſuͤchtigen Hof⸗ und Stadtgeſellſchaft Dres⸗ 
dens aus jener Zeit durch einige charakteriſtiſche Scenen 
bekannt. Einige Damen aus dieſem Kreiſe entdecken 
durch eine Unvorſichtigkeit Eugeniens, daß ein junger 
preußiſcher Offizier im Hauſe des Grafen verborgen wird, 
und ſchon droht dieſe Entdeckung mit den gefaͤhrlichſten 
Folgen, als zum Gluͤck der Marquis von Cabanis er⸗ 
ſcheint und durch die Eroͤffnung, daß der verborgen Ge⸗ 
haltene fein Sohn ſei, den Sturm für den Augenblick 
beſchwichtigt. Nichtsdeſtoweniger muß ber Verſteckte vor 
bee Gefahr, den Deſtreichern in die Hände zu fallen, 
ſchleunigſt gerettet werden, weshalb die Kamille denn fo: 


Iebensvolfte Handlung ein, wo fi die interefianteften } gleich mir ihm wieder nach ihrem Gute zurüdellt. Der 


330 


Marguis, der in biefem Theile die Handlung am thätig: 
fien fortbemegt, ift einer ber eigenthuͤmlichſten Charaktere, 
. die in der Dichtung auftreten, und gehört bis auf einige 
etwas zu grelle Züge zu den gelungenften Geflaltungen 
des Verf. Sein tief gemwurzelter Daß gegen Preußen, der 
in Immer neuen, wenngleih abenteuerlichen, doc mit 
Scharffinn enttorfenen Planen Befriebigung fucht, feine 
lebhafte Phantaſie, unterflügt von umfafjenden Kenntnif: 
fen, reichen Erfahrungen und einem trefflihen Gedaͤcht⸗ 
niß, feine gewandte Perfönlichkeit, feine Gegenwart des 
Geiſtes umd der unerfchütterlihe Muth, mit dem er, für 
jedes Mislingen gleihfam geftärkt, in einer neuen Unter: 

Troſt fucht: alles Diefes tritt in einer fo ſchar⸗ 
fen, forgfältig ausgemalten, beflimmten Form bervor, daß 
man den ganzen Tiebenswärbigen, hoͤchſt wunderlichen und 
doch genialm Mann lebendig vor fich fieht. Der Mar: 
quis verfucht Altes, um feinen Sohn von Friedrich und 
von Preußen abzuziehen; er ſtellt ihm die Unfälle vor, 
die damals in Maſſen auf den König eindrangen und 
feinen nahen Untergang faft unzweifelhaft machten. „Was 
ift Die Friedrich?“ fragt er den Sohn. „Was mir 
Friedrich!“ antwortet diefer. „D mein Vater, fragen Sie 
jenen gemeinen oͤſtreichiſchen Soldaten, einen guten Pa⸗ 
trioten für feine Kalferin, ber in die Hände klatſchte, al6 
der Gefchlagene, Verfolgte, Umringte wie ein Blitz durch 
feine Seinde fuhr und gerettet war. Was war ihm 
Friedrich? Was Mt Friedrich ganz Europa, das mit ihm 
jubelt, wenn er ſiegt, zittert, woenm er verliert? Gellt Ih: 
nen nicht der Jubelruf der Freude noch ins Ohr von bem 
fabelhaften Roßbach? Warum, fragte ich mich oft, als 
ich noch für Thereſiens Sache glühte, warum zwingt er 
auch feine Feinde zur Bewunderung? Warum hängen fich 
grade am ihn bie Gewaltigen wie ein Horniſſenſtock? 
Warum biidt jeder freie Sinn hoffend und wünfchend auf 
den Einen? Weil es nur dee Eine ift, weil er fo hoch 
fliegt, weil er fo kuͤhn will, weil er fo Mar ſieht, daß fie 
Alle zu Schanden werden und in Meid und Furcht zu: 
ſammenſchrumpfen vor dem Helden des Lichtes.” Und 
auf die Frage: „Was iſt dir Preußen?” erwidert er: 
„Tauſend Stimmen der Weltgefchichte rufen mich bin 
und rufen mir zu: Preußen in Europa! In dem altge: 
werbenen Welttheil, wo das reiche, uͤppige Stalin, das 
hechherzige Spanien, der fchroedifche Norden untergingen, 
in fich ſelbſt zerfallend, da ſtampfte auf angeſchwemmtem 
Sande, am duͤrftigen, kalten Meere, zwiſchen duͤſtern Kie⸗ 
ferwaͤldern, trägen Fluͤſſen und monotonen Seen der Fuß 
eines Koͤnigs ein Volk aus dem Boden, deſſen Namen 
man kaum gehört, und auf Sandſchollen gründete Fried⸗ 
rich einen Staat, der der Welt in feinem Juͤnglingsalter 
fihon Geſehe gab.’ Der Water gibt endlich nach und 
laͤßt den Sohn, feine Entſchiedenheit und feinen Much 
ehrend, der innen Uebergeugung folgen. Auch bier wie 
der findet ein BZufammentreffen mit feinem Stiefbruder 
Gottlieb flatt, der, Immer tiefer in Schlechtigkeit verfun- 
ten, ſich einer Raͤuberbande angereiht hat, das graͤfliche 
Schloß anzuͤndet und eben feinen Frechen Arm an bie 
Gräfin legen will, als Cabanis ihn packt, niederwirft und 


u EEE) 
—— — — — — — — — — — — — — — ——— — 


uͤber den Unerkannten den Saͤbel ſchwingt, doch durch 
deſſen Hund gehindert wird, ihn zu toͤdten, als eben preu⸗ 
ßiſche Küraffiere eindringen und die Niederlage ber Raͤu⸗ 
ber entſcheiden. Er ſieht feinen Bruber im Gefaͤngniſſe 
wieder, wo er ihn erft erkennt, dann feine Rettung ber 
Gräfin empfiehlt und mit den Küraffieren zur Armee des 
Königs abgeht. Alles Diefes geht in ergreifenden lebens⸗ 
vollen Scenen vorüber und erhält den Lefer, obgleich bie 
Handlung immer forgfältig ausgemalt und ruhig fort: 
fhreitet, in ſteter Spannmg. Im Anfange des vierten 
Buches finden wir unfern Helden mit einem Kamera: 
den auf dem Marfh nach dem von Ruflen und Det: 
reichern bedrohten Berlin, wohin er Depechen eb Sie 
nigs zu bringen hat, die deffen nahe Ankunft und Hülfe 
verfündigen follen, um wo möglicy die Hauptſtadt noch 
zu retten. Dies mislingt, da die Gegend fchon von dem 
Ruſſen durchftreift, fein Kamerad von dieſen überfallen 
und getödtet wird, er ſelbſt aber, dem Tode nur durch 
einen Zufall entronnen, in Zottleben’s Gefangenfchaft ge⸗ 
raͤth. Die edle Erfcheinung diefes milden, wohlwollenden 
Feldherrn wird hoͤchſt erfreulich dargeſtellt. 
ſeinen Gefangenen, der ſich, in buͤrgerlicher Tracht verklei⸗ 
bet nad) Berlin ſchleichen wollte, wohl erkennt, bätet er 
fih doch aus Schonung, ihm fein Geheimmiß abzubrin- 
gen, und begnügt fi, feinen Plan daburch zu vereiteln, 
daß er ihn bis zu feines weitern Vorruͤcken nach Berlin 
bei fih in Koͤpnick feſthaͤlt. Muffen und Deſtreicher zies 
ben in Berlin ein, und Cabanis kann nun ohne Hinder: 
niß in feine Vaterſtadt zuruͤckkehren. Die Zuflände Ber 


ins während dieſer kurzen Invaſion und mannichfache | 


Abenteuer, die unfer Held bier erlebt, erfüllen auch dieſen 
Theil des Werks in anmuthiger Abroechfelung mit Ges 
genfländen vom lebhafteften Intereſſe. Das Wiederfehen 
feines Stiefoaters und feines Bruders Gottlieb, den er 
ſterben fieht, gehört zu den ergreifendften Sconen, und 
dee Beſuch bei Ramler iſt eine Höchit erfreuliche Epifobe. 
Es muß hierbei ruͤhmlich anerkannt werden, daß der Verf. 
bier wie überall mit der gewifienhafteften Genauigkeit und 
unermuͤdlichem Fleiß nicht wur die vorhandenen gefchicht: 
lien Quellen, fondern auch felbft die Anekdoten und Er- 
zaͤhlungen benugt bat, bie fi nur durch mündliche Ueber: 
kkeferung bis zu unfern Tagen noch erhalten Eonnten, umd 
die Kunfl, mit weicher er diefe Elemente als Lebendige 
Glieder feiner Dichtung einzuverlefben mußte, verbient das 
böchfte Lob. Das fünfte Bud, verfegt und mieber In 
das Schloß des Grafen Meroni, mo es, mie gewöhnlich, 
an preußifdyer Einquartirung nicht fehle. Während fich 
nun bier die Schloßbewohner mit den preußifchen Offizie⸗ 


ven durch gegenfeltige Erzählung von Gefpenftergefchichten . 


unterhalten, muß der arme Cabanis die mislungene Aus: 
richtung des ihm eetheilten Auftrags mit Feſtungsarreft 
büßen. Ueberhaupt verkennt Friebrich gleichſam abficht⸗ 
lich und eigenfinnig die Derdienfte, den Eifer und bie oft 
gluͤcklichen Kriegsleiſtungen des jungen Mamnes und weicht 


jebem Antsage wohlwollender Worgefegten zu feiner Be⸗ 


lohnung und Befoͤrberung ſtillſchweigend ans. Um fo groͤ⸗ 
Ber erſcheint die uneigennügige Dingebung, mit welcher 


Obgleich ex - 


TE — — — 
y 


gie Schöpfung in tueffender 


331 


Gabanie: dem Helben fein Leben und ſeine Ardfte warht, 
zufrieden mit dem Gekbftbewußefein, zu dem Erfolg ber 
großen Sache beigetragen zu: haben. Auch jetzt kehtt .er 
son ‚einem glänzenden, -glüdlih audgefühgten. Kriegszug⸗ 
auf das Schinß zuruͤck; die Braut. iſt ihm errungen; er 
wird mit ihr verlobt, aber Friedrich hoͤrt den Rapport 
von feiner That mit angenemmener Geringſchaͤtung an 
und will von ber vorgefhlagenen Beförderung, nichts wit 


fen. Dieſes fcheindare Verkennen des Verdienſtes, Die | 


Richtachtumg geleifteter Dienſte, beſonders dieſes abſicht⸗ 
Ehe Nichteingehen auf fremde Vorſchlaͤge, waren beſon⸗ 
dere Eigenheiten des großen Koͤnigs, die ihm oft genug 
vorgeworfen worben ſind und doch mis feinen vorzüglich 
fin Eigenfchaften, mit feiner Selbſtaͤndigkeit, feiner Vor: 
ficht, feiner unerſchuͤtterlichen Feſtigkeit unzertrennlich zu: 
ſammenhingen. Alles, was geſchah, ſollte nur ans ihm 
ſelbſt hervorgehen, ſollte ein ungetruͤhter Ausfluß feiner 
gignen Geiſtesgroͤße fein, und ebanſowol wußte: fein Scharf: 
blick das unfcheinbarfte, von Niemand bemerkte Verbienft 


Yerverzugichen und ohne fremde Empfehlung anertennend 


zu belohnen. Jedem, der fi mit ber Geſchichte Fried: 
rich's einigetmaßen hefchäftigt bat, wird gewiß ein ganz 
beftimtes Bild feines Weſens vor Augen ſchweben, denn 


es gibt in, dem „unendlichen Gebiet ber Gefcyichte ‚nicht | 
tt fo wie ee mit feinem Bilde 
erfüht umd fie fo ganz zu ſeiner eignen Schöpfung, zur Träges | 
sin und Verkuͤndigerin feines Ruhmes gemacht hätte, dei: : 
fen wunderbare Perfönlichkeit fo offen dageſtanden, fo vom 


einen Mann, ber fehte 


Freund und Feind beiaufcht, erforfcht, befchrieben und der 
wundert worden wäre. Selbſt die Arußerlichkelten feiner 
Erſcheinung, feine Lebensweiſe, feine Worte und Aus: 


fprüche haben ſich bis jegt und werben fich noch lange | 


erhalten in der Pbantafie eines Jeden, der der .cioilifirten 
Wett angehört. Um fo ſchwerer iſt es aber, eine fo all: 
bekannte, ſcharf beſtimmte Geſtalt in die Gruppirung ef: 
nes epiſchen Dichtwerks dergeſtalt einzureihen, daß fie 


nicht entweder bie übrigen Figuren durch ihre Größe er⸗ 


druͤckt oder, ihrer ſelbſt unwerth, zum bloßen Mittel herab⸗ 
gewuͤrdigt, zu ſehr in den Hintergeund tritt. Auch das hat 
der Dichter zu vermeiden, daß er nicht durch zu aͤngſt⸗ 
liches Nachbilden der Wirklichkeit dem Ideal, dieſer Seele 
des poetiſchen Kunſtwerks, zum Sthaden wirke. Denn iſt 
ſchon das bloße Porttait nicht die geringſte Aufgabe des 
Malers, ſo wird dieſe Aufgabe noch ſchwieriger, wenn er 
es mit rein erfundenen idealen Geſtalten in barmanifche 
Verbindung zu bringen bat. An allen biefen Klippen iſt 
der Dichter des „Cabanid”, während Begeifterung feine 
Segel ſchwellte, mit beſonnener Fuͤhrung bes Steuers 
voruͤbergeſchifft und hat uns ben großen Koͤnig in dieſer 
Ä Bahıfri und doch im 

anz ‚des Ideais fo dargeſtellt, daß Friedrich gleichſfam 
als das Licht enfcheint, von deſſen Strahlen die Feſtalten 
feine Gemaͤldes beleuchtet um fo ‚heller und: ſchoͤner her 
vortreten. Grade bei einer Kriegathat, bie u eine von 
Cabanis begangene Uebereilung vor des Koͤnigtß Augen 
foft rmisggade und dieſem in ungünftigem Lichte darge: 
ſtellt wird, erkennt Friedrich mehr den Willen und den 





Muth unſens Heien als ben: Erfolg an und wuͤrbigt ihn 
einer oͤffentlichen Auczeicheuunge "Im ſechsten Wach ſehen 
sie beniuhiidenneittich. an dem ſchoͤnm Ziele fees Stre⸗ 
bens angelangt. Der Friebed iſt goſchlofſen, Cabauis hat 
bie Anerkennung feines Kaͤnlgs erlangt und darf einem 
fchoͤnm Zube in -hefien Mühe entgegenſehen; die Lieben⸗ 
den ziehen nach dem jubelnden Berlin, um mitten in den 
Frendenwogen deB allgemeinen Feſtes ihre Bermählung zu 
Riem Selbſt der Marquis von Cabanis erlangt zu fel: 
nes hoͤchſten Befeligung von Friedrich's Großmuth eine 
Eheenherftelung,, die ganz daB. Gepräge. feines originellen 
Geiſtes trägt, und das Ganze ſchließt mir einer Befriedi⸗ 
gühg des Lefers, wie fie nur wenige Dichtungen diefer 
Sättung gewähren. E 

Ref. hat dem Drange .nicht widerſtehen koͤnnen, bie 
Dichtung in ihren Hauptzuͤgen an ſich voräberzuführen 
und zugleich den Eindruck, den fie beim Leſen auf ihn 
emnacht, an, bigfe Vergegenwärtigung des Inhalts an: 
chließend auszuſprechen. So mag denn freilich mehr 
eine Schilderung dieſes Eindrucks als eine eigentliche kri⸗ 
tiſche Würdigung entſtanden fen. Er darf indeſſen mit 


| Zuverficht hoffen, mie er es ſehnlich wuͤnſcht, daß bie 


roße Zahl der Lefer, die das Bud) verdient, denfelben 
indruck und benfelben hohen Genuß dabei empfinden 
suöge. Dos merkwärdige und wahrhaft nationale Werk 
wird gewiß die -allgemeine Anerkennung finden, oft noch 
von vielen Seiten beiprochen unb beleuchtet und auch ber 
gruͤndlichſtan wiflenfhaftlichen Erörterung. gewürdigt wer: 
den. Vor Allem aber ift zu wünfchen, daß ber um: 
felige politiſche Parteigeift, der feit einiger Zeit mit täp- 
pifcher Verblendung feine unreinen Hände auch an bie 


freien Geftaltungen der Kunft zu legen wagt, fi nicht 


auch diefes Gegenſtandes bemächtigen und feine Wirkun: 
gen zu hemmen füuchen möge. Moͤgan Diejenigen, bie 
um fo viel mehr von Freiheit ſchwatzen, je weniger fie 
davon verſtehen, wenigſtens dfefe, die hoͤchſte, unverletz⸗ 
barſte Freiheit, die der Kunſt, nicht misachten. Das Werk 
wird leben, denn es it aus der Wahrheit und aus ber 
Begeiſterung für fie geboren. Die Anfeindungen ber Pars 
teifucht gehöten nur der Zeit an und verfchwinden mit 
ihr. Gewiß könnten fle den Wirkungen diefer Dichtung 
nur tetardirend entgegentreten. Aber aud) die Gegenwart 
bat ihre Mechte, und wir wollen hoffen und ſtreben, daß 
dem beutfchen Volke der Genuß einee Dichtung, die ihm 
angehört, und dem Dichter der Kohn verbienter Anerken- 
nung, bie in. Deutſchland fo felten iſt, nicht durch ylumpe 
Polka und Misgunft verkuͤmmert werde. 

. Mexis hat im der meueflen Zeit von den uns 
fauberften Lippen eine Schmähung hören müflen, bie 
das wohlgefinnte Deutfchland im innerften Herzen empört 
Hat. Er iſt gluͤcklich; denn wer der gemeinen Verleum⸗ 
dung ein ſolches Werk entgegenzuſtellen vermag, kann fie 
verachten, und wir wollen ihm wuͤnſchen, daß er fuͤr 
jede aͤhnliche Anfechtung eine ſolche Antwort bereit ha⸗ 
ben moͤge. ı 19. 


74 Fu zur ’ . . . hi 








J 


832 


Der Moſticismus, nad feinem Begriffe, Uxfprunge umb 

Unmertbe; für alle Hoͤhergebildeten zuerſt ſtreng wiſ⸗ 
ſenſchaftlich dargeſtellt und geſchichtlich erläutert: von 
Georg ‚Chriftian Rudolf Matthaͤi. Goͤttin⸗ 
gen, Vandenhoeck und Ruprecht. 1832. 8. 18 Gr. 


Dieſem anſpruchsvollen Titel folgt eine Heine Schrift von 


| 195 Geiten, auf denen der Verf. zwar Raum genug gehebt 


hätte, des Trefflichen und Geiſtreichen Mancherlei zu fagen, wo 
man ſich aber vergeblidy nach einer Befriedigung ber im Bor 
aus eriegten Erwartung umfieht. Dee Berf. ruͤhmt feinem 
aus alademifchen Worlefungen entflandenen Buche nad, daß 
darin der Myfticidmus „zuerf ſtreng wiſſenſchaftlich butgefttiit 
und gefchichtlich erläurent‘‘ werde. . Sieht man aber, wie ſich 
darin faft nur das Gewoͤhnliche und Bekannte findet, und wie 
in ber Behandlung außer einer fhulmäßigen Begriffsclaſſifica⸗ 
tion — wie z. B. bie wunderliche Gintheilung des Myfticiemus 
in die „„gröbern und feinern”, „allgemeinern und beftimmtern‘’, 
„ſchlechthin praktiſchen“ und „‚ſchlechthin theoretifchen‘ u. f. w. 
„Potenzen“, worin ber Vexf. aber wahrſcheinlich etwas echt Syſte⸗ 
matiſches und „ſtreng Wiſſenſchaftlichez“ ſucht — es ſchwerlich zu 


. etwas auch nur dem Schein des wahrhaft Wiſſenſchaftlichen ſich Raͤ⸗ 


heruben kommt, das die Sache foͤrdern und in ein klareres Licht ſtellen 
Ebnnte, fo muB man ſich wundern, daß der Verf. fesbft mit fo zuver⸗ 
figtliher Miene auf fein GBeleiftetes hinweiſt. Die allgemeine 
Begriffsentwidelung des Myſticismus, bie er gibt und haupt 
fehlih in den Worten zufammenfaßt: „Der Myſticiſsmus ift 
der aus einem phantaftifchen Gefühle hervorgehende und von 


ihm geleitete Glaube an eine offenbarungsreihe Gemeinſchaft 


einzelner Geweihter mit Gott, weldger zugleich gewiſſe Lehren 
als hoͤchſt weſentliche betrachtet und auf Beheimiehren ſich gruͤn⸗ 
bet‘, iſt weder neu noch erfchöpfend; ebenfo erfcheint das Hi⸗ 
ftorifche, das aus ber factifhen Geſchichte des Myſticismus her: 
beigezogen wird, nur in fehr flüchtigen und oberflaͤchlichen Skiz⸗ 
zen. Hierin bat das bekannte Buch von Heinroth -Aber ben 
Myfticismus, fon burdy feine Ausführlichkeit beimeitem mehr 
Wertp, wenn ed au fonft nur bie mofailartige Compi⸗ 
lation einer Geſchichte des Myſticismus ift, und unfer Berf. da: 
gegen für feine Entwickelungen Neuheit, fuftematifhe Beziehun⸗ 
gen und Wiffenfchaftlicykeit in Anfpruch nimmt. Ungeachtet: fei: 
nes behaupteten wiſſenſchaftlichen Stanbpunftes faßt er aber 
au ben Begriff des Moftidamus nicht tiefer auf als fein 
Vorgänger Deinroth, dem man mit Recht die blos negative Ans 
fiht feines Begenftandes zum Vorwurf gemadht hat. Hrn. 
Mattpät if ber Myſticismus nichts als „eine in allen Hinſich⸗ 
ten verkehrte Denkart⸗ (Vorwort S. ıv)3 auch macht er, wie 
“Andere wol gethan haben, Leinen Unterſchied zwiſchen Mipflicie: 
mus und Myſtik, ober zwifchen echter und falfcher Myſtik. Gr 
erkennt vielmehr keine echte Myſtik, weder in Wiflenfchaft noch 
Religion an’ und wirft deshalb in feiner, in dieſer einfeitigen 
Richtung befangenen Darftellung alle Erſcheinungen unterſchied⸗ 
106 burdeinander. 36. 





Anſchauungen aus der Schweiz mit einem Anhange uͤber 
den ſtrasburger Muͤnſter, herausgegeben von W. A. 
Klütz. Koͤßlin, Hendeß. 1832. 12. 22 Gr. 

Das Büchelchen, durch zahlreiche Unterzeichner beguͤnſtigt, 

entſpricht feiner , beim Abfchiede von dev Schweiz S. 127 a 

gegebenen Behimmung, „MWittheilungen hoher und 

Art mit dem Bogen vor ihrer GEntwhrbigung in das Gefühl 

beutfher Zöne zu leiten, um fie ber deutfchen Bruft zu bieten, 

unverfümmert, und wie fie empfangen und gedeutet worben‘‘. 

Der Berf. rebet, wie ſich ſchon aus biefen wenigen Zeilen er⸗ 

bt, die Sprache eines Begeiſterten; aber biefe Begeifterung 

ſt nicht erheuchelt, und wird von zu Wielen getheilt, um nach: 


ns 
herrlichfter 


far Aufnahme‘ zu. verfehlen. An eine Bewillkeumnung 

iz reihen nd: ber Rheinfall bei Laufen, Zürich und 
ber Zuͤrcherſee, Ausfiht vom Rigi, der Bierwalpfläbterfee, 
bie neue Gotthardeſtraße, Grimſelhoͤhe, Meiringen, Thal Grins 
delwald, Thal Bauterbrunnen, Bern und bag Denkmal fdyroris 
zeriſcher Treue in Luzern. Die Folge diefee Ramen feigt den 
Weg, den ber Wanderer genommen, welcher bei keinem Gegen⸗ 
flande verweilt, der die Anfchauung nicht belohnt. Wem fie 
gleichfalls zu Theil warb, wird ſich angenehme GSrinnerungen 
zuräcdtufen und ber Treue und Empfaͤnglichkeit bes Darftellers 
Dank wiffen. Wer die Schweiz zu befucdhen anſchickt, wird 
nicht bereuen, dies Taſchenbuch, das fein Gepaͤck nicht erſchwert, 
an Ort und Stelle zu Rath zu ziehn, und ſich badurch vor 
der Reue ſichern, eine maleriſche Eädnbeit überfehen zu haben. 
Wem das vielbegabte Land aus eigner Anſicht fremd bleibt, 
für deſſen Theilnahme würde der Verf: genügender geforgt dar 
ben, wenn er etwas mehr Kuͤckſicht auf die willkdmmene Staf⸗ 
fage feines Landfchaften, auf die Stimmung, Sitten, Gebräuche, 
Sagen, auf Dies und Das genommen hätte, was bie Bewoh⸗ 
ner auszeichnet und unterfcheibet, wofür es ihm, mie aus einie 
gem fluͤchtigen Zuͤgen erhellt, an Sinn und Geſchick keineswegs 
gedricht. unſtreitig fehlt es nicht a Gchriften, welche biefe® 
Bebürfnid hinlaͤnglich befriebigen, aber. wenige keſer find ges 
ſtimmt, tie Beihäftigung mu einem Buche wisberbolt zu nu 
ternehmen, um aufmertfamern oder belehrendern Antheil dafür zu 
gewinnen. Haben fon die Meiſter zeichnender Künfte den 
Vortheil erkannt, ihren Darftellungen erhabener und Tieblicher 
Naturſchoͤnheiten, bie nur des Anfchauens bedürfen, um Stau⸗ 
nen unb Bewunderung zu erregen, durch .Dingufüguung: menſch⸗ 
licher und thieriſcher Geſtalten und Handlutngen Abwechſelung 
und Bedeutung zu ertheilen, fo find Zugaben biefer Art eine 
Erzähler, ber auf Worte und Redensarten beſchraͤnkt iſt un 
der thätigen Mitwirkung ber Einbildungsfraft feiner Hörer‘ nicht 
sotbehren kann, nod mehr zu empfehlen. Denn je angeſtreng⸗ 
ser und Iehhafter biefe ift, deſto leichter ermattet fie auch und 
bedarf von Zeit zu Zeit ber Erholung und Ruhe, um mit neuer 
Kraft zu erftehen. Die kann fich der Lefer freilich aus eigner 
Machtvollkommenheit geben, wenn er mit der Bufammenftellung 
menfchenleerer Schilderungen verfährt wie mit einer Samm⸗ 
lung lyriſcher Gedichte und nur eine zur Zeit feiner Anſicht 
unterwirft, die übrigen aber der Zukunft vorbehaͤlt. Doch Lie 
F zu leſen iſt freilich ungleich leichter ald die Kunſt a 
reiben, nur leider faft ebenfo felten, und einem armen Ans 
zeiger literariſcher Neuigkeiten nicht immer verflattet, fie zu 
üben. Der Anhang Über den Rrasburger Muͤnſter ift mit Liebe 
und Kennerfchaft geſchrieben und ‚zeugt von ber Gmpfindung 
und bem Geſchmack des Werfaflers. 9. 





Riterarifhe Anzeige. 
Soeben erſcheint bei mir und. ift in allen Buchhandlungen 
des Ins und Auslandes zu erhalten: 

Brancesco Petrarca’s fämmtliche Ganzonen, So⸗ 
nette, Ballaten und Triumphe, überfegt und mit er 
läuternden Anmerkungen begleitet von Karl Foͤrſter. 
Zweite verbefferte Auflage Br. 8. 344 Bogen auf 
feinem Drudpapier. 2 Thlr. 6 Gr, | 

@ine gute Zugabe hierzu bildet: 

Francesco Petrarca, dargeftellt von C. &. Kernom. 

Nebhbſt dem Leben des Dichters und ausführlichen Aus: 
gabenverzeichnifien herausgegebm von Ludwig Hain. 
1818. 8. 2243 Bogen auf Schreibpapier. Fruͤherer 
Preis 1 Thlr. 12 Gr. Segt für 12 Gr. 

Leipgig, im Mär, 1888, 
—— F. A. Brockhaus. 


Nedigirt unter Werantwortlihteit der Berlagädandlung: F. A. Broddaud in Leipig. 
en FT — 


.. - Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung. 





Das deutfche Wort: Goldmacherkunſt, erſchoͤpft ben 


Begriff nit, den Die damit verbinden, welche fidy des 


Namens Alchemie mir Bewußtſein bedienen. Ste wollen 
dadurch die Veredelung geringerer Metalle nicht bios in 
So, fondern auch in Silber, und die Hervorbringung 
eines in homoͤopathiſcher Verdünnung wunderthätigen Heil: 
mittels bezeichnen, und nermen dad Kunfterzeugniß, dem 
fie diefe Wirkſamkeit zufchreiben, Stein der Wellen, Elirir, 
Magiſterium oder Tinctur. Es liegt am Tage, daß fo= 
nad Alchemie angewandte Chemie iſt; bie arabifche Sylbe: 
al, bedeutet auch nichts weiter als die, und Luther ver 
fland fie fo, da er ihrer in Ehren erwähnte; doch if, 
wie in manchen aͤhnlichen Fällen, mit dem umfaffendern 
Sprachgebrauh nicht zu rechten. Was auf dem gegens 
wärtigen Standpunkte unfers Willens über die Moͤglich⸗ 
keit einer ſolchen Kunft bem gebildeten Laien nicht unbe 
kannt bleiben darf, ift im „Converſations⸗Lexikon“ gedie⸗ 
gen und billig zuſammengedraͤngt. Würde fie jemals Ges 
meingut, was feine nicht bios vorgeblihe Wiſſenſchaft 
ober Kunft auf bie Länge vermeiden kann, fo ließe fich 
in unzähligen Rüdfichten kaum ein verberblicheres Ereigs 
niß denken. Der plögliche Zufluß edler Metalle hat nie 
vortheilhaft auf ein Land gewirkt, Reichthum in Armuth 
verwandelt, Betriebſamkeit erſtickt und Sittlichkeit unter: 
graben. Was wäre unvermeidlih, wenn unverfiegbare 
Quellen folder Art von der ungezügelten Willkür des 
Kundigen abhingen? Geld iſt Waare und Xaufchmittel, 
deren Werth verringert oder ganz vernichtet wird, wo «6 
an Gültigkeit verliert. Eine Zerrättung aller beftehenden 
Verhaͤltniſſe, eine Suͤndflut von Uebeln braͤche herein; 
Niemand wuͤrde mehr arbeiten wollen und ſelbſt der Ver⸗ 
moͤgendſte nicht wiſſen, womit er fremde Arbeit bezahlen 
koͤnne. Es iſt erlaubt, zu zweifeln, ob ein ſolcher Zuſtand 
der Dinge ſogar den Saint⸗Simoniſten behagen wuͤrde. 
as jedoch Menſchen, denen Scharffinn, Geſchick und 
Fleiß nicht abgeſprochen werben. kann, unablaͤſſig geſucht 
und gefunden haben, gehört der Geſchichte, und wol 
ziemt ihrem Freunde, feine Aufmerkſamkeit darauf zu rich 
ten. Sie haben in der That Vieles und Schägbares 
gefunden was fie nicht gefucht, und ein Recht auf bie 


fuͤhrt, tft nichts einzumenben. 


Dankbarkeit der Nachwelt, der auch ihre Verirrungen und 
Fehlgriffe beiehrend find. Der Verf. des vorliegenden un: 
terrichtenden und unterhaltenden Buches ift nicht abgeneigt, 
anzunehmen, daß unter mehr als 500 namentlich von ihm aufs 
geführten Kunftbefliffenen fünf wirkliche Adepten das Biel ih: 
res Strebens erreicht hätten, und erinnert dadurch an den 
gefelesten Emir Arabiens, der um zehn gerechter Einwoh⸗ 
nee willen zwei bem lUntergange gemwibmete Städte vers 
ſchont wiffen wollte. Gegen die Gewiſſenhaftigkeit und 
Befonnenheit der ehrenwerthen und undigen Beitgenoffen, 
deren Zeugniß für die Wahrheit der Thatfachen er an: 
Aber Kortfchritte der Wiſ⸗ 
fenfchaft berechtigen zu einer Abweichung -von Kenner: 
anfichten, und, die Naturlehre im Ganzen, die Chemie 
im. Befondern hat felt den Zeiten Boyle's und Boerha⸗ 
ve's fo flaunenswürdige und überrafchende Fortfchritte ges 
macht, daß es kein Verbrechen gegen die Menfchheit, eine 
Undankbarkeit gegen die unfterblihen wiſſenſchaftlichen 
und fittlicyen WVerdienfte ihrer Vorgänger ift, wenn man 
nicht verbürgen möchte, ob Lavoiſier, Sourcrop und Davy 
ihre Ueberzeugung getheitt haben würden. Fuͤgt man 
hinzu, daß ein Taſchenſpieler feitener Vollkommenheit die 
fcharffichtigften Beobachter felbft alsdann noch zu hinter: 
geben weiß, menn er ihnen vorhergefagt hat, er bezwecke 
nichtd Anderes; und vergißt man nicht, daß ein angebs 
licher Adept wenigftens den Verdacht gegen fid) hat, täus 
fhen zu wollen: fo laͤßt fi die Möglichkeit nicht abs 
leugnen, ber bewunderte Meifter fei ein meifterhafter 
Gaukler geweſen. Daß ein folcher die Zeugen und Ges 
bülfen feines gelungenen Strebend zum Theil freiwillig 
befchentt; daß er Einigen fogar, indem er fi von ihnen 
getrennt, einen geringen Vorrath des Stoffes mitgetheilt 
babe, befien er ſich zur Veredlung ber Metalle bediente, 
wird erzählt und fcheint unleugbar. Doch unterläßt bie 
nämliche Erzählung nicht, zu bemerken: Keiner von Des 


nen, weldye fich diefes Vorraths rühmten und Aufſehen 


damit erregten, fei haushaͤlteriſch damit umgegangen, und 
nie fei einem unter ihnen gelungen, buch Befolgung eis 


nes ihrem Herrn und Meiſter abgelaufchten oder abges 


ftohlenen Verfahrens eine Mifchung gleicher Wirkſamkeit 
hervorzubringen. Warum ber wirkliche Befiger einer Wun⸗ 
dergabe, ber keiner fremden Beihuͤlfe bedarf, um alle ers 
reichbaren Beduͤrfniſſe eines Sterblichen zu befriedigen und 


— 


3 


\ J 


den Aufwallungen verſchwenderiſcher Großmuth und Vor⸗ 
liebe zu genuͤgen, durch unweiſe Entdeckung derſelben ſeine 


Sicherheit gefährden ſollte, iſt unbegreiflich und kann we: : 


nigſtens nicht ohne Zwang aus Anregung kleinlicher Eitel⸗ 
keit erklaͤrt werden, wo ſo viel Vermuthungsgruͤnde ab⸗ 
ſichtlichen Betrugs näher liegen. Indeffen h es ein ſehr 
gkucklicher und willkommener Zufall, daß ber kenntnißreiche 
und unbefangene Geſchichtſchreiber nicht, gleich wohlmei⸗ 
nenden, aber leidenſchaftlichen Unglaͤubigen, ſich hat hinreißen 
laſſen, beglaubigte Thatfachen und Zeugniffe 
zu entſtellen ober mit. unerweislichen Einwuͤrfen abzufer⸗ 
tigen, die den mildern Selbſtdenker gegen den. Wottfuͤh⸗ 
rer eimehmen. Indem Herr ©. fein Urtheil über einige 
räthfelhafte Erſcheinungen zurudhält, verfehlt ex dennoch 
nie, jeden verführerifhen Schein der Wahrheit aufzu: 
beiden, ſoweit die gegenwärtige Kunde der Wiflenfchaft 
dazu binreicht. Denn es ift keinem Zweifel ausgeſetzt, 
daß mancher wahrheitsliebende Chemiker der Vorzeit da 
an wirkliche Metallveraͤnderung glauben durfte, wo der beſſer 
unterrichtete Scheidekuͤnſtler unſerer Tage zwar vorhande⸗ 
nes, aber verſchleiertes edleres Metall entdeckt haben 
wuͤrde. Eben das laͤßt ſich von uͤberaus gelaͤutertem Gold oder 
Silber ſagen. In dieſer Feinheit und Laͤuterung bietet 
es der Schacht und die alltägliche Schmelzhuͤtte vielleicht 
nicht ; gleichwol ſchafft die Kunft nicht erſt, was nur zu 
verfeinern die Natur ihr geſtattet. Deindererfahrene wa: 
ten felbft durch geringhaftiged und blos glänzendes Me: 
tal, das nicht jede Probe aushielt, Leicht zu bintergehen, 
und wahrfcheinlihh haben die meiften Alchemiften, welche 
einigen Glauben gefunden, ſich felbft volllommen getäufcht, 
ehe fie Andere verbiendeten. Herr S. hält ſich fireng an 
die Geſchichte der Wiſſenſchaft und erwähnt der uͤbri⸗ 
gen Bemühungen, Thaten oder Meinungen ihrer Befliffes 
nen nicht, daher ihm gelungen ift, die bedeutende Litern: 
tur derfelben aufzufaffen und den Gegenftand nicht über 
einen mäßigen Band aus;udehnen, dem ein treffliches Re: 
gifter zu flatten kommt, ſodaß frin Werk das brauch 
barfte feiner Art wird. Dem Chemiker wird dieſe Leber: 
fiht, die auch die gelehrten Gegner der Alchemie nicht 
unbemerkt läßt, willfommen fein; aber ihn allein kann fie 
auch nur in Anfpruch nehmen. Sogenannte Trimateria⸗ 
lüften, die aus drei Beftandeheilen, Metallſtoff, Sauerftoff 
und Entfäuerung, welchen fie die Färbung zufchreiben, 
ihr Kunftwert zufammenfegen wollten, nannten diefe zwar 
mit befannten Namen Quedfilber, Salz und Schwefel, 
verftanden aber beiweitem etwas Hoͤheres, Tieferliegendes 
und Umfaſſenderes darunter als der gemeine Sprachge: 
brauch. Myſtiker redeten von der Seele, dem Samen, 
der Faͤulniß des Golbes und bildeten Kunftwörter, Denen 
zuweilen eine biendende Analogie das Wort ſpricht. Es 
bedarf eines Eingeweihten, um zu unterfcheiden, was das 
von nicht ganz vermerflich ift. 

Defto unterhaftender und anziehender ift die Gefchichte 
der Ueberlieferungen und Sagen. Schon ben älteften 
Bölkern, Aegyptern, Perfern, Istaeliten und Griechen har 
man Schriften und Dentmai⸗ untergeſchoben; doch laͤßt 
ſich keine einzige Thatſache nachweiſen, daß ſelbſt die Letz⸗ 


teren, die es doch am weiteſten in der Chemie gebracht, 
jemals unedles Metall in Gold und Silber verwandelt 
haͤtten, und erſt im 4. chriſtlichen Jahrhundert fingen 
ſie an, ſich darum zu bewerben. Nachdem die bis dahin 


.unoiffenden Araber im Jahr 640 XAlerandrien: erabert 


hatten, wurden fie leidenſchaftliche Frainde dk Sternbeu⸗ 
teeri und Alchemie, blieben es bis auf ben hritigen Tag, 
gaben der legtern! ihren Namen, trieben fie, wenn aud 
des Geſetzes wegen Jahrhunderte lang verflohlen, mit 
ifer und verbreiteten Ferne. Der 
Beruͤhmteſte und Wohlredendſte, Geber in Sevilla, aus der 
ymweitn Hälfte des 8. Jahrhunderts, ward Stifter eis 
ner angefehenen philoſo Schule, befaß umfaſſende 
Kenntniſſe und erwarb ſich hohe praktiſche Verdienſte um 
die Chemie. Daß er Gold zu machen verſtanden und in 
ſeinen Schriften auf verſteckte Weiſe gelehtt habe, iſt 
unerweislich, vielmehr erhellt aus ihnen, daß der ehren⸗ 
werthe Lehrer Alles auftichtig mittheilte, was er wußte 
oder zu wiſſen glaubte. Der Angelſachſe Haimo, Beda's 
Verwandter, Alcuin's Schüler, 853 als Biſchof zu Hals 
beritadt geftorben, fuchte den Stein der Weifen zuerſt in 
Dem, was Andere gern hinter ſich fäflen: „Geht zur 
Hinterthür der Welt (nämlich der Leinen, des Menfchen). 
und ihr werdet es donnern hören und des Windes 
Braufen vernehmen; Hagel und Plagregen wird fallen. 
Das iſt die Sache, die Ihr fucht, und fie ift koͤſtlicher 
für da6 Werk der Alchemie als alle Steine in ben Ge 
birgen.” \ 
Mit dem 13. Jahrhundert Hört die Reihe alchemi⸗ 
ftifcher Schriftftellee bei den Arabern auf, was fih aus 
den Niederlagen bes Volkes und der Unterbrechung jebes 
friedlichen Verkehrs erklärt. Der Zauberer Merlin um 
den Anfang des 6. Jahrhunderts gilt für einen Adep⸗ 
ten. Mit Anbeginn des 10. Jahrhunderts tauchen nach 
und nad Alchemiften aus der griechifchen und arabifcyen 
Schule unter den Lateinen auf. ‚Gegen Ende bes 12. 
machte Die apokryphiſche Turba bei ihnen großes Aufs 
fehben und ward fleißig erläutert. Seit dem 13. Jahr⸗ 
hundert, in welchem die Univerfitäten entflanden, verein- 
zeiten ſich die Völker nicht mehr zu alchemiftifchen Zwecken, 
fondern unterftügten und beiehrten fid) gegenfeitig, und 
die fchriftftellerifche , Oeffentlichkeit entſtand. Albert: ber 
Große trat auf, fein Schüler, Thomas von Aquino, folgte 
ihm wenigſtens in der Speculation, Michael Scotus 
fchrieb von der Alchemie, Roger Bacon glaubte an Me⸗ 
tallverwandlung, aber feine größtentheils ungebrudten Ab: 
handlungen finden fi nur in britifhen Sammlungen. 
Armoldus de Villanova war gegen Ende bed Jahrhun⸗ 
dert das Orakel feiner Zeitgenoffen, und Sohn Duns 
Scotus gilt für den erften Alchemiſten feines Landes. 
Die Kunfigenoffen wollen zwar Papft Johann XXIL fir 
ihren Mitbreuder erklären, können aber die Thatfache nicht 
ungefchehen machen, daß er bald nach feinem Regierungss 
anteitt 1317 eine firenge Strafbulle gegen die Alchemie 
erließ und bis an feinen 1334 erfolgten Tod nicht zu: 
ruͤcknahm, in welcher er fie für eine verächtlidhe Betruͤ⸗ 
gerei erklärte und Geifllichen deren Ausübung bei Ber- 


335 


luft ihrer Wuͤrde unterfagte, In -Deutichland ward biefe 
Bulle mit- unerbittlicher- Schärfe befolgt umd zwang bes 
ſonders geiftliche Alchemiſten, ſich verborgen zu halten. 
Sn Frankreich erlaubte ſich Sean de Meun, Glopinel, 
Umarbeiter des ‚Roman de Ja rose“, bereit 1320, ihrer 
zu fpotten. Raimund Lullus, Arnold's berühmter Schüs 
ter, fällt in diefe Zeil. Nicolas Flamel erfand die Sitte, al: 
chemiſtiſche Schriften mit allegorifchen Bildern zu [hmüden, 
die dem mwahnfinnigen König Karl VI. wohlgefielen. Mit 
dem Anfange des 15. Jahrhunderts trat Bafilius Va⸗ 
Imtinus auf, Moͤnch des erfurter Benedictinerkloſters, 


deffen „Triumphwagen des Antimonii” zu feinem eignen. 


Triumphwagen geworden ifl. Er befaß wirklich große 
hemifche Kenntniffe, denen auch die Nachwelt Gerechtig⸗ 
keit widerfahren laffen. Die Niederländer Holland, Ya: 
ter und Sohn, waren ausgezeichnete Chemiker und be: 
- warben fi vorzüglid um die Heilkraft der Tinctur. 
Heinrich IV. Lancafter erließ 1404 ein parlamentarifches 
Sefeg gegen alchemiftifche Arbeiten und erklärte fie für 
Felonie. Heinrich VI., allen Geheimniffen gewogen, er: 
munterte vielmehr feine Unterthanen dazu und vertraute 
befonder6 den Geiftlihen, daß fie ihnen gelingen müßten, 
da fie fo glüdlich wären, Brot und Wein in Chrifti Leib 
und Blut zu verwandeln. Aber die Geiftlihen nahmen 
bie Vergleichung übel, und MWeltliche legten ſich auf Falſch⸗ 
münzerei. Das fand in Frankreich Nachahmer. Kaiſer 
Stegmund’3 zweite Gemahlin, Barbara, ward nah Maria 
Prophetiſſa die erfte Alchemiſtin. Markgraf Johann von 
Brandenburg erhielt feiner Beichäftigung wegen den Zu: 
namen Alchemiſt; auch deſſen Bruder, Albrecht Achill, 
war thätig dafür. In der zweiten Hälfte des 15. Jahr: 
hunderts glänzt Graf Bernhard aus ZTrevifo, der, 1416 
geboren, 1490 auf Rhodos farb, wo er zehn Jahre vor 
feinem Ende den Stein ber Weifen gefunden haben 
"wollte. Marſilius Ficinus glaubte feſt an fremde Golb- 
macherei. Johann Trithemius redete ihr das Wort. 
Seit ihrer Zeit beginnt die Reihe der fahrenden Alchemi: 
ften, welche die Kunft ſtinkend gemacht haben. Leo X. 
benahm ſich wie ein Medici, machte-die Bannbulle ſei⸗ 
nes Vorfahren nicht geltend, als der gefrönte Dichter 
Augureli ihm im Sahre 1514 ein Lehrgedicht, „Chry- 
sopoeia”, widmete, fondern empfing ed lächelnd und be: 
ſchenkte ihn dagegen mit. einem leeren Beutel, woran es 
einem folchen Kunftbefiger allein fehlen tönmte Es ift 
. oft gedruckt und überfegt. Heinrich Cornelius XAgrippa 
von Nettesheim blieb auch den Xäufchungen der Alchemie 
nicht fremd. Blendenderes Auflehen machte der talent: 
volle und geiftreihe Marktſchreier Philtppus Aureolus 
Paracelfus Xheophraftus Bombaſtus von Hohenheim, 
Seine offenbaren Prahlereien und een erwarden 
und verdienten ihm, nachdem die-erite Ueberrafhung des 
Beifalls verfhwunden war, das Misgefhid, daB feine 
ausgezeichneten und 'bleibenden Verdienſte um praktiſche 
Chemie und Pharmaceutit nur von erfahrenen und prüs 
fenden Richtern hervorgehoben wurden. Der trefflihe Me: 
tallurg Georg Agricola bewarb fih um Alchemie, ohne 
Befriedigung zu finden. Leonhard Thurnepfer aus Baſel 


lebt in Moͤhſen's meiſterhafter Biographie. 
dolf TI. war gegen Ende des 16. Jahrhunderts der Fuͤrſt 
der Alchemiſten und Prag der Sonnenpunkt der Alchemie. 
Es war nicht gut fuͤr ihn arbeiten, denn er belohnte 
zwar anfangs ſehr freigebig mit Titeln und Wuͤrden, aber 
er zwang auch Unwillige und Zuruͤckhaltende, ſich in ſeine 
Naͤhe zu verfuͤgen, ließ ſie nicht wieder los und beſtrafte 
ſie bis zum Tode, nicht blos wegen Deſſen, was ſie zu 
wiſſen vorgegeben hatten, ſondern auch wegen Deſſen, 
was ſie nicht zu wiſſen behaupteten. Andere deutſche Fuͤr⸗ 
ſten, ſaͤchſiſche beſonders, folgten dieſem Beiſpiel. Beuther, 
dem, wie es ſcheint, Kenntniſſe nicht abgingen, vergiftete 


ſich im Gefaͤngniſſe, um der Hudelei zu entgehen. Wie 


vortheilhaft unterſcheidet ſich auch hier, freilich um zwei 
Jahrhunderte ſpaͤter, das Benehmen Friedrich's des Gro⸗ 
ßen, der es nicht unter ſeiner Wuͤrde hielt, zur Befrie⸗ 
digung ſeiner Wißbegier eine beſtimmte Summe auszu⸗ 
werfen, um einen geſchickten Laboranten unter gehoͤriger 
Aufſicht Verſuche anſtellen zu laſſen, die den Regeln der 
Kunſt nicht widerſprachen, und, da dieſe den Erwartungen 
nicht zuſagten und der feſtgeſetzte Aufwand erſchoͤpft war, 
den treuen Arbeiter in Stand ſetzte, in einer entfernten 


Stadt eine gute Apotheke anzulegen. 
(‚Der Beſchlul elgt.) 


\ 





Das Habsburglied, von Ludwig Auguft Frank, 
Wien, Bed. 1832. Lexikonoctav. 1 The. 12 Gr. 


In Deutfhland it mancherlei von einer Weltliteratur ge: 
fprodden und in feinem Lande berrfcht mehr partieller Localpa⸗ 
triotismus, der ein allgemeineres Sneinandergreifen ber Geifter 


baben jest wie viele Poeten, die nicht dem Gefammtvater: 
lande, 'fondern den Meinen Vaterlaͤndern, oder boch befondern 
Stammeigenthuͤmlichkeiten angehören. Es finden fi in ber Li⸗ 
teratur jetzt wieder hanoͤveriſche Patrioten, heffen-barmftäbtifche 
Sänger u. f. w., und bie abgelegenen Winkelintereffen ftören 
das Streben der arößern Köpfe unferer Zeit. Weniger auffals 
lend und weniger inhaltsleer ift ein preußifcher Enthuſiasmus, 
denn Preußen vertritt eine geſchichtliche Idee; auch Deftreiche 
eigenthümliche Würde verlangt feine Vertreter, und gibt man 
dies preis, fo möchte bie Inrifche Poefie am naturgemäßeften ſich 
zur eier partieller Deimateintereffen ergeben. An Grillpar: 
zer's Dramen it ber befchräntte Eifer ftörend genug; in lyri⸗ 
ſcher Ergiefung kann er, wenn er den Ton naiver Ummittelbar: 
keit trifft, Anmutbhiges und Werthvolles fördern. Der obenge⸗ 
nannte Dichter des Habsburgliedes“, der die Kürften feines Herr: 
fherhaufes in gefhichtlicher Reihenfolge durch trefflihe Roman: 
zen feiert, liefert den fchönen Beweis, daß ſich mit bem Local: 
patriotismus keineswegs nothwendig Verftöße gegen mwelthiftoris 
fe allgemein anerkannte Wahrheiten zufammenfinden; in vie: 
ien Stoffen, :z. B. dem Liede von ber Schlacht bei Zügen S. 


en Eormte, hat er feine Aufgabe voliftändig geidft: kindliche 
Feier bes heimifchen Fuͤrſten, ohne bie hiſtoriſche Wahrheit, die 
einen hoͤhern Standpunft verlangt, zu verlegen. Er läßt in 
bem genannten Liede Ferdinand II. eine Thraͤne über ben hel⸗ 
denmüthig geſunkenen Schwebenkönig weinen, und mit biefem 
Zuge feiert er den gutmüthigen Deftreicher und hebt ben Feind 
feines Haufes gleihwol umendlih höher. Der warmen, freund: 
lich tiefen Begeiſterung des Lyrikers, den das heimifcke Gefuͤhl 
der Liebe fo wahr und voll durchdringt, würbe man fogar bei 


Kaifer Rus 
unferer 3eit, wie man es audgefproden Bat, behindert. Wir ' 
8 


dem Herausheben feiner pastiellen Helden manchen Verftch ges 


. 


158, wo ſich ein befchränfter oͤſtreichiſcher Eifer leicht verfündi: - 


336 


en das aßgemeinere Bewußtſein verzeipen. Gine anmuthige 
e 


lvignette gibt uns ben Anblick der alten Habeburg, von 

welcher ein Herrſcher Deftreihs fo naiv fagt: „Wir haben 
halt Mein angefangen‘. In folgenden Strophen fpricht der Dich⸗ 
tee "feine Liebe zum heimatlidyen Bande am fchönften aus: 

Wie liegt ed audgegoflen im Abendfonnenglanz, 

Um demantbelle Waſſer, fmaragpner Wälder Kranz. 

Wie gleiten auf ben Strömen, die vol und rauſchend ziehn, 

So wie Gedanken flüchtig, die Kähne ber und bin. 

Um fegenöreiche Triften der Hätten weited Meer, 
’ Dazwiſchen dobe Städte, mit Binten blank und bebr. 

Auf Städten ruht der Friede, und in den Hätten SIäd 

und in den Herzen Treue und Schlachtenmutb im Blick. 

Doch glänzt der weiße Löwe in rothen Feldes Brand, ’ 

Du biß es, was ich abnte, mein ſchoͤnes Vaterland! 

Gegruͤßt du theurer Boden, der mir bie Mutter trägt, 

Der mir im tiefen Grunde den todten Water hegt, 

Und wo zuerfl die Liebe mir durch die Seele klang, 

Der Wehmutb und der Sehnſucht melodifcher Geſang, 

Gegräßt, wo Gold in Strömen, im Fels Sronatenbiut, 

Im Beil Iebend’ge Yülle, im ‚Herzen Treue rubt. 


Trefflich ift auch in folgender Stelle aus tem Gingangsgebicht 
zu den Romanzen, bie Karl V. feiern, das Bewußtfein des Deſt⸗ 
reichers mit aller Biederkeit ter Befinnung ausgeſprochen: 


Wohin ich blicke, Leben, fein Schatten doch iſt Tod, 
Durch näht’ger Wollen Weben ein belled Morgenrotb. 
Und über der Wetterwolke fchwebt Aether, bel und Mar, 
Und überm bjinden Volle Vernunft, ber Gonnenaar. 
Der Gottheit Yinger braufet hell durch die Harfe Zeit, 
Wie ferner Sturmmwind faufet Shoral der Ewigkeit. 
Wer wagt ed nachzuhallen ber Harfe Riefenlieb, 

" Das wie des Bergſtroms Fallen, wie Donner klingend zieht? 


Und doch will ihm Taufchen, und was mein Geiſt erlauſcht, 
In meine Darfe raufhen, wenn's auch nur fäufelnd rauſcht. 


Wie in dem Liede von ber Schlacht bei Lügen, fo fucht 
ſich der Sänger auch in andern Partien der Gefchichte des 
Daufes Deſtreich, wo der Glanz äußerer Thaten fehlt oder body 
einen falſchen Schimmer mit fidy führt, feine ‚Helden im Kreife 
der Häuslichleit, und wo er nicht Größe befingen kann, ba 
feiert er die gemüthlichen Seiten ber öftreichifhen Kürften. Die 
Kaifer während des fpanifchen Erbfolgelriegs gaben wenig Gtoff, 
in Maria Therefia erhebt er das Weib befonders, und ber Reiches 
tag zu Prefburg, wo fie mit dem Säugling auf bem Arme 
erſcheint, wirft eine Blorie um ihr Haupt. Joſeph II. wird 
zu oberflählih als ein Herrſcher hingeftellt, der bas Gute 
wollte, aber nicht erlangtes auf echt Öftreichifchem Standpunkte 
war er vielmehr als ein folder zu fchildern, ber daran ſchei⸗ 
terte, ein fremdes Princip der bisherigen Sntwidelung bee hei⸗ 
matlichen Berbältniffe einzuflößen. Das Nichtdſtreichiſche feis 
- ner Natur mußte mehr als ein tragifcher Zwiefpalt, ben er 
zwifchen ſich und feiner heimifchen Welt felbft erzeugte, heraus 
gehoben werben. Kaifer Franz ift mit Rührung gefeiert; bie 
Begeifterung für den jegigen Kronprinzen, Xerbinand V. von 
Ungarn, bem bad ganze Werk bebicirt iſt, erfcheint, als nicht 
frei und naturgemäß, weniger poetiſch. 152, 





— ie 


Dee Menſch in allm Zonen der Erde. Bon 3. 9. 
gofgban er, Leipzig, Engelmann. 1832. 12. 
12 ©r. 


Der Menſch ift und bleibt mit Recht ber erfte und wär: 
digſte Gegenſtand menfchlicher Forſchung, und es gehört nur zu 
den vielen und mannicfaltigen Sonderbarkeiten der Menſchen, 
daß fie demnoch alle andere Raturgegenſtaͤnde weit mehr als ſich 
ſelbſt erforfcht haben, fo viele treffliche Schriften über den Mens 


ſchen auch erſchienen find: Daher if ſelbſt bie Naturgelchichte 
des Menſchen noch in ber Kindheit. Denn auch bie Steifebes 
ſchreiber richten gewöhnlich mehr ihr Augenmerk auf bie Ber 
fhaffenheit der Gegend und deren Erzeugniſſe ala auf den Cha⸗ 
rakter des Volks und deſſen @itten und Gebraͤuche. Das Lebs 
tere if freilich viel ſchwieriger, und fehe wahre fagt Wonftetten, 
deffen hierher gehörige Werte (.‚Etudes de l’bomme” urb 
„L’homme du midi et du nord ou sur l’infiuence du cli- 
mat’) zu den neueften und beften gerechnet werden, barüber 
Folgendes: „Die Kunft, den Menſchen zu beobachten, if von 
der Kunft der Betrachtung materieller Erfcheinungen ſehr ver⸗ 
ſchieden. In der Phyſik, in der Ghemie, in der Aftronomie und 
in der Mechanik wird man durch Grundfäge geleitet, man darf 
fi nur dem Strome überlaffen; das Studium des menſchlichen 
Geiſtes aber, von allen Grundfägen noch gänzlich entblößt, gleicht 
einem Waſſer, bas Fein bereits unterfuchtes Bett, eine gleiche 
Strömung hat.’ 

Der Verf. des obengenannten Werkchens hat feinen Ge⸗ 
genftand unter folgende Rubriken gebracht: 1) Polarvoͤlker, 2) 
ſchoͤngebildete Bolker (Araber, Perfer, Hindus), 8) mongolis 


fhe Völker, 4) Neger von Afrika, 5) die Urvdlfer von Ames 


rita, 6) die malatifhen Voͤlker. Da nun ber Zitel bes Bus 
ches lautet: „Der Menſch in allen Bonn”, fo ift es auffals 
iend, baß bie Europäer und ihre Abkoͤmmlinge in ben anbern 
Erdtheilen, und zwar ohne andern Aufſchluß darüber als der zu 
fwierigen Unternehmung, fo ganz mit Stillſchweigen übergans 
gen worden find, da befonders ber Verf. auch den Ginfluß bes 
Klimas aufden Menfchen zeigen wollte. ‚Denn weit entfernt”, 
fagt er, „alle Verfchiedengeiten unter ben Menſchen vom Klima 
perquleiten, möchte ich doch auch nicht feinen großen Einfluß bes 
ftreiten. Gin anderer Mangel biefer Schrift ii, daß bie 
Quellen, aus benen ber Verf. feine Voͤlkerkunde fchöpfte, von 
ihm nicht angegeben worben finds benn es ift befannt genug, 
daß frühere Keifebefchreiber fih.unb ihre Leſer mit ihren Rad 
sichten oft getäufcht, daß fie ihre Voͤlker oft beſſer, oft ſchlech⸗ 
ter, als fie waren, befchrieben haben. Auch kann nur auf kri⸗ 
tifche Weife bie Menfchens und Völkerkunde wahrhaft bereichert 
werben. Da ber Verf. nicht wagte, Europas hochgebilbete Ras 
tionen zu ſchildern, fo hätte er wenigſtens Bonftetten’s „Men⸗ 
fen im Rorden und Süden” im Auszuge geben können, wiewol 
ev zu einer eigden Schilderung auch Stoff und Anweifung in 
den gebaltreichen Werfen von Jeniſch, ‚Derber, Zfelin, Kant, 
Zimmermann, Malte Brun, u. X. gefunden haben würde. End⸗ 
lich hat der Verf. die Refuitate feiner Schrift dadurch erſchwert, 
daß er bie verfchiedenen Gegenftänbe feiner Schilderungen nicht 
wie Bonftetten u. A. wiſſenſchaftlich gefchieden und georbnet 
bat. Auch möchte wol nidyt Jeder Urtheile, wie bie nachſtehen⸗ 
den, unterfchreiben: „Die Pferde in Arabien lernen ben Mens 
fhen verftehen und ihn lieben, unb es entwideln ſich bei ihnen 
Fähigkeiten und Neigungen, von benen weder das wilbe, noch 
das von Menſchen mishandelte Pferd etwas weiß‘; „Schöne 
und unvergängliche Züge liegen in bes MWraminen moraliſchem 
Charakter; bie meiften Leidenfchaften find ibm fremd”; „In 
Afrifa finden wir grobe Zetifchdiener neben Anhängern ber edel⸗ 
ften Religionen”. > 122. 





Literarifhe Notizen. 
Der vor Kurzem erfchienene „Chansonnier Saint - Simo- 
nien” beginnt mit bem Liebe: „La sainte canaille”, und ſchließt 
mir Béranger's Lied: „Les fous’. 


Der Arzt Brierre de Baismont hat eine intereffante Kleine 
Schrift: „Des «tablissemens d’alienes em Italie’‘, aus dem 
„Journal compi&mentaire des sciences me&dicales’ einzeln abs 
drucken laſſen. 


Eliſe Voiart bat k. Kruſe's Roman: „Der Ring”, ins 
Franzoͤſiſche überfegt. 9. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshaudlung: FJ. 4. Brodbaus’in Leipzig 
—e — ——— ———— 


— — 


\ 


- 


Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung. 





Sonnabend, 





Geſchichte der Alchemie, von K. Chr. Schmieder. 
Beſchluß aus Nr. 81.) 

Gegen Anfang des 17. Jahrhunderts war es in 
München Gitte, einen trüglichen Goldmacher in vergolde 
tem Kleide an einen eifernen, mit Flittergold geſchmuͤckten Gal⸗ 
gem aufzuhängen, was nachgeahmt ward. Seit diefem Zeit: 
raum werden Adepten und Bürgen aufgeführt, die den Un= 
glauben ſtutzig machen Eönnen, aber ihre zum Theil fehr ans 
ziebende Geſchichte muß im Buche felbit nachgeleſen wer- 
den, um dem Ergzaͤhler nicht Unrecht zu thun und die 
Veberzeugung des Lefers nicht zu erfchleihen. Da Herr ©. 
in feinen ung nicht zu Geficht gekommenen „Allotrien’’ bie 
Gefchichte der Rofenkreuzer, deren er hier nur beildufig 
und mit Verachtung erwähng umfländlich erörtert haben 
wi, fo wiſſen wir nicht, inwiefern ibm gelingen bürfe, 
den Vorwurf zu erweifen, dieſe Verbindung fei- ein bios 
ßes Poflenfpiel zu muthwiligen Zwecken gewefen. Nico: 
lai von ber politifhen, Gmelin von ber wiſſenſchaftlichen 
Seite haben diefer fehnell und weit verbreiteten Gefell: 
ſchaft ungleich wichtigere Abfichten und Einzelnen ihrer. 
Mitglieder ſchaͤtzbare Kenntniſſe und wmübertroffene Fer⸗ 
tigkeiten zügefchrieben. Kaffen ſich, wie wir glauben, bie 
Forſchungen fo ehrenwerther und umterrichteter Männer 
nicht umfießen, fo trifft die Roſenkreuzer jener Zeit kein 
gerechter Tadel ale ber, daß fie die Bedingungen geiftiger 
Ausbildung verfannt und ſich überredet haben, Wiflen: 
haft und Wahrheit, die nur durch Deffentlichkeit und 
Aufrichtigkeit vor Misverftändniffen und Irrungen ges 
fichert werden, auf verborgenem Wege und durch eine 
Zifferfprache befördern zu koͤmen, welche von Unwiſſenden 
sder Betruͤgern gemisbrämcht wird, wie die angeblichen 
Roſenkreuzer eines fpätern Jahrhunderts bewähren. 

Der große Conring erwarb ſich um die Mitte des 17. Jahr⸗ 
hunderts das Verdienſt, die Geſthichte der Alchemie von 
ihrem unhaltbaren Wuſt zu reinigen und ihre Anfprüche 
auf ein hohes Alterthum kritiſch abzuweiſen. Kaifer Fer⸗ 
dinand III. ließ eine ungehenere, 300 Dukaten ſchwers 
Denkmuͤnze kuͤnſtlichen Goldes praͤgen, das durch einen 
eizigen Sean rothen Pulvers hervorgebracht ſein ſollte, 
ernanute den Ueberbringer deſſelben, Richthauſen, zum 
Freiherrn von Chaos und ungariſchen Kammergrafen und 
verſprach dem Verfertiger eine Tonne Goldes, wenn er 
ſich kundgeben wolle; aber der war verſtorben oder be⸗ 


niß man ihm vorgelegt. 





durfte fremden Geldes nicht. Um dieſe Zeit mehren ſich 


‚die befremdlichen Erzählungen und gewinnen einen Ans 


ſtrich der Wahrheit. Der wadere Techniker Glauber 
fachte den Stein der Weifen, fand ihr nicht umd fuhr 


| fort, deffen Möglichkeit erweifen zu wollen. Werner Rol⸗ 


fine, Athanaſius Kircher waren ertfchiedene und heftige 
Gegner der ÄAlchemie, der Letzte aus dem ihm eigenihlems 
lichen Grunde, daß es zwar wirkliche Metallverwandlun⸗ 
gen gegeben, daß’aber der Teufel folches Blendwerk her⸗ 
vorgebracht habe, um bie Seelen zu verführen. Der große 
Zeibnig ward auf Empfehlung feines Oheims, Pfarrers 


in Nürnberg, dort im Jahr 1666 Geheimfchreiber einer 


alchemiſchen Gefellſchaft, fand großen Beifall bei ihr, gab 
aber dies Gefchäfe Schon nad) Jahresfriſt wieder auf. 
Beides ziemte dem hochbegabten Geiſte, der aus jedem 
Kieſel Funken zu ziehen verftand. Der erfinderifche Becher 
kaborirte ohne Erfolg; Mochof glaubte und erzählte; bee 
noch gläubigere Olaus Borrich ftrebte vergebens, durch 
Aufwand großer Gelehrſamkeit Conring's gefchichtliche 
Gründe zu erfhütten. Spinoza erwähnt einer Metall: 
verwandlung im Hung 1666, deren beglaubigtes: Ergebs 
Sn Liefem Zeitraum kam die 
Kunft zw den Türken, und der audgezeichnete Feldherr 
und Staatsmann, Grofmweffie Mohammed Kiuprili, ber 
fchäftigte fi mit ihre. Im Tanger gab es eine Menge 
eifeiger Alchemiſten. Johann Kunkel von Löwenftern, ein 
fehr redlicher und geſchickter Arbeiter, unrechtmäßig vers 
folgt und angefeindet, fand den Stein der Weiſen nicht, 
ben. er bis im fein 72. Jahr ſuchte, aber die Verferti⸗ 
gung des Harnphesphors, des Mubingiafes umd manche. 
wichtige Entdedungen und ftarb, mit Recht geachtet und 
gefhägt, 1702 als Bergrath in Stockhoim. Der große 
Boyle glaube, ein ihm won einem Fremden mitgetheiltes 
Pulver babe die Kraft bewährt, Gelb zu verunedeiny 
Herr ©, beweift aus wiſſenſchaftlichen Geinden, das 
Gold fei dadurch nur legirt worden, wenngleich ein böchft 
geringer Theil des Pulvers diefe Beränderung bewirkt habe, 
Der Freidenker und Geifterfeher Borti fand als Alchemiſt in 
Dienften Friedrich III. von Dänemark, warb nach beflen 
Tode verabfchiedet und ſtarb 1695 als Sefangener auf der 
Engelöburg. Federico Gualdo, räthfelhapt im Leben und im 
Tode, hat auch als Alchemift von fich reden gemacht. Paul 
Lucas berichtet Unglaubliches aus dem Morgenlande. 


l 


338 


Im 18. Jahrhundert weiß man’ viel von Adepten zu 


erzählen, aber fie entziehen fi anhaltender Beobachtung 
fo fchlau und bebende, daß felbft der Gerngläubige nie 
gewiß tft, ob von Einem oder von Verſchiedenem geredet 
wird. Der bekannte Bötticher, dem ein angeblich griechi= 
ſcher Bettelmoͤnch, Laskaris, — *X Goldtinctur ge⸗ 
ſchenkt hatte, machte gluͤckliche Verſuche damit, derent⸗ 
wegen man ihn in Berlin einſperren wollte und zwei 
Jahre hernach, als ſein Vorrath in Dresden erſchoͤpft 
war, auf dem Sonnenſtein verhaftete, weil man ihn da⸗ 
durch zu zwingen hoffte, eine Geſchicklichkeit zu beweiſen, 
die er nicht beſaß. Dort war er fo gluͤcklich, 170* das 
braune SSaspisporzellan, 1709 das weiße Porzellan zu 
erfinden, erhielt zwar des Sabrikgeheimniffes wegen die 
Freiheit nicht zurüd, burfte jedoch wieder die ihm fehr 
angelegenen Freuden ber gefelligen Tafel genießen, Und 
flarb unangefochten und nicht ungeehrt 1719. Andere fol: 
ten durch das Ähnliche Geſchenk eines Unbekannten auf 
kurze Zeit bereichert worden fein; doch erfegte keines von 
ihnen den verfchmendeten Vorrath durch eine gluͤckliche Ent: 
deckung. Der berüchtigte Gaetano . Graf Ruggieri hin: 
tersing Jahre hindurch Fuͤrſten und Könige und enbigte 
zuletzt 1709 im herkoͤmmlichen Flittergold am Galgen zu 
Küften. Die Juriſtenfacultaͤt in Leipzig ertheilte 1725 
ein Gutachten, das Silbergefchier der gefchiedenen Reiche: 
oräfin von Erbach, welches ein ungenannter Adept in 


‚Sold verwandelt haben folle, dürfe von ihrem vormaligen 


Gatten nicht in Anfprud) genommen, werden. Der große 
Stahl begann feine Laufbahn im Glauben an Alchemie 
und emdigte fie im Unglauben. Homberg, ber rebliche 
Laborant des Herzogs Megenten von Orleans, glaubte, 
vermuthete, erhafchte nicht. ‚Der freidenkerifche Xheofoph 
Dippel fchroärmte für Alchemie, obgleich ihm eine, nad) 
Faber's Schriften, nicht ohne Schein bes Gluͤcks verfer: 
tigte Tinctur nie zum zweiten Mal gelingen wollte. Ge⸗ 
gen bie Mitte des 18. Jahrhunderts erregten einige Franz 
zofen großes Aufſehen, was wahrfcheinlich ihren. geiftreis 
hen Landsmann, Lenglet du Fresnoy veranlaßte, feine 
hoͤchſt unterhaltende und bis dahin umfaflendfte Gefchichte 
und Literatur ihrer Kunft zu fchreiben. in 8Sjähriger, 
unbeachteter hamburgifcher Sude, Benjamin Jeße, ward 
erſt nad) feinem Tode durch feinen chriſtlichen Erben ale 
Adept bekannt. Sehfeld, dem Juſti das Wort redet und 
der wenigſtens über den Verdacht habfüchtiger Betruͤgerei 
erhaben ft, gewann 1748 die Achtung des Kaiſers Kranz, 


“der ihn ber firengen Behandlung feiner Gemahlin entzog 
und einer ungleich fchonendern unterwarf; aber er wußte‘ 


auch diefer zu entfliehen und fogar feine Wächter, zwei 
bis dahin treue kaiſerliche Diener und Landsleute, als 
Begleiter mitzunehmen, ohne daß es möglich geweſen 
wäre, die Spur der Fluͤchtlinge aufzufinden. Nicht un: 
möglich ift jedoch, daß er der Durchreifende geweſen, wel⸗ 
cher dem Gehüffen ber halliſchen Waifenhausofficin, Reu⸗ 


Sing, eine Probe feiner Meifterfchaft gezeigt. Reußing war 


deſſen Herr S. mit bankbarer Verehrung erwähnt. 


der Schwiegervater des Berg: und Salinenbirectors von 
Leyßer, ber biefen Vorfall 1774 zuerft bekannt machte, aus 
in 


ı 


Bud, dem fein Lächerlicher. Titel geſchadet: „Edelgeborene 
Jungfrau Alchymie“ (Zübingen 1730), vielleicht vom 
Profeffor Kreiling, enthält ſchaͤtzbare Materialien und ift 
kritiſchen Gebrauchs. nicht unwuͤrdig Seit 1751 treten 
wieder Damen, fogar junge und ſchoͤne, als Adepten auf, 
aber ihre Schäfer gewannen nichts dabei.‘ Ein 20jähs 
tiger Betrüger, Sohann Georg Stahl, dem es nicht an 
wirklichen Kenntniffen, wol aber an Sittlichleit des Be⸗ 
tragen® gefehlt zu haben fcheint, trieb ſich ſeit 1755 un: 
ter verſchiedenen Namen in den Rheingegenden umber, 
ward 1761 zweimal in Koblenz verhaftet,. war aber fo 
gluͤcklich, zum dritten Mat zu entwifhen, und fo klug, 
ſich nicht wieder ertappen zu Laflen. Vielleicht war er nur 
das Werkzeug in der Hand abfichtsvoller Raͤnkeſchmiede, 
die auch feine in größter Armuth zurüdgebliebene Frau 
und Kinder verfchrinden ließen, nachdem fie alle ihre. 
Schulden bezahlt hatten. Profeffor Schröder in Marburg 
gehört zu den neueren Roſenkreuzern, hat reblich geſam⸗ 
melt und gefchrieben, aber nichts gefördert. James Price, 
Arzt in Guilford, hatte nad) langer Anſtrengung endlich 
eine Zinctur des Goldes und Silbers erfunden, aber von 
ſchwacher Wirkſamkeit und in ihrer Anfertigung fo nach⸗ 
teilig für die Gefundheit, daß er davon abfland. Wiß⸗ 
begierige Freunde vermochten. ihn jedoch, im Krühjahr 1782 
zehn Verſuche anzuftellen, die den Vorrath erfchöpften, 
den’ er weder erneuern konnte noch wollte. Aber Sir 
Joſeph Banks, Kirman, ‚Higgins und andere bedeutende 
Chemiter Englands drangemgbeshalb fo heftig und zuletzt 
fo ehrenrührig in ihn, daß fein ehrlicher Name dadurdy 
gefährdet ward und fogar feine bisherigen Gönner mit 
ihm unzufrieden wurden. Als er biefe Zeugen vormali= 
ger Ergebniffe im Auguft 1783 zu fich eingeladen hatte 
und alle es abfchlugen, ging er durch einen Schlud! Kirſch⸗ 
lorberwaſſer freitilligen Todes aus der Welt. Er hinter 
ließ ein Vermögen von 70,000 und befaß ein jährliches 
Einkommen von 800 Thalen. Ein Märtyrer der Eitel⸗ 
keit ward Price gewiß, aber nicht fowol eigner als frem⸗ 
der, ded Zunftzwanges, der. nach jedem Aufſchwunge einer 
neuen Schulanficht doppelt fühlbar wird. Man glaubte 
damals mit der chemiſchen Theorie völlig im Meinen zu 
fein, man verzieh keinem Denker, bagegen zu verftoßen; 
man belegte Den mit Spott und Beratung, der das 
Recht nicht aufgeben mollte, eine abweichende Ueberzeu⸗ 
gung geltend zu machen, und ber Tiefgekraͤnkte warb fols _ 
her Zeitgenoſſen uͤberdruͤſig. Was menfchlicher Verſtand 
darbietet, fol und darf mit allen ehrenwerthen Waffen 
bekaͤmpft werden, welche die Vernunft des Zweiflers aufs 
zubieten vermag; iſt aber unwillfürlich. verfchuldeter Irr⸗ 
thum hinreichend, einen Menfchen feines ehrlichen Na⸗ 
mens zu berauben, fo hat ihn’ kein Sterblicher je verdient, 
noch wird ein folcher ihn jemals verdienen. Es liegt niche 
an den fehdelufligen Parteigängern jeglicher Farbe, daß 
ihre ſchonungsloſe Unduldſamkeit nicht täglich ſolche Schlachts 
opfer hinrafft, und fie fich einftweilen begnügen müflen, 
achtungswerthen Leuten das Leben zu verbittern. Sem⸗ 
ler's alchemiftifche Misgriffe find bekannt. Man behan⸗ 
beite ben bochverdienten Greis mit zuvortommenber Scho⸗ 


— 


— > — EEE —— — 


. 


ſcheint unheilbar geblieben zu fein. Hoftath Beireis, der 
viel wußte und befaß, und noch mehr zu befigen fcheinen 
wollte, fah ed gern, wenn man ihn für einen Adepten 
bielt. Unftreitig verdankte er feinen felbft erworbenen Reich» 
thum dem Mineralkarmin, welchen er vorzuͤglich fchön 
darzuftellen wußte. Wiegleb's „Hiſtoriſch⸗kritiſche Unter: 
fuhung der Alchemie” (Weimar 1777, neu aufgelegt 1793) 
iſt freilich Beine unbefangene Prüfung, fendern einfeitige 
und Seidenfchaftliche Widerlegung des Gegenftandes. Aber 
fie erwarb fih das unfchägbare und bleibende Verdienſt, 
duch ihre Anfchaulicykeit und unverkennbar herzliche Ueber: 
jeugung Unberufene abzuſchrecken und Berufene behut: 
fam zu machen. Das gefhah vorzuͤglich damals zur rech⸗ 
ten Zeit, wo geheime Gefellichaften, die wenigftens dem 
Rufe nach nicht geheim bleiben wollten, fehr gef&häftig 
waren, fih und Andere zu thörihten Hoffnungen und 
gefährlichen Verſuchen zu verführen. Es ift ja nicht zu 
beforgen, daß der geiftreiche und unterrichtete Naturfor: 
ſcher jemals aufhören ſollte, Erſcheinungen der unerfchöpf: 
lichen Natur und Kunft mit aufmerkfamen Augen zu 


‚ beobachten, Erfahrungen feiner Vorgänger mit den feini: 


gen zu vergleichen, zu berichtigen ober zu beflätigen, und 
fogar, wenn «6 fein DBermögen erlaubt, oft mislungene 
und verfchriene Arbeiten neuer Prüfung zu unterer: 
fen; aber daran ift allerdings gelegen, daB Ungemeihte 
fi) und Andere feltener zu Grunde richten. Dazu hat 
Wiegleb ohne Zweifel weſentlich beigetragen und das rein 
wiffenfchaftliche Anfehen ‚gleichgefinnter Männer feit dem 
Ende des 18. Jahrhunderts die alchemiſtiſche Schriftftel- 
lerei vom Öffentlihen Buͤchermarkt verſcheucht. Von 1796 
— 98 trat freilich fogar im „Reichsanzeiger” eine her: 
metifche Geſellſchaft von Zeit zu Zeit mit Fragen hervor, 
aber fie hörte zu. fragen auf, als Niemand nach ihr 
fragte. Am Schluſſe ftellt der Verf. mit kurzen Worten 
die Ergebniſſe feiner Ueberzeugung zufammen. Wir ges 
trauen und nicht, fie zu unterfchreiben, aber wir wieder: 
boten unfere Erkenntlichkeit für bie Belehrung und Un: 
terhaltung feines Iefenswürbigen Werke. 95. 





Was darf das deutfche Volk von feinen Landſtaͤnden er: 
warten? Bon Wilhelm Schulz. Frankfurt a. M., 
Körner. 1833. 8. 6 Sr. 


Herr Dr. Wilhelm Schutz ift als ein rüftiger Vorkaͤmpfer 
in den Reihen der Gonftitutionnellen ruͤhmlich befannt. „ MWäh: 
rend noch eine Sriminalunterfuhung wegen feiner Schrift: 
„Deutſchlands Ginheit durch Nationaltepräfentation”, wie das 
Schwert des Damofled über feinem Haupte ſchwebt und nur 
deshalb noch nicht herabſank, weil auf die erfolgte Denunciation 
deö GSriminalfenats zu Ghlingen in Würtemberg die Behörben 
in Darmfladt um tie Frage ber Gompetenz ftreiten und jede 
fie von fi abzulehnen ſucht — ein Eonflict, den wahrſcheinlich 
der Staatsrath entfcheibet —; während biefer Zeit nimmt er 
abermals furdyelos fein tbnendbes Geſchoß zur Hand, aber nicht, 
um wie weilend Apollo die medicinifche Peſt in, den Reihen 
der Gegner damit einzubürgern,, fondern die moralifche und po: 
litifhe daraus zu verfcheuchen. 

Alerdings ift die obige Frage jept rine gewidhtige. Denn 


339 J 
nung, aber die tiefe Verwundung feines Selbſtgefuͤhls 


vielleicht noch nie waren ber Gtänbe in Deutſchland gleichzeltig 
fo viele verfammelt als grabe jetzt; vielleicht noch nie zählten 
fie fo treffliche, wohlbelannte Namen. In Bürtemberg, Kös 


. nigreih Sachſen, Hanover und den beiden Helfen tagen fie; 


in Baden und Naſſau röthelt bereits ihr junger Tag. Dabei 

firalen Namen wie Ubland, Pfizer, Schott, Menzel, Jordan, 

Pfeifer, Höpfner, Iaup, von Gagern und viele Andere. Solche 

Goufellstionen treffen ‚felten wieder zufausmen, und bie Zeit tft 

darnach, ihren Kräften einen Gegenftand, ein Biel zu geben, 
Ded Schweißes ber Ebein werth! 


Hear Dr. Schulz beginnt feine Schrift mit ben Worten: 
„Einfach und Har, wie alles Bedeutende im menfchlichen Leben, 
find die Foderungen ter Pflicht und Ehre. Mögen immer in 
unferm zerriffenen Vaterlande die SIntereffen taufendfach fich 
durchkreuzen; mögen die Anſichten und Wuͤnſche dahin und dort: 
pin ſchwanken, ber unverbildete Verftand, der reine Sinn und 

a8 zaglofe Herz finden leicht fich zurecht, wenn es barum gilt, 


- die naͤchſten Gebote der Pflicht zu erfüllen. Klar und deutlich 


liegt auch der Weg vor Augen, welchen die Abgeordneten deut: 
flyer Volleftämme unerfchütterlich zu verfolgen haben. Er ift 
mit den wenigen inhaltefdyiveren Worten bezeichnet: Thut 
Recht und ſcheut Niemand!’ 


Herr Schulz zeigt ſchann, daß bie firengftie Bewah— 


rung und die vollfte Anwendung bes Rechts der Volksvertreter 


zugleich bie unverbrüdliche Pflicht berfelben fei. Wohl möge 
in ben engern Kreifen des Privatlebens, wenn es um Mein 
und. Dein ſich handle, bie Willigkeit walten und alleg Etrenge 
zu mildern, alles GSchroffe zu ebenen fuchen; „aber in dem 
Bereiche bes, Öffentlichen Lebens ift ben Abgeordneten der Na: 
tion zur Vertheidigung gegen jeden verlegenden Angriff ein 
fremdes heiliges Gut vertraut.’‘ , 

Der Berf. zeigt nun, wie theilß durch die nach und nach 
zerfallenden Formen des Feudalweſens, insbefonbere den mehr vers 
einzelten Güter: und Vermoͤgensbeſitz, theild durch die allmä- 
lige Berbrängung ber einfachen Handarbeiten durch das Fabrik: 
und Manufacturwefen und die fo fchnelle Vervolllommpung des 
Maſchinenweſens, theils durch die ftetg zunehmende Bevdlkerung 
auch alle Berhältniffe, welche den bürgerlichen Erwerb beruͤh⸗ 
ren, im Buftande der Auftöfung fi befinden. Aber nicht durch 
neue Mojorate, buch Zunftzwang in Gewerben und Handel, 
duch Mafchinenzerftörung will er bem gefteuert haben. Das 
Medium ber Hülfe findet er bier in ben Ständen. Mehr ald je be: 
firitten fich die Intereffen des Landbbaus, ber Gewerbe und bes 
Handels. „In der ſtets allgemeiner werbenden Verwirrung ber 
Meinungen und Begriffe gibt es faft kein anderes Bindungs⸗ 
mittel mehr als eine Vollsftimmung, welde von bem frühern 
gewohnbeitsmäßigen Bertrauen auf die Weisheit und ben guten 
Willen ber Gewalthaber zuerft in bumpfe Bleichgültigfeit und 
dann in entfchiebene Unzufriedenheit mit einem Beſtehenden 
übergebt,, das in ſich felbft fo geringe Bürgfchaften des Beſtan⸗ 
bes trägt.” Die Selbſtſucht ber Individuen, überhaupt alle 
Sonberinterefien im Intereſſe ber Geſammtheit zu vereinigen, 
hält der Verf. für „die hoͤchſte Aufgabe ber Regierungen“ An: 
zeichen, daß ſich das äffentliche Mebürfniß mit der öffentlichen 
Meinung bereits dahin richte, findet er in ben in- der neueften 
Zeit fo zahlreich entftandenen Affociationen für Erreichung ber 
mannidhfaltioften Zwecke des menſchlichen Lebens. Nachdem 
dann der Berf. in kurzen ſcharfen Zügen entwidelte, was das 
deutfche Volk feit 17 Jahren erwarten konnte und nicht erhielt, 
nachdem er namentlich im 19. Artikel der Bundesacte „redlich 
interpretict das Verſprechen des freien innern Verkehrs” durch 
ganz Deutſchland fand, zeigt er, bad dies Verſprechen nidyt er: 
fuͤllt ſei, „welcher Art auch die Handelspertraͤge und Handels⸗ 
vereine zwifden einzelnen Bundesſtaaten find, deren zweibeuti« 


gen VWortheil uns vorzurechnen man fo fruchtloſe Mühe ſich 


gibt”. Nur in einer von Anfang an gegrünbeten deutſchen 
Rationalvertretung,, entgegen den Yürftengefandten, findet ber 
Berf. Hier Heil, und dabei gibt er Winke, mie die jegigen 


+ 


x 


340 


Gtändeverfammlungen auf deren Realrung, namentlich zur 
‚Berwirkiihung des erwähnten 19. Artikeis, hinzuwitken ver» 
mögen. = 

a Gin anderer Abfchnitt zeigt, daß der Sturm ber Ereigniſſe 
in den legzten Jahrzehnten, biß zu ben aͤrmſten Staatöbürgern 
hinab, taufend Anſichten, Doffnungen, Befuͤrchtungen und Er⸗ 
wärtungen erzeugt habe, welche fi nur der Par erkannten 
Nothwendigkeit; den Geboten einer ſtrengen Gerechtigkeit. unters 
werfen. Hierzu komme die Ungleichheit in der Vertheilung der 
Abgaben und ber Staatstinnahmen. Alles Dies dringe auf 
möglichfle Erſparniß in allen Zweigen des Staatshauchalts. 
Mittel hierzu Iägen in ber Herabfeaung ber hoͤhern Befolduns 
gen, aldbald ober doch im Fall der Wacanz F einer unvermweilten 
VBefoldungsfteuer und üserhaupt einer Beſteuerung aller Derer, 
welche feither nit unmittelbar zu ben Staatslaſten beigegogen 
worden find. | 

Gin. dritter Abfchnitt zeigt, daß es zur höchften Aufgabe 

einer gerechten Politit wurde, ben ganzen Staat und alles 
Gtaatdleben auf das Vertrauen bes Volles zu gründen. Unums 
gängliches Mittel ſei hier möglichfte Deffentlichkeit und diefe 
wieder bedingt durch „unverfümmerte Preßfreiheit”. Die Geg⸗ 
ner biefer Freiheit hätten Wirth, Siebenpfeiffer u. A. felbfk zu 
immer entfdiebenerm und heftigerm Kampfe durch ihre Verfol⸗ 
gungen getrieben "u. ſ. w. 

Ein vierter Abfihnitt behandelt bie verſchiedenen Bundet⸗ 
befchlüffe des vorigen Jahres, infomweit fie die politifdhen reis 
heiten bes beutfchen Volles betreffen, alfo namentlich die Mer 
ſchluͤſſe des 28. Suni. Bauptfächlih der Wunſch, daß ber Lefer 
nicht glaube, mit einem magern Auszuge des hier vollftirömend 
Gntwidelten, durch alle gefprengten und gegrabenen Kluͤfte ber 

Genſurluͤcken Braufenden habe er genug, daß er vielmehr zum Werts 
hen ſelbſt greife, veranlaßt uns, weniger ausführlicher hierüber zu 
fein. Das ftändifche Recht der Steuerverweigerung und bie 
Bedeutung biefes Rechtes was von ber Zuflimmung ber confli: 
tationnellen Bunbestagsgefandten zu ben Bunbestagsdefchläffen 
zu balten ſei, befonders bie Gregefe beö zweiten Artitels ber 
Beſchluͤſſe (8. 77 — 31); bie Natur bes Unrechts, welches bie 
zuſtimmenden conftitutionnellen Minifter begangen (dev in ber 
Rote citirte S. 1763 fa. von Feuerbach's „Lehrbuch bes peins 
lichen Rechts‘ läßt keinen Zweifel barüber) ; was die Gtände 
beshaib gegen fie einzuleiten haben (Berſegung in den Anklage⸗ 
fand), und daß keinerlei Kuͤckſicht, Leine Bedenklichkeit fie das 
von abhalten hürfen, — findet hier feine überzeugenbe und feurige 
Begründung. „Mit diefem Gebote des Rechts und der Ehre 
flimmt zugleichh das Gebot einer hoͤhern politifcken Klugheit 

"überein. Vor allem Andern it es jest, ba es um conflitutions 
nelles Sein ober Nichtjein fidy Handelt, die naͤchſte und wich 
tigfte Aufgabe der Staͤnde, fi in dem Kampf für die echte 
des Wolle der lebendigen und allgemeinen Sheilnahme beffelben 
zu verfihdern. Kalt und theilnahmlos aber würbe das Vol zus 
fehen, wenn ſich die Stände nur auf langweilig fpigfinbige Er⸗ 

rungen und Gegenerklaͤrungen über bie Bebeutung ber Bundes» 
beſchluͤſſe einlaffen, wenn fie das Unrecht, ſtatt es offen anzu⸗ 
reifen, nur beſchoͤnigen und bemänteln wollten. Gleichwol bürs 
en fie verfichert fein, daß eine halbe Dppofltion nicht weniger 
als eine entſchiedene und ganze Oppofltion ihre Auftöfung zur 
Kolge haben wird; daß fie in jenem Kalle um fo weniger ihres 
eignen Wieberberufung entgegenſehen innen ; und daß es um 
fo leichter fallen wird, eine völlig ſervile Kammer zu berufen, 
je mehr fie von Anfang an durch ein zweibeutiges unb kraft⸗ 
lofed Benehmen ihre Popularität verſcherzt haben.’ (S. 84,85.) 
Ein fünftere Abfchnitt dringt darauf, daß die conftitutions 
nellen Staaten Deutf&lands und in biefen bie Abgeorbneten 
felbft die „redliche Bollziehung” bes 13. Artikels der deutfchen 
Bundesacte von ben beutfihen abfoluten Staaten verlangen und 
bis dahin mit der Einrede bes nicht erfüllten Wertrags alle Jo⸗ 
berungen derſe!ben zuruͤckweiſen follen. Mittel, bier tächtig unb 


eraifttich aufzutreten, finbet fobamın bee Vorf. in bee Errficliuhg 
mr allgemein Wollt ung, wilde zugleich noch andere 
Bortheile bringe. (S. 37— 88). ot 

Der legte Abfchnitt muntert die Stände auf zu feſtem, 
ſchwanktvſem Stehen, beſonders in Beruͤckſichtigung ber noch in 
ben letzten Yahren gemachten Erfahrung, wie unheildell Gchwan⸗ 
Ben fei und mit genautser Wezeidnung jener Brfahrungen zus 
Bäche von bee legten buisifchen Staͤnbeverſammlung abgeleitets 
Der Berf. erwartet, daß bie Foberumgen ber Prehifreibeit und 
Bürgergarden oder die Berweigerung des Budgets die Alter: 
native der deutſchen Abgeordneten fei. Die rechtlichen Folgen 
hiervon feien Bar. Jede Beitvelbung mb Erhebung nicht vers 
willigtee Steuern „würde ein wiederholtes Unrecht, ein fortger 
fegtex Verfaſſungsbruch“ fein. Aber feib im Falle bes Erhe⸗ 
bung würden fi Wortheile zeigen; bie Regierungen würben 
auf materielle Erleichterungen deuten, bie Staͤnde dem Volke 
nicht mehr ats unnuͤte Laſt erfcheinen und, faͤnden Beine mates 
riellen Brleichterungen ftett, auch dann fidh newer, ben Volks⸗ 
freieiten günftige Verhaͤltniſſe ſchuͤrzen. Bei der MWerfchiebene 
artigkeit ber Anfichten, bie jest unter ben Sreigefinnten des 
Volks herrſchen, könne nur Eins Allen dienen und bie Sache 
Allee fördern: „zwar um fein Haarbreit die Linie ihrer Wer 
fugniffe zu uͤberſchreiten, aber auch auf ber vollen Behauptung 
und Gewährung bes Rechts feft zu beharren, ſelbſt wenn fie 
gewiß find, daß bie Aufıöfung der Kammern und ſelbſt die mo⸗ 
mentane Vernichtung des lesten Scheins ber Berfaflungen bie 
unmittelbare Folge iſt“ (&/ 43, 44), 

Gewiß fprit dieſe Schrift Viele uͤberzeugend an; aber 
felbft die Segner, wenn fie nur einigermaßen vernünftige Geg⸗ 
ner find, werden der einfachen Großbeit und Wuͤrde ber barin 
entwidelten Gedanken und befonterö dem SBeftreben Ehre wis 
derfahren Iaffen, ben Faden bed Gewebes ber Zukunft an bie 


. 


Orgenwart zu verzerren und daran gu reißen. 


Begenwart zu fügen, ohne abſichtlich und mit eirbpaberel biefe . 





Miscellen. 

Staupitz; es fei wahrſcheinlich, daß er in ſeinen letzten Le⸗ 
dentjahren Siſchof zu Chiemſee geweſen. („Allgemeine Litera⸗ 
turzeit.“, 1882, ©. 360.) Daß er es aber niemals war, iſt 

ewiß, ſ. Hansiz Germ. sacra, Il, 587. Pauli Fisehert 


— 


heatrum viror. illustrium. Novissimum- Chronicon antiqui 


Monasterii ad 8. Petrum Salisburgi. Augustae, 1772, S. 448, 
Joannes IV. Stanpitzias abbas 1522, fi. den 28. Dec. 1521 
abs Abk. 


In Nr. 25 der „Zahrbücher für wiffenfchaftliche Kritik‘ für 
1888 wird als ein befonders merkwuͤrdiger Umſtand 

die gemütherhebende Art, womit felbft Batholifche Schriftfieller bie 
Geſchichte deu Reformation behandelten, 3. B. Wolf, Breyer, We⸗ 
—— jetbft Zſchokke. Letzterer iſt notoriſcherweiſe ein aus Mag: 
eburg gebuͤrtiger Proteſtant, ſowie Breyer, der geborene Wuͤr⸗ 
temberger; ich habe alle genau und perſoͤnlich gekannt. Wolf, Ver⸗ 
faſſer der „Geſchichte der Jeſuiten“ und Antijefuit, konnte doch 
mol ohne Inconſequenz kein Feind ber Reformation fein. Was 
aber von dem Weſtenrleder'ſchen Liberalismus zu halten, daruͤ⸗ 
ber beliebe man nur feine „Centum theses“ unb überhaupt 
fein Stillſtehen oder vielmehr Zurüdtfchreiten  feit 25 Jahren zu 
betrachten, was auch darüber bie neuelte Eobfchrift des Herrn 
Dperconfiftorialpräfldenten von Roth ſagen mag. 


Kaspar Eturm befleibete das Amt eines Keichsheroldes ; 
wie er aber zu bem Beinamen Zeutichland gekommen, ſei unge 
wiß; 8. „Allgemeine Literaturzgeit., 1832, ©. 2351. Ant« 
wort: als Reichäherolb, weil alle Herolde Amtsnamen von Lan⸗ 
dern trugen: 3. B. Ungestand, Dolland, Engelland. 35. 





Revdigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagsbandlung: U. A. Brodhaus in Leipzig. 


Blätter 


für 


fiterarifg e Anterpaitn tung, 





Sonntag - ° 





Yeber Reinhart Fuchs im feinen verfchiedenen Geſtal⸗ 
tungen. : 
Dritter und Tegter Artikel. *) 

Mit dem 12. Jahrhundert erfchienen verfchiebene neue 
Bearbeitungen der alten Maͤhr von bem Fuchs Reinhart. 
Eine berfelben haben wir in ben vorhergehenden Artikeln 
fhon angeführt und inſoweit, als es bier vergönnt war, 
harakterifiet. Dies konnte auch um fo eher gefchehen, 
als diefe Ueberarbeitung mit dem Originalgedicht gleiche 
Sprache hat. Anders aber flieht e8 mit den andern Bear: 
beitungen, welche in die angegebene Zeit fallen. Diefe 
find nit nur in verfehledenen Sprachen abgefaßt, fonbern 
auh Sinn und Debeutung Mi fi ein anderer. In Lothes 
ringen, ber Deimat d ebichtes, war es hinreichend, 
wenn die ein perfönliche Satire des alten Gedichtes ver: 
alfgemeinert und dies. oder jenes Ereigniß des 12. Jahr⸗ 
hunderts eingeflochten ward; denn dort mochte ſich die 
urfprüngliche Bedeutung des Gedichtes am lebendigſten er: 
halten haben. Sin Deutfchland jedoch, wie auch in Frank: 
zeih, war zu dieſer Zeit nicht nur Zwentibolk's wuͤſtes 
Treiben. gänzlich der Erinnerung des Volkes entſchwunden, 
auch ganz anbere Intereſſen waren daſelbſt erregt worden. 
So konnte demnach das Gedicht. in feiner alten Bedeu⸗ 
tung nicht wohl Eingang und Theilnahme finden; dies 
war nur möglich, wenn daſſelbe allegorifch, —— wurde. 
Dies geſchah, und wie dies in Deutſchland zunaͤchſt & 
ſchah, nr in dieſem Artikel der Gegenſtand unferer- 
trachtung fein | 

Die alsfeanghfifhsen. Bearkeitungen dieſes Staffta moͤ⸗ 

gen. wir: um fo leichter hier unbeachtet laſſen, als en 
raid ein: antführlicker Auszug in dem „Dorgenblatt‘ 
—— 1081) mitgetheilt ward, Wir fahen, mie non 

den. Granzefmn De Fabel yom. Reinhart dazu benugs ward, 
der. Damaligen —* tm Leſelben ihr eignes Bildniß gleich⸗ 
wia im einem Spiegel zu zeigen. Sie brauchten hie Be 
ſchichten Reinhart's als Eimfafiwng „Sir. bis —* wel⸗ 


romans daſelbſt allbekannt geweſen fein, wie aus bes 
Anſpielungen Gautier's ven Toinſt hervorgeht, de Mom 
mittheilte. Wir wollen hier nun eine Stelle anführen, 
weil fie die Geiſtlichen jener Zeit zugleich wit ſchildert. 
Gautier fagt part, I, cap. 29 d'un Sarrazia, v. 156: 
Lor mostiers tienent ois et sales, 
Et ler chambres et lor grant salıs 
un Font | lanbroissier, poindre ot portrairg;. 
En lor mostiera ne font pas faire 
Si tost l’image Notre- Dame, 
‘ Com font Isengrim et sa fame, 
Les gelines, qui la mort ponent «te. 


: „Shre Münfter enthalten Speifefammern ımd Uns 
PR und ihre Zimmer und großen Säte laſſen fie 
täfein, malen und mit Abbildungen fchmüden; in ih: 
ren Muͤnſtern laſſen fie nicht fo oft malen das Bildniß 
Unfrer lieben Frau als Iſengrimen und feinen Yunger, 
die Hühner, welche die todte (von Reinhart erbiſſene Henne) 
begraben.” Die andern Stellen mag man in Mone's 
Ausgabe felbft nachlefen, wir wenden uns zu dem mittels 
hochdeutſchen Gedicht von dem Fuchs Meinhart aus dem 
12. Jahrhundert. 

Da wie dies Gedicht aber nur in einer Ueberar⸗ 
beitung bes 13. Sahrhunderts- befigen, fo haben wir zu 
unterfuchen, ob und inwiefern ber Ueberarbeiter dus über: 
fommene Werk abaͤnderte. Dürften wir ber Verficherung 
dieſes Mannes trauen, fo hätte die Gabel felbft Feine Vers 
änderung erfahren, denn te fage am Ende: 

.Hie endet dis mawe. Dar bit der Glichsenssre 
Er Heiusich getiktet, und lie die reime ihtet ; 
Dis ribte sider ein ander man, der ec ein- teil getihr 


kan, 
Und hät ouch das alsö getän, daz er daz mere hät verlm 
Gans rehte, als e2 ouch was.6; an sumeliche rime. sprach 


er mb, 
den &r dar an. wage gesprochen; ouch hat er abgebrochen 
“ein teil, dö der worte was ze vil etc, 


Doc dies Geſtaͤndniß verkürge uns faſt ebenfo ſehr, 


de man. den Zeitgenoſſen von ihrem Teeiben und * ba der Ueberarbeiter die Zabel feibft zum Theil änderte, 


bergıbeiten fuͤr gut. befand, und davon allein bisfte mol 
We aflgemseine. omas du remand fm 
Frankreich herzuleiten fein, So um 1219. muſſen deſe 
nn] 
+) Bel. Ar. 22, 28, 52— 54 d. Bi. D. Bed, 


’ 


derm ex. geſteht fowel hinweg als hinzu gethan zu haben. 


, feiner Worte zufolge, ein Gedicht von 


Heinrich hatte uns 
— Grhei 8. 1864). gedichte, und biefe ſcheir 


daß fen Man bem des erſten Dichters 
* war, eier, wie wir faben, Iſengrim's Unter⸗ 


a - 


gang als Hauptvorwurf fi) genommen hatte. Diefen fins | und ſchließt mit ihm Geſellenſchaft. Ba aber ſucht er 


den wir aber in dem Gedichte, wie es jetzt vor uns liegt, 
nicht gefchitbert, vielmehr iſt Reinhart's Treuloſigkeit und 
Lift die Hauptſache jetzt, und offenbar will das Gedicht 
allen Fürften die Lehre geben, daß Munddienern und Ohr⸗ 
ſchmeichlern nie zu trauen fe. Es bleibe alfo die Frage 
umerlediat, ob Heinrich das Gedicht, wie es jegt iſt, dich⸗ 
tete, oder ob der Ueberarbeiter nicht nur bie Sprache, 
fondern auch die Bedeutung und dm Sinn des Gedichtes 
änderte. Als einen Beweis, daß ber Weberarbeiter nur 
bie Sprache. änderte, dürften wir anfehen, wenn erwieſen 
würde, daß folgende im Bebicht vorkommende Mamen 
Derfonen bed 12. Jahrhunderts angehörten. Erwaͤhnt 
wird 3.8. ein ber Walter von Horburg, einer von Wern⸗ 
burg, Meifter Bendin vom Salerno, ein Arzt. Richt 
minder wäre e8 von Belang, wenn wir wüßten, baf bie 


im Gedichte erwaͤhnte Belehnung des Elefanten mit Boͤh⸗ 


men von dem Dichter ſelbſt herrührte, denn dann wuͤrde 
wahrfcheinlih auf die Belehnung Wladislaus II. durch 
Friedrich Barbaroſſa angefpielt fein. Da bie aber kaum 
zu entfcheiden iſt, bevor nicht bes Dichters Werk in fel: 
ner Reinheit aufgefunden wird, fo laſſen wir alle weitere 
Unterfuhung bier fallen, und wenden uns zu dem nur 
wenig befannten Inhalte des Gedichtes felbft. 

Das Gedicht zerfällt eigentlich in zwei Abtheilungen, 
beren erfte die Thaten Reinhart's vor dem Hoftage, und 
deren andere Reinhart's Aufführung auf dem Hoftage ſchil⸗ 
dest. Mir wählen zugleih auch die Eintheilung in Fa: 
bein, weil bied die Vergleihung mit dem urfprünglichen 
- Gedichte erleichtert. 

Erfter Theil. Reinhart's Thaten vor bem 
Hoftage. 

Die erften vier Fabeln geben und mehr einen Begriff 
von Reinhart's Xreulofigkeit als von feiner Lift, weil er 
in ihnen immer überliftet wird. ° Der Inhalt derfelben ift 
folgender. Zabel 1. Reinhart fucht den Hahn Schante- 
Mär (chanteclair) umzubringen, es mislingt jedoch, unb 
er geht weiter. Zabel 2. Reinhart ficht eine Meiſe und 
trachtet fie zu erhafchen, indem er ihr, als feiner Gevat⸗ 
terin, einen Kuß bietetz allein bie Meife wirft ihm ein 
bischen Miſt an ben Rachen, nachdem fie ihm zuvor die 
Augen ſchließen ließ. Zabel 3 ift die befannte von dem 
Raben mit dem Käfe, jedoch inſofern abgeändert, daß 
Reinhart ihm den Kaͤſe nur entlockt, um ihn, da der 
Rabe denſelben wieder holen ſoll, ſelbſt zu fangen; es 
mislingt jedoch gleichfalls, und Reinhart muß vor den 
Hunden die Flucht ergreifen. Dieſe drei Fabeln ſtehen 
demnach für bie zweite Fabel des dritten Buches im ur⸗ 

ſpruͤnglichen Gedichte. — Fabel 4. Darauf kommt Nein: 
hart zu feinem Neffen, dem Kater Dieprecht und fucht 
biefen in einem Wettlaufe in eine Kalle zu jagen, wird 
aber felbft von Dieprecht hineingefloßen. Der bazu kom⸗ 
mende Jäger will Reinharten todtſchlagen, zerſchlaͤgt jedoch 
Die Falle, ſodaß Reinhart entkommt. Diele Zabel iſt 
fihtbar eine Veränderung von Zabel 3, Buch 4: Iſen⸗ 
grim's Schwur, wo Reinhart den Iſengrim In die Halle 


being. — Babet 5. Meinhert findet dem MBolf Hengeim 


Iſengrim's Weib, Herfante, zu verführen, während ihr 
Gemahl abweiend if. Diefe Fabel kennt ber urſpruͤng⸗ 
liche Reinhart Fuchs gar nicht, Ob ſich aber nicht viel⸗ 
leicht das Verhaͤltniß Reginard's zu Dda, welches wie 
früher andeuteten, in andern Sagen fortgepflanzgt haben 
könnte? — Kabel 6. Iſengrim kommt ohne Beute nad - 
Haufe und klagt über Hunger. Reinhart verfchafft ihm 
und feiner Familie durch Lift eine fette Wache; weil aber 
Hengrim ihm davon nichts übrig läßt, zieht er bemfelben, 
defien Weibe und Kindern Schläge zu, Indem er fie Alte 
in ein Klofter führt und ihnen dafelbfi Wein zu trinken 
verſchafft. Der Inhalt dieſer Fabel ſtimmt im Ban: 
gen mit Buch 1, Zabel 1: Reinhart's Gefahr und Rets 
tung, und mit Bud 3, Zabel 5: Iſengrim's Abſchied 
vom Klofter, überein. Reinhart verfhaffte Hier jedoch die 
Bache nicht, um Verzeihung zu erhalten, auch ift bier 
von Iſengrim's Moͤncherei keine Rede. — Gabel 7. Der 


‚gefchlagene Iſengrim beklagt fih und fein Weib und 


feine Kinder. Da kommt Kunin (Kaninchen?) und. fagt . 
ihm von feines Weibes Untreue, wodurch ein Zwift zwi: 
fhen Wolf und Wölfin entfieht. Herſante leugnet aber 
allen Umgang mit Reinhart. Das urfprüngliche Gedicht 
kennt diefe Fabel nicht. — Zabel 8. Heinhart hat fich 
in .feine Burg zurückgezogen, weil er Iſengrim's Zorn 
fürchtet, Ddiefer kommt hungrig zu ihm, und Reinhart 
betirthet ihn mit gebratenen Aalen und macht ihn zum 
Mönche, wodurch fie verfähnt werden. Drauf folgt Iſen⸗ 
grim's Fiſchfang, model er feinen Schwanz verliert, den 
ihm em Ritter, Birtin, abhaut. Während Iſengrim 
Siehe fängt, geht Reinhart in einen Kiofterhof, fieht in 
einem Brunnen fein Bild, und dies für feine Frau hal⸗ 
tend, fpringt er hinein. Bald darauf kommt Iſengrim, 
den Reinhart bewegt, in den andern Eimer zu fleigm. 
Dadurch kommt Reinhart aus der Haft und geht fort, 
den Wolf verhoͤhnend. Da nun bie Mönche kommen, 
Waſſer zu Holm, finden fie den Molf und zerfchlagen 
ihn tüchtig, bedauern aber darauf, einen Mönch geſchla⸗ 
gen zu haben. Diefe Fabel entſpricht hauptfählih Buch 
3, Babel 3: Iſengrim's Einkleidung ale Minh, und 
Bub 1, Fabel 2: Iſengrim's Fiſchfang. Der letztere 
Theil iſt jedoch dem alten Gedicht fremd. — Zabel 9. 
Iſengrim entlommt und klagt dem Luchſe fein Schickſal 
und Reinhart's Kalfchheit, droht Meinharten und will ſo⸗ 
glei ihn belagern. Der Luchs raͤth jedoch zum Frieden 
und Iſengrim willigt in einen Tag, worauf Reinhart 
feine Unſchuld auf die Zähne bes Hundes Reize beſchwoͤ⸗ 
ven fol. Reinhart aber merkt die Halle und entfliche 
von dem Tage. Iſengrim und SDerfante fanımt ihrem 
Kindern verfolgen ihn, Allen voraus aber eilt Herſante. 
Da lodt fie Reinhart in feine Höhle und fchändet fie 
vor Iſengrim's Augen. Diefe Gabel entfpricht im Aus⸗ 
gange ber vierten bes dritten Buches, Reinhart's Zwi⸗ 
——ã Alles Vorhergehende jedoch findet man nicht in 
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Dies find bie Thaten Reinhart's vor bem Hoftage. 

Wir kommen jegt zum 


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BZweiten Thell. Reinhart's Thaten auf bem 
Hoftage. 
Alles bis jetzt Erzählte war in einem allgemeinen 
Landfrieden gefchehen. Der König ber Thiere, Ber Loͤwe 


VWrevel, beginnt die zehnte Fabel, kam einft zu einem 


Ameifenhaufen, weicher ihn nicht als Herrn erfennen 
wollte. Im Born verwäftet er ihn. Um dies zu rächen, 
fuchte ber Ameiſenkoͤnig ben Löwen auf unb [prang ihm 
ins Ohr, wovon biefer fehr erkrankte und aus Furcht 
vor des Himmels Strafe einen Lanbfrieven verkündete. 
Bald darauf hält Vrevel Hoflager und Gericht, wobei 
die Thiere ſich verfammeln. Iſengrim klagt Reinharten 
an, gegen welchen auch der Baͤr und der Hirſch ſpre⸗ 
chen. Reinhart war nicht zugegen; Olbente von Tuſche⸗ 
lan wendet deshalb ein, man Lönne ihn nicht verurthei⸗ 
Ien, und fo wird ein zweiter Gerichtötag beflimmt. Indeß 
kommen Schantellär und Frau Pinte mit der Leiche ih 
ver Tochter, welche Reinhart erbiffen und bringen ihre 
Klage an. Der König iſt fehr erzuͤrnt und laͤßt die 
Todte feierlih begraben. Der alte Reinhart kennt 
diefe Zabel nit. — Kabel 11. Der Hoflaplan, Brun 
der Bär, wird geſchikt, Meinharten vorzuladen. Rein⸗ 
hart aber führt ihn zu dem bekannten Honigbaum. 
Darauf wird Dieprecht, ber Kater, gefenbet, welchen 
jedoch Reinhart in eine für ihn felbft gelegte Falle bringt. 
Endlidy geht Krimel, der Dachs, und biefem folgt Rein: 
hart nady Hofe. Alte diefe Vorladungen und Abfertiguns 


gen der Boten kennt das alte Lateinifche Gedicht nicht. 


— Fabel 12. Reinhart hatte den Ameiſenkoͤnig belauſcht 
und kannte demnach des Löwen Krankheit. Er geht als 
Arzt näch Hofe, und obgleich ſich die meiflen Anmefenden 
gegen ihn erheben, gewinnt er doch des Königs Huld, in⸗ 
dem er verfpricht, feine Krankheit zu heilen. Als Arznei: 
mittel raͤth er dem Könige Körpertheile feiner Feinde, 
und der König befolgt diefen Rath auf das genaufte. 


"Darauf treibt Reinhart die Amelfe aus dem Ohr bes Koͤ⸗ 


nige und ftellt ihn ber. Der König ſchenkt ihm. feine 
Onabe, und auf Reinhart’s Bitte, defien Freunden, dem 
Elefanten ein Königreich und ber Olbente eine Abtei. 
Beiden aber fchlägt die Befignahme fehl; auch fie hatte 
Reinhart gehöhnt. Endlich braut Reinhart den? Könige 
einen Gifttrant, woran biefer flirbt. Reinhart war aber 
entflohen und hatte Krimel’n, feinen Neffen, mitgenommen, 
fobatd. der König getrunken hatte, und vergeblich bereute 
dieſer, dem Falſchen getraut zu haben. Der Inhalt 
diefee Fabel findet fih auch nur zum Theil im alten Ge: 
dichte, Buch 2, Zabel 1. — Dies iſt ber Inhalt bes 
mittelhochbeutfchen Gedichts von Reinhart Fuchs. 

So ſehr bie bis jegt ihrem Inhalte nach angeführten 
Gedichte voneinander abweichen, darin ftimmen fie doch 
überein, daß in beiden buch Reinhart's Schlauheit ein 
König umlommt; fie haben demnach, tragifchen Ausgang. 
Wie verfchieden übrigens bie Art und ber Zweck ber beis 
ben Gedichte ſei, wird durch Wergleichung miteinander jest 
leicht gefunden werben. Ein ganz anderer Reinhart hans 
beit in dem mittelhochbeutfchen Bebichte als in dem la⸗ 
teiniſchen. Im erſtern iſt er ein wahrer Fuchs, deffen 


Hauptcharakter Liſt und —ã iſt. Er handelt 
überall faſt wie dee ungetreue Slidiche der deutſchen Hel⸗ 
denſage, welcher ſich gegen Ermenrich nur getreu ſtellt, m 
deſto ſicherer ihn zu verderben. Aber er iſt noch ſchlim⸗ 
mer, denn er iſt nicht wie Sibiche beleidigt und verbrei⸗ 
tet Tod und Verderben gleichſam nur, weil es ſeiner Na⸗ 
tur angemeſſen iſt. Gleichguͤltig iſt ihm, wen er trifft, 
denn er betrachtet ſich als Aller Feind, daher er auch Alle, 
bie für ihn ſprachen, undankbar behandelt und zu Scha⸗ 
ben bringt. Das mittelhochdeutfche Gedicht iſt demnach 
gleihfam eine Warnungstafel an alle Fürften, wohl auf: 
zumerfen, wen fie trauen. Deshalb ift e8 auch ducchaus 
ernft gehalten, und man findet nirgend bie feine Satire, 
die mit Seide ummidelte Geißel, welche im lateinifchen 
Sedichte fcheinbar nur zum Scherz, aber doch treffend 
geſchwungen wird. ® 

Von dem mittelhochbeutfhen wie von bem lateinis 
[hen Gedichte weicht des hollaͤndiſche Reinhart und ſaſſi⸗ 
[he Reineke ab. Letzterer verhält fich zu erflerm etwa 
wie das Wert bes erften Weberarbeiters zur Lateinifchen 
Urſchrift. Es iſt bald wörtlich uͤberſetzt, bald. aber auch 
durch ſcharfe Satire und froͤhlichen Spott erweitert. Hier 
träge die Fabel mehr das Anſehen eines Luſtſpiels, umb 
Reinhart erhebt fi duch Lift und Trug endlich zum 
Kanzler des Reiche. Augenſcheinlich iſt diefes Gedicht ein 
getreues Bild der Welt im 14. und 15. Jahrhundert, faft 
in bdemfelben Verhaͤltniſſe, wie bie romans du renard. 
In diefem ‚Zeitraum mar die Macht des Kaifers und bie 
Obergewalt des Papftes fo dahingefchwunden, baf die groͤ⸗ 
Bern Lehnsträger des Meiches als felbitändige Fürften im: 
mer mehr und mehr fich entwideln konnten, Das früher 
Altes beftimmende Feudalweſen, die frühere Alles leitende 
Hierarchie war gealtert und bem Kalfer wie dem Papſte 
nur dee Schein einer Macht nachgelafien worden Da: 
ber iſt die Unterwerfung ber Thiere unter ihren König, 
ben Löwen, im Gebichte nur eine feheinbare, umb indem 
jebes dem Könige Gehorſam gelobt, verfpricht jebes auch 
ſich ſelbſt, das gegebene DVerfprechen bei dem erften Reize 
bazu ohne Weiteres zu brechen... Ein gleiches Verhaͤltniß 
findet zwifchen dem Papfte und feinen Gardindien ftatt, 
wie das Gericht ausführlich ſchildert. Es iſt nicht zu 
leugnen, daß dieſer „Reineke Fuchs“, ungeachtet er ſeinen 
einzelnen Fabeln nach dem mittelhochdeutſchen beiwei⸗ 
tem naͤher ſteht, mit dem urſpruͤnglich lateiniſchen Rein⸗ 
hart darin eine große Aehnlichkeit hat, daß in beiden die 
Vaſallen willkuͤrlich handeln und ihr Gehorſam gegen die 
Krone nur ein vorgefpiegelter iſt. Allein der Unterſchied 
findet dabei flatt und iſt fehe zu beachten, daß die 
Schwäche des Könige im alten Gedichte dadurch bedingt 
wird, daß es dem König nur noch nicht gelungen iſt, bie 
von Alters ber freien Großen feiner Macht zu unterwers 
fen, und daß denmach die Eigenmächtigkeit "und der Wi⸗ 
derſtand der Großen gewiffermaßen als rechtlich begruͤndet 
erfheint. Das Gegentheil von biefem aber liegt im Rei: 
nefe. Hier fehen vote bie Abſicht der Kürften, ſich frei 
von ben bisher getragenen Banden zu machen, daher alle 
ſcheinbare Unterwerfung nur komiſche Wirkung hervorbringt. 


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Merlwuͤrdtg bleibe e6 aber, daß bi 

feibfkindige Bearbeitung des Stoffes wiederum bie 

GEintheitung in vier Bücher zeigt, weiche. nur an dem als 
duchs hawen 


Seellen wir hier nun ſch das Ergebniß unſerer 
Bergleichung zuſammm, ſo ſehen wir im aͤlteſten Gedichte 
den Karftpf des Königs gefchlidert, den er mit feinem Va⸗ 
fallen führt, um feine Macht zu begründen. Dee Dichs 
ter ſteht auf Selten bee Wafalln. Im mittelhochdeutſchen 
Gedichte ſehen wir den im Beſitz der Macht geiftig = ſchwa⸗ 
chen Rönig, welcher durch die Schlauheit treulofer Raͤthe 
feinen Unteogang findet. Der Dichter flieht auf Seiten 
des Könige. Im faflifchen Reineke endlich erkennen wie 
das Streben der einzelnen Vaſallen zur Selbſtaͤndigkeit 
und, da jeder nur für fich ſelbſt folgt, die Feindſchaft eis 
nes jeden gegen alle. Geiflige Regſamkeit und Gchlaus 
heit Bringt es natürlich babei am weiteften und ber Koͤ⸗ 
nig muß, um nur noch den Schein ber Macht zu vetten, 
fi) unbedingt in bie Hände der Verfchlagenheit geben, 


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"welche ſich uͤberall als Sieter zeigte. Der Dichter ſteht 


Aber beiden Parteien. Laͤßt ſich der Bang der deutſchen 
— bis zum Jahr 1500 kuͤrzer und treffender dar⸗ 
ſtellen 


FR jeboch nur theilweis —— Fortſetung des 
„Reineke“ iſt dee „Froſchmaͤufeler“ von: Rollenhagen; ein 
dickes Buch fhe ben Beinen Zeitraum bee Reformation. 
Wer jegt den „Reinhart Fuchs⸗ forefegen wollte, wuͤrde ei⸗ 
nen andern Weg einzuſchlagen haben, dann aber auch 
des Beifaus ber Welt verfichert fein dürfen: 

Ludwig Ettmätten. 





Romanenliteratur 


1. Rovellenkeanz beutfiger Schriſtſteller. GErſter Bomb, Das 

Hans Eoligny. Hiſtoriſche Novelle aus ber. zweiten Hälfte des 

6. Jahrhunderts von Ir. Klusmann ABweiter Bank. 

Die Wahrfagerin. Novelle, aus dem Leben gegriffen vom 

Kr. Klusmann — und: Maria Kulm. oorifhe de Ergählung 
a egensburg, Reitmayr. 188 

Ir, 
ne erſten Novelle gebätrt der Name mit Unrecht, ber 

ber n Mebiei noch etwas Nenes zu 

erfahren, it kaum —— m feine vielen Vorgaͤnger nicht 

auszufchreiben, hat unfer Verf, den Ausweg. getroffen, weder 

ein Charakters noch ein Zeit 8 — Bar den, ſondern bios 

die Thatfachen mit einigem ſchwachen — — Er⸗ 

findung genannt, und den nöthigen- 2 unnöthig rtem in 

Erzaͤhlungs⸗ und Geſpraͤ — *113 ühse 


Redigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagähandlung : F. A. Brodpaus in Reipzig. 


bie Sulvialität bee a is den ſogenancten B 
5* a Hart mi einer. Kritiker —— * 


* ausbehuen und bie ganze zufasnt dee Bayer 
fogırin, nach ber fie ſich venad, Ai meet dahin verwuͤnſchen, 
wo ſie damals war — auf ben Blockkbberg. — Das beſungene 
und gefungene „Maria Kulm’ hätte der Berf. ruhen taffen 
Pre —— einem wahrhaften Ecken gelangt es dutch dieſe Dar 
Die graue Nonne au Giemescca Grah. Ben Shazs 
Iotte von Blümer, Zweitruͤcken, Mitt... 1282. 14, 


3. Die Fehde ber Gegenkoͤnige (kudwig's von Baiern und Frieb⸗ 
ride 8 hs von Sn Bon Derfelben. Zweibruͤcken, Ritter. 


* graue Nonne am Grabe der bekannten Dreisfüfterin 
Stemence Ifaure von Zouloufe ift Saligmy's Eufeltochter, die 
katholiſch wird und ihre Vebenbuhlerin mit. dem Geliebten ver⸗ 
eint. Die hiſtoriſchen Geſtalten haben mehr Portraitaͤhnlichkeit, 
uͤberhaupt beſtimmtere Umriſſe als in der Novelle, welche Co⸗ 
ligny's Namen an der Stirn trägt. Bei alledem find fie hier 
bios binbende Glieder, welche den Schickſalsgang ber Liebenden 
bebingen, fördern, hemmen, bis biefe. vielen Faͤhrlichkeiten 
in. den Hafen ehelichen Gluͤcks einlaufen, 

Undeutliher find bie Züge ber Könige und ihrer Gewalti⸗ 
gen in der zweiten Erzaͤhlung berfelben ef. » bie nicht ohne 
Zalent und Beruf ſich ben fchriftffellernden u raum anreiht. Die 
„Romme” gibt uns ein Tlares Bird von den fanatifchen Umtrie⸗ 
ben jener Zeit in ich, den Werfolgungen ber Hugenotten, 

umb floͤßt uns Achtung für Goligay’s großartige Erſcheinung 
ein. Die vaterlänbifchen Helden dagegen find nur in einem 
ſchwachen Rebelbilbe ab Wr Be das uns für fie und bie Ges 
ſchichte ihrer Sage ee Itig läßt, unb bie Hanze Aufmerb 
ſamkeit auf das kuͤn —52 und geloͤſte Geſchick., ber 
reiz enden — — teen De Landshut lenkt, die fie 
ſammt Stamm⸗ und Wahlverwanbten. uns Lieb und werth 
macht und Spannung und. Theilnahme bis zum letzten Blatt 
bes Buchs thaͤtig in und erhaͤlt. 

4 Bilder aus bem Leben. Bon Iheobor. Rein. Meißen, 
Klinkicht und Sohn. 1838. 8. 1 Thlr. 

Vier Erzählungen mit biverfen Rutanorabungen. In Rel 
und 2 wich das ſtille Verdienſt anerkannt u an te weis 
ches ſtille Berbienft wicht aus: ber Art Miaͤgt, 
aber fehr langweilig ifl. Nx..&: empfiehlt dns; Bisbenden, 53 

eher ſich. mit einem Andern zu verheirathen, beper fie auch w 
lich den Todtenſchein vom fernen Geliebten bat; „iieigenfals 
droht ie 2 „ja der bittere Tod. Nr. 4 legt augen⸗ 
Augen des Wartens darz weil deu Held dies lernte, 
—— — Schoͤne als Witwe, reichen Erſat in ihren 
Beſit fuͤr die wenigen Jahre der ntbehrung finde. 12. 





Biterarifge Anzeige, 

- Bei mir iſt foeben erſchienen unb durch alfe Buhgendlups 
am zu. beziehen: 
2 (Sohannet), Dias: Leben bed. koaͤnigl. preufi 
Stantsmminiflech. Frieder ich Ferdinand en 
der Reichs⸗Burggrafen. und —— ie Do hua⸗ 
a a Dis, 5 Geh. 4 

etpuig, 


XXX 


Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltung 





Montag, 


nn — 











mn en nn nn 


Holitifhe und literarifhe Gegenwart. 

Faſt bin ich auf die Meinung gelommen, als ob ber 
Grundſatz ber Homdopathie, daß homogen wirkende Mits 
tel am leichteften den Erfolg herbeiführten, welchen man 
fonft nur den dem Uebel direct entgegenwirkenden Arzneien 
zufchrieb, ſich in unfern Zeiten auch auf politifhe Schrifz 
ten ausdehnen laffe; denn ich kann nicht leugnen, daß 
ih nad Leſung diverfer deutfcher liberaler Schriften, .geärs 
gert durch die barin herrfchende Taktloſigkeit und den 
Mangel an Kenntniß der praktiſchen Berhältniffe und, 
was noch ſchlimmer ift, gelangweilt durch den fchleppen- 
den Styl und affectirte Phrafen, öfters eine ganz unges 
wöhnliche Neigung für das abfolute Princip empfand, 
wie denn überhaupt das Erleiden von großem Ungemach, 
3. B. Hungersnoth in phofifcher, Langweile in pfpchifcher 
Dinfiht, wol den beften Menfhen vom Pfab der Tugend 
zu verloden vermag. Indeſſen bedurfte es alsdann nur 
eines Blicks in irgend ein beliebiges, die Sache des Ab: 
folutismus vertheibigende® Blatt, um die liberale Idee 
in dem vollen Glanz und aller Herrlichkeit ihrer Erfcheis 
nunz aus dem Mebel emportauchen zu ſehen, mit dem 
ihre ungeſchickten Vertheidiger fie umgeben hatten; von 
allen dergleichen Werken kam jeboch keines dem bisher 
vom Dr. Zarde in Berlin verfaßten, gegenwärtig vom 
Major von Streit fortgefegten „Wochenblatt an Effect 
gleih, und. ich möchte diefem Blatt unter allen gegen 
den Despetismus und die Ariftofgatie gerichteten Schrifs 
ten in Bezug auf Wirkſamkeit den erften Play einräus 
men, denn jeder nur einigermaßen Unbefangene muß fübs 
len, wie unendlich tief ein Princip gefunten fet, wenn es 
auf ſolche Art ſich vertheibigen läßt. Webrigens wirb «6 
für diejenigen Liberalen, deren Rechtsphiloſophie die Steafe 
nicht als die Ausgleichung vor dem Mechtöprincip anfieht, 
fondern als ein Mittel zur Abſchreckung betrachtet, nicht 
unerfrenlich fein, zu erfahren, daß der bisherige Verfaſſer 
jenes berüchtigten Blatts, der Dr. erde, nachdem er 
Alles, was Hohes und Edles in dem Menſchen lebt, pro: 
fanirt, nachdem er jedes fchöne, dem Licht zugewendete 
Streben angefeindet, dagegen Die Grauſamkeiten, weiche bie 
Regenten von Liffaben und‘ Modena verübten, belobt, bie 
Selbſtſucht der englifchen Ariſtokratie erhoben u. f. w., ger 
genwärtig wach: Abſchwoͤrung feiner Religien in die durch 
den Ted Yon Adam Müller — nicht des ehrlichen alber⸗ 






25. März 1833. 


nen Propheten, fonbern des argliftigen, verfchmigten Hof⸗ 
raths und verfappten Jeſuiten — erledigte, bisher unbes 
fegt gebliebene Renegatenftelle foͤrmlich eingefegt fei. Gin 
ſolcher Lohn, eine ſolche ethifhe Entwürdigung kann wol 
ihres Eindruds auf die große Maffe der fervilen Partei, 
d. b. auf Diejenigen, welche ohne eigne Ueberzeugung auß 
angeborener Apathie und angelerntem leibenden Gehosfam 
ed bequem fanden, einem Führer zu folgen, welcher ges 
dankenloſe Paffivität als die ber Gottheit befonderg wohls 
gefällige Eigenfchaft prieß, nicht ganz verfehlen, denn felbft 
biefe werben doch etwas überrafcht fein und flugen, wenn 
fle den finftern Abgrund fich öffnen fehen, in ben ihr 
Korpphäus ploͤtzlich hinabſank. Daher glaube ich ſowol 
das Avancement des Dr. Zarde als die Fortfegung bes 
bisher von ihm verfaßten „Wochenblatts” mit Beibehals 
tung ber bisherigen Tendenz unter die erfreulichen Ereig⸗ 
niffe in politifcher und Literarifcher Dinfiht rechnen zu 
bürfen. 

Da unfere Blicke jegt nothwendig häufig auf Frank⸗ 
reich gerichtet find, fo muß es um fo mehr auffallen, daß 
viele deutfche Liberale Schriftfteller fo wenig den innerm 
Geiſt diefes Landes ſtudirt haben, die enorme Verfchiebens 
beit der franzöfifchen und beutfhen Nationalität oft 
fo ganz verkennen, Frankreich haͤufig als ein ins Franzoͤ⸗ 
ſiſche überfegtes Deutfchland betrachten und dadurch nicht 
felten zu Behauptungen über dieſes Land veranlaßt wer: 
den, welche der dort berrichenden Anficht ganz zuwider 
find. Hierdurch wird um fo mache Unklarheit verbreitet, als 
die fervilen Blätter fich alle mögliche Mühe geben, Frank⸗ 
reich als ein wegen Abſetzung des Iegitimen Karl X, 
durch göttlichen Zorn zu zeitlichem Elend und ewiger Ver⸗ 
bammmiß geweihtes, gleich Aegypten buch alle erbenkliche 
Zandplagen, wie fie die Phantafie der juͤdiſchen Mythe 
erdachte, gemarterte® Land zu fchildern. Es ſcheint mir 
daher der gegemmärtige Moment, wo zwar fowol in Eng: 
land als im Dften Europas viel Großes fich vorbersitet, 
body aber für uns eine augenblidiiche Ruhe berrfcht, mit: 
bin Zeit zur leidenfchaftslofen Contemplation gegeben ift, 
vorzugsweiſe geeignet, das Zerrain zu flubiren, wo kuͤnf⸗ 
tige Bewegungen unfere Aufmerſamkeit befchäftigen mer 
ben, und befonders die ‚Anfichten über Frankreich zu bes 
richtigen, um in biefem Lande weder die Anakchie und 
Verworrenheit zu fehen, in der es die Servilen uns fehl 


[4 


dern, noch daſſelbe als ein zu hoffendes Eldorado der Frei⸗ 


heit zu betrachten, als welches es die Phantaſie der Li⸗ 


beralen ausmalt. In dieſer und mehrfacher Hinſicht moͤchte 


ic eine neuerlich erſchienene Schrift: 

1. Sranzöfifche Zuflände von H. Heine. Hambutg, Hoff: 
mann und Campe. 1833. 8. 2 Xhlr. 

befonders empfehlen, deren DBerfaffer zu bekannt’ ift, ale 


daß über feine liberalen Anfichten, fogar ziemlich revolu⸗ 


tionnatren Wünfche der geringfle Zweifel obmwalten koͤnnte. 
Obgleich derfelbe, in Paris lebend und Umgeſtaltungen 
in Deutfchland erhartend, offenbar mehr geneigt fein 
mußte, Frankreich zu idealiſiren als zu verkleinern, fo faßt 
derfelbe das innere Leben Frankreich doch mit einer Rich: 
tigkeit auf, daß man feine Darftellungen als ein geiftiges 
Panorama bed franzöfifhen Lebens betrachten kann. Es 
find einzelne Briefe, hervorgerufen durch ben Eindrud dee 
Moments, verfaßt mie Geiſt, Humor und oft tiefer Iro⸗ 
nie, roelche das tändelnde, aufbraufende, fnconfequente, zu: 
gleich aber duch eine Art von praktiſchem Inſtinkt auf 
heftimmte. Punkte mit überrafchender Befonnenheit gerich: 
tete” franzoͤſiſche Leben, verfchiedenartig modificirt in den 
Salons, auf der Boͤrſe, im gewoͤhnlichen Verkehr, mit 
kecken Pinfelftrichen abbilden und, einzelne zu polemifche 
Stellen abgerechnet, einen erfreulichen Eindruck zuruͤcklaſ⸗ 
fen. Einem Frescogemaͤlde möchte ich biefe Briefe ver: 
gleichen, welches ber ‚talentvolle Kuͤnſtler unter den ge: 
mifchten Gefühlen von mwehmüthiger Täufhung und iro⸗ 
nifhem Hohn verfaßte;z fie erinnerten mich an ein altes 
Phantafiegemälde, welches neckende Gnomen und fehaden: 
frohe Alraͤunchen im Vordergrund umgeben, während ernſt⸗ 
mahnende Genien aus dem Hintergrund emporflcigen. 
Die etwas zu revolutionnafre, daher aud) wegen ber 
vielen Cenſurlucken einem ſchwarz in weiß geftreiften Zebra 
nicht unaͤhnliche Vorrede fhildert die Werfchiedenheit bes 
Verhättniffes der liberalen Idee gegen Deflreich, welches 
ftetg ihr offener, aber ehrlicher Feind mar, und gegen 
Preußen, welches ihr eine dem Gefühl gebrochener Freund: 
fchaft ähnliche Empfindung einflöße. Leider iſt viel Wah⸗ 
es an biefer traurigen Bemerkung. 
Oeſtreich, ein Bild des verfleinerten Mittelalters, ift 
weder in religiöfer noch politifcher Hinfiche irgend einer 
Reformation zugänglich gewefen: nie wich es von dem 
firengen Katholicismus; nie milberte es die Formen der 
flarren Ariflofratie; nie, die kurze Zeit von Joſeph II., 
der eben deshalb Frembling im eignen Lande blieb, abges 
rechnet, buldigte e8 nur fcheinbar einer emporftrebenden 
Idee; ja, beim Andringen feindlicher Deere ließ es lieber 
feine materiellen Kräfte vernichten, als daß es ben Geiſt 


‚der Bölker zu feiner Rettung heraufbeſchworen hätte. 


Anders Preußen, welches an bie Sache der Reformation 
fich anfchloß, durch Aufhebung des Lehnsnexus zwiſchen 
dem Megenten und den Vaſallen das Feudalſyſtem factifch 
aufhob, indem daſſelbe in eine freiwillige Familienuͤberein⸗ 
unft verwandelt wurde, unter Friedrich II. frei und offen 
das Panier gegen den infamften, aber furchtbarſten Feind 
aller Aufklärung, gegen bie Bigoterie, erhob, durch anges 
meflene Einrichtungen in juriflifcher und adminiftrativer 


Hinſicht von dem Wuſt der Inſtitutionen des Mittel⸗ 
alters ſich losriß, in neueſter Zeit im Jahr 1813 die ju⸗ 


gendliche Begeiſterung des erwachten Deutſchlands hervor⸗ 


rief mit lebendig verheißendem Wort — und ſo iſt es wol 
natuͤrlich, daß die fteiſinnigſfen Gemuͤther grade am eme 
pfindlichſten die bittere Taͤuſchung fuͤhlen, wenn ſie im 
heutigen Preußen ein kaltes Nordllcht, eine waͤrmeloſe 
aurora borealis erblicken, wo ſie die wahre, die maieſtaͤ⸗ 
tiſche Erſcheinung der den Sonnengott verheißenden Aurora 
aufgehen zu ſehen glaubten. 

Von dieſem truͤben Bild wende ich mich zu dem pa⸗ 
riſer Volksleben, welches der Verfaſſer vom Anfang des 
Jahres 1832 an betrachtete, als die franzoͤſtſche Pairie 
das gegen fie aufgebrachte Volt dadurch vollkommen zus 
ftieden ftellte, daß fie daffelbe durch eine wunderliche Farce 
amufirte. Wie Arlemin im komifchen Ballet fi) todt 
fielt, um dem Grimm des Pantalon und Gonforten zu 
entgehen, ebenfo fingirte die Pairie auf den Rath von 
Caſimir Perier einen zeitgemäßen Scheintod und erklärte 
ſich felbft für moraliſch todt, um nicht phyſiſch todtges 
ſchlagen zu werden. Hieruͤber wurde fo viel gelacht, bie 
der ganze Haß gegen die Pairie vergeſſen war. Ein Deut⸗ 
ſcher glaubt uͤberhaupt nicht, wie allgewaltig der Eindruck 


des Laͤcherlichen in Paris iſt, und macht ſich keinen Be⸗ 


griff davon, welch ein reelles Misgeſchick es ſei, ridicul 
zu werden. Es iſt daher kein kleines Ungluͤck fuͤr den 
conſtitutionnellen Thron, daß der jetzige Koͤnig der Fran⸗ 
zofert das Ungluͤck bat, perſoͤnlich die Zielſcheibe aller Ar⸗ 
ten von Spoͤttereien zu fein, welché durch richterliches 
Einſchreiten ſtets nur noch ſchlimmer und laͤcherlicher wuͤr⸗ 
den. So war z. B. Philippon, der Herausgeber eines 
Caricaturjournals, wegen einer das Geſicht des Koͤnigs 
zum Gegenſtand der Caricatur machenden Zeichnung vor 
dee Jury angeklagt und ſuchte ſich durch die Bemerkung 
zu vertheidigen, daß man, wenn man bei Caricaturen 
Aehnlichkeiten aufſuchen wolle, ſolche ſtets auch in den 
allerheterogenſten Dingen finden koͤnne. Um dieſen Satz 
zu beweiſen, zeichnete der talentvolle Kuͤnſtler vor der 
Jury mehre Caricaturgeſichter auf ein Stuͤck Papier, von 
denen das erſte dem Koͤnig frappant aͤhnlich war, das 
zweite dem erſten glich, ohne die Aehnlichkeit mit dem 
Koͤnig allzu ſehr hervorzuheben; auf die naͤmliche Art glich 
das dritte Geſicht dem zweiten und das vierte dem drit⸗ 
ten, ſodaß dieſes vierte die vollſtaͤndige Form einer Birne 
und dennoch eine entfernte, aber deſto ſcurrilere Aehnlich⸗ 
keit mit dem König felbft hatte. Won der Jury dem⸗ 


ungeachtet verurtheilt, ließ Philippon feine Vertheidigung 


druden und gab zu ben Beweisſtuͤcken das mit den vier 


Caricaturgeſichtern lithogeaphirte Blatt. Wegen diefes litho⸗ 


graphirten Blattes, weiches unter dem Namen der Birne 
aligemeinen Belfall und veißenden Abfag fand, wurde ber 
Künftler abermals belangt, dadurch aber die Birne noch 
berühmter, welche man zu taufend Garicaturen benugt und 
ausgehängt findet; man fieht 3. B. die Birne unter 
ber Guillotine, von Heinrich V. verfpeift, von Perler und 
Sebaftiani, die als Arleguin und Pierrot kirt find, 
durch den Koch getragen, von Perier der Depltirtenlams 


—— — ——* 


387 


mer für 18 Mimonen zum Kauf angepriefenu.f.w. Der 
aligemeine Unwille, weil man felt den Sulitagen bie res 
publitaniſchen Sinftitutienen, welche den conflitutionnellen 
Khron umgeben follten, vergebens. erwartet, wol auch bie 
gekraͤnkte Nationaleitelleit, welche aus ber Julirevolution 
eine neue Zeit des Glanzes und der Triumphe erwartete, 
macht ſich Luft duch bitten Spott, zu dem das juste 
milieu nur zu viel Anlaß gibt. Es war fo weit gekom⸗ 
men, daß das „Journal des debats” die andern Sour: 
nale auffodeite, „mit dem Könige Mitleid zu haben“, wor: 
auf die „Tribune”, das Organ der Republikaner, antwortete: 
„Mitleid mit Ludwig Philipp! Diefer Mann verlangt 
15 Millionen und unfer Mitleid! Hatte er Mitleid mit 
Polen, mit Italien u. ſ. w.“, während ber neckende „Fi- 
garo” unerfhöpflih in Wigen über „die befte Republik” 
it, welchen Ausdruck befanntlidy Zafayette brauchte, als 
er vor dem Hötel de Ville, den König umarmend, aus: 
rief: „Vous &tes la meilleure r&publique”. Der „Fi- 
garo” fagt: „La meilleure republique coute quinze mil- 
lions!” fügt auch hinzu, „daß er nad Feiner Republik 
mehr verlange, feit er bie befte gefehen habe u. f. w.” 
Die Sucht, die wichtigften Angelegenheiten mit fpöt: 
tiſchem Leichtfinn zu behandeln, zeigt ſich aud bei Beur: 
$heilung der einzelnen Emeuten, welche übrigens gewöhn- 
lich Beinen ernften Zweck haben, fondern häufig nur dazu 
dienen follen, einzelne Perfonen oder Parteien zu compro: 
mittiren. So ſcheint die in der Kirche von Notre: Dame 
entflandene Unruhe ein von der Policei bereiteter Fallſtrick 
gewefen zu fein. Dan äußerte ſcherzend: es feien Claſ⸗ 
ſiker gewefen, bie aus Daß gegen Victor Hugo’s „Notre- 
Dame de Paris” die Kirche felbft hätten in Brand ſtecken 


“ wollen. Der befannte Scherz: „Si on m’accuserait d’avoir 


vole les cloches de Notre-Dame, je commencerais par 
prendre la fuite”, wurde ‚erneuert, als einige Karliſten 
in Folge jener Begebenheit die Flucht ergriffen. Auch die 
Confpiration vom 2. Februar 1832, welche fowol den 
Karliften als Republikanern Schuld gegeben, wahrſchein⸗ 
ich aber von gefchäftigen Policeiagenten angezettelt wurde, 
gab zu vielen Spöttereien Anlaß. Man fagte, „die Po: 
ficei habe in effier Reſtauration der Rue des prouvaires 
eine fplendide Verſchwoͤrung zu 200 Couverts beftellt und 
einige bloͤdſinnige Karliften zu Gafte gebeten, die natür: 
lich die Zeche bezahlen mußten“. 

Der Verf. der erwähnten Schrift erzählt, daß er 


fetbft an jenem Abend forwol einer Verſammlung des res 


publikaniſchen Clubs der Amis du peuple als einem Ball 
in einem karliſtiſchen Salon beigemohnt habe. Demmach 
wäre in der Geſellſchaſt der Republikaner zwar der Koͤ⸗ 
nig keineswegs gefchont, vielmehr nur „la boutique in- 
carnde” genannt, aber nicht das geringfte Zeichen einer 
offenfiven Bewegung bemerkbar geworden, während bie 
Karliften eine triumphirende Sprache annahmen und viel 


Werth barauf legten, „baß grade am nämlichen Tage Hein⸗ 
rich V. als Duc de Bordeaur zuerft communiciet habe”. | 


(Die Fortfegung folgt.) 


—— — —— — * 


citirt ein zu Warſchau erſchienenes, Mémoire 


Neue Romane von Georg Döring. 


1. Das Opfer von Oſtrolenka, ober bie Familie Kolesko. Nor 
velle in drei Theilen von Beorg Döring Frankfurt 
a. M., Gauerlänber. 1832. 12. 4 Thlr. 20 Er. 


2. Roland von Bremen. Rovelle in brei Thellen von Georg 
Döring. Ebend. 1832. 12. 4 hir. 20 Gr. 


Die hiftorifch -romantifgen Dichter Deutſchlande haben 
Walter Scott's eigenthuͤmliche Groͤße noch immer nicht begrife 
fen, und während die beutfche Kritik mit ihm fertig geworben 
ift, ragt er doch immer noch unter feines Gleichen als ber Erſte 
feiner Gattung empor. Die deutfche Probuctivität hat ſich noch 
nicht über ihn hinweggeſchwungen; der Gedanke ift unter und 
ſchnellfertiger als bie Thatkraft. Georg Döring gehört nicht 
zu ben untergeordneten Arbeitern im Belde der Hiftorifchen Ro: 
mandichtung; er nimmt nicht, wie Zromlig pflegt, ein empfind« 
fames Liebeöpaar mit moderner Neflerionsmanier und fest es 
gleichermweife in jebe Zone und jebe Zeit, aus deren hiſtoriſcher 
Dertlichkeit fi dann um bie Hauptgruppe Nebengeftalten und 
Geitenpartien gruppirtn. Georg Döring ſucht das geſchichtliche 
Thema, das er fich fiellt, zu umfaffen und aus bem vorhandes 
nen unb gegebenen Objecte Geflalten heraus zu conflruiren. Er 
firebt wenigftens darnach, oft mit fiherm, glüdlichem Takt, oft 
freilich auch ohne fein Ziel zu erreichen. Eine gewiffe Weichheit 
der Stimmung behindert bei ihm oft, die allzu fpröbe und 
herbe Thatſaͤchlichkeit, die ber Eigenthuͤmlichkeit fernliegender, 
abnormer Verhaͤltniſſe angehört, ganz in ihrer gefchloffenen 
Weſenheit binzuftellen ; er ſucht das Finſtere abſichtlich zu mil: 
been, das .Schroffe zu ebnen, bie großartige Keckheit eines Urs 
natürlichen abzufladhen. In ber erften ber beiden obgenannten 
Novellen hat er in vielen Gruppen und Figuren die Polennatur 
geſchildert. Meifterhaft ift bie Darftellung des Aufenthalte in 
den lithauifhen Wäldern, bie Schilderung der Kurpen, eines 
merkwürdigen Waldvoltes, das, im Kampf mit ben Ungethümen 


| ber Wilbniffe und von ber gefellfchaftlichen Welt ausgefchloffen, 


die gefunde Roheit feiner Väter fi) bewahrt bat. Der Verf. 
escriptif”’ vom 
Baron von Brinden, aus welchem Manches und Vieles entlehnt 
fein mag ; allein bie Darftellung ber örtlichen Natur ift dichte 


riſch in einzelnen, felbft gefchaffenen Bildern culminirt, und wir 


‚möchten auf die mit trefflicher Wärme und Lebendigkeit gefchil- 


berte Scene befonders aufmerkſam machen, wo ein ppinifcher 


Staroſt in Begleitung eines Dienerd und feiner garten Schwe⸗ 


fter in der oͤden Wilbniß von einer Schar bungriger Wölfe vers 
folgt und ſchon im Begriff if, bas geliebte Maͤdchen zu erfchies 
Ben, um ihr, weil die Ungeheuer nach ihrer Beute lechzen, eis 
nen mildern Zob zu bereiten. Enblich enttommt bie Geſellſchaft 
in eine Meine Hüttes man bringt aber noch eine grauenvolle. 
Nacht zu, weil die Ungethüme das Häuschen umlagern und fos 
gar ba6 Dach befleigen und von oben herab und durch ben 
Schornftein ihrer Beute babhaft zu werben fuchen. Am nädhs 
flen Tage werben bie Geängfteten erft durch ein Heer von Jaͤ⸗ 
gern befreit. Auch bie Darftellung einer Bärenjagb und ein 
Kampf zwiſchen Kofaden und Bifonten, einer eigenthuͤmlichen 
gehörnten Walbthiergattung , ift als hoͤchſt gelungen und dichte⸗ 
riſch inbividualifirt zu bezeichnen. Die Menſchennatur, deren 
Schilderung ber Poet als eine höhere Aufgabe zu erachten hat, 
ift in manden Zügen gloͤcklich aufgefaßt. Einige Individuen 
polniſcher Juden find in der That fchlagende Beweiſe von Dis 
ring's ficherer Auffaffung menſchlicher Larven; befonders wird 
ber Schenkwirth Laban, ber bald ben großen Gobiesli, batb 
ben großen Sumoroff zum Aushängefchild zu benuten weiß, 
fowie auch der Lüfterne, mit feiner Bildung renommirende Mars 
dochai den Lefern zum mannichfachen Ergoͤten gereichen. Das 
ruſſiſch⸗ polniſche Spionweſen hat Lewalb in feinem „Praebradi” 
ſchon lebendiger, und origineller aufgefaßt. Der geneigte Kefer 
wird sürnen, baß wir bei ber Beſprechung eines brei Bände 
umfaflenden Romans, ber, wie ber Zitel anbeutet, bie furcht⸗ 
barfte Tragoͤdie unferer kurz verlebten Vergangenheit umfaßt, 


von Anfang: an das betaillirte Beiwerk des Werkes lobend her: 
vorheben und die Baußtabern des Stoffes zu ignoriren fcheinen. 
Allein die fpecislifirten Ginzelheiten, die wir vorfägrten, find 
am Werke in der That das Gelungenſte; dad Haupt⸗ und ei- 
gentliche Thema des Romans ift bei aller lebendig biäfenben 
Diction und aller Anmuth des Erzählungstoned unerfaßt geblie 
ben und in feinen Hauptzügen keineswegs von ber großen Wirk: 
lichkeit ein würbiges Abbild. Die polnifche Inſurrection ift als 
hiftorifche Thatſache poeſtereicher als Georg Döring’s Roman, 
der fie in Form dichteriſcher Wiedergeburt hinftellen ſollte. Die 
größeren Geftalten des Werkes, das Brüberpaar Koleslo, von 
welchem Kafimir ein Anhänger ber Idee Kosciuszko's, Ferdinand 
ein Rapoleonift feiner Gefinnung nad ift, find nur Schatten 
von Polen, well ihr Welen ſich durch Reflerionsentfaltung in 
unmäßiger Breite abſchwaͤcht. Den Charakter ſich Tediglich in 
feinen eignen Reben erpliciren zu Laffen, ift eine zu wohlfeile 
Manier der Darftellung, die zu leicht der Gefahr entgegenführt, 
das unbemußte Dafein ber Ziguren in eine abfichtliche Gedan⸗ 
Tenmäßtgfeit ihrer eignen wnmittelbaren Gefuͤhle übergehen zu 
laſſen und die abgerundete, plaftifch fertige Erfcheinung, die mes 
niger von fich felber weiß ats ihr Schöpfer, zu flören. Kafl: 

mir und Ferdinand haben in ihren Perſoͤnlichkeiten weiter nichts 
Eigenthuͤmliches, ale daß fie Organe der oben angegebenen Rich⸗ 
tungen ber Gefinnung find, und diefe Grundlage ihrer Wefen: 
beit, auf weicher fie noch befondere Individuen fein könnten, 
zerbehnen fie durch breite Reflerionen, die fie eben zu weiter 
nicht8 als zu abftracteh Trägern ihrer Ideen machen. 

In anderer Hinfiht muß man bem Berfaffer vorwerfen, daß er 
in feinen Gemälden, felbf wenn er ein hiſtoriſches Ergebniß ge: 
rabezu zum eigentlichen Schema berfelben macht, die wichtigſten 
Kataftrophen umgeht, mit der ohnmaͤchtigen Entfchuldigung, fie 
lägen als rein gefchichklich nicht in feinem Plane. &o fpielt er 
in dem „Dpfer von Oftrolenfa” um bie polniſche Revolution 
bin und wieder herum und offenbart, indem er daß Intereffan: 
tefte ber Hiſtorie nicht in fein Bereich zieht, bie merkwürdige 
Zaghaftigkeit, die den Deutſchen anklebt, fi mit der Materie 
des Thatſaͤchlichen und vermeintlich Empiriſchen einzulaffen. 
Sin Erfag etwaiger tiefer ergriffener, allgemein menſchlicher 
Charakfterbilbung wirb dabei in Doͤring's Gemälden, abgefehen, 
daß fi immer ein Zwieſpalt dadurdy mit dem heimiſchen Boben 
erzeugen würde, keineswegs geboten; bie Kigween im vorliegen: 
den Romane find ſaͤmmtlich nur Repräfentanten ber Zeitpar⸗ 
teiungen auf polnifchem Zerrain, nur daß ber Dichter, bei dem 
Mangel an biftorifhen Vorſtudien und kuͤhner Durchdringung 
des Vorbanbenen, ſtatt der geſchichtlichen Perſoͤnlichkeiten ſelbſt⸗ 
geſchaffene unterſchiebt, die an jene nur als ſchwache Nachbilder 
erinnern, und ſtatt einer Graͤfin Plater 3. B. ein anderes ihr 
entfpredgendes Beldenmäbdchen ſchildert, was Leichter und ſchnel⸗ 
ler ſich vollziehen mag, aber einen Mangel feſter Auffaſſung der 
Wirklichkeit bekundet. Zweimal ſpricht es der Dichter ſelbſt, 
gewiſſermaßen als captatio benevolentiae, mit ſchuüchterner 
Aengſtlichkeit aus, es ſei nicht ſein Plan, ein Bild der polni⸗ 
ſchen Inſurrection zu geben; aber was iſt nun feine Abſicht, 
feine poetifche Intention, da alle Werhältniffe des Romans ſich 
um bie &cenen ber Hiftorifhen Ergebniſſe herumfchlingen 
.und von biefen nur getragen werben? 8 verräth dies Aus: 
weichen von ber Wahrheit und Wirklichkeit, neben ber die Poe⸗ 
fie, wenn fie biefelben nicht mit Weberlegenheit durdhbringt und 
in ſich aufnimmt, nur als eine ſchwache, matte Fiction erſcheint, 
nichts Anderes als bie verkehrte Manier, nahe liegende, der deuts 
ſchen Semüthlichleit lediglich angebörige Familienſcenen in einen 
hiftorifhen Rahmen Hineinzufegen. Darin liegt das ohnmaͤch⸗ 
tige Vegetiren ber Poefte der Gegenwart, baß fie Anhängfel 
fein fol, flatt ein Abbild der Wirklichkeit und Wahrheit im 
lichten Scheine höherer Verklaͤrung, die der geweihte Dichter 
im Object der Welt findet und wiedergibt mit ber überrafchen: 
den Kraft feines Wunderpinſels. Ginen böhern Plan Tonnte 
Döring in feinem Werke gar nicht fallen, als in Familiengrup⸗ 


8 


v 


—— —— ————————— ——————————————————————————— — ————— — — — e e e 





pen und Gcenen des bewegten öffentlichen Lebens bie: ei id 
Veſenheit der Poleanatur, wie fie fl Im Jubel ber Eeeip: 
fuft und in der Verzweiflung des Untergangs entfültet bat, feſt 
und ſicher Hinzuflellen, zumal ba bas@djlachtfeib won Ditrolenka 
der Zielpunkt aller feiner Romanverbältnäffe fein follte, wo. 
bie vielfach in Liebe und. Daß gegenfeitig entbranaten Gemuͤther 
der Familien Koleſsko und Olinski den eignen Untergang bereh 
ten, mit Ausnahme Kafimir's und eines alten Kriegert, die auf 
den. Ruinen ihres heimiſchen Wohnplatzes und mir dem Scheibe: 
blid der Trauer auf das unterjochte Vaterland den Plan fafı 
fen, nach Amerika zu wandern, " 
Auch in bem zweiten Romane: „Rolanb von Bremen”, 
beffen Stoff In die Gerichte der Befreiung Schwedeng vom 
Joche des dänifchen Tyrannen —— fänt, leitet ben Dichter 
daffelbe bequeme Princip, Familienbi in den angebeuteten 
biftorifdgen Ruhmen fruͤckweiſe hineinzufegen, und Th. 3, Gap. 5 
beißt es ebenfalls, es läge nicht im Intereſſe diefer Erzählung, 
eine „genaue Darftellung jener Eriegerifchen Thaten zu liefern, 
welche Guſtav Wafa in kurzer Zeit zum Herrn bed größten 
Theil von Schweden machten”. Der bhiftorifche Faden wird 
daun durch hoͤchſt oberflächliche Raiſonnements angeknuͤpft, ja, 
ber Verf. macht es ſich ſogar in dem Maße bequem, daß er 
eine Stelle aus —e bineinflidt, um das Verſtaͤndniß 
über den Fortgang ber gefhichtlihen Greigniffe möglich zu ma⸗ 
hen. Georg Döring’s ſchoͤnes Talent zerfplittert fih durch 
diefe Verflüchtigung und biefe loſe Manier in der Behandlung 
eines biftorifhen Themas. Nie wurde die Poefie fo entwuͤrdigt 
als heutzutage durch die hiftorifch-romantifchen Grpöhler Deu 
Iands, denen fie nur ein Appendir und ein Lüdenbüßer iſt, ins 
dem fie an der Thatſache einer gefchichtlidhen Wirklichkeit fb 
leichtſinnig nur beiherfpielen, ſtatt diefelbe in dem vollen Werthe 
ihrer Eigenthuͤmlichkeit zu erfaflen und aus ihrem eignen in- 
nern Principe heraus als eine zweite Schöpfung des Geiftes zu 
entwideln. Mer wollte fonft leugnen, daß das vorliegende Werk 
im Gingelnen hier und bort Treffliches, an vielen Stellen aber 
wenigftens Anmuthiges bietet. Unter den Geſtalten, bie dem 
ftandinavifgen Boden angehören, iſt befonders bie mehr als 
bundertjährige Helle fehr gelungen. Die Alte verlor in hen 
Zeiten ihrer Jugend ben Bräutigam, ber in eine Schlucht bes 
Bergwerks zu Danemora ploͤtzlich verſank, ohne daß man feis 
nem Leichnam auf die Spur kommen Eonnte. Wine ahnende 
Stimme fagt ber trauernden Braut, fie werde nicht eher fer 
ben, als bis fie den Geliebten im Glanz ber jugendlichen Schön: 
heit, fowie er war in ben Tagen feiner Blüte, würbe wieberen 
blickt haben. Diefe fire Idee, die ſich ihrer Geele bemächti 
friftet ihr Leben auf ungewöhnliche Weife, und die hundertj 
rige Greiftn hofft noch immer auf bie Erfüllung der wunderba⸗ 
ten Prophezeifung, bie ihren Mitmenfdyen Wahnſinn gi. 
Aber fie traf ein; ber Zufall bringt bei einet Nachgrabung bru 
Körper des Verſunkenen and Tageslicht. Ga 
von ber eigenthümlichen Oasluft in ber Schlucht frifch erhalten 
in dee anmuthigen Schönheit feines jugendlichen Lebens, bringt 
man die Leiche hervor, und Helle's Lebensfaben ift abgelaufen, 
denn nun kann fie flerden. Der Hauptbeib des Ganzen, os 
land von Bremen, der im Dienſte Waſa's fich unter ben hal: 
leuten in Schweden aufhält, gibt bei feinem erfien Erſcheinen 
mehr Doffnung zu einer humoriſtiſchen Durchführung. Gr kuͤn⸗ 
digt fich als ein kecker Natarmenfch 
gefunbes Ueberkraft fein Leben in di ange fchlägt; er nennt 
fi felbft ein lebendiges Abbild bes fleinernen Roland. in Bra 
men, benn feine Mutter wohnte, als fie ihn-unter dem Herzen 
trug, auf dem Markte der Statue gegenüber unb hatte fich an 
dem ungefchtachten Rieſen verfehen. Der Ton, in welchem 
die Figur anfangs gehalten iR, finkt jeboch, und bie fehwache 
Durchfuͤhrung beffelben madt ben Helden zu einem gewoͤhmli⸗ 
hen Kämpen. An den Raturfhilberungen ber norwegiſchen Kos 
calität wird ſich der Lefer, Telbft -wenn er Steffens’ geift: 
vollere Darftellung kennt, gewiß mannichfach ergögen. 86. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodbaus in Leipzig. 


„ ber mit Hmmor mb 


Blätter, 


für 


literariſche unt erhaltung. 








Politiſche und literariſche Gegenwart. 
(Bortfegung aus Nr. 82.. 

In diefen halb erniten, halb komiſchen Infurrectionsver- 
fuchen machte die am 29. März auäbrechende Cholera 
eine plößliche Unterbredhung. Der gewohnte parifer Leicht 
finn benugte biefen Tag des demi-car&me zu brillanten 
Mebonten, auf benen die Cholera felbft in verfchledenen 
Caricaturmasken perfiflict und von luſtigen Arlequins ver- 
hoͤhnt wurde; als aber plöglich einer der Arlequins, ſich 
unwohl fühlend, bie Maske abnahm und ein veilchen- 
blaues Geſicht zeigte, zugleih Mehre der Tanzenden nie 
berfanten, eilten Wagen voll erfrankter Masten nad, dem 
Hötel: Dieu, dem Gentralhoßpitale, wo man, nach ges 
wohnter franzöfifcher Manier in die entgegengefegte Em: 
pfindung uͤbergehend, die Furcht vor Anſteckung uͤbertrieb 
und mit uͤbertriebener Haſt die eben Geſtorbenen in ihren 
bunten Redoutenkleidern beerdigte. Die in Paris herr: 
[chende Verwirrung, die übereilte Flucht der Reichen, bie 
ſtets wachfende Zahl ber Todten bildete eine Scene eig: 
ner Art, welche um fo affteufer ward, als das vielleicht 
mit Abficht ausgeſtreute Gerücht, es wären die Lebens⸗ 
mittel vergiftet, da8 Volk in Wuth feste. Anftatt biefer 
itrrigen Meinung zu widerfprechen, verficherte bie Policei, 
ben Giftmifhern auf des Spur zu fein, welches Be: 
nehmen nur durch volllommene Kopflofigkeit und einen 
durch Ueberraſchung hervorgebrachten Wahnſinn erklärt 
werden kann, wovon aber natürlich Mordſcenen die un⸗ 
ausbleibliche Folge waren. 

Charakteriſtiſch iſt es, daß es, trotz der unglaublichen 
Verwirrtheit der Policei, Niemand einfiel, die nicht be⸗ 
liebte Regierung oder eine ſonſtige Aſſociation dieſes vers 
meinten Verbrechens zu beſchuldigen, ſondern daß der 
Verdacht nur die Prieſter und Karliſten traf, denn nur 
Denen, die früher Mordbrenner gedungen hatten, konnte 
eine ſolche Abſcheulichkeit zuſchreiben. Eine Emeute 
ganz eigner Art ward ebenfalls durch die Cholera hervor⸗ 
gerufen. Die eingefente Gefundheitscommiffion wollte eine 
ſchnellere Reinigung dee Straßen einführen, wodurch bie 
fogenannten Chiffonniers, welche mit langen Stöden aus 
dem Straßenkoth und Kehricht allerlei noch brauchbare 
Dinge aufzufinden wiffen, ihren Erwerb verloren. Diefe 
ſehr zahlreiche Claſſe fah den Straßenkoth von Paris als 





ihr Eigenthum an, befien Durchfuchung fie als ein Mo: 


26. März 1833.“ 





nopol betrachtete, und widerfegte fid) getwaltfam der Weg⸗ 
ſchaffung deſſelben. Unterftügt von den Redeveuſes, alten 
Weibern, denen verboten war, das von den Chiffonniers 
erhandelte übel riechende Zeug vwieber zum Verlauf länge 
den Kals auszubieten, barrikadirten ſich die Chiffonniers 
bei der Porte St. Denis, brachten ganz Paris in Unordz 
nung und die Rente zum Sinken. Intereſſant ift es, dag 
bie Chiffonnierd und Redeveuſes bei Vertheidigung ihres 
Anrechts auf den Straßenkoth und die längft durch Ders 
jährung erworbene Befugniß, ihn zu durchwuͤhlen, fafl - 
wörtlich die naͤmlichen Argumente und Beweisgruͤnde vors 
bradıten, womit die Artftofratie und die Zünfte ihre wohls 
erworbenen Rechte vertheidigen und fich der Hinwegſchaf⸗ 
fung des ſeit dem. Mittelalter aufgehäuften Moders wi⸗ 
derfegen. Eins der legten Opfer, welche die Cholera weg⸗ 
riß, war Caſimir Perier, deflen die Sonne der Julitage 
verdunkelndes Spftem Frankreich erniedrigte, um die Boͤr⸗ 
fencurfe zu heben. Sein Tod machte gar keine Senfas 
tion, nicht einmal auf der Börfe, die doch Anſtands hal 
ber wenigftend duch ein Kleines Sinken der Fonds ihre 
Betrübniß wie durch eine Art von Hoftrauer” hätte an 
den Tag legen müffen. Es ift übrigens wirklich ſchwer, 
über Gafimir Perter ein richtiges Urtheil zu fällen; denn 
obgleich faſt Niemand der Freiheit fo nachtheilig war ale 
er, obgleich fein Syſtem die unebelften Leidenfchaften, Ge⸗ 
winnſucht, Wucher, Agiotage begünfligte, fo war ee doch 
bei der Kraft feines Geiftes und Charakters einer Rieſen⸗ 
eiche zu vergleichen, an welcher jme Schmarogerpflangen 
fi) emporfchlängelten, und .oft war der Zufchauer unge: 
wiß, ob es eine Krämerelle, ob es ein glänzendes Helden⸗ 
ſchwert ſei, welches Périer ineder Hand führte. | 
Die traurigſte Kataftrophe des Sommers 1832. was 
rn die Zage des 5. und 6. Juni, wo bei der Leichen» 
‚feier vom General Lamarque eine unfinnige, unvorberei; 
tete, wie es fcheint, rein improvifirte republilanifche In: 
furreetion ausbrach. Nicht der Pöbel, ſondern junge 
Leute, Studenten aus der Ecole d’Alfort, Künftler, Jour⸗ 
naliften u. dgl., eraltirt durch den Augenblid, ihre eignen 
phantaftifhen Wuͤnſche vom Wolke getheilt wähnend, un: 
ternahmen in geringer Zahl, kaum einige hundert Köpfe 
ſtark, den Kampf auf der Rue St.-Martin und flarben 
im Gefecht gegen 60,000 Mann Nationalgarden und Liz 
nientruppen den Heldentod. Weder die Geſellſchaft ber 





20. 


Amis du peuple, noch der Aide toi, et.le ciel t’aidera, 
noch ſonſt Republikaner von befanriten Ramen vereinigs 
tem ſich mit ihnen; nur einige ganz alte Leute, in denen 
der Ruf: Vive la republique! die Träume und Phanta: 
fin ber Jugend wie durch einen Zauber hervorrisf, vers 
gaßen, gleich, dem beim brennenden Troja ſich waffnenden 
alten Priamus, ihre Kraftlofigkeit und verbanden fidy mit 
der kaͤmpfenden Jugend. 

Die beunruhigenden Folgen biefer Begebenheit, bie 
Erklärung des Blockadezuſtandes von Paris, wodurch 
Kriegsgerichte eingefegt wurden und Gerüchte von Fuſilla⸗ 
den die erfchrodene Menge beunrubigten, verwandelten ſich 
bald in den gewohnten Gang der Dinge, d. h. in bittern 
Spott gegen die Regierung und in Lachen, als ein Ur: 
theit des Gaffationshofes bie ganzen Beſchluͤſſe des Mint: 
ſtertums caffirte. ' 

Rechnen wir zu ben bier kuͤrzlich aufgeflihrten Er: 
fheinungen des Jahres 1332 noch den vermirrten Ama: 
zonenzug der Herzogin von Berri, deren fonft nicht um: 
Itebensroärdige Frivplität durch die truͤbe Einwirkung des 
Schickſals in finftere Bigotetie verwandelt, und deren 
weitfichen Freuden zugewandter Sinn ben tüdifchen Ein: 
flöfterungen der Bürgerkrieg predigenden Geiſtlichkelt geöff: 
net zu fein ſcheint, fo wird man eingeftehen miffen, daß 
äußere Begebenheiten in hinlaͤnglicher Menge vorliegen, 
um aus thnen das innere Leben Frankteichs zu ſtudiren. 
Dos angekündigte Buch wird daher jeden unbefmgenen 
Lofer auf eine belehrende und ergögende Art in das fran⸗ 
oͤſiſche Volksleben einführen. Uebrigens will ich gern ge⸗ 
Sehen, daß ber Wis bes MWerf. mid) beftochen hat, ſodaß 
id) ungern nur ber Unparteilichkeit wegen zu der Schat⸗ 
tenfelte des Werks mich wende. | 

Abgefehen davon, daß der Verf. in ber Polemik gegen 
mehre beſtzhende Inflitutionen Deutfchlande zu meit gebt 
and vergißt, wie leidenfchaftliche Erbitterung ' nothwendig 
gehaͤſſige Leidenfchaften als Gegenfag aufruft, fo verun⸗ 


glimpft er unter Anderm mit beißendent Spott einem in vie: 


fer Hinficht ſehr achtungswerthen Gelehrten, A. W. v. Schle⸗ 
get, deſſen kleine Schwächen mol überhaupt nicht, am 
wenigſten aber auf fo gehäffige Art am das Licht gezogen 
werden follten, wirklich fchon um deswillen nicht, weil 
Min dadurch auf gewiffe Art eine nachträgliche Alllanız 
mit defien unwuͤrbigem Gegner Kotzebue einzugehen fcheint. 
Hoch: umpaffender und wirklich unwuͤrdig aber iſt die Art, 
mit welcher der Verf. (S 250) von dem Befretungs: 
krieg 1813 und 1814 fpricht, den er als einen Kampf der 
Dummmelt mit dem Licht zu betrachten ſcheint, indem er 
die zu dieſem Krieg fih ruͤſtenden Scharen als ſervile, 
aus anerzogenem Gehorſam den Sürften willenlos folgende 
Soͤldner betrachtet. Wohl weiß ich, daß ber Verf: nicht 
anter Diejenigen gehört, welche, als 0b fie aus Lerhes 
Becher getrunken hätten, in jener Zeit der tiefften Ernte: 
drigung, wo Deutfchland unter dem mfamften, unfer Va: 
terland selig, moraltf und politiſch nieberdruͤckenden 
Koch‘ eines Despoten ſchmachtete, jegt einen Nüfengatten 
ſehen wollen, den man damals faͤlſchlich fur einen Dor: 
nenſtrauch gehalten habe; auch iſt mir klar, daß ber Verf. 


jene Aeußerung nicht im grellen Sinn verſtanden haben 
wolle, fie auch mehr im Unmuth über die nicht befriedi⸗ 
gende Gegenwart als in ernfler Meinung ausfprady. Den: 
noch aber hätte er nicht vergefien follen, daß ein Mis- 
muth, felbft wenn er gererht iſt, nie zur Unbilligfeit‘ fühe 
ven darf, und daß Handlungen, Kb mögen dem weiten 
Gebiet der Mieltgefchichte oder den? engen Raum des Pri⸗ 
vatlebens angehoͤren, nie nach dem zufälligen, außer bem 
Bereich der menfhlichen Divination liegenden Erfolg, fon: 
dern nad dem Gefühl unb dem Geiſt des Handelnden 
im Augenblick der That beurtheilt werden muͤſſen. Webri: 
gens gibt es im Leben der Völker und der einzelnen In: 
dividuen fchöne, A ber flachen Alltaͤglichkrit - 
zende Lichtmomente, Silberblide im einförmigen Dafeln, 
welche die fpäter eintretende Dunkelheit mit Lieblichem 
Stanz erhellen, deren Verſpottung das innere Gefühl tief 
verlegt. Berhoͤhnt kann Altes wetden, aber es gibt Be: 
gebenheiten‘, die zu hoch ſtehen, als daß der Spare’ bar: 
über ein anderes Gefühl als das des Unwillens hervor: 
bringen koͤnnte. So mag Mandyer mit der Geſtaltung 
ber potitffchen Verhaͤltniſſe In Nordamerika und der Schweiz 
unzufrieden fein, aber empören würde es, wenn Jemand 
deshalb die erhadenen Manen von Wafhington oder Arnold 
von Winkelried Tpottend in den genminen Staub wälzen 
und den Ausſpruch Schillers: 

Krieg: führt der Wis auf ewig mit dem Shönm,; 
auf traurige Art bewähren wollte. Der vaterländifche, 
wahrhaft heilige Krieg vom 1813 maß jedem Deutfchen 
eine ehrmmhrbige Erinnerung bleiben; und ſelbſt im Schmerz 
einer viele fhöne Erwartungen täufhenden Gegenwart kann 
nur ber Gedanke, bag ein Volk, welches folcher fihönen 
Begeifterung, folch edler Entrüftung fählg war, ber Stel: 
heit würdig ſei, tröftend aufrichten. on 
Zu germ aber beim Lobe des in Rede flehenden Buche 
verweilend, bebe ich zum Belege meines frühern Urtheils 
die intereſſante Stelle aus, wo der Verf. London’ in jenem 
Augenblick fchildert, als der König Großbritimntens, im 
einer Racht wahrhaft naͤchtlich amgeſtimmt, von der frei⸗ 
ſinnigen Reform des Lord Grey zu dem finſtern Abſolu⸗ 
tismus Wellington's überzugehen den unfeligen, glädii: 
chetweiſe mislungenen Plan machte, mir ben Worten, wie 
fit S. 226 enthalten ift: j 

Es find wunderliche Kaͤuze, dieſe Engländer! Ich Tann fie 
nicht leiden: Sie find erftenß langweilig, und dann find fie fö 
ungefälig ,. eigenfüchtig,, ſte quälen wie die Froͤſche, fie find ge: 
borene Beinbe alleg guten Muſik, fie gehen in: die Kirde mit 
vergoldeten Gebetbuͤchern, und fie verachten uns Deutfche, weil 
wir Gauerfraus effen. g er als es ber englifchen Ariltofratie 
gelang, - — — the nasty geralan fröow_— 
u inm ihr Intereffe zu ziehen; als König iR: 
beim, ber. nöd’ bes Abends am Lord Grey verſprach, fo viel 
nee Paird zu ernennen, alg zum Durchſegen der Reformbill 
noͤthig fei,. umgeflinnme durch die Königin — — — des ans 
bern Morgens fein Work bradi; als Wellington und feine To⸗ 
ries mit ihren tiderticiden Händen bie Skaatsgewalt ergriffen: 
ba. waren: jene Englaͤnder ptöglih gar nicht mehr langmeilig, 
fondern fehr intereffanez fle waren gar nicht mehr ungefellig, 
fondern fe. vereinigten ſich Hunderttaufendweis s; fie wurden fehr 
emeinfinnig;. ihre Worte waren gar nicht mehr fo quälend, 
Oondern voll des Lühnften Wohllauis; fie ſprachen Dinge, die 


“an mn ni 


35 


hinzefiimder. Magen  at® Die Melodlen vor -Roffini und Meyers 
a ‚und fie a —— rd ee 
n ber e, ern fie beriethen ſich ganz freig 2 
ee ft die Biſbfe zum̃ Henket — Kodnig Wil⸗ 
heim mit famınt feiner & — —5* nu Honebetgu⸗ 
raͤckſchicken ſollten⸗Iqh habe, als —5* in Viglaud war 
über Bieles gelacht, abet am hetztichſten uͤber Yet’ Leordmaybr 
den eigentlichen Bürgereifter des Wekchbilds von Loͤndon, bet, 
als eine Ruine des mittelalterlichen Communweſens, ſich in all 
ſeiner Peruͤckenmajeſtaͤt md breiken Zunftwurde erhalten- bat. 
fah ihn In der Geſellſchaft ſeiner Kiberränner, das ſins 
gtavitatiſchen Vorſtaͤnbe der Buͤrgerſchaſt, Gevatter Schneb 
ber und Gandigkihmadier , meiſtens dicke Keainer, rothe Beef⸗ 
ſteakgeſichter, Rindige Porterktuͤge, aber nuͤchtern und ſehr 
reich durch Fleiß und Sparſamkeit, ſodaß Viele darunter, wie 
man mir verſichert, über eine Million Pf. St. in dir engli« 
ſchen Ban liegen haben. Die englifeie Bank iſt gin großes 
SGebqaͤude in Thread: needle: Street, und mürbe in and eine 
Revolution ausbrechen, fo kann die Bank in die größte Gefahr 
gernthen, und bie reichen Würger don London könnten ihr Ver: 
mögen verlieren und in einer Stunde gu MWettlern werten. 
Richtsdeſtoweniger, als König Wühelm ſein Wort brady und 
die Xreiheit von England gefährdet ftand, da hat der Lords 
mayor von London feine große Perude aufgefest, und mit ſei⸗ 






nen dicken Aldermännern machte ex fi auf ben Weg, und fie | 


fahen dabei fo ficher, muthig, fo amtsruhig aus, als gingen fie 
zu einem feierlichen Gaſtmahl in Guildhall; fie gingen aber 
nach dem Haufe ber Gemeinen und proteftirten dort aufs ent⸗ 
fhtoffenfte gegen das neue Regiment und nberfagten dem 
König, im Fall er nicht widerriefe, und wollten lieber durch eine 
Kevolution Leib und Gut aufs Spiel fegen, als den Untergang 
der englifchen Freiheit geftatten. Es find wunderlihe Käuze 


€ Engländer! 
dieſ 8 {Der Beſchluß folgt.) 





Prometheus, Fuͤr Licht und Recht. Eine Zeitſchrift in 


zwangloſen Heften, herausgegeben von Heinrich 
Z3ſchokke und feinen Freunden. Zweiter Theil. Aaran, 
Sauerlaͤnder. 1832. Lexikonoctav. 2 Zhle.*) 

Dem reichhaltigen erften Theile diefer Zeitfchrift, ber ſich 
durch hoͤchſt intereffante und in vieler Hinficht neue Mittheilun: 
gen von und über Jochmann, Delöner, Peſtalozzi und den Grafen 
Schlabrendorf auszeichnete, folgt jegt ber zweite in berfeiben 
Tendenz des Inhalts, indem er fich ebenfalld vorherrfchend, oder 
vielmehr diesmal faſt ganz allein aus ben in perfönliden Ber: 
bättnifien. des ‚Herausgeber erwachſenen Materialien zufammens 
fell. Diefe Art der Mittheilungen Hat in der That einen 
eignen Reiz ſchon durch die Unapfichtlichfeit, mit ber uns ein 
feier Inhait unterhält, indem er uns in ben unwillkuͤrlichen 

erkehr verwandter Geiſter einführt, wie fit waren und dach⸗ 
ten, frei von aller Koletterie bed Preßbengele. In unfern Tas 
gen aber, wo man auf die meiften literariſchen, überfünftelten 
Mitteilungen dit Worte bed Dichters anwenden koͤnnte: 

Man merkt die Abſicht und man If verſtimmt! ⸗ 
ſind ſolche ganz unabſichtliche, urſpruͤnglich gar nicht dem Druck 
beſtimmt geweſene, ſondern lediglich aus unbefangener Gelbfters 
ſchließung reicher Gemuͤther hervorgegangene Schaͤte, wie fie 
Iſchottke aus dem vertrauten Verkehr und Nachlaß feiner Freunde 
in den bisherigen Heften bes „Prometheus veröffentlicht hat, 


deshalb um fo dankenswerther und werden hoffentlih mit all« 


gemeinem ntereffe aufgenommen. werden. 

Diefer zweite Theu enthätt des Herausgebers Briefwechfel 
mit Karl von Bonftetten, feit dem Jahre 1822 — 32, dem To⸗ 
desjahre des berner Philofophen. Um Bonſtetten in feiner. lies 
benswärdigen Eigenthuͤmlichkeit kennen zu lernen, find feine 
mit Freunden geführten zahlreichen Briefwechfel beimeitem ges 


*) Vgl. über den erfien Theil Ne. 30 d. BI. f. 188. D. Red. 


giemlich feihtr® 





nur eins find. 


eigneter ale Das, was er ſonſt Sebſtändigts geſchrieden und 
rersgegeren hat. Im Kreiſe ſeiner te, vote er mir 
m weichen Mattätffon gefühloot plaubert, mit der Wrun 
Bie-eihi wätertiäitr @tuper tändelt, hört: unb fiehe Anaet- ber 
alten Reſtor WEI gern, weil er in dieſet ward ichihet 
noch “der Kmiehenbffe mb Gehaltvollſte iſt, ber in der That 
einem reichen Schatz ber feltenften Lebenserfahrungen mit einer 
imverwoͤſt lich guten Laune und immer anmuthig bfeißenben Geloſt⸗ 
gefäutgkett zur Schau zu fragen weiß. Aber als Philbvſoph — 
was er doch vbrherrſchend fein wollte unb isorgäf er fi im: 
mer diel ziu Ihe — war Bonſtetten doch eigentlich ein 
‚und vielleicht iſt er eben deshalb in ſte⸗ 
tee Heiterkeit fo alt geidorben und in feinem Alker ſo jung und 
Kuftig geblieben, weil er mit‘ feiner Speculation fo leicht und 
ohne allzu tiefe Sorgen fertig zu werden verftand. Gene Phi⸗ 
fofophie gelangte immer ohne große und mühfame Umtege am 
dem bequemen Ziele an, daß es nicht möglich fe, etwas zu 
twiffen, aber flatt darüber in Verzweiflung zu gerathen, nm: 
kraͤnzte er. fih, gieich nachdem er dies profunde Refultat ſei⸗ 
ner Meditationen zu Tage gefürbert, wie ein mohlausgelernter 






. Schhter Epikur's, die Stirn tändelnd mit Weinlaub und lachte 


Alle aus, bie ſich über das Nichtwiffen den Kopf zerbrachen. 
So fchreibs er an einer Stelle feines Briefwechſels mit Zſchokke 


; an diefen: ‚‚Ueber Bott kann ich nichts denken, das zwei Mi: 


nuten Stih hält, und toch kommt ber Gedanke immer wies 
der. Ze mehr man unferm Weſen nachdenkt, je weiter trens 
nen fi die beiben Welten, bie vielleicht in der Wirklichkeit 
Aber unfere Doppelnatur muß auch doppelt fes 
ben. Was fehen? — Das meiß Keiner. Wie koͤnnen wir jen⸗ 
feits unferer Vorftelltungen fehen? — on ber Seelenwelt weiß 
ih fo viel, wie von Gott. Es iſt dba was Mofteriofes, was 
nbefanntes, das immer da ift, um und in uns wirft, das uns 
te Selbft bildet, bas aber immer bededit und unerforfcht fich 
bewegt. Das Beiftige wirkt auf das Geiftige; es baut Welten, 
es beivegt Welten, e8 zeugt Ordnung; und Orbnung iſt Leben. 
Die Materie wirkt, To zu fagen, von unten auf, die Seele von 
oben herab. Die Materie erzeugt, die Seele orimet. Nur die 
Theologen wiffen Alles bi6 auf maculata ober immaculara, und 
bis aufs Kindlein Gottes.” . 
Unter allen Bonftetten’fhen Briefwechſeln erfchein®® "ung, 
naͤchſt dem mit Sohannes von Müller, der vorliegende mit dem 
trefflichen Zſchokke als der werthvollſte und inhaltreidifie. Die 
mitintereffirte Perſoͤnlichkeit eines ſolchen Kernmanned wie 
Zſchokke trägt dazu bei, alle Weichlichkeiten zu verbannen, wie 
fie in dem Verkehr mit der Brun und Matthiffon nur allzu 
oft und allzu empfindfam mitunterlaufen. Cine nicht unbedeu⸗ 
tende Stelle in den Mittheilangen zwiſchen Bonftetten und 
Zſchokke nimmt auch das oͤffentliche Leben und die Politik der 
Gegenwart, namentlich binfichtli der neueſten Berhältniffe det 
Schweiz ein; und obwol' man beide Briefſteller m Wezug auf 
die Greigniffe und Umggeftattungen ber hochländifchen Eidge⸗ 
noſſenſchaft ſtets von freifinnigen Ideen in ihren Urtheilen ımb 
Betrachtungen ausgehen fieht, To ſchaut doch WBonftetten, fdyon 
vermöge feines vorgerüdtern Alters, die in Bewegung gerathe- 
nen Zuftände nicht felten mit trüberm Auge an als der heile 
Zſchoͤke, der immer in allen Bewegungen ein Pofitives aufzu⸗ 
finden und daran feftzuhalten weiß. So fegt Zſchokke in dem 
177. Briefe an Bonftetten (vom 8. Febr. 1831), der aͤußerſt 
lefenswerth und den wir bierher ftelfen würden, wenn’er 
nicht zu ausführlich waͤre, bie Princtpien des gegehmwärtigen 
Regens und Bervegend in der Schweiz trefflich und klar aus, 
einander; es Tcheint ihm, daß, wie er fi im Allgemeinen außer 
drfict, „die Menfibheit in dee. Schweiz, um fi zu enttnoßpen, 
nur bie beengende Hülfe gefprengt: habe’. Obwol Zſchokke ber 
Volksſache Gerechtigkeit widerfahren laͤßt, bat er doch nie zu 
den Ultraliberalen der Schweiz gehoͤrt; ja, er faßte fchon im 
J. 1824 den Entſchluß, feine Zeitfchrift: „‚Ueberlieferingen‘, Eins 
gehen zu laffen, um, wie er ſich in einem Briefe an Bonſtetten 
ausdrücdt, „nur nicht mehr von fi reten zu machen‘, weil er 


. 
— 
352 


vom einer gewiffen Geile her Dabundh in Den -Berbadit bed UL: 
ie man wer. 
Die Intion verfehlt nicht, beide Freunde bebeutfam 


tſ 
anzuregen. Iſchott ter ſaſt ber Sat ifche i 
feiner Yu , * . ine a Mer 5 Yu 
guft 1850: „ bez ganzen ſechttauſendjaͤhrigen Geſchichte 


in 

der Menſchheit findet man etwas jener großen Wunder: 
wode von Frankreich Aehnliches? Wo ein Volk von 80 Mil 
lionen, bas binnen 24 Stunden vom alten Königäftemme wie 
ein berbfiliches Laub vom Baume abfällt? Und wahrlid, grabe 
bie Franzoſen Haben mir bie wenigfte Hoffnung, wenn id an 
die verfhiebenen Gpoden iprer Neder, Hobetpierre, Directos 
‘ ziums,. Rapoleon, bie hundert Zage u. f. w. dachte. Nun 
aber, ja nun fang’ ich an, jedesmal, wenn man bie franzoͤſiſche 
Ration nennt, meine normanbifchhe Jagdkappe ehrerbietig abzus 
ziehn; wenn auch — werben Sie doch ja nicht böfe! — mit 
heimlicher Furcht vor einem NRüdfall in die alten Sünden ber 
felben.” Und in einem andern, vom März 1831 batirten 
Briefe: „Es ift heutiges Tages der Mühe werth, gefund zu 
fein und dem ungeheuern Gcaufpiel, welches bie europäifche 
Voͤlkergeſellſchaft aufführt, zuzuſchaun. Die Zageblätter haben 
das Intereffe einer ganzen Welthiſtorie empfangen. Die end» 
lich trot alles Gträubens der Machthaber zum Durchbruche 
gelommene Freiheit ber Gedankenmittheilung macht Alles durdy 
fihtig unb bie Nationen allwiffend in ihrer Gegenwart. Es 
iR wunderbar, den Mechanismus, das Materielle dere Armeen, 
Gerichtshoͤfe, GSenfurämter, Diplomatenprotololle u. dgl. der 
Macht des Geiſtes und feiner Gedanken gegenüberzufehn.‘‘ 

Die trefflichfie Bemerkung aber macht bier Bonſtetten: 
„Man bat fi taufend und taufend Jahre geſchlagen, um Kös 


nig zu werben; nun wird man ſich bald nur fchlagen, um es 


nicht zu fein.”. 

Benfetten lebt in Genf, dem beffändigen Sammelplat 
vornehmer und geiftreicher Fremden, fortwährend in einem Kreife 
feinſter Gefelligleit, in bem ſich bee Achtzigjaͤhrige mit jugend» 
licher Friſche und Heiterm Antheil zu bewegen weiß. Was er in 
diefen reichen Umgebungen erfährt und fieht, theilt er Alles ge: 
treulich feinem Freunde 3ſchokke mit und vergißt au nie zu 
erzählen, wie er überall ber Gegenftand ber ausgefuchteften Liebs 
tofungen, befonbers audy bei ben Zrauen if. Wenn uns biefe 
kleine Koketterie des lebensfrohen Alten bei der großen Behag⸗ 
lichkeit und Butmüthigkeit, mit der fie auftritt, nie wiber ibn 
einnehmen kann, fo findet ſich doch unfer Gefuͤhl mit entſchied⸗ 
neree Theilnahme zu dem unermüblich firebfamen und wiffen- 
ſchaftlichthaͤtigen Zſchokke hingezogen, ber, obwol von vielfas 
hen dffentlihen Aemtern in Anfprud genommen, in feinem ab: 
gefchiebenern Aargau zugleich den mannichfachſten Studien ſich 
Bingibt, während feiner Mußeſtunden ſich mit Optik beichäftigt 
und eine umfaflenbere philofophifche Arbeit: „Ueber das Al” (vgl. 
ben erfien Theil des „Prometheus“), unternimmt, in ber er 
. fi auf bem Wege einer zufammenhäggenden Forſchung und 
Dorftellung bie Elarfte Erkenntniß der hoͤchſten Dinge begrüns 
den will, und woran Bonfletten auf bie ihm gemachten Mits 
theilungen davon weniger Antheil zu nehmen fcheint als ber 
Freund wol wänfdt. Bonſtetten will überhaupt ben fpeculatis 
ven Unterfuchhungen feines Freundes Feine fonberlidye Aufmerk⸗ 
famteit ſchenken; fo mag er z. B. den erften, philoſophiſch zes 

ctirenden Theil des „Alamontabe” gar nicht haben, obwol er 

en zweiten mit vieler Wärme anerkennt, unb daran tbut er 
vielleicht nicht Unrecht. Auch Zſchokke feinerfeits fcheint in bie: 
fen Briefen von ber Philofophie feines Freundes Bonftetten nicht 
eben erbaut und befriedigt; und fo haben Weide ohne Zweifel 
mit Recht ihre ſchwachen Seiten an ſich erfauat. Die Urtheile, 
weiche Bonftetten fonft in manchen feiner Briefe über anders 
weitige Arbeiten Zſchokke's, namentlich über deſſen poetiſche Er» 
zeugniffe, Romane und Graählungen ausfpricht, find nicht felten 
ſehr fi und treffend und immer in ber befien, munterften 
Laune dargethan. Zfcokle aber will in feinen Antworten nichts 


ser jeiR willen, Im Mrpagen 8 Kugenbiilt, 1 Befrieigeng 
Bez ‚im en ‚zur 
feiner. eignen Stimmung , geſchrieben; ex bat nie, auch 
nen andern deiſtungen nicht, an die Nachwelt gedacht; er bes 
greift nicht, wie ſich fein Buchhändler von ber Theilnahme an 
feinen gefammelten Schriften fo viel verfpricht, daß ex mehre 
mplare bavom abziehen läßt. Diefe Aeußerungen be 
treffliden Mannes können jeboch nur ben Ginbrud machen, ba 
Beſcheidenheit jedes Verdienſt in verſchoͤnter Glorie bervorhebt. 
In dieſer Weiſe offenſter und vielſeitig bewegter Selbſt⸗ 
mittheilungen kann dieſer Briefwechſel wol nicht verfehlen, In⸗ 
tereſſe zu erregen und geiſtvoll zu unterhalten. Mir hätten 
aber dennoch gewuͤnſcht, daß bez Herausgeber biefen zweiten 
Theil feiner Zeitfchrift, eben weil fie den Charckter einer Zeit⸗ 
ſchrift Haben fol, nicht allein bamit angefüllt, fondern bie Briefe 
in mehre Hefte vertheilt hätte. Wenn wir, wie zu erwarten 
unb zu wünfchen ſteht, mit einer baldigen Kortfegung des „Pro⸗ 
metbeus" wefreut werben, fo möchten wir ver Allem bie Bitte 
ausfprechen, daß uns barin ber Derausgeber aus ben binterlafs 
fenen Papieren Jochmann's, deſſen werthvolle Belanntichaft wie 
ihm zuerft verdanken, und die, wenn wie nicht irren, ih in 
feinen Händen befinden, noch mit mandyen Mittheilungen bee 
ſchenken moͤchte. 88. 


Notiz. 


Aleranber Duval und Victor Hugo. 

Herr Alerander Duval hat neuerdings eine Brofchüre gegen 
das Haupt der Romantiker erfcheinen laffen. Er nennt fi barin 
den fruchtbarſten franzoͤſiſchen Theaterdichter; fobann erklärt er, er 
Mar es als folder für feine Pflicht, bie dramatiſche Kunft, bie 

Höne dramatiſche Kunft nämlich, und bie ehrwürbigen Greife, 

bie man fo gottesläfterlih ganaches de l’empire geheißen, in 
Schut zu nehmen. Hr. Duval zeiht feinen Gegner oͤffentlich 
bes Boverraths an der bram Kunft und tbut dar, 
oder fucht darzuthan, wie bes verruchte Dichter durch arge Leh⸗ 
zen und noch ärgere Mittel bie ſchoͤne dramatiſche Kunft auf 
ewig zu Grunde gerichtet und bas Theätre francais dazu nebſt 
dem ebrwärdigen ganaches, 

„Sie haben‘‘, fpricht der Claſſiker zum Romantiker, „jene 
großen literariſchen Monumente zerftören wollen, an welche wir 
Dichter aus ber Kaiferzeit unfern Ruhm gelnüpft hatten. Gie 
haben fich ferner eine praͤtorianiſche Garde geichaffen, bie uns 
arme, verhöhnte, verlaffene Dichter wie hoͤlliſche Geiſter vers 
folgt; es find wahre Satans, die uns mit ihren Krallen zer⸗ 
fleifden, wo fie nur koͤnnen. Ich bin Jeet no nicht gefragt 
worden; allein man hat mich eine Perüde, einen spicier unb 
ein fossile genannt.” Nachdem er fo nun bie perſoͤnlichen Ans 
griffe, bie ihm ſchwer aufbem Herzen zu liegen feinen, gerädht, 
gebt Hr. Duval zur literarifcgen Kritik über. Hr. Duval fins 
det, daß das Gift, welches in den neuen Dramas fo beliebt iſt, 
ein ſchlechtes Surrogat für den claſſiſchen Dolch feiz es ift weit 
unmoralifcher und duldet weit weniger Wariationen in der Ans 
wendungsart. Sodann erfiä Hr. Duval, mie man zu feiner 
Zeit ein tüchtiges, verflänbiges Trauerfpiel anlegte. Der erſte 
Zweck, den man ſich vorſteckte, war, eine moraliſche Folgerung 
mit dem Sujet zu ziehen; der zweite, fuͤr einen Helden zu in⸗ 
tereſſtren; ber dritte, ihn mit Nebenperſonen zu umgeben, durch 
die feine Tugenden und Vorzuͤge gehoben wurden; ber vierte, bie 
Yerfonen endlich nady ihrem Charakter, Range, nach ben Zeit: 
und Gittenverhältniffen reden zu laſſen; der fünfte endlich war, 
den ‚Helden allmälig zu einer nicht allzu gräßliden Katar 
ſtrophe zu führen, man begnügte ſich mit einem raifonnablen 
Entfegen, mit einem becenten Schreck; übrigens labet er die 
Herren Romantiler ein, ihn zu befuchen, und macht fi) anbeie 
fig, ihnen in kurzer Zeit begreiflich zu madhen, wie ein Drama 
aufzubauen fei. Gehe artig, fehr bienftwillig und beſonders 
ſehr befcheiben ! 148, 


Kedigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagäbandlung: $. 4. Bro@daus in Leivzig. 
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7 


00. Blätter - | Ä 


I für | 


— 


literariſche Unterhaltung. 





Mittwoch, 


— Nr.86. — 


27. Maͤrz 1833. 





Politiſche und literariſche Gegenwart. 
Geſchluß aus Nr. 86.) 

Um jedoch auf Frankreich zuruͤckzukommen, fo dürfte 
für Diejenigen, welche bdaffelbe nicht ununterbrochen feit 
den Julitagen im Auge hatten, denen es mithin unbegreif: 
ih fein muß, wie ber fchöne Enthuſiasmus jener glorreis 
chen Tage ſich fobald in allgemeines Misbehagen vertan: 
dein konnte, ein anderes mit ruhigem, wenn auch offenbar 
dem Syſtem von Perier zugewandtem Sinn verfaßtes Werk: 


2. Briefe aus Paris über Frankreich im erften Jahre 


feiner Yuliusrevolution, als Fortfegung des Ausführlis 
hen Berichts eined Augenzeugen über die legten Auf: 
tritte dee frängöfifchen Revolution, von Johann Hein: 
rich Schnigler. Stuttgart, Eotta. 1832. Sr. 8. 
1 Thle. 12 Gr. | 
recht nüglich fein, welches die WBegebenheiten in Paris 
feit der Sulirevolution in chronologifcher Reihenſolge bis 
zu dem Miniflerium vom 13. März 1831, welchem Gas 
ſimir Périer präfidiete, darſtellt. Diefe Schrift, erktärt, 
wie dieſeß, das Princip des juste milieu aufrecht erhal: 
tende Miniſterium an die Reihe kommen konnte. Man 
fieht, wie die große Revue der Nationalgarde, welche ber 
neu erwählte König der Franzoſen am 29. Auguſt 1830 
auf dem berühmten Marsfelde hielt, wo am 14. Juli 
1790 Ludwig XVI. die Gonftitution beſchwor, der Cul⸗ 
mingtionspunft feinee Popuſitaͤt war, wie das Recht 
der Deputirtenlammer, nad) DBerjagung der verhaßten Dys 


naſtie einen neuen König zu wählen, nicht mit Unrecht 


in Zweifel gezogen wurde, benn offenbar waren die Des 
putirten von ihren Departements nicht mit Verhaltungs⸗ 
regeln für einen fo ganz unerwarteten Fall verfehen, wie 
das bei jeder großen Ummälzung unvermeibliche momen> 
tane Sinten bes Credits und Hemmung des Verkehrs 
um fo größere Unzufriedenheit erregte, als das Wolf, 
welches fo tapfer und fo edel geftritten hatte, uns 
mittelbar folgende goldene Tage erwartete, zugleich. aber 
theils” durch republilanifhe Declamationen, theild durch 
kriegeriſche Gerüchte, theild durch die Raͤnke ber Geift: 
lichkeit aufgeregt wurde. Dem der Natur der Sache 
nad) . aufgeregten Geift der Nation Begenüber erbli⸗ 
den mit eine ſchwache Regierung, bie zwar durch Aus 


merzung der von Karl X. ernannten hundert Pairs die, 
Pairskammer decimirt, aber fie nicht aufhebt, durch ‚offers 


a A — — ERREGER 
⁊ 


tirte Buͤrgerlichkeit laͤcherlich wird, indem z. B. der Herzog 
von Orleans Oberſt und zugleich Kanonier der Buͤrger⸗ 
garde wird, deren Miniſter einen Nepotismus bei Beſetzung 
der Stellen ausuͤbte, wie er nur jemals ſtattfand — die 
mit einem Worte alle Fehler eines legitimen Throns mit 
denen eines von des Volkslaune abhaͤngigen Regiments 
verbindet. Weder das ſogenannte doctrinaire Miniſterlum 
von Guizot, Broglie, Bignon, Dupin, Mole, noch das 
liberale von Laffitte, Gerard, Sébaſtiani, Montalivet, Mais 
fon, zu welchem bald Soult und d'Argout an bie Stelle 
von Gerard und Maiſon gerufen wurden, am wenigſten 
aber der König felbft vermochte einen geregelten feſten 
Plan aufzufaffen. Guizot begriff nicht, daß die Julitage 
eine neue Periode herbeigeführt hätten, und wollte eine 
Quafilegitimität retten; Laffitte ſchwankte zwifchen den li: 
beralen Anfichten der Vergangenheit, die auf die Gegen⸗ 
wart nicht paßten; bie Deputictenlammer deliberirte uͤber 


Kleinigkeiten, zu ertheilende Decsrationen und architektoni⸗ 


fhe Verzierungen, und eigentli war es nur die Natio⸗ 
nalgarde, weiche waͤhrend ber vielen einzelnen Aufftände 
bie Ruhe erhielt. Es war wegen der gänzlichen Gefahrs 
kofigkeit bald nicht einmal Ehre dabei, der Regierung zu 


trogen, wie ed Hubert, der Präfident der Amis du peuple,. 


und der Graf Kergorley offen und ungefcheut thaten; bie 
Emeuten während des Procefies der Erminifter, der Auf: 
ftand bei dem unfinnigen, von den Karliſten gefeierten 
Todtenamt des Herzogs von Berti, wobei ber erzbifchöf: 
liche Palaft verwuͤſtet wurde, machten endlich fogar bie 
Nationalgarde wegen ber fteten Belaͤſtigung verdrießlich. 
Der Lefer des zufegt erwähnten Buches wird dem Laufe 
des franzöfifchen Volkslebens gleich dem eines Stroms fols 
gen Eönnen, welcher ſich zulegt in das Becken des juste 
milieu ergießt, welches Gafimir Perier präfenticte. 
Derf. verfpricht eine befondere Darſtellung der Vorfälle 
unter dem Minijterium Peérier. 

Weniger in politifcher als vielmehr in pfuchologifcher 
Hinficht iſt es Intereffont, zu betrachten, welche wunder: 
bare Spfleme große Begebenheiten auch in religiöfer Be⸗ 
ziehung hervorbringen, die mit dem durch die Zeitereignifie 
erzeugten Enthuſiasmus vertheidigt werden. So fehen wir 
in der Mevolution von 1789 nad und nach bie entge: 
gengefesteften religiöfen Sekten auftreten; ber ftarre Ka⸗ 
tholicismus der nicht vereidigten Priefter rief als Gegenſatz 


Sn 


Der. 








die atheiftifhe Sekte 


3 : > . 
. ‘ ’ 


hervor; ſelbſt bie einfache natürliche Religion, der reine 
Deismus, wie Mn Rouſſeau lehrte, fand in Mobespierre 
einen fo fatanifchen Anhänger, daß er in. blutige Verfol⸗ 
gung ausartete, bis fpdter Lareveillere unter kom Ma: 
men der Theoͤphiianthropie ihn auf mildere Art zu grän: 
den ſuchte. Ebenſo find in unfern Tagen die verwirrten 
Sekten der Myſtiker, Poͤſchelianer und Froͤmmler diverfer 
Art entftanden, welche Erfcheinungen auf das leider bei 
Vielen geftörte Gleichgewicht zwiſchen dem Verſtande und 
der Phantaſie deuten. In Frankreich breitete ſeit der 


Julirevolution die pofttifchreligiäfe Sekte der St.⸗Simo⸗ 


nianer fih immer mehr aus, welche außer einigen phan⸗ 
taftifhen Sägen über das DVerhältniß der Frauen und 
myſtiſchen Abfurditäten ein patriarchaliſches Verhaͤltniß 
gruͤnden will, ſodaß eine Art von Papſt von dem allge⸗ 
meinen Staatselgentyum einem Jeden fo viel zutheilt, als 
er in Bezug auf feine intellectuellen und phyſiſchen Eigen: 
fchaften verdient, welche Einrichtung praktifch wäre, inſo⸗ 
fen fie ſich auf .eine einem Patriarchen mit Liebe und 
Butrauen ımterworfene Samilte bezöge, rein unfinnig aber 
fe einen Staat iſt; denn man denke fih z. B. einen 
Patriarchen, in deſſen Sände die Revenuen von ganz Frank: 
reich flöffen, und von dem dagegen verlangt würde, von 
33 Minionen Individuen jedem Einzelnen die Summe 
guzumefien, weiche ex nad feinen Fähigkeiten werth wäre. 
Indeſſen iſt über dieſe Sekte ſchon zu viel gefprochen, um 
mic) dabei zu verweilm. Intereſſant aber ift die Entites 
bung einer andern, ‚meniger befannten Sekte, welche der 
Abbe Lamennais, bekannt durch dad Werk: „Sommaire 
diun systeme des connaissances humaines”, zu gründen 
ſtrebt, dem fi) ein junger, vom Advocaten zum Geiſtli⸗ 
hen Übergegangener Sanatiker, der Abbe Lacordaire, der 
Mriefter Gerbet, Verfafler des Buche: „Coup d’oeil sur 
la controverse chretienne, depuis les premiers siecles 
jusqu'à nos jours” (Paris 1831), ein Priefter aus dem 
Eifaß, Rohrbacher, der Conforte von de Potter, Bartels, 
und mehre Andere anfchloffen, worunter auch Harel bu 
Tancret, ein Schüler des bekannten: ftrasburger Profef: 
ford Bautain, welcher aus dem eraltirteften Liberalis: 
mus zum ſtrengſten Katholicismus überging, fich befand. 
Wie fonft. die Geifttichen dem Abfolutismus huldigten, fo 
will diefe Sekte ſich mit der Freiheit verbinden, und in 
dem Journal „L’avenir”, welches ihr Organ iſt, ſtellt fie 
ihre Anfichten dahin auf: 

Freiheit ift von Gott allen Menfcken gegeben, und unge: 
hindert muß jedes Bolt feinen Entwictelungsgang geben; alle 
Schranken müffen fallen, nichts Befonderes den DRenfchen hir: 
bern, zu Gott zu gelangen. . Aber mitten unter Reformen unb 
Neuerungen loͤſen fih die alten Bande, welche den Staat zu: 
fammenpielten, die hiftorifchen Weberlieferungen werben vergeflen 
oder verſchmaͤht, die Geſetze altern, feſſellos fteht bie Menge 
da, verlangend nach Gleichheit, nad einem Wohlſtande, der bie 
Frucht der Arbeit fein fol, in ihrer Armuth fi) waffnend ges 
gen bie Minberzapl der Reichen, bereit, von Umwälzungen zu 
Ummwälzungen fi zu ftürgen. Freiheit kann bemnady Allen vers 
derblih werden; aber «8 gibt eine Bedingung, unter welcher 
fie nicht nur unſchaͤdlich, fondern wohlthätig und ficher begruͤn⸗ 
det wird. Diefe Bedingung heißt Glauben, Fefttalten an den 


von Hebert und Anacharfis Cloog ı religiöfen Lehren, an bin Weberlieferungen, welche die Kirche 


bewahrt, die bad Ungereimte in ber Weltordnung erklären unb 
de MWiderfpräche der einander beftreitenden Elemente außglei: 
hen. Nur für den wahren Katholiten ift Kreiheit möglich, weil 
fie für ihn ohne Gefahr if. Freiheit ift der Geift des Katho⸗ 
licismus. zr nde mit ten Maͤchtigen ber Erde bat fich 
legterer feld gachadet, dadurch, daß er bin Achgwohn verans 
laßte, als begünftige er linterdrüdungs diefem argen Wahne zu 
fteuern, ift hohe Zeit. Die Völker haben von der Kirche ſich 
abgewandt, weil fie dem Staate Tröhnte, weil fie dem Throne 
fid) dienſtbar machte, weil fie mit den Königen verfuchte, bie 
Seit rückgängig zu machen; durch Licht und Freiheit follen Lie 
Voͤlker zu ihr geführt werden. Der Staat hat das Recht nid. 
in das Gebiet bes ‘Glaubens einzugreifen, die Bebürfniffe des 
Ghriften haben nichts gemein mit denen bes Bürgers; biefer 
gehorcht dem Wefege, jener dem ichenbigen Drange in feinem 
Innern. An der Spitze der Kirche, flieht der Papft, ein Ver: 
einigungspunft für alle Graͤubigen: ohne Papft Feine Kirche. 
Ihm allein ſteht das Necht zu, die Hirten ber Heerden zu er= 
nennen, bie feiner Entſcheidung vertrauen und als den Bewah⸗ 
rer ber geheiligten Traditionen ibn verehren. So fei denn Feine 
Nede mehr von nationalen Abfonterungen, von gallicaniſchen 
Artikein, fo enthalte ſich bie Krone Feier Einmiſchung in gas 
liche Angelegenheiten, fo erlaube fie ſich nicht, Buichöfe zu er= 
nennen unb für ſich oter ihre Zwecke Gebete zu fodern. Von 
ihrer Seite begehre die Kirche Peine Unterflüsung, fondern un: 
terhalte aus eignen Mittelh ober durch die Beiträge der Glaͤu⸗ 
bigen die Diener bed Altars; fie Ichre frei und ummunden, und 
erbebe fi au ber ihr eigenthuͤmlichen angeflammten Würde. 
Der Beifafl der Völker kaun ihr dann nicht abgeben, ran das 
Bedürfniß des Glaubens, weit entfernt, ausgegangen zu fein, 
wird allenthalben laut, und fo wird es zulegt wahr werben, was 
Chriftus fprach: „Es wird eine Heerde und ein Hirte fein‘. 
Gern: überlaffe ich es dem Lefer, die Logik ‚und ben 
Ideengang dieſer Religionsanfiht nach feinem Ermeſſen 
zu würdigen, denn in Bezug auf dasjenige Gonvofut von 
Schmwärmerel, Betrug, Abfurbität und Unmöglichkeit, was 
man mit dem Gollectiowort: Glauben, bezeichnet, läßt 
ſich in der Regel mit gleichem Rechte alles Mägliche be: 
haupten, und ich erinnere mich dabei ſtets an den Aus⸗ 
fprudy des heiligen Auguftinus, welcher feinem Metier als 
Heiligen zufolge doch in Glaubensſachen einige Autorität 
haben muß und fi begnuͤgte, zu fagen: „‚credo, quia 
absurdum est”, obfchon für mich die Abfurditdt, bie ich 
übrigen® keineswegs abftreite, keine ſolche Beweiskraft ha⸗ 
ben würde. Was mic abet an dem Glaubensbekenntniß 
des Abbe Lamennais auffiel, war, daß baffelbe mir als 
ein bekannter, wenn auch nicht vertrauter Ton erfchien 
md in meinem Andenken bie laͤngſt vergeffenen, confufen, 
durch einzelne geiftreiche Stellen ausgezeichneten Schriften 
bed phantaftifchen Goͤrres, namentlich defien Werk: „Eu: 
ropa und die Revolution“, hervorrief, wo ebenfalls bie 
Infallibilitaͤt des Papſtes und Annahme verwirrter Dog⸗ 
men mit hoͤchſt liberalen Ideen in wunderlichem Conner 
ſtand. Es war mir daher ſehr intereſſant, in den zuletzt 
erwähnten „Briefen aus Paris” zu erſehen, daß man 
erwarte, der bekannte Verfafſer des „Catholique”, Bason 
Eckſtein, ein muͤnchner Profeffor Dillinger und Börres 
wuͤrden fich bigfer Sekte anfchließen. Od übrigens bie, 
vieleicht geheimen Obern diefer Sekte fo ehrlich find als 
die ſich ‚ihnen anſchließenden Schwaͤrmer, bürfte jegt, wo 
fo viele Menfhen in Frankteich Masten tragen und mit 
heuchleriſchem Schein fi an Die anfchließen, welche fie 


. 


. 355 B 


toͤdtlich haſſen, wo die dem Abſolutismus und den Jeſui⸗ 
ten verkauften Journale, die Gazette“ und „Quotidienne“, 
republikaniſche Inftitutionen fodern, ſchwer fein. Die ſchon in 
der erſten Revolution, wenn aud) zum eignen Nachtheil ange⸗ 
wandte Kriegsliſt der Royaliften, durch Machinationen den res 
publikaniſchen Enthuſiasmus bis zum Wahnfinm zu fleigern, 
um bei ber der Weberreizung folgenden Apathie ſich abermals 
der Gewalt zu bemächtigen, iſt jegt wieber an her Tages⸗ 
ordnung. Die vom Sefuiten und Prieitern geleitete ſervile 
Partei fürchtet, daß ein conftitutionnelfee Thron fich dau: 
ernd "befeftigen Eönne, hofft aber, daß eraftirte Freiheite: 
ideen zu einer Republik ald einer Zwifchenerfcheinung fuͤh⸗ 
ren möchten, aus welchem für Frankreich auf dauernde 


Art unmoͤglichen Berhältniß zu Gunften der Legitimirät 


ein 18. Brumaire ſich berbeibeten und intriguiren ließe. 
Dh, die erwähnte Sekte mit „ihren liberal theofophifchen 
Ideen gleiche trügerifche Abfichten babe, muß die Zukunft 
lehren; jedenfalls ift es verdächtig, daß fie mit ihrer Lehre 
von Sreiheit und Uneigennüugigkeit der Kirche erfl dann 
hervortrat, als der Staat feine Verbindung mit der Kir: 
che gelöft hatte, und Niemand daran denkt, fie zu be: 
reichern. 

Uebrigens ift dergleichen Sektirerei in Frankreich nicht 
ſonderlich, befonders nicht dauernd gefährlich, denn unter 
die vortrefflichen, nicht genug zu rühmenden igenfchaften 
dee Franzoſen gehört es, daß fie im Ganzen für Pfaffen: 
trug und religisfe Superftition Außerft wenig empfänglich 
find, weshalb ich die Erfcheinung diefer Sekte auch nur 
als eine originelle Phantafterei dargeſtellt habe. 86. 





FR Friedrich der Zweite, König von Preußen, irreligioͤs 
gewelen? Eine gefchichtlihe Abhandlung von J. D. 
€. Preuß. Zweite, vermehrte und verbefferte Auflage. 
Berlin, Naud, 1832. 12. 8 Gr. 

Es ift nah unferm Dafürhalten traurig, daß in Beziehung 
auf den größten König und berühmteften Mann bes 18. Jahrh. 
eine ſolche Abhandlung wie die vorliegende nöthig geworden ift, 
aber ba fie nun einmal gefchrieben werben mußte, fo muß man 
fi) freuen, daß fie in der vorliegenden Art und Weiſe ge: 
fhrieben ift.. Herr Preuß, der ſich durch feine „Geſchichte 
Friedrich's des Großen’ ein vollgoͤltiges Recht erworben hat, 
in dieſer Angelegenheit: mitzufpredien, gibt bier ein Bruch⸗ 
fü aus dem britten Bande feines größeern Werkes, für 
weiches ihn Jeder, der nach gründlicyer Belehrung ſtrebt, 
dankbar fein muß. Nach dem Eingange, in welchem er ben 
ſchiefen Urtheilen Büfching’s und Anderer (warum nannte er bier 
nicht die Namen: Arndt, Ad. Müller und Steffens, von benen 
der Leptere wieder in „Walſeth und Reith”, III, 62 fg., fi 
Höchft einfeitig äußerte 2) die Worte Joh. Muͤller's und Riemeyer’s 
aus bed Leptern treffliher Gedaͤchtnißpredigt auf Friedrich II. 
gegenüberftellt, ftellt ee vier Punkte auf, bie fih in Beziehung 
auf Glauben und Begriff bei Friedrich II. gefchichtlich nachwei⸗ 
fen laffen. Zuvoͤrderſt hat Friedrich feit dem Jahre 1736, wo 
ee ſich zuerft mit Suhm und mit Boltaire ſchriftlich, dann mit 
den Predigern Achard und WBeaufobre muͤndlich über religiöfe 
Gegenſtaͤnde unterhielt, bi8 an das Ende feines Lebens diefe Un: 
serfuchungen fortgefegt.. Nur eine Beweisſtelle hierzu aus dem 
81. Briefe an Samps vom 3. 1739: „La foi vivifiante n’est 
point mon mérite éminent, mais la morale chretienne n’en 
est pas moins la regle de ma vie’ (8.9). Zmeitens hat Fried: 


⁊ 


rich das Daſein Gottes als eines geiſtigen unb vollkommenen 
Uchebers der Welt flets mit inniger Uebergeugung geglaubt und 
mit Eifer vertheidigt (&. 9— 20). Zum Beweiſe werden eine 
Reihe von Stellen aus feinen Gedichten und Briefen angeführt. 
„Das Endliche“, heißt ed unter Anderm in einer Stelle aus dem 
‚Bssai sur l’amour propre’’, „kann das unendliche nicht begreis 
fen; folglich find wir nicht im Stande, uns eine genaue Idee 
von der Gostheit gu machen; wir Finnen uns bios don ihrem 
Dofein überzeugen, und das ift Alles. Wie kann man von einer 
voben Seele verlangen, daß fie ein Weſen, welches fie auf keine 

st und Weiſe erfennen kann, kieben foll? Es fei uns genug, 
in dee Stille anzubeten und unferm Herzen Feine andern Bewe⸗ 
gungen zu geftatten als die Gmpfindungen ber allerdemäthigften 
Srtenntlichleit gegen das Weſen aller Wefen, in welchem und 
durch welches alle andere Wefen ihre Wirktichkeit erhalten ha⸗ 
ben.’ Auch die merkwürdige Verordnung, durch welde ben 
gemeinen Leuten bei Uebergabe von Bittſchriften bas Riederfals 
ten (denn das können fie wol vor Gott thun) unterfagt wird, 
findet fih hier S. 16 angeführt. Diefe Verfügung iſt vom 
30. Aug. 1788, in Frankreich aber burfte, wie Dr. Preuß tref: 
fend bemerkt hat, der dritte Stand bie 1789 den Monarchen 
nur kniend onreden. Gndli wird auch gezeigt, daß tie dem 
Könige ſchuldgegebene Nachbeterei in religiöfen Gallen und 
biinde Andaͤnglichkeit an feine franzoͤſiſche Umgebung urkundlich 
nicht nachgewiefen werden koͤnne. Es wirb vielmehr durch Gtel: 
len aus dem Briefwechfel des Königs. die Selbſtaͤndigkeit deſſel⸗ 
ben nud in biefer Beziehung gezeigt und dargethan, daß in 
des Königs Abendgefellfchaften nur ber Aberglaube und bie 
Prieſterherrſchaft, nicht aber die Religion ein Gegenfland des 
Spottes gewefen fei. 

Die dritte Befchuldigung ber Priefter ift gemwelen, daß 
Friedrih an bie Fortdauer nad) dem Tode nicht geglaubt habe. 
Bon ©. 20— 31 hat ber Verf. gegen diefe Anſicht mit Fried: 
richs eignen Worten gekämpft, bie wir aber jegt nicht herſetzen 
wollen, da der dem großen Könige gemachte Vorwurf gar zu abges 
ſchmackt ift. Nicht minder läppifch ift der Wormurf, daß er das 
Chriſtenthum gehaßt und veracdhtet habe. Auch dies Eonnte ſich 
nur in den Köpfen glaubensflarrer und hoffärtiger Theologen 
feftfegen, die fi vom Könige nicht genug geachtet glaubten, ba 
ihm (und das von Rechtswegen) aller Priefterftolz verhaßt war. 
Darum nannte er auch wol bie Geiftlichen „Chekers“ und 
„Muckerpack“ und fpottete ihrer häufig, daß Buͤſching ſelbſt 
darüber Klage führt, obſchon er fonft für feinen König fehr 
eingenommen ift. Ueber das Chriftenthyum®&hber hat er nur mit 
ber größten Hochachtung gefprochen und ift gegen Holbach und 
tu Marfais fogar als Vertheidiger deſſelben aufgetreten (S. 31 
— 84), befonders aber ift er des Proteſtantismus GSchug: und 
Schirmvogt während feines ganzen, Lebens gewefen. "Schon aus 
diefer Urſache hätten proteftantifche Theologen und Profefforen 
ben König nicht verfegern follen. Seine Urtheile über die Ne: 
formation, feine Abneigung gegen alle Religionsveränderungen 
in feinee Familie, feine Sorge für bie Erhaltung tes Wange⸗ 
liſchen Glaubens in feinen eignen und in andern Landen, wie in 
Würtemberg und in Heffen, fein eifriges Beſtreben, die bürger: 
liche Stellung ber Proteftanten in Ungarn, Mähren und an? 
bern Öftreichifchen Ländern zu verbeffern: al Dieſts (8. 34 — 
45) zeigt zur Gnuͤge, ein wie guter Lutheraner Friedrich II. 
geweſen iſt, —— er nicht in einem beſondern Vuͤchlein, wie Herr 
Steffens, dieſes der Welt hat zeigen wollen; denn der Koͤnig hat dies 
durch ſein Leben gezeigt. Beſonders intereſſant iſt das Schrei⸗ 
ben an den Reichstag zu Regensburg vom 1. März 1755 (auf 
S. 83 ſteht faͤlſchlich 1775), durch weiches der König feinen 
Gefanbdten, den ‚Breiheren von Plotho, amtlich bevolmädtigt, . 
dem Gerüchte zu vwiberfprechen, ald wäre ter Marfgraf von 
Baireuth (Friedrich's Schwager) und deffen Gemahlin in Frank⸗ 
reich Fatholifch geworden. Dies Schreiben erinnert in mebr ale 
einer Beziehung an den würbdevollen Brief bes jegigen Königs 
von Preußen (man ſehe die Beilage zur ‚Allgemeinen Zeitung‘, 
1826, Ar. 30,, als die Herzogin ven Anhalt: Köthen im Dct, 1825 


% 


356 


zur katholifchen Religion übergeireten war; denn es hatte fi 

leider im koͤnigl. Haufe dies ereignet, wogegen „baffelbe zu bes 

—— Friedrich „die göttliche Providenz inbruͤnſtig angefleht 
atte”. 

Hierbei verſchweigt Hr. Preuß auch nicht, daß der König 
abgeneigt gerwefen fei, katholiſche Unterthanen. in ben Staates 
dienſt zuzulaſſen (S. 45— 47), ſowie er auch die Berwerfung 
Moſes Mendelſohn's aus ber Lifte der Akademiker zu Berlin 
angeführt hat. Wenn das Erſtere als ein irreligiäfes Verfah⸗ 
sen bezeichnet wird, fo entfchuldigen der Geift der Zeit und auch 
wol politiſche Ruͤckſichten ein folches Verfahren weit mehr, al 
wenn im dritten Decennium des 19. Jahrh. bie Keflacte in 
England mit fo beharrlicher Hartnädigkeit aufrecht gehalten 
wurde. \ 

Zum Schluß bemerkt ber Verf. fehr richtig, daß bie uner: 
wartete Sheilnahme, mit welcher unter riebri II. die Er⸗ 
bauungsſchriften eines Sad, Nöffelt, Spalding, Serufalem u. 
%. aufgenommen, gelefen und in vielen Auflagen verbreitet wors 
den find, doch auch für bie Kirchlichleit des Beitalters fprechen. 
Friedrich übte aber einen fo gewaltigen Ginfluß auf feine Uns 
tertbanen und auf feine Zeit, daß auch feine Zrreligiofität bies 
felben gewiß ergriffen haben würde, wenn fie fo groß geweſen 
wäre, a manche Theologen wollen. 

Herr Preuß hat, vielleiht um nicht zu ausführlich zu wers 
den, der hierher gehörigen Abhandlung Garve's in feinen „Frag⸗ 
menten über Friedrich den Großen‘, Bd. 2, ©. 1— 11, nicht 
gedacht, die bei aller Anhänglichleit ihres Verfs. an feinen be- 
wunderten Landesherrn, doch nicht frei von Irrthuͤmern iſt. Richti⸗ 
ger urtheilte Buchholz im „Berliner Kalender“, 1827, &. 80 fg. 
Die in Thiebault's ‚Erinnerungen an Friedrich ben Gros 
Ben’ zerftreuten Aeußerungen des Königs würden nur zur Be: 
ftätigung ber Säge des Hrn. Preuß gebient haben. Sagte doch 
felbft Gafanova (IX, 451 der deutfchen Bearbeit.): „ber König 
war nie Atheift”. Uebrigens wuͤnſcht Ref. ber Schrift bes Hrn. 
Preuß recht viele Lefer, weil alle Behauptungen in berfelben hi- 
ftorifch erhärtet und erwiefen find, und folche Unterfudhungen es 
gerabe find, welche den großen König recht hoch fiellen und ben 
Snthufiasmus volllommen rechtfertigen, mit bem fein Name 
in Preußen fowol als in andern Ländern fortwährend aefeient 
wird. . 


wandten Mytholegien. Für höhere Lehranflalten, für 
Studirende und Künftler bearbeitet von G. P. Rauch 
nid. Leipzig, Hinrichs. 1832. Gr. 8. 2 The. 
6 Gr. | 
Untee ben verſchiebenen Zweigen der Wiſſenſchaft fand in 
bee neuern Zeit bie Mythologie unter ben Gelehrten eine leb⸗ 
hafte Theilnahme und Aufmerkſamkeit. Nicht bios vom philo⸗ 
logifhen Ständpunlte aus, fonbern auch vom philofophifchen 


und gefchichtlichen, beſonders ſeit man zu der Ueberzeugung 


kam, daß Erläuterungen zur Gefchichte jener Zeiten, bie früher 
als alle Geſchichte find, daraus gefchöpft werben können, wurbe 
die Mythologie beachtet und behandelt. So entflanden bie my: 
thologifchen Werke eines Greuzer, Voß, Görres, W. v. Schlegel, 
Hug, Mone, D. Müller und vieler Anderer, bie größentheils 
mit einem Aufwande von Gelehrſamkeit, Sprachkenntniß unb 
Shyarffinn gefchrieben find. Der Verf. biefes mythologiſchen 
Handbuchs hat feine ſchon anderwärts gezeigte Kunſt verſtaͤn⸗ 
diger Sompilation bei biefer Arbeit aufs Reue bewährt; es ift 
eine fleißige, größtentheild gelungene Zufammenftellung ber durch 
die neuern und neueften Korfchungen auf bem Gebiete ber My: 
thologie gewonnenen Rejultate. Der Plan iſt im Ganzen gut 
angelegt und bas Buch zerfällt, außer ber Ginleitung, welche 
ben Begriff der Mythologie entwidelt, in folgende Hauptab⸗ 
ſchnitte: 1) Einiges aus der indifchen Mythologie. Dg Verf. 


folgt in ber Darſtellung vorzuͤglich Goͤrres und Schlegel 
und gibt zur Vervollſtaͤndigung der Steligionsiehre ber Inbier 
eine kurze Darfiellung der WBerhältniffe und ber Einrichtungen 
der Bramanen. 2) Mythologie der alten Parfen. 8) Abriß 
der aͤgyptiſchen Mythologie. Wei dieſem Abriffe hat, unferer 
Anſicht nad, ber Verf. zu wenig Ruͤckſicht auf die aftronomis 
fe unb agronomifche Bedeutung ber ägpptifhen Gottheiten 
genommen, obſchon ex auf biefes Verhaͤltniß im Allgemeinen 
bindeutet. 4) Giniges aus der phoͤniziſchen und chalbäifchen 
Mythologie. 5) Griechiſche Mythologie. Am ausführlicdhften 
und gründlichfien ift biefer Abfchnitt behambelt; es lagen frei 
li bier auch bie meiften und grünblichften Arbeiten vor, und 
bes Verf. Verdienſt befteht durchgaͤngig nur in ber guten Ans 
orbnung bes Stoffes unb einer fließenden angenehmen Darftels 
lung. @ine Bemerkung tönnen wir nicht unterbrüden; wir 
glauben nämlich, daß ber Gruͤndlichkeit bes Banzen Eein Eintrag 
gefhehen wäre, wenn bie Goͤtterliebſchaften, zumal bie ganz 
ifolirten, welche auf Suben und Thaten ber Götter weiter feinen 
Einfluß üben, nicht fo genau aufgezählt worben wären. Wenn 
man 3. B. bie 42 Namen der Weiber lief, mit welchen Apollo 
Kinder erzeugt bat, fo wirb man unwillkuͤrlich an einen orientas 
lifchen Harem ober an Don Inan's Eebenslauf erinnert, und ba 
das Bud für Lehranftaiten mit beftimmt ift, fo bürfte eine fols 
he Auslaffung um fo mehr zu redhtfertigen fein; denn fo wenig 
ald die chronique scandaleuse eines ruflifchen oder franzds 
ſiſchen Hofes der Phantafie der Jugend zuträglich ift, möchte 
die des olympifchen Hofes für ihre Bildung vortheilhaft fein. 
Der fechöte und ſiebente Abfchnitt enthält Einiges aus ber My: _ 
thologie bee Etrusker und ber übrigen italienifchen Völker, die 
freilich fehr im Dunkel liegt, um mehr barüber geben zu koͤn⸗ 
nen. 9) Rorbifch:germanifche Mythologie. Diefes große, ziem= 
lich verworrene Gebiet ift von bem Verf. recht gut bearbeitet 
und gewährt felbft eine angenehme Lecture, wie x. B. ©. 414 
Thor's und Locke's Zug auf Abenteuer, &. 424 Balbur's obs 
tenfeier ꝛc. 10) Bon ber alten Preußen Goͤtterdienſt und Glau⸗ 
ben. 11) Die Götter: und Glaubenslehre ber alten Deutfchen. 
12) Gultus und Mythologie der Wendenſlawen im norböft 
lihen Deutfchland. Der achte Abſchnitt gibt einige Erlaͤnte⸗ 
rungen über bie orientalifhe und griechifchrömifche Mythologie. 
Ein vollftänbiges Regifter erleichtert ben Gebraudy dieſes zweck⸗ 


ö— — —ñ — — mäßigen, alle aͤhnlichen Arbeiten und Handbücher weit, binter 
Handbuch der claſſiſchen, germaniſchen und ber damit vers | . 


ih laſſenden Wertes. 


Literarifhe Notizen. 


— Zur Gefchichte bes Herzogin von Berri erfchienen: „Quatre 
epoques de la vie de S. A. Madame, la duchesse de Berry”, 
mit ben Proteftationen und Adreſſen zu ihren Gunften (oite 
Auflage, Paris 1838), unb: „Almanach de la bonne duchesse, 

ur l’annde 1833, contenant un precis de la vie de Madame” 
Marfeille 1883). — — 

Bon ben „Oenvres complètes d'Horace“ in ſechs Spra⸗ 
den (Urtert, italieniſch, ſpaniſch, engliſch, deutſch, faͤmmtlich 
in Verſen, und franzoͤſiſch in Proſa) iſt die zweite Lieferung 
zu Lyon erſchienen. Das Ganze ſoll aus ſechs Lieferungen beſtehen. 


Zu Molièere's Andenken am Gedaͤchtnißtage feines Todes 
hielt der Abbe Chatel, „vom Volke und ber Geiſtlichkeit erwaͤhl⸗ 
ter Bifchof”‘, eine Predigt gegen die Excommunicationen, die in 
Drud erfdienen ift. 


Lerminier’8 „Lettres philosophiques adressses A un Ber- 
linois” (Paris 1832) enthalten einige intereffante Auffäge, 
3. B.: De la philosophie de la restauration ($toyer s Gols 
lard); De l’eclecticisme (Coufin); De l'éghe et de la phi- 
losophie catholique (Lamennais); De l’opinion legitimiste 
(Shateaubriand ; De 'la democratie frangaise (Lafayette); 
rapports de la France avec l’Allemagne. 9, 





—. — 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: J. A. Brodhaus in Leipzig. 
e sfgusäg äç ä ¶ssisisisses IIeI 


Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltung. 





Donnerdtag, 





. Dritter Artikel.?) 

Es war eine fo wunderbare als wunderliche Zeit in 
| unferm deutſchen Waterlande, ale ploͤtzlich das Schwert 
| wieder dem Volke die Zunge löfte zum Sprechen, und bie 

Hände zum Fechten und zum Schreiben. Bon den ges 
waltigen Ereigniffen getragen, bob ſich auch. der poetifche 
Genius mit kraͤftigem Schwunge em Morgenroth der 
neuen Sreiheit entgegen. Ein reicher, erfrifchender Quell 
vaterländifcher Lieder entftrömte der Bruft unferer Saͤn⸗ 
ger, eines Körner, Schenkendorf, Arndt, Uhland, Ruͤckert u. A. 
Selbſt einem Kouque konnte man damals 
ſeine ritterthuͤmlichen Schwaͤchen um ſeines deutſchthuͤm⸗ 
lichen Enthuſiasmus willen verzeihen. Es waren jetzt 
nicht blos Einzelne, ſondern Millionen, die aus dieſer 
deutfch = kaſtaliſchen Quelle Begeiſterung ſchoͤpften. Noch 
andere Maͤnner, ein Jahn, Fries, Luden u. ſ. w., riefen 
mit maͤchtig anklingenden Worten in die Schranken fuͤr 
Ehre, —*2— und Einigkeit einer deutſchen Nation, in⸗ 
dem ſie zugleich das Feuer des Franzoſenhaſſes ſchuͤrten. 
Micht wenige unſerer Schriftſteller ſuchten gar den Fana⸗ 
tismus der Zerſtoͤrung bis zu einem Punkte zu ſteigern, 
welcher dem neuen Kampfe, wie in den alten barbariſchen 
| Zeiten, den Charakter ‚eines Vertilgungskrieges aufprägen 
| ſollte. Wenigſtens war es nicht ihre Schuld, wenn nicht 
Die vernichtende Flamme, melche fie mit Papier zu naͤh⸗ 
ten nimmer ermübdeten, das neue Babylon ergriff, um 
feinen Stein auf dem andern zu laffen. Allen die hohe 
Diplomatie, welche gegen Frankreich vereinigt war, wärmte 
fi einftweilen behaglich die Hände an biefer Flamme, um 
fpäter, mit geläufigerm Finger ihre Noten und ihre Tracz 
tote zu fchreiben. 

Der erfte parifer Friede fam zu Stande. Wer das 
mals Gelegenheit hatte, den Eindrud zu beobachten, wel: 
chen der Abfchluß beffelben insbefonbere auf die Stimmung 
der deutfchen Truppen dußerte, mußte fi) wol üderzeu: 
gen, daß derſelbe kein befriedigender war, und daß man 
| den Gewinn, ben er Deutfchland brachte, keineswegs als 
genügend anfah. Dan hatte gehofft, daß Elſaß und das 
| deutſche Lothringen von Neuem Beflandtheile unfers Bas 
Ä terlandes bilden würden. Dies gefchah nicht, und-fo kehr⸗ 


*) Den esften und zweiten Artikel fiche in Ar. 63 und 68 
b. Bi. D. Red. 





ten nicht nur das preußifche Heer, fondern aud) die Trup⸗ 
pen der ehemaligen Rheinbundflaaten mit dem Gefühl ges 
täufchter Erwartung aus Frankreich zuräd; denn auch 
diefe Letztem — nachdem einmal ber Bund mit Frank⸗ 
reich zerriffen war, nachdem fie wieder die erfle Gelegen: 
heit gefunden hatten, für eine gemeinfame beutfche Sache 
zu fechten — hatten dem vollftändigen Zriumphe berfelben 
ihre heißen Wünfche zugewenbet. 

Die Wuͤnſche und Hoffnungen richteten fi) nunmehr 
auf die innere Seflaltung des Vaterlandes. Seit ber 
Procfamation von Kaliſch waren diefelben von obenher ges 
nährt worden, und je mehr man ben Bogen gefpannt 
hatte, fo lange man noch gegen den dußern Feind Pfeile 
ſchleudern wollte, um fo weniger konnte man ihn jegt 
ohne Weiteres wieder abfpannen, um ihn zu allenfalfi> 
gem Eünftigen Gebrauche unter dem alten Rüflzeuge aufs 
zubängen. Auch hielt die Spannung des Volksgeiftes noch 
für die nächfte Zeit aus. Zwar hatte es Denjenigen, wel⸗ 
che mit fchärferm Auge die feinen und fchon darum nicht 
immer fehr ſtarken Fäden des neuen diplomatifchen Ges 
fpinnfles verfolgten, keineswegs entgehen können, was man 
von dem wiener Congrefle zu erwarten, und noch weniger 
Das, was von bemfelben nicht zu erwarten hatte. Allein 
bie größere Menge hörte nur auf die volltoͤnendſten Ber: 
fprechungen und Verheißungen, welche von dorther erklan⸗ 
gen, wie z. B. auf das Verfprechen, daß die neue Ber: 
faffung Deutfchlande aus dem ureignen Geiſte einer beut: 
[hen Nation in fcharfen Umriſſen hervorgehen folle u. dal, 
Muß es doch fchon weit gekommen fein, wenn folche 
Verheißungen nicht mehr glaͤubig aufgenommen werden, 
und wenn das Volk auf andere Weife als durch die fpd> 
teen Folgen fich überzeugen fol, daß es von Anfang an 
feine Urfache hatte, fich der Erfüllung feiner Wünfche vers 
fihert zu halten. Es war daher nicht fehr zu verwun⸗ 
dern, daß man mit nicht geringerm Eifer in den zweiten 
Krieg gegen Frankreich zog, ald man in dem erflen gezo⸗ 
gen war. Um fo mehr war dies der Kal, da man ſich 
getröftete, daß jegt nachgeholt werden Bönne, was man 
früher verfäumt hatte. Allein das Refultat diefes zweiten 
Krieges befchräntte ſich auf die Befeitigung Napoleon’s 
und fonft im Wefentlichen auf eine nochmalige Reftauras 
tion der. teflaurirten Bourbonenfamilie. Auch dies ver- 
mochte jedoch die Hoffnungen auf gründliche Verbeſſerung 


I} 


358 


des inneren Zuftandes von Deutfchland nicht ganz herab: 
zuflimmen. Zwar hatten bie Mitglieder des Congreſſes, 
als Napeleon's Schwert den Faden ihrer Unterhandlungen 
zerhauen hatte, und als fie nod in aller Eile mit dem 
Abfchluffe der deutſchen Bundesacte von Wien Adfchied 
nahmen, dieſe letztere ſelbſt für ein unvollkonimenes Wert 


erklaͤrt, welches die -gereihten Wünfche des beutichen Vol⸗ 


kes nicht zu befriedigen im Stande fei. Allein grade in 
diefer offenen Erklaͤrung ſchien eine Bürgfchaft zu liegen, 
daß man nad) hergeftetftem Frieden um fo darauf 
Bedacht nehmen werde, diefe Mängel zu heilen und das 


- deutfches Staatengebäude im Sinne der öffentlicher Mei: 


ung zu vollenden, 
Ein Volt in Maffe iſt keiner lang anhaltenden An⸗ 
firengungen fähig, wenn es nicht durch unmittelbar draͤn⸗ 
ende Umftände in fortwährender Thaͤtigkeit schalten wird, 
ft immer baben daher bie Rationem ihre wichtigſten 
Rechte und Freiheiten nur im Sturme erringen koͤnnen; 
und was nicht fchnelf erreicht und errungen worden iſt, 
blieb in ber Megel, wenn es nicht gänzlich vormthalten 
wurde, fo lange vertagt, bis neue Umſtaͤnde neue Bewe⸗ 
gungen herbeiführten. Kein Wunder alfo, daß zwar bie 
Mehrheit des deutſchen Volkes die einmal entitandenen 
Hoffnungen Hoch. fefthielt, daß fie aber — mit dem Kind: 
kein ihrer Phantafie im Arme — einſtweilen ſich fchlafen 
legte, um von ber ‚Erfüllung zu träumen und fi im 
Vebrigen von den Mühfeligleiten des Vefreiungsékriegs zu 
erholen. Eine Ausnahme machte nur die nicht unbeträcht: 
liche Schar von Schriftſtellern, welche ſich berufen fühlte, 
das Ziel eines freien und eimigen Deutichlands, das ihr 
in noch ziemlich unklaren Umriſſen vorgeſchwebt hatte, mit 
den Waffen bes Geiftes zu ‚verfolgen; forie ein heil der 
gebildetern Jugend, welche‘ die allgemeine Begeiſterung le: 


bendiger, inniger und reiner in fich aufgenommen, und 


welche nun — noch zur Zeit von den Sorgen des ge: 


woͤhnlichen Lebens nicht angezogen und abgezogen — iht 


ganzes Sinnen und Streben darauf richtete, die Ideale, 
die ihr das trunfene Herz geichwellt, aud) außer fi zu 
ſchauen. 

Der Enthuſiasmus für bie Herſtellung eines beſſern 
Zuſtandes entzuͤndet ſich in der Regel erſt an dem Feuer 
des Hafſes, der uns gegen die vorhandenen Verhaͤltnifſe 
und gegen Alles erfüllt, was uns als gemeinfchädlicher 
Misbrauch, Vorurtheil ober Verkehrtheit erſchejnt. 
iſt ſehr natuͤrlich! Im gefellfchmftlichen Verkehr, an jedem 
oͤffentlichen Orte, ſelbſt in jedem Familienkreiſe iſt zumeiſt 
und zunaͤchſt nur von Denmmbie Rede, was uns im oͤf⸗ 
fentlichen Leben misfaͤllig aufſtoͤßt. Das Gute läßt man 
ſich ſelbſt loben, dem Tadelnswerthen aber pflegt der Ta⸗ 
dei In vollem Maße, mitunter über das gebuͤhrende Maß 
binans, zu Theil zu werben. Davon iſt es mit eine 
Folge, daß die Mehrheit eines Volkes ſtets weis früher 
und richtiger die Fehler und Gebrechen des Beftehenden 
beurtheilen lernt, als fie mit ud Klarheit einficht, was 
zweckmaͤßig an bie Stelle des Beſtehenden treten könnte. 
Zugleich erklärt fi daraus, warum faſt allermärts die 
Dppofitionsblätter in uͤberwiegender Anzahl vorhanden find 


tm 


Dies . 


er .n 
und zahlreichere Leſer finden, und warum regelmäßig eine 
größere Menge der Oppofition angehört, fobald nur über: 
haupt einmal eine Theilnahme am Öffentlichen Leben er- 
wacht if. Kommen dann zuweilen, durch bifondern An: 
a8, die in jedem a vorhandenen Elemente .der Uns 
zufrtedenheit zu einem Mudbrude, fo fodert dee Trieb beb 
Derſtoͤrens Feine Befriebigung, ehe der Trieb bes Schaft 
fens fich geltend zu machen weiß, Man mag es beklagen, 
daß es nicht anders ift; aber es iſt nicht anders. Wenn 
Allerikumer unfiedein will, fo 
brennt er erſt die Bäume nieder, um in „die Aſche der 
"früheren Gewähfe den Samen für neue Gewaͤchſe zu 
rar Seiner Staaten 


gegründet werden, werden die alten Staaten -verjüngt. 
Dies Altes hatte fich bei der erregbaren Jugend, umb 
bei diefer in befonderm Maße bewähren muͤſſen. Die 
meiften Juͤnglinge auf Umtverfitäten, namentlich bie gei: 
fig: Eräftigeen, gehörten naturgemäß der Oppofitien an. 
Wenigſtens war dies fo lange der Fall, bis fie, wie die 
wilden Thiere in Tiecks „Verkehrter Welt” — die fans 
gen Haase fi abfchnitten. und nach ‘einer guten Be⸗ 
foldung lüftern wurden: eine kritiſche Prüfungszeit Für 
ben jugendlichen Freiheitsſinn, die mitunter ſchlecht genug 
beftanden worden iſt und noch jest beftanden wird. Der 
erſte Haß gegen ben befiehenden Zuftand, weichen die Ju⸗ 
gemd mit vollen Zügen in fi gefogen hatte, galt der 
franzoͤſiſchen Herrſchaft. Darum war auch dad Ideal ih: 
res Deutſchthums im Grunde nichts Anderes ats ein um: 
gekehrtes Sranzofenthum. Wenn der Seanzofe frivol und 
leichtfinnig war, fo glaubte der deutſche Süngling ein um 
fo ernſteres Geſicht machen und mit einem gewiſſen Pe⸗ 
dantismus ber Sittlichkeit ſelbſt unfchuldige Aeußerungen 
ber Froͤhlichkeit' niederdruͤcken zu müflen. Wenn der Kranz 
zofe von Mode zu Mode flaftert, fo meinten unfere Juͤng⸗ 
linge in ihrem altdeutfchen Rode ſich gegen jeden Wechſel 
des Mode gefihert zu haben. Wenn der Kranzofe fein 
im gefeltigen Benehmen war, fo glaubte ber deutfche Juͤng⸗ 
ling feine Biederkeit und Gradheit wol felbft bis zur 
Derbheit und Grobheit fleigern zu dürfen. Wenn die 
Sranzofen anftellig waren und für die Löfung der Aufga⸗ 
ben gewöhnlichen Lebens einen praftifchen Sinn be: 
waͤhrten, fo nahm es ſich mancher -unferer Sünglinge 
nicht fehr ‚übel, wenn von: ihm nicht das Gleiche gelten 
konnte, voraudgefegt nur, daß er fehr gemuͤthlich blieb. 
(Der Beſchiuß folgt.) 





Mürnberger Jahrbuͤcher, auß den bis jest bekannten aͤlte⸗ 
fin DMonumenten der deutichen Geſchichte, aus ben 
Annaten des Rathfchreibers Johann Muͤllner und aus 
den noch weiter eröffneten Quellen bes nuͤrnberger Ar: 
chivs mittels alerhöchfter Vergünftigung und Unter: 
flügımg, bearbeitet und herausgegeben von- Georg 
Wolfgang Karl Lochner. Erſtes Heft. Bon der 

“ älteften Belt 618 zum Sabre 1219. Nürnberg, Riegel 
u, Wießner. 1833. 4. 18 Gr. 

Man hat behauptet, daB fi Staaten gemeiniglich erft 
dann vorzugsweife mit Aufftellung und Sichtung ihrer Ge: 


— 


chte befchkftigen, wenn bie Zeit ihrer eigentlichen politifchen 
84 vor&ber ſei. So eingefieifdht nuͤrnbergiſch iſt wei Nie: 
mand, jegt nech von politifcher Bluͤte zu ſprechen; und inſofern 
ante etwas Wahres an der Sache fein. Aber ein ehemaliger 
Deichsbuͤrger hat mehr als einen Magen, er babauch einen 
zum MWiederfäuen des ehemaligen Ruhmes feines Gemeinweſens. 
Rund wahrlich Nürnberg hat große Grinnerungen aufzumweifen 
in Eriegerifcher mannhafter That wie im Handel und Werkebr, 


in feiner Kunſt wie in feinem Wiffen. Es Hat ein Hecht, fich 


noch heute zu fühlen, benn es ift Nrägerin und Grbin einer 

fen Borzeit, die oft für die Nachzeit entfehäbigen mag. 

as Gluͤck, dem Königreiche Baiern einverleibt worden zu 
fein, ſoll es nicht am feine Geſchichte bringen. In biefem Sinne 
hatte bereits Profeſſor Wöttiger in feiner 1832 erſchienenen 
Seſchichte Baierns nach feinen alten und neuen Beſtandthei⸗ 
ten‘, wie bie Geſchichte Augeburgs, Negensburgs und anderer 
jegt bairifcher Städte, fo auch die von Nürnberg, natürlich 
nur in ihren Hauptmomenten, mit aufgenommen unb bie fo 
merkwürdige Entwidelung innerer und dußerer Blüte (wo war 
eine Neichöftebt, die fogar eine Univerfität in ihrem Gebiete 
und doch außerhalb ihrer Mauern aufzuweiſen hatte?) nicht 
obne Bewunderung fo vielartiger Leiſtungen nachgewiefen. Je⸗ 
dem aber, der fih-irgend einmal mit: der Gefchichte Näürnbergs 
befchäftigt Hat, wird es nicht entgangen fein, auf wie ſchwachem 
Grunde, auf welchem hohlen Boden bie Ältere Gedichte der 
Stadt ruhe, und wie er, ehe man biftorifdyen Boden zu fehen 
belomme, ein wahrer Auglasftal von Sagen und unhalt⸗ 
baren Traditionen ausgemiftet werben müfle. Weber Anfang 
und Alter der Stadt noch felbft der Name war mit Sicherheit 
nachzumeifen und zu erklaͤren, und es mag feüher auch nicht 
immer räthlich gewefen fein, an ber einmal beliebten Meinung, 
die ihren Urfprung etwa von Nero und den Rötnern (Reros⸗ 
berg, Neuromberg), ober von ben Norikern oder" Bott weiß von 


‚welchen „grimmen Heiden” ableitete, viel zu zweifeln. 


Es war alfo ein fehr glüdlicher Gedanke ber Fönigl. Kreis⸗ 
zegierung zu Anſpach, beren zwei legte Präfitenten zugleich 
ebenſo einfichtsvolle als thätige Mitglieder und Vorſtaͤnde bes 
hiſtoriſchen Vereins im Rezatkreiſe waren, befonders die Ges 
dichte Nürnbergs endlich einmal kritiſch beleuchten zu Laffen, 
und ein ebenfo glüdlicher Gedanke, diefe Arbeit einem durch 
mehre gelungene biftorifhe Schriften *) rühmlich bekannten Se: 
lehrten, der zugleih am koͤnigl. Archioconfervatorium zu Nürne 
berg angeftellt ift, gu übertragen. Großen Antheil an der Ein⸗ 
leitung des ganzen Geſchaͤfts und ber Wezeichnung des einzu: 
ſchlagenden Weges hatte, wie e6 zuerwarten und zu hoffen ſtand, 
der ehemalige Director bes koͤnigl. Reichsarchivs, der Geheim⸗ 
rath Ritter vonLang, Herausgeber ber „„Regesta Bav.“ und vieler 
bie bairifche und fränkifche Gefchichte betreffenden Werke. Die 


* Grundlage des beabfidhtigten Werkes ſoll nun bie zeitgemäße 


Bearbeitung der bekannten Annalen des nürnbergifchen Rathes 
ſchreibers Johann Muͤllner, geft. 1634, abgeben, ber felbfi wies 
der auf eine Ältere, vom Pfarrer Siegmund Meifterlein 1480 
verfaßte und bis 1419 fortgeführte lateiniſche Erzählung fußte. 
Muͤllner benugte biefen und andere Vorgänger nicht ohne Kris 
tik, ohne aber ſich feiner Zeit und beren WRängeln in der Ges 
ſchichts ſchreibung ganz entwinben zu koͤnnen. Gr fchrieb in eis 
ner Zeit kirchlicher und politifher Parteiung, mußte auch viele 
jest gang antiquirte, damals aber wichtige Gtreitfragen, z. B. 
über die Reichevogtei, das Burggrafthumu. f. w., von deren Be: 
jahung oder Berneinung Gerechtſame ber Stadt abhingen, mit: 
aufnehmen und ſich dennoch gefallen Lafien, daß fein Manufeript 
oon dem auf fein Anſehen und feine Privilegien eiferfüchtigen 
Stadtrath geheim gehalten wurde. Ref. wundert ſich barüber 





e) ;. 8, bie beiben von der SJablonowäli’ihen Geſellſchaft zu 
Leipzig gekrönten Pretöfchriften ‚‚Ueber den Antheil Johann III. 
Sobieskies ıc. am Gntfage Wiens’ (Nürnberg 1881) und: 
„Entftehung und erfie Schiäfale der Brübergemeinde in Böhmen 
umd Mähren ıc. (Rärnberg 1859. 


. 
\ 


um fo weniger, als auch ihm ein Magiſtrat befannt war, der 
eine gewiſſe mitten im Drud gehemmte Chronik überall, wo 
fie in XAuctionen u. f. w. vorfam, mit ungemeffenen Geboten 
auflaufen ließ. Geft fpäter ließ diefe Geheimnißkraͤmerei nach; 
einzeine Theile der Chronik wurben gebrudt, andere ober auf) 
das Banze abgefchrieben und damit wol audy entfiellt. Es war 
alfo zeitgemäß, jept an das Ganze eine kritiſche Herausgeder⸗ 
band zu legen und dabei die Ergebniſſe ber vielen neuern For⸗ 
Iopungen fowie des koͤnigl. Archivs in Beziehung auf Rürns 


g zu benuten. 

S6s ſind auf biefe Weife, wie es fheint, ‚zwei Zweckt vers 
einigt worden, zeitgemäße Herausgabe der Müllner’fhen Jahr⸗ 
bücher mit Weglaffung alles Minderbrauchbaren und Derftels 
tung einer tritifchen Geſchichte Nuͤrnbergs, wiewol über ben 
lestern Zweck noch Dunkelheiten vormwalten. Denn es if nicht 
beftimmt ausgeſprochen, ob diefe Geſchichte über Muͤllner's 
Annalen Hinaus fortgefegt werben foll oder nicht, Grweitert 
follen die Annalen nach der bem Herausgeber ertheilten In⸗ 
firuction allerdings werben, „indem alles durch neuere Kor: 
5 Erworbene ben Muͤllner'ſchen Annalen beizufügen, be: 
ändige Blicke auf bie Lage des gefammten Drutfchlande und 
befonders Frankens, als derjenigen Provinz, welcher Nürnberg 
angehört, damit zu verbinden und das Bild ber Stabt als fol: 
Ger, d. h. als eines wohlgeorbneten, rührig thätigen @emein: 
weſens deutlich hervorzuheben fei”. &o wenig es dem Ruͤrn⸗ 
berger zu verbenten ift, ben erſten Zweck voͤllig erreicht zu wuͤn⸗ 
fhen, fo möchte body ber Freund der beutfchen Geſchichte eine 
Vorbitte um Beruͤckſichtigung bes zweiten einlegen, wenn nicht, 
was Ref. im Stillen hofft, durch biefes Werk felbft in dem 
Herausgeber der Wunfch und das Beduͤrfniß fich offenbart, nach 
Vollendung gegenwärtiger, ihm aufgetragener Arbeit eine ganz 
ſelbſtaͤndige Eritifche Geſchichte Nürnbergs zu fchreiben unb das 
erftere Wert dann wieder blos als Vorarbeit zum leptern zu 

betrachten. 
Was nun in biefem gr die Geſchichte von ber Älteften 
Zeit bis 1219 fortführenftn ‚Hefte geleiftet worden, iſt gewiß 
nicht wenig, wenngleich es auch nicht Allen, die am Alten Ele: 


ben, gleich fehr behagen möchte. Schon die Einleitung (1—1#) 


über Lage, Mer, Namen und Entftehung der Stabt bricht ben 
Stab uͤder das geträumte hohe Alter, flürzt den alten Heiden» 
thurm, verwirft die alten Bilder, die den Hercules und Noricus 
barftellen, und zertrümmert den alten Dianentempel. Gelbft bes 
alten fünfedigen Nerosthurms Alter wird nur gleichfam mit 
Widerwillen und mit großen Verwahrungen kaum dem Sabre 
1000 zugefchrieben. Rürnbergs. Name wird aus bem Slawi⸗ 
fhen Norje, Berg, ober Na-hora, auf dem Berge, abgeleitet 
und damit nicht undeutlich auf Slawen als erfle Anfiedler der 
Gegend, wo nicht gar Gründer ber Stadt hingebeutet. Aber 
ber Verf. gebt in feinen Kegereien noch weiter und wird fi 


nun nicht blos hie nürnberger alten Weiber utriusque generis, . 


fondern auch Papſt und Heilige auf den Hals ziehen, indem pr 
ben heil. Sebalb, biefen von Papſt Martin 1424 fanonifirten 
Punzen aus Dänemark, für eine durchaus fabelhafte Perfon 


erftärt. Kürchtet denn Herr 8. das „si quis autem haec atten-, 


tare praesumserit’ ber Bulle eines untrüglichen Papftes nicht?! 
Die erfte Abtheilung ber Chronik gebt von 752—1060, in wels 
chem lestern Jahre NRürnderg urkundlich zuerft vorkommt; doch 
wird als nicht unmahrfcheinlid angenommen, bag Nürnberg 
ſchon im 10, Jahrhundert entftanden fei, nur bleibt unbeftimmt, 
ob Burg ober Stadt Älter fei. Gine zuerft vom Ritter von Lang 
nachgewiefene Urkunde von 1050 erwähnt Nürnberg unzweibeutig. 

Die naͤchſten 170 Jahre vor 1050— 1219 find nun in der 
zweiten Abthellung (S. 19— 112) behandelt. Da die Drigi« 
nalworte Müllner's mit einem M. bezeichnet find, fo fieht man 
leicht, wie reichhaltig die Buthaten bes Derausgebers find, die 
für dieſe Zeit zwar noch weniger aus dem Archive, wohl aber 
aus andern Quellen geſchoͤpft find. Muͤllner's Schreibart, wo 
fie charakteriſtiſch erfcheint, ift beibehalten worden, fo auch was 
ber fleißige Mann über die Witterung ber meiſten Jahre aus 


S 


360 . 


den GShroniften zufammengetragen hat. Den Schluß biefer Ab: 
theilung macht der wichtige Preipeitsbrief Kaifer Friedrich LI. 
von 1219, die ältefte Urkunde der Stadt, bie allerdings laͤngſt 
gedruckt und, aus bem Latein Überfegt, hier einen Wisderabdrud, 
eine paffendere Ueberfegung und einen tüchtigen Gommentar ges 
funden hat. Was wir fonft nody auf dem ‚Herzen und auf un» 
ferm Notatemblättlein haben, behalten wir als für d. Bi. mins 
der geeignet zuruͤck. Das Aeußere iſt würbig und paffend, und 
das vollendete Werk wirb gewiß feinen Meifter loben. 11. 





Die Cartons Rafael's und bie damach gewirkten Tapeten. 

Es ift vor ungefähr zwei Jahren eine ausführlicye Schrift 
über jene Kunſtwerke erfchienens „Cartonensia: or an histo- 
rical and critical account of the tapestries in the Vatican, 
copied from designs of Rafael of Urbind and ‘of such of 
the cartoune whence they were woven, as are now in pre- 
servation. With notes and illustrations.. To which are sub- 
joined remarks on the causes which retard the progress of 
the higher departments of the art of painting in this cous- 
try. By W. Gunn' (Lonton 1831). Die Reihe biefer Car⸗ 
tons (heißt «6 dort) ift für den Zeichner, was das Parthenon 
und Et.:Peters Dom für den Baukuͤnſtler, Canova's und Thor: 


walbſen's Werke für den Bildhauer und Homer, Arioft u. f. w. 


für den Dichter find. Es foll hiermit nicht behauptet werden, 


daß ſaͤmmtliche Figuren, welche wir auf den Cartons erbliden, . 
uns Köpfe und Glieder von ber Schönheit und Rundung, wie. 


Correggio fie barftellt, zeigen. Aber ber allgemeine Ausbrud, 
die Harmonie, das Zufämmenflimmen jeder auch der gerinaften 
Einzelheit zu einem Zwede find von unbefchreiblichen Reiz für 
ben Geiſt. Man hat hier das zalov ber Griechen, das pul- 
chrum ber Römer. , 

Wir verdanken biefe Gartons ber in katholiſchen Ländern, 
befonders in Italien und Spanien, vorherrfchenden Gewohnheit, 
an feftlichen Tagen bie Balcons mit Tapeten zu behängen, be: 
fonders in den Straßen, durch welche Proceffionen sieben. Ans 
faͤnglich ſchmuͤckte man auf dieſe Weife nur die Kirchen und Kid: 
fter, dehnte biefes nachher auf die nächfte Umgegend aus; jetzt 
aber prangen ganze Straßen und Plaͤtze. Leo beffen Ges 
ſchmack auch in Heinen Dingen bas Hohe liebte, foberte Rafael 
auf, eine Reihe neuteflamentliher Scenen zu zeichnen. Diefe 
Zeichnungen wurben für ben obigen Zweck zuerft auf Cartons 
(breites, ſtarkes Papier) gebracht unb danach von niederlaͤndi⸗ 
fchen Zeppichwebern ausgeführt, um bann bei großen Feſten 
auf bie oben erwähnte Weife gebraucht zu werden. Aber weber 
Leo noch Rafael haben diefe Teppiche jemals erblidt. Zwei 
vorzägliche Reihen wurden zu Arras unter Leitung Bernharb’s 
von Orlay und Mid. Soris’ meifterlich ausgeführt. Auf dem 
Wege nad Rom fielen bie dahin beflimmten bei ben damaligen 
Kriegen in Italien (1526) den Feinden in bie Hände, wurden 
aber nachmals unbeſchaͤdigt zuruͤckgegeben. Im Jahre 1798 find 
fie zum zweiten Mal geraubt worden, zwar in der Folge (1814) 
auch wieber heimgekehrt; jedoch ein Gtüd iſt ausgebtiehgp, 
nämlich die Höllenfahrt Chrifli. Ein Jude, der dem Reiz Bes 
Goldes, womit grade diefe Zapete reich durchwirkt war, nicht 


„widerftehen Eonnte, hat fir, um das Gold auszufcheiden, ver: 


brannt. &o ift fie benn feit 1814 verſchwunden. 


Ueber die urfprüngliche Zahl ber Zapeten ift man nicht eis 


nig. Bafart zählt deren 25; Garlo Bea nur 22. Diefe fchein- 
bare DVerfchiebenheit rührt aber daher, daß Fea ein Stuͤck, das 
aus drei Abtheilungen befteht, nur für eins rechnet. Als Wright 
1720 nach Stalien reifte, fand ee nur noch 19 vor. Man be: 
wahrte fie zu Rom im Batican. Sie wurden bei ber großen Er 


leihnamspreceffion in einem ber Klöfter am Wege nach ber De: ' 


terskirche für drei Zage ausgehängt, bann noch einige Tage in 
einem der päpftlichen Säle gezeigt und zulegt wieber unter Ver: 
fhluß genommen. Heutige Tages Tann man fie in bem Zim⸗ 
mer Pius V. zu ſehen befommen. 


Rebigirt unter Berantwortlicteit der Werlagsbandlung: 3. X. Brodbaus in Leipzig. 
— — — — ———— — — 


Die Cartons ſcheinen nicht wieder mit ben Tapeten nach 
Rom zuruͤckgekommen zu ſein. Sie waren in den Manufacturen, 
bis die nieberländifche Revolution gegen Spanien ausbrach, lies 
gen geblieben. Zu der Zeit aber Faufte König Karl I. von Eng⸗ 
land auf Mubens’ Empfehlung bie fieben der Zerftörung entgans 
genen Cartons, nach welchen ber König, unter Auffibt. Cleen's, 
zu Mortlale in Surrey die berühmten Tapeten ausführen ließ, 
weiche noch heute in Windſor aufbervahrt werben. 

Die zweite Reihe der in Flandern gervobenen Tapeten Eaufte 
König Heinrich VIII. von England von ben Venetianern ober er: 
hielt, wie Andere ec von Leo X. zum Geſchenk. Nach 
Karl I. Hinrihtung wurden ſie in einer Auction vom fpanifchen - 
Geſandten Don Alonfo de Garbaner erflanben, famen nach beffen 
Tode an bas Haus Alba, und ber englifche Conſul Zupper zu 
Barcelona erkaufte fie von dem jegigen Herzoge von Alba. Es 
waren neun Stüde. Tupper ſchickte fie nad) England, wo fie 
mehre Monate lang in Bullock's aͤgyptiſchem Baal zum Ber: 
uf ausgeftellt waren und zulegt einen auswärtigen Käufer 
anben. 

Andere Reiben der Cartons wurben zu Arras ausgeführt. 
Sieben Stüde ſchenkte Leo X. dem Kurfürft von Sachſen. Dort 
baben fie bis zum Jahre 181% unbeachtet aufgerollt gelegen, bis 
endlich ſechs berfelben, in Kolge eines vom Garbinal Albant ges 
gebenen Winkes, ans Licht hervorgezogen und, machbem fie ges 
reinigt worden, wie neu anzufeben find. 

Fünf Stüde hat ber wiener Hof zum Gefchenl erhalten, 
unb mit verfchiedenen andern find andere Gouverains beſchenkt 
worden. 0 

Von den in England befindlichen fieben Cartons hat man 
mehre gemalte Sopien. Die beften find von James Thornhill, 
ber drei Jahre daran gearbeitet hat. Sie befinden ſich in ber 
Tönigl. Akademie. Die ganze Sammlung bat Louis Somme⸗ 
reau, aber nicht meifterlih, im Kupfer geflohen. Auch Hallos 
way, ein tücdhtiger Künftler, hatte ſich an biefes Wert gemacht, 
farb aber barüber hin. Nun haben feine Enkel die Vollendung 
übernommen. Cinige gute Gopien, bie Gngelmann’s litho⸗ 
he Preſſe geliefert Hat, verbienen eine rühmlihe Er⸗ 
wähnung. 

Die Gegenftänbe ber 25 Zapeten nad) Rafael's Gartons 
find folgende: 1) Die Geburt Jeſu oder die Anbetung burch bie 
Hirten. 2) Die heiligen drei Könige verchren das Kinblein. 3), 
4), 5) Der Kindermorb gu Bethlehem (diefes Stuͤck beftcht aus 
brei Abtheilungen). 6) Chriflus als Knabe im Tempel. 
Petri Fiſchzug. 8) St.⸗Petrus empfängt von Chriſto die Schläfs 
fel.. 9) Die Höllenfahrt. (Diefe Tapete bat der Jude audges 
brannt und vernichtet.) 10) Die Auferftehung. 11) Noli me 
tangere. 12) Ghriftus erfcheint ben Züngern von Emmaus. 
13) Die Himmelfahrt. 14) Die Ausgiefung des heil. Geiſtes. 
15) Das Martyrthum bes heil. Stephanus. 16) &t.: Pauls 
Belehrung. 17) St.⸗Paul und Barnabas zu Lyſtra. 18) St.⸗ 
Paul zu Athen. 19) Der Tod des Ananias. 20) Elimas. 21) 


. Das Erbbeben. 22) St.⸗Peter heilt ben Lahmen. 23) u. 24) 


Knaben fpielen und verforgen Kleine Vögel. 25) Ein emblema⸗ 
tifhes Stuͤck. Man erblickt über dem päpftlihen Wappen bie 
Religion, die Liebe und bie Gerechtigkeit. 

Vor Kurzem hat man in England noch vier Tapeten, nach 
Rafael's Cartons gewoben, entbedt. Sie befanden fi früher 
in Forde⸗Abbey in Devonfhire und ftellten von ben ebengenann» 
ten Nummern bar: 8, 17, 19 u. 22. König Karl I. fol fie 
vom Könige von Spanien zum Geſchenk erhalten haben. Wähs 
rend des Cromwell'ſchen Aufftandes kamen fie in bie Hände bes 
Anwalts Prideaur, ber jene Abtei an ſich brachte. Ders 
felbe ließ durch Inigo Jones einen eignen Saal bauen, um 
bie herrlichen Tapeten barin aufhängen zu fönnen. Sept find 
aber nur noch brei berfelben vorhanden, nämlich Nr. 17, 19 u. 
22. Gie befinden fi im Befig bes Marquis von Greter in 
Burleigh⸗Houſe. 72. 





Ten ⸗ - —— 


Blätter 


. “ 
D ’ .r 
- _ .. . 4 f r 


lite var iſche Unterhaltung. 





(Beſchluß aus Nr. 87.) 
Ald man mun aber den dußern Feind ſich vom Halfe 
gefhafft und hiermit das nächfle ‚Ziel aus den Augen 


verloren hatte, auf welches die gemeinfamen Anſtrengun⸗ 
‚gen aller Deutfchen gerichtet waren, fah man fih nad 


einer anderweiten Sphäre der vaterländifchen Thaͤtigkeit um. 
Die Zugend ſteht nicht auf dem Standpunkte, um uns 
mittelbar in das Öffentliche Leben einzugreifen und im 
Kampfe mit den Schroierigfeiten, bie fi) ihren Abfichten 


entgegenftelem, ihre Anfichten zu berichtigen, ihre Kräfte 


zu verſuchen und hierdurch ihren Eifer beherrſchen zu ler» 
nen, in der Weife, wie der kluge Steuermann das Schiff 
beherrſcht, deffen Führung er Übernommen hat. Es war 


nur Weniges, was dieſelbe aus fich ſelbſt geſtalten konnte. 


Um fo mehr bing man fih an -unmwefentliche Aeußerlichs 
keiten fefl. Zwar fing man eifrig. an, fich über das Bild 
eines vollkommenen Öffentlichen Lebens in Deutſchlaud zu 
verftändigen. Allein die Bilder, welche die Einzelnen fich 
entwärfen, liefen nicht nur bloß unter fich felbft weithin 
auseinander, fondern mußten ſich — wie dies nicht anders 
fein konnte — noch weit mehr von den in ber Maſſe des 
Volkes herrfchenden Anfichten entfernen. Das Kinzige, 


was man zu Stande brachte, weil es in ben. Bereich der 


jugendlichen Thätigfeit fiel, und was auch der Form nach 
wenigſtens nicht ganz mislang, war die Gründung von 
Zurngemeinden; die Verbrüberung der Studirenden dur 

eine allgemeine Burfchenfchaft; die Verſinnlichung der Eis 


- nigeelt und Einheit der beutfchen Stammgenoffen duch 


die Schauftellung der drei ehemaligen NReichsfarben, was 

fpäter aud) in groͤßerm Kreife Anerkennung fand, und was 

wol überhaupt wichtiger geworden ift, als man früher ab: 
nen mochfe. j F atr 

Obwol nun die Juͤnglinge, die unmittelbar nach den 

iegen eine politiſche Tendenz -fefls 


fogenannten Befreiungskriegen | 
hielten, über ihr eignes Thun und Wollen nicht fehr Bar 


wurden, waren doch Alle darin einverfianden, daß Das, 
was wirklich gefhab, dem Bilde Defien nicht entſprach, 
was nach eines Jeden Meinung hätte geſchehen follen. 
So mufte die früher nur gegen den dußern. Feind: gerich- 
tete Oppofition nothwendig eine innere werden. Died um 
fo mehr, je auffallender die deutſchen Regkerungen jenen 


Beſtrebungen entgegentraten und hierdurch bei ben Ein⸗ 
zelnen ein Gefühl von Wichtigkeit fteigerten. Immer pflegt 
aber das jugendliche Gemuͤth ſowol bie ganze Kraft ſei⸗ 
nes Hafles als feiner Liebe auf Einen Gegenftand zu. 
richten. In dem Maße, wie die Beſtrebungen den (has. 
rakter einer innern Oppofition annahmen, war es baber 
natürlich, daß der alte Franzoſenhaß abnahm, und baß 
man fih mit derjenigen Partei in Frankreich, die mins 
deſtens anfcheinend ähnliche Zwecke verfolgte, wenn nicht 
befreundete, doch verföhnte. Daher kaͤßt fi) mit Recht 
behaupten, daß die Schritte der Megierungen gegen bie 
politifche Tendenz eines Theils der beutfchen Jugend nicht 
wenig dazu beittugen, einen Nationalhaß zu vertilgen, den 
man, vieleicht unter den jegigen Verhältmiffen nicht fehr 
ungern wieder auflobern fähe. 

Uebrigens war und blieb die Art dieſer Oppofition , 
unenbdlidy weit von berjenigen verfchieden, welche der Mehr: 
beit des Volles und deſſen herrſchenden Anfichten bätte 
zufagen innen. Das Charakteriftifche jener jugendlichen 
Beftrebungen befland vielmehr grade darin, daß man fich 
außerlih und innerlich in einen vom Volksleben völlig 
abgefonderten Kreis gebmnt und viel zu weit von ber 
wahren öffentlichen Meinung entfernt hatte, um mit ihe 
Schritt halten, oder gar um fie lenken und leiten zu Eins 
nen. Gleichwol ift auch die eigenthäümliche Art des Auf: 
tretens von Seiten einer verhaͤltnißmaͤßig Beinen Anzahl 
von Juͤnglingen nicht ganz ohne Einfluß felbft auf bie 
Maffe des Volkes geblieben. Grade jene augenfällig fchroffe 
Abfonderung, jenes plögliche und kecke Heraustreten aus 
dem lange gewohnten Geleife mußte — wie fehr dies mit: 
unter bee Menge Spott werden mochte — wenigſtens bie 
Augen ber Menge auf fich ziehen. Es wurde hierdurch 
das Gefühl wach erhalten, daß — wie jene Erfceinung . 
feibft etrend Neues und Unerhörtes in Deutfchland ſei — 
fo auch an die jüngften Ereigniffe eine Reihe. burchgreifen: 


| der Veränderungen fih anknüpfen -folle und mäfle. Man 


lachte über die jugendlichen Träume, aber man konnte ſich 
des Glaubens nicht erwehren, daß etwas Prophetifches in 
biefen Traͤumen liegen koͤnne. 

. Nicht ganz ohne biefen Einfluß gemann ber Kanıpf 
für die Geftaltung eines neuen öffentlichen Lebens da und 
dort, einen größern Umfang. und eine unmittelbar prakti⸗ 
[che Bedeutung. Unter den mehren Verheißungen ber Bun⸗ 


| ° 
desacte befand fih auch diejenige landſtaͤndiſcher Verfaſ⸗ die in der Folge, als bie Politik mehr und mehr bie 


ſungen. Die 


bein ſtaͤndiſchen Koͤrperſchaften in Deutfch: _| .nraktifchen Lebensfragen beruͤhrte, nach allen Seiten aus⸗ 


land waren feit längerer Zelt völlig abgeftorben, und es 'einanderftoben, damals noch für eine und biefelbe Sache 


konnte nicht fehr auffallen, daß man endlich zur Beerdi⸗ 
gung bed Leichnams gefdwitten war. Uebrigens 
legte Gnadenſtoß für das alte ſtaͤndiſche Weſen hur Zeit 
ber Fremdherrſchaft erfolgt, gegen welche der gemeinſame 
Daß des Volkes ſich gewendet hatte. Schon bies war 
genug, um bie Sehnſucht nach einer Auferſtehung deſſel⸗ 
ben, wenngleich in einer dem Geiſte der Zeit entſprechen⸗ 


ben Span, ——5 zu erwecken. Die Sehnſucht ſteigerta 
laͤn 


en 

ſich durch d gern Verzug in Erfüllung des Art. 13 
dee Bandesaete. Da überbied noch andere das Eid 
und die Wohlfahrt des beutfchen Volkes wefentlich be: 
tieffende Verfprechungen und vielfache, auf den Abfchluß 
bes Weltfriedens gegründete Hoffnungen unerfülit gebfie: 
- ben waren, fo glaubte man jest um fo mehr mir ber 
Perftellung vepräfentativer Verfofjung in den einzelnen 
Gliederſtaaten das naͤchſte Mittel zu finden, um fich ber 
Befriedigung auch aller andern Nationalbeduͤrfniſſe verfi: 
hern zu können. In einigen deutſchen Staaten, wie na: 
mentlich im Königreihe MWürtemberg und im Großher⸗ 
zogthum Heflen, wurde bie Bewegung nad) biefem Ziele 
ziemlich lebhaft und allgemein, umd je größer die Schwie⸗ 
eigkeiten waren, welche das Bolt bis dahin überwinden 
mußte, um fo mehr verminderte ſich der Dank beffelben 
gegen feine Regierungen. Wäre man demfelben ohne Zoͤ⸗ 
gern mit deni Anerbieten freifinmiger Berfaffungen entgegen: 
gekommen, fo würde es dieſelben ats ein Geſchenk hinge⸗ 
aommen haben, während es nunmehr als einen Glaͤubiger 
ſich betrachten mußte, der ſich endlich felbft zu feinem 
Mechte verholfen und noch Lange nicht alle feine Koberum: 
gen geltendgemacht hatte. 

Der Kampf für Emführung repräfentativer Verfaſſun⸗ 
gen erhielt noch durch zahleeiche politifche Schriften, die 
hierdurch hervorgerufen wurden, größere Lebhaftigkeit und 
zahteeichere Theilnehmer. Zugleich verfehlte nicht die große 
Menge unferer politifcher Schriftfleler, namentlich in den 
ſchon ſehr zahlreich gewordenen periodiſchen Blättern, bie 
Verhaͤlenifſe des Gefanmmtvaterlandes in das Auge zu faſ⸗ 
fen und daran ihre ziemlich ſich durchkreuzenden Anſich⸗ 
ten und Wünfche zu knuͤpfen. BDiefer vielfachen Abwei⸗ 
chungen ungeachtet, Iteßen fie als Totaleindruck zuruͤck, daß 


die Wirklichkeit hinter den im ber jüngften Zeit erregten 


und mitunter nicht fehr unbefcheibenen Erwartungen weit 
zurhdgeblieben fei. Auch waren mehre dieſer Schriften 


in fo ſcharfem und bitterm Rome verfaßt, daß fie als et- 


was Unerhörtes in Deutfchland gelten konnten. Der Ein: 
druck derfefben ‚mußte um fo bedeutender und allgemeiner 


werden, als ſich nicht leugnen ließ, daß ſowol ba® geiflige 
Usbergeroicht,, als die größere Menge und Maffe, was 


auch in ber Literatur nicht ohne Bedeutung Hi, entſchie⸗ 
den auf Seiten des Liberalismus warm. Unter 
offenbarte ſich Solches deutlich genug in bem bekannten. 


Streite eines Schmalz und anderer Gegner ded Tu: 


gendbundes wider die ebefflen: Liberalen. Auch fchie⸗ 


nn die nach Art und Streben verfhiedenften Geifier, 


ar der .reo, einen BrieR und einen 


Anderm 





vereinigt zu ſein. Man ſah einen Rotteck und einen Goͤr⸗ 

n „einen, Weiden. und eis 
nm de tte ia f. w. ohme Wahl Für biidarifd) vecbms 
den an, aus beim einzigen Grunde, weil Alle durch einen - 
Zufammenfluß von Umfländen und mitunter wie durch eine 
Ironie des Schickſals nach Außen hin als eine gemein- 
ſame Oppoſition erſchienen. Im neuerer Zeit bat man eis 
nigen dieſer Männer, namentlich, Görres, den Abſon Ron 
fruͤhern Anfihten zum Vorwurfe gemacht; allein Mehren 
mit Unrecht: und einzig darmr, "weil man bie ſchon ans’ 
fengtid vorhandene Grundverſchiedenheit dee Anfichten nicht 
gehörig zu-mwürbigen wußte. 

Mittlerweile gaben die Feier des Wartburgsfeſtes ſo⸗ 
wie die Thaten von Sand und. Löning der Renetions- 
oder Stabilitätspartei in Deutſtyſſcuid "einen nicht unwill⸗ 
kommenen Vorwand zu entſchiedenirn Schtitten gegen die 
bamalige Partei ber Bewegung. Die Beſchluͤſſe des karls⸗ 
bader Congteſſes wurden zu Bundesbefchlüffen erhoben, un 
die anerfantite Unvokftändigkelt und Unvollkommenheit der 
Bundesacte verfchaffte überdies den deutſchen Diplomaten 
Gelegenheit, dieſes Grundgeſetz durch die wiener Schluß— 
acte, wenn nicht zu vervofffommen, doch zu vervollſtaͤn⸗ 
digen, und zwar in einem Geiſte, welcher von demjenigen, 
der die Verheißungen ber Bundesacte eingegebeit, weit ges 
nug abwich. Die Eartsbader Beſchluͤfſe brachten ziemüch 
allgemein einen unguͤnſtigen Eindtuck in Deutſchland her 
vor. Allein man hatte ſich allerwaͤtts fa weit in das 
Gebiet der Theorim verirrt und das pofltive Staatsrecht 
fo fehr außer Acht gelaffen, ‘daß man damals — wären 
auch durch die Beſchraͤnkung oder Bermihhtung der Preß⸗ 
freiheit die Mittel. hierzu ohnehin nidjt entzogen worden — 
(hwerlih im Stande gewefen wäre, die Frage nad) dem 
poſttiven Recht dder Unrecht jener Beſchluͤſſe auf allge: 
mein genuͤgende Weiſe zu Idfen. Selbſt in Mitte der 
deutfchen Staͤndeverſammlungen, die hierzu zunaͤchſt beru⸗ 
fen waren, fah man diefelben fo ſehr als eine höhere Ge⸗ 
walt an, ber Man ‚unbedingt fi unterwerfen müuͤſſe, daß 
man kaum wagte, gegen’ ihre rechtliche Gültigkeit nur 
eitten Zweifet zu erheben. Erſt nach. den, Julitagen des. 
Jahres 1830 konnte jene Stage auf eine, auch dem groͤ⸗ 
Ben Publikum zugängliche Weiſe beantwortet werden. Und 
erft nad den Julitagen des Jahres 1830 konnte man 
zugleih den ganzen Umfang der Folgen ermeſſen, den jene 
Beſchtuͤſſe anf die Volksſtimmung und auf die öffentliche 
Meinung geäußert hatten. *) W. Schulz. 





Tr Hermes. | 
Zweimal macht Jeder, auch ber Unbedeutendſte der Diens 
ſchen, im der Welt Auffehen; wenn’ er in ſie, und wenn er aus 


ihr tritt; den laͤngern · Zwiſchenweg legt er meift in der Stille 


uch, < Wie Lebeneheſchreivung eines MWannes. umfaßt alle Er⸗ 


. * —W 22 . 0. 
» 9). Dig beiten legen Artilel werden im April Sitzenut. 
° 4 


363 


eigniffe feines Erbind aus jeber Periode und gibt ein vollende⸗ 
te6 Gemälde, wenn es eine fremde Hand mit Treue ber Wirk 
lichkeit nachzeichnete. Was ber Dann feinen Zeitgenoſſen war 
und wie er e& wurde, ift die Aufgabe bed Biographen. Welche 
Spuren feines Geiftes er hinterließ und durch fie feines Ras 
mens Sedaͤchtniß ftiftete, geht aus bem Kleinen Kreife der Gei- 
nen in die großen der Welt über. Weiß kraͤftig und wahr bie 
Freundſchaft und Verehrung jene zu preifen, fo liegt barin 
eine Kraft, welche die leſende Nachwelt hebt, daß fie feine An⸗ 
firengung ſcheut und unermüdlich ihm nadeifert. Umfaffenber 
und lebenvoller it das Kamiliengemälde, ergreifender und allges 
meiner fin Gindrud auf die Beſchauer. Das Einfache, Unver: 
zweigte im Leben eines vom Weibe Geborenen und ohne Weib 
und Kinder Berflorbenen läßt Viele kalt und zieht, war's ein 
Selehrter, den Gelehrten an. Der gelehrte katholiſche Geiſtliche 
tann nur in den von ihm vollendeten, ber Nachwelt binterlaffe: 
nen Werken fortieben. Und diefe ſichern ibm oft ein monu- 
mentum aere perennius. Man denke an ben 1827 verflor- 
benen ©. 8. ar Pfaffenhoſfen, ben Werf. ber „Stunden 
der Ändadgt”. Einen bes preifet der Nachwelt Würdigen nennt 
die Schrift von Wil helm Effer: „VDenkſchrift auf Georg 
Hermes, gewefenen Doctor der Theologie 16.” von (Kdln, Dus 
Meat: Schauberg. 1832. Wr. 8. 18 Er.) Sie tritt in ben 
reis der Gelehrten, denen er angehörte, und findet auch unter 
den Proteſtanten ihrr Lefer. Diefe Anzeige umfafle die bent: 
würbigften Greignife ſeines äußern Lebens und berädve bie 
Früchte feines Geiſtes, bie der Mite und Nachwelt geblieben find. 
H. geboren am 22, Apsil 1775 zu Dreierwalde, genauer 

in ber biefem Dorfe wicht gar fernen Bauerfaft Kablenborg, 
ins Amste 2*27 bes Fuͤrſtenthume Wünfter, batfe König 
Dermann zum Bater. Won ber alten hollaͤndiſchen Grenze ges 
wandert, hatte biefer fich hler mit vielen Anbern angeflebeit und 
hieß, weil alle Anbauer bi8 zur franzöfifien Herrſchaft ſteuerfrei 
woren, König Hermann. Die Religiofität ber eltern inipfte ins 
jugendliche Herz fronunen Sinun. Der Ortspfarrer Baurichter 
annte bed: Knaben reichen Geiſt und bisbete ihn durch Sprach⸗ 
unterricht, vornechmlich für das Gymnaſium gu Rheine in ber 
Nachbarſchaft, dem au Overberg und Kiſtemaker, zwei nicht 
umbelannte Schriftſteller, ihre Schulbildung verdanken. Diefe 
von Franzistaneen geleitete Schulanftatt bezog H. Oſtern 1788. 
Rab) vier Jahren ging we mit dem Lobe ausgezeichneten Flei⸗ 
» Bes, alabemifger Tuͤchtigkeit und eines ſittlichen Wetragen® zur 
Hodzfcäute gu Wünfter Über, die unter bes Miniſters von Für: 
flenberg Aufſicht herrlich emporblübte. Im ben zwei erftern Jah⸗ 
ren weihte er ſich ganz ber Philoſophie, deren ältere und neuere 
Syſteme, namentlid Kant's, er in Prof. Ueberwaffer's Vorle⸗ 
fungen kennen und fpäter ald Gymnaſiallehrer richtiger würbi- 
gen lernte. In ben Toigenden Jahren wählte er bie Theologie 
als Berufsfludbium und hörte vom Prof. Kiftemaker die heiligen 
uurtunden erfiären. Was ſich von einem phitofophifch-gebitbeten 
Geiſte denken laͤßt, begegnete auch 2: er ſchwamm in einem 
Deere von Zweifeln, kaͤmpfte mit ſich feloft, bis im ſelbſtge⸗ 
ſchaffenen Lichte Bott, Offenbarung und Ewigkeit in ihrer Glo⸗ 
rie vor ihm ſtanden. Ruhmvoll befand er bie gelrämäbigen 
‚ welche den Eintritt in den geiſtlichen Stand bedin- 

gen. ef. rühmt freudig dem Biograpben nach (©. 17), daß 
D. Yen Ginn der heil. Schriftſteller nicht allein aus dem innern 
Zufammenbange ber Worte, fondern aus bem ganzen Gedanken⸗ 
gange bei eiftfleller® genommen wiffen wollte, ımb ſieht in 
diefem einzigen Grundfage einen Theologen in H. gezeichnet, 
welcher über bie engen und feiten Grenzen ber katholiſchen Gre 
gefe hinausgeht und Freiheit für feine theologiſchen Anfichten 
als unveräußerliches Recht für den Gelehrten fobert. Geine 
Einfichten wie fein von Anmaßung ebenfo weit ald von Abge⸗ 
ſchloſſenheit entferntes Benehmen erwarben ihm allgemeine Achs 
tung und riefen ihn in den Sehrerverein am Gnmnafium zu 
Muͤnſter. erſtieg bald die unter ben Katholiken gewoͤhnli⸗ 
chen Gtufen ber Weihe: Tonſur, bie quotnor minores, ben 
Subdiakonat, Diakonat (1798) und endlich den Presbyteriat 


————— — ——— —— ——— — — —— —— — — — —— —— ô —— ——— — 


(1799) und verwaltete fein Lehramt mit ſeltener Hingebung bis 
1807. Die Berbindung des Gtudiums der Philoſophie mit der 
Sheologie, bie Prüfung des Kant'ſchen, Schelling'ſchen und 
Fichte ſchen Syſtems und der nach diefen geborenen und bereits 
wieder geftorbenen Spfteme hielt ex für ben Theologen unerlaßlich. 


Sr arbeitete eine Moralphisofophie vollſtaͤndig aus, bern Hande 


ſchrift aber das eigne Loos hatte, von feinem Webienten blatt: 
weis zu Kaffeebäten bis auf drei Bogen gerriffen zu werben, 
ehe D. es bemerkte. Es war vernichtet zu feinem großen Ver⸗ 
trug, und mit ihm ward auch feine Hoffuung, die Profeffar der 
Moratppilofophie an der Hochſchule Wänfter zu erhalten, ver 
eitelt. Im Sabre 1804 und 1805 
Preußen kam, arbeitete früher ber Miniſter von. Fuͤrſten⸗ 
berg, fpäter nach deſſen ruͤhmlicher Gntiaffimg der Oberpräfis 
dent zu Münfter von Stein, an ber Erwei 
ſteriſchen Hochſchule duch Vereinigung ber Hochſchulen gu 
Duisburg, Paderborn und Erfurt, welche eingeben ſollten, und 
eine Univerſitaͤtseinrichtungscommiſſion berief mehre der aͤltern 
Profefforen und nach mandyem Hin⸗ und Herſchwanken auch H. 
für die dogmatiſche Theologie (29. Maͤrz 1807). Des verſtorbe⸗ 
nen Kanzlers Niemeyer beifälliges Urtheil über K., wie er «6 
in einer anfehnlichen Geſellſchaft zu Muͤnſter auf feiner Reife 
duch Weftfalen ausſprach, entſchied für ihn. Nach Oberthär 
folte er feine Vorleſungen Eee aber fein freier (heftlofer) 
Vortrag band ſich nicht knechtiſch an ihn. Das Bebürfniß eigs 
ner Unterfugung und Ueberzeugung nachte er feine Zuhörern 
zus Pflicht. Auf doppelte Weife beförberte ex bei biefen den 
Fleiß und das Eindringen in den Geift ber Theologie, inbem 
er ihnen zu jeder Stunde Rath und Auffehluß gewährte und in 
den Borlefungen felbft Ginen oder den Andern aufrief, Rechen⸗ 
[daft von dem Gehdrten zu geben. Gin Verfahren, dem Beifte 
unferes Zeit grabe nicht zufagend, aber ben Zweck ber alades 
mifgen Zeit ernſtfoͤrdernd und nacyapmenswertg. eine akade⸗ 
miſche Thaͤtigkeit ermüdete auch da nicht, als barıy Arronbis 
zung des Großherzogthums Big unter franzöfifcher Gewalt bie 
von mehren Orten in demſelben biöher bezogenen Einkünfte viete 
Jahre zurüdgehalten wurden und er wirklich fo großen Mans 
gel litt, daß er einige Hunbert Thaler, von dankbaren Schülern 
gefammelt, annehmen mußte. Unbeſchraͤnkter wurde feine Aus 
Bere Lage, als ber preuf. Oberpröfident von Binde nad 1813 
die Auszahlung bed ruͤckſtaͤndigen Gehalts zuerft bewirkte. Gi⸗ 
nen Ruf nad Breslau Iehnte er aus Anbänglichkeit an feine 
Heimat und feine Bildungtanſtalt ab, forwie er aus Liebe gm 
feinem Amte ben @intritt in das koͤnigl. Gonfiftorium zu Muͤu⸗ 
flex, weicher fein Ginlommen nach Wunſch vermehrt hätte, ver: 


‚weigerte. Das theologifhe Decanat, weldyes als das erſte der 


vier Decanate mit den meiften Beſchwerden verbuaden war, weil 
baffelbe bie Rectoratsgeſchäfte beforgen mußte, verwaltete er 


dreimal und geichnete ed 1819 durch ein vom Minifteriunr 


des Innern gefodertes Gutachten über bie Ginfährung der von 
Eß'ſchen Neberfegung des Neuen Teſtaments in Schule und Kir⸗ 
che aus. Gin aͤhnliches war von ber Univerſitaͤt Breslau ge: 
fobert worden. sDiefes entfchieb dafür, jenes bagegen. Das Ur: 
theil ift vielleicht Manchen nicht unwichtig. Es fiel, wegen „fo 
mannichfacdhen Verſtoßes gegen den für Heberfegung ber heil. 
Schriften ſchicklichen Kon, gegen bie von Katholiken angenommes 
nen Erklaͤrungen ber kathaliſchen Kirche felbft und gegen die von 
ber Kirchenverſammlung zu Zrient über ben Gebrauch der BVul⸗ 
gate gegebenen Verordnungen‘, ungänftig aus. Mehre Gtellen 
feiner Ueberfegung änderte von Eß nad den muͤndlichen Beleh⸗ 
rungen von Hermes. Gin Studienplan, wie er ihn gab, wurbe zur 
feenem Benugung zurüdbehalten, und eine Einrichtung des 
Religionsunterrichts auf Gymnafien, im Ramen der theologifchen 
Univerfität Bonn ausgearbeitet, fand ben verdienten Beifall. 
Von dem Gutachten, welches H. nothgebrungeh über das Doms 
capitel gu Münfter, deffen Rechte, Ginktünfte und WBieberher- 
ſtelluag veröffentlichte, Tann hier als von einer nicht allgemei⸗ 
nes Intereſſe habenden Sache nicht die Rede fein. Dem- Fünf: 
tigen Hifteriögeaphen Wiürnflers wirt das Hier Geſagte S. 63—87 


‚wo Münfter an bie Krone ' 


iterung ber müne 


364 


wi in. H.s wichtigſte Schrift: „Philoſophiſche Cinlei⸗ 
u —* Io) oe — ee im Jahre 1818 unter 
großen Anftrengungen und Nachtwachten, bie feine Befunbheit 
fo angegriffen hatten, daß er auf fein Anfudyen bie Erlaubniß 
erhielt, täglich nur eine Worlefung halten zu dürfen. Preußen 
nahm Beſit vom Fuͤrſtenthume Münfter und gebacdhte feinen 
Rheintanden eine eigne Univerfität zu geben (1818). H. und 
mehre ausgezeichnete Männer wurden berufen zur —— 
derſelben. 9.’ Liebe zur Heimat, feine merfiich gefhwädhten 
Sefundheitsumftänden machten ihm felbft bie Annahme biefes 
Rufes zweifelhaft. Gin koͤnigliches Geſchenk von 800 Ahlen. 
fegte ihn in Gtand, das Bad Wisbaden zu befuchen. Diefes 
foßte ihn wieberherftellen und feine Entſcheidung befchleunigen. 
Die Reife, der Aufenthalt in Bonn unb Heidelberg, bie Be: 
kanntſchaft mit mehren Profefforen an beiden Drten erheiterten 


feinen Geift und ftärkten feine Kraft. Manche Verdrießlichkeit 


von Geiten ber geiftlichen Behörde wegen Herausgabe der „Phir 
loſophiſchen Ginleitung’ und das abermalige Dringen des geiſt⸗ 
lichen Minifteriums auf Entfcheibung beflimmten ihn im Dec. 
1819 den Ruf nad) Bonn anzunehmen. Noch las er bis Dftern 
1820 zu Wünfter und empfing manchen Beweis dankbarer Liebe 
von feinen Zubdrern. Kurz vor feiner Abreife weihten fie ihm 
einen Shrenbecher. Die flubirenden Ausländer folgten ihm nach 
Bonn, und alle begleiteten ihn unter Thraͤnen ficben Stunden 
weit. Geine Vorleſungen fanden großen Beifall. &r- würde 
an eine Veränderung feinen, Lage nie gedacht, nod weniger um 
fie gebeten haben, wenn nicht ber ein Zahr früher zu Bonn 
wirffame Prof. Seber den Samen ber Zwietracht ausgeftreut 
hätte. Diefer erhielt den Antrag zu einer Domherrnſtelle, 
flug ihn aber aus und ging als Profeffer nach Lbwen, wo 
ee vor einigen Jahren farb. Der Friede war hergeftellt. 20 
der Belegung des erzbifhöflihen Stuhles zu Köln (1825 
wurde H. Domcapitular der Metropolitankirche dafelbft. Beine 
„Ginleitung in bie chriſtkatholiſche Theologie”, zweiter heil 
(Dünfter 1829), if bie Frucht feines nächtlichen Fleißes. H. 
empfing früher das Diplom eines Docters ber Theologie von 
ber Univerfität Breslau, fpäter das eines Doctor6 ber Philofos 
phie von ber Univerfität Bonn. Was und wie ein Profeffor 
fein fol gegen bie Afademie, bie Kacultät, ber er angehört, bie 
Profeſſoren, feine Gollegen, die Zuhörer; wie viel ein Profeflor 
duch feine Bemuͤhungen zum Klor einer Hochſchule beitragen 
kann, bat 9. gelehrt. Erwaͤhnen wollen wir feine kurze, zeit: 
gemäße, treffende Antwort, die er einem Gtubenten auf bie 
Frage gab: ob er feine Schrift bruden laffen folle? „Diefe 
Frage ift einerlei mit der Trage eines Maͤbchens, ob es heiras 
then folles fagt man ibm, es folle nicht heiratben, fo — 
heirathet es doch.“ 

Sn feinen Paͤtern Aemtern ſorgte er für fein Geburtsdoͤrf⸗ 
den väterlih. Die dafigen fpärliden Pfarreinkünfte vermehrte 
er durch ein Capital von 2000 Thirn., weldyes einer frommen, 
eingegangenen Gtiftung gehörte, und durch ein Legat von 
500 Shlen., von welchen die Zinſen bem Pfarrer zukommen; der da⸗ 
figen Kirche ſchenkte er zwei filberne Becher zu heiligem Zweck 
unter Bedingung, baß fie nit umgeformt werben follten. 
Bis zum 3. 1824 Iebte er ziemlich heiter und gefund. Der 
Beſuch des Babes Norderney follte die Bichtanfälle dämpfen. 
Es ſchien viel zu wirken, er kehrte hoffnungsvoll zurüd. Auf 
ber Ruͤckreiſe fühlte er in ber Nähe Seines Geburtsdorfes die 
drüdende Tageshige. Er wollte fi abkühlen und erkrankte 
ſchwer und fühlte feine Auflöfung nad. Er genas, kehrte nach 
Bonn zuräd, und dankbare Schüler überreichten ihm einen Bes 
er mit paffender Inſchrift. Noch einmal befuchte er 1829 
Ems, kehrte geſtaͤrkt zuruͤck, ward aber von ber Gicht heftiger 
ergriffen. Gr litt lang und entichlief am 26. Mai 1381. _ 

Died ber Umtiß eines ftillen Lebens, das feinen Einfluß 
auf die Bildung Fatholifcher Seelforger, auf bie Blüte neuer 
Bildungsanftalten Eräftig äußerte und die Nachwelt fegnen wirb. 
Dem Berf. Dank für das fchöne Bild, welches er ſich heran: 


enthält „die „Voyage 


bildenden katholiſchen Beiftlichen zunäch , aber auch preteftanti- 
fen vor Augen ſtellt. oͤge es recht Bielen gefallen und zur. 

aceiferung entflanmen ; weld ein Licht würde in ber Kirche 
unb unter Geiſtlichen ſich entzünden! Vor Allem verdient 
d. treue Nachfolge in ber Feſthaltung feiner hermeneutifchen 
Grundfäge umd in ber Behandlung ber Glaubens⸗ und Bitten: 
Ichre (©. 24 fg., ©. 185—173), in bem Streben, durch phis 
loſophiſche Borübungen in den Geiſt der Theologie einzubringen. 
Und dazu fodert auch ber Verf. an ben bemerkten Stellen auf, 
aber wol mit zu großem Wortaufwande. Kieinliches hätten 
wir nicht vermißt, wie &.5u.22 das aus H.'8 Kindheit Mitges 
theilte. Verfehlt ift wol der Ausbrud S. 125: „er verfehlte 
fih (ftatt fehlte) ger bie Pflicht der Gerechtigkeit nie‘, unb 
neugebildet ©. u. 5% das Wort: Doction, db. h. Lehr⸗ 
a Die ſchoͤne Einfaſſung und Ausftattung iſt des Wil 
des würdig. 19, 





Mofa’ Gardinenſeufzer; nachgehaucht von Fried. Wilh. 
Bruckbraͤu. Zwei Theile. Stuttgart, Brodhag. 
1832. 8. 2 Thlr. 6 Gr. 


Wenn man aud bei ber Lecture biefes ſchmuzigen Buͤch⸗ 
leins an bie intereffanten Schimpfnamen denkt, mit welchen Aus 
guſtus in jocofen Stunden feinen Horaz beehrte, indem er ih⸗ 
nen feinen putissimum penem und homuncionem lepidissimum 
nanate, fo verbient Hr. Brudbräu doch keineswegs mit dieſen 
clafiifhen Ziteln belegt zu werben. Der. Deutfdye Kat ſchon 
feinen Althing, und gegen biefen iſt ber genännte Berf. der „Die 
moiren einer deutfchen Sängerin‘ und fonftiger obfamen Galan⸗ 
teriefündengefchichten ein «lender Stuͤmper. Geine Biehſtuͤcke 
menfchlicher Leibenfchaftsmalereien entbehren aller Driginalität, 
und feine Iüfternen Garbinenfituationen find durchaus wiglefe 
Geburten einer ohnmaͤchtigen Suͤndenbegier. Es foll uns in 
obgenanntem Gemälbe angeblich das Leben einer deutſchen Saͤn⸗ 
Dr Rofa in Paris bargeftellt werden. Jung unb Alt vers 
olgt fie mit Anträgen. Sie benupt jebe Gelegenheit, um Gelb 
zu ziehen, unb beträgt bann bie von Leidenſchaft Berbienbeten, 
indem fie, bei naͤchtlicher Dämmerung ſich ihren Armen entwins 
dend, eine andere Dirne unterfhiebt. Dem Verf. fehlt nichts 
weiter al6 Alles, um mit franzöfiicher Grazie zu malen. Ee 
gebt ihm Zalent ab, aber auch Fleiß unb Kenntnis, ein bloßer 
Gopift aus dem „Oeil de boeuf” führt glüdlicher die Inten⸗ 
tion burg. Won Caſanova's attifcher Feinheit, von Bocca ccioa 


pſychologiſchem Witz hat er keine Ahnung. 





Literariſche Notizen. 


Ueber macebonifche Geſchichte, Geographie, Antiquitäten u. ſ. w. 

ans cedoine, par M. E. M. 
Cousinery, ancien consul general de France à Salonique” 
(2 Bände, Paris) viel Neues und ältere Anſichten Berich⸗ 
tigenbes. Der Berf. lebte 80 Zahre in jenen Gegenden, madhte 
während biefer Zeit Ausflüge nach allen Richtungen, fammelte 
Münzen, Infchriften, Zeichnungen von wichtigen Gegenden und 
Drten, ftellte mannichfache Beobachtungen über die jegigen Ber 
wohner an und bemühte fih, die Lage und bie Ruinen vers 
fallener und verfchollener Städte mwieberzufinden ober zu bes 
flimmen. 


Her Dr. Rigardb, der im vorigen Sommer das füädliche 
Frankreich wegen literarifcher Zwecke bereifte, wirb „Etudes de 
moeurs et de critique sur les pretes latins de la troisicme 
Epoque” in zwei Bänden herausgeben. 


Bon ber neuen franzöfifchen Wibelüberfegung von &. Gas 
ben ift der dritte Band erfdhienen. $, 





Nedigirt unter Bexantwortligkeit der Werlagbhandlung: U. A. Brodhaus in Leipzig. 








I 


literariſche 


Blatter 
J gür 


Unterhaltung. 





Sonnabend, 


ö— — Nr. 89. ee 


30. März 1833. 





Poeſie und Kritik, 

Eine Beitfchrift, die Arena kurzathmiger Läufer, bat 
das Gute, daß auch ſchwaͤchliche Sehnen dabei ihre Rech⸗ 
nung finden. Dem feichten Baͤchlein gibt ein ſchmales 
Bert eine gewiffe Tiefe. Wenn daher auch mit ber Auf: 
fehrift Mittelpunkt und Halbkreis eines gewaltigen Ums 
meſſers gegeben wäre, hoffen wir dennoch — abgefehen da: 
von, daß in Eleinften Kreifen, wie in Thaupunkten, fi 
der größte fpiegle — daß wir gleich andern Strandgewaͤch⸗ 
fen dünne thun und wie fonftiges fchlechtes Moos in den 
Spalten einer Zeitfchrift wachfen innen. Unmöglich ift 
es übrigens einer geiftig fo gefräßigen Zeit wie der unſe⸗ 
rigen, den Hafer hedächtig zu fondern und vorzufieben. 
Sie verfchlingt das Grobgefchrotene mit Begierde; Pfla⸗ 
fterfteine und Stüdkugeln, die man in Zeitungeblätter 
widelt, verfchludt fie mit Vergnügen; fie leckt mit Heiß⸗ 
hunger wider den Stachel der Principe; Scherben von 
Dynaſtien zerreibe ihre harter Magen; fie Enuppert an 
Barritaden wie an Krautftrünten die Ziege; und alle 
Blätter genügen ihrem Appetit nicht, denn wir fehen, daß 
fie, glei Raupen, ganze Pflanzungen verwuͤſtet und ab: 
frißt. Ebenſo heftig und unerfättlih ift ihe Durft; um 
ihn zu löfchen, faugt fie an Ihrer Schreibtage, ſchlitzt ſich 
die Bruft auf, zeritöße fi an Theorien den Kopf, ſchluͤrft 
an ihrem Lebensblut, bis fie, Ihe eigner Vampyr, ſich 
hohl faugend erfchöpft hinſinkt und von allen den Wun⸗ 
den nichts als eben die Scharte behält. In einer fo 
haftigen Zeit kann die Poefie, die eine ſtille Empfängniß 
will, kaum zu Athen kommen. Noch ift unter uns die 
Brandung zu heftig, bie Zuftände find noch im Werden, 
. die Zertrümmerungen orbnen ſich erft zu neuen Typen. 
Wir müffen daher, wiewol überzeugt, daß dieſem unru⸗ 
bigen und bewegten Schaume das Schöne entileigen wird, 
daß aber einem fpätern Moment die verföhnende Beſpre⸗ 
dung vorbehalten, und anderswohin wenden, um teinere 
Luft zu athmen. Nach dem Hesperien der Poeſie wollen 
wir binbliden, nicht um darin zu luſtwandeln und uns 
in reichen Erinnerungen zu ergehen, oder auch nur das Ei: 
genthuͤmliche jener Dichtungen prüfend, uns in ihr Inneres 
vertiefen — eine Aufgabe, die über unfere Kräfte geht — ; 
mir wollen uns damit begnügen, einen einzigen Punkt zu 
gewinnen, auf den wir unfere Anficht über das Verhaͤlt⸗ 
niß des Dichters zur Zeit hinftellen möchten und an ben 


Griechen unfere Meinung erproben, bei welchem gluͤckli⸗ 
chen Volke alle Samen ſich reih und frei und golden 
entroideln konnten. Das herrliche und geiftreiche Volk der 
Griechen naͤmlich, deſſen Bedeutung und Leben Poeſie war, 
das ſchon in ſeiner urſpruͤnglichen Anlage und vorhomeri⸗ 
ſchen Entfaltung einer idealen Bildunz zuſtrebte, deren 
Blume in Homer ſelbſt wie in ihrem Kelche ausbrach, 
entwickelte aus dieſem genialen Triebe das ſchoͤnſchoͤpferi⸗ 
ſche Kunſtleben, an dem ſich jede Nachbildung umſonſt 
verſucht, das uns in ſeiner eigenſten und genetiſchen Le⸗ 
bendigkeit fremd bleibt, weil der friſche Quell verſiegt iſt, 
der feine Wurzeln naͤhrte. Denn kein Volk der Erde 
wog im Ganzen genommen und ald Volk fo ideal als 
das griechifche, es war felbft die lieblichfte Dichtung ber 
Geſchichte, und Feine Poefie ift je fo unmittelbar aus dem 
Schooße ded Volke: und Staatenlebend erwachfen als die 


griechiſche. Ihre Dichter nämlich waren nur die Herolde 


des hellenifchen Lebens, die Faſſung, aus welcher. ber Na= 


tionalgeift hervorleuchtete; ganz Hellas trug den Quell in 
fih, der in großen Künfttern einzeln hervorbrah. Wo 
wir binbliden nad) griechiſcher Regung, in haͤuslichem und 
öffentlihen Wirken, in Gefeggebung und Berfaflung, in 
Thatbewährung und Genuß, in Spiel und großartiger 
-Opferung, überall diefelbe Bildſamkeit, diefelbe Schönheite: 
fülle, daflelbe Maß. Nirgend hat fi) felbft das Demo: 
Eratifche fo rein offenbart, ‚ja es ift mit bem Griechen: 
volle ganz und gar verſchwunden, denn das Schöne und 
Ideale war ihr Staatsverband, womit fie ſich begrüßten, 
was fie zu Griechen, zu Helden, zu Dem machte, wo 

fie fich allein von den Barbaren unnachahmlich unterfchie: 
den. Der Grieche fiel und ftarb anmuthiger und [chöner 
als jeder Andere bei ähnlichen Antrieben. Unabhängigkeit, 
Vaterlandsliebe, Begeiſterung, hohe Gefinnung bat fich 
überall und in jedem Volke kundgegeben; allein, was den 
Griechen auszeichnet und worin er unerreichbar tft, iſt ber 
hohe Stern, zu dem die wahre Sreiheit, unbehaftet von 
dunkeln Gewohnheitstrieben, wie fie die Wurzel jedes ans 
dern Volkes mehr oder weniger fefthalten, hinftrebt; es ift 
das Schöne und Ideale, das nicht nur Begabtere fortiiß, 
fondern der griechifchen Natur überhaupt eigen, Allem, was 
fie thaten und lebten, den hohen Stempel aufdrüdte, ber 
ihre Werke verherrlicht, denfelben Geift der Verklärung und 
bildneriſchen Ruhe einhauchte, der ihre Gebilde umfchmwebt. 


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. 
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- 
Ä 36 


So: lange diefer Stern über dem Haupte des griechi⸗ 
[hen Volles glänzte, ſchimmert fein Abglanz auch in ih⸗ 
ven Werken der Kunft und des Gedankens. Ein Jeder 
fühlte fein Weſen in jedem Kunft: und Dichtergebilde. 
Die Poeſie lebte damals Ihre goldene Zeit, fie hatte fich 
noch nicht von der Sefammtheit losgeloͤſt, fie wandelte 
mittn unter dem Volke, kindliche Innigkeit und finnliche 
Unſchuld bdeuteten noch auf ihren unentzweiten Urfprung. 
Als aber biefer große Kreis fich in kleinere ſchied, das 
fhöne Gewaͤchs, wie alles Geſchichtliche, neue Elemente 
zu neuen Verknuͤpfungen abgeben mußte, ein anderes Prin: 


cip in bie Entwidelung kam, das Materiale und Bar: 


barifche jenes zarte Weſen in fih aufnahm und feine 
rohen Beſtandtheile damit geiftigte umd beiebte, fehen wir 
auch den reinen griechifchen Kern vom Mebel fremder Ei: 
genthuͤmlichkeit getrübt; die heitere Volksſeele war ver 
ſchwunden ober in Nachbildungen gebrochen, das Bolt 


hatte ein dichterifcheß zu fein aufgehört, die Poefle zerfiel 


M Vereinzelung und befiegefte den Verfall. So murbe 
mit ber Freiheit, dem helleniſchen Gefammtfinn für das 
Schöne, die Poeſie als Schauftüd roͤmiſchen Siegesge⸗ 
pränges fortgeführt. Won da ab zeigt fi) ein ganz ans 
deres Weſen berfelben. Ste iſt gleichfam vornehm ges 
worden, ein Einzefguf weniger Vegabten. Die Mächtigen 
erlaubten Ihre Huldigung und tändelten als Genuͤßlinge 
mit ihre. Die Poeſie iſt aber die Blüte der Nationen, 
fie lebt von ber Wurzel des Volkes, und es gibt Mine 
andere, als die Symbol tft bes gefchichtlichen Lebens. So 
war, mas in Griechenland Eins, was als Seele und Ge 
flaft vermählt gewefen war, zerfalten. Die materiellen 
Kräfte regten ſich außerhalb jenes Idealen, bis fie, zu Un: 
geheuerm erwachſen, in ihrer eignen Maßloſigkeit zufam: 
menftürzten, bis ein neues geiftiges Princip, das in der 
tiefften und hellſten Innerlichkeit entfprang, fic jener fo: 
toffaten‘ Maſſen bemädtigte.e Die griehifche Harmonie 
und Einheit war für die Gefchichte verloren, die Geftalt 
hatte ſich in Reflexion und Stoffige® gefpalten; beide Ele⸗ 
mente Fonnten zur urfprünglihen Berfhmelzung nicht ver⸗ 
einigt werben; ein unruhiger Schatten irrte bie Seele fe 
ner HDingefchiedenen und verlangte nad) Sühnung, bis 
Der die Hände dem Zwieſpalt auflegte, der, ein Allver⸗ 

ner, das Fleiſch zur Verzehrung dem Beiftigen hingab 
hd bie zerfallenen Truͤmmer als Zündreifer einer tiefſin⸗ 
nigen Opferung in Flammen fegte. Fortan behielt dies 
Streben die Oberhand. "Das Griechifch: Schöne, als Sort: 





ches umtergegangen, iſt em reineres Feuer in ber Schale 


bes neuen Prometheus geworben. Die Eriegerifchen Maſ⸗ 
fen, die fich gleichſam jenfeit jener Glut als Material 
und Aliment bewegten, bie wie ein Chaos hereingebrocdyen 
waren, den Reſt ber heilenifchen Bildung verſchlungen und 
ihre Hetrſchaft auf die Pfeifer roher Geltung aufgerichtet 
hatten, wurden mit in bie Läuterung ergriffen. Go hatte 
ſich der forifche Neftorianismns, der mit der Schule von 
Edefia zu Grunde gegangen war, dem Islam als chrift: 
liches Bild- und Entwickelungsferment einverleibt, und 
es ift nachzumelfen, wie ſyriſch-chriſtliche Doctrinen bis 
unter die Mongolen und Igurier drangen. Denn fein an: 


beres Heil gwar für jene Entzwelung zu finden, kelne an- 

ve Ausfiht der Wiederdurchdringung al6 das Freiwerden 

d das flammengleiche Durchbrechen bes Geiftigen aus 
den Feſſeln der Maffe, als die aneignende Verflüffigung 
des Spröden buch und in das Lebendige. Wie denn 
auch mit diefee Erfhelnug ein wahres gefshichtliches Les 
ben und .eine Porfie wieder begann; allein eine Poeſie, 
die wiederum nichts Anderes war ald ber Ausdruck diefes 
tiefen Kampfes. Wir erlaubten uns einge mweltgefchicht- 
liche Punkte aufzunehmen, um die Anfiht zu begründen, 
daß Dichtung, duch alle Geſchichtsmomente verfolgt, nichts 
Anderes ift noch fein kann als der große Gedanke der 
Zeit, wie er fi in Gebilden ausprägt, und daß uns 
Derjenige nur als Dichter gelte, in dem feine Zeit nicht 
etwa nur unwillkuͤtlich, mie fe ſich auch den Schwaͤchli⸗ 
hen aufdruͤckt, fondern ganz und uͤberwaͤltigend aufgeht. 
Man würde uns aber misverſtehen, wenn man ben Um⸗ 
mefler jenes Zeitgedankens mit den dußern Zügen ver 
zeichnete, wenn man und biefen oder jenen gtoßen Bild⸗ 
ner entgegenftellte, dee ganz im entgegengefeuten Verſtande, 
feiner Zeit glefhfam den Rüden kehrend und mit ibe 
als einer undichteriſchen brechend, nad) verfehhtteten Quel⸗ 
len gräbt oder verſunkene Todtengewoͤlbe beleuchtet. Wen 
man auch von ſolchen Dichtern nennen und ald greß be 
zeichnen mag — denn wahrlich ihrer find wenige, und wir 
geftehen, vor kennen nur einen einzigen —, wen man 
auch anführen mag, er dürfte wol mehr für als reibee 
und zeugen. Denn felbft jener Eine gehört fürs erfle 
sanz und gar feinem Volke, und was er geflaltet, iſt nicht 
etwa eine untergegangene erlofchene Zeit, es ift ja derfelbe 
Saft, der fein Volk nocd immer durchdringt, es bezeich⸗ 
net eine ganze Seite von befjen Gegenwart. Jenes Bolt 
nämlich ift mehr als irgend ein gleichzeitiges mit feinem 
gefhichtlichen Fruchtboben verwachfen, und indem es duch 
Betriebſamkeit, Verkehr und allfeitige Anknuͤpfung -mur dem 
Zunächfibetreffenden ſich hinzugeben und es allein zu be 
rechnen fcheint, gleicht es andererſeits den Nilgeſchoͤpfen, 
die, nach Aelian, halb entwidelt, zur Hälfte aber noch als 
Schlammrudiment ihren Urfprung mit fih führen; ein 
zioielebiges Volk auch darin, daß es einen Theil feines 
Weſens wie einm Strom nach Außen fendet, während es 
mit feiner Quelle im mütterlichen Berge pulfitt. In den 
alterthuͤmlichen Draperien, Ausſchmuͤckungen und Anzügen 
enthäüstt jener Darſteller nur diefe Volksſeite; er entblößt 
nur eine verborgene Wurzel. Denn eine ausgelebte Zeit 
kann nie und nimmer nachgelebt und bichterifch wiederer⸗ 
weckt werden. Die Fülle des Dafeins und bes Unmit⸗ 
telbaren bat uns zu eigen, an ihr zehrt jeber einzelne Le: 
benspunkt. Das Dageweſene empfinden und genießen wir 
nur inſoweit, als wir feine Truͤmmer als Blldeleniente 
in unſet Sein und Leben aufgenommen. Und mo märe 
das HDingegangene zu ſuchen? Wo anders ald in den 
Merken feiner Dichter, in melde ſich fein Wefen ger 
flüchtet, mit welchen es Eins geworben, außer welchen «6 
ein Geheimniß, eine ſtumme Hieroglyphe bleibt und wie 
ein Grablicht, heraufgehott, verlifht, Die Vergangenheit 
wird in ben Kreis der unmittelbaren Gefchichtlichkeit ges 


! 


— — — ——— 


367 


"zogen und wich’ ſelbſt dadurch in ein Gegenwaͤrtiges und 
Mitiebendes verwandelt. Begreifen wir ja die Geſchichte 
wer, warm fie fi im unfere Selbſtentwickelung hinein⸗ 
ſpinnt und in unſer zeitiges Beduͤrfniß auflöft. 

Wenn alſo das Aeußetliche, der Moder ſelbſt ſich 
in ein unmittelbar Lebendiges umwandeln muß, um wie 
vielmehr wird die ganze Tiefe des innern Bildens als ein 
Mitergebniß der Gegenwart betrachtet werben : müflen. 
Der Geiſt diefer Volksverewigung, wie er ſich in Kimſt⸗ 
kin offenbart, naͤhrt fih im eigentlichen Sinne von ber 
Bedeutung und gefchichtlichen Exiſtenz des Volkes, er ums 
fihlingt. es und faugt an feiner Ider. Deshalb fehen wir 
auch, wie mit jedem großen Geiſt⸗ und Kunſtwerke eine 


Volksfeite abſtirbt, zugleich aber, gleichfam die Grabge⸗ 


wänder in jenen Denkmalen laffend, ſich geiftig und de“ 
Verklärung erhebt. Merkwuͤrdig iſt es, daß große Ge⸗ 
ſchichtskuͤmſtier die legte Kataſtrophe bezeichnen und, an 
den legten Pfeilern das Gebäude erfaflend, "es wie Taci⸗ 
tu6 und Thucydides riefenkräftig über fi) zufammenbre: 
hen. Und fowie Manche glauben, daß das unheimliche 
Erbliden ihrer eignen Perfon ober ein zufaͤlliges Entge 
gentreten derfelben als Spiegelbilb ihren nahen Tod be: 
beute, fo, koͤnnte man fagen, begegne die Zeit fich ſelbſt 
in einem großen Werke und müfle fih zum Tode vorbe: 
reiten. Ein großer Dichter ift ihr Schwanenlied, jede 
bedeutende Kunſterſcheinung, jedes fchöne Lieb fpielt ein 
Auge nad) dem andern in füßen Schlaf; und fo finden 


mir durchweg, daß fie in großen Geftaltungen fi) noch 


einmal zufammenfaßt, abfchließt und befiegelt. 
. (Der Beſchluß folgt.) 


Sohann Sanfen Straußens Nelfe durch Stalien, 
Griechenland, Liefland, Moskau, bie Tatarei, Medien, 
Derfien, die Türkei, Sapan und Oſtindien. Worin, 
außer ben Schickſalen des Verf., die Merkwürdigkeiten, 
Lebensarten, Sitten und Gebräuche ber durchreiften 
Länder befrieben werden. Angefangen im Jahre 1647 
und beendigt 1673. Aus dem Holländifchen uͤberſetzt 
und mit’ besichtigenden Anmerkungen aus neuern Rei: 
fen verfehen. Gotha, Hennings. 1832. Gr. 8. 

1 The, 12 Gr. j 


Jan Janſon Struys, beffen Hölländifhen Namen ber Her: 
ausgeber nicht hätte verdeutfchen folten, gab feine überaus leſens⸗ 
würdige, unterhaltende und das Bepräge der Wahrheit in keinem 
Zuge verleugnende Reiſebeſchreibung bereits 1676 zu Amflerdam 
heraus, wovon bei den Verlegern berfelben 1678 «eine beutfche, 
1681 eine franzöfifche Ueberſezung erfchien. Zu Duͤrgerbam 
1630 geboren und dem Segelmacherhandwerle gewidmet, ließ er 
fi im 17. Jahre feines Alters bereden als Unterfegelmacher zu 
Schiffe zu geben, erfuhr viel Ungemach auf Reifen, kehrte zweis 
mal in fein Vaterland zuräd, fühlte ſich gluͤcklich, es wieder zu 
finden, und verlich es doch mach Pürzerer ober längerer Haft, 
bis endlich der Sechsundfunfziger die Luft binlänglich gebuͤßt 
batte, den Krug zu Waffer gehen zu laffen und für Ruhe ber 
figern Heimat. Sinn- gewann. Er war ein fdlidhter Band» 
werfer, aber derben, gefunden Verſtandes, ber ihn in Stand 
feßte, richtig zu fehen und zu urtheilen, babei ungeheuchelt, 
prunflos, fromm und recktlich, ſodaß man nicht umbin kann, ihn 
liebzugewinnen, zuweilen fogar zu ehren, und dem Schidfäl 
Dant weiß, das ihm einen Landemann zuführte, der feine Aus⸗ 


N 


fage lesbar zu machen verfland, ohne ihre Treuherzigkeit zu bes 
einträdtigen. Charakter und Sitte’ ber Lander, in benen er 
am längften verweitte, finb unverändert geblieben, und die nice 
überflüffigen Werichtigungen bed Ueberfehers betreffen mehr: 
theild genauere Beitimmungen der Längen» und Sreitengrade 
oder flatiftifche Angaben; aber die Schidfale bes Verf., niemals 
umatuͤrlich oder unerklaͤrlich, find nicht ſelten fo außerordentlich, 
daß die fpätere Rachwelt fie nie ohne Theilnahme hören und 
Dem, welcher fie beftand, dei Namen eines hollandiſchen GE 
blas beifegen därfte, wenn reine Sittlichkeit ihm nicht zu vors 
theildaft von dem fpanifchen Abenteurer unterſchiede. Der erſte 
Ausflug führte den Erzähler, unter einem duͤnkirchener Befehls 
haber über zwei Schiffe von 25 Kanonen, nach @enua, wo bier 
fer die Schiffe dem Dogen verkaufte und, auf drei Zahre mit 
Kriegsbedürfniffen verfehen, mit ihnen in See ging, um im ins 
difhen Meere Geeräubrrei zu treiben. Struys ahnte biefe 
Beſtimmung nicht und ließ fig mit einigen Hunderten feiner 
Landsleute für eimen monatlichen Sold von 18 Gulden ale 
Oberfegelmaher von Reuem anwerben. Sie vermweilten auf 
Boavifta, Sierra Leone, Matagaskar und Sumatra. In befe 
fen Sunde wurden fie von holländifhen Schiffen genommen 
und nad Batavia gebradht, wo Struys mit dem naͤmlichen 
Gehalt in die ehrlichen Dienfte feiner vaterländifchen oftinbi: 
fen Compagnie trat. Als Oberſegelmacher begab er ſich auf 
einem ihrer Schiffe nach Siam, Kormofa und Japan, ward ehr 
rendoll entlaffen und Iangte am 1. September 1651 wohlbes 
halten in feiner Heimat an. Vier Zahre fpäter ließ er fi 
doch wieder Überliften, eine Fahrt nach Livorno "mitzumachen, 
pilgerte von dort nah Piſa, Florenz, Bologna und Wenebig, 
nahm unter den gewohnten WBebingungen, welche damals überall 
herkoͤmmlich gewefen zu fein fcheinen, Dienfte auf deffen gegen 
bie Türken ausgerüfteter Kriegsflotte unter dem Oberbefehl des 
großen und fiegreichen Generals Lorenzo Marcello, auf welcher 
fi) auch der in der Folge fo berähmte Kurt Adeler al& Haupt⸗ 
mann befand, litt bei Argentera Schifforuch, befuchte Candia 
und Mytilene, gerieth in der Nähe von Troja, als er ans Lanb 
beordert war, um Trinkwaſſer einzunehmen, auf ſechs Wochen 
in tärfifche Gefangenſchaft, war fo hluͤcklich ans ihr zu entflie⸗ 
ben, die venetianifhe Armada wieder zu erreichen und dem gro« 


Bett Siege beizumohnen, den biefe am 27. Juli 1656 im Ange⸗ 


fiht der Dardanellen über die türkifche davontrug, aber frei: 
Rh auch mit dem Tode ihres tapfern Oberhauptes unb des 
töftlichften Blutes von Venedig erkaufte. Darauf ging bie 
Blotte nach Tenedos, Lemnos, Pathmos unb Keos, wo Gtruys 
abermals gefangen, aber bald wieder losſsgekauft ward, nach ſei⸗ 
ner Rücdkehr in Venedig von Neuem in Dienfte trat; Korfu, 
Gefalonien, Kandia und Stanchio beſuchte und? am 30. Juli 
1657 im Kanal der Darbdanellen unter dem fierbenden Mece⸗ 
nigo ein gluͤckliches Treffen gegen bie fiegreiche Flotte beſtand. 


Nach einem Beſuche verfchiebener griechifcher Infeln, von denen - 


Gontribution eingefammtelt wurbe, verdang ſich Struys auf ein 
venetianiſches Schiff, das er aber in Livorno verließ, weil er 
beffen Hauptmann für einen Kaper erfannte, der brei verſchiede⸗ 


ne Päffe bei fidy führte, und daher 1658 fein lang erfehntes 


Vaterland wieder ſuchte. Dort verheirathete er ſich, zeugte Kine 


der und trieb zehn Jahre hindurch Segelmacherei im Dürger: - 


bam. Aber der Anwuchs feiner Kamilie machte ihm Nahrungs 
forgen, und fo ließ er fi 1668 von Bevollmächtigten des mos⸗ 
kowitifhen Bars Alerius Michailowitſch anwerben, für- einen 
Monatsſold von 57 hollaͤndiſchen Gulden Segelmacher auf ei 
ner in Moskau erbauten Jacht zu werden, bie beflimmt war 
über die Lafpifche See nach Perfien zu fchiffen und bort Handel 
zu treiben. Ihre Reife ging zur See über Riga, wo fie am 
3. October eintrafen und, durdy Lieflandb und über Nowgorod, 
am 12. Dec. Moskau erreidhten. Am 16. Mai 1669 beftiegen 
fie, etwa 10 Meilen jenfeit, bei einem Dorfe Debinoff bie für 
fie erbaute Jacht und gelangten auf der Oka und Wolga nad 
Kafan und am 24. Auguft nach Aſtrachan. Vom Anfange bed 
Septembers reiht fi für den harmleſen Struys ein umftand 


® 


- 


Sklaven zum Geſchenk überfandte. 


30o08 — 


an den andern; benn grade in biefe Tage fiel bir Aufruhr 


der benifchen Kofadden unter Stenko Radzin, ber fowol ben 
vorgeblichen Demetrius als Pugatſchew an echtem Feldherrnta⸗ 
Ient, Entſchloſſenheit und Umſicht übertraf und anfangs vom Gluͤck 
ſehr begänftigt ward; Weranlaffung und Berlauf der Empörung 
werden anfchaulich erzählte. Aftsachan und deſſen Umgegend 
erklaͤrte fi für die Aufrührer, die zuffifche Flotte diefer Ge: 
wäfler ergab ſich ihnen, und,mit großer Noth entwifhte Struys 
ngbft einigen feiner Lanbeleute der koſackiſchen Grauſamkeit 
und erreichte auf einer Schaluppe nach beſchwerlicher Irrfahrt 
das kaſpiſche Meer. Unfern Derbent wurden fie im Juni 1670 
von dagbeftaniihen Tataren zu Gefangenen gemadt, deren 
Prinz Osmin fie für Kundfchafter der räuberifhen Kofaden hielt 
und feinem Bohne, dem Sultan Mohammed in Erwan, als 
\ Dem Sultan gefiel ed, aus 
hoher Machtvollkommenheit Struys zum Arzt wider Willen zu 
fördern und ihn auf das Gebirge Ararat zu verſchicken, um eis 
nen chriftlatholifchen Einfiedler von feinem Bruchſchaden zu heilen 
und feinem fürftlihen Herrn dadurch SO Thaler zu erwer⸗ 
ben, wofür biefer ihm bie Freiheit verſprach. Es ftand oben 
gefchrieben, daß der Bruch des Cinfiedlers, wie ein Huͤhnerei 
groß, aber nicht über einen Monat alt, mit flüffigem Gibotter 
befirichen und einer leinenen Binde belegt, unter ben ungeübten 
aber forgfamen Händen eines anfprudlofen Segelmachers nach 
14 Zagen völlig zurüdtreten follte und dem Ginfiedler erlaubte 
fi ſchmerzenlos zu bewegen, bem fein‘ Helfer empfahl, Binde 
und Galbung ivenigſtens ein Jahr beizubehalten. Der Genes 
nefende, Domingo Xlerander, Sohn eines begüterten Roͤmers, 
beffen frommer Vater fein Vermögen der Peterskirche, ten ein 
zigen Sohn als"Einfiedler. dem Gebirge Ararat vermacht hatte, 
lebte num ſchon 25 Jahre bafelbft und fühlte fich viel glüdlis 
Kir dort als in Rom. Gr bezaplte nicht nur feinem Helfer 
die zugefagten 50 Thaler, fonbern one ihm auch ein braunes 
Kreuz an filberner Kette um den Hals, das er von dem feini- 
gen nahm und aus einem Gtüde ‚Holz von ber Arche verfer: 
Figt, dem er einen Stein binzufügte, welchen er unter der Arche 
abgelöft haben wollte. Weber beide heilige Reliquien fertigte er 
ihm ein Tüchenlateinifches Zeugniß dus, damit fie ihm in Rom 
viel Geld einbringen möchten. Sultan Mohammed feckelte ben 
Lohn des Arztes feiner Fabrik mit Vergnügen ein, brach aber 
fein Fuͤrſtenwort und mollte ben Shriften nicht frei geben, wenn 
er fih nicht zum Islam befehrte; und als bie glaͤnzendſten Au 
fihten der Zukunft, bie Verlockungen reizender Jungfrauen a 
dem fchlichten frommen Sinne bes Sklaven verloren gingen, 
verkaufte er ihn einem Perfer für 150 Abes (etwa 1000 hol 
ländifhe Gulden). -Mit diefem neuen Herrn befdiffte Struys 
das kaſpiſche Meer und warb von ihm. in Derbent einem rei⸗ 
hen Zuwelier, Hadſchi Biram Ali, überlaffen. Diefem, einem 
Mosiem im ehrenwertheiten Sinne des Worts, rettete er bei 
einem Bade im See das Leben, mit großer Gefahr bed eignen 
und erwarb befjen Zuneigung und das Verſprechen entfernter 
Zreiheit. Aber bie vornehmfte, ſchoͤnſte und jugendliche Gemah⸗ 
lin feines Herrn, Altyn, hollaͤndiſcher Abkunft, ale zwoͤlfjaͤhri⸗ 
ges Mädchen von Zataren aus Polen geraubt, die ſich nicht 
darein finden konnte, bie Lieblofungen ihres Batten mit fieben 
andern Frauen und verfchiedenen Sklavinnen theilen zu möflen, 
that ihm den Vorfchlag, fie mit großen Schägen nach Rußland 
u entführen, beflen Grenze fie in acht Tagen erreichen Tonnten. 
iedmal, dies einzige Mal wankte Struys wirklich, für den ein 
kuͤhnes Wagftüd wenig Abſchreckendes, ein unfreie® Leben keinen 
Reiz hatte, und wer weiß, was geſchehen fein möchte, hätte ſich 
Aſtrachan damals nice noch im Bells der Koſacken befunden. 
So aber fiegte nicht nur fein Gewiſſen, fondern ein größeres 
Wunder gefhah: Altyn war fo unechört gutmütbig, ihm bes: 
balb nicht zu zürnen und feine gnädige Herrſchaft zu bleiben. 
Er begleitete feinen Herrn nah Schamachie, wo er fi von 
einigen Franziskanermoͤnchen bereden ließ, aus bem Sklaven 
eines Moslem der Sklav bed chriſtlichen polnifchen Geſandten, 


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Niedertr 


eines Beorgianers Bochdan zu werden. Der rebliche Perſer 
warnte ihn davor, Sonnte aber feiner Bitte nicht wiberftchen, 
unb überließ ihn für ben Kaufpreis dem Chriften. - Bidfchi's 
BBarnungen ‚gingen nur zu fehr in Erfältung. Bochdan war ein 

tiger in jeder Bedeutung des Ausdruds, "yeizig, aus⸗ 
fhweifend, graufam und bot fogar feine Religion zum Verkauf 
aus, die der perfifche Hof feiner Annahme unwuͤrdig fand, Obne 
das Gnadenbrot, welches ber edle Hadſchi Biram dem Gefanb- 
tenftlaven in feinem Hauſe reihen ließ und das biefer nur ver: 
ſtohlen genteßen burfte, würde Gtruys dem Hungertode zum 
Opfer gefallen fein. Endlich gelang ihm durch ben Vorſchuß 
einiger Landsleute, ſich mittels Grflattung bes Kaufpreifes und 
eines ſchoͤnen arabifchen Pferdes aus der Sklaverei Ioszufaufen 
und als Freigelaſſener von Altyn zu beurlauben. Beide blieben 
isrem Gharalter bis ans Ende treu. Noch einmal beſchwor ihn 
die Chriſtin, mit ihr nach Aſtrachan zu entfliehen, bas bie Rufe 
fen wiebererobert hatten, noch einmal weigerte ſich Struys, und 
Altyn ließ ſich dadurch nicht abhalten, ihm einige ungefchliffene 
Diamanten, von denen ber geringfte taufenb hollänbifche Gulden 
werth war, und viel mehr Geld zu ſchenken, als er für feine 
Losfaufung verkbutbet batte, und rieth ihm, ihren Mann, ber 
Tages darauf Rad Ispahan reifen wollte, zu begleiten. Den 
Rath befolgte Struys, und Hadſchi Biram hielt ihn Eoftenfrei. 
Ihre Reife ging über den Ararat, wo ihre Karawane Plünderung 
erlitt, Artebil, den Taurus, Gultanie, Coswin und Gaba. 
Beim Abſchiede von Hadfhi Biram zu Ispahan, im Februar 
1672, beſchenkte ihn diefer, der von ber Freigebigkeit feiner Ge⸗ 
mahlin nichts wußte, noch einmal mit der Summe, bie er für 
feine Kreilaffung an Bochdan bezahlt hatte, und Struys brady 
mit ber Karawane der oftindifcken Geſellfchaft nad) Ganteron 
auf. Ihre Weg ging unter manderlei Kahrlichkeiten und Ans 
griffen an dem Grabe ber Mutter Soliman's und Noah's und 
ben Ruinen von Perfepolis vorbei, über Schiras, Skarym und 
Laar, nad Gameron ober Bender, und Struys, von einer hef⸗ 
tigen Krankheit kaum genefen, fchiffte nach Batavia und nahm 
bort wieber Dienfle auf einem Kaperſchiffe, bas nah Bantam 
fegelte. Aber Kaperdienfte taugten nicht für ihn, und fo fchidte 
er fi endlich an, in fein Vaterland zurädzulehren, landete auf 
dem Gap, auf St.⸗Helena, wo das Schiff von Engländern ges 
nommen warb, bie damals mit Holland Krieg führten und ben 
armen Struys auch ber Diamanten beraubten, bie er von feiner 
perſiſchen Wohithäterin erhalten hatte, fobaß ihm nichts von ihr 
übrigblieb als das Gedaͤchtniß ihrer Tugenden. Die Engländer ſetz⸗ 


ten, nach einer glüdtichen Fahrt, ihre Gefangenen im Hafen Baltis 


mor in Irland ans Land und in Freihett. Struys und einige feiner 
Landsleute gingen und ſchifften über Kinfale, York, Breft, London 
und Harwich, von wannen Grfirer, am 7. Oct. 1673, feine Frau 
und Kinder wieber zu umarmen bag Gluͤck hatte und fid nicht mehr 
von ihnen trennte. Schreckt biefe bürre Anzeige ben Lefer nicht 
ab, den Neifenden felbft zu vernehmen, fo wird er ſich ungleich 
belohnter finden, als fie zu erwarten berechtigt. 95. 
Notizen. 

W. Gcott war faft einen Monat in Rom, erzählt ein 
englifches Blatt, bat aber nie den Vatican betreten. Dagegen 
begab er fich nach dem mehre Stunden entfernten Dorfe Frae⸗ 
coli, wo Garbinal York feine legten Sage zubrachte, unb 
forfchte eifrig nad Allem, was ſich auf denfelben bezog. Er 
befuchte auch ein aus dem Mittelalter herrührendes Schloß in 
Bracciano, deſſen einzelne heile er mit der größten Aufmerk⸗ 
ſamkeit unterfuchte. — — 

Bon den franzöfifchen Ueberſegungen ber Werke W. Scott's 
wurden durch den Buchhaͤndler Goſſelin über 1,400,000 Bände 
verkauft. 

Die Franzoſen meinen, der Verfaſſer des bei ihnen „Voya- 
ges du prince Muskau’ getauften deutſchen Buches fei in der 
That „un fat tr&s- amusant’’. 9. 





j etistrt unter Berantwortlicgteit der Verlagäbandlung: J. X. Brodbaus in Reipzig. 


| 
| 


bm— an 


R 


für 


Titerarifge Unterhaltung. 


Blätter. . 





Sonntag, 





Doefie und Kritik 
(Beſchluß aus Nr. 89.) 

Wurde nun der Umkreis des bdichterifchen Bildens 
flüchtig befchrieben, möge aud) von dem Standpunkt ber 
Kritik zu demfelben Einiges vorgebradht werden: ein epi⸗ 
neufer Punkt, der zu weitläufigen Betrachtungen führen 
und ben gegönnten Raum leicht überflügeln Eönnte. Sich 


muß mid daher auf Weniges befchränten. Auch bier 
muͤſſen die Griechen als Mufter gelten, denn gluͤcklich 
find fie zu preifen, daß fie Beine Kritiker hatten, Kritiker 
nämlih, Afterwefen von unvermögendem Bildtrieb und 
parafitiihem Geiſte. Bei ihnen lebte der Künftler mit 
und in dem Volke, panegyrifch wurbe er gefert; geiftige 
wie Eörperliche Uebungen und Wettlämpfe entwidelten fich 
unter Öffentlicher Würdigung. Eine ſolche Kritit war die 
einzig mögliche in Griechenland, wo Erzeugniß und Kritik 
im Öffentlichen Leben fi) begrüßten. Und fürwahr bas 
bildende Genie iſt die echte und tiefite Krifis, eine Selbſt⸗ 
durchſchauung und Lebensfihtung, aus der fie das Ideale 
und die Geſtalt erringt, indem fie bie berechnende Um⸗ 
fpinnung mit glänzenden Flügeln durchbricht. Die jen: 
feit des Bildens liegende Kritik aber iſt nur der abge 
wickelte Faden, ein Gewebe, das felbft der Pſyche ange: 
Hört, das fie aus ihrem innern Leben herausgeſponnen 
Hatte, aber nach einer geiftigen Erhebung binftrebend ab: 
wirft. Jene außer dem Schaffen fi abmühende Be: 
trachtung vermißt fich, aus dem Gefpinnfte nicht nur das 
Geſchoͤpf ſelbſt deuten und begreifen zu wollen, fie glaubt 


auch thörichterweife die Seele baran verrechnen zu bürfen. 


Erwacht in ihe die Ahnung des Bildenden, hat fie fofort 
Kritit zu fein aufgehört. Mit der Erweckung jenes ins 
nern Lichtes ift fie felbft eine bildende geworden; es ift 
der Tropfen aus Minerva's Schale, an dem die Spinne 
ierig ſaugt. Freilich iſt die Ahnung nicht genug, der 

eflex ift nicht Die Sache ſelbſt; aber fo viel bewirkt fie, 
daß das freche Wort in Bewunderung erfticht. Denn wie 
Platon die Bewunderung als die Mutter ber Philofophie 
betrachtet, fo iſt es Ear, daß wir dieſer Bewunderung 
unfere berrlichften Krititen zu verdanken haben, die aber 
als folche keine Kritiken mehr find, fondern mit Weib: 
rauch und Bold yor dem Schönen Enien. Die Beurthei: 
lungen in dem Sinne ſchrieben, hatten einen Liebesbund 
mit dem Schaffenden geknüpft; wie weibliche Seelen ge: 


ben fie fih hin, trunken fehen fie in fein Auge, mit 
Zärtlichkeit hängen fie an ihm; es ift ein Eindliches Hin⸗ 
horchen, ein gläubiges Mitbeben. “Die widerfegliche Wild: 
beit, die gewöhnlich dem. Ebeln entgegenftrebt, iſt gebro: 
hen; des Kuͤnſtlers überlegene Kraft hat Brunhildens 
Gürtel. ae und überwältigt fügt ſich das Starte 


dem Genuß. So hat Leffing beurtheilt, ein bewunderns⸗ 
würdiger Geift, befien Scharffinn die Scheidelinie zweier 


Zeiten war. Mit unerreichter dialektiſcher Schärfe vers 
nichtete er die falfche Poefie feines Jahrhunderte. Kin 
corrofives Gift, befreite er es einerfeits von dem kraͤnk⸗ 
lichen Stoff, reinigte es zu neuem Leben und erquicte es 
zugleich, In keinem Schriftftellee haben fich je gefährs 
lichere Kräfte, eine zerfegendbere Analyſe, ein fo gruͤndli⸗ 
ches und allfeitiges Willen, das feineg fcharfen Klinge 
wie damafcenifche Züge zu größerer Echtheit golden einge: 
brannt war, mit fo ‚großer Befcheidenheit, lauterer Gefins 
nung, ja, mit fo tiefere Demuth vereinigte. Es ift, wenn 
man feine Keititen lieſt — Laͤuterungen, in deren Unruhe 
und Lebendigkeit er den Lefer hineinreißt, bie wie Sites 
nengefang unwiderſtehlich ergreifen — als ob die biafektifche 
Raſtloſigkeit forteite, fich felbft mit der Verwirrung, beren 
fie fi bemäcdhtigt, die fie an allen Punkten angreift und 
wie Feuer dahin trifft, wo fie ihres Raubes gewiß ift, als 
ob biefe vernichtende Heftigkeit fih in ihrem Gegenflande 
zu verzehren firebe, um, mit ihm zu Grunde gehend, zur 
Ruhe zu gelangen. Er fehnt fich gleichfam, diefe dialek⸗ 
tifche Wildheit loszuwerden, befeelt, wie er war, von dem 
Bewußtfein, daß dies nicht das Ziel der Kritik oder viel: 
mehr, daß es ihr letztes ſei. Er fühlte, daß fie die Split: 
ter und Späne zufammenteägt und ihr Küchenfeuer muͤh⸗ 
fam anbiäft, während die Poeſie, ein flillee Stern, vom 
Himmel hernieder die Riſſe und Berftungen bes Lebens 
[haut und prüft; daß ber Brennpunkt der Kritik kein 
Stern ift, und daß fie ſich freventlich vermißt, weil fie 
dem heiligen Licht das Verflüchtigende entreißt, es felbft 
zerlegen zu wollen. Diefes fchöne Gefühl, das, wenn es 
die Poefie nicht ſelbſt, doch die geiftvollfte Klage um bie: 
felbe ift, dieſes Gefühl ſtimmte ihn zu jener rührenden 
Trauer, daß ihm, an die Grenze gelangt, das gelobte 
Land der Dichtung nur von dem Gipfel des Scharffinns 
zu fehen vergönnt war. Großer, wunderbarer Ringer, 
wie einfam ftehft du im beutfches Literatur! Schöne und 


N 


' behauptet. 


Bi 370 
glaͤnzende Talente haben ſich unſtreitig nach ihm geltend ge⸗ 


macht. Wenn man aber bedenkt, wie dieſe inmitten der uͤp⸗ 


pigen geiſtigen Fuͤlle ſich befanden, die ihren Samen verſchwen⸗ 


deriſch nach allen Richtungen verſtreute, wie ſie um ſich 
herum alles Treffliche und Schöne Im reichſten Maße ſich 
aneignen durften; rote fie. felbft aber nur die glaͤnzenden 
Spuren, das befriebdigte Behagen fehrelgenden Senuffes 
und geiftiger Sättigung darboten; wie fie, im Ton eben- 
fo fchneidend als in ber Kraft, ben Gedanken bis zur du: 
Berften DVerbünnung treibend, ihre mühfam und un: 
kuͤnſleriſch gewonnene Betrachtung als Geſetztafel in bie 
Höhe hielten, wenn man fich ferner nicht verhehlt, daß 
fie wol -im Ganzen ein tiefere 8 


daß fie die Erften waren, bie in der Kritik von den hoͤch⸗ 


ften Gipfeln der Vergleichung vormals ungeahnte Ver: 
knuͤpfungspunkte entdedten und in überfihtlicher Wuͤrdi⸗ 
gung geiftreihe Umriſſe entwarfen; daß fie in Dem, was 
man Claſſiſches nennt, zuetft mit mächtiger Schwinge 
Spreu von Kom fonderten, bie Nebelfleden ber Piteratur 
zuerſt teleſkopifch entwirrten ımd fin große und: kleine Lich⸗ 
ter ſchieden, wie nicht minder, baß fie mit feinem, tiefſin⸗ 
nigem Ohr hinhorchten auf den geheimften Laut ber Poefie, 
fi zu ihre wie Pfpche mit: zitternder Lampe fchlichen, oft 
aber auch frevelnd und verwegen ihre Myſterien durch 
Bezeichnung entweihten und, wenn ich ſo fagen darf, ver⸗ 
riethen; daß ſie den Ausdruck mit einem gewiſſen Adel 
ſtempelten, und ber Eine insbeſondere einen zarten, geiſti⸗ 
gen Schleier dern Gedanken uͤberwarf; wenn man deſſen⸗ 
ungeachtet ihre Stellung, ihren Einfluß, ihre Schule, das 
bedenkliche Beiſpiel der ummälzenden Form, bie ohne bie 
beherefchende Gewalt frech, duͤnkelhaft und anarchiſch wird, 
wie wie denn auch erfahren haben, daß hohle Schwaͤch⸗ 
linge, die ihren Scepter, den’ äußern naͤmlich, den Styl, 
fi) angemaßt ober überfommen hatten, aufs Heilloſeſte 
und Berberblichfte in einem Gebiete fchalteten, wo es Mei: 
nigkeit und Sichtung gilt: wenn man, fagen wir, dies 
Alles genau erwägt und zu bem ihren eignen Misklang 
in Wort und Bewaͤhrung, ihre Unerquicklichkeit bei aller 
Tiefthuerei, die innere Duͤrre bei allem «Glan; äußerer 
Fuͤlle gegen den wunderbaren Reichthum ihrer Zeit und 
die Dürftigkeit der Leffing’fchen Zeit haͤlt, wird man ge: 
wiß mit und geftehen muͤſſen, daß Leffing, auch abgefehen 
von Größe und Reinheit der Gefinnung, keine Berbunte: 
kung durch jene glänzenden Erfcheinungen befuͤrchten darf, 
und daß er in feinem Gebiete einfam und einzig ſich 


Merfen wir nun einen Bid auf ben Zuſtand ber 
Kritik in unfen Tagen. Genau betenchtet kann es gar 
keine geben, benn bie Kritik vollzieht das Urtheil ber Zeit 
und fhließt es ab; noch aber gravitiren wir geiftig zu 
dem Vergangenen, das feine Kritik, die da, wo fie durch⸗ 
greifend und bleibend wirkte, immer nur das Schöne be: 
gleitete und fich zu ihm hielt *), bereits erfebt hat. Wir 
haben eben nur unter dem Einfluß einer mächtigen ges 
ftanden, noch arbeitet in ber Literatur jener gährende 

*) — — 9 dio züvss doyal &noxzo, .os 19 Tnisudym 

Ixxinoraborze. 


Tropfen. Und. wenn e6 wirklich nothwendig wäre, eine 
Reviſion des Dageweſenen und Gefeierten zu halten, was 
wir aus dem Grunde als unthunlic erachten, weil ir 
Geiſt und Erinnerung bie Herrlichkeit des zunächflabge: 
laufenen Wirkens al goldene Moallakat unzugänglich bee 
Kritik aufbewahrt, und in dem Ergabniß unferer Bildung 
glänzt, wenn es, angenommen, von Nöthen wäre, befen- 
nen wir offen, daß wir uns vergebens überall hin umſe⸗ 
ben, wo denn jener Ausgeftattete zu finden, bee einer fols 
hen Prüfung .gervachfen wäre. Denn wenn eine Stelle 
jur Gnadenort geweiht und geheiligt, vor dem Andrang 
er frommen Andacht felbft durch Gitter abgefchieden und 
eingefriebigt worden, muß Derjenige, der Die 

fromme Scheidewand nicht achtend in den geheimnißvollen 
Ort einbricht, als frei) und profan verrufen werden. 


Und wir haben es kein Hehl, eine Kritil, die damit be= 


ginnt, ohne Scheu und Scham das Jahrhunderten An= 
gehörige, mithin im tiefer Religion zu Verwahrende, zu 
entweihen, das fille Luſtwandeln des Herrn im Paradiefe 
fhöpferifcher Gedanken zu verfennen, was Dateriand und 
Mitwelt zur Verehrung und Erbauung als ein Unantaſt⸗ 
bares in die Nifche des Jahrhunderts hingeſtellt, hoͤhnend 
zu befleden; damit beginnt, vons ein Eigenthum und Ge- 
meingut der Nationen gervorben, was Nachbar und Frem⸗ 
der mit Bewunderung nermen, deſſen himmlifcher Gkanz 
all den Unfug, wie Aeneas' Schwert die Larven zerſtreut 
das weithin Dtrahlende und Große, den fchönften under⸗ 
aͤußerlichen Juwel des Volkes, die Seele felbft der Zelt 
mit Affenzähnen zu befletfchen, die Perle der Nation in 
gemeinen Eſſig aufzulöfen, um fie dem frechen Buhler, 
dem Literarifchen Poͤbel zuzutrinten: eine Kritik, die fo 
aufzutreten wagt, läßt gewiß nicht zweifelhaft, wofür fie 
zu nehmen; Verwunderung aber erregt es allerdings, wie 
ſchlecht es mit dem Urtheil bei uns beftellt fein nmıf, 
wenn eine ſolche irgend ein Gericht auf deutſcher Wag⸗ 
fchale hat. Und ob es denn wirklich fo Thlimm um das 
Talent in unfern Tagen fteht, daß mittelmäßige Kräfte es ers 
drüden bürfen? Wir fagen mittelmäßig, denn fürwahr, bei 
fo großen Erfcheinungen, toie wir erlebten, wie fie noch unter 
uns leuchten, tft Das, was man Geiſt nennt, rin von dem 
Ueberſchwange bes‘ Vorausgegangenen und bis im bie ent: 
legenften Punkte Dürcchgedrungenen, det ganzen heutigen 
Intelligenz aufgedruͤcktes Gepräge, heiweitem nicht genuͤ⸗ 
gend Deutſchlands Ohr zu belaͤſtigen. Dem wie im 
rper dee ganze Menſch dem Blute verflüͤſſigt zuge⸗ 
führt wich, geiſtige und flüchtige Stoffe aber in ben nie⸗ 
dern untergeorbneten Apparaten verbraucht und zerftört 
werden, fodaß die bdienftbaren und zinspflichtigen. Saug: 
gefäße nur Altmentarftoffe ins Heiligthum der Aneignung 
und des Lebens gelangen laſſen, Niemand aber destvegen 
behaupten mag, daß das Geiſtige nicht durchaus und al: 
lein im bildenden Leben fich bewege und mit ihm ei: 
gentlich gegeben fei: fo tft Das, was fi in der Literatur 
als Geiſt aufwirft,. wiefern es fi in feinem Innerſten 
nicht als Friſchlebendiges und Geſtaltendes bewährt, Raub 
und Befriedigung ' fuborbinirter Kräfte. Von Wahrheit 
beften kann man fih am beften Überzeugen, wenn man 





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mr 


31 


fein eignes Werfen mit dem Bilbendgeiftreichen durch ſtkl⸗ 
les Nehmen und Geben gleihfam in Verkehr bringt, 
bie Seele. in, deſſen Faͤden verfließen laͤßt und fo, indem 
man Nahrung gemerben, genießt; ba emepfindet man das 
Erquicklichlebendige, ein wohlthuendes Lichte durchdringt 
und geiſtigt uns, nicht in einzelnen Funken verwirrt es, 
der Rig ſelbſt iſt ein geſtaltender und vegt fih in fürs 
mender Zülle. Anders ift es mit den duͤrren Geiſtern, 
bie haͤmmeen muͤſſen um gu ſpruͤhen, bei denen jeber Funke 
ein durch Schlag und Friction erglähter Splitter iſt. 
Solche zeigen wie geiſtige Gaͤhrung eine im Werben be: 
griffene Reinigung, bie oft umfchlägt und verdirbt, deren 
Ferment ſich oft in eine fremdartige Maſſe wirft, wo es 
fih laut maden und feine träbe Unruhe vertoben will, 
In Deutfegand gibt es viel fire Luft der Art, die frei 
zu werben jucht; allein, wenn hie und da ein Korkftöp: 
fel auffliegt, oder ein Bierfaͤßchen plagt, wird man nur 
erimmert, den Mund ber Flaſche beffer zu verpichen und 
zu verfiegein und das Gefäß mit fhärkern Reifen zu ver: 
fehn. Hoͤchſt übel nimmt es fich aber aus, wenn fo ets 
was auch in Kritik und Literatur rumort 'und unfern 
Anſpruͤchen zu genügen glaubt. 
wenig gewonnen, wenn unſer jegiger Fortſchritt nicht darin 
beftinde, daß viel und tief und afffeitig gedacht und ge- 
flrebt werde. Der Starte muß wie Simfon das. Haar 
aus dem ſchwaͤchlichen Gewebe reißen, den Gedanken bän- 
digen und nicht in deffen Trümmern als Eritifche Wespe 
Honig fuhen. Wohl wifen wir die rechte auf Wahrheit 
und Sichtung gegründete Kritik zu würbigen, wir wiſſen, 
daß Gögendienft: überall und auch in ihr ebenſo ſchaͤdlich 
als verwerflih ift. Jede Reformation, jede Umwaͤlzung 
iſt eine Kritikz aber Johannes der beydener Baͤckergeſelle 
iſt nice Johannes Pres: Tadfchani. -Umd zeige denn die 
Heutige Kritik wirklich eine folhe Scheu gegen ibolatris 
fhen Unfug? Wer treibt. drgen als fie? Den Erften 
Beſten, gefalbt oder umgefalbt, Läßt fie auffigen, führt 
ton als Propheten herum und will ums noch obenein 
überreden, daß der Efel des Propheten auch ein Pro: 
phet fei. 

Unfere Tage haben fo große Begebenheltm ans Licht 
gebracht, daß wir zu hoffen’ berechtigt find, es fei unie- 
zer Zeit vorbehalten, die politifche -umb hiſtoriſche Seite 
Eünftierifch herauszuſtellen. Was kann ed uns anhaben, 
ſelbſt Denjenigen, die in ſtiller Wirkſamkeit ihre Aufgabe 
innerlich fortführen, wenn in dem oder jmem Winkel 
eined alten Gemaͤuers eine kritiſche Spinne ihe Werfen 
treibt, Infectchen und kleine Fluͤgelthierchen einfänge, als 
ob ſie nicht auch zu den Kerbthieren gehoͤrte, wenn ſie 
gleich in eine andere Abtheilung faͤllt, in die naͤmlich, 


wo Kopf und Bauch verſchmolzen — wenn fo eine kriti⸗ 
ſthe Spinne ind Blaue hinein ihr Gewebe zieht, es ges 


gen die Sonne, fie zu umfpinnen vermeinend, ausbreitet, 
ohne die fie doch kuͤmmerlich zuſammenſchrumpft und ver 
dirbt, ohne welches himmlische Geſtirn ihr Geſpinnſt nicht 
einmal die Farben fpielen wärbe, bie fie einfältig genug 
für ihr Eigenthum haͤlt, als babe fie ſelbe mit ben Faͤden 
den Hintertheil abgeroonnen und tie biefe mit dem gifs 


tigen fcharfen Saft erzeugt. Trifft e6 ſich auch manch 
mal, baß eine größere einen zarten Kolibri ankriecht, und 


das über Staubfäden, felbfi ein fehimmernder Blumen . 


faben, fich wiegende, an Blüten glei) einem buntgoldenen 
Tropfen hangende, wie ein fpielenber Gedanke mit Düften 
timdeinde Weſen umgamt, ausſaugt und erdruͤckt, fo 
zehrt ſie doch vergebens an ſeiner zarten Seele, ſeinem 
unvergaͤnglichen Farbenglanz; fie iſt die Alche auf dem 
ſchoͤnen Funken, fie ſelbſt bleibe haͤßlich wie zuvor, ehn⸗ 
Sinn und Ahnung des geiſtigen Blumenlebens, in wel⸗ 
chem jenes ſchwelgte. Man zieht ſich nur inniger und 
froher in ſich ſelbſt zuruͤck und. beſpricht ſich mit ſeinem 


Sleiße traulicher, wenn draußen der graue Regen gegen 


Wir haͤtten in der That 


die Fenſter ficht. 
kein Gewebe zu Stande, das ſtille arbeitſame Wirken 
dagegen webt das Lebendige. Wir wollen Herder's Wort 
im Auge behalten: die Blaͤtter des 


aben die Frucht gedeiht. J. 8 Klein. 





Dymocritos, ober hinterlaſſene Papiere eines lachenden 
Philoſophen. (Von dem Verfaſſer der Briefe eines 
in Deutſchland reiſenden Deutfchen.) Zweiter Band. 
Stuttgart, Brodhag. 1832. Gr. 8. 2Thlr, 18 6r.* 


Das im erſten Bande ſtatt einer Vorrede verſoprochene 
Fragment einer Autobiographie des verſtorbenen Verfaſſers wird 
den Leſern Hiermit als einleitendes Capitel in der That mitge⸗ 
thheilt. Daſſelbe umfaßt aus Weber's Leben — denn Weber 
war, wenn uns recht ift, der Name bes fühbeutfchen Demolrit — 
bie Sabre 1802 —4 und erzählt bie Leiden feiner Hofmei⸗ 
ſtercarrière. Schon in ben Dreißigern vorgeruͤckt, gab ber Bie⸗ 
dermann ein harmlofes Aemtchen, das er bis bahin bekleidet, 
auf und ließ fich theils durch die Lu, fih in der Weit und in 
böbern Zirkeln umzuſchauen, theils durch vorgefpiegelte gläns 


zende Verſprechungen verleiten, mit einem jungen Toͤlpel von 


Reichsgrafen auf Reiſen zu gehen. Dem verzogenen Knaben, 
der kuͤnftig einmal gebieten ſollte, that es allerdinge ſehn 
noth, ſich im Umgange mit Fremden etwas abzuſchleifen und 
die leere, rohe Seele, die von Innen heraus nichts gewinnen 
wollte, durch Bilder und Formen der Außenwelt zu fuͤllen und 
zu geſtalten; allein ein aͤngſtliches Heimweh bemaͤchtigte ſich 
alsbald in bee fremden Umgebung bed Armen, die Sehnſucht 
nah dem heimiſchen Mifte warb immer peinlidder, und er ent- 
lief plöglich ‚in aller Stille feinem Mentor, ber ihm vergebens 
GSteckbriefe nachſandte und fich gezwungen fah, allein zurüde 
ehren. Die Ungezogenbeit bes Mutterſoͤhnchens . hieß - zu 


Das Saufen dieſer Wafferfäden bringt 


Truges fallen’ ab, 


EG 


Haufe ein Genieſtreich, und obſchon der unfchuldige Hofmeiſter 


über bie plögliche Entfaltung bes reichsgraͤflichen Genies nicht 
weiter zur Mechenfchaft gezogen wurbe, ließ man fich feinexfeits 


doch auch mit ihm nicht weiter in Rechnung ein, behandelte 


ihn wie einen Abgeſetzten, Unbrauchbaren, kraͤnkte ihn auf hoͤchſt 
vornehm empoͤrende Weife und hielt ſich aller Berfprechungen 
in Betreff einer anfländigen Berforgung für entledigt. So trat 
der arme Weber verwundet und erbittert aus feinen kaum am 
gefnüpften -glämzenden Werhältniffen ia bie Stile zuräd; in 
feinem Gemäthe ſaß ber Grundſtein zum lachenden Philofophen, 
zum Humoriſten, feft und ficher. Dies fcheint uns das Hefte 
argumentum ad homigem in Hinſicht auf feine Theorie be 
Humors, bie er im vorliegenden Bande bes angezeigten Werkes 
aufſtellt. Es ift nicht leicht, den: Wegriff bes Humors in feis 
nem Wnterfchiede von Wig. und von Laune mit Ernſt feftguftel« 
len, weil das Fluidum feines Weſens, will man «8 mit Haͤn⸗ 
den greifen, alabald. zeexinnt. ran Paul's Erklärung: „Hu⸗ 


*) Mol. Über den erften Band Nr. 229 d. Bi. f. 1832. D. Rev. 


” . 372 . 


mer: fei das umgekehrt Erhabene“, iſt neb ber folgenden De 
buction zu dunkel und feine Gintheilung beffelben in epiſchen, dra⸗ 
matifhen und lyriſchen gibt bie dreifache Art und Weiſe, wie 
der Humor bes dichterifchen Wenins ſich entfaltet und verwirk⸗ 
fickt. Sean Paul 1äft den ‚Humor, der fich im wirklichen Eer 
ben ergibt, außer Acht; die praktifchen Humoriften find aber 
eft die fchäsbarften, weil fie die unbewußteſten find. Mitunter 
fudht Jean Paul in feinen Werken fo fehr nach Humor, als 
hätte er keinen, was body nicht der Fall if; aber das Unbe⸗ 
wußte, bas Harmloſe tft und bleibt das göttliche Erbtheil des 
Sumoriften, mithin iM .Naivetät die Grundbebingung feines 
Sefend. Doch auch der Wigige — nicht ber Witzling — ifl 
naiv, und ein Wigiger ift noch kein Humorift, obwol in ben 

olbfehimmernden Körnern, die Weide ftreuen, die Unmittelbar: 
eit' des Einfalls Hauptſache iſt. Der Verf. poſtulirt ©. 60: 
„We Phantafie und Urtheilskraft ſich berühren, entſteht Wie, 
wo. ſich Bernunft und Willlür paren, Humor, und das Will 
kaͤrliche macht eigentlich das Pilante des Humor.’ An einer 
andern Stelle heißt es: „Wit ift malerifch, Humor pathetiſch“, 
und: „Dumor ift die Verſchmelzung des Komiſchen und des 
Ernften‘. Das ftreift nur Alles nebenhin und erklärt nicht im 
mindtften, warum 3. B. Voltaire wisig, Sean Pant humori⸗ 
ſtiſch if. ©. 118 fagt unfer Werfaffer: „Franzoſen halten. fi 
lieber an witzige Einfaͤlle, ihre beinahe nationelle Wigigkeit 
ſcheint - fie am Ziefften zu hindern, fie halten fidh, wie ihre 
Damen, an bad Schickliche, Mobifche und an gefelige Scherze, 
daher haben ſie keinen wahren Humoriſten, wie Briten und 
Deutſche. Sie werfen Sols aus in Menge und zu jeder Zeit; 
der Brite und fein bdeutfcher Halbbruder ift fparfamer, gibt 
aber auch Guineen und Dulaten.” Ganz ridtig, aber der 
Grund? Boltaire ift nur wißig, weil feine Einfälle nur Irr⸗ 
lichter, Thallichter, oft Sumpflichter find, die nur zufällig, nur 
für kurze Beit, oft nur fcheinbar einen Lleinen Play erleuchten. 
Sterne und Zean Paul find Humoriften, weil ihre Einfälle 
Sternfäänuppen gleichen, hinter denen der tiefblaue heilige Him⸗ 
mel- fih hinbreitet. Ohne biefe tiefbuntle Himmelsblaͤue ber 
Gemüthlichleit gibt es feinen Humor; ber Wis ift um fein 
felber willen da, der Humor fördert die Wahrheit, ohne heilis 
gen Ernft ift der Wis nie Humor. Darum kann ber letztere 
nie beißend, nie Hämifch fein, nie zerftörenb wirken, wol aber 
jener. Wigig kann aud ein böfer Menfch, oder ein Menſch in 


böfer Laune fein; ein Humoriſt ift der edelſte der Sterblichen, 


denn das Bewußtſein heiliger Wahrheit flieht — nicht verftändig 
Har — fondern träumerifdh winkend hinter Allem, was er [pricht. 
Saphir tft nur witig und Wigling, nie echter Humorift, Deine, 
ber bie Myſterien des Heiligthums befchmuzt, desgleichen; 
Boͤrne ift bald dies bald jenes nur, eine geniale Harmonie fehlt 
ihm, darum fehlt ihm zum tiefern Bumoriften, beffen ganzes 
Weſen ein Einklang iſt, die Liebe zum Poſitiven in irgend ei» 
ner Sphäre des äußern oder innern Lebens; oft ift er blos 
Satiriker. Wis bringt es nicht zur Harmonie im Daſein; wie 
er zerflattert, fo Tann er auch verwüften und die Seele zer 
trömmern. Gin echter Humorift kann nie enden — wie Leß⸗ 
mann. Hippel's Wie wirb getragen von einer tiefen Religio⸗ 
fität; Sterne und Jean Paul ſchiffen, wie Iuftig auch ihre Wim⸗ 
pel wehen, auf einem Deere, über welchem ein Gottesfrieben 
ruht; durch Tieck's feltfamfte Larven blickt meiftens noch eine 
pſychologiſche Wahrheit hindurch, bie ber Maske bes Witzes die 
Seele des Humors verleiht. 

Bleiben wir jedoch bei unferm Autor und feinen mit fleißi 
zufammengefuchten Beifpielen unb Anekdoten gefpichten, an ſich o 
trockenen Lehrfägen. „Laune“, fagt ex richtig, „iſt eigentlich bie phy⸗ 
fie Stimmung zum Humor, ber der Geiſt ift, und bie lebendige 
Alles durchdringende, freiwaltende, über Alles erhaben ſchwebende 
Idee.“ Deshalb ibealifirt jedoch der Humor nicht immer, wie es 
vom Verf. anderweitig behauptet wird. Sterne's Onkel Toby und 
Gorporal Zrim find nichts weniger als Ideale und doch die ger 
müthfeligfien Humoriften. In dem Gapitel über „Die Gom 
terlinge und Hageſtolzen“ ift viel Zreffliches zu finden, .was in 


verfümmert bat. 


dem Berf. ben MWichermann von altem rot and Korn er⸗ 
kennen läßt. „Willlommen, Gonberlinge!” beginnt er feine 
Demonftrationens „ihre trogt dem Laͤcherlichen, dem Alltags: 
menfchen unterliegen, ihr fucht euer With, dem jene ausweichen, 
wer U iſt lehrreicher als ber fabe Umgang mit ben sale 
glatten laͤcheinden. Allgefälligen, die barum fo glatt, weil fie 
bart find, wie ber glatte Ealte Marmor, und fo gefellig find, 
weil fie fo wenig von der Seelenheirath, genannt Freundſchaft, 
verftehen als die Großen und die Damen, die nur Unterhaltung 
ſuchen. Gelb gegrüßt, ihr wahre, offene, unverftellte, freilich 
mitunter zu lebhafte, unfanfte, bisweilen fogar grobe, cyniſche 
Menſchen!“ u. ſ. w. Nach Sriedigung dieſes Gapiteld, wo 
Geume nicht hätte vergeſſen werben müflen, folgt sin anderes 
mit dem Titel: „Humor in Schriften”, und dann: „Deutſche 
Humoriften”, unter denen Thuͤmmel etwas Über Verdienſt ges 
fhägt wird. Driginell, aber zu fchröf hebt er Jean Paul’s 
Schwächen hervor. ;,D Friedrich Richter — nicht kindiſch Frans 
zoͤſiſch Jean Paul“, ſagt gutmuͤthig der Verfaſſer, deine 
Genieſucht und ewiges Hamflern nach Materialien Atcht fo arg 
wie beine Sprünge und Digreffionen, wäre bein Styl nie 
fo geziert, verleitete dich deine Gollectaneenbächfe nicht zu ewi⸗ 
gen, dunkeln Anfpielungen, wie deine Ortiginalitätfucht zu: Paz 
zoborn und zur MBinkleibung ganz gemebies matter Dinge im 
hochtönende Phrafen u. f. m. — wir nennten vielleicht nice 
mehr Sterne, fondern dich, Friedrich Richter.“ Der merkwuͤr⸗ 
dige Hamann wird „ein fonderbarer Querkopf“ gefcholten, und 
fo findet fi unter den Anfichten viel Weraltetes, was heutzu⸗ 
tage für Beſchraͤnktheit gelten möchte. Sluͤcklich zu preifen aber 
iſt der Gelige, daß er nicht mehr eriebte, wit welchen Beich- 
thum von Drudfehlern bie Brobhag'fche Buchhandlung auch bem 
iioeiten Theil feines „Dymocritos” ausgeftattet und feinen Fleif 
in den’ zufammengeftellten Belegſtellen, felbft ben franiöptihen, " 





! 





Notizen. 

Das „Journal des travaux de la societ& francaise de 
statistique universche’’ gibt nach englifcyen Berichten bie GSunme 
ber Beriufte, weiche Europa in Kolge der franzöfifgen Revolution 
erlitten hat, auf 42,293,984,347 Ir. ag, was. wei ame, ſehr 
precaise Berechnung geweſen fein .mag. u 

Der berühmte Bildhauer David hat nach Dresden geſchrie⸗ 
ben, baß er im Laufe dieſes Jahres mit ‚ber ausſchließlichen 
Abſicht dahin kommen werde, Tieck's Vuͤſte zu vesfertigen, um 
3 „often feine hohe Verehrung durch diefe Arbeit kunb⸗ 


6 —— 1 ‘. 
Das neu erfchienene Werk eines ber ‚Mitarbeiter bes ditern 
„Globe”, des Herrn&. Biarbot: ‚„„Essai sur T’histoire desAra- 
bes et des Mores d’Espagne”' (2®bde.), eine Abhandlung über Die 
Giviffation deu Arader und deren Ginfluß auf die Stoilifation Eu⸗ 
ropas, wird von ber: „Revue encyclop&dique” als ein willkom⸗ 
menes Gegengewicht gegen bie jegt vielfach verfuchte Reaction gu 
Bunften bes chriſtlichen Mittelalters gepriefen, die nur in ber 
Apotheofe des Katholicismus und Papſtthums ausgehen wolle. 


Es if in mandien Gtimmungen ein wahrer Genuß, ben 
Kreug: und Querfprüngen ber franzöfifchen Romantiker und ih⸗ 
ver nit viel weniger tollen unb unmwiffenden Gegner, der Siafs 
fiter, zuzuſehen Diefen Doppelgeruß’gewährt namentlich: „La 
conversion a nantiqwe, —— 1880) Jagües meh 
publi6 par . Jay etc." ‚ worin anfängli 
die Schwächen und Bidßen der Romantifer, vorzüglich En 
Dugo:8 bargeftellt und mit vielem Witz und Geiſt verfpottet 
werden, zulett aber bie Balconfcene aus „Romeo und Julie’ 
als Beiſpiel ber Albernheiten Shakſoear's dienen muß! Dan 
mache fich einen Begriff von der Fähigkeit: und Bildung frans 
zoͤſtſcher Autoritaͤten, wenn bexen eine, X. Bay, fa etwos drus 
den läptt 488. 








Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: J. A. Broddaus in geipzig. 











Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltung 





zur Nachricht. 
Bon diefer Zeitfchrift erfcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für ben 
Fahrgang 12 Thle. Alle Buchhandlungen in und außer Deutfchland nehmen Beflellung darauf an; ebenfo 
alle Poftämter, die fih an die koͤnigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, dad koͤnigl. 


preuß. Srenzpoflamt n H 


alle, oder dad fürftl. Thurn und Zarifhe Poſtamt in Altenburg 


wenden. Die Berfendung findet wöchentlich zweiMal, Dienflags und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt. 





Merlin. Eine Mythe von Karl Immermann. 
Düffeldorf, Schaub. 1832. 8. 1 Thlr. 12 Er. 


Lohengein fingt zum Schluß: 

Was nur volllommen, herrlich, ohne Gleichen 
Ging in die gräßliche Verweſung über: 

Wem, o mein Gott, fol ich noch Beiſtand reichen? 


Mid dünkt, die Erd' it nur ein leerer, trüber 

Baumlofer Anger, mit Sebein befät, 

Kahl, unabſehlich, unfruchtbar, worüber 

Die ſchwarze Fahne ber Vernichtung weht! 
Waͤre dies das Motto zum Gedicht? dann wäre bies 
großartigfte, tieffinnigfle, das erfchütternd anregen will 
alles Heilige in uns, chaotiſch herauskehtend Pro und 
Contra für Glaube und Hoffnung, das uns hinmalen 
fol den zerreißenden Kampf eines Dichtergeiftes, welcher 
Leine Aufgabe fcheut, um mit fi felbft Ind Klare zu 
fommen, nicht mehr umd nicht minder, al& was berfelbe 
Dieter eben in feiner ruffifchen Trilogle vom Gare: 
witſch Aleris fang. Ein Gedicht von der ruffifchen 
Grenze! Der alte Pole, mit Narben von einundneunzig, 
zwölf und den noch nicht verharrfchten Wunden von drei: 
fig, mag, menn ihm die Knie einfinten an der fibiri- 
fchen Steppe und die Wolken ſich fpiegeln auf den Eis: 
feldern, zu dem Refultat kommen. Baterland, Sreiheit, 
Stud werden ihm Phantome, Wolkengebilde; er kann 
ihnen nachjagen; aber wenn er fie hafchen will, ift es 
Luft. Er mag dann denken, es war auch nur Luft, und 
dee Dichter flraft ihn darum nicht. Aber Merlin und 
König Artus, die zwar durch alle Länder und Königreiche 
zogen abenteuernd, waren doch nie an ber ruffifchen 
Grenze, und wenn Lohengrin das fingt von der Vernich⸗ 
tung, fo mögen es Lohengrin's echte Worte, fein Unmuth 
fein; aber Lohengrin blieb noch auf den Stufen zum Gral 
ftehen, ohne ins tieffle Heiligthum zu bringen. Darüber 
ift er mismuthig; aber das reiche Leben hinter ihm ift 


ſchon um deshalb auch ohne Außeres Mefultat kein ver: 
fehltes, weil es die Reihe des Erlebten um Figuren wie 


Artus, Sinievra, Merlin bereichert, und biefe, ob ſie 


den Gral gefunden oder nicht, Haben poetifch gelebt für 
ewige Zeiten. 

Smmermann bat in diefem „Merlin auch nicht den 
Gral der Poefie gefunden, d. h. bas wahrhaftige,. leben: 
dbigmachende Blut, das Blut der Erlöfung; es iſt kein 
Gedicht der Befriedigung, nur eines der außerfien, tiefiten 
Aufregung geworden, das mit einem Fragezeichen fchließt, 
und dennod) ein Gedicht, das, anerkannt oder nicht, leben 
wird und ihn felbft zu Denen verfegt, welche, geſchmaͤht, 
geläftert, verfpottet, befriegt, misverftanden und misgeach⸗ 
tet, nicht aus der Reihe der Dichter geftrichen werden 


koͤnnen. Auch wir, hätten ſehr viel auszufegen, ihn zu 


bekriegen, jedenfalld ihm zu zuͤrnen; und doch hebt ihn 
fein „Merlin“ in unfern Augen hody über Alles, was er 
bisher fhuf und verfuchte. ü 
Einen Begriff davon zu geben, ift faft jo ſchwer, 
als das Gedicht felbft dichten. Eine ſchwierigere Aufgabe 
bat fih noch Fein Dichter geftellt, der den Kampf des 
Goͤttlichen und Menfchlichen, des Endlichen und Unenb- 
lichen zum Gegenſtand hatte. Bis Milton und Klopſtock 
blieb e8 ein Kampf um den Befig, jet iſt es ein Advo⸗ 
katenkampf geworden um das Recht. Aber was Göthe 
im „Fauſt“ anregte, ift Spiel gegen Das, was Immer: 
mann im „Merlin” verfuchte, und doc) mehr als Spiel, 
indem jener fertig wurde mit feinem Stoff, wie er ihn 
anfaßte („Fauſt“, mit ober ohne Schluß, bat ein Reiul: 
tat in jeder Scene), Immermann dagegen in das Meer 
aller religiös: chriftlichen und philofophifhen Zweifel ſich 
verfenkte. Da ftreiten Gott und Satan katholiſch, gro: 
ſtiſch, ſinnlich, geiftig, philoſophiſch, chaldaͤiſch, in Ver: 
nunft und Offenbarung. Die Traditionen, die ſuͤßen und 
grauenvollen Maͤrchen aller Voͤlker, die Erlebniſſe, die 


374 


Kenntniffe, bie Wiffenichaft der legten Gegenwart, Alles 
bietet Waffen zu einem endlofen Streite, Mauerfteine zu 
einem Thurm von Babel. Angeregt wird der innerfte 
Funke; mas wir bisher entdeckt von Lebenskeimen in uns, 
es ſchlaͤgt zu lichterlohen Flammen auf, den Magus er⸗ 
Tonnen wir, der bei Weltbrandfchein die Natur uns zeigt; 
aber der Magus hat nicht Kraft genug, bdiefe Slammen 
zu einee Sonne zu verdichten. Es bleibt-nichte, ed wird 
vorige Nacht. Iſt das neue Aufgabe des Dichters, die 
Zweifel fo zu loͤſen von ihren Ketten, daß fie wild auf: 
fahren aus ihrem tiefen Grunde, die Arme über die Le 
bensatmofphäre hinaus nad) den ewigen Geſtirnen ſtrecken? 

Wer Satan ift, darum ftreitet es fih. Was Gott, 
ift die zweite Frage, und was der arme Menſch, der zwi⸗ 
fhen beiden ſchwankt, zerriffen zrifchen Luft und Sehn: 
fucht, Glauben und Zweifel, Offenbarung und Vernunft, 
eine uralte dritte.” Aber über den Menſchen find wir bei 
jedem Schritt hinaus. Es hat der Dichter den Befis 
aufgegeben, den die Dichter vor ihm fefthielten, eingedent 
des Satzes: beati possidentes, und flreitet um das 
Eigentbumsreht. Es klingt zu plebej nach dem er: 
fchütternden Genuß, den Merlin bereitet, an den ſchwim⸗ 
menden Hund zu erinnen, der um den Schatten das 
Fleiſch fallen ließ; aber überfcheitt er nicht die Aufgabe, 
welche irdiſcher Poefie gefegt ift, wenn er über die Außer: 
fien Grenzen der Dämonologie hinaus in Gebiete ung 
trägt, wo aller Boden weicht, ein Theater bauend, two 
Kräfte als dramatis personae auftreten, die noch bis ba 
uns an Drahtfäden bielten, und wir waren fchon froh, 
wenn wir nur ihre Hand ahneten? 

Mie weit dem Dichter das Recht zufteht, von dem 
Endlichen fih zu entfernen, fei bier unbeurtheilt. Der 
befte Erlaubnißſchein ift immer der, wenn er in diefen 
Wolkenhoͤhen in ſich ficher bleibt. Diefe Kraft beroährt 
Immermann im „Merlin“ bis zum legten Augenblide; 
er hebt uns mit, wohin er will, Gründe und Worte gehen 
ihm nicht aus, wir fühlen überall nach Boden, wo er 
uns binführt, und nirgend iſt im Nebel: und Dunftkleide 
von Ziraden und Declamation eigner Anſchauungs⸗ und 
Darftellungsmangel verhält. Dies führt uns zur Aner⸗ 
kennung von Etwas, was bie Kritit, wo fie mangelnden 
Kunſtwerth rügen mollte, in ihre Grenzen zuruͤckweiſt. 
Nicht um etwas dem Publicum Gefaͤlliges zu bringen, 
fondern um fich felbft zu genügen, ift augenfcheinlich die: 
fer „Merlin“ gegeugt. Den innern, furchtbar erfchütternden 
Gaͤhrungsproceß und Kampf darf man vielleicht da am 
meiften wahrnehmen, wo die Kunflform am menigften be: 
ruͤckſichtigt iſt, er bligt aber durch dem ganzen Körper, und 
eben in Dem, daß es bichterifch doch nichts Ganzes ge: 
worden, nichts Vollendetes, verräth es, wie, was er gibt, 
nichts vom Dichter Bewaͤltigtes, fondern ihn noch Be: 
wältigendes war. Göthe war mit fi ins Reine gekom⸗ 
men, als er „Werther's Leiden‘ fchrieb; er mußte, wie 
ee mit Wiſſensluſt und Lebensluſt fland, als er ben 
„Fauſt“ gebar, und bis wie weit der Teufel ein Recht an 
ihm hatte, und wo er ihm ein Schnippchen ſchlagen 
konnte, ald er ben Mephiftopheles citirte. Gang anders, 


«er fagen wollte, muͤßte 


fubjectiv befangen, ringend mit ſich bichtete Immermann 
feinen „Merlin. Er iſt noch ein poetifcher Sanct Michael 
und Sanct Georg, er kann keine Kapelle bauen und fein 
Schwert nicht niederlegen zu Stufen bes Tempels; ges 
hört hat er mie Perillus füß Beton, das aus des Him⸗ 
mels Höhen Hang, aber felbft deang er noch nicht zur 
Salva Terra, um auf Montfalwarfch den Trunk der 
eroigen Befriedigung einzufchlürfen. 

Died wäre vielleicht die frengfte Verdammung, die 
ein rein Eünftlerifcher Areopag über ihn ausſprechen Eönnte ; 
da aber die Macht der Areopagiten gebrochen if, und kein 
Scherbengericht, Alles was lebt ein Recht hat, mitzufpre: 
chen auf dem Markte, fo treten fachmwaltend für ihn fo 
viel Stimmen auf, daß er ſich dreift dem Volksgerichte 
flellen darf. Immermann iſt nie zu ber objectiven Höhe 
durchgebrungen, in der feine fubjective Kraft ihre ſubor⸗ 
dinirte Stelle gefunden hätte; immer fputt etwas Star: 
res, Wiltkürliches in feinen Schoͤpfungen, auch ben min 
der anfpruchevollen, was, ſei's auch nur um ein Etwas, 
nicht Maß Hält für das Geltende. Um wie viel weniger 
darf biefe 1 in einem erwartet wer⸗ 
den, dad auf Wurzeln eines Rieſendaumes Altes über: 
wächft und überflügelt, was die Porfie bis da zu denken 
und auszuſprechen wagte. Sachwaltend fpricht für ihn 
der tief ernfte Gedanke, die ernſt gedrungene, nicht bilder: 
reiche, aber bildlichkraͤftige Durchführung, die kuͤhne Phan⸗ 
tafie, eine Kraft des Ausdrucks, wie fie vor ihm noch 
Niemand voagte, ohne lächerlich zu werden, und die man: 
cherlei Partien voll, was man fo im gewöhnlichen Leben- 
Poefie ‚nennt, die Mufit dem Ohr find und das Gemüth 
anfächeln. Und Werth, dichterifchen, gibt dieſem Torſo 
wie dem Stonehengebau nicht feine Schönheit, fondern die 
Vorſtellung der angewandten Kraft in Aufthürmung ber 
Maſſen, die magnetifche Erwedung fubjectiver Denk: und 
Daritellungstraft, wie fie, überhaupt felten, bei ihm noch 
nicht zu Zage fam. Um deshalb muß feinem ‚„‚Derlin‘ 
ein Werth bleiben, wenn auch einer, der von der ges 
woͤhnlichen Werthſchaͤtzung eines Kunſtwerks fehr verſchie⸗ 


den iſt. 
Um nur einigermaßen 7 zu fagen, was. ber Dich: 
ie Kritik. faft immer bei ihm 
feibft Worte borgen, benn fo befonder& erfindet oder be= 
nugt er fie flr den Gedanken; allein um genau zu fein, 
müßte dann das halbe Gedicht abgefchrieben werben. Wir 
verfuchen, mit wie möglichft wenigen Auszügen der Auf: 
gabe genügt wird. Das Gedicht iſt keinesmegs umfang: 
reih,, und doch, um den Inhalt zu geben, find wir ver: 
legen, wo anfangen: im Dimmel ober auf Erden, beim 
Zeufel oder feinem Sahne, oder deffen Mutter, bei Chri: 
ſtus oder beim Gral, oder beim Artushofe, oder bei Göthe, 
und was er war und bedeutet, zur Schöpfung? So viel 
Ideen- und mythiſche Kreife, traditionelle und rationelle 
umfängt die eine Mythe. Da ift zum Grunde die alte 
gnoftifch= perfifche Xradition von den beiden SPrincipen, 
die um die Weiltherrſchaft ringen, da bie juridiſch⸗-chriſt⸗ 
liche von dem gefallenen Engel, da kommen bie mittel: 
alterlich = walififchen Zraditionen vom Blut Chrifti im 


\ 


— 


375 


Gral, von Artus’ Tafelrunde, die rohern Gigantenhiſtoͤr⸗ 
den vom Merlin, und mitten hinein zwifchen alle durch 
drängt fi) ber noch Lebendige Mythus unſerer Poeſie, 
ber fpeculatin:egoiftifchen im Klingsor. Gtaubensfäge, 
portifche Tradition, Philofophie, Altes arbeitet, ſchafft un: 
tereinanber; bier find nur obligate Denkkraft und Phan⸗ 
tafie nöthig, um zu folgen, dort genaue Kenntniß mittels 
alterlicher Literasur. " 

An was fuͤr Lefer dachte Immermann? muß grade 
bierbei gefragt werden. Men erwartete er, fo in ben 
Sagen und Liedern von Titurel, Triſtan und Parcival 
bewandert, um ihm zu folgen? As müfle Jedem biefe 
vielverzweigte Wunderwelt aus dem Artuskreife vor Au: 
gen liegen, bringt er deren Geſtalten vor, nicht wie Daupt: 
ftüde, verftändfih in ſich felbft durch ihren ausgeführten 
Drganiemus, fondern wie einen Rahmen zu den rein aus 
ihm felbft entfprungenen Weſen. Er tippt an, er nennt 


beiläufig Kiguren, ihm als Spmbole für Gedanken zu‘ 


dienen, welche er nicht ausführen mag, und diefe Siguren 
find ſelbſt der Tagesanſchauung fo fremd, daß es befon- 
dered Studium bedarf, ihre mittelalterliche Bedeutung zu 
faffen, gefchtweige die, welche ihnen der Dichter nach dem 
oder jenem Mythus befonders beilest. Eine Vernachlaͤſ⸗ 
figung, welche, nicht fremd Immermann's Wefen, gar 
nicht geruͤgt werden dürfte in einer Didjtung, wo er nur 
an ſich dadıte, deren Eingang und Wirkung aber um 
deshalb noch precaiter wird. Geheimnißvolles Gewand 
zu ſuchen, brauchte er hier am wentgften, mo die ganze 
Aufgabe an fi fhon ein dunkles Geäder war. Indem 
wir den Hauptmpthus zu verfolgen fuchen, barf es uns 
um deshalb erlaubt fein, biefe Nebengeſtalten in ihrer 
Einzelbedeutung bei Seite liegen zu laſſen. 
a (Die Fortſetung folgt.) 


Das Leben des koͤnigl. preußifchen Staatsminiſters Kriedrich 
Ferdinand Alerander Reichs⸗Burggrafen und Grafen zu 
Dobna=-Schlobitten, General: Lanbichafts » Direc: 
tor von Oftpreußen, Ritter bes großen rothen Adlerors 
dene und bes eifernen Kreuzes, bargeftellt von Johan: 
nes Voigt. Leipzig, Brodhaus. 1833. Gr. 8. 4 Gr. 


Der Name des auf dem Titel diefer kleinen Schrift ge: 
nannten Staatsmannes, deſſen echt vaterländifches Wirken in 
eine verhängnißvolle Uebergangsperiode ber preußifchen Staats: 
entwidelung fiel, ſteht zwar in ben Jahrbuͤchern des Ruhmes 
mit einer weniger leuchtenden Prunkfchrift eingezeichnet, und 
Manchem find feine Verdienfte, die nichts mehr vermieden, ale 
fi) mit geraͤuſchvollem Glanz; zu äußern, vielleidht unbefannter 
geblieben, als billig if; aber er hat bennod in feinem Kreife 
Mebeutenbes und Dauernbes vollbracht, und-wenn ihn auch Fein 
Lauter Nachruhm feiert, fo gehört ex doch zu Denm, welche in 
Dem, was fie gegründet: haben, ſtets geehrt fortleben werben. 
Der am 21. März 1831 verfiorbene Graf Dobna : Schlobitten, 
welder dem Minifter Stein, als berfelbe im Jahre 1808 aus⸗ 
ſcheiden mußte, im Minifterium des Innern folgte, war freilich 
keines von jenen [höpferifchen Talenten, die aus der Idee heraus 
etwas Gigenthümlicyes bilden und großartig umigeflaltend auf 
ihre Zeit einwirken; er hat vielmehr, kann man wol fagen, 
immer nur nad) Borbildern- gefchaffen, und bie Gedanken Anbes 
ser, den befondern Beitumftänden gemäß, mit befonuener Begei⸗ 


flerung auszuführen gewußt; aber es war, wenn auch nicht das 
Talent, doch bie edle moralifhe Kraft, bie probuctiv in ihm 
wirkte, es war die Gharakterftärke einer tief fittlih und reli- 
gidß gebildeten, milden und doch energifchen Perfönlichleit, mit 
der er in fihwierigen und mannichfach bedrohten Verhaͤltniſſen 
des Staatd orbnend, audgleichend, fordernd, erhaltend und im: 
mer wohlthätig eingreifend auftrat, es war die feltenfte Anhaͤng⸗ 
lichkeit an das Koͤnighaus und das Vaterland, welche, mit der 
innigſten Religioſitaͤt verſchwiſtert, das wahre Normalbild eines 
preußiſchen Staatsbeamten in ihm darſtellte. Aus einer aiten 
geachteten Familie abſtammend, welche ſich dem vaterlaͤndiſchen 
Regentenhauſe immer beſonders anhaͤnglich erwieſen (denn die 
Grafen Dohna waren es, die es vornehmlich mit bewirkt hat⸗ 
ten, daß nach dem Erloͤſchen der anſpachiſchen Dynaftie Preu- 
gen an Kurbrandenburg fiel; f. &. 20 der obigen Schrift), 
war Graf Friedrich Ferdinand Alerander von Dohna (geboren - 
am 29. Mär; 1771 auf dem Schloffe Finkenftein in Preußen) 
urfprünglid zum Kriegerftande gebildet worben; aber zu der 
Hinderniſſen, welche ſich ihm bei dem wirklichen Ergreifen biefer 
Laufbahn entgegenftellten, gehörte auch bie Abneigung Friedrichs 
des Großen, der nicht gern Grafen in feinem Heere fah (©. 8). 
Dobna begann beshalb mit wahrhaft wiſſenſchaftlichem Gifer 
eine umfafjendere Entwickelung und Ergaͤnzung feiner Bildung 
auf den Umiverfitäten Frankfurt a. d. O. und Göttingen und 
der Handlungsſchule in Hamburg, um ſich für ben kameraliſti⸗ 
fen Staatsdienft vorzubereiten. Nachdem er im Zahre 1790 
bei der koͤnigl. kurmaͤrkiſchen Kriegs: und Domainentammer in 
Berlin ald Referendarius angeftellt worten, wurde er 1794 zum 
Kriegs: und Domainenrath bei biefem Collegium ernannt. Als 
Anertennung feines Wirkungseifers fah er ſich bald in immer 
erweiterte Kreife ber Thaͤtigkeit verfegt. Es erfolgte feine 
Anftellung als Geheimer Kriegs: und Domainenrath bei bem 
neu s oftpreußifchen Departement bes koͤnigl. Generaldirectoriums, 
und barauf 1801 feine Ernennung zum erften Director der 
Krieg: und Domainenlammer zu Marienwerder, in welder 
Stellung er, befonders zur Zeit ber unglüdlichen Verhaͤltniſſe tes 
Jahres 1806, Gelegenheit hatte, bie ganze Groͤße feines patrio- 
tifhen Charakters im ebelften Lichte zu zeigen, da von ber Seite 
ber, auf welcher er ſich befand, die erfte gewaltfame Dröhnung 
durch den vaterländifchen Staatslörper ausging. Nachdem ber 
in jener Provinz vorfchreitende Feind fih auch bes Sitzes ber 
Regierung , der Stabt Marienwerder, bemächtigt und vor Al⸗ 
lem von ben Landesbehörden bie Eidesleiſtung verlangt hatte, 
war es Graf Dobna, der damals am entfchiedenften dazu bei: 
trug, daß biefelbe verweigert wurbe, . Sein ftartmüthiges Be⸗ 
nehmen in jenen Verhaͤltniſſen flößte felbft dem Feinde Achtung 
ein, wie fi aus dem merkwürdigen Geſpraͤch, das Dohna batb 
darauf mit Napoleon hatte, welcher ſich damals das der Doh⸗ 
na'ſchen Bamilie zugehörige Schloß Finkenftein zum Hauptquar⸗ 
tier auserwählt, ſehr hervorftechend ergibt. Dies Gefpräd wirb " 
in ber vorliegenden Schrift von Hrn. Prof. Voigt (&. 15 fg.) 
hoͤchſt intereffant erzählt, und obwol ein zweibdeutiger Antrag 
Napoleons zur Vermittelung des Friedens von Dobna, ber fich 
zu ber ihm aufgetragenen Sendung nach Memel nicht brauchen 
laſſen wollte, freimüthig und entſchieden abgelehnt wurbe, fo 
hatte Dohna's Verwenden body ben fegensreihen Erfolg, daß 
bie Provinz Weftpreußen vor einer Contribution gefchügt blieb. 

Eine fhöne Wirkſamkeit gewann Dohna bald darauf als 
Nachfolger Stein's, wenn auch nur auf wenige Jahre. Gtein, 
der auf Napoleons Verlangen bekanntlich aus dem GStaatsdienkt 
entlaffen werden mußte, hatte Dohna, deſſen Talent er als das 
geeignetfte zur Ausführung feiner Ideen erlannte, zum Mini⸗ 
fier des Innern empfohlen, und fo wurbe ihm ber lohnende 
Beruf zu Theil, namentlidy die von Stein entworfene Gtäbtes 
orbnung ins Leben zu führen. Es begann damals ein eigen: 
thuͤmliches Regen und Bewegen in allen Theilen des Staats, 
und Preußen ſchien ſich in jener Zeit zuerft am entfchiedenften 
in dem Bewußtfein zufammenzunehmen, baß es das Princip ber 
Snteligenz fei, auf bem «6 am fräftigftien ruhe und das es 


370 


daher vorzugämeife in ſich auszubilden habe. So erfolgte die 
Gründung ber Univerfität in der preußiſchen Hauptſtadt, deren 
Han au von Dohna gefördert und unterflügt ward, obmwol 
die Ausführung deſſelben nicht eigentlich unter feiner Leitung, 
fondern unter der Wilhelm von Humboldt's ins Leben trat. 
Unter den einflußreichen Schöpfungen, bie während Dohna's 
Minifterium hervorgingen, f auch vornehmlich das neue Re: 
trutirungsfoftem zu nennen, das er gemeinfchaftlich mit Scharn⸗ 
horſt audarbeitete (f. &. 19), und das am meiften bazu beitrug, 
bie überrafchende Kraftentwidelung ber vaterländifchen Heeres: 
verfaffung herbeizuführen. Im Jahre 1810 ſchied jedoch Dohna 
wieder aus feinem Minifterium aus, indem er bei dem eintre: 
tenden Minifterwedhfel feine Entlaffung nahm und ſich auf feine 
Güter in Preußen, in ein ben Wiffenfchaften gewibmetes Still: 
leben zurüdzog. Das Jahr 1813 berief ihn indeß wieder in 
die Kreife öffentlichen Wirken. York’s entfcheidender Schritt 
war geſchehen; das Beduͤrfniß brängte zu einer allgemeinen Lan⸗ 
besbewaffnung Hin, um ben Augenblick des Heild wahrzunehmen. 
um die Verwirklichung bes jeht ins Leben tretenden Landwehr: 
und Landfturmplanes in Preußen hatte Dohna kein geringes 
Verdienſt. Er arbeitete bdenfelben mit Hülfe feines Freundes, 
des Dberften Glaufewig, aus uAd ließ fidy felbft als Giner ber 
Grften unter den Landwehrmaͤnnern bes mohrungenfchen Kreifes, 
zu dem fein Familienſchloß Schlobitten gehörte, einfchreiben. 
Nachdem Dohna’s Entwurf die höhere Genehmigung erhalten, 
wurde er ſelbſt kurz darauf zum Givilgouverneur bee Provinz 
Preußen ernannt und ihm in Verbindung mit bem Militairgou⸗ 
verneur bie Ausführung bed vorgelegten Bewaffnungsſyſtems über: 
‚tragen. — Auch in feinen lebten Lebensjahren blieb Dohna nie 
ohnt Antheil an ben öffentlichen vaterlänbifchen Angelegenheiten 
und zeichnete fich namentlich auf den Landtagen der Provinzial: 
ftände als begeifterter patriotifdher Redner aus. 140, 





Romanenliteratur. 


1. Zante und Nichte. Und: Die dritte Frau. Zwei Erzählun: 
gm von Henriette Hanke. Liegnig, Kuhlmey. 1832. 
12. 1 Thir. 14 Gr. 

Es war einmal Mobe, in ber Türkei ift es vielleicht nodh, 
fogar wohlriechende Blumen zu parfumiren und baburch den 
eignen füßen, wenn auch ſchwachen Duft diefer zu verdrängen, 
mindeftens ihnen ein fremdes Aroma beizumiſchen, das durch 
fein Uebermaß abſtoßend wird. Gine ſolche parfumirte Blume 
ift auch „Tante und Nichte”. Das huͤbſche Kind Lönnte den 
angeblichen Stiefſohn ber verdrießlichen Tante heirathen, bie, 
beiläufig gefagt, am ungezwungenften fpricht und dadurch uns 
serviffermaßen lieb wird; Nichtchen alfo koͤnnte ſich verlieben 
und vermählen, ohne daß feine Aeltern fo viel Abenteuerliches 
erführen, und daß bie felige Tante fidy als Geiſt in das Gabi» 
net ihres Schloſſes bemühen müßte, um Papiere in bas ferne 
Bad zu holen, welche des Neffen Eegitimität und Erbfaͤhigkeit 
beweifen. Indeß betreffen biefe Dinge doch mehr bie überreidh 
verzierte Geftalt, den Duft beforgen Phrafen wie: „Kein röthe 
licher Kreis umichrieb den Bezirk, wo bie Opfer, dem Bacchus 
dargebracdht, in wilden Flammen verglüht waren”. 

In der „Dritten Frau‘ gebt Alles weit einfacher, unge: 
ſchminkter zu. Zwei Freunde treffen fich und erzählen fi ihre 
Schickſale. Der eine, der dreimal das große Loos, eine treff- 
liche Brau, gewann, ift mit Bug und Recht ein Meiberfreund; 
der zweite, welcher in der Sheftanbslotterie in der einen Zie⸗ 
bung mit einer häßlichen Niete herauslam, wirb zum Weiber: 
und gelegentlich zum Wenfchenfeind, verftößt die ſchuldige Gat⸗ 
tin und mit ihr dad unſchuldige Toͤchterchen, das er erſt wies 
derfieht, ale es Witwe geworden, zum Gluͤck noch bald genug, 
um nit zu alt für des jovialen Freundes Stiefſohn 
zu werden, ber durch die She mit ihr zu einem vernünfs 
tigen Manne wirb und ber thörichten Einbilbung entfagt, ex 


ERS 


ſei zum Dichter berufen. Daß es mit dem poetiſchen Genius 

lauter Dunſt und Schaum geweſen, glauben wir bem Bater 

aufs Wort, obgleich uns bie Berf. mit den Producten des nuͤch⸗ 
ternen Schwaͤrmers verſchonte. 

2. Erzaͤhlungen und Novellen von Eduard Bangßel. Er 
fies Bändchen. Zweite Auflage. Mit einer lithographirten 
Zeichnung. Danzig, Gerhard. 1832. 8. 16 Er. 

Schriften, zu wohlthätigen Zwecken befiimmt, find häufig 
abgepreßte Almofen, wozu man bie ſchlechteſten Muͤnzſorten 
gut genug erachtet. ine ehrenwerthe Ausnahme macht unfer 

erf., ber Vorfälle bes Lebens, bie theild als Warnung unb 

Srmunterung bienen, theild heitre Anekdoten erzählt, verfläns 

dig und fließend, ohne Mithälfe der Ginbilbungslraft, aber 

auch ohne Schwulft und Manier. 

8. Spuößlinge, herausgegeben von Auguft Havard und Kart 
mi 2 H I. Erſtes Bändchen. Breslau, Wuchheifter. 1832. 

. r. 

Keine Ausnahme wäre es, wenn dieſe Sproͤßlinge, bie ben 
Keim des Todes in fi) tragen, der Armuth von ber Armuth 
gereicht würden. Ob Gehalt, ob Gepräge bas Gchiechtere am 
diefen ofen Pfennigen fei, bleibt zweifelhaft, gewiß aber ift es, 
baf be duͤnne Zaille das Lobenswerthefte an dem ganzen Buͤch⸗ 
ein if. 

4. Blide aus meinem Geftübchen ins Menfchenleben von 
G. Werner. Stettin, Heffenland. 1882. 8. 20 Gr. 

Nicht ganz frei von Manier, dem Streben nach Humor 
und von Gemeinplägen, wie 3. 3. bie abgenusten Sticheleien 
über Hageflolgen und alte Zungfern barthun; allein weit finb 
diefe Mängel durch treffliche Beobachtungen, fcharffinnige Schlüffe 
des Laufchers im Eckſtübchen aufgewogen, deſſen Blicke von feis 
ner Denklraft, feinem Urtheildvermögen und Menfchenkenntnig 
ein gar vortheilhaftes Zeugniß ablegen. . 

5. Abendbunterhaltungen von Karoline Stille. 
Schünemann. 1882. 12. 1 Thir. 12 Sr. 

Meiftens fremden Schöpfungen mit Sinn nachgebildet, auch 
in ber Wahl ein gutes Urtheil bewiefen. Daß in ben Erzaͤh⸗ 
lungen, die wenig verwidelte Erfindung haben, das Unrecht ftets 
aufder Männer Seite if, kann man der Schriftftellerin ſchon zu 
Bute halten, auch daß fie, ihrem wahren ober Pfeubonamen zu 
lieb, den ftillen Gigenfchaften auf Koften der activen, glänzens 
den allzu ſehr huldigt, ift verzeiblich, wenngleich das Bud nidyt 
an Intereſſe badurdy gewinnt. 18. 


Bremen, 





Literarifhe Motizen. 
Der 35. Band ber „Family library‘ enthält bas Leben 


Peter's des Großen von I. Barrow. Der Verf. bringt Vol⸗ 


taire's in Zweifel gezogene Autorität wieder zu Ehren, fcheint 
aber der Waffe des Stoffes nicht Herz geweſen zu fein, daher 
die Darftellung etwas verwirrt ausgefallen ift. 


In London wird angekündigt: „The works of John Skel- 
ton’, Hofpoet Heinrich VIII., zum erfien Mal gefammelt und 
viele bisher ungedruckte Gedichte enthaltend, mit Grläuterungen 
von Alerander Dyce. 


Achtzehn Jahre nad) dem 1814 erfolgten Tode bed Dr. 
Burney erfchien unlängft feine Biographie: „Memoirs of Dr. 
Burney, arranged from his own manuscripts, from family 
papers, and from personal recollectione. By his daughter, 

adame d’Arblay'' (London 1882), in drei ſtarken Octavbäns 
den. Gr felbft fammelte bazu feit 1782 Materialien, allein 
die Derausgeberin bar, durch gute Freunde und von ihrem eig⸗ 
nen Gedaͤchtniß unterftügt, biefen Vorrath auf eine fehr unans 
gemeffene Weife bis zu 1200 Druckfeiten vermehrt. Biogra⸗ 
pbien weltgefchichtlicher Perfonen gewinnen durch gebaltreicdhe 
Kürze, unmäßige Weitläufigkeit in benen weit weniger wichtiger 
Individuen iſt baher um fo tabeinswerther. 8. 








Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Verlags handlung: 8. A. Brodbaus in Lefpzig. 


— — —— —— 


———— 175- mem En ARE - re 


Blätter 
für 


kiterarifhe Unterhaltung, 


Dienftag, 


3. "April 1833. 





Merlin. Eine Mythe von 8. Immermann. 
(qortſetuag aus Rx. 91.) 


Choſtus iſt gehorem, die mens Lehre has geßegt auf 


Die Paste vedti ſich auf al Beogengeng. 

Um droben zu vernehmen hold. te. 

Die kurze Gaͤnle wäh zum Dfeiler, fchlank, 
Und trägt, ein Baum, gragitne Btumen, Brüchte! 


Shen. Die Menſchen, geplagt von den eiflern des Up | Aber Satan dat ſogleich erfgant, mas es bedeute 


gluͤcks, werfen ſich nicht mehr denen der Verdummmif “ 


die Arme, fie fingen Lob: und Dankeslieder: 
Der Herr hat ed pegeben, nahm es wieber. 


Satan hat em geimmig Leid gefaßt, als bei bes Ster⸗ | 


ned Helligkeit die Könige aus Morgeniand vor der Krippe 
gekniet: 

Der Stern, der Huͤttendampf, die Lichter, 

Gelrönte Stirnen, Ghäfergefiäter, 

Die ſchoͤne Mutter bien und roth, 

Das Gold, das Strobh, ber Glanz, bie Ro 

Es gab ein wunderlich Gemeng', 

Die Farbe kam ſaſt ins Gedraͤng', 

Ban merkt, hier war etwas geſchehn, 

Was alle Tage nike zu ſehn. 
Die kleinen Teufel ſchauten kachend zu, ber moße zer⸗ 
ſchlug die Bruſt und ſtieß einen Seufzer aus, der ihren 
Scherz in Graus verkehrte. Er wandelt durch die Wuͤ⸗ 
ſten, unterm Samum, grollt dem Tyrannen, ber 
ſein Wort nicht hielt, denn er hat dm die Welt über: 


geben und mun den Eid gebrochen. Er ruft: 


D Erbe, Fochter meiner Blammen, 
Muſa du in Gtoͤhren rinnen zufammen ? 
froh Metall, meine lichten Stein, 


In — ges, —2458 
Fr fein Vaſall, der Die —* an der Krippe nur 


für eine Poſſe, für eines Greifen Grillenſpiel gehalten, 
muß fstbft bekennen: 


. — es geht ein ein 
Auftäfent übers Grbenrund ‚sic 
füßem, feifchem, mildern Lächeln 
efhwören fie den veuen Bund. 
Die alten Yubelflänge dehnen 
Sich aus in feierliche Veiſen, 
Die Steine ſelbſt ergreift ein Sehnen, 
Zum Simmel leicht emporzureifen, 


Dex beoben fland ber Melt zu weit, 

Er konnt’ fie mit dem Arm nicht langen, 

Die unergründte Schtauigkeit 

IR aben jeht ins Feiſch gegangen; 
und mas jest wie ein duͤſtrer Rauch vos ſeinem greßen 
ſtralenden Auge ſchwebt, iſt der Ingrimm, daß ihm im 
Kampfe mit Dem, dem er nie ausſpricht, nichts bleibt 
als — nachzuaͤffen: 

Sr hat das Erfinden, dat bet Areflen. 

Doch was ihm glädt, kann on „gelingen, 

Wir wollen uns, wie Er, ver 

Er war zu *85 fie a N 7* ziehn. 

Da ſchuf er des Wehn, jest kenpen fle ihn. 

Der Denih hat mit ihnen gelebt und gelitten, 

In die Goͤttlichkeit ift “ zurüd dann gifpritten. 

Der Weg ift gewiefen, d ezeichnet die Bahn, 

Und Alle vermögen, was Einer gethan 

So wollen wir gleichfalls uns zeugen ben Erben. 

Der. Meni if nur durch den Menſchen zu werben. 
Sp zaugt fi Satan einen Sohn mit eimer veinen 
Zungfsau, Candida wird von ihm üuͤberwaͤltigt, weil fie, 
fcomelgend und trunken von ihres. GBotsfeligkeit und Rein: 
beit, bie Dewuth verlugmt und fi fuͤr unangzeif 

t: 


bar 
Mit Fehlern man mix zu fkafien viel, 
Do Gate zu iſt mir Aut a. 
Der Fürſt der Finſterniß erfcheint ihr in feiner Grauen: 
geſtalt, und fi Ah mußte in Abfchey empfaugen, denn qus 
a6 und Gut ging Pets Die Höchfts Kraft, das reich: 
fe Vermögen hervor. Der Wahnſinn ergreift die veine 
Mad, fie raſt hellſehend, das urſpruͤnglich Boͤſe iſt zu 
lichter Flamme und Kraft herausgeſchoſſen. Dem Pfleger 
ihrer Kindheit und ihrer frommen Gefühle, dem heiligen 
Eremiten, ruft ſie zu: 
af fe Das: 
Diefe Erd' iſt nicht von Erde! Diefer Boden iR von Glas; 
d ich ſchaue buch zum Abgrund! Und dba fitzt «in 
tapfrer Rieſ⸗ 
Auf dem Thron, erbaut von Schwmerzen, in der ew'gen 
Qualenwieſe, 
und die duͤſtern Helden ſigen ringeumher auf Stupi und Mant, 
Und die Hölle finge dem Kin’ge einen fchönen Lobgefang 


. 
- — — — 


& 1 


Und die Mauer ſeh ich ragen von jahrtauſendalten Sünben, 
Und zahliofe Seufzer weben, die, nicht konnten Ruhe finden. 
Diefes herrliche Gebiete fchließet ein ber Strom der Graͤu'l, 
Im Unendlichen dann ball'n ſich ungeborne Sündenfnäul. 
Deine Frevel, alter Heuchler, mehren auh der Ziefe 
de, 
Denn ich ſeh fie, und tu glaub' es, denn bir ſagt es eine 
Mege. 


Dies das Vorſpiel. Das Drama fuͤhrt den Namen 
des Gral. Merlin iſt geboren, Sohn des Satans und 
einer reinen Jungfrau, ein Wunderthaͤter, ein Wunder: 
wiſſender. Nach Britannien ift der Eremit mit dem 
Kinde geflohen, das, kaum geboren, fchon ‚feine Außeror: 
dentlichkeit bekundet, indem es die Mutter gerettet, melche 
die Scommen fleinigen wollen. Es thürmt ihr in Bri⸗ 
tanniens Schluchten zum Gedaͤchtniß ein Rieſendenkmal 
von Steinbiöden auf (Stonehenge) und bictirt dem ehr: 
erbietig vor feiner Goͤttlichkeit ſich neigenden Erzieher die 
wahrhaftige Gefchichte der Welt bis zu der vom Gral, 
dem „wahrhaftigen Blute“ Chrifti (sanguis realis), das 
Kofeph von Artmathia aufgefangen in einem Kelche, ale 
der Lanzenknecht dem Dulder am Kreuze den Speer in 
die Seite geftoßen. Mit diefem Blute barg fich Joſeph 
"vierzig Jahre in einer Höhle: 
Richt bleichen ihm die Heare, 
Ihn ſpeiſet, traͤnket, waͤrmt des Kelches Funkeln, 
Deß bis zum Rande ſchwell'nde, wall'nde Welle, 
Kraftgluͤhend, gleich Karfunlen, 
Die finftern Wände machte lieblich heile. 


Beerbt und vergefien droben, thürmte fih, nachdem Ti⸗ 
tus Jeruſalem geftürmt, der Schutt berghod, über ihm. 
Als ihn. aber des Todes Finger fanft berührte, ſchwebte 
das große Heiligtum zum Himmel auf, um darauf von 
Neuem duch vier Engel zu Thal getragen zu werden, 
wo es, woie das fpätere Lied des Minftrel befage, feinen 
Hüter fand im Xiturel, feinen Tempel auf Montfal: 
watſch und feinen König im Parcival. 

Da wir Pacidbus, den Eremiten, bier verlaffen, in- 
dem er erſt am Schluß zur Klage wiedererſcheint, iſt 
ihm an diefer Stelle noch ein Abfchiedswort zu gönnen. 
Menſchlich der einzige durchgeführte Charakter, für den 
wir und menſchlich intereffiren, vepräfentirt er allein bie 
gläubige Einfalt und chriftliche u s tief ſubordinirt 
den übrigen balbdämonifchen Wefen, i 
tommen, abgefchloffen und befriedigt. Seine Zweifel gehen 
nicht weiter, als marum der Schöpfer das Geſicht nicht 
zum Spiegel der Seele machte. Seit das Maͤgdlein, die 
ein Bild der füßen Unfchuld gewefen, ihm das zu Leibe 
gethan, hat er an Keinem Freude, der treuefte Blick ſtralt 
ihm wie eines Kupplers und Fälfchere: 

Gott felber dem Menſchen ganz verfchwindet, 

Wenn Einer fi) im Anbern nicht findet. 

In ihm iſt durch und durch der mwohlgelungene Märchen: 
typus eines altkatholifch Gläubigen, um fo erquidlicher 
für das Gefühl, als eine folche poſitivfaßliche Geftalt nach⸗ 
her ganz vermißt wird. 

Merlin, von Placidus gefragt, wer er felbft fei, ant⸗ 
wortet: ' 


er in fih voll: 


— 
8 


— 


Sterbliche Huͤlle vaterloſen Kindes, 

Die arme Waife Himmels und der Erden, 

Unfel’ges Kertigfein und Nimmerwerden, 

Vom weichen Del der Schwäche nie gelinbert, 

Bon Liebe nicht befeuert, vom Haſſe nicht gehindert.‘ 

Er verwandelt fih nach elgnem Willen aus einem Ann: 
ben in einen Mann und erkläre felbft feine Aufgabe da⸗ 
bin: das ewige Geheimniß, den fanften Sott, der fih in 
Erdenſchmach gewunden, den Fiſchern und Zoͤllnern ſich 
hingegeben und nun von Neuem durch eigne Willenskraft 
auf Montſalwatſch gefangen ſitze, vom bloͤden Titurel und 
ſeiner bangen, eingeengten Zunft bewacht, 

— heimzufuͤhren auf der Bahn des Geiſtes! 

und dem hehren Gral die echten Hüter in König Artus’ 
fürftlihen Rittern zu fchaffen. Sm Monbenfchein, am 
Grabe der Mutter, zur Stunde, die er felbft beitimmt, 
naht ihm nunmehr fein Vater, der Verfucher, nicht in 
der Misgeftalt, die ihm nur eigen ift in ber Plebejer 
Phantafie, fondern wie er fi Adeligen immer zeigen 
wird und der Sohn ihn fchildert: 

Du. fommft, auf deiner Schulter Nachtigallen, 

Ein Fruͤhlingsgott durch Frühlingehallen, 

Du bringft des neuen Gegens vollen Strauß; 
Und in ber Kalte, die ſich wehmuthweich 

um beine Rippen winbet, prangt zugleich 

Des fatten Herbſtes überreicher Schmauß. 
Anmuth und Hoheit fpielen da gefellt,. 

IH grüße dich, du ſchoͤner Fuͤrſt der Welt. 

Ihr Zwiegeſpraͤch enthält das Salz des Gedichte. Satan 
erflärt dem Sohne, wozu er ihn gezeugt, fein Werkzeug 
in irdiſchen Banden zu fein, aus dem Bade bed entner: 
venden Schweißes zu heben, was an der neuen Seuche 
Beucht, ihnen Sefundheit wiederzugeben, das Abgeflanbene 
zu würzen, morfchende Tempel umzuftürzen und weibifche, 
dumpfe, verworrene Sagung zu vernichten. " 
(Die Fortfegung folgt.) 


⸗ 





Mittheilungen über Griechenland. *) 
Athen, Fe 1832. 
— — — Inzwiſchen find wir Zeugen einer Begebenheit der 
ſcheußlichſten Art gewefen. Der Selittär ließ vorgeftern Abende 
den Vorſteher des Bazars zu fich rufen, um ibm zu fügen, daß 
er Bohnen aus feinen Gärten verlaufen wolle; baß er (der 
Vorfteher) diefelben an die Gemuͤſehaͤndler vertheilen und ihm 
20 Park für die Okka liefern folle. Der Grieche erwiberte, 
man werbe biefem Befehle, wenn er von ihm gegeben werde, 
nicht Folge leiften, und er koͤnne bem Bei daher nur ben ges 
wöhnlichen Preis (15— 16 Parä) verfprerhen; wenn er mehr 
baben wolle, thue er befler, den Händlern felbit den Preis vor« 
zufchreiben. Auf biefe gerechte Vorftellung ftürzte fidh der trun⸗ 
Tene Bei auf den armen Dann, ließ ihn von feinen Leuten zu 
Boden werfen und zerfchlug ihm mit einer Art Art Rüden, 
Kopf, Bruſt und Bauch auf bas Schrecklichſte; dann ließ er ihn . 
bon einigen Zürfen in feine Wohnung tragen. Vergebens ver: 
fuchte die verzweiflungsvolle Familie alles Mögliche, um dem 
Ungluͤcklichen das Leben zu retten; die Mishandlungen waren 
toͤdtlich geweſen. Die Nachricht von biefer Unthat des Gou⸗ 
verneurs verbreitete fidy geftern bald durch bie Stadt und rief 
die hoͤchſte Srbitterung bei Allen hervor. Der ruſſiſche Conſul 


*) Vgl. Nr. 86 v9. BT. D. Keb. 


379 


⁊ 


(ein geborner Grieche) Hat dabei eine wuͤrdige Feſtigkeit gezeigt. 
Er hatte ben Bei zum Mittagseffen eingeladen; fowie er aber 
das Gefchebene erfupr, ließ er ihm fagen, er könne ihn nicht 
allein nicht an feinem Tiſche empfangen, fondern er müffe auch 
allen freundfchaftlichen Verkehr mit einem Mörber abbredgen. 
Der Bei gab zur Antwort, er fei fchon unterwegs, ben Conſul 
zu beſuchen; als er aber vor das Haus geritten kam, ging ber 
Sonful aus demfelben, ibm ben Rücken zumendend, unb jener 


mußte umlchren. Mit Mühe wurde Do im böcften Grabe 


entrüftete Bolt gefteen Abend und noch mehr heute Morgen von 
Gewaltthätigleiten abgehalten, bie es nicht blos gegen den Se⸗ 
Uktär, fondern auch gegen die Primaten (apyorres). richten 
mollte, welche es beſchuidigt, bei den verſchiedenen Bebrüdungen, 
die ber Bei ausübt, zu viel Nachgiebigleit zu beweifen. Jett 
bat ſich die Währung ziemlich gelegt, und es wird fchwerlich 
no zu Gewaltthätigkeiten kommen, welche, fo leicht es aud 
wäre, die Handvoll Türken zu verjagen, nur noch zu größern 
Uebeln führen würben, da Athen dann wahrſcheinlich eine Beute 
der bei Menidi gelagerten zügellofen Horden des Generals 
Waffe würde. Go beruht die Sache vorläufig auf fih. Die 
GSonfuln haben indeß einen Sourrier mit einer Beſchwerde gegen 
den Bei an den Paſchah nach Regroponte, und einen zweiten 
nach Navplion geſchickt. Die Türken ſelbſt find hoͤchſt bekuͤm⸗ 
mert- über das Vorgegangene, tadeln ben Bei unverhohlen und 
ſprechen die Hoffnung aus, daß er nicht unbeſtraft bleiben 
werde. 
©. December. 


Später, ald ich erwartet hatte, lieber F., gelange ich bazü, 


dieſen Brief fortzuſetzen. Mittlerweile iſt ver länger als 8 Tas 


gen die Antwort des Paſchas eingetroffen, der den Bei abge⸗ 
rufen und ben bisherigen Delibaſchi an feine Stelle zum Gou⸗ 
verneur ernannt hat. Saͤhen wir blos auf ben Titel des Gou⸗ 
verneurs, fo müßten wir fürdyten, aus dem Regen unter bie 
Zraufe gerathen zu fein; benn Delibafchi heißt wörtli Narr 
renoberft, da die Türken ihre Reuter Delis*) (Narren oder 
Begeifterte) nennen. " Allein ber Delibafcht iſt ein von allen 

anfen und Wriedhen wegen feiner Rechtlichkeit and Menſchen⸗ 
liebe gefchägter Dann, den Alle auf feinem neuen Poften zu 
ſehen gewänfcht hatten. Einen Zug von biefem Aſiaten (er ift 
ein Kurde von Geburt) zum Belege des Gefagten. Bor einis 
ger 3eit’erfuhr er, daß eine arme Briechin in feiner Nähe die 
größte Noth leide und Fein Brot für ihre Kinder habe. Des 
Ubafchi befaß nur noch einige Goldſtuͤcke, und fein monatlicher 
&old war erſt in einigen Zagen wieder fällig. Aber unbedents 
lich gibt er das Bold ber Radybarin umd reitet, um das Mit: 
tagseſſen zu vermeiden, mit feinen Leuten und Hunden auf bie 
Jagd, bis er am Abende mit einem hinlänglichen Borrathe an 
Dafen zurädtehrt. Unter der Regierung diefes Mannes fieht 
Athen jegt mit Ruhe dem Zeitpunkt entgegen, wo das nedifche 
Geſpenſt, die Regentſchaft, bie Gott weiß wo über Land ober 
Meer umherirrt, endlich fich einftellen wird. 

Ein anderer Gaſt hat fi) bagegen wider Erwarten früh 
eingeftellt: der Winter. Geit 14 Zagen find ber Parnes, 
das Penteliton und felbft der Hymettos, fowie die ganze Berg: 
fette von Argolis, Korinth und dem Iſthmos ſtark mit Schnee 
bedeckt, und feit 8 Tagen haben wir jede Nat 1— 2° Kälte. 
Alle Pfügen find bes Morgens mit Gis überbedit, das kaum 
der Mittagsfonne weicht, und eines Morgens machte es fogar 
Miene, in der Ebene zu fehneien. Die Athener find Höchft 
froh; der reichliche Regen im November und ber jegige gelinde 
Zroft, der den Delbäumen fehr zutraͤglich ift, verſprechen ein 
ausgezeichnet gefegnetes Jahr. Wenn fpäter noch Schnee in 
der Ebene fallen ſollte, fo find fie auf dem Gipfel ihrer Hoff⸗ 


», Mithin heißt auch der Hpmettos ober Delidag auf Deutfh Rar: 
renberg (wie im Griechifchen Toelovowr: oder Toelos), und 
nicht Mäpchenberg, wie Krufe überfegt, der im irgend einer englis 
Shen Reifebefchreibung einen Drudfehler, maid mountain flatt 
mad mountain, gefunden zu haben ſcheint. . 


nungen. Diefe Kätte ift in den Häufern fehr laͤſtig; man fin: 
bet in gang Athen kaum ein Halbes Dugenb warmer Zimmer. 
Draußen haben wir das fhönfte Wetter, heilen warmen Son: 
nenf&yein, der zu Spaziergängen und die Jagdfreunde zur - 
Schnepfeniagd längs dem Jliſſos, Kephiſſos und in\den phale- 
riſchen Stmpfen einlabet; denn ber Schnee hat das Bogelwild 
von ben Bergen in bie Ebene getrieben. Die Umgegend ift 
nicht mehr fo unficher wie vor 4— 6 Wochen, und wir machen 
wieder weitere Excurſionen. Kuͤrzlich waren wir mit bem Pro: 
feffoe Benthylos einige Tage auf feinem Guͤtchen in Chalandri 
(Xalaydoıor), einem Dorfe zwiſchen dem Penteliton und ber 
Stadt, wurben aber durch ſchlechtes Wetter verhindert, bie 
Marmorbrüche bei Pentele zu beſuchen. Bon bort nahm ich 
allein den Weg norbweitlich um bie kleine Bergkette, welche bie 
Neuern für ben Brileſſos halten, zur Stadt zuräd, durch bie 
Doͤrfer Marufi, Poélikas, Arakli, Kulubäones und Patiſſia. 
Der Oelwald um Maruſi iſt der ſchoͤnſte, den ich bisher ge: 
fehen, und durch fein Alter und feine dunkeln Schatten würbig, 
noch für denſelben heiligen Hain zu gelten, ber das Temenos 
der Artemis Amarpfia bildete. Diefe ganze Gegend iſt von 
Natur fehr ſchoͤn und wirb es noch mehr werben, wenn bie 
Cultur alle nadten Flächen in Aecker und Gärten verwantelt 
haben wird. Ich fand in den Kirchen viele maflive Marmor⸗ 
vafen und andere alte Hefte, und in einem Kirdhlein am Buße 
bes Dügeld von Pélikas die befannte Iufchrift, .den Grenzſtein 
bes Temenos ber Artemis. Von bier gebt ber Weg über nadte 
Högel na Arakli. Aber wie ift das arme Attila durch den 
Krieg verheert worden! Dies ganze Doͤrſchen, von wenigſtens 
20 Häufeen (vermuthlih auf der Stelle des Heralteion ber Der 
phaͤſtiadaͤ gelegen), fleht völlig verlaſſen ba; bie Kirche bat 
nur unbedeutende Marmorreſte. Bon Kukubsones aus (Kov- 
xoußaia heißt eine Eule) Hätte ich gern noch die kleine bene 
von Acharnaͤ aufgeſucht; allein ba ber Tag fih zum Ende 
neigte, mußte ich über Patiffia nach Haufe eilen. Von kleinern 
Ausflügen, auf einen Tag in bie nächfle Umgegend unternom⸗ 
men, läßt ſich noch weniger erzählen, obgleich fie immer irgend 
eine Eleine Ausbeute, duch Findung von Inſchriften ober ans 
been Reſten bes Alterthums, zumal in ben Kirchen, gewähren. 

Wahrlich, wenn man fieht, wie hier mit den Alterthümern 
umgegangen worden ift und noch umgegangen wird, fo möchte 
man ſich wundern, daß noch auch nur das Geringfte vorhanden 
if. Obgleich felbft die untern Glaffen des Volles in ber neuern 
Zeit durch den häufigern Verkehr mit Franken und durdy bie im 
ber Revolution gewedte Erinnerung an ihre Vorfahren mehr 
Achtung vor der Binterlaffenfchaft ber „„Dellenen” befommen 
haben, geht bie Zerftörung doch unter unfern Augen gelegentlid) 
ihren Gang fort. So war z. B. an ber peiraͤiſchen Straße 
vor dem Delwalde Über dinem Wafferbebälter, in welchen das 
Wafler der Kallirrhoe durch einen unterirbifchen Kanal geführt 
wird, ein fehr wohl erhaltener Grabſtein aus pentelifhem Wars 
mor, mit zierlihen Rofetten und einer Infchrift, eingemauert. 
Als ich vor wenigen Tagen wieder bes Weges kam, fand ich, 
daß der Stein inzwifchen einigen Pallikaren oder andern Tau⸗ 
genichtfen zur Bielfcheibe gebient hatte. Mehr ale SO Kugeln 
hatten ihn getroffen, jebe hatte ein. thalergroßes Grübchen in 
den Marmor gemacht, und bie Rofetten wie die Infchrift wa⸗ 
ven faft ganz gerflört. Den Säulen, befonbers ben Kleinen 
Grabfäulen, find die Delmählen vorzüglich gefährlich; in jeber 
Delmühle findet man einige berfelben angebradht. Die fchönen 
maffiven, marmornen Bafen und Sraburnen haben zwei Haupt⸗ 
feinde, ben Kaffee und das Salz; man hoͤhlt fie entweder zu 
Mörfern aus, um ben Kaffee darin zu zerftoßen, oder man bes 
dient fih ihrer, um auf einer Marmorplatte bas grobförnige 
Seeſalz für den Gebrauch bei Tiſche zu zerreiben, wodurch benn 
natärlich ihre Snfchriften, Basreliefs ober anbere Ornamente 
bald verichliffen werben. Faſt in jedem Bauerhauſe findet man 
eine folche Borkehrung; und wer weiß, wie bald den ſchoͤnen 
Bafen diefer Art, die ich in den Kirchen bei Maruſi fand, ein 
ähnliches Loos faͤlt. Ale geradfeitigen Marmorreſte, alfo auch 


7 inem Ende dad Zimmers buuchläßt 


— 308 


die meiften Jaſchriften, find durch ben Haͤuſerbas und beſonders 
. hardy die Zueppen, bie gewoöhnlich son Außen ins erſte Gtodk 
wert führen, mit bem limtergange bebroht. Aus ben Garko⸗ 
phagen werden Waſchtroͤge ober Michtränlen; aus ben Arxchi⸗ 
teaven Ihürpfoften der Kirchen, man zunor bie ſchoͤnen 
Drnamente buch Cinmelßelung dueiftliger Kreus verhunzt 
Hat u. ſ. w. Rechnen Sie dazu ned die Kalköfen, die befonbers 
früher, alö dee Marmor noch seichlidgen vorhanden war, gange 
Tempel und unter Anderm ben größten Theil ber Marmorſttze 
des panathenaifchen Stadions veufchlungen haben! So war unb 
iR zum Theil noch das Loos bee Aiterthümer in Griechenland. 
Bon zwei andern Haupturſachen der Zerflörung ber athenifchen 
Monumente in neuerer Zeit möchte ich lieber ſchweigen. Unend⸗ 
li Vieles bat, na dem einfiimmigen Zeugniß glaubwuͤrdiger 
Athener, wähzenb der Sevelution der Muthwille une Unver⸗ 
ftanb der griechiſchen Krieger ſeibſt verflümmelt ober vernichtet, 
3. B. bie hübfchen kleinen Sammlungen in den Häufern der 
Witwen Rogue umd Logothetes, wen denen nur noch Trümmer 
übrig find. Zweitent bemerken wir faſt jebes Mal, wenm eine 
engliſche ober franzöflfche Fregatte mit einem halben ‚Hundert 
junger milshipmem ober aspirams de ınarine an Mord hier 
geween if, neue VBerftümmelungen an den Monumenten der 
Alropolis, namentlich an ben Gapitälern und Architraven ber 
fo Teiche zugänglichen Stoen ber drei Meinen Tempel, von denen 
die Mutterſoͤhnchen die Blaͤtter, Cier und andere Ornamente in 
Steinen Gplittern herabfchlagen, um Papa und Mamma ein 
Steinchen aus Athen mitzubringen. Wir haben «6 bis jegt 
nicht möglich machen koͤnnen, dies zu verhindern. 

Reue Funde von Bedeutung, durch Ausgrabungen beim 
Häufesbauen, find feit meinem voriegten Briefe nicht vorgekom⸗ 
men. Inzwiſchen ift der Plan zur neuen Stadt, von bem | 


Ihnen damals fchrieb, fertig geworben und harrt ber bis I 


gung. Auch die Thebaier find jegt befchäftigt, ihre Stadt wie: 
deraufzubauen, und haben ſich an bie Regierungsarchitekten ge⸗ 
wandt, um fie um einen Plan zu bitten. Diefe find abex leider 
hier zw ſehr beſchaͤftigt, als baß fie ben Thebaiern helfen koͤnn⸗ 
ten. Hoffentlich kommen baib mehr Architekten aus Deutid: 
land, damit jeber bebeutendern Stadt Giner zugethesit werben 
Tann ; fonft geht bie ſchoͤne Gelegenheit verloren, die vielen neu: 
zuerbawenden Gtädte beffer, mit gezablinigen, breiten Straßen 
und mit Muͤckſicht auf verflänbige Benusung ber Dertlidhleiten, 
anzulegen. Auch Handwerker aller Art können nicht leicht zu 

ı viele kommen. Die griechifchen Handwerker arbeiten, mit we: 
nigm Ausnahmen, ungemein ſchlecht: weil fie es nicht beſſer 
gelesnt haben, weil fie kein gutes Hanbwerkägeräthe befigen, 
und weil +8 ihmen meiſtens an gutem Material jeber Ast fehlt. 
Eine Yolge davon ift, daB faft Alles, was fih auf Be 
quemlidylelt des Lebens bezieht, hoͤchſt unvollkommen iſt, 3. B. 
. die Haͤuſer. Während bes größern Theils des Jahres kommst 
dies nicht ſonderlich in Betracht; man wohnt und ſchlaͤft, wie 
man eben kann, und freut fi auch wol des undichten Hauſes, 
das bem kuͤhtenden dußaıns (Geewind) fo viele Zugänge bietet. 
Aber fowie die Regenzeit und mit ihre einzelne kalte age usb 
Wochen beraxiommen, wird ein warmes Zimmer für bie Fran 
ten, weldge zeichnen, malen, fubiren wollen, ein wefentliches 
Bedärfuit. Wohl Dem, ber ein kleines Stuͤbchen aufgefunden 
hat mit einem Kamin, weicher nicht raucht, mit Gicdfenflern, 
flatt der gewöhnlidgen bloßen Jalouſien ober hölzernen Lader, 
mit Thüren, deren Riſſe unb Spalten nicht über fingesäbzeit 
finb, und mit einem Dache, weliches den Regen hoͤchſtens an 
! Ihn preift be Mund feis 


oder Kaufläben den Reſt des Tages, in ihre 
Pelze gehuͤllt, mit ımtergefihlagenen Beinen um ein Kohlenbechen 





— il — — 


Nedigirt unter Werantivonlichheit des Berlogsbandlung: $. &. Br 


figend, müßig landern. Go ie i 
ihre —— ab he Fir ** ee 
bürfnifie. Nie find jetzt mitten im von viergigtägigen. Yelten, 


bas ganze Jahr viei Anderes zu effen und beſin⸗ 


haben gewöhnlich ni 
* —— wohl dabei, Bu Gupulansgaben findet ſelbſt der Reiche Seine 


&a der Abends in den 8 — — ZRä 
a — 


und bie Uebrigen beginnen, einantes an den Handen fafſend, 


ihre ze. 

Die vielen Fefttage (faſt in jeder Wache einer, manchmai 
zwei umb felbft drei) müßten bie Griechen durch Langeweile 
tödten, wenn nicht auch für fie eine Befchäftigung erfunden 
wäre. Dies ifi die, wie eö ſcheint, ſchon im Alterthum (Aristoph. 
Av. 494 cum schol.) wurzolnde Gitte der Brglüdwänfchungen 
an den Ramenstagen. Der Grieche hat die Zaufnamen (ouxoumc) 
aller feiner Freunde im Gedaͤchtniß, ba er fie gewöhnlich nus 
bei bdiefen, felten bei ihrem Kamiliennamen (kalſerov) nennt. 
Mon beginnt die Runde bei allen Namensvettern des Heiligen 
nach der Kirdye und hat oft fadt am Nachmittage noch nicht 


geendigt. In jedem Haufe wirb ber Gluͤckwuͤnſchende mit einem - 


ylızar (einem Wheelöffel voll Güßigkeit) ober einem dass (eis 


nem Bläschen Liqueur) und einer Kafle Kaffee bewirchet. Gr. 


wünfht dagegen viele Jahre und fest feine Wanderung fort. 
Wer viele Bekannte hat, kann es an ben Tagen ber vornehm⸗ 
ſten Heiligen, wie des Demetrioe, bed Georgios, bes Panhagia, 
leicht auf 20 — 30 yirza und Kaffees bringen. Da feit ben 
Tagen der Revolution viele Knaben Ramen alt hellenifches Hels 
ben befommen haben, die fi) in bem nuspodoywr ober Heili⸗ 
genkalender nicht finden, fo hat man diefe auf einen Aus⸗ 
weg bebacht fein müflen. Dan feiert ihr Feſt (Sreus obes 
&eory) an dem ihrer Geburt nächften Feſttage, oder an dem 
e eines Heiligen, deflm Namen mit dem ihrigen einige 
Aehnlichkeit zu haben ſcheint. So gratulirte man im unferm 
Daufe einem Kuaben Miltiades am Tage bes Erzengeld Michael. 
Die Geiftligkeit, bie man mit Unrecht häufig als fanatiſch 
ſchildert, nimmt an dieſen neuen Deiligen keinen Anſtoß. An 
Zolesanz fteht fie hoch über den Katholiken und ſelbſt dem 
manden Proteſtanten. Ich babe nicht blos in Napplion frame 
zoͤſiſche Soldaten durch guiedgifche Prieſter beſtatten fehen, ſon⸗ 
dern auch hier neulich ber Veſtattung eines Katholiken heige⸗ 
wohnt, den der Wifchof und feine Prieſter zu Geabe begleiteten. 
Die Leiche wurbe in bie Kirche gebracht und alte Gevemenien 
der griechiſchen Kirche über ihr nollgegen; mit dem einzigen 
unterſchiede, daß das Geſicht ded Todten während der Biksugie 
mit einem Tuche bedeckt war, waͤhrend «6 bei den griechifchen 
iſten unveshült if. Nach beendigter Feierlichkeit treten die 
n n Angehoͤrigen und Freunde des Verſtorbenen an bie 
Bahre, fpsechen bie Worte: „Gmpfange bie lezte Umarmung“ 
(10v zeisusaion a or), und küffen die Ealten Lippen. 
Hoͤchſt ergreifend if biehe Scene neulich bei der Beerdigung des 
Mannes geweſen, ben ber @eliktär erfchlagen hatte, Au umh 
Jung, Freund und Feind drängte fich weinenb hinzu, um bem 
Umglüdticden ken legten Kuß bp geben und haͤtte nicht Das 
wärdige Biſchof (Keophytos, fwüher Biſchof von- Taulantion, 
eines der Dänpter ber Revolution) bie aufgeregten Gamuͤther 
durch eine verſtaͤndige Rebe befchwicktigt, fo wäre es aus 
bee Kirche gleich zum Sturm auf bad Haus des Mörbers 
gegangen. *) ' 125, 


°) Eine weitere Mittheilung, his und mil dieſer zugleich sugelammen, 
laffen wär in einer der naͤchſten Lisferungen abdrucken D. Red. 











o@daus in Reipsig. 


— u — — — 


L 3 


Stätte r 


für 


1 J 


literaäriſche Unterhaltung. 





3. April 1833. | 





Merlin. Eine Mythe von 8. Immermann. 
(Fortfegung aus Nr. %.) 

Merlin aber erklaͤrt Ihm, daß er nicht allein fein, 
fondern auch der Mutter Sohn fei, alfo zwei mit einan⸗ 
der ringende Principe in ihm lebten: 

Deiner im Wiffen, vielleicht im Waͤhnen, 

Shree im Gebet, in Demuth und Thraͤnen, 
er nennt ihn. den mächtigen Regierer der Sterblichkeit, 
aber Dämon, müffe er den Dämon in ihm wiwdigen; 
wie des Malers Bid erft im Auge auflebe, der Schrift: 
zug im tieffinnigen Buche erft von bem Lefenden feine 
Seele gewinne, habe er, ein unglüdtiches Doppel: 
tind, fi erſt gewonnen - 

im Gchoofe des Armen, 

Und Merlin ift des Satan Sohn 

In ber Gnade der Mutter durch Gottes Erbarmen. 
Darum fei ihm, Satan, bie Beute entflaben. Diefer preift 
denn dod, den Stolz des Sohnes, denn diefer Worte 
„kraftſtrotzendes Wehen” bewege fih in feinen Kreifen; 
er wolle ihn nicht führen wie Jenen auf des Berges Höh’, 
noch ihn locken mit Kronen, ewiger Jugend und den 
Wonnen geftürzter Götter 

(Dergleichen Schüffel, fauer, füß und bunt, 

SR nur für eines Klingsor Mund); 
aber fein heiliges Recht ihm zu fchaffen, wende er fich an 
feine Tugend. Merlin erwidert, wer ihn darin flöre, ob 
ihn der Wahn der Laffen flöre? In den Augen der 
Wiſſenden (Gnoftiker) fei er der Demiurgos, Schöpfer, 
wud Alles ſtehe ja noch, wie er es gebildet. Dies leugnet 
Satan, denn es verwildere, und vertieft fi) nun in einer 
meifterhaften Schilderung von der Bolltommenheit der von 
ihm gefchaffenen Welt (der Naturgefege), eine bidaktifche 
Epifode, von ber wir bedauern, -bier nur einen Meinen 
Theil mittheilen zu bürfen. . 

As Gott die Welt gefchaffen, habe er gebebt in des 


Abgrunds Tiefen und zitternd bes Chaos Schichtung ein= | 


gefegt, die todte, dumme, farbenlofe Maſſe als eine Schranke 
gegen die Vernichtung, und leblos follte fie „den Despo⸗ 
ten” ummallen. Da habe er, Satan, fi) hinabgeſchwun⸗ 
gen voll brünftigem Mitleid, der Erde Hefte vom Himmel 
geſchieden, Land und Stuten, die Sterne entzündet und 
der Creaturen Vollgewimmel geweckt. Das fei die Wahr: 
heit von ber Engel Falke. 


Da ſtands unb regte ſich, wie meine Liebe 

Sein Fleines Leben jeglichem gegönnet, 

Es fpringt, zennt, jauchzt und feine Speiſ' ertennet 

Jedwedes nach dem eingefentten Zriebe. 

Bollendet war's am fechäten Tag, ba ging ich, 

Den Duft der Schöpfung ſchluͤrfend, durch den Garten, 

Und von der jungen Heerde taufend Arten 

Den unfchulbvollen Säuglingsbant empfing id. 

Kennft du Volllommneres ale mein Gebäude? 

Ein flät’res Gleichniß bu von Blähn und Gterben ? 

Den reineen Tauſch von Zeugen und Verderben? ®:) 

Kennft du in zärt'rer Mifchung, Schmerz und Freude? 

Kennſt du nothwend’gere Nothwendigkeit? 

Kennft du den rundern Kreis 'gefchloffner Pflichten? 

Kennft bu der Schuld gerechteres Zernichten ? 

Kennft bu die treuere Beſtaͤndigkeit? = 

Den Reichen ftraft, wornach ihn heiß gelüftet, 

Es fiegt der Held durch Ueberkraft und ſinke, 

Der König, gleich den Andern, Lethe trinket, 

Das Volk bleibt in dem Dunkel unverwüftet. 
Eine poetifhe Deduction bes Gottes in der Natur, bie, 
alt in ihren Doctrinen, in der Auffaffung an eine jüngft 
gelefene in ben ‚Briefen eines Verſtorbenen“ erinnert, nur 
daß bei diefem das Gegenbild der Natur in Gott niche 
nachkommt! „Er“ grollte drei Zahrtaufende, daB Sa⸗ 
tan zum Sein gerufen, was er zum ewigen Schlum⸗ 
mer verdammt, und goß dafür bie Gaͤhrung uͤber die 
Melt aus, h 

Seit er auf Golgatha geaͤchzt, gezittat, 

Durchſchleicht der Wurm bes großen Baumes Früchte, 

Loͤſt auf die Peſt das Innerlichfigefügte, 

Iſt mein unſterblich Wohlfein mir verbittert. 

Denn meiner Menſchen Augen find die Becher, 

Zu been Alles, was da lebt und mebet, 

Sich zu erfriſchen, durſt'ge Lippen hebet, 

Dahin verwies ich alle meine Zecher. 

Er, der ntfeglich : Unergründliche, 

Umfdhleierte die holden, frohen Blicke " 

Und trieb die Armen mit ber feinften Züde \ 

Ins Weſenloſ' und Unausfinbliche.: i 

Wozu ber Saumen, darf er fick nicht legen? ‘ 

Wozu ein Ohr in ber Verſtummung Faften ? 

Was nügen Hand und Fuß bei trägem Raften? 

Was frommt ein Aug’, das Barben nicht ergögen? _ 

Mit Sinnen, Nerven, Blut und Geift durchfchättet, 

Bemühn fie ſich die Gaben zu verachten; | 

= D greuelvolf fehbfimdrberifches Trachten ! 
D Wuth, die ihres Urfprungs Quell zerrüttet! 


Blätter 
für 


literarifhe Unterhaltung. 





Montag, 





all mm nn m a a 


zur Nachricht. 
Bon diefer Zeitfchrift erfcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für den 


Jahrgang 12 Thle. Alle Buchhandlungen in und außer Deutfchland nehmen Beftellung darauf an; ebenfo 
alle Poflämter, die ſich an die koͤnigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, das koͤnigl. 
preuß. Grenzpoſtamt in Halle, oder dad fürfll. Thurn und Zarifhe Poſtamt in Altenburg 
wenden. Die Verfendung findet wöchentlich zweiMal, Dienflags und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt. 








Merlin. Eine Mythe von Karl Immermann. 
‚Düffeldorf, Schaub. 1832. 8. 1 Thlr. 12 Sr. 


Lohengrin fingt zum Schluß: 

Was nur volllommen, herrlich, ohne Gleichen 

Ging in die gräßtiche Verweſung über: 

Wem, o mein Gott, foll ich noch Beiſtand reichen? 

Mid dünkt, die Erd' ift nur ein leerer, trüber 

Baumlofer Anger, mit Gebein befät, _ 

Kahl, unabſehlich, unfruchtbar, worüber 

Die ſchwarze Fahne der Vernichtung weht! 
Wäre dies das Motto zum Gebiht? dann wäre dies 
großartigfte, tieffinnigfle, das erfhütternd anregen will 
alles Heilige in und, chaotifch herauskehrend Pro und 
Contra für Glaube und Hoffnung, das uns hinmalen 
fo den zerreißenden Kampf eines Dichtergeiftes, welcher 
feine Aufgabe fcheut, um mit fich felbft ind Klare zu 
tommen, nicht mehr und nicht minder, ald was berfelbe 
Dichter eben in feiner rufliihen Trilogie vom Cqare⸗ 
witſch Aleris fang. Ein Gedicht von ber ruffifchen 
Grenze! Der alte Pole, mit Narben von einundneungzig, 
zwölf und den noch nicht verharrfchten Wunden von drei⸗ 
fig, mag, wenn ihm bie Knie einfinken an der fibiri: 
ſchen Stippe und die Wolken fich fpiegeln auf den Eis- 
feldern, zu dem Refultat fommen. Baterland, Freiheit, 
Gluͤck werden ihm Phantome, Wolkengebilde; er Bann 
ihnen nachjagen; aber wenn er fie haſchen will, ift es 
Luft. Er mag dann denken, e8 war auch nur Luft, und 
der Dichter ſtraft ihn darum nicht. Aber Merlin und 
König Artus, bie zwar durch alle Länder und Königreiche 
zogen abenteuernd, waren doch nie an der ruſſiſchen 
Grenze, und wenn Lohengrin das fingt von der Vernich⸗ 
tung, fo mögen es Lohengrin’d echte Worte, fein Unmuth 
fein; aber Lohengrin blieb noch auf den Stufen zum Grat 
ſtehen, ohne ins tieffle Heiligehum zu dringen. Darüber 
ift er mismuthig; aber das reiche Leben hinter ihm ift 


' können. 


ſchon um deshalb aud) ohne aͤußeres Reſultat kein ver: 
febltes, weil es bie Reihe des Erlebten um Siguren wie 
Artus, Ginievra, Merlin bereichert, und biefe, ob fie 
den Gral gefunden oder nicht, Haben poetifch gelebt für 
ewige Zeiten. 

Immermann bat in biefem „Merlin auch nicht ben 
Grat der Poeſie gefunden, d. b. das wahrhaftige, leben: 
digmachende Blut, das Blut der Erlöfung; es ift kein 
Gedicht der Befriedigung, nur eines der außerften, tiefiten 
Aufregung geroorden, das mit einem Fragezeichen fchließt, 
und dennoc, ein Gedicht, das, anerkannt oder nicht, leben 
wird und ihn felbft zu Denen verfegt, welche, gefchmäht, 
geläftert, verfpottet, befriegt, misverftanden und misgeach⸗ 
tet, nicht aus der Reihe der Dichter geftrichen werden 
Auch wir, hätten ſehr viel auszufegen, ihn zu 
befriegen, jedenfalls ihm zu zürnen; und doch hebt ihn 
fein „Merlin“ in unfern Augen hoch uber Alles, was er 
bisher fhuf und verfuchte. _ 

Einen Begriff davon zu geben, ift faft fo ſchwer, 
als das Gedicht felbft dichten. ine fehwierigere Aufgabe 
bat fih noch fein Dichter geftellt, der den Kampf des 
Goͤttlichen und Menfchlichen, des Endlihen und Unend: 
lichen zum Gegenftand hatte. Bis Milton und Klopſtock 
blieb e8 ein Kampf um den Beſitz, jest iſt es ein Advo⸗ 
katenkampf geworden um das Recht. Aber was Göthe 
im „Fauſt“ anregte, ift Spiel gegen Das, was Immer⸗ 


mann im „Merlin verfuchte, und doch mehr als Spiel, 


indem jener fertig wurde mit feinem Stoff, wie er ihn 
anfaßte („Fauſt“, mit oder ohne Schluß, hat ein Reſul⸗ 
tat in jeder Scene), Immermann dagegen, in das Meer 
aller religiös: chriftlichen und philoſophiſchen Zweifel ſich 
verfenkte. Da ftreiten Gott und Satan katholiſch, ano: 
ſtiſch, ſinnlich, geiftig, philoſophiſch, chaldaͤiſch, in Ver⸗ 
nunft und Offenbarung. Die Traditionen, die ſuͤßen und 
grauenvollen Maͤrchen aller Voͤlker, die Erlebniſſe, die 


art 


" Aug. Wolf in jenem Winter hielt. 


384 | 

. Leider aber alle Huͤlſequellen des | bezeugt feitbem ein gluͤckliches biefer Gtubien. P.« 

—— art ben Krieg erfchäpft, unb ie ku Yafana dei Berttöge umfaßten 35 een griechiſchen Dichter a 
Jahres 1814 die Stadt‘ von ihren Zwingherren befreit wurde, % 


m die Anftait auf unbeflimmte Zeit aufgelöft werben. Leh⸗ 

nk Schuͤler zerſtreuten fih. Paſſow ſchied mit bem her: 

ben Gefühl, einige Jahre vergebens gearbeitet zu haben; für ſich 
hatte er unfhägbare —— ewonnen, 

und das he —— — ee mußte ihn 

als Einen ſchmerzli rluſt tröften. . 

Zu literarifhen Arbeiten war in Jenkau er Muße geive: 
fen; ein „Archiv deutfcher NRationalbildung”‘, mit Jachmann un: 
ternommen, in welchem bas praktiſch Begonnene wiſſenſchaftlich 
begründet werben follte, brachen die Beitnerhättniffe mit bem 
vierten Deft ab. Gine Schrift: „Ueber Zweck, Anlage und Ergän: 
zung griechifcher Wörterbücher” (1812) aber bereitete Manches 
vor, was in der Folge zu einem bedeutenden Werke führen 
follte. Auch riefen die Greigniffe des Jahres 1813 wieder dich 
terifche Anklänge hervor, die natürlidd mit bem Moment vers 

ollen. 
a Paſſow ging im Frühjahr 1814 nah Berlin, um als Frei⸗ 
williger nach Frankreich zu eilen. Die inzwifchen erfolgte Ein: 
nahme von Paris vereitelte bie Vorhaben. Nachdem er nun 
wegen feiner Wieberanftellung im Preußifchen erwuͤnſchte Zuſi⸗ 
derungen empfangen hatte, Hefuchte er feine lange nicht gefehene 
Heimat wieder, begab fi) dann an ben Rhein, dem er von 
Köln bis Schafhaufen folgte, Tah alte Freunde wieder, gewann 
fidy neue, lebte befonders in Heidelberg im Voß'ſchen Hauſe unver: 
geßliche lehrreiche Wochen, beſuchte die Schweiz und kehrte durch 
Bicnnaben, Franken und Sachſen im November nach Berlin 
urüd. 
’ Die ihm hier noch eine Weile vergöante Muße konnte er 
- nicht ſchoͤner benugen als zum Beſuch der Vorleſungen, die Fr. 
&o gelang es ihm im reis 


mehr 


fern Alter noch, was er lange gewuͤnſcht hatte, dieſes außer: 
ordentlichen Mannes Schüler zu werden und fich feines anre: 
genden Umgangs vielfach zu erfreuen. Außerdem wurde ihm 
durch nähere oder entferntere Verbindungen mit trefflichen Maͤn⸗ 
nen wie Niebuhr, Suͤvern, Buttmann, Solger, Bernbardi, 
Ruͤhs, Woltmann, Hirt, Schleiermacher, Boͤckh, Zdeler, Bel: 
ter, Koͤpke, Zumpt, Wald, Döderlein u. X. fowie burdy das 
Wiederzufammentreffen mit ben mweimarer Freunden Goͤttling 
und Oſann biefer Aufenthalt in Berlin zu einem feiner anzie 
hendſten Lebensabfchnitte. 

Indeß wurde ihm im Fruͤhjahr 1815 bie orbentlidde Pro: 
feffur der alten Literatur an ber Univerfität Breslau übertra: 
gen, ganz gegen fein Erwarten, ba er nie über das Gchulleben 
hinausgedacht hatte, ja, felbft gegen feine Wuͤnſche, ba er biefen 
Beruf von Weimar her fehr lieb gewonnen hatte, und er fi 
die zum alademifchen Lehrer erfoberlichen Cigenfchaften nicht 
zutraute. 

In Breslau, ber jungen, durch bie Greigniffe ber letzten 
Kriegsjahre in ihrer Wirkſamkeit mehrfach unterbrochenen Boch: 
fchule, Tagen die philologiſchen Studien gänzlich banieder; dazu 
fam Heindorf’s fletes Siechthum, des Beteranen Schneider Alter, 
noch mehr fein völliger -Widerwille gegen alles alademifche Leh⸗ 
ren. P. trat darum feinen neuen Beruf nicht ohne Bedenklich⸗ 
keit ans doch hatte er bald die Freude, ſich zu überzeugen, daß 
es nit an Gifer für bie Sache fehle. Auch das philologifche 
Orminarium, das zwar ſchon 1813 gegründet, aber feitbem 
wieder gänzlich in Stocken gerathen war, begann er 1815 von 
‚Neuem. Karl Dttf. Müller war der Erſte, ber ſich zur Mit⸗ 
« gliedfchaft meldete, bann in bemfelben Halbjahr Wellauer, 
Dronke, Kloßmann. 

Heindorf hatte indeß Breslau verlaffen, Schneider fid ganz 
vom Lehramt zurücdgezogen. Dagegen wurde nun in 
Schneider ein erwünfchter zweiter philologifdyer Lehrer aus Leipzig 
berufen (1816), der gleichfalld an der Leitung des Seminars 
Theil nahm. Gine bedeutende Zahl wackerer junger Philologen 


Homer dis Theokrit, Herodot, Zenopben, Demoftbenes, kykurg; 
von Römern Terenz, Einiges. 


Wisgil, ‚Goran Perfih, Zacitub; bann phtielsgifcht Gach 
Bväni, — 2 aus den griehifcen 8* ehmifcrn 
— —— in alte Kunſtgeſchichte. 


.Auch war er mehre Jahre durch 
ꝓhilologiſches Mitglied der wiſſenſchaftlichen Prüfungscommiffien. 
Nach Buͤſching's Tode aber wurde ihm die Direction des Mu⸗ 
ſeums fuͤr Alterthum und Kunſt anvertraut. 

Seine erſte literariſche Arbeit in Breslau waren bie „Brunb- 
ine der griechifchen und roͤmiſchen Literaturgefchichte”, zunoͤcht 
ür feine Borlefungen ausgearbeitet (1816), in benen er ben 
Gedanken durchgeführt hat, bas Schriftweſen beider Voͤlker in 
beftändigem Synchronismus barzuftellen. Gie wurden auf meh⸗ 
ven Hochſchulen bei Vorleſungen zum Brunde gelegt, ſodaß 1829 
eine neue Auflage nöthig wurde; in biefer ift ber Geſchichte 
ber Literatur die ber Kunft beigefügt. — Es folgte die Aus« 
gabe von Zacitus’ „„Bermania‘’ (1817), die vor Allem nach kriti⸗ 
fher Sicherfiellung und Beglaubigung bes Textes geftrebt bat 
und von ber nächftens eine neue Bearbeitung ericheint. — Non 
dem mit K. Gchneiber angefangenen „Museum criticum Vratis- 
lav.” (1820) kam nur ein Band; zu ber Teubner’fhen Samm⸗ 
lung griechiſcher Gchriftftellee hat er den Parthenios (1824) 
und ben Dionyfios Periegetes (1825) geliefert. Zahlreiche 
Beiträge hat er zu mehren Eritifchen Wlättern und manden 
Sammelwerten, wie Wachler’s „Philomathie”, WBöstiger’s „Ars 
—— und Kunſt, Raumer's „Diftorifches Taſchenduch“, beis 
gefeuert. 

Seine literarifche Hauptbefchäftigung während ber legten 
zwölf Jahre war jedoch das „Handwoͤrterbuch der griechifchen 
Sprache“, von bem vier Ausgaben ſchnell auf einander folgten 
(1819 — 81). In ber Beobachtung eines fireng geſchichtlichen 
Ganges liegt bas Ziel, dem er nachftrebt. Nenn er mandger 
en Stimme unb dem durch rafche Verbreitung verbärgten 


Beifall trauen darf, fo möchte biefe Arbeit bei allen Mängeln 


im Singelnen wol dauernden Nugen fliften und, was ber Verf. 
zu wänfihen gern gefteht, fein Andenken über fein Leben hinaus 
erhalten. 

Höher ala Alles gilt es ihm aber, dur münblidhe Lehre 
einem und bem andern Süngling zur Erkenntniß des Wahren, 
Buten und Schönen förderlich gu werben. 





Nedigirt untes Verantwortiſchkeit der Werkagähaublung: 8. X. Brodbaus in Beipzig. 








vedeihe nichts. darauf als Wahn, 


Blätter 


— 


— 


ur 


literariſche unterh altu ng. 











Merlin. Cine Mythe von 8. Immermann. 
Beſchluß aus Nr. 3.) 

Merlin's Ruf dringt auch in Caſtel Merveil ein, 
Klingsor ſelbſt hat ihn durch übermüthiges Spiel citirt 
und fich in der eignen Schlinge gefangen. 

Zwar iſt der Menfchenpad mir längft zuwider, 

Doch follen meine Spruͤch' unb Lieder 

Beherrſchen fie, To lang’ ih bin, 

Dann fahr der Kram ind Ghaos Hin; 
Denn durch den neuen Bögen foll es nicht noch einmal 
auf andere Weiſe toll werden. Allein Klingeor Hat feine 
Kräfte verrechnet, der neue Gaukler, ber ſchon das Volk 
für fi) hat, überwältigt den Alten, in welcher Geſtalt 
er ihm auch esfcheint. Merlin weißt ihn von fih. Wenn 
er auch an den edeln Kern bes dunflumhällten Jrrſterns 
glaube, fei bie Kluft zwifchen ihnen doch zu groß. - 

Dir galt die Erde, See, das Firmament 

Zür eine. Leiter einzig, dich zu fleigern; 

Da beißt ed, was man Demuth nennt, 

Bolllommen und ensfdhieden zu verweigern. 

Die Menfchen halb und Schwach zu finden 

Erhielt dich felber flark und ganz; 

Geteoft zerpftüdteft du nad allen Winten 

Der Andacht, Eich’ und Ehre vollen Kranz. 

. Du thatft das wie ein Mann, du thatft das wie ein Held, 

Und bir gehört ein großes Stüd ber Welt. 

Diefes Stud, meint Merlin, fei ziemlich wuͤſt und es 
Betrug, Lüfte und bie 
Heine Klugheit des Wichtes; darum verweift er ihn zur 
Hflege an Den, den er allein verfiehe zu begreifen. Al: 
fein. der erfcheinende Demiurgos, flatt ben wellen Alten 
zu erfeifchen, iſt gegen ihn nicht hülfreicher als der Erd⸗ 
geift gegen Fauſt. Er verkuͤndet Klingsor, daß er nicht 
ihn, fondern den Keinften feiner Kleinen als den Unge⸗ 
meinften verehre, und wirft ihn zerfchmettert zu ‘Boden. 


- Doch rafft er ſich wieder auf, um feiner würdig zu ſter⸗ 


ben. Er fingt fich felbft den Tod und flicht vor Selig: 
keit, daß ein Groͤßerer als er ihn befiegt. Alfo fterbend 
huldigt er der hHöhern Weihe eines Merlin. (2) 
Merveil ftürzt ein. 

Was an Artus’ Hofe fich zuträgt, übergehen wir füg- 
ih nach dem oben Geſagten. Es find nur Marginals 
noten zu dem großen daͤmonologiſchen Gedichte, doch mit 
ſehr poetifhen Einzelheiten. Diefe fchöne Unſchuldswelt, 


Donnerdtag, . 


Caſtel 


bie ſich vergnüͤgt am Spiel auf blumenreicher Wieſe, uns 
ter anmuthiger Galanterie, wigigen Disputen, trägt body. 
ben Wurm in fih und bie Ahnung des Unterganges. 
Merlin erfcheint, ee verfpricht fie zum Dort des Ziturel 
zu führen, der fein Lieberfcherz fei, fondern eine hohe, bes 
feligende Wahrheit. Aber auf dem Wege dahin finkt der 
Halbgott. Er verliebt fi in bie Albernheit, in ben per⸗ 
fonificieten Leichtfinn ; der Zitan Merlin, ausgeflattet mit 
Gottes Weisheit, in das flatternde Gänschen, die Fee 
Niniana. Sie entlodt ihm in der Schäferflunde das eine 


‚einzige Wort, das ihn bindet, unlösbar fefjeft und feiner . 


Stärke beraubt, und Merlin wird im eignen Zauber ver 
firit, gefangen, wahnfinnig, bloͤdſinnig. Der König und 
die Königin und die Tafelrunde rufen ihn vergeblich, fie 
verfchmachten auf dem Wege zum Gral in der Wüfle, 
und ber Gral felbft befichit feinen Waͤrtern, weil das 
völlig. Schlimme ihm bezwungen, ihn fortzutragen nad) 
Indien. 

Im Nachſpiel ſehen wir die Welt in Trauer, die 
ſchoͤnen Menſchen ſind verſchmachtet, der Gral verſchwun⸗ 
den, Merlin verſchollen, der Minſtrel zerbricht ſeine Harfe, 
Placidus zerreißt das Pergament, worauf er die Kunde 
von der wahrhaftigen Weltgeſchichte, die ihn Merlin dic⸗ 
tirte, niedergeſchrieben, und Lohengrin, der Letzte, der die 
Stufen von Montſalwatſch betreten, fingt die Worte, mit 
denen wir anhuben. : Zu Merlin, dem thierifch: blöden, 
der nach nichts fich fehnt, als dab Ninianens Hand ihn 
ftreichle, tritt Satan in feiner grauenerregmben Geftalt 
und reißt ihm die Binde des Wahns vom Auge, er fo 
dert ihn auf, Ihn zu. verleugnen und an ihn (Satan) 
u glauben. Alle Freunde Merlin’s, Artus und die Ta⸗ 
—** ſeien bei ihm unten im Hades, nicht in Schwe⸗ 
felflammen geroͤſtet, nicht zu Qualenbrei geſtoßen, wie die 
Dümmlinge meinen, aber das fei unbeugfam wahr: 

Ste wollten zu Ihm unb find bei mir. - 
Er habe es auf ewig mit Dem oben verborben, 
Und nicht etwa durch Schiechtigkeit und Lafter, 
Nein, weil zu feurig bu um ihn geworben, 
Deshalb Liegft bu verfomumend auf bem Pflaſter. 
As er ihm das Raͤderwerk der Schöpfung bei Stone: 
benge gezeigt, babe Der oben ihn auf ewig weggefloßen. 
Wenn Giner ihn ſachwalteriſch vertheibigt, 
Dann zudt er, in dem Innerſten beleidigt. 





386 


Er will, von eigner Majefkät umfloffen, 

Unfaßtich ſchweben, dem Verftand zum Trutz. 

Der Läftrung Hiobs hat er nicht vergolten, 

Bildads, Zophars, Eliphas Lob geſcholten, 

&o war’s, fo ift es, feit dem Mann von U}. 
Er fragt ihn, ob er etwa andern Fehl begangen, ob ein 
frwentlich Verlangen, unfaubre Luft in ihm verſteckt, dann 
möchte Der, wenn er ihn von Bußeglut verzehrt erblice, 
ihm vielleicht den Singer reichen, aber Merlin entgegnet: 

Ich hab nichts abzubüßen! 

Meine Seele ein weinen Do 







Wallend empor wie reinigen Opfers Rauch 

Stade zu ihm, ihn wonnedurdyfchauert zu grüßen. 

„Und ließ bich fallen umter das Vieh” erwibert Satan; 
. und die Andern, was hatten fie verbrochen, als daß fie 
nach ihm ſuchten. 

— — Se hinten, 

an Geſe zu. binde 

umb über Heffnung, Zuverſicht, Corpfinden, 

Erhahen, dunkel, einzig hinzuwendeln. 
und body ruft Merlin, „geloͤſcht im Buch ber Gnaden:“ 
„ich dann nicht von ihm laſſen“. Dez zornſchnaubende Va⸗ 
te% rührt ihn an, und er flirbt mit dem Geber im Munde: 
Geheiligt werde dein Name. | 

Eine Theodicee iſt das: Gedicht nicht, ober eine, bie 
war der Dichter verſtand. Was Gott ift, daruͤber hat 
deu. Teufel zum Schluß. befonbere Gedanken, bie er aber 
fuͤr ſich behaͤlt. Er meine, wen er fie. ausſproͤche, fei 
damit das Ende aller Dinge ausgeſprochen. Alle Usbrige 
baben auch Gedanken, bie fir ausiprechen; es reicht aber 
Seiner bis zu Gott. Einer ift immer Plüger, immer mädy 
tiger als der Andere, Artus überficht den Kay, Klingsor 
ben Artus, Merlin den Klingsor, Merlin und Satam rau; 
fen fich lange, und man weiß nicht, wer Recht hat, denn 
Jener ſtirbt im Gefuͤhl, daß die Ewigkeit zwilchen ihm 
und Gottes Gnade liegt; dieſer fährt zornſchnaubend in 
ſein Reich, denn er bat nicht erreicht, was er wollte. 
Zwar wish von ber Gnadenwahl vos dem Tempel von 
Montfalwatſch viel geſprochen, daß Niemand um den Pfen⸗ 
ng Tugend bie Himmelsſeligkeit erhandele, und Gott als 

lein die Berufenen dergeſtalt erwählt, daß ſelbſt ruchloſe 
Sünder ſfich darunter finden; es ſcheint doch aber, als bes 
handele der Dichter dieſe in Gottesglut ſchwelgenden Tem⸗ 
pelweiſen als eine beſondere Mace apart und für ſich, wie 
eine file Kirche, die mit feiner übrigen. Welt nicht in 
Mapport ſteht. Merlin; ber einmal ihren ſtrengen Zunft 
zwang tügt, kommt nie mit ihnen zufamemen, daß’ wir 
amd dieſer Controverſe als. Ausbeute getvännen: was ber 
legte Weg: zums Heile ſei. 

Mas Gott ift? bleibt im Dunkel, wenngleih Merlin 
bei Stonehemge die Wolkengardinen fortzieht,. daß ſein Erz 
zeuger bie Himmelsherrlichkeit erblicken fol. Aber nur 
Satan fieht fie, nit wir, und bfefer felbit ſtuͤrzt geblendet 
zufanmen, nur vermögend, Worte zu flammeln, Weit 
beutlicher wird Satan ſelbſt. Im Verlauf unfers Bes 
richts ift Alles beramsgehoben, was er üher fig, und 
Merlin über feine Stellung. zu Bott ſagt Sei er ber 
Sort in der Natur, fo wird es doch nur eine Partikel in 


Gott. Zu biefer Ueberzeugung arbeitet ſich das Gedicht 


hindurch. Es iſt dab einzige Reſultat; krampfhaft mit - 


letzter Anſtrengung haͤlt es der Dichter feſt. Wer aber iſt 
Merlin? Dies moͤchte die unklarſte Partie im Buche ſein. 

Iſt Merlin der Repraͤſentant im allgemeinen ber eis 
ern Krafſt im Menſchen? Gteit er ſymboliſch dar das 
Ringen zwiſchen dem Guten und Boͤſen, zwifchen dem 
finnlichen und geiftigen Pypcip, freilih auf einer höhern 
Stufe als im Mythus vom Herkules? Wir meinen, mit 
nihten. Auch nicht den Wiffensdrang des Kauft, ber an 
den: gewoͤhnlichen Klippen fcheitert. Merlin, Sohn Got: 


tes und des Teufels, iſt eine Ueberhebung menſchlicher 


Kraft. Wenn er ſagt: 
Alles, was da lebt und regt 

Und ſich in eigner Formetion Bewegt, 

Steht naͤher mir, als ich mir bin. 

Des Koͤnigs hoher Fuͤrſtenſinn, 

Dee Frauen e Beittgentreue, 

Dea Rittexs Weogen und dar Jungkrami Schene, 

Des kleinſten Buͤrgers armer Werke 

Des lepten Bauern Fleiß und Ungemach, 

Das Altes ift mir werth unb wichtig, 

Viel wicht'ger ats mein Ih, fo ſchwach und nichtig. 

Weil id. denn ganz in an bae ALL ver: 
enkt 

Dat ſich das All it mid zurück Alenkt 

Und: in min wachfen, weiten, ruhn und ſchwanken, 

Nicht meine, nein bie großen. Weltgedanken. 

Sie zighen. feierlich big einte Wahn, 

Ich flieg, 'ne Feder, mit zum Ocean. 

In deſſen Schoos gebadet, fie, die Behrens 

Mit heil'ger Graufamkeit mein Ich verzehren. 

Eine derlei donatio omnium bonorum au bas Au, juft 
das Contraire der Klingsor’fchen Delonomie, ift Etwas, 
was über ale Schranken der Menfchlichleit hinausgeht 
und darum das Verderben in ſich bedingt. Wie viel vom 
Dichter in feinen Merlin übergegangen, bleibt eine Frage, 
die der Dichter felbft nicht, am menigften die Kritik zu 
entfcheiden berufen if. Merlin geht unter, das lefen wir 
heraus, weil bie Demuth, die er an ben Tag legt, keine 
mitgebrachte ift, fondern ein Reſultat des Verſtandes. Er 
will durch Kraft bas Himmelreich erebern, fFeeifich durch 
bie Kraft ber Tugend, der Menſchenliebe, der Dingebung, 
bed Glaubend, aber es bleibt eine: tropige Kaft So 
weit ruckt en vor, ex erfunt, daß nur Gnade die Pforten 
aufſchließft, Gnade, die ſich nicht esbettein, erſtuͤrmen, er⸗ 
hanbeln laͤßt; aber mit bee Erkenntuiß iſt es nicht ge⸗ 
than, und: neuer Zueiſel muß am der gewonnenen ruͤttein, 
tum co auf ber: Wagſchale des Werthes Sich und die 
Erwaͤhlten abwaͤgt: 

Ein endloſes Gediche, weiter vokgeruͤckt als eines in 
die Grenzen des Unendlichen, und doch um keinen Schritt 
naͤher dem Ziele; eines, das alle Zweifel weckt und doch 
Waſſen an bie Hand gibt, fie zu beſtreiten, wie jeder 
ernſt ducchgeführte Angriff auch die Mittel der Verthei⸗ 
digung vom ſelbſt anzeigt. Ein ſolcher, durchaus erniter, 
Immerer: Drang: abet das Gedicht, ſtaͤrkt die Achtung fuͤr 
ben Dichter und läßt: jene® kein verfehltes fein, wie denn 
das niemals dad Reſultat eines aufrichtigen Selbſtkampfes 





J * 


— 


37 


fein wird. Aur über die Warte bes Klingsor ließe ſich 
viel ſprechen, ein Buch dafaͤr und dagegen. Und wäre 
bas Alles fo, flände der Große, ben er meint, fo niedrig 
unter ben dem Erdgeiſt Dienenden, was trieb Immermann 
gende an, ſich nuter bie Keaͤhen mb Froͤſche zu reihen, 
bie ſchreien, daß er nicht der Adler und Lörve war, ben 
wir Anden meinten, fondern ihnen näher ſtehe? Mein 
Gott, des Kraͤhengekraͤchzes und Froſchgequaͤkes iſt in ge 
nug, daß, bie es hoͤren wollen, es auf allen Heer⸗ und 
Querſtraßen hören, ohne daß eine fo fonore Stimme wie 
die eines Immermann fich unter die Saphirs, und wie 
die Bellen oder obſcuren Mehren heißen, zu mengen 
braucha. Und war Klingsor nur Klingsor, wo ift denn 
fon Merlin geboren, ber ihn aus dem Sanctuar vers 
jagt? Mir antworten und fchließen mit dem Minftrel: 


Das Weltgeheimniß iſt nirgendwo; * iſt nicht hier und 
ni ort 


dorten, 
Ga ſchankelt ſich wie ein unſchuldiges Kind in bes Saͤngers 
biügenden Worten. 


W. Alexis. 





Geſchichtliche Beleuchtung des deutſchen Staatsrechts J. 
Auch unter dem Titel: Das Zollweſen in Deutſchland 
geſchichtlich beleuchtet. Frankfurt a. M., Schmerber. 
1832. Gr. 8. 12 Gr. 

Das vorliegende mit vieler Beleſenheit verfaßte und ſeine 

Darſtellung durch literariſche Eitate unterftägende Buch enthält 

vie Geſchichte der ſtaaterechtlichen Ausbildung oder vielmehr bie 


4’ des immer willkuͤrlicher und druͤckender gewordenen 


Zollſyſtems. Da tas im Jahre 1806: untergegangene deutſche 
Reich eine Fortfegung bes fränkifchen Reichs war, während das 
legtere an die Stelle ber römifchen Herrfchaft trat, fo beginnt 
der Verf. mit einigen Notizen über bie Bollabgaben (vectigalia), 
wie ſolche im &. Jahrhundert unter den Kaifern Gratian, Var 
Ientinian und Theodoſius beftanden, wo von jeder zum Verhan⸗ 


. Wen eingeführten Waare ein Achtel bes Werthes abgegeben 


wurde, Alles jebody, was Jemand zum eignen Gebrauch kommen 
Heß, frei von Abgaben war, wie ſolches L. 7 und 5 Codicis 
de vectigalibus: enthalten if, wobei jedoch vorzugsweife auf 
das Herkonnnen HAdfiht genommen wurde. Diefe Beftimmungen 
bes römifhen Rechts (L. 4, $. 2 Digest. de poblicanis 
KAXXIX, 4.) gingen auf bie Eapitularien der fränfifchen Herr⸗ 
fher über und find in ber Lex salica enthalten. Im fraͤn⸗ 
kiſchen Reich erwähnt ein Ediet bes Koͤnigs Clotar II. vom 


Jahr 615 der Zoͤlle als einer ſchon unter Suntram, Chilperich 


und Siegbert flattgehabten Inſtitution. Die Ertheilung der 
Erlaubniß, einen Markt zu halten (mercatus), verbunden mit der 
Erhebung eined Marktzolls (teloneum) und einer obrigkeitlicyen 
Münzftätte oder Wechfeiban? (moneta), wurde ſchon in den At: 
teften Zeiten als ein koͤnigliches Alleinrecht betrachtet. Die Reis 
ſezoͤle weren vor ber Ausbildung der eigentlicdgen Zerritorial: 


hoheit mehr eigentliche Weggelber , deshalb keineswegs den jetzi⸗ 


gen Zranfitozöllen vergleichbar, fonbern hingen lediglich von ber 
Art und WBeife ab, wie ber von dem Zoöllerheber in Stand zu 
baltende Weg benutzt wurbe, fowie von ber Beſchaffenheit bes 
Begs. Daher flammen die verfcdhiebenen Benermungen, welde 
der zu entrichtende Zoll hatte, ben man somaticum, rota- 
tieam und temonaticum nannte, je nachdem er von Saum⸗ 
thieren, Karren oder Deichfellarren entrichtet wurde, welcher zu: 
glei; aber andy rivaticum, pontanieum, cespaticum und 
salvaticam hieß, infofern der Weg am Ufer eines Fluſſes, 
üser Brüden, zwifchen Hecken ober auf Walbwegen weglief. 


— — — —— — — — — — — — ————— 


Ueberhaupt ſehen wir aus den Bapitularien vom Jahre 865 an, 
daß nur die wirkliche Benutzung eine Weye oder einer Bruͤcke gr 
Orlegung eines Zous verband, daß mithin Detjenige, welcher ei: 
nen Fluß durch eine Furth pafſirte, vom Bruͤckenzoͤll fer war, 
ſowle daß die ganze Zolleintſchtung ſich nur auf Handelégegen⸗ 
fände und Kaufleute, nicht ader auf fonfttge Reiſende bezog. 
Inſoſern dee gu ehtrichteirde Zoll zugleich ben Zweck Hatte, ſich 
Schut zu verſchaffen, namte man ihn Geleit (conductus), wel⸗ 
de Abgabe in mehren Staaten bis auf ben heutigen Tag bei⸗ 
begaiten iſt, obſchon igr urſprunglicher Sim gang verloren 
ging. Dos damalige, den jeht herrſchenden Anſthten gang he: 
terogene &teuerprincip beftand wefentlich darin, dab Niemand 
zur Eutrichtung eines Zolls gezwungen werden konnte, ſondern 
daß ſetdiget als die Folge einer freiwillig gefchloffeneh Ueberein⸗ 
kunſt betrachtet wurde: Gang beutlih fagt in diefer Hinſicht 
bes Sachfenſpiegel Buch 2, Art. 27, 8. 2: „Ein jeglider 
Mann ſoll auch zolfrei fein, er fahre oder reite oder gehe, wenn 
er bed Schiffes ober der Brücke nitht bedarf. Und mit Recht 
fei er Geleites frei, wo er fein Gut oder feinen Leib wagen 
will. Wem er aber Geleit gibt, ber fol ihn vor Schaden be: 
wahren binnen feines Geleitbezirks. Miberfährt ihm dennoch 
Schaden, fo foll der Geleitserheber ihm. benfelben exrfegen”, und . 
bierzu bemertt die uns jest fat als eine Gatire erſcheinende 
Stoffe: „Hiertaus verflehft bu mn, daß Boll und @eleit um 
ber Rothdurft willen und nicht aus Geiz aufgefommen find.” 
Wenn wir auf der einen Geite den Geift der Milde nicht 
verfennen koͤnnen, welcher in bem fränkifchen Reich bie Geſete 
über Zoͤlle bietirte, fo dürfen wir auf ber andern Seite nicht 
ableugnen, dag Theorie und Praxis in jener Seit hoͤchſt felten 
gleichbedeutend waren. Maͤchtige Vafallen, zuerft eine Ariftos 
kratie bildend, welche zwifchen bem König und ben andern freien 
Männern ftand, gehorchten den Gefegen nur, infofern bie Ge⸗ 
walt fie nöthigte, welches bei der Ohnmacht ber Fuͤrſten fetten 
der Ball war, und wir finden in den vielfachen Reichscapitula⸗ 
rien und Abſchieden, welche der Verf. mit großer Sorgfamkeit 
geſammelt hat, ſtete @rneuerungen ber alten Geſete und Be⸗ 
brodmg ber Uebertreter derſelben, woraus man fieht, wie we: 
nig bie kaiſerlichen Berfügungen geachtet wurben. Beſonders 
fehlte den Gefegen aller Nakdrud, als das Haus der Hohen: 
flaufen unterlag und die Wahlfürften vorzugsweſſe Kaifer er: 
wählten, welche außer Stand waren, ben Anmaßungen bee Ba: 
fallen zu wibderfireben, bis es fo weit kam, daß mehre Kaifer, 
namentlih Karl IV. einzelnen Fuͤrſten als Belohnung für ihre 
Bahlſtimme Bollconceffionen einränamten. Dennoch aber be: 
trachtete die Reichegefeagebung und die Stimme des Volks bie 
Auferlegung ungerechter Zölle (injusta telonea) als einen Bruch 
des Landfriedens, weshalb ber Bund der Städte zur Abweh: 
rung ‚berfelben eine rechtmäßige und erlaubte Vertheidigung war. 
Es wird dem Lefer intereffant fein, den Mopificationen zu fol: 
gem, welche das Zollmwefen, welches feit 1519 in den Wahlcapi: 
tulationen der Kaifer feinen weſentlichen Grundzuͤgen nad) abge: 
handelt wurde, bis zur neueften Wahlcapitulation von Kranz IT. 
im Sabre 1792 ertitt, weshalb der Werf. den achten - Artikel 
berfeiben barftellt, um zu zeigen, wie die alte germanifdhe An: 
fiche im Geift der Berfaffung ſich ſtets erhalten hatte. Dit po⸗ 
litiſchen Weränberungen, denen Deutfchland unterworfen war, 
ließen ein neues Zollweſen entftchen, welches, von dem bes ebes 
maligen fraͤnkiſchen Reichs in jegucher Hinſicht verſchieden, viel⸗ 
leicht für einzelne Staaten partielle Vortheile ſchuf, dem Ges 
meinmwefen aber hoͤchſt narhtheilig war. Nachdem’ Friedrich II. 
den Kaifer und das Reich fiegreich bekämpft Hatte, gab es 
einen großen Theil Deutfchlande, in welchem das kaiſerliche An⸗ 
fehen nicht nur factifh, fondern auch ber Borm nach vernichtet 
war, und fo war es natürlich, daß das preußiſche Accis: und 
Monopolfpftem, zwar anfangs von Kranzofen adminiſtrirt, vom 
fräntiihen Gefeg Feine Spur anfihtrug. As nun aber 
bie in Frankreich erwachten Breiheitsibeen ber Revolution für 
Deutſchland das wunderliche, faft fcurrile Refultat hatten, daß 
die fammtlichen deutſchen Fuͤrſten, durch die Gonföberationsacte 


% 


s 
. 
. 


bes Rheinbundes für ſouverain erklärt, ihre Länder und Untertha⸗ 
nen en toute souverainet# et propriets befaßen, entflanden Zoll⸗ 
fofteme diverfer Art. Wie. nun unfer Vaterland durch Napo⸗ 
leons Sontinentalfpftem, die Verhandlungen am wiener Bong 
und Bundestage bins und hergeſchaukelt wurde, zeigt ber Verf. 
mit ber im Gingange gerühmten Belefenheit. ebenfalls gehö« 
zen bie verſchledenen Anfichten, bie heterogenen Syſteme, welche 
fi über das Zoll⸗ und Merkantilſyſtem verbreitet haben, zu ben 
vielfachen Sonderbarkeiten unferer Zeitz befonbers befinden ſich 
die Staatsmaͤnner ber kleinern Staaten in ber Lage eines zwi⸗ 
ſchen der Scylla und Charybdis fegelnden Schiffer unb wär: 
den in einige Differenzen mit ihren mächtigern Nachbarn geras 
then, wenn fie den $. 16 des achten Artikels der legten Wahl⸗ 
capitulation, wo vom Misbrauch der Befugniß, Zölle zu erhes 

ben, die Rebe ift, weldyer wörtlich heißt: „Und Toll baneben eis 

nem jeden Ghurfürften, Fürften und Stande (bie freie Reiche: 
- sitterfhaft mitbegriffen) erlaubt fein, ſich und die einigen fol« 

cher Beſchwerden felbft, fo gut er ann, zu erledigen unb zu 

befreien‘, nur einigermaßen ftrict interpretiren wollten. 36. 


Kleine Schriften, Polen betreffend. 


1. Polniſche Miscellen. Herausgegeben von Zaver Broni⸗ 
kowski. Ne 1. Nürnberg, Campe. 1852. 8. 1 Thlr. 


Der in ber legten polnifchen Revolution oͤfters genannte - 


Rechtsgelehrte Bronikowski beabfichtigt in zwanglofen Heften 
Mittbeilungen über Polen in beutfcher Sprache herauszugeben. 
Das erfte Heft liegt vor uns, enthält aber in der That nicht 
viel Neues und Mertwürbiges, was man body bei ber frühern 
©tellung des Herausgebers erwarten follte. 
Zuerſt gibt 8. eine biplomatifche Klage wider das peterss 
burger Gabinet in Hinſicht Polens. Er glaubt auf eine neue 
Art das Unrecht Rußlands gegen Polen zu beleuchten, indem 
ee zwar bad Recht jener Regierung, die biefem 1815 verlichene 
Eonftitution wieder gurüdzunehmen, zugibt, jeboch in Verleihung 
ebenerwähnter Sonftitution eine Verlezung bes erſten Artikels 
- des wiener Gongreffes fiebt, nad welchem in ben Worten: 
„Le duch& de Varsovie sera lie irrevocablement par sa con- 
stitution & P’empire de Russie”, die alte Berfaflung des ſaͤch⸗ 
ſiſchen Herzogtums Warfchau von 1807 den Polen bätte ges 
laſſen werden müffen. Zugegeben, daß diplomatiſch über biefe 
Phrafe: ‚par sa constitution”, gerechtet werben könne, fo Tann 
doch Ref. nicht begreifen, wie der Herausgeber die Conſtitution 
von 1807, deren Grundzüge er mittheilt, der anerkannt liberas 
len Verfaſſung von 1815 vorziehen kann, und noch wenis 
ger einfehen, was folche rechtliche Klagen nüsen follen, wo bes 
reits bie Kriegsgewalt fo lange entſchieden hat, bis ebenbies 
felbe wieber einen andern Zuſtand herbeiführt. Was der Der: 
ausgeber über bas den Gongreßbeftimmungen zuwiderlaufende Bes 
nehmen ber ruffifchen Regierung gegen bie früher Rußlanb einver: 
leibten Provinzen fagt, tft bereits hinlänglich bekannt. 
Hierauf folgt eine kurze Befchreibung bed Felbzugs Diver: 
nidi’s nad) Volhynien, bie nichts Neues enthält. Dieran fchließt 
fih die Beichreibung ber erften parifer Sahresfeier des Aus: 
bruchs der polnifchen Revolution nebft den dabei vom General 
Lafayette, dem Amerifaner Howe und Lelewel gehaltenen Res 
den. Endlich folgt ein aus den Eaiferlichen Verordnungen und 
Privatmittheilungen gezogener Ueberblid über ben jegigen Zus 
ftanb Polens. Kann man fi) au auf die Wahrheit der Pri- 
vatmittheilungen nicht verlaffen, fo geben doch fchon die aus 
den Beitungen befannten und bier wiederholten Faiferlichen Ver⸗ 
ordnungen vom Aufgreifen und Ausführen ber Waifen und mits 
tellofen Kinder zwiſchen 6—17 Jahren nad) Rußland, von bem 
Einzwingen ter polnifhen Soldaten unter bie ruffifchen Armees 
‚corps, vom Fortführen ber wiſſenſchaftlichen und Kunſtſchaͤtze 


in das Gzarenzeich y. f. w. ein hinreichend ſchmerzliches Wild von 

bem Eule bes — Bandes, In durch bie Darftel: 

lang des Serausgebers nur wenig friſche Kärbung gewinnt. — 

Möge uns ber geehrte Herausgeber balb mit einem zweiten 

Hefte und interefiantern Mittheilungen erfreuen. - 

2, Coup d’oeil sur la revolution de Pologne en 1830 — 31. 
Avignon, 1882. ’ 

Der Lefer erwarte in biefem 28 Geiten enthaltenden 
Gchriftchen eines verbannten Polen weber eine gebrängte Ueber⸗ 
ficht des polnifchen Freiheitekampfes, noch neue Aufklärungen, 
fonbern blos die Aufzählung dee jebem Beobachter be bes 
le bie riffe und fehler Ghlopidi’s und med, 
welche bie 
lähmten unb feinen Untergang herbeiführten. Das Schriftchen 
fchließt mit frommen Wünfdgen und froben Hoffnungen bes vers 
bannten Patrioten. 93, 





Notiz. 


Borfhlag zu einer großen literarifhen Union. 

Das „New monthiy magazine‘' enthält in Nr 143 ben 
Entwurf zu einer vorläufigen Union aller Schriftfteller in Eng: 
land, von wo biefelbe dann über bie ganze civllifirte Welt weis 
ter verbreitet werben koͤnne. Natuͤrlich muß bas Unternehmen 
von feflen Principien ausgehen, zu welchem Zwed eine Art von 
politiſchem Glaubensbelenntniß vorgefählagen wird, bem alle 
Theilnehmer hulbigen follen. Abfchaffung aller taxes on know- 
ledge, Anerkennung der Rothwendigkeit allgemeiner Aufliärung 
muͤſſen die erften Artikel beffelben fein. Alle Sheilnehmer waͤh⸗ 


ne Kraftentwickelung bes aufgeflandenen Volles. 


Ien einen Ausfchuß, der Vorſchlaͤge zu machen und Belhlüffe 


zu faffen bat, welche als allgemeines Geſet gelten, und alle 
Jahre eriäßt berfelbe nach feiner Erneuerung ein Manifeft. 
Jeder Schriftfteller, ber ein’ Werk über 10 Bogen verfaßt hat 
oder mit ber periobifchen Prefle in irgend einer Verbindung 
ſteht, Tann beitreten und bat fih dann zu einem beliebigen, 
in beſtimmten Terminen zahlbaren Beitrag zur Beftreitung ber 
Koften bes Vereins verbindlich zu machen. Diefe werben haupt⸗ 


ſaͤchlich deſtehen: in ber Unterflügung jedes hülfsbebürftigen: 


Mitgliedes und, fo lange bie Preffe noch bebrüdt wird, allex 
wegen Preßvergehen, Drud ober Vertrieb verbotener Schriften 
und mit Strafen belegten Perfonen. Die Verwaltung ber Fonds 
beforgt ein befonberes Gomite. In allen Theilen des Landes 
werden Nebenausfchüffe unter .ber Leitung bes allgemeinen er» 
richtet. Ein literarifcher Ausfchuß beforgt die Herausgabe von 


folhen Werken — gleichviel ob anonym, in periodiſcher oder 


in anderer Form — , weldge er bazu geeignet hält, und der 
(wahrſcheinlich anfehnliche) Gewinn wirb zwiſchen dem Berf. 
und der Gefellfchaftscaffe getheilt. Das Motto des Vereins ift: 
„Das Volk!" Literarifch noch fo berühmte Männer, welche ſich 
nicht für das Intereſſe des Volkes verwenden, bleiben ausges 
fhloffen u.f.w. Wenn je eine ſolche Union zu Stande kommt, 
tann fi gewiß England, Guropa und bie ganze Welt nur 
Gluͤck dazu wünfhen. Widerſpruch würbe fie wol ſchwerlich 
finden; denn wer möchte gegen eine Affociation auftreten, wels 
de die Ausbreitung ber Givilifation zum Zweck hat? Nur 
was biefelbe hemmt, was bie Geifter in Beffeln legt und ber 
Verbreitung der Wiffenfchaft, ber allgemeinen Aufklärung der 
Völker Grenzen feat, nur die Sreunde ber Dunkelheit können 
vernänftigerweife Gegner baben. Unberechenbar ift übrigens 
ber Einfluß, welchen ein folcher Berein ausüben würde. Die 
Macht aller Dunfelmänner wäre mit einem Wale gebrochen, 
und der benfende Theil bed Menfchengefchlehts würde auf die 
handelnden bald eine Wirkung ausüben, jener fehr aͤhnlich, von 
der ein griechifcher Philofoph die Entſtehung einer vollkomme⸗ 
nen Regierung eewartet. 0 8, 


Nedigirt unter Werantwortlichteit der Verlagshandlung: 3. A. Brodbaus in Leipzig. 
a > 


[4 


+ 


x 


Blätter 


für. 


fiterarifhe Unterhaltung. 


Ed 





Freitag, 


AT Nr. 95. — 


5. April 1833. 


\ 





« 


Converſations⸗Lexikon der neueflen Zeit und Literatur. 
Dritter Artikel.*) 
— Achtes bie zwölftes Heft. 

In einer muntern Geſellſchaft junger, meiſt literarifch: 
gebildeter oder zu bilbender Männer und junger Damen 
(doch Damen find immer jung!), welchen natuͤrlich auch 
äftherifches Colorit nicht fehlte, gebrady e8 eben an einem 
neuen unterhaftenden Spiele. Man proponirte, opponirte, 
eines war recht. Da meinte Einer, man folle das 
neuefte „Converſations⸗Lexikon““ auffchlagen, mo gemiß 
ein Artikel: neuefte Sefeltfchaftsfpiele oder Unterhaltungen, 
zu finden fein muͤſſe. Denn erſtlich brauche man Con⸗ 
verfation, dann für bie neuefte, d. i. die eben hinzubrin- 
gende Zeit, und Literatur wäre ja ohnehin ihre Sache. 
So haben wir wol fonft bei vornehmen genealogifchen 
Unterfuhungen nah dem Varrentrapp (fo bieß kurz⸗ 
weg das neue genenlogifche Reichs⸗ und Staatshand⸗ 
buch, welches bis 1811 in Frankfurt a. DM. bei Warren: 
trapp erfchien) rufen hören, wenn ein Streit entftand, 
wie alt diefe und jene Gräfin oder Kürftin fei, bei mel: 
chen Angaben aber mitunter ein nicht uneinträglicher Ver: 
jüngungsproceß vorgegangen fein fol. Nun war es allers 
dings mit dem fraglichen Artikel im neueften „Converſa⸗ 
tions =Leriton” nichts, aber es follte doch als ein tüchtiges 
Vademecum auch hier feine Dienſte thun, denn «8 er: 
weckte bei einem jungen Literatus, der zwar durchs Eras 


men gefallen, aber dann vermuthlid am Hofe des Mon⸗ 


des Hoftath geworden war, die dee, ob man nicht jedes 


” Heft diefes wohlbelanntn Werkes als ein Zimmer eines 


ungeheuern Wachsfigurencabinets betrachten und fo dar⸗ 
aus einen Begenftand der Unterhaltung machen fönne. 
Scheine auch das Entrée von 6 Brofchen für jeden Saat 
groß, fo ſei es doch eigentlich das wohlfeilfte von der 
Melt, denn man tinne ja daflır ganz darin bleiben oder 


‚vielmehr es ganz behalten. Die Vermummung ging vor 


fi, und fo ſah man denn eine Reihe Scenen, vor denen 
man freilih auf den Boden des Saales die Pagina des 
„Converſations⸗Lexikons“ zum Nachſchlagen hätte fchrei: 
ben follen. Da ſah man zuerſt den Dictator von Para= 
guay Francia, ben Doctor ber Theologie, wie er 
fih in den Stuhl des Caͤſar fest. Man wollte nämlich 


2) Bol. Nur 181, 182 u. 817 d. Bl. f. 1882. D. Red. 


nach ber Losreißung bes Landes vom fpanifchen Joche 
1811 eine Republik errichten und ſich aus Rollin's Ge: 
[hichte der alten Welt mit republikaniſchen Einrichtun⸗ 
gen befanntmahen. Man begeifterte fih für eine Regie⸗ 
rung von zwei Gonfuln und fegte für Francia und Ful⸗ 
genzio Yegros zwei Seffel mit den Namen Eäfar’s- und 
Pompejus' hin. Zur Alleinregierung und lebenslänglichen 
Dictatur gelangt, warf er die Maske der Mäßigung ab 
und ritt nie ohne einige Weiter aus, die eben nieder: 
bauen mußten, der fi) auf feinem Wege fehen ließ. Einft 
ertheilte er den Befehl, Jeden, der an feine Fenſter hin: 
anfehen würde, zu erfchießen. Als Unterfchrift zu feinem 
Portrait könnten die Worte dienen, die er einem Offizier 
fagte, welcher von ihm ein Heiligenbild verlangte, um es 
in der-Seftung aufzuſtellen: „Volk von, Paraguay, wann 
wirft du aufhören, blind zu fein! Als ich noch Katholit 
war, dachte ich wie du, jetzt aber weiß ich, daß die_beften 
Heiligen eine Reihe von Gefchügen längs der Grenze 
find.” In der Lage, in weiche Francia ſich verfegt hat, 
bleibe ihm, heißt e8 S. 37, nichts übrig, als unter den 
Trümmern des unnatürlichen Gebäudes, das er errichtet 
bat, zu fallen. 

Die zweite Gruppe, eine Barricadenvertheidigung, gehört 
den fhönen Artikeln: Frankreich feit dem Sabre 
1829 und Juliusrevolution, an, bei denen wir bloß 
zu bemerken haben, baf die Emigranten mit einer Million, 
wie ©. 43 fteht, ſchwerlich als Entſchaͤdigung zufrieden. 
gewefen fein dürften, denn baß es fo viel an Renten ge: 
weſen, wird nicht ausdruͤcklich bemerkt. Intereſſant ift die 
(S. 609) nachgetragene Berechnung, daß die Franzoſen 
in den 4055 Barricaden 3,125,000 Steine, und jeden 
zu 50 Pfund gerechnet (?), in 24 Stunden eine Laſt 
von 156,250,000 Pfund bewegt haben. Die Revolution - 
von 1830 in Paris Eoftete blos an Pflafterfteinen und 
Laternen 270,000 Francs. Ueber das (S. 49) ange: 
führte Programm des Stadthaufes wird (&. 614) aus: 
führlicher berichtet, aber noch wird es zweifelhaft gelaſſen, 
06 es wirklich exiſtirt habe. Allein gewiß iſt jedenfalls, 
daß man auf dem Gtadthaufe fchon angefangen hatte, 
die Republik zu proelamiren, deren Präfldent Lafayette 
werden ſollte. Solche Artikel und die damit verwandten 
über Sranzöfifhe Geſetzgebung und Franzoͤſiſche 
Literatur der neueften Zeit, Guizot und die Doctri= 


3% 


nairs u. f. w. find darum ſehr ſchaͤtzbar, weil fie mit 
zwei Eigenfchaften gearbeitet find, die felten vereinigt ge: 
funden werden, mit Unparteilichkeit oder Objectivität, und 
fodann mit umfichtiger Kenntniß der neuern Literatur über ihre 
Gegenftände. Wie Viele vermögen fid aus dem Labyrinth 
von 1000 Schriften und 10,900 Zeitungsartiteln bar: 
über- zurecht zu finden! Und mie Vieles wuͤrde bald wie⸗ 
der vergeflen fein in diefem Sturmfchritte der Begeben⸗ 
heiten, wenn es nicht auch hier feftgehalten würde. So 
die Empörung der Chiffoniers, bie vom Kehrichtſammeln 
Ieben, gegen die Reinigungsfarrenanftalt, die ftrasburger, 
Iponer u. a. Händel. Hoffentlich wird fich noch bei ben 
legten Heften des Werkes bei irgend einem bezüglichen 
Artikel die Gelegenheit ergeben, die Geſchichte Frankreichs 
moch weiter fortzufuͤhren. Vielleicht wiſſen mir bis bahin, 
wer bei der Herzogin von Berry Gevatter geſtanden hat! 

Unſer europaͤiſcher Francia, ber S. 79 genannte 
Fuͤrſt, der das Haus feines Unterthanen mit Kanonen 
Sefchteßen ließ und in feinem Schloffe wie Ludwig XI. 
im Dieffis led Tours hauſt, iſt mit ruͤhmlicher Freimuͤ⸗ 


thigkeit gezeichnet. Es waͤre in ber That ber Mühe werth, 


eine Portraitfammlung auch zu biefem „Converfatione- 
Zeriton” zu unternehmen, nur nicht in der Art und Un- 
bebeutendheit, wie wir neulich zu einem namendverwand- 
ten Werke die Bilder von Rotteck und Benjamin Con: 
ſtant gefehen Haben, baun mürben bie in befondern Arti⸗ 
fein cum grano salis gefchilderten Fürften: Friedrich von 
Altenburg, Friedrich Auguſt von Sachfen (fein Bruder 
Kohann fpäter), die beiden Friedrich non Hohenzollern: Hechin> 
gen und von Sigmaringen, Friedrich Wilhelm der Mitregent 
von Hefien, Friedrich Wilhelm der Kronprinz von Preußen, 
dann Stiebrich, Prinz der Niederlande, auch eine fchöne Suite 
Bilder darbieten. Daß alle, auch die gefchriebenen Por: 
teaitd etwas fchmeicheln, weiß dann “der Beſchauer fchon 
voraus. Doch zu unfern Saͤlen mit Zableaur zurüd! 

Barocker kann ber Zufall nicht zwei Perfonen neben: 
einander ſtellen, als es die alphabetifche Meihenfolge mit 
den Artikeln: Goͤthe und ber bekannten Giftmörde: 
sin Gottfried aus Bremen, gethan hat. Aber Den: 
Shen fo eminenter Individualität auch nur im Aeußern 
nachzuahmen, ift eine mislihe Sache. Darum errieth aud) 
Miemand an der Statue mit ber Blume in der Hand 
und der Unterfchrift: „Metamorphoſe der Pflanzen“, daB dies 
Böthe fein follte. In unferm Lexikon tritt biefer Stern 
erfter Größe mit einem Sternden auf, anzubeuten, daß 
er ſchon im frühen Werke beiprochen worben fei. Jetzt 
wird ber Todte, und was über den Todten von Lebenden gefagt 
worden, befprochen. Die Vergleihungen zwiſchen Schi: 
fee und Goͤthe, die einmal einen jungen genialen Dichter 
fo .entehfleten, daß er aus der Gtube der Freunde hinaus: 
‚ef, bald aber verſoͤhnt wieder zum Fenſter hereinſtieg, 
hören doch nun für immer auf. Die Uinvergksichlichen 
find nicht zu vergleichen als etwa, wie e8 ©. 180 ge: 
ſchieht: „Als Schiller ſtarb, plöglich abfcheibend aus ber 
biühendfim Periode feines Lebens und Streben, ging 
‚eine Trauer, die faſt an Leidenfchaft grenzen mußte, zer: 
veißend durch Das Derz von ganz Deutichland dahin, denn 


⸗ ⸗ 


Jedem war eine Hoffnung mit ihm geſtorben. Aber Goͤthe 
hat ſeiner Zeit Alles gegeben, was er hatte und war, und 
ſo, nachdem er vollendet wie Wenige, gelebt, auf der Hoͤhe 
des Menſchlichen ſtehend, erfuͤllte ſich nun auch an ihm 
menſchliches Schickſal in naturgemaͤßer Loͤſung des Da⸗ 
ſeins.“ Und nun dicht daneben, mit den Leichen ihrer 
Maͤnner und unſchuldigen Kinder um ſich, die verruchte 
Giftmiſcherin und vierzehnfache Moͤrderin aus Bremen, 
deren Lebensabriß man mit unausgeſetztem Schauder lieſt. 
Allein wie ihr Koͤrper wahrſcheinlich dem Anatomen an⸗ 
heimgefallen, ſo mag ihre Seele dem geiſtigen Anatomen, 
dem Pſychologen, Stoff genug zur Unterſuchung geben. 

Der Artikel: Göttingen im Jahr 1831 (mit 
welchem nothmendig der Artikel Hanover verbunden wer: 
ben muß, welches Land das. Land des Herlommens ges 
nannt wird), wollte ſich in keinerlei Weiſe zu einer Gruppe 
fügen, wenn auch bie calenbergifhe Cocarde fogleich auf: 
zutreiben getoefen wäre. Weber das Verhältniß der Be: 
börden und ber Profefferen zu den Stubdirenden in Böt: 
tingen werden (S. 200) einige unangenehme Dinge ge: 
fagt. War es aber fo, fo ift es begreiflich, daß fich die 
Studenten mehr an bie dü minorum gentium, die Pri- 
vatdocenten, anjchloffen. ef. kannte aber Göttingen vor 
mehren Decennien auch und bedauert, daß das Verhaͤlt⸗ 
niß ſich demnach fo fehr geändert haben fol, Auch fag 
wol das Uebel weit tiefer und kam nur grade in Gät- 
tingen, wo leicht die beweglichfte Bevölkerung neben man: 
chem localen⸗ Misverhältnig war, am lebkafteften zur 
Sprache. 

Variatio delectat. Wir fehen einen völlig angeklei⸗ 
beten Todten, der durch zwei in Form eines Andreaskreu⸗ 
zes befeftigte Stäbe aufrecht auf einem Pferde figt und 


eben zum entfernten Pfarrer reitet, um dort in heiliger 


Erde begraben zu werden. Er gehört den Gauchos 
oder ber in den Pampas der argentinifchen Republik Ame⸗ 
rikas zerftreuten Hirtenbevoͤlkerung an. Dort erfcheint noch 
die Viehzucht in ihrer primitiven -Geftalt. Auf bem Pferde 
bören dieſe Menfchen die Meſſe vor den geöffneten Thuͤ⸗ 
ven der Kapelle an, und auf dem Pferde zechen fie vor 
den Zhüren der Mirtheshäufer, wenn fie in Städte kom⸗ 
men. Häufig taufen fie ihre Kinder felbft oder fchieben 
bie heilige Handlung bis zur Verheirathung des Taͤuf— 


lings auf. . 


Doch kehren wir nah Europa zuruͤck, und menden 
wir und fogleih zu dem Papfte Gregor XVI. Wir 
wetten, menige Zeitgenoſſen haben fid) noch ein feſtes Ur⸗ 
theil über diefen Nachfolger Pius’ VIII. gebildet. Aber 
man muß nothwendig den tüchtigen Artikel Stalien 1831, 
1832 (8.529 — 547) dazu nehmen, um eine $olie für 
dies Portrait des jegigen Papftes zu haben. Wenn aud) 
Snquifition und Jeſuiten nicht feine SHeldenthaten. find, 
fo zeigen ſich doch Grundſaͤtze, bie dem Geiſte der Nacht: 
mahlsbulle nur zu fehr verwandt find. Was dort sana 


. dottrina beißt, iſt alfo verftändlik genug. Italien ift ein 


Vulkan, in deilen Innerm ed noch ‚immer brennt, und 
deſſen Eruptionen wie 1321 und 1831 ſich nicht einmal 
immer ‚an zehnjaͤhrige Intervallen binden werden. Und 


find Dies lusida intervalla? Es ift ein gräßfiches Ge 
mälde, wenn Paradies und Hoͤlle fo nahe an einander 
ſtehen und ber Menfch die herrliche Natur fo verpfufcht. 
. Doc man Iefe ſelbſt und bis zum Schluß, und nur bie: 
fen wollen wir mittheilen: „Aber endlich wird die Stunde 
fhlagen, wo das morſche Gebaͤude um Wohle der Menfch: 
heit zufammenftürzen muß, und ber jest noch nicht Ent 
täufchte flaunen wird, daß es ſich in feiner Nichtigkeit 
fo lange zu halten vermochte hat. Die Religion, von 
Denen, welche ‘ihre Priefter und Vertheidiger fein follten, 
zu ihren eignen, niedrigen Zwecken ſchaͤndlich gemisbraucht, 
wird diefen Trümmern und biefer Vernichtung des Fal⸗ 
f[hen und Irdiſchen ein neugeborener Phönir entfleigen, 
und ber Ruhm und die Freiheit des Landes, das Europa 
fo manches große und edle Beilpiel gegeben, wird dann 
nicht mehr ein bloßer ſchoͤner Zraum fein.” Fiat! — 
Der folgende Artikel: Stalienifhe Literatur der 
neueften Zeit, erinnert daran, daß die Deutfchen ein- 
mal die Sroßhändfer der Gelehrfamkeit genannt wurden; 
fo gedrängt und in einen tüchtigen Ballen zufammenge- 
ſchnuͤrt ift dieſe Ueberſicht. Aber wie im politifchen Le⸗ 
ben fo find auch in der Literatur fchroffe Gegenfäge. 
Wenn zur Belebung bes philofophiihen Studiums des 
Deutfhen A. Matthid „Manuale di filosofia” (Lugano, 
1829) erfchien, fo blieben auch des munderthätigen Prin- 
zen von Sohenlohe „Meditazioni ed istruzioni divotis- 
sime’ (Maifaud, 1830) nicht aus. Uebrigens fcheint der 
Verf. des Auflages zu glauben, daß die in einzelnen 
Theilen ſehr geförderte Ausbildung der Maſſe noch fehr 
fremd bleibe. 
(Der Beſchluß folgt.) 


Gedichte Malthers von der Vogelweide, überfegt von 
Karl Simrod und erläutert von 8. Simrod 
und Wilhelm Wadernagel. Zwei Theile, mit 
einem Titelkupfer. Berlin, Vereinsbuchhandlung. 1833. 
8 2 Thlr. 


Seitdem man die Kenntniß der mittelhochdeutſchen Poefie 
in Deutſchland wiebererwedt bat, ift noch immer wenig ges 
fcheben, um das Berftändniß ber Dichter jener Zeit auch tem 
größern Publicum zugänglich zu machen. Zum Zheil bielten 
ſich die Ueberſetzer nicht an bie urſproͤngliche Form, ober fie ga: 
ben nur Einzelnes als Bruchſtuͤck, wodurch weder ein vollſtaͤndi⸗ 
ges Bild von der Art der Darſtellung noch von dem Geiſte der 
Poeſie und den Seiten des Lebens, welche fie behandelt, noch 
auch von dem beſondern Charakter der Einzelnen konnte gefaßt 
werben. Ebenfalls fehlte bis jegt eine gu demſelden Zwecke ae: 
gedene ailgemeine Ueberfiht der Korm und überhaupt eine folce 
Erläuterung, welde dem Laien das Berftändniß zugänglich 
auuchte und zugleich als Einleitung zum eignen Etutium ber 
mittelhochdeutfchen Dichter hätte dienen können. Wegen Erfuͤl⸗ 
lung beider Srfoderniffe if vorliegende Ueberfegung empfchlend- 
werth, deren Verſ. fich ſchon früher dadurch bekanntmachte, daß 
er einzelne Zweige der epiſchen mittelhochdeutſchen Poeſie in der 
Art wiedergab, wie es die beſſern Ueberſetzer romaniſcher Poe⸗ 
fien mit Erfolg verſuchten, indem er naͤmlich an die urſpruͤng⸗ 
liche Form und den Gedanken fi fireng hielt, aber diefen 
nicht fo wörtlich wiedergab, daß ber Bau ber Sprade in ir: 
gend einer Dinficht Kätte gezwungen erfcheinen Tönnen. Indem 
ter Ueberfeger durch vorliegendes Werk auch die deutfche Lyrik 


a — — — gr ‚U ——— ———— 


bes Mittelalters dem groͤßern Publicum zugaͤnglich machte, bat 
er in Walther von ber Vogelweide die zichtige Wahl getroffen, 
weil mit diefem Dichter etwas Ganzes gegeben ift, welches alle 
Geiten bes damaligen Lebens fo umfaßt, wie es bei feinem 
andern in jener Zeit ber Fall ift, und weil unter allen Lyrikern 
ber Periode ſowol megen Kunſt als aud) wegen der Gefinnung 
Walthern ber erſte Preis gebürt. — Der Charakter feiner Poe- 
fie wird fomol durch feine Zeit ald bush den Stand, dem er 
angehörte, beftimmt. Bekanntlich entwidelt fih und zwar be- 
ſonders in lyriſcher Poeſie, ſobald ſich ein Theil der Geſellſchaft 
durch aͤußerliche Verhaͤliniſſe und bie damit zuſammenhaͤngende 
Bildung vor einem andern emporgehoben hat, eine Gattung, 
welche dem einfachen und ſchlichten Wolkögefange die Künfilich: 
keit entgegenfegt und fi; dadurch fowol in größerer Vollen⸗ 
bung ber Korm und der Sprache als auch in Präcifion ber 
Gedanken, tieferer Lebensanfiht und reicherm Sioffe von er: 
fterm unterfcpeidet. Walther mußte natürlich diefem Kreife 
angehören, ba er ben größern Theil feines Lebens unter be 

Adel an benjenigen Höfen Deutfchlande zubrachte, welche bie 
feine und ritterlige Sitte burchtrungen hatte, im Gegenfage 
des untern Theiles der Nation, welcher, in Hoheit verfunken, 
dem Dichter nur eine gerechte Verachtung einflößen Eonnte, bie 
er in einigen Liedern auch unumwunden auöfpricht. Zugleich 
mit der Blüte des ritterlichen Lebens fiel auch feine ſchoͤnere 
Zeit in die Periode, worin der Glanz und die Macht der deut: 
ſchen Krone vor allen antern hervorragte, wo fie aber mit den 
Buelfen in Deutſchland und Italien in einem heftigen Kampfe 
begriffen war. Auch biefe Seite feiner Zeit fapte Walther mit 
tiefem Gefühle auf und verdient daher um fo mehr unfere Auf: 
merkſamkeit, ba er ter Ginzige unter ten mittelhochdeutfcyen 
Dichtern iſt, welcher an jenem Parteifampfe einen fo unmittels 
baren Anteil nahm. — Im Uebrigen berührt feine Poefie 
auf gleiche Weiſe alle Seiten bes Lebens: das Verhältniß gu 
ben Frauen, bie ‚Höfe, die Religion und die Richtung. der Zeit 
nach Paläftine, umfaßt alfo gefellige, politifhe und religiöfe 
Verhältniffe. Der Ueberfeger hat daher eine paſſende Ginthei- 
lung in Srauen=, Gottes⸗ und Herrendienft getroffen, obgleich " 
ſich Feine Gattung von ber andern durchaus ftreng fcheiden läßt; 
benn fowie auch jene Verhältniffe des Lebens ſich unter einan« 
der wechſelſeitig berühren, fo geben fie auch in der Poeſie in 
einander über.. Der Dichter. feiert z. B. ben Ruhm der Ra- 
tion in dem der beutfhen Frauen; ba das Verhältniß zu den 
felben ferner am Hofleben feinen Play findet, fehlt ber Frauen⸗ 
dienſt auch nicht im dritten Theile und wird ſogar im zweiten 
Theile behandelt, da himmliſche und irdiſche Minne verwandt 
find u. |. w. Die erſte Abtheilung, welche ſich in dem Ver⸗ 
haͤltniſſe bewegt, welches zur Verſchoͤnerung bes damaligen Lee 
bens diente‘, bat zum Gegenſtande den allgemeinen Preis ber 
Grauen, den befondern der Herrin, Liebesbewerbung und Ge⸗ 
nuß (legtern in einem Tageliede) und Betrachtung über bie 
Minne. Der Charakter des Ganzen ift einfach edler, oft naie 
ver Ausdruck des Wefühles ; doch wird einige Ginförmigfeit da⸗ 
durch hervorgebracht, daß ber Dichter, der Sitte gemäß, bie 
Bewerbung zu feinem Dauptaefchäfte machen mußte. Das ju⸗ 
gendliche und reifere Alter tes Dichters läßt fic hier leicht erfen- 
nen, erfleres durch den unmittelbaren Ausdrud bes Gefühle, 
legteres dadurch, dab eine Reihe von Gedichten einen elegifchen 
Charakter darbietet, da die Gontemplaticnin ihnen vorberrfcht. In 
biefe legtere Periode Walthers ſcheint hauptſaͤchlich der zweıte 
Theil, der Gottesdienft, zu gehören. Hier gewährt e8 Intereſſe, 
den Dichter und die Art feiner Auffaffung mit den Spaniern zus 
fammenzuftellen. Bei legtern ift die heilige Poefie unmittelbarer 
Erguß des Gefühle, glühend in Andacht, reich an Bildern, kühn 
und großartig in der Sprades bei Walther herrſcht moralifch 
religidfe Reflexion vor, auch erfennt man tadurd in ihm ben 


ruhigern Charakter des Deutichen, daß ihm bie Wirklichkeit 


der Kirche und des geiftlidhen Standes im traurigen Wider: 
ſpruche mit dem echte flieht, ebenfalld im Gegenfage zu ben 
Spaniern, welde, bie Heiligkeit der Myſterien verehrend, über 








392 


bie unreinen Bände, denen fie anvertrauf find, ſtets hinwegſe⸗ 
den. Die zweite, ebenerwaͤhnte Periode Walthers erkennt man 
noch an einem andern Umflande, welcher mit ben Berbättniffen 

jenes Zeitalter zufammenhängt., Des Dichters Jugend fällt 
in die Zeit einer höheren Blüte des ritterlichen Lebens und bes 
beutfchen Reichs; beides verfiel zugleich, und obgleich der Did) 
ter bas Interregnum nicht mehr erlebte, fo erblickte er doch dies 
jenige Auflöfung der Bitten des Adels, welche jenem vorher: 
ging. Indem er alfo ben Anfang bes Verfalles im gefelligen 
Leben, in Staat und Kirche ſchaute, zeigt feine trübere Anficht 
einen tiefern Grund als die gewöhnliche alltägliche Klage über 
den Verfall der Bitten. — Was den dritten Theil betrifft, fo 
zeigt diefer drei Geiten: das Hofleben und bes Dichters Verhaͤlt⸗ 
niffe zu demfelben, das deutſche Reich mit feinen Parteiungen, 
und endlich diejenige Richtung, welche auch bei ben Provenzalen 
einen Haupttheil der politifhen Gedichte ausmacht, das Gtre: 
ben nach der Eroberung des heiligen Landes. Was das Ganze 
hetrifft, To erfcheint auch hier der Vorzug Walthers vor den 
legtgenannten und ben fpätern Deutfchen. Während bei diefen 
das perfönliche Verhaͤltniß vorherrſcht, indem Keindfchaft ober 
Neigung gegen Einzelne ausgefprochen, oder Sreigebigkeit und 
Kargheit gelobt und befchimpft wird; während ferner bei ben 
Provenzalen nur eine allgemeine Seite, bie Kirche, das Gefühl 
anregt: tritt bei Walthern das perfönliche Verhaͤltniß vollkom⸗ 
men in ben Dintergrund, und bie Ideen ber Kirche fowie bes 
Staates nehmen auf gleiche Weife fein Gemüth in Anfprud. 
Mährenb er fo in ben Kampf ber Quelfen und Ghibellinen bins 
eingezogen wurde, war feine @efinnung echt teutfch, im Gegen: 
fage der Welfhen und der Fürften, mwelde, auf den Papft jich 
flügend, ihre eigne Gewalt durch Untergrabung ber Faiferlichen 
Macht zu vergrößern firebten. Bein Yatriotiemus bewirkt 
“deshalb eine reinmonardifche Befinnung, weldhe er in einem 
Gedichte deutlich ausfpricht. In bem Sinne gilt ihm die Per: 
ſoͤnlichkeit nichts; das Princip ift ihm bie Urfacdhe feiner Ans 
bänglichkeit an ben einen oder anbern Kaifer, je nachdem ber: 
felbe den Glanz und bie Würde feiner Krone mehr ober weni: 
ger wahrnimmt. &o ift er zuerfi Anhänger Philipps und fos 
dert die Fürften auf, ihn zu wählen; dann fchließt er ſich dem 
Dtto an, als bdiefer gewählt und mit dem Papfte zerfallen ift. 
Später aber findet er ſich in Otto getäufcht und wirft ihm feine 
Schwaͤche und Kargheit vor. Daher, als Friebrih II. nad 
Deutſchland gefommen war, wandte er fich diefem entfdhieben 
zu, da der Glanz feines Hauſes und feine Perfönlichfeit bem 
©thne ber Partei. Walthers volllommen entifprad. Mit Uns 
recht würbe bem Dichter hier Inconfequenz vorgeworfen werben; 
' denn ba er das Princip im Auge har, fieht er von ben Perfos 
nen weg. Friedrich II., melcher befanntlich die höhere italient: 
fe Bildung durchaus in fih aufgenommen und in Stalien bie 
Dichtkunſt liebte und deſchuͤtzte, fogar felbit ausübte, erkannte 
auch den Werth Walthers; wie wir aus einzelnen Liedern uns 
ſers Dichters fehen, ſchenkte er ihm ein Leben und gab ihm da⸗ 
durch eine unabhängige Stellung. Wie fehr inbeffen Walther 
aus dem Gefühle feiner Partei ſprach, flieht man aus bem Um: 
ftande, daß ein gleichzeitiger friaulifcher Dichter, Tommaſino, ein 
politifches Lied Walthers anführt und zugleich ben Ginbrud ers 
wähnt, welchen baffelbe ſogar in Italien bervorgebradht habe. 
In Hinſicht des perföntihen Charakters bemerkten wir oben, 
taß fich derfelbe in bem dritten Theile zum Bortheile Walthers 
tarftellt im Begenfage mit ben übrigen Deutfchen und den Pros 
venzaten feiner Zeit. Er macht nämlich Kreigebiglelt und Karg⸗ 
heit nie zum alleinigen Maßſtabe feines Lobes; in erfterer räth 
ee Maß und Klugheit, und bittet er um ein Geſchenk, fo vers 
gibt er nie feiner Würde. Was endlich die Form anbetrifft, fo 
zeigt fi bei Walther eine Mannichfaltigkeit im Versbau, wie 
man fie zwar in jener Zeit bei Deutfchen und Provenzalen alls 
gemein findet, wogegen aber bie Armuth der neuern Lyrik ab: 


Redigirt unter Verantwortlichkeit ber Berlagähandlung: F. A. Brodhaus in Leipzig. 
Tr ——————————————⏑ 


ſtechend in bie Xugen fällt. Durch Abwechſelung ber längern 
und kuͤrzern Zeilen, durch @tellung und Öftere oder ſeltnere 
Wieberholung der Heime, durch Ginfchiebung nicht gereimter 
Verſe wird ein ſolcher Reichtum hervorgebracht, daß Thon aus 
biefem runde ber Dichter, welcher ſich auch hierin dor feinen 
Beitgenoffen auszeichnet, Aufmerkfamteit verdienen würde. Wir 
tönnen im Gingelnen bei den Formen nicht verweilen; doch be⸗ 
fonbers auffallend ift ein Versmaß, weldes ber ſpaniſchen Des 
cime fehe ähnlich ift, indem nämlich zwei Quartette von vier⸗ 
füßigen Trochaͤen durch zwei gereimte Zeilen mit fremdem Reim 
mit einander verbunden find. Als allgemeines Geſet hat ber 
Ueberfeher nad Jak. Grimm das ber Dreitheiligleit dargethan, 
wo nämlich zwei gleichartige Theile durch einen dritten ungleich⸗ 
artigen verknuͤpft ober beſchloſſen werben; welches ebenfalls in 
allen größern zufammengefegten Versmaßen antiker und moder⸗ 
ner Lyrik bort fcharffinnig nachgemwiefen ift. Die Anmerkungen 
zum britten politifhen Theile haben Wilh. Wadernagel zum 
Verfaffer, ber fi auch um altbeutfcher Literaturgefchichte und 
Sprache verdient gemacht hat. 100. 


1 





Notice sur le comte Jean Capodistrias, president de la 
'Grece, suivie d’un extrait de sa correspondance, par 
Stamati Bulgari, chef de bataillon au corps royal 
d’etat major. Zweite Ausgabe. Paris 1832. 

Daß ‚diefe Schrift eine Lobrede auf den fo Täglich umges 
fommenen Präftdenten fei, ertennt man fogleich auf der erften 
Seite. Der Berf. ftand als Ingenieur mit Kapobiftrias in 
amtlichen Berhältniffen und wechfelte Briefe mit ihm, bie er 
auch am Ende feiner Schrift hat abbruden Iaffen. In jenen 
Verhaͤltniſſen fteilt fih ihm der Präfident als ein wohlwollender 
Mann bar, welcher nur das Gute wollte unb bem bie Wohl 
fahrt Griechenlands fehr am Herzen lag. Der Verf. erzählt, 
wie er ben Grafen, welcher, feiner Verfiherung nad, auf alle 


Annehmlichkeiten feiner Lage in Rußland verzichtete, um feinen - 


Sandsleuten, ben Griechen, nuͤtzlich zu fein, von Ancona aus nach 
Griechenland begleitete, wie dort Alles im Elende ſchmachtete und 
in Verwirrung log, wie die Verzweifelung und bie Unordnung 
bald nad dem inen bes Praͤſidenten aufhörte, wie gute 
Geſetze das Land beruhigten, ben Aderbau unb ben Gewerbfleiß 
wieber in Flor brachten, wie auf ben Trümmern der Städte und 
Dörfer neue Städte und Dörfer entftanden, mie das Land von 
Demogeronten, die bas Volk erwählt hatte, regiert wurde, u. f. w. 
Wenig fehlt, fo ift das Gemälde dasjenige des goldnen Zeitalter. 

Stamati Bulgari kann fi) nicht verhehlen, daß gewicdhtige 
Stimmen, als diejenige des achtungewerthen Korais, des Abmirals 


Miaulis u. A. ſich gegen das Regierungsfpftem bes Präfidenten außs . 


gefprochen haben, und daß man es ihm befonders zum Vorwurf ge= 
macht hat, daß er nicht verfaffungsmäßig regierte. Gegen biefe Ein⸗ 
würfe hat ber Verf. die Antwort bereit, bie man in ähnlicdyen Faͤl⸗ 
len ftetö gebraucht. Nämlich, ein aus ber @flaverei eben entron» 
nenes, von Factionen zerriffenes unaufgektärtes Volk könne noch 
feine freie Berfaffung haben; bie Preßfreiheit fei ihm gefährlich 2c. 
Er verfichert, Kapobiftrias habe keineswegs uneingefchränft re= 
gieren, fondern nur Zeit gewinnen wollen, um den Charakter unb 
bie Bitten des Volks gehörig kennen zu lernen. Diefer Gin 
wurf ließe ſich allenfalls hören, wenn ber Präfident bei feiner An⸗ 
?unft keine Verfaſſung vorgefunden hätte. Der Verf. fucht fernee 
den Praͤſidenten gegen andere Vorwoͤrfe zu vertheitigen, 3. B. 
daß er nur im Intereffe Rußlands gehandelt, ſich mit unterwuͤrfi⸗ 
gen Menfchen umgeben babe u. f. w. Stamati Bulgari zähle 
eine Menge Woblthaten auf, womit er Griechenland foll übers 
häuft haben. ebenfalls verdient der Verf. ale Augenzeuge 
Beadhtung, wiewol er feiner Rage halber nicht unpartehiä fein 
ann. . . 


—— — — 


— —— gg — — — 


TU 


— — mern m 
v 


BI 


tter 


für 


literariſche Unterhaltung. 





Sonnabenb, 


6. April 1833. 





Gonverfationd- Lexikon der neueften Zeit und Literatur. 
Dritter Artikel. 
Achtes bis zwoͤlftes Heft. 
(Beichluß and Nr. 96.) 

„Wenngleich der rlftige bamberger Bibliothekar Kid 
ben olphabetifhen Platz vor dem nordamerikanifchen Praͤ⸗ 
fidenten Jackſon angewiefen befommen hat, fo wird doch, 
und bied wird Erfterer wol nicht, übelnehmen, grade 
jegt mancher Lefer der Zeitungen bei der großen Lebens: 
frage über das politifihe Schiema in den Bereinigten 
Staaten fih um fo mehr an den Artikel: Sadfon, halten 
muͤſſen, als ber Artikel: Wereinigte Staaten, noch nicht 
an ber Reihe iſt. Man fieht aber fchon hier, was Schul: 
den für eine fchöne Sache, für ein dauerhaftese Band 
um ein Land herum find. Kaum find die Schulden der 
Bereinigten Staaten gluͤcklich abgeftoßen, fo wollen fie 
auch ſchon auseinander wie die Adminiſtration eines sin- 
king fond, bie nach getilgter Schuld nichts mehr zu thun 


. bat. - Die europäifchen Völker müffen ihren Fürften bef: 


fer gehorchen, denn dieſe haben ſie ſchon durch ihre Staats⸗ 
papiere halb in der Taſche. 
Schnell eilen wir an der folgenden Scene, der Ermor⸗ 


dung des ruſſiſchen Geſandten, des edeln Dichters, Staats: 


raths von Gribojedow, zu Teheran am 12. Febr. 1829 
vorüber (über die Urfachen werden theils ruflifche, theils 
englifhe Nachrichten mitgetheilt; wer aber eigentlich hin⸗ 
tee der Dede fpielte, ift nicht verrathen), um zu den 
Griehen überzugehen. Ihnen und ihrem Lande ift ein 
wahrer Miefenartitel, der trotz des engen Drudes faft 
60 Seiten einnimmt, alfo, nad) Art von Göthe’s „Divan” 
gedruckt, einen anfehnlichen Dctavband bilden würde, ge: 
widmet. Wie die münchner Glyptothek (und da bemer: 
fen wie erft, baß dieſe auch mol feit ihrer Vollendung ei⸗ 
nen eignen Artikel haben follte) einen eignen Saat für 
die vesfchiedenn Mythencyhklen oder Kunftkreife hat, .fo 
hätte auch unfer hiftorifcher Salon noch viel mehr Sce: 
nen aus der Griechenmwelt als den branderbefteigenden 
Konftantin Kanaris, oder den vor ber Kirche er: 
mordeten Kapodiſtrias, oder den in den Beſitzungen 
des Königs von Baiern auf der Inſel Milos Nachgra: 
bungen anftellenden Heidegger u. f. w. auswählen koͤn⸗ 
nen. Es wird diefer von einer kundigen Hand gearbei: 
tete Artikel grade jet von fehr großem Intereſſe fein, wo 


> 


\ 


man dem Erfolge der bairiſchen Erpedition nad) Gries 


henland mit Sehnſucht entgegenficeht. Dean muß bamit 
den Artikel: Kanaris, und den im zwölften Hefte noch 
unvollendet gelaffenen Artikel : Kapodiſtrias (Familie), 
und einige andere verbinden. Der erftere Artikel führt 
fehr planmäßig die neueſte Gefchichte Griechenlands bis 
zur Ermordung des Präfidenten, welche der zweite Artis 
tel (Kapodiftrias) nach ihren nähern Umftänden fchildert, 
worauf er die durch den Tod jenes Mannes herbeigeführ: 
ten Veränderungen angibt. Dagegen follen die neueften 
Ereigniffe, welche die Gründung des griechiſchen Throns 
einleiteten und begleiteten; unter dem Artikel: Dtto, Kb: 
nig von Griechenland, zuſammengefaßt toerben. 
nicht moͤglich, in das Einzelne einzugehen; aber dies Re⸗ 
ſultat wird man leicht daraus ziehen koͤnnen, daß eine 


Es iſt 


x 


völlige Beruhigung, eine Herftellung von Gefeglichkeit und - 


Staatsordnung bei dieſen Parteiungen, bei zum Xheil 


unbandigen Leidenfchaften Einzelner, bei diefem Mangel 
an Subordination und Finanzen nicht das Merk des Au: 
genblicks fein Eönne. Die Erfcheinung des neuen Staats: 


oberhauptes mit einer Negentfchaft und einem Truppen⸗ 


corps kann Leicht erſt noch neue Leidenfchaften aufregen, 
und leicht möglich, daß nur erft das divide der Parteien 
das imperabis herbeiführt. 


ned Theiles der Willensfreiheit gehöre, um einen Ges 
fammtwillen zu conftruiren, fcheinen viele Griechen noch 
gar nicht begriffen zu haben. Die auch hier gerügten 
Fehler Kapodiſtrias' können aber auch fehr Ighrreich wer: 
den. Ueber den älteflen Bruder des ehemaligen Präftdens 
ten, Viaro K. (Auguftin, der jüngere Bruder, ift bekann⸗ 
ter) erfährt man bier erft etwas, aber keineswegs Ruͤhm⸗ 
liches. Der Artitel über Guilford, dritten Sohn des 
Lord North, gibt Bericht über den Zuſtand der Univer: 
fität Korfu, deren Stifter, Kanzler und Wohlthäter er 
war. Dies führt uns auf den Artikel Aymnafial: 
wefen, ber mit der alten Wiege der Wiſſenſchaft, mit 
Griechenland, ſchließt. DaB Lob, welches Couſin dem 
Zuftand des Öffentlichen Unterrichts in einigen Ländern 
Deutichlands in feinem bekannten Berichte ertheilt, möge 
doch ja den Deutſchen nicht ſtolz machen; wir find lei⸗ 
der noch über Dauptfachen im Unklaren oder im wment: 
fchiedenen Streite, und das Erperimentiren mit mancher 


Daß zum Staate, diefer Ver: ' 
nunftform der menfchlichen Gefellfchaft, ein Aufopfern ei⸗ 


394 


Schufjugend gleicht oft dem Zahnausreißen” auf Probe 
oder zur Uebung. Man kann ben Artikel Handels: 
fhulen gleich dazu leſen. 

Doc mir find mit unfern Tableaur noch nicht fertig. 
Da ſteigt eine fingende Proceſſion von Männern und, 
Frauen, Zünglingen und Maͤdchen, mit ſchwarz, roth 
und goldenen Baͤndern geſchmuͤckt, gleiche Fahnen tragend, 
zu einer Burgruine empor. Hier ſpricht Einer begeiſtert 
von einer Buͤhne, dort von einem Tiſche; hier ſingt ein 
Zirkel: „Was iſt des Deutſchen Vaterland“, dort ein 
Franzoſe: „Allons enfans“; dort ſchimpft Einer auf 
Frankreich, und hier preiſt ein Pole den erſten Act ber 
| Muͤndigkeit. Wer ben Namen zum Bilbagucht, 
fchlage den Artikel: Hambacher Feſt, auf. Auf das fo: 
genannte Nationalfeſt der Deutſchen folgte bekanntlich bald 
: der Bundesdonnerkeil. Die Artilel: Siebenpfeiffer und 
Wirth, werden davon zu reden haben. Weiterhin fehen 
wie einen wohlgebildeten Knaben gar treuherzigen Ange⸗ 
fihts in einem engen dunkeln Loche Enien und fich mit 
einem bölzemen Pferdchen kindiſch unterhalten, Wafler 
und Brot neben ibm. Wir ratben auf Kaspar Hau⸗ 
fer und haben's erratben. Das pipchologifhe und rein 
menſchliche Intereſſe an dem. Anaben hat ſich bei Denen, 
bie ihm näher ftanden, etwas verloren. Es wird. ihm 
Gteidggüftigkeit gegen frühere Wohlthäter vorgeworfen, 
und auf Entdeckung feiner Gefchichte wird mwahrfcheinlich 
ganz zu verzichten fein. Nur Eins werben wir niemals 
glauben, daß der Knabe ein wiſſentlicher Betrüger war. 
Bei einer folchen Berftellungekunft würde er fchon ganz 
andere Zwecke haben erreichen wollen: 

Traurig fieht auf andere MWeife ein anderes Bild, von 
&. 398 entlehnt, aus. Ein Detachement Soldaten feuert 
auf einen Haufen Bauern, von benen ſchon eine Anzahl 
getödtet daliegen, andere ſchwer verwundet find. Darunter 
ſteht: Harra, 2. October 18236. Ed wird auch im 
Buch der Geſchichte ſtehen bleiben. Gut iſt übrigens, 
daß die vermidelte- Territorial⸗ und Liniengefchichte des 
Hauſes Reuß und die eigenthümliche Art ſich zu zählen 
(bei der Altern Linie von 1L— 100 und bei ber jüngern 
Linie in jedem Jahrhundert mit 1 anfangend) bier aus: 
einandergefegt worden ift. Eine ähnlihe Schlachtfcene 
bietet der 1. October 1830 in dem heffifchen Dorfe Soͤ⸗ 
det dar (S. 437). Die ftänbifhen Verhandlungen find 
auch bier wie bei Hanover, Baden und andern Ländern 
weitläufiger befpsochen. Sie gewähren ſaͤmmtlich barum 
ein größeres Intereſſe, weil fie wahrſcheinlich die legten 
Kämpfe der Völker um ihre ehrwuͤrdigen und zugeficher: 
. ten echte geweſen find. Nah der Beſchraͤnkung der 

"Dreßfreiheit und der Bewältigung der. öffentlichen Mei: 
nuug wird es ein Troſt fein, Lefen zu können, daß es 
bis 1832 Männer gab, welche für das Volk redlich und 
muthig gefprochen haben. Darum find auch Artikel, wie: 
€. ©. Hoffmann, Sordan u. %., jetzt von doppel⸗ 
ten Wichtigkeit. Werden aber ſolche Intereſſen für im; 
mer zur Ruhe protokollirt fein Binnen? Das Kurfuͤrſten⸗ 
thum Heſſen tft auf Kurheſſen veswiefen. Bis biefer Ar 
tikel gedruckt iſt, wird fich wol, wohin es bort hinaus⸗ 


-_ 


fhichte ein Roman, den man glaubt, und 


till oder Hinausfoll, reiner ausgefprochen haben. Wem 
es unheimlich im folcher Gegenwart werden follte, fllichte 
fh in einige der naͤchſten Artikel und gebe von 
ber Dierogipphe unferer Zeit zu den aͤgyptiſchen Dies 
roglyphen zurüd, über welche ein lichtooller Auffag 
(S. 445 fg.) zu finden if, reicher nachweiſt, auf melchen 
Wegen man dieſe brittehalbtaufenbjährigen Näthfel zu 
löfen gefucht bat, und wie weit dies bis jegt gelungen ift, 
oder er wandere in das Meich jener Zroitter aus Phan⸗ 
tafie und Geſchichte, welche man Hiftorifhe Romane 
nennt. Iſt nach der Definition eines Sranpofen die Ge⸗ 

er Roman 
eine Gefchichte, die man nicht glaubt, fa wird, nach bes 
Ref. Dafürhalten, ber hiftoriihe Roman etwas „glaub: 
lich Unglaubliches“ (aber ja nicht umgekehrt) fein. Hält 
man es aber mehr mit wirklicher Gefchichte, fo wird 
man den Auffsg: Hifforifche Vereine, mit Intereſſe 
lefen. Des Verf. Dinte muß gewaltig viel Gallaͤpfel 
enthalten, Denn es werben nad) verfchiedenen Seiten hin 
Wahrheiten ausgetheilt, welche nicht Allen munden wen 
den, bie doch ihre Vereinsbeitraͤge richtig abführen oder 
fonft etwas in bdiefem Felde geleiftet .zu haben meinen, 
Die Vereine find nach den verfchiedenen deutfchen Lanz 
bern durchgegangen; bei dem bresbner kommt eine völlige 
Steuerverweigerung und eine faft totale Lähmung feit 
1831 vor. Was die acht bairifchen Kreisvereine gewinft 
baben oder wirken wollen, macht den Schluß. 

Es gab fonft kein Wachsfigurencabinet, wo nicht „Dee 
alte Kris” zu fehen gewefen wäre. Auch uns durfte ex 
nicht fehlen (f. den Art. Hjortsberg); er gilt Mans 
chem für eine Hieroglyphe ber fogenannten alten gutem 
Zeit, und wenn wir einmal wegen ber Genfur, welche in 
Hierogipphen zu malen noc nicht verhoten hat, ober 
aus andern Gründen dieſe Schreibkunft wiederaufneh⸗ 
men follten, fo würden bie Heinen Standbildeechen Frieda 
richs des Großen und Napoleon's nicht fehlen dürfen. 
Uebrigens erinnert fi) Mef. bei der Kunſt, den alten Preu⸗ 
Benkönig in Blick und Stellung nachzughmen, gern feines 


nun auch laͤngſt entfchlafenen Freundes Chrift, des koͤnmigl. 


ſaͤchſ. Hofſchauſpielers. | 

Unfer naͤchſtes Bild flellt einen englifchen General 
vor, welchen ein junger Franzoſe auf ber Straße belei⸗ 
digt. Man hatte eine Meitgerte dazu genommen. Wäre 
der Beleidigende ein Fiacre, fo wuͤrde man auf eine in 
Wien mit Stwart vorgefallene Scene rathen können, ſo 
aber iſt 08. ber junge Graf Las Cafes, und nun iſt fein 
Gegner, der bie Ausfoderung zum Zweikampf nicht an⸗ 
nimmt (S. 500, ber Heroftent mag ſich felbft nennen), 
leicht errathen. Ein vecht undankbares Bild war ein Zug 
verfchleierter Damen, einen gewaltigen Tuͤrken voran. 
Es iſt das Darem bes Erdeis von Algier, Huffein, 
bee fich eben nad) Livorno einzuſchiffen im Begriffe ſteht. 
Die näcfte Figur, ein jumger declamirender Mann, hat 
wahrſcheinlich die Aufgabe bekommen, über diefe umfrei- 
willige Erpatriation zu improviſiren. Da werben wir ben 
Artikel Improvifasoren nachſchlagen muͤſſen und er⸗ 
innern uns, daß Herr Langenſchwarz grade fo ausgeſehen 


bat. Wäre eine gewiſſſe berliner Edimficheranekbore ſchon 
bekannt geweſen, fo tairbe wahrſcheinlich auch ber gelehrte 
Artikel: Intervention, feine Traveſtirung gefunden ha⸗ 
ben. Go warden unſere Leſer gut thun, ihm ſelbſt nach⸗ 
zuleſen. Wer aber der duͤrre, hungrige Dann fein mag, 
der neun Toͤpfchen Milch vor ſich ftehen Hat und mit 
finflerer Miene das zehnte von einem wohlgenaͤhrten 
Geiſtlichen ſich weguehmen fieht? Armer Irlaͤnder, auf 
welchen Schiller's Kapuziner Duͤrtlaͤnder reimen wuͤr⸗ 
de Man hat ein Buch: „Ein Jeſuit für jeden Tag”. 
Unfer Eabinet iſt beſcheldener, es bat nur einen hinge⸗ 
ſtellt, der mit der einen Hand ſegnet, in der andern hin⸗ 
ter dem Ruͤcken Heine, in Geſtalt von Puͤlverchen zuſam⸗ 
mengelegte Papiere hat... Da die Leute ſich nicht immer 
ertennen laften, fo hat eine böfe Hand Le Telller's Worte 
dazu gefchrieben: „Die Sefuiten find ehrliche Leute, aber 
es bat keine Schurkerei gegeben, wo fie nicht dabei ge 
weſen wären.” — Doch wis Schließen heuts unfere Ga⸗ 


-Ierie; wir haben natürlich nun das Wenigfte befprechen 


Binnen. Mögen: bie Verfaſſer fo vieler anderer trefflicher 
Artikel, z. B. Friedensgerichte, Gewerbs⸗, Gar: 
ten⸗-⸗, Blumenvereine, Gefaͤngnißweſen, Se: 
birgserhebung, Geognoſie oder Humboldt, Grey, 
Huskiſſon, Frege u. ſ. w. nicht auf uns zümen! 
Wir wollten im Humor und in der Ausfuͤhrlichkeit die rechte 
Mitte, die bier unter Juste milieu auch repraͤſentirt 
iſt, haften; mögen wie nur nicht über die gerathen fein, 
von ber Lafayette am 20. Februar 1831 fagte: „Wenn 
ber Eine fagt, 2 Mal 4 iſt 8, ein Überfpannter Kopf 
aber behauptete, 2 Mal 4 fet 10, wird man denn glau⸗ 
ben, in der Mitte das Rechte zu treffen, Indem man an: 
nehme, es fei 927 118. 





Die Zanzmuth, eine Volkskrankheit im Mittelalter, nad) 
den Quellen für Aerzte und gebildete Michtärzte bear: 
beitet von Dr. 3. F. C. Heder. Berlin, Enslin. 
1832. Gr. 8. 12 Gr. 


Der gelehrte Berf. bat fchon mehrfach feinen Beruf zu 
hiftorifch « mebicinifchen Arbeiten auf eine glänzende Weife bekun⸗ 
det und hoͤchſt intereffante Erfcheinungen, die unter dem Staub 
und Schutt der Jahrhunderte verborgen lagen, mit forfdhenber 
Hand wieder and Tageslicht gezogen. Wir erinnern zunaͤchſt 
sur an feine unlängft erfchienene Brofchüre: „Der ſchwarze Zob”, 
worin er bie phyſiſchen und moralifchen Berheerungen, welche 
diefes entſegliche Uebel im Mittelalter anrichtete, mit ebenfo 
tühnen Farben als tiefer Forſchung bargeftellt hat. In dem 
vorliegenden Werkchen wählt er ſich eine ähnlidye Aufgabe. Dafs 
feibe behandelt nämlich nicht, wie eine oberflächliche Anficht des 
Titels: vermuthen laſſen koͤnnte, bie ſchaͤdlichen Kolgen bes zu 
weit getriebenen Tanzens, tweldis allerdings auch oftmals einer 
mebicinifchen Beleuchtung werth gefunden worden find, fondern 
es beichäftigt fig mit jenen unheimlichen Krankheiten, bie uns 
unter bem Ramen: St.» Zohannistan;, St.-Veitſtanz, Taran⸗ 
tiemus u. f. w., befannt find, ober beffer durch bes Verf. Ars 
keit befannt werben. Wit großer Gviden, unb zugleich mit 
einem tiefen Bid in die Natur ber menſchlichen Seele zeigt 
der Verf., daß religiöfe Ueberfpannung ungleich mehr als irgenb 
eine fürperliche Weranlaffung biefe Uebel erzeugte, wenigftens 
fie in einem folchen Grade verflärkte und verbreitete, ober body 


eilige Xuffaffung einigermaßen zur Erklaͤrung dieſer grawen: 
haften Geheimniſſe führen fann. Der Berf. brüdt fi ſelbſt 
folgendermafien über die Krankheit aus, und wir führen feine 
Sorte um fo lieber an, als fie zugleich ben Beweis lieften, 
wie ex neben ben Werbienflen der Wiffenfchaft und Cinſicht auch 
das eines autgszrichneten, in bebeutfamer Ylaftit ich heraus 
bildenden Styls befigt. Gr begimt: „Rod waren die Radhe 
wehen des ——A Todes nicht verwunden und bie Graͤber fo 
vieler Millionen kaum eingeſunken, ats in Deutſchland ein ſeit⸗ 
famer Bahn die Gemuͤther ergriff und, der göttlichen Natur 
bes Menſchen hohnſprechend, Leib und Seele in Zauberkreit 
böllifchen Abeuglaubens fortriß. Es war eine Vorzuͤckung, wel⸗ 
che den Körper wunderbar durchraſte und länger als zweihun⸗ 
dert Jahre das Staunen der Zeitgenoffen erregte, ſtitdem aber 
nicht wieborgefehen worden ik. Man nannte fie ben Tanz des 
heit. Johannes ober des heil. Weit, bacchantiſcher Sprünge we⸗ 
gen, mit denen bie Kranken im wilden Reigen fchreiend und 
wuthfchäumend ben Anblid von Befeffenen darboten. Sie blieb 
nicht auf eingelüe Orte befchräntt, ſondern ‚verbreitete ſich, vors 
bereitet durch die herrſchende Sinnesart über ganz Deutfchland 
und die nordweftlidh angrengenden Länder durch den Anblick 
ber Leidenden wie. eine bämonifche Volkekrankheit.“ So weit 
unfer Verfaffer. Gr zeigt Hierauf und entwidelt dabei einen er« 
ftaunenswürdigen gelehrten Fleiß, wie die Krankheit fi im 
3. 187% zuerft in Aachen zeigt, dahin aber doch fon durch 
rafende Auswanderer beiderlei Geſchlechts aus dem tiefen Deutfchs 
land gekommen fein muß. Diefe, durch gemeinfamen Wahn vers 
eint, zeigten bem Bolt in Kirchen und auf Straßen bas ents 
fegliche Schaufpiel ihrer Tänze. Hand in Hand fchloffen fie 
Kreife, und ihrer Sinne anfcheinend nicht mächtig, tanzten fie 
ftundenlang in wilder Raferei ohne Scheu vor den Umſtehenden, 
bis fie erfhöpft niederfielen. Dann aͤchzten und Elagten fie auf 
erbarmungswürbige Weife, bis man ihnen ben Unterleib zuſam⸗ 
menfchnürte, worauf te fih wieder erbholten und frei blieben, 
bis das Uebel von Neuem eintrat. Diefes Zufammenfchnüren, 
welches auch oft durch Fußtritte erfegt wurde, geſchah wegen 
ber Trommelfuht, bie fi nach dem krampfhaften Toben eins 
suftellen pflegte. Der Verf. fchildert num bie wechfelnden 
Symptome bes Uebeld, von feiner erften Erſcheinung an bis zu 
feinen Nachwehen. Bon Aalen verpflangte ſich das Unheil weis 
ter nad Luͤttich, Utrecht, Tongern und andern nieberländifchen 
Städten. Die Tänzer, wie von einer Furie getrieben, zogen 
yon Ort zu Ort, und wo fie ſich zeigten, lief das Volk ſcha⸗ 
zenweife zufammen und weibete fidy mit begierigen Blicken an 
dem Schauſpiel, bis, gleichfam wie durch Zauberbande in ben 
Wirbel Hineingeriffen, zuerfi Ginzelne an ben Zänzen Theil 
nahmen, dann größere Scharen in dies bämonifche Treiben ver: 
widelt wurden. 

Ganz ähntid wie biefes unter dem Ramen Johannistanz 
burch die Ehronikanten begeichnete Uebel geftaltete fidh der St.⸗ 
Veitötanz, den unfer Verf. zuerft in Strasburg un bas Jahr 
1418 fest; Kein Zweifel, daß bie Krankheit fchon früher eriftirt 
babe, allein von da an finden fich erft beflimmte hiftorifche Er⸗ 
wähnungen. Beide Krankheiten find im Wefentlichen wol bies 
felben; über ihre verſchiedenen Namen ftellt der Verf. bie ein« 
leuchtendſten Urfachen bar. Einzelne Spuren älterer Tanzplagen, 
bie jeboch nicht fo allgemein wurden, weift der Verf. nady; doch 
geſteht er felbft, daß hiſtoriſcher Zuſammenhang fih in biefe 
Bruchflüde ans dem Reiche der Myſtik und des Aberglaubens 
nicht bringen laffe. Als Vermuthung ſtellt er indeſſen auf, daß, 
was den Johannistanz anlangt, bie wilde Beier bes Johannis⸗ 
tages im J. 1374 hauptſaͤchlich die Beranlaffung zu der geis 
figen Seuche gegeben habe, bie bald fo viele Zaufende ergriff. 
Merkwuͤrdig iſt es, daß bis auf ben heutigen Tag in Abyffinten, 
einem Lande, wo das Shriftenthbum in uranfängticdher Einfadh- 
heit ſich gegen ben Islam bewahrt hat, Zohannes als Schutz⸗ 
heiliger der von krankhaftet Tanzſucht Befallenen gefeiert wird. 
Im Berfolg des Buches führt der Verf. die Meinungen ber 


ben Körper empfänglich dazu machte, daß burı„us nur eine ' damaligen Aerzte über die Krankheit an, und wie er ihre ans 


und Befonnenheit, und namentlich iſt es erfreulich, baß er ba6 
Urtheil der damaligen Aerzte nicht abftract verwirft, fondern im 
verftänbigen Zufammenbange mit ber Zeit unb ihrer Bildungs: 
höhe auffaßt, wie. ex denn zumal bem Paracelfus, ber von Bie⸗ 
len wol zu einfeitig für einen bloßen Sharlatan gehalten wird, 
anerkennende Gerechtigkeit widerfahren läßt. 

Aus Deutſchland verfolgt der Verf. die geheimen Bande ber 
Verwandtſchaft des beſprochenen Uebels mit jener italienifchen 
Krankheit, die, von ihm Tarantismus genannt, uns noch die meis 
flen Spuren ißrer ehemaligen Bedeutfamkeit in den Sitten ber 
Staliener erhalten hat. Daß der Stich ber Zarantel ben mins 
deftbebeutenden Einfluß bei ber Krankheit Hatte, unb baß viels 
mehr dort wie überall myſtiſche und fanatifche Auffaffung relis 
gidfer Berhältniffe den Funken zur weit umberrafenden Flamme 
anfachten, bleibt nad) ben vielfachen unwiberlegbaren hiftorifchen 
wie intellectuellen Beweiſen, tie ber Verf. anführt, wol uns 
zweifelhaft. Gr hebt es befonders heraus, wie mädtig bie 
Muſik auf bie Heilung bes Uebels einwirkte und hat uns auch 
in biefer Beziehung einige fhäybare Documente, unter Anbeem 
verfchiebene Weifen mitgetheilt, die gegen bie Zarantella ſich 
vorzüglich wirffam gezeigt haben follen. Bon ber Korm ber 
Krankheit, wie fie ſich in Stalien gezeigt hat, gebt ber Verf. 
nach Abyffinien hinüber, wo das Uebel noch Heute exiftirts bes 
gleichen erwähnt er beiläufig aͤhnlicher Grfcheinungen, bie ſich 
bei ben großen religiöfen Verſammlungen in Nordamerika zeis 
gen. Ueberall, wo wir bie Krankheit auch antreffen, if Reli 
gionsſchwaͤrmerei im Spiele. Die räthfelhaften Einwirkungen 
- berfelben mit Beſtimmtheit zu erklären, möchte wol, wie fo vie: 
les Andere, unmöglich bleiben; wenigftene würben wir immer 
nur bis auf einen gewiffen Grad eindringen koͤnnen und uns 
zuleg£ gegen das Wunderbare der Erfcheinungen doch nur durch 
wiederholte Betrachtungen analoger Fälle abgeftumpft haben, 
ohne dem Wefen derfeiben näher gekommen zu fein. Freilich 
eine Art und Weife ber Erklärung, mit ber wir uns in ben 
meiften Kühlen begnügen müffen. Indeſſen faßt ber Autor un: 
ſers Erachtens das Uebel am allgemeiniten und in feiner tief: 
ſten Wurzel doh in dem „Sympathie“ überfchriebenen Abs 
ſchnitte auf. Was er über die Wirklichkeit diefee Erankhaften 
Regung im Menfhen-fagt, und noch mehr Das, was er über 
die Feſtigkeit der Willenskraft als jicherftes Gegengift gegen 
. das Uebel denkt, ift und aus der Seele genommen. | 

Das ganze Buch, obwol es einen Arzt zum Verf. und eine 
Krankheitsgattung zum Gegenſtande hat, iſt übrigens durchaus 
nicht für den engern Kreis Derjenigen gefchrieben, bie ſich den 
mediciniſchen Wiffenfyaften gewidmet haben, fondern es bietet 
bei Weitem überwiegend theils ein hiſtoriſches, theils ein allge: 
mein » geifliges Intereffe dar. Deshalb hat es audy ein Laie in 
ber ärztlichen Kunde übernehmen dürfen, dem literarifchen Pu⸗ 
blicum ben gegenwärtigen Bericht barüber abzuftatten, ben er 
mit der Verfiherung fließen barf, daß Niemand biefes Buch 
in die Hand nehmen wird, ohne mit dem gefpannteften Suter 
effe dabei gefeffelt zu werben. 76. 


Borlefungen bed Herrn Orioli über bie Alterthlimer ber 
Etrusker. 


Hr. Orioli, früher Profeſſor der Phyſik an ber Univer⸗ 
fität Bologna, gehört zu ben zahlreihen Meinungsmärtyrern 


welche von Norden und Süden und Oſten und Weften bie pos- 


litifchen Stürme nach Paris verfchlagen. Unterfüst von ben 
biefigen Archäologen, hat Hr. Drioli kürzlich einen Lehreurſus 
über bie Alterthuͤmer der Etrusker eröffnet, welcher wiber al: 
led Bermuthen zahlreiche Beſucher gefunden, indem fonft ars 
chaͤologiſche Studien das unzuhige, bewegliche, durch intellec⸗ 
tnelle Schwelgereien erfchlaffte parifer Publicum nicht leicht an⸗ 
ziehen und noch weniger feſſeln. Bis jeat bat Hr. Drioti ſecht 
Vorleſungen gehalten. In ber erſten wurde im Xilgemeinen an: 





\ t bat, t re entflichenden 
—— —— entw , en 


Beet, a. und, wir vie wi * :bie ——53 Alters 
thümer wiflen Bis zum 6. Jahrhundert nad Chriſti Geburt 
hatten ſich die Bücher ber SPriefter moi Volles. erhalten; bas 
zumal wurde bie Sprache, in welcher fie geſchrieben waren, nod 
von Vielen gefprocdyen. Als eine der ihtereffanteiten Autorito 
ten führt Hr. Drioli eine, Infchrift in der; Kirche: von Jepell⸗ 
an, welche erweiſt, daß ‚die: Einwohger diefer alten wubrb 
hen Stadt den Kaifer Konftantin um die Befugniß erfuchten, 
zu Hauſe und abgefondert ein Opfer zu feiern, welches fie bis« 
ber mit den benachbarten Ctruskern gemeinſchaftlich verrichteten. 
Sodann gab ‚Hr. Drisli-eine Ueberſicht der Hichergehörigen wife 
ſenſchaftlichen Arbeiten und Unterſuchungen von den eriten Go— 
pien der Inſchriften bis zu dem allerbingg unvaliftäyhigen 
Werke, von Lanzi, in welchem jedoch bie einzigen, unbezweifels 
baren Refultate, die mir über die Schrift und Sprache ber al: 
ten Einwohnet von Toskana befigen, enthalten find. Sei biefer 
Ueberficdht wurden natürlich die Deutfchen nicht vergeffen, nas 
mentlich Niebuhr und Dttfried Müller. Erſterer wurde mit ade 
tungsooller und fcharfiinniger Beſcheidenheit, Hr. Müller mit 
einiger Parteilichleit behandelt. In der ziveiten und dritten 
Borlefung befchäftigte fih Hr. Orioli mit dem Urfprung der 
Etruster. Um das Dunkel, das über die Wiege bieſes Volkes 
verbreitet ift, einigermaßen wenigfiens zu lichten, hat bee Dr. 
Profeſſor darzuthun geſucht, dag man in em Ganzen fowel 
als in ber GEintheilung bes etruskiſchen Volksſtammes (nomen 
Etruscum) ftetö drei verſchiedene Elemente vorfindet. Er ber 
zieht ſich dabei auf felgende Stelle ber „Aeneis” (tib. 10): 
Mantua dives avis, sed non genus omnibus unnm; 
Gens illi triplex, populi sub gente quaterni. 

Ipsa caput populi; Tusoo de sanguime vires. 

„Mantua rei an Ahnen, bad. haben nicht ale benfelben Urs 
ſprung; aus drei Stämmen Meeht es, jeder Stamm aus vier 
Völkern. Mantua ift die Hauptftadt, feine Stärke in tusci⸗ 
ſchem Gebluͤte.“ Diefe Stelle, verglichen mit Dem, was die Ge⸗ 
ſchichtſchreiber berichten, und mit ben einzelnen Dentmälen der 
Städte Toscana, gewährt, Sen. D. zufolge, die Ueberzeugung, 
daß diefe Gintheilung in drei Stämme fi) auf das Borhandens 
fein bes umbrifchen, pelasgifhen Glements (von welchem das 
beilenifche nur eine Mobification iſt) und des tuscifchen gründet. 
Die Zuscier ober ‚Hetrurier flammen, Hrn. Orioli zufolge, aus 
Lydien. Niebupr laͤßt fie befanntlich von ben Bergen Rhätiens 
herabfteigen. Nachdem in ber vierten Vorlefung die Grändung " 
einer tuscifhen Stadt befchrieben, bie Auguralformein, welde 
in Varro vorkommen, erklaͤrt worden, ging ber gelehrte 
und berebte Staliener zur näheren Erklaͤrung und Wuͤrdigung 
der etruskiſchen Baukunſt über, wobei berfetbe eine hoͤchſt ans 
ziebende Beſchreibung ber Grabmäler von Notchia und Caſtel⸗ 
d’afjo gab, bie ex vor etlichen zwanzig Jahren entdeckt. Diefe 
Grabmäler gewähren, wo nicht das einzige, doch das wichtigfte 
Denkmal ber betrurifchen Baukunſt in ihrer ganzen Reinheit, 
wie fie von Varro befchrieben worden. In ber fechöten Bors 
lefung bat Hr. Drioli ſich befonbers mit ben cyclopifchen Mauern 
befhäftigt, die fi) auf einige ber wichtigfien hiftorifchen Pros 


bleme beziehen. Der Raum erlaubt uns nicht, dem gelehrten 


Profeffor in feinen Grörterungen zu folgen. Eine Ueberficht ber 
Maler: und Bildhauerwerke der Etrusker hat dieſe ſechſste Vorle⸗ 
fung gefchloffen. Wir werben über bie. folgenden weiter bes 
richten. ’ 149, 

nennen — — 


Literariſche Notizen. 


Herr Upham wird die engliſche Ueberſezung ber von Alexan⸗ 
ber Johnſtone erhaltenen fingalefifchen Schriſten, welche die merk⸗ 
würbigften Auffchlüffe über geſchichtliche und refigidfe Verhaͤlt⸗ 
niffe enthalten, binnen Kurzem durch Sen Drud bekanntmachen. 


Burney’s „Geſchichte der Muſik“ erſcheint in einer neuen 
ausgabe, fortgeführt biß auf unfere Tage von G. Gowben 
e. 


Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodbaus in Leipzig. 
— — — —— — — 


— —— 0.000: 
⸗ 


— 


v 


Blaͤtte 


für ' 






geacben von Iofeph Freiherrn von H 


.. Der ‚beruhmte Herausgeber biefes hiſtoriſchen Taſchen⸗ 
buchs führt unermuͤdet fort, den Framden vaterlänbifcher 
Geſchichten, aus archivaliichen Urkunden oder ſeltengewor⸗ 
denen Drudfchriften die Ausbeute feines Fleißes und ſei⸗ 
nee Forſchung vorzulegen. Es find ſprechende Denkmale, 
in welden fi) das Leben und der Geift oder Ungeiſt uns 
foren Vorzeit offenbart — in allen Eigenheiten und Ins 
dtoiduafitäten, die man kennen, in die man eingewetht fein 
muß, um das unter fieben Stegen verwahrte Buch ber 
Vergangenheit leſen und verflehen zu können. Die Auf: 
fofung und Beurtheilung ſolcher charakteriftifchen Einzel: 
beiten des Zeitgeiftes ſind nicht bios nothwendig für dem 
eigentlichen Hiſtoriker, ber nur mit ihrer Hülfe die ver⸗ 


ſchiedenen Entwickelungsſtufen der buͤrgerlichen Geſellſchaft 


unterſcheiden und bezeichnen kann; auch dem Dichter und 
Künftier find fie unentbehrlich, der feinen Stoff aus der 
Vergangenheit ninnmt unb ihm frifches Leben und vedende 
Geſtalt geben fol. 

Auf diefen doppelten Iwed und Gebtauch bat Frei: 
herr von Hormapyr jeberzeit bei feinen hijlorifchen Samm⸗ 
lungen aufmerkſame Rüdficht genommen. An Charakter: 
zuͤgen aus dem Leben unferer beutfchen Verfahren ift aber 
dab diesjaͤhrige Taſchenbuch vorzuͤglich reich, und um fo 
belchreuder, ats. die bei ben Veraͤltern in voller Bluͤte 
ſichende Barbarei anfehaulich aus: allen ihren Poren dringt, 
fobald fie, wie bier, in der Naͤhe und im ihren Beſtand⸗ 
theilen betrachtet wird. Dia offenbart fh dann das nichts⸗ 
wuͤrdige Verfahren Derjenigen, wede und im jene gute 
alte Zeit zurückführen. möchten, gleich ats felltew die Ste 
geljahre der Nation ihr ewiger Mormalzuſtand fein, dem 
fiy alle weitere Bildung knechtiſch zu unterwerfen Hätte. 
Eigne Dorteinen wurden erfonnen zur Recjffertigung bir 
ruͤckſchreitenden Bewegung; eine elgne Sekte that ſich 
zuſammen, die mit myſtiſchem Bilderkram und fafelnder 
Froͤmmelet das Ther einer heilern Zukunft fire immer ver⸗ 
fäytießen umd ale folgenden in die Seatte 
einzwängen‘ wollte, welche das Feubdalſyſtem und dns 


m) Bol Nr. 279 und 82 d. BE. 183232.. D. Red. 


literariſche Unterhaltung 


| —— zur Luſt und zum Nutzen Ihrer Anhaͤnger 


ch erbaut Hatten. Diefe dem Getfle der flets fortſchret⸗ 
tenden Gefchichte im Inmerften Weſen fremde Sekte wird 
vielleicht mit lächerlich) vornehmer Mlene auf die Bemuͤ⸗ 
hungen des Freiherrn vom Hormayr herabblicken, weil 
dieſer mit feiner, nicht der Finſterniß, ſondern dem Lichte 
zugewandten Anſicht ihre Bemuͤhungen unter die Life 
tritt und die Traͤume hohler Schädel micht achtet. | 
gen aber die Alt: und Junggefellen der Sekte in tobrye 
borenen Journalen oder unter dem Schirm btöbfinniger 
Mrotectoren ſchmuzigen Schimpf gegen alles befjere Stre⸗ 
ben zu Markte bringen, fie finden Peine betrogenen Kaͤufer 
mehr, — ihre Zeit iſt wie eine Sternfchnuppe erlofcheny 
ſelbſt der muͤßige Poͤbel laͤßt fich durch ihre Pauker und 
Trompeter nicht herbeilocken, eine marktſchreieriſche lang⸗ 
weilige Predigt mitanzuhoͤren. — Wären fie ſelbſt zu beie 
feen und zu beiehren, fo mochten wie ihnen rathen, bie 


Schriften des Freiherrn von Hormayr zu flubiren: fie 


koͤnnten viel daraus lernen. — Doch, wie haben es nicht 
mit den Todten zu thun; darum bitten wir den £efer um 
Verzeihung für diefe kurze Leichenrede und fchreiten ſogleich 
zur Angabe des Inhalts des diesjährigen Taſchenbuchs. 
Zuerſt wird die Kriegsgalerie der Balern“ fortgefegt 
in kurzen Biographien der Generale B. E. von 
Déroy, 8. 3. J. Freihers von Härtling, 8 Th. F. ruf 
und Herr zu Pappenheim und Fuͤrſt Konftantin Loͤwen⸗ 
fein, mit ihren wohlgetroffenen Portraits in Stiehlſtich 
von Fr. Fleiſchmann. Es find edle, charaktervolle, durch 
perfoͤnliche Verdienſte ausgezeichnete Generaleffiziere, . bie 
Baiern mit Stolz die Seinigen nenat; gehören fie auch 
nicht zu den ſogenannten Altbaiern, fe haben fie doch mit 
ihrem Blute bie Anhaͤnglichkeit an das Vaterland betbde 
tiget — an das Vaterland, wie es ſich meugeſtaltete mit 
Huͤlfe Rapoleons, unter deſſen Oberbefehl «ben dieſe Of⸗ 
ſtziere den Rum ber bairiſchen Waffen erhielten und er⸗ 
neuerten. Ihre Biographien: gewinnen dadurch noch einem 
Reiz mehr, daß der Verf. überall. am bie großen Mo⸗ 
mente dei Zeit, im welcher fie lebten und wirkten, erin- 
nert, wobei Iehrreiche Bemerkungen dem Nachdenken ber 


Leſer empfohlen werden. So heißt «8 bei Derop, baf J 


er im Jahre 1743 geboren wurde, „waͤhrend des ungluüͤck⸗ 
lichen Kampfes Karl's VII. gegen Maria Therefio um das 
Erbe des erfofchenen beutfchen Hauſes Habsburg. Uster 


— — —— — —— — — — — — — — — — 
⁊ ® 


befiern Fuͤhrern und treuerm, kraͤftigerm Zuſammenwirken 
wuͤrde dieſer Kampf einen herrlichen Stamm deutſchen 
Urvolkes, von Ungarns Marken bis an den Lech und bis 
an den Boͤhmerwald vereinigt haben.“ — In dieſen un⸗ 
ſchuldigen wenigen Zeilen läßt ſich die Quinteſſenz der deut⸗ 
ſchen Geſchichte wiederfinden. Mangelan einheimiſchen 
Führen und an kraͤftigem Zuſammenwirken grade in ent⸗ 
fcheidenden Momenten war bie Urſache, warum bie Gele 
genheit zur Conſolidirung verloren ging und Fremden das 
Erbe der Deutfchen zu Gute kam. Wenn aber das fran: 
zoͤfiſche Haus Lothringen an bie Stelle der Habsburger 
trat und jest mit allgemeinem Beifall aller beutfchen 
Zürften die Guprematie ausübt, wie foll man babel el: 
nm Sinn finden — in bem Franzoſenhaſſe, ben ſelbſt 
Verehrer dieſes franzoͤſiſchen Haufes als das Fundament 
jedes deutſchen Patriotismus anpreiſen? Sollen, koͤnnen 


wir vergeſſen, daß dem Bunde mit Frankreich Baiern feine 


Vergrößerung verdankt, waͤhrend der Vertrag von Rieb 
nur Verklirzung zur Folge hatte und bie Ausgleihung 
noch immer vergebens erwartet wird? — In der Biogra- 
phie des Grafen Pappenheim findet ſich eine andere merk: 
würdige Stelle, die wie indeß ohne weitern Commentar 
nur anführen. Sm J. 1793 bei dem Gefechte hinter 
Chateau: Cambreſis hatte Graf Pappenbeim nach dem 
Zeugniß ber oͤſtreichiſchen Offiziere ben Thereſienorden red⸗ 
lich verbient. 

Er vernahm, ber Drben fei ihm geweigert. Sein Unwille 
war oßne Grenzen. Gr verlangte bie Entlaſſung (aus dftreichis 
ſchem Dienft) und erhielt fie. In bem mächtigen Deftreich ſchien 
mon gar oft nicht zu wiflen, was ber rechte Dann im rechten 
Augenblide werth fein könne. Dort war nicht felten Alles nur 


Gnade, und kaum gefland man ein Recht. — An bemfelben‘ 


80. Dctober, an welchem Pappenheim vor 20 Zahren bei Cha: 
teau s Sambrefis ben Thereſtenorden verdient, aber nicht erhälten 
hatte, errang er ihn bei Hanau, felbft verwundet und zwei 
Pferde unter bem Leibe verlierenb. 


Leber Bemerkung über dieſe Stellen uns enthaltend, 
wimſchen wie darauf aufmerffam zu malhen, daß in dies 
fen Biographien, ſowie in andern Artikeln bes Taſchen⸗ 
buche ſich echt baicifher Stan und Geiſt ausfprechen, 
und fo auch hier Inbividualitäten geltendmachen, welche 


der Fremde nicht flüchtig uͤberſehen und oberflächlich beur⸗ 


theilen, fonden in ihren inneen Kern zu dringen fuchen 
fol. Vieles, was das Taſchenbuch enthaͤlt, muß mit 
bairiſchem Geifte gelefen werden. 

Der zroeite Artikel gibt eine Weberficht der bisherigen 
Leiftungen des Herausgebers. Der fehr reiche Inhalt ber 
hiſtoriſchen Taſchenbuͤcher ift bier mit Ausführlichkeit ans 
gegeben. Wie bedauern, daß ber befchränkte Raum d. BI. 
uns nur ein paar kurze Auszüge und bie ſummariſche 
Angabe der Rubriken geftattet. 

Abgefehen von Quellenſtudium und Kritik, von ber Zahl 
und von der Bedeutendheit der durch ihn entdeckten und herauss 
gegebenen Urkunden, Archivalacten, biplomatifhen Gorrefpondens 
zen, Memoiren und Chroniken (die in einem eignen Directorium 
zufammengeftellt find) hat ber Herausgeber biefes hiſtoriſchen 

ſchenbuchs in demfelben wie in feinem durch 19 Jahre (1810 
— 29) in Wien erſchienenen „Archiv für Geſchichte, Stati⸗ 
Kit, Literatur und Kunſt““ ben’ Zweck beharrlich verfolgt, bie 


Baterlandsgefhichte durch bie redende umb bildende Kunft mehr 


und mehr zu populafteen und gu nationalifiren —, MR dem Ge 


doaͤchtniß in bie Derzen zu verpflungen, auf ben ten nicht 
minder ale auf ten Studirpulten einheimifch zu machen, durch 
bie rauen auch ber Zugenb einzuflößen und vorzugsweiſe vater 


ländifche Begegniſſe, Großthaten und hervorragende Männer bu 
bie Ballade, Gegende 


und Stomanze, in epiſcher und a byam 
fiyer Form, in der Hiftorienmalerei und im Barellef u vers 
ewigen. — Diefe Zafcgenbüder , eben jenes Archiv und bie wies 
ner Kunftausftellungen (1820 — 28) erprobten durch zahlreiche 
Hervorbringungen, baß jenes Streben nicht umfonft geweſen ſei, 
und lebhaften Aullang in vielen heilen Köpfen, in vielen wars 
men Gemäthern gefunten babe. 

Die erfte Form, unter welcher biefe hiſtoriſchen Taſchenbü⸗ 
her erfchienen, waren die einft durch Sohannes Muͤller fo wohl⸗ 
wollend gewürbigten „Tiroler⸗Almanache“ (1802 — 5) Dielen 
folgte (1810— 14) eine zweite Serie, den ganzen öftreichifchen 
Kalſerſtaat umfaflend und neben mandyen populaiven, auf eim 
großes und gemifchtes Yublicam berechneten ögen, aud Erb 
tifhe Abhandlungen, tInfonderheit über die Geographie bes Mit⸗ 
telalter& enthaltend —, Beiträge zur Preisfrage des durchlauchtig⸗ 
ſten Erzherzogt Johann über mehre Hauptpunkte ber geſchicht⸗ 
lichen und ſtaatsrechtlichen Verhaͤltniſſe Inneroͤſtreichs von Karl 
dem Großen bis zur Aechtung Heinrich“ des Löwen u. f. w. — 


Aber es fehlten audgenicht jenen beiden frühen Reihenfolgen 


vaterlaͤndiſch⸗ gefchichtlicdye Balladen und Romanzen von Karoline 
Pichler , von Weiſſenbach, Collin, Ruppredyt u. f. w. 


Des Herausgebers vieljährige Freundſchaft mit ben ebela _ 


Brüdern Gollin förderte den gleichen Zweck nicht wenig. — Hein⸗ 

von Eollin, der Dichter bed „Regulus“, hatte ‚‚Kalfer Als 
brechts Dunb“, Herzog Leupold vor Golothum‘‘, ‚„Kaifer Mar 
auf ber Martinswand”, in Hormayr's, Archib niedergelegt. Sei⸗ 
ner Trilogie aus bem Leben Labislaus Poſthumus und der Hunny- 
aben entriß ihn ein allzu früher Tod. Matthäus von Gollia 
(Srzieher bes Herzogs von Reichflabt und durch geraume Zeit 
rebacteue der „Wiener Zahrbüder befprach biefelbe Richtung 
im ‚Archive: „Ueber bie nationale Weſenheit ber Kunſt, — und 
„Ueber die Beziehungen ber Kunſt zum Gtaate”. Im J. 1819 
verband fi dem Freiherrn von Hormayr einer ber edelſten Uns 
gar, ein fruchtbarer Sammler und Schriftfieller des Hiftorifchen, 
naturbiftorifchen, Tanbwirthfchaftlichen und ftatiftifchen Baches, ber 
Freiherr Ludwig von Mednyanszky, zur Wiederaufnahme der hi⸗ 
ftorifchen Zafchenbächer, wie Beide im „Archiv“ ſchon jahrelang 
eine eigne ſtehende Rubrik fortgefeht hatten: „ob beun De 
Geſchichte fo arm an wahrhaft bichterifchen Stoffen ſei?“ — Zehn 
Sahrgänge gaben die beiden Freunde ununterbrochen mil einans 
ber heraus (1820— 29). GHt Hormayr's Mebertritt in ben 
bairifchen Staatsdienſt find von ihm allein vier Jahrgaͤnge ers 
fihienen , in allen vier Gerien zweinndzwanzig. 

Aus der eigentlichen „Ueberficht des Inhalts der Ta⸗ 
ſchenbuͤcher“ bemerken wir, daß bie Rubrik dee Gedichte 


Beiträge lieferte von Karoline Pichler, Thereſe Artner 


(Theone), Matthäus von Collin, Zacharias Werner, bem 


Steiheren von Zeblig, dem General Freiheren von Roth 
Eich, Eduard von Schenk, dem Prof. Sendiner in Mün- 
hen, dem Brafen A. A. Auersberg, C. F. Ebert in Prag, 
Guſtav Schwab, Caſtelli, Eduard Duller u. A. 

Ahnentafeln und Burgen, — GSagen und Legenden, Zeichen 
und Wunder als Sammelpunkte romantifcher, tragifcher, epifcher 
und malerifher Stoffe, bilteten vom Anbeginn eine flehende Hu: 
brit bes Taſchenbuches, nicht minder Biograpien hoher Frauen 
und in Krieg ober Frieden, im Cabinet oder in Kunſt und WBil- 
fenfhaft hervorragender Maͤnner, — Monographien einzelner Er⸗ 
eigniffe, Inſtitute, Sommunitäten, Volko⸗ und Gpottlieber aus 
verfchiebenen Epochen vom 15. bis zum Beginn bes 18. Jahr⸗ 
hunderte. — Bon Biograpbien waren mehre bem Gebächtniffe 
edler Königstöchter Ungarns gewidmet, ber heiligen Sliſabeth; 
Margareten, ber Wenigen bekannten Tochter Bela's IV., beren 


* 


U 
u_. dhünm - 


. 
⸗ 


— . — 


m , 
noch in ben Haͤnden Die Batthiang vorhandene Haus- 
2 ein liches — ————— nft iſt — und der 
iben er Ludwig's des Großen, ber polnifchen Hedwig und 
ke ungarifden Maria, deren Welhice allein daB ‚halbe Eeben 
lee Scoff’s hätten befäftigen Kine, ſowie bie Beiden. noch 
einer polnifchen. Hedwig, dem Haierherzog Georg dem Reichen 

von Landehut vermaͤhl.. 335. ... 
An die biographiſchen Skizzen reihen ſich berühmte Rei⸗ 


dem 


ſende und Abenteurer; unter welchen ein Wrih Schmibi 


von Gtraubing, einer der Erbauer von. Buenos : Apres, 
m diesjährigen Zaſchenbuche. — Aus Böhmen und feinen 
Nebenreichen ſowie aus dem deutſchen Deſtreich und def 
Ten Provinzen wurde in bie Taſchenbuͤcher eine fehr reiche 
Sammlung von Sagen und Legenden geliefert, bie den 
Freunden romantiſchet Dichtung reichen Stoff zu Balla⸗ 
den und Romanen liefern können; auch dem Hiſtoriker 
werden ſie als charakteriſtiſche Geburten der Vorzeit in⸗ 
tereſſant und willkommen ſein. 

a Der Verf. ſchließt feine Weberfiche nit fosgender Er⸗ 

rung: 

* vaterlaͤndiſche Sinn, ben dieſes hiſtoriſche Taſchenbuch 
ih engem Bunde mit dem ihm treu zur Seite ftehenden „Ars 
chive⸗ geweckt, das viele Frivole und ntwürbigenbe, mas es 
derdraͤngt, ber Anklang, den es auch in ebeln Frauen, auch bei 
der Zugend und im Wolle gefunden, die ſchoͤnen Früchte reden: 
der und bilbender Kunft, bie es hervorgebracht hat, ber thätige 
Antheil fo vieler edeln Männer von Hermannſtadt und Peſth bis 
Münden, Augsburg und Stuttgart und aus ben Alpen Tirols 
bis in die Sudeten und in ben Gpeffart flößten.bem Heraus⸗ 
geber den feften Entſchluß ein, biefes fein volksthuͤmlich gemein: 
tes Unternehmen nur mit feinem Beben aufzugeben. — Didge fich 
ihm andy das alte Wohlwollen unverfänmert erhalten !! 

. Wir glauben, als verbürge ben legten Wunſch bes 
beruͤhmten Verf. anfehen zu können. 
(Der Beſchlus folgt.) 





Correſpondenznachrichten. 

Prise, März 1088. 
Daß ber Herzog von Braunfchweig wieber hier ift und fi 
ein Haus in den Champs elysses gekauft hat, wirb Ihnen 
befannt fein. Manche behaupten, er fei nie von Paris forts 
geweien. No immer ift fein Proceß gegen das Minifterium 
unentſchieden; unterbeffen circulirt ein in feinem Namen gefer: 
tigte® Me&moire, welches In mancher Beziehung leſenswerth iſt. 
Der derio erzählt darin feine ganze Sugendgefhichte, feine 
Misverhältniffe mit feinem Vormunde und ber Ariftofratie, 
Wie gegen ihn während feiner Abmwefenheit gefchmiebeten Plane 
und feine eignen populairen Abfichten binfichtlich des Herzog» 
ums Braunfhmweig. Gr führt an, wie er von frühe ber die 
Quaͤlereien feines Vormundes, bes Königs von England, und 
defien Stellvertreters, des Brafen von Münfter, zu erdulden 
ehabt, wie das Intereffe der jängern Linie (Banover und 
gland) jenem ber Altern (Braunfchweig) feindlih und bas 
her die Abfiht bes Königs von England auf längere Benu⸗ 
gung ber Vormundſchaft gerichtet gewefen ſei. Geine, des 
jungen Herzogs, Antipatbie gegen die Ariftofratie, bie Ber: 
weigerung eines vorgelegten Gonftitutionsprojectes und ber 
darüber in ber beutfhen Bunbesverfammlung geführte Streit 
gabe ihm die Beindfchaft der Ariftokratie zugezogen, und als er 
Jahr 1830 von Paris, wo er der Sulirenolution ati A 
und fi fogar fehr nahe beim Kampfplage befunden, in fein 
Baterland zurüdgetchrt fei, babe ex alsbald die in Braun: 
fhweig gegen ihn geſchmiedeten Plane bemerkt. Geines Bru- 
ders Wilhelm gebenkt der Herzog nicht lobend, und wenn ſein 
fpäterer Verſuch, nach Braunſchweig —— — und dem 
Lande eine neue Gonftitution mit populairen Verbdefſſerungen zu 


— 


m 


chen, misgluͤckt jet, fo liege ber Grund hiervon In dem an: 
Anglich verfchleierten, fpäter offen feinblichen Benehmen fer 
nes Bruders, weldger den beutfhen Bund auf feiner Seite 
abe. Beſonders bemüht fih der Herzog die in dem parifer 
idell gegen ihn ausgebreiteten Werleumdungen zu wiberlegen, 
wie namentlich: daß er feinen Hofmeifter Einfingen in Lauſanne 
‚habe tödten wollen, weshalb biefer fih zum Fenſter hinausge⸗ 
ſtuͤrzt; daß er Chemie ftubirt habe, um die Gifte zu kennen; 
baß er, was man befonders unter ben Bauern verbreitete, ber 
Dererei fich ergeben, und baß man unter ben Ruinen feines 
Schioffes Giftfläfchchen und Liſten der Freunde und Feinde des 
Herzogs gefunden habe. Außerbem verwahrt er ſich gegen ans 
dere Befchuldigungen, wie 3. B. ber. Steuervermehrung, bes 
en niemals BVefehl gegeben zu haben, auf das Boll zu 
hießen, leugnet, in Nizza ober ın der Schweiz Verbindungen 
mit der Herzogin von Berri unterhalten zu Baden, Lagegen 


- 


babe man ihm, als er im Jahre 1832 von Spanien über Menge nad 
o 


Paris zuruͤckgekehrt ſei, Hoffnung gemacht, daß das Gouver⸗ 
nement ihm die Ermaͤchtigung ertheilen werde, Waffen zu kau⸗ 
fen und Soldaten zu werben; ein Offizier gabe ihm garans 
tirt, mit 2000 Dann nad) Braunfchweig zurüdzufehren. Die 
egen ihn ausgebreiteten Beſchuldigungen hätten keinen andern 
Zar als feine Popularität au zerftören, damit er nicht an einem 
ſchoͤnen Tag fih an die Spige einer Volksbewegung in Deutfch- 
Land ftelle, und einftweilen wolle man ihm jebes Afyl entzie- 
ben, nahben man ihn beinahe um fein. ganzes Vermögen 
edracht. 
Die Geſellſchaft für die iIntellectuelle Emancipation hat 
ben erften Schritt zu einem linternehmen gemacht, welches, 
bei zweckmaͤßiger Leitung, großen Erfolg haben kann. In Frank⸗ 
reih wie in Deutſchland befteht feit Langer Zeit ber beinahe 
"privilegirte Unfug, aus dem einzigen Buche, welches der Land: 
mann unb Handwerker in feinen Feierſtunden lieſt, ein Muſter 
von Abgeſchmacktheit und Albernheit zu machen. Dort wie hier 
las der Bauer, flatt vernünftiger Anleitungen für fein Haus⸗ 
und Bauwefen, flatt Unterweifung in feinen Rechten und Pflich: 
ten u. dal., Schnurren und Schwaͤnke, abenteuerliche Lügen 
und noch verflandlofere Wetterpropbezeihungen, aber in einem 
Kalender, welcher ihm meift aus dem Auslande gebracht wurbe. 
um biefem Unfug zu fleuern, bat bie genannte Gefellfchaft, 
welche auch das „Journal ber nüglichen Kenntniffe” herausgibt, 
den Anfang mit einem neuen Kalender gemacht und verfprochen, 
im nädıften Jahr für jedes der 86 Departements einen eignen, 
nach feinem Klima, feiner Lage, feinen Bebürfniffen und Erwerbs 
qui berechneten Kalender herauszugeben. Der Plan, welchen bie 
eſellſchaft dabei im Auge bat, ift, nebft ber Beſeitigung bes 
Nachtheils der bisherigen Kalender, jebem Franzoſen, welcher 
Iefen Eann, feine Pflichten, Rechte und Intereffen in ben vers 
fyiedenen Eigenfchaften bes Hausvaters, bes Rationalgarbiften, 
des Geſchworenen, bed Soldaten, bes Steuerpflichtigen, des 
Wahlmannes, des Gemeinderathes, bes Maire und Adjuncten, 
des Sonfumenten, bes Ackerers, bes Handelsmannes unb des 
Handwerkers zu zeigen. Der diesjährige Kalender bildet einen 
Duobezband von 224 enggedrudten Seiten, in welchem ents 
halten iſt: Die Erklaͤrung, die Zeichen und Inbicien bes Wet: 
ters, das alte und neue Gewicht und deſſen Berechnung unb 
uction, 3instabellen, ein Kalender für Aderbau und Gaͤrt⸗ 
nerel, Unterricht und Anwelfungen in ber Hauswirthichaft, eine 
Statiſtik von Frankreich, welche fig mit ber Ueberficht ber 
Sahrmärkte und mit einer Biographie ber im Sabre 1852 ge: 
ftorbenen berühmten Männer enbigf, nebft 44 erfiärenden * 
uren. Dieſer Kalender tft zu 1,300,000 Exemplaren gebrudt 
und koſtet zehn Sous. Ich gebe Ihnen bier, zur been Bes 
urtheilung feiner Nüglichkeit, eine Ueberſicht feines Inhaltes: 
1) Anleitung zur Aftronomie: Erklaͤ 
der Sterne; der Sonne; ber Planeten; ber Erbe; bed Mons 


bes; der Kometen; Wetter; Jahreszeiten; Sonn: und Montfins- 


fterniffe; Erklaͤrung ber verfhiebenen Kalender und Zeitrech⸗ 
nungen; Vergleichung des republilanifchen und gregortanifchen 
Kalenders. 2) Naturlehre und Meteorologie: bie Erbe; bas 


- 


rung ber Weltkoͤrper; 


En 


- tionen; 


‚In einem Zeitraum von weniger als 3 Jahren fi 


: 
- 
ARP 
. 


Daſſer; die Luft und die Atmpfphäre;: bie unmiegbaren Ztäf- 
ſigkeiten; die Hite; bes Bar) 496 Licht; de 
und deren inungens die Semperatur. in ihren mannich⸗ 
faltigen Aeußerungen und Verſchiedenheiten; die Winde; Irr⸗ 
lichter; Wollen. und Rebel; ber Hegens ber Schnee und ber 
Hagel; ber Thau und ber Keif; das Bis; Anzeigen und Bor: 


bedeutungen des Wetters und außerordentlicher Naturerſcheinun⸗ 


gens Barometer. 3) Gefegestunde: hauptfächliche Geſete der 
Kammerfigung von 1831 und 32; über die franzoͤſiſchen Ge⸗ 


ſetzbuͤcher; echte des franzöfifchen Bürgers in feinen verfchle: 


denen Stellungen; Rechte und Pflichten ber Kinder und Altern 
wechfelfeitss über Erbſchaften und Schenkungen, Kauf unb 
Tauſch, Fa und Miethe, -Gefellfhaftsvertrag und Obliga⸗ 

ber Feldpolizei und Polizei ber Handwerker, eine 
Anleitung, welche im Höchften Grade nüglih und wiffenswerth 
tft, um den Sandmann und Handwerker in feinen gemöhnlichften 
Borkommenheiten zu leiten; Reclamation im Fall von Ueber: 
fleuerung; über das Bettels und Vagabundenweſen; Modell 
der gemöhnlichften Acte und Verträge im bürgerlichen Leben; 
neues Maß und Gewicht; franzöflfcher und fremder Muͤnzfuß; 
Zinsberechnungstarif der Erfindungs⸗ und Vervollkommnungs⸗ 
brevets; Stempel⸗ umd Regiftrirungsbücder. 4) Gtatiftiiche 


meine Austrocknungsgeſellſchaft. 5) Häuslihe Geſundheitslehre 
und Mittel: unter biefer Weberfchrift wird ber menſchliche Kör: 
per anatomifch befchrieben, Borfchriften der Diät gegeben, Re 
gein über bad Anlegen und Gintheilen der Wohnungen ertheilt, 
fobann über die Kleidung, über bie Speiſe u. f.w. — Wenn 
hier das Tabackrauchen mit einer Art von Abfcheu verworfen 


- Notizen; Affecuranzens Vorfichtsbant; Hypochekencaſſe; fe 


und als den Zähnen hoͤchſt fchädlich bezeichnet wird, fo wird ! 


ber Deutfche dies kaum glauben wollen, und es iſt wefentlich, 


rau 
mit befonberer Hinmweifung auf Nordamerika über Maͤßigke 


ſich zu erinnern, daß der Franzoſe einen viel ſchlechtern Tabad : 
dt und viel unmäßiger in deffen Genuß if. Was bagsgen ; 


gefellfchaften gefagt wird, ‚gar intereffant und zu deher⸗ 


zigen: „Vor bem Jahre reichten 72 Millionen Gallons 
(2,592,000 Heßtoliter) geiftiger Getraͤnke (Brantwein) kaum 
in zum de Bedarf einer Bevoͤlkerung von 12 Milllonen. 

ie amerikaniſche Maͤßigkeitsgeſellſchaft, welche fih im Sabre 
1826 bildete, fing damit an zu beweifen, baß alljährlidy mehr 
als 40,000 Einwohner In ben vereinigten Staaten an uͤbermaͤ⸗ 
Bigem Genuß geiftiger Setränke fterben, und daß diefer Mis⸗ 
brauch außerdem einen außerorbentlichen Gapitalwerth vernich⸗ 
tet, welcher eine beffere Verwendung erhalten koͤnnte, unb 
verfolgte den vorgefegten Zweck mit Thaͤtigkeit, indem fie als 
lenthalben hin Agenten ſchickte, um die Bevölkerung auf die 
nachtheiligen Kolgen dieſes Genuſſes aufmerffam zu ma—⸗ 
chen. Dieſes verdienſtliche Werk wird taͤglich mehr mit Erfolg 
belohnt und im Monat Augufl 1830 waren in ben verfchiebenen 
©taaten bereits mehr als 1600 Geſellſchaften auf die naͤmlichen 
Srundfäge gebaut, welche ntindeftens 160,000 Mitglieder zähl: 
ten. Dieſe Sefellfchaften wurben durch Pächter, Handwerker, 
Weider, Erhrlinge, Barbige, Matroſen u. f. w. gebildet. Das 
Ergebniß ift, daß eine große Zahl Brantweinbrenner und 
Verkäufer ſich genoͤthigt fahen, ihr Gefchäft aufzugeben, daß bie 
Confumtion diefer Fluͤſſigkeit um mehr ale 603 vermindert I, 


was eine jährliche Erfparnif von 2,000,000 Dollar (10,840,000 


Br.) abwirft, und daß mehr als 700 Perfonm, . welche dich 
mit Uebermaße dieſem ſchaͤdiichen Genuſſe bingegeden hatten, 
davon los⸗ 

agt und baburdy eine namhafte Verbefferung ihres moralt: 
Gen und phyſiſchen Wohlſeins empfunden haben. Aehnliche 
Geſellſchaften haben ſich auch in Irland und Schottland gebik: 
det und ben nämlichen Erfolg gehabt.” — Geſandheitslehre der 


“ Kinder mb Entwöhnung; häusliche Arzneis Vorſichtsmaßregeln 
ankhei 


beim Anfang der ten, bei, Srtruntenen und Erſtickten, 
bei ſchwangern Weibern, Cholera und Epidemien; Behand» 
lungsweiſe bei Vergiftungen, ber WBafferfcheu und Schlangen⸗ 
big. 6) Thierarzneikunde: Regeln bei aumg ber &tälle 


"MER, über. bie. Art umb: 





und ber Fuͤtterun —— der &bauer d 
Hausthlere, ihre —* und Krankheiten, Vorſichtsmaßreg 
und Heilmittel dagegen. 7) Regelin des Ackerbaͤnes. Wenn 
auch der deutſche Landbau ben. franzofiſchen weit zuruͤcklaͤßt, ß 
find doch einige intertffante Anleitungen und Btrechnungen 
Mefen Capitel enthalten. ' Die Berechnung ber Cultur und ber 
Wohnung und des jährlidien Ertrags ſcheint einigermaßen ges 
wagt gu Tein ynd einer. Berich zu kebfirfen. 8) Kalender 
ves Adermannes und Gaͤrtners dr werbeir allgemeine Be⸗ 
merkungen vorautgeſchickt und ſobaua Mimat für Monat derch 
gegangen mit Angabe ber Laub: unb Gartenarbeiten. 9) 


Be 
banplung. und Benugung des Holzes. Tabelle fuͤr 
—* Auen Tu Ba fen 10) Anleitung in br Smsnerunfung 
ſchi⸗ 





11) Rotizen uͤber Indufttie“ und haͤusliche Dekonomte.‘ 9 
werden eine Menge Aber dert Vorthell ber Ma 
| e, bie Mehnungen, Aillbunger, 
pa) ra Aka inrfertigen und zr hewahren, aeasben, 
ſowie uͤber Aufbpwahrung. von Rahrungsgegenfländen u. dgl.s 
Mittel, um in zwei Stunben feine Unterfchrift. machen — ⸗ 
nen; RNuͤtztichkeit ber Unterhaltung ber Vicinalwege und Mittel, 
die Winterabenbe und die Feiertage durch verfchiebene Arbeiten 
nuͤtlich auögufiich. Su dieſer Beziehung tft ein Soncure eröffs 
net, um bie zwedimäßigften Vorfchläge zu vernehmen. 12) ie 
efn ber weligidfen und praktifchen Moral: Pflichten des Pries 
rs; Anweiſung über‘ den Monthyon'ſchen Tugenbpreis; A 
munterungsmebaille, um unter. ben Arbeitern in ben Inbuftries 
werkflätten. die Liebe zur Arbeit und zur Orbnung und bem 
Eifer in Erfüllung ihrer Obliegenheiten anzuregen; Wahl ei- 
nes Standes; Moralprincipien und Sprühwörter, und Mittel, 
Beit und Vermögen zu erfparen und güglid zu verwenden, 
13) Gtatiftit von Frankreich; Golonien; Douane; Wälber und 
Jorſtweſen; Straßen: und Brüdenbau; Bergweſen; Gerichts ein⸗ 
theilung; Militairorganiſation; Marine; Kirchenweſen; Budget; 
Kenten⸗ und Staatspapiere u. ſ. w. Einige Druckfehler, uns 
reiner Druck, Unrichtigkeiten in einzelnen Berechnungen ſin 


d . 
eben fo Ihr durch die Wohlfeilheit des Buches als duch bie 


Eile und Maffe der Grgenftände zu erffären und zu entihul- 
bigen, aud) Bon. weniger Belang. In Angabe ber Sen 


und bes Berufes der Pfarrer find bie Berausgeber etwas in 


ben Myfticismus und religidfe Kopfhängeret verfallen, und has 
ben von ben proteſtantiſſchen Geiſtlihen gar nichts gefagt. Bei 
ber Standeswahl wirb dem Gohne angerathen, durchgaͤngig 
ſtets die Profeffion bes Waters gu ergreifen. Diefe Lchre 
ift ebenfp wenig bem Streben nad Kortfchritten unb Per⸗ 
fectibitität des menſchlichen Geiſtes angemeflen ala buch 
die entwidelten Gründe gerechtfertigt. Die Gründe ber Mahl 
eines Standes gehören dem einzelnen Kalle an, aber bie 
ungemefienfte Auswahl und Freiheit iſt die einzige Rorm, welche 
der Menſchheit würbig tft. In flaatsbürgerlicher und politifcher 
Beziehung find die Lehren und Untermweifungen nicht mit ver 
Freiheit und Unabhängigkeit gagelch, wie es zu wünfchen ge 
wefen und wie es dem bermaligen Juflande. Frankreichs und. der 
Civilifation angemeffen wäre, was man befonders dem Ein⸗ 
uffe der Regierung, welche das „„Journal” und den, Almanach 
egünfligt und empfiehlt, zufchreibt. Dagegen tft die Auswahl 
der Moralprincipien, ber Regeln der Hauswirthfchaft, der E⸗ 
Iparnis und bed Geſchaͤftaweſens vortrefflih und lobenswer 
ie Namen von Spiktet, Pythagoras, Lafontaine, indif 
Spruͤchwoͤrter, Pascal, Franklin, en, Ariftoteles, Labruyere, 
Apoftel Paulus, Bacon, Seneca, St. : Auguflinus gewähren 


‚dafür hinlaͤngliche Bürgfhaft 


Das „Sournal ber nüglichen Kenntniffe” ift in manchem 
Betradht. in Kleinigkeitskraͤmerei und dadurch ins Lächerliche 
verfallen. Demungeachtet iſt nicht zu verfeunen, baß bied Uns 
ternehmen der Geſellſch. f. Emancipat. berufen ift, ben wahlthä- 
tigſten Einfluß auf die Volkebildung und Aufllärung auszuhben, 
und ber erſte von ihr herausgegebene Almanach verheift bie 


been. Fruͤchte. 
(Der Beſchlus felgt.) 


Nedigirt unter Berantwortlichteit ver Berlagshandiung: ©: A. Bro@hams In Leftpzrig. 


ä 


Blätter 


4‘ 


fär - 


Titerarifhe Unterhaltung 





' eden von J. von H 
—* Jahrgang. 


| Beſchluß aus NT. 97) 2. 
Nun folgen im diesjährigen Taſchenbuche 


1. Die Hohenftaufen, zwel Gedichte von J. J Sendt⸗ 
ner. — Wie find weit entferne, den poetlſchen Werth die⸗ 


fee Balladen verkleinetn zu wollen, und benterken dahrt 
nur ale hiftortfche Nach, daß Hier Kaifer ’Heimich IV. 
und Ftiedrich der Rothbart mit einander tedend eingeführt 
werden, da doch Letzteret erft lange nach dem Tode des 
Erftern geboren wurde. Solche 


machte Virgil den Aeneas zum Zeitgenoffen der Dibo, 
' 1. Baitiſche Reiſende aus der Vorzeit: — 
bes erwähnten Ultich Schmidl's von Straubihg fuͤdame⸗ 
rikaniſcher Reiſe in den Jahren 1534— 54 gidt das dies: 
jährige Taſchenbuch Nachticht von Albrecht's Grafen zu 
Loͤwenſtein Pilgerfahrt in das heilige Land, in den’ Ich: 
ten 1561 und 1362,*von ihn ferbft deſchrieben. Diefe 
eifebefchtetbung it, in Abſicht auf Geographle und Wil: 
Lerkünde, ziemlich unbedeultend; body gewaͤhet fie Intereffe 
in Bezlehung auf Geift und Sitte’ des hohen Adels im 
46, Jahrhundert. — P. kadislaus Mayt, Franziskaner der 
Bafrifchen Provinz, aus Eggenfelden, reffte im %. 1748 
nah Jetuſalem, mo er ſodann Über 30 Jahre ſich auf: 
hielt. Er hat dteimal feine Netfedefciteibung zu Papter 
gebracht; das letzte 1779— 82 verfertigte Manuſcript be: 
findet fi) ‘in der Staatsbibllothek zu Muͤnchen. Ueber 
Jerufalem und Bethlehem äußert ſich der fromme Pater: 
„Als Heilige Staͤdtẽ vershre er fie mit fchuldigee Ehrfurcht, 
Übrigens aber feien fie — miferadte Ratzenneſter.“ 

MI. Die Grafen von Wittelsbach za Grag. — Die 
Soͤhne bes unglüdlichen Kurfürften von Balern Maximi⸗ 
tian Emannel wurden auf Befehl des Kalfers Joſeph 1. 
von Muͤnchen nach Oeſtreich geführe, nachdem der Kat: 


- fer, der nach dem Recht des Staͤrkern Balern in Bells 


genommen, die Acht Über den Kurflitſten und deſſen Bru- 


"ber, den Kurfürften von Koͤln, ausgeſprochen hatte, und 


nachdem dieſe Acht von den andern gehorſamen Kurfüt- 
ftm (dte andern Relchsſtaͤnde wurden nicht gefragt) ar 
genehmigt worden. Zu biefer Dätte, die oft In Grau⸗ 
famteit ausattete, hlelt fi der‘ Kalfer berechtigt, weil 


achronismen aber hir ' 
ben ſich die größten Dichter wol erlaubt. Bekanntlich 


Baiern in dem ſpaniſchen Erbfolgekriege gewagt, zur Ver⸗ 
theidigung ſeiner Anſpruͤche eine ſelbſtaͤndige Politik zu be⸗ 
folgen und ſich an Frankreich anzuſchließen. Zur Zuͤchti⸗ 


Pgung für ſolchen angeblichen Frevel ward Baiern mit 


oͤſtreichiſchen Truppen befegt, in oͤſtreichifche Adminiſtration 
genommen und durch den furchtbarſten Druck unter den 
dort bingefendeten fremden Beamten gepeinigt. Dim zur 
Verzweiflung gebrachten Einwohnern wurde zum Troſt die 
Ausfiht eröffnet, ihr Vaterland nächftens im eine oͤſtreicht⸗ 
fhe Provinz verwandelt zu fehen. Und weil die Balern 
fo thoͤricht waren, für ſolche Wohlthaten nicht dankbar 
zu fein, weil die baltischen Bauern gewagt hatten, aus 
Anhänglichkeit au ihr angsflammtes Fuͤrſtenhaus die Waf⸗ 


aber von I fen zu ergreifen, wofuͤr die frande Herefchaft mit gewohn⸗ 


ter Milde die bet Sendlingen und Aldenbach geſchlagenen 
Bauern nur zu Zaufenden hatte niedermegen laſſen; — 
darum mußten die in München biöher bewachten bairi: 
ſchen Prinzen nach Deſtreich geführt und dort im firenger 
Haft gehalten werden. Dies geſchah, nachbenut der — 
— Aufftand der Bauern mit biutigem Nachdrud ge 
dämpft — jusque datum sceleri — und die Ruhe durdy 
Teuer und Schwert gefüchert war. Nur-die Bayern mas 
ven fo flrafbar patristifh, der Adel war gehorfam geroefen, 
daher ihm auch von Wien vor der Geichichte dag Zeugs 
niß ausgefteltt wurde: „daß ber Kaifer ſich gegen ben 
Stand des Adels ber beitändigen Treue allergnäbigft vet: 
fihert Halte, diefer auch ſich bisher in feiner Devotion zu 
allorgnaͤdigſtem Gefallen aufgeführt.” — Nicht das Ta⸗ 
ſchenbuch ijt es, welches dieſe Verhaͤltniſſe in Erinnerung 
bringt: wir allein tragen die Schuld davon, um dem Ge⸗ 
daͤchtniß des Leſers zu Huͤlfe zu kommen, der uͤbrigens in 
des Jeſuiten Daniel Stadler's und in Zſchokke's Bairi⸗ 
ſcher Geſchichte“, ſowie ſchon in Milbiller's Fortſetzung von 
Schmidt's „Geſchichte bee Deutſchen“ hinreichenden Stoff 
finden wird, das gegen Baiern von Joſeph J. beobachtete 
Verfahren gu beurtheilen und die Seite zu bemerken, won 
welcher Baiern von jeger am, empfindlichſten verlegt wurde. 
Freiherr von Hormapr fegt djefe Dinge als befannt vor: 
aus, was fie auch find, wiewol fie nichtsdeſtoweniger auch 
zu ben vergeffenen zu gehören feinen. Er fagt: 
Bekaunt ift, mit weicher tiefen Erniedrigung Zofeph I.. durch 
ten Xufftand (d. i. die legitime Nothwehr) des bairikchen Volkes 
noch meht erbittert, die Kinder des ungluͤcktichen Kurfärften Mas 


zimilian Emanuel bekanbeln ließ, und baß die Prinzen nur als 
Grafen von Wittelsbach erzogen wurden. Der Bruder unb 
Rachfoiger, Karl VL, war ungemein milber in Wort und That, 
wie die nachfolgenden Urkunden bemeifen, welche zugleich einen 
nicht unintereffanten Beitrag zur Jugendgeſchichte Kaifer Karl’ VII. 
l 


A um? a 
Der nachmalige Kpifer Karl VIE. war nämliß, der 
äftere dee fünf baicifchen Prinzen, die in öftreichifcher Ge: 
fangenfchaft erzogen wurden. — Die eine diefer Urkünden 
ift ein Schreiben Karl's VI. d. d. April 1712 an den 
Strafen von VBreuner, ber die Aufſicht Über die Prinzen 
erhielt, und worin «6 unter Anderm heißt: , 
Ich habe euch hiemit gnädigft bedeuten wollen, was maflen 

die Dberbirection und Auffehen nicht allein über die 

fünf bairifhen Prinzen, fondern auch Dero ganze Hofitaat hie: 
mit guädigfi aufgetragen, und bahin inſtruirt haben will, daß 
ihr auf alle ihre Verrichtungen, fonderlich aber die Perfonen ber 
Auf Prinzen ein aufmerffames Xug haben, oͤfters um fie und 
dei ihnen feyn, ihnen nichts ermangeln Laffen, alle etwa wahr: 
nehmende Ungebühr mittels bero Oberhofmeiſters, Beichtvaͤter 
‚and Inſtruktoren mit guter Art abftellen, hingegen bas Beſte 
und Nüglichfte anorbnen, fie vorderft zur Andacht und Furcht 
Gottes, fodbann aber zu recht und orbentlihen Stunden mittels 
ihrer Theils wirklich habenden, und Theils noch barüber aufzu: 
nehmen nöthigen Lehr⸗ und Grerzitien: Meifter ad literas et 
Scientias, zu den Sprachen und äbrigen dem fürftlichen Stand 
wohl anftehenben Grezzitien, als Heiten, Fechten, Tanzen, und 
etwa einer beliebigen Muſik, fo weit es bie Zeit, ihre Befund: 


- heit, Jahre und Kräften zulaffen, anhalten; fie auch zuweilen : 
u. dal. in meinen Forſt⸗ und 
Waldungen ergögen und umterhalten zu laſſen, jedoch daß hie⸗ 


mit einer Bad, Jagd, P 


Aurch ihre andern Studia und Crerzitien nicht zurüdgefegt oder 
‚wernachläffigt werden, mithin ihr, daß fie außer Muͤßiggang ge 
fegt, et ne libidini iudulgeant, fundern fo chriſtlich als ſittlich 
und in allem fürftlicden Wohlftand und Zugenben, wie zuma: 
‘ten in ber Lieb und Tchulbigften unterthänigften Devotion auch 
Grienntiilait gegen Mi und Mein ganzes loͤbliches Erzhaus 
von Deftreidg, von ihrer dermaligen Jugend an gebührlich auf: 
erzogen und geflärkt werben, auf alle Weis Borg tragen, unb 
mir-enblih von Ihrem Progreß, Belchaffenheit und Nothwen⸗ 
bigfeiten wochentliche Relation erftatten follet. 

Die zweite Urkunde iſt ein Bericht bes Grafen Breu: 
'ner an ben Kaifer, morin die Geſchicklichkeit des balri⸗ 
[hen Prinzen Kart gelobt wird, die derfelbe bei Gelegen⸗ 
"heit feiner Sffentfichen Defenfion ber gefammten peripate: 
tifchen Philoſophie mit großem Ruhme erprobt habe. 
"Angehängte ift: „Extractus literarum ad P. Rectorem 
Monacensem Soc. Jesu. Graecii 25. Aprilis 1714.” 
Darin wird ebenfalls. des Prinzen Geſchicklichkeit gelobt 
"und dabei ‘angeführt, wie gut er bie Argumente ber 
"Atheiften widerlegt habe. Diefe Urkunden find allerdings 
‚nicht ohne Intereſſe. 

IV. „Heinrich III. von Srankreih auf dem Hin⸗ und 
Herweg aus Polen beim Pfolzgrafen und Kurfürften 
Friedrich und in Wien”. Auszüge aus einer alten Chro: 
nik und aus dem Tagebuch eines Ungenannten, welches 
im Drud erſchienen iſt. Die Sitten der ‘guten alten 
Zeit find aus diefen Bruchftüden ganz deutlich zu erfehen. 

—V. „Burgen“. Unter biefem Xitel findet ſich, wie be: 
reits angeführt, eine ftehende Rubrik im Taſchenbuche. 
Daß diesjährige enthält: „Bürglig, Jagdſchloß und Staats: 
gefängniß der böhmifchen Könige. Geſchildert in Mitthei⸗ 
lungen an Friedrich Heinrich von ber Hagen.” Die Schil⸗ 


92 3 ZT 





berung bes Schlofſes hat einen Anſtrich von Sentimen⸗ 
talität, die fich jedoch nicht übel ausnimmt, da an die 
Qualen einiger Staatögefangenen erinnert wird, welche 
in bem in Waldesnacht vergeabenen Schloffe Gelegenheit 
hatten, zu erfaßken, nůelch; —— 


in di 
„menfhenfreundlichften Religion von —* mueln 


den — — — geübt wurden, bie, ba fie die Macht in 
Händen hatten, eben, der nicht nach ihrer Vorſchrift 
denfen wollte, gleich dem aͤrgſten WBerbrecher verfolgten, 
Schauderhaft ift die Erzählung der Schidfale „des Jos 


J.hannes Auguſta, Biſchofs ber böhmifdyen.. Bräber.,' den 


Kalfer Ferdinand I. in Verdacht hatte, die 1547 gegen 
ihn im Böhmen ausgebrochene Verſchwoͤrung angefacht 
und genährt zu haben. Ferdinand ließ ihm, durch Lift ges 
fangen nehmen und in Prag drei Mal auf die Folter 
fpannm. Darauf wurde ber unglüdtiche Biſchof nad 
Bürglig gebracht und in bie Erdgewoͤlbe bes großen Thur⸗ 
mes geworfen.” Bierzehn Lage lang wurde Augufla in 
diefem Keller feinem Schmerze ‚überlofien; die von der 
Folter verurſachten Wunden wurden nicht verbunden. Ueber 
ein Jahr Lebte der Unglüdliche ohne Licht, auf ſchlechtem 
Lager und bei ſchlechter Koft in diefem Kerker, ale der 
Kaifer neue Henker fendete und den Biſchof abermals auf 
die Folter fpannen ließ, um von ihm Geftändniffe zu er⸗ 
preflen. Unter mancherfei teaurigem MWechfel, den wig 
hier aus Mangel an Raum nicht näher angeben koͤnnen, 
brachte der Biſchof gegen breisehn Jahre in diefen Mar: 
terfammern zu, als auf die Kürbitte des edeln Ladislaw 
von Sternberg und der Thönen Philippine Welfer, Ges 
mahlin bes Erzherzogs Ferdinand, ihm einige Erleichte⸗ 
ung verſchafft wurde, bis Marimilian II. ihn emdlich im 
Jahre 1564 von feinem Vater mit großer Mühe losbat. 
Nicht zu vergeffen ift, daB alle Qualen, denen ber Bi: 
ſchof preißgegeben wurde, den ausdrüdlidhen Befehlen des 
grauſamen Kaiſers gemäß waren; die Inſtruction an ſei⸗ 


nen Sohn, worin "der Tyrann feine Kunft im Martern 


zeigt, ift nocy vorhanden und im Taſchenbuche abgedrudt. 
Wie finneeih waren die Qualen ausgefonnn! Es war 
vorgefhrieben: „daß ihm in der Gefängnig mit Effen 
und Trinken kein, Abgang gelaffen, aber ihme, in die 
fünf ober ſechs Tage aneinander unaufhoͤrlich bei Tag 
und Nacht kein Augenblid zum Schlaf einige Ruh nody 
Stund ober Zeit gegeben werde. der zum andern ihne 
ruͤckling auf ein truden Bret ober Laden zu binden, da: 
mit er fih nicht umkehren möge oder kuͤnnte und ber 
Kopf nit darauf ruhet, fondern von bem Bret hinab: 
bange und Fein andere Hab oder Hilf einiges Aufhaltens, 
außer feiner natürlichen Törperlichen Hilf gehaben müge; 
zu Zeiten etlich Tropfen eg umb die Nasloͤcher ge: 
ſtrichen; deshalb alfo einen Zag ober zween Tag und 


Macht unaufgelöft mit ihme getrieben. Zudem wäre auch 


der Sach zuträglih, wann er alfo auf dem Rüden läge, 
daß ihme ein lebendiger Käfer, fo in dens Roßzirk machen 
thuet, der geößern einer auf den Nabel gelegt und- folcher 
Käfer mit einer halben Nußſchall zugededt und darauf 


‚gebunden würde, alfo ein Weil darob gelaffen.” 


„Dder zum dritten ihme etlich Tag truden und wohl: 


‚nale und Zeisfchriften, „Journal des 
- mes‘, „Journal des demoiselles‘ u. f. w. bleiben mir nur ıvenige 


abgewuͤrzte allerlei Species ohne Suppen zu effen, aber 
kainerlei Trank ihme dazu gereicht, gelaffen und gegeben 
werde. Doch in dieſen dreien Artikeln ſeynd die zween 
erſten bie forberifien und beſchweriſten.“ 

Der Verf. meint, dieſe Geſchichte würde einem Wal⸗ 
tee Scott reichen Stoff geben, und ruft aus: „Aus dieſer 
voͤllig nach den Acten erzählten Geſchichte laͤßt fich, beim 
Dimmel! gar Vieles lernen.” Allerdings! darum aber 
{ft zu wuͤnſchen, micht ſowol daß ein Romanſchreiber, ſon⸗ 
dern ein Geſchichtſchreiber von ber Staͤrke eines Gibbon 
oder Hume ſich des Stoffes bemaͤchtige, um fanatiſchen, 
den Geiſt des Lichts verfolgenden Despoten einen Spie⸗ 
gel vorzuhalten und ſie vor ihrem eignen Bilde zittern 
zu machen. 

VI. „Die Wallfahrer und Deiſten in Boͤhmen.“ Eine 
hoͤchſt intereſſante Schilderung einer merkwürdigen Sekte 
in dem noch lange nicht hinreichend bekannten und ge⸗ 
würbigten Lande. Wir hatten mehre Stellen in dieſem 
Artikel angeftrichen, um fie dem Leſer vorzulegen; da aber 
unſer Bericht bereitö lang geworben, fo mäflen wir bar 
auf verzichten und uns mit ber Hoffnung tröften, daß 
das Tafchenbuch bald in Jedermanns Händen fein wird. 
Wir haben von den dreißig Artikeln in dieſem Jahrgange 
nur ſechs namhaft gemacht; da wir die andern nur dem 
Titel nad) anzeigen könnten, ohne fie näher zu charakte⸗ 
siftten, fo würde dem Leſer wenig „bamit gedient fein. 
Natuͤrlich können nicht alle Nummern von gleichem Wer⸗ 
the fein. In einer Sammlung, wie biefe, möüffen fich 


vie in einer Mineralienfammlung bie verfchiebenartigften 


Stüde finden, und nicht alle Stufen können gleiches und 
gleichviel gebiegenes Metal enthalten. Kür den Kenner 
aber find fie alle beichrend, und was dem Laien als nur 
bunt, locker und Lofe erfcheint, erkennt jener im Zufam: 
menhange feiner- Wiſſenſchaft. 41. 





Correſpondenznachrichten aus Paris. 
(Beſchluß aus Ar. 9.) 


Unter bee Waffe der fortwährend erfcheinenben neuen Jour⸗ 
onfans‘', „Journal des fem- 


zu erwähnen. Alle Blaͤtter haben bie Anzeige bes „Kurope 
litteraire” verkuͤndet. Der in dem Profpectus ausgefprodgene 
Pan und das Ziel biefer Zeitſchrift find: der Kunft und 
‚der Literatur aller Länder und Voͤlker Gurepas einen eigmen 
directen Repräfentanten zu geben, die Stralen aller jeeftreuten 
Lichter in einem einzigen gemeinfchaftlichen Mittelpunkt zu ſam⸗ 
mein und von dert aus zu verbreiten. Wan wandte ſich bes: 
halb an Lie entfchiedenfien Anhänger der verfdiebenen, ſich 
beftreitenden politifhen Meinungen und erfuchte fie um Mit: 
arbeit. So kam es, dab in diefem Profpectus die Häupter 
der karliſtiſchen Partei, die Pfeiler des Juste-milten und bie 
Vorlämpfer der Republik ſich nebeneinanbergebrudt fahen. 
Die Politik fol gaͤnzlich ausgefchloffen fein, und bamit biefer 
Grundfag firenger beobachtet werde, foll eine Commiſſion mit 
der Aufficht hierüber beauftragt bleiben. Der Profpectus theilt 
nebft den Zufchriften ber acceptirenben Witarbeiter und ben Abs 
bäfionen ber Departementsjournale auch die Adreſſen ber dreis 
hundert Stifter des Journals mit. Darunter war ich fehr er: 


ſtaunt neben bem Bitomte d’Arlinceurt, Graf Lanjuinals, Berry⸗ 
ee (Sohn), Alerandre Detaborde, Duc be Roailies u. X. m. ben 
Baron von Rothſchilb zu finden. Diefer große Literator bat, 
wie es dem echten Verbienft geziemt, feinen Beitritt durch fols 
genbe befcheibene Zeilen zu erfennen gegeben und alsbald feine 
befondere Aufmertfamfeit auf ben entſcheidendſten Punkt ber 
Sache, bie Nichtpolitik, gerichtet. Herr v. Rotſchild liebt bie 
Yolitit nicht: „‚Messiours, c’ost avec le plus grand plaisir 
que je c6de au vödeu, que vous voulez bien m’exprimer; je 
m’associe de grand coeur & la belle et louable en i 
que vous avez formde. J’accepte d’ätre l'un des trois cents 
fondateurs de l’Europe litteraire, et de me joindre aux il- 
lustrations chargees de veiller A ce que le journal ne s’öoarte 
pas de la ligne non politigue qu’if s’est tracde.' Wie kommt 
Saul unter die Propheten? — Gonberbar genug bat bie Dis 
rection ale Emblem einer nicht politifchen Zeitfchrift die chaoti⸗ 
ſche Vereinigung der Wappen und heralbifchen Abzeichen aller 
politifhen Körperfchaften ECuropas auf ben Profpectus geſett, 
was fo großen Beifall fand, daB bie Gtiquette feither nicht 
mehr erfchienen iſt. Die Berfprechungen der Anzeige find außer: 
ordentlich glänzend und follen alle andern Hülfsquellen, Zournale 
und 3eitfhriften, überflüffig machen, unb es ift fein Zweifel, daß 
das Unternehmen, wenn es, wie es den Anfchein hat, auf fehr reis 
hen und nachhaltigen Unterlagen ruht, fehr viel Ausgezeichnetes 
und Schönes liefern kann. Allein mandherlei feindlich Unverein⸗ 
bares fcheint ſchon in feiner erften Geburt zu liegen. Die Gr: 
clufivität, welche das Journal ſich aneignen will, wird unaus⸗ 
bleiblich die Ciferſucht und bie Feindſchaft aller befiehenben Un⸗ 
ternehmen analoger Art und hiermit bas Bemühen, baflelbe zu 
biscrebitiren unb zu untergraben, bervorsufen. Eine Bereinigung 
von Männern, welche ſich überall auf das entſchiedenſte gegen: 
überftehen, ſich öffentlich bekriegen und fehr häufig wirklich 
affen, ift an fich unnatuͤrlich und Tann nicht von Dauer fein. Bor 
Hem aber broht ber Ausfchluß aller Politik dem Blatte ber Inter 
gang. Wan verhehle ſich nicht, bie Politik laͤßt ſich in Frankreich nir⸗ 
ende verbannen, und eine Zeitfchrift, deren normal ausge 
prochener Charakter darin befteht, nicht politifch fein zu bürfen, 
wird kaum dem Norwurf ber Langweile entgehen koͤnnen. 
Die Stifter bes Blattes haben bie innige Verbindung ber Kun 
und Literatur mit Politik und foclalem Reben. vornherein ſelbſt 
aufgeftellt und darin gerade einen Grund ber Nothwendigkeit 


erkannt, biefem Hohen ‘Impuls aller Givilifation eine neue. 


Garantie und Stüge zu geben; wie kommt es, baß fie ſich ſchmei⸗ 
, ng zu ernten, nachdem fie ben Cauſalnexus 
zerftört? Erſter Sag: „Ceux la n’ont jamais compris l’art, 
qui n’ont pas su decouvrir la marche cachde de son pro- 
res & travers les siöcles, ses &ternels combats pour la civi- 
sation du monde, et la chaine morale qui l’anit si etroite- 
ment & tous les di&mens politiques et sociaux. Nous esp&- 
rons prourver plus tard que la question de l’art fut toujours 
une question sociale et universelle, comme celle de la reli- 
gion et de la philosophie.’ Zweiter Say: „La politique sera 
complötement exclue de l’Europe littoraire!“ Nichts ift hier 
der Politik fremb; man fehe fih um, im Theater, in ben Ge⸗ 
mäldefälen, in ben’ Statuen und WBäften, in der Muſik, in ber 
Zeichnung, in der Literatur und Allem, was fi) daran fchließt, 
lebt bie Politik, fie dat fich mit dem Geiſt ber jegigen Genera⸗ 
tion verfchmolgen und verwebt fi) mit allen ihren Ideen bes 
Fortſchrittes. Die erften Blaͤtter find erfchienen. Es befindet 
fih darin eine Eritifche Ueberficht ber deutfchen Literatur, Poefle 
und Kunft von Heine: eine ſchwierige Aufgabe, welche durch 
das Beleiftete weber nach Umfang noch Tiefe als geldft erfcheis 
Es iſt zu befuͤrchten, daß ber Verfaſſer ſich in 
ein neues Feld gewagt, fuͤr welches er nicht berufen iſt, 
und mehren anerkannten deutſchen Kritikern gegenuͤber den 
Handſchuh zu einer Fehde hingeworfen habe, welche fuͤr ihn ver⸗ 
haͤngnißvoll und unguͤnſtig endigen kann. Ich war ſehr erſtaunt 
in einem Ueberblick deutſcher Poeſie und Literatur Schiller's 
nicht gedenken zu ſehen. Daß dies irgendwie möglich fei, iſt 


nen moͤchte. 


—⸗ 


I 


mir erſt jegt bewirken worden. Doer gehört etwa Schiller 
nicht mehr zum deuten Yard? 

Die feindliche — ber übrigen Titerarifihen Journale 
und Blätter, von weicher bie Xede war, fängt bereite am, 
ſich zu äußern. Soeben leſe ich im „‚Corsaird” ‚Kolgendes, ob: 

gleich deffen Hedacteur, Briffault, der erfteingefchriebene unter 

den Mitarbeitern bes „Europe littdraire” ifi: „Hm ber Li⸗ 
‚ teratur, welche in den legten Zügen liegt, beizufpringen und 
ben hinfkerbenden Buchhandel aufzurichten, laßt bad „Hurepe 
Nitteraire" beſcheidentlich anzeigen, daß es berufen fei, alle Buͤ⸗ 
der zu erfepen und jede andere Ausgabe als bie für fein Aben- 
nement überfiäffig zu machen. „Encore un ours qui lance 
un pavé & la face de son amil" 

Ein ganz neuerlich efrichtetes Blatt verbient ebenfo fehr 
wegen feiner Wohlfeilheit als wegen bed bisher Geleifteten 
ausgezeichnet zu werben. Ese ift ba® „Magazin pittoresque‘', 
weiches den Gegenftand feiner Thaͤtigkeit folgendermaßen an: 
Fandigt: „Wie wollen ein wahres Magazin eröffnen von 
Dentwärbigen aller Art und Zebem wegen feiner Wohlfeil⸗ 
heit zugaͤnglich. Es foll enthalten: alte Sachen, neue Gar 
hen, lebendige, lebloſe, denkwuͤrbige, natürliche, civilifirte, 
wilde, der Erbe, dem Meer, dem Himmel und allen Zeis 
ten angehörig, berfommend aus allen Ländern, aus Hindo⸗ 
#an und aus China ebenfo wol als aus Seland, Lappland, 
Timbuktu, Rom ober Paris: wir wollen, mit einem Worte, in 
unfern Kupferftichen abbilden und in unfern Auffägen beſchrei⸗ 
ben, Alles, was wärbig ift, bie Aufmerkſamkeit und bie Blicke 
zu feffein, Alles, was einen intereffanten Gegenſtand des Nach: 
benkens, der Unterhaltung und bes Studiums darbietet.“ Je⸗ 
den Sonnabend erfheint eine-Rummer, einen Bogen flark, zu 
8 Sous, anfänglih zu 2 Sons, ehe die Abminifiration bie 
Gtempeltare darauf gelegt hatte. Die bisher erfchienenen Rum: 
mern haben dem Verſprechen genügt. Sie enthalten ſehr 
anziebende Details über einzelne Wonumente, Anlagen und 
Gebäube und deren Abbildungen, fobann biographiſche No⸗ 
tigen beruͤhmter Männer, Hiftorifhe und naturgeſchichtliche 
Data u. oͤgl. " 

Ein anderes Unternehmen ift: „L’observateur des tribu- 


naux,, pour servir a l’&tude des passions, des moeurs et de | 


‘ Vhistoire. Par Eugene Boch.” Der Inhalt des Blattes fol 
folgendermaßen daffificirt fein: Leibenfcaften und Verbrechen. — 
Gitten: mannichfaltige Züge. — Politik, Geſchichte und Bio⸗ 
graphie. — Religion. — Civiltrechtliche Fragen. — Eiteratun, 
Töne Künfte und Inbuftrie. — Geltfame Thatſachen, roman: 
Mfche Detattö und Abenteuer. — Miscellen. — Auslaͤndiſche Ge⸗ 
richte: — Der Derausgeber fagt mit vielem Recht, daß die Mo⸗ 
ralitaͤt eines Volkes, der Zuſtand feiner Aufllärung, der Grab 
feiner Eivilifation, bie MWBefonberbeit feiner Anlagen und feis 
er Sitten, die Lafer und bie Fortſchritte feiner focialen Kin: 
richtung, das Uebermaß feines Lurus und feiner Roth, ber 
Stand der Parteien, in welche es ſich theilt, die Staͤrke und 
Ghwähe, die Weisheit -oder ber Zwang ber Gewalt, welche es 
regiert — daß Alles dire ih in ben Gerichtäfälen entfaltet und 
als pofitive Thatſache darftellt. Kein Zweifel hiernach, daß 
dieſer Beobachter Gelegenheit finden mag, uns die pſychologiſch⸗ 
intereffanteken Wahrnehmungen und Wetrachtungen zu lie: 
fen und aus den Gerichtöverbandlungen Gtoff für ein 
an Yarbe und Mannichfaltigkeit reiches Lebensgemälte zu-gie: 
gen. Ich werde Ihnen fpäter über die wirklichen Leiſtungen 
sicht erflatten. 171. 


— — an 0 — — — — — — — — — 


Notizen. 


MNachdem die Engländer fo viele Entbedungsreifen in ben 
entfernteften Weltgegenden unternommen, iſt es den Lieutenants 


Redigirt unter Berantwortlichleit der Verlagöhendlung: &. A. Brodbaud in Eeipzig. - 


Denen Sabre arianein, Kap 
enen Jahre ge ‚ ganz in ber Kühe ber en 

wichtige —X wohn, Wi Tufnahnie bes Beiſtit 
Fanates beſchaftigt, fanben fie, daß Die in ’denifeiben Legende 
Inſel Lundy eine gute, Vinvſtoße aus VWeſten ſichere 
Ruebe „wo eine detraͤchtliche Flotte Gchug finden: kann. 
Si, wei F in den — ii Ten von wi Degen Win 

n allen Eden, br en a r 

Fhrlichen Möfte von Wales ober Über die gefuͤ Bar 8 
Bibdeford und Darnftaple zutuͤckzubehren. Rod mehe Mich⸗ 
tigkeit wird die ee nur von den Waäͤchtern der unlaͤugſt bar» 
auf errichteten Leuchtthürme und den Bewohnern eines Pächter 





hofs bevoͤlkerte Inſel durch bie heran einer reihen Sil⸗ 
n 


ders und Kupfermine erhalten. Doͤgle engliſche Mellen 
lang und zwei Meilen breit, legte um Ik bieher wenig Kath 
hei, und fie kam nach. öfterm. Wechſel ihrer Befiger für win 
Spottgelb an bie jegigen Gigenthümer, die nun aus den Berge 
werten allein 12,000 Pf. jährlich einzunehmen gedenken. 


Die „Bochety for promoting christian kaowledge” zählte 
v. 3.1852 gegen 15,000 Mitglieder und beſaß u r 66,000 
Hf. Et. Sinkünfte, machte aber auch einen faft gleich großen Aufs 
wand, indem fie während dieſes Jahres 1,715,300 Bücher unb 
kleine Schriften (Tractätdyen) verbreitete (dabei 129,756 Bibeln 
und Reue Zefldmente und 165,818 Gebetbücher und Pfalter) 
und in 900 Ortſchaften 10,965 Schnlen unteeflügte, in bes 
nen über 740,000 Kinber unterrichtet werden. - J 

Herr Matter, welcher unlängft den 1827 von ber Acadé- 
mie frangaise ausgefegten Preis von 10,000 Frs. für bie defte 
Abhandlung Über den Einfluß der Bitten auf die Geſetze unb 
ber Geſetze auf bie Sitten echeiten bat, erwarb ſchon 1817 
burch eine hiſtoriſche Abhandlung über die alexandriuiſche Ochute, 
und 1826 durch eine kritiſche Geſchichte bes Gnoficidmus zwei 
peeife der Academie des inscriptions. Au find feit 1829 
e 








Bände einer Univerſalgeſchichte ber chriſtlichen Kirche von ihm 
richienen. 


Die Anzahl ber von ſogenannten chriftlichen Mächten im 
Sklaverei erhaltenen Individuen wird auf 5,225,000 geichästs 
davon kommen 800,000 auf die britifhen Solonien, 200,000 auf 
die franzöfifhen, auf Kuba und Portorieo 500,000, auf ae 
übrigen Golonien 75,000, auf die Vereinigten Staaten 1,650,000, 
auf Brafttien 2,000,000. ie viele Millionen Leibeigene gehd⸗ 
ven aber noch hierher ? . 8 





— —— — —— — — — 


Literariſche Anzeige. 
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhaften: 


Sonverfi ationd ⸗Lexikon 


neueften Zeit und Literatur. 


Dreizehntes Weft. 
Karaiskakis bie Kvogb. 

Jedes Heft koſtet 

auf weißem Druckpapier 6 Gr., 

auf gutem Schreibpapier 8 Gr., 

auf extrafeinem Belinpapiee 15 Ge. 
Leipzig, im März 1833. | 
F. A. Brockhaus. 


-.. Blätter 


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- . ; 
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lerne ls 


literarifch 


| Dienflag, 





Zur Geſchichte der öffentlichen Meinung in Deutfihland. 
Vierter Aztilel*’) . 


Die karlöbader Bekchtäffe waren volgegen werden Eine 


tiefe Ruhe, auf die hiee und da wieder lebhaft gewordene 
Bewegung trat ein, und eine tange Reihe rwolitiicher 
Schtummerjabre ſchien zu beginnen. : Einige Juanglinge auf 
Aniverfitäten, die nicht meht mit. ber gewohnten. Dffenheit 
und Ruͤckſichteloſigkeit auftreten konnten, fuchten ſich felbft 
unter der Form einer geheimen Verbindung über die That⸗ 


- fadye zu täufchen, daß ihre Beſtrebungen von keinem na⸗ 
hen Erfolge gekrönt fein koͤnnten. Weit die Mehrhätt der 


jungen Maͤnner aber, welchen die Wiebergeburt eines dat 
[den Vaurlandes unter dieſer "oder jener Form der Ger 
danke ihres Lebens geworden war, mußte allmaͤlig erken⸗ 
nen, wie wenig fie um die Beſchaffenheit des Bodens ſich 


bekuͤmmert hatten, auf dem fie ihre peojectirten Staats⸗ 


‚gebäube aufzuführen gedachten, ‚forte um bie Mittel, bie 


ihnen zur Hand waren. Mauchen uam rihnen, welche — 


ohne innern Kern und Nachbait — ne eine Art politis 
ſcher Dreſſut empfangen hatten, gingen im Verkaufe sind 
ſpießbuͤrgerlichen Sefchäftstebens ihre frühen Ideale völlig 
unter. Andere dagegen blieben fid) nicht bias ihres gu⸗ 
ten Willens beroußt, fondern bewahrten ſich auch. das Ges 
fühl einer ausdauernden Kraft, die unter allen Verhälts 
niffen nicht ablaͤßt, nach einem erhabenen Ziele zu fireben, 
das früher nur undeutlich vorgeſchwebt hatte, das aber 
mit jedem weitern Schritte heller entgegentreten mußte, 
Allein fie glaubten daſſelbe nicht mehr wie frühse im 
Fluge der Phantafie erreihen zu Tonnen, welche die in 
ber Mitte liegenden Hinderniſſe verkennt und unbeachtet 
laͤßt; fondern fie verfhmähten «6 nicht mehr, auch ben 
kleinern Schritt vorwärts zu thun, den bie Befchaffenheis 
Des Weges erlaubte, und die Klippen zu umgeben, bie 
nicht Überftiegen oder Kberfprungen werden konnten. Go 
wendeten ſich die Beſtrebungen diefer zu Männern gereif: 
ten Simglinge mehr und mehr auf. die genauere Erfor⸗ 
fung und Würdigung der pofitiven Verhaͤltniſſe, und 
mit richtigeem praktifhen Sinne gewannen fie größere prak⸗ 
tifhe Bedeutung. Diefer pſychologiſch⸗ nothwendige ·Bil⸗ 
-Dungsgang , dieſe faft aufgedrungene Abwendung von bar 
inhaltieeren Allgemeinheit des Xhenretifirens und Phanta⸗ 
 *) Den erften; „jreiten und dritten Artikel fiche im Nr. 69, 

68, 87 und d. Bi. OD. Red. 





° 


nterhattung 






ſirens wurde :nicht blos dadurch beſchleunigt, daß die Bes 


1 euföchätigkeit der Einzelnen benfelben einen neuen und 


richtigern Maßſtab für Beurtheilung der Menſchen und 
Derhältniffe an die Hand gab, ſondern auch durch bedeu⸗ 
tende ‚weltgefchiggtliche Ereigniſſe. Die Erhebung eines 
Theils des fpanifhen Volkes für die Conftitution der Cor⸗ 


wm... 


fein mochte, daß vieleicht noch ein fruchtbares Gewitter vors 
angehen müfle, ehe diefelben wachſen und gedeihen Eönnten. 
Die Vollſtreckung der karlsbader Beichlüffe konnte nicht 
verfehlen, der deutichen Literatur einen Charakter aufzu⸗ 
nöchigen, der weſentlich von bdemienigen verfchieden war, 
ben fie unmittelbar nach den fogenannten Befreiungskries 
gen ‚behauptet hatte. Schon in der ungehinderten Voll: 
firedung jener Beſchluͤſſe fehlen gewiffermaßen ein Ber: 
dammungsurtheil für die verfuchten Neuerungen zu liegen, 
Es war alfo natürlich, daß die Literatur dieſer Thatſache 
fi) bemächtigte. In diefe Periode fiel die Bedeutung, 
weiche Degel und feine Schule gewannen. Man hat Des 
gel einen koͤniglich preußiichen Staatöphilofophen ‚genannt, 
und dieſer Ausdruck iſt treffend genug. Zugleich wird 
man ‚durch die Beſtrebungen dieſes Philofophen und durch 
defien Stellung zu feiner Zeit an Goͤthe's Worte erinnert : 
Dann kommt ber Philofoph herein | 
, Und beweift Cuch, ed müßte’ fo fein. 
Immer waren jedoch Degel und feine Anhänger, inſoweit 
fie das Gebiet der Politit in ben Kreis ihrer Korfchuns 
gen zogen, die. tiefiinnigften und fiharflinnigften Verthei⸗ 
diger der Stabilität, welchen gegeriüber die Seichtigkeit 
vieler ihrer Gegner aus der großen Schar ber geiftig fo 


= 


/ 


406: x. 


Y 


bequemen Altagsphilofophen um fo greilee herbortreten 


mußte. Gleichwol vermochte ſelbſt die Hegel'ſche Dialek⸗ 
tik nicht wegzuraiſonniren, was man ſo gern in das Ge⸗ 
biet der leeren Abſtractionen verwieſen haͤtte. Trotz allem 
Raiſonnement blieb die a Geſchichte beftchen, 
uf fi we Dgenammnten libsrplen: Ideen, die jegt vor Ver 
Auſſtokratte der Geburt fie von einigen ſtterartſchen Gofden 
verfolgt und geächtet wurden, Taufende und Millionen ge: 
firebt und gelitten, gehandelt und geopfert hatten. Was 
daher Einzelne 7 | ABER mochten, vie er: 
ſcheinung ſelbſt mit ihren unvertifgbaren Spuren war allzu 
eiefengtoß, als’ daß der Glaube ber, Völker an efne 0: 
um Beften, wei: Va _KUNE De 
hätte erfchüttert werben können. 


It) U ⁊ Ü 


gedrungen fühlte, den unverwuͤſtlichen Keim und Kern der 


pofitifchen Erſcheinungen der Tngfteri Zeit Über ihre Schafe 


hinaus und bi zu ihren tlefern Wurzeln zu ergründen. 
Aber auch der Maffe nah, blieb die deutfche Literatur 
sum größern Theile den einmal herrfchend -geroordenten "It: 
deralen Anfichten Agewendet, umgeachtet des Drud der 
Genfur, mweldher auf ihr laſtete, der jedoch nach einiger 
Zeit —-wie dies zu gefchehen pflegt — meritgftens da 
md dert von feiner erflen Strenge nechlich. Und biefe 
vorherefchende politiſche Richtung, theilte ſich faſt allen heiten 
der Literatur mit: ſelbſt ſchoͤngeiſtige Tagblaͤtter oder kriliſche 
Inſtitute waren derſelben mehr oder mindet gefolgt. 
immer waren jedoch der politiſchen Literatur die Sid 
gel fo weit gefchnitten, daß fie — wenn fie auch nicht 
Eriechen mußte — doch nur mit den naͤchſtliegenden und 
unmittelbar praktifhen Fragen ſich beichäftigen konnte. 
Mon erhob fich nicht leicht mehr bis zu den Höhen der 
Politik, fondern fucjte lieber in der Ebene jeden Frußbreit 
freien Raumes zu benutzen. Was das WVerhäteniß der 
deutfchen Gtiederftanten zur Geſammtheit derfelben betrifft, 
fo fehlen ſich einmal Hierin nichts ändern zu laſſen. Ohne 
daron zu ſchuͤtteln, oder auch nur die praltifche Bedru⸗ 
tung dieſes Verhättuifles für kuͤnftige mögliche Bälle im vor: 
aus beſtimmen zu wollen, ließ man bie Sache fliehen, auf fo 
ftarten oder ſchwachen Süßen fie grade fliehen mochte. 
- Ein Theil ber bdeutfchen Bunbesftaaten. war zu con⸗ 
flitutionneten Monarchien geroorben. Hiermit ſchien auch 
für die eimelnen Gliederſtaaten das Princip zur Beur⸗ 
theitung der Erſcheinungen des oͤffentlichen Lebens feſtge⸗ 
ſtellt zu ſein. Man nahm es fuͤr eine ausgemachte Sache 
an, daß die conſtitutionnelle Monarchie, roentgftene unter 
"den gegebenen Umftänden, die beſte allet Verfaſſungsfor⸗ 
men fe. Man wiederholte ſich fo oft die Lehre von dem 
heilfamen Gleichgewicht der Staatsgewalten, daß man end⸗ 
lich an diefe- abfolute Heilſamkeit nit minder fell zu 
glauben ſchien, als man in dan Zeiten vor ber Reforma: 
tion am die Untrüglichleit bes Papftes glauben mochte. 
Alten während man das Prindp .bex Fürfimfonverainetät 
fetbft von ferne immer -amzutaflen verfüchte, vertheidigte 
man gleichwol alle Gonfequenzen, die aus der Vorausſe⸗ 









ne 


Die ganze Dppoſition Hegel's und feiner Anhaͤnger Hatte 
nur die Kolge, daß jetzt auch ein Theil ſeiner Gegner fich 





ſatze entſpringen, daß man jedem zum Gefuͤhl ſeiner Selb⸗ 
ſtaͤndigkeit gekommenen Volke eine entſcheidende Theil⸗ 
nahme an der Geſtaltung bes oͤffentlichen Lebens nicht 


ferner verweigern dürfe. Wer auf unſere politiſche Lites 


kur sr 


dan Juliercig růdblidt Kank 
ch Leicht überzeuhen, wikt zahlreiih, im Vergleiche mit 
Denjenigen, welche entgegengeſetzte Anſichten vertheidigten, 
die Stimmen waren, die ſich fuͤr Oeffentlichkeit des ge⸗ 

Srerſchrene acsſpracher; Tür bie Emführung _ 


vn db ia 3 karls der Bi 
n 


Beſchworenengerichten, wenigſtens bei politiſchen und 


eßvergehen; für freiere Wahlgefege im Sinn des bemo: 


unferer erſten Kammern, welche ber. Derrfchaft eines wahr: 
Haften Volkswillens fo laͤhmend entdegentraten; für bie 
weitere Emancipation der Gemeiden; für populalte Wehr: 
verfaſſeng m; |. m; Dies Alles kotinte um fe weniger 
verfehten, An der öffentlicgen Meinungeſich Eingang mr 
verſchaffen, dals zugteich die Maſſe der Literatur, narkente 
U der periodiſch⸗ politiſchen, an Umfang bedeutend zu⸗ 
nahm, und als bei dem groͤßern Theile des Publieumé 
fchon die fortwährende Wiederholung derfelben Anfichten 
zu genügen.pflegt, um diefesben zu einem unbezpeifelten 
Dogmm zu oerheben. 
Schon oben wurde darauf hingewieſen, daß ber Kampf 
des Dentſchen Volkes gegen was Ausland zugleich eine ver 
ligioͤſe Richtung genommun hatie. Darum ergoß ſich Am 
Theil der aufgeregten geſtäͤgen Elemende Tr das Andy 
lich⸗ religioͤſe Gebiet; um fo meht, als man daſelbſt eis 
nen Kampfplatz vor ſich ſah, wornuf man weniger bes 
fürchten mußte, burch die Schranken der Cenſur beengt 
zu werden. Man ummelte fich hier mit zahlloſen Schrift 
ten und. Gegenſchtiſten heramm, amd nicht nur die Theo⸗ 
logen vom Handwerk, ſondern auch fonft ein zabiceiches 
Publicum nahm Theil an doen kirchlichen Streitigkeiten. 
Um ſich zum Ritter zu machen, verſchmaͤhte man es wol 
nicht, ſelbſt gegen eingeblidete Feinde bie Lanze einzule⸗ 


‚gen. Dan wußte ſich Jeſuiten und Jeſuitismus zu er⸗ 


finden, fo viel man grade brauchte, wm gegen fie zu Felde 
zu ziehen. Mehten unſer Kathedethelden gelang «8 auf 
dieſe Weiſe, ſich ohne Gefahr und fehr wohlfeilm Preifes 
für eine Beittang dem Ruhm eines Überatiimus zu ers 
werben, der freilich während der betzten Jahre im Gurfe 
ſtark gefallen Hi. Immer trug indeſſen auch die theolo⸗ 
giſche Mopffecheerei dazu bei; daB man den Stauden an 
das Daſein inwerer Feinde nicht verlor, und bag bie Luft 
an Kampfe mit ben Waffen des Geiſtes forwie der Stimm 
für Oppoſitton in Thaͤtigkeit erhalten wurden. - 

Noch ein anderer Zweig unſerot Literatur, zur heils 
ſamen Ruthe für das demtſche Volk beſtimmt, hatte bie 
Wirkung, daß es auf ben Lorberen ſeines Befreiungskrie⸗ 
ges nicht einſchlafen konnte, daß es wenigſtens fortwaͤh⸗ 
rend von unruhigen Traͤumen heimgeſucht wurde, die fein 
endliches Etwachen beſchleunigten. Die erſten hochgeſpann⸗ 
ten Erwartungen waren getaͤuſcht worden. Die Waffen, 
womit man Diejenigen, welche für die. Urſache ber Taͤu⸗ 


yung der Muͤndigkeit der Voͤlker und aus dem Gmunds | ſchung galten, gradezu hätte angreifen können, waren aus 


\ 


den Händen gefchlagn. Man griff alfo zu, der verſteckten 
Maffe der Ironie; man fpottete Über fi) ſelbſt, um auch 
über Andere fpotten zu koͤnnen; man lachte und drgerte 
fich zu gieicher Bei, As Vorkaͤmpfer auf. diefem Felde 
fahen wir einen Menzel, der vor Anbeen in das faule 


Fleiſch oft fo tief einzufchnelben verftand, einen Seine, 
Boͤrne, den Verf. von „Welt und Zeit”, ben bitter = fars 


kaſtiſchen Sepbold, den frühen Redacteur der damals weits 
verbreiteten „‚Nedarzeitung” u. A. Iſt aber ein Schlafender 
eine Seitlang mit Stedinadeln gefigelt worden, fo mag es ge: 
ſchehen, daß er endlich auch mit den Käuften um ſich fchlägt. 

Schn wir vom Gebiete der Literatur zur Betrach⸗ 
tung der meitern Thatfachen bes Öffentfichen Lebens über, 
fo haben mir bie zunaͤchſt de Entwickelung und den 
Einfluß des landftaͤnbifchen Weſens müher zu betrachten. 
Mehre Eonftitutionen waren in das Leben getreten, che 
die Partei der Reaction ihre Kräfte zu gemeinſamer hem⸗ 
mender Thaͤtigkeit vereinigt hatte. Inöbefondere war man 
noch. mit der würtembergifchen Verfaffung faft gleichzeitig 
mit den karlsbader Befchlüffen zu Ende gekommen. In 
der conftituicenden Werfammlung in Würtemberg waren 
damals Mehrre er Meinung, daß man auf eine unver: 
zuͤgliche Ausdehnung der Volksrechte beftehen folle, ſelbſt 
auf die Gefahr hin, daß das ganze Verfaffungswert nicht 
zu Stande käme. Sie hielten dafür, daß man ben et 
woigen Gerwirm des Augenblicks auf das Spiel ſetzen 
möffe, und daß man dann in der Folge um fo größerer 
Bortheife und einer mehr geficherten Freiheit ſich gewaͤr⸗ 
‚tigen dürfe. Wenn ſolche Anfiht in der Mitte unferer 
ftändifchen Verfammlung jest fi geltendmacht, nachdem 
die politifche Aufklärung des Volkes und deſſen Theilnah⸗ 
me am Deffentlihen an Umfang bedeutend gewonnen has 
ben, fo -Iäßt fich derfelben, von einem höhern politifchen 
Standpunkte aus, durchaus nur Beifall zollen. Allein 
um bdiefe politifche Aufllärung -zu verbreiten und eine ce 
gere Theilnahme zu weder, war doch immer vorerft sine 
Uebergangsftufe nothwendig, die wicht Üuberfprungen werben 
fonnte. Auch liegt wol in ber Thatſache, daß es haupt: 
fächlich die Bewohner der conftieutionnellen Staaten Deutſch⸗ 
lands find, bei welchen ein lebhaftere® politifches Intereſſe 
ſich zeigt, ein genlgender Beweis, daß das Juſtitut ber 


- Xandftände, als eine Schule des öffentlichen Lebens, nicht 


ganz ohne Feuͤchte geblieben iſt. Durch bie Verhandlung 
der das Gemeinwohl betreffenden Fragen wurden Anfich: 
ten und Begriffe verbreitet, die früher entweder gar nicht 
vorhanden, oder hur das Eigenthum einer verhältnißmäßig 
Heinen Anzahl von Geblldeten waren. Gleichwol laͤßt ſich 
nicht leugnen, daß der befonders augenfällige Umſtand, daß 
während einer langen Reihe von Friedensjahren der Staates 


aufwand gar nicht, oder nur unbedeutend verringert wurde, 


Ki der geößern Menge der Bürger und Bauern das ganze 
Inſtitut der Landflände etwas in Miscredit brachte. Als 
Lein. fie mußten es wenigftens.ins Auge fallen, und fie 
waren hierdurch genöthigt, auch einigermaßen auf bie 
Gründe einzugehen, warum die eine Zeitlang gehofften 
Früchte nicht geerntet wurden. So mußte felbft die Auf: 
findung der Mängel und Gebredhen an den verfchiebemen 


——————— en 


407 , 


Eonflitutionen zum Mittel dienen, das Volk geiflig zu 
üben umd feinen Blick über den engen Kreis bes. buͤrger⸗ 
lichen Lebens auf ein Höheres zu richten. Auch brauchte 
man nicht grabe ein fcharffichtiger Beobachter zu fein, 
um tin ber Maſſe des Volks die weit verbrfftete Mebers 
zeugung zu entdecken, daß durchaus in keiner Ruͤckkehr zu 
dem Zuſtande der abſoluten Fürftenherrfchaft das Heil zu 
ſuchen fei, fondern daß einzig ein beharrliches Vorwärts: 
fhreiten, und hiernach die Ausbildung und Vervollbomm⸗ 
nung des vepräfentativen Syſtems, zum WBeffern führen 
koͤnne. Die Ueberzeugung mußte um fo mehr Eingang 
gewinnen, als bie Mehrzahl der Gebildeten, alfo Derje: 
nigen, welche dem Volke gegenüber das Wort führen und 
ſtets die Leiter der Öffentlichen Meinung find, nimmer er: 
mübete, die Vorzüge und Bortheile der Repraͤſentativver⸗ 
faſſung in das Licht zu fegen, ohne die Mängel und Feh⸗ 
ler der jüngft entfiandenen Verfaffungen verdecken zu wollen. 
Bon unermeßlich größerer Wichtigkeit als dies Alles 
waren jene Zhatfachen ber neueften Gufturgefchichte, die 
zunaͤchſt nur die materiellen Intereſſen zu berühren fcheis 
nen, bie aber zugleich auf die Volksſtimmung und die 
öffentliche Meinung von dem entfchiedenften Einfluffe find. 
Gleichwol pflegen diefelben viel zu wenig beruͤckſichtigt zu 
werden, weil ihre Wirkungen nur allmälig fich entwi⸗ 
dein, bis endlich die Summe berfelben bei irgend einer be 
fondern Veranlaſſung in einem großen Gefammtrefultate 
zum Vorſchein kommt. Unter dieſe Schotfachen” gehört 
vorerft die während der Friedensjahre fo beträchtliche Wer 
mehrung ber Bevoͤlkerung. Nicht nur dewirkt die Zu- 
nahme ber Bevölkerung eine größere Concurrenz in allen 
Zweigen des Erwerbs, eine gegenfeitige Beſchraͤnkung deſ⸗ 
felben und hiernach vielfache Kingen über Nahrungsloſig⸗ 
keit, fondern es wird hierdurch auch bie Maſſe des Volks 
reizbarer gegen alle von der Staatsgewalt ausfließenden 
Maßregeln; denn fobald in einem Bezirke die Bevoͤlke⸗ 
rung fich verboppelt hat, fe werden auch alle Maßregeln 
der Staatsgewalt doppelt empfunden. Gleichmaͤßig belebt 
fi) der geiſtige Verkehr, und der Austaufch der Anſich⸗ 
ten über alle Schritte und Fehftritte der Regierungen 
geht rafcher von flatten, während überdies das Bolt, in 
größerer Menge zufammengebrängt, feine größere Bedeu⸗ 
tung fühlen lemt. Schon biefee einzige Umſtand erklärt 
ed, warum bie Öffentlihe Meinung fortfchreitend an 
Stärke gewinnen muß, und warum e8 von Tag zu Tag 
eine dringendere Aufgabe für die Regierungen Europas 


wird, nur im Sinne ber öffentlihen Meinung zu regieren. 
(Der Beſchluß folgt.) . . 





Aeſthetiſche Schriften von Gottfried Auguft Bür: 
ger. Herausgegeben von Karl von Reinhard. 
Ein Supplement zu allen Ausgaben von Bürger’s 
Merken. Berlin, Bechtold und Hartje. 1832. 8, 
18 Gr. 

Einige äftpetifche Auffäge Buͤrger's, aus einer Zeit, wo bie 
Aeſthetik als Wiffenfchaft noch fehr im Argen lag, koͤnnen, in 
biefem Büchlein mitgetheilt, heutzutage nicht mehr -bebeutend 
genug erfcheinen, um ihsen Abtrud, aus mie wohlmeinenden 


beffeen Fuͤhrern und treueim, kraͤftigerm Zuſammenwirken 
würde diefee Kampf einen berrlihen Stamm beutfchen 
Urvolkes, von Ungarns Marten bis an den Lech und bis 
an ben Boͤhmerwald vereinigt haben.” — In biefen un: 
ſchuldigen wenigen Zeilen läßt fich bie Quinteſſenz der deut 
ſchen Geſchichte wiederfinden. MWangel-an einheimifchen 
Führern und an Eräftigem Zuſammenwirken grade in ent- 
fcheidenden Momenten war die Urfache, warum bie Gele 
genheit zur Conſolidirung verloren ging und Fremden das 
Erbe der Deutfchen zu Gute kam. Wenn aber bas fran: 
zöfifche Haus Lothringen an bie Stelle der Habsburger 
trat und jegt mit allgemeinem Beifall aller beutfchen 
Sürften die. Suprematie ausüht, wie foll man babei ei⸗ 
nm Sinn finden — in bem Franzoſenhaſſe, den ſelbſt 
Verehrer dieſes franzoͤſiſchen Daufes als das Fundament 
jedes deutſchen Patriotismus anpreifen? Sollen, können 
wir vergefien, daß dem Bunde mit Frankreich Baiern feine 
Vergrößerung verdankt, während der Wertrag von Wied 
nur Verklirzung zur Folge hatte und bie Ausgleihung 
noch immer vergebens erwartet wird? — In der Biogra: 
phie des Grafen Pappenheim findet fi eine andere merk: 
würdige Stelle, die wir indeß ohne weiten Commentar 
nur anführen. Im J. 1793 bei dem Gefechte hinter 
Chateau: Sambrefid hatte Graf Pappenbeim nah dem 
Zeugniß ber oͤſtreichiſchen Dffiziere ben Thereſienorden red⸗ 
lich verdient. 

Er vernahm, ber Orden ſei ihm geweigert. Sein Unwille 
war ohne Grenzen. Er verlangte bie Entlaſſung (aus dftreichir 
ſchem Dienft) und erhielt fie. In bem mächtigen Deftreich ſchien 


man gar oft nicht zu willen, was ber rechte Dann im rechten 
Augenblicke werth fein koͤnne. Dort war nicht felten Alles nur 


Gnabe, unb kaum geſtand mun ein echt. — An bemfelben‘ 


80. Dctober , an welchem Pappenheim vor 20 Zabren bei Cha: 
teau = Sambrefis den Thereſtenorben verdient, aber nicht erhalten 
hatte, errang er ihn bei Hanau, felbft verwunbet und zwei 
Pferde unter dem Leibe verlieren. 


Leber Bemerkung über dieſe Stellen uns enthaltend, 
wünfden wie darauf aufmerkſam zu malhen, daß in dies 
fen Biographien, fowie in andern Artikeln bes Taſchen⸗ 
buche ſich echt bairiſcher Sinn und Geift ausfpredyen, 
und fo auch hier Imbividualitäten geltendmachen, weldye 
der Fremde nit flüchtig uͤberſehen und oberflächlich beur: 
theiten, ſondern in ihren innern Kern zu bringen fuchen 
fol. Vieles, was das Taſchenbuch enthält, muß mit 
bairiſchem Geiſte gelefen werben. 

Der zweite Artikel gibt eine Weberficht dee bisherigen 
Leifiungen bes Herausgebers. Der fehr reiche inhalt ber 
hiſtoriſchen Taſchenbuͤcher ift Hier mit Ausführlichkeit ans 
gegeben. Wir bedauern, daß ber befchränkte Raum d. Bl. 
uns nur ein paar kurze Auszüge und die fummarifche 
Angabe der Rubrtiken geftattet. 

Abgefehen von Quellenſtudium und Kritil, von ber Zahl 
und von der Bebeutenbheit der durch ihn entdeckten und herauss 
gegebenen Urkunden, Arcdivalacten, diplomatifhen Correfpondens 
zen, Memoiren und Chroniken (bie in einem eignen Directorium 
zufammengeftellt find) bat ber Herausgeber biefes hiſtoriſchen 
Taſchenbuchs in demfelben wie in feinem burch 19 Jahre (1810 
— 29) in Wien erſchienenen „Archiv für Geſchichte, Stati⸗ 
Kit, Literatur und Kunſt“ ben’ Zweck beharrlich verfolgt, bie 
Baterlandegeſchichte durch bie rebende und bildende Kunft mehr 


und „mbr zu populaficen und gu nationalifiren —, MR dem Ge 


iS in bie Herzen zu verpflangen, auf ben ten nicht 
minder als auf ten Studirpulten einheimiſch zu machen, durch 
bie Frauen auch der Jugend einzuflögen und vorzugsweiſe vater 
ländifche Begeguiffe, Großthaten unb hervorragende Männer bu 
bie Ballabe, Legende unb 
ſcher Form, In der Hiſtorienmalerei und im Beöreihf zu ver 
ervigen. — Diefe Taſchenbuͤcher, eben jenes Ardyiv und bie wies 
ner Kunftausftellungen (1820 — 28) erprobten burdy gahlreidye 
Hervorbringungen, daß jenes Streben nicht umfonft geweſen fei, 
und lebhaften Anklang in vielen hellen Köpfen, in vielen wars 
men Gemäthern gefunten babe. 

Die erfie Form, unter weldyer biefe hiſtoriſchen Taſchenbuͤ⸗ 
her erfchienen, waren die einft durch Johannes Dlüller fo wohls 
wollenb gewürbigten Tiroler⸗ Nimanadpe‘‘ (1802 — 5), Diefen 
folgte (1810— 14) eine zweite Serie, ben ganzen Öftreichiichen 
Kalferfiaat umfaflend und neben manchen populairen, auf eim 
großes und gemiſchtes Publicum berechneten Yuffägen, auch Fri 
tiſche Abhandlungen, infonderheit über die Geographie bes Mits 
telalters enthaltend —, Beiträge zur Preisfrage bes durchlauchtig⸗ 
ften Erzherzogs Johann über mehre Hauptpunkte der geſchicht⸗ 
lichen und ſtaatsrechtlichen Verhaͤltniſſe Inneroͤſtreichs von Karl 
dem Großen bis zur Aechtung Heinrich‘s des Löten u. f. w. — 
Aber es fehlten auch »nicht jenen beiden früͤhten Reihenfolgen 
vaterlaͤndiſch· geſchichtliche Bolladen und Romanzen von Karoline 
Pichler, von Weiſſenbach, Collin, Rupprecht u. ſ. w 


Des Herausgebers vieljährige Freundſchaft mit den ebein 


Brüdern Sollin förderte den gleichen Zweck nicht wenig. — Hein⸗ 
rich von Collin, der Dichter des „Regulus“, hatte „„Kalfer Als 
breht's Hund, „„Dersog Leupold vor Bolotharn‘‘, ‚„Kaifer Mar 
auf der Martinswand‘‘, in Dormaye’s ‚Archiv‘ niedergelegt. Geis 
ner Trilogie aus bem Leben Labislans Poſthumus unb ber Hunnp⸗ 
aben entriß ihn ein allzu früher Tod. Matthäus von Collia 
(Erzieher des Herzogs von Reichftabt und durch geraume Zeit 
Brebacteur ber „Wiener Jahrbuͤcher befprady diefelde Kichtung 
im Archive⸗: „Ueber bie nationale Weſenheit der Kunſt“, — und 
„Meber die Beziehungen ber Kunft zum Gtaate”. Im 3. 1819 
verband fidh dem Freiherrn von Hormayr einer ber vdelften Uns 
garn, ein fruchtbarer Sammler und Schriftfteller des Hiftorifchen, 
naturbiftorifhhen, landwirthſchaftlichen und ftatiftifchen Faches, ber 
Freiherr Ludwig von Mednyanszky, zur Wiederaufnahme ber His 
ſtoriſchen Taſchenduͤcher, wie Beide im „Archiv ſchon jahrelang 
eine eigne fiehende Rubrik fortgefeht hatten: „ob denn Oeſtreichs 
Geſchichte fo arm an wahrhaft bdichteriſchen Stoffen fei?” — Zehn 
Sahrgänge gaben die beiden Freunde ununterbrochen mit einans 
ber heraus (1820 — 29). t Hormayr's Mebertritt in dem 
bairiſchen Gtaatsbienft find von ihm allein vier Sahrgänge er⸗ 
ſchienen, in allın vier Serien zweiundzwanzig. 


Aus der eigentlichen „Ueberficht des Inhalts ber Tas 
fhyenbüdyer” bemerken wir, daf die Rubrik bee Gebichte 
Beiträge lieferte von Karoline Pichler, Thereſe Artuse 


(Theone), Matthäus von Gollin, Zacharias Werner, dem 


Freiherrn von Zeblig, dem General Freiherrn von Roth 
Eich, Eduard von Schenk, dem Prof. Sendtner in Muͤn⸗ 
den, dem Grafen A. X. Auersberg, ©. 5. Ebert in Prag, 
Guſtav Schwab, Gaftelli, Eduard Duller u. A. 

Ahnentafeln und Burgen, — Sagen und Legenden, Zeichen 
und Wundersals Sammelpunkte romantifcher, tragiicher, epiſcher 
unb malerifher Stoffe, bilteten vom Anbeginn eine fiehende Ru⸗ 
brit des Taſchenbuches, nicht minder Biograpien hoher Frauen 
unb in Krieg ober Frieden, im Sabinet ober in Kunſt mb Wil: 
ſenſchaft hervorragender Maͤnner, — Monographien einzelner Er⸗ 
eigniffe, Inftinite, Communitäten, Wolle s und Gpottlieber aus 
verfchiebenen Epochen vom 15. bis zum Beginn bes 18. Jahr⸗ 
hunderte. — Bon Biograpbien waren mehre bem ſſe 
ebler Koͤnigetoͤchter Ungarns gewibmet, der heiligen Sliſabeth; 
Margareten, der Wenigen nten Tochter Bela'e IV., deren 


* 


Nomanze, in epiſcher und dramaſ⸗ 





M— 


w 


n 
in b Händen % amilie B v nden 
ae en reis dee olteiblenlicher Kun R m ur der 
+ x Eubiwig’s bes. G ber potnifigen Hebwig und 


ungarifchen Maria, beren Geſchicke allein bai Erben 

ter Scott’3 hätten Serhäftigen Eöunen, fowie bie Beiben noch 
einer 'polnifden Debtoig , dem Baierherzog Georg bem Reichen 
von Landshut vermäplt. 


An die biographifchen Skizzen reiben. fich berühmte Rei⸗ 
Sende und Abentenrer; unter welchen ein Ulrich Schmidl 
von Straubing, einer dee Erbauer von. Buenos : Apres, 
im diesjährigen Zaſchenbuche. — Aus Böhmen und feinen 
Mebenreichen ſowie aus dem deutſchen Deſtreich und bef 
fen Provinzen wurde in bie Taſchenbuͤcher eine fehr reiche 
Sammlung von Sagen und Begenden geliefert, bie ben 
Freunden vomantifcher Dichtung reichen Stoff zu Balla⸗ 
den und Romanen liefern koͤnnen; auch dem Hiſtoriker 
werben fie als charakteriftifche Geburten bee Vorzeit. in 
gerefiant und willkommen fein. 

Pr Der Verf. ſchließt feine Ueberſicht mit fosgender Er⸗ 
rung: 

* vaterlaͤndiſche Sinn, den dieſes hiſtoriſche Taſchenbuch 
ih engem Bunde mt dem ihm treu zur Seite fichenden „Ars 
chive⸗ geweckt, das viele Frivole und Entwuͤrdigende, was «6 
verdrängt, der Anklang, ben es auch in ebeln Frauen, auch bei 
der Jugend und im Volke gefunden, bie ſchoͤnen Früchte reden⸗ 
der und’ bilbenber Kunſt, bie es hervorgebracht hat, der thätige 
Antheil fo vieler edeln Männer von Hermannftadt und Peſth bis 
Münden, Augsburg und Gtuttgart und aus den Alpen Tirols 
Bis in die Subeten und in ben GSpeſſart flößten bem Heraus⸗ 
geber den feften Entſchluß ein, biefes fein volkathuͤmlich gemein: 
tes Unternehmen nur mit feinem Leben aufzugeben. — Moͤge ſich 
ihm auch das alte WBohlwollen unverfämmert erhalten !! ' 

. Die glauben, als verbuͤrgt ben letzten Wunſch des 
berühmten Berf. anfehen zu Finnen. 

Der Beſchluß folgt.) 





Correſpondenznachrichten. 
Pris, März 1088. 

Daß ber Herzog von Braunſchweig wieder hier iſt und ſich 
ein Haus in den namps &lysses gekauft bat, wird Ihnen 
bekannt fein. Manche behaupten, er fei nie von Paris fort: 
ewefen. Rod immer ift fein Proceß gegen das Minifterium 
unentſchieden; unterbeffen circulirt ein in feinem Namen gefer 
tigtes Me&moire, welches in mandyer Beziehung Iefenswerth iſt. 
Der og erzählt darin feine ganze Zugendgefchichte, feine 
Misverhältniffe mit feinem Vormunde und der Ariftokratie, 
die gegen ihn während feiner Abweſenheit gefchmicbeten Plane 
und feine eignen populairen Abfichten binfichtlich des Herzog⸗ 
thums Braunfhweig. Gr führt an, wie er von frühe her De 
Dudlereien feines Vormundes, des Königs von England, und 
deffen Stellvertreter, des Brafen von Münfter, zu erbulben 
gehabt, wie das Intereffe ber jängern Linie (Hanover unb 
nglanb) jenem ber Altern (Braunfchweig) feindlih und ba- 
her die Abfiht des Königs von England auf längere Benu⸗ 
gung ber Bormundfchaft gerichtet gewefen ſei. eine, des 
jungen Herzogs, Antipatbie gegen die Ariftokratie, bie Wer: 
weigerung eines vorgelegten Gonftitutionsprojectes und ber 
barüber in ber beutfchen Bundesverfammlung geführte Streit 
abe ihm bie Beindfchaft der Ariftokratie zugezogen, und als er 
— —* Bari 3 j der —— on beigewopnt 

u ogar ſehr nahe be ampfplage befunden,, in 
Vaterland zuruͤckgekehrt fei, habe er alsbald bie in Braun: 
faweig gegen ihn gefchmiebeten Plane bemerkt. Seines Bru- 
bers Wilhelm gebentt bee Herzog nicht lobend, und wenn ſeit 
fpäterer Verſuch, nach Braunſchweig —— ren und dem 
kande eine neue Conſtitution mit populairen Verbeſſerungen zu 


eben, misgluͤckt ſei, fo liege der Grund hiervon in dem an: 

uglich verſchleierten, ſpaͤter offen ſeindlichen Benehmen ſei⸗ 
nes Bruders, welcher den deutſchen Bund auf ſeiner Seite 
habe. Beſonders bemuͤht ſich der Herzog die in dem pariſer 
Libell gegen ihn ausgebreiteten Berleumdungen zu wiberlegen, 
wie namentlich: daß er feinen Hofmelfter Einfingen in Lauſanne 
habe töbten wollen, weshalb dieſer fi zum Fenſter hinausge⸗ 
ſtuͤrzt; daß er Chemie ftubirt habe, um die Gifte zu kennen; 
daß er, was man befonders unter den Bauern verbreitete, ber 
Hexerei fi ergeben, und daß man unter ben Ruinen feines 
Schloſſes Giftflaͤſchchen und Eiften der Freunde und Feinde des 
Herzogs gefunden habe. Außerbem verwahrt er ſich gegen ans 
bere ddutigunge, wie 3. B. ber. Steuervermehrung, bes 
bauptet niemals Befehl gegeben zu haben, auf bad Volk gu 
hießen, leugnet, in Nizza ober ın der Schweiz Verbindungen 
mit der Herzogin von Berri unterhalten zu haben, dagegen 
babe man ihm, als er im Zahre 1832 von Spanien über Nizza nad 
Paris zuruͤckgekehrt fei, Hoffnung gemacht, daß das Gouvers 
nement ihm bie 
fen und Soldaten zu werben; ein Offizier pabe ihm garan⸗ 
tirt, mit 2000 Mann nach Braunſchweig zuruͤckzukehren. Die 
gegen ihn ausgebreiteten Beſchuldigungen hätten keinen andern 
Zweck als feine Popularität zu zerftören, bamit er nicht an einem 
fhönen Tag ſich an bie Spige einer Volksbewegung in Deutfch- 
land ftelle, unb einftmeilen wolle man ihm jedes Aſyl entzie⸗ 
ben, em man ihn beinahe um fein ganzes Vermögen 
gebracht. 

Die Geſellſchaft fuͤr die intellectuelle Emancipation hat 
ben erſten Schritt zu einem Unternehmen gemacht, welches, 
bei zwedtmäßiger Leitung, großen Erfolg haben kann. In Frank: 
reih wie in Deutſchland befteht feit Langer Zeit ber beinape 
privilezirte Unfug, aus bem einzigen Buche, welches der Land: 
mann und Handwerker in feinen Beierftunden Lieft, ein Dufter 
von Abgeſchmacktheit und Albernheit zu machen. Dort wie hier 
las der Bauer, flatt vernünftiger Anleitungen für fein Haus⸗ 
und Bauweſen, ftatt Unterweifung in feinen Rechten und Pflich: 
ten u. dgl., Schnurren und Schwaͤnke, abenteuerliche Lügen 
und noch verftanblofere Wetterpropbezeibungen, aber in einem 
Kalender, welcher ihm meift aus bem Auslande gebracht wurbe. 
um biefem Unfug gu fleuern, bat bie genannte Geſellſchaft, 
welche auch das „Journal der nüglichen Kenntniffe” berausgibt, 

den Anfang mit einem neuen Kalender gemacht und verſprochen, 
im nädften Jahr für jedes der 86 Departements einen eignen, 
nady feinem Klima, feiner Lage, feinen Bebürfniffen und Erwerbs⸗ 
uellen bereihneten Kalender herauszugeben. Der Plan, welchen bie 
Gefenihaft dabei im Auge hat, ift, nebft ber Befeitigung bes 
_NRacıtheils der bisherigen Kalender, jebem Franzoſen, welcher 
Iefen Tann, feine Pflichten, Rechte und Intereffen in ben vers 
fiedenen Sigenfchaften des Hausvaters, des Nationalgarbiften, 
des Befchworenen, bes Soldaten, bed Steuerpflichtigen, bes 
Wahlmannes, des Gemeinderathes, des Maire und Abdjuncten, 
des GSonfumenten, bes Aderers, bes Handeldmannes und des 
Handwerkers zu zeigen. Der diesjährige Kalender bildet einen 
Duobezband von 224 enggedrudten Seiten, in welchem ent» 
halten tft: Die Erklaͤrung, bie Seichen und Inbicien bes Wet» 
ters, das alte und neue Gewicht und beffen Berechnung unb 
Reduction, Zinstabellen, ein Kalender für Aderbau und Gaͤrt⸗ 
nerel, Unterricht und Anwelfungen in ber Hauswirthſchaft, eine 
Statiſtik von Frankreich, welche fi mit ber Ueberſicht ber 
Sahrmärkte und mit einer Biographie ber im Jahre 1832 ger 
ftorbenen berüßmten Männer enbigt, nebft 44 erfiärenden & 
guren. Dieſer Kalender ift zu 1,300,000 Exemplaren gebrudt 
und Eoftet zehn Sous. Ich gebe Ihnen bie, zur beffern Bes 
urtheilung feiner Nüglichkeit, eine Weberficht feines Inhaltes: 
1) Anleitung zur Aftronomie: Erklaͤrung ber Weltlörpers 
der Sterne; der Sonne; ber Planeten; ber Erbe; bed Mons 
bes; der Kometen; Wetters Jahreszeiten; Sonn: und Montfins 
fterniffe; Erklaͤrung der verfhiedenen Kalender unb Zeitrech⸗ 
nungen; Vergleichung bes republikaniſchen und gregorianifchen 
Kalenders. 2) Naturlchre unb Meteorologie: bie Erde; bas 


- 


Ermaͤchtigung ertheilen werde, Waffen zu kau⸗ 


- 


—2 


Rotjzen; Aſſecuranzen; Borfihtsbant; Hypochekencaſſe; fe 


past und dadurch eine namhafte VBerbeflerung ihres moralt⸗ 


" Kinder und Entwöhn 


ARD 


Bun vi eu 3 de Kimpiphärs bie umpeie: 
n 1 By das Eeuers dae Lichts —* — 
und deren Kin Tem 


nungen; eratur in Ihren — 
faltigen 3 und —— Windes Irr⸗ 
tichter; Wolken und Rebel; der Regen; der en und ber 
Dagel; ber Thau und ber Reifz das Bis; Anzeigen und Nor: 


bebeutungen bes Wetters und außerordentlicher Naturerſcheinun⸗ 


en; Barometer. 3) Gefegestunde: hauptſaͤchliche Geſetze ber 
ammerfigung von las a a2 82; or hie —** Ge⸗ 


ſetzbuͤcher; echte des franzoͤſiſchen Bürgers in feinen verſchle⸗ 


denen Stellungen; echte und Pflichten ber Kinder und Altern 
wechſelſeits; über Gröfchaften und Schenkungen, Kauf und 


Taufe) gest und ‘Diethe, "Sefenfchaftevertrag und Obliga⸗ 


tionen; eldpolizei und Polizei der Handwerker, eine 
Amnieltung, welche im Höchflen Grade nügli und wiffenswertp 

ft, um den „gnbmann und Handwerker in feinen gewöhnliähften 
—e— ten zu leiten; Reclamation im Fall von Ueber: 
Reuerung; über das Bettels und Bagabundenwefen; Modell 
der gemöhnlichften Acte und Verträge im bürgerlichen Leben; 
neues Maß und Gewicht; franzöflfcher und fremder Münzfuß; 
Binsberechnungstarif der Erfindungs⸗ und Vervollkommnungs⸗ 
brevets; Stempel: und Regiſtrirungebuoͤcher. 4) Gtatiftifche 


meine Austrocknungsgeſellſchaft. 5) Häusliche Gefundheitsichre 
und Mittel: unter biefer Weberfchrift wird der menſchliche Koͤr⸗ 
per anatomifch befchrieben, Vorſchriften der Diät gegeben, Re 
gein über bad Anlegen und Gintheilen der Wohnungen ertheilt, 
fobann über die Kleidung, über die Speiſe u. f.w. — Wenn 
hier das Tabackrauchen mit einer Art von Abfcheu verworfen 
und als den Zähnen hoͤchſt Ichädlich bezeichnet wirb, fo wird 
er Deutſche dies kaum glauben wollen, und es ifl weſentlich, 
u erinnern, daß ber Franzoſe einen viel ſchlechtern Taback 
7 und viel unmäßiger in beffen Genuß if. Was dagegen 
mit befonberer Hinweifung auf Nordamerika über Möhigkits: 
gefellfchaften gefagt ai, a HOSR intereffant und zu beber: 
zigen: „Vor dem Jahre reichten 72 Millionen Gallons 
(2,592,000 halle) geiſtiger Getraͤnke (Brantwein) kaum 
pin zum — Bedarf einer Bevoͤlkerung von 12 Milllonen. 
Die amerikaniſche Maͤßigkeitsgeſellſchaft, welche fi im Sabre 
1826 bildete, fing damit an zu beweifen, baß alljährlich mehr 
ots 40,000 Einwohner in den vereinigten Staaten an übermäs 
Bigem Senuf geifliger Getraͤnke ſterben, und daß bdiefer Miss 
brauch außerdem einen außerorbentlichen Gapitalwerth vernich⸗ 
tet, welcher eine beffere Berwendung erhalten koͤnnte, und 
verfolgte ben vorgefegten Zweck mit Ichätigkeit, indem fie als 
temtbalben bin Agenten ſchickte, um bie Bevölkerung auf bie 
nachtheiligen Kolgen dieſes Genuſſes aufmerffam zu mas 
chen. Dieſes verdienſtliche Werk wird täglich mehr mit Erfolg 
belohnt und im Monat Auguft 1880 waren in den verſchiedenen 
©taaten bereits mehr ale 1600 Gefellfchaften auf die nämlichen 
Orundfäge gebaut, welche minbeftens 160,000 Mitglieder zaͤhl⸗ 
ten. Dieſe Geſellſchaften wurben durch Pächter, ondweter, 
Weiber, Erhrlinge, Farbige, Fra u. f. w. gebildet. Das 
Ergebniß ift, daß eine große Zahl Brantweinbrenner und 
Verkäufer ſich gendtht Br (aben, ihre Gefchäft aufzugeben, daß bi 
Gonfamtion diefer Fluͤſſigkeit um mehr ale 608 vermindert 
was eine jährliche Erfparnif von 2,000,000 Dollar (10, 840,000 
re.) abmwirft, und daß mehr olß 700 Perſonen, weiche fi 
mit Uebermaße dieſem ſchaͤdiichen Genuſſe bingegeden batten, 
in einem Beitraum von weniger als 9 — ſich davon los⸗ 
en und phyſiſchen oe empfunden haben. Achnlice 
Sefelfchaften haben ſich auch in Irland und Schottland gebik 
det und ben naͤmllchen Erfolg gehabt,” — Geſundheitslehre der 
5 pauslice gun Vorſi tem apregein 
beim Anfang der Krankheiten, bei, Ertrunkenen und Erſtickten, 
bei (dmangern Weibern, Cholera und Epidemien; Behand: 
lungsieife bei Bergiftungen, er Waſſerſcheu und Schlangen: 
big. 6) Ihierarzneflunde: Regeln bei Erbauung der Etälle 


—æã— — ten * —— — —E —— — 


und Heilmittei dagegen. 7) Regeln des Benn 
auch der deutſche Landbau den franjöftfäpen weit zuruͤcklaͤßt, ß 
fin do einige intereffante Arleltungen und Btrechnungen 
bieſem Gapitel enthalten. ' Die Berechiiung der Gultur und der 
Wohnung und des jaͤhrlichen Ertrags feint einigermaßen ges 
wagf fein ynd einer Berich Haan zu bebfirfen. 8) Kalender 
dermanned' und‘ @ärtn 5 werben allgemeine Be 
2 ra und — Monet für Monat derch 
en In) Bam Leu: vnd —— * 9) 8* 
am 


ns des dal 8. Sale für 
der Bilme ri en 10) Anleitung in ber — * 
11) Rotizen über Imdüftefe‘ und Häusliche Dekonomte.‘ ne 
werben eine Menge — über den Vortheil ber M 52 
men, über. die Art und e, die Mehnungen, 
— Hab A N unb * aan 555 
ſowie u fwahrung von 


Mittel, um in —* Stunden ſeine ———— chrift een au x 
nen; Raͤtlichkeit der Unterhaltung der Wichnaltoege und 
bie Winterabende und die Feiertage durch verſchiedene Yeleiten 
nöglich anszufülleh. In biefer Begichung iſt ein Eoncurs eroff⸗ 
net, um bie zweckmaͤßigſten Vorfchläge zu vernehmen. . 12) ig 
ein der seligidfen und praktifchen Moral: Pflichten des Pries 
ars; Anweilung über den Monthyon'ſchen Tugenbpreis; Auf 
munterungsmebaflle, um unter. ben Arbeitern in ben Induſtrie⸗ 
werkflätten. die Liebe zur Arbeit und zur Ordnung und bem 
Eifer in Erfüllung ihrer Obliegenheiten anzuregen; W lei⸗ 
nes Standes; Moralprincipien und Spruͤchwoͤrter, und 
Zeit und Bermoͤgen zu erſparen und vwuͤtlich zu verwenden. 
13) Statiſtik von Frankreich; Colonien; Douane; Waͤlder und 
Forſtweſen; Straßen: und Bruͤckenbau; Bergweſen; Gerichtsein⸗ 
theilung; Rilitairorganiſation; Marine; Kirchenweſen; Budget; 
Renten⸗ und Staatspapiere u. ſ. w. Einige Drudfehler, uns 
reiner Druck, Unrichtigkeiten in einzelnen Serechnungen finb 
eben fo nt die Wohlfeilheit des Buches als buch bie 
Eile und Maffe der Grgenftände zu erlären und zu ER 
digen, auch von- wenigem Belang. Im Angabe ber 
und des Berufes der Pfarrer find bie Herausgeber etwas in 
ben Myſticismus und religidfe Kopfhaͤngerei verfallen, und 
ben von ben pwatrflantifchen Geiſtzichen gar nichts gefagt. 
ber Standeswahl wirb dem Sohne angerathen, durchgaͤngig 
ſtets die Profeſſion des Vaters zu ergreifen. Dieſe Echre 
ebenſo wenig dem Streben nach Fortſchritten und Per⸗ 
fectibilitöt des menſchlichen Geiſtes en als buch 
die entwickelten Gründe gerechtfextigt. Die Gründe ber Mahl 
eines Standes gehören dem einzelnen Zalle an, aber die 
ungemeflenfle Auswahl und ift die einzige Rorm, welche 
der Menſchheit würbig fl. atsbuͤrgerlicher und politischer 
Beziehung find die Eehren und Untermweifungen nicht mit der 
Breigeit und Unabhängigkeit gegeben, wie es zu wuͤnſchen ge 
wefen und wie es bem bermaligen Zuſtande Frankreichs: und. ber 
Eivilifation angemeffen wäre, was man befonders dem Gin 
ff der Regierung, welche das „Journal“ und den Almangach: 
eguͤnſtigt und empfiehlt, zuſchreibt. Dagegen tft die Auswahl 
ber Moralprincipien, der Regeln ber Hauswirthſchaft, ber * 
Ipornis und bes Geſchaͤftsweſens vortrefflih und lobenswer 
ie. Ramen von Epiltet, Pythagoras, Lafontaine, indifi 
Spruͤchwoͤrter, Pascal, Franklin, Say, Ariftoteles, Labruyere, 
Apoftel Paulus, Bacon, Sensca, et. s Auguflinus gewähren 
‚dafür hinlänglidhe Buͤrgſchaft. 

Das — der noͤtzlichen Kenntniffe” iſt in mandem 
Betracht. in Kleinigkeitsfrämerei und dadurch ins erliche 
verfallen. Demungeachtet iſt nicht zu verkennen, daß bies Uns 
tesnehmen der Geſellſch. f. Emanripat. berufen iſt, den wohlthaͤ⸗ 
tigfien Einfluß auf die Volkebildung und Aufklärung ausgulben, 
und ber gehe von ihr herausgegebene Almanach verheißt bie 


beten Fruͤchte. 
Der Beaſchluß n. 5) Anisrargneitunde: Zegeln bei Erdauung ber EMEE [U Built — 


ö— iger ander Berautiwortihßteit ber Berlogäbemhlung: BE. zz unter Berantwortlichteit der Beriagähanbltng: 8. I. Bre@hbaut in Priyıtg 


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4 


Loſchenbuch für' pie varerländifche Geſchichte. Heraus: 


findet 


. “ ..0' 
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Blätter 


« 


für 


Titerarifhe Unterhaltung 

















eden von 'J. von 
terter Jahrgang. 

zu Beſchluß au Ar.) 
Nun folgen im diesjährigen Taſchenbuche: 


Hormapyr. Neue Folge. 


1. Die Hohenſtaufen, zwei Gedichte von J. J. Sendt⸗ 


ner. — Wir find weit entfernt, ben poetiſchen Werth die: 
ſer Balladen —* zu wollen, und bemereen bar 
nur als hiſtortſche Notig, daß hier Kaiſer Heinrich IV. 
und Ftiedrich der Rothbart mit einander redend eingeführt 
werden, da doch Letzteret ect, lange nad) dem Tode des 
Erftern geboren wurde. Solche 

ben fih die. größten Dichter wol erlaubt! Bekanntlich 
machte Virgil den Aeneas zum Zeitgenoffen der Dido. 
11. Baitiſche Reifende aus der Vorzeit‘ — Außer von 
des erwähnten Ulrich Schmidl's von Straubihg fuͤdame⸗ 
rikaniſcher Reife in den Jahren 1534 — 54 gibt das dies: 
jährige Taſchenbuch Nachricht von Albrecht's Grafen zu 
Liwenitem Pitgerfahrt in das.hellige Band, in den’ Jah⸗ 
tem 1561 und 1362, "von ihm ferbft deſchrieben. Diefe 
Keiſebeſchreibung iſt, in Abſicht atıf Geographle und Voͤl⸗ 
etkande, ziemlich unbedeutend; doch gewaͤhet fie" Interteffe 
in Bezlehung auf Geiſt und Sitte des hohen Adels‘ im 
46. Jahrhundert. — P. Ladislaus Mayt, Franziskaner der 
dalriſchen Provinz, aus Eggenfelden, reffte im J. 1748 
nad; Jetuſalem, wo er ſobann Über 30 Jahre fih auf: 
hielt: Er hat dteimal feine Reiſebeſchteibung zu Papter 


nn das letzte 1779— 82 verfertigte Mamufeript be: 


& in der Staatsbibltothek zu Münden. ° Ueber 
Jerufalem und Bethlehem äußert ſich der Fromme Pater: 
„Als heilige Staͤdtẽ verehre er fie mit ſchuldiger Ehrfurcht, 
Übrigens aber feten fie — miferable Ratzenneſter.“ 

HI. Die Grafen von Wittelsbach zu Gratz. — Die 
Soͤhne bes unglüdlichen Kurfürften von Balern Maximi⸗ 
tim Emannel wurden auf Befehl des Kaiſers Joſeph 1. 


von: Wehrchen nach Deſtreich geflher, nachdem der Kat: 


- fer, der nach dem Recht des Staͤrkern Balern in Bells 


genommen, die Acht Über. den Kurflicften und deſſen Bru⸗ 


‘der, den Rurfüriten von Koͤln, ausgeſprocheri hatte, und: ! 


nachdem dieſe Acht von den andern gehorſamen Kurfüit- 
ſten (die andern Reichsſtaͤnde wurden nicht geftagt) war 
genehmigt worden. Zu dleſer Haͤtte, die oft in Grau⸗ 
ſamkeit aubattete, hlelt ſich der Kalfer berechtigt, weil 


. ” 
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achronismen aber ha ' 





noch mehs erbittert, die Kinder des unglü 





Batern in dem fpanifchen Erbfolgekriege gewagt, zue Ver⸗ 
theldigung feiner Anfprüche eine felbftändige ‚Politik zu be: 
folgen und fih an Frankreich anzufchliegen. Zur Zuͤchti⸗ 
gung für ſolchen angeblichen Frevel ward Baiern malt 
Öftreichifchen Truppen befegt, in oͤſtreichiſche Adminiſtration 
genommen und durch den furchtbarften Drud unter den 
dort hingefendeten fremden Beamten gepeinigt. Den zur 
Verzweiflung gebrachten Einwohnern wurde zum Troſt die 
Ausficht eröffnet, ihr Waterland nächftene in eine oͤſtreicht⸗ 
Ihe Provinz verwandelt zu fehen. Und weil die Baiern 
fo thoͤricht waren, für ſolche Wohlthaten nicht dankbar 
zu fein, weil die bairifchen Bauern gewagt hatten, aus 
Anhänglichkeit au ihr angeflammtes Fuͤrſtenhaus die Waf⸗ 


| fen zu ergreifen, wofuͤr bie fremde Herrſchaft mit gewohn⸗ 


ter Milde die bei Sendlingen und Aldenbach gefchlagenen 
Bauen nur zu Zaufenden hatte niedermegeln laſſen; - 
darum mußten bie In München bisher bewachten bairi⸗ 
fhen Prinzen nah Deſtreich geführt und dort in ftrenger 
Haft gehalten werden. Dies geſchah, nachdent ber — 
— Aufftand der Bauern mit biutigem Nachdrud ges 
dämpft — jusque datum sceleri — und die Ruhe durch 
Heuer und Schwert gefüchert mar. Nur-die Bayern mas 
ren fo ftrafbar patristifh, der Adel war gehorfam gewefen, 
daher ihm aud von Wien vor der Geſchichte dag Zeug: 
niß ausgeſtellt wurde: „daß der Kaiſer ſich gegen den 
Stand des Adels der beſtaͤndigen Treue alergnäbigft vet⸗ 
ſichert halte, Diele auch fidy bisher in feiner Devotion zu 
allergnaͤdigſtem Sefallen aufgeführt.” — Nicht das Ta⸗ 
ſchenbuch iſt es, welches dieſe Verhaͤltniſſe in Erinnerung 
bringt: wir allein tragen die Schuld davon, um dem Ge⸗ 
daͤchtniß des Leſers zu Huͤlfe zu kommen, der uͤbrigens in 
des Jeſuiten Daniel Stadler's und in Zſchokke's Bairi⸗ 
ſcher Geſchichte“, ſowie ſchon in Milbiller's Fortſezung von 
Schmidt's „Geſchichte bee Deutſchen“ hinreichenden Stoff 
finden wird, das gegen Baiern von Joſeph J. beobachtete 
Verfahren zu beurtheilen und die Seite zu bemerken, von 
weicher Baiern von jeher am, empfindlichiten verlegt vourde. 


Freiherr von Hormayr fegt djele Dinge als bekannt vor: 


aus, was fie auch find, wiewol fie nichtsdeſtoweniger auch 
zu den vergeſſenen zu gehoͤren ſcheinen. Er ſagt: 
Bekannt iſt, mit welcher tiefen Erniedrigung Joſexh I.. burch 
ten Aufftand (d. i. die legitime —— hairiſchen Volkes 
ichen Kurfuͤrſten Mas 


er fnnzöfifchen Staattumwaͤlzung begannen, nicht ültig. 
Be —X waͤlzte ſich in deniſe re gegen die ĩ, 
als uferi in ben gefetzgebenden guoßen Kath von Zuͤrich erwaͤhlt 
worden war; von dieſem Augenblid_an warb bas Schickſal 
feines tiefbewegten Vaterlandes die theuerfte feiner Sorgen, und 
fein Leben ward mit bem ber Sibgenoffenfchaft innig verflochten. 
In allen bedeutenden Greigniffen derfeiben fpielte er eine ber er⸗ 
Ren Rollen, und dennoch blieb er auch als Staatemann noch Gelehr⸗ 
ter, Schriftſteller, Raturforfcher, Kritiker ; blieb ununterbrochen mit 
dem Fortſchritte der Literatur in ber Arzneitunde, Botanik, Ge⸗ 
fchichte, Stantswiffenfchaft, felbft der Poeſie vertraut und un: 
terhielt einen ausgedehnten Briefwechfel durch Europa mit aus⸗ 
gezeichneten Gelehrten in verfchiebenen Faͤchern und mit Staats 
männern in verſchiedenen Reichen. 

Die Gebrechen und bie innere Haltungsloſigkeit des eib⸗ 
gendffifchen Staatenbundes durchſchaute ex ſchon im Jahr 1796, 
bütete ſich aber mit ehrfurchtsvoller Scheu, das morſche, alternde 
Gebäu anzurühren. Als es jeboch 1798 ohne fein Zuthun zus 
fammenbrady, wurbe er von feinen Mitbürgern in ben Senat 
ber helvetifchen Republil, barauf in deren Bollziehungsrath, dann 
in bie Gonfulta nach Paris, endlich wieber in bie Regierung 
feine® Gantons gewählt. Von ben Parteien oft geläftert, war 
und blieb er ein Staatsmann im großen Sinne diefes Wortes. 
Sr wollte die Freiheit und möglichfte Ausbildung der Schwei⸗ 
yernation, bie man bisher .unfrei und bildungslos gelaflen hatte; 
ee wollte Erftärtung ber Schweiz durch Schöpfung eines fes 
fern, den Bebärfniffen ihrer felbft wie der europäifchen Mächte 
entfprechenbern Bundesvertrags, dem feit 1814 bie ehemalige 
Unbaltbarfeit zurücdgegeben worden war. Aber er wollte es mit 
Schonung der Umftände und Zeitverhäteniffe. Die meiften übris 
gen Magiftrate der Schweiz ftanden übrigens zu Ufteri in eis 
nem feltfamen, oft ans Lächerliche fireifenden Verhaͤltniſſe: fie 
hielten ihn, weil er bie Öffentlichen Angelegenheiten nicht gleich 
ihnen handwerksmaͤßig betrieb, wol für einen Gelehrten, aber 
Teineswegs für einen Staatsmann. Dazu fehlte ihm die Amts» 
miene unb bie würbevolle Abfondberung von ber nichtregierenden 
Welt. Nur feine ftattliche Beftalt und Haltung, feine Unerſchrocken⸗ 
heit, fein beftimmtes Hervortreten ſchien ihnen zu imponiren. 

ufteri wirkte, wo er konnte, auf öffentliche Bildung,” auf 
Verbefferung deu NRationalerziehungs für die zwei Hauptmittel 
hierzu galten ihm das Schulweſen und bie freie Preſſe. Und 
biefe wußte er zu Aengſten und Verdruß feiner Amtögenoffen 
in den übrigen Cantonen mächtig zu handhaben; aber fie war 
in feinen Händen nie das Werkzeug frecher Läfterung, rohen 
Anftürmens oder perfänlicher Rache, fondern der Wahrheit, des 
Lichts der Belehrung, ber Vernichtung jener Geheimnißkraͤmerei, 
mit welcher bie Häupter Eleiner Republilen gern die Wichtigkeit 
ihres Daftehens zu fleigern lieben, indem fie bem Bürger das 
Vaterland entfremben. 

Ufteri hat den Tag der Volßserlöfung in ber Schweiz noch 
erlebt. Das Jahr 1830 richtete wieder ben ganzen Muth feis 
ner Seele auf. Gr arbeitete jest mit folcher Raftlofigleit, mit 
fo maßlofer Anftrengung, baß feine bisherige Vielthaͤtigkeit da⸗ 


‚neben faft einem Müßiggange ähnli zu werben fchien. Am 


Morgen des 30. März 1831 mußte man ihn, von Zieberfroft 


"und Bruſtkrampf ergriffen, aus ber Sitzung bes großen Rathes 


€ 


nad Haufe tragen laffen. Gr flarb den Tod fürs Baterland; 
aber er farb ihn ale Bieger. 


Da ‚Heinrich Zſchokke's geiſtreiche Vorrede hauptſaͤchlich für 


die Leſer Uſteri's in Deutſchland berechnet ik, fo verdiente fie 


wol dieſen gedrungenen Auszug. 

Die Sammlung ſeldſt eröffnet ſich mit einer intereſſanten 
Biographie Leonhard Uſteri's, welche ber Sohn nicht noͤthig ger 
habt Hätte, mit ben aus Tacitus Äbergetragenen,  fyönen Wor⸗ 


.ten zu entfchulbigen: „„Hic libellus, honori patris mei destina- 
‚tus, professione pietatis aut laudatus erit aut excnsatus.’ 


ER ne EEE) 


in dieſer Biographie Tpiegelt 
t Paul uſterie (def. ©. 7 fe., 
d ——ã— — ——— über 3 
as { en ‚ en 
bes weibliden ‚ aud Beranisffung ber von Seonbert 
uſteri gegründeten Toͤchterſchule (&. 27— 40). 

Hierauf folgen einige in dem mebdicinifdg » chirurgifchen In⸗ 
ftitute zu Zürich gehaltene Reden (@-— 6), welche ſich eheils über 
bie Gefchichte ber Anftalt, die Verdienſte ihres MWegränders, 
3. H. Raha’s, theils über die Behimmung und Leiſtungen bers 
felben verbreiten und fobann auf verfchiedene, wiffenfchaftliche Ma⸗ 
terien übergeben. Ausgezeichnet find die Gedanken über Bufam- 
menbang von Theorie und Grfahrung in der Heilkunſt (©. 48), 
über die Grfoberniffe ärztlicher Beobachtungstunft (&. 51), 
die Wichtigkeit eines guten Beityaushaltes (S. 60 — 64), zu 
welchem (©. 62) folgende gar einfade und finnreiche Anleitung _ 
gegeben wird: „Jeder Tag beficht aus 24 Stunden. Man 
nehme ſich vor, eine tägliche Rechnung über die Verwendung 
biefeg 24 Stunden zu führen. Die Arbeit iſt Hein und leicht. 
Ein Dctavblatt reicht für die Woche bin, oder ein Quartblatt 
taan fo eingerichtet werben, daß es für einen ganzen Monat 
ausreicht, und ‚jeden Tag darf man nus einige Zahlen im ba6 
gehörig zubricirte NRechnungsregifiee eintragen. Die Beſchaͤfti⸗ 
gungen, welche auf die 24 Stunden unferes Tagetzeit mehr und 
minder Anfprudp machen, müflen zuerft unter gehörige Rubris 
ten gebradht werben. Dabei zeigen fi vor Allem phyſiſche Ber 
bürfniffe, weiche befriedigt fein wollen; ber Schlaf erheifcht 6, 
7 oder 8 Stunden; Nahrung, Beſorgung umd BReinlichleit des 
Körpers machen binmwieder auf einen geiffen Theil jedes Ta⸗ 
ges Anſpruch; dann folgen Beruftgeſchaͤfte für Den, dem ſolche 
obliegen; hernach die verſchiedenen Studienfaͤcher, mit denen 
man fich zugleich befchäftigts mach dieſen vermiſchte Studien 
und Lecture; dann bie Leibesübungen, gefellfchaftlidger Umgang 
und Erholungen. Das „gibt ungefähr zehn Rubriken ober Co⸗ 
lonnen, in bie das Rechnungsblatt durch ſenkrechte Striche ein⸗ 

etheilt wird. Jede Colonne erhaͤlt eine Ueberſchrift. Ihnen 
ann noch eine legte, mit der Aufſchrift: verlorene Zeit, bei⸗ 
gefuͤgt werden. Jeden Abend unmittelbar vor Schlafengehen 
oder fruͤhmorgens gleich beim Auffichen wird auf einer, alle 
jene Rubriken buwchlaufenden Horizontallinie mit einfachen Zah⸗ 
Ien bie Verwendung ber 24 Stunden bes zurüdgelegten Tages 
bemerkt und eingetragen. Alfo 3. B. Schlaf fieden Stunden; 
Effen und Leibespflege zwei Stunden; Berufsgeihäfte fünf Stun⸗ 
den 5 lateinifhe Sprache eine Stunde; Mathematik zwei Stun 
ben; Naturlehre eine Stunde: Anatomie drei Stunden; Botanik 
eine Stunde; Erholung und gefelliger Umgang zwei Stunden: 
zufammen bie volle Zahl der 24 Stunden; man barf alfo in 
die legte Rubrik dee verlorenen Zeit, keine Zahl eintragen; wels 
des hingegen erfoberlich wird, fo oft man in trägem Michts⸗ 
tbun und Müßiggang einen Theil feines Tages verloren hätte. — 
Bei der Ueberfiht entdeckt man ſogleich, welches Studienfach 
vernachlaͤſſigt, welches andere auf Koſten der uͤbrigen zu reich⸗ 
lich iſt bedacht worden; es ergibt ſich daraus die Nothwendig⸗ 
keit, das Verſaͤumte nachzuholen und hinwieder dem Uebermaße, 
wozu Vorliebe und Neigung ober zufällige Veranlaſſungen füͤhr⸗ 
ten, ESchranken zu ſeden. Sind es aber bie Rubriken bes Schla⸗ 
fes, der Leibespflege, der Crholungen, bie mit zu großen Zahlen 
ausgerüftet erfcheinen,, fo wird man beim Schluſſe der Wochen⸗ 
rechaung ernſtlich daran erinnert, man faßt den Entſchluß, ib: 
nen abzubrechen, um bei ber naͤchſten Rechnung beffer zu befte: 
ben.” uſteri fegt bierbei voraus, daß treu und gewiflenhaft 
gerechnet werde; denn wer aus Prahlerei, Eitelkeit ober Leicht⸗ 
finn und Muthwillen unrichtige oder verfälfchte Angaben in feine 
Blätter einzeichnen wollte, der würde ein veraͤchtliches Spiel 
treiben, das nur ihm felbft Schaden und Schante brädhte. 
(Der Beſchluß folgt.) 








Nedigert unter Berantwortlichkeit der Verlagsbandlung: J. A. Brockhaus in Leipzig. 


| 
| 


nn ‚Be 


literariſche 





Donnerstag, — Ar. 101. — 


Blätter 


für 


Unterhaltung, 





-11..Xprit 1833. 





Die drei letzten Feldzuͤge gegen Napoleon ta hiftos 
riſch dargelellt von P. F. Stuhr. Erfter Band. 
Lemgo, Meyer. 1832. Gr. .8. 2 hl. 

Dieſer vorliegende erſte Band zerfälls, in zwei weſent⸗ 
lich noneinamber verſchiedene Theile, indem er zuerſt eine 
allgemeine Einleitung und Ueberſicht der geſchichtlichen 
Entwidelung der politiſchen Verhältnäffe big zum Aus⸗ 
heuch der Ssinbdfeligkeiten im Jahr 1813 und dann ben 
Unfang ber Kriegsbegebenheiten bis zu Rapolson’s Ruͤck⸗ 
zug von ber Elbe enthält. Wenn die Gefchichte des 
Kriegs natärlich aus eine mit kritiſchem Sinn unternom⸗ 
mene Bufammentragung der vorhandenen Materialien fein 
kann, fo ſtellt die erwähnte Einleitung dagegen die eigen- 
thuͤmliche Anfiche des Verf. über die innere Ausbildung 
Deutfchlande, namentlich über die Art und Weife, wie 
die Formen des Mittelalterd den Foderungen ber neuern 
Zeit weichen mußten, dar. Der unglädlidhe Fehler vie 
ker deutſchen Schriftfteler, welcher in neuerer Zeit. fich 
immer mehr verbreitet und um fo mwidriger berührt, als 
er unferm Nationalcharakter eigentlih ganz entgegen ift, 
die Neigumg naͤmlich, tönende Phrafen und Tiraden als 
das Ergebniß tiefer Betrachtung binzuflellen und bei Be: 
trachtungen, wo ber Elare nüchterne Verſtand allein herr: 
fhen follte, eine forcirte Poeſie einzumifchen, tritt in dies 
fer Abhandlung recht fidrend entgegen. Der Verf. be: 
muͤht fih, den naturgemäßen Fortfchritt aus den flarren, 
immer unpaffender gewordenen Formen bed Mittelalters 
zu einer individuell und politiſch feiern Entwidelung als 
einen confequenten Uebergang aus der Herrſchaft des Ge⸗ 
muͤths zu der Dbergewalt des Verſtandes darzuftellen, und 
fhildert die doch gewiß nicht zofenfarbenen Verhaͤltniſſe 
des Mittelalters als hervorgegangen aus gemüthlichen Ges 
fühlen, welche deshalb kein laͤngeres Beftehen haben konn⸗ 
ten, weil bes orbnende Verſtand gefehlt hätte. Nachdem 
in den Seelen der Menfchen die zarten Keime einer from: 
men, echt fittlichen Geſinnung, welche im Mittelalter bie 
Gemuͤcher erfüllt hätte, immer mehr untergegangen waͤ⸗ 
zen, fol fi, nad des Derf. Meinung, das deutſche Volk 
in dem Zuſtand befunden‘ haben, welchen Goͤthe im 
„Fauſt“ ſchildert. Faſt wundert es mich, daß bie Here 
und die Meerkatzen aus jenem Gedicht nicht auch zu ei: 
ner Gaſtrolle berufen find, aber jedenfalls wird man bei 


ſolchen Darflellungen an das Einwirken eines Mephifto: 


a Te Je 
s 


pheles gemahnt; denn was ift diefes feindliche Princip eis 
gentlich anders, als Verhällung der Wahrheit durch nebels 
haften Dunft? Das einfache hiftorifche Factum, daß auf 
den kraͤftigen, in vielfacher Hinſicht ausgezeichneten Fried⸗ 
rich II. ein weichticher, der. Wolluſt ergebener Regent 
folgte, deſſen Hang zum Aberglauben von Betruͤgern be⸗ 
nutzt wurde, ſtellt der Verf. (10) woͤrtlich fo vor, als 
ob „ein heidniſcher Drang mit dem Bewußtſein, ſich zu 
ergießen in das Weltall und im daſſelbe aufzugehen, in 
weihe Richtung das Bewußtſein Friedrich 11. bereits 
hineingezogen war, nad) deſſen Tode hervorgebrochen fei, 
alle Schranken verſtaͤndiger Ordnung durchbrochen habe, 
ſodaß ein ungeſtuͤmes Trachten theils nach freiem Verkehr 
mit ber Geifterwelt, theild danach, fich im. Geifte des 
Befiges des ganzen reichen Lebens zu erfreuen, die Ge: 


müuͤthskraͤfte ſturmiſch bewegt verdrängt, welcher Bewe⸗ 


gung ſich der König Friedrich Wilhelm II. bingab, dakin 
ſich verlor, wodurch es denn geſchehen ſei, daß, je mehr 
die Gemuͤthskraͤfte frei ſich zu regen und zu bewegen an⸗ 
huͤben, um ſo weniger die alten Formen des ſtaatsbuͤr⸗ 
gerlichen Lebens in ihrer Erſtarrung genuͤgen konnten“. 
Kann ein Schuͤler, dem ſolcher Galimathias vorgetragen 
wird, wol anders ſprechen als fein Commilitone im „Fauſt“ 
nach der Converſation mit Mephiſtopheles: 

Mir wird von alle dem ſo dumm, 

Als ging mir ein Muͤhlrad im Hopf herum. 

Nachdem der Verf. auf ſolche Art das Bebürfniß der 
neuern Zeit, veraltete Inſtitutionen mit neuern Einrich⸗ 
tungen zu vertaufchen, dargethan hat, fährt er fort, aus 
allgemeinen Sägen und Hypotheſen fpecielle Erſcheinungen 
als nothwendige Ergebniffe zu. folgen und, Ariome vor; 
ausfegend, die politifche Entwidelung gleich mechanifchen, 
durch berechnete Ztiebfedern getriebenen Werken zu be: 
flimmen, wie folche® Leider mehre neuere Schriftfteller fich 
angeroöhnt haben, denen es viel zu proſaiſch erſcheint, ein 
hiſtoriſches Ergebniß aus der unmittelbaren Urſache, z. B. 
eine verlorene Schlacht durch eine zu ſpaͤt eingetroffen: 
Colonne zu erklären, fondern es vorziehen, im weiten 
Reiche phantaftifcher Speculation ein pſychiſches Princip 
aufzufinden, von deſſen Einwirkung fie mit muftifchen 
Worten das Gefchehene herleiten. Deryleichen abflracten 
Theoremen folgend, fieht der Verf. den Grund bes Mis⸗ 
lingens des Feldzugs vom Jahr 1792 nicht in der zu 


—V 


414 


Pr 
*. 
® 


einen Zahl und der fehlerhaften Sufammenfesung der | Blüte weltgefhichtlicher Richtungen hervortrat“. Dieſe 


Snvafionsarmer, nicht in der Vereitelung der von den, 
Emigranten angeregten Hoffnungen auf eine royaliſtiſche 


Snfurrection im Innern Frankreichs, nicht in der einen 
Volkskrieg bereitenden Eraltation der Franzoſen, nicht in 
Kellermann’s und Beurnonville's raſtloſem Sifer, fih mit 
Dumouriez zu verbinden, noch viel weniger in ber unge: 
woͤhnlich ungünftigen Witterung, fondern (S. 14) darin, 
„daß der König Friedrich Wilhelm II. in feinem Kampfe 
gegen die jakobinifche Gewaltthat im Jahr 1792 nur 


deghalb nicht, fiegueich geweſen fei, weil in dem Geiſte ſei⸗ 
nes Volkes, feines’ Heers, ja feiner nächften Umgebungen’ 


und Rathgeber die revolutionnairen Ideen dergeſtalt maͤch⸗ 
tig geweſen wären, daß e8 dem Herzog von Braunſchweig 
gelingen konnte, wenigſtens inſofern Verrath zu üben, daß 
die Unternehmung ſcheitern mußte”. Wer den Herzog von 


Braunſchweig nicht ald Regenten feines Landes, wo er 


‚In vieler Hinficht ausgezeichnet und freifinniger Ideen 
fähig war, fondern als preußffhen General kannte, wie 
er, um fein in Halberſtadt garnifonicendes Regiment mit 
phyſiſch großen Leuten zu verfehen, jeden Werbebetrug 'bil: 
ligte und jeden Tanggetvachfenen Menfchen mit ſehnſuͤchti⸗ 
gem Verlangen anjah, tvie er während der ganzen Zeit 
feines Einfluffes nie bie. monfteöfe Zufammenfegung der 
preußifhen Armee, wo aus Furt vor Defertion fein 
Soldat feine Garniſon vertaffen durfte, der Inländer den 
Ausländer bewachen mußte, der Stock das einzige exalti⸗ 
tende Princip, die Spisruthen der dad Ehrgefühl weckende 
Hebel, Hunger die Lofung war, auch im entfernteften er⸗ 
te und zu mildern fuchte; wer Überhaupt von der 
durch Raͤnke der Werber zufammengebrachten, durch Prü: 
gel zufammengehaltenen, in der groͤbſten, durch Habſucht 
der Chefs auf das engſte Maß befchränkten Kleidung ein: 
bergehenden, das Mitleid jedes Voruͤbergehenden erregen: 
den damaligen preußifchen Armee einen Begriff hat; wer 
weiß, wie damals eine ebenfo anmaßende als umwiffende 
Ariſtokratie für eine paflende Pflanzſchule für Offiziere 
gehalten wurde; wer im Allgemeinen nur das dunkelſte 
Bild jener Zeit vor Augen hat — der muß wol mehr als 
erflaunen, wenn er den Herzog von Braunſchweig, den 
Verfertiger jenes bekannten Manifeftee und das ihn um: 
ebende Offiziercorps als Partifans der Revolution auf: 
ellen fieht. . R 

Mir kommt diefe Behauptung des Verf. grade fo 
vor, als ob Jemand die jegigen Werwirrungen im Kir: 
chenſtaat durch die übertriebene Hinneigung des Papftes 
zum Proteſtantismus erklaͤren wollte. Verbunden mit 
einer Kleinen Abſchweifung Uber die Voͤlkerwanderungen, 
bies Sefchichte Afiens, die Entftehung aller Religionsfekten 
des Drients und Deecidents wird die Allianz zwiſchen 
Preußen und Rußland berührt, „aus welcher (nad) dem 
Verf., S. 18) die Herrlichiten Fruͤchte herborgingen, wel⸗ 
che von der tiefften weltgeſchichtlichen Bedeutung war, in: 


dem fie nicht nur für den Gang der gefcichtlichen Ent: | 


widelungen wirkſam, fondern aud) in ihren Keimen laͤngſt 
angedeutet war im der Gefchichte der Wergangenheit und 
nur als "die eine Herrliche Frucht verheißende entfaltende 


einfache Allianz zweier Staaten, welche hier ‚mit fo pomp⸗ 
haften Worten verkündet wird, erklärt der Verf. nicht 
aus ben einfachen Gründen gegenfeitiger Sicherflellung 
nd gemeinfargen Widerſtandes gegen, das. Pecip def 
— ſi bein nach jeiner anſchaulichen Be S. 18) 


dadurch, „daß im Süden am mittellaͤndiſchen Meere das 


Land an der Grenze zwiſchen dem Weſten und Often 
durch —— und Meere auseinander geriſſen ſei, hin⸗ 
gegen im Norden von der Nordſee her, ber Oſtſee ent: 
lang Kid weiterhin an die Wolga und das kaspiſche Meer, 
eine Mr fid) zufammenhängende, nicht durd) FAN Son⸗ 
derung SSremſcheidatezen Succhheriene ehene 
Landſtrecke ſich ausdehne, in welchem Naturverhaͤltniſſe 
die Andeutung gefunden werden 'möge ‘auf das geſchicht⸗ 
liche Verhaͤltniß, nach welchem eben im Norden an ber 
Dftfee der Weiten und Oſten in neuem Zeiten ſich in 
Iteundſchaft zageneigt haben”. 1. 1.0 2 3. 


Eine ſolche ogik, wotche allerdings Swan ertegen 


muß, führt die prechiſchen Verhaͤltniſſe bie zu don Be⸗ 
ginnen Des Feldzuges von 1543, md‘ unmöglich bann es 


ber Raum d: BI. erlauben, einer Dapflellung voeiter zu - 


folgen, welche der genaue: Gegenfatz deftams Irtgaͤngen 
leitenden Fadens der Ariadne iſt und⸗den ducch leere 
Klaͤnge betaͤubten Leſer in ein Labyriuch der Berwirrung 
führen muß. Werm der. Verf. wirklich geſonnen iſt, als 
akademiſcher Lehter auf. ſolche Art Die ⸗Geſchichte und be⸗ 
ſonders ihren philoſophiſchen Theil ſeinen Duhoͤrern vor⸗ 


zutragen, fo ſollte man faſt glauben, ee habe feine Lehr⸗ 


methode einem Falkonier abgelaufcht, welcher feine abzu⸗ 
eichtenden Falken fo lange auf einem Reif hin: und ber 
ſchaukelt, bi6 die Eleven völlig confus und wirblig, hier 
durch aber zum Aufnehmen des neuen Unterrichts geeg⸗ 
net find. Ä i 

Was nunmehr den zweiten Theil, die Erzählung dee 
Besinnens der Feindfeligkeiten ſeibſt, betrifft, fo beabjich- 
tigt der Verf. aus den verfchiedenen, jene großen Wege: 
benbeiten darſtellenden Schriften mit Eritiichem Sinn ein 
geordnete Ganzes zu liefern. Vorzugéweiſe find dabei 
die Werke von C. von W. (General von Müffling), So: 
mini, -Pellet, Vaudoncourt, Wagner, Butturlin, Odeleben 
u. f. w. benutzt; auch bat der Verf. auf die Bemerkun⸗ 
gen von Fain and, In Bezug auf diplomatifche Berhand⸗ 
lungen, auf die von KHlüber gegebenen Nachrichten Ruͤck⸗ 
fit genommen. Zuerſt flelft der Verf. die Stellung der 
beiderfeitigen Heere im April 1813 dar, wobei die Eigen 
thuͤmlichkeit obwaltete, daB wol nicht Leicht ein Kampf, 
welcher über das Schickſal mächtiger Reiche entſchei⸗ 
den ſollte, mit fo geringer Truppenzahl begonnen wur: 
de, wodurch größere Operationen anfangs ummöglich wa⸗ 
ven, weshalb der Verf. fehr richtig die Gründe für und 
gegen ein weiteres Vorruͤcken von Seiten der Alliirten 
abroägt. " 

Es war überhaupt eine ganz ungewöhnliche Stellung, 
von welcher dus das verbimdete- Heer den Angriff begin: 
nen mußte; denn wenn man nad) den gewöhnlichen Me: 
geln annimmt; daB der ducch zwei von den beiden Enden 


- 


“ 
ua Sie ee en mn EEE — — EEE . 








410° 


dit Bafis’ der Opsrationglinie nad) dem firategifchen Ob: 
ject gezogene Linien gebildete Winkel nie Eleiner als 
45° fein bürfe, welcher Sag ſich übrigens im Kriege 
Napoleon's gegen Rußland aufs Neue bewährte, jo wa⸗ 
ven die Verbuͤndeten dagegen ohne alle Bafis der Opern: 
tionslinie, denn die Feſtungen an der Elbe waren in 
feindlichen Händen, fodaß ſchon der Uebergang über bie 
Eibe fie in Gefahr fegte. Auf einen allgemeinen Auf: 
fand in Deutfchland, aͤhnlich ber enormen Volksbewaff⸗ 
zung, melche der Convent früher in ber franzöfffchen Re⸗ 
publik hervorrief, war nicht zu rechnen bei ber Zerſtuͤcke⸗ 
lung unfers Paterlandes und ſomit war Lügen gewiß 
ber aͤußerſte Punkt, bis zu welchem die Heerführer der 
Alftteten vordeingen konnten, und felbft dieſes Vorruͤcken 
war offenbar nicht den militafrifchen Regeln gemäß, ſon⸗ 
dern nur ducch die unumgängliche Nothwendigkeit hervor: 
gebracht; benn ein Rüdzug bis an bie eine Art yon 
Bafis der Operatienslinie bitbende Oder hätte nicht nur 
die new gebildeten Truppen enfmuthigt, fondern bie Län: 
der, aus denen alle Mittel zur Fortfegung bed Krieges 
gezogen, namentlih die Landwehr gebildet werden folkte, 


: in feindlichen Befitz gegeben. Wenn baher die Schladht 


bei Lügen, offenbar gegen die gewöhnlichen Megeln der 
Kriesskunft unternommen, mehr ein abenteuerlicher als 
wohlberechneter und durch die gebieterifche Nothwendigkeit 
herbeigeführter Kampf war, fo konnte ber Sieg nur duch 
ungeftume Kühnbeit und bie moraltiche Weberlegenheit eis 
ner von Vaterlandsliebe und Feindeshaß befeelten Armee 
errungen werben. Bon biefer Seite faßte Scharnhorſt 


den Schlachtplan auf, und Napelson, welcher in allen, 


feinen Feldzuͤgen den Feind unerwartet angegriffen hatte, 
wurde bier auf dem Marſch überfallen. Hätte Blücher 
den Oberbefehl gehabt, fo wuͤrde der ungeftlime Angriff 
andere Mefultate hervorgebracht haben; aber der Graf 
MWittgenflein war viel zu vornehm, befonders zu fehr in 
Rußland akklimatiſirt, als daß er deutſchen Nationalenthu⸗ 
ſiasmus begreifen konnte, weshalb er das Verlangen der 


- Preußen, auf Tod und Leben mit dem Feind zu kaͤm⸗ 


pfen, als eine jugendjihe Aufwallung betrachtet zu haben 
fcheint, welche er ausbraufen laffen wollte, ohne die ihm. 
anvertrauten Ruſſen in gleiche: Gefahr zu fegen. Das 
Corps von Miloradorwitfh mar aus einem mir menig- 
ſtens durch eine ber vielen militafrifchen Schriften er⸗ 
Härten Grunde entſendet, das ruffiihe Hauptheer und 
die Garden nahmen keinen Antheil am Gefecht, und fo 
erlangten die neu gebildeten preußifchen Krieger zwar ſchnell 
einen Waffenruhm, welcher den Franzoſen imponirte, aber 
ver Zweck des kuͤhnen Angriffs, die franzoͤſiſche Armee 
fi nicht der Elbe nähern und in eine fehr befeftigte, 
Berlin und Breslau bedrohende Baſis der neuen Ope⸗ 
rationslinie einchden zu laſſen, wurde verfehlt. Mitt: 
genftein war wieder in ‘feiner Sphäre, als er das ihm 
wohlbekannte Defenfiofpftem beginnen konnte, und Scharn- 
horſt fiel. 


(Der Beſchluß Folgt.) 


‚Weg ftellt. 
nen innern Trieb nach Bildung und Wiflen befäße, welcher ohne ,_ 


Kleine gefanimelte Schriften von Paul Uſteri. 
(Beſchlus aus Nr. 10.) 

Ref. muß gefteben, daß ihm dieſes nicht die einzige Gefaur 
daͤucht, die ber glürklichen Ausführung eines ſolchen Vorſchlags — 
die im Ernſte doch nur der Jugend zuzumuthen ift — ſich in den, 
Nur allzu leicht Fönnte ein Rechner, ter nicht je: 


Zabellenwefen am beften zum Fleiß und zur Anftrengung ei— 
muntert, ſich vor ſich felbft damit zufrieden ftellen, wenn er bei 
jebesmaliger Abrechnung fände, daß bie Stunden alle auf bie 
angegebene Weife ausgefüllt worden find; er: könnte alsdann 
um fo gleichgültiger werben über bas wie? und wie viel? in 
jeder Stunde. Auch glauben wir, daß, je beffer dev Kopf, ie 
peinlicder und vielleicht hemmender ſolche felbitgefeste Schrau⸗ 
fen werden müßten. Wer von der Natur zum Mathematiker ' 
geſchaffen ift, ber würde gewiß verfräppeln, wenn er feinen 
Thaͤtigkeitstrieb freiwillig auf ein paar Stunden bes Tages be: 


ſchraͤnkte, und der Künftler und Dichter, der feinen Heißhunger 


nach dem Schönen nicht nach Herzensluſt befriedigen dürfte, 
muͤrde geiftfig gar bald ausmergeln. Ja, wir möchten wol mit 
Recht bezweifeln,, ob ber geiſt⸗ und Eraftuolle Uſteri perföntic 
ſich als Züngling in dieſe Ppilifteenormen gefügt habe. Man 
wird uns biefe Abfchweifung wol.verzeihen, wenn man bebenft, 
wie gierig foldye Vorfchläge gewöhnlich von praftifchen Paͤda⸗ 
gogen aufgegriffen, und wie leicht ein ganzes Juſtitut oder eine 
Schule in eine foldhe vermeintlich alleinfeligmadhende Methode 
des Weiſe⸗ und Vortrefflichwerdens hineingehetzt wirb. 

Sonft enthalten diefe Reden noch fehr beberzigenswerthe 
Winfe über den Moflicismus in der Heiltunde (©. 67 fg.), über 
bie ärztlichen Stubien überhaupt (S. 79— 84, 87— 91) und 
die Vorkenntniſſe zu denfelden (8. 84 — 87) und manches An: 
dere. An diefe Vorträge fließen ſich Dentreben auf ausge: 
zeichnete Lehrer des genannten Jaſtituts: 3. H. Rahn und 
d. S. Meyer, welche Mufter von Biographien genannt zu wer: 
den verdienen, Denn nicht nur ftellt ſich aus einzelnen, leben: 
bigen Zügen, aus briefligen Wittheilungen, aus andern fchrift: 
lien Defllmalen ein volftändiges Charakterbild des abzufchite 
bernden Menſchen heraus; es erhält auch dieſes Wild ben 
nöthigen Hintergrund durch bie bargeftellten Umgebungen des 
Mannes und bie Andeutung feines Verhaͤltniſſes zum Vater⸗ 
lande, zur geiftigen Bilbung beffelben und zum Stande und 
PBebürfniffe der Wiſſenſchaft, für welche ein ſolcher vermöge 
Berufs oder Neigung thätig war; endlich beftrebt fich der Bio⸗ 
graph, nach dem Grumbfage: „an ihren Krüchten ſollt ihr fie 
ertennen’‘, die Leiftungen der Gefchilderten in das Hellfte Licht 
zu fegen. So find benn in der Lebensbefhhreibung Rahn's fei: 
nem Antheil an der Gründung bes mebicinifch rchirurgifchen In: 
fittut8 und Seminariums und bdeffen blühendem und fegensrei: 
dem Kortbeftand (&. 115 — 125), dann ber demfelben verbant: 
ten Stiftung ber helvetiſchen Geſellſchaft correfpondirenber Aerzte 
und Wundaͤrzte (©. 128 — 132 fg.) bedeutende Abſchnitte ge: 


widmet; bei H. C. Meyer werden die zahlreichen Bände feiner 


chirurgiſchen Tagebuͤcher gleichſam vorgemiefen (&. 168 fg.). 
Ueber den früh verflorbenen Bezirksarzt Hirzel in Zürich (S. 172 fg. ) 
war freilich nicht viel Erhebliches zu fagen, doch weiß er auch 
dieſer Aufgabe durch Miteheilung anſpruchsloſer Briefftellen aus 
Dalle und Tübingen, "in welchen angefehene Lehrer, unter An: 
dern Dr. Bau, Kielmeyer, Autenrieth geſchildert werben, eini: 
ges Intereffe abzugemwinnen. “ 

Diefe Neben und Abhandlungen Uſteri's, bie afabemifche 
genannt zu werben verdienen, unterbrechen zwei fchriftliche Ueber: 
bleibfel aus ber politifhen Wirkſamkeit Ufteri’s: eine Zuſchrift 
an die MWahlmänner des Gantons Zürich nach ber Ruͤckkunft 
vom helvetiſchen Congreſſe in Paris (3. März 1803), und eine 
Nebe am Tage ber Einfegung der Dberamtsbehörben und Ge 
meindammänner des Bezirks Winterthur, gehalten den 4. Brad: . 
monat 1816 auf dem Rathhauſe in Winterthur. Das erſte 
Actenflüd hat uns die mündliche Anrede Bonaparte's aufb:: 


0 


“ 


- 


wahrt, mit weder er, „der erhabene Held, welchen im Gefühl 
ihrer eignen Ohnmacht und in demjenigen feiner Allgewalt über 
die Schickſale Heivetiens alle Parteien wechfelsweife anriefen“, 
als erſter Gonful ben Gantonsdeputirten bie neue Berfaffung 
der Schweiz übergab. Wir wollen fie dem Leſer nicht vorent- 
halten: „Die Mediationsacte, bie ie empfangen, ift ein Ret⸗ 
tungsbalten, der ben Schiffbruchleidenden dargeboten wird. Wol⸗ 
ten die Schweizer daran feſthalten, fo find fie gerettet; fie werben 
wieder ein Voik werden, frei und unabhängig und geachtet, wie 
ihre Altoäter es gewefen find. Würden fie hingegen bes Buches 
Blätter zerreißen, dann wären die ungluͤcklichen Zolgen, die fit 
fig dadurch zuziehen werben, nicht zu berechnen. Sie wür- 
den Ihre Unabhängigkeit verlieren; von allem Unglüd, das eis 
nem Bolke wiberfahren kann, ift diefes das größte. Ich 
habe mit Vergnuͤgen die Deputirten der Schweiz dei mir geſe⸗ 
ben. Ich wiederhole Ihnen, daß ich nichts als das ‚Heil 
und bas Wohl Ihres Landes wünfcde, und daß ich mic, gluͤck⸗ 
lich fhägen werde, wenn meine Vermittelung dazu wird beige: 
tragen haben. Ich vechne auf ben guten @eift, weldyen bie 
Deputirten in ihr Vaterland zuruͤcknehmen; ihr Ginfluß und 
ihr Beifpiel werten groß und fegenbringend fein, wenn fie von 
Geſinnungen der gegenfeitigen Annäherung, der Ausföhnung, des 
Vereins und bes Vergeſſens bed Vergangenen burchdrungen find; 
fie müßten verderblich und zerftörend wirken, wenn fie die Lei: 
denfchaften des Haſſes, des Neides und ber Rachſucht nach Haufe 
‚ bringen würden. &o wenig ich zugeben Tonnte, daß eine von 
den Feinden Frankreichs unterflügte Baction in Helvetien herr 
fe, fo wenig werbe ich Anarchie und die Herrſchaft gefeglofer 
Willlür in biefem Lande geſtatten. Gin Zerfallen in die let⸗ 
tere würde mich nöthigen, die Schweizer durch Gewalt und 
durch Vernichtung ihrer Unabhängigkeit zur Ordnung zurüdzus 
bringen. Allein ich hege zu ben Bewohnern Helvetiens das 
Vertrauen, fie werben, indem fie zu den Tugenden ihrer Väter 
zuruͤckkehren, ſich des Ruhmes und bes Gluͤckes derſelben neuer 
dinge werth zu machen wiſſen.“ 

Die Rede von 1816 enthält- eine Darftellung und theilmeife 
Apologie bed Betragens ber Schweiz feit der dortigen Revolus 
tion und bemüht fih, bie milden Fügungen der Vorſehung er: 
Tennen zu laflen, bie feit Gründung des Bundes der Eidgenoſ⸗ 
fen gütig und fegnend über ihm gewaltet haben ; fie warnt aber 
au, nicht in träger Unthätigleit von außen ber und durch 
Wunder zu erwarten, was Gott nur thätiger Tugend verleiht. 

Auf diefe zwei kleinen politiſchen Auffäge folgen fünf Er⸗ 
öffnungsreben, zwei in ber Zahresverfammlung ber allgemeinen 
fchweizerifchen Seſellſchaft Aber die gefammten Raturwiffenfchafs 
ten (1817 u. 1827), drei in ber fchweigerifchen gemeinnüsigen 
Geſellſchaft (1824, 1826 u. 1828) gehalten. In ber erften 
Rede ift hauptſaͤchlich die Ueberſicht über die (damals) neueften 
£eiftungen für die Naturwiffenfchaften in ben verfchiebenen Gans 
sonen bemerktenswerth (&. 213 — 237); die zweite (1827) ent» 
hält Anfichten vom ange ber Naturwiffenfchaft im verfloffe 
nen Zahrzebend (©. 257 fg.) und verbreitet ſich mit befonderm 
Sntereffe über die naturwifſenſchaftlichen Reiſen der neueften 
Zeit, mit näherer Rüdfiht auf die Berg: unb Alpenreifen und 
geologifchen Gebirgewanderungen fchweizerifcher Raturforſcher. 
Diefeibe Rede enthält eine berebte Warnung gegen alles Hypo⸗ 
thefen= und Theorienweſen in der Wiffenfchaft: „Die Gefchichte 
der Wiffenfchaft beftätigt, daß biefe Schöpfungen unfers Ber: 
ſtandes, denen Scharffinn und Phantafie ihren Glanz verliehen, 
doch immerhin nur Formeln zum Behufe ber Ueberfiht wahr⸗ 
genommener Thatſachen find, bie mit bem erweiterten Kreife 
der legtern nicht mehr genügen, ſondern in ſich felbft zerfallen 
und der Vergeffenpeit übergeben werben muͤſſen; dieſes legtere 
aber bann um fo fchneller, je befcyleunigter unfere Kenntniffe 
der Thatſachen ſich erweitern. Davon mag uns ber Gang der 
Wiffenfhaft in der jüngften Zeit überzeugen. Jene Verirrun⸗ 


Redigirt unter Werantwortlichteit der Werlagähandlung: F. A. Brodhaus in Leipzig. 
SERIES - 


. 416 | | J 


sen einer anmaßlichen Speculation, die, unter dem oft mise 
brauchten Namen der Naturphilofophie, der Wiffenfchaft eine 
turge Zeit Rachtheil und Unehre brachten, unb gegen deren Ver⸗ 
führungen jugenbliche 
Urfadje gefunden werben mochte, find nun beinahe überall ver⸗ 
ſchwunden, und ber Ruhm einiger auögegeichneter Namen, bie 
ihnen Anſehen verliehen hatten, beruht jegt nur noch, aber um. 
fo figerer und befriedigender auf dem anderweitigm Berdienfte, 
das eben biefe Männer ſich durch treue Raturbeobadytung bes 
reits erworben hatten.“ 

Inzwiſchen verachtet der Redner jene rationnelle Erkenntniß 
keineswegs, er haͤlt ſie vielmehr in großen Ehren, „wofern ſie, 
ſtatt dem blendenden und eiteln Ziele nachzuſtreben, fuͤr das Bild 
unſerer Phantaſie, das uns Ginhelt in ber Natur heißt, bie 
waltenden Gefege vollends zu ergründen, — ſich vielmehr bas- 
andere, jeberzeit erreichbarg Biel fegt, mittels ber fen 
unb Theorien das Bebärfniß neuer und zuvor unterlaffener Beob⸗ 
achtungen einleuchtend zu machen, aus dem allemal unfehlbarer 


Gewinn erwädft, entweber, baß fie die Hypotheſe, durch bie fie 


veranlaät wurden, einftiweilen zu ‚beftätigen fcheinen, oder daß 
fie den Ungrumd berfelden nadhmweifen. „Mit Einem Worte‘, fagt 
er, „wir ehren bie Naturphiloſcphie, wenn ie, wie ihr Begrün« 
der und ber ihr ben Ramen gab, ber britifche Weltweife Baco, 
gefodert hat, eine interpretatio naturae, nicht aber eine anti- 
cipatio naturae, ober — wie ein neuerer und echter Naturfor⸗ 
fher, Treviranus in ber „Biologie“ fich ausdrüdt — der Weg 
ber zum Nachdenken geleiteten Grfahrung iſt.“ 

Sin ſchaͤtzenswerther Nachtrag zu biefer Nebe iſt au ber 
Nekrolog zweier Mitglieder der Geſellſchaft, 3. R. Guter’s, 


. Doctors der Arzneitunde und Profeffors der griech. Literatur zu’ 
‘Bonn, und Heinr. Struve's, Prof. der Chemie an ber Akade⸗ 


mio zu Laufanne. In biefem Nekrolog, wie aud in andern, 
im erfolge der Sammlung noch weiter mitgetheilten -Lebense 
abriffen beurkundet der Verf. fein bewährtes Biographentalent 
aufs Neue. Bon Suter werben gar angiehende Details geges 
ben. Gr befand ſich 1791 in Mainz, als eben damals von Frank: 
veih ber mit allen Stürmen ber —— und allen Mit⸗ 
teln ber Propaganda bie Staatsumwaͤlzung nach Deutſchland 
überzutragen verſucht wurde und Mainz zu einem Stapelplatz 
für den großen Voͤlkerverkehr gewählt war. Suter war Volles 
sebner und Dichter und ein enthufiaftifcher Lobrebner der Wie⸗ 
berbringung einer fchönen Borzeit,-wie feine Eindildungskraft 
biefeibe mit glänzenden Karben ausmalte. Wo dieſe legten mit 
ber Wirklichkeit in Berührung kamen, ba gab es mitunter felt« 
fame GStöße. „Quel est l’aristocrate qui parle ainsi?” rief 
der Conventscommi ſſair Merlin, ald er den "ihm unbelannten 
Suter zum erften Male vom Rebnerftuhl in ber patriotiſchen 
Gefellſchaft fprechen hörte. „C'est um Suisse qui etait libre 
devant toi!’ war bes Rebners befonnene und fchnelle Erwi⸗ 


6. 

Bon ben übrigen Arbeiten ift die zweite Gröffnungsrebe 
ber gemeinnügigen Sefellfchaft (1826) vom allgemeinften Inter⸗ 
effe, und wie würben gern aus ihr einige Auszüge über bie 
Bildung der Staatsbürger (S. 325 — 328), bie für die Schweiz 
fo wichtige Angelegenheit der Heimatlofen (8. 329) und das 
Armenwefen in einzelnen Cantons (&. 33% fg.) geben, wenn 
bie Anzeige biefer Sammlung nit fon fo ausfünrlidy gewor⸗ 
den wäre.” Aus der Vorrede erhellt, daß wir in diefem Buche 
nur den geringfien Theil der geiftigen Wirkſamkeit Uſters ans 
fihtig werden; auch Läßt ſich nicht leugnen, daß bem Style bie 
Pflege bier und da abgeht und bie legte Feile, die der Berf. 
obne Zweifel vor dem Drude angelegt haben würde, vermißt 
wird. Aber Feiner der Auffäge firaft das edle Charakterbild 
Lügen, das die Hand des Freundes von tem echten Schweizer, 
von dem Freunde der Wahrheit, ber Freihcit, ber ailfeitigen 
Menfchenbildung mit fo fihern Zügen entworfen bat. 23. 


Geifter zu warnen vor zehn Jahren noch 





Blätter 


literariſche Unterhaltung 





Freitag — Kr. 102, — 12. April 1833. 






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Die drei letzten Feldzuͤge gegen Napoleon kritiſch⸗hiſto⸗geblieben, das ruſſiſche Huͤlfheer in feine Heimat zu⸗ 
riſch dargeſtellt von P. F. Stuhr. Erſter Band. rüuckmarſchirt, der Nationalenthuſiasmus verflogen, Oeft⸗ 
Beſchluß aus Nr. 101.) reichs kaum mit Mühe angefachte Theilnahme verfchwurs- 

Hierauf ſchildert der Werf., welcher überhaupt bei |. den wäre, fo bedurfte es gewiß nur geririger politiſcher 
Darſtetlung von Ihatfachen eine viel größere arbeit bes | Geſchicklichkeit, um im Lauf einiger ‚Zeit Preußen in 'e& 
Ausdrucks Hat als bei allgemeinen Raifonnementd, den | nen neuen Krieg zu verwiceln, in dem es untergegangen 
Rüdzug der Verbündeten über die Elbe ſowie befonders | wäre. Napoleon dagegen hatte Frankreich alle Träume 
die Schlacht bei Baugen aͤußerſt anfchaulich, erzählt ben | der Revolution entriſſen, alle Freiheit, alle Ratiomalveprä - 
Ueberfall bei Haynau, weldyer, obfhon die Divifion Dat: | fentation- war den Franzofen entnommen und dagegen 


ſon bedeutende Verluſte erlitt, doc weniger in rein milis | ihnen Üriegerifcher Ruhm gegeben. Die Lorbern, welche 


tafeifcher ale in moralifcher Hinfiche wichtig war, indem | Napoleon den: Sranzofen darbot, folften fie entſchaͤdigen 
biefes fiegueiche Treffen des Muth neu belebte, und ftelkt | für den Verluſt von allen Ideen, weldye ſie in der 
die eimelnen Vorfälle bis zum Abſchluß des Waffemtill: | Sugend begeiftere und fire welche Millionen geblutet 
ſtandes dar. Bemerken möchte ich, dag mir bei Verglei⸗ hatten. Sieglos konnte Napoleon nicht heimkehren, ohne 
hung der Feldzüge der Jahre 1812 u. 1813 öfters die | feinen milltatrifchen Thron von Allem entblößt zu ſehen, 
Idee erregt worden if, ob, wenn Napoleon 1812 von | was ihm Glanz gab, und ohne den Syerzen aller Franzo⸗ 
Smotenst nad) Petersburg flatt mach Moskau, und 1813 | fen das Mare Gefuͤhl zu geben, daß fie die ganzen Feüchte 
nach der Schlacht bei Lügen gegm Berlin flatt gegen | ber Revolution gegen ein Phantom vertdufcht und ferbft 
Breslau gezogen waͤre, dieſes nicht feine Lage geändert | diefes Phantom nunmehr verloren, mithin vergeblich ' ges 
hätte. - kaͤmpft und gelebt hätten. Daher waren bie ganzen Un: 
Wie miiſſen fo mande Erſcheinungen des Feldzugs terhandlungen, der denen auch England eine- große Wolle 
1313 mehr aus politiihen als militairiſchen Gründen | fpielte, nur darauf gerichtet, Deſtreich zu gewinnen, wo 
erklären, weshalb ich glaube befaupsen zu können, Mape: | der Kaifer, durch Familienverhaͤltniſſe und feinen ruhigen 
leon habe zu wenig auf den moraliſchen Eindruck Nüd- | Charakter bewogen, gem bie ganze Verwickelung friebtich, 
ficht. genommmen,: welchen der Fall Berlins in dieſem Zeit | am liebſten tie ein Iffland'ſches Familienſtuͤck, wo „der 
punkt auf die ganze -preußifihe Nation hervorgebracht bas | Verbrecher aus Ehrſucht“ zu gebührender Erkenntniß ge: 
ben wuͤrde, denn diefe Dauptftadt war der Ort, von wel | bracht wird, geloͤſt hätte. 
chem alle materiellen und geifligen Impulſe, welche bie Demnach tft es ſehr begreiflih, daß die Unterhant: 
Nation begeifterten, ausgingen. - | tungen: fich zerfihlugen und der Erfolg durch die Waffen 
Die Unterhanplungen während des Waffenftitiftanbes, | gewalt entfchieben werben mußte, womit der Verf. das 
vielfach beſchrieben und in den tounderlichen „Memoiren | erfte Buch ber Kriegsgefchichte ſchließt. 
vor St. Helena” als Beweis aufgefuͤhrt, wie Napoleon Das zweite Buch beginnt mit dem Wieberänfang der 
feinen Fehler ale zu große Friedensliebe und Abfcheu ges | Feindfeligkeiten, und enthält die Schlacht bei Deesden, 
gen Blutvergießen gehabt habe, waren, wie der Verf. fehr | den Ruͤckzug des boͤhmiſchen Heers und die wunderbare, 
tichtig bemerkt, wol von Niemand eigentlich ernfllich ge: | jeder Megel der Taktik fpottende Schlacht bei Kulnt wer 
meint. Am wenigſten tonnte Preußen den Frieden wün- | dje, was häufig zu wenig beruͤckfichtigt ift, weſentlich da⸗ 
fhenz denn im Fall biefer auf Tod und Lebm mit ber | durch gewonnen wurde, daß die Nachricht von der vetlo⸗ 
größtem Erbitterung und Erwedung aller Leidenfchaften ! renen Schlacht bei Großbeeren Näpeleon bewog, bie 
begonnene Kampf durch einen gewöhnlichen, einige Län: | zur Unterflügung von Vandamme beſtimmte, in Pitna 
dervertnufchung herbeiführenden Frieden geendet hätte, Nas | ftehende junge Garde zurüdzuhalten, weil er mit feinet 
poleon Here einer ungeheuern, wenn auch etwas gegen | Hauptmacht nach Berlin vorzudringen beabfichtigte.. Die 
früher verfieinerten Monarchie, überdies fprtbauernd face | gleichzeitig verlorene Schlacht an der Kükbach und de 
tifh Protector des, wenn auch aufgeloͤſten Rheinbundes | Nachricht vom Vorbringen der Deftreidier ließ Napolton 


— ea EEE EEE EEE 





2) 


“find die Schlachten bei Beeren, wo Dudinot vom Kron⸗ 


ſchen Untergebenen gewiefen mar, als fie von feinem Be⸗ 


’ ' x 


| 415 | 
diefen Plan glücklicherwveife aufgeben, ‚welcher, wenigftend | ınarfchirte, wußees ihm ſtets frei ſtand, fich gegen Berlin 
nach meiner Ueberzeugung, unfehlbar zur Einnahme Ber⸗ oder Hamburg zu wenden, fo Eonnte e6 nicht fehlen, daß 
(ins geführt und nicht zu perechnenden Nachtheil ges | er die Mordarmee und das fchlefifche Heer zu einer 
bracht hätte. Sehe genau und meines Dafürhaltens wahr | Schlacht oder wenigftens nachtheiligen Gefechten zwingen 
mußte, ehe das böhmiiche Heer herankam. Es kann hier 
| nicht der "Dre ſein, dieſen imaginteten Operationbplan we: 
' ter auszumalen, aber vielleicht dürfte eine nicht gehaltlofe 
| Unterftägung meiner Behauptung darin liegen, daß ber 
Kronprinz von Schweden, welcher body gewiß Napoleon’s 
Kriegsführung am beiten kannte -und von den Kührern 
der alliierten Armeen das größte, wenigſtens ausgebildetſte 
militairiſche Talent hatte, feſt überzeugt war, Napoleon 
| werde auf das rechte Elbufer übergehen, weshalb er Ken 
der faft die Hälfte der fchlefiihen Armee „befehligende , Marfch der Franzoſen auf Wittenberg nicht für eine bloße 
Langeron, mit feiner untergeordneten Stellung hoͤchſt unzu⸗ | Demonftration hielt und bei Aden zur Dedung Berlins 
Frieden, ſich ‚öfters auf Privatinftructionen berief, in deren | über die Eibe zurüchzugehen beſchloß, wovon nur die er⸗ 





prinz von Schweden befiegt wurde, an dev Katzbach, wo 
Bücher in ſeinem 71. Sahre zum erfien Mal als Ober: 
befehlshaber auftrat und Macdonald fehlug, forole bei 
Dennewitz, wo Ney die Schlacht gegen Buͤlow verlor. 
Indeſſen ift die Schlacht an der Katzbach wol zu fehr 
von der rein militairifchen Seite betrachtet und nicht Hin: 
laͤngtich beruͤckſichtigt, daß Bluͤcher nicht eigentlich als un: 
umfchränkter Heerführer zu betrachten war, fondern daß 


Folge er nur bedingungsweife an die Befehle Bluͤcher's folgte Zerftärung der Bruͤcke ihn abhielt. Bluͤcher, wel 
gebunden fei; baß ferner ber in halbe Ungnade gefallene | cher durch nichts. zu. bewegen war, fich auf das tete 
und dadurch gereizte Saden ſowie der flörcige York es Elbufer zurückzuziehen, behielt in den Augen ber Welt 
Bluͤcher nicht erleichterten, eine Einheit im Commando | den Ruhm, Sapoleon’s Plan durchſchaut zu haben; ob 
herbeizuführen, wodurch es gefchab, daß bderfelbe wenig: | aber der Kronprinz von Schweden nicht richtiger ſah, was 
ſtens im Anfang mehr an den guten Willen feiner ruſſi⸗ 
lich die Abfiche hatte, möchte eine andere Frage fein. 

Vergleihen wir viele Nachrichten von  Augenzeugen, 
fo dürfte es Leinem Zweifel unterliegen, daB der lange 
ungewohnte Defenfivfrieg, das ewige Hinz unb Hermar⸗ 
fchiren, die große Unordnung bei ber Verpflegung, die phy⸗ 
ſiſchen und moralifhen Nachwehen bes Kriege in Ruß- 
land nachtheilig auf ben Geift der Armee gewirkt hatten, 
dag namentlid die Marfchälle und Generale zu alt und 
zu reich waren, um an biefen endlofen Kriegen Freude 
zu finden, und die Stimmung, welche für die Rüdkehr 
nah Frankreich ſprach, immer allgemeiner ward. Die 
Stimmung trug wol am meiften bei, Napoleon’s Mei: 
nung, zu einer neuen Dffenfive überzugehen, nicht mit 
dem Zubel aufgenommen zu fehen,. womit fonft kuͤhne 
Pläne von der Armee begrüßt wurden. 


fehl abhingen, wodurch vielleicht einige, Bücher gemachte 
Vorwuͤrfe entkräftet werben. 

Der Berf. geht hierauf zu den Kriegebegebenheiten 
am. der Miedereibe, wo Walmoden gegen Davouft com: 
manbdirte, und überhaupt zu den Umftänden über, durch 
welche Napoleon veranlaßt wurde, Dresden zu verlaffen, 
wozu der Elbuͤbergang des Kronprinzen von Schweden 
bei Deſſau und Bluͤcher's bei Wartenburg gehört. Es ift 
vielfach und weitläufig erörtert worden, was “Napoleon 
untere biefen Verhaͤltniſſen hätte thun follen, und ihm, 
machdem er die Schlacht bei Leipzig verloren hatte, eine 
Fuͤlle nachträglichen gutem Raths gegeben worden. Ohne 
mich über Diefes. fo oft abgehandelte Thema in eine neue 
‚Discuffion einzulaffen, glaube ic) einfach bemerken zu müf: 
fen, daß bekanntlich drei Armeen gegen Napoleon flanden, 
ndmli die boͤhmiſche, ſchleſiſche und Nordarmee, daB | fi immer dichter zufammen, und mis den Vorbereitun: 
mithin ‚die. Hauptaufgabe für ihn war, die zu liefernde | gen zu ber großen Entfcheidung bei Leipzig“ ſchließt fich 
Schlacht, mochte fie zu einem neuen Invafionsplan oder | das Buch. | 86. 
zur- Sicherung eines Ruͤckzugs nad) Frankreich dienen fol: 
len, auf folche Ars einzuleiten, daß von ben feindlichen | 
Herren hoͤchſtens zwei an dem nämlichen Tage in das | Sommermalven. Erzählungen und Novellen von 
Gefecht kämen, nicht aber alle drei zugleich ihn befämpf: C. Spindler. Zwei Bände. Auch unter dem, Titel: 
ten. Ausführbar war dieſer Plan ſchon um deswillen, Spindler's fämmtlihe Werke. Vierzehnter und funf: 
weil zwei diefer Heere, die Nordarmee und das böhmifche zehmter Band. Stuttgart, Hallberger. 1833. 8. 3 XHlr. 
Heer, in weiter Entfernung voneinander flanden; im vor: Wir haben in Deutfchland ‚eine Anzahl von Novelliften, 
Uegenden Fall aber. um fo weniger fchmierig, als die drei | denen das Glüd fo gelaͤchelt bat, daß fie einmal eine ziemlich 
verbügdeten, von verfchiedenen Fuͤhrern befehligten und ertvägliche Sefhihte gefcrieben haben, und bie nun nicht auf: 
ſehr abmeichenden Sntereffen geleiteten Armeen unmöglic — re —* seite — Super wieternueraäh. 
die combinirten Bewegungen mit folder Präcifion auss | len. Aus der Erfindung eines gluͤcklichen Augenblids madhen 
führen Eonnten, als die von einem Feldherrn commanbdirte | fie einen Schat für dad ganze Leben, ein Capital, bas ſtets 
feanzöfifche Armee, welcher ihr Kaifer war. Wenn Napo- (ent ainfen Dein muß. einen enadt ’ ber, Ihrer Dieinung 

> . R . n . e: 
Ion da⸗ nicht auf laͤngtre Dauer haltbate, überbied eine hört Spinkier nö. Er ift, mit ihnen verglichen, ein reicher 
ſtarke Befagung erfobernbe Dreöben aufgab, mit feiner | Bergwerksbefiger, der in feinen Lagen bald Bold, bald Queck 
ganzen Macht über Torgau, Wittenberg nah Magdeburg | filber, bald Kobalt, bald vullanifhe Koftbarkeiten findet; ein 


. +! . 





. 


Napoleon hätte thun ſollen, vielleicht aucy) zu thun wirk⸗ 


Der Kreis, welcher die Armee Napoleon’6 umgab, zog 


J 440 


Proteus, der ſtets eine andere und faſt immer eine gefällige 
Geftalt anzunehmen weiß. Rpaͤhnlich jenen monotonen, wie 
nah einem feſtſtehenden Reglement einerercirten Erzäblern, 
tft er bald naiv und -unbefangen, balb heiter und fcherzhaft, 
balb wirklich humoriſtiſch, bald wieder fhwermüthig und er: 
fhütternd. : inter den verfchiebenen Kleidern, bie er meiftens 
paſſend anzulsgen weiß, ſteht ihm bas ber Laune, heiterer 
Gätire und wirkungsvoller Ironie jedech am beften; feine 


kleinen iſhen Erzählungen find in Form und Inhalt kleine 
e 


Meiſterſtuͤcke, und „Der Herr im Hauſe“ im erſten der vor 
uns liegenden Baͤnde hat in der That wenige Nebenbuhler in 
unferer Literatur zu beſiegen. Fuͤr dieſe Gattung von Erzaͤh⸗ 
lungen, die das Gegentheil von Dem fagen, was bie Worte 
ausdrüden, ift Spindler ein beutfcher Voltaire. - 
Die heitere Erzählung if fein eigentliches Gebiet; er iſt 
zu launig, zu wenig ernfl, tief und begeiftert, ale daß wir 
bei feinen fentimentalen Erzählungen nicht an eine willkürlich 
nachgeahmte Form, an etwas Gemachtes, volllommen Beherrſch⸗ 
tes, kurz baran glauben follten, daß es ihm mit bem Gefühl: 
vollen nicht fo rechter Ernſt fein möchte. Diefer Umftand, der 
feinem Vermögen ald Darfteller zur Ehre gereicht, tritt uns 
ferer Bingebung an ihn und feine Geftalten in den Weg. Mit: 
ten in erfchütternden Scenen befchleicht uns bei Spindler eine 
teife Ahnung: Wie, wenn ber Verfaffer feinen Scherz mit uns 
triebe? Wir zweifeln an feiner Wahrbaftigkeit, und bas um 
fo mehr und mit um fo größerm Recht, als er es mit der 
Wahrfheinlichkeit fo wenig genau nimmt ald Ziel, Schefer, 
Jean Paul und Arnim. Mit einem Wort, Spinbler ift ein 
Schall, der uns am meiften gefällt, wenn er biefe feine Natur 
nit verbirgt. 
Indeſſen ift er fo mannidhfaltig und formenreih, daß tr 
fih nur felten in feiner eigentbümlichen Anlage zeigt. In den 
vorliegenden beiden Bänden ift er unter acht Rovellen nur 
weimal er felbft: im „Herrn im Haufe” und in ber „„Deben 
rillungsburg“, einer Ritter-, Schauer: und Schreckgeſchichte, 
welche diefe jcht verftorbene Gattung ergoͤtzlich perfiflir. In 
der Erzählung „Fior di Levante” ift er durch bie Malerei 
orientalifcher Liebe und orientalifchen Haffes erfchütternd; allein 
die Art, wie Liebe umd gap ſich loͤſen und endlich die eine in 
bie andere aufgehen und überfließen, zeigt ung eben, wie we: 
nig Ernft es dem Verf. mit biefen erſchuͤtternden Bildern ge: 
wefen fei. „Der Hetr im Haufe“ fteht für ih. Es ift ein 
Bild der feinften Ironie, bie fich faft felbft ihres Zwecks nicht be: 
wußt iſt; hoͤchſt wirkungsvoll, beinahe unnachahmlich, wenig: 
ſtens moͤchten wir Niemand rathen, denſelben Gegenſtand no 
einmal aufzunehmen, nachdem er ſo energiſch, kurz, ergoͤtzli 
und effectvoll behandelt worden iſt. Die Erzählung: „An ber 
Berezina“,, kann ihren franzoͤſiſchen Urfprung nicht verleugnen; 
fie verfündet ihn durch Übertreibung A la Sue, durch haͤßliche 
Bilder & la Balzac, durch ſchielende Charakterijtit A la Nodier. 
„Lorbern, Palmen und Reffein aus dem Lebenskranze eines Mi: 
men“ nehmen einen leifen Zon ber Sronie auf und gefallen 
wie Alles, was Spinbler in biefer Gattung erfindet. Er kennt und 
zeichnet das Künftlerleben mit tieferen Einfiht in das Wefen 
der Kunft als Andere, welche bied nun faſt verbraudte Thema 
noch auszuführen verfuhen; er tft barin mwahrheitsvoller als 
viele feiner männlichen und alle feine weiblichen Mitbewerber. 
Im zweiten Bande tft der „Geſpenſtige Hof“ eine Capitals 
erzäblung für das Phantaftifche, eine Hoffmanniade, bie dem 
Vater diefer Gattung zur Ehre gereichen würde. Spinbler hat 
den Vorzug vor Hoffmann, baß er feinen phantaftifchen Er: 
sählungen gewoͤhnlich ein vollkommen wahrheituolles Charak⸗ 
tergemälbe beigibt, das jener meiſtens durch ein Caricaturbild 
der Wirkiichkeit erfest. Allerdings wirb der Contraſt zroifche 


der Welt der Phantafie und der ber Wirktichkeit dadurch um fo 


greller; aber bie Wahrheit und ber Geſchmack gewinnen dabei 
nicht. Dagegen fteht Spindler vielleicht in der originellen 
Erfindung und in dem kuͤhnen Wurf bes Phantaftifchen hinter 
Doffmann zuruͤck; wie denn auch in biefer Erzählung das phan- 


x 


taſtiſche Element eigentlich eine ziemlich zahme Kopie der „Wil: 

ben’ Jagd“ iſt. Deſto ſchaͤgbarer ift das warnende Charakter⸗ 
bild Ottiliens und ihrer beiden grundboͤſen Liebhaber. Die’ 
ganze Erzählung ift eine der. vollendetften, die wir von biefem 
Novelliften kennen; befriedigend in allen Fünftlerifchen Beziehun⸗ 
gen, ‚ergreifend, ziemlich wahrfcheintich und in ihren verfchie: 
denen Partien mit abwecfelnden Karben vortrefflich vorgetra: 
gen. Die „Novelle aus Zlorenz’’ dient zum Beweis, wie man- 
nicyfaltig bie Töne find, welche Spindler beherrfcht, und daß 
er nicht zu Denen gehoͤrt, die aus einer eingeübten Weife der 
Erzählung nicht mehr herauskoͤnnen. Der Ton einer Boccascio; 
Erzählung ift darin ungemein getroffen, und nicht blos ber 
Ton, fondern aud die Gedankenreihe, die blos auf bie Bege⸗ 
benheit gerichtete Seele bes Erzaͤhlers. „Die öde Drillungs: 
burg, ober ber goldene Schwertknopf aus dem Geiſterſchatze, 
ober Schurkenlohn u. ſ. w.“ Haben wir ſchon als eine heimliche 
Satire bezeichnet. Als ſolche kommt fie um einige Jahrzehnde 
zu fpät; denn die Gattung, die fie perfiflict, iſt bereits ver- 
urtheilt, aus ber Reihe der Kunfterzeugnifie geftrichen; bie 
Seitenblide auf „Genopefa“ aber Eönnen wir nicht glücklich nen: 
nen, fo wenig wir aud bie Begeifterung mancher Leute für 
„ Genovefa '’ theilen. „Der Wann ohne Namen’ ift eine 


franzoͤſiſche Spielergefhichte ohne Wahrheit und darum ohne 


Wirkung. Daß Jemand feinen Namen auf eine Karte ſetze, iſt 
nicht erlebt und wirb kaum erlebt werben, unb wenn es ges 
ſchaͤhe, To ift eine ſolche Scene noch Fein wuͤrdiger Gegenftand 
der Kunft. Spindler ift fo reich, daß wir ihm nicht, verzeihen 
mögen, ſolche verlorene Armfeligkeiten aufzufuchen. 

Wir entlaffen ihn mit dem vollen Anerkenntniß feines Ta: 
lents, das allzu achtbar ift, als bag uns ein Misbrauch befs 
felben nicht Leib thun ſollte. Wechſelvoll wie fein erfindens 
bes Vermögen ift fein Styl; aber auch biefer fagt uns ba - 
am meiften zu, wo ſich in Zunfllofen, naiven Vortragsformen 
ein ironifcher Stachel verbirgt. Dies ift bie ihm vorbehaltene 
Gattung, während feine fentimentale Ausdrudsweife an Gegiert- 
heit, feine erfchütternde aber nahe an Unnatur streift. 130, 





1. ChHriftlicyes Taſchenbuch auf das Jahr 1833. Heraus: 
gegeben von Karl Auguft Döring. Vierter Jahr: 
gang. MGladbach, Schmachtenberg u. Comp. 1832. 16. 
1 Thlr. 4 ©r. 

2. Freya, oder eheliche Liebe und häusliches Leben. Eine 

" Liebes = und Freundfchaftsgabe. Frankfurt a. M., Brön- 
ner. 1833. 12. 1 Thlr. 3 St. 


Wir fügen diefe Anzeige zu ber in Nr. 339 d. Bl. f. 1832 
gegebenen von fünf ebenfalls für Erbauung gelieferten Taſchen⸗ 
büchern. Ausgefuchte, der in politifcher, religidfer und mora⸗ 
liſcher Hinſicht hochwichtigen Zeit angemeffene, ausgezeichnete 
Auffäge haben wir zwar nicht gefunden; aber man muß jeßt, 
wo das Iefende Publicum von Zageblättern beinahe erbrüdt 
wird, worunter fo viele mehr durch oft gezwungenen Wig blen⸗ 
ben, durch Kiätfchereien Figeln und beluftigen, al8 duch Wahr« 
heit aufklaͤren und durch richtige Grundfäge verebein und zu: 
rechtweifen wollen, zufrieden fein, wenn man nur ben reblichen 
Willen fieht, auf einen beffern Sinn hinzuwirken, und babei 
wahrnimmt, daß eine Schrift, zumal wie ſolche ephemere Gr: 
fheinungen, bei einem gewiffen Publicum nicht chne moralifchen 
Nutzen koͤnne eingeführt werden. | 

Nr. 1 kommt aus einer Schule, der wir nicht hold find. 
Die Gegend bes ‚Herausgebers und ber Verleger ift durch den 
Dang ihrer Bewohner, deren Kleiß und Betriebfamleit wir übris 
gend ehren, zu dem Pietismus bekannt. Diefer Geiſt ift auch 
in dem Büchlein vorherrſchend, body ohne auffallende myſtiſche 
Zänbeleien und Spielereien; ja, es kommen Anfichten von ber 
Würde des Menſchen, von feinen Anlagen, von feinen Ausſich⸗ 
ten auf Unfterblichkeit vor, bei weldhen man (&. 177) ſich wuns 


40 


x 


dern muß, wie man ber Bernunft fo viel einräumen, jene Hoff 
nung „als eine: inwohnende, urſpruͤnglich ſchon gegeben Idee, 
die über allen Beweis erhaben ift; weil fie, wie des Tages Licht, 
keines Beweiſes bedarf und ſchon in Aller Herzen gelegt if, 
anfehert und bamit die Richtewuͤrdigkeit und gänzliche Verderbt⸗ 
heit der menſchlichen Natur vereinigen könne. Et wird die 
Melsheit und Güte bes Schoͤpfers gepriefen; aber wie es ba: 
mit beftehe, daß er, der Alles fo herrlich im voraus geordnet, 
den Menſchen fo ſchwach erfhuf, daß ihn eine Schlange ver: 
. führte, und er ſich kindiſch nach ber Sünde unter einen Baum 
verſteckte; dab Gott durch diefen Apfelbiß das ganze Menſchen⸗ 
geſchlecht durch und durch vergiften und verberben ließ, ſodaß 
nur Gott wieder durch fich felbfk mit der Menſchheit verführt. 
werden konnte, indem er ſelbſt Menſch roerben mußte: auf 
diefe Kragen laͤßt man ſich nit ein. Nach einem Vorworte 
fotgt: I. „‚Ghriftenfinn und Ghriftenteben”, recht erbaulid. 
Ir. „Geſchichten aus ber Kirchengeſchichte.“ Meift Legenden. 
3. 8.: „Ehrifti äußere Geftalt”‘, „angeblich von dem Proconful 
Lentulus nad) Rom am ben Senat gefendet”. „Brirfbes Asgarus an 
Shriftns und deffen Antwort”. Go Bruchftäde aus den Kirchen⸗ 
vätern. Was ſoll das Fabelhafte darunter und „Simeon bed 
Styliten“ (S. 53) unſim nuͤgen? III. „Shriſtlich⸗Kirchliches.“ 
„Aus dem Leben eines evangeliſchen Geiſtlichen““, lobenswerth. 
„Ginfättiges Geſpraͤch eines evangeliſchen Predigers mit einem 
Hirtenmaͤdchen“, das alle Anlage hat, eine mpflifhe Sanatiferin 
zu werben. IV. „Politiſch⸗Religidſes.“ 3. B.: „Brief einer Ehris 
ftin an einen Demagogen.“ Diefer war ein Freund von Sand, 
„über deffen Gewiſſen fie nicht zu richten wagt, oder mit bar: 
ter Hand an feines Herzens Heiligthum zu greifen”; „num duͤnkt 
mid in feinem Briefe an dich viel edler Sinn, Liebe, Ireue 
und Wahrheit zu herrfchen, vielleicht auch etwas von Euther’s 


Slauben, aber nicht jener heilige Geift, der aus Paulus fpricht, . 


baß die Waffen unferer Ritterfchaft geiftlich fein follen u. f. w.“ 
Ste begreift, „wie bei allen Zünglingen, die voll Muth und 
Hoffnung in den heiligen Krieg zogen, bie getäufdhte Erwar⸗ 
tung bie @inen halb wüthend, die Andern vor Schmerz fafl 
vergehen machen mußte.” „Ich fühle, welche ſchwere Verant⸗ 
wortung auf mande Große audy darüber fallen muß. Aber 
Bott bat ſichrere und tiefere Plane mit der Menſchheit als bie 
Menfchen u. ſ. w.“ „Was finden wir in ber heiligen Gchrift 
son demagogiſchen Umtrieben?“ „Mirjam Aaron, die Rotte 
Koorah, Abfalon werden hierher gerechnet.” „Abfalon, dieſer 
allgerechte Demagog, hatte noch vor Kurzem bes Joab's Gerſte 
auf dent Felb verbverinen faffen.” „Die langen Haare, welche 
diefem Verbrecher zum Strickt an dev Eiche wurben, bedeuten 
für unfere Beiten bie herrlichen Gonftitutiensurkunden auf dem 
Papier; der Efel die wirkliche Welt, die ben ſchoͤnen Träumen 
und Idealen unferer politifhen Schwaͤrmer nicht auf bie Dauer 
dienen will.” Wie wisig und vortreffiidh für ein foldhes Tas 
fhentuh! „Warnend für Kürften und Voͤlker iſt die Geſchichte 
von Rebabeam und Jerobeam!“ Gewiß! V. „Fuͤr eheliches und 
haͤusliches Leben.” VI. „Der Ehrift im Tempel der Natur.” 
„„Die ganze Schöpfung würde uns ben lebendiger Bott offendas 
ren, wenn wir rein und heilig wären’‘, wir fügen binzu: und 
wenn wir weniger über den Sünbenfall jammerten und myſtiſch 
fafelten (S. 144). VII „Mitteilungen aus der neueften Zeit.” 
Bei ber Schilderung des Bairamsfeſtes der Mufelmänner hätte 
der Verf. an manchen chriftlihen Aberglauben, an ben heiligen 
Sanuarius u. f. w. denken follen.: VIII. „Spruͤche.“ Nicht ohne 
Wis und Wahrheit. „Wie der gemeine Poͤbel ſich vor Geiſtern 
fürdhtet, fo ber vornehme — vor Geiſt.“ „Es ift gleich nöthig, 
daß die Vernunft gläubig, und daß der Glaube vernünftig fei.” 
IX. „Unfterblichleit.”" X. „Vermiſchte Gedichte.” XI. „Char: 
"freitag und Oftern.” Erbaulich. XIT. „Das Leben in der Welt 
und in der Ginfamkeit.” XII. „Theomille und Scheodicee.” 
Gezierte Ueberfhrift. Es find Gebete und religioͤſe Betrachtun⸗ 
gen; freilich zum Theil in ber weltverachtenden Sinnesart. Nach 
dem Berf. M man auch berechtigt, unmittelbare Mitcheilun: 


gen durch Gott feldft zu „erlauſchen“ (©. 234). Woran 


kennt man biefe? Wie unterfcheibet man, od z. 3. die Tinbks 
dung, man -folle Min Kind ſchlachten, von Gott oder vom eu: 
fel herruͤhre? ' ee j 

Nr. 2 hat zwar keine hoͤhern Anfichten über She wid haͤue⸗ 
liches Leben, auch ift die Poeſie nicht eben vorzuͤglich; "ber 
„Bluͤckwunſch zu Andres Weriobung” und ber Hoͤlldeſen⸗ ge: 
fallen hier audy nicht. Indeß Hat dody das ein ſehr vlel 
gute, gefande Hausmannskoft für dad gewoͤhnliche Leben; es 
wechlelt Ernſt und Scherz, Anekdoten, Etzaͤhlungen frember 
Bitten und Gebräudge, worunter freilich viel Bekamtes iR; 
Abraham von Sta.Glara iſt ebenfalls benugt. Die Frauen, bes 
nen allerdings ein Bischen mitgefpteit wird, werben ſich bamit 
tröften: „daß auch bieſes Buͤchlein ein Mann geſchrkeben de“ 
Wir wuͤnſchen dem Tafgenbunge viele keſer. 8 





Charakteriſtik Lucian's von Samoſata. Bon Karl 
Georg Jacob. Hamburg, Fr. Perthes. 1832. 
Gr. 8. 1 Thlr. 4 Gr. 


.Wir kommen etwas ſpaͤt zur Anzeige ber vorliegenden 
Schrift, die bereits bei dem dafuͤr ſich intereſſirenden Publicum 


bie gebuͤhrende Inerkennung gefunden hat. Zwar wollte ihr 


biefe ein hochfahrender Zoilus entziehen oder doch ſchmaͤlern; 
indeffen fcheint fein Eritifches Werbammungsurtheil eben Teinen 
Eindrud gemacht zu haben. Das Buch unfers Verf. über Lu⸗ 
cian bat feinen begründeten Werth und wirb den Freunden des 
geiftreihen Spötters eine nicht unwillkommene Grfcheinung fein. 
Bekanntlich hafte ſich ber Verf. ſchon früher viel mit biefem 
Schriftſteller befchäftigt und hiervon in feinen Ausgaben des 
Zoraris und Alerander ein rühmlidyes Zeugniß abgelegf. Je⸗ 


body befondere Weranlaffung zu dieſer Gchrift erhielt Hr. J. 


durch Tzſchirner's, Fall des Heibenthums’, worin eine Parals 
lele zwiſchen Voltaire und Eucian aufgeftellt ift, eben nicht zums 
Vorteil bes Letztern. Er unternahm haber eine Ghrenrettung 
feines Lieblings, um nicht nur die Tzſchirner'ſchen, ſondern 
überhaups bie von jeher auf Lucian gehäuften Vorwürfe zu ent⸗ 
kraͤften. Den Dann, weldem Viele allen fittlichen Ernit, alle 
ergrünbende Ziefe, alle Innigkeit des Sefühls, alle Sehuſucht 


nad Dem, was bad Leben nicht gibt, abgeſprochen, ben man 


wegen der Luͤſternheit feiner Darftellungem, wegen feines Haffı# 
gegen Alles, was Glaube und Anbetung heißt, wegen feiner 
NReligionsfpötterei und feines Lroftlofen Atheismus hart anges 
klagt, unternahm Hr. 3. zu rechtfertigen. Wir glauben, def 
ihm biefe Rechtfertigung im Ganzen gelungen iſt. Freilich if 
es ihm hierbei zumeilen gegangen, wie es eifrigen Schugsebnern 
zu geben pflegt: fie nehmen mehr für ben Angeklagten in Ans 
ſpruch, als billig feine, und meflen ihm Verdienfte bei, bie er 
gar nicht zu haben btaucht, um volllommen ehrenwerth zu er⸗ 
feinen. Da gilt denn Goͤthe's Segt ihr's nicht aus, fo legt 
was unter!’’ Der Verf. bat hiernach feine Abhandlung 2 
brei Abfchnitte getheilt. Im erften gibt ex eine allgemeine Cha⸗ 
rakteriſtik der Lucian’fchen Schriften; im zweiten ſchildert er Lus 
cian im Verhaͤltniß zur Gelehrſamkeit und Bildung, umd im 
dritten im Verhaͤltniß I ben veligiöfen und fittliden Anfichten 
feiner Zeit. Diefe Abſchnitte find äußerft reichhaltig und gerri« 
en ber fehr ausgebreiteten WBelefenheit und dem Geifte bes 
Verf. zur Ehre. Doch wollte derſelbe nody einen zweiten Zwed 
mit der Abfeffung feines Buches erreichen. „Da“, wie ex fid 
ausdrüdt, „die Burg ber altesthümlichen Studien ‚newerbinge 
von verſchiedenen Geiten angegriffen worden”, fo wollte ex feis 
nerfeits das claſſiſche Altertum in Schus nehmen und ganz 
befonders auf einzelne &egenfäge zwifchen ber antiken und mes 
bernen Zeit aufmerffam machen. Gr hat dies allız Orten mit 
Wärme und redlichem Gifer gethan, und fo zweifeln wir midht, 
daß die Schrift fih nicht nur bem Gelehrten vom Fache, fon 
dern auch, nach des Verf. Wunfche, gebildeten Männern und 
edeln Dilettanten empfehlen wird. 103. 


\ Redigirt unter Berantwortlichkeit ber Verlagäbandlung: 8. A. Brodbaus in Leipzig. 


\ 





--— — — —— - - 


Blätter u 


für 


literariſche Unterhaltung 





— 


13. Aprit 1833. 





ueber den Beruf und Stand des deutſchen 


Buchhaͤndlers. 
Nr. 1. 

In dieſem Blatte darf nur von dem literariſchen Be⸗ 
ruf die Rede ſein; der allgemeine des Geſchaͤftsmannes, 
jede kaufmaͤnniſche Verpflichtung mit Sicherheit, Ord⸗ 
nung und Thaͤtigkeit zu erfuͤllen, wird vorausgeſetzt. 

„Gegen Religion, Sittlichkeit und Staat 


nichts druden zu laſſen und zu verbreiten“ 


ift für den Buchhändler, in weichem Lande er lebe, ge: 
fegliche Vorſchrift; zwar verſchieden in Form als vorge: 
hende Cenfur oder nachfolgende Verantwortlichkeit ꝛc. — 
doch immer in ihrer Algemeinheit bleibend. — Zeigt fich, 
daß eine folhe von Außen gegebene Anordnung nicht 
ausreiche, den Buchhändler auf feiner Geſchaͤftsbahn zu 
leiten, ſo wird er fuͤr ſeinen Beruf einen innern, ſiche⸗ 
rern Wegweiſer zu ſuchen haben. 

Erfahrung lehrt es aber, daß dieſe geſetzliche Vor⸗ 
ſchrift in ihren drei- Glaffen hoͤchſt ſchwankend, verſchieden 
und entgegengeſetzt angewendet werde. Einige Beiſpiele 
moͤgen erweiſen; — ſie ſind aus der fruͤhern Literatur, 


um nicht beſtehende Verhaͤltnifſe und lebende Perſonen zu 


berühren; aus jetiger Zeit genommene würden allerdings 

eindeinglicher fein. 

Heligion. — Gegen fie überhaupt find forſchende und 
unterſuchende Schriften oft unverboten geblieben, 
oft aber auch verboten worden, wie hier und da 
Ueberſetzungen der Werke des Helvetius, Dela⸗ 
methrie ꝛc. — Schriften in ber Zeit der An⸗ 
ſchuldigung Fichte's wegen Atheismus. 

Gegen das Chriſtenthum: K. Fr. Bahrdt's Schrif: 
ten, das Buch „Horus“ wurden bier und da 
verboten; — die „Natütliche Geſchichte des Pros 
pheten von Nazareth” wurde es nicht. 

Fur und gegen Katholicismus -oder Proteftans 
tismus wurde verboten oder erlaubt je nach ber 
Gonfeffion- des Landes, oder dem Glauben bes 
Regenten, ober in Folge politifcher Rüdfichten. 

Für und gegen befondere religioͤſe Richtun— 
gen, als: 

Supernaturalisimuß, Myfticiemus wurde 
beguͤnſtigt in Staaten,: ald zur Foͤrderung der 
wahren Religion und Erweckung frommen Sin⸗ 


[2 
* 


ee 
® s 
* 


nes führend; — unterdruͤckt, verboten in andern, 
ale verführend zum Aberglauben, Zanatismus, 
Verduͤſterung, Sektenweſen. 

Entſchiedener Rationalismus, früher bes. 
nannt Neologie, Aufklaͤrung, wurde verboten wäh: 
rend des Religionsedictd in Preußen — daſelbſt 
früher begünftigt, wie noch) gegenwärtig in meh: 
ren Staaten. 


Staat, — Gegen ihn als folchen überhaupt möchten 
feine Schriften 'erfchienen fein, ſollen nicht bie 
Rouffeau’fchen zc., die zu dem urfprünglichen Na⸗ 
turfland zuruͤckzufuͤhren ftreben, dahin gezählt 
werden; — auch Danton und Marat wollten 
einen Staat, — Schriften über die Staatsfors 
men in ihrer Verfchiedenheit und über bie Bew 
hältniffe der Staaten zueinander (politifche) find 
e8 befonders, die in Anſpruch genommen werden; 
— aber — ein und diefelbe Schrift wird in bie 
ſem Staate erlaubt, belobt, begünftigt und im 
andern verboten, verbannt, verbrannt, — Der 
Buchhändler mag zufehen, was er in dem Staate, 
worin er lebt, darf: — er fleht unter ben Ge 
fegen. — — 

In Zeiten der Aufregung, wie bie ber legt 
durchlebten Sahrzehnde, wo Alle Antheil an dem 
Für oder Wider, wo die Meiften Partei neh⸗ 
men, wird es dem Buchhändler fehr ſchwer, fich 
innerhalb des Gefeslichen zu halten, ba felbft bei 
den Behörden die Kinien ſchwanken. Bill er ſich 
auch in feiner Handlungsweiſe partellod zeigen, 
man läßt ihm das nicht gelten. Will er Partet 
nehmen, fei es zur Rechten, fei es zur Linken, 
fo thue ee es auf feine Gefahr als Mann — 
als Buchhändler aber iſt ihm moraliſch zuzumu⸗ 
then, daß er alle Schriften zurüchweife, worin er 
den Gebrauch fhlehter Mittel erkennt, worin 
leidenfchaftliche Roheit oder hämifche Spitzfindig⸗ 
keit waltet, worin duch Werdrehungen und füs 
genhafte Berichte Gefege und Verwaltung ange: 
griffen, Perfonen verlegt werden. Zaͤhle dr fi 
nicht den Einigen feines‘ Gewerbes bei, die ge: 
tade Das, was am Frechſten auftritt, mit Luft 
und Begierde ſuchen und verbreiten. 


422 


Sn den Jahren 1813 — 15 beſtrebte fich 
jeder das deutſche Vaterland liebende Buchhänd: 
fer, mitzuwirken gegen die Gewaltherrſchaft und 
den Unterdrüder, aber die Edelgefinnten unter 
ihnen verfchmähten Schriften, die das Privat: 


leben Napoleon's befudelten, oder Getft und Kraft |: 


bes außerocdentlichen Mannes im Koth testen 
wollten. ’ 

Slttlichtteit. — Nur Unzuͤchtiges groͤbſter Art unter: 
liegt dem Gefeg, wie frügee Himburg's pri — 


Romane und fpäter einige unter dem Namen Au | 


time herausgekommene erotifche Schriften, womit 
ſich aber ohnedem Kein rechtlicher Buchhaͤndler 
befchmust. Nach folhem Aeußeriten ift Alles er: 
keubt, und nur eigner fittlicher Sinn bat zu ent: 
‚fanden, wo die Grenze des Anfländigen ift, und 
wie weit ber Dichtung und Kunſt Spielraum 
‚gewährt werden darf, — Mandy, gewiſſenhafte 


Verleger mögen Bedenken getragen haben, Heinſe's 


„Laidien“, des Herzogs v. B. O. Natirlichkeiten 
und Anderes ber Art jener Zeit, zu übernehmen. 

Aus dem hier Angeführten wird hervorgehen, Daß, 
den Buchhändler auf rechtem Wege zu leiten, ſowie vor 
Steaffälligkeit zu bewahren, die gefeglichen Vorſchriften 
nicht ausreichen — und fo möchte. rathfam- fein, neben 
und unabhängig von ihnen, aus eignem Nechtsfinne einen 
Srundfag zu fchöpfen, um feſten Schrittes gehen und 
wenigſtens im Gewiffen. beruhigt Heiden zu können. 

Als ſolcher möchte gelten können: 

Achtung für die Wiffenfhaft — Ad: 
tung fürs Publicum. 
Der Buchhaͤndler, welcher Achtung für Beide in feine 
Gefinnung aufnimmt und treu bewahrt, wird in feinem 
Innern feſten Stügpunft gewinnen, für feine Handlungs: 
weife fichere Regel finden. 

Wiffenfhaft: — unvertilgbarer Geiflestrieb im 
Menſchen zu genauer allumfafjender Erkenntniß ift Grund 
derfelben; deren Zweck und Ziel: höhere Ausbildung des 
Einzelnen und fortfchreitende Civiliſation der Gefammts 
beit; — bie Literatur ift Mittel dazu. 

Der Buchhändler, der den Werth feines Berufs er: 

. Sant bat, wird bie Literatur nicht als ein Mittel be: 
trachten, was zum eiteln Zeitvertreib Muͤſſiger diene, und 
. wird noch weniger fie fo handhaben. — Er wird, um 
angemeſſene Stellung in feinem Berufe zu gewinnen, 
noch allen Kräften fid) bemithen, —— wenn auch 
nur uͤberſichtliche Kenntniß der Wiſſenſchaft und Kunſt 
und ihrer Literatur zu gewinnen; — er muß ſuchen, 
bie Zeit und ihre Richtungen klar aufzufaſſen — muß 
das Publicum in feiner Beweglichkeit unnachlaͤßlich und 
ſchatf beobachten. — 

Für beide Zweige des Buchhandels iſt dies geltend. 
Der Verleger, fo gefinnt, fo ausgeruͤſtet, wird vers 

mögen: die wiſſenſchaftlichen und literariſchen Be⸗ 
duͤrfniſſe feiner Zeit zu erkennen; — wird den Werth 
ſchriftſtelleriſcher Anerbietungen mit Auzishung bes 

Rathé gelcheter Männer zu ſchaͤtzen verſtehen; — 





wird ſich geſtatten duͤrfen, zu wiſſenſchaftlichen Wer⸗ 
ken anzuregen und fuͤr gemeinſchaftliche, geiſtvolle 
Gelehrte zu vereinigen; — er wird allein ſchon durch 
ben Sinn, der ſich in feinen Unternehmungen aus: 
fpriht, das Werthpolle anziehen, fowie Unwuͤrdiges 
und Dherflächlihes von ſich abwenden. 

Auf eigne Hand zur Befriedigung vermeintii: 
her literariſcher Bedürfniffe fpeculicen und unterneh: 
men, ift bedenklich — auf Beflellung [reiben 
Laffen, jedenfalls verwerflich. , 

Nicht gemeint iſt, Verlagsunternehmungen- eng 
umd ſtreng zu begrenzen: der Betrieb der Wiſſen⸗ 
haften beflebt in Verſuchen, beſonders bei den 
Deutfchen in unbefchränkter Tiefe und Weite; — 
der Buchhandel muß befürbertih fein, fie zu Tage 
zu bringen: unrecht unb laͤcherlich wäre, nur das 


Vollendete übernehmen zu wollen. — Die Künfte . 


leben allein durch freisd Spiel: e® muß geiftiger Les 
bendigfeit, edlem Wettkampf, raſcher Luft und ber 
Phantafie, „immelhoch jauchzend, zum Tode Les 
truͤbt“, voller Raum gewährt werden. — Aber nicht 
eine Schrift follte unter die Prefie kommen, woraus 

.  8ein Funke des Dichterifchen, des Geiſtvollen, des 
Wiges leuchtet; worin ‚nicht ein aufgehendes Wei⸗ 
zenkorn bed Nugbaren fi entdecken läßt, 

Bu Verlegen, die, ſchnoͤden Gewinns wegen, 
elende Zufammenfloppelungen, freche Siugfchriften, 
(höngeifligen Zeitvertreib ıc, für Tagelohn fabriciren 
laffen, wird bier nicht geſprochen — fie treiben ge: 
meine Wirthſchaft mit gemeinem Schreibgefinbel, was 
den Geift für Stallung und Fütterung preisgibt. 

Dem Publicum bezeigt der Verleger werthuoller 
Schriften feine Achtung ſchon durch diefe, fie bat 
ſich aber aud noch auszufprechen durch Correctheit 
der Werke, durch deren anfänbige. äußere Geſtalt, 
durch angemeflene Preife und durch zweckmaͤßige Ein: 
richtung ihrer Herausgabe. An biefem Alten baben 
ed DBerleger, fonft um Wiſſenſchaft und Literatur 
viel verdiente, oft gar fehr ermangeln laſſen 

Der Sortimenthändler (Detailliſt) Hat dieſelbe An: 
fight der Wiffenfhaft zu fafien, dieſelbe Achtung für 
fie zu begen, diefelben Einfikhten fi zu eigen zu ma⸗ 
hen wie der Verlager (Fabrikant); aber ex bedarf 
noch ausgebreitatere Kenntniß der Literatur in ihrem 
ganzen Umfauge, da er in Betreff ihrer den ver 
ſchie denartigſten Anfoberungen zu entſprechen, aus 
allen Faͤchern nachzuweiſen bat. Gr kann einfluß: 
reihen Wirkungskreis gewinnen, ba ven- ihm ab: 
hängt, dem Publicum das Gute des Literatur vor 
augsweife beizubringen, indem der größere Theil der 
Bucher nad) dem Vorſchlage des. Buchhaͤndlers oder 
nah Dem, was er zu Tage legt, gekauft wird. 
Kennt er feine Waatze umd verkauft lieber das Mel: 
fere zu Groſchen⸗ als das Schlechtere zu Thaler: 
preis, ſo wird ihm bald das Wertraum feines 
Yuhlicumas zukommen — und der Gegen, auch für 
‚ ihn, wird nis aushleiben, 


_ Luke .. . 


483 


Schwieriger ala dem Verleger iſt die Stellung 

des Sortimencthaͤndlers zu den gefeklichen: Borfchrifk 

"tm, da er mit fremder Waare handelt, die neu ihm 

dem Inhalte nach noch unbekannt ift. Die Freiheit 
der Literatun erheiſcht, bag jede Schrift, die beftimmt 
gefodert wird. und nech nicht beflimmt verboten if, 
ohne Rüdfiht auf eigne Meinung und Partei ger 
liefert voerde. Herner darf man ſich erlauben, zu 
ſagen, dab das Merbotene nicht Jedeni verboten fein 

- Ian; in Oeſtreich darf auch das am ſtreugſten Ver: 

botene Dem, dee dazu: befugt: worden iſt, angeſchafft 

- werden. 

Aus lem Diefen erhellt, daß Geflaftung und Be: 
handlung des beutfchen Buchhandels — zweckdienlich für 
Wiſſenſchaft und Literatur, zu Nug und Ehre des Va⸗ 
teriandes, ficherfielend Gefeifcyaft und Stans gegen Miss 
brauch der Preſſe sc, — weniger von geftglichen Vor: 
fhriften und Einrichtungen abhängt als von der Wohl⸗ 
geſinntheit und Tuͤchtigkeit Derer, die: ihm betreiben. Soll 
ein befierer Zuſtand erlangt werben, fo tft zu forgen, Daß 
bie dem Buchhandel Eünftig beitretendben Glieder reines 
Strebens find und ausgeftattet mit ausgebreiteterm Wiſ⸗ 
fen und höherer Bildung. Wie eine ſolche Veredelung 
durch Einzeine und durch die Genoſſenſchaft des deutſchen 
Buchhandels zu erzielen fei, und wie auch der Staat 
dazu beitragen koͤnne, dies mag in einer folgenden Nums 
mer biefes Blattes befprochen werben, wenn nicht ber 
Begenftand fr daffelbe zu fpeciel erfcheinen möchte. 175. 





Der Pfarrer von Andouſe, eine biftorifche Novelle aus 
ber Zeit ber Dragonaden von Heinrich Moͤwes. 
Magdeburg, Heinrichshofen. 1832: 8, 1 Thlix. 

Der Verf. bat fi) in. biefem Buche einen Stoff gewählt, 

ber ihn in eine gefährliche Nebenbuhlerſchaft bringt; er kommt 

mit einem ber ausgezeichnetſten deutfchen Dichter auf bemfelben 

Selbe zufanımen, ſedaß man beinahe unwillkuͤrlich Einen gegen 

ben Anbren meflen muß. Ludwig Zied’s bderuͤhmtes, leiber uns 

vollendetes Bud; „Der Aufrirhe in ben Gevennen‘‘ und „Dex Pfar⸗ 
mr von Andoufe“ Haben ſich dieſelbe Aufgabe gefbelit, die retigioſen 

Kärapfe ber Hugonotten für Ihren Glauben gegen bie. Wi eined 

Tyrannen zu ſchildern, ber altersſchwach, entnervt, mit fünbigem 

Gewiſſen das Maß feiner Schulb gegen die Welt dadurch erfüllte, 

daß er, ber fein ganzes Beben hindurch nichts Heilig geachtet hatte, 

endlich noch sin Sklave bes büferften Fanatismus wurde und in dem 

Bahn, bie Sache Gottes zu führen, die entſetzlichſten Verbrechen 

gegen die urfprünglichen Rechte bed Menſchen ausübte. Wer 

Tieck's großartiges . Buch geiefen bat unb ben Standpunkt 

kennt, aus welchem beufeibe die Wirkungen der reiiglöfen Spam 

nung und teberfpannung im Menfchen aufgefaßt hat; wer ſich 
erinnekt, wie viel Ziefgebachtes dieſer große Dichter über bie 

Steligion felbft aus ſpricht: der wird glei von vorn herein über: 

fein, ‘daß ſchwerlich irgend ein anderer ber jegt lebesden 

Sehriftfaker bie Loͤſung der Aufgabe in dieſer erhabenen Weife 

nme zu verfuchen wagen, geſchweige zu vollenden im @tanbe 

fein wuͤrde. Indeſſen wäre es eine Ungerechtigkeit, diefen Dicke 
ab an bie Wärdigung bes vorliegenden Wächlein zu legen. 

Der Umfband, daß die Novelle ihrem dußeriichen @toffe nad 

mit einem fo gefährlichen Gegner zuſammentrifft, iſt einer, den 

ber Dichter nicht verſchulbet hats wenigſtens barf man wichb 
veslangen, daß er -beshalb der Wahl eines lange von ihm ra 
ven Eirblingsgegenftantes mtfagen folte. WEIL man verglei 

um berabzufegm, fo bebarf ea nicht fo fpeciellee Berährungen, 


fondern man fintet allgemeinere. anf; Jedem, ber ein Sonett 
macht, kann man Pelrarca, wer eine wchtzeilige Stange fchreibt, 
ben Arioſt, und wer ein Trauerſpiel dichtet, Shakſpeare, &o: 
phokles und Schiller an. die Seite fegen, um fein bämmernbes 
Planetenlicht durch eime maͤchtige usfprängliche Sonne zu ver: 
nichten. So wollen wir es aber mit unferm Verf. machen, da⸗ 
mit wir nicht unbilliger gegen ihn verfahren, wie das Naturge⸗ 
feg, welches dem Wandelſſern einen freundlichen Abglanz ber 
Eirfterne gönnt. Freilich ſollen fie fih audy hüten, ihren Eon: 
nen zu nabe zu treten, damit fie nicht wie der Merkur in dem 
übermächtigen Glanz verfchwinden, fondern wie unfere heimat⸗ 
che Erde von dem Lichte des Urweltkoͤrpers fanften Schimmer 
und beiebenbe Wörme ziehen. „Der Pfarrer von Andoufe” ift 
ein Büchlein, welches grabe für unfere häusliche Erde paßt. 
Die erſchuͤtternden Begebenheiten, welche bemfelben zum Grunde 
legen, zeichen eben. hin, den Antheil bes Lefers an die Gage eng - 
zu fefleln. Der eblere Sinn für Gittiichleit und Würde des 

Menſchen, welder ſich darin ausſpricht, gewinnt ben Geftalten, 
bie ber Dishter vorgugsweife mit Liebe behandelt, auch unfer Herz. 
Die Religion greift, wie natürlich, mächtig in bie Verhältnifie 
des Buches ein; indeffen ift fie nicht aus bem tiefen Stand⸗ 
gunfte beö Gedankens erfaßt,. fonderm tritt gewiſſermaßen nur 
diſtoriſch auf. Gs iſt der einfache fromme Gtaube, ber fi rein 
an bie ne vesftandenen Gebote ber Schrift hält; es ift 
die Religion, wie fie in bürgerlich häuslichen Verhaͤltniſſen in 
rechtlich denkenden Familienkreiſen verſtanden und geäbt wird. 
Wir erfreuen uns daran, daß der Verf., bem eine umfaffendere 
Eöfung der Aufgabe über feine Kräfte lag, fich wenigſtene ſelbſt 
wichtig gefchägt und Das gegeben bat, was ihm fetbft natürlich 
und klar iſt. Sein Pfarrer Menars fpricht über ben proteftan: 
tiſchen Glauben in ber Weife, daß einfache Gemüther dadurch 
erhoben werden können, unb daß der tiefer Denkende wenigſtens 
nirgend auf Verirrungen ftößt. Denn bie Religion, bie durch 
zweierlei Clemente, den Glauben und bie Erkenntniß, getragen 
wird, trägt den eigenthümlichen Gegen in fi, baß fie jeten 
nach ber Maßgabe feiner Faffungsfraft durchbringt und den Bes 
ſchraͤnktern ihre Wohlthaten ebenfo angebeihen I&ßt, wie fle un⸗ 
erſco pflich für den umfaffendfien Geiſt if. So viel über den 
innern Gehalt bes Buches, über die durchgehende Tendenz deſſel⸗ 
ben. Was nun bie Formen anlangt, bie birfer Geiſt belebt, fo 
ind fie ebenfo wenig genial künftlerifch gebaut, als jener mit 
philoſophiſchem Korfcherblid erfaßt; aber fie find in gleichem 
Maße anſpruchtios und natürlih, ſodaß wir, ohne von ihrer 
Schoͤnheit hingerifien zu werden, doch nirgend einen weſentlichen 
oß nehmen. Ginige Auswuͤchſe, ober beffer, überfläffige Bus 
thaten wünfchten wir inbeffen hinweg, fo 3. B. das Geſpraͤch 
Ludwig XIV. mit bem Herzog von Laforte, indem es den Gang 
ber Erzaͤhlung nicht fördert und auch in den religidfen Anfüchten, 
die darin entwickelt werben, mehr ben Verſtand als bas Ges 
mäth in Anſpruch nimmt; bies iſt aber nicht die flärkere Seite 
Berf., und es wäre daher beffer, er hätte jeden Austaufcy 
retigibſer Anftchten ben Charakteren überlaffen, bie er näher: aus» 
führt. Den Hauptinhalt ber Erzaͤhlung bliden bie Bebrängnifie 
einiger Gemeinden bes Langueboc, in welchen die kathokiſche Me: 
ligion gewaltfanz eingeführt werben fol. Dieſe Begebenheiten . 
dem Lefer bier einzeln zu erzählen, ift wicht‘ die Aufgabe der Kris 

tik; er wiſſe nur fo viel, baß ber Hamtheld, von beim das Buch 

den Namen führt, ber Pfarrer Menars von Anbowfe, den Dit 

telpunkt bes einzelnen Suppen ber Erzaͤhtung bildet. Der Cha⸗ 

raßter ift würdig gehalten. Naͤchſt ihm und vieleicht noch mehr 

als-er interefiirt uns ein junges Mäbchen Atphonftue, bie Tochter 
eines Dberförfters des Gegend. Ihr Vraͤntigam, Anton Piganit, 

ift weniger gluͤcklich gemichnet. Wie es der hiſtoriſche Moden, 

auf weichem bie Erzaͤhlung fteht, niet anders mit fi bringen 

founte, fo aehmen viele Erzeuguiſſe allerdings. einen tragif 
Ausgangs body thut es uns wohl, daß wenigftens biefes Liebes- 

paar mit feiner Jugend und Schönheit aus bem allgemeine 

Schiffbruch gerettet wird umb eme neue gluͤckliche Heimat in 

ber Schweiz findet. In bem Bau ber Graählung ift, wie fon 


424 


geſagt, viel Willkuͤrliches, Zufaͤlliges; eine kuͤnſtleriſch geftaltente 
Hand laͤßt ſich nicht darin erkennen. Doch find einzene Füge 
fowol in ber Verknüpfung der Begebenheiten als in ber Aufs 
faffung der Situation als fehr gelungen zu bezeichnen. In er⸗ 
flerer Beziehung nennen wir daë Schickſal bes ruchlofen Wacht⸗ 
meiftere Sourtival und namentlich den Tod beffelben, ber auf 
eine wirklich überrafchende Weiſe herbeigeführt wird und in das 
Gange der Erzählung wirkfam eingreift. Eben dahin ift noch 
einer bee legten Momente des Buchs zu rechnen, naͤmlich bie 
Art und Weife, wie die Fluͤchtenden durch den Gergeanten, ber 
ihre Verkleidungen bald durchſchaut hat, dennoch großmuͤthiger⸗ 
weiſe gerettet werben. Beide Züge find um fo bebeutungsvoller 
für das Bub, als fie gang prägnant auch den Charakter ber 
fogenannten göttlichen Fuͤgung an fich tragen, mas mit bem res 
ligiöfen Beifte des Buchs durchaus im Einklange fleht. Zu ber 
andern Battung, nämlich zu der einer fchönen Auffaffung ber 
Sitwationen und ber Charaktere gehört, um nur ein Bei« 
fpiel anzuführen, bie Vermaͤhlung Alphonfinens mit dem ver: 
wunbeten Anton Pigault. Bu Anfang, wir müffen es gefteben, 
. wollte uns die Art, wie Alpbonfine Anton’s Bewerbung auf 
nimmt, nicht ganz gefallen; es ift gegen bie Natur jugendlicher 
Gemuͤther, in folden Augenbliden nicht etwas tiefes durch die 
keidenſchaft bewegt zu werben ; wir verföhnen und aber mit bie 
fer Eigenwilligkeit bes Dichters dadurch, daß er feinem Charak⸗ 
ter durchweg getreu bleibt. Ohne nun das ganze Bud als ein 
hervortretendes Kunſtwerk oder als ein Werk von binreißenber 
Macht bes Stoffes oder ber Darftelung ber Lefewelt empfehlen 
zu wollen, möüffen wir ihm die Anerkenntniß wiberfahren laffen, 
daß es anziehend auf und gewirkt und einige Stunden unferer 
Theilnahme eng gefeffelt hat, und daß ſich der Werf. unfere Ach⸗ 
tung zumal bu ben das Gange tragenden und verebeinten 
Sinn ber Sittlichkeit erworben hat, ben wir leider in neuern 
Productionen fo oft vergeblich ſuchen. 76. 


us Stalien 


Seit ben Beiten bes Iongobarbifcgen Königs Luitprand, over 
genauer, feit bem 3. 724 befaß bie Kirche ©.:Pietro in Gielo 
d’oro zu Pavla für fchmeres Geld bie von den Barbaren erfaufs 
ten Reliquien bes beit. Auguftinus, und ſonach einen Schatz, 
ber damals ganz ander& anzufchlagen war als in unfern Tagen. 

— mehre Jahrhunderte ſpaͤter uͤberließen naͤmlich die der 
Kirche vorſtehenden Moͤnche einen einzigen Arm von dieſen Res 
liquien än den Bifchof -Egelnot vor Canterbury (im 3. 1022) 
und erhielten dafuͤr nicht weniger als ben Liebhaberpreiß von 
100 Zalenten Silber und einem Talente Gold. Es fiel biele 
Vereinzelung in bie Beit, wo man häufig Reliquien ſtahlz und 

aus Beforgniß, daß auch fie auf kiefe Weiſe um ihren Schat 

tommen koͤnnten, verfenkten die Mönche von St.Peter ihren 
heil. Auguftinus der Verſicherung nad in eine tiefe Gruft ber 
Unterlirche und bebielten blos einen Altar bei, ber dem Biſchof 
von Bippo geweiht blieb. Da inbeffen fich ber Glaube erhielt, 
baß hier, wenn man auch nicht angeben Eonnte, wo, bie echten 
Reliquien bes Heil. Auguftinus zu fuchen feien, fo blieben bie 
Begabungen und Vermaͤchtniſſe nicht aus, unb auch Pavia 
dachte in ber Zeit, als alle Stäbte Italiens fi in Ausſchmuͤ⸗ 
dung ihrer Gotteshäufer zu überbieten fuchten, an einen prächtis 
gen Reliquienkaſten für feinen vielleicht einft wieder aufzufinden⸗ 
den Schutz heiligen. Im 3. 1365 warb zu diefem für bie Ge⸗ 
ſchichte der Skulptur fo wichtigen Denkmale der Grund gelegt, 
und Andeutungen ſcheinen dafür zu ſprechen, daß es in ben nädhs 
ſten Jahren eifrig betrieben ward. Jedenfalls war es vor 1380 
vollendet. Die barauf verwandte Summe von 4000 Goldguͤlden 
(der Goldguͤlden betrug etwa 18 France franz. Geldes) beweift, 
wie koſtbar man diefen Schrein auszufbmüden ſich angelsgen 
fein lieg. Aber trog biefer alterthuͤmlichen Pracht lag er feit 
mehren Sahren halb auseinander gefallen und vernadhläffigt in ber 
Kirche S.⸗Pietro, und erft die neueflen Stabtbebörben von Par 
via wandten ihm wieber einige Beachtung zu. Der Kaften war 


m 


eigentlich feitbem misgchtet, als man bie Kirche neumebifd zu 
machen anfing. Zufällig glaubte man nimlich.im J. 3695 die 
vermißten Reliquien. bed heil. Auguflinus wiedergefunden zu has 
ben, ald man in einem geöffneten Grabe erft einen Marmor⸗ 
farg antraf, auf dem Auguſtinus zu lefen war, unb darunter 
einen fllbernen voll Gebeine entdechte. Bon bem Tage an hatte 
bie Preigebigleit gegen bie Kirche neue Anregung befommen. 
Aller bisheriger muck zu Ehre bes ‚Heiligen ſchien unzurei⸗ 
hend. Mit großen Koften baute man bie Kirche um, verdarb 
durch unpaffenden Aufpug ihre Architektur und feste (1738) ten 
alten Schrein auf ben neuen Altar. Indeſſen 1830 war biefer 
Eifer weientlich erkaltet. Meder der Beſit dieſes Schatzes noch 
bie verfallende Pracht konnte bie Kirche vor ber. Einziehung 
Thügen, und die Lirchlichen und ftäbtifchen Behörden meinten 
Alles zu thun, was unfere Zeit fobern könne, wenn fie ben 
Schrein in feiner Urfprünglichkeit bergeftellt retteten, bie Kirche 
ſelbſt jedoch preisgäben. Bel biefer Verſegung des Denkmals 
in bie Kathebrale warb eine genaue Beſchreibung berfelben an⸗ 
georbnet und aus ihr find bie hier gegebenen Nachrichten genow⸗ 
men. Unter bem Zitel: „L’arca di Sant, tino, mMORU- 
mento in marmo del secolo XV, ora esistente nella chiesa 
cattedrale di Pavia, disegnato et inciso da Cesare Ferreri 
colle illustrazioni di Defendente Sacchi'' (Yavia 1832, Fol, 
10 öfter. Liren), gibt fie genaue Auskunft über :das Denkmal, bar 
bei mehr treue als fchöne Kupfer, über den Meifter des Wer⸗ 
kes jedoch nur Wermuthungen. Das Monument weit auf Bal⸗ 
duccio bin, denn unverfennbar ift feine Aehnlichleit mit dem 
Reliquienkaſten für ben Heil. Petrus Martyr in ber Kirche St. _ 

Euftorgius -zu Mailand. Man wuͤrde fich babei begnügen koͤn⸗ 

nen, theilte Vaſari's Zeugniß das Werk nicht bem Auguftin und 
Agnolo von Siena zu. Noch fernere Vermuthungen bat ‚Herr 
Sachi aufgeftellt. Jetzt fteht biefes reiche Denkmal alter Zunft 
im Dome zu Pavia, in einer Kapelle, die zu biefem Zwecke an 

das alte Gebäude angefügt wurde, leider zum Aergerniß einiger 

Altertbumsfreunbde, bie eine Verunzierung berfelben darin erblick⸗ 
ten. Lebhaft ſpricht z. B. ber Befiger einer ber reichſten In⸗ 
ſchriftenſammlungen Oberitaliens, Marcheſe Malaſpina di San⸗ 


nazaro, ſich gegen dieſe Anflickerei aus, welche die Einſicht in 


ben urſpruͤnglichen Grundplan des Gebäudes vollends erſchwere 
und die Hoffnung eines gruͤudlichen Neubaus. ber Kathebraie, 
ben er zu boffen fcheint, innmer unmwahrfcheinlicher mache. Wäre 
ein Misgriff dadurch geicheben, fo müßte biefer in Pavia um 
fo mehr wundern, als bort durch ausgefprodjene Liebe zu vater 
ländifchen Alterthümern ſich auch ein Sinn für ihre Erhaltung 
ausgebildet hat, der mit gruͤndlicher Einftcht und kritiſcher Gm 
drterung Hand in Hanb geht. Biel Verbienft hat fi barum 
beſonders Robolini erworben, bee buch ben zweiten heil 
des vierten Bandes feiner „‚Notizie appartenenti alla storia 
della sua patria’ (Pavia 1832) fein Eritifch erwogenes und fo 
gehaltreiches Wert gefchloffen hat, welches grade bier ein 
fchlagende Kragen, 3. B. über bie urfprünglichen Bormen von 
Pavias Alteften Gebäuden u. ſ. w., mit fo fichtendem Scharfe 
finne erörtert. Im gleichen Sinne wirkt bort auch der obenges 
nannte Sacchi, der jene berühmte Infchrift zum Andenken der 
Aebtiffin Theodote, deren Schickſale Paulus Diaconus erzählt, 
jest aufs Neue erläutert bat. Ron den Ronnen bes Kloſters 
Sta. Maria Theodote, Tpäterhin della Puſterla genannt, war 
diefe Infchrift von dem Grabe abgenommen morden, dem fie 
anfangs ale Dede diente. Man hatte fie zu einer Thuͤrſchwelle 
misbraudht, und fehon frühere Alterthumsforſcher fannten fie nur 
zerbrochen unb in fehr mishanbeltem Zuftande. Nach langem 
Werben gelang es, bie legten Hefte berfelben in das Lapibarium 
bes Marcheſe Malafpina zu retten, als befien Beſit fie jegt 
Def. Saccht in der Gchrift: „‚Iscrizione lapidaria del secolo 
VII, in sggiunta a quelle publicate in Milaso nell anno 1830 
dallo stesso posessore, march Malaspina di Sannazaro’” 
(Mailand 1832, Zol.), mit einer Genauigkeit befannt macht, bie 
allen frühern Unterſuchungen tarüber (die legte gab WRuratori in 
ben „‚Cose d’Italia”) nur noch geſchichtlichen Werth läßt. 27. 


Redigiet unter Berantwortlicteit der Werlagähandlung: 3. A. Brodbaud in Eripsig. 








Blätter 


J 


für 


literaäriſche Unterhaltung. 











hiſtoriſcher Rman von M. Sagostin. Aus dem 


Noßlawlew, ober die Ruſſen im Jahr 1812. Ein | theuer zu ſtehen gekommen find. Nichts aber klaͤrt uͤber 


den Volkscharakter gruͤndlicher auf als ſeine Literatur. 


Kuſſiſchen überſetzt von Erb. Göring. Zwei Theile. Wenn ein Werk derfelben aber vollends unternimmt, den 


Leipzig, Cnobloch. 1832. 8. 2 Thlt. 18 Gr. 

Das Gebiet des Romans wird für lange Zeit noch 
das einzige Feld fein, auf welchem die junge ruſſiſche Li⸗ 
teratur einen völlig felbfländigen,. einen eigenthümlichen 
Gang einzufchlagen im Stande fein wird. Auf allen uͤbri⸗ 
gen Pfaden, Haupt⸗ und Seitenwegen der Literatur iſt 
der dichterifchen Bemühung ihr Ziel vorgeſchrieben, und 
fetbft die Straße zum Ziel wird ihr durch einen feflge: 


ſtellten Geſchmack, durch Regeln und Bedingungen, welche 


von den ausländifchen Meifterwerken entlehnt find, vor- 
gezeichnet, dergeſtalt, daß fie bei Strafe des Misfallens 
von ihnen ſich nicht entfernen darf. So ift es im höhern 
Schaufpiel, in der Xragddie immer entweder Voltaire 
oder Schiller, in der Dde das deutſche oder englifche Prin- 
cip, im Epos, im didaktiſchen Gedicht, in der Elegie, in 
der -Epiftel, im bürgerlichen Scaufpiel ; im Luftfpiel im⸗ 
mer irgend ein ausländifches Muſter, weichem man nach⸗ 
ringe, und felbft die Behandlung der Gefchichte, die Künfte 
der Beredtſamkeit find zur Nachahmung felcher vorgezeich- 
neten Muſter verurtheitt. Das Märchen, die Kabel und 
der Roman find mit Einem Wort die einzigen Erſchei⸗ 


"nungen, in welchen die ruſſiſche Literatur bis jest einen 


fetbftändigen Charakter behauptet, nationaler Lebensanficht, 
unbekuͤmmert um fremde Mufter, gehuldigt und eine rufe 
fifche Originalität zur Geltung zu bringen verfucht bat. - 

Dies iſt Grund und Urfache, warum dem Literature 
freunde ruflifhe Romane interefjanter erfcheinen müffen 
als Epopden oder Tragddien. Die eigentlich heerichenden 
Züge des ruſſiſchen Volksgeiſtes und des Charakters dies 
fer großen Nation, die mehr und mehr ein’ Banzes zu 
werden ringt, find trotz Allem, was wir bapon gefehen 
und gehört haben, immer noch ſehr wenig unter uns be: 
fannt. Wir kennen den Engländer, den Franzoſen, den 
Spanier, den Itällener, ja felbft den Tuͤrken und den Chi: 
nefen als Individuum und ald Theil feines Volkes, aber 
den uns fo nahbarlichen Ruſſen kennen wir wenig oder 
gar nicht. Und doch hat Europa ein fo nahes Intereſſe, 
eine güunftige Bekanntſchaft mit diefem Wolke einzugehen, 
wäre es auch nur, um ſich vor denfelben Taͤuſchungen zu 
bewahren, bie ihm von einer andern Seite der juͤngſt fo 


Volkscharakter in allen Schattirungen, in allen Ständen 
und .Bildungsftufen zu malen, wie es das vorliegende 
Merk zum Zweck bat, fo.hat eine ſolche Schrift gerechten 
Anſpruch auf eine doppelte Aufmerkſamkeit von. unfes 
rer Seite. 

Der Verf. des „Roßlawlew“ hat durch feinen „Jurji 
Miloſlawski bereits als Romandichter eine glänzende 
Steile eingenommen. Die bort gefchiiderten Sitten und 
Charaktere aber, über 200 Jahre von der Gegenwart 


un 


entfernt, entbehren natürlich der Anziehungskraft, welche 


einem Roman aus der Zeitgefchichte, dee noch dazu als 
eine dichteriſche Paraphrafe derjelben -anzufehen ift, beis 
wohnen wird. Dort war e& mehr der Kunftwerth, hier 
ift es die hiſtoriſche Bedeutung des Werks, die unfere 
Zheilnahme ‚aufrufen. . 

Der „Roßlawlew“ ift und fol für Rußland und für 
die ewige Glanzperiode feiner Gefchichte im Jahr 1812 
Das fein, was Salvandy's „Alonzo“ für den fpanifchen 
Krieg gemorden iſt. Weide Werke gehen in völlig parals 
lelen Bahnen fort; fie fodern unmilltürlih zum Ver⸗ 
gleiche unter fi auf und werfen gegenfeitig ſowol Licht 
wie Schatten aufeinander. Kannte der Verf. den „Alonzo” 
nicht, fo ift er unwillkuͤrlich in diefe parallele Bahn ge: 
rathen; kannte er ihn aber, fo hat ee die trefftichfte Mach: 
ahmung eines trefflichen Werkes geliefert. 

Hier wie dort fam es darauf an, das große hiſtori⸗ 
Ihe Bild durch kleinere Gruppen und Familienbilder zu 
verklären, die Rüdwirtung und ben Wiederklang der 
Weltbegebenheiten in ben engern Lebenskreifen ber Stände 
und ber Familien zu wiederholen und die Umfchrünge 
der gefchichtlichen Begebenheit eben durch diefe Einzelwirs 
kungen zu erklaͤren. Die Frage vom ruſſiſchen Kriege 
it fo oft und fo vielfeitig befprochen worden, daß man 
glauben möchte, es fei darüber nichts Neues mehr zu fas 
gen. Es iſt fo vielfach behauptet worden, daß überall in 
diefem großen Rampfe vom Volke und Volkswillen gar 


nicht die Rede fein inne, daß wir faft dahin gefommen 


find, dieſe Anficht dee gefchichtlichen That für die richtige 
zu halten. Das vorliegende Werk beiehrt uns eines An: 


‚bern, und um fo geündlicher und zuverläfliger belehrt es 


N 


-, . 426 


uns deſſen, als diefe Lehre ohne Abficht aus ihm hervor: 
geht. Hiernach zu urtheilen, bat unter Alten, bie über 
den Feldzug von 1812 gefchrieben haben, Niemand Recht 
als — Ségur. Freilich würde. e8 thöridht fein, von eis 
ner Verſchwoͤrung des xuffifchen Volkes darüber zu ſpre⸗ 
8 daß man die Franzoſen ins Imere des Landes 
locken 


ein dunkles Gefühl, wie dies der einzige Weg zum glaͤn⸗ 
- zenden Ziele fei, die feſte Zuverficht, daß dieſes Mittel 
nicht fehlfchlagen werde, die Ruhe, die Geduld, das kalte 
But, die Sicherheit, die dies Bewußtſein gab, diefe leb⸗ 
ten allerdings im ganzen Wolle und machten es -bereit, 
gebuldig und hoffaungsvell, ja mit Hohn und Selbſtker⸗ 
feugnung zu tragen und zu opfern, bie bie Biel erreicht 
fi. Dies aber tft die ftille, worsiofe und doch fo furcht⸗ 
bare Verſchwoͤrung des rufliichen Volkes, auf weiche &e: 
gur hindeutet, und deren Dafein und Wirklichkeit das Se: 
maͤlde, welches ber Verf. des Roßlawlew“ hier: vor uns 
autfaltet, vollkommen beſtaͤtigt. In ‚allen Ständen war 
vom Anfang her sine ımerfchütterliche Zuverficht verbrei: 
get, welche kein Sieg des Feindes, kein Vorruͤcken deſſel⸗ 
ben, kein Manifeſt, keine Trauerbotſchaft wankend zu ma⸗ 
‚chen vermochte. Der Ruſſe empfand die Größe ſeines 
Volkes und die Weite feines Vaterlandes, das er nicht in 
Moskau ober Poster (fo mrant:bas Volt Petersburg) allein 
ſuchte. Mit jedem Siege ‚des Feindes wuchs vielmehr 
der Haß gegen ihn, bie Freude am feinem nahen Werber 
‚ben, das, ohme Abrede, ſchweigend und mehr ducd Opfer 
als durch Thaten vom ganzen Wolke befchloffen war. 
Thut man Unrecht, eine ſolche Sinnes: und Hoffnungs⸗ 
einigkeit mit dem Namen einer allgemeinen Volksver⸗ 
ſchwoͤrung zu belegen, oder hat der Geſchichtſchreiber Un: 
recht, welcher eraähl, wie die Wacht Napoleon’s in Ruf: 
land an dem eifenfeften Willen bes ruffifchen Volkes ges 
brochen ſei? Nein! die Sache iſt unleugbar; der Volks⸗ 
wilte bat. den Eroberer befiegt und vernichtet! 

Der Verf. beginnt feine Schilderung um bie Zeit, wo 
man in Musland allgemein den naben Bruch vorausfah. 
Mit überaus geſchickter Hand führt er und durch alle 
Stände, zunaͤchſt der Hauptitabt, dann des ganzen Volkes, 
am uns den Eindruck fehen zu laflen, ben diefe Ahnung 
überall bervorbringt. Aller Orten iſt es weniger der Verf. 
als der Leſer, welcher bie Refultate zieht; der Verf. be 
gnuͤgt ſich, feine Perfonen fprechen zu laſſen. Wir fehen 
in den hoͤchſten Ständen bei aller Eingenommenheit für 
franzoͤſiſche Sitte und Sprache body. eine tiefe, im Cha: 
sakter gegräindete Abneigung gegen das franzöftfche Weſen. 
Diefe Abneigung iſt ber Eiferfucht verwandt. In den 
mittlern Ständen wird die Abneigung zur Zeindſchaft, in 

den Volksſtaͤnden zum Haß. Dieſen Regungen gegenuͤber 
zeigt uns der Verf., ebenſo durch alle Staͤnde vertheilt, 
äußeeft beredte und thaͤtige Wortfuͤhrer der Franzoſen, 
deren Sprache in jedem Stande eine andere iſt. In den 
hoͤchſten klagen ſie uͤber die Langweile Rußlands und 
preiſen die Vergnuͤgungen ber franzöfifchen Lebensweiſe; 
fie ruͤhmen, welche Fortſchritte die Aufklaͤrung in Europa 


alter Barbarei u. ſ. m. In den geringſten S 
wolle, um fie bier zw vernichten. Des nicht, aber 


bem Continent bringe, wie dieſer Raubftaat gebemüthige 
werben müffe. In den Mittelftänden preifen fie bie Eins 
richtungen Frankreichs, welche Jeden zu jeder Würde im . 
Staate gelangen laſſen, die Bildung, die Humanität ber 
Sranzofen, nennen einen Volkskrieg den gräßlichen «Reit 
den er 
zaͤhlen fie von Abfchaffung aller Abgaben, Dienſten unb 
Laſten u. ſ. w., in allen aber rathen ſie zum Frieden, 
zur Unterwerfung unter den Mann des Schickſals, oder, 
wenn es zum Kriege kaͤme, dazı, ihm mit Salz und 
Brot entgegenzugehen. Dieſe Redner ſtellt der Verf. 
wielleicht mit Unrecht als Spione und bezahlte Emiſſaire 
bar; es waren eben Franzeſen und Franzoſenfreunde. 
Nun beginnt der Krieg; mit dem Einbruch über den 
Niemen ſchlaͤgt die Flamme des Haffes im lichtem Brande 
empor; das Volk flieht; in allen Ständen muͤſſen bie 
Wortführer verſtummen, benn das Nationalgefühl iſt er 
wacht. Alle Vorliebe wird vergefien, ſelbſt der entſchie⸗ 
denſte Leichtfinn, den der Verf. in feinem Sarjetzki treff: 
lich perfonificirt, greift zum Schwerte, das Volk ſteckt 
ruhig feine Hütten an, wandert nach Moskau und räumt 
auch die alte heilige Hauptſtadt. Bier fchließt ‚der erſte 
Theil; der zweite nollendet das Bild der Volkerache und 
der Vernichtung des ‚Feinden. 

Nachdem wir fo den allgemeinen Charakter biefes qu- 
ziehenden Gemäldes überblidt haben, muͤſſen wir Einzel⸗ 
nes und Beſonderes barin zu erkennen fuchen. Bussft bie 
Gefchichte des Helden ſelbſt. Roßlawlew, ein junger Mann, 
den höhern Ständen angehörig, ift der Traͤger des ro- 
mantiſchen Intereſſe. Eine edle, völlig uneingenommene 
Seele, etwas zum Tiefſinn gemeigt, echter Liebe und wah⸗ 
ver Freundſchaft zugänglich, dabei kuͤhn und unerfehroden, 
freinsüthig, ein Freund der Gefahr, ift er vom Berf. of: 
fendar beftimmt, als ein Typus des ruflifchen Charakters 
zu gelten, In ber That entdecken wir kaum einen an- 
dern Fehler an ihm ald etwas Schwärmerei und einige 
maßlofe Leidenfchaftlichkeit. 
und eine flillen Haͤuslichkeit zugeneigt, wirb er von zein- 
ſtem Patriotismus, den erft die Untreue feiner Geliebten,’ 
Pauline (ruſſ. Pelagia), zum Daß firigert, in ben Kampf 
hineingeriſſen. Diefe, ein übergeifliges Weſen, wird ihm 
von einem Franzoſen entriffen, einem. Heuchler, ben Roß⸗ 
lawlew mit, Wohlthaten uͤberhaͤuft bat. 

Ein unnachahmlicher Reichthum von Farbe und Schat⸗ 
tirung lagert auf den einzelnen Gruppenbildern dieſes Ge: 
maͤldet, das in dieſem Vezuge mit dem „Alonzo“ den 
Wettkampf aingehen kann. Nur die. etwas uͤbertriebene 
Romantit.in jenem Werke fehlt bier, und diefer Mangel 
iſt ein Vorzug des ruſſiſchen Werkes. Alles. begibt ſich 
wahrſcheinlicher und naturgemaͤßer, wenn wir die Kirch⸗ 
hofsſcene abrechnen, die Reßlaͤwlew faſt um ıben Verſtand 
bringt. Dagegen theilt dieſe Erzaͤhlung mit dem „Alonzo‘ 
die Unwahrſcheinlichkeit des haͤufigen Zuſammentreffens 
uns ſchon bekannter Perſonen, ein Fehler, ber allerdings 
in Bildern dieſer Art ſchwer zu vermeiden iſt. Wahrheit 
und Originalität der Charaktere halten ſich in beiden 


durch Napoleon's Siege mache, welchen Schaden England | etwa das Gleichgewicht; dach hat der Muffe vor dem 


Politiſch ohne Parteianſicht 


[1 U Te uud ı 





VBgsl. Nr. u. de D- - --  -- 


‚ - 0” 


- 407 . 


Bramppien ‚eine größere Mounichſaltigkeit dar Speache vor: 

we, Denn Abſtufung ihn jedoch —— KM in den 
i t verleitet. 

uch HR He Be 


. 





Mittheilungen über Sricheuland.”) 
Athen, 44 Iem. 1858. 

Die Athenaier find, wie ich Ihnen, Tieber F., in einem 
froͤhern Briefe prophegeit zu haben glaube, voller Freude, und 
ber Himmel hängt für fie voll"Seigen. IR etwa ber König 
gefonmmen? Gott behäte; aber ber Borcas heult fdjweidend kalt 
vom Pärnes herunter, alle Wafferpfügen find feit einigen Tagen 
mit is bebedt, und feit 24 Stunden ſchneit es faft ununter- 
brochen, ſodaß der Schnee ſchon drei Zoll hoch Liegt. Es 
wird eine Olivenernte geben, wie man ſie ſeit zehn bis zwoͤlf 
Jahren nicht erledt hat. 

Vor acht Tagen war es anderes Wetter. Anemonen, Rar⸗ 
ciffen und andere Blumen und Straͤuche, die ich nicht zu nen 
nen weiß, blähten auf ben Feldern und zwiſchen ben Felſen, der 
Himmel war heiter, bie Sonne ſchien warm unb milb, und 
wir wähnten den Fruͤhling gekommen. Da manbelte uns ars 
men Gefangenen bie Reiſeluſt an, und wir befyloffen einen Aus« 
fing nah Rarathon und Rhamnüt. Freund J., der auf tem: 
felben Ausfluge zugleich Praflat und Brauron fehen wollte, brach 
ſchon am Mittwoch allein auf, um uns am folgenden Abende in 
Marathon zu treffen. Denn alle Beſorgniß vor Räubern war 
von uns gewichen, nachdem wir in ben legten Wochen wieder: 
holt einzeln ober zu Zweien und Dreien in allen Richtungen bis 
auf drei Stunden von ber Stadt umhergeſchweift waren, ohne 
auch nur einen bewaffneten Pallikaren zu fehen; und wir vers 
lachten bie wiederholten Warntingen unferer griechiſchen Freunde. 
Am Donnerſtag, 17. Jan., folgten ihm ein Englaͤnder und ich, 
durch unfere Verabredung gebunden, obgleih das Wetter Thon 
wieder kalt und rauh geworden war, und wir ſchlugen die grabe 
Straße über Kephiflia nach Marathon ein. Der Weg Tührt 
erft nortwärts am weſtlichen Abhange tes niebrigen, oft für ben 

leſſos gehaltenen Bergrüdens hin, wendet fi dann am Ende 
beffeiben, wo in einem Ravin noch mehre Pfeiler von ber Waſ⸗ 
ferteitung bes Hadrian ſtehen, mehr norboftwärts, und fleigt 
allmätig die nadte, Tanft abhängige Ebene hinan, bei Polikas 
(6 Mnedlıxas) vorüber, nach Kephiffia, das von einem kleinen 
Delwalde umgeben iſt. Diefe alte Imölfftabt, bie ihren Namen 
(mur mit veränbertem Accente: Arpıoıa) bis hente bewahrt bat, 
{ft jeet ein Dorf mittlerer Größe umd Liegt, wie faſt alle Orts 
fchaften Attikas, größtentheils in Ruinen. Vielleicht erfreut ſich 
feine zweite einer fo guͤnſtigen kage wie Kephiffia auf einer 
Art. von Hochebene am Fuße hed Pentelilön, links gegen ben 
Hpmettös, reits gegen den Parnes und Aigaleos hin, ben groͤß⸗ 
ten Theil des Pebion uͤberſchauend, mit mehren (in Attila fo 
feltenen) immer fließenden Quellen, bie feine Gärteh und Baum⸗ 
pflanzumgen veichtich bewäflern. Hier war es möglih, einen fo 
Tieblichen Park zu Tchaffen, wie Gellius ihn bei ber Billa des 
Oerodes Atticus befchreibt, und bier werben gewiß in wenigen 
Jahren ſich wieder Euftfchiöffer erheben und reizende Sartenan⸗ 
lagen entfichen. Doch dürfen Sie nicht vergeffen, daß died nur 
comparativ,, gegen das flerile übrige Attifa genommen, zu ver⸗ 
ſtehen ift, und daß Sie hier nie das frifche reihe Gruͤn, bie ho⸗ 
ben ſchoͤn gewärbten Bäume und bichten Schatten unferd Nor: 
dens zu erwarten haben. . 

Birle Marmorrefte im Dorfe unb in ben benachbarten Ka: 
pellen deuten auf die einft hier ftehenden Pracıtgehäube zuräd. 
Doch fand ich nichts von Bedeutung als ein Fragment eines 
kleinen Basreliefs von ausgezeichneter Schönheit, einen Zäger 
mit feinem Hunde vorftellend, der vor einem ihn verfolgenden 
Hirſche flieht; wahrſcheinlich zum benadhbarten Tempel der Ars 


.. D.-Reb. 


kemis Amarpfia bei Athmonon (bei Morüß) gehörig. In dem 
Giebel einer zerſtoͤrten Delmühle fahen wir den obern Theil einer 
Statue von guter Arheit gingemauert, Gin griechifcher Priefter, 
der uns in den Kirchen herumfuͤhrte, bemerkte, daß wir darüber 
ſorachen. Er winkte mid auf die Seite: „Wollt Ihr das Ding 
haben ?’'. .fragte.er; „es gebdrt einem Tuͤrken, und wenn Ihr 
mir ein paar Thaler gebt, fo hole ich es bes Nachts weg und 
bzinge «6 nach Athen in Gure Wohnung; us uvorızk, uuozıxa 
xaralaußarsıs'! (Nur fill, fill, du -befommft ed. Oder auch: 
Aber fit, ftil! Du verſtehſt!?), fehte er mit einer Miene voll 
fpigbübifcher Schlauheit hinzu, indem er die Spitze feines Zei⸗ 
gefingers an feine Schiäfe legte. Go find viele, aber nit alle 
Lehrer des Polks in biefem Lande. 

Etwa zehn Minuten hinter Kephiffia enbigt ber Delmalb 
biefes Dorfes, und ber Weg läuft nun bis an ben Sand bes 
Thales von Marathoͤn, vier Stunden lang, ununterbrochen über 
den nördlichen Fuß des Pentelilön fort, immer fanft auffteigend\ 
Die felfigen Hügek dieſer Gegend find faft gang mit bichtem Ge⸗ 
firöpp bedeckt, mit Myrten, Oleander, verkrüppelten Steinei⸗ 
chen und anderm gruͤnen Gebuͤſch, aus dem nur hin und wieder 
eine niedrige Pinie hervorragt. Das Ganze bildet eine volllom⸗ 


mene, einförmige Einoͤdez nur links an ben Abhängen des Paͤr⸗ 


nes fieht man einige Dörfer. Auf ber Mitte bes Weges liegt 
ein kleines, jegt zerflörtes und verlaflenes Dorf, Stamäta. An 
zwei Heinen Thaͤlern, gleich oͤſtlich von bemfelben,, find Ruinen 
von Marmorgebaͤuden, deren Beſtimmung ſich nicht erkennen 
laͤßt: Reſte von Fundamenten und zerſtreute Quadern. Die um 
dieſelben angehaͤuſte Erde läßt vermuthen, daß Nacharabungen 
bier Ausbeute geben wuͤrden. Wenn Leake's Annahme („On the 
demi of Attica’, &. 82), daß Ikaria in biefer Begend zu fu: 
chen fei, gegründet ift, fo dürfte dies jener Demot fein. 
Um drei Uhr Nachmittags hatten wir hie ‚Höhe bes anfebu: 
lichen Berges erreicht, ber, mit dem Pentelilön zuſammenhaͤn⸗ 
ab, den füblidyen Arm bes Thales von Marathoͤn gegen We: 
verſchließt. Er heißt Aſpoorouoc, mit einem fehr paffenden 
Namen, da er gegen das Thal bin fleil wie sine Mauer abfällt. 
Diefer Name, der gar nicht nach der heutigen Sprache ausfieht, 


ſtammt ohne Zweifel ſchon aus dem Alterthume, und ich Tann 


baber Leake (a. a. O.) nicht beiftimmen, wenn ex ben Aphoris⸗ 
möß für ben Ikarios hält. Iſt meine Mafegung bed Demos 
Staria.sichtig , fo wirb der Ikaͤrios ein anderer WBerggipfel fein, 
der zwifchen jenen Ruinen, bem Aphorismös und bem Penteli⸗ 
fon in ber Mitte liegt, Vom Rüden bes Aphorismaͤs führt 
die Straße, in der an einigen Stellen Reſte eines alten Stein⸗ 
pflafters fichthar find, im Zickzack an den Seiten einer bewalbe: 
ten Schlucht hinunter nach dem Dorfe Vranss (Boavas), das 
om Fuße bes Berges und am Kingange in die Ebene liegt. Da 
der Tag ſich ſchon zum Ende neigte, eilten wir auf bie andere 
Seite ber Ebene in das Dörfhen Bei (Maren) zu kommen, 
wo ein Bauer, an ben twir einen Empfeblungsbrief mitgenom: 
men hatten, uns in feine elende e aufnahm. 

Den gangen folgenden Tag, in beffen Laufe au F. gu 
uns ftieß, brachten wir damit zu, bie bene in allen Richtungen 
zu durchwandern. Die Belchreibung diefes ewig denkwuͤrdigen 
Shares bei Krufe ift nicht ohne Irrthuͤmer und ermangelt vor⸗ 
züglich terjenigen Klarheit, weiche nur bie Autopfie geben kann; 
ich verſuche daher eine andere. Die Ebene von Marathoͤn er: 
firedit fi) längs bem Meere von Süden nach Rorben, in ber 
Känge von einer deutſchen Meile, und in ber Breite von einer 
Viertel⸗ bis zu einer halben Meile. Cie ift auf allen Seiten 
durch natürliche Grenzen fcharf netrennt; im Oſſen durch das 
Meer, melches zwiſchen einem Vorſprunge bes Pentelilön im 
Süden und dem fcharfen ſchmalen Borgebirge Kynöfura (jegt 
Zyovıc) im Norden eine fanft einwärts gefchweifte Wucht bil: 
det; im Süden durch einen ‚hoben fdiroffen, vom Pentelikon aus: 
gehenden Berg, Argalili (16 Aoyalijxı), im Weſten durch 
ben ‚nbenerwähnten Aphorimoss; tm -Morbweiten und Norben 
durch andere meniger anfehnliche, mit dem Bergſyſtem bes Pär: 
nes zufammenhängente Höhen. Arga'iki und Aphoriemds mögen 


x 


- 


y 


8 


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ſich von 800 — 900 Fuß über das Meer erheben; fie find 
dürftig mit niebrigen Pinien bewachſen; bie uͤbrigen Höhen find 


faſt ganz nackt und haben nur Dornen und Difteln. Ale biefe 


Berge beſtehen faft nur aus weißem Marmor, ber aber, wie ber 
Marmor von Lahrion und bee ganzen Öftlicdhen nal ‚ grobe 
törnichter und blätteriger tft als ber echte pantelifche Stein von 
der Weftfeite bes Gebirges. Hin und wieder kommt auch ein 
grauer , fehieferartiger, leicht gu fpaltender Stein vor, mit dem 
verfchiebene Kirchen im Thale gedeckt find. 

Das Thal felbft ift eine volllommene Fläche, am Strande 
faum brei bis vier Fuß über den Meereöfpiegel erhöht; von 
bier ſteigt es faſt unmerklich nah Weften auf. Die größere 
fuͤdliche Hälfte beffelben läuft nach Weften in zwei Arme aus, 
die durch den flumpfen, bios aus weißem Marmor beftehenden 
Berg Kotröni (Korpwrı) voneihander gefchieben werben. Am 
obern Ente des ſuͤdlichen Arms liegt das ſchon erwähnte Dorf 
Brands und ein kleines Klofter des h. Georgios, an dem ties 
fen Bette eines Gießbachs, ber zwiſchen dem Aphorismos und 
Argaliti vom Pantelikon herablommt und ſich nach einer Bier 
telſtunde in der Ebene verläuft, aber felbft jegt nach einem reg» 
nichten Herbfte ohne Wafler war. Bon Wrands führt ein Paf 
nordivärts zwifchen dem Kotröni zur Rechten und der nörblichen 
Kortfegung des Aphorismds zur Linken in den nördlichen Arm 
bes Thales. An der Mitte dieſes Paffes find kaum kenntliche 
Reſte eines Thors mit ſtark verflämmelten Fragmenten von zwei 
figenden Statuen. Weiterhin Iäuft ein ovaler Peribolos (Damm), 
durch einen rohen, niedrigen, zerfallenen Steinwall gebildet, über 
die Straße und zu beiden Seiten einige Hundert Schritt weit 
die Abbänge ber Höhen hinan, von ben Cingeberenen ber 
Echafſtall des alten Weibes (1ñe yoalas 7 uardon, ober vul. 
gairer: zig yoräs ıö uavdof) genannt. Nach drei bis vier Minu⸗ 
ten betritt man das obere Ende des nördlichen Thalarmes on einer 
Stelle, wo ein verfallener Thurm aus dem Mittelalter fteht 
und Spuren alter Fundamente und zerſtreute Marmorbloͤcke fidh 
finden. Diefer Ort heißt Insi (Olvon ober Nowon*), und es 
kann demnach kaum zweifelhaft fein, daß bie alte Dinde ber Te: 
trapolis hier lag, innerhalb des eigentlichen Thale von Maras 
tbön, die verfchiebene neuere Karten (auch Krufe) viel zw met 
nordweſtlich, Höher den Fluß hinauf, anfegen. Nördlich über 
bem Thurme ift ei niebriger Berg mit der Grotte, die für bie 
Panspöhle des Paufanicd gehalten wird. An feinem Fuße 
raufcht ber Beine, klare Fluß von Marathoͤn von ben dftlicken 
Abhängen bes Pärned herab ins Thal und fließt den noͤrdlichen 
Thalarm hinunter durch bie große Ebene Ind Meer. Gr nimmt 
bet Dinoͤn noch den Ausfluß einer ftarfen Quelle auf, bie unter 
dem Öftlichen Buße bes Panberges entfpringt. Sie ift von ei« 
nem halbkreisförmigen Fundament aus großen, durch eiferne 
Klammern verbundenen Marmorquabern umgeben; viele andere 
Quabern liegen theild umher zerftreut, theils find fie in dab alte 
Baffin gefallen, woburd die Quelle gendtbigt worben iſt, fi 
einen neuen Ausweg einige Schritte zur Linken des alten Baffine 
zu fuchen. Nach der Form des Fundaments zu fchließen, bildete 
das Gebäude eine Nifche Über der Quelle: wabrſcheinlich ein 
Wert des funftliebenden Marathoniers Herodes Atticus. Das 
Ganze iſt ein Hübfcher und im Sommer gewiß fehr Lieblicher 


Biel, deffen Beſchreibung aber bei Krufe durch die Schuld ſei⸗ 


ner Vorgänger viel zu emphatiſch ausgefallen iſt. Aus ben 
niedrigen Dleanderftauben, welche bie Duelle umgeben, finb ganze 
„Boͤume“ geworden u. f. w. 

Der nördliche Thalarm iſt Länger,’ aber beträchtlich fhma- 
lee als ber fühlicdhe. - Seine Sübfeite wirb durch den Kotröni, 
feine Norbfeite durch den größern Berg Stavrokoraͤki gebildet, 
der noch weiter als jener nah Oſten in bie Ebene vortritt. 


°*) Die Borfegung bed N vor Wörter, melde mit Vocalen oder 
Dipdtbongen anfangen, IR In der heutigen Sprache ſehr uͤdlich. 
&o beißt 3. 8. die Infel "Jos jeht Nioc, und flatt olxorvens 
(dee Haußherr) fagt der gemeine Dann ſtets voızoxupng. 


‚unter, in ber erönbung ae egen bie Gbene.bie, ‚Links 
U. am 


am Buße bes Stavrokor 
bes Kotroni das Dörfchen Bieferi (Trepepı, breifgibfg). Der 


degel; verrzuthlich Trikoͤrythos. Faſt der ganze von ben Gern 
und Sümpfen eingenommene Raum (eine beutfche halbe Meile 
lang und wenigftens halb fo breit) ſtand jegt unter Waſſer; im 
Eommer follen die Sümpfe großentheild troden und gangbar 
werben. Doch bilden fie immer eine natürliche Grenze zwiſchen 
ber nördlichen und füblichen Ebene, da ihre ftärkfte Quelle uns 
mittelbar am Fuße bes Stavrokoraͤli ift, die au im Sommer 
einen breiten fumpfigen Bach von Weſten nach Often durch bie 
Eumpfgegend fendet. Die ganze Sumpfflaͤche heißt bei ben Gin- 
geborenen. vorzugsweife ber Sumpf (Balros); der ziemlich große 
(auf Leale’d Karte zu klein angegebene) Ser aus Brackwaſſer, 
weicher ben oͤſttichſten Theil derfelben vor dem Vorgebirge Schois 
nia einnimmt, das Drachenwafler (n Toaxoveer), und der norb: 
oͤſtlich über biefem Sumpfe, gelegene Berg der Berg von Dra: 
fonera (Tjs Apazoveons ıd Bovvo). In biefem Berge ift 
über dem Gumpfe eine Höhle, ober beffer, eine enge faſt vertis 
cale Kluft in dem Felſen, etwa acht Schuh im Durchmelfer und 
gegen 50 Schuh tief, mit einigen Stalaftiten an ben Wänden 
und einer Quelle frifhen Waſſers auf dem Boden. Unfer Fuͤh⸗ 
ser aus Kato⸗Suli wollte durchaus nicht ohne feine Flinte bins 
unterfleigen, obgleich meine Begleiter fürdhteten, ec möchte fals 
len und der Schuß unverſehens losgehen. Es wohne, fagte er, 
ein Sefpenft (aroyeior, im gemeinen Dialekt oroıyıo) in ber 
Höhle, und deshalb fei ed gut, ſich mit Waffen zu verfehen; ohne 
unfere Begleitung würbe er ſich ohnehin nicht. hinuntergemagt 
haben. Ich fand in dem engen Loche durchaus Feine Spur von 
Alterthämern, auögenommen, baß oben am Gingange eine kuͤnft⸗ 
liche Stufe in den Felſen gehauen zu fein ſchien; vielleicht, falls 
einft eine Wohnung in ber Nähe ſtand, um bequemer an bie 
Quelle hinunterzuſteigen. Jedenfalls ift Leake's Vermuthung, 
daß dies die Krippen der Pferde bes Artaphernes ſeien, von bes 
nen Paufanias fpriht, ganz unſtatthaft. Ex ſcheint die Höhle 
nicht ſelbſt befucht zu haben. ” 
(Die Bortfegung folgt.) 





Literarifhe Notiz. 


Es iſt feit einigen Jahren, und namentlich auf Beranlafs 
fung des legten polnifchen Aufftandes, das gefliffentliche Beſtre⸗ 
ben mancher Schtiftfieller gewefen, dem leſenden Publicum fo 
viel Schlimmes ald nur immer möglid von dem ruffifchen 
Volle zu fagen. Da nun Unparteilichleit in allen hiftorifchen 
und politifchen Urtheilen erzielt werden muß, fo müffen auch für 
die rufiifhe Nation Stimmen gehört werden. Eine folche if 
bie eines ſehr achtbaren GSchriftflellere, des verftorbenen Staat 
raths von Schubert in Petersburg, ber im zeiten Theile feiner 
„Bermifhten Schriften” (S. 244 — 271) fehr leſenswerthe 
Rachrichten über den ruffiihen Nationalcharakter gegeben hat. 
Es ift dabei nicht zu Überfeben, daß es ein Ausländer und ein 
Mann von anerkannt rechtlicher Geſinnnng ift, der dem ruſſi⸗ 
fhen Rationaldarakter hier eine verbiente Anerkennung wibers 


| fahren laͤßt. 89, 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandiung: %. A. Brodhaus in Leipzig. 


mr ve 


Dieſer fie wuͤthend ecraſiren will, geht er ruhig feinen 


ſchen Volkscharakter. Ganz fo lauernd und moͤrderiſch⸗ 





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Blätte r 


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literariſche Unterhaltung. 








Montag | — Kr. 105. 15. April 1833 





„Nein, antwortete ber Dffizier Baltblütig, auf feine rechte 
Sculter blidend, von der die Kugel das Spaulet -abgeriffen 
hatte. „Jetzt bitte ich geborfamft, an die Barriere zu kom⸗ 
men“, fuhr er fort, den Franzoſen ftarr, aber gleichgültig ans 
blidend. „Je suis mort!“ rief der Verwundete haldlaut. 
„Mein Bott, er verblutet ſich!“ vief fein Secundant, win Tuch 
aus der Zafche ziekend. ‚Bemühen Sie fich nicht“, fprach der 


Roßlawlew, oder die Ruflen im Jahr 1812. Ein his 
ftorifcher Roman von M. Sagoskin. Aus dem Ruf 
fifchen überfegt von E. Göring. Zwei Theile. 

(Beſchluß aus Nr. 108.) 

Unter allen Charakteren ift der —S— af 
jers, wie man fagt, eine geichichtliche Perfon jener Zeit, 
—— und in der That für ſich allein ein | Offizier, „er wird ſchon bi6 zu meinem zweiten Schuß Icben. 
höchft ergreifendes Bild. Während Alles um ihn ber Nun, wie wird's, Herr? Nur friſch heran! Ich fchieße dach 


| 
| 
. . . ı nicht eher, bis Sie an der Barriere find!’ ,‚.Derr’', rief ber 
fih in Leidenfchaft für oder wideg verliert, der Eine Secandant, „bebenken Gie! Auf zwei Gchritt! das ift ja fo 





die Franzoſen als willkommene Gäfte empfangen, der Anz | vier —Ais wenn ich mein Yiflol ihm vor die Stirn fegfe! 
dere fie in feinem Haß vernichten, Jener fie fchonen und | Verſteht fih”, fagte der Wortkarge; „noch einen Schritt, 

\ Herr Ritter! Bitte geborfamft!” „Eh bien, fait!’ rief ber 
Franzoſe, fein Piftol von ſich ſchleudernd. Er ſchwankte an die 
Barriere und ſtand mit verfchränkten Armen feinem Gegner _ 
Bruft an Bruſt gegenüber. Sein Blut firdömte, Zodtenbläffe 
bedeckte fein Geſicht, aber er blidte dem Offizier kuͤhn in die 
Augen. Diefer zielte, die Mündung des Piftols reichte bid an 
bie Stirn bes Franzoſen — es bligte, das Zündpulver war abs 
gebrannt. „Du lebſt no, Freund“, rief ber Secundant. 
„Nicht Iange mehr‘, fagte der Wortkarge Faltblütıg. „Schütt 
Pulver auf! So! jest wird's wol nicht verfagen.” Er fpannte 
ben Dahn. „Halt!“ rief Roßlawlew, aus dem Gebüfche ſprin⸗ 
gend, und trat vor den Sranzofen hin. — Er rettet ihn, ba der 
Wortfarge Eeinen Ruſſen tödten will. 

Diefe Scene kann zugleich als eine Probe von bem 
Geſchick des Ueberfegers gelten, der die raſche, lebhafte 
‚Sprache des Driginals und überhaupt die ganze wechſel⸗ 
volle und feurige Färbung beffelben mit ungewöhnlichen 
Gluͤck wiedergegeben bat. Mit diefem Auftritt beginnt 
die Reiſe Roßlawlew's nad) Moskau, wohin er, während 
der Krieg fi an den Grenzen fammelt, zur Verbindung 
mit feiner geliebten Pauline eilt: Die Abenteuer, welche 
diefe Reife verzögern und begleiten, haben alle ben Zweck, 
Stimmung und Entfhluß des Volks im innern Lande 
zu malen, wie bie erften Gapitel die ber verfchiedenen 
Staffen der Hauptftadt zeichneten. Beamte, Soldaten, . 
Bauern, Fuhrleute, Bürger, Kaufleute, Künftler treten ,- 
nach und nad) auf die Scene und zeigen, wie der Rufle 
die Kriegsbotfchaft empfängt, wie er von Emiffairen, bier 
der Franzoſen und dort ber Regierung, bearbeitet wird, 
während fein natürlicher Verſtand Recht und Unrecht 
meiften® vortrefflih zu ſondern verfteht. Er fühlt die Be: 
leidigung, die ihm foeben zugefügt wird, und ift entfchlofs 
fen, fie zu Rrafen, indem er Hab und Gut dem Vater: 
lande zum Offer dringt. Was iſt's denn Großes, wenn 


Sang, um fie mit kaltem Blute, wo die Gelegenheit ſich 
zeigt, wie „Fliegen“ todtzufchlagen. „Rur feinen Zom‘, 
ift fein Motto, und fein Haß ift zu einem Phlegma ges 
worden, das fürwahr das ſeltſamſte Charakterbild dar⸗ 
ftellt, welches mir je in einem Roman angetroffen haben. 
Dies Bild Aber gewährt einen tiefen Blick in den ruffis 


phlegmatifh, ganz fo tüdifch=blutgierig mag der ruſſiſche 
Haß fein können. Diefer wunderfame Charakter, diefer 
namenlofe Menfch, der fein Leben kaum einer Seifenblafe 
werth achtet, wenn er nur Einen von jenem ihm verhaß: 
ten Volk abfchladhten kann, bleibt ſich von der erften er 
fchutternden Duellfcene, wo er auftritt, bis zum Schluß 
des Buches volllommen treu; er verdient in der That 
ein Meifterbild wie nur irgend eines W. Scott's genannt 
zu werden. Diefe Duelifcene aber kann als eine Probe 
der Darftellungsgabe des Verf. gelten und ift es werth, 
als fotche näher betrachtet zu werben. Der „Wortlarge” 
hat einen Wortführer der Franzoſen in einer Reflauration 
aufgetrieben und den Spion gefodert. Roßlawlew tft ein 
zufälliger Zeuge des Duells. Man fhREt ſich mit vier 
Kugeln Über Barriere. 

Beide Gegner entfernten fi fünf Schritte davon, wands 
ten ſich zu gleicher Zeit um und fingen an, ſich allmälig einans 
ber zu nähern. Beim zweiten ‚Schritt fpannte der Branzofe, 
die Kugel pfiff, und durchlöchert flog die Müge nom Kopf bes 
Offiziere. „Hol's der Teufel, gut gezielt!’ fagte diefer. Es fiel 
ein zweiter Schuß, und im Ru ſchwamm ber linke Arm bes Frans 
zofen in Blut. ‚Gin wenig weiter links!“ zief der Secundant. 
Es vergingen wieder einige Secunden. Roßlawlew's Herz flodte; 
die Entfernumg zwifchen ten Kämpfenden wurde immer kleiner; 
es blieben noch ſechs oder fieben Schrittes ploͤtzlich fiel ein 
dritter Schub. „Biſt du verwundet?” rief ber Gavalerift. 


J 


430 


fie auch nach Moskau kommen, bort follen fie dod Hun⸗ 
gers flerben, wenn der Kaiſer es befiehlt; die verbrannte 
Stadt, die mweißfteinige Moskau, ift bald wieder aufge 
baut — dies ungefähr iſt die Denkweife aller Glaffen in 
dem verfchiedenartigften Ausdrüden. Das Lauernde, Un: 
beforgte, heimlich Einverfländige, das feſte Vertrauen auf 
Roche und endlichen Sieg Hi Allen gemein, und wir 
. innen aus biefer Einftimmigkeit fir und wol fo viel 
abnehmen, daß Died einmal überhaupt Züge bes ruſſi⸗ 
fhen Charakters, und zweitens nebenher bie ven Ur: 
fachen des Zuſammenbruchs ber Macht Napoleon’s im 
Rußland find. Nachdem uns der Verf. auf dem Gute 


der Frau von Lidin, Paulinens und Olga's Mutter, nun 


auch den ruffifhen Landadel in fünf bis ſechs aͤußerſt 
originellen Charakteren und in aller feiner liebenswuͤrdigen 
Sorglofigkeit, in feinem afistifchen Dienerlurus, in feiner 
teidenfchaftlihen VBergnügungsluft geſchildert hat, läßt er 
feinen Helden ins Feld ziehen, wohin ihn Sarjetzki ruft. 
Dort nun bdiefelbe Mannichfaltigkeit der Charaktere, die: 
felbe gluͤckliche Individualiſirung des ruhigen Patriotis⸗ 
mus (Roßlawlew), des Leichtſinns (Sarjegki), des tapfern 
. Haudegenmuthes (Sareadiew), ded Feiglings (Bleſtkin), 
des gefühlvollen Kriegers (Sigfi), das buntefle ‚Gemälde 
der, Denkart bei Gemeinen, Offizieren und Anführern, 
treffliche Schlachtfcenen, welche das kalte Blut bes ruſſi⸗ 
fhen Kriegers, feine pünktliche Subordination, dem be: 
magogifchen Verhalten bes frahzöfifhen Heers gegenüber, 
ausmalen, nebft Allem, was bem Kriege fonfl angehört. 
Roßlawlew, vertvundet, will nad) Moskau. Unterwegs 

begegnet ihm bie Auswanderung ; er empfängt bie Nach 
. richt von Paulinens Untreue, Olga, ihre Schwefter, wird 
feine Pflegerin, und fie, die er früher aus den Fluten 
gerettet, zeigt uns nun ihre flille und heilige Liebe für 
ihren Netter und Pflegling. Eine Scene auf dem Gute 
der Frau von Lidin, voll humoriftifcher Kraft und zu: 
gleich aͤußerſt bezeichnend für Sitte und Art des ruffi- 
ſchen Landadels, muͤſſen wir dem Lefer hier auszeichnen 
als eine Probe von Dem, was ber Verf. in launigen 
Erfindungen vermag. Der Civilgouverneur wird auf bem 
Gute erwartet. Iſchorski, der Onkel Paulinens, will ſich 
ihm als ein Vater feiner Unterthanen dadurch zeigen, daß 
er ihn in fein trefflich eingerichtetes Hoſpital führt.. Das 

oſpital ift da, aber die Kranken fehlen; der Verwalter 
ol dergleichen nun fchaffen. 
lich gelingt, den zaundürren Schmidt und den bien Kü- 
fer zu bewegen, auf einige Zage die Kranken zu fpielen, 
Allein, 0 Misgeſchick! der Verwalter hat die Weberfchrif: 
ten der Krankenzimmer nicht behalten und den duͤrren 
Schmidt in die Abtheilung für Mafferfüchtige, ben 
dicken Küfter aber in das Zimmer für Schwindfüchtige 
geitedt. — Ungeheueres Gelächter! — Diefe Satire ift 
koͤſtlich und ergöglich; grade fo begibt «8 ſich ba, wo Se: 
der bemüht ift, der Megierung zu Gefallen zu leben, un: 
bekuͤmmert um ben Geift ihrer Anordnungen ynd gleich: 
gültig gegen die Sache felbft, wenn nur bie Form er: 
fuͤllt iſt. Von den politifhen Anfichten des Verf, welche 
den gründlichen und unbefangenen Gefchichtsforfcher ver: 


Große Noth — bis es end: 


Elinden, gäben wir gern eingelne Proben, wenn der Raum 
dies geftattete. Ein Mal läßt er eine feiner - Perfonen 
fagen: „Welche ungeheuere Verantwortlichkeit hat dieſer 
Mann (Napoleon) auf ſich geladen dadurch, daß er das 


liebenswürdigfte und hochherzigſte Volt Europas zu einen 
Gegenftand europäifhen Haſſes gemacht hatı“ Win, ang 


beres Mal: „Iſt es uns nur möglich, gelaffen auf diefe 
Nation zu bliden? Ja! Wer nie in Frankreich war, ber 
freilich kann die Franzoſen kaum beurtheilen. Niemand 
kann angenehmer, dienflfertiger, liebenswuüͤrdiger fein, als 
der Franzoſe bei fich iſt; überfchreitet er die Grenzen 
Frankreichs, fo wird er ein anderer Menſch; Alles fcheint 
ihm veraͤchtlich, Barbarei, Geſchmackloſigkeit, Unwiſſenheit. 
Aber ſelbſt in dieſem laͤcherlichen Urtheil ſpricht ſich ein 
edles Gefuͤhl aus: unbegrenzte Liebe zum Vaterland; und 
die bekannte Antwort eines Franzoſen auf die Frage, was 
er für ein Landsmann ſei: „er babe die Ehre, ein Fran⸗ 
zofe zu fein”, ift nicht gascognifche Großſprecherei, fondern 
der wahre Ausbrud der Gefühle feines ganzen Volkes“ 
Das prophetifche Wort, das biefem Geſpraͤche folgt, iſt 
äußert geiſtvoll. ’ 

Mertwürdig ift e8, daß, während ber Werf. uns alle 
Stände und ihre Theilnahme an bem großen Volkskrieg 
fhildert, von den Prieſtern fo gut wie gar nicht bie 
Rede iſt; Beweis genug, wie einflußlos und unbedeutend 
bie Kirche in Rußland bafteht, und wie falſch die Berichte 
find, welche bei dieſem Anlaß von dem religiöfen Fana⸗ 
tismus der Rufſen gerebet haben. 

Unterdeß ſind dieſe liebenswuͤrdigen Gaͤſte im Anfang 
bes zweiten Theils in Moskau eingszogen, deſſen Be⸗ 
wohner bei ihrem ruhigen Abzuge ganz gelaſſen ihre Häus 
fee in Brand geftedt haben. - Nun beginnen die Bilder 
ber Zerſtoͤrung und eines Untergangs, einer Volksrache 
ohne leihen, eines Sammer, den die Gefchichte nur 
Ein Mat kennt. Wir erfparen dem Lefer diefe erfchüts 
ternden Bilder, fie find mit Meifterhand gemalt. Un⸗ 
fere Bekannten treffen toir in andern Verhaͤltniſſen alle 
wieder. Der „Wortkarge“ ift ein furchtbarer Partifan, 
ber die Gefangenen zu Hunderten ruhig todtfchlagen 
läßt. Ilmonew, Iſchorski, Labufchin, jene luſtigen Ders 
ven vom Landabel, find Landfiurmoffijiere, jeder in ſei⸗ 
nem Charakter; Roßlawlew ift ein ebeimlthiger Held, 
Sarjegti ein tapferer Offizier. Die Glut aber in den 
Gemälden des Ruͤckzugs und ber Verfolgung ift un 
nachahmlich, und an Mannichfaltigkeit tft der Verf. dem 
des „Alonzo“ mindeftene gleich, wie er und denn auch 
durch die Scnm im franzoͤſiſchen Felblager und durdy 
den Reichthum an franzöfifchen Charakteren nicht wenig 
überrafcht hat. Die Franzoſen haben nun Rußland ver= 
lafien, die Scene endet mit der Eroberung von Danzig, 
wo Pauline als Gattin des franzöfifchen Oberften Sent- 
cour geftorben iſt. Roßlawlew empfängt ihren Sterbe⸗ 
gruß, und wir finden ihn ſechs Jahre fpäter an Olga's 


Seite glüdlicy im befreiten Vaterlande wieder. 


Hiermit ſchließen wir die Anzeige von diefem Werke, 
das uns die innigfle Theilnahme und eine aufrichtige 
Achtung für den hochbegabten: Verf. abgewonnen bat. Er 


) 





" gelefen kaffen ann. 


- 434 


iſt vom Anfang bis zu Ende ein echter Ruffe und noch ' 
dazu ein Sohn der voeißfteinigen und heiligen Moskau, 
- -im Allem, was dem Urtheil angehört; im bichterifchen 


Geift und an Geſchmack aber iſt er einer der gebildetſten 
Europäer. Wir meſſen feinem Were einem bebeutenden 
Kmſtwerth bei; allein, wichtiger noch als biefer iſt uns 
der hiſtoriſche Werth deſſelben, und wir find völlig ber 
Meinung, dag Niemand, ber den Feldzug von 1812 ganz 
begreifen und recht verfichen wid, den „Roßlamlew‘’ uns 
Wenigftens haben wir erſt in ibm 
ben Schlüffel zu dem Geheimniß gefunden, weldyes ein 
fo flaunenswürdiger Umſchwung ber Dinge flets mitſich⸗ 
führt. Fuͤr dieſe biftorifche Erleuchtung jener dunfeln 
Scene ift dem Verf. ganz Europa zu Dank verpflichtet. 
Was die Ueberfegung betrifft, fo tft biefe eines fo 
ſchaͤzbaren Werkes volltommen würdig. Der Ueberfeger 
folgt mit großer Leichtigkeit den mannichfaltigen und wechſel⸗ 
vollen Stolweiſen des Verf. und bat feine Tebenvolle, kurze 
und inhaltreiche Schreibart ganz in fih aufgenommen. 
Seine Sprachgewandtheit läßt nichts zu mwünfchen übrig, 
md es iſt anerkennenswerth, daß dieſe trefflihe Ar: 
beit in fo fähige Hände gefallen iſt, wie nicht immer 
geſchieht. 106. 


Mittheilungen über Griechenland. 
(Bortfegung aus Nr. 108.) 

Nur ein Weg führt aus der Ebene von Marathon in das 
nörbliche Thal, zwiſchen dem Stavrokoraki und den Sumpfe; 
es ift fo niedrig und fchmal, daß er jest an mehren Stellen 
überfchwenmt war und wir zur Geite über die Marmorfelfen 
klettern mußten. Auf ber Mitte diefed Weges ſprudelt die oben- 
erwähnte flarfe Quelle hart unter bemfelben hervor. Sie ift 
nach Leafe (‚On the demi”, ©. 57) bie Makaria des Strabon 
unb Pauſanias, und ih muß ihm darin -beiflimmen. Nach der 
Gtelle des Strabon (©. 377), welche nicht wol eine andere 
Emendation zuzulaffen ſcheint, als bie ber franzöfifchen Ueberfes 
ger, bat man Trikoͤrythos und bie. Duelle Malaria nicht weit 
voneinander zu fuchen; nun lag aber Trikorythos, aus ber 
Kolge ber Ortsnamen bei Gtrabon und aus dem Umflande, daß 
es von Müden fehr beläfligt war, zu fchließen, jedenfalls in ter 
nördlichen Thalhälfte und nicht weit von dem Sumpfe: und in 
diefer ganzen Gegend ift Feine andere ausgezeihnete Duelle zu 
finden. Zugleich haben wir bier, über bie Quelle binleitend, den 
Fahrweg (Auasıros), unter welchem das Haupt bes Gurpfiheus 
begraben wurde; und ſonach bürfte die hiernach benannte Gtelle 


malen, mit Pinien bewadienen Sandruͤcken vom Meere ger 
ſchieden. Gin Leichtgerüftefer Dann Tann andy Aber diefen, über 
den Bach, durch ben das Waffer ber Sümpfe ind Meer aus⸗ 
füeßt, und weiter am Abhange des Bergs von Drokonera Hin 
in das Thal von Trikoͤrythos gelangen; allein der Umweg ift 
fe groß und der Pfab fo beſchwerlich, daß cr ats B:rbindungs- 
weg gar nicht in Betracht kommt. . | 
Kehren wir nun zu der größern fuͤdlichen Thalkifte, der 
eigentlichen Ebene. von Marathon, mit ihren beiden nach We—⸗ 
fien vorgeſtreckten, durch den Kotröni geſchiedenen Armen zu: 
rüd. Sie wird von dem Fluſſe durchfchnitten, der aber feine 
natürliche Grenze bildet, da er einen feſten Boden und feidft 


im Winter kaum ein bis zwei Schuh Waffer bat, fodaß Reuter 


Eigvod£us xegaln (Haupt des Euryſtheus) entweder bei der 


Quelle felbft, ober zwiſchen diefer und den Ruinen von Zrilos 


rythos anzufeßen fein. Diefer auf Strabon gegründete Schluß 
wi:d durch Pauſanias beftätigt. Er Ipricht zuerft von der Ma⸗ 
te:ia, dann von dem Sumpfe, in welchen die flichenden Perfer 
fieien, hierauf von dem „von ber Ebene ziemlich weit entfernten’' 
Berge bed Pan und. ber ſehenswerthen Grotte in bemfelben. 
Nehmen wir nun einmal mit Krufe und ber Mehrzahl der Reis 
fenden an, baß jene mit einer Marmornifche eingefaßte Quelle 
die Malaria fei, ſo müffen wir dem Paufanias, ber freilich lei: 
der zumeilen verwirrt befchreibt, hier doch einen gar zu argen 
und durchaus nicht motivirten Sprung beimeffen: von ber Quelle 
an den über eine halbe Stunde entfernten Eumpf, und von hier 
wieber zurüd zu der Grotte unmittelbar über der Quelle; waͤh⸗ 
renb bei ber andern Annahme Alles bei Pauſanias natürlich au 
einander folgt. j 

Die Sumpfgegenb von Dralonera ift im Oſten durch einen 


und Fußvolk ihn bis hart an feine Mündung ohne Aufenthalt 
paffiren fönnen. Das jettt trodene Bette eines Gießbachs bei 
Brands habe ich fehon oben erwähnt. Gin drittes Baͤchlein 
entfpringt am oͤſtlichen Zube des Argalili, verwandelt ben etwa 
1000 Schritte langen Raum zwifcen diefem Berge und der 
See in einen Sumpf mit moraftigem Boden, bildet hart vor 
feiner Dündung ein gegen 150 Schritte langes und breites Zn: 
ſeichen und fäut dann .ins Meer. Diefe ſuͤdliche Sumpfgegend 
heißt Zuloxeuaon. Die ganze bene ift jest nur unter vier 
oder fünf Beſiger vertheilt: das Kiofter Afomatos (Peträti) bei 
Athen, das Kloſter des h. Georgios in Brands und einige 
Private. Gie ernährt, nach ber Angabe der Bauern, nur ge: 
gen 800 Erwachſene, Maͤnner und Weiber, ohne bie Kinder; 
und fie’ Eönnte in zwei Jahren bad Zehnfache ernähren. Die 
Bevdikerung beftcht aus lauter Albanefen ; die griechifchen Grund: 
eigenthümer leben in der Stadt. Der Boten der Ebene ift ein 
roͤthliches, ziemlich fettes Erdreich, zu jeder Art von Gultur 
trefflich geeignet und unftreitig ber befte Fleck Landes in ganz 
Attila. Jedoch ift das Thal, wegen feiner niedrigen Lage, ſehr 
ungefund. Eo if ein Jammer, bie Verwahrloſung diefes Bor 
dens zu fehen, woran hauptſaͤchlich das heillofe Verpachtungs⸗ 
foftem , welches in Griechenland herrſcht, Schuld if. Der Ei⸗ 
genthämer theilt den Ertrag bes Grundftüdd nach einem feft: 
gefegten Werhättniffe mir feinem Pädhters daher ſich beite ge: 
genfeitig xolAfyag (collega) nennen. Jener gibt den Acer, 
dad Getreide zur Ausfaat, die Ochſen, Schafe, Geräthfchaften 
u. f. w. her; der Kolligas die Arbeit. Nicht felten fuchen fich 
beite einander zu Üübervortheilen, ober fürchten bies wenigſtens 
gegenfeitig. Daher verwendet keiner einen Par& auf die Ver: 
befferung des Grundſtuͤcks, wozu dem Pächter ohnehin gewoͤhn⸗ 
lich alle Mittel fehlen. Der Eigenthuͤmer ift "zufrieden, wenn. 
fein Kolligas ihm nur nicht weniger liefert als ber frühere; 
der Kolligas, wenn er mit feiner Bamilie einen nothdürftigen 
Unterhalt gewinnt. An Düngung, verftändigen Fruchtwechſel 
u. f. w. wird gar nicht gedacht. So ſcharrt denn ber indolente 
Albanefe mit feinem Paar Ochſen und dem uralten, vorhomeri: 
fen Pfluge (mein englifher Freund nennt ihn gar den ante: 
diluvianifchen) Jahr aus Jahr ein die Oberfläche des Ackers 
kaum ein Paar Zoll tief auf; und da bie Difteln und Steine _ 
ihm nicht von felbft aus dem Wege gehen, fo gebt er ihnen 
bebächtig aus dem Wege. In dies Gemühl von Difteln und 
‚Unfraut fäet ex dann unreines Saatkorn, erntet Getreide, Dir 
flein und Unkraut, läßt es von ben Hufen feiner Gfel auf ei- 
ner Zenne im Freien austreten, und ißt und verfauft Getreide, 
Koth, Sand und Steine in buntem Gemiſch. Das ift der heu: 
tige Aderbau Griechenlands, — Die Alten rühmen Marathoͤn 
als reich an Wein und Del. Weingärten mögen vor bem Kriege 
in dem nördlidgen Thalarme etliche geweſen fein; Delbäume gab 
es auch damals nicht, obgleich es ſehr vortheilhaft wäre, bie 
ganze Ebene mit Delbäumen zu bepflanzen, um durch ben 
Schatten derſelben den Aedern im Sommer mehr Feuchtigkeit 
zu erhalten. Statt beffen kaufen bie Mauern ihren Bedarf an 
Del in der acht Stunden entfernten Stadt. Einige Keigenbäume 
bei Marathon und an ben Ufern bes Heinen Baches bei Dinde 
ausgenommen, ift jett die bene ganz baumleer. Um endlich 
den umgebenden Bergen, fo weit fie Ziegen und Schafen zu- 


x 


432 - 


ängl d, jebe Möglichkeit zu benehmen, ſich nad und nach 
en unterhalten He ein bie Srundbefiger fetbft bes 


trädytliche Deerden, ſondern vermietben im Winter auch ben 


nomabificenden Wlachen bie Erlaubniß, ihre Heerden ins Thal 
zu treiben. Wir fanden am Abhange bes Kotrönt und des 
Fietegen zwei Lager der Wlachen, jedes von 15 — 20 
tten. * v ' 
Alte Reſte finden ſich an verfchiedenen Orten. Bon ben 


Ruinen von Trikorythos und bei Dinde habe ich bereits gefpros . 


hen. Bei Brands find nur wenige Fundamente zu extennen. 
Doc ift es fehr wahrfcheinlich, dab das Klofter und die Kirche 
bes h. Georgios am Abbange des Aphorismds unmittelbar über 
dem Dorfe die Stelle eines alten Heiligthums einnehmen. Ich 
fand vor der. Kirche drei Säulenbafen von verſchiedener Größe 
und einige andere Marmorreſte. Vielleicht fand bier das De: 
roon des Heros Marathos. Zehn Minuten weiter oͤſtlich am 
Buße des Argalili, da, wo ein Eleiner Gießbach (jegt trocken) 
aus einer Schlucht bes Berges hervorkommt, tft eine flumpfe 
Erhöhung, mit Spuren alter Terraffen und mit einer Menge 
zertrümmerter Marmorbiöde überfät. Leale fest hier das He: 
rakleion an; aber für ein einzelnes Heiligthum ift die Menge 
der Trümmer zu groß, und da berfelbe wadere Forſcher durch 
verfchiedene Gründe es höchft wahrfcheinlich macht, daß ber alte 
Demos Marathon nicht an der Stelle des heutigen gleichnamis 
gen Dorfes gelegen war, und andererfeits bei Vranäs, wohin 
er es verſetzt, die Ruinen nicht bedeutend genug find, glaube 
ih, daB Marathon hier anzufegen fei. Bu Leake's GSruͤnden 
(die Sie felbft nadjlefen koͤnnen) gegen bie Identitaͤt des Dor⸗ 
fe8 Marathon mit bem Demos füge ih noch hinzu: die allzu 
große Nähe von Dimde und bie eingefchloffene Lage bes Dorfes 
in einer Biegung bed engen noͤrdlichen Thalarmes, von wo aus 
man bie große Ebene gar nicht erblidt; während es hoͤchſt 
wahrfcheintich ift, daß die Stadt, bie dem ganzen Thale ben 
Namen gab, in ber Mitte deffelben auf einem bie Ebene übers 
fdauenden Punkte gelegen war. 

Ale übrigen alten Reſte finden fich in dem fübdftlichen 
Viertel der großen Ebene, um ben. Grabhügel ber gefalle 
nen Athenaier ber, und auf dem JInſelchen, welches in der 
Mündung bes kleinern Sumpfes liegt. Der Grabhuͤgel ber 
192 Zapfern (von den Gingeborenen © owpos genannt) er: 
hebt fig wie ein ſtumpfer Kegel, etwa 30 Schuh body, mitten 
aus der ebenen Fläche, auf den erften Blick ale ein Werk ber 
Kunft zu erfennen. Gr befteht aus berfelben röthlichen Erbe, 
wie die Ebene, bie, nachdem fie einmal feft geworben war, in 
diefem trodenen Klima leicht mehr al& zwei Zahrtaufende den 
herbſtlichen Regen trogen konnte. Er ift, von ber Weſtſeite 
ber, bie auf die Mitte geöffnet (durch Fauriel und Andere); 
doch hatten die Nachgrabenden Ehrfurdt genug vor bem Alter: 
thum, oder Scheu vor tem Zabel der Nachwelt, um ben Bügel 


*) Diefe Wlahen (Blayos oder in ber Hulgairen Pluraldform 
Bioxıdes) find feit dem Mittelalter in Griechenland einheimifch. 
Sie führen ein Nomabenleben, wie bie Lappen Normegend unb 
Schwebens , find nicht civilifirter als diefe, verachten ben Ader: 
bau und preifen nur den Hirtenſtand glüdlih. Ihre Schaf: und 
Biegenheerben find ihr einziger Beſitz; ihr Fleiſch und ihre Milch 
ernährt fie; aus Ihrer Wolle, ihren Bellen, Hörnern und Knochen 
machen fle ihre Kleider und Geraͤthe. Außerdem befigen fie nur brei 
bi vier metallene Keffel, zum Melken ihres Viehes, ſowie um bie 
Milch zu kochen und Kaͤſe zu bereiten, und ſechs bis acht Belt: 
fangen. Im Sommer ziehen fie fi auf die hoͤchſten Gebirge zu⸗ 
ruͤck, namentlid) auf ben Pinbus und Dita an der Grenze Theflas 
liens ; im Winter fteigen fie in die Ebene Boiotiend und Attila 
herunter, miethen Weideland gegen einen Tribut von Gelb, Laͤm⸗ 
mern und Wolle, richten ihre Zeltſtangen auf und bebeden fie mit 
Zellen, Zichtenzweigen und Erbe. Ein foldes Belt (xaAufı) 
aleiht volllommen den Hütten ber Wilden. Es ift rund, bat 
10-12 Schuh im Durdymeffer und ebenfo viel Döhe und dient eis 
ner ganzen Bamilie zum Obdach. 


_ Medigixt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: 


nicht ganz zu durchſchmeiden, ſodaß er, nach feinen übrigen 
Größenverhältniffen zu urtheilen, an Höhe wenig ober gar nichts 
eingebüßt hat. Auch drangen fie nicht kief genug ein, um bie 
Afche der Helden in ihrem Gchlummer zu flören. — Won bem 
Hügel der Plätaier und Sklaven fand ich Feine Spur. 

Mehre Hundert Gcheitte nordweſtlich vom Soroͤs find rin 
paar Kaufen son Marmortrümmern; in einem derſelben Liegt 
ein kleiner, zwei Schuh hoher Altar von ziemlich fpäter Arbeit, 
und bei einem andern fieht man noch ein. wohlerhaltenes vier 
ediges Bundament aus Marmorquadern. Es beißt bei den Ein 
gebornen ber Thurm (nuoyos) und gilt für das Monument 
des Miltiades, könnte aber auch wol dad Tponaov Addou 
4euxod bed Paufanias fein. Die Übrigen ſcheint Krufe für Grab⸗ 
monumente ber Phylen zu halten, was aber nad Paufanias 
nicht zuläffig ift, welcher fagt, dab die Namensverzeichniſſe der 


aus jeder Phyle Gebliebenen auf oder an dem großen Grab: 


bügel waren. 

Suͤdlich vom Gorös, gegen den Argaliti hin, find wieber 
fünf bis ſechs ähnliche Truͤmmerhaufen; unter ihnen ein ziem⸗ 
lich großes vierediges Fundament, mit unfenntlihen Saͤulen⸗ 
reften und einigen Bragmenten architeftonifcher Ornamente von 


ber ionifhen Ordnung. Stand hier nielleicht ein Heroon der 


gefallenen Krieger ? Leake nennt die Stelle Wälari und vers 
muthet aus ber Uebereinftimmung des Accents, daß biefe Rui⸗ 
nen zu Probälincho® gehören. Die Uebereinfiimmung des Ac⸗ 
cents ift allerdings ein wichtiges Moment bei der Frage nad 
ber Identität alter und neuer Namen; allein mir nannten ver: 
ſchiedene Individuen den Ort Valari oder Valaria, wodurch 
jener Grund ganz wegfaͤllt. Auch ſtimmt es nicht mit der Weiſe 
der alten Athenaier, einen ganzen Demos auf Koſten des ihnen 
ſo kaͤrglich zugemeſſenen Ackerlandes mitten in eine fruchtbare 
Ebene zu bauen. Daher, und nad ber Folge ber Ortönamen 
bei Strabon, ift ProbAlinthos mit größerer Wahrfcheinlichkeit 
füblih von dem Heinen Sumpfe an den Zuß der Berge zu fegen. 

Die legten alten Reſte finden ſich ſuͤdoͤſtlich vom Gorss 
auf bem mehrfach, erwähnten Infelhen: Bundamente aus ge 
waltigen Marmorblöden, ein paar Keine, Brabhügeln ähnliche 
Erhöhungen und fieben ober acht kleine Saͤulen aus grünlic« 
grauem geftzeiften Marmor, demnach ausländifch und aus fpä- 
terer Zeit. 

(Die Vortfegung folgt.) 


Literarifhe Notizen. 

Der Derausgeber der „„M&moires de Bourrienne” — ers 
zähle die „Revue de Paris” — eigentlih nur im Befit von 
Danufcript zu vier Bänden, hatte dem Yublicum ſechs verfpros 
hen und mußte bemnach wenigftens zwölf liefern. Da ibm an 
einem Bande ein paar Bogen fehlten, erinnerte er ſich, daß 
Napoleon gern düftere Gefchichten erzählte; eine englifche Zeits 
ſchrift enthielt eine dergleichen, fie wurde überfegt, Napoleon 
zugeſchrieben, und man leſe „Giulio““, um zu erfahren, wie vor: 
trefflih er Engliſch verſtand. Als B.’6 Memoiren befannt wur: 
den, pries bie englifche Kritit Rapoleon’s Graählertalgnt, „ Giulio”’ 


| wurde eifigft zurücdüberfegt, und — fo fhreibt man Geſchichte — 


in Frankreich, ſetzen wir hinzu. 


Bon ber, mit dem bereits ins Deutſche uͤberſezten ‚Lit de 
camp” (f. Rr. 40 d. Di.) begonnenen: neuen Galerie von 
Kriegdfcenen find wieder zwei Bände erfchienen, die in Paris 
viel Beifall- finden. Ä . 


Beranger befehäftigt fich mit einer „Biographie politique”. 


In London ift eine neue Ueberfegung von Göthe’s „Kauft“ 
erſchienen. Sie ift in Profa und mit Anmerkungen, „adäpted 
for the use of critical students of the german language”, 
begleitet. 8. 





8.4. Brodpaudin Leipzig. 





Blätter 


für ’ 


literariſche Unterhaltung, 





Dienflag, 


— Sir. 106. — 


16. April 1833, 





Verſuch über die Bedeutung der ‚Drovinzialftände,, mit 
befonderer Beziehung auf den dänifchen Staat. I. Von 
den preußifchen Provinzialfiänden. Vom Spuvitue 
Klenze. Altona, Aue 1832. Gr. 8. 1 Thlr. 
12 Gr. 

Dee Verf. dieſer Schrift gehört zu denjenigen Män- 
nern, welche mit reblichem Streben gründliche wiſſenſchaft⸗ 
liche Bildung und geprüfte Gefchaftserfahrung verbinden. 
Unfer Vaterland kann fi) Gluͤck wuͤnſchen, daß es vor 
vielen andern Ländern reich ift an folhen Männern. 
Wenn fie ihre Stimme über öffentliche Angelegenheiten 
erheben, fo find es nicht unlautere Beweggründe, nicht 
Parteiſucht, nicht Eitelkeit, welche fie dazu treibt, es ift 
der innere Drang, das Ergebniß ihres Forſchens der Mit: 
welt zur Prüfung vorzulegen, es ift die Ueberzeugung von 
der heiligen Pflicht des münbdigen Staatsbürgers, bei den 
voihtigen Fragen, von denen dad Wohl des‘ Staats ab: 
hängs, nicht indolent zu fchweigen, fondern Das, was 
man für heilfam und wahr erkannt hat, sffen und feet 
auszufprechen. Se weniges e8 uns von jeher an foldyen 
Männern gefehlt hat, um fo mehr ift es zu verwundern, 
daß unfere Staatseinrichtungen in vielen Beziehungen fi ic) 
noch fo wenig dem Sdeale der Vernunftmaͤßigkeit gend= 
hert ‚haben, daß von alle Dem, was ſchon fo oft auf das 
gründlichfte und einleuchtenbfte ale unabmeisbare Fode⸗ 
rung der fortgefchrittenen Zeit dargethan worden ift, noch) 


- fo wenig feine Verwirklichung gefunden hat, daß wir die: 


fes Menige aber mehr den Zeitumfländen und den unge: 
ſtum Fodernden als den befcheiden Bittenden und den 
gründlich Beweifenden zu verdanken haben. Die neueſte 
Zeit „hat dafuͤr reichlihe Belege geliefert. Noch immer 
wird eine Nation, welcher das Prafidbium des deutfchen 
Bundes felbft das Zeugniß ausſtellen muß, „daß fie durch 


‚edeln. Charakter und tiefen Sinn, wie durch Achtung für 


gefegliche. Ordnung und Anhänglichkeit an ihre Fuͤrſten in 
„den entſcheidendſten Momenten der vollen Bewunderung 
Europas würdig geblieben iſt“, durch. eben den Beſchluß 
ihren, Fürften, -in welchem ihr dies ehrenvolle Zeugniß ges 
geben wird, einer Bevormundung, bie Vertreter ders 
felben einer Auffiht unterworfen und das freie Wort in 
Feſſeln gelegt. Mährend ein aufbraufendes, zu. Verän- 
derungen geneigted® Nachbarvolk im vollen Beſitze des 
Rechts der freien Meinungsiußerung ſich befindet, ent: 


zieht man dem bedaͤchtigen und treuen Deutſchen Das, 
was eine nothwendige Folge der Anerkennung der Men: 
Ihenwürde if. — — — — — — — 


Wenn wir daher dem redlichen Streben des Verf. 
und ſeiner gruͤndlichen ſtaatswiſſenſchaftlichen Bildung ge⸗ 
rechte Anerkennung nicht verſagen koͤnnen, ſo hat uns 
doch nicht ſelten bei Leſung feiner Schrift ſchmerzliches 
Bedauern umd leiſes Achſelzucen uͤber den guten Glauben 
und, wenn wir ſo ſagen duͤrfen, ohne misverſtanden zu 
werden, uͤber das Uebermaß von Beſcheidenheit deſſelben 
beſchlichen. Er gibt ſich unſagliche Mühe, ein Gebaͤude 


aufzufuͤhren, welches jeden Augenblick durch einen Made 


ſpruch wieder zertrümmert werden kann, und das ge 


die Stuͤrme der Willkür fo wenig Schug barbietet. Me 


meinen Provinzialftände nad Art der preußiichen. Wie 
der Derf. diefe Schattenvertretung,, deren Nuslofigkeit, ja 
nicht felten den liberalen Anfi hten der Regierung entge: 
genſtrebende Wirkſamkeit eine Reihe von Jahren zut Ge⸗ 
nuͤge gezeigt hat, und neben welcher das unumſchraͤnkteſte 
Cabinetsregiment ungeſtoͤrt geuͤbt werden kann, noch als 
Muſter aufſtellen kann, laͤßt ſich nur daraus erklaͤren, daß 
ihm vielleicht die Ueberzeugung innewohnt, daß ein Meh⸗ 
res ſeinem Vaterlande vor der Hand nicht zugeſtanden, 
dieſes Wenige aber doch immer noch dem unumſchraͤnkten 
Koͤnigthume vorzuziehen ſei, da es wenigſtens · den Weg 
zu etwas Beſſerm bahne. Auch dürfen wir nicht vers 
ſchweigen, daB der Verf. zur Vollendung feines Syſtems 
Reichsſtaͤnde fuͤr erfoderlich haͤlt und vorausſetzt, daß man 
nicht durch bloße Ertheilung von Provinzialſtaͤnden das 
Volk taͤuſchen wolle. Abgeſehen von dieſer Grundverſchie⸗ 
denheit unſerer Anſichten, da wir mindeſtens in kleinen 
und mittlern Staaten Provinzialſtaͤnde fuͤr ganz uͤberfluͤſ⸗ 
ſig halten, auf Landſtaͤnde aber, mit Wirkſamkeit und 
Bedeutung ſichernden Rechten vor Allem bringen zu müf: 
fen glauben, koͤnnen wir der erfchöpfenden Behandlungs: 
art, die der Verf. feinem Stoffe widmet, unfere Aner: 
tennung nicht verfagen. Er bat uns bis jest nur ben 
Plan des Ganzen und blos dad Mittelglied in ber Aus⸗ 
führung gegeben... Sein Werk über die Bedeutung der 
Provinzialftände fol nämlih in drei Theile zerfallen. 
Der erſte Theil fol die Grundzüge ded Staats‘ entwideln, 











- 434 ‘ 


wohin der Verf. das monarchiſche Syſtem im Gegenſatz 
mit dem demokratiſchen, bie Nothwendigkeit ber conflitus 
tionnellen Monarchie, den Begriff und die Abflufung ber 
repräfentativen Verfgſſung, das materielle, das geiftige und 
das vermittelnde Princip und die Verwirklichung des ver: 
mittelnden Principe im Staate und in der Kirche, ſowie 
das Verhaͤltniß beider zueinander rechnet. Er ift babel 
von der richtigen Anfiht ausgegangen, daß es nur eine 


und zwar einfache Wahrheit geben Eönne, daß es nur: 


darauf ankomme, biefe auf dem natütlihen Wege zu fin: 
den, und daß das Kriterium ber Wahrheit darin befteben 
müffe, daß fie von Jedem auf den erften Blick erkannt 
und gleihfam als eine alte Bertraute wieder begrüßt mer: 
den müfle. Der zweite Theil fol dann die Bedeutung 
der berathenden Provinzialftände im Allgemeinen und be 
fonders für ben preußifhen Staat barftellen, und ber 
deitte Theil bie Anwendung der preußifhen Provinzial: 
ftände auf den dänifhen Staat beurtbeilen. Berfchiedene 


Grunde haben den Verf. bewogen, den erften Theil feines - 


Werkes noch zurkdzuhalten und gleich mit dem zweiten 
zu beginnen. Es würde nun freilich zum Verftändniß des 
Ganzen beimeltem dienlicher fein, wenn man ſich zuvor 
mit den Grundprincipien genauer befannt machen koͤnnte, 
von welchen ber Verf. ausgegangen Ifl. Er bat indeß, 
um jeden Theil als ein für fich beftehendes Ganze er: 
fcheinen zu laflen, fo weit er es für nöthig gehalten, bie 
allgemeinen Grundſaͤtze eingefchattet. 

Der zweite Theil nun bes wohlangelegten Ganzen, 
welcher uns hier zur Beurtheilung vorliegt, zerfällt in zwei 
Abfchnitte, wovon ber erfte die gefchichtlichen Grundlagen 
des preußifchen Staats überhaupt, der zweite aber bie 
preußifche Provinzialverfaffung,, insbefondere bie Provin⸗ 
zial⸗ und Kreieftände einer nähern Betrachtung unterwirft. 

Der Verf. „wagt zu behaupten”, wie er fich felbit 
(&. 5) ausdruͤckt, daß Preußen von der Vorſehung dazu 
beſtimmt fei, das politifche Bindungsmittel zu werden, fo= 
wol für Deutfchland überhaupt als auch für den Welten 
und. Dften von Europa, daß es bie weiſe Marime der 
Verwaltung erhalten und näher befefligen werde: durch) 

. allmäliges Zurüddrängen des materiellen Principe und 
duch fucceffive Ausbildung des geiftigen, die fiufenmweife 
Entwidelung des eignen Staats, und mittels nothwendi: 
ger Einwirkung auch ber andern Staaten zur Einheit zu 
befördern. (Auf das „Geſetz der Einheit” als allgemein: 
gültige Naturgefeg bafirt ber Verf. feine Betrachtun⸗ 

gen.) Er fahr ferner im erſten Abſchnitt dieſes Theile 
(S. 3— 161), in welchen er zuerft die allgemeine poli: 

‘tifche Beſtimmung bes preußifchen Staats (S. 6— 27), 
und fodann die innere Organifation defjelben (S. 27—161) 
abhandelt, zu zeigen, daB Preußen, welches zur Zeit der 
kirchlichen Reformation die materielle Schugmadht berfel: 
ben abgegeben, 150 Jahre fpäter, nachdem ein erneuter 
Kampf des Lichts gegen bie Finfterniß mittels der poli: 
tifchen Reformation begonnen, feine Rolle gewechfelt und 
als Schutzmacht für die politiſche Reformation aufgetreten 
fl. Zum Beweiſe diefer Behauptung nimmt der Verf. 
feine Zuflucht zu einer, an die Grenzen bes Myſticismus 


* 


ſtreifenden Debuction bes geiſtigen, materiellen und vermit⸗ 
telnden Principe überhaupt und in feiner Anmwenbung auf 
Preußen. Wir theilen diefelbe, als rein aus ben eigens 
thuͤmlichen Anfichten des Verf. hervorgegangen und feine 
Arbeit am beften charakteriſirend, hier mit: 


So erſcheinen denn bie drei großen Berhaͤltniſſe des mora⸗ 
liſchen Seins, welche nicht verleugnet werben fönnen, und bie 
wir mit dem Namen ber Principe bezeichnen: das geiftige, daß 
materielle und das vermitteinde Princip. Das letzte verbinbet 
und vermittelt in ſich nicht nur das geiftige mit dem materiel- 
len Princip und bie feindlichen und zerflörenden Kräfte des 
materiellen Principe im Werhältniß zueinander, fonbsen es iſt 
auch ber Gegenftand, auf weldyen beide, bas materielle und das 

‚geiftige Princip, fortwährend einwirken, und welches wiederum 
“auf jene einwirkt. Der Zweck des vermittelnden Principe {ft 
aber, bie Herrſchaft bes geiftigen Principe allmälig zu befärs 
bern, und beshalb if es im Berhaͤltniß zu diefem untergeorbnet, 
im Verhaͤltniß zu dem materiellen Princip aber herrſchend. Es 
bat das vermittelnde Princip daher eine boppelte Richtung, die 
reinmaterielle und bie gemiſchte. Da indeß biefer Unterſchied 
nur bei den roheften Völkern getrennt zur Grfcheinung kommen 
wird, weil das geiftige Princip im Staate fowol als im ein: 
zelnen Menſchen größtentheild mit dem materiellen ſchon für 
immer, wenn auch in großer Ungleichheit verbunden ift, fo braucht 
nur auf die verfchiedene Art ber Verbindung biefer beiben in 
dem vermittelndben Bubftrate bes Staats bie Aufmerſamkeit ger 
lenkt zu werben. (&. 17.) | 

Welcher ift aber der vermittelnde Staat? Wer wollte ſich 
bedenken, Preußen, zu antworten. Preußen iſt zum vermitteln- 
ben Staate neu gebildet von ber Vorſehung, zu berfelden Zeit, 
als die Entwidelung ber religidfen Freiheit begann; es wurbe 
verfehen mit einer Reihe ſtarker Fuͤrſten, erhoben zu einer gros 
Ben materiellen Macht und zufammengefest aus biedern, kraͤf⸗ 
tigen, ernfthaften und aufgeklärten Wölkerfchaften. (S. 20.) 

Die menſchliche Schwaͤche und Unpolllommenpeit fidherte 
und ſichert audy ferner nicht vor einzelnen Wisgriffen; aber if 
Dreußen wirklich der hohen Beflimmung gewidmet, welche wir 
angebeutet haben, fo wird ihm bie Vorſehung auch wie bisher 
weife und gute Herrſcher und Leiter geben, welche jeben aus 
Irrthum und Gelbftfucht . entfpringenden, verberblicdhen Wider⸗ 
fand ſcheuen unb bie wahre Peftigleit und Begründung bes 
Staats in ber ftufenweifen Annäherung zur politifchen und re 
ligiöfen Kreiheit des Volks ſuchen und finden, bie babei zugleich 
erkennen werben, wie e8 namentlich in bee letzten Zeit die größ: 
ten Diplomaten haben erfennen muͤſſen, daß bie kluͤgſten Goms 
binationen durdy den reißenden Lauf der Begebenheiten zertrüms 
mert werden, unb baß nur ber Staatsmann gluͤcklich in feinen 
Berechnungen iſt, welcher das Weſen des Zeitgeiftes erkannt bat 
und ihn nicht hemmt, fondern leitet. (&. 27.) 

Ob dies zu "den preußifchen Regierungsmarimen ge: 
hört, und welchen Weg von ben beiden in ben legten 
Morten angedeuteten dieſer Staat jüngft eingefchlagen, 
als es galt, ben neu erwachten Zeitgeiſt anzuführen, über- 
laffen wir bee eiguen Beurtheilung des Lefers. So viel 
ſcheint uns indeß gewiß, daß durch obige Deduction ber 
Beweis, daB Preußen als Schugmacht ber politifchen Re: 
formation in neueften Zelten aufgetreten ſei, nicht gefuͤhrt 
worden iſt. Denn ſchwerlich möchten folche allgemeine 
Ausführungen im Stande fein, vor unfern Augen vor: 
gegangene Thatſachen zu vermwifchen. — 


Il 
Itı 
III) 


O3 (En — Gin — Er 
0 0 — U de GE SB — 





[ 435 


Was aber die Entwidelung der Innern Drganifation 
des preußiſchen Staats anlangt, die den zeiten Gegenftand 
bes erſten Abſchnitts ausmacht, fo fucht der Verf. zu zei⸗ 
gen, daß biefelbe der hohen pölitifchen Bedeutung, welche 
er dem preußifchen Staate beilegt, ntfpreche, daß im In⸗ 
nern und Aeußern vollkommene Uebereinſtimmung herrfche, 
und daß biefelbe höhere Macht, welche die dußere Beſtim⸗ 
mung bed Staatö begründete, bie innere Ordnung „auf 
wunderbarem Leibenswege” ſchnell herbeigeführt habe. Um 
die dlagen dieſer inneren Organifation zu finden, geht 
er mit Recht in die Kummerjahre Preußens” zuruͤck und 
meift die Grundprincipe aus des edeln Stein am 24. 
Nov. 1808 an bie oberſten preußifhen Behörden erlaffe: 
nen Abfchiebsfchreiben fowie ans der von feinem Nach⸗ 
folger Hardenberg am 23. Febr. 1811 in ber Verſamm⸗ 
lung der interimiftifchen Volksrepraͤſentanten gehaltenen 
Rede nah. Wenn wir die heilfamen Folgen dieſer Grund: 
füge in den Edicten vom 9. Dct. 1807 und 18. Sept. 
1811, welche die Feſſeln bes Grundeigenthums loͤſten, in 


der Städteordnung vom 19. Nov. 1808 und in dem Ges 


fege vom 26. December beffelben Jahres wegen verbefier: 
tee Einrihtung der Provinzial:, Policeis und Finanzbe⸗ 
hoͤrden nicht verfennen, fo hat doch die neuefte Zeit wie: 
der auf das entfchiebenfle gezeigt, wie weit man noch 
bavon entferne ift, den von Stein fchon als bevorfichend 


" aufgeftellten Hauptfchritt zu thun und eine allgemeine Ras 


tionalrepräfentation einzuführen. Der ſcheidende Minis 


- ter ſpricht darlıber Solgendes: „Heilig war mir und Heibe 


das Recht und die Gewalt unfers Königs. Aber damit 
dieſes Mecht und dieſe unumfchränkte Gewalt das Gute 
wirken kann, was in ihr Liegt, fchien es mir nothwendig, 
dee hoͤchſten Gewalt ein Mittel zu geben, wodurch fie bie 
Wuͤnſche des Volkes kennen lernen unb Ihren Beſtimmun⸗ 


gen Leben geben ann. Wenn dem Volke alle Theilnahme 


an den Operationen bes Staats entzogen wird, wenn man 


ihm fogar die Verwaltung feiner Communalangelegenheis 


ten entzieht, konmt es bald dahin, die Regierung theils 
Fleichguͤltig, theild in einzelnen Faͤllen als in Oppofition 
mit fich zu betrachten. Daher iſt der Widerſtreit, oder 
wenigfiens Mangel an gutem Witten bei Aufopferung für 
die Eriftenz des Staats. Wo Repräfentation des Volkes 
unter uns bisher flattfand, war fie hoͤchſt unvolllommen 


‚eingerichtet. Dein Plan war daher: jeder active Staats⸗ 


bürger, er befige hundert Hufen oder eine, er treibe Land⸗ 
wirthſchaft oder Kabrikation oder Handel, er habe ein buͤr⸗ 
gerliches Gewerbe, ober fel durch geiftige Bande an ben 
Staat geknüpft, habe ein Recht zur Repräfentation.” 
Nach Entwidelung dee allgemeinen Principien der in⸗ 
nern Organifation des preußiſchen Staats geht unfer Verf. 


- dann auf die einzelnen Zweige der Staategewalt über und 


fucht uns einen Weberbitd über die Juſtizverfaſſung und 
Gefeggebung,, die Staatsverwaltung, infonderheit das Fi: 


nanzweſen, das Kriegsweſen und die Staatsverfaffung übers 


haupt zu geben. Er tft dabei meiftens preußifchen Schrifts 
ſtellern und Geſchaͤftsmaͤnnern gefolgt und hat befonders 
Rumpf's „Dreußifche Monarchie” benugt, woraus er bei 


dem Sinanzivefen felbft wörtlihe Mittheltungen macht. Er 


- 


ſieht daher bie Sachen meiftens ‚durch gefärbte "Brillen 


(Der Beſchluß folgt.) 





Mittheilungen über Griechenland. 
ı ABortfegung aus Nr. 106.) 

‚ Nur vier Päffe führen aus der Ebene von Marathon. 
Einer füblid um das Pentelilön, ein zweiter nördlidy über Tri: 
korythos nach Rhamnus, ein dritter norbweftlich das Flußthal 
hinauf nad) Karombriti und Drop6ß, ter vierte weftlich von 
Brands über den Aphoriemös nach Athen. Allerdings windet 
fih noch ein fünfter Weg von Dinde aus den noͤrdlichen Abhang 
bes Aphorismös hinan, allein diefer fällt noch öftlich von Sta⸗ 
mäta mit der geraden Straße nach Athen zufammen. Alle 
diefe Wege find wahre Bebirgspäffe, nur für wenige Menfchen 
nebeneinander Raum faffend; veitend kann man fie nur auf 
eingeübten Bergkleppern ober Maulchieren paffiren; Reiterei 
würde gar nicht, oder nur mit Mühe und Gefahr durchkommen 
und auf jeden Fall in ihnen ganz unbraudibar fein. Die ſteil⸗ 
fien und befhwerlichften von allen find die beiden Wege uͤber 
den Aphorismös, welche nach ihrer Bereinigung bie gerabefte 
und nächfte Straße nach Athen bilden. 


- Erlauben Sie mir jegt, einige Worte über bie ewig denk⸗ 
würbige Schlacht zu fagen, der dieſes Thal feinen Ruhm ver: 
dankt. Das Unerklärlichfte in ber Gefchichte berfelben bleibt 
mir, nachdem ich den Wahlplag felbft gefehen, daß bie Perfer, 
von dem ortskundigen Hippias geführt, in dieſem fo ſchwer zu: 
gänglichen, fo leicht zu fperrenden Thale landeten, um mit ei» 
nem großen Heere und zahlreicher Meiterei gegen Athen zu mar; 
fhiren, während es ihnen freiftand, entweder gleich nach Phaͤ⸗ 
leron zu fchiffen, ober, was befler war, die Landung bei Pra: 
ſiai zu bewerkftelligen, von wo fie ein faft ganz ebener, für 
Neiterei gangbarer Weg nach Athen führte. Herodotos gibt 
(VI, 102) zwei Gründe bafür an: ‚und da Warathön bie für 
Heiterei am beften geeignete Gegend Attikas war und am naͤch⸗ 
ften bei Grötria, führte Hippias, Peififtratos' Sohn, fie dorthin“. 
Allein es erfcheint Höchft einfältig, daß Dippias, blos um feine 
Heiterei auf eine gute Art an den Wann zu bringen, bier ger 
landet fein folte, während es ungewiß war, ob bie Athenaier 
geneigt fein wärben, ſich ihm in biefer Ebene entgegenzuftellen, 
ftatt in ben Mauern ihrer Stadt zu bleiben, ober blos bie 
Paͤfſe zu befegen, während er fürdyten mußte, daß er ihnen 
durch feine Landung bei Marathoͤn Zeit laffe, erft lakedaimoni⸗ 
fe Huͤlfe an fih zu ziehen; während endlich die Natur ber 
Bergpaͤſſe ſelbſt einem aufs Haupt geſchlagenen Feinde «8 noch 
möglich madgte, dem Sieger alle Auswege aus bee Gbene auf 
ber Landfeite zu verfperren. Diefe Mögfichkeit wird von jebem 
Militair bezeugt, ber bie Dertlichkeiten gefehen bat, und bat 
fih auch im legten Kriege durch die Erfahrung bewährt. Ich 
vermuthe daher, daß Herodotos in ber Angabe der Gründe für 
bie Landung bei Marathon nur (mie er bisweilen mit Abficht 

u thun pflegt) der gemeinen Tradition der Griechen folgte, 
hatt ber Sache auf den Grund zu geben; daß Hippias hier 
nur landete, um fi im Vorbeiſchiffen der wichtigen Tetrapolis 
zu bemädhtigen, und baß er erft durdy bie eilige Erſcheinung 
der Athenaier im Schale (bie gleidy auf die Nachricht von feiner 
Landung aus der Stadt aufbrachen: ©. 103) beftimmt wurde, 
es auf einen Angriff anfommen zu laffen. Gagt doch Herodo⸗ 
tos felbft (G. 112), daß den Perfern der Angriff der Athenaier, ‘ 
obgleich ſie biefeiben ſchon tagelang ſich gegenüber gefehen 
hatten, unerwartet fam; wie hatten fie demnach mit Bicherheit 
auf eine Schlacht in biefer Ebene rechnen koͤnnen? 


Ueber ben Wahlplat ſelbſt können Leine Zweifel obwalten ; | 


. 436 


. @ 
er ift das füböftliche Wiertel der großen Ebene, uni ben Soros 
her. Hier war alfo bie Stellung ober das Lager ber Anges 
griffenen, der Perfer, vermuthlich mit dem linken Fluͤgel an ben 
Heinen fübtichen Sumpf gelehnt. Wir dfrfen wol annehmen, 
daß der Grabhuͤgel den Mittelpunkt der perfifhen Stellung be 
zeichnet, wo beim erflen Anlauf bas Gentrum der Athenaier ge: 
worfen wurbe und mithin die Meiften berfelben fielen. In die 
fem Zalle erftredte fi der rechte Fluͤgel der Perfer nur bis 
gegen den Fluß hin, ober höchftens bis an denfelben, und blieb 
noch gegen eine deutfche Viertelmeile von dem großen Sumpfe 
entfernt. Ihnen gegenüber, in dem geräumigen üblichen Thal⸗ 
arm, an ber graden Straße nach Athen, war das Lager ber 
Athenaier vor der Schlacht. Ihre Stellung im Augenblide des 
Angriffs dehnte fich höchflens über die Breite dieſes Thabarms, 
vom Argaliti bis an den Kotröni, aus. Bon ber Rothmwenbig: 
teit diefee Annahme hat mich ein Freund in griechiſchen Dien- 
ften (Sapitain Jochmus aus Hamburg) überzeugt, der naͤchſtens 
einen Plan der Schlacht nebft einer Abhandlung darüber her⸗ 
auszugeben beabfichtigt. Unmoͤglich konnte ihre kleine Zahl ei: 
nen sröfern Raum einnehmen. Komif nimmt fi Kruſe's 
Vermuthung aus, daß die Griechen „von ber Höhe bei Zephiri‘‘, 
d. b. vom oͤſtlichen Abhange bes Kotröni gegen die Perfer bins 
abgelaufen feien. Sie hätten dann erft im Angefichte der Per: 
fer ganz bebächtig die Höhe erfleigen müffen, um zum Anlaufe 
auszuholen, und überdies macht die Natur des Berges dies un: 
möglich, da feine Abhänge mit großen übereinander geftreuten 
Marmorbloͤcken bebedt find, auf benen es ſich nicht wohl laufen 
läßt. Der Verhau, von welhem Nepos ſpricht, war in dem 
engern nördlichen Thalarm vermuthlich während ber Nacht an: 
gelegt, damit der Feind nicht während der Schlacht durch biefee 
Thal und weſtlich um ben Kotröni herum ben Griechen in ben 
Rüden kommen inne, Die rechte Flanke der Griechen bewegte 
fih am Argalifi hinunter und war durch diefen Berg gebedt. 
Ich habe ſchon bemerkt, daB nach der Erzaͤhlung des ‚He: 
rodotos *) der plögliche heftige Angriff ber Griechen ben Per: 
fern unverhofft gekommen zu fein fcheint. Wahrſcheinlich bilde: 
ten fie alfo ihre Schladhtorbnung noch während der Dämmerung, 
oder im Schutze von Bäumen ober Gebäuden, bie ihre Bewe⸗ 
gungen bem Reinde verbargen. Daher auch die ungewoͤhnlich 
große Gntfernung ber Deere im Augenblide des Angriffs (8 Sta: 
bien), welchen Raum die Griechen ducchhliefen, um dem Zeinde 
möglichft wenig Zeit zu Vorbereitungen zu laffen. Ohne Zwei: 
fel überrofchten fie ihn demnach im Lager, zwifchen den Zelten **); 
woraus fi zum großen Theile ber glüdliche Ausgang des uns 
gleichen Kampfes für die Griechen erklärt. Namentlich fcheint 
daher die Reiterei gar nicht zur Mitwirkung gelommen zu fein. 
Doch trieben für einen Augenblid die Perfer und Saker bas 
ſchwache griechiſche Centrum zuruͤck und verfolgten es 2 mw 
ueooyaıay (G. 118). Es iſt klar, -daß hiermit nicht der Di: 
ſtrict Meſogaia gemeint iſt, der erft vier Stunden Wegs weiter 
füdlich jenfeite des Pentelilön anfängt; ds nv ueaoyarav heißt 
ganz einfach: Iandeinwärts (den weſtlichen Thalarm hinauf), 
wie 4. DB. bei Thukydides 1,100. Die fiegreichen griechiſchen 
Zlügel wandten fi, ihrem gefchlagenen Gentrum zu beifen, 
nahmen mithin die Verfolger beffeiben in die Mitte, und trie: 
ben auch fie in die Flucht. Der gefchlagene Feind eilte, das 
zeiche Lager im Gtidye laſſend, zu feinen auf den fandigen 
Strand gezogenen Schiffen und gewann mit einem Berluſte 


*) 6. 111 fpricht Herodotos nur von den Vorbereitungen zum Kam⸗ 
pfe auf Selten ber Athenaler und von ihrer Schladtorbnung, 
und ©. 112 fagt er, daß die Perfer mit Erſtaunen die Kuͤhndeit 
der Feinde fahen, fie für wahnfinnig haltend, und, daß fie fich erft 
zum Empfange ber Griechen bereiteten , ald fie diefelben fchon ges 
gen fi heranlaufen fahen. , 

””) Daß die Perfer ibr Lager im Stiche ließen, fagt Nepos (Mil- 
tiad. 5). Reid muß es geweien fein, ba man von der Beute 
prädtige Bauten befireiten Tonnte. 


body cinen Theil deffelden, nörblih von dem großen 


lichkeiten der Schlacht 


von nur fieben berfelben ſchnell das hohe Meer, ba bie Bucht 
no heute bis nahe .ans Ufer für „Schiffe mittlerer Größe, 
wie bie der Alten waren, tief genug iſt. 
ent bleibt noch ‚eine Hauptfrage zu beantworten "übrig: 
In welchen ber Saͤmpfe geritthen die füchenden Perſer? Hero⸗ 
dotos erwähnt auffallenderweiſe dieſes Mnfkandes gar nicht, 
fondern erft Spätere, .wie Paufanias und vielleicht einige Ans 
dere. Wenn wir nun erwägen, wie fehr alle Umftände dieſer 
Schlacht ſchon von Lyſias an durch Rebner, Dichter und 
Geſchichtſchreiber *) vergrößert und das Bewunderungswärbige 
derſeiben ins lächerlich Unglaubliche. gefteigert wurde, fo erfcheint 
es als wohl ‚denkbar, dag das Ertrinken der Perfer gias, um 
ben trefflih dazu geeigneten Sumpf .mit ins Spiel zu’®ringen, 
fpäter erfundene Babel fei. Doch ift anbererfeits bei der Nähe 
der Sämpfe und in der wilden Flucht eines zahlreidyen Heers 
ein ſolcher Vorfall fehr..möglih, und ih bin nicht gefonnen, 
ihn in Zweifel zu zieben,. um ſo weniger, da auch das Cr 
mälde von ber Schlacht in der Stos Poikile (Pauf. I, 15, %) 
Daffelbe bezeugte. Aus Pauſanias' Worten (I, 32, 6) ift es nicht 
Mar, in welchem Eumpfe er bie Perfer ertrinten läßt; wie es 
f&heint, in dem großen nördlichen. Da wir indeß, nach dem 
Obengsfagten, die Schlacht durchaus dort annehmen müflen, 
wo der Grabhügel ber Athenaier ‚fteht, nur 3—4000 
son bem Heinen Sumpfe und gegen 12,000 Schub, faft eine 
halbe deutfhe Meile, von dem größern, fo ift es ſchwer zu 
begreifen, wie bie flichenden Perfer, ſelbſt wenn bie Linie ihrer 
Schiffe fih längs dem ganzen Strande ber Bai ausbehnte, In 
jenen Sumpf rennen fonaten, flatt auf dem naͤchſten Wege 
längs dem Strande hinzulaufen. Ich finde es daher viel wahr: 
f&heinlicher, daß der Vorfal in dem ſuͤdlichen Sumpfe ftatts 
hatte, und baß gleich bei dem erſten Anlaufe der Athenaier ein 
Theil des perfifhen linken Fluͤgels, der ſich an biefen Sumpf 
lehnte, in benfelben gefprengt wurde. Viele Finnen ber Gr⸗ 
tealenen nicht geweſen fein, da Herodotos (G. 116) ben gan⸗ 
zen Verluft der Perfer nur auf ungefähr 6400 ankhlägt. 


.Da ich Leake's Werk über die attifchen Demen mir jeht 
nicht wieder verfchaffen ann, und ich bie lange Abhandlung 
“über die Schlacht, welche e8 enthält, vor einem Monate nur 
nactig gelefen habe, kann ich jept keine Ruͤckſicht darauf Hehe. 
‚men. 


zu ausgedehnt und das perfifche Heer viel zu ſtark an uad 


Jedenfalls nimmt er bie griechifche-Schlachtorbnumg viel 
egt, wenn ic) mich recht erinnere, das perſiſche Lager, ober 


i Sumpfe, 
was ein · ſchwer zu erklaͤrender Misgriff iſt. Pie 
Bei den Bewohnern bes Thales fand ich eine dunkle Sage 
von ber alten Perſerſchlacht. Einft, erzählten fie mir, in der 
Zeit ber Hellenen, kamen viele Zuftanellen **) in diefe Ebene. 
Die Athenaier, welche oben im: Thale in xns Yaras sb uerdel 
gelagert waren, griffen fie.en und erfchlugen ihrer fo Viele, 
daß ber Fluß von dem Blute roth gefärbt wurde. Allein es iſt 
zweifelhaft, ob diefe Sage ald Tradition anzufehen iſt, ober 


ob ſie, wie in vielen „ähnlichen Faͤllen in Griechenland, ans 
‚neuerer Zeit flammt, indem ein halbgelehrter Prieſter oder 


ein Reifender den Bauern -von der Schlacht erzaͤhlte. Men 

darf fie baher nicht zur * einer Unterfuchung über bie Oert⸗ 
madıen. 

(Der Befchluß folgt.) 


») Da id) den Lyfias nicht zur Dand babe, vermweife ich Sie nur 
auf Yuftin (IT, 9), der viele Schiffe verfentt, viele genommen 
werben läßt und den Verluſt ber Derfer „ohne ben Schiffbruch⸗ 
(der gar nicht flattgefunden) auf-200,000 anfdlägt, und auf: Pas 
fania® (IV, 25, 2), bee von 10,000 Athenaiern nicht weniger ald 
800,000 Meder niedermegeln läßt. Vergleichen Sie damit die bes 
ſcheidenen Zahlen bed Derodotoß. 


s, Bovoreıs ober Povoranlllars, moderne Bezeichnung ber Beute 


tigen Krieger, von ihrer Aracht em faltigen weißen Rocke) derge⸗ 
nommen. 


Nedigirt unter WBerantwortlicgtelt der Verlagsbanblung: J. X. Brockhaus in Leipsig. 








Blätter 


für 


| Unterpattunn 





Mittwod, 


17. April 1833, 





Verſuh uͤber die Bedeutung der Provinzialſtaͤnde mit 
befonderer Beziehung auf den dänischen Staat. Vom 
Syndikus Klenze. 

Geſchluß aus Nr. 106.) 

Bei der Entwidelmg der Verfaffung des Staats muß 
der Autor felbft eingeſtehen, daß Alles, was bis jetzt dar⸗ 
auf Bezuͤgliches in Preußen vorhanden, nur Bruchſtuͤcke 
ſind, welche als Grundſtuͤcke der kuͤnftigen Verfaſſungs⸗ 
urkunde dienen können. Er gechnet unter diefe DBerfafs 
fungsgrundfteine die Gefege über die bäuerlichen und ſtaͤd⸗ 
tiſchen Verhaͤltniſſe, die Anordnung von Communalland⸗ 
tagen und Kreistagen und ſucht, indem er jedes dieſer 
Verhaͤltniſſe einer beſondern Betrachtung unterwirft, Die 
Gruͤnde außufinden, weshalb Preußen bis jetzt nicht wei⸗ 
ter. habe fortſchreiten koͤnnen. Die Grundanſicht, welche 
ihn dabei. leiter, ift, daß die unterfle oder Communal:, 
und bie oberſte oder landſtaͤndiſche Verfaſſung gleichzeitig 
ausgebildet werben muͤſſe. Wir haben fchon früher an- 
gedeutet, daß wir hierin feine Anfiht nicht theilen, viel: 
mehr die Ausbildung der Landfländiichen Verfaſſung für 
die nothiwendige Grundlage halten, auf weldye ſich allein 
"mit Sicherheit die weitere Ausbildung ber Staatseinrich: 
tungen baficen laſſe. Allein der preußifhe Staat ann 
auch nicht einmal für die Anſicht des Verf. als Beleg 
angefuͤhrt werden, da derſelbe in Ausbildung der landſtaͤn⸗ 
diſchen und Communalverfaſſung keineswegs gleichen Schritt 
gehalten, ſondern mit erſterer um Vieles zuruͤckgeblieben 
iſt. Wenn der Verf. (S. 154) ſelbſt ſagt: „eine Com⸗ 
munalverfaſſung kann bei ihrer erſten Einfuͤhrung nur 
eine ſehr relative Vollkommenheit erlangen, und zwar eine 
viel geringere als die Verfaſſung einer hoͤhern Ordnung, 
oder als die landſtaͤndiſche Verfaſſung; denn je allgemei⸗ 
ner die Verhaͤltniſſe ſind, deſto einfacher ſind ſie und bie⸗ 
“ten deſto weniger Schwierigkeiten dar. Es iſt alſo prak⸗ 
tiſch durchaus unrichtig, die Ausbildung der Communal⸗ 
verfaſſung abwarten zu wollen, ehe man eine Verfaſſung 
hoͤherer Ordnung einfuͤhrt; ja, es iſt ſogar unmoͤglich, weil 
viele Verhaͤltniffe der Communalverfaffung erft durch die 
Mitwirkang der Verfaffung höherer Ordnung richtig aus: 
gemittelt- und beflimmt werben können” — fo redet er 
dadurch keiner Anſicht ſo ſehr das Wort als der unſerigen. 

Im zweiten Abſchnitte geht nun der Verf. auf fein 
ſpecielles Thema, auf die preußiſche Provinzial: und Kreis⸗ 





Tee 6 Tee —6——ä—__i Te Te nn an ni 


verfaffung fetbit ein. 


Er macht une hier zuerft mit dem 
Inhalte der darüber fprechenden Gelege befannt und uns 
terroicft fodbann die darin ausgefprochenen. Grundfäge einer 
befondern Prüfung. Nur diefer legte Theil, als aus den 
eignen Anfichten des Verf. hervorgegangen, kann bier auf 
sine nähere Betrachtung Anſpruch machen. Die Provin: 
ziatflände werden zuerft in abstracto nad) der vom Verf. 
aufgeftellten Maxime ber gleichzeitigen Ausbildung der Com; 
munal: und landſtaͤndiſchen Verfaſſung der Kritik unters 
worfen und dann in ihrer Uebereinflimmung . mit dem’ 

preußifchen Staate geprüft. In erfierer MRüdficht beants ' 
swortet der Verf. feine Aufgabe ganz zu Sunften ber Pros 
vinzialftande, als’ welche feiner Anficht nach das Mit: 
telglied zwiſchen Iandfländifcher und Communafverfaffung 
ausmachen, von welchem dann nach unten und oben die 
gleichzeitige Ausbildung des Staatsorganismus ausgehen 
fol. „Nach der von uns aufgeftellten Marime”, heißt 
ed bier S. 195, „können bie erften Anfänge beider, ber 
Communal: und landfländifhen Verfaſſung nicht welt 
auseinander liegen und bie anfängliche, nicht zu vermei⸗ 
dende Mangelhaftigkeit der erſten macht es um fo noth- 
wendiger, die fegte bald folgen zu laffen, denn eine andere 
Gleichzeitigkeit ift niche möglich.” Wenn der Verf. frei: 
ih das Nacheinanderfolgen und die Sleichzeitigleit für 
gleichbedeutend. halt, fo können wir uns dann nicht mehr 
wundern, wenn er früher die Behauptung ausſprach, daß 
der preußiſche Staat gleichen Schrittes die Repraͤſentation 
in höherer und niederer Ordnung ausgebildet habe. . Bei 
feiner günfligen Beurtheilung ber Provinzialftände wollen 
wir nun dem Verf. gern zuyefteben, daß in großen Weis 
hen, die aus Provinzen von ganz verſchiedenartigen Ins 
tereflen zufammengefegt find, wie dies zum Theil ſchon 
mit der preußifchen Monarchie der Fall, Propinzialftände 
nüglic, ja in gewiffer. Beziehung fogar nothwendig er: 
fcheinen Eönnen, auc wollen wie nicht beftreiten, daß es 
in dem: Wefen. derfelben begründet ift, daß fie nur eine 
berathende Stimme haben. Dagegen können wir der Ans 
fiht des Verf., daß auch in den Bleinften Staaten Pros 
vinzialftände erfoderlich feien, nicht beitreten. Sie find, un: 
ferer Anfiht nah, nur ald ein nothwenbiges Uebel zur 
Verſoͤhnung widerſtreitender Intereſſen verfchiedenartiger 
Provinzen deſſelben Staats zu betrachten, daher auch die 
Wirkſamkeit derſelben lediglich auf die Provinz beſchraͤnkt 





458 


werben muß, welche fie vertreten, und es ſchon Uber das 
Weſen derfelben Hinausgehen heißt, wenn der Verf. (S. 198) 
verlangt, daß ihnen alle Gefege des ganzen Staats zur 
Berathung und Begutachtung vorgelegt werden follen. Da⸗ 
gegen unterfchreiben wir gem bie Worte, mit melden er 
(e. 199) diefe6 Gapitel ſchließt: nt 

„Ferner find Deffentlichkeit der Verhandlungen im All: 
gemeinen und Unabhängigkeit der Mepräfentanten Bedin⸗ 
gungen, ohne welche Zeftigkeit, Wahrheit, Gerechtigkeit 
und echter Semeinfinn keine Wurzel fchlagen koͤnnen. Aber 
heilig fei die Majeftdt des Königs, und jede Verlegung 
derſelben werde auf das Härtefte beftraft.” Die Frage, 
ob die preufiifchen Provingiatflänbe mit der übeigen preu⸗ 
fifhen Staatsbildung übereinflimmen, oder ihre Zweckmaͤ⸗ 
Bigkeit in concreto, Hat ber Verf. indeß nicht ſo guͤnſtig 
zu beantworten vermocht, wenngleich dieſes ein fehr we⸗ 
fentliche® Kriterium ihrer Vortrefflichkeit geweſen fein würbe. 
Er gibt uns vielmehr eine Reihe tadelnder Bemerkungen 
und deckt mit vielem Scharfſim bedeutende Mängel und 
Sinconfequenzen der preußiſchen Gefepgebung uͤber dieſen 
Gegenſtand auf. Er fucht diefe Fehler indeß dadurch zu 
entfehuldigen, baß die ganze preußifche Verfaffung noch im 
Bildungsproceſſe begriffen fei, und ‚noch nicht einmal das 
erfie Stadium der Entwidelung eritiegen babe” (S. 199). 
Nur das Vollendete pflegt man aber als Mufter aufju: 
ftellen, da man nur bei dem vollftändig Vorhandenen er- 
. meffen kann, ob es den gehegten Erwartungen entipricht. 
Es muß daher ſchon aus diefem Grunde befremden, wenn 
der Verf. am Schluffe feiner Schrift (S. 263) als Re 
fultat derfelben die vielfagende und umfaffende Behauptung 
ausfpricht:. daß keine Staatsverfaffung zur Nachahmung 
für einen Staat mehr zu empfehlen fei als die preußifche. 
— Bei feiner Kritik der Uebereinſtimmung der preußifchen 
Provinziatftände mit dem fonftigen Organismus bes preu⸗ 
ſiſchen Staats zeigt der Verf. zuerfl, daß bie preußifche 
Regierung drei wichtige Momente bei der Organtfation 
der tepräfentativen Verfaffung berüdfichtige habe: die freie 
Wahl, das Suborbinationsverhätmiß bei ber Reprafenta: 
tion und bie freie Verwaltung der Communalangelegen⸗ 
heiten unter Aufficht der Regierung, baß aber diefe Mo⸗ 
mente noch nicht bucchgängig und in allen Provinzen fich 
vellftändig geflaftet Haben, und baß bier die Zeit noch 
Manches zu beſſern und zu ergänzen babe. Er tadelt 
mit Hecht den Ausdrud des allgemeinen Befeges über die 
Drovinziafflände, daß diefelben „im Geiſte äfterer deutſchen 
Verfaffungen” eingeführt werden follen. Dergleichen viel: 
deutige Medensarten. find nur zu gebräuchlih, wenn man 
den Foderungen des Vernunftrechts und der fortgefchrätte: 
nen Belt nicht Gehör zu geben geſonnen iſt und ſich eine 
Hinterthuͤr offen erhalten voll. Der Verf. weiſt Hier auf 
das Beſtimmteſte nach, mie eine ſolche Ausbildung im 
Geiſte der Altern deutſchen Verfaſſungen gar nicht möglich 
fei, da biefe Verfaffungen nicht Provinzial⸗, fondern Land⸗ 
flände im Auge gehabt. Es würde zu weit führen, hier 
die vielen Inconfequenzen aufzuführen, in welche die Re: 


Zu dieſen gehört auf), wie ter Verf. fpäter (&. 247) 


‘ 


gierung dadurch verfallen ift.*) Dee Verf. fucht die Suche: | 


bamit zu beſchoͤnigen, daß er annimmt, man habe fagen 
wollen, bie hiſtoriſche Grundlage folle nicht vernachlaͤſſigt 
werben. Allein die Kolgezeit bat gelehrt, daß man mehr 
als diefes im Sinne hatte; auch iſt der Ausbrud: „hiſto⸗ 
riſche Grundlage”, Sen preußiſchen Stantsmännern keines⸗ 
wegs fo ungeläufig, daß file auf denfelben nicht follten 
gefallen fein, wenn fie ſich feiner hätten bedienen wollen. 
Ferner führt der Grundfag ber preußiſchen Provinzialftän: 
deverfaffung:: nur das Grundeigenthum ift die Bedingung 
ber Standfchaft, zu einer hoͤchſt mangelhaften Repräfenta- 
tion, da weder Handel noch Induſtrie, noch die morali: 
fhen SIntereffen der Kirche, des Unterrichts u. f. w. ver: 
treten werden. Auch hat, wie uns ber Verf. zeigt, bie 
preußifche Geſetzgebung diefem Grundfage mit Folgerich⸗ 
tigkeit nicht treu bleiben koͤnnen. Weiter vermißt der 
Berf. mit vollem Rechte bei den preußifchen Provinzial: 
ftänden eine Beſtimmung über die Verantworklichkeit und 
Unabhängigkeit der Repräfentanten- während bes Landtags, 
fowie die DeffentlichBeit der Verhandlungen. Die erfte 
Bedingung einer rucdfichtslofen Pflichterfüllung und einer 
erfolgreichen ftändifchen Wirkſamkelt iſt Sicherheit der Per 
fon und Unverletzlichkeit ded Vertreters in feiner Eigen: 
ſchaft al6 ſolcher. Dies iſt eine fo fehr gefühlte Wahrheit, 
daß wol faum eine Berfaffung, deren Geber es wirklich 
Ernft mit Ihrer Verleihung wear, ohne folche Garantie ge 
blieben. Dem Stantsoberhaupte, welchem es darum zu 
thun iſt, die Stimme ber Wahrheit in ihrer ganzen Rein: 
heit und Lauterkeit zu hören, gebietet ſchon das eigne Sins 
tereſſe das Darbieten einer. ſolchen Sicherſtellung. Ein 
ebenfo nothwendiges Requiſit zur Erreichung des Zweckt 
einer ſtaͤndiſchen Verfaſſung und zum Gedeiher des con: 
ſtitutionnellen Lebens iſt die Oeffentlichkeit der Verband: 
lungen. Doctrin und Erfahrung beweiſen auf gleich ſchla⸗ 
gende Weiſe ihre Nothwendigkeit. Wir koͤnnen uns darüber 
kaum beffer ausfprechen, als e& der Lobredner der preußtfchen 
Berfaffung ſelbſt gethan hat, wem er (S. 220) fast: 
„durch bloße extractsweiſe Mittheilung, wie fie die preus 
ßiſche Verfaſſung vorfchreibt, entfleucht der Geiſt und das 
Phlegma bleibt. Ohne Deffentlichkeit ift feine ordent⸗ 
liche Verbindung der Repraͤſentation in ihrer Gefammtheit 
mit der Nation, Beine Sonteole der Repräfentanten, daß 
fie ihre Pflicht thun, und keine Etweckung des: öffentlichen 
und vatertändifchen Geiftes.” 


An diefe Mängel der preußifchen Provinzialftände wuͤr⸗ 
den fich des Verf. Betrachtungen Über die Lebenschätigkeit 
derfelben und ihre Zukunft paflender anfchließen ale da® von 
ibm ſelbſtaͤndig aufgeftellte Syſtem der Mepräfentation, mel 
yes er bier eingefchoben hat. Wir erlauben uns deshalb 
auch bei der Beurtheilung die Vetfegung diefer beiden noch 
übrigen Gapitel ded vorliegenden Werkes. Eben aus je 
nen, fhon vom Verf. gerügten Dängeln und noch meh⸗ 
ven andern Urfachen, auf deren Entwidelung bier nicht 


noch bemerkt, daß bie geiftlichen Eorperationen und Unis 
verfitäten nicht vertreten werden. Dies Liegt nicht im Gimme 
der äftern deutſchen Werfaflungen und moͤchte bei dem gros 
fen Uebergewicht der materiellen Intereffen auf ben preußis 
fen Provinziallandtagen wol nicht überflüffig erſcheinen. 


AR 


weiter eingegamgen werden kann, iſt es herzuleiten, daß 
fich von der kebendthaͤtigkeit der preußtfchen Provinzial⸗ 
fände noch fo wenig Zeichen aufweiſen lafſen. Der Berf. 
weiß- auch in ber That nicht ein einziges entichiedenes 
Ergebniß aufzuführen „Es find bereits die wichtigften 
Begenftände, als Armenweſen, Mobification der Gewerb⸗ 
freiheit und der Staͤdteordnung, Sinken der Getreideprefſe, 
Noth des Landmannes und hohe Beſteuerung — zur Spra⸗ 
che gebracht worden, und auf vielfache Weiſe hat die Re⸗ 
gierung dabei Gelegenheit gehabt, ihre Verwaltungsgrund⸗ 
Täge und hoͤhern Einſichten auf eine, belehrende Weiſe zu 
veröffentlichen”, find die Worte (S. 256), in welchen er 
die Wirkſamkeit ber bis jegt verfammelt geweſenen Pro: 
vinziallandtage abhandelt. Dagegen fieht er ſich genöthigt, 
fie gegen verfchiedene Vorwürfe, bie mat ihnen gemacht, 
in Schuß zu nehmen, auf bie Zukunft zu verweiſen und 
Gründe des Troſtes und der Hoffnung aus Verficherun: 
gen und Grundfägen herzulsiten, weiche Preußen bei ver⸗ 
fehiebenen wichtigen Gelegenheiten, insbeſondere in den 
Sahren 1814 u. 1815 ausgefprochen hat. 

Das felbftändige Spftem, welches der Verf. unter 
‚UL. Entwickelung einer Grundlage für die Repraͤſenta⸗ 
tion ans dem Geſichtspunkte ber ftaatsbürgerlichen In⸗ 
texeffen” S. 223 fg. aufſtellt, ift der Theil feines Werkes, 
welcher ſich unfern Beifall am meiften erworben hat. Mit 
großer Umficht und firenger Folgerichtigkeit führt der Verf. 

er, an der Hand der Gefege der Suberdination und ber 

twickelung forote des beide regierenden Geſetzes ber Ein: 
beit, und unter befländiger Anwendung des vermittelns 
den Princips feiner oberſten Grunbfäge, ein Gebäude auf, 
weiches, wenn es ſich in diefem Umfange und großarti= 
gen Style auch nicht: im allen Staaten, vornehmlich dem 
Heine, mit Gluͤck wird realiſiren laffen, den Anfoderun⸗ 
gen der Bernunftmäßigkeit und Gerechtigkeit in hohem 
Grade entfpriht und jeden Bewohner deffelben zufrieden: 
zuftellen im Stande if. Wenn indeß, um den Plan 
bes Merkmelfters vollkommen zu burchdeingen, kaum Das 
genligt, was uns dee Verf. felbft mittheilt, und man bier 
ſchmerzlich den erfien oder allgemeinen Theil feines Werkes 
vermißt, fo dürfte um fo weniger dem Lefer ein kurzer 
Auszug frommen. Wir verweifen ihn deshalb am bie 
Duelle felbft und verfprechen ihm, daß er manchen frifchen 
und erquidenden Trunk aus berfelben ſchoͤpfen Fann. 
Hauaͤtte doch der Verf. fein ganzes Gebäude auf ſelbſtaͤn⸗ 
digem Fundamente errichtet und nicht an die morſche 
Stüge der preußifcheh Provinzialftände angelehnt! Wir 
würden dann das ihm zu Anfange biefer Beurtheilung mit 
bereitwilligee Anerkennung ausgeſtellte Zeugniß ohne den 
bazwifchenliegenden Tadel am Ende bderfelben von Neuem 
bekräftigen koͤnnen. 182. 





Mittheilungen über Griechenland. 
(Beſchluß aus Nr. 106.) 

Am zweiten Tage unfers Aufenthalts in Marathon gingen 
wir nad) Rhamnus, welches von dem Dorfe Bei veichlich drit: 
tehalb Stunden entfernt iſt. Seine Ruinen beißen jezt EBoaud- 
x00roo, ın ber gemeinen Ausſprache Oßgıöxaareo, woraus bie 
albanefifchen Bauern ber Umgegend gar das finnlofe Avoroxaoıeo 


J 


⸗ 


machen. Sierant entſtebt, durch Vorſetung bes Artikels 1d, 
Fabgiözeargo, und wenn noch bie Praͤpoſition eis hinzulommt, 
"Ztraveroxaorgo, woraus bei einigen Reifenden die ganz falfchen 
Namen Zaurslaftro und Staurskaſtro' geworden find. 

Weg tritt, einige Minuten hinter ben muthmaßlichen Ruinen 
von Aritkorythos, zwiſchen die Berge ein und führt, nachdem 
man den Engpaß zurücdgelegt hat, über eine Stunde lang durch 
ein ziemlich geräumiges Schal, welches mit Gebüfh und Ges 
firüpp (worunter vermuthlich auch der dauvos, ber dem Drte 
ben Namen gegeben bat) bebedt iſt. An mehren Stellen finden 
ſich Bundamente und andere Spuren früherer Wohnungen. Am 
noͤrblichen Ende des Thales ſtehen auf einer kleinen Srhöhung, 
von welcher ausgehend ein breites Ravin ſich nach dem Meere 
hinunterſenkt, die Reſte der beiden Tempel. Wir fanden ſie 


noch ganz in dem Zuſtande, wie fie von fruͤhern Beſuchern bes. 


ſchrieben find, da glüdlichermeife keine Wohnung, kein Kalk: 
ofen in ber Nähe ift, ber ihnen, Untergang drohen koͤnnte. 
Das dichte Gebuͤſch, welches einen Theil des Truͤmmerhaufens 
überwachfen hat, laͤßt hoffen, daß durch Reinigung des Pla⸗ 
ges und Rachgrabungen bier noch Ausbeute zu gewinnen if. 
Die Bewohner der Umgegend nennen diefe Ruinen die Königs: 
tochter (Baaılonovie); aber vergebens forſchte ich nach einer 
Gage zur Erklärung diefes Namens. 

Das ebenerwähnte Ravin erweitert fi unten am Stranbe 
bes Meers zu einer Bleinen niebrigen Ebene, aus welcher ſich 
ein ifolirter, faft runder, gegen 100 Schub hoyer Berg er: 
hebt, der von Weften her zugänglich ift, gegen Norden, DOften 
und Suͤden aber größtentheils ſteile Felswaͤnde hat. Er ift an 
feinem Buße auf ber Weftfeite und auf den übrigen Gtellen 
überall, wo bie Felswaͤnde eine zugängliche Stelle laſſen, mit 
Befeftigungsmauern aus weißem Marmor umgeben, von der« 
felben Conſtruction, wie bie Platform, welche bie Reſte ber 


Tempel trägt.. Die Schichten der Dauer find grablinig, ho⸗ 


tal, die verticalen Selten der Steine aber polygon. Die 
auern find im Ganzen fehr wohl erhalten und gewähren mit 
dem grünen Gebuͤſch, mit welchem fie oben bewachſen find, mit 


dem Meere und ben hohen Gebirgen Euboias im Hintergruntg 


einen hoͤchſt malerifchen Anblid. Ein einzige® Thor führt von 
Weften Her (von ber Lanbfeite) auf den Hügel, deſſen hoͤchſte 
Spitze noch Mauerreſte von einer befondern Akropolis zeigt. 
Der weſtliche fanfte Abhang bes Huͤgels tft mit Bruchflüden 
von Ihonziegeln, Scherben alter Gefäße u. f. w. bebedit; ein 
Beweis, daß ber Demos felbft, ober wenigftens ein beträdht: 
licher Lyei deſſelben, innerhalb der Feſtungsmauern ſtand. 
Bon einer Werbindunge maner zwiſchen ben Tempeln und ber 
Feſtung, von welcher Leake ſpricht, fand ich keine Spur, und 
ich vermuthe, daß er die Reſte einiger Graͤber aus Quadern, 
welche auf der Senkung des Huͤgelruͤckens zwiſchen den Tempeln 
und dem befeſtigten Demos ſtehen, fuͤr Reſte einer ſolchen Mauer 
angefehen hat, deren Nugen uͤberdies, fobald fie nicht doppelt war, 
wie die langen Mauern bes Pelraieus, nicht wohl einzufehen tft. 

Bei unferer Rüdlehr von Doridlaftro nah Bi war es 


fhon Abend, und wir. mußten daher noch eine Nacht in unſe⸗ 
rer elenden Herberge fchlafen, bie Füße, da es fehr Falk war, 


gegen ein heilloberndes Feuer in der Mitte derfelben gelehrt, 
das Jeder, der einen Augenblid erwachte, durch Hinzulegen 


einiger Scheite näprte. Am folgenden Morgen beach ich mit. 


bem Engländer und feinem Diener nad Athen auf; F., ber 
noch nit, wie wir, die ganze Ebene geſehen hatte, blieb 
mit einem Maulthiertreiber zurüd. Da wir vergeffen hatten, 
uns mit Lichtern zu verfehen und im Dorfe keine auftreiben 
@onnten, mußten wir auf einen Befuch ber engen umb dunkeln 
Phnshöhle verzichten; ohnehin geneigt, bei milderer Witterung 
wieder nach Marathoͤn und Rhamnus zuruͤckzukehren. Arglos, 
obne bie mindefte Furcht vor Räubern, zogen wir durch bie 
oben befchriebene einfame Sebirgsgegend Hin, als ploͤtlich in 
einem engen Hohlwege, nicht weit vor Stamaͤta ein Schuß 
uns vorüberpfiff, und vor und uns das Gefchrei 
erhob: xarfda, xire, rapuara zur (vom Pferde! herunter! 


bie Waffen weg!). Wir waren Drei, denn auf bie beiben 


m 


[4 


Mauithiertreider, von denen der eine ein Knabe war, war 
gar nicht zu rechnen, unſere wenigen Waffen nicht einmal alle 
geladen, und bie Angreifenden waren fünf Kerle mit berußten 
und verhällten Geſichtern, jeder mit einer Flinte, zwei Piftos 
len und einem PYatagan bewaffnet. Rach kurzer Berathung 
ergaben wir uns, da die fuͤnf auf uns gerichteten Gewehre 
bet jedem Berſuch zum Widerſtande ben Tod drohten. Wir 
wurden mit großer Schonung ausgepluͤndert und mußten ſehr 
froh fein, daß man uns erlaubte, weiter zu reifen, ftatt uns 
ind Gebirge zu ſchleppen, um ein Löfegelb zu erpreffen, wie 
erft vor ſechs Monaten einem wohlhabenden Athenaier gefchehen 
war. Rad) biefer Erfahrung gaben wir es für den Tag auf, 
die Marmorbrüce von Pentele zu befuchen, unb eilten, nad) 
Athen zu lommen, wo F. am folgenden Tage wohlbehalten 
eintraf. Der ſchlimmſte Verluſt iſt der Verluſt an Vertrauen, 
an gutem Muth zum Weiterreifen. 5. Bebruar. 


Das Schneegeftöber hielt faft drei Tage und Nächte bis 
zum Morgen des 25. Ianuar an; auf den Gebirgen fiel ber 
Schnee fo body, daß die Pälfe nach Boiotien mehre Lage lang 
verfperrt waren. Die Kälte flieg an zwei Abenden bis auf 
51° Reaumur. Nach der Verſicherung der älteften Leute hat 
man nie eine foldhe Kälte eriebt. Die Eitronens und Drangens 
bäume haben fehr gelitten; bie Weinftöde find größtentheils 
durch den Schnee geſchuͤgt worden. Seit 1818 ift nicht fo viel 
Schnee gefallen: „ſtitdem““, wie ein alter albanefifher Soldat 
ſich ausbrädte, ‚.ber große König von Frangiſtan feine Deere 
in Rußland verlor”. Jetzt haben wir feit acht Zagen Thauwet⸗ 
ter, aber fortwährend viel Regen. 

Zur Verfolgung unferer Räuber haben wir in biefem des⸗ 

eh anifirten Lande Bein Mittel, o egleidh wir ſtarke Verdachts⸗ 
nde gegen einige Soldaten und Bauern in Marathoͤn haben. 
Die Tuͤrken find zu ſchwach an Mannſchaft; wenn fie ſich hin⸗ 
auswagten, würbe ſich die ganze Solbatenbande gegen fie vers 
einigen. Ks ich vor einigen Zagen meinen Freund, den Gib: 
Effenti Delibaſchi (den Sie ſchon kennen), beſuchte, konnte er 
ſich eines kleinen Triumphes nicht erwehren. „Da haft du's“, 
fagte erz; „vor ber Revolution ſchrieben die Griechen in allen 
Beitungen Europas: bie Tuͤrken find Menſchenfreſſer, der Sul: 
tan ift ein Tyrann! Jetzt haben fie ihr Syntagma (Sonftitus 
tion), und jetzt begehen fie ſolche Dinge, unb ihre Generale, bie 
den Namen eines Soldaten fchänden, dulden die Ausfchweifuns 
gen ihrer Soldaten. Das iſt bie Sreiheit,* die fie gewollt has 
en.’ Er ſprach fidy ganz in Eifer, und ich fonnte ihn nur 
befänftigen, als ich mit ihm bie Mittel beriech, feine wilden 
Landsleute, bie Bergvdlker Kurdiſtans, zu civiliſiren. Denn 
Delibaſchi iſt, mit aller ſeiner ritterlichen Treue fuͤr ſeinen 
Herrn, den Padiſchah, ohne es ſelbſt recht zu wiſſen, ein 
kleiner Revolutionnair. Obgleich er nicht wieder unter feinem 
Volke zu leben wünfcht, nachdem er, wie er fagt, ben Umgang 
aufgeltärter Lente fchägen gelesnt hat, befchäftigt cr fich body 
viel mit der Zukunft feiner Kurden. Gr bat fi durch Ge: 
fpräche mit Europäern, die er ſehr ſchaͤgt, eine Art Be: 
griff von gefenlicher Freiheit erworben und finnt darauf, 
wie feine Landsleute zu Freiheit, Selbſtaͤndigkeit und Civili⸗ 
fation erzogen werben Tönnten. Der vorbereitende Zuſtand da⸗ 
zu fei, meint er mit rihtigem Scharfblick, eine Militairdespos 
tie unter einem Manne aus ber Mitte des kurdiſchen Volkes; 
aber feine Entwürfe fcheitern an der Schwierigkeit, eine folche 
zu begründen Ich höre ibn gern fo phantaſiren; benn wenn 
erft foldye Ideen in ben Köpfen der Aftaten fi zu regen bes 
ginnen, fo eröffnet fi den Fortſchritten der Humanitaͤt ein 
weites ge I. 

Zu unſerer Beraubungsgefchichte hat ſich ſchon ein Briten: 
ftüd gefunden. Drei Reifende (zwei Engländer und ein Hol⸗ 
feiner), weiche vorgeftern in Gefellfehaft mehrer Griechen von 
heben kamen, wurden in ber Begend von Dropos von elf 


20 
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),15 Zhlr. 
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tapfern Yallilaren nicht allein, wie wir, ausgepiänhest, fon 
dern obenbrein, aus blofem Muthwillen, mit Gtößen unb 
Schlägen arg gemishandelt. Rad) Dem, was fie berichten, Br 
ich felbft aus dem Munde der fogenannten Soldaten gehört habe 
und was man von allen Geiten erfährt, nehmen bie Milltair⸗ 
chefs und ihre bewaffneten Banden eine hoͤchſt brohende Stel: 
lung an und haben die ziemlid offen eingeflandene Abficht, 
große Bugeftändniffe vom Könige zu ertrohen, im Falle der Mers 
weigerung aber feiner Autorität ſich zu wiberfegen. Ich glaube, 
wir werben feltfame Dinge erleben. Doch wird ber offene Wts 
derftand, wenn es bazu kommt, es ber Kegierung nur erleich⸗ 
teen, das Uebel mit ber Wurzel auszurotten. —* chen iſt 
der König vor einigen Tagen in Navplion eingetroffen, man 
hat uns Athenaier aber noch nicht gewürdigt, einen Gourier 
zu ſchicken, und wir wiffen daher noch nichts Näheres. Viel—⸗ 
leicht gehe ic) balb auf einige Tage nach Rapplion, um bie 

Sachen mehr in der Naͤhe zu ſehen, und in biefem Balk zichreibe 
ih Ihnen wieber. 





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Bericht über die im Laufe des Jahres 1832 bei F. A. 
Brockhaus in Leipzig erfchienenen neun Werke 
und Fortfegungen. 

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9. Depping (©. B.), Grinnerungen aus bem &eben eineh 
Deutſchen in perit * 324 Bogen auf feinem Druckpapier. 
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10. Detenboff (Johann Wilhelm), Das Ganze ber 
Danblung. Gin theoretifch : praftifches Lehrs und Handbuch 
der gefammten Handlungewiffenfchaften. (Petersburg 1831.) 
Gr. 8. 16% Bogen auf gutem Drudpapier. Geh. 1 Ihr. 6 Or. 

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, bereußgrgeben vo von DM. 9. E. Meier 
Se abe sı ben Werlon der Gmmnkiopäbie üb 
en erlag der Guc S u bernomme 
nd bereits Go⸗ Theile fertig Eworbem, — 
offentlich wleder Bertrauen que einem Un ternehmen um ge 
en m tpabres beutihes Joetion werk genannt zu werden verdient, und 
berzeugen , baß ich den rien und bie Ritt ttel Habe, daſſelbe fe 
tale au TO för en als es für den Innern Werth 
v efiht auf die x onwenten, denen nidht anges 
nehm * würde, in een Jahre mebr als böcıftend ſechs Bände 
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3. Iſis. Encyklopaͤdiſche Zeitſchrife vorzuͤglich für, Raturge 
ur Anatomie und Phyſiologie. Derausgegeben von Den. 
Jahrgang 1832. 12 Hefte. Mit vielen Kupfern. Gr. 4. 8 Ihir. 
14. Knorring (Rarl von), Ruffifche Bibtiothef für Deuts 
ſche. Erſtes bis drittes Heft. (Reval 1881.) 8. 34 Bogen 
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Diefe drei Hefte enthalten R audgewählte gie von Polewoi, 


Schukowski, 
durowekti, Pu [de e Fortfehung folgt.) 
heben Tamen, wurben in ber Gegend von Qropos von df TU Bierzu Beilage ir c·· Beilage Nr. 4. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der — — er lgtet unter Berontwortlichteit der Berlagähandlung: ———— — 8% —e— in Seipzig. 





Geſchichte des beutfchen Volkes. Won H. Luden. Gie: 


miſſe verflochten wurde, eine fchöne Frau und eine 


Beilage zu 


Nr. 4 


den Blättern für literariſ che Unterhaltung. 





17. April 1833. 





benter Band. Gotha, J. Perthes. 1832. Gr. 8. 


Prän. Preis 2 Thic. 4 Gr. *) 


Hätte fig der ehrenwerthe Verf. nicht in einer Vorrede 
zu einem frübern Bande etwas zornig herausgelaflen gegen 
Diejenigen, die ihm nachrechneten, wann er ungefähr fertig 
mit feinem Werke würde, fo würde Ref. audy fo eine Rechnung 
anheben und auseinanderfegen, wie biefer ganze Band nur 
etwa 3 Jahrhundert der aulerſterilſten Zeit des deutfchen Mit: 
telalters behandle, über welche man gern bald hinwegfirebt, 
um fi den Eräftigern Franken und den durch Geiſt und Glanz 
und uUngluͤck gleich ſehr beftechenden Hohenſtaufen gu nähern. 
Da es aber nur einem groben oder bornirten Wirth einfallen 
Tönnte, zu fragen, wie oft fein Gaſt noch wiederkommen 
wolle, und unfer Saft immer etwas „bringt, was taufend unb 
aber taufend Gaͤſte gar nicht bringen Fönnten, wie gern fie 
auch wollten, fo heißen wir ihn auch diesmal herzlich willkom⸗ 
men und verfprechen ihm, es wenigſtens nod ein Dutzendmal 
zu thun, auch noch Öfter, wenn's noch mehr Bände geben follte, 

Segenwärtiger Band umſchließt den Zeitraum von 951 — 
1024, oder die Zeit, wo Dtto I. in bie italienifcgen Verhäfts 
aiſerkrone, 
eins verhaͤngnißvoller als das andere, erwarb, bis in bie troſt⸗ 
Iofen Tage des frommen Heinrich II., des legten des ſaͤchſiſchen 
Daufes und des klaͤglichſten, wenngleid: in berühmter Orden 
auf feinen Ramen lautet. Die unglüdlide Richtung auf Ita⸗ 
liens, Dänemarks, Polens, Burgunds Kronen bie Scandale in 
erfterm Lande, die der rüftige Kirchenheld Valentin Köfcher in 
feiner wohlbelobten „Geſchichte des römifchen Hurenregimentes“ 
(£eipz. 1705, 4.) zum Theil fo Träftig zeichnet, bie ewigen Zaͤn⸗ 
fereien und Hetzereien im Königshaufe, die Händel über Lotha⸗ 
ringen und mit Frankreich, wo die Gapetinger nicht eben fehr 
ebriich auf ben Thron ber Karolinger fommen und nicht fehr 
sühmlich auf demfelben figen, die ekelhaften Slawenkriege, bie 
den Hiſtoriker mie den Geographen des beutfchen Mittelalters 
fo mürbe machen koͤnnen, als fchlüge er fi ſelbſt mod mit 


herum, ber Mangel eines großartigen Staatsintereſſes und eis 


ner tüchtigen Sefinnung der Könige für das angeftammte Land, 
der Weibereinfluß von Großmüttern, Müttern und Zanten auf 
die Regierung, das ſich immer mehr in das deutfche Leben eins 
ägende Lehenweſen, welchem die Städte noch nicht ein Gegen» 
gewicht zu halten vermögen, die freche Begehrlichkeit der Hie⸗ 
rardie, endlich Würftenindividualitäten wie die Otto II. unb 
III. die vor einem vierten bange machen konnten und body noch 
gegen den Gtifter des Bisthums Bambergs vorragten: all 
Diefes treibt fi bunt über die Bühne dieſer 74 Jahre hinweg. 
ir würden fagen, ber Berf. kaͤmpfe fih ritterlich durdy diefe 
Zeit und ihren Jammer und ihr Dunkel hindurch, wenn er nicht 
ſelbſt über den Gebrauch diefes Wortes &. 488 eiferte, wo er 
es „ein fonberbares Bannal⸗ oder Gacramientalwort” nennt, 
„das Vielen aushilft, wo ber Verftand ausgegangen if’. „Bier 
e8 gebraucht‘, fährter fort, „der glaubt etiwas aefagt zu haben; 
aber Manche fcheinen nicht zu wiffen, was fie ſagen.“ 

Den Biftoritern vom Fache wollen wir hier nicht weitläufig 
herausgeben, was fie Neues an wirklid ermittelten That⸗ 
fachen oder an Hypotheſen finden werden. Da ber Verf., mit 
Ausnahme von Boigt („Geſch. v. Preußen’), Webelind und 
böchftens noch zwei Anderer, auf neuere Hiſtoriker gar nicht 
Rüdfiht nimmt, fo ließe fih über Dies unb Jenes, wo Andere 
anterer Meinung gewefen, leicht recht viel fireiten, z. B. bes 
baupten, daß die Ungarn 955 weder durch Heinrich noch Eu: 


*) Bl. Beil. 11 d. BI. f. 1988. D. Rev. 


dolf fondern durch bie gefränkten Sceieen gerufen worben wä- 
ren; daß man mit ber Ermittelung ber Vorfahren der Wettis 
ner wirklich etwas weiter gelommen, als ber Berf. annimmt 
daß der dem Verf. unerllärliche Dezil gar wohl ber Hezilo von 
Kärnthen, Berthold's von Ammertbal Sohn, geweien fein 
könne u. f. w. Gelbft aus ben Dichtern des Mittelaiters hätte 
ale poetiſche Sage bin und wieder in den Roten etwas aufges 
nommen werben tönnen, 3. B. aus Lohengrin, daß Otto III. 
durch einen vergifteten Handſchuh (Hingerlein) ter Stephania 
ums Leben gekommen fei. Den Hiſtoriker vom Fach wird bie 
pſychologiſche Würdigung tes Bifhofs Euitbrand von Cremong, 
der Beweis, daß bie griechiſche Theophano, Gemahlin Dtto II., 
dieſelbe Prinzeſſin gar nicht war, welche Otto fuͤr ſeinen Sohn 
begehrt hatte, die Erklaͤrung mancher dunkeln Stelle des Dith⸗ 
mar von Merfeburg anziehen. Bewundernswerth bleibt auch 
das Talent des Verfs., einen Zufammenhang, der doch ta ges 
weien fein muß, in die nur zu oft ganz fragmentarifch auf uns 
gelommenen Greigniffe zu bringen, und nicht durch angenom⸗ 
mene Mittelereigniffe, fontern aus ber Betrachtung der Zeit 
und des Weſens der Menfchen überhaupt und der befanntern 
Dauptperfonen ſelbſt. Es if ein Nachſpuͤren ber Denkweiſe 
der Menſchen, ein fi Zurüdverfegen in Sitte und Weiſe jener 
3eit, ein Insaugefaffen der SIntivibualitäten ganzer Voͤlker 
wie Ginzelner aus ihrer Witte. Wir glauben es gern, daß 
biftorifche Ariftarchen ewig ihr: wo ſteht das gefchrieben? bas 
zwifchen fchreien und auf Beweis dringen werden; allein für 
ſolche bat 2. nicht gefchrieben, und auf foldhe wird auch 
dieſer veflectirende und ergänzende Theil feines Werkes nur ben 
Eindruck eines hiſtoriſchen Romans oder eines bloßen hiftorifähen 
Raifonnemente machen. 

Wir heben als Beleg bes Gefagten eine Stelle aus Dtto I. 
legter Fahrt nach Stalien aus und 8.6 Gndurtheil über dieſen 
Kaifer (8. 150): „Er feloft aber, Kaifer Dtto, mag ſich wol 
getäufhht haben über die Fuͤgſamkeit der Italiener. Unbelannt 
mit dem Raturgefege bes Wenfchenlebens, verkannte er die uns 
zerftörbare Gewalt, welche in der Vollsthümlichfeit liegt; und 
da er burdy ein benachbartes Reich, durch Fein drohendes Volk 
an ber Unterwerfung Italiens verhindert wurde, fo hielt er eine 
Ausföhnung ber Italiener mit den Deutfchen und eink ers 
einigung Italiens mit Deutfchland unter einem gemeinfamen 
Herrn auf ewige 3eiten für feine Unmoͤglichkeit. Ihm gefielen 
Italiens Himmel und Erde; und wenn ihm, dem Sachſen, auch 
vielleiht das Land feiner Geburt am theuerfien biieb, fo 308 
boch feing geliebte Gemahlin Adelheid ihn unwiderſtehlich nach 
des Südens Licht und Luft. Waren einmal bie Menſchen ges 
wonnen ober gewöhnt, fo ſchien Alles gewonzen zu fein. In 
Deutſchland war die Madıt, in Stalien ber Genuß; in der 
Bereinigung von beiben fchien ein großes, reiches, heiteres Les 
ben möglidy für die kommenden Geſchlechter. Und die Männer 
des Schwertes in Italien waren zu oft über ihre Schwaͤche 
beiebret worden, als daß fie noch zu fürchten gewefen wären; 
bie Männer des Wortes hingegen, die Geiſtlichen, ten Papfl 
an ber Spitze, ſchienen, da fie der Welt angehörten und keinem 
befondern Sande und keinem einzelnen Volke, treu auf die Brite 
Deffen treten zu müffen, bei welchem fie die größte Sicherheit 

nd die größten Vortheile fänden. Goldye und ähnliche Gedan⸗ 
en mögen durch Otto's Seele gegangen fein, und auf biefelben 
mag er feine weitern Gntwürfe gebaut haben: ben Papfl und 
bie Geiſtlichkeit durch Wefreiungen, Belehnungen, Begünftiguns 
gen jegliher Art fe an feinen Thron zu knüpfen; feinen 
Sohn alsbald zur Kalferfrone zu bringen, um tiefe: Krone 
befto gemiffer feinem Haufe zu erhalten; dem kaiſerlichen Hof 
in Konftantinopel, welcher noch immer mit @eringfchägung von 





Tr 


oo 442 


den Kaifern im Abendlande fprach, zur Anerkennung ber abend: 
laͤndiſchen erwuͤrde zu noͤthigen, um ſeinem Sohne eine 
griechifche in zur Gemahlin zu gewinnen, theild um bie 
Sleichheit zwifchen dem Kaifertyum im Abendland und dem Kai: 
im deſto entichiehener nos bes Melt 


. gu 
bewähren, theild um fein Haus deſto augenfcheinlicher über alle 


Kürftenhäufer der germanifchen Welt Hinauszuftellen. — Gewiß, 


Dtto- war ein Mann von großer Frömmigkeit, Heldenſinn und 
Heibenftärte find ihm fo wenig, als eine gewiffe Weichheit des 
Herzens abzuſprechen; aber Gtolg und Hochmuth, Herrſchfucht 
und Eitelkeit waren gleichfalls in ihm, riſſen ihn hinweg uͤber 
die heiligſten Gefuͤhle und bie edelſten Pflichten und verdunkel⸗ 
ten feine Tugenden.” 

Man könnte auch aus biefem Bande eine ganze Aehrenleſe 
ber reichhaltigftien Bemerkungen machen, welche auch auf folgende 
Zeiten ihre Anwendung finden. Wir beſchraͤnken uns auf einige 
wenige. Go heißt es von dem Verfall des päpftlidden Anſehens 
&. 100: „Im Norden ber Alpen ift diefer Verfall weniger be: 
mertbar. Bier hielt man fich feft an ben Gedanken ber allge: 
meinen Kirche; man betrachtete die apoftolifche Kirche wie die 


. gemeinfchaftliche Mutter aller Kirchen, und fchaute in frommer 


Demuth zum Papft hinüber wie zu einer mächtigen Sottheit, 
die geheimnißvoll im Werborgenen waitete. Italien aber hatte 
bei dem Anblicke der Wirklichkeit feinen Zauber niemald ems 
pfunden , oder berfelbe hatte fich in dem wilden Getreibe zweier 
Menſchenalter längft verloren. Der Papſt war ein gewöhnlicher 
Menſch geworden, ber apoſtoliſche Stuhl ein gemeiner Stuhl; 
und die Dede bed Heiligthums war mit fo vielen Flecken nies 
driger Leidenfchaften und Laſter befubelt, daB in Vielen Ver⸗ 
achtung und Abfchen aufftieg und in Niemanden Ehrfurcht und 
Bertrauen.” 

Eine merkwürdige Stelle über den Weudalabel im Lichte 
bes Ghriftentyums mag ben Befchluß machen, zumal ba fie 55% 
aus einee Note (die Iefen ja Biele gar nicht!) entiehnt ik: 
„Nachdem nämlich die Vorfahren der Bafallen durch Raub und 
Sewaltthat die Wölfer um Freiheit und Gigenthum gebracht 
und fich zu Herren ber beinechteten Welt gemacht hatten, fo 
fegte fi in ben NRachkommen diefer Menſchen der Wahn feft, 
ber fich feit länger als einem Jahrhunderte nach und nad) er« 
hoben hatte und ber fi im Zortgange der Zeit ausgebilbet hat, 
daß fie Höheren Abflammung, reineres Blutes, befferer Geburt 
feien ; daß ihnen Alles gehöre, was die Welt Gutes und Schb⸗ 
nes hat; daß die übrigen Dienfchen, gemeines Gefinbel, nur da 
feien, um ihren Befehlen, Launen, Leibenfchaften, Roheiten 
wie umferthänige Knechte, wie dummes Vieh zu gehorchen und 
zu dienen. Dieſer Wahn, zum Rechte erhoben, und als ſolches 
ein ſchmuziger, aber bequemer Polſter für die Geiſtloſigkeit, Une 
wiffenheit, Xawlbeit und Nichtswuͤrdigkeit, ift ein gräßlicher 
Flecken in ber Gefdgichte der Völker, weldge bie Lehre GShriſti 
befennen. Auch werben wol noch ein paar Jahrhunderte vers 
laufen, ehe die legten Spuren beffelben aus dem Leben ausge 
tigt fein werben; aber gewiß wird es ben fünftigen Menſchen⸗ 
—— unbegreiflich ſein, wie bie frommen Vekenner jener 
Religion der Liebe eine ſolche verruchte Gewaltthaͤtigkeit mit 
ihrem Glauben in Uebereinſtimmung zu bringen vermocht haben. 
Es wird eine Zeit kommen, ba man fragen wird: Tantum 
religio potuit sancire malorum?“ 4. 





Politiſche Erinnerungen bes Grafen DO’ Mahony. Aus 


dem Franzöfifchen uͤberſetzt. Sulzbach, Seibel. 1832. 
12. 16 Gr. | 
Die Auffäge, welche biefe gut geſchriebene und gut übers 
Tegte Sammlung enthält, beren Verf. ſich jegt nad Freiburg 
in ber Schweiz zurüdgezogen bat, erfchienen, Vorrede uad 
Schluñwort ausgenommen, feit ber Mitte bes Jahres 1819 im 
„Conservateur”, in ber „‚Quotidienne‘ und größtentheils im 


\ u‘ 


katholiſchen Kirche gegen ‚WBeeinträchtigungen, welche während 

der frangdfifchen Revolution umd unter ber Reflauration über 

fie ergingen. Die Härte und Graufamkeit, welche fi Bolt 

und Machthaber gegen Latholifche Lehrer, Bekenner und Heilig⸗ 
icht -feiten- fo fehr 


j allen · Be⸗ 
griffen der Menſchenliebe und Gewiſſensfreiheit, daß edelmuͤthi 
aber aufgeklaͤrte Gegner Hrer Glaubendlehren und ——— 
ihrer eignen EChre ſchaldig zu fein glaubten, fie gu misbilligen. 
Der unbefangene Ausländer, welcher feine Manung Yan der 
unterliegenden Partei nicht blos nach ben Berichten ihrer Feinde 
mobeln will, wird baher die Stimme eines beredten und freis 


muͤthigen Vertheidigers nidyt überhören. Die Erklärungen bed 


Strafen O' Mahony tragen alle innern Kennzeichen redlicher Ue⸗ 
berzeugung und erlauben nidyt, den achtungswuͤrdigen Wann 
und feine gleichgejinnten Freunde einer Verſchwoͤrung zur Be: 
günftigung bed Despotismus gegen die Kreiheit des menſchli⸗ 
hen Geſchlechts zu beichuldigen. Männer ſolcher Art verdienen 
perſoͤnliche Duldung, Achtung und anfländige Sicherfiellung ge⸗ 
gen Beträhgniffe des Mangeld. &o viel ift man ber gefallenen 
Sröße, dem ſchnell entriffenen Einfluſſe und Perfonen fchulbig, 
die nicht auf unerlaubten Wegen, und wenn aud durch Das, 
was jest für Vorurtheil gilt, doch durch einft gefesmäßiges 
Borurtheil zu dieſem Beruf, zu diefem Cinfluffe gelangt wa: 
ven. Welcher Stand, welches Berhältnig im Staat wäre eis 
nen Augenblick vor gänzlicher Zerruͤttung gefihert, wenn man 
fih enthalten dürfte, gegen bie Diener und Belenner des römis 
fchen Kirchenglaubens, der roͤmiſchen Kirchenzucht biefe Billig: 
keit zu beabachten? Davon hingegen wirb alle Berebtfamteit 
bes ehrenwerthen Sprechers keinen unterrichteten Nichtkatholiken, 
ſelbſt manchen katholiſchen Rechtögelehrten und Staatsklugen nicht 
überzeugen, daß es rathſam, und noch viel weniger, daß es thun⸗ 
lich geweſen, den Dienern ber roͤmiſchen Kirche alle Rechte wies 
der einzuraͤumen, die ſeit Jahrhunderten angegriffen, ſeit mehr 
als einem Menſchenalter aus Frankreich verſchwunden ſind. Der 
Graf hat ihr uͤberaus kuͤnſtliches Gebaͤude tief verſtanden und 
in ſeinem ganzen Umfange aufgefaßt. Alles in ihm haͤngt zu⸗ 
ſammen, und es iſt nicht möglich auch das ſcheinbar Geringſte 
wegzunehmen, ohne die haltbare Verbindung des Ganzen zu 
untergraben. Aus ſeinem Standpunkte iſt er vollkommen be⸗ 
rechtigt, mit Allem unzufrieden zu fein, was ſeit dem Ausbrude 
ber franzoͤſiſchen Revolution und felbft unter der diefer Kirche 
nicht abgeneigten Reſtaurationszeit des Bourbons in Rüdficht 
auf fie gefhehn oder unterlaffen worden, wobei befonders den 
ſtaatsklugen und umſichtigen Xillele fein Tadel am unverföhns 
lichſten trifft; nur ift, menfchlichem Anfehen nad, durchaus nicht 
zu begreifen, wie das Miniſterium mehr hätte thun können und 
follen, ohne ben Thron feiner koͤniglichen Gebieter noch früher 
zu erfhüttern und, was endlich trotz aller Nachgiebigkeit unvers 
meiblih war, mit dem Altar, den fie nicht zu flögen vermoch⸗ 
ten, zugleich zu begraben. Was gegen und für die Berfoffung, 
ber römifchen Kirche gefagt werden kann, liegt in allgemein 
bekannten und zugänglichen Schriften den Wißbegierigen vor - 


Augen und ift ohne Unzulänglicdhkeit nicht in wenig Worte zu - 


faffen. Was ber Verf. nicht ohne WBitterkeit- und ernften, trefr 
fenden Wig vorbringt, wie wenig es auch auf die Ueberzeugung 
ber meiften Leſer wirken mag, wird dennoch ber Theilnahme 
nicht verfehlen, bie ſolchen Eigenſchaften felten verfagt bleibt; 
aber wahrfcheinlich auch, fehr wider den Willen bes Berfaffers, 
ihre moraliſche Gewißheit verflärken, daß die Anfprüche feiner 
Partei um Jahthunderte zu fpät fommen. Gerechtigkeitsliebe 
verbietet, dur einen Auszug zu entftellen, was nur im lebens 
digen Zufammenhange des Vortrags auch bes Ungläubigen Aufs 
merkſamkeit erwecken kann. Doch dürfen wir unfern Lefern 
wenigftens fo piel nicht verſchweigen, daß der wirklich ehrwuͤr⸗ 
bige Verf. feine Hoffnungen und Verbeißungen von einer 
naben beffern Zukunft für feine Kirche nit auf trüglide 
Mittel und Menfchen, Tondern auf eine. Zuverſicht flügt, zu 
welcher feine religidfe Weberzeugung ihn beredhtigt. (3. 205.) 


„Memorial catholique’ und enthielten Beſchwerden ter roͤmiſche | „‚Nidgt theien wir ben Glauben vieler wadern Leute, daß man. 


J 
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| 2 | FR 


fie durch Meine Verſchwbruntgen der Coterien, durch Meine Wel⸗ 
sangsverpönungen, durch politifche Kinderſpiele deſchleunigen koͤn⸗ 
ne, Über weldye jeder verftändige Menfch lachen müßte, wenn’ 
man in diefer Zeit noch lachen möchte. Die, voelibe mit ſolchen 

ittrin die beſtandene Orbnung ’mwiederherguftelten Hoffen, mit. 
denſetben Mitteln und Menſchen, die hnen ſchon einmal ges 
dient, haben, find allzu Surstthtip. "St begreifen nit,. daß, 
went Gottes Odem reinigenb über den Plag wegſtrich, auf 
dem Voͤlker und Könige ſich im armfeligen' Hader wegen einer 
Gewait dekaͤmpften, beren göttlichen Urfprung die Ginen wie bie 
Andern miskannten, biefes nicht barum geſchah, damit fogleich 
auf derſfelben Ringbahn wieder. dirfelben „Kämpfer erfiheinen 
ſollten. Ebenſo wenig koͤnnen wir den Glauben jener zwar 
Keffinnigen doch nicht minder Aetäufchteh Geifter theilen, daß 
vie Völker, herren und züdellos‘, jeben Seborfams entbuhben 
und jeder Glaudenslehre entwidhen, A ſelbſt wiebergebären; 


daß fie eden durch Befolgung Allee Thorheiten ber Vernunft‘ 


begegnen und durch fleißiges Leeren des Pokals der Laſter die 
Zugend wiebergewinnen würden. Wir fönnen nimmermehr glau: 
ben, daB vom Böfen das Gute gelernt wird, Anarchie die Ord⸗ 
nung groß zieht, Wahnwig die Vernunft, Zügellofigfeit die 
Unterwerfung und Gottlofigkeit den Glauben. Rebolutiounaire 
köonnen "zwar Diener des göttlien Zorns, blinde Werkzeuge 
himmliſcher ZüchtiguAgen, aber nur zum Zerflören, nicht zum 
Wieberherftellen beftimmt fein. Wenn daher Legitimitäten, bie 
ihrem Urfprunge untreu wurden, auf illegitime Weiſe durch 
aufrährifhe Maffen vertrieben; wenn bie Fehler der Könige 
in ſoicher Weife durch die Verbrechen ber Völker beſtraft wur: 
den: fo ift es jegt an ber Zeit, daß bie Verdrechen des Volkes 
durch feinen eignen Triumph beftraft werden. Es muß ett 
biefe Freiheit kennen lernen, die es gewollt, die es feiner Vers 
ſicherung nach errungen hat. Bor Allem darf man nicht wieder 


fagen tönmen, wie man vor 40 Zahren gefagt und vor 30° 
und 15 Zahren wieberholt hat, man babe die ruhige Ent⸗ 


wickelung biefes Berſuches geftörts bie DVerleitungen des Despo⸗ 
tismus ober bie eiferne Band der Iyramei hätten bie Entfal: 
tung ber Freiheit unterbrüdt, und bie Revolution fei nur ge: 
waltthätig, graufam und blutgierig geworten, . weil fie gehins 
dert, bebrobt und angegriffen feis man bürfe ſich alfo fein Urs 
theil über Grundfäge erlauben, beren Rolgen man gehemmt, 
über Menſchen, deren Patriotiemus man gelähmt habe, und bie, 
hätte man fie handeln laffen, alle Verheißungen des Sluͤcks, 
weiche fie dem Menſchengeſchlechte gemacht, übertroffen haden 
wärben. Bier finden wir abermals einen Grund, warum wir 
eine Wiederherftellung durch Waffengewalt, und vor Allem durch 
fremde Waffen, von welcher Royalifien zuweilen träumen, . für 
ſchlechthin unmöglich halten, weil der Revolution durch ein fol: 
ches Beginnen wieder die alte Hinterthuͤr geöffnet und den 
Völkern bie Zäufchung bereitet würde, diefe alfo ſtets wieder 
auf bie erfte Gelegenheit, Dasjenige wieder anzufangen, was man 
fie ihrer Behauptung nach nicht vollenden ließ, harren und fie auch 
jedesmal rafch ergreifen würden. Wohl, mögen fie es doch ein: 
mal vollenden!” Wir waren einem Unbefannten, dem wir un: 


fere Achtung ebenfo wenig verfagen, als feinen Standnunkt thei⸗ 


ien tönnen, bie Gerechtigkeit ſchuidig, diefe Geſinnungen zur 
Kunde des Kreifes unferer Blätter zu bringen ; nicht fowol feiner 
fetbft wegen, woran ihm wenig gelegen fein mag, als vielmehr 
zue (Ehre des Menfäheit, um wenigftens Unbefangene zu Über: 
zeugen, daß audy eine unterliegende, allgemein verläfterte Par 
tet nicht aus lauter Raͤnkeſchmieden, Aufwieglern und Unrup: 
fliftern, aus lauter geift« und geſchmackloſen unberebten Schreiern 
beftebt. Daß ber Verf. in ben Uebeln, welche Frankreich bes 
treffen, die er mit fehr lebendigen, zum Theil überaus treffen: 
den Zügen fäyiidert, und deren Bunehmen ale göttliches Straf: 
gericht er mit Gewißheit vorherfagt, eine nothwendige Polge 
des Abfalls von der roͤmiſchen Kirche erblickt, wie ex alles Gute 
von der Ruͤckkehr zu ihr erwartet, iſt zu begreiflich, um einer 
ausdrücklichen Aushebung feiner Darftellung zu Debürfen, wird 
aber die eigne .Anficht Heſſen wicht unbelohnt allen, der nicht 


: wiederholt als bie feinige. 


———, — ———  ’ 
. 


unterſuchungen in der Ausgabe ber MWallenflein’ 


. 
⁊ 
—— - 


feft entſchloſſen ift, keine antere Stimme zu vernehmen, als 
die fih auf allen Gaſſen hören Täße, und. feine andere Meinung 
“ 5, 





Geſchichte bes deutfchen Reiches von beffen Urſprunge bie 
zu deifen Untergang. ‚Bon U von Kotzebue. 
Sortgefegt von F. U. Rüder, bie zum Sahre 1832. 
2 am Band. Leipzig, Kummer. 1832. Gr. 8. 

r. 


In unſerer Beurtheilung des erſten Bandes ) dieſer Fort⸗ 


ſetzung, durhh welchen wir und durchaus nicht befriedigt erklaͤ⸗ 
“ven konnten, ſprachen wir bie Hoffnung aus, daß ber zweite, 


ald ganz ber neuern Geſchichte angehörig, größere Befriedigung 
gewähren werbe; allein wir feben uns zu unferm Betauern ge: 
nöthigt, zu erklaͤren, daß dieſe Erwartung nicht erfüllt worben 
it, und daß auch dieſer Band bie deutlichften Spuren einer fehr 
eilfertigen Abfaffung trägt. Wenn man aud an die Fortfegung 
einer Kotzebue'ſchen Arbeit ald foldye keine großen Anſpruͤche mas 
hen kann, und wenn allerdings eine gewiſſe Fluͤchtigkeit und 
Leichtfertigleit nothwenbig war, um bie Kortfegung mit dem 
Anfange in Sinklang zu bringen, fo wäre es der Berf. wol 
ſich ſelbſt ſchuldig geweſen, dieſe Uebereinſtimmung aufzugeben, 
etwas Gediegeneres zu liefern, als der Anfang iſt, und die 
Schwierigkeiten der Aufgabe richtiger zu wuͤrdigen. Allerdings 
pflegte man bisher meiſtens die neuere Geſchichte Deutſchlands 
nur gleichſam anhangsweiſe der mittelalterlichen anzufuͤgen, 
oder, wenn man ausfuͤhrlicher fein wollte, beſchrieb man weit« 
(äufiger die Kriege, an weldgen das beutfche Reich Theil ge⸗ 
nommen hatte, fo gering und fo wenig ehrenvoll biefe heil: 
nahme auch gewefen fein mochte, und breitete außerdem einzelne, 
ebenfo wenig bedeutende Reichſtagsverhandlungen in ihrer lan 

weiligen Weitſchweifigkeit aus; man dachte nicht daran, 4 
ſeitdem das deutſche Reich ben Charakter einer Conföberation 
erhielt, feine Geſchichte fi auch großentheild in Specialgeſchich⸗ 
ten auflöfte, und daß es wichtiger und erfprießlicher fei, das ſich 
regende und nad befimmterer Geftaltung firebende Leben zu 
verfolgen und abzuſchildern als darzuthun, wie man mit abges 
ftorbenen Formen ein bedsutungslofes Spiel trieb. Auch bag 
vorliegende Buch fchließt ſich jener unbefriebigenden Weife an: 
Erzaͤhlung von Kriegen, oft ohne Hervorhebung des Entſchei⸗ 
denden, von Reichſtagsverhandlungen, namentlich bei den Kai: 
ferwahlen, und einzelne abgeriffene Notizen aus der Geſchichte 
den einzeimen deutſchen Lander bilden den weſentlichen Zahalt; 
von jener inhern Entwickelung findet fi nur ſelten eine ſchwache 
Epür. Cine umfaffendere Benutung ber, vorhandenen zugängs 


lichern Huͤtfsmittel iſt auch nicht giaublichz; denn wie hätte bei’ 


einer forgfamen Benuhung des Giärhoru’fchen Werkes -Bie Dar⸗ 


ſtellung der politifgen Zuſtaͤnde fo bärftig und: ſchwankend aus: 


fallen, mie hätte bei einer Beruͤckſichtigung der (hen weite 
Manches in denſelben Widerlegte, in Beziehung auf Wallen⸗ 


ſtein's Abſichten und Ausgang, wiederholt werden können? Noch 


größeres Wiöbehagen erwedt aber bie Darftellung, in welder 
bisweilen einzelne abarriffene Notizen nebeneinander geſtellt 


werben, ohne daß ein anderer Zufammenhang Rattfindet ober. 
angegeben ift als ber, dasß fle in-derfelben Zeit gefchehen find,. 
‚und weiche deshalb dem Lefer Chroniken bes Mittelalters ver: 
"gegenwärtig. Um dieſe Austellung zu belegen und zu zeigen,. 


dab diefe nicht die einzige iſt, zu welder man fih in Bezie⸗ 
bung auf bie Darftellung veranlapt findet, glauben wir einige 
Stellen mittbeilen zu müflen. So heißt es in Beziehung auf 
die dem weſtfaͤliſchen Frieden zunädft folgende Zeit, ©. 96: 
„Jeder Hof hielt fein kleines Heer auch mitten im Frieden, 
und dad Ausfterben verminderte die Zahl ber regierenden Haͤu⸗ 


fer." S. 99 und 100: „Gleich nachher (4653) begann ber 


2) Bol. Ne. 187%. BI. f. 1882. D. Red. 


hen Briefe. 





444 


Krieg des Königs Karl Guſtav von Schweden, und im folgen: 
den Jahre nahm ber Kurfürft Friedrich Wilhelm von Branden⸗ 
burg als Schwedens Verbuͤndeter am Kriege Theil, ergriff her: 
na die Partei der Polen mit der unglüdlichen Wendung, daß 
der Kurfürft das Herzogthum Preußen vom Könige von Schwe⸗ 
den zu Lehn nehmen mußte, worauf er wieber Alliirter der 
Schweden wurde.“ Ginigermaßen wird biefer verworrene Bag 
&. 103 berfchtigt, dagegen wirb Hier der Vertrag von Welau 
auf ben 11. Ian. 1658 gefept. &. 115 fährt der Verf. nach 
der Grwähnung des Belbzuges von 1678 ‘gegen Branfreid ohne 
den geringften verbindenden Uebergang fort: „Bine in vieler 
Dinficht merkwürdige Srfceinung war der nimmweger Kriedend: 
congreß. Unter englifher Vermittelung begannen dafelbft (7) 
die vorläufigen Wriebensunterhandlungen im 3. 1676. Das 
deutfche Reich überließ es bald feinem Kaifer, für deſſen Beſtes 
möglihft zu forgen. Gefandte aller intereffirten Mächte er⸗ 
ſchienen dort auch aus Deutfchland in Menge. Die Könige 
und der Kaifer hatten dort Botfchaften mit Excellenz. Vergeb⸗ 
lich ſtrebten die Kurfürften und die altweltfuͤrſtlichen Häufer, 
für ihre Gefandten den naͤmlichen koſtbaren Titel zu erlangen. 
Großen Aufwand machten daſelbſt befonders bie Boten bes Frie⸗ 
dens aus Frankreich. Wie hatte fi aber bie Welt verändert 
feit dem woeftfälifchen Frieden!” u. f. w. Endlich heben wir 
no ein Urcheil des Verf. in Beziehung auf bekannte Verhaͤlt⸗ 
niffe, nämtid auf die Stellung Friedrich II. nach dem zweiten 
ſchieſiſchen Kriege, aus, weiches fih &. 272 findet: „Der Kb: 
nig von Preußen war mistrauifh und handelte, ohne feine 
Minifter zu Rathe zu ziehen, in feiner Außern Politik gar eis 
genmädtig. Es ift hoͤchſt unwahrſcheinlich, daß jemals dem 
wiener Hofe bei feinem Leben eingefallen wäre, verbunden mit 
Rußland einen neuen Krieg wegen Gchlefien wider ben König 
von Preußen anzufangen, wenn ber König ſich zu einem freund⸗ 
lichen, nachbarlichen Benehmen gegen Deftreich hätte entfchließen 
tönnen. Aber er felbft ließ ſtets fürchten, daß er noch mehr 
von Deftreidh erobern wolle.” Wir haben vielleicht ſchon zu 
viel Raum für die Mittheilung einzelner Stellen in Anſpruch 
genommen; allein einmal iſt bei einem Werke, welches ſich nicht 
durch @ebiegenheit des Inhalts geltend machen Tann, bie Auf: 
merkſamkeit hHauptfädhlich auf die Darftellung zu wenden, und 
zweitens mögen wir nie tadeln, ohne burdy Worlegung wenig: 
ſtens einiger Beweiſe unfere Leſer in den Stand zu fegen, felbft 
über die Begründung des Tadels zu urtheilen. 16. 





Rotizen von C. Krufemann in Beziehung auf deſſen 
Kunfteeife und Aufenthalt in Italien; gefammelt und 
herausgegeben von 4. Elint Sterk jun. Aus bem 
Hollaͤndiſchen überfegt von EC. Mayboom. Hanover, 
Hahn... 1831. . Gr. 8. 1 The. 8 Sr. 


Der Ueberfeger diefee Reifenotizen eines holländifchen Ma: 
lers uͤber Italien muß feine Ahnung von der reichen Literatur 
haben, die wir in Deutfchlanb über biefen Gegenſtand befigen ; 
er würde ſich fonft nicht die ganz nuglofe und undankbare Mühe 
gegeben haben, biefe Literatur noch burdy ein fo Außerft unber 
beutendes Buch, als bas feinige ift, zu vermebren. Der Berf. 
mag in Holland als Maler eined gemiflen Rufs genießen, "und 
feine flüchtigen und anſpruchloſen Reifenotizen mögen dort einen 
geroiffen Werth in Anfpruch nehmen, ba in holländifcher Sprache 
wenig über Italien gefchrieben fein mag; allein biefer relative 
Werth gab feinem Buche noch kein Recht darauf, unter ben 
zahlfofen Schriften aufzutreten, bie Deutfchland Aber Kunft, 
Ratur und Altertum und Volksleben in Italien bejigt. Zür 
uns find diefe Bogen wenig mehr als Maculatur. 

Doie anſpruchsloſen Briefe eines begeifterten und einſichts⸗ 
vollen Kunftjüngers, der endlidy das Land feiner Sehnſucht er: 
reicht, leſen fi immer mit einigem Jutereſſe. So auch biefe 


Briefe, welche einen Zeitraum von drei Jahren umfaffen und 
aus Frankreich, Deutfchland, befonders aber aus Italien Reifes 
abenteuer, Kunftanfihten, Gefühle u. dergl. mehr berichten. 
Aber zu Lernen geben fie und nichts, und dem einigermaßen 
Singeweißten feinen fie nicht. mehr als nuͤchterne Wieberhes 
lung hundertmal gehoͤrter Dinge. Dierzu kommt, daß das 

von Drudfehlern wahrhaft ftrogt, daß Drte, Namen unb 
fremde Worte dergeflalt verunſtaltet erfcheinen, daß wir Mühe 
haben, fie wieder zu erkennen, und baß uns zugemuthet wird, 
uns dur einen Vorbericht hindurchzulefen, ber alle Arten 
von Unfinn in fi vereinigt. Nah all Diefem wären biefe 
Bogen, für die hollaͤndiſche Kunſtbegeiſterung vielleicht ausrei⸗ 
hend, in Deutſchland daher beſſer ungedruckt geblieben, wie 
denn überhaupt ſehr zu wuͤnſchen waͤre, daß über. Italien vor⸗ 
erſt nichts meht verlegt wuͤrde, als nach einer einigermaßen 
ſachkundigen Prüfung der hieruͤber ſchon vorhandenen Eiteratur. 
Die drei Steindrüde, mit ihrer hollaͤndiſchen Unterfchrift: 
„Voorstad en graven van Pompeja” u. f. w., find noch das 
danfenswerthefte an dieſer Erſcheinung. — Eine Stelle allein 
bat uns eine Lebendigere Theilnahme abgemwonnen. Der Verf. 
erzählt, wie er in Bologna bie Bekanntſchaft des Bibliothekar 
Mezzofanti macht und nicht wenig erftaunt iſt, von dieſem ſel⸗ 
tenen Manne, dem erften praktiſchen Linguiſten Europas, im 
reinften druͤſſeler Dialekt angerebet zu werden. Wir koͤnnen 
aus unferer nähern Belanntfhaft mit dirfem außerorbentlichen 
Geifte hierzu einen Kommentar liefern. Es iſt befannt, daß 
Abbate Mezzofanti, weicher Bologna niemals verlaffen hat, 50 
oder KO Sprachen und Dialekte dergeftalt befigt, daß er ſich in 
jeder derfelben, wie ein Gingeborener ausdrüdt. Kin beifpiel 
loſes Gedaͤchtniß und ebenfo feltener Trieb, jebes ihm fremde 
Idiom zu erlernen, haben ihn zu diefer merkwürdigen Wiffen- 
ſchaft geführt. Abbate Mezzofanti nun fanb ein auf feiner 
Bibliothek zu Bologna eine Grammatik in einer ihm unbelanns 
ten Sprache. Köftlicher Bund!’ Aber leider fehlte das Titel⸗ 
blatt und die Vorrede. Gr Hatte alfo nichts Giligeres zu 
thun als biefe neue Sprache, bie ihm unbelannt war, zu er: 
lernen. Er war damit bald fertig; aber er wußte noch ims 
mer nit, welche Sprache er erlernt hatte. Da führt das 
Waffengeſchick eines. Tages holländifhe Kriegsgefgngene nad 
Bologna. Mezzofanti, für den jeder Zrembe eine koſt⸗ 
bare Erſcheinung, ein Magnet ift, drängt ſich unter fie — er 
hört, er horcht — er fpiät die Ohren — er erfennt endlich, 
baß, er in jener unbekannter Sprache — Holländifch gelernt 
bat. -— Mezzofanti ift ein ebenfo feltener, als liebenswuͤrdi⸗ 
ger Mann! 130, 








Notiz. 


Das Wort Finanzen. 

In Re. 36 d. BI. ift des Urfprunges und ber Ableitung 
des Wortes „Finanzen“ Grwähnung geſchehen. Wir wollen 
dazu einige Rachıträge geben. Der Urfprung biefes Begriffs ift 
in dem Worte finis zu fucgen, welches im Latein des Mütelal⸗ 
terd wie terminus bie bedeutung von „BZahlung” hatte. 
Ebenſo brauchten die Griechen zelos, ebenfo wird „Ziel“ in eis 
nigen deutſchen Läntern gefagt, und fine beteutet im Engliſchen 
eine „Geldbuße“. Kür die Bedeutung von finis als „Geldzah⸗ 
tung‘ überhaupt oder „verdaͤchtige Geldfpeculation”” in Eng⸗ 
land, Frankreich, Deutschland und Italien gibt Hüllmann im 
„Staͤdteweſen des Mittelalters”, Th. IV, S. 95, viele Bes 
lege. So heißt es in der berühmten Magna charta der 
Engländer vom Jahre 1215: „‚Habeat hereditatem suam sine 
relevio et fine’ (d. $. tars und fportelftei). In Frankfurt 
a M. ward im Jahre 1578 (f. Kirchner's Geſchichte Franke 
furts’’, IE, 501) das „finanziſche Würfelfpiel”. verboten, und in 
Kangow’s ‚„„Pomerania” (II, 166) ſteht „finanzifch” ſchlechthin 
für „betruͤgeriſch“. 89, 


‘ « 


Nebigirt unter Werantworkliägteit der Verlagshandlung: U. U. Brodbaus in Betpsig. 
° er MS su] 


ma m Le re pin u ie — —— — 


- — — oe. 


—⸗ 


Blätter 


für | W 


litera riſche Unterhaltung, 





Donnerstag, 





Stifter Artikel. 


Wie wenig befriedigend für die hoͤhern Foderungen 


bee Kunſt auch die einzelnen Erzeugniſſe der dramatifchen 
Muſe in Deutfchland -fein mögen, im Ganzen genommen 
hereſcht eim reger, ſtrebender und vordringender Geiſt im 
diefem Gebiete, bem es immer noch gegeben fein kann, 
einmal auf das Außerordentliche und wirklich Kunſtbeſtaͤn⸗ 
dige zu treffen. Nur wo Stagnation ift, da bat bee 
Kunſtfteund die Hoffnung fahren zu laffen ein Recht; 
lebenvolle Verirrung kann: jeden Augenblid wieder zu les 
benvoller Wahrheit zurüdführen. Died iſt der Kal, in 
dena fich die. deutfche und die franzöfiihe tragifche Muſe 
im Gegenſatz zu ber englifchen, ätalienifchen und fpanifchen 
befindet. Dort tft Stillſtand oder feſtſtehende, zur zweiten 
Natur gewordene Unnatur; einzelne, bavon befreitere Er: 
fheinungen bligen wie Sterne in dunkelſter Winternacht 
hervor; im Ganzen aber flieht die Manier fo feft wie das 
Sirmament. Anders iſt es in Deutichland, und wiewol 
auch Hier aͤußerſt wenig oder nichts wahrhaft Großes füchts 
bar wied — ſeitdem die dramatifcye Poefie mit der Bühne 
in unheilbarer, Fehde zerfallen iſt —, fo ift das Falſthe 
und Unwahre, das Unpoetiſche und Kunftwidrige doch noch 
nicht Gefeg geworben und muß fich an beftrittenen prak⸗ 
tifhen Siegen genügen laſſen. Weniger jugendfrifch und 


muthig als die franzöftfche dramatifche Muſe, iſt die deuts 


ſche dafür in einen engeren Kreis von Verirrungen einge: 
fchloffen und dringt vielleicht mit geringerer Kühmbeit und 
Verachtung bes Herkoͤmmlichen, aber dafür auch mit bes 
fonnenerer Stätigkeit gegen den Mittelpunkt des Zieles 
vor, welcher in ber Verföhnung zwilchen Porfie und 
Bühne, zwifchen Kunft und Leben zu finden fein wird. 
Bis dies Ziel, einft erreicht, jetzt verloren gegangen, ders 
einft wiedergefunden werben wird, muß fi bie beutfche 
dramatifhe Muſe an einem zerrifienen Lorberkranz genuͤ⸗ 
gen lafien, beffen eine Hälfte die Buͤhne, die andere aber 
die Kritik vertheilt, während der Gluͤckliche unter uns 
noch nicht gefunden ift, deſſen Schlaͤfe von beiden Hälften 
zuglekh umkraͤnzt werbm. Es mußte eine Zeit kommen, 
wo der Dramatiker, welcher nach Kunfigefegen arbeitet, 
freiwillig und gänzlich auf die Bühne Verzicht leiſtet, und 
mo von der andern Seite die Bühne ſich gänzlih von 
den Kunfigefegen losſagt — und biefe Zeit iſt gekommen. 


Ihre naͤchſte Frucht wird die Sehnſucht fein, die den er⸗Dies iſt 


s 


ergreift, und diefe Sehnſucht wird. die Bühne nöchigen, 
bei der Poeſie auf ein Darlehn zu bringen. Dies iſt 
der Augenblick jener Verſoͤhnung, die wir eben als das 
Ziel bezeichneten, nach dem die Muſe in Deutſchland tingt. 

Beim Ueberblick ihrer letztjaͤhrigen Erzeugniffe ift bie 
Hoffnang, daß jener. Augenblick nicht allzu fern mehr ſei, 
aufs Neue bei uns erwacht. Mit Vergnuͤgen haben wie 
bemerkt, daß die Anſteckung von franzöfiiher Ertravaganz 
biesfeit des Rheins aͤußerſt gering geblieben iſt, und daß 
fie, wie es fcheint, vielmehr die ernſte Erforſchung ber 
Kunftgefege auch ſolchen Individuen werth gemacht habe, 
bie ehedem einige Hinneigung zu ihr deutlich blicken ließen. 
Im Ganzen genemmen zeige uns der Katalog der vor⸗ 
jährigen dramatiſchen Erſcheinungen jedoch twenige angefes 
bene Namen. Houwald, Griliparzer, Paten, ja feldft Auf: 
fenberg, Benzel: Stenau, Frau von Weißenthurn und 
Andere, die wir gewöhnt find alljährlich in die Schran⸗ 
ten einreiten zu fehen, haben thatenlos gefchlummert, ja 
ſogar Ritter Fouqué hat die Lanze raſten laſſen. Iſt 
dies Verzweiflung, ſo waͤre ſie unruͤhmlich zu ſchelten 
und würde durch das Beiſpiel der Franzoſen, die, wiewol 


in beſſerer, doch auch nicht in außerordentlich guͤnſtiger 


Lage ſich befinden, glaͤnzend beſchaͤmt. Unter den neuern 
Namen — homines novi im Patriciat der dramatiſchen 
Kunſt — ſind Einige, welche ehrenhafte Patricier zu 
werden verſprechen, waͤhrend wir Deutſchland in der That 
Gluͤck wuͤnſchen, einige ganz unertraͤgliche dramatiſche 
Schreier, wie Maltitz ganz, und Harro Harring wenig⸗ 
ſtens zu tbeilweiſem Stillſchweigen gebracht zu haben. 
An den großen politiſchen Streitfragen hat die dra⸗ 
matiſche Muſe ſehr geringen Antheil genommen; ein ein⸗ 
ziges polniſches und ein einziges griechiſches Drama und 
zwei oder drei pſeridoliberale Rhapſodien bezeugten, daß 
dies Thema ſeiner gaͤnzlichen Erſchoͤpfung nahe iſt, 
waͤhrend die wahre Gedankentragoͤdie wenigſtens ein paar 
achtbare Verſuche an den Tag geſtellt hat. Die Komoͤ⸗ 
die hat ſich nicht mehr zu derjenigen Heiterkeit erheben 
koͤnnen, die vor dem Juli 1830 an ihr wahrzunehmen 
war; fo wahr tft es, daß Leben und Kunft einander ge 
genfeltig bedingen. Der Wis hat bei uns ſeitdem eine 
andere Richtung genommenz er erichöpft und zerfnlittert 
fi) in gallſuͤchtigen potitifchen Reden an das Volk 
fo wahr, daß wir beforgen, bald wird Raupach, 


446 


- den nichts anfiht, nicht einmal "die Kritik oder bie Poli: 
tie, der einzige Luftfpieldichter Deutfchlande, ein neuer Ko: 
gebue, ein neuer dramaturgifcher Dictator fein. 

Wie wenig erfreulich nun alle diefe Bemerkungen auch 
fein mögen, wir wollen unfern Leſern nicht vorenthalten, 
daß wir, trotz Ihnen, an dem Ueberblick ber dramcki⸗ 
(her Erzengnifſe des J. 1382 Freude Haben, Inf wir, 
trotz ihnen, die Hoffnung auf beſſere Zeiten fefthalten, und 
alt Diefes blos deshalb, weil ge unvertennbar in dieſem 
Theil des Mufenfeldes mehr Kraft, mehr Selbftändigkeit, 
mehr. Wannichfaftigkeit,. mehr Beweglichkeit, mehr wird 
liche Poeſie, meßt Tiefe und Ernſt endlich und metit 

: Zumbgibt- als in. irgend einem der andern Ge⸗ 
biete des apollinifchen Reihe. Zum Beweife, daß dem 
u wer Than To ſel, berafen wir und: auf bie Vorlegung 
we: Komm, d. h. awf eine kritiſche Bergisichung: ber druma⸗ 
niſchen Erzeuzniſſe mit; denen der Iprifchen, epifchen Muſe, 
RE zu. denen ber, Novelliſtkk und Romantik herab, Wie 
eintoͤnig, miſelbſtaͤndig, nach einem Zaſchniet geformt, wie 
blat⸗ uns lebenlos erſcheint Hier meiſt Ales? Wie nach: 

gemacht, nachgeahmt, nacıgenubeiget. im Bergleich zu Dem 
ftcden Tritt und Satitt der dramasifchen Muſe? — Über 
wir- haben‘ noch einen andern Berwris für den Vorrang 
den dramauſchen Diufe in Demtfchland im peito; einen 
künfttichen zwar, aber einen wicht minder firingnten: Ge 
iſt der Sag, daß Stuͤke wie Immeraman's Friedrich II.“ 
bien zwei jahren: in Deutſchland: total wergeflen find, 
Wie waͤre dies möglich, wenn nick ohne Unterlaß vom 
turffliche Zramen in Deutſchland eoſchienen? 


Mir beginnen unſern Ueberblick der dramatiſchen Literatur 
det abgelaufenen Jahres wie Billig mit ben Etſcheinungen des 
ante, die vermöge alten Berbiudlichteit alljaͤhelich ſich vorſtel⸗ 
kn, d. 4. mit besunatifchen Jahrvuchern und —— 

I Een deutfcher Bührenfpiele: Herauegegebon ˖ von F. W. 

Wig Zwoifter Jahrgang, für 1838, tin, Vereins 

E handtung. 1838. 8. 1 Thit. 16 Gt. 

Es iſt nicht zu verkennen, doß diefe jaͤhrlichhe Shrrmmiang 
dort Originalſtücken niche nur gegenwärtig den erſten Rang ut 
ar: gern Mitbewerbern m Anfprodz nietmt, farben auch, daß 
4 in der Hand feines neum Herausgebers au Bedeutung und 
Empfehlbarkeit noch gewonnen bat. Cine reinere und firengene 
Kritik leitet fetzt die Auswahl des Aufjurieimenten, und nament: 
tr dürfte unter den in biefem Jahrgang — Stuͤcken 
Mineb: eine ferien eigenfhämidken Mewtis und! eßne- Achtorkei⸗ 
fen. Dr: Gercuögeber hat. eine giädlide —— behaup⸗ 
tet und auf ber einen Seite das Triviale, auf des. andern; das 
Excentriſche mit gleicher Berficht von ber Yufnapme autgefehlofs 
fen, Sämmtliht re drama Beitkaͤge ſind Ofiginale,. und 

dltbare: Setgtmrte- — „Der Chipfehtungsbriefr, Sufffpiek dm 

vier: Aufyigen von Karl 5» for, zeige. die ee! 
Qewandachein bat Bühmengeiiid amd din fürgkältige Behemblung, 
maiche. era ihnen p egt. Die Intri⸗ 
due, wiewal bo H —— — foft.allzu reich, 
HH Amiiier gaug verſtänvichh dd ſein, iſt lebhaft tn in deiterre 
Eine erfünden. Die: Hetländr; —— ihre zwei Nechier 
*5 — er ſchark ins erudgtidd conteuftise; 
Gng erfolge TÜWER um .ahf gemlich newt- unb- Ihe: 


ung nur etwad wa cheinlicher, 

af Herr FE biäs a ae ‘eine allzu oft Eh bene Bin 
oltteg dee 214 iaraginätre, fo würden tale dies © 

—** 0 Emd dud « eh VO t Br 

endan —= —— *—* bus; bite ee : Sf 


Winden Act / voa EN idol, in wenn / der Gpfnbwg, 










nach nicht durchaus neu, doch mit ei heitern, poetiſchen 
Gewande bekleidet und in gefaͤlligen en gefchrieben. Die 
vis comica barin beruht auf bem Irrtum, nach welchem bie 
Gattin eines plaſtiſchen Känftlers feine ihr nachgebildete Glie⸗ 
derpuppe für eine Rebenbuhlerin hält: eine glüdliche und wohl⸗ 
esfunbene Situation, welche bie Treue ber Wänner zw bem 
ternen zu erfieben Tönen Mia gibt. Die Enitoidhiung 
ante cafe fein, ar gutfcandide: Besfe und eine. feinz 
Sprache hört mah von dir Bühne herab immer gern. — „Mars 
garethe“, Poffenfpiel in einem Act von K. von Holtei, R* viel 
weniger erfreulich, ale Stüde biefes Dramatifers gewöhnlich zu 
fein pflegen ©ituattonr be 7 wurüberberlinifirten 
: Dofoasbs hat mebr Yeinliches als Grgbgliges, und bie Jatri⸗ 
gue feibft it weder giüdtich erfunden, nad mit befonberen fce: 
nifher Wirkung ausgeführt. Die te — un lachen 
geben; fie ſoll Caricatur fein 
catur vor uns, die eine ie apa Bi * a 
Portrbit. — „Are Myſtika suis 
Wild. von Lübemann.. Diefes —* Pr ine tere und 
gute re der Muͤllner'ſchen Ver — en zugleich mit einer 
erdoͤtzlichen — br bes myſt chen Unweſtns dar, 
weidyes uns Meus und eiilsti —— When: ſo Ar 
angemehe. finde. — „Zur Gnfangene”, is einem Dh 
uge vou . Jtter, iß sigentlich aus eineginzeine tragifche Queve. 
ein Verſuch vielleicht i im Tragiſchen, aber in einer ſeht geluugenen 
Form. Die echtteagiſche Sprache und der ſchoͤne, wohllatitente 
Bers erwecken ——— die freiitch eine fo vetringeite · Seene 
noch micht erfüllen kann. Giacta gefangen, wid vom Pempee 
ihrem Gegner, geliebt und eumorbet, be: Gamilien fie; er Gefhreien 
erfcheint. Hier fehlt ed uns an Stoff zu einem. Urtheil barübe, 
ob der Verf. dad Weſen der ttagiſchen Kunft Dein hab 
öber nit. Die Probe tft zu’ kietn, aber groß genug, um Adern 
' fein 8383 es Veembgen- außer 3 Zucht 


el zu. ſein —- „Ber a 
*. Bumrrfaiel in Dies: cum; van «Div 
3 bloßer Entwuaf, aben ein adtlaree ut ben weitern: As⸗ 
führung fee wärbiger. Bor Allem ſcheint ed. dem Perf. babak 
auf Babrheis (Wahrheit der Charakteriflif, ber Smpfi ndung. und 
Wutrpeit der Oprachr) angeeuraneh zu fm. Gr’ Mer tt, 
aber ee fon durch ein INGertmah im tin. She Frrcht 
vor falſchem Pathot, beim. berfetbe ſchon einmal fe: 
yarcbiute, hat ihn. dahin geführt, das Leben mis holkubifikee 
Treue zu copiren. Die Zunft bat einen. anıtım Zweck. Dene 
noch verdankt dieſer Entwurf aber jener lebendigen Wahrheit 
bie umgertieine dramatiſche Birkimg, bie ihm: beivokne. Alles 
an ihm DE Mate, Geben, voiauunmne Tteurs dar Getgeuſtaub 






der Gehante: if zugleich carvegunde une unferer Sibeiluabıue wör: 


big, unb wir 


eifeln- daher nicht, daß, wenn. es dem ‚Berk 
gefiele, dieſe 


zu einer vollen und foͤrmlichen Tregoͤdie 


— ei 1 ermöpnticher Sffect durch fie erreicht wet: 
' den möchte. Wie 


, fteder alle Binden zu bie, zur greil 
— — die Barıs. iſt 7* Meer; abev: die Wir 
httniffe (dea. Hoflebeno im —2 fs 
Sußerft Ps ‚ wahr: um wirfungsuell.a — unb weder 
die nr no bie & araktere laſſen frgenb etwas "Sefentliches 
N wuͤnſchew überg. rx — hier enlic A; wuhret Werftändnig 

des Wein Ber tingifiher: Kanſt in einer offerdar abſithelich 
bandebe ichen — "Er velle Kauft u 


wügen, ftehs —— bevos 

—* bern Si kit feryält,. zu. — * vu a* —8 

es ar ben Wei in newer Zelt. befann 
‚ Bere und Dhritcuhme · nicht 


3 Aufthitere 
ur 8. 8 
w. 


weht Wien itmen. 
"oder · brumai — * Jaht BB, 
%. nn ve. Dieimtgeungofiäs 
— Leipus. ——— Fr 





—ã— ent⸗ 
ken. An: B mental : in er rohe 
idee —— —— — aune⸗ Mun · m̃ 


Ra eV 





a ein ——— 


— — — — — — — 


— 7— 


— — [go 


447 


das Aſyl des ans: faft ganz: Demififianb: veubamuten Brengen 
und bein. Bumverfationsftäddee, Mile, iſt es denk nm in 
ee ihr fünf ober ſecht 





dßen‘ dem’ alten· drelactds 


: Mr, as re ı 
Serpältniffe: griten: tonate; WW 
gen, aller: vlet u man Eufiipien: „Bigenfinn:" ons: Liebe, 
Ai * Ancelot⸗, - Meinl iii’ ſchen —— 


—* 5 — 2;*x——— — — jan — du EN game 
—— 


bein | wweleiditi mfhgent: ih 
2.168 ——— MDos —— kieſer ab hzebiccher 
Manmbdhet me in: Wien. noch einige Trike: eier behalten. 
nr. Sigertm ansi ed ae hr zu ei 
um. uni: zu gefallen, wir Vean bay’ alte, Mürstiallfche. Livofpaber || 
unbe was cuͤhrent feine aaive —— D auch Tel. Das Suſt⸗ 
ſuet in berr Arten: ——————— oder zvabr wie — 
wg: Ancciot hat zwucce — wir grinden 18; da dar Wetf «8 
verfühee wrſentlechen Veranberungen. WISE in don · Hau res 
auttosen Serfahtens aber: unfer zn "geigiweilen euietpkeibiä | 


droch die. lauge Gewohndrit des Ueberſegens une: Beaubritene 


‚nun ſchow fe: galliſicicr, daß er gar nicht mehr zu naterſcheiden 
vermag, was Deutſch. und was —e iſt. Es fuͤhrt zu 
weit, dich hier mit Beweiſen zu belegen, aben die Sache iſt 


wohr,-und eben dirk: 8 et was —* ga ſein Betjurmlichtkeit 


in·HOarniſth bringe: Sle⸗hat uns: um: einana braoen dent ſchen 
Zuſtſniedicner Anwen 
beffent dentſche —— 
Runte als die „Damenlatien* 
mes. fände;. zu überſeten und au biarbeiten obe zum fcheffte? 
Das Eufipie in einem Act: „Das Bekib 

wi Liebe — ihm eine giesüche Nteiwigleit. nennen, wiewol ber 


Grund zur ‚itelueränkeusig (bei: Wiletmilie geiße 


— jours:de sage“) une god; und: pr: ice eine 
—* Daß es 


Herduag 
fm Ge it dech fürwae: englendlidh,, wie- bsauem Daebatter 
ren alter Aimanadıe, Aeitfchriften mb - ‚Sowmue an Gabe were |. 
den fün auftreter laͤßt⸗ 
— * * zwei Aufzuͤgen von K. Toͤpfer, sad einer wah⸗ 


nem! 

Die Kupfer find dieſal —*—*— sie, und wenig⸗ 
fand. hat van dieſer · Seite bei dem BVarleger jene ſefliche Mer 
quemlichfeit: vicht· ſratgefonben die mir beie Oerabsgeder leibet 


zum wieviahien Date willen wie nicht, zum Berwurf machen 


u Daamatifdged Bergifmeinwidt für das Saher 1888:, audi 
. DEM 


ben @ärten bes Auslandes nach Deutſchland: vesfle 
2». el Zehnted Bändchen. Dresden, Arnold. 1883. 


8. orte nitehen Sweden mie bie vorſtehendt Sanmlam er⸗ 
ſcheint auch dieſe, jedoch mit dem weſentlichen Unterſchiede, daß 
ffe MI Togleidf als“ ein Repertdir für Fremdet ankundigt und, 
was’ die Auswahl betrifft, gewöhnlich mit firengeeni Urteil und 
reinerm Geſchmack zu Werke geht. Wir verdanken biefer 
Ermnteng N a 1 erfreolichet amd berteßter Nüßnenftüde, 


au bieem was fie Bringt. zit übel. Da 
Dans 
uny Müdkte 


ef —A Der Verſtordene, oder Abre 
hat eß zwar meiſtens mit echiframdſiſate Sen: 
thnentutität au thun ud markt zu füffbare Antäufe auf om: 
Rührfamitäit‘, ader es —— 


ft 
vollen Scenen, To Tebendig, und Er 
falfche Smpfindfamkeit gern nachfehen. Kür die wirkliche Bühne 


ſealtſamer Cimatöweishelt ganz euaätlidn am. 





— — 


enſinnig lang 
| Sopsiuefhen Peſtzumu⸗ 


gemacht. Ber *3*8 daß Kurlaͤndern 
: daR vud woch Treiben 

’ find, weni er⸗ ea nit: beque⸗ 

de⸗7 weclen win ihm 


und gewoͤhntich —; was vom bes Lwſpiel: 


ziemlich gewöhnlichen 
Situation und Gprmche heiteres und. gefälliges QAufßfpiel mit- 
: URN nur d 
ſtellt? Dies ift der eingige Beitmag, der der Rede werth iſt und 
' der von Neuem bemweift, daB ber Verf. von ‚Der beftt Ton!’ und 
Reh ein Grempel braun!’ wenn 
ſo glüctih iſt, wie in dieſen Arbeiten, ſich ſelbſt doch niemals 


ſchmuggeln verſucht. 
dem alten Mercier’fhen Drama: „Der Eſſighaͤndler“, welcher 


: wne omelettel’”‘ und 


dch fo a — witrkungs⸗· — 
fo wahrhaft dramatiſch, daß wir ihm 24 ————— gebentder 


bürfte dies Drama jebech. kaum aacha fein; teog aller ſprach⸗ 

lichen Sewandtheit iſt und bleibt bie Situation peinlich und.einfhrs 
nig: Beſſer als dies Diama behagt dem Leſer uaſtreitig das zwei⸗ 
attige Luftfpiel: Der luſtige Rath‘’, eine wuhte comedia de capa y 


spada, worin der is zweter luſtiger Mätke und eines ſtauti⸗ 


vefawnicander Gihutmeifterk. gar ergörtide- v̊anben· ſnot währ 
zehn Die füllte gb: beſcheidene Lieba Paola’a mit: einnem Derzog⸗ 
hut gekroͤnt wirb. Einige Hängen «(die Sfnatdrarhefiung 4.8.) 
abgerechnet, ift-die Intrigue lebhaft und anregend gefüßgt und 
die Botiſe deu .neitifcgen Hoflinge fälla:mir Meifter Mambetto’s 
Fuͤr die Mühne 
muhhee jrboch auch diafe: Aebeit. wol ber parkſezenden Scheuer 
ankeimindien,. Ziia. Brufnffer dieſer Dramen werden uns nichp 
nam wis ahnen: in dem erſten ˖ jeboch dam makk- mare 


nen Saribe. 

* AUmanadı: dramatiſcher Soiel⸗ zar gtfeiligen Unte atu⸗ 
auf dem Lande. Begründer von A. von Sog: — * 
amgo⸗ var Mehren. Einunddrtißigſter —— 

‚burg, Hoffinann u. Gampw- 1833. 1%. 1 Thir Pr 
Die „Mehren“, weiche dieſen Amarmacı. dem Fatel zur 
falge jetzt flatt bei. eingelam Gern Lebrum herausgeben, bar 
bes den tvagifcken- und; una fbaltfamen: @turg, welchen: dielen- 

——— nicht anfuiholten venr 


mot: GE fehlt ihnen Adlon, ann orale —* an/ der 


einem Heraus gebea —— —— Gefchmack 
"wis ihrem; bereinzabten- —— Sin ee unter: DEMIE 
mn: eined- Bas: Präbicar: ertzänk 4 verbient, find: offenber- 


fuͤr einem Kopebue'figen Alman v wenig. Was abes folk: 
man von dieſen „Juge —— welche Hm Nabehl am 
ı Verf, haben, andere Tagen, als daß fie- ein aus neummmbneit: 
38 aͤhnlichen Stuͤcken ——— — handertſtes bitden, 
Mn aaa Degen, antenfkücicge", „Der Vadbec 

Ungefahn‘, „Mike ——ãñ— und noch viele andere Dich 
we deſer Ant gamg geduldig ſich haben * * 


| Maas. aubers ift vom dem ziprisstigem fog 
i Br [Hägt von Aherheit nut‘, von * "unftreitig fehe 


rten, aber wicht ſehn wigigen Doetor m geaner,,. 
fuͤhren, als was bei Berf. Gmitie zu ihrer Zofe Rauette 
ink: „Du Teneft mich durch. Deine unge ttigen Bemerlum«- 
om in Langaruetlgl’’— eine ſprachliche Wendung,. bis-minbes 
ſter chenier- umge ich: und nem tft, ald: das Eufifpiel alt 
„hr eilig‘, 
won. Aug. Gathy, au daß es daeſen Titel mit. chen Dem Shechte 


ı träge role anchet bean: inet Gtantömanıea, mit der Leben. 


eftimmmng... bafı Die, welche wis: meine, al: Redner ebene 
langtveitig: füab , ald der Werf., .wean er feing- Bericääblenens 
was fiones: von dem tagen Insogaite”, 


beit, als dab es und an bin Ausruf: „Baus untar 
ben Propheten!’ erinnert, da es in. ee That ein, mirwol aut 
Elementen zuſammengeſetztes, doch in 


heils langweiligen», tixila niekrigens: Gbefl: bar: 


er auch nicht immer 


verleugnet und Unwuͤrdiges nie als ein Kunflerzeugniß einzu: 
Kaas. euatich. un ſchließlich laͤßt fich von 


von Hrn. Eebrun unter bem Ramen: „Vater Dominique, ober 


: Sauer iſt Suͤß“, wieder aufgewaͤrmt wird, anders fagen, als 


was ber ehrenwerthe Verf. in feiner —* — und ggs 
harniſchten Worreds eh ſeibſt ſagt: „Tant da hyuit pour - 

unb- noch don um einın aufgewärmten . 

Eiertuchen! Was endlich ah van ben ganz ſchauderhaf⸗ 
ten Kupfern und Hrn. Lyſer's vdhig unverbauter und unverbau- 

der — lieber. ganz fill, cins ' 
weiten Lehren, daß kein Mohr weiß zu wafchen und 

ein wiglofer Humorift eine hoͤchſt traurige Raturerfheinung ſei. 


48 


Die „Mehren‘ werden nach biefem Allen daher wohlthun, 
fi) mieberum einen und zwar einen verfländigen und mit 
Geſchmack begabten MWortführer zu fubftitulven, wibrigen- 
falls fie bie alte deutſche Rechtslehre von ber Unmuͤndigkeit 
aller Gorporationen gar klaͤrlich darthun würben. 


5; Camaleonti, ober der Briefwechſel durch die Kapuze. Luft 
fpiel in fünf Aufzaͤgen mit einer hiſtoriſch⸗kritiſchen Eintel- 


une, Bon ©. 9. U. Grfurt, Henninge. 1882. Gr. 12. 
12 Sr. 
euſtſpiel? — „Tragikomoͤdie wiber Willen‘ hätte ber Berf. 


fein Stuͤck nennen follen, benn in der That war die Entſchei⸗ 
dung ſchwer, ob wir über ben poſſirlichen Ernſt diefes Luft: 
fpielg lachen, ober über bie poffirliche Luftigkeit diefes tragiſchen 
 Meifterkäds trauern follten. Der unbefannte Verf. muß um 
ferer Rechnung nach ein fleinalter Dann fein, da ber Plan zu: 
biefem Luftfpiel, wie er felbft in feiner ungeheuern und [che 
gelehrten Vorrede erzählt, vor mehr als — 50 - Jahren 
entworfen wurde. Hat man je eine foldye Selbſtverleugnung 
erlebt? Funfzig 27 lang und darüber den Plan zu einer 
Tragikomddie mit fid) durchs Leben umberzutragen, fünf und 
ein halbes Mal fo lange, als der ſtrenge Horatius von- einem 
Meifterwert der Poefie verlangt? Aufrichtig geſprochen, ber- 
Berf. hätte wohl gethan, bie fogenannte Luftfpiel-eben da zu 
laffen, wo es 50 Zabre lang geruht bat, nämlich in felnem- 
Kopf ober in feinem Pult. Er bat deu guten Willen, aber 
feine einzige von den bazu erfoderlichen Gaben, uns einen deut⸗ 
ſchen „Tartuffe““ (an welchem vortrefflichen Beſigthum es uns; 


übrigens weder auf den Bretern, bie die Welt bedeuten, noch 


in der Welt felbft fehlt) zu lieferg, den Iefuitismus in dop⸗ 
pelter Weife, nämlich durch eine aͤußerſt gelehrte Abhandlung 


im Styl von 1730, und durch ein Luftfpiel in gar einem | 


Styl zu enthüllen, fromme Seelen zu warnen und alle Iefuiten 
als Gpigbuben And Teufelsleibdiener barzuftellen, und was bews 
gleichen gute und loͤbliche Abſichten mehr find. Allein vom 
Luftfpielbichten, von Poeſie, von Werd, von Sprache Überhaupt 
verfteht. er grade fo viel, als er bei den Jeſuiten ſelbſt, deren 
Bögling ex nennt, gelernt haben mag, und füllt, flatt ums 
u exheitern und zu erfreuen, unfere Seele mit wibermwärtigen, 
—— Bildern von ber Barbarei, dem grauſamen 
Despotismus, ber Beſtialitaͤt der jeden Erziehung an. 
Bahrhaftig, der auf Erbſen kniende Knabe im zweiten ct, 
feinem Peiniger Gamaleonti gegenüber, ift sührender. als 
Philoktet felbft, und wohnt bem Berf. ja irgend cine 
Gabe bei, fo ift es die, durch grelle Malerei des Mirklichen zu 


erfhüttern. Rom Luftfpieldichter jedoch verlangt felbft die 
verhenkertfte Bühne dergleichen nicht, und wir abr noch 
‚ weniger als fi. Gamaleonti iſt ein Gauner, ein Dieb, und 


wird als folcher entlarvt; bie gute Frau Eiſenbrecher aber, 
feine Befchügerin, will fich exfäufen. Hierbei begegnet es dem 
Berf., wigig zu fein. Mabame ruft: 
— Wo erfäufih mi? 
Wo kuͤhl ich ab mein heißes Herz? Im Main? 
Im Rhein? (u Fuchs) Sprich, Läufling, in ber Regnig? In 
Dıweb! der Pegnig? 


Fduchs. 
Wo's beliebt — auch in der Donau — 
Noch beffer in der Sau — am allerbeſten — Im Rheinwein, oder 


Steinwein. 
(Der Beſchluß folgt.) 





Notizen. 
Drudfehblerunfug. 
Es iſt bereits vor einiger Beit in d. WI. gerügt worden, 
daß die Meberfeger franzbdfifcher und englifcher Werke oft mit 
einer tabeinswerthen Leichtfertigkeit verfahren und es namentlich 





1 mit bee eidtigen ch 


reibung 
nehmen. Aber dieſe Ungenauigkeit iſt noch viel tadelnswerther 
in Driginalwerken, wozu bie ſoeben erſchienenen „Briefe des 
Freiherrn von Stein au den Freiheerr von “.ein 
deutliches Beiſpiel liefern. Denn trot des vi Intereffes, 


welcheß dies Buch ſelbſt fir einen gewoͤhnlichen Gorrector Haben 
icht maͤgtich 





lern in den ige J P chreibfeh 
| tönnen dies wicht, * —— ee ſolche geweſen, _fo 


. findet man S. 102 Wülens- 


Suͤnden 


mußte, iſt es doch nicht geweſes, daſſelbe von Druckfeh⸗ 
Dean olehler 


mußten fie var dem Abbrude verbeſſert werben. So denn 
S. 21 DWontsgies für Montgelas; S. 65 Arendt f. Arnbt; 
©. 63 Gtourza f. Stourdzaz ©. 35 Amphyktionen f. Amphik⸗ 


tionen; auf S. 95 ift nom ber „‚Mieberkunft‘‘ der Herzogin von 


Berri Die Rebe, wefür uuftreitig „Mieberfunft”‘ gu Iefen if, 
da der Brief im September 1820: geſchrieben, and am 29. Rov., 
b. J. der Herzog von. Woubraus geboren warben iſt. Weiter 
| ſtatt Willen; ©. 171 Below fi; 
Malow ;. ©. 181 Strick fi. Stryck; G. 184 Hommmirionen FR 
DHomuncionens &.304. Wegſchneider (?) ſt. Wegſcheider; S. 321. 
und 825 Cappenberg (ber Name von Stein's Landſige) ft. Lap⸗ 
penberg (der bekannte hamburgiſche Geſchichtsforſcher); &. 850 
Richelen fi. Richelien AMnbiich ſteht auf S. 128 „Schulen⸗ 
burg, Kehnert⸗z. im Druckfehlerverzeichniſſe, wo bie genannten 

nicht ‚aufgeführt find, findet Ach bafız Schalenbarg⸗ 
Rehnert, weobet ältere keſer füch wol des fomkerharen Drad 
fepiers ‚ erinnern werben, ‚der. fi beim GSpfdeinen von Nies 
meer’ „Abrabom- auf Moria in. ber ,, Allgem. deutſchen 
Bibliothel* eingefchlicdhen hatte und der bei einem Buche. 
Verf. ein Theologe war, ſich beſonders ſchlecht ausnahm. 

N ' Blindbetup. 


feinee menſchenſreſſeriſchen Wuth preisgegeben. Sobald der 
koͤnigliche Jäger ein Wilb feines Forſtes erhafcht hatte, warb 


das ungluͤckliche Opfer, in Stuͤcke zerriffen, -und die noch raus 


chenden Glieder wurden vom Könige und feinem hungerigen 
Hofftaate mit tem größten Appetite verzehrt, indeß ber GSchau⸗ 
play von dem Wreubengeferei der Bläclichen ertönte:, Die durch 
Behendigkeit oder Bufall bem ſchrecklichen Zobe entgangen was 
sen Die Freude dauerte jedoch nue kurze Zeit; denn der Ges 
ſchmack des Menſchenfleiſches war fo koͤſtlich und fo wenig koſt⸗ 
bar für den hohen Adel, daS nad einem Reichögrundgefene bie 
fes Feſt jeden Monat gefeiert wurbe. 


Les extrömes se touchent. 

Im Zabre 1819 warb ber Kaifer von Deftreih in Rom 
erwartet. Man dachte ihn prächtig zu empfangen und bie Stabt 
in ihrem alten Glanze zu zeigen. Aber die Mittel dazu waren 
nicht vorhanden. Alfo trieb man nicht allein die ruͤckſtaͤndigen 
Abgaben mit Gewalt ein, man zahlte die Witwengebalte nicht 
volftändig aus, man machte mit den. Unternehmern foldje Gons 
tracte, bie erſt in zehn Jahren bezahlt zu werden brauchten. 
Dennod mußte die Regierung Überdies zu Anleihen fchreiten, 
und es ift eine befondere Wendung, daß. man von Madame Li: 
titia Bonaparte und der Prinzeffin Pauline Gelb borgt, um ben 
Kaifer Franz L und den Bürften Metternich zu.empfangen. 39. 


Redigtrt unter Werantwortligkeit der Berlagäbeubiung: F. U. Brodbaud in Leipzig. 
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ber Eigennamen wenig Henau 


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Blätter 


für 





Freitag, nn 





Dramatifche Buͤcherſchau für das Jahr 1832. 
Erſter Artikel. 
(Beſchluß aus Nr. 108.) 


6. Ben David, ber Anabenräuber, ober ber Ghrift ımd ber 
Zube. Schaufpiel in fünf Aufzuͤgen. R Spindier’s 
Erzählung: „Der Zube’, für die Buͤhne bearbeitet non 
Beruh. Reuſtaͤdt. Breslau, Leudart. 1892. 8. 1 Ihr. 
Wir ſind Längft "darüber einig, daß bie Verwandlung einer 

guten Erzählung in ein gutes Drama zu ben ſchwierigſten Un: 

ternehbmungen gehöre, deſto ſchwieriger, je beifer, je ausge: 
führter, je Eunftgerechter die Erzählung ift, nach welcher der 

Dramatiker arbeitet. Eine Novelle in italienifhem Wort: 

finne kann in ihrer Karen, naiven Auffaffung und mit ihren 

fharfen Eharaktercontraften leicht in dramatifcher Form auf 
gefaßt werben — und in ber That find die gentalften Dramen, 
die je gefchrieben wurten, bie ——— groͤßtentheils 
nach italieniſchen Novellen geſchrieben — allein ein deutſcher 
ober englifher Roman ſtellt dem Dramatiker, ber das Weſen 
feiner Kunſt begreift, faſt undeflegbare Schwierigkeiten entges 
gen, wenn er ſich nicht etwa an ber’ bloßen, von allem Re: 
enfächlichen entkleibeten Idee genügen läßt. Erzählung und 

Drama bieten, was bie Ratur und ben Gebrauch der Kunft: 

mittel betrifft, unverföhnliche Gegenfäge dar, und grade Daß, 

was der ſchoͤnen Form der Erzählung wefentlidy angehört, 
grade das wird von dem Wefen des Dramas aufs entichig: 
denfte zuruͤckgewieſen. Dieſem unbeftreitbaren Lehrfag zum 

Trotz vergeht kaum ein Wonat, wo nicht irgend ein bedauerns⸗ 

werther Verſuch diefer unmdglichen Metamorphofe an den Tag 

“tritt, Verſuche, weldye eben jenes unnatürlicye Zwittergeſchlecht 

ber Hiftorifch »romantifchen Zragdbie liefern, von der wir nicht 

wiffen, ob wir ihr bie Rechte eines Kunfterzeugniffes zugeſte⸗ 
hen bürfen, oder ob wir fie für einen Gegenftand der Indu⸗ 
ftrie halten follen, der nicht nach Kunftgefesen, fondern nad 

Beduͤrfniß und Nachfrage beurtheilt werden muß. . 

Un dieſe traurige unb verberbliche Gattung, welche nicht 

wenig Antheil an dem Verfall unferer Bühnen hat, cin für 

allemal befeitigt zu Haben und in Fünftigen Fällen auf dies 
pre&c&dent zurücverweifen zu Eönnen, wollen wir bies Stuͤck 
etwas näher anfehen, als eine blos handwerksmaͤßige Arbeit 
an ſich wol verdiente, und es dabei nicht feheuen, etivas tiefer 
in die Principien der Kunft einzugreifen, als dieſer befondere 

Anlaß rechtfertigen mag. 

Was fol die Tragoͤdie fein? Cine kräftige Einzelge⸗ 
ſchichte des menſchlichen Pathos in einer einzelnen Begebenheit. 
Die Geſchichte der Leidenfchaft, ihre Entftehung, Entwidelung, 

“Ende, ihre Verſoͤhnung mit dem ethifchen Urgefeg, das ift bie 

Aufgabe der Tragödie. Iſt es nun möglich, eine foldhe Ge: 

ſchichte der Leidenſchaft darzuſtellen an einer Begebenheit, bei 

weicher die Gründe der Entftehung, der Entwidelung, bes 

Sndes außerhalb diefer WBegebenheit felbft Liegen? an einem 

geſchichtlichen Factum, das in allen feinen Einzelheiten und 


x 


literarifhe Unterhaltung. 








einzelnen Refultaten als gegeben vorliegt? Niemand wirb 
cinen ſolchen Widerſpruch zu behaupten vermögen. Und ben: 
nod verfahren Diejenigen nach diefem Srundfag, welche Tra⸗ 
gödien aus beliebten Erzählungen berftellen und bflden. Anders 
handelten die Alten, anders Shaffpeare und Galberon, wenn 
fie hiftorifche Begebenheiten dramatiſch auffaßten. Sie nahmen 
die Gefchichte wie einen Mythus bin, wie eine Cage, an ber 
nur der Anfangs: und ber Endpunkt ber bichtenden Kunft zur 
Richtſchnur diente, und beren Durchgaͤnge ihrer Phantaſie das 
Material bdarboten, ohne fie in Feffeln zu legen. Mit dem 
Sedanten mobelten und formten fie die Gefchichte, weit ent: 
fernt, die Gefchichte ihren Gedanken mobeln zu laffen, wie dies 
bet den hiftorifchen Tragoͤdiendichtern unferer Zeit der Kalt iſt. 
Die wahre Tragdbie hat ihr Element in der Seele, die falſche 
fucht es in ber Begebenheit; die wahre Zragdbie ift pſycholo⸗ 
giſch, die falfche hiſtoriſch; die wahre Tchildert Geelenzuftänbe 
und lehrt, wie die Leidenfchaft flreitet und wie der Menfch fie 
befiegt, die falfche ſchildert Ereigniffe, gebraucht den Menfchen 
als Mittel, eine Gefchichte zu machen und lehrt — nichts. 
Hiermit iſt ber Unterfchied zwifhen dem Tragoͤdien dichter 
und dem Tragoͤdien macher gegeben; der eine erfindet die Ges 
fhichte einer Menfchenfeele und zeigt uns dieſe im Spiegel 
einer Begebenheit, der andere wiederholt eine Handlung, uns 
befümmert um ihre innern Motive. 

Spindler's „Jude“ ift eine lodenswürdige Erzählung, reich 
an guter Scenerie, an fharfgezeichneten Charakteren, an über: 
rafchenden Situationen. In feinem Ben David ſteckt auch eine 
tragiſche Perfon, ein tragifcher Gedanke, welcher, wie die Er- 
sählung es fodert, von hundert Heinen Richtern beleuchtet, 
bruchſtuͤckweiſe zur Schau geftellt, als letztes Refultat ber gans 
zen Grzählung fih in der Seele des Eefers zufammenbaut. 
Die Tragödie Fobert Anderes. Mit gebieterifcher Strenge be: 
gehrt fie eine einzeine, an fich große, in fich abgefchlofiene, 
dur Leine Aeußerlichkeit gefchichtliher Art bedingte Bands 
lung. Sie fodert ferner, daß diefe Handlung durchgehend ſei, 
vom Alpha bis zum Omega jedes Intereffe in ſich aufnehme 
und vor allen Dingen in ber Seele des Menfchen ſich ent: 


wickele. An diefem Maßftab, falls er der richtige ift, gemeffen — 
was wird da aus unferer Blut von hiftorifchen und romanti⸗ 


Then Tragoͤdien, welche eine große durch Hundert Kleine Hand⸗ 
lungen zu erfegen meinen, bie fie nach Willkür beendigen, wenn 
die Seber des Dramatikers ftumpf geworden tft? Bet folchen 
Irrthümern im Grundſatze vermögen oft ſelbſt bie beften Kräfte 
nichts die Foderungen ber Kunft Befriebigendes zu leiftenz ber 
Verf. der vorliegenden Trapgoͤdie aber ift weit entfernt, fich 
ſolcher Kräfte rühmen zu können. Er fest eine Ehre baren, 
der ·Copiſt feines NRovelliften zu fein, und fo groß tft feine 
Unfunde von Dem, was er zu thun hatte, daß er ſich rähmt, 
die eignen Worte des Erzählers in feinen Dialogen beibehalten 
zu haben. Die Erzählung und das Drama, ihrem innern 
Weſen nach verfchieben, follen dieſe Berfchiebenbeit auch in ih: 
ren Außern Zormen kundgeben, und wie die Kunftmittel des 


- 


450 


Malers ganz andere find als bie des Plaſtikers, fo auch bie 
bes Stovelliften und bes Dramatikers. Die Sprache iſt das 
Material Beider, aber es iſt ihnen nicht geftattet, dies Ma⸗ 
serial nach gleihen Gefegen zu verwenden. Entweder: {ft 
Gpindler alfo ober der Verf. im Irrthum; ber Verf. iſt es, 
denn ſchon das iſt ein unglüdtiher Gedanke, bie Hauptper⸗ 
ſonen, David und Jochai, fünf Acte hindurch in juͤdiſch⸗ deut: 
ſchen Wortverdrehungen reden zu laſſen. Doch es war hier 
nicht ſowol unſer Zweck, die Fehler dieſes Stuͤcks, als die der 
Gattung, zu welcher es gehoͤrt, ſichtbar zu machen. Was den 
Berſuch des Verf. betrifft, fo iſt er einer ernſten Kritik weder 
faͤhig, noch wuͤrdig. Die Perſonen treten auf, treten ab, Jo⸗ 
chai ſagt dies, David und Eſther ſagen jenes aus dem Roman 
her, dies Alles ohne ſichtbare Urſache und nothwendigen Zuſam⸗ 
menhang, bis Zodick's Bosheit vollendet iſt, und Herzog Fried⸗ 
rich erſcheint, den ſterbenden David zu fegnen? und für Dago⸗ 
bert, den er mit Eſther zum Altare führt, Bürgfchaft zu lei: 
ften. Das Verbienfithbermometer der Sprache in diefem Stuͤck 
ſteht einen Grad unter Null. 

7. Euftfpiele von Bauernfeld. Wien, Gollinger. 1333. 

Gr. 12. Gr. 

Der Verf. der bier gebotenen drei Luſtſpiele gehoͤrt ber 
Heinen Zahl beutfcher Dramatiker an, bie noch eine Tradition 
von dem alten Converſationsſtuͤcke, biefem Pruͤfſtein bes Schau⸗ 
Tpieldichtere und des Gchaufpielers, bei fich bewahrt haben. 
Diele Battung bed Schaufpiel®, welche eine verebelte Wirklich 
Zeit zu ihrem Element bat und die mittlere Gefühlsregion als 
ihr Gebiet anſpricht, ift in einer excentriſchen Zeit, wie die un: 
ferige, in einen begreifficden, aber barum nicht weniger un⸗ 
verdienten Miscrebit gefallen. Die zwiefache Richtung gegen 
das durchaus Poetifche und gegen bie effectvolle Gemeinheit hin 
hat das charakterentwickelnde Drama völlig überflügelt ; es find 
nur noch wenige Verehrer beffelben und, in natürlicher Gonfe: 
quenz hierzu, noch weniger Dichter übrig geblieben, die ſich ihm 

uwenden. Bauernfeld ift einer ber glüclichfien und finnvoll: 
ke, zugleidd aber auch vielleicht ber witzigſte unter ihnen. 
Bein achtbares Talent entividelt ſich am vollftändigften an bem 
vieractigen Luffpiel: „Leichtſinn aus Liebe oder Zäufchungen”, 
in bem die Empfindungen eines liebenden Mädchens, welches bie 
vermuthete Gleichguͤltigkeit ihres Geliebten zum Leichtſinn in 
der Liebe verleitet, die Grundlage der Intrigue hergaden. Die 
fer gute Gedanke ift würbig und in ſehr gluͤcklichen, über: 
raſchenden und launigen Bituationen entwidelt. Wahrheit und 
Mannichfaltigkeit der Charaktere, die Sprache ber gebildeten 
Geſellſchaft, gluͤcklicher Wortwis und eine lebhafte, feffelnde 
Sntrigue, frei von den Uebereilurgen, an die wir gewöhnt finb, 
und doch niemals zerrend und gezerrt, find die Funftmäßigen 
Vorzüge biefes in feiner Gattung mufterhaften Luſtſpiels. Die 
» Pfänderfpielfcene im zweiten Act Tann fo ziemlich als ein Mus 
ſter Deffen gelten, was die deutiche Komödie an Reinheit und 
geſellſchaftlicher Balanterie vermag, und was fie von ber fpani: 
fchen und franzäfifchen eben wefentlich unterfcheibet. — Auch das 
„Riebeöprototoll”, in drei Acten, ift originell und gluͤcklich er⸗ 
funden und beſonders durch die Zeichnung Rofaliens und Wahl’s 
ausgezeichnet. So heitere, lebenskraͤftige Charaktere wie dieſe 
gefallen immer und haben ein Recht zu gefallen. Die Intrigue 
it weniger zart und bedeutend als in bem vorangehenden Stuͤck; 
bafür iſt das „Riebesprotofoll” an einzelnen wigigen Einfällen 
reicher und befonders durch Rofaliene Laune wahrhaft ergoͤtz⸗ 
lich. Es iſt nicht das zwerchfellerfhütternde Lachen, es iſt das 
Laͤcheln des befriedigten Kunſtſinnes, das ber Verf. als fein Ziel 
erſtrebt, und dies Ziel erreicht er. — „Ewige Liebe“, in einem 
Act und in Alerandrinern, macht der Form nad noch mehr 
Anſpruch, ein Kunſtorama zu fein, als die vorigen; allein ihm 
fehlt, was den anbern beimohnt: Wahrhe:t und Originalität. 
Leben und Laune können ohne fie noch fein Luſtſpiel bilden, und 
Wolff's „Mann von funfzig Jahren” bat an der „Ewigen 
Liebe“ nicht wenig Antheil. Deffenungeadhtet ift es ein angeneh⸗ 
mes &tüc voll feiner Gedanken in feiner Form, d. h. in wohl: 


tEnenben, zierlihen Werfen, in benen ber Berf. die Meifterfaft 
erreicht bat. . 
. Barontn. 
Halt! Nichts von Ewigkeit! 
Mir find genägfam: liebt und in der Zeitlichkeit: 
Die ſchoͤnſte Rofe welt — 
Straf. 
Um neu im Benz zu prangen: 
Die Liebe hört nur auf — um wieder anzufangen! 
Dan merkt ber befonnenen Wahl des Verf. und bem Fleiß, 
ben er auf Ausbrud und Sprache verwendet, ein ernfteres 
Gtreben an, als es den meiften beutichen Luftfpieldichtern vors 
ſchwebt, die wie Raupach den erften beften Gegenfland, ob alt, 
ob neu, ob tauglich, würbig ober nidyt, gewöhnlich für gut hin⸗ 
nehmen und, wäbrend fie ihr Gefunden! rufen, auch ſchon 
mit bem ‚Drama fertig find. Bauernfelb macht ſichs ſchwerer, 
über ex erreicht mehr und Edleres, wie beifpiessweife der Vers 
gleich mit dem folgenden Lufifpiei lehren Tann. 


8. Der Wechsler. Luftfpiel in drei Acten. Bon E. Raupadı. 

Hamburg, Hoffmann und Gampe. 1852. 8. 16 Gr. 

Raupach bat die eigenthümlidyde Babe, daß jede Begeben⸗ 
heit, die ex ins Auge faßt, eine dramatiſche Geſtalt von ihm 
annimmt; unzweifelhaft eine fchöne und dem Dramatiler vom 
Bad unentbeprlihe Gabe. Doc eben die große Leichtigkert, 
mit weldger fi) ihm bas Dramatifche der Beflaltung nach mehr 
auforingt als barbietet, in Berbindung mit ber Verwöhnung, gu 
ber er durch Gluͤcsverhaͤltniſſe, durch die Sicherheit, feine Her: 
vorbringungen beften® acceptirt zu fehen, und buch eine faft 
übermäßige Bühnengewöhnung angeleitet ift, machen, daß, in- 
dem ihm Alles und Jedes gut duͤnkt, Wahl, Läuterung, Bes 
fireben, Fleiß und Ernſt ſich ganz aus feinen Arbeiten verloren 
haben. Geine ungemein glü en Baben mit Belonnenheit 
benugt, hätten einen deutſchen Zope de Vega aus ihm machen 
tönnen, während er heute höchftens ein Kotzebue Rebivivus ober 
ein SBoldoni, ein Gcribe geworben ift, wenigſtens was das Luſt⸗ 
fpiel betrifft. Ginge bem Anfang feiner Arbeit eine befonnene 
Prüfung bes Gegenflandes, die Feſtſtellung eines beflimmten, 
würdigen Zieles oder bergleicdgen etwas voraus, fo würbe er 
Stüde wie „Dee Platzregen⸗“, „Der verfiegelte Bürgermeifter” 
ober „Der Wechsler‘ kaum gefchrieben haben; ec würde „Die 
Schleihhändier”, „Kritik und Antikritik“ und ähnliche treffliche 
Entwuͤrfe zum Ziele vollendeter Kunftwerte binaufgeführt und 
ftatt einer großen Anzahl von Werfen einen großen Ruhm hin⸗ 
terlaſſen haben. Doc dies Alles gilt ihm für nichtsbebeutend. 
Gefallen will er, gleicdhviel wen, ‚wenn nur fein YPublicum 
barunter ift; er verachter, ex haßt Lie Kritik, feine eigne mit⸗ 
eingefhloffen; er bält ihre Stimme für ganz verwerflih unb 
fragt nur: gefällt mein Stüd? Wan muß ibm zur Ehre 
nachſagen, baß er bei diefer Anficht confequent aushält, und 
daß er fein beftes Stuͤck für ſchlecht Halten würde, wenn es ſei⸗ 
nen Zuſchauern misfält. Mit diefem Irrthum — wir flehen 
nicht an, ihn als ſolchen zu bezeichnen — ift Raupach ber Muſaget 
und der Anführer Derer geworden, die den Geſchmack ber Bühne, 
indem fie ihm huldigten, verborben haben; aber felbft den Dank 
feiner Schüler und Nachtreter hat er nicht gewonnen. Auch fie 
feinden ihn an und vereinigen ihre Waffen mit jenen Gtrengen, 
beren gefchworener Feind Raupadı iſt. Er lacht fie aus, denn er 
bat das PYublicum auf feiner Geite, und er weiß fi zu troͤ⸗ 
fin, wo auch dieſer Verbündete gegen ihn Face macht. 

‚ Ehen dies dürfte bei dem „Wechsler num wol geſchehet; 
beſtimmt laͤßt ſich dergleichen jedoch nicht voraus ſagen. Werden 
der Jude und ber juͤdiſche Chriſt gut geſpielt, fo mag das er: 
leuchtete Publicum von Gpree: Athen über die Unwahrfcheinlich- 
keit binmwegfehen, daß ein Geizhals 1100 Thaler für ein 
Lotterieloe gibt, das 86 koſtet, blos weil feine Zochter bie 
Nummer geträumt bat; ja, es mag felbft über die Triviatität 
und bie Verbrauchtheit der Intrigue binmegfehen, wenn ber 
aftrologifche Doctor oter ter Sommis, weldger feinen Herra 
pro psodigo erflären will, weil er Geld für 10 Procent weg« 





451 


gegeben hat, gut gefpielt werden. Raupach's Dramen, Tragd⸗ 
dien wie Komödien, find fürs Gpiel und für bie Spielenden 
berechnet, die-dramanifihe Kunſt iſt thin eine! alte Dettlerin, bie 
man nach Belieben vor ber Thar warten laͤht, dis man fertig 
in und Ihe ein Almoſen reicht. Wer wollte ihm! Eocalwig, 
gloͤcktiche Ginfäute, launige Sitvationen ableugnen? Kein Menfc ! 
Aber dieſe gehören feiner Ratur an, von dem einigen, 
von erworbenen Gütern bat er nichte hinzugethan. Wie 
wel die ihm aber gu Gebote ſteht, dies zeigt ſich an dem 


ſſenſpiet: 
ne an Säfar! Poffenfpiel in fünf Aufzügen von E. Rau« 

ya. Samburs, ee und Gampe. 1852. 3. 1 Ihir. 
dem wigvollſten Luftfpiel, 
dat. Man möcdte behaupten, +8 ur viel Wie darin, 
wenigftens zu viel politifcher, ein fol Uchbermaß des Miiges 
nämlich, daB die Intrigue, bie dramatifhe Entwickelung 
der Babel dadurch deeidtraͤchtigt wird. Die Handelnden, 
Tiul, Schelle, Buͤrgermeiſter Quantut und feines Rathe Dit: 
glieder find bie ergögtichften Yerfonificationen ber politifchen 
Darteien, die ſich denken Tiefen, falls der Lefer oder Zufchauer 
vor Laden zum Denken fommen koͤnnte; kurz, das Stuͤck iſt 
als vi ut, undezahldar rür reihe Hypochondriſten und 
ſelbſt für Politiſchbegeiſterte. Der Verf. erklaͤrt ſich ſeidſt für 
keine dieſer Parteien, ader er ge die Xibernheiten Aller dem 
Gelächter preis. Das Thema tft fo vollkommen zeitgemäß wie 
Schelle's Reuerungen, Quantus, beö Regierenden, Furcht vor 
jedem Glockenſchlag und Tiu's MWerfinfterungsmetionen. Die 
vis comica geht aus den Sharalteren, aus den Gituationen 
hervor und bat den Wortwig zu ihrem erflen Diener. So 
fon et fein. Die grädtihen Gpäße in dieſer Yoffe find nad 
Schocken zu meffen, und wenn Beckmann's „Eckenſteher 
Nante“ deren dennoch vielleicht mehr enthält, fo mag der 
Dichter Raupach daraus entnehmen, wie ſchwer es ſei, in der⸗ 
leichen Beſtrebungen den Siegerkranz zu geringen, Wir zwei⸗ 
Fein ‚ daß für folge &tege bei den olympiſchen Spielen Lorbern 
ausgetheilt wurben; und da wir ber Meinung find, daß unfere 
heutigen kritiſchen Inftitute bie unmittelbaren Nachfolger jener 
olympifchen Sting: und Wettſpiele barftellen, To wollen wir dem 
Berf. — gern bekennen, daß wir über feinen Conſul Quan⸗ 
tus Gaſar gelacht haben; aber einen Kranz koͤnnen wir ihm 
Dafür nicht bewilligen. Doch, die Poſſe iſt eine Gattung wie 
jede andere; und wenn es wahr if dad ſchon jedes Individuum 
ein Recht gu leben hat, um wie viel mehr denn jede Gat⸗ 
tung von Individuen, vor allen aber eine fo fpaßhafte? Die 
Laer haben Recht: es gibt viel au viel Ernſt und viel gu we⸗ 
nid ©pah in der Welt. Wenn Raupach alfo feine Spaßader 
firömen läßt, wer voll! die Naſe roͤmpfen bios beöhalb, weil er 
den Befegen der Kunft Hohn ſpricht? Wan lefe nur feine 
Inftruction für die geheimen Policeidiener Kurz und Lange 
(8.70 fg.), welche das ungluͤck haben, der Gine blind, ber 
Andere taub zu fein, und ihre Klagen darüber, bei melden Till 
autruft: „Deſto beffer und kuͤhner werdet ihr erdichten. Die 
geheime Policei ann chne Prefte fo nicht beſtehen; bas Wis: 
Ken Wahrheit in der Melt reicht zu keinem flattlichen Bericht 
aus!" Dpder er laſſe ſich von dem edeln Barbier und Stadt⸗ 
Verordnetenpräfttenten delle den Zeitgeiſt erklaͤren: „Geiſt der 
Beit! Ya, unglaudlich! Gin consul dirigens weiß nicht, was 
Geiſt der Zeit if. Geiſt iſt Geiſt und Zeit IR Zeit, und wenn 
alſo Geift und Beit zufammentommen — Till. So ſteht die 
Beit im Genitivus! Schelle. Richtig! Und das ift ber 
Geiſt ter Zeit.“ Ueber fo gluͤcktiche Spaͤbe — wir haben fie 
gezaͤhlt, et kommen fünf und ein halber auf eben Thaler, wel: 
den Raupach für ein fünfactiges Stuͤck von feiner Bühne der 
giebt — wird fon der ernflefte Kunftrichter feinen Mundwin⸗ 
el in Bewegung fehen. Nebendher geſagt, iſt auch die Intrigue 
in biefer RS deffee und wahrſcheinlicher, ale dies in Rau: 
2 Lufffpielen gewähnäih.ber Jall if. Die Sprade aber 


ſich mehr vernachlaͤſſigt als es nöthig wäre. ——— — 


bad Raupach no geſchrieben 


ie eined Wanne, ber viel vermag, und eines Dichters, der wit, u 


10. Wiens erfle Belagerung durch bie Tuͤrken. Baterländifch:s 
Drama in fünf Abtheilungen. Bon J. M. Grienwaldt. 
Wien, We, 1832. Gr. 8. 14 Er. 


Ein Lichtpunkt taucht aus grauer Nebel Werne 
Verſuchend feine noch febr (!) ſchwache Kraft. 
Mit diefen bedeutungsfchweren Worten dedicitt der Verf. 
fein opus dem Versen v. Hammer, beffen ungebluern Kitel 
er das Verdienſt hat, ber Welt mit biplomatifcher Genauigkeit 
bekannt zu machen. Im zweiten Theile feinz Behauptung bat er 
Hecht, im erften nicht, wiewol bee „Bichtpunk” ihm wahrfchein: 
lich bittere Ernſt, die „noch ſehr ſchwache Kraft”’ aber wol 
nur ein befcheidenee Scherz if. Was wir eben über tie Er⸗ 
zählungsdramen im Allgemeinen fagten, findet auf bie vorlies 
gende „‚WBelagerung” eine ganz befondere Anwendung. Das 
ange Drama läuft in Aufeikt 
eigniffen ab; ber Gchieier, der Lie Gedankenwelt verbirgt, 
wird von bem Verf. auch nicht einmal zum Verſuche ger 
hoben: ein zuperläffigee Bereit, daß er von dem wahren 
Weſen des Dramas Feine BWorſtellung bat. Gr bat Ham⸗ 
mer's MWrofchäre: „Wiens erfle aufgebobene türkifche Be⸗ 
lagerung“, flubirt und bie Perſonen in poeflelofen Verſen 
fagen laffen, was fie tort in giemlich ſchlechter Profa fagen. 
Keine einzige Figur hat ihm verloren geben dürfen, und fo füllt 
ee ganz unnüg anderthalb große Seiten mit feinem Perſonen⸗ 
berzeichniffe. Sin Kunftverftändiger hätte dies endloſe Regiſter, 
das uns an Don Juan's Liebſchaften erinnert, auf ein eines 
Fünftel reducirt, bean in der That handelt, bramatifch genoms 
men, keine einzige von allen biefen Perfonen. Die Iräger bes 
dramatiſchen Stoffes find Salm, der ehrenfefle Vertheidiger 
Wiens, dem Rogendorf, der Pfalggraf, Reiſchach, Katzianer und 
Andere blos zur Hand gehen, Soliman, der prächtige, bald prah⸗ 
leriſche, bald kleinlaute Beſtuͤrmer, und Gornet Bedlig, Gefange⸗ 
ner im türfifchen Lager und bes Gultans Liebling, bie eingige 
mit einigem poetiſchen Vermögen aufgefaßte Geſtalt unter fünf⸗ 
sigen. eniaſtens ger ifm das zur Ehre, daß er ſich von 
Soliman’s Schmeicheleien nicht zum NWerräther machen läßt, 
wiewol wenig einzufeben ift, was dem Beherrſcher ber Glaͤudi⸗ 
gen der Werrath eines Öftreihifchen Gornets nügen fol. Ko: 
mifch aber klingt «8, wenn man den, @ultan ausrufen hört: 
Zedlig! Weißt pw, mit wen du alfo (priäNt? 
Der Sultan muß ihn, giih uns, achten und freilaffen. Gine an. 
dere Berrätherei misglüdt, Salm und Rogendorf fallen aus, und 
bie Geſchichte hat ein Ende, Goldye Dramen. in denen flatt ber 
Gedanken die Karthaunen und flatt der Poeſie die Janitſcharen⸗ 
muſik eine Hauptrolle fpielt, lohnen die Muͤhe einer kritiſchen 


Analyfe nicht. Der Berf. hat Recht, daß die Geſchichte Def - 


reiche reicher vielleicht ald bie irgend eines andern beutfchen 
Landes an Gtoffen gu biftorifden Dramen iſt; aber er hat 
nur eine Biflorie in tramatifcher Form geliefert. Die Hand⸗ 
lung, bie Poefie bed Dramas fehlt. Die Sprache des KBerf. 
iſt chne Reiz und ohne Fuͤlle, wiewol ter Wera ziemlich gut 
fcanbirt iſt. Verſe, wie: 

Die Männer, welche jegt umgeben un, 

Sie werden keinen Misdraud davon machen; 

Wir find im Rath verfammelt bier, und ba 

Muß Jeder, was er fuͤhlet, dreiſt auch fagen. 
konnen body unmdglich vor irgend einer Generalintendantur 
in der Welt für poetifche gelten. Aber feihft, wenn die Spra⸗ 
he auch beffer wäre ats fie iR, was hälfe es? Dee Berf. 
trüge immer einen zerriffenen und fchief gefchnittenen Rod mit 
fhöner Stickerei und weiter nichte. 


11. Adolf VI., Graf von Holſtein. Gin Drama in fünf Xcten. 
Hamburg, Verthes und Beer. 1852. Gr. 8. 16 Wr. 

Etwas mebr poetiſches Vermoͤgen als in tem vorangehen⸗ 

ben Drama verfüntet fi) nun wol in tiefem, unb «es ift fogar 

eine Art von bramatifcher Handlung darin, wenn man fie finden 

entdecken. Allein, was nuͤht's: Die Geſchichte ift ſchon 

geweten,; hundertmal energiſcher ba geweſen, ohne daß man 


[4 


e Handlung, in gefchichklichen _ 


[4 


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4 
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[4 . , 9 72 
. 


darum bis zu „‚Mucheth”' zumidgugehen und Shalſoeares Geiſt 
zu Incommohinen- mötfig hötte. Graf Abolf VI. tft ein kleiner, 
aber ein ganz Meiner Wachefh, ber fc von: dem großen etwa 
fo unterfgeidet, wie Einer, ber einen Löffet ſtiehlt, von einem 
Batermörder. Ob nun ſoſche kleine Diebe oder Iprannen tra⸗ 
ifche Helden fein Fönnen oder nicht, das ift mit Für ‚und Wis 
er ſchon allzu oft beſprochen morben, als daß wir es Hier 
noch einmal zu wieberholen gung hätten. Es ift Erin ſchab⸗ 
- der, grauſer Undank, es if ord des Schlaſes, iſt Leine 
Freundſchaft der Hölle, die uns hier vorgeführt wird; «es iſt 


raubritterlihe Gewalt, freche Wolluft, Zrog und Kleinmuth bed - 


gemeinen Verbrechert, die den Gegenſtanð dieſer Tragoͤdie (denn 
das fol fie fein) bilden. Recht gut, fo weit dergleichen gut fein 
kann! Die Kabel (biftortfy) iſt ganz gefchickt behandelt unb 
flellenweis auch keineswegs ohne wirkungsvolle Situation , bie 
Ehe e find mit friſchen Pinfelftrichen ganz muthig binges 
fee, Aborf iſt ein Heiner, gang kecker Tyrann, Hartwig ein 
ganz tächtiger Malcolm und Suͤndenraͤcher, Gottſchalk und ber 


arme Page find Bedauern erregenbe Opfer, felbft Bertha gewinnt, 


wenn die Taube fih in des Geiers Robert Krallen windet, un« 
fere Zheilnahme; aber von Beniarität, Neuheit, Dichterfühns 
heit ober von pſychologiſcher Ducchdringung, tiefer, natıttwahrer 
Geſtaltung des Stoffes ift in all Diefem .nliht die Rede. Schon 
das ift verfehlt, daß dem Tyrannen Abolf ein kleiner Schurke 
wie Robert als Einflüfterer und Lenker zus Geite geftellt ift, 
wärend ihn Niemand zur Tugend zurüdcuft als ber ganz 
ſchwache, biutlofe Schloßhauptmann Schlamerfiorp. Wie anders 
ift daſſelde Motiv im „Macbeth behandelt! Bier, die Lady mit 
ihrem Unfenzuf, mit Gift flatt des Blutes in den Adern, dort 
Banquo mit der kunſtloſen, aber erfchütternden Stimme ber 
Redlichlein Ein anderer Fehler find die Frauen in biefem 
Stüde: Ellſabeth, Ida, Bertha, Hedwig, alle ohnmädhtige 
Scattembitder, und Bertha allein durch Eeiben an ber Hands 
lung Theil nehmend. Sie hätten ſammt und ſonders wegblei⸗ 
ben ſollen. Hartwig und Gottſchalk hätten ſich dadurch zu wahr 
haft tragifchen Perfonen wie Malcolm und Macbuff erhoben, 
Die gelungenfte Geflalt im Drama ift und bleibt der Page, ber 
vor dem Schlafgemach des Tyrannen Wache hält. Auf dieſe 
&cene richte der Verf. fein Auge; fle ift eine wahrhaft Dramas 
tifche, und ftünde die unglüdliche Todesart des Opfers nicht als 
niedrig und unwahrſcheinlich ums im Wege, wir würben fie als 
eine echt dichteriſche, vielverfprechende begräßen. Aber Hartwig 
muß fein Kind ermorden, indem ber Tyramn die Thür aufreißt, 
die e8 bewacht, und den Knaben dadurch in das Schwert ſtoͤßt! 
Dann erft kaͤmpft er den Tyrannen nieber. 

Genug von dem Wefentlichen des Dramas. Der Epradie 
ift der Verf. mächtig; ja, er zeigt Hier und da fogar, daß er ber 
dramatifchen Sprache maͤchtig iſt. Die kurze, energifſche, prä: 
gnante Form des Ausdrucks, welchen das Drama begehrt, ges 
lingt ihm zuweilen recht gut. Die Expoſttion tft überaus ges 
fickt, und bes alten Kuno kurzer Monolog Öffnet uns einen 
Blick in ein duͤſteres Gemälde mit vieler Kunſt. Er ftäubt das 
Getaͤfel ab: 

Was kann dein Saͤubern nüßen, alter Thor, 
Der Staub figt bier zu tief an allen Eden; 
Dabin, wo's Noth thut, reiht bein Webel nicht. 
Was der warnende Schloßhauptmann fagt, ift meiſtens richtig 
empfunden und dichterifch autgedrüdt, z. DB. 
\ Der Thaten Prafftein it allein das Recht, 
Gar oft ift der Erfolg nur Spiel ded Bufalld. 
Worauf Ida nicht ganz paffend antwortet: 
Du meinft vielleicht das Necht bed Geiers, der 
Sich auf die Laube lürzt? 
Ganz loͤblich ift er auch in der Scene, wo er den Tyrannen zur 
Gnade für Gottſchalk zu bewegen ftrebt: 


- 


x 


Die Schwaͤche gibt fi HHab.der Racluk din, 
. . Ein kraͤftig Herz bewährt.Sch im Vergeben. :» 
Die Reden Monqugsd's.umd Hartpig’6 aͤberichreiten dagagen oft 
bie feine Grenzlinie, walche dat — vom, das Geſchmackla⸗ 
fen fonbert.. Au Erſat hafıkc.,ift Bortha mit zierlichen Morgen 
ausgeſtattet, und bie Verſe zeugen durchweg vom vunkhmeifchem 
Ohr. Summa: dieſe Tragoͤdie wird denjenigen Leſern, welche 
über einer gefaͤlligen Form bie Prüfung des Wolentlichen ver⸗ 
ſſen koͤnnen, und denjenigen Zuſchauern, welche mehr mit bes 
bre, wie mit Berftande hören, gefallen und zu -gefallen ein 
Recht Haben. en 
12. Dei Teufel im Sevilla. Komifdie Oper in einem Aufzuge 
von Burtabo, zur beibehattenn Muftk von eg 
deuntſche B arbeitet von —*28 — von Lichten ſte im. 
Reim, tt. 1. &.8 86. 

Bir Haben bdiefe ganze Dper mit Intereſſe unb mit Vers 
gnögen wörtlich durchleſen, und das will bei einem Operntext 
unftreitig viel fogen. Bei einen urfprünglich beutfchen iſt uns 
dies Schickſal, To viel wir wiffen, mod niemals ‚begegnet, um 
Gegentheit, etwas Aerger haben wir aus einer folgen Lecture 
noch immer mit hinweggenomnun, aber fehr häufig mehr als 
der Verdauung zutraͤglich if. Ein franzöfifcher Operntext iſt 
diefer fon minder gefährlich; allein fo geſchickt, fo bramatifch 
wie diefer, ift ung felten einer vorgelegt worden. Ein Zug aus 
ben Leben bes edeln unglüdlichen Riego, ein hiftorifher Zug, 
wie es ſcheint, gibt ben Inhalt bes Stuͤckes ab, beffen Komik 
darin beſteht, daß der Werfelgte in ben Kleidern und mittels 
ber Kleider feines Berfolgere entlommt und fiegt. Hiervon abs 
gefehen, iſt nur die Verhöhnung ber Geiſtlichkeit (der ſpaniſchen 
notabese) barin humoriſtiſch. Das Inrifche Element, worauf 
es bei einer Oper doch weſentlich ankommt, ift bageaen ſehr ges 
ring und mit ziemlicher Gewaltſamkeit unter die Feder des 
Verf. gezogen. Dies iſt der Punkt! Auch die Oper bat ihre 
Kritik; und ob Dramatiſches und Lyriſches Leicht ineinander 
Dießen, ſich mühlos in Eins verfchmelzen: bie Bejahung ober 

erneinung biefer. Frage wirb über ben Werth eines Operntep⸗ 
tes enticheiden muͤſſen. Hier herrſcht das Dramatiſche vor ; das 
Lyriſche, wiewol bie Verſe gut, verſtaͤndig, ſorgſain, ja kuͤnſtlich 
ſind, fließt in die allzu lebhafte, keine Pauſe verſtattende Hand⸗ 
lung faſt nirgend natürlid) und wahrheitsgemäß ein. Wir bee 
dauern nur bie. zum Theil wirklich fchönen Lieder un ihre 


kunſt⸗ und müheoollen Verſe.») 





Notizen. 
Das erfte befannte Beifpiel von Beſtechung bei den Pars 
lamentswahlen — erzähle DBladitone — fil im 15. Res 


gierungsjahre der Königin Elifabeth vor, wo ein gewiſſer Tho⸗ 
mas Longe geftand, mehre Stimmen des Boroughs, der ihn ges 
waͤhlt hatte, für vier Pfund erkauft zu haben. 


. Zn fämmtlihen Kirchipielen Londons wurden vom 14 Dec. 
1831 bis zum 11. Dec. 1832 begraben 28,606 Perfonen, und 
getauft 26,974 Kinderz unter ben Begrabenen befanden fidy 
912.Zobtgeborene , 8121 melche ‚nicht das fünfte, 4593 weldye 
nicht das 30., 5835 die nit das 50,, 5990 die nicht das 70,, 
2194 die nit dad 80., 848 die nicht das 90., 105 die nicht 
das hundertſte Jahr erreichten; trei Perfonen-farben in einem 
Wter von 100, 108 und 108 Jahren. Die Zahl der Begrar 
benen überftieg bie ber Geborenen um 1632 und die ber im 
vorhergehenden Zahre Beerbigten um 3269, 8. 

) Den zweiten und letzten Artikel theilen wir im Monat Mairmit. 
D. Reb. 


U +} 


Redigirt unter Verantwortlichtelt der Werlagshandlung: J. A. Broddans in Leipzig 
ECEIIIXLEEEEEC 


I 


nr a ni — —— TOT 


— Te 


Een er nit 


Blätter 


für 


Titerarifge Unterhaltung. 





Sonnabend, 








Ueber Poften und Poflregale, mit Hinficht auf Volks⸗ 
eſchichte, Statiſtik, — und Erdkunde. Von 
atthias. Zwei Bände. Berlin, Mittler. 1832. 

Sr. 8. 3 Thle. 


Der Brad der Blaubmwürbigkeit einer hiftorifhen Angabe 


| hängt von der Zahl und Zuverläfligkeit des Zeugen ab. Diefen 


Srundfag fireng befolgend, habe ich, fo weit es möglih war, 
alle *) Schriften alter und neuer Zeit gelefen und benugt, wenn 
fie auch nur gelegentlich über Schriftſprache und Briefſenden 
Kunde gaben. Meines Wiffens ift aber bis jegt kein Merl 
vorhanden, weldyes die Geſammtgeſchichte des Poſtweſens, und 
was fo genannt und demſelben beigefellt wird, umfaßte. Des 
Le, Quien de Reufoille (de l’Academie royale des inscriptions 
et medailles) „Origine des postes chez les anciens et les 
modernes” (Paris 1708), weldes Wert in Frankreich und 
Deutſchland weder im Buchhandel vorhanden ift noch kaum in 
vier Vibliothefen vorharden fein möchte, ift zwar trefflich **), 
enthält ader nur im Allgemeinen eine Ueberficht der fogenanns 
ten Poftanftalten bei den Perfern, Griechen, Römern und einis 
gen neuen Voͤlkern, nah Anleitung belannter Quellen, und 
fhließt mit bem Anfange bes vorigen Jahrhunderts. Beſchraͤnk⸗ 
ter in ber Ausführung und befangener ift eine Arbeit von Bes 
reibe: „Des postes en general et particulierement en France” 
A 1826) ; indeß ift das Wert doch braudybar, weil es bie 

ofiverfaffung Frankreich umſtaͤndlich und biß auf bie neueflen 
Zeiten vorträgt. Amelang, früher Profeffor an der Univerfität 
38 Duisburg, nachmals Poſtſecretair in Kleve, zulept Regiſtra⸗ 
tor beim preußifcken Generalpoſtamte, Verfaſſer des mit Irr⸗ 
thbümern überfülten Wertes: „Ueber das perſiſche Poſtweſen“ 
(Eeipzig 1774), hatte zwar biefem Buche den Plan zu einer „Prag: 
matiſchen Geſchichte des Poſtweſens alter und neuer Zeit” beis 
gelegt, it aber mit diefem Werke nie zu Stande gelommen, 
weil ih ihm, wie er :oft geäußert haben fol, unüberfteigliche 
Schwierigkeiten entgegenftellten. (Vorrede 111.) 

Bei diefem Mangel elgentlicher Vorarbeiten iſt dem 
Verf. des vorliegenden Werkes nichts übrig geblieben als 
ein unermüdetes Sammeln und Vergleichen der mannichs 
fachſten Materialim, in weldyer Bemühung er durch fein 
Iangijähriges amtliches Verhaͤltniß als Archivar beim preu⸗ 
ßiſchen Generalpoſtamte vortrefflich unterſtuͤtzt worden iſt; 


und wir haben auf dieſe Weiſe ein Werk uͤber das Poſt⸗ 


*) Dod) glaubt Ref. in Buſches Handbuch bee Erfindungen”, Ars 
_ titel: Poſten, Notizen gefunden zu haben, weiche der Aufmerks 
famleit bed Verf. entgangen find. 
”*) Bir maden unternehmende Buchhandlungen barauf aufmerkfam. 
IR der Sinn für die Geſchichte des Poſtweſens durch die vorlies 
- gende neuefle Bearbeitung erſt gewedt, fo bürfte eine zeitgemäße 
Umgeflaltung jenes treffligen ältern Wertes nicht erfolglos fein. 





m — —— — — — — — — — — — — — — — — 


weſen erhalten, welches in ſeiner Art claſſiſch genannt 
werden darf, obgleich daſſelbe von manchen kleinern Ge⸗ 
brechen, z. B. dem Mangel aller Notizen uͤber ruſſiſches, 
tuͤrkiſches u. ſ. w. *) Poſtweſen, die doch wol zu erlan⸗ 
gen waren, nicht frei geſprochen werden Tann. 

Nach allgemeinen Bemerkungen über Schriftfpeache, 
Brieffchreiben, Brieffenden wendet fi der Verf. zur Ges 
fhichte der Brieffendung vor Errichtung der jegigen Po: 
fin und bandelt in diefem Abfchnitte befonders die dies⸗ 
fallſigen Einrihtungen bei den Römern aus den Quel⸗ 
len möglichft vollftändig ab. Es finder fich hier nament⸗ 
lich Alles zufammengeftelt, was in den Schriften alter 
und neuer Zeit über den römifchen cursum publicum ge: 
fagt, gedacht, gemuthmaßt und auch wol gefabelt worden 
tft; nur müffen wir beflagen, bei der Geringfuͤgigkeit des eis 
gentlichen Refultats, daß das claffifche Alterthum Leinen 
Matthias befefien hat, dem es gefällig gewefen wäre, 
uns etwas Grünbdlicheres Über das poftliche Leben ber 
alten Welt mitzutheilen. Auch will der Verf. jene Altern 
Einrichtungen, indem fie bekanntlich nür für den kaiſer⸗ 
lichen Dienft. vorhanden waren und nur vom Kalfer uns 
terhalten wurden, nicht für Poften in unferm Sinne 
gelten laſſen, als deren charakteriftiiches Merkmal er viel 
mehr die Benutzung für Jedermann und die Unterhals . 
tung aus dem SPortoertrage bezeichnet. Daher geht er 
nunmehr zu der Unterfuchung: Wie und wo entflanden 
zuerft Poften? (in dem eben angegebenen Sinne) über 
und beweift, dag nicht Cyrus, nicht Auguftus, nicht Lud⸗ 
wig XI. von Frankreich, wie bisher meiſtens angenoms 
men worden, bie Poften erfunden haben, fondern daß, 
nah den im Archive zu Königsberg in Preußen ver 
wahrten BDriginalfchriften, die Poften im eigentlichen 
Sinne des Wortes, nämlih als Sendungsanftalten für 
Jedermann, ja ſchon den heutigen Kormen aͤhnlich, im 
13. Jahrhundert und zwar im Jahre 1276 zueft von 


*) ine Frage auf biefe Veranlaffung: Beſitzt man feine 
ausführlichere Kunde über das jetige Poftwefen der Shine 
fen? Diefe in allem Bezug fo originelle Nation wird 
wahrſcheinlich auch ganz eigenthuͤmliche Pofteinrichtungen 
haben. Den britiſchen Factoreien zu Kanton muß daruͤber 
nothwendig Kenuntniß beiwohnen. Was ber Verf. auf weni⸗ 
sen Seiten davon ſagt, bat uns nicht ganz befriedigt und 
bezieht ſich auch nicht auf die neueſte Zeit. 


“als folche, wo das Poftweien am meiften ausgebildet 
ft; beguchnet der Werf. hiernaͤchſt Demeichlend mb 


464 


Deutſchen, naͤmlich von den Marianen ober deutſchen 


Ordensrittern zu Marienburg in Weſtpreußen, erfunden 
und eingeführt worden find. *) 
As Hauptpoftftaaten der gegenwärtigen Zeit, d. h. 


i 

sin ais Havptpeſttgebbete: Thurn und Tapis, Draußen, 
Sachſen, Hanover, Braunſchweig, Deſtreich, Baiern, Wuͤr⸗ 
temberg und Heſſen-Kaſſel; Frankreich, England, Spa: 
nien, Nordamoerika. Die Poflgofihichte jedes dieſer Poſt⸗ 
ſtaaten wird beſonders abgehandelt, und man toisd- im 


| des Poſtweſens in feinen individuellen 
Formen auf jedem biefer einzelnen Punkte verfolgen. Wir 
Können bier aur die wichtigften Data beruͤhren 

- Des Halfertiche Reichspoſtgeneralat Stand von 1770 
—M auf dem hoͤchſtan Punkte feines Anſehens und 
‚Einflufles, feiner Macht und ‚feiner Einkünfte. Bon allen 
deutfchen Keifern jener Epoche und den Reichsſtaͤnden im 
Süden und Weſten Deutfchlambs, vorzüglich von den 
deei geiftlichen Kurfürften befchügt, durch Mandate bes 
Meichspofrathes und Rechtsſpruͤche und Exrecutionen des 
Reichskammergerichts g und gewaltſam unterſtuͤtzt, 
übte die Familie Thum und Taris ihr erbliches Poflme- 
nopol im nusgebehnteften Maße aus, „wie es nie wieber: 
Lehren wird”. Allein furchtbar begann das Jahr 1790 
(bier folgt die Erzählung der bekannten Geſchichtsvor⸗ 
gönge). Diefe Amflände henugte zuerſt Hanover. Im 
uni 1790 bob es plöglih alle in feinen Ländern be 
ftehenden Meichepoflämter auf und erlaubte zwar ben 
ferien Durchgang der Taxis ſchen Briefpakete aus Bre⸗ 
men und Hamburg nad) Nuͤrnberg und Frankfurt a. M., 
ließ jedoch die Abfertigung durch feine eigen Beamten 
‚ausführen und bezog bafür baare Entſchaͤdigungen vom 
Reichspoſtweſen. Andere Staaten folgten, und alfo ward 
das Thurn⸗ und Taxis'ſche Poftwefen allmaͤlig in bieje 


nigen Grenzen eingeengt, In welchen wir es jegt erbliden. 


In deu Geſchichte des preußiſchen Poſtweſens ex: 
ſcheint neben dem raſchen Aufſchmunge, den daſſelbe im 
dar neueſten Zeit unter der kraftvollen Leitung des edeln 
Nagler gawonnen bat, vielleicht wichte fo merkwürdig als 
Aa ſchon weiter vern von uns hervorgehobene Erfindung 
dar Poſten im neuern Sinne dur die deutſchen Drdens- 
mueer, worauf wir nunmehr verſprochenetmaßen ausfuͤhr⸗ 
Acher zuruͤckkommen. Wirklich wurden Poſſtanſtalten in 


aenem Shane gleich nach Einweihung der Ordenemeiſter⸗ 


hurg zu in Weſyrtußen 1276 im ganzen 
HQrdenagebiete erganifist, wie ſolches aus hen im den Zr: 
dien der Regierung zu Mönigbberg in Preuten verwahr⸗ 
ten Driginalfchriften und Rechnungen bed vormaligen 

anptexbenöhaufes zu Marienburg und deſſen Komthu⸗ 
seien ganz unzweifelhaft hervorgeht. Es befand fich da⸗ 
nach in der „Vorburg“ eines jeden Ordenshauſes ein be 
fonderer „Bryfſtall (Poſtſtube), über welchen ein „hy: 


*) Wir werben auf biefen hoͤchſt merkwürdigen iimfand ı- 
ten zurüdtommen, heben Lemfelben aber glei bier hervor. 


thing” (Orbensflall: oder Poſtmeiſter) geſetzt war, der die 
eingehende Correſpondenz zu beforgen hatte und dieſelbe 
in einem leinenen Zragebeutel, „Bryfſack“, einem „Bryf⸗ 
jongen” (Poftillon) übergab, um damit nach dem nächften 
Drdenshaufe zu reiten und zugleich den bortigen Retour⸗ 
beutel mie zuch@gubriggen (gang wie ıheuw). Dieſe „Bro 
dongen“ hatten aime anflänbige Wehnung, denn die hohe 
Dienerſchaft durchreiſender Fuͤrſten wurde bei ihnen ein⸗ 
quartirt. Die Briefe wurden in ein Buch (jetzt Ma⸗ 

jeder mit einer er nach ſeiner 


nual) eingoſchrieoben, 
Reihenfolge bezeichnet und neben der Aufſchrift mit einer 
Werke feibft mic. einem unendlichen Intereſſe die allmaͤ⸗Bemerku 


ng, die Zeit der Aufgabe und Abſendung betref⸗ 
fond, verſehen, folglih ganz wie in heutigen 
Brieflarten und Stundenzetteln. In jedem Ordenshauſe 
unterwegs ward daſſelbe Geſchaͤſt bes Einſchreibens umb 
Abfertigens neh derſelben Norm beobachtet. Eine Mange 
ſolcher bezeichneten, im Archive ber koͤnigeberger Regie⸗ 
rung noch aufbewahrten Briefe ſammt begleitenden Beief- 
karten und Stundengetteln ſetzt die Sache außer allen 
Zweifel, und «6 iſt hiernach alfo gewiß, daß die frühere 
Hypothefen über ‚die Erfindung der Grundlagen bes heu⸗ 
tigen Poſtweſens falih find, und daß dieſe Erfindung 
vielmehr den beurfchen Orbensrittern angehört. Die Auf: 
bellung dieſes wichtigen Umſtandes ber Poſtgeſchichte find 
wir unferm Verf. ſchuldig. Den Beſchluß der preußiſchen 
Doftgefchichte, aus welcher uns ber Raum b. SBL, wei: 
tere Audzuͤge nicht geftattet, macht eine gebrängte Dar⸗ 
ſtellung der heutigen preußifchen Poftverfaffung, deren ge- 
nauere Durchſicht für Ausländer ſehr belehrend fein duͤrfte 
(Der Beſchluß folgt.) 





Neuere englifhe Literatur. 

1. Visit to Germany and the Low Countries, in the year 1829, 
1830 and 1881. Sir Arthur Brooke Faulkner. 
Bände. London 1833. 

‚Der Verf., ein vielfeitig gebildeter, mit dem Leben uud 
Treiben der Welt vertrauter Dann, ſchiffte fh im Geptember 
1829 nad Rotter dam ein und begab fü zunaͤchſt uͤber din 
nad) Mainz, fpäter befuchte er Frankfurt, Kaffe, Marburg, 


Bonn, Hanover, Wrüffel und Hielt fih an vielen Ort längere‘ 


Zeit, zulegt beſonders in Holland auf. Mit Dem, was er im 
Deuticyland foh und beobachtete, t ee fih meiſtens ſehr 
äufrieden, nur Kaſſel misfiel ihm, und feine Ungunſt dehnte ſach 
von ber Hauptſtadt auf das ganze Kurfürftentbum aus. Tue 
deſſen söhmt ex doch die Genü,famfeit bes Bolkes, die Einigkeit, 
in weicher Proteftanten und Katholiten dort nebeneinander 
wohnen, bad Venchmen ber gering beſoldeten Geiſtlichkeit, unb 
daeht bei Gelegenheit ſehr erhaulide Parallelen für feine Ganbe- 
ae. Die Nrzichupq ‚im Allgemeinen, die 

tung ber Aeltern, die Kinder in bie Schue ‚zu fchiden, bie 


Allei 

andere "Begenflände feſſelten feine Aufmerkſamfeit; fo ge 

ihm neue taltmäßige Drefchen bes Getreide. Sogar über 
Bereitung des we äbifdhen Schinkens findet fh eine Rotiz. 









wingt ein ungim Sin» 
u tan andern; ber * 8S. Dies Bet a *2 
merſchloſſen. m; hften rad, verſchlagen, with wes 
aiger als —— den Abdel loͤcherlich Geburt, 
bie garainen Cause mb ——* die 33 ärge 


n_.. Fi 2 su 


Shelme ber garzen Chriſtenhait. Auf bie Anortaung fe. 
—8 Werkes hat Im 8. rn Mühe verwendet. Gr fpringt 
" Binbung ober Melchunz 
1 ' 
nicht die mindeſte Rat. Ds Beh bat natärlich durch 
dieſe Bequemlichkeit nichts gavonnen. 


Thuęe rise and progress of’ the english commonwealth. An- 
glosaxon period; containin 


wailed before the conquest. By Francis Paigrave. 


Bände. London 1832. 
Der Berf. diefes wichtigen Werbes war bisher nur durch 
einige Aufmerkſamkeit erregende, in Zeitſchriften abgedruckte Ars 
tidel Über die britiſche Vorgeit, durch feine Arbeiten ats Mitglied 
der commissioners of public records und durch eine Ge⸗ 
ind der Angelfachfen (Conbon 1831, in ber bei Murray 
er enden | 


„Kamiy library“) bekannt. 
der Wert die Prüchte unermübdlichen  Korfcherfieißes in einem 
Werte, welches von ber englifchen ik als das bichtvollfte 
nd reichſte begeiipnet wird, das neben Zurner’s Gefdhichte 
er Ungelfachfen über die früheren Inflitutionen Englands ge: 
Trieben wurbe. Ber Alterthumsforfcher, ber Freund des eng: 
Ufchen Rechiögefchiihte, wer überhaupt im ruhigen Spiegel ber 
Geſchichte des —— raſtloſes Treiben zu ——* 
Aebt, wird in biefen Wänden volle Befriedigung finden. Sie 


enthalten zugleich einen Schatz don Aufklaͤrungen und Forſchun⸗ 


‚gen über bie politiſchen Inſtttutionen des geſammten alten us 

ropas, der Belgier, Gelten, Angelſachſen, Dünen, Friefen, 
——— A Gothen 2c., ben des Verf. Gelehrſamkeit 
erſt recht zugänglich macht. Den Ausdruck: commormwealth, 
wöähtte er feiner umfaffendern Bebeutung, indem Ewmflitu: 

ton gerodbntich nur anf bie Form bee Regierung und bie Bes 
: Tepe, welchen die Staatsgewalten unterworfen find, angewendet 
wird. Gr verfteht darunter, wie ein von Locke entiehntes Motto 


erläutert, webes eine demokratiſche, noch überhaupt irgend eine. 


Regierungsform, fonbern eine unabhängige Staatsgemeinde. Ins 
: dem er zur Eroͤrterung ber engliſchen Verfaſſung übergeht, 
macht er geltend, daß in ber I politifche Begebenheiten 
- bie erfle, politiſche Inftitutionen bie zweite, Rechtölunde und 
" Retspflege nur bie dritte Stelle bei den Geſchichtſchreibern ber 
Wölter einnehmen, während doch ber Charakter berfeiben haupt: 
ſaͤchlich durch ihre Gefesgebung bebingt werde, und ohne bas 


volllommene Verſtaͤndniß bes Geiſtes der Satzungen, bie des 


Bolkes täulih Thun und Treiben ordnen, Fein richtiger Begriff von 
der allgemeinen Verwaltung bes Staates aufgefaßt werben koͤnne. 

Der zweite Bond, „‚Proofs and illustrations’’ beti⸗ 
tet, koͤnnte ebenfo gut ben Zitel: Zufäge vom Verf., führen, 
benn viele ber von ihm beigefügten Bemerkungen fcheinen wäh: 
. zendb bes Drudes des erften Bandes entflanden zu fein Die 


Urkunden und Documente, welche barin mitgetheilt werben, find 


unendlich ſchaͤzbar und verbreiten Licht in manches bisher un: 


durchdringlich feheinende Dunkel. Es befinden ſich dabei auch 


die Geſetze Wilhelm des Croberert in lateiniſcher Sprache (zum 
erften Mal abgedruckt nach dem Harleian Ms. I. 744), mit 
bem franzoͤſiſchen Zert (nach dem Holkbam Ms. Pr. 228) 
zur Geite. Die gegebenen Zobellen über bie Reihenſolge ber 
angelfächfifchen, bänitchen, piktifchen und ſchottiſchen Kürften ger 
währen ein vortrefflihes ‚Hülfsmittel zum Ueberblick der Ger 
fchichte jenes Zeit. Herr Palgrave will in einem dritten Band 
* Bert bis zus Thronbeſteigung des Hauſes Stuart fort⸗ 
etzen. 


| 3. Histery ef iko greek zevelaten. . Gördsa, 
Zwei Baͤude. Edinburg umb Bonbon 13 0 
- Durch riechenlande Wermittelung fltten die erfien Achttt ach⸗ 
len höherer Cultur in die europälfche Racht; feine Colonien tru⸗ 
Umb 246 nad Bayıyin: ———— 
und & 3 
der Beruf feine edein Soͤhne; 


‚dienben Egg 


g the anglosaxon policy, and, 
the iasfitutions arising ‚out of laws and usages which Be 
wei 


Hier üdergidt er 


ı » J 
_ U 


genannt werben Dann, war ‚in Weiediielenb gu findens- und:him: 
noch fah derſelbe Himmel in Truͤmmee fallen, wes fa fvrudig 
unter ihm smporgeblüht! Wie tief die Nachkommen ber Hels 
Venen gefunten, ift weitbefufat, allen es wird bem Freunde ber 
Menſchheit willlonmen fein, auch in Gordon's Werte beftätigt 
zu fehen, daß wahre Waterlandöliche umb das Bersußtiein ihuer 
e, neben Seligionteifet amb materiellen Veweggrän⸗ 
den ben hauptfaͤchlichſten Antheil bei ber legten Anftringung 
hatten, welche nen ben Griechen zur- Erkaͤnpfung ihrer Unabs 
haͤngigkeit gewagt wurde. Im der richtigen Möbergengung, taS 
bald bie Zeit kommen müfle, wo ein ausführliches und :zusers 
Kiffiges Werk über Griecheniande Wiedergedurt Dein Hubüucum 
willfommmn fein werde, nuternahm es ter Verf., :bie 
ber geiechifgen Revolution i } 
Da er im grie 
Bolke 7 Dellas 
ausgezeichnetſten 
helleniſchen Kameraben eine Menge authernriſche, il a. 
aͤltniffe erhigtt, 
welche ſchwerlich in den Wefig eines — chen und die 
ielt er fich zu 
Was vom mehr als 


leaten 2500 Jahre ber sriedifäen | Borgeitz die Geſchichte ber 


KH ‚die Aufftaͤnde in der Wale: 

en Beweis von ber grenzen: 
Wwiet ‚Untftond, daß X. Zp⸗ 
Nantis’ eigne Bruͤder yon ihn eonſpitirten, woͤhren 


der Moldau mit‘ den größten en zu Tümpfen hatte 
Uebeigenns ſpricht Gordon kein ſehr ehrenvolles Ustheil Wer ben: 
ſelben, geſteht im weder (Entichloffenheit och Tapferkeit gu 


bewegen ließ, falfhe Briefe zu machen, welche er von dem an 
ber Grenze befehligenden Öftreichifchen General ampfengen haben 
wollte und worin das bevorfichende Einroͤcken äftreichiicher 
Zruppen gemeldet wurde (Er ließ biefe Gchreiben hberfegen, 
Öffentlich befannt machen und beöpalb ein Danffeft in: ber Kirche 
bes Kloflers begehen, während deffen mehre Infanteriefalven abe 
sefeuert wurden. Alles bas geſchah nur, feine eigentliche Abſicht 
zu verfihleiern. — Der Oberſt Gordon Bat fein Merk nur biß 
zu dem Zeitpunkte fortgeführt, wo Griechenland durch Anerken⸗ 
nung von Seiten der drei europäifchen Großmaͤchte ber türkis 
fen Tyrannei enthoben wurde. Zwar ging damit ber Haupt⸗ 
zweck in Erfüllung, welchen bie „Detäriften esreichen wollten; al⸗ 
lein bie Revolution war keineswens vollendet, und der Verf. ver⸗ 
fprit daher, wenn bie jegt vorwaltende Hoffnung auf Errich⸗ 
tung einer geordneten und bauernden Regierung in Erfüllung 
geben follte, bie Geſchichte von ber Pröfidensfchaft des Grafen 
Kopodiſtrias bis zur Thronbeſteigung Otto's in einem Sup⸗ 
plementbanbe nachzuliefern. | 





Zur Raturgeſchichte. 
Der Länmmergeier oder Geterabler. 

Man berichtet noch immer fo manche fabelhafte Dingerems der 
Rotungefdgichte dieſes Vogels und findet - u for 
gar in den neueften cloflifhen Merken, Daß «6 fi wei der 

Mublimum über bie obwaitenden Sets 


übe lohm, bas.größene 
thuͤmer aufzuflären, weiche meift dadurch entſtanden find, daß 
man Bollsergkhtungen ald wohtbegränbet fie nacher⸗ 


’ 


teilung von Ali Yallka - 








— — — — — — — — — 


keine Flugſchuͤgen find, und ba 


. 486 


zählte, wol gar noch ausfhmädte ohne zu unterfuchen, ob das 
MDitgetheilte auch wirklich diefen Vogel betreffe. 

Was zuerſt die Stellung dieſes Vogels im Syſteme betrifft, 
fo ift es in den neuern Zeiten’ anerfannt worden, baß er den 
Geiern fo wenig ald den Ballen (und ber Abthellung berfelben, 
weiche bie Adler begreift) beisugählen iſt, ſondern baß er viel 
mehr eine Gattung für fi *) bildet, welche nicht mit Unrecht 
ben deutſchen Namen Bartgeier führt, da ein am Unterkinn 


‚ berabbängender, ſchwarzer, borftiger Bart das duarakteriftifche 
Kennzeichen b 


erſelben iſt, noch begeichnender aber Geieradler ge: 
nannt wird. 

Die Beranlaſſung zu ben mancherlei Hiſtoͤrchen, die von 
dieſem Wogel erzählt werben, mag theils In feiner bedeutenden 
Größe liegen, denn der erwachfene ift immer vier Fuß lang und 
mit andgebreiteten Flügeln neun Buß breit; thell& darin, daß er 
fo Häufig mit dem Steinadler verwechfelt wird, indem der letztere, 
ibm am Größe wenig nachſtehend, in der Schweiz, namentlid 
aber im berner Oberlanbe, allgemein Beier (Gyr), auch Laͤmmer⸗ 
geier ‚genannt wird; endlich in der feltenen Gelegenheit, biefen 
Bogel fowot in feinem natürlichen, freien Zuftande, als in. der 
Gefangenfchaft zu beobachten. 

. Einem, nach Meisner's **) Urtheil ***), ausgezeichneten Ors 
nitbologen , Jaͤger und breißigjährigen Beobachter der Voͤgel ber 
Schweiz, ward dieſe Gelegenheit zu Theil, und aus feinen Beo⸗ 
bachtungen theilen wir Folgendes mit. i 
Der Beierabdler findet fidh überhaupt auf ben hohen Alpen 
ber Schweiz, keineswegs indeſſen To felten, als man glaubt, bes 
fonders auf der Mittagsfeite derfeiben und zwar ebenfo Som⸗ 


miers als Winters. Seine vermeintliche Seltenheit bat darin 


iften Grund, daß er fih am Tage meift ruhig hält, in bie 
Gegend feines Aufenthalts nur Bemfenjäger kommen, bie ihm 
Zeine Aufmerkſamkeit ſchenken, ſich vielmehr huͤten, durch einen 
Schuß das erſehnte Gemewild zu verſcheuchen, daß dieſe Jaͤger 

der Vogel oͤberhaupt ſchwer zu 
beſchleichen iſt. Dieſer ſteigt aber in dem Gebirge nicht hoͤher 
hinauf, als noch Schafweiden ſich finden, und gar nicht über die 
Gchneeregion, kommt aber im Frühjahr bis in die Ebenen herab, 
wo man ihn dann bei Aas Leicht fchießen ober fangen kann. Er 
Hält fi immer paarweis, indeffen hat das Revier eines Paare 
immer einige Stunden im Umkreis. 

Die Nahrung diefes Raubvogels befteht aus Aas, und er 
greift fein lebendes Geſchoͤpf an, fo lang er jenes hats mangelt 
aber baffelbe, fo greift er felbft großes Rindvieh, junge Pferde, 
ja erwachſene Menſchen an. Er ift bei binreichender Nahrun 
mehr Dämmerungs » ald Tagraubvogel. Die Art, wie er fi 
feines Raubs bemädtigt, ift nicht das fogenannte Stoßen, wie 
bei den Adiern, Kalten, da fein ganzer Bau dazu nicht paßt, 
fondern eine ibm ganz eigenthümlicye Weiſe, bie mehr auf eir 
nem Bortheil als auf Stärke beruht. Darum fliegt er auch 


“nicht, wie jene, in Kreifen über dem Gegenftanbe feines Raus 


bes, ſondern fest ſich leiſe, gleich den Eulen, in ziemlicher Ent 
feenung oberhalb beffetben nieder. Stundenlang lauert er fo, 
bis der Gegenſtand feiner Begierde an dem Rand “eines Abgruns 
des fich befindet, dann fährt er auf einmal dicht auf dem Boden 
bin gegen das Thier hinab, das erſchreckt in unbedachter Flucht 
binabftärzt. Nicht felten fprengt er fo ganze Heerben von Scha⸗ 


.fen und Biegen von einer fteilen Felewand in ben Abgrund. 


Der Aelpler (Alphirt), der von diefer, in den erften Stunden der 
Nacht ober vor Tagesanbruch vorgenommenen Jagd nichts bes 
merkte, fchreibt das Greigniß andern Thieren oder wol einem 
Ungervitter zu. Der obenerwähnte Beobachter war felbft Zeune, 
wie der Bartgeier ein Rind auf biefe Weife über einem Felſen 


* Gypaltus. 

*.) Verfaffer (in Bereinigung mit Schinz) des clafſiſchen Werks über 
die Vögel der Schweiz u. f. w. 

" annelen d. allg. ſchweiz. Geſellſchaſt f.d. Naturwifenfchaften”“, 


binausfprengte und ſich fofert auf das gefüllte Thier niederließ. 
Was die Verſuche dieſes Vogels, Menſchen auf Viele Weiſe zu 
feiner Beute zu machen, betrifft, fo ift einer ber auffallendſten 
folgender. David Schindler, zu feiner Zeit ein berähmter Gem: 
fenjäger, verfolgte eine Gemſe über einen ſchmalen Felfenräden, _ 
wo, bei ber Unmöglichkeit aufrecht zu geben, ibm Bein anderes 
Mittel übrig blieb, fich dem Thiere zu nähern, als, auf dem 
Bauche liegend, die Flinte vor fü herfchiebend, fortzurutichen. 
In diefer, an fih Thon ſehr gefährlichen Lage kam ein Barts 
geier geflogen und fuhr dicht an ihm bin, um ihn mit feinen 
Flügeln in ten Abgrund zu flürgen. Als berfelbe dies bereits 
zum dritten Male wieberholt, drüdte Schindler, ber nicht aufe 
ſtehen und fih kaum noch halten Eonnte, feine Flinte liegenb 
ab, worauf fich ber Vogel entfernte.*) Der angeführte Beobachter 
zweifelt demnach zwar nicht daran, baß diefer Vogel wirklich agb auf 
erroachfene Menſchen made, wenn biefe in fein Revier kommen, be 
bauptet aber aus den mehr angegebenen Gründen, daß er Kin 
ber um fo weniger raube, als er benfelben nie eine Beute mit 
den Füßen, fondern immer nur mit dem Gchnabel forttragen 
fah, woburch es benn offenbar wird, daß es dem Vogel eine 
Unmöglichkeit iſt, eine Lat von nur einigen Pfunden, gefchweige 
Gäuglinge oder größere Kinder fortzufchleppen. 

Des Geieradlers Neſt ſteht immer auf oder in Felfen, in 
Gegenden, wo Biehweiden ſich finden, eins fogar fand ſich Feine 
20 Minuten von der Hauptlanbftraße von Chur nad Reichenau 


„auf einem 800 Buß hohen Felſen. Es beſteht aus allerlei Reiſig, 


mit Gras und Haide gefüllt, und iſt fehr flach. Die beiden 
Gier find gelblich- weiß, mie mit Lettenwaflge befprengt. Die 
Zungen werden befonders mit Kalbs, Ziegen. und Gchaffleifch 
genährt unb find anfangs mit weißem Klaum bekleidet. 

Nugen bringt biefer Vogel hoͤchſtens burd) feine Echwanze 
federn, welche fehr gut zum Gchreiben zu gebrauchen fein follen. 
Das Stuͤck koſtet 12 Kreuzer. In Bern zahlt bie Regierung 
5 Neuthaler Schußgeld für einen erlegten Geierabler. 


Eine brütende Schlange. 


Bis jeht hatte noch Feine Beobachtung etwas Anderes gelehrt, 
als baß die Schlangen, nachdem fie ihre Eier gelegt, fi um diefe nicht 
meiter befümmern. Indeſſen wirb in Belanger’s ‚Voyage aux 
Indes orientales”, einem an neuen Thatfachen für bie Naturgeſchich⸗ 
te, namentlich auch für die Zoologie fehr reichen Werke, ein Fall 
erzählt, der allerbings für einige Sorge der Mutterfchlange für 
bie Eier zu fprechen fcheint. Die Mittheilung rührt von bem 
berühmten Naturforfcher LamaresPiquot ber. in weib’iches 
Individuum ber Tiger: Königsfchlange (python tigris, Daudin.), 
welches diefer Reifende lange lebend hatte, war in Oſtindien bes 
frudhtet worden. Gines Tages legte es auf ber Infel Bourbon 
eine große Menge Sier, die es forgfältig zwiſchen die Ringe 
ſchob, die fein eng fpiratfirmig zufammengewidelter Körper bils 
dete. Die Schlange, bie bis dahin ganz Falt, wie gewöhnlich, 
anzufühlen gewefen war, befam jest eine fehr erhöhte Temperas 
tur, der fi nähernb, wie man fie beim hitzigen Kieber finhet, 
und diefe.Dige dauerte mehre Tage, um das Ausfchlüpfen der Zungen 
aus den Ciern zu befördern. Aber bie Faͤulniß, welche fich einiger 
zerbrochener Gier bemächtigte, von denen die Schlange fidy nicht 
hatte frei machen können — fie war durdy die lange Reife ſehr 
geſchwaͤcht — führte den Tod des Tpieres herbei, ehe bie Jungen 
ausgeſchluͤpft waren. 


Stärke thierifher Ausbüänftung. 

In Ponbichery und auf Isle de France gibt es eine Fleine, mit 
bem Schwanze nur vier Zoll lange Spigmaus (sorex serpentarius, 
Gesffr.), weldye fo Präftig ausbänftet, baf, wenn fie über Weins 
oder Bierflafchen Läuft, die Fluͤſſigkeit einen fo ſtarken Moſchus⸗ 
geruch annimmt, daß man fie nicht trinken Eann. 170. 


*) Der Tod dieſes Jaͤgers war fpäterhin nod) jammervoller, indem 
er auf der Gemſenjagd ein Bein brad) und verhungern mußte. 


- Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Broddens in Leipzig. 
nennen 


; 


‚ 


Blaͤtter | 


für 





Sonntag, 


u a 





(Beſchluß aus Nr. 110.) 

„Fruͤher gebildet in feinen Staatseinrichtungen als die 
Nachbarländer im Oſten war Sachſen. Sein Werth ward 
erhöht ducch feine Lage faft im Mittelpunkte des öftlichen 
Deutfchlands, und durch den Bells der Stade Witten: 
berg und „Lipsk“ (Leipzig), welches ſchon zu den Zeiten 
der Kreuzzüge in großem Rufe ftand, und durch einen be: 
deutenden Verkehr belebt murde.” In demfelben Maße 
bifdete fich das Poſtweſen in diefem damals fo glüdli- 
hen, fo reichen und durch wiſſenſchaftliche Gultur fo 
hoch ftehenden Lande aus; indeß muß Kurfürft Auguſt 
(1553 — 86), ein ſehr gelehrter und ebenfo ſtaatskluger 
Herr, ald der eigentliche Begruͤnder des fächfifchen Poſt⸗ 


weſens angefehen werden. Segt ſteht daffelbe unter ber 


Leitung des verbienftvollen Oberpoftdirectord von Hüttner, 
und umfaßt ein Oberpojlamt, nämlich) das zu Leipzig, wels 
ches zugleich Landescollegium in allen Poftangelegenheiten 
ift, ein Hofpoftamt (Dresden), 37 Poftämter, 75 Poft: 


erxpeditionen und 48 Pofthaltereien, alfo zufammen 162 


Poſtbehoͤrden, welche fämmtlidy dem obengenannten Ober: 
poftamte Leipzig untergeordnet find. 
Achntiche Erſcheinungen bietet nun die Poſtgeſchichte 


der Übrigen beutfchen Poftftaaten dar; wir gehen aber 
‘ darüber weg, um uns fogleih zur franzoͤſiſchen Poſtge⸗ 


(hichte zu wenden, für deren frühere Epochen der Verf. 
das Eingangs genannte vortrefflihe Werd von Neufville 
als Quelle benugen konnte. - 

Das Edict Ludwig XI. von Frankreich, welches ihm 
fo lange die Ehre verfchafft hat, als Erfinder der Poften 
zu gelten, lautet im Eingange: „Edit pour Petablisse- 
ment des postes en date à Luxies (befeftigte Burg) 
pres Doulens (Städtchen im Departement der Somme), 
de 19 Juin 1464. Institution et l’etablissement que le 
Roi, notre Sire, veut et ordonne £tre fait de certains 
coureurs et porteurs de Ses depeches en: tous les 
fieux de son royaume, pays et’ terres de Son obdis- 
sance, pour la commodite de Ses affaires, et diligence 
de Son service et des Ses dites aflaires.” Und in: der 
hat, wenn man dies Edict weiter zergliedert, fo findet 
man unwiderleglich, daß die Einrichtung lediglich den Dienſt 


% 


literariſche Unterhaltung 


21. April 1833, 


— — —— — 


des Koͤnigs betraf, jede Befoͤrderung von Privatcorreſpon⸗ 
denz ausſchloß, und alſo auf den Namen: Poſt, im heu⸗ 
tigen Sinne auch nicht den entfernteſten Anſpruch hatte. 
Es wurden bei dieſem Inſtitute anfaͤnglich 230 Staats⸗ 
courriere (messagers à cheval) angeſtellt, welche die herr: 
ſchaftlichen Depechen nach jedem Punkte des Reichs zu 
uͤberbringen hatten. Erſt laͤngere Zeit nachher geſtattete 
man ihnen die gleichzeitige Beſtellung von Privatbriefen 
und machte die Anſtalt dadurch poſtaͤhnlicher. Auf dies 
ſem letztern Grunde baute hiernaͤchſt der vortreffliche Hein⸗ 
rich IV. weiter fort, und wir finden das Poſtweſen unter 
ihm bereits ſo weit ausgebildet, daß er die Ernennung 
eines eignen Generalpoſtmeiſters noͤthig fand und ſeinen 
erſten Staats: und Cabinetsminiſter, Guillaume Fouquet 
de la Varenne (Sully), unter dem Titel: General des 


postes et chevauchers de Pécurie de Sa Majeste, mit 


diefer neuen Würde bekleidete. Um dieſe Zeit ward auch 
die Benennung maltres des postes allgemeiner. Unter 
Ludwig XIV. ward der berüchtigte Louvois Chef des fran⸗ 
zöfffchen Poftwefens, und verpachtete dafjelbe einem gewiſ⸗ 
fen Patin für 1,200,000 Livres. Diele Pachtfumme konnte 
indeß ſchon im Sabre 1738 auf 3,947,543 Livres erhöht 
werden, woraus fich die fchnelle Vervollkommnung des 
franzöfiihen Poſtweſens abnehmen läßt, und die lebte 


(23) Verpachtung erfolgte 1786 für 10,800,000 Livres. 


Sm J. 1790: aber hob ein Decret der Assem- 
blee constituante die ganze Poflverfoffung Frank: 
reichs auf und ‚orbnete ſaͤmmtliche Poflanftalten einem 
koͤniglichen Oberpoftcommiffarius unter, Napoleon dage⸗ 


gen flellte wieder Generalpoftdirectoren, unter denen wir 


den, durch feine Schidfale fo bekannten, um feine Ab⸗ 
miniftration fo verdienten Grafen Kavalette nennen, an die 
Spige des Poſtweſens. Nach der zweiten Reftauration 


(1815) erklärte der Staatsminiftee Graf Beugnot, daß 


das Poſtweſen in Frankreich durchgehende eine Lönigliche 
Anftalt fei und unter dem befondern Schug de Monar: 


hen ſtehe. Indeß fcheint daffelbe, nad) der betaillirten . 


Schilderung feines heutigen Zuflandes, mit welchen der 
Verf. diefen vorteefflihen Abſchnitt befchließt, im ers 


gleiche zum deuffchen, namentlich zum preußiſchen Poſtwe⸗ 


fen, doch noch fehr viel zu wuͤnſchen übrig zu laflen, wes 
gen welcher allerdings hoͤchſt intereffanten Vergleichung wir 


aber, namentlich Sachkenner, auf das Werk felbft verweilen. - 


L 


458 


Füuͤr das engliihe Poflwoefen, zu welchem unfer Verf. 
nunmehr übergeht, hat derfelbe die amtlichen Berichte 
preußifcher Poſtbeamten benugen können, welche England in 
poftwiffenfchaftlicher Hinſicht durchreift haben. Diefe Be: 
richte find feine Dauptquelle geweſen, da fonft, außer dem 
ſehr allgemein gehaltenen Artikel: Poſt, im 28. Bande von 
Nee’ Encyklopaͤdie“, nichts Genuͤgendes über englifches 
‚Poftwefen vorhanden ifl. 

Die erften Anfänge des englifchen Poſtweſens verlieren 
fich wie überall in tiefes Dunkel. Erſt unter —— 
Regierung ſcheinen die Poſten in England in einige Auf⸗ 
nahme gekommen zu ſein, und einige Zeit nachher wurden 
fie zw einem Regale gemacht. Jakob⸗ I. gründete durch 
Matthew de Quefter eine Briefpoſt für die Correſpondenz 
in das Ausland, und feine naͤchſten Nachfolger begründe: 
ten ebenfalls mehre nuͤtzliche Pofteintihtungen. Die Kb: 
nigin Anna aber (1702 — 14) ließ durch die neunte Acte 
ihrer Regierung dus ganze Poſtweſen umformen, mie es 
großentheils noch jegt beſteht. Man kann die ungeheuern 
Fortſchritte des Poſtweſens in England am beften aus 
Vergleichung dee gefammten Poſteinnahme in den verfchie: 
denen Zeittaͤumen beurtheilen. Diefe Einnahme beteug im 
J. 1644 3000 Pfund, im J. 1828 aber 1,500,000 Pfb., 
alſo das Fünfhundertfache. Diefe jetzige hohe Poſtein⸗ 
nahme Englands wird durch die Eigenthümlichkeit und 
Grunbverſaſſung des engliſchen Poſtweſens bewirkt, daß 
die Genetalpoſtaͤmter der drei Koͤnigreiche das geſammte 
Seeporto ziehen, obwol ſaͤmmtliche Schiffe gehalten find, 
die Brieffelleiſen umentgeltlich mitzunehmen. Um bdiefee 
Einnahme gewiß zu fein, nimmt das engliſche Poſtweſen 
üderfeeifche Briefe nur franfirt an. Ferner trägt zu je: 
ner Höhe des Nettoertrags der englifchen Poften der Um: 
ftand bei, daß bie Privatfuhrherren das Mitnehmen ber 
inländifhen Brieffelleiſen gegen eine hoͤchſt umbedeutende 
Enrfehädigung Übernehmen. Endlich aber kommt hierzu 
noch die außerordentliche Höhe des Briefportos, welches 
Deutfche zur Verzweiflung bringen würde, von den Bri⸗ 
ten aber ganz gern gezahlt wird. Als einfach nämlich 
wird ein Brief von ben englifchen Poſtbehoͤrden nur dann 
betrachtet und mit einfüchem Porto belegt, wenn er aus 
Einem Bogen befteht; jede Einlage aber, wie klein fie 
auch fein möge, wird als ein befonderer Brief angefehen 
und aud fu austaxirt. So brachte 3. B. vor einigen 
Jahren ein Paketboot aus dem Mittelmeere einen Brief 
nach Pondon, worin mehte Zeitungen aus Miffelungbi la: 
gen, und wofür der Empfänger, jenm Grundſaͤtzen zufolge, 
77 Pfund (539 The.) Porto zahlen mußte. In ei 
“nem Schreiben ferner aus Amerifa an einen Botmiler 
in London lager einige Pflanzenbtaͤtter. Dan war im 
engliſchen Poſicomptoir Aber das Austarieen unſchluͤſſig; 
zufegt zäßlte man, den Brief vor das blendendſtarke Lam: 
penlicht haltend, die Blaͤtter und erhob für jedes Blatt 
ein volles Btiefporto. Diefes Drtait mag hinreichen, 
um uns das vielfältig fo hoch gepriefene englifche Poſtwe⸗ 
fen in feinem wahren Lichte zu zelgen; unter Verf. Hut 
aber wohl daran, die Vergleichung zwiſchen englifcher und 
deutſcher Poftvafaffung recht ausfichrlich zu machen, um 


. 


— ——— —— ————— — ⏑ 
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bie Angfomanen wenigſtens im poſtlichem Bezuge zu bez, 
kehren. 

Die Poſteinrichtungen Spaniens dagegen, deren Dar⸗ 
ſtellung jetzt an die Reihe kommt, ſtehen nicht auf einer 
ganz fo niedrigm Stuſe, als man nach ben letzten Vers 
hältniffen dieſes unglädlihen Landes annehmen ſollte. Die 
Leitung und Auffiht des gefammten ſpaniſchen Poſtwe⸗ 
fens ift einem Generalpoſtamte: La real y suprema junta 
de apelaciones de los juzgado de correos y postos 
anvertraut, welches aus einem Oberintendanten, vier Ge⸗ 
nerafdirectoren, vier Generalcondatoren, einem Aſſeſſor und 
einem Fiscal beſteht. Das Pofthaus in Madrid ift ein 
freiftehendes Viereck auf der Plaza mahor. In jeder 
Provinz befteht außerdem eine untergeordnete Poftdirection 
und in jedem beträdytlihen Drte ein Poftamt. Die Brief: 
poften (Reitpoften, correos) werden auf den großen Cour⸗ 
fen in Gabriolets, befpannt mit vier Maulefeln, fortge⸗ 
bracht; die DBriefpakete befinden fih in einem lebernen 
Felleiſen, welchem man, mwerm bie Menge der Correfpon: 
den; es erfodert, ein zweites Felleifen beifügt. Fahrende 
Poſten find erſt feit dem Minifterium des verbienftvollen 
Grafen Florida Blanca im Gange und vermehren fid) 
jest fehr. Diefe Poftmagen gehen von jebem Orte, 
wo ein Poftcours anfängt, zur feftgefegten Stunde ab; 
en „Maporal” bat bie Aufficht und Verantwortlichkeit waͤh⸗ 
rend der ganzen Meife. Unterwegs wird in beſtimmten 
Poſadas (Gafthöfen) oder Ventas (Schenken) zu Mittag 
oder Abend gefpeift und uͤbernachtet, well bie Poflwagen 
nur am Tage unterwegs find. Gemöhnlidy werden täglich 
acht deutſche Meilen zuruͤckgelegt. Uebrigens ift das Met: 
fen mit Poft in Spanien theurer als in Deutfchland; in⸗ 
deß fieht man doch, daß, wie wir gleich angeführt haben, 
das Poſtweſen Spaniens auf einer nicht zu nicdrigen 
Stufe der Ausbildung ftcht. 

Freilich aber leider daſſelbe keine Vergleichung mit 
bem, im nun folgenden Abſchnitt dargeflellten Poftwefen 
in Nordamerika, wo Alles, und alfo auch die Poft einen 
Rieſenweg der Vervolltomnmung geht. Der nordamerika- 
nifche Gernteralpoftmeifter hat dem Congreß einen Bericht 
vorgelegt, im welthem bie Fortfchritte des. dortigen Poft: 
weiens vom 3. 1797 — 1828 von fünf zu fünf Jahren 
angegeben find. Es erhellt daraus, daß die Zahl der 
Poftämter im diefem nun 36jährigen Zeitraume von 200 
auf 8000, fchreibe achstayfend, alfo um das Abfache zu⸗ 
genommen hat, und daß die Zahl der Poſtſtraßen von 
8642 auf 114,536 geftiegen if. In dem Jahre vom 
1. Juli 1875 betrug die Brutto: Pofteinnahme gegen 
2,500,000 Thaler, und der reine Weberfhuß über 
4,300,000 Xhalet, welcher — und darin fteht denn fteiz _ 
lich die nordametikaniſche Poftverwaltung einzig da — les 
bigfic zur Verbeſſerung des Poſtweſens angewendet wird. 
Das Reifen mit dern Poften iſt indeß theuer. ‚Zu Bal—⸗ 
timore z. B., von wo täglich eine Menge eleganter Poft: 
kutſchen auf den herrlichſten Landſtraßen abgeht, zahlt 
man für einem Sig im Wagen felbft auf 16 deutfche 
Meilen 8 Dollars (11} Thte.). 

Endlich aber muß Das, was wir bier über das nord: 


amerikaniſche Poftwefen anführen, noch mehr in Efflaunen 


fegen, wenn man in Betracht zieht, role unendlichen Ab⸗ 
bruch demfelben die Dampfſchiffe thun, von denen jegt al- 
kein auf dem Miffifippi und feinem Steomgebiete weit über 
0 im Gange find. . Die alternde Europa mag fi 
baher auch in. biefem Bezuge der Eoncurrenz nur vor 
ihrer tiefigen Rivalin in Acht nehmen ! 

Sn einem Anhange zu biefem Abichnitt handelt ber 
Berf. nech von den Schritten, welche jeßt geichehen, um 
ein Poſtweſen fetbft in Auftralien zu begründen, indem 
von Sidney aus Poſtkutſchen nad) den bedeutendften übri⸗ 
gen Punkten. Neuhollands woͤchentlich zweimal abgehen 
fellen. So wirb dieſe Seguung der Qultur denn Bald 


- Teinem: Winkel der Erde mehr fehlen; und der fünftige 


Gefchichtfchreiber des Poſtweſens wird ein noch teiteres 
Feld vor fich fehen als unfer wackerer Verfaſſer. | 

Dein Schluß diefes fachreihen Werkes machen hiſto⸗ 
riſche Eroͤrterungen über. das Poftregale, bie eines kriti⸗ 
ſchen Auszuges nicht wohl fähig find, und ein befonderes 
Intereſſe auch mehr nur flr Maͤnner vom Fache haben, 


Letztere aber werden ſchwerlich fäumen, ſich ein Buch ſelbſt 


enzufchaffen, welches, einiger Eleinen, in unferer Anzeige 


‚apgebenteten. Unvollkommenheiten ungeachtet, im Ganzen 


doch gewiß den”von uns ebenfall® hervorgehobenen Cha⸗ 
rakter der Claſſicitaͤt in der Poſtliteratur an ſich trägt. 
Nürnberger. 





1. .Zeben und Thaten bes koͤnigl. preußifchen Generalfeld⸗ 
marfchalls, Fürften Blücder von Wahlſtatt. Nas bear: 
beitet von Louis von Wallenrodt. Mit der Ab: 
bildung Ber Denbmäler des Fuͤrſten zu Berlin, Bres⸗ 
lau und Roftod, ſowie des Grabmals bei Krieblowig 
in Schlefien. Stettin, Böhme. 1831. ®r. 8. 1 Thlr.8 Sr. 


2. Das Beben des Generals Grafen Bogkslaw Tauengien 
‚von Wittenberg. Bon C. von Groszkowsky. Krank: 
furt a. d. O., Tempel. 1832. Gr. 8. 20 Gr. | 


Rr. 1. Da erſt neuerlich eine fehr umftändlihe Biogra⸗ 
phie Blüuͤcher's erfchienen iſt. meldge in Ar. 346 u. 347 h. Pt. 
f. 1831 angezeigt wurbe, fo follte ich allerdings nit glaus 
ben, daß eine abermalige Bearbeitung diefes Gegenftanb:s un 
ter bie literariſchen BVebürfniffe zu rechnen fei, und mürde es 
angemeſſener gefunten haben, wenn der Verf. feine Bemühung 
einem anbern,. minder allgemein bekannten und nicht fo vielfach 
beleuchteten Gegenftande. gewidmet hätte. Auch Scheint der Verf. 
biefes gefühlt zu haben, denn er fagt in ter Vorrebe: „Bei 
den nieten, zum Theil vorzüglichen Werken über das Lelfen und 
bie Thaten bes. Fuͤrſten Bluͤcher von Wahlßatt ift die einzige 
Entſchuldigung des gegenwärtigen vielleicht die Erklaͤrung, daß 
daffelbe nur für ein Yublicum beftimmt fei, weldyes darin nichts 
Grichöpfendes, fondern bios eine leichtfaßliche Erzaͤblung der 
beszerbebenben WBlücherthaten ſucht.“ Nachdem berfelbe mithin 
bas Publicum, für welches er feine Schrift vorzugsmeife be: 
Rimmt, auf diefe Art befinirt Hat, ſollte man eine populaire, 
die Thaten, Verdienſte und Giganthämlichkeiten Blucher's ia 
einfachen, klaren Worten befchreibende Darftellung erwarten, 
m bie Deutfchen an ihren vaterJändifihen Feldherrn unb 
zugleich an eine fhöne, nur gu fehr vergeffene Zeit allgemeiner 
nationaler Verbrüterung erinnern müßte. Um fo ftörender ift 
es, In diefe Biographie eine Unfumme pomphafter‘ Redensarten 
und kuͤnſtlich herbeigegogener Bilder eingewebt zu finden, an 


459 ' N 


denen dar Verf. ein ſthtbares Wohigefallen zu haben ſcheint, 


denn bei ganz proſaiſchen Vorfällen. ſpricht er von Aphrodite 
Mars, Phoͤbus, Thetis, Aurora u. f. wı und ruft oft den gar» 
zen Diymp zu Huͤlfe, welches gewiß. fiir bie meiften Lefer noch 
viel widriger. als für mich fein muß, da ich aufrichtig bekeane, 
baß die jeßige- moderne chriſtlich⸗ myſtiſche Manie vielir, befon« 
ders belletviſtiſcher Schriftieller- von Adel mis Sergeſtalt uner- 


möglich iſt, daß jede kleine Abweichung fu eine? etwas heidni⸗ 


ſchen Anſicht mich unwillkuͤrlich erfreulich anſpricht. Dagegen 
it es nicht ſehr verbindlich vom Verfaſſer, daß er ſaͤmmtliche 
mythologiſche Metaphern, jeden allegirten hiſtoriſchen Ramen 
in Roten erklaͤrt, wie z. B. die Worte: Arminius Diympiade, 
ordiſcher Knoten u. ſ. w., wodurch er beweiſt, daß ex von ber 

elligenz feines Publicums keine große. Idee: habe, welches 
grade ihm eine Genſur verübeln muß, ba er ih der Worcede 
nicht nur fich felbit als guten Royaliſten gebührend: Igitimirt, 
fondem au bewiefen hat, daß er nur für ein gleidhgefinntes 
Yublicum fehreibe. 

Was den Inhalt ſelbſt betrifft, fo iſt die Schrift ein rei⸗ 
ner Auszug -aus ber obenermähnten twmeitläufigeen und viel 
geiftreicher abgebandelten Lebensbefchreibung, nur mit dem Une 
terſchied, daB das vorliegende Werk an den „Jelemach“ erine 
nert, denn fortwährend und wörtlich wird der „Mars Btüdger” 
als von der ‚Minerva Gneifenau‘ geführt betrachtet, und eine 
beiehrende Rote verkündet, was unter Mars und Minerva zu 
verfiehen fei. i 

Ar. 2. Wie in grammatiſcher Hinſicht zwei aufeinander 
folgende Negationen in eine Bejahung ſich umwandeln, fo findet 
in: pfochologifcher Beziehung etwas Aehnliches flott, indem zu 
ftarte, aufeinander gehäufte Behauptungen nicht nur ihren 
Zweck verfehlen, fondern fogar auf das Gemuͤth den entgegen: 
gefesten Eindruck von dem hervorbringen, weldgen fie heabfldhs 
tigten. Ganz befonders gilt dieſes bei uͤbertriebenem Lobe, weis 
ches ben gelangweilten Zuhörer oder Liefer unwillkuͤrlich in eine 
Art von Oppofition gegen den Gefeierten verfegt, und ich glaube 
faft nicht, daß man einem Deenfchen mehr ſchaden inne, als 
wen man ibn als ein Wunberwerk, als einen Ausbund aller 
Vortrefflichkeiten präfentist. Beſonders liegt in dem beutfihen 
Nationalcharakter ein angeſtammter Widerwille gegen alle Af⸗ 
fectation, mithin gegen alle Lobhudelei, waͤhrend die Franzoſen, 
welche fähig waren, das Lob Ludwig HIV. zu einer pers 
manenten Aufgabe der Afabemie zu machen, fich in dergleichen 
Phrafen gefielen. Leider bemühen fich jegt viele deutſche Schrift: 
Reiter, die Sharakterlofigteit und Phrafenpafiton der Franzoſen 
nachzuahmen, ohne fich Übrigens die guten und liebenswuͤrdigen 
Gigenfchaften dieſer Ration zu eigen zu machen, und fo ſcheint 
das vorliegende Werk ein leiber nur zw fehr gelungener Ders 
fu zu fein, das Zalent ber Franzoſen, bergleichen rhetoriſche 
Zriumphbogen zu errichten, noch zu überbieten. Bogislaw von 
Zauengien, geboren zu Potsdam im: Sabre 1760, fland 1775 


als Junker bei bem Regiment Gensdarmes, dans bei bem In» - 


fanterieregiment Prinz Heinrich, avaneirte 1776 zum faͤhnvich 
und wurde Abjutant des Prinzen Heinrich. Da biefer ihn, 
nad des Verf. Worten, vorsugemweife fehr lieb hatte, und der 
Einfluß, welchen derſoibe auf die-jängern Offiziere feines Regi⸗ 
ments und feiner Umgebung ausübte, algemein bekannt iſt, fo 
unterliegt e8 wol keinem Zweifel, daß bie prinzlichen Unterrueis 
fungen bei Herrn von Tauentzien ebenfo günftigen Gingang 
fanden als früher bie von Sokrates, indem er feinen Alcibiades 
befehrte. Hierauf 1781 zum Lieutenant, 1786.3um Gapitain, 
17890 zum Major befördert und 1791 in ben Grafenſtand ers 
boden, war er im Feldzug 1798 im Wefolge bes Königs, ers 
bielt einige Orden, avancirte 1795 zum Oberfltieutenant, dann 
zum Kammerheren, während er als militairiſcher Bevollmächs 
sigter im Bauptquartier des Generals Glairfait war‘, wurbe 
dann als Gefantter nad Rußland geſchickt, um wegen ber Theis 
lung Polens zu negocliten. avancirte 1795 zum Dberften, noti⸗ 
ficirte 1797 den Zob des Koͤnigs den engliſchen Hofe, wurbe 
1801 zum General befördert und erhielt 1805 ale Chef das 


I! 


400 


Regiment, vacant v. Laurene, welches id Anfpadı ftand. Wiegen 
der Verlegung des preußifcgen Gebiets im Jeidzuge 1806 hatte 
der Beneral Zanengien einige biplomatifhe Differenzen mit 
dem Marfhall Bernadotte, fowie mit dem Rath von Rürnberg, 
beiam ben rothen Adlerorden, zog fih mit feinen Truppen 
beim Ausbruch bed Kriege 1806 nad Jena zurüd, bes 
ſtand am 9. Dertober ein ungünftige® Gefechte bei Gchleiz, 

wohnte der Slhlacht bei Jena bei, entlam durch die Lift von 
Bluͤcher, welcher ben franzoſiſchen General zu täufchen wußte, 
bis Prenzlow, wo er unter Hohenlohe capitulirte und dann als 
Kriegsgefangener in Gharlottenburg lebte. Wegen bes . Vers 
dachts geheimer Correſpondenz wurde ber Graf Zauensieu am 
23. December 1806 arretirt, nad der Feſtung Bitſch in den 
Vogeſen transportist, im April 1807 wieder über Berlin nad) 
Mofen gebracht, von wo er aufs Neue in das Fort Joux bei 
Pontarliers au der Grenze der Schweiz als Befangener geführt 
warb, und erlangte erft nad dem Frieden von Tilſit feine Frei⸗ 
heit. Als Benerallieutenant und Befehlöhaber der brandenburs 
ger Bkigade fianb der Graf Zauengien in Berlin, wo er im 
Sahr 1809 einigen Verdruß wegen des ritterlidhen, aber unübers 
legten Abenteurerzug6 von Schi hatte, bis er im Feldzug 1818, 
als Militairgounerneur zwifchen ber Dder und Weichfel amges 
flelt, die Blockade von Gtettin leitete. 

Nach) dem Waffenftillftand erhielt der Graf Tauentzien das 
Sommando über das neu gebildete vierte Armeecorps, nahm, bei 
Blankenfelde fiehend, an der Schlacht von Groß» Beeren Theil, 
fand am 4. September zu Seyda, wo fein - Armeecorps, ale 
er zu einer Gonferenz bei dem Kronprinzen von Schweden war, 
von ben Franzoſen unter Ney lebhaft angegriffen und zurüdges 
drängt wurde, fobaß er, biefen Unfall nicht abnend, bei 
feiner Ruͤckkehr unter die Feinde gerieth und nur dadurch, 
dab er fh für einen Offizier der Rheinbundarniee aus: 
gab, der Gefangenfchaft entging. ‘An ber in Folge biefes 
Vordringens herbeigeführten Schlacht von Dennewig nahm das 
Corps von Zauengien thätigen und rühmlichen Theil, wofür 
ber Graf den ſchwarzen Abdierorden und das Großkreuz des 
ſchwediſchen Schwertordens erhielt, und worauf er fein Haupt⸗ 
quartier nach Deffau verlegte, während Wittenberg und Torgau 
blofirt wurben. Die befannte, fowol von Wittenberg aus als 
gegen Deffau gerichtete feindliche Demonftration, wodurd Ras 
poleon vielleicht anfangs einen Marfch nad Berlin, fpäter aber 
wenigftens den Plan beabfichtigte, ben Kronprinzen von Schwe⸗ 
den wieder auf das rechte Eibufer zu locken, fügte dem Korps 
des Grafen Tauentzien viel Echaben zu, indem bei ber entfte 
henden Berwirrung die Kofaden die über bie Elbbruͤcke marfchis 
rende Infanterie überritten, und nöthigte ihn zur Dedung Ber: 
ins zurüdzugeben, während bie Schlacht von Leipzig geliefert 
wurde. SInbeffen capitulirte Stettin am 20. November 1813, 
Zorgau am 10. Ianuar 1814, für welche mittel: und unmit⸗ 
telbare VBerbienfle der Graf Zauengien zum General der Ins 
fanterie erhoben wurde, und nach ber durch einen Sturm erfolgten 
. Ginnahme von Wittenberg erhielt er beffen Ramen- bem feinis 
gen beigefügt. Im Folge ber Ginnahme non Paris ergab ſich 
‚Magdeburg, mo der Graf Zauengien einen feierlihen Cinzug 
hielt, Hierauf das Generaltommando ber Marken erhielt, an 
dem Feldzug 1815 Eeinen thätigen Antheil nahm und 1824 im 
64. Jahre feines Lebens ftarb. 

Die hier mitgetheilte Lebensbefchreibung ift es, welche der 
Berf. durch ein in uͤberſchwenglichem Maße gefpenbetes Lob, 
duch Verwandlung ber einfachften Begebenheiten in wunder: 
bare, faft gebeimnißvolle Abenteuer, durch Beifuͤgung nie ſtatt⸗ 
gehabter oder grenzenlos ibealifirter Thaten in eine Dichtung 
mit wenig Wahrheit verwandelt. So wirb namentlih von eis 
nem heroiſchen Benehmen gegen ben bie preußifche Grenze bei 
Anfpady überfchreitenden Marſchall Bernadotte viel gerühmt,; 
weiches weiter in nichts beſtand, als daß ber Graf die Sache, 
weiche er nidht ändern konnte, ibren Bang gehen U. Der 
Berf. laͤßt fogar den Erzherzog Karl von dem franzöfifchen 


Durchbruch avertiren, ohne zu bedenken, daß dieſer Fuͤrſt im 
Jahr 1805 in Italien commandirte, mithin unmöglich mit dem 
Grafen Tauentzien in Berührung ftand. Der Rüdzug-von Ant- 
pach nady Jena beim Vorrüden ber Branzofen wirb als ein 
taktiſches Meiſterſtuͤck betrachtet, ber Werluft bei Gchleiz dem 
Benerat von Bila aufgebürbet, fogar von einem mörberlichen 
Befecht gefabelt, in welchem der Graf Tauentien am 12. Octo⸗ 
ber 1806 die Pofition an ber Saale vertheibigt hätte und erft 
am 18. Morgens gendthigt worben wäre, „das linke Ufer ber 
Saale zu verlaffen und bei ben Aufübergängen Jena gu paffl- 
ren’', obſchon befanntlidh die Saale von Yena nad Halle fiießt, 
mithin Zena, Auerfläbt und das ganze Schlachtfeld auf bem 
Jinfen Ufer der Saale liegt, alfo bdiefes linke Ufer unmöglich 
yerlaffen werden konnte, Jena übrigens obne allen Kampf’ is 
franzöfifhe Hände Fam. Ebenſo illuſoriſch find die angeführten 
Angriffe des Grafen am 18. October, und mehr als-übertrie 
ben ift ber von ihm um 14. October geleiftete Wiberftanb. 
Gewiß ift es nicht meine Abſicht, verdienten Ruhm ſchmaͤ⸗ 
(een zu wollen, aber lächerlich ift _e6, den Haß bes Brafen 
Zauengien ‘gegen Napoleon mit bem Hannibal's gegen Rom 
vergleihen zu ſehen und die auf koͤnigl. franzoͤſiſchen Befehl 
erfolgte lebergabe von Megbeburg dem Talent bes preußifdgen 
Generals zufchreiben zu wollen. Recht .naie aber nennt ber 
Verf. die ewige befanmte Geldverlegenheit bes Grafen Tauentzien 
(8. 3) „ein Ueberfchägen Teiner pecuniairen Kräfte”. Was uͤbri⸗ 
gens den erhaltenen Beinamen: ‘von Wittenberg, betrifft, To 
war damals die Meinung der preußifchen Armee, ber Graf 
Zawengien verbanfe ihn weniger ber Cinnahme biefer Feſtung, 
als vielmehr, es [ei Wittenberg geflürmt worbeny bamit bem Grafen 
ein möglider Beiname erwachſen möchte. 86. 





Literariſche Anzeige. 

Bei mir ift erfchienen und buch alle Buchhandlungen unb 
Poſtaͤmter zu beziehen: * 
Zeitgenoffen 


Sin 
biographifhes Magazin * 
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Gefhihte unferer Zeit. 
Vierten Banbdes fechstes und fiebentes Heft. 
(XXX. XXXL) 


®r. 8. Geh. 1 Zhlr. 
inhalt: 

Biographien und Charakteriftiten. Bu 

Dos Leben des koͤniglich preußiſchen Staateminiftere Fried 
sih Ferdinand Alexander Reichs : Burggrafen unb 
Grafen zu Dohna⸗Schlobitten, General:Landfchafte- 
Director, Ritter des rothen Ablerorbens und bes eifernen 
Kreuzes, dargefiellt von Johannes Voigt. 

6: 0x8 Shriftopp Lichtenberg. Bon Heinrid 


Doͤring. 

Lebensbeſchreibung des Generals Baron Guſtav Morig 
Armfeit. Bon ihm ſelbſt verfaßt. Aus dem Schwedi⸗ 
ſchen überfegt und mit Anmerkungen des Ueberſeters bes 

leitet. 

Xugufl Wilgelm von Trosky, koͤnigl. fächf. wirklicher 
Geheimrath, Oberamtsregierungẽpraͤſident und Conſiſtorial⸗ 
director bes Markgrafthums Niederlaufis, Herr auf Ufe, 
Paſerin und Pidel. Bon 8. A. Suͤß milch. 

Biographifche Andeutungen. 

Don Leandro Fernandez de Moratin. 

Das achte Heft des vierten Bandes erfcheint im Mai 188. 
Leipzig, am iften April 1838. - 
8% Brockhaus.— 


Nedigirt unter Berantwortlichteit der Verlagshandiung: 8. A. Brodbaus in Leipzig. 
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— Ueber, den Beruf und Stand das deutſchen 
. -, Buchhaͤndlers. .. 
Mr. 2, *) 

Bemerkbar wurde in Nr. 1:gemacht, daß, wenn die 
Bellimmung des deutichen Buchhandels zu Förderung 
von Wiſſenſchaft und Literatur u.’f. w. - erfällt werben 
foße, dies hauptfächlich von der Perfönlichkeit Derer, die 
ihn betreiben, abhängig ſei, folglich geftrebt werden meüffe, 
daß die eintretenden Mitglieder ſich mehr wie bisher von 
der Wichtigkeit ihres Berufs durchdrungen fühlen und 
daß ihre Thätigkeit von größerer Einficht, mehren Kennt: 
niffen und erweiterter Umſicht begleitet werde. Hierzu 
muß denn’ nothwendig fchon in ber Lehrzeit des jungen 
Buchhaͤndlers der Grund gelegt werden. 

Gewiß hat’feit einigen Jahrzehenden die allgemein ver: 
mehrte Viviliſation auch dahin getrieben, daß Lehrlinge 
zweckmaͤßiger zugezogen werden: der Lehrherr misbraucht 
fie nicht mehr zu niedrigen Hausdienſten; die Gehük 
fen (Commis) erlauben ſich nicht mehr fie gemein zu be 
handeln, etwa fo wie Schomfteinfegergefellen ſich von den 
Jungens fieben Jahre den Beſen nadytragen lafſen. Je⸗ 
doch noch Vieles Liegt bier im Argen. 

Der junge Buchhaͤndler fol tüchtig in den Geſchaͤf⸗ 
tem und mit wiſſenſchaftlichen Kenntniſſen ausgeftattet bes 
funden werden. Zur Aneigmung fo verſchiedenartiger Guͤ⸗ 
ter den richtigen Weg anzugeben, iſt nicht leicht. 

As Gewerbe erfobert der Buchhandel die Geſchick⸗ 


lichkeit mancher Dandgriffe, wie: Manipulation des Sor⸗ 


timents, Paden u. f. w. als Gefchäft, unausgefegte Auf⸗ 
merkſamkeit und Thaͤtigkeit, Pflichttreue in Ausfüh- 
rung jedes Auftrags, zur Natur gewordene Ordnungs⸗ 
liebe u. f. w. Eigenfchaften ber Art können nur in eis 
ner Anzahl Lehrjahre erworben werden, unter ſtrenger 
Zucht, in einer Unterwürfigkeit, vwoelche nur dem frühern 
biegfamen Alter angemefien if. Ueber das 16. Jahr 
hinaus follte der Eintritt in die Lehrzeit nicht verfchoben 
werden. In ſolchem Alter kann wiſſenſchaftliche Bit: 
dung nicht ſtattfinden, und iſt dazu ein Grund gelegt, ſo 


*) Bol. Nr. 1 in Rr. 108 d. Bl. Obwol dieſe Nr. ſpe⸗ 
ciellee als bie vorige nur den eigentlihen Buchhändler bes 
trifft, fo glauben wir body, daß vielen Leſern d. Bi. bie 
Mittheilung willkommen fein wird. D. Red. 


22. April 1833. 





geht er während ber ſtets mühfeligen Lehrjahre verloren. 
Daß nad faurer Arbeit von zwölf Stunden noch ein 
paar freie zum Erlernen benugt werden follten, darf von 
jungen Menſchen nicht erwartet werben. 


So trist denn der Juͤngling aus der Lehrzeit, gelbe 
vielleicht in einigen mechanifdyen Arbeiten, fonft aber uns 
wiffend und roh *); er fühlt fi frei in den Jahren 
ber Leidenſchaft. Wenige arbeiten fi zur Brauchbar⸗ 
kelt auf, noch wenigere zur Erkenntniß der Wichtigkeit ih⸗ 
res Berufe. 

Der Einwurf moͤchte laut werben, daß nur der Sor⸗ 
timenthändler folcher Lehrjiahte bebürfe, der Verleger aber 
nicht. Gewiß nicht, wenn der Verlagshandel allein darim 
befteht: Manufcripte zu übernehmen, zu bonaricen, dru⸗ 
den laflen, verfenden, Bablung einnehmen und — Ma⸗ 
eulatur machen. Eben weil dies Alles fo leicht iſt, wer⸗ 
den im WBuchhändlerverzeichniß eine Menge Namen von 
Männern aus allen Claſſen und Ständen gefunden. Ju 
den Jahren 1780-1800, wo im Buchhandel nur geldene 
Berge erblidt wurden, traten zu ihm ein: Barone, Of⸗ 
fistere, Apotheler, Advocaten, Kaufleute, Bierwirthe, Markt 
beifer, und — verlegten. Don biefen Alten fliehen noch 
Zwei oder Drei kaufmännifch ehrenhaft im Buchhandel, 
alle Uebrigen find, nachdem fie das etwa mitgebrachte 
Capital verloren hatten, verfchoffen, und doch waren unter 
benfelben Rechtliche una Tuͤchtige. 

Laͤge es nicht außer der Abficht dieſes Auffages, ‘fo 
würden weitere Auseimanderfegungen biefer Verhaͤltniſſe, 
umd felbit der (zugegebene) natürliche und nahe Zuſam⸗ 
menbang des Buchdruckerelbeſitzes zum Buͤcherverlegen 
ermeiſen können, daB bee Verlagshandel nur von Denen, 
bie fich gründliche Erfahrumgen im Sortimenthandel er⸗ 


*) Sollte biefes Blatt jungen Männern in bie Hände foms 
men, bie fih in. fo trauriger Lage wiffen, fo mögen fie 
nicht versagen. Der Berf. dieſes Auffages kennt einen 
Zemand, der ununterridgiet in die Lehre und unwiffend aus 

. ide kam, den Arbeit, Sorge und Roth fortan verhinderten, 
Bildung auf wiſſenſchaftlichem Wege nachzuholen, der aber 
bennod durch Regſamkeit, durch ftete® Erlernen aus Welt 

. und von Menfchen, burdy das Intereſſe, was er an feinem 
Geſchaͤft und feiner Waare nabm, dahin gelangt ft, daß 
er im Alter das Zeugniß erhoffen darf, feinen Beruf als 
Buchhändler erfüllt zu haben. Freilich hat er aber fletö 
die Schulbildung ſchmerzlich vermißt. 


“ 


/ 


! 


2 402 


worben haben, mit gutem Erfolg für ſich und zum” Be: 


ften der Wiffenfchaft und Literatur, betrieben werben koͤnne. 


So bleibt denn bie Frage: wie das Erwerben techni⸗ 


fcher Fertigkeiten und kaufmaͤnniſcher Geſchaͤftsbrauchbar⸗ 
feit mit dem Einfammeln der erfoberlichen wiſſenſchaftli⸗ 
hen Kenntniſſe zu vereinigen feid Dieſe Aufgabe wird 
nue zu loͤſen fein, wermn dem Lehrling während ber 
Lehrjahre Zeit und Gelegenheit gewährt wird, auf mit- 
gebrachte Schulkenntniffe, die durchaus vorauszufegen find, 
weiter fortzubauen. Dahingeſtellt mag fein, ob Die 
Zahl der. Lehrherren, bie ſolche Vergoͤnnung an die Keil 
finge für Pflicht halten, bebeutend ſei; gewiß iſt, da 
die fie nicht auduaͤbt; und da Worte ber Ans 
foderung .meift ohne Frucht bleiben, fo iſt anderweitige 
Huͤlfe zu ſuchen. 

In den leipziger Buchhandlungen mögen fortdauernd 
0 60 und vielleicht mehr Lehtlinge gefunden werden: 
eine genugſame Zahl, um 


Are Interrichtg-Snäteit fur Tetzrunge des Buch⸗ 
hanbeis 


zu ertichten. 
WLeipzig, von wo alo Mietelpunkt bes deutſchen Buch⸗ 
handels das Gute für denſelben ausgehen ſollte, wird für 
die hier erfoderlichen Zweige des Wiſſens aus Unlvetrſi⸗ 
tät, Schulen und Handlungeinſtituten tuͤchtige Lehrer bar: 
bieten, die neben ihren Berufsarbriten gegen gute Hono⸗ 
date gern ſolchen Unterricht ertheilen wollen. 
. Die Lehrherten werben verpflichtet, am drei Tagen ber 
Woche ihren Lehrlingen drei Stunden frei zu geben, wo⸗ 
von zwei für den eigentlihen Unterricht beſtimmt find, 
die dritte für Arbeit der Schuͤler unter Aufficht ber Leh⸗ 
ver im Rocal der Anſtalt. 

Aue ſechs Tage der Woche wird Unterricht gegeben: 
in dreien an die erfte ſchwaͤchere, in dreten am die vor: 

eruͤcktere Glaffe, wodurch gewonnen wird, daß Lehrherren, 
? mehre, ältere und jüngere, Lehrlinge halten, den eiwen 
oder andern ſtets im Gefchäfe behalten. 

Der Unterriht möchte beſtehen in Enchklopaͤdie ber 
Wiſſenſchaften, Geographie, Geſthichte; ſranzoͤſiſcher, 
engliſcher Sprache; kaufmaͤnniſchem Rechnen. Win⸗ 
terhalbſahre Sonntag Nachmittag ein⸗ Stunde: 
ſatinmenhaͤngender Vortrag ber Geſchichte ber Literatur 
des Alterthums und bee Deurfchen; Geſchichte ber Buche 


Bruders und Papiletmachetkunſt, verbunden mit miateriellen- 


Botzeigungenz geſchichttiche Dartſtellung vom Ausbilder 
bes Buchhandels bei den verſchledenen Wöllen. (Unter⸗ 
richt in alten Sprachen, ſo wuͤnſchenswerth auch, moͤchte 
unthuntih und ohne Ftucht fein. 
beutfhen Sprache und im. Styllſtiſchen angebracht fef, 
iſt Frage.) . : 

. Die VBuchhändlerdeputation wird Behoͤrde und von 
ihre aus ihrer Mitte eine Eommifflon niedergefeht, welche 
Lehrer wählt und den Unterricht beftimmt, wie auch bar: 
auf häft, daß bderfelbe, dem Beduͤrfniſſe des Buchhaͤndlers 
angemefien, nicht fo ausichweife, daß man etwa die Bäume 
vor Wald oder den Wald vor Baͤumen nicht erkenne. 


Diefe Commiſſion hält - Stets wachſames Auge auf Fleiß, 


zu: | 


Ob Unterricht in der 5 


Ordnung und anſtaͤndige Auffuͤhrung der Schuͤler; ſetzt 
u beſtimmten Zeiten Pruͤfungen an, ſtellt Zeugniſſe für 
ehrherren und Aeltern aus und ein allgemeines dem Lehr: 


linge ſelbſt am Schluſſe feiner Lehrzeit. 
Buy 
3 if g 
ndlervereine, 















de re 


I a * 
eld, cha du 
Dargebrachte® "Opfer des leipziger Buch 


theils durch freie Gaben der Buchhändler Deutfchlande, 
die eine. Pflanzſchule brauchbarer Gehuͤlfen zu fchägen 
al, uns endlich durch jährlichen Beitrag fowie buch 
te Summe fuͤr die erſte Einrichtung abfeiten des Bir: 
ſenvereins. 

Welchen nutzbarern, wuͤrdigern Gebtauch kann ber 
Boͤrſenverein jetzt und in alle Zukunft von den bei ihm 
dgeſammelten SDeldern maches? Diefe Bewilligung ie 
Gunſten der Unterrichtsanſtalt moͤchte keinem Zweifel un: 
terliegen. „a 
Roch wird vorerſt dem moͤglichen Einwurf Leipziger 
Lehrherren zu begegnen ‚fein: daß, bis Lehrlinge nem 
Stunden bie Woche zu entbehsen, nachtheilig anf die Ges 
fcgäfte einwirken und ihr eignes Intereſſe zu ſehr beein⸗ 
traͤchhtigen wuͤrde.)) | 

Mögen diefe Herren bedenken, daß bie Anfalt fie in 
Stand fegen wird, nöthigenfaßs einen. Lahrling mehr zu 
halten: verfländiger Aeltern Streben kann nur fein, ihre 
Söhne an singen Ort zu bringen, wo fie nicht allein zu 
Packern und Expedienten abgerichtet, fordern auch wiſſen⸗ 
ſchaftlich ihrem Berufe zugebildet werden; die Aeltern 
werden nicht allein Schulgeld, ſondern gern auch hoͤheres 
Lehrgeld bezahlen wollen. Dazu die Ausſicht, daß die 
Ausgelernten ſicher Stellen erwarten können, ba bie Buch⸗ 
Händler aller Gegenden vworzugäweife von Leipzig unter: 
richtete Gehuͤlfen ſich verfprechen Dürfen. Andererſeits köns 
wen bie Leipziger für ihre Geſchaͤfte von auswärts auf 
beauchbase Gehuͤlfen zählen, dba Die beſſern unter ihnen 
nah einem Orte tsachten werben, wo wiſſenſchaftlicher 
Untersieht ihnen zu Theil werden kann, welcher wenigſtens 
bei den fonntäglichen Vorleſungen über Literatur und Ge⸗ 
[dichte auch den Gohuͤtfen zugaſtanden werben müßte. *") 


*) Hier iſt's am Ort ein Beifpiel des mit Jeipziger Sehrlin: 
gen getriebenen Misbrauche anzuführen: Gin dor einiger 
Zeit im hohen Alter verftorbener Gebeutenber Verleget Yieit 
Devnnin hindurch Jahr aus Jahr Kin zwei, aud drei 
Lehrlinge, die nicha zu ſehen befansen ats Ihres Principau 
Wertag, den fie collationitten, verpadten, austragen, in die 
Nieherlagen einräumten und fpäter zu Maculatur machten; 

‚in Banblungdbücer fchrieben fie niemal$ und? — lern: 

“ten fechs Zahrr! Wo ift dies Halbhandert Aushelernter 
bingWohnmtett? -— Won einem andern Bndghändier alter 
Zeit wurde erzuͤhit, daß er den Behuting anzuͤchtige Wüber 
illuminirea laſſe. u u Bun 
”°) ten ——— N us der en ae u: 

. te Sid. and wife er ehe n, 

ht en ufeum, wo ent Mu en u. f. w. 8 

der —— und Papiermacherkunſt aufgeſtellt wuͤrden, 

eine Bücherſammlung zur Literaturgeſchichte ꝛc. Gewiß 
werden von allen’ Selten bie Genoſſen des Buͤcherweſens 
zur Bereitherumg ſolchen Schatzes beitragen, ber bann auch 
wieber "von ben Lehrern und Schülern der Unterrictsan: 








' 24 , 


Noch ein beſonderer Gewinn mitb aus ber Unter: 
tichtsanftart.. für 
ergeben. Hoͤchſt nothwendig ericheins, daß in Leipzig, 
ben Stapelort, ber allgemeinen: Sicherheit wegen eine 
gename Kenntaiß des im Buchhandel: wibeltenden Perſo⸗ 
nals — Gehuͤtfen, Behrfinge, einhetmiſche Markt⸗ und 
zugehende Meßhelfer — ſtattfinde. Grabe uͤber die wich⸗ 
tigſte Claſſe dieſes Perſonals, die Lehrlinge, welche meiſt 
bie fremden Lager unter Händen haben, wuͤrde durch bie 
Unterrichtsanſtalt Eontrole erlangt, ohne obrigkeittiches 
Einfchreiten und ohne Auferlegung eines dem Buchhandel 
wicht angemeſſenen Zunftzwanges. N 

Fuͤr die Ausfügsbarkeit einer Unterrichtsanſtait und 
bis Bortheile, die babmech. nicht allein bem einzelnen Lehr⸗ 
heren, fondern auch dem ganzen Handel eines Drtes er- 
wahren, kann als Erweis die feit dem Jahre 1819 in 
Gotha beſtehende ‚blühende Baufmännifche Anſtalt ange: 
führt -werden,. welcher fich feit 1831 in Leipzig felbſt eine 
aͤhnliche angereiht hat, die ohne Zweifel in vollem Gebet: 
Ben ifl. Lestere kann zu Rath und That der buchhänb: 
lerlſchen ſehr benust werben, obwol ihr Lehrplan, für Buch 
—— nicht angemeſſen, fuͤr ſie zu eng und zu 
weit iſt. 

Sollte der hier gemachte Vorſchlag Gunſt und Ein: 
sang finden, fo wird die in Löblicher Buchhaͤndlerdeputa⸗ 
tion vereinte Einfiht und Erfahrung eine folche Unten 
richsanſtalt gründli und vollendet herzuſtellen wiſſen. 
Mas hier daruͤber gefagt wurde, bient nur als Umriß zur 
Erlaͤuterung und iſt olme allen Anfprud). 

Obrigkeitliche Gewährung und Begünftigung darf man 
erwarten. Die neue Organifation des leipziger Buche 
händlervereins, weicher gruͤndlichſte Unterfuchung und Auf⸗ 
nahme vielfeitiger Erfahrung voransing, erweiſt abermale, 
welches hohe Intereſſe an der Foͤrderung von Wiſſen⸗ 
[haft und Literatur durch den Buchhandel von ber 
erlauchten koͤnigl. fächfiichen Regierung genommen reich, 
wie fchon früher bethätigt buch das mit großer Umficht 
abgefaßte Mandat von 1772, und erweift, daß mehr und 
mehr Mor erkannt wird, wie wichtig für Sachſen fei, fich 
den Gentralpunft und Stapelplag bes deutfchen Buchhan⸗ 
dels in Leipzig zu bewahren. 


Das Baſte werde erhofft! 175. 


/ 





Romanenliteratur. 


4. Der Morbbrenner im wilden Shale, ober bie Morne an 

Longwy's Zelfen. Hiſtoriſch⸗ romantiſches Gemaͤlde franzoͤſi⸗ 
ſcher Sitten und Gebraͤuche. Nebſt einigen andern Erzaͤh⸗ 
lungen von Friedrich Stahmann. Potsdam, Vogler. 
1832. 8. 22 Se. 

Die erſte Gefchichte iſt trog des wuͤſten Titels bie befte 
und obendrein die laͤngfte. Die Schickſale eines jungen Ange 
ſtellten bei dem Zelegranhen in Longwy find bie Träger einer Er⸗ 
— — — 

ſtalt benugt werben koͤnnte, und bie Principale würden 

nicht verſchmaͤhen, von Zeit zu Zeit ein ſolches NAuſeum zu 
beſuchen und unter bie Zahl junger werthvoller Leute ſich 
zu mifchen. .. 


die Geſammthtit der Buchhaͤndler ſich 


12.8 


zählung, bie manchet Abentezertiche, qub noch mehr Anziehen: 
des. una Velthrendes über bie Zuftände in den Arbennen ent: 
hält, bitarre, auch etliche Liebentwüsblge Eharaktere aufftellt 
und damit ſchließt, dem grundehrlichen Deutſchen, der fehr wiber 
Willy den Franzoſen dienen wuß, auf ben Stenhansthurm 
in feinem Vaterlande umd, fa zu fagen, Materhaus als Waͤchur 
zu. verſeten. In den folgenden Grzaͤtuungen fleit eu von ba 
Beobachtungen an und muͤht ſich ad, nicht immer vom Gelingen 
gelsönt, ſentimental, humoriſtiſch und frehleunig zu fein. A 
ungelenkſten iſt er im ber gereimten Profa in der „Punfihgefal- 
haft”, wie ber. Verf. überhaupt, wenn ihn ber Kigel Might, 
Verſe zu machen, doch ja vorker einige Kenntmiffe bes; Techiis 
fchen dev Posterei ich zuzueignen hoͤchſt nöthig bedarf. 

ahrdelt und Phantafie von Victorin. Ldeiprig, sb 

breqt. 1882. 8. 1 Ihm. pus 

Keiſeſkizzen eines deutſchen Malers, nach bem Beſteigen 
bed Befund aufgezeichnet, dienen einer ſehr verwickelten, ſpan⸗ 
nenden Novelle: „Die Brüber, oder bie Höhle in ben | 
ninen”, gleichſam zum Prologe. Der Verf. benannte die Re 
velle nicht ohne Grund ein Nachtſtuͤck, die Suͤhne ift keine voll⸗ 
fländige, es bleibt noch immer am Schluß ein uneinzufügender 
Bruch übrig, und das Wragifhe Hat weniger vom erhabenen 
läuternben Gchmerz ale vom erbitternden Ingrimm gegen 
Schickſal und Zufall in fi, die bie Fäden alfo lenkten, daß 
das Böfe gefhehen muß, mit und ohne Abficht bes Bollſtreckers. 
Daß viele Wahrheit ſich unter ber Dichtung birgt, daß wirt 
liche Begebenheiten der Erzaͤhlung zur Balls dienen, möchten ' 
wie glauben, wie man einen Bildniß auch anfehen kann, ob «6 
gleicht, wenn ſchon das lebende Original uns völlig fremd ift. 
3. Sagen bed Harzes, gefammelt und erzählt von Karl 

Schuſter. Hanover, Bahn. 1832. 12. 16 ®r. 

Ob ber Herausgeber befugt war, den Titerarifchen Nachlaß 
feines verftorbenen Freundes öffentlich zu machen, möchte nicht 
ein Jeder bejahen. Zu feinem und feiner Freunde Ergoͤtzen, 
Srinnerungen fefthaltend und halb verklungene neu ermwedend, 
wurden fle niebergefchrieben und verfehlten ſicherlich ihres Ent: 
zwecks nicht; aber das größere Publicum, unbefannt mit bes 
Verf, Perſoͤnlichkeit, verlangt andere Dinge: den kindlich einfäl: 
tigen Zon der Sage, den ber Verf. nirgendb getroffen, aber 
auch, was ruͤhmlich anzuerkennen, nicht alterthümelte und naiv 
fein wollte. Wirb den Lefern nichts Neues geboten, fo verlan- 
gen fie das Alte in einer neuen pilanten Sauce, und auch das 
wirb ihnen bier verweigert. Am wenigſten koͤnnen fie an ber 
dichterifchen Zugabe Woblgefallen finden, die, fo hoch man auch 
bie Nachficht gegen einem Berſtorbenen fteigert, doch ein zu 
mattes Heimwerk ifl. - 

4. Skizzen aus bem Leben eines Seemannes. Von R. Termo. 
Meißen, Klinkicht und Sohn. 1832, 8. 1 Thlr. 

Geiſtreich angelegt, mannihfaltig in ber Compoſition, und 
ausgeführt genug, um ein verfinnlichendes Nundgemälde vom 
Seeleben dem er barzubieten. Die guten wie bie fchlime 


I men Geiten bes Daſeins find aufgebedt: Stuͤrme, Faͤhrlichkaiten 


aller Art, Berfihlagenwerben , drohender Tod auf einem Corſa⸗ 
renſchiff, ein Stuͤckchen Robinſonade, bie Gefahr, von einem 
mächtiger Schiff bei Nachtzeit überfahren zu werden, von Al⸗ 
lem etwas, babei bie luſtigen Auffcgneibereien eines Matrofen: 
wigbolded. Das Abenteuer auf bem Freibeuterſchiff gewinnt 
an Sntereffe, weit zwei Liebende, durch Ränfe auseinander gehal⸗ 
ten, nad langjähriger Irennung ſich wiederſinden, zuſammen 
die Zodesangft uͤberſtehen, zufammen befreit werden, und fo ihr 
Bündniß auf das feſteſte befiegelt wird. In ' einer zweiten 
Geſchichte haͤuft ſich jebes Bedrohliche einer Meerfahrt, ein 
aluͤcklicher Ausgang ſcheint unmoͤglich — es war nur ein ſchwe⸗ 
ser Traum. Das Einzige, was an ben Buche auszuſetzen 
wäre, if ber Mangel eines Giofferiums nautifiher Aus: 
drüde. 18, 

a“ 





“ 


Correſpondenznachrichten. 
Berlin, im Mit a 

— — „Kommt, ſprechen wir von @taatögefchäften!‘ — fogt 
Hamlet — Hamlet jet, bee Däne, um bes biutenden Herzens ver⸗ 

worrene Qualen, die er nicht überwinden Tann, auf Augenblicke 
bee Erholung zu fliehen. „Kommt, fprechen wir nit von 
Staatẽgeſchaͤften !“ Tag’ ich, ber Gorrefponbent, ber deutfihe Cor⸗ 
eefpondent, um des Außen, Öffentlichen Lebens verfnäulte Faͤden, 
beren verföhlungenes Gewebe wir nicht Löfen koͤnnen, zu vergefs 

Ach! ich hatte mol wieber eine berliner Telegraphenge⸗ 
feichte auf dem Dergen oder unter dem Herzen; aber man würbe 
mein Kinblein wieber wie im vorigen Briefe vom Webrwar tod⸗ 
tm. Ich bin Fein Schmuggler und kann bie Waare nur offen 
führen, und ba würbe man fie wieder nicht paſſiren laſſen, und 

mie flatt der Gedanken, die ſich an bie Geſchichte Tnüpfen, 
ebenfo viele Gedankenſtriche fegen. D, als ich jung und. ein 
Schulbube war, befam ich für jeben Rictgebanfen, für jebe 
Gebanteniofigkeit am Rande des Geſchreibſels einen Strich; 
nun da ich alt und ein Brieffchreiber bin, befomme ich vice 
versa für jeden Gedanken einen Strich. „Sprechen wir alfo 
nit von Staatsgeſchaͤften“, ſagt ber umgekehrte Hamlet; 
die Gardinen herunter, zieht mir bie Stiefel aus, mithin gebt 
mir die Echlafmuͤtze und die Filzſocken her!" fogt Learz „ia, 
ſchweigen muß mein Mund”, fagt Hamlet wieder; laßt uns 
demnach ſchweigen und uns tröften mit ben großen Worten 
fremder Geiſter. 

Welche Region ſteht dem beutfchen Brieffteller nunmehr of: 
fen? — Das Theater, dad Theater! — D bimmlifche Freiheit, 
beutfche Freiheit! ja, Mund, Hand und Fuß find bier, fo weit 
es die anmelende Policei erlaubt, ungefeffelt unb frei. Man 
lacht und weint, gibt Beifall und trommelt vor ber Buͤhne noch 
immer mit viel Freiheit unb mit großer Grlaubniß der hohen 
Behörden. Gluͤckſeliges Deutfchland! ftatt ber Bühne des Les 
bens hältft bu es doch am Ende noch lieber mit dem breternen 
Geruͤſt, Pappenwert und Flittergolb. Gluͤckſeliges Deutfchland ! 
dein Spielzeug hält noch immer vor! wann wirft bu es zer⸗ 
brechen? Cs ift an ſich gebrochen und zerbrochen genug, denn 
deine bramatifche Muſe Hinkt und fchleicht feit geraumer Zeit, 
Sott fei’s geklagt; aber du flidft bein Spielwerk bir doch ims 
mer noch mit bunten Lappen, mit Miferen und unfcyulbigen Boten. 

In der That hat ed im Verlaufe bes Maͤrz abermals we⸗ 
nig Bedeutendes unter den neuen Lelftungen der Bühne gegeben. 
An der neuen Oper von Konrabin Kreuzer, ber aus Wien | 
zur Ginäbung feiner Compofition auf dem Tönigsfläbter Thea⸗ 
ter zu uns arlommen war, misfiel der allzu lyriſch gehaltene 
Stoff nebft Zert von Grillparzer. Theilweis behagen die Mu⸗ 
fitftücte recht wohl. Bon Raupady erhielten wir ben britten Theil 
feines „Eriebrich II., oder Kriebrich'8T0d”. Die erfle, unverkürzte 
Aufführung bes Gtäces dauerte biß gegen 11 Uhr des Nachts, 
und man wollte aus bem Umſtande, daß das Yublicum bem 
Werte To lange feine Aufmerkſamkeit geſchenkt, auf ben Werth 
der neuen Zragdbie einen gänfligen Schluß machen; allein man 
muß erwägen, daß es Äberhaupt ſchon in der Natur bes lieben 
Deutfchen liegt, wenn er einmal fein Geld gegeben hat, ſteif und 
feft auszuhalten und auch vom fchlechten Weine nie eine Neige 
fliehen zu laſſen. ebenfalls vereinigen ſich aber die Urtheile ber 
Kenner babin, daß das Stuͤck gradezu die befte unter ben 
henftaufen-Xragddien Raupach's ſei. Unſere talentvolle Lan . 
männin, bie Altfängerin Sophie Hoffmann, bie dem biefigen 
Theater ihre Bildung verbankt und feit einiger Zeit in Stalien 
eine Kunftreife mock, bat fi zu Stimint mit einem reichen 
Particulier. Namens anti, verlobt. Cie wird, als Santi⸗Hoff⸗ 
mann, dem Gerächte zufolge, in Berlin mit einigen Baftdarftels 
Jungen von der öffentlidhen Ausübung der Kunft unb von ber 
Heimat Abichieb nehmen. 

wir ber Kurzweil unb ber Langweil halber einen 
Büd Buck auf das berliner Sourmalmefen. Die ültern und befann- 17mm das berliner Sournalwefen. Die Altern und befann» 


Ä 


ſchnell; ehe daß man fagen Tann: 


ten Miätter, ben . uab. den „Mefelliihafter”', leſen 
Sie, —— Freund, von an Drt und Geile; ich. ipredge 
demnach blos von denen, deren Tendenz hut auf Berlin odet 
doch auf in Pleineres- und befonbereb udlicum berechnet iſt. 
Das bei Sropius erſcheinende, vom Dr. Jrauz Kuglet heraus⸗ 
gegebene Kunſtblatz: Muſenm⸗, ſich jedt witern 
Beltchen einer Underflügu ung des MWiniferiums und bedarf wol 
einer ſolchen, da es auf bie Iheilnahme eines allgemeinern 
pubhcumd nie nte seconen konnte. Gculntur und Malerei mußten 
ja flets unter uns Würktengunft zu gewinnen fuchen, wieviel 
mehr bie Kritik diefer Fr % ender erſcheiat der ſchlechte 
Abſat der muſikaliſchen Zeitungen in einer Zeit, bie dieſer 
Kunſt im oͤffentlichen wie im 
Indeß mag in Betreff auf Muſik die Genußſucht immer do 
größer fein als das ernſte Studium, und das Gtudieth in der 
Ausübung fowie das Streben nad Wirtuofltät mag wiederum 
noch größer fein unter uns als der Hang zus Kritik in biefem 
Mufentempel. Go kommt «8, baß bie hiefige „Neue muſikoli⸗ 
ſche Zeitung”, die nicht mehr vom Profeflor Marr rebigirt 
wirb, nur eine börftige Sriftenz fh zu friften ſcheint, unb 
ſelbſt die „Iris von 8. Rellſtab, einem Wanne, ber dem ber» 
Iiner Yublicum vr die fortlaufende gebiegene. Nelation über 
die muſikaliſchen Beſtrebungen unferer Refidenz fi befonbers 
verdient macht, erfreut ſich nur einer mäßigen Theilnahme. 
Kür ganz fpecielle Kreife ift ber hiefige „Neuigkeitsbote” eine 
Volkoſchulzeitung; in- 
Handiung in wöcentlicdyen Lieferungen erfcheinende „Bemeins 
nügige preuß. Handels⸗ und Gewerbẽezeitung“. Wie ein Schwarm 
ephemerer Müden umzieht den aͤſthetiſchen Horizont Berlins 
das Gewuͤhl der fogenannten unterhaltenden, feichten Tages⸗ 
blaͤtter. Nicht die Anzahl des Gewuͤrms ift fchuld, daß 5 
Atmoſphaͤre dadurch nicht verdunkelt wird, ſondern die durch⸗ 
—— ‚ Iofe, waͤſſerige Qualität dieſer flatternden Geburten. 
Uns elelt, deren Kamen gu nennen ; fie laſſen ſich auch in ih⸗ 
rer fluͤchtigen Weſenheit nicht bannen und mit den faſſen 
denn ſie kommen und gehen, erſcheinen und entſchluͤpfen Pr 
fie find! — find fie fon 
nicht mehr. Heil, Heil! dreimal Heil! wäre zupiel. Beſonders 
find unfere ausgebienten und penfionirten Militaire —— 
lich productiv mit patriotiſchen Unterhaltungsblaͤttern; fie, bie 
der Staat ſogar zur Ruhe ſetzte, können gar nicht ruhen, ihr 
| Eee tem und Wartegeld durch GSchriftftellerei zu vergrößern. 
Außer dem Major a. D. Streit, der an Jarcke's Stelle bas 
„Politiſche Wochenblatt ” rebigirt, und ben vielen abfoluten &ols 
batenherzen, die dieſes Journal mit ihren gutmlthigen Anficheen 
füllen, war bier ein Major v. Wartensleben, der ig legten 
und Recenfionen feinen Patriotismus in einem Blatte, „Das 
Vaterland betitelt, abfehte, das jedoch felber Leinen Abſat 
hatte und fomit fammt feinem Enthuſiatmus ſchlafen ging. 
Ein ebenfalls ausgebienter Militair, v. Sommerfeld, gibt ein 
„Smmergrön’ heraus und meint, er könne, ba ber Titel grün 
genug fei, im Blatte felbft die graue Farbe feichter Langweile 
nad) der Möglichkeit entfalten. Gin gewefener Lieutenant, E. 
Schneider, jegt Schaufpieler, der unter tem Ramen: Both, 
ein VBühnenrepertoir von frangöfifchen , Die aufgeführten, über: 
festen Stüden herausgibt, auch durch fein 8 fein: „Ueber das 
Schminken”, als Mann von Fach ſich bewaͤhrt hat, gedenkt mit 
dem erften Zuli d. 3. eine Art Poennyzeitung unter dem Titel: 
„Der GSolbatenfreund‘‘, zu etabliren. Der Gedankeninhalt wirb 
in Betreff der Wohlfeilheit fidyer mit dem Pfennigpreife rivalis 
firen, denn die Tendenz bed zukünftigen Blattes, von bem uns 
ein Probeblatt vorliegt, laͤßt fi ſchon aus ben Mottos abſtra⸗ 
hiren, bie alfo lauten: „Parole: Vorwaͤrts! Loſung: Präfen- 
tirts Gewehr! Beldgefchrei: Friebrich Wilhelm III.” Scherz 
bei @eite, der Dann meint es ernftlih. Wie aber bie Yarole: 
„Borwaͤrts!“ mit ber Loſung bermaniven fönne, id est quod 
erit demonstrandum. Amen. 148. 


Nedigirt unter Werantwortiichteit der Berlagöhandlung: U. U. Brodhaus in — ————— —— —— ——— — ©. A. Brodhand ei — 


km gefeligen Leben fo ſehr are . 


leider Weiſe die in der Bogler'ſchen 


TE Er; 0 


— 


B 1 t te r 


En für. 


literariſche Unterhaltung 





— St. 


Dienftag, 





23. April 1833. 





Ueber einen Geſchichiſchreiber und die Geſchichtſchrei⸗ 
bung der neueſten Zeiten. 


Mein lieber junger Freund! 

Haͤtte ich doch nimmermehr geglaubt, daß Sie mich 
gleich beim Worte nehmen wuͤrden wegen der flüchtigen 
Aeußerung in meinem legten Briefe! Sie find ja wahr⸗ 
haftig jegt ganz unerfättlih nach jeder Bemerkung über 
Geſchichte und Geſchichtſchreibung! Mir däucht, oder Ich 
müßte mich ſehr irren, Sie gehen mit fehr wadern und 
ruͤhmlichen Vorfägen um. Wol ift es jegt Zeit; wenn 
jest keine Geſchichtſchreiber unter uns entſtehen, fo liegt 
es nicht an den Begebenheiten, fondern an ben Menſchen, 
die ſie erfahren. Denn wer jetzt noch klagen wollte, daß 
nichts Denkwuͤrdiges, nichts einer trefflichen Darſtellung 
Faͤhiges geſchaͤhe, der hat gar keinen Sinn fuͤr Geſchichte, 


der verdiente gar nicht zu erleben, was wir erlebt haben. 


Freilich waͤre eine Geſchichte diefer Zeiten ein fehr ſchwie⸗ 
riges, ja ein geraltiged Unternehmen ; aber wann Fönnte 
auch der Aufruf des Dichters: 
Auf, und das Schwere verſucht! 

lauter und erregender in die Seele eines Juͤnglings tönen 
als jest, wo er ſolche Anftrengungen, ſolche Preife errin⸗ 
gen ſieht? Thucydides war fchwerli Alter als Sie, 
als er den Herodot feine Geſchichtsbuͤcher den verfammel: 
sen Griechen vorlsfen hörte und dadurch zur Nacheiferung 


entflammt ward, und Johannes Muͤller Hatte noch nicht 


Zur Alter erreicht, . als in feiner Seele ſchon der Ent 
ſchluß feſtſtand, dee Sefchichefchreiber feines Vatetlandes 
zu werden. 

An Neigung für die herrliche Kunſt ſtehen Sie ihm 
ſchwerlich nach, und das Geſchick hat Ihnen Manches 
verliehen, was er ſich erſt erwerben mußte, hat Ihnen 
den Weg a Manchem fehr leicht gemacht, das ihm ſehr 
ſchwer zugaͤnglich war. 

"Aber glauben Sie ja nicht, daß ich Sie überreben, 
daß ich Sie verführen will zur Geſchicheſchreibung. Das 
ift faſt ebenfo ſchlimm, als wenn man Jemand überreben 
wollte, ee ſollte fi der Dichtlunft widmen Nur bas 
entfchiebene Intereſſe, mas Sie an. allem Geſchichtlichen 
nehmen, und bie fihtbare Unruhe, in die ih Ste durch 
die neueften großen Ereignifle verfent fehe, bringen mich 
auf den Gedanken, daß Sie vielleicht in der Darftellung 








berfelben, daß ich fo „jegen möchte, die Beſtimmung Ih⸗ 
Lebens finden moͤchten. 

——— will ich auch thun, was Sie verlangen, und 
will Ihnen erzaͤhlen, wie ich mir einen Geſchichtſchreiber 
—* Zeit, wie ich mir eine Geſchichte derſelben wünfche, 
Aber erwarten Sie ja nichts Vollſtaͤndiges, nichts‘ allents 
halben forgfältig Durcbachtes von mir. Dergleichen zu 
liefern, erlauben mir theils meine Kräfte nicht, theils 
verhindert mich das Gedränge mannichfacher und einander 
widerfprechender Gefchäfte und Zerftreuungen daran. Nur 
einzelne unordentliche Fragmente und Gedanken, wie ein 
Freund fie wol im Gefpräche dem andern mittheife, wie 


fie beim Schreiben von felbft fi) aneinanderreihen, kann | 


id) geben. Meist eines oder das andere Sie zum weitern 
Nachdenken, trifft eines oder das andere, fo bin 2 ſehr 
zufrieden. 

Daß ich meinem Geſchichtſchreiber die beſten Geiſtes— 
gaben aller Art, daß ich ihm Fleiß und die volle Gewalt 
über die Sprache wuͤnſche, das verſteht ſich von ſelbſt, 
und ich habe daher nicht noͤthig, mich daruͤber weiter aus⸗ 
zulaſſen. Aber es gibt noch manches Andere, was Viele 
als aͤußerlich und zufaͤllig betrachten moͤgen, und was es 
freilich auch iſt, was ich an meinem Gefchichtfchreiber 
ungern vermiffen würde. Dahin gehört, «daß er in einem 
der höhern au der bürgerlichen Sefellfchaft geboren und 
erzogen fei, er die Welt gefehen, daß er felbft an 
fih Manches —— und daß er wo moͤglich ſelbſt ein 
hoͤheres Staatsamt bekleide, oder bekleidet habe, 

Ich bin nicht ſo thoͤricht, zu behaupten, daß es nicht 
einen guten Geſchichtſchreiber unſerer Zeiten geben ſollte, 
bei bem Seiner biefer Umftände zuteifft; aber daß deswegen 
mein Verlangen grundlos fei, folgt augenfcheinlih daraus 
noch gar nicht. 

Die find freilich fehr albern, bie ben Werth eines 
Menfchen nach der Vornehmbeit feiner Geburt beurthei⸗ 
len; aber mir fcheinen Diejenigen auch eben nicht befonnen, 
die die Vorzüge eines edein Geburt für nichts achten. 
Wol iſt e6 ein Zufall, eine reine Gluͤcksgabe, ob Jemand 
in dieſem oder in jenem Stande geboren iſt; aber von 
wie vielen Zufälligleiten hängt nicht Das ab, mas wir 
die Ausbildung eines Menſchen nennen; von wie vielen 
Zufällen die Richtung, bie diefe Ausbildung nimmt, bie 
Sarbe, daß ich fo fage, die Nuancen berfelben! . Geftehen 


d 


466 F 


wir doch Alle ben erſten Eindruͤcken, weite unfere Kind: 
heit empfing, eine Ar unaustöfchliche Wirkung Auf unſern 
Geiſt und unfer Gemuͤth zu; und wie follte es alfo gleich: | 
gültig fein, ob ein Menſch feine Jugend in edein Umges 
bungen, in heitern Verhaͤltniſſen zubringt, ober in ges 
meinen ımd truͤben? Gorsie Late, BR in. einen Bößern 
Stande geboren find und eine dieſem gemwäße Erziehung 
genoffen haben, ſich durch einen gewiffen koͤrperlichen An: 
fland vor den Perfonen aus ben niedern Ständen aus- 
zuzeichnen pflegen, fo gibt e6 auch etwas, was ich den 
Geiftesanftand' nennen möchte, und was Denen vorzugs⸗ 
weiſe elgen zu ſein pflegt, die in den hoͤhern Claſſen der 
Geſellſchaft ihre Jugend hingebracht haben. 
Ich will mit Niemand darum rechten, ob dies mehr ſei 
als Gtanz und Schein; aber er iſt, wie im geſelligen 
Umgange, ſo in allen Schriften, wo er erſcheint, ſehr 
reizend. Nun iſt die Geſchichtſchreibung eine vornehme 
Kunſt, nicht blos weil ſie vorzuͤglich die Handlungen der 
Könige und Potentaten und anderer Großen ber Erbe 
durſtrilt, ſondern auch baum, weil kbeshaupt das Hoͤchſte, 
was ben. Menſchen angeht, und bas Widtiafte, bie 
Schickſale der Staaten, ja des ganzen Geſchlechts, ihr 
Gegenftant iſt. Wilhelm Meifter heſchwert füh mit Recht 
barüber, daß 'man fo oft von. ben Schaufpielsen Könige 
wud Heiden fo ſchneidermaͤßig dargeſtellt fehe; Tagen Sie 
ſelbſt, mein Freund, trifft dieſer Vorwurf nicht auch wiele 
unferer neuen Geſchichtsbuͤcher? Und wenn: benn auch 
wirklich ber Gegenſtand, ben bie Geſchichte behandelt, fo 
hoch And herrlich iſt, ſollen wir nicht wuͤnſchen, daß bie 
Darſtellung beffelben mit jedem Reize geſchmuͤckt erfcheine, 
alſo auch mit. demjenigen, den früher Umzang mit der 
fogemannten: feinen und vornehmen ei, den Erziehung 
in. berfetben zu: verleihen pflegt?- 


: Sch. babe aber noch einen Grund, warum ich, beſon⸗ 


Nur, vom dem Geſchichtſchreiber unferer Tage wuͤnſche, daß 
ex. ia einem hoͤhern Stande geboren ſei. Die Geſchichte 
diefer Zeiten kann nicht gefcheieben werben, ohne daß darin 
bie Spaltungen oder Reibungen berührt wuͤrden, die mehr 
ober toeniger in alien Staaten zwifchen dem beitten 
Stan und dem Adel Rattgefunden haben. Wer Ber 

anlaffung dierzu gegeben habe, gehört nicht hierher zu uns 
terfuchen; fo uiel aber iſt gewiß, daß deu Adel zulekt fafl 
allrathalben der amgegriffene Xheit war, baß er im Sans 
zom Bei der Westheidigung mis Maͤßigung zu Werke ging, 
mad baf, wenn in biefen Streitigkeiten von dev gewoͤhn⸗ 
Kdyen bie Mebe fein koͤnnte, das Roecht 
faft immer auf feiner Seite war. Leider haben fo alle 
Wenſchen in dieſem Seite Partei genommen und bie 
Vorurtheile ſend bei Allen ziemlich groß. Aber nach. Dem, 
was: ich hierüber: habe berwerten kCunen — unb Sie willen, 
daß: nreine: Verhaͤltniſſe mie hierza. virl Gelegenheit gebeh — 


Einficht: geringer, fonderw auch die Leidenſchaftlichbeit groͤ⸗ 
Fr. Wird denn, wie 06 zu vermuthen it, ein (ex 
ſchichtſchreiber unferen. Zeit der Krankheit derſelben auch 
ſchwerlich ganz entflichen, fo laͤßt ſich doch dies noch eher 
hoffen, wenn er and bes hoͤhern Stumden Hi, oder fie 





: gem hierauf gegründet werden. 


wirb wenigſtens nicht Leicht fo nachcheilig auf ihn einwir⸗ 
ken. Nichts iſt verderblicher für alle Unterfuchung, nichts 
truͤbt fo ſehr die Lauterkeit aller Darſtellung, ale ber fas 
natifche Demokratismus, ober, daß ich es anders ausdruͤcke, 
weil es jest faſt nur in dieſer Geſtalt erfcheint, als bie 
rohe Reformatlonswuch, bie jest fe fehe um fih gegrißſ 
fen, bie fo Viele deu Beſſern ſchwindilcht gemacht hat. 
Von diefer, behaupte ich, find Dieienigen mebrentheils 
nicht fo befallen, die in den höhern Glafien ber Gefell: 
[haft ihre Jugend hinbrachten. 

Lafien Sie mir alfo immer meine Stile, daß ich 
meinen Hiſtoriker, wenn auch nicht hoch, doch edel gebo: 
ven und erzogen wuͤuſche. 

Daß er die Welt gefehen haben foll, darüber befürchte 
ih wenig Widerſpruch. Immer galt «6 ja für etwas 
Münfchenswerthes an eimem Manne: daß er „vieles Mens 
ſchen Städte gefehen und Sitte gelernt” habe; und einem 
ſolchen Reifefreunde, wie Sie, werde ich Uber den Nutzen 
bes Reifens nichts zu fagen, ich werde am wenigften ihm 
auseinanderzufeßen: brauchen, wie wichtig es befonders 
far einen Geſchichtſchreiber it, fremde Voͤlker, Sitten 
und Gebräuche anders ald aus Büchern denen zu lernen. 
Herodot ließ es füch fehr angelegen fein, diejenigm Länder 
mit eignen Augen zu fehen, deren Geſchichte er ſchrieb, 
und darum: legen noch, nad faft drittehalb Jahrtauſen⸗ 
ben, die angeftellten Forſchungen für feine Rachrichten fo 
viele Zeugniffe ab. Aber befonders wichtig buͤnkt Fe 
das Reiſen für einen Geſchichtſchreiber unferer Tage. Die 

Hälfte unferd Welttheils ift in ben legten 20 Fahren ift 
eine andere Form gegoffen, und nichts äußert anf bie 
Sitten und den Charakter ber: Völker einen fo entſchiede⸗ 
nen Einfluß als totale Staatsumwaͤlzungen. Die Die 
parität des Alten und Reuen ſelbſt, die Menge von 
Widerfprüchen, die natürlich entfichen müflen, wo Ber 
faffungen, oft flüchtig genug, in einem fremden Lande 
erfonnen, mit Gewalt eingeführt wurden, die zahlloſen 
Intereſſen, die dadurch gekraͤnkt werben und füch auf vedpis 
mäßigen und unrechtmäßigen Wegen wieder zu beifen fir 
hen, die Erfchütterungen, bie gleidy von Anfang an. das 
na Bebdude dadurch erleiders, fir mäfien in dee Mäbe 
gefehen und. betrachted fein, vwoenn ihe moralifcher wie ihr 
politiſchet Einfluß recht erkannt werben fill. Auch Die 
Verfaſſungen und die buͤrgerlichen Gincihtungen ſelbſt — 
es iſt nichts fo taͤuſchend, als die Nachrichten, bie bei 
oder kurz nach ihre: Entfkehung baven ie das auswaͤr⸗ 


ige Publicum zu bommen pflege, nichts fo tekgecifch 


ald die Schluͤſſe, vie von Zremden ber den Zuſtand ber 
Staaten ms inwe.nie Wirkungen: ber neuen Einrichtun⸗ 
Wr gebeult wicht * 
bee vielen lobpreiſnden und Bthd weifſagenden 


Be unfese — User die verſchledenen Berfaffungen 
ſcheint mir auf: Seiten der untem Glaffen mich blos: die | 


ausachen- Hegew, mit denen Freankreich während bee Mes 
velution heimgeſucht mas? fa, wer hat nicht wenigſtens 
von denen gehoͤre, die ſeibſt aus. dem Rheinbunde wer 


weiß wie große Dinge verkündetm?. Es bat: ja Jahre 


geſen ww virfe ganz verſtaͤnbige Deutſche zu uͤberzen⸗ 


gen, Imkerei unter dem Nationalconvent die 


fümnähichfie Toraunei litt; daß bie Verfaffung, 
toelche die comflituirende Verſammlung hervorgebracht hatte, 
ein Koloß war auf irdenen Füßen! Wäre dergleichen 
möglich geweſen, auch bei dem Freiheitstaumel, ber, ver: 
geihlich genug, auch unter und fich: verbreitet hatte, wenn 
Dirfe Schriftfteller die damaligen Berfaffungen Frankteichs 
anders als aus den Gonftitutionsacten und aus ben Lob⸗ 
reden gekannt hätten, welche die Verfaſſer oder deren An: 
bänger ihnen von ben Tribunen erſchallen liefen? Was 
für das praßtifche Leben gefchaffen wird, was erſt im Les 
ben und durch das Leben ſich bewähren fol, wie alle Ein: 
richtungen” der bürgerlichen Gefellfhaft, das wird auch 
zecht nur betrachtet und gemwürbigt in feinem Leben. Sie 
werben nicht einwenden, daß Einer doch immer nicht Alles 
ſelbſt fehen, nicht Allem ſelbſt beimohnen könne. Dies 
eht freilich nicht. Aber, mein lieber Freund, fo gerofß 
Bei fonft gleichen Gelftesgaben Derjenige, der bie Ge: 
gend, wo eine Schlacht vorgefallen ift, genau kennt, und 
der ſelbſt ſchon Schlachten mitgemacht bat, nach einer 
Beſchrekbung das Bild einer beftimmten Schlacht fich befe 
fee wird vergegenwärtigen können, als Einer, dem Beides, 
eigne Anfhauung und die Kenntniß der Gegend, fehlt: 
ebenfo gewiß wird auch Derjenige, ber bas Land, das 
Bolt kennt, wo eine Staatsveränderung vorgefallen iſt, 
der felbft an andern Orten vielleicht dergleichen beiwohnte, 
von jener ſich ein richtigeres Bild machen und es Andern 
Barftellen innen. Das tft überhaupt Dasjenige, was der 
eisum Erfahrung den großen Werth und die große 
Wichtigkeit gibt, nicht daß fie für beflimmte Faͤlle mach 
andern erlebten bie Hegel abftrahiren lehrt, fondern daß 
fie dm Sinn im Allgemeinen [härft und übt; und das 
ift audy einer von den Gründen, warum ich möchte, baß 
mein Geſchichtſchreiber an ſich ſelbſt Manches erfahren habe. 

Es komme Hierbei nicht Bios auf das Erleben von 
Dielen und feltfamen Schickſalen an, denn gar manche 
Leute erleben ſehr Vieles und erfahren fehr wenig; 
fonden auf die immer rege Betrachtung des Erlebten und 
feiner Beziehungen, die auch bei weniger merkwuͤrdigen Schick⸗ 
faten Jemand zu einer heilen und deutlichen Einficht in das 


Weſen der Begebenheiten und Ereigniffe führen kann. 
(Die Yortfekung folgt.) . 


Kurzgefaßte olbenburgifche Chronik von Runde. Zweite, 
verbefleste und bis zum Tode des Herzogs Peter Frieb⸗ 
vich Ludwig fortgefegte Ausgabe; mir deſſen Bruftbild 
und einer Schlußvignette, in Steindrud, Didenburg, 
Säule. 1831. 8. 1 Thir. 8 St. 

Diefb zweite, verbefferte und bis zum Tode bes Herzogt 
Peter Friedrich Ludwig (21. Mai 1829) fortgefepte Ausgabe bez 
Runde'ſchen Chronik verdient ſchon darum einer kurzen Erwaͤh⸗ 
nung, weil der erfien (1823) in diefen Blättern unſers Wiſſens 
keine geſchah, umd ber ats Juriſt fo ruͤhmlich bekannte Verf. 
uichts unteslaffen has, fein Buch beftens audznftntten. Dazu 
gehört das auf Stein gezeichnete Portrait des obengenannten 
Herzogs, eine Abbildung der fürftlichen Gruft, ein: umfaffende® 
Regiſter unb u und eine große genealogifhe Tas 


fel, Mer zur Geite noch zwei Rubriken über Ländererwerb 
und Berlof-Ad-sefinden, Dies. geneniogifge Bier iR- 





um- fo-- 


wichtiger unb umenthebelichen, weit bie verwickelten bänkfchen, 
hoifteinsgottorpfchen, ſchwediſchen, sufffchen und oldenbungiiien 
am iſſe fi auf biefe Weiſe am befien uͤberſehen 


laffen, bie au 
bald daͤniſch, bald ruſſiſch (jedoch nur kurze Zeit) geweſen if, 
um dee nod im traurigſten Andenken ſtohenden franzoͤſiſchen 
Oberherrſchaft nicht zu gedenken. Gtatt bes zweiten Bilbchens 
hätte Ref. lieber ein Kärtchen bes oldenburger Landes gefehen, 
weiches bad Buch wol nicht fehr vertheuert haben wuͤrde. 

Das Buch enthält in ber That Alles, was man vom. Dies 
fem Plane und Umfange erwarten kann. Das größere Iuterefle 
für die Befchichte des Landes, das anfangs in trofiiofen Serei⸗ 
tigleiten und Kämpfen nach Oft und Weſt mit Bremen und ben 
riefen verwidelt ift, hebt mit ber bänifchen Regierung "Über 
daſſelbe an. König. Chriſtian V. (ftarb 1699) gründete bie im 
Wefentlichen noch beftehende Berfaffung. Der erfte Abſchnitt ſchil⸗ 
dert die Regierung der Grafen bis 1667, in drei Zeiträunen 
bis 1180, 1448 (d. h. bis zur Erhebung des olbenburgifchen Ser 
gentenhaufes auf den bänifben Thron); 1523 bis zur Beſit 
nahme bed Stad⸗ und Butjadingerlandes; bis 1575 (zum erften 
Anfall von Jever) und bann bi 1667. Der zweite Abſchnuitt 
handelt von ber koͤnigl. daͤniſchen Regierung. bis 1773 in vier 
Beinen Zeiträumen; der dritte Abfchnite die berzogliche Regie⸗ 
rung von 17781829. Wenngleich der Begriff einer Chronik 
(die nah Makkabaͤer, Buch II, Gap. 2, 8. 32, „nur auf das 
Kürzefte die Summe faffen wi‘) in Beziehung ‚auf bie Kürze 
feftgehalten ift, fo ift doch überall auf die innere Geſchichte des 
Landes Rüdfiht genommen. Der Natur des Landes nad muß 
viel vom Waſſerbau umd Deichweſen die Rede fein; es wäre 
daher für ben Ausländer nuͤßlich gewefen, mandje technifche Aus: 
duüde, wie Warfen, Broben, Mari, Gert, Siel, Schlan⸗ 
gen, welche &. 96 ebenfo bunfel durch ablaufende Werke er: 
Uärt werden, Begrüppung bee Watten, wenigftens im Inder 
erklaͤrt zu leſen. Aus bem reichen Inhalte des Wuches theilen 
wir nur eine Stelle mit, aus der noch vom großen Graf Bern: 
ſtorff contrafignirten Berorbnung von 1770 über die Druckfreibeit 
ohne Senfur (©. 102): indem „es ber unparteiifhen Wahr: 
beit ebenfo nachtheilig als der Entdeckung verjährter Irrthämer 
und Borurtheile hinderlich ift, wenn redlich gefinnte, um das 
allgemeine Wohl und wahre Beſte ihrer Mitbürger beeiferte 
Perfonen durch Anfehen, WBefehle und vorgefaßte Meinung ab: 
geſchreckt und behindert werden, nach Einſicht und Uebergeugung 
frei zu fchreiben und Borurtheile aufzudecken. Doc bleibt je⸗ 
der Autor für feine Schrift verantwortlich, daß fle nichts ent: 
halte, was wider bie Geſetze iſt, und Fein Buch darf gebrudt 
werden, beffen Verfaſſer ſich nicht entweber nennt, oder doch 
dem genannten Buchbruder befannt if. Die Beiden legten 
Regierungen von 1778 an find natärlih am weitläufigfien ge: 
fhildert und nehmen bie volle Hälfte bes Buches ein. Aber 
am Meichhaltigkeit ber Greigniffe und Ginrichtungen kommt 
auch das ganze verfloffene Jahrtauſend den legten 60 Jahren 
kaum gleich. Die Zahl ber Regenten und ihre Namen maden’s 
freitich nicht; auch ihre GBefchichte allein nicht; denn gar Vieles 
entwidelt fih unabhängig von ihnen unb will nur von ihnen 
nicht geftört fein. Ueberdem ift es ſchwer, als Unterthan und 
Staatöblener über einen eben geftorbenen Yürften ganz offen 
und hiſtoriſch zu berichten, felbft wenn er ber befte war. Atlas 
bemien mit ihren pflichtmäßigen Elogien, Sarkophage mit ih⸗ 
ren prunkenden Infchriften find nicht immer uwerwerfliche Zeus 
gen. Won Peter Friedrich Ludwig aber wird auch die unparteiis 
fhere Rachwelt mit Hochachtung und Dank [predien. il. 


[U U) 





Motizen Über ſchwediſche Literatur. 


Diefe fluͤchtigen Bemerkungen, die ſich den Nr. 9— 1%, 
27, 23,40, 41, 182— 36, 159 und 160 d. Bi. f. 1832 ge 


| gebenen ausführlichen Berichten anfdyließen, diefelben ergänzen 
und weiterfü 


hren, haben vornehmlid ben Zweck, eine: Neberficht 


‘ 


uld waren, baß das Land balb deutſchh 





ı 


ber fremden, anf ſchwediſchen Boden verpflangten literarifchen 

Erzeugnifſſe zu geben. Unter ben Literaturen Curopas iſt ber 

-  @influß dee deutfigen auf bie ſchwediſche, und zwar nicht bios 
in ben hoͤhern Wiſſenſchaften, entfchieden vorherrfchenb. 

In Wer Theologie begegnen uns fortwährend Ueber: 
fegumgen und Bearbeitungen von Schriften Luther's. Neanber’s 
Kleine Gelegenheitsfchriften” haben, was nicht befremben Tann, 
einen Ueberfeger gefunden. Daß aber Ein Verleger — Linbh 
in Derebro — Scheibel's „Sommunionbudh”, Gdartöhaufen’s 
„Bott“ und Arndt’s ‚parabiedgästiein“ (Eubach's „Gebetbuch“ 
und des Ehrn Schmolfe „Anbächtiger Suͤnder“ werben ja wol 
auch noch kommen!) auf einmal in Weberfegungen zu Markte 
bringt, koͤnate eher Wunder nehmen, wüßte und bebädhte man 
nicht, daß der Norben von jeher von byperorthoborem und my⸗ 
ſtiſchem Pipo inficirt war. 

“: Reug’6 „Handbuch der Philofophie‘’ hat Rector Baͤckſtroͤm 

nach ber zweiten Drginalauflage, und ein Ungenannter Franz 
Schneidawind's „Hauptmomente ber Geſchichte der Philoſophie 
uͤbertragen. 

Die Philologie erhält durch einen Abdruck von Geſe⸗ 
nins’ ‚„„Hebräifchem und chaldaͤiſchem Handwoͤrterbuch“ (Upfala, 
Palmblad) und durch Ueberſezung von Buttmann's „Griechiſcher 
Grammatik“ laͤngſt als trefflich bewaͤhrte wiſſenſchaftliche Huͤlfs⸗ 
mittel. Ausgaben ber alten Claſſiker oder Wiederabdruͤcke ber 
im Auslande veranftalteten kommen nicht zum Borfchein; hoͤch⸗ 
ſtens wird ein Abdrud einzelner Bleinen Schriften dex Alten, bes 
fonders rhetorifchen und oratorifhen Inhalts, 3. B. von Eicero, 
zum Behuf bes Unterrichts oder ber Vorlefungen, beforgt. Das 
gegen fcheinen Uebertragungen Beifall zu finden. Die nad Art 
der deutfchen unternommene Sammlung von Ueberfehungen. gries 
chiſcher und römifcher GSchriftfleller (mit Thucydides und Livius 
begonnen) fdhreitet vor. Unabhängig von biefem bei Herta in 
Stockholm erfcheinenden Unternehmen ift Ablerbeth's Uebertra⸗ 
gung ber Werke Virgil’s (bie auch einzeln erfchienene „Aeneide“ 
eriebte bereits die dritte Auflage). Hallſtroͤm uͤberſetzte Xenos 
phon's „Syropäbie” und Dahlſtedt Cicero's „Redner“. 

Sin Originalwert iſt J. G. Liljegren's „Nunenlehre“ ( Run⸗ 
Laͤra““) mit 9 Kupfertafeln, das, wenn nicht durch Uebertra⸗ 
gung, doch ſicher durch Beurtheilungen in gelehrten Zeitſchriften 
zur naͤhern Kunde der Deutſchen kommen wird. 

Die Heilkunde anlangend, fo find feit 1831 viele Schrif⸗ 
ten über Cholera und Influenza, faft ſaͤmmtlich aus bem Deuts 
ſchen, erfhienen. Gbermaier’s „Anweifung zum erfahren bei 
Bifitationen ber Apotheken” und Richter’ „Gpecieiie Therapie” 
wurden, legtere von Gollin, überfeat. Der Verbreitung ber 
Homoͤopathie in Schweden nuͤtzt durch Uebertragung von Darts 
mann’3 „Handbuch der Diätetil’' Sonden, der auch Motz' „Uns 
truͤgliche Mittek u. f. w.“ feinen Landsleuten zuführte. Popu⸗ 
laire mediciniſche Schriften, wie die legtgenannte, finden ihre 
Yublicum — unb was fände am Ende das nit! — und felbft 
bie vielverrufenen „Rathgeber⸗ drohen, wenigftens zum Theil, 
fi) in Schweden einzuniften. 

Vieth's „Lehrbuch der Phyſik⸗ wurde in Bädftröm’s Ueber 
fegung zum zweiten Mal aufgelegt. Gchübler’s ‚‚Srundfäpe 
der Agriculturchemie” übertrug 8. Ziden. " 

Wildt's „Neueſtes und nuͤtzliches Haus: und Kunftbuch” 
und? G. A. Pietzſch, „Der hohe Beruf des weiblichen Ge⸗ 
ſchlechts u. ſ. w.“ wurden ebenfalld, als populaire &chriften, 
der Ueberfieblung würdig erkannt. 

Das Brodhaus’fche ‚„Sonverfations » Lerilon‘’ wird nadh ber 
fiebenten Anflage, mit einem ellenlangen Zitel verfehen, überfeht 
und ift bereits bis zur Hälfte gediehen. 

Kür die Geſchichte heben wir bie ſchon weit vorgeruͤck⸗ 
ten Uebertragungen von Gibbon's umfangreihem Werk „Ueber 
Verfall und Untergang bes whmifchen Reiche’ und von Becker's 
„Weltgeſchichte““, nach Loͤbell's und Menzel's Bearbeitung, heraus. 
Des Letztern „Geſchichte unſrer Zeit ſeit Friedrich II. Zobe” 
iſt, wie im Driginal, auch als ſelbſtaͤndiges Werk, von Sten⸗ 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagſhandluna: J. A. Brochaus in Leipzig. 


hammer uͤberſeht, erſchienen. „Maris Stuart och Euſaberh⸗ 
iſt ein Friedrich v. Raumer's „Briefen aus Paris u. ſ. w.“ 
entnommener Auszug. Von Werken uͤber die Geſchichte der 
neuern Zeit erwähnen wir einer Ueberfegung der Schrift Lud⸗ 
wig Napoleon’s über Walter Scott's ‚Leben Rapoleon Bor 
naparte’6 unb einer vom Lieutenant Gronbjelm verauſtalte⸗ 
ten von Foy's „Krieg: auf ber pyrenaͤiſchen Halbinſel“. Dem 
Bebürfnig allgemeiner Belehrung in geſchichtlicher Hinſicht 
wird eine Uebertragung ber bdresbner „Allgemeinen biftorifchen 
Taſchenbibliothek“ geboten, aus ber bereits die Gefchichten Korb: 
amerifad, Polens und Rußlande von Philippi, Bronilowsti 
und Herrmann erfchienen find. 

Bür bie Geographie ift ald Originalwerk bas von W. 
5. Palmblab in Verein mit kundigen Freunden herausgegebene 
„Handbuch der phyſiſchen und politifchen, alten und neuen Geos 
graphie u. ſ. w.“ zu nennen, beffen dritten Theiles erfter Band 
Indien, von. bem Herausgeber bearbeitet, enthält (Upfala, 
Palmbladb und Gomp.). Dtto von Kopebues „Neue Beife 
um die Welt’ warb (nach der Bearbeitung von C. F. Dieyfdh) 
von Ion Bohman übertragen. Auch das Werk ber Laby Mors 
gan: „Frankreich in den Sahren 1829 und 1830”, fand einen 

eberfeher. 

In der fogenannten ſchoͤnen Lireratur nennen wir vor 
Allem bie fünfte, mit 24 Gteinbrüden von Holmbergßon vers 
febene Auflage von Zegner’s berühmter „Frithiofs Gaga’, fos 
wie Nils Lowén's Uebertragung Moore'ſcher Gedichte und bie 
Skjoͤldebrand's von „Childe Harold’. Zu bem Roman unb 
ber Erzaͤhlung, dev bei der Neuern deliebteſten Gattung bich- 
terifcher Darftellung, übergehend, erwähnen wir gern einer 
Gammlung von Driginalnovellen („Swenfla Nopeller“), die 
fi) der Gunſt des Yublicums zu erfreuen fcheint. Daß bie 
Schriften des Meifters In diefem Fache, Walter Scott's, wie 
anderwärts fo auch in Schweden die gebührende Anerkennung 
tzefunden haben, verfteht fich vom ſelbſt, eine Uebertragung der 
gejammten Werke bes großen Briten folgt benen , bie von den 
einzelnen früher veranftaltet wurden. Ebenſo finb bie beſſern 
Schriften Cooper's dem ſchwediſchen Lefepublicum zugänglich ges 
macht worben. Diefen Ausländern ſchlieben wir noch zwei an: 
ben Italiener Alex. Mangoni und den Ruſſen Th. Bulgarinz 
des Erſtern „VBerlobte (‚De Trolofwade“) und des Zweiten 
„Iwan Wuifdigin‘‘, Werke von ber verſchiedenartigſten Eigen⸗ 
thuͤmlichkeit, aber in ihrer Art als gleich verdienftlih ‚und ge⸗ 
lungen anertannt, weshalb audy von jebem berfelben zwei beutiche 
Uebertragungen nöthig ober wenigſtens gerechtfertigt Tchienen, 
wurden überfegt. — Unter den Deutfchen, die fi die Schwe⸗ 
den zur Unterhaltung erfehen, nennen wir, wie ſich gebührt, 
zuerft Goͤthe, deſſen artiges Zableau: „Die guten Weiber” 
(Were. Ausgabe letzter Hand. 15. Bd.), vielen unferer 
Landsleute ſelvſt wol unbekannt, überfegt ward und nur für 
ein ſehr gebilbetes Yublicum berechnet fein kann. Wir er: 
wähnen hier gleich nody der Webertragungen von „Leontine 
und Natalie” und „Anton Golario” von Johanna Scho⸗ 
penhauer (22. Bd. der „Sämmtlihen Schriften‘) und zweier 
Sammlungen von Ueberfegungen deutſcher Rovellen und Erzaͤh⸗ 
lungen, deren eine (,„Walba Noveller“, Upfala, Palmblad) u. a. 
„Den tobten Gaſt““ und „Die Somnambule“ von Zſchokke, 
„Iwan“ von E. Wobomerius und ‚Des Kaifers Bild‘ von 
W. Hauff bringt; bie andere („Novell⸗Bibliothek““, pfala, 
Bruzelius) enthält Tleine Grzählungen von 8. 2. M. Müller, 
A. Schreiber u. %. Bon größern oder für ſich beſtehenden 
Schriften beliebter deutſcher Graähler nennen wir van ber 
Belbe’8 „Liebhabertheater” und „Arwed Gollenſtjerna“, fowie 
feines Nachfolger Zromlie „Bappenheimer”, ferner Alex. Bros 
nikoweli’s „Mäufethurm am Goplofee”, „Rudolf von Eggen⸗ 


| berg” von. Wobomerius, Belani’d „Belagerung von Ancona’, 


endlich bes wegen feiner „Derbftreife” in Schweden belichten 
B Aeris! „Wictorie Charpentier”, bie ſaͤmmtlich überfene 
wurben. 179, 





Blaͤtter 


für 


literarifche Unterhaltung. 





ee 


—— — Rt 114. — 


24. April 1833, 





Meber einen Geſchichtſchreiber unb die Geſchichtſchrei⸗ 
bung der neueſten Zeiten. 
(Zortſetung aus Nr. Us. 

Bei all Diefem- glaube ich mich Ihrer Beiſtim⸗ 
mung gewiß, aber dabei, daß ich von meinem Geſchicht⸗ 
ſchreiber verlange, er folle ſelbſt praktiſcher Staatsmann 
ſein oderngewefen fein, befürchte ich einigen Wiberfpruc. 
Unb bo, mein lieber Freund, iſt es grade Dieſes, was 
ich am wenigften miſſen möchte an meinem Geſchicht⸗ 
fchreiber. 

Wie, fagen Sie vielleicht, alfo ſoll diefer Ge⸗ 
fchichtfchreiber die Arbeit an feinem Werke nur ats Ne 
benbeſchaͤftigung, nur in feinen Seierfiunden, ober gar erſt 
in ſeinen alten Tagen betreiben, wenn er fuͤr die Geſchaͤfte 
zu ſtumpf geworden iſt? Wo ſoll ein praktiſcher Staats⸗ 
mann, alfo ein Geſchaͤftsmann, bie Zeit hernehmen, bie 
einzelnen Nachrichten muͤhſam zu ſammeln, zu ſichten, zu 
ordnen und endlich zu einem ſchoͤnen, wuͤrdigen Ganzen 
zuſammenzubauen? Wo die Zeit zu den vorbereitenden 
Studien? oder, wenn er denn gar erſt in ſeinem Alter 
beginnen ſoll, wo die Kraͤfte zu einem ſolchen Werk? 
Die Hiſtorie iſt eine gelehrte Wiſſenſchaft, ſie ſoll den 
Gelehrten verbleiben, und wer ein ordentliches hiſtoriſches 
Werk ſchreiben will, muß ihr ſein ganzes Leben widmen, 
wie Johannes Muͤller gethan hat. 

Laſſen Sie mich Ihnen daruͤber unverhohlen mein 
Glanbensbekenntniß ablegen, wenn es auch Manchem ketze⸗ 
tiſch Icheinen moͤchte. 

Zuerſt iſt, duͤnkt mich, ein wichtiger Unterſchied zii 
ſchen der Geſchichtſchreibung eines einzelnen Zeitraums 
und insbeſondere ſeiner Zeit, und der Beſchreibung der 
ganzen Geſchichte eines Volkes oder gar einer Univerſal⸗ 
geſchichte. Daß jene nicht ſo viel Aufwand von Zeit und 

Kraͤften erfodere als dieſe, dit einleuchtend. Zwar wird 
Niemand ein guter Geſchichtſchreiber ſeiner Zeit werden 
koͤnnen, der nicht auch die Geſchichten ber Vorzeit kennt, 
und ich verlange vielmehr von meinem Geſchichtſchreiber, 
daß ex fie recht acht und grbentlich kenne; aber biefe 
Kenntniß I, duͤnkt mich, auch nicht fo ſehr ſchwer au 
.Sie erfodert nicht fo sagen Anßalten, 
wie ich fo haͤufig dazu machen ſehe. Denn für dm Ge 
fchichtichreiber umferer Zeiten kommt +6 nicht darauf an, 
da er jedes Factum in dar Gaſchichte der Vormelt genau 


und kritiſch unterſucht babe, nicht darauf, daß ex nad 
viel Arbeit und Schweiß in bunte Fabelzeiten muͤhſam 
ein Lichtlein wage, fordern nur darauf, daß feinem Geifte 
ein klares und lebendiges Bild der verfloffenen Zeiten eins 
geprägt ſei; daß er bie Wurzeln erkannt habe, aus benen 
der ungeheuere Baum der neueren Weltbegebenheiten em⸗ 
norgeſproßt iſt. Und wen frühe. Neigung zur Geſchichte 
führte, wem fie zur ſteten Gefaͤhrtin und Lehrerin feines 
Lebens wird, der erwirbt diefe Kenntniß auch, ohne daß er 
fi) ihr ganz ausfchließend widmete. Schwerlkh wußten _ 
Thucpdides oder Cäfar mehr von ber Vorzeit als jegt 
mancher gebildete Gefchäftemann; umd wenn hatten benn 
Macchiavelli, Guicciardini, Dayila ihre Studien gemacht 
als während ihres gefchäftsreichen Lebens? Seitdem bat 
noch) die größere Verbreitung der Buchbruderfunft und 
des Buchhandels die Derbeifhaffung der Materialien ſehr 
erleichtert; und wollte man auch eben in der Mabäufung 
und der mühfamern Sichtung berfelben neue Hinderniſſe 
finden, fa ift dies doch wirklich mehr eine ſophiſtiſche 
Ausrede als ein gegrüundeter Einwand, Wer früh an bie 
schten Quellen der Wiſſenſchaft und, an die rechten Mei⸗ 
ſter der Kunft gegangen iſt, der lernt bald das echte 
vom Falſchen unterſcheiden; wer feines Zwecks fi recht 
deutlich bewußt iſt, der laſſe fahren und floße von fick, 


| was nicht dazu führt, dee wird alfo auch bei den Stu⸗ 


dium der Geſchichte fo viel Zeit nicht brauchen, um Das 
zu erlernen, was ex bedarf, ndmlih Das, was nethig If, - 
um in feinem Geiſte den rechten Grund zu legen, worauf 
er das Bild unſerer Zeiten Mar und ſchoͤn auftragen wi. 
Wenn Sie aber etwa, und mit einigem Scheine, vie 
Sache umkehren und fagen mwollten, nicht weil das Stu⸗ 
dium ber Gefhichte muͤhſawer und weitläufiger gewordan 
fei, fondern weil jegt die Gefchäftsführung mehrenthsiie 
complicirter md zeitraubender ſei als ehemals, fei die 
Vereinigung beider jest nicht thunlich, fo laſſen Sie auch 
hier mich ſtatt aller Antwort Sie durch die Erfahrung 
zuruckſchlagen. Wo haben Sie der Geſchichtſchreiber winle, 
die eine tiefere Einſicht hatun in die Vorwelt, ja auch 
sine gelehrtere Keuntniß davon als Montesauieu, der I 
kanntlich ein ſehr geſchaͤftseciches Leben führte? oder, mem 
biefer Ihnen noch nicht neu genug wäre, ſehen Sie Son 
an deſſen Geile der‘ Een Stuart man das mühe 


ſamſte Quellenſtudiuw 





470 


Erwaͤgen Gie au, daß ja faſt alle Wiſſenſchaften, 
die dem hoͤhern Staatsmann erfoderlich ſind, ſobald 
tuͤchtig angegriffen werden, nothwendig auf die Geſchicht 
—* und gleichſam in ihr einwurzeln. Ein Juriſt 
ohne hiſtoriſche Kemntniffe kann ein guter Routinier fein, 

er kann in allen Einreden und Mechtsbehelfen wohlerfah: 
‚ten fein, er kann zu Nug und Frommen des Publicums 
' einen MNichterpoften verwalten; aber den Namen eines 
Rechtsgelehrten verdient er doch deshalb noch nicht; und 
wenn die Götter einen foldhen unter bie Gefeggeber eines 
Landes werfen, wie fie in neueſten Zeiten zuweilen ges 
than haben follen, fo kann, wer recht chriftlich gefinnt iſt, 
Be doch mit nichts Anderm tröften als mit dem Spruche, 
den man bei großen Landplagen zu dußern pflegt, daß bie 
Goͤtter die Völker zuͤchtigen, welche fie Lieben. Iſt e6 
etwa bei dem Diplomaten, bei dem Politiker anders? 

Wenn aber biefe Wiffenfchaften fo eng mit der Ge⸗ 
ſchichte verbunden find und gleichſam einen Theil ihres 
Lebens und wahrlich nicht den fchlechteften aus Ihe zies 
ben, fo wird ja ſchon eben dadurch ein großer Theil des 
Einwandes gehoben; denn ber Staatsmann, ber ſich mit 
biftorifhen Studien befchäftigt, tritt ja dann keineswegs 
in unbekannte Stätten, fondern in befreundete, worin ihm, 
den nächften und beften Meg zu finden, gar nicht ſchwer 
werden kann. 

Warum ich aber fo fehe wuͤnſche, daß mein Gefchicht: 
‚fchreiber nicht 6106 Gelehrter, fondern auch Staatsmann 
lin oder geweſen fein foll, das ift, weil ich glaube, daß 
fein Studium, keine gelehrte Anftrengung Das verfchafft, 
was die praktifche Theilnahme an Staategefchäften dem 
Geiſte gibt. Durch fie lernt er: 

Das Große groß, das Kleine Bein zu. fehen. 

Sie allen gibt ihm jenen klaren Blick in die Verhaͤlt⸗ 
niffe, jene fihere Würdigung des politiſchen Gewichts der 
einzeinen Begebenheiten, jene richtige Erkenntniß ihrer 
Verkettung als Urfache und Wirkung, welche die rechten 
Blüten einer guten Gefchichtfchreibung find und wodurch 
ihre Gemaͤlde erſt die rechte Wahrheit und Treue erhak 
ten. Durd fie erhält er fich am ficherften von ben Un 
arten und Einfeltigkeiten rein, die die traurige Mitgabe 
fo vieler neuern Geſchichtſchreiber find; ich meine von jener 
Afterweisheit, die wie eine Seuche ſich nicht blos in die 
Geſchichte, nein, faſt auch in alle uͤbrigen Zweige des 
menſchlichen Wiſſens eingeſchlichen hat; die immer noch 
etwas Hoͤheres zu verhuͤllen vorgibt, als ſie ausſpricht, 
und fo alles Leben der Darſtellung täbtet und alle dor⸗ 
ſchung verunreinigt. 

Die Geſchichte ſoll eine treue und lebendige Darftek 
dung des Geſchehenen fein; dies fei ihr einziger Zweck, 
dies ihre einzige Kunſt. Die aber auf einen poetiſchen 
oder gar dramatifchen Effect hinarbeiten, die fich einen 
Dragmatismus zu erfünfteln quälen, zu dem die Ereig⸗ 
niſſe keine Weranlaffung- geben, die endlich eine Geſchichte 
nach fogmannten Ideen fchreiben, alle diefe ſuͤndigen gleich 
fehe an ihr; alle dieſe zeigen gleich fehr, daß fie gar kei⸗ 
ven Sinn haben für die Würde und Herrlichkeit der Ge: 
ſchichte. Zumal, 


“ 


j 

fchichefcheeiber nach Ideen recht im Innerſten zuwider, 
weil ſie am vornehmſten thun und eigentlich am arm⸗ 
ſeligſten ſind. Das iſt recht ſtolze Armuth, die vom Wit 
des Reichthums Miene borgt! Doch nicht einmal vom 
Wis, denn was für Wig gehört denn dazu, am dem Le⸗ 
ben eines Helden oder Staatsmanns eine Anficht aufzu- 
faffen oder gar an der Gefchichte eines Staats? und um 
zu mobdeln und zu drehen, bis man hierauf Alles zurkd: 
führen und einen dürftigen Begriff als die Summe und 
Quinteffenz eines reihen und fräftigen Lebens angeben, 
‘oder bis man gar mit bedeutungsvollen Worten verkuͤn⸗ 
den ann, diefer oder jener Staat habe die Idee feiner 
Geſchichte erfüllt, oder auch nicht? Mich hat es ſchon 
immer geärgert, wenn bie Aeſthetiker oft fo raſch bei der 
Hand find, die Idee eines Kunſtwerks auszuſprechen und 
nun glauben, damit fei Alles abgemadht; wenn aber gar 
Einer für die ungeheuern Werke des Schidjals immer 
glei fo einen Stempel bei der Hand hat und redet, als 
ob er mit im Rathe der Götter gefeflen hätte, das ift 
vollends ganz unerträglich. 

Verzeihen Ste mir diefen Ausbruch, ich fuͤhle, er ge: 
hört vielleicht nicht hierher; aber es Ärgert mic) dieſes Un: 
weien gar zu ſehr, weil e8 nach meiner Art, die Gefchichte 
zu verehren und zu lieben, grade das frevelbaftefte ift. 
Die Geſchichte ift eine Wiffenfchaft des natürlichen ge 
meinen Verftandes, aber was darüber hinaus ift, gehört 
nicht in eine hiſtoriſche Darftellung; und ſei es an ſich 
vielleicht noch fo trefflich und noch fo tieffinnig, es iſt, 
von dem Standpunkt der Geſchichte aus betrachtet, falſch 
md unecht. Meder fagt irgendwo in Beziehung auf bie 
Politit: Je me prosterne tous les jours devant le sens 
commun si decrie parmi nous”; und Daffelbe möchte 
ih, in Beziehung auf die Gefchichte von ihm fagen. Die: 
fen gemeinen Berftand, diefen natürlihen Sinn aber, be 
baupte ich, erhält befonders gefund und übt bie Theil: 
nahme an praktiſchen Gefchäften. 

Das ift es, was die Alten und bie Ausländer fo fehr 
vor und auszeichnet, daß jene fo viele Staat6männer um: 
ter ihren Hiftoritern zählen, wir dagegen faft feinen ein: 
jigen. Jene haben erlebt und gelebt, was fie befchrieben, 
die unferigen haben es nur- gelefen. 

Hätte Zenophon den Rüdzug der Zehntaufend mol 
fo darzuftellen vermocht, wie er gethan hat, wenn er ihn 
nicht felber geführt hatte? Hätte Macchiavelli die zahl: 
tofen Kämpfe und Parteiungen feines Vaterlandes und 
ihre Meinen Urfachen fo in ein herrliches Bild zuſammen⸗ 
ftellen koͤnnen, wenn er nicht felbft in diefem ande ge 
lebt, wenn er nicht felbft an ähnlichen Partelungen Theil 
genommen hätte? und wie hätte Davila bie geheimften 
Verfhlingungen politifcher Intriguen fo entbüflen follen, 
wenn er nicht unter den Perfonen gelebt hätte, welche fie 
webten, wenn er nicht felbft zum Theil feine Hände dar⸗ 
ein gemifcht hätte. Die engfifchen Geſchichtſchreiber zeich⸗ 
net dagegen meiſt eine klare und gruͤndliche Einſicht aus 
in den Gang der innern Veränderungen der Ränder, deren 
Geſchichte fie befchreiben, ein heile Blick in die Ber: 


mein lieber Freund, find mic die Ges | mwandlungen- der- Verfaffungen und in die Einflüſſe darauf. 


⸗ 


M 


Das macht, weil von fruͤh auf ber Geiſt eines gebilbeten 
Englaͤnders auf ſeine gluͤcküche Verfafſung gerichtet iſt. 
Rechte und Geſetze find nicht blos deu Juriſten vom Pre⸗ 
feſſion bekannt, ein Jeder, der Anſpruch macht auf «in 
Öffentliches Amt, ein Jeder, der fich interefſirt für bie 
Verhandlungen Im Parlament, Hat wenigitens eine allge: 
meine Kenntniß davon, und Alles, was im Staate ges 
ſchieht oder dem Staate wiberfährt, wird auf bie Vers 
Faffung bezogen, 0b es biefer vortheifhaft oder nadytheilig 
fein koͤnne, und inwiefern. Wenn fo ber Blick an ber 
eignen Verfaſſung gelbe ift, fo ſieht er auch beutficher 
und richtiger die fremden Völker und waͤgt und erkennt 
befier, was auf fie einwirkt. Darum war «6 auch ein 
Engländer, ber zuerft das Weſen der franzöfilchen Revo⸗ 
lution deutlich einfah und, allen Schmähreden zum Trotz, 
fehon bei der Geburt das Sterbelied ihrer Freiheit fang. 
. Niemals war der Wechfel der ungeheuerften Begeben⸗ 
beiten fo raſch als in den neueften Zeiten, niemals Re: 
volutionen aller Art fo unerwartet und von fo verfchiede: 
zuen Folgen begleitet, niemals alfo auch ein praktiſch⸗ 
geuͤbter Blick, der ſchon die Keime erkenne, fo wuͤnſchens⸗ 
werth ale an Dem, ber diefe Zeiten zu befchreiben uns 
ternimmt. 
Der Einwand, daß von dem Geſchichtſchrelber unfe: 
zer e, wenn er felbft Staatsmann iſt, Parteilichkeit 
zu bef@echten fei, ſcheint mir nicht fehr erheblich. Theils 
pflegt Denm, die der Geſchichtſchreibung fich widmen, eine 
Strenge des Gemuͤths eigen zu fein, bie abfichtlichen 
Verfaͤlſchungen widerſtrebt; theils können ja, die nicht an 
den Staatögefchäften Antheil haben, ihre Nachrichten doch 
auch nur faft allein von XThellnehmern erhalten, und ber 
Unterſchied wird daher fo groß nicht fein. Indeß geſtehe 
ich doch, daß weil in manchen Fällen größere Befangen⸗ 
heit möglich ift, ich meinen Geſchichtſchreiber noch Lieber 
unter Denjemigen fuchen möchte, die nur einmal Staats: 
geſchaͤfte betrieben haben. Die Muße von Gtaatöges 
ſchaͤften, das iſt recht die Lage, die ich meinem Schrift 
feller wünfche, rote Salluſt fie hatte, oder Clarendon ober 
William Temple. Denken Sie fit) emm Mann mit den 
ſchoͤnſten Gaben bes -Beiftes begluͤckt, mit dem reichften 
Schmucke fſeglicher Bildung bekleidet, deſſen Seele von 
früh auf ihre Luft fand in der Betrachtung der Vorwelt 
und der Schidfale der Voͤlker, ber 'bann in der Gegen: 
wert zu Üben verfuchte, was er aus jenen gelernt, und 
der endlich, nachdem er pftmals den Weg, niemals das 
Steuer verloren auf dem ftürmifchen Deere, dem er ſich 
anvertraute, feinen Nachen wieder ans fer geſtoßen bat, 
wird er nicht gleichſam wie zu feinem alten Elemmt zu: 
ruckkehren, zur Geſchichte? Wird Nicht die liebſte Be: 
fHäfttgung feiner Muße fein, in fein Gedaͤchtniß zuräd: 
zurufen, was er gefehen und ſelbſt erfahren hat von ben 
Geſchichten der Staaten, um gleichgefinnten Nachgebore: 
zen «6 darzuftellen, damit fie fich daran ergögen, wie er 
fich ergoͤht hat an den Werken der Vorwelt, und daraus 


lernen, wie er gelernt hat aus jenen? 
(Der Beſchluß folgt.) 






Keine — Mole hetreffend. 
1. Der Uebertritt der poiniſchen Corpe von Bielgud, Chlapowski 
und Kpolnski auf das preußiſche Gebiet, ihr Aüfenthatt bas 
ſelbſt und die angeorbnete Entfernung bderfelben. Unter Be 
nugung amtlicher Quellen von W. von Dankbahr. Ks 

nigeberg, Bornträger. 1832, Gr. 8. 8 Er. 
Ref. hat ſchon ein vorzüglich dieſe Begebenheit berädfichti- 
gendes GSchriftchen eines Weftpreußen: „Preußen und Polen‘, 
ind BI. angeneigt und daraus bie Anficht gewonnen. daß, 
wenn auch biefe böfen Auftritte in Fiſchau m. f. w. bei ber 
Stimmung ber durch die Schwäde ihrer Führer aus ihrer Hei⸗ 
mat vertriebenen Polen fehr erflärlih waren und in berfelben 
Entfhuldigung finden, doch auch auf ber andern Seite bie preis 
Bifche Regierung in ihrem Benehmen gegen bie aufgenommenen 
Polen nicht getabelt werben kann. Died Letztere wird denn auch 
durch biefe Schrift beſtaͤtigt. Sie enthält einen ſchlichten, 
Mar und unparteiiſch gefchriebenen Bericht ber Verhältniffe, 
unter denen erft das Gielgud⸗ Chlapowski'ſche und fpäter das Ry⸗ 
binski’fche Corps nad Preußen Übergetreten waren. Erſteres 
beftand aus 611 Offizieren und 6265 Soldaten; letzteres aus 
ungefähr 20,000 Offizieren, Beamten und Golbaten. Hierauf 
folgt die Beſchreibung bee ſchon im December erfolgenden freis 
willigen Ruͤckkehr von etwa 12,000 Unteroffigieren und Solda⸗ 
ten, welche von der durch Ukas vom 1. Nov. von Rilolaus an⸗ 
gebotenen Amneftie Gebrauch machen wollten, und ber Abreife 
ber Offiziere in das Ausland, die nadh ber Eaiferlichen Verord⸗ 
nung aus ihrem Katerlande verbannt waren. Der Berf. bes 
ruͤhrt hierauf kurz, auf bie Schrift: „Die Polen in Elbing“, vers 
tveifend, wie durch leere Gerüchte, ald 0b bie noch zurädbleibens 
ben Polen zur Ruͤckkehr nach Rußland gezwungen werben foll« 


ten, Misvergnügen und Widerfeglichkeit unter ben Polen fi zu 


zeigen begonnen, und wie biefe, durch umfchleichende Emiſſaire 
beſtaͤrkt, zu’ ben bekannten Auftritten geführt habe. Bei einer 
von Geiten der preußifchen Regierung angeordneten Ausmitte⸗ 
lung Derer, welche am meiften bei ber Revolution compromittixt 
waren, fanden fi im Februar mit Ausnahme der Kranken noch 


‚5786 Dann Polen auf preußifhem Boden, welche theils von 


ber xuffifchen Amneflie ausgefchloffen waren, theils von ihr aus: 
geſchloſſen fein wollten. Denn bie übrigen außer jenen obener: 
wähnten 12,000 waren theild als nicht ruffiiche Unterthanen in 
thre Heimat gegangen, theils auf verfhiedene Weile in das 


Ausland entlommen. Sene 5000 wurden im "April in acht 


bauptabtpeilungen formirt, zur Verhütung fernerer Exceſſe un: 
ter preußifche Disciplin geflellt und mit der unterbeß eingelaus 
fenen erweiterten Amneflie bes ruſſiſchen Kaifers befannt gemacht, 
weldye bie meiflen nun auch annahmen, fobaß außer 675 jr 
preußifche Koften nad) Bordeaur eingefchifften Soldaten nur nc 

11% Bewohner ber weftlichen zuffifhen Provinzen biß zum Gins 
treffen ber erbetenen Entſcheidung ihres Lanbesherrn und 592 
Dolen nach entfchiedener Weigerung ber Ruͤckkehr zurüdblieben, 


- welchen bie preußifche Regierung bei der Unmöglichkeit, ihnen wo 


anders eine Kreiftätte gu Öffnen,- natuͤrlich nur gegen Arbeit fers 
nerbin Nahrung und Kleidung gewähren konnte. Bedenkt man 
nun noch, wieviel der Unterhalt biefer Kremdlinge ber Regierung 
an Sold und Kleibungsſtuͤcken geloftet hat, was &. 46 genau 
verzeichnet ift, fo muß wol aud Der, weldyer Über Preußens 
Benehmen währenb bes polniſchen Kampfes unzufrieden ift, fein 
Betragen gegen, bie Fremdlinge, die auf feinem Boden Schug 
fahıten, rechtfertigen, unb wirb nicht, was vielleicht der einzelne 
Beamte verfchulbet Hat, verfchlimmert und vergrößert ber Regie: 
rung zur Laſt legen. Zum Schluſſe find dem Büchlein Beila« 
gen angehängt, welche bie diefe Angelegenheit betreffenden koͤnigl. 
Publicanda 2c. enthalten. 
3, Auch ein Wort über Friedrich IT. und Kriedrih Wilhelm TI. 
Politik in Polens Unfällen ober Bemerkungen. über „Pos 
Nlens Untergang” non F. von Raumer. Bom, Obriflen von 
Schepeler. Aachen, Mayer. 1333, &r..12...12 Gr. 
Da die Schrift bes Deren von Raumer über Polen genug 
befannt und gewürdigt worben iſt, fo will Ref. kein Wort weis 


er 


, FR in manchen 

In u ah Sn, Gut ala ce 1 De 
"war im einzeltten bitten Benerkungen in Bei rel 
a a aa 
e Serthänie idhtigenben eb Buches, xt. v. 
Aaumer Teibft —— chen. —E— 
plöglich ber Oberſt von Schepeler, Verf. einer „Methode, bie 


z 
aber 


t der Herr 
Obetſt undeholfen und macht Fehler, die ter Rd (feines Bewer: 
Rs ein re ) kaum feinen Quartanern bergeipen wärbe. 
Sur —* nur Einiges, was uns grade aufſtoͤßt (S. ): „Dee 
polniſche Edelmann war tytannifcher Herr feinen Bauern, wenig 
beffer als vüffifche Leibeigne.“ War ber Herr wenig befler, 
ober FON dies auf die Bauern fid) beziehen? Mas if denn fer: 
me ©. 28 ein ‚treffend wichtiges politifches Benehmen”? ober 
ft das ein Drudfehler, wovon es im Buche wimmelt, ſtatt: 
seeffend richtiges? Run To hätte wenigſtens Herr von Schepe⸗ 
ler mehr Achtung vor dem Publicum Haben und für einen 
veſſern Corrector forgen ſollen. Oder iſt es auf berfeiben Seite 
ein Druckfehler, wenn Frankreich „offene Stchuld an Polens 
Untergang fein’ fol. Doch, damit Def. nicht beſchulbigt werde, 
bei Kleinigkeiten zu lange zu verweilen, fo geht ex auf das Ra⸗ 
terielle des Buches Über, um fein obengegebenes Urtheil zu recht: 
fertigen. Als Einleitung gibt er hoͤchſt trodene und befannte 
Notizen Über die frühere Geſchichte Polens, Bie Urſachen feines 
Berfans dabei andeutend, und wundert ſich 


g 
eſe, Müller das Elend tn Polen nicht Friedrichen, 
are den —* zu Bar kon fhoerittn Daten —2 Doch 


VNedieirt unter, Werantwortiigtelt der Berlagäbantlung: 8. U. Brodhans in Belyzig. 
mE) 





davon. bei i x Men. 

Herr eib . 67 Tg. und vier te ge 

ebriäy feiwen. erärmfädhern Brribeibiger ba fi 

Don war polltiigen Mrisheit bes Dre: u. Wh. zes4 00 

wegenihlligfben · bie Rote ©. 6, me ft dm euftitwiinnnelien 

Eleinen Gtasten recht vaͤterlich ans Herz Ingt, bafı „bad 

ber Deputirten größerer Gtaoten, Tel für den Gan 

Saatsemaſchine notwendige Abgaben zu verweigern, auf Heine 

bema abtr via ‚gehferre Bent Di Mennmlerrang banken 

crung 

Abgaben nit. in beufeiben Geſahrr? Hier, mie 

Staaten, muß, feblen, 

ſchine nothwend eßen hier unb wänfehen 
ebuld; Ref. Yat nur bie S ss (den 






dern Eefern 
a a 





kiterariſche Anzeige. 


Sericht über bie im Laufe des Jahres 1832 bei * A. 
Brockhaus in Leipzig erfchienenen weuen Werke 
"und etzungen. 

bortſetung Eertſetung aus Str. 107.) 

18. Krug (Belheln Trangott), Gmtpltopätifdienphitefes 
pꝓhiſches Lexikon, oder Allgemeines Handwoͤrterduch ber pili⸗⸗ 
ſophiſchen Wiſſenſchaften nebſt ihrer Literatur und Geſchichte 
Nach dem Heutigen Standpunkte der Wiſſenſchaften bearbeis 
tet und, herausgegeben. Zweite, perbeflerte unb vermehrte 
Küfloge. Io Bier Bänden - fir Band. X- bi GE. 
Br, 9. 55; Bogen uf meilen Drackpapiex. Gakfsrtps 

16: Kupfer (GB). Anfangigsände her Muchfasens hnung 

upffer (&. 9.), Anfangsgruͤnde der e 
und Yıgetva, mit Inbegriff der Sombinationsiehre und unbe⸗ 
ſtimmten Analytik, nebft Uebungsaufgaben. Zur Repetition 
bes wünblichen Unterrichts und zur eignen —— — 
dung neben dieſen. (Hpaal 1882) Gr. 8. 16 Bogen auf 


Drudpapier. 20 Gr. 

17. Ludwig (Chriffian), Wolftändiges beutfch:englifcges unb 
nglifch:beusiches Woͤrterbuch. Zweite Auf lage, mit eis 
nes gründlithen Anleitung zur Ausfprakhe des Eng: 
laſchen vermebet unb zum allgemeinen. Gebrauche das deri⸗ 
fen und englifden Nation bequemer eingecöichtess 
verbeffert durd eine gemauere Angabe ber Zedeutungen 
der Wörter, Redensarten und Sprichwörter, und vermehrt 
mit vielen neuen Yusbrüden, und einem Verzeichniſſe der uns 
regelm aͤßegen Zeitwoͤrter beiber Eprachen. 2 Theite. Br. B. 
57 Woges auf Orucknapier. Seetamnixt. .2 Zur. 8 Br. 

18. Martens (le baron Charlas de), Guide üplamatiggn. 
Contenant: 1° Tonsiderations sur l’6tude de la diplomatia, 
2° Precis des droits et des fonctions des agens diploma- 
'tiques. 39 Trait& ser le style’ des oompusitions ea matiäre 
politiqua. 4° Bibliethöque diplomatique choisie, auivie d’um 
oatalegue de sartes de gösgraphie modeme. 5° Remseil 
d’actes et d’offioes & l’appui du traite sur le style des cam- 
positions en matiöre politique. 2 Bände. Gr, * 674 Bo 
auf feinem französischen Bruckpapier., Geh. 4 Thir. i? Er. 

39. Münch (Ernest), Maria ven Burgond nebst dem 
Leoben ihrer Stiefsntter Margmwetke von York, Gemahlia 
‚Karl des Kühnen, und alleziei Beiträgen zur Gesskirkte 
des öffentlichen Rechts ynd des Volkslebens in den Nie- 
derlanden zu Ende des 15. Jahrhunderts, aus franzöc- 
schen, Aämischen, holländischen und deutschen Quellen. 
2 Bände. 8.. 64 Bogen auffeinem Druckpapier. 4 Thir. 16 Gr. 

W. Mundt Aheodor), Die Einheit Heutſchlande In potisb 

ee unb ideeller Gntmidelung. 12. 8, Biegen auf gute 
rudpapier. Geh. 8 Gr. 
Die Kortfegäng folgt.) 


— — 








Blätter 


wur, 298 -. . en C. . . f 
. , » 
. 2. . . B , ‚ 
— EYE 


ur 





literarifhe Unterhaltung. 


Donnerdtag, 


25. . Apei 1833. 





Ueber einen Geſchichtſchreiber und die Selhidiſcra— 
bung der neueſten Zeiten. 
(Beſchluß aus Nr. 114.) 

Das Werk eines ſolchen Mannes, behaupte ich, wird 
auch der Vorzüge nicht entbehren, die man mit Recht 
an einer guten hiftorifhen Darftellung lobt. Sein Geift 
ift nicht blos von zahllofen merkwürdigen Thatfachen voll, 
fondern auch uͤberreich an Betrachtungen und Re: 
flerionen darüber; aber er bat längft gelernt, daß nur 
duch Maß und Befonnenheit ein großes Unternehmen 
gelingt und das herannahende Biel feines Lebens drängt 
ihn, noch mehr zu fparen, wenn er vollenden will. Darum 
wird er befonders darauf bedacht fein, wie er durch kunſt⸗ 
reihe Anordnung und Sufammenftellung auch in einem 
mäßigern Raume Plag finde für fein reiches Gemälde; 
wie er durch Ausfcheibung des Unbebeutenden dem Wich⸗ 
tigen und Bedeutenden deflo mehe Licht und Klarheit vers 
ſchaffe. Kürze und Prägnanz des Ausdruds, der viele 
neue Gefchichtfchreiber fo albern nachjagen, wird er nicht 
zu fuchen brauchen, denn fie wird von felbft fich einfins 
den als eine Frucht bes raftlofen Fortfchreitens zum Biel, 
unb weil der Gedanken und Gegenftände fo viele und 
geoße find, daß nur fo viel Zeichen dafür gegeben werben 
koͤnnen, aus eben nothwendig find, die rechten und tref⸗ 
fenden aber fih Dem von felbft barbieten, in befjen Seele 
der Gegenſtand recht lebt und arbeitet. Niemals alfo wird 
er fireben, mutila et hiantia zu reden, um ein Germa- 
nus Thucydidius genannt zu werden, wie Cicero fagt, 
fondern eher darauf aufmerkfam fein, daß dergleichen ihm 
nicht entſchluͤpfen. Nicht nach tiefſinnigen Reflexionen 
wird er ſich abmuͤhen, vielmehr lieber wachen, daß der⸗ 

gleichen nicht zu viele ſich einſchleichen und die Darſtel⸗ 
fung etwa verfaͤlſchen. Nur da wird er ihnen eine Stelle 


gönnen, wo fie dazu dienen können, das Gemälde gleich 


fam noch zu erleuchten, und uns nicht ſowol feine Subs 
jectivität, fondern wie in einem Blitzſtrahl den Genius 
der Gefchichte ſelbſt enthülen, der über ben Gefchiden 
ſchwebt. 

Ueberhaupt kann ich mich des Gedankens nicht ent⸗ 
halten, daß ein ſolcher Mann, und der ſtets ſeine Auf⸗ 
merkſamkeit gerichtet hatte auf die Ereigniſſe der Vorwelt 
und der Gegenwart, dem das Bewußtſein ſeiner Einſicht 
nicht fehlen kann, ſich zuletzt ſelbſt vorkommen muͤſſe wie 


ein Werkzeug in dee Hand des Schickſals und wie berus 
fen von ihm, um feine Thaten -zu verzeichnen, Daß er 
dann kaum noch aus freier Wahl bie Gefchichten be⸗ 
fchreibt, bie er erlebte, fondern weil ee muß, weil ihm 
dies auferlegt ift als feine Beſtimmung, die er erfüllen 
muß wie jeder Andere die feine. Das fcheint mir die 
wahre hiftorifche Begeiſterung, und auf dieſe Art, entſtan⸗ 
den, in dieſem Sinne geſchrieben, wuͤnſche ich mir die 
Geſchichte unſerer Tage. 

Wenn ich nun aber, mein lieber Freund, von dem 
Geſchichtſchreiber auf das Werk näher eingehen ſoll, fo 
geſtehe ich, mir wird ganz bange, weil ich nicht weiß, 
wie ich beginnen und wie ich enden will. Ein Werk be⸗ 
ſchreiben, das noch nicht exiſtirt, heißt faſt, es projectiren, 
und daß ich hierzu mich ganz unfaͤhig fuͤhle, habe ich 
Ihnen ſchon gleich am Anfange meines Briefes geſagt. 
Aber auch nur Einzelnes daruͤber in einem leidlichen Zu⸗ 
ſammenhange vorzutragen, vermag ich kaum, weil es 
wirklich mir faſt ein eitler Vorwitz ſcheint, ſo unvorberei⸗ 
tet uͤber eine Sache zu reden, bei der ſich doch das Aeu⸗ 
ßere gar nicht von dem Inhalt trennen laͤßt, von dem 
ih noch kaum eine oberflächliche Kenntniß habe. Ja, nun 
ih an die Arbeit felbft gehe, ſehe ich erſt recht, daß 
ich auch über das Aeußere felbft noch gar nicht mit mir , 
recht im Klaren bin. Darum will id) nur, weil ich ein- 
mal mein Wort gegeben babe, Einiges fagen und mie 
das Nühere wenigſtens zu einem andern Briefe vorbehal- 
ten, damit Sie ſehen, daß ich doch thue, was ich irgend 
vermag. 

Zuerft alfo laſſen Sie mid den Charakter des Werks 
im Algemeinen beflimmen. Ich verlange von ber Ges 
ſchichte als folcher, daß fie rein politiſch fei, daß fie mithin 
nur bie Schickſale dee Staaten, ihre dußern wie ihre ins _ 
nern befchreibe. Was alfo auf bie Eriftenz eines Staats, 
auf feine Vergrößerung und Verkleinerung, auf den Wache: 
thum oder bie Verringerung feiner Macht, auf feine Vers 
hältniffe zu andern Staaten Einfluß hat; was ferner bie 
wefentlichen Verhaͤltniſſe der Regierten zu den Megieren: 
den angeht, das gehört nach meiner Dieinung in die Ge: 
fchichte. Nicht Religion, Kunft, Wiflenfhaft, Literatur, 
Erfindungen und die Veränderungen, welche fie erfahren, 
außer infofern bucch fie nicht etwa wieber politifche Wirs 
kungen hervorgebracht find, oder fie eine Art von politis 





474 


ſchem Einfluß erlangen. Viele neue Geſchichtſchreiber haben 
fi gequaͤlt, von alt Diefem ihren‘ Werken aud wenig 
itens einige Nachrichten einzuverfeiben. Sie haben nie: 
mals recht gewußt, wo fie damit Hinfollten, und fi 


gewöhnlich durch verſchiedene Rubriken und Ueberſchrif⸗ 


ten gu beifen geſucht. Dergleichen fiel den Alten nicht 
ein, und ebenfo wenig haben bie geoßen Geſchichtſchreiber 
Italiens etwas davon. Dadurch wird die Anordnung viel 
einfacher und Leichter, die Ueberficht ber policifchen Wege: 
benheiten viel ünunterbrochener und beuflicher werben. So 


wi ich denn euch, daß die Befchichte unferer Zeit rein 


politifch behandelt werde, und daß barin von jenen Ge⸗ 
ben nichts vorkomme, außer infofern, wie ich zu 
glauben doch geneigt bin, die wiſſenſchaftliche Bildung des 
18. Sahthunderts einen Einfluß auf die foctaten Verhaͤlt⸗ 
niffe und durch fie auch auf die politiſchen Begebenheiten 
gewonnen Baden moͤchte. Sie fehen aber feibft, die Be: 
andlung bdiefer Gegenſtaͤnde wuͤrde Hier ganz anders ge: 
thehen muͤſſen als bei jenen Schrfftſtellern, von denen 
ich vorher ſprach. Hier würde vielmehr ihre Beruͤhrung 
einen integralen Theil des Werks ſelbſt ausmachen, und 
der Einftuß, den fie etwa gewannen, vielleicht nur als 
eines unter vielen Symptomen der moralifch = politifcyen 
Erfihlaffung erfcheinen. 
Die Zeitm, die ich bargeftellt wuͤnſche und bie ich 
biöher immer die heneften genannt habe, find die fett 
dem Ausbruche ber franzoͤfiſchen Mevolution. Nun Eönnte 
dies allerdings auf ſehr verſchiedene Weiſe und in fehr 
vetſchiedener Beziehung geſchehen. So koͤnnte Jemand 
die Geſchichte des ganzen Europas ſeit dieſer Zeit zum 
Gegenſtande ſeines Werks mahm, und allerdings wäre 
dies ein großes und ſchoͤnes Unternehmen. Aber ich be⸗ 
ſorge eben, es moͤchte zu groß werden und in der Dar⸗ 
ſteüung zu fehr auselnandergehen. Denn um dieſe Be⸗ 
ebenheiten als einen Theil, als einen Ausfchnitt der 
— 5* zu behandeln, duͤnkt mich, ſtehen wir ihnen 
noch zu nahe; und geſchaͤhe es anders, fo wuͤrde eine 
ſolche Sefchichte immer keine rechte Einheit, keinen rech⸗ 
ten Mittelpunkt erhalten und in das Gebiet der foge: 
nannten Staatengefchichte hinfberftreifen, bie, wie Ste mir 
gewiß zugeben, eine vollfommene hiſtoriſche Darftellung wol 
nicht fuͤglich zulaͤßt. Ein Anderer wuͤrde vielteicht die Ge⸗ 
ſchichte Frankreichs ſeit dem Ausbruche der Revolution be⸗ 
ſchreiben wollen, und allerdings an einem Mittelpunkte 
fehlt es ihm hier nicht; aber etwas Anderes dürfte dem 
Werke fehlen, wenn ein Deutſcher der Verfaſſer waͤre, 
naͤmlich theils die noͤthige Unbefangenheit, theils der Zu⸗ 
tritt zu den rechten Quellen. Geſchichten von Deftreich 
oder von Preußen wuͤrden dagegen ſehr wichtige Theile 
ans dert großen Gemaͤlde ber neuern Zeſten nur als Ne 
benſachen behandeln koͤnnen, fie würden genoͤthigt ſein, 
ſich ſeht viel auf die innern Veraͤnderungen dieſer Staa⸗ 
ten einzulaſſen, und ich beforge, daß darin mithin auch 
Diejenigen Eretgniffe, toriche vor Allem ein großes und ge: 
meinfehaftfiches Intereffe erregt Haben, nicht das vechre 
Licht und die rechte Darftellung erhalten könnten. Allen 
diefen Uebelſtaͤnden, duͤnkt mich, wide Derfenige entge⸗ 


hen, der zum Gegenſtande ſeines Werks die Kaͤmpfe zwi⸗ 
—* Frankreich und Deutſchland ſeit dem Ausbruche der 
ranzoͤſiſchen Revolution machte. An einem großen Mit⸗ 
telpunkte fehlt es dabei nicht, und der waͤre allein voll⸗ 
kommen hinreichend, den das vaterlaͤndiſche Intereſſe her⸗ 
vorbringt. Daß Ich nt einer Geſchichte dieſer großen 
Kämpfe nicht blos eine Darſtellung ber militairiſchen Dpe- 
rationen verfiche, das werben Sie fchon daraus abnehmen 
koͤnnen, daß ich mich vorher fo entfchieben für die rein 
politifhe Behandlung ber Geſchichte erlärt habe. Als 
politiſche Begebenheiten, und mit allen Denen Tolle fie 
geſchildert werden, die darauf Einfluß hatten. Der fluͤch⸗ 
tigfte Jurteckblick Tehet, bu in Shen re ne 
kaum eine Unterbredhung war. Guicciardini's großes Werk 
bat einen ähnlichen Gegenftand. Er ſchildert die Kämpfe 
der fremden Nationen in und mit Stafien feit Karl VII. 
erftem Einfall, und feiner Behandlung aͤhnlich wuͤuſchte 
ich bie Behandlung in dem Werke, welches ich im Sinne 
habe. Sorte "dort Italien umd die Polltik der’ italiem⸗ 
fhen Staaten gegemeinander immer der Mittelpunkt iſt, 
fo kann es hier Deutſchland fein und die Politik feiner 
Fuͤrſten umtereinamder und gegen Frankreich. Sowie Guic⸗ 
ciardini zuweilen Blicke thut auf das uͤbrige Europa, ſo 
wird es hier, und noch weit mehr geſchehen muüͤſſen, weil 
die Berbindang Deutfchlande mit den Übrigen europäffchen 
Staaten In den neueften Zeiten weit größer und mannich⸗ 
faltiger gewefm ft, als die Stallens es damals mar. 
Amar ein großer Theil des damaligen Europas concmtticte 
ih um biefe ttalienifchen Kriege und um den Beſitz der 

bergewalt in Stalin; ein noch welt größerer aber von 
der Politik des neueften Europas hat fi um die Kriege 
Deutfchlands mit Frankreich ſeit der Revolution gedreht, 
ja man kann fagen, daß großentheils in ihnen die Jnter⸗ 
eſſen aller europäifchen Volker ausgefochten wurden. Kann 
man nun wol nicht leugnen, daß der Gegenftand und die 
Begebenheiten, welche hier vorkommen würden, unendlich 
größer find als die, welche Guicciardini ſchildert, fo würde 
ich doch hinlaͤnglich zuftiedengeftelit fein, wenn im Uebri⸗ 
gen dieſe Geſchichte der Kriege Deutſchlands mit Krank: 
reich dem Werke jenes großen Mannes nicht nachitände. 
Sicher würde fie dann in eben dem Maße und no bei: 
fer erfüllen, was Guicciardini von bet feinigen und Tage: 
„Es wird daraus in unzähligen Beifpielen Elar werben, 
welcher Unbdeftändigkeit, eben wie ein bewegtes Meer, die 
menſchlichen Dinge unterworfen find. Wie verderbiidh, Taft 
immer ihnen ſelbſt, gewiß immer aber den Völkern, bie 
ſchlecht erwogenen Plän? der Regietenden find, Wie, wenn 
fie nur eiteln Wahn pder ihre gegenwärfige Neigung vor 
Augm haben, und nicht der häufigen MWechfel bes Gluͤcks 
edenken, und die Ahnen zur Erhaltung des gemeinen Be: 
een anvertraute Bewalt zum Schaden Anderer misbrau⸗ 
Fe fie aus Mangel an Klugheit oder aus übertriebener 

rſucht die Urheber immer neuer Berrüttungen werden.“ 
Ich bin eben kein Freund von hiſtoriſchen Parallelen; 
aber wer Geſchmack baran findet, wird Vieles, was Buics 
charbint von dem Zuſtande Stallend dor dem Ausbruche 
des Krieges mit Karl VIII. fast, vortiefflih auf den Zu: 


475 


fand Dentfehlande dor den Kriegen mit Fraukreich an: 
wenden koͤnnen. Leſen Ste feibfi sur nah. - -  . 
. . Es haben viele Hiſtoriker ihren Werken. Einleitungen 
vorugefest, in denen, fie die ganze Kunft ihrer Darſtel⸗ 
Mengegabe, bie ganze Tiefe ihret polltiſchen Einſicht ent- 
ältet haben, In neuern Zeiten iſt dies vielſeitig nach⸗ 
geahmt, die Einleitungen ſind aber gewoͤh nur zus 
Auslegung‘ eher eiteln Rhetorik misbraucht worben. Wenn 
nur über die Gonſtruction eines ſolchen Werks, wie 
hgeſchrleben wuͤnſche, nachdenke, fo kann ich es mir 
such kaum ohne Einkeitung vorſtellen; ja, ich leugne nicht, 
ich wuͤnſchte, daß mein Geſchichtſchreiber ihr einen ganz 
beſondorn Fletz widmete. Che Alte mie -glefchfam der 
Hintergtund werden & feinem Gemälde, 
. In iht ſollten Sie eine gedrängte Darſtellung bed 
Verhaͤltniſſes der europaͤiſchen Mächte gegeneinander, und 
befonders des Verhaͤltnifſes Frankreichs zu Deutfchland vor 
dem Ausbeuche der Revolution, und eine Darlegung ber 
foriafen Verhättniffe in Europa, beſondets aber in Frank⸗ 
reich und Deutfchland vor bdiefer Belt finden; einfach, 
Bar, in Teichten aber feharfen Umrifien, ohne. Künftelei: 
Bon ber erften Art hat Hume, wenn er zumellm aus ber 
Geſchichte Englands das übrige Europa überblidt, man: 
ches Bortrefflihe; und Bolingbrofe in den beiden legten 
feiner Briefe über das Studium ber Befchichte, wo sr 
ben Zuſtand Europas feit dem pyrendifchen Frieden bis 
zum Jahre 1688 fdyildert, läßt wenig zu wänfchen Abrig. 
In Anſehung des zweiten aber, närhlid, der Darlegung 
ber focialen Verhaͤltniſſe oder des innern Buffandes der 
Staaten möchte ih am Mobertfon erinnern, ber feiner 
„Geſchichte Karl V.” etwas Aehnliches vorangeſchickt bat; 
nur dag mein Autor fi, natuͤrlich viel kuͤrzer fafſen müßte. 
Jener Schriftfteller entwickelt, wie nah und nad) In 
den europaͤiſchen Staaten durch Erhebung des dritten Stan» 
des und kluge Benusung der Uneinigkeiten unter den geos 
Ben Vaſallen die Macht der Kürften wuchs. Er zeigt, 
2908 zulegt Heintich VII. in England, Ludwig XI. in Frank⸗ 
reich, Ferdinand der Katholifche in Spanien und Mari: 
millen in Deusfchland gethan, um ſich von allen Bes 
ſchraͤnkungen ihrer Gewalt immer mehr zu befreien; er 
ſchildert ven Zuftand der Geiſtlichkeit und die ſinkende 
Macht des Papſtes und ihre Veranlaffungen; und bierauf 
laͤßt er dann die Sefchichte eines Sürften folgen, deſſen 
ganzes Leben beinah den Anblick bes Ringens nad) Al: 
leinherrſchaft barbietet; weben dem in Frankreich Franz I. 
die vaſauitiſche Gewalt nod mehr erdruͤckte, und Hein⸗ 
rich VIII. in England faſt mit tyranniſcher Willkuͤr herrſchte, 
unter deſſen Regierung auch diejenigen Religionsſtreitigkei⸗ 
ten ausbrachen, die faſt das halbe Europa der Herrſchaft 
des roͤmiſchen Stuhles entriſſen. Es ſpringt in die Au⸗ 
gen, wie verſtaͤndig Robertſon den Gegenſtand feiner Ein⸗ 
leitung gewaͤhlt hat. 

- Die Aufgabe meins Schriftſtellers iſt freilich unend⸗ 
Lich ſchwieriger; denn nicht zu gedenken, bag bie größere 
Entfernung von dem Zeitpunkte, den Robertfon beföhrieb, 
eine voliftändigere Ueberfiht des Veranlaſſingen des das 
maligen Zuſtandes ber bürgerlichen Geſellſchaften erleich⸗ 





terte, fo liegt auch in den neuern Zuſtaͤnden ſelbſt eine 
Schwierigkeit für die Enthuͤllung ihrer Eutſtehungen Wir 
fehen Alle vecht wohl, daß ſchon geraume Zeit vor dee 
franzöfifchen Revolution bie Verfaſſungen faft aller eures 
paiſchen Staaten ktankten; Aber die Wurzeln biefes Uebels 
und ben Bang, den es genommen, habe ich bis jegt noch 
nirgend. genügend enthuͤllt geſehen. In den Beiten, bie 
Mobertfon fchildert, war, role roh auch biswellen, allene 
halben noch ein politifches Leben, darum erfcheinen bie 
Urſachen der Staatöveränderuingen und der Veraͤndetungen 
der bürgerlichen Geſellſchaft viel auffallender. Seit ber 
Beit Karl II. aber iſt die Regſamkeit des politiſchen Les 
bens in faſt allen Staaten, England etwa ausgenommen, 
nach und nach Immer mehr verloren gegangen. Eine zahl: 


loſe Menge Seiner moralifcher Uebel fcheint zu ben Krank 


beiten ber Staaten faſt ebenfo viel beigetragen zu haben 
als politiſche Misgriffe der Regierenden oder ber Regier 
ten. Wie dadurch die politiſche Aſthenie entſtand, bie 
wir kurz vor dem Ende des 18. Jahrhunderts Faft allentz 
halben erblicken, und wie ſie auf die innern und aͤußern 
Verhättnifte der Staaten einwiekte, dies will ich ſtoeng 
und wahr, doc, nicht in allzu bunten Karben in der Ein- 
leitung meines Gefchichtfchreibers erbliden; dann in wer 
nigen Zügen bie Begebenheiten der Revolution in Frank: 
reich, und wie es feinen Stand gegen bas übrige Europa 
und befonders gegen Deutſchland dadurch veränderte, bie 
Unficherheit und Umfehlüffigkeit der Fürften, und endklich 
die Coalition von 1792, mit der das Werk beginnt. 
Über es iſt Zeit, daß ich mit ihr ende. Das, was 
nun folgen müßte, ſchwimmt ‚noch in allzu verworrenen 
Geſtalten in meinem Haupte umber; unb wie fehr Ich 
auch ſchon bei diefem Briefe auf Ihre freundſchaftliche 
Nachſicht rechne, fo mag ih fie doch nicht noch mehr 
misbrauchen. Ich verfpreche Ihnen aber, wenn Sie es 
fonft verlangen, werde ich die Fortſetzung nachzufenden nicht 
ermangeln; ſobald ich nur mehr Muße finde, um beffer 
zu überlegen und gehörig zu ordnen, mas ich noch auf 
dem Derzen habe. 176. 





Bemerkung. *) 

Ein Aufſatz inr. 222-2255. 31. f. 1832. (‚Beiträge zur 
Chaxafterfdilberung einiges Beitgenofien. In Fragmenten aus 
ben Papieren eines alten Dipkomaten’‘) verbreitet fidy Aber ben 
GEharakter und das Leben des Kaiferd® Alexander. Diefer Ap⸗ 
tißel atmet Wahrheitsliebe und verräth ten Wunſch, einzm 
erhubenen, aber oft verfannten Monarthen Gerechtigkeit wider 
fahren zu laſſen. um fe ſchmerzlicher muß es beräßten, biefen 
Fürften in demfelben Astibel eines doppolten, fehr ſchweren Feh⸗ 
lers beſchuidigt zu fehen, deſſen fein Herz nicht fähig war. " 

©. 99 wird gefagt, - „daß «8 rin Gluͤck für ben Kalfer 
gewefen wäre, wenn er ber Verſuchung wiberflanden Hätte, fidy 
Ms Feldherrn mit Rapokeon gu meſſen“; und ber Verf. vers 
ſichert ebendaf. (nachdem er bie Wortheile auseinanbergefegt, 
die ein legitimer Monaech über einen Sur Ehtgeiz auf den 
Thron erhobenen Privatmann kat), Taß ‚die Schlacht bei Aus 
fterfig zum Wendepunft fr ſeinem Sehen wurde, dag „auf ren 
blutigen Leihengefilden die Sonne feines Friedens unterging; 


HAus Peteröburg eingefanbt. D. Red. 


daß feit dieſer Schlacht feine, edelſten Thaten Buße, Suͤhne für 
vergoſſenes Blut waren”. Nuchdem ber Verf. von mir als von 
einem Derzendfreunde bed Kaifers geſprochen hat, fagt er ©. 
968: „Alerander war ein warmes Kreunb, aber ein treuer 
Armed war er nicht.” “ 

Ich habe keinen Beruf, einige einzelne in biefem Blicke auf 
baB Leben Alerander’3 enthaltene kleine Irrthuͤmer zu verbefs 
fern. Aber ich fühle mich gebrungen, die zwei angeführten Gtels 
ien zu widerlegen, um fo mehr. da ich vielleicht der Ginzige bin, 
der es zugleich kann und will. : un, 

Die Meinung, daß ber Kaifer Alerander ben mährifchen 

elbzug aus leichffinniger Luft, fich mit Napoleon zu meflen, ers 
net habe, iſt falſch und hat vermuthlich ihren Urfprung in 
den zahlreichen ruhmredigen Bulletins, weiche Napoleon feinen 
Parijerm fandte, und namentlich (irre idy nicht) in dem 3Q., das 
ee während dieſes Feldzuges ſchrieb. — Hier bie Wahrheit, wie 
ich fie in fichtliher Gegenwart ber Gottheit fagen würde, 

Zur 3eit, ba man im peteröburger Gabinete mit ber 
Frage ſich befchäftigte, ob der Krieg mit Napoleon geführt 
werden folle, war. ih in ber Hauptſtadt, und ich erfuhr 
gleich, daß die allgemeine Stimme für biefen Krieg mar. Der 
Kaifer rief mich zu ih, ausdrüdlid um mit mir über biefen 
wichtigen @egenftand zu fpreden. Ex fagte mir, daß er ge: 
gen biefen Krieg fei, ja den größten Widermwillen dagegen habe, 
aber daß feine Minifter und feine ganze Umgebung entfchieden 
dafür flimmten; er führte mir mehre Gründe au, auf wels 
che er feinen Widerſtand gründete, und fragte mich um meine 
Meinung. Gie flimmte mit ber feinigen überein, und id 
fügte noch einige Gründe hinzu; ich fagte ihm fogar fein Un: 

tüd voraus.*) Dann erfuchte er mich, einen Auffag zu fchreis 
en, der den Gegenſtand deutlich erdrtere. Wenige Tage nach⸗ 
Her brachte ich ihm diefen Auffag. Nach deſſen Genehmigung 
las ibn ber Kaifer am folgenden Zage in der Minifterverfamms 
lung vor, aber ohne Erfolgs man erflärte ſich einftimmig für den 
Krieg. Dex Kaifer belehrte mich mit Schmerz darüber, wollte 
aber noch einen Verſuch machen, um diefe allgemeine Stimmung 
zu ändern, denn feine Seele litt ſchmerzlich dabei. Er trug mir 
auf, mit dem Fürften Adam Czartoryski, der an ber Spitze Der⸗ 
jenigen fland, welche eine dem Nationalftolze ſchmeichelnde Mei⸗ 
nung am bartnädigften behaupteten, eine interredung zu haben, 
in der Hoffnung, daß ich ihn vielleicht umftimmen würde. 

Diefe Unterrebung hatte Teinen beffern Erfolg als ber Auf: 
ſatz, und der einzige Vortheil, den Ich über den Kürften gewann, 
war, taß biefer Dinifter, der körperliche und geiftige Grazie mit 
Wohlmwollen, Sanftmuth und Kaltblütigleit vereinigte, vielleicht 
zum erften Male in feinem Geſchaͤftsleben keidenfchaftlich, ja 
zornig wurde. Uebrigens bin ich überzeugt, daß er damals 
dem Kaifer aufrichtig ergeben war, ben er audy herzlich Liebte, 
wie ein Diplomat felten liebt. Aber er glaubte, bad Heil Ruß: 
lands fei an Englands Politif gebunden. ‘ 

Als idy am Abende deffelben Tages biefe Frucht meiner 
Sendung dem Kaifer berichtete, zeigte en ſich fehr betwäbt; er 
Uagte über fein trauriges Schickſal, in feiner Jugend fo ſchlecht 
unterftügt zu fein, und fagte mir endlig: „L’Europe m’sp- 
pelle à son secours; mes Russes veulent cette guerre & tout 
prix; je suis un jeune homme. Puis-je affronter le reproche 
gue la posterite me ferait de n’avoir pas voulu concourir à 
. delivrer P’humanit6 de son tyran? — Peut-etre aussi que 

vous et moi avons tort. Dieu le veuille!’’ 

Das ift nicht die Sprache, nicht das Werfahren eines durch 
Eitelkeit oder Ehrgeiz beraufchten jungen Kürften, der Tauſende 
feiner Mitmenfchen feiner Luft leichtfinnig opfert. 

Der Verf. bes erwähnten Auffages fagt, der Kaifer Ale 


) als ich ibn glei nad, feiner Rüdtehr wiederſah, waren feine 
erften Worten: „J’ai penst A vous sur le champ de bataille 
d’ Austerlitz. Tout ce que vous m’aver predit, est arrive.” 


476 


zanber habe bie Schlacht bei, Außerlig, gegen bie Meinung fei« 
nee Generale geliefert, welche ihn baten die Ankunft Benning⸗ 
fen’& ober bes Erzherzogs Karl abzuwarten. Aber der Kalle 
erwagtete' biefen General mit 801000 offen feit nehren Tagen. 
Als er aber nad pinem langfamen PBorrüdur ſich Rapaiton 
gegenüber ſah, ba handelte es fich nicht mehr darum, ob 

die Schlacht liefern oder nicht liefern wolle, fondera man mußt 
im letztern Kalle einen gefährlichen Rüdzug, einer Flucht nicht 
unähnlich (unb verftanb bean damals ber ruſſiſche Soldat Flucht 
und Rüdzug gu. unterfcheiden 3, anteeten, um den Erzherzog 
Karl ober den zuffifchen General zu erreichen. Auch war 
die Schuld Kaifer Alerander’d nicht, wenn biefer ſehnlich 
Erwartete den Befehl, anzuräden, zu fpät erhielt. Es wär 
mie leicht, anderweitige, aber mit dam: Schleier des Geheinmif⸗ 
fe& verhüllte Umſtaͤnde aufzudecken, welche ben Kaifer rechtferti⸗ 
gen wuͤrden. Ich begnüge mich jedoch mit der Wemerlung, daß, 
wenn Alexander's ritterliher Sinn ihn hier vielleicht verleitete, 
gegen bie Meinung feiner Generale die Schlacht zu liefern 
(was ich aber noch zu bezweifeln mir erlaube, da es nicht das 
einzige Dal wäre, daß feine Umgebungen: ihre eignen Fehler 
ihm gufchrieben), es auch derfelbe Älexander ift,, der feine umd 
der Allürten Generale zwang ober berebete, das erſte Mal auf 
Paris zu marſchiren, ale Napoleon durch einen verfiellten Ruͤck⸗ 
zug feinen Beind nach dem Rhein locken wollte. 

Bas ven Vorwurf, den der Verf: dem Kaifer Alerans 
ber macht, kein treuer Freund gewefen zu fein, betrifft, fo 
widerfpreche ich dem gradezu, wenigfiens infofern ich Hier als 
ein Beweis davon angeführt werde. Was Eonnte ber Edle mir 
geben, dad mehr als feine Kreundfchaft mir werth gewefen 
wäre? Und wer Tann entfcheiden,. ob er ober ih an der Uns 
terbrechung unfers Verhaͤltniſſes mehr Schuld war? Was ich 
aber gewiß weiß, ift, daß ich mich nicht ganz von biefer Schuld 
freifpregen kann. Als eis, daß ſein Herz keinen Theil 
daran hatte, muß ich bezeugen, daß er mehr als ein Mal er⸗ 
klaͤrt und thaͤtlich bewieſen hat, daß er die alte Achtung für 
mich immerfort hegte. Ein der Iepoſcett untreuer Fuͤrſt 
ſpricht und handelt nicht fo. Er läßt den Unterthan, an wei⸗ 

em er keinen Gefchmad mehr findet, fallen und glaubt noch 
großmüthig zu fein, wenn er nicht übel von ihm fpricht oder 
gar ihn verfolgt. 

Ich habe diefe Zeilen mit aller Kaltblütigkeit gefchrieben, 
deren ich fähig bin, bie ich ber Wahrheit ſchuldig zu fein glaube, 
Sch habe mich bemüht, bei dem Niederſchreiben berfelben all das 
Bute zu vergeflen, womit er mid) während zwölf Jahren, dem 
wahrhaft ſchoͤnſten meines Lebens, durch fein wahrhaft Lies 
bendes Herz und burch feinen edeln „und reinen Geift bes 
gluͤcktt hat. Ic war dem Zeitgenoffen Thatſachen ſchul⸗ 
dig, eine Wahrheit, die burg den Enthuſiarmus, den er mic 
eingeflößt hat, und den ich bie zu meinem legten Athemzuge bes 
wabren werde, nicht im @eringften entftellt werben durfte. 

" P. emeritister Profeflor in D. 





— — 


Literariſche Notizen. 


Der General Donabieu hat in Paris herausgegeben: ‚De 
Phomme et de l’etat actuel de la soci6t#”, und vom Baron 
Maſſias erfchien bafelbft: ‚De la souverainets du peuple”, 
eine hiſtoriſch⸗philoſophiſche Erörterung ber wahren Grundfäge 
ber Bolksfouverainität. 


Der dänifhe Pfarrer K. Hanſen hat eine SBefchrei« 
bung der bänifchen Hitterburgen („Danske Nitterborge”, 
Kopenhagen 1832), zum Theil nad ungebrudten Quel⸗ 
len, geliefert; das Buch ift mit Anfichten berfeiben aus⸗ 
geftattet. — W. Wachsmuth’s ‚„Hiftorifche Darftellungen ber 
Geſchichte der neuern Zeit‘ erfcheinen in Kopenhagen in bänis 
ſcher Ueberfegung. 9. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandiung: J. 3. Brodbaus in Reipzig. 


4 
äre 


—— ——— — — — — ——— — 


- — — — — — — — — 


Blätter 


f 


ur 


literarifbe Unterhaltung. 





Treitag, —— 






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Fünfter und legter Artifel.*) 

Schon vor anderthalb Zahrzehenden hatte Goͤrres von 
der großen offenen Berfhwörung in Europa geſprochen, 
die auf den Märkten figt und in den Straßen verhandelt. 
Die zahlreichen Gründe, warum fich feitdem diefe Der: 
ſchwoͤrung ber äffentlihen Meinung -und Volksſtimmung 
vielfach verzweigen und verbreiten mußte, find bereits an- 
gedeutet worden. Sie hat nad) ben Julitagen des Jah: 
red 1830 auch in unſerm beutfchen Vaterlande. einige au: 
genfällige Beweiſe ihres Dafeind gegeben, wie in Braun- 
ſchweig, Kaſſel, Sachſen u. ſ. w. Nach langer Zeit fahen 
wir wieder einmal Maſſen in Bewegung kommen. Und 
mad mar ed, was zunaͤchſt der Inſtinkt dee Maſſen fo 
derte? Man verlangte die Einführung neuer Repräfen- 
tativverfaffungen, oder die Ausbildung der beitehenden im 
wahrhaften Geifte des Repraͤſentativſyſtems. Es liegt darin 
eine wichtige Lehre für Alle, die noch überhaupt den Leh⸗ 
ren der Geſchichte zugänglicd find. Man kann nicht bes 
baupten, daß das Landftändifhe Wefen, wie es feither in 
Deutfchland keftand, eigentlich populaie geweſen wäre. 
Höhe man Bürger und Bauern darüber reden, fo ver: 
nahm man die gewöhnliche Aeußerung: dieſe Landftände 
helfen uns zu nichts und find der Koften nicht werth. 
Allein ungeachtet der weitverbreiteten Anſicht von ber Un⸗ 
wirkſamkeit und Unbedeutenheit ber bisherigen Volksver⸗ 
tretung kam nirgend eine Spur zum Vorfchein, aus wel 
her fih auf die Sehnſucht nach einer Ruͤckkehr unter die 
abfolute Herrſchaft hätte fließen laflen. Wenn alſo die 
Aenderungen und Reformen, die man während eines kur: 
zen, aber vielleicht auch nur für kurze Zeit befänftigten 
Sturmes errang, den Erwartungen nicht entiprachen, fo 
wird man doch ficher auch in Zukunft auf dem eingelchla: 
genen Wege nicht ummenben, fondern Ihn beharrlich weis 
ter verfolgen. 

Diefe fortfchreitende Bewegung hat durch bie Art und 
Weiſe, wie man in neuerer Zeit in ber Mitte der lands 
ftändifchen Verſammlungen auftrat, befchleunigt werben 
muͤſſen. Wie gering der unmittelbare Erfolg war, ber 
aus den ftändifchen Veftrebungen hervorging, fo zeigte ſich 
doch ein beflerer Geift und ein entfchledeneres, Eräftigeres 


*) Den erfien, zweiten, britten unb vierten Artikel fiehe in 
Nr. 63, 58, 87, 88, 99 und 100 d. Bi. D. Reb. 


r. 1 16. ET 












nn u ⏑——— — — — — — — 





26. April 1833. 


Handeln, wenn nicht immer bei der Majoritaͤt, doch bei 


einer hervorragenden Minoritaͤt. Namentlich waren es ein⸗ 


zelne Männer, auf welche das Vertrauen der Menge ſich 


richtete; und man fann wol fagen, baß 88 im Kampfe 
der politifchen Parteien Deutſchlands erft feit dem Fahre 
1830 eigentlid) populaire Namen gibt. Dies iſt ein wei: 
teree und zwar ein fehr bedeutender Fortſchritt. Es hat 
fih damit die Ueberzeugung verbreitet, daß die Elemente 
bereitd wirklich vorhanden find, die eine beflere Zukunft 
des Vaterlandes verbürgen, und daß es nur darauf ans 
kommt, diefelben in die rechte Stellung zu bringen. Im⸗ 
mer liebt es dad Volk, an irgend eine hervorragende Pers 
föntichkeit ſich anzufchließen, und follte fie nur dadurch 


bervorragen, daß es biefelbe mit feinen Händen und auf 
feinen Schultern erhoben hätte. Es will erft die Ideen, 


die e8 bewegen, verförpert vor fich fehen, ehe es an 
die nahe Verwirklichung derfelben glaubt. Wenn alfo auch 
die neueiten Bemühungen der Männer des Volksvertrauens 
nicht befriedigend ausgefallen find; wenn vielmehr dieſe 


Männer da und dort verfolge und mit dem Slanze von . 


Märtyrern der Volbsrechte umgeben wurden: fo konnte 
dies nur die natürliche Folge haben, daß jest einer groͤ⸗ 
Bern Mehrheit die Mängel ber beflehenden Verfaſſungen 
und Verhaͤltniſſe fühlbar geworden find. 

Mögen immer die Anhänger der Stabilitätspartei dar⸗ 
über lachen, daß mitunter der Ruhm eined Delden der 


Freiheit etwas wohlfeil zu erlangen war, daß der Libera⸗ 


lismus in den verfchiedenen Heinen deutfchen Staaten feine 
großen Männer fchon zu Dugenden zähle. Es ift freilich 
wahr, daß von großen Männern nicht fuͤglich die Rede 
fein kann, fo lange bie Exeigniffe, der Maßſtab ber Größe, 
noch Hein und Heinlich find. Allein es iſt nicht minder 
wahr, daß auch größere Ereigniffe fi) die Männer erzies 
ben, welche ihnen gewachfen find. Mag alfo immer das 
Volk zumeilen übertreiben, fowol in feinem Haſſe gegen 
Diejenigen, die es für feine Gegner hält, als in feiner 
Liebe für Diejenigen, bie es als feine Freunde erkennt; 
ja, mag es fpäter der Fall fein, daß nicht Alle das in fie 
gefegte Vertrauen rechtfertigen, fobald die Probe ernftlicher 
wird: es bleibt doch gewiß, daß Haß und Liebe vorhans 


ben, und zwar lebhafter als früher, da fie zugleich per⸗ 


ſoͤnlich geworden find. Auch dürfen wir wol in bem 
Umftande, daß jegt das Volk auf Einzelne als auf feine 


\ 


478 


Fuͤhrer ſchaut, ſowol eine Buͤrgſchaft der Freiheit als der 
Ordnung gewahren. Denn ſollten die Stuͤrme der Zu⸗ 
kunft da und dort eine Stuͤtze brechen, auf die es jetzt 
noch ſich lehnt, ſo werden Andere in den Stuͤrmen um 
ſo feſter wurzeln. 

In Frankreich war es hauptſaͤchlich die Preſſe, die in 


der vorderſten Reihe gegen die verhaßte Gewalt der Bour⸗ 


bons ſtritt, und die Unterdruͤckung oder Befreiung der⸗ 
ſelben war das naͤchſte Ziel des Streits. Auch die Sr: 
donnanzen des Jahres 1830 Außerten fid in ihrer un: 
mittelbarften Wirkung der freien Preffe gegenüber, waͤhrend 
zugleich von dieſer Seite der erfte Widerftand erhoben und 
der erfte Anlaß zu einem allgemeinen Widerflande und 
zum Siege des gereisten Volkes gegeben wurde. Schon 
Died mußte auf die Richtung des au in Deutfchland mit 
erneuter Kebhaftigkeit ermachenden Kampfes von entfchel: 
dendem Einfluſſe fein. Alle Kräfte des Liberalismus men: 
beten ſich vorzugsweile auf den Einen Punkt, auf die 
Erringung ber Preßfreiheit. Died war genug, um bie 
Sache der Preßfreiheit in einem weitern Kreife als je zu: 
vor populaie zu machen. Hierzu Bam der weitere Umfland, 
dag man an: den Artikel 18 der Bundesacte ſich anhal: 
ten, daß man alfo auf einem pofitiven Nechtsgrunde fu: 
fen Eonnte, mas grade in Deutichland befonders wichtig 
if. Nach dem Allen drehten fi auch bei unfern ftän- 
difhen Verfammlungen, zunaͤchſt bei der. batrifchen und 
dann vorzüglich bei der badifchen, die hauptfächlichften Be: 
firebungen und das Intereſſe daran, um bie befriedigende 
Loͤſung dieſer einen Lebensfrage. Wie die Löfung endlich 
ausgefallen ift, wiſſen wir Alle, Wir willen aber auch, 
bag man bie Öffentliche Meinung nicht befriedigt, wenn 
man ihr neue Opfer und Entbehrungen auferlegt. 

Es wurde foeben bervorgshoßen, wie fchon dadurch, 
daß von den meiften Wortführern des Liberalismus vorzugs: 
weife die Freiheit der Preffe in das Auge gefaßt wurde, 
die Öffentlihe Theilnahme in befonderm Grade auf diefen 
Gegenſtand gelenft werden mußte. Wird man nur nicht 
müde, ber Öffentlichen Meinung ein beftimmtes Ziel zu 
zeigen, fo werden auch vorzugsweiſe ihre Beſtrebungen ber 
Krreihung deffelben gewidmet fein, fobald daffelbe nur 
überhaupt in der allgemein vorherrfchenden Richtung liegt. 
Aus demſelben Grunde hätte man ihr aber ebenfo leicht 
ein andere und wol leichter erreihbared Biel vorftedden 
Binnen. Es war ein Fehler der liberalen Führer, der je 
doch im oben Gefagten feine Erklärung und feine Ent: 
ſchuldigung findet, daß dies nicht gefchehen iſt. Hat doch 
der Kampf mit den Waffen des Geiftes nicht minder 
feine Regeln der Taktik, als fie ber Kampf auf dem 
-Schlachtfelde hat. Hier, wie dort, muß man die Höhe 
zu gewinnen fuchen, welche die feindlihe Stellung be: 
herrſcht, und dies ift bis jegt nicht verfucht worden, we⸗ 
nigftens nicht von allen Seiten und darum mit feinem 
rechten Erfolge. Wäre diefelbe Kraft, die auf Erringung 
der Preffreiheit gewendet wurde, zunaͤchſt auf die Einfüh: 
-gung und Drganifation einer allgemeinen Volksbewaffnung 
verwendet worden; waͤre dieſe Einführung in Baiern und 
dann in Baden in demfelben Umfange erfolgt, wie fie bie 


jegt nur im Kurfürftenthum Heſſen erfolgt ift, fo würbe 
der Liberalismus in Deutfchland in einer vortheilhaftern 
Stellung fid finden. Schon darin, daß Kurheſſen feine 
Bürgerbewaffnung befigt, ohne daß ihm biefelbe noch zur 
Beit angefochten wurde, Wie doch gar bald mit der badi⸗ 
ſchen Preßfreiheit geſchah, mag man einen Beweis fündem, 
dag man wol auch anderswo vermocht hätte, fich in glei- 
hen Befig zu fegen und in demfelben zu erhalten. Um 
fo leichter wäre Died geweſen, als bier Eeine Bundesbe: 
ſchluͤſe im Wege flanden, und ald man es hier zundchft 
nicht damit zu thun gehabt hätte, die Regierungen zur 
Zuruͤcknahme von Maßregeln anzuhalten, die man als ein 
pofitives Unrecht angreifen mußte, um fein eignes Recht 
geltend zu machen, und deren Zurüdnahme für ein Einge: 
ftändniß begangenen Unrechts gelten mußte. Es {ft ein 
alter und wahrer Grundfag: wie die Heerverfaffung, fo 
die Staatsverfaffung. Und hätte man vor Allem erft die 
Heerverfaffung auf die Maffe des Volles zu gründen ge: 
fuht, fo würde bald das Verlangen der Preßfreiheit mit 
andern Foderungen erfüllt und das einmal Gewonnene 
ſchwerlich fobald wieder entrifjen morben fen. Immer 
bat jedoch der Umftand, daß der fehnlihe Wunfc nach 
Preßfreiheit unbefriedigt geblieben tft, den Gedanken am 
die Mothmwendigkeit einer Bürgerbemaffnung, als der er: 
ten Garantie der Volksrechte, um fo populairer machen 
und die Ueberzeugung begründen müflen, dag man — 
wenn es die Früchte vom Baum der Freiheit zu pflüden 
gilt — am Ende dody mit dem Banonnet weiter reicht 
al8 mit der Schreibfeder. 

Da man indeffen hauptfächli die Bundesbeſchluſſe 
vom 3. 1819 und die hierdurch eingeführten Befchrän- 
tungen der Preßfreiheit zum Gegenftande der öffentlichen 
Diecuffionen machte, fo hatte dies die Folge, daß die 
Disharmonie der Kandesverfaffungen und ber Bundesverfaf- 
fung aud für die größere Menge der politſch Theiineh- 
menden fchärfer hervorgehoben, daß der ſchwer auszuglei⸗ 
chende Gegenfag zwifchen jenen und diefer in heileres Licht 
gefegt wurde. Dies mußte der Idee einer volksthuͤmli⸗ 
chern Vereinigung aller Glieder der deutſchen Gefammtheit 
mächtigen Vorſchub leiſten. Andererfeits lag darin, daß 
zunüchft und mit befonderer Beziehung auf den Art. 18 
der Bundesacte gegen die Befchränkungen der Preffe an- 
gekämpft wurde, ein Grund, warum die ſtaͤndifche Oppo- 
fition entichiedener auftrat, als bei irgend andern Gegen: 
ftanden wol der Fall gewefen fein würde. Dies geſchah 
namentlih mit Dinweifung auf das fändifhe Recht der 
Steuerperweigerung, etwas leifer und unbeftimmter ſchon 
von Seiten der bairiſchen Stände, als fie e8 mit ber vom 
Minifterium Scene erlaffenen Preßordonnanz zu thun 
hatten; allgemeiner und beftimmter dagegen in der badi⸗ 
[hen Volkokammer. Die Frage über die Steuerverwei⸗ 
gerung war aber ein Gegenftand, ber bie materlellen Ber: 
hältniffe am empfindlichften Punkte berührte, während er 
zugleich Anlaß gab, auf alle Principien und Conſequenzen 
des conflitutionnellen Lebens genauer einzugehen. Es wurbe 
über das Dafein und den Umfang bes Steuervertweige: 
rungsrechts hin und her gefteitten und es lag in der 


a 





479 


Matur der Sache, dag eine zahlreiche Menge an dem 
-Streite Antheil nahm. Gewiß gehört kein großer Scharf: 
finn zu dem Beweiſe, daß diefes Recht ben Repraͤſentan⸗ 
ten deutfcher Volksſtaͤmme etwa in bemfelben Umfange 
sufteht, wie den Repräfentanten Großbritanniens; und daß 
man ihm — wäre dies nicht der Fall — diefen Umfang 


geben müßte, wenn das Volk feine Berfaffungen für et 


was mehr als für ein Loftfpieliges und langweiliges Schau- 
fpiel halten fol, bei welchem der Verfaſſer grade die Ent- 
midelung und den Schlußact vergefien hat. Auch hat 
die hohe Bundesverſammlung die Bedeutung biefes Ge: 
genftandes fo wohl eingefehen, daß fie fi in ihren Be 
fhlüffen vom 28. Juni hauptfächlid) damit befaßte, und 
da Solches von Seiten der deutfchen Gentralbehörbe ge: 
fhah, fo hat dies gleichfalls dazu beitragen müflen, den 
prüfenden Blick der politiſch Theilnehmenden vom Einzel: 
nen auf dad Ganze zu wenden und eine compactere Op: 


pofition und Gegenoppofition in das Leben zu rufen. 
(Die Fortfegung folgt.) 





Die Theater in Paris im Sahr 1833. 
Smweiter Artikel.) 

Nur wer weiß, daß die Zahl der alljährlich gefertigten 
Theaterflüde aller Art in die Hunderte geht, Tann fi) von ber 
Raſchheit, mit welcher fie aufeinander folgen, eine Vorſtellung 
machen. Sn den Eleinern Theatern wird jeden Tag gefpielt und 
ein neues Stuͤck fo lange unaudgefegt gegeben, als die Fuͤlle 
des Hauſes auf das Kortbeftehen der Gunſt des Publicums 
fchließen läßt. Auf diefe Weife kann es gefchehen, baß ein mit 
großem Beifall aufgenommenes Stüd nad einigen Wochen — 
felten dauert «8 länger — auf immer verſchwindet. &o Fönnte 
es auch, wäre die graße Zahl der Theater nicht, fommen, daß 
ein Fremder, weldyer fi nur eine beftimmte Zeit in Paris 
aufhalten will, nad einigen Tagen in Verlegenheit geriethe, 
dem Beſuchen eines und deſſelben Stüdes auszuweichen. Die 
Regel ift an den Elcinern Theatern, unter ben gewöhnlich ge: 
fpielten vier Etüden drei ältere und ein ganz neues auf 
zuführen. 

Im Monat Februar wurden 22 neue Stüde gegeben; das 
Palais royal gab’ in wenigen Tagen die fogleich zu nennenden 
vier und ftudirt bereitd zwei andere ein. Welchen Werthes biefe 
Producte in der Regel fein koͤnnen, ift danach leicht zu ermef: 
fen, und obendrein will der Garneval feine Freibriefe nicht auf: 
geben, er nimmt Milde in Anſpruch, und fürwahr, er hatte dies 
Jahr befondere Urſache, auf feinem Privilegium zu beharren 
und der Nachſicht des Yublicums ſich zu rübmen. 1) „Trois 
t&tes dans un bonnet”, Vaudeville von Vernet, ift ein ſchwa⸗ 
ches, unbedeutendes Ding, in welchem ein lange abmwefender und 
zurüderwarteter Liebhaber unter drei verfchiebenen Geſtalten, als 
alter Salan, als Bauer und als altes Weib, feine Beliebte 
auf die Probe ftellt und verirt, um fie hinterher um fo 
mehr zu uͤberraſchen. 2) „Le singe et l’adjoint”, Vaudeville 
in einem Act von Duvert und Henry. Zu einem Balle, wel: 
her in einer Provmzialftadt bei einem Maire gegeben wird, 
ift auch deſſen Adjunct eingeladen, welcher fih in einem tollen 
Einfalle als Affe maslirte. Während der Abjunct in feiner 
neuen Haut ſtolzirt, entweicht ein Drang:Dutang aus der Me: 
nagerie von Martin, und nun entfteht ein komiſches Qui pro 
quo. Der Affe empfängt als vermeintlicher Adjunct alle Ehren: 
bezeigungen, und man ift fehr erftaunt, daß er nicht fpreche. 
Der Adjunct dagegen, beffen Kleidung geflohlen worden, muß 
in der Affenuniform nach Haufe kehren. Unterwegs widerfah⸗ 


*) Vgl. Nr. 66-58 d. BI. D. Red. 


ren ihm wegen feiner erborgten Haut alle Unbitben. Die. 
Hunde fallen ihn an, und zulest fängt ihn ber Menagerie: 
auffeher und fperrt ihn in den Käfig. So gefchieht es, daß 
gleichzeitig ber Affe ale Adjunct geehrt und in deſſen Ger 
meinde als folcher empfangen und ber Abdjunct als Affe ge 
prügelt wird, bis ſich enblich ber freilich nicht fehr wahr 
ſcheinliche Misgriff aufliärt — Carneval! 3) „La gageure 
des trois commeres” , Vaudeville in drei Acten von PBic: 
tor Desmares. Dieſes Stuͤckchen iſt nad Lafontaine und 
Boccaccio gebildet und nicht ohne komiſche Stellen. Drei Ehe⸗ 
männer wagen bie vermeffene Behauptung, baß ihre Weider 
nicht im Stande feien, fie anzuführen, und nun große Verſchwoͤ⸗ 
rung unter ben brei weiblichen YBundesgenoffen. Sie verbünben 
fi) mit einem Vetter, einem gereiften und gewandten Barbier. 
Diefer wird in bad Haus bed erſten Ehemannes eingeführt als 
Gärtner, und während der Ehemann, melcher durch ein unter 
gefchobenes Billet angeführt und auf eine zu erwartende Pers 
fon aufmerkſam gemacht worden, ſich vergebens bemüht, auf 
feinem Obfervatorium biefeibe zu entdeden, fist der @ärtner 
bei feiner Frau in ber Laube und macht ſich mit ihr luſtig über 
ben Sefoppten. In dad Haus bed zweiten wirb er als Dienft- 
magd aufgenommen und der Hausherr vergißt ſich fo weit, ihm 
Liebesanträge zu machen, fotaß die Dame, um die Unſchuld des 
Maͤgdleins zu fehügen, daffelbe in ihr Schlafgemady aufnehmen 
muß (?). Auch er ift geprelt. In das Baus des dritten 
verfhafft ihm die Verkleidung als Gteuercontroleur Eingang. 
Es entfpinnt fid während der Unterhaltung ein Streit, ob man 
von einem beflimmten Orte bie Eßglocke hören koͤnne, und wäh: 
rend der Ehemann, feine Behauptung zu ermweifen, ſich müde 
läutet, Füßt der Herr Gontrolcur feine Frau. Hinterher rafırt 
der Barbier bie drei Ehemänner, und während er fie alle drei 
eingefeift vor ſich figen hat, erzählt er einem nach dem andern 
feine Gefchichte. Die Wette ift verloren. 4) „Le cadet de fa- 
mille”’, comedie-vaudeville. Dieſes &tüd, welches daß ges 
wöhnliche Sujet von den jüngern Söhnen größer Familien ber 
handelt, bat am erften Abend vor Bifchen und Pfeifen nicht 
ausgefpielt werden können. Seitdem aber ift bie Beharrlichkeit 
ber Direction gekrönt worben, und es wird ununterbrochen und 
fetoft mit einigem Beifall gefpielt. 

Ehe die große Kataftrophe ber Gefangenen von Blaye befannt 
war, hatte der Kaurbourg St.s ®ermain ben Entſchluß gefaßt, 
während bes Garnevald nicht zu tanzen und feine Gefellfchaften 
zu befudhen. Dies und ein Roman: „Les trois amis“, von 
Rey: Duffeuil, in welchem bie legitimiftifche Partei bargeftellt 
wird, wie fie ihre Ausgaben einfchränkt und die unentbehrlicken 
Begenftände auf Credit fauft, um die Kaufleute zu ruiniren, 
haben zu einem Vaudeville: „Les boudeurs, ou un bal au 
fauxbourg St.-Germain”, Anlaß gegeben, meldyes im Thea⸗ 
ter des Pantheon mit vielem Beifall aufgenommen würde. Auf 
der nämlidhen Bühne wird feither ein neues Drama (sit venia 
verbo) aufgeführt: „Joseph L...’, weldem eine biftorifche 
Begebenheit der 179er Zahre zum Grunde liegt. 8... wird 
unfduldig zum Tode verurtheilt, und obgleich ber wirkliche 
Zhäter, welcher gleichfalls verhaftet ift, ſich als ſolchen angibt, 
muß 8. bo, da feine Berurtheilung in geböriger Form ger 
ſchehen ift, bie Todesſtrafe erleiden. Das Stüd wurde mit ges 
theiltem Beifall und Pfeifen aufgenommen. 

Das Theätre de l’ambigu comique fchleppt fih mit zwei 
Stüden fort, weldye beide keiner befondern Aufmerkfamkeit wür: 


“dig find: „Un cinquieme acte’‘, drame-vaudeville in brei 


&cten von Benjamin und Hyacinthe. Zweierlei ift fehr kurz⸗ 
weilig an dem kleinen Theater, einmal daß beinahe immer zwei 
Autoren zu ben Stuͤcken genannt werden, bie in ber Regel nur 
um deſto ſchwaͤcher und traftlofer find, fodann daß biefe Meis 
fter Alles, was nicht abfolut Faſchingſpiel ift, mit tem Namen 
Drama belegen. Drama ift ber große Mantel, welcher über 
alle namenlofe Dinge geworfen wird; Drama heißt ebenfo gut 
die Tangweiligfte, aliee Handlung entbehrente, aber nicht total 
laͤcherliche Erzählung, als die Anhaͤufung ber abſcheulichſten 


Greuelthaten ober das laͤcherliche Pathos einer irgendwie ſich 
geſtaltenden Gntwidelung; unb gar drame - vaudeville zufam 
men, das ift ein Keffel, in welden man ungefcheut bineinwer: 
fen kann, was man nur immer will; das Ergebniß muß jedem Ge⸗ 
ſchmacke genügen. „Der fünfte Act’ ift das Muſter eines ſolchen tras 
gikomiſchen Stüdes, in weldgem eine vornehme, graufame und 
bartherzige Dame, ein unglüdlicher, verfdgmähter Liebhaber, 
welcher die Dame erdolcht, und ein Budlicher, welcher ben Ins 
friguanten fpielt, die Sauptrollen fin. — „Ibrahim, ou le 
tröne et la fiancde”, Melodram in drei Acten unb ſechs Ta⸗ 
bleaux von Laurend. Hier kann ich nicht beffer thun, als die 

ie des „Figaro” citiren: „Diefes Städ bieb anfänglich 


- „Algier, fobann „Der Thron und der Kanonenſchuß“, hernach: 


„Ibrahim, oder ber Thron und die Braut”. Noch ein Faublas, 
ein Afritaner, welchen alle Weiber fürdhten. Aber welch ein 
gaublas Stellen Sie fi einen fhwarzen Dann vor, beffen 

opf mit einem Stüd Kattun flatt eines Kaſchemirs ummidelt 
ift, welcher einen Dolch im Gürtel trägt und aus Zerftreuung 
und Giferfucht die Weiber toͤdtet. Sie fehen auch eine Prin: 
zeffin mit einem Zurban, einen Prinzen mit Pantoffeln und eis 
nen Gimpel mit einer langen Pfeife. Am Ende des Stuͤckes 
werden 21 Kanonenfhüffe getban und Ibrahim fegt ſich auf 
ben Thron, bie Prinzeflin erboldht fi, der Prinz wird ents 
thront und der Gimpel raucht feine Pfeife”. 

Das Süd ift überall unbillig und gefellt fih nur zum 
Stüde. Das Theätre du vauderville, weiches ohnehin im Bes 
fige zweier anziehenden Stüde ift: „Faublas’ und „Les che- 
mins en fer”, hat noch eins erhalten: ‚Une passion”, Baus 
deville in einem Act von Dedvergerd und Varin, worin der 
Komiker Arnal, welder die bummen Zungen mit einer unbes 
ſchreiblichen Vollkommenheit fpielt, bie Zufchauer bis zu Thraͤ⸗ 
nen lachen macht. Antbhenor, ein junger Mann, weldyer ber 
neuern romantifchen Literatur anbängt, verliebt fich in eine 
Yuppe, einen weiblichen Automaten in ber Werkftätte eines 
Malers, weicher feinerfeits die Liebesbemonftrationen von Athes 
- nor als feiner Frau geltend aufnimmt und eiferfüchtig wird. 
Am Ende entbedt fi der gegenfeitige Irrthum, Anthenor hebt 
noch ein Mal den Schleier des Automaten auf und findet plöß: 
lich darunter eine junge ſchoͤne und liebenswürdige Goufine des 
Malers, welche die ber Puppe gewidmete Flamme empfangen 
und erwibert hatte. Anthenor if mit dem Tauſch zufrieden 
und heirathet fie. 

Sch bemexcke bier ein für alle Mal, daß man ſolche Stuͤcke 
muß aufführen fehen. Das Gpiel ift in ber franzdfifchen Ko: 
mödie, namentlich aber in foldhen Meinen Stüden, Local⸗ und 
Beitpoffen Alles. Manches Stüd, welches zum Lefen unauds 
ſtehlich und die Langweile und Mattigkeit felbft ift, erhält durch 
dad Spiel und Talent bes Schaufpielers einen Werth, wovon 
oft felbft der Verfaffer keine Ahnung hatte. Diefe Bewandtheit 
des Spielers erprobte ſich in ben legten Tagen in anderer Be 
ziehung in der Parodie. Go oft bier ein neues Stück gefpielt 
wird, das etwas Auffallendes hat ober von einem Schriftſteller 
herruͤhrt, welcher die gewöhnliche Bahn verläßt, werben alsbald 
Parodien gefertigt, bei denen nicht felten bie Eitelkeit und bie 
beleibigte Selbfifucht verbunfelter oder überflügelter Nebenbuh⸗ 
ler ins Spiel tritt. So bat Gcribe in einem Städe: „Une 
repetition generale”, eine Parodie auf ‚„‚Lucrecia Borgia”, ge 
liefert und barin hauptſaͤchlich feine Fehler und Mängel zum 
Nachtheil von Victor Hugo zu rechtfertigen und zu loben ge: 
ſucht. So ſehr auch in folgen Gegenftüden bie Hauptpiece 
und der Verfaffer mitgenommen werben, fo bat bies doch auf 
die Öffentliche Meinung gar keinen ober hoͤchſtens den Ginfluß, 
daß Die, welche das Hauptftüd noch nicht gefeben, aufmerkfam 
darauf gemacht werben, unb ſehr häufig machen die Parobien 
das Gluͤck bes parodirten Schaufpield. Man ift daran gewöhnt, 
von jeber etwas faillanten Erfcheinung eine Parodie zu erleben, 
welche der gemishanbelte Autor gewöhnlich felbft mitanfieht. 

Solcher Spottftüde auf „Lucrecia Borgia’’ werben an 
bem Gymnase ba8 ebengenannte von Gcribe, an ben Varie- 


ten: „‚Tigresse mort aux rats”‘, an bem Ambigu comique 
„L’ogresse Gorgia‘', und ein anberes an bem Gpringtheater 
der Madame Saqui aufgeführt. Wenngleich diefe Producte aller 
Kunft und alles Berbienftes entbehren, fogar ſehr häufig ine 
Platte und Gemeine übergeben, was insbefondere am Ambigu 
comique und felbft an den Varietes ber Kalt iſt, fo iſt doch bie 
Nachahmungskunſt der Acteurs bevundernewerth und daher mans 
che Scene, die raſchen Uebergänge vom Burlesken zum Tragifchen 
und umgekehrt wahrhaft komiſch. In „Tigresse mort aux rats” 
liegt ein Voltigeur in franzöfifcher Uniform und in rothen Haas 
sen an ber Stelle bes Gennaro — hier heißt er Cascaro —, 
und zwar in fo unſchicklicher Stellung, baß, während Eucrecia 
ihren Befühlen und ihrer mütterlihen Liebe Worte gibt und in 
feine Anſchauung verfunten fein fol, fie flatt feine Geſichtes 
nur feinen Rüden fehen Tann. Im zweiten Act läßt der Bes 
mahl der Zigrefle, ein Apotheker, ftatt Gift ein abführendes 
Getränk feiner Fabrik auftragen und Lucrecia ſchenkt ihm heim: 
licherweife davon in fein Glas, ſodaß er der hauptfählid Ber 
ftrafte ift. Während nun ber Apotheker die Wirkung des Trans 
tes verfpürt und von dem Manufcript ber „„Lucrecia Borgia‘, 
welches, mit großen Buchſtaben überfchrieben, im Souffleurfaften 
liegt, einen Segen berunterreißt und fortläuft, ahmen die Zi: 
greffe und ihr Liebhaber Gascaro im lächerlichfien Pathos die 
Mimil, die Sprache und das Spiel von Frederic : Lemattre und 
der Mile. Georges fo täufchend nad, daß man, um fidh der 
Jiluſion gänzlich hinzugeben, nur die Augen zu fließen braucht. 
Ich bemerkte hierbei, daß die Sranzofen die Mängel und lächers 
lichen Uebertreibungen ihrer bermaligen größten tragifchen Schau⸗ 
fpielerin recht gut erkennen und zu perfiffliren wiſſen. — 
Außer diefem Schwank gab das Theater Varietös zwei andere 
Stüde: „La fileuse”, Vaudeville in einem Act von Leon, 
Maillan und Jaime. In Irland beſtand eine Spinnerinnens 
gefellfchaft, der Orden zur Kunkel, in welchen jebes Mädchen 
eingefchrieben wurde, welches mit 20 SJahren noch nicht 
verheirathet war. Wer nun ein Mädchen, welches zu dieſem 
Orden gehörte, küßte, mußte es entweder heirathen, ober eine 
ſtarke Geldbuße bezahlen. Aus biefem fehr intereffanten Stoffe 
haben bie drei Stuͤckſchreiber nichts Anderes zu machen gewußt, 
als daß ein reicher Graf, welcher aus Indien zurüdtehrt, an 
bem Feittage der Spinnerinnen eine berfelben, und — verfteht 
fid — feine treue Geliebte kuͤßt, welche er aber nicht Eennt!! — 
„Le bapteme du petit Gibou”, Garnevalspoffe, ift eine Sort: 
fegung des vorjährigen Stüdes: „Madame Gibou et Madame 
Pochet’’, welches fidy mit einem Thee endigt, in welchen zuletzt 
alle ISngredienzen der Küche gegoffen werden. Seitdem ift die 
Tochter der Madame Gibou entbunden worden und das Kind 
foU getauft werden. Der Wie bes Stuͤckes liegt hauptſaͤchlich 
in ber Verkleidung der zwei belannten Komiker Odry und Bernet, 
wovon der Eine die Madame Gibou und der Andere die Mar 
dame Pochet macht. Odry, in einem kleinen weißen mobifchen 
Huͤtchen mit Blumen darauf, bibi, ift Föftli und veranlaßte 
das Urtheil eines Blattes, daß alles Verdienſt des Stückes der 
Putzmacherin angehöre, welche dieſes Hütchen verfertigt habe. 
(Der Beſchluß folgt.) 








Literarifhe Notizen. 

Herr Eliacin Carmoly, Oberrabbi in Belgien und Mir: 
lied der Aſiatiſchen Gefellfchaft in Paris, ift damit befchäftigt 
ie Reifen Benjamin’s‘ von Zubela nah einem hebräifcgen 
Manufcripte aus dem 15. Zahrhunbert, mit Noten und beiges 

deuckter franzoͤſiſcher Ueberfegung, neu herausgegeben. 


Das große in Bolpgna beſorgte Woͤrterbuch der italieni⸗ 
ſchen Sprache in ſieben Großquartbaͤnden iſt jett vollendet. 


Eine franzöfifche Ueberfegung von Hammer's „Gefichte der 


Affaflinen‘ wirb vorbereitet. 15 





Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagäbandlung: %. A. Brodbaus In Leipzig. 








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eerarifhe Unterhaltung, 





£ Son na bend, 


27. xprit 1833, 





u Geſhichte der  ffentticen —— in Deutfilant, 

‚Bünfter und legter Artilel 

(Fortfegung aud Nr. 116.) 

Haben wir im Vorthergehenden unſer Augenmerk nur 
auf Das gerichtet, was in Mitte dee fländifthen. Verſamm⸗ 
lungen für Herftellung einer freien Preſſe, wenn nicht er⸗ 
wirkt, doch erſtrebt wurde, ſo muͤſſen wir jetzt no den 
Einfluß der Preſſe ſelbſt betrachten. Kaum hatte die Juli⸗ 
revolution auch in Deutſchland den Anſtoß zu neuer Be⸗ 
wegung gegeben, ſo offenbarte ſich in hoͤherm Grade als 
je zuvor, wie ſchwach der Zahl und der Art u die lie 
terarifchen Widerfacher des Liberalismus feien. Die geift: 
vollften Gegner deſſelben finden fih, mie dies aud in 
Frankreich der Fall ft, meniger unter ben unbedingten 
Vertheidigern des Beſtehenden ald unter den Mitgliedern 
einer Contreoppofition, die aber felbft in vielfacher Hin⸗ 
fiht dem Liberalismus in bie Hände arbeitet, weil fie 
nur von einer entgegengefegten Seite aus ihre Angeiffe 
gegen biefelbe Mitte richte. Dahin gehörte, wenigſtens in 
mancher Beziehung, Jarcke mit feinem „Politifhen Wochen: 
blatte”, die münchner „Eo8” u. dgl. Immer haben jedoch 
folhe Schriften und Scheiftfteller nur ein kleines, mit 
ihren Anfichten in Wahrheit übereinftimmendes Publikum 
und hoͤchſtens nur einige neugierige Lefer, die Geſchmack 
am Seltfamen finden, ohne «8 deshalb für mehr als felt: 
fam gelten zu laſſen. Die Meiften halten diefe Schrift: 
ſteller für nicht befier als für Rafende, die wentgfiene 
Berftand genug hatten, um Verſtand verlieren zu können, 
und welche in einigen lichten Zwifchenräumen mitunter 
nody etwas Kluged und Treffendes vorbringen. 

Selbſt dieſes Letztere laͤßt ſich von den ergebenen Ver⸗ 
theidigern der Gewalt nicht behaupten. Sie haben ſchon 
darum wenig Credit, weil man von allen Seiten geneigt 
iſt, die Lauterkeit ihtes Willens in Zweifel zu ziehen. 
Beſonders gilt dies von jenen literariſchen Marodeurs, die 
erſt nach Erlaſſung der juͤngſten Bundesbeſchluͤſſe auf dem 
Kampfplatze erſchienen ſind, um uͤber die Verwundeten und 
Scheintodten herzufallen, und welche tapfer wurden, nach⸗ 
dem ſie ſich getroͤſten durften, auf keine bewaffneten Feinde 
zu ſtoßen. 

Außer dieſen beiden Arten von politiſchen Schriftſtel⸗ 
lern haben wir in Deutſchland ein ziemlich zahlreiches 
juste-mijieu, einen Mittelſchlag In jeder Beziehung, der 


ohne tiefered Eindringen in die Bedeutung ber Ereignifle 
von ber bewegten Oberflähe dahin und dorthin geſchqu⸗ 
kelt wird. Es gelingt ihnen zuweilen, eine wirklich ſchwa⸗ 
he Seite des Liberalismus zu ruͤgen, oder. wol auch etz 
was Geiftvolles im Intereſſe deſſelben zu ſagen. Aber 
die oͤffentliche Meinung laͤßt Jenes bei Seite liegen und 
befaßt ſich nur mit Dem, was den einmal herrſchend ge⸗ 
wordenen Anſichten von Freiheit und Volksrechten ent⸗ 
ſpricht. Denn es gibt zuweilen ſolche Perioden, in wel⸗ 
chen der Volksgeiſt nur fuͤr eine beſtimmte Gattung 
von geiſtiger Nahrung empfaͤnglich iſt, und nur dieſe in 
Saft und Blut des oͤffentlichen Lebens übergehen laͤßt. 

Was endlich die entſchieden Freiſinnigen betrifft, ſo 
duͤrften ſich mit mehren Abſtuſungen drei Hauptelaſſen 
unterſcheiden laſſen. Wie die Cavalerie, Infanterie und 
Artillerie eines und deſn Heeres, dienen ſie jedoch nur 
einem und demſelben Zwecke; obgleich zuweilen einige Ei⸗ 
ferſucht auch unter dieſen verſchiedenen Waffengattungen 
zum Vorſchein kommen mag. 

Unter ihnen erblicken wir zunaͤchſt Diejenigen, welche 
noch jetzt, wie fruͤher, hauptſaͤchlich mit der Waffe der 
Ironie und des Spottes die Hinderniſſe bekaͤmpfen, welche 
der Entfaltung eines freiern Volkslebens ſich entgegenſtel⸗ 
len. Man hat Boͤrne — und wol nicht mit Unrecht — 
ben Vorwurf gemacht, daß er allzu hoch über die Wahr⸗ 
beit hinausgehalten, um in das Ziel zu treffen; daß auch 
ber keckſte Humor von der leitenden Hand der Mahrheit 
nimmer ſich losreißen dürfe, wenn er nicht feine Bedeu: 
tung verlieren fol; ; daß feine „Briefe aus Paris”, obwol 
fie da und dort einige Gemüthsbewegung erzeugten, boch 
mehr bie Folge hatten, daß man an dem Verfaſſer fish 
mehr ärgerte ald an den Fehlern, die er angegriffen hat. 
Mag dies richtig fein, fo haben doch von dem Hagel von 
Pfeilen, die er abfendete, nicht alle das Centrum verfehlt; 
und wenigſtens mögen Andere an feinem Beifpiel gelernt 
baden, mit fchärferm Auge auf die richtige Mitte zu 
halten. Dies ift [2 B. gefchehen in ben „Erinnerungen 
aus Paris” und in Heine's Schrift: „Die franzöfifchen 
Zuftände”. Ueberhaupt laͤßt fih bemerken, daß Heine 
eenfter und bedeutender wurde in bem Maße, wie es hie 
Zeit geworben ift. 

Zur Seite. Derjenigen, welche ihre nedenden Angriffe 
auf bie ganze Fronte ihrer Gegner ausdehnen, ficht man 


482 


—8— 


Die, welche an der einfachen, aber nicht immer befolgten 
Regel feſthalten, daß man, um vorwaͤrts zu kommen, ſich 
gefallen laſſen muͤſſe, mit dem erſten Schritte anzufangen. 
Sie find daher vor Allem bemüht, zur Beſeitigung ber 
naͤchſtliegenden Dinderniffe und zur Vertheidigung des ein: 
mal gewonnenen Bobens bie vielfach) zerftreuten Kräfte des 
Liberalismus an beflimmten Punkten zu vereinigen. Don 
der richtigen Anficht audgehend, daß man die Öffentliche 
Meinung und ihre Macht nur ſchwaͤcht und verwirrt, 
wenn man fie theilt, fuchen fie einige wenige und ein: 
fache Srundwahrheiten zum Dogma berfelben zu erheben. 
Und in einer Zeit, da die Pforten der Freiheit nicht mit 
Gewalt gefprengt werben können — denn ſolche Momente 
im Voͤlkerleben treten nur felten ein und wollen bann 
ſchnell benugt werben — halten fie dafür, daß man we: 
nieftens nicht müde werden müffe, fih um den Schlüffel 
zu bemühen, der fie zu Öffnen vermag. Darum waren 
fie es vorzüglich, welche der Weberzeugung Eingang zu 
verfchaffen mußten, baß ohne unverfümmerte Preßfreiheit 
alles DVerfaffungswefen nur ein feelenfofer Körper iſt, und 
dag man nur um ben leeren Schatten der unzertrennli: 
chen Schweftern, Freiheit und Ordnung, ſtreitet, fo 
lange nicht Beide unter den Schug einer mohlorganificten 
Volksmacht geftellt find. Ste halten e8 für Bein Großes, 
wenn irgend ein fertiges Conftitutionsproject zu Papier 
gebraht und damit ein Ei gelegt wird, mit der guten 
Hoffnung, daß es bie Zeit einmal ausbrüten werde; fie 
find vielmehr überzeugt, daß man einen Zankapfel unter 
feine efgne Partei werfe, wenn man biefelbe von ben 
praktiſchen Kragen weg auf das unbegrenzte Gebiet ber 
Theorien vermeife. Gleichwol wiſſen fie, daß man nicht 
zu kämpfen liebt, ohne irgend ein Ziel vor ſich zu ſe⸗ 
ben. Sie bemühen ſich alfo, den Mittelpunkt ins Licht 
zu fegen, in welchem enblich alle Beftrebungen bes Libe⸗ 
ralismus, mag der Ausgangspunkt derfelben noch fo ver: 
fhieden fein, fi vereinigen müffen. Und diefer Mits 
telpunkt felbft ruht wieder auf einem doppelten, fo na= 
türlichen als feften Grunde. Er beruht auf der Noth: 
wendigkeit der vepräfentativen Verfaffung und auf der 
Ueberzeugung, daß einem felbfländig ſich fühlenden Volke, 
auch die Mittel zur Selbſtherrſchaft nicht verfagt mer: 
den duͤrfen; er beruht zugleih auf der Nationalität 
und auf der Ueberzeugung, daß ein Volk, deſſen einzelne 
Abtheilungen durch gemeinfame Geſchichte, Sprache und 
Sitte zu einer natürlihen Gefammtheit verbunden find, 
auch durch das pofitive Staatsrecht als Gefammtheit an: 
erfannt werben muͤſſe. In ihrer Anwendung auf unfer 
gemeinſames deutſches Vaterland fpricht fich dieſe zwei⸗ 
fache Ueberzeugung in der Idee einer Nationalrepraͤ⸗ 
fentation aus. Man mag ſich dieſen oder jenen Gang 
der Entwidelung denken; man mag an bie Möglichkeit 
allmäliger Reformen oder an die Unvermeldlichkeit gewalt⸗ 
famer Ummälzungen glauben; man mag ſich taufenderlei 
Sormen einer deutſchen Sefammtverfaffung erfinnen; es 
mag von einer conflitutionnelen Geſammtmonarchie oder 
einer untheilbaren Republik, von einem monarchiſchen oder 

republikaniſchen Söderativftaate, oder von was fonft bie 


Rede fein — immer wird man body, fobalb man nur bei 
Ausbildung biefee Formen von ben Principien des Libes 
ralismus ausgeht, das Dafein einer Nationalrepräfen- 
tation al& ein nothwendiges Element aufnehmen muͤſ⸗ 
fen. Und wirklich fehen wir ja, daß dies in allen, neuer⸗ 
dings zu Tage gefördert Verfaſſungsentwuͤrfen der Fall 
gewefen if. 

Unter den Vorkaͤmpfern, welche bie eben bezeichnete 
Richtung des Liberalismus verfolgen, indem fie, ohne ben 
hoͤhern Geſichtspunkt aus dem Auge zu verlieren, vor⸗ 
zugsweiſe ihre Keäfte fuͤr die naͤchſtliegenden Aufgaben ges 
fammelt halten, fehen wir Männer, die bereitd eine laͤn⸗ 
gere politifche Laufbahn Hinter fich haben. Wir erbiiden 
darunter insbefondere die Mehrzahl Derjenigen, welche 
bie politifhe Schule ber Jahre 1819 fg. durchgemacht 
und damals Anlaß genug gefunden hatten, der unprakti⸗ 
[hen Theorien und ber inhaltsleeren Allgemeinheiten bis 
zum Ueberdruffe fatt zu werden. Viele andere wadere 
und ausgezeichnete Männer, wie ber an Geift und Cha: 
ratter fo hervorragende P. Pfizer, baben fi) denſelben 
Beftrebungen angefchloffen. 

. (Der Beſchluß folgt.) 





Die Theater in Paris im Sabre 1833. 
Zweiter Artikel 
(Beſchluß aus Nr. 116.) 

Das Theätre francais hat noch einmal einen Stern ber 
frühern Größe über feiner Bühne leuchten fehen. Mile. Duchesnois 
bat ihre Abfchiebsvorftellung gegeben. (Eigentlich ift fie bereits 
vor vier oder fünf Fahren abgetreten.) Bor biefer Borftellung übers 
legte man lange, welche Stüde die Schauſpielerin auswählen 
fole; von mehren Geiten machte man fie auf ben bermaligen 
fonderbaren Geſchmack und die Liebhaberei des Yublicums, auf 
fein Verlangen nah Gräßlichem und Tollem, was man jet 
Drama nennt, aufmerffam und rieth ihr an, bemgemäß in einem 
ber neuern Stüde zu fpielen; allein Mile. Ducssnois beharrte 
mit vieler Sonfequenz auf ber Wahl bee zwei Gtüde, welche 
ihren Ruhm und ihren Namen begründet haben. Sie fpielte 


 „Phedre‘ von Racine und einen Act von „Dlaria Stuart”, 


welche Lebrun eigens für fie gefchrieben Hatte. Daß fie wohl 
gethan, bewies der Erfolg. Sie erntete nach einer breißigjäh- 
zigen Garriere bdenfelben Beifall und das Zujauchzen, welches fie 
einft in ihrer Höchften Wlütenzeit begrüßte. Das Haus war, trog 
ber doppelten Preife, voll bis in die höchften Räume... Auch 
bat die Künfkerin biefe fchmeichelhaften Gunftbezeigungen des 
Yublicums in hohem Maße verdient; ihre Spiel war groß und 
durchdacht. Wie Hoch fleht fie über Allem, was ihr auf dem 
Theätre francais nacdygefolgt iſt! In bemfeiben Theater warb 
aufgeführt: ‚Guido Reni, ou les artistes', Drama in fünf 
Acten und in Verſen von A. Beraud und Bouilly, Nach bem 
Zitel follte man bas Leben und das Schickſal Guido Reni's, 
biefes ausgezeichneten und ungluͤcklichen Kuͤnſtlers, erwarten; 
an Stoff hätte es nicht gefehlt. Guido Neni, beffen edler 
Charakter und ausgezeichnetes Zalent ihn fo fehr über feine 
Beitgenoffen erhoben, welchem ein glängendes Roos gefallen war, 
ber in einer gluͤcklichen Stellung ſich befand und Alles einer 
traurigen, fluchwuͤrdigen Leidenfchaft opfertes Guido Reni, 
welcher Zürften und Monarchen um feine Gunft bublen fah, 
ber fih dem Gpiel mit einer Wuth überläßt, welche ihn in 
namenlofes Giend und ſchimpfliche Verworfenheit fihleubert, in 
welcher er darbt und untergeht, war ein reicher Gtoff zu 
einem Drama, der aber in diefem Stuͤcke nicht benugt worden 
ift, weiches ſich hauptfählih um das Schickſal einer roͤmiſchen 





483 ‘ 


Dame Beatrix Eenct herumdreht, und wobei Buido Brent und 
Annibale Saracci nur ale NRebenperfonen erfigeinen. Beatrir 
Cenci, ihrer ausgezeichneten Schönheit halber in Rom und in 
Italien berühmt, war bie Tochter von Francedco Genci, einem 
ber reichten und vornehmften Römer, unb hatte das Ungläd, 
das Gelüfte ihres Waters, eines verworfenen Wolluͤſtlinges, zu 
— Bon ihm verfolgt und bei dem heiligen Vater ver: 
geblich Schotz gegen ihn, fuchend, faßte fie den Entfchluß, durch 
Gewalt von ben Anmuthungen dieſes Ungeheuers ſich zu bes 
freien.” Im Einverftändniffe mit ihrer Mutter, ihrem Bruder 
und einen jungen Prälaten wurden zwei Mörder gebungen, 
weiche Francesco Cenci im Schlaf erbolchten und zum Fenſter 
binouswarfen, wo man ihn bes andern Tages fand. Rach eis 
niger Zeit ward die That entdeckt und WBeatrir, welche allen 
Foltern widerftand und erft, als man ihr bas fehöne lange Haar 
adſchnitt, ihre Schuld befannte, mit ihrer ganzen Familie bins 
gerichtet. Vergeblich führte fie zu ihrer Vertheidigung an, daß 
die Nothwehr gegen ein ſolches GScheufal unmöglich ben Tod 
verdienen koͤnne. Sie mar unermeßlidh reidy, ihre Güter wur: 
den zum Vortheil bes päpftlichen Stuhles confiscirt unb die 
erwartete Begnadigung blieb aus. Auch biefer gefchichtliche 
Stoff war zu einem effectvollen Drama fehr geeignet, wurde 
aber fo wenig als das Leben Guido Reni's in dem genannten 
Stuͤcke zur Anſchauung gebraht. Vielmehr haben die Verfaffer 
aus Beatrix ein ganz naives, reines, unfchuldiges Mädchen ge: 
macht. Niet ihr Vater, fondern ihr Oheim und Vormund ver: 
folgt fie mit feiner Liebe, ihr Bruder rettet fie durch den Mord 
‚des Oheims, und Beatrix wird angeklagt und vor Gericht ges 
bracht. Unterdeſſen ift ihr Bruder geftorben. Sie könnte fich 
durch Angabe des wahren Ahäterd und ber Veranlaffung des 
Mordes retten, allein fie hat ihrer Mutter auf dem Zodesbette 
gelobt, den Schimpf ber Familie nie aufzubeden, und ift daher 
entfchloffen,, lieber das Schaffot zu befteigen, als zu fprechen. 
Eine andere Perſon, Lubovico Spada, Sohn bed ermorbeten 
Brancesco Spaba, hat Kenntniß von dem Hergange und könnte 
durch feine Ausfage bie Angeklagte retten; allein er ſucht im 
Gegentheil Beatrix zu verderben, um deren Hand er geworben 
und beren Vermögen ex nun burch ihren Tod zu erhalten hofft. 
Alles fchien fich zum Verderben der fchönen Römerin verſchwo⸗ 
ren zu haben, da faffen Annibale Carracci und fein Zögling 
Guido Reni, beide Bewunderer ihrer Schönheit und Legterer 
fterbiich in fie verliebt, ben Entſchluß, fie zu retten. Als fie 
verurtheitt wird, foll Ludovico Spada feine Ausfage und feine 
Unfenntniß von dem wahren Verhalt ber Sache eidlich vor dem 
Bildniffe der Mabonna befräftigen; in dem nämlidden Augens 
blide wird ein Vorhang aufgezogen, und die Scene bed Morbes 
fleht in ihrer ganzen Wahrheit vor ben Augen des uͤberdaſchten 
Zudovico, welder ein Wunder zu fehen glaubt und bekennt. 
So wird Beatrir gerettet. Außer bem Vorwurf der unhiſtori⸗ 
Then Behandlung trifft das Stuͤck auch noch der des Mangels 
an Leben und raſcher Handlung. Der Raben iſt ſchleppend 
durch die fünf Acte gezogen. Dagegen flößen bie Scenen in 
der Werkftätte Carracci's und Guido Reni's, die Beſchrei⸗ 
bung bed Künftlerenthufiasmus und ber Auftritt mit ber 
Morbdfcene großes Intereffe ein; auch find mehre Stellen bes 
Stüdes echt bichterifch. 

Das im Theätre francais gegebene Luftfpiel: „Le pres- 
bytere”, in fünf Aufzügen und in Berfen, von Gaflmir Bon» 
jour, ftellt ben @egenfag zwifchen einem alten ehrwuͤrdigen und 
toleranten Pfarrer und einem jungen Giferer von Abbe dar: 
Beides Charaktere, wie fie unter der Reflauration, unter wels 
der biefes Stuͤck ſchon foll gefchrieben worden fein, zu einer 
Bühnendichtung zeitgemäß und intereffant waren. Seitdem ift 
die Frage der Prielterehen in bas Gebiet der öffentlidyen Dis: 
cuffion gefallen und findet darum auch in bem „‚Presbytere’’ 
feine Stelle. Dos Etüd, welches an fid) außekorbentliche Laͤn⸗ 
gen hat, verdankt dem Moment und bemgfintereffe bes Gegen: 
ſtands die günftige Aufnahme, welche es ſonſt kaum gefunden 
haben würde. 


Ich übergehe mehre Heine Stuͤcke, welche nichts Anziehen: 
des darbieten, und die Vorftellung der-Öper „Chiara di Rosem- 


“berg”, Muſik von Ricci, weldye im italterifchen Theater m 
 Berädfichtigung bes fehr jungen Componiſten nachſichtig aufge⸗ 


nommen wurbe, und komme zu „Gustave ou le bal masque”, 
Dper in fünf Acten von Scribe, Muſik von Auber. Die ſchwere 
Geburt ift endlich zu Stande gelommen, und noch fieht der 
Thron Eowis Philipp’s. Wer weiß, mit welcher Aengftlichteit das 
Minifterium ber Aufführung dieſes Stückes entgegenfah, barf ſich 
wol wundern, baß man fo viele Wichtigkeit darauf gelegt hat. 
Der Verf. hat, fei es aus eignem Inſtinkt, fei es aus Une 
terwürfigleit gegen bie minifteriellen Befehle, alle Klagen und 
Beſchwerden befeitigt. Guſtav III., König von Schweden, war 
ein Mann von Geift und Bildung, er liebte die MWiffenfchaften 
und Künfte, hatte Rom und Paris befucht und firebte in feinem 
Reiche Neuerungen nad feinem Geſchmacke fowol im Weſentli⸗ 
den als in Dingen der Form und des Ceremoniels einzuführen. 
Zu ben Ieptern gehörte insbefondere eine ganz eigne, ber fpani- 
fhen aͤhnliche Hoftracht, die er vorfchrieb. Der Abel fland ibm 
in vielen VBeftrebungen im Wege, und er fuchte deſſen Priviles 
gien und Vorrechte zu vermindern und jene der Krone zu vers 
mehren und zu befefligen. Zu dem Ende machte ex gemein- 
ſchaftliche Sache mit dem Volle, und im Zahre 1772 warb ber 
erſte Sewaltftreich gegen ben Adel ausgeführt. Diefer verſchwor 
fih gegen den König. Drei Verſchworene derabrebeten feinen 
Tod: Ankarſtroͤm, Ribbing und v. Horn. Das Loos traf den 
Erſtern, weicher am 15. März 1792 den König auf einem Mas: 
kenballe erfchoß und zur Gtrafe geviertheilt wurbe. So aber 
durfte das hiſtoriſche Factum nicht vorgeführt werben. Gcribe 
bat ftatt deffen einen ganz gewöhnlichen Roman gegeben und bar 
für den Danf der Blätter des juste-milieu geerntet. Der 
Zettel nennt weder ben Grfchoffenen bei feinem wahren Namen 
noch aud) ben Thaͤter. Guftav iſt verliebt in bie Gattin Ankar⸗ 
ſtroͤm's, biefe liebt hinwieder den König, bleibt jedoch ihrer Pflicht 
De ſucht diefe ungluͤckliche Leidenfchaft zu befämpfen und vers 
gt fi deshalb zu einer Here, um von biefer einen Heiltrank 
zu erhalten. Guſtav trifft fie daſelbſt. Ankarſtroͤm beögleichen, 
wird eiferſuͤchtig und tritt von diefem Augenblicke — früher war 
er ber Freund und Vertraute bes Könige — in bie Verſchwoͤrung 
und erfhließt ben König. Eine ſolche Parodie, eigentlich ift eẽ 
nichts anders, ift matt unb tabelnswerth. &ie zerftört alles 
ntereffe, mögen auch bas „Journal des debats’ und der mis 
nifterielle „Figaro‘ bie fabftituirte Intrigue noch fo ſchoͤn und 
fachgemäß finden. „Die große Oper“, heißtes, „muß Weiber und 
Liebe haben, biefe find ihr Leben und bie Quinteffenz ihrer Hand⸗ 
lung, unb Herr Scribe hat daher wohl gethan, die rauhe Wahrs 
heit durch dieſe liebliche Dichtung zu erfegen. Die liebende und 
doch tugendhafte Gattin von Ankarftröm, welche für ſchuldig ger 
balten und beſtraft wird, iſt ein fo intereffanter dramatifcher 
Sharakter u. f. w.“ Beſſer hätte man bie Oper: „Die Angſt 
vor dem Piſtolenſchuß“, genannt und fie auf eins ber Baubevilles 
theater verwielen. Guſtav III. verliebt und feiner Geliebten zu 
einer Bere nachlaufend! Herr Scribe hat dabei nur Cines 
überfehen, daß nämlich Guſtav III. erwieſen gegen die Reise und 


Beftridungen ber Weiber unzugänglid unb felbft gegen die Wer: _ 


führungen ber Schönen am Hofe von Verſailles, und das ift 
boch alles Mögliche, unbarmherzig war. Aber ſolche Nebenrüds 
ſichten Halten biefe Derren nicht auf, zumal wenn es darauf an: 
fommt, mittel® eines Opernterted bie Monarchie zu retten. Eine 
Lächerlichkeit führt gewöhnlich eine anbere im Gefolge, und fo 
fehen wir benn, ich denke in memoriam rei, ben König Gus 
ftav III. mit feinem ganzen Hofe nach der Wohnung ber Here 
ziehen und biefe, im Sabre 1792, beim Hafen von Stockholm 
einen Hexentrank bereiten und in allem Grnfte, ohne zu lachen, 
noch lachen zu machen, den Zeufel anrufen: 

O mon maitre, maitre supr&me 

Dont j'invoque les lois, 

De l’enfer viens toi-me&me 

Et r&ponds a ma voix. 


e 


— — — — — — — 





. 48% 


Je l’entends. — C’est lui-m&me. 
Il r6pond & ma voix. 

Heißt das nicht, das Publicum zum Beſten haben? Zu allem 
— und wie wenn ber Zufall ſelbſt ſich in die Sache ge⸗ 
miſcht hätte, um die Analogie mit dem Piſtolenſchuſſe auf dem 
Bond royal volftändig zu machen, verfagfe in ber erften Aufe 

hrung bie Piftole Änkarſtroͤm's, ſodaß der König ſich beinahe 
in der Nothwendigkeit befunden haͤtte, vor Schrecken zu ſterben; 
vor Langweile über die Bearbeitung Scribe's wäre ebenſo bes 
greiflich geweſen. 

In der Muſik wollen die Kenner, obfchon Feine Annäherun 

zu dem Gulminationspunkte der „Stummen von Portich”, * 
einiges Schöne finden, weil dies auch gar nicht bie Hauptſache 

. 3 ja, in ber großen Oper zu Paris ift in der Hegel bie 
Rufe nicht die Hauptſache, dafür geht man in bie italienifche. 
Aber "die Scenerie, die Decorationen, die Mafchinerie, die 
Taͤnze u. f. w., dafür ift es fchwer, Worte zu finden. Als 
befonders impofant führe ich das Innere eines großen Saales 
an: die Anſicht von Stodholm mit dem Galgen auf dem Zelfen, 
das leicht bewegte Dleer, die ſchneebedeckten Berge. Nicht minder 
ſchoͤn find der Anblicd der ſchwarzen Stadt, ber Mond mit feis 
nem hellen Scheine, ferner das Innere der Hütte der Here, in 
welches die Sonne durch ein auf den Hafen gehendes Benfter 
einbringt, und über alle Maßen ber Opernfaal, welcher wie in 
einem Wirbel von Glanz und Licht, Gold und Feuer ſich bewegte. 
Stellen Sie ſich in dem herrlichen Locale ber hiefigen großen 
Dper, deren Raum vor ber Bühne gewoͤhnlich fchon durch 18 
prächtige Kronleuchter erhellt wird, bie große weite Bühne in ei: 
nen Opernfaal verwandelt vor, in welchem mehre hundert Masten 
und darunter die raffinirteflen und finnreichften in tollem Spiele 
fi herumtreiben, dabei das reihe Coſtum, bie Weibermaffen, 
die Quadrillen und Caricaturen, ber Galopp unb bie ſchwedi⸗ 
ſchen Uniformen, und bie Zänze ber Demoifelle Monteffus und 
der Roblet vor und das Ganze von mehr als 2000 Wachslich⸗ 
tern erleuchtet, fo haben fie einen gewaltigen Stoff für die un: 
gemeffenfte Ausarbeitung ihrer Phantafie, die muß das Uebrige 
thun, meine Beſchreibung reicht nicht weiter. 171, 





1, Kleinigkeiten für eine allzulange Stunde von Sof. 
Kaifer. Wien, Grund. 1832. 12. 8 St. 

2. Liebesbtide von Eduard Maria Dettinger, Sour 

naliſt auf Wartegeld. (Dermalen in ber Contumaz.) 
Berlin, Kraufe. 1831. 12. 8 Sr. 


Als Kunftwerke betrachtet find die vorliegenden Arbeiten 
nicht werth, in einer Zeitfchrift erwähnt zu werben, welche es 
fih zur Aufgabe macht, nur das einigermaßen Bedeutende in 
Betracht zu ziehn; als pſychologiſche Erſcheinungen find fie in: 
deffen nicht ohne Intereffe. Sie ſtehen nämlich zueinander in 
einem Gegenfage, welcher fi in allen Berhältniffen bes Lebens 
häufig wieberfindet, ohne daß er immer gebührend erkannt würde. 

Es gibt bekanntlich Menfchen, welche zwar mit ben noth: 
wendigften Gigenfchaften des Geiſtes und ‚Herzens ausgeftattet 
find und daher brauchbare und pflichttreue Gefchäftsmänner, 
wohlgefinnte Familienvaͤter und zuverläffige Freunde fein koͤn⸗ 
nen, welche aber nichtsdeftomweniger nicht im Stande find, einen 
Gedanken zu faflen, der nicht bereits vor Ipnen gedacht und ge: 
fagt worden und in die Sitte und Gewohnheit ihrer Umge: 
bungen übergegangen wäre. Solche Menſchen find oft in ihrer 
Art ganz vortrefflih, ja fie ftellen ſich fogar nicht felten als 
ſehr würdige Perfdnlicykeiten dar; aber fie müffen ſich jeder 
Beſchaͤftigung enthalten, in welcher ein Hinausgehn über das 
Gewoͤhnliche, Alltägliche erfodert wird, und es ift ihnen daher 
‚namentlich anzurathen, fih entweber gar nicht in bas Gebiet 
ber Kunft zu wagen, ober ihre venfaigen Verfuche wenigftens 
nicht der Deffentlichleit zu übergeben. Diefen Rath hätte man 
dem Verfaſſer von Nr. 1 geben follen. Es fpricht fich in dies 


fen Gedichten zwar eine vecht wohlwollende, in ihrer Unbefum 
genheit zuweilen ergögliche Perſoͤnlichkeit aus, aber auch eine 
entfchiedene Unfähigkeit, felbfländig zu benken. Es findet fig 
in benfelben daher nichts, was nicht ſchon tauſendmal gefagt wäre. 
Nu. 2 gehört zu‘ einer entgegengefegten Art von Erſchei⸗ 
nungen. Sowie nämlich bie vorhin befchriebene Denfchenclaffe 
fih nicht über das Herlömmliche, Gebraͤuchliche zu erhebeg 
vermag, fo gibt es auf ber andern Seite Menſchen, denen ber 
Sinn Hr bas Herkommen, für Sitte, für Schidlichleit und 
Ordnung ganz verfagt iſt, und welche einen befondern Ruhm 
darein fegen, Allem entgegenzutreten, was durch die Bitte ges 
heilige if. Diefe Leute wiffen, wenn fie mit Talent ausge 
flattet find, fih auf imponirende Weife zu aͤußern; benn die 
polemifirende Ginfeitigkeit gewinnt leicht den Schein ber Kraft 
und ber Kefligkeit. Betrachtet man aber das Treiben jener 
Leute näher, fo findet fih, daß fie nicht nur in ihrer Weiſe 
ebenfo befchränft ſind als bie ihnen entgegenftehende Partei, 
fondern daß fie fih auch außerdem noch durch wibrige Ans 
maßung recht gefliffentlih in Nachteil fegen. Zu biefer Sorte 
gehört der Verf. von Rr. 2, unb zwar ift er einer der geiſt⸗ 
Lofeften unter biefen Geiftern ber Verneinung. Und doch fann 
man diefen Werfen eine gewiffe Schärfe der Eigenthuͤmlichkeit 
nicht abſprechen. Die Behaglichkeit, mit welcher der Verf. fs 
in dem Kothe einer bumoriflifch fein follenden Gemeinheit wälgzt 
unb mit bem Unfinn’liebäugelt, wird mit vieler Gonfequenz zur 
Anfchauung gebradit. 173. 





Notiz. 


Ahilles Mutat Über Amerika. 
Die englifche Kritik beleuchtet die „Esquisse morale et 
olitique des Etats-Unis de l’Amerique du nord, par Achili- 
urat, citoyen des Etats-Unis, colonel honoraire dans l’ar- 
mee beige, ci-devant prince-royal des Deux-Biciles’’ (Pa- 
sid 1832). Das Werk ift in Korm von Briefen aus den Jah⸗ 
sen 1826 bis mit 1832 gefchrieben, deren einige fchon 1830 in 
einem dünnen Bändchen erfchienen, während ihr Verfaſſer noch 
in Amerifa war. Dean läßt ihnen im Ganzen bie Gerechtig⸗ 
feit widerfahren, daß fie den innern geſellſchaftlichen Zuſtand 
der Freiftagten faſt am beften von allen darüber erfchienenen 
Büchern, und unparteiifcher als das fonft gewiß vortrefflide 
der MB. Zrollope fhildern, und befchuldigt den Verf. nur einer 
uw. großen und zu fichtlidhen Anhänglichkeit an die Worurtheile 
—* Geburt und fruͤheſten Erziehung. Der erſte Brief han⸗ 
delt im Allgemeinen von ber Eintheilung der Union in Staaten. 
Der zweite gibt eine lebendige und ziemlich richtige Ueberſicht 
vom Stande der Parteien der fogenannten Demokraten unb 
Köbderaliften. Der britte befchreibt auf das anziehendfle bie 
Art ded Verkaufs öffentlicher Eändereion und der Gründung 
neuer Etädte, zufammt dem gewöhnlichen Verfahren bei der 
Bildung und Conftituirung eines neuen Staats. Der vierte 
fprigt vom Negerhandel. Der fünfte gibt eine nichts weniger 
ald erfreuliche Rechenſchaft vom Zuftande der Religion in der 
Union. Der fechöte verbreitet ſich über bie Verwaltung ber Ju⸗ 
ſtiz und macht es nöthig, daB im fiebenten über die in dem 
Freiſtaaten beftehenden Gefege berichtet wird. Im achten ift 
von der Armee, Marine und inbifchen Bevölkerung die Rebe; 
im neunten von den Binanzen und vom Handel und im zehntem 
endlich von ben Sitten und Gebraͤuchen, der Literatur und tem 
fhönen Künften der Amerifaner. 

Wir fügen hierzu bie Notiz, daß durch diefe Kritik bie 
kürzlich ans Licht getretene „History and topography of the” 
United States of North America by Mr. Howard Hiaton’' 
(2 Bände, mit Kgrten und Kupfern) ale das volfiändigite 
und vorzüglichfie Wert über die norbamerifanifge Republif 
namhaft gemacht wird. Nach dem Meßkataloge iſt von Murat's 


Werk eine deutfche Ueberfegung bereits vorhanden. *) 153, 
) Wir berichten noch befonderd darüber. D. Reb. 


Redigirt unter Werantwortlichteit der Verlagähandlung: 8. X. Brodbaus in Leipzig. 
DE 


Blätter ° 


’ für | 


literariſchen 


nterhaltung. 





.o— — 





Fünfter und Iegter Artikel. 
GBeſchluß aus Ar. 17,) 

Als die Außerfien Endyunkte des Liberalismus nennt 
man einen Wirth, Siebenpfeiffer u. A. Seibſt unter wohl 
meinenden Liberalen ſcheint es herkoͤmmlich geworden zu 
fein, dieſe Männes extremer Anſichten und einer Weber: 
treibung zu zeiben, welche ber Sache, die fie vertheidigs 
ten, zum Schaden gereicht habe. Dan mag immer des 
Meinung fein, daß der Eine und Andere in Diefem 
und Jenem zu weit gegangen. So wenig ed zwei Uhren 
gibt, welche die Zeig mit völlig gleichem Maße meſſen, fo 
wenig werben ſich zwei Geifter finden, welche. bie Bedeu⸗ 
tung ber Zeit in voͤllig gleicher Weiſe exfafien. Allein 
mon kdann ba und dert anderer Anficht fein, ohne bie 
tiefe Wirfung zu verkennen, womit aͤhnlich Sefinnte als 
Glieder eines größern Samen in den Gang der Ent⸗ 
widelung eingegriffen haben. Wäre nur Von Wirth und 
den ihm zunaͤchſt Stehenden zum Wolke gefchrieben und 
gefprochen worden, fo möchte freilich der Erfolg nicht 
höher anzufchlagen fein als der Erfolg der\fehe ifolirt ges 
bliebenen politiihen Bemühungen einiger Sünglinge in 
den erſten Jahren nach den Kriegen gegen Frankreich. 
Dies war jedoch nicht der Fall und in der Geſammt⸗ 
beit der politifchsliberalen Bewegungen der jüngften Zeit 
hatten auch jene befondern Zriebräder nicht fehlen dürfen. 
Gilt es die Auseottung von Borurtheilen, fo frommt 
08 nicht immer, denſelben nur faltblütig mit ber einfa⸗ 
hen Wahrheit entgegenzutzeten. Das Aeußerſte kann oft nur 
durch ein anderes Aeußerſtes uͤberwunden werben. Und ift 
es nicht auch ein Extrem, wenn wir von ber „allerhoͤch⸗ 
fien Weisheit” diefes oder jenes Machthabers reden, wenn 
die getreuen Unterthauen in jeder Bittſchrift „in Unterthaͤ⸗ 
nigkeit erfierben” u, dgL? Man wende nicht ein, daß dies: 
nichtöbebeutende Phrafen find. Es mar einmal ein knech⸗ 
tiſcher Sinn vorhanden, welcher bdiefelben erfennen bat; 
bas Herkommen hat fie überliefert, und mit den ftereotyp: 
gewordenen Kormen der Sprache gehen ſtets auch Gefin> 
ungen in den Geiſt des Volkes über. Darum if immer 
jeder Umfhreung im Zuſtande ber: Voͤlker mis fehr bes 
merkbaren Veränderungen in ber Sprache verbunden ger 
weſen. Hätten alfo Wirth und Andere nichts weiter ger 
than. als daß fie eine Zeit lang: bie Sprache einer unge: 


Sonntag, . m Rt. 118, 





wohnten Kuͤhnheit hören lichen, welche dem Herkoͤmmli⸗ 


28. Aprit 1833, 


— — — — we SS — — ⸗— — 





— 


den fo gradezu entgegentrat und darum nothwendig zur 
Prüfung und Beachtung befklben auffodern mußte, fie 
hätten etwas und nicht wenig gethan. Sagte bach Schon 
Diogenes: „Wer einen krummen Stamm grade biegen 
wil, muß ihn eine Zeit kang auf bie andere Seite 
biegen.” In bee That hatte der deutfche Bundestag dieft 
Wirkſamkeit eines Wirth u. f. vo. richtiger zu wuͤrdigen 
gewußt, als ed manche Liberale zu verfiehen ſcheinen. 
Seit Fahren ift von bdeutfcher Einheit und Freiheit, 


von den: Rechten und Beduͤrfniſſen des Volkes gefprochen 


und geicheieben, gefungen. und gebichtet worden. Schon 
bie Allgemeinheit dieſer Erſcheinung ift an ſich feib ein 
Berveis, daß bier ein allgemeineres Bedürfniß zun Grunde 
kiegt. Ein größerer Beweis liegt in dem ſchon berüheten 
Unſtande, daß grade nur Das, was auf jene Lieblinge 
ideen Beziehung hat, im Munde des Volkes fortiebt unb 
fortwirkt. Was Ernſt Morig Arndt In neuefter Zeit ges 
gen den ſogenannten Ultraliberalismus geſchrieben, bat fo 
wenig Beifall als Eingang gefunden. Seine Lieber, bie 
Franzoſenhaß athmeten und den Bannfluch Aber Dad mos 
derne Babylon ausfprachen, find verklungen, während das 
Lied: „Was Ift des Deutfchen Vaterland?” fich erhal⸗ 
ten bet und zum weitverbreiteten Volksliede geworden iſt. 
Mas Goͤrres, der Kaͤmpfer für ein freies und einige® 
Deutfchland, in feiner Birnigen Sprache gefagt, wer in 
die Herzen des Volkes gefchrieben und geht wol auch jetzt 
noch von Mımd zu Mund; was Goͤrres, der Uttramon⸗ 
tane und ber Gegner bes Liberaltsmus, nicht minder 
geiſtreich als ftuͤher fage, ift in die bewegte Oberfläche 
des Zeitſtroms gefchrieben unb wird von. jeber nächften 
Melle begraben. Schon vor Jahren hatte einmal Göthe 
in irgend einem Gedichtchen darauf hingewiefen, wie jegt 
bie Welt geneigt fei, Alles mit ben liberalen Adern In 
Einklang zu beingen und felbft das Unvelllommene und 
Unbebeutende in diefem Sinne zu ergänzen und zu Deus 
ten. Was er ſcherzend und fpotten® bemerkte, iſt eine 
Thatſache, die in den Tiefen des Wölkerlebens ihre Wur⸗ 
zei bat und von ben Männern an der Spige der Staa⸗ 
ten nur auf eigne Gefahr verfannt und gelewgnet wich. 

Immer mödyte es jeboch nicht viel auf ſich haben, 
wenn von Freiheit und Einheit nur geſprochen und ges 
ſchrieben worden wäre; wenn nicht das Bebuͤrfniß bee 





486 


einen ımb dee andern noch auf fonftige Weiſe fich fühl 
bar gemacht hätte. Hier find es aber wieder die mate⸗ 
tiellen Intereſſen, die zum mächtigen Hebel dienen; «6 
find befonder® die Feſſeln, in melche der Verkehr geſchla⸗ 
gen {ft und welche in unfern zahlreichen Binnenmauthen, 
in der Verſchledenheit der Handelsgeſetzgebungen, der Män- 
zen, Maße, Gewichte u. ſ. w. fo hoͤchſt drüdend empfun- 
ben werden. Diele nachtheiligen Folgen bes Mangels 
einer größern Einheit machen fi vornehmlich Denjenigen 
bemerkbar, die fchon durch ihre Beſchaͤftigung mittelbar 
oder unmittelbar auf einen lebhaftern perfönlichen Verkchr 
mit Anderen’ hingewiefen find. Dahin gehören alle Hand: 
lungsreiſenden bis herab zu den Fuhrleuten, Kaͤrrnern und 
Schiffen. Alte diefe Leute, mag übrigens ber Grad ihrer 
politifchen Bildung noch fo verfchieden fein, erwerben fich 
in ihrem Berufe eine gewiſſe populalre Beredtſamkeit, bie 
ſich grade in den unteren Glaffen Eingang zu verfhaffen 
weiß. Es ift dies eine Art Iugvögel, welche den Samen, 
den unfere freifinnigen Schriftftellee in Maffen ausfchüts 
ten, in einzelnen Koͤrnern nach allen Gegenden tragen; und 
da fo leicht alfe Claſſen der Bevölkerung, bie mit dem Wer 
Sehr fich beſchaͤftigen, zu einer natürlichen Propaganda 
werden, fo liegt darin ein Hauptgrund, warum jede Regie⸗ 
rung, welche die commmerciellen Intereſſen nicht fortreährend 
und genügend zu befriedigen weiß, ſtets eine flarfe und unter 
Umftänden gefährliche Oppofition gegen ſich haben wird. 
Durch den Zufammenfluß aller diefer Verhaͤltniſſe Hat 
die fogenannte Partei bee Bewegung in Vergleichung mit 
frühen Jahren fehr bedeutend fich verftärken müffen. Sie 
verhält fich in den verfchiedenen Perioden etwa wie das 
wartburger zu dem hambacher Feſte. Es kann nicht 
fehlen, daß unter dieſer Maſſe auch Solche fich finden, 
mit welchen nicht Jeder auf die Dauer und in allen 
Stüden fish befreunden mag; daß ba umd dort manches 
Verkehrte, manches Thoͤrichte und manches Lächerliche 
zum Vorſchein kommen muß. Auch iſt es nicht die wes 
nigſt fchwierige Aufgabe für die Freunde der Volksrechte, 
in einer mitunter nicht durchaus zufagenden Nachbarſchaft 
und Genoſſenſchaft auszuhalten. Allein fo lange ber 
Kampf dauert, bleibt dee brave Soldat-im Gliede ſtehen, 
ohne damit viel Zeit zu verlieren, feinen Nebenmann in 
die Schule zu nehmen. Erſt wenn die Zeit der Waffen: 
ruhe wieder eingetreten ift, mag man zur Warnung für 
die Zufunft die etwa begangenen Fehler rügen, bie Ta⸗ 
pfern ehren, die Feigen beflrafen. So weit find wir 
noch nicht, tros der Bundesbeſchluͤſſe vom 28. Juni. 
Nicht blos an aͤußerm Umfange, fondern ebenfowol 
an innerer Stärke bat diefe fogenannte Partei ber Bes 
wegung wefentlich gewonnen. Die Sprachverwirrung, bie 
wol früher unter den Liberalen herrfchen mochte, indem 
fo Viele fich ſelbſt und ihre befondern Projecte voranftell: 
ten, bat fich fo ziemlich verloren. Selbſt die Maſſe des 
Volkes iſt praktifcher geworben, indem fie an das Naͤchſte 
fi Hält und im Uebrigen der Zukunft etwas zu überlafs 
fen gelernt bat. Auch mar es keineswegs Das, was 
Wirth und Andere als "die nothivendign Formen einer 
Eünftigen Verfaffupg aufftellten, was ihnen den Beifall 


ö———— —— — — — 


einer zahlreichen Menge erwarb. Es mar vielmehr das 
Feuer und der Muth, womit ſie kaͤmpften, die zweifelloſe 
Zauterkeit ber Geſinnung und enblich jene ſchon oben bes 
zeichneten einfachen Srundwahrheiten, welche, allerwärts 
Anklang findend, auch bei ihnen wiederklangen. Je ein 
facher diefe aber find, um fo fefter haben fie murzee 
muͤſſen, und um fo gewiſſer werben fie auf bie eine ober 
andere Weiſe fich endlich geltend machen. 

In doppelter Beziehung pflegt von den Anhängern 
ber Stabilität die Richtung und die Bedeutung ber oͤf⸗ 
fentlichen Meinung verlangt und misachtet zu werben. 
Bon den Einen gefchieht dies durch Geringſchaͤtzung, bie 
von Leichtfinn und Unkenntniß erzeugt wird, von den Aus 
dern durch eine von blinder Furcht eingegebene Ueberſchaͤtzung, 
wodurch die Kolgen herbeigeführt werden, weiche man ängfls 
lic zu vermeiden firebt. Der tiefere gemeinſchaftliche Grund 
diefer Verirrungen iſt die Setbftfucht der Einen und Ans 
bern, welche fich weigert, ihre befonbein Sinterefien und An: 
fihten dem herrfchenden Geiſte der Zeit zu untehwerfen. 

Die Einen getröften ſich eines leichten Sieges durch 
Anmendung von Mafivegeln der Gewalt gegen einige Vor: 
kaͤmpfer des Liberaliemus; durch unermuͤdliche Wiederho⸗ 
lung einiger Verſprechungen an das Wolk, welche doch 
nimmer in Erfuͤllung gehen; durch theilweiſe Conceſſionen 
hinſichtlich particularer materieller Intereſſen, die von ihrer 
Seite kein Opfer ſind, und womit im Einzelnen nur ge⸗ 
flickt, aber im Ganzen nicht gebeſſert wird. Sie rechnen 
auf eine unermuͤdliche Geduld des deutſchen Volles. Allein 
fie uͤberſehen, daß dieſelbe Traͤgheitskraft, die einem leich⸗ 
ten Anſtoße widerſteht, die Bewegung verſtaͤrkt und er⸗ 
haͤlt, wenn eine ſolche durch draͤngende Umſtaͤnde, wie ſie 
immer doch von Zeit zu Zeit ſich wiederholen, einmal 
hervorgebracht iſt. Zwar deuten ſie triumphirend darauf 
hin, daß ſie jener kleinern Bewegungen unmittelbar nach 
den Juliereigniſſen des Jahres 1830 Meiſter geworden 
ſind. Aber ſie haben ſchon vergeſſen, daß dies nur durch 
ſchnelle Nachgiebigkeit von ihrer Seite gelingen konnte, 
und daß ihnen damals keine geiſtige Autoritaͤt, kein po⸗ 
pulairer Name entgegentrat, welcher die Bewegung wei⸗ 
ter verbreiten wollte. 

Auch die Andern, von Furcht ergriffen, zerren als un⸗ 
geſchickte Reiter am Bügel, während die Nationen von 
einer uͤbermaͤchtigen, aber dem biöden Auge nicht erkenn⸗ 
barm Gewalt vorwärts gefpornt werben. Sie willen es, 
dag in den Voͤlkern wie in .den Kindern ein natürlicher 
Trieb bed Zerſtoͤrens liegt; daß der Enthuſiasmus bes 
Haſſes und der Vernichtung leicht fich entzuͤndet; daß wie 
in jedem Einzeinen fo auch im großen Individuum, im 
Volke, übermächtige Leidenfhaften verborgen Liegen, welche 
bezähmt und bewacht werden müflen. Aber fie wiſſen 
nicht, daß nur der Gef im Menfhen das Thier im 
Menfchen zähmt und bewacht; daß der Geiſt befriedigt 
werden muß, wenn er feines Wächteramtes nicht müde 
werden fol; daß er nur befriedigt werden kann durch geis 
flige Freiheit, duch Offenheit und Deffentlichkeit, welche 
jedes Mistrauen verſchwinden machen. 

Diefe und Jene halten fi) nur am bie vereinzelte 


L 


48% 





Ericheinung, 
die Öffentliche Meinung hat noch eine verborgenere Geite, 
bie ſich ihrer plumpen Betaſtung entzieht und nicht eher 
ſich ihnen mtgegenroembet, als ums fich für bie lange Ber 
echtung zu raͤchen. Wie hoch oder gering man bie Zahl 
der thätigen Feinde bes Beſtehenden anfchlage, fo tft doch 
die Zahl derjenigen unermeßlich groß, Die keine thätigen 
Freunde deſſelben find. Und doch beruht auf diefem lebens⸗ 
kraͤftigen Gemeingeifte die ganze Kraft des Widerſtandes 
gegen. Außen und die Buͤrgſchaft der Orbdnung im In⸗ 
nen. Dur die bloße Außerlihe Aufrechthaltung der 
Ordnung iſt für eine dauernde Erhaltung derfelben wenig 
getban. Auf die Bande des Geſetzes, welches die Maſ⸗ 
fen zügeln fol, muß erſt die öffentliche Meinung der ges 
bildetern Elaſſen ihe Siegel gebrücdt haben. Wird dieſes 
thöricht verlegt; haben die Vertheidiger ber Ordnung nicht 
mehr die warme Anbänglichkeit des beträchtlichern Theile 
ber geiflig höher ſtehenden Bevoͤlkerung für fih, weil fie 
den geifligen und moralifchen Intereſſen nicht zu genuͤgen 
wiſſen; haben fie gar die intellectuelle Kraft zum Bunde 
mit bee Maſſe gezwungen: fo tritt bald auch in biefer 
legten an bie Stelle der gewohnten Scheu und Ehrfurdt 
vor dem Gefes eine dampfe Gleichguͤltigkeit und eine egoi⸗ 
ſtiſche Abrechnung mit der Gewalt. Won der Gleichguͤl⸗ 
tigkeit zum Hafſe ift dann nur noch ein Heiner Schritt. 

Die Ideen der Freiheit und ber Einheit find im 
deutfchen Volke mächtig geworben, und beide müffen gleichs 
mäßig und gleichzeitig befriedigt werden, wenn man ber 
Stimmung deffelden ſich verfihern will. Ihre Macht läßt 
fit fo wenig buch Widerftand brechen, welcher die ans 
ſchwellenden Kräfte nur bis zum gefährlihften Augenblicke 
fammelt, ftatt fie zu überwinden, als fie buch halbe 
Bersilligungen und theilweife Einraͤumungen ſich gewins 
nen läßt. Iſt es doch mit der Befriedigung der geiſti⸗ 
gen und moralifhen Beduͤrfniſſe nicht anders als mit 
derjenigen ber finnlihen Beduͤrfniſſe. Wer nur duch ab⸗ 
wechfelundes Geben imb Nehmen, durch hoͤchſtens mo⸗ 
mentan genügende Gonceflionen die Voͤlker abzufinden 
glaubt, ber iſt nicht kluͤger als Derjmige, der ſich für 
morgen und Übermorgen gefättigt zu haben meint, weil 
er für heute Trank und Speife gefunden bat. Diefe Be 
friedigung kann nur erlangt werden durch ein fort und 
fort fih entwidelndes Syſtem, das offen und ohne 
Ruͤckhalt die Setbftändigkeit der Voͤlker anerkennt und 
dadurch jede Taͤuſchung und jeben Glauben an neue 
Täufhungen ausfchlieft. 

Und kann unter den jetzigen Verhaͤltnifſen noch eine 
aufrichtige Verföhnung, eine dauernde Ausgleichung ein⸗ 
treten? Alle Völker, als folche, haben ein cholerifches 
Zemperament und find fo leicht verföhnlich, als fie reiz⸗ 
bar find, Mag alfo Hoffen und glauben wer will und 
kann, wenn wir nur nimmer vergefien, daß wir als Glie⸗ 
ber eines Ganzen uns ſelbſt und unfere unermübdfiche 
Thaͤtigkeit dem Volke fchuldig find. Aber es iſt fo manche 
Hoffnung gefcheitert und fo mancher gute Glaube iſt 
zum Spott geworben. W. Schutz. 


. 


an das Hanbgreifliche im Wölkerieben. Aber ı GSchweizerifche Annalen, ober bie Geſchichte unferer Tage 


feit dem Julius 1830. Gefchrieben von Karl Müll: 
ler von Sriedberg. Erſter Band, erſtes und zwei⸗ 
tes Heft. Zuͤrich, Orell, Fuͤßli und Comp. 1832, 
Gr. 8. Der Band von vier Heften im Yrein.» Be 
4 Thlr. 0 Gr. | 


Dur bie Reflauration vom Sabre 1814 war in ber 
Schweiz unter dem Wolke, vorzüglich ber größern Gantone, eis 
Misbehagen entftanden, das ſich auf mannichfaltige Weiſe kund⸗ 
gab unb das auch durch die Zeit nicht ausgeglichen werben 
tonnte. Die Bo der Weediationsacte waren ſchon zu ſehe 
gekoſtet worden, als baß nicht die Sehnſucht nach derſeiden in 
ben © fortgelebt Hätte; dazu wurbe ihre Verluſt theils 
duch die Unfähigkeit mancher‘ Regierungen, theils durch ein 
engherziges, eigennügiges Streben der Ariſtokraten und buch 
die ſich täglich erweiternde und offener hervortretende Bewaltaumas 
Sung ber katholiſchen Geiſtlichkeit fühlbar gemacht. Ag bader 
die parifer Imlirenolution die in Folge terfeiben Reſtauration 
eingeführte Drbnung ber Dinge in Frankreich umflürzte, hielt 


es auch die Schweiz für einen günfligen Zeitpunkt, brüdende. 


Feſſeln abzumerfen und aus dem Misbehagen herauszukommen. 
Die felt dem Jahre 1880 in biefem Lande erfolgten Verfaſſungs⸗ 
änderungen, meift auf friedlichem Wege ja Stande gebracht, muͤſſen 
barum gewiß mehr einem richtigen Zuftinkte bes Volkes, das 
von ber Natur mit gefunden, unverborbenem Menfchenverftanbe 
begabt ift, zugefchäteben, als auf Rechnung von liberalen Par» 
teigängern, geheimen Umtrieben oder ehrſuͤchtigen Plänen Sins 
zelner gebracht werben. ‚Die ganze Werfahrungsweife, die bei 
der Bernichtung bes SBeftehenden und Ginführung bed Neuen 
beobachtet wurde, beweift die Wahrheit jener Annahme. Wie 
wenige Männer von ausgezeichnetem Geifte, tiefer Einſicht und 
allgemeinem Vertrauen, bie durch ihr geiftiges Uebergewicht bie 
Maffe beberrichen, erbliden wir an ber Spitze der Bewegung, 
wie Diele dagegen, vorher wenig befannt, ohne befonbere Bil⸗ 
dung, felbft ohne großes NRebnertalent, aus dem Volke felbft, 
treten als Sp deſſelben auf und uͤbernehmen die Lei⸗ 
tung der oͤffentli Angtlegendeiten? Ja, das Volk umgibt 
ſelbſt ſolche Maͤnner mit ſeinem Vertrauen, die der Ariſtokratie 
angehören und für bie es keine andere Garantie befigt, als daß 
es weiß, daß fie früher, oft blos von egoiſtiſchen Abſichten ge» 
leitet, in ber Regierung bie Minoritaͤt bilbeten. Cine foldye 
allgemeine Abneigung bes Volkes gegen Ginrichtungen und Per 
fonen fegt aber auch triftige materielle Grünbe voraus. Denn 
daß ein ganzes Volt, zumal ein fo ruhiges, fleißiges, Eigen⸗ 
tyumsechhte und Geſetze hochachtenbes wie bas ſchweizeriſche, 
blos vom Parorismus ber Nachahmung befallen, zum Demago⸗ 
gen werden unb alles Beſtehende umwerfen follte, ift ein baarer 
Unfinn. Daß aber trog dieſer Uebereinftiimmung im Volke — 
su dem wir aber weder Neuenburger, noch Stadt⸗Baſel und 
Bled:Schoyg zählen — bie Wirren nur langfam fich löfen, daß 
das erwartete, verlangte Gute nur flüdhweis und zum Theil 
verfünmert erſcheint, daran ift das freche Spiel ber Parteien 
vorzüglich ſchuid, die am Fuße des Volkskreuzes um das neue 
Kieid würfeln und es mit ihren Leibenfchaften und Thorheiten 
befleden. Bine Darftellung ber Gruͤnde bed oben angebeuteten 
Misbehagenes bes Volkes unter ber Reflaurationsepodge, eine 
Mare, umfichtige unb vor Allem unparteiifche Schilderung bes 
feit 1830 eingetretenen Kampfes bes Volles gegen bie durch bie 
Neftauration eingeführte Ordnung der Dinge; eine Beleuchtung 
bes Wiberftandes der alten Regierungen, ihrer Zugenden und 
ihree Schwächen, ihrer Berwaltungsweife 2c., das nur kann bie 
Aufgabe ſchweizeriſcher Annalen ber Gegenwart fein. Wir 
finden fie in ben vorliegenden Heften nicht geil. Die Urfache 
davon liegt zum Theil in ber Perſon des Verf. Here Müller 
von Kriebberg iſt eine ber alten Gchweizercelebritäten, bie faft 
auf einer Zagfagung fehlte, bei jeder der frühern Umwaͤlzun⸗ 
gen feine Rolle fpielte und ſich im potitifchen Leben eben keiner 


+ 


n 6 fihulbig ma Seine Megieuungäkunft er⸗ 
er er —* be gone rummſtabes; zur 
Zelt der Revblution pafte ihm bie rothe Drüge, und‘ er war ein 
Afeigeo Selvecier; mit der Mebiationdacte fand er Geſchmack 
am ÄSantonkssgentemefen und wer ein berebter Anheter Ropo⸗ 
in Zu ber Meftaumatien war er an das Regieren ge 
wöhnt, fand die Volksrechte unbequem, half fie, fo gut «& ging, 
befeitigen und lobpries auf Tagſatzungen, im Hathefaal und 
is feinen „ er“ bie Mir ung der guten alten 
Zeit. Als ihn aber, einen Dann von hohen Jahren, bie neue 
—3 Werrafchte und ſeiner Wuͤrde beraubte, da zog er 

über das gegen. feine Verdienſte undankbare Vaterland 
feibftgewählter Berbannung nach Konſtanz, wo er in feinem 
nentralen Stuͤbchen⸗ Schweizerannalen fchreibt. 
Me erſte Abtheilung enthält bie „Seſchichte der Juliustage 
bes Jahres 1850 in Frankreich⸗“, von ©. 24— 91. Die Dar⸗ 
keilung iſt, einige Schwerfaͤlligkeit und Breite abgerechnet, 
demlich gelungen, fein Urtheil im Allgemeinen richtig und ben 
Feanzoſen günftig „Vermuthlich“, fagt er, „wäre es (1814) 
Sulwig Philipp gelungen, bie Franzoſen zu regieren, allein «6 
iR zum Sprichwort eines ganzen Welttheild geworben, baß ber 
üßtere Zweig des Bourbons ber Revolution auch gar keine Er⸗ 
fahnungen abgewonnen hatte; fie lebten ftetö fort in den Tradi⸗ 
tionen ihrer alten Herrlichkeit und meinten, bie Vorſehung 
Jade die großen europäifchen Krifen und feibft den Brand von 
Moskau und den harten moslowitifhen Winter ihretwegen To 
gefügt. Gleichwol wäre es firenge vorauszufepen, daß fie ben 
franzöfifchen Boden mit beftimmten Ruͤck Phanken auf unbes 
feyedntte Herrſchaft betreten haben. Kin Inſtinkt trieb fie 
nad) den ZIuilerien ; die Gharte war ihnen, was bem Reiſenden 
der Paß. Ohne Falſch mögen fie Bergeffenheit und Gefegmö- 
Sigfeit gelobt und die Rechte ber Nation beſchworen haben; ale 
ober die Gmigration wieder feften Fuß gefaßt, war der Grund⸗ 
ftein zu Anmaßungen bald gelegt und bie Ration, die einen fe⸗ 
ften conftitutionnellen Charakter angenommen batte, warb thoͤ⸗ 
richt unb unzeitig genug durch bie Formen und ben Außenfchein 
bes Abfolutismus beleidigt, Gelbft die hundert Tage, dab 
leichte Vordringen Rapoleon’s, ihre ſchmaͤhliche Flucht, ber 
fchnelle Abfall der Nation Eonnten bie Bourbonen und ihren 
Anhang nicht zur Befinnung bringen ; blos fühlten fie, daß das 
Berftummen der Nation vor 300,000 Keuerfiglünden nur ein 
vorübergehenbes fein dürfte, und baß man nur langfam auf ben 
Zweck binfchreiten könne So bereiteten fig die Bourbonen 
von langer Hand, und wie fie meinten ug, ihr Verderben.“ 
Er tadelt bie berüchtigten Orbonnangen, läßt aber durchblicken, 
daß die Ummälzung auch ohne fie wenige Donate ſpaͤter erfolgt 
wäre, unb baß ber fchnelle Sturz Karl X. andern Staaten ges 
faͤhrliche Erſchuͤtterungen exfpart hätte. Alfo große Verſchwoͤ⸗ 
zung in Frankreich, eomit& directeur, Propaganda !! und wie 
biefe Vogelſcheuchen der Ariftokratie alle beißen! Herr Müller 
von Briebberg würde fich großes Verdienſt erwerben, wenn er bie 
in Petto gehaltenen Beweiſe mittheilte. 

Die zweite Abtheilung gibt eine ausführliche Geſchichte der 
Schweizertruppen in den Iuliustagen uud ihrer endlidden Auf 
Iöfung. Sie leitet eine gar warme Vertheibigung ber capitulirs 
ten Schweizerdienfte in fremden Staaten ein, mit Scheingruͤn⸗ 
den, bie fchon oft genug gehört worden find. Diefes in Schutzneh⸗ 
wen eined Gchandfledens der Nation, bie ihre freien Söhne 
dem Abfolutismus meiftentheild zur Unterbrädung bes Volkes 
verfchachert, charakterifirt den alten Schweizerdipiomaten. Die 
Dorftelung ber militairifchen Operationen in Paris, die nad 
Mittheilungen von Schweizeroffigieren, die am Kampfe Theil 
nahmen, entworfen if, enthält bie Fehler und Taktloſigkeit bes 
Generalcommanbos unb ſchildert bie Zapferleit und Verluſte 
ber Schweigertruppen. Gin ſchoͤner Zug von ihrem Muth und 
ihrer Ausdauer iſt bie Vertheidigung ber Gaferne Babylon; 
ſchade nur, daß fie für keine beffere Sache — als einen mein: 
eidigen König fochten. Die Gaferne Babylon war von 140 Gols 
daten beſegt, umter benen 40 Recruten waren, welche erſt am 


Vorabend bes b n Kampfes angelemmen. Dufey, in bie 
elbzügen von Italien, Catalonien und Rußland in Napaleon's 
Hufe geditbet and DBataillonschef des Regiments, commanditte 

in ber @aferne Die Solbaten wurden von Bürgern aufgefo- 

deut, Waffen und Muritien an die Yarifer Gullefern; ale Mb 

Seh; weigerhen, sahen dieſe Feuen, des erwibert wurke web: du 

geufte — Aber alsbalb ertoͤnten bie Sturmglocken unh 
charen bewaffneter Studenten, polytechniſcher Schüler, Buͤr⸗ 

ger, Arbeiter, Rationalgardiſten, gegen 0000 bewehrte Männer, 
umgaben bie Gaſerne; ein Zoͤgling dee polytechniſchen nie 
keitete Ting. und zegelmäßig ben Angriff; bie izer haktın 
bie Thore versammelt und unterhielten aus ben Fenftern, durch 

Matragen und Betten geſchuͤgt, ein Farkes Feuer unb richteten 

unter ber drängenden Menge ein fuͤrchterliches Blutbad an. 

Dee Kampf währte von 10—2 uhr und ber Berluf der Ans 


sreifenden war groß; da nahmen bie Yarifer zu einem andern 


Mittel Zuftwdgts fie haͤrften en ben Thoren und Mauern Dem 
Stroh und anbese brennbare Materialien und fiedten es in 
Brand. Non bem Augenblide an war bie Gaferne nicht mehr 
zu behaupten, die Schweizer verlangten zu capituliren; verſtaͤrk⸗ 
tes Beuern und eine ſchwarze Fahne war bie Antwort. Da 


femmelte Dufey die einen und trat mitten. durch ben Feind 


ben neug ani er feib wurde von zwei Kugeln mebergewan 
fon, fein Kopf duch das Beil eines Parifers gefpalten zab 
feine Leiche in dev Gaffe herumgefchleppt. Die Caferne wurde 
geolindert, Der Reſt ber tapfern Schar mußte noch einige 
rrikaden überfleigen, um die MMilitairfegule zu erreichen; ba 
wurde noch eine Meile gepläntelt, Wann ber Widzug nad 
St.⸗Gloud unternommen. Die Yarifer, als fie die Heine Zaßl 
fahen unb pon ihrer Tapferkeit unterrichtet. wurden, d 
ihnen, weit entfernt, fie anzugreifen, die Barriere ſelbſt. 
Die dritte Abtheilung enthält die Schilderimg ber alfgemeis 
nen polttifchen Berhättniffe der Schweiz in ben Sahren 1830 
unb 18815 fie iſt ganz in dem Meiſte eines ber. Steflaurntion bes 
feeundeten, mit den Ariftofraten eng verbundenen, bat Reue 
baffenden alten Schweizerbiplomaten cum ira et studie abge 
faßt und wird, wie zahlreiche anbere Producte des Parteigeiftes, 
im breiten Strome ber Zeit um fo eher untergehen, da bas 
wäflerige Element in ihe vorherrfcht. 48, 





Notizen. 


Nach dem Verzeichniſſe derjenigen Vorlefungen, welche im 
Sommerhalbjahre 1835 an ber Umverfität in Berlin gehalten 
werben, wird daſelbſt üher bie gothifche, tuͤrkiſche, perfifche, 
grabifcge, chineſiſche, Gebräifcge, fyrifche, armeniſche und ims 
bifhe Ganscritiprache, außer den ſogenannten ciaffifchen unb 
den neuern abenblänbifchen, gelefen ; aber das Reugriedhifche iſt 
dabei ausgeſchloſſen. Daß Fünftighin, bei dem unverlennbaren 


Nutzen des Reugriechifigen in Bezug auf bie altgriechiſche Sprache, 


und namentlich auch bei ber Verbindung, weiche zwifchen Deutſch⸗ 
land und Griechenland in politifdger, mercantiler und wiſſen⸗ 
ſchaftlicher Hinſicht flattfinden muB, eine gleiche Verachtung 
und Misachtung gegen das Neugriedifche nicht gerechtfertigt 
werden Tonne, iſt jegt ſchon Far. Fuͤr die Univerfität Leipzig 
findet fi das Neugriechifche als Gegenftand einer LBection wer 
nigfiens im Kataloge aufgefüget. 


Schon im Jahre 1807 machte der Grieche Korais in feis 
nem Prolegomenen zur Ausgabe bes Iſokrates den Vorſchlag, 
ein 'Elinyıxöv uovaelov für alle in Griechenland befindliche 
Manufertpte altgriechifcher Gchriftfteller, für Münzen. und am 
bere Alterthümer etwa in Ghios zu errichten. Wo ce auch is 
Griechenland fei: die Eivilifatiom, die in ihrer Sorgfalt und Ber 
achtung auch das griechiſche Altertfum umfaft, verlangt nun⸗ 
mehr ein ſolches Mufeum als unerlästih. Die Berichte aus 


Griechenland (vergl. d. WI. 1838, Nr. 92), bie bie bidherige 


Sorgiofigkeit in diefer Hinſicht mit grellen Farben ſchildern, 
ka bins nur um fo unerlaßlicher bar. 0 30, 


Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagäbandlung: 3. A. Brodhaus in Seipsig. 
>” 


1 l(ı 
Yona ".n - 2.” ** —1 gr R - 7 . 2 ft r 
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H teratifär Unterbaftung 





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Die Seine . Bine Nosche won A. Zeiherrn 
a Stusigast, Gotte. 4832. 8. 
1 


Beroeiien heißt, nach dem Woͤrterbuche, gewaltſum un⸗ 
tecbrechen. Zerrifſentelt als Eigenſchaft des Gemlitho 
Wird :alfo wol einen Zuſtend gewaltſamer Unterbrechung 
des naturgemaͤßen ‚Bufatmenbangs unfers geiſtigen We 
ſens, wm Gefühle, Neigengen, Uebergeugungen bes 
len, mag jene 'Untterbuechung innere oder aͤußere Ur⸗ 
Mihen ober beides haben. "Und ofen. das Zerreißen des 
geifligen: Lebens role: des phyfiſchen Schmerz verurſacht, 
wied Die Zertiſſenheit des Gemuths unzerttennlich von 


Samen, ul je feſter det feinen Aufemmenbimg und je 


— die ntetbrechende Gewalt HE, ungertrenntich 


don peinigendir Qual fein. Nun bat es zu allen Zeiten 


e Menſchen gegeben und witd deren geben, fo 
iange der, Menſch als unvollkommenes und  fündhaftes 
Geſchoͤpf ‚den Keim bes Zwieſpalts und ber gewaltfemen 
Zertrennteng ſeiner geiftigen und frttlichen Natur in fich 
ſelbſt träge. Dieſe Erfcheinungen müſſen aber hälfiger 
werben und fich eigenthuͤmlich modificiren, ‘und, noch 
mehr, jene Zerrifierrheit maß von den Individuen auf: ben 
ganzen Körper der menſchlichen Geſellſchaft übergeben im 
folgen Z3eitpertoden, welche: mit ſhren verfchtebenartigen 
und volderiprechenden Anfoderemgen, ihrem Meinungs 
Tampfe in Willen und Glauben, fhren mancherlei Wider: 
fprüchen in Theorie und Praris, mit Ihrer wilden Aufre⸗ 
gung aller geſelligen und materielm Intereſſen dm Krim 
der Zerriſſenheit fafl in jede Seele legen und, wöo ve 
ſchon vorhanden iſt, ihn mie Schrecken erregender Schnel⸗ 


Uligkeit entwickeln und zur Reife Bringen. Mer wollte es 


beugnen, daß amfere Zeit eine Toldye iſt? 

In diefer Zeit nun, in ‚ber unmittelbarften Gegen⸗ 
wart fäße der Dichter ıumferer Novelle feine Zertiffenen 
auftreten ‚und: vertoendet eine Fülle von Nachdenken uͤber 


die wichtigſten Erſcheinungen der Zeit, "bes Lebens und 


der. inmern Gemuͤthswelt, ehren Ueberfluß von Phantafle, 
Humor und Sinnenglut and eine hoͤchſt anmuthige, leichte 
Darſtellungsgabe, in welcher er mit feinem großen Vor⸗ 
bilde, Ludwig Tieck, wetteifert, auf ſeinen imereffanten 
und reichhaltigen Stoff. 

Der Anfang der Novelle laͤßt Feine Bere, -Hebs 
mehe nichts als Cu und Freude bcken. Er ſchilbert uns 


mt * ** —— das ſorgruloſe Beben 

rines ſich auf. alle Lebengenuͤſſe verſtehenden -umd alle mit 
Geiſt und "den gebildetſten Geſchmacke wlurzeuden Fur⸗ 
fin, des Heezags: Lochar. Wir —— tem und ſeinem 
genialen Vertrauten, dem Mufſiter Dlaffiette, an einem 
Fühlen Herbſtabend in ein aͤrncuiches Fiſcherhuttchen der 
Berſtadt, in deſſen Innerm ſich wider Erwarten eine 





JWSReihe auf das zierlichſte ausgeſtatteter Zimmer etbffaet, 


die auf eine kute Weiſe nach dee. Straße dem Auge ver 
beit liegen. Hier kommt dem Füuͤrſten feine heimlich dort 
gehegee Geliebte, ein helles, laͤchelndes Maͤdchen, das gel 
dene Haar kunſtlos auf den Nacken niederflatternd, das 
ſtrahlende große Auge mit einer Freudenthraͤne geflullt ent⸗ 

gegen und wirft ſich ai entzudter Haft an bie breite 
Bruft des Gellebten. Aber Jokonde HE im Herzen mit 
diefem hochpoetiſchen Zauber, den ber Herzog feiner Nei⸗ 


| gung ‚geben will, nicht zufrieden. Sie ift ein Alltagsge⸗ 


fchöpf, welches die zweibeutige Ehre der Fuͤrſtenliebſchaſt 
gera vor der Welt zar Schau gerzagen hätte, und ihre 
heutigen Liedlofungen mb mr Vorlaͤuferinnen der Witte, 
fie aus ihrem Fiſcherpalaſte zu entlaffen und in. bie Res 
fidenz zu ſchicken. Aber ber hf ift an eine Braut ver 
fprochen und kam wicht gewähren. „Troͤſte dich, meine 
Liebe, und ſuche ein wenig mehr Gefallen an Buͤchern 
bie anzueignen; du glaubft nicht, wie beinm Ge 


ſchlecht geifkige Ausbildung zahliefe Meize mehr verleiht.“ 


„Run fehön”, rief bie Zurechtgewieſene, „wenn bu das 
meinft, dichter, fo will ich morgen gleich das große 
Geſchichtswerk zu fludiren anfangen, da® auf meinem 


MPult eingefläubt liegt und das der galante, gelehrte Herr, 


bee es geſcheieben, die Guͤte gehabt hat, mie zuzueignen.“ 
Die Gefellſchaft in der Fiſcherhuͤtte vermehrt ſich durch 
zwei elegant gekleidete Juͤngklinge und einen dicken Welt: 
geiſtlichen, den Abt Siegwart, eine jener Erſcheinungen, 
bie eine Innere joviale Weltanſchauung nad) außenhin 
Immer welter und behaglicher ausrundet, auf deſſen vollen 
Zügen immer ein 'beirhliches Lachen nur auf:den Moment 
zu lauern ſcheint, um in ein lautes aussupfagen. Er it 


‚en Anekdotenjäger, Rtavierfpieler, ſelbſt Tänzer. Er ver 


gleicht, die dampfende Theetaſſe am Munde, die unſchein⸗ 


‚bare Fiſchethuͤtte mit der Zauberwohnung von Fouqué's 


Undine, welche von Jokonden zu großer Beluſtigung des 
‚Herzogs für die Frau des Herrn vor Fonquué gehalten 








40 , » . j 
. _ «4 f ‘ 


oo: 
wird. Der ältere der jungen Männer, der den jüngern, | und tiefem. Sammer ruft dee Herzog: „Schenke mir 
Eduard, vorgeftellt hat, heißt Robert und ift ein Engläns | deine Jugend, fülle diefen Bufen mit Wärme, und bu . 
der. Diefer bringt ben erften, gründlich Zerriſſenen aufs 4 follft über mid gebieten.” 

Tapet „Dem alten Fleadwouth”, erzähle er, „habe id) Jener Eduard iſt ein il, georbneten Menſch, in 
heute auf das Heiligſte verfpre müflen, feinen Leichz— welchem der iefpalt des Lebens und Willens bi 
nam ef an den Galgen 3* a laͤſſen*Id will —EæSE— ndhn VYn — 135* 
nicht in sdie Erde — in die , hinauf in dies Buftzriemieder, Wer Tochter es: alten o 

da wird mir wohlwerden, und jener ſatte Ueberdruß, jener mit geheimem Grauen feine Erzählung von dem Fiſchet⸗ 
Erdgefhmad wird ſich endlih aus meinem Gaumen ver: | haufe vernimmt und, wie er fcheidet, ihm ein kleines, 
liern. Am liebſten, ing ich ats todter | goldenes Eruciftr ſchenke das ihn ſchirmen fol. Won eis 
Menſch mit. einem Luftballon einſam in die Lüfte hin⸗ 

auf und triebe dann zroifhen Wolken und Geſtirnen, von 

mcziſchen Winden bins und hergeichaufelt, jahrelang 

dort oben herum.” „Eine fonderbare dee”, rief der Fuͤrſt, 
„vollkommen biefes alten wunderlichen Mauned würdig, 
:der ‚feinem Spleen noch mit ſich .in. ein ‚anderes Daſein 
aelmen will.” : Diefe Veranlaffung führt an dem Orte 
der But auf ein Kieffinniges und ſchwermuͤthiges Geſpraͤch 
ber Tod und Weltuntergang. bei. dem :am Ende der 
„Dergog. mit Solonde und Eduard allein bleibt. „Das 
Leben ift fo arm“, rief der. Herzog, „und: doch ‚vermag 
‚eine liebliche Schwärmerei, es reich zu machen!’ Eduard 
fang daß Lied vom König von Thule. Ja, ja”, feufzte 
der Zürft, „fo möchte ich enden! Jokonde, prüfe Dich, 
Au gutes. Maͤdchen, koͤnnteſt du wol-.ebenfo handeln wie 
jene Buhle?“ „Noch mehr, nody mehr für dich!“ rief 
"fie, und ihr Lockenkopf hob. fidy, .die Züge ihres engelſchoͤ⸗ 
en Angefidhts im Ausbrud der reinſten Zärtlichkeit zu 
enthuͤllen. Es lag auf ihrem Antlig. bie finnliche Andacht 

- eines Rafael'ſchen Engels, der vor einer Heiligen . fwiet; 
ber Herzog zog fie entzäde an fi, fein Auge flammte, 
und Eduard's Lieb jubelte in hellen Toͤnen auf. „Du 
mein Seligbter, du mein angebeteter König”, laͤchelts das 
‚Ltebliche Kind weiter, „du Schaͤuſter unter den Maͤnnern, 
nitht wahr, du bezahlſt doch morgen meine Schulden? 
Neunhuudert Gulden, mein Geliebter!“ Der Herzog nidte 
ihr zu, wand fid) aber aus Ihrer Umarmung plöglich los, 
ſchlug die Kalten feines Manteld ſchnell übers Geficht, 
ftand auf und warf sinen zornigen Blick Eduarden zu, 

“ der fein begeiftertes Lied eben mit einigen fchreienden No: 
ten adfpringen ließ. Beide verließen das Gemach und 
Jokonde blieb ohne Antwort verfiimmt und vermundert 
am Kamine ftehen.” Ä i 

Auf der Strafe begegnen bie zwei Männer einem 
feltfamen Zuge, dem Begraͤbniß einer Kinderleihe, von 
Maffielo und Fleackwouth begleitet. Aber es tft nur eine 
Wachspuppe. Der Alte begräbe in ihr fpmbolifd feine 

Jugand. Hier bricht die innere Zerriffenheit des Fürften 
mm erſten Male laut aus. , „So, rief ber Herzog, in: 
‚dem ex, in feinen Mantel gefcdylagen, von einer truͤbleuch⸗ 
tenden Laterne befchienen, einfam baftand, „fo trägt Jeder 
am Ende feine Jugend beim; einmal im Leben muß dies 





nem · Beſuch am Hofe bringt Eduard feiner B 1 
vom meuen Herrlichkeiten; er hat die Bekan Ar ines 
vielgereiſten Meafen Eberhard gemacht ber Al 
hat. „Auf den Truͤmmern von Athen bat er melancho⸗ 
liſche Nächte‘ einſam durchwachtz vor den Koͤnigsgraͤberia 
von Memphis bat. ee fragend geſtanden; an die Ka⸗ 
theder unferer größten Philofophen hat. ex gerfchmetternde 
Thelen angeſchlagen; in. Schattanda Gehiagem has. er mit 
Alan's Schatten, werkehet, vnd ein: zweiter. Maufred, het 
er die: Bipfel himmelſtuͤrmender Alpen beſtiegen, um ig 
gräßlicher Einſamkeit dem nahen Himmel Fragen voyur 
legen, bie das But, eines Geſchaffenen flarcen machen.“ 
Emilie wendet füh mit Abicheu-von dieſem „tmahnfianis 
gen Menſchen“ ab; offenbar ahnt fie- Die ſelhſtverſchub⸗ 
dete Zerriſſenheit Diefes. Mannes, und fainen teufliſchen 
Einfluß. ayf ihren Braͤutigam. Der. Abend findet dielen 
Legteen wieder im zauheriſchen Fiſcherhaus unser : einer 
magen Gruppe yon Bäften, weiden Guaf, Ebechord ‚nom 
Dep „pilanten Faͤulniß Romb, dicſes ewigen Juden ‚unter 
den Städten vorbocict, -biefer Stadt, bie nicht flerben 
tonn, fo tief fie auch von der Laſt bes „suentätichen 
Elends gebeugt worden, Die Geſchichte ditfer armen 
Roma, fagt er, ift die Geſchichte rines Menfchen, der an 
einen Sort geglaubt hat, und dem nun jede Stunde ſpot⸗ 
gend zuruft: du haſt geicrt, es gibt keinen!“ Bon dies 
ſem Thema ausgehend, verliert ſich der Graf bald in eine 
geiftvolle Predigt zu Gunſten des materiellfien Egoismus: 
„Die voilde Naturflamme der Sinnliqhkeit blaͤſt üppige, 
farbige Kugeln vor ſich bin, die wir Tugend, Glauben, 
Wahrheit nennen und die im naͤchſten Augenblid zer⸗ 
plagen. Die Seele ift die Krankheit des Leibe, die Luͤg⸗ 
merin, die ihm einen Simmel vorfpottet und ihr aus ſich 
und feinge. Beſtimmung reißt; diefe Beilimmung aber iſt, 
zu keimen, zu wachſen, thieriſch hinzutrdumen und wieder 
ſpurlos zu vergehen.” Um dieſe graßliche Lehre zu erhaͤr⸗ 
ten, trägt er bie Lebensgefchichte eines Kloſterbruders vor, 
in welcher, Eduard die eigge Geſchichte des Grafen zu ers 
‚kennen glaubt. Muſik unterbricht, das Geſprtaͤch, bis 
Maſſiello in feltfamer Verkleidung eintritt, fish -für „die 
Beil” erklaͤrt und in einer bunten Sean: Paulinde feine 
(der Zeit) Lebensgeſchichte erzählt. Damit iſt die gute 
Stimmung, der Geſellſchaft wieberhergeftellt, und der Abend 
truͤbſelige Leichenfeft vor fich, gehen. Auf dem Grabe, | endet mit ſchoͤner auf Zied’fche Weile in Worte uͤberſetz⸗ 
das diefe Schäge in ſich aufnimmt, fist nun der arme ter Mufik. . u 
alte Menſch und legt .den kalten, verfieinerten, von us Mitternacht ruft die Freunde an das. Sterbeiager des 
gend and Liebe verlaffenen Körper als Leichenftein auf den alten Humoriſten Flegadwouth, bem fein „Pillelenftüdchen‘” 
Hügel.” Fdugrd will ihm troͤſten, aber mit Leidenfhaft. mislungen if, Schon früher nämlich, haste der Arzt den 


® 


. .. * 2 3 
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1 U 
doch ta ihsen Augen lag ‚eing:unbefcgreibliche Kaarhrit nk 
Suͤte; Abe. Haltung mar gezwungen, ihr Anzug koſtbarz 
abar ohne Geſchmack; neben :ihe im Seſſel lag wie «im 
teaͤrmende, trunknne Bacchantin Graͤfin Eva, wie gewoͤhre 
lich in ſchwarze Seide geht, mit dem großen katholis 
ſchen Kreuze geſchmuͤkt. Der Fürftin zur Linken ſaß 
ein junges blaſſes Fraͤulein mit einer ziemlich ſtarken 
Naſe, * neben diefer, tief int Schatten, :eine Geſtalt, die 
mehr der Nacht als dem Tage anzugehoͤren fchien ... . ein 
Schleier dedte ihre Antlitz, unter dem weit verhuͤlenden 
Servande ſahen nur zwei "Heine niedliche Fuͤße hervor.“ 
Maſſiello charakteriſirt im Herausgehen die Prinzeſſin als 
„io etwas Kirchenverbeſſerliches, Augsburgiſchconfeſſions⸗ 
artiges, proteſtirend und refuſirend, ein Eis von Tugend 
und Coremoniel, das einen gefunden Magen bis zum 
Rode erfälten kann’; die Gräfin Eva „als ein Buͤchlein 
voll buhleriſcher Lieder, das ein Schalk geſangbuchsmaͤ⸗ 
Sig. hat binden laſſen“'; die großnaſige Dame als eine von 
den Superklugen, die Schwarze als eine vagabondirende 
Hofftau/ Beide als vom prophetifchen Geiſte durchdrungen. 
Die Novelle ſchlüpft num flüchtig über Eduatd's Un⸗ 
treue gegen die arme Emilie und ſeine Verfuͤhrung durch 
Graͤfin Eva hin, laͤßt ihn nach mancherlei Abenteuern 
ſeinem Freunde Robert zu deſſen Bauernliebſchaft auf dem 
Lande folgen und dort neue deſtehen. In die Stadt zu: 
ruͤckgekommen, findet er Alles verändert; den Herzog von 
bem clairvoyanten Fräulein Magdalena, (der Schwarzen) 
zum Pietismus bekehrt und bereit, den Thron zu quitti⸗ 
een; der alte Gotthold fieht an der Spige ber heiligen 
Sippſchaft. Man vermuther, das „ganze Schaufpiel fei 
von einem Nachbarhofe eingeleitet, um bie. Verbindung 
des Herzogs rückgängig zu machen und ihn vom Throne . 
zu verdrängen. Die Fuͤrſtin iſt in der peinlichften Lage. 
Bei Hofe wieder einkehrend, trifft er den Maler Gott: 
hold über einem Belehrungsverfuche der Herzogin an, ber 
an dem Haren Weſen biefer reinen Seele fcheitert. ‚An: 
fangs bei unferer Bekanntſchaft fchien es mir, als .wenn 
Sie meine Anficht theilten und für die wahre Erkennt: 
niß kein Uebel für fo gefährlich hielten als jene dumpfe 
blinde Froͤmmelei, die ich wahrhaft abaöttifh nennen 
möchte, weil fie den Menfchen verführt, flatt ber Haren 
vernünftigen Idee vom göttlichen Weſen das trübe Abs 
bild feines eignen verfinfterten, durch Srrthum und Sinn⸗ 
lichkeit befledten Innern zu halten.” Gotthold erklaͤrt, 
daß er zu der abfoluten Berftandeskälte der Kürftin nicht 
binaufreichen koͤnne, daß er Lieber durch ein Uebermaß von 
Liebe verführt werden als durch gänzlichen Mangel ber 
ſelben vor jeder Möglichkeit des Falles geſchuͤtzt daftehen 
wolle. „Mann“, ruft ihm bie Fuͤrſtin mit einer unend⸗ 
lich weichen Stimme zu, „wer fagt Ihnen, baß ich nicht 
liebe? Aber er, ben ich liebe, ift ja die ewige Reinheit 
und Klarheit ſelbſt; meine Liebe tft das ſchwache, aber 
unermünbliche Ringen, Bar, bel und rein zu fein nad 
feinem Bilde; aber wol mag fie Ealt erfcheinen dieſe Liebe, 
weil Beine Erdenliebe ſich zu ihr gefellt, denn was ich 
irdiſch und ſinnlich gelieht babe, hat. ſich mir als unwuͤr⸗ 
Aauegewieſen“ Die. wunderbarſto ¶ Veraͤnderung 


Alten in dem finſterſten Anfalle der Meancholie eines 
Abends angetroffen, fen dleiches Haupt auf: beide Arme 
fit, vor fich eine Piſtole, die er im Selbſtgeſpraͤch 
mit — Augen betrachtete: „Die Ladung iſt drin, aber 
auf ber Pfanne, kein Pulyer; richte „ich nun: ben. Lauf 
gegen meine Stirne und bräde 608, fo erſolgt wol fein 
Schuß; doch es kann fich ja Fügen, ein Koͤrnchen von 
ber ſchwarzen gräßtichen Maſſe blieb irgendwo in einem 
Nischen des Schloſſes hängen.... Welch ein Kitzel von 
Wolluſt liege im der kurzen, unbebeutenden Stage: wird 
es zünden, wird's nieht? r. . den gekruͤmmte Singer Elopft 
on die Pforten ber Gate und horcht, ob. ein Herein! 
retoͤne oder nicht.” Der diegmul halb zerſchmetterte Alte 
erwacht auf ſeinem Schmerzenebette und haͤtt mit fuͤrch⸗ 
terlicher Laune den ihn umringenden Zerriſſenen eine 
Strafpredigt. Endlich ſtammelt er: „DO Himmel, welche 
Seligkeit, da meldet ſich etwas bei meiner Seele, ein 
Gefühl; das. mir ganz neu iſt, ich ſage Euch, ganz eu, 
etwas ſo Kaltes, Lachenbes, Spiges! Sollte es vielleicht 
der Tod ſein? Nein, ꝙ nein, doch nicht! es iſt ein altes 
bekanntes Etwas, ich glaube, es iſt die Reue, doch frei⸗ 
lich tritt, fie diesmal beſonders kraͤftig auf; nun im⸗ 
merhin, ich werde mich auch von ihre etwas durchligeln 
kaflen!‘ | | . 
Aus bleſer Schteckensſcene reißt uns der Verf. wieder 
in den Taumel der Luft; der Herzog feiert den Jahres⸗ 
209; -wo er dab, ſchoͤne Kind von der Dand der Ber: 
ſchwiegenheit und Liebe fih antrauen lleß. In -einer neu 
errichteten, zauberhellen, präcztigen Blumenlaube, einem 
neuen Anbau ber Kifcherhätte, ift eine Bühne errichtet, 
auf der, von Maffiello erfunden uub angeordnet, wunder: 
bare, fombolifche Darſtellungen in buntem Zauber wechſeln. 
Der Lefer mag fie in bee Novelle felbft fuchen, fie erlauben 
inen Auszug; die kuͤhnſte darunter If die Mythe von der 
iebe im Mittelalter. Der Dichter hat ſich nicht gefcheut, 
Hier feinen Pinfel in deu fiedendben Barbentopf der Wol⸗ 
liuſt zu tauchen. Der Herzog verläßt die Gefellfchaft 
ſchnell und das Geruͤcht von der nahen Ankunft ber fuͤrſt⸗ 
lichen Braut verbreitet fich. . 

Dee: fchon heimkehrende Eduard wich von Robert noch 
einmal in das Fiſcherhaus gezogen, wo nun Jokonde 
ohne Scheu mit Robert buhlt, und eine fchöne, junge, : 
kokette Gräfin Eva, als Knabe verkleidet und von einem 
Pagen des Herzogs, Enzio, mit eiferfüchtigen Blicken ver: 
fchlungen, ımter kecken Scherzen ben Iufttruntenen Eduard 
in ihr Netz lockt. Dee dicke Abt erzähle glänzend eine, 
freche itatienifche Geſchichte, und erſt ſpaͤt ſtaͤubt die Ge: 
fellichaft auseinander. 

Wir treffen. (mel nach Hagen) Eduard wieber im 
Schloſſe in einem geiflreichen: Gefpräche mit dem Maler 
Gotthold ımd dem Fänften über die Schönheit in der 
Kunſt, in welcher Gotthold feine chriftlichen Anfichten ent: 
wickelt und in das ſich bald der Graf Eberhard mit feis 
mem vernichtenden Materialismus einmifht. Blut, La 
den, Leib, Sande hat immerdar ben Koͤrper der Poeſie 
ausgemacht.” Eduard wird nun ‚der Prinzeffn Braut 
vorgeſtellt: „Sie war. .nicht ſchoͤn 









































At: 


= 








* A & a N 5 4 4 PO. Wr Aut a —— 
Qoeqhatſcang der agliſchen inätwefamg. 
. Ju rzleicet Bieten Scheiſr; „The exiiling menopeiy, m 
insimtjente. prutumtien ofıtkm:autkeniued version of seripnure 


us By .Giertis‘' (tomben 1838) — +uthaltend vier 

‚Briefe an ben Porbbifhof von London, Beiſpiele abfihtlicher 
and ühtierer Zenderuhigen des für richtig anetk annten Tngkifien 
WBiheiteries, Beſchwerden darſcber von rinem Gomite Geiſtlicher 
in: Bunidcn und nm MWerteht über die Wichtigkeit der vergen 

gumeren Khänderungen — äfi der Beweis verfucht worden, daß 

rc die den Wainerfitäten und den king’s ‚puinter verliehenen 
Hridilegien des ausſchließlichen Bibeldruckes ber einzig dabei 
ventbare Zweck, die Echtheit bes Textes gu bewahren, Teinek: 
Die von ber engliſchen Arche anerlkannte 
Vakvb J. mn 


Englands entflanbene und HL in Kolie-gebructe, geandhnliä 
8 James bible“ genannte Ausgabe. Elf neue er 


erſchtenan davon bie zum Jahte 1618, eine Menge andere Folgs | 


gm während der Stegierung des unglädlihden Kari I. und ben 
* Beiten ber Republil. Dex ſchwankende Chatakter der Gerade, 
Unbevacdktfamdeit der ben Druc leitenden Perſonen, enblidy. ve@ 
fietice Veränderungen hatten zahlreiche Werfälfhungen des 

eites zur Folge, über welche viele Schriftfteller des 17. Jahr⸗ 
hundertẽ Klage führen. So rügte‘‘ 1660 biefen Mebelftund 
in einex Cchrift, welche den fonberbaren Titel: „Eye for.shame't, 
führt, und leitet in feinem Gifex ‚die Jereligiofität des Volkes 
mit bavon her. Xus einer Edition von 1663 führt er 1... 
sinther VI, 9, an, wo es hieß: „Wiſſet ihr nicht, daß bie linge: 
zechten werden das Reich Gottes ererben 2” (anftatt „nicht erer⸗ 
den’) worauf ſich Perfonen berufen hätten, welche einen übeln 
Lebenswandel führten. Field Wibel, welche 1660 evſchien und 
im-.Librexy companion“, &. 338, als rin Moſter forgfältigen 
und genauen Drackes damaliger Zeit, fpiwie ausbrüdiic dazu 
betimmt, d’e feblexhaften Bibelausgaben zu bekämpfen, beſchrie⸗ 
ben 'wied, enthaͤlt trot dem viele Untichtigkeiten. 3. B. in 
der Apoſtelgeſchichte V B, Rebe: „Darum ihr lieben -Wtäber, 
ſehet muer end. nach ſachen Mbänuern, bie æin gutes Serucht 
haben und voll heiligen: Seiſtes und Waisheit ſiad, welche Ihr 
beftellen moͤget zu dieſer Rothdurlt(anſtatt „wir. begellen mö« 


—* Biſchof Wetenhall erklaͤrte 1086 bie Veraͤndetung dies | 


‚ auf die Waht von Almoſenpflegern bezoͤglichen Stelle Für 
abſichtlich, Indem -mun dadarch einen Beweit fir das Necht 
deu Volker entalten wolle, dieſe Beamten gu. wählen :unb eigen⸗ 


machtig amzuftellen ſowie feine Macht überhaupt zu erweitern. 


Erſt 1767 veranfaltete die Umiverfität Drford eine neue, bes 
richtigte Bibelausgabe, welche aus Vergleihüung der rrffen von 
1611, von —5 etoyds Bibel 1701 - 8, der ‘In Cams 
dridge 174850 gebrustten, bervorgitg. Dr. Blayney ‘fand 
dem Untenehmen vor, und biefe 2768 vollendete Ghition der 
heiligen Schrift wirb dehalb mit feinem Namen — 


Dex Verf. der Eingangs erwähnten Schrift behauptet, es 


fei ſchan 1611 eine von „King Jamea bible” abwelchende Leber: 
egumg erfäfenen, und gibt endtidj’ 2981 abſichtliche Vrränderum 
gen an, Deudfeher u. bel. gar wit in Wafdkap gebracht, 
weile ex in ben Ausgaben ber lehten 60 Jahre gefunden ber 
ben wiß. Da er bei den Univerfitäten kein rechtes Gehör. fand, 
fo übergaben die be#halb ‚gufohnmengetsstenen Geiſtlichen dem 
zufällig vom Parlamente beftellten select committes un’ kihg’s 
printers pätehte einen’ Vericht aber bidfe Angelegercheit· : Ime 


Redigirt unter Berantwortlichkeit der VKerlagſshandlung: F. U. Brodbaus in Leipzig. 


Ban (16mm Wert. — Sa 


im „Britta —— 
eh die fait: 1080 bei —* 
—— 


wären. Uevrigens 
voll, wol! der von 
a ben nelifchen Zeitſchriſden gemig «ei aume belle 
ben 2 en eine 
beſprochen werben. Inwiefern bie ver Hrn beutfiden 
ı Lan ve nicht 






beiausgaden zu einet Vergieichung au 
—— werden. — a 


 rerwetfihe Mirkelge 5 
Bericht Aber die Im Laufe des Jehres 1832 Sei £ X 

Brockhaus in Leipzig, atſchienenen neuen Werke 
Foriſetzungen. 


und 
7cðortſetung aus Mt. 118) . 

21. Dertel (W. von), Harald und Etsbeth, uber das Zeit⸗ 
alten: Ycyana!s des Bdrnetihen. : Nomuntiſches Qriginalge⸗ 
mäle aus her Geſchichte dr N: Zuehunibente: ‚2 Bänke 
he a ae Team Druenaniem 
s ® “: X. 

29. 'L4 Pärnasse frantals du —— sitile. Oeuvres 
83287 FAlphonse de umartine, Sasimit 
Deiunigse et P.-J. de: Beramger. Bugen : 
feinem Velinpepier. Aaeh. —— 

23. Polit (Kari Heinrich Ludwig), Die eurepäifchen 
Verfaſſungen ſeit dem Jade 1789 bis auf bie neugfle Zeit. 
Mit geſchichtlichen Sinfkttungen und @eläuterangen. 3weit 
'neu geordnete, berichtigte und ergänzte Auflage. Fin -d 

SBandben. rfler Wand, ‚die — — ————— bes 
fehen Staatenbundes enthaltend. 2 Abtheilungen. Be. ® 
784 ‚Bogen auf weißem Brudpapier. -GSubjcriptionds 
preis 4TIhlr. 20 Sr. j 

24. Provinzialrecht aller zum preußiſchen Staate gehörenden 
Yärider und Landestheite, infowett in’ denſelben dus Allgemeine 
Landrecht Geſetzeskraft Hat, omefaht mb’ nady.beinfeiben Plz 
‚pexausgegeben von Yriedai. Heinsih non Sir 

‚ bed. Erſten Theils erſter Band, zweiten Theils ‚geiler. bie 

dritter Band, und ditfen Tyhells erfter bis britter Ban. Gr. J 


Kuh nice den Titeln: 
” Aalberfiadt. uhb der zu ben 


od 





Vrvvinzialrecht des Büchontuum 
felben gehörigen Graf⸗ und Herrſchaften Hohenſtein, Regen⸗ 


ſtein und Derenburg, von Leopold Auguſt Wilhelm 
Lentze. 1897. 1 The. 12 Sr. " 


- Provinzialreche der Provinz Weſtfalen. Seſter Band: -Provim 


gabecht es ‚Gichenthums Mineſter web der ehrmals zum 
Hedftift- Wuͤnſter —5 Veſitcumgea ber Standetherren, 
imgleichen ber Grafſchaft Steinfurt und der Herrſchaften Ans 
holt mit Gehmen, von Glemens Auguſt Schluͤter. 
- 4889. Thir. 30 Sr. 
Yerotnglalerihs: ver MProvinz Voſt faten Zweiter Baudt Provbin⸗ 


‚son. Leman. Grfler Theil. 1836 


—— — —— Doster Band : ee 
" Wehr: z 1 (58% 
"2 —A vi Bad Remise von ıBtman. 


129%. _ . . 
c⸗ Kottfeging folgt⸗ 





- Blätter 








für 


literariſche Unte ch altung. 





Dienflag, 


m Nr: 120. — 





Die Zerriffenen. Eine Novelle von X. v. Sternberg. 
(Beſchiuß aus Nr. 119.) 


Eduard treibt ſich aufs Neue mit den Weibern im 
Fiſcherhaͤuschen herum und erhält eine Stichwunde von. 


dem eiferfüchtigen Pagen Enzio. Aus einem Zettel Ro: 
bert's an den Derzog muß er erfahren, daß er feinem ver: 
mäntlichen Sreunde immer gleichgültig gemwefen. An feis 
nem Krankenlager entwidelt Graf Eberhard jene gräßliche 


Lehre wieder, die aus Eduard's Herzen der Gedanke an- 


feine Mutter und ein wohlthätiger Schlummer verdrängt. 
Von nun an wechſelt die Scene der Novelle. Die 
fuͤrſtliche Braut hat ſich auf ein nahegelegenes Luftfchloß 
zurücgezogen, und Eduard wird befchidt, das Bild bes 
Fraͤuleins Magdalena, welches er einmal dem Fürften 
verfprochen hatte, zu malen, und er kommt in dem dam⸗ 
pfenden Frühlinge dort an. Ein gebeimnißvolles Blatt 
begleitet ihn, das der Geneſende nad) einem Traume, in 
welchem ibm die Geſtalt einer holdfeligen Frau erfchienen 
war, die feine Mutter und doch wieder auch nicht feine 
Mutter war, leibhaftig in feinem Buſen gefunden hatte, 
und auf dem mit einer zierlihen Hand die Worte ges 
fchrieben flanden: „Weberdruß, Kälte und Verachtung um: 
klammern ein Herz, das für Liebe, Freiheit und Tugend 
geihaffen ward! O wenn bu mir folgteft, Juͤngling!“ 
In dem romantiſchen Bergſchloſſe erhält Eduard fos 
gleich Zutritt zu der Zürftin, die, im Ruͤcken gefehen, bie 
Geſtalt feines Traumes war. Bei ihre ift in reizendem 
orgenanzuge Sräulein Magdalena, die Eduard malen 
fol; aber ein unmiderftehlicher Widerwille und Haß gegen 
fie fleigt in feinem Buſen auf. Endlich wird er entlaſ⸗ 
fen und in einem neuen, lichten Gebäude bei dem altlis 
chen Intendanten des Schloffes, Baron Werner, einquar: 
tirt. Hier treffen wir auf eine neue Welt von Perfonen. 
„Der Baron war Witwer, feine Gemahlin hatte ihm eine 
Zochter und einen Sohn gefchentt. Die erſte, Sophie, 
war ein kleines lebendiges Wefen mit beilbraunen, unftd= 
ten Augen; fie beforgte die Wirthfchaft, es zeigte fich je: 
Doch bald, dag fie bei dieſem Geſchaͤft mit ber größten 
. Eilfertigbeit und Zerftreutheit zu Werke ging und hun: 
dert Dinge vergaß oder falfch ausrichtete; man fah ihre 
den Wunſch an, immer wieder fo fehnell als möglich eis 
nen Pla einzunehmen bei einem Manne in den mittlern 
Sahren, ber fih unferm Freunde als ein Journaliſt 


aus der Mefidenz ankuͤndigte. Den Bruder Sophiens, 
Auguft, einen jungen Menfchen von blühenden Ausfehen, 
bezeichnete feine Kleidung als einen Korfizögling aus ei⸗ 
nem nahen MWaldftädtchen. Um die Tochter buhlt ein ehr: 
licher, aͤltlicher, etwas ſteifer, antirevolutionnairer Pfarrer; 


aber ihr Geliebter iſt der ultraliberale Soumalift, ein fa: 


natifcher Volksmannn und Antigöthianer, den dee Dichter 
mit viel Wahrheit und Geift gezeichnet hat. Die linki⸗ 
ſche, liberale Schöne iſt ein Halbfraͤulein; ihre Mutter 
war eine Bürgerliche. 
fafjer mit ihre umgeht, fo bat er doch ihren Liberalismus 
edel motiviert. „Nach dem Tode der Mutter”, erzählt die 
Zutraulichgewordene bem neuen Hausfreunde Eduard, „ver: 
anftaltete man ein ehrenvolles Leichenbegänaniß.... Meine 


"Mutter befaß ein Meines Ordenskreuz, welches fie von ei⸗ 
ner theuern Freundin, die Stiftsdame geroefen, als ein 


Andenken erhalten hatte, und welches immer auf ihrer 
Bruft zu ruhen pflegte; auch jegt befand es fich dort, 
obgleich) das Derz, welches in biefem Buſen ſchlug, ſchon 
erfaltet war. Wer hätte es wagen können, dieſes Zeichen 
einer zärtlichen Erinnerung zu entreißen? Und dennoch ge 
ſchah es. Eine Dame von Adel, die fic) mit unter den 
Trauergäften befand und noch zu jenem Kräuleinftift ges 
hörte, bemerkte nicht fobald das Kreuz, als fie an den 
Sarg trat, um es abzulöfen. Faft mit Eindifcher Haft 


fprang ich hinzu und umklammerte ihren Arm; allein fie 


drängte mid) von fi, indem fie leife und mit fchneiden> 
ber Kälte fagte: „Mabemoifelle, fol ich Ihre Bonne ru: 
fen, um Sie zu züchtigen?“" Dann wandte fie ſich zu 
einer. nebenftehenden Dame und fagte fpottend: „Das ift 
nun eine Erziehung, wie fie eine Bürgerliche geben kann!“ 
Mein ganzes Wefen war Erbitterung, ich verftand jene 
Worte ſehr wohl, und ein grelles Licht drang in mein 
Inneres.“ a 

Die romantiſche Schule, im Gegenſatze mit der libe⸗ 
ralen, wird, was Politik betrifft, in dem Hauſe vom al⸗ 
ten Baron, was Poeſie, von des Barons juͤngerm Bruder 
Gottfried, einem liebenswuͤrdigen, aͤltlichen Schwaͤrmer, re⸗ 
praͤſentirt, in deſſen Anſichten ſich die lieblichſte Laune des 
Dichters gekleidet hat. „Ich glaube“, ſagt er einmal zu 
Eduard, „daß Beſchaulichkeit und Andacht nicht allein den 
Dichter ſowie den echten Religioͤſen bilden; es gibt einen 


Zuſtand, der hier, wie uͤberall, wo etwas Tuͤchtiges ſich 


So ſtiefmuͤtterlich der adelige Ver⸗ 





- 


geftalten fol, bem Menfchen gleichfam bie erfte und hei: 
ligfte Weihe gibt.... Es ift der Schmerz, bie Thräne... 
der Kampf mit dem Schmerz iſt Poeſie.“ Und mit thraͤ⸗ 
nendem Auge fährt der wunderliche Baron fort: ‚Mein 
ganzes Unglüd befteht barin, daß ich die Zeit meines Les 
bens über gluͤcklich gemwefen bin!... ich fühle, ich Hin zum 
Dichter geboren, allein es follte trog deſſen nicht fein, 
deswegen ging es mir überall wohl. O meine Karoline, 
warum mußteft du mich auch gleich mit deinem Jawort 
beglüden; gab ed denn durchaus kein Hinderniß, das uns 
wenigſtens mit Hemmung bedrohte?.... Ach, und fo ging 
es uͤberall; ich hatte Hoffnungen, mein Vermögen einzu: 
bier, arm und efind zu werden, welche Ausfiht! Da 
tritt mein Freund auf und rettet mit eigner Aufopferung 
mein Geld, und es bleibt mir geficherter als jemalst”... 
Schtteßtih wimſcht ee dem jungen Freunde mehr Stud 
im Ungluͤck, dem feim ganzes‘ Wefen fagt ihm immer, 
daß er chenden heifbringenden Schmerz gekoſtet hat. 
Der Raum ertaubt uns nidt, aus des Journa⸗ 


(ten geimmigem- Feldzuge gegen „die markausſpuͤlende 
Meichtichkeit jener Poeten, deren Faunsgefichter, von Pe⸗ 


riickenlocken umfchattet, mit Ihfterner Gier in den Salten 
des Paradebetts lauſchen, wo die alte buhleriſche Kokette 
dee‘ Despotie fich ziert und’ winkt”, noch aus ber Verthei⸗ 
digung Goͤthe's durch die andern Männer, denen ſich ſelbft 
der Pfarrer mit Gemuͤth anſchließt (S. 162 — 170), aus: 
fuͤhrliche Auszuͤge mitzutheilen. Wir mäffen zum Ab: 
fhluffe dee Gefchichte kommen, um uns noch Pag zu 
einigen Bemerkungen: aufzufparen. 

Eduard hat nämlich inzwifchen em wunderbates Schick⸗ 
fat. 
der Fräulein Magdalena, in der eine unwiderſtehliche Nei⸗ 
gung gegm ben Jimgling aufzubämmern fcheint. Auf ef: 
ntge Mittheilungen: des liberalen Doctor ift fie ihm als 
„Prieſterin, Somnambule; Jakebinerin, Buhlerin, Alles 
in Allem‘ erſchienen. Ken Wunder, daß fen Bild, ab: 
ſcheulich wird und nicht das ſchoͤne achtzehnjährige Maͤd⸗ 
chen, ſondern aus bleichen, ſchroffen Zügen in einem kran⸗ 
ken Antlitz zwei erloſchene Augen mit dem hoͤchſten Aus⸗ 
druck des Schmerzes ihn anfahen. Aber ein wunderbarer 
Moment, im welchem die ſcheinbare Liebe Magdalenens 
ze ihm in’ pkoͤtzlichem Ausbruche diefe unmaͤchtig zu Bo: 
den wirft, macht ben bethörten Eduard aus einem Sau: 
lus za einen Paulus: fein Haß wird zur leidenſchaftlich⸗ 
ſten Lebe. 

Im IAntendantenhanfe Hat ſich unterdeffen Seltſames 
begeben: Der Jvurnaliſt hat Sophien entführt, und die 
Einholung der Flüchtigen durch Eduard, Auguft und ben: 
entſagenden Pfarrer, ſowie ihre Begnadigung wirb gar (u: 
ſtig ergäpte: Neue: Noch iſt im Schloffe: die: —*5 — 
wort abreifem, und man raunt ſich ins Ohr, die fuͤrſtliche 


Er maltmit furchtbarem Widerwillen an dem Bilde chert, und ich bin einen Uebetlaͤftigen Los, deſfen 


404 


ſtel geworben, er will in Civil⸗ ober Militairdienſte tre⸗ 


ten, um fuͤr ben erkannten Zweck zu wirken. Aber Altes 


entwidelt ſich anders, ober vielmehr es zerreißt. Die Kür: 
fin ift durch einen Geift vertrieben worden. Diefer Geiſt 


«begegnet: Eduarden und kommt — aus Magdalenens Zim⸗ 
mer; es ift ihe Buhle, iftÄder Herzog. 


Der Sommer war däahingegangen; im Herbſte holt 
Maffiello den von ſchwerer Krankheit genefenden Eduard 
zu feinen Freunden zurüd. Der Sournalift und feine 
junge Frau find in die freie Schiveiz gezogen; Magdalena 
ift verfhrounden. Maſſiello führt, von Auguſt beglettet, 


den Freund, die Reſidenz umgehend, in bie einfame Wald: 
rettaite des Abts. Sier-begegnet- erden · Dagen Mabert'e; 


den ein Erbe zum Malteſerritter gemacht hat, und der 
mit der Gräfin Eon nach London eilt, ſich dort anzufler 
bein. Er fragt auch nach der Meinen Jokonde. „ragen 
Ste nicht nach Ihr”, erwidert Maſſiello mir weicher Stim= 
me; „wollte ber Himmer, ich koͤnnte vom ihr ſagen, baß’ 
man fie eined' Moͤrgens tobt am Meere gefimden.” Dean 
geht trüb zu Better Am andern Morgen fehlt Eduard 
Aber einen Brief Magdalenens an den Genetal von Er: 
feld hat er zurückgelafſen. Diefer lautet fo: „Theurer 
Dheim! den Weberbringer diefes ſchicke ich‘ Ihnen als ei⸗ 
nen Menfchen zu, den ich für unfere Sache gewonnen 
babe, und den Sie überall brauchen‘ Lönnen, nor niche 
da, 100 es Künfte der Klugheit gilt, denn er hat bie Of⸗ 
fenheit und Ungefchidllichkeit eines Kindes. Dee Fuͤtſt iſt 
vom Throne und ber Prinzefſin gefchieben: unb geht in” 
ein Aſyl, wo er uns nicht mehr fchäblich fein kann. Faͤllt 
diefee Brief in unrechte Hände, fo find‘ wir laͤngſt gefte 
eigung 
jetzt, da ich fie gemonnm, mich fchon zu langweilen an⸗ 
fängt; mich därftee nach einem neuen Wirkungkreis. 
Der votſtehende Auszug konnte den Lefer nur mit ei⸗ 
nem Meinen Theile des Reichthums an Grit, Laune und‘ 


' Phantafie bekannt machen, den die Novelle enthäft; ebenfö 
| tonnte er die meiftechafte Charakterzeichnung des Verf. 


1 


| 





bei Darftellang der‘ verfchtebenartigften Perfonen: bes Fürs 
fim, der beiden Humeriften Maffiello umd Fleackwouth des 
Journaliſten, des. Pfarrers, des Batons, feines‘ Btuders, 
des Atheiſten, und unter den Frauen der Fuͤrſtin, der 
Muitreſſe, der Gtaͤfin Eva, der liberalen Sophie und der 
Heuchlerin Magdalena nur ahnm laſſen. Am wahrſten 
ſcheint uns der Fuͤrſt, die Fuͤrſtin und‘ Sophie gehalten. 
Jenet in’ ſeiner haltungsloſen Zertiſſenheit, in dem Hun⸗ 
ger und Durft nach ſtets newer Richtigkeit, die er waͤh⸗ 
rend des Genuſſes matt’ Gewult zu einem Etwas 

moͤchte; die Fuͤrſtin in ihrer ungrazioͤſen und dennoch Ehr⸗ 
furcht gebirtenden Tugend; das Hoffraͤulein in feinem un⸗ 
häuslichen md“ linktfchen · Liberalimus In Bezlehung 
auf bie Letztere ſei uns‘ jedoch eine Bemerkung gegen den 


Derbindung gehe zuruͤck der Herzog habe feine Braut aufs’ Verf. erlaubt, die wit um ſo zuverſichtlichet machen, da 
Empfindtkichſte gekraͤnkt. Auch erfhlgt bie Abreiſe wirklich. wir ja micht in Abrebe ſtehen, daß ſelbſt Liefer Charaffer 
„Zum Gluͤck“, ruft der Journaliſt, bleibt uns’ das Ebel⸗ mie Wahrheit gezeichnet if, wenngleich der freihercli 


ftaͤulein, das wol würdig iſt, ihre Stelle zu vertteten: 
Euard lebt nur hr, nur fir Magdalenen, er hat Emi⸗ 
(ken abgeſagt; er iſt durch das‘ Fräulein ein Freiheitsapo⸗ 


® Ä 


| 


Dichter mit einiger" Luft Hier bie Matakteriſtiſchen Ahre 
von Mängel an Geſchick und Lebensatt aufdduft, die ex 
an mehren bürgerffäpen Motiden im Reben beabachtet ha⸗ 


4 


ben mag. Was wie zu bemerken haben, ift diefes. Die 
beneidenswerthefte Frucht des Geburtsadels iſt allerdings 
jene wuͤrdevolle Haltung im äußern Benehmen, jenes no⸗ 
bie, ariſtokratiſche Alt, das man für das ausſchließliche 
Kennzeichen ‚höherer Geburt und feinerer Erziehung zu bals 
tn pflegt. Nun wohl; uns däucht aber, grade jenes nobfe 


Ar, jener Adel im Betragen, ohne ben alle Junkerſchaft 


in der Weit nichts heiße und gilt, läßt fih auch ohne 
die zufälligen umd dufern Güter der Geburt, dee Ehre, 
der Macht und des Reichthums erwerben. Es it nichts 
Anderes als ein gewiſſes Aplomb der Würde, zu welchem 
allerdings Häufig die Außerliche Sicherheit verhilft, die 
den Menfchen jene Güter gewähren, das aber noch viel 
ſtcherer durch innere ſittliche Tuͤchtigkeit erlangt und das 
ber unter allen Ständen und den verfchiedenften Bedin⸗ 
sungen des Außern Lebens angetroffen wird. Sa, manche 
Menſchen erhalten es von der Natur als Angebinde ſchon 
in der Wiege mit, weit ihnen. eine eblere, innere Natur 
angeboten if. Noble Menſchen trifft man daher in den 
Hütten fo gut als in den Paläften. Aber es ift ein be- 
ruhigendes Gefühl, daß diefer Adel von Jedem, ber ernſt⸗ 
lich will, auch erworben werden kann. Mit biefer Ab⸗ 
ſchweifung verlaffen wir die Linkifche Sophie und überhaupt 
die Charaktere des Verfaſſers, um noch ein Wort Über das 
Ganze zu ſagen. Bel allem Aufwande von Geift, Dich: 
terphantafie- und ſprudelndem Wige, bei aller hohen Be: 
deutung der einzelnen Gefpräche über Wiſſenſchaft, Kunft, 
Poeſie und Religion, ja bei aller Lünftlerifchen Vollendung 
einzelner Scenen, Situationen und Epifoden kommen wir 
doch nicht ins Klare über die Grundidee des Ganzen. 
Zwar haben wir aus dem Titel gleich im Anfange biefer 
Anzeige eine Deutung  verfucht, aber jegt, wo wir rück 
waͤrts einen uͤberſchauenden Blick durch das ganze Bud 
werfen, können wir auch mit Hülfe jener Idee keine gei⸗ 
flige Einheit in die verfchiebenen Begebenheiten ber No⸗ 
volle. und das Getriebe der mamnichfaltigen Perfonen hin⸗ 
einbringen, es wäre denn, baß ber Verf. nicht nur auf 
die Charaktere, fondern auch auf Geſchichte und Handlung 
den "Charakter allgemeiner Zerriſſenheit abfichtlih ausge: 
dehnt hätte. " Wir fehen in die Geſchichte hinein, wie In 
einen Muͤhlbach, in defien fpeadeindem Schaum Rad an 
Mad ſich gefchäftige bewegt, aber der Mechanismus des 
Werkes bleibt. ums verborgen, und fo wahrſcheinlich es 
uns ift, daß biefe Räder wirklich ein Muͤhlwerk treiben, fo 
verbirgt ſich doch dieſes hartnädig vor unfern Augen. Ein 
anderer Schluß; oder vielmehe ein wirklicher Schluß wuͤrde 
uns vielleicht auf emmal die Augen öffnen, und wie les 
bin daher auch der Hoffnung, daß ber Verf. uns bald 
mit einem zweiten, ergänzenden Theil der Geſchichte be⸗ 
ſchenken werde. Offenbar endigt die Novelle für das fitt: 
liche Befüht durchaus unbefriedigend. Wir verlangen nicht 
bie ordinaire poetifche Gerechtigkeit, nicht, daß das Laſter 
fich erbreche, wen die. Tugend fi an den LTiſch fest; 
aßkr,.wenn ein: fo edler Geiſt eine folche. Welt von Ber: 


riſſerhait uns vorgeführt und zum Theil das Verkehoteſte 


und Berborbenfte in Welt: und Zeit: gem nn 
einer finnlichen Glorie von Schönheit und Geſchmack zu 


iſſermaßen mit 


umgeben verftanden hat, fo dürfen wir mol von ihm fo 
dern, daß er der Nemeſis inſoweit ihr heiliges Recht ein: 
räume, daß er uns bei feinen Zerriffenen am Ende auch 
ben Moment darftelit, in welchem alle moralifch Zerriſſe⸗ 
nen innerfich unfelig find, und in welchem fie nicht blos 
jenes vage Gefühl der Zercifienheit, das freilich die Hel⸗ 
den unferd Dichters durch ihr ganzes Leben begleitet, fon- 
dern auch eine concemtriete veinigende Empfindung bavon 
haben; den Moment, in welchem jede Sünde gegen ber 
Adel unferee Natur und ihr höchftes Geſetz zum furcht⸗ 
baren Bemwußtfein fommt, in welhem 5.3. ber Wolluͤſt⸗ 
ling deutlich erkennt, daß fein vernünftiges Gottesgeſchoͤpf, 
fetbft ein ſchon verirrtes und gefallenes, von ihm als bio. 
Bes Dbject gebraucht werden durfte; der Ehrgelzige, daß 
e8 ein läcyerliches Nichts war, wonach er geſtrebt hat; 
ber Kunftvergätterer, daß er am Ende doch nur einem’ 
Goͤtzendienſt getrieben; der Tugendftolze, daß er die Barm- 
herzigkeit, die ihm allein beifen Eonnte, verſchmaͤht hat, 
und daß fein Lohn dahin ift; endlich der Atheiſt, daß im 
Gewiſſen ein Bott in ihm wohnt, ber ihm mit Hoͤllen⸗ 
qualen feine Gegenwart verkündet. 

Aber fern fei von uns die Pedanterei, dem geiftvol- 
len Verf. — der, feiner Löftlichen Leichtigkeit ber Feder fich 
bewußt, über unfere fchwerfälligen Perioden nur lächeln 
wird — auf irgend eine Weife das Wie vorfchreiden zu 
wollen, mit dem ee jenen beftiedigenden Schluß herbei: 
führen fol. WBielleicht weiß er längft einen Ausgang, den 
wie nicht ahnen, ber Alte überrafcht und doch Alte zu: 
feiedenftellt. Aber ein Ende muß er der Geſchichte boch 
geben. Sie kann nicht damit fließen, daß von Grand 
aus. und mit Selbftverfchuldung zerriſſene Menfchen, daß 
Menſchen, die nicht nur ihr eignes Gemuͤth, fondern auch 
fremde Herzen und Seelen wie reißende Thiere zerriffen 
baden, am Ende im Ueberblicke fo viel unfeliger Ge: 
[hide nur mit dem Gefuͤhl Afthetifcher Untuft zu Bette 
gehen. 28. 


- — — — — — — — 
—— — 


Des M. Zacharias Orthus, geborenen Stralſunders und 
gekroͤnten Dichters, Lobgedicht auf Stralfund. Einleitung, 
lateiniſche Urſchrift, Weberfegung, Anmerkungen und Ans 

hang herausgegeben von € Zober. Mit einer 
Anſicht der Stadt Stralfund von W. Brüggemann. 
Stralfund, Löffler. 1831. 4. 2 The. 


Die Herausgabe biefes wenig belannten @ebichtes ift eine 
um fo banfenswerthere Arbeit, da fie fidy vorläufig als eine 
ziemlich undankbare erweiſen dürfte. Die Gefchichte der lateini⸗ 
ſchen Dichtkunſt ift noch faſt gar nicht bearbeitet. Unſere Phi⸗ 
lologen ſind noch nicht uͤber die grammatiſchen Schwierigkeiten 
und über bie Vergleichung ber Handſchriften hinaus, und Die⸗ 
jenigen, welche ſich mit Erforſchung mittelalterlicher Alterthä« 
mer befchäftigen, haben ein Vorurtheil gegen’ bie’ lateinifche 
Sprache und pflegen fich uͤderdies auf bie Zeit vor der Refor⸗ 
mation zu befägränten. Es ift indeflen zu ‘hoffen, daß bie Phis 
lologen einmal anfangen werden, ſich mit hiſtoriſchen Aufgaben 
zu befchäftigen, und daß bie fpeclellen Forſchungen über mittel 
alterliche Literatur über das 13. und 14. Jahrhundert hinaus: 
gelangen werden. Dank” wird das vorliegende Buch als eine 
dankenswerthe Vorarbeit angefchen werben. Mit vieler Umficht 


496 


N 


iſt bier geſchehn, was von einer Arbeit ber Art verlangt wer: 
den kann. Der Text ift forgfältig abgebrudt, eine woͤrtliche, 
echt verftändige Weberfegung beigefügt, und das Ganze mit 
einer hiſtoriſchen Ginleitung und mit Anmerkungen verfehen, 
weiche freilich nur einige fehr dürftige hiſtoriſche Zeugniffe über 
den Dichter und feine Werke und einige — für die meiften 
Leſer größtentheils überflüffige — Erklaͤrungen einzelner Stellen 
enthalten. Ueber ben Charakter bed Gedicht fagt ber Heraus: 
geber nichts, vielmehr verfichert ex, er überlaffe es Andern, über 
den ſprachlichen, metrifchen und poetifchen Werth bes Gedichté 
za entfcheiden. Unb hieran thut er wohl, wie eine unmittelbar 
auf jene Verſicherung folgende Aeußerung bezeugt. Es heißt 
naͤmlich ©. 33: „Zu ben ſprachlichen Gigenheiten bed Orthus 
gehört 3. B. ber Gebrauch der Conjunction ac vor Vocalen 
und das häufige atque vor Gonfonanten, da jenes befanntlidh 
bei den claffifhen Siriftftelleen der Römer nie, und biefes im 
Ganzen nur felten ber Kal if.” Bon einem Schulmanne 
durfte man wol, wenn er überhaupt über bie fprachlichen Ei⸗ 
enbeiten tes Gedichts etwas fagen wollte, eine minder geringe 
ügige Bemerkung erwarten. 

Der hiftorifhe Werth des Gebichts feheint dem Herausge⸗ 
ber der überwiegende zu fein; und zwar will er es nicht 
als biftorifche Quelle, aber als Darftellung ber Gefchichte Stral⸗ 
funds geltend machen. Diefe Anficht ift feltfam genug; benn 
die Erzählung von zwei bis brei aus bem hiftorifhen Zuſam⸗ 
menbange beraudgeriffenen Begebenheiten wird ſchwerlich Jemand 
für eine hiſtoriſche Darftellung gelten laffen. In anderer Hin 
ſicht ift dagegen das Gebicht allerdings von Werth, Man 
pflegt zwar Gedichte, welche nicht in der Mutterfprache ihres 
Urhebers abgefaßt find, als verbädtig zu behandeln, weil fie 
Probucte einer berechnenden Reflerion feien, und in ber That 
find eigentli geniale Kunftwerle wol nie in einer fremden 
Sprache abgefaßt worden. Nichtsbeftomweniger nimmt eine frembe 
Sprade, wenn fie in das Leben einer Gefellfhaft gleichſam 
hineinwaͤchft, wie bie lateinifhe Sprache in die Gelehrtenwelt 
jener Zeit, einen charakteriftifchen Anſtrich an, welcher über bie 
Eigenthümlichleit der Zeit viel Licht verbreitet. Das vorlie⸗ 
gende Gedicht befteht freilich faſt zur Hälfte aus Rebensarten, 
welche aus dem Virgil und Ovid entlehnt finoz aber unter bie: 
fem frembdartigen Kleide fieht ein fehr eigenthuͤmlicher Geiſt 
hervor. Mit vieler Beflimmtheit fpricht ſich bier jene einfach 
derbe Ehrbarkeit aus und jene feltfame Mifhung von Phili⸗ 
fterhaftigkeit und großartigem Sinne, weldje die Zeit ber Re: 
formation vorzugsmeife charafterifiren. Die nähere Bedeutung 
des Gedichts kann freilich erft dann erfannt werden, wenn pir 
eine Ueberſicht über die hauptfächlichften Erſcheinungen der Art 
aus jener Zeit erlangt haben. 175, 





:-Bemertungen. 


Die „Lebensbeſchreibung Friedrich's des Großen’ von Preuß 
(Berlin 1832) hat nach Allem, was über den König, welcher 
als Feldherr und als Regent ber Gelb feines Zeitalterd war, 
gefchrieben worden, dennoch einen eigenthümtichen und fehr gros 
Ben Werth. Der Verf. bat nicht allein Alles, was über feinen 
Gegenftand in unzähligen Büchern. Meinen Schriften und einzel 
nen Blättern enthalte ift, forgfältig geprüft und fo zufammens 
‚geftellt, daß ein vollfländiges und lebendiges Wild des großen 
Königs daraus hervorgeht; fondern er hat auch noch viele Tau⸗ 


tet, Friebrich II. habe fi 


Jede auch nur beiläufige Aeußerung eines fo unterrichteten 
und forgfältigen Gchriftftellers verdient Aufmerkſamkeit, und 
diefe wird vorzüglich durch eine am Gchluffe des erften Bandes 
in einer Note hingeworfene Behauptung erregt, daß bie befanns. 
ten Reformen ber tief zerrütteten und: im tilfiter Frieden verſtuͤm⸗ 
melten preußiſchen Monarchie im Jahre 1807 nicht, fowie man 
glaubt und wie in ben „Grinnerungen an ben Minifter von | 
Stein“ (Altenburg 1832) tocumentirt ift, von diefem herrühren. 
Here Preuß verfichert vielmehr (biesmal jedoch, chne Cabi⸗ 
netſchreiben oder andere Beweiſe mitzutheilen), daB bie Vers 
orbnungen, mit welchen ber Anfang jener Werbefierungen ge⸗ 
macht ıvard, von Andern fo vorbereitet geweſen, daß ge nur ber 
Vollziehung beburften. &tein war aber nicht der Mann, fü 
zu einer bloßen Gontrafignatur herbeiholen zu laffen, und wer 
die preußifche Gtaateverwaltung ber Zeit gekannt hat, wirb' 
fragen, welcher andere Minifter wol den Gebonken einer Orgas 
nifation gehabt haben könne, bie in gradem Widerfpruche mit 
tem ganzen, mehr ale hundert Jahre lang in einer field unvers 
änderten Richtung audgebildeten Syſteme fand. Jeder, ber 
fowie Hr. Preuß in der Geſchichte mehr flieht ald eine bloße 
Reihe von Begebenheiten, fühlt es, wie viel ein teeffendes Urtheif 
über einzelne Männer, bie Einfluß auf ihre Zeit Hatten; werth iſt. 
Nicht wegen ihrer felbft: wenn auch die abgefchiedenen Geifter 
ed erfahren, wie über fie nach ihnen gebacht und geſprochen 
wird; denn fle haben ihre Belohnung im eignen Bewußtfein 
empfangen. Auch nicht wegen ber Rachahinung; benn durch 
ſolche geſchieht nichts Großes, und jebe Zeit hat ihre eigne Noth, 
und wer fähig iſt, dieſer entgegengutreten, wird durch feinen 
Geiſt dazu getrieben. Wol aber, um das Gefühl der Dankbar⸗ 
keit F befriedigen, das ein Beduͤrfniß der Beſſern im Volke 
ausmacht. 

Wenn dieſe jetzt dem General Scharnhorſt geſichert iſt, ſo 
verdanken wir es dem Kriegéminiſter von Boyen. Jeder, ber 
feine von dem ebelften Gefinnungen eingegebene und in dem ſchoͤn⸗ 
ften Zone abgefaßte Denkfchrift gelefen hat (‚‚Beiträge zur Kennts 
niß des Gen. v. Scharnhorft”, Berlin 1833), wird den Wunfch 
begen, eine ähnliche über ben Miniſter v. Stein zu Iefen, ben 
nicht Wenige in bem von ihm aboptirten Waterlande für werth 
halten, in bem vom Minifter von Boyen angebenteten Dlonızs 
mente ber Wiedergeburt der preußifchen Monardie dem Gen. 
Scharnhorſt gegenübergeftellt zu werben. 


In dem obengenannten Geſchichtsbuche wird &. 432 behaup⸗ 
bie Feindfchaft der Frau von Yompas 
doue durch Spöttereien über ihr Verhaͤltniß zu Ludwig XV. zu⸗ 
gezogen, und dieſe habe, dem Könige als Geliebte gleichgältig, 
den Krieg bewirkt, um fich politifch wichtig zu maden. Das 
Erfte ift ungezweifelt richtig, e8 erhellt aus dem Schreiben von 
Voltaire, das der Verf. anführt: bas Leute aber -bebürfte wol 
einer andern Beglaubigung als das Zeugniß des aallfüchtigen 
Duclos, der in feinen Memoiren nur den Frondeur macht. Es 
ift befannt, wieviel die allzu freien Aeußerungen Friedrich's uber 
andere hohe Perſonen und beionbers über das Privatleben ber 
Kaiferin Elifabeth von Rußland zu ber Erbitterung beigetragen 
haben, mit welcher der, fiebenjährige Krieg geführt if. Einer 
fo unſchicklichen Spötterei über Brau von Yompabour aber, als 
Herr Preuß angibt, bat fi der König nicht ſchuldig gemacht, 
Auh wenn er Shampagner getrunken hatte, konnte er unm 


; lich eine Anfpielung auf den oftindifchen Ringam gegen eine gei 


reiche Frau richten, gegen die Befchüherin feines Freundes Vols 


fend Gabinetfchreiben beffelben vor Augen gehabt und benugt. | taire und aller ſchoͤnen Geiſter, Getehrten und Künftter im 
Diefes ift unfchägbar für den Gefchichtfchreiber eines Monarchen, | Paris. Ihrer Nachfolgerin Dubarry hätte es cher gelten koͤnnen 
ber in feinem ganzen Leben immerfort felbft dachte und handelte, | Es fteht auch in dem Briefe von Voltaire, ben Hrn. Preuß ans 


nur Diener und Werkzeuge kannte, felten Rathgeber hörte, und | führt, nicht: Lingam, fondern: 


von dem allein Alles ausging, was er gethan, fuft Fönnte man 


fagen, was während feiner Regierung in feinem Lande gefche- | beliebten Romans: 
| Scäferfpiel treiben. 


ben ift. 


pays du Lignon, das ifl ber 

Flug, an beffen Ufern bie Helden bes vormals in Frankreich fo 

„La nouvelle Astree”, ihre empfinkiumes 
2. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagähanblung: 3. 4. Brodbaus in Seipzig. 











‚ 


” 


Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung. 





T. Mai 1833, 





Sahrgan ! eſtellun 
alle — die ſich an die koͤnigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, das koͤnigl. 





Die Briefe des Freiherrn von Stein an den Freihern 
von Gagern. 


Der preußiſche unlängft verftorbene Staatsminifter Frei⸗ 


herr von Stein, privatifirend auf feinem Gute im Naf: 
fauifchen, wird uns zur Anfchauung preisgegeben in bem 
neueften Werke des Heren von Gagern: „Mein Antheil 
an der Politit. IV.” (Stuttgart, Cotta, 1833, 8., 2 Thir.), 


welches ausfchließend in dem Briefwechſel diefes Hrn. Mi⸗ 


nifters von Stein mit dem Hrn. von Gagern befteht, 
woraus alfo von ber eignen Xheilnabme des Hrn. von 
Gagern an ber deutfchen oder europdifchen Politik nichts 
zu erfehen ift, die uͤberhaupt unſers Ermeffens nie in eis 


nem wahren Wirken nach den Geboten des jegigen Zeitz. 


geiftes, fondern immer nur in vielen Neben und Abſchwei⸗ 
fen eines fo Gott will verlebten reichsritterfchaftlichen 
Adelsgeiſtes beftanden, in welchen fich derfelbe als einen 
Melanchthon der jetzigen Welt dem Hrn. von Stein, ale 
dem neuen Erdenreformator Luther, angeboten hat. Zu 
viel Ehre für Beide! Wir glauben nicht, daß Hr. von 
‚Sagen den Manen Stein’s durch diefe ruͤckſichtslos preis: 
gegebene Sorrefpondenz einen Liebesdienft erwiefen hat, und 
find geneigt, die vielen harten, flarren, feindfeligen Urtheile 
des Hm. von Stein dadurch zu entichuldigen, daß er fie 
gewiß nicht veröffentlicht Haben wollte, ecclesia autem de 
internis non judicat. Jene jüngere Generation, welche 
fonft den Hm. von Stein für ihren Heros, für den Ed: 
ftein aller tugendhaften Verbindung, den Anwalt der Li⸗ 
beralität, bee beutfchen Gelehrſamkeit, den Vertreter der 
unterften Volksclaſſen gehalten, wird davon ziemlich zu: 
ruͤckkommen, wenn fie nun hier mit Händen greift, tie 
Hr. von Stein umter beutfcher Freiheit ſich mit hoͤchſter 
Herabwürbigung ber deutſchen Fürften nur eine ausfchließ- 


- Siche Regierung des güterbefigenden deutfchen Adels gedacht, 


in weldyer die Preßfreiheit verbannt, alle Liberalen und 
in der Theologie alle Rationaliſten verjagt, das unver: 


ED — — —— —— 


nünftige gelehrte Volk im Zaum gehalten, und über 
alles übrige Sefindel und die Proletarien, wie «6 
immer beißt, die Geißel gehalten werben fol. Wir Lin: 
nen und nicht entbrechen, zum Beleg diefer Befchuldigungen 
die merkwürbigften Anfichten und Urtheile auszuheben, wies 
wol es nicht fehlt, daß darunter auch recht gefunde Säge 
und intersfjante Notizen vorlommen. Ä 


17. Mai 1817. In Münfter verbietet der dumme 
und fanatifche Generalvicar den Geiſtlichen, irgend einen 
Antheil an ber Einfegnung der Ehe zu nehmen, wenn 
nicht die Katholicität der Kinder ausbebungen ifl. — Der 


Domdechant Spiegel befigt die erfoderliche Kenntniß des _ 


tanonifchen Rechts und fehr viele Klugheit. Die Behand: 
lung des Coadiutors von Weſſenberg verdient nachdruͤck⸗ 
lic gerügt zu werden. Maſſenbach ift ein eitler Wirr⸗ 
kopf, hoͤchſt erbittert und zu Allem fähig. Der König hat 
das Hecht und die Macht zu Bundesgenoffen, alfo wer 
den die Stände das Gefecht verlieren. 

21. Suni 1817. Hr. von Maſſenbach iſt ein eitler 
Narr. — Die Mebdiatifirten denken nur an die Praͤroga⸗ 
tiven ihrer Kafte und find beſchraͤnkt. W.... (Wangens 
heim? der Brief handelt von Stuttgart) tft abſichtlich 
eitel, unrein fophiftifh. Ich wuͤnſche Sie fagtn etwas 
über den Unverfland der Altwuͤrtemberger. 

15. Nov. 1817. Unfere deutfchen Regierungen ſinken 
täglich mehr in dee oͤffentlichen Achtung, durch ihre Furcht: 
ſamkeit, Lichtfchene und Wortbruͤchigkeit. Glauben Sie, 
daß ber Staatskanzler (Hardenberg) an Rhein kommt? 
Sein neueſtes Machwerk einer Staatscontrote ift eine 
Bervielfättigung ber Behörden, fehlerhaft im Princip, feh⸗ 
lerhaft in der Zufammenfegung. | 

18. April 1818. Was fagen Ew. zu ber Frechheit 
des Recenſenten (Über die Verfaſſung von Kleve ıc.)?- &s 
ift traurig, daB die Preßfreiheit fo misbraucht werde. 
Aufhoͤren wird es, wenn gut eingerichtete fländifche Ver⸗ 


498 


foffungen in bas Leben -treten — dann macht bad Ger 
ſchwaͤt der Demagogen keinen Eindrud mehr. 

16. Mai 1818. Hr. von Nagel (ein Niederländer 7) 
ift in feinem Betragen etwas höflicher, wenngleich vers 
fumpft in dem Duͤnkel beſchraͤnkter taktlofer Menſchen. 

21. IRA 1818. Weber die nmaſſaniſchen Staͤnde iſt 
eine Flugſchrift erfchienen, bie din Gemenge von Wahr: 
heit, Irrthum, und zulegt ein Element von tollem demo: 
Eratifchen Unfinn ift. Die Belchüger der Herren — fehen 
die Saaten diefer würdigen Ränmer reifen. 

17. Auguſt 1818. (betreffend den Plan für bie Atere 


deutſche Geſchichtforſchung): Frankfurt fcheint werte der | 
ig dr Directien· Bu 


ideen Mitgliedern wuͤrde 
ich Sie waͤhlen (von Gagern), Aretin, Wangenheim, Berk⸗ 
heim und Buch. Dieſe nehmen ein paar Gelehrte 
in ihre Mitte. 

Doffelde Schreiben enthäkt eine Inſtruction an ben 
Hrn. von Gagern, was gelobt und getabelt werben foll; 
als nämlich die durchgretfende Neuerungsſucht im Weima⸗ 
eifchen; im Nafſauiſchen das einfeitige übereilte Orga⸗ 
nifiren und das biinde Dingeben der Deputicten in den 
Willen der landesherrlihen Commiſſarien; an der baiti: 
ſchen Conſtitution das Cascadiren von Wahlen und ihre 
Ucherliche Preßfrelheit; aim Preußlſchen das Stocken in 
der Ausfuͤhrung, weil Alles in den Haͤnden des Alters 
und der Schwaͤche liegt. 

16. Sept. 1818. Der frauzoͤſiſche Adel iſt guͤterlos 
meiſt Briefadel, haͤngt am Hofe, ſucht Stellen und iſt 
factieur. Die Zahl des begüterten, unabhaͤmgig lebenden 
Adels iſt in Deutſchland noch ſehr groß. Bernſtorff iſt 
ein vortrefflicher edler Mann; ob er Kraft habe, ben 
Ball des Augias auszumiften, iſt eine Frage. — An 
Geiſt und Wiſſen übertrifft ihn Humboldt unendlich, und 
ich bewunbere die Geſchicklichkeit des Staatskanzlers, alle 
suchtige talmtvolle Männer (nämlidy primo loco baruns 
ter den Hm. von Stein) lahm zu legen. Der Geiſt des 
Ham ift von ihm gewicdhen, der Gegen bes Himmels 
fehlt dem alten Sünder, nichts gedeiht unter ihm, nichts 
gelingt ihm. 

18. Dec. 1818. Man ſchimpft über Stourdza, über 
die Anmaßung eines Fremdlings, uns zurechtweifen zu 
wollen. Da unfere Pamphletiſten aber body über alle «us 
ropaͤiſche Angelegenheiten enticheiden, warum foll es Stourdza 
nicht erlaubt fein, ein Wort zu fprehen; heißt es doch 
[don Anno 1243 nad) Mathäus Paris von den Mogo- 
len: daß fie ausgezogen propter furorem Teutonicum, 
sua modestia (der Mogolen) temperandum. 

2. San. 1819. Allerdings weiß des Fremdling (Stourdza), 


was er thut und warum? Man hätte ihn daher ‚mit 


Stunden und nicht mit Spott widerlegen fallen, ber alle 
Theilnehmer erbittert. 

5. Auguft 1819. Das Naſſauiſche bleibt mir immer 
fremd, nah den Grundfögen ber dem Reich 
unmittelbar Angehörigen. Die.gegenwärtigen Macht: 
haber haben gegen mich und bie ganze Stoffe, zu ‚der ich 
gehöre, einen hohen Grab von Ingrimm, der fich in hun: 
bert Heinen Zügen äußert. Sie fühlen fich beleidigt, daß 


— — 


man ihr Machwerk nicht vergoͤttert, ihrer Pfiffigkeit und 
Unwahrheit nicht traut. Es iſt traurig, zu ſehen, in wel⸗ 
chem Grabe der junge Mann, ber Herzog, Über ſich, feine 
Geſchaͤftsleute und feine Gefchäftsführung verbiendet iſt, 
su glauben, daß die Privilegirten die erſte Schuld haben 
an dem Mordanſchlag gigen Hrn. Ibal, er doch wirk⸗ 
lich nicht fo wichtig iſt, um der Gegenſtund einer Der: 
ſchwoͤrung zu fein. (Natürlich, wer nicht als unmittelbarer 
Reichsritter geboren worden, ift und bleibt ewig unwichtig.) 
29. Sept. 1819. Dis ‚ was zur Ruhe: 
tung in Deutſchland gefchehen ann, iſt, dem Reich der 
illkur ein Ende zu maden und das einer gefeglichen 
Berfaſſung zu und zu beginnen; — an bie Stelle 
der Buraliften und der demokratifchen Pamphletiften, von 
benen die Erſtern das Volk duch viel und Schlecht Regie: 
ven druͤcken, die Andern es reizen und verwirren, ben Eins 
fluß und die Einwirkung der Eigenthuͤmer zu fegen (ber 
adeligen?). Es ift ſehr erfreulich, daß mit der Beendi⸗ 
gung der würtembergifchen Angelegenheit das ganze fuͤdliche 
Deutichland «ine vepräfentative Verfaffung erhalten hat. 

19. Det. 1819. Der Auffag in den „Rheinifchen Blaͤt⸗ 
tern” fcheint mie von Hardenberg felbfl zu fein, — ſeicht, 
ſophiſtiſch — uͤbelgelaunt — erbaͤrmlich. 

7. Oct. 1819. Ein Glaucoma (In Bezug auf Art. 13 
bee Bundesacte) wird den Unwillen nuc noch fieigerm, und 
wenn grabezu apodiktiſch das. Recht verweigert wich, fo gibt 
man den Schwindlern, Erbitterten und Boͤſen die Waf⸗ 
fm in bie Hand. 

23. Rov. 1819. IH hoffe, Ihr Buch (‚‚Nefultate 
der Sittengefchichte‘) wird dem Publicum zeigen, daß mar 
mit einigen bemolkcatifdgen and metaphpfiihen Formeln 
nicht ausreicht. 

23. Dec. 1819. Hanbelt von den Misgriffen in Kazte- 
bad, bie theils ſchaͤdliche Refultate, theils gar Beine hatten. — 
Die Herren Profefforen Dahlmann und Falck haben ſich von 
der übernommenen Bearbeitung des Adam von Bremen und 
Helmold Iosgefagt, aus Unwillen ‚über die Larlsbader Be⸗ 
ſchluͤſſe, mit denen doc, die Ausgabe ber deutſchen Quel⸗ 
Venfchriftfteller in Eeiner Verbindung fleht. Es iſt ein reizba⸗ 
tes unvernünftiges Volk, das gelehrte Volt. (!) 

1. Mai 1820. Man fcheint entfchloffen zu fein, mit 
ber Stelle in Frankfurt (am Bundestage?) Eeine Veraͤn⸗ 
derung vorzunehmen, und überhaupt sine Abneigung ge- 
gen alles Tuͤchtige, Kräftige und Selbfländige zu haben. 

Von ber Ausgabe der Quillenſchriftſteller wollen wir 
nicht viel Mühmens machen, bis wirklich etwas geleiſtet 


worden; Der Geiz der Reihen, bie Faulheit der Gelehr⸗ 
ten find große Hinderniffe. *) 


*) Wie iſt dagegen von einem vertrauten Freunde früher 
ſchon Fehr geklagt worden, daß Hr. von Stein, ber an al: 
len Andeen die Bureaubeatie fo fehr gehaßt, in: den Unge- 
legenheiten ˖ biefer Geſellſchaft für feine Mecfon Aues nur gleich 
bureaumäßig babe .abbecretiren und miniſtermaͤßig ordon⸗ 
nanziren wollen, was ben liberalen Gang biefes Zufkitute 
fehr gehindert. Inzwiſchen bleibt dem Hrn. von Stein Wer: 
dienſt und Ehre, für "diefe mit fo großer eiguer Aufopfes 


rung. oben ethaltene Anſtalt im uͤberreichen Maß noch übrig, 


was ihm auch nicht benommen werden ſoll. 


‚99 
(höpfung der Finanzen ud die Unbeholfenheit der beut⸗ 


Der Schluß des Briefes laͤßt ſich aus über bie fra⸗ 


tzenhaften Radicalen, Beamtenwillkuͤr, ſchlechte Juſtiz, Ab⸗ 
gaben, Einmiſchen ber Bureaukratie in alle. Kommunal: 


und indivibuellen Verhaͤltniſſe. 


24. Auguſt 1821.. Das Ediet uͤber bie boaͤuerlichen 


Verhaͤltniſſe befriedigt "weder ben Bauer noch den Guts⸗ 
beten. — Er habe zu den unmittelbaren Lenkern der Zeit: 
ereigniffe wenig Bertrauen, erwarte nichts von einer preu: 
ßiſchen Verfaſſung, welcher die naͤchſten Umgebungen des 
Könige und die Einflüffe des oͤſtreichiſchen Hofes entge: 


genwirkten; wir wärben fernerhin regiert werden von be: 


foldeten Buchgelehrten, interefjenlofen Buraliften, von Men⸗ 
fhen ohne Eigenthum (db. i. Unadeligen?). 

9. Sept. 1821. Die fo ungeſchickt behandelte badi⸗ 
fhe Ständeverfammlung zeigt doch ermflen Willen, im 
Einverſtaͤndniß mit der, Regierung, das Gute zu bewir⸗ 
‚ken (hätt bie fchroeizerifche Regierung für fehr gut und 
wohlfeil). 

17. Nov. 1821. Ich verlaſſe das Land ungern, um 
in Frankfurt die Bundestagsgeſandten Sacklaufen zu ſehen. 

6. Febr. 1822. Unſer lahmes Bundestagsweſen iſt durch 
eine heftige Bernſtorff'ſche Note aufgeruͤttelt; fie wirft lei⸗ 
denſchaftliche Ueberellung in ber koͤthenſchen Sache vor ıc. 

9. März 1822. Die bairiſche Staͤndeverſammlung rag 
wol wmbeholfen fein; verftändig ift fi. Wir werden nun 
fehen, welches Schickſal das Culturgefeg bat, das einige 
Dispofitionen enthält, die grabezu erproprieren. 

419. Aprit 1822. Spricht von der Verkehrtheit ber 
mittiern und Hemern Staaten, eine Selbſtaͤndigkeit gegen 
Deſtreich und Preußen zu behaupten. — Dem guten ge: 
funden baitifchen Verſtande macht es Ehre, wenn er bie 
Seifenblafe der Zettelbank von fich flößt. Ä 

22. April 1822. Die Pfeudopolititer, die Sophiſten 
‚werben wieder fehr laut. Ein Aufſatz des Hm. Murhard 
in den „Politiſchen Annalen” bat vielen Unwillen erregt. 

9. Zuni 1822. Das I die buraliftifhe Monarchie 
für fehlerhaft halte, willen Sie; aber den fchwebilch = pom= 
merfchen Robiliarkaftengeift kann ich auch nicht vergättern. 

16. Auguſt 1822. Im Kaffel war Altes voll von 
den Berfolgungen und Kraͤnkungen, fo die vortreffliche 


Aurfuͤrſtin von ihrem halb wahnfinnigen Gemahl auszu⸗ 


ſtehen bat, der Alles zur Verherrlichung einer ungächtigen, 
gemeinen Buhlerin aufopfert und ſich mit den nichtswuͤr⸗ 
digſten Menfchen umgibt. (NB. So ſteht's woͤrtlich in 
dem nicht verbotenen Gagern’fchen Werke und follte wol Hier, 
da es die Sagern’fche Indiscretion anklagt, nicht anftößig 
fcheinen; doch salvo meliori.) 

Der Bundestag bat fid auf vier Monate vertagt, 
nachdem er act Donate nichts gethban hat; man follte 
biefes koſtbare zweckloſe Inſtitut aufheben und flatt feiner 
eine Tagſatzung einführen, bie einige Monate jaͤhrlich 
bauert ' 


17. Sept. 1822. Der Verluſt des Hm. von Xretin 
tft ſehr groß, er 1äßt eine bedeutende Luͤcke; der Bun: 
destag wird nur tiefer finden. 

16. San. 1823. Den Frieden in Baſel veranlaßte 


die Abneigung des preußiſchen Votkes und Heero/die Er⸗ 


fhen Fuͤrſten, mit Geld und Lieferung Preußen zu wm: 
terſtuͤzen; Alles dieſes benugte Kalkreuth, ein geiftvoller, 
ebrgelziger, boshafter und fchlauer Mann — Schulenburg, 
um den alten, beſchraͤnkten Moͤllendorf gu eigenmaͤchtigen 
Unterhandiungen zu verleiten. In Berlin unterftägte die 
Triedensplane ber Staatsminifter von Struenſee, ein kraͤf⸗ 
tiger, einfihtsvollee und gutmüthiger Mann, den revolu: 
tionnairen Grundfägen als Deift und gelehrter Buͤrgerli⸗ 
her nicht abgemeigt. (Da haben wir's; welcher Skandal, 
ein bürgerlicher Miniſter!) Seicht und ſchwuchkoͤpfig war 
weder Haugmwig noch Lombard. Beide hatten vielen Ver: 
ftand, Letzterer viele claffifche Gelehrſamkeit, gründliche 
Kenntniß der Franzöfifchen Literatur, nicht gemeines Dich: 
tertalent; Beide waren unmoralifh, Lombarb von niebri- 
gem Hertommen, eine Peruͤckenmachers Sohn, daher fagte 
er: „mon pere de poudreuse mémoire“, in ber liederli⸗ 
hen Schule Riegens und der Lichtenau gebildet. 

30. Mai 1823. Die Mafchinerie des naflauer Land: 
tags iſt fehlerhaft, aber bee Mafchinenmeifter, ftatt bemüht 
zu fein, fie zu verbeſſern, ſucht fie zu untergraben, nicht 
auf die Wahlen zu influiren, fondern die Wahlfreiheit zu 
unterdrüden. — Die Verwaltung iſt hoͤchſt verſchwenderiſch 
— ein Generalcommando, das 26,000 Thlr. Kofler, ein 
Geiſt des Despotismus in allen Verhältniffen. 

4. San. 1825. In Main; find die Gommiffarien, in 
Verzweiflung über ihre Geſchaͤftsloſigkeit; dieſe ganze In: 
quifitionsbehörbe tft hoͤchſt lächerlich und erfolglos. - 

. (Der Beſchluß folgt.) . 





Nachtrag zu der Geſchichte Ludwig XVI. 

Kein Ereigniß ber neuern Geſchichte bat fo viele Reiben: 
fhaften angeregt, fo viele men in Bewegung geſett, als 
die fameufe Anzeige ber Herzogin von Berri, ruͤckſichtlich ihrer 
heimblichen Berbeirathung. Die Blätter ber Bewegung, 
weiche, die früher fchon betretene Bahn verfeigenb und in bem 


Gefhhehenen nur die Verwirklichung ihrer Borausfagungen er- 


blidend,, ſich Feine gewaltigen Ausbrüche der Freude erlaubten, 
vielmehr ihren ganzen unb ungetheilten Groll auf die auch bei 
biefer Gelegenheit beobachtete illohale Handlungsweiſe der Re: 
gierung Louis Philipp's warfen, wurben bierin natürlich von 
den legitimiſtiſchen Blättern unterfiüst, und fo ſah fich das 
Gouvernement alfobald, ftatt feines Triumphes ſich erfreuen zu 
Sonnen, gendthigt, einen vereinten Angriff der beiden Yarteien 
auszuhalten, obne daß ihm fernerhin auch nur der abgenußte 
Zrof eines Bündniffes zwifchen Karliften und Republifanern zu 
flatten fäme. Die Bemühungen ber verfchiedenen Parteien was 
zen je nad ihren Principien und Beftrebungen in abweichenden 
Nuancen erfennbar. Die republifanifhe Partei nahm ſogleich 
eine fefte Stellung ein und fand ben Troft für die Herzogin von 
Berri in ber Geſchichte und ben Welegen, baß es in der König: 
lichen Familie nie anders gewefen fei. Die „Gazette de France’ 
und bie ihr @leichgefinnten bemäheten fi, die Ehe und Schwan» 
gerſchaft der. Prinzeffin als ohne Ginftu auf bie Rechte und 
Anfprüche bed „Herzogs von WBorbeaur darzuftellen, indem fie 
dafür in der Geſchichte des Herzogs von Reichſtadt und feiner 
Mutter Unterfiögung und für die Schwäche ber Prinzeſſin in 
dem Beifpiel großer Herrſcher und Herrſcherinnen binlängliche 
Entfihuldigung fanden — und, Bott weiß, es fehlt daran nicht! 


‚Einige andere Blätter fuchten fich dadurch zu rächen, daß fie, 
m der 


nachfchlagend, mit größter Genauigkeit alle 


500 .' 


Untbaten unb Grevel hervorriefen, welche fi jemals in ber 
fie Orleans zugetragen haben. Later Anderm findet ein 
latt in der fuͤrwahr auffallend großen Zahl von Gemälden 
aus ber Orleans'ſchen Familiengeſchichte in der biesjährigen 
Kunftausftellung Anlaß, die gewählten Sujets als unintereffant 
zu qualifleiren und an eine andere intereffante Begebenheit in 
der nämlichen Familie hu erinnern. Es läßt Voltaire in einem 
Briefe vom 20. Juli 1724 ſprechen: - 

„Ich wünfcte, dab Sie von den fpanifchen Nachrichten 
noch nichts wüßten, dann hätte ich das Wergnögen, Ihnen zu 
melden, daß der König von Spanien feine Gemaplin hat ein: 
ſperren laſſen, eine Tochter bed ‚Herzogs von Drleans, welche 
trot ihrer fpigen Naſe und ihres langen Geſichtes (die Damen 
der Bamilie Orleans hatten von jeher lange Geſichter und fpige 
Naſen) nicht Iaffen konnte, die großen Beifpiele ihrer hohen 
Schweſtern zu befolgen. (Hier wird nun folgende Phrafe — 
wie es beißt, zum Gebrauche der Schüler in dem Haufe Or: 
leans — in fchlechtem Latein gegeben: ,‚‚Praestantissimo cor- 
pore ancillae reginae ipsaque regina, vestibus, tenuissimis 
etiam, exutis, formosos Hispaniae principes nonnunquam' 
receperunt.”) Dan bat ihr ganzes Haus aufgehoben und bei 
ihre im. Schloffe, wo fie eingefperrt ift, nur eine alte Ehrenfrau 
gelaffen. Als die arme Königin ſich mit biefer Duena einge: 
fperrt fab, foll fie den Entfchluß gefaßt haben, fi zum Benfter 
hinauszuftürzen, und auf dem Punkt gewefen fein, ihn auszufüh: 
ren, als man ihr ſchnell' zu Huͤlfe geeilt if.” - 

Beinahe gleichzeitig brachten bie Öffentlichen Blätter, bie erg- 
liſchen zuerft, ein Actenftüd, weiches auf die Berhältniffe der Bas 
milie Ludwig XVI., insbefondere auf bie Aufführung ber Königin 
Marie Antoinette großes Licht zu werfen geeignet war. Diefe 
Dame war ter Gegenftand fehr ſchwerer Befchuldigungen, nicht 
nur in politifcher Beziehung, fondern auch hinſichtlich ihrer ches 
lichen Verhältniffe, und während ein Theil hierüber laͤngſt im 
Keinen ift, hat ein anderer feine Zweifel fortgefegt. Diefe Ur⸗ 
kunde ift ein Brief des Grafen von der Provence, um die Les 
gitimität ber Kinder Lubwig XVI. zu beſtreiten. Ginige eng: 
lifche Journale, fagt ein hiefiges Blatt hierüber, haben Auszüge 
aus diefer Urkunde gegeben, deren Original einem Bürger von 
Brüffel Anzugehören fcheint. Der Brief ift ganz von ber Hand 
des Srafen von ber Provence, fpäter Lubwig XVII. Er ift 
an den Herzog von Kid: James abreflict und vom 15. Mai 
1787 datirt. Der Zufland bed Papiers und bie Schrift, bie 
Zeichen des Alters, eine Randnote von ber Dand bed Convents⸗ 
gliedes Courtois mit rother Dinte: „ @ehbeime Papiere von 
Robespierre”, koͤnnen feinen Zweifel laſſen über die Echt⸗ 
beit diefes Schreibens, welches alfo lautet: 

„15. Mai 1787. 
„An den Herzog von Fi: James.” 

„Die Berfammlung der Rotadeln ift ihrem Ende nahe, mein 
lieber Herzog, und bo haben fie die große Frage noch nicht 
* Sprache gebracht. Zweifeln Sie nicht daran, nach den Ur⸗ 

unden, welche Sie bereits vor ſechs Wochen uͤbergeben haben, 
werden die Notabeln keinen Anſtand nehmen, ſich zu uͤberzeugen, 
daß die Kinder bez Königs nicht bie ſeinigen find. Dieſe Ur: 
tunden beweifen bie Schuld der Königin bis zur Augenfälligkeit. 
Sie find ein bem Blute Ihrer Gebieter zu ergebener Unterthan, 
um nicht zu erröthen, vor dieſan ehebrecherifchen Fruͤchten fich 
zu beugen. Morgen alfo und nicht fpäter legen Sie in biefem 
Betreff meinem Bureau einen Bericht vor. Ich werde zwar 
nicht zugegen fein; allein mein Bruber von Artois, deſſen Bu: 
reau Feine Sitzung hält, wirb an meiner Gtelle ben Vorfit 
führen. Die Thatſache, von welcher «es jich handelt, einmal 
feftgeftellt, werben bie Folgerungen leicht zu ziehen fein. Das 
Parlament, welches bie Königin nicht liebt, wird keine großen 
Schwierigkeiten machen 5: allein wenn ihm bergleicdhen dennoch 
in den Sinn kommen follten, fo haben wir bie Mittel, baffelbe 

r Vernunft zu bringen. Was die Ginberufung ber Stände 
eteifft, fo boffe ich, daß man noch lange davon fprecdhen wizd, 


ehe man eraftlich baran denkt. Endlich muß es gelingen; nur 
auf dieſe Weife werde ih bie ungeheuern Opfer vergeffen koͤn⸗ 
nen, welche ich gebracht, um biefe Ueberzeugung zu erlangen. 
Ich weiß zwar wohl, daß fie dem König nicht ſehr angenehm 
fein wird; aber, unter uns, verdient denn ein foldyer Spielball 
feiner Frau zu vegieven? . . . Ja, mein lieber Fit: Iames, es 
ift ein armer Tropf! und Frankreich ift würdig, einen wahren 


König zu haben... „'' 
„Louis Stanislas Xavier.” 
Diefe Urkunde, welche, wie von höfer Hand geleitet, in bem 
gegenwärtigen Augenblid in bie Tagsverhandlungen geworfen 
wurbe, wo bie Iegitimiftifhe Partei ohnehin durch ben Vorfall 
mit ber ‚Herzogin genug zu leiben bat, war bisher nicht ange 
fochten worden. Heute aber geben mehre Blätter, welche das 
voa gelprodhen hatten, eine bagegen erhobene Reclamation. 
Folgende ift die, welche ber „„Corsaire” mittheilt: 
, „Chateau de Baucreffon den 8. März 1888. 
‚Mein Herr,’ 


s ’ . 
„Sch lefe in diefem Augenblid in Ihrem Journal vom 1. 
d. M. den Auszug eines an den ‚Herzog von Fitz⸗James un 
teem 15. Mai 1787 und nicht 1789, wie der englifche „„Globe”, 
welchem Sie gefolgt, irrig meint, gefchriebenen Briefes, in 
welchem ‚der König Ludwig XVIII., damals Graf von der Pro⸗ 
vence, ben Herzog auffodert, dem von Monſieur präjidirten 


‚ Bureau ber Notabelnverfammlung einen Bericht zu maden.” 


„Diefer angeblich eigenhänbige, jegt von Treuttel und Würg 
in London angelaufte Brief wurbe mir am 12, November 1828 
übergeben, Mit bem Auftrag, ihn bem Gouvernement anzubies 
ten. Allein ein GSchriftverftänbiger erkannte, daß biefer eigen⸗ 


haͤndige Brief nichts Anderes fei, als eine muͤhſam gemadhte 


Nachzeichnung, indem ber Abfaffer deſſelben genöthigt geweſen, 
fi ein Alphabet nad) einer Schrift von Monfieur, Graf von 
der Provence, zufammenzufegen, ehe er ihn fchreiben konnte. 
Man fand auch mehre orthographifche Fehier darin, während 
Niemand bie hohe Ausbildung Lubwig. XVIEL in Abrede zu 
ftellen vermag.” 

„Der legte Beweis ber Kalfchheit diefes angeblich eigenhaͤn⸗ 
digen Briefes aber war, baß der Herzog von Fitz⸗James, wel- 
&er niemals bie Ehre hatte, Mitglied der Notabelnverfamms 
lung zu fein, nicht beauftragt werben konnte, einen Bureau 
Bericht abzuftatten, bei welchem er nicht einmal Zutritt hatte.“ 

„I wurde bemgemäß beauftragt, die Piece zurüdzuftels 
len; ich begleitete fie mit einem Dankſagungsſchreiben für das 
Birtrauen, womit man 'bieftlbe bei mir Hinterlegt, und fügte 
bie materiellen Beweiſe ber atfchheit bei. Abſchrift beibex 
Briefe ift in meinen Hänben geblieben, und ich bin erbötig, fie 
Jedem, welcher fih zu mir, Straße Chauchal Nr. 3, verfügen 
will, zu zeigen.‘ 

Die von dem Grafen von Coutard angezogenen, in bem Abs 
druc ber Briefe aber nicht vorkommenden Schreibfehler find von 
dem ‚‚Corsaire’! eingefehen worben. Es find folgende: 1) ils 
n’hesiterons pas, 2) les pieces remise, 3) les enfans 
adulterains. Diefer letztere Fehler ift befonders auffallend, und 
mit der Bildung Ludwig XVIII. kaum vereinbar. 

Die GSontroverfe iſt nun eröffnet und ba bie Gigenthür 
mer eines fo widtigen Actenftüdes feine Echtheit nicht fo 
teichthin werden aufgeben wollen, fo fteht zu erwarten, baß 
bee Streit fortgeführt wird, welcher feiner Ratur nah nur 
hoͤchſt intereffant- fein Tann. Wäre der Brief wirktich echt, fo 
würbe auch der neuefte Ausweg, welchen bie raftiofe Yhantafte 
bes nobeln Faubourg ſich erdacht, in nichts zerfallen. Er lief 
nämlich plöglich ausfprengen, der fogenannte italienifdhe Prinz, 


‚mit welchem ber „‚Constitationnel’’ die Prinzeffin verbunden, fei 


Niemand anders als Ludwig XVII, welcher, nach authentifchen 
unleugbaren Beweiſen, allen Wechfelfällen feiner Jugend ent⸗ 
gangen ſei. Somit wäre fie jegt nicht Regentin, fondern Kod⸗ 
nigin von Franukreich. 171. 


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Redigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagäbandlung: F. A. Brodhbaus in Leipzig. 








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literarifhe Unterhaltung, 


Dome, - — — Kr. 122, J 











2. Mai 1833. 





wird; ſeinem Stolz, der ihn veranlaßte, alle tuͤchtige, ſelb⸗ 
ſtaͤndige Menſchen von den Geſchaͤften zu entfernen und 
Mittelmaͤßige oder Nichtswuͤrdige zu waͤhlen; ſeiner Falſch⸗ 
heit, die verhinderte, daß er'nie eine dauerhafte Freund⸗ 
ſchaft knuͤpfte; feiner Verſchwendung des öffentlichen Ver⸗ 
moͤgens, ſeiner Leichtſinnigkeit und Oberflaͤchlichkeit, da er 


Die Briefe des Freiherrn von Stein an den Frei⸗ 
0 ee herrn von Gagern. 

Geſchluß aus Nr. 121.) 

23. Mai 1825. Auf die Erfcheinung Ihrer Geſchichte | 
bin ich neugierig, nicht im mindeiten auf den Fuͤrſt Met: 
ternih; in Frankfurt ekelt mich die Erbärmlichkeit bes 
bortigen Treibens nm ' nichts Gruͤndliches Fannte. *) 

2. Zuni 1825. Es wird gefobert werden das Blut 14. Mai 1826. Der Graf Münfter machte dem Hei: 
von jenen Liberalen, die, elende Nachaͤffer der Franzoſen, | nen und armen Lande (Hanover) mit der koͤniglichen Krone 





für alles Unheil, das fie angezündet, nichts als einige Abz | ein Tchlechtes Geſchenk. Wir werden fehen, wie fie ders 

ſtractionen und einige abgetragene Lumpen demagogifher | einft nach der Trennung von England mit ihren Anma⸗ 

Ziraden zu geben wiflen (aus Goͤrres, was Hr. von Stein | ungen, Beduͤrfniſſen, Foderungen an den verarmten Abel, 

hoͤchſt vortrefftih finde). ” | die Bewohner der luͤneburger Haide, von dem Herzog von 
Die Discuffion in Münden über das Militair wird | Gumberland getragen, druͤken wird. | 


in "Berlin viele Aufmerkſamkeit erregen, dies ift eine em: 6 
pfindfiche Stelle; umterbeffen aße ſih Vieles zu Gunften | „x Sul 1226, unfere preufifchen Diplomaten in Ems 
ftarker Anfpannung der Kräfte in Preußen fagen, was in (weidhe dem Kapobiftrias ben Untergang verkündigten) fin 
Baiern nicht: geltend gemacht werden kann. ker ev & gute Leute, aber nicht viel im Capello. (Aber 
8 Suni 1825. Im Ruffen liegt Anmaßung, Uns wie iſt's denn doch gefommen?) 
3. Auguft 1827. Hr. von Eckſtein, der Verf. des 


ruhe und Unternehmungsgeiſt. 
d 30. Juli Dos Mir heini die Verhandlungen des „Catholique”, ift ein Mann von Geift und Beredtſamkeit, 
baitiſchen Meichötags find gehaltreicher umb freier als Die kennt auch genau den Stand der franzoͤfiſchen Parteien, 
des franzoͤfiſchen; man flieht, daß oft Leute ſprechen, wel- *) Der umbillige Haß und Neib gegen den Hrn. von Har⸗ 
che die Sache kennen. Die Verfhmwendung iſt doch uns I enbers ſcheint ſchon im Biute gr Hrn. von Stein gele⸗ 
geheuer, drei Millionen für den Hof, 600,000 $t. für gen zu fein und hat noch vollends in ber blinden Parteis 
die auswärtigen Angelegenheiten; jeder bereit6 vermählten Seien —* Fae een —— at 
Prinzeſſin 22,000 Bl. Ich dächte, Preußen und Deftreich riger entzündet. Gin anderer Hr. von Stein, Lanbjäger: 
meifter in Triesdorf, bei Ansbach wohnend, ein ausgedienter 
preußifcher Diplomat, wollte ben Hrn. von Hardenberg 1799. 
beim König unmittelbar auf Tod und Leben benuneiven, bes 
fand aber: dabei fo unruͤhmlich, daß er ſich darüber aus 
Berbruß das Leben verkürzte. In bed Hrn. von Dardens 
berg Bruft lagen wahrhaft liberale Ideen, großmüthige, 
menfchenfreundlide Empfindungen 5 fein Ganges ſtrahlte von 
einer unmiberftehlichen Liebenswärbigkeit, unb es möchte 
vielleicht dem Hrn. von Stein nicht minder fauer geworben 


bedürften eines ſolchen Zufchuffes nicht. J 
30. Auguſt 1825. Unterdeſſen halte ich es für noͤ⸗ 
thig, daß unfere Profefloren in Ordnung gehalten werben; 
ein boffärtiger, unruhiger und feichter Geiſt befeelt fie. ' 
. 3. Nov. 1825. Möge der neue König (Ludwig) zwi⸗ 
ſchen den Klippen der neuerungsſuͤchtigen Doctrinaires, 
den am Alten ſtarr Haltenden und den Napoleon'ſchen 
Buraliſten durchſteuern. 
27. Febt. 2826. Die Nachrichten von Muͤnchen find 
fehr erfreulich; der König iſt edel, vaterlandsliebend, hat 
Liebe zur Kunft und Wiſſenſchaft. Der vorige war im⸗ 
mer der Oberſt von Alface, gebilder durch franzöfifche 
Roues und zweibrüder und manheimer Verderbtheit. 
1. Mai 1826. Meine Abneigung gegen den Staates 
kanzler (Hardenberg) beruht auf feiner ſkandaloͤſen Lieders 
lichkeit, wodurch er zu ſchlechten Geſellſchaften hingezogen 


fein, mit dem: Hrn. von Hardenberg einen Kampf in ber 
Biſſenſchaft zu, beginnen. Die Geſchichte wirb Dasijenige, 
was Hardenberg für das Königreich Preußen wirklich ges 
leiftet, gerettet und wieber aufgebaut hat, wohl abzuwaͤgen 
wiſſen, in Bergleich mit Dem, was ber Hr. von Stein nad 
feinen ſtarren ritterthuͤmlichen Anfichten hat leiſten und überall 
auf ein veraltetes Syſtem uralter Zeiten in feiner giaenfio- 
nigen Mislaune hat zurädführen wollen, was Gott ob 
nicht gelungen. Pürftenwärter hat fih erfäuft in einem . 
Anfall von & rmerei. * 


502 


bie er alle tadelt. — Er fand unfere Demagogenriecherei 
ſehr lächerlich. 


28. Auguft 1877. Ic wundere mich, daß das Haus, | 


Anhalt, welches Preußen fo viel zu danken hat, fich fo 
feindfelig gegen diefes benimmt. Lächerlich iſt es, wenn 


bey Fuͤrſt einge kleinen, nt — B 


yon Handelslatereſſen ſori 

Warum war nicht aing 1814—15 in Win 
ftatt des beſchraͤnkten unwiſſenden Caſtlereagh? Die deut⸗ 
ſchen Fuͤrſten ſallten dach bedenken, chlands Un⸗ 
abhaͤngigkeit gegen Rußland und Frankreich —*æz 
auf den —*8 und materiellen Kräften Preußens ruht, 
und bie laͤppiſche und verderbliche Oppoſition, die ſich 
überall zeigt, aufgeben. 

31. De. 1828 (1827 7). Meine Jachter iſt in Muͤn⸗ 
Ken; fie ſpricht mir non der dort hexrſchenden Kleider⸗ 

ꝓxacht der Damen u. ſ. w. Das iſt doch huxe d'imitation, 

nicht de richesse, bean Baiern if nicht reich. Auf dem 


Landtag bat man «ine Sn legioaatoriſcher Waeisheit ein⸗ 


prechen fallen; Arheit für 10 Jahre. Eine krampfhafte 


Thaͤtigkeit iſt uͤberhaupt verderblich und paßt durchaus 


ar fir —A Verſammlungen. 


x. 1828. Der Verf. Ihres letzten (mitge⸗ 


ge) —5 — legt den beiden preußiſchen Diploma⸗ 
ten eine nicht beſeſſene Wichtigkeit bei. Der aͤltere iſt 
durch Kriecherei un Niedertraͤchtigkeit zu einem unter 
gearbneten Pollen lan t, aus dem er —— allmaͤlig her⸗ 
vorgearbeitet hat. 

zuͤngere gehört zu einer angeſehenen Familie, iſt gutmuͤ⸗ 
thig, aber flach; Beide ohne allen Einfluß. 


Geſetzen 
eine ganze Landtagsperiod⸗ vollkommen befchäftigen Könnte. 


Eine Folge diefer Anhaͤufung iſt Seichtigkeie der Ent: . 
vohrfe und Neologiom, ſtarr und ſchroff, auf Erfahrung . 
end Hecht ruͤckſichtslos. — Dierauf fharfe Genfur ec | 


turgefeges. In den Flugſchriften fpreche ſich eine derbe 
und unböfliche Halbwiſſerei aus. 

45. Det. 1828. Die Anträge der Regierung (am 
den bairiſchen Landtag) find zu 
rathungen übereilt und öfters unbefriedigend. Unterdeſſen 
findet man mande Sachkenntniß und Gruͤndlichkeit in 
ben. Abflimmungen des — — Aber er fcheint wenig 


Charakter zu haben, denn nachdem er eins Menge Zwei⸗ 


ſel vorgebracht gegen bie Regierung, fo endigt er, indem 
er ihre Vorſchlaͤge annimmt. 


189. Non. 1823. Ein unabhängiger felbftändiger Mann, ! khara 


wie Her son Cotta, folite fein Rat wicht einer Partei 
vermiethen... 


22. Sch. 1829. Haben & Aneillon's „Ertteme in 


ae gelefen ? Es if ba Werk ſeines Charakters, 
pfaͤffiſch 
r 49. Maͤrz 1329. Dar braunſchweiger um cheſſiſche 
Regent iſt doch ein scandalum magnum. Armes Deutſch⸗ 
land, die Dreizahl wird er A 

30, Wril 1829, Berlin if. in plefem Kugmsii 
ber intereffantefte Drt in Deutſchland, in Bezichung auf, 


geduldet, aber verachtet. Der 
| —* fondern ker freche Rat 


11. 5 1828. Ich erhielt aus Muͤnchen mehre 
fe; 25, über Gegenſtaͤnde, wovon einer allein 





zahlreich, daher die Be⸗ 


eng an Statuen MOGERh. Mi. 





bie große Zahl feiner geiſtreichen Männer, Fortſchreiten 
in Kunſt und Wiſſenſchaft, politiſchen Anſichten. 

25. Nov. 1829. Das Schickſal des zukuͤnftigen 
Oberhaupts von Griechenland iſt nicht beneidenswerth; 
ohne bie Stuͤtze eineg fremden ‚Truppencorpe wird er uicht 
wirten lügen, 

9. De. 1829. Bra fäeibh min. ner Ri 
ling erhalte das — Generalcommando in Münfter. Die 
Wahl ift gut, er wird ben biefi gen Ariflokraten gefallen 
hucd, ben ganzen Pu: 
blicyga ducch feinen wohlwollenden Charakter, feine wiſſen⸗ 
ſchaftliche Ausbildung und feine ſchriftſtelleriſchen Arbaten. 

30. Dec. 1829. Der 9 
fien zue Traͤgheit und zum er 
verdient ben hoͤchſten Tadel; zit — —* 
rich von Oranien, Bernhard pon Weimar, Kar on 
Baiern u. f. w., und ale Diele nehmen dur Devife: 
nfrnges conmymere”,,. 

11. Febr. 1830, Mas. Popbin der. Vemohner des 
linken Rheinufers auf. die Napoleon'ſchen Juſtitutionen iſt 
doch Unſinn; es waren doch nur Inſticktionen des De 
BB. 

3, Mär; 1830. Mon folle das Heltothen ber Ar⸗ 
men erſcweren auch bie Gütegerlügehung beftheänten. 

13. März; Kam von CEhateaubriande 


Berzagen 3 
Ldurchaus nichtswuͤrdig, Er iſt oam jr init ertcur⸗ 
| Een und geht zum Abſurden und Etelha 


5, Kpeit. 1830, Geſenius mad ie find eine 
6. Suni 3830. Das erzogen des Beinen Io 
zolb iſt ganz im Gharaktar detß Margui Peu-A-pen, wie 
ihn Georg IV. nannte; er hatte das Gefuͤhl, dies Unter⸗ 
sehmen nicht beſtehen zu koͤnnen, und dann einen Sei⸗ 
tenblick werfend auf den wahrſcheitjlichen Einfſuß in Eng 
lond, den er wegen Chatakterſchwaͤche nicht: erlapgen wird. 
19. Zul 4830, Ich pernahm,. das :öga Ueberttitz 
der Saompringeffin - burchans frei son allen Ginpirkung, 
ſondern dig. Folge vom: innere Ueberpengugg wgr.. Shr 
Entſchiuß war Ber, koͤniglichen Familie anbsfanne, Sie 
legte· ihr — En in ihren Privetkapelle au 
den Biſchaf Calext ab, im der —— Veh Mewabis 
De Tante, ber Pyinzeſſin Altheim und de u Ber 
Kane —— NE —5 — krfiaun⸗ 
m en: in «ie freu 
feat. In Hinſicht uf, Aulene Berk 35 Kuh ge⸗ 
o in 


Mi . SR bafte, Die, en ‚Kehren, werbeg 
von ben Briten Lehrftühlen entfernt.) aptrhen. Unruhe Unrube 
sum Gahneng maird..ch nicht neben, weyn wan ag Dutzend 


FR. Bene 
um ‚her Kiheyalen ij ni ig 
Hug 4839, BVei des Bantien, yo Aufn 
‚ Bunda war es ein. am Misgriff, das ſeinen Gruak 
e Mrigaimane de Einen Fiuften Fark, allen 
Bene gleicha, Rechte au dm, 
Ko Rt IBAN 7. ron Ara Ach ben, prwaituR navandi 


RL — mM. 


bea Herrn 1 Human. (in. Davaftedt) nice Wiüigen, 
N Ingeltgembsiten :aufgeregt, die außer feingen Bereich 
, und dran Kenntniß ihm die Sechu⸗ ‚die er m 
ber büitgerlicßeh Geſellſchaft hat, nicht g en veil er 
ein Buͤrgerlicher, nicht adelig iſt?). "Im Kaſſel bat der 
vr; Shzft,. um -Mhebalte zu erſparau und: fete Prinatkaſſe 
damit zu. bereichern, bie: Nathsſtellen bes oberſten Bandrs« 
gericht bis auf zwei eingehen und die Gerichtögefchäfte 
on ſchlecht — are Oren und, ‚gar nicht beſeldeten 
zrendarien — laffen. 
3 2 De. 18 Daß. Einansifen. einst. Bundesgenes 
fon: it kein Eimaikten Mm er —— — ds 
ner Naution, fondern Unterfikkung eftimmmtüi he 
Werhätniffe von Belgien. — Preußen praͤſidirte 
hanoͤveriſche Neid, Die Discuſſionen in dem bruͤ 
Gonvent find doch gar zu damm, fie riechen nach dens 
blauen Kittel, in welchem dit Deputirten in den Kam: 
mern erfdjeinen, tole ich. vernehme. 
9. Dee. 1890. Die Hauptbefhwerben im Naſſaui⸗ 
ſchen —— und Willkuͤr, die Verſchioſen. 
heit de& Herzogs gegen Beichwerben. 
+29, : m 1831. Die —e waten fuͤr Deutſch⸗ 
land * nur eine ſchwache Vorwauer; Zwieſpalt im 
Zins, eine Uebeizapl, von Seftungen, ſchwaches Heer. 
f- einer Seite eine unwiſſende, reiche, ſtolze Ariſtokra 
He, one einfiuferiche dumme Pfaffheis, auf der andern 
Bäröprffolz;- Rrärkergeift; Eatoinifche Säröffhe. Die Po⸗ 
litik des Könige war feindfelig gegen Deutfchland, blind 
vertrauend auf das egoiſtiſche England, welches das erſte 
iſt, das ihn feinem Schickſal uͤberlaͤßt. Der Herzog von 
Aremberg hätt fih in Muͤnſter auf; er befuchte fehr regel: 
mäßig die Ständeverfammlung und nahm Theil an Ihren 
Verhandlungen. Er iſt ruhig, befonnen, AH hat durch 
und Varwaltung eines bedeutenden Beſitzthums ſich 
einen praktifchen Geſchaͤfteblick erworben. Er und ſeine 
Oemablin, eine ’P, Lobtowig aus Prag, ſind einfach, 


: Maͤtz 1834, Die fraͤntiſchen Hauptorte fi nd ge 
gen. den König Ludwig aufgebracht; : su hätte bie gewaͤhl⸗ 
den Mitglieder zulaſſen ſollen. Hornthal und Wehr ſind 
von keiner Bedeutung (natuͤrlich, weil fie nicht aus der 
Aelsclaſſe find?) Die Rationaliſten, welche perficherh, 
Das Menſchengeſchlacht fei frei won ber Eebſunde, ſind die 
treuen Gepätfen. der Jetobinen 9* 838. 


> 





Lob: und Sqhmaͤhſcheiten von Ernſt Ortlepp. Metto: 
„Lob und Tadet muß ja fein!“ Goche Leipzig, ur 
1833. 8. 12- Gr. 


—* —A = 5 —* * A} 43 
wenun 99 m e neu 98 te, zu 
eb wie ſich — ide. * Drofailer cm 3 Die mittiers 


dan — wig nur erſt 
. in dies Buͤch⸗ 


3 —S mebe flieg feine Beapunderung eher bi 
Geihmediofigkeit in demfelben ® md 
maßung, bie ben Brundton des ganzen 


i . .177* 


gilt — — — 


I 


faun we da⸗ en ns de nee Bonunbe 
en e 
er den, ch bege, bie * til mann 


a enge —* aten en zu ſehen und Alles verbammt gu * 


u, mas alb derſeſben eingepfercht werben 

a i die Acht per — Publicum gilt ihm als ein Hi * 
— tab; — * Banane — br we⸗ 

nigſten werdan dar n folder junger Schriftſteller 

fowol ber feines literaxiſchen ‚Auftretens * ſeinen J 


nad, iſt aber Herr Ernſt Ortle Einige Gelege nheitsgedichte 
— Art, bie vielleicht mic E weiter ols * Mellen. nr 
Lelpgig befannt geworden find, und einige, ur den Augenblick 
hervorgerufene Polengefänge und Landtagslieder find Alles, wan 
man o“ er * Hrn. Ortlepp kennt. Das get im aber ganz 
das Net, ale nornehmer Kritifus aufzufreten 
* Er it —— bes. literariſchen — dreiſt ahn⸗ 
echen, ale Gehrechen deſfelben einer Frechen Ru ge zu unten 
ziehen, freilich ſtets in einem hbumoriftifch fein follenden Long, 
ber aber fo ſchlecht gehalten ift, bag man uͤberall den übel ver- 
hehlten Wunſch durchblicken ficht, «ine Art von bictatorife jem 
Regiment auf dem Gebiete der ſchoͤnen Literatur auszuüben. 
Seod gehört etwas mehr. Welt⸗ und Menfehenkenntpiß, a ale Hr. 
Ortiepp. n befigt, dazu, um bie Holle eines ſolchen vor: 
nehmen Kritifers mit Anflaud zu fpielen. Denn obgleich Leip⸗ 
zig „feine Leute bildet’ und ein — des literariſchen Le⸗ 
bens und Treibens fuͤr Deutſchland iſt, ſo duͤrfte es doch zur 
Durchſchauung beflelben noch wicht genug fein. einige Buchhaͤnd⸗ 
lermeſſen mitgemacht gu haben, bei „Deren Bär. in ber Stadt 
Berlin zu —* (Hrn. Ortlepp's eigne Worte auf S. 28) 
en, ober „durch Bermitfehing eines Buchhändlers 


e Flaſche Mein erhalten zu haben” —J ‚zum Genuß eines 
ge iſhießens“ gelommen zu fein (S. 29). laubt 
Kr * D Drtlepp ſich erfi etwas in ber Belt unge 


geben und Bi Thaͤtigkeit auf ernſtere und meinn noſ Ax⸗ 
Fa —— gelernt haben wird, im Sir les, ja das 
Re gan anders eeiheinen wird alt bamald, wc er vorlies 
abet uͤchlein ſchrieb. Jegt muͤſſen wir aber über daſſelbe, 
unſerer übernommenen Bere tung gemäß, berichten , und wir 
Können dies um fo unparteiifcher ihun, ba mie ohne alle pers . 
fönliche oder literariſche Verhältniffe zu Hrn. Ortlepp find. 
Das Büchlein zerfält in 27 Kopfftüde, d. h. Gapitel ober 


be. Schon die Ueberfägriften bexfelb b 
— an bem. guten — dem —— 


gr Man Hör nur: „Lob ber B m Ueber junge 
erekogen unb Wafferorgeln. Ueber bas Ipieten. Ueber bes 
fehnittene Dulaten. Ueber Krebſe und neue N ringe Der Dreh⸗ 

" (8.16), ober das Peg opflläf (8.75): „Ueber 
Wratwürfe, Platoniſche Eiche, Cdupührten, Baiai, Bavan 
ne en, Lehrbuͤcher der * nbfhube, Dreh⸗ 

orgein, falſche — — ——— —— Qi 

Per weibliche Schoͤnheit, Wolkenbruͤche, —— 
Reiſebeſchreibungen, —— „Stockfiſche, Roſenbonbons 
fauere Gurken, Bildung bed Herzens, Teufeisdreck und gute 
Srauerfpiele.” Solche Meberfriften follen pikant fein, bie Le⸗ 
I werden u aber beswundern, wenn fie finden. d 


icht, 
X ber Gedanke auf jeden 
at jefen „Kopfſtuͤcken“ wird sun die Reit abwechſelnd 
ge getadell, bie Recenfenten werben bald a 
bald geinht, bie Buchpänbles abwechfelab für und zöbr 
(om ur gebilbete und liberale Männer er⸗ 
f „De Gelehrten mexben ba 


al geta 
fein Unwille über die die Freien gelobt, dani 238 ber (d. die Ken ten} 
——— | Hu H folgenden Bopfftücte haß Lob (aber. das Roben) 


Blatter 


I fuͤr 


literariſche Unterhaltung. 


— ——— 





Mittwoch, — Nr. 121. — I. Mai 1833. 





| zur Nachhricht. | 

Bon diefer Zeitfchrift erfcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und ift der Preis für den 
Jahrgang 12 Thlr. Alle Buchhandlungen in und außer Deutjchland nehmen Beflellung darauf an; ebenfo 
alle Doflänter, die fih an die königl. fähfifhe Zeitungserpebition in Leipzig, das koͤnigl. 
preuß. Grenzpoſtamt in Halle, oder dad fürftl. Thurn und Zarifhe Poflamt in Altenburg 
wenden. Die Verfendung findet wöchentlich zweiMal, Dienſtags und Freitags, aber auch in Monatspeften flatt. 





Die Briefe des Freiherrn von Stein an den Freiherrn nünftige gelehrte Volk im Baum gehalten, und über 
. von Gagern. alles übrige Sefindet und die Proletarien, ‚mie «6 
Der preußifche unlaͤngſt verſtorbene Staatöminifter Greiz | Immer beipt, die Geißel gehalten werben foll. Bir koͤn⸗ 

here von m pripatifirend auf feinem Gute I Nafs | Men und nicht entbrechen, zum Beleg diefer Beſchuldigungen 
fauiſchen, wird uns zue Anfchauung preisgegeben in dem die merkwuͤrdigſten Anſichten und Urtheile auszuheben, wie⸗ 
neueften Werke des Herrn von Gagern: „Mein Antheit wol es nicht fehlt, daß darunter auch recht geſunde Säge 


an der Potitit. IV.” (Stuttgart, Gotta, 1833, 8, 2 Tpte.), und intereſſante Notizen vorkommen. 
welches ausfchließend in dem Briefwechſel diefes Hrn. Mi: | 17. Mai 1817. In Münfter verbietet dee dumme 
nifters von Stein mit dem Hm. von Gagern befteht, | und fanatifche Generalvicar den Geiſtlichen, irgend einem 
woraus alfo von ber eignen Xheilnahme ded Hrn. von | Antheil an der Einfegnung der Ehe zu nehmen, wenn 
Sagern an ber deutfchen oder europäifchen Politik nichts | nicht die Katholicität der Kinder ausbedungen ift. — Der 
zu erfehen ift, die überhaupt unſers Ermeffens nie in eis | Domdechant Spiegel befigt die erfoberliche Kenntniß des _ 
nem wahren Wirken nach den Geboten des jegigen Beits. | tanonifchen Rechts und fehr viele Klugheit. Die Behand: 
geiftes, fonbern immer nur in vielen Reden und Abfchweis | lung des Coadjutors von Weſſenberg verdient nachdrüdk 
fen eines fo Gott will verlebten reicheritterfchaftlichen | Lich gerügt zu werden. Maſſenbach iſt ein eitler Wirr⸗ 
Anelögeiftes beftanden, in welchen ſich derfelde als einen | kopf, hoͤchſt erbittert und zu Allem fähig. Der König hat 
Melanchthon der jegigen Welt dem Hrn. von Stein, al& | das Recht und die Macht zu Bundesgenofien, alfo wer 
dem neuen Erdenreformator Luther, angeboten hat. Zu | den die Stände das Gefecht verlieren. 
viel Ehre für Beide! Wir glauben nicht, daß Hr. von 21. Suni 1817. Hr. von Maſſenbach tft ein eitler 
Gagern ben Manen Stein's durch diefe ruͤckſichtslos preis⸗ Narr. — Die Mebiatifirten denken nur an die Praͤroga⸗ 
gegebene Correfpondenz einen Liebesdienſt erwiefen hat, ımd | tiven ihrer Kaſte und find befhränt. W.... (Wangen⸗ 
find geneigt, die vielen harten, flarren, feindfeligen Urtheite | heim? der Brief handelt von Stuttgart) ift abſichtlich 
des Hm. von Stein dadurch zu entfchuldigen, daß ex fie | eitel, unrein fophiftifh. Ich wuͤnſche Sie fagten etwas 
gewiß nicht veröffentlicht haben wollte, ecclesia autem de | über den Unverfland der Altwürtemberger. 
internis non judicat. Jene jüngere Generation, welche 15. Nov. 1817. Unfere beutfchen Regierungen ſinken 
font den Hm. von Stein für ihren Heros, für den Ed | täglich mehr in der Öffentlichen Achtung, durch Ihre Furcht⸗ 
ftein aller tugendhaften Verbindung, den Anwalt der Lis | famkelt, Lichtfchene und MWortbrüchigkeit. Glauben Sie, 
beralität, bee bdeutfchen Gelehrſamkeit, den Vertreter der | daß der Staatskanzler (Hardenberg) an Rhein kommt? 
unterftien Volksclaſſen gehalten, wird davon ziemlich zu: | Sein neueſtes Machwerk einer Staatscontrole iſt eine 
ruͤckkommen, wenn fie nun bier mit Händen greift, wie | Vervielfältigung der Behörden, fehlerhaft im Princip, feh⸗ 
Hr. von Stein unter beutfcher Freiheit fi) mit höchfter | lerhaft in der Zufammenfegung. 
Herabwürbigung ber deutſchen Kürften nur eine ausfchließ: 18. April 1818. Was fagen Em. zu ber Frechheit 
liche Regierung des güterbefigenden deutfchen Adels gebacht, | des Mecenfenten (über die Verfaſſung von Kleve ıc.)%: Es 
in welcher die Preßfreigeit verbannt, alle Liberalen und | ift traurig, daß bie Preßfreiheit fo misbraucht werde. 
in ber Theologie alle Rationaliften verjagt, das unver: ! Aufbören wird es, wenn gut eingerichtete fländifche Ver⸗ 


— rr, O — — — —— — — — — —— —— — 








498 


faffungen in das Leben -treten — dann macht das Ger 
ſchwaͤtz der Demagogen keiten Eindrud mehr. 

16. Mai 1818. Hr. von Nagel (ein Nieberländer 9) 
ift in feinem Betragen etwas höflicher, toenngleich ver: 
fumpft in dem Duͤnkel beſchraͤnkter taktloſer Menſchen. 

21. IRA 18B. Weber die naſſaniſchen Staͤnde iſt 
eine Fiugſchrift erfchienen, die win Gemenge von Wahr: 
heit, Irrthum, und zuletzt ein Element von tollem demo⸗ 
tratiſchen Unſinn iſt. Die Belchüger der Herren — ſehen 
die Saaten diefer wuͤrrdigen Maͤnner reifen. 

17. Auguſt 1818. (betreffend den Plan für die Mtebe 


beutſche Gefhichtforfchung): Frankfurt fcheint le der |’ 


ich Sie wählen (von Gagern), Aretin, Wangenheim, Berk: 
‚ beim und Buch. Diefe nehmen ein paar Gelehrte 
in ihre Mitte. 

Daſſelbe Schreiben enthält eine Inſtruction an ben 
Hm. von Gagern, mas gelobt und getabelt werden foll; 
als nämlich die durdhgreffende Neuerungsſucht im Weima⸗ 
riſchen; im Nafſauiſchen das eimfeitige uͤbereilte Orga⸗ 
Hifiren_und das blinde Hingeben dee Deputirten in ben 
"Willen der Tandesherrlihen Commiffarien; an der bairi: 
fhen Eonftitution das Enscabirn von Wahlen und ihre 
laͤcherliche Preßfreiheit; im Preußlſchen das Stocken in 
der Ausfuͤhrung, weil Allet in den Haͤnden bes Alters 

und der Schwäche Liegt. 
16. Spt. 1818. Ber Teamzöfiiche Adel iſt güterlos, 
meift Briefadel, hängt am Hofe, fucht Stellen und iſt 
factieur. Die Zahl des beguͤterten, unabhaͤngig lebenden 
Adels iſt in Deutſchland noch fehr groß. Bernſtorff iſt 
ein vortrefflicher edler Mann; ob er Kraft habe, den 
Stall des Augias auszumiſten, iſt eine Frage. — An 

Geiſt und Wiſſen übertrifft ihn Humboldt unenblic, und 
ich bewunbdere die Geſchicklichkeit des Staatskanzlers, alle 
tuͤchtige talentoolle Männer (naͤmlich primo loco darun⸗ 
ter den Hm. von Stein) lahm zu legen. Der Geiſt des 
Harn iſt von ihm gewichen, der Segen des Himmels 
fehlt dem alten Sünder, nichts gebeiht unter ihm, nichts 
gelingt ihm. 

18. Dec. 1818. Man fdiimpft über Stourdza, über 
die Anmaßung eines Fremdlings, uns zurechtweilen zu 
wollen. Da unfere Pamphietiften aber doc; über alle eu⸗ 
ropaͤiſche Angelegenheiten enticheiden, warum foll es Stourdza 
nicht erlaubt fein, ein Wort zu fprehen; beißt es doch 


fon Anno 1243 nah Matthäus Paris von den Mogo: | 


len: daß fie ausgezogen propter furorem Teutonicum, 
sua modestia (der Mogolen) temperandum. 

2. San. 1819. Allerdings weiß des Frembling (Stourbza), 
was er that und warum? Man bätte ihn baber mit 
Graͤmden und nicht mit Spott widerlegen fallen, ber alle 
Theilnehmer exbittert. | 

5. Auguft 1819. Das Naſſauiſche bleibe air immer 
fiemd, nah den Srumdfägen ber dem Reich 
unmittelbar Angehörigen. Die.gegenwärtigen Macht: 
haber haben gegen mich und die ganze Stoffe, zu ‚der ich 
gehöre, einen hohen Brad von Ingrimm, der fich in hun⸗ 
dert Beinen Bügen dußert. Sie fühlen ſich beleidigt, daß 


— — 


man ihr Machwerk nicht vergoͤttert, ihrer Pfiffigkeit und 


Unwahrheit nicht traut. Es iſt traurig, zu ſehen, in wel⸗ 


chem Grabe ber junge Mann, der Herzog, über ſich, feine 
Geſchaͤftsleute und feine Gefchäftsführung verblendet iſt, 
zu glauben, daß die Privilegirten die erſte Schuld- haben 
an dem Mowanſchlag gegen Hrn. IHM, Ber doch wick⸗ 
lich nicht fo wihtig iſt, um der Gegenſtand iner Der: 
fhwörung zu fein. (Natürlich, wer nicht als unmittelbarer 
Reichsritter geboren worben, iſt und bieibt ewig unwichtig.) 
29. Sept. 1819. Ous ‚ was zuc Rube: 
tung in Deutfchland gefchehen kann, ift, ders Reich ber 
re ein Ende zu machen und das einer gefeglichen 
Befaflung zu gründen umd zu Segiumm; — au die Stelle 
dee Buraliften und der demokratiſchen Pamphletiften, von 
denen die Erſtern das Volk duch viel und ſchlecht Regie: 
ven ‚brüdem, die Andern es reizen und verwircen, ben Eins 
fluß und die Einwirkung bee Eigenthuͤmer zu fehen (ber 
adeligen?). Es iſt fehr erfreulich, daß mit der Beendi⸗ 
gung bee würtemmbergifchen Angelegenheit das ganze ſuͤdliche 
Deutfchlaud eine repräfentative Verfaſſung erhalten hat. 

19. Oct. 1819. Der Auffag in den „Rhetnifchen Blaͤt⸗ 
tern” fcheint mie von Hardenberg felbfl zu fein, — feicht, 
fophiftifch — übelgefaunt — erbärmlich. ‘ 

7. Det. 1819. Ein Glaucoma (in Bezug auf Art, 13 
ber Bundesacte) wird den Unmillen nur noch fieigern, und 
wenn grabezu apodiktiſch das. Recht verweigert wird, fo ‚gibt 
man den Schwindlern, Erbitterten und Boͤſen die Waf⸗ 
fen in die Hand. 

23. Nov. 1819. Ich hoffe, Ihr Bud (Reſultate 
ber Sittengefchichte”) wird dem Publicum zeigen, daß mar 
mit einigen demokratiſchen and metaphyſiſchen Formeln 
nicht ausreicht. 

23. Dec. 1819. Handelt von den Misgriffen in Karle⸗ 
bab, die theils ſchaͤdliche Refultate, theils gar keine hatten. — 
Die Herren Profefforen Dahlmann und Falck haben fi von 
ber übernommenen Bearbeitung des Adamı von Bremen und 
Helmold Iosgefagt, aus Unwillen uber Die Earlöbader Be— 
flüffe, mit denen doch die Ausgabe der deutfchen Quel⸗ 
lenſchriftſteller in keiner Verbindung ſteht. Es iſt ein reizba⸗ 
res unvernünftiges Volk, das gelehrte Volk. (!) 

1. Mai 1820. Man ſcheint entſchloſſen zu ſein, mit 
der Stelle in Frankfurt (am Bundestage?) keine Veraͤn⸗ 
derung vorzunehmen, und uͤberhaupt eine Abneigung ge⸗ 
gen alles Tuͤchtige, Kräftige und Selbſtaͤndige zu haben. 

Bon der Ausgabe der Quellenſchriftſteller tollen wir 
sicht viel -Mühmens machen, bis wirklich etwas geleiſtet 
worden; der Geiz der Reichen, bie Faulheit der Gelehr⸗ 


‚ten find große Dinderniffe. *) 


2) Wie iſt dagegen von einem vertrauten Freunde früher 
fon fehr geklagt worden, daß Hr. von Stein, ber an als 
‚len Andeen die Bureaulratie fo ſchr gehabt, -in'ben Ange: 
legenheiten dieſer Geſellſchaft für feine Merfon Alles nur gieich 

bureaumaͤßtg babe -abdecretiren und minifiermäßig ordon⸗ 

nanziren wollen, was ben liberalen Gang dieſes Zuftituts 
ſehr gehindert. Ingwifchen bleibt dem Hrn. von Stein Bier: 
dienſt und Ehre, für dieſe mit fo großer eigner Aufopfes 
rung oben erhaltene Anftalt im uͤberreichen Maß noch übrig, 

was ihm auch nicht benommen werden foll. 


299 


Der Schuß bes Briefe laͤßt fi) aus über bie fra: 


tzenhaften Radicalen, Beamtenwillkuͤr, ſchlechte Juſtiz, Ab⸗ 


gaben, Einmiſchen ber Bureaukratie in alle. Commungal⸗ 
und individuellen Verhaͤltniſſe. 


24. Auguſt 1821.: Das Edict uber die boͤuerlichen 


Verhaͤltniſſe befriedigt weder ben Bauer noch den Guts⸗ 
herrn. — Er habe zu den unmittelbaren Lenkern der Zeit⸗ 
ereigniſſe wenig Vertrauen, erwarte nichts von einer preu⸗ 
ziſchen Verfaſſung, welcher die naͤchſten Umgebungen des 
Königs und die Einflüffe des oͤſtreichiſchen Hofes entge⸗ 
genwirkten; wir wuͤrden fernerhin vegiert werden von be: 
-foldeten Buchgelehrten, intereffenlofen Buraliften, von Men⸗ 
fchen ohne Eigenthum (d. i. Unabeligen?). 

9. Sept. 1821. Die fo ungeſchickt behandelte badi⸗ 
fhe Ständeverfammlung zeigt doc, ernften Willen, im 
Kinverftändnig mit der, Regierung, das Gute zu bewies 
en (haͤlt die fchroeizerifche Regierung für ſehr gut und 
wohlfeil). 

17. Nov. 1821. Ich verlaſſe das Land ungern, um 
in Frankfurt die Bundestagsgeſandten Sacklaufen zu ſehen. 

6. Febr. 1822. Unſer lahmes Bundestagsweſen iſt durch 
eine heftige Bernſtorff'ſche Note aufgeruͤttelt; fie wirft lei: 
denfchaftliche Uebereilung in ber koͤthenſchen Sache vor ıc. 

9. Maͤrz 1822. Die bairiſche Staͤndeverſammlung mag 
wol unbeholfen fein; verfiändig ift fi. Mir werden nun 
ſehen, welches Schickſal das Culturgefeg hat, das einige 
Dispofitionen enthält, die gradezu exproprieren. 

419. April 1822. Spricht von der Werkehrtheit ber 
mittiern und kleinern Staaten, eine Selbflänbigkeit gegen 


Oeſtreich umd Preußen zu behaupten. — Dem guten ge: 


funden bairiſchen Verſtande macht es Ehre, wenn er bie 
Seifenblaſe ber Zettelbant von ſich ſtoͤßt. 

22. April 1822. Die Pſeudopolitiker, die Sophiſten 
werben wieber fehr laut. Ein Aufſatz des Den. Murhard 
in den „Politiſchen Annalen” bat vielen Unwillen erregt. 

9. Zuni 1822. Daß Ich die buraliftifhe Monarchie 
für fehlerhaft halte, willen Sie; aber ben ſchwediſch⸗ pom: 
merfchen Nobiliarkaftengeift kann ich auch nicht vergättern. 

16. Auguft 1822. Im Kaffel war Alles voll von 
den Verſolgungen und Kraͤnkungen, fo bie vortreffliche 
KRurfürftin von ihrem halb mwahnfinnigen Gemahl auszu: 
ſtehen hat, der Alles zuc Verherrlichung einer unzuͤchtigen, 
gemeinen Buhlerin aufopfert und fi) mit ‚ben nichtswuͤr⸗ 
dioften Menſchen umgibt. (NB. So ſteht's woͤrtlich in 
dem nicht verbotenen Gagern'ſchen Werke und follte wol bier, 
da es die Gagern'ſche Indiscretion anklagt, nicht anſtoͤßig 
fcheinen; doch salvo meliori.) 

Der Bundestag hat fi) auf vier Donate vertagt, 
nachdem er acht Donate nichts gethan hatz man follte 
biefes koſtbare zweckloſe Inſtitut aufheben und ftatt feiner 
eine Ragfagung einführen, die einige Monate jährlich 
daue 


st. 

17. Sept. 1822. Der Verluft des Drn. von Aretin 
tft ſehr groß, er läßt eine bebeutende Lüde; -- "ber Bun: 
destag wird nur tiefer finken. 

16. San. 1823. Den Frieden in Baſel veranlaßte 


(höpfung der Finanzen und bie Unbehoffenpeit der deut⸗ 


ſchen Fürften, mit Geld und Lieferung Preußen zu un⸗ 


terflügen; Alles diefes benutzte Kalkreuth, ein geiftvoller, 
ehrgeiziger, boshafter und fchlauer Mann — Schuienburg, 
um den alten, beſchraͤnkten Moͤllendorf zu eigenmächtigen 
Unterhandiungen zu verleiten. In Berlin unterflägte die 
Friedensplane der Staatsminifter von Struenſee, ein kraͤf⸗ 
tiger, einfihtsvoller und gutmüthiger Mann, den revolu: 
tionnaiten Srunbfägen als Deiſt und gelehrter Buͤrgerli⸗ 
cher nicht abgemeigt. (Da haben wir's; welcher Skandal, 
ein bürgerlicher Mintfter!) Seicht und ſchwuchkoͤpfig war 
weder Haugroig noch Lombard. Beide hatten vielem Vers 
ftand, Legterer viele claſſiſche Gelehrſamkeit, gründliche 
Kenneniß der franzöfifhen Literatur, nicht gemeines Dich: 
tertalent; Beide waren unmoraliih, Lombard von niebei- 
gem Herkonmen, eines Perkdienmachers Sohn, daher fagte 
er: „mon pere de poudreuse memoire”, in ber liederli⸗ 
hen Schule Niegens und der Lichtenau gebildet. 

30. Mai 1823. Die Mafchinerie des naſſauer Land: 
tags iſt fehlerhaft, aber dee Mafchinenmeifter, ftart bemuͤht 
zu fein, fie zu verbeflern, fucht fie zu untergraben, nicht 
auf die Wahlen zu influfren, fondern die Wahlfreipeit zu 
unterbruden. — Die Verwaltung iſt hoͤchſt verfchmenberifch 
— ein Generalcommando, das 26,000 Thlr. koſtet, ein 
Geift des Despotismus In allen Verhaͤltniſſen. 

4. San. 1825. In Mainz find die Commiffarien, in 
Verzweiflung über ihre Gefchäftslofigkeit; diefe ganze In⸗ 
auifitionsbehörbe iſt hoͤchſt laͤcherlich und erfolglos. - 

. (Der Beſchluß folgt.) 





Nachtrag zu ber Geſchichte Ludwig XVI. 

Kein Ereigniß der neuern Geſchichte hat fo viele Reiden: 
fihaften angeregt, fo viele Stimmen in Bewegung gefegt, ale 
die fameufe Anzeige ber Derzogin von Berri, ruͤckſichtlich ihrer 
beimtichen Berheirathung. Die Blätter der Bewegung, 
weiche, bie früher fchon betretene Bahn verfelgend und in dem 
Geſchehenen nur bie Verwirklichung ihrer Borausfagungen er: 
blickend, ſich keine gewaltigen Autbrüche der Freude erlaubten, 
vielmehr ihren ganzen und ungetbeilten Groll auf bie auch bei 
biefee Gelegenheit beobachtete illohale Haublungsweife ber Re: 
gierung Louis Philipp’s warfen, wurben hierin natürlid von 
den legitimiftifchen Blättern unterflügt, und fo ſah fich das 
Gouvernement alfobald, flatt feines Triumphes fich erfreuen zu 
können, ‚gendthigt, einen vereinten Angriff der beiden Yarteien 
auszuhalten, ohne daß ihm fernerhin auch nur der abgenupte 
Troſt eines Bündniffes zwiſchen Karliften und Hepublilanern zu 
ftatten kaͤme. Die Bemühungen ber verfchiebenen Parteien wa⸗ 
sen je nach ihren Principien und Beſtrebungen in abweichenden 
Nuancen ertennbar. Die republilanifche Partei nahm fogleich 
eine fefte Stellung ein und fand den Zroft für bie Herzogin von 
Berti in ber Gefchichte und den Welegen, daß es in der koͤnig⸗ 
tichen Kamilie nie anders gewefen fei. Die „Gazette de France” 
und die ihr @leichgefinnten bemäheten fidh, die Ehe und Schwan, 
gerfihaft der. Prinzeffin als ohne Ginflu auf die Rechte und 
Anfprüche des Herzogs von Bordeaurx darzuftellen, indem fie 
dafür in der Befchichte des Dergone von Reichſtadt und feiner 
Mutter Uaterſtuͤhung und für bie Schwäche ber Prinzeffin-in 
dem Beiſpiel großer Herrfcher und Herrſcherinnen binlängliche 
Entfchuldigung fanden — und, Bott weiß, es fehlt daran nicht! 


Einige andere Blätter fuchten fich baburdy zu rächen, baß fie, 
1 inter VDeſchichte nachfihlagend, mit größter Genauigkeit alle 








900 .' 


Unthaten und Grevel hervorriefen, welche ſich jemals in ber 
amilie Orleans zugetragen haben. Unter Anderm findet ein 
latt in der fürmahr auffallend großen Zahl von Gemälben 

aus der Orleans'ſchen Familiengeſchichte in ber diesjährigen 

Kunftausftellung Anlaß, die gewählten Sujets als wnintereffant 

u qualificiren und an eine andere intereffante Begebenheit in 

der nämlichen Jamilie zu erinnern. Ss läßt Voltaire in einem 

Briefe vom 20. Juli 1724 ſprechen: . 

„Ich wuͤnſchte, dab Sie von den fpanifchen Nachrichten 
noch nichts wüßten, bann hätte ich das Vergnügen, Ihnen zu 
melden, daß ber König von Spanien feine Bemaplin hat eins 
ſperren laſſen, eine Tochter des Herzogs von Drleans, welche 
trot Ihrer fpigen Nafe und ihres langen Befichtes (die Damen 
der Familie Orleans hatten von jeher lange Geſichter und fpige 
Naſen) nicht laffen Eonnte, bie großen Beiſpiele ihrer hoben 
Schweſtern zu befolgen. (Bier wird nun folgende Phrafe — 
wie es heißt, zum Bebrauche ber Schüler in dem Haufe Or: 
leans — in ſchlechtem Latein gegeben: ‚,Praestantissimo cor- 
pore ancillae reginae ipsaque regina, vestibus, tenuissimis 
etiam, exutis, formosos Hispaniae principes nonnunquam 
receperunt.”') Man bat ihr ganzes Haus aufgehoben und bei 
ihr im Schloffe, wo fie eingefperrt ift, nur eine alte Ehrenfrau 
gelaffen. Als die arme Königin fi mit biefer Ducda einge: 
fpeert fab, fol fie den Gntfchiuß gefaßt haben, ſich zum Benfter 
binauszuftürgen, und auf dem Punkt gewefen fein, ihn auszufüh: 
ren, als man ihr ſchnell' zu Hülfe geeilt ifl.” - 

Beinahe gleichzeitig brachten bie Öffentlichen Blätter, die eng⸗ 
liſchen zuerft, ein Actenftüd, weiches auf die Verhaͤltniſſe der Bas 
milie Ludwig XVI., insbefondere auf bie Aufführung der Königin 
Marie Antoinette großes Licht zu werfen geeignet war. Diefe 
Dame war ber Gegenftand fehr ſchwerer Beſchuldigungen, nicht 
nur in politifcher Beziehung, fonbern auch hinſichtlich ihrer ches 
lichen Berpältniffe, und während ein Theil hierüber Längft im 
Neinen ift, bat ein anderer feine Zweifel fortgefegt. Diefe Ur⸗ 
kunde ift ein Brief des Grafen von ber Provence, um bie Les 
gitimität der Kinder Lubwig XVI. zu beftreiten. Ginige eng⸗ 
lifhe Zournale, fagt ein biefiges Blatt hierüber, haben Auszüge 
aus diefer Urkunde gegeben, deren Original einem Bürger von 
Brüffel auzugebdren fcheint. Der Brief ift gana von ber Hand 
bes Srafen von ber Provence, fpäter Ludwig XVII. Er ift 
an den Herzog von Fit: Iames abreffirt und vom 15. Mai 
1787 datirt. Der Zuftand bed Papiers und bie Schrift, bie 
Zeichen des Alters, eine Randnote von ber Hand des Gonventss 
gliedes Courtois mit rother Dinte: „Geheime Papiere von 
Robespierre“, Können keinen Zweifel laffen über die Echt: 
beit diefes Schreibens, welches alfo lautet: 

„15. Mai 1787. 

„An ben Derzog von Fitz⸗James.“ 

„Die Berfammlung der Notabeln ift ihrem Ende nahe, mein 
lieber Herzog, unb doch haben fie die große Frage noch nicht 
ne Sprache gebracht. Zweifeln Gie nicht daran, nach den Urs 

nben, weldye Sie bereits vor ſechs Wochen übergeben haben, 
werben bie Notabeln Beinen Anftand nehmen, fich zu überzeugen, 
daß die Kinder des Könige nicht bie feinigen find. Dieſe Urs 
kunden beweifen bie Schuld ber Königin bis zur Augenfälligkeit. 

Sie find ein dem Blute Ihrer Gebieter zu ergebener Unterthan, 

um nicht zu erröthen, vor dieſen ehebrecherifchen Fruͤchten ſich 

zu beugen. Morgen alfo und nicht fpäter legen Sie in biefem 

Betreff meinem Bureau einen Bericht vor. Ich werbe zwar 

nicht zugegen fein; allein mein Bruber von Artois, beffen Bu: 

zeau feine Sigung hält, wird an meiner Stelle ben Vorſit 
führen. Die Thatſache, von welcher es jich handelt, einmal 
feftgeftellt, werben die Bolgerungen leicht zu ziehen fein. Das 

Parlament, welches bie Königin nicht liebt, wird keine großen 

Schwierigkeiten machen ; allein wenn ihm bergleichen dennoch 

in den Sinn kommen follten, fo haben wir bie Mittel, baffelbe 
ur Wernunft zu bringen. Was die Ginberufung der Stände 
eteifft, fo hoffe ih, baß man noch lange davon fprechen wird, 


‚mit welchem 


ehe man ernſtlich baran denkt. Eadlich muß es gelingen; nur 
auf biefe Weile werde ich bie ungeheuern Opfer vergeffen koͤn⸗ 
nen, welche id) gebracht, um biefe Ueberzeugung zu erlangen. 
Ich weiß zwar wohl, daß fie dem König nicht ſehr angenehm 
fein wird; aber, unter uns, verbient denn ein ſolcher Spielball 
feinee Frau zu regieren? ... Ja, mein Leber Fitz⸗James, es 
ift ein armer Tropf! und Frankreich it würdig, einen wahren 
König zu haben...“ - 
„Louis Stanislas Xavier.“ 

Dieſe Urkunde, welche, wie von böfer Hand geleitet, in dem 
gegenwärtigen Augenblid in bie Tagsverhandlungen geworfen 
wurde, wo die legitimiftifche Partei ohnehin durch den Vorfall 
mit ber ‚Herzogin genug zu leiben har, war bisher nicht ange 
fochten worden. Beute aber geben mehre Blätter, welche das 
voa geſprochen hatten, eine bagegen erhobene Reclamation. 

Folgende ift die, welche ber „‚Corsaire” mittheilt: 
, „Chateau de Vaucreffon ben 8. März 1888." 

„Mein Herr,’ 

„Ich lefe in diefem Augenblid in Ihrem Zournal vom 1. 
b. M. ben Auszug eines an den Herzog von Fik: James uns 
teem 15. Mai 1787 und nicht 1789, wie der englifche „„Globe”, 
welchem Sie gefolgt, irrig meint, gefchriebenen Briefe, in 
welchem ‚ber König Ludwig XVIII., damals Graf von ber Pros: 
vence, den Herzog auffodert, dem von Monſieur präjibirten 


Bureau ber Notabelnverfammiung einen Bericht zu machen.‘ 


„Dieſer angeblich eigenhänbige, jest von Treuttel und Würg 
in London angetaufte Brief wurde mir am 12, November 1828 
übergeben, Mit bem Auftrag, ihn dem Gouvernement anzubies 
tem. Allein ein Schriftverſtaͤndiger erkannte, baß biefer eigens 
händige Brief nichts Anderes fei, als eine muͤhſam gemachte 
Nachzeichnung, indem ber Abfaſſer deſſelben genöthigt geweſen, 
ſich ein Alphabet nach einer Schrift von Monſieur, Graf von 
der Provence, zuſammenzuſetzen, ehe er ihn ſchreiben konnte. 
Man fand auch mehre orthographiſche Fehier darin, während 
Niemand bie hohe Ausbildung Ludwig XVIII. in Abrede zu 
flellen vermag.” 

„Der legte Beweis der Kalfchheit diefes angeblich eigenhäns 
digen Briefes aber war, baß ber Herzog von Fig« James, wel: 
er niemals die Ehre hatte, Mitglieb der Notabelnverfamms 
lung zu fein, nicht beauftragt werben Eonnte, einen Bureau 
Bericht abzuftatten, bei welchem er nicht einmal Zutritt hatte.“ 

„3% wurbe demgemäß beauftragt, bie Piece zuruͤckzuſtel⸗ 
len; ich begleitete fie mit einem Dankfagungsfchreiben für das 
Birtrauen, womit man 'bieftibe bei mir Hinterlegt, und fügte 
bie materiellen Beweiſe der Zatfchheit bei. Abſchrift beider 
Briefe ift in meinen Bänden geblieben, und ich bin erbötig, fie 
Jedem, welcher fi zu mir, Straße Chauchal Nr. 3, verfügen 
will, zu zeigen.” 

Die von bem Grafen von Coutarb angezogenen, in dem Ab: 
drud ber Briefe aber nicht vorkommenden Schreibfehler find von 
dem ‚‚Corsaire’? eingefehen worden. Es find folgende: 1) ils 
n’hesiterons pas, 2) les pièoes remise, 8) les enfaus 
adulterains. Dieſer letztere Fehler ift beſonders auffallend, und 
mit der Bildung Lubwig XVII. faum vereinbar. 


Die Controverſe ift nun eröffnet und ba bie Eigenthär 
mer eines fo wichtigen Actenftüdes feine Echtheit nicht fo 
leichthin werben aufgeben wollen, fo fteht zu erwarten, baf 
ber Streit fortgeführt wird, welcher feiner Natur nad) nur 
hoͤchſt intereffant- fein kann. Wäre ber Brief wirklich echt, fo 
würbe auch der neuefte Ausweg, welchen bie raftlofe Phantafte 
des nobeln Faubourg ſich erdacht, in nichts zerfallen. Er ließ 
nämlich plöglich außsfprengen,, ber fogenannte italienifche Prinz, 
der „„Constitutionnel’’ die Prinzeffin verbunden, fei 
Niemand anders als Ludwig XVII., welcher, nach authentifchen 
unleugbaren Beweiſen, allen Wechfelfällen feiner Jugend ents 
gangen ſei. Somit wäre fie jegt nicht Regentin, fonbern Kö⸗ 
nigin von Frankreich. 171. 


Redigirt unter Berantwortlicgteit der Werlagäbandlung: F. U. Brodhaus in Leipzig. 
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Unterhaltung 





Donnerdtag, . 


— Nr. 122. — 


2. Mai 1833, 





Die Briefe des Freiherrn von Stein an den Frei 
0 see herrn don Gagern. - 

Geſchluß aus Nr. 181.) 

23. Mat 1825. Auf die Erfcheinung Ihrer Gefchichte 
bin ich neugierig, nicht im mindeſten auf den Zürft Met: 
ternich; in Frankfurt ekelt mich die Erbärmlichkeit des 
dortigen Treibens an 

2. Juni 1825. Es wird gefodert werden das Blut 
von jenen Liberalen, die, elende Nachaͤffer der Franzoſen, 
für alles Unheil, das fie angezuͤndet, nichts als einige Ab: 
ſtractionen und einige angerrogene Zumpen dbemagogifcher 
Tiraden zu geben willen (aus Goͤrres, was Hr. von Stein 
hoͤchſt vortrefflich findet). 

Die Discuſſion in München uͤber das Militair wird 
in Berlin viele Aufmerkſamkeit erregen, dies iſt eine em⸗ 
pfindliche Stelle; unterdeſſen laͤßt ſich Vieles zu Gunſten 
ſtarker Anſpannung der Kraͤfte in Preußen ſagen, was in 
Baiern nicht geltend gemacht werden kann. 

8. Juni 1825. Im Ruſſen liege Anmaßung, Un- 
ruhe und Unternehmungsgeiſt. 

30. Juli 1825. Mir fcheint, die Verhandlungen des 
bairiſchen Reichstags find gebaltreicher und freier als bie 
des franzoͤſiſchen; man fieht, daß oft Leute fprechen, wet 
che die Sache kennen. Die Verfhwendung iſt doch un⸗ 
gehener, drei Millionen für den Hof, 600,000 $1. für 
die auswärtigen Angelegenheiten; jeder bereit6 vermählten 
Prinzeſſin 22,000 Fl. Ich dachte, Preußen und Deftreich 
bebürften eines folchen Zuſchuſſes nicht. u 

30. Auguft 1825. Unterbeffen halte ich es für nd- 
thig, daß unfere Profefloren in Ordnung gehalten werben; 
ein boffärtiger, unruhiger und feichter Geift befeeit fie. 

3. Nov. 1825. Möge der neue König (Ludwig) zwi⸗ 
fhen den Klippen der neuerungsfüchtigen Doctrinaires, 
ben am Alten ſtarr Haltenden und den Napoleon’fchen 
Buraliften durchſteuern. 

27. Febt. 1826. Die Nachrichten vom Muͤnchen find 
ſehr erfreulich; der König iſt edel, vaterlandsliebend, hat 
Liebe zur Kunft und Wiſſenſchaft. Der vorige war im⸗ 
mer bee Oberſt von Alface, gebilder durch franzöfiiche 
NRoués und zroeibrüder und manheimer Verderbtheit. 

1. Mai 1826. Meine Abneigung gegm den Staats⸗ 
kanzler (Hardenberg) berubt auf feiner ſtandaloͤſen Lieders 
lichkeit, wodurch er zu ſchlechten Befenichaften hingezogen 





wird; ſeinem Stolz, der ihn veranlaßte, alle tuͤchtige, ſelb⸗ 
ſtaͤndige Menſchen von den Geſchaͤften zu entfernen und 
Mittelmaͤßige oder Nichtswuͤrdige zu waͤhlen; ſeiner Falſch⸗ 
beit, die verhinderte, daß er'nie eine dauerhafte Freund⸗ 
ſchaft Enüpfte; feiner Verſchwendung bes Sffentlichen Ver: 
mögens, feiner Leichtfinnigkeit und Oberflächlichkeit, da er 
nichts Gruͤndliches fannte. *) 


14. Mai 1826. Der Graf Münfter machte dem klei⸗ 
nen und armen Lande (Hanover) mit der koͤniglichen Krone 
ein ſchlechtes Geſchenk. Wir werben fehen, wie fie ders 
einft nach der Trennung von England mit ihren Anma⸗ 
Bungen, Beblrfniffen, Foderungen an den verarmten Abel, 
die Bewohner der lüneburger Haide, von dem Herzog von 
Cumberland getragen, drüden wich. 


1. Juli 1826. Unfere preußifchen Diplomaten in Ems 
(welche dem Kapodiſtrias ben Untergang verfündigten) find 
zwar recht gute Leute, aber nicht viel im Capello. (Aber 
wie iſt's denn doch gekommen?) 

3. Auguſt 1827. Hr. von Eckſtein, der Verf. des 
„Catholique“, iſt ein Mann von Geiſt und Beredtſamkeit, 
kennt auch genau den Stand der franzöfifchen Parteien, 


*) Der unbillige Haß und Neid gegen ben Hrn. von Har⸗ 
denberg ſcheint ſchon im Biute des Hrnu. von Stein geles 
gen zu fein und bat noch vollends in der blinden Partei⸗ 
lichkeit für bad veraltete Weſen der Reichsritterfchaft, welches 
Hardenberg in Franken angreifen mußte, ſich um fo feu- 
iger entzündet. Ein anderer Hr. von Stein, Landjaͤger⸗ 
meifter in Triesdorf, bei Ansbach wohnend, ein ausgebienter 
preußifcher Diplomat, wollte den Hrn. von 
beim König unmittelbar auf Tod und Leben benuneiren, bes 
Rand aber: dabei fo unruͤhmlich, daß er ſich darüber aus 
Verdruß das Leben verkürzte. In bed Hrn. von Harden⸗ 
berg Bruſt lagen wahrhaft liberale Ibeen, großmüthige, 
menfchenfreundlidde Cmpfindungen; fein Ganzes ſtrahlte von 
einee unmwiberftehlichen Liebenswärbigleit, und es möchte 
vielleicht dem Hrn. von Stein nicht minder fauer geworben 
fein, mit dem Hen. von Darbenberg einen Kampf in ber 
Wiſſenſchaft zu, beginnen. Die Geſchichte wird Dasjenige, 
was Harteiiberg für das Königreich Preußen wirklich ges 
leiftet, gerettet und wieber aufgebaut bat, wohl abzumägen 
wiſſen, in Bergieih mit Dem, was ber Hr. von Stein nad 
feinen ſtarren rittertbämlichen Anfichten hat leiften und überall 
auf ein veraltetes Spftem uralter Zeiten in feiner eigenfin⸗ 
nigen Mislaune hat zurädführen wollen, was Gott Eob 
nicht gelungen. Pueftenwärter hat ſich erfäuft in einem 

erei. - 


Anfall von 


Sarbenberg 1799 


“___ 4 


502 


die er alle tadelt. — Er fand unfere Demagogenriecheret 
ſehr lächerlich. 

28. Auguft 1877. Ich wundere mich, daß das Haus, 
Anhalt, welches Preußen fo viel zu danken bat, fich fo 
feindfelig gegen dieſes benimmt. Lächerlich iſt es, wenn 


der Fuͤrſt eines kleinen, dugggaug ndeskauggber Limenẽ | 


von Hambelöinserefien ſpricht 

Warum war nicht Ganning 1814—15 in Wien 
ftatt des beſchraͤnkten unwiſſenden Caſtlereagh? Die deut: 
(hen Fuͤrſten fallten badı bebenfen, daß Deutſchlands Un⸗ 
abhängigkeit g 
auf den moratifähen 
und bie Läppifche und verberbliche Oppoſition, die ſich 
überall —5 aufgeben. 

31. Der. 1828 (18277). Meine Tochter ift in Muͤn⸗ 
Kan; fie Spricht mir von der dort hexrſchenden Kteider⸗ 
ꝓracht ber Damen u. ſ. w. Das iſt hoch huxe d'imitation, 
nit de richesae, bean Baiern iſt nicht reich. Auf dem 
Landtag hat — eine Shut 


prechen laſſen; Arbeit für 10 Jahra. Eine krampfhafte 


Thaͤtigkeit iſt uͤberhaupt verderblich und paßt durchaus 


ar fir ftändifche Verſammlungen. 


n Et 1828. Dee Verf. Ihres Testen (mitge 
ein) chreibens fegt den beiden preußifchen Diploma⸗ 


tea eine nicht beſeſſene Michtigfeit hei, 
durch Kriecherei und Niedertraͤchtigkeit zu 


Der aͤltere iſt 


vorgearbeitet hat. Er iſt geduldet, aber verachtet. 
juͤngere gehört zu einer angefehenen Familie, iſt gutmü⸗ 
thig, aber flach; Beide ohne allen Einfluß. 


11. April 1828. Ich erhielt aus Münden mehre 


Sefegentwürfe, 25, tiber Gegenftände, wovon einer allein | 


eine ganze Sandtagsperiode vollkommen befchäftigen Könnte. 


Eine Folge diefer Anhaͤufung iſt Seichtigkeie der: Ent: | 


vohrfe und Neologism, ſtarr und fchroff, auf Erfahrun 
end Recht Sul 


mad unhöfliche Halbwiſſerei aus. 


15. Det. 1828. Die Anträge ber Regierung (an 


den bairiſchen Landtag) find zu zahlreich, baher die Be: 
rathungen uͤbereilt und öfters —S Unterdeſſen 
findet man manche Sachkenntniß und Gruͤndlichkeit in 
den Abflimmungen des — — Aber, ex ſcheint wenig 


Charakter zu haben, denn nachdem ex eins Menge Zwei⸗ 
fel vorgebracht gegen die Regierung, fo endigt er, indem 


er ihre Vorſchluͤge annimmt. 


19. Non. 1828. Ein unabhängiger feibftänbiger Mann, ! Köberer 


wie Dar pon Cotta, follte fein. Blatt nicht einer Partei 
vermie 


hen. 
22, Zah. 1829. Haben Sie Kkeilion's Extreme in | u) — 


F Bee gelefen ? Es iſt dag Werk ſeines Charaktere, 
pfaͤffiſch 
ı 49. Marz 1829. Dar braunſchweige⸗ und haſſiſche 
Regent iſt doch ein scandalum magnum. Armes Deutſche 
fand, die Dreizahl wird vollſtaͤndigß 

30. Ipril 1829, Berlin A in pleſem Xugnsii | 
der intereffantefte Ort in Deutſchland, ia Beziehung auf; 


n Rußland und Frankreich hauptſaͤchlich 
n und materiellen Kräften Preußens ruht, 


islatoriſcher Weisheit eins 


einem unter⸗ 
geordneten Poſten gelangt, aus dem er 9 allmaͤlig * | 
| —* —* hoͤchſt Freche R 


ruͤckſicheslos. — Hierauf ſcharfe Cenſur des Cul- 
turgeſetzes. In den Flugſchriften ſpreche ſich eine derbe 





die große Zahl feiner geiſtreichen Männer, Fortſchreiten 
in Kunſt und Wiſſenſchaft, politiſchen Anſichten. 

25. Nov. 1829. Das Schickſal des zukuͤnftigen 
Oberhaupts von Griechenland iſt nicht beneidenswerth; 
ohne die Stuͤtze eines ſremden Aruppencorpe wird er nie 


mieten kaͤnnen. 

9. De. 1820. m ſchelb nic, cihnerg — 
ling erhalte das — Generalcommando in Münfter. Die 
Wahl ift gut, er wird den biefigen Ariſtokraten gefallen 
durch feine ariftofratifi .bem ganzen Pu: 
blicum duch) feinen wohlwollenden Charakter, feine wiſſen⸗ 
ſchaftliche Ausbildung und feine fchriftftelferifchen Arbaten. 

30. Der. 1829. Der. ‚Kür: 
fien zur Traͤgheit und zum 
verdient ben hoͤchſten Fabel; * aben pr N 

rih ven Dranin, Bernhard pon. Weimar, * 
Baiern u. ſ. w., und alle dieſa aehmen zur Deviſe: 
nfrnges conamereæ“. 

44. Gebr, 1830, a8. Pruhlen der, Vewohner de⸗ 
linken Rheinufers auf. die Mapoleon ſchen Jnſtitutionen if 
doch Unſinn; es waren doch nur Juſticutionen des Der 
mnnnn. 

3, Wär; 1830. Man folle das Heitathen ber Ar 
men erfcweren, auch die Gütezerfküdehing beffheinten 

13. März Herin von. Chateaubriand e Berzagen If 
durchaus nichtswuͤrdig. Er iſt gam im Giteikeit ertrus⸗ 
ken und geht zum Abſurden und ften 

ala find keine 


5, Zpeit 1830, Beine —* 

4830. Das a 4 Peine [> 
zolb if ganz im Charakter ‚set Marquis Peu-ä-pen, wie 
ihn Georg IV. nannte; er hatte das Gefühl, Died Unter 
sehmen nicht beſtehen zu koͤnnen, und dann einen Sei 
tenblick werfend auf den wahrſcheitlichen Einfluß in Gas 
dond, den. er wegen Eharakterſchwaͤche nicht, erlangen wird. 

409. Juli 4830, Sch. pagnahm, daß dye Alsberfeist 
der Kronpeinzeſn - Duschaus fir von alle ſinwinkung 
ſondern die. Folge vom innerer Uebatzeugung mr. hr 
Entſchlugß war der koͤniglichen Familie anbefannt, Sie 
vb. ihe Sipuhensbefenumig in ‚ihren. Privasfaneie au 

n Bifchaf Salat gb, in der Begenwash-ihse: Gemahls 
—* Tante, der Prinzeffin Wilhelia man; der. Grafin Res 
Da, werfiiate ſich dann zum. a a Ben ae Ds * 
ſwehen anauisigenu: daß ihn 

feste. In Sinſcht Huf, le a —* re ge: 
winiät, bie Dersudainag ſai ——— doch in 

ag AS. man hie Dandiyng her Feongeipe 
Mi ‚2 sb, hafft, die, An en —— werden 


Reg —* Gehe Re, allen 
— gleicha, Rachte au. den, 5. 
ct. IBAN 7 van Komm ch.Den, PRWRitR ngvamsli 


da Herrn E. Hefmann (in. Dausfteit) nich billigen 
der Angeltgenbritun :amfgeisgt, die außer feingen Bereich 
Hegen, und brief: Keuntniß Ihm die Stellugg, bie er in 
ber btgerhicjen: Geſellſchaft Di Fi en (veil er 
ein Buͤrgerlicher, nicht adelig iſt N sup ed. hät der 
—Fuͤnſt, um ‚z — und feirte er 
damit zu bereichern, bie Rathsſtellen des oberſten bandes⸗ 
gerichts bis auf zwei en und die Gerichtögefchäfte 
on ſchlecht befolbsten Aſſeſſoten und, ‚gar nit‘ beſoldeten 
egen versichten 
.: % Die. 1830. :Das. —— — einst. Bunbesgene 
ſen fi kein Eineaiſchen in die Inment Angetegenheiten «1» 
ner Nution, fondern Unterſtutzung. Bei Ag bes 
Werhäteniffe von Belgien gegen Preußen präflbirte. de 
hanoͤveriſche Neid, Die Discuſſionen in dem brü 
Gonvent: find doch gar zu dumm, fie riechen nach bem 
blauen Kittel, in. welchem bie Deputirten in den Kam: 
mern erfeeinen, role ich. vernehmp. 
9. Dec. 1830. Die Hauptbeſchwerden im Naſſaui⸗ 
ſchen find Baamteninſolenz und Wiilkuͤx, bie Verſchioſſem 
beit bed Herzogs gegen Beſchwerben. 

29. Jam. 1331. Die Niederlande waren flır Deutſch⸗ 
land doch nur eine ſchwache Vormauer; Zwieſpalt im 
Zara, eine Ueberzahl von Feſtungen, ſchwaches Heer. 

uf- einer Seite eine unwiſſende, reiche, ſtoize Ariſtokra⸗ 
die, one ‚einfiußeriche dumme Pfaffheit, auf der an 
Bürgsrftotz; Kraͤmergeiſt, Calvinifche Säroffhett. Die Po⸗ 
litik des Königs war feindfelig gegen Deutfchlanb, blind 
vortrauend auf das egoiſtiſche England, welches das erfte 
ift, das ihn feinem Schickſal Übertäßt. Der Herzog von 
Aremberg hält ſich in Münfler auf; er befuchte fehr regel⸗ 
mäßig bie Ständeverfammlung und nahm Theil an Ihren 

Verhandlungen. Er iſt ruhig, hefonnen, und har durch 

und Verweltung eines bedeutenden ie⸗ fich 
einen praktifchen Geichdftsblick erworben, Er mb ſeinm 
N eine P, Lobkowig aus Prag, nd einfach, 
usli 
3. Maͤtz 1831. Die fraͤnliſchen Haupsorte fi ind ges 
gen den Koaͤnig Bubreig aufgebracht; : es hätte bie gewaͤhl⸗ 
sm Mitglieder zulaſſen follen. Hornthal und Behr find 
von feiner. Bedeutung (natuͤrlich, weil fie nicht aus der 
Melsclaſſe ſind?) Die Rationaliſten, welche verficherh, 
das Menſchengeſchlecht fei frei won der Eebſuͤnde, find die 
treuen Gehuͤlfen der Satobiner, 2: 3. 


Fi 





Bob: und Schmaͤhſchetftan, von Einf Oetlepp. Matte: 
an, rt ja fein!" (Goͤthe.) Leipzig, Feſt. 


Als dem Hef, dies Boͤchlein von der perehrlichen Rebactien 
d. BI. zugeſendet wurde, Her er einigen Anfof. an dem ae 
beffelben und bie om flen baffeibe wieber zurſekogſchi 
wenn ihn wie on — 6 Rame neugierig. gemacht 
lehen, wie ſich Ark be..ale Profailer ausnähme. Die —* 
weile exſchienene Novelle deſſelben, „Cdleſtig⸗, haben yoig mar erſt 
in einer Leihbibligt N ariehen. her je mehr Ref. im bied Büce 
Iein hereinlas, mehr flieg feine Verwunderung über bie 
Geihwerklofigkeit in bemfelben 9 mb fein Unwille über die Aa 
maßung, bie be ben Grandton des ganzen 


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i Far Er 


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bas —— Art * weder ip blinder Bewunbe⸗ 


ann fü 
ie eines | elleraͤb 
* er den u bag, bie ge 35 — 


eln aefch rd zu feben und AHes verbammt gu ne 
feiben eingepfercht werben 

vor dem — Bu ihm als ein 9: 
alla daß” grabe Bon jungen & iftitelern am wer 
* werben Gar Ein folder junger Schriftſteller, 

t ſeines literaxiſchen Auttreens als feinen 3 

, ie aber Herr Ernſt Hrtle Einige Gelegenpeitägs 
pille, Art, bie echt ni } weiter olg a an * 

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zig „feine Leute bildet „ ein‘ Mit 


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bens und Treibens für —— — ak “ 


n bongen irn gelernt aben wird 
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gendes eb. Sept muſſen wir aber über Bafee, 
unferes —— Berpfli 


bie Ue ften Defelen müßen bis eis 
Sc —3— an dem guten — rtlepp erre⸗ 
Man hoͤre nur: „Fob ber Bu ken Ueber junge 


—** und Wafferorgein Ueber das Ballſpielen. Leber bes 
ſchnittene Dulaten. Ueber Krebſe und neue Häringe. Der Dreh⸗ 
fiugl” (S. 15), ober das ſechzehnte Kopfilüd (&.75): „Ueber 
Bratwürfte, —— Sehe, *2— —**— Havan⸗ 
nacigarren, Lehrbuͤcher der Logik, ceehandſchuhe, Dreh⸗ 
orgein, falſche — iii, Reh Borfhung, 
ſezucht, weibliche Schoͤnheit, Wolkenbruͤche, Gommunalgarbe, 

— reibungen , — Stockfiſche, Roſenbonbons 

urken, Bildu es Herzens, Teufelsbreck und gute 
——* Solche Veen follen pifant en, bie Le⸗ 
ſer werden I aber verwundern, wenn fie finden. daß Hr. Ort⸗ 
wie Hans Nord in Gellert's befannter Zabel, und 
ku er Nacfchriften und Ausführungen gelaffen 
wiffen nicht, bied Humor ober Sconie fein follz 

cklich off Gedanke anf jeden Fall 
gr jefen „‚Kopfftücden” wich zun die Kritik abwechſelnd 
gelobt und — * Ural werben bald —— 
an Icht, bie 8 under abwechſelnd für harte und zaͤh⸗ 
allen, 5 dann nie für Be ede ‚und liberale —A— us 

. Dir Gelehrten bald 


= 


502 


bie er alle tadelt. — Er fand unfere Demagogenriecherei 
ſehr lächerlich. 


23. Auguft 1877. Ich wundere mid, daß das Haus 


Anhalt, welches Preußen fo viel zu danken bat, ſich fo 
feindfelig gegen biefes benimmt. Laͤcherlich iſt es, wenn 


ber Fünft einge Helen, —5 ackerhaucben ximoene 


von Handelsintereſſen ſor 

Warum war nicht ains 1814—15 in Wien 
flatt des beſchraͤnkten unwiſſenden Caſtlereagh? Die baut 
hen Fürften falten doch hebenfen, daß 
abhaͤngigkeit gegen Rußland und Frankreich 3 
auf den morali 
und die laͤppiſche und verderbliche Oppeſition, die ſich 
überall zeigt, aufgeben. 

31. Der. 4828 (18779. Meine Tachter if in Muͤn⸗ 
Ken; fie Spricht mir non der dort hexrſchenden Kteider⸗ 
psacht der Damen u. ſ. w. Das ift doch luxe d’imitation, 
nicht de richesse, beun Baiern IE nicht reich. Auf dem 
Landtag hat man eine Flut legislatoriſcher Weisheit ein, 
prechen fallen; Arbeit für 10 Jahre. ins krampfhafte⸗ 


Thätigkeit iſt Überhaupt verderblich umd paßt durchaus 


an fir —3 Verſammlungen. 
—38— 1828. Der Verf. Ihres letzten (mitge⸗ 
PER chreibens fegt den beiden preußifchen Diploma: 
tem sine nicht befeljene Wichtigkeit bei, Der ältsre iſt 
durch Kriecherei und Niedertraͤchtigkeit zu 


vorgearbeitet hat. 
Jüngere gehört zu einer angefehenen Familie, ift. autmů⸗ 
thig, aber flach; Beide ohne alten Einflu 


11. April 1838. Ah erhielt aus "kinden mehre 
Geſetzentwuͤrſe⸗ 25, über Gegenftände, wovon einer allein 


eine ganze Landtagsperiode volltommen befhäftigen koͤnnte. 


und unhöfliche Hasbwifferei aus. 

45. Det. 1828. Die Anträge ber Regierung (an 
den baisifchen Landtag) find zu zahlreich, daher die Be⸗ 
rathungen uͤbereilt und oͤfters unbefriedigend. Unterdeſſen 
findet man manche Sachkenntniß und Gruͤndlichkeit in 
den Abſtimmungen des — — Aber er ſcheint wenig 


Charakter zu haben, denn nachdem er eine Menge. Zwei⸗ 


ſel vorgebracht gegen die Regierung, fo endigt er, indem 
er ihre Borſchluͤge annimmt. 


. 19. Man. 1828. Ein unabhängiger feipftänbiger Mann, . 
wie Herx son Cotta, folte fein Blait nicht einer Partei 
vermie 


chen. 
22. Yah. 1829. Haben Sie Aneillon's „Erkeeme in | gm 


| a geleſen? Es if dae Werk ſeines Charaktere, 

pfaͤffiſch 

410. Maͤrz 1829. De braunſchweiger und cheſſiſche 

Regent iſt doch ein scandalum magnum. Armes Deutſch⸗ 

fand, die Dreizahl wird‘ volljtändigt - - 
30. April 1829, Berlin {ft in —F Yugenstit 

der intereffantefte Drt in Deutſchland, 


er und materiellen Kräften Preußens cußt,: 


einem untere 
geordneten Poſten an t, aus dem er 9 allmaͤlig her⸗ 

r it geduldet, aber verachtet.. Der ; 
| Ariauer, fondern hoͤchſt Bm — 


i aehmen nicht beſtehen 
Eine Folge dieſer Anhaͤufung iſt Seichtigkeit der Ent: : 
vohrfe und Neologiom, ſtarr und ſchroff, auf Erfahrung 
und Hecht ruͤckfichtslos. — Hierauf' ſcharfe Cenſur —* 
er In den Stugfchriften fpreche fih eine derbe 








in Bezichung auf ie 


bie grode Zahl feiner geiftreichen Männer, Sortfchreiten 
in Kunſt und Wiſſenſchaft, politifchen Anfichten. 

25. Nov. 1829. Das Schickſal des zulünftigen 
Oberhaupts von Griechenland iſt nicht beneibenswerth; 
ohne die Stuͤtze eineg fremden ‚Truppencorp6 wird er „nicht 


wirken Edggnen, 


9. De. 1829. Pu ap ſchreibj min CGnera Ri 
ling erhalte da8 — Generalcommando in Muͤnſter. Die 
— iſt gut, er wird ben biefigen Ariſtokraten gefallen 
Lem ganzen Pu: 

—*3 durch ſeinen wohlwollenden Charakter, (en wiſſen⸗ 
ſchaftliche Ausbitdung und feine fchriftftellerifchen "Ur 

30. Dec. 1829. Der 
fin zur Traͤghelt und zum n Leben 
verdient ben hoͤchſten Fabel; * aben NPri * 
rich von Oranien, Bernhard pon Weimar, von 
Baiern u. ſ. w., nd alle dieſa nehmen aur Devife: 
afruges congumere”. . 

411. Sebr. 1830, Das. Prahlen ber. Vewohner des 
linken Rheinufere anf. die Mapplepn‘ (hen. Inftitutionen. ig 
doch Unfinn; es waren doch nur Inſticutionen des De 


| Wenn 


3. Mär 189. Man foue das Heirathen der Ax⸗ 
men erſa weren auch die Guͤterzerſtuͤckelung belheänfen. 
13. Mär Mm von Chateaubtiand s Betragen If 
durchaus nichtewuͤrdig, Er iſt gam hl ertrus· 
ken und geht zum Abſurden und N 
5, Aprit 1830, GBefgains wn — find feine 


- 46. Juni 4830. Das Betxqgen 8* Prinzen: Ip: 
zolb if ganz im Gharaktar deß Marquis Pen-A-peu, wir 
ihn Georg IV. nannte; er hatte das Gefühl, dies Unter 
en zu ang, und dann einen Eei: 
tenblick werfend auf den wahrſcheitjlichen Einfluß in Gyr 
lond, den er wegen Charqkterſchraͤche nicht: ch ppird. 

19. Jali 4830, Ich, vernahn, daß dye Wbertritt 
der Raompringeffin - Dirrchaus . Frpi von allın Einwirkung, 
fandesy dir. Falge vom: innerer Ueberpengugg wur. Sir 
Entſchluß war Wer, koͤniglichen Famille umbekannt. Sie 


| kesta- ihs Glguhensbekenntiß in ihrer Privatkapellz am 


den Bifcaf Galant ab, in ber Gegenwpagp ihres Gewabls 
en Tante, der Prinzeffin Mühelm. und des..Bufin Bes 
—— Bruni — 
MA hu: i apa 
feste. In Hinſicht Huf, — Verhaͤltn —* Da ih ge⸗ 
— hie: Peramdaunng fat nicht geſchehen; doch in 
Köheras Veziehung mus. man hie Dandiung ber Sronprige 

aeffm ehren. : Seh, bafie, Die. ie Babe, werden 


am her ideraien di nichcaw 

3 21: Wu: OQ⸗5i de FE, N Aura 

| Bundes war es ein. al Miegriff, der fen rum 
. Megane Ds Einem Füͤrſten farb, allen 

—ãAã— gleicha. Rechte au ad, .. : 

4. Dt; 189: 7 unlonmidıden,prwibum navamsli 


——— — m u. 


dee Herrn 1 Hefmann (in. Dausftait) nice billigen, 
Non Angelegeuheiten · aufgerogt, die_. awfer feingen Bereich 


egen und dran Kenntniß ihm die Seellung, bie er in 
ber bürgerlichen" Gefelifchaft har, nicht (weil er 


Hin Bürgerlicher, nicht adelig 7). "m Kafles: hat dar 
haft ,. um Aabslte ‚zum .erfünten.umd: fie Prinactkaſſe 
— zu bereichern, die Rathsſtellen des oberſten dandes⸗ 
gerichts bis auf zwei eingehen und die Gerjchtsgeſchaͤfte 
on ſchlecht beſoldeten Affeferen und, gar nicht‘ befabesen 
grendarien, verrichten la 
; % Dee. 1830, Das. —* eines Bundeehenel⸗ 
(ei A nee in bie immem- —— es 
ner Nation, fondern Unterſtk eſtimmüng ber 
Verhaͤitniſſt von Belgien. Dr Preußen präfibirte. jet 
banövesifshe Neid, Die Discuffionen in dem bruͤſſeler 
Convent find doch gar zu damm, fie riechen nach dem 
Mauen Kittel, in welchem bie Deputirten in den Kam- 
mern erfcheinen, ‘tole ich. vernehmp. 
9. Dec. 18%. Die Hauptbeſchwerden im Naſſaui⸗ 
ſchen find Baamteninſolenz und Wiillkuͤr, die Verſchloſſen 
beit De des 78 gegen Beſchwerden. 
on. 1831. Die Niederlande waren für Deuſch 
—* od m eine ſchwache Vormauer; Zwieſpalt im 
Zinsen, eine Ueberzahl von Keftungen, ſchwaches Heer. 
uf- einer. Seite eine unwiſſende, reiche, ſtolze Ariſtokra⸗ 
die, ‚eine einftußeriche dunmme Pfaffheit, auf der andern 
Birareflol;;- Kraͤrergeiſt; Ealvinifche Säröffheit. Die 990: 
litik des Könige war feindfelig gegen Deuffchland, blind 
vertrauend auf das egolftifche England, weiches das erfie 
ift, das ihn feinem Sqhickſal uͤberlaͤßt. Der Herzog von 
Aremberg hält fih in Münfler auf; er un ehr regel⸗ 
mäßig bie Ständeverfummlung und nahm Theil an ihren 
erhanblungen.. Er iſt ruhig, befonnen, und ‚hat durch 
und Verwaltung eines bedeutenden Beſitzthums ſich 
einen praktifſchen Geſchaͤfteblick erworben. Er mb fein 
—— eine P. „Lotto aus Prag, (mb: einfach, 


Aysli 

‘3. Witz 1834, Die fraͤnliſchen Hauptorte ſi nb ges 
gen den Koaͤnig Ludwig aufgebracht; er hätte bie gewaͤhl⸗ 
ven Mitglieder zulaſſen ſollen. Hornthal und Wehe ſind 
von keiner Bedeutung (natuͤrlich, weil fie nicht aus ber 
—ã find?) Die Rationaliſten, welche verſichern, 

das Menſchengeſchlocht ſei frei won der Erbſuͤnde, find die 
toeen Gehälfen der: Iulobinen : 08 


| 





Lob und Gchmähfcheiften, von Ernf Drtlepp. Metts: 
„Lob und Tadet muß ja fein!“ (Goͤthe.) Leipzig, Feſt. 
1833. 8. 12-&. 

Als dem Ref. dies Buͤchlein von ber perehrl Medactien 

d. WI. zugeſendet wurde, * er. einigen Er Wi dem Zitel 

beffeiben und hätte om * a * zug ſchickt, 

wenn ihn aicht Opa. 


in einer —X * geſehen ie * de in bies * 
flieg feine Verwunderung über bie 


—ãS in — und fein Unwille über die, gelobt, 
smepung, die ben Bzunkton. be& ganzen Piticins ausmacht BE ——— —— 


J. er u 7* 


403 


kaun ſich das —— gehen, hop er weder in blinder Bewunde⸗ 
2 * n Dichters al ellers befangen fei, 
ba ex ch hege, bie gefammte poetifche —— 
in enge gen sslchle m zu fehen und Alles verbammt gu w 
was nich inncchol h heciaben dagenferht werden a, 
* die Un vor beim Publicum Bi m als ein heiliges 
eruftes. Belek, das dr von mem © Ariftftefern ‚am we⸗ 
igften ver! — 5— 


nach, iſt A Hear Senf Ortl⸗ E Gel 
— 5 — ni Ss um 


Beach 8 —*8* ju kin (©. 29). ef. glaubt 8* 
wane Hr. Ortlepp ſich erfi etwas iu ber Welt umgeſehen 
und feine Thätigkeit auf — und —A Urs 
et: au songen keiten # ernt haden Ver ge Mi (ed, ja bas 
et cheinen wird damals, ie er vorlies 
—* körieb. Jegt ae wir aber über baffelbe, 
unferee übernommenen ng gemäß, berichten, und wir 
Eönnen dies um fo unparteiifcer ihun, da wir ohne alle pers 
fögliche ober Literarifche Verhältniffe zu Hm. Oxtlenp find. 

Das üdlein zerfaͤlt in 27 Kopfftüde, b, h. Capitel ober 
Bauptftüce. Schon bie Heberfdgriften derfelben müglen bülig eis 
pigen Zweifel an dem. guten Geſchmacke —5* — Hrn, Ortlepp erve⸗ 
gr Man höre nur: ob ber Bu ändler. Ueber junge 

etrfagen unb Wafferoigeln. Ueber das [pirten. Ueber bes 
——— Ueber —— und 2 u pl einge 1 Der Dreh⸗ 

a ‚ ober das ſechzehnte : „Ueber 
Bratwürfte, Pietonifce Liebe, —* in * 
i heat, € —* — * | 

n, falſche Ideale, wichſe oriſche Forfchung, in 
— weibli € kn Wolke Eat, : 


$ 
bIhh. —* ber Gedanke auf jeden 
Fe wich zun vor Kritik abwechſelnd 
— und getabell, bie Recenſenten werben halb ——— 


Wenſchen, dann wieder für geblidete und liberale Männer ers 
— Dir Gelehrten marden bald mit Eſeln und Ochſen ver: 
lichen, bald mit Lorherkronen gelämä at, bie ſchriftſtellernden 
auen einmal getabelt, bau wieder in Gchug genommen, ip 
einem Kopfſtuͤcke wird Die aueh hd getabelt, m dem folgenben 
bie Güge et ber Zabel (d. h. bie Recenſenten; 
Bopfikäcte bad £ob (ober has Rohen) 


504 


getabelt. Dann if ‘ein Kopfftüd überfchrieden: AFTabel des 
Theaters, nebſt einem Seitenblicke auf einiges Rindvich. Mei⸗ 
tee wird im Sinne einiger Hyperkritiker Schiller getabett‘ (biefe 
find nicht Aber ironiffrt), und da hierbei auch des:„Eitbes von ber 
Bode gedacht wird und Hr. Ortiepp dies für fein' „Lieblinge: 
gebicht”” erklärt, fo kommt er (In der That fehr matärtich) auf 
die Liebe und fhreibt nun ſechs Weiten poetifche Profa zum Eobe 
der Liebe. Endiich verfleigt fih Hr. Ortlepp auch hier in bie 
Politit. Die Frankfurter Bundestagsbefhläffe fommen zwar ©. 
55 fehe kurz weg, und die erfcheinenden Cenſurluͤcken erklärt der» 
felbe in einer Anmerkung für „vom Autor ans eigner Luft ge: 
machte Gedankenftriche, i. e. Knochen 'crepirter Gebanten”. : Aus: 
führlicher ift das Lob ber Ariftofraten, der Zabel ber Liberalen, 
das Lob der Zefuiten und des Teufels abgehandelt; abet es ift 
dem Verf. wenig‘ gegiücdt in biefer feinfollenten Ironie bas 
Wahre zu treffen, da fein Standpunkt zu befchräntt und fein 
Blick nicht ſcharf genug ift, die Verhaͤltniſſe der wirklichen Melt 
zu beurtheilen. Ex lebt Hier wie in vielen Gtellen feines Bu: 
es nur „im Lande der Traͤume“; aber es find nicht jene 
Zräumg, bie ben echten Dichter fo ſelig machen und ihn und Ans 
dere über die rauhe Wirklichkeit emporheben kͤnnen. Im vor⸗ 
letzten Kopfftüde: „Tadel Gottes“, hat Hr. Ortlepp zeigen wol⸗ 
im, daß er auch in Young's Manier zu ſchwaͤrmen verſtehe: 
man braucht alio bier an kein A bas Dieu oder A bas Jesus- 
Christ des neuen Frankreichs zu benfen. 

Bei diefem Hin⸗ und Herfahren über bie verſchiedenartigſten 
Segenftände, das fi im Werhättniffe zu den pilanten Ueber: 
ſchriften am fäglicpften mit zerpiagten Raketen vergleichen Läßt 
(wie einft Schleieemacher mit den Theſen von Harms that), konnte 
es nun nicht an manchen Anzuͤglichkeiten und Ausfällen auf les 
bende Perſonen und Zeitfchriften fehlen. Die erften find freilich 
meift nur mit Anfangsbuchftaben bezeichnet, wie ber Kritiker 
MR — t oder der Profeffor K. in Pf—, oder mit Umflellung ber 
Buchftaben, wie „Bachner”, „Lochbeutel““, ber „O. Sauerapfel“, 


der „Buchhändler Beichmann” und „Chmwald”, ein „fahrenber 
Schüler der Rechte in Leipzig”; von ben Zeitfehriften aber find 


es befonders die „S— zeitung” und „Unſer Planet”, die Hrn. 
Ortleppꝰs Geißel trifft. Ref. enthält fidy hierüber aller Bremer 
Eungen, da die Leſer des Büchleins, das ſchwerlich weit Aber das 
Weichbild von Leipzig herauskommen wird, ſich ſolche felbft wer» 
den machen koͤnnen. 

Dagegen können wir bie Nachläffigkeit des Styls und bie 
oft ſehr unanftländigen Ausdrüde nicht ungerügt Taffen. Aus⸗ 
druͤcke, wie „Alle Donner follen in bie Iumpigen Kerle ſchlagen, 
die ich jegt im Sinne habe’ (©: 40), oder „die aſchgraue Pech⸗ 
hätte“ (@. 130), ober „einen Raptus bekommen“ (©. 59), fos 
wie bie häufig gebrauchten Schimpfnamen: Ochſe, Efel und Bes 
flie, und ähnliche mehr find eines Dichters hoͤchſt unwuͤrdig unb 
dürfen einem angehenden Schriftſteller nicht nachgefehen werben ; 
Daffelbe gilt auch von ben abgeriffenen Gebanfen im „Extra⸗ 
blatte‘, wo e8 S. 111 heißt: „Schweinezucht ift in Deutſch⸗ 
Iand fo zu Haufe, daß man nicht hoffen darf, fie burch Worte 
zu verbeffern‘‘ !!! Den Recenfenten und Kritikern ift He. Ort: 
fepp nicht fonderlich gewogen. „Ihr Geſicht“, heißt es ©. 79, 
„überftrahlt ein diabolifch-txonifcher Aſinismus, wenn fie, wie Jo: 
bannes in der Offenbarung, bad Büchlein verſchlungen haben’; 
fie werden mit Schmeißfliegen. Schweinen, Seiern und Raben 
verglichen, und zwar in Ausbrüden (&. 79 fg.), die gegen alle 
ſchriftſtelleriſche Decenz v n und bie wir nicht wiederholen 
mögen. Ref ift weit entfernt, gegen Hrn. Ortlepp eine „Ora- 
tio pro domo” fehreiben zu wollen; aber er Tann feine Weh⸗ 
muth über foiche Stellen nicht .unterbräden, die gar zu fehr an 
die Zeit des alten „Freimuͤtbigen⸗“ und an Garlied Merkel erin⸗ 
nern, durch welchen Goͤthe's befanntes Wort: „Gchlagt ihn 
todt — er iſt ein Recenfent” — einigermaßen gerechtfertigt erſcheinen 
Eonnte. Das Hecenfirwefen bat feine ſchwache Seite, wie fo 
viele Dinge in biefer unvolllommenen Welt und ift aud daher 
der Perfiflage nicht entgangen, wie Hr. Drtlepp ſchon aus bes 


Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Werlagähenblung: ©. X. Brodpans in geisıie. 


| Höraz Epifkeln’(IT,’2, 90), -den aus bahtWkhegeine pie (ie, 


146 Ueberf.) z:.ober aus, Irvings Sesähtungen (IL, 111fg. Ne 
herf.) und —— herrlichen Fernenzerauk onen * 
fenten lernen kann. Daraus kann er abee auch .Ieınen,, wvas 
wahrer Oulnor! imb echte Ironie fei; Pluimpheit grbittert nur, 
aber macht mie beffer. 2 7 
Be. Artlepp hat nuni’an mepten: Mitilich eines Müdleind 
mit’ vielen Moinetät von ſich felbſt gefproden.. 3woͤrderſt er⸗ 
der Leſer auf, S. 70, daß Or. OrtleppIchen vor freche 
Jahren ein Trauerſpiel ur | Weimar gefenbet habe; daß aber 
Baffelbe horribile dietw noch nicht‘ auf’ auf die Bühne gebracht 
ſei. Dann ift mehrmals (&. 108 und 120) don dem ‚‚Boeten 
Drtlepp: and feinen boppriten Natuw bie Rebe, und Ablidf wers 
ben S.. 138 ‚gmei rtheile-: über Ins: gegenwaͤrtige 3 
gleichlam, Sin Purgrayamen de futenn mütgeigeilt, in dam Om 
Orttepp ſich felbft, tüchtig tabet. "Das df wenigfigne einigexs 
maßen net. Da heißt 73 untet Anderm: „ohne eine ordnende 
Tore iſt Alles dutcheiiander geworfen; an Wig und Humor tft 
nice zu denken“; denm „wir halten e& für 'unfere Pfuicht, dem 
YPublicum zu ſagen, daß der Autor an, Witz, Humor und Laune 
einen g nzlichen Mangel leibet, . und indem er Gift und Jean 
paul nggbeifert, ſich nur Tächerlich machen kann.“ ef. Tann 
mit diefer Öetbfiarakteriftit aus ben obigen Brimden nur 
eiaverſtanden erktaͤren. Sa, er: muß, auf. die Gefahr Yin, dem 
Bann des Hrn. Drtlepp auch Äbet.fich ausgefprochen zu ſehen, 
wie. über den Beuztheiler ber Ontiepp’fdien Gedichte in b. BI. 
auf S. 108 geſchehen iſt, den Hr. Verf. erfuchen, mit ber Her⸗ 


ausgabe des zweiten Bänddyens der „Lob⸗ und Echmäpfchriften” 
fih ja nicht zu überellen. Die Welt bat überhaupt von biefer 
Art von Schriften. keinen fonderlichen: Rugen, Sm. Dxrtlepp's 
Zalent aber Tann ww durch groͤßere⸗ Weltieniniß. und fisißiges 
Studium bei ben wahren, Freunden feiner , körtfefletenif 
„ic. ” . - . 


geiflungen, Anesktanung finden. ..- 


—— 


sq 





Literariſche Notiz. ' 
Der berühmte. Bibliothekar des Vaticans, Monfignos Ans 
gelo Mai, hat den vierten und fünften Band feiner „‚Scriptorum 
veterum nova collectio” nach vaticanifchen Danufcripten her⸗ 
ausgegeben. - Der vierte... Wand. enthaͤit bit --Hidher- unebinten 
Acten day unter dem Kaiſer Dial 1166 in. Ronfbantinepel 
a orte deren Heuntaweck bie Erklaͤrung her 7* 
riſti: quia pater meus major me est, war. Zumeiſt fuͤut 
aber dieſen Band ein ſehr Ihänbares Verzeichniß der 787 ara⸗ 
bifhen Mamufcripte des Watitans, beftehend in biblifcyen Bier: 
ken, arabifchen ‚Uebeufegumgen bes Alten Sehtanmenss, Werken 
über Poehie, Wedicin, Aſtronomie und Chemie, karz über alle 
bie von ben Arabern in ihrer beſten Zeit gepflegten Wiflen« 
ſchaften. Es finden ſich ferner kurze Werzeidniffe der wenigen 
perfifhen und tuͤrkiſchen Ranuſcripte ber’ Bibliochek und altdann 
auch zwei hiſtoriſche Wragmente von Siuſeppe Simonio Affe 
mani vor, eines über bie Schriften der dſtlichen Keter, das an⸗ 
dere uͤber die chriſtliche Bevdlkerung des alten Patriarchats von 
Antiochien. Der fünfte Theil enthält erſtens bie reiche, von 
Monſignor Marini mit vieljäprigem Fleiße gefertigte Samm⸗ 
lung chriſtlicher Inſcriptionen, lateiniſch und griechiſch, vom 
Beginn unferer Zeitrechnung an bis zum Jahre 100; zweitens, 
zufägliche Wergeichniffe, a) ber forifchen von ber vaticanifcgen 
Bibliothek ſeit Bekanntmachung bes Aſſemani'ſchen Kataloge 
(1758 — 59) erworbenen und der 202 dem Affemani felbft zuges 
börigen Manuſcripte, b) der BO hebraͤiſchen Manufcripte, die 
ber beöfallfige Aſſemaniſche Katalog von 1756 auch nicht ent 
hält, c) einiger äthiopifcher, flavonifcher, armenifdher, indiſcher 
und etwa 80 Eoptifcher Manuſcripte; und endlich drittens zwei 
Abhandlungen von G. ©. "Affemani, über bie Kopten, bie neſto⸗ 
rlanifäe Streitfache und bie chriſtlichen Biteihafen des 
Drients. 58, 











mug 


Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltung 





Sreitag, 


— nn nn U m nn 





Schilderungen und Begebenheiten eines Dielgereiften, 
der audrubt. Erſtes, zweites Buch. Leipzig, Wis 


‚gand. 1833. Gr. 12. Preis für drei Bücher 2 Thlr. 


20 ©r. — 

Auf eine Vorrede, die etwas Rechtes zu ſein ſich be⸗ 
ſtrebt, und die — wie Johnſon einmal bei einem aͤhnlj⸗ 
chen Anlaß treffend ſagt — wie ein 48pfünder vor einer Stall⸗ 
thuͤr aufgefahren dafteht, folgt ein Buch, meiflene voll der 
unbebeutendften Klatfchereien über Hof, Miniſter und Di: 
plomaten in Dänemarl. Der Verf. glaubt es einem 
geiftreichen „Verſtorbenen“ abgelaufcht zu haben, wie man 
Aufſehen machen könne; aber er irrt ſich nur darin, daß 
ee waͤhnt, dies ohne Geiſt zu vermögen. Auffehen will 
er erregen, das verkündet feine Vorrede unverhohlen, das 
zeigt der ganze pafliccioartige Inhalt feines Buches; Aufs 
fehen wird er auch erregen, bier und ba nämlich, und wie 
irgend ein ausgebeochener Stier in einer belebten Gaſſe 
oder eine Eule am hellen Tage; aber dies Auffehen wird 
ihm weder die Frucht Öffentlicher Achtung, noch das Ans 


erkenntniß irgend eines wirklichen Verdienſtes politifcher, . 


kuͤnſtleriſcher oder ſchriftſtelleriſcher Art eintragen. Es bleibt 
ihm nichts übrig als ‚ein pecuniairer Vortheil,! der ihm 
daraus vieleicht zufaͤllt. 

Sowie nun diefer die Daupttriebfeder bei diefem we: 
der beſonders geifteichen, noch beſonders malicieufen Buche 
zu fein fcheint (und bei Büchern biefer Art ift das Geiſt⸗ 
reiche und das Malicieuſe faft ein und baffelbe), fo ſcheint 
dem Berf. aud) meber Wahrheit noch Confequenz bei der 
Vertheilung von Licht und Schatten am Herzen gelegen 
zu baben. Er fchreibt das Ungeprüfte, das Geſchmackloſe, 
das Wahrheitswidrige mit gleicher Selbfvergefienheit hin z 
deim das Eine wie das Andere füllt den Bogen, der ihm 
bezahlt wird. Er nennt fih einen durchaus unabhängi: 
gen Mann, der das gefellige Leben in feinen Höchiten wie 
in feinen befchräntteften Kreiſen kenne; ber am nämlichen 
Zage mit Brougham gelaufcht, bei Sir W. Curtis dinirt, 
beim Helden von Waterloo foupirt und dort feine Boͤrſe 
im trente et quarante gefprengt gefehen babe; den ber alte 


Koͤnig Ferdinand auf ber Jagd einen „asino maledetto” 


(bedeutungsvolles Wort) gefhimpft, der mit Papſt Leo 
manche partie fine genofjen (was am eine ſehr befannte 


. Anekdote erinmert), der vom Schloffe Lagrange (welches 


Motabene Lafapette's Eigenthum ift) direct nach dem Jo⸗ 


dort Carbonaro gewefen fe. 





"bannisberge gereift fei und beiden Befigern die Hand ges 


fhüttelt habe; der mit Commodore Stuart nach Spanien 
geihifft, mit Juan van Dalen den Ruffiano gefpielt, die 
Frau von Tatiſcheff betrogen, mit ber Herzogin von Goths 


land manchen frohen Tag verlebt und Eurz mit der gans 


zen Welt in Verbindung gelommen und hier Maurer, 
Ein folder Mann, wenn er 
irgendwo Öffentlich auftritt, trägt allerdings feinen. Magnet 
bei fi; alein wir beſorgen gar fehr, daß dieſer fo in⸗ 
tereffante Mann nur in ber Vorrede zu diefem Buche 
lebt, und daß der Verf. defjelben allerdings wol ein Anef- 
dotenjäger und ein Herumtreiber fein mag, aber keines: 


wegs ein Mitglied jener Gefellfchaften, deren Weſen und 


Charaktere er nur wie durch die Thuͤrſpalte beobachtet zu 
haben‘ fcheint. Mit einem Wort, wir finden nichts in 
diefem Buche, das uns Vertrauen zu der Wahrhaftigkeit 


feines Verf. einflößte, vielmehr gar viel, das uns vom 


DHörmfagen oder aus andern Schriften her als Selbſter⸗ 
lebtes dargeftellt veird, und noch mehr, was als Irriges, 
Verkehrtes, Geſchmackloſes jeder Darftellung hätte fern 
bleiben follen. Dinter alledem fcheint uns baher bie 
Maske eines Mannes zu fteden, der allerdings Mancherlei 


‚erlebt und erfahren hat, der aber weder dies Erlebte geift: 


reich darzuftellen, noch das Dinzuerfundene mit dem Wirk: 
lichen geſchickt zu verweben verflanden hat, und dem es 
forot an dem Geiſte wie an der Wiſſenſchaft gebrach, 
welche Büchern dieſer Art allein einen mehr als augen: 
blicklichen Reiz mitzutheilen vermögen. Zu viel in bie 
ſem Buche erinnert an gewiſſe viel befprochene Denkwuͤr⸗ 
digkeiten, als daß wir ben Verf. berfelben nicht für mit: 
betheiligt halten follten, wie zahm und parteilos er auch 
bier zu erfcheinen fi) die Mühe gibt. Bis wir daher 
eines Beſſern belehrt find, halten wir die Buch für eine 
gemachte unb nebenher für eine ziemlich fchwache und ges 
ſchmackloſe Nachahmung ber „Briefe eines Verſtorbenen“. 
Das Trugbild einer Ueberfegung ‚aus dem Franzoͤſiſchen 
wird uns übrigens fo obenhin vorgefpiegelt, daß felbft ber 
Verf. an die Wirkung einer ſolchen Inſinuation nicht ges 
glaubt zu haben fcheint. 

Die vorliegenden beiden Bücher befchäftigen fi) num 
ausfchließlih mit Dänemark, jedoch fo, daß fie uns ans 
dere Ränder ertvarten laſſen. Auch dies führt nahe genug 


zu dem Verſteck hin, auf das mir beuteten; auf einen. 





306 


euhelofen bemagogifchen Abfolutiften, ber bier den Inbif- 
ferenten zu fpielen untemimmt. Der Verf. gibt ſich ſelbſt 
für einen Deftreicher und proflituiet an einer Stelle Wit 
von Dirring. Irre machen darf dies jedoch Den nicht, 
der da weiß, wie gering dieſer Mann eine Schauſtellung 
mehr odet weniger anfchlägt. Das erfle Gapitelt „Die 
Dompfrelfe von London nad Kopenhagen” It moͤglichſt 
langweilig und unintereffant. Ein englifher furious tra- 
veller (man verzeihe diefe Hinzufügung zu Sterne s Tra⸗ 
vellerfatalog), der nach Palaſtina gereiit ift, blos um fm 


tobteıt. Wtert zu filden, iſt noch einer der beſten Chakale | 


tere in der charakterlofen Geſellſchaft. 
Barone R. — ber inf. 

lich, daß Jeder feine. Auslaffungen ausfüllen kann — iſt 
auch dabei, und die Huldigende Verehrung ber polniſchen 
Kubenfamifle gegen ihren Meſſtas iſt allerdings ergöglich 
enug. Eine. abſcheuliche Geſchichte won Poor T.. p, 
© 20, gibt jeboch hie Hauptwuͤrze dieſes Capitels Her, in⸗ 
ſoweit der Andlick eines weldlichen Rdues, wie Miß Fig... 
iſt, Überhaupt für eine Wuͤrze gelten kann. Das Capi⸗ 
tel: „Kopenhagen und die Dänen“, iſt beſſet. Der Verf. 


Einer der jüngern 


ſthildert uns hler wenigſtens das eigenthuͤmllche, ſtark 


ausgeprägte Nationalgefuͤht des Danen, vorzuiglich aber 
des danifchen Seemanns mit lebendigen Fatben. Mit 
demſelben Seibſtgefuͤhl, mit dem Ludwig XIV.: „L’etat, 
c'est moi!” ſagte, ſcheint der. Daͤme jedem Ftemden, und 


beſondets der Deutfihen (dem er etwa denfelben toindif 


en und fafelnden Charakter: bellegt, wie wir dem welland 
—8 „Ich bin ein Daͤne“, zuzurufen. Kopenha⸗ 
gen ſeibſt ſcheint ihm ben Keim des Untergangs in ſich 


zu tragen: als Handelsſtadt iſt es vernichtet; als Haupt⸗ 


ſtadt ſcheint es ihm an einer unpaſſenden Stelle zu lies 
gen, die für das dreifache nordiſthe Reich ausgewaͤhlt wat: 
„Der Wahnſinn Chriſtiern's hat dleſem Reiche eine Krone 
gekoftet, und der ſchoͤne Traum des jetzigen Königs, in 
einer verderbten Zeit eine durchaus redliche und wahte 
Politik behaupten zu wollen, hat ihm auch die zweite ent⸗ 
riſſen“ Kopenhagen iſt Dänemark‘, wie Paris Frankreich 
iſt. Die Provinzen find Nullen, die erſt durch den Zaͤh⸗ 
Ike Kopenhagen Werth empfangen. Alte Faͤden der Vet⸗ 
waltung laufen dort fo fireng zufammen, daß ein Schuh: 
flicker in Altona nicht ein paar neuer Si 

darf ohne Conceſſion dazu aus dem 120° Stunden ent⸗ 


fernten Kopenhagen, und in Schleswig iſt kein Teſtament 


gliltig, bevor. es nicht in, der Hauptſtadt beſtaͤtigt iſt. 
Daher Anmaßung und Dimkel bel beim Hauptftaͤdtet, 
Verachtung der Fremden u. ſ. w. Die Weisheit des Kb: 
nigd und die Dampfſchifffahrt Haben dieſe Vorurtheile et: 
was. auögeglichen: in Kopenhagen iſt der Deutſche nicht 
mehr verbagt wie zu Struenſee's Zeit; aber er gift noch 
für einen Windbeutel, wie der Sthd falſt 
treulos gilt Die politiſche Eiſerſucht zwiſchen Daͤnen und 
Deutſchen dagegen iſt faſt verſchwunden. Das Natio: 
nalgefuͤhl des gemeinen Manned, wiewol es weder Liberale 
noch Abſolutiſten darunter gibt, iſt aufd aͤußerſte reiz⸗ 
ber. Als der Natkonalbanktott die daͤniſcher Banknoten 
um ihren Werth brachte, behauptete er, nicht das Papier 


degenofien fig” feit dene, Bomb 
Gaſthoͤfe und Pollcei Tind- aͤußerſt 


fo beuts" 


‚ber Srpofition dem Zuſchauer entgegenſtrahlt, 


efeln anfertigen. 


Stchwede fuͤt falſch und, 


ſei ſchlechter geworben, ſondern das frembe Silbergelb. 
Holmens gamle stock (bie Matroſen) iſt ein überaus 
reizbares, fehbefüchtiges, ehrliebendes Voͤlkchen, das alle 
Landbewohner haßt, außer die Studenten, deren ſtete Bun⸗ 
ement geblieben find. 
lechtz und bes Schmde 
iſt einer aͤrgen Prellerei huͤlflos prelsgegeben. 
MDer Beſchluß folgt.) 





Diesjährige Kunſtausſtellung in Paris. 

* "Auftıs vergleicht irgendwo ben Geſchichtſchreiber mit einem 
Menſchen, ber ins Meer geht. ek. \ | 

floden die Knoͤchel; wie er weiter ſchreitet, umrauſchen ihn zah 
zeichee und wilder bie tobenden Wellen, bi6 ihm zulett bas 
Wogengelvire Aber den Kopf’ hinausſchtaͤgt. So geht «E mE 
ungefähr, indem wie unfern Bericht über die diesjaͤhrige Aımfls 
auaſteüung ih Paris beginnen. Kaubaifinb wis durch bie Bor: 
faat in die hochgewoͤlbte Halle getreten, wo gewoͤhnlich deu Flor 
9 fängt. e& uns 
au vor ben Augen zu flitmmer, in endlofee Perſpettive dehnt. 
ſich fobann bie Gdterte Sin zu den Tuilerien, auf beiden Seiten 
mit. hiſtoriſchen und Gunrebiibern, Bandfchaften,.. Dei s 2* 
Fr deraungemn. 


Grazie der Unfgurd nicht verwiſcht, bie Jun feäurieäteit des 
fort: 
eh 


%, in der. beiden, 
Wange, in ber ſinkenbden Stellung; ein Zeufet mit Schwa 


ſſe der Zuſchcter 
Beraüıh 
regt wird. Und es war bock. Veranlaflung dba, auf das 


efühl ergreifend‘ zu wirken: die Yeſt woͤthet in Venebig, der Zug 
geht dardy Saufen vor Leiche; —— welche —* großen 


ü— —— 


or 


Maſer Har- Erde beſtattou, Ab wahr fcheſtlicſerwᷣeiſe Weirdandte ' 
Pr rande deb- ‚ und dennoch verkünden Züge und” 
*8 bie — — — Ex find ſchoͤn — — 
* großartige Kdofe vol Wurde und Kaͤlte; 
— Amdeſen —— —— — un Dat tod we —— durch⸗ 


Kae ER Dame, ‚wei, 
Br gsi ‚ rg 


rn , gr Pre un 


* eer Be —— RR RE Mr 


sat iſt: au; —* VEi ot urber 
die Zeichnung und das Golorit, welches an, bie: aniſche 
Schule erinnert, iſt naßer. ‚ven Kunſttennern nur eine Stimme. 
In, pi er Bezi 2 übertrifft dieſes Blatt ——— afe KRunfe- 
elung... Gin Iärmenbp6 ‚unb, pgl- 

te Seat Ace a sy das Gemnälbe bon Court, weiche⸗ bie 
Ei ung bes —32 durch; das Voll den, 1. Prairial 
wi Jahres III barftellt, Boiſſh dAnglas ſteht auf der Tri⸗ 
Seine and begrüßt ehrerbietig das Haupt des Deputisten Heraud, 
Sana auf, einer. Pile vorgehalten wird.-: Der Kopf bei 

[as ſcheint uns daB Gelungenfte auf dem ganzen, 

kehtig, ofen und breiten Blatte; Gntfegen und Bewunderung 
* ich in, feinem ſtarren Blicke mit dem Ausdrucke perſoͤn⸗ 
licher Unierfhrodenbeit, Die übrigen Mitglieder bes Convents 
find flämmige, Bleitgherbunfge sit qufgehlafenen. Baden und. 
ben Schenkeln | -unten dem Pöbes. bemepkt: man. nichts als 
graͤßlich entftelte Fragen. Herr. Court bat An Grwartungen 
nicht: entſprochen hie: feine Grmerbung. des: Ghfar ernegt; much) 
ber Ruhm des Herrn —* Bernet fängt an y finken. Das 
Hauptwert dieſes Meiſters in der —3*8 — usfteTüng ſteut 
7 ar & ei —— ar afean vor int indes 
quf eine Anekdote, welche ſich in afremete de nay's 

* —— fäbel. Michet Angelo; ** ne beein, Bib 


cal im Ca: auf. Blafael, wei ne 


Schüler um mar, ‚unb re v "ech 
a ne Er 


erie ef I „gebt lem wie: me Eile 
an — — Au nefte, slegante Zungens, d nichts Ei 
—* ‚u Wh ieh als hie‘ vortheilgafteite Stellüng nie 
auch -Rafüet ſteh eht nür zur Parade da; Michel A 
— fo I sch a wog} feinen Reh enbuBter nit open Tan. 
ÜBE man den Dopfk, der dieſe Scene 
en ie Gerdfen Hein Dar Ganze iſt eine ee 
Fer Andeutiich, gezwimgen, al —S wab 


ſavſtig amnd 
aus —— aahen Bat: HK anbereß- Gern 


oem politifen —— — 
hett 


t. ger Lernet iſt um Big. 
feine — mit ——* | enheicft 
Pr a andlung ‚ber. äußern ei. —* ine — 6 * 
KH und, Wie tg blendet; aber der in⸗ 
Ih Se. er wird nie warm, ex überläßt RP mit: eibſtzufrie⸗ 








bauer ;WBegtiplidjkeit. den oberflaͤchtichen Kufregungen feines Kanſti 
genius und iſt recht eigens zum Diceitor einer Kunſtaludemie ge: 
ſchaffen. Beine Bianzepodge ift vorüber, mie wir beteit® ges 
fagt3 ber Gelb des Taͤges iſt jete Ingres, der erſte Franzoſe, 
bes ſich pon Duvid tosſagte und darum fo lange in Armuth 
und Vergeſſenheit ſchmachtete. In der diecjaͤdtigen Ausſtellung 


Die franzdſiſchen Bliibhauer Haben in ihren Kunſtanſichten an Keil: 
heit und Umfang gewonnen; die grkechiſchen mad tomiſchen ae 
ben find auch bite außer Credit gekommen, bie Steiſheit ıhly 
Toeckenheit ber matten Yatıe it verſchwunden. Unter den 
vorgligiigiien Ardeiten, Bid dieſes Fa be Hin Louvre audgeltelſt 
güe- |: find) Verdi vor amdirn tn Toloffkter Ehe und Meine Thler⸗ 
guappen, bon: WBätge,' un: ein Fechter wadı dem Rumpfe, von: 
Daumas, genannt zu koeeden: Belt dem Spartaeus bes Sec 
Bögitier: Hat bie Feungöfifge Bildhauerſchule nichts fo Au 
zeichaetes hervorgedracht· Wei —*— | ſcher, der eine 
in Marmor don Duret, ber andere in Bronze von Rude finb 
bOKfE aumuthige, lebendige Erſcheinungen. Eine koloſſale Grippe 
vor Serrn Eier, Rom mit feinen Kindern vorſtellend, findet 
vieie Bewunderer, zu dehen wir nidje gehören. Kain iſt eine 
‚ae Herkules ia ſitenver Stellung, mit miaffiden, aufgeteiede: 
Muskeln; -dAB' Haar dangt Luppig um das widrige, 
meine Geſfichtz das: Ganze floͤßt einen bios materlellen Abſchen 
ein; die Haͤßlichkeit ſcheint uns nicht unbebingt erfoderlich, ein 
Grauen und Entſetzen zu erregen; waren nicht bie Cumeniden 
bei ben Griechen vegeimäßipe Seftalten mit ben anmuthigften 
Bormen, und waren fie nicht vielleicht eben um befto furdhtbarer ? 
c 35 Sahren kam ein 16jaͤhriger Künftler nach Paris 
unt trat in dee Schule bes beruͤhmteſten Meiſters jenet Zeit, 
nämtich Davit#. Obſchon ber Kimgiing das undeſtreitdare Ber 
din feines Lehrers anerkannte, entfernte er ſich doch von deffen 
Mexwier. Mei feinen Mitſchaͤlern fand er Beifall; das partfer 
Publicum, weiches bazumal, wie jegt, von bee Mode beperricht 
wurde und ben neuen Ideen weit unzugaͤnglicher war als heut⸗ 
zutage, uͤberfah bie Erſtlingsverſuche bes jungen Malers. 
So arm er auch war, fo leicht er durch einige Nachgiebigkeit 
Beipal wi Geld. huͤtte gewinnen konnen, fo beharrte ee ſtand⸗ 
! Haß im feinem Anfichten. Nachdem ee von bee Alabemie ben 
 fogthaunten’grand prix erhalten, brachte ex vier Jahre in Rom 
zu, Wo: er fich verheizathete und in der ſtrengſten Zutuͤckge 
beit: ſich beſtrebte, bie Bifuttade feines: Talents auf vie Yd * 
mböttuhe: Otuſe ber 'Wolltianmenbeit zu bringen. Jugres denn 
ie: WB. der Kuͤnfller, von bem wir ſprechen, erdulbete 
16 Iapere laßg dtücdenbe Armuth und dab Befpötte bes Pabli⸗ 
cams über feine Werke, bie endlich die Zeit gelommen, wo fein 
Berdieuſt amerfnmt und ev für die lang erlittene Vergeſſenheit 
ee ‚||ume Dücttigkeit: weidhtid; emtfätigt wurde. tan if fept fo 
gerccht gegen ihn, daß man ungerecht gegen feine Mitbewerber 
wird. . Ingres flächtete ſich aus David’e Werkſtatt in bie Schule 
| Rafäcl’83. er Hinbimme Rachuhmer. David geidnett nach ber’ 
Anti ;. Feine Figuren find ſtarr und fehlerftei wie eine grie⸗ 
chiſche Wildfümte. Ingres zeichnet nach Rafael, aber vergebens 
ſucht men im Gchäter jenes herrliche Berfiießen. der Linien und 
vor Allem jened ergrrifende Leben, das in den Werken bes Mei⸗ 
find. gluͤht. Schoͤn finb Ingres ——— allerdings; aber die 
runde Burn hertſcht zu —* ver; es fehlt ihm an Luft, am 
Tranepareng ber Farben; über alle feine Gemätde iſt ein raus 


chitts Sicht verbreitet; in den Augen iſt kein Blany, in bew- 


‚Lippen .tein Leben: JIugees iſt Bildhautr in ber Dramtei fo gut 
‚als Daovid. Gr verudgtet bie Coloriſten; dao Colorit iſt Thm' 
nme ebenfache, Gein Ruf wirb ſich wicht halten, er wird 
vergefien werben, wie Gampifteon, bes geſchickteſte Rdtachahmer 
Racine's. Gampiftron galt eirte Zeit lang für einen geoßen 
Dichter; welcher umferer Leſer hat wol eine Tragödie von 
Sempiftten gelefen? Mas MWebeutendfie, wus Se biefes 
Juhr ausgeſtellt hat, iſt das Portrait ded Herrn Bertlir, von 


wir din" Dämeuportrait won. that gefeßen, weiches Ichomc| dem wir bereits oben geſprochen haben, 


295 0 Jahren geialt, uäb: damals ganz: überfehen. werben; 

jegt drängt ſich die Menge bee Bewunderer ums daffeibe. . in 
anderes Mostrait von Ingres ift dad des. Herih Bertin beb Kl: 
tere, Redacteurs des ‚„Jovarnal des debats!‘, eins det᷑ Rlungenfien 
Pechraits, bie und, je en Größere Arbeiten: Biefes- 
Kuͤnſtlers haben wir bis. jept noch nicht amgetroffen ; wie werben 
in einem folgenden Artikel auf ihm —— — — owie auch 
auf die Budhauerwerte, die wir nur ſiſchtig betrachtet haden. 


‚Me Ingres einft ſeinen Lehrer ben Grhorſam aufzekan ⸗ 
‚bist; fo Pr ee einen feiner Schäter feine Jahne verlaffen ſehen. 
Herr Guichard ‚hatte. vor zwei Jahren Portewits ausgeſtellt, bie 
ganz in ber Maner feines‘ Meiſters gemalt waren: md gänzlich. 
unbeachtet blieben; feitbem hat ſich feine Indivibualität Luft 
gemacht. „Un rere d’amony'’ iſt ‚Sees Ilzian das viel⸗ 
verſprechendſte Product ber ganzen Ausſtellung. Ous GSujet iſt 
um ſo ſchwerer anzugeben, ba wit e8 nicht recht begriffen ‘has 


ben. Sin, ae re nat auf Fe — 
ausgefire um fie herum liegen 

ihre en f. * Durcheinander; ihr Biehbaber figt am —* 
des Bettes; wohin er ſeine Augen richtet, ae wir nicht fins 
den Eönnen, denn fein Auge if faft —52 n; im eig Ent⸗ 
in Tuͤrke mit zuͤrnender en wie 


* 





Die polniſchen Blaͤtter theilen einen aus dem ſuͤdlichen Un⸗ 
garn — Brief des beruͤhmten ſlawiſchen Sprachforſchers 
Prof. Dr. Szafarzyk mit, and dem wir Folgendes ehinehmen : 
— befchäftige mid jegt ganz befonders mit ber Sammlung 
ber nöthigen Materialien Fin meiner Geſchichte unb Literatur 
der ſuͤdlichen ſlawiſchen Stämme. Rach fünfjährigen vergeblidden 
Beftrebungen ift es mir endlich gelungen, mir ben Weg zu vie 
len theild verfchloffenen, theil® verborgenen Dentmälern biefes 
Literatur zu Öffnen; ja, auf Befehl der Göhern katholiſchen Geiſt⸗ 
lichkeit wird jegt in Slavonien, Horvazien u. ſ. w. Alles flei⸗ 
ßig durchforſcht und für mich copirt. ‚muß über bie Ans: 
zahl ber Buͤcher erflaunen, bie feit bem 15. Jahrhunderte im. 
— leiten und borvazifhem : Dialekte g eben und. 
herausgegeben worben find Tusgezeichnetfien 


Notiz. . 
Zur flawifden Literatur. 


‚ wovon felbft bie a 

unferer Eiteratoren, ein Dobrowsky, Kopitar u. A. nicht eins 

- mal eine Ahnung gehabt zu 
Dome pen wiſſen aber aus 

bie 

gen, naͤmlich nur bie Titel ihrer Wächer, kennen. Es ift mir 

auch gelungen einige Denkmaͤler ber ferbifchen Sprache ans 


felbft nicht, was fie befigen, fowie 


Licht zu ziehen. Faß jedes Mal, wenn ih durch Glavonien,. |: 


Banat u. f. m. zeife, treffe ich in ben alten Kirchen und Kids 
fleen auf bis jent unbelannte Bücher; wenn ich nun erſt Bos⸗ 
nien, bie Herzegowina, Wacebonien und bie Bulgarei befur 
chen könnte! Gine bis jetzt unbelannte Handſchrift eines Ger’ 
ſetes (prawo Cara Duszana) habe ich für Herrn Macieiowäli *) 
in Warſchau copirt, überfept und fo viel ala möglich erklaͤrt 
Bon dem Allen wirb zu feiner Zeit meine Geſchichte ber ſlawi⸗ 
fen Literatur vollkänbige Rechenſchaft ablegen. . Bis jett habe 
ich nur die ſlawiſch⸗illyriſche Literatur, b. h. die der katholiſchen 
und griechiſchen Serben, der Horvazen und Slowaken vollendet. 
Ueber neuere Arbeiten —A Literatoren kann ich wenig bes 
richten. Serbiſche Werte. temımen ziemlich zahlreich Heraus, 
aber faft nur unreife Gachen junger Studirender. Wuk (Ste⸗ 
fanowicz) ſchreibt nichts mehr; fruͤher Oberrichter in — 
lebt er jegt amtlos in Semlin. Schade um den Mann, der 
ein beſſres Schickſal verdient. In Belgrab iſt eine Buchdruckerei 
eingerichtet worden, aber außer Bekanntmachungen über bie 
Cholera hat fie noch nichts geliefert. An Raguſa drudt Mar⸗ 
tollini ben Gundulit und anbere alte Werke, jedoch meiſt Ans 
dachtsbuͤcher. Der Prieſter Kranz Koriticy hat ben Birgil, und 
N Bropft Joh. Krizmanicz in Biſtriz Milton's, Paradies ins 
Uyriſche uͤberſezt; wenn fie es nur herausgeben wollten! Doch 


* * Verfaſſer der Geſchichte der ſlawiſchen Befekgebungen, von 
welder vor Kurzem der zweite Theil in Warſchau erſchienen iſt. 


baben feinen. Die JIllyrier und. I. 
hmen bie ‚Hälfte ihrer alten Literatur einzig aus Katalos |. 


moi fuer. „Deman”, en — daß fie aid Mäs 


nuferipte faulen. „Desman’‘, ein ‚yon Gunhulit, 
mußte bi6 1826 auf ben Drud warten. In kaibach erfceint. 
eine Gedichtſammlung unter dem Titel: „Krainake whbelina‘,: 


bis jegt drei ‚Hefte, der Rebacteur derſelben IE Rafeleg. 177. | 
ee ee ESSENER 
Literarifhe Anzeige. 

Bericht über die im Laufe des Jahres 1832 bel $. x 
Brockhaus in Leipztig erſchienenen neuen Werke 
und Fortſetzun 

ee — aus Nr. "ue si cheüche 

35. Raumer (Friedri Da), "ueber ' big 
Gntwidelung RL Begriffe von —5— , au pa ' 
Zweite, verbefferte und vermehrte : — Gr. 17 ‚Bogen 
“auf gutem Gchreibpapier. 1 Thlr. 6 

2. — —, Polens Untergang. Ameite aufge. 12. 65 Bo’ 
gen auf feinem Drudpapier. Geh. 

27. Geſchichte Europas feie- ben — bes 15. Jahr⸗ 
hunderte. In ſechs Bänden. Erſter Band. Gr. 8. 874 Bo: 
gen. Sudfcriptionspreis auf gutem wein Drudz 
AA Thir. 4 Br., auf trtrafeinem Velinpapier 

r 

BB. Raumer (Kart von), Lehrbudy ber allgemeinen Geogras 

phie. Mit fünf Kupfestafein. Pr 8 7 Bogen auf gur 


tem —— ** — 
Br ne ver wirb vor jeder 


„gräbenbiung, 
633 Et ie Erdob he: Sie gwerfäute 
ur : Gröliunbe, Zweite ——* Auflago Gr. 8. 54 Bes 


gen auf gutem Druckpa 
25 Or. werben udpapier üser, 5 — ——— Die 
a 


Au 

mie € ine —28 in Gase nad) Su 
:80. Rumopr (8. ®. KENT, Drei Räfen 
Inmerungen. * 14 


g f gutem Dru lie 
Bogen au em 
1 Thle. 1 1 


81, Schmid Reingoth), Die Sei, e ber Angetfächfen. In 
‚ber Urfpradge mit heberfegung und Grläuferungen —8 
‚geben. Erſter Theil, den Tert nebſt Meberfttung enthaltend. 
‚Gr. 8. 25 Bogen auf guten Drudpapier, 2 Ihr. 6 Gc. 

‚3, openbauer Gebanne), Saͤmmtuche ‚Gt 

nbe. Mit dem Bilbniffe der Verfaſſerin. AG. 406%. 

— 1829—32,. Sybfcription —5— auf gutem 
milchweißen —— 12 .Ihlr., uf, etrafeluen Ber 
Linpapier 16 

‚88. Squlze (Ernſt), Die bezauberte Ro e. Rominti 
Bericht ü in brei ln. Beat fte Auftage: ſqe⸗ 


ng, SA Effesen mens mein Big, — —— rd 


2 Br ker) 
Mr. ‚Rein: — Auf 
— er in ‚ge &: 


— , 










ifichen: b glättetin’ 

78 Gar are 2 Thir. 

84. Gcipio Gicala. Sin Roman: 4 Bänke. 8. SB} Bogen 
auf feinem Drudpapier. 6 Zphie. 

85. Sherer (Moyle), Bilder aus dem Rriegäitben.- KAus 
dem Gnglifchen, überfegt von Rudolf Linden. 3* 
gegeben von Wilhelm Abolf Lindau. & eu Bogen: 
auf feinem Drudpapier. 1 Zhlr. 16 Be, 

‚86. Stiegtig (Shvißian Lubwig), 
widelung: ber. vwerhaͤltn 





Bandeshoßeit. 
papier. 1 Se 1 
87. Stimmen ber See — — 12. 4 Be 


Rebigiet unter Berantwortlichkeit der Werlagäbandlung: 8. A. Brod haus in keipzis. 
— 





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% bes fig ‘ 1: a 2 HER Li 


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3; — 


der ausruht. Erſtes, zweiles Buch, 
Beſch uß aus Nr.88.) 
Die Schüderung der. koͤniglichen Familie "geht inzdie 


Mat ihn zu einem trefflichen Fuͤrſten machen. Von den 
übrigen Prinzen des Koͤnigshguſes werden Geſchichten in 
Menge erzähle, groͤhtentheüs ber Wieberholung unwuͤrdig. 
größten Details ein, die hier und da und nad) -Befeitt: '! Der- alte Lahdgruf: Kart gilt dem Virf. fuͤr eine Art von 
gung eines Wuſtes von Geſchwaͤtz und Klatſcheret nicht Weopheten;- mitden JIlluminaten und Goldmächern fand 
ohne Intereſſe find, Der Koͤnig felbſt wird als ‚ein. ei zu friner Zeit wenigſtens In enger Berbindung,, und 
durchaus biederherziger,, edelgefinnter und ſcharfſichtiger St.-Germafn flach‘ in Heinen Armen. ' Der Herzog von 
Fuͤrſt geſchildert, dem durchaus nichts gebridt als ein. Holſtein⸗Beck iſt der einzige achtbare General ber daͤni⸗ 
größeres Vertrauen zu fich felbft. Die Achnlichkeit zwi⸗ fehen Armee, von ber er vergättert wird. 

fihen ihm und Kaifer Franz, mie überhaupt die zwiſchen Des Bild der dänffchen Staateverwaltung im fünf: 
öftteichifchen -und bdänifchen Zuftänden iſt auffallend; nur | ten Capitel iſt gleichſalls nicht ohne Intereſſe. Deſtreich 
dab man dort mit großer Conſequenz Geiſt und Form zu: | und Dänemark gleichen fi Hierin fo, duß „mutato no- 
gleich fefthätt, wie fie waren, während man hier dem neuen | mine de te narratur fabula”. Die Form beherrſcht das 
Geiſte huldigt, ohne bie alte Form überwinden zu können. | Weſen; die Mimiſtet fihd mit Ausnahme Stemann’s Nul⸗ 
As der König nah dem Congreß Wien verließ fügte | fen; der bevorzugte unter ihnen, der Finanzminiſter, tft 
ihm Alerander: „Sire, vous avez gagne tous les-coeurs!” träger ale Potemkin, und S., der Minifter der de: 
— ‚Mais pas une seule àme“, gab der Monarch Iächelnd | Fern Angelegenheiten, ift einer der edelften, aber auch ber 
zur Antwort. — Der geſetzlich unumſchraͤnkteſte Fuͤrſt Eu⸗ unprattifchften Menſchen, die es gibt. In Daͤnemark 
ropas — dies iſt der König von Daͤnemark feit 1646 — moͤchte man Aues verbeffern, aber die Regierung kommt 
unterwirft ſich dem Seite, welcher in den Collegien herrſcht, nicht dazu tm Kampf gegen die alte Form; in Deſt⸗ 
aufs puͤnktlichſte; ſelbſt in Anſiellungs⸗ und. Gnadenſachen | reich ſoll Alles bieiben, und v6 bleibt. Was, oder beffer, 
har er durch. die altgeheiligten Sormen kaum irgend einen | wie wenig Öffentliche Audiehzen bedeuten, lehrt das fol 
Einfluß behalten. Für jede Vacanz proponirt das Code: | gende Capitel. Abfolute Monarchien roͤnnen - ihrer jedoch 
gium drei Sandidaten, und es iſt ohne Beifpiel, daß nicht nicht entbehren; im confiitutionnetten find fie unmäg und 
der zuerfigenannte erwählt würde: Der Erbprinz ift wie | lächerlih. Das Supplicantenmwefen feiert in Kopenhagen 
Georg IV. von. England ein. Mufter eines. vollendeten | feinen hoͤchften Triumph; Alles ſupplicirt, und die Vor⸗ 
Gentleman. Er ift uͤberal in einem eigenthuͤmlichen Sinne zimmer des Koͤnigs ſind ewig belagert. Jeder Daͤne haſcht 
des Worts, zugleich der vorzuͤglichſte Befoͤrderer des Staͤn⸗nach einem Titel, dei & tort et & travers vertheilt- wird, 
deweſens und doch ein Freund firenger Scheidung dir ſodaß ein: Arzt Kelegbrath, ein Kaufmann Juſtizrath u. ſ. w. 
Stände, welche nut die höhere Bildung einander nähern | heißt. Die unmbliche Langmuth des Königs erlaubt we⸗ 
fol, dabei ein Mann von außerordentlichen Kennmiflen, | der Ihm noch feinen Miniſtern ungedufbig zu werden. 
Archaͤolog, Mineralog, Naturkundiger uͤberhaupt, Kenner Das zweite Buch iſt faſt durchaus Perſonenſchilderung. 
und Berehrer der Kunſt, von natürlichem, hochentrwideltem | Nicht wenige Namen ſtellt der Verf. hier an einen gelinden 
Schönheitöfinn. Er ift der Gründer der norwegifchen Ver: , Pranger. Alter Perfönlichkeit feind, enthalten wir uns 
faſſung, die jedoch das Product, nicht feiner Ueberzeugung, | hier jedes Auszuges, zufrieden, wenigſtens im erſten Theile 
fondern der Umftände war. Sangutnifch bequem, ift Erf: | dieſes Buchs einiges allgemeiner Anziehende aufgefunden 
siges Durchgreifen jedoch nicht feine Sache, und fehmer: | zu haben. Das diplomatifche Corps, ber Finanzminiſter, 
lich dürfte er einft zum Meformator merden. Kampf ge: | der des Auswärtigen Haben die bösartigften Angriffe aus: 
gen feinen eben Willen erbittert ihn und lähmt feine | zuhalten, die fich oft bis zu widernärtiger Geſchmackloſig⸗ 
Thaͤtigkeit. Sein Sohn, Prinz Friedrich Chriftian, wird | keit fteigern. Hier offenbar iſt der Verf. auf feinem Ges 
von dem Rufe mit zahlreichen Fehlern bekleidet! Ex ift fehr | Biete. Er holt die Anekdoten herbei, wo_ er fie findet; 
lebhaft, ſchwankend, ohne Grundfäge, ein Freund des Ver: | Wahrheit und Lüge gelten ihm gleich; aber — es iſt nicht 


— 2 und Be cbenheiten eines Birgeifen = lg Die Brioeduni. des ſchlimimernden S· lbſtgefahls 
|. 


aan ——— — 
ee — — — — —— — — 


« 


510 


zu leugnen — er macht und bisweilen lächeln, wie bei ben 
Diftractionsproben des Biſchof W..... e und des gelebt: 
ten Thorlacius. 
einem merkwürdigen Danne, dem Oberſtlieutenant A(bram⸗ 
fo)n, der, wie es fcheint, zu einer einflußreichen Rolle in 


Lieber als hiervon fprehen wir von. 


Dänemark berufen tif. Als Ligutenaut Iermtel A. das‘, 


Weſen des wechſelſeitigen Unterrichts in Srankıpich: ken⸗ 
nen. Er fand Gelegenheit, dem Koͤnig, der ſich fuͤr alles 
Paͤdagogiſche ganz beſonders intereſſirt, mit ſeinen Pro⸗ 
jecten zu nahen. _Eie r „bin... 
Liebling des Könige, fein Adjutant. 


Schulen nadı Dem 


fämpfen; er nahm bie 2eitung der 
hear @siffein ante feine” Befbabere 
weit; daß der Oberſtlieutenant im Namen bes Königs mit 
Unterbehärden (Amtleuten) direct und ohne Vermittelung 
der Collegien correfpondirte. Alles ging raſch und gut 
von flatten. Da fiel ed einem alten Amtmann ein, bie 
Befehle des koͤnigl. Adjutanten übel zu nehmen. Er padte 
fie zufammen, überreichte fie dem Colleglum und denuncirte 
den unberufenen Befehlögeber, ben er nicht zu fennen vorgab 
und ben er ald einen übermüthigen Juden bezeichnete. Der 
Erfolg war, da der König feine Befehle zuruͤckknehmen mußte 
und viel Mühe hatte, feinen Adjutanten darüber zu teöften. 
Indeß behauptet ber kuͤhne junge Dann feine Stellung und 
verfpricht ein: zweiter Pombal für Dänemark zu werden. (2) 
Der Verf. beklagt nur, daß er zu eitel fei. 

Erſchreckend iſt die Schilderung, die der Verf. von ber 
Finanzverwaltung des Reichs entwirft, und mir find, um 
fo geneigter, ihm bier zu trauen, ald es ihm offenbar 
nicht an allgemeiner Einficht in biefem Gebiete fehlt. Der 
unendlich träge Sinanzminifter hat das Vertrauen des Kö: 
nige; weshalb? Weil er keine neue Staatsſteuer auferlegt. 
Allein wie hilft er fih? Erſtens, duch die entfegliche 
Reichsbankſteuer, vermöge welcher auf jedem Srundftüd 
eine Stantshppothet eingetragen ‚wurde, die der Beſitzer 
mit ſechs Procent verzinfen muß; zweitens durch Anleihen, 
und drittens dadurch, daß er faft alle Staatslaften den 
Gemeinden zuwirft. Die. verderblichfle unter allen mögli: 
chen: Operationen ift biefe legtere, weil fie unmittelbar die 
Quellen des Nationalvermögens erfchöpft. Der Verf. zeigt 
aͤußerſt richtig, wie lächerlich es fei, das Wohlbefinden 
eines. Volkes nach ben Beiträgen zu den Staatsſteuern, 
kopfweiſe vertheilt, zu berechnen, wenn man nicht ſaͤmmt⸗ 
liche Gemeindeſteuern und Laften bamit in Verbindung 
bringt. In. Dänemark muß der Landmann fih für 
Zwecke erfchöpfen, die ihm ganz fremd find; fat Altes ift 
Laſt der Gpmeinden, das eigentliche Eintommen des Staats: 
ſchatzes verſchwindet in —* u. ſ. w. Dabei kom⸗ 
men die Kechnungen oft in zehn Jahren nicht zur Revi⸗ 
ſion, und kein Kaſſenbeamter kann daher ruhig ſterben. 
Zum Schluß geht der Verf. die theologifchen Parteien 
durch. Die Regierung hält die high Tories weife von 
ſich ab; nichtsdeſtoweniger iſt felbft im neuefter Zeit ein 
Geſetz gegeben, das den. Proteftanten, der Katholik wird, 
zur Landesverweiſung verurtheilt. Gluͤcklicherweiſe erlaubt 
die Milde des Koͤnigs ſeine Anwendung nicht. 


4 


A. marb der 
Zum erften. Mat. 
verfachte der. Monarch, bie Kormen der Verwaltung zu bes: 


v 


Obhut. Es fam fo T' 


‘ 
—— En ———— — ee a — — — — 
7 . ‚ ⸗ 


Wuͤrdige, Wiſſenswerthe von; de 






1 

Doch genug, um zu zeigen, wie in dieſem Buche, 
befien Geiſt wir verwerfen müflen, manche ganz anzie⸗ 
hende Notiz enthalten iſt, die das mixta bonis mala 
aller irdiſchen Dinge auch bier beſtaͤtigt. Es fehlt 
dem Berf._deffelben weniger an Erfahrung als an bonge 
Joi, an Geſſchinack gandt anpbenjenigeg an der das 
| Unwerthen, Miebrigen 

und Seringen zu’ unterſcheiden weiß. — As Stift ift 
er ohne Bedeutung; ftörend aber iſt die Jean⸗Paul'ſche 
e..in. ben _ Staatwohl, 
liebewuͤrdig, Vertheidigungmittel u. ſ. w. 89. 


.e ‘ 


FErrgrrng 
Ich glaube, es kommt von den langen Abenden, ben ge- 
ſpraͤchigen Ammen, ben warmen Defen ber, daß man in Deutſch⸗ 
(and fo viel erzählt. Ich wüßte wol noch einige Gruͤnde, aber 
bie find politifcher Natur und koͤnnten mir übel genommen 
werden. ! Man fprät imamer: wer viel ſchwatt, thut wenig, 
wer viel erzählt, lebt wenig; er braucht feine Zeit zum Erzaͤh⸗ 
len. Ich glaube nicht, daß ein Land exiſtirt, wo fo vielerlei er⸗ 
zählt wird wie in Deutſchland. Es ‚Liegt eine Art Sutmüthigkeit 
und eine Art Langweiligkeit in dieſer Gigenfchaft: wir reden 
green breit, wir reden gern Alles aber es muß nichts Gefaͤhrli⸗ 
ches fein, nichts worüber. man zur Verantwortung gezogen wer: 
ben koͤnnte. Und das fit fo charmant bei ſolchen Erzaͤhlungen; 
wenn fie etwas bunt, ‚phantaftifch gerathen, fo ift Fein wahres 
Wort’ daran, und wenn fie recht ledern und gewöhnlich find, fo 
iſtis eine wahre Geſchichte. Es liegen dergleichen eine Menge 
vor mir, und von all den Bänden Habe ich nur einen mit Ber⸗ 
gnuͤgen gelefen, dqas iſt: un un 
1. Herbſtzeitloſen. Erzaͤhlungen und Novellen von D. 











8. 
. Wolff Erſte Folge. Leipzig, Kollmiann. 1832. 8. 1 Thir. 


Ich will und kann nit fagen, daß bedeutendes Genie 
darin zu finden wäre: ach nein, der Flug ift nicht zu kuͤhn; 
aber fie haben einen großen Vorzug: es ift hiftorifcher Verſtand 
darin. Die erfte Erzählung: „Dante's Tod’, geht etwas hoch⸗ 
beinig einher, und die Contoure find ein wenig hart; aber ber 
todtkranke und dann ſterbende Dante bildet doch einen fo wuͤr⸗ 
bigen Hintergrund, daß man Jenes vergibt: Man fühlt doch, 
daß es ſich um etwas nicht Unwürbiges handelt, daß ber Berf. 
bie Bergältniffe kennt. Die zweite Erzaͤhlung: „Der Bettler‘, 
ift leichter, gewandter vorgetragen, ift zwar an Grfindung ge: 
wöhnlih und, den Schluß anbelangend, abgebrofhen: wie viel 
bundert Mal flerben nicht ein alt und ſchwach geworbener Held 
unter ber Pflege einer meinenden Nonne ober Aebtiffin, bie 
ihm mit ber legten Delung den Trof reicht, daß fie feine. Ge: 
‚iebte fei, ihm pergebe oder ihn um Vergebung bitte! Aber es 
bligt fol ein ſchadenfrohes Rächeln über die franzöfifce Regier 
rungswirthſchaft vor der Revolution, bie willkuͤrliche Juſtiz und 
dgl. durch ben Vortrag bes Wettlers, und das gibt dem Ganzen 
etwas Pikanteres. Man- glaubt, es ruhe ein gemiffer Exrnft 
hinter den Dingen, der nur nicht plump heraustreten wolle. 
Sehr dankbar find wir aber dem Verf. für brei altfranzoͤſiſche 
Novellen, welche er bringt: 1) „Des Grafen von Pontieu Reife 
über das Meer’, 2, „Eſche. Sin Lai von Marie de France”, 
3) „Von der Caſtellanin von Vergy, welche ſtarb, weit fle ihren 
Freund zu treuliebte”. Es ift ein Verdienſt, was ſich ber Berf. 
durch diefe Meberfegungen erworben bat; biefe Yabliaur find für 
die Geſchichte ber Erzaͤhlung von großer Wichtigkeit: es find 
bie Kleinen Voͤglein, die erft huͤpfen und noch nicht fliegen koͤn⸗ 
nen. Mit unbefchreiblier Raivetäöt wird jeder Beweggrund 
jedes Schrittes auseinandergefept. Wir rechnen jegt mit den 
Formeln der Erzaͤhlung, die allmälig gefunden worden find; im 
diefen Fabliaux finden wir aber bie einzelnen Zahlen, die 
noch harmlos alle aufgezählt werben, wo fein Glied überfprun: 


611 


gen werben barf/ Denn ber Ritter ſchoͤn und reich iſt, fo 

wirb erft auseinanbdergefegt, daß ex eine ſchoͤne Dame verdiene; 
das thun wie heute nicht mehr, denn wir haben bie Karmel ges 
wonnen, daß ſich das von felbft verftehe. 

2. Salmigonbis, oder novelliftifhe Bunte⸗Reihe des Auslandes, 
in freien Weberfegungen. Von Theodor Hell und feinen 
Hreunden. Monatsfchrift. Leipzig, Kollmann. 1883. 8. 

der Jahrgang von zwölf Heften 6 Thlr. 

Da einmal bie ganze Romanliteratur des gefammien Auslans 
bes diefem Unternehmen geöffnet war, fo hätte bie Auswahl nament⸗ 
lich für das Probeheft intereffanter fein können. „Die Blumenins 
ſel“ von Sands ift fehr gewöhnlich, und im „„Gothifchen Kamin‘ 
von Alfons Brot, wo ein Maler in einem verrüdten Traume 
feinen Gefährten exſchießt, iſt nichts Beſonderes, als daß man 
in ben legten Zeilen erfährt, ber Träumer fei Michel Angelo ge⸗ 
wefen. Dagegen ift bie bem Balzac entnommene Novelle: „Graf 
Shabert”’, lebendig, bunt, pilant, wie Alles von bem Äberfprus 
beinden jungen Romantiter. Der Graf Ghabert kommt mit 
gerfchlagenem Schaͤdel aus bem Grabe bei preußifch Gilau nach 
Paris in Ye Salons, um feine vornehme Gattin zu reciamiren, 
die, auf feinen Tobtenfchein geffügt, ruhig wieder geheirathet hat. 
3. Marco Dolorofo. Die Abenteuer einer Nacht. Zwei Novel: 

in von Wilhelm Marſano. Leipzig, Brüggemann. 
1882. 8. 12 Gr. - 

4. Die ungeim ichen Gaͤſte. Rovelle von Demſelben. Ebendaſ. 
1882. 8. 1 Thir. 

Die erſten Novellen haben den Vorzug, daß ſie kurz ſind, 
und wenn man bei ten „Abenteuern einer Nacht“, wo ein nuͤch⸗ 
terner, vernünftiger Menfch bie albernften Geſpenſter fieht, unmu: 
thig werden will, fo entwaffnet das fehnelle, piöglidhe Ende bes 
Buͤchleins. Der fohmerzensreiche „Warco’' und bie „Unbeimlis 
chen Gaͤſte“ fpielen beibe in Italien ; deutſche Water, ein ftereos 
typer Novellencharakter, feufzen fehr: „die Lippe bebt tonlos, 
„Rabenlocken wogen um ben biendenden Hals‘, „ber volle Bus 
fen ſtrahlt Heller als das funkelnde Diamantſchloß“, „ber laͤ⸗ 
heinde purpurfammelne Maund fpielte lebendig um die Schnee: 
zähne” u. f.w. Es ift eine muntere Phantafle darin, bie einer 
gar nicht feruputdfen Feder allerlei burcheinander dictirt; es 
fehlt Fleiß, Reife, Gediegenheit. So ift Marfano in ben Ton 
gewoͤhnlicher romantifher Geſchichten mit tändelnder, ſchillern⸗ 
bee Oberflächlichleit hineingerathen; und er hat z. B. in diefen 
„Unbeimlichen Säften” mit vielem unnuͤten Beikram einen mos 
dernen Rinaldo Rinaldini geichrieben. Ein Buch für Leihbib⸗ 


5, Korallenzweige. Erzählungen, Rovellen und Phantafieſtuͤcke 
Fr “ j Leipzig, Hartmann. 1833, 


von Hermann Mepynert. 
8 1 IHlr. 12 Er. 

Meynert if ein durchaus nicht unbedentendes Talent, ber, 
wenn ex weniger und forgfältiger fchriebe, leicht eine gute Ro: 
delle produciren koͤnnte. Er läßt fich aber geben und fchreibt 
bunt und Eraus hinein. Da kommen denn eine Menge Erzaͤh⸗ 
Iungen ans Zageslicht, wo faft an jeber etwas zu loben iſt, 
bie aber im Ganzen alle zu tadeln find, weil man ihnen bie 
Fluͤchtigkeit, Eile, Haft anfieht. Es iſt ihm eine nicht gewöhnliche 
pꝓſychologiſche Anſchauung, gewandte Sprache, ‚lebendige Erfin⸗ 
bung durchaus nicht abzuſprechen; aber weil der Verf. nicht 
Zeit hat, in ruhiger Entwidelung das Intereffe zu erhalten — 
das Gefchi Hätte er gewiß — fo ruft ex allerlei graufe, bleiche 
Dämonen, allerlei „graufige Elemente zu Hülfe und fpielt ben 
franzöfifhen Romantifer, der Callot und Hoffmann beſchwoͤrt. 
nDer todte Roßarzt”, „Der Vampyr“ und ‚Die Mumie‘, 
„Meifter Paganini, ober der Dämon ber Mufil” befchäftigen 
ſich alle damit, zu frappiren, zu entfegen, weil es bem Verf. 
zu unbequem ift, mit einfachen Mitteln zu erfreuen. Der alte 
Kreistee muß in allerlei Gaprioien herumfpringen. Dazwiſchen 
1öuft eine gewöhnliche Banditengeſchichte: „Der Bravo’, unb 
einer gang geſchickt erzählten Begebenheit in Xeplig wirb uns 
nuͤtzerweiſe der Denker beigegeben, damit ja das Grauliche nicht 


’ 


mittel, ber tollen räume entiebigt — ohne einige fuͤrchterlich⸗ 
Träume thun’s unfere heutigen NRovelliften nicht leicht —, fe 
Tann er ein recht angenehmer Schriftſteller werben. : 
6. Atlantiſche Nächte. Gine Sammlung Novellen und Kriegs: 
‚bilder. Gerausgegeben und bem Andenken feines an den 
Ufern: bes Miffifippi fchlummernden Werner’ geweiht von 
Thorwald. Zwei Theile. Stralſund, Struck. 2. 8. 
1 Thlr. 8 Gr. 

Ss Hat mir geſchienen, als ob ber Herausgeber mancherlei 
eingeihwärzt habe; bie Graählungen find von fehr verſchiedenem 
Wertbe. Ich kann mich indeß leicht irren. Der vielfach ſchlum⸗ 
mernbe Werner — denn nach dem Titel braucht er mehre Ufer 
dazu — erzählt vecht anziebenb, wenn er ben Schauplag ber 
Begebenheit jenfelt bes Meeres wählt; recht alltäglich romanen⸗ 
haft, wenn er den Buß auf europdifchen Boden fest. Sind es 
nun bie und unbelannten Wälder und Indianer zc., ift es das 
Ungewöhnliche des Stoffs, was und fdyen im Cooper fo Iebhaft 
anzog, oder. find es verſchiedene Schriftſteller? „Die beiben 
Siourx“, beren Geſchichte von Miffuri herkommt, ift einfach, ſpan⸗ 
nend, befriedigend wie eine kurze Tragodie; „Der Phühellene”“, 
ber größtentheild in Griechenland fein Wefen treibt, ift abge: 
Idmadt, hundertmal bageweien. Lind diefe beiden Toͤne klingen 
foxg durch biefe „Atlantiſchen Nächte”, fobaß ich mich unmoͤg⸗ 
1a pe Mistrauens gegen ben Deren Herausgeber erwehren 
onnte. 

7. Mein Jugendleben unb meine Reifen. Bon Wit von Doͤr⸗ 
ring. Grgänzung ber „Fragmente aus meinem Leben unb 
meiner Zeit”. Leipzig, Wigand. 1832. 8. 2 Thir. 

‚„ Bas Bud gibt fi) nun zwar das Anfehen, als gehöre es 
nicht zur bloßen Gryählungsliteratur, es fpricht auch von alter 
Politit, alten Sitten und theologifchen Bedenklichkeiten. Da 
aber Herr Wit von Dörring felbft der Held ift, und er fich body 
auf Koften feines eignen Rufs alle mögliche Mühe gegeben hat, 
ein Romanheld zu werden, fo wird ihm wol nicht Unrecht ges 
ſchehen, wenn ic ihn bier einrangire. Won feiner Jugendzeit 
if nicht eben viel Merkwürbiges zu fagen, er hat vom Schul⸗ 
meifter Ohrfeigen befommen, ift faul und fleißig gewelen, bat 
fi) dann viel auf feine philologiſchen Studien zu gut gethan — 
bergleidhen paffirt Vielen. Here Wit von Dörring meint aber, 
bei ihm müffe es doppelt intereffant fein, weil er fo jung all: 
gemein bekannt geworben fei. Er ift nun aber nicht durch feine 
philologiſchen Studien, fondern durch andere unnäge Dinge 
befannt geworben. Den Berlauf feiner Kindereien auf der Uni« 
verſitaͤt, auf ſeiner Reiſe nach Paris, in Paris ſelbſt, erzaͤhlt er 
nun in usum Delphini, wie ein junger Sittenprediger, ber 
die Jugend warnen will. Ich finde in dem Allen nur einen 
thörichten Renommiften, ber aus lauter furdtfamer Moral nicht 
bie Courage hat, luſtig zu leben, ber den albernen Altklugen 
fpielt. Daraus lernt kein ar etwas. Die beutfche Demago⸗ 
gerei und bie parifer @efellfchaft unter Ludwig XVIII. kennen 
wir abes ſchon Lange viel beffer, als fie hier im Refler eines 
verwirzten jungen Menfchen erfcheinen. Es ift ein wiberwärs 
tiged Buch, was Niemand etwas nügt. ‘78. 


—,—, 


Paſſional Ehriſti und Antichriſti. 
In der Privatbibliothek des Geheimen Commerzienrathes 
Delsner in Breslau befindet ſich eine Schrift, deren Druckjahr 
ebenfo unbekannt iſt wie ihr Werlagsort oder ihr Berf. Da fie . 
jeboch ein fehr großes Intereſſe befigt, indem fie am beften be 
weißt, wie die Preſſe ber Reformation vorgearbeitet hat, fo möge 
eine kurze Beſchreibung bie beutfchen Altertbumsforfcher zu 
freundlichem Rachſuchen einladen. ' 
Die Schrift befteht in einer Segenüberftellung von breizehn 
Gcenen aus bem Leben CEhriſti und ber roͤmiſchen PYäpfte Die 
eine Seite fleilt Chriſtum, die andere Antichriftum da, in zwar 
grellen, aber für bie frühere Zeit nicht ganz verwerflicdhen Holy 
nitten. Der untere Raum if mit Bibelfpräcden und Decre 


fehle. Wenn ſich Meynert diefer Gouliffenreißereien, ber Sputhälfs: * talienftellen zu genuͤgender Erklaͤrung ausgefällt. Die erften zwei 





2 


1982 


enfinte zeigen, wie GShriſtus ver ber angebotenen Krone ja: 
br u G Gein Hei außerhalb Liefer Wels erkikut, * 
Papft aber die Gewalt Über die Könige und deren Keiche ſucht. 
Die folgenden zwei Holzfchnitte ſtellen Chriſtum unter ber Dor⸗ 
nenkrone und ben Papft unter der Tiare bar. Die naͤchſten weis 
fen Ghriftum, wie er ben Jangern bemüthig bie Wühe möcht, 
und ben Yapft, wie er von prunkendem Sofflant umgeben ifl. 
Hierauf fieht man Chriſtum dem Kaifer den Soll begabten und 
den PYapft die Immunität aller feinen Büter befehlen. Das 
fünfte Gegenbitd contraftirt Chriſti Demuth gegen Knechte und 
bes Papfles Stolz gegen die Herren. Die fechete Schilderung 
präfentirt Spriflum unter dem Kreuze und ben Papft auf gol⸗ 
dene Tragbahre. derung flieht man Ehri⸗ 





In der fiebenten Sch 
ſtum ‚prebigen und feine Nachfolger Weltliches treiben, in der 
achten fiebt man Ghriftum in einem Gtake,. in Höchfter Armuth 
und ten Dapf die halbe Welt unter feinen Fuͤßen. Das neunte 
‚Begenbitb zeigt Chriftum auf dem Gfel und den Papft im kai⸗ 
ferlichen @eleite, daB zehnte ſtellt Ehriftum umb bie Apoftel in 
ihrer Arnrtichen Erſcheinung bar, dem päpftlichen Staate gegenüber. 
Die drei folgenden Schilderungen find beſonders kuͤhn und bei: 
Send. In ber einen dringt Ehriſtus auf innere Andacht und 
Gottfeligleit, der Papft auf fromme Geberben, in der andern 
treibt Chriſtus die Wechsler zum Tempel hinaus und der Papft 
verkauft Ablaß, Meſſen und Pfränden, in dem legten fährt Ehri- 
flus gen Himmel und ber Paopft zur ‚Hölle. Auf ber letzten 
Geite ſtehen folgende Worte: „Sint ein itzlich Schandtbuch und 
famofer Eibellus nit mag gewendt werben, es begreyfft dann in 
ſich ſchaͤndtlich Laſter und Unthate, Bo iſt offentlih, daß bieß 
Buchle nit may vor ein Schandtbuch gehalten werden, noch 
burch bie Gebot fo widder die Schandfchrifft außgangen verbot: 
ten fein, dieweyl alles das bierinnen ſteht, eyn dem Babſtlichen 
Geyſtlichen Rechte nit alleyn als tziemlich Dinge fonbern auch 
als Geſetz Hu befinden, unb ift vornehmlich außgangen allein 
deß geyfili flayſchiichen Rechts Grundt yn eyner ſumme 
undt Pürglich anduzeigen gemeynen Nutz ber Chriſtenheit ford⸗ 
erlich tzu gute 
Nembt alßo vor gutt, 
Es wirt baldt beffer werden.” 

Nach) dem Drude und nach der Orthographie hat man alle Urs 
fache, die Herausgabe biefer intereffanten Schrift in ben Anfang 
des 15. Jahrhunderts zu ſetzen. Wäre bem wirklich alfo, bann 
würden wir den Beweis einer Druckfreiheit haben, bie wir nur 
den revolutionnairen Epochen noch zutrauen koͤnnen. 150. 





Notizen. 
Antiquttäten der franzdftifhen Literaten. 


Nie tft die Altere franzoͤſiſche Literatur fo eifrig bearbeitet . 
worben als heutzutage, felbft nicht zur Zeit, wo Lancelot, | 


Sacurne de Gainte Palaye, der Marquis von Paulmp und ber 
Abboͤ Rives die in den dffentlihen und Privatbibtiothelen ver: 
borgenen Schäge ans Tageslicht förderten. Beſonders verdankt 


man bem gelehrten Buchhändler Hrn. Silveſtre fehr viel in: 
Seine Sammlungen älterer franzöfiiher Poe 


biefer Hinficht. 
fien find von den Gelehrten Europas mit vielem Beifalle auf: 
genommen worden und werben fortgefegt. Manche barunter 
haben einen nicht geringen äfthetifchen Werth: befonders ergoͤt⸗ 
ih ift „La moralit6 de Paveugle et du boiteux”. Wie fehr 
fich ſchon bie Altern Franzoſen mit der Form plagten und es 
liebten ben Gedanken in Gchwierigkeiten aller Art zu fefleln, 
erhellt aus ‚‚L’art et science de rhetorique pour faire rimes 
&t ballades‘”. Welche Menge von Reimen ober vielmehr Reim: 
arten, Affonanzen und Gonfonanzen finden wir in der Anleitung, 
Balladen zu machen: rime batelde, rime & double queue, 
rime en goret! (retin war das Oberhaupt ber Schule, bie ſich 
mit biefen doppelt gefchweiften u. dergl. Reimen herumfdlug. 
Zehan de Birtoe war ber Erfinder der baguenaudes, cou- 
plets fais a volonte, contenant certaines qualit&s de sillabes 
sans rime et sans raison. Br. Francisque Michel befchäftigt 





fih mit mehren Romanen aus bem 13. und 14. Jahrhundert. 
Das Neurfte, was in dieſem Fache erſchienen, tft „Le roman 
d’Aveloque le Danois’. „Le livre de Pierre Salmon” ver: 
bantt man Hrn. Grapelet. Leider hat er Alles, was ſich in "Yen 

agen, die Karl VI. von Frankreich an feinen Hofſchranzen 

Imon richtet, auf die Sheotegie bezieht, weggelaſſen. Der 
Monarch fragt ihn unter Anderm, ob Abam und Eva nadt im 
Paradiefe gewefen? warum der Heufel vorzugämweife die Geſtalt 
einer Schlange annahm? und warum Gott zugegeben, daß ber 
erfte Menſch verfucht worben? Hr, Grapelet hat gefürkhtet fei- 
nen Landsleuten damit Langweile zu verurfachen, vielleicht mit 
uUnrecht. Dieſer Salmon war Übrigens ein Speichellecker und 
Achfelträger von der erbärmiiääften Art, der ſich fletd an ben 
Meiftzablenden verkaufte. Webrigens gehört zu biefem Hand: 
werte, befonders um es mit Städt zu treiben, wie diefer Fran⸗ 
sofe, Schlauheit und feibft Muth: er ſchrieb feine Sprache 
correctet als feine berähmteften Zeitgenoffen. 


Bollsunterrsigt in Rordamernika. 

Aus den neueften, mit forgfältigem Fleiße zufammengetra: 
genen Documenten gebt hervor, daß von ben 60,000 Ginwoßs 
nern des Staates Maffachufetts nur 400 Erwachfene nicht leſen 
können. SS gebt ferner aus ten Werichten von 181 Stäbten : 
an bie gefepgebende Behörde hervor, daß ih die Zahl der 
Schulen in biefen Städten auf 12,398 erhebt; ba bie Anzahl 
ber Indivibuen von 14 — 21 Jahren, weiche weder lefen nodh 
ſchreiben koͤnnen, ſich nicht hoͤher belaͤuft als 58, und daß in einer 
dieſer Staͤdte nur drei Perſonen ſich in dieſem Kalle befinden: 
es find drei Taubſtumme. Der unterricht in ben Öffentlichen 
Schulen beſchraͤnkt fich nicht auf Lefen, Schreiben, Rechnen, bie 
Buchhaltung, bie tobten und lebenden Sprachen; es umfaßt 
nebftdem Mathematik, Schifffunde, Geographie, Geſchichte, 
politiſche Dekonomie, Rhetorik und Philoſophie. Dieſe Schulen 
beſchaͤftigen bie jungen Leute von ihrem vierten bis in ihr ſiebzehntes 
Jahr. Es gibt gegenwärtig in Boſton 68 Schulen, worin unentgelts 
lich Unterricht ertheilt wird, außer ben 23 Sonntagsſchulen. Kins 
ber beibertei Gefchlechtes werben barin aufgenommen. Die Schul⸗ 
fonds, weiche meiftens Geſchenke und Stiftungen von Privatieuten 
find, nebft den von ben Legislaturen bewilligten Summen, erlauben 
den Lehrer einen Gehalt von 800-2500 Dollars auszuwerfen; 
bee Gehalt eines jeden Lehrers wird von einem Ausſchuſſe von 
12 Ginwohnern ber Stadt beflimmt. Der Unterricht beginnt 
jedesmal mit Unterweifen im Lefen der Bibel. Der dritte heil 
der Bevoͤlkerung des Staats Connecticut, welche fi .emf 
275,000 Einwohner beläuft, beſucht die Öffentlidden Schulen. Im 
Neuyork, welches 1,900,000 Seelen zählt, geben 499,484 in 
die Schulen; alfo ein Viertel der Bevoͤlkerung. In den fübli- 
den Staaten if indeß ber Ginikifation nicht fo allgenrin ver- 

rettet. ' 
Sklaven in Nordlarolina. on 

Ein jumger Sklave koſtet gewöhnlich in Halifar 375 Dot: 
tar (2025 Krance), befonders flarfe und fchön geformte Sub; 
jecte werden zu Zeiten wohl für 400 Dollar (2160 Xr.) ver: 
fauft. ine junge, wohlgewachfene Sklavin, die noch Feine 
Kinder gehabt hat, wirb mit 1850 Fr. bezahlt. Man erlaubt 
den Neger ſich zu verheirathen, bat aber ein junger Neger 
eine blühende Familie, fo zwingt ihn der Pflanzer am bie Zahl 
feiner Unterthanen zu vermehren, mehre Weiber zu nehmen. 
Ebenſo möüffen die Weiber ſich dazu verftehen mehre Männer 
anzunehmen, nach Gutduͤnken ihrer Herren. Man fieht leicht 
ein, welchen verberblihen Einfluß ein foldges Verfahren auf die 
Moralität der unglüdlichen Schwarzen haben muß. Es trifft 
fih oft, daß der Pflanzer von feinen eignen Kindern bedient 
wird, und daß er fie felbft auf den Markt fchidt, um fie mit 
den übrigen Sklaven verkaufen zu laffen. Das Geſetz verbietet 
einen Schwarzen, felbft wenn er frei iſt, zu unterrichten. Dass, 
Zeugniß eines farbigen Menſchen in einer Gtreitigkeit mit ben 
Weißen ift ungültig ; die Proceffe, bie fie unter fich haben, wer⸗ 
den von Friedensrichtern ohne Geſchworene gefchlichtet. 148, 


‚ Rebigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagsbandlung: 3. U. Brodbaus In Leipzig. 


+ 


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N 


Blätter 


für 


literarifche Unterhaltung. 





Sonntag, 


| nn nn vun — 3 


Briefe am den Deramögeber Über den Anſchluß Sach⸗ 
fend aa den preußıfch -bairifchen Zollverband. 
Erſter Brief. 

Viel zu oft, verebrter Freund, habe ich die Frage: 
Sind. Sie für das Anfchliefen Sahfens an 
Draußen? zu meinem Berdruffe kurzweg mit Ja .oder 
Mein beantworten hören, ats dab ich aus Bequemlichkeit 
feidft dieſen Weg einſchlagen und fo recht eigentlich nad 
Vorurtheilen ein Vorurtheil nusfprechen dürfte. Das 
bloße Zeitwort: anfchließen, befage an ſich noch gar 
nichts Beſtimmtes; denn man kann fi) ja dem Quten 
wie dem Böfen, dem Bernünftigen wie dem Thoͤrichten 
anfehließen. Ebenſo wenig reicht 28 aus, ein 
ßiſche oder fächfifche Zariffäge zu fennen, -öder ſich auf 
das Zeugniß von Leuten zu berufen, welche die bevorſte⸗ 
henden Maßregeln fürchten oder herbeiwuͤnſchen, Lediglich je 
nachdem fie für ſich Vortheile oder Nachtheile daraus ableiten. 

Don vorn herein Seht wol nur zweierlei feft: 

‚ Erſtens, daß RNlemand in diefee Sache ein mehlbe: 
grimdetes Urtheäf fällen kann, bevor die vollſtaͤndigen Be: 
dingungen de%"neuen Handelsvertrages bekannt gemacht find, 
und ſelbſt,⸗dann feinen perſoͤnlichen Standpunkt nicht für 
ben afleiyk entfcheidenden ausgeben barf. 

Zwweitens, daß Sachſen wie Preußen zu ihren wohl: 
rollenden und väterlichen Megierungen das Vertrauen ha: 
men und follen: ihre Wohl werde forgfältig berüd: 

igt und gewiß nicht uͤbereilt preißgegeben oder eigens 


Aumig verfanat werben. 
F Dielen beiden Behauptungen darf ich wel (ohne Furcht, 


widerfpeochen zu werden) eine dritte hinzufügen: nämlich, 


daß die Steuer= und Zollſyſteme der deutſchen Staaten . 


fi) keineswegs einer unbedingten Vollkommenheit erfreuen, 
fondern mefentlicher Berbefferungen zum Bortheile aller 
Berheiligten bedürfen. Wenn wir alfo Diejenigen zur 
Seite laffen, welche die hoͤchſte Weisheit darin fuchen, 
nichts zu thun und die Augen (mie ber Vogel Strauß) 
"gegen die dringenden Koderungen der Zeit zu verfchließen, 
fo bleibt nur die Aufgabe: ſich mit Denjenigen zu ver: 
fländigen, welche den großen Zweck ernſtlich wollen, aber 
uͤber Mittel und Wege verfchieden denken. 

Um hierbei nicht ind Unbeftimmte umherzufchweifen, 
fei e8 mir erlaubt, mich auf bie Bittfchrift mehrer leip⸗ 
ziger Kaufleute gegen den Anſchluß Sachſens zu be: 


KT Pr. 125. Mr 


I. Mai 1833, 





siehen, welche im „Baterland” Nr. 30 nu. 34 abgedruckt 
iſt. So verfchieden die Ergebniſſe meiner Betrachtungs⸗ 
weiſe von denen bes achtungswerthen Verfafſers find, halte 
ih doc eine Annäherung für möglich, da ich ‚mit den 
von ihm im Allgemeinen aufgeftellten Grundfägen über 
Danbelsfreiheit übereinftimme. Unmoͤglich kann ich jedoch 
anf das Befondere eingeben, bevor ich mich ber den ers 
fien Dauptfag ausgefprochen habe. Es heißt in jener 
Bittſchrift: „Weit entfernt, bier Bedenklichkeiten allgemei⸗ 
ner Natur zu erheben, uͤberlaſſen wir es Andern, die Ge⸗ 
fahr fuͤr die durch Jahrhunderte bewahrte Unabhaͤngigkeit 
unſers Vaterlandes und fuͤr die kaum gewonnene conſtitu⸗ 
tionnelle Freiheit zu wuͤrdigen, die wir in einem fo engen 
Bunde mit einem übermächtigen und der Selbſtaͤndigkeit 
bes Volkes entfchieben abgeneigten Rachbarftaat jeden Aus 
genblick bedroht fehen würden.” ” 

Grade diefe Bedenklichkeiten bedürfen einer genauern 
Prüfung; denn je nachdem man fie bekräftigt oder vers 
nichtet, ift im Ganzen und Großen das Wichtigſte ent: 
ſchieden, und die Fragen über dieſen oder jenen Zariffag, 
diefe oder jene Foͤrmlichkeit u. dgl. erfcheinen als ganz 
untergeordnet. Zuvoͤrderſt muß ich ben Gedanken und 
Ausdruck rügen: die preußifche Regierung fei der Gelb: 
ftändigkeit des Volkes entfchieden abgeneigt. Das preußis 
ſche Volk ift fo felbfländig als irgend eines in Europa, 
und ohne feine heidenmüthige Aufopferung möchten bie 
Heinern deutſchen Staaten wol noch immer an der Gous 
verainetät danteberliegen, welche ein fremmder Eroberer ih⸗ 
nen eigennügig ſchenkte. Haben einzelne Preußen ihre 
Verdienfte um Deutfchland eitel geltend gemacht, fo. if 
dies zwar nicht zu billigen, aber doch weit verzeihlicher, 
als wenn Manche fr bornirt find, franzoͤſiſche Lobreden über 
das uneigennägige Bemühen unferet wefttihen Nachbarn 
für deutiche Freiheit kindiſch machzutrompeten. 

Antwortet man: es fei bier nicht die Rede von ber 
politifchen Selbſtaͤndigkeit der Preußen, fondern (wie man 
jegt wol technifch fagt) von dem conftitutionnellen Leben 
im Sunern, fo führt dies in einen weiten Kreis, wo 
Wahrheit und Irrthum in ſolchen Maſſen vermiſcht tie: 
gen, daB hier nicht einmal ber Verſuch gemacht werben 
kann, beides zu fondern. Einem Sachfen gegenüber koͤnnte 
indeß ein Preuße wol bemerken, daB in Hinficht auf Städte 
und Dörfer, Bürger und Bauern, Aufhebung der Ges 


614 


meinheiten und bes Zunftzwangs, Ablöfung der Dienfte, 
Steichftellung von Stadt und Land, Vereinfachung des 
Rechtsganges u. f. w., noch auf Jahre hinaus gar viel 
zu thun übrig bleibt, ehe das ſaͤchſiſche Volk dem preu⸗ 
Fifchen an Selbſtaͤndigkeit gleich ftehen wird. 

Doc wozu biefe Vergieihe? Wo jede Regierung auf 
ihrer Bahn das Beſte will und befördert, freue fi Se: 
der des Guten und fuche das Schädlicdye zu vermindern. 

Zu dem Schaͤdlichſten unferer Tage gehört aber der 
politifche Aberglaube. Die eine Partei fucht alle Hülfe 
ausfchließlich bei den Perfonen und fest voraus, daß fie 
unbedingt vortrefflid, find; das führt zu einem verderb: 
lichen Abfolutismus der Herrfher. Die zweite Partei 
fegt umgelehrt voraus, daß alle Perfonen nichts taugen, 
und fucht alleinige Hülfe in den Formen; während doch 
jeder gefunde Zuftand eine Wechfelfeitigkeit der Perfonen 
und Formen vorausfegt. Am flärkften zeigt ſich der Aber: 
glaube .da, wo irgend eine Form als überall pafjend und 
Altes heilend bezeichnet wird. Der Politiker, welcher fich 
auf diefer Anſicht feftfährt, ift dem Quackſalber vergleich: 
bar, welcher von feiner Bude herab Univerfalmedicin an: 
preiſt. Im 16. Jahrhundert glaubten die verfchiedenen 
Darteien mit den Beſchluͤſſen ber tribenter Kirchenver: 
fammlung, der Goncordienformel, den 39 Artikeln u. f. w. 
das ganze Chriſtenthum und die volle Wahrheit zu be: 
figen und verachteten und verkegerten alles Uebrige. So 
ſehen unfere Abfolutiften in jedem conftitutionnellen Beſtre⸗ 
ben nur Empörung und Anarchie, -unfere Ultraliberalen In 
jeder geordneten Obrigkeit nur Tyrannei. 

Die Freiheit Liege nicht an einer Stelle; es ift Be: 
fhränktheit, fie nur in einer Richtung zu fehen und zu 
fuchen. In ber altın Welt fuchte fie 3. B. Niemand 
im Glaubensbekenntniſſen, während des Mittelalters Nie: 
mand in Wahlgefegen u.f. w. Keine Löfung hat mithin 
unbebingten, etwigen Werth; wol aber trägt jedes Stre— 
ben ein Element der Wahrheit in fi, und die Sklave⸗ 
rei kann von vielen Selten einbrechen. Neben der Selb: 
ftändigeit, ja Allmacht der Sournaliften finden wir Ver: 


knechtung ber Städte und Beamten, neben der Yolitifchen 


Freiheit veligiöfe Unduldfanskeit, neben manchem abfolus 
ten Herrſcher Abhängigkeit von der Ariftofratie, neben hoch⸗ 
herzigem Adel leibeigne Bauern, neben dem Uebergewicht des 
Demokratiſchen gefeglihe Sklaverei! Darum huͤte fi Je: 
ber, voreilig zu richten, damit er nicht gerichtet merde; 
Jeder beginne bie Befferung zu Haufe, ehe er fih in 
fremde Angelegenheiten miſche! 

Deutfche Angelegenheiten find aber dem Deutfchen nie 
fremd. Wollte man Deutfchland in ein Reich verwan: 
bein (wir Grankreich oder Spanien), es waͤre unferer Na: 

r zumwiber und zöge den Untergang unzähliger Vorzuͤge 
nah fih. Mit Recht denkt der a der Seffe, der 
Anhaltiner an biefe Gefahr. Städte, die jest in Deutfch: 
land ihr eignes Leben in Gewerbe, Handel, Kunſt und 
Wiſſenſchaft zeigen, wuͤrden; in Provinzialſtaͤdte eines gro⸗ 
ßen Reichs verwandelt, weſentlich verlieren. Soll aber 
dieſe Veraͤnderung, diefe mechanifche Vereinigung nicht 
unabweisbar noth wendig werden, fo muß Deutfchland 


auf andere und beffere Weile als in ber legten Beit fi 
einig fühlen unb einig wirken. Zwiſchen bem Gentrafifis 
ten ber Sranzofen und bem Zerfallen ber Staliener liegt 
unfere wahre Aufgabe in ber Mitte. Das iſt das Größte 
in dem frühen deutſchen Kaiferreiche, daß das Manni 
‚fattigfte zu einem Leben verbunden war und man J 
Gen in feiner Richtung und Bahn gewählten ließ. AR 
man aber das Gemeinfame, bas Volksthuͤmliche um un: 
tergeordneter Ruͤckſichten willen vergaß, da kamen bie 
Ktemden und behandelten - die Deutfchen wie Knechte. 
Bricht nochmals der Wahnfinn berein, daß die Kieinern 
fih von den Größen, der Norden vom Güden, die Ka: 
tholiten von ben Proteflanten, die fogenannten Conſtitu⸗ 
tionnellen von den fogenannten Abſoluten feindlich tren: 
nen, oder Jeder mähnt, für ſich ein allgenugfames Leben 
führen zu koͤnnen, fo werden über kurz oder lang alle 
die Beute der Mächtigen in Oſten und Weſten; es wer: 
den die Lobredner der Freiheit wie des Gehorſams, bes 
Veränderne wie des Beharrens gleichmäßig mit Hohn zur 
Seite geworfen. Ehe daß dies Entfeglichfte gefhähe, müßte 
jeder Deutfche wünfchen, daß fein Vaterland, der Mannich⸗ 
faltigbeit entbehrend, wenigftens Leben und Dafein behielte. 
Aber eine Politik der Gewalt, des mechanifchen Zwan⸗ 
ges, der Eriegerifhen Eroberung will ja Niemand in 
Deutfchland, und der Eleinfle Derrfcher lebt in biefer Be⸗ 
ziehung jest unendlich ficherer als zur Zeit Napoleon’s 
die Könige. Das fol man. dankbar anerkennen und nicht 
Händel fudengder, vorausfegen, wo dazu fein Grund 
vorhanden ift. War a, 3. 
Haben alle deutſchen Stimme und Regierungen das 
rechte Gefühl und bie richtige fiht, fo find bie Oro: 
Ben ben Kleinern nicht gefährlich wand bie Kieinern ben 
Mächtigen nirgend im Mege. j 
Die Trennung der beutfchen Staate db verfchle: 
dene Zolfpfteme und unzählige Mautpiinien Te seither 
ein unendliche Hinderniß materieller Wohifa 
ſteter Grund des Verdruſſes und Aergerniffes, 
durch die neuen Handelsvertraͤge dieſe Uebel abg 
oder (was unbezweifelt moͤglich iſt) auch nur verein 
fo iſt dies für unſer Vaterland in Bezug auf ſich 
und fein Verhaͤltniß zu fremden Maͤchten ein fo unerme 
lich wichtiger Gewinn, daß jeder Deutfche bie größte 
Freude und die innigſte Theilnahme darüber empfinden 
muß *) Stiedeih von Raumer. 
— ——— — 
Cholerodea. Zeitgemaͤlde von C. F. Hock. Wien, Me⸗ 


ꝓ¶ſtenCongregationc; uch handlung 1832. Gr. 8, 
r. 








Ein Buch aus der Zeit, wunderlich, geiſtreich, tiefſinnig, 


barock, abſtoßend und anziehend wie dieſe, alle Muttermaale der 
Zeit an ſich tragend und doch gegen fie gerichtet. Die großar: 
tige Mythe, daB ber Kronos feine eignen Kinder verfchlingt, 
will fich jegt bei und umgekehrt, aber nicht weniger tragifch wie 
berholen ; jegt beginnen den alten Kronos fetbft feine eignen 
Kinder zu verfchlingen. Die beiten Göhne ber Zeit, die liedſten 
*) In ber nädften Lieferung tbeilen wi i 
vierten Brief mit. fung th wir ben a 
















R - un _ ie \ En) — Ende 
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" fen in bie Zuftänbe des wirkenden Tages gegeben find, in uns 


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915 


und begabteften, bie fie ſich hervorgebracht und gebilbet, die fie 
mit bem Zeichen ihrer Liebe, mit Geiſt und Talent ausgerhftet, 
fieht man heute feinblich gegen fie gelehrt und im berzgerreißen- 
den Kampf mit. ihr begriffen. Item entweber die Zeit, 
daß fie nicht UI ſteht, fondern ſich vorwaͤrtsſchwingt wie ein 
Gedankenblitz Gottes, um in geivaltigen Bewegungen noch vins 
mal eine Berjuͤngnug des Geſchlechte zu erreichen ; ober fir wen; 
ben fich trauernd abfeits Kon bem großen. Schauſpiel, und Taffen 
ihre bebeutenden Kräfte, bie ihnen zum Foͤrdern, zum Gingreis 


thätiger Wehmuth und Verzweifelung ſich aufzehren. Sie er: 
kennen keine fortſchreitende Zeit an; fle wollen das Beſtehende 
erhalten: Sie wenden bie Blicke unaufhoͤrlich ſehnend zurüd in 
das Abendroth der Geſchichte, in bie Vergangenheit, und entſe⸗ 
gen ſich vor dem neuen Sonnenaufgange, weil bie Radıt no 
erſt durchgekaͤmpft werben muß, bie zu ihm hinführt. Sie hals 
ten diefe Nacht fchon für das herandunkelnde Ende aller Zage, 
und in dem bereits hindurchſcheinenden Morgenſtral einer, fo 
Gott wi, ſchoͤnern Zukunft fehen die Aengſtlichen nur ben alls 
gemeinen Brand bed Weltgerichts leuten. Dies find bie Legi⸗ 
timen, die Katholifchen, die Mlittelatterlichen, die Abfoluten! Es 
find die Ritter des Beſtehenden, die Propheten ber Vergangen⸗ 
heit, die Feinde der Zukunft! 

Der Berf. ber oben angezeigten Schrift, dem wir bier zum 
erfien Male begegnen, hat e& feinerfeits ebenfalls beflätigt, was 
wir fchon oft zu bemerken Gelegenheit gehabt, daß es biefer 
Richtung, die er verficht, durchaus wicht an Geift fehle, daß fie 
fie ſich nicht felten mit glänzenden Talent in ihren Zeitanfichten 
auszufprechen und geltend gu machen vwiffe. Und man muß es 
eingeftehen, ein geiftreicher: und wirklich tief begrünbeter Libera⸗ 
lismus wird beiweitem nicht fo häufig in ber Gegenwart ange: 
troffen, als eine geiſtreiche und begelfterte NWertretung bes Belle: 
benden und durch ben jahrelangen Beſitz ber Vergangenheit Se 
beiligten. Die Liberalen wollen bie Braut erſt erobern; über 
ihrer Fahne flattert als Leitflern bie junge Hoffnung. Die 
£egitimen haben und kennen ihre Geliebte, fie vertheibigen ben 
Beſitz; ihre Fahnenbilb, ihr Symbol iſt die alte Treue, 
Die Idee ber Treue flärft und ermuthigt fie und gibt ihrer 
Partei ein hochherziges Princip bes Kampfes. Darum ſchwaͤr⸗ 
men fie für ihre Beliebte, für bie alte Zeit, darum vertiefen fie 
fih finnend in bie Vergangenheit ber @efchichte, um aus ber 
Aufzeigung ber Dinge, wie fie immer gewefen, die Gründe ber: 
beizuholen, bie ben unesfchätterlichen . Beſitz ihrer alten Liebe 
rechtfertigen folen; barum find fie begeiftert und gedankenvoll 
in ihrem Schmerz, fcharffinnig, wie die Liebe zu fein pflegt, 
aber doch auch wieder blind wie fi. Bei ben Liberalen beißt 
e8 bagegen nur noch immer: wer das Blüd hat, geminnt bie 
Braut! — und bie Literaten find bisher in ber Hegel nicht die 
Gluͤcklichſten geweſen! Bei Manchen unter ihnen if bie. Liebe 
nur ein Rauſch, Andere wollen ſich erſt verlieben, Viele rennen 
gedankenlos und laͤrmend in das unbeflimmte Weite hinaus, nur 
Wenige wiflen, was fie wollen, aber bie Wenigen finb immer 
die Kernmänner ber Zeit! . 

Umfaffenber, fchärfer, gründlicher Tann man den Kampf wi⸗ 
ber die Srfcheinungen der Gegenwart nit führen, als der Au: 
tor bes vorliegenden Buches gethan. Und doch bat er filh ges 
iret, er muß fich geirrt haben, weil ſich eben eine ganze Zeit 
nie irren farn! Man laffe ſich aber durch den abgeſchmackten 
Zitel nicht bindern, fein in vieler Hinſicht merkwuͤrdiges und 
bebeutenbes Buch zu leſen. Er nennt feine Beitgemälde „Cho⸗ 
lerobea’' (von yolsowdns, zur Cholera gehörig), weil er feine 
Betrachtungen der. Gegenwart Überhaupt mit ber eigenthümlichen 
Bemerkung antnöpft, daß jebe große politifhe oder religiöfe 
Unmälsung immer zugleih von traurigen Naturereignifien, ge 
wiffermaßen von Erkrankungen ber Natur, von Geuchen- und 
Eandplagen begleitet gewefen ſei. Die Richtigkeit oder Unrichtig: 
keit biefer Bemerkung nebft d n darüber gegebenen Nachweiſun⸗ 
gen bes Verf. an einzelnen mweltgefchichtlichen Perioden wollen 
wir bahingeftellt fein laffen, denn was kann man nicht Alles in 


ftern; fie en 


der Geſchichte combiniren, wenn man es einmal barauf abgefe 
en bat. Ueber bie Gegenwart aber erblickt der Verf. brei 
Seuden zu gleither Zeit hingezogen; er bezeichnet fie als bie 
politiſche, als bie fpeculatide und als bie phyſiſche. 
Diefe drei Michtungen werben denn auch bie Gegenflände feiner 
Betrachtungen , feiner Zeitgemaͤlde, die er bald mit tiefbunkein, 
düftern, bald mit ſtechenden, fpottenden Karben entwirft. Geine 
„‚Sholera:Radıtgebanten” ftreifen an dem phyſiſchen Geſpenſt ber 
Zeit mit siemlih gutem Humor vorüber ; in dem zweiten Auf: 
fag: „Brief des Magifters Schwalblein an feinen Freund in 
Rürnberg , nebfl einer Beilage, in welcher die glorreihen Jaͤn⸗ 
nertage der Dorficyule zu Wackelſteg kurz geſchildert werben“, 
zeigt ſich eine, von Seiten des Witzes betrachtet, nicht übel ge⸗ 
rathene Miniaturtraveſtie ber franzöfifchen Julirevolution, alfo 
des politiſchen Geſpenſtes, das unſer Verf. ſieht. Die bar: 
auf folgenden, ebenfalls meiſtentheils humoriſtiſch und ſatiriſch 
gehaltenen Auffäge: „Moderne Philoſophen“, „Der Disput”, 
„Die neue Thebaide“, „Meiſter Peregrin', beleuchten das [pe 
culative Geſpenſterreich der Gegenwart, in welchem der Verf. 
am beſten gu Hauſe iſt und am meiſten Recht hat.“ Die beiden 
Iegtın Auffäge: „Die Erziehung und ihre philoſophiſche Grund: 
tage" und ‚Die Geſchichte, eine fpeculative Anficht des Entwi⸗ 
delungeganges ber Menſchheit“, find zum Theil Recenfionen 
und ſchließen fich ale ſolche, erflerer an die ‚Grziehungsiehre” 
von Schwarz, der andere an die Schrift von @örres: ‚Grund: 
lage, Gliederung und Beitenfolge ber Weltgeſchichte“, obwol fie 
manche ſelbſtaͤndige, eigenthämliche Anficht ausfprechen, über bie 
wir jedoch felten mit dem Verf. einig find. 

‚Alle diefe Auffäge, und mit ihnen bie ganze Richtung des 
Berf., gehen auf ben energifch genug ausgebrüdten Endzwed 
Hin, die gefammten Grfcheinungen bes Lebens in der Reli- 
gion, als ihrem mwahrhaften und einzig zum Heil gereichenden 
Mittelpunkt., zu begründen. Diefe Religion ift aber dann keine 
andere als bie Fatholifche. Natürlich! Stehen wir Anbern, 
die wir Proteftanten find, boch fchon dadurch auf ber bewegli- 
en Fortentwickelungslinie der Geſchichte, die, abgebogen aus dem 
geſchloſſenen Kreife der Hiexardie, in bie Zukunft — unb, die 
Zukunft ift immer neuerungsfüchtig! — hinausſtrebte. ne 
Partei glaubt aber an bie Idee einer Portentwidelung nicht, fie 
fuͤhlt fih wohl in bem andaͤchtig in der Kirche abgefchloffenen 
Kreife der Geſchichte, fie begreift uns nicht, ‘die wir immer von 
einem Befferwerben reben und darum kämpfen. „Wozu ein 
Beflerwesben, wo das Reſte ſchon im Gefchlechte bafteht, in 
dem Heilande, in feinee Gemeinde und Kirche, und wo 
es befteben wich, bieweil es Gottes und nicht des Menfchen 
Sache iſt!“ (&. 180.) Rach dieſer Anſicht, wenn fie ange 
wandt wirb, kann fich gewiſſermaßen nur eine rüdwärte ge: 
bogene Sntwidelungslinie ber Geſchichte barftellen, ober vielmehr 
bie Sntwidelung, welche biefe Männer der Bewegungsloſigkeit 
in der Geſchichte zu fehen wünfchen, kann nur bie der Rüdents 
widelung, der Reftauration in bie urfprünglichen Zuftände vor 
bem Abfall fein. Denn bie Legitimen fehen alle Geſchichte nur 
für einen Abfall an, fei e8 von ber Kirche, ſei es von ber be 
ſtehenden und dadurch gebeiligten Dynaftie im Staate. 

So erblickt auch unfer Verf. in der herrſchenden Philo⸗ 
ſophie, Religion und Politik der Gegenwart gewiſſer⸗ 
maßen nur abgefallene und gefallene Engel. Er will fie wieder 
anfrichten durch den Zroft bes alleinfeligmacenden Glaubens; 
aber er ift feinee von ben gewöhnlichen Profelytenmachern. 
Was die Philoſophie anbetrifft, fo fleht er barin nicht allein 
und als ter Erſte da, diefelbe ausichliegiich auf einer religidſen 
Grundlage auszubilden. Gr gehört bier, wie auch in feinen re 
ligidſen Anftchten felbft, bie wir durchaus nicht umfpeculativ nen 
nen fönnen, jener im katholiſchen Suͤddeutſchland neuerdings ei- 
enthuͤmlich bervorgegangenen Richfang an, als deren geiftreich- 
—* Repraͤſentanten wir Anton Guͤnther bezeichnen moͤchten. 
Diefe Richtung iſt die katholiſch⸗ſpeculative. Sie denkt, 
ſie philoſophirt, fie hat Begeiſterung und hat Kraft zu begei⸗ 
twirft den Bau der oalleinſeligmachenden Kirche 


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0146 


auf neuen Birundgeltilenn 
aus und führt zur Fi 


joſophiſche Gedanke bet fi in ihe 


Kräfte entiebigt, ex it zum andaͤchtigen Nitarbiener gewerden; 


und wie eine milde gemeibte Kerze ::beim Hochamte ‚brennt bie 
Vernunft, nur um dad Bild des Erloͤſers feierlich .gu beieuch- : 


ten. Sinnige Ruhe geiſtvolle Zuruͤckgezagenheit von allem welt⸗ 


lichen Thun und Txeihen wintt uns aus den Tempelhallen bie 


ſer katholiſchen Philoſophie entgegen. Dabei get fie in ihrer 
Darftellungsmanier das Gigenthämliche, daß fie ihre hierarchi⸗ 
ſchen Anſichten in eine äußere Bilderglut gu tauchen meiß, bie 
vöHig Jeon⸗Pauliſch if. Wie. meiften Gchriftfieller, welche uns 
bis gt von dieſer Richtung bekannt geworben, jeanpaulifiren 


in ihrer Darſtellung unb find ſelbſt der humoriſtiſchen Waffen | 


mat, wo es gilt, zu wertheibigen und anzugreifen. So na 
Be ah Dr. Hod, ber Serf. bed vorliegenden Buches. 


* Bean Paul's gemuͤthvollen Farben gemalt, ſieht die fi) dar 


bietende Yrichensftätte dieſer Weligionaphilofonbie ‚allerdings nech 
anlechender uns an, und man koͤnnte verfucht werben, fich ſelbſt 
auf längere Zeit bei ihr nieberzulaffen, wenn wie nur zum Frie⸗ 
den geboren möären. Aber felbft Chriſtus bat das Schwert im 
die Welr gebracht und nicht den Frieben. Dem Zwiſt der Zeit 
entfliehen wir nicht, und wenn wir uns au in den Frieden ber 
Kirche flüächteten. Die Zeit bat bereits jeden Pulsfchlag in uns 
triegerifch und aufrübrerifch gemacht, und wir haben uns noch 
F wieder ſo weit ſammein koͤmen, um mit wahrer Andacht 
zu been. 

Ach, bier komme ich auf die Potitik im Verhältnifie zur 
Religion gu fpredden! Unfer Berf., der natürlich auch für 
das Staatsleben das einzige Heil in einer religidfen Vegruͤn⸗ 
bung und Wurzelung fiebt, ſteht hier am fihärfften ber ganzen 
Zeitrichtung und ber ganzen nenern Geſchichte gegemüber. denn 
es ihm ba nicht möglich ift, ſich ſelbſt mit der Zeit zu verſodh⸗ 
nen, wirb er vergebene barauf hoffen, daß ſich bie Zeit nach bier 
fer Seite hin mit ihm verföhne. Nichts zeigt ſich ja klarer und 
übereinflimmenber an allen Orten in den ſchwankenden pofitifchen 
Zuftänden ber Gegenwart als die immer allgemeiner werdende 
Herausſonderung bes religiöfen Elements in den Staaten und 
. das Zuruͤcktreten beffelben als eines öffentlichen. Die Politik 
bat heutzutage ihre Vernunftepoche angetreten; fie fireht nad 
einer rein und bios vernünftigen Begründung ber menfchlidhen 
Buftände. Sie will im Menfchen den Bürger, aber nicht ben 
Chriften. Daher bie Aufhebung und Mobificirung bes Begriffs 
der Gtaatöreligionen, wie fie in ben meiften con ber Zeitbewe⸗ 
gung ergriffenen Staaten faſt aleichmäßig erfolgt iſt ober im 
Werke fieht. Cine allgemein menſchliche bürgerliche Bilbung 
fo, fo fcheint es augenfällia die Zeit anzufireben, das Princip 
des Staatslebens werben. Wir ſtellen bies nicht als eine Re 
flerion von uns, fonbern als ein Factum bin, weil e& eines iſt. 
Auch wir fragen uns indeß oft: wird nicht unfer Staatsleben, 
wenn es ſich arf diefe Weiſe weiter entwickelt, in winer verftan: 
desmaͤßigen Bürgertichleit zu verknoͤchern Gefahr laufen? Wird 
wicht eined non beiden an Kraft in den Herzen verlieren, bie 
Religion ober der Staat, wenn bie erftere, fonft die Leuchtende 
Sonne des Öffentlichen Lebens, von tem Zenith ber Gegenwart 

tritt, um fortan nur bem Privatleben wie eine Privatſache 
anzugehören? Aber es ift noch nicht ber Xugenblid da, um 
uns Rerenfchaft zu geben von ben Bewegungen ber Beit, bie 
uns mit fich fortreißen, wir koͤnnen ihre Ziele noch nicht beur⸗ 
theilen; wir müfßfen hoffen, erwarten, vertrauen und das Welle 
und Höchfte von der Zufunft denken! " 

Dos Merkwürbigfte ar den Auffägen des Dr. Hock ift fein 
bumoriftifches Talent, das ſich vornehmtich in der erfien Haͤlfte 
des Buches in energifchen Schlagſchatten und fatirifchen Streif⸗ 
Hchtern geitenb madt. Wir bezeichnen bie darım als merk 
würdig, weil Humor, MWig und Gatire fonft fo vorherrfhend 


. Bihrehilafephie gebt man ‚ber Rinde . 
; fie ih ein ibealifirter Jeſuitiemus 
und ihr hoͤchfles Princip it ein Gtillichen in der Ihee, aber es 
giht für ‚fie Leine andere Bbre ala bie Idee Gottes. Der abi | 
feiner himmelſtuͤrmeaden 


Migenthäusiichleiten ber anbeun rise finb, weldger unfee Wert, 
feiabiich gegenüberftcht. Dee Mitraliberaitsmus, bie gerfiörende, 
niaberueifenbe Wlautei der Beit, hat fich neuerdings‘ vorzuge weiſe 
mit Semor und ‚Satire begabt gezeigt; die Oppoſition war im 
Der Gefchichte überhaupt immer twigig, weit bie Frivolitaͤt ihr fo 
nehe liegt. Die Legitimen, bie Verfechter des Beſtehenden find 
Dagegen immer bie Genſten, Schwärmerifchen,, Enthufleftiiihen 
gemeien, weil fie fo viel: Anlaß zur Tragik haben. Wan folkte 
denken, das Behagen des Befiges, auf hen fie ſich fiägen, müßte 
audy den Legitimen zu einigem Humor verhelfen. Aber biefer 
Beſit, dieſer Soden ber Vergangenheit, auf bem fie ruhen moͤch⸗ 
ten, if ja laͤngſt ein vulkaniſch oerſchuͤtterter, ben fie ſich fix 
gemacht fühlen im Sturz; ber Seit, und an ben fie nur 
athemlos, obwol mit titanenhaften Wingen ſich fell Hanımem. 
Daher unter den Begitimen fo graßartig tragiſche Geſtalten wie 
Ehateaubriand! Iheodor Mundr. 





Notizen. 


Zur Kunſtgeſchichte. 

Zu ben Kuͤnſtlers, welche unter andern Verhaͤltniſſen zum 
den bedeutendſten Erſcheinungen in der Kunſtgeſchichte ſich wuͤr⸗ 
hen herangebildet haben, gehoͤrt unſtreitig der unlaͤngſt ver: 
ſflorbene polniſche Kuͤnſtler Alexkander Oriowski. In Siedlce 
geboren, bildete er ſich in Warſchau, wo damals weder eine 
öffentliche noch eine Privatgemaͤldeſammlung beſtand, ohne Mei⸗ 
Mer und ohne die großen claſſiſchen Warbilder der Kunft zu 
fennen,, indem er Caricaturen und Tagesereigniffe mit Bleiſtift 
zeichnete, bie bald von ben Liebhabeen gefucdht wurben. So 
fortſchreitend, und befonders Caſanova nachahmend, warb er 
bald allgemein beliebt. Oft in gewählter Geſellſchaft nimmt 
er den Bieiſtift zur Hand und fängt maſchinenmaͤßig an, eine 
Beichnung auf bad Papier binzumerfens bald aber. wird feine 
regfame Phantaſie lebendig, er ermermt, und mit erflaunenss 
werther Uebung zeichnet me die trefflichſten und kühnſten Ideen 
und fo zum Theil feine beiten Arbeiten. Die meiften feiner 
Werke hat er in Petersburg binterlaffen, wo. ex and) den größe 
sen Theil feines Lebens zugebradt hat; doch findet fi viel 
leicht kein angefehenes Haus in Polen und Rußland, in bem 
man nicht feine gefihägten Blaͤtter antreffen koͤnnte. Er au 
beisete in Del (befonders Portrait), Aquarell und WBieiftift, 
aber er hat auch mehre Kupferſtiche, vorzüglich Thierftuͤcke, 
geliefert. Seine meiſterhaft geaeichneten Lithographien flellen 
orößtentgeild in lebensvollen Scenen bie Gircaffier in ihrer 
kaunnerlicen phantaftifhen Tracht und auf ihren leichten Pfer⸗ 
en bar 

Polnifher Lurus. 

In welchem Ueberfluffe bie polniſchen Herren noch in ber 
legten Hälfte des 18. Jahrhunderts gelebt haben, beweift fol⸗ 
gender Auszug eined Briefes, der 1760 aus Sialyſtock nadı 
Warſchau gefchrieben worden ift: ,Als Elemend Branichi, Erb⸗ 
herr von Bialyftod, fpäter Krongroßfeldberr, am Nemens tage 
feinee Gemahlin (einer geborenen Poniatowska und Gchwefter 
des Iepten polnischen Königs Stanislaus Auguft) ein Gaftmeht 
gab, war in ber Galerie ein Tiſch für 200 Perfonen ſervirt. 
In der Mitte dieſes Tiſches befand fich der Länge nach ein 
Kanal, der’ mit dem theuerften Tokaier angefüllt war. Auf 
biefem Tokaiermeere ſchwammen 24 kuͤnſtlich gearbeitete Schiffe, 
nit Zuderwert, Gonftturen und andern Leckerbiſſen belaten. 
Bor jeder an bem Zifhe figeuden Dame bielten die Sciffiein 
fit, nach Wefallen entnahm .diefe von der Iedern Waare. 
Rad dem Deffert wurde ein ungeheurer Pokal gebracht, einft 
das Gigenthum bed verühmten Helden Czarnecki, und nım fins 
gen bie. Herren in der Geſellſchaft aus dem Tokaiermeere zu 
Ihöpfen an, fodaß in weniger als einer halben Etunte bie 
Schiffe auf dem Grunde feſtſtanden.“ Wyrwicz nennt daher 
wol mit Recht Kialyſtock das Verfailles von Pobolien. 177. - 


- 


Redigirt unter Berantwortlicteit der Verlagshandlung 3% Brodhbauß in f} eipzig. 
— EEE EReEEEBS 


literariſche Unterhaltung. 


— 


Blätter 


für 





Montag, 


Weberfiht der fehwedifchen Literatur vom Jahr 1832, 

Erſter Artikel. 

Allgemeines. 

Die glückliche Einfoͤrmigkeit unſers politiſchen Still⸗ 
lebens hat in dieſem Jahr fortgedauert, der Norden des 
Reichs wurde aber wieder wie im vorigen von einem all⸗ 
gemeinen Miswachs getroffen, deſſen traurige Folgen doch 
einigermaßen durch die Fuͤrſorge der Regierung und reich⸗ 
liche Gaben aus allen Landſchaften gemildert werden. 
Das allgemeine Mitleiden wurde auch vom Miſſionnair 
Laͤſtadius für. die armen Waldlapplaͤnder in Anſpruch ge⸗ 
nommen, die drei Jahre hindurch von der ihnen ſo ver⸗ 
derblichen Witterung litten; die Erde fror im Herbſte 
ſtets ſo feſt und tief zu, daß die Rennthiere ihre einzige 
Winternahrung, das Moos, nicht aufſcharren konnten; 


eine große Zahl dieſer Thiere ſtarb und das Volk gerieth 


dadurch im aͤußerſte Noth. Läftadius’ Aufruf hatte aber 
einen Erfolg, daß er, wie er in feiner Dankſchrift fagt, 
faft über das viefe eingegangene Geld erfchrat, und wies 
wol die Summe nur mäßig erfcheint (etwas über 3000 Thlr. 
ſchwed. Bco.), fo war fie doch in einem Lande, wo das 
Gerd einen fehr hohen Werth bat, mehr als hinreichend, 
die ganze lappländifhe Bevölkerung der Piteaͤ-Lappmark 
aus dem Elend zu retten und gewifjermaßen in Wohl: 
ſtand zu verfegen. 

Noch einige andere innere Angelegenheiten beſchaͤftig⸗ 
ten lebhaft die allgemeine XTheilnahme. Der Oſtgoͤtha⸗ 
kanal, deſſen Bau 1810 begonnen und beinahe 9 Mit: 
lionen Thaler (44 Mi. Conv.⸗Thlr.) gekoftet hat, wurde 
im September 1832 vollendet und im Beiſein des Koͤ⸗ 
nigs, der Königin und des Kronprinzen mit großen Feſt⸗ 
lichkeiten eingeweiht. Im naͤchſten Jahre wird man erft 


ſehen, welche Vortheile das Land von diefer koſtſpieligen 


Unternehmung ziehen kann. Der König kehrte aus Mor: 
wegen zuruͤck, wo er einige Zeit verweilt hatte. Seine 
ganze Reife glich einem Triumphzuge. Vielleicht haben we⸗ 
nige Monarchen eine folche gewinnende Perföntichkeit, welche 
Hoheit mit Anmuth, Majeftät mit Popularität, Würde mit 
Leichtigkeit im fich vereinigt. In Chriftiania hatte der 69jaͤh⸗ 
tige König bei einem ihm zu Ehren veranftatteten Fackel⸗ 
zug ber Studenten ihre Lieder in rauher Witterung flunden- 


lang angehört, worüber der jugendliche Enthufiasmus in 


der Burfchenzeitung „Vidar” faft uͤberſtroͤmt. " 


—7 Nr. 126. mr 





6. Mai 1833. 





Kaum war ber Fürft von diefer Reiſe, auf der er bie 
unverbächtigften Beweiſe der Liebe feiner Unterthanen in 
beiden Königrelchen empfangen hatte, zuruͤckgekehrt, ale 
zwei Perfonen wegen Hochverrathe plöglich verhaftet wur⸗ 
den. Eine Verſchwoͤrung war feit den legten 20 Jah⸗ 
ren bei uns etwas ganz Unerhörtes, und die allgemeine 


Bellürzung wurde um fo größer, weil die Verhöre in ben. 


erften acht Tagen geheim gehalten wurden. Endlich loͤſte 
fi die Sache, wie man aus den politifchen Zeitungen 
weiß, in ein Nichts auf, in eine elende Finanzfpeculation 
ziveler armfeliger Barone, von Düben und Vegeſack; ber 
Lestere ift ein Sohn des Generals, der ſich in dem Bes 
freiungskriege fehr ausgezeichnet hatte. Ihre Unternehs 
mung fland ganz vereinzelt, ohne irgend eine Verzwei⸗ 


gung da, wiewol ſich die Leute bei dem Prinzen Guſtav 


den Schein geben wollten, als ftänden fie mit den Haͤup⸗ 
tern der Oppofition in vertrauter Verbindung. Wie die 
Briefe diefer Herren an den Prinzen in die Hände ber 
ſchwediſchen Regierung geriethen, ift noch immer ein’ NRäth: 
fel; von der fchwedifchen Gefandtichaft in Wien wurden 
fie eingefhict, fo viel weiß man. 

Dos Intereffe an diefer Sache dauerte nur einige 
Wochen, ward aber fpäter wieder angeregt, als eine Schar 
Barone, Sreiinnen und alte und junge Fräuleins aus 
verfchiedbenen Theilen des Reichs vorgeladen wurden, Zeug: 
niß abzulegen. Sie wußten aber menig oder nichts, und 
über den Ausgang der Sache ift nichts zu berichten, als 
daß, wie es in unferer „Minerva” heißt, nach beendigtem 
Proceß die Zimmer des koͤnigl. Hofgerichts, wo die Ver: 
böre ftattfanden, gefegt, gefcheuert und gelüftet wurden. 
„Uebrigens“, fo aͤußerte ſich ein norwegifches Blatt noch 
während ber Unterfuchung, „koͤnnten bie Barone auch im 
ſchlimmſten Falle wegen ihrer Köpfe ganz ruhig fein, weil 
fie feine zu verlieren hätten”. Auch bezeugten ihre ſchwe⸗ 
difchen,, franzöfifhen und deutfchen Briefe, die In fachli: 


cher wie fprachlicher Dinficht gleich elend waren, daß vor - 


ihnen Fein Thron zu zittern braucht. Und doch ſtand einer 
diefer freiherrlichen Abenteurer an ber Spige einer Zeitung. *) 


*) Hiernach brauchen wir über folgende Schrift nicht weiter 
zu berichten: Authentifche Nachrichten über bie am 4. Oc⸗ 
tober 1832 in Stockholm wegen Bocverraths zur Verant⸗ 
wortung gezogenen fchwebifchen Barone, Major Johann 
Friedrich Ernſt von Pegeſack und Major Guſtav von Düse 


ud 


518 


Die fchon feit Jahren ſchwebende Frage über bie 


Geldrealiſation {ft von den Bankdirectoren, den Bevoll⸗ 


mächtigten der Meichsftände, den Reviforen und zu Rathe 
gezogenen Kaufleuten, endlih in ben Zeitungen lebhaft 
verhandelt worden, hat aber zu einem Ergebniß geführt. 
Die mebrfeltige MWerufung deshalb anf bie Eutſcheidung 
des Königs hat die Erklärung deffelben zur Folge gehabt, 
er koͤnne in einer fo voichtigen Angelegenheit, worüber die 
Meinungsverfchiedenheit fo groß fei, fih nur mit feinen 
treuen Reicheftänden, bie er binnen Kurzem zu berufen 
gedenfe, berathen. Ein Reichstag wird alfo, wol aber erſt 
im naͤchſten Herbſt zufammentreten 

Diefe Angelegenheiten haben natiruich für unfere Zei: 
tungen überreihen Stoff gegeben. Die Namen und den 
Charakter der meiften haben wir fchon angegeben. Das 


‚„Aftonbladet” (Abendblatt) hat noch immer die meiften 


Leſer und zählt etwa 3000 Abonnenten, nicht etwa ſei⸗ 
ner politifchen Tendenz wegen, fondern meil es noch im: 


mer mit dem größten Fleiß die Stagen des Tages raſch 
. aufrafft und in einem leichten, freilich zumellen poͤbelhaf⸗ 


ten Zon beſpricht. Es Huldige zwar immer der Partei 
der Bewegung, body jegt mit einer gewiſſen Mäßigung, 
feitdem die UWrbilder in Frankreich ihr radicales Streben 
etwa zu offen dargelegt haben und das Blatt ſelbſt zu 
einem gewiſſen Anfehen gelangt if. „Argus“, in deſſen 
Schule das „Altonbladet” aufgezogen ift, hat gegenwärtig 
nur 5 — 600 Abonnenten und ift über die flets fin: 
kende Zahl immer mismuthiger, mücrifcher, zänkifcher und 
leider auch langweiliger geworden. Anfangs war auch er 
für Die Zuffrevolution begeiftert; allmälig bat er aber ſich 
von dem mouvement zurüdgezogen, unb er, ber ehe: 
malige, jegt aus der Mode gelommene Demagog, predigt 


nun ſehr erbaulich über das revolutionnaire Streben. 


des „Aftonbladet” und vertheidigt mit großem Eifer das 
juste milieu. 0 

Diefelbe Nemefis, welche den „Argus” beim felbftän- 
digen Xuftreten des durch ihm gebildeten „Aftonbladet‘ er: 
eilt hat, bedrohte kegteres, das fich auch einen Nebenbuh⸗ 


ter beranzog, der eine Buchdruderei und mit biefer bas 


„Dagligt altehanda” (Tägliches Allerlei), ein ganz harm⸗ 
loſes Intelligenzblatt, ankaufte, aber demfelben eine er: 
weiterte Tendenz gab. Kein Mittel, wodurch fein vorma⸗ 
tiger Lehrer Abonnenten ſich zu verfchaffen wußte, "blieb 
umverfucht, und die Bemühungen waren nicht erfolglo®. 
Morgens und Abends erfchien ein Blatt; felbft Die Bir. 
letriſtik, die ſchwache Seite der Abenbblattsredaction, wurde 
in Anſpruch genommm. Kurz, das Schiffchen fegelte 
fuftig, aber leider verftand fein Führer nicht die Kunft, 
den Klippen des Preßgeſetzes moͤglichſt nahe vorbeizuſegetn, 


ohne anzuftoßen; bie Abendjolle gerieth auf eine folche 
Kippe, frandete und ging unter. 


‘den, bie Unterfuchung tes Königlichen Hofgerichts zu Stod: 
boim und das von Geiten bes bienfithuenden Advocat⸗ 
Fiscals Pfeffer über diefelben ausgeſprochene Urtheil. Gin 
genauer Auszug aus dem bei diefer Gelegenheit geführten 
Protokolle des fchwebifchen Griminuizerichte. Leipzig, Hart: 
mann. 1839. ®r. 8. 18 ®r. u 


Der Herausgeber ber ultraliberalften aller ſchwediſchen 
Zeitungen, ber als heftiger Oppofitiongmann auf dem leg: 
ten Reichstage bekannte Oberſtlieutenant Dierta, kam etwa 
um bie Mitte bed Jahres wegen Schulden in Haft, 
worin er fich noch befindet. Don ba wurde fein fchon 
vorher würgeftlimes Blatt immer verroegener, und endlich 


ließ er in einem Stüd feines „Medbergaren” (Mitbür: 


ger) einen förmlihen Aufruf zuc Empörung einruͤcken. 
Die Regierung, die fi ihres Rechts zu willkürlichen 
Einziehungen jest felten bedient, Ueß ihn gerichtlich an⸗ 
Hagen. Die Jury ſprach das Wort: ſchuldig, aus, und 
jest mußte, nicht er, fondern fein Freund, Herr Roſen⸗ 
quift till Akershult, als verantwortlicher Redacteur, auf 
ſechs Monat nach der Feſtung Waxholm wandern. Das 
Blatt „Medborgaren“ ging ein. 

Die Zeitungen ber Gegenpartei, bie wisige „Minerva” 
und das übelberlichtigte „Fäderneslandet” (Das Vater: 
land) beſtehen noch; bie erfte mit wachſendem Beifall 
und zunehmender Verbreitung. Der abenteuerliche Heraus: 
geber des dritten minifteriellen Blatts: „Granskaren‘‘ 
(Der Beurtheiler), war im Anfange des Jahres verfchof- 
fen, trat aber im Juni plöglih auf, und feine Zeitung 
wird auch 1833 fortgefegt. j 

Unfer literarifches Converfationsblatt: „„Heimdall”, hat 
mit 1832, nachdem ed 44 Jahre beftanden, aufgehört; 
ftatt feiner wird ein „Nüchternheitöherold” (,‚Stockholms 
Nyhterhetshärald”) aufteeten, 

Im September 1832 Tieß die Uniyerfität Upſala eis 
nen Aufruf zur Gründung eines wiſſenſchaftlichen Vereins 
ergehen, deſſen Zweck fein follte, eine Literaturzeitung und 
eine wifjenfchaftliche Zeitfchrift zu begründen. Der Vor⸗ 
fchlag, als volllommen zeitgemäß anerkannt, fand Beifall, 
man unterzeichnete willig, und bald waren 4500 Thaler 
gefammelt, fodaß am 6. November ber Verein zu Stande 
kam, deffen Theilnehmer, der Kronprinz; an der Spige, 
alle namhafte Gelehrte ber Hauptſtadt, der beiden Uniner- 
fitäten und aus den Provinzen mit ‚wenigen Ausnahmen 
find. Die Mitglieder, deren Zahl 280 beträgt, von denen 
gegen 8O fi zur Arbeit an den beiden Zeitfchriften er⸗ 
boten haben, wofür fie Honorar erhalten, machen ſich zu 
jährlichen Beiträgen von mindeftend 10 Thaler für jedes 
einzelne Mitglied verbindlich. Unter dem Titel: „Svenska 


Literatur Föreningens Tidning” (Zeitung des ſchwedi⸗ 


ſchen Literaturgereins), trat mit Anfang 1833 die Lite 
raturzeitung ins Leben. Die wiſſenſchaftliche Zeitſchrift, 
deren erſtes Heft jegt unter der Preffe ſich befindet, wird 
„Skandia” heißen und ben Pla der eben aufhörenden 
„Svea“ einnehmen, 

Im ganzen Reidje erfchienen im Jahre 1832 81 Zei: 
tungen, davon in Stodholm 2D, in Upfale 3, in 
Lund 4, in Gothenburg 8, in Chriftianffabt 2, in Ny⸗ 
koͤping 3, in Kalmar 3, in Skara 2, in Stregnis 3, 


in Wisby 3, in Kortfladt 2, in Linköping 2, in Mat. 


md 2, in Norrkoͤping 2, in Weſteraͤs 2. Zeitſchrif⸗ 
ten gab e8 17, nämlich in Stedholm 10, in Upſala 1, 
in Lund 4, in Gothenburg 1, in Chriftianftadt 2, in 
Nykoͤping 1, in Skara 1. 17. 


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— Renee Un 





zZ y—— Mu" mie fe ME — 
” 


\ 


| - 5 
— Heyſes Handwoͤrterbuch der deutſchen Sprache. 


Soeben Habe ich eine Lecture Beenbigt, die Sie mir wol 
kaum zutrauen, am wentgften aber nachmachen werben. Ich 
babe ein halbes deutſches Wörterbuch burchgelefen, und wäre 
bie andere Hälfte nur ſchon gedruckt, ich hätte fie verfchlungen. 
Sie glauben nicht, wie klug man ift, wenn man ein beutfches 
Wörterbuch fludirt bat! Unſere unglaublich reiche, bild⸗ und 
biegfame Mutterfprache mit ihren Provinzialfchägen ſchließt ſich 
in einer Grammatik nit Halb, fo anſchaulich dem Geiſte auf. 
Es ift zwar oft fehr langweilig, ein Wörterbuch zu lefen, aber 
bei weitem nicht fo ermübend, als eine Grammatik. Grimm’s 
and Heyſe's Sprachlehren babe ich in mehren Jahren nicht 
ducchlefen, und das beutfche Sprachbuch von Harniſch, fo geift: 
vol es oft iſt, meift nicht zecht verbauen können; allein dieſe 
faft 1000 Seiten ſtarken brei erften Abtheilungen des 
Handwoͤrterbuches ber beutfhen Sprache, mit Binfiht auf 

Nechtfchreibung, Abftammung und Bildung, Biegung und Fuͤ⸗ 
gung ber Wörter, fowie auf deren Sinnverwandtfchaft. Nach 
ven Grundfägen ſeiner Sprachlehre angelegt von Joh. 
Shrift. Aug. Heyfe, ausgeführt von K. W. &. Heyſe. 
Erſter Band in zwei Abtheilungen und zweiten Bandes erfte 
Abtheilung. Magdeburg, Heinrichshofen. 1831-33. Gr. 8. 
Subfcript.s Preis für beide Bände 3 Thlr. 


habe idy mit größerm Vergnügen gelefen ale das ganze Regi⸗ 


"ment von Walter Scott's über einen Leiſten uniformirter Ro: 


mane. Jedes Wort bat feine Gefchichte, feinen Roman und 
erlebt mertwürbige Schickſale. Stammpäter und Stammmütter, 
Ahnen, Annäherungen, Abſtoßungen, Liebſchaften, Vermaͤhlun⸗ 
gen, Kinder, Verwandte, Freunde, Adel und Knechte, Herrſcher 
und Beherrſchte, genug, bie Welt, das Volk in feiner materiell⸗ 
ſten Geſtalt ſteht in einem Lexikon im buntem Getreibe vor 
mir. 3a, und bie feine Diplomatie, biefes leife Andeuten, Be: 
rühren, Hoffen, Wünfchen, Bitten, Verlangen, Schnen, Befeh⸗ 


‚Yen, Empfehlen, Schmeicheln, diefe Geheimnißkraͤmerei und berbe 


Sigenthümlichkeit der abgefchloffenen Zünfte und Gewerbe, ber 
Künfte und Wiſſenſchaften: wahrhaftig, e8 gehört wenig Phan⸗ 
tafie, nur eine lebendige Empfindung bes Worts bazu, um ein 
Wörterbudh, um die ganze Lerilographie im hoͤchſten Grade an⸗ 
ziebend zu finden. Wer, wie ih, weber Weib noch Kind hat 
und bie Welt nur in feinen Buͤchern fieht und jedes Volt in 
feiner Sprache liebt, findet in einem Woͤrterbuche eine Quelle 
‚großer Freuden. Bisweilen erflaune ich auch über bie giganti- 
che Geduld des Lerifographen; dann über feine Genauigkeit 
und Confequenz; jetzt wieber über feine Studien und Kennt: 
niffe und manchmal über mich felbft, baß ich nicht mübe werde, 
alle diefe großen mir fehlenden Gigenfchaften zu bewundern. 
Zulegt kitzle ich mi mit dem wohlthätigen Gefühle meiner 
Weisheit, baß ich hin und wieder eine Lüde merke und ein 
Wörtchen vermiffe, das vielleicht Niemand vermiffen würbe, weil 
ed entweder ein Provinzialidmus ift, oder felten vorkommt. 
Herr Heyſe ift, fo viel fehe ich ein, von der undanktbaren, 
tieffpurigen Fahrſtraße feiner berühmten Vorgaͤnger abgemwichen. 
Gr Hat die Sprache aus dem Leben gegriffen und nicht aus ber 
Schrift allein. Seit man begriffen hat, daß in Meißen und 
Braunſchweig nicht allein gutes Deutfch gefprochen werde, {ft 
bie Ernte von Begriffen, welche bas Volk auf Worte gefept bat, 
um ein Drittel reihlicher ausgefallen. Demungeachtet möchte ich 
‚Hrn. H. verdäcdhtigen, als ob er zu fehr die Sprache und Mund» 
erten des nördlichen. Deusfchlande berüdfichtigt habe und ben 
zeichen allemannifchen Sprachfchag vorbeigegangen fei, vielleicht 
weil bev Allemanne, wenn er ſich verftändiich machen will, bie 
nieberteutfhe Gprace reden und fchreiben muß. Allein 
vermiffe daher auch eine bedeutende Anzahl guter, kurzer Ety⸗ 
mologien und Webergänge, aus denen ber jegige Klang. bie heu⸗ 
"tige Schreibart und bie gegenwärtige Bedeutung ber Wörter 
unmwiberleglich klar werben würbe. 
Dagegen bat Hr. H. die Sprache bes Volkes, in welcher 

es fih nad feiner bermaligen intellectaellen Bildung verftäns 


⸗ 


19 ‘ . 


bigt, mit einer Lebendigkeit, einer Liebe, einer Aufmerkſamkeit 
und Präcifion, und mit einer Zartheit aufgefaßt, die das höchfte 
SIntereffe erregt. Bon Buchſtaben zu Buchſtaben wirb ihm feine 
Arbeit lieber, und mit jeder Seite wird fie gediegener, je freier 
er fich in dieſem Reiche bewegen lernt, je mehr Georbnetes hin⸗ 
ter ihm liegt. 

Der Weg, ben Br. H. eingefhlagen hat, entfernt ſich mei: 
nes Erachtens von aller Methode ber’ mir bisher bekannt gewor: 
benen Wörterbücher irgend, einer lebenden oder todten Sprache. 
Er wollte und will nicht ein gelehrtes Etymologikon geben; 
auch will er ebenfo wenig vorfchreiben, welches Wort fcheiftfäffig 
fei, weiches nicht; aber er deutet an, welches Wort bisher 
Schriftfäfigkeit erlangt hat, oder welche Korm bie richtige iſt, 
welche nicht; er nimmt alle Formen und Endungen nach ihren 
Bedeutungen und zarten Sinnnuancen auf und erklärt fie, ſtellt 
bie Sprahftämme und Wortfamilien, wie fie noch leben, zuſam⸗ 
men und beutet auf bie verflorbenen kurz zurüd; er folgt ei: 
ner einfachen, aber durch Stubium und feines Ohr begründeten 
Orthographie und vergißt nie, bie prosinzielle Bedeutung, den 
engern ober weitern Gebrauch ber Wörter zu bemerfen. Ge⸗ 
ſchlecht, Declination, Gonjugation u. f. w., genug alle Verle⸗ 
genheiten, in welche ein Wort gerathen Tann, bezeichnet er durch 
eine fefte Terminologie, mit ber er bie Wörter fo ficher claffifi: 
cirt, die Redeſaͤze und ihren Bau mitteld ber fraglichen Wär: 
ter fo anfchaulidy macht, daß man glaubt, man fludire Natur: 
gefhichte nah Oken's Syſtem. 

Ich bedauere nichts, als daß Dr. H. durch feine, wie ich 
höre, ſchwankende Gefunbheit die Weendigung biefes Werkes 
bisher etwas zu verzögern gezwungen wurte; aber ich kann 
nicht unterlaffen, Sie ſchon jest auf bie drei erften Abtheilun: 
gen bed Ganzen aufmerkfam zu machen. Gr und fein Berleger 
erwerben ſich dad Verbienft, ein nationales Wert zu liefern, 
das an gemeinnügiger Brauchbarkeit und Verſtaͤndlichkeit feine 
Vorgänger, unbeſchadet ihres Ruhms, weit hinter ſich zurüd: 
laſſen dürfte Hier iſt kein fublimirter MWortbeuterwig, in 
bem fi Viele fo ſehr gefallen; bier iſt Sprache, bie 
— des Volkes. Jeder Deutſchſprechende erkennt ſeine 
Sprache -darin, ſofern fie nur dem ſogenannten Hochdeutſchen 
aͤhnelt. Gr braucht ſich nicht muͤhſam durch lange fratzen⸗ 
hafte Etymologien durchzuwuͤrgen; er findet ſogleich das 
Wort und deſſen Gebrauch nach allen Beziehungen beſtimmt. 
Der Schüler und Gelehrte werden Hrn. H. dieſe Arbeit dan⸗ 
fen; der Kaufmann und Handwerker werben durch biefelbe bald 
bahinfommen, deutſch zu verftehen, und wenn auch Hr. H. das 
Wort: teutſch, nicht nach Luden's gewiß geiftreich und gelehrt 


bewieſener Abftammung ſchreibt, fo hat er doch dem Munde und 


Ohre des Volks durchgängig biejenigen Rechte bewahrt, bie es 
den Etymologen zum Trotz geltend macht. 

- Ic gedenke, diefer Erfcheinung weiter zu folgen. Bie grei 
fo tief und tüchtig in den Volksunterricht ein, bag ich mich m 
der praftifchen Sprachlehre des Waters bed Hrn. H., welde 
ſich ebenfalls von dem philofophifcdyen und etymrologifchen Wege 
entfernte und nur über das Vorhandene, wie es ift, feſte Re: 
geln fuht und gibt, mehr und mebr verföhne. Je mehr Kr. 
H. fein Wert zu vervolllommnen Zeit behält, deflo mehr rechne 
ich darauf, baß größere Einigkeit unter den Dripograpben un: 
feres Vaterlandes eintreten werte. Bon dem Volke läßt ſich 
nichts erzwingen. Vox populi, vox dei! Alle Pbilofopbie und 
Etymologie wird vor ber Ausſprachhe zu Schanden. Das le 
bende Geſchlecht hat recht, bie tobten Geſchlechter haben unrecht. 
So it es in Bitten, Meinungen und ‚focjolen Einrichtungen, 
fo in ber Sprache, dem fefteften focialen Binbungsmittel ber 
Nationen. 124... 





m. — — — — — — — — 


RKomanenitteratur. 


1. Veit. Gin Beitrag zu den Denkwuͤrdigkeiten peinlicher Ge⸗ 
vichtöpflege von Alexander Bronikowski. Drei Bände. 


— 520 


Auch unter dem Titel: Sammlung neuer Schriften. Vier⸗ 
zehnter bis ſechezehnter Band, Leipzig, Bruͤggemann. 
1882. 8. 4 Ihblr. 
„Traun, das Schauſpiel wär gut, wären nicht Worte ba: 
bei’, ſagt Schlegel von der „Johanna von Montfaucon“, welchen 
Ausfpruch wir mit einiger Beſchraͤnkung auch auf biefen „Veit“ 
anwenden möchten, ber in feinen exften Bänden offenbar zu 
wortreich ift, obgleich der Weberfluß nicht von geringfügiger 
noch gefchmadtofer Art if. Die Weitfchweifigkeit ift nicht in 
der ungefügen, mit fremden Ausbrüden durchſpickten Sprechart 
uw Ende bes 17. Zahrhundertss nur der nichtöwärbige Feld: 
Üherer welcher in vieler Herren Ländern und Lagern ſchlechte 
Gtreiche getrieben, ein unwiffender Arzt und etliche ebenfo une 
wiffende Gerichtöperfonen geben etwas bavon zu hören, alle 
Uebrigen haben ſich nicht den fleifen muflvifchen, fonbern ben 
guten deutſchen Styl unferer Tage zu eigen gemacht, obne je⸗ 
doch Anfpielungen und Ausbrüde zu gebraudyen, bie jene Zeit 
nicht kannte. Die Gharaftere find wohl durchgeführt, die ber 
Böfewichter find Leine Zerrbilber, nur zulegt fcheinen fie ans 
Uebertriebene in ihrer Freimuͤthigkeit zu freifen, fie fcheinen es 


aber mehr, als daß ihre Offenheit unnatuͤrlich wäre: weſſen 


Hals einmal verwirkt iſt, ber will den Spießgefellen mit ver: 
derben, wol gar in der flillen Hoffnung, durch den Verrath 
für fi ein milderes Urtheil zu gewinnen. Gigennug, rohe 
Sinnlichkeit und die larefte Moral machen einen Schöffer und 
beffen Sohn zu Bilutfaugern eines Laͤndchens, deffen ‚Herr fern 
davon in den Heeren des Kaifers lebt und keine Klage über 
ben ungerechten Saushalter hört, weit dieſer fchlau genug Feine 
Ungerechtigkeit begeht, die ihn blosftellen könnte, ſich bei feinen 


Untergebenen in Furcht und Schrecken zu fegen weiß, feine Col⸗ 


legen einfchächtert, fobaß es ihm mit wenig Ausnahmen gelingt, 
feine ganze Umgebung von fidy abhängig zu machen. Der aus 
ſchweifende Sohn ift weniger Beiftand, ale daß er durch feine 
Unthaten und Frechheit das Gchuldenregifter bes Vaters ver» 
größert, beffen Affenlicbe immer neue Raͤnke erfinnen muß, ben 
Aufwand bes Sohnes zu decken, feinen Lüften zu ſchmeicheln. 
Als Zuträger, Aufwwieglee und Kuppler iſt der Chirurg ber 
Dritte in biefem Bunde ber Verworfenen. Gr reizt des Actua⸗ 


rius Begier nach der ſchoͤnen Tochter eines Kreifaffen und feine“ 


Rache, als ihm die Verführung mislingt und er ſchnoͤde abge⸗ 
wiefen wird. Auch des Vaters, des Schöffers, Habfucht er 
wacht fowie ein geheimer Groll gegen den Mann, ber nie vor 
ihm krochz die Raͤnke der drei böfen Buben, Unvorfichtigkeit 
bes redlichen Weit bringen biefen in den Ruf eines Herenmeifters ; 
bei ber Dummheit, ber Kurchtfamleit der Richter ift es dem 
boshaften Schäffer Leicht, in dem Angeklagten Das bineinzuin- 
quiriren, was nicht heraussufragen if. Die Vorurtheile, der 
Aberglaube jener Zeit, die Willkuͤr in der Zuftizpflege find dem 
ungerechten Richter günftig: ſchon ift ber Gcheiterhaufen für 
ben gefolterten Weit errichtet und für deffen Tochter Marie, 
ſchon ift fein Töchterchen verblutet und das Soͤhnchen bem Tode 
‚ nah, als der Reichsgraf und Landesherr urplöglich erfcheint, 
doch nicht auf Weife der Fürften in unfern Ruͤhrſpielen, ober 
wie Goͤtter in ber Maſchine; ein waderer Dann, deſſen Anwes 
fenheit motioirt wird, hat ihn herbeigerufen, zu fpät, um alle 
Unbilden zu fleuern, aber noch früh genug, um Veit's Unſchuld 
an den Tag zu bringen und ba3 ungerechte Urtheil niebergur 
fhlagen. Frühere Unthaten ber fchänblichen Rotte kommen da⸗ 
bei ans Licht, auch die Abſtammung Mariens von einem vor: 
nehmen Bater, bem Beit, ein treuer Diener bid ans Grab, ja 
drüber hinaus, gewärtig geblieben und ben Eid gehalten. Den 
Sciechten wird die gebührende Strafe, bie Unfchuldigen wer: 
den in ihre Rechte eingefent, ſodiel es moͤglich, Marie wird bie 
Gemahlin eines Prinzen, und der Eefer nimmt die Anficht aus 
diefer, im Weſentlichen gewiß wahren Geſchichte mit hinweg, 
daß le bon vieux temps mitunter ein mauvais odieux temps 
bahn nach dem man nur bebingungsmeife ſich zuruͤckzuſehnen 
abe. | 





Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagäbandlung: $. A. Brodhaus in Leipzig. 
ee a in 


2. Abendftunden. Erzaͤhlungen von Ludwig Preffel. Va⸗ 
terfluch. Meifter Lucas und fein Gefelle. Der Deferteur. 
Ludivigsburg, Naft. 1838. 8. 1 Thlir. 

Die erfte und dritte Erzaͤhlung find aus ber Zeit, wo ber 
Stock beim Militair noch Alles regierte. Die Hubeleien eines 
grilligen Hauptmanns laffen in der erften Erzählung ben höher ges 
bildeten Wachtmeifter einen Suborbinationsfehler begeben, er befer« 


tirt, verbirgt fich, verliebt ſich bei der Gelegenheit, wirb von einem. 


Misgünftigen verrathen und nach Kriegerecht erfchoffen. 

In der erſten Erzählung gibt's ebenfalls Defertionen, Re 
gimentöftrafen u. f. w., aber ber Verfluchte entkommt gluͤcklich, 
gibt fich felbſt als Watermörber an und ift gefaßt auf den Tod 
durch Henkershand. Water und Sohn tragen bei dem Berbres 
hen gleiche Schuld, beide find heftig, halsftarrig und durch ihre 
Srreligiofität unfähig, ihren Seibenfügaften zu gebieten, was, wenn 
jmel ſolche unbeugfame Naturen in bit engfte Verbinbung ger 

racht find, nur einen tragifdhen Ausgang nehmen Tann. Der 

Geſelle bes jovialen, nie um ben andern Tag forgenden Meifter 

Lucas findet unvermuthet einen Vater, der für ben Leichtfinn feis 

ner Jugend die vernünftigfte Buße thut, indem er den Sohn 

anerfennt und in Stand fest, feine Hergallerliebfte zu heirathen. 

3. Arbigar ber graue Wanderer, oder Lafterfirafe und Tugend⸗ 
lohn. Ein Gegenftüd zum Schwarzen Ritter vom nämlichen 
Verfoffer. Wien, Haas. 1832. 8, 20 Gr. 

Beabfichtigte der Berf., wie mir zu glauben geneigt finb, 
unferer heutigen Jugend einen Begriff von den Geiſterromanen 
von Spieß zu geben, an welchen bie Jugend ber legten 25 Jahre 
bes vorigen Jahrhunderts fo viel Gefallen fand, fo muß man 
geftehen, daß er nicht ganz fein Vorbild erreichte. Die ſchoͤ⸗ 
pferiſche Einbildungskraft, welche die Petermaͤnnchen, un⸗ 
ruhigen Matronen und bgl. ſchuf, war nicht bie himmliſche 
Phantaſie; materiell und ungeſchlacht wie fie war, hatte fie 
doch draftifches Vermögen mehr als hinlänglich, auf jugendliche, 
empfaͤngliche Gemüther zu wirken und fie unmwiberftehlich anzu⸗ 
ziehen. Diefer Arbigar, welcher auch glei einem Geiſterhelden 
der Spieß'ſchen Romane wegen irdiſcher Fehler verbammt ift, 
nach feinem Tod herumzumandern, bis er durch tugenbliche Hands 
lungen, “an feinen und feiner Feinde Nachkommen geübt, vom 
harten Bann ertöft wird, ift ein Iangweiliger zahmer Gefell, 
und wenn er beffer redet als fein Borgänger, fo gebührt 
bies Verdienſt ber fortgebilbeten Sprache, in ber es kaum mög: 
lich ift, fo roh zu fhreiben wie vor 40 Jahren. Aber vers 
ſchlungen, wie damals bie „Schlafenden Jungfrauen”, wirb diefer 
„Wanderer‘’ ſchwerlich, er überrafcht und verblüfft niemals, auch 
den jüngften, unerfahrenften Eefer nicht, der recht gut fühlt, wenm 
er’s auch nicht erkannt, daß bie Einbildungskraft des Verfaſſers 
weiter nichts ald Benutzung ber Grfindungsgabe Anberer ift. 
Aber auch gelungener, wäre es überflüffig, einen zweiten Ver⸗ 
ſuch der Spieß ſchen Manier bem erften folgen zu laffen, wenn 
er nicht etwa ſchon ein zweiter und der „Schwarze Ritter”, beffen 
Bekanntſchaft Ref. auf dem Zitel machte, der erfte il. 18. 








Noti;. 


Eine fummarifhe Schägung bes im Laufe eines Jahres 
in und um London durch Diebereien und Raub verloren geben 
den Eigenthumes ftellt den Werth beffelben auf 2,100,000 Pf. &t. 
Der Verluſt ift unter ſechs Hauptrubriken gebracht, nämlich: 1) 
kleine Diebereien, durch Dienerſchaft, Lehrlinge u. f. w., 
710,000 Pf. ; 2) Diebftäle an den Quais und ter Themfe 
überhaupt, 500,000 Pf.;z 3) durch Einbruch. -Straßmraub, 
Taſchendiebe u. dergi., 220,000 Pf.; 4 und 5) durch Falſch⸗ 
münzerei und falfche Banknoten, Wechfel u. dergi., 370,000 Pf. ; 
6) Diebereien bei ben Docks, 800,000 Pf. Man hält dieſen 
Anfchlag aber eher zu niedrig ale zu hoch; freilich werden auf 
ber Themſe allein jährlih Güter für 80 Millionen aus: umb 
eingeladen. ’ 3. 


— — — 
— - — 


Blatt er 


A 


8 


ur 


literarife Unterhaltung. 





Dienfläg, 


T. Mai 1833, 





Taſchenbibliothek aller Rennlutionen, der neuern Beit. 
Don €. Burdhardt and 4. Kaifer.. Erftes bis 
fünftes: Bändchen. Leipzig, Literariſches Muſeum. 

1833. 1 Thblr. 16 Gr. 

Der neuen Handlungsfirma mdmfchen wie :zu dieſem 
neum Unternehmen Süd, denn wir halten es für em 

zeitgemäßes und auf die Zelt richtig berechnetes. Unſer 

leſendes Geſchlecht iſt durch die politiſchen Ereignifſe feit 
mehr als 40 Jahren an eine ſtaͤrkere hiſtoriſche Nahrung 
gewoͤhnt als damals, wo unſere in Gott ſeligen Vorfah⸗ 
ren zur Zeit des Karioffeierieges (1779 im Großvater⸗ 
ſtuhle des Alltaͤglichen und Herkoͤmmlichen gemaͤchlich ſaßen 

m, die: ſchoͤn umbundene Nachtmüge auf dem Kopfe, 

ben geblünsten Schafrock aus Voß' „Luife” um fid 

"herum, Ihre liebe zahme Beitung lafen. Man’ bat bie Belt 

feit 1789, die ſich felbft unwiderleglich zu einer neuen 

Epoche geflempet, bie revolutionnaite genannt, man hat 

fie gefchimpft, bekaͤmpft und ift doch mit ihr fortgerollt; 

endlich iſt in ihr Uhrwerk eine Unruhe bineingehängt wor⸗ 
den, die dafuͤr ſorgt, daß die fruͤhere Lethargie nicht wie⸗ 
der eintreten kann. So lange der 13. Artikel der Bun⸗ 
desaete noch auf Verfaſſungen dringt, fo lange noch In 

Folge deſſelben in fländifihen Verſammlungen von einer 

oder zwei Kammern berathen wisd, wieb an den- zarten 

Grenzlinien zwiſchen Öffentlichen echte und Öffentlicher 

Dicht, zwiſchen Regieren und Gehorchen, zwiſchen Sol 

und Will ein nie endender Streit ſein. Man hat, da 


man einmal die Bewegung der Geiſter in das Sackgaͤß⸗ 


hen der alten lieben Zeit fo wenig al& den Flug der 


Phantaſie in Ariſtoteliſche Regeln zuruͤckbannen Lonnte, 


das Uebel auf andere Weiſe zu beſchwoͤren verſucht, man 
hat ihnen das: „Beſen, Beſen, ſeid's geweſen!“ und ein 
ganzes Abracadabra von beſchwichtigenden Formeln vorge⸗ 
ſprochen; man hat ſich geſetzt und die Bewegung zur 
Ruhe protokollirt; man hat das Wedel anatomirt und 
analpfirt; bat zwiſchen Revolution, Reformation und 


Reaction weislich und mit überredender Feder unterihie - 


den; hat zum Weberfluß noch die Mittelſtufen der Bewe⸗ 
gung und Stabilität entdeckt; man hat, da die Revolu⸗ 
tionen das Merk des böfen Geiſtes im Volke ſind, zur 
Radicalcur Armuth und Unwiſſenheit als Specifica gegen 
dieſe Cholera vorgeſchlagen, weil, je naͤher der Menſch 
dern Thiere konime, ec auch thieriſcher ſich behandeln laffe, 





ohne zu bedenken, daß bie Voͤlker, were fie thieriſcher 
werden, gar keine und auch die beabfichtigte Vernunft 
mehr annehmen, und wenn fie verarmen, fogar kriegeriſch 
werden, weil ſie, wie Schiller ſagt, „aufhoͤren fuͤr ein 
Leben zu zittern, dem Alles mangeln fol, warufs es 
wuͤnſchenswuͤrdig war”. Doch. gibe «6, Bott fei Dank, 
noch Dinner, weiche zwar einfam, aber auch unerfchroden 
wie Wächter auf den Hechwarten ausfchauen und, wo 
Sefahr ift, ihr Signal geben und rufen: „Dumm machen 
laſſen wir uns nicht; wir wiflen, daß wir's werden ſollen!“ 
Wird man den Ref. nicht für einen Erzbemagogen 
halten? Wir meinen und hoffen: Nein, fo wenig als 
man den Nachtwaͤchter oder Thuͤrmer, der im Nothfalle 
ſein Seuerzeichen gibt, für ben Anleger des Brandes zu 
halten pflege. Es follte ihm leid thun, wenn er ange 
ſtoßen und nun erft, wie ein Portechnifenträger, der Je⸗ 
mand tüchtig in bie Rippen gerannt hat und dann fein: 
Aufgefhaut! ruft, wieder einlenten und ſich purificiren 
müßte. Und doch wäre nichts leichter! Ref. iſt fogar 
der Meimung, baß es mit dem Ausdruck: revolutionnats 
res Zeitalter, eben nicht fo genau zu nehmen, und daß 
am Ende jede Zeit, wo neue Ideen, neue Kräfte, neue 
geiftige oder politifche Richtungen zum Vorſchein gekom⸗ 
men find, in gewiſſem Sinne revolutionnaie iſt, da das 
Treue immer der Zeind des Alten iſt und das Gute kei⸗ 
nen Ärgern Gegner hat als das Beſſere. Dabei kann 
aber der Staat, als die Bernunftform der menfchlichen 
Geſellſchaft, und die gemäßigte Monarchie, ats die ven 
nänftigfte der Vernunftformen, vortrefflich befteben, und 
die Geſchichte zeige, daß Staaten gemäßigter Verfafſung 
immer am längften beftanden Haben, während die eigent⸗ 
lichen Demokratien fowie bie bespotifcdyen Staatöformen, 
wenn fie nicht über ein nur für folche Formen empfäng- 
liches, alfo halbbarbarifches Volk verhängt waren, niemalen 
von langer Dauer geweſen find. 
Die gegenmärtige Unternehmung will alfo bie gene: 
Id Zebensmelodie unferer Zeit auffptelen, aber wie fins 
sen auf dem Notenblatt der Notenſchluͤſſel nicht bemerkt. 
Wir vermiffn naͤmlich eine allgenteine Einleitung über 
Das, was die Verfaſſer Revolutionen m; wir ver⸗ 
miſſen bi Feſtſtellung des Wegriffes dieſer Gattımg peil- 
tifher Erſcheinungen, die, rote verfchleben auch im Ihren 
Urfachen, Ihrem Berlaufe, ‚ ihren Befultaten umb Folgen, 


' 


922 


? 


doch immer einen gemeinfchaftlichen Nenner haben muͤſ⸗ 
fen. Eine allgemeine Schilderung der neuern Zeit müßte 


als Folie den verfchiedenn Gemälden zu Grunde liegen; 


es müßte ſich zeigen laffen, daß mit dem Reifen ber 
europäifchen Menſchheit die Nothwendigkeit verbefferter 
Stamtseinrihtungen, das Aufgeben mittelalterlicher Gängel: 
Bande, wie Hierardyte und Feubalfpftentwaren, nothwen⸗ 
dig verbunden merden mußte, wenn nicht die Staatsform 
in MWiderfprudy mit der DVernunftform kommen wollte; 


’e6 müßte dargerhan werden, tote bie Etaftichtät bes menſch⸗ 


lichen Geiftes durch geläuterten Kirchenglauben, durch das 
- MWiederaufleben der claffiihen Literatur, durch die ver: 


mehrten Univerfitäten, durch die Buchbrudertunft, durch 


Schriften für das Volk, deffen Kern ein ſich ſelbſtfuͤhlen⸗ 
der WBürgerfland wurde, und andere Erfindungen unb 


Entdeckungen gefteigert worben fei, ımb wie nun ba6 Ges 


wicht fich ein Gegengewicht, der Drud einen größern 
Widerftand erzeugen mußte. Man wollte zu erkennen 
anfakgen, daß das biftorifche Recht oft nur bie blinde 
Gewalt zue Mutter habe, und daß Staatseinrichtungen, 
die wie Leibeigenſchaft, SHavenhandel, Religionsdrud und 
anbere gegen das Vernunftrecht waren, ihrer innern ge: 
feglichen Kraft .entbehrten und auf dem Boden der, Wil- 
kuͤr flanden, daß das Recht Alter als das Worrecht, bie 
Vernunft älter als Herlommen und Vorurtheil fei. Man 
mag nun für jede einzelne Revolution noch fo viel befon: 
dere Urfachen . aufweifen innen, immer wird ein allen 
gemeinfchaftlicher Urgrund aufzufinden fein, fowie allen 
Bulkanen der Erde ein gemeinfchaftlichee Herb im In⸗ 
nern ber Erbe zu Grunde liegen mag. Man hat ziemlich, 
materiell Nevolutionen Krankheiten, Fieber, Paroriemen 
ber Staatskörper genannt, in denen fich wie im einzelnen 
Menſchenkoͤrper nah) und nad Krankheitsfioff ſammle 
and durch Fieberichauer oder Erantheme Ausgang vers 


fchaffe, von denen oft lange Nachmehen oder Narben 


uͤbrig bleiben; allein auch biefe Erklaͤrungsweiſe ändert- in 
. unferer Theorie der Mevolution nichts, denn eine ſolche 
Krankheit wäre, in ber Anwendung des Gleichniſſes, nur 
eine gewaltfame Entäußerung oder Herausſtoßung Deffen, 
was dem Staatskörper für einen gefunden, naturgemäßen 
Zuftand nicht zuträglich ift, eine Proteflation gegen die 
oft fo widerſinnigen Epperimente, welche mit dem Staate 
gemacht worden find, bei denen Einem oft, wie Schloͤzer 
fagte, zu Muthe wird, als wenn man in einer Porgels 
Iannieberlage Kegel ſchieben fähe. 

In dieſer allgemeinen Einleitung würde auch ber 
fehe wefentliche Unterfchied zwilchen Verſchwoͤrung, Ems 
pörung oder Mebellion und evolution nachzuweiſen, 
vor Allem aber die Zumuthung abzumweifen geweſen fein, 
daß hei Beurtheilung ber Gattung, der Wichtigkeit, der 
Moralität einer folhen Erfcheinung der Erfolg und Aus: 
gang entſcheiden künne, wie etma im ‚manshen Strafgeſetz⸗ 
gebungen erft aus. der Größe ber ‚Strafe hervorgeht, ab 
man ein Vergeben oder Verbrechen begangen habe; bod) 
wir müffen es denkenden Leſern überlafien, diefe Betrach⸗ 
tungen ſelbſt anzuſtellen oder, ſind ſie mit unſerer Grund⸗ 
‚Inge zufrieden, dieſelben fortzuſetzen. Wir Halten Revoly: 





aͤndiſcher wor, vocit 
Verſuch dem Publicum nicht ohne loͤbliche Beſcheidenheit 


4 


tionen gewiß fuͤr große, ſehr große Uebel, beſonders fuͤr 
die lebende Generation, aber wir ſind uͤberzeugt, daß ſie 
wie Krieg, Krankheit u. A. oft nicht zu vermeiden ge⸗ 
weſen find, menn bie berufenen und verordneten Staats: 
lkuͤnſtler das -Uebeb* zu « fpät entdeckten ober falſch be 
andelten. ; |: ; nn “4 
Wir wend une nun abte uhferer Aufgabe unmil 
telbar zu, über das obengenannte Unternehmm und Das: 
jenige, was davon bereits vor Augen liegt, zu berichten. 


Zwei deutſche Ochriftſteller vom denen der eine, Herr 


Dr. Ed. Burckhardt, Privatdocent der Geſchichte und 
Ördentl. Mitglied der Gefellfhaft für Erforfhung vater: 
Gpwehs auı_% 


(die ihn auch feine Habilitationsſchrift nicht mierechnen 
laͤßt) übergibt, und Here A. Kaifer, der ſich nicht näher 
bezeichnet, haben folgende Beiträge geltefert, Here Kaifer: 
„Geſchichte der polnifchen Revolution von 1794” (erſtes 
Bändchen) und „Geſchichte der polniſchen Revolution vom 
Jahr 1830 (gveites und drittes Bändchen). Herr Dr. Burd- 
hardt dagegen dieferte: Geſchichte des deutſchen Bauernkrie⸗ 
ges im Jahr 1525” (viertes und fuͤnftes Baͤndchen). Beide 
bearbeiten alſo die neuere Zeit von ihren aͤußerſten Punkten 
und blos in einzelnen Darſtellungen, nicht, wie der treff⸗ 
liche Chriſtohh Wilhelm Koch in feinem „Gemaͤlde der 
Revolutionen in Europa ſeit dem Umſturze des roͤmiſchen 
Kaiſerthums u. ſ. w.“ (aus dem Franzoͤſiſchen von Sans 
ber, Berlin 1807 fg.), in einer :zhfamımenhängenden prag⸗ 


matiſchen Darftelung der Jahrhunderte: Es erinnert alſo 


biefe Unternehmung mehr an die ‚von Friedrich von Schil⸗ 
fee 1788 angefangene aber leider nicht fortgefegte „Ge⸗ 
fchichte ber merkwuͤrdigſten Rebellionen und Verſchwoͤrun⸗ 
gen aus ben mitten und neuern Zeiten”. Wir willen 
allerdings nichts, was die Herren .Derfafler zu dem Be⸗ 
griff Nevolutionen Alles zählen werden, wenn aber ber 
eine. ruͤckwaͤrts, der andere vorwärts geht, fo werben fir 
mit der Zeit etwa bei der englifchen Revolution. -und 
Cromwell zufammenftoßen, ober bei der Revolution von 
1660 in Dänemark, durch welche. Friedrich III. die un⸗ 
umſchraͤnkte Gewalt erhält. . Eine gewiſſe Vollſtaͤndigkeit 


würde allerding3 den Werth des Unternehmens fehr erhöhen. 
(Der Beſchluß folgt.) D 





Zur Literatur der orientallſchen Reiſen. 
Der am Ausfluß des Indus ober Sind gelegene gleichna⸗ 


mige Staat ind, früherhim vom mehren eng verbundenen, zu 


einer Familie gehörigen Emirs, in neuefter Zeit dber nur vom 
einem Emir beherrſcht, iſt, uns neuerbings durch ben interefſan⸗ 
ten Reiſebericht eines jungen, geſchickten, aufmerkſamen Wund⸗ 
arztes bei der britiſchen Keſidentſchaft im Lande Kutſch, dem 
unmittelbaren Nachbar von Sind, bekannter geworden („A 
narrative’of' a’visit to te court of Sinde; a sketch of the 
history of Couich :etc. By James Burnes, su to the 
residency at hooj“, : Bombay und Ebinhurg 1831). Die noͤrd⸗ 
lichen Landſchaften des Btaatd Sind ſcheidet nur ein Fluß (der 
Yuddar?) von dem Lande Kutſch. Deſſenungeachtet meibet man 
in Sind möglihft allen Verkehr mit den Briten und verfchließt 
ſich fo forgfam gegen’ fie, daß man bis hierher nur eine fehr uns 
vollkommene Kennmiß ‚von jenem nahen Staate gehabt bat. 
Jettt hat aber die Krankheit des vornehmften der in der Haupt⸗ 


- 








ſtadt Hyberabab zeflbirenden Haͤuptlinge ober Emirs (ber, wie 
nenere Berichte melden, nun zur Alleinperrfchaft gelangt ift) eine 
Beranlaffung gegeben, mit dem Innern von Einb belannter 
zu werden. Mir Murad Ali (dies ift bee Name jenes Emirs) 
erfuchte bie britifche Refidentfchaft gu Bhooj, ihm einen. Arzt zu: 
fenden zu wollen, ba die einbeimifchen ihm Leine Hilfe ſchaffen 
Bönnten. Anfangs beforgte man, es ſtecke etwas Keinbfeliges hin: 
ter dieſem Geſuch. Da aber Burnes, beffen Ruhm bis Hydera⸗ 
bab gebrungen war und ben der kranke Emir fi namentlich 
ausgebeten hatte, Fein Bedenken trug, bie Reife zu unternehmen, 
fo machte er ſich in Begleitung- des zu Bhooj befindlichen findi- 
fen Geſchaͤftstraͤgers (1827) auf ben Weg. Er fegte Über den 
Grenzfluß und ſchiffte fi dann zu Kotri, dem Landungsplage 
ein, um von da norbmärts nad) Hyderabad zu reifen. Die Um⸗ 
end glich einer Wuͤſte. Doch werben längs biefer Küfte des 
Gebete ‚die berühmteften Kamele gesogen. Die Bewohner 
paufen in niedrigen, mit Stroh gedeckten Erdhuͤten und feinen 
eibeigne des Dorfheren zu fein. Als Burnes zu Ruri einge 
troffen war, traf er bafelbft einige von den Emirs ihm entge: 
gengefanbte Khans, um ihn nad ber Hauptflabt zu geleiten. 
Sie empfingen ihn mit überfchiwänglichen Höflichkeitsbezeigungen 
unb ftellten 50 Kameele gum Dienfle des Arztes und feiner Be: 
gleitung,,, die aus 100 Köpfen beftand. Diele ganze Reiſegeſell⸗ 
Saft wurde unterwegs aufs Löftlichfte bewirthet. In der Nähe 
von Hyderabad waren mehr denn 100,000 Menfchen aus ber 
Umgegend zufammengelaufen, um ben fremben Wundermann zu 
fehen, und Burnes mußte um fich von der Iäfligen Neugier zu 
befreien, feine Zuflucht zu einem bebediten Wagen nehmen. Der 
Zug ging nun durch einige nur von Leuten, bie zum Hofe ber 
Emirs gehörten, bewohnte Straßen und plöglich befand ſich ber 
Reiſende auf einem weiten, offenen, von einer großen Schar 


ſtattlich gekleideter Sindier erfülten Plage, beffen Ringmauer | 


phantaſtiſch mit Malereien geſchmuͤckt, der Boden aber mit bun⸗ 
ten Zeppichen bedeckt war. An dem einen Ende biefes Platzes 
ober Vorhofes erblidte man brei hohey gemwölbte, mit grünen 
Boy verhangene Thären. Dorthin wurde nun- Burnes von eis 
nem Bezier und andern hoben Beamten geleitet. Ehe er fi 
noch befinnen konnte, hatte man ihm bie Stiefel ausgezogen und 
er ftand in der Mitte ber Emirs. Gin glängender Anblick! Die 
ganze regierende Familie, in orientalifcher Pracht, war verfams 
meit. Es war ein Halbzirkel elegant geſchmuͤckter Perfonen, im 
Dintergrunde einer hoben, mit perfifhen Zeppichen bedeckten 
Halle. In der Mitte dieſes Halbzirkels ſaßen bie zwei vornehms 
fin Emirs auf Kiffen von franzdfifcher weißer Seide, mit Blu⸗ 
men in Gold und Silber durchwirkt und an ben Eden mit vier 
mafliv golbnen Zannzapfen verziert. Sie lehnten fi an ein 
reich geſticktes Sammtliffen. An jeder Seite biefer Emirs er: 
blidte man bie Glieder ihrer Familie, ihre Söhne und Neffen. 
Weiter ab faßen die entferntern Verwandten. Hinter ihnen ftand 
ein Schar geſchmuͤckter Diener, Schwert⸗ und Schildtraͤger. Diele 
Pracht machte einen befto wohlgefälligern Eindruck, da fie mit 
Einfachheit und Eleganz verbunden war. Herren und Diener 
waren faft gleichmäßig in Tuniken von feinem, weißem Muffelin 
und weite feidene, tiefblaue, tuͤrkiſche Yantalons gekleidet und 
trugen ſindiſche Müsgen von Golbbrocat oder golbgeſticktem 
Gammt. Ein Paar fchöne Kaſchmirſhawls, gemeiniglich weiß, 
waren nadläffig über den Arm gefchlagen, und ein’ perfifcher, 
von Diamanten ober anbern koͤſtlichen Gbelfteinen funkelnder 
Dolch im Guͤrtel vollendete den Anzug biefer Prinzen. Gelbft 
die jüngeren berfelben hatten ein Anfehen von Würbe und guter 
Erziehung und hatten von ihren fhönen Mättern wohlgebil- 
bete Gefichter, glänzend: [chwarges Baar und feibene, lange 
Augenwimpern geerbt. 


Gine tiefe, feierliche @tille, Orbnung und Anftand herrichte 


in der hoben Halle, fobaß felbft ben flolgen Briten ein Gefuͤhl 
der Ehrfurcht durchſchauerte. Aber er faßte fich bald wieder, 
und da man ihm draußen bie Stiefel ausgezogen hatte, wollte 
er, um. bie Ehre feiner Ration gu behaupten, wenigftens ben 


Hut nicht miffen und fcpritt mit bebeditem Haupte gegen bie. 


529 


- 


Mitte des Halbzirkels vor. Die ganze Zamilie gruͤßte, und er 
ward eingeladen, fich ‘den beiden Häuptlingen gegenübet nieder: 
zulaſſen. Die Unterrebung begann nun in perſiſcher Sprache, 
er hatte wol 50 Bragen in einem Athem zu beantworten. Dann 
gab ihm einer ber Emirs bie angenehme Nachricht, daß unfern 
der Stadt ein anmuthiger Garten zu feiner Aufnahme in Stand 
gefent fei, ihm aber frei flehe, audy hier in ber Feſtung zu woh⸗ 
men. So mochte wol eine Stunde hingegangen fein, als auf 
einen Wink alle nicht zur Zamilie gehörigen Perfonen abtraten 
und Murad Ali, der Patient, bereingebracht wurde. Bu feiner 
großen Freude fah Burnes es ihm fogleich an, daß es mit ter 
Krankheit nicht viel auf fich haben koͤnne, und fand denn auch 
bei näherer Unterfuchung, bag, wenn dem Uebel nicht etwa gänzs 
lich abgeholfen werben Könnte, doch es fich in Kurzem fehr werde 
vermindern laflen. Die ganze Kamilie war über biefe Erklaͤ⸗ 
sung boch erfreut; man wurde immer vertraulicher, und als 
Burnes fich für diesmal endlich beurlaubte, verficherten fie ihn, 
daß fie nie einen Curopaͤer angetroffen, ter ihnen fo gefallen 
babe wie er. Gr begab ſich nun in ben fchönen Garten, wo ihm 
ein außen und innen mit allem Luxus tes Drients prächtig ges 
ſchmuͤcktes Zeit aufgefehlagen war. Alsbald erfchien eine Schar 
Diener, bie eine Tracht von einem Dugend filberner Cchüffeln - 
mit mannichfach bereiteten Gerichten zum Fruͤhſtuͤck vor ihm nies 
berfegten. Auch fehlte es nicht an gebadenen Speiſen für bie 
Mohammebaner und an Fruͤchten und Zuckerwerk für die Hin 
dus in feinem Gefolge. Mit eben der Fülle warb er am Mite 
tag und Abend bedient und konnte erft durch bie ausdrückliche 
Erklaͤrung, daß ihn biefer Ueberfluß beläftige, es dahin bringen, 
daß binfihtlih der Quantität eine Abänderung getroffen wurde. 
Nun ging es dann, was body die Hauptfache war, an bie Gur. 
‚Pier aber that ſich eine unvorgefehene, feltfame Schwierigkeit 
hervor. Die Emirs trugen nämlich Bebenken, von einem frem- 
den Arzt den Kranken grabehin Mebicin einnehmen zu laffen. 
Man verlangte deshalb von Burnes, baß, wie es bie Ranbesfitte 
exfodere, er felbft jebesmal eine Pille oder bergfeichen verfchlude, 
ehe der Kranke die andere nehme. Auch Murab felbft weigerte 
fi, ohne diefe Sicherheitsprobe etwas einnehmen. Zweimal un: 
terzog fih Burnes biefer läfligen Etikette. Da er aber, ohne 
ſich felbft krank zu machen, unmöglich babei fortfahren Tonnte, 
wurde ein beflagenswerther Diener auserkohren, ber ohne Barm⸗ 
hergigleit nun alles Schwigen, Purgiren u.f.m. mit burchmachen 
mußte, bis man endlid zu Burnes volfommenes Vertrauen ger 
wann und jene Quälerei einftellte, wobei jedoch ausbrüdtich ers 
klaͤrt wurde, daß biefes das höchfle Compliment fei, welches fie 
ihm machen Tönnten, und baß fie deshalb auch wuͤnſchten, ed 
möge biefes als ein außerordentlicher Beweis ihres Vertrauens 
und ihrer Freundſchaft für die Briten dem Gouverneur von 
Bombay ‚gemeldet werben. Die zwedmäßigen Mittel ſchlugen 
fo gut an, baß ſchon (20. Nov.) zehn Tage nach B.'s Ankunft 
alle Gefahr verſchwunden war. Die Freude der Emirs übers 
traf alle Befchreibung ; beſonders auch deshalb, weil, wenn ein 
Bamilienglieb ſich übel befindet, alle übrige nicht von ber Stelle 
weichen dürfen, unb fonady bie ganze Bamilie feit mehren Mona⸗ 
ten keine frifche Luft außerhalb der Feſtung hatte. ſchoͤpfen koͤn⸗ 
nen. Die Cur war aber befonders dadurch ſo ſchnell geglückt, 
daß B. alle früherhin angewandten Reizmittel entfernt hatte. 
Für einen Wundermann hielt man ihn aber auch beshalb, weil 
er bie Wirkung feiner Argmimittel ſtets vorherſagte. Den 
Hauptdienſt Teiftete ihm fchmwefelfaueres Chinin, ein dort noch 
unbelanntes, aber bei den MWechfelfiebern ber Sindier ſchnell und 
ſicher aushelfendes Mittel, wie er benn auch mehre kranke Hof: 
leute in Burger Zeit heilte und noch weit Mehren geholfen haben 
würbe, wenn nicht Ihre Hoheiten, als fie die wunderbaren Wir: 
tungen bes Chinins erblickten, das Glas, worin B. fie aufbe 
wahrte, ohne weitere Umftänbe in Befchlag genommen und mit 
dem NReichefiegel verfchloffen hätten, um die Arznei für künftige 
Bälle aufzubewahren.. Ja! als 3. felbft ernfthaft krank wurbe 
konnte er bie Emirs durch Fein Bitten beivegen, ihm felbft auch 
nur .ein einziges Koͤrnchen verabfolgen zu laſſen. Auch das bloße 
| \ 


Pen: 


Gefäß, weiches ex, weil ed zu einem ſchoͤnen Befteck gehörte, gegen 
ein’ anderes auszutaufchen wuͤnſchte, konnte ex nicht zurüderhats 
ten; denn man hielt es gleichwie den Inhalt für einen Zalisman. 

Murad Ali war damals 55 Jahr alt, nicht groß, aber uns 
terſegt, von ſchoͤnem, aber finfterm Antlig, kalt, zuruͤckſtoßend, 
ſelten laͤchelnd, zu traulicher Unterredung ſich nie herablaſſend, 
grauſam und hierdurch das Schrecken feiner Unterthanen. Daflx 
heut ihn aber bie Nemeſis mit ſteter Todesfurcht und durch 
Phantome feiner büftern Phantafle, die ihn öfters (mie B. Zeuge 
davon war) ganze Nächte nicht fchlafen Laffen. Der Geiz ift 
fein Gbtze. Dieſem opfert er fein eignes, wahres Intereffe und 
bas feines Bolkes auf. Gelten verfpricht er etwas, und noch 
feltener erfüllt er das Berſprochene. Er ift ein aflatifcher Ti⸗ 
berius ober Philipp II., beherrſchend fein Reich durch die Kraft 
feines Geiſtes, aber einem beffern Gefühl zugänglich. 

Die Regierung von Sind ift rein militairifh. Das Ungläd 
ber Unterthanen befteht darin, daß bie Herrſcher keinen Begriff 
davon haben, eB fei in einem wohlregierten Staate das Intereffe 
bes Farſten und des Bolkes ibentifch, und man muͤſſe einen ge: 
genwärtigen geringern Gewinn für Fünftige überwiegende Vor⸗ 
theile aufopfern. Sie bilden ſich ein, das Kortbeflehen und die 
Größe ihrer Dymaftie hange lediglich von angehäuften Schägen 
ab, worauf denn auch ihre ganzes Streben und Handeln gerich⸗ 
tet if. Daher find die Steuern und Auflagen ungeheuer und 
: Tähmen ben Handel und bie Induſtrie des Landes, bie gänzlich 
bornieberliegen. Und biefe Einkünfte der Emird werben an 
Meiſtbietende verpachtet, die nun wieder bie Unterthanen aufs 
äußerfte druͤcken und ausfaugen, ba fie feldft unter Feiner Vedin⸗ 
gung Erlaß an der verſprochenen Summe erhalten. 

Thaͤtig ſind übrigens biefe Emirs. Zwei Stunden vor Tas 
gesanbruch geben fie an ihre Geſchaͤfte. Jeder von ihnen gibt 
Audienz, um Geſuche ober Klagen anzuhören und bie Angelegen« 
heiten feiner befonbeen Provinz zu verwalten. Bel Gonnenaufs 
gang ziehen fie fich in ihre Zimmer zuruͤck, um ſich anzukleiden. 
Kurz nachher erfcheinen fie in der großen Berfammiungshalle 
ber ganzen Kamille, wo alle Staatsangelegenheiten verhanbelt, 
die am vorigen Tage ober in ber Nacht eingelaufenen Briefe, 
Berichte uw. ſ. w. gelefen und barauf das Erfoderliche verfügt 
wird. Um eff Uhr ziehen fie ſich zum Fruͤhſtuͤck zuruͤck. Um zwei 
uhr verſammeln fie ſich von Neuem und bleiben dann, bis ber 
Abend hereindbämmert, beifammen, wo nun fich jeber in feine 
befondern Zimmer begidt. Nie Fonnte Burnes fich mit einzelnen 
Familiengliedern abſonderlich unterhalten, fondern erfchien Miete 
nur in ber vollen Familienverfammiung. Wenn aber bie jün: 

ern Emirs ihre beſondern Refibengen bewohnen, entledigen fie 
—* des Zwangs und halten ſich durch alle moͤgliche Ergoͤtlich⸗ 
keiten ſchablos. - 

VPoaoͤchſt bebeutend iſt bie. glänzende Juwelen⸗ und Waffen 
fammlung der Emirs: ber berähmtefle Smaragd ift der, von 
der Größe eined Zaubeneies. Durch den Umflurz der Monar⸗ 
Wie von Kabul find dort viele der ehemaligen Fürften. und Herren 
in ſolche Dürftiglelt gefunten, daß fie ihre Koftbarkeiten. haben 
verkaufen muͤſſen, umb biefe find bann großentheils durch die 
Agenten ber Emirs nach Sind gegangen. Die Edelſteinhaͤndler 
ganz Aſiens betrachten Sind als den Hauptmarkt. Auch gibt 
es daſelbſt fehr geſchickte, perfifche Bolbfchmiebe und Zumelierer. 
In Derfien, der Türke, Syrien, überall haben bie Emirs 


Agenten, welde Waffen und befönders die ausertefenften Degen: 


klingen einkaufen; eine einzelne derſelben hatte 4 Lac Rupien 


Als Burnes ihr Zutrauen getvonnen hatte, unterhielten fie fich 
ern mit ihm über Indien und waren ber Meinung, baß bie 
riten «8 hauptfächlich ihrem geiftigen Uebergewichte zit dan⸗ 

ken hätten, daß fie ſich daſelbſt halten könnten. Ueberhaupt hate 
ten fie eime überrafchende Scenntnig von England und deſſen 
Macht. Auch vom Charakter und Sturz Napoleon’s waren fie 
nnterrichtet. Won der Waccination wußten fie noch nichts und 
baten, ihnen dazu zu verhelfen. Was ihnen B. von den Dampf: 


mafchinen erzaͤhlte, ſchienen fie zu ben Flunkereien zu rechnen, 
weiche zu ben Privilegien der Reiſenden gehoͤrten. Eins aber 
war ihnen fehr unangenehm: die große und genaue Karte von 
ganz Indien, die ihnen B. eines Tages vorlegte, worauf fie alle 
Wege und Gtege, die and) nad) ihrem Staate führten, verzeiche 
net fahen und auf welcher ihr kleines eich gegen bas umge 
beuere britifche wie ein Nichts verſchwand. „Die Ferinſchi 
(Franken) wiffen doch Alles!‘ murmelten einige fehr verbrießlich 
zwiſchen den Zähnen. Auch über Alexander's berühmten Zug 
nach Indien enthält das Buch manches Bemerkenswerthe. Zwei. 
gute Karten erläutern den Schauplag, - - 72. 


Denkwuͤrdigkeiten und Hauptmomente aus dem Leben ber 
Herzogin von Berri feit ihrer Vermaͤhlung bis nach 


ihrer Verhaftung zu Nantes. Mac dem Franzöfifchen - 


des Herrn 2. G. Magnant und Anderer. Mit ih 
tem Portrait und dee Abbildung ihres Zufluchtsorteg. 
Ilmenau, Voigt. 1833. Gr. 8. 16 Gr. 

Das Leben ber Herzogin von Berri gehört feit ihrer Er⸗ 
klaͤrung vom 22. ehr. 1838 in den Augen — Perſonen der 
chronique scandaleuse des alten pariſer Hofes an, und fe 
werden folche Leſer auch wol im gegemwärfig vorliegenden Vuͤch⸗ 
lein einige ftandalenfe Anekdoten, etwa in ber Manier ber bes 
rüctigten „„Chronique de l’Oeil de boeuf”, zu finden wähnem. 
Da taͤuſchen fie ſich aber gewaltig; denn dieſe WBrofchüre ent⸗ 
hält nur bie befanaten Nachrichten über ihre Berheirathung, ben 
Tod ihres Gemahls, die Geburt bes Herzogs von Borbeaur 
fowie einige Details über ihre Pläne und Projecte, ehe fie ſich 
in das mittägliche Prankreich begab. Auf dem D i 
Carlo Alberto befand ſich die Herzogin nach dem Bert dieſer 
Schrift. Aber son ihren Zügen und Abenteuern in ber Bendec 
die body mitunter faſt an das Romanbafte grenzen mögen, e% 
fährt man hier gar nichts und nar bei dem Aufenthalte in Nase 
tes. verweiit die Erzaͤhlung mit vieler Ausführlichleit. Die letz⸗ 
ten Augenblide vor der Gefangennehmung, die Durchſuchung 
des Hauſes, endlich ihre Ergreifung find nad) den Erzaͤhlungen 


‚bes franzdfiichen Journale gefchiibert und alfo nicht neu. Cine 


für mandje Leſer willlommene Iugabe wird bie Abbildung des 
Zufluchteortes fein, in welchem füch die Herzogin verborgen hatte. 
Die Erklärung F Blaye und die daraus hervorgegangenen 
Greigniffe hat ber Verf. noch nicht berüdfichtigen können, auch 
den Geräditen nicht Glauben ſchenken wollen, bie Aber das Wr 
vatieben der Herzogin bier und da bereite früher im Umla 
warm. Den Legitimiften in Frankreich konnte allerdings nf 
unangenehmer fein als jene Erklärung, ‚aber der alichkett 
der Herzogin bat biefelbe in Frankreich nichts geſchadet; denn 
alle Zeitungen tadelten das Verfahren der Regierung, und ſo hat 
die Herzogin politiſch wol eher gewonnen als verloren. Ueber 
bie moralifche Seite biefes Creigniffed denken wol Wenige jeht 
in Frankreich nach, wo es uͤberdies an Perfonen nicht fehlen 
wird, bie fi freuen, daß die fie bedrohende Zragdbie des Bür 
gerfrieges nun „fein buͤrgerlich“ mit einer Kindtaufe und viel 
leicht auch mit einer Hochzeit enbigt. 89. 





giterarifhe Anzeige. 


Falk über Göthe 


Ih habe wieder einige Exemplare. diefer 
Schrift worräthig, die zw dem Ladenpreife von 
1 Thlr. 12 Gr. durch alle Buchhandlungen zu 
beziehen find. 

Leipzig, im Mai 1833. 

8 A. Brockhaus. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagsbandlung: F. A. Brodbaus in Reipz 
nneee i 





Blätter 


"fr 


literariſche Unterhaltung. 





Mittwod, 





Bon E 
fünftes Bändchen. 
Beſchluß aus Nr. 127.) 

Die Darftelung ber Gefchichte der polnifchen Revo⸗ 
lution von 1794, von Herrn Kaiſer, hält fi mit vol: 
lem Rechte nicht an das einzelne Jahr 1794 felbft, fon: 
dern holt viel weiter aus. Mit Johann Kafimir 1648 
beginnt ihm die Reihe unglüdlicher Ereigniffe, denen Pos 
len endlich umterlag. Diefer war erſt Carbinal, dann Koͤ⸗ 
nig, endlich Abt von St.: Germain de Prez und immer un: 
bedeutend. Unter ihm ereignete fi) bie erſte Sprengung 
eines Reichstages (1652) durch das Nie pozwalam eines 
Landboten. Es hätte bemerkt werben koͤnnen, wie es auch 
Spittler bemerkt, daß man den erſten Urheber ſolcher pu⸗ 
bliciſtiſchen Misgeburt verwuͤnſchte und doch ſeine Kuͤhn⸗ 
heit bald nachher wahres anerkanntes Recht werden ließ, 
an welches ſich dann das fuͤr Polen ſo verhaͤngnißvolle 
Confoͤderationsrecht knuͤpfte. Vielleicht haͤtte ſich aber die 
Haltloſigkeit und Gebrechlichkeit Polens noch richtiger vom 
Jahr 1572 oder dem Beginme des Wahlceiches datiren 
laſſen, welchem die pacta conventa zur Seite ftehen, bes 
fonders um die Nation, d. h. den Abel, in feinen Rech⸗ 
ten zu fhügen und zu ſchirmen. Gleich das erite Erpes 
riment hätte alle Welt, nur bie Polen nicht, belehrt: ber 
König lief "davon! . Das graͤßliche Spiel Rußlands mit 
Holm feit dem Tode Auguft IH. (1763) Hätte wol noch 
ſchaͤrfer und bezeichnender gefchilbert werben können. Es 
gibt nur eim ihm Aehnliches noch in der Gefchichte, und 
wir wundern und, daß eine gelchrte Geſellſchaft es nach 
nicht zu einer Preisaufgabe gemacht hat, Roms Politik 
gegen Karthago im den drei punlichen Kriegen (analog 
den drei Theilungen Polens) mit Rußlands Politik gegen 
Polen zu vergleichen. Selbſt ein Mafinifia würde ſich 
finden laſſen. Nur müßte man den Abelsgeift bier dem 
Kaufmannsgeifte, oder richtiger, der Kraͤmerpolitik dort pas 
rallel ſtellen. Wahrſcheinlich lag es nicht in dem Plane 
des Verf., ſchon die Scenen ber erſten Theilung umſtaͤnd⸗ 
licher zu ſchildern, ſonſt wuͤrde das Benehmen bed wackern 
Landboten Thaddaͤus Reyten, des polniſchen Cato (ogl. 
Ne 7 d. Bl. f. 1832), eine dem damaligen Bus 
ſtand der Dinge und ber Stimmungen recht bezeichnende 
Epifode abgegeben haben. Wer die erſte Theilupgsidee 


gehabt, iſt ununterſucht gelaffenz es heißt blos: „Katha⸗ 
rina trat jegt mit ben feit des Prinzen Heinrich von 
Preußen Anweſenheit in Petersburg entworfenen Planen 
hervor. Deſtreich ging nur zu gem dasauf ein und bie 
Theilung erfolgte.” Werm unter Deſtreich Kaiſer Joſeph 
und Kaunig verſtanden werden ſoll, mag dies wahr ſeit; 
was Maria Thereſia betrifft, ſo hielt es ſehr hart, ihre 
Einwilligung zu erhalten; und ſie haͤtte noch viel ſpaͤter 
gern mit vielen Thraͤnen und Opfern dieſen Makel ihter 
großen AMjaͤhrigen Regierung abgewaſchen. „Bott wollte 
damals die Moralitaͤt der Großen zeigen“, ſagte Joh. von 
Muͤller. Daß ſchon vor dem Frieden von Oliva 1660 
eine Theilung Polens zwiſchen Rußland und Oeſtreich 
beſprochen wurde, fuͤhrt Koch an. Der Entfuͤhrung des 
Koͤnigs 1771 iſt gleichfalls nicht gedacht. Eine kurze 
Wuͤrdigung der nachher als jakobiniſch verſchrienen Eon⸗ 
ſtitution von 1791 wuͤrde den ſpaͤtern Kampf der Polen 
noch in ein ehrwuͤrdigeres Licht geſetzt haben. Preußens 
Politik, welche von Raumer im „Hiſtoriſchen Taſchenbuche 
von 1832 in dem viel angefochtenen und verfolgten Auffage: 
„Polens Untergang”, an verfchiedenen Stellen kurz, aber 
bezeichnend fchildert, wird hier weniger hervorgehoben; me 
S. 111 lieft man, daß die Haupturfache der Aufhebung 
bee Belagerung von Warſchau uimd des völligen Ruͤck⸗ 
zuges ber preußifchen Armee bie hoͤchſtwichtigen Ereigniffſe 
in Südpreußen geweſen wären. „Die Preußen hatten ja 
Alles gethan, um das Loos der Bewohner diefer Provinz 
drüdend zu machen; man hatte durch beutfche Beamte 
bie polnifchen erſetzt, ein deutſches Geſetzbuch eingeführt 
und verlangte von den Beſiegten, daß ſie ohne Weiteres 
bie Sprache ihrer Väter mit ber ihrer Ueberwinder ver⸗ 
taufchen follten.” Daß über das Ungluͤck von Macieiowice, 
wo ber edle Koſsciuszco, verwundet und gefangen, fein Finis 
Polonise rief, Kranke fihnell von Higigen Fiebern hinges 
vafft, Seaum zu fruͤh entbunden und mehre Perfonen von 
unheilbarem Wahnftume befallen wurden; daß man Mär 
nee und Frauen auf dm Straßen die Hände ringen, den 
Kopf gegen bie Manern ftoßen ſah, bringt der Verf. aus 
ODginsti's Memotren bei. Literatur iſt fonft nur wenig 
angeführt, doch find die dem Mef. nody nicht zu Geſicht 
gelommen Memoiren -ded Generale Piſtor (Berlin 
1806) mehrmals citirt. Auch Seume und ber „Polnis 
[che Inſurrectiontkrieg im Jahr 1794”, von einem Augen⸗ 


— 326 


zeugen (Berlin 1797, nicht 1767, wie es S. 85 ver: 
druckt fteht) find genannt. | 

Die beiden folgenden Bändchen, von bemfelben Verf., 
ſchildern nun die neuefte polnifche Revolution von 1830 
umftändliher. Das Hauptwerk von Spazier konnte wol 
dabei noch nicht benugt werden. Wol aber find andere 
Schriften, z. B. das „Skizzenbuch aus Polen”, bie „Acten⸗ 
ſtuͤckke und Belege über den Bruch der Neutralität Preu⸗ 
ßens gegen Polen” (Fuͤrth 1832), Brougham, die „Ser 
ſchichte der geheimen Verbindungen in Polen” (auf die 
Conſtitution der VBrüderfchaft freier polnifcher Burſche 
in Berlin 1821, eine Art polnifcher Hetairie, ſcheint der 
Verf. keinen Werth zu legen, ba er fie unter den andern 
geheimen Verbindungen der Senfenmänner, Tempelherren 
u. A. nicht anführt), Harro Harring, Pabel's „Rußland 
in der neueften Zeit”, Oginski, Lelewel, Pietkiewicz, Dem: 
binski, Czynski, Bronikowski und eine Menge officieller 
Zeitungsartikel ober Auffäge in Journalen angeführt. Jetzt 
erft follte Kosciuszko's Finis Polonjae wahr werben. Die 
Dorftellung tft im Ganzen ruhig, aber nicht theilnahms 
(086. Wenn einmal fein Mitleid, kein menſchliches Ges 
füht in der Bruſt des Deutfchen fein dürfte, hätte gewiß 
Deutfchlands legte Stunde gefchlagen, und mer wuͤrde 
uns dann bedauern? Kigentlihe Irrthuͤmer erinnern wie 
uns nicht gefunden zu haben. Die Schilderung ber Dauptper: 
fonen Chlopicki, Skrzynecki, Krukowiecki u. A. ift ber Meinung 
ziemlich conform, die ſich jetzt uͤber ſie gebildet hat. Ueber 
den Letztern haben wir (Me. 47 d. Bl. f. 1833) 
noch viel Stärkeres gelefen. Mit Recht wird hervorge⸗ 
hoben, wie laͤhmend und unheilbringend die franzöfifchen 


 Hülfezufiherungen für Polen wurben, aber wir tönnen 


uns faum zu bem Glauben erheben, daß auch wirkliche 
thätige Hülfe den Unglüdlichen hätte Heil bringen koͤn⸗ 
nen; fie waͤren zermalmt gewefen, ehe die vettende Hand 
fie erreichte. Betrachtet Ref. den ganzen Gang der Dinge 
und bie Verhaͤltniſſe, fo wird ihm die Ueberzeugung im: 
mer lebendiger, daß bei der inneren SInfubordination, bei 
der Theilung der Gewalten, den Leidenſchaften ber Kührer 
und der Schwäche ber Widerflandsmittel nicht viel Ande⸗ 
res erwartet werben konnte. Selbft ein fremder Dicta⸗ 
tor, im vollen Sinne des Wortes und mit allen geiſtigen 
Mitteln ausgeflattet, mit dem vollften Butrauen der Na: 
tion bekleidet, wäre nicht unabhängig vor den unbe 
rechenbaren Wechfelfällen bes Gluͤckes, und das Ganze 
doch nur auf eine Nummer gefegt geweſen. Wir ges 
ſtehen überhaupt ehrlich, von einer Nothwendigkeit des 
Aufftandes noch immer nicht überzeugt worden zu fein. 
Map auch der Drud groß und fchrediich geweſen fein, 
er konnte nicht eroig dauern, und wem viel zu tragen 
auferlegt iſt, dem ift auch gemöhnlid bie Kraft zum Er: 
tragen gegeben. Wir wiſſen es wohl, daß wir mit fols 
chen Troſtgruͤnden Diefem und Jenem pbilifterbaft erſchei⸗ 
nen, innen uns aber barım von unferer Anficht doch 
nicht trennen, auf welche der Erfolg Leinen Einfluß bat. 
Und felbft den glaͤnzendſten Erfolg angenommen, konnte 
bie Nation fih) eine innere Bürgfchaft in ihren Inſtitu⸗ 
tionen geben, "daß fie nicht Über lang und kurz eine neue 


\ 


Beute ber Fremben geworden wäre? Doch verlaffen wir 
das undankbare Felb der Conjecturi Wir theilen nur zwei 
Stein als Proben der Darſtellung aus ber Schlußfcene 
bei Warfhan mit (III, 191): | 

Zweihundert Kanonen (ber Rufſen) bonnerten zwei Stunben 
lang gegen Wola und bie oorlisgenden Verſchanzungen Ar. 54 
und 67, welche mit vier Kanonen und zwei Compagnien beſetzt 
waren. Die legtern, von allen Seiten beftürmt, waren balb 
genommen, jedoch nicht ohne großen Verluſt, befonders bei 5%, 
wo der XArtillerielieutenant Konftantin Gorbon, nachdem er feine 
Mannſchaft verloren, fi und die eingebrungenen Keinde mit 
der Pulverfammer in bie Luft fprengte. Jetzt kam bie Reihe 
an das von acht Kanonen, aber nur 2000. Mann birtheibigte 
Wola, wo der XArtilleriegeneral Sowinsti mit bem Vorſatz be- 
fehligte, ba6 Werk nicht lebend zu übergeben. Nur ein Winkel 
beffelben war völlig kunſtgerecht befeftigt, fowie bie Kirche zu 
einer Art Gitadelle gemacht, doch waren außerbem einige zur 
befondern Bertheidigung geeignete Abfchnitte angebracht. Nach⸗ 
dem das Feuer von 100 ruſſiſchen das ber acht polnifchen Ka⸗ 
nonen etwas zum Schweigen gebradht, begann von allen Sei: 
ten der Sturm, benn 12 Bataillone hatten bas Werk umgan: 
gen und griffen es im Rüden an. Da gab ein Offizier vom 
erften Bataillon bes achten Regiments das ſchmachvolle Beifpiel 
ber Flucht und die Ruſſen drangen ein. Aber hatte es ihnen 
viel gekoftet, fo weit zu kommen, fo koſtete es ihnen noch weit 
mehr, den theuern Bortheil mit ihrer Uebermacht zu behaupten. 
Berlaffen, ohne bie geringfte Unterftügung ließ man bie helden⸗ 
müthigen Vertheidiger Wolas, des GSchlüffeld ber gamzen Stel: 
lung, vom übermädtigen Feinde erwärgen. Der fonit fo ent: 
fhloffene Bem ward vergebens aufgefodert, mit feiner Artillerie 
vorzurüden; er fäumte, bis es zu fpät war. Aber Wort hielt 
Sowinski. In der Kirche harrte er fisenb (er hatte bei Mo⸗ 
fatst einen Fuß verloren), mehre geladene Gewehre neben füch, 
ber nicht mehr abzuweifenden Keinde unb fchmetterte die Ein- 
beingenden nieber, bis ihre Bayonnete feine tapfere Bruft durch: 
bohrten. Ghre dem Helden! 

Die Schlußworte Iauten (S. 199): 

Doch ungebeugt und frei kehrten Tauſende feiner ebeiften 
Söhne dem abermals ber Fremdenherrſchaft verfallenen Baterlanbe 
ben Ruͤcken. Unflät irren feine gefeierten Streiten durch bie Welt. 
Die Zukunft wird entfcheiden, ob es nicht ;sähmlicher. für fie 
gewefen wäre, bei den Gräbern ihrer Väter, im Angeficht der 
Denkmäler ihrer Helden, in den Klammen {hrer Zempel und 
auf —— Truͤmmern ihrer letzten Habe den freudigen Heldentod 
zu en. 

Eine Revolution ganz anderer Art war der deutſche 
Bauernkrieg im Jahr 1525, von welchem Hr. Dr. Burck⸗ 
barbt im vierten und fünften Bändchen bes Unterneh: 
mens handelt. Auch bier der Generainenner: Misver⸗ 
gnügen mit dem Beſtehenden, gefteigert bis zu ber Ueber: 
zeugung, es fo nicht Länger tragen zu können, und zu 
dem Entſchluſſe, ſich ſelbſt, wo in Güte nichts mehr 
zu erreichen ftehe, mit Gewalt Abhülfe zu verſchaffen. 


Zſchokke nennt daher in feiner „Bairiſchen Gefchichte” den 


Bauernkrieg einen gräßlichen Naturfchrei der gedruͤckten 


Menſchheit. Da die Darſtellung nicht für Korfcher ber 


Geſchichte, ſondern nur für Freunde derſelben verfucht ift 
(S. 2), fo. haben wir auch nicht bas Recht, einen ge= 
lehrten Maßſtab an biefelbe zu legen, wohin ımter Anz 
berm die Foderung ‚gehören wärbe, bie damalige Lage bes 
Bauernflandes, und wie fie fo geworben, aus dem Staats⸗ 
Kirchen: und Lehnrecht des Mittelalter quellengemäß ent: 
widelt zu fehen. Es wuͤrde ber Streit aufzunehmen ges 
wein fein, ob dee urfprängliche Zuftand ein freier oder 


— 527 


freier war; es würden bie Begriffe ber Leibeigenfchaft, . 


Hörigkeit, des Meierrechtes, der Barfchalten, der Bar: 


ſpraken u. f. w. zu entwideln und die Frage zu beants 


worten geweſen fein, ob die Reaction gegen das natüc- 


liche oder gegen das hifkorifche Necht gerichtet war, ‚dann 


würde auch die (S. 8) gegebene Erklaͤrung: daß man 
am Ende des 14. (warım nicht 15.) Jahrhunderts „alle 
diejenigen Perfonen unter dem Namen Bauern verftand, 
die weder zum ritterbürtigen Adel noch zu ben Bürgern 
und Einwohnern der Städte gehörten”, zu weit erſchei⸗ 
nen, indem (abgefehen davon, daß and Geiſtliche und 
Mönche weder zu dem Einen noch zu dem Andern ge: 
hörten und doch nicht Bauern waren) der Begriff des 
Grundbefiges auf offenem Lande für Aderbau oder Land⸗ 
wirthſchaft überhaupt in feinen verſchiedenen Mobificatio: 
nen hätte die Bafis machen muͤſſen. 

Der Here Verf. fchildert nun bie verfchlebenen Mor: 
laͤufer des Bauernkrieges (gleihfam die Sturmvögel der 
größern Revolution von 1525), ben wuͤrzburger Auf: 
ftand 1476, dem nieberländifchen der Käfebrodter 1492, 
die elfaffer Verfhwörung von 1493, die bruchfaler von 
1505 und 1513 (dee Bundſchuh zu Lehen fihon mit 


. 12 Bundesartikeln, daher diefe Zahl nachher bleibend wurde), 


den würtembergifchen Aufftand von 1514 unter dem Namen 
des arınen Konrad mit der Allufion: dem Armen kein Rath, 
dann auch zu Erfurt, Koftnig, Schweinfurt, Augsburg, 
alte vor Luther's Auftreten. Daß Luther Leinen Antheil 
an dem fpätern geößern Ausbruche hatte, am menigiten, 
wie ibm noch in nemern Zeiten Schulb gegeben wurbe, 
Emiffarien zur Erregung einer Empsrung in den Rhein: 
gau gefendet hat, wird (S. 21 fg.) glüͤcklich nachgeriefen. 
Der erfte Abfchnitt behandelt dann die Empsrungen der 
Bauern in Schwaben, im Mainzifhen und in Franken 
1524 fg. mit Wiederabdruck der eigentlichen 12 Artikel; 
ber zweite (&. 65) die im Bisthum Speier, in -Würs 
temberg und Elſaß, ſowie in der Pfalz; der dritte (S. 81) 
die Verfaſſungsplane der Bauern; der vierte (I, ©. 1) 
ben Kampf bes ſchwaͤbiſchen Bundesheeres mit den Bauern 
bis zur Dämpfung des Aufftandes im beutfchen Süden 
und Welten. Mit Muͤnzer's Empörung und dem Auf: 
ruhe in Sachſen, Fulda und Heſſen hat ber fünfte Ab: 
ſchnitt (S. 57), der ſechbte aber (S. 86) mit den Gruͤn⸗ 
den der ſchnellen Unterdrüdung und den Folgen bes 
Bauernkrieges zu thun. Ein trefflicher Abfchnitt, den eine 


Parallele zwiſchen ber Behandlung bee Bauern in Deutfch - 


land und in Schweden, wo fie eben damals zur Reiche: 
vertretung berufen wurden, noch mehr Intereſſe gege: 
ben haben würde. Im Anhange (S. 95 — 102) wer: 
den bie Schriften über den Bauernkrieg durchgegangen. 
Hinzugefuͤgt hätte noch werden tönnen der wichtige 
vierte Abſchnitt aus dem zweiten Bande von 8. ©. 
von Bucholtz's: „Geſchichte der Megierung Ferdinand 1.” 
(Wien 1831, S. 120— 221), wo auch eines gräßli: 
hen Aufftandes in. Ungarn 1514 gedacht wird. Wir 
find auch von dieſem Verfaſſer eine Stelle als Probe 
feinee Darftellung mitzutheilen fchuldig II, S. 89, 
heit eb: | 





Lange wäÄhrte es, ehe ber biutgebüngte Adier von Neuem „ 


grünte und Früchte trug, ehe aus bem Schutte ber Dörfer unb 
Städte und Feſten neue Wohnfige ber Menſchen ſich erhoben, 
ehe der Fluch der That fidh in Segen verwandelte. In wilder 
Suth hatten beide Theile zerſtoͤrt und zerträmmert, und Fran⸗ 
ten allein zeigte über 200 dde- Stätten, bie früher von frieb: 
lichen Menſchen bewohnt wurden. Mehre Zaufend Waifen irr⸗ 
ten ohne Obdach, ohne Unterhalt, ohne Aeltern umber, benn bie 
Väter waren im Kampfe, bie Mütter durch die Wuth ber ents 
rüfteten Feinde gefallen, und im Allgemeinen wird die Zahl ber 
auf beiden Geiten Gebliebenen auf 50 — 100,000, ja bis 150,000 
angegeben. ‚Die Rube war hergeftellt und waltete aufs Neue 
in ben verheerten Gauen; aber es war bie Ruhe bes Kirchhofs, 
bie Ruhe eines blutigen Schlachtfelbes, die nur von dem Jam⸗ 
mer und Stöhnen unglüdlidher Opfer unterbrochen wurde. Schon 
waren während bes Kampfes unter dem Belle des Scharfrich⸗ 
ter Viele gefallen, die man als Räbelsführer gefangen oder zu 
foichen geftempelt hatte, ber wilde Truchſeß fährte auf allen 
feinen Zügen den Profofen Berchtold Aichelin als Rachrichter 
mit fih, und der Blutdurſt diefes Mannes war fo befannt, baf 
ſelbſt der Rath zu Ulm, in deſſen Solde er fland, nur von ber 
Furt, bei dem Truchſeß in Ungnabe zu fallen, ſich abhalten 
ließ, ihn ans feinem Dienfte zu entlaffen u. f. w. 

Schließlich wäünfchen wir diefem Unternehmen, das 
fih auch im Aeußern freundlich ankündigt, den beften 
Fortgang. Hoffentlich wird bald auch eine Revolution nicht 
fo tragifchen Ausganges an bie Reihe kommen. 118, 








Darftelungn aus meinem Leben und aus meiner Zeit. 


"Bon Friedrih Karl von Strombeck.“ Zwei 
“ Shell. Braunfchweig, Vieweg. 1833. 8. 2Thlr. 
8 Gr. 


Der fürftlich Tippefche Geheim⸗ und Oberappellationscath 
und herzoglich braumfchweigifche Gteuerbirector 8. K. v. Stroms 
beit zu Wolfenbüttel gehört nicht allein zu ben ausgezeichnetften 
Männern feines "Waterlandes, fondern er hat als juribifcher 
Schriftfteller, als geiftreicher Ueberfeger einer ganzen Reihe roͤ⸗ 
mifcher Elaſſiker 2c. eine wahrhaft europäifche Berühmtheit. 
Schon in biefer Beziehung dürfte alfo eine Selbſtbiographie 
deſſelben das höchfte Intereffe gewähren; biefes wird aber noch 
dadurch gefleigert, daß Hr. v. St. feit faft 40 Jahren eine bes 
beutende Stellung in Braunſchweig und in bem ehemaligen Kb: 
nigreiche Weſtfalen einnahm, baß er mit vielen berühmten Per⸗ 
fonen der fo reichen jüngften Wergangenpeit, deren Beginnen 
durdy ben Anfang ber frangöftichen evolution bezeichnet wird, 
in engere unb entferntere Berührung kam; fie wird endlich auch 


noch dadurch gefteigert, daß ſich zu einem vielgeftaltigen Außen . 


Dafein ein reiches inneres Leben gefellt. 

Bor Allem bürfte bie Selofbiographie das hoͤchſte Inter 
eſſe fuͤr Braunſchweig und fuͤr die verwandten Laͤnder haben, 
weil der gefeierte Mann, von dem ſie herruͤhrt, das Schickſal 
derſelben gleichſam mitgelebt hat, mit Perſonen von hoher ge⸗ 
ſchichtlicher Bedeutung in bie engſte Berührung gekommen iſt 
und ſeit langer Zeit eine fuͤr Braunſchweig ſegensreiche Wirk⸗ 
ſamkeit entwickelt hat. Aber nicht minder intereſſant wird auch 
das Buch fuͤr einen Jeden ſein, der gern eine ebenſo ſchoͤn als 
einfach geſchriebene Biographie lieſt, und obendrein hat ja dieſe 
Art der Lecture fuͤr jeden denkenden Menſchen den hoͤchſten Reiz! 

Den Standpunkt, welchen ber Verf. einnahm, ale er bie 
Darftellungen aus feinem Leben umb aus feiner Zeit niederſchrieb, 
bat er mit folgenden einleitenden Worten genau bezeichnet: 

„Meine Abftcht if, eine Reihe möglich zufammenhängenber 
Darftellungen aus meinem ſchon mehr als Techziglährigen Leben 
zu entwerfen,‘ wodurch ich mir felbft (gleichfam noch einmal Ies 
benb) Vergnügen, meinen Lefern aber biefes und auch Mugen zu 


‚ ben, ba fie von h 


328 


verſchaffen gedenke; denn Beides erwaͤchſt aus dem Schauen in 


das Leben eines Andern. 


lung Deſſe derſe 
leifleten, liefert uns kein vollſtaͤndiges, völlig ansgeführtes Bild 


der Zeit: zu dieſem gehoͤrt, daß man ſchaue, wie die Menſchen 
in ihren — Dos en lebten. Darſtellungen folder 
Art. waren bisher felten. werbe es verſuchen, ben beſſern 
derfelben —— *3 zwar mich der Treue und Wahrheit 
na lichkeit .“ 
⸗ Ft befonbern, er lobenswerthen Erwaͤhnung verbient 
es, daß Hr. v. St. wie manche Charakterſchilderung er auch in 
feiner Selbſtbiographie gibt, Riemanden verletzt hat, obgleich er, 
wie er felbft gefteht, manche Larve abzuziehen im Stande und es 
ihm ein ——A geweſen wuͤre, vielmals hiſtoriſche Gerechtigkeit 
u verwalten. 
Es würde hier zu weit führen, Auszüge aus ber hoͤchſt vors 
trefflichen ift zu liefern, auch wuͤrde es, ba es bes Inter⸗ 
eſſanten ſo viel gibt, am Ende ſehr ſchwer halten, eine Auswahl 
zu treffen. Man leſe bie beiden, auch aͤußerlich fo huͤbſch aus⸗ 
geſtatteten Bändchen ſelbſt. Sehr gelungen if z. B. die Schil⸗ 
derung des verewigten großen Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand 
von unſchweig und ſeines zwar kleinen und einfachen, aber 
durch mehre ausgezeichnete Maͤnner muſterhaften Hofts und bie 
Schüuderung des üppigen großartigen weiland weſtfaͤliſchen, deſſen 
Hauptperſon der liebenswuͤrdige, feinfuͤhlende, aber zu ſinnliche 
Jerome Bonaparte war. 
he wir jedoch umfere kurzen Bemerlungen über biefe aus⸗ 
gezeichnete B g der beutfchen biographiſchen Literatur 
befchtießen, mag bier nodh folgende Anmerkung bes Hrn. v. St. 
am Schluſſe bes zweiten Theils feiner Schrift eine Gtelle fin 
—5 — Intereſſe in Beziehung auf die neueſte 
Geſchichte von Braunſchweig if. Der Verf. theilt nämlich den 
Abdruck eines Briefe mit, ben er unmittelbar nach ber furcht⸗ 
baren Kataſtrophe am 6. und 7. Sept. 1830, burch welche ber 
unglüdliche Herzog Karl aus Braunſchweig zu fliehen gendthigt 
war, an einen, auch literarifch berühmten, preußiſchen Staats⸗ 
mann fhrieb, ‚um eine unrichtige Darftellung des beklagenswer 
then Greigniffes in ber „Preuß. Staatözeitung”' in ben Augen die: 
ſes Mannes zu berichtigen. Gr. v. St. fogt: „Mm fo zweck 
mäßigen muß ich jest dieſe Mittheilung (nämlich bes Wriefes) 
halten, da ſich Hinfichtlich der Urfachen des braunſchweigiſchen 
Septemberaufftandes fpäterhin Gerüchte verbreitet haben, an ber 
nen auch nicht Ein red Wort ifl. Ich felbft bin vielmalt 
im Oberappellationägerichte Referent in denjenigen Unterſuchun⸗ 
gen geweien, welche gegen Perfonen angeflellt wıeben, bie bei 
dem Gchloßbrande thätig waren, und nie auf puren ge 
flogen, aus denen zu ſchließen wäre, bie Urfache ber Bollswuth 
fei eine anbere geweſen, als biefenige, welche ich in dem hier 
mitgetheilten Schreiben angegeben babe. *) Als aber ber Poͤbel 
einmal im Plünbern begriffen war, ba bebagte ihm diefer Er⸗ 
werb, und nur erfi nady dem Verlaufe mehrer Stunden konnte 
durch bie größten Anftrengungen ber Behörden, unterflägt von 
ben bewaffneten Bürgern, bie Ordnung einigermaßen bergeflellt 
werden. Da id; gegenwärtig geweſen bin und felbft bei ber 


*, Die in diefem Schreiben angegebenen Urſachen find ganz diefelben 
als die in der Schrift des Hofrath Koch zu Braunſchweig: „Der 





Auffland ber Braunſchweiger am 6. und 7. Sept. 1880, ſeine Vers 


anlaffung mad feine naͤchſten Kolgen’ (VBraunſchweig 18%), von 
der auch zu feiner Beit in diefen BI. geredet worben, weitläufig 
entwidelten und burdy diefe ebenfo wahrhafte als gut gefchriebene 
Darfielung allgemein bekannten. 


ber auf 


ſtimm 
ſchlechte hegt er von einer andern E 


Unmäsbung ber Eiichgeräsgfifnften eingewirtt habe, fo Tann di 
hier aus eigneg Ueder zeugung ſprachen. (Banı unmögiie ik 13 
aber, eine Hehe von Thatſachen entſtellter vorzutragen, als big 
ſes in einer mix eben zu Geſichte gelommenen Druckſchriſt ges 

eheh TE, welche ben Titel fülnt: „Memoire & constiter et 
oonmultatien pour 8. A. 8. le dat Charles de Brunsvic, eur 
les droits garastis aux dtramgers par les lois ibson/’ 
(Paris 1882). Das bier angeführte „Memoire, weiches ber 
‚ Consultation’’ felbft vorbergeht und bas auch eine Geidichts« 
erzählung der braunfähweigifchen Greigniffe enthalten foll, if 
ſchlechterdinge im Gingelnen nicht zu berichtigen, meil auch nicht 
Sine Thatfache darin ber Wahrheit gemäß davgefelit if. Des 


Gaıze IR dieimehe eine einzige Lüge. ‚Ich gweifie, daß, fo ziel 


| auch in alten und neuen Zeiten in geſchichtlicher Hinſicht 


worben, zu bdiefem „Memoire & consulter”’ ein Begenftäd *8 
ben werden koͤnne. Giner ber edelſten, ſanfteſten und fted zum 
Frieden rathenden &hrenmänner, ben ber Herzog Karl nicht 
einmal beleidigt hatte, ber Überbies abıwefend war, wird hier 
als der Chef einer Gonfpiration von Ariſtokraten dargeſtellt, von 
nit eine Spur vorhanden war. Könnte bier von 
Ariftofraten bie Nede fein, fo waren fie ed, welche ſich ebenfo 
ernſtlich als Vie ſtaͤbtiſchen Behoͤrden bemühten, bie Orbnung 
herzuftellen-, weiches auch dann vollftänbig gelang, als ber Ders 
zog Wilheim erſchien, ohne beffen Dazwiſchenkunft und Einwir⸗ 
tung die ‚gefährlichfien Folgen hätten ſtatthaben tunen. Bür 
einen Tünftigen Gefchichtfchreiber möge biefe Warnung gegen 
die genannte Flugfchrift hier ſtehen.“ 

Des Referenten Meinung von biefem ſchlechten Machwerke 

t ganz mit der bed Hrn. v. St. überein. Eine ebenfo 
laͤglichen Broͤſchure, bie gang 
kuͤrzlich unter dem Titel: „Beurtheilung bes gegen den Herzog 
Karl von Braunfchweig erfchienenen Öffentlichen X eioge: Dee 
Aufftand ber Braunſchweiger am 6. und 7. Gept. 1830, feine 
Veranlaffung und feine näcften Folgen‘, bei GHeibeloff und 
Campe in Paris unter dem Namen eines gewiſſen H. F. RW. 
Derrmann, erfchienen if. Es iſt lächerlich, mit folden Waffen 

egen erwiefene Thatſachen kaͤmpfen zu wollen, denn foldhe ent 

—* bie in dieſem Pamphlet getabelte Koch'ſche Schriſt. 
Der ungluͤckliche Herzog Karl iſt tief zu beklagen; ſeine und ſei⸗ 
ner Freunde Bemuͤhungen aber ſind nur zu befadyen.: 

Nach dieſer ganz natürlichen Abſchweifung ſahließlich noch 
eimnal au der Selbſtin bie des Hen. v. St. zuricklehrenk 
die buch biefe Kuyeige vet viele Lefer finden nn bemecken 
wir noch, daß in einem Anhange derſelben ein „AXbriß des Le⸗ 
bens Friedrich Heinrichs von Strombeck, weiland koͤnigl. preußl⸗ 
ſchen Geheimen Juſtiz⸗ und Oberlandsgerichtsraths zu Halber⸗ 
ſtadt⸗·“, son welchem das Weſentliche bereits in ben „‚Zeltgenof 
fen, Rr. 26, mitgetheilt worden ift, folgt: ein dem gelichten 
Bruder geſetztes Denkmal! | . 106. 





RKiterarifhe Nottzen. : 

In Neapel dat mim ein neues Journal verſucht: „I pro- 
gresso delle scienze, delle letiere e delle arti, opera 
riedica,, oompälata per cura di G. R.““, bas ben Doppelzweck 
verfolgen foll, das In⸗ und Ausland mit ben bebeutenbfien neuen 
italienifcgen Werten ber Wiffenfchaften, Literatur und Kunſt 
befannt zu machen, befonders aber die Aufmerkſamkeit der Ita⸗ 
Itener auf fremde Werke ber Art zu lenken. 


— — 

Ta einem nmenen frauzoͤſiſchen Journal ſindet ſich ein ficheme 
der Artikel: „Correſpondenz mit den arbeitenden Volleclaſſen, 
vor, wodurch deren Meinungen und Gefühle an das Licht 
gezogen werden ſollen. "Die Briefe ſelbſt werben natuͤrlich 


ctton. 


mar auszugevelfe mitgelheilt, nebſt Bemerkungen Be Re⸗ 


Redigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: 8. A. Brodbausß in E ei puig. 


N 


. nen Abern dentſchen Verbehrs erſt 





Blaͤtter 


‚für, 





nn. R . AR tin 4 io. . . .“. v RR . 
4 matten LT orten EEE GE Se j 
iM Lo . 20 4 I. IT 2 ih Me. 
literariſſche Unterhaltung 
- “ .. ”. , 4 F A 4 , R 4. 
. .. * . ° , . ’ 
D —8 . gr nen. ' .. ..u 2⸗ F W 
. 7 .. 3. 
Dimersteg N “ . ———— RE, 129, =— 9 


Briefe an den. . Serausgiber über den Anſchluß Sad. 
fend an. den preußifch=baitifchen Zollvesband.: 
amuigerx Brief”). 

Darüber alſo, werehrter Ireuınb;.: waͤren wiro einig: 
daß der echt politifche, ganz Deutfchlahd- und. ſeinn Wer⸗ 
haͤltniß zu fremden. Mächten unfafiende Standpauft, bei 

Betrachtung deu. vesliegenden ‚Angelegenheit, der hoͤchſte 
und entſcheidende if. Denn: mas hilfe. es, wenn Zielen 
cher. Jener nech fo. viel::gensänne, bie: Seele dentſchen Kon 
ben& aber Gerloren: ‚ginge ?.. 

"Allerdings haben pin. am unferer nationaden: Biteratus 
und Kunſt ein! heilſames Binterngemaintel,, cine gemeein 
fame; belebende: Agminfphker :- aber: Ihe. unſterbliche un 
tur hat die Griechen nicht vordem Tode bewahrt, und 
im: Jalle politiſcher Ohnmacht wuͤtde ſich mehr als dit 
Mummius finden, um unſerer Wiſſenſchaft ind Kunſt 
mit, plumper Hand moͤglichſt den Saraus: zu machen. 
Alſo beduͤrfen wir auch malterieller Bindꝛgsmittel, weiche 


die einzelaen Stämme und. Staaten vereinigen, ohne mit 


aerfiörenden Grywals bie verſchiebenen SIndiokiunlitäten.. in 
eine . gleichartige Waffe saufjuldfen. Undi keines. biefes 
Bin ittet if: unfufſender, egensreichrt, wirkſamer, 
ats. die: fo. gloretich unterneniinene Bereinigung Deutſch⸗ 
lands im einen: großen, verbritderten Handebeſtaat. Wenn 
die zeither unzählige Dale unterbundenen, ja abgeſchnitte⸗ 
in natürlicher Entwi⸗ 
delung: durch: alle: unfere Gaue rhindurchſtroͤmen bie: ſetzt 
böswillig:ober: anveiſtaͤndig niedergetrerenen ober virſtonſ⸗ 
ten Handelänuellen : überulli.. hervorbrechen, daunc 
— eig -Heiterkeit:und: Zlte des Daſeins eine 
Kraft. dei ns: und: Genießens, eine Macht: ber 
Seloſtvertheidigung und Allgenugſamkeit. auf: feinem Bo⸗ 
den zeigen, groͤßer, als ſolbſt bie Zuchnſten zu-heffen. wagen 
Schwach, arm, unglüuͤcklich if aim.: zabtveiches Bolt 
immer vorzugäweife durch feine eigne Schuld, und fo. vo 
wir auch mit Hecht. Eben bie Iremban: klagen, . weiche in 
Muͤnſter, Denabruͤck, Raſtatt und: aun aubern Orten über 
uns und unſer Kigenthuns nach Bellen. ſchalteten, fo 
war doch untere. Uneinigkeit und Partsifucht bie: weſent; 
* Prag fremder Uebermacht. 
Daffelbe gilt von unfern Handelorethaͤltaiſſen 


H Bol Rr. ues d. zu. D. Bei. 





Daß Deutſchland von feinem. Kranfenlagi erfichen, frei 
feine Glieder gebrauchen, nicht: Länger wahnfinnig gegen 
ſich ſelbſt —8 ſondern endlich Das thun will, was 
laͤngſt Er ‚Recht und feine, Pflicht war, das heißt 
fremden Zeitungsſchreibern eine unerhoͤrte, hinterliſtige, 
unverantwortliche. Verfshmörung! *) Haben wir denn 
aber nicht, verdient. mit ſolchem Uebermuthe behandelt zum 
werben ? Haben, wir nicht, feis: mehr ald einem. Zahrhuns 
derte fremde Handelstyrannei fo ruhig ertragen, daß uns 
niele Engländer in biefer Beziehung Hang natürlich wie 


| Sindus, ja wie Dottentotten und Neuſcelaͤnder betrachten? 


So gewiß Deutſchland politiſch feine Freiheit behaup⸗ 
und: follte, Te gewiß laſſen ſich jene Feſſein 
das Handels zerbrechen, und diejenigen Stimmen, welcha 


ſich gegen diefe Wahrheit erheben, find: denen vergleichbar, 


weiche brhaupten: Deutſchland ſei beſtimmt, immer von 


Fryankreich ober. Rußland im politiſchen Schlepptan hin 


und bes gezogen: zu werden. Das Begruͤnden und Feſt⸗ 
halten der eignen. Freiheit teitt. aber fremder Freiheit nie 
gends zu nahe, und Napoleon's Continentalfyften .mislang 
weſentlich deshalb:, weil e8 ihm: nur als. Vorwand diente, 
noch weit größere Tyranncien geltend zu. machen. 
en Lad Europas hat weniger danach getrathtet 
und: iſt weniger geeignet, ber Freiheit anderer Staaten ges 
faͤhelich zu werben. ald Deutfchland; wol aber haben feit 
Jahrhunderten ale wahren Freunde echter Freiheit gewußt 
und behauptet, - es Mirfle zu: eignem und frembem Wohle 
lack: und ſelbſtaͤndig fein. Iſt -e& nun nicht verkehrt, 


wenn · Englaͤnder uns auffodern, gegenFrankreich Die poli⸗ 


tiſche Selbſtaͤndigkeit zu: behaupten, uns aber ihrer Han: 
delsdespotie zu unterwerfen und wenn umgekehrt Franzo⸗ 
fen verlangen, wir ſollen dieſe — *—* an pouttſcher 
Unterthaͤnigkeit aber Wohlgefallen finden * 

Ich wiederhole es: die Freiheit lebt nit am einer 
GStelle, und wenn Deutichland weniger mit Siebenmeilen⸗ 
ſtiefeln in: einer Richtung derſelben nachgefanfen iſt/ ſo 
ſteht es bei Summitung aller Richtungen und Entwi⸗ 
delungeformen, in Hinficht auf Religion, Politik Wiſſen⸗ 
ſchaft, Kunſt, Unterricht, Armenweſen,/ Kriegsweſen, Finan⸗ 


ven, Schulden u. —. w. keinem eurdpaͤlſchen Staate nach. 


Reden und Gegenreben. in Sachen xceußiſcher — 
Tue Qandelspoiitit, &, 17, 21, 24. 














“ 930 


Ja, es findet fih (wenn unſchaͤtzbare Güter nicht duch 


Uitras aller Art verſcherzt werben) in Deutſchland mehr 


Kraft der Geſundheit und weniger Krankheitsftoff als in 
Spanien, Portugal, Frankreich, England und Rußland. 

Fragt man: nah welchem Gpfteme fol denn, aber 
die —8 ‚ om welcher unſere Handels⸗ Steuer: 
verhältnifie noch Leiden, geheilt werben, welchen fol man 
ſich anfchließen, fo antworte ich: dem liberalſten! und 
dies iſt, fomie die Dinge jegt in Europa flehen, ohne 
Zweifel das preußifche. 

'; Dritter Brief... 

Angenommen, die Unterfuchung ergäbe, daß das Heu⸗ 
dels⸗ und: eines Staats liberaler waͤre 
als irgend ein deutſches ſo wuͤrde doch ein Anſchließen an 
daſſelbe und eine Trennung der Deutſchen von Deutſch⸗ 
land aus den ſchon entwickelten Gruͤnden ein Verrath 
oder wenigſtens eine Thorheit ſein, die uͤber kurz oder 
fang in materiellen Leiden und geiftiger Schmach ihre ge 
zechte Strafe fände. 
Wenn vole- aber von den Einrichtungen ganz kleiner 
Ländchen abfehen, bie in Suropa nicht ben’ Ton angeben 
innen, fo halten (mit Ausnahme Preußens) alle übrigen 
großen Staaten: noch fefl an dem Mercantils und Pros 
hibitivſyſteme ſie wollen fi) Niemand anſchließen. So 
bat Hustifion wit feinen freien Vorſchlaͤgen in England 
nicht durchdringen. koͤnnen, und St,=Cricg-Ijt in jener An- 
ficht fü verſteinert, daß Ales, was Wiſſenſchaft und Er⸗ 
ſahrung ſeit einem Ichehundert augenfaͤllig Dagegen erwie⸗ 


fen haben, für. ihn gar nicht vorhanden zu-:fein: ſcheint. 


Und bie angeblich allerfreiſten Franzoſen unterwerfen fich 
geduldig dieſer aͤrgſten Tyrannei falſcher und eigennügiger 
Grundſaͤtze, weil grade hier nicht die Saite beruͤhrt wird, 
auf welcher die ganangebenben Joumaliften zu fpielen 
verfiehen. nl 
Es ik jedoch hier um ſo weniger bee Drt, VBaweiß⸗ 
für die Wahrheit und Heilſamkeit der frelen Handelsſy⸗ 
flame ‚beizubringen, da der Verf. der fchen erwähnten leip⸗ 
ziger Vorſtellung dies mit Kenntniß und Einſicht in aller 
Kürze gethan hat. Wol aber bedarf, wie «6 mie fcheint, 
manche andere feiner Aeußerungen einer genauern Pruͤfung. 
So haben die beſoldeten und unbeſoldeten preußiſchen Schrift⸗ 
ſeller, volltemmen Recht, wenn fie hoahaupirn⸗ das preis 
ziſche Bolfoftem, fei kein Prohibitivſyſiem Es war ein 
ſoiches bis auf die Zeit der ‚großen, durchgreifenden Ver⸗ 
Anderumgen, , welche. ben ‚alten Begriff, der, Contrebande 
ganz vertilgten und ſtatt unzähliger Eingangsverhote kei: 
nem Producte ober Fabrikate irgend eines Landes (Balz 
und Spielkarten ausgenommen) den Eingang verfagen. 
In Frankreich dagegen, herrſcht das Prohibitiufpftem.- im 
Wchſtar Strenge. denn die. Einführung faft allen frewden 
Veanufatturwaaten ud fehr, piefer Praducke iſt, ganz ver⸗ 
boten: ſo z. B. die, meiſten Metallwaaren, hauumwoſllene 
Waaren, wollene Tuͤcher, Sara, Kleibungsflüde, Glas, 
Branntwein, Lederwanren, Drechölerwaaren, Schießpulver, 
Taback, Fayence, Zuder und Syrup, Kaffeefurrogate u. ſ. w. 
Sowie Preußen in ber Zeit feines größten Unglücks 
dem geiftigen Leben vertraute, Schulen, Gpmnaflen und 


Univerfitäten gruͤndete und ausflattete (wohl wiffend, baf 
biefe Saat ihre reichlichen Früchte tragen muͤſſe), fo * 


es in Zeiten vielfacher Handelsbedraͤngniß ben umfaſſend⸗ 


| fen und kuͤhnſten Verſuch gewagt, befien in ber neuern 
Finanzgeſchichte nur Erwähnung ge Kae es hat ein 
liberaleres Zollſyſtem an bie Stelle eines ty⸗ 
ranniſchen gefegt, ohne von den andern Staa: 
ten auch nur Achnlihes aus Segenfeitigbeit 
zu verlangen. As «6 hieß: alle franzoͤſiſchen und 
englifchen Waaren follten” künftig” in Preußen eingehen 


\ bürfen, während (ber Eingangsverbote, und :hopen Steuer⸗ 


fäge wegen) faft gar feine preußiſchen nach Frankteich und 
England abgefetzt werben - ‚ weiftasten- felbſt viele 
Wohlgeſinnte den nahen Untergang unferer Fabriken. Und 


dennoch iſt der Verſuch gelungen, und unfere Gewerbe 


haben angenfcheinlich "zugenonmnen, und bie unendlich gro: 
gen Gefahren, welche aus allem Erkuͤnſtelten entſtehen 
(unb woran Frankreich und, England sfo. febe kim); ver⸗ 
ſchwinden taͤglich iaimer mehr. 

: Wenn, die. Zölle fo Hoch ſind, baß ſie bin Eingang 
unmoͤglich machen, fo entſteht daraus noch immer bein 
Eontrebanbes und Confiscationsſfyſtem; aber allerdings Sonane 
in mancher Beziehung die Wirkung: aldbaun einem Ver⸗ 
bote gleih. Daß dies in England miiſt der Fall fei, iſt 
in der befammten. Schrift: ‚Weber. preußökhe and englifche 
Danbelöpokitil”,. einiencytenb erwieſen una läßt ſich hinſicht⸗ 
lich Fenteech⸗ ebenfalls fuͤr viele Gegenſtaͤnde darthun. 
Für den Centner Seidennaaren nimmt; j. B. Preußens 
100 The. Eingangsfteier , Frankreich 118-960 Xhlr.; 
fhe den. Centner Porzellan Preußen: 10 Thin, Franeeeic 
50 Thir.; für den Centner Goldz. und Silherwagren Preu⸗ 
den 50 Thir., Frankceich 470 — 3150 The ! 

: Daß Diefe. und, andere "preufifche. Steiterfäge einem 
oöligen. Verbote gleich kaͤmen, iſt irrigz. vieinrehr hat ſich 
m Vergleich mit. frühen. Zeiten Abixall die Einfuhr er⸗ 
hoͤht, bee Staat bezieht vom hielen, der hoͤchſtbeſtenertern 
Gegenſtaͤnde, z. B..den- Weinen, steh: große Einnahmen, 
und fein Gegenſtand iſt deshalb auf: dem Handel : vers 
ſchwunden. u 

Gewiß dienen umfere, von kemben Probucten und Fa⸗ 
brikaten erhobenen: Zoͤſle auch als. Schutz für.bie inlaͤndi⸗ 
ſchen Fabriken u. dogle; allein die Hauptoetſchiedenheit zwi⸗ 
fihen dem preußiſchen und. demProhibitivſyſtem liegt darin, 
bo, jeweh ‚irgend ein Monopol bezweckt und die 
Steuer vorzugeweiſe als Steuern betrachtet. Ich begreife 
nicht, wie jene Leipziger. — behaupten kann: bie 
neuen preußiſchen Maßtegeln waͤren Lediglich im Intereffe 
weniger Fabtikanten, zjum Nachchei von: Millionen Con: 
ſumenten ergelffes_ worden; da man vieimehr ben Fabei- 
— te febrwinterfehhere Begänftiguängennahm, 

tüber fie auch ‚Laute: Klage, sehoben,. »i8 fie. fich ſelbſt 
—— bie Weriskfichtigung. bed allgemeinen Wohles 
fördere unb fühere. and) Das ihdige: Ebenſo irrig iſt Die 
Behauptung: bie hohe Steuer vom Zucker ſei blos um 
der intänbifchen Siebereien willen eingeführt; dies gilt nur 
von dem thörichten franzöfifchen Spfteme, wo bie Ausfuhr⸗ 


prämie faſt fo viel als der Zuckerwerth beiträgt und man - 





531 


ſich kindiſch über die Zunahme der Runkelruͤbenfabrikation 
freut. Eine folhe Zabrikation hat man in Preußen durch) 
den Zolltarif nie bezweckt, auch find unfere Stiuerfäge 
nicht fo hoch, daß man mit Vortheil daran denken unb 
fi) naͤchſtdem eines Monopols bemächtigen könnte. :- 

Sobald man bie große Einnahme von der ungeheuern 
Duantität des in Preußen eingeführten Zuckers entbehren 
tönnte, würde man die Steuer diefes Luxusartikels gem 
eemäßigen. Wie aber fie erfegen, da im jener leipziger Vor⸗ 
ſtellung über die jetzige Mahl: und Schlachtfteuer fchon 
laute und ıumgerechte Klage erhoben wird. Ich fage un⸗ 
gerechte, denn erſtens wird biefe Steuer nicht auf dem 
platten Lande, auch nicht - in allen 1000 Städten ber 
preußiſchen Monarchie, fondern etwa nur in130 erhoben; 
zweitens iſt fie daſelbſt hauptfächlih als die willkomme⸗ 
nere und leichtere Hebungsweiſe ftatt der wegfallenden 
Clafſenſteuer eingeführt; drittens erfcheint fie unbedeu⸗ 
tend, wenn man bedenkt, daß bie Hebungsfäge an fich 
nicht hoch find und dadurch faſt -ganz verſchwinden, 
daß Preußen zu mefentlicher Ermäßigung ber Preife den 
Eingang fremben Viehes und Getreides Äußerft gering bes 
fteuert, . während die englifchen und franzöfifchen Gefege 
befanntiich Brot und Fleiſch in beiden Reichen ‘auf eine 
Weiſe vertheuern, welche die furchtbarften Folgen gehabt 
bat und noch haben wird. | 

1. ‚, Bierter Brief. 

Die Beſtrebungen unferer Zeit, alle Formen ber Ge: 
feggebung zu’ verbeflern, find (trog vieler unleugbaser Mid: 
geiffe) am fich hoͤchſt ehrenmerth und werben Hoffentlich 
auch auf eine beffere materielle Geſetzgebung weſentlich 
einwirken. Dech ermeift die Geſchichte bis auf den heu⸗ 


tigen Tag, baf keine Form für ſich allen fachlichen Irr⸗ 


thum völlig befeitigt habe, vielmehr find von Königen, 
Senaten, Bollsverfammlungen, Ständen, Kammern u. ſ. w. 
bald gute, bald fchlechte, bald zu wenig, bald zu viele 
Gefege gegeben worden. .-' 

Wie man auch über dieſe Dinge denken mag, fo leug⸗ 
net doch faft Keiner: es leide Europa von Petersburg bis 
Liffabon wefentlih am großen materiellen Webeln. Zwei 
derfelben gehen immer Hand in Hand: das Kriegd- und 
. Steuerfoftem. MPibglich laſſen fich beide nirgend ganz 
umgeftalten; wäre man aber nur erſt zu der Einficht ge: 
tommen, hier zeige ſich eine furchtbare, dem Tod entge- 
genführende Krankheit, fo würde fich Über kurz ober lang 
auch die Erkenntniß der Heilmittel einfinden. 

Gewiß haben die St.⸗Simoniſten gar viel Wunder: 
liches und ganz Thoͤrichtes behanptet und in Borfchlag 
gebracht; darin aber hatten fie keineswegs Unrecht, baß 
Die Kriege, welche zwifchen Königen, Deputirten, Journa⸗ 
lüften u. ſ. w. hoch in dem Lüften geführt werden, ben 
Zuftand der am Boden nah Nahrung, Kleidung und 
MWohnmg: umberfuchenden Volksmaſſen nirgend weint 
lich verbeſſern. Ob man fo ober fo viel Hundert France 
Steuer zahlen müfle, um Wähler, Gefchworener ober 
Deputirter werden zu innen, gilt den Zaufenden gleich, 
weiche keinen Sou im Vermögen haben, und ebenſo we⸗ 


nig iſt. durch eine Umgeſtaltung gewiſſer er 


— -n0 .. 


Formen das Elend der Armen in England und der Wär 
gerkrieg in Irland ſogleich beendet. 0: 

Gewiß übt das Prohibltivſoſtem den unheilbringenb- 
fin Einfluß auf. alle dieſe Vethaͤltniſſe, und doc haben 
in Frankreich alle chumbres trouvables und introuvables 
die. gerechten ‚Klagen ber unglüdlihen Weinbauern mit 
denfelben Floskeln zuruͤckgewieſen, den Grund aller Emeu- 
ten lediglich in böfem Willen gefucht, welcher fi) mie . 
dem Schwerte ober mit Schmeicheleien -austilgen laſſe. 

Nicht minder hat England durch immer fleigende Abe 
gaben von fremden : Ergeugniffen und. Fabrikaten fowie 
duch ein aufgezwungenes Dandelsmonopol ſich zu einer 
kuͤnſtlichen Höhe hinaufgefchraubt, von welcher man ringe: 
wm nur tiefe Abgründe erblickt, und wogegen unfer deut 
ſches Leben in mittlern Höhen aͤußerſt gluͤckſelig erfcheint. 
Zwei Hauptübel (welchen alle große Gefeggeber, Mofes, 
Lykurg, Solon, Servius Tullius auf -verfchiedene Weife, 
aber kraͤftigſt entgegentraten) find durch die englifche Han⸗ 
dels⸗ und Steuergefege wefentlic herbeigeführt und ver⸗ 
größert worden: uͤbermaͤßiger Reichthum und übermäßige 
Armuth. Jedem Schutzgeſetze für die Fabrikanten trat 
ein Schußgefeg für die Aderbauer gegenüber, und un⸗ 
geachtet der lauteſten Klagen, welche von beiden Seiten 
ertönen, beharren body die Meiften noc immer babei: 
man möüfle, um allgemeinen Untergang zu vermeiden, auf 
jener fchmwindelnden Höhe verharren. Der Landbau, ru: 
fon 3.3. die Grundbeſitzer, geht zu Grunde, fobald wir 
fremdes Getreide ohne Hohe Steuer einlaffen. Abgeſehen 
davon, daß der jegige Schugzoll infofern Bein ficheres Er⸗ 
gebniß herbeiführt, als er fich lediglich nach dem Der: 
taufspreife richtet und ben Einkaufspreis ganz unberhd: 
fihtigt läßt, folgt aus der Vertheuerung des Brots bie _ 
nothwendige Erhöhung alles Handlohns, ſodaß man mit 
der zweiten Hand ausgeben muß, was man mit ber erften 
gewinnt. Um diefer Sceylla zu entgehen, ift man thoͤ⸗ 
richtermweife an vielem Drten in eine noch ärgere Charyb⸗ 
dis gerathen; man hat nämlid das Lohn nicht erhöht, 
fondern Heber Zufhüffe aus den Armenfteuern bewilligt. 
So zahlt England und Wales mit einer Bevölkerung, die 
etwa ber preußifchen gleichlommt, im Ducchfchnitt fo viel 
an Armenfleuer, als die Einnahme von fämmmtlichen Ab⸗ 
gaben im ganzen preußffchen Staate beträgt, und das 
hauptſaͤchlich in Folge der verkehrten Vorliebe für das 
Prohibitivfpftem. Allerdings würden die Getreibepreife bei 
freier Einfuhr in England ſinken, aber die Acmentare 
(meiche faſt ausſchließlich die Grundbefiger trifft) würde 
andererfeits ebenfalls ungemein abnehmen und dadurch 
Altes zu einem natuͤrlichern Gleichgewicht zurückkehren. 

AU das Hier Geruͤgte erfcheint aber als verzeihlicher 
Irrthum im Vergleiche mit Dem, was bie leipziger Bor: 
ftelung wider Preußen beibringt. Es heißt dafelbft: „Es 
ift Thatſache, daß Preußens 30,000 Zollwächter, zu dem 
niebrigften Befoldungsfage von 360 Thalern für das Jahr 
gerechnet, einen Aufwand von mehr als 10,000,000 Tha⸗ 
fern verurfachen, während die gefammten Zölle nicht mehr 
als 6,000,000 reines Einkommen gewähren.” Ich und 


„+ mehre Andere haben biefe Stelle wieder und wieder ge: 


32 


irgend einen. verſtecktenn Sinn baria zu finden, | 


Ken, um 

denn ſowie fie ohne Umdautung daſteht, wuͤrde fie sir 
mn ſolchan Unſinn enthalten, daß man nicht zu be 
gesifen vermoͤchte, wie geicheite — ie u chen 
und einer. webluntsreichteten Regierung vorlegen 
Mehalich, Int ware die Boftipielägfte. Lichhaberei: und der 
theuschte: Wehnſue, deſſen in ber Finanzgeſchichte Er⸗ 
waͤhnung geſchaͤhe, wenn Preußen fein Zollſyſtem einge 
führt hätte und aufrecht exhielte, um jaͤhrlich vier Mille: 
nen dahei einzubuͤßen! 

Die Sachen verhalten ſich in Wahrheit fo; die Zölle, 
die, Steuern von Vranntwein, Bier, Taback, Wein, 
Mahlen und Schlachtvieh extragen etwa 20 Millionen, unb 
merden (mic mit. Ausnahme des Gehalts der hoͤhern 
Sitaata beamten) mit einem Aufwande von etwa 15. Pros 
cent. erhoben und verwaltet. Rechnet man. zu jenen 
Steusen nad Stempel, Salz, Chauffergelder. und - andere 


Sommmicationsabgaben, fo ſteigt die Einnahıne-auf 28 | 


Millionen. Während jene leipziger Vorſtellung allein: won 
30,000 Zollwächtern fpricht, find im. Preußiſchen zur Er⸗ 
bebung der Zölle und al ber foeben- aufgezaͤhlten anbern 

zahlreichen und einträglichen Steuem nur etwa SONG Pers 
fonen angeftellt. 

Gewiß braucht ein Land, welches noch Binnengäike 
und Thoracciſe von vielerlei Gegenftänden erhebt, verhält 
nißmäßig. mehr Beamte, und verwaltet zu hoͤhern Pro: 
centen als wenn es (mie Preußen) ſehr wenige Gegen: 
Rande im Innern beftenert, bie Sperre zwiſchen Stade 
und Land wefentlih aufhebt und alle Zolicontrolen am bie 
Außerfte Grenze verlegt. Friedrich von Raumer. 





Flugſqhriften. 

1. La Valette's, Reichsgrafen, Abjutanten, dann Staaterotha und 
Generatpoftbirectore des Kaiſers Mapoleon, wundervolle Metz 
tung_vom Henkertode durch bie: Siehe und Zuſopfrpeg feines 
Gattin Emilie, einer, gebosenen. Beauharnaid. Mach den eig: 
nen Denkwuͤrdigkeiten Lavalette's unb aus andern guten Quel: 
len bargefteilt von Br. Sof. Abolf Paul) cidawind. 
Muͤnchen, Fleiſchmann. 1888. 8. 12 

2 Politifäpnasurstftocifäe Aphorismen. 8 Phantasmagorie 

8 heutigen Europa. Recht lleblich zu leſen für Groß und 


—X auch gar ſehr verſtaͤndlich geſchrieben von KarlRie⸗ 


man 2 einem. alten Philofophen. Hanau, Edler. 1888, 
. r. 
8. Die Schwaͤrmerzunft. Ein Betrug zur zeitgeſchichte, Aa⸗ 
chen, Roffet. 1833. Gr. 8 
Der Titel von Nr.1 erweckt in befonders guͤnſtiges Vor: 
urtheil für die Schrift, ba er mehr eine. marktſchreieriſche Ges 
zählung von bem Lehen und Stechen: irgend eines berüdjtigten 
Raͤnbers und Gpigbuben als eine hiſtoriſche Darftellung eswar- 
ten laͤßt. Eine ſolche iſt nun. zwar nicht. im Vuͤchlein gegeben, 
fondern Hr. Schneidawind hat aus den Memoiren ve rafen 
Sa Valette, aus den Memoiren der Herzogin von Abrantes, eis 
nigen andern Schriften und aus feinen eignen frühern Compi⸗ 
lationen aus ber neuern franzöfifchen Gefchichte eine neue. Gom« 
pilation geliefert. Beſſer lieſt fich freilich bie Beſchreibung 
von La Walette's Flucht aus ber Gonciergerie am 28. Decems 
ber 1815 und von der heibenmäthigen Aufopferung feiner Bat: 
tin in den Denkſchriften bes Grafen felbft, aber fo gut wie die 


— erhalten 5 


| gen von Enfe’& Xutorität bier verfl 


ebene i 
Mr immer, — big Dr —E jene ken noch 


ein intereſſantes —— zu Caſqnova 

N 
} B 

alte Bluͤcheß recht —— feine Thelinabe' aly- 35* 

Varnha⸗ 


muthe. ber Gräfin Ca 
ext wird, Dagegen hätte 
Schneidawind⸗ einige überflüfffge Tiraden erfparen bus 
nen und feinen Leſern lieber in des Kürze andeuten follen, wie 
es zugegangen ſei, daß Männer von. ben. verſchledenften Yan 
** m jeden de.Zhat ber: Gräfin in einem. fo. Baden, Grad 
gebi 
on Rr. 2 und 3 fprechen wir bier blos, um bie geehrten 
Lefer dieſer Bluͤtter, falls ihnen bie genannten Broſchuͤren in bie die 
Hände tommen follten, ver Langweile ge bewahren, 
ein anderes Gefühl duͤrfte man erlich bei ihnen —— 
In Nr. 2 ſollen allerlei Zuſtaͤnde bes. geſelligen Lebens unter 
naturhiſtoriſchen Namen, als: der 
ber Ochſe u. ſ. w., gegeißelt werben, jedoch ohne allen Witz und 
Humor. Ref. begveift nicht; wie ie folche Dinge noch Verlegen fins 
ben koͤnnen, da ihnen ja auch ber Reiz des momentanen Bergnäs 
ganz abgeht, Nr. 3:ift eine ſtacke Invective gegen;ben My⸗ 
Ber, Hier iſt doch wenigftens ein beflimmter Gegenftank 
I a8 Auge. gefaßt, und mancher Zabel iſt auch. nicht ob 
langlichen Gtund ausgeſprochen. 


mmern in Benedi 


ſich Hr. 


e ‚him 





Apbortümen. 


Ertrablatt. 

Die Haube’fche Beitungerebaction zu Berlin atte dem 
Publicum die. widgtigften. Creigniffe des ruſſiſch⸗ jan Sie: 
geb jebeamni bu. Crxrablaͤtter mitgetbeill: 4 ber Sieg 
bei ig buch, bie Iluminasian. gefeiert wurde, fellte fie 
ein transparsnted Extrablatt auf, auf’ welchen Folgendes zu 


lefen war: 
» Den. bauen Bürdern dieſer Stadt 
Gab manches frobe latt 
Zum Guten Kraft und Leben; 
Da's lange keins gegeben hat, | j 
Wirb Heut ein Extras Extrablaätt * 
Ganz gratis auſsgegeben. he Tan Ten 
Ein Wuͤtherich der HöUr.entlileg,” . . 57 
Sein Lehen war ein grauſer Krirg, 
Es hat nun Gott entſchieden; 
Erfochten iſt ein Extraſieg, 
Bollendet iſt der Ertrakrieg; 
Run folgt: ein Grirafrisaen.. 
Dem Exrtravoir, ber Eutraſtaht 
. Wertünbet, ihn dias Crxariecht. 
Dyob freu' es ſich nit wenig ! Be 
Und wer num dies gelefen dat, ° 
Gehe feiner Weg’ -umb fürelt ſic fatı 
Heil unferm Catrakbaig 
BReferent befond file. bamala-feJbft-in- Dem Hafen den Echauen⸗ 
ben, und Leſenden; aber er iſt ganz unvermoͤgend, den —* 
Menge zu beſchreihen. Dieſer Enthuſiasmus gehörte biefes Zeit 
an und if auch mit ihr nal SR. 


Reminkf.g . 

„ad. damals waren ‚meihe "he a rin: ra Hört man 
oft einen: Menſchen fagen, inde laͤngern — 
fnttt auf ein Mat Übesbiidt. er wenn⸗ et bas Glad ber 
einzelnen Momente, jenes Zeitxaccnen baftimumter hezeichren ſog, 
fo weiß er nichts Defriedigendes zu fagen.. So gleicht ein. gebe 
ßeres Lebensſtuͤck einem 234 mit vergoldetem Schnitte: 
bie ganze Flaͤche dieſes Schnittes glaͤnzt gofben; aber am aufs 
gefäylagenen Einzelbtatge iſt wenig Gold zu bemerken. 178. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagähanblung: 3. A. Brodhausd in Leipzig. 


Affe, die Gans, der Eſel. 





Blätter 


für‘ 


Freitag, 


-—— 





nn m a nn nn 


Anſelm's von Zeuerbacd Heine Schriften vermifch- 
ten Inhalts. Exfte und zweite Abtheilung. Nürn- 
berg, Stein. 1833. Gr. 8 2 Zhle. 12 Gr. 

Unter ben Männern der Gegmwart, auf welche Deutfch- 
land ftolz fein ann, fleht Feuerbach oben an. Auf foldhe 
Männer hinzuweiſen, ift in einer Zeit fo fehr Pflicht 
als in der unſerigen. Ste find die unerfchütterlichen 
Daͤmme gegen alle Winkler, fie komme von oben wie von 
unten. Sie find die Männer, welche nicht blos einzu: 
teißen, fondern auch aufzubauen verftehen, welche nicht 
nach Veränderung fchreien, weil fie nichts zu verlieren 
und nur zu gewinnen haben, welche nicht das Neue wol: 
len, weil es neu iſt und fie der Mühe Überhebt, das 
Alte Tonnen zu lernen, ſondern nur darum Veränderung 
begehren und. dem Sortfchreiten bas Wort reden, weil fie 
die Gebrechen bes alten Zuſtandes duch Studium und 
langjährige Erfahrung gründlich kennen und im Befig der 
Mittel zu fein glauben, fie zu heilen. Feuerbach, der Prä- 
fident eines bairiſchen Juſtizhofes, bat fi) als tüchtiger 
praktiſcher Gefhäftsmann und unabhängiger Nichter eine 
lange Reihe von Jahren bewährt; als Criminalift hat er 
durch feine Schriften der beutfchen Gelehrſamkeit, Scharf: 
finnigkeit und Tiefe felbft im fernen Auslande Anerken- 
nung zu verfchaffen gewußt; als Staatsbürger hat er treu 
zu ben Kaͤmpfern für Volksrechte und bürgerliche Frei: 
‚beit geflanden,. als Menſch die Sache ber fortfchreitenden 
Menfchheit und jebes rein menfchliche Intereſſe mit Wär: 
me und Kraft, wo ſich ihm die Gelegenheit dazu bot, 
vertheidigt. Wenn ein folcher Dann feine Stimme er: 
hebt, fo hat er wol auf unfere ungetheilte Aufmerkfam: 
keit Anſpruch, und aud die nur zu vorübergehenden 
Zwecken und gelegenheitlih von ihm gefprochemen Morte 
find einer forgfältigen Beachtung und Aufbewahrung werth. 
Sie find gewichtiger als manche bändereiche gelehrte Werke 
und verblenen mit mehr Mecht ber Nachwelt übergeben 
zu werben als die Sünbflut poetifcher und profaifcher 


Safeleien, welche jeden Tag über uns ausgegoffen wird. 


In ben vorliegenden vermifchten Schriften nun, mit 
welchen den Lefer näher bekannt zu machen uns bie ange 
nehme Pflicht obliegt, empfangen wir eine Reihe von 
Auffägen, welche in: einem Zeitraum von einigen zwanzig 
Jahren bei verfhiedenen Veranlaffungen von bem Verf. 
gefchrieben wurden. Sie liefern uns durchweg den Bes 


— Kr. 130. — 


literariſche Unterhaltung 





10. Mai 1833, 


weis, daß bderfelbe feine Zeit immerfort mit aufmerffamen 
Bliden verfolgt, daß er alle Sntereffen der Mienfchheit 
mit Liebe umfaßt und nicht, wie fo mancher fonft ehren- 
mwerthe Sefhäftsmann und Gelehrte, genug gethan zu has 
ben glaubt, wenn er ben engen Kreis feines nächften Bes 
rufes ausfült. Faſt jede der mitgetheilten Abhandlungen 
macht uns mit einer neuen Eigenſchaft des Verf. bekannt, 
die, allein vorhanden, unfere Achtung verdienen würde, 
beren Inbegriff ihm aber unfere Verehrung zuwegebrin⸗ 
gen muß. 

Unerfchrodenheit und Freiheitsliebe find von einem 
geiftig und bürgerlich gefunden, lebenskraͤftigen Dann eben: 
‚fo unzertrennlich, al& fie nothwendig find, wenn der Mann 
durd) fein Wirken im Leben unfere Hochachtung verdie⸗ 
nen will, Die erfte Abhandlung dee vermifchten Schrif: 
ten läßt und erkennen, in welchem Grade Feuerbach im 
Befige diefer Eigenfchaften war. Sie führt den Titel: 
„Meber die Unterdrüdung und Wiederbefreiung Euro⸗ 
pens“, und wurde zu München 1813 in der erften Woche 
nach der leipziger Völkerfchlacht herausgegeben. Sie ſprach 
‚bie erſten freien Worte, welche im füdlichen Deutfchland 
die unheimliche Stille unterbeachen, die felbft nad) dem 
Vertrag von Ried fortwährend theild von der Furcht, 
theild von einer fchüchternen, zweideutigen, im Voraus 
auf Ausflüchte finnenden Politik unterhalten wurde. Wie 
jedes Wort zu feiner Zeit, fo brachten auch die Worte 
Feuerbach's damals große Wirkung hervor. Napoleon blieb 
das nicht. unbekannt, und Feuerbach's Schickſal dürfte 
nicht das erfreulichfte gewefen fein, wenn Palm’d Denker 
Sieger geblieben wäre. Wenige Tage nad) dem Erſchei⸗ 
nen der Schrift wurde dem Verf. eine ganz unzweideu⸗ 
tige Urkunde zugeftellt, die ihm zu verftehen gab, daß er 
fi der Majeftitsbeleidigung an der Perſon des franzoͤ⸗ 
ſiſchen Kalfers und Protector des Rheinbundes ſchuldig 
gemacht babe. Wie der Lefer leicht denken kann, tft das 
erwähnte Schriftchen gegen den Eroberer, gegen den Un⸗ 
terdruͤcker der Freiheit und Selbſtaͤndigkeit der Voͤlker und 
Sürften gerichtet. Es fobert zur Einmüthigkeit und zum 
vereinigten Bekaͤmpfen des gemeinfchaftlichen Feindes auf und 
zieht aus der nächiten Vergangenheit folgende goldene Leh⸗ 
ven ab, welche die Gefchichte fchon fo oft mit Flammen⸗ 
ſchrift der Melt eingebrannt hat, die aber dennoch bis in 
bie neueften Zeiten immer wieber vergeffen zu merben [cheinen: 


531 


Bas die Voͤlker ſtark macht, tft nicht der Leib, fonbern 
die Seele; was fie unübermwindlich macht, ift allein bie begeis 
flernde Kraft des Herzens; was fie vor ber Unterjochung bes 
wahrt und aus ber Unterjochung rettet, ift allein der kraͤftige 
Muth, der Freiheit werth zu fein. 

Tas die Thronen befeftigt und aus großer Gefahr rettet, 
it nicht bei dieſem ober jenem Stande, fondern bei dee Se: 
ſammthelt der Uintertkanen, in dem Gemeinfinn der Bürger, in 
der Liebe und ber Begeifterung für Pürften und Vaterland. 

Was die Staaten zum Untergange führt, ift, wenn fie ben 
Geiſt der Zeit nicht erkennen und verftehen und dem Sieger: 

wagen bed Genius ter tt verbiendet in bie vom Ab: 
bang rollenden Räder greifen. 

Die Gegenwart mit ihren Grfcheinungen verkündet micht 
eine Rückkehr zur alten Zeit, fondern nur die Kortfegung und 
Entwidelung einer ſchon laͤngſt begonnenen neuen Zeit. 

Die zweite Abhandlung, welche etwas fpäter (im 
Jahre 1814), nachdem die Verbündeten, in die Haupt: 
iſtadt des frumzoͤſiſchen Kaiferreiches eingezogen, das Werk 
“der Einigkeit, de8 Muthes und der Volkskraft mit Er: 
folg gekroͤnt ſahen, geſchrieben wurde, führt bie Weber: 
ſchrift: „Die Weltherrfchäft das Grab der Menfchheit”. 
Sie iſt cine Abfteaction aus der naͤchſten Vergangenheit, 

»die Beſtaͤtigung alter Wahrheiten der Geſchichte von 
Neuem einprägend. Keine Meltherrfchaft ohne Despo: 
tismus! iſt das Thema derfelben. Der Verf. zeigt uns 
darin, welchem furchtbaren Abgrunde wir noth einmal 
igluͤcklich entronnen ſind. 
Doch, Dank dem Genius der Menſchheit! bie Jahre 
der Unterdruͤckung waren nur ebenſo viel Jahre: der Prüfung. 
‚Die erniedrigte Menſchheit iſt kraͤftig wieder auferſtan⸗ 
den! der entwuͤrdigte Voden iſt wieder entſuͤndigt! bie Rie⸗ 


gel des Weltkerkers ſind zerſprengt! ſeine finſtern Mauern 


Niegenzertruͤmmert, und frei tritt wieder das Menſchengefchlecht 
unter Gottes heitere Sonne, hebt bie Hände zum Himmel und 
dankt für feine Muferflehung und betet um eine glüdlichere, feis 
ner würbigere Zukunft! 

Mie ums eine folche befiere Zukunft gefichert: werben 
koͤnne, zeigt und der Verf. duch die folgende Abhand⸗ 
fung: „Meber deutſche Freiheit und Vertretung deutſcher 
Völker durch Landftände”. Sie wurde im October 1814 
‚bei Exöffaung des wiener Gongrefles gefchrieben und her⸗ 
ausgegeben. Sie war ein Wort zu feiner Zeit. und bei 
Verhandlung .der Frage: ob den beutfchen Völkern ftän- 
bifhe Werfoffungen in der Bundesacte zuzufichern feien ? 
nicht ohne Einfluß auf die bejahende Entfcheidung. Wenn 
man jest fieht, wie leicht es ift, den 13. Artilel ber, 
Bundesacte unerfüllt zu laſſen, fo begreift man Taum, 
wie man auf die Aufnahme defielben Wichtigkeit legen 
and ſich ‚derfelben zu widarfegen für der Mühe werth ach: 
‚sen konnte. Auch durch diefe Schrift (welche als erſte 
Stimme für Einführung repräfentativer Verfaſſungen in 
Deutfchland laut wurde und beren befcheiben ausgefpro: 
hene MWünfche und Anſichten nach fo neu wann, daß 
fie abs ein frmeihaftes ‚Attentgt auf: bie Spuntraimetät 
ber Fuͤrſten angefehen wurde, und der Verf. deu -übel 
empfundenen Eindruck derſelben noch einige Jahre lang 
ſchmerzlich fühlen mußte) zeigt der Verf. wie aufmerkſam 
er dem Entwickelungsgange der Menſchheit gefolgt. Mit 
dem Scarffinne und richtigem Takte des Welt: mid 
Menſchenbeobachters erkennt des Verf., daß es jetzt vor 


—— — — ————— — —————— —ꝰ —ꝰõꝰ ä ————— — — ————⏑¶ — —— —— 


Allem darauf ankomme, die Fruͤchte der Anſtrengungen 
des Befreiungskampfes von Fremdherrſchaft zu zeitigen, 
daß mit der errungenen Unabhaͤngigkeit und Selbſtaͤndig⸗ 
keit nach Außen keineswegs Alles gethan und Schutz ge⸗ 
en Willkuͤrherrſchaft im Innern ebenſo nothwendig fe. 
s iſt eine ſchoͤne Abhandlaug, denn ſie Liefert den By⸗ 
weis, daß ber wahrhaft Unterrichtete ebenſo mäßig und 
beſcheiden in ſeinen Foderungen iſt, als er mit unveraͤn⸗ 
derlicher Beharrlichkeit auf Dem beſteht, was er fuͤr recht und 
zeitgemäß erkannt hat. Der Verf. weiſt die Mangelhaftig⸗ 
keit fruͤherer ſtaͤndiſchen Vertretung nach, von welcher wol 
mit Recht galt, was ihr Haͤberlin vorwarf, daß ſie das 
Beſte des ganzen Landes ſelten im Auge habe und nur 
dann ein großes Geſchrei erhebe, wenn ihre eignen Rechte 
auf dem Spiele ſtehen. Er zeigt aber auch, wie ſchon 
damals den Ständen Antheil an der Geſetzgebung und 
Befteuerung ale hergebrachtes Met, das von Niemand 
in Zweifel gezogen wucbe, zufiend: Ihte Rechte waren 
mitunter umfangsreicher als bie in unfem -Jeutigen Gon- 
flitutionen im viedeutigen und auf Schrauben geſtellten 
Ausdruͤcken eingeraumsen Befugnifia Nur wurden fie nicht 
zum Beften der Nation geltend gemacht, im Gegentheif 
die für daB Ganze wohlchätigen Maßregeln der Regierung, 
wenn fie gegen die privilegirten Stände anliefen, .oft da=. 
durch vereitelt und fo das EtaatBoberhaupt wicht blos am 
Boͤſen, ſondern auch am Guten werhindert. Dagegen wa⸗ 
zen fie in ber Hand einer gewiſſenloſen Regierung. sin 
williges Werkzeug. Wie die ‚Kinder mit. Spielwerk, fo 
kounte man fie,. wenn man ihren Vortheilen ſchmeichelte, 
fehr bald zum Schweigen bringen. Dadurch. mußten alle 
Laſten auf die nicht vertretenen Blajlen der Staatsbuͤrger 
gewälzt werben, denn ihnen brauchte man durch Zuge: 
Händniffe den Mund nicht zu verſtopfen, du .fchon ‚das 
Geſetz fie zum Schroeigen und Dulden verdammte. Wenn 
‚man daher in neueſten Zeiten: bad Beſtreben bemerken 
muß, die counſtitutionnellen Inſtitutionen an :die ‚alten 
Stände anzutehnen und ſtatt bes Repraͤſentativſyſtenes 
oder der mahren Rationairepräfentation eine. :bioße ſtaͤn⸗ 
difche Vertvetung einzuführen, fo tft das. kein Beweis von 
Reblichkeit und gutem Willen für das Beſte des WVolkes 
Der Verf. fagt am Schluffe feiner trefflichen Abhnndtung: 
WWenn :von Wieberherftellurg ber item dit Aeutſcher 
Voͤller, von —— —— — 
gerebet wird, fo koͤnnen damit nicht bie alten Formen unferer 
ehemaligen Lanbſtaͤnde gemeint ſein. Es gift nicht der Form, 
ſondern den Weſen, und jene Hatte, als fie unterging, groͤßten⸗ 
theils ihre Beit Aberieht. Vieles war unter Vorausfetzungen 
eatftanden und. war nur unter Borausfegmgen recht und zweck⸗ 
mäßig, welshe ſchon Jaͤngſt nicht. mehr vorkenken fort. Das 
Alte darf daher nicht mit. feinen alten Gebrechen, ſondern es 
muß gereinigt, Heläutert in 'ginem heuen Fräftigen Koͤrper wie: 
"der auferſtehen. Alte "Stände im Gtaate, der Abel wie ber 
Bürger, ber Beſitzer⸗ bed freien Gtunbeigenchums wielber freie 
NBeliger .ibes.tumfreien Guts (ker Bauer). müflen nach igleichem 
‚Rechte vor dem Souverain vertresen fein, menu ’die Nation nis 
upntreten betrachtet werben fell. — Was burd) die Rettung 
eutfchlande gewonnen wurde, "das ift ein Gemeingut, woran 
‘) Die Rheindundböfärklet betrachteten vie alten ald aufgehoben. 
: 1 W iD. Ref. 


088 


. Allen gleicher Antheil gebührt, weil es nicht von biefem ober 
jenem Stande allein, ſindern von der Gefammtheit, von allen 
Ständen, von allen Staafsbürgeen mit gleicher Theilnahme, 
mit gleichen Aufopferungen gewonnen worden if. Es wäre ein 
vergebliches und zuhleich gefährkiches' Eipiel, wenn es (mas bie 
Vorfehung abwende!) diefem oder. jenem Stande in verblenbes 
ter Gigenliche ernftlich einftete, das gemeinfam Grworbene ſich 
allein entweder oͤffentlich anzumaßen ober verftedt in bie Taſche 
fpielen zu wollen. Es iſt heller Tag, zu ſolchem Spiel ift die 
Zeit nicht mehr! a . , 

So Feuerbach in richtiger Anerkennung der Bebürf: 
niſſe der Zeit mit ahnendem Bud. im die Zukunft. 

In einen andern Ideenkreis Führen uns Die unter 
Me. IV befindlichen Worte, „Die hohe Würde bes Rich⸗ 
teramts betreffend. Ste enthalten die Antrittsrebe, welche 
bee Verf. bei Gelegenheit feiner Einführung als erſter 
Dräfident des Appellationsgerichts für den Rezatkreis am 
24. April. 1817 hielt. Sie zeigen uns den Verf. im 
Amtsrocke, mit weichen er aber keineswegs bie Anfishten, 
die thn als Menſchen ehren, abgelegt hat. Er gehört zu 
den- feltenen Maͤnnern, welche nicht bios mit Worten und 
in. Schriften Necht und Tugend piebigen, ſondern Beides 
auch im Leben und an dem Poften, den ihnen die Vor: 
fehung zur Wirkſamkeit angewiefen, üben. Wohl Dem, 
welchen? eine Steltung zu Theil geworden ift wie unferm 
Feuerbach, eine Stellung, die ihm Das zur Pflicht macht, 
wog feine ebie Seele ihn treibt. Das. Nichtesamt iſt bie . 
erhabenfle Funetion, die dem Sterblichen zu Thell wer⸗ 
den kann, denn fie fteift ihn ber Gottheit Hteilh.:. Daß 
ber Verf, von der Wichtigkeit und dem Umfange feines 
Berufs vollkommen ‚hurhbeungen iſt, kann »fo wenig sir 
nem Zweifel umterliegen, als baß er denfelben würdig aus⸗ 
zufüllen guten Willen und” Kraft wie Wenige brfist. Die 
bier mitgetheilte Antrittsrede llefett von beiden den ex 
neiten Beweis. Der. Darf. gibs und, ein wit. Isäftigen 
und lebendigen Farben gezeichnete Bild der heiligen, ewig 
amorränberlidien: Gerechtigkeit, deren Grenzen Abit der 
uvnumiſchraͤnkteſte Monarch nicht durch Meochtgebote uͤber⸗ 
ſchreiten darf; denn „beſchuͤtzte Gerechtigkeit beſchuͤzt, aber 
unterdruͤckte Gerechtigkeit unterbrüct ihren Unterbrüdker”, : 
fagt Menu. Mit der Gevechtigkeit würde. der Herrſcher 
die Ordnung im Staate felbſt aufgehoben und am ihre 
Stelle bie phyſiſche Macht gefetzt haben. Diefe tuht aber: 
Immer beim Voike, gegen deſſen Kraft die Laibwgchen 
dem Despoten nur einem vorübergehenden Schug gewaͤh⸗ 
ren. Der Verf, charakteriſirt bie ſtrenge Dienſtpfli t des 
Michters wie bie nothwendige Unabhängigkeit —* 
gleich treffend. | 

Wir Diener ber Gerechtigkeit haben uns. mit. ber Ad 
tung zu beonägen, ohne ‚je: auf Bewunderung zu rechnen, 
denn wir haben. nichts. zu extingen, gu etbeuten, gu exſchaf⸗ 
fen, wir haben mur bas!imfeem Gchus anvertraute Heilig⸗ 
Ahum des Rechtsés treu zu bewahven und davon Jedem | 
Fenhaft zuzuenkeanen, was ihm pebährts die Seele unſers Mir: 
Bene: ift nicht jene, das Zufällige beachtende, nach Beit und Um⸗ 
Händen ſich bequeniende, geſchmeidige Klugheit, von weiches bie 
Staateverwaltung nothwendig geleitet wirb, fondern allen jener 
einfahe Sinn, der nirgenbshin als hinauf zum Befes und 
von ba zur That herunterblickt; jene Rechtlichkeit der 


Gefinnung, weiche unbefangen ald Recht ausfpricht, was fe. | 


als Recht erkennt; jene Stärke bes Willens, welde mit 





feftem, keinem Ginfluß weichendem, burch Feine Gewalt zu beu⸗ 
gendem Arm bie Mage der Gerechtigkeit ſtets im fichern Gleiche 
gewicht Hält, endlich. jener Muth bes Weannes, ben - - 
Non civium ardor prava jubentium, 

. » . Non vultus instantis tyranni 
a zu "Mente gustit,solida — —. "(Horas.) - 
Wohl dem Gerichtshöfe, deſſen Präfident von folchen 
Geſinnungen .befeelt ift und. fie feinen Amtögenofien fo 
einzu aucen verfieht, und wohl dem Lande, weiches foldye 
Serichtöhöfe befist. Sie find das befte Palladium der 
Fteiheit, die erſte Schugwehr ber Verfaffung. 

ö . (Der Befchluß folgt) 





Volkslieder der Polen. Gefemmelt und überfegt von W. P. 
Leipzig, Weidmann. 1833. 8. 16 &. 
Das rege und‘ vielfach ſchon befriedigte Intereſſe an ber 
Poeſie der Völker ſlawiſchen Stammes erhält duuch dieſes Baͤnd⸗ 
Ken, das uns, ſo viel wir wiſſen, neuerlich mieder zum erſten 
Mate Pate Volkslieder überfegt barbietet, willfommenen Nah: 
rungsſtoff. 


Der Aeberſetzer hat feiner Sammlung eine fehr nerfiändige " 


Einleitung vorausgeſchickt, in der er über die Tänze der Polen 
und deren Mufit als weſentliche Beſtandtheile der Volkspoeſie 
fpriht. Bon Dem, mas er über bie Muſik ſagt, erlauben wir 


] uns eine vührende patriotifhe Stelle auszuheben: „Die Mufit 


diefer Tänze, wenigftens einiger derfeiben, ift bekannt, oder wird 
N jegt mehr, da das Ungluͤck die Polen wieder nach allen Welts 


genden warf und ihr Loos wenigftens hier und da einiges Ins 


ie Im Allgemeinen Eönnte man fagen, bab die Mus 


fie der’ poiniſchen Tänze feierlich ober froh und raufchend if; 


ihre Kieder aber und die Melodien berfelben ernſt, wehmüthig, 


melancholifh, kurz ein Widerhall ihres Lebens und ihrer Ger 
ſchichte. In ben lesten Zeiten verſank ſelbſt der Mazur, den 
die Freude geboren, in einen Mollton, und bie Polonaife legte 
ihren ftolgen und feierlichen Charakter ab und wurbe zu ein«m 
jammernden Grabgefang, bei bem man an Lord Byron, an fein 
‚gerhartertes Herz und feine Lieber wieder denken muß") Mas 
bie nachſtehenden Lieber betrifft, fo hat jedes berfelben gine eigne 
Melodie, und es iſt wahrhaft zu bewundern, tie entfpeechenb 
diefe jedesmal ift und bie Tiefe der poetifchen Empfindung 
bezeichnet und ausfällt. . "Der Grunbton ift Wehmuth; felbft 
in tänbelnden und naiven Liedern läßt fih immer ein Etwas 
hören, das an ben ererbten Schmerz ‚nergängener Leiden erin 
next; ein Klagefeufzer, ein Sterbelaut, welcher ben Schöpfer 
zu beſchuldigen, fein Daſein Bi ‚verbammen (?) ſcheint unb, 
wie Tieck meint, aus dem Staͤube der Vernichtung hinaufjam⸗ 


mert zum Himmel: „Was hab’ ich perbrochen?!“ Dies find, 


die Nachwehen ganzer Geſchlechter; Dies find bie Schmerzen 


endlichen Seufzer verſchlingen! Sentimental koͤnnte man fie nen 
nen, weil fie auf das eigne Gefühl bisweilen zu reflectiren 
feinen; doch anbererfeits find fie es wieber nicht, denn ber 
Drang nach vernichtendem Erguß der Gefühle fpricht fich zu 
heftig aus, als daß diefe muſtkaliſchen Dichtungen ein Product 
der bewußten Schöpferkraft fein Fönnten,. Dan fühlt es, wenn 
man biefe Lieder hört, daß das unverföhpliche Rab bes Schick⸗ 
fals nur zu oft ſchonungslos Über bad Erdengluͤck dieſes Volkes 
bahinrollte und das Leben nur feine Schattenfeite der Seele (?) 
sugelehrt bat. Daher tritt auch bie Schattenfeite fo hervor; 
daher viel Schmerz und Poefie, — Angkuͤck und Größe!’ 
Der Ueberfeger erklaͤrt fpäter, daß dieſe Lieber, deren ex 
nur einen heil mitcheilt, am Fuße der Karpathen gefammelt 


*) Es wird genügen ‚hier ber Polonalfen eines Fuͤrſten Oginski, eis 
ned Nawratil, Behm und Borzyniki zu erwähnen, um unfere 
Behauptung zu unterftügen. , 


Bonner Sahrhunderte, bie ſich in biefen Melodien zu einem uns | 





536 - 


wurden 5; obwol er Grund je glauben Habe, daß bie meiſten in 
der Ukraine entflanden und von dort aus nach Podolien und 
weiterhin nad) Weften verpflangt worden fein. Gr nennt Ger 
bien und die Ukraine die Wiege der ſlawiſchen Volkspoeſie und 
findet mit Recht zwiſchen diefen und ſerbiſchen Volksliebern viele 
Aehnlichkeiten. Die Gigenthümlichleit ber gefangliebenden Glas 
wen, bie für jede frohe Empfindung einen Freudeton, für jeden 
Schmerz einen Klageton haben, tritt, nach ihm, ftärker bei ben 
Serben und Ukrainern hervor; bort mache es vielleicht der fübs 
lichere Himmel, bier das Ungläüd, das rege Weſen des Step: 
penlebend und eine gewiffe Wehmuth, bie urſpruͤnglich vom Ge⸗ 
fühle der Werlaffenheit möge hergeruͤhrt haben und mit, ber 
Zeit zur Volksſtimmung und zum Grundton aller Lieber gewor⸗ 
ben fei. . „Was bem Araber ber orientalifcdye Himmel, die Sands 
wöüfte, das Kameel, die Dafe und bie Quelle ift, das find dem 
Ubrainer feine Steppen und Winde, feine Fluren und Fluͤſſe, 
fein Pferd und bie Hütte des Liebchens auf der fernen Flur. 
Senen und biefen begeiftert das Weite der Natur, und zum 
Bedürfniffe wird der Gefang, in bem die Seele zerfließt und ſich 
wieber findet.” . 


Was die SO Lieber felbft anlangt, fo würden wir dem le: ' 


berfeger nicht beiftimmen, in ihren Worten eine gewifle Web: 
muth als Das zu erkennen, was fie charakterifirt, benn fie haben 


im Allgemeinen eine ſchalkhaft⸗ findliche Eigenthümlichkeit wie |. 


viele ferbifhe. Er findet aber ben elegifchen Ton wol mehr in 


ren Melodien, von denen er uns wenigftens einige ald Proben | 


hätte mitheilen follen. Wir wollen vorfichtig mit tadeln fein, 
da uns die Originale biefer Ueberfegungen unbelannt find, und 
dem Ueberfeger daher nur fragmeife bemerken: ob er ſich nicht 
von dem Wohllaut ber Urfpradge oder Melodie hat verleiten laf: 
fen, mandhe biefer Lieder in die Sammlung aufzunehmen, bie 
in der Ueberfegung faft zu unbebeutend geworben find. Wir red: 
nen dahin das „Erntelieb‘‘, „Der Kofad”, „Die arme Schweſter“, 
„Mannesklage”, und koͤnnen auch nicht umhin, in bes Ueberſetzers 
eigne Anklage: daß der Deutfche ſich bie und ba über ben Ge: 
brauch feiner Sprache vielleicht befchweren koͤnne, einzuftimmen. 
‚Dagegen laffen wir ihm nur Gerechtigkeit widerfahren, 
wenn wir anerfennen, baß er durch bie gute Uebertragung fo an» 
muthiger Lieber wie das „Hochzeitlied“, „Die Birke”, „zreue”, 
„Dee Kahn”, „Drohung, „Breierlied”, „Die Botfchaft””, 
„Die Unfchulb”, „Der Lerchenbaum“ unfere poetifche Literatur 
in ber That bereichert hat. 
mag zur Bewahrheitung unfers Lobes hier Als Probe ftehen. 
u Dad Kränsden. 
Längs dem Bädhlein 
Schwimmt ein Kraͤnzchen, 
Auf der Bruͤcke 
Steht ein Mädchen. 
Und fie klatſchet 
Sn die Händchen, 
Und fie faget 
Bu dem Kränzden: 
Woher ſchwimmſt du 
Rautenkraͤnzchen7 
Woher fließ'ſt du 
Liebes Baͤchlein? 
Unb dad Baͤchlein 
Spricht zum Maͤdchen: 
Von dem Jeiche, 
Bon ber Mühle 
Fließ ih zu bir, 
Liebes Mädchen. 
Und bad Kraͤnzchen 
Spricht zum Mädchen : 
An der Mühle 
SR ein Gaͤrtchen; 


Das vorlegte Lied der Sammlung . 





I 


| törner ‚freuen; große Strecken Landes 


[4 


In der Mühle 

Wohnt ein Juͤnglig. 

Und ber Süngling 

Flocht ein Krängchen, 

Und er band es 

- ME der Selbe; 

Und er fang dann 

Bu dem Baͤchlein: 

kließ nur Baͤchlein 

Durch die Wieſe. 

Und dann fang er 
Zu bem Kraͤnzchen: 
Schwimm nur Kraͤnzchen 
An dem Ufefe. . 

In den Anmerkungen führt der Meberfeger ‚einige biefer Lieber 
als die Älteften der Sammlung etwa aus dem 15. ober 16. Jahr⸗ 
hunderte ftammend an, wofür audy bie Abmwefenheit des NReimes, 
ber in ber flawifchen Poefie fpätern Urfprungs fei, ſpreche. 
Dürfen wir baraus folgern, baß bei andern Liedern der Reim 
in der Urſprache ſich vorfindet, fo Hätten wir billig auch erwar⸗ 
ten duͤrfen, denfelben in der Ueberſetzung nachgebildet und über: 
daupt die neueren Lieder als folche angegeben. zu fehen. 167. 





.. Notizen. u 

"Emerina in der Infel Madagaskar. 
Herr William Hooker, ein unterrichteter englifcher Reifen 
der, welcher es fich befonders bat angelegen fein laflen, wenig 
bekannte Orte zu befuchen, gibt eine intereſſante Beſchreibung 
von !diefer im. Mittelpunkt von Madagaskar gelegenen. Proyinz, 
deren fein geographifcyes Lehrbuch erwähnt: „Die Prayinz Guys 
rine muß als bie Gentralregion der Inſel betrachtet werben 
Sie it’ zügleich der hoͤchſte und geſundeſte Theil derſelben un 
bleibt allein von ben epibemifchen Fiebern befreit, welche unter 
den an ber Küfte mohnenden Europäern ſo große Berwüftun- 
gen anrichten. Der Boben ift nicht ſehr feuchtbars während 
des größten Theile des Jahres herrſcht eine verberblishe Trocken⸗ 
beit, beſonders vom Ende des April bis September. 3u 
diefer. agie beertit des Morgens eine, beträchtliche Kälte; gegen 
Ende Sept. fält das hermometer- auf: 7° unter O.- ds Fön 
fein Irdpfen Regen, dagegen herrſcht bie ganze: Nacht hindurch 
in dichter Real 'Wam Det. bi, März ſteigt die Waͤrme umb 
wird oft / unertraͤglich. Dee Regen fängt regelmäßig alle Tage 
bes Nachmittags an und dauert bis in die Macht. Die Ströme 
treten aus; wuͤthende Stürme verbreiten Schreden und Ber 
wüftung, unb ungeheure Hagelſchloßen .zerftören oft die Reis 
felder weit und breit. Der Aderbau beidhräntt fich barauf, daß 
die Einwohner einige leiphte —— sieben. in big fie Sa 

/ iben ‚unapgebaut. Die 
Eingeborenen find Heiden und ' graufamer Gemuͤthsart; ihre 
"Bauptgottheiten find Janka ver gute Geiſt, "und Agaltice ber 
döfe Beil.” " en 12* 
—De*r größte bekannte Diamant. 

Das „‚Asiatic journal” berichtet laut Nachrichten aus 
Hydrabad, es habe ein Bauer in DOftindien kuͤrzlich einen Dias 
manten gefunden, weicher 11 Rupien wiegt. Es ift ber größte, 
den man je gefeben. Der Bauer, welcher ben Werth feines 
Fundes nicht zu fchägen wußte, zerbrach aus Reugierbe ben 
toftbaren Stein. Das ftärffte Stuͤck wiegt jetzt noch fieben 
Rupien und das Ganze wird auf 20 Saͤcke Rupien geſchaͤtzt. 
GHandou Loll, der erſte Minifter tiefes Königreichs, bemaͤch⸗ 
tigte fich diefer Diamanten. Was dem armen Teufel, bee fir 
gebunden , für eine Belohnung zu Theil ward, wird ai 
agt. . 


_ 


Stebigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagäbaublungs 3. A. Brodhaus in Leipzig. 
> 


In — 


’ 


Blatter 


für _ , 


literarifhe Unterhaltung 





Sonnabend, — Kr. 131. 





Anfelm’s von Feuerbach Heine Schriften vermifch» 
ten Inhalte. Erſte und zweite Abtheilung. 
Beſchluß aus Nr. 180.) 

Die fünfte Abhandlung, „Einige Worte über hiſto⸗ 
eifche Rechtsgelehrſamkeit und einheimifche deutſche Gefetz⸗ 
gebung” überfchrieben, Handelt die wichtige Frage ab, 
ob unfere Zeit für einheimifche Gefegbücher reif fei. 
Sie wurde ald Vorrede zu Nepomuk Borſt's Schrift: 
„Weber die Beweislaft im Civilproceß“ (1816, zweite 
Auflage, Leipzig 1824), gefchrieben. Won dem kern⸗ 
gefunden Sinne des Verf. läßt fi erwarten, daB er 
nicht auf die Seite Derer getreten ift, bie ihre Stimme 
gegen das kanggefühlte Bebürfniß erhoben und den Wuſt 
von einem fremden Volke und aus Längft vergangenen 
Beiten überfommener Normen in Schug genommen. Daß 
wir den Namen eines Savigny unter diefen erblidlen, hat 
uns ſtets gefchmerzt und wird uns ewig empfindlich bes 
"rühren, wenn wir an diefen ausgezeichneten Gelehrten 
und an die hauptfächlich durch feine gerichtige Stimme 
vereitelte Hoffnung gedenken, für deren Realiſirung nicht 
bald ein fo günftiger Zeitpunkt wieder kommen möchte als 
ber war, in welchem das neu ermachte deutfche National: 
gefühl und ber einige deutfche Sinn den bis dahin fchlums 
mernden Wunfd mit erneuter Lebendigkeit weckte. Der 
große Gedanke eines allgemeinen deutſchen Gefegbuches 
ließ fi nur damals faſſen und verwirkfihen. Er wurde 
zuruͤckgewieſen, und in den meiften Ländern bes deutfchen 
Baterlandes- fhleppen wir uns noch mit den fremden, auf 
unfere Sitten und unfere Zeit nicht mehr paflenden Rech: 
ten, dern Mafſſe und Vieldeutigkeit den Laien gaͤnzlich 
von ber Erkenntniß Defien, wornach er feine Handlungen 
einrichten fol, ausfchlieft und felbft den Geſchaͤftsmann 
in ein Chaos gefeglicher Beftimmungen verwidelt, deſſen 


er in einem Menſchenleben, viel weniger in den wenigen. 


Fahren, welche zu defien Studium beflimmt find, nicht 
Here werben kann. Es entſteht dadurch eine ungeheuere, 
in ihren Folgen hoͤchſt verberblihe Kluft zroifchen dem 
praßtiichen umd theoretifchen Juriſten. Diefm Gedanken 
führt der Verf. in ber fechsten Abhandlung: „Blick auf 
die deutſche Nechtswifienfchaft”, weiter aus. Sie erfchien 
zuerft als Vorrede zu Unterholzner's „Suriftifchen Abhand⸗ 
lungen” (Münden 1810). Er zeigt uns darin, aus 
welchem umfafienden Geſichtspunkte er das Studium ber 


Mechtewifienfchaft betrachtet. Praktiſche und theoretifche 
Jurisprudenz follen nicht verfchiedene Wege wandeln, für 
brauchbar nicht blos Das gehalten werden, was bereits 
in Gebrauch geweſen; dem Lichte der wifienfchaftlichen 
Fortbildung dürfen die Gerichtsſaͤle ebenfo wenig verfchlofs 
fen werben, als ber Theoretiker fich eimfiedlerifch auf ſich 
ſelbſt beſchraͤnken und, mit Verachtung auf das praßtifche 
Leben herabfehend, feine eigne Welt außer der Wirklichkeit 
ſich erbauen darf. Noch weniger aber fteht es dem blos 
fen Philofophen zu, mit Hinmegleugnung der Vergangen⸗ 


‚beit und Gegenwart ſich zum Tyrannen in der Surisprus 


benz, deren Reich nur durch pofitive Normen zulammens 
gehalten werben kann, aufzuwerfen und unter dem Mas 
men der Bernunftherefchaft die Anarchie der Vernunft zu 
proclamiren. Das Dageweiene und bas Vorhandene foll 
die Philoſophie mit ihrem Lichte beleuchten, laͤutern und 
auf höhere Grundfäge zuruͤckfuͤhren, nicht aber alles Pos 
fitive in leichtfertigem Uebermuthe mit Füßen treten und 
vielleicht weder gekannte noch geahnete Schäge des Wil: 
fens im hodymüthigen und bequemen Duͤnkel verachten. 

Nur erſt dann mag eine volllommene allfeitige Bil 
dung der QZurisprudenz gebeihen, wenn Philofopbie, Alters 
thumskunde und Geſchichte zugleih auf ihrem Gebiete eins 
beimifch geworben find und in verftändig abgemeffener Wirk 
famteit jebe an ihrem Theil zu gemeinfcaftlihem Zwecke wie: 


‚ten. Aber in der deutfchen Zurisprubenz blieben fie faft durch 


fiete Misverftändniffe voneinander getrennt; jebe ging, die 
andere anfeindendb oder verachtend, meiftens ihren eignen Weg 
zu entgegengefestem Biel und glaubte, fich ſelbſt genügend, für 
fich allein zu vollbringen, was nur vereint in Vollkommenheit 
vollendet werben Tann. Und fo war benn, wir bürfen «6 uns 
nicht verbehlen, bei vieler Wielfeitigleit doch zugleich eine ges 
wiſſe Befchränttheit dee Geiſt unferer juribifchen Literatur. Sie 
trug in mancher Hinſicht ben Charakter des Staates, welchem 
fie angehörte: ein getrenntes in fich felbft entzweites Reich. 
Mit Recht reclamirt der Verf. auch die vergleichende 
Jurisprudenz als einen hoͤchſt wichtigen und nothwendi⸗ 
gen Theil der Rechtswiſſenſchaft für das Gebiet derfelben. 
Spree doch nie von dem Weifte einer Geſetzgebung, 
wer mehr nicht als biefe Gefeggebung und allenfalls 
noch die befondere Geſchichte ihrer Gntwidelung kennt. Was 
er ben Geift nennt, ift oft nur wieber ein anderer Bud 
ftabe oder, wenn ihm allgemeines NRaifonnement, Philofophie 
genannt, der alleinige Schlüffel zum Verborgenen tft, meift nur 
ein flatterndes Geſpenſt, das mit bes Tages Raͤhe verſchwindet. 


Freilich tritt uns bier die Endlichkeit der menfchlichen 
Natur mit ihren Schranken entgegen, und baher mag «6 


j 538 


auch wol kommen, daß bie Aufgabe, eine Univerſaljuris⸗ 
peudenz im Bilde uns vorzuführen, feit Montesquieu, 
welcher eine Ahnung davon hatte, nicht wieder aufgegrif: 
fen worden. Der Verf. hatte zur Ausführung diefer Idee 
bereits eine Reihe von Jahren hindurch Zuruͤſtungen ge: 
macht, und fein umfaſſender Geift wäre gefchidt gemefen 
wie felten einer, fie glänzend hinauszuführen; allein wi: 
drige Umſtaͤnde haben ihn genöthigt, biefem Werke für 
immer feine Thaͤtigkeit zu entziehen. Ob dem Prof. Gans 
zu Berlin, wetdyer die Anficht des Verf. mit feinem leben: 
digen Geifte gluͤcklich aufgefaßt hat, die Löfung der Auf: 
gabe gelingen wird, muß die Zukunft lehren. *) 

: Sm der fiebenten und legten Abhandlung der erſten 
Abtheilung führt uns der Verf. wieder auf das Gebiet 
des Staatslebens. Sie erörtert die Frage: „Kann bie 
Gerichtsverfaſſung eines conftitutionnellen Staats durch 
dloße Verordnungen rechtsgültig geändert werden?” Sie 
wefchien 1830 in Nürnberg ohne den Namen bed Verf. 
und war veranlaßt durch einen im Publicum noch nicht 
befannt gewordenen, ernftlichen Schritt des damaligen Mi: 
nifters des Innern, welcher bie Abficht verrieth, die bai⸗ 
tifche Gerichtsverfaffung ohne Concurrenz ber Stände neu 
gu organifiren. Sie blieb, wenngleih von minifterieller 
Seite nicht ohne Anfechtung, doch ohne Wiberlegung und 
fand bei den 1831 verfammelten Ständen und bei Sach⸗ 
verfländigen, namentlich bei ben fcharffinnigen Klüber, ges 
bährende Anerkennung. Ste liefert uns den fehönen Bes 
weis, daß der Verf. bis in die neueften Zeiten bie Ent: 
widelung des Staatslebens mit Aufmerkſamkeit begleitet 
und mit derſelben Lebendigkeit, Wärme und Unerfchroden> 
beit, mit welcher er früher auf die Nothwendigkeit zeit 
gemäßer Verfaſſungen hinwies, für Aufrechthaltung der 
gegebenen zu kämpfen weiß. 

Die zweite Abtheilung ber vermifchten Schriften des 
trefflihen Mannes enthält zwar aud bed Intereſſanten 
und Werthvollen Manches, doch behandelt fie nicht fo 
großartige Intereſſen als die erſte. Sie gibt uns unter 
Me. VII als erfte Abhandlung eine „Erklärung über 
meine angeblich geänderte Weberzeugung in Anfehung der 
Sefchworenengerichte”, welche 1819 aus bem „Neuen thei⸗ 
nifhen Merkur“ befonderd abgedrudt in Jena erfchien. 
- Der DBerf. zeigt darin, daß er feine Weberzeugung (tie 

man bier und da geglaubt und ſelbſt in oͤffentlichen Blaͤt⸗ 
teen vielfach und mit großer Beſtimmtheit ausgefprochen) 
keineswegs geändert habe, daß diefelbe aber weder unein- 
geſchraͤnkt für, noch uneingefchränkt gegen das Geſchwore⸗ 
nengericht laute. Der Verf. unterfcheidet nämlich zwifchen 
der Jury als politifcher und als juridifcher Anflalt. In 
erfterer Beziehung erkennt er fie als ein Eräftiges Schug: 
mittel der politifchen Sreiheit an und hält fie für nuͤtz⸗ 
lich und nothwendig in allen Staaten, wo es ein fo fh: 
ned Gut zu fchügen gibt, d. h. in- allen republikaniſchen 
Staaten, mworunter er aber auch conftitutionnelle Monar: 
hien verfteht, in welchen ‚die Gefeggebung ber Nation in 


55 Er hat den Anfang mit ſeinem „Erbrecht in weltge⸗ 
ee Entwidelung‘” (3 Bänte,. Berlin 1823 — 29) 
gemacht. 


Gemeinſchaft mit dem Regenten zuſteht. Dagegen erklaͤrt 
er fie fuͤr nußz⸗ und zwecklos in allen nicht republikani⸗ 
[hen Staaten, wo die Despotie entweder verfaſſungsge⸗ 
mäß befteht oder verfaflungswidrig geltend geworden iſt, 
ober auch verſteckt hinter den täufchenden Formen einer 
bloßen Scheinverfaffung ihre Gewalt zu üben vermag. 
As ftrafrechtliche Einrichtung redet ber Verf. den Ge 


ſchworenengerichten aber gar nicht das Wort; er bezieht 


fi) auf die in feinen „Betrachtungen ausführlich nachge⸗ 
wiefenen Mängel und Unvolllommenheiten, welche dem In⸗ 
flitute der Natur dee Sache nach anfleben müffen, und 
folgert aus dem Allen das Endrefultat, daß, wo ſich bie 
Nation im wirklichen Befig und Genuß politifcher Frei 
beit befindet, der Schug diefer Freiheit von fo hoher Wich⸗ 
tigkeit fei, daß er die Mängel der Jury in firafredhtlicher 
Beziehung übertrage, daß aber in allen Staaten, wo bie 
GSefchworenengerichte als politifches Inſtitut wirkungslos 
feien, deren Einführung zu mwiderrathen, weil bier blos bie 
unvollkommene Seite derfelben hervortrete, und daß hier 


ftändige Collegien vechtögelehrter Richter, unter einer, den: 


Beweis der Schuld nicht zu weit ausdehnenden noch zu 
eng begrenzenden Gefesgebung, zum allerwenigften ebenfo 
nüslich feien als Gefchworenengerichte. Diefe Abhand⸗ 
fung zeigt und in dem Verf. ebenfo ben umfichtig prüfenden, 
body über alle Partelintereffen erhabenen, in feinen An: 
fihten hoͤchſt Haren, beftimmt und confequent feinen Weg 
gehenden Gelehrten, als ben erfahrenen Gefchäftemann, ber 
fih nicht durch ſchoͤne Theorien bienden läßt und nicht 
duch) folche bienden will. Er macht mit Recht darauf 
aufmerkfam, daß, wenn nicht in die Luft oder auf Sand 
gebaut merben und dad Gebäude den Bewohnern und 
den Bauleuten über den Kopf zufammmftürzen folle, dafs 
felbe nach den individuellen Bedürfniffen eines gegebenen 
Votes, nicht blos und nicht vorzugsweife nad) allgemeinen 
Theorien einzurichten ſei. Er zeigt ferner nur beiläufig, 
wie groß die SSdeenverwirrung in Bezug auf den Streit 
über bie Einführung der Gefchworenengerichte fei, und daß 
man die Frage über bie Deffentlichkeit der Rechtöpflege 
überhaupt weder damit verwechfeln, noch das mindliche 
Verfahren ald mit legterer identiſch anfehen müfle, und 
theilt endlich noch ein paar briefliche, im Jahre 1812 ihm 
geroordene höchft beachtensmwerthe Aeußerungen zweier Stanz 
zofen mit, des trefflichen Villers und des damaligen koͤnigl. 
weitfätifchen Miniflers (fpäter Franzöfifchen Staatsraths) 
Stimeon’s, welche fi ebenfalld gegen die Geſchworenen⸗ 
gerichte ausfprechen. 

Unter Nr. IX handelt der Verf. „Ueber die oberften 
Episkopalrechte der proteltantifchen Kirche”. Diefer Auf: 
fag erfchien im Jahre 1823 in Nürnberg und wurde zu= 
nächft veranlaßt durch verfchiebene Vorfallenheiten in Baiern, 
wo mehre proteflantifche Geiſtliche und geiftliche Behörden 
mit der Behauptung hervorgetreten waren, ein der katho⸗ 
liſchen Kirche angehäriger Landesfuͤrſt fei zugleich in Per⸗ 
fon oberſter Bifchof der feiner Staatshohelt untergebenen 
proteftantifchen Kirchen. Gegen biefe Behauptung tritt ber 
Verf. in biefer Abhandlung auf. Jedoch hat er es, wie 
er ausdruͤcklich erklärt, blos mit dem geltenden, anerkann⸗ 


839 


ten, gewiſſen Rechte zu thun, abgefehen von allen politi⸗ 
ſchen Zeitbetrachtungen. Er will nur bekannte Dinge, ehe 
der Nebel der Zeit fie verdeckt oder ihre wahre Geſtalt 


veraͤndert, im Intereſſe der Wahrheit ſehenden Augen vor⸗ 
führen. Er entwickeit zuerſt, was in Anſehung der Epis⸗ 


kopalrechte der proteſtantiſchen Kirche bis jetzt als Recht 
anerkannt war, zeigt dann, daß ſchon der Natur der 
Sache nach bie. Episkopalrechte der proteſtantiſchen Kirche 
von einem katholiſchen Landesherrn nicht ausgelibt werben 
innen, daß das paͤpſtliche Recht einem Latholifchen Ne: 
genten eine Rechte des eigentlichen Kirchenregiments, felbft 
nicht über proteftantifche Kirchen geftatte, daß nach dem 
unverwerflihen Zeugniß der Geſchichte die Episkopalgewalt 
über proteftantifche Kirchen blos von proteftantifchen Re 
genten erworben, baß der Religionsfriede von 1555 "und 
der weftfäfifche Friede einem katholiſchen Landesheren eine 
Episkopalrechte über feine proteflantifchen Unterthanen ein: 
räumen, daß bie feit dem weftfälifchen Frieden bei Reli: 
gionsveränderungen eines proteftantifchen Landesherrn herr: 
fhende Staatspraris einem katholiſchen Landesherrn die 
perfönliche Ausübung der proteftantifchen Episkopalgewalt 
zugeftehbe, und endlich, daß auch die neueften bdeutfchen 
Staatögrundgefege die echte der proteftantifchen Kirche 
nicht gefhmälert haben. Nach biefen ift ihr im Verhaͤlt⸗ 
niß zur katholiſchen Kirche Freiheit und Gleichheit zuges 
flanden, Eigenfchaften, welche durch große bfutige Opfer 
errungen find, die aber verloren gehen würden, wenn ber 
katholiſche Landesherr Über die Innern Angelegenheiten der 
proteflantifchen Kirche eine bifchöfliche Gewalt ausüben 
würde. Da bderfelbe als Laie der Kirchengewalt des ka⸗ 
tholifchen Klerus unterworfen, diefer aber vom Papſte ab⸗ 
hängig it, fo würde der Papft auf biefem Wege zum 
Oberhaupte ber. proteftantifchen Kirche fich erheben können. 

Auch die folgende, unter Nr. X enthaltene Abhand⸗ 
lung iſt dem Intereſſe der Kirche gewidmet. Sie führt 
die Ueberfchrift: „Worte des Dr. Martin Luther über chrift: 
liche Freiheit, fittliche Zucht und Werkheiligkeit“, und wurde 
durch die Presbpterialfehbe in Baiern veranlaßt und 1822 
zuerft gedrudt. Der Verf. will bei der wichtigen Stage, 
ob Presbpterien in der evangelifch:lutherifchen Kirche mit 
der Außern Macht fittliher Zucht über die Mitglieder der 
Kirche errichtet werden follen, vor Allem die Eräftige Stim: 
me Luther's gehört willen, damit nicht der unvermeibliche 
Sal eintrete, entweder daß die presbpterianifch = Tutherifche 
Kirche nicht mehr von Luther ale bie Seinige anerkannt 
werben koͤnne, oder daß Luther felbft von der durch ihn 
geftifteten Iutherifhen Kirche als ausgeſchloſſen betrachtet 
werden müfle. Zu biefem Zwecke hat er Luther's Lehre 
von der chriftlihen Freiheit aus beffen Werken kürzlich 
zufammengeftellt und mit einigen erläuternden Worten be: 
gleitet. Die gegenwärtige Abhandlung zeigt und ben um: 
faffenden Geift des Verfaſſers und feine Belefenheit und 
Sachkenntniß auch auf einem Felde, welches feinen Be: 
rufsſtudien fehr fern liegt. 

Unter XI folgt unter der Weberfchrift: „Religionsbe⸗ 
fchwerden der Proteftanten in Batern im Sabre 1822”, 
eine Vorſtellung, welche von ben angefehenfien Proteſtan⸗ 


ten ber Städte Ansbach, Augsburg, Baireuth, Erlangen 
und Nürnberg umterzeichnet war und der Ständeverfamm: 
lung von 1822 überreicht werden follte, was aber aus 
Gründen unterblied. Sie wurde zwar gedrudt, kam aber, 
auf Veranlaffung bed Verf. nicht ins Publicum. Ihre 
jegige Bekanntmachung iſt dadurch veranlaßt, daß Jemand 
auf indiscrete Weife fie im „Sophronizon” von Paulus 
(Sahrg. 1830, 1. Heft) hat mit der Bemerkung ab: 
druden laſſen, daß fie das Ergebniß des vereinigten 
Fleißes zweier Männer fe. Dies wird vom Ber. 
dahin berichtigt, daß er fie zwar drei fehr angefehenen 
Herren ber proteftantifchen Geiſtlichkeit vorgelefen, bag fie 
aber von dieſen ohne Zufag oder Weglaffung eines Wortes 
in ihrer urfprünglichen Geftalt einfiimmig genehmigt fel. 
Der Zweck der, wie ſich ſolches vom Verf. erwarten läßt, 
trefflich und gründlich gearbeiteten Vorftelung geht dahin, 
daß den Proteflanten in Baiern die Leitung ihrer ſaͤmmt⸗ 
lichen Lehranſtalten wieder Überlaffen, diefe wieder in nd= 
here Verbindung mit den kirchlichen Behörden gebracht 
und endlih unter die oberſte Aufficht des proteftantifchen 
Cultminiſters geftellt werben. 

Der legte Auffag der zweiten Abtheilung ber vermifch: 
ten Schriften endlich enthält unter XL die Beantwortung 
ber Frage: „Iſt denn wirklich Karl dee Große im Jahre 
793 von Regensburg aus durch den Altmählgraben zu 
Schiff nah Würzburg gefahren?” Er wurde zuerſt in 
dem Sahresbericht des Hiftorifchen Vereins im Nezatkreife 
für das Jahr 1830 gedrudt und zeigt uns bie Geiſtes⸗ 
thätigkeit des Verf. von einer neuen Seite. Mit Scharfs 
finn und Gruͤndlichkeit fucht er bie Negation der aufge: 
worfenen Frage zu beweifen. | 

Mir fcheiden von dem bis hieher burchwanberten reich: 
haltigen Felde mit vermehrter Dochachtung gegen den Er: 
zeuger ber Früchte, von benen wir bem Lefer nur einen ' 
fehr unvolllommenen Vorfchmad geben konnten. Moͤch⸗ 
ten wir ihn dazu veranlaßt haben, fie felbft ganz und 
volftändig zu koſten und badurd) einen ber umfaflendften 
Köpfe und gediegenften Männer bes Vaterlandes kennen 
gelernt zu haben. 169. 





Alerander Duval und Victor Hugo. 


Das letzte Drama’ V. Hugo's, über welches wir bereits 
berichtet, Hat neuerdings zu Zaͤnkereien zwifchen ben Glaſſikern 
und Romantikern Anlaß gegeben. Bert X. Duval, Verfaſſer 
des Luſtſpiels: „De la manie d’ötre quelque chose‘, will nun 
einmal mit aller Gewalt in ber bramatifchen Literatur etwas 
fein. Arnault, Jouy, Lemercier und bie übrigen Meifter aus 
den Beiten bes Kaiferreichs Haben ſich in ihr Schickſal ergeben. 
Wie die Fünfhundert am 18. Brumaire vor Bonaparte'd Gre⸗ 
nabieren aus dem Gitungsfaal geflüchtet, fo find bie Verf. von 
„Artorerres‘‘, von „Agamemnon”, von „Germanicus“ ſammt 
ihren Juͤngern aus dem Muſentempel geflohen vor bem gewal⸗ 
tigen Despoten, der ſich des franzoͤſiſchen Parnaſſes bemaͤch⸗ 
tigt, um ihn zu befreien. Sie haben fi das Haupt verhüllt, 
um das Skandal nicht mit anzufehen, und ertragen im Stillen 
ihre Schmad). Herr Duval ift hartnaͤckiger; er will ben Lor⸗ 
berkranz, den er fo mühfam erworben, fo leicht nicht fahren 
laffen, er klammert fich an die drei großen Tragiker fefl, um 
nicht zu finfen, unb merkt nicht, wie feine winzige Geſtalt vor 


Neſen Asioffen zufammenfpeumpft, ſedaß ihn bie Better ſelbſt, 
zu den er fi gerader, verberben. . . 
Kurz vor Aufführung von „Lucrece Borgia” ließ Herr 
Dual einen ſoͤrmlichen Anllageact gegen V. Hugo vertheilen 
unter dem Zitel: „Lettre deM. A. Duval-AMonsiver V. Hugo’. 
„Dieſen Brief‘, fagt ber „Constitutionnel” (der, im Vorbeige⸗ 
gen fei es bemerkt, unter dem Ginfluffe des Herrn Jay, bem 
ZBerfafler der „Conversion d’un romantigne‘, und anderer recht⸗ 
gläubigen Literaten redigirt wirb), „merben alle Freunde ber 
Rationalliteratur mit Freuden leſen.“ Sollte man nicht glaus 
ben: Hugo, Dumas u. X felen Irokeſen? „Die franzoͤfiſche 
Bine”, fährt der „Constitutionnel‘ weiter fort, „iſt derge⸗ 
Halt gefunten, beſchimpft, entehrt, daß die Fremden ſelbſt, die 
& fonft bewunderten, jept nur Mitleiden dafür empfinden. 
em hat man aber bie Grniebrigung eurer dramatifchen Kunft 
w verdanken? Den Gnglänbern und ben Deutfhhen! Die Frem⸗ 
n haben euer Theater verbungt, ihr ſagt es ſelbſt; feitdem 
Eqiiler unb Shakſpeare im Thedtre francais ihren Ginzug 
gehalten, findet weder Verſtand noch Geſchmack mehr Autritt 
in das entweihte Heiligtum; ihre braucht euch alfo vor ben 
Fremden eurer Schmach nicht zu ſchaͤmen, benn fie ift der Frem⸗ 
den Berl!” Doch es drängt uns endlich zu dem Brieffteller zu 
gelangen. Ueber feine Lehren wollen wir nidyt mit ihm vechten, 
ber diefen Punkt iſt man lange einig. Herr Duval bat früher 
fhon ben damals verwegenen X. W. Schlegel angepadt, der jegt 
fo fehr überflügelt ift und kaum noch zum juste milien gehören 


würde; dann bat er die Staël angefallen, nun gebt es über. 


Hugo her, über die Schaufpieler und über das Publicum. Der 
gute Mann bat eigentlich nichts Beringeres im Sinne, als Herrn 
Dugo zu befehren, ibm den Abgrund zu geigen, ber ihn zu vers 
ſchlingen droht. Herr Hugo hat bis jest das entfeglidge lin: 
glüd gehabt, Dramen auf die Bühne zu bringen, die bie wich 
tigen polttifchen Begebenheiten übertäubten und mehre Monate 
lang ununterbrochen jeden Abend bei vollem.Haufe gegeben wur: 
den; das möchte ihm Herr Duval gern abgewöhnen: ‚„Camme 
rien n’a justifi6 vos neuvelles dovtrines, comme on ne doit, 


„ classiquement parlant, & vos nouvelles mus6s que des ouvra- 


ges indignes de l’attention publique, j’ai du profiter de ce 
moment ‘d’anarchie et d’aveuglement pour soulever le ban- 
deau qui semble encore »’epaissir sur vos yeux, et pour 
vous offrir les conseils d’un vieillard dont le travail et l'expé- 
rienoe ne peuvent dire contestes.” Gobann wirft er ihm vor, 
daß er, V. Hugo naͤmlich, fich des ganzen Saals bemädhtige, 
um die Logen und Hallen nur feinen Freunden und Belannten 
zu verfaufen, er fchaffe ſich em Publicum intrepide pour ap- 
laudir des absurdites; bei den Vorſtellungen feiner Dramen 
ehe man ſich von fchredtenverbreitenden Menſchen umringt, die 
ihn, Deren Duval, mit dem Schimpfivort &picier angefallen, 
die ihn perruque, fossile geheißen und Wuth⸗ und Mordge⸗ 


ſchrei ausgeftoßen. So arg ift es benn body nicht; aber wahr 


“ 


ift e8, daß V. Hugo feine Dramen immer mit einer tüchtigen 
Neferve von Kreunden und, Klatſchern vorzüden laͤßt; dazu ha⸗ 
ben ihn die Gegner gezwungen, ohne biefe Hülfstruppen hätte 
der junge Dichter beim erften Werfuche unterliegen. Zulest bie 
tet ber. Akademiker feinem Gegner Rath und Beiftand ans er 
fei zwar fein großer Meifter, befige aber, dem Urtheil aller 
Literaten zufolge, die Kunft, ein Stüd wohl zu zimmern (char- 
penter), unb er würde fich immer ein Vergnügen daraus mas 
hen, Jedem, der ihn darum bitten würde, feine Rathfchläge 
angebeihen zu laffen. Der akademiſche Zimmermann will fid 
dazu verfichen, B. Hugo ald Gefellen in feine Werkftätte zu 
nehmen! Es wäre wahrlich verlorene Mühe: biefer ungeſchickte 
Geſelle ift ſchon zu lange gewohnt, über die Schnur zu hauen. 
Auch die Regierung weift Herr Duval zurecht und ermahnt fie, 
fernergin keine Gubvention einem Theater angebeiben zu laſſen, 
das den Barbaren in die Hände gefallen wäre: ber Vandalis⸗ 
mus Toll nicht auf Koften des Staats gefüttert werben; wollt 
ihr meine Stuͤcke nicht fpielen, fo fehe ich gar nicht ein, 


werum bie Civilliſte euch umterfiägen fol. Darauf geht unge 
fähr hinaus, was Herr Duval über bie busmmen Kombbignten 
der Straße Richelieu fagt. Herr Duval bat ber Sache, d 
er befehdet, einen wichtigen Dienft' geleiſtet: Bie literif, 
Welt mußte den Romantikern hoͤchſt bankbar fein, wenn fie 
auch weiter nichts gethan hätten als bie Kunſt aus der Geſan⸗ 
genſchaft diefer Verſchnittenen zu ‚befreien. 148, 





Literarifhe Notizen. 

Zu ben neuerdings ſchreibenden Neifenden verſtaͤndigſter Wet 
ift unfizeitig ber Berfaffer von „Di vario seristä e istitusiomi 
di beneficenza in Londra 1828” (2 Bde., Lugano 1882 
ein Signor Arrivabene aus Mailand, zu zählen, deflen Schri 
wie mit vielem Rechte empfehlen mögen. Unter Anderm fagt 
er darin: „Das Elend ber Arbeiter in ben Städten ift in Ging: 
land zu Zeiten gewiß fehr groß, unbezweifelt find auch die Lande 
leute oft ſchwer von Mangel bebrädt; man muß ſich aber bei 
deſſen Schilderung wohl wor Uebertreibung hüten und mehr auf 
Thatfachen fehen, als ber Ginbildungskraft freien Spielraum 
gewähren. Ein Fremder, ber nad) England kommt, und deſſen 
Seele voller Babeln tft, bie er von dem unermeßlichen Elende 
eines Großen Theiles des Volkes, von dem beunrubhigenden Zus 
wachfe der Armen erzählen hörte und las, fragt, wenn et auf 
feinen Wanderungen feinesweges eine fo große Anzahl Huͤlfabe⸗ 
dürftiger gewahrt, natürlichermweife, wo eigentlich bie erwarteten 
Scharen Bettler verborgen fein. Da wirb man ihm benn 
in der Regel auf dem Lande niebliche Hütten mit Blasfenftern 
zeigen, deren Wände von Fruchtbäumen und Blumen umgeben. 
find, in deren Innern Betten mit Vorhaͤngen, nicht feiten eine 
Uhr, ein Zeppih und die nothwendigften Geräthe wahrzuneh⸗ 
men find; er wird bie Bewohner warm gekleidet, mit Schuhen 
und Strämpfen außgeftattet, feines Weizenbrot verzehren ſehen, 
und man wird ihm fagen, daß dieſe Leute von ihrer Gemeine 
unterhalten werden. Sie machen ein gut Theil der. englifchen 
Armuch aus. Won Dem, was biefer Reifende über die Obhut 
ber Armen im Allgemeinen äußert, bürfte Manches wol beach⸗ 
tenswerth fein. 


Gin anderer Neifender in Gngland, beffen ‚Osservazioni 
semi- serie di un esule sull’ Inghilterra” (Graf Pecchio, der 
belannte Biograph Ugo Foscolo's) (Lugano 1831), dafelbft vief 
Lob geerntet haben, gibt eine, intereffante Zufammenftellung ber 
1823 in London anmefenben ausgezeichneten Fremden, wie folge: 
„London war damals mit Verbannten aller Art aus allen Räns 
bern angefült. Gonftitutionnelle, die das Ginfanmerfoftene 
vertreten, Andere für das Zweikammerſyſtem, Andere für bie 
franzöfifche Verfaſſung, Andere für die ſpaniſche, Einige für die 
ameritanifhe, Generale, abgeſetzte Präfidenten von Republiken, 
Präfldenten von Kammern, die mit dem Bayomet aufgelöft wor: 
ben waren, Präfibenten ber mit Kanonen auseinander getriebenen 
Cortes, bie Witwe bes ſchwarzen Kaiſers Chriftoph, die zwei 
Prinzeffinhen ihse Toͤchter, bie ſchwaͤrzeſten Negerinuen von 
legitimem Königsblute, Sturbide, der entthronte Kaifer von 
Merico, und ein Schwarm Sournaliften, Poeten und Gelehrten, 
London war das Elyſium, ein Satiriker würde fagen das Bo⸗ 
tany» Bay, berühmter Männer und verborbener Beiden. Wie 
groß mußte Desjenigen Erftaunen fein, ber einmal bad neapo⸗ 
litanifche Parlament, ober ben mabriber Gortesfaal, ober den 
liffaboner gefchen hatte, in der italienifchen Oper in London 
ben General Pepe, den General Mina, die Redner Arguellet 
und Galiano, ben Präfibenten Iſturiz, Moura u. A. wiederzu⸗ 
finden, wie fie im Gedraͤnge gegen bie Geſandten der Mächte 
sannten, bie fie verurtheilt hatten, Das londoner Operubaus 


erinnerte mich mehr als einmal an Arioſto's bezauberten Pallaſt, 


in dem fo viele feindliche und befreundete Ritter einer nach bem 
andern die Treppen aufs und nieberftiegen, ohne im Stande zu 
fein, zu kaͤmpfen ober zu entfliehen.’ . 153 


Nedigirt unter Werantwortligkeit der Verlagshandlung: F. 4. Brodbaus in Reipzig. - 


— — 


— nei SEE... 


Blätter —— 


literariſche 


für 


Unterhaltung. 





Sonntag, 


Briefe an den Herausgeber uͤber den Anſchluß Sach⸗ 
ſens an den preußiſch-bairiſchen Zollverband. 
Fünfter Brief.“) 

Ich bin, wie ich ſchon in einem meiner fruͤhern Briefe 
aͤußerte, mit der leipziger Vorſtellung darin vollkommen 
einig: daß der Handel ſich um ſo beſſer befindet, je weni⸗ 
ger er durch Zolllinien umſtellt und durch Steuern belaſtet 
iſt. Dennoch ſcheint mir die vorliegende Hauptfrage in 
ein ganz falſches Licht geſtellt zu ſein, weil jener Aufſatz 
fuͤr den nicht genauer Unterrichteten durch ſeinen Geſammt⸗ 
inhalt den Glauben erweckt, oder zu erwecken fucht: Preu⸗ 
ßen leugne jene theoretiſche Wahrheit, und Sachſen ſtehe 
die Wahl frei, zwiſchen einem ganz unbeſchraͤnkten Handel 
und dem unvollkommenen und laͤſtigen Syſteme ſeiner Nach⸗ 
barn. Vielmehr iſt Preußen nicht dabei ſtehen geblieben, 
jenes freiere Handelsſpyſtem theoretiſch als wahr anzuerken⸗ 
nen, ſondern hat es ſo weit als moͤglich (und weiter als 
England, Frankreich, Oeſtreich, Rußland u. ſ. w.) ins Le⸗ 
ben gerufen. Waͤhrend in den letztgenannten Laͤndern ſich 
nur Stimmen einzelner Schriftſteller ohne allen Erfolg 
hoͤren laſſen und von den Praktikern als thoͤricht bezeich⸗ 
net werben, haben die preußiſchen Staatsmaͤnner (fo Motz, 
Maaßen, Beuth u. X.) die echte Theorie für ausführbar 
erflärt und ſich nad) des Königs Befehl und unter feis 
nem kräftigen Schuge dem Ziele fo meit genähert, als es 
die Verhältniffe in dem gegebenen Augenblide irgend er: 
lauben. Verwirft aber Jemand das bis jegt Bezweckte 
und Erreichte, weil nicht alle Zölle und Handelsſteuern 
aufgehoben wurden, fo verftcht er das Ausflhrbare nicht 
vom Unmöglichen zu unterfcheiden und wird durch diefelbe 
Theorie widerlegt, auf welche ee ſich beruft. Denn fie 
erweiſt ebenfalls, daß kein Staat ohne Ausgaben beftehen 
fann, und man biefe nicht durch irgend eine einzelne 
Steuer (wie die Phyfiokraten wollten) zu decken im Stanbe 
iſt; fie erweift, daß bei fleigender Cultur und erhoͤhtem 


Verkehr die Zölle und indirecten Steuern eine immer groͤ⸗ 


ßere Rolle ſpielen müflen. Sa, koͤnnte auch ein Land 


derfelben entbehren, fo müßte es bei den Steuerfuftemen 


aller übrigen Staaten doch gewiſſe Schugmaßregeln hin- 
ſichtlich der Zölle und Verbrauchsſteuern ergreifen. “Mit: 
bin ift unfere Aufgabe: die Lehre von der heilfamen Dan: 


*) Bgl. Nr. 125 und 129 d. Bi. D. Red. 


132, — 





delöfreiheit mit der Lehre von der finanziellen Erhaltung 
des Staats zu vermitteln und auszuſoͤhnen, nicht aber 
den Knoten irgendiwie zu zerfchneiden. | 
Sachſen kann fih den großen, das Prohibitivſyſtem 
fefthaltenden Staaten nicht anfchließen; es foll ‚(behaupten 
unfere Gegner) dem preußifch=batrifchen Verbande nicht 
beitreten. : Was aber heißt dies andere, als die darge: 
botene Wermittelung zuruͤckweiſen, den Weg allmäliger 
DVerbefferung nicht mitgehen, fich urideutfch in Deutfch- 
land vereinzeln und durch den leeren, verkehrten Gedan⸗ 
ten *) einer mercantiliſchen Allgenugſamkeit taͤuſchen. &o 
wenig ein vereinzelte Deutſchland die politifche Freiheit 
erwerben und behaupten kann, fo wenig die Handelsfrei⸗ 
beit; erſt durch Bereinigung, Zutrauen und Ausbauee 
werben wir ſtark und mächtig. - 
Zu Grunde richten kann und wird fich aber jedes 
deutſche Land, welches bie Foderungen der Zeit guruͤck⸗ 
weift und aus Vorliebe für alte Verhältniffe die neuen 
unausmeichbaren nicht fehen will oder fie verfennt. Sn 
Wahrheit ift ja von Anfchließen für Sachſen kaum noch 
die Rede; tritt es dem deutfihen Bunde nicht bei, will 
es nicht (mie einft bei Gruͤndung religiöfer Freiheit) Chor⸗ 
führer fein, fo wird e8 ausgefchloffen und einges 
ſchloſſen. Man barf nur einen Blick auf die Karte 
werfen, um ſich zu überzeugen, in welche unglüdliche Lage 
Sachſen kommen müßte, wenn ed ganz von Zolllinien 
umftellt würde. Angenommen aber, man ließe alle Waa⸗ 
ven ungeftört und ohne Steuer aus allen Theilen ber 
Welt in Sachſen hinein, wie follen fie-denn wieder hinaus: 
kommen, wohin will man fie denn abfegen? Der Schmugg⸗ 
ler mag alsdann zu gewinnen hoffen, der redliche Kauf: 
mann fieht einen Ausweg; in Wahrheit gehen zulegt 
Beide zu Grunde. Ze 
In ähnlicher Taͤuſchung begriffen, meinten einige Anz 
baltiner, das Städtchen Roslau an der Elbe folle der 
neue Sig des Welthandeld werben; als wenn Preußen 
durch den liberalen Ebſchiffahrtsvertrag verpflichtet gewe⸗ 
fen wäre, die Gchmuggelei mitten in feinen Staaten in 
ungeheuer vergrößertem Maßflabe zu dulden. Sobald fich 
aus ben Einfuhrregiftern ergab, daß in Köthen jebe] Seele 
*) Man fehe, was ber Freiherr von’Stein in feinen Briefen 
an Deren von Gagern wider das thörichte Vereinzelungs⸗ 
foftem hoͤchſt Behergigenswerthes ausſpricht. 


13 





542 


(oder jeder Leib) unter Anberm angeblih 30 mal fo 
viel Wein trank, fo viel Purgirmittel verbrauchte u. f. w. 
als ein Preuße, ging die mediciniſche Polizei mit ber 
finanzielen Hand in Hand, und es fehlte nicht an Mit: 
teln, dieſen Misbraͤuchen ein Ende zu machen. Anhalt 
freue ſich jene des Anſchluſſes an Preußen, und Jeder Wer: 
nünftige fieht ein, daß eine längere Umſtellung des Lind: 
chens daſſelbe zu Grunde gerichtet hätte. 


„Könnte Preußen (fagt bie Leipziger Vorftellung) auch 
fo wuitrde 


wagen, Zwangs 
Sachſen doch nicht ohne Schutz und Bundesgenoſſen da⸗ 
ſtehen; und in jedem Falle iſt es ehrenvoller, den Kampf 
fs. bat Seit wu wagen, als in zuvorkommender Mad: 
giedtgkeit ſich zu unterwerfen.” Das kangt allerdings 
roß und würdig, und doch 'find es nur Worte, Worte 
verba, praetereaque nihil)! Wer find denn die ſchuͤ⸗ 
genden Bundesgenofien Sachſens? Doch nicht die Übrigen 
Deutfchen, von denen es fich losſagen will? Oder bie 
Deoftreicher, Sranzofen, Engländer, Ruffer, welche, wenn 
fe das preußiſche Zollſyſtem enblid einmal kennen lern⸗ 
ten, nur daran ausſetzen koͤnnten, es ſei gegen die Nach⸗ 
barn (alſo auch gegen Sachſen) viel zu milde und liberal? 
Don einem eigentlichen Kampfe kann und wird alfo 
nicht die Rede fein, ee müßte denn zwilchen einigen Zoll: 
wächtern und Schmugglern eintreten. Dagegen wäre eis 
nem Könige gegenüber, der in ganz Europa den verdien⸗ 
ten Ruf bat, der gerechtefte zu fein, das Recht eine 
folche unwiderſtehliche Macht, daf es Feines Kampfes und 
keiner fchügenden Bundesgenoſſen für Sachſen bedürfte. 
Worin befteht dena aber dies bier fo preislicd ange: 
rufene Recht Sachſens? Hat es denn ein Recht vorzu: 
fehreiben, voie Preußen fein Zollſyſtem einrichten fol? Dat 
es ein Recht zu verhindern, daß wir unfere Örengen be 
fegen? Könnte es fich befchweren, wenn wir das alte 
Gontrebandefpftem herftellten? Sind wir verpflichtet, feine 
Producte und. Sabritate einzulaffen und zu kaufen? 
Preußen hat das Recht feiner Nachbarſtaaten nicht 
verlegt und wird es nicht verlegen; ja, es ift hier über: 
haupt nicht vom eigentlichen Rechte die Rebe, fondern 
von Mafregein, ber welche es Niemanden Rechenſchaft 
ſchuldig iſt. Diele Maßregeln müͤſſen aber (wenn Sad: 
fen ben Beitritt, verweigert) ihm nothwendig Schaden bria: 
gen. Die wahre Ehre geht Hier mit ber Klugheit 
und dem Vortheile Dand in Hand; fie. gebieten gleiche 
mäßig, daß Deutichland zum Nugen, nicht ded Einen 
oder des Andern, fonbern aller Theilmehmer ein gros 
Bes Handels⸗ und Zollfuftem bilde. 
—Seqchster Brief. 
Manche, ‚welche den von mir aufgeſtallten Behauptun: 
gen widerſprechen, empfehlen. einen  npebbeutfchen, mittel> 
deutſchen, ſuͤddeutſchen u. f. w. Handelsverein. Plane fol: 
cher Art, weiche Deutſchland zerſtuͤckeln, is feindſelig ein 
ander entgegenftellen, find, zrotz alles barlıber verbreiteten, 
folfhen Glanzes fo unverfländig und unheilbringend als 
früher in ber Politik die Demarcationslinie und der Rhein: - 
bımd. Die hanoͤveriſchen Anträge insbefordere find in 
der „Allgemeinen Zeitung”, 1832, Nr. 312, in wenigen 


Sägen fo kurz und buͤndig gewürdigt und mit ben preis 
Bifchen verglichen worden, baß ich nicht umhin kann, fie 
bier aufzunehmen. „Jene Anträge wollen: daß 1) jeder 
deutſche Staat feine Eingangsabgaben beibehalte und die 
Verkehr hemmenden Zolllinien zwifchen ben einzeluen deuts 
[hen Staaten beftehen bleiben; daß 2) bei bem Durchs 
gang duch einen bautfchen Staat, im oder auns einem 
andern beutfchen Staat fortwährend ein Durchgangszoll 
erhoben werde, welcher jedoch nach billigen Grundfägen 
feſt beſtimmt werde fol, und daß es 3) in Berathung 
genommen werbe, ob vielleicht eignen beutfchen Erzeugniſ⸗ 
fen gegenwärtig freier Zugang geftattet werden koͤnne.“ 

. Die in Deutſchland befiehenden Bollvereine, ber preu⸗ 
Bifch = heffifche ebenfowol wie ber bairifch = würtembergifche 
wollen Dagegen, daß 1) die zwifchen ben einzelnen beut: 
fhen Staaten beftehenden Zolltinten aufgehoben werden 
und in und durch Deutfchland ein völlig freier Verkehr 
flattfinde; daß 2) ‚bei dem Durchgang duch die deutfchen 
Staaten oder aus benfelben gar kein Durchgangszoll er 
hoben werde, fondern die Durchfuhr frei fei, und dag 
3) der freie Verkehr zwifchen allen beutfchen Staaten fich 
nicht auf einzelne, in Folge befonderer Geflattung zuge: 
laffene eigne Erzeugniſſe beſchraͤnke, ſondern ſich auf ins 
und ausländifche Gegenftände ausdehne.” 

„Welcher diefer Wege zum Gebeihen bed Handels und 
Verkehrs in Deutfchland der geeignete iſt und zur Wohl⸗ 
fahrt Deutſchlands am ſichetſten hinführt,. diefes wird fich 
aus obiger Gegenüberftellung der beiberfeitigen Zwecke von 
fetbft ergeben und beurtheilen Lafjen.” 

An gleihem Sinne fagt Stuͤve In feinem whigee 
Buche „Ueber die Lage des Königreihs Hanover” (S. 83 
und 178): „Die Verſuche Preußens im Jahre 1828, 
einen Zollverein zu Stande zu bringen, wurden zuruͤckge⸗ 
wiefen, theils aus politifhen Gründen, theild weil man 
das Uebergeroicht der preußifchen Gewerbe fürchte. Man: 
ſchloß den mittelbeutichen Handelsverein, ber, lediglich 
den Durchfuhrhandel beruͤckſichtigend, keinen Zweck haben 
konnte als den, einen hoͤchſt fehlerhaften statum quo noch 
für einige Jahre zu fihern, die Uebel befielben zu ver- 
mehren und bie Abhülfe durch Vereinigung zu erfchiweren. 
— Hanover barf niemals vergeflen, daß es im beutfchen 


Staat ifl, daß es nur in und duch Deutſchland beftehe; 


da fein Wohlſtand nur durch die engfle Verbindung, 
durch Einheit mit Deutſchland geſichert werben kann, und 
daß feine Verfoffüng es vor Allem mit Deutfchland vers 
binden fol.” “ 
Hanover würde unpatriotifh und undeutſch handeln, 
wenn es dem großen deutſchen Handelsvereine überall 
Schwierigkeiten in ben Weg legte und auf dem Kleinli⸗ 
chen und Ungenügenden. beffände, ftatt aus allen Kräften 
das Umfaffende zu befördern: Es dürfte durch dieſes Un⸗ 
terwwerfen unter fremde, unverfländige oder eigennügige 
SHanbelsabfiditen *) noch nicht einmal erreichen, daß zu 


4) Bon hdherm Standpunkte aus betrachtet, hat England das 
hoͤchſtr Intereſſe, daſoͤr zu wirken, daß Beutſchiand einig 
und maͤchtig ſei und bleide; nur untergeordnete Kuͤckſichten 


koͤnnen in entgegengeſette Ircthaͤmer führen. 


* 


feinem Beſten in England auch nur ein einziger Zollſatz 
geändert würde. Bon dem Inſelſtaate zuruͤckgewieſen, nad) 
Deutfhland Hin bei längerm: Zögern immer enger be 
fchränkt, muß das ohnehin nicht reiche Land täglich (mie 
Stüve mit Recht weiffagt) Ruͤckſchritte machen und Noth 
and Unzufriebenheit daſelbſt wachſen. 

Wie darf ich aber hier als Splitterrichter auftreten, 
da bie leipziger Vorſtellung ben Balken im Auge nachzu⸗ 
weilen ſucht, indem fie fagt: „Preußen fchließt keinen 
Handelöplag von Bedeutung in feinen Grenzen ein und 
bat Pläge, die ehebem (mie Danzig, Elbing u. a.) el: 
nen großartigen Handel betrieben, zu dem Range unbe: 
deutender Pläge erniedrigt.” Ich ſehe nicht ein, wie ber 


ans taufend Gründen abzuleitende Umftand, daß in Preu: | 


fen keine einzelne überaus wichtige Handelsſtadt liegt, den 
Tadel unfers Zoll: und Steuerſyſtems irgend rechtfertigen 
kann; fonft hätten die Anhänger des Probibitivfpflems 
auch Mecht, die Größe von London, Bordeaur, Marfeille 
u. f. w. aus dem legten abzuleiten. 

Was nun aber Danzig, Elbing, Königsberg, Memel 
and- einige andere Städte anbetrifft, fo beruhte die frühere 
Blüte des Handels in denfelben weſentlich darauf, daß fie 
ehemals nicht 6108 bie rohen Producte von Preußen, fon: 
dern vornehmlich von den weiten und fruchtbaren Länder 
fireden Polens und Rußlands aufwärts der Weichfel und 
des Niemen unter den vortheilhafteften Bedingungen aus 
dem innen Lande bezogen, ſeewaͤrts mit großem Gewinn 
abfegten umb umgekehrt die Producenten nicht mit Gelde, 
fondern wiederum mit ſeewaͤrts bezogenen Waaren befrie⸗ 
Digten, wobei nochmals beträchtlich gewonnen wurde. Ge: 
treide, Hanf, ein und Holz waren die Hauptartikel bes 
innern Handels und der Ausfuhr. Colonialwaaren, Mein 
und Fabrikate jeder Art machten hingegen die Einfuhr 
aus und dienten zur Bezahlung ber polnifchen und ruffis 
ſchen Producenten. Mithin war dies eine Art von Mo: 
nopolhandel, welchen die natürliche Lage ber Länder und 
der Ausfluß dee Ströme verliehen hatten. Die Prohibi⸗ 
tios und Sperefpfteme ber überfeeifchen Länder, vorzüglich 
Englands und Frankreichs, nach ber einen, Rußlands und 
Polens nach dee andern Seite, wirkten in ben neuern 
Zeiten auf gänzliche Untergrabung eines ſolchen Handels 
Hin. Nur die Entwidelung' der Induſtrie in Oft: und 
Weſtpreußen, erhöhte Production, Fabrikation und Con- 
fumtion, und ein entfprechender neuer Schwung der Han⸗ 
delsthaͤtigkeiten in ben genannten Städten kann diefe wie: 
der heben und zu felfcher Bluͤte emportreiben. So lie: 
fert das Meine Städtchen Braunsberg in ben legten 
Jahren den Beweis, daß fhon in Wolle, Garn und 
Leinwand aus Preußen fehr bedeutende, auf bie Ent» 


wicklung einheimifcher Induſtrie überaus günftig wir⸗ 


kende Gefchäfte nach den entfernteflen Ländern. gemacht 
werben Eönnen. | 

Das preußifche Zoll⸗ und Steuerſyſtem hat den. ge: 
nannten Städten in keiner Hfnficht irgend einm Schaden 
zugefügt. Nur über Rußlands, Englands und Frank: 
reiche Maßregeln jammern Diejenigen, welche die frühere 
goldene und fo bequeme Zeit nicht vergefien können und 


- 343 


ſich ungern zu neuen ſchwierigen Unternehmungen ent⸗ 


ſchließen moͤgen. 
(Der Beſchluß folgt.) 





Der Luͤgenkaiſer. Seltfamliche, wunderbare, abenteuer 
liche und dennoch wahrbaftige Schidfale des Herm 
von Muͤnchhauſen II. (jun.), würdigen Nachkommen bes 
weiland berühmten Erb: und Gerichtöheren gleiches Mas. 
mens, Nach aufgefundenen Papieren bearbeitet und 
herausgegeben durch 2%. von Alvensichen (G. Sek 
fen). Zwei Bändchen mit Abbildungen. Erſtes Baͤnd⸗ 
hen. Meißen, Goedſche. Gedrudt in diefem Jahre 
8. 1 Thlr. 4 Sr. 

Schlechte Lügen, ſchlechte Wige, ſchlechte Frivolitaͤt, ſchlech⸗ 
ter Geſchmack — das iſt das Beſte, was ſich von dieſem Buͤch⸗ 
lein ſagen läßt; ein Abdruck der alten Münchhaufeniana hätte 
mehr Berbienft und dürfte auf ein beflimmtes Publicum rech⸗ 
nen, das bei Bier und Branntwein einmal eine feifte Lüge und 
eine abnorme Zote mit hinunterfpült und gewiß fein kann, baß 
ber darauf gegoffene Branntwein fie [dom dämpfen wird. Schon 
die Einleitung von gegenwärtiger abaefchwächter, aber Feines: 
wegt beshalb in eine höhere Sphäre gehobener Luͤgengeſchichte 
it matt und fade. Wer lügen will, fpanne alle Segel. 

Berf. laͤßt feinen Helden die Geſchichte feines Lebens ſchon im 

Mutterleibe beginnen; felbft von feiner Zeugung fpricht er in 

fhlaffer Gemeingeit. Cine energifche Zote kann noch, auch wenn 

der Wit, ber Satyr ber Sünde, fehlt, durch dad Aufgebot ber 

Energie intereſſtren; hier ift Waͤſche ohne Lauge. Der junge 

Satan weiß dann als Yötus Thon mandyerlei zu erzählen, bis 

es in feiner Klaufe ihn anmidert unb nad ungeflüntem Kratzen 

mit den Nägeln ihm das Licht ber Welt eröffnet wird. Bei 
feinem Eintritt in die Welt begrüßt ex feine Frau Mutter mit 
einem „guten Morgen”, worüber diefe gar ſehr erſchrickt. Bei: 
ftig bald erwachſen, wird er fchnell Stuben? und macht die ge: 
wohnten Streiche meift ohne Folie mit. Unter bie Seltſamlich⸗ 
feiten, die ihm auffloßen, gehört der unmäßige Trinker, ber 
nie betrunten wird. Das Geheimniß des Mannes beruht darin, 
baß er, früher trepanirt, einen filbernen Schädel trägt, ben er 
zur Auslüftung und Ausbüflung bed Weingeiſtes von Zeit zu 
Zeit in die Höhe fihiebt, wenn ihm ber Kopf zu warm und 
voll zu werben beginnt. Sellen's nuͤchterner Muͤnchhauſen ſtreckt 
ihm einen brennenden Fibibus in ben offenen Kopf, wobei der 
trepanirte Menfch bald verbrannt wäre. Kin anderes Stuͤck⸗ 
chen präftiet der Studioſus Münchhaufen felber, indem er, um ' 
den Kameraben zu beweifen, daß feine Liebe zur Auserlorenen 
bie glühenbfte von der Welt fei, mit einem Brennglaſe die hei⸗ 
fen Liebeöflrahlen feines Herzens auffängt unb ſich auf biefe 
Weile eine Pfeife Taback anzünbet. Alsdald zieht er nach Goͤt⸗ 
tingen, wo er Borlefungen hätt, nicht blos vor &tubenten, fons. 
dern auch vor Damen, ledtern befonders Privatiſſima, bie ber 
böfe Leumund, er habe es in der Experimentalphyſik zu weit ger 
bracht, ihn von bannen treibt. Darauf macht er feine Erpedi- 
tionen zur See auf einem Wallfifche u. f. w. Sodann wird er 

Soldat; die Geſchichte vom Halbiren des ganzen Kerls burg 

einen Saͤbelhieb erinnert.an des alten Muͤnchhauſen's zufanimen: 

ſchlagenden Thorflügel, der dem Pferbe ben Hintertheil fort« 
nimmt, worauf biefes trotzdem mit feiner Vorderhaͤlfte weiter: 


'trabt. Gellm’s mattherzige Grfindung von Lügen hätte durch 
‚eine wigige, pointiste 


ction einigermaßen“ verdeckt werden 
ſollen; allein bei aller Anftvengung, Wit aufzubringen, bleibt 
es beim Sonat! So geht’B, wenn einer mit Gewalt wigig 
fen win, obne einen Stachel, einen Stift zum Gravicen, ge: 
ſchweige die Tuſche zum Faͤrben zu befigen. Wit ift ein krau⸗ 
ſes, — Ding und nicht Jedermanns Sache. Mancher 
Hat einen Stachel, aber blos den Stachel, und, um Tunke vers 
legen, rist er fih in bie Aber und fchreibt mit dem eignen 


544 


Biute. Biſſe fih Dr. Sellen eine Aber auf, ex würde doch 
nicht wigig ſchreiben, denn er ſcheint weißen, kalten Wuͤrmer⸗ 
ſaft flatt rothen Bintes zu haben. It is not in the power 
of every one to taste humour, however he may wish it — 
it is the gift of God — fagt Meifter Sterne. 131. 





Aus JItalien. 


Kür die Geſchichte des eigentlichen Griechenlands im Mit⸗ 
telalter, die durch Binkelfen’® geiftveiche Erörterungen man 
im zweiten Bande feines Werkes zum erfien Male gang befries 
digend amseinandergefent zu fehen hoffen darf, hat P. £. Datta 
in feiner ,‚Storia de’ principi di Savoja del ramo di Acia, 
signori del Piemonte dal 1294 al 1418” (2Bbe., Turin 1852) 
einen nicht unintereffanten Beitrag gegeben; jeder, auch ein 
minder bedeutender, für bie Aufhellung fo dunkler Verhältniffe 
wäre dankenswerth; ein auf forgfältig geprüften Urkunden be: 
ruhender muß es doppelt fein. Der Zitel: Yürften von Achaja, 
kam durch Iſabella von Bille Hardouin zum Haufe Savoyen, 


indem fie feit ihrer Vermaͤhlung mit Philipp von Savoyen zu. 


Rom im Februar 1801 ihren Gemahl vermochte,  biefen Titel 
anzunehmen und fich felbft vom Herzoge von Tarent, dem 
Bohne Karl's von Anjou, Königs von Sicilien, bamit belehnen 
zu laffen. Iſabella fah dieſes Fürftenthum Achaja als ihre Aus⸗ 
fteuer an; doch ſchon durch ihren Water war fie verloren gegans 
gen und weber Philipp noch bie vier Regenten, welde ihm in 
der Derrfchaft von Piemont folgten, dachten darauf, ſich bei den 
Ungläubigen fie zu holen. Doch behielt man ben *itel bei, 
wenn auch Fein Zollbreit Landes ben ‚Herren von Piemont ges 
börte; unb als nach bem Tode bes Kürften Amadeus VII. das 
Land am Ludwig, feinen Bruder, kam, der, wie jener, ohne recht⸗ 
mäßige Nachlommenfchaft ftarb, fiel Piemont an Savopen heim, 
wo man nicht für gut fand, ben leeren Titel ferner beizubehal⸗ 
ten. Datta befchreibt die Begebenheiten der piemontefifhen Fuͤr⸗ 
fen, welche jenen Titel führten, mit Sorgfalt und Ruhe und 
bringt in dem Urkundenbuche, das den ganzen zweiten Band 
einnimmt, Notizen bei, die anberweiten Unterfuchungen zu 
Gute fommen werben. 


Ueber die berühmten Bauwerke von Pifa, feinen Dom, fein 
Zaufhaus und feinen fayiefhängenden Thurm ift im I. 1851 zu 
Pifa ein. Werk erfhienen („Le fabbriche principali di Pisa 
ed alcnne vedute della stessa cittä intagliate da Ranieri 
Grassi, incisore pisano“), das in dem ziemlich genau gearbeis 
teten hiftorifchen und architektoniſchen Erklaͤrungen aufs Reue 
darthut, daß ber hängende Thurm mit Abficht fchief vollends 
ausgebaut wurde. Aufs genaufte ift biefes durch die Prüfung 
ber einzelnen Theile nachgerviefen, und überhaupt verbient das 
mit ausreichenden, wenn auch nicht prächtigen Kupfern ausge: 
ftattete Wert bei feinem mäßigen Preife (32 Lire) unb- bem 
tüchtigen Texte Empfehlung. 


Ravenna erhielt im 3. 1827 einen Zeichneniehrer, Ignozio 
Sarti aus Bologna, ber zunäcft bie Beſtimmung hatte, ben 
Lehrlingen ber Gewerbetreibenden Unterricht zu ertheilen. "Die 
Theilnahme, bie diefer Unterricht fand, beflimmte den Vicelegaten 
Monfignor Lavinio be Mebici Spada, beim Cardinal Rivarola, 
damals Legaten der Provinz, darauf angutragen, daß biefer Un: 
terricht zu einer förmlichen Kunftfchule (Accademia delle belle 
arti) erweitert würde. Jene Provinzen ber päpftlichen Staaten 
Hagten grabe damals über fo viele Vernachlaͤſſigungen, daß ein 
fo Heiner Erſatz wol billig fihien. Mit Zuziehung ber Schul⸗ 
commiffion (deputatj del collegio) ward der Plan entworfen, 
der im Boraus genehmigt war, ein altes Local für fie einges 
richtet und durch bie freiwilligen Beiträge ber Einwohner mit 
Lehrmitteln verforget. Schon im 9. 1830 Eonnte eine Preißvers 
theilung an die Schhler flattfinden , denen dadurch ber Anſpruch 


auf eine Unterflügung zu einem zweijährigen Aufenthalte in Rom 
zu Theil wird. Mit richtiger Erwägung hat man bei allen 
Stubienclaffen vorzugeweife die Anwendung ber Künfte auf das 
Gewerbliche im Auge. Eine Beine Schrift: „Intorno alla fon- 
dazione dell’aceademia di belle arti in Ravenna e ad un suo 
regolamento d’istruzione. Lettere due del conte Alessandro 
Cappi, segretario di detta accademia’’ (Ravenna 1831), mit 
Kupfern, gibt von allen innern Einrichtungen Nachricht, und eine 
andere: „‚Solenne distribuzione de’ premj ed esposizione del 
anno 1831 nell’ accademia provinciale di belle arti in Ra- 
venna’' (Ravenna 1832), verbient bei allen Sammlern für Kunfls 
gefchichte Beachtung. Nach einer Löblicyen, in Italien allgemein 
verbreiteten Sitte hat Graf Cappi ben Anlaß der Preisaustheis 
lung an bie Zöglinge im 3. 1831 benugt, einen Punkt der 
Kunftgefchichte zu erörtern unb biesmal das Andenken eines 
Landemannes, des ravennatiſchen Malers Lucas Longhi, gegen 
Vaſari's Werunglimpfungen zu rechtfertigen verfucht. Werte 
diefes alten Meiſters, die von ber Gemeinde der Pinakothek 
der Akademie waren gefchentt worben, .gaben feinen Worten 
boppelte Beglaubigung und thaten aufs Neue dar, was man 
auch fonft ſchon hinreichend mußte, daß Meifler Biorgio nur 
zu oft I von perfönlichen Befangenheiten in feinem Urtheile 
leiten ließ, j 


Mit einiger Erwartung ſahen die Freunde ber claſſiſchen 
Srinnerungen der von Rampoldi angekündigten „‚Corografia dell’ 
Italia’ entgegen, weil fie barin glaubten mit gehöriger Sichtung 
zufammengeftellt zw finden, was mit ben Külfsmitteln, die ber 
Aufenthalt im Lande an die Hand gibt, jich über jeden einzelnen 
Ort anführen ließe. Aber die erften ‚Defte haben biefer ‚Hoffe 
nung nicht entfprochen. Der Berf., fonft wegen feiner Genauig- 
feit durch feine „„Annali muselmanni’” vortheilhaft befannt, fcheint 
nicht auf die rechten Quellen getroffen zu ſein; unmöglich koͤnn⸗ 
ten fonft bie erften beiben blos bis Affa reicyenden Hefte (Mai⸗ 
land 1832) fchon zu fo vielen begründeten Ausftellungen Ge⸗ 
legenheit geben. 


So: zweifelhaft iſt unfere Zeit, baß, wenn irgenbwo ein 
tüchtiges Bild mit einem berühmten Meifternamen aus der Duns 
kelheit auftaucht, gleich der Kopffchüttelnden mehr herumſtehen 
als ber Gläubigen. Hr. v. Rumohr weiß davon zu erzählen. 
Auch fein Anfehen bat bem Namen Rafael nur bei Wenigen Ein⸗ 
gang verfchafft, als er damit mehre Bilder bes berliner Mu⸗ 
feums taufte. Dajleibe erfährt jest ber elegante Abbate Meld;ior 
Miffirini, der ein Bild, im Befige des Herrn Luigi Fineschi (mo, 
ift nicht angegeben), auf dem ber Engel der Hoffnung dar 
geſtellt ifk, für ein Werk bes Leonardo ba Vinci auszugeben fich 
abmübt. Als einige Gewähr feiner Benennung kann er nur 
das Zeugnig mehrer ausgezeichneten Kuͤnſtler anführen, nicht bes 
bentend, daß die nur zu oft ſchon fich geirrt haben. 


Wie fo viele feiner Vorgänger ift auch ber gegenwärtige 
Papft Sregor XVI. Gcriftfteller. Ein praͤchtiger Abdruck ſei⸗ 
ner fchon im 3. 1799 zu Rom unter dem Zitel: „Il trionfo 
della santa sede e della chiesa contro gli assalti de’ nova- 
tori, combattuti e respinti colle gtesse loro arıni“, erfchienenen 
Schrift ift jet in Venedig in breierlei Format, die Folioausgabe 
dem Papfte felbft gewidmet, wieder abgebrudt worden („Opera 
di D. Mauro, Cappellari, monaco camaldolese, ora Gregorio 
XVI. sommo pontefice”, Venedig 1832), und das Wert ift 
ſicher, jest auch in proteftantifden Ländern Aufmerkfamfeit zu 
erregen, ba es außer einem „Discorso sulla immutabilitä del 
governo della chiesa’, auch noch einen „Trattato sopra ie 
infallibilitA pontificia‘ enthält, ber jegt zu manchen Betrach⸗ 


‚tungen Anlaß geben kann. *) 27. 


*) Ueber eine beutfche Lieberfegung diefed Werkes berichten wir 
naͤchſtens. D. Red. 


—— 


NRedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshandlung: F. A. Brodhaus in Leipzig. 


x 


Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung 





Montag, 


a 


Briefe an ben Herauögeber über ben Anfchluß Sad): 
fens an den preußifch :bairifchen Zollverband. 
Geſchluß aus Nr. 182.) 

Siebenter und lenter Brief. 

Ich fürchte, mein verehrter Freund, Sie werden fin 
den, daß ich mich in meinen eiligft gefchriebenen und ab: 
geſchickten Briefen ſehr wiederhole. Ich will mid nicht 
damit entfchuldigen, daß man (nüglicyer als das Catoni⸗ 
ſche: Carthaginem esse delendam) den Deutfchen gewiſſe 
Dinge nicht oft und ernftlid genug ans Derz legen kann, 
ſondern nur noch einiges Einzelne berühren und dann 
fchließen. | 

Aus dem Geſagten gebt meines Erachtens bereitd her: 
vor: erſtens, daß Sachſens Dandel bei den obwaltenden 
Verhaͤltniſſen duch fein Anfchliegen an einen bdeutfchen 
Handelsbund nicht beſchraͤnkt, fondern von bevorftehenden 
Beſchraͤnkungen errettet werde; zweitens, daB Preußens 
Zollſyſtem nicht zum Nachtheil der Nativnalwohlfahrt auf: 
geftellt und erhalten werde, fondern dem der übrigen gro- 
Ben Staaten ſchon deshalb vorzuziehen fei, weil es nicht 
das eigennügige Monopol, fondern den freien, oder doch 
möglihft wenig befchränkten Handel als letztes anzuftreben: 
des Ziel aufftellt; drittens, daß kein Gegenftand des Han: 
dels dadurch verfhwunden ft, fondern Handel und Ver: 
£ehr im Allgemeinen (wie 3. B. Ferber's Werk aus un: 
zweifelhaften Quellen erweift) ſich trog der unentbehrlichen 
Steuer ungemein vermehrt haben. 

Ein noch nicht beruͤhrter Punkt, welcher öffentlich und 
insgeheim wol die meifte Sorge macht und ben lebhafte: 
ften Widerſpruch herwortreibt, iſt gewiß der, daß man 
fürchtet, das Anfchließfen führe zu neuen Steuern, wo: 
duch die Preife genau im Verhaͤltniß eben diefer neuem 
Abgaben ſteigen und die Ausgaben jedes Einzelnen ſich 
ungemein erhöhen müßten. Hieruͤber und hlergegen iſt 
gar mandherlei zu bemerken. Dan hat mit Recht gefagt: 
im Finanzweſen fei zweimal zwei nicht vier, d. h., wenn 
man einen Stewerfag aufs Doppelte erhöht, befommt 
man dadurch nicht. die doppelte Einnahme. Der Sas iſt 
volllommen richtig, ſofern er auf bie Nothwendigkeit viel: 
feitiger Prüfung hinweiſt und gegen thörichte und unge: 
rechte Erhöhung der Abgaben warnt. Andererfeits ift e6 
aber finanziell ebenſo unrichtig, zu behaupten, bisherige 

‚ Preife der Dinge fliegen oder ſaͤnken genau im Verhaͤlt⸗ 


— — Nr. 133. — 


13. Mai 1833. 


- 


niß der Steuerfäge. Diefe find allerdings ein Element 
zur Beflimmung ber Preife, aber weder das einzige, noch 
das wichtigfie. Ja, bei geriffen Dingen fehr wandelba⸗ 
ten Werthes, wie 3. B. der Wolle, dem Getreide, wird 
ein mäßiger Eingangs = oder Ausgangszoll, oder eine bil 
lige Mahifteuer, im Vergleich mit dem aus andern Grün 
ben bervorgebradhten Steigen oder Fallen, faft ganz ver 
ſchwinden. Zerner kann ein. niedriges Abgabenfoften mit 
böhern und ein firengeres Abgabenſyſtem mit mäßigern 
Preifen verbunden fein, wenn dieſes auf andere Weife den 
Markt erweitert, Befchräntungen (3. B. Zunftziwang) aufs 
hebt, die Induſtrie erweckt, ja zu größerer Thätigkeit zwingt. 
So laͤßt fi ohne Zweifel ermeifen, daB ſich die Preife 
vieler Dinge (3. B. des Weines) in Berlin und Dresden 
keineswegs lediglich im Verhaͤltniß des Zolffages feſtgeſtellt 
haben oder kuͤnftig feftitellen werden. 
Zugegeben aber, daß ber Preis gewifler Gegenftände 
buch eine erhöhte Steuer nad) irgend einem Verhaͤltniß 
fleigen ann, ohne daB eine ermäßigende Gegenwirfung 
grade bei biefen felbigen Objecten eintritt, fo fol man 
doch zweierlei nicht vergeffen: erſtens, daß hier faſt ledig: 
li) von Lurusartifeln die Rede ift, und ed als Recht 
der Obrigkeiten und als Pfliht der Wohlhabendern er: 
ſcheint, durch deren höhere Beſteuerung in den jegigen 
Verhaͤltniſſen der Wölker einen fchlechterdings nothwendi⸗ 
gen Schug gegen übermäßigen Reihthum und übermäßige 
Armuth hinzuftellen; zweitens teitt gleichzeitig. fehr oft 
eine Ermäßigung der Preife bei andern als den erwähn- 
ten Gegenftänden, ober es tritt eine Erhöhung der Ein- 
nahme ein, welche jene größere Ausgabe volllommen auf: 
wiegt. Wenn 3. B. der Landbauer in Anhalt jest auch 
eine höhere Weinfteuer zahlt, fo fleigt der Preis feines 
Ruͤbſamens in noch größerm Verhättniß, fofern das Del 
nicht mehr an der preußifchen Grenze zuruͤckgewieſen oder 
hoch befteuert wird. Ja, eine Erhöhung der Steuer kann 
(fo unglaublid) dies auch klingt) die Preife erniebrigen. 
Dies ift im Preußifhen (ich möchte fagen leider!) der 
Kall mit dem Branntwein. Denn die neue, bedeutende 
Abgabe erweckte dergeſtalt Fleiß und Scharffinn, führte 
zu beflern Mafchinen, Erfparung von Holz und Dänben, 
Benusung toifienfchaftlicher Ergebniffe u. f. w., daß der 
Fabrikant jest den Branntwein (trog der Steuer) wohl⸗ 
feilee verkaufen ann, als wenn man biefelbe abfchaffte, 


646 


und jener nach dem alten Schiendrian, unaufgeregt, fein 
Gewerbe fortgeführt hätte. 

Endlich (und das iſt allerdings kine Hauptſache) wols 
fen und follen ja die Regierungen den deutfchen Handels⸗ 
verein nicht als ein Mittel betrachten und behandeln, ih⸗ 


ten Untesthanen ohne Noth neue Steuern zu unmwügen 


Ausgaben aufzulegen, ſondern fie beziweden anderweite Er: 
leichterungen, Erlaß drücdtenderer Abgaben, Verwendung zu 
gemeinnüsigen Zwecken u. f. w., worüber fich in&befondere 
die väterliche fächfifche Regierung bereits deutlich und loͤb⸗ 
lich ausgefprochen hat. Freilich, wenn, e6 wahr wäre, 
was die Leipziger Vorſtellung behauptet, „daB jeder von 
den vielen dafelbft aufgeltellten Gruͤnden fhon mehr 
als geeignet fei, den bluͤhendſten Handel ber gänz: 
Lichen Bernichumg entgegenzuführen”, fo bliebe alle 
Huͤlfe, weiche die Regierung dagegen gewaͤhren könnte, tie 
man fagt, nur ein Schlag ind Waſſer. Lafien Sie uns 
indefien, des elften Gebotes eingedent, menigftens einige 
jener entfeglichen Gründe näher betrachten. Einer derfel: 
ben iſt; der Untergang bed Handelscredits durch bie ver: 
möge der preußifchen ‚Belege anbefohlene Worlegung der 
Danhelsbücher. Was aber ſchreibt denn nun diefe furcht⸗ 
bare Geſetzgebung vor? Sie verlangt erſtens für den Han: 
deisbetrieb im Grenzbezirke bie fogenannte Buchcontrole. 
Derſelben (fo heißt es) unterliegen germöhnlich nur Brannt⸗ 
weine aller Art, Wein, Kaffee, Zucker⸗ und Tabacksfabri⸗ 
kate. Sie wird durch Anfchreibung des Zugangs und 
Abſchreibung der Berbiufe geflher, zu welchem Behufe 
bie Gentroipflichtigen Buͤcher erhalten, melde von Zeit zu 
Zeit von ben dazu beflimmten Beamten abgefchlofien und 
wonach die vorhandenen Waaren revibirt werden.” Für 
die Handelscontrole im Binnenlande lauten die Vorſchrif⸗ 
ten: „Ueber den Handel mit Waaren foll jeder Kaufmann 
ordnungsmaͤßig Buch führen. In diefem Handlungsbuche 
muß auch von allen: unmittelbar aus dem Auslande be⸗ 
zogenen ſteuerpflichtigen Waaren ber Tag und der Ort, 
au welchem bie Verſteuerung geleiſtet worden, beim Em: 
pfange der Waare augemerkt werden.“ 

Durch vorſtehende Beſtimmung bat die Befugniß ber 
GSteuerverwaltung, die Offenlegung der Bücher zu erzwin⸗ 
gen, nicht vergrößert, noch uͤberall die Vervielfältigung dies 
fer Maßregel ohne aͤußere Meranlaffung angeregt werden 
follen; es iſt vielmehr nur die Abficht dahin gegangen, 
fidy einer dem Zwecke der. Eiteuervermaltung entiprechen- 
den Buchführung zu verſichern, wegen Beſchlagnahme und 
Edition der Bücher. aber die beftehenden geſetzlichen Be⸗ 
ſtimmungen und Formen beizubehalten, wornach den Steuer 
beamten bie Befugniß gebührt, die Bücher der. Gewerb: 
treibenden in Faͤllen bes Beduͤrfniſſes unter Siegel zu 
legen, das Gefchäft der Abfoberung dieſer Buͤcher zur 
Einſicht ihres Inhalts dagegen dem Richter verbleibt. 

„Wird der Steuerbehärde die Vorlegung ber Handels⸗ 
bischee verweigert, fo if folches uͤbcigens jebesmal als 
eine Berufung auf richterliche Unterſuchung anzufehen und 
in biefem Falle die Sache zum gerichtlichen Verfahren zu 
verweiſen.“ 

Und num mag jeder Unbefangene, jeber mit dem fran⸗ 


zoͤſiſchen und engliſchen Controlſyſtem irgend Bekannte 
entſcheiden, ob man ſich billiger und humaner ausdruͤcken 
kann als die preußiſche Regierung? ob die obigen Vor⸗ 
ſchriften nicht fuͤr eine Zollverwaltung unumgaͤnglich noth⸗ 
wendig erſcheinen? ob fie irgend etwas Anderes verlau⸗ 
gen, als was ehrliche und ordentliche Kaufleute obnehin 


‚von ſelbſt thun? Sa, diefe muͤßten, wären jene Ver 


fhriften nicht vorhanden, fogar darauf: dringen, denn fie 
dienen zu Ihrem Schuge gegen Unreblihe und Betrüger. 
Die Verwaltung will ſich lediglich über die fleuerbaren 
Gegenftände unterrichten und darüber bie unerläßlihe Ab⸗ 
rechnung halten; fie weift hingegen, wo irgend ein Zwei⸗ 
fel oder Verdacht entfteht, die legte Entfcheibung vorſich⸗ 
tig dem Richter zu. Bon dem fonftigen Vermögen des Kauf⸗ 
manns, feinem Grebit ober Mliderebit wmmt fie gar keine 
Kenntniß, fo lange er den Steuergefegen redlich genügt. 

Zwar fagt die Leipziger Vorfbellung: „Je allgemeiner 
in unfern Tagen bie Kenntniffe, welche ber Kaufmann 
zu Betreibung feines Gefchäfte bedarf, verbreitet find, 
befto wichtiger iſt es für ihm, bie beſondern Erfahrungen, 
bie fauere Frucht feines Fleißes als das Geheimuif gu 
bewahren, welcyes in ben meiften Faͤllen feinen Anftren- 
gungen den gewünfdten Grfolg gibt. Unvereinbar mit dies 
fer Garantie find die preußifchen Vorſchriften u. f. wm.” 
Aus obigen Auszügen ber Gefege ergibt fich aber, daß bie 
Regierung weder Erfahrungen abloden, noch, Geheimnifle 


entbedden, noch bie Fruͤchte des Fleißes anſichreifen, * 


‚been lediglich bie gefegliche Steuer erheben umd alles We: 


brige dem Kaufmann unb Fabrikanten gem umngeflört laſ⸗ 
fen, ja, ihn darin fchügen oder (3. B. durch Patente) ſo⸗ 
gar begänftigen will. moon 

Noch ruͤhrender iſt in ber leipziger Vorſtellung das 
Gehen, Stehen, Sigen, Schreiben, Auf⸗ und Abladen bei 
ſchlechtem Wetter u. ſ. w. befchrieben, mas: aus dem peu: 
ßiſchen Zollfpfteme hervorgehen fol. As wenn died Sp: 
flem dem vereinzeiten eingeſchloſſenen Sachen nicht noch 
mehr Mühe verurfachen. oder ‚man darohne immer gutes 


‚Wetter haben rolırbe. Halten wir uns aber nur an das 


legte in Ziffern ausgebrüdte Ergebniß, welches dahin lau: 
tet, daß der ſaͤchſiſche Kaufmann und Fabribant deshalb 
jegt vor dem preußifchen bei Anwendung feiner Gapitale 
nad) einem ſehr niedrigen Anſchlage mehr als 25 vom 
Hundert voraushabe. Auf.. ähnliche. Weiſe getvaue ich 
mir zu beweiſen, daß: jener vor dem franzoͤſiſchen und eng⸗ 
Hifchen Kaufmanne: an 50 vom Hundert voraushabe. 
Und. nun. frage ih: warum’ räume denn die Leipziger 
Vorſtellung andererſeits ſelbſt ein, daß die ſaͤchſiſche Re 
gierung trotz alles Beſtrebens bie alten Geſchaͤfte nicht 
aufrecht erhalten koͤnne? Warum waͤchſt denn ber preu⸗ 
Stiche Handel, welcher ſchon mehremale (laut obigen 
Verſicherungen) gaͤnzlich zu Grunde . gerichtet fen müßte? 
Warum tritt bei faſt allen Unterhandlungen mit dep 
Nachbarn: immer die Beforgniß vor. der Ueberlegenheit 
der preußifchen Fabrikation hervor? Warum. findet denn 
Beine Voͤlkerwanderung nad Leipzig, dieſem neuen Eldo⸗ 
abo, flatt, um jene 25 oder 50 Procent ganz bequem 
in bie Taſche zu ſtecken? | 


7 


547 


Wozu überhaupt jene chetorifchen Deelamationen und 
Amptificationen in einer Geſchaͤftsvorſtellung an die Mes 
gierung® Qui prouve trop ne prouve rien! Wahrlich, 
es follte mie nicht ſchwer fallen,. aus. dem Standpunkte 
und in ber Weife der Leipziger Vorſtellung eine gegen 
den Anſchluß au Sachen fhr bie preufifhen Baumwol⸗ 
Ienfabritanten ober bie Städte Frankfurt und Naumburg 
zu entwerfen. Freilich koſtet es Zeit und Mühe, fi) von 
alten Vorurtheilen und Lieblingsmeinungen loszumachen. 
So erinnere ich mich fehr wohl, daß ein bejahrter und 
für fehr gebildet geltender Staatsmann im Jahre 1810, 
ben jüngern Mitgliedern der wichtigen Steuercommiflion 
gegenüber, die ewige Nothwendigkeit ber Thoraccife und 
der Binnenzoͤlle aufs Iebhaftefte vertheidigte. Was da: 
mals wie eine revolutionnaire Neuerung betrachtet wurde, 
verfieht fich jegt unter allen Unterrichteten von felbft. 

Leipzig verdient bie ernftefte Berhdfichtigung, und bie 
preußifche Regierung ift gern duf alle irgend mögliche Be: 
flimmungen zu befien Vortheil eingegangen. Aber Leipzig 
iſt nicht ganz Sachfen, und die fächfifche Regierung muß 
auch die übrigen Theile des Königreih®, z. B. das Erz⸗ 
gebirge, im Auge behalten. Schwerlih ‚wird man hier 
ber leipziger Vorſtellung beiftimmen, wenn fie fagt, daß 
ſich daſelbſt jegt 100,000 fleißige Hände fröhlich regten, 
nach dem Anfchließgen an den deutfhen Handelsbund aber 
feiern muͤßten!! Ich gehe aber noch weiter unb behaupte 
tühn: Leipzig wird verhältnifmäßig am mei: 
fien gewinnen, db. h., bie Mugen und thätigen Kauf: 
leute, voelche die neuem Verhaͤltniſſe zu begreifen und zu 
denugen verſtehen. Es wird der natürliche Mittelpunkt 
eines viel größern Keeiſes, und kuͤnſtliche Verfuche, andere 
Städte auf Koften des herkömmlichen, tiefgewurzelten, an- 
gewöhnten und erfreulihen Meßverkehre zu heben, wer⸗ 
den künftig noch weniger Erfolg haben als bisher. 
Jedenfalls (ich fchliege wie ich begann) iſt ber Ab: 
ſchluß eines deutfhen Handels: und Zollvereins für 
unfer gefanmmtes Vaterland, für Gegenwart und Zukunft, 
für irdiſchen Wohlftand und vielfache Bequemlichkeit, für 
bruͤderliche Einigung und politifhe Freiheit von fo großer 
und heilbringender Bedeutung, daß gar viele andere Dinge 
(weiche die Aufmerkſamkeit des Tages mehr in Anfprud) 
nehmen oder von ben verfchiedenen Ultras laut hervorge: 
hoben, gepriefen oder angeklagt werden) dagegen nur fehr 
untergeordnet und unwichtig erfcheinen. Ä 

Sriedrih von Raumer. 





Correſpondenznachrichten. 

. Berlin, im April 1888. 
Die mufllalifchen Leiftungen. unferer Reſidenz im Verlaufe 
- bed Aprils waren ebenfo mannichfach, als jede für ſich ein eigen: 
thuͤmliches Intereffe bot. Zur Oſterfeier der Berliner gehört 
wefentlich die Aufführung des Oratoriumg ‚Der Tod Zefu‘ von 
Ramler und Graun, der wir in ber Garniſonkirche beimohnten, 
nachdem fie zuvor auch im koͤnigl. Concertſaale vor einem klei⸗ 
nerır Publicum flatigefunden. Madame Deder, bie an einen bie: 
figen Buchdruckereiinhaber verheirathete geborene v. Schägel, ent: 
faltete in Zubeltönen die volle Glorie ihrer ungefchwächten 


r 


"daher in den Gem 


Stimme. Rungenpa en, der af Zelter's Stelle jet die Sing⸗ 
alabemie birigirt, * würbig bie Chöre. ru 
In der Königftadt herrſcht Bellini. Wir fahen unb hörten 


WMadame Schodel aus Wien ald Giulietta in ben „Bamilien 
bung bes Gtoffes ges - _ 


Montechi und Gopuletti. Die Behan 
nügt Niemand, der die holdſelige Anmuth und bie frifchduftende 
Wahrheit im Shakſpeare ſchen Drama gleiches Inhalts, „Romeo 
und Zulie‘‘, kennt. Ebenſo fehlt in Bellini’s Oper bie tieffinnige 
Geneſis, das unbewußte Werben ber Leidenſchaft und ihr Stei⸗ 
An zum Gipfel ber Kobesluf. Im Opernſtoffe find bie Vers 
&lfniffe von Anfang an fchon fertig, bie Leidenſchaft iſt ſchon 
entzündet , fie trägt fhon das Bewußtfein des Todes in ſich; 

thern, namentli in Giulietta, Kies Wählen 
ber Schwermuth in ſich felber und biefe Ahnung bes baldigen 
Untergangs, welche der Componiſt ebenfo großartig als feurig 
ausmalt. eine Zulia ift auch nicht bie fich Eindlich hingebende; 


‚fie fühlt ſich gebundener, if comventionneller und fuͤrchtet bie 


Schranke der Sitte wie bie Nemeſis des Geſchicks. Ihren über 

firömenden Jubel, der beim Anblide des Geliebten faft Wahn 

finn wird, und bie duͤſtere Beklommenheit ihrer Seele, bie ſchon 

lange zuvor die Nacht bes Gewoͤlbes in fich fühlt, beibe Züge 

ihres Weſens gab Mad. Schobel trefflich; Meifterin bes Gpiels, 

Reben ihr gleichwol als Saͤngerin alle Mächte des Tones zu 
ebote. 

Das legte Eoncert bes Hrn. Möfer am Geburtstage Beet⸗ 
hoven's war für die Befchichte ber Kunftproductionen in unferer 
Hauptftabt hoͤchſt bebeutend. Beethoven's Ouverture zur „Leo⸗ 
nore“, einer Oper, bie ſich nach und nach durch Umarbeitung tu 
ben „Fidelio“ verwandelte, eröffnete die Genüffe des denkwuͤrdigen 
Abende. Auf eine Arie von Beethoven, von Demoifelle 
baum vorgetragen, erfolgte das Gertett aus bem ‚‚Don Juan”, 
welches das eigentliche, nie auf der hiefigen Bühne gehörte Fi⸗ 
nale der Dper nach der Höllenfcene ausmacht, wo Anna bie 
verflohlene, bisher unterbrüdte Neigung zu bem ſtolzen Flatter⸗ 
geifte, ber tobt vor ihr liegt, verräth unb jenen merkwuͤrdigen 
Zug ihrer Seele aufdeckt, ben Hoffmann in einem feiner Phan⸗ 
taſieſtuͤcke mit fo fieberhaftem Entzüden ſchildert. Den Beſchluß 
ber Leiſtungen machte Beethoven's Mufil zu Göthe's „Egmont⸗ 
mit erllärender beclamatorifcher Ginleitung und Begleitung von 
Er. Mofengeil, der es auf biefe Weife möglich macht, bas bon 
ben allzu royaliſtiſchen Bühnen verbrängte Stüd ald Concert: 
production zu genießen. Auch in biefen Tönen herrſcht bie 
@lut der Innigleit wie in Allem, was Beethoden's ſtuͤrmiſcher 
Fittich erſchwungen. 

Durch den Tod des Fuͤrſten Anton Radziwil, des Gemahls 
einer Schweſter des Prinzen Auguſt von Preußen, iſt nunmebr 
eine ber glaͤnzendſten muſikaliſchen Soirsen für immer aufgeloͤſt. 
Der verſtorbene Fuͤrſt war ſelbſt als Componiſt ſehr geſchaͤtzt; 
er ſetzte unter Anderm Goͤthe's Fauſt“ in Muſik, vie Textworte 
theils accompagnirend , theils Das, was in ber Dichtung nur 
Andeutung ift, mit Zönen weiterfpinnend. Man oft, daß das 
von Kennern für werthvoll erachtete Werk der —— 
nicht entzogen wird. Die Leiche des verſtorbenen Fuͤrſten, der 
bekanntlich den Rang eines Statthalters der Provinz Poſen 
bekleidet Hat, wurde nach feierlicher Einſegnung durch ben Propft 
der hieſigen katholiſchen Kirche nach Poſen abgefuͤhrt. 

In einem der letzten Stuͤcke unſers Amtsblattes leſen wir 
bie Verordnung wegen ber in ber Mark Brandenburg und der 
Riederlaufig anzuftellenden Schiedsmaͤnner, welche in Folge eines 
Antrags unferer Provinzialftände befähigt werben follen, in Art 
ber franzöfifchen, früher auch der weitfätiicherr Friedensrichter 
Heinere Streitigkeiten durch fchnelle Uebereinkunft beider Parteien 
und ohne proceffualifchen Schnedeengang zu ſchlichten. Im ei⸗ 

entlichen Preußen hat biefes Inftitue bereits ſeit längerer Zeit 

and, und in Königsberg zählte man auch ben nunmehr ver- 

ewigten Staͤatsminiſter Grafen Dohna⸗Schlobitten zu bem 

Schiebsmännern, beren Wahl von Geiten ber Sommune in ber 

Regel fonft auf die Gtabträthe fällt. Die fummarifche Ueber 

fiht über die vorjährigen Leiflungen biefer nicht juridiſchen 
d 


548 


Schiedsrichter an genannte Orte liefert das erfreuliche Ergeb⸗ 
niß, daß von 6937 vor das Forum der Gchiebsmänner gebrach⸗ 
ten. Klagen 5164 wirklich auf friebliche Weiſe ausgeglichen wur: 
den, nur in 890 Fällen bie gätliche Schlichtung nicht zu Stande 
kam und bei ben reſtirenden bie Sache ſchwebend gelaffen ober 
abgebrochen wurde. ebenfalls trägt das Infitut dazu bei, ben 
Suͤm für Recht im Wolle lebendiger zu entwideln und auch das 
große Publicum daran zu gewöhnen, durch Maͤnner eigner Wahl 
feine Intereſſen vertreten zu laffen. 

Ueber ben Zuftand der Homdopathie in Berlin habe id) nur 
kurz zu berichten, daß bie Ausbreitung biefer Curmethode keines: 
wegs den Bortgang hat, wie es vielleicht auswärts erfcheinen 
tönnte, wenn man in unfern 3eitungen bereits von einer hier 
errichteten homdopathiſchen Speifeanftalt unb fogar von einem 
Leſezirkel für Homdopathen lief. Wenngleih ber Glaube an bie 
Kraft diefer Heilmethode bei ben mittlern Claſſen allerdings ſich 
weit verbreitet bat, fo haben wir unter unfern Aerzten body nur 
wenige, bie ihr huldigen, und bie berühmteften, bewährteften un⸗ 
ter ihnen find entichiebene Allopathen. Mangold, ber früher bo: 
moͤopathiſche Curen verfuchte, ift bei der Behandlung ber Srippe, 
die noch vor einigen Wochen bier graffirte und von Haus zu 
Daus ging, biefer Methode wieder untreu geworben; nur Gtieler 
ſcheint vor wie nach im Geruche faft eines wunderbaren Homdopas 
then fich zu echalten. Der Zubrang bed Publicums ift bei ihm 
fo ſtark, daß er ein Bureau aufzufchlagen gendthigt iſt und 
mehre Schreiber die Angabe der Beſchwerden notiren, worauf 
fodann ebenfalls ſchriftlich von Seiten bes Arztes das Recept 
und nur in ungewöhnlichen Fällen ein Beſuch erfolgt. In den 
„Jahrbuͤchern für wiffenfchaftliche Kritik” (April 1833) lefen wir 
vom Profeffor Schule an der hiefigen Univerfität eine werthvolle 
Abhandlung über bie ung ber bomdopathifchen Aerzte, 
ihre Arzneien felbft zu bereiten, eine Behauptung, bie Gaspari 
in feinee Schrift: ‚Ueber das Dispenſatorium u. f. w.“ aufftellt. 
Gegen ben angeführten Grund für bilfe Zulaffung, bag nämlich 
der Apotheler vom homoͤopathiſchen Arzt nicht controlirt werben 
Tonne, macht der Prof. Schulg mit Recht vielleicht den Einwand, 
daß der Apotheker überhaupt gar nicht bem Arzte, fonbern dem 
Staate bie Garantie zu leiften babe, und berfelbe dem letztern 
als geprüfter und vereibeter Arzneiverfertigee allerdings verants 
wortlich fei. Hahnemann's ganzes Syſtem foll nach ber Anficht 
des Prof. Schule, der fchon in feiner „„Homdobiotil” früher auf 
Paracelſus verwies, nichts weiter als ein Misverflänbniß ber 
Paracelſiſchen Methode fein, similia similibus zu heilen, jedoch 
in der Art, daß im ganzen Organismus ein fompathetifches 
Verhaͤltniß zum betheiligten kranken heile erregt und fo bie 
geftdete Harmonie wieberhergeflellt werben muͤſſe. Uebrigens ift 

biefer Binficht im Verlauf des April Geitens unfers Minis 
fteriums ein Erlaß erfchienen, in welchem baffelbe den homdopathi⸗ 
fen Aerzten das Dispenfiren vor ber Hand verweigern zu 
muͤſſen erklärte. 148, 





Literarifhe Anzeige. 


Bericht über bie im Laufe des Jahres 1832 bei F. A. 
Brockhaus in Leipzig erfchienenen neum Werke 
und Fortfegungen. 

(Beſchlus aus Nr. 188.) 

88. Sue (Eugene), AtarsYull. Aus dem Franzoͤſiſchen. 12. 
144 Begen auf feinem Drudpapier. Geh. 1 Thlr. 12 Gr. 

.. 89. Hiſtoriſches Taſchenbuch. Mit Weiträgen von Gans, Warn: 

hagen von Enſe, Raumer, Voigt, Waagen. Herausgegeben 

von Friedrich von Raumer. Vierter Jahrgang. Mit 

Rubens’ Bildniß. 12. 16 Bogen auf feinem Druckpapier. 

Sart. 1 Thir. 16 Gr. 


der ber brei erien Jahrgaͤnge, mit von & 
fe Kaumer, Beranagen or Ent, —— Bil 
und ben Bil des Sarbinals elien, Maximilian IL. 
Ferdinand II., Eoflet 2 Thlr. 


40. Thiele & M.), Leben und Werke des dänischen 
Bildhauers Bertel Thorwaldsen. In zwei Theilen. Er- 
ster Theil. Mit achtsig Kupfertafeln und einem Facsi- 
mile. Gross Folio. 81 Bogen Text auf dem feinsten 
Velinpapier. Text und Kupfertafeln ia zwei Bänden sau- 
ber cartonairt. 20 Thlr. 


41. Urania. Taſchenbuch auf das Jahr 1833. Mit Danneder’s 
Bildniß und ſechs Stahlſtichen nah franzöfifcden Gemälden. 
16. 244 Bogen auf feinem ‚Belinpapier: eb. 2 Thlr. 
Die fruͤhern Jahrgänge ber Urania bis 1829 de fdmmtii vers 
ten Ber Jahrgang 1880 Eoftet 2 Thlr. 6 Gr., 1881 und 1888 


der 2 z. 
ie Bilbniffe von Shalfpeare, Ernſt Schulze, &5 , 
* ttiger, Canova, Jean Paul, Scott ı Kara ne ee 
äller, Ubland, Gorneliuß, Debtenfhläger, De : Ealdero 
Kurt Sprengel Bapgeſen G. von eigen (legtere 4 nicht 
der 1 often in eriefenen Abpr i 


et Srofden den in gr. 4. jedes 

42. Wachtmann (CE. von), Grzählungen und Novellen. 
4 Bänden. 18350 — 32. 8. 88 Bogen auf feinem Druck⸗ 
papier. 7 Ihr. 

48. Der cafionifche Wächter. Eine antijeſuitiſche Zeitichrift 
für Staat und Kirche und für alle dhriftlichen Confeſſtonen. 
Herausgegeben von Alerander Müller. Jahrgang 1832. 
Außer den Beilagen 104 Rummen. Gr. 4. Auf gutem 
Drudpapier. v — u chaltend, ko 

— mm 9 
128%. . AR abrgang,, 108 —ã — 6 Sohle. Rei 2 Adir. 

44. Wigand (Paul), Die Provinzialvechte der Fürftenthä- 
mer Paderborn und Corvey in Weſtfalen, nebft ihrer rechtes 
geſchichtlichen Sntwidelung und Begründung aus ben Quel⸗ 
ĩen bargeftellt. 8 Wände. Gr. 8.77 Bogen auf Druck⸗ 
papier. 4 Thlr. 12 Gr. 

45. Zeitgenoffen. Gin biographiſches Magazin. für die Ges 
ſchichte unferer Zeit. (Herausgegeben unter Berantwortlidy- 
teit ber Verlagshandlung.) Vierten Banbes erfles bis fünfs 
tes Heft (AXV— XXIX). Gr. 8. Jedes Heft von 6—7 
Bogen auf gutem Drudpapier 12 ®r. 

46. Zettwach, Das ponmerſche Lehnrecht nach feinen Abwei⸗ 
dungen von den Brunbfägen bes preußifchen Allgemeinen Land⸗ 
sechte. Br. 8. 23 Bogen auf Drudpapier. 1 Thlr. 12 Ge. 


Herabgefegte Preife 

Heinfius (Wilhelm), Allgemeines Bücherleriton, ober voll 
ftändiges alphabetiſches Werzeichnig ber von 1700 bis Gnbe 
1827 erfchienenen Buͤcher, welche in Deutfchland und in bem 
durch Sprache und Literatur damit verwandten Ländern ges 
druckt worden find. Nebft Angabe ber Drudorte, ber Ver⸗ 

' legen unb ber Preife. 7 Bände. Gr. 4, 427 Bogen auf 
Drudpapier. 1812— 29. Fruͤherer Preis 37 Ihe. Segz 
GENE. anti 

dv 
erlaffen. Kin Supplementband rd daB Bert ur Taler 
Beit fortführen. - 

Hübner (Johann), Zeitimgs⸗ unb Gonverfations : Lerifon, 
Einundbreißigfte Auflage, bem jegigen Stande der Cul⸗ 
tur angemeffen und mit vorzüglicher Rädficht auf bie naͤchſte 
Vergangenheit und Gegenwart, befonders Deutſchlands, ers 
weitert, umgearbeitet und verbeffert von F. A. Rübder. Gin 
vaterländifches Handwoͤrterbuch. Mit 150 Bilbniffen von vor⸗ 
züglich ausgezeichneten Deutfchen. 4 Theile. Gegen 200 Bo: 
gen in or. 8. auf gutem Drudpapier. Leipzig 1824 — 27, 
Fruͤherer Preis 13 Thlr. 12 Gr. Jett für fünf Thaler. 

Hierzu Beilage Re. 5. 


Redigirt unter Berantwortlichtelt der Verlagshandlung: J. X. Brod haus in Leipzig. 


‘ 





Beilage zu den Blättern für literariſche Unterhaltung. 


Nr. 5. 


13, Mai 


1833. 





Bemerbungen über den Artikel „Kaspar Haufer” im „Con: 
verfations:feriton der neueften Zeit und Literatur”. 


Gewiß ift durch den obigen Artikel die Aufmerkſamkeit vie: 
ler Rechtögelehrten und gebilteten Laien von Neuem auf ben 
berühmten Findling gelenkt worden, und es werben baher bie 
nachftehenden Bemerkungen eines unparteiifchen Beobachtere um 
fo mehr interefficen, als fie vielleicht dazu beitragen, das nun 
fon feit fünf Jahren den Griminaliften, Pſychologen und allen 
Neugierigen aufgegebene Räthfel entweder auf rechtlichem oder 
policeilichem Wege zu loͤſen; denn fo viele Zungen und Federn 
die außerorbentlihe Erſcheinung auch in Bewegung gebracht 
bat, fo vermißt der Freund der Wahrheit doch immer noch eine 
vollftändige Kritit der räthfelhaften, zum Theil wunderbaren 
Thatfahen nach ihrer Glaubwürbigkeit, Unwahrſcheinlichkeit ober 
Unmöglichkeit, insbefondere aber eine rationnelle Loͤſung ber vie⸗ 
len phyſiologiſchen Probleme. Seitdem Hr. Policeirath Merker 
feine Zweifel geäußert hat, iſt die Ehrlichkeit K. H.'s mit bog: 
matifcher Hartnädigkeit, felbft mit Leidenſchaftlichkeit vertheidigt 
worben, wobei die Wahrheit begreiflicyerweife nichts gewinnen 
Tann. Diefee würde, wie ſchon ber fcharffinnige und ſachkun⸗ 
dige Dr. Präfident v. Feuerbach bemerkt hat, beſſer gebient ge> 
wefen fein, wenn H. nicht fogleich dei feinem Grfcheinen in 
Nuͤrnberg als ein Märtyrer ober Wunderfnabe aus einer an: 
dern Welt behandelt, vielmehr einer langen unbefangenen Beob⸗ 
adytung oder Prüfung unterworfen worden wäre. Die urfprüng» 
liche kurze durch fubalterne Policeidiener und Wärter hat einen 
Werth und gibt nicht die geringfte Buͤrgſchaft. Er hätte ent⸗ 
weder nad feinem Wunſche als Soldat eingereiht oder in eis 
ner MWerkftätte untergebracht und Jahr und Tag von ſcharfen 
Augen und Ohren bewacht und belaufcht werben müffen, um zu 
erproben, ob er fich durch Reben ober Handlungen nicht in Wis 
derfprüche verwickele. Da er im fchlimmften Kall mehr ein 
Werkzeug des Betrugs als ein Betrüger aus eignem Willen 
war und bei feiner Sugenb unmöglidy einen hohen Grab von 
Selbſtbeherrſchung oder Verſchmitztheit erworben haben Eonnte, 
fo würde er ſchwerlich, zumal bei entzogener Hoffnung auf Ge: 
winn oder auf ein ungewöhnliches Lebensglüd, die ihm etwa 
einftubirte Role durchgeführt haben, vielmehr berfelben bald 
überdräffig und zur Ablegung der Larve geneigt geworben fein. 
Im entgegengefegten Falle würde ſich die fpätere Theilnahme 
für ihn in dem Grabe gefteigert haben, in welchem bie Beod⸗ 
achtung von Eugen, gefcyäfts: und welterfahrenen Männern je 
ben Zweifel an der Glaubwürdigkeit des von ihm Grzäblten 
ausgeſchloſſen hätte, während jest der Unglaube oder Skepticis⸗ 
mus in den vorliegenden Verhandlungen ebenfo reichliche Rab: 
zung findet wie das gläubige Mitleid oder der Enthuſiasmus 
und die Liebe zum Wunderbaren. 


Zwei Umftände find es vorzüglich, welche bie Schale der 
Sweifelögründe zum Sinken bringen, ja ohne deren volllommene 
hiftorifche oder pſychologiſche Aufllärung es kaum möglich ift, 
an die angebliche langjährige Ginfperrung des H. und feine 
gänzlihe Sfolirung von der Welt zu glauben. 

Der erfte, gefchichtlich unbedeutend erſcheinende, aber pſy⸗ 
chologiſch wichtige tft der, daß K. H. nit vor einem ber 
Thore Nürndergs, fondern auf einem Markte der Stadt betrof: 
fen wurde, und daß er fig der Vorftadt ober des Thors, durch 
welche er in bie Stadt gelommen, ſchlechterdings nicht erinnern 
will. Dies bleibt faft unerklaͤrlich und das Eindringen in bie 
Stadt fehr verbädhtig. 

Man bringe einmal einen Knaben, ja felbft einen Erwach⸗ 
fenen, in ein Schiff und führe ihn mit verbundenen Augen dder 


ftets bei Nacht vor ein Thor Pekings. Würde er ohne Jurcht 


ober Neugierde an ben chinefifchen Wachen, Thuͤrmen und frem: 
den Menſchen vorübergehben? Oder würde nicht vielmehr das 


- Erflaunen und eine unabweisliche Schüchternheit jeden Tritt 


hemmen und ihn gaffend fo lange an die Stelle feſſeln, wo fein 
Führer ihn verließ, bis ex die Aufmerkſamkeit der Umftehenden 
auf ſich gezogen und von Ginem angeredet ober ergriffen wors 
den? Würde die Stabtgegend ober das Thor, wo er folcdhers 
geftalt ausgeftellt worden, nicht unauslöfchlich in feiner Einbil⸗ 
dung feitfigen? Der zweite räthfelhafte und auffallende Um⸗ 
fand iſt der, daß K. H. nicht den nuͤrnberger, ſondern einen 
altbairiſchen Dialekt ſpricht. Und doch ſoll er bei ſeinem Er⸗ 
ſcheinen in Nuͤrnberg nur wenige Worte geſprochen und die 
Sprache erſt vollſtaͤndig allda gelernt haben. 

Das Spyrechen in irgend einer Munbart iſt aber bie Folge 
einer mehrjährigen Gewohnheit und ohne eine gewiſſe Sprach⸗ 
geläufigkeit gar nicht denkbar. Da Haufer noch bi zur Stunde 
den fremden Dialekt nicht verloren hat, fo muß diefer in ihm 
ſehr feft gewurzelt fein, und es läßt fich daraus ſchließen, baß 
ex in feiner urfprünglidhen altbairifhen Mundart wenigftend 
ebenfo viel und fo lange als während feines Aufenthalts in 
Nürnberg geſprochen haben müffe. Zu biefen zwei Hauptum⸗ 
ftänden geſellen fi eine Menge anderer, welde bie Wahrheit 
ber Hauſer'ſchen Geſchichte, fowie fie vorliegt, zweifelhaft mas 
Ken, 3. B. feine ſchnelle Eriernung bed Sehens, Reitens und 
anderer -förperlichen Zertigkeiten. Diefe ſteht im Wiberfpruche 
mit dem pbpfiologifchen Gefegen und ber Erfahrung, weldye 
man an andern, auf ähnliche Weiſe verwahrloſten oder gemids - 
bandelten Kindern, infonderheit an einem in Salzburg aufges 
fundenen Mädchen gemacht hat. | 

Dieſerhalb ift auch unter ber Bürgerclaffe Nürnbergs ber 
Unglaube. an ber Lebens s und Leidensgefchichte des K. H. vor: 
herrſchend, und derfelbe mehr ein Begenftand bes Argwohns als 
bes Mitleids und der Verwunderung. 

Es gewinnt ſonach das Anfehen, ald ob bie ganze Wun⸗ 
berbegebenpeit mehr ein Erzeugniß einer befangenen und. vorur: 
theilsvollen Unterſuchung, als aus der Wirklichkeit hervorgegan⸗ 
gen, und ber arme X. 9. faft wider feinen Willen in ein, von 
ihm jest kaum zerreißbares Gewebe von Taͤuſchungen und Märs 
den verwidelt worden fei. 

Nicht minder, als die Uebereilung und bisherige Richtung 
der Unterfuhung muß man beflagen, daß bie bairifche Regie⸗ 
rung nicht eindringendere Maßregeln zur Entdeckung der Wahr: 
beit ergriffen hat, fo ſehr dies au in ihrem Intereſſe lag; 
denn mögen fo ungewöhnliche Verbrechen, als die angeblih an 
K. H. Jahre lang verübten und keck erneuerten, ohne Entdeckung 
des Thaͤters wirklich begangen worben, ober mag K. 9. jahre: 
lang das Yublicum und bie öffentlichen Behoͤrden zu Affen im 
Stande fein, fo wirft das Cine wie dad Andere kein günftiges 
Eich auf die polfceilihe und gerichtliche Thaͤtigkeit in dieſem 

ande. 

Es gibt zur Ermittelung der Wahrheit ein nicht fehr bes 
fhwerliches und wenig Eoftfpieliged Mittel, durch deſſen Anwen⸗ 
bung entweder ber beabfichtigte 3weck erreicht, ober, was gleich 


wichtig ffl, die Unfchuld des K. H. beftätigt werben würbe. GE 


laͤßt ſich dadurch im ungünftigften Balle wenigftens der indirecte 
Beweis führen, daß K. H. nicht in Baiern geboren worben, 
oder hier nicht bie ſchrecklichen Mishandlungen erlitten habe, 
welche die Theilnahme faft aller europäifchen Länder in Ans 
ſpruch nehmen; im günftigern Kal aber würde ſich entweber 
beftimmt ergeben, wo H. geboren unb erzogen ober eingefperrt 
worden, oder es würde zum minbeften außer Zweifel gefegt wer⸗ 
ben, in welchen Gemeinden er nicht geboren und gemishanbelt 
worden fein koͤnne, und es wärben nur wenige Perfonen ober 


350. 


Gemeinden übrigbleiben, an bie ſich moͤgllcherweiſe ber Verdacht 
eines Verbrechens oder die Mühe näherer gerichtlicher Inquiſi⸗ 
tion heften und folchergeftait die rechte Spur im Werlaufe der 
Zeit auffinden ließe, während ſich bermalen die Recherchen und 
-allen nber· die 

zen hinaus erſtrecken und ſo zu ſagen im unendlichen blauen 
Dimmel verlieren. — 

Erwoͤgt man, daß fi bas Alter H's bis auf gzwei, 
hoͤchſtens drei Jahre beftinnmen tAßts "daß er bie Zeichen ber 
GSchutzblatternimpfung an ſich trägt: daß ex muthmaßlich im einer 
"Heinen Gemeinde geboren unb erzogen ober gefangen gehalten 
wurde, und daß ſchwerlich ſchon bei feiner Geburt bie fpätere Mis⸗ 
dhandlung (oder deren Vorſpiegelung) beſchloſſen worden, mithin 
feine Geburt fidy richtig einregiſtrirt finden wird; erodgt man 
feiner, daß er noch im Juͤnglingsalter fleht, in welchem vielleicht 
' feiner ber gleichzeitig Geborenen in die Kategorie ber Verſcholle⸗ 
Yen 'oder der in fremde Welttheile Ausgewanderten fällt, viel« 
‚mehr faft von Allen noch erforfiht werben Tann, ob fie wieder 
veritorben find oder ned) leben: fo erſcheint es zweckmaͤßig und 
der Mühe werth, ein pollceiliches Nes über alle in den Jahren 
1811—13 geborenen Knaben zu werfen und nachzufuchen, ob 
fi) der Herugmte Findling nicht darin befinde. 

Man fobere alfo einen beglaudigten Auszug aus ben Ge⸗ 
. burtös und Zaufregiftern gedachter Jahre, desgleicken die Impf⸗ 
Uſten vom den Jahren 1811—18 ein und laffe bie darin vor: 


. "Tommenben :Ramen durch einen ſichern Beamten jeder Kreisre⸗ 


gierung, oder durch einen eignen allgemeinen Commiſſair durch: 
muſtern. 
werden darunter ohne Zweifel mehre Hauſer ſein, da es 
nicht wenige baͤuerliche und andere Familien dieſes Ramens, 
beſonders in der Gegend von Burghauſen gibt, wo auch das 
von Haufer nach Nürnberg mitgebrachte Andachtsbuch gedruckt 
worden; was einigenmißen eine Spur und bie Vermuthung 
gibt, daß er aus dortiger Gegend nach Nuͤrnberg geführt worden. 

Im gluͤcklichen Falle wird der Geſuchte unker ſeinen Ra⸗ 
mensvettern ſein, indem feine Mutter ober die etwanigen ſonſti⸗ 
gen Complicen eines Betrugs bei ber anſehnlichen Entfermmg 
des Domicils von Nürnberg es entweber unndthig erachteten, 
den wahren Gefchlechtenamen zu ändern, ober feine Nichtaͤnde⸗ 
rung für beſonders liſtig hielten. 

Durch Bernehmung der betreffenden Gemeindeausſchuͤſſe und 
der Angehörigen wird :fich mit Huͤlfe der Sterbregifter ergeben, 
welche ‘von diefen Hauſern unzweifelhaft verftorben find, ober 
‘wo die Nichtgeftorbenen mit ihren Yamilien leben. 

Führt K. 9. einen falfhen Namen und leitet alfo diefe 
Vernehmung nicht auf die wahre Spur, fo bleibt freilich nichts 
übrig, als bie Recherche auf gleiche Weife über alle in den be: 
merkten Jahren geborenen Knaben, beren Tod nicht feſtſteht, 
fortzufegen; wobei zu groͤßerer Sicherheit von allen Ruralge⸗ 
meindeverwaltungen Liſten über biejenigen Familien ober Müt- 
‚ter, bie transitorifch vom Jahre 181028 mit Knaben des be: 
treffenden Alters bei :ihnen domicilirt haben und deren gegen: 
' wärtiger Aufenthalt unbekannt iſt, eingefodert und mitberäd: 
fichtigt werben tbnnten. | 

So umfaffend und beſchwerlich ‚eine ſolche Recherche auf 
ben erſten Anblick auch erſcheinen mag, fo ift fie es doch Feines» 
wegs, da fie fich unter bie vielen einzelnen Gemeindeverwaltun⸗ 
gen unb PVeolicelbeziüle vertheilt und in ben. meiften Ruralges 
meinden bie Zahl ber jährlich geboren werbenden, am Leben 
"verbleibenden Knaben undedeutend iſt. Sie tft wenigftens bei⸗ 
weitem weniger muͤhſam ale manche andere, die oͤfters um 
eines geringfägigern ſtatiſtiſchen oder fonftigen Zwecks willen den 
Semeinde= und Policeibeamten aufgebärdet wird, und geſchieht 
sum Theil ſchon, obwol weniger gründfich, alljaͤhrlich Behufs 
der Gonfeription. 

‚Abgefehen von allen nicht anwahrſcheinlichen Gluͤckseinfluͤſ⸗ 
fen, die fi dei einer allgemeinen Nachforſchung wirkfam zeigen 
und bie verſteckten Theilbaber bes Verbrechens ober Betrugs 
erſchrecken ober Eenntitch machen koͤmen, fo wird dadurch in je⸗ 





dem Fall der jeht gewiffermaßen auf ber Geſammtmaſſe ber 
bairifchen Staatseinwohner ſchwebende Verdacht von ber größten 


Mehrzahl berfeiben gehoben, fowie der Vorwurf einer Indolenz 


von ber Regierung entfernt werden, ‚unb e6 werben nur wenige 


a 70 Sn 7 ein 
Theilhaber der an ihm veruͤbten Verbrechen moͤglicherweiſe ſte⸗ 
‚den ‚mb geſucht werten Tann. Die Sairifche Gtattäegierrung 
ſcheint daher bie RUHE inte folchen Nadifenfibung fü und ih⸗ 
rem Rufe im Auslande, dem K. H. felbft und ber Beruhigung - 
ie Ehrenreinigung aller ihrer rechtlichen Einwohner ſchuldig 
zu fein. 

Nah den juͤngſt eingetretenen Minifterveränberungen läßt 
fih von der Thaͤtigkeit und Ginficht ber neuen Chefs im Sir 
nifterium ber Juſtiz und des Innern das Beſte hoffen und die 
umfichtigfte, Torgfältigfte Erfülung einer Pflicht erwarten, bei 
ber überdies die halbe gefittete Welt ein ungewöhnliches Huma⸗ 
nitätsinterelfe hat. 142. 





Memoiren Lubwig XVII, gefammelt und genrbnet von 
dem Herzoge von D.... Deutfh buch 8. With. 
Schiebler. Deitter und vierter Band. Leipzig, 
Allgemeine niederkändifhe Buchhandlung. 1832. 8. 


3 hlr. *) 

&o viel und befannt geworben, ift bie Frage, weldgen ums 
mittelbaren Antheil König Ludwig XVII, an biefen feinen Na⸗ 
men führenden Dentwärdigleiten bat, noch nicht definitiv ent⸗ 
ſchieden; gewiß aber ift, daß eine aufmerkfeme Lecture jebes 
neuen Bandes berfelben bie Beweiſe vermehrt, daß dieſes 
Geſchichtswerk in feinem Geifte gefcdhsieben und aus Quellen, 
zu denen er nur -felbft ben Zutritt bahnen Fonnte, floß. Der 
dritte Band beginnt mit dem Sabre 1787, ber vierte ſchließt 
mit bem Laufe der Verhandlungen ber Nationalverfammiung 
im Zahre 1790; beide aber bieten ein Höchft intereffantes Ge⸗ 
maͤlde dar, in beffen verfchiebenen Darftellungen bie Gharalteris 
ſtik des damaligen Grafen von Provence mit klarer Gonfequen 
durchgeführt wird. Der gefchichtliche Werth iſt gefichert d 
die Treue, mit welcher ber Verf. feiner Erklaͤrung nachlommt: 
„Ss ift nicht meine Abficht, bier zu wiederholen, was ſich faft 
in allen Schriften über jene Zeit der Revolution. erfindet; fon- 
bern ich will blos bie vertsautellen Sachen unb Handlungen, 
weiche heimlich am Hofe geſchahen, erwähnen.“ (IV, ©. 76.) 
So aus ber Nähe des Throne unb ber Mitte bes Hofes, wie 
biefe Memoiren berichten, hat noch kein Schriftfteller fein Wert 
begonnen; und babei ift es fein mit beichränkten Fähigkeiten 
von gewöhnlicher Prinzenfchwäce gebrüdter Fuͤrſt, welder hier 
das Wort führt; es iſt ein freifinniger, aber feinen Fürften- 
werth hoch veranfählagender Mann, welcher Rechefchaft gibt, 
wie er muthvoll ben ungluͤcklichſten Zeitverflechtungen die Stirn 
bot, aber mit dem menfchenfreundlichften Wollen fcheiterte, weil 
ihn eine engbrüftige Adelskaſte und ein in böfen Kaͤnken ver: 
funtener Hof durch das ganze Beben marterten. Im ber gan: 
zen Revolutions geſchichte Fönnen Feine .eblern Sparaktere nachge⸗ 
wieſen werben. als die bes Königs Ludwig XVI. und feines 
Altern Bruders, welcher jenen an Energie, Einfiht und Vor⸗ 
urtheilsfreiheit um Wieles übertraf. Ach, welche Züge find 
in biefen Denkwuͤrdigkeiten zur Beitätigung biefer Behauptung 
aufbewahrt! Als bei den Btreitigleiten Ludwig XVI. mit 
dem Parlamente, welche unmittelbar vor der Revolution ſtatt⸗ 
fanden unb biefelbe einleiteten, Artois zum Könige fagte, daß 
er- fietö Recht Habe und Herr bed Vermögens feiner Unterthanen 
fei, antwortete Lubwig mit Wärme: „Das ift ein falfcher 
Grundfag; ich werde verhindern, baß man benfelben meinen 
Kindern einpräge; ich bin ber Vater bes Volles, nicht fein 
Despot ; es bringt mich zur Verzweiflung, übel mit demfelben 


"*) Val. über den erſten und zweiten Band Nr. 218 und BO& d. BI. 
f. 1882, D Red, 


551 


baran zu fein. Gehen Sie”, fuhr der Bortrefftiche Fuͤrſt fort, 
indem * mit ben Fingern auf das ſtumme, beſtuͤrzte Bolt 
geigte, „glauben Sie, daß dieſe Menge weniger Recht hat als 
meine Minifter? und vertheidigt nicht das Parlament die Frucht 
"ihres Schweißes? Ach, wenn wir dies wohl uͤberlegten, wuͤr⸗ 
den wir bei jeder umuͤtzen Ausgabe beben, denn das Geld, 
welches man mit unndthigen Dingen verſchleudert, iſt mit ‚den 
Thraͤnen dieſer Ungluͤcklichen benetzt.“ (TIL, 231.),. Das Ge: 
heimniß der ganzen Revolution legt der Verf, dem Denker mit 
ven Worten bar: „Ich habe über bie Urfache nachgedacht, 
welche alle Diejenigen vernichtete, auf bie man fo große Hoff: 
nungen baute, und fie fchien mir aus eben berfelben herzukom⸗ 
‚men, welche während ber Republik bis auf bie legten Jahre 
Bonapartes ben franzoͤſiſchen Heeren den Sieg verfcjaffte. Die 
fremden Generale führten bein Krieg nad ber alten Taktik, 
während man fie auf eine neue Weiſe angriff, welche fie ver- 
möge ihrer Einfachheit irre führte. Ebenfo konnte beim Beginne 
der Revolution ter an eine Art von Kampf mit bem Parla: 
:zuente gewöhnte Hof an keine andere Art zu Fämpfen fih ge: 
wöhnen. Er Eormte durchaus nicht glauben, daß die Angrei> 
finden nicht die mindeſte Rüdfidt gegen bie Angegriffenen be: 

en würden. Stets hielt man die Lage, worin man fi be 
Fand, für unangreifbar, indem man ſich binter bie Vorzüge bes 
Ranges oder ber Geburt flüchtete.” (IV, 73.) Mit ben Anfichten, 
Meinungen und Maßregeln des Grafen Artois, deſſen Unvgrfichtig: 
keit der Hofadel benugte, um ihn an der Spige ber Rational 
widerſacher figuriren gu laffen, fteht Graf Provence im beftändigen 
‚Wiberfprudye, weicher mehremtale bie von ber Hofkabale vor: 
bereiteten Auswanbderungspiane verhindert. . Bei der Erwähnung 
der berächtigten Worfäle am 14. Juli 1789 fpricht der Werf. 
das. Welenntniß aus: „Der Auswanderungsentfchluß zeigte ge: 
‚gen den Hof und folglich gegen ben König Perfonen auf, weiche 
niemals ıbaran gedacht hatten, ſich von ihm zu tsennen. Gpäter 
erzeugte bie Auswanderung noch bitterere Fr 
wahres Mistrauen und ben Wunſch einflößte, ſolche Gewähr: 
leiftungen gu erhalten, daß Ludwig XVI. ſich in der unmdglich⸗ 
keit 'befände, von Nemem irgend etwas mit ben Ausgewanderten 
zu unternehmen, und nad) und nach Fam man bahin, ihn vom 


Throne zu flürzen. Ich ſchreibe demnach mit Sad 
ers. 


tenntniß ben Tod Lubwig XVI. unb bie 
nihtung der Monardhie der Auswanderung zu. 
Gottitft mein Zeuge für alles Das, was ich gethan habe, "um 


fie zu verhindern, und von der Richtung, welche ich ihr geben. 


wollte, als fie unvermeidlich wurde. Die Ausgewanderten da: 
ben mir biefelbe niemals verziehen und ihr Haß hat mich dafür 
mit graufamen Wrrleunidungen beftzaft.” (IV, 207.) 

Die feiftftelerifchen Partelführer, welche darauf geſchwo⸗ 
sen haben, bee Welt glauben zu machen, bie Stevolution und 
‚ihre Unthaten feien eine weitverſchlungene Philoſophenverſchwoͤrung, 
mögen fih angelegen fein laffen, darzutkun, daß das Emigran⸗ 


‚sengefindel, beffen Nachwuchs noch fortſpukt, -unter ber deitung 


ber Philofophen ſtand. 





Deutfche Denkwuͤrdigkeiten aus alten Papieren. Heraus: 
"gegeben von E. F. von Rumohr Vierter Theil. 
Berlin, Dunder und Humblot. 1832, 8. 1 Xhle. *) 
Mit großem Vergnügen haben wir auch ben vierten Theil 
Diefes vom Publicum mit fo allgemeinem Beifäll aufgenommes 
nen Buches getefen. Ueber den Geift des Ganzen, und was 


wir allgemein baräber zu bemerken, zu vühmen und anzuprei⸗ 


fen hätten, bürfen wir uns bier nicht weiter verbreiten, ba 
demſelben durch die Erfcheinung des vierten Sheild nichts Wes 
ſentliches hinzugeſetzt, noch überhaupt. etwas darin mobificirt 
wird. Dieſelbe gefällige Darſtellungsweiſe, dieſelbe glatte, aber 


geiftreiche Lebensbetrachtung, biefelbe ironiſche Willlür in Be⸗ 


*% Vgl. Nr. 100 d. Bl. f. 1882. D. Rev 


. 


üchte, indem fie ein 


treff der Wegebenheiten, baſſelbe Zuruͤckhalten mit einer eigent: 
‚lich pofitiven Anficht. Unfere Aufgabe wird ſich alfo nur darauf 
beſchraͤnken, die Eefer mit bem Inhalte des nachträglich erſchie⸗ 
nenen Theils befannt gu machen. 


fauberer ausgeführt. Mit befonderer Vorliebe hat ber Verf. 


Es erfcheinen darin ei . 
nige ber früher fo leicht und grazids ffizzirten Geftalten noch 


bie höchft ‚anmuthige Perſonlichkeit ber Gräfin behandelt ab ' 


für das Wachsthum dieſes Charakters Garge getragen. Sie 
erfchien uns im erften Theile ats ein muthwilliges, geiftgeiches 
Mädchen; indem folgenden trat ſſe als "Tteberifrpürdige junge 
Gattin auf; in biefem 
ftändig wirkende Hausfrau, gewiffermaßen als Wefchügerin der 
weiblihen Würde und Lieblichfeit. Wir haben auf biefe Weiſe 
das und in Romanen fo felten dargebotene Beilpiel, Charaktere, 
bie man uns im dem dichterifchen Alter des Seins, in bem 
Frühling der Liebe zeichnet, auch in bem fpätern, reifenden 
Sonnenfchein des höhern Sommers ober des Herbſtes zu erbli⸗ 
den, und zu fehen, was von innerer Liebenswärbigkeit bleibt, 
wenn die zuuberifche Hülle der Jugend gefunten if. Darin 
verfehen es die meiften Dichter; ihre Liebespaare find gar nicht 
als Ältere Wefen denkbar, ihre Aeltern vollends koͤnnen nie eine 
Jugend gehabt haben, und es iſt oft ganz unbegreiflich, wie bie 
boldeften, Tiebreizendften Töchter unter der Zucht der giftigen, 
bergiofen Mutter gedeihen Tonnten. Anders unſer -Verf.: bie 
Graͤfin ift freilich ber Liebling unter feinen Charakteren; er 


hat fie aber auch mit ungemeiner Sorglichkeit und Zartheit 


binausgeführt. Wir fehen ihr Portrait als Zungfrau, als 
Braut, als befonnene Frau, und erfennen überall biefelben Züge, 
diefelbe Liebenswürbigfeit, und wie bie unmiverftehliche Macht 
dev Jahre fie ändert und bedingt. ine neue Geftalt, der 
Hausgenoſſe des Autors, ben er zu feinem Erben einfegt, tft 
ſehr ergöglich gezeichnet. Der Aufenthalt auf dem Gute im 
Schwarzwalde gibt zu einigen oͤkonomiſchen Digreffionen Anlaß, 
die das Buch eben nicht verfchönern. Daſſelbe müflen wir von 
dem fünften Gapitel: „Der finnreichen Ausfüllung der Lücken 
eines befchäbigten Sprachbentmals”, ſagen; es ericheint uns 
mäßig, ohne Humor, ohne Spige, nimmt wenigftens in jedem 
Fall einen zu großen Raum ein. Ein wahrer Juwel ange: 
nehmer, geiftreicher, natürlicher Darftellung ift dagegen das 
ſechste Capitel: „Liebeshaͤndel in Briefen”. Mir möchten dies 
unter bie vorzüglichften Theile des ganzen Buches Teilen; Goͤthe 
würde die Aufgabe kaum giüdlicher gelöft haben, und das ganze 
Verdienſt einer fo heiter anfpredgenden Dichtung fiele auf den 
Verf. zuruͤck, wenn es nicht bei jedem Worte durchſchimmerte, 
wie viel er in Sprache, Behandlung ber Charaktere, ber Ver: 


"| bältmiffe, ja vielleicht in ganzer Lebensanfchauung biefem großen 


Dichter verdankt. Es wäre und ein Leichtes, den Lefern d. BT. 
den Gegenftand der fein und fauber ausgeführten Handzeichnung 


- in einer flädhtigen Skizze binzuftellen; doch wir wollen ihnen 
"bie Ueberraſchung, unferm Verf. die Wirkung feines Fleißes 


nicht ftören. Der Aufenthalt auf dem Schloſſe der Graͤfin iſt 
und faft nur durch fie felbft angenehm. Die Vertreibung des 
eomantifchen Zigeunerlebens, ber Mismuth bes Srafen wirken 


unerfreulich und füheinen nicht nothwendig. Warum ließ ber - 


Verf. nicht Tieber Alles fröhlich grünen und blühen! Er tft viel 
ftärfer in der leichten Zeichnung artiger Biltyen als in ber 
Kunft, für erfchütternde Verhättniffe unfer Intereffe anzuregen. 
Ueberhaupt behandelt er uns biefe (auch vielleicht nach dem Vor⸗ 
bilde Soͤthe's) etwas zu ſpoͤttiſch; es iſt freitich leicht, in vers 
kehrter Weiſe eine Maſſe abenteuerlihen Stoffe zu häufen, 
aber es erfobers doch ein nicht unbebeutenbes dichteriſches Ta⸗ 
lent und eine geſchickte Hand, feltfame Wegebenheiten in eine 
natürliche Reihenfolge zu bringen und das Intereſſe bes Leſers 
angftuoll zu fpannen, wenn man zugleich bie Spannung befrie⸗ 
bigend gu loͤſen unternimmt. Darin ift z. B. der Verf. fehr 
ungläcdtich gewefen, und bie Auflöfung ber feltfamen Scenen 
"des dritten Theil ſogar für eine ironiſche zu willkürlich. 
D, fo mander Wolkenſtrahl auch über die Landſchaft fällt, das 
Banze ift doch von einem veinen, heitern ‚Himmel überwölbt, 


leoten erblicken wir fie ſchon als felb: - 


952 


unter dem es und fo wohl wird, daß wir bem Verf. nur für 
die angenehmen Stunden, bie er und gewährt, aufs Neue und 
ebenfo aufrichtig danken können, wie wir es ſchon bei ber Er⸗ 
feinung ber drei erften Theile in d. Bl. gethan. 82. 





Ueber Preffreiheit, Proteftantismus, Revolution, Reprä: 

‚ fentation und Staat, in befonderer Hinficht auf Deutſch⸗ 
land. Ein Votum ber Kirche. Aus den Theologifchen 
Annalen 1831 beſonders abgedruckt. Koburg, Sinner. 
1831. Gr. 8. 14 Gr. | - 


Die große Bewegung unferer Zeit nennt ber Verf. mit 
Recht einen geifligen Kampf um Rechte, um das ewig Wahre 
und Gute, nad) deffen durch gegenfeitige Verftändigung bewirf: 
tem Ende eine fefte Rube folgen wird; und zu dieſer Verſtaͤn⸗ 
digung und der Verföhnung des MWiberftreitd der Meinung bei: 
zutragen, ift der in der Vorrede ausgeſprochene Zweck der Schrift. 
Diefer angekündigte gute Wille, Scharfſinn und Korfchung, 
große Beleſenheit in ben verfchiebenartigften bier einfchlagenden 
Werfen, und dann und wann auch eine überrafchende Wendung 
bilden den Sharalter diefer Schrift, bei ber wir übrigens etwas 
mebr logiſche Ordnung gewünfcht hätten, und deren weitere Ver: 
breitung und Benugung durch den Mangel aller und jeder Ein: 
theilung und Weberficht bes Dargeftellten gewiß nicht befördert 
wird. Ueber Preßfreiheit felbft gibt uns ber Verf. nichts Neues, 
doch ift auch ohne .diefes eine Beleuchtung berfelben gewiß gut 
und nüglih. Er ſtellt fie als äußere Denkfreipeit und fomit als 
" ein heiliges Recht des Menfchen auf, zugleich auch als eine hi: 
ſtoriſche Erſcheinung, die nicht zu unterdrüden ift, fo ſehr auch 
der Despotismus gegen dieſe Conſequenz ber Gebankenfreiheit 
vor und nad GSrfindung der WBuchdruderfunft gewüthet hat; 
der Preßfrechheit widerfireitet er, findet aber das befte Mittel, 
fie unfyablich zu maden, eben in ber Preßfreiheit felbft, bei 
ber die Nothwendigkeit eines Preßgefeges nur angebeutet wird. 
Der vorzüglichfte Nugen ber Preßfreiheit wird in ihrem Einfluß 
auf die Eultur und den Sntwidelungsgang ber Wenfchheit übers 
haupt, in ber von ihr bebingten Gontrole über alle Theile des 
Staatdorganismus und in bem Mittel, das fie der Regierung 
barbietet, die gefammte Intelligenz zu benugen und den @e: 
fammtiillen bes Volks kennen zu lernen, gefunden. Daß bie 
Preßfreiheit nirgenb eine evolution bewirkt habe, ift fodbann 
genügend dargethan, befonbers in Beziehung auf die Volksbe⸗ 
'wegungen in Deutfchland, wegen deren ein foldyer Vorwurf um 
fo unvernünftiger ift, als nirgend daſelbſt ſich Preßfreiheit fin- 
bet, wol aber Cenſurzwang und babei doch mannichfacher Preß: 
unfug. Den Proteſtantismus nimmt der Verf. in einem hoͤhern 
Sinne als ben Erundfag, nichts ohne Prüfung für wahr und 
recht anzufehen, und in biefem Sinne ift er allerdings älter 
als die Reformation, fowie auch nicht zu verkennen ift, daß die 
Preßfreiheit felbft dann ein nothwendiges Mittel zu dem Zweck 
der Proteftantismus if. Daß aber auch letzterer fo wenig ale 
erftere Urfache der Revolutionen ift, wirb philoſophiſch und bi: 
ftorifch debducirt, und nur infofern hat der. Proteftantismus mit 
hierzu beigetragen, als ex im Allgemeinen bie Srage nad) Dem, 
was vernunftgemäß, hervorrief und die Menfchheit um einen 
Schritt weiter brachte, wobei dann ber innige und nothwendige 
Zuſammenhang bes frühern Ringens nach kirchlicher Freiheit 
mit dem heutigen nach buͤrgerlicher hervorgehoben wird. Die 
Revolutionen ber neuern Zeit finden nach dem Verf. ihren Grund 
hauptſaͤchlich im ſchroffen Entgegenſtehen der politiſchen Parteien, 
deren Vermittelung nur die Preßfreiheit bewirken kann, dann 
in ber Aufregung und den Verſprechungen von 1813 her, ſowie 
endblih in manden Misverhältniffen des bürgerlichen Lebens. 
Das Verlangen der Beit ift Volksrepraͤſentation; alfo ebenfo 
wenig wie bei ber Reformation eine neue Religion verlangt 
wurde, ebenfo wenig werben auc im Staatdleben jest ganz neue 


Seftaltungen erfobert, da bie Volksvertretung ein fehr altes, nas 
mentlich germanifches Princip ift. Die Repräfentation foll aber 
ber Zeit angemefjen und umfaffenb fein, deshalb auch bie Ki 
einfließen, wobei ber Verf. fi als Anhänger Großmann'ſcher 
Ideen zeigt. Dadurch aber wird, wie gut bargeftellt ift, die 
Preßfreiheit nicht überfläffig, ſondern nur durdy fie die Repraͤ⸗ 
fentation felbft gehoben. Uebrigens verlangt unfere Zeit eine 
Umbildung bes Nothſtaats in einen Bernunftflaat, was eben 
auf die angegebene Art allein erlangt wirb, wobei dann ber 
Berf. Gelegenheit nimmt, die chrifttichen und edeln Srundfäge 
ber heiligen Allianz anzupreifen, beren Wirkungen er wol nur 
allein noch jegt als fegensreidy anerkennt, und die fi, koͤcher⸗ 
lich genug, in ber Milde, mit ber man die Revolutionen dulbet, 
noch zeigen fol. Dem Verſuch des Verf. &. 114, eine Ver⸗ 
mittelung zwifchen ber Legitimität und Wolksfouverainetät zu 
bewirken, fehlt es an grünblicher flaatsrechtlichen Würdigung ber 
ganzen Verhältniffe. 

Ein Votum der Kirche ift bie Abhandlung genannt wol 
befonders wegen ber vorherrſchenden Rüdficht auf den Proteftans 
tiömus. Der etwas enge Drud wird buch das auf jeder Geite 
und faft in jeder Zeile ftattfindende Borlommen von gefperrt 
gedruckten Worten noch unangenehmer. 60. 





Notiz. 
Noch etwas über das Wort: Finanz. *) 

Es herrſcht allgemein die Annahme, daß die Franzoſen das 
Finanzweſen ſtets mit „les finances’’ bezeichnen. Die Wahr 
heit iſt aber bie, daß nur bie neuern Deutfchen flets bie Fi⸗ 
nanzen fagen, wenn fie bie Staatsölonomie bezeichnen wollen. 
Die Altern franzoͤſiſchen Schriftſteller wenbeten faft inımer bie 
einfache Zahl an. ‚Melon fagt in feinem „Essai pelitique sur 
le commerce” (Amftertam 1754, ©.68 u. a.D.) immer „sys- 
teme, idee de finance”. Aber auch bie neuern Gchriftfieller 
gebrauchen nicht immer die vielfache Zahl. So lefen wir bei 
Pigault: Lebrun in bem Romane: „Monsieur Botte’ (Paris 
1803, III, &. 208), wie folgt: „Cette operation de finance‘; 
die gan moderne Frau von Stande fagt in ihren Memoiren: 
(Brüffel 1829, IV, 89) ebenfalls: „Si vous ne pouvez caser 
un ami dans la finance, vous le mettez dans la magistra- 
ture, 150. 





Aphorismen. 
GSleichniß. 

Auf Bonaparte's Geſtaͤndniß, Kleber's Moͤrder geweſen zu 
fein, laͤßt eine in jener Zeit erſchienene Spottſchrift den deshalb 
confultirten AbbE Maury mit einem- wohlgewählten Gleichnifſe 
antworten: „Der Meuchelmorb Kleber's hat Frankreich vor 
einem Bürgerkriege bewahrt. Sie müffen bedenken, Gire, daß 
Shre Kaiferliche Gewalt einem Schwerte gleicht, welches fidy 
wagerecht über dem Boben bewegt und Alles abbauen muß, wa® 
ſich über bemfelben erhebt.” Kann man den Despotismus 
treffender bezeichnen ? 

Gegenfasp. 

Es gibt Zeiten, wo fi die Völker in religiöfer Verehrung 
des Hergebradhten gar nicht einmal fragen, ob etwas ander® 
und deffer fein koͤnne; — und biefe Zeiten find vielleicht die 
glädlihften. Wenn aber ber Geiſt ber Nachforſchung einmal 
gewedt ift, wenn fi ein unruhiges Streben, welches eben⸗ 
fo fefte. Wurzeln als das Beharren bei bem vermeint Guten 
in ber Menſchenbruſt bat, veroffenbart, bann Iaffen ſich bie 
Völker nicht mehr mit Autoritäten abfpeifen. 178. 


*) Vgl. auch B. Nr. 4 b. BI. D. Red. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshendlung: 8. X. Brodhaus in Eeipste. 
—— — — — 





klaͤrung und Würdigung; darum fobert 
Darſtellung unabweislich einen Ruͤckblick. 


x 


0 Blätter 


für 





Dienftag, 





Ein Bid auf Rheinbaierns gegenwärtige 
- Stimmung und Lage.  . 

Zange Zeit hat Rheinbaiern bie allgemeine Aufmerk⸗ 
„ſamkeit in fletd wachfendem Intereſſe auf fich gezogen. 
Die politifche Epraltation der Mehrzahl feiner Bewohner 
in allen Ständen war eine um fo Üüberrafchendere Erſchei⸗ 
nung, je tiefere Ruhe und Zufriedenheit man in dieſen 
Gauen, die von ber Natur fo verfchwenderifh ausgeflats 
tet‘ find, zu finden gewohnt war, zurmal ihre politifche 
Rage eben nicht zu denen gehörte, die gegründete Veran⸗ 
laſſung zu Misvergnügen gaben. Es fchien, als babe has 
moraliſch⸗ politifche Fieber in ber Farce von Hambach, 
ber man wahrlich einen viel zu wichtigen Charakter bei- 
gelegt, feine Krife erreicht, jenfeit welcher nur Abfpan= 
nung. und Erfchlaffung folgen müfle, ale habe das dro⸗ 
hende Stirnrunzeln ber pompoͤſen Hofcommiſſion endlich 
mit einem Male den Spukgeiſt beſchworen und ausgetrie⸗ 
ben, der, gar ſeltſame Bockſpruͤnge machend, ſein Weſen 
ſo lange getrieben, als ihn lammsartige Langmuth ge⸗ 
hegt und Schwaͤche geduldet; allein es iſt gewiß, daß, 
wie zur Zeit der heftigſten Erregung das Ausland 
Rheinbaierns Stimmung und Lage grundfalſch beurtheilt, 
daſſelbe ſogar in dieſem Augenblicke noch keine richtige 
Aniicht hat, fo viel auch einzelne Correſpondenzartikel 
in Öffentlichen Blättern darüber geredet haben moͤgen. 
Nicht ohne Intereſſe dürfte eben darum in dieſem Zu: 
genblicke die Schilderung ber gegenwärtigen Lage und 
Stimmung Rheinbaierns durd einen partei -und vor: 
urtheillofen Beobachter fein. Die nachfolgenden Zeilen 
follen eine folche verfuchen. . 

Jede Exrfcheinung der Gegenwart — und Rheinbaiern 
bietet deren manche, bie nicht uͤberſehen merben dürfen, 
wenn «6 ein richtiges Urtheil gelten fol — findet nur in 
ihrem Zufammengange mit früher dagemwefenen ihre Er: 
bie nachfolgende 


Bor dem Jahre 1830 lag ein fliller Frieden auf 


RMheinbaierns fchönen Bauen. Das Volk fühlte ſich mohl 
'im Befige geficherter Rechte und Freiheiten, unter einer 
‚milden Regierung und keineswegs druckenden Staats⸗ 
laſten. Klagte man auch über Manches und wuͤnſchte 
man Vieles anders, To. war: dies .boch nur in Rhein⸗ 


14. Mai 1833, 





baieın wie überall, wo ber Menſch feine eigue Lage beur⸗ 
teilt. Mar Eins wurde zur Beranlaflung bitterer Be⸗ 
ſchwerden: der sunhellbringenbe, unpolitiſche, ber Regie⸗ 
sung und dem Lande gleich nachtheilige Gedanke, eine . 
Mauth zu errichten. Sie laͤhmte den Verkehr, befoͤrderte 


auf eine empoͤrende Weiſe die Immoralitaͤt und koſtete 


son Anfang an dem Staate mehr, als fig. einbrachte. 
Mie fehr man auch dieſe traurige Einrichtung beklagte, 
und fo laut man auch nad) pfälger Weiſe basüber haderte, 
man begte dennoch ziemlich feit die Hoffnung, die Regie: 
mmg werde bald die Unklugheit und Schädlichkeit der 
Moßregel für das ifolirte Länddyen einfehen und, die Bit: 
ten des Volkes erhörend, fie wieder aufheben. Noch höher 
flieg diefe Hoffnung, als die Kunde kam, die Eönigliche 
Samilie ober doch daB Hereſcherpaar werde den Rhein⸗ 
kreis beſuchen. An dieſe Ausſicht zeihten ſich die erfreu⸗ 
lichſten Hoffnungen. Ludwig, den Buͤrgerfreund, wie man 
allgemein den Koͤnig nennen hoͤrte, in ſeiner Mitte zu 
ſehen, erfuͤllte des leicht erregbaren Volkes Herzen mit 
wahrem Jubel. Des geliebten Maximilian Anwefenheit 
war noch in friſchem Andenken. Die erſehnte Zeit kam, 
und Rheinbaiern erfchöpfte ſich in Beweiſen der Liebe und 
Anhaͤnglichkeit. Das Koͤnigspaar weilte eine Woche im 
Kreiſe, und dieſe Woche wurde zur Jubelwoche. Wie 
ſollte auch das Volk anders? Zog nicht Huld und Güte 
alle Herzen an? War nicht Ludwig von Baiern der 


Volksfreund, ber erſte, treueſte Hüter der Conſtitution, 


die ſein geliebter Vater gegeben? Gewaͤhrte dieſe Conſti⸗ 


tinion ‚nicht Vortheile und Segnungen, Rechte und Frei⸗ 
beiten, auf. die das. Volk ſtolz war, wie fie nicht viele 


Voͤlker Deutichlands von ſich ruͤhmen durften? Sicherte 


ſie nicht die theuern Mechtöinftitutionen, und maren bie 


ed nit grade, für die ſich Ludwig fo entfchieden er: 


‚Yärte? Hatte er nicht den einfachen, ſichern Gang ber 


franzoͤſiſchen Verwaltung faſt unverändert gelafien, und 
waren nit bie Laſten bes Volkes die voißkfitiofen, feft: 
geragelten, -an- bie man gewöhnt war? Gab nicht, oder 


f&ien nicht wenigſtens ber König hin und wieber bie 


Hoffnung zu geben, daß die Mauch folite entfernt, man: 


Iches andere Defiberium berüdfichtigt werden? Eine Woche 


voll Jubel gab Zeugniß von ber lautern Stimmung bes 
Volkes, und. wer Zeuge deflelben war in ben Städten wie 


auf. dem Lande, der konnte nicht eine Minute. dem Ges 


554 


danken Raum geben, dieſer Jubel fel ein von Beamten 
verorbneter, gebotener, wie ihn am Rheine wol öfters die 
frangöfifche Periode zur Schau geftellt; vielmehr mußte 
er die Ueberzeugung gewinnen, er erwachfe aus einem tie: 
fen Grunde, er fei die ſchoͤne Bluͤte der Liebe, die Für 
und Bott im fchönften Bunde zu den gluͤcklichſten Erfob 
gen einel Und dennoch wurde es fo bald anders! Die 
erhebenden Harmonien fegten ſich bald in herbe Diſſonan⸗ 
zen um. Verkennen wir e6 nicht, daß man auf bie 
Milde des Königs viele uͤbertriebene Hoffnungen baute, 
die eben darum fchon Illuſionen fein mußten; bag man 
blitzſchnell Abhuͤlfe aller Beſchwerden, unzählige Verbeſſe⸗ 
ungen weſentlicher und umwefentlicher Art erwartete, vor 
Allem gänzliche Aufhebung der Mauth, kurz, daß man 
im Volke von jest ab dem golbenen Zeitalter entgegen» 
ſah und als, wie mätürlid, das ſich nicht verwirklichte, 
man fich vielmehr getaͤuſcht ſah, ſchnell abgekühlt, ſelbſt 
misvergnuͤgt wurde und auf Rechnung. eines bloßen Mil: 
lens fehte, was nur fm natürlichen Gang ber Dinge lag 
und in den Verzweigungen mannichfacher Staatsverhaͤlt⸗ 
niffe feinen Grund hatte. Wollte man aber ſich berech⸗ 
tigt halten, diefem Misvergnuͤgen einen andern al6 ganz 
geroöhnlihen Stempel aufjudrüden, fo würde man eben 
wol ſehr irren; es war vielmehr im gewöhnlichen Gleiſe 
ähnlicher Erfcheinungen an vielen andem Orten. Man 
ſprach in Gefellfchaften und Schenken darüber, kannegie⸗ 
Berte, und es wuͤrden biefe Toͤne verhallt'fein, wenn nicht 
unrubige Köpfe die Funken gefammelt und geſchickt be: 
nugt hätten. Nur Leidenfchaft ſaͤet das Unkraut in den 
Weizen des friedlichen Buͤrgerlebens. Es gab Menfchen 


im Rheinkreiſe und darunter eingeniftete Fremdlinge, einft. 


bes Drudes Söldlinge, bann per fas et nefas gefliegen, 
ſelbſt Dränger und Blutegel des Wolle, verworrene 
Köpfe und verfchrobene Herzen, die ein unbegrenzter Ehr⸗ 
geiz flachelte und mit ihm andere, verfchwifterte, uneble 


Leidenſchaften, die auf bie Löniglihe Nähe chimaͤriſche 


Plane der eignen Erhebung bauten und durch Erſchoͤ⸗ 
pfung des Landes oder doch einzelner, ärmerer Xheile def: 
felden in feftlichen: Anſtalten hofften, den heilbringenden 
Gnadenblick des Herrfchers auf fich zu lenken. Die Plane 
- fcheiterten, bie Verſuche misglädten, und mit der bittern 


Täufhung z0g ein Grimm in das Herz ein, des Rache 


heifchte und ber vielleicht. nur darum Anftand nahm, biefe 
alſobald zu befriedigen, weil ihm bie Mittel, zum Zwecke 
zu gelangen, noch nicht zum Maren Bewußtſein gefom: 
men, oder der Muth für den Augenblid fehlte, den Ge⸗ 
fahren und unausbleiblichen Folgen Trotz zu bieten, in Er: 
mangelung anderer Hälfss und Subfiftenzmittel ale der 
des Amtöbeotes. Die Abſicht aber lag als Keim folgen: 
der Thaten in der Bruſt. Die Stunde kam, wo gün: 
ſtigere GSonftellationen diefem Keime fich zu entwickeln ge: 
ftatteten. Es war ber Moment, wo Frankreichs Julire⸗ 
volution die Kürften Europas in einen Zuftand flummen 
Erſtaunens, ängftlicher Beſorgniß, wenn wir nicht fagen 
wollen, unentfchloffener Verbluͤfftheit, die ‚Völker dagegen 
in ben begeifterter raltation verfegte. Die Blise am 
weftfichen Horizonte folgten fe bligfchnell, der Donner 


ballte fo gewaltig nach, daß die Wirkung davon ſich weit 
bin verbreiten mußte, und der Sturz eines morfchen, 
wurmzernagten Koͤnigthums zeigte dies überhaupt in ſei⸗ 
ner Bloͤße, und mancher wirre Kopf fah dem Sturze ber 


Dynaſtie nach, feine verwegenen Schlüffe daran veihend 


und fich ſelbſt gewaltfam zur Höhe des „mobifchen Fran⸗ 
zoſenthums hinaufpotenzirend. Man flaunte ben Rieſen⸗ 
geift an, ber à la Fortunatus gegen bie Länder jenfeit 
bes Rheines fi) wendete und die Fahne ſchwang, auf 


"ber das inhaltſchwere, fchwer zu verbauende Wort: Volks⸗ 


fouverainetät, zu lefem ſtand. Da regte es fih in ber 
Tiefe. Gleiches zog fi an; ber elektrifche Funke züm: 
bete, und bie Zeitblätter:. „Rheinbaiern“ und ber weit 
unvergohenere „Rheinbairifche Volksfreund“, erfchienen jege 
ihr Licht leuchten laffend vor den Leuten, bie, je toller es 
kam, deſto lebhaftern Applaus fpendeten, denn bie Welt litt 
am politifchen Zarantelftich der Franzoſerei. Jene Blätter 
zu charakterifiren, wäre fruchtlofe Arbeit. Sie und ihe 
Geiſt, wenn es einer war, und ihre Tendenz find zu all: 
gemein bekannt, als daß dies noͤthig wäre. Mur ihre 
Wirkung gilt uns bier, und mer fie nicht kennt, mag 
aus biefer auf jene zuruͤckſchließen. | 

Wie man auch, verfucht hat, in cheinbairifchem Par- 
ticularismus und Heimatſtolz den rheinbairifchen Volks⸗ 
charakter zu erheben, zu ſchminken und zu firniſſen; wer 
ihn in allen Ständen und in allen Nuancen im Laufe 
einer geraumen Zeit zu beobachten Gelegenheit gehabt, ber 
weiß, blendet ihn nicht Vorurtheil; welch eine bedeutende 
Babe Leichtſinns und Frivolitaͤt er empfing. Die Religion 
bat wenig Einfluß auf ihn, und die Sahre des Franzose 
fenthbums ‚haben dem pofitiven Chriftenthum noch vollends 
die Grube gegraben, wozu denn noch andere Einfläffe 
mitwirkten. Ebenfo menig fteht zu leugnen, daß eine 
allgemeine Vorliebe für das Kranzofenthum vorherrfchend 
tft, abſonderlich bei denjenigen Claſſen und den Gene⸗ 
rationen Überhaupt, auf welche die Revolution eingewirft. 
Serner iſt es gewiß, daß diefe Vorliebe durch viele 
Beamten aus jener Periode und durch wirklich vieles 
Gute, was im Rechts⸗ und Verwaltungswefen eriftirt, ge⸗ 
nährt wurde. Unter diefen begünftigenden Umfländen, zu 
denen wir mandye Fehlgriffe -der Regierung, in neuerer 
Zeit die Abneigung des Volkes gegen den von Mündyen 


‚berüber feine Beftrebungen auch im Mheinkreife aͤußern⸗ 


den finftern, moͤnchiſchen Geift, auffallend hohe Holzpreife, Die 
neuerdings mehr als je das Volk druͤckten, die auf die 


: Moralität fo aͤußerſt nachtheilig wirkende Mititaireinrich- 


tung und endlich das Hinüberziehen aller Gelder bes 
Rheinkreiſes, um im Mutterlande Eoftfpielige Bauten zu 
errichten, während ber Rheinkreis Teinen Genuß daven 
batte und Straßen u.f.w. kaum erhalten wutden, rechnen 
möüffen, war ed kaum zu besweifeln, daß die Iulicebolu- 
tion, die anderwaͤrts bei minder begünftigenden Verhaͤlt⸗ 
niffen einen fo mächtigen Zauber übte, einen gewaltigen 


Stoß gab, ber, je mehr jene Soumale und die zahl: 


reihen, in ihrem Bunde fichenden Schwindelkoͤpfe im 


Geiſte diefer Revolution ſchrieben und fprachen, in immer 


weiten Kreifen feine Wirkung aͤußerte. Jene Individuen, 


ug. [uw 


\ 


niederer Richtung folgernd. 


ertegend ohne Raſt und. mit einer Daft, gleich als ob «6 


Stimme aus Schweden über Leſſing's „Reife durch 


aufzufaſſen. 


die dieſe Nevolution ſchnell zu den Kindern ihres Geiſtes 
geſellte, Siebenpfeiffer, Hochdoͤrfer u. A- ärmer an Geiſt 
und reicher, ober doch gleich reich an Schwindel, ſtießen 
jest in die Pofaune, warfen die lofe Maske vollends ab 
und traten in eine kecke, ja mitunter abenteuerliche Op⸗ 
pofition mit der Regierung, das Volk im jeder Beziehung 


ihren ahne, wie bald ihr Idol erbleiche und ſelbſt ben 
Nimbus zerftöre, den es anfänglich um ſich verbreitet hatte. 

Ihr Anhang, befonders in den an wirklich gebiegener 
Bildung armen, ſogenannten gebifbeten Claſſen, wuchs 
außerordentlich, und durch dieſe vermehrte er ſich ſelbſt 
zahlreich in den ackerbau⸗ und gewerbetreibenden taͤnden. 
Wenn auch der dem Rhelnländer im Allgemeinen eigne, 
richtige und Mare, praktifche Blick noch eine Schugwehr 
bot gegen das allzu heftig einreißende Gift des Revolu⸗ 
tionsfchmwindels, fo zeigte es ſich doch nur zu dentlich, wie 
wahr da6 semper aliquid haeret fel, wenn ba® ca- 
Jumniare audacter metbobifch betrieben wird. Auch das 
wirklich Gute und Lobenswerthe wurde verfannt, weil 
man einmal les tadelnswerth, Alles despotiſch finden 
wollte; und fo weit trieb man bie Nachaͤfferei des Fran⸗ 
zoſenthums, daß man die Erlaſſe des allerdings traurigen 
Minifteriums Schenk Ordonnanzen und biefen Baierns 
Polignac nannte, daraus das Weitere in höherer und 


(Der Beſchluß folgt.) 





Norwegen nad den Loffoden (2ofohden), durch Lapp⸗ 
land und Schweden” (Berlin 1831). *) 


Unterfuchungen über Botanik, Pflanzengeographie, nebft 
KHöbenbefiimmungen, meteorologiſchen und phyſikaliſchen Beobo 
tungen anzuſtellen, wurde die Reiſe unternommen. Weil aber 
ziemlich dieſelben Gegenden ein Wahlenberg, von Bud, Esmarck, 
Raumann, Hifinger u. A. früher bereift hatten, fo war eine 
befonders reihe Rachleſe im Ganzen allerdings nicht zu er. 
warten ; indeffen find verfchiebene einzelne Punkte von Hrn. Leſ⸗ 
fing genauer beleuchtet und übrigens viele Angaben früherer 
Korfcher zufammengeftellt, Eritifch beurteilt und mit analogen 
Berhältniffen in den arktifcgen Regionen Afiens und Ameritas 
verglichen worden. Zur phyſiſchen Geographie des Nordens iſt 
alfo dieſe Reife ein fehr beachtenswerther Beitrag. Ueber ihre 
wiffenfchaftlichen Grgebniffe haben jebody ſchon Andere geſpro⸗ 
hen; unfere Abſicht aber ift, das Buch von einer andern Geite 


Schon aus verfihiebenen Recenfionen (in d. Bl., im ſtutt⸗ 
garter „Literaturblatt‘‘,. in den wiener „Jahrbuͤchern“) fahen 
wir, daß Hr. Eeffing ſich ſehr hart über Schweden und wo mög: 
lich noch härter über Norwegen ausgefprochen hatte. Endlich 
kam uns das Buch felbft zu Geficht, und wir fanden die Schil⸗ 
derungen noch büfterer als wir gedacht hatten. Zwar läßt er 
einzelnen Gelehrten, ald Wahlenberg, Agarbp und Fries Ger 
rechtigkeit wiberfahren; zwar verfäweigt er nicht, daß er in 
Norwegen 'bei Bürgern unb Amtleuten, im ſchwediſchen Lapp⸗ 
Iand bei Predigern , bei welchen er einkehrte, überall Gaſtfrei⸗ 
beit und freundliche Bewirthung fand; body fpricht ex darüber 
meiftens ohne ein Gefühl von Dank, fondern wie über eine 
Sache, die ſich non ſelbſt verfieht. Im Ganzen genommen aber, 
urtheilt er über ben ſtandinaviſchen Nationalcharakter mit einer 


*) Bel. Ar. 125 d. Bl. f. 1088. D. Red. 


| 
| 


außerorbentlicdden Strenge; von ber gepziefenen Ginfedgpeit ber 
Sitten fand er Feine Spur; bie fp gerühmte Kechtlichkeit und 
Uneigennügigteit ift feiner Erfahrung nach nur eine Fiction; 
Alle ſtreben nämlich, den Reiſenden zu betrügen, zu preien und 
zu pladen. . In Schweden iſt's infofeen beſſer, „daß ein freunb- 
liches Geſicht für drei Skilling zu fehen iſt; in Norwegen aber 
koſtet ein folches Vergnügen mannichfach mehr.” Geiner Bes 
ſchreibung nach möchte man glauben, baß die Hälfte ber Be 
völferung des Nordens in einem immerwährenden Branntwein⸗ 
rauſche umherginge, wenigſtens unfehlbar am Sonntage. Faſt 
Alles war ihm zuwider. Selbſt bie Landſtraßen und das Poſt⸗ 
wefen fand er Außerfi ſchlecht (freilih, Hr. Leſſing reifte durch 
Schweden im Spätherbfte, dann find audy bei uns durch anhal⸗ 
tenden Segen bie Wege gemähnlidh abſcheulich); Pferde waren 
ohne ‚Bank, wenigftend ohne länged Warten nicht zu bekommen, 
die Baflgeber und Skjutsbauern (Poftillons) unerträglid neu: 
Se , ee saugen guie Fuhrwerke, in Schweden bie 

erbe nichts. Ueberall wurbe er ums Paßvorzeigen gequaͤlt; 
kurz, des Leidens ift faſt fein Ende. Paposgeig 8 Bu 
In Deutfhland hat man, wie wir fehen, gar nicht begrei- 
fen tönnen, wie doch Hr. Leffing Alles hier fo ganz anders als 
feine Vorgänger finden konnte, Freilich tragen Cinige von bie: 
fen gewiffermaßen die Schuld. So fah hier der berühmte E. M. 
Arndt Alles — Land, Natur, Menſchen — in einem ibealifchen 
Licht; fein warmes Herz hat eine Schilderung bes Nordens auss 
gemalt, die völlig wahr und treu ift, hätte fie nur Schatten. 
Der biedere Schubert trat in feine Zußſtapfen; anſpruchelos 
und — war er uͤberall willkommen und fand uͤberall Liebe 
und ehaglichleit. Der Landsmann Hrn. Leſſing's, ber humo⸗ 
riſtiſche Wilibald Aleris, brachte die Freude und die Munterkeit 


mit ſich; die Gegenftände erblidtte er bald von ihrer poetifchen, 


bald von einer fomifchen Seite. Hr. Leſſing geſteht feibft, daB 
er, von ſolchen Vorgängern irre gemacht, mit überfpannten Er⸗ 
wartungen nad dem Norden kam; er hatte es nicht bedacht, baf 
ein Zeichner im gewiſſem Sinne wahr fein Tann, auch wenn er 
bie Schattenfeiten wegläßt. GE ſcheint, als hätten ſich in ben 
jugendlichen Geiſt bes Hrn. Leſſing allerlei feltfame Meinungen 
über ben Norden unb befonbers über bie GBafthöfe im Voraus 
eingeprägt. Weil die Gaſtfreiheit hier eine fo gewöhnliche Sache 
fein fol, fo fcheint ex faft ben Glauben gehegt zu baden, daß 
auch in ‚ben Gaſthoͤfen Alles frei und umfonft: gu haben fei, und 
daß das hoͤchſte und einzige Gluͤck ber Gaſtgeber darin beftehen 
follte, die NReifenden ohne Zahlung zu bebienen. - 

Ueberhaupt iſt es ein Unglüd für ein Land wie für einen 
einzelnen Menſchen, zu viel gelobt zu werben. Spätere Beur⸗ 
theiler, welche bie Uebertreibungen entdecken, rächen ſich dadurch, 
baß fie die Kebrfeite bee Dinge nur barftellen. &o hat Hr. 
Leſſing ben liebenswürbigen Fehler eine® Arndt, Schubert fo 
verbeffert, daß er unbebingt Alles ſchwarz ausgemalt hat. 
Dies erflärt zum Theil ben eigenthümlichen Karbenton bie 
fes Neifenden. Es gibt dazu noch einen andern Grund, und 
diefen Schlüffel gibt uns das Buch ſelbſt und die: Perfönlichkeit 
bes Verf. Weil dieſer unfer Vaterland fo ſchonungolos behan- 
beit, fo find wir ihm feine Höflichkeit fehulbig; nur, was. wire 
auch einem Feind nicht verweigern — Wahrheit und Gerechtig⸗ 
keit — mögen wir ihm zufagen. 

Man braucht nicht viel in dem Leffing’fyen Buche zu le⸗ 
fen, um zu entbeden, daß der Hr. Verf. fehr ungern Geld aus: 
ibt. Am liebften will ex Alles umfonft haben; verlangt man 
Gelb, fo verbüftert fi fchon fein Gemuͤth, und fodert man gar 
einige Gkillinge mehr, ale grade Hrn. 2effing billig fcheint, fo 
ift man fein erflärter Keind, und bann geht das. Schimpfen auf 
bie ganze Nation los. Gin ziemlich auffallendes Beiſpiel biefer 
für einen Reifenden unpaffenden Stimmung erzählt er ſelbſt. 
In Rorwegen ließ er fi) am fpäten Abend, in fchledhtem Wet⸗ 
ter von ein paar Kindern auf einen hoben Berg begleiten; ans 
fange iſt Alles gut, es find ſchoͤne, Liebliche Kinders aber am 
Ende vertangen fie ein Kleines Trinkgeld, das Hr. Leffing ihnen 
im Boraus zuzufichern vergaß; fogleich ift die Taͤuſchung vor⸗ 


bei, und Hr. Lefſing erkennt jept bei-Iunen Spuren einer gemei⸗ 
um Matı. Ei ne Dr h —X ſoichen dkonomiſchen 
n det män n na dem Buche. 

derer Yerrfcht,, wie wir glauben, in Deutſchland eine ge: 
wife Ueberlieferung, dab man im Schweden nichts ohne fuͤrch⸗ 
. terliches 8 en zuwegebringen kann, und dies wird um 
lieber in Anwendung gebracht, weil fa alle Ausländer nicht 
war die Kraft unb Snergie ‚ fondern auch den melobifchen Boll: 
Mang der ſchwediſchen Schwüre bewundern. Wir erinnern uns, 
baß wir vor etwa 17 Jahren mit einem jungen Deutſchen, ber 
eben feinen Curfus in Jena beenbigt hatte, einen Theil bes 
Baterlandes durchkreuzten. Won ber Sprache verfland er noch 
ſehr wenig, nur bie Fluͤche hatte er gründlich fludirt. Als nun 
dieſe, gewoͤhnlich ohne alte Beranlaffung, mit gewaltiger Stel: 
Bet von ben einfachiten bis zu Sju hundra tusen skock mil- 

on 


eflar, und mit einer laͤcherlichen Ausſprache bei den 


Hällkarlar und Skjuts bönder angebracht wurden, fo waren bie 
guten Leute nicht in Furcht zu jagen, fendern laͤchelten vielmehr 
ein wenig. Sobald aber ber junge Wann dies gewahrte, ber 
bisher nur in halbem Scherz, und um fi in der: Sprache zu 
nen, losgedonnert hatte, fo gerietd er in ernftlichen Born und 
drohte halb deutſch, halb ſchwediſch auf die verfluchten Beute 
loszuſchlagen und fie burdhzuprügeln, und weil dies 
im Schwediſchen überaus laͤcherlich klingt, fo brach Alles in ein 
ſchallendes Gelächter aus. Ebenſo erzählt unfer berliner Stu: 
dent von fich felbft, daß er bei feinem Eintritt in Schweden 
Fehr wenig von ber Sprache wußte, daß er aber „die Betheue⸗ 
rungsformeln” genau gelernt hatte, und in diefem Studium «8 
ſchon fo weit gebracht hatte, daß er in den einheimifchen Schwuͤ⸗ 
ven alle Provinzialismen bis auf die feinften Nuancen bemerken 
konnte. Weichen Diatelt Dr: Leffing felbft zum Hausbedarf an: 
wendete, wirb nicht erwähnt; baß er aber mit jemen Jormeln 
nicht fparfam umgegangen, haben wir von Diefem und Zenem 
gehört, die mit ikm in den Gaſthoͤfen zufannnengetruffen Aid. 
Solche Fluͤche Hört man bei uns von Gebildeten aͤußerſt feiten, 
und jedenfalld hat Hr. Leffing damit nicht die rechte Saite ans 
geſchlagen, die fchwebifche Freundlichkeit hervorzubeſchwoͤren. 
(Der Beichluß folgt.) 


Franzoͤſiſche Zeitfchriften in den Provinzen. | 
Es äußert ſich gegenwärtig in bem grifligen Leben ber Fran⸗ 
zofen außerhalb Paris eine infurrectionnelle Tendenz ‚gegen bie 


Wetropole, welche bie wichtigften Folgen für bie Gefammtliterg: 


tur der Motion haben wird. Die Provinzen werben ſich allmäs 
lig daran gewöhnen, für ſich zu denken; fie werben nicht mehr 
blos empfangen, ſondern auch geben; Paris wird wicht. mehr 
allen Erzeugniffen bes Nationalgeifie ben Stempel feiner Mo⸗ 
dephraſen aufdrüden. Bisher war Paris ber einzige Schauplatz, 
wo bee Gchriftfteller fein Talent produciren Sonnte; daher wim⸗ 
melt bie Hauptfladt von obfcuren Gelebritäten, bie fich einander 
im Wege fliehen, denen es an Luft gebricht, um fish zu entfalten, 
und die baber oft in ber Blüte verweilen. Durch biefes Zus 
fammendrängen der energifchften Geiſteskraͤfte auf einen Punkt 
entfleht eine Concurrenz, welche den Beruf bes Literaten zum 
Handwerke herabwuͤrbigt. Sobald fi) anderswo literariſche 
Wirkungskreiſe eröffnen, wird ſich die Menge verlaufen und bie 
Kuͤnſtler in ber Kunſt werden ſich wohl dabei beſinben. 
Die „Revue germanique“ ift bereits ein aͤlteres Inftitut 
und binlänglich bekannt. Den Rebastoren fehlt es nicht an Ei⸗ 
fer und Fleiß, auch nicht an Kenntniffen, aber wol an Gewandt⸗ 
Heit in Sprache und Darftellung. Seit Kurzem erfcheinen li⸗ 
‚texarifche Zeitfchriften in Toulouſe, Avignon, Rouen, Rennes, 
Gaen u. f.w. Die dritte Nunmer ber „Revue du midi’ ent: 
hält als Einleitung eine umfaſſende Erpofltion ihrer Anficyten 
und ihres Strebens, aus welcher wir dad Wefentlichere authe⸗ 
ben: „Die literariſchen Grfdgeinungen in der Provinz haben 


. Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. X. Brochaus in Leipzig. 


— — — — 


exr.“ Die Sf 
lichen Stoff: Griechen in Marſeille ömer in Rarhenne, Mörh- 


fe Literatur u. |. w. Die brei bereits erſchienenen Runmern 
ber „‚Revae du midi” emthaften umter andern die Erzaͤhſung 


» Earl 
. Dieſe Hifoxifhe SH ! 

| Mtige Darfelung and. . Du Diege, welcher ſich mit einer 
„‚Archevlogie Bgrencome" if gibt 6 

Ueberfit der Mythologie der Pyrenaͤen. Gr 
der hifkcxifchen Tharſachen, ber @itten und Mebertisferungen, bie 
poetiſche Neuheit der übernatüglichen Mefen, melde das Gebirge 
bepölkern, geben biefer Abhandlung hohes Intereſſe. Bier ver: 
f&iedene Wölkerfchäften haben nach und nach ihre Mythen und 
Sottheiten in dieſe &egenden eingeführt. Afrikaner, Phoͤnizier, 
GSelden, Iderier und Griechen find Gier auf der Brenzlinie des 
Bübensiunh Roxbens zurfammengeftoßen. unb haben ‚bie Ration der 
Gelttberier ‚gebiibet. Auch die Motsheiten bisfer Voͤlker haben 
fich verbruͤdert. Hertules heirathete Pyrene, bie Tochter eines 
celtiſchen Königes; die Pyrenden find ein ungeheuercs Grabmal, 
welches der Aicide feiner jungen Sattin errichtet. In diefer felts 
ſamen Vermiſchung ber Mythen bes Abendlande herrſcht der 
Eultus ber Natur nor: man opferte, den Bemen, Deen umb 
Wäldern. Auf ber erhabenften Spige ber , bs Mas 
labetta, erhob ſich ber bapfte Rott biefer Bebirge, der fchred: 
liche Pic de Nethon. Spuren biefer mptbifchen Zraditionen has 
ben fich 618 jegt dei dem Bewohnern der Pyrrnäͤen erdarten. 
Auch mehre Rovellen Uefert die „‚Revue du midi”, denn abne 
Rovelle ann ein Journal nit wohl mehe in Frankrelch ae ⸗ 
ten; bie ausgezeichneteſte basumser iſt: „Un chretien & Taenis, 
von Hrn. ug. . . 143. 





Für die Herren Buchhändler. 


Im 3. 1820 erſchien angeblich in London eine neugriechi⸗ 
She Urberfegung des urſpruͤnglich lateiniſch geſchriebenen und 
dem Papfte Zulius III. im 3. 1558 auf Verlangen gegebenen 
Gutachtens dreier römifch = Batholifcher Bifchdfe über bie befte 
Art und Weife, die wankende Macht ber römifthen Kirche zu 
befeftigen, mit Anmerkungen und Erklaͤrungen des Reugriechen 
A. Korais. Die Auflage, welche davon gemacht worben war, 
war bald nachher nicht ohne befondern Antheil von Seiten einer 
fatholifchen Regierung faft ganz umterbrüdt worden. und es 
warb baber ſchon vor einigen Jahren ein Wiederabdrud der 
Schrift, wozu der nun verfiorbene Prof. Dr. Zittmann in keip⸗ 
zig ein Vorwort geſchrieben hatte, beabfichtigt. Dieſen Borfag 
auszuführen und ben Griechen ber morgenländifchen Kirche über 
gewiſſe ihmen drohende Gefahren bie Augen zu eröffnen (wes⸗ 
halb auch fhon Korais felbft vor 13 Jahren bie Sqcrift her⸗ 
ausgab), ift grade jegt um fo mehr die Zeit, als öffentlichen 
Nachrichten zufolge die Jeſuĩten fih bereits in Griechenland nies 
derzulaffen und einzuniften angefangen haben. Es ergeht daher 


r 
s 


hierdurch an bie Herren Buchhändler die Auffoderung, ber Sorge 


eines ſolchen Wiederabdrucks, wozu man unter Bebingungen ein 
gelheiebenes Eremplar ber fraglichen Schrift und bad Vorwort 
es Dr. Zittmann gern gewähren mürbe, fich zu untersicehen 
und diesfallfige Mittheilungen von Eieiten Derer, welde bars 
auf eingehen wollen, unter ber Chiffre I. K. an bie Brock 
haus'ſche Buchhandlung moͤglichſt bald gelangen zu laffen. Das 
enggebruckte Original der Schrift beträgt in Octav gegen acht 
ogen. 


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. (Beſchluß aus Fe. 184.) - F 
Was dieſe Journale und ihre Rottenmeiſter begräns 


- beten, vollendete die Aufregung der Deputirtenwahln, der 


Landtag felbft, die Ereigniffe in Baiern jenfelt des Rheins 
und bie halb kraͤftigen, halb ohnmaͤchtigen, oft kleinlichen 
Maßnahmen der Regierung und ihre, fihtbare, viel ver 
hoͤhnte Nathlofigkeit, hervorgehend aus einer. Furcht, die 
Dem lächerlich erſcheinen mußte, der die Oberflächlichkeit 
des rheinbairiſchen Volkscharakters kannte und den Erfah⸗ 
rufgsfag fefthielt, daß, je mehr ein Volk fchreit, je we⸗ 
niger es thut. Das Erfcheinen Wirth’s und feiner frans 
zöfirenden, Deutichland nur, mpflificirenden „Tribune“ im 
Rheinkreiſe fegte endlich ben Schlußftein dem lofen Gebäude 
auf, dem das Fundament fehlte, was freilich bie Leute 
nicht begriffen, die den Mheinkreis als berufen anfahen, 
Deutſchlands Wiedergeburt und der Volksſouverainetaͤt ihre 
Univerfalberrfchaft zu erringen über andere Doctrinen und 
Regierungsweiſen. Hierducch gewann jene Eippfchaft; die 
man, mie einft im „Hesperus“ gefagt wurde, fpottweife 
das rheinbairiſche Mouvement nannte, erſt vecht Halt umd 

tärte und durch den wohlerfonnenen Preßverein immer 
weitere Ausbreitung. Mit immer wachſendem Fanatis⸗ 


mus trat biefe Partei auf. Ihre Kedheit, ihr Eifer für 


bie Verbreitung, ihrer Grundfäge und der fie tragenden 


Journale und Flugſchriften, ihre offene MWiderfeglichkeit | 
gegen bie Regierung, vecht genährt busch manche Depus | 


tiete, die durch ihre Dinneigung zu Frankreich, duch das 
dort in Sicherheithringen ihres Mammons und enbliche 
Flucht dorthin, che noch Gefahr für das vieltheure Ich 
da war, beiwiefen, wie wenig ihe Rabotiren von Deutfch- 
lands Heil und Rettung aus lauterm Grunde hervorging, 
nahm von Tag zu Tage zu und zeigte fich fchon ganz 


in feiner Unlauterteit durch das Derbegern und Verfolgen 


ebrenwerther Deputirter und anderer Ehrenmänner, bie 


richtiger urtheilten, vechtlicher dachten und kraͤftig in die 


Speichen des dem Abgrumde der Anarchie zurollenden Ra⸗ 
bes eingreifen zu müflen glaubten zur woralifchen Ret⸗ 
tung ihres Heimatlandes. Der Preßverein zeigte bald 


feine Wirkungen. Er verkettete die Gleichdenkenden, noͤ⸗ 


thigte die Schwantenden zur Entfchiedenheit und zog das 
blinde Bolt in das Netz ſchlauer Parteihäupter, ihnen 





N . 
” . 





fahr, die am Ende dach zu befücchten war, durch bie 
imponirende Maſſe einen ficheenden Wall bereitend., So 
ſteigerte man von Tage zu Zage die keidenfchaftliche Er⸗ 
gung . ber Gemuͤther, bis endlih in Hambach ſich der 
Boermmfloff entztuibete und ber Welt zeigte, weh. Geiſtes 
Kind bus Treiben fi. 

Was dort vorging, iſt bekannt. Wir gehn ſchueil 
Darüber weg und faflen die Folgen ins Auge. Es war 
iin Wendepunkt — eine Krife — doch nicht in ber Weife, 
als ob davon ab das Uebel fidy gemildert. Die Maßre⸗ 
geln der Regierungen ließen Feine Erſchlaffung zu; aber 
für die Staatsgewalt war die Krife von Wichtigkeit. - Sie 
wurde gekräftigt und gewann die Uebergeugung, bie Un- 
omtichiebenheit ihres Einſchreitens, das ſtete Waͤhlen umb 
darum faſt immer unglüdliche Wählen ihrer Mittel muͤſſe 
enden, Es ift fchon ausgefprochen worben, daB biefer 
Halbheit Quelle die Zuccht vor einem Aufflande in Mafle 
wor. Diele Zucht ging aus wirklicher Unkenntniß ber 


‚Lage ber Sachen hervor. Wie auch die Erregung allge 


mein war, fo fehlte. ihr doch, wenn wir fo fagen dürfen, 
die Immigkeit, die Seele, bie Kraft. Um dieſe zu haben 
fehlte es wirklich an Grand. Es war mehr eine, von 
Schwindelkoͤpfen, die fich der Exrregbarkeit des Volkes und 
feines frivolen, aller Tiefe ermangelnden Charakters zu bes 
meiftern gewußt, kuͤnſtlich hervorgebrachte, methodiſch und 
ſchiau genährte Erregung. 
den Grund feiner Oppofition zuruͤck, fragte .man es ernſt 
nach felnen Zwecken, fo war es fich ‚beider wicht bewußt, 
Nur die lange Gewohnheit, firh in dieſen Kormen, Tira 
den und Schwindeleien zu bewegen, gab der Sache Dauer 
und Halt. Wäre es wirklich zu ernſtern Auftritten ge 
tommen, fo würde, wie fich das fpäter klar erwies, der 
größte Theil, ja neun Zehntel des Volkes, erſchrorken vor 
dem Ende, zur Ruhe voll Scham und Reue zuruͤckgekehrt 
fein, und die Parteihaͤupter hätten zum Haſenpanier ge 
fehworen, wie fie das, z. B. Schüler, Savoye u. X., 
wirklich gethan. Wir wollen damit nicht fagen, daß nicht 
auch einzelne Leute von größerer Kraft harter geweſen, 
zu. denen man Wirth u. A. allerdings rechnen konnte; 
allein im Allgemeinen fehlten fie gewiß, Und wem, wie 
wir weiter zeigen werben, im gegenwärtigen Momente noch 
immer bie Erregung fich nicht gelegt hat, fo IR es ſicher⸗ 


Führte man das Volt auf - 


658 N 


lich nirgend begründet als in der Macht der Gewohn⸗ 
heit und in einem Trotz, ber aber nichts weniger iſt als 
wahre Charatterftärte, und es kommt dabei noch immer 
ſehr viel auf Rechnung ber Regierung, die allgemeine 
Richtung „ge Zeit felhft mit in, bedeutenden Anſchlag 
e er N: | F J J LE 

AIls die Regierung habtiäs! zu enften Maßregeln griff, 

als die Hofcommiſſion mit Truppenmacht imponirend er: 

ſchien und nun die Raͤdelsfuͤhrer zu einem fichtlid, erſtreb⸗ 
ten Maͤrtyrerthume kamen, da (um pfaͤlziſch zu reden) 
duckten fich die Schreier zweiter und theilweiſe erfter Elafle, 
und die Maffe der’ Ttregeleiteten bebte vor dem Arm- der 
Sewaltigen und fchludte ben Grimm in ſich hinein. Es 
laͤßt ſich ieicht pſychologiſch darthun, bag Drohungen, Macht⸗ 
ſtreiche u. oͤgl. bei einem ſeit Jahren zur andern Natur 
gewordenen. Treiben, bei einer. fo fange Beit angewöhnten 
Art, zu denken und zu reden, nichts fruchten, wol augen 
blictlich verſchuͤchtern, aber nicht heilen. So im Rheinkteife. 
As die Gefahr mir. der Hofconmuifften wieder jenfeit bes 
Rheines war, wagte fi) die Zunge: wieder auf das alte 
Gebiet. Ein affeetirter Heroismus machte fich breit, theils 
aber erfchlen trogig der alte Geiſt wieder und fuchte von 
Neuem, nur Hüger, fein Terrain zu gewinnen. 
lang ihm, ja es mußte ihm gelingen, wenn man Alles 
richtig erfaßt. . Daß. man milde vmfahren, erfchien als 
Schwaͤche, und, fo fleigexte. fi) wieder das kaum erſt noch 
ſich verkrochen habende Uebel. Die Leibenfchaftlihern wur: 
den nun noch trotziger, wenn ſie die Nachtheile ihres 
Thuns empfanden; das Misgluͤcken fo glaͤnzender Plam 
feaß am Herzen, das bed Wahnes Beute noch war. Dan 
hatte fich in ben Ideen fo fehr verbiffen,. dab man num 
Deutſchland und Europa völlig als verknechtet, ale un: 
wuͤrdig jener Güter, als unfähig zur politifchen Auferſte⸗ 
hung, als des Despotismus wohlverdiente Beute anfah, 
‚ aber damit auch einen Abſcheu an Europa, an ber Hei⸗ 
mat gewann und ſehnſuͤchtig die Arme nach dem Lande 
der Freihelt, nach Amerika ausredte. Die völlige Ber: 
wirkuchung aller beflcchteten Uebel wollte man gar nicht 
abwarten, und nach Amerika z0g es mit taufend Armen. 
Trotzig riß man fi) 108 von dem theuern Lande der Ju⸗ 
gend, weil man ſich verbifien, grimmig und wahrhaft 
wahnſinnig verbiffen hatte in unreifen Ideen. Hierzu 
Sam in neueſter Zeit, daB die Regierung ſtrenge Special: 
unterfuchungen gegen einzelne Parteigfieder einleitete. Dies 
nollendete und reifte die Auswanderungsplane. 

Wir haben bis Hierher möglichft treu den Entwickelungs⸗ 
gang verfolgt, den der aufgeregte Zuftand des Rheinkreiſes 
eingefchlagen. Wie find bei ber Gegenwart angelangt und es 
liegt und ob, nun einen freimäthigen, vorurtheilsiofen Blick 
auf biefe zu richten. Nach allem Geſagten konnte es 
nicht fehlen, daß das Uebel fortwucherte. Es ift fo. Wenn 
auch vielfältig modificirt, bietet .ber Rheinkteis in biefem 
Augenblid noch immer den Anbli ber Erregung bar. 
Noch immer erhält ſich die oft bezeichnete Partei. Sie 
theilt ſich aber in zwei ungleiche Theile” Der Bleinere 
Theil flieht auf dem Punkte, trog der Hinderniſſe, bie 
mitunter die Regierung in ben Weg zu legen ſucht, nach 


Es ges . 


Ameritä ausjumandern. Obgleich ber kleinere Theil, if 
er dennoch bedeutend; gibt man boch die Zahl ber Fami⸗ 
lien, die auswandern mollen, weit über 800 an. Es find 
unftreitig die Fanatiker ber Partei, die lieber frei Haiden 
ge 
Mavifchen imat behaghch uͤnd Hlüdkich es 
wollen, find haͤufg vermögende Familien, viele aus. 
den erften Ständen, bie fi zur Auswanderung anſchi⸗ 
den und fih darauf ſchon längere Zeit bereitet haben 
und es kaum erwarten können, den "Staub der Heimat 
non ‚den Füßen zu fchütteln. Bedenkt man .die Leiden, 
Beſchwerden und Muͤhen, das Precaite einer Weberfies 
belung und Anfiedelung in - bem egeififen Amerika, 
wo ber warmberzige Deutfhe alles Gefühl, vom kuͤhl 
berechnenden Verſtande erftidt, im materiellen Sinterefie 
untergegangen findet; erwägt man bie taufend Thraͤnen 
ber Reue, bie einft dem Wahne fließen werden, ber jegt 
die heitigfien Regungen bed Herzens gewaltſam unterdrückt, 
aber früher ober fpäter in der Schule unabweislicher Lei: 
ben dennoch klarerer Ueberlegung weichen wird und muß; 
faßt man bie Kräfte und Gapitalien ins Auge, bie diefer 
Dahn dem Vaterlande raubt, fo erfüllt gewiß ein aufs 
richtiger Schmerz das Gemüch bes Menfchenfreundes und 
Deffen, der es mit dem Vaterlande wohlmeint, wenn er 
auf bie Auswanderungen binbiict, die der Xrog, der ver: 
biffene Grimm, der Wahn hervorbringt. Der andere, viel 
größere heil ber fogenannten Liberalen und endlich das 
Volk bietet einen nicht minder traurigen Anblick dar. 

Noch immer dauert bei ihnen bie Aufregung fort. 
Wir erbliden eine Maffe, bie unzufrieden mit Allem if, 
felbft mit bem vielen Guten, was -augenfcheinlich da ift, 
und ben materiellen, nicht gering anzufchlagenden Bortheis 
len des legten Landtags, durch die gluͤcklichen Verhaͤltniſſe 
für ein Ackerbau treibendes Land, die die letzten Zeitver⸗ 
hältniffe herbeigeführt, noch vermehre, nach einem politl⸗ 
fhen Hirngeſpinnſte ringt, das ihm verworrene Köpfe, un⸗ 
vedlihe DBerführer In alien Geſtalten als das hoͤchſte und 
allerdings endlich zu erringende Gut geſchildert; die noch 
immer alles Heil in einer von Frankreich abcopirten Re 
volution Deutfchlands erwartet; die mit echtem, verhärtes 
tem Clubgeiſte fogar dem Wahnfinn fi hingibt, in bie 
fom Sabre ein zweites, ganz andere Erfolge hervorbrin⸗ 
gendes hambacher Feſt zu feiern; die in ben betrübenden 
Aufteitten,: die in diefen Tagen Frankfurt erlebte, die Mor⸗ 
genröthe eines neuen Lebens bewillkommnete und das Pros 
gnoftiton ihrem Lieblingsplane ſtellt, es werde das projec 
tirte Feſt diefes Mal noch größere Theilnahme finden als 
das erfie Mat. " 

Wir erbiiden die traurigften Ruͤckwirkungen dieſes an⸗ 
bauernden Schwinidels auf Gewerbe und Lebensberuf, eine 
traurige, durch den Parteihader erweckte Zerriffenheit im 
bürgerlichen und .gefelligen Leben, Anfeindungen, Daß, 
Zwietracht. Wir fehen ferner in allen Glafien bes Vol⸗ 
tes. die vielfältig ruͤckkwirkenden Einflüffe des unteifen Pos 
litiſirens, Widerſetzlichkeit, Trotz und ihr Gefolge. Wir 
ſehen endlich die Religion, und das iſt eine Erſcheinung, 
die betruͤbender als Alles auf aͤhnliche in Frankreich hin⸗ 


.ynd Urwaͤlder urbar machen, als in ber, von- ih 
kannten 


859 . | \ 


weit, in ſtetem Sinten, und mit ihr muß und wird bie 
Moralität und das damit engverbundene Lebensglüd Tau: 


fender finten. Welche furchtbar zerrüttende Ernte einer | 


perruchten Saat heilloſer Menſchen! Welche furchtbar weit: 
bin wirkende Strafe einer Verirrung, bie eine lange Reue 
nicht beguͤtigen wird! Schmerzlich ift ber Blick, der den 
weithin Wandernden, vielfach, ſich Taͤuſchenden folgt; ſchmerz⸗ 
lich der Blick, der auf dem ſchoͤnen Laͤndchen ruht, das 
alle Mittel und Beſitzthuͤmer hatte und bat, gluͤcklich zu 
fein, und in troftlofer Verbiendung fie von fich flieg und 
noch zur Stunde flößt! 


Möchten günftigere Geſchicke ihm werden!. 181. 





Stimme aus Schweden über Leffing’s „Reife durch Nor: 
wegen nach ben Loffoden, durch Lappland und Schweden”. 
(Beihluß aus Ar. 186.) 

Dr. Leffing klagt, wie ſchon erwähnt, daß er häufig mit 
ragen über feinen Paß aufgehalten wurde. Es iſt aber eine 
Shatfache, daB man das ganze Reich von bem einen Ende zum 
andern, wenn man Feine Feſtung paflirt, durchreifen Tann, ohne 
jemals nöchig zu haben, feinen Pas vorzuzeigen. Doch beſtrei⸗ 
ten wir barum die Erfahrung des Hrn. Leffing nicht. Erſtens 
war er ein Fremder, auf den man in ben Gafthöfen immer et 
was aufmerkfamer iſt; zweitens war er bei feinem Gintritt in 
bas cultivirte Schweben halb wie ein norwegifcher Bifcher , halb 
wie ein Lappländer, oder, wie er fi felbft befchreibt, in le⸗ 
derne Kleidung und Rennthierpelz gekleidet. Kann man bann 
fih barüber wundern, daß eine folche Erſcheinung fonderbar und 
auffallend den Leuten vorkommen mußte, auch in dem Falle, daß 
er den zeichen Borrath feiner „Betheuerungsformeln“ nicht ges 
fpenbet hätte? Doch ift es immer bie Frage, ob er grade Ber: 
dacht erregt hatz vielleicht wollten die Leute nur aus Neugier 
wifien, wie die merkwürdige Figur eigentlich hieße. 

Hrn. Leſſing's Reife durch Schweden war übrigens, mit 
Ausnahme feines achtmöchentlichen Aufenthalts in Upfala, nur 
eine Gilfahrt, auf welcher er Feine Gelegenheit hatte, Bekannt» 
fhaft mit den Einwohnern, als in Baftböfen, wo fie am wer 
nigften ibealifch find, zu machen. Außer Upfala war Gtodholm 
der einzige Ort, wo er fidh länger als einige Stunden ausruhte. 
Jene Univerfität hat das Ungluͤck gehabt, ihm faft in Allem 
misfallen zu haben. Zwar findet er ben Dom „majeflätifch”; 
aber Außerft merkwuͤrdig iſt's, daß ein gebilbeter Mann ziel 
Monate in dieſer Stadt Ieben konnte, ohne auf den Einfall zu 
geratben, das größte und fchönfte Gebäude im Norben ein ein: 
ziges Mal inwendig zu befehen, denn — „dies war es ja nicht, 
was mich. nach Upſala gezogen hatte”, — er begnügte ſich mit 
der Angabe, daß bie Kathedrale „auch im Innern fchön fein 
folle”. Das nennt man ja in der Sprache biefes Reiſenden 
echt philifterhaft? 

Biewol ein Botaniker ex professo, und zwar ein Stock⸗ 
botaniter, reifte er boch mit dem falfchen Wahne weg und ließ 
ihn zu Haufe druden, baß bie Bildfäule kLinnos im Hörfale 
des botanifhen Mufeums ein Werl von „Shomwalbfon‘’ (Thor⸗ 
walbfen) wäre. Sie ift bekanntlich von Byſtroͤm Gern hätte 
er das Bud aus bed Meifters Händen genommen, denn ‚alle 
Muthmaßungen fallen barauf, es feien feine eigne Werke, und 
bies erinnert nur allzu ſehr an den Eiteln““. Freilich tft bas 
"Bud das „Systema naturae”, aber Feine Spur von Gitelkeit 
legte ber Künftler in das Antlig des Unfterblien; man lief 
da nur tiefe Betrachtung, mit dem Ausbrud einer freubigen 
Bewunderung gemifcht, aber biefe Bewunderung ift nicht über 
fein Bud, fondern Über das noch weit größere bes Schöpfers. 

Pen behauptet Hr. Eeffing, baß bie vorbereitende Bil⸗ 
dung, die zum Studentenexamen erfoberlich if, nur allzu gering, 


' präparaten. 


und daß „bie Spmnafialbilbung von ber ber Uninerfität nicht 
gehoͤrig „gefchieben fei”. Leider koͤnnen wir ihm darin nicht gang 
wiberfprechen, bemerken aber, baß ein wichtiger Schritt zur Abs 
häife dieſes Uebeiftandes (1831 u. 1882) durch ein erſchwerteres 
©tudenteneramen gethan iſt. Ganz richtig if feine Bemerkung 
über bie vielen, „ben Geiſt und bie Zeit töbtenden Sramina’‘, 


-fobaß er es zweifelhaft findet, „ob ber Sraminirendbe oder der 


Sraminirte mehr zu bebauern fei’. 

Ueber die fogenannten Rationsbibliothelen heißt es dage⸗ 
gen, daß „fie insgeſammt unbebeutend find“, unb „nur von ges 
ringem Nugen”. Jeder Gtubent in Upfala weiß aber, daß 
diefe beiden Angaben falfch find; vielmehr haben alle größere 
Rationen (Landemannfchaften) bebeutende, raſch fortwachfende 
Sammlungen von praftifchen allgemein nuͤtzlichen Buͤchern; diefe 
werben immer viel benugt und müffen wol alfo nügtich fein. 
Auch vernahm er bie Klage über „bie illiberale Einrichtung 
der (Univerfitäts:) Bibliothef’’. Diefe Erfahrung machte er bo 
ſelbſt nicht, weil er ihrer wenig beburfte, indem „die Bibliothek 
ihrer geringen Bonds wegen an neuern botanifhen Werfen arm 
iſt“. Das Leptere iſt wahr; was aber bie erftere Behauptung 
betrifft, fo iſt es in Upfala allgemein bekannt, daß biefe Buͤcher⸗ 
fammlung der freieften Benusung offen fteht, mit Ausnahme 
von Handfchriften, Incunabeln und größern Prachtwerken, bie, 
ben Statuten gemäß, nur auf ber Bibliothek felbft benugt wer⸗ 
ben dürfen. Hr. Eeffing muß mol zu der Anzahl Derer gehoͤ⸗ 
sen, die an foldye Ginrichtungen ganz übertriebene Anſpruͤche 
machen, weil er auch in feinem Vaterlande ‚eines Beſſern fchon 
nicht gewohnt war”. 

Enbdlich ift er der Meinung, daß „bie Luft zu trinken‘ bei 
jeber Univerfität „Ihr Darimum erreicht”. Beſonders, behaups 
tet er, ift dies der Ball in Upfala, theils weil bie Bewohner 
des Nordens von Natur aus diefem Laſter ergeben find, theils 
weil die Stubenten außer ben Studien andern Beitvertreibs ent: 
behren, und alle andere Zerſtreuungen (wenn er nicht das Thea⸗ 
ter ober Hazardſpiele meint, fo ift bies ſchon wieber falſch) bort 
verboten find. Am Ende fegt er hinzu: „Der Gebrauch, Nach: 
mittags gegen ſechs Uhr bie Wirchöhäufer zu befuchen, ift fo 
allgemein und herrſchend, daß man ein eigens, ſchoͤn gebilbetes 
Wort, sexa, bafür hat. Da ſteigt man mit der Intenſitaͤt 
ber Getränke, wie in der Dzondi'ſchen Sur mit ben Quedfilber: 
Man fängt mit einer Flaſche Schwachbier an, 
erhebt fich zum MBranntwein und endet mit Todde (Kobdy), ans 
Waffer, Zuder und Rum bereitet, und größtentheild (gewöhns 
lich?) noch mit Eiern vermifcht. Ron biefer Ordnung ber Dinge 
weicht kein echter Schwede ab, Fein Philifter, aber barin wol, 
daß er die Portionen verboppelt.” 

Dos von Hrn. Leffing hier aufgeftellte Bild: des Stubenten 
und Univerfitätsiebens ift völlig unwahr. Allerbinge gab es eine 
Beit, wo Viele fo lebten, biefe ift aber fet 15—2%0 Jahren 
vorüber, und heutzutage flieht man in Upfala kaum fünf ober 
ſechs Bürger, Ueberrefte jener Beit, aber keinen einzigen tus 
benten ein folches Leben führen. Daß einige Individuen unter 
der alabemifchen Jugend dem Trunk ergeben find, Tann fein, 
aber bie Ausnahmen zur Regel zu erheben, ift Außerft ungerecht. 
Vielmehr hört man jegt die Wirthöhausbefiger über die immer 
wachfende Winderung ihres Verdienſtes bitterlich klagen und 


ſieht ihre Säle faſt ganz ler. So viel ift in jedem Falle wahr, 


daß während Hrn. 2.8 Aufenthalt in Upfala es Beinen fleißie 
gern Wirthehausbefucher gab als grabe ihn. Der Zufall hatte 
es gewollt, daß er bier WBelanntfchaft mit einigen jungen Atlas 
demikern und Stubenten machte, bie zwar keineswegs wegen ihs 
rer „Luft zu trinken” belannt find, die aber, theils weil fie die 
Entdeckung machten, baß ber frembe Burſche unfer Starkbier 
oder unfern Branntwein nicht verfchmähte, theils weil fie fans 
den, baß, wenn man fich mit ihm über etwas außer dem Bes 
reich ber Pflanzenkunde Liegendes unterhalten wollte, er einer 
ſolchen Staͤrkung bedurfte, ihn oft genug in bie Wirthshäufer 
führten. Inwiefern biefe Soireen von ber geſchilderten craffen 
Art waren, wiflen wir nichts es iſt aber moͤglich, daß ſowol 


+ 


560 


bie Winde als dee Gaſt einander als Licbhaber. dee Gpirituofa 
aufaben, und daß aus gegenfeltiger Hoͤflichkeit mehr getrunken 


gr nichts ; nur bie vielen Schiffe und das Matrofengevühl im Ha⸗ 


das Theater warb von ihm befucht, wol aber, fagt er, faß er 
een Darunter, „in bem Opera källare”, theils weil er 

Weinhaus reich an bunten Farben, an Trachten unb Ges 
Schtern fand, theils weil er „beſonders viele poetifche Genies“ 
daſelbſt zu treffen glaubte. Es erhellt übrigens nicht, daß er 
außerhasb ber Wirthshäufer die Bekanntſchaft mit den 
poetifchen Genies Schwedens cultivirt habe. 

Herr Leffing ift ein junger Dann, biefe Reife fein erfter 
Ausflug in bie Welt, und feine Abficht dabei war, wie er in der 
Borrede felbft äußert, mehr zu lernen als zu lehren; ek will 
fpäter Reifen nach andern Ländern antreten. Wir nehmen uns 
alſo die Freiheit, ihm, falls dies Blatt in feine Bände fällt, 
einen guten Rath zu geben. Weil er für Alles, was außer 
feinem Bach liegt, ganz und gar keinen Sinn hat, fo thut er 
am beften, in feinen Tünftigen Reiſebeſchreibungen die Dienfchen 
und bie Sittengemälde wegzulaffen. Will er dies burchaus nicht, 
fo möge er auch in bumaniftifcher Hinficht feine großen Vor⸗ 
bilder, Humboldt und von Bud, genauer fludiren. Wenn man 
Nationen und Inbivibuen gerecht Schildern will, fo muß man 
nicht ein Gemuͤth haben, das nur das Häßliche und das Gehaͤſ⸗ 
fige wiberfpiegelt3 wenn man auch bie guten Geiten ber Men: 
fi tennen lernen will, fo muß man ſelbſt ihnen mit Liebe 
und Gefühl entgegenkommen; wenn man das Leben in feinen 
vielfachen Beziehungen auffaffen will, fo muß das Herz nicht 
ein feinernes, die Seele nicht eine Ieberne fein. Lebrigens kann 
man ja in einem einjelnen Fache etwas leiften, ohne grabe in 
ben übrigen ganz zuräd zu fein.” Ginem Enkel beö großen Lefs 
fing’s, des Meiflers der Humanität, verzeift man am wenigſten 
ein ſolches Ungefühl, eine folche Verfteinerung ber Bildung, ei⸗ 
nen ſolchen Mangel an Sinn für alle hoͤhern Jntereſſen ber 
Menſchheit. *) 17. 





Literarifhe Notizen. 


. Et hat ſich ein englifcher Biograph Karl's des Großen ges 
fanden. Aus ber Beurtbeilung des Buches: „The history of 


Charlemafne. By @, P. R. James’ (London 1832) in Nr. 


») In ber Biecenfion des Buches in den wiener „Jahrbuͤchern“ find 
die Miögriffe des Hrn. Eeffing mit neuen vermehrt worden, wofuͤr 
der Rec. allein verantwortlih if. Da jener bemerkt, daß die 
Univerfltätäferten in Schweden fehr kurz find, und bag bie Stu: 
denten im Sommer nad; Haufe zurüdtebren, wo fie, wie man im 
Auslande gewöhnli glaubt, bann pflägen, — fontmmtder 
wiener Rec. biefe laͤcherliche Vermuthung als eine gewiffe Thatſa⸗ 
he an. Berner wirb Tornei als eine ſchwediſche Stadt angeführt, 
und bei Upfala findet fi) ber Bufag: „jett unter ruffifcher Herr⸗ 
ſchaft⸗“. I man denn in Wien der Elemente der Beographie To 
untundig ? und wie koͤnnen dergleichen Schniger in einer fo acht⸗ 
baren, auch bei und geſchaͤtten Zeitfchrift Mitarbeiter find, vor⸗ 
fon? Ober tft etwa in Wien ein neuer, noch unbetannter Frie⸗ 
dendcongreß gehalten worden, auf welchem man bie erſte Univer⸗ 
Brät Schwedens zu Rußland geſchlagen und uns als Entihädts 
gung die arme Stadt Torneä gegeben hat? 





Vernachlaͤſſigung des Styles vorwi aber font nicht u 

ftig nr ſich Treitich, ige chen v .. 
Duellen auf eine Weiſe gu ſchopfen verftand, bie au ung 
derlich fein Barin.- Spiez erfahren, dab Here Zaäͤures bin Wahl 
als ben erfien einer hiſtoriſchen Galerie gegeben hat, tmocin ex: SE 
Lebensbeſchreibungen ber großen Männer Frankreichs als Steſlder⸗ 
treter i ee Beitalter liefern will, und flimmen bem Meurtheiler 
aufrichtig bei, wenn er don biefer Art, die Geſchichtẽ in äbge⸗ 
riffenen Perioden zu behandeln, nichts wiffen wid. bat ange 
wendete Gleichniß, daß ein folder Oiſſorider kein kinſtvoll ink 
wideltes Scaufgiel, ſondern vereinzelte Acte biite, iſt wel 
treffend gewählt. 


96 dee „Quarteriy review‘, die ich Berfaffee —* heohe 





Dieſelbe Rummer des „Quarterly teview” beweiſt Unum⸗ 
ſtoͤßlich, daß die „Mémoires de Louis XVIII, recueillies et 
mis en ordre par M. le Duc de D**+* (6 Bände, Paris 
1832) 1) von keinem Due de D.... herausgegeben, fo we⸗ 
nig wie 2) don dem Könige geſchrieben fein ihnen, und baf 
fie, wie die meiſten neuerlich erfchienenen franzoͤſtſchen Memoi⸗ 
ren, 3) ein erbaͤrmliches Machwerk irgend eines Buchhaͤndler⸗ 
földlinges find. Der WBeurtheiter bat fi die Mähe genommen, 
bie erften Bände auf das henauefle zu unterfuden und alſo 
mit zahlreichen Berweisftellen zu belegen, daß fie faſt durchweg 
aus ben vorhandenen Quellen ber Geſchichte des franzoͤſiſchen 
Hofes vor ber Revolution, namentlich aus den Memoiren Son: 
lavie's und Bachaumont's wörtlich abgefchrieben wurden. Na 
einem ſolchen Anfange kann man mit Gewißheit auf die folgen 
ben Bände fchließen unb muß es volllommen billigen, baß ber 
Mecenfent ſich nicht Mühe und Zeit genommen hat, aus ben 
unzähligen Schriften über bie Nevolutionszeit bie Plagiate dee 
vermeintlihen Königs zufammenzulefen. Wiewol nun ein hoͤhe⸗ 
res Publicum überall weiß, daß in der Regel alle Tagerwecke 
dieſes Schlags grobe VBeträgereien find, fo erachten wir body bie 
Arbeit biefes Journaliſten nicht für "verloren und wuͤnſchten 
nur, es würbe auch andern ähnlichen Büchern eine foldye Wer 
leuchtung gu Theil. Denn wenn ein großes Publicum nicht 
daran glaubte und beöwegen daran Gefallen fände, wie könnten 
Buchhändler und Literaten es fortwährend ihrem Wortheil ans 
gemeffen erachten, derlei Babrikate auf ben Markt zu bringen ! *) 


Die paͤpſtliche Regierung foll aus Worforge für die öffent 
liche Bitte und Movalität die wunderliche Beſtimmung gegeben 
abe, wie lung, mekünfrige bie ee a ent ja 

rz gewordenen e ber Puppen (wahrfäeinlich dei Pup 
fpieien) fein müffen. tra 


*) Vgl. Beil. Ar. 5b. 81. 





D. Red. 





Literarifhe Anzeige. 


Durch alle Buchhandlungen iſt gu erhalten: 
Ueber 


den Anſchluß Sachſens 
dbeutfden 


Soll» und Handelsvereine. 


n 
Friedrich — * Raumer. 


(Aus den Blaͤttern für literariſche Unterhaltung befonders 
abgedruckt.) 


8. ae 4 Gr. 
Leipzig, 16. Meat 1888. = 
5 A. Brockhaus. 


Redigirt unter Verantwortiichkeit der Verlagshandiung: F. X. Broddaus in Leipiig. 
EEE EEEERESSEEESEREEREEEEEER 





er vi 


. Blätter 


„ja 


Literarifge Unterhaltung 





| Donnerstag 


"16. Mai 1833. 





* Ein Gedicht von Ludwig —* Mit 
acht Umriſſen. Leipzig, Leo.. 1833. 4. 3 Ihlr. 


Die alte Mythe vom Fauſtus ift hoͤchſt wahrſchein⸗ 
lich im ihren Keimen fehr viel ditee als man gemöhnlich 
annimmt. Vermuthlich gehört fie ihrem Urſprunge nad) 
den lateiniſchen Jahrhunderten an umb iſt weder deutſch, 
noch franzöfifh, fondern italieniſch, oder vielmehr latei⸗ 
niſch, wie aus ihrer gleichzeitigen Verbreitung über ganz 
Süd: und Mitteleuropa, aus ihrem Anklingen in Boc⸗ 
caccio, in den „Cento novelle”, in Calderon und Lope, 
in Chaucer und den aͤlteſten englifchen Dramen, in. alten 
franzöfifgen Romanzen wahrfcheinlic wird. Urſpruͤnglich 
bat der Fauſtus wol aber nur Den bedeutet, den fein 
Trame bezeichnet: den Gluͤcklichen, ebenfo wie Fortunatus. 
Allmälig, und wie die Sage fich ausbildete, brachte man 
fie mit einzelnen Individuen in Verbindung, die diefen 
Namen zufällig trugm, bis fie zulegt auf dem bekannten 
wittenberger Schwarzkuͤnſtler, Doctor oh. Fauſtus, haf⸗ 

ten blieb und ſich an ihm und ſeinen Lebensumſtaͤnden 
vollfommen entwidelte und abrundete. Hängt die Sache 
fo zufammen, wie wie glauben baß fie zufammenhängt, 
fo wird es ſtets vergeblich fein, den Urfprimgen diefer 
Sage nachzuforſchen; fie mögen. ſich in die dunkeln Jahr⸗ 
hunderte verfferen. Ihrem Keime nad) follte die Mythe 
nur den Gedanken ausdrüden, daß auch ber Gluͤckliche 
hienieden nicht gluͤcklich fei. Später verband fich damit 
die dee, daB eben bee Gluͤckliche am geneigteſten fei, 
Sort zu verleugnen, und Der, weicher dahin gelangt fei, 
im Elend untergehe, felbft wenn er die ganze irdiſche Na: 
tur fich dienſtbar gemacht haben ſollte. ‚Nachdem Leffing 
zuerft auf den poetifchen Gehalt diefer in Volksbuͤchern 
- verbreiteten allgemein europäifhen Sage vom großen Ma: 
gus aufmerffam gemacht, haben in Deutfchland (von 
Calderon's Bearbeitung diefer Sage abftrahiren wir) Goͤ⸗ 
the und Klinger der Diythe eine tiefere Bedeutung ab: 
gemonnen. Sie haben das Ungenügende des Wiſſensdur⸗ 
ſtes daran demonftrirt, und wie her zuͤrnende Kampf gegen 
die, ber Menſchennatur gezogenen Schranken, der Trotz, 
Geheimnifie enthüllen zu wollen, die Geheimniſſe bleiben 
follten, von Gott ablenke. Dies war neu und felbft von 
Leſſing nur ſchwach angedeutet. Es entfland dadurch beis 
nahe ein neuer Fauſt; aber wenn man den Magus jegt 
nennt, fo wird er fo begriffen, wie ihn Söthe begriffen hat, 


Goͤthe Hatte die beamatifche V handlung der Sage 
im Sinne. Er lich aus ber Volksſage daher. fallen, was 
feiner dramatifchen Behandlung fähig mar. Klinger blieb 
ihr treuer; aber Ihm fchwebte ein düfteres Schreddimbilb 
vor; er wollte das Unvermeidliche in Fauſt's Untergang 
zeigen; fein Gemälde iſt vor allen Dingen grell, fchredend, 
wo Göthe einer milden, verzeibenden, verföhnlihen Ten⸗ 
denz folgt. Die übrigen Bearbeitungen verdienen keine 
Erwähnung, nur das fei noch bemerkt, daß Galderon feine 
Sage durch die Belehrung zum katholifchen Glauben ab: 
ſchließt und damit auf eine völlig. verföhnende Art been: 
dee. Es ift unſtreitig kuͤhn, daß Jemand nach nörhe 
die ‚poetifche Behandlung dieſes Gegenftandes verfucht; es 
wäre verwegen zu nennen, wenn er fie in dramatifcher 
Form verfuchte, e3 fei denn, daß er wie Klingemann nur 
ein Spektakelſtuͤck beabfichtigte.. Doch kuͤhn oder verme- 
gen, es ift Jedem auf feine Gefahr hin erlaubt, und 


dem wahren Dichter ziemt Kuͤhnheit. 


Dies führt uns auf die Perfon des Dichters, der 


- bier mit einem großen und feiner Natur nach anſpruchs⸗ 
vollen Werke vor uns auftritt. 


L. Bechftein war bisher 
duch Novellen, welche vorzugsmeife das Phantaſtiſche aus⸗ 
beuteten, durch Hoffmann’fche Nachahmungen und duch 
Eeinere Gedichte bekannt, die einen angehenden Denter 
verfündetn. Es muß Viele überrafchen, ihn mit einer 
folhen Dichtung auftreten zu ſehen, die, mit Ueberfprin- 
gung einer Menge von Mittelftufn, ihn entweder auf 
einmal zu den Höhen des Parnafjes emporführt, oder ihm 
für immer feine Stelle am Fuße bes heiligen Bergeb an: 
weit. Wir werden fehen, wie er aus diefem Todkarıpf 
hervorgeht, 

Bon vorn herein beweiſt es für fein uUrtheil, daß er 
auf alle Rivalitaͤt mit Goͤthe Verzicht leiſtet und durch 
die Form, die er fuͤr ſein Gewicht erwaͤhlt hat, ſelbſt je⸗ 
den Vergleich ausſchließt. Statt des dramatiſchen waͤhlt 
er den epiſchen Gehalt der Fabel fuͤr ſich, und waͤhrend 
Goͤthe die Volksſage wie einen Schacht behandelt, aus 
dem er nach Belieben bald dieſen, bald jenen Bauſtein 
ausbeutet, ſchließt ſich Bechſtein genau und ſorgſam der 
Sage an und folgt ihr in allen ihren Richtungen Sie 
ift ihm den unvermeibliche Stoff des Gedichte, die Tra⸗ 
bition, bie er als epiſcher Dichter wol verkiären, von- ber 
er jedoch feinem Beruf nach nicht abweichen darf. Hier⸗ 


u #2. 


durch an ſich emtfteht ſchon eine ganz andere Begebenhelt, 
als die in Goͤthe's „Kauft“ iſt; bie epifche Behandlung 
aber gibt nun auch ein neues Gedicht, mehr dem Klin 
ger’fchen Roman als dem Drama Goͤthe's feinem legten 
Zzweck nach verwandt, da auch für Bechflein bie Noth⸗ 


wendigkelt “des Unterganges den Punkt bildet, auf .ben |. 
alle Seitenpfade hinauslaufen. Das Verzeihliche in dies | 


ſem Untergange tritt zwar hervor; aber nichtsdeſtoweniger 
fteht das Nothwendige darin feſt, und das verföhnende 
Elemmt im Drama, ja Das, was man beinahe als 


indifferent bezeichnen konnte, Klingt in biefem Epos 


nit an. 

Wir find nun fo weit gelangt, das Gedicht felbft naͤ⸗ 
ber betrachten zu Binnen. Dee Dichter beginnt mit el: 
nem Prolog, ber uns feinen Beruf kundthun fol. Er 
bittet in ſchoͤnen Terzinen, ihn nicht dem Meiſter zu vers 
gleichen, und nach Dem, was wir oben berührten, hat er 
ein Recht, die Erfüllung dieſer Bitte zu erwarten. 

D zeigt bem Volk nicht ſchmaͤhend meine Bloͤße, 
.  Rennt mir ald Mufter nicht den größten Meifter, 
Legt nicht an mich ben Maßſtab feiner Größe. 
Für Alle rauſcht der Zauberhain der Geifter, 
Und Allen quillt ben Wunbderborn der Sage, 
Draus Einer zaghaft ſchoͤpft, ein Andrer breifter. 
Treu fördre Jeber feinen Schat zu Tage! 
Alfeitig nimmt der Lichtſtrahl feine Richtung, 
Kuͤßt Blüten hier, verklärt dort Sarkophage. 
Und ewig flammt dad Morgenroth ber Dichtung! 
Diefe wenigen, wohlgedachten Worte nehmen für den 
jungen Dichter ein. Sie zeugen von Gebanfen, Gefuͤhl 
ernſten Strebens, Urtheil. Dem Prolog folgt eine 
Meihe, die wir hinwegwuͤnſchten, weil fie nichts fagt und 
weil fie keine Weihe if. Wie der Dichter feinen Stoff 
gefunden habe, foll und gleichgültig fein, und iſt es. 
Das Epos felbft beginnt, Cs ift in 48 Capitel, Bilder, 
Balladen, Abenteuer, Gefänge, Romanzen getheilt, grade 
diejenige Form, in die ein heutiges Epos ſich allein zweck⸗ 
mäßig Mleiden kann. Herder's „Cid“ ift für das moderne 
Epos ein unvermeldlihes Mufter. Der Vers tft der alt: 
deutfche dreizehnſylbige Jambus mit zwiefahem Endreim, 
vierzeilig und nach Belieben zumellen in ber Cäfur ges 
reimt. Wir halten diefe Willkür für ungluͤcklich, fo paſ⸗ 
ſend der Vers im Ganzen auch gewählt iſt, und fo gut 
er fih dem Inhalt anſchließt. Ein Reim, der zumellen, 
aber nicht immer wiederkehrt, gibt dem Gedicht ſtets etwas 
Bequenied, Unvollenbetes — das Ohr begehrt‘ ımb wird 
sicht befriedigt — es war an dem Endreim vollkommen 
genug, und der bequeme Mittelreim gibt den Begriff von 
armer Pracht, von misgluͤcktem Wollen. Oder follte er 
in dieſer Beziehung eine Abſicht einfchließen ? 

„Innerer Drang” iſt die Weberfchrift der erſten Bal⸗ 
lade. Wir fehen Saufl. 

Es faß ein ſchoͤner Züngling in fliler Einfamtei, 

Sein volles Herz den Tiefen der Wiſſenſchaft gemeißt: 

Sein heller Geift erhoben, nicht ſonder Zuverſicht, 

ein Flammenblick nach oben, wie bürflend nach dem Licht. 


Der Schlußvers jeder: Ballade vepetirt ober varlirt ben 


Eingangsvers. Den vorftehenden variirt der Dichter am 
Schluß bahin: 


ss Ast ein ſchoͤner Süngling in ſtiller Einſamkeit u. f. w. 

Sein Zrauerblid nad) unten — wie zweifelnd an dem Herrn. 
Denn er Hat ben Vogel, ben Fiſch, den Blitz beneibet, 
welche in bie Verborgenheiten ber Natur eindringen und 
ausgerufen: 

Was if des Menſchen Zunte! in Labyrinth voll Radıti 

Was ift bed Menſchen Lönnen? AB, eines Kindes Macht! 

Was ift des Menfchen Willen? Bon beinem Meer ein 


Schaum! 

Was ift bes Menſchen Leben? Gin kurzer bunter Traum! 
„Naturgeiſt“ heißt die zweite Ballade. Ein ernfler Wan⸗ 
derer fchreitet duch Wiefe und Hainz die Graͤſer flüs 
ſtern, die Wipfel raufchen Ihm zu, der Waldbach ruft 
ihn. „Geiſt der Natur, wo finden bein Stralenan⸗ 
geficht?” ruft er verzweifelnd aus. . Ein alter Aftrolog 
erfcheint, den Süngling zu führen; es ift Heilinger, Fauſts 
Lehrer in dee Magie. Sie graben nad) dem Erdfpiegel. 

Der Spiegel ift gewonnen, gewonnen ber Kroftall. — — 

Bas tief in Racht vergraben‘, was in der Ferne blüht, 

Der Magus kann es haben, ber in den Spiegel ſieht. 
Nun folgt die Beſchwoͤrung. Der Himmel hat ihn nie 
erhört. Ha, ruft der Süngling: 

Noch eine Gottheit gibt es, tief, tief in naͤcht gem Braun; 

Mit diefer will ich reden, ihr will ich mich vertzaun. 
Der Höllengeift erjcheint umd verfpricht einen Diener zu 
fenden. Bauft fobert ihn: Ä 

und von ben Flammenſchwingen umleuchtet und umloht, 

. Beigt fi ein Riefenantlig grimmvoll und biutigroth ; 
Dem XAntlig gleich des Tigers, ber in die Ketten beißt, 
Wuthblidend, wie das Grabthier, bas am Gegit⸗ 
ter reißt. 

Ein fchönes Bild! Kauft ſchließt den Pact, er Flucht 
der Kirche — bie Volksſage iſt es, was den Verf. Ieitet. 
— Iſt Sauft nun gluͤcklich? Auf feinen Triumphruf folge 
nah darauf die Warnung: '. 

Web, wenn er an ein Wahnbild die Seligkeit verlor! 
Mephifto erfcheint. Ä 1 

Nichts, nichts, was bir gelüftet, wird, Bauffuß, dir verfagt. 

Ich bin bein Koch, bein Kellner, dein Knecht und deine Magb, 
Der Diener gefällt. Fauſt's erſte Foderung ift Ruhm; 
dann Wiſſenſchaft. Mephiſto erſchien ale Mönd; bie 
Tracht misfaͤllt feinem Seren, er fol fie ablegen. Er Mage: 

Die Kutte iſt ein Roͤcklein, brin man fich hat ‚bequem; 

Ein Haustleid für die Sünde, weich, warm und angenehm. — 

Gin Beichtſtuhl, drin das Pfäfflein der Ronne Liebe fhwört, 

Und ic — bin eben Einer, der in die Kutte gehört. 
„Frage und Antwort.” Mun fol Mephifto fagen, woher 
und welcher Art. 

„Der Stolzeſte der Stolzen riß und in feinen Ball, 

Nun ſchweben wir verbreitet, in Licht und Luft, im A.” 

„und weldyes war die Urſach, das fag mir, jenes Falls? — — 

„Banftus, der Drang; ſich ahnlich der Gottheit ſtoiz zu blaͤhn 
Dann foll er ‘som Himmel’ Auskunft geben; ber Erin: 
nerung Mond: iſt ihm verfunten! — Bon dem Engeln? 
Mir nennen fie nicht gern! — Vom Paradies? Wie, Fau⸗ 
ſtus, gedenkſt du dort zu wohnen? Ic glaub’ es kaum! 
— Bon der Höfer Der Hölle Qualm trägt der Sünder 
in fi. — Blieb die Hoffnung? Sehe wenig, Fauſtus, 
wenig! Dec, fag und quaͤle mid nicht länger: 


563 


⸗ 


Was willſt bu von ben Engeln, von Parabies, von Bott? 

©pott ift nur deine Frage, wie meine Antwort Spott! 
Nun iſt der Dichter mitten in feinem Thema. 
won ihn fo nun Schritt vor Schritt der Volksſage fols 

und ihn body .fo hochpoetifch werden fieht, fo erkennt 
man erft, welch dichterifches Verdienſt Die Sage felbft in 
fih fchließt. Ja, faſt unbegreiflih wird es uns bamn, 
warum vor ihm Niemand biefen poetifchen Schag, defien 
Verſteck Jedermann kannte, hob, wie er ihn gehoben hat. 
Es fcheint fo Leiche, fo natürlich, daß felbft gegen Goͤthe 
eis Vorwurf der Ueberkünftelung laut zu werden ringt. 

(Der Beſchlus folgt.) 





Neuere englifhe Literatur. 


a 
1. Semi-serious observatiofs of an italian exile, during his 

‘ zesidence in England. By Count Pecchio. London 1833. 

Der Verf., durch feine Theilnahme an ber Revolution 
In Piemont genöthigt, dem Vaterlande den Rüden zu kehren, 
wendete ſich zuerſt nach) England und von ba feiner Befuntheit 
wegen nad Spanien, wo man feinen Liberalismus aber bald 
entdeckte. Gendthigt, Ferdinand's Gebiet zu meiden, ging er nach 
Griechenland und Lehrte endlich nach England zurüd, wo er 
eine Gattin und mit ihr eine Heimat und feine Geſundheit 
wieberfand. Als Gchriftfteller fchon vor einigen Jahren mit 
Briefen fiber den politiſchen Zuftand Spaniens und mit Reife 
berichten aus Griechenland in einer engl. Beitfchrift aufgetreten, 
hat er feitbem bie Dinge feines Wohnfiges benupt, Skizzen vom 
Thun und Zreiben bes Volkes gu entwerfen, das ihm und fo vie 
Ien andern von ihren Landsleuten verlaffenen Patrioten eine 
gaftfreunbliche Freiftätte gewährte. Man darf übrigens nicht 
erwarten, die geiftreiche Manier der „Briefe eines Verſtorbenen“ 
Diet zu finden, es find nur Umriſſe, mitunter zu leicht hingewor⸗ 

n, vom Wohlmollen bes Verf. überall burchbrungen, allein ſel⸗ 
ten eine tiefere Auffaffung verrathend. Jenes alte Spruͤchwort, 
welches auf bie Unbebeutenbheit der Leute fchließen laͤßt, welche 
ſtets berühmte Ramen im Munde führen, beftätigt ſich auch hier. 

Montesquien und Helvetius find bei P. wie tas Brot auf ber 

Zofel, allein. er tifcht zuweilen Bemerkungen auf, bie feina Urs 

theilskraft durchaus Feine Ehre machen. So gibt er bavon, daß 

bie Engländer beimweitem nicht fo eifrig mit ben Händen ge: 
fiiculiven wie ihre Nachbarn auf dem Gontinent, als Grund 
an, bie Zimmer (in London) wären fo Hein, bag Niemand feine 

Arme frei bewegen könne, ohne etwas zu zerbrechen ober fonft 

eine Unordnung zu verurfachen. In ähnlicher Weiſe fieht er bie 

Duelle des Mangels guter Tänzer in land in ber leichten 

Bauart ber Häufer, welche bie Uebung bdieſer Kunſt verbiete, 

denn würbe Jemand im britten Stock einige Bodöfprünge mas 

chen, fo liefe ev Gefahr, gleich einer Bombe hinab in bie zu 
ebener Erde liegende Küche zu fahren. Wir glauben, bas Ger 
fagte reicht hin, bie Meberzeugung zu gewähren, baß bies Fein 

Bud zum Ueberfegen ift, und dag für die Kenntniß englifcher 

@itte nur dürftiger Nutzen daraus gezogen werben kann. 

2. Records of travels in Turkey, Greece etc., and of a 
eruise in the Black Sea with the Capudan Pascha in 
the years 1829, 18830 and 1831. By Adolpkus Slade. 
Zwei Bände. London 1832. 

Diefes Werk enthält eine der intereffanteften unb belehrend: 
ten Reifebefchreibungen , welche in neuefter Zeit erfchienen find. 
Der Verf. unternahm feine Zour zu einer für bie erwähnten 
Länder hoͤchſt wichtigen Zeit und langte im Mai 1829, zu Ans 
fang bes weiten Feldzugs der Ruſſen gegen bie Pforte, über 
Frankreich, Italien und Griechenland in Konftantinopel an. 
Hier war er giädlih genug, die Bekanntſchaft des Kapuban 
Paſcha zu machen und von ihm zur Theilnahme an einem kurzen 
Seezuge nach dem ſchwarzen Meere eingeladen zu werben. Dar 


auf wieder einige Zeit in ber türkifchen Hauptſtadt verweilend, 


befuchte er mit der .englifchen Fregatte Blonde Varna, Burs 


— 


rm u. a. wichtige Käftenpläße und kehrte Über den Kriege: 
dauplag, den Balkan und Schumla, nach Konſtant nopel *8 
wo es mit mehr Muße Beobachtungen anftellte als bei feiner 
frügern Anweſenheit. Im Sommer 1830 begab er ſich über 
Abrianopel, Demotila, nos, Samothraki und Salonichi nach 
Smyrna. Der Verf., allem Anfcheine nach ein Reiſender aus 
Neigung, der fi die Aufgabe ftelte, was er fah und erfuhr 
ganz fo zu fchilbern, wie ex es ſah, offenbart nicht felten einem 
ſtarken Hang, unbedingt zu tabeln, was mit feinen Anfichten nicht 
übereinflimmt. Mit ben vom Zigen Beherrſcher der Zürkei 
vorgenommenen gewallfamen Seformen kann er fidh nirgend 
recht befreunten, unb hier wenigftens fcheinen bie Ereigniffe feine 
Meinung zu betätigen, denn weder ber Friede zwiſchen ben Par: 
teien iſt dadurch befördert, noch verhindert worden, daß ein käh: 
nee Paſcha den Thron der Sultane in feinen Srundfeften er» 
hättet. Die ganzen Verhältniffe ber Gegenwart machen es 
wuͤnſchenswerth, bald eine vollftändige Ueberfegung biefer Reife gu 
erhalten, ein Unternehmen, deſſen Begünftigung die hin und 
ber mitgetheilten Auszüge aus Slade's Werke nur befördern 
nnen. 
$. Records of my life. By the late Jon Taylor, author 
of „Monsieur Tonson’’. Zwei Bände. London 1832. 
Sohn, oder wie ihn feine Freunde zu nennen pflegten, Jack 
Zaylor war ber Sohn eines engl. Wundarztes von Ruf und 
wurde eigentlich zum Augenarzt erzogen. ein Iebensluftiger, 
heiterer Charakter, reich an Wis und Humor, ber in Sefellfchaft 
nicht blos unterhaltend, fondern zugleich belebend wirkte, verbuns 
ben mit einer originellen Manier, Anekdoten unb komiſche Vor⸗ 
fälle zu erzählen, machte ihn balb zum gefuchten Gefellfchafter, 
und vor 50 Jahren war befonders in ben bramatifcgen Zirkeln 
Londons Niemand mehr zu Haufe ald er. Gigenthümer von 
neun Zehnteln bes „Bun’’ und Mitarbeiter an andern Zeitſchrif⸗ 
ten, fland er in naher Beziehung zur periobifchen Preffe, als ber 
Zudrang zu ihren Columnen es noch nicht fo fehtwierig machte, 
individuelle Beſtrebungen im Auge zu behalten, wie heutzutage. 
Bei feinen perfönlicyen Eigenſchaften konnte ed ihm fonach am 
vertrauten mgange mit Staatsmaͤnnern, Kuͤnſtlern, Schrift 
flelleen, Schaufpielern zc. kaum fehlen. Aus diefer Zeit datiren 
fih denn aud bie von ihm herausgegebenen Grinnerungen, eine 
reiche Fundgrube für Biographen und eine hoͤchſt unterhaltenbe 
Lecture für Alle, welche an ben ausgezeichneten Perfonen der brei 
legten Generationen Englands einiges Interefle nehmen. Bon - 
den Meiften weiß I. etwas Merkwuͤrdiges, wenigftens eine komi⸗ 
ſche Anekdote, ein Wigmort und bergleichen aus eigner Erfahrung 
ober aus dem Munde feiner Breunde zu erzählen. Zwar läuft wol 
eine Wiederholung von bereits Bekanntem mit unter, bin unb 
wieber auch eine Ungenanigkeit ober ein Irrthum; trogdem 
bleibt aber fein Buck, mit ben Worten eines engl. Blattes zu 
reben , „one of the most amusing pieces of biographical and 
anecdotical gosipry.: ‚ welches in englifher Sprache je erfchies 
nen if. Won dem Dichter ber „Sahreszeiten” erzählt T., geftügt 
auf die Autorität feines Freundes G. Ghalmers, der ſich mit 
einer Biographie Thomſon's beicyäftigte und eigens nach Rich⸗ 
monb ging, um von einer bafelbft noch Lebenden Haushaͤlterin 
Th.'s vielleicht einige neue Nachrichten über beffen haͤusliches Le⸗ 
ben ober fonft etwas SIntereffantes für feinen Zweck zu erfah⸗ 
ren, wo er benn aud) das Folgende vernahm: daß berfelbe 
in feinen frühern Jahren verheirathet geweſen ſei; ba er aber 
eine Frau nur ihrer Perfönlichleit wegen genommen, unb fie 
der zum Umgange mit feinen vornehmen Freunden noch mit - 
feinen Bekannten überhaupt für geeignet Hielt, To babe er dies 
felbe Jahre lang verborgen gehalten. Gelbft nachdem er fie zu 
fiy nach Richmond kommen ließ, waltete fortwährend ein fo ges 
trenntes Werhältniß zwiſchen beiden Gatten, daß fie nur eine 
alte Dienerin des Haufes zu fein fchien. Im Uebrigen ließ er 
es jedoch an nichts fehlen, was zu ihrem Mohlbefinden und ih⸗ 
rer Zufriedenheit beitragen konnte. Als fie ihre Verwandten 
im Norden einmal befudyen wollte, gab er ihr bie Erlaubniß dazu 
gegen das Verfprechen, von ihrer gigentlichen Lage nicht® zu ver 
rathen. Kaum war fie aber nach kondon gelommen, ala fie er⸗ 








- X 


604 


fein. 

4. The year of liberationy a jeurmal of the defence of 
KHamburgh against the french army under marshal Da- 
voust in 1813; with sketches of the battles of Lutzen, 
Bautzen etc. Zwei Bände. London 1832. 

Ss if kein ungeitiges Unternehmen gu einer Zeit, wo ber 
Krieg abermals fein verderbliches Banner zu entfalten broßt, 
recht lebhaft und eindringlich an feine Uebel zu erinnern. Hier 
tritt allem Anfcheine nach ein Augenzeuge jener Tage auf, wo 
Schlachten über Suropas Geſchick entſchieden, und berichtet im 
Allgemeinen anziehend und getreu, was er während eines vors 
übergebenden Aufenthaltes in Deutfchland, befondere in Ham⸗ 
burg, zu fehen Gelegenheit hatte. Die Art, wie er ber Bewoh⸗ 
ner biefer Stadt gedenkt, veranlaßte ein englifches Blatt zu ber 
Benerlung: „Die in biefem Buche gegebene Lehre ift alle 
Nationen wichtig, welche Freiheit zu vertheibigen, Feinde zu be 
kaͤmpfen haben, und England, nur ein Hamburg im Großen, mag 


ſich im Ball ber Roth ein Beifpiel an dem ſchlichten Muthe 


nehmen, welchen jene wadern beutfchen Kaufleute bewieſen.“ 
Es würbe biefes Buch empfehlenswerther gemacht haben, wenn 


| ‚ ber Berf. fich auf bie Jamburger Ereigniſſe beſchraͤnkt unb nit 


derch wenig intereffante, nur Bekanntes enthaltende Skizzen meh⸗ 
rer damals gefchlagenen Schlachten und durch unwefentliche, 
feine neue Geile barbiefende Schilberungen von Rapoleon’s Art 
und Weife bas Volumen beffelben um bie ‚Hälfte zwecklos ver 
größert Hätte. Die Ausſpruͤche ber englifchen Kritik beftätigen, 
dag ‚man auch bort zu bem allgemein Bekannten rechnet, was 
uns fo erſchien. 

5. A view of the early parisian greek press; including‘ the 
lives of the Stephani or Kstiennes, notices of other con- 
temperary greek printers of Paris and various partioulars 
of the literary and ecclesiastical history of their times. 
By the rev. W. P. Greswell, author of the „Life of Po- 
litian etc.’ Zwei Bänte. Orford 1883. 

Richt blos der Freund bibliographiſcher Korkchungen barf 
hoffen, in diefen von Gelehrſamkeit und Sammlerfleiß reich aus: 
geftatteten Bänden einen willkommenen Genuß gu finden, fie bie 
ten in mannschfaltigen Abfcgilberungen bes Zuflandes ber Litera 
rifchen und kirchlichen Welt während einer ber wichtigften euro⸗ 
päifdgen 3eitperiodben auch dem mehr im Allgemeinen an den 
Bortfchritten ber Gultur Theilnehmenden die intereffanteften 


Seiten dar. Die Beſtrebungen ber Familie Stephanus bil |. 


ben zwar das Mittelglieb, um welches ſich ber übrige Inhalt 
Diefer Bände gruppirt, allein mit ihnen find die Fortſchritte der 
Kunſt und Wiſſenſchaft während eines Zeitraumes von andert⸗ 


halbhundert Iabren in bie genauefte Berbinbung gebracht. Und 


ein wichtiger Zeitraum iſt bies. Nach langer Nacht begann bie 
Fackel der Wiſſenſchaft aufs Neue zu leuchten, bie Preffe wurde 
Traͤgerin ihres Lichtes, unb weiter unb weiter verbreitete ſich 
der Kampf um bie Wahrheit. Den Druck griechiſcher Bücher 
anlangenb, betrieb man ihn bekanntlich zuerſt im noͤrdlichen 
Italien, und das erſte Beifpiel batirt fü vom Jahre 1465. 
Laskaris’ Brammatit war das erfie griechiſche Bud und wurke 
1480 in Mailand neu aufgelegt, welches Venedig und Florenz 


als Beifpiel in der Ausäbung und Vervollleunnnung ber Bud 
bruderfunft voranging. Nach Paris wurde ber griechifche Büs 


cherdruck um 1507, nach Sagland um 1648 verpflanzt. Die 
ausführliche Lifte der Betreiber und Befoͤrderer deſſelben in Pas 
ris, Die Biographien der wichtigſten biefer Yerfonen und bie Ge: 
ſchichte der Hinderniſſe und Gefahren, mit denen fie zu kaͤmpfen 


che ehr 
benfchaft, das des Weibes dem Herzlichen und Gemuͤthlichen naͤ⸗ 
bern. An Ausnahmen von ſolchen allgemeinen Regeln mangelt 
es zwar nie, fie heben indeſſen jene nicht auf, und die vorliegen“ 
ben Bände beweiſen namentlich nur für dieſelben. Wir hätten wol 
auch mancherlei, vorzüglich bie bier und ba fehr loſe Verknoͤ⸗ 
pfung ber Hauptfüben bes Romans unter einander zu rügenz ba 
jedoch bereits zwei beutfche Ueberfegungen beö ‚„Buccaneer” ere 
fhienen find, jo werben diefe gewiß Gelegenheit geben, in d. B. 
barüber ausführlicher zu fprechen. 

7. Misersimus. London 1832. . 

Auch jenfeit des Kanals fängt man an, fich in ber Liter 
tur auf das in Franfkreich fo beliebte fchauberhafte Genre zu le⸗ 
gen; allein obgleich das vorliegende Bändchen ein vielverſprochen⸗ 
ber Anfang dazu iſt und hinlaͤnglich von dem dazu nöthigem 
Talente zeugt, bezweifeln wir body, daß es bamit in England 
nur einigermaßen fo weit getrieben werben wirb wie bei dem 
Granzofen. Man iſt dort befonnener, gibt fich mehr Rechen⸗ 
Ihaft von Dem, was man thut, und ebendeshalb iſt das Talent 
nicht fo leicht wie bei ben leichtfectigen Nachbarn im Stande, 
fig zur Mobenfchneiderin herabzuwuͤrdigen und, wie biefe den 
Leib, den Geiſt in bie oft üben alle Begriffe geſchmackloſe, allein 
wegen ihrer Neuheit beliebte Modetracht zu kleiden. Berwandt 
mit 3. Hugo's „Notre Dame’', gründet ſich dieſe Cyraͤhlung auf 
einen Grabſtein in ber Kathedrale von Morcefter, melde bie 
Inſchrift „Miserrimus‘ ohne alle weitere Angabe trägt. Die 
Selbfibiographie des namenlofen Schlaͤfers unter jenem Steine 
it es, welche bier bargeboten wird, eine fellfam überfpannte 
Sefchichte, und faft fcheint es, als fei bem Bet ſelbſt unheims 
lich dabei geworden, was ihn zur Kuͤrze gen haben mag. 
In dieſer Borausfegung loben wir ihn, baß ex dem Impuls feb 
ner gefündern Natur nachgegeben hat. 8. 





— sei 


Notizen. 


Die neuefte Erflärung ber Caſas. 

Nach Aug. Srotefend („Schulgrammat. ber lat. Sprache”, - 

II, 312) ffellt der Genitiv den Gegenſtand als zeugenb, 

männli bie Thätigkeit veranlaflend bar; ber Dativ dens 

felben als empfangend, weiblid die Xpätigkeit zulaſſend, 

und der Accuſatid ais gezeugt, ſaͤchtich durch bie Thätig- 

keit hervorgebracht. Wie wird Hr. Grotefend dieſe geſchlecht⸗ 

lichen Thaͤtigkeiten wol feinen Primanern und Secundanern in 
Göttingen deutlich machen? 


Hödft Eräftige Ueberfenung : 
Sedermann kennt bas Doraz'fche „bonus dormitat Homerus’. 
Der ehrliche Reiske hat in feiner Meberfegung des Demoſthenes 
(I, 187) dies etwas derb wiehergegeben, wenn er fagt: „Des 
mofthenes fei auch ein Menſch geweien und habe auch 
die Dumme Stunde gehabt fo gut wie ein Anderer”. 89.9 


Nedigirt unter Berantiwortlichteit der Verlagshandluna: J. A. Broddans lin € eipsig. 





3 .,, ) 
. . . 


literariſche 


Blätter 


für 


Unterhaltung. 





(Beſchius aus Nr. 186.) 
Die neunte Ballade iſt dem getreuen Famulus gewid⸗ 
met. Er iſt ein Wohlredner, treuer, befchräntter Schüler 
bes Meifters, faſt wie bei Goͤthe. Nun beginnt Fauſt's 


Taumelleben. Aber ‚mitten im Sreubenerguß ericheint Praͤ⸗ 


ſtigiar, ſein hoͤlliſcher Begleiter, ſchreckt die Zechgenoſſen, 
legt ſich knurrend zu Fauſt's Fuͤßen und ſcheucht die Freude 
aus feiner Nähe. Die Sage hat hier das boͤſe Gewiſ⸗ 
fen äußerft energiſch verfinnlicht, und der Dichter benutzt 
diefe energifche Verfinnlihung energiſch. Die Scenen ber 
Freude werden grau vor Fauſt's Augen. „Was ſcheuchſt 
du mie die Freude“, ruft er zuͤrnend dem Präftigiar zu; 
„Was trittft du ımgerufen, und nicht begehrt, zu mir?" 
Dumpf Heult: „Du mußt es — sur Antwort ihm 


. Wunder und neue Freudenfcenen im „Luftgarten”. Mit: 
ten im Winter empfänge Fauſt feine Gäfte in einem pa= 
radiefiſchen Garten; eine koͤſtliche Schilderung. Zu fol: 
chen Kleinigkeiten ift fein hohes Streben herabgeſunken. 

Die Kraft des fruͤhern Wollens ſpricht nicht aus feinem 
n 


un. ⸗ 
Er, der an dich gekettet, durch deines Zaubers Macht, 
Hat nicht, dich zu belehren, nur zu bethoͤren, Acht. 
Wie ſchoͤn iſt dennoch die Belehrung, die Mephiſto im 
folgenden Bilde über Erb’ und Meer und deren Sonde⸗ 
rung gibt und vom erſten Fruͤhling. Doch der Keim der 
Vernichtung zeigt ſich als Stachel in dieſer praͤchtigen 
Roſe verborgen. Das iſt die Ernte ſeines Wiſſens, daß 
Auem Vollkommenheit fehlt; dies Wiſſen, die Frucht ſei⸗ 
nes uͤbermuͤthigen Strebens, iſt ſeiner Freuden Zerſtoͤrer. 
Umſonſt beherrſcht er als Magus die ganze Natur, we⸗ 
ber Ruhe noch Troſt, weder Freude noch Hoffnung wohnt 
ei ihm. 
—— du klopfſt im Vuſen, die Todtenuhr im Holz, 
Bor deiner Nachterſcheinung erbleichen Macht und Stolz. 
Du biſt ein kraͤchzend keichhuhn, das übern Friedhof fliegt, 
Sin weinend Kind, das fehlaflos die Mutter feufzend wiegt. 
Eine Kleinigkeit ruft die Störerin wach. Ein Bilderkraͤ⸗ 
mer zeigt Fauſtus Wunder, verkehrt. Was nügt ihm 
aun fein hoher Ruf! Er flieht ruhelos. 
Die Blumen hat vernichtet der Frechheit eif'ger Froſt, 
- Und bittre Galle reicht mıir des Satans Hohn zur Kofl. 


Ihn troͤſtet Schmeichelei. Ex fährt, Bewunderer ſeiner 


Macht, auf ſeinem Zaubermantel nach Muͤnchen in einer 
Nacht. In Auerbach's Keller feiert er ein anderes Feſt. 


Wagner fagt: 


„Die werthen Bälle füben von Euch ein Wunber gern.‘ 

Und Fauſtus: „Daß die Menſchen doch flet# ein Trieb erfüllt, 

Bu ſchauen Das, was fchweigfam ſich tief in Raͤthſel huͤllt. 

Verlaſſen wird das Bildniß, ift ber Schleier abgefireift, 

um Gott ſelbſt iſt's gefchehen, Ve ihn ber Menſch bes 
gr „. 


Er reitet auf dem Faß in ben Keller. Jubel erhalt; 
aber er ruft aus: 
Mein Sluͤckeſchiff ift gefcheitert — das Leben freut mich nicht. 
Das Leben froh genießen, ift eine Kunft, gar werth — 
Weil zu der reinen Freude ein reines Herz gehört. 


‚3m folgenden Abenteuer läßt ber Magus den Homeros 


und feine Helden erfcheinen. 
Laß unten deine Geiſter aus alter Helbenzeit — 

Dich hat, wie groß und mächtig bein Zauber immer iſt, 
Richt gleich dem Mäoniden bie Grazie geküßt. _ 
Folgt die Bauberreife nach Prag und das Weinwunder, 
das Goͤthe in den Auerbady’fchen Keller verlegt; dann bie 
Ergreifung des Megenbogens, welche dem Dichter wie 

derum zu einem fehönen Symbol wird. 
Der Menſch greift in die Zukunft nach buntem Schim⸗ 


mergluͤck, 
Mit Wuͤnſchen heißer Sehnſucht, mit manchem Hoffnungsblick. 
Er faßt den Irisbogen, den Zauberfarbenſchein — 
Bald iſt der Glanz entflogen, nur Thraͤnen — bleiben ſein. 


Die Glut, um die die Muͤcke mit lautem Fluͤgel ſpielt, 

Sie wird zum Dolch, der hreunend ſich in ihr Leben müßlt. 
Hier Hit ein falfches Bild zu rügm; Glut kann kein 
Dolch werben. 

Im „Baubermorb“ wird bie Enthauptungsſcene ges 
ſchildert. Dann erfcheint der treue Eckhard als Warner. 

Der Gaukler Liegt erfchlagen, weil Euch fein Thun mishagt, 

Noch Viele werden wagen, was Jener hat gewagt. 

Sie nehmen Euern Ramen hin ale willfommnen Raub, 

und was Ihr groß geträumet, das ziehn fie in den Staub. 
Darauf naht ihm Melancholei und mit ihr die Reue. 

Fluch fei dem Drang, ben Hoffahet mir in die Bruſt ges 


Fluch fei ber Macht, zum &pielzeug für-citie Luft gebraucht. 


O gaͤb' es eine Sühne für Das, was ich vollbracht, 


Und fänd’ ich noch Wergebung bei Dem ,: ber oben wacht 


566 


Da erſcheint das Rieſenantlitz umd rufe ihm zu: Du biſt 
mein Eigenthum !® 
— Rat wird's vor Yauflus’ Blick — 
Web, weh mir, ewig wehe! &o reißt es mid zuräd. 
Bahr wohl bu boffnuageſchimmer — Auksraumbid, gute 
a 


Der „Zauberring“ zeigt, wie Fauſt nun ſelbſt zum Ver⸗ 
führer wird; Grimm über fein Geſchick macht ihn zum 
Bündner, der Hölle. 

Der „Schatz“ MI Yolıder 
Altegorie gebraucht. Der Schag: Wunfcherfüllung, ruht in 
ber Zukunft, bewacht von einem Geifte: Zeit, ben keline 
Formel bindet. Ihn hebt die Wuͤnſchelruthe: Geduld! 

Der Schaͤtze gibt es viele, von Gterblichen begehrt — 

Balb der Erinnrung heilig, ein Zobtenhof ber Zeit, 

Bom Zaubesbaum des Lebens mit Bluͤtenſchnee beftreut. 
Die „Luftiagd”. Des Ruhmes hab’ ich begehrt, nun 
hab' ih ihn — und achte feiner kaum. 

Ich rief herauf die Beifter aus tiefer Höhlen Schacht, 

Mein eigner Geift geht unter in nody viel tiefrer Nacht. 

Und wie ber Stromfall fortreißt den ruderlofen Kahn, 

Hinftürmt' ich ruh⸗ und raſtlos zum Abgrund meine Bahn. 
In den folgenden Abenteuern beſchwoͤrt Fauſtus den Schat⸗ 
ten Alerander’s des Großen vor Kaiſer Maximilian, zaus 
bert ihm den Luſtſaal vor, kroͤnt den neidiſchen Schranzen 
von Harb mit einem Hirſchgeweih und entſchwindet ihm, 
als er den Abziehenden verfolgt. 

Verleumbung zu beſchaͤmen fteht wol dem Künftier frei, 

Giftſchlangen find zu zähmen, wie fpig ihr Zahn auch ſei. 
Nun befucht Fauſtus die ſchoͤne Sräfin von Anhalt, zaus 
best ihre ein Luſtſchloß und fcheibet. 

Auf immer ſchwoͤrt die Liebe; die Treu hat gleichen Spruch; 

Auf immer ſchwoͤrt auch Freundſchaft, und jede kommt 


zum Brud. 
Lacht dir des Gluͤckes Schimmer, beugt Schmerz dich uns 


verho 

Denk: es iſt nicht auf immer, und beide wechfeln oft. 
GSetrennte Gatten vereint Fauflus’ Zauberkraft in ber 
„Heimkehr“. 

Für mich gibt's keine Heimkehr — mich rettet keine Hand, 

Ich babe laͤngſt verlaſſen mein beſſ'res Vaterland. 
Wiederum verſinkt er in Melancholie. Da weckt ihn 
Mephiſto durch die Liebe. Hier ſtellt ſich die Verglei⸗ 
chung mit Goͤthe zu dringend nahe, als daß unſer Dich⸗ 
ter nicht zuruͤcktreten muͤßte, wie ſchoͤn auch ſeine Feier 
der Liebe und der Unſchuld ſei. Die Liebe will drama⸗ 
tiſch aufgefaßt ſein; die ſchoͤnſte epiſche Form iſt matt in 
ihrer Behandlung. Fauſt muß entſagen; denn nach 
dem tiefen Sinn der Volksſage hat er der Hoͤlle ſchwoͤren 
muͤſſen, nie zu freien. Mephiſto troͤſtet ihm und bietet 
ihm zur Buhle die ſchoͤne Helena. Hier wie in ben 
Hoffcenen dei Kaiſer Mar klingt Goͤthe's Zwiſchenſpiel le⸗ 
bendiger; freilich immer mit ganz verſchiedener Auffaſſung. 
Der Dichter bleibt der Sage treu; diesmal allzu treu und 
ohne fie irgendwie zu veredeln, als hätte er gefuͤrchtet, 
feinem großen Wormeifter zu fehr zu nahen. Es iſt die 
einzige nicht würbige Stelle in diefem Gedicht. Er wich 
Vater und heißt feinen Sohn Juſtus. Jeder fieht, was 


sum Traͤger "einer ſchoͤnen 


Goͤthe aus biefer nicht bedeutungeloſen, aber doch unbe⸗ 


deutenden Volkſage ſchuf. Truͤbe Ahnung, Vorgefuͤhl vom 
Ablauf der Zeit ſeines Pacts ergreift Fauſt. 

Das Herz iſt eine Harfe, die Gott beſaitet hat, 

Der Sünder nur verſtimmt fie durch frevelhafte That. 

Und will fie dann erflingen, da wirb'$ ein truͤber Klang, 

Leichhuhnruf über Gräbern und heif'zer Ugfenfang. 
Fauſtus rauft beulend fein Haar, 

Und unterm Ofen fpottend heult auch Praͤſtigiar. 
Wirtfonft troͤſtet Wagner: er gene ne nicht an fein 
Gluͤck! Doch das Herz iſt eine Glocke, die laut und 
Aangſtvoll fchlägt. In diefer Stimmung wird Fauſt pros 
pbetifh. Der Dichter läßt ihn für unfere Tage prophes 
zein. Das iſt zu verzeihen: 

Dort ſchlaͤgt ein blut’ger Tiger die Tab’ Ins Nieberland. 


Ich fehe düftre Fackeln durchlodern alle Land — — 

Den Banatismus feh’ id in Hütten, auf dem Thron, 

Er ift ein blinder Schuͤtze, ein gift'ger Skorpion. 

Seh Königshäupter rollen, hei, wie der WBtutborn fpringt ! 

Wie dumpf durch alle Länder bie Todtenglocke klingt! 
Und weiter: " j 


Dort ſchwingt ein Hahn die Fluͤgel fein Kamm iſt blat« 
we 


Es fliegt fein lautes Krähen furditbar durch alle Welt. 
Und was er Fräpt, Elingt Freiheit! und Freiheit hallt es nach 
Durch alle Länder rollend, wie lauter Donnerfchlag. 
Da ringen bie Völker, ba fallen Koͤnigskronen vom Zeits 
baum berab, da werben Throne leer, ba entſtehen neue 
Neronen, da ſteht die Menſchheit fhaubernd, regungslos 
erroartend. Doc ber Dichter ſchließt: 

D Freiheit — wahre Freiheit bes Geiſtes und bes Kichts, 

Du bift bee Hort ber Völker und nur an bir gebricht’s. 

D komm, du Sottgeborner, du Weltmeffiad, komm. 

Nun folgt Mephiſto's Kündigung: 
— Balb tanzen wir Kebraus, 

Die Zeit verläuft, mein Doctor; beftellt nur Guer Haus. 
Fauſt raft und Mephiſto hoͤhnt. Er erkennt, mas an ihm 
gut war, fein Wollm. Freundestroſt erhebt ihn nicht, 
er verdammt fich felbft mit verflärtem Bewußtfein; in fei- 
nen Träumen wird's ihm Bar, was an ihm bife war. 
Nun zieht die Schwermuth bei ihm ein; er läßt von 
Mephifto; aber den Himmel kann er nicht mehr errei- 
hen. Diefe Durchgänge des Sünberloofes find vortreff: 
lich gefteigert — er endet in Verzweiflung, Zerknirſchung. 

Und Heute foll ich fterben! fol! muß! Die Beit iſt aus! 

So brich herein, Verderben, im Donnerflurmgebrans. 

Stuͤrz über mich zufammen, Gebäu! Brich Mauerwand! 

Loh' auf in Höllenflammen ! Be mich, Schutt und 

rand! 


Rath an Wagner! Hohn ber Höflel Klage der Poeſie um 
den untergegangenen ebein Geift. 


Es poche Keiner trogig auf feines Geiſtes Kraft, 

Mandy Irrender, mand) Reiner warb früh dahin gerafft. 
D Leben, ew'ges Räthfel — Magus — Dämon zugleidg, 
Du bleibft für beine Kinder ein dunkles GBeifterreidh. 

Sie treten in bie Kreife, beſchwoͤren das Geſchick — 
Kür Himmel oder Hölle weiht fie — ein Augenblid. 

O felig, wem das Lichtreich in Poefie erbluͤht! 


«667 ‘ 


' 


Der Saͤnger trägt Grlöfung Ufer bes Kocyt. 

Und in bem Kranz, den ruhm um, feine Stine flicht, 

Flammt's, eine Schrift aus Sternen, —— „Durch RNacht 
zum V 


So endet dies des Nachruhms wuͤrdige Gedicht. 


Wir haben genug an Auszuͤgen mitgetheilt, um den 
kundigen Leſer zu einem eignen Urtheil in den Stand zu 
fehen. Es wird des unferigen daher kaum noch beduͤrfen. 
Soll es jedoch vernommen werben, fo iſt es dies: Der 
‚Verf. bat feinen Stoff allerdings mehr nachempfunden 
als gefchaffen; er hat fi von ihm leiten Lafien, wohin 
ee ihn führte, anftate ihn in die Dand zu nehmen und 
bamit in. den Luftwalb der Poefie zu wandern, wohin 
fein Genius ihn führte. Ein Vergleich mit Göthe, wies 
wol der Dichter ihn t, kann nicht wohl ausbleiben. 
Goͤthe iſt Seher, unfer Dichter ift Sänger, Port. Wir 
wiſſen nicht, ob dies Discrimen fehr Bar iſt; aber wir 
Eennen Bein befferes. Goͤthe fieht und fchafft im Stoff, 
was fein Genius ihn lehrt; unſer Poet fieht den Stoff, 
den er nicht gefchaffen hat, und fagt uns, wie er ihn 
ſieht. Schönes, Gedankenreiches kommt an ben Tag, 





aber es iſt mehr das Kimfilerauge als das weltdurchbli⸗ 


ckende Dichterauge, der Seherblick, der es herausfoͤrdert. 
Er enthuͤllt uns den Kern der Sage; Goͤthe ergriff die Sage 
und ſtellt uns an ihr fein Inneres bar. Goͤthe's „Fauſt“ iſt 
“ein Geſicht; der „Fauſtus“ unfers Dichters iſt ein Gedicht. 
Was hiernaͤchſt die Kunſtform dieſes Gedichts betrifft, 
fo muͤſſen wie Fleiß, Geſchmack und Kunſtſinn an ihr 
ioben. Die Form iſt niemals leer, ſie ſchließt den Geiſt 
ein, und ſchließt ihn meiſtens ſchoͤn ein. Es iſt eine 
Fuͤlle wuͤrdiger Gedanken darin; aber ſolcher die nahe 
liegen, Durchblickung von Geheimmiſſen der Menſchenna⸗ 
tur ſuchen wir umſonſt darin. Doch nicht Jeder weiß 
einen ſolchen Schatz wuͤrdiger Gedanken zu heben — der 
Dichter iſt ihm foͤrderlich, Das klar zu erkennen, was in 
Jedes gebildetem Geiſte leben mag. Goͤthe dagegen machte 
der Welt Geheimmiſſe offenbar, die nur in ſeinem Geiſte 
Bar geworden waren. Fuͤr dieſe Gabe koͤnnen ſchoͤne Bil⸗ 
der, treffliche Schilderungen, ſinnreiche Gemaͤlde keinen 
vollkommenen Erſatz gewaͤhren. Nach all Dieſem, und wie⸗ 
wol mit dem unvergleichlichen „Fauſt“ unvergleichlich, bleibt 
nichtsdeſtoweniger ein ſchoͤnes Gedicht uͤbrig, Vielen erfreu⸗ 
lich, foͤrderlich und huͤlfreich, ſchoͤn als Werk der dichtenden 
Kunſt, lehtreich und mugbar für unſere Selbſterkenntniß. 
Ueber das eigentlich Formale an dieſer Dichtung haben 
wir ung bereits erklaͤr. Nur Das iſt noch nachzuholen, 
daß die Wortzufammenfegungen nah Rüdert: „Donner⸗ 
flurmgebraus” u. f. w. und wenig gefallen, „der Köhler: 
glaube und heiliger Quark“, S. 30, mit andern ähnlichen 
Unziemlichkeiten uns fehr misbehagen, und baß der Verf. 
uns unnoͤthig oft ducch unvolllommene Verſe ftört. Hier 
und ba mag das abfichtlich gefchehen fein, um bie Monotonie 
des deutfchen Jambus zu brechen; häufig aber iſt es auch 
wol bloße Bequemlichkeit und mitumter eine folche, bie wir 
nicht verzeißen können. Verſe, die gar nicht zu flandiren find, 
foßte Niemand ungerligt durchgehen lafien, wie 3. B.: 
Das war ein gift'ger Samen, ben ein Drachenleib empfing. 


und viele ähnliche. Doc mögen zuweilen auch Druckfeh⸗ 
ler zum Stunde liegen, an benen dies mit typographiſcher 
Pracht ausgeftattete Werk Leider ſehr reich ifl. Die zus 
gegebenen Skizzen find dagegen befriedigend. 

Zum Schluß wiederholen wie, daß dee Dichter uns 
dur diefen Sprung mitten in den Sängerhain hineln 
allerdings nicht wenig Überrafche hat. Wir haben ihm 
weder ein folches Maß von Drlginalität, noch fo viel Ernſt, 
fo viel Weltdurchſchauung, fo viel Wiflenfchaft zugetraut; 
feine Novellen zeigten uns einen guten Nachahmer nicht 
untadelhafter Formen, feine Beinern Gedichte einen ge- 
ſchickten Nachempfindler (wie 3. Paul einmal fagt); doch 
dies Gedicht verkündet einen gereiften Geiſt, einen Kuͤnſt⸗ 
ler, einen Dichter, von bem wir uns etwas verfprechen 
koͤnnen. 180, 





Les ecorcheurs, deutfh: Die Schinder, oder Kronm: 
raub und Pet. Hiftorifcher Roman in Fragmenten 
aus bem Jahre 1418, von Vicomte b’Arlincourt. 
Vollſtaͤndige Ueberfegung des franzöfifchen Originals von 
Joſeph Gambihler. Zwei Bände Paris, Heis 
deloff und Campe. 1833. 8. 1 Thlr. 8 Br. 


. Gleich dem früheren hiſtoriſchen Roman des Vicomte b’Ar« 
lincourt: „Die Mebellen unter Karl V.“, ift aud in bem vor⸗ 
genannten Geſchichtsbilde bie unverhohlen heraustretende Tendenz 
keine anbese, ats ben Heiligenſchein ber Iegitimen Herrſcherfa⸗ 
milie Frankreichs mitten in dem moͤrderiſchen Getümmel der 
wuͤſten, entfeffelten Leibenfchaften wie eine Folie bes Himmels 
leuchten u laſſen. Der wahnfinnige Karl VI, hat Paris ver 
laffen müffen, ber Herzog von Orleans fpielt den Verraͤther, 
wird aber bald das Opfer feiner eignen Pläne, ber Herzog von 
Burgund, Johann ohne Furcht, tritt mit ben Infurgenten in 
Verbindung und bie Königin Sfabelle, ein ausfchweifendes Weib, 
buhlt mit den Aufrührern. Gine Henkerbande, von einem ges 
wiffen Gabocdhe, der ehemals wirklich Abdecker war, les &cor- 
cheurs genannt, plünbert, brennt und morbet in ber Refibenz 
unter bem Panier bes Königs felbft anfangs, der fich in feinem 
Wahnfinn bethören laͤßt, ihre Frevel zu fanctionniren, dann uns 
ter ber Fahne bes Burgunders ber fi) ber Hauptſtadt nähert. 
Adarb ift einer der wildeften Bluthunde in biefer Bande. In 
feiner Zugend von einem Marſchall, Grafen von Rieur, feiner 
Ausſchweifungen wegen gefangen gehalten, hat er biefem, ber 
widerrechtlich, wie ber Geſtrafte wähnt, Eingriffe in feine Hands 
tungen ſich erlaubte, toͤdtliche Mache geſchworen. Zugleich ges 
ſellt ihn ber Glaube, er fei ber Sohn eines Ifraeliten umb 
gehöre alfo einer damals mit allen Greueln bes fanatifchen Ei⸗ 
fers gemishandelten Qlaubensfelte an, zu dem Haufen der Schin⸗ 
der. Er will fih am Abel, an der Kierifei, an den Kormen 
des Koͤnigthums, an Allem, was er als Barbaret bes chriftlichen 
Lehnsweſens anfieht, fuschtbar rächen. Sein Sohn iſt das Ger 
genbild feines Mefens. Gin Tanftes, frommes Gemüth zieht 
Moris Achard zur Partei ber Königlichgefinnten; er rettet ben 
jungen Dauphin und entreißt auch ben alten Marſchall ben 
blutigen Haͤnden der Verfolger, indem er ihm einen Verſteck in 
der Kirche anweiſt. Schon ſtuͤrmen die Henker herbei, da ſpringt 
der Greis in den Drachen des heilgen Marcellus, wo ihn Nie⸗ 
mand waͤhnt. Aber bie Prieſter follen in Proceſſion dem heran⸗ 
kommenden Herzog von Burgund entgegenziehen, und zu den 
ceremoniellen Gefäßen und Ritualien gehoͤrt auch ber Drache, 
dem der Poͤbel beſondere Huldigung ſchuldig zu ſein glaubt. 
Mit dem alten Marſchall im Bauche wird bad Ungethuͤm 
buch die Straßen ber Stadt gezogen, und bie fingenden Ple⸗ 
bejer kommen Jung wie Alt herbei und flopfen ihm Zuckerwerk, 


à :fdyerdlen aber — mehr „a 


568 


** ESchuuten dem Nuhm. Der ums Bunt zum 
Kin ‚guawhlte — Alles wieder vorn heraus und ein 
Sn er oichrei, das ber Abenglaube «eingibt, erfolge unter bem 
Ike beim "Anblid dei Sprienden Dradyen. Nie gab die Kir: 
‚, To ſehr mon fie auch Ropfte., ei eine —5x wieder ‘von 
3 das Mirakel ME werd Winige won keck näher 
ck, wi ihnen aus dem 
Funern des ethuͤms zwei rollende Augen entgegenglotzen. 
Dald erickt wirft endlich der Narſchall bie Hülle von ke fleigt 
aus dem geplegten Drachen und flüchtet in ein * Run 
iſt der Jubel ebenfe groß wie bie Wath über den Frevler; für 
Viesmal 'entwifcht der Ungluͤckliche aber dennoch den Händen ‚ber 
" sadyfegenben ——* Golche Iufige Bolksfcene mitten uns 
'tee dem Blutbade der Brenel genügt recht der frivolen Rabe 
dommenſchaft Voltaire's; folche Scwinte sur Grholung 
jakobiniſchem Bemegel beftätigen recht — —— 
Revoͤlutionen felen der Garneval ber Geſchichte. 
em wüthenden Achard gelingt es jeboch bald darauf, ben 
Marſchall, das unausgefegte Ziel feines Haſſes, zu erreichen und zu 
ermorden. Da ertönt von der Lippe des Sterbenden das furcht⸗ 
bare Wort, nicht ein vermeintlicher Zube, fondern er ſelbſt fei 
Achard's Vater, er habe die Sünde, ben unehelihen Bohn ges 
ugt zu haben, dadurch wieder gutmachen wollen, daß er ben 
ntel, den jungen Moritz, zum Erben feines Kitels und feiner 
Shter eimzufegen fich vorgenommen. Morit ift inzwifchen in 
der Nähe des Dauppins, Karl VII., den bie —** vin⸗ 
zen Frankreichs mit Jubel fgenommen haben, affen⸗ 
tige bes Herrſchers, zum erften Bünftling empördeftiegen. Er 
febet fort, bem Gefalbten des Herrn feine Treue zu bethätigen, 
hrend Heinrich von England, in Paris gefrönt, von den da⸗ 
ſelbſt theilweis verfammelten Ständen bes Reiche anerfannt und 
durch den Vertrag zu Troyes beftätigt wird. Die Liebe zur 
„Sngelbtume”, wie feine Grwählte unter ihren Gefpieliunen 
heißt, führt den jungen Morig nad) Paris, wo er ſich unter 
Leichen und Peftgeruch den Weg zu feiner Kallifte bahnt, bie 
bes Vaters Grauſamkeit ihm zu entreißen drohte. Sie ſchwoͤ⸗ 
ren fi ewige Treue, und troß ber Verſuchungen, die bem jun⸗ 
gen Helden von Geiten einer ſchoͤnen Herzogin, Gthelinde von 
Billa: Rofa, gefährlidd werden konnten, feflelt ibn das zuerſt ges 
nüpfte Band der Neigung. So ſchmuͤcken ben Süngling, der 
dem angeftammten Erben bed Vaterlandes huldigt, alle ritter 
lien Sardinaltugenden, Zreue, Frömmigkeit, Ehre und Sanft« 
muth. Mit dem Dauphin, ber eine firahlende Lille in aller 
Reinheit einer fanften Glorie repräfentirt, geraͤth er daburch, 
Daß Sepslinde von bemfelben geliebt wirb und biefe den Prins 
zen verfchmägt, in einen intereffanten Gonflic. Karl VII. re: 


ſignirt fchon, weil er feinen Waffenträger für ben Vegluͤckten 


und für ben Liebenden Hält; allein die Engelblame bleibt fein 
Gteen, und bie Ducheſſe geht in ein Klofter, nachdem fie ihr 
Teſtament zu Gunften des Geliebten aufgefeht bat. 

Durch alle diefe mit lebhaften Peer, oft aber zu ſtizzen⸗ 
daft hingeworfenen Berhältniffe, in benen auch ein luſtiger Pup⸗ 
penfpieler, Hilarion Mathieu, mitten unter der blutigen Ber⸗ 
wirrung eine intereffante und pikante Figur abgibt, ſchlingt ſich 
die unpoetiſche umd allzu geſuchte Abſichtlichkeit, alle Kafter, de: 
ren Schauder von ben Infurgenten und ben Gcorcheurs aus 
geht, als eine confequente Folge ihrer verlegten Treue gegen 
den König hinzuftellen. Gehaͤufte Motti aus gedrudten und 
ungedrudten Mittheilungen von Perfonen ber Gegenwart ſtehen 
in gehäffiger Verbindung mit ber Kataftrophe von 14185 bie 
Drleans werben als treulofe, wortbruͤchige Feiglinge geſchilbert, 
mb ber Vergleich ber MWairevolution unter Karl VI. mit der 
Sulitevolution von 1830 nebft ben Unruhen bes Zuni von 1882 
ift bei den Haaren To fehr berbeigezogen, baß bie Lecture für 
Sranzofen, die gern nad Parallelftellen unb wigigen, überras 
fehenden Gleichnifſſen haſchen, hoͤchſt fpannend fein muß, allein 
der wahre Werth eines von der Leibenfchaftlichleit ber Tages⸗ 
intereffen fern liegenden Kunſtwerks babei verloren geht. An bie 





Beitigfei ber Bourbons, am die von Arlincourt geſchilderte ebie 
——— Karl X. glaubt kein Wahrheitéliedender, und 
wie daraus, daß Romane und Gebichte nur Parteiſchriften find, 
ein Heil für bie vommmtifche Muſe ber Reufranzefen ſich erges 
ben Tann, fieht kein Freund ber Daß bie 

fen im Felde ber hiftorifchen Biffenfihoft oft durch fubj 


Eindruͤcke und Saunen verführt werden, bie ‚Wefelchtsqueilen, 


die Beflalten und Verhältniffe der Bergangenbeit zu teäben nad 
u flören, if längft anerkannt; jept Tommen num :audı noch ohre 
riſch⸗ romentifchen Poeten und fuchen ſich e und Bil⸗ 
der im ber Vorzeit, um damit ihren, der flüchtig wechfelnben 
Mode angehörigen politifdgen Glaubensbekenntnifſen auf bie Beine 
zu berfen. Paris ift dem Wicomte d’Xrlincourt ber Auſt 
u 2* der Mittelpunkt des Verderbent 
Ust, 22 aber — ber Stern ber Beh 


Literarifche Anzeige. 


Bericht über bie Verlagsunternehmungen für 1833 von 
, F. Brodhans in in Beipsig. 
Die ann von * —* —* die —— — —— — 
J. An Zeitſchriften wird für 1833 fortgefegt: 
*1. Blätter für literariſche Unterhaltung. Cberansgegeben un uns 
ter Berantwortlichleit der — Fa iur rigen 


Auf gu 


2 Ihlr. 
kb DI } 
——— D ag E und Beige außgegeben, Tann aber auch in 


“2. fie, —* diſche Zeit ‚ uͤglich Naturge⸗ 
—58— nt Popeige, Qerineghe von Dien. 
Sabrgang 1858. 2 Hefte Gr. 4. Auf Drudyapier. 


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en ———— Ein biographiſches Magatin für die Ges 
ſchichte unferer Zeit. (Herausgegeben unter Berantwortiühe 
keit dee Berlagshandlung.) Vierten Bandes fechätes Heft und 
folgende. (Nr. XXTX und folgende.) ®r. 8. Seh, Preis bes 
4% von 6-7 209 en a eo Drudpapier 18 &. 


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ber ——— nos — wenn; — 


— von 3 Thlx. werben 
titen und dergl. ben Blättern für uterarifge un- un 
terhaltung, und gegen Bergütung von 1 Thlr. 12 
der Iſis beigelegt Pr beigeheftet. 
H. An Sortfegungen und Reften erſcheint: 
”5. Atterbom (D. A.), Die Juſel der Gickſeugkeit. Sa⸗ 
genfpiel in fünf Abenteüren. Aus dem —— uͤberſegt 
von re ent. A au heikung. Br, 8. 26 Bogen auf 


ie ee —— (1881) Toftet 1 Thlr. 12-®r. 

6, Becker elm Gottlieb), Augwteum, Dres- 
dens antike Denkmäler enthaltend. Zweite Auflsge. Be- 
sorgt und durch Nachträge vermehrt von With. Adolf 
Becker. Drei Bände oder 13 Hefte, mit 154 Kupferta- 
fein. Die Tafeln in Royalfolio, der Text in Octev. Fonfies 
Heft und fı [olgende. Subscriptionspreis eines Heflıs 
4 Thir. 21 


8 t rt t I—XLVL und 
—— IFi * 2 N ut Zert Bogen 1 T ZANtr 


7. Bibtiotpel beutfcher Dichter bes ſiebzehnten Saprhunderte. 
Begonnen von Wilhelm Müller 5 von Karl 


Börfter. %; Dreizehntes Bändchen. 6. 


papier 
d 
ie ln a De nA — 83 


Gr. Die Sortfegung folgt.) 











Nedigirt unter Berantwortlichtelt der Verlagshandlung: 8. A. Brochaus in Leipzig. 











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kenntnißvermoͤgens. Gotha, Hennings. 1832. Gr: 8. 
2 The. 8 ” othe/ Henning nu 


Es laͤßt fi zwar uͤber dieſe Schiift wol kaum 
kin volſſtaͤndiges Urtheil fällen,‘ bevor auch der zweite 
Band derfelben, welcher die Metaphyſik enthalten fol, er: 
fchienen fein wird; jedoch iſt es vieleicht den Freunden 
des philofophifhen Studiums nicht unmwilllommen, bie 
Richtung im Allgemeinen bezeichnet zu fehen, welche bie: 
ſes Werk, deflen Umfang ſchon geeignet iſt, die Aufmerk⸗ 
ſamkeit auf ſich zu ziehen, nehmen wird, Man kann viel: 
leicht die Philofophen unferer Zeit nicht ohne Grund ein- 
theilen in fuchende und habende, in arme und reiche. 
Jene fangen wenigſtens mit ber Armuth an, um reich 
zu werden, fie glauben durch das Suchen hindurch den 
Weg zum Finden nehmen zu müflen. Diefen hingegen 
iſt nichts zu thun übrig, als der Welt zu erklären, daß 
‚fie haben. Sie figen auf dem- ppthiſchen Deeifyß, 
ihre Sprüche verlangen nur ein gläubiges Voll. Der 
Berf. der neuen Theorie, der ſich ſchon namentlich dutch 
feine Zeiftungen in der Geſchichte der Philofophie, welche 
fi) durch Klarheit und Unbefangenheit aufs Vortheilhaf⸗ 
tefte auszeichnen, entfchiedenes Verdienſt erworben bat, bes 
ennt fi, nad) der vorliegenden Schrift, zu der erſtern 
Claſſe. Ref. glaubt Indeffen, dem günftigen Lefer nichts 
Neues zu fagen, denn was läßt ſich bei dem Zitel einer 
„Theorie des Erkenntnißvermoͤgens“ Anderes erwarten ale: 
Herr Reinhold ift Kantianer. Hiermit iſt der Stab über 
ihn gebrochen, wenigſtens von Einer Seite her. Diefer ſich 
fetbft mefjende Maßſtab des Kriticiömus, ſagt man, fei 
- eine laͤngſt abgethbane Sache, Der fi felbft fegende 
Maßſtab mag nun allerdings eine neuere Erfindung fein; 
allein mit jenem mehr wigig als wahr gefprochenen Worte 
darf fich die Mtifche Schule wenigſtens nicht für vernich⸗ 
wet halten. Es hat mit dem fich ſelbſt meſſenden Maß⸗ 
ſtabe am Ende tee andere Bewandniß als nie deu Re: 
flexion Überhaupt, als mit der ganzen Natur bes Selbſt⸗ 
bewußtſeins. Alletbings hat es wenigſtens für den erſten 
Augenblitk etwas Auffallendes, wie das Vorſtellende ſeibſt 
wieder zu einem Vocgeſtellten werde, namentlich wonn 
man das Vorſtellende als das ausgehoͤhlte, abſtratte, Sich: 


... 3333 En Ze Pi N .. 

ae'ſche IH nimmt. Aus ſolches wuͤrde aber auch das 
taphyſik, von Ernſt Reinhold. Erſter Bad. 
Auch unter dem Titel: Theorie des menſchlichen Be: 


Vorſtellende niemals. Worgeſtellteß werden koͤnnen, Selbſt⸗ 


-bevoußefeitt,, ſofenn gu diefem eine. Entgegenſetzung erfodert 


wird, eine ſolche aber in einem abſtracten Ich, in ‚weis 
chem fchlechterdinge fein Mannichfaltiges gedacht werben 
Fol, nice mehr moͤglich if: Das Sch, das Balbfibe: 
wußtſein, wird, was es tft, nur in der einzelnen indivi⸗ 
duell beſtimmten Vorſtellung,: mb das Ich. id nur-bie 


gegenwaͤrtige Vorſtellung, wie fie fich anreiht an bie ver 


gangenen, fich als etwas von jemen Unterſchiedenes mit 
ihnen, die im Einem Subject: find, zur Einheit verknüpft. 
Auf irgend eine Art muß eine Xrennung zwiſchen dem 
Vorftellenden und Vorgeſtellten gemacht werdan, wenn 
eine Entgegenſetzung beider moͤglich fein ſoll. Diefe Tren⸗ 
nung kann aber ‚nicht dadurch bewirkt erben, daß bes 


..‚WBorgeftellte etwas mehr‘ oder etwas weniger oder etwas 


Anderes habe ale das Worftellende, denn dies wÄre gegen 
die Vorausſetzung, daß das Vorgeſtellte voͤllig Daſſelbe fei 
wie das Borftellende, und es bleibt alfo, da Vorſtellungen 
nichts Raͤumliches find, durchanus nichts Anderes übrig, 
ats daß wir die Unterfcheitung in der Zeitfolge fuchen. 
Es if darum ein entſchiedener Fehlgriff, das Ih ale 
etwas Intelligibles zu. denken, da es vielmehr nur als 
eine forttaufende Weihe von Berfielungen möglich ift, 
und das Ich müßte als aufhoͤrend gedaczt werden, wenn 
fürs Erſte diefe-Reihe irgend einmal als abgelaufen ges 
dacht werden müßte, fürs Audere, wenn irgend «inmal 
die Verknuͤpfung ber gegenwaͤrtigen Vorſtelung mit ker 
vorhergehenden unterbrochen werden koͤnnte. Mag alſo 
das Witzwort des ‚Tich: ſelbſt meſſenden Maßſtabs iegendwo 


fchlagende Kraft befigen, Jo würde dieſes nun in. einer 


falſchen Vorſtellung vom Ich feinen Grund Haben, wozu 
wir allerdings auch die Kant'ſche und vom WVerf. wicht 
entichieden genug zurudigewiefene rechnen (S. 73), wel: _ 
cher behauptet, die Worftellung: „ich denke”, müfle alle 
unfere Vorſtellungen begleiten. können. Nach dem eben 


Gefagten winden wir biefee Satz fafl licher umzukehren 
verſucht ſein. 


Heer Reinheld iſt alſo Kantianer und es kann Ihm des⸗ 
halb von Andern kein Vorwurf gemacht werden; da’ das 
kritiſche Streben nicht durch eine dogmatiſtiſche Ordon⸗ 
nanz ſofort abgethan wird, fo ſoll ihm auch von unfener 
Seite nicht zur Verkleinerung nachgeſagt fein, daß wir 


"von einer But 


. „570 


ihn Überhaupt einen —aner nennen, benn bie Meinung 
kommt faft dem Wahnfinn gleih, daß als Philofoph nur 


felbftändig fei, wer nichts von ben Bemühungen Anderet- 


in fi) aufnehme. Die Philofophie wenigſtens weiß nichts 
uch die Bemühungen afler Uebri⸗ 

9 füg fm Binz a Yale nz perloren Jehen mäßten, 
chſtendẽ fü Ihn Aur- vorhanden Mein koͤnnten « um bie 
Kraft der Zerftörung daran zu üben; wenn fchon fie auf 
der andern Seite zur frengften Pflicht macht, daß biefes 
Aufnehmen nicht ein bloßes aͤußeres Anfetzen, Tondern 


Kar — geiſtiges Aneignen durch Setbftforfhen.e 
e e 


n otgani ffimitiren fei. Auch Herbart nenmt ſich 
einen Kantianer, und Niemand, am wenigſten: Herr Rein: 
hold bei feiner umfaffenden, gründlichen Bekanntſchaft mit 


Eder Befchicgde der Phitofephie wird gebe’ diefem Philo⸗ 


fophen die. Selöftändigkeit abſprechen. Ä 


..AIndem wir mit dem Bisherigen einige Punkte und 


zwar einige Dauptpunkte feſtgeſtellt haben,. in welchen wir 
mie dem’ Verf. der vorliegenden "Schrift einflimmen, glau: 
ben wir uns damit auch ein Recht begruͤndet zu haben, 
das "in letzter Inſtanz auf der Selbſtaͤndigkeit des Den⸗ 
kens beruht, diejenigen. Punktes bemerklich zu machen, fo 
-weit: dies mach der theilwiifen Vollendung des Werkes 
möglich, Kit; im: weichen wir von ihm abgewichen fein wür: 
den, Fuͤr Denker "von. "ganz entgegengefegter. Richtung 
“gibt: es eigentfih nur Eine Entgegenſetzung, naͤmlich die 
im Dradp, tn 

Die vorliegende Theorie zerfällt in zwei Theile, deren 
erſtet die Entwickelung, des menſchlichen Bewußtſeins dar: 
ſtellt, der andere die: eigentliche Kritik des menfchlichen 
Erkenntnißvermoͤgens enthaͤlt. Jeder dieſer Theile zerfällt 
wieder in fuͤnf Abſchnitte. Ehe wir aber hier weiter gehen, 
‚möchten wir nur auf eine Einrichtung der Schrift auf: 


merkſam ‚machen, die Hr. Reinhold. zwar mit vielen, na: 


mentlich philoſophiſchen Schriftſtellern gemein hat, die wir 
jedoch nichtöbeftowenfger nicht nur dem ſchuellen Ber: 
ſtaͤndniß, Tondern auch dem Interefie an der Unterſuchung 
entſchieden hinderlich finden. Es laſſen naͤmlich fo viele 
Denker, und der Verf. kaͤßt uns ſehr Tange im Uhgerif: 


-fen,,: anf welches Ziel es denn mis den Forfhungen, mit 
nall den weitläufigen: Vorbereitungen: abgefehen fei; und 
doch; würben ‚fie gewiß aus den angeführten Srlmnden bef- 
"fer thun, wem fie. wenigſtens einen Dauptfag, auf ben 


fiö zunaͤchſt losſteuern, zum Voraus Tehen ließen und als 


Lock⸗:und Leitvogel an die Spitze ſtellten. Ran beſchul⸗ 
dige uns deshalb‘ nicht vorſchnell, als wollten wir das 


Oberſte zu unterft Lehren, ein logiſches Hpfteron Proteron 
fodeen und’ über den anatytifhen Bang den Stab brechen. 
Wir wiſſen, daß biefer für gewiſſe Unterfuchungen, nas 
mentlich von folcher Att wie die vorliegenden, entſchieden 


nothwendig iſt; allein er hindert auch durchaus Nnicht, ein 


Ziel, gegen welches man ſich ſtetig bewegt, vorher zu zri⸗ 
gen, wodurch den, gemiß für Den, welchem, A Darum zu 
“hun iſt,, Wahrheit zu erforſchen und Wahrheit zu "ver: 
breiten, entſcheidende Vortheil erzweckt wird, daß : ach 
weitläufigere Vorbereitungen, die nöthig werben ſollten, 


in ihrer Einheit: und gangen Kraft anfgefaßt: werden Län: 


- 


Pr 22 —6 


Pu 
nen; alfo hrde nur das Verſtaͤndniß erleichtert, ſondern 
auch die Sotidität des aufzuführenden Gebäudes geför: 


"dert, wenigftens in die Augen fallender gemacht werden 


koͤnnte. So hat Kant an die Spige feiner Fritifchen Uns 
prluhungen bie Frage. geflellt: ob ſynthetiſche Urtheile 


{| 8 priorfim fehln. Dimit paar zhar Yoch, nicht das 
Reſulta Ve GR eined gamgen Mi dem 


Leſer bingegeben, es ließ fih kaum ahnen, welcher Reid: 
tbum von Folgerungen im Bejahungsfall der gemeinten 
Frage ſich ergeben würde; allein es war doch eine Spike 


egen welche der Korfcher hitzgrbeitet In⸗ 
a gefehlt” EB bie Veberficht der — 24 Ar 


„Die bis zus Beantwortung gethan werben müßten, ge- 


fihert. So würden wir denn zum erwähnten Zwede an 


"bee Stelle unſers Baf. eben mit 6. 44 des zweiten 


Theils begomnen haben, von welchem aus über das vor- 


-Hegende Merk, fofern «6 eine Theorie der Erkenntniß fein 


fol, betrachtet, ſich ein leichterer Weberblid und im Kolge 
von diefem eine gefichertere Schägung..des Gangen erge⸗ 
ben muß, und den wir deshalb zum. Beften unferer Leſer 


‚feinem Yaupginpalte nach berzufegen uns verpflichtet fühlen. 


In dem gemeinen gefunden Verfiande (fagt dort der Verf. 
©. 433) zeigt ſich mifchen dem zweifelloſen Gürwahrhalten und 
bem Glauben und zwiſchen ber Gewißheit und der’ Ungewißgeit 
keine mit binlänglicher Sicherheit und Genauigkeit für feine 
Anerkennung beftimmte Grenze. Yür ibn gilt ats ein allgemei- 
nes Kriterium ber Wahrheit der Grumdfag: wahr und gewiß 
ift Alles, mas theild vermitteld later und vellftändiger Sinnes⸗ 
wahrnehmungen, theild in der unmittelbaren Evidenz mathema⸗ 
tifcher Anſchauungen und Begriffe, theils unmittelber in uns 


ſerm Selbſtbewußtſein aufgefaßt,. und. was aus bem Inhalte ſol⸗ 


her Auffaffungen in einer: logiſch⸗ richtigen Kolgerungstweife. ge⸗ 
KAP wird. Aber dieſer Srundfag kann .gegen bie fkepti= 
ſchen @inmwürfe und Bedenklichkeiten nicht Stand halten, infos 
weit diefelben befonders in Zweifel ziehen, ob das Zeugniß ber 
Ginne zureihe, um uns über bie Realität ber Körperwelt Ge⸗ 
wißheit zu verfhaffen. . Auch befigt er. nicht die Macht, die kos⸗ 
mologifchen, moraliſchen und religioſen Anerkennungen jur Stufe 
der Gewißheit zu erheben, und die Ungewißheit über biefe Ge⸗ 
genftände der reinen Bernunftbetradhtung iſt im Denfen bes 
gemeinen Verftandes mit mandertei Dunkelheiten, Lirden und 
‚Widerfprüchen verbunden. Indem nun der philofophirende Ver⸗ 
fland über den Standpunkt des -gemeinen in feinen Beftrebuns 
gen fich erhebt, muß er feine Unterfuchung amf die tiefer liegen: 
ben, dem lehtern. verborgen bleibenden Urſachen und Bedingun⸗ 
gen aller Erkenntniſſe und Weberzeugungen fichten, bie er ale 
weſentliche hinſichtlich des Wegriffe der Menſchheit zu betradh: 
ten bat. Daher bietet ihm auf dem ihm eigenthümlichen Stand: 
punkte feiner Forfchungen das. Problem ſich dar, zur. Entſchei⸗ 
bung zu bringen,, ob .biejenigen Thatſachen bes Bewußtſeins, 
weiche dem gemeinen — Berftande für gewifle Erfenntniffe gel: 
ten, dies in ber That nach vollgültigen, die höhern wiſſenſchaft⸗ 
lichen Anfoderungen unferer Vernunft durchaus befriedigenden 
und die @inmendungen des Skepticismus »öllig ‚befeitigeaben 
Gründen. find. oder nicht ſind. 


. Mit Voranſtellung dieſor Arioel⸗e wire nicht nur, 
wie: ſchon gelagt, für. das leichtere, Auffaſſen der ihrer 
Natur * Ion: ſehr ſchwierigen und durch die Art ber 


Darſtellung nicht erleichterten Untegfuchungen viel gewon⸗ 
‚nen, ; fondern- es waͤre vielleicht ein ſolches Voranſtel⸗ 


ten dem Derf. ſelbſt Auffoderung geweſen, feine pſycho⸗ 
logiſchen Vorunterſuchungen über die Entſtehungsweiſe des 
menſchlichen Bewußtſeins im erſten Theil mehr für feinen 





‘ 1 


ſpeciellen Zweck zuzutichten; es wuͤrde Ihm Veraulaſſung 
gegeben haben, „die ſteptiſchen Einwuͤrfe und Bedenklich⸗ 
keiten“ oder, wie er es kurz genannt wiffen will, „den 
‚trandfcendensäten Zweifel“ umfaffender und ſchaͤrfer dar⸗ 


ouſtellen. Io, es minden. fogar,. um den. willenfchaftlichen 


:Aufammendaug recht firemge darzulkgen, ohne . Bweifel 
manche Unbeſtimmtheiten in-- ber: Baflung des gedächten 
‚Paragraph felbft vermieden worden fein. Hierher rechnen 
wir, wenn er- von dem gemeinen Verſtande fpricht, wel⸗ 
hen vagen. Ausbrud wir genauer, wiſſenſchaftlicher be: 
ſtimmt wimſchen müffen, namentlich fofem and) ee auf 
die kosmologiſchen, moraliſchen und religioͤſen Anerkennun⸗ 
"gen ſich hinrichten fol. Ferner hätte dee ganz unbe 


ſtimmte Außdrud: „die hoͤhern wiffenfhaftligen 


Anfoderungen ber Bernunft”, in einer Stelle, die bie 
-Hauptaufgabe der ganzen Unterfuchang angibt, vermieden 
werden müffen, wie denn uͤberhaupt und in&befondere gegen 
‚dag Ende des Werks, wo das Beduͤrfniß des ferengen 
Zuſammenhangs immer lebhafter. fpricht, eine größere Praͤ⸗ 
eiſion des Ausdrucks zu wünfchen geweſen wäre. 

Die vorgenannte Aufgabe fucht der Verf: dadurch zu 
loͤſen, daß er im Folgenden alle Seelenthätigfeit in einer 
Abhängigkeit von dem Erkennen darzuftellen fid) bemüht, 
die Kormen des Erkennens felbft aber durch die Verhaͤlt⸗ 
‚niffe der Koͤrperwelt bedingt darftellt, Tich dadurch von der 


-Dbjectivität der Körpermelt überzeugt und aus ihr hin: 


röiederum die Objectivität aller unferer Erkenntniſſe fol: 
‚gest. Doc man werfe uns nicht vor, von vornherein 
die richtige Anficht der Schrift verkehrte zu haben. Wir 
folgen alfo dem Verf., wenn er von ber Darftellung der 
Entſtehungsweiſe des menfchlichen Bewußtſeins ausgeht, 


durch die er fih in den Stand fegen will, bie wahren 


allgemeinen Erkenntnißgefege für die grund: 


soefentlihen Thatſachen umferer Sntelligenz 


im Unterfchied von den bios formalen logifchen Denkge⸗ 
‚fegen mit Beftimmthelt in der Betrachtung hervorzuheben, 
Nach einer faſt ganz nur hiſtoriſchen, die verfchiede: 
nen Ausgangspunfte der philofophifhen Speculation, und 
insbefondere die bisherigen Verſuche in der Theorie ber 
Erkenntniß in einem fchöneri Ueberblick zufammenftellenden 


. &inläitung geht der Berf. an die Darftellung ber Ent: 
widelung des menſchlichen Bewuftfeind. Der erfte Ab: 


fchnitt, wol der wichtigfte, handelt von den erfien Entfal: 
tungsmomenten bed Bewußtſeins. Er befchreibt fie nach 
den drei Hauptflufen bes Lebens, der vrgetativen, der thie: 
riſchen, der menſchlichen.“ Etwas Neues haben wie im 
MWefentlihen ‚in diefem Abfchnitte nicht gefunden, aber wir 
vermiffen ſchon hier diejenige Beſtimmtheit, deren Mangel 


wir bereit6 als dem Fortgange ‘der Unterfuchung hinderlich. 
dargeftellt haben. Wir wollen zum Belege nur Das an⸗ 
‚führen, was er von der, menſchlichen Seele fagt, wenn. 
„se.fie nicht als eine Subflanz betrachtet (S. 45), d. h. 
‚acht als⸗ein Für fich beſtehendes, unmittelbar im Raum 


xxiſtirendes Weſen, welches. das Subftrat, ber Traͤger ge: 
wiſſer ihm beimohnender Eigenfhaften und Beſtimmun⸗ 


gen wäre, fondern vielmehr als eine an den leiblichen 


Organismus gebundene Thaͤtigkeit und Kraft, die in der 


VMechſaurirkung wit iheem Leib und vermittels ihees Lei⸗ 
bes mit dee Außenwelt ſich nach und nad aus einer ar: 
‚prüngfihen Anlage entwickelt, Die, alſo in ihrer Frißenz 
RAR, A fortſchreitenden Entfaltung von koͤrpertichen 
Ind uͤberhaupt von aͤußern Bedingangen abhängig iſt. 
‚Was heißt es bier: bie Seele fpl ‚gebunden ‚an den jeib⸗ 
lichen Organismus? Heißt «6 nur fo viel, daß die Thaͤ⸗ 
tigkeit der, Seele in ber Erſcheinungswelt bedingt werde 
duch ben leiblichen Organismus, fo ficht man, nicht ein, 
‚worum ber Seele die Subſtantiglitaͤt abgeſprochen wich, 
‚e8 wärg denn, daß man den Begriff der Subſtanz: Spi- 
noziftifch fublimirt hätte. Wil man aber das Gebunden: 
fein fo. verſtehen, was ‚allerdings twahrfcheinlicher die Mei⸗ 
nung des Verf. iſt, dag auch Hinfichtlich der Exiſtenz bie 
Serie von dem Körper bedingt wird, dann läßt fich nur 
nicht einfehen,. wie von einer Wechſelwirkung zwiſchen bei: 
ben die Rebe fein kann. Dann läßt fic ferner nicht ein- 
ſehen, wie nad ber Meinung des Werf. das Bedingte, 
das ſeiner Eriftenz nach Abhängige bleiben fol, während 
das Bedingende aufhört (S. 509). Auf jeden Fali hat 
Ref, weder die eine noch bie andere Anficht vom Verhaͤlt⸗ 
niß der Seele und des Leibes durch die dem- erwähnten 
Paragraphen vorausgehenden Unterfuchungen begründet fin: 
‚den können. Hätte dev Verf. das Bewußtfein, das Ich 
in feiner Vollendung genommen, wie es ift und ſich gibt; 
‚hätte er einzelne Acte dieſes Bewußtſeins fi die Vie— 
tzachtung fixirt und durch Die Analyſis derſelben das We⸗ 
ſen des Ichs zu ergründen geſucht, fo wuͤrde ſich ohne 
Zweifel ein anderer und weniger ſchwankender Begriff von 
ber Seele ergeben ‚haben. Es zeigt ſich an dieſem einen Pa: 
ragraph, daß wir bei einer Darftellung des Bewußtſeins 
unmöglich. ben genetifchen Gang gehen und, wie der Verf. 
gethan bat, die verfchiedenen Stufen des Lebens auseinan: 
„er ſich entwigeln laffen können. Von dem bewußtloſen 
Leben. haben wir kein Bemwußtfein, und ‚mollen. wir ung 
‚davon dennoch: sine Vorſtellung machen, ‚fo. geſchieht «8 nur, 
daß wir einzelne Merkmale unfers menſchlich bewußten Le: 
bens fallen laſſen. So erhalten wir den Begriff des thieriſchen 
Lebens, und von diefem wieder einige yuter[heidende Merk⸗ 
‚male binweggenommmen, erhalten. wir den Begriff des 
vegetativen. War es alfo des Verf. Abficht «fe racht in 
der Mitte der Erfahrung von feften Thatfaghen: aus die 
Baſis für feine Operationen zu nehmen, ‚fo. können wir 
dies unmoͤglich fuͤr den richtigen Weg erkennen. Das: gt: 
netifche : Conſtruiren bat einen Schein der Dbieetivitdt, 
bewegt ſich aber, wie fo viele Beiſpiele unferer Zeit dar: 
thun, entweder in Spielen ber Einbildungsfraft oder, lo: 
gifchen Analyſen. Wir haben .alfo auch hier nur. 2b: 
fracta. vor uns, denen ber Schein wahren. Lebensenfchei: 
nungen, gegeben ‚wird, und an Abfiracten eine Pſycho⸗ 
logie aufbauen, tft und bleibt der Tod aller pſycholagi⸗ 
(hen Wahrheit. Es ift darum diefer Gang bei bem 
Verf. um fo mehr zu beklagen, als feine pſychologiſchen 
Unterfuchungen im Uebrigen infofern grade gereinigt er- 
[einen von einer feiht und durch Kant flabil geworde⸗ 
nen pſychologiſchen Nomenclatur, duch welche man ſich 
bie Seele, von der man erft ſehen wollte, was fie ſei 


% 


5%2 ⸗ 


von vomherein zu einem Faͤcherkaſten macht. --uberbiis | som; Meike ein 


hat He Dearfteltemg, deren ſich der Serf. bedient, offen⸗ 
‚bar das Misliche, daß man auf die Meinung gerdch, abs 
bürfee gu dern Thlere nur noch etwas hinzugethun wer⸗ 
den, ‚eine Unze Sehirn, um dem Pavian noch -volfende 
zum Menſchen zu helfen“. Und doch iſt dies gegen alle 
richtige Lebensanficht, fofern das vegetative und noͤch mehr 
28 thierifche Leben des Menſchen fich fpecififch unter⸗ 
ſtheidet :von dem einer Pflanze, oder beziehungẽweife von 
dem eines Brutums, wie ums fehon der nicht volllommen 
eutroichelte Menſch und der wieder unter den Menſchen 
Yerabgefuntene Menſch kundthut. 

:Dee Hauptpunkt dieſes Abſchnitts iſt daß der Taſt⸗ 
Han vor -den 
An objectiv Reales an fih Vorhandenes, naͤm⸗ 
lich der Widerſtand und die mechaniſche Undurchdringlich⸗ 
Leit der Rörper, wie auch ihre Geſtalt und manche 
Beſchafſenheit ihrer Cohaͤfion ſinnlich aufgefaßt werben 
(S. 66 u. 77 fg). Die Aufgabe, deren Loͤfung wir 
in diefem Abfchnitte firchen zu müſſen glaubten, finden 
wie denn doch im Grumde nicht, naͤmlich, um in ber 
Dartſtellungsweiſe des Verf. zu fpeechen: was denn das 
ſei, was zu dem Thieriſchen hinzukommen müfle, um «6 
zu einem Menſchlichen zu machen? Wol fagt man ums, 
bieſes fei das Selbſtbewußtſein; allein wie viel und. wie 
wenig ift hiermit gefagt! Daß es da fei im Menſchen, 
wußten wir, auch ohne es dem Thiere abzuſprechen; und 
wie es eigentlich werde, das erfahren rote auch hier nicht. 
Wir Hören bios, daß ed durch den ſinnlich empfundenen 
Widerſtand der Körper,” durdy bie Gliederbewegung und 
durch die Erinnerung gefchehe. Alten da all Diefed aud) 
bei dem Thiere fattfinder, fo haben wir do im Grunde 
nur gleiche Urfache und verfchiedene Wirkungen, alſo eis 
gentlich keine Urfachen gefunden, und wir volffen immer 
nicht, wie es komme, dab ‚grade bei dem Menſchen durch 
Die finnliche Empfindung eine Reflerion, ein Ich, erzeugt 
werde. Wir fehen uns‘ auf jeden Fall verindert, die De⸗ 
Dingung der menſchlichen Erkenntniß in etwas von 
dem menſchlichen Subieet Verſchiedenem, alfo z. B. in der 
fihnenfälligen Körperwelt zu fuchen.: Faſt möchten wir 
Barum: bem Berf. den Tabel zurädigeben, den er (S. 87) 


‚gegen Kant ausſpricht, wonach naͤmlich dergleichen nur | 


‚Die Bewehner des Ufert ergriffen überall die Baudht 


beigen ausgezeichnet wird, durch vwoelchen | Leine Bol 


Bericht des imbarıtea A. Miller auf ben 
Ebnigl. Shiffe Aetua verleſen, melcher einen fruͤhern bes Gapitain 
Belcher exgaͤnge. Der Babe, —— — ed. Aetna, wer 
Io weit, als 6 das Kahrmwäffer erlaubte, fromaufivärts gegangen 
und gegen 2OO engkiſche Weiten vorgebrungen. Dan fand ben Fiuß 
eine Meile breit, ſehr ef. umb feinen Lauf ſeht en 

mub ſchei 
nen noch nie mit Gusopäeru, verlehrt gu Haben, 

An ber koͤnigl. Society of’ literature wurde ein im State 
paper office aufgefundenes Gebet,‘ von Kart I. Hand gefchitk 
ben und wahrfheintich von ihm verfaßt, vorgelegt. - Be iſt von 
4634 batist, atfo Sahre lang vor dem Veginn. hir Dor geskriege, 
und ſcheint durch die darin waltende innige igkeit, sd 
ba es wol taͤglich vom König benugt worben, ben Beweis 
liefern, daß des ungluͤcklichen Monarchen andaͤchtige —* 
Folge feines Misgefhids waren. Es wurden ferutr 
Druchſtuͤcke aus einem unlängft ‚vom britifdyen Mufrum acquis 
rieten Manuſeript mitgetbeilt, weiches über die Flucht Karl I. 
nad ber Schlacht bei Worcefter bie umſtaͤndlichſten Nachrichten 
gibt, die man nur wünfden kann. Es rühst vom Oberſt Gun⸗ 
ter von Radton (Suffer) Her, ber dem Töniglichen Fruͤchttitig 
ein Schiff zur Wahre nach Frankreich verfihaffte und biefe Rad: 
richten feinem Sohn in bie Feder birtirte, wie ba Mauss: 


‚feript beſagt. 


— — —— — 


Sin Herr Edwards in Birmingham hat eine Art Univer⸗ 
ſalalphabet erfunden, deſſen Thataktere auf und zwifchen vier 
Linien, aͤhnlich ben zu Roten beſtinmten, geſchrieben werden; 
die Geſammtzahl derſelben iſt. 52, und wenn dadvrch alle Tdge 
bezeichnet wuͤrden, deren die menſchliche Stimme faͤhig iſt, ſo 
müßte Derjenige, welcher ſich eine hinlaͤngliche Bekandtſchaft mit 


benſelden erworben hat, jedes "damit geſchriebene Wort aus jeder 


Sprache richtig Iefen koͤmen, wenn er auch nicht das Mindeſte 


von beffen Bebeutung verftuͤnde. 





Sir Anthony Garliste bat ber Londoner mebicinifc:botamis 


ſchen Gefellfhaft ein neues Mittel gegen bie Wafferfheu mit: 


getheitt, weiches Im Safte einer fübamerikanifihen, zum Gactußs 
gefchlechte gehörigen Pflanze befteht. Dem Genannten waren 
mehre Flaſchen dieſes Mittels zugefenbet und befien Wirkſam⸗ 
keit verduͤrgt worden. Ss, wird dem Kranken, den man yorker 
ſtehend bis and Kinn in die Erde eingsäbt, in den Hals ge⸗ 


goſſen; indeſſen gehdrt biefes Gingraben nit Zur Sur, unb 


kann daher wegbleiben 


Dos Perſponel des Poſtweſens in Paris beſteht aus «is 
nem Generaldivector, drei Poſtverwefern, einem Geñeralſecre⸗ 
tair, 680 Schreibern und 360 Poſtboten, welche jaͤhrlich 
2,082,110 France wetalt beziehen. Der Grtrag des Portos 
belief ſich auf 7,080; Ir.was einen Weberfhuß von fuſt 


m einer folkhen Kritkt des Etkenninißvermoͤgens aufge⸗ j 6 Millionen gibt: Die Bay ber tägtic, beſtellten : Briefe. -ift 


MIR Werden koͤnne, der Ten Verſuch eimer Darſtellung 
dev Geneſis des Erkennens zu Grunde liegt. Wir Halten 
nämlich dafür, daB auch dee Verf. noch nicht tief genug 
gegangen, und namentlich feine, zum Unterfchieb von der 
Aantiſch⸗ kritiſchen die genetifche genannte Methode (S.264) 
wenigſtens in: der Mobification und mit der Grundlage, 
wor er fie Hier gegeben bat, noch nicht für zulaͤnglich 
erachtet werden koͤnne. 
. (Der Veſchluß folgt.) 








Notizen. 


In der koͤnigl. geographiſchen Geſellſchaft zu London warb 
her die Entdeckung des Gompooneefluffes auf der Weſtkuͤſte 








abe an 45,000, Rrgierungsfcgreiben umgerechnet, Die der ven 
Paris abgehınden 60,000 und 30 Stuͤck Zeitungen. Mit 
’ 


ben Poftwagen reiften 1815 1829 60, Perſo⸗ 


nen. Nicht an ihre Abreffe gelangten 1829 von den jaͤbr⸗ 


lich befdrberten 66 Millionen Briefen 1,106,0003 baven wur⸗ 


ben 508,000 nit angenommen, 200,000 nicht abgehelt, won 
182,000 waren die Empfänger unbetanus und 70,009 :failsen 


noch abgefobert werben. 


Den Schwarzen im Weſtindien macht bei der Kaufe 1 
Kinder wihte —— Freude als vecht Lange Namen für —*8 


denn — glauben fie. je länger ber Name, je zübßer die Shoe 


Ein Neifender erzaͤhlt, daß eine arme Mutter ganz gihdiich 
war, als er, bei ihrem Kinde die Stelle eines Taufzeugen ver» 
tretend, Ihm den Namen Chtononhotouthologos beilegte. 8. 


Redigirt unter Berantwortlihteit der Werlogäbendlung: 8. X. Brodbaus in Seipsig-- 


Blätter 0.9 


für 


litera riſche Unterhal tung. 





taphyfik, von E. Reinhold. 
(Beſchluß aus Nr. 188.) 


Die folgenden Abfchnitte diefes Theile find der meis 
teen Ausführung des bereits Gefundenen gewidmet. Für 
befonders gelungen halten wir den unmittelbar folgenden, 
der die Weberfchrift trägt: ber Anfang der Begriffsbil⸗ 
bung. Die Wichtigkeit des Begriffs der Subflanz, na: 
mentlich für die VBeftrebungen ber neuern Philofopbie wird 
dargethan, felbft ber die Entftehung dieſes Begriffs ſchoͤne 
Beiträge geliefert, wenn ſchon wir bie Unterfuchung 
auch nicht einmal pfochologifh für erfhöpft und ihn 
einer eignen abgefonberten Unterfuhung zum Frommen ber 
philoſophiſchen Forſchung wol für würdig halten. Treff⸗ 
Tich ſpricht fi der Verf. aus über die Nothwendigkeit 
der Sprache für das Denken und über einen für bie 
logiſche Wahrheit allerdings fehr fruchtreichen Unterfchieb 
zwifchen Gegenftandsbegeiffen und Merkmalsbegriffen. 
Auch der beitte Abſchnitt, über die Entfaltung des 
mathematifhen Vorftellene, enthält namentlich über bie 
Quantität der Begriffe ſehr fchägenswerthe Bemerkungen, 
und wir find überzeugt, daß der ganze Abfchnitt mehr an 
Einfachheit gewonnen haben würde, wenn nicht der Verf. 
es für nöthig erachtet hätte, namentlich in der Lehre von 
Zeit und Raum die Antithefe gegen Kant beftändig im 
Auge zu behalten. Doch darüber laͤßt ſich nicht rechten, 
eine ſolche Ruͤckſicht erfcheint oft als Sache eines ſubjec⸗ 
tiven Bedürfniffes. Dies übrigens trägt bier fchon feine 
Fruͤchte, daß nicht Über die Entftehung des Ichs, des 
Selbſtbewußtſeins, fofern es durch Gliederbewegung, durch 
Widerſtand der Außendinge veranlaßt wird, hinausgegan⸗ 
gen wurde. Auf einem Wege, wie wir ihn gleich zu 
Anfang andeuteten, würde ſich z. B. Gelegenheit er: 
geben haben, an einer reinen Objectivitaͤt der zeitlichen 
Verhaͤltniſſe zu zweifeln. | u 

Der vierte Abfchnitt. handele von der Entftehung ber 
Willensthaͤtigkeit und der Anerkennung ber Caufalverhäfts 
niffe. Als eine die Unterſuchung wechfelfeitig ſehr för: 
dernde Kombination fehen wir dieſe Vereinigung zweier 
Aufgaben an, und wir zweifeln nicht, daß fie in größerer 
‚Ausdehnung hätte benugt werden können, namentlich um 
auch bier der Entftehung des Begriffs von Caufalität tie 


Erſter Band. 


fee auf die Spur zu kommen und feinen fubjectiven Ur⸗ 
fprung gerechter anzuerkennen. 

Den Schluß dieſes Theils bildet der fünfte Abſchnitt 
vom Urfprung der gemäthlichen Empfindungen. Wir müf 
fen uns aber ein längeres Verweilen bei biefem Abfchnitt 
verfagen und begnügen uns zu berichten, daß ihre Abhäns 
gigkeit von dem Erkennen bargethan wird. 


Gewiß haben unfere Lefer fchon lange mit uns darauf 
gewartet, die höhern wifienfchaftlichen Anfoberungen uns 
feree Vernunft kennen zu lernen, von welchen in 
der oben berührten Aufgabe der Krjtik die Rede war, 
und welche befriedigt werben müffe, wenn biejenigen That⸗ 
fachen des Bewußtſeins, welche dem gemeinen Verſtande 
für gewiſſe Erkenntniffe gelten, dies in der That fein fol 
Im. Diefes Verlangen wird erſt im zweiten Theil befrie⸗ 
digt, deſſen erſter Abſchnitt von der Eigenthuͤmlichkeit des 
menſchlichen Denkens handelt. Allein auch hier iſt uͤber 
das Wort Vernunft, welches bei der Beſtimmung jener 
Aufgabe als das Hauptſaͤchlichſte erſcheint, eine faſt nur 
gelegentliche Erklärung, die uns noch immer erſt Mehres 
erwarten läßt, gegeben. 

Was ˖ den Ausdrud Vernunft betrifft, fo iſt es ter Weile 
unferer Sprache angemeflen, daß wir zwei Bedeutungen beffel« 
ben unterfcheiden. Im weitern Sinne ift Vernunft die allges 
meine Kraft ber geiftigen Lebensftufe, welche im Menfchen uns 
ter ber Vorausfegung und Bedingung ber finnlidgen fich erhebt. 
In diefer Bedeutung werden gewöhnlid Vernunft und Sinn⸗ 
lichkeie im Menſchenweſen einander entgegengefegt, und gilt alls 
gemein die Vernunft für das charakteriſtiſche Unterſcheidungs⸗ 
aner Emo des Menfchengefchlechts im Bergleich mit der thieriſchen 

Ye , 

Daß mit biefer Erklärung im eigmtlihen Sinne nur 
Megatives gefagt fei, und daß wir damit nad) wie vor 
nicht wiffen, was Vernunft fei, verſteht ſich wol von 
fetbft. - Wenn abes unfer Verf. binzufügt: „in einem en⸗ 
gern, fpäter genauer zu erwaͤgenden Sinne fteht die Ver⸗ 
nunft als Vermögen ber rein rationellen Erkenntniſſe und 
Ueberzeugungen dem empitifchen Erkenntnißvermögen ges 
genäber” (S. 292), klingt das nicht faft, als ob die Vers 
nunft fei ein Vermögen der vein vernünftigen Erkenntniſſe? 
Und wollen wir das „rationell“ in einem weiten Sinne 
nehmen, dann verfchwimmt es ja völlig mit Dem, mas 
man fonft Verfland nennt. ebenfalls müflen wir uns 
alfo noch etwas gedulden, ehe wie nähere Auskunft biers 


574 | 0 


über erhaften, und es wird vorher im zweiten Abfchnitt 
über die Sphäre der MWillensthätigkeit und der Gemuͤths⸗ 
empfindungen in ihrer Abhängigkeit vom Denken gefpro: 
hen. Wäre «6 uns nicht darum zu thun, uns nicht 
weiter vom Hauptpunkte ber Unterfuchung zu verlieren, fo 


gäbe «6 grade tn Oiefem: Abſchnitt eine Meike ven Punk⸗ 


tem, bei welden in Gegen[ag treten koͤnnten mit bem 
Verf. Schon die einfeitige Abhängigkeit des Willens vom 
Denken gäbe uns dazu reiche-Veranlaffung. Ebenſo bie 
echt Kant'ſche Beſchreibung einer vermeintlichen transſcen⸗ 
dentalen Freiheit, die fummarifche Berurtheilung des Ge: 
füßts u. fi w.- Jedoch 
laffen, das Refultat aller diefer Operationen kurz anzugeben. 
Es iſt Fein anderes, als daß es unmöglich fei, etwas 
Mirkuches an ſich und in einer der moͤglichen Beziehun⸗ 
gen auf unſer Ich anders als theils durch Wahrnehmun⸗ 
en mit sur der Begriffe und Urtheile, theils durch 
6 mathemafifce Vorſtellen, thells durch bie Verfolgung 
der Cauſalvechaͤltniſſe zu erkennen (S. 363). Nachdem 
nun fo die ganze geiflige Thätigkeit auf das Erkennen 
reducire iſt, To Handelt der folgende dritte Abfchnitt ganz 
befonder von dem Verhaͤltniß zwiſchen dem erfahrungs: 
mäßigen und dem rein vemünftigen Erkennen. Obgleich 

t ſehe vie: von Vernunft, rein vernünftig u. f. w. ge 
—* wird, ſo vermiſſen wir doch auch hier eine ſtrenge 
Definition der Vernunft. Und daB mir fie fobern, dies 
toolle man uns nicht als Pedanterei auslegen; wir haften 
vielmehr dafle, daß mittels derſelben dem Verf. manche 
Schwierigkeit klarer, manches Schwankendre in feinen Be⸗ 
fimmungnt augenſcheinlicher gewotden fen wuͤrde. Wir 
bernehmen nis dieſem Abſchnitt wirklich, daß daB logifche 
Denken, das mathematiſche Vorftellen u. ſ. w. alles ſchon 
der Vernunftthaͤtigkeit angehört; aber wir verwundern uns 
diulig, wie wenig auf dieſe Weiſe dem Verſtande übrig 
getaſſen witd. Es ME Hier einer von den Punkten, wo 
wir den Verf. in einem Sinne Kantianer nennen mirffen, 
in welchen vofr es Tieber nicht wollten. Kant hat durch 
eine ſchwankenden, Berftand und Vernunft vermengenden 

eftimmungen einen Schaben gefliftet, an dem wir jegt 
nody zu leiden haben. 

Mit all diefen Vorbereitungen langt denn endlich ber 
Berf. bei der Beantwortung. der Frage an, die wir gleich 
anfangs als bie Hauptaufgabe Teines Werkes, ſofern «6 
eine Theorie ber er ſem u voranflelem Bu et 
fen geglaubt haben, Hier en. wir aber zuvoͤrder 
erkiäsen, daß die Sprache. im böhern Gnade als bisher 
fchon ber Maren. und leichten Beweglichkeit zu ermangeln 
anfängt, und der Werf.:naige uns.-hauugs geſtatten, bie 
Schuld eins Misverfländniffen, wenn mir; von ihm rhef- 
fekben hepuchtigt wenden ‚falten, wenigſtens zur Haͤlfte son 

um abzwarifen. u rn ra Er 200 
’ Die richtige Aufloͤſung des transfoendentalen Biweifels (jagt 
der Verf.) exfobert, daß wir zuerſt den bei ber Darftellung ber 
erſten Entfaltungzmomente unfers Beweßtſeins zur Sprache ge: 
drachten ’Unterfäyikb zwiſchen dem Subjectiven und dem Dbjec: 
Houn in unſern Simeowahrnehmengen noch einmal genau Ind 
YUnngı fallen und sihn under ejnen allgemeinen Wefichtipmift fick: 
len; , Das Subjegting beruht quf dem gerſchiedenen Meilen, wiz 


koͤnnen wir wentaftens nicht unter⸗ 


unſere Sinnesnerven durch bie ihnen angemeſſenen Eindruͤcke 
angeregt werden. Hierher gehoͤrt z. B. in den Wahrnehmungen 
bes aͤußern Gefuͤhlsſinnes bie Empfindung ber Wärme und ber 
Kälte, der Rauhigkeit und der Blätte u. ſ. w.; ferner jebe Wahr⸗ 
nehmung ber Verſchiedenheiten, welche in ber Qualität ber Far⸗ 
hen und Töne, in ber Weichaffenheit ber Geräche und ber ſchmac⸗ 
daren Eigeuſchaſten, umb 3 der Beaffenheit unfener gnen 
organiſchen Lebendzuſtaͤde Mr unfere Sinniichkeis hewortreten. 
Dagegen beruht das Objective im unſerer ſinnlichen Wahrneh⸗ 
mung auf der Weiſe, wie zunaͤchſt durch bie Bewegungen un 
ferd eignen Körpers und durch ben Widerfiand, ber unfern 
Gtiedern bei ihrer Bewegung entgegentritt, die Ausdehnung unb 
die mechaniſche Undurchdringlichkeit der Kösper, die Entfernung 
ihrer Abſtaͤnde von einander, ihre Begrenztheit in Enicht der 
Ausdehnung oder ihre Geſtalt und das Eigenthuͤmliche ber koͤr⸗ 


Verpältniffe für unfern Körper als ſolchen überhaupt dar, abe 
gefeden davon, Baß er Tin organiſtrter und mit Nerven werfet: 
nee Leib iſt (?), und auch nicht allein Verhältniffe für unſern 
Körper, ſondern ſolche, welche zwiſchen Allem Körpern gegenſei⸗ 
tig ſtattfinden. Betrachtet mau in Anleitung der ausgeſproche⸗ 
nen Reflexionen bie Koͤrperwelt, fo kann man nunmehr, mit Huͤife 
dazu geeigneter in das Thrzelne eingehender Beobachtungen alles 
BSubjective in ben menſchlichen Sinneswahrnehmungen aus od» 
jrctiv realen Bigmfcgaften und Bukänben ber Mrper erkliren 
Meu muß Hierbei immer Deasienige, was an fi if, von 
der fübjectiven Art und Weiſe unterfcheiben, ıwie mir es i 
auffaſſen, oder wie es als bloße Erſcheinung für ums. vorhanden 
iſt. (©. 46 — 449,) 


So Hätten wir bem das lange Gefuchte, wir hätten 
eine unmittelbate, d. h. eine nicht durch die Nerven, alfe 
nicht duch die Sinne vermittelte Erfahrungs; und doc 
nennt der Verf. auch biefe Etfahrung eine im unferer 
finnfichen Wahrnehmung vorkommende, und doch waren 
wir, wie oben bereits beim zweiten Abfchnitt des zweiten 
Theils erwähnt worden ift, ſchon belehrt, daß es unmoͤg⸗ 
lich ſei, etwas Wirkliches an ſich und in einer der moͤg⸗ 
lichen Beziehungen auf unſer Ich anders als durch Wahr⸗ 
nehmungen u. ſ. w. zu erkennen. Welches aber auch das 
Verhaͤltniß jener Saͤtze zu den eben a hrten fein mag, 
ber Verf. beruhigt ſich ſelbſt bekidiefer fung micht. Er 
ſagt (S. 460): 


Es muß noch ſortwaͤhrend der Zweifel uns beſchoͤfrtgen, 
ob nicht auch ohne die phuloſophiſche Annahme der MMealität vie 
mr Körperwelt democh aus ainkz ‚gefehmäßigen intdikectuellen 
Thaͤtigkelt unfers Icht die ald unbeſtreitbar anguerfenuende Rath: 
wendigkeit erklärt werben mülfe, nach welcher bie bloßen Mers 
hättniffe für das finntihe Wahrnehmen von den gegenfeitigen 
Berhältniffen der Körper wnterfchteben und ‘ben Tegtern hier 
nach - bie. zöumlichen und seitlichen Beſtimmmagen als an N 
vochandene zugeſchrieben werden. 

Die Gruͤnde zur Beantwortung ber fo gefaßten Frage 
Binnen weder aus dem einſeitigen Emptriemus, moch ie 
diglich auf dem Wege: bed reinen Denkens, nach Art bes 
einſaitigen Wationatisuei geſucht werden, fonbern vermit⸗ 
tels der ſchon oben beſchriebenen guustifchen Nothode ge⸗ 
langen wir zu ber Eiuſicht, daß unſer dernuͤnftiges oder 
intellectuelles Erenntnivermoͤgen ſelbſt as if, welches durch 
Ausübung ber ihm eigenthuͤmlich geſetzmaͤßigen Thaͤtigbeit 
wobei die Sinnlichkeit nur als dienende Bedingung mit⸗ 
wirkt, die Anerkennung bes. wichichen, dm. Raum ‚umb 
ber Felt ‚und im. Sanfalzufgmmmmbange. befichenden Da⸗ 
[eins der ſubſiſtironden -öpperfichen Dinge ‚gewinnt, eine 








575 


Anertennung, bie einem rein ſinnlichen Vorſtellungsvermoͤ⸗ 
gen ganz ımerreichbar iſt. Unſer denkendes Erkenntiniß⸗ 
| gen Äberzeugt fi), daß es in der Anerkennung ber 
Mealität der Körperwelt bie Gefege feiner Intellectuellen 
Thaͤtigkeit befolgt, und daß fein eignes Weſen und feine 
eigue Erifteng ohne dieſe Realität gar nicht gedacht wers 
den koͤnnte. Hierdurch ift dann der transfcendentale Zwei⸗ 
fet gehoben. (S. 453.) „Wenn er etwas vornahm, fo 
fing er nur fo eben ’n bischen an, und ehe man ſich umfah, 
da war's demonſtrirt.“ Der Verf. möge uns nicht übel 
deuten, wenn wie an dieſes Wort bes ehrlichen Asmus 
eeinnert werden, er möge uns den umphilofophifchen Aber 
glauben oder die philoſophiſche Härefie zu Gute halten, 
aber "hier fcheint es uns wirklich nicht ganz mit rechten 
Dingen zuzugehen; bei dem pilöglichen Effect, ben wir 
hier vor uns haben, find wir faft ein wenig verblüfft 
worden. Wäre es diefem Zuſtand zuzufchreiben, und foll- 
ten wir den Verf. deshalb misverftanden haben, oder waͤre 
es wirflih nunmehr feine Meinung: in der Geſetzmaͤßig⸗ 
beit. der intellectuellen oder der Bernunftthätigkeit beruhe 
die Wahrheit unferer Anerkennung ber Realität dee Koͤr⸗ 
perwelt? Wir machen den Unterfchied zwifchen dem Ob⸗ 
jectiven und Subjectiven unferer Sinneswahrnehmung, wir 
koͤnnen nicht umhin, ihm zu machen; darum iſt er? — 
Nachdem wir die Darftellung bis auf ben angegebenen 
Punkt verfolgt haben, müflen wir doch fürs Erſte bemer⸗ 
Een, daß wir den Unterfchied zwoifchen dem Dbjectiven und 
Subjectiven unferer finnlihen Wohrnehmung etwas bes 
denklich finden. Iſt denn nicht eben bie finnliche Wahr: 
nehmung etwas Subjectives, ehre Mobification ded Sub: 
jects, und widerſteht alfo ebenfo ſehr aller Objectivitaͤt, 
wie das „an fih” allem Erkennen? Sind benn nicht 
auch die Empfindungen. des Zaftfinns eben nur Empfins 
dungen, d. h., zeigen fie wicht eben nur eine Mobification 
unfers Bewußtſeins an? — Iſt Das, was der Verf. mit 
dem Namen Ausdehnung, mechaniſche Undurchbringlich- 
geit u. f. w. bezeichnet, nicht ein bloßes Abſtractum, das 
in der einzelnen Sinneserſcheinung nicht fo gegeben wird, 
fondern z. B. die Undurchdringlichkeit als Härte und Weich 
heit u. f. w.? Dieſe legtern Begriffe zeigen ſich dann deut⸗ 
licher als Das, was fie find, nämlich ald Beziehungen zu 
dem empfindenden Ich, ſodaß wir alfo auch durd dem 
Taſtſinn nicht weiter kommen ald durch die übrigen Sinne, 
nämlich auf ein Etwas, das die Erfcheinung erregt, wo⸗ 
bei wir aber, wenigſtens auf biefem Wege, nicht beſtim⸗ 
men koͤnnen, wie weit bie einzelnen Modificationen und 
Qualitaͤten ber Erſcheinungen einen fubjectiven oder objec⸗ 
tiven rund haben. Was bie Ausdehnung anbelangt, fo 
HE dieſer Begriff überdies ein Abſtractum aus den Ems 
pfindungen verfchjebener Sinne und verlangt eine befons 
dere Erörterung. Fuͤrs Andere aber innen mir uns 
nicht genug vermunbern, wie ber Verf. durch Meflerion auf 
das Bewußtfein ſich von dem obiectiven Dafein einer Koͤr⸗ 
perwelt überzeugt, dann aber durch eine plögliche Wen⸗ 
bung fich hinwiederum überzeugen will, daß bie Anerken⸗ 
nung von ber Realität der Körperwelt auf ber Befolgung 
ber Gefege unferer intellectuellen Thätigkeit beruhe. Wir 


-* 


müflen wenigfiens eine weitere Erklaͤrung des Verf. ws 
warten, wenn wir dies nicht für ginen ganz gewoͤhnlichen 
Girkel anfehen ſollan. Mic innen dem Unterfchleb, den 
ouch er zwiſchen dem Subiectiven und Obiectiven ms 
ſerer Sinnes ing macht, bis dahin wicht fuͤr ats 
waß mehr als einen blos analytiſchen zwiſchen den allge 

meinern und ſpeciellern Merkmalen unſerer Anſchauungen 
halten, und wir vermögen kaum einzuſehen, ob der Varf. 
dadurch etwat won allen feinen Gegnern, ob er mama . 
lich etwas var Berkeley, Kant mad Fichte voraus babe, 
Im Gegentheil möchte mon, wenigſtens nad hiefen key 
ten Aayferungen, annehmen, daß er work hinter ihnen zu⸗ 
ruͤckſtehe. Ale drei nämlich, ſtatziren doch ein Sein, zus 
abhängig von bes intellectuellen Thaͤtigkeit, eine Schranke 
des Ichs, ein unbekanntes X, das an fi wäre unb da⸗ 
mit nicht von dee Thaͤtigkeit des Ichs abhinge, vielmehr 
diefe, daB Bewußtſein, bedinge, waͤhrend ber Verf. bie 
Realität feiner ganzen Koͤrperwelt hedingt werden laͤßt 
durch die intellectuelle Geſetzmaͤßigkeit. Mir wuürhen wa 
nigftens die Schlußfolgerungen auf eine ganz andere Weiſe 
ausgedrüdt haben und hätten nad den Prämifien des 
Verf. ungefähr auf folgende Weiſe reaſſumixen zu muſſen 
geglaubt: Es gibt keine angeborenen Begriffe, vielmehr fagt 
und bie Unterfuchung unſers Bewußtſeins, baß Zeit und 
Raum, Ausdehnung, Bewegung umd die fämmtlihen Ras 
tegorien in der Sbjectivktät gegründet und nur darum 
in unferm Bewußtſein fi vorfanden, weit fie aus den 
Anſchauungen der Dinge abftrahirt find. Um aber abſtra⸗ 
bisen zu koͤnnen, muß Etwas da fein, von dem abſtrahirt 
werden kann. Die aligemeinen Begriffe gehören alfo nicht 
zu Dem, was durch die Thätigkeit unſers Ichs probuchet 
iſt. Sind fie denn doch da, fie die Gefege unferer. intellec 
tuellen Thätigkeit, fo können fie nur da fein, weil. Das ba 
ift, von dem fie abflrahirt find, nämlich bie objective Rea⸗ 
Btät, d. h. die von unſerer intellectuellen Thaͤtigkeit unabs 
bängige Mealität des für uns Erfcheinenden. ir wiffen 
nicht, 0b mir damit den Verf. richtig aufgefaßt haͤtten; 
aber fo viel wiſſen wir, daß, wenn dies feine Anficht war, 
ber Gang ber Unterfuchung fi) von vornherein, wie wir 
ſchon bemerkt haben, etwas anders geſtaltet, namentlich 
mehr negativ darzuthun gehabt haͤtte, daß die Kategorien 
nichts Angeborenes ſelen. Daß etwas mit beſtimmter Qua⸗ 
litaͤt Gegebenes objectiv ſei, hat, wie wir gleichfalls ſchon 
geſehen haben, ſeine entſchiedene Bedenklichkeit; wir wer⸗ 
den uns, wenn anders ein ſolcher Beweis moͤglich fein 
foßte, wol mit dem apagogifchen Beweisverfahren begnuͤ⸗ 
gen muͤſſen, das uns in dem vorliegenden Fall allein fas 
gen kann, «6 fei etwas nicht fubjectiv. Am andern Ende 
der Unterfuchung wäre es bann aber auch freilich nicht 
möglich) geweſen, Formen, mie die der Cauſalitaͤt, ber 
Subftanz und Inhärenz, fofern fie aus der Körpertvelt 
abftrahirt waren, fofort auf etwas uͤber berfelben anzu⸗ 
wenden, und die Gewißheit folder Erkenntniſſe gleichfalls 
für voͤllig apobiktifch zu erklaͤren, wenn fie mit Folgerich⸗ 
tigkeit und demnach mit einer für unfere Intelligenz ſtatt⸗ 
findenden und von ihr durch bloßes Nachdenken eingefe: 
benen Nothwenbigkeit aus dem Inhalte und der Geſetz⸗ 


mit ben rährenden Worten: „Le 


‘ | 576 


maͤßigkeit der angegebenen Thatſachen des Bewußtſeins 
abgeleitet werben. Hierin fcheint der Verf. wirklich hin⸗ 
ter Kant zurhdzufinten. Wir enthalten uns aber billig 
eines feften Urtheils über den folgenden legten Abfchnitt 
von den Grundbegriffen der kosmologiſchen, moraliſchen 
und religisfen Wahrheiten. und erwarten die nähere Er⸗ 
laͤuterung, die uns die Metaphyſik des Verf. geben wird. 
Mur fo viel fei einftweilen bemerkt, daß, wenn er feine 
Ueberzeugung von dem Daſein Gottes auf den rein negas 
tiven Begriff des Unendlichen baut (mir wiſſen, daß wir 
hiermit nicht nur gegen den Verf., fondern auch gegen 
die Hegel’fche Schule, der fich derfelbe durch jenen Bes 
griff verwandt zeigt, anftoßen), anbererfeitd aber von dem 
Zugeftändniß der Gültigkeit eines Urtheils in praktifcher 
Hinſicht fpricht, wofür die theoretifchen Gründe nicht zus 
reichen (S. 432) — daß er dann einen Widerſpruch in fich 
einigt und uns in biefen Sägen zugleih als Nicht: Kans 
tianer und als Kantianer erfcheint, wie man es Beides 
lieber nicht wuͤnſchen möchte. 986. 





Chansons nouvelles et dernières de Beranger, dédiées 
a Lucien Bonaparte. . Paris 1833. 


Ohne Napoleon's Bruber würbe vielleicht einer ber größten 
Dichter Brantreihe in Roth und Kummer umgelommen fein, 
ſich felbft und Andern unbelannt. Es war im Jahr 1808, als 
Beranger, wie er felbft berichtet, aller Hülfsmittel beraubt, 
in den Tag binein reimend, ohne Zweck, ohne Rathgeber, feine 
rohen Berfuche unter Gouvert durch die pi an' Lucian Bona⸗ 
parte ſendete, der ſich einen großen Ruf als Redner und Eis 
terator erworben hatte. Drei Tage harrte er vergebens auf 
Antwort; fo viele Berſuche ber Art waren geſcheitert, daß ber 
bedrängte junge Dann ſchon an einem glüdlidhen Erfolge zu 
verzweifeln anfing, als ihn endlich, wer befchreibt feine Breude! 
Lucian zu fich befcheibet. Bon dieſem Zag an blieb er bes 
Dichters Beſchützer, unterftügte ihn mit Rath und Geld, und 
gegmungen, plöglich Paris zu verlaſſen, fchidte er dem jungen 

6ranger eine Vollmacht, bie ihn beresstigte, feine Beſoldung 
als Mitglied des Inſtituts einzukaſſiren. Erſt während der 
Hundert Tage ſah er Lucian Bonaparte wieder; biefer bes 
merkte ihm unter Anberm bei diefer Gelegenheit, indem er üch 
bem Liede ausſchließlich gewidmet, habe er fein Talent von bem 
Hohen Berufe abgeleitet, den baffelbe anfangs gehabt zu haben 
ſchien. Beranger, indem er diefen Ausſpruch Eucian’s anführt, 
bemerkt, er fühle es wohl, allein bie Chanſons, als eine durch⸗ 
aus nationale Dichtungsform, hätten ihm zum Kampfe für bie 
Freiheit am geeigneteften gefchienen. Wahrſcheinlich gingen bie 
erften Verſuche des Dichters noch auf claffifchen Stelzen; erft 
fpäter drang feine Indivibualität dur, und biefe mochte Lu⸗ 
cian, von bem man befanntlidh einige im altclafjiihen Sinne 
gefchriebene podmes hat, anfangs brfremben. Uebrigens weiß Be: 
zanger gegenwärtig nicht einmal, ob fein Vefchüger feine ſaͤmmt⸗ 
lihen Shanfons Eennt. Gr hat ihn mehrmals gefäprieben, ohne 
‘ Antwort don ihm zu erhalten. Die Debication an Eucian Bos 
naparte, aus welcher wir gegenwärtige Notizen gezogen, fchließt 
souvenir de mon bienfaiteur 

me suivra jusque dans la tombe. J’en atteste les larmes que 
je repands encore après trente ans, lorsque je me reporte 
au jour beni cent fois, od, assurd d’une telle protection, je 
erus tenir de la providence elle-meme une promesse de bon- 
heur et de gloire.“ Dann folgt eine Borrede, in welcher ber 
Dichter mit vielem Geiſte und Scharffinne über feine Kunft und 
über den Beruf des Kuͤnſtlers fi) ausfpridht. Der Sänger muß, 


| 
| 
| 





um gehört zu werben, ein Seite fänger fein; font finden feine 
Töne einen Wiederhall. Nur im Wolle ift noch wahre Poeſſe; 
Alles, was bie Literatur und Kunft in Frankreich bervorgebradit, 
ging von ihm aus. Unter bem Wolle verfteht Béranger, was 
man in Frankreich la foule nennt, bie niebern Claſſen; biefe 
wiffen nichts von den fubtilen Feinheiten bes Geſchmacks aber 
eben deswegen zwingen fle ben Dichter in ſtaͤrkern, maͤchtigern 
Steigen zu zeichnen, um geſehen, und begriffen zu werben. 
Bei diefer Belegenheit kommen bie Mittelalteröbichter übel weg; 
Beranger bedauert, baf man bem sidcle d’affranchissement ben 
Rüden gewendet, um in dem Sarge des Mittelalters zu wuͤh⸗ 
len, es fei denn, daß man bie Abſicht gehabt habe, bie Ketten 
zu meflen und zu wägen, in welche bie Barone unfere Borältern 
gefchlagen. Zulegt nimmt ber Dichter Abfchied vom Publicum; 
er will fernerhin nicht mehr fingen, fondern feine Memoiren 
fhreiben. Daß ihn letztere gelingen werben, bezweifeln wir 
ebenfo wenig, als daß er feinem Borfag, nicht mehr zu dich⸗ 
ten, untreu werben wirb. " 

Es bleibt uns jegt noch übrig, Giniges über ben Inhalt 
bes vorliegenden Bandes zu berichten. Die meiften Lieber find 
politifchen Inhalts, und ba fi mehre auf frühere Greigniffe 
während ber Reftauration beziehen, fo find fie, abgefehen von 
ihrem abfolutem Werthe, etwas veraltet. Unter ben Liedern, 
welche in ber neueflen Zeit entftanben find, haben wir bemerft: 
„Les fous‘, „La prediction de Nostradamus”, „Les tom- 
beaux de juillet”‘, ‚Les feux follets’’, „A mes amis devenus 
ministres.” In „Les fous“ nimmt fi der Dichter der St.⸗ 
&imoniften mit vielem Eifer an, was fehr leicht zu begreifen, 
da ber Hauptzweck dieſer Sorporation das Wohl ber niebern 
Bolksclaſſe if. Wir heben aus diefem erhabenen Liede die erfte 
und legte Strophe aus: 

Vieux soldats de plomb que nous sommmes 
Au cordeau nous alignant tous, 

Si des rangs sortent quelques hommes, 
Tous nous crions: „a bas les fous‘*. 

On les persecute, on les tue; 

Sauf, aprts un lent examen, 

A leur dresser une statue, 

Pour la gloire du genre humain. 


Qui d&couvrit un nouveau monde ? 
‚Un fois qu’on raillait en tout lieu; 
Sur la croix que son sang inonde, 

Un fou qui meurt nous legue un dien; 
Si demsin oubliant d’&clore, 

Le jour manquait, eh bien, demain, 
Quelque fou trouverait encore 

Un flambeau pour le genre humain, 


148, 


. Literarifhe Notizen. 


Der Abb6 be la Rue, Profeffor ber Geſchichte in Saen, 
bat fein lang verfprochenes Wert über bie normannifchen 
und anglo » normannifchen Dichter endlih in Oruck gegeben. 


Bazzoni, der Verfaffer von ‚Il castello di Trezzo‘’ bat 
„Racconti storici‘', zur Erläuterung des Mittelalters in Italien 
herausgegeben. Ebenſo fährt bie mailänder Preffe fort, aͤhnliche 
Werke zu Tage zu fördern. Bertolotti publicirte unlängft ein neues 
Bud: „Racconti e pitture di costumi”, und Sacchi, der -bes 
kannte Verfaſſer der „Antichità romantiche d’ Italia”, Hat 
nun zwei Bändchen „‚Varietä litterarie’ erfcheinen laſſen, bie 
itatienifhe Kunft und Sitte in ber Gegenwart ſchildern umb 
ausgezeichnete Gharaktere flizziren. Gin englifcher Zournalift 
freut fih, daß bdiefe populairen Werke ebenfo wenig Ultralis 
beralität und Unglauben als Zlliberalität und Bigoterie verra⸗ 
then und durchweg einen moralifchen Ton behaupten. 


nn 


Redigirt unter Berantwortiiiteit ber Berlagäbandlung: F. A. Brodbaus in Leipzig. 


. — Blätter 


für 


Titerarifhe Unterhaltung. 





Zinkeiſen. Erſter Theil. Das Altertbum und Die 
mittlern Zeiten bis zu dem Heerzuge Koͤnig Ro⸗ 
ger's von Sicilien nach Griechenland. Leipzig, Barth. 
16832. Gr. 8. 4 Thir. 

Seitdem der Aufſtand der Griechen gegen die ooma⸗ 
nifhe Herrſchaft und ihr heldenmuͤthiger Kampf gegen 
diefefbe die faft allgemeine Theilnahme Europas anfprady 
and feffelte und fich zugleich das Verlangen nad) einer 
Kenntniß des Zuſtandes des Volkes und der allmäligen 
Bildung dieſes Zuftandes mehrfach ausſprach, fo unter: 
nahmen es nicht wenige Gchriftfteller in England, Frank: 
veih und Deutſchland, diefem Verlangen zu genügen; 
'allein da es Bei dieſen Verſuchen oft nur auf augenblid: 
lichen Gewinn abgeſehen war, ba in bdenfelben nur zu: 
fammengerafft wurde, was man irgend auf ben Gegen: 
ſtand Bezuͤgliches erfaffen konnte, und meiſt ein unklarer 
Enthufiasmus flatt einer ruhigen und gründficher For⸗ 
ſchung fi zumendenden Befonnenheit in ihnen herrichte, 
fo waren biefe Acheiten mehr geeignet zu verwirven als 
aufzuklaͤren, und jenes Verlangen blieb unbefriebigt. Je 
mehr baffelbe aber dadurch gefleigert wurde, daß in den 
legten Jahren die Emancipation des griechtſchen Bolkes 
durchgefuͤhrt wurde, und daß daſſelbe unter die europaͤi⸗ 
ſchen Staaten und in das Syſtem derſelben eintrat, um 
fo willlommener und dantenswerther ift es, daß ein Mann, 
welcher das Lebendigfte SIntereffe für feinen Gegenftand 
mit ruhiger Unparteilichkeit und Marer Befonnenbeit, 
eine umfaflende Kenntnig und ein gräünbliches Stubium 
der Quellen mit richtigem politifchen Blicke und mit nicht 
geroöhnlicher Kunft der Darfiellung vereinigt, fich feit 
Fahren die Befriebigung jenes Bedürfniffes zur Aufgabe 
geftellt und zunaͤchſt die höchft gelungene Löfung ber erften 
Hälfte diefer Aufgabe im vorliegenden Theile dem Kreife 
der Gelehrten und Gebildeten vorgelegt bat. 

Was die Äußere Veranlaffung des Werkes und bie 
Burüftungen zu bemfelben betrifft, fo erklaͤrt der Verf. in 
der Vorrede, daß es feine Entſtehung Vorträgen verdanke, 
welche er in den Wintermonaten von 1823 auf 1829 
vor einem gebildeten Kreife zu Dresden gehalten habe, 


dag ſchon damals der Wunſch gegen ihn mehrfach ausge: 


über bie mittlere und neuere Geſchichte Griechenlands 
bem Drude übergeben, daß ihm aber erft nad einem 
zweijährigen, feiner Arbeit faft ausſchließlich gewidmeten 
Aufenthalte zu Muͤnchen, wo nicht allein die Hof: und Gens 
tralbibliothek, fondern auch die des Mufeums ihm eine nicht 
geringe Zahl fhägbarer Quellen darbot, fein Wert für 
eine folche Beſtimmung gereift erfchien. Außer jenen Bis 
bliotheken wurden für daſſelbe auch die Univerſitaͤtsbibllo⸗ 
thek zu Goͤttingen, die koͤnigliche zu Dresden, die Bibllo⸗ 
theken des Raths und der Unlverſitaͤt zu Lelpzig, einige 
an ſeltenen Werden reiche Privatbiblſotheken, endlich auch 
mündlihe Mitcheilungen mehrer Augenzeugen über bie 
neueflen Begebenheiten und Vethaͤltniſſe benugt. Ueber 
bie leitende Idee feines Werkes fpricht fich der Verf. in 
der erften Vorleſung — die urfprüngliche Einthellung ift 
nach feiner Erklärung deshalb beibehalten worden, well 
die Natur des Gegenftandes e6 mit fid) bringe, daB en 
großer Theil beffelben nicht ſowol in erzählendem oder 
eigentlih darflellendem als vielmehr in abhandelndem 
Tone abgefaßt werden mußte — näher aus. Das Zeit: 
intereffe, darauf beruhend, daß der gegenwärtige Zuſtand 
eines Volkes die Nothwenbigkeit entfcheidender Mefuftate 
für die Zukunft enthält, iſt der Geſichtspunkt, unter wel⸗ 
chem er die Geſchichte Griechenlands auffaßt und wel⸗ 
cher ſeine Aufgabe genauer dahin beſtimmt, daß er Grie⸗ 
chenlands Vorzeit in ihrer Beziehung zur Gegenwart be⸗ 
trachtet, für den jetzigen Zuſtand deſſelben die Erklaͤ⸗ 
rungsgruͤnde in den fruͤhern Schickſalen durch geſchicht⸗ 
liche Entwickelung aufſucht, und daß er dadurch, daß die 
verſchiedenen Perioden der Geſchichte des Landes in ge⸗ 
genſeitige Beziehung zueinander gebracht werden, dem 
Mamichfaltigen in den verſchiedenen Aeußerungen der ge⸗ 
ſammten Volksthaͤtigkeit eine ſeinem Zwecke entſprechende 
Einheit gibt. Waͤhrend das Vorhandenſein eines ſolchen 
Zeitintereſſes in Beziehung auf die innern Verhaͤltniſſe des 
griechiſchen Volkes keiner beſondern Nachweiſung bedurfte, 
ſo enthaͤlt dagegen die zweite Vorleſung die nothwendigere 
Eroͤrterung der wichtigen Frage nach den Intereſſen, wel⸗ 
che die Hauptmaͤchte Europas an die politiſche Umgeſtal⸗ 
tung des oͤſtlichen Europa, die durch die Emancipation 
Griechenlands begonnen hat, nach ihren territorialen Be⸗ 
ziehungen zu demſelben und namentlich in Hinſicht auf 


ſprochen worden ſei, er möge die Reſultate feiner Forſchungen ! den Handel knuͤpfen. Dieſe Eroͤrterungen, nebſt einer 


— 





"978 


Darlegung des Plans des gefammten Werkes und einer 
duch, Schärfe und Klarheit ausgezeichneten: Würdigung 
ber geographifchen Verhaͤltniſſe Griechenlands, inwiefern, 
nämlich diefe die Verhältmiffe bes Landes zu den übrigen 
Theilen der Erde und feinen innern politifchen Zuftand 
bedingen, find der Inhalt der Beiden erften Borlefungen 
oder der Einleitung. En BE EEE 
Die Darftellung dee Geſchichte Griechenlands ſelbſt 
zerfällt im drei große Perioden: bie erfte enthält die Ge: 
fhichte Altgriechenlands bis zur Unterwerfung unter bie 
Herrſchaft dee Römer, die zweite geht biß zur Gründung 
der osmaniſchen Herrſchaft herab, bie dritte bis auf bie 
gegenwaͤrtige Zeit. Auffallend ann es hierbei zunaͤchſt 
erfcheinen, daß der Verf., deffen Aufgabe doch im Wefent- 
lichen in ber Behandlung der griechifchen Gefchichte wäh: 
“rend ber mittlern und neuern Zeit befteht, die Gefchichte 
Altgriechenlande mit nicht geringer Ausführlichkeit — von 
den im vorliegenden Theile enthaltenen zwölf Vorlefungen 
"beziehen fich fieben auf dieſelbe — behandelt, da die Ge: 
ſchichte der alten Griechen als ein in fich abgefchloffenes 
"Ganze, als ein mit der Unterwerfung unter die römifche 
Herrſchaft vollendeted Drama ſich barftellt und die Schid: 
ſale und Verhäftniffe der Neugriehen kaum durch ein- 
jene Fäden mit jenen verknüpft zu fein fcheinen. Allein 
“wenn das Legtere allerdings infofern zugeflanden werden 
muß, als der Zuftand Griechenlands unter byzantinifher 
und osmanifcher Herrſchaft faft feiner aus dem Alter: 
thume entommenen Erklärung bedarf, fo weiſen dagegen 
die neueften Begebenheiten auf das Beſtimmteſte in daſſelbe 
zuruͤck. Nur die Erinnerung an eine große Vergangen⸗ 
heit war es, welche den Neugriechen bie Kraft gab, die 
Feſſeln eines aſiatiſch⸗ mohammedaniſchen Joches zu bre: 
‚hen; fie war es vornehmlich, welche die allgemeine Theil: 
nahme für fie antegte und bie Maͤchte Europas endlich 
gleihfam nöthigte, fi der wiederum Bedraͤngten anzu: 
nehmen; fie ift das eigentliche Kebenselement bes befreiten 
Volks, aus welchem daſſelbe auch in der Zukunft Beleh⸗ 
rung und Anregung zu neuer fittlicher und geiftiger Kräf: 
tigung und Ausbildung fhöpfen wird; bie Sefkichte ber 
Neugriechen wendet deshalb den Blick fo fehr von felbft 
in die ferne glänzende Vergangenheit des Volkes zuruͤck, 
daß eine Darftellung jener ohne bie Berudfichtigung die: 
fer nur mangelhaft erfcheinen könnte. Weber das Maß eis 
nes ſolchen Ruͤckblicks tät fich keine genaue Beſtimmung 
geben, und wenn man auch eine geringere Ausführlichkeit 
als die, in welcher bie vorliegende Darftellung ſich aus: 
- breitet, für hinreichend halten koͤnnte, fo fichert dagegen 
‚die Art und Welfe der Ausführung dem Verf. den Dan 
des Lefers, daB er fich nicht in engere Schranken einge 
fchloffen hat. Neue Reſultate tieferee Forſchung über 
Einzelnes zu geben, war feine Abſicht nicht, wol aber 
bat er Das gegeben, was er beabfichtigte, nämlich eine 
gebrängte und klare Zufammenfiellung ber folgenreichften 
Thatfachen und eine fo anſchauliche Darftellung ber Zu: 
ftände des alten Griechenlands und ihrer verfchiebenen, 
nebeneinander beftehenden und aufeinander folgenden Ent: 
widelungen, wie fie nur aus einem felbfländigen, mit 


wahrhaft hiſtoriſchem Geiſte verbundenen Quellenſtudium 
hervorgehen konnte. Am Ende einer hier vielleicht zu 


weit führenden, aber doch an ſich ſchaͤtzbaren, die Ges 


fchichte des griechifchen Alterthums einleitendben Entwides 
lung über die Art, wie ſich feit dem Ende des Mittels 
alters durch die neyere Zat hindurch die cht vo 
demſelben ausgebildet hat, ſpricht ſich der Verf für den 
Ernſt hiſtoriſcher Wahrheit gegen die auch noch jetzt bis⸗ 
weilen aus einſeitiger Begeiſterung hervorgehende Tendenz 
aus, uͤber die Lichtſeiten des griechiſchen Lebens die Schat⸗ 
tenſeiten deſſelben mehr vergeſſen zu laſſen, und er ſtellt 
dieſer ſeine Ueberzeugung, welche er auch durch ſeine Dar⸗ 
ſtellung in ſeinen Leſern hervorzubringen hofft, entgegen, 
„daß das Weſen der altgriechiſchen Welt um ſo reiner 
erkannt werden wird, je beſtimmter man fich ‘ihre Licht⸗ 
und Schattenſeiten in gegenſeitigem Verhaͤltniſſe zu ver⸗ 
gegenwärtigen vermag”. Die Auswahl des Stoffs wird 
dadurch beftimmt, daß der Verf. hauptſaͤchlich vom poli⸗ 
tifchen Geſichtspunkte ausgeht; dadurch wirb auch die 
Bearbeitung deſſelben bedingt, in’ welcher ein frenger, bie 
politifhen Entwidelungen, wie bie folgende aus der früs 
bern hervorgeht darlegender und erflärender Pragmatide 
mus berrfcht. Durchgaͤngige Hinweiſung auf die Quellen 
zeigt die fichere Bafis, auf welcher die Arbeit ruht. Nur 
ungern lafien wir uns duch die Beforgniß, unferm Be 
richte eine zu große Ausdehnung zu geben, abhalten, in 
mandyes Einzelne ber Ausführung einzugehen, allein das 
Gefagte wird hinreichen, bie Lefer d. Bl. zu nicht gerins 
gen Ermartungen und, wie wir hoffen, aud dazu anzus 
regen, fich felbft zu Überzeugen, daß dieſe Erwartungen 
mehr als befriedigt werden. 
(Der Beſchluß folgt.) 





Bemerkungen über Natur, Kunſt und Wiſſenſchaft auf 
einer Reife über, Berlin und ben Harz nach Hamburg 
zu der Verſammlung der Naturforfcher und Aerzte im 
Sahre 1830, nebft der Ruͤckreiſe über Kopenhagen, 
von Magnus von Pontin; aus dem Schwediſchen 
überfeßt von G. Ericfon. Hamburg, Meißner. 1832. 
Gr. 8. 1 Thlr. 


Der Verf. vorliegender Schrift, Doctor der Medicin 
und Shirurgie in Stodholm u. f. w. und erſter BönigL Leib⸗ 
mebicus, aus einer Familie, bie in der ſchwediſchen Gelehr⸗ 
tenwelt einen guten Klang hat, beginnt ſeine Reiſebemerkungen, 
die er im Geſellſchaft des berühmten Berzelius aufzeichnete, mit 
allgemeinen ‚Betrachtungen über fein Vaterland, welches er 
hoch erheht, mit folgenden Worten: „Schweden koͤnnte ale ein 
kleines Guropa für ſich betrachtet werben; es koͤnnte eine noͤrd⸗ 
liche Abfpiegelung ber verſchiedenen Länder abgeben, bie den 
Sontinent des ganzen Welttheild ausmachen. So verſchieden⸗ 
artig find unfere Landſchaften, daß Fein anderes Land, wenig« 
fiens innerhalb Schwedens nälhften Umgebungen, nur Guropa 
ſelbſt eine ſolche Abwechfelung von Gebirgen und Flußthaͤlern, 
von Hochland und Ebenen aufweifen Tann. Diefes gilt natuͤr⸗ 
licherweife nur von ber Geſtalt ber Oberflaͤche und nit von 
der Bildung ber Berge und Erdſchichten, noch weniger von den 
Naturproducten ober ber Vegetation, obgleich die Regionen das 
für, welche bie Geographen für Guropa annehmen, auch den 
Pflanzenregionen entfprechen (zonae transrersales, Wahlenberg), 
bie hier beftimmt worden find. Schweden fieht au in biefer 


— 


578 


Hinſicht in einem northeilbaftern Lichte. Seine Flora iſt reicher 
als die des noͤrdlichen Guropa, fein Sommer ſchoͤner als der 
des ſuͤdlichen. Die Alpen, bie Karpathen, bie Apenninen tra« 


"gen biefeiben Berggewaͤchſe ald Lappland. Die Buchen, welche 


Blekinge unb n beſchqtten jfft man in fo großen 
wilden Wäldern bee nice als im vb 
Eandern feiner; Breite. Unſere Biergarten und Etze; unfer Ei⸗ 


fen, Kupfer.und Kobalt, unfer Porphyr, Granit und Orthos |. 


ceratit oder Uebergangekalk wetteifern außerdem .mit ben Bor: 
räthen. des ganzen europaͤiſchen Eontinents’’z; — — und fo fährt 
dec Verf. fort, Schweden, deſſen Anſtalten, deren Stifter und 
.Erhalter, namentlich in und, ſowol in allgemeiner als Arzt: 
licher Hinſicht mit vieler Vorliebe auf elf Seiten‘ zu rühmen, 
ehe er auf Rügen anlangt. Bon ba an: gibt ee reiche und 


zum Theil mit Aufmerffamleit und Beobadjtungsgabe gefam: 


melte Anfichten über dffentliche, gelehrte und Kunſtanſtalten, 


über Künftler fetdft, Über Gelehrte und Privatleute, denen er. 


‚buch feine Freunde vorgeſtellt wurde, und wenn ſich aud 
manche feiner Anfichten, 3. B. über Berlin, auf eine etwas 
ſtark Hervortretende inbivibuelle Meinung gründen möchte, fo ift 
doch nicht zu leugnen, daß er die Eurze Zeit feines dortigen 


Aufenthalte beſſer benugfe, als viele neuere Reifende ed auf 


ihren Fahrten zu thun pflegen. Seine Bemerkungen über ges 
ſellſchaftliches Leben und Alles, was ibm intereffant erfchien, 
find ebenfalls: mit Geift aufgefaßt, mitunter etwas naiv und 
freimüthig, doch laͤßt fich erwarten, daß die in dem Buche ges 
nannten Perfonen von feiner Bekanntſchaft einen angenehmen 
Eindruck bewahrt haben müflen, Zur Probe fei hier eine kurze 
Stelle über Berlin angeführt (8. 120): „Schon im Anfange 
meines Aufenthalts in Berlin bemerkte ich und habe feitbem 
biefe Bemerkung beftätigt gefunden, daß das ſchoͤne Geſchlecht, 
welches immer, wenn nicht die Seele, doch das ‚Herz des gefells 
ſchaftlichen Lebens ausmacht, um welches herum ſich Alles wen: 
bet, belebt und. erwärmt wird, ſich hier in jener anfpruchslofen 
Bittfamkeit zeigt, bie mehr Ehrerbietung als Entzüden, mehr 
zuhiges Zutrauen als Iebhafte® Vergnügen einflößt. Die Bit: 


ten find auch im Allgemeinen unbefledit. Durch die Sparſam⸗ 


keit in der Lebensart, bie zus angenommenen Orbnung fowol 
für ben Bemittelten als den Salarirten gehört, entfteht eine 
Senugſamkeit in Hinficht des Austommens, wovon frühzeitige 
Ehen eine glüdtiche Folge find. Colibataire Maitreffenverbindun: 


gen find dagegen felten und werben, wie fie ed verdienen, mit 
Statt ihrer fieht man um fp mehr: 


Richtachtung geftempelt. 
junge Shen mit friſchen Abkoͤmmlingen. Ueberall, in Gefell« 
ſchaft, auf Promenaben begleitet bas zarte Kind bie Mutter, 
die ſelbſt ihm feine Rahrung reicht und die übrige Fuͤrſorge 
fpendet. (3) Der Heiz biefes lebenden Gemäldes, das Schoͤnſte 
der Haͤuslichkeit, macht die gewöhnliche Gefallſucht, für die ein 
Weib fonft einen fo feinen Takt hat, gleichlam entbehrlich und 
vergeffen. Auch widmet fie mehr Aufmerkfamfeit ihrem muͤt⸗ 
terlichen Berufe als einem überfläffigen Putze und ber Unter: 
er die gewöhnlich ſich auf kurze allgemeine Bemerkungen 
t net. 
wie gewöhnlih, no 
Sin Fremder, befonderä wenn ex ber Unterhaltungsfpradge nicht 
voͤllig mächtig iR, wird wenig durch jene Mittheilungsart aufs 


gemuntert, womit die franzöfifhen Damen fo gut verftehen . 


den Umgang zu beleben.” (Auch wenn der Fremde ihre Sprache 
nicht fprechen kann?) „Hat er ſich nicht deutlich genug aus: 
gebrüdt, fo begegnet ibm oft ein: Wie? bas ihn ent 
waffnet, und macht, daß er: -in ſeiner Verlegenheit befücchtet, 


eine Dummbreiftigleit gefagt zu haben. An Gefpräcden über 


die ſchoͤnen Künfte und Wiſſenſchaften, Muſik, Theater u. dgl. 
nehmen bie Damen gewöhnlich einen beſcheidenen Antheil; die 
berliner Herren aber verbhehlen nicht, daß fie um fo vertrauter 


n. Frankreich und in, 


Die jungen imverheiratheten Damen halten fid, - 
entfchiedener von Unbelannten entfernt. - 





weilen Au e'intiihen Schhpfungen in bes ſchoͤnen MWiffenſchaf 
en u. w.“ 7 ‘ . 
Ob der Regimentsarzt Schiller, nämlich Friedrich von Schit⸗ 
ler, jemals in -fold) einer Verbindung: genannt worben ift, glaubt 
Ref. ſchwerlich, und deu ſehwediſche Lönigl. erſte Leibarztıfcheine 
Hier eine ganz eigne Idee von dem MWeifpiele zu haben, mit 
sem Schiller. vorangegangen ift. 
‚Außerdem enthalten bie Blätter biefer Reiſebemerkungen 
Vieles, was man nicht darin fucht, fobaß benfelben ein allge 


‚meines, Intereffe nicht abzuſprechen ift, ungeachtet m 


Sonberbarteiten und zumeilen auch wol einfeitiger- Anſichten; 
und nachdem ber Verf. bas Ziel feiner Reife, Hamburg, er: 
reicht hat, folgt ein Bericht über bie Verſammlung ber Raturs 
forfcher und Aerzte felbft, mit einer Menge Notigen unb Per: 


‚fonaldefchreibungen begleitet, die ſowol für Gelehrte als Midht: 
‚gelehrte leſendwerth find. 


Die Ruͤckreife über Luͤbeck und Kos 
penbagen, welches der Verf. vor 20 Zahıen mit Ber—⸗ 
zelins beſucht hatte, veranlaßt ihn zu Bemerkungen über biefe 


-Sauptftabt, welche zeigen, baß berfelbe fdhon ein Mann fein muß, 


der über bie Mitte feines Lebensalters hinaus ifl. Er thut ben 
Vorſchlag zu einer abwechfelnden Verfammlung ber Raturforfcher 
im Norden, in Kopenhagen ,- Stockholm, Peteréburg "und 
Chriſtiania, wogegen ſich wol nichts Erhebliches einwenben läßt. 
Die Sprache biefer Ueberfegung, weiche von Herrn G. Eric 
fon, wahrfdeinlid ebenfalls einem Schweden, Herrührt, zeigt 
zwar, daß das Driginal in einer gebitbeten und vielleicht fogar 
bluͤhenden Gchreibart verfaßt ift, doch flößt man barin häufig 
auf Ausbrüde und Wortfügungen, welche den Fremden bezeich- 
nen, bes des Deutfchen nicht ganz mächtig war. 42, 





Die Kirche und ihre Gegner in ben drei legten Jahthunderten. 
Eine katholiſch⸗-chriſtliche Bekenntnißſchrift von Ferd. 
Herbſt. Landshut, Kruͤll. 1833. 8. 1 Thlr. 6 Gr. 


: Der Verf. ift bekanntlich im vorigen Jahre von der prote 
flantifchen Kirche zu ber katholiſchen übergetveten, worüber Ries 
mand mit ihm vechten wird. Diefe Schrift fol nun: feinen 
Schritt rechtfertigen. . Sie ift nicht ohne Wärme und Gewandt⸗ 
heit gefdyrieben, und wäre Alles, was fie enthält, ebenfo wahr, 
als es kuͤhn behauptet wirb, fo wäre Ref. felbft in Gefahr, Deren 
H. nachzufolgen. Aber biefer ſetzt als Schelling’fcher Hhilo⸗ 
ſoph Saͤte, als Hiſtoriker Erſcheinungen und Zuſtaͤnde voraus, 
beren Wahrheit und Mirktichleit er erſt hätte erweiſen ſollen; 
ex lebt und webt in einem Ideal von katholiſcher Kirche, wie 
wir fie nur leider in der Wirklichkeit in ben Hauptfiten bes 
Katholiciemus nicht einmal ben Anfang nach finten; träumt 
von einer Ginheit, in ihrem Sein und Wefen, während Gre—⸗ 
gor XVI. in feinem Hirtenbriefe bitter über Zerriſſenheit und 
Zwietracht klagt, und eine oberflächliche Kenntniß ber Geſchichte 
bis auf den heutigen Tag bie gar mannichfaltigen Abweichungen 
der Anfichten in ber Lehre und im Gultus kundgibt, wenn wir 
auch nur Deutfchland und Italien miteinander vergleichen, 

Der Berf. ſpricht fo viel von ber Entwidelung des Ehriſten⸗ 
thums burdy die Latholifche Kirche, wobel aber doch zugleich 
weislich bie rechten Schranken geſegt fein. Dann muß man 
aber freilich, wie er,-in Spanien das Muſterbilb ber Chriſtlich⸗ 
keit annehmen, worüber ohne Zweifel bie meiften Lefer erftaunen 
werden. S. 816 heißt es: „Um ben Katholicismus fn feinem 
ruhigen Beftehen (ja wohl!) und in feiner ganzen fchönen Volks» 
thuͤmlichkeit kennen zu lernen, tft Spanien jedenfalls intereffanter 
als Frankreich. Dieſes von ben Aufgeliärten fo verfcriene 
Land ift durch feinen unabhängigen Klerus im geſicherten Beſit 
der reichften Quellen bes Unterrichts und ber Bolkserziehung.”’ 


Ja wohl, wenn’s nur bamit, daß ‚30,000 ©tudirende‘ ſich fin⸗ 
den, gethan wäre! Da: nun. Spanien durch die Inquifition zu 


damit find. Diele allgemeinere Bildung und ber Geſchmack an ı feiner jegigen gluͤcklichen Höhe geftiegen ift, fo wäre nichts rath⸗ 
Ihönen Künften bezeichnet auch nicht felten ben Gelehrten, fo: | famer, ald man führte biefes vortrefflihe Inſtitut allenthalben 
‚gar den praktiſchen Arzt, feit ber Zeit, als ber Regimentsarzt | eins Hr, ‘Dr. 9. Hält es in ber Vorr. „für das Größte, 


Schiller mit gutem Beiſpiele voranging, 
gie N ch 





und bringt. ihn zu: , was der Einzelne leiften fann, daß er das Leben an eine ſoiche 
3: 0% u 





Verfuche nicht geſcheut hat, e6 vom 
ben wir vorzüglich allen Demagogen 
borsigen berühmten geifttichen Orden aufnehmen gu laffen. lnfer 
Werk würde am defio mehr dahin paffen, ba wir von deifls 
licher Zplecanz, Milde und Liebe aud gegen Andersdenkende 
unb überaupt von dem erabenen ethifdhen Weſen des Spriftens 
— na en in 
au; nf madyen, er gehbre, 0b zu 
Bene, eat Ci , Weiler u. ſ. m ober zu Smnfer, 
WAL, de Maifire, Bonab u. X. wird man aus dem Gefagten 
mweffen, wozu wir no fein Urtheil über Luther Hinzufügen, 
— —R —— en 7 
r reichſten Fülle veligiöfer Inneriichkeit loſe Haͤrte 
«(vieleicht verwechfeit mit Galoin), neben glangender Berede ſanmeit 
unglaubliche Roheit zuſchreibt. Wir geben Aue zu, baf 
auch Eather feine Wehler hatte, aber er iſt une aud Fein 
yeiliger Vater, jedoch ein höchft ehrenwerther Wrenfh, dem wir 
& dauten, daß er uns von Rom losgemadht hat und ven den 
ngeheuern Misbräuchen, weiche”, wie der Verf. Feidft fagt 


# 


(@. 166), „dab tirdlihe Leben vor der Reformation wiefad 
entſtellt 


hatten“. Sarum verhötete denn das Oberhaupt biefe 
Sebrechen nicht, oder hob fie nach vielem Mahnungen? Lieber 


I ıd haufen erefchtet!: Das ift wol bie herr· 
Bi Snimieung? Der Glaube bes Berf. iR uno; — 
briagts kein ehrlicger Protekant, daB er den im 


einem fo himmliſchen Glange erblidt, . „Reine der angeſchuidig ⸗ 
ten Verbrechen für erwielen anfieht”, und fogar überzeugt 
wieb, wie Hr. Hı glaubentvotn hinfcmeibt, ba runs wer 
hier und da Zobte erwedt, Kranke. geſund gemacht habe, und 
von feinem Leichnam die Per gewichen fe”!!! Sm fieben Rue 
mern hat der Verf. fieben Anftogepmntte in ber Borrebe gegen 
den Proteftantiemus aufgeftelt. „Es mangelt diefem die Tra⸗ 
dition, da doch die heilige Gchrift wicht zuseihend fei uud Die 
Bibelerftärung nur von ber Kirche ausgehen könne — ber Pros 
—— E NEE 

jung gleiche I religidſen und ſittlichen 
Moments verkanat, daher auch in ‚der Lehre und im Gultus 


das organifche Verhaͤltnis won Okjectivem und Subjectivem der· 


toren, und fei ber Wiltär unb allen Zufäkigkeiten preis 
gegeben — ex Tönne nie eine 
man von einer Beformation ber Kirche fprechen, fondern von 
einem Abfall — dem Sektenweſen fei damit ein allgemeiner 
‚Herb errichtet — der antinninerfeile Protekantimus habe bie 
Kirche in ein Berhoͤttniß zum Staate gebracht — fie 
diene blos zur Belehrung, Zooft, Erbauung für das Individuum 
in ben Grbärmiidkeiten des Lebens, habe aber in Jeinem Be 

aufgehört, eine weltvermitteinde Made zu fen — er 
habe bem Gtante nad) und nach alle Grundlagen entzogen, aus 
denen fich auf dem Wege ber Gvolmtion die wahre Bölkerfreiheit 
würde entwidelt haben. ein efultat Äft bie Resolution. 
Hört_ ihr den Vogel fingen? Mit ihe wem er nacdkäht? 
wer fo etwas gern hört? momit man ſolche Bänger becerirt? 
Doch dad Denkmal, das ſich der Here Doctor hier gelegt dat, 
zichter ich feldft. Die „Bibliotpek deiftticher Denker” (in feinem 
Sian) bahnte ben Mebergang, und ber Schiud, ©. 335, aus La: 
vater: „Cs gibt unbelehrliche , unfberzrugbare, arumbfdgiefe 
Sharattere”, mag manchem feichten antirömifhen Gchriftfteier 
gelten; aber wir wundern und nicht, wenn man dieſe Apologie 
der römifchen Kirce, die ſich Felt, ale ob Ihre Megierung dis 
wnf.ben heutigen Tag midyt gefehlt Hätte, einem Berf. zufchreibt, 
der fr eine anbere Belehrung, Uebergengumg und eine ‚gerade 
Niätung auch nicht eben geeignet fein möchte. Die Mängel 


Rebigirt unter Derantwortlikeit der Werlagähandlung: 8. X. Br. 
— — 


Kirche bilden, noch weniger Sonne 


unferer Riede befenmen wir feine, 


Ber mar 
darin zu verharcen, Feb bee a Reh, 








Literarifche Anzeige, . 

Bericht über bie Verlagsunternehmungen für 1833 yon 

8. A. Brockhaus in Leipzig. 

EHE AHA E 

(Bortfagung aus Nr. 187.) 

*8. Gonverfations«Eeriton ber neueſten Zeit und Piterater. 
In vier Bänden. In Heften gu acht Bogen. Zweiten Bandes 
viertes (eiftes) Heft und folgende. Sedes Heft auf weißem 
Drudpapier_6 Br., auf „gutem Schreibpapier 8 @r., auf 

omwie Einen zart. * 

Ara ee ara 

ieh au Sie Selen Ges Mahn 
——— 


8 


Rach 
Ausgabe di 
ber heiten vernedeten gabe — und sus Bufäge 


Band. Br. 8. 
Der erfte Band (Gäugtäirre , 1831) Boftet 
ee —ãA—— und lee, ) ie er — 


. ©. Erfch und . . 
ber. Mit Kupfern und Karten. N X Bra 


Zelt 
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8. 9 — rin 427 

—— way Beriewigen vie sie wBoihener 


‘ ert Inteet, 
nee le wollen, werden die 
1 Johann Samnel), 


Druckpapier, auf feinem franz. Schreib ler, und 
—e de auf 


Zweiten Bender 
nen Künste. 


Fü iger Bere in 


j 
fe tling ia 

en bie Beendigung derfeiben, bie Wearbeitung der Regii 

— Dre,  Berehann Sr Ak m 


Bagieum Tann die Wi 19, nicht unangenehmer 

Sim ———— 
— ui . 

i ne Bor ttekung Tolat) Da 





us in Leipy 





Blätter 


für 


literariſche Unterhaltung. - 





Dienſtag, 





Geſchichte Griechenlands vom Anſange gesichtliher 
Kunde bis auf unfere Zage, von I. W. Zinkei⸗ 
fen. Erſter Theil. 

| (Beichluß aus Nr. 140.) 

Die Behandlung der zweiten Periode, ober der Ges 
fhichte Griechenlands unter der byzantinifchen Herrſchaft, 
bot dem Verf. andere und größere Schwierigkeiten als bie 
dee erften dar. . Das Intereſſe fir die Griechen vermins 
dert fich bedeutend von dem Augenblide an, wo fie aus 
der Reihe feldftändiger Völker ausfcheiden, und dies um 
fo mehr, als man geneigt ift, das verbammende Urtheil, 
welches einft Voltaire über die byzantinifche Geſchichte 
ausfprach, und welches felbft durch Gibbon's Darſtellung 
zum großen Theile bekräftigte wird, .insbefondere auch auf 
die Bewohner des eigentlichen Griechenlands zu beziehen. 
Borarbeiten für biefen Zeitraum fanden fich faft gar nicht, 
oder fie gaben meift nur zu Berichtigungen Veranlafjung ; 
die Quellen, ſchon während der römifchen Herrfchaft nur 
bürftig, werden während der byzantinifchen immer wan- 
oelhafter, fobaß viele byzantinifche Gefchichtfchreiber auch 
dem genaueften Machforfchen Peine Ausbeute gaben, und 
daß die Verfiherung des Verf., daB felbft die in wenigen 
Blättern enthaltenen Refultate für diefe Zeit nur durch 
mehrjährige angeftrengte Studien gewonnen werden konn⸗ 
ten, teinem Zweifel unterliegt. Es gehörte in ber That 
eine feltene Beharrlichkeit und eine nicht geringe Reſigna⸗ 
tion dazu, fih von ber Ausführung des einmal ge 
foßten Entfchluffes duch Schwierigkeiten nicht zuruͤck⸗ 
fchreden zu lafien, welche ſchon an fich ſchwer zu be 
feltigen waren, und deren Ueberwindung aud) nur zu eis 
nee oft unbefriedigenden Kenntniß führte; daflc ift dem 
Verf. aber auch der Lohn geworben, auf biefem Gebiete 


nicht nur zuerft eine fichere Bahn gebrochen, fondern auch 


jede fernere durchgängige Quellenforſchung entbehrlich ges 
macht und auf die glaͤnzendſte Weife feinen Beruf zum 
Geſchichtsforſcher und durch die Art, wie die Darſtellung 
die Mühjfeligkeit des vorangegangenen Forfchens vergeflen 
läßt und zugleich die dargeftellte Zeit in einer kaum zu 
erwartenden Lebmbigkeit veranfchaulicht, auch Geſchicht⸗ 
fchreiber beurkundet zu haben. Die Nothwendigkeit einer 
fo angeſtrengten Sorfhung wurde aber nicht allein durch 
die Foderung einer Gleichmaͤßigkeit in ber Behandlung und 
durch den in biefer herrfchenden Pragmatismus bedingt, 








fondern auch und befonders dadurch, daß bie Erklärung 
für den gegenwärtigen Zufland der Griechen aus biefer 
Zeit zu entnehmen ift, indem in berfelben durch fremden 
Einfluß der altgriechifche Volkscharakter allmdlig in den 
neugriechifchen umgeflaltet wurde. Fuͤr bie Darſtellung 
bes Zuftandes Griechenlands vom Anfange ber römifchen 
Herrſchaft bis zum Ende des Antoninifhen Zeitalters koͤn⸗ 
nen bie vorhandenen Nachrichten, obwol fie nur fragmen⸗ 
tarifch find, infofern noch ausreichen, als fie doch wenig» 
find Belege und Beifpiele geben zu ber zunehmenden 
Auflöfung des politifchen Lebens und zu dem immer gro- 
Bern Verfall der geiftigen und fittlichen Kraft; auch bie 
wichtige Frage: Wie faßte Rom das althellenifche Leben 
auf, und tie wirkte diefe Auffaffuhg auf Griechenland 
zurüd? wird aufgeſtellt und mit Umficht und Ausführs 
lichkeit beanttwortet. Wenn in dem folgenden Abfchnitte, 
bee 41. Vorlefung, welcher die Schidfale Griechenlands 
bis zum Anfange des 7. Jahrhunderts barflellt, die 
Einbrüche deutfcher, flavifcher und tatarifcher Völker in 
das oſtroͤmiſche Reich, auch infofern fie ſich nicht bis über 
das eigentliche Griechenland ausdehnten, im Verhaͤltniſſe 
zu bem eigentlichen Gegenflande bed Werks zu ausführs 
lich behandelt zu fein fcheinen, fo läßt doch die Gedies 
genheit der Behandlung dieſe Unverhältnigmäßigkeit Leicht 
vergefien. Das Dauptinterefie bezieht fi) auf die neuen 
Eiemente, welche bie Bevölkerung Griechenlands forie 
das geiſtige Leben berfelben erhielt. Der Grund zu einer 
völligen Umgeſtaltung des legten wurde durch die, biefer 
Zeit angehörende Verbreitung bes Chriftenthums gelegt, 
und dieſer wird nach einem Ruͤckblicke auf die Urfachen, 
welche den althellenifhen Volksglauben fchon feit langer 
Zeit untergeaben hatten, eine genaue Erörterung gewidmet. 
Schwieriger tft es, bie frembartigen Zufäge, welche ſchon 
jegt und noch mehr in der folgenden Zeit die durch Raub: 
züge, Erdbeben, Peft und Noth der Zeit überhaupt ſehr 
verminderte Bevölkerung Griechenlands erhielt, zu beſtim⸗ 
men, und doch ift diefer Punkt um fo wichtiger, da von 
demfelben der völkerfchaftliche Bufammenbang ber Neus 
griechen mit ben Altgriechen abhängt, und ba die im 
eriten Bande von Fallmerayer's „Sefchichte von Morea 
während des Mittelalters“ aufgeflellte Behauptung, daß 
die Hellenen, namentlid im Peloponnes, duch flavifche 
Eindringlinge gänzlich vernichtet worden feien, meiftens aber 





582 


obne eine genauere, wegen ber Beſchaffenheit bee Quellen 
ſchwierige Prüfung der dafuͤr angeführten Beweisgruͤnde, 
Beifall und Ammahme gefunden bat. Here Zinkeifen, der 
ducch feine Studien, wie wol kein anderer Gelehrter, zu 
einem competenten Urtheile über diefes Werk befähigt iſt, 
erkenne die Vorzüge, welche daffelbe auch außer der hoͤchſt 
anziehenden. Darftellung hat, an und gefleht gern ein, 
bag er demſelben mandye treffliche Nachmweilung, manche 
Berichtigung feiner früheren Anfichten verdanke; allein er 
hätt fich auch im Intereſſe ber Wiffenfchaft für verpftich⸗ 
tet, auf die Mängel deſſelben aufmerkſam zu machen, und 
er thut dies auf eine fehr ehrenwerthe, echt wiſſenſchaft⸗ 
liche Weife, fowol in verſchiedenen A en, als auch 
in einem Anhange. Dieſe Maͤngel beſtehen theils darin, 
daß ed an genuͤgenden Quellennachweiſungen fehlt, daß 
manche Stellen aus den Quellen falſch citirt ober unrich⸗ 
tig gedeutet find, daß bisweilen bie ſtrenge hiſtoriſche 
Wahrheit dem Glanze ber Darſtellung aufgeopfert iſt, und 
manche unerweisbare Anſichten und viele falſche Etymo⸗ 
logien aufgeſtellt ſind, theils und hauptſaͤchlich aber in der 
ſchon erwaͤhnten Behauptung, welche, als Vorurtheil ein⸗ 
mal angenommen, zu mannichfachen Widerſpruͤchen fich⸗ 
ven mußte. Während Herr Zinkelſen im Anhange bie 
Gründe, aus welchen Fallmerayer es zu erklären verfucht, 
daß die flavifchen Einwanderer bie Sprache ber von ihnen 
vernichteten Hellenen annahmen, als irrig darlegt und ei: 
nige Widerfprüche aufweiſt, in welche er ſich durch feine 
Sppothefe verwidelt, fo widerlegt er biefe ſeldſt im 
Derloufe feines Werks in der 11. und 12. Vorlefung, 
indem er tm Text eine ganz ben Quellen fich anfchließende 
Darftellung gibt und in ben Anmerkungen bemerklich macht, 
inwiefern Fallmerayer bie Angaben ber Quellen falfch ges 
_ deutet oder fich über diefelben hinweggeſetzt bat. Ein bes 
ſtimmtes Zeugniß iſt allerdings darüber vorhanden, daß 
bereite im 5. Jahrhundert gothifche Anfiedelungen in 
Epirus ſtattgefunden haben; es fehlt bagegen über die er- 
ſten ſlaviſchen Niederlaffungen auf althelleniſchem Boden 
jede beſtimmte Nachricht, und wenn Fallmerayer den An⸗ 
fang derſelben mit Beſtimmtheit in die Regierung des 
Kaiſers Juſtinus II. ſetzt, ſo zeigt Zinkeiſen, daß die Man⸗ 
gelhaftigkeit ber Quellen hoͤchſtens ein „vielleicht” geſtatte; 
ee erklaͤrt zwar gleichfalls, daß bie Golonilation ſlaviſch 
redender Völker in Griechenland und ihre Gewaltherrſchaft, 
namentlich im Peloponnes, unbeſtreitbare Thatſachen find; 
alfein er beftreitet die Annahme, daß ganz Hellas mit ei 
nem Wale, und zwar am Ende des 6. Jahrhunderte, 
von Slaven uͤberſchwemmt worden fel und feine alten 
Einwohner bis auf einige kleine Reſte verloren haben foll, 
indem er nachweiſt, daß die wenigen Stelien, auf melde 
fich eine folhe Behauptung zu fügen fucht, wegen ihrer 
umbeflimmten Allgemeinheit und wegen ber .fpäten Zeit 
ihrer Aufzeichnung keineswegs zu einer fo ausgebehnten 
Folgerung berechtigen, zumal eine folhe auch auf fehr 
befttimmte Weile durch das Fortbeſtehen der griechifchen 
Sprache, neben welcher nur geringe Ueberrefte der Sprache 
bee eingebrungenen- Slaven ſich erhalten haben, widerlegt 
wird. Seine, aus dem ſorgfaͤltigſten Studium der Quel⸗ 


len ‚beroorgegangene und fi) dem Inhalte berfelben und 
dem naturgemäßen Verlaufe menfchlicher Dinge genau an- 
ſchließende Anſicht ift bie, daß die Slaven zunächft, und 
zwar zuerft während ber Megierung bes Kaifers Mauri⸗ 
dus, in nicht großer Zahl auf dem zum Theil menſchen⸗ 
leeren Boden des alten Hellas ſich niedergelaffen, und daß 
diefe erfien ſlaviſchen Einwanderer durch Annchme -griehis 
ſcher Sprache und Bitte größtentheil® helleniſirt waren, 
als die DHaupteinwanderungen im 8. Jahrhundert ſtatt⸗ 
fanden; auch diefe Anftedeiungen, weiche fidy meiſtens auf 
die ebenern Gegenden befchränften, müffen großentheils auf 
feiebfihe Weife geſchehen fein, und erſt buch die Zunah⸗ 
herbeigeführte weitere 


“me und die babucch 


der freien ſlaviſchen Anfiedler kam es allmälig zu einem 
allgemeinen Kriege zwiſchen dieſen und bem griechifcher: 
Städtebewohnern, welcher damit enbigte, daß jene in ber 
Mitte bes 9. Jahrhunderts befiegt und der Herrſchaft 


des griechiſchen Kaiſers unterroorfen, und daß im Laufe die: 


ſes und des folgenden Jahrhunderts, vornehmlich in Kolge 

ber Belehrung zum Chriftentbirme, ihre ſlaviſche Volks: 

thuͤmlichkeit unter byzantinifch = helleniſchem Einfluſſe gaͤnz⸗ 

lich umgewandelt wurde. Die Wichtigkeit und die Fol⸗ 

8 dieſes Ereigniſſes bezeichnen wir mit des Verf. eignen 
orten. 

Der Kampf ber friedlichen Elemente war vollendet. By⸗ 
zantiniſcher Hellenismus und Ehriſtenthum hatten über flavifke 
Barbarei und Bögendienft ben Sieg bavongetragen, und ein 
eigenthuͤmliches neuhellenifches Leben beginnt. Alles gleicht ſich 
mebr und mehr aus; bie ſcheinbar abgeftorbene probuctive Kraft 
bes lange Zeit erſchoͤpften und veröbeten Landes wird men ge: 
wedt und entwidelt fig mt unglaublicyer Schnelligkeit zu ſel⸗ 
tener Vollendung 5 die Gefchäftigkeit der Menſchen, ſcheint es, 
hatte einen neuen Schwung erhalten; vorzüglich müffen Gewerbe 
und Das, was wir in unfern Tagen mit bem allgemeinen Ra: 
men Snbuftrie bezeichnen, ſchon im Laufe des 9. Jahrhun⸗ 
berts in Griechenland wieder in hohem Grabe geblüht haben, 
benn noch vor Ausgange beffelben finden wir in einzelnen Theis 
len bes flavinifirten Griechenlands Spuren von Wohlſtand, Reich⸗ 
thum und felbfi Luxus, wie wir fie in jebem andern Theile des 
byzantinifgen Reihe um bamalige Zeit wahrſcheinlich vergebs 
lich fuchen wuͤrden. 

Eine darauf folgende Zuſammenſtellung und Pruͤfung 
der Nachrichten, welche ſich uͤber den Zuſtand Griechen⸗ 


lands in dieſer Zeit finden, gibt die Belege zu dieſer all⸗ 


gemeinen Charakteriſtik. Die Geſchichte der Angriffe der 
Araber vom Dieere her und ber Einbrüche ber nörblichen 
Barbaren, namentlid, der Bulgaren, feitet zu: den nunmehr 
beginnenden Verhaͤltniſſen Griechenlands zum Abendlanbe 
über, und da Dasfenige, was mit ben Kreuzzuͤgen ſelbſt 
in genauerer Verbindung ſteht, einer ſpaͤtern zufammens 
hängenden Darftellung vorbehalten bleibt, fo werben bier 
nur ‚die Normannenzüge nach Griechenland tm 11. und 
12. Jahrhundert erzählt, welche infofern als eine Haupt: 
epoche in ber neuhelleniſchen Geſchichte bezeichnet werben, 
als fie die Begruͤndung fränkifcher Derrfchaft auf dem 
Sefllande und den Inſeln des alten Hellas vorbereiteten 
und mwenigftend mittelbar berbeiführten. 

Wir fchliefen unfere Anzeige mit dem lebhafteſten 
Wunſche, daß dies Werk, weiches in jeder Hinficht zu 
den trefflichften und gediegenſten Leiftungen unferer Zeit 


— 


583 


in bee hiſtoriſchen Literstnne 


zu rechnen tft, nice lange 
umnvollendet blelben möge. - - > 16. 








Ensayo historico-critico 20bre la legisiacion de Navar- 
ra por D. Jose Maria de Zuaznavar, Francia, Ca- 
vero, Isagaga, Arrne y Mogica, ministro juvilado 

.del real y supremp «onsejo de Nayarra, indivi- 


duo de las reales academias, espanola y de la. 


historia, y de otros varios cuerpos literarios. T. I, 
I, 1, l. 1. San Sebastian, impr. de Baroja, 
"1828. 4. 


So bekannt und fo allgemein anerkannt bie ältern. fpanis 
ſchen Dichter und Proſatker bei uns jett find, fo wenig. richtet 
man im dieſer ‚Hinficht feine Blicke auf das neuere Spanien: unb 
betrachtet es vielmehr ale gänzlich abgefiorben für Dichtkunſt 
und Pokitik, obwol man doch bies nicht vorausiegen follte bei 
einem Wolle, das hierin fo lange ben Zon für einen großen 
heil Guropas angab. Richt minder Hätte. in Hinſicht auf bie 
Rechtswiſſenſchaft ſchon allein das ſpaniſche Handelsgeſetzbuch 
hang das beſte ber jetzt beftehenben) darauf aufmerkfam machen 
olfen, daß ein ſolches Werk nicht ohne vielfaches Studium, Mit 
wirkung von Gelehrten und regem Leben in biefem Theile bes 
menfchlihen Wiſſens hätte entftehen koͤnnen. Kommt hiezu nody 
duxchdringender Scharffinn und Klarheit: (ben Spaniern eigen: 
thuͤmliche Eigenſchaften), ſo laͤßt füch mit Recht etwas Ausge⸗ 
zeichnetet erwarten. Nur muß man ſich nicht durch bie, von 
den gewöhnlichen Anfichten der legten Zage in Beziehung auf 
Staat, Recht und Politit gang abweichenden Begriffe zuruͤck⸗ 
ſchrecken laffen; men foll vielmehr die Stimme eines Gelehrten 
und Staatsmannes, weldye mit ben polttifchen Anfichten eines 
ganzen Volles übereinzuftimmen fcheint, ebenfalls hören und eine 
Erklaͤrung von Erſcheinungen. aufſuchen, welche jegt Vielen ganz 
a in unb der gefunden Vernunft ſchlechthin zu widerfpres 

n fcheinen. ' ot | 

Der Verf. des obigen Werkes war Spräfibent ber sala de 
alcaldes de corte zu Pampelona und hatte als foldyer vor⸗ 
züglich über viele conftitutionnell Grfinnte ber -Iegten Revolution 
zu ridten; er war ed auch, der 1824 einen Auffas über bie 
Aeußerungen ber Unzufriedenheit gegen König und Minifter in 
Folge bed Derrets vom 19. Ian. 1824 in Beiehung auf bie 
sepublifanifchen Ideen besauszab: Der Aufſatz ift dem Werke 


einverleibtz; weiter unten werben wir bei ben politifchen Anſich⸗ 


ten des Verf. Einiges daraus anführen. 

Der erſta Theil bes Werkes enthält, als Einleitung, eine 
Art von politifhem Glaubensbekenntniß, das zugleich als Grund 
lage und Erklärung des Spätern dienen fol. Dann folgt bie 
Geſchichte Navarras in Verbindung mit Außerer und innerer 
Rechtsgeſchichte von ter Alteften Zeit, den pyrendifchen Koͤnigen 
und denen von Pampelona und Ragera bis D. Gartia San⸗ 
chez von Ataguerra und D. Sancho Barces von Pennalm. An⸗ 
hangemeife ſchließen dieſen Band mehre Fueros, wie z. B. die 
berühmten von Nagera (1020) und GSepulveda (1076) in res 
manifcher Spradyes lepteres jebocd nur im Autzuge. Auch find 
in bdiefem heile weitlaͤufige kritiſche GSrörterungen üben bie 
Concilien von Zoledo enthalten. 

Am zweiten Schelle wird bie Geſchichte Navarras unter 
aragonefifhen Königent Sancho Ramirez, Pedro Sanchez unb 
Alonzo Sanchez el Batallabor bis 1184 verfolgt, unter denen 
das Land fehr an Freiheit durch Beguͤnſtigung ber Würger ge 
gen den auswärts kaͤmpfenden Abel gewann und bebeutende Hort» 
ſchritte in Ausbildung bes Rechts machte. Die Anftvengungen ber 
Könige aus dem Haufe Navarra: D. Garcia el Meflaurabor, 
Bando el Bueno y Gabio, Sande el Zuerte y Smersabo bis 
1234 waren trog ber zahllofen und ausgezeichneten Fueros (mir 
nennen nus bie von Eſtella, Logronjo, S. Sebaftian) und ihren 
Benähungen, dab Recht zu verbeffern, faft ganz fruchtios, benn 


burch ungluͤcküche Kriege waren fie gezwungen, bas Gebiet bes 


‚Reiche zu verringern, Rechte und Privilegien, bie ihre Vorgaͤn⸗ 
ger extheilt hatten, wieber zuruͤckzunehmen ober an fich zu kau⸗ 


fen und birecte Steuern aufzulegen, wodurch fie bie Liebe des 
Volkes verloren, ſowie fie den Adel durch Erhebung zwölf bes 
vorrechteter Haͤuſer erbitterten.. Auch bie Kiöfter fuchten ſich 
am biefe Zeit dem ſtrengen Gehorfame ber Bifchöfe zu entziehen. 
Die folgenden Könige, Grafen von Champagne, Teobalbo I., IL. 
und GSnrique.ei Gordo bia 127% befolgten den Plan ihrer Vor⸗ 
gänger, aber mit ebenfo wenig Erfolg; Volk und Adel vereinten 
fih und wurden dadurch Lühner gegen fi. Dem Antrage, ein 
allgemeines Gefegbuch zu geben, wußte fich Theobald I. daburch 
su entziehen, daß er nad) Paläftina ging; bagegen. ließ er bie 
einzelnen Gefegbücher fammeln. Mehre berfeiben finten ſich am 
Schluffe bes Theiles. . 

Der dritte Theil geht. bis zur Wereinigung bes Landes mit 
Caftilien unter Ferdinand dem Katholifhen. Ziemlich ausführs 


"lich iſt die Hertſchaft der franzoͤſiſchen Könige, die vielfachen ins 


nern und äußern Kriege, ber Nachtheil der fremden Herrſchaft 
und bie Ausbübung ber Freiheit der Gemeinden befchrieben. Der 
Verf. beklagt bitter die unrupigen Zeiten, leitet alle Nebel aus 
bem vevolutionnairen Treiben, das im 14. Zahrhunderte das 
Land zerrüttete, ab, und vertheibigt in biefem Sinne auch. Karl II. 
ber mit Unrecht ben Beinamen : „ei cruel y el malo“ führe. 
Schon in den fruͤhern Bänden bemerkt ber Verf. mehre Mate, ba 
bie Könige ganz abfalut geherrfcht hätten, und dire wirb auch 
bis zulegt immer wieber hervorgehoben. Karl II. Iegte zuerft 
eine allgemeine Auflage auf, unb auch Karl III. el noble y re- 
gando Salamon, mußte wegen des Goncitiums gu Konftanz bie 
Geiſtlichkeit beſteuern. Der eigentliyen Erzaͤhlung folgt eine 


ſehr ausführliche Geſchichte des Codigo foral von Navarra, eine 


Kritit feiner Zufammenfegung und feiner Ausgaben (1686 von 
Chavier unb 1815), fowie viele Auszüge. Der Verf. ſchließt 
biefe Abtheilung mit dem Wunſche, baß eine neue Ausgabe deſ⸗ 
felben gemacht werden möchte, damit bie Gefese allen Gliedern 
bes Staates hohe und: großartige Begriffe ber erhabenen Perſon 
bes Souverains einfloͤßten, fein Leben und Vermoͤgen (patrimo- 
nio) ſicherten und feine Praͤrogativen, Rechte, Vorzuͤge und Re⸗ 
galien feſtſezten. Den Schluß machen eine große Menge von 
Geſetzen, Decreten und Orbonnanzen ber letzten Könige, z. B. 
über bie Einrichtung der Meſſe zu Pampelona und ihre Frei⸗ 
heiten, bie Einrichtung des koͤniglichen Rathe von Navarra von 
1381, die Einrichtung ber camara de comptos unter Karl II., 
eine Gerichtsorbuung von Karl Ill. von 1331, aus 75 Orbons 
nanzen beflebenb (äußerft vollftändig), ein „fuero particular, 
llamado privilegio de la union de Pampiona”, eine voll 
dige Verfaffung diefer Stadt, die fie von Karl V. 1558 erhielt, 
unb Anderes mehr. 

Man erkennt fchon aus biefen allgemeinen Angaben bie 
Mannicfaltigkeit des Werkes: und wirklich find bier. nicht nur 
für fpanifches. Recht und Geſchichte, fonbern auch für die allges 
meine Ausbildung der Stäbtenerfaffungen, bed Criminal» umb 


Civilrechtes bed ganzen Dlittelalters und auch Deutfchlands wahre 


Schaͤge ‚enthalten, beſonders wenn man bie Gleichfoͤrmigkeit der 
Ausbildung bdiefer Hechte in allen Ländern ins. Auge foßt. Cs 
möchte alſo wol kein geringes.Vexbienf fein, wenn ein gründe 
licher Gelehrter dies Buch in Hinſicht bes Privatzechts genau 
fludiste. Wir begnügen uns. mit diefen allgemeinen Andeutungen 
und wollen jetzt nur noch bes Verf. politische Auſichten genauer: 
barflellen, bie theils in der Einleitung, theild zerflrent im ganzem - 
Buche enthalten find, ba er fortwährend auch. Ruͤckſicht auf: die 
neueſte Zeit und den, wie ex glaubt, allein. wahren. und richti⸗ 
gen Stänbpunft von Bolt und König nimmt. 

Dex natürliche. Zuſtand des Menſchen im engern Ginne:- 
begieht. ich auf das wechfelſeitige Verhaͤltniß zwifchen eltern und 
Kindern; wir ‚finden neben der Fortpflanzung häusliche. Geſel⸗ 
(haft und Gehorſam. Der natürliche Zuſtand des Menfchen im. 
weitern Sinne begreift Bamilte, umfaſſendere Geſellſchaft (denn 
dee Menſch wurde geſellig geboren) und Gleichheit. Dieſe be⸗ 





— 


58% 


giebt fi entwebed auf bie weſentlichen Beſtandtheile bes Men 
ſchen und ſteht dann unbezweifelt feft, ober zweitens auf bie Guͤ⸗ 
ter, welche er beflgt. In bdiefem lekten Sinne findet fie fich 
ſchon im natärlichen Zuftande nicht vor, nirgend ift fie, und 
uirgend wirb fie fein. Nur infofern kann man von einer fol: 
hen Gleichheit fprechen, wie etwa in einem Theater die Pläpe 
allen Denen, bie ſich dort einfinben, gemeinfam finds; aber ben 
Platz, weichen Einer bereits eingenommen hat, barf fidy Bein An: 
derer zuelgnen. Drittens Tann fidy die Gleichheit auf Ehrerbie⸗ 
tung und Ehrfurcht, die man einander einräumt, beziehen, bat 
aber ‚in biefem inne ebenfalls nie beflanden. Endlich umfaßt 
der natürliche Zuftand bes Menſchen auch noch Freiheit und Uns 
abhaͤngigkeit. 

Alle gerechten Mittel, eine buͤrgerliche Goſellſchaft zu bitben, 
laſſen fich auf drei zurücdführen: entweder unterwarfen ſich bie 
Menſchen freiwillig der Leitung Anberer, ober fie wurden gerech- 
terweife von andern Staͤrkern unterjocht, deren natürliche Rechte 
fie vernichten wollten; ober fie legitimirten durch nachfolgende 
Genehmigung die ungerechte That jener Mächtigen, welche ohne 
einen &echtögrund gewaltfam zur Herrſchaft ‚über fie famen. 
Schr ſchwer, wo nicht unmöglich möchte es fein, bei irgend eis 
ner Nation der Welt einen urfprünglichen Gefellfhaftsvertrag 
zu finden. Gine bürgerliche Geſellſchaft muß vorhanden fein, 
denn es Tann nichts ben weiſen Abfichten bes Schoͤpfers mehr 
entfprehen, als dieſe organifirten Körper, welche bie nothwen⸗ 
digen Bebürfniffe berbeifchaffen, Gelegenheit geben, Ideen und 
Kenntniffe mitzutheilen, fowie endlich Ruhe, Eicherheit und Er⸗ 
haltung unfere® Lebens, unferer Glieder, Güter und Rechte be: 
gründen. Die Grundgefege einer bürgerlichen Geſellſchaft müffen 
fih auf die gefeägebende Gewalt, auf Regierungsform und auf 
Wahl der berrichenden Perfonen oder Familien beziehen; bie 
Stärke bes Geſetzes befleht der That nach weniger in feiner 
” Gerechtigkeit als in dem Anfehen des Geſetzgebers, welchem bie 
Geſellſchaft (ale Grund aller vereinigten Rechte) daffelbe übers 
trägt und fomit Majeftät, oberfle Herrichaft und Gewalt vers 
leiht. Dede gerechte Regierung hat eine abfolute Gewalt; bie 
in neuerer Zeit fo beliebte Trennung ber brei Gewalten wirb 
hingegen Urfache aller Uneinigkeit und Gchwäde. ine regel 
mäßige Regierungsform ift bie, wo eine phyſiſche ober moralis 
ſche Perfon die abfolute Gewalt ausübt; alfo abfolute Monar⸗ 
ie, Ariftofratie und Demokratie. In einer unregelmäßigen 
Negierungsform muß bie moralifhe oder phyſiſche Perfon mit 
Andern auf eine gewiſſe Weife übereinlommen,, bamit bie abfo: 
Inte Gewalt ausgeübt werde; biefer gibt es unzählige. Die 
Monarchie ift die befte Regierungsform. Den hödften Grab ber 
Vollkommenheit würde fie erreihen bei "einem republifanifchen 
Könige und einem Föntglichgefinnten Volle. Fehler ber abfoluten 
Monarchie find: fchlechte oder ſchwache Kürften, Bormundfchaften, 
häufige Veränberung ber Minifter ſowie deren perfönlihe In- 
tereffen. Aber gering find diefe Mängel in Vergleich mit Eifer: 
ſucht, Parteienwuth, Intriguen und Verſchwoͤrungen ber Arifto: 
tratien. Was endlich die Demokratie Setrifft, fo gibt es keine 
Schwachheit, Teinen Fehler, Leine horheit. dem ber Einzelne 
unterworfen ift, deren nicht auch eine verfammelte Maſſe fähig wäre. 

Das größte zeitliche Gut ber bärgerlichen Gelellſchaft ift 
die Einheit. Oft Iaffen ſich bie Menſchen durch ben falfchen 
Schein eines idealen Optimismus verführen, ber faſt immer bas 
wahre Gute gehört oder verhindert; wenn fidy dies bei politi⸗ 
fchen Gegenftänden ereignet und Verſchiedenheit biefer Begriffe 
bei den Witgliebern berfelben Nation herrſcht, fo vermanbeit die 
Entzuͤndung ber Leidenſchaften Diejenigen in Feinde, welche ſich 
wie Bruͤder behandeln und lieben ſollten, weil fie dieſelbe Spra⸗ 
che, Geſeze und Sitten haben. Dieſer Zuftand erſcheint ſchlim⸗ 
mer als eine zerruͤttete Oligarchie und ein zuͤgelloſer Despotis⸗ 
mus. Es iſt beſſer, Mängel der Regierung zu ertragen, als 
Anarchie zu verurfachen (welche jebes Mal einer Reyolution folgt) ; 
beilfamer, ruhig vom Herrſcher felbft die Abftelung ber Mis: 
brauche zu erwarten, als gewaltfam bamwiber aufzutreten. Auch) 


Pd 
darf man nicht vergeffen, baß 


erfeben, in ber Hegel beffer urtheilen können als ein unum 


terrichteter Einzelner. Menſchen, welche Aeußerungen ber Unzus 


friedenhett mit Köniz und Regierung hören laſſen, find einem 
Staate am ſchaͤdlichſten; auch iſt ber Grund diefer Aeußerungen 
öfter bie Leidenfhaft als die Vernunft. Wer in einem Lande 
lebt (Ginheimifcher ober Fremder), tanp nicht verlangen, daß bie 
Regierungsform eine andere ſei, als fie if. Wem fie nicht ges 
fällt, der wandere aus, und wer fich zu beklagen hat, gehe heim⸗ 
li zum König oder feinen Gerichtshöfen, laſſe aber nicht laut 
feinen Unwillen hören. 

Mas unfer Zeitalter von ben frühern unterſcheibet, iſt ber 
äußere Schein einer falfyen Weisheit, vermifcht mit Verachtung, 
Nichtfchägung und fogar Werfolgung alles Guten. Daran ifl 
bie ſchlechte Erziehung Schuld, eine tadelnswerthe Toleranz 
und die abſtracten Begriffe einer falſchen unmoͤglichen Politik. 
Mögen Könige wie Voͤlker gleiche Religion und Gottesfurcht bes 
figen; biefe ift das befte Mittel, einen abfoluten Herrſcher der 
Gerechtigkeit und Maͤßigung geneigt zu machen: Senn ſich mit 
diefen Gigenfchaften echtes Bertrauen auf bie größere Menge des 
Volles verbindet, und nicht auf eine Handvoll beiwaffneter Leute 
(die gegen eine ganze Nation doch nur durch Ueberrafchung unb 
ohne Dauer wirkten koͤnnen), fo wirb fi) das wahre Verhaͤltniß 
erzeugen, wie es gemäß iſt einem Wolle, beherrſcht von Koͤni⸗ 
gen, die als Gottes Stellvertreter in ihrem Reiche allein ihm 
NRechenfchaft zu geben haben und in feinem Namen ihre Un⸗ 
terthanen in Gerechtigkeit und Wahrheit erhalten. 180. 





| Literariſche Notizen. 


Der Geiftlihe Ignat. Ehobynichi hat ein Lexikon der ge⸗ 
Iehrien Polen herausgegeben („Dykceyonarz uczonych Pola- 
kow”, 2 Bände, Lemberg 1885, 8., 17 51. Poin.). Gs 
enthält eine Turge Lebenspefchreibung, eine Angabe ber ges 
druckten oder im Manuſcripte vorhandenen Schriften und eine 
Kritit der Hauptwerke ſaͤmmtlicher polnifcher Autoren von ber 
Einführung bes Chriſtenthums an bis auf unfere Zeit, nach dem 
Alphabete geordnet. 


„Die Seherin von Prevorſt“ ift von Matufzewsfi ins 
Polnifche überfegt werden. Beide Bände find bereits in War: 
(bar erfienen und mit ungetheiltem Beifalle aufgenommen 
worben. 


Graf Fredro. Die Polen nennen ben Grafen Alexander 
Fredro ihren Moliere. Und in ber That findet man in feinen 
Euftfpielen die heitere Laune, ben rafchen Zortichritt und bie 
tomifche Kraft wieder, durch welche mehre ‚Werte Moliere's 
ausgezeichnet find. In handen Ruͤckſichten aber würden wir 
dielleicht den Polen höher ſchaͤtzen als ben Franzofen, befons 
ders was das fleißige Durchfuͤhren und bie Zufammenfügung 
bee Gcenen und ber Handlung betrifft. inter ben. ältern 
Werten Krebro’s ift „Die Damen und die ‚Dufaren” das bes 
ruͤhmteſte. Am 15. Febr. d. 3. wurde in Lemberg ein neues 
fünfactiges in Verſen geſchriebenes Eufifpiel von ihm aufge: 
führt, betitglt: „Sluby panienski” („Das jungfräulide Ge⸗ 
luͤbde, ober der Herzensmagnetismus“), welches mit allgemeinem 
Enthuſiasmus aufgenommen worben und nad .einmüthigem 
Urtheile aller Kunftrichter den vorzüglichften dramatifchen Mer: 
en der polnifchen Eiteratur zuzuzählen ift. . 





Bon I. N. Kaminski, dem trefflidhen Ueberfeger von 
Schiller's Gedichten, ift unlänaft (Lemberg 1832) eine polnifche 
Ueberfegung von Schiller's ‚‚Wallenftein” erfchienen. — Gine 
Ueberfegung mehrer Erzählungen von Zfcholle und Hoffmann 
findet in Warfhau vielen Beifall. 177. 





Nebigirt unter Verantwortlicyteit der Verlagshandlung: F. X. Brodbaus in Leipzig. 





* 


⸗ 


Kimige und Miniſter, bie iht 
geriet Leben auf die Regierung vermenben und ſtetgq das See. 





BI ätter 


für. 


Fit erar iſche Unterhal 


tung. 





Wittwoch, 





Maſaniello, der Mann des Volkes. Trauerſpiel in 
fuͤnf Zufgügen von Wilhelm Zimmermann. 
Stuttgart,_Neff. 1833. 8. 1 Zhlr. 4 Sr. 

Wie viele Federn bat Mafaniello fhon in Bewegung 
gefegt! Meißner's Hiftorifche Darftelung (nicht Roman) 
- machte den Anfang (1784); ihm folgte mit Beginne bie: 
ſes Jahrhunderts eine fehr anziehende Novelle in der Zeit: 
ſchrift: „Flora“; im 3. 1811 fchrieb ein Z1jähriger Stus 
dent zu Heidelberg, Auguft Frefenius, in fieben Wochen: 
„Thomas Aniello”, ein Zrauerfpiel, das nach feinem Tode 
im 3. 1817 untere Fouqué's Aufpicien ans Licht trat; 
vor vier oder fünf Jahren erfchien ein zweibändiger hiſto⸗ 
tifcher Roman in Frankreich über bafielbe Thema; durch 
die „Stumme von Portici” hat deu aufruͤhreſche Fifcher 
fi) ſelbſt in bie Revolutionen unferer Tage gemifcht; Lady 
Morgan hat ihm in ihrem „Salvator Mofa” ein Denk 
mal geſetzt; In dieſem Jahre iſt endlich Wilhelm Zim- 
mermann, ber fi fchon als Inrifches Zalent bekannt ges 
macht bat, mit dem Xrauerfpiele, Über das wir ben Lefern 
d. Bl. Bericht zu erflatten haben, aufgetreten. Wirklich 
laͤßt fi auch nicht leicht ein günftigerer Stoff für bie 
Poeſie und insbefondere für das Drama benten: Ein: 
fachheit und Größe der bee, Einheit der Handlung, we: 
nige, ſehr entichieden gezeichnete Hauptſpieler, endlich ber 
Charakter Maſaniello's felbft, großartig und einzig in ſei⸗ 
ner Art; dazu wunderbare Anlage der Geſchicke, ängftliche 
Spannung des Hauptſchickſals, vafche Peripetie, furcht⸗ 
bare Kataſtrophe. Wir wiffen wenige Stoffe, die von 
ber Geſchichte ſelbſt fo volftändig zum Gedichte ausge: 
prägt waͤren, ſodaß es nur einer getreuen Ausführung 
der in großen und entſchiedenen Umeiffen gegebenen An: 
Lage bedurfte, um das Ganze zu einem Kunſtwerke zu 
geftalten. Um fo mehr ift zu bebauern, daß fich bie 
ſaͤmmtlichen Behandler dieſes Stoffes, Meißner's loͤbli⸗ 
chem Beiſpiel ungetreu, mit ziemlicher Willkuͤr von der 
Hiſtorie entfernen zu duͤrfen oder zu muͤſſen geglaubt ha⸗ 
Von den Romanen und der Oper nicht zu reden, 
beichränten wie und, dem Zwecke unferer Anzeige gemäß, 
in diefer Hinfiht nur auf bie zwei dramatifchen Bearbei⸗ 
tungen. Frefenius macht aus feinem Maſaniello einen 
reflectivenden Helden, eine Art von Karl Moor, ber in 
Lauter Hyperbeln und (mie übrigens alle feine Perfonen) 


in Shakſpeare ſchen Spruͤch⸗ und Witzwoͤrtern redet und 





22. Mai 1833. 








ſich vom Anfang bis an das Ende phantaſtiſch gerirt; 
W. Zimmermann iſt zwar mit viel mehr Mäßigung vers 
fahren, aber das Beſtreben, feinem Stoff eine Bedeutung 
fir unfere Zeit zu geben, hat auch ihn verführt, feinem 
Helden zu ſteigern und auf eine der Gefchichte nicht ent⸗ 
fprechende Art zu idealiſiren; wenn ſich Srefenius ganz 
den „Raͤubern“ oder dem „Fiesco“ in feiner Behand: 
lungsweiſe zugewendet bat und feinen Fiſcher wie einen 
nobeln Renommiften bebanbelt,. fo verfällt Zimmermann 
in bie Manier. de6 „Don Carlos”; feine Hauptperfonen 
machen mir gar zu wichtige Staatsmienen, und Mafas 
niello mit feinen erleuchteten Rathgebern find fo tieffin- 
nig und fentimental, daß fie wenigftens bei 3. J. Moufs 
feau einen Curſus gehört ober in der conflituirenden Ver⸗ 
ſammlung gefeffen haben müflen. Auch. das Aeufere ſei⸗ 
nes Fifchers wird von einem alten Bunftgenoflen zwar veche 
ſchoͤn und intereffant, aber leider nur gar nicht hiſtoriſch 


wahr in folgenden, von entfchiedenem Dichtertalente zeu⸗ 


genden Verſen gefchilbert, die bier als ruͤhmliche Probe 
der Dietion ſtehen mögen: 

Sr ift ein lebhaft kluger Burfch, ber weiß, 
Was recht und ſchlecht ift, Druck und Drüder haßt 
Und etwas denkt. Seht, dieſe Art von Menſchen, 
Die iſt euch froh und luſtig unter Leuten, 
Doch einſam und allein mit ſich da werden 
Sie ſtill und melancholiſch; 's iſt als ob 

Sie nicht gehörten ins gemeine Gleis. 
Schon Bang, Bewegung und Geberdenfpiel 
Verraͤth bei ihm was Größ’res, Adeliges. 
Ich hab’ ihn oft, verwundert, fill betrachtet, 
Wenn er fo unter Zung’ und Alten fund, 
So ſchmaͤchtig und das Antlig blaß und milbde, 
Doch Haren Ginaes voll und kecken Geiſtes, 
und manch verfländig Wort aus feinem Mund ſich 
Weit über aͤlt're Weisheit hoͤren ließ. 
Aud ift fein Haus weit beffer als die unfern, 
Geſchmackvoll, huͤbſch, mit Zierath mancher Art; 
Und aus ben grünen Rebgelaͤnden blinkt es 
Faſt wie ein Schloͤßlein über unfre Hätten: 
Ein guter Hausmann ift er, fromm und fleißig, 
Nicht rauh und hart unfreundlich feinem Weib 
Wie fonft die Männer, nein, ein zärtlislicher 
Sorgfamer Wann; und feine Kleinen zieht er, 
Wie's nur der deſte Vater ziehen mag 
Dort in der Stadt, und all fein Thun und: Weſen 
Iſt eine Luft zu hören und zu ſehn. \ 


Aber in dee Geſchichte ficht es ganz anders aus. Da 


586 


iſt Maſaniello zwar ſchmal und bleich, aber kein tieffin- 
niger Träumer, kein frommer und fleißiger Hausvater; 
er ift ein durchaus draſtiſcher Menſch, der feine Kraft 
und Größe erft mit feiner Situation erhält; kein Menſch 
aus feiner Umgebung, er felbft nicht einmal ahnte, welch 
ein hoher Geift in ihm verborgen fei; feine Hütte war 
die allererbärnilichfte; feine Handtierung die ſchmuzigſte 
und niedrigfte; die Betichterſtatter Finnen nicht verächt: 
liche Worte genug finden, wenn fie biefelbe fchildern. 
„Er war”, fagt ber zugänglichfte Zeuge, Giannone, „ein 
Kerl, der einem Fiſchhaͤndler als Verfertiger von Düten 
biente, welche er den Käufern der Stiche, um fie darein 
zu legen, verkaufte.” Mich däucht, das poetifche Wunder 
wäre, wie es das hbiftorifche iſt, nuc um fo größer geweſen, 
wenn ber Dichter ſich rein an die Gefchichte gehalten hätte. 
Der Entſchluß, feinen unterdruͤckten, entmenfhten Bruͤ⸗ 
dern zu helfen, zuͤndete, durch aͤußere Veranlaſſung plög- 
lich angeregt, wie ein Blitz in ſeiner Seele und entflammte 
ſie zur herrlichſten Heldenglut. Wie mit einem Zauber⸗ 
ſtab umgewandelt, tritt der verachtete Fiſcher nun auf 
Einmal als genialer Feldherr, als glaͤnzender Redner, 
als uneigennuͤtziger, von ſeinem hohen Berufe innig durch⸗ 
drungener Staatsmann auf. Aber im Umgangsleben hatte 
er darum die gemeinen, gaͤnzlichen Mangel an aller Bil⸗ 
dung verrathenden Fiſchermanieren nicht abgelegt; er 
klopfte ſupplicirende Matronen auf die Schulter und er⸗ 
theilte die hoͤchſten Gnadenbezeigungen an Edelleute von 
uraltem Geſchlechte wol einmal in Begleitung eines 
ſcherzhaften — Fußtrittes. Sein Beruf konnte ihn be⸗ 
geiſtern und ſteigern, aber nicht die Bildung ihm verlei⸗ 
hen, in welcher ihn unſer Dichter darſtellt. Der ge⸗ 
ſchichtliche Maſaniello, ſo lang er ſich und ſeiner Sen⸗ 
dung treu bleibt, iſt eben in ſeiner plumpen Fiſchergroͤße 
einzig und unvergleihlih. Er kann durch Niemand ge: 
flürzt werben als durch ſich ſelber. Allmaͤlig, erzählt 
die Geſchichte, verbarb auch ihn das Süd, oder ihn er⸗ 
brüdte bie ungewohnte Lafl. Wir verargen ben beiden 
Zrauerfpieldichtern nicht, daß fie begierig nach der von 
dem glaubwürbigften Beitgenoffen fir luͤgenhaft erklärten, 
von Peter Giannone gar nicht erwähnten Sage gegriffen 
haben, nach welcher ihn der Vicekoͤnig vergiften ließ ober 
ſelbſt vergiftete. Doch, mag das Gift des Feindes ober 
das Gift des Gluͤckes (und das letztere ließ fich wenig⸗ 
ſtens ebenfo poetifdy behandeln) jene plögliche Verwand⸗ 
lung mit Maſaniello bewirkt haben: genug, fie machte 
Ihn zum Tprannen, zum fheußlichen Mörder und Mord: 
brenner, deſſen Betragen nur mit dem des wahnwitzigen 
Kaifers Galigula verglichen werben kann, und warf ihn 
auch in feiner ganzen übrigen Handlungsweiſe in ben 
Schmuz und die Gemeinheit zuruͤck, aus welcher er auf: 
geftanden war. Welche Aufgabe für einen Herzenskuͤn⸗ 
Diger, was ber bramatifche Dichter immer fein follte. 
Aber unfere Dichter hatten ihren Helden zu lieb, fie 
konnten es nicht über ſich bringen, ihn fo tief ſinken zu 
laſſen. Freſenius läge ihn fofort am Gift wie Hercules 
am Neffusgewande jämmerlich verfommen. Zimmermann 
bleibt der Geſchichte viel getveuer, aber er fchilbert boch 


feine Wuth nur als eine vorübergehende Maferei von we⸗ 
nigen Stunden, während Maſaniello's Tyrannei lange 
vor jener Meerſpazierfahrt, die allerdings hiſtoriſch ift und 
im zweiten Auftritte des fünften Aufzugs wirklich koͤſtlich 
gefchildert wird, begonnen hatte und, wohl zu merken, 
nicht mehr aufhörte, auch den Abfall des Volkes von Ihm 
berbeiführte und fein tragifches Ende befchleumigte. Dies 
ſes hat unfer Dichter ungefähr in der Art umgeänbdert, 
wie Schiller den Tod ber Jungfrau von Orleans, Er 
wird nicht von den ermuthigten Adeligen (wie es bifto: 
riſch iſt) erſchoſſen, fondern er ſtirbt fiegreih, von Fuͤh⸗ 


rern und Fahnen umringt, prophezeiend, ſelbſt uͤber unſere 


jetzige Zeit hinaus allgemeine Voͤlkerfreiheit prophezeiend. 


(Der Beſchluß Folgt.) 





Examen erilique des travaux de feu M. Champollion 
sus les hieroglyphes; par M. J. Klaproth. Paris 1832. 


‚Manche Leute in Frankreich glauben ganz im Ernfte, Cham⸗ 
pollion habe die Kunft erfunden, die ägpptifchen Hieroglyphen 
zu entziffern, und man lefe fie jett fo geläufig ald bie Zeitung. 
Daher Hat die Öffentliche Meinung, durch einige Zagesblätter 
verleitet, faum Worte genug finden können, um ihren Enthuſias⸗ 
mus und ihre Verehrung für Ghampollion auszubrüden. Dan 
hatte ihn mit Ehren überhäuft, und Hätte ihn nicht ein fruͤhzei⸗ 
tiger Tod hingerafft, wer weiß, wie weit die Gunſt ber Ration 
es mit ihm getrieben hätte. Nun hatte Champollion freilich 
einen ſehr loͤblichen Gifer an den Tag gelegt und war durch 
ausdauernden Fleiß auf die redhte Spur der Entdeckung irgend 
eines Schlüffels zur Auffchliegung jenes Geheimniffes gerathen. 
Allein er ſelbſt Tonnte ſich unmoͤglich die großen Schwierigkeiten 
verhehlen, welche ſich feinem Bemuͤhen entgegenftellten und. von 
benen bie nicht gelehrte Welt ge nichts ahnt. Herr Klaproth 
bat geglaubt, das Publicum Hierüber belehren und die angeblichen 
Entdedungen Shampollion’s aufhellen zu müflen, bamit doch Ies 
ber weiß, was er davon zu halten habe. 

„SEhampollion hatte feit feiner frühen Jugend bie hierogly⸗ 
phifhen durch den Drud bekannt gemachten Inſchriften zufams 
men verglichen und feinem Gebächtniffe eingeprägt; doch gelang 
es ihm nicht, etwas baraus zu entziffern; fogar Zoega’8 Ent⸗ 
deckung oder Bermuthung, daß mandye Bicroglpphen Zeichen von 
Toͤnen, alfo phonetiſche Hieroglyphen feien, blieb unbenußt. 
Erſt als bie berühmte, in zwei Sprachen abgefaßte Inſchrift von 
Rofette bekannt wurde, befam man einige Hoffnung, zur Entzif⸗ 


ferung ber Hieroglyphen gelangen zu können. Der Name Ptos 


lemaͤus war auf derfelben in einen Rahmen eingefoßt; man bes 
merkte nun etwas Aehnliches auf andern Snichriften, und man 
tonnte nun wenigftens bie eignen Namen entziffern, bie Art aber, 
wie fie gefchrieben waren, konnte vielleicht dahin führen, audy 
andere Schrift zu leſen. Indeſſen glaubte Champollion noch im 
3.1812, e6 gebe keine alphabetifhe Schrift bei den Aegyptern 
Died ſagt er bdeutlih in einer damals von ihm zu Grenoble 
herausgegebenen Schrift. 

Der Engländer Young behauptete aber das Gegentheil in 
einer 1818 gedrucdten Abhandlung. Um biefe Zeit machte fein 
Landsmann Bankes bie Jnſchrift auf Philä bekannt, bie ebens 
falls griechiſch und RAN abgefapt iſt. Cine Abfchrift 
bavon gelangte in bie de Ghampollion’s; er erfannte unter 
ben Hieroglyphen ben Ramen Ptolemäus, und er verließ von 
nun an feine vorgefaßten Begriffe und bekam Zutrauen zu ber 
Meinung Über bie phonetifche und alphabetifhe Schrift. Nun 
erfhien fein Sendſchreiben an Dacier; er. verfertigte fein Alpha⸗ 
bet, begann die Namen der Könige und Kaifer auf den Infchrife 
ten herauszulefen, änderte und verbefferte an feiner Gntbeddung 
und Lam zuiegt mit feinem „Precis du systöme hieroglyphi- 
que’ zum Vorſchein, obſchon es gar Feine Gutwidkelung eines 


587 


Soſtents enthält, fonbern nur, wie Klaprothugagt, eine weitere 
Anmwenbung feiner in bem Genbfchreiben an Dacier angegebenen 
Ideen if. Hier flellte er ale eine Regel auf, daß bie meiften 
hieroglyphiſchen Schriften Aegyptens vermitteld der phonetiſchen 
Methode aufgelöft werben können; die Beweisfuͤhrung biefer Bes 
hauptung und ihre Anwendung auf bie Infchrift von Roſette 
untesblieb aber. Ghampollion "überfegte blos einige abgeriffene 
Säge derſelben; dies konnte jedoch nicht hinreichen, um feine 
Behauptungen einleuchtend zu machen. 

Nach einer Reife in Italien, wo er Gelegenheit hatte Ar 
Menge ägyptifcher Denkmäler zu fehen, wagte er es, feine Ent: 
deungen und Bermuthungen weiter auszudehnen unb beſonders 


bie Ramen ber Könige ber verfchiebenen Dynaftien Aegyptens zu 


entziffern, wie aus feinen ‚Briefen an den Herzog v. Blacas’’ zu 
erfehen. Zegt ging er noch ans Entziffern nicht allein der Namen, 
fondern auch der beigefügten Zitel und ganzer Stellen aus ben 
Sägen. Die Beweisführung blieb cr wiederum großentheild 
ſchuidig. Dennoch wurden feine Erklaͤrungen meiftens auf Glau⸗ 
den angenommen. 

Nun kommt es baraufan, biefelben zu würdigen. Dies thut 
Klaproth mit giemliher Strenge. Er zeigt erſilich, welche 
große Schwierigkeit das Entziffern alphabetifher Infhriften has 
ben müffes denn was bie ſymboliſchen betrifft, fo ift es faft un: 
möglich, fie zu erklären; wie können wir naͤmlich errathen, wel: 
hen Begriff tie Aegypter mit den vielen hundert Zeichen ver: 
banden, die fie auf ihren Dentmälern abbildeten. Selbſt ihre 
alphabetifchen Zeichen find ſchwer zu erklären, indem fie Buchſta⸗ 
ben ganz willkürlich zufammenftellten, nämlich zuweilen neben, 
zuweilen unter und über einander, und bie Vocale ausließen. Cigne 
Kamen laffen fih auf diefe Weife wol nody herauslefm; aber 
mit andern Wörtern ift dies nicht wohl möglich, wenn man nicht 
meift das herauszulefende Wort ſchon Fennt oder doch vermus 
thet. Nun kennt man aber leider die Sprache nicht, zu wel: 
cher diefe Worte gehören. Das einzige Huͤlfsmittel, fie zu 
erlernen, ift die koptiſche Sprache, weiche wenigflens mandje 
Ueberbleibfel der alten aͤgyptiſchen Sprache enthalten muß. Aber 
biefes Koptifche Ift nunmehr noch eine bloße Schriftfprad;e, und 
wir befigen in berfelben nichts als einige ascetifhe Buͤcher, tie 
von ben auf den alten Infchriften verzeichneten Worten wenige 
enthalten koͤnnen. 

Man fieht Hieraus die unendlichen Schwierigkeiten, weiche 
fih dem Verfuche, die Hieroglyphen zu erklären, entgegenftellen. 
Was nun aber bie cignen Namen betrifft, fo hatte Champol⸗ 
lion eine Hülfsquelle zur Entzifferung derſelben in den bei Ma⸗ 
netbo und andern alten Gchriftftellern enthaltenen Eiften der 
ännptifchen Könige. Da diefe Namen mit Buchflaben ausge- 
drädt find, fo hält es nicht ſo ſchwer, biefe Buchflaben auszus 
legen. Herr Klaproth wirft Champollion vor, er habe ſich zu: 


letzt zu ſehr übereilt und Wermuthungen auf Vermuthungen ge: 


häuft, ja fih manchmal wiberfprochen, indem er hier ein Zeichen 
für diefen Buchſtaben, dort aber daſſelbe Zeichen für einen an⸗ 
bern Buchflaben ausgegeben babe. Champollion fagt, ber Verf. 
des ‚‚Essai’ würde nicht in dieſe Wiberfprüche verfallen fein, 
wenn er bie in feinem Sendſchreiben an Dacier vorgezeichnete 
analptifche Richtung beibehalten hätte. Aber ſchon in ber erften 
Aufiage feines „Precis’ entfernt er fi) vom regelmäßigen For⸗ 
fyungsgange, der bei fo neuen Unterfuchungen unentbehrlich ift; 
in feinen nachherigen Schriften geht er noch weiter barin. Bes 
Sonders häufen fid) die Vermuthungen, in der legten Ausgabe bes 
„Preeis’ aufeinander, und bier zeritört ber Verf. zum Theil, 
was er in ber erfien als erwiefen angegeben hatte. 

Wir können Hrn. Klaproth in ber Weweisfährung zu biefen 
Beſchuldigungen nicht folgen, verfichern blos, baß berfelbe eine fehr 
große Gelehrſamkeit in diefer Abhandlung an den Tag gelegt hat, 
und glauben, daß ae Diejenigen, welche Shampollion’s Forſchungen 
ben ihrigen zu Grunde legen wollen, nicht umbinkönnen, 3. Klap⸗ 
roth's Bedenklichkeiten dagegen zu Rathe zu zichen.*) Wir haben 


*) Bgl. üdrigens drei Artikel über „Champollion und die aͤgypti⸗ 


verfichern hören, bie Herausgeber einiger parifer Blätter hätten 
bie Klaproth'ſche Schrift nicht anzeigen wollen, um bie Chams 
pollion’fcye Bamitie, welche mit ber frangdfifchen Regierung in 
Unterhandlung fleht wegen bes Verkaufs der von ihm hinterlafs 
fenen Handſchriften, nicht zu verhindern, dieſelben vortheilhaft 
anzubringen. Dies wäre ein fonderbarer Beweggrund, ten man 
in Deutſchland Lächerlich finden würde. Denn che bie Res 
gierung jene Handſchriften kaͤuflich an ſich bringt, wird fie 
boch wiſſen wollen, ob fie bes Kaufens werth fein In 
biefem Werbältniffe muß es ja wuͤnſchenswerth fein, daß ſich 
ſachkundige Männer über ben Werth der Champollion'ſchen Kor: 
[dungen überhaupt ausfprechen, und da man es richt unanfläns 
dig gefunden bat, daß biefelben in gewiffen Blättern unmäßig 
gelobt wurden, fo kann man es auch nicht anders als billig fins 


den, daß ſich Stimmen in entgegengefegten Sinne hören laffen, 


um bie Regierung und bie Gelehrtenwelt über den Gehalt der 
bereit8 erfwienenen &chriften aufzuklären. Dies iſt noch fein 
Endurtheil und betrifft auch nicht einmal bie Handfchriften, kann 
aber überhaupt beitragen, ben Gelehrten zu würbigen, beffen 
Nachlaſſenſchaft ber Staat an fich kaufen foll. *) 7%. 





— — 


Vita di Benvenuto Cellini orefice e scultore ſiorentino, 
scritta da lui medesimo. Giusta l'autografo pubbli- 
cato dal Tassi, Con cinque tavole in rame. Zwei 


Bände. Leipzig, Voß. 1833. 12. 1 Thle. 16 Gr. 


Sollte Ref. ein Buch nennen, das wie im hellen Spiegel 
das gefellfchaftliche Bewegen der Italiener vor 800 Zahren 
barftelle, das wirklich erzähle, wie man in fürftlichen Paläften 
und in Zehhhäufern, in Merkitätten und Kerkern gelebt babe, 
fo würde das erſte, das ihm beifiel, Benvenuto Gellini’d Leben 
fein, und die andern alle in Ehren, würde er es auch für das 
befte halten. Denn es if wirklich ber in Eettern hingezeichnete 
Ueberblict eines durchgelebten Lebens, wie es bem nie raftenden 
Manne vor ber Seele geftanden haben mag, wenn er manch⸗ 
mal das Erfahrene ſich zurüdrief. Eben barum ift es ohne 
Auslaffungen, nichts verfäweigend, verbrebenb ober beſchoͤni⸗ 
gend, — Hoheiten ebenfo gewiffenhaft vorüberführend als Mo⸗ 
mente, wo der Genius bei ihm einfprady, gleichſam als hätte 
er durchaus nichts bei dem Auffchreiben beabfidtigt, als bie 
Vollſtaͤndigkeit der Gindrüde feftzuhalten. Diefe von aller 
Schönthuerei ferne MWahrheitsliebe, bie bei ben poetiſchen Ans 
regungen an nichts Beſonderes, bei ben. Regungen ber gemei⸗ 
nen Ratur an nichts zu Werheimlichendes benft, macht neben 
bem vielfach beiehrenden Inhalte den Hauptreiz bes Buches 
aus, das in Deutfchland, wenn es ihm auch nicht durch Goͤ⸗ 
thes Wermittelung zugeführt worben wäre, über lang ober kurz 
hätte Auerfennung finden müffen. Die Zeit, wo 8. GSellini 
lebte, war bekanntlich fehr von ber unfern verſchieden. Ueberall 
regten fi Kräfte, die noch häufig titaniſch Hervortraten wie 
bie Zeit, aus ber fie hervorgingen. Vor Thaͤtigkeit und Bes 
wegung war es den bamaligen Menſchen nicht immer möglich, 


zu überlegen; und B. Gellini war ein vollfländiges Kind ſei⸗ 


ner Zeit. Vieles, was wir Roheit nennen müflen, was jeboch 
damals an einem Papfte ſelbſt nicht befrembden burfte, hat man 
aus feinen Berichten hinweggewuͤnſcht und hat fidy& fogar er» 
laubt, «6 wegzuwiſchen, als biefe Berichte in Drud kamen. 
Keine von allen ben bisherigen Ausgaben zeigte baber B. Gel: 
lini- in feiner ganzen Natürlichkeit; felbft Goͤthe hat nur nad 
einem Abbrude überfegt, ber Vieles verkürzt, Vieles gemilbert 
gibt. Durdy einen Zufall kam im 3. 1810 zu Florenz bie von 
Benvenuto's Hand gefchriebene und von ihm in bie Feder bics 
tirte Urfchrift zu Tage, und es ſchien Pflicht, ben bedeutenden 


(hen HierogIpphen” in Nr. 160, Isl, 191, 12, 233-0 d, BI. 
f. 1822, D 


Red . 

*) Bekanntlich bat bie franzoͤſiſche Regierung ben literariſchen Nach⸗ 

laß Ghampollion’d gekauft und feiner Witwe eine Penfion aus⸗ 
gefegt. D. R e d. 


588 | 


Wann, wie er war, unferer Zeit zu zeigen, bie für die Schwaͤ⸗ 
den her feinem einen richtigen Maßſtab zu befiden glaubt. 
Man bat es daher Dr. Taſſi als ein Verdienſt anrechnen müf: 
fen, baß ex die urſpruͤnglichſte Form dem Werke wiedergab, in: 
dem er Wenvenuto ſich zeigen ließ, wie ex fich felbft gegeben 
hatte. Selbſt in der Rechtſchreibung liegt ja eine Charakteriſtik 
der Zeit, wie viel mehr in bem Ausbrude! Nach diefer Zaffi' 
ſchen Ausgabe, die zu Florenz 1829 in brei Octapbänben er: 
(dien, if der vorliegende Leipziger Abdruck wörtlich beforgt, 
woburdy ein gelehrter deutſcher Arzt ben Kunftfreunden ein 
wahres Befchent macht. Alle weſentliche Erläuterungen, welche 
Taſſi aus ben Schägen der Riccardi'ſchen Bibliothek im britten 
Bande zufammengeftellt hatte, findet man vom editore tedesco 
in das ‚„Sommerio cronologieco‘‘ aufgenommen , welches er der 
Selbſtbiographie bes Künftiers vorausgefhhidt Hat. Ebenſo ges 
hört dem beutfchen Herausgeber die ind Kurze gezogene Notiz 
über die frühern Ausgaben, bie Zufammenftellung der Urtheile 
über Selini und ein Regiſter, in welchem kurze Nachweiſungen 
über GBegenftänbe beigebracht find, bie ſich nicht von ſelbſt aus 
dem Buche ergeben. Kurz, units if aufzunehmen verfäumt, 
was zur Kenntniß bes Meifters und feiner Zeit wwefentlich 
ſchien; felbft die Zeichnungen nad ben bebeutenbften feiner 
Werke fanden barum ihre Stelle. Wem es barum zu thun, 
in treuem Bilbe fie anzufchauen, der wird bem Herausgeber es 
Dank wilfen, ber fo gluͤcklich wählte, und.aucdh der Buchhand⸗ 
lung, bie buch ihre Ausftattung das intereffante Buch fo eine 
ladend machte. 31. 








Einige Berichtigungen und Bemerkungen aus 
Kopenhagen. 


Erxiſtirt in Dänemark kein Silbergeld? Iſt bie Be 


feuerung Holfteins beifpiellos? 

In Rr. 15 diefer Blätter „‚gefteht‘’ ein Referent, bad Buch 
des Hrn. Rathanfon über „Dänemarks Handel u. f. w.“ „mit 
tiefem Schmerz gelefen zu Haben’, nicht eben weil ber 
Dandel u. f. w. fo ſchlecht ift (er ift fogar in Aufnahme), fon: 
dern weil er glaubt, jener Autor babe feine Schilderung bes Ge⸗ 
genwärtigen zu ſchmeichelhaft gemacht. Wir laffen dies dahine 
geftellt fein. Unter mebren Unridhtigleiten aber, welche dem 
Ref. bes Auffages in Nr. 15 entfchläpft find, wollen wir ein 
Paar ber ſchreiendſten nur hier in aller Kürze rügen. Wenns 
gleich nicht mit tiefem Schmerz, jedoch mit großer Befremdung 
lefen wir, S. 58, Sp. 2: „daß in Dänemark, mit Ausſchluß 
ber Herzogthuͤmer, kein Silbergeld exiſtirt“. Hat ber Berfafs 
fer diefes aus Unwiffenheit behauptet, follte er es body wenig: 
ftens nicht fo ganz apodiktiſch als eine hiſtoriſche Thatſache nie: 
bergefchrieben haben. Wie? in Dänemark, außer den Der: 
zogthümern fei fein Gilbergelb gangbar, und man febe 
davon nichts im Handel unb Wandel! Die mittels ergans 
genee Anordnungen autorifirten Silber : Reichebankthaler ober 
halben Speciesthaler, bie Species und bie kleinern Münzforten, 
welche in allen Theilen bes bänifchen Staats zur Geite ber fun⸗ 
dirten Zettel der Nationalbank geben, find fie denn nicht Gilbers 
geld? Viele Käufe werben in Silbergeld gefchloffen, Vieles im 
täglichen Verkehr wird mit Gilbermünge bezahlt, die Gagen, bie 
Befolbungen und bie Penfionen werben aus ber koͤnigl. Zahikaſſe 
und bie gefammten Zinſen der Gtaatsfchuld aus der Staats⸗ 
ſchuldenkaſſe, in Kopenhagen und in allen bänifchen Provinzen, 
in baarer Silbermünze ſtets ohne Aufſchub bezahlt, die Rational: 
bank in Kopenhagen wechfelt jeden Tag Silber gegen Zettel; 
bas Gursverhältniß zwiſchen Species ober Rbthir.« Bilber: 
münze wirb möchentli zweimal bekannt gemacht; bie meiften 
terminweifen Zahlungen, 3. B. für Hausmiethe, werden in 
Silbermuͤnze baar erlegt, — und body „ertftirt in Dänemark, 
mit Ausſchluß ber Herzogthümer, kein Gilbergeid‘ ! | 

Gleichwie dieſe völlig unhaltbare Behauptung wirft ber Verf. 
eine andere: „bie beifpiellofeWermehrung der directen Steuern 


in dea Herzogthoͤ 4 ganz ohne allın Beweis, ohne jebe Er⸗ 
läuterung und Grklärung hin. Wie will er ein ſolches Verfah⸗ 
ren verantworten? Iſt es bei der fo unbeflimmten Angabe viels 
leicht die Abficht, die Lefer glauben zu machen, baß bie Ber⸗ 
mebrung der Steuern in den Herzogthuͤmern noch immer fort 
geht, ober warum verfchweigt er, in weldger Periode bie ger 
wiß weder beifpiellofe noch ungerechte Wefteuerung gefchah, wie 
groß die Altern Steuern waren, und in weichem Verhaͤltniß das 
So jegt zu den Abgaben bes übrigen bdänifchen Staats und 
andtter Staaten zu ſtehen fommt? 


Wie groß mag wol Istand fein? 

In dem ,„‚Morgenblatt für gebildete Stände”, 1882, 
Rr. 62, fängt eine Abhandlung: „Ueber ben Megenbogen und 
das Kreuz im Kryſtall aus Island" folgendermaßen ganz zier⸗ 
ih an: „Im hoben’ Rorben liegt eine Infel (Island), bie 
nähfte am Pol, von Umfang Klein, wunderbar fih erhaltenb 
in der GErftarrung der Ratur” zc. ıc. Jene von Umfang Heine 
Infel hat mittlerweile einen Flaͤcheninhalt von 1445 Duabratmeilen, 
was für eine Peine Inſel ganz betraͤchtlich iſt. Einige Geogra⸗ 
pben geben ben Quadratinhalt noch arößer an; alle aber bes 
ſchreiben Mtand als eine große Inſel. 


Deblenfhläger und Ingemann. . 

Beide Dichter haben neulich die bänifche poetiſche Literatur 
mit zwei neuen Werten vermehrt. Bon Dehlenfhläger if 
ber fechste Theil feiner gefammelten Tragoͤdien erfchienen, enthal 
tend u. A. das bisher ungebruckte neue Drama ‚‚Zordenfliold”. Dies 
tragifche Schaufpiel, das mit dem unglüdtichen fruͤhzeitigen Tode 
des dänifchen Seehelden in einem Duell endet, hat biefen Win⸗ 
tee auf dem Theater viel Gluͤck gemacht, ift häufig geſpielt wor⸗ 
den und wird noch jest vor vollem Haufe gegeben. Der Did; 
ter bat bie alte Begeifterung ber Ration für Tordenſtiold finn- 
reich und fehr poetifch benugt und in einem Grabe wieberers 
wedt, baß man glauben möchte, ber Held wäre nit zur 
Zeit Sriedrih IV. vor mehr als hundert Sahren, fondern fo= 
eben verſchieden. Die BHauptperfonen, ber Abmiral Zorbenfliotb 
und Miß Harriel Richmond, werben von Nielfen und Madame 
Wexſchall meifterhaft bargeftellt. Bekanntlich hatte Tordenſtiold 
durch kuͤhne, fehr erfolgreiche Thaten in bem Krieg zwiſchen Daͤ⸗ 
nemark und Schweben fich bereits im 29. Jahre zum Range eines 
Viceabmirals in ber bänifchen Marine aufgefhwungen., Nach 
geſchloſſenem Frieden ‘ging er auf Reifen, theils um frembe Län» 
ber zu ſehen, theild um ein reiches Mäbchen, eine junge engs 
tifhe Dame aus vornehmer Familie, zu hbeirathen. In Hano⸗ 
ver gerietb er in einen Streit mit einem Abenteurer, Oberſt 
Stabi, und fiel in einem Zweilampf, worin fi fein Gegner 
und beffen Secundant fehr binterliflig zeigten, im eben anges 
tretenen 30. Jahre feines Alters. 

Ingemann’s neuefier hiftorildder Roman: ‚Kong Grik 
og de Freblöfe” (König Grit und bie Bogelfreien) in zwei Theis 
len, ift eben jegt erfchienen. Beine frühern biftorifchen Romane: 
„Woldemar Geier” und „Erik Wenveb’’ fanden, wie befannt, 
vielen Beifall und wurben begierig gelefen. Es fcheint dem ges 
genmwärtigen bie naͤmliche Gunſt zu begegnen. 


Der Bielgereifte, ber ausrupt. . 

Ein elendes Buch unter bem Titel: „Schilderungen und 
Begebniffe eines Vielgereiften, der ausruht”, hat in Kopenha⸗ 
gen befienungeachtet viele Leſer gefunden und ift viel getauft 
worden. Die Scüberungen bed Ausrufenden gehen nämlich 
jene Stadt unb viele ber public characters berfeiben befonders 
an. Schmeicheleien und Lobpreifungen find mit halbwahren und 
ganz unmwahren Srzäßlungen, erdichteten Anekdoten, zum Theil 
aus eigner chronique scandaleuse bed Verfaſſers, in einem 
bunten Gewebe gemiſcht. Ruht diefer Autor wirklich jest von 
feinen Heldenthaten aus, fo Tann man wenigſtens weber Tagen, 
baß er auf Eorbern ruht, noch, daß er ein otium cum digai- 
tate genießt. *) 147, 


9 Bol. Nr. 128 und 19 d. BI. D Red. 


Nedigirt unter Werantwortlidteit der Werlagsdandlung: F. U. Bro@baus in Leipzig. 


\ 


.. 


F u fü 


Unterhaltung. 


literariſche 


Blätter. 


⸗ 








Maſaniello, der Mann des Volkes. Trauerſpiel in 
fünf Aufzuͤgen von W. Zimmermann. 
(Beſchluß aus Ar. 142.) 


Diefem idealen, den ganzen erſten Act durch mit ſich 
felbft und feinem ebenfo feinen und zartfühlenden Weibe 
deliberirenden Maſaniello fteht ein vom zweiten Act an 
die Scene betretnder, wo möglich noch in fittlicher und 
intellectuelfer Hohelt verklaͤrterer Lenker der neapolitanifchen 
Revolution, der alte Moͤnch Genuino zur Seite, deſſen 
eigne erſte Worte, zu feinem Schüler Baptifta gefprochen, 
feine Tendenz fo bezeichnen: 

... Glaube mir, mein Sohn, 

Ein unfichtbares Band der Geifter geht 

Durch alle Völker und Jahrhunderte, 

Ein wunderfam Commercium und Zwieſprach. 

Oft nach Sahrtaufenden begegnen ſich 

Befreundte Seelen auf der Bahn des Forſchens, 

Und tauſchen ihre Zweifel und Gebanfen... 

Und wieder: 

Die Menfchheit warb mir frühe die Geliebte, 

In ihe zu zeugen bie Grlenntnifle, 

Des Wahren und des Guten ew’ge Töchter, 

War meiner Jugend, meines Alters Liebe. 

Nie ruht’ ih in der Weisheit thatlos aus, 

Sie feftzuhalten, ihren golbnen Barmen 

3u fireuen in die Furchen meiner Zeit, 

Der tiefgefunfenen, fie einzubilben 

Der beffern Zugend meines Volks, daß ein 

Unfterbliche werde in dem Sterblihen — 

Das war mein Streben, und der Reife harr' ich 
Euntgegen nun ber edein Frucht. 
Diefen feinen Genuino fchöpfte ber Dichter wol nur aus 
den Worten des neapolitaniichen Geſchichtſchreibers Gian⸗ 
none: „Der größte Anftifter und Aufwiegler war der Prieſter 
Siulio Senuino, welcher Viele feines Standes, die ebenfo 
unruhige und -meuterifche Köpfe waren wie er, an fi 
gezogen hatte.” Daher gibt die Tragoͤdie ihm auch den 
Battifto und den edein Francesco, Herzog von Mocella, 
und am Ende gar den Herzog von Matalone als Schuͤ⸗ 
ler und Vollſtrecker feiner Plame an die Seite. Seltfam! 
diefer. naͤmliche Genuino wird von Frefenlus als achtzig⸗ 
jähriger Rath und Procurator, als alberner, gemeiner 


Geizhals und Giftmiſcher aufgefuͤhrt; eine! ekelhafte Cari⸗ 


catur. Wer von Beiden hat nun Recht? Kemer. - Aber 


- die Gefchichte hätte allerdings. in jenem Genuino naͤchſt 


23. Mai 1833, 


—n rn ———— 





Mafaniello bie bedeutendfle Perfon für das Drama ges 
liefert, wenn fie genügend von den Dichtern benutzt wor⸗ 
den wäre. Schon Meißner in feiner fleißigen Zuſam⸗ 
menftellung fagt: „Unter allen Theilnehmern der Empoͤ⸗ 
rung fpielt dieſer Mann, nach meiner Empfindung, bie 
ſchwaͤrzeſte, haſſenswuͤrdigſte Rolle. Er war viel auf eins 
mal: ein Priefter, ein Gelehrter, ein Neapolitaner, ein 
ſchon bejahrter Verbrecher; kein Wunder daher, wenn er 
auch Meifter- in ber Verſtellungskunſt war. Deffentlich 
bei jeder Belegenheit feindfelig gegen die Spanier ſchei⸗ 
nend, war er doch heimlich ihre Freund, wandte jeden ent: 
fcheidenden Streih von dem Vicekoͤnig ab. Er kannte bie 
Muth und den Unbefland des Volkes gleich gut, hütete 
ſich wohl, jene zu reizen und biefem zu trauen; Alles 
vermochte er über Mafanielo u. f. w.“ Berichte von 
Zeitgenoſſen, die Meißner theils überfehen, theils nicht 
gekannt zu haben fcheint, geben gewiflermaßen ben Schlüfs 
fel zu dieſem Charakter. Genuino war fchon ein gehei⸗ 
mer "Rath des Vicekoͤnigs, Herzogs von Oſſuña, geweſen; 
der Letztere fol ſich mit Hülfe des Pöhels auf den neas 
politaniſchen Thron haben fchwingen wollen; Cardinal 
Borgia babe diefe Verfchwörung entbedt und Oſſuña die 
Provinz ſchleunig verlaffen müffen (im 3. 1620). Ge 
nuino fei als Mitverfchworener zum Tode veructheilt, als 
Hauptangeber aber begnadigt worden, habe 22 Jahre auf 
einer Infel in Verbannung gelebt und fei endlih, mit 
tödtlichem Haß und von Rachegedanken beſeſſen, in feine 
Vaterſtadt zuruͤckgekommen. Dies iſt der Hiftorifche Ges 
nuino; und wahrlich, bie Dichter haͤtten ihn fchaffen fol 


‚lem, wenn er nicht da geweſen wäre. In der Gefchichte 


fieht eine andere Ideale Perfon an ber Stelle, an welche 
Zimmermann feinen Genuino gefest bat: es ift dies ber 
edle Cardinal und Erzbiſchof Fitomarini, ber Dann ohne 
Falſch, der redlichſte Freund des Volkes und Mafamiello's 
vom Anfang bis ans Ende. In welcher Abſicht (denn 
abſichtslos kann es nicht geſchehen ſein) der Dichter dieſe 
Hauptperſon der hiſtoriſchen Tragoͤdie aus ſeinem Trauer⸗ 
ſpiele ganz verbannt hat, beſtreben wir ung vergebens zu 
errathen. Ebenfo unbegreiflih iſt es uns, daß die Bruͤ 
der, Herzog Matalone und Joſeph Caraffa, in dem Trauers 
fpiele fehlen, ber Legtere wenigſtens nicht in Perfon aufs 
tritt. Und doch. war ber Herzog bie wahre Incarnation 
der Ariſtokratie Neapels und von Maſaniello töbtlic) ges 


% 





haft, ein Haß, ber gar dichteriſch hätte beugt werben koͤn⸗ 
nen. Seeilih führt und der Dichter einen Xiberio Ca⸗ 
raffa, Herzog von Montalone, bie erfte Perfon im Ber: 
zeichniſſe, auf; aber dieſer Herzog iſt feider zum Theil eine 
unglüdtiche Verwechſelung mit Tiberio Caraffa, Herzog 
von Biſignano, ber mit dem Hiflorifchen Matalone nichts 
gemein hatte als ben Familiennamen Garaffa. Damit 
wollen wir der Kunft, mit weicher Zimmermann diefen 
von ihm gefchaffenen Charakter behandelt hat, nicht zu 
nahe tretm. Endlich find noch einige wichtige Perfonen 
der Geſchichte von ihm verfhmäht worden, namentlich ber 
Bandit Zerrone, der freilich ohne ben echten Matalone 
nicht auftreten kann, ber Eletto (Polizeilieutenant) Ars 
paja, der allerdings vom echten Genuino unzertrennlich 
war; endlich Marco Bitale, der in dem großen Trauer⸗ 
ſpiele der Geſchichte mit feinem Tode den Anfang ber 
Katafteophe macht. Der Vicekoͤnig, Duca di Arcos, iſt 
vom Verf. hiſtoriſch treu und überhaupt gut und bichte- 
riſch behandelt. 

So viel Über die Charaktere. Was den Organismus 
des Stuͤckes betrifft, fo finden wir die befonnene Maͤßi⸗ 
gung hoͤchſt lobenswerth, welche fih auf die Anwendung 
der einfachften Mittel und auf eine möglichft Heine Ma⸗ 
ſchinerie befchränkt und das Stud fo ſchmal gemacht hat, 
dag außer Uhland's Tragoͤdien die meiften Dramen alter 
und junger deutfchee Dichter dickleidig dagegen erfcheinen. 
Aber in diefen engen Schranten — und das war bie 
Schwierigkeit der Aufgabe — follte fidy, fo gebot es ber 
welthiſtoriſche Stoff, ein ganzes AU von Thäten bewegen. 
An die Stelle diefer Thaten hat jedoch ber Verf. zur vol: 
Im Hälfte Reflerionen geſedt. Wie im erflen Acte Maſa⸗ 
niello mit feinem Weibe, fo rathſchlagt im zweiten ber 
Vicekoͤnig ausführlich mit ben Reichsſtaͤnden. Hier wird 
wich der zweite ſchon erwähnte Uebelſtand fühlbar, ber 
aus dem Beſtreben entfpringt, mitten tm 17. Jahrhun⸗ 
dat ſchon das 19. vorahnen und durchſchimmern zu lafs 
fen. Dan meint in ber That der Sigung einer moder⸗ 
nen GStändeverfammiung beizumohnen, wenn man einen 
Tiberio Reden halten hört wie folgende: 

Der Hof allein, der ift das reißende Thier, 

Das allverfchlingende, ber meint, für ihn, 

um feinetwilieh fei'n bie Unterthanen 

Altinig va. Wie? fol für eiteln Glanz 

Des Ihrenes, der dem Aug’ nur wehe thut, 

Für diefe Müsiggänger, biefen Fliegenſchwarm, 

Der nur der Sonne dankt der Majeſtaͤt 

Gein nichtiged Sein, für biefe Tanſende 

rit Bold behängter Hof: und Rammerbiiner, 

.. viren hohlen Prunk der Uniformen 

Des Landes Schweiß verſchwendet werben? Das iſt, 

Sch weiß, bie Meinung dort am Hof, das ſoll 

Die ıntfre fein. Doch iſt's die Zeit nicht mehr, 

: Den Retionen Sand ins Aug’ zu fireunt 

Ya, A. 1833; aber nicht A. 16471 Am Schtuffe bie: 
ſes Aufıngs ſcheint die Handlung flüffig werden und 
Mafanleilo ats ver Mann erſcheinen zu wollen, der er in 
der Wirklichkeit war. Er tritt auf mit dem Mufe: 

Blut, Biut! nur einem Tropfen mir zus Kühlung! 

Hier brennt: es, hier wie Feuer! 


24 


n meines Lebens Mark 6: Rache, Rache! 

3 Bin ih noch ich? x vet ehe, Rode 
Aber da fälle ihm fein Lehrer Genuino ein, den er in 
der nahen Kirche predigen hört, und nun — folgt ein 
langer Schiller'ſcher Monolog von drei vollen Seiten, ber 
ſich über eine fchöne Romangenfage lyriſch verbreitet und 
dann in Geber übergeht: 

D höre mid, bu, der auf Wollen thront! 

Ich bin ein ſchwaches Werkzeug nur, doch bu 

Zhpuft große Dinge durch die Riedrigen. 

Du haft dir arme Kifcher einft erwaͤhlt 

Zu Boten beined Evangeliums uw. f. 1b. 

Am dritten Aufzug bricht nun endlich mit ber exflen 
Scene der Volksaufſtand 106, aber ber zweite und britte 
Auftritt iſt wieder einer Liebesverhandlung zwiſchen Ti⸗ 
berio und einer fingirten Tochter des Vicckoͤnigs gewid⸗ 
met, bie nur geringen Einfluß auf bie Entwickelung der 
Fabel felbft Hat und deren Folgen fich noch durch mehre 
Scenen hinziehen. Erſt der letzte Auftritt zeigt ums ben 
Fiſcher wieder, wie er ift und fein foll, in feiner that: 
Bräftigen Herrlichkeit. 

Sm vierten’ Aufzuge iſt die erfte Scene zwiſchen bem 
fpanifhen General Feredas und dem Vicekönig, Herzog 
von Arcos, zecht gut. Jener hofft, Maſaniello durch Be⸗ 
flechung unfchäblih machen zu koͤnnen. In bee ſechsten 
Scene meldet er feine Enttäufhung. Aber alles Dazwi⸗ 
fchenliegende tft wieder mit traͤumeriſchen Neflerionen, bie 
Genuino mit Tiberio wechfelt, angefuͤllt. Was Könnten 
wir nicht auf diefen acht Seiten von Mafaniellio’s Tha⸗ 
ten ſehen oder doch hören! Der 13. Auftritt enthaͤlt bie 
Bergiftungsfcene. Der feierliche Friedensſchluß und oͤf⸗ 
fentlihe Pact mit Mafaniello und dem Volke wirb erf 
im fünften Acte auf die Scene gebracht, und doch iſt 
dies der Culminationspunkt dieſer Schickſalstragoͤdie. 

Der fuͤnfte Act zeigt uns dann ferner zuſammenge⸗ 
draͤngt Maſaniello's Glanz und Hetrlichkeit, ſeine Raſerei 
(dieſe jedoch nur aus dem Munde ſeines beruͤhmten Freun⸗ 
des, des Malers Salvator Roſa), endlich feinen ſchon 
oben erwaͤhnten Tod. 

Das Stüuͤck iſt ſehr reich an ſchoͤnen Stellen und hat 
keinen Mangel an rührenden Scenen. Wir glauben aber 
nicht, daß ber mit fo viel Dichtergabe ausgeftattete Mer: 
faffer auf biefem Wege forsgehen ſollte. Kann er ber 


Weberwuche feines Iprifhen Talentes nicht widerſtreben, [0 . 


follte er. ſich nach ambern Stoffen ungfchen:. ein Weit⸗ 
ſhickſal, role die Verſchwoͤrung Mafgnielio's, basf ſich 
nicht. unter Reflerionen. und Ergießungen des Gefuͤhls ent: 
wideln; wie wollen nicht ben Kriegsrath hören, den bie 
Vorſehung vor Beginn. des Kampfes ahhält; - wir. wollen 
Die Schlacht fehen, die ſie fchlägt, Ungetheilten Beifall 
sollen wir dem BueigmumgStiee, in welchem ber Berf. 
fen Stu in Beziehung zu Polens lattenn Schickſal ſett 
Es ſchließt: 0 ER 

ie Sternen, fern ber Sonne Pracht, 

Auf Feuerſchiffen bie Kometen . 

Zuführen Licht und Eebensmadht 

mie Gottes Diner und Propfetm: 


598 ‘ 


Bo Tamen ſchon von Dfien Boten, 
Dem Bolke kündend um und um 
Sm Zeugenkleid, dem heiligrothen, 
Ein neues Soangeliuh., 
. Jegt det ben Samen Winterfhne, 
Doch weckt der Lenz die grünem Saaten, 
Und Litien blühn aus odem Bee, 
. „Und Träume werben ſchoͤne Thaten. 
Dann haut man flolge Gederhhaine 
\ Ib ew’ge Fichtenwälter aus, . 
nd liebenb bauen Groß’ und Kleine 
Der Kreiheit taufendjähr’ges Haus. B. 





Geſchichte Baterns nach ſeinen alten und neuen Beſtand⸗ 
theilen. Kür Gebildete des In⸗ und Audlandes, vor 
allem für Baierns reifere Jugend. Bon Karl 
With. Boͤttiger. Erlangen, Heypder. 1832. Gr. 8. 
16 Gr. 


Gewiß iſt EB ein großes Verdienſt, wenn Männer, bie (mie 
ber Berf. des vorliegenden Buches durch feine „Geſchichte Dein: 
richs des edwen und durdy feine „GSeſchichte von Cadıfen‘) auch 
alo gelehrte Hiſtoriker ruͤhmlichſt befannt find, nicht verſchmaͤhen, 
ihre Feder poputairen Darſtellungen ˖der Geſchichte zu widmen, 
und dann nach dieſer Seite ebenfalls Tuchtiges und Lobentwerthes 
liefern, wie dies Herr Prof. Boͤttiger in feiner „Allgemeinen 
Seſchichte für Schule und Haus“ und feiner „Deutſchen Ge: 
ſchichte“ bereits gethan hat; allein ganz kann Ref. mit dieſer 
batrifchen Geſchichte, bie der letztern Glaffe ‚bee Arbeiten des 
Herrn Berf. anheimfallm follte, doch nicht einverflanden fein, 
weil fie nämlich zu ſehr ‘auch In die erfte Kategorie gehört. Nun 
iſt freitich ein Hiftorifer in Vaiern mit der bairifchen Gefchichte 
übler daran als irgend. einer. ſonſt in- Deutfchland mit irgend 


einee andern Specialgeſchichte. Es iſt nämlid ganz richtig, | 


baß die Baiern für ihre Gedichte viel getyan haben, mehr als 
irgend ein anderer beutfher Stamm; aber dies Thun war nicht 
unbefangen; es hat theild mit politifchen Verpättniffen in Be: 
ziehung geſtanden, theils hat es auch oft genug obne biefes eine 
etwas wunderliche Beftalt angenommen. Da fpufen gefpenfter: 
haft bie alten Bojen herum; dann bie Seldſtaͤndigkeit ber 
großen Derzoge nach dem Sturz bes Oftgothenreiches; dann bie 
Schuldloſigkeit des lezten Agilolfingers,, Burg, zehntauſenderlei 
ſolche Marotten, die ber Baier bald fo bald fo für fid haben 


will. Es wäre in der' That ein fpashafte und wegen feiner | 


negativen Wirkung gewiß hoͤchſt preiswuͤrdiges unternehmen, 
einmal alle dieſe hiſtoriſchen Marotten, welche bei dairiſchen 
Hiſtorikern ſeit etwa hundert Jahren noch ſpukhaft aufgeſtiegen 
ſind, zu ſammeln, da wo deren zwei oder drei einander contrair 
find, alle dis auf eine abzuwuͤrfeln, und dann aus ber ganzen 
Keihe ber Üübrigbleibenden ein Wert zu Belebung des bairiſchen 
Rationalgefuͤhls zufammenzufegen. Wei aller diefer un eriihleit 
haben die bairiſchen Geſchichtſchreiber einen großen! Reſpect vor 
Gelehrſamkeit; und wie fie denn mit Gitaten äller Art ihre Mas 
rotten in den Gang und zu einiger Achtung zu bringen füchen, 
taffen fie es fich gefallen, wenn man gegen ſolche Anſichten 
fpricht,, aber nur wenn «6 doctius geſchieht. Die copia docz 
trinae ift das Meffer, womit fie ſich den Rarren ſchneiden laffen 
und dazu ſtill halten, und Herr von. Lang in Anſpach bat. zum 
Heil ſuͤbdeutſcher Geſchichtsſtudien ein ſcherſcharfes Meſſer biefer 
Art ſeit Jahrzehnden mit dem bedeutendſten Erfolg geführt. 
Unter dieſen Umſtaͤnden war es alſo faft unmoͤglich, in 
Baiern eine blos populaire Geſchichte von Baiern in ben Gang zu 
bringen, wenn man nit auf einen Theil jener Bunderlichkeiten 
mit eingeben wollte, unb ba es der Herr Berf. bed vorliegenden 
Buches fogar wagt Baiern für Bayern zu fhreiben und 
bergi. Entſetliches mehr, ift es ihm nicht zu verdenken, wenn 
er bei diefer bairiſchen Geſchichte eine Art Zwiſchengattung, non 


geiehrter und populairer Seſchichte gewählte hat. Es Liegt aber 
diefes Bereinigung zweier ganz heterogenen Richtungen etwas 
ben Grfolg ſehr Deprimirendes; um der gelehrtern Lefer willen 
und um bei Abweichüung von Marotten wahrfeeinlich nicht zu 
hart anzuſtoßen, mußte der Verf. zeigen, daß er auch von biflos 
riſchen Particularitäten und den Forfchungen darüber Notiz 
genommen habe, und dadurch documentiren, daß er nicht 
aus Richtkenntniß bairifcher Meinungen, fondern aus gelehrten 
Gründen juft der Meinung fei, die er autſprach; allein da 
diefe Particularitäten nun doch auch nicht des Breitern abgebans 
beit werben konnten, ba don ihnen immer nur fozufagen in 
zwei Worten die Rede fein Tonnte, verlieren fie vollends alles 
eigenthämtiche Intereffe, und das Buch wird aus biefem Grunde 
mit einer Menge Inhalt verfehen, der nur für Denjenigen Farbe 
und Ton erhält, weicher die Sache entweder ohnehin ſchon kenne, 
oder eine muͤndliche Erläuterung dazu erhält — wie etwa Schuͤ⸗ 
ter ſind. Als Unterrichtsbuch würde ſich alſo, fo follte mau 
meinen, "va6 Buch beſſer eignen denn als populafres Leſebuch, 
ba es zu letzterm ganze, dem Material nach tabellenartige, ohn⸗ 
gelehrtere Erlaͤuterung theils unverſtaͤndiiche, theils intereſſeioſe 
Seiten weniger geſchickt machen; aber für den Lehrer moͤchte 
es wieder eine ſchwere Aufgabe fein, über ein fo ausführliches 
Bud, in Schulen genügend zu fprechen, denn indem anbererfeits 
body das Beſtreben des Herrn Berf. war, feine Schrift fo ges 
meinfaßli zu machen als möglich, iſt ber Eehrerthätigkeit, wie 
dem Ref ſcheint, weiter vorgegriffen, als durch einen Leitfaden 
ober ſelbſt durch ein Lehrbuch geſchehen Tollte. Doch diefes eigne 
Verhaͤltniß zwiſchen zwei Stühlen ift fiher durchweg mehr notbs 
wenbige Folge der dbairiſchen Geſchichte, als eines Misgriffs 
des Herrn Verſ., der ſeine Tuͤchtigkeit und Wuͤrdigkeit, auf 
beiden Stühlen zu figen, hinlaͤnglich ſchon documentirt hat, bem 
nun aber ein Eleines, flohartiges Geſpenſt, Mikrobavarus gehei⸗ 
Ben, weder auf dem einen noch auf dem andern Plage Ruhe 
finden läßt. Damit fol jedoch keineswegs gefagt fein, daB nun 
darum biefe Darflellung der bairiſchen Gefchichte gar Fein ganz 
geeignetes Publisum habe; vielmehr mag es in Deutfchland und 
namentlich In Büiern recht Viele geben, welche grade ein Bud 
wünfchen, in welchem fie ſich jederzeit hiſtoriſch orientirem 
koͤnnen, ohne durch zu breiten gelehrten Apparat baran gehindert 
zu werden, in welchem fie eine Külle von Gingelnheiten rafch 
am gehörigen Orte finden koͤnnen, ohne eben irgent einer ders 


feiben fi zu weit hinzugeben. Das Gemuͤthliche eines für ein 


großes Publicum beredineten Leſehuchs geht aber dabei verloren, 
ohne daß das nothwendig iſt. 

Wie (hön priwyt * Herr Prof. Boͤttiger in einem Bilbe 
gleich auf den erſten Seiten über die dairiſche Geſchichte aus: 
„Die 2000 Jadre einer Volksgeſchichte, wie die bairiſche ti 
gleichen einem Berge, auf deflen Spigen falt ewige Nebel Liegen, 
es ſtuͤrzen wol Baͤche herab, aber nur wenige Reifende finden, 
two fie quellen; man flimmt durch Klüfte und Abgründe auf 
Hoͤhen und Baden, aber noch höhere flehen entgegen, ober 
Wollen hemmen den Blick ruͤckwaͤrts. Die Region ber Mebel 
iſt das Zeitalter der Gage, träber Ueberlieferung. Weniges 
Laudit mit Beſtimmtheit aus ihr. hervor. Zum Blüd bietet er 
bie hellere beglaubigtere Zeit das meifte Belehrende und Erhebende 
für ben Empfänglien dar. Darum ſchelte Niemand, wenn in 
diefem Buche vom Dunkeln kurz, vom Zweifelpaften ungewiß 
geſprochen wird.” 

Wie ſchoͤn wäre 28 nun aber auch, wenn ber Verf. behag⸗ 
N und ohne viel Rümmerniß um das Gchelten Anderer van 
bern Standpunkte aus, den tr am. Berge erfiimmt hat, ums big 
Sache fehen ließe, unſere Geifter gewiſſermaßen in feing 
Augapfel (te und nun mit und, eruft, aber bad genüchtich 
—A erh ſich freuend wi au —— an: und 
Ausfihten genießend, ohne zu, vergeflen bie Veilchen unb” Hime 
meisichlüffelgen und huͤbſchen Bichbüfche am Wege zu. beſchaugi 
den Berg herabwandeite, fodaß, wir una am Ende de& erquiden 
ben, den Geſichtskreis erweiternfen Öpozierganged rühren. 
in aller Stille die weipende Nachwirkung deffelnen genöffen. Aber 


x 


dergleichen gemuͤthliche Popularität leidet spiritus micrabavarus 
nicht 5 es gehörte zu einem ſolchen Leſebuche, daß ber Verf. ohne 
viele Reflerion und in forglofer Genialität ben Pinfel in bie 
Farben tauchte; das geht abet nicht; wenn, man auch nicht 
Averall abzuhandeln hät, warum an dieſer Stelle. blau und 
nicht roth aufzutragen if, verlangt Mikrobavarus wenigftens, daß 
man mit einem Worte andente, man Tenne alle Punkte biefer 
Abhandlung, und darüber wird die Hand felbft unficher und ob 
des vielen in der Malerei mit zwei Worten Angedeuteten gehen 
alle Effecte der Karben verloren. Doch wir thun dem ‚Deren 
Berf. Unrecht, denn ein Buch der Art, wie Ref. es gern möchte, 
fegte er ſich gar nicht vor zu fchreiben, und hatte, wie im 
Banzen aus der Vorrede hervorzugehen ſcheint, mehr jenes 
orientirungsbedürftige Yublicum aller Glaffen bei der Außarbei- 
tung vor Xugen. Am meiften fommen Dem, was Ref. wünfchte, 
nahe faſt alle Abſchnitte über das neuere Leben und feine Ent⸗ 
foltung, wo das Warticulare in gutem, die Anfchaulighkeit 
mehrendem Maße gegeben ift. n a "SE 
Nach diefen allgemeinen Bemerkungen feien und noch ein 
Paar im Einzelnen gegönnt, die fidy freilich auch wieder in daß 
Algemeine ziehen werden und überdies nur die frühere Zeit 
angeben, ba wir es nicht wagen, es mit irgend einem Contro⸗ 
veröpunft der fpätern bairifchen Gefchichte vom 1%. Jahrhundert 
ab aufzunehmen. Mifrobavarus ift ein gar zu gelehrter Geift 
und dabet nicht ohne Empfindlichkeit: Wir fürchten in der That 
jest fihon, uns dem Grimmigen zu nahe gewagt zu haben. 
©. 9 heißt es: „Das offene Land zwiſchen Alpen unb 
Donau fcheint unter foichen Verwüftungen ganz ode geworben 
zu fein. -Was nicht in den wenigen feften- Städten, in Regens⸗ 
burg, Augsdurg, die ſich wie Dafen in der allgemeinen Wuͤſte 
ausgenommen haben müffen, Aufnahme, in Wäldern und Hoch⸗ 
gebirgen Zuflucht fand, ging unter oder wurde verknechtet.“ 
Es ift gewiß wunderbar, zu fehen, wie bie Germanen überall, 
wobin fie kamen, ziemlich diefelbe Bandlungsweife gegen bie 
römifchen Provincialen entwidelten. In Elſaß und Lothringen 
nahmen fie das fruchtbarere, flachere Land, die römifche 
Sprache ging bier unter; aber in den Schluchten der Vogeſen 
mitten in bdeutfcher Umgebung hielten ſich Romanen, bildeten 
ihren eignen romaniſchen Dialekt qus und behaupten diefen nun 
fogar, als Lothringen von Weften her wieder franzoͤſirt ift, gegen 
„das Keanzöfifhe. Grade fo war es in ben Nieberlanten; wäh: 
rend die niedern Gegenden des Luxemburgiſchen, des Braban: 
tifhen und Luͤttichiſchen, während beide Klandern weſtlich bie 
gegen die Deule und Yßer hin ganz germanifirt wurden, hielten 
fi) Romanen in allen den. Bebirgögegenden zwifchen Luxemburg, 
Lille und Lütti in der Mitte, mit eigner walloniſcher Mundart. 
In England wurden die ehemaligen Propincialen der Römer 
auf die Gebirge, bed Weſtens, in ber Lombardei auf die des 
Nordens hingedraͤngt; Mailand wurde beiweitem mehr germu: 
nifirt als Como, wo ſich faft ganz romaniſche Bevölkerung 
hielt. Im füdlichen Deutſchland ſcheint derfelbe Fall geweſen 
zu fein; während bie niedern @egenden ganz von Allemannen 
befest wurden, wohnten vom Walchenſee aufwaͤrts nach ben 
bündifchen Gegenden bin wie gegen den Gentis alte Romanen, 
die obgleich fie jegt (mit Ausnahme der bündner Gemeinden) 
deutfche Sprache angenommen haben, fi noch In der Phyſio⸗ 
gnomie unterfcheiden. So mögen. alfo auch von den römifchen 
Provincialen in Baiern die meiften an und in den Alpen, am 
Walchenfee und anderwärts geblieben fein. Um fo merkwuͤrdiger 
ift bei diefer allgemeinen Erſcheinung bie befonbere, daß bie 
Gegenden, durch welche die Gotthardſtraße bis auf die Höhe 
bes Gebirge von ber beutfchen Seite führt, ganz mit Leuten 
deutfchen Stammes befent find. Es fcheint dies apfichtlih ges 
ſchehen zu fein, denn zum Anbau lodenb ift das Land nicht. " 


Inwieweit fih Romanen in den Städten erhielten, laͤßt | 


ſich in Deutſchland ſchwer verfolgen, und namentlich erſcheint Das, 
was feit Bemeiner in biefer Hinſicht in Beziehung auf Süd: 
deutſchland ausgefprochen worden iſt, bier und da übertrieben. 


92 


Freilich laͤßt fich Tchlußweife behaupten, bie frühere Benöllerung, 

wie fie unter ben Römern war, mülfe in den Donauftäbten und 
den fuͤdlichern geblieben fein, nachdem biefe Gegenden germenife 
Herren erhielten. . Allein gewiß war in biefen Städten gleich 
wie in benen am Rhein und jenfeit beffelben in ben roͤmiſchen 
Provinzen Germania und Belgica fon vor der Einnahme 
durch Germanen ein bedeutendes germanifches Bepoͤlkerungsele⸗ 
ment. Diefe ſtark mit germaniſchem Blute gemifchten Provins 


cialen in den Städten traten In biefen gewiß größtentheild nach 


ber. Beſetzung des Staͤdte durch bie Germanen fehr zurüd als 
zinshörige Handwerker und allenfalls zinspflichtige Kaufleute, 
unter koͤniglichen ober abeligen ober fpäter namentlich geiftlichen 
Voͤgten und Gerichtöhaltern und Zinsherren. Vornehmere, reichere 
Nömer mögen hier und. ba ben in die ©tabt. einziehenden freien 
Germanen ſich politifh ganz angefchloffen haben; von eigen- 
thuͤmlichen roͤmiſchen Inſtituten findet ſich nachweisbar fpäter 
gär nichts mehr; ſelbſt bei der Richerzechheid in Köln iſt Die 
Nachweiſung bes roͤmiſchen Zuſammenhanges nie vollftändig 
geliefert worden. Summa in ben Städten, wo ber Verkehr 
mit bem überwiegenden germanifchen Elemente raſcher germas 
nifirte, ging auch das provinciale oder wallonifche Element über: 
au leichter unter als im @ebirg. 

S.. 25 if wol ein Misvperſtaͤndniß untergelaufen, indem 
es heißt: „Wer einen Bifchof töbtet, erhält ein bleiernes Wams 
angelegt, und muß biefes mit Golde aufwiegen.“ Das alte 
Volksrecht ſagt nämli: „si quis episcopum occiderit, fiat 
tunica plumbea secundum statum ejug,. et quod ipsa pensave- 
rit, auri tantum donet, qui eum occidit etc.‘ Daß bier bas 
ejus auf ben getöbteten Bilchof zu beziehen ift, iſt ſchon aus 
bem folgenden eum klar; daß aber auch die ganze Analogie bes 
deutſchen Morbbußenwefens verlangt, baß das bleierne Wamms 
bem Biſchof und nit dem Mörder angepaßt wurde, hat Jak. 
Grimm gezeigt in den „Rechtöalterthämern”, ©. 674. 69, 


se —ñ—⸗ ——— 


Literartſche Notizen. 


Naͤchſtens erſcheint in Paris; „Voyage autour du monde 
de la corvette la Favorite ex&cut6 pendant les annces 1330, 
1831, 1852, sous le commandement de Monsieur de Laplace, 
capitain de fregate*. Die Kavorite lichtete bie Anker zu 
Zoulon den 30. December 1829 und fam im April 1830 zu 
Bourbon on. Ben hier aus fleuerte fie den Sechelen zu, 
ftationnirte zu Mahé und befucdhte hierauf Pondichery, Madras, 
Mazulipatnam, Malakkarund endlih Manilla, wo die Schiffs⸗ 
mannſchaft fi) von fo vielen Mühfeligkeiten erholle. Bon Mas 
nilla aus fegelte die Bregatte nah Macao; in Ganton fams 
melte Hr. Laplace intereffante Beobachtungen und fteuerte Länge 
den Küften von Cochinchina nah Zouranne. Hierauf befuchte 
die Kavorite die Anambas- und Natunas-Archipele, die biäher 
gänzlich unbefannt geblieben, trang durch tie wenig befuchte 
Merrenge von Garimata in das Sundameer und erfuhr in 
dem Hafen von Sourabaya die Ereigniffe des Zuli. In Ports 
Jackſon fand Hr. Laplace die ehrenvollfie Aufnahme, hielt fich 
eine Zeit lang in Neufeeland auf, drang durch die Suͤdſee bis. 
nad Valparaiſo, umfegelte dann das Cap Horn den 5. Zanuar 
1832 und Tief den 28. Auguft in dem Hafen von Zoulon ein, 
nachdem er innerhalb 28 Monaten bie Erde umfegelt und 
20,400 Lieues zurückgelegt hatte. 


Ueber bie biesjährige Kumftausftelung in Paris iſt eine 
Kritik in Werfen erfchienen: „Les Prometheides‘‘. Die erfie Lie 
ferung ift betitelt: „Les entfares'', die Tendenz derfelben fpriche 
ſich gieih in den beiden erften Werfen aus: on 

Malheur, trois fois malhenr k P’homme sans fortune, 

Si de l’amour des arts l’aiguillon Pimportane. 
Wahrfcheintich iſt der Verf. ein ſchlechter Maler, der aus Verzweif⸗ 
lung ein ſchlechter Dichter geworben ift: eigentliche Kritik ift nicht 
barin vorhanden; nichts als Schimpfen unb Eäftern. 148, 


Redigirt unter Berantwortlichteit der Berlagsbandlung: F. A. Brodhaus in Leipzig. 





Blätter 


® 


’ 


für 


literarifche Unterhaltung. 





- Freitag, 





Dramatiſche Buͤcherſchau fie das Jahr 1832. 
FT Bweiter Artike4.9 


13. Camoens. Irouerfptel in fünf Acten. Bon Wilhelm 
von Ehezy. Baireuth, Grau. 1832. 8. 18 Er. - 

Wir haben es hier mit einer ber würbigflen Arbeiten uns 

ter den tragiſchen Leiſtungen des vergangenen Jahres zu thun, 
mit einer von ben Hervorbringungen, welche unfere Hoffnungkn 
aufrecht erhalten und zu der Freude den Stoff hergeben, welche 
wir noch immer an bem Uebetblick unferer dramatiſchen Jah⸗ 
reöltteratur finden. 
' 2. Die Idee dieſes Zrauerfpiels fowol wie ihre plaftifche Ge⸗ 
ſtaltung zeugt von richtiger Erkenntniß des Weſens der Tragdr 
die; es find Geelenzüftände, welche ber Verf. malt; milde zwar 
und faft zu wenig pathetiſche — aber wenn irgendwo etwas 
fehlen fell, fo ertragen wir das Zumenig im Pathos immer 
noch lieber als bas Zuviel. Die Tragoͤdie bat den Fehler, eis 
gentlih zwei Helden zu zeigen, deren Geſchichte der Dichfer 
etwas gewaltfam ineinander verwebt, unb weiche weder grade: 
ya Contraſte no grabegu biefelben ſind. Daraus ergibt ſich 
eine Wieberhotung. dänlicher Empfindungen, welche dem tragis 
ſchen Effect nicht günftig find, denn in bee Zragdtie will: und 
foil der Hörer Daffside. nur Ginmal : empfinden. König. Ge 
beflian, die Zrauer Portugals, und Camoens, der Stolz; Pors 
tugals, find bie beiden Helden, welche das Intereſſe dieſes 
Zrauerfpiels unter fi theilenz dieſe Spaltung ift ein Kebler 
des Dichters, er hätte ben Winen vors, den Andern zurückſtellen 
und in ein Zrauerfpiel mit dem Zitel: „Camoens“, Don Ge: 
baßian hoͤchſtens als hinter der Scene wirkend aufnehmen fol 
-Jen, um fo mebr, ats die Gefdgichte die Parallelifirung Beiber, 
in ber der Verf. fi gefiel, eigentlich gar nicht rechtfertigt. 
Mon fieht, wir gehören nicht zu Denen, weidke alle Gaben ber 
dramatiſchen Mufe über einen Mapftab meſſen; "für ein feines 
und ſchoͤnes Geſchenk, wie dies, nehmen wir "eine Goldwage zur 
Band, für andere genägt eine Blei⸗ ober Kohleuwage. Wer 
wirb von einem Kinbe Rappo'ſche Kraftäußerungen verlangen ? 
Aber von einem Manne kann ich begehren, baß er Das, was 
er gefaßt hat,. auch feſthalte. \ 

Die Scene eröffnet ſich zwiſchen den beiden flächtigen Gra⸗ 
fen Silva, jest Jaͤger und Fiſcher, nuad Ines, bed Kelten 
Tochter; Portugals Unglüd unter der fpaniichen Herrſchaft 
malt fi im Wilde ber verfolgten Grafen. ' Da ſchwimmt Gas 
moens, ſchiffbruͤchtg, die,‚Luffade body über den Wogen empor: 
haltend, an die Küfte. Gin ſchoͤner Monolog: ZZ 

Wie anderd'iweht bie Luft der Heimat voch 
Als in den fernen Landen, bie der Auf 
Begluͤckter preiit!.... 
- Zum zweiten Male wirb geboren, wer 
2. Zum erſten liebt... 
alt ſeine Baterlandoliebe in fchoͤnen Zuͤgen. Unterdeß iſt Diego, 


e) Bal. Ne. 108 u. 109 d. BI, D. Ned. 


x 


Kr. 144. —— | 


24. Mai 1833, 
zZ ZZ Z — 
ein Offizier Don Gebaftian’s, unter ded Königs Namen aufge 
treten. Gr hat ten einen ber Silva, welcher nur das Königs 
thum in ihm vertheibigt, Yingeriffen, indeß der andere Bruber 
zweifelt unb Camoens verfihert, er babe Don Gebaftian fallen 
fehen. Die ſpaniſche Tyrannei verhaftet ihn und nöthigt den 
Dichter, in ‚einer Öffentlichen Schrift jenen falfchen Gebaftian 
für einen Betrüger zu erlläcen. Des Vicekoͤnigs Tochter El⸗ 
vira, eine zweite Gleonore, bietet ihm in aͤußerſt zarten Wor⸗ 
ten Schutz und dem Hülflofen Brot. Der Gänger, fagt fie, 
ift gleich der Lerche: 

Und wie der Lerche muß ein fremdes Feld 

Ibm freunblih dienen . . . . 

Ein frommer Pflüger denkt: Mehr Segen bringt 

Mir der beſcheidne Gaſt, ald er verzehrt. 

Und liebreich fireut er auch im Winter nod 

Bor feine Scheuer manches Körndyen bin. 

Was foll die Lerche tbun .. . . 

Camoens. 
—.. Das Butter picken! 
Indeß erſcheint der wahre Don Sebaſtian. Die Zweifelnden 
fallen ihm zu, und auch Camoens erkennt ſeinen Irrthum und 
das Verderbliche feiner oͤffentlichen Erklaͤrung. Diego unters 
wirft ſich ſeinem König, die Silva kämpfen für ihnz Ines liebt 
ihn, und Camoens fiht und wirbt für ihn. Umfonft! das Bolt 
ift durch feine Schrift getäufcht, Sebaſtian wirb von den Spa⸗ 
niern befiegt, gefangen mit feinen Anhängern und Camoens, 
der nun ald ein Berräther an fich ſelbſt erſcheint. Die Hals 
tung Sebaſtian's als König, hoffnungsvoll und als Befangener 
der Epanier umgebeugt, ift trefflih. Elvira befucht den ges 
fangenen Dichter, fie bringt ihm Troſt, und er begehrt Liebe. 
Glvptra. 

Am herrlichſten wird immerbar geliebt, 

Wer von ben Lippen Botfchaft nie empfing. 
In biefem zarten Wort verbirgt füch ihre Neigung. Der Vicekd- 
nig verurtheilt Diego und Camoens zum Tode auf feine Erklärung: 

no. Sch bekenne mich 
Der Treue ſchuldig gegen meinen König; 
Den Brevel läßt kein Spanier ungeahnbet. 


Elvira bittet um Gnade für ihn: « 
Wer nicht begreift des Sängers hohe Wärbe, 
Dem iſt die Schöpfung eine todte Laſt. J 
Wir faſſen nicht dad Weh der Nachtigall, 
Der Heide Saͤuſeln und der Wellen Rauſchen, 
Gibt er die Deutung nicht in feinem Lied... 


Gebaftian erfcheint und gibt untrügliche Proben, daß er ber 
König if. Der Vicekönig ift überzeugt; er wid Nachricht nach 
Mabrid fenden: 

Dein König If Eu’r Erbe, doch kein Räuber. 

Doch Sebaftian iſt verwundet; er flirkt; Diego wird als Bes 
trüger hingerichtet und Camoens freigelaffen. Für ben Huͤlflo⸗ 
fen bettelt der treue Neger Felix. So findet ihn Elvira; 'man 


9 
beingt ihn in ein Hoſpital; ex ſtirbt, und Felix rädt ihn an 
feinem Verfolger Eiga, Elvira's Gemahl. Givira geht in ein 


Pr 


Eloſter. „So ſteh' ich denn“, fagt der Vicekdnig, ih 


... Auf meiner Groͤße Gipfel 

Berlaffen da mit dem verwaiſten Herzen 

und ahne jett doch Kar was Lieben fel. N 

wornf Ypiko hie idgrt: | oo, $ ’ 
Gew zum eroigen Oledil deu Liebe, * 


22* 


Der nie verfiegt. 

Laßt diefen Helden ehrenvoll beflatten 

Unb fegt ihm auf den Marmor eine Schrift: 

„Undankbar Baterland, bier ruht dein Sänger, " 

Des Ruhdwmes und der Liebe Märtyrer”. = 
So ſtoffreich und dichteriſch, wie die. Babel aufgefaßt iſt, 16 
mannichfaltig, reich und gluͤcklich zeigt fi) das Gedicht von ber 
Seite der Sharaltere. Jede feiner Geſtalten behauptet eine 
Perſonlichkeit und zwar eine für die Kunft braudgbare. Seba⸗ 
ftian's koniglicher Adel, Camoene' Treue, der Gilva ganz ver: 
ſchiedener Tifer füe das Baterland, und Ihnen gegenüber der 
Vicelönig,, folz, aber gerecht, Gefar bios Bürftenbiener und 
Eiga Verraͤther, feibft Elvira und Ines — wie perfdnlidh und 
feharf gefondert! Nicht geringeres Verbienft hat die Sprache, voll, 
bitderreich, prägnant, doch ungefucht, maturgemäß, und weder mit 
Kürze noch mit Wortfälle pruntend. Dabei wahrhaft dramatifch: 

Sebaſian (verwundet. 

Im Purpurſchmucke meines beften Blut 

Empfang ich den willlommnen Troͤſter: Lob. 

Weß Leichnam IR mein Kiffen? Miguelt Sitten! 

Gamer 

So Meb der Krieger. ' u = 
Der Lefer mag fi, wie wir, an biefem nicht kühnen, nicht ges 
nialen, nicht im Uebermaß GSchmuck ſuchenden, aber gehaltenen 
und würbigen @ebicht erfreuen. - 


14. Die Macht des Gewiſſens. Drama in einem Act, Bon 
Giip. MWerbigu, Schulz u. Somp. 1832. 8. 8 Gr. 


Mit dem literariſchen Gewiſſen des Verf. der „Macht des 
Gewiſſene⸗ muß es nicht ſonderlich beſtelt fein, Tonft würde 
fein Daumen ihm gefagt haben, daß er mit biefer Arbeit, 
weldhe um zehn Jadre zu fpät kommt, Müllner’s „Schuld“ 
und Houwalb's „Leuchtthurm“ gewiffenlos copirte. In dem 
ganzen Sthde it auch nit ein Gedanke ober auch nur ein 
Bers, der Ihm ſelbſt angehörte: Alles iſt abgehörtes,, auswen⸗ 
Dig geleentes Wortgeltingel, das fi obne allen Grund Her 
Dreit macht. Weihe Schub Maria trage, ergründen wir gar 
nicht, und ihre Koletterie mit ihrer Schuld wird darum, wäre 
fie fonft auch noch erträglidh, ganz unerträglih. Dabei hinken 
die widerwärtigen Zrochden mit allen ihren vier Küßen fo end» 
108, gebehnt und mählem duch das Bub bin, daß es ein 
Sammer if. Wir möchten ihnen gu Hätfe kommen und wiffen 
dochnicht wie, benm wir fehen gar kein Ziel, dem fie zubinten, 

Es ik merkwuͤrdig, wie biefer unglüdfelige und ungluͤck⸗ 
verfündende Verb, dam man „Die Schuld’ glei von vornher 
anfieht, die Phanteſie bes Dichter hemmt unb jeben energis 
ſchen Gedanken in der Geburt erſtickt. Bein lahmer, fchleichen: 
der Sündergang widerfept ſich jebem kraͤftigen Gefühl, das mit 
der Welt ringen will, und kraͤnkelt ibm des Gedankens (d. h. 


des mit der Suͤnde kokettirenden Gedankens) Bläffe an. Wir | 


haffen diefen Bers im Drama unſaglich; er fcheint ung mit ſei⸗ 
nem monotonen Wortfall recht eigentlich geſchaffen, alle auf: 
tauchende felbfithäsige Denkkraft, ale Driginalität, ja alle Poefle 
u erftiden, Sein Reich ift mit der „Schulb‘‘ erfchöpft, und wer 
as Unglüd dat, auf biefem Ungtädsvere zu reiten, ber ma 
nur vorweg darauf gefaßt fein, auch mit ber rüftigften Kra 
nichts Beſſeres hervorzubringen, als ein Schattenbilb ber „ Schub”. 
Bon ruͤſtiger Kraft aber is bei unferm Verf. nicht: die Rebe. 
Gr leiert fein Ahema ab: oe 1. 

Geolbne Beit der Yugenbiahre, - 

Da bie te Nofenglanze (N) 


4. 
i31] 





z. 

"Eines Fruhlings uns erſcheinet. 

Du nur biſt die einzig klare 

In beb Lebend buntem Kranze, 

Der fo viele Bläten einet. 

Deren Duft (weſſen7) wir emfig faugen, 







R Gleich 8 Schmetterlingen, 
€ V ®». . a “ 
z Et age 0 


von den füßen Dingen, (1) ' 
Die bezaubern Der; und Xugen. 
Wer daran nicht genug hat, möge ſich mehr bergleichen in bie 
Büchlein ſuchen ober fich ‚ wenn's beliebt, mit der 
Pr nfiapigen Maria von einem Felſen herab in das tiefe Meer 


15. Nero. Tragoͤdie in brei Acten. Bon Friedrich Richter. 
Aegensburg, Reitmayr. 1881. 8. 12 &r. 


Mas hie. ypyan 3 i 
darbot, ſcheint dire — RN eh en. {ir * * met 
würdiges Product, fon ‘feiner Teltfhien‘ Verirrungen we: 


gen, unb wir. veriäumtem etwas ni umferer Pkice, Tıvekk 
wir ben YAnftigen Eefer dieſer Uederſicht nicht auf die feis 
tene umd eigenthuͤmliche Kraft aufmerkſam machten, bie ich in 
bem Verf. unter Gcladen alles Art, Ungeſchmack unk Unnatur 
werbirgt. Blitze von Gedanken und Blige von Witen uͤhertq⸗ 


ſchen uns in biefeg wunberlichen Arbeit, die, was die Eunfkmär 


Bige Fuͤhrung her Iragdbie betzifft, nichts mehr als ein rohe 
und verfehlter Entwurf if. Der Verf. überfpringt ale Ser 
Kömmäidpleiten nicht blos, ſondern are Runftgefege fogen, aber 
ex weiß Sharaftere gu fihaffen und ihnen orte mitzugehen, 
die ebenſo neu ſind als jene, die eine farbe, vingende Kraft ver⸗ 
Eünden, welche bie Regeln ihren Wirkſamkeit nach wicht gefem 
deu hat, ‘Der Sprache if er micht mächtig, er beherrſcha fein 
Material nit, er arbeitet nicht nad fchöuem Wußer, abe 
ein Dichter Get ho in ihm, wiewol er Eeinm ertraͤgüchen 
madıen kann. 

. Gin Monolog Nere’s eröffnet tie: fermlofe Tragbdie, nes 
und originell wie Altes im ihr. Der Tyraun lieft. im Genmar 
„Barum Ungluͤck den Kecheſchaffenen verfolgt. Gimpel, hät: 
teft bu mich gefragt, flatt ben unergöglichen Geneca, ih hätte 
bie geantwortet, daß die Rechtſchaffendeit eine. erbärmlice Sue 
fung ift gegen bie Pfeile der neitifchen Sotter. Wiieber weis 
bifh, wieder gierig muß men fein, biömelten auch fuwcht- 
bar. Sokrates Biftbecher — altes Schuitiedi (nachbenkenb). 
Ich habe fo tange Niemand .bas edle. Borbiib nachahmen ges 
leyrt. Der ungebosfame Burchus hat das Narkotiſche Daran 
gefhmedt. Gpigsäbiicer Werter Britannicus! - Schelfächtige 
Muhme Domitia — ha — benen mag's im rise gewuͤhlt has 
ben u. ſ. w.“ Weiche furchtbare Charakteriſtik des berausfo- 


bdernden Hohnes! Fuͤrwahr, man lernt einen Were verftehen! 


Sylas erſcheint, Lobgedichte auf ben Kaiſer zu tefen, ber ſich 
über GSinfamdelt beklagt und bie, Gedidgte matt findet. Mit Zt 
gellinus wird bie Entführung der Flora beſprochen; ein Schwarm 
betrunfener Schelme bat ben SKaifer vom ber Piedesleiter ver 


ſcheucht. Die zweite Scene zeigt uns Aetius Piſo, rafend wie 


Hamlet gegen feine: Schlaffheit. . 
D Scloffheit, Todeslaͤhmung icben: Kraft, 
O Leben, zum jammerwerthan Slechtiann auägstwadinet 
Mainen Arg will ich annen — in, der lebt un — — 
Ha — nit im Arm, in diefern unnachgiebigen Sohlen, 
Hier ſteckt die. Sähmung .- . 
So Tange ſuchen und doch nicht4 entbeden, ..- . 
—— a Inders'muß eh gefchh . 
a 3 ſo unden an m € ur. 
3% trag’s nit Ihnger.. . . aa 
Bet 5 78* unb mahnt zus. Meiſbeit; es 
wigd. n Auagemasdt, . dia. und She halten . ei 
religidſes Se Die eiferfüchtige Fa a erlangt a 
Zigekiaun, daß er fie niederſtoße. Mnſte Wrene.: Dil, Nater, 


Acivca, Batpkia, feine Mutter. Der Bäter cößh gu verfchie 

geie Rangkit. Yeliot: „Ich wilk ; an —* en w 
eine Schmaroze * 
A 


ec 
Aelius: „Hoͤr' ich bie freien Weifen Plingen? Mir madet's in 
den Binnen!’ 
Sbeoybile,. 
Diana, wir Rab ureind geboren, 
als ein Tropfen aus dem Quell 
Daben und burch unk verloren, 
Und es ſchied die Ruhe fchnell 
n biefer myſtiſchen Weife ſpricht Theophila durchweg. Ihre 
eundin Glaudia ſcheucht den unreinen Aelius von ihr, Im 
zweiten Act: Paulus bei Rero. Paulus fucht ben Tyrannen 
zu erſchuͤttern. „Grimme Unholde werben Euch ſchuͤtteln, und 
an des Todes Schwelle werbet Ihr heulen. &o hab’ ich weder 
Freund noch Feind mehr.” Nero findet.pie Drohung ſchal unb 
wit zu launiger Unterhaltung ihm (Gehirn und ‚Der; durchſu 
hen laffen. Gin Gewitter kommt dazwiſchen, Pautus weiffagt 
und Seneca ruft: „Er pbantafirt Rosmogonien!” Urfräftig ift 
ver ‚Heide in @ensca, ber Ghrift 
in Nero, ver her verfihlagene a in Aelius. Die Stim: 


fein, der nur infoweit einen Werth hat, ats er Chriſt 

Bilder aber finh Yon einem fo originellen Wurf, 

ba, wiessel gefchmadios, fie und bush Neuheit in Erſtaunen 
fegen. 3, B. Aelius: „Mir tobte der Muth in ber Btufl, 
werläjlagene Klugheit kam mir vor wie ein Inurrenbes Stuben: 


tügchen, dem die Maus erft auf den @uppenteller fpringen 


mab." Haggi: „Sin Mann, der feinen Bei ‚nicht halten 
tann, ift wie eine Stadt ohne Mauern. Und Marcus: „Die 
Winde wollt ich Lieber gefangen halten, als bies ergrimute 
Weib bewachen.““ Doch wir fahren in unferer Skizze fort. 
Gin altes Tube, Malluch, und ein neurcer, Levi, treten auf; 


bie Verſchwoͤrung gegen den Koiſer ‚geht fort, dann exfheinen 


zwei Spione und ein Spaßmacher. Arſter Spion: „Spaglerſt 
du auch auf und ab, Kamm! Ums Himmels willen, ber Mer 
gel verzieht fein Geſicht zur Philoſophie.“ Spaßmacher: „Zum 
Todtlachen meinſt bu, denn die Philoſophie iſt die Kunſt, über 
den Tod zu lachen. Das id'6 aber nicht; ſondern jegt begat⸗ 
tet ſich das Bermaß mit feinen Gebanken in den Speichern ba 
oben.” Zweiter Spion: „Buß das wine Hochzeitenacht in bie 
fen. Schoͤdel fein! m. f. w.' Indem geht Rom in Flammen 
auf. Dritter Act: Aelius iſt verhaftet. 
No irgend eine andere Berructheit > 

Mus zähneblötend, grinfend drunter figen. 

Im eignen Hauſe nur bewacht man mid — 
Er liebt Flora. Theophila exfheint und bekehrt ihn zum 


Chriſten: 
— farben kann id — . 
Denn in wir Hingt zu wonniger Frühe ewigen Bebend 
Der Name Jeſus Chrikus! sehe 

ulss vermäbtt ihn mit Theophila. Dee Katfer tft ermordet. 
Palast ſtirbt im Kerker und Hoggi ſchließt das Stück, indem 
aquch er Chriſt wird. „Stern, der meine Väter leitete — ihm 
Kraft, Reich und Herrlichkeit!” 

Diele Skizze war nöthig, um bem Leſer “ zeigen, mit 
wel’ einem wunderlichen GBebiht er hier zu chun 
bat. Stuͤcke wie dies hatten wir im Sinn, als wie be 
haupteten, daß bie dramatiſche Muſe bei ums alljährlich einzelne 
under bervorbringe, mit benen verglichen bie Graeugniffe ber 
kyrik, der Romantik ſchal und eintönig, matte Wieberholungen 
ohne Neuheit wären. Weich ein feitfamer Geiſt in dieſem, alle 


‚ «Ne Werte, alles Kunßgeſet verfpoitenden Gebicht? und 

er wird ſich dieſes Geiſtes annehmen, ihn Teiten zu den Quel⸗ 

ten ber Schönheit? Wird er. ber bie Form verachtet ober 

nicht Bennt, nicht verloren gehen? Wird er, vergeffen, mmauf: 

gemuntert, unbemerkt, nicht müde werben und feine Lyra zer⸗ 
trümmern? Er ſcheint fhuplos! Wege ihn fein eigner wogen⸗ 
der, dahinrauſchender Geift ſchuͤtzen! Möge er ihn zuͤgeln, bän 

digen, baß er dem ewigen Geſetze bed Schönen ſich unterwirft. 

j (Die Wordfegung folgt.) 








Sternap's. Miſſion in die Sandwichinſeln. . 

Herr Stewart, ein Miſſtonnair aus Nordamerika, ſchiffte 

ſich im 3. 1889 gu Norfolk auf einer den Wereinigten Otaaten 
gehörigen Fregatte ein, bie ihn nad Bima führte. Zu Galldo 
nehm ihn das Kriegsſchiff le Vincennes auf, welches bayu 
beſtimmt war, Verbindungen mit ben Gübfeeinfulanern zu ers 
Öffnen; Geve Stewart war mit dee Beitung tiefes Mnternehmens 
beauftragt. Das Schiff lichsete die Anker unter den 4. Jull 
1829 und fegelte nach den Wafhingteninfeln. Br. Stewart macht 
eine imtereffante Befchreibung von ‚dem malerifchen Anblicke bee 
Infel Nutuhoa, die zu deeſem Archipel gehört, von ben Bitten und 
Gebraͤuchen der Einwohner, die fig noch nicht ſehr Aber ben In⸗ 
Rand ber Witdgeit erhoden Haben. Iſt Einem unrecht geſchehen, 
und iſt er der Gtärkere, fo tbbter er feinen Gegner, mo niot, 
fo befchräntt ex ſich auf ohnmaͤchtige Drohungen. Die Stamm⸗ 
haͤupter baden bucchaus Beine Gewalt über die Mitglieber der 
Stämme. - Jeder, der ſich durch) Muskelkraft und Muth befon« 
bers hervorthut, ift ein Heros und wird nach feinem Tobe unter 
De Goetter verfept. Auf den Marqueſasinſein fobern und erhal 
sen bit Heiden ſeidſt noch bei Lebzeiten göttliche Chrenbezeigun⸗ 
gen Sie Fügen: ſich babei auf die Mache, bie fie vorgebiidh 
die Tiemente, über: Donner und Blitz ausüben. Dergleis 

den Odtter find Übrigens ſelten. Auf der Infel Nukuhiva bes 
fand fi damals Feiner. Zu den Opfern, die den Gottheiten 
gebracht werben, gehören noch Wenfchenopfer, zu weichen man 
die Kriegegefangenen nimmt. Zuweilen verſchafft man fich auch 
Eubjecte durch den Zabou, weicher barin beftebt, daß man ges 
wie Dinge unterſagt. Bnuähniik wird verboten, ins Waſſei 


zu tauchen. Wrun sum Jemand durch Aral, Unwiſſenheit ober 
A Menſchenliebe. den Tabou verlegt, fo wird er ge 


Bon Ruluhiva flsuerte das Schiff nach Dtaheiti, wo ber 
Belchrungseifer der Miffiennaire bis sum Sabre 1818 nur 
ſpaͤrliche Fruͤchte getragen, indem bayımal kaum 50 (Chris 
flen. vorhanden waren. Im 3. 1815 war bie Anzahl der Ghris 
ften auf fässmtiichen SInfeln des Archipeld auf 500 angewachfen, 
und die meiſten waren aus den Schulen ber kleinen Zuſel Simeo 
bervorgeganden, woraus man abermals flieht, daß Känfte und 
Wiffenfcheften die beften Befoͤrderer bes religidfen Glaubens find. 
Gegenwaͤrtig iſt der alte Goͤtzendienſt gänzlich abgeſchafft. Die 
Sabdſeeakademie zu Eimeo, welche ungefähr 15 Seemeilen weſt⸗ 
lich von Otaheiti liegt, iſt der Focuds, von welchem nun fidy bie 
Stralen der Aufflärung uͤber bie benachbarten Archipele verbrei⸗ 
ten. Die Zoͤglinge dieſer Akademie ſchoͤpfen ihren Unterricht aus 
Buͤchern, bie in ihrer eignen Sprache abgefaßt ſind mittels eis 
nes Syſtems alphabetiſcher Zeichen, ba in @uropg erfonnen 
und Herrn Pickering in: den Werhantlungen der ame⸗ 
rikaniſchen Akademie der Künfte und Wiffenfchaften befannt ges 
macht worden iſt. Die Schulgebäude befinden fi) auf der Dfb 
feite der Inſel, welche außerdem eine chriftliche Kapelle befigt ; 
fie bildet ein Oktogon von 70 Yuß im Durchmeſſer und iſt aus 
poltrten Korallen gebaut. Im Dfapeiti findet man eine kuͤnſtlich 

ebaute Landſtraße 100 engi. M. in der Länge, und ein von Herrn 
ott verfaßtes Geſetzbuch weiches für den gangen Verwaltungs⸗ 
irk der Gefelichaftkinfein gültig if. 

Bergen bie Hälfte des Sept. 1328 verließ das Schiff bie Geſell⸗ 
ſchaftsinleln und kam nach einer Fahrt von 125 Seemeilen auf dem 
Sandwichinſeln an. Der Buftand der Eultur ift hoͤchſt befriedigend. 


ee Die Sepren 
ic ein erhebendes Schaufpiel, due 
Kinder, Weiber und „done su fehen, die 


REEgEr 
3 Äh 
8 
x 


a 


» Behn 
— und En bas ‚Gran gieler ganz dan 


aus. 
Kt — an der alten —S— m 


Glaffen aus und ſchienen fih zu bemühen, —— 
— ne 


3 
5 

8 
* 


fine zeine, Deutliche Aubfprade. 
man weiblige Arbeiten, wilde 


mehre Verſuche gemacht, einen head m ae, ber aber 
dis jent nicht zu Stante gelommen ifl 

Diefes ift ber Zuftand der Dinge in jenem Theile der Suͤdſeelaͤn ⸗ 
der, Religion, Wiffenfcpaften, Juduſtrie füpren die Cingeborenen 
der Givilifation entgegen; indeß if zwiſchen den Kepräfentanten 
der moralifgen und der materiellen Jaterefien, weldye durch den 
Durft nady Aleinperrfäaft getheilt find, ein Swift ausgebrochen, 
der leicht in unverföhnlichen Streit und Krieg ausbrecken fönnte. 
In biefee Gollifion bat der Inſtinkt ber Infulaner bie wahren 
mirige Oroger vu De 

jemi wel zu 

aan fudt, ansererfeite die wneigennügige väterlie Barforge 
Derienigen, welche ihnen zugleich die Lehre und us SBeifpiel ber 
SelbRaufopferung gebsacht haben. 


Literarifhe Anzeige. 


Bericht über die Verlagsunternehmungen für 1833 vn 
82%. Brodhaus in Leipzig. 
Die tn Bene —E en blume eine in au —* Jadtesd 
Bortfegung aus Rr. 140.) 

"12. Gefhhichte dee Staatsveränderung in Frankreich unter Rös 
nig tubwig XVI., oder Gntftehung, Portfchritte und Wirs 
tungen ber fogenannten neuen Philofophie in biefem Lande. 

paper: 





eane — u . Auf feinem Schreib 
‚Iheil (1826-80) Boften 9.Thir. 16 Gr. 

——ã Allgemeines Buͤcherlerit on, oder Voll ⸗ 
1 ndiges alphabetifches Werzeihniß aller von 4700 vis zu Ende 
1833 erfhienenen Bücher, welche in Deutihlanb und im den 
durd Sprache und Literatur damit verwandten Ländern. ges 
drudt worden find. Nebft Angabe ber Drudorte, der Bers 
leger und ber Preife. Bierter Supplementband, oder 
bed gan, nen Werkes achter Band, welcher bie von 1828 bis 
Gnte 1833 erfdienenen Bücher und die Berichtigungen früher 

tofen im derab 


ver ‚Gefdeinungen enthält. 
efetfen 
e werden zu derl FIN 


‚Der, erte DIE Febente Bars Mn 
rg 
+14. Huber where, —R— Gefammelt und her⸗ 
ausgegeben — in Par Theilen. Sänfter ı und 
MEERE DB werte 
15. —A Seſchichte rufſiſchen eice. Ra dr 


gelten Driginalausgabe überfegt. Gifter Band. Gr. 
uf erg 
mern etenten Dee De LE 





16. Kuorring (Karl zn, — Bibliothek‘ für Deus 
She. Wiertes Heft. und 8, Sb. Auf Drutyapie, 
biB dritte Heft (( 


m Bi mt pe Zraugett), —— 9 — 
phiſches Leriton, ober Allgemeines Handiwörterbud der 
fophifcyen Diſſenſchaften nebft ihrer Biterarur und — 
Nach dem heutigen Standpunkte der Wiſſenſchaften bearbeis 
tet und herausgegeben. Zweite, verbefferte und vermehrte, 
Auflage. In ur Bänden. Boeiter und dritter Band. 
Gr. 8. Auf gutem Dradpapier. 
En Bin ul, tet im Gubferiptionspreife - 


— "—, Gnopktopäbifd:phitofoppifäee @erifon. Supple⸗ 
mentband Lu; erften Auflage, enthaltend die Zufäge und 
Verbefferungen der zweiten Auflage. Gr. 8. Auf gutem 
Drudpapier. 


*19. Provinzialreht aller zum preußifchen Gtaate gehörenden 
ändere und Sandestheile, infoweit in denfelben das Alges 
meine Landrecht Gefegeslraft hat, verfaßt und nach demfelben 
Plane ausgearbeitet von mehren Mechtägelehrten. Herause 

"gegeben von Friedrich Heinrih von Strombed. 
Zweiten Theile dritter Band. Br. 8. 20 Bogen auf Drude 


1 Zple. 
— unter dien Zitel: 


Yrovimlatregt ber Provinz Weftfalm. Dritter Band: Pro⸗ 
iaiſchen Broffhaft Redlinge 
uf Schlüter. 


Bent: 


ce enge (I), 
em) erfter, 
BEER 


chaft Teclenbi d 
——ſ 


SF 
Bea ——— 
BE BES —* 
1 unter Gefondern Ziteln 
i 3 Be Weftfalen, ‚neb) 
n Abo 
Andrest 





jung auß, Sen 


jungen von ben Ba 
bargeftellt von Befts 


| 20. Raumer (Briebrich von), Geſchidh te —— ſeit 
dem Gnbe dea funtzehnten Aahehunbeits, In ſeche Bänden. 
|: Aeitre und dritter Band. 


rt 
BEE Stetten 


21. Schmid, (Reinhord), Die Gefehe ber Angelſachſen. In 
der ufprade, mit Weberfegung und Grläuterungen. Zweiter 
Theil. Gr. 8. Auf qui gutem Drudpapii 
‚lan —8 den Tert nebR Ueberfegung enthaltend (isee, 


Eyattpräres Vorſchule. Herausgegeben und mit Vorre⸗ 
den begleitet von Zdris Tiec. Dritter Band. Gr. 8. 
Auf um Drudpapi 

— Basd (ıft3-2) tofen 5 Ziir. 6 @. 
o25. Sinenfre Sufhensunh, Gerausgegehm don Brtedrich 
von Raumer. Sünfeer, ‚gergang. Mit, einem Bildniſſe. 
12. Auf feinem Drudpapi Sart. 
yoraper der eflen Dre Sahrginge tofet 8 Adie. der Dierte 1 Ehe. 


(Die Bertfetung folgt ) 








Redigirt unter Werantwortlihteit der Verlogähandtung: B. A. Br: 





- 
Il. . 


j ‘ t >» 


Blätter 


- 0 für 


Üiterarifhe Unterpal tung. 





Sonnabend, 





Dramatifche Buͤcherſchau für da6 Jahr 1832. 
Bweilter Artikel. 
(Kortfegung aus Nr. 144.) 
16. Robespierre, ober der neunte Thermidor. Drama in br 
Zheilen und acht Bildern. Gin Gemälde der franzöfifchen 
Revolution im Jahre 1794. Nah Anicet:Boungeois 


rancis, von Georg Ball. Nürnberg, Winter. 


und F 
1832. Gr. 12. 21 ®r. 
Nach jener ſchoͤnen Grtravaganz, bie und, ginge es nach 
uns, noch länger gefeffelt hätte, Tehren wir zu gefegmäßigern 
Leitungen zurüd. Zwar ift auch das vorliegende Werk kein 
Rrenges Drama, fondern mehr Dos, was BVitet „ scänes 
bistoriques’ genannt hat; doch reiht ein unzerriffener Faden 
diefe acht Bilder zu einer dramatifchen Handlung auf, ber Wir: 
Zung und Wahrheit in hohem Grabe beimohnen. Gine tühne 
Sonception zeigt fih in ber Charakteriſtik des eigentlichen 
Hauptheiden, Brutus Ciorac, Friſeur des furchtbaren Robes⸗ 
ꝓierre. Dieſe Figur iſt fo originell erfunden, daß es nur der 
Seſchichte moͤglich war, fie hervorzubringen. Ciorac, dieſer große 
Menſch, der von feiner Groͤße keine Ahnung hat — ein Zug 
von ungewöhnlicher Kunft — fpielt den wuͤthenden Republilaner, 
Jakobiner, trennt fi) von feinem geliebten Weibe, um fo feine 
Rolle defto ſicherer zu fpielen, Robespierre nahe zu bleiben, um 
im vertraulichen Umgang mit ihm Profcriptionsliften und To⸗ 
desbefehle von feinem Pult wegzuftibigen und biefe in Papillo⸗ 
ten zu verwandeln. Auf biefe Art rettet er beide Loizerolles 
und leitet den Sturz deö Tyrannen ein, ohne zu ahnen, daß er 
mit dem Allem etwas Ungewöhnlidyes thut. Einem folchen Cha⸗ 
after fehlt die dramatifche Wirkung felten. Giorac fieht ober 
achtet feine Gefahr für ſich — wir aber fühlen fie doppelt für 
ihn, und Mitgefühl erweden — das ift das offenbare Beheim: 
ni der dramatifchen Kunſt. Alles Uebrige an diefem Gtäd ift 
mit mäßigem Geichick erfunden. Die Geftalt bes „Unbeſtech⸗ 
lichen“ iſt gut; Barrère, der ewig unſchluͤſſige, die Bluthunde 
Southon, Juſt, Fouquier⸗Tinville find kraͤftig, Mad. Tallien 
und ihr Gemahi ſehr gut, Charlotte, Ciorac's Frau, und bie 
Loizerolles mittelmäßig gehalten; ſchwach iſt ber doppelte Ver⸗ 
raͤtber Simon. Die Fabel ſeibſt iſt von der Hiſtorie vorge⸗ 
zeichnet. Die gluͤcklichſte Scene, voll gewaltiger —— — 
Wirkung iſt die, wo Robespierre im Begriff ſteht, den Dieb⸗ 
flohl Giorac’s zu bemerken, und dieſer die Entdeckung ablenkt. 
Das Stuͤck endet mit Robespierre's Selbſtentleibung. Die Ueber⸗ 
fegung if wenig mehr als erträglich; die Bonmots des Haupt⸗ 
heiden Ciorac und fein „Na, thut nichte⸗ kehren zu oft wies 
der. Schwer verfannt, enbli erkannt als ber großmüthige 
Menfchenfreund, der er iſt, flirbt er mit den Worten: „Die 
Rreipeit fiegt, ichfterbe, na, thut nichts”, in Gharlottens Armen. 
17. Die Bildweihe, ober ber Frevel an bem Beiligen. Trauer: 
fpiel in fünf Aufzügen. Bon Karl Werlid. Als Hands 
ſchrift. Rubolfkadt, Hofbuchhandlung. 1832. 8. 8 Gr. 
Eine Kunfttragddie, von der wir nicht einfehen, daß fie 


S 





den berähmteften ihrer Gattung, dem „Sorreggio”, bem „Bilde 
und ihren zahllofen Rachahmungen fehr nachſtaͤnde. Die leis 
tende Idee darin ift vielmehr ohne Brage ber im, Bilde“ wie im 
„Gorreggio‘’ vorzuziehen, wiewol fie freilich noch lange keine tra⸗ 
giſche iſt. Gluͤck und Werberben eines jungen Malers, ber, in: 
bem er die heilige Jungfrau malt, ein Gonterfei feiner Jugend⸗ 
liebe darſtellt — das if das Thema. Die äußere Geſchichte ſeines 
Unterganges iſt mit Geſchick und dramatiſcher Wirkung erfun⸗ 
ben. Berſolgt von Kunſtneid, vom Haß ſolcher Römer, bie dem 
beutfchen Maler feinen Ruhm misgönnen, von bem Bräutigam 
feiner Geliebten ber Gntweihung des Heiligen angellagt, als 
er im Bewußtſein feiner geheimen Schuld fein eignes Bild 
fhmäpt, vom Papſt anathematifirt, flirbt feine Elife von Mör- 
derhand, als fie ihn fügt, er im Wahnſinn. Diefe Zabel bat 
unftreitig ihre. ſchwache Geites aber im Ganzen genommen, iſt 
fie dramatiſch unb inſoweit treffiih, als fie die Grtwidelung 
des tragifchen Sharbeftanbes in bie Seele der Handelnden legt. 
Die Charaktere dagegen find herkoͤmmliche Perfonificationens 
nicht Individuen, fondern Ideen mit Pieifch und Bein; nicht 
Derfonen in unferm Wortverftande, fondern im urſpruͤnglich roͤ⸗ 
mifhen, Masten, Sprachroͤhre. Hierin dat ber Werf. bie Er⸗ 
tlärung zu fachen, warum feine in mandıem Betracht tüchtige 
Arbeit ſchnell vergeffen werken wird, und er hat nur darüber. 
fi zu wundern Urfadhe, warum Stuͤcke, bie um nichts beffer 
find als das feine, wie bie obengenannten gleichartigen Gei⸗ 
eseinder, gelefen, dargeftellt, Britifirt, ja fogar bewundert 
Der Verf. ift im Beſit einer eignen Gattung von kunſtpoe⸗ 
tifcher Sprache, die nur ſchon zu —* gehoͤrt worden iſt, "m 
noch Wirtung hervorzubringen. Gein Vers iſt weich, feine 
Sprache bilderreich, melodiſch, und das ganze Stuͤck zeigt der 
maulwurfsäugigen Kritit nicht einen unpaflenden unb verwerf 
lichen Ausdrud. Worin Tiegt es nun, baß feine Arbeit 
dennoch nur eine geringe Wirkung zurädiäßt? In dem Mans 
gel an Wahrheit — an Inbivibwalität der handelnden Pers 
fonen! Der Inhalt bee ganzen Tragodie liegt in den Wor⸗ 
‚tn bed Improvifators: 

Die Kunft erfaßt den Himmel auf dar Erbe; 

Doc wehe Dem, der unrein tritt su ihr, 

Und mit begierbevollem , ſtolzem Dergen - 

GErgriff des Helligthumes Strahlenkerzen. 
Man dat die Tragoͤdie gelefen, wenn man biefe Worte gelefen 
bat. Nach ihnen iſt die Handlung zugefchnitten — fie zu beles. 
gen, gefchieht, was gefchieht — anflatt, da aus Dem, was ges 
ſchieht, die Idee in freier Entwickelung hervorzugehen ſcheinen 
ſollte. Der Dichter ſoll ſein Ziel haben; aber wir ſollen nicht 
ſehen, daß er eins hat. 
18. Hermanftied. Trauerſpiel. Hirſchberg, Neſener. 1882. 16. 


12 ®r. 


Auch dieſer dramatiſchen Arbeit, von ganz anderer Richtung 
als die vorhergebende, fehlt es nicht an einem gewiffen Ber 
dient, wiewol es nicht eben an ber Stelle zu fuchen ift, wo 


698 


der Verf. es au finden meint. Er bittet: „to survey the whole, | cher Yinfel, ben ber uns unbelannte Verf. führt, eine eigens 
not to seek stight faults”, und grade das Ganze ift viel min, | thümliche Welt⸗ und Lebensanficht, welche in Borm unb Gedan⸗ 
der lobenswerth als bad Cinzelne. Die Geſchichte Hermanfried’s, ‚| ‚Een ſich bier ausfpricht; eine der Grmunterung würbige Kraft, 
des legten Könige der Thüringer, ift kein unwuͤrdiger tragifger | bie hier erwacht iſt. 













Stop und kann, gluͤcklich erfaßt, zu einem ſehr wirkungsvollen | 19. Prinz Hugo. Zrauerfpiel in fünf Acten von Karl Lau: 

. Der Verf. bie Zabel zu breit, zu en auf , in. auf "Rofte 83 
a ee ae m : 
8 geſho aᷣda⸗ is bie Kieh.hin, .hat-ar — einführt Bon dieſen; Stuͤck Iäßt ſich niches Aehiliches ſchen. si 


Ößnlicher Fehler — in die Breite gearbeitet und ben Ideen: 
—* im tieferw runde ruhen laſſen. Es war genug, an ben 
Grundgedanken ber Hiftorie feſtzuhalten, Erbrecht, Königsehre, 
die zum Despoten wird, weit Abfall und Berrath fie bazu mar 
chen, Reue, ieg bed Rechts und fein Anerkenntniß. DerWBegf: 
hätte — wir daben es Achon fo oft gefagt — feine 
wie einen Mythus behandeln ſollen; dann würde er eine Ira: 
haben, wor jetge nur :eime- Hifforie im 
angetroffen wird. Gute Mufter find ihm nicht fremd; es fehlt 
feinen Sharafteren sweber an. Kraft und Perfänlichkeit, noch feis- 
ner Sprache an Heiz, poetiſcher Fälle, noch ſelbſt an GSedan⸗ 
tm; aber feine Handlung iſt uneind, zerriſſen und darch allzu. 
wirkungslos. Gingeine. Gerlenftimmungen find 


gehört zu denen, bie wir vorzugsweife als abgebörte, er⸗ 
laufchte bezeichnen möchten unb weldye auf frembem Grund 
und Boden hervorgewachſen find. £& enb eine Situation in eis 
nem andern Zrauerfpiel bat ben Verf. ergriffen. Halt, denkt 
er.» saß uns bie Ramen ändern und eing Befchichte 
ſchreiden. Die Geſchichte wird übel oben” ‚und 
für .bie Charaktere veriäft man fich amf_bie befannten Recepte. 
a an be me 

raͤfin Orfina (bier Rofalie Laubenheim t ſich zwi 
tie uͤberzarte Elbe doe ringen Hug —— 2— 
beide vor verliebten Ziraben nicht dazu kammen koͤnnen, bie 
—*X Fi *— —— F —** —— — Ja, Prinz 
Kacchfel: ' Qugo. it: ein fo albernee Held, daß er ſelbſt nicht einmal: weiß; 
mit glhetiäger.Kanb evgriffen, unb auägemait, ‚einzelne Gitaas |. men ex eigentlich liebt, Laura oder-Rofnlie.- Mofaliens Jäger, 
tionen energiſch und eindelae Gharaktere trefflich; aber bie game |: Eahert, heimlich von Liebe für bie Gräfin ensbrannt, fdydezt 
dramatifche That zerfplitiert ſich in zu viele Beine Shäschen,' |: nen. Aueten, dem, Michasd,. Duge's Zursınb, ‚zufammenzicht, ab 
als daß bie tragifche Wirkung fie: übtrdauern Time. Die ı &aura wird mit einem vergifteten Roſenknanz, den fie auflegen 
Sprache des Merk. hatı einen kühnen, diehterifchen, Shakſpear⸗muß, getäbtet. Wir wiffen nicht, ob biefe Todesart poetifdh 
fen Wurf, Bieles iſt glücklich und bedeutend, und folgende | ober mebicinifch zu reöhtfertigen iſt; aber Das wiflen wir, daj 
Bere der Srpofitien: dies Stüd eine Forttaufende erirrung des Geſchmacks iſt. Der. 
Berdammt ſei dieſes Wänduip! Verf. iſt weder des Verſes, noch der Sprache, noch auch feinen, 
ren mist Urn * — nn Geber mächtig unb Foriä im „Gluten, Strahlen, Beurrmeer” 

Dee diefe Wölter trennt, nie tigen twerbei? ber Eiche verſenkt, ergäglißgen Unfinn fulgender Art; 


Gidorner Feind find Thüringer und Franke, RKRihar 

Und bisfer Kampf wird eher nicht eriäfchen 

As mit ded Einen Untergeng. Wir beiten. 

Die Macht jeht in ben Händen — muͤſſen mie 

Den Franken ſchonen, ber ed nie getbant - 
haben: wie nicht ohne ftille freudige Beziehung leſen Tönnen. 
Borzäglicy energiſch und eigenthämlicdh iſt ber Wegräther Icing, 
in- ven erfien Scenen nur als ein Falter unb reeur Bitling 

ichnet, bis ſich fein ſchwarzer Plan enthuͤllt, der kurz der 
it, durch Zerſplitterung bes Koͤnigthums, das Königthums zu 
beſiegen. Sein Humor iſt voll Verdienſt, und wenn ber buck⸗ 
lichte Verraͤther fein liebekrankes Herz malt, glauben voie: im 
der· That etwas.aus Aichexd III.’ gu leſen. Aber -fueitich über: 
fpeingt biefer. Humor bie Grauzen der Zeit. Win fodern von 
einem dramatiſchen: Dichter nicht, daß er mit ber peinlichen 
Xengſtlichkeit gewiſſer Sheaterintendangen bad Goftume ber Zeit 
beobachte unb 1. Bi. nach Aramjuez reife, um mit Genauigkeit 
Gerlos und Poſa in dem ˖ Garten daſelbſt mandeln zu tafien — 
abe — sunt certi demique fines — und wenn Iring fügt: 
Gehraudt 
Die Hungercur usb, beaffert eure Sprache, 

oder Hermanfriedb von Logarithmen ſpricht — fo ſcheinen und 
diefe Grenzen Mer Geskhrı varleqt. Fang: erreiche ſUnen Zweck, 
wie er ihn ausſpricht; das Teſtament be& alten Königs entzüns 
det den Bruderkrieg 


0. Wie? Db ich bid) Rebe? 

Liebt auch ber Tag bie Sonne? Was ik Tagk 

Der Ausftirom ihrer hoben, mächtigen Glut! i 

Wo Sonn’ if, da iſt Tag (überrafgende Webrbeit”) u 

.... Bei ihrem Scheiben 

Erſtirbt auch) er. Ich bin nur, weil vu biſt! 

Dd ich di lebe? Clara — Sonne — Leben! 

Klora 

D Richard. Gluten⸗, Strablens, Feuermeer — 

Als ob ich fragte für bed Wiflfend Kunde? 

Bernimmt'd dab, Ohr fo gern doch immer vwpieber u. f. w. 
Dielen hochpoetiſchen Erguͤſſen folgen. huͤbſch proſaiſche Mono⸗ 
loge des Goaͤrtners Graßmann und Hugo’s. profaifge Zweifel,. 
men ſein Herz liebe. Dann haͤlt auch Roſalie, bie Megäre, 
ihre Monologe, in denen fie über Freundſchaft und Liebe „bunte 
Blaſen bes Gehirns“ gar wunderſam herzieht und endlich autruſt: 

Nur Einen: Wott ertenn' Ich bantend an — 

Mich felbR! und trachte, wie id, Weihrauch atbınen kann. 
Aut dieſer ganzen- Arbeit: iſt nichts zu. exleamen, als daß es 
ſchlechte Menſchen gibt und ſchlechte Tragoͤbien. 
2. Zampa, oder die Marmorbraut. Romiſche Oper in drei 


- 


lum. Mainz, Schött: 1892. Er. 8: 10 Gr: 


mdgen wir einer ſolchen komiſchen Oper, wie biefe ift, das Recht 
einraͤumen, zur Literatur gezählt zu werben, für wie gering 
auch deB Hebrrfegers: Gprachf igleit zu halten Tel. Der Segen⸗ 
ſtand i® Bekannt, unb bie Verfe des Hrn. Bam find es auch⸗ 


Stieg 

So dat nun Gluͤck und Zufall mehr gethan, 
xt meine tühnfiin Wuͤnſche ſich ertckumten. 
ent hey? ich Einen durch den Audern bis 


Ste todt zu meinen Fuͤßen liegen. Er ſchreibt * viel Unſiun, und bafuoͤr muͤffen wir ihm bef- 
... TFrankreich, ich rechne fen einem Operntext ſcho Dank ſagen. Et koͤnnte viel mehr ſchrei⸗ 
"Auf deinen Dank. ben, und doch naͤhme kein Menfch Anftoß bacan, wenn nur bie 


Dee edle Fraukenkonig Dietrich erkennt Hermanfried'e echte G6 
burt zu fpät, um ihn zu retten; er und ber treue Witto ſind 
be’ —** erlegen, wie Amalagunbe ihrem verirrten Gat⸗ 
tens Das Staͤck verdiente eine ausfährlidgere Kritik; als Ihm 
hier zu. Theil werben kann; es⸗iſt ein Beäftiger, - eigenthuͤmli⸗ 


Decorationen gut: ausfellm und bie Biolinquinten rein finb. 
Warum er aber. bei alledem bas ganze Much binberdy : inix 
‚mes von einer. „Diarmorflatuat’ priht, ſehen wir dennoch wicht 
ein, dba He. Blum doch. unſetrsu Wiffent von Geburt ein Deuts 
ſche und noch dazu rin Berliner diſt· Die Fabeb ſelbſt mag ale 


—IF Rad) dem Franzoͤſiſchen bes Melesville von- 
Lieber ald’ einer foldhem Zragdbie wie die vorhergehende: 











ehe) Opbenfabei' geilen si -bigalgfeit: bie Oecren · Opersitertiägveiben: 
— 2 ihue 


Bo hilf War Kar ie di 

togie BErtgeRTı a sin) I 

u ne 
_ : VL HER HE WE EEE 2, 


oo. m r sr . 
2 .. 4 * ij rt 











nn a tr len . 
Thatſachen. Bed’ ardhknlegifchee: Jaſtituto in Nam. Mon 
Edmard’ Gerhard. Berun⸗ 18321 Et. 6. Ze 

Nur zufaͤllig hat fich im’ unferm BL, der. Bericht Wer eiie 
ift verſpaͤtet; die ihrer innern tigfeit nach verdiente 
fon fruͤher in denſelben angezeigt zu werben. Es gilt nämtich 
dat. archoͤologiſche Inſtitut in .Mom ; ein bon Deutſchen gepruͤn⸗ 
detes und don Deutſchen gepflegtes Iuftitut, melches durd bie, 
Stoßartigteit feiner Anlage und die Univerſalitaͤt der leitenden 
Idee Tiger‘ lebendigen Theilnahme ganz befonders werth ift: 
Seit. dem Jahre 1829 nämlich beſteht in Rom das. Suftitut Fire. 
archäologifche Correſpendenz, weiches durch deutſche Alterthumse 
foͤrſcher vorbereitet, in England, Frankreich und Stalin beguͤn⸗ 
fligf and durch bie. ſchuͤtzende deanrari des. Kronprinzen von; 
Preußen bei deſſen Amveſenheit in. Rom in das Leben gerufen 
worden iſt. Die Thaͤtigkeit deſſelben hat ſich bereite, auf mehr⸗ 
facht Weiſe kundgegeben, Italien nömentiih Kat gegründete. 
urſache, ben Cinfiuß des Inftituts zu ruͤhmen, aber ro 
ſes mannichfachen Nutzens fehlen doch grade für Deutſchland 
eine kurze Ueberſicht der von bemfelben bereits‘ dewitkten 
und ber noch zu bewirkenden Unternehmungen wichtig und fos 
Opr wie ſich aus einzelnen Aeußerungen des Verf. ſchließen 
pr, nothwendig. Die Zufammenflelläng übernahın der diri⸗ 
girende Secretair des Verrins zu Rom, Prof, in ee 
arbübete..biefe Arbeit ganz befonders, behn er iſt ber er. 
und die Seele bes tuts, was man- ohne ——n rechen 
darf und nicht befuͤrchten muß, ben Verdienſten Bunfen’e', dei. 
preußiſchen Geſandten in Rom, und Papofka's, dig Settetairs 
des Saflituts, zu nahe zu’ treten. Herr Gerhard, ein gebörener. 
Breslauer und Enkei bes deruͤhmten Noͤfſelt, den Philojdgen als 
Verf. ber „Lectiones Apollonianae” (Leipzig 1816) nicht un: 
ruͤhmlich dekannt, ſah fidy durch ein hartnädiges Augenkbel vor’ 
ha oder zwölf Zahren gezwungen, ſeine Profefinr am Gymno⸗ 
zu Pofen aufzugeben, und .Iebte ſeit jener, eit faſt unaus⸗ 
etzt in Rom, im lebendigſten Anfchauen der alten dmuſchen 
und ihrer unvergaͤnglichen Denkmäler. *) Er ſah dieſt 

und ſtuͤndlich, das Auge erſtarkte an bei ebein 
und fo gewann er eine fo felbflänbige und ausreichende Kennt 


nis der ewigen Gtabb,; wie: fie vielleicht beirr Oeutſcher vor ihm 


gehabt Hat, und: zwar ohne alle vorgefaßte Meinungen unb- Ans 
fihten, —8* dem en hingegeben. Der Gignore Odoe 
ardo zog bald die Aufmerkſamkeit mer auf ſich, die ihm 
viele tun bewielen unb auch ben von ihm päter..in italienir 
ie —*8 verfaßten „Schriften, was ſeit elmann kein 
eutſcher gathan hatte, gebuͤhrende Anerkennung zollten. 
die Liberalität x ‚preisifihen Regierung. Hrn. Gerhard 
ein und erfolgreiches Wirken in Rom geflattete, fo entſtand 
bierburch in ihm der Bedankte zur Grrichtung des ars 
chaͤol JInſtituts zum Verſtaͤndniß der gefammten anti⸗ 
enkmaͤlerkunde und zur'g — des Jites 
rariſchen Berkehrs mit dem Auslande. Daſſelbe Hat nun, wie 





* 1*105* * bin 
ira eg: dB TER wi 


‚tan > Ger das" Duaähtife 16 SWRhitee- bie: Totfentubipficn 
— —* 

ger grehitekch⸗ 
Berifet' euenaier der 






——— —— 
: über die⸗neueſden ihungen ber archäologifchen Eiteratur Ue⸗ 
few Di —— — dieſer ee zwei Karolin 
für ben Top 'gong /in Deutſcande mit ben Berſendungskoſter 
: 14 '8holed. Da man dem Juſteeute noch viele Beiträge von grör- 
Heim Uimfunge zugegangen: finb / fo And durch biefe veranlagt! 
worden: Denuoris dell Instituto" , jegt'smei Defte (jebes® 
Deft zu 8 Brance, far die Mitglicder und Gubferibenten nur 
die DAR ® „Iepronte kemmatie‘‘, zwei Centurien (der Bers 
Eaufäpreid für’ Deutſchtand 25 Zaler, ber Gubferiptionspreis. 
für jebe folgende Genturie 6 Scudi), und- 3) epigrophifche 
 Sammtngen, don an — erfchienen ift. 

r audjäologifche Apparat: des Inftituts--befteht: 1) in dent 
Cabinet alter Denkmäler, die in lien oc —— 


yataiſſea des vbmifdyen Lebens und Poblieums im Winter ab⸗ 
— und zwar am 9. Dec., dem Geburtötnge WBinttelthann’s, 


t 
iſt zugfeich zur nd in Sepredßeridhte über Che. 


‚erwählt. "Die 


; —— (Gerhard und Panofka) geleitet, bie. —— 


Ben 
theilung ift bie 
‚len bie lateinifche 

















bemerkt ward, feit 1829 befanden und fchägbare Erweiterungen Die Aus: 
der. Kitertiumslinde veranlaßt, unter denen wir mer nt. ben’ im: | | BRIRU: 845 gi Fler 
Dritten: Bande We „Annali deli’ inztituto” 6 rap! Sen sa ehäsf de gFe * I den, syilen 
perto Gerhard’s: über: bie vom Yrühliige 1828 bis zum Novemss — miagE uner 88 ieben i pin ber 
bez. 1829 anf — bee . en: tobt Busch Magen: |trächttichen perfön anlaßt: Zuſtuute zu de 
graben Boſen erinnern wollen." Jett tft Se. Gerhard in Ber⸗ % Far lg sata ; 
Umpcamwefend und. benugt dieſen Aufenthalt, um- feinen Laudeten⸗ PER en hoben Ai —22 un denen an 
" j ' Ram ⸗ eftliche _ La 
>) ME. f. den Artikel über Ihn Im, Benverfitionduteriten der wewes ' mb: Stontemänner fowie englifcher und itakfes 


fien Beit und Eiteratur‘, IX, 168 fg. 


e 1. ’ 


nifcher Gbeltente 


und Rentiers finden, unter ben 
Ind. a tt 





‚ ine Moctar 


uergunäweiße . viele Itallener Ä ein Dauſder 
Hathgeber In Gotha. Die "chen ber. deutſchen Archäologen, |: 


Bockh, Boͤttiger, Grauer, Hirt, von Klenze, von ‚Köhler, Bros 
tefenb, Meier, Aapezom, Möller, Ofamn, Ckhön, Shieeich, pen, 
Welder, ſtehen in der Liſte der, Ombferinenten ober Mitglieder. - 
—— wir num noch einmal, bie.in ber vorlieg⸗ 
gegebenen 
daß «in fo trefflich angelegtes und aus freier Liebe zur Willen: 
Khaft hervorgegangenes Inſtitut fi: noch reiht lange behaupten 
möge. Leider laſſen einzelne Andeutungen Gerhard's fürchten, 
daß die Schwierigkeiten, welche füh dem gebeihlichen Beſtehen 
beffeiben entgegenftellen, nicht unbebeutend fein mögen. Und 
freilich widerſpricht die jegige Beit mit ihren für ſolche wiſſen⸗ 
fdyaftliche Beftrebungen hoͤchſt ungänftigen Werpältniffen einer 
ſoichen Befürchtung ganz und gar nicht, Indeß — abeint.mala 
. omina. Wir wollen uns lieber Deffen erfreuen ‚; was durch Ken 
umfichtigen Plan, ben friſchen Muth und die ernſte Behnrrlichleit 
beutfher Männer in Rom entflanden iſt, was bereits fchöne 
Früchte getragen bat, und was felbft im ſchlimmſten Kalle bei 
Auflöfung bes Inſtituts nicht verloren gehen wird, wie bie auf 
S. 14 fg. angegebenen Dispofitionen des Vorſtandes beweiſen. 
Zur weitern Verbreitung tiefer archaͤologiſchen Neuigkeiten, wird 
auch das, Archaͤologiſche Intelligenzblatt”’ beitragen, welches feit 
dem Anfange biefes Jahres mit ber „Allgemeinen: Eiteraturgeis 
tung“ audgegeben wird, . in dem bie Monatsberichte des archaͤo⸗ 
logiſchen Inſtituts benugt find, benen auch Abbiltungen binzuges 
fügt werben follen, und dies Alles, was zur Shre der Schwetſch⸗ 
ke'jche Buchhandlung in Halle nicht unbemerkt bleiben darf, ohne 
Erhoͤhung des bisherigen Preifes. Auf diefe Weiſe werben ar⸗ 
chaͤologiſche Notizen ſchneller verbreitet werben, als es fonft mögs- 
lich gewefen wäre, und das Intereffe an arcjäologifchen Gegenſtaͤn⸗ 
den — hoc est in votis — bei Denen zunehmen, welche ich durch 
die Gunſt des Schickſals in Stand gefeht ſehen, durch ‚freiwillige 
Spenden und Beiträge, den Flor des archaͤologiſchen Inſtituis 
Mom zu erhöhen, Dabei gebenken wir namentlich au ben 
Funflticbeuben und reichen Abel. Druffchlande und, Deſtreiche, wo 
man fonfk gefeierte Namen in biefem Verzeichniſſe vergeblich ſieht. 
Unfere Einfiedel, Vitzthum, Eſterhazy, Pappenheim, Rechberg, 
Spiegel, Beuſt, Spee, Auerſperg, Hatzfelb, Kolowrat, Henkel 
von Dannersmarl, Spies, ſollten fie dem archaͤologiſchen Inſtitute 
nicht ihre warme Theilnahme zuwenden wollen? Des großen Vor⸗ 
theils für jüngere Archaͤologen, in Rom ſelbſt das Inſtitut und feine 
Sammlungen benugen zu koͤnnen, wollen wir hier nur mit ej⸗ 
nem Worte gedenken, ba derſelbe ſchon an, ſich -einlauchtend iſt. 
Bekanntlich war es den altbeutſchen Dom⸗ und Stiftéeherren zur 
Pflicht gemacht, einen Theil des Jahres in Mom: zu eßbiren.“ 
Da wäre ed denn, wie Weicker neuerbinge bemerkte (,„Mhein. 
Mufeum für Philolog‘', 1832, II, S. 345) 9 
wenn die jüngern Archäolagen ebenfalls eine heſtimmte Zeit bins 
durch fih dem archaͤologiſchen Inſtitute in Rom. anzufchließen 
und feinem Vorſteher zu folgen gehalten wären. Wer wollte 
ſich eine ſolche Dienftzeit nicht gern gefallen laſſen! Aber ‚leiber 
gilt von ben meiften Archäologen unjerer, Beit, das ‚alte..Horag's. 
fhe Wort: Non ouiris licuit dire Corinthum | Hat dech 
felbft der ‚Altmeifter der deutſchen Archänlogen, unfer Voͤttiger, 
das ſchoͤne Land nicht gefehen, ..- 
Ch’ Apennin parte 
E'l mar circonda e !’Alpe. _ 39. 


Beiträge zur Kenntniß bes Katholidenius und zur Foͤr⸗ 
berung ‘der Sache des Lichtes und ber Wahrheit. Von. 
2. M. Eiſenſchmidt. Leipzig, Wolbrecht. 1833. 
Gr. 8. 1 The. 6 Br. | / . 562 

Wir haben in Nc. 862 und 868 d. Bi. f. 1832 des ſchaͤßbaren 

Buches von Garove: „Die legten Dinge bed römifchen Katho⸗ 

lichtmus in Deutſchland⸗ (1832), gedacht. An baffelbe ſchließen 


2 


Thatſachen, fo wird bes MWuufch nur erh, 


‚ ge nicht —* 


Nedigirt untes Berantwortlichkeit der Verlaghandlung: F. A. Brodbans in —ãA 


er 
Ay 


fin und . 
dem Gebiete ber katholiſchen Theologie nadpvelfen wollen und 
follen, deß in⸗ der Thot bie legten Dinge des roͤmiſchen Katho⸗ 
Items in umb außer Deut and buch Dieimigen ſelbſt. die 


Hat. 
wichtigen Schriften über Glaubens: und Gittenlchre, 
"Berpäitniß der proteftantifchen zur katholiſchen Kirche, über bie 
merbsbärbägften MWorfälle auf dem Hetde bes katholijchen Kirchen⸗ 
weſens zur Sprache zu bringen, und dabei, wo möglich, ſtete 
umfaſſende Beurtheilungen ber wichtigſten Punkte, welche allge: 
meines Intereſſe haben, beizufuͤgen. Auch bie Schriften des 
Auslandes, vorzuͤglich die von franzoͤſiſchen und italieniſchen Au⸗ 
toren, ſollen dabei nicht ausgeſchloſſen fein. Des Verf. Haupt⸗ 
beſtreben ift in dieſer 
derblichkeit des Romatismus in deſſen eignen Urkunden fort und 
. fort aufzubecken und nad) allen Kräften zu befämpfen; anberers 


feitö aber audy jene Verſuche fireng zu beurtheilen, durch welche 


man den Katholicidmus zu ibealilicen und „zu einer ganz neuen 
Creatur umizufchaffen” firebt. Hat er dabei befonders bie Beil 
fehenben Kathotiten unferer Tage im Auge, und ift es ihm auf 
:der einen Seite vorzüglich darum zu thun, fie in ihrer Annähe 
‚rung zum biblifchen Chriftenthume zu beftärten, To hat er auch 
‚zugleih auf der andern Geite ben Zweck, eine genaue Kennt 
niß bed römifchen Katholiciemus unter den Proteflanten zu ver: 
“breiten, welche er heutzutage für um fo wichtiger Hält, als „der 
(römifche) Katholicismus im Gefühle feiner Unhaltbarkeit immer 
‚mehr einen proteüdartigen Charakter anzunehmen fcheint, um 
bie Unmiffenden zu täufcgen unb in ben Gchafftall der römifchen 
Kirche hinhberzuführen” (&. vo). Die Kritil der neueften und 


merkwuͤrdigſten Erſcheinungen ‘auf dem Gebiete. der Tatholifchen 


x te, die. dem Berk. das ‚befondere Mittel zum Zwede if, 
160 daher auch vornehmlich bie Ideen der vorzuͤglichſten Schriften 
für die, Fortſchritte det Lichtes zu einem Gemeingnte gebiibeter 
Laien mächen. Wie zeitgemäß demnach dieſes Undernehmen Eis 


fenfhmibt fel, und wie fehr es das, ſchon durch bie früßern’ 


kirchlichen Schriffen beffelben begonnene Wert ber Aufltärung 
über ben. römifchen Katholicismus und dee wiffenfchaftlichen Be: 
kaͤmpfung gleichſam fortführt , ift aus dem Geſagten deutlich ges 
nug, und wir koͤnnen nur wünfcen, daß das Streben des Berf. 
‚nit vergeblich fein möge, und baß bem vorliegenden erften Defte 
‚bald, mehte ‚folgen. An. Stoff dazu von Außen wird es ihm 
cht fehlen. ‚y . 80. 





- 


! 





| Literarifche Notizen. 
In Paris ift der erfte Band der „Voyage dans la rögence 


‘d’Alger, ou description du pays occup6 par l’armde fran- 
Ka en Afrique”' von M. Rozet (mit einem Atlas in gr. 4.) er 
hienen. Das Werk ift auf drei Bände berechnet und der Werf., 
Hauptmann im kdoniglichen Generalftabe und ber afrikaniſchen 
Armee ald Ingenieur: Seograph beigegeben,- ift durdh feine „Be- 
lation Je la guerre d’Afrique pendant les aundes 1880 et 1831" 
(2 Bde.) nit unruͤhmlich befannt. 


Michaud, von feinen Sefandheitäumftänden verhindert, bas 


beabfichhtigte Wert über feine Heife nach dem Orient auszuar⸗ 


beiten, bat an. deſſen Statt die Herausgabe ber während feiner 
Neife an Freunde und Bekannte gefdgriebenen, zu diefem Zwecke 
gefemmelten und durchgeſehenen Briefe, begonnen. Sie erfcheis 
‚nen unter dem Zitel: „Correspondance d'Orient, 1880, 1851, 
Der erſte, bereits in den Buchhandel gelommene Band enthält 
bie während ber Reife von Toulon nah Troja gefchriebenen; 
der zweite wird die von hen Ufern bes Hellesponts und aus Konflanı 
tinopel, der dritte bie währenb ber Reife von Konſtan 

nach Jeruſalem, der vierte, fünfte und fechöre Banb bie aus Pa⸗ 
laͤſtina, Eyrien und Aegypten gefchriebenen bringen. ı 8, 


— — — 


inſicht ein doppeltes: einerſeits bie Ver⸗ 


nu 2 nen“. B 1 at { er 


" ° „42 | 


für 


literariſſche Unterhaltung. 





Sonntag, 
















Dramatifche Buͤcherſchau für das Jahr 1832. 
Bweiter Xrtitel. 
Beſchluß aus Nr. 146.) 
- 21. Suflao Adolf. Gin biftorifches Drama Bon Fr. Foͤr⸗ 
- fer. Berlin, Sclefinger. 1888. 8. 1 Ihlr. 

Wir haben geiefen, dab ber Verf. biefes biftorifchen — Dras 
mas von Gr. Majeflät von Preußen, von Gr. Majeftät von 
Schweden und Gr. kön. Doheit von Weimar verfchiebene Gna⸗ 
denbeweife für daffelbe erhalten hat. Wir achten die Cabinets⸗ 


— kritik zu Hoch, als daß wir wagen foliten, zu behaupten, dies 


Drama fei fo vieler Eritifchen Gnade nicht werth. Uebrigens 
dat bie Kritif Leine Gnade zu gewähren, und hoffentiidy wirb 
der Verf. auch von ihr auf keine ſolche Reckinung machen. . 
Deẽs Berf. Name bat einen ſolchen Klang, daß er zu ſtren⸗ 
ger Gerechtigkeit derausfodert, ja, zum Rechteſpruch nach einem 
hohen Mapflab. Einen ſolchen legen wir ihm billig an; denn 
er würde uns felbft geringachten, fagten wir Turzweg, fein 
Drama fei gut. Gr bat ein Necht-auf mehr, und fein Recht 
fol ihm werden. Bei diefer genauern Anficht, wie fie eine 
bramatifche Arbeit von Forſter zum Voraus erheiſcht, koͤnnen 
wir die Kabel als befannt vorausfegen unb fragen fogleich: Wel⸗ 
des ift der Rahmen des Gemaͤldes? Wie ift ber Held aufge: 
faßt? Welches find feine Umgebungen? Wie wird die dramatis 
ſche Aufgabe geſtellt, angeſehen, gelöft ? 

Zuvoͤrderſt iſt es zu loben, daß der Verf. feine Gabe als 
ein hiftorifhes Drama, nicht als Tragoͤdie bezeichnet. Wenn 
diefe Gattung einmal gelten fol, fo Tann fie nur die Bedeutung 
haben, welche der Verf. ihr gibt. Was darin gefchieht, ift dem 
Gedicht entzogen. Die Geſchichte felbft wird als ein Gedicht ans 
geſehen, und nur das Wie es gefchieht, ift Stoff des Gedichte 
geblieven. Aus diefer Bezeichnung ergibt ſich eine vielfache, ſtatt 
einer einfahen Handlung, eine mit aller Freiheit wechfelnde 
©cene ber Handlung, eine flizzirte Eharakteriftit, ftatt der Cha⸗ 
zatterentwidelung, und endlid) eine Handlung, die mehr Außer: 
lich als innerlich bedingt wird. Der Verf. bat ſich diefe Frei⸗ 
heiten zu Nuge gemacht; Scenen, Yerfonen und Handlung wechs 
fein nady freier Willkir. Bier ift es der regensburger Reiche: 
tag, dort bie pommerfche Küfte, jegt das Lager des Wallenftein, 
nun das erflürmte Magdeburg. dann das nürnberger Rathhaus, 
ulegt das Lügener Schlachtfeld und Kaiſer Ferdinand's Betr 
* welche uns vorgefuͤhrt werden. Hieraus ergibt ſich, daß 
nicht Guſtav Adolfs Tod, ſondern fein Leben und zwar fein 
Siegerleben in Deutſchland der Gegenſtand des dramatiſchen 
Gemaͤldes iſt. So viel über ben Rahmen dieſes Bildes. Wie 
der Held aufgefaßt iſt? Als ein frommer, ritterlicher Koͤnig, 
als ein milder, entſchloſſener Krieger, als ein liebender Gatte, 
Freund, Menſch. Alles dies verſtand ſich von ſelbſt, der Dich⸗ 
ter hat davon keine beſondere Ehre. Seine Umgebungen hat 


"der Hiftorifer gefunden, nicht der Dichter erfunden; auch bier 


if Lein fchaffendes, hoͤchſtens ein bildenbes Verdienſt; ja, es fragt 
ſich ſeibſt, ob die Wilder, die uns für Kaifer Zerbinand, für 


— Ir. 146. — 


26, Mai 1833, 








nn 


Johann Georg, für Georg Wilhelm u. f. w. gegeben werben, 
nicht bloße Automaten des Berf. find; dichteriſche, kuͤnſtleriſche 
Portraits find fie wenigſtens gewiß nicht; ihr hoͤchſtes Verdienſt 
wird es fein, wenn fie hiftorifdhe find. Der Verf bat unftreis 
tig gute und beffere GStubien über den breißigiährigen Krieg 
gemacht als Tromlitz; aber zuweilen erinnert er und doch leb⸗ 
baft an die Auffaffung ber Zeit, die wir an Jenem tadeln. So 
albern und verkehrt, wie 4. B. Schwarzenberg und Johann 
Georg hier erfcheinen, find fie uns in der ‚Hiftorie niemals vors 
gefommen. Der Kurfürf von Brandenburg ift dagegen volls 
fommen wahr. Was nun endlich die dramatiſche Aufgabe und 
ihre Löfung betrifft, fo hat ber Verf. fidy eine ſolche gar nicht 
geftellt und daher auch nicht gelöft. Er arbeitete der Geſchichte 
nad, eine Hiftorie in Handlung — darum war es ihm zu thun. 
Wir find mit diefer Begnügſamkeit von feiner Seite wenig zur 
frieden, um fo weniger, als es leicht, ja als es volllommen bis 
ſtoriſch war, dem Streben Guſtav Adoifs ein tragifches Ele⸗ 
ment beizumifhen. Die Frage, ob er blos Blaubenshelb, oder 
zu einem kleinen Antheil audy Eroberer war, ift noch nicht ents 
ſchieden; aber daß ein politifhes Gewicht in die Schale feiner 
Begeifterung gefallen war, nachdem er ben Kaifer gebeugt, das 
Reich gebemütdigt und Weihrauch genug eingefogen hatte, das 
ift Hiflorifh ausgemadt. Hier nun war ber tragifche Hebel 
anzubringen; an bdiefem Punkt mußte der dramatiſche Knoten 
geſchuͤrzt, von hier mußte das pathetiſche Element entwidelt, 
und hierauf mußte ed zurüdgeführt werben. Der Verf. bat 
dies verfäumt, und feinem Drama bamit Weſen und Bedeu⸗ 
tung bed Dramas entzogen. 

"Rad diefen allgemeinen Ginreden haben wir ben Ginzgel- 
beiten des Gedichts ein verdientes Lob zu fpenden. Viele Eces 
nen find von feffeindem Intereſſe an fi) und mit großem Auf: 
wand formaler Kunft untereinander verbunden. Keine einzige 
ift ohne ihren befondern Reiz, der der gefchichtlichen Charakter⸗ 
begründung entfließt ; nichts ift lang oder matt, wenn wir bie 
Scenen zwifchen den koͤniglichen Gatten und ihre politifchen Ge⸗ 
ſpraͤche ausnehmen. &o raſch, wie Held Abolf auf feiner Gies 
gesbahn im Leben fortfchritt, fo raſch, fo lebhaft fchreitet er 
auch in biefem Bilde weiter. Die Sprade if Eörnig, beden⸗ 
tungsvoll, und wenngleich minder glänzend und mwohllautend als 


. Raupady’6 Vers, ift der bed Verf. doch Eräftiger, ja felbft dra⸗ 


matifcher als der bes Erftgenannten ober Immermann's, beffen 
Sprache zu bilderreih iſt, um immer dramatifh zu wirfen. 
Naͤchſt Guftav Adolf find Wallenftein und Kaifer Ferdinand bie 
ausgeführteften Geftalten biefer Dichtung. An Wallenftein war 
es fchwer, Hand zu legen; auch fehen wir nicht, daß er irgend 
anders erfcheine als bei Schiller, -eö fei denn, daß man dem 
Berf. einige curiofe Züge, die ihm feine Geſchichtsforſchung dar⸗ 
reichte, als ein neues Verdienſt anrechnen will. Außer der 
Scene, wo er die kaiſerlichen Geſandten, die ihm feine Abfegung 
bringen, kaiſerlich befchenkt und bie Aermflen damit nicht wenig 
brouillirt, ſagt er nichts, was er nicht auch bei Schiller Hätte 
fagen koͤnnen. Reu dagegen if bad Bild bes Kaifers. Der 


Dichter zeigt uns in ihm einen Despoten, beſſen eieblings ſpruch 
„Ich will es nicht‘ iſt, einen zitternden Despoten, der, nach⸗ 
dem er drei Stunden auf Befehl feines Beichtvaters wie ein 
Schulbube auf Erbſen gefniet hat (weil er einem böhmifchen‘ 
Ketzer bie Zortur erließ), bie Hand kuͤßt, weiche ihm bie fer: 
nere Strafe ſchenkt. Diefe Scene zwifchen Quiroga, bem Bene 
voter und dem Kaifer iſt mis ſchoͤner Kraft em ae He ar 
Kalſer, ber eben dem eimftimmägem Kiageruf tür ichehinde, 
die Abfegung Wallenflein’s, abgefchlagen hat, muß vor Quiroga 
auf feinen Knien das Decret unterfchreiben. Si ift auch 
bie Scene nach der Reichttagsſitzung. 


Der Kalfer. 

Bringt mir den Seffel — fo — ich bin erſchoͤpft. 
Des Reicho Broßwärbenträger find entieften. 
Grofwärbenträger — daran van ed nit . 
Die Würde will ein Ieder tragen, doch 
Die Broͤrbe trag’ ich allein — ich bin des Reichs 
Gropbürbenträger.... 
Nedmt diefe Lak von wir — Joſeph — Vie Krone 
Abnehmen! — Wis das druͤckt, mein armer Kopf. 
So — iM mir leiter — den Mantel au — der Purpur 
In eine heiße Narbe — fuͤhlt nur, fühlt 
Die goldne Kette, wie fie glübt und brennt — 
Und fo geicdhmiebet an bie Ruberbant 
Der Staatögalerre! Er tritt vor den Spiegel, fein Kopf iſt 

kant — er erſchrickt.) 
Was will der fremde Mann? MWas ſucht eu bier? 

(fich befinnend) 

Bin ich dab? DIE dab Katfer Ferdinand? 

... Bort damit! 
Sort-mit dem Spiegel! Gitelkeit ber Welt! 
Sofeph ! ben Rofentranz und das Gebetbuch. 

- Ein Page 
Graf WBerbenberg und Freiherr Queſtenberg! 
Kaiſer. 
Ich weil wicht — Hab” Ich fie Defchieden ? 
Sie Toller warten; ich will Remand fpredden. 
Sofeph! Wie viele Paternofter hab’ ich noch? 
. Hoͤrſt bu, fag wird genau, 

Daß der Hochwuͤrdege und nicht wieder auskeift! u. f. w. 


Dies iſft treffiih und wird es doppelt durch ben fchönen Con⸗ 
kraft der folgenden Scenen im Lager Guſtav Adolfi's, welcher 
Sort für feine gluͤckliche Landung dankt. Friſch und lebenskraͤf⸗ 
erfcheint hier Alles, ebenfo wie bort mattherzigtyrannifch, 
feinheitig:verfeßrt. Das Wild des Kaifers wird im vierten 
Aufzuge weiter ausgeführt. Hier, fcheint uns, wird es zu grell. 
Quiroga verlangt, den Kaifer zu zerſtreuen, ein Autodafe. 


Kaifer (mit Hafl). 
Sa, einen Scheiterhaufen laßt erbauen, 
Hochwürd'ger Pater, dad Hofmarſchallamt 
Son euch das Holz anmwelfen; nein, wie mollen 
NRicht fparen, wie fies in Madrid wol thun. 
Seht in den Thurm und fucht euch einen Ketzer, 
So einen recht verflodten Ketzer aus. 
Die Böhmen find die Weften, hört ihr, Tacht 
Eud einen aus, und wären ed auch zivel. 
Wir wollen dießmal etwas bran fpendiren. 
Und ſucht euch wohlgenährte Beute auß, 
Nicht abgezehrtes duͤrres Hungerleiden, 
Das breunt fo ſchnell wie Stroh vorbei. Ich will 
Das Bolt vo) gern ein Welldyen unterhalten ; 
und hört ihr, ganz fo, wie ich in Mabrid 
& Rh pt mir die ete ausſtafftren, 


—AVVV 





Ge etwas gern et uch. Wir wollen Ehre bei 


That und Motive liegen allzu ſehr zu Tage, die ueber Katar 
' ben nichts Far Die Sprache iſt weber 
| pur su nennen; fie gehört zu bem Mittelgut, das & ee Pe; 


geflellt wird — gibt ſich 





Du beingen © Jungfrau, unfeee Schutzpatronin, und 
nen. 
Daß Berdinand fo dachte, bezweifeln wir nicht; wol aber, 
er jemals fo befahl! Wir muiſſen fdhließen, benn bie Shot 
von Lügen beginnt; Wallenftein, vom Pabagra gelähmt s ‚feige 
— —— Saͤnfte, und er ſieht den u Pr 
wer te „von en, 
j rih Naht sum Kos nr he 4 H 
Du Tor zum Leben fi der Sy d . 
Religion unb Bratbeit erfcheinen, ihn mit Sorber und Palme zu 
kroͤnen; Herzog Bernhard findet bie Leiche, und eine Apofropfe 
an Deutſchland ſchließt das. Drama Der Berf. bat in 
Einführung bes Knaben Friedrich Wilhelm, ber ber a cn * 
fügt warb, Gelegenheit gefunden, feinem Koͤni ent: Bein 
und Schönes zu fagen. Dies war hier angebr un bie 
ſchoͤne Hyperbel in ber Debication, baf Preußen nach 
nur zwei Steine als Kriegsbeute verlangt babe, ben ee 
flein unb ben Grabſtein Luthens, dieſe ift hoch allzu — d fd. 
Bas verniffen wir nun an bieſem Drama wi, ais 
das Seniale. 
22. De Renegat auf Morea. Zrawerfpiel in drei Aufzägen. 
Nach dem Neugriechiſchen des Diympiers Georg Taffante, 
* Offizier der heiligen Schar und Abjutant bed ven 
rbenen en Alexander Bpfllanti. Bon Harro Har⸗ 
ring. Draunſchweig, Berlags⸗Gomptoir. 1832. 8. 16 Gr. 
Oo e ber Berf. das Trauerſpiel des Laſſanis, ber as be 
matifcher Dichter feine. Volkes durch mehre zu O 
ftellte Städte und befonbers buch fein Worfpiel „ 
‚fo mäürben wir * 


Per 


af 
Hr 


eberholung vo , 
MDtarkos, Peer, muß feine Tode *2 um 
fenden MBegier bed Sensgaten Orange (Murat Bei) 
Sen. Griechen, Türken und Franzoſen werben, bied 
reichen, in Thaͤtigkeit geſetzt; vo bleibt bie 
und tächtig, mar allzu fehr ihrem Worbilde, Alfiere 
ähnlich. entmenſſchte Renegat Orange ift mit 
Yranzofen in Ibrahim's Heer, Bertrand, gut. und mit 
comtraftirts Bertrand muß von bes B Dub 
Jorgaki muß die Geliebte an ihm rächen. Diefe an ſich ei 
he Jabel iſt viel zu wortreich behandelt; Alfieri hätte den Berf. 
Ichren koͤnnen, wie auch bem ‚einfachfien Vorwurf, ſtets nene 
Seiten abzugervianen find, unb wie man obne Wortprunf fünf 
Acte mit Handlung füllen kann. Senſt ifk basüber wenig zu 
fagen. Ginige Gcenen find effectvoll, wie bie keönie | des 
Acts, andere matt und undramatifch, wie die fünfte des weiten 


4R 
EB 


vg 


Kr 
F 


Ä 
f 


en 


It eine fo floffartige große Mole ſpielt. Gin Granbfehlen, des 
kteriſtik Drange's daß die Verf. ihn wortreich und be⸗ 
* darſtellen, Andern eine un —— von ſich beizubringen. 
Ein Verworfener, gr er uns ©cemen. dan 
gar et fo Ir) in um das Urtheil 
Anberer. Marfos und Gunbrofpne . gut; bie legtere zart 
und muthig zugleich. Schabde, ihre Warte gar zu zier⸗ 
lich fept: 3- DB, als Bertrand ihr *. Sup. tz 
Wel tenw Ich Franken, Beune Dhilbellenen, 
Die bad gogebne Wort. mit ihrem Leben 
IM Kraft su halten firebten u. f. w. 


: woranf Drange auf fein „parole d’honneur” verfichext, Den nie 
: bergußauen, der ſich ihr 


Dramatifi 
Bafkl, ——— — 1882 Gr. 1 

weicher mit dieſem Bande —— Gebichte 

von fen ei gefern Abſchied nimmt, indem er auf. ben Näunfdh, 

ein Dichter gu. fein, Verzicht leiftet, hat die beiden Bier gebotenen 


nahe. 
che Kieinigleiten. Ron ‚geissie Wolter. 


. fehlt ihm nicht an Berkintstt des Daemas 
aber an Pathos, bebendigem Mitzefühl, Ichenkiger Erhaltung 
fähigkeit. Seine Arbeiten find ganz wohl gelöfte Aufgaben bes 


‚, feine: — aus. dem ——— ya entlehnen 
oder modernen Stoffen einen autil-Alflexi’ ſchen Zuſchnitt zu ge⸗ 
ben, und das Gefühl dieſes Mangels gab ihm endlid ſeine Ber⸗ 


sichtleiftung ein. 
Das erfte feiner Dramen: „Der Peieſter⸗, Aragdtie in fuͤnf 
Kan, it ganz nach Collin'ſchem Muſter genzbeitet. Die Hand 
kung übertrifft an Kargheit felbft bie Frangöftfäpen Borbilder. 
Kadmus hat zu Gunſten feines Sohnes Pentheus dem Ahron 
eutfagt. Diefer will: bie ewtarteten Gebruͤuche bes Bucchusdien 
fen; bie Priefter, das Volk find ihm entgegen, und 
Tireſias, der den König haſt, entzündet feine Mutter Agane 
zum Mord an dem Cohn, indem er den Tempel ihres Gottes 
in Brand fiedt. Es ift nicht viel an biefem Etoff —— 
Kampf und Opfertod für ben Aresdienſt fagt. uns an 
fett be ber Idee der Trazoͤdie an allgemrinmenfihtichen 30 
ope, Myrrha, Medea es in ſich ſchließen. — 
iR nid (let s wefentiich mett unb baniebergehaften, und 
außer Agaven ift IM feiner Geftalt wirkliches Pathos anzutreffen. 
Kabmus’ Schlußworte nad) dem Morde feine® Sohnes und ſei⸗ 
ner. Gattin mögen beiweifen, wie eu ber Berf. ſelbſt an ben 
bewegteſten Gtellen ſeiner Tragoͤdie blei 


Kosmus en 
. verliere 7 En SE Par 
Auf einmal Ale! Sräpjiser Betrug und 
Welch Aeußerſtes noch haſt du zu vollenden? 
Du findeſt nun bei mtr nichts mehr zu rauben! 
ang fagt je Ber. viel Wohlgedachtes über Bolt und Herr: 


Ra 34 Aeußerfien rennt Retä der Poͤbel. 
So beillg iſt kein Dienſt noch je gewefen 
Den er nicht ſchaͤndete u. f. w. 
eiten Dramas „Die Parteien”, iſt der Stoff dem Kampf 
hibellinen und Guelfen in Florenz entlehnt. Es ſind 
—* Pan die Buondelmonti, welche gegeneinander kaͤmpfen. 
Diesmal haben bie Guelfen Recht, Maria Uberti erwirbt ihnen 
durch ihren Heldentod den Sieg und ieat des Vaters Hand in bie 
des ebein Buondelmonte. Dies Stück iſt etwas beliebter ges 
ſchrieben, als „Der Priefter’, indeß erhebt es ſich in Spradye 
anb Gedanken boch nie bis zum eigentlich Dichteriſchen, wiewol 
ber Vers zuweilen ſelbſt Jum Keime wird. Man fleht an bie: 
fen Arbeiten, welche die Muͤhe verrathen, die fie koſteten, wie 
ſchwer es ift, ein dramatifcher Dichter zu fein.” Wo die Begei⸗ 
fterung ift, da fehlt bie einfiätige Befonnenheitz wo biefe waltet, 
ſtirbt die Begeiſterung ab. Was follen. wir erſtreben? Natur 
wahrheit in Bichterifäiem Gewande! 
24. Ludwig XI. Trauerſpiel in fünf Aufzuͤgen. 
zoͤſiſchen bes Gafimie Delapigne. Bon 9. 
Mainz, Kupferberg. 1858. 8. 18 Br, 


Aus dem Kran 
9. Külb, 


Dos Original iſt als eim treffliches hiſtoriſches Charakter⸗ 
hd bekannt und bürfte unter den neueflen frausöfifcken Dre 
men leicht ben erfien Bang —* gang vorgäg! 
deramatiſcher Effect entwickelt nd aus db originellen Faͤr⸗ 
bung bes Charakters Ludwig XI., jenes vor dem Tobe gitterns 
ben, ſtets halbhinflerbenben Tyra Yrannen, am an dem fein Arzt Goitier 
durch Tyrannei die Tyrannei. ——n — iſt neu w 
ariginel, großartig: ergrei wurbe 

—2 ben. ber Dichter ats ein Urbild von 


ein, 
—X ad Beeblihteit. binftelt, im Gruude genommen nicht | 
ein. fäledhter Mienfdh und ein pfltorsgeffener der 


Kun und das ihr geweihen Vertrauen auf: ekfiihe 
—— Gine —2 folgende Probe —8 * 


* @eite' geſteüten Charaktere 
seite wit ſchoͤpftriſcher Kraft und gleicher —— une 


* Geiebte, ift ee 34 


wor den Faden und mit ihm das Intereſſe an ihr; fie IE 
in. Gruppen zerriſſen. —— Verbindung, nebeuſaͤchüch 
behandeit. Der Verf. het uns den Tummmnen, ben g 
jitteenben, ben menſchenverachtenden und kaum ſich 
liebenden,, ſtets argwoͤhniſchen, für ſich 


gebra audyen, nicht einmal zu einem quten: Goal 
tier Verfäut in biefe Sünde an feiarm Berufe NRemours gu 
retten, läßt er den König flerben, deſſen Leben. ex nach, wenn 
un, ‚am en —B Könnte. Stunden ober Jahr: 
e, 8 tig, er it — vor uud — ein Moͤrder 
w. ein redlicher Arzt fo fpredhen: 
Bist Wenn id. wieber ihn. beledtet 
Dias nätt eB:abert — Rein, nein, eb If genug. 
Kater, du magft jet Handeln ohne mich. 

Ich weigre förberhin die meine Kunfl... u. ſ. w. 
Der Dichter, ber bie fuͤr Tugend zu halten vermag, a une 
einen Abein Begriff von feiner ethifchen Geleuchtung. ber fo 
find bie Herum Franzofen! Die —— it zemlich Meif 
und wenig. geſchicet, die Stelle des Ori en; ein 
fäßlbaver Mangel an FEprachgewandtheit duscgieht‘ fie 0 ap U 
gentliche und offenbare Fehler. Das Stuͤck verdiente es, gut 

berfept zu werden. ) 105; 





Memoiren bed Admirals A. Schiſchkow, Über die Zelt 
feines Aufenthaltes bei ber Perfon des ohtfeligen Kal 
feed Alexander I. (in Function eines: Gtantäfecretaine) 
während bes Kriegs mit ben Franzofen in den Jahreu 
1812 — 14. Aus dem Ruſſiſchen überfegt von Kart 

Panhammer, aka Kumme, 1832. Gr. 8, 
13 — ——— aus einer denkwuͤrdigen Zeit find 

von ihrem Verf. bem jegt regierenden Kaiſer von Rußland, von 
ihrem Ueberfegee aber dem Generallieutenant und Gouverneurs 

von Riga, Baron Magnus von Pahten, bei an w 


ausgeſtattet auf biefe Art mit einem” doppelten, q 


thenbriefe, geroiß nicht verfehlt Haben, die ſchuldi * Dee lnahme 
im weiten Kufſenreiche zu finden. s * 

Fir uns Andere, die wie nicht fo eigentlich in dieſem Aei 
che ſeibſt, ſondern nur in ben pays adjacentes wohnen, Firmen 
die Erinnerungen bes ruff. Abmirals und Gtaatsferretaius aus 
mehrfachen Sränden bie Intereſſe nun zwar nicht in demſelben 
Grade Haben, doch ermangeln fe deffelben auch nicht ganıı 1 wäre 
es aud nur in bem Punkte, daß man daraus exfieht, wie ſich 
das Subordinationsverhältniß 'in einer Autokratie geftatzet bat, 
— — 


7 En Ten * einem deitten Artidel im Juui folgen. D. Bes. 
Bst. Ar. 17%. BE D. Reh 


v 


u 


deren einwirkenden Sinfiuf ECuropa kennt and heiffeine 
wit jedem Tage mehr kennen Ternt. BR 

Was den verfiorbenen Kaifer bewog, Hrn. Schhiſchkow bei 
dem Kriege gegen Rapoleon zu feinem, fo zu fagen, Yelbflantöfes 
eretair zu machen, erfährt man gleidy auf ber erſten Seite des 
Buches. Alerander ließ ihn naͤmlich im Fruͤhjahre 1812 zu fich 
sufen und fpra za ihm: „Ich habe beine Schrift über bie 
Liebe zum Waterlande gelefen. Mit ſolchen Gefühlen kannſt 
ber ihm (dem Waterlande) näglich fein.” Rum eröffnete Ihm ber 
Kaifer weiter, wie man „ohne einen Krieg mit den Branzofen 
wol nicht ablommen würde”, wie "deshalb eine Hecrutirung 
veranflaltet werben muͤſſe und wie ee (ber Kailer) wuͤmſche, 
„bob du (d. h. ber Admiral Schiſchkow) ein Manifeſt auffer 

.“Hierauf embiederte denn Hr. S., wie er dies feinen 
irn nicht zutwaue, wie er aber einen Verſuch machen wolle ıc. 

Das verlangte Mantfeft Fam bemzufolge zu Stande, er⸗ 
hielt die allerhoͤchſte Approbation, und beffen Verf., als es fo 
weit war, den Wefehle den Kaifer zur Armee. zu begleiten, ober 
ihm vielmehr dahin zu folgen, denn Alexander war derrits abge⸗ 
gangen; was denn ebenfalls auch geſchah, und webei einige durch 
oͤdſes Wetter, ſchlechte Wege u. ſ. w. herbeigefuͤhrte Keiſeunbe⸗ 
quemlichkeiten vorfielen. 

In Wilna mit dem Kaiſer wieder zuſammengekommen, 
mußte nun Hr. S. einen kaiſerlichen Befehl an die Armee und 
nach Petersburg an ben Feldmarſchall Soltykow auffegen, in 
weichem der Entſchluß bes Kaiſers verkündet wurde, nicht eher 
Frieden zu fließen, fo lange nod ein Zeind im Lande ſei. 
Frankreichs Heere drangen unterdeſſen fiegreih vors man 
mußte fich zuruͤckziehen, bie Lage wurde immer bedenklicher.” Dies 
machte Hrn. &. vielen Kummer, und befonders fing er an, für die 
perfönlihe Sicherheit feines Herrn beforgt zu werben. Da kam 
ihm der Gedanke ein, in einem ehrfurchtsvollen Brief an ben Kaifer 
demfelben vorzufhlagen, ob er nicht lieber „„Moslau und baburch 
anz Rußland” durdy feine perfönliche Segenwart von ber Bes 
rung heilen wolle, welche Rapoleon’s Vordringen verbreitet 
hatte; nun fiel ihm aber plöglich aud) wieder ein, wie er hier⸗ 
mit doch wol zu Großes wage, wie er fh: „unterfange, ben 
Kaifee zu beunrubigen”, und bie fatale Dilemma zwiſchen 
Schreiben oder Richtſchreiben enbete fich erſt, als noch zwei Ans 
dere, deren Giner der Graf Araktſchejew; ſich entſchloſſen, 
ihre unterſchrift bei der Sade mit herzugebee. 

Weiterhin erfährt der Lefer, daß, als nach ber Einnahme 
von Moskau ein geflüchteter Einwohner jener Stadt im Haupt 
quartier erſchien, der Verf. auf Befehl des Kaifers ‚‚Rachrichten 
aus Moskau’ ſchreiben wußte, in welchen er (dev Verf.) ale 

. Augenzeuge fig gerirtes welche Nachrichten ſowie jener eben 
erwähnte Brief und alle andere berartige Sachen non X bis 
3 mitgetheilt werben und. allerdings die intereſſante Seite des 
Buches bilden, wenn man fie mit jenen Auörufen über bie 
„ſchaͤndlichen Greuelthaten‘ ber Feinde und den Grzählungen 
von der ruͤhrenden Gemäthlichkeit des Benehmens ber Koſacken 
u. a. Menfchen der Art in Deutſchland u. a. D. zuſammenhaͤlt. 

Mit der Art und Weife, wie man ſich bei bem @inrüden 
in Frankreich benabm, ift Übriaens Hr. S. keineswegs zufrieden, 
doch trıfft diefer Zabel, wie ſich wol bei ihm von felbft verfteht, 
nicht ‚feinen Herrn‘ und aud nicht ſowol Preußen, fondern 
mebr Deftreich, deffen Feldherr in feinen Proclamationen bei- bie 
fee Gelegenheit es ihm, gar nicht zu Danf. madte. Indeß 
fegte Hr. ©. fein Vertrauen auf die „farke ruſſiſche Bruſt 
und die ‚tapfern Preußen”, und bieler Gedanke tröftere ihn 
über Das, mas ihm nicht geñel. R che buͤbſch iſt es übrigene 
zon ihm, daß, nachdem der Erfolg am Ende beffer war, als er 
ſich dachte. und er dieſerhalb im Stillen fih Vorwuͤrfe über 
"a6 Unterwinden machte, zu tobeln, was doch fo gut war, er 
das Bekenntniß ablegt, wie er dies „bereue.“ 

ML Napoleon’s zweitem Sturz ber Ruͤckkehr bes Kaiſers 
Alexander nady Rußland und ber Werficherung Seitens tes. Berf., 
daß er die Graählung der weitern Begebenheiten, „weiche fi 


Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagbhandlung:s 3. A. Brodpaus in gelpsig. 


Wit ‘ihm eigneten“ -fiht eine Aändere':Beit uhd Wetegnhelt auf 

Mare, ſchließt das Merk, deſſen Ton und Inhalt aus dem: yied 

ae ae a a han a Tate 
r u n el aunt Tem 

weichen erfte Snbe moͤglicherweiſe 5 — 52, ie 





Notizen. 


matthioe griechiſche Grammatik hat in ihrer engliſchen 
Ueberfegung bereits bie fünfte Auflage erlebt. 


Es hat ſchwerlich bie neuere Geſchichte irgend eines Staa⸗ 
tes, ſeibſt bie des englifchen unter Eliſabeth's Herrſchaft nicht, 
eine ſo große Anzahl Maͤnner aufzuweiſen, die ſich gleich ſehr 
in ber Literatur und im praktiſchen Leben auszeichneten, als 
bie fpanifche im 16. Jahrhunderte. Haft jeder vortreffliche 
Schriftſteller war aud als Krieger und Polititer berühmt. 
Boscan führte die Waffen mit großem Erfolg. Garcilaſo de 
Bega, ber Autor bes zarteften und anmuthreichfien mobernen 
Schaͤfergedichts, fiel nad einer kurzen, aber glänzenden mili⸗ 
tairiſchen Laufbahn mit dem Schwerte in der Hand an ber 
Spige einer flürmenden Schar. Alonzo de Ercilla fpielte eine 
ehrenvolle Role in dem Kriege mit Arauco, ben er fpäterhin 
in dem beften Heldengedichte, das Spanien aufjumeifen Hat, 
verherrlichte. Hurtado be Mendoza, deffen Gedichte denen be6 
Horaz verglichen werben find und deſſen kleiner Roman in ganz 
Suropa geleſen wird, ift und von ber Gefchichte als einer der 
firengfien ‚Statthalter genannt worben, bie das Haus Oeftreich 
anwendete, den unruhigen Geiſt Italiens unter "fein Joch zu 
beugen. Lope fegelte mit der Armaba und Gervantes trug bei 
Eepanto Wunden davon, -— 


Das „Edinburgh review’ ſchildert bei Beurtheilung bes 
verbienftlichen Werkes des Lords Mahon: „History of the war 
of the successioa in Spain’ (Lonton 1832), den Zuftand 
Spaniens unter Philipp II. und vergleicheweife darauf bie 
grenzenlofe Schwäche, bes Reiches zu ber Zeit, da fein Stamm 
auf deffen Throne erloſchen war. Es bemerkt fehr richtig, daß 
bie Geſchichte Spaniens vorzugsweife ein Studium abgeben 
fann, wie große mächtige Reiche in kurzer Zeit in Elend und 
Berderben zu fürzen find; denn alle Urfachen des Berfaus 
Spaniens treffen in einer Haupturſache, feiner fchlechten Regies 
rung zufammen. Die Tapferkeit, die Intelligenz, bie Gnergie 
der Spanier, welche fie am Schluſſe des 15. und zu Anfange 
des 16. Jahrhunderts zu der erften Nation der Welt machten 
waren bie Fruͤchte ber alten Inſtitutionen Gaftiliens und Aras 
goniens. Die erften Fuͤrſten aus dem Haufe Deftreidh griffen 
diefe der Öffentlichen Zreibeit günfli SInflitutionen an unb 
zerftörten fie fat gaͤnzlich. Ihre —* buͤßten dies Ver⸗ 
brechen. Die Wirkungen bes Ueberganges von einer guten Res 
gierung zu einer‘ ſchlechten maden ſich oft erſt geraume. Zeit 
nah ſolchem Wechſel in ihrem ganzen Umfange fühlbar. Die 
Talente und Zugenden, weldye eine gute Verfaffung erzeugt und 
erziebt, mögen bie Verfaſſung felbft Tine Weile überleben. 
Alſo erſcheint die Herrfchaft der Kürften, weldye auf den Truͤm⸗ 
mern volkethuͤmlicher SInftitutionen eine abfolute Monardyie ers 
richteten, in ber Geſchichte zuweilen in befonderm Glanze. So⸗ 
batd aber eine oder zwei Wenesationen vorüber find, dann bes 
wahrheitet fich: unausbleiblich Montesquieu’s Vergleich despoti⸗ 
ſcher! NRegierungen mit Witden, bie den Baum abhauen, um 
die "Feucht zu ernten. Das Auguſteiſche Zeitalter war reich 
an. großen Gemuͤthern aus Bitero’s und Gäfar’s Generation. 
Die Fruͤchte der Politik Auguſt's blieben bagegen feiner Nach- 
fonnmenf&aft nicht aus. Philipp II. war der Erbe ber Gortes 
un» Juſtiza Mayor, die ihm eine, die ganze Weit zu erobern . 
faͤhige Nation überlieferten. Was Philipp feinen Radyfommen 
binterließ, ift allbekannt! 158, 








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"Allgemeine Geſchichte des israelitiſchen Volkes, ſowol 
ſeines zweimaligen Staatslebens als auch der zer⸗ 


ſtreuten Gemeinden und Sekten bis in die neueſte 
Zeit, in gedraͤngter Ueberſicht, zunaͤchſt für Staats: 


- „männer, NRechtsgelehrte, Geiſtliche und wiſſenſchaft⸗ 


lich 
J. M. Joſt. Zwei Bände. Berlin, Amelang. 1832. 
Gr. 8. 4 Thlr. 48 Gr. | 
Dee Here Verf. diefes Buches, welcher dem gelehrten 
Publicum ſchon duch feine „Geſchichte des israelitiſchen 
Volkes ſeit der. Makkabaͤerzeit“ ruͤhmlichſt bekannt iſt, hat 
nun in vorliegendem Abriß auch die Ältere Geſchichte von 
den früheften Zeiten an in Betracht gezogen. Diele Dar: 
ſtellung, welche das Lob zu Grunde liegender Gelehrſam⸗ 
keit und das andere großer Faͤhigkeit der aͤußern Darſtel⸗ 
fung durchaus verdient, hat gleihwol auf Ref. einen zum 
Theil ſchauerlichen Eindrud gemacht und wird bdenfelben 
gewiß nicht verfehlen auf einen großen Theil des in 
Deutfchlend leſenden chriftlihen Publicums zu machen, 
Der Berf. iſt offenbar feines Glaubens ein Jude, fpricht 
aber diefe Religions: und Stammverſchiedenheit nicht rund 
und ſcharf aus, macht fie wenigftens nicht ſchroff gel: 
tend, fodaß dem £efer Ueberzeugung davon nur an 
einzelnen Stellen des ches unabweislich nahegeruͤckt 
wird. Da nun aber die ganze Darſtellung, waͤhrend man 
ſich über die jüdische Religion des Verf. zwiſchenhin taͤu⸗ 
ſchen koͤnnte, doch nothwendig auch keine chriſtliche, ſon⸗ 
dern, wir moͤchten fagen, eine deiſtiſche iſt, und fie auch 






‚nicht etwa blos aͤußere Theile der israelitiſchen Gefchichte 


wie etwa den Staat berüdfihtigt, fondern die Entwide: 
fung der ganzen jüdiihen Bildung, tritt fie zugleich, in 
einen Gegenfag gegen die chriftliche und ficher allein rich 
tige Auffaffung der altisraelitifchen Geſchichte, der letztern 
Auffaffung zufolge die aͤltern Schickſale und Führungen 
Des Volkes alle auf Chriftus hinweiſen und demgemaͤß alle 
Drophezeihungen in ihm ihr Biel haben. Wenn der Ges 
fchichtfchreiber des jüdifchen Voikes die Erſcheinung Chriſti 
nicht als die Erfüllung der. welthiftorifchen Aufgabe des 
Judenthums und fomit als das geiſtige Ende deſſelben; 
wenn er nit Das, was. fih von diefem Judenthum 
nachher noc als eigenthuͤmliche Geſtalt zu halten fuchte, 
als einen traurigen, verfchlifienen Segen des alten Feier⸗ 
Beides, fondern als den Fortbeſtand von dieſem ſelbſt, und 





ebitpete Lefer, aus den Quellen bearbeitet von. 


Blätter 


für 


Unterhaltung. 





Chriſtus nur als einen der unzähligen jüdifchen Volksleh⸗ 
rer betrachtet, welche einzelne Richtungen des Judenthu⸗ 
mes [pecieller verfolgten, fo iſt eine folche recht eigentlich 
‚neujüdifhe. Geſchichte des israelitiſchen Volkes, trotz 
‚aller Gelehrſamkeit eine Leuchte ohne Licht, ein Auge 
ohne Sehkraft. Die Seele, die weithiftorifhe Seele fehlt 
ihr, umd die Thürpfoften des Tempels werden darin Dre. 
der Anbetung flatt des Altares. 
Die eigenthämlihe Beziehung der israelitifchen Ge⸗ 
‚| Mhichte zum Chriſtenthum gibt nun außerdem dem ge: 
ı| Seheten ‚Material zu Behandlung biefer Geſchichte eine 
eigne . Stelung. Während z. B. in ber griechifchen 
Geſchichte eine Unterfuhung über die Cntwidelung 
der -Solm’fhen Geſetzgebung im Einzelnen wirklich 
eine der weſentlichen Seiten der Geſchichte Griechen 
lands berührt, ift dagegen eine blos gelehrte Unter⸗ 
fuchung über die Authentie und (falls man der Anficht 
ift, daß die Bücher Mofis nicht authentiſch fein) über 
bie. fucceffive Entwidelung der mofaifhen Gefeggebung, 
des jüdifchen Staats alfo, von völlig untergeordnetem 
Werth. Ob die Bücher Mofis ziemlih zu Einer Zeit 
niedergefchrieben find und von Moſes felbft, oder allmd- 
lig und von Andern, ift, welthiſtoriſch die Sache be: 
trachtet, von gar Feiner Bedeutung, denn das mofaifche 
Geſetz hatte Jahrhunderte gegolten, war Grundlage bes 
Lebens geworden, unzmeifelhaftes Geſetz, und hatte - 
feinen ganzen Einfluß bereitd auf das Volk entwidelt, als 
Chriſtus geboven ward. Ihm, der natürlich gar kein ans 
tiquarifch = philologiſches Intereſſe hatte, galt dies Geſetz 
des Volkes, unter welchem er geboren war, und was feine 
Wurzeln (man mag die eine oder die andere Anficht has 
ben) in die unmittelbare Beziehung des Moſes zu bem 
Gott Abrahbam’g zuruͤckſchlaͤgt — ihm galt es als moſaiſch, 
und fo, als ein mofaifhes Befeg, hat es welt 
biftorifch weiter gewirkt bis auf dieſen Tag. Gegen diefe 
Bedeutung, die es gewonnen hat, ift es völlig in ein un: 
bedeutendes Nichts verfchtindend, wenn etwa auch fireng 
nachgewiefen würde, daß die formelle Abfaſſung des mos 
ſaiſchen Geſetzes erſt kurz vor das Eyil file. Ebenfo aber 
fteht «6 mit der Kritik der andern Bücher. Geſetzt auch, 
nicht blos die fpäte Abfaſſung der Bücher der Chronika, 
fondern auch die völlige Abfaſſung derſelben unter prieſter⸗ 
lichem Intereſſe und die Umgeſtaltung gar manchen Face 


«606 


tums’in dieſem pelefterlichen Intereſſe wuͤrde fireng und 


voͤllig unwiderleglich dargethan, was folgt daraus anders, 


als daß zu der Weiterwirkung des Kanon des Alten Teſtaͤ⸗ 
mentes in der Weltgeſchichte auch dies Buch und grade 
in dieſer Weiſe erfoderlich war, und daß nom teleo⸗ 
log ſchen Standpunkte aus dies Bach fo gut einer gtt⸗ 


Beſtimmung und Erfkllung theifhaftig iſt als jedes 


A 
andere bes Kanone. 

Dies alfo iſt ein mächtiger Unterſchied ber israeliti⸗ 
ſchen Geſchichte von der Profangefchichte, daß biefer 
reinfactifche Inhalt jener, wie er durch die hiſtorſſch⸗ 
philologiſche Kritik ermittelt wird, in der Profangeſchtchte 
Die hoͤchſte Bedeutung, für die Refultate der israelitiſchen 
Geſchichte fo gut als gar keine hat. Wir wollen bie hohen 
Berdienfte Derienigen, welche bie muͤhſamſten Studien 
und eine geniale Gelehrſamkeit grade auf dieſe philolo⸗ 
rl shiftorifche Eonſtruction des hebraͤlſchen Alterthums 
gewendet haben, nicht antaſten; fie bleiben in vollem 
Maße anerkannt in dem Keeiſe, der eben biefen Bemli⸗ 
rhungen geſteckt iſt; aber auf die welchiſtoriſche Geſtaltung 
und Bedeutung der israelitiſchen Geſchichte gewinnen dieſe 
Bemühungen nur Einfluß, inwieſern fie eben das auch 
ohne ihr Dinzutenmmen in diefer Geſchichte Bedeutungs⸗ 
volle verdtären helfen. Inwiefexn fie an dieſem Be: 
Deutumgbontlen Zweifel excegen, oder Für die Beut⸗ 
stheieng deſſolben einem andern Standpunkt begrimden 
Hanten,. fo lange man überhaupt feſt an: der Beziehung 
des Judenthums zum Chriſtenthum haͤlt, if uns unmoͤg⸗ 
Kid; einzuſehen. | \ 

Dog der Here Verf. unſers Buches, ſeibſt ‚bei feiner 
Entbehrung eimer lolchen dominiren den Beziehung zum 
Chriſtenthum, doch ſeinerſeits ein aͤhnliches Gefühl und 
eine aͤhnliche Anſicht gehabt hat, ſpricht ſich recht ſchoͤn 
S. 14 und 15 des erſten Bandes aus, wo eBheißt: 
Dexr wahre Glaube, der im Gemuͤth feinen Gig bat, wird 
von den neränderten Anficgten ber aͤußerlichen Gegenſtaͤnde nicht 
bedroht und kann fein wahrer fein, wenn er die Prüfung ges 
Ichichtlicher Ihatfadden ſcheut. So wenig wie ber Glaube an 
Sen Schöpfer durch eine nähere Prüfung der Nakurgeſetze and 
Aaren Meränbevlidyleit erſchuͤttert zu werden fuͤrchten darf, eben: 
da wenig. thut die Kritik der Religion Eintrag. . 

ı . Allein, dieſer Gag des Hetrn Verf. hot zugleich einem 
deiſtiſchen Stun mund geht bei dem Werfolg der Darſtel⸗ 
dung unter in einer Reihe von Abcommodatienen und 
Bermittelungen gwilchen ber glänbigen Anficht, weiche die 
Geſchichte des Akten Teſtamentes in ber daurch das Chri⸗ 
ſteuthum ihe ercheilten welthiſtoriſchen Bedeutung faßt 
(ober vielmehr zwiſchen der jübifchaglämbigen Anficht, wel⸗ 
che eine Amaͤherumg an dies chriſtlich⸗ glaͤubige Wefen, 
über eine Garicatur hetvorbringt), und zwiſchen den Me 
ſaltaten · phildlogiſch⸗ hiſtorifcher Gelehrſamkeit und ber dir⸗ 
fer Richtung verſchwiſterten Kritil Ungeachtet Joſt 
gewiß eine Ausſtattung miit jichiſche hiſtoriſcher Geiehsfam⸗ 
Zeit tech feine Arbeit bewaͤhrt, wie ſie wenige Menſchen 
aͤhnlich aufzuweiſen haben, iſt bie aud dieſer Gelehrſam⸗ 
It. vnh ana feiner Anſicht reſulticende Arbeit ein Jarſte⸗ 
willen, aelches wie allea Juſtemilieuweſen tie, ſcharfen 
Kaftten vermiſſen laͤßt -umb babunch weder einerfeits ein⸗ 


ſcharfe, wenn auch fragmentariſche Zeichnung bed Einzel; 
nen zuläßt (die doch eben bie vorhandene Gelehrſamkeit 
möglich machen .würbe), noch anbererfeits eine kernhafte, 
organifche Kryſtalliſation geftattet, bie eben das Charakte⸗ 






gifttfche einer am «hrifigich= gläubigen Stan A 
Joriebenn Sayipte her Jsrarlitcn fe 3* ich 
den Getaltungsweifen Tuht Here Dr: Aten” 


telweg zu finden, wobei er bald nach ber einen bald nad 
ber andern Seite greift und fidy bald abs, bald anzuhal⸗ 
ren ſucht und es am Ende TaywertihTegend Jemanden 
zu Dante macht als ben gebildeten, modernen Sjuben und 
‘demjenigen Theile der Chriftenwelt, der eigentlich nur den 
chriſtlichen Namen, aber Dabei ee Agende, Yeumamı, 
beiftifche, alle fcharfen Kanten für ungeitgemäß erklärende, 
mobern=jädifche Bildung führt, und deſſen Individuen 
wie deshalb am beflen ats Judengenoſſen begeichnen, 
wenn fie perfönfich vielleicht auch nichts mit jürdifchen 
Individuen zu verkehren haben. ! ot. 
Bei fo verſchiedenen Standpunkten, als auf welchen 
fich hier Verf. und ef. befinden, laͤßt fich nicht mehr 
miteinander rechten, und fo mag bles Thema nicht wei: 
tee ausgeführt werben; aber als Ref. (S. 8) bie Cha: 
vakteriſtik ber Thaͤtigkeit und Beſtinmung ber Zuden 
nach Ehriſto las, wandelten ihn wunderbar unheimliche 
Empfi an, welche dem wicht einverſtandenen Leſer 


naturtich nicht deutlich zu machen ſirb, welche aber ber 
einverſtandene ſofert theilen wird, wenn sr Folgendes lleft: 


Wir ſehen ihn (naͤmlich ben israclitiſchen Bolkegeiſt) wal⸗ 
ten unter Truͤmmern, bie er oftmale neu beiebt und zur Dhat⸗ 
kraft anregt; wir ſehen ibn dier noch einige Zeit verweilen, 
während er feine Arme um bat ganze Erdenxund ölingt, 2m, 
fobald die geringen Lebenskraͤfte bes dahinſinkenden Körpers 
verfiegen, mit neuer Glorie hervorzutreten und ſtatt eines ein⸗ 
zelnen Volles nunmehr eine Welt von BWölfern, zu feiner Auf⸗ 
nahme mehr ober minder vorbereitet, zu begeiſtern, bie Traͤume 
ber Vorzeit and dar Wirklichkeit zu verbrängen mıb alle Weit 
zu lehaften Kömpfen um Wahrheit und Belimung des Mens 
— u Pa bis er nach on ae en 
unb ſta ehden eine e MWerſohnung bie Me 
—E bb große ꝙ ") d 

Man Höre doch!, hoͤre! aus dem Judenthum iſt das 
Chriſtenthum (deſſen alien achtbarer Ken alſo am 
Ende das mit dem Judenthum im Ehriſtenthum Ges 
meinfame, nicht aber die unterfcheibenden Behren des letz 
ten, die Mpflerien der Xrinität, der Nenfchwerbung und 
der Kirche ſowie der heiligen Sacramente, wäre) ausge: 
gegangen, um ba® Heidenthum (dies iſt ja wol ber ein: 
fache Sinn ber pretiöfen „Traͤume ber Verzeit”) überall 
zu verbrängen und die Wölker dem Judenthum, ats ber 
hoͤchſten Griorle menſchlicher Geiſtesbildung, zuzufuͤhren; 
denn daß dies allein unter ber großen Verſoͤhneng der 
Menfäphett zu verfichen tft, ſieht man deutlich aus foßs 


genden Worten: 


Sie {die Jabiſche Nation) ſhlt ſich Abenrnäligt, aber re 
ut, ſich nit überwunden. Ihr eigentliches Masırlanb, ihr 
Gast, ihre Religion if} ige waubliehen, ift ihr durch. d 


War, ‚den Wert 
weltlichen Zreuben noch theurez gemarben. Hier fühlt ſich das 
vernichtete Volk neu erfzäftigt, um mit allen Nätionen in bie 


neen zu treten und am Wahrheit mit Ion ’gu kaͤmpfer; 
und iu dem allgemein Mörstfireit gu: 'Brziefung jener cubiTedhen 


u 


Werfibnung behaupten bie Israeliten, alles Jammert ungeach⸗ 
et, der ihnen —5 vereitet worden, fJeit faft zwei’ Jahrtau⸗ 
- Taten das Feld und ſtreken niemals die Waffen 
Dergleichen in deutfcher Sprache uhb nicht etwa mit! 
hebraͤiſchen Lettaen, ſondern -uuft —— „Kchmarz | 
af weiß zu tefen, klingt ſchaͤuerlich genug. Die De 
lebt von der Eiche Blut uͤnd bat noch bie Keckheit, mit 
Ir um die Berechtigung des Dafelns zu ſtreiten. 
BGluͤcklicherweife laͤßt ſich die Gefchichederzaͤhlung ſeibſt, 
weop ſolcher Erklaͤrangen in der Einleitung, and) von ei. 
nem: Chriften bis gegen bie neuern Zeiten hin leidlich 
‘ohne Aergerniß leſen; denn. was non dem verfchiedenen 
Schulen nach dem Untergang des jüdischen Staats, von: 
dee Fortdauer des mofaifchen Rechts und von deſſen Sort: 
bibung durch die Berichrung mit dem römifchen Rechte, 
was von ben Nafl’s, Reſch⸗Glutha's und Gaons, von 
MRabbinen, Samaritanern, Karaiten, juüdiſchen Chazaren⸗ 
ſurſten u. f. w. geſagt if, iſt hoͤchſt inſteuctis fur Den, 
der weber Vorbildung noch Zeit hat, an bie Quellen zu 
gehen. Auch fpaͤter, wo bie Beziehungen zu unfern Ber⸗ 
baltniffen directet werden, z. B. bei der Darffellung der 
Berschtigung der Juden im beutfchen Reiche, können wir 
es bem Herrn. Verf. gern: zugefichen, daß er ben Aus: 
dtuck, die Juden felen: servi camerae Deals ‚fo mitb 
und vornehm zu erklaͤren fucht als mög; nur darf er, 
wenn er von ben Juden Sagt: „Sie find unmittelbare 
Schuͤtzlinge bed Reiches, ımd jede Beeinträchtigung ihrer 
Rechte wird ale ein Bergehen gegen das Reid; angefehen 
Und gehört zur Jurisdiction des Hofgerichts, nicht ver⸗ 
gefien, daß die Schüglinge dabei servi und Unchriſten, 
alfo weit unter alle ſieben Heerſchilde, ja, noch unter bie 
flanifchen Knechte geftellt waren, und daß alfo der Reichs⸗ 


um diefe Claſſe reiheunmittelbarer Leute gu fchiemen. 


Doch wozu dies Häßeln um Kleinigkeiten, die zu nas. 


tarlihh aus dem allgemeinen Standpunkt des Verf. fol- 
gen, als daß man ſich darüber zu verwunbdern hätte. Im 
Beziehung auf die neuere Zeit fügen wir kein Wort bei; 


lernen, Rotizen getvinnen kann man auch aus biefer Par: 


tie des Buches in Fuͤllez abes man muß: dazu in den 
Kauf eine Gefinnung nehmen, die an dem Derm Berf. 
fehr natürlich und gewiſſermaßen ehrenwerth, aber einem 
guten Deutſchen und guten Chriften ebenfo ſchauerlich als 
deren fraukes Hervortreten demuͤthigend if. Dan muß es 
preifen hören, daß unſer deutſcher Adel durch juͤdiſch⸗blei⸗ 


dende Gefchlechter vermehrt iſt u. ſ. w. Doc haben wir 


uns, feit wie ‚gewöhnt worden find, daß die Reſultate 
nämlich die Titel) von Promotionen in nomine Dei 


pakris et filii et spiruus sancti am jüdifch= bleibende 


Gelehrte gegeben werben, allmaͤtig abgeflumpft: gegen fosche 
Gefuͤhlsverlezungen und find allenfalls vorbereitet genug, 
anfern deutſch⸗chriſtlichen Univerfitäten eine juͤdiſch⸗ theo- 
logiſche Facultaͤt als zeitgemäße Vervollkommnung anprei- 
ſen zu hoͤren forwie alles‘ Moͤgliche im deutſchen Lehen an 
Fubden: preiögegeben zu ſehen. Was Hüft es weiter, vis-A-vis 
von folhen Erfcheinungen Geſinnungen auszufprechen, bie 


(fo geläufig fie auch dem ‚gefunden Stock unfers Volkes. 


1 Bageblätter ‚die Öffentliche IM 


Faͤhigkeit der äußern Darftelung zollen müffen, 





Bott Lob noch find) den Leiten, die hauptſaͤchlich dur, 
einung repraͤſentiren, zufolge 
eigentlich. nur noch in Spanien. gu Daufe find; mas Höfe 
es worfter, ale, wenn man zu ſtolz ift, fich in eiıen Juden⸗ 
kanmpf einzulafien, wenigſtens Proteftation einzulegen gegen 
Das, was fi in Öffentlichen Blättern ald VBolfsmeis 
nung geltend machen möchte, aber nur Öffentliche 


JStimmung ift, d. h. die Stimmung der Mehrzahl das 


Häufhens von Menſchen, welches fire die gangbarften 
Zeitungen arbeitet, und‘ wovon mie dei jedem den Juden 
nicht geſperrten Induſtriezweig zwei Deittel Juden und 
‚Subengenofien find. — | 


- Here Joſt verzeibe uns, daß wir alles Dies bei Ges 
legenheit feines Buches ausfptechen; allein daſſelbe hat 
in feinen legten Theilen durchaus eine politifche Bezie⸗ 
bung zur Gegenwart. Die Hochachtung, die wir vor feis 
ner Gelehrſamkeit haben, die Anerkennung, bie wir feiner 
aben 
uns fein Buch näher gelegt, als uns irgend eine Beltung 
kommt; aber es hat. bafjelbe eben deshalb auch emipfinds 
licher in die Wunden gefchnitten, die wie dermalen qua 
Glied des chriſtlich⸗ deutſchen Volkes mittragen helfen, als 
trgend- Etwas, was uns felt Langem in die Hände ges 
kommen iſt. ’ 69. 





Menue Beiträge zur Kenntniß des gewerblichen und com: 
merciellen Zuſtandes der preußiihen Monarchie. Na 
amtlihen Quellen. Von ©. W. Herber Mit 13 
Zabellen. Berlin, Dunde und Humblot. 1832. 

Gr. 8. 1 The. 16 Gt. 

Mit der verdienten Anerkennung unb bem lebendigſten 


abler feine Zügel nicht eben eiftig in Bewegung fehte, 4 Iutereffe find die im J. 1829 erfchienenen „Beiträge deſſeiben 


Verf. über benfelben Gegenſtand, welche bie woplihätigen Fol⸗ 
gen und wahrhaft überrafchenden Hefultate der Freipeit der 
Sewerbe und bes Handels feit ihrer Ginfüpzung im preußifchen 
Staate bis zum Schluſſe bes Jahres 1 und insbefonbere 
des feit 1818 befolgten Gteuerfoftems nicht allein fehitberten, 
fondern noch auf das beflimmtefte, nämlich durch Zahlen, bewies 
fen, im Inlande wie im Auslande aufgenommen worben. Das 
fortdauernde Intereffe am Gegenftande und an ber ebenfo «i 
ſichtsvollen als gründlichen Behandlung Eönnte ſchon an 
diefen „Neuen Beiträgen” eine gleiche Aufnahme ſichern; allein 
bie Aufmerkfamkeit auf diefelben wird noch erhöht, wenn man 
bedenkt, welche ungänftige Gonjuncturen für Handel und Ges 
werbfleiß Europas überhaupt und Preußens insbeſondere in ben 
Zahren 1830 und 1831 eintraten, daß nämlich die Ungluͤcküfaͤlle 
welche den Verkehr und die Induſtrie in andern Ländern trafen, 
auch auf Preußen aurüctwirken mußten, baß der affand in 
Belgien und in Polen den Markt für preußifche Fabrikate vers 
minderte, baß bie nocbiwendig geworbenen; Kriegtrüflungen ein 
bebeutende8 Quantum von Ihätigkeit bem Gewerdfjeife entzogen, 
daß endlich aud bie firengen Sperren, bush welche man bie 
Cholera abhalten zu Eönnen meinte, bem Handel unb bem Ges 
wirbe in Preußen ſehr nachtheilig werden mußten. Raum 
ſcheint es möglich, daß unter fo vielfachen ungünftigen Umſtaͤn⸗ 
den bie Refultate der Jahre 1829, 1880 und 1831, welche diefe 
„Neuen Beiträge” umfaſſen, ſich auf eine gültige Weiſe flellen 
koͤnnen; und bennody exrhalten wir hier ben überrafchenben 
weis, daß fich Lie preußifche Werthſchaffung faſt in allen Zwei⸗ 
gen. ber Gewerbſamkeit hedeutend vermehrt, daß biefe fi 
immer mehr. auch auf has platte fand ausgebehnt, daß ber 
-innege Handel ſich ſahr -vergubpert,. und daß auch der preußiſche 


AR 


Seeverkehr mit bem Auslande zugenommen hat; bie Sueectäffig: 
Zeit dieſes Beweiſes iM aber ‘außer allen Zweifel gefteht, 
daß dem Berf. die Benugung aller amtlichen Quellen: auch für 
Ungere Unterfuchung zugeſtanden worden ift unb war’ mit einer 
Bereitwilligleit, weile das befte Zeugniß ;von der wneigen- 
nügigen Bürforge ber preußifchen Regierung für das allgemeine 
Wohl des Landes und von ber trfolgreishen Zweckmaͤßigkeit ihrer 
Berwaltung gibt. . 

In ber: Borausfegung, daß nicht alle Leſer d. Bl. Zeit 
und Gelegenheit haben, ſich mit dem Inhalte ber vorliegenden 
„Beiträge befannt zu machen, und um bas bereitö hervorgehobene 
allgemeine Refultgt mit einigen Daten zu belegen, erlauben wir 
uns noch einige Einzelnheiten mitzuthellen, zunädhft aus dem 
erften Abfchnitt,, welcher bie Rachmweifungen über Ausfuhr, Eins 
fuhr und Durchfuhr enthält. Die preußifge Buumwollenfa⸗ 
beilation, ‚für welche nicht allein die erwähnten ungünftigen 
Umftänbe, fondern auch noch befonders die Schaͤrfung des ruf: 
ſiſchen Prohibitivſyſtems, der unruhige Zuſtand der fübameri- 


kaniſchen Staaten und bie Verſchleuderung der engliſchen Waas 


sen ſehr nadhtheilig zu werden drohten, hat ſich nicht allein 
nicht vermimbert, fondern faft um 16 Procent vermehrt, und 
ber ‚preußifhe Staat hat allein durch dieſe Kabricasion nad 
Abzug der Koften bes Urftoffes in ben angeführten drei Jahren 
nahe cn SO Mill, Thlr. gewonnen. Daß ber Bedarf bes 
Thrans ſich faſt verdoppelte, laͤßt auf bie bebentende Erweite⸗ 
sung der denſelben verarbeitenden Gewerbe ſchließen. Die 
Stahl⸗ und Eiſenfabrikation ſtieg fo bebeutend, daß 1831 drei⸗ 
mal fo viel rohe Material eingeführt, ale .1827 no 
ausgeführt wurde. Der reine aus ber Seidenfabrilation vom 
Austande gezogene Gewinn, welcher in jebem ber drei frühern 
Sabre etwas über 2 Mill. Thle. betrug, überftieg biefen in 
jedem ber drei legten um 14 Mil. Thir. Die Refultate diefer 


Sabre für den Aderbau beweifen es deutlich, dab die fortſchrei⸗ 
tende Regulirung ber guttherrlichen und, bäuerlichen Verhaͤlt⸗ 


niffe, die Bemeinheitstheilungen unb bie Ablöfung der Serpvi⸗ 
tuten und Dienſt⸗ und Zinsnerpflichtungen eine neue Epoche für 
die preußifche Landwirthſchaft Yerbeigeführt haben, und eine 
genaue Berechnung erweiſt, daß in diefen Jahren nach Befrie⸗ 
digung bed ganzen Bebürfniffes bes Inlandes der Aderbau 
Preußen jährlidy, nur nady ben gegenwärtig zu Berlin geltenden 


mittiern Preifen gerechnet, um faft 84 Mill. Thlr. bereichert - 


hat. Auch der ſteigende Grtrag der Gewerbeſteuer, über welche 
beiehrende und überfichtliche Tabellen mitgetheilt werben, gibt 
einen erfreulichen Beweis von dem unabläffigen Zortfchreiten 
des preußifchen Wewerbfleißes. Bei ben Grörterungen über den 
Handel madt der Berf. mit Hecht aufmerkſam auf die großen 


Vortheile, welche ber preufifche Seehandel jet, da das Mittel: . 


meer vor den Bewaltthätigkeiten der Raubftaaten gefichert iſt, 
aus der Iheilnahme an ber gewinnvollen Frachtfahrt auf jenem 
und dem ſchwarzen Meere zu ziehen vermag, und bei der rafchen 
Srweiterung ber commerciellen Thaͤtigkeit in Preußen iſt es zu 
erwarten, daß dirfelbe auch bald jene Wortheile fi aneignen 
wird. Diele wenigen Mittheilungen werben binreidden, um von 
ber Widtigleit des Indalts diefer „Beiträge zu Überzeugen, 
welche nicht allein für die Statiſtik bes preußifcken Staats von 
der größten Bebeutung find, fondern audy den Gewerbtreibenden 
belehren, indem fie ihn namentlid auf Zweige ber Snduflrie, 
weldhe noch eines forgfältigern Anbaus bedürfen, aufmerffam 
machen und endlich aud dazu dienen werden, irrige Anfichten 
in der Lehre von ber Volks⸗ und Staatewirthſchaft zu befeitigen 
unb die Verbreitung richtiger Anfichten zu befördern. 16. 





Literarifhe Notizen. 


Der Herr Graf Henri de Merode und Marquis be 
Beaufort baben in rise eine ziemlich ſeltſame Gchrift 
deuden Taffen: „De l’esprit de vie et de l’esprit de mort“. 





Ein Schutz⸗ and en Gunften des Ratholiciuuus 
gegen — um Philoſophen. De Mr if auf dem Wege 
zu und, 3vor BA fi zu richten hat; bie Herren haben 
vergeffen zu fügen, wie er ausfleht. | 


„L’ssho de la. jeune Fianee”‘ if ein neues Journal, wel⸗ 
des feit:dem April 1885 erſcheint, ungefähr drei Bogen in «., 
mit gruͤnem Umfchlage. Anfangs achteten wie gar nicht auf 
diefen iegten Umftand, als. wir unter andern Nachrichten aud 
bie Anzeige fanden, es fet Herrn Ghateaubriand zu Ehren eine 
Mebaitlle geſchlagen worden, „weiche bie Buͤſte des berühmten 
Schriftſtellers darſtelle, net des Inſchrift: Les genie ſidele am 
malheur; ferner, bie Büfte des Herrn Berryer ſei kürzlich fer 
tig geworden. Nun wurde uns auf einmal Bar, was es mit 
bem grünen Umſchlage und mit ber Tendenz ber neuen Zeit⸗ 
fchrift Tür eine Bewandniß habe: grüm if bekanatlich bie Livree 
dee Daupbines Shateaubsiand und Berryer find bie eifrigfien 
und muthigften Verfechter ber erlausgten Gefangenen zu Blaye. 
In feiner Üterarifchen Doctrin fteigt das Zournal aus Haß gegen 
das 18. Jahrhundert zum 17. hinab. Trotzdem baß neulich bie 
„Europe litteraire’ erklaͤrt, Herr Balzac babe ſich verbindlich 
gemacht, nur fuͤr ſie zu ſchreiben, finden wir in dem „Echo de 
la jeune Fragce” eine Novelle dieſes karliſtiſchen Erzaͤhlers 
unter der breifachen Auffchrift: „Histoire des treise; II. Ne 
tauchez pas & la hache; $, 1. Soeur Therese.” 


Der elfte Banb Sts „Livre des cent et un‘ gibt vorerk 
zwei ſehr intereffante Aufläge Yon bem Grafen Peyronnet und 
Adhille de Jouffroy: „L’audiencg d’ug ministre” unb „Char- 
les X A Holyrood”. Sodann Stapzen „von ber. Königin Hor⸗ 
'tenfe: „Les charınes de la patrie“; „Les traducteurs’’ yon 





I Her Detagrange, der’ ſehr hart mit der Yeßrängten, hungern- 


Den Usberfeferzunft umgeht. „Saint- Genevitve’’ von Derm 
Andrinm ſteht neben. der „Dame & Ja mode de 1888” von Rn 
bame Wugenie Boa, die mehre ſchlechte Romane gefdrieben hat. 


— — — 
"Bon bem- franzoͤſiſchen Converfations⸗ Lexikon (bei Belin⸗ 
Mandar) iſt Die ſechſte kieferung herausgelommen, Aſo — Az. 
Man ſieht dem baldigen Erſcheinen des Converſations⸗Cexikone, 
welches Treuttel und Würg herausgeben, entgegen. 


Der Abbate Gaftelli iſt Verf. eines Gedichte in ites 
lieniſcher Sprache, betitelt: „Daß jüngfte Gericht“, von welchem 
kürzlich eingelne Brudftöde mit franzöfifcher Ueberfeguug im 
Drude erfchienen find. Das Gedicht wird nächfiens nollftändig 
gedrudt werden. " 





Parobdien auf „Eucretia Borgia”. 

„Tigresse mort-aux-Tats, ou poison et contre- poisen, 
parodie en quatre acles.”’ Madame Eucretia Borgia ift bie Frau 
eines Apotheker, die fünf. venetianifchen Nobili, weiche im 
Drama B. Hugo's vergiftet werben, find hier fünf Hanswürfte, 
weiche, um fie zu unterfcheiden, numerirt find; der Sohn der 
Lucretia iſt ein Recrut, der immer fhläft u. f. w. Ge ik 
darin im Ganzen wenig Aufwand von Wis und Phantafie, in⸗ 
deffen muß man doch darüber laden. Das Gleiche gilt vom ben 
beiden folgenden Parodien, von denen wir bloß ben Titel ans 
führen: „Une r&petition gewerale, par V. Scride, ete.” unb 
„L’ogresse Gorgia, parodie en cing actes et en vers, pre- 
c6dee de la neue du diable, preologue”. Es hat mit die 
ſem Proioge eine ganz eigne Bewandniß. „Tiror le. diabie 
par la queue‘’ heißt bekanntlich ſo viel als in der Euge fein. 


I Run macht in Hugo's Drama der Vertraute der Lucretia feine 
Gloſſen "darüber, daß fo viele Erute den Teufel Heim Schwanze 


zeerten und derfelbe nicht ausriffe, er müffe dem Satan gang 
verteufeit ſeſt in dem Rüdgrat fleden; über diefen Spaß hat 
fi) nun ein entfegliche® Geſchrei echoben. 148, 


Nedinirt unter Berantwertligteit der Berlagbbandiung: E. U. Brodbaus in Eeipszig. 


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für: nn Da 


literarifhe Unterhaltung 





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Goͤthe's nachgelaſſene Weile. Erſter bis fuͤnfter 
Band. Stuttgart; Fotta. 1832. 16. Subſcrip⸗ 
tionspreis 1 Thlr. 12G8 
Schon am 12.: September I000ſchrieb Goͤthe von 

Jena aus, wo er ſich dam It,’ Schiller nad) 

Weimar: „er. habe: feine Helena auftreten :-lafjen” 

(„Briefwechſel zwiſchen Schiller und Göshe“, Th. 8, 

S. 306), und die folgenden Briefe ſagen uns, daß der 

ter damals ſchon den gangen zweiten Theil des Fauſt 

‚im Geiſt, und Gemüth empfangen habe, ‚wie berfelbe jegt, 

nach 3 x ven „an Licht gefteten. iſt. 2 5. J 

“us Söe, gt der Ranzier..vop. Müller in Teiher Vor⸗ 

lefahıg ‘über DEE Dichters praftifcdge Wirkfamkeit) nad) einer im. 

Jahr 1830 befkandenen ſchweren Krankheit feine -'Reiflungen 

uͤberblickt, verdrießt sa ihn, den. „Kaufe unnollendet gu verlaf: 

ſenz : noch fehlt im der zweiten Abtheilung der größte Theil des 

„vierten Actes; ihn würdig zu ergängen, macht er ſich zum Ge⸗ 

feg, und am Vorabend feines legten Geburtstages (27. Auguft 

1831) darf eu die hoͤchſte Aufgabe feines: Lebens fur vollendet 

erklaͤren. Gr verſchließt fie mit zehnfachem Siegel und gpt: 

flieht ben Gluͤckwunſchen der Freunde. 

Aus Dem, was Goͤthe über feine Titerarifche Thaͤtig⸗ 
keit hler und da mitgetheilt hat, aus dem Briefwechſel 
mit feinent Freunde fehen wir, wie er ben „Fauſt“ nie 
aus den Augen verlor, wie diefe Dichtung in den ver: 
ſchiedenſten Zeiten:, unter den verfchiedenften Umfländen 
immer wieber in feinen Gelfte auftalichte, mie er von 
Zeit zu Zeit Hand daran legte; und fo.erfeben wir ein 
hoͤchſt Merkwärdiges, die Erſcheinung eines Werkes, an 
dem der. größte Dichter unfers Volkes fait 60 Jahre 
lang gearbeitet; denn aus dem dritten Theile von „Wahr: 
heit und Dichtung” und dem letzten ber „Italieniſ 
Meife” fehen wir, daß im Jahr 1773 der „Fauſt“ be: 
gonnen: ward. 

Wie diefe Betrachtung etwas Erhebendes hat und 
uns Deutfche mit einem gerechten Stolze erfüllt, fo er: 
zeugt fie auch eine tiefe Rührung; wie Überbliden das 
Merk des großen Mannes, des Lieblings feiner Nation, 
das Merk, welches den Geift und das Feuer der Jugend, 
die gereifte Kraft des männlichen Alters und bie Weis: 
heit und Vollendung des Greifes beurkundet, jet, da bie: 
fer von uns gefchieden iſt, in ben Fruͤhlingstagen, die an 
fein Hinſcheiden lebhaft erinnern. Es iſt mit dieſen nach⸗ 
gelaſſenen Werken nicht wie mit andern Nachlaͤſſen Ber: 


2.28, Mai 1833: 


— 





— — — — — —— — — — — — 
.. ĩ 


ſtorbener. Unter dem, befsheibenen - Zitel birgt fi das 


| ah was Goͤthe geleiftet; uns weht aus diefem Nach: 
‚aß ein Hauch. feiner vollen ‚Größe an; “und wenn wie 


bie ‚fünf Bände einzeln durchmuſtern, dann finden role 
‚neben. Heinen Reliquien vollgültige Documente von dem 
Geiſte des Dichters aus dem verfchledenften Perioden; wie 
‚und. denn bie „Wallfahrt nach dem Grabe Erwin's“ im 
Jahr 1775 das lebendige, ſchwaͤrmeriſche Gefühl des 
Juͤnglings Eundgibt, der aͤlteſte „Goͤtz“ oder „Gottfried 
von Berlihingen”, wie &r damals hieß, uns das ſelbſtaͤn⸗ 
dige, gediegene Urtheil deffelben offenbart, fein Streben 
nach dem Vollkommnern, worin er eine im Ueberquellen 
des Bildungstriebes gefchaffene Dichtung bei Seite Legt, 
um eine probehaltigere dem Publicum vorlegen zu koͤn⸗ 
nen, bie erfie größere, die von ihm erfchien. In der 
That, dieſer Nachlaß ift fo veih, daB, wenn wir von 
Goͤthe auch nichts weiter befäßen, derfelbe ihm den erſten 
Rang unter ben beutfchen Dichtern fichern würde, 
Daß wir hier fofort einer Kritik der einzelnen Werke, 
die dieſe erſte Lieferung des Nachlaſſes umfaßt, geben, 
wird wol Niemand erwarten; wie behalten uns vor, von 
Zeit zu Belt unfere Gedanken über den Kauft”, den 
äfteften und ben für die Buͤhne bearbeiteten „Gög” in 
d. Bt: mitzutbheilen. Ueber das zuerſt genannte Werk 
fogleihh zu reden, wäre eine große Derwegenheit; wenn 
nuch das zehnfache Siegel, womit Goͤthe daffelbe, da es 
vollendet war, verfchloß, gelöft iſt, ſo iſt es uns dennoch 
in Hinſicht auf mehre ſeiner Theile noch „ein Buch mit 
fieben Siegeln“; ein ſolches wird es Vielen ſein; und 
wer wird ſich je ruͤhmen können, es im Ganzen wie im 
Einzelnen verftanden zu haben? 


As im Jahr 1827 der britte Act der zweiten Ab: 
theilung des „Fauſt“, die „Helena“, einzeln erfchien, du- 
Berte fi) Ref. über diefelbe im folgender Weife: 

Bedenken wis, daß Goͤthe, beſonders feit feiner Reife nach 
Statien, zu einer reinern Anficht der Kunſt gelangt, mit einer 
gewiffen Ironie auf feine früheren Dichtungen blidt, in welchen 
Rationalität, Gentimentalität, Grübelei im Gebiet des hoͤhern 
MWiffend einigermaßen dem reinen Schönen wibsrfirebten. Don 
biefee Ironie fcheint die ‚Helena ausgegangen. Doch ift fie 
weniger berbe als der Prolog auf dem Theater, und bas Stuͤck 
enthält am Schluß eine Verſoͤhnung bed Mobernen mit dem 
Antiten, wie fie fi hier nur ale möglidy denken läßt; die mo: - 
berne, die zomantifche Welt ift nach ihrem Gehalt, ihrer Würde 


’ j . „510 * 


3 “4 


und in ihrem ve zur antiken dargeſtelit. (8. Kr. 185 


db. Bu. f. 1827 


In diefer Anficht wurde Ref. durch einen Brief Schteü 


ler's an Goͤthe beftärkt („Briefwechſel“ Ne. 745), worin 
es in Beziehung auf bie „Helena“ heißt: 
Beulen, n, 


: Gelingt In 4 die ge Nu, goeh ur 
m 
gefunden fein, unb “ is Ihnen alsbann nicht pre fin, 


: fo wird nad er © gem I 
—** analhtiſch von dieſem Punkte aus den Sinn und Geiſt 
der übrigen Partien zu beſtimmen und zu vertheilen. 
Dan fieht, wie Schiller ein Hauptmoment der Dich⸗ 
tung in dem⸗ Begefage des Modernen-und Antiken agb ; 
und darauf werden wir in biefem zweiten Theile nicht 
allein durch die „Helena“, fondern auch durch gar manche 
andere Stelle geführt; fa buch ben Miderwillen, ben 
Mephiſtopheles "diefet echt moderne, —— — 
gegen die weh Wilt, ſelbſt gegen "Die „a 
eier hegt; durch den Umſtand, daß er, 
ds von Ihm geſchaffenen uber herbeigezanberten Hemun⸗ 
ulus, bedarf (denn 8 wirtd "mol Nlemand ans dem Werke 
Herausleſen, daß dieſer durch Wagn 
fa)... Unvergteidittch iſt ber üble — des Mephiſto⸗ 
pheles geſchildert, da er auf griech iſcherꝛ Boden wan⸗ 


bett ‚x 
* edelait A 
er 
Buſt von’ Aitterthum un mb: Yaferi; @. 08 
"der Fr geſteht: 
iDas VGriechenvock, es wußte nie recht biel! 
Beh Gribet‘s euch mit freiem: Ginneuſpiel/ 
dt bes Dienfihen Buß zu heiten Sünden; 
Die Die unfern wird. man inımer duͤſter finden; (S. 110) 
Dem es unheimlich wird, da er auf griechiſchem Boden 
‚mishts von dem Pech yad Schwefel feines Blocksbergs 
lecht ( S. 164). 
Aber gewiß a es auch in biefer zweiten Abtheilung 
„aeiche allen die Kunft und das Schöne und bie Gegen⸗ 
:fäge im "Gebiet derfelben, um die ſich dieſe erhabene Dich 
tung breht. Das Werk ift ohne. Zweifel weit uͤber feine 
—— Anlage, in welcher jenes. Moment nicht: Ing, 
hinausgewachſen; und nielleicht gelingt es einmal einem 
‚Kritiker, nachzuweiſen, wie bie verfchiebenen 


aAbſpiegeln 
a dem oben erwähnten Xuffag (Me. 260 d. Mi. 
f. 1827) äußerte ſich Ref. über rg Auftreten ber He⸗ 
Tune fo: 

"Wie Tod und "Reufer einander peripänt „gehackt ‚ioerden, 
fo Finnen wir und unfern mahiſchen Gefellen auch d tften 
der Schatten verfäftwägert denken, und. wir Feruen'ams üuf.eine, 
GSeene, worin Wepbiftopheled Peuto zu dem bruͤdertichen Dienfte: 

bewegt, ihm den kEWMlichſten ſeiner —2— Für eine fange: Zeit‘ 
zu überlaffen. Die Art und Weiſe zu erfiaden, wien Helena 
auf bie Oberwelt zuruͤckgefuͤhrt —* Eörme,: wird ſeine Sache 
geweſen fein. Gewann er dutch den Beiſtand einer Here einen 
BZaubertrank durch ben er Fauſt 80 Jahre dom Leibe 
„sg werden ihm auch Traͤnke and andere Mittel ‚zu: Gebote ge! 
AÆAanden haben, womit er: Helena’s Sinne betäwben "und bie. 
Sriechin in eine laͤngſt det ſchwundene Zeit: karten beunte. 





— ® 


—9— —9— * Se Se 4* * 
I : 0 in n 
’ —— ! 
um et Ban 
benteuer in Grigdhentend ‘zu beſtehen, eines Mrbiums, ı|- 


alput⸗ 


v8 Kine entſtatiden 


datte, ſo aben, jept 
» bie Rechte der 
Slqude häufig * 


Kpochen ber. 
Detamarpkole des Goͤthe ſchen Geiſtes ſich in derselben | zufeievenpeit. — 
555 


wart zau verleichen 
wenn dieſe "Die » himmen anertannter ipontaee 

ſied/ Deren, gamiss Ceb ii Guten -und .hem Rechte 5* 
‚mer -‚Und die a ke gen 
"pörliegenden Buthe Hefammelt;_ er dat ‘und ‘die weltberäfmten 

Rt atoren lachen, 
delehre ande Ihren Wowtennihre: Be 
kin 1geoflambarspe Mont ihre: Liebe für "Beripai and er 
„|.‚teit, ihren..Haß.gagen-.T ranasl wad Unteröchdung, 
„ahnungen ‚um Sehhrfam 


a Erf 


&n best Benflaus wie in beffen Weofeitung ſuche ich nicht ben 
eigentlichen fpartanifdgen pariae, wie wir gewiß die eigemt: 


liche Helena haben („Kunſt und Altertum”, VI, 1, &. 298), 


nidyt ein wirkliches Heer; fie en mir ntom * 
—— St inf dem Drkab entnommen; ‘ ei 


ober 
fee Pha Er nur in Delramns durch 
— — 


IR ſich am Eue in di Elemente auf, aus benen er entflanben. 
Wie weit war Ref. mit feinen Ahnungen hinter ber 
bie der Dichter geichaffen hat! 

ein reiches Leben, weiche Mannicfatt feit in jener 
Walpurgisnacht“, bis bie Tram urfasamelt 


And, bie den Stoff zu jenem Intermezzo geben follen, 
und es heißt: 





tt. 
. 


Shen Fe, SP. Ps - 
: Bing, nd Sane, wo a 


!gaaunferunndie 
‘in :dn6 ‚det und Raumleſe HinahReist, um Helena 


deraufzuholen! J 
Bean wi | 


“ x 





"Stimmen der — und Dir‘ geehmatnn mn die 
Füuͤrſten und Boͤlker diefer Zeſt. Kl eitır 3 Diftontig: 
anlofophitigen Einldtang ‘von I. R 
Palm. 1832. Sr. 8. 1 Thlr. 12 Br. 

Am 80. Apell 1828 fagke : Genming -bei: :@elegenheit: der 


: | Macbonatt’fdgen Wotion: „It is.true that im ne former penis 
‘ig history is there.s0.elese a resenıblance.to the. 
-in that of the reformation.” 


Dätte Sanning noch länger 4 

ledbt, fo wuͤrde ſich ihm dieſe Aehnlichkeit noch deutlicher darge⸗ 

Melt haben, Denn: wie im Zeitalter ber Keformation der GSlau⸗ 

bensfireit in Stadt und Sanb bie — Zwiſtigkeiten erregt 

e Sander ain -uffenbarem. Awieſpalt über 

und der —B wie damals der 
—* fuͤr die ae eigennuͤri 
fo iſt ee jetzt das ort einer 

FIrrihei t, en soft gur Behrkedii 


Abſichten fein mußte 
gerlichen und: veligeb 


6b: leur en HOexrſchſucht gehraucht wird x und 
dener Zeit dein ‚Mittel:zu ſchlecht war 
„‚fpart wurde, un ber einen ober Te ahdern- Partei An 


‚nnd Seine Beße * 


ben, fo ſparen die Udruhſtifte te Ten 

ac ERORt hd RBLHNE Anm Free et arten 

— — a ke 
‘9 

ie.ber ‚Ber. wafever Schrift auf... ER. 


Aber‘ den dr ——A willen gewährt es Nugen, 
Stimmen aus jener Zeit gu vernehmen und fie Kibseft 
Yu; —— han hern — 


me ſcher Maͤnnerx hat Herr 
een | Galdin und Sroiaglt wor: vor⸗ 
deiſterung fir’ Satt mad 


ihre 
t uerorbuete 
es vernehmen 


un geifgemäß 


egeit bie, von "6 
ur‘ Untenwält gegen: das“ 
ETW ET Bönnewi wir. i 


Kir And‘ 


911 


bimtinenbe chrift- in 


der ‚gu Melangen wine, eis 
‚frig :mit ee * * 
mußte, : feine Snfammeufkeliungen 
Melanchthon's, Batoin's und Zuvingil’s.eigue MDerte (hei Denen 
‚weis. nm die ung der von ide Mette herausgegebenen 
Sxiefe Sutgeris wirmiffen), dann ber große Katechiamus La: 
theais, bie Harmanie ber Slaubentbe öffe :kar orthodaxen 
und reformirten Kirchen, bie augsburgifche Gonfeffion, fowie die 
€ ‚ die erfte und zweite hetvetifche, bie 
böhmifche, beigifche, ſchottiſche, galliſche und die bafeler Con: 
eh Di Stetten fin Mberen aus a unb AR dit ale 
m im Zufannnenhange mitgetheilt, und es gan ei der 
von dem Verf. gewaͤhlten Drisung ber Moaterien sin eigen: 
thämliches Vergnügen, bald den feurigen, Eräftigen Luther, der 
unter Allen. am hochſten ſbeht, bald ben klaren, besebten, mit: 
mater xhetorirenden Melanchthon, buld tie iſtrengen Miferer 
:Gvin ımb Zwingli zu hoͤren, batb endlich die mehr an den 
don der Geſetze und des Katheders hinſtreifenden Worfcheiften 

ber verſchiedenen Confeſſionsſchriften zu vernehmen, 
Die hiſtoriſch⸗ philoſophifche Einleitung, welche Herr Ruſt 
mworgeſetzt hat, beginnt mit einer wuͤrdigen umb edeln Anſicht 
-von ‚ber :Refpumatign. Darauf wird Thomas 8 .und 
‚ber Wiebestäufer Treiben gefdgilbert, ihr Streben nach Fretheit 
a :Wleichheit als flach, gehaltieer und ıgefeglos bargeftellt und 
bie Meinung bekämpft‘, als fei die Reformation die Geunblage 
des heutigen estravagivenben Biheratisumus, und alt wahren: bie. Maͤn⸗ 
ner des Volks bie Nachfolger Buther’s und Zwingli's, .da. bach 
vielmehr jene Muͤnzer'ſchen und münfterfchen Unwuhen ber 
grobe‘ Gegenſatz ber find und bie Vertäufer des 
i revolationnaiven Treibens. In veligidfem Gewande Set 
bei den Wiebertaͤufern derſelbe Bei fihtbar geworben, ber fpä- 
ses im Politiſchen To große Werheerungen angerishtet wi 
uebel fei r m, weil das Ehriſbenthum 

veiht gepfisgt worden: 


Bette au Hören glauben. : Denn ſchwerlich wird ihm. 
Deigt zugegeben konnen, daß blos der Mangel/ anı ECEhri⸗ 
ſtenthum an allen Revolutionen Schulb ei. In demſelben Bimme 
wird nun über das 17. und 18. Jahrhundert, über die Sitten⸗ 
‚und. Gettiofigleit an ben Höfen der Kinften, über Voltaire, 
Atembert, ‚Wiberot, Lamettrie u. --4.= geſprochen. KRef. 
"Weile zwar bes Berf. Umwillen über die legtgenannten 
Phlioſophen und ihr unheilbringendes Treiben, aber des Berf. 


<ttrtpeite. finb doch mitunter zu cheologiſch uad auch. ungeredt,” | ‚fir 


wie das über Priebrih II. .1&. 76), wo fich Herr Ruſt aus 
der Schrift von I. D. @. 
:gide geweien”, eines Beſſern belehren Tann. * 
deind, aber boch weit richtiger 
franzöftfchtn. Phroſophie im der ;;@efdgichte der tantäver: 
änderung in —** unter Nubwig XVI.” (6.1, ©. 1 
— 66), uw. kberbies die Urfachen der framzoͤſiſchen Kevolu⸗ 
tion weit wen — entwickelt find als in: der vor⸗ 
liegenden Scheift. Auch ‚Aber bdie Allgemeine deutſche Bib⸗ 


©tveng ta⸗ 
bie Schilberung ‚jener 


8 
liothek“, über die Illuminaten, über Napoleon, ‚ber ben boͤ 


} ef en bat durch B ud, ben Ober: 
A der Meufein (&, 08), mob "efinen —a Here Raſt, 


hex; NReſo⸗ haba 
wnsiehnt Hat, ink Emsperis, 


und 
niqht 
Wir mühe geſtehen, daß wir bier, 
zu ſehr ben Prediger mid zwar: ben Prebdiger einee.gerkfien 
0° 3: 


Preuß: „Iſt Friedrich II. icretis | mfide 


‚and zuletzt werden adıt Webingungen namhaft gemacht, welche, 
aothwendig erfüllt werben muͤſſen, wenn es mit der Menſchheit 


vbeſſer werben foll. Der gute Sinn bes: Verf. verdient Aner⸗Luth 


kennung; aber freitich erfobert das Beſſerwerden noch andere 
Bedingniſſe als die, welche ee vorgeſchlagen hat. 

Der erſte Abſchnitt der aus den Schriften der Reformato⸗ 
sen 'ntleimten Steuen iſt überfchrieben: „Der Staat“. Die hier 
zufaniımengeftellten Materien find das monarchiſche Princip, die 


7 Bgl. Nr. d. Bi. D. Reb. 


Begrundun 


—5 fein. Im Staate rg hie „ 
Frie i 


bete und fage: 
Lieber Bott, ich ſoll bad Recht ſprechen, hilf, vaß ich nicht 


danſen (©. 118), auf ihre Diener und Bäthe merken, eine 


Unterthanen geborfam find. Ob feine 
Nachha Jeinde ſcharren oder pochen, viel böbfer Worde 
fehren: laffen, fo beufet er: Rarren warden allezeit mehr denn 
Meile. BE gehen viel Worte in einen Gack und mit Schwei⸗ 
:gem wird ·viel / verantwortet. Darum fraget er nicht groß dar⸗ 


Jc. nach, bis er fichet, sbaf men feine Unterthanen angreife ober 


finde. das Meſſer gezudt mis der That: fo wehret er dann, fo 


viel er Tann, foll und muß; fonft, wer eine ſolche Memme ift, 
daß er alle Worte will auffabem und fudyt Urfacdhe, der will 
den Wind gewißlich mit dem Mantel faben” (©. 115, ober 
„Bänumtlilye Werke”, X, &. 609). Wer zum Regimente will 
gefchiet fein, ber muß dur Religion und Wiſſenſchaft dazu 
gebifbet werden, und daher ift die Erziehung fuͤrſtlicher Kinder 
von befonberer Wichtigkeit. 

| (Der Beſchluß folgt.) y 


A memoir on Sebastian Cabot, with a review of the 
history of maritime discovery. Illustrated by docu- 
ments from the rolls now first published. London 
1831. j 

Ein ehrlicher und fleifiger Nordamerikaner bat ſich des al 
tem Schiffahrers Sesaftian Cabot angenommen und in ben Ionde: 
ner Archiven geflöbert, um etwas Sicheres Über denfelben heraus⸗ 
zubringen, was ihm denn auch gelungen iſt. 

Es ift etwas ziemlich Gewoͤhnliches, daß bie biographiſchen 

- Wörterbücher einander nachrebenz Hat das erfte ober zweite Irr⸗ 

sbümer begangen, fo ziehen. fie ſich durch eine lange Reihe von 

ähnlichen Werten Jahrhunderte lang hindurch, und zulegt koſtet 
ed viele Mühe, bie Wahrheit wiederherzuſtellen. &o iſt es auch 
mit den Nachrichten über Sebaftian Cabot gegangen. Die ‚.Bio- 
graphie universelle’ hat alte Irrthuͤmer wiederholt, und ge 
gen diefe hat denn ber wahrheitsliebende Amerifaner anlämpfen 
wollen. So Hat er ſich die Unterfuchung zum Ziele geftedt, 


bis zu weldyem Breitengrabe Cabot in ben Norden vorgebrungen ı 


M. John Barrow gefleht in-feiner „Chronologiſchen Geſchichte 
der Reifen in bie Polarlaͤnder“, man koͤnne unmöglich die Wahr⸗ 
heit aus Hackluit's ſechs verfchiedenen Angaben hierüber ausmits 
tein. In der That find Hackluit's Angaben undeutlich und wis 
derſprechend. Wäre man aber zur Quelle, nämlich zu Ramuflo’s , 
Sammlung alter Bteifen zuruckgegangen, woraus‘ Hactkinit ge: 
föpft hat, fo würde man nicht fo lange im Zweifel verblleben 
‚fein. ’ Dee Berf. beweiſt, daß Cabot bie 674° in bie Hud⸗ 
fonsbucht vergebrungen if. Vermuthlich wuͤrde ex noch weiter 
geſchifft fein, wenn ihn nicht die zunehmende Angft' feiner Reife - 
gefährten gezwungen hätte, umzukehren. Robertſon in feiner 
„Geſchichte der Entbeckung Amerilas7 meint, Deinriy'VH.. habe 
auf Gabot's entdeckte Länder Verzicht geleiflet-, - weit fie in den 
vom Papfte bezeichneten Grenzen der Spanten zuerkannten Län: 
ber lagen, und ev .fi wegen feiner vorhabenden Heirath mit 
Katharina von Aragon mit Spanien nicht üneriderfen wollte. ; 
Ueberhaupt meint Robertfon, jener König fei viel? zu gleichguͤl⸗ 
tg gegen neue Entdeckungen gervefen, als daß er fidy bei ben 
Kriegen und Smpdrungen im Sande vamit Habe abgeben wollen. 
Dier tritt ber amerikaniſche Polemiler wieder mit fchlagenden . 
Gegenbeweifen auf. @r:führt nämlich vier Patente m, welche 
den Cabot, Water und Eohn, ertheilt worden find, um ihre 
Entbedungen ıfıd Befignahmen fortzufegen, und tweid.e beweifen, 
daß ſich Heinrich VII. um die päpftliche Bulle imd des Miever⸗ 
gmügen Spaniens eben nicht viel bekümmerte, und daß ihn 
Kriege und Smpörungen keineswegs von Seefahrten abſchreckten. 
Allein‘ er war ein Wann, der nur dann von- feinen Unternehmen 
abließ, wenn er nicht hoffen Eonnte, einen pofltiven Rugen bar: 
aus zu ziehen. Dies war ber Ball mit den Entdeckungen ber 
beiden Sabot; der König fah ein, daß bie Seefahrten viel Bed 
often und in ber erften Zeit wenig einbringen würden. Nur 
dechalb ließ er biefaxpen nicht weiter verfolgen und entmuthigte 
daburch bie beiden Cabot und bie Freunde ber Seefahrten. Der 
Berf. ruͤckt das merkwuͤrdigſte der ben Cabot ertbeilten Pas 
tente wörtlich rin nach einem in bem Tonboner Arthive vorhande⸗ 
nen Driginale. Er erörtert bei biefer Gelegenheit mit Eritifcker 
Gruͤndlichkeit eine Menge von Thatſachen, welche auf die See⸗ 
fahrten jener Zeit Bezug haben und in den Geſchichten der Sei: 
feh häufiz misverflanden und unrichtig dargeftellt worden fint. 





wirb ‚man in den 
graphiſchen Entdeckungen Manches berichtigen können. —* 





kiterariſche Notizen, 


Von Delille iſt in 6 eine Ausgabe in 
don Doffilon eine in ee Bänden erſchienen. einem 


Bon ber angelünbigten ‚Histoire des anckeanes villes de 
Franoe, par.M. L. Pitet, Verfaſſer der ‚‚Barriladen‘, der 
„Stände von Mois“ und Generalinfpector ber hiftorifchen Mo⸗ 
numente Frankreichs, ift die erſte Lieferung ausgegeben worten 
und enthält bie obere Rormandie. :. 


Bon Gmma Roberts, Berfaſſerin der ‚‚Memeoirs of the 
zival housenof York and Lancaster’, eridhienen „Oriental sce- 
nes, sketches and teles” (Lonben 1882). Das Buͤchelchen ift 
zum Zeil in Berſen gefchrieben unb wol der erße KBerfuch 
einer: euzopäifgen Schriftfiellerin, ihre feloR in Indien gemach⸗ 
ten Gefahsungen und das bort an Ort und Steile Angel 
ins poetiſchen Gewande wiederzugeben. 


Hl. nn . 
7 Den nte Band ber „Ananal biography and ebitsary”’ 
(Eonden 1855) enthält: 27 ausführliche Lebensösfchreibungen, 
darunter bie des Dichters Frabbe, des Dr. Adam Glarke, ‚bes 
Sir James Mackintoſh wud-Ste Malter Scott — ber Iehternn if 
jedoch nur die von Chambers in Ehinburg. gelieferte zum GBeunde 


Bande, 








‚gelegt — ferner. die. vom: Seren: Beutham unb John Seslie. 


Eine audführlichere. Biographie des Dr. Starke: wird unter bem 
‚Zitel: „Au ancount of the infency, ‚religious and: literæy 
life of Adam Clarke, edited hy-the row. J. B. B. Clarke”, 
in Engtend angekündigt. * 


Die bei Murray in Lonben erſcheinende dgabe 
bes Werke, Byron's wird, auſtatt aus 1% Bänden, . wie. zuerſt 
beredynet, aus 17 beftehen ‚indem bie zuhlreichen Anmerkungen 


. 8 nun. $ 
. 


‚biefe Erweitexung nötbig, machen. ': Dee Ishte Band wird eisen 


vpuftändigen ‚Inder entalten und jett ˖ wei fihan in den „Düne 
ben des englifchen Publicums fein. ıı -- 10 


Im vierzehnten Bande, ber eſammtausgabe Byron's wird 
Stelle aus dem „Ags of brenze”; N 

Those parted wäth their teetk, to. good king John, 

And now, ye kings! they kindiy draw your own; 

‚All states, allthings, all sovereigns they contxol, 

And waft a loan from Indus to the Pale. 
: The banker-broker-beron-brethren, speed 
. „ To aid these bankrupt tyrants im their need. 
mit folgender Anmerkung begleitet. Belanstlicd) wird bad Haupt 
ber beruͤhmten Familie Montmorenei der erſte Baron der Ghri- 
ſtenheit genannt, weil der. Stammpater berfelben angeblich der 
erſte Adelige Frankreichs war, welcher deu chriftlichen Glauben 
annahm. Byron fpielt vielleicht auf einen Scherz Zalleyrand’s 
an, ber balb nady der Baronifisung Rothſchiid's von GSeiten 
bes Kaifers van Deſtreich mit ihm und dem Herzog don Dont: 
morenci zufammentraf unb bei biefer Gelegenheit um die Gr: 
laubniß gebeten haben foll, den erſten jübifchen Baron bem res 

3. 


die 


ſten chriflichen vorftellen zu dürfen. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: 8. 4. Brodbaus in Leipzig. 
Kr — 


8 > 


B lätter. 


für 


literarifg 2 Unterhaltung. 





Rittwod⸗ 


— Re. 1 149. — 


29. Mai 1833, 





Goͤthe's nachgelaſſene Werke. Erſter bis fuͤnfter Band. 
Beſchluß aus Mr. 148.) 

Es iſt uns gegangen, wie es Dielen gehen wird, daß 
die Helma fie vor Allem anziehen und zum Simen und 
Gruͤbeln auffodern wird. Aber welcher Reichthum, welche 
Manmichfaltigkeit auch in den übrigen Scenen diefer zwei⸗ 
ten Abtheilung des wunderbarſten aller Gedichte! Welche 
koͤſtlche Ironie in den Scenen am kaiſerlichen Hofe, wo 
die Zaubereien der magifchen Sefellen am Ende das große 
Arcanum — Papiergeld — zu Tage fördern; in dem zum 
Baccalaureus herangereiften Schüler, bem Symbol ber 
Stürmer unferer Tage; in ben derben Kriegesbeiftänden ; 
in dem immer mit neuem Anmaßungen zum Kalfer zu⸗ 
rüdtehrenden Erzbifchof! Welche überrafchende Scene die, 
wo Fauſt buch das dem Kaiſer vorgezauberte Bild ber 
Helma ſelbſt gefeffele wird! Unb mer vermöchte nad) 
Würden von den Schlußſcenen zu reden! Wir erinnern 
nur unfere Lefer, daS fie nicht verfäumen mögen, die Scene 
der erfien Abtheilung zu lefen, wo Kauft das Bimdniß 
mit dem Teufel fchließt, um Die verriicheit der letzten 
Worte deffelben ganz zu faſſen: 

Sol ein Gewimmel möcht’ ich fehn, 

Auf freiem Grund mit freiem Bo zu ftehn. 

Zum Augenblide dürft’ ich fagen 

Berweile bod, bu bift fo bh! 
Eine große Wirkung thun bier die Worte böfen Geiftes 
und des Chors: „die Uhr ſteht fill” — „der Zeiger fällt”; 
sole der Commentar, den Mephiftopheles über das „Bor: 
*. gibt, wenn wir den Ausgang des Ganzen dabei er⸗ 
waͤgen. 

9 elleicht wird Diefer oder Jener ſich an das unmit- 
telbare Dingehen Fauſt's in die hoͤhern, fellgen Regionen 
fioßen und eine Abbuͤßungsſcene, ein Purgatorium ver 
miffen. Aber war nie im Grunde Fauſt's 9 fe: 
ben ein Büßen? Hat er nicht das Leid, die Qu der 
Menſchheit in einem concentrirten Trank, vor Allem in 
Gretchen's Kerker koſten, austrinten mäflen? Und ſprach 
er ſich nicht in feinem legten Worte als Den aus, ber 
befähigt war, num zu hoͤhern Regionen emporzufteigen? 

Mef. wiederholt: es wäre anmaßend, gleich nach ber 
erften Lecture dieſer zweiten Abtbeilung des Fauſt“ eine 
Darftellung und Beurtheilung des Ganzen geben zu wol⸗ 
Im. Cine genauere contraſtitende Erforſchung der claſſi⸗ 


ki „Watpergiönache” und jener romantiſchen wird dem 

Nachdẽnkenden wol eine Spur weifen, auf bee er ſich viels 
leicht durch Das, was anfangs ein Labyrinth ſcheint, wie⸗ 
ders und zurechefmden wird. 

Mas den zweiten Theil des Nachlaſſes Setchffe, fo 
haben wir oben ſchon ber beiden raſch aufeinander folgen: 
den Goͤte gedacht. Bei ihnen, wie bei mehren Werken 
Goͤthe's der frühern Periode ift es Intereffant, zu bemer⸗ 
tn, wie der Dichter ſich nicht felbft genügte, wie er in⸗ 
flinftmäßig früh nach dem Vollkommnern, Glaffifchen ſtrebte 
Recht auffallend iſt biefee, wem man das Heine Ging» 
fpiel ‚Erwin und Elmire“ in feiner erften Geſtalt mit 
dem fpätern vergleicht, wie es in Rem geflaltet ward. 
An jenes frühere wird man durch den älteften „Goͤt erinnert, 
befonders in der Scene, wo von des Knaben Karl Ratur 
und Erziehung die Rebe ift, was, als ſtoͤrend, unpoetifch, 
großentheile in bes zweiten Bearbeitung‘ diefed Dramas 
getilgt wurde. Aber fo verfchieden find die beiden Goͤtze 
noch nicht, wie jenes Gingfpiel in feiner zwiefachen Ges 
flaltung ; der Zeitraum, ber zwifchen ben beiden größerm 
Dramen liegt, iſt zu gering, und als Goͤthe „Erwin und 
Elmire“ umarbeitete, lebte er in Stalin. Erſt der. dritte 
„Goͤtz“, den ebenfalls der zweite heit des Nachlafles ent» 
haͤlt, ſiellt fidy uns dar, als vom höhern {fs 
det, zugleich nach den Anfoberungen, bie eine Repräfens 
tation auf dem Theater macht. In ihm haben wir dem 
feltenen Genuß, zu: fehen, wie ein wahrer Dichter fich 
bemüht, das irdiſche Element, das Schwerfällige, das eine 
Dichtung feiner frühen Jugend an ſi ich ru, zu entfer⸗ 
nen und fein Erzeugniß in bie heitern, hoͤhern Regionen 
der Kunft zu fpielen. Indeß if ve höhere Kunſtſtun 
Goͤthe's fon im zweiten „Big“ ſichtbar genug; wen er 
freute es 3. B. nicht, die Liebe Adelheidens zu Gidingen 
mit einer Leidenſchaft zu dem Eaiferlichen Karl vertaufcht 
zu fehen! Und fchon in dem erflen Drama erkennen wir 
den wahren Dichter, der die mannichfaltigften Scenen, das 
buntefte Sewimmel unter Einen großen, geiftigen Blick 
an le, Einen Gedanken durch daffelbe walten 
zu 

Die „Schweizerreiſe“ im dritten Theile ift uns zum 
Theil aus dem WBriefwechfel mit Schiller bekannt. Aber 
grade diefer macht uns diefelbe doppelt intereffant. Durch 
ihn wurben wir angeregt unb aufgefobert, manche Lüde 





614 


nachdenkend zu ergänzen, was burch die gegenwärtige Ries 
theilung * das reichſte geſchieht. Einen eignen Rel; 
geroinnt diefe dadurch, daß wir fo mandyes ber ſchoͤnſten, 
Gedichte Börhe’s nun gleihfam auf dem Woben genießen, 
wo es entitanden iſt. Um Meyer, den denkenden Kuͤnſt⸗ 
ler, dem weum. Freund, deng Goͤthe ſchen un J. 86 
in Ronm gewann, den er daun zu ſich ach Weimar. zes, 
mit dem er eine lange Reihe van Fahren wirken follte — 
um ihn dreht ſich großentheil bdiefe Mittheilung. Wir 
freuen uns, daß dem neuen Freunde, der deu 


Vorange⸗ 
henden nicht lange uͤberleben mochte, bier ein wohlverdiem⸗ 


tes Denkmal‘ geftifter iſt. 

Dis „Bells am Rhein und Main” iſt aus. den drei 
eften eften von „Kunft und Altertum” bekannt. 

In d le wie im einigem: andarn ſtauden 
and) ‚onöiteathelit: dia Karläe,. bie: ben wiegen: und. fünf 
u: Theil de Nachlafſes fahr. Doch finder wir in ih⸗ 
nen auch manches bis dahin ——— wie deun Ref. 
den en Auffam des viaten Wandes: „Regen. für Schau⸗ 
ſpielur nirgendwo geſuihen zu haben ſich erinnen; and 
mer. ihm nur: auf ‚Deus. Briefeachſet; mit. Schiller bekam, 
daß Bäche ühsr: dem Dilikansiemms etwan zu: ſchreiben 
benbfichkigte., Wie Schade, Haß dieſe Gizze nt auge 
führr iſt! Dean, wen. hattt wırhn Necht, über eine folche 
Matsrie: zu, ſchreihen, als u, ber ſich nie genusthat, ber 
auch bes —— zu Imume größer Voll⸗ 

touumenbeiti geſtalate; der dachte, abe ex ſchuf, und im 
Echaffn intmer — 78— geiſtige Kraft entwickelte! 
. . Erfonstich iſt es, im fünften hello, die Betrachtungen 
über. GShakſpeare zuſammengeſtallt zu finden. Sie. werden 
Diefem ober Jenem Anſtoß pe den nicht bebenks, daß 
hier ma. won. Shalſpaara auf. den Bübne die Rede iſt. 
Si dieſer Radficht, konnten die Beme⸗kungen nicht. andere 
andfallen,, von Dem gemacht, ber, fo viele Fahre hindurch 
ein arnſtes und- tiefes. Stubium: ans ben Theatraliſchwir⸗ 
tenden machte, den. Calberan lebendig angeregt. hatte: Seht 
wafrenlig: wor sk dem. Nef. ber Auffas: „Literariſcher 
Grund ntortitenns‘‘, endlich, au den- „Damen“, vona 3. 1795 
wieder, abgebrudt: zu ſehen. Unbekaunt waren ibm bis 
jet Die: Necenfion von Fied’s: Dramatuegiſchen Blättern‘, 
bin Bemesrlungsm. uͤben das. Nibelungenlied“, üben das 
Luſtſpiel: „Die: Dofbamer, ah. kber Jaecabs „Anberle 
fenen: Briefwechſell. 

Auch das Schlußwert diefen erſten Lieftrung des Nach⸗ 
laſſen „An. jnuge Dichter, ſcheint ei. jegt: erft: bekaum 
gemchtes; es, enthätti eint Stelle, bie Veſ witzitheilen 
ſich auch enthalten fsun. . 

Wenn idii.(fogt der grafe Muſter: mit der ihm z ei 
MAeſchridanbeit)i au oechen fol, was ich dem Deutfchen: übers 
baupt,, befonhers de jungen, Dichten, geworben bin. fo, darf. ich 
mich, wol ihren Brfieier nennen; benn fit find an. mit gemahr 
— aß; wie der: Men ſa von Imen heraus leben, ſo ber 

Känflker- vom Innen: berand: wirken maſſe, indem: en, gebente 

— er ſich a er will, immer nur fein Individuum zu Tage: fd 
1) 

Beh vum Beier kaͤnnen wir: — 2 audens a a 


Daun :: 
2: Geht: em frifee uud, finh —X * manifefkipt ei 


bee Perſon, und 


den mecth ſtines Lebens, bie Hohelt ober Anmuth, vielle 
3* en anmuthige —28 —8 von ber Fehr ee 
war. 


Wir ſchließen dieſe Anzeige mit den fchönen Worten 
bes Lucrez | 


— —3 ————— —— 


De ien und beä Agen Si, 
Die nicht erfchüttert der Wind, und ai * Wolken 


Nicht anſprigen, noch hleidher Ochnse, nam Beofe gehaͤrtet, 
Niederfallend entſtellt; ein nimmer bewoͤlketer Aether 
Lacht um fie her und breitet ſich aus, in Sehen. bes 


Lichtes. 
Zonen: audz. reicht: hie: Vatu cum felben Xeh, uah nidbts 


ze. felige Ruh nur Augenblide an inbern. 

irgend® erblick ich jeboch die acherufiſ her Schlonde 
Sa, es ergreift wich Himmtifche Luft und innerer Schauder, 
Wenn td: bebenle, daß fo, durch heine Kräfte has Geiftes 
Aufgebestt.,. die. Natur fi. von. allen Geiten ———— bat, 





Stimmen der Reformation: und der Reformatoren an bie 


Furſten und Völker dieſer Zeit. Reif einer hiſtoriſch⸗ 


phitofophffäyen Einteitung von J. Muft, 
(Beſchtuß aus Nr. 148.) 


Ber britte —— „Die —— € enthält vor: . 
erutigende. 


zugeweiſe — der · Refor 
matenen und ifl: ven einem ˖ beſandern — — 
denn alle Ausfpräde führen bakie, daß bie: edzge Freiheit (und 

baß diefe in den Reformatoren wohnte, bezweifelt body wol Rie: 
mand) verträglich ſei mit Gehorſam und mit‘ Unterwitfigteit 
gegen die Obrigkeit. Die Unterthanen- follen nicht vergeffin, 
daß bie Obrigkeit von Gott eimgefegt iſt, daß fir: biefex goͤttü⸗ 
hen Anordnung bie größte Wohlthat verbanten. Sie fallen ba 
‚ser. Die nicht verachten, die am Staatöruber ſtehen, fie follen 
vielmehr fie lieken und für fie.beten,. thren Befehlen treu und 
gewiſſenhaft gehorchen, ihren oft nothwendigen Ernſt ertragen, 
mit ihrer Lage zufrieden fein, die geſetzlichen Abgaben gem -und 
willig bezahlen und mit Sreube und mit fronumen Sinne zum 
gerechten Kampfe folgen. „Darum, fagt Suthen, „it das auch 
ein gut und heilig Werk, wenn du deinen Zeind tobt ſchlaͤgſt, fo 
du bat ben Befehl von deiner Obrigkeit‘ (©.:169). Der Abel 


fol. mit gutem Beiſpiele vorangehen, er Io gowesfärchtig. tw 
genbbaft, — ‚ gebliber Vin. tr Föntren niht umyin, 
eintge: Ausfprü 


euthers ——— ve „Jeht thun emfre- Süm: 
fer vom: Mel auch alſo: wem. man bie Böfen fchür,. To ſon 
ea ne Schantprsbigt- oben. Ehandbach heißen: wider den Lübli- 
hen Abel. Wir ſchelten und ſchaͤnden aber nicht ben Idoblichen 
Adel, Tondern, wir, halten, ihn für ein theueres, zartes& Kleinod; 
aber ben fhähdiiden Adeı m wit fdelten, der fily will un: 
ter den‘ ebern · Des- Föbtichen Adels in- feimer Untugend verthei⸗ 
dioen· Adili oevachtet bie: Anbena alle, ſo vom g 
Geſchlecht undi GStonde ſind. GA muß zwar ein Umerſchie 
Stände in dieſem Be gleichmie ein 
recht unterſchjeden wird von einem Heiben, und was berfelben 
Staͤnde mehr ſind. Ader wer um eit- ober Worzugs 


willen ſtolziert, em iſti glei! Dapft. - oder: ſonſt Her -afletigernal: 


ie — der AH etw 


HR 
(8%: —— — —— m 24 
fir —— 


nn an m VE u m ya nn wg men 


fromme —2 der Jugend. Iſt der Aufruhr aber ausge: 


. üben. bie. Umterwpärfigteit 


" 815 


ats biefe nichts. gegen Gottes Wort unb Geſetz befiehlt oder ums 
aaa Geſchie — dies, fo gilt der Spruch: en muß Bolt 
mehr gehorchen als ten Menfchen‘‘ (&. 179181). Die Guau⸗ 
terung biefes Spruchs, der allerdings eine große Willlür zu: 
läßt, if von Luther in faſt blos 
worden, wie es bie bamaligen —— ae mitfich ringen 
mußten. Den — bus iD Der der: Bier Rebe, erken⸗ 


an pie nicht. als einen Han 
er vierte und laste Ab — —— “ie Revolus 
—* a olitik an. 


ehört hun wOble Mm Mm 

2 : mie mit di damen be⸗ 
er e echte ver! unb bie hi erbeifuͤhren und egen.. finb 
ch * Brad » fuͤhr Ar 


tion‘, 
* 
nee und 


Hier 197 fg. auseinanbexgefegt, daß ein 
böfer ram —* —* als ein boͤſer Krieg, aus bibuſchen 
und heidniſchen Belfpieten' bewieſen (©. 1 fg.), daß ſich Kies 
mand mit egner Gewalt rädyen fotl, daß ber tolle Poͤbel nicht 
viel fragt, wie es — werde, fonbern nur, daß es anders 
werde : 208), usb &.. 210: fg,. lehrt. Salvin, daB men ſich 
auch dem Regimente ber. Sottiofen und. 9 Tichtuergeffenen mit 
Demutg unterwerfen: Weiter Euther bie Frage, 
ob die Unterthanen v erpflichtet wären zu gehorchen, wenn ein 
König ober Herr feine Eide nicht Hält und ni nach den: vor: 
—— Artikeln EHEN wobei er gugleih- (G. 218 fg. ober 

ein polttifdjes Gutachten über ‘die Bers 
bes Si N en Dänemark es war Ehriſtian II. unb 


—* in das Se 15 r maß Sr: Ruſt hatte ans 
Kt a fowie ud ©. eine Berichtigung nöfhig 
macht‘, da: Pythagoras Hier unter den: Tyramen genannt 


wird) durch feine Unterthanen und bie eäbeder. abgibt. Die 
legten erhalten Unrecht unb werben „‚aufrährerifdge Gottesdiebe 
enannt und bt bie —* an der goͤttlichen Majeſtaͤt ver⸗ 
Anbigt‘‘ haben. Streli giofikt, Ungfaube, Hochmuth, 
Selbſtſucht, nicht das ham mit feiner Lehre von 
der cheiſtlichen Freiheit rufen den Aufruhr in das Dafiin: Zus 
legt ermahnen die Reformatoren hie Fuͤrſten dem Ausbruche bes 
Kufrubes busd); rechtzeitige Reformen des Ungenögenden im ber 
Ötnatshausdaltung u begegnen, ferner. durch Weicbung eines 
inmes im Wolke und durch eine weife und 


ſoĩ bie Fuͤrſten auf Gott vertrauen, mit Weist 
5 Hand gar — 2 — bieten und mößde, —* unb 


v 
Eowelt der Gang in Im: Rufl’s Schrift. Nach unferm 
Dofbrhaiten: ifi ber gmweite und Ariske.Abfehuirt darlolben am 
ußetichften. für unfere Beit. Den Anfichten ter Reformatoren 
unter ben vechtmäßigen. Lanbeäherrn 
verlagen wir ebenfalls nicht umfyen Beifall, mus. find bigfelben 
fowie, auch dia Etoͤrterungen über. den Staat im.euften Abſchnitte 
zu  tbeologifchsrinfeitig, umınod. im 19. Jahrhunderte als ganz 
ausseichend et werben zu Finnen. Denn. bie. Rafarma⸗ 
Fe — die Fragen über The, flänbifche Verfaſſung, 
n, Gehorſam, Empoͤrung u. f. w. wefentlich na 
Weihe. vd bi. juͤdiſchen oder. en Biunbfägen, 33 
phifche, Baweiſe und hiſtoriſche —— dea Aarhenn hatten 
bei — BR weniger Gewicht. Gin innigeres und einiger: 
Soden ini Gtanter warderß das Grgebniß 
—** die mit den Anſtchten der Glaubens⸗ 
aͤupter of in Widerfprudy flanden. In ihrem Gifer ‚für ben 
@lauben lag bie Werbefferung der bürgerlichen Berfaffung und 
Sefeggedung gang außer ihrem Gefichtskreiſe, ber Staat erſchien 
ihnen nur in dem Lichte des Alten Teſtaments, und uͤber deſſen 
Grundlagen, Zriebräber und Zwecke hegten fie Borftellungen, 
hinzielten bie iedenen materieflen 
und politifchen Elemente des menſchlichen Dafeins in ſtaͤrkern 


Hi 
. „8 | BESSHEE POTTER 


au bringen. nte body Luther im Jahre 1540 
ber. biblif (m Set im @vang. bes Lucas VI, 
a he {hr ‚ih Safür hoffet) jegliche Erhebung von Bin 
Zeben, der Gelb auf Zinfen außliche, für 
einen een und Ruder erklären und bies den Derbigern in di ei: 
ner befonbern Bermahnung („Saͤmmtl. Werke”, X, 1025) ein: 


Die ben aud immer iſt, fo wäre es doch bie gröflte. 
Unbanfbarkeit, Luther's und feiner Genoffen unfterbliches 
Wert barum herabzufegen,. weil bie &taatsweisheit des 19. 
hoͤher ſteht als die Schuls und Kloſtergelehrſamkeit des 
16. ne vi Wir wieberholen daher unfer obiges Ur: 
theil, daB. wie die Schrift de Hrn. Ruf für ein 
* Bus halten, das mit NRugen und Grbauung „gu 
werben kann 





Defkeid wie es iſt. milde von Hans Normann, 

Dies Theile im zwei Abtheilungen.. Reben, Goͤdſche. 

1833. 8. 3 Thir. 8 En. 

Der Verf. diefes ſehr ſeltſamen Bucher ift im Agemeinen 
wuͤthend gegen bie Welt, und gegen bie proteftantifche insbe⸗ 
fondere, weit fie fid einfallen täßt, fi bier und da über bie 
Deſtreicher luſtig gu machen und bie Wiener in ber Frembe zu 
bänfeln. In biefer Seelenſtimmung ſegt er ſich zu London hin 
unb ſchreibt ein Buch, das uns die Unübertrefflichteit oͤſtreicht⸗ 
ſcher Staats⸗ und Volkszuſtaͤnde, die (ger nicht befteittene) 
Liebenswürbigkeit ber Wiener, bes Herrn v. Hormayr ſchwarzen 
Verrath, die Weisheit des Kaiſers Franz, bie Grätfeiigfeft feiner 
Staaten und viele andere Dinge beweifen fol. WBdrum er aber 
dies fo —— gellebte und — Baterland verlaffen 
habe, warum er in der ſpaßhaften Prognoſe (alias: 
Vorrede —) uns verſichert, daß das freie Amerika feine Geben 
haben — ‚ warum dies geſchieht, erfahren wir nicht. 
uns jeboch nicht wundern, denn der Verf. iſt ein FA 

enſch, aus dem es ſchwer halten würte, einen con⸗ 

—* m ntadhen. Indem er — * verſichert er uns, daß 
es Schreiben, überhaupt alles Wiſſen Benkin und’ Digten 
der Menfchen dummes Zeug ſei, und. daß wir "Alle Leſe⸗ 
und Schreibenarren wären!‘ Sollte dieſet Gedanke wol: echt 
öftteichifch fein? Es kann fo ſiheinen, da grude Das, was am 


Deftreicher zu ruͤhmen ift und was der Verf. felöft vor Allen 


an ihm rähmt, fett forglofer, phyſtſcher Eebensgenuß, ſeine 
Sutmäthigkeit, feine Scheu vor Dem ik, was die Verdauung 
fört. Die Verehrung‘ der Were theilt ſich zwiſchen Kopf mb 
Magen, und ber Deſtreicher ſteht in dem Ruf — gereiht ober 
ungerecht, wir wagen nicht zu entſcheibder —, daß er bie 
78 ber Ganglie —* der des höhekn Rervenfoflenid vo; 
Indeni der Verf. feine Landslente gegen hiefeh Horw re N hr 
tigen will, beweift er nad allen feinen Kräften, daß er 
gegründet if. Schwere Geſchick eined Autors! 
Wäre alles Dies nur vernüänftiger, lesbarer.und beffer, wäre 
in biefem ganzen viertheiligen- Buche nur Serie, Rachdenken, 
Geſchmack ſichtbar, fo moͤchte es hingehen. Aber eine fü g 
fhmadiofe, ttrockene, einfältige. Gompilafion ,. bier‘ und ba ur 
toͤll ggwordene poetiſche Proſa unterbrochen, macht or auf a 
wenig Beachtung Anſpruch. „Meim.Vaterlanh, d 1 
fingen. Kufria, (öde, fiebeglühenbe ‚Kufria,d ia 
fingen, wie ich dich gelüßt, wie {ch mi bie — und, At 
in heimlidgen runden, wie ich geweint an keiner ‚Bruß, 
geſchmachtet ald Mann’ — fo be it dei fonderbare Autor 
und nun erzählt er uns, wie viel Kühe und Ochfen gehalten 
merben, wie viel Stocpruͤgel ber Feldwebel aus eigner Macht: 
voukommenheit ertheilen darf, was Induſtrie und Gewerbe her: 
vorbringen, und was in Küche. und Keller zu Wien vorgeht. 
IR das Belang? Almähtiger Appl! Dan erfährt aber nichts 
Kuss au. dieſem · Buch Der WVaxf. Alt vielmeßr, wie mandyer 


\ 





618 

Wirth, ſelbſt fein deſter Gaſt. Ohne feinen unt m’ 3om | mätbe iſt es nichtöfagenb, verkehrt unb unbraudber, 

le ve * die Proteſtanten, mit hoͤlzernen an ben wenigen Stellen, wo es it ſchmuzig a ner 
+ en unb ihrer Beligion, bie wie alle Religion (fagt er) | tig if. 3, 
ierth und halb Mythelogie, halb Verſtandesretigion if, 
gegen Hormayr und gegen die Franzoſen; ohne dieſen unterhal⸗ 
tenden Grimm wäre kein Bud) gar nicht zu verbraudgen. Als Literariſche Anzeige 
ein bie Diatribe gegen ben Proteftantismus &. 70, ber bald zeige. 
ein hoͤlzerner Wegweiſer mit unlesbarer Aufſchrift iſt, bald | Bericht über die Verlagsunternehmungen für 1833 vor 
I 1 en endet) en Tu F —S F. A. Brockhaus in Leipzig. 
amer iſt als ber „mit zau em umflorte . 

bp" — iR wirklich nicht minder Tpaßhaft als bie glei | — "fertige von ben Abkkaen IR Sie Geihenune une Deore 

darauf folgende furchtbare Denunciation gegen Hormayr. Wir (Bertfegung aus Nr. 146.) 

fahren daraus, daß ber Verklagte 1809 nichts gethan und heute | 24. Thiele (J. M.), Leben und Werke des dänischen 
feines Lebens in Tirol nicht ſicher fein würbe, daß man dem Bildhauers Bertel Thorwaldsen. In zwei Theilen. Mit 
großen Ghamäleon auf den Kopf knallen würde und ihr zum 160 Kupfertafeln. Zweiter Theil. Gross Folio. Auf 
3. wuͤnſcht. Das ift wenigft ” en zienee x vier Binden | dem feinsten Velinpapier. Cart. 
Drud! Wodurch Hormayr ſich den Grimm des Berf. in ſolchem „aa ee Saal, ai X £ppfetefeln md ‚einem a Beckmile, 8 


Grgade zugezogen hat, daß er ihn mit nicht wiederzugebenden 
Sdihshonen beehrt, wiffen wir nicht; wol aber wiffen wir, 
daß er ſeibſt, fo oft er nicht Gelegenheit zu folgen und aͤhn⸗ 
lichen trefflichen Grgüffen von Philofophie oder Wuth findet, 
der langweiligfie, trockenſte, albernfte Gompilator geographiſcher 
* ſtatiſtiſcher Rotizen iſt, den man ſich denken kann, nebenbei 
au 
ders zum Landſchaft⸗ und Gittenmalen, nicht weniger als Alles 
fehlt. Einer rohen Seele, in der auch nicht ein Fuͤnkchen von 
Schoͤnheits⸗ ober Kunftfinn und weder hiftorifche Studien, noch 
Hhilofophifche Bildung anzutreffen if, kann ein Gemälbe biefer 
Art niemals gelingen. 

Nachdem in diefer Weiſe bie fämmtlichen "Provinzen bes 
Kaiſerſtaats burchfiogen find, ohne daß von Dem, was im Ein⸗ 
gang verfprocden wurbe, auch nur das Beringfte erfüllt wäre, 
geht ber Verf. in ben legten beiden Abtheilungen auf „Wien 
wie es if’ über. Bier erfahren wir denn nun etwas mehr; 
nämlich, wie ber gute Wiener bei jeder Klage überzeugt iſt, 
- ee irre fi, unb die Regierung verfiche es befler (ein Troſt, 
ber in ben meiſten Fällen ganz gegründet fein wirb), daß 
Metternich in Wien verhaßt fei, weil ex jebeömal fein Zimmer 
ausräuchern laffe, wenn ein Bürgerlicher es betreten hat (wie 
macht ex es nur mit feinen Laquaien, ober bat er lauter Gra⸗ 
fen zu Dienern?), daß ber Preßdruck empoͤrend, die Beſtechlich⸗ 
" Teit der Beamten notoriih fei, baB bee Soldatenrock ein 
Schreckniß, bie gebilbeten Stände feit 1880 fehr aufgeregt feien, 
daß ber Deftreicher, als Deutfcher betrachtet, nichts tauge, und 
taufenb andere Dinge, bie ber Verf. in feinem Zaumel fo binfas 
felt, ohne daß feine Anklagen irgend eine Bedeutung hätten, 
Sehr erbaulich tft das Capitel über Literatur, Geiftesthätig« 
feit und geheime Literatoren, wo ber Verf. wieberum lehrt, 
wie gefährlich es ift, ‚feinen Zorn zu erregen. Ehe man fid's 
verfieht, hat man nämlich den Ehrentitel eines dummen Gelehr⸗ 
ten an bem Hals. Die, Kritik, in. welche fi ber Verf, im 
Abfchnitt: „Univerfität” kürzt, iſt hoͤchſt ergoͤzlich; Dumm, greus 
lich, bölzern find feine gewöhnlichften Bezeichnungsworte. Der 
legte Abfchnitt enthält Bolksfcenen, Charakterbilder u. dgl. Auf 
dem Wurftelprater, in ben Ballſaͤlen für Freudenmaͤdchen unb 
Brettihupfer (Laquaien) ift der Verf. zu Haufe, Die Bemeins 
beiten, weldye bier zum Vorſchein kommen, geben einen rich 
tigen Mafftab für die Geiftesbildbung, bie Herkunft und ben 
Beruf zum Autor ab, befien ber Verf. fi) rühmen kann, unb 
werden nur von den Schmaͤhlichkeiten überwogen, bie er &: 17 
zum Beften gibt. bier machen wir, bad Buch’ zu und überfchlas 
gen gern den mehre Geiten langen Katalog der Schimpfna⸗ 
men, welche am häufigften im Munde ber wiener diſchweiber 
anzutreffen find. .. re 

As Wert des Geſchmacks tft dies Buch unter aller Kritik; 
als geographifches oder ftatiftifches Hälfsmittel ift es ohne Ber 
beutung und hoͤchſt unzuverlaͤſſig; als Volles ober Sittenge⸗ 





noch der unzuveriäffigfte, und daß ihm zum Malen, befon: | 


| 


| 


.D Ihlr. 

+25, Urania. Zafchenbuch auf bas Jahr 1834. Mit bem Bild: 
niffe Zelter's und ſechs Stahlfiichen nach englifchen Gemälden. 
16 Auf feinem Be i open Geb. in Goldſchnitt. 2 Thlr. 

1890 koflet % Snie, Ges, ıhsı, 1u0d up andl ben 2 ars nung 
IM. An neuen Auflagen und Neuigkeiten erfcheint: 

+26. Aleris (W.), Wiener Bilder. 12. Auf feinem Drud: 
papier. Geh. | 

+27. Bean (Briederike), Römifches Leben. Zwei heile 
Mit -zwei netten. 8. 45 Bogen auf feinem Druckpa⸗ 
pier. Geh 8 Ihe. 18 Gr. 

+28. Brzosewsks (M.), La guerre de Pologne en 1831, 
Avec uns carte de la Pologne et dix croquis des batail- 
les principales. Gr. 8. 19 Bogen auf feinem Druckpa- 

A Geh. 2 Thir. 12 Gr. 

*29. Gonverfations « Lerifon, oder Allgemeine beutfhe Real: Ens 
pliopädie für die gebildeten Stände. Adyte Driginalauflage. 
In zwölf Bänden oder vierundzwanzig Lieferungen. Jede 

auf weißem Drudpapier 16. Groſchen, auf gu 


me re —* 
tem ibpapier 1 Thaler, auf extrafeinem Reli ier 
1 Ip. 12 Ge " | 

get oielfage er a BEE pam geazbels 
—8 , Kukenn Selen tt Beit förtgerd ts 
enden eleferungen einen iR Zwiſchenr ——— o * 


. Nr. 8. , 
80. SisHolg (Branz von), Schauſpiele. Zwei Bändchen. 
8. Xuf feinem Drudpapier. Geh 
a8 erde Bändchen enthält das 
er ie Hofdame‘’, mit ben Briefen 
81. Ersch 
seit der 
neueste Zeit: 


on Städt 
the’3 berälee an ben Bers 
—— Samuel), Literatur der schönen Künste 
itte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die 
Systematisch bearbeitet und mit dem nöthi- 
geh Registern versehen. ' Newe fo Ausgabe (vom 
diger Resö in Halberstadt und K. C. K ing in 
Dresden). Gr. 8. Auf gutem Druckpapier. 
82. Ersch (Johann Samuel), Literatur der vermischten Schrif- 
ten seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die 
‚neueste Zeit. Systematisch bearbeitet und mit den nöthigen 
“ Registerh versehen. Neue fortgesetzte Ausgabe (von K. 
C. Kreukling in Dresden), : Gr. B. Auf gutem Drock- 


papier. « 

ar VE Sröcrg iger ten teens ne 1 mie 

”58. Goldfmith (Dliver), Der Landprediger von Wale 

field, eine Erzaͤhlung. Neu überfege durch Karl Ebuarb 

von ber Oelsſsnitz. Mit einer Ginleitung. Zweite Aufı 

lage. 12. 114 Bogen aufgutem Drudpapur. Geh. 15 Br. 
(Die Bortfegung folgt.) 


Nedigtrt unten-Werantwortlihteit der Berlogäbanblung: F. U. Broddaus in Beipsig. : } 


0.0.0: für 





..Donnerötag, 


‘ 
‘ee 
— [nen 





Abermals eine Stimme über Nordamerika. 

Das erfle diegjährige Quartalheft des „Bainburgh re- 
view‘ liefert einen umftändlichen Bericht uͤber die Vereinigten 
Staaten non Nordamerika, den wir im Weſentlichſten bier bee 
Mitteilung werth erachten. Er iſt aus der neueſten Schilde⸗ 
rung dieſes fo viel beſprochenen Landes von James Geuart: 
„Three years in North America“: (2 Bände, Edin⸗ 
burg 1833) gefchöpft, und ber Referent ertheilt dem 
Reifenden das Zeugniß eines Seldenichaftlofen, competenten 
Beobachters, dem es keineswegs wie fo mandem Andern 
darum zu thun fei, ben Lefer zu beluſtigen und m Ex 
ſtaunen zu ſetzen, ſondern der im ſchlichter einfacher Rebe 


eine Meihe redlich angeflellter Korfchungen und aufmerk⸗ 


ſamer Wahrnehmungen . uber Menfchen und Dirige daſelbſt 
vortrage, mit ben gewöhnlichen Kunſtgriffen reiſender Aus 
toren unbekannt. 

Wir wollen nicht leugnen, daß uns bie bekannte Reife 
ber Mrs. Trollope hoͤchlich beluftige hat und uns als 
eine lange erfehnte Anficht der Schattenfeite jenes unftreitig 
zue Ungebühr von manchen Selten ber gepriefmm Lanz 
des der Freiheit willlommen war, geben aber gern zu, daß 
die Verfafferin oft zu ſtarke Farben auftragen und nicht 
ganz von ber obigen‘ allgemeinen Beſchuldigung maucher 
Meifenden frei bleiben mag. Wir halten es daher auch 
für einen Sewinn, wenn ein. Mimn son höherm Stande, 
wie. Herr Stuart, ber fihon -barum in ſeinen guͤnſtigern 


Urtheil über einen republikaniſchen Staat Glauben vers j 


dient, manche der durch folche Bücher erregten Vorurtheile 
berichtigt, und fit) — dem „Edinburgh review” gemäß 
— gleich fern von Capitain Hall's patriciſchem Abſcheu 
vor Demokratie, wie von Mrs. Trollope affectirter feiner 
Sitte und von Miß Wright's Vorliche zu Skepticismus 
und Epudndpfen erhält. 

Here Stuart kommt mit feiner Gattin Ende Auguft 
18283 in Neuyork an und macht alsbald die unerwartete 
Erfahrung, daß diefe in dem Umfange ihres Handels viel: 
leicht nur London allein in der ganzen Welt nachfichende 
große Stadt, die ohne Aufhoͤren von unzähligen Fremden 


aus Europa beſucht wird, Feine beffeen Bafthäufer und |: 


andere derlei öffentliche Einrichtungen defigt als jebe an: 
dere bevoͤlkerte Stadt Amerikas. Der Fremde findet das 
felbft die nämlichen Uebelftände wie Überall und wird von 
Kelinerinnen, die lieber figen als fichen, von Aufwaͤrtern, 


[2 .’. . “ . 
> “ — — 
- Rr. 150. —— 


"130, Mai 1833.) 





— Zu en — Pre 


die ſich einbilden, daß auch fie Gentiemen find, wie fich 
von ſelbſt verſteht, ſchlecht bedient. 


‚Mach einem kurzen Aufenthalte in Neuyork fährt Hr. 
Stuart in einem prächtigen Dampfpaletboote den Hudſon 


himauftund legt 15 engliſche Meilen, alte Stiüftände mit 


inbegriffen, durchſchnittlich in einer Stunde zuruͤck. Er gibt 
eine lebendige Schilderung der herrlichen Ufer dieſes edeln 
Stromes, auf benen er allmälig eine geraume Zeit woh⸗ 
nen bleibt. Was er über die unermeßliche Kanals 


ſchiffahrt fagt, wodurch der Hudſon mit ben großen Seen 
einerſeits, mit.dem St.⸗Lorenzoſtrom andererſeits zufam- 


menhaͤngt, iſt hoͤchlich intereſſant. Der Erie⸗ oder Weſt⸗ 
kenal iſt 383, der Champlain⸗ ober Oſtkanal 63 engl. 
Meilen lang. Beide wurden im Jahr 1825 vollendet 
und flößen eine hohe Meinung yon dem Staate Neuyork 
und der Weisheit, dem Unternehmungsgeifte und ber Aus: 
dauer de Witt: Clinton’s ein, dem ihe Bau vornehmlich 
zuzufchreiben if. Der Nugen, den fie der Union und 
insbefondere Neuyork ſchon gebracht haben, laͤßt ſich nicht 
berechnen. Wird aber erft der ganze Plan duch Eröffs 
nung bed großen, fchon weit vorgefchrittenen Kanals vom 
Eriefee bis zum Ohio vollendet, fo befteht eine innere 
Waffercommumication zroifchen Neuyork und Neuorleans, 
und das ganze Land oͤſtlich vom Miſſiſtppi und ſuͤdlich 
vom Hudſon bildet eine große Inſel. 

Die Zortfchritte der Bevoͤlkerung und Givilifation Ame⸗ 
rikas find erftaunlih. Der Eriefanal, den Here Stuart 
auf feinem Wege nach Niagara befuhr, führt vor vielen 
reihen und blühenden Städten vorbei, an deren Stelle 
vor einem halben Jahrhunderte nur Waldung zu fehen 
war. Unter feinen Heifegefährten befand ſich ein ſehr 
wohlhabender Dann aus NRochefter, deſſen Sohn, ein jun: 
ger Menfh von 18 Jahren, das erfte in der Stadt ge: 
borene Kind gewefen war, die damals ſchon 13,000 Ein> 
wohner zählte, und Baumwollenwerke, Webftühle, Woll⸗ 
factoreien, elf Mehlmühlen umd fechs oder fieben Kirchen 
befaß. Solche Wunder begegnen aber dem Blick des Rei: 
fenden in Amerika überall! - 

Herr Stuart gibt eine Iehrreiche Beſchreibung des 
neuyorker Staatögefängniffes in Auburn und eine Uebers 
fit des darin beobachteten Disciplinarſyſtems. Aus den 
thatfächlichen Angaben erkennt. man, daß bie norbamerifa: 
nifchen Befängniffe Ihren Ruf als die am beften eingerichteten 





618 


der civilifieten Welt mit Mecht verdienen. Wie es um 
einige der Haupteigenfchaften eines guten Gefaͤngniſſes be 
ſchaffen ſteht, mag man daraus abnehmen, daB 1) hin: 
ſichtlich der Dekonomie das Arbeitslohn bes Gefangenen 
8 Auburn die Koſten ihrer Erhaltung, inbegr en der 
ebalte Tür Aufſeher und Wärter vollkommien 
— des Geſundhats zuſtandes die "Zahl —* 
tem im Hospital das in ſolchen Anſtalten unerhoͤrt geringe 
Verhältniß von 1 Procent ergab, und 3) hinfichtlidh der 
Moralität von 160 aus Aubum entlaflenen 
112 entſchieden gebeffert, ehrlich und arbeitfam geworben; 
und nur 26° Arefchieden fchlecht geblieben find. 


Daß Dieuſtfertigkeit umd Ruͤckſichten gegen Frembe in 
den nordamerikaniſchen Freiſtaaten nicht zu Hauſe ſind, 
darin ſcheinen die Reiſenden ziemich üͤbereinzuſtimmen, und 
auch Hr. Stuart ſagt z. B. von bet Aeinen Stadt: Bf: 

Das Hotel wat geräumig: und gut, bie Leute barti- leidlich 
wobiseftiunt; doch hielt nd ungemein. Shen, hen Aufwaͤrter 
adez das. Gtubenmäbchen zu wer Ben „pie Schuhe Abendg nor 
der Stubenthuͤr abzuholen, um ſie zu. reinigen und fe. früh 
wieder dahtn zuruͤckzudtingen, oder. Heißes Kol: zum Di Baficen 
—— Dem der ziemlich allgemein ein 
ift ber, daß ber Goenmde feine Schahe ober —* in 
einem m MBink) den Schenkſtube mit. einem ‚paar. eben nicht rein⸗ 

der Yantoffeln vertaufcht, und fie. Fri gereinigt bas 
pr * wieder abholt. Das Raſiren nimmt man dagegen immer 
ne in der Schentfiube vor, wo zu dieſem Sntpsed auch 
Pi GSpiegel zu finden iſt. Die Münmde waſchen fig in: ter 
an tem Mruanen, wohin Mafchbeieh auf eine hHölyeme 
nd, - Die pr im At ſcheinen Fehr 
jebes Verlangen zu fein. Pergeſſen ober vers 
ıdeigern e aber G enb einen uftrag, der für einen ungewöhn: 
lichen giktt, To findet Leine Ktage gegen fie Seht. Sind fie 
Dmseitinee und keine Battigen, fo werben fie von einem 
ben micht beicht Geld annehmen, ja fie fshen ein ſolchet 
bisten allgemein für eine. MBeleibigung an. Sind bie Fufnörtee 
hiagegen —** oder Irlaͤnder oder Europoͤer wert auot *. 
nehmen ſte allerdings ein Trinkgeld an; es iſt aber dem 
ſenden — daß er es ihnen umter vier Augen gbt und 
fie vorher zu er Zeit von feiner Abſicht in Kenntniß fegt, 
fr r mitt erwarten und häufig noch unmufmertitmer 
bie Amerikaner werben, bie mwenigftend Vieles thun, was 
man von ihnen mit Höflichen Worten Gais eine Sunft verla 
Als meine rau vor einigen Tagen unfere Wicthin ra a wen 


. eine Waſcherin zu fenben, ber fie einige Kleider zu waſchen ges 


ben wolle, erwiderte fie, bie Sachen würden m Haufe gewa⸗ 
fen werden, und fie wolle eine van ‚sen Seiſt and kommen 
Ioffen.. Die kady kam und. mar — Farbige. Won nie 
dern Ständen zu Tprechen, wuͤrde hier nicht eben rathſam fein. 

Das Reſultat -von allebem tft, ſagt das „Beview” 
fehr richtig, daß man jegt. in Amerika als eine Bunjt 
erbitten muß, was man ein Recht zu verlangen hat: So 
lange ber. geringfie Arbeiter täglich nen Dollar verbienen 
und für zwei Dollars. einen Ader Land Eaufen kann, wird 
in ber neuen Welt die in ber alten vorherrſchende Ehrer⸗ 
bietung vor dem Reichthume nicht zu finden ſein. In 
einigen Jahrhunderten muß es freilich dort ebenſo wie 
hier damit beſchaffen ſtehen. 

Here Stuart theilt manches Intereſſante Über, die Er⸗ 
ziehung in Neuyorh Neuengland und audern Staaten mit, 
€ empfing biefe Nachrichten zu Teingm nicht ‚geringen 

Erſtaunen guteniheils von einem Manne, der die Sand: 


"Lieder von Karı' Mayer. 


kuiſche von Calbwell nach Saratoga⸗Springs fuhr, und 


den er, wie er ferner berichtet, beſſer bekannt mit der ge⸗ 


genwaͤrtigen Lehrmethode an ber Hochſchule zu Edinburg 
fand als ſich ſelbſt, obgleich er daſelbſt erzogen war. Et 
—* fi) ſpaͤtax, daß dieſer außerordentliche Kutſcher den 
Poſten cues Oderſharifft deu Porinz verwaltetß, Kauf⸗ 
mann im Seite Dorfe war nd dern Rachbar feine Pferde 
geliehen Hatte, die er felbft fuhr, um fie keinem Fremden 
—— — Seine Mitbuͤrger hatten ihn wegen ſeiner 
überlegenen Klugheit und feines vortrefflichen Charakters 
zu on Friedensrichter gewählt. 

Es iſt eine ausgemachte Wahrheit, daß jeder Mann 
in den Freiſtaaten unterrichtet iſt Zeitungen lieſt und an 
ben politifchen Interefien des Tages Antheil nimmt. Al: 
gemein vetdreitete Erziehung Aft: auch ber weſenttiche Vor⸗ 
zug Reordammeiflee. Und ehan dieſer w macht den 
Ausdeuck: Paoͤbel, odre genein⸗⸗ Meil, Tchfl auf ben ge⸗ 
dnpfisı Bhnger: der Freiſtaaten menwendbar, ihn ſelbſt 
aber des - non: Misbumech: ficken Genuſſad der autgebehn⸗ 
tefien Sreiheiten fähig. .. 

‚Des Darf. Bemerkungen. Uber die Ant und Weiſe, bie 
Wälder zu lichten and Niederlaſſungen zu begründen, muͤſ⸗ 
u für Auswanderer von vielem Nugen fein, Nicht min: 
ber. Dailenswerth fiheine uns hie. Auskunſt, Die er -seber 
zweckaaßige Ginrichtung der Wohnugen neuer: Anſiedler, fo: 
wie Über die in dem dortigen Klima am beiten gedeihenden und 
gewöhnlichen: Lebensmittel, indhefonbere vegetnbiliiche Nah⸗ 
wengämittei ertheilt. Mais ober inbianifches Kor, weiches 
vorzugeweiſe dort Bora genannt ˖wird, iſt ſonach das. we 
entbehrlichſte. Es ſoll zuerſt auf St.: Domingo angetrof: 
fen worden fein und wird in-fehr verfſchiedenen Bereitun⸗ 
gen zur Nahrung angewendet / als Brot, Suppe (Ruf 

und Pubding. Upreif und in den grünen Hul⸗ 
Im min es auch als Genchſe verkauft und ſol m bie 
ſem Zuſtande ben gruͤnen Exebſen wicht umdhnlich ſein. 
Die eine, grimes Korn genannte Art iſt zu ſelchem Ver: 
branch beſonders anwendhar. Haidekern, eine andere Art, 
wind für das beſte Futter füns Fedewieh spalten. une 
men fertigt aus feinen Halmen vortraffliche, in Wenyork 
allgemsein eingefühute ‚Kieiberbürften Pferde, Rindvieh, 
Schafe. und. Seflügst freſſen dies: Getreide gleich germ umb 
gebsihen babe Auch das Streh if ſebt nahrhaft und 


in zeichl He 
a er — Belchlai folgt.) 











Seuttgatt, Betta. 4833. 

8 4 Rhle. 16 Gr. 

au Pin ee be Me beit 
q (+) an un u en; * 

ee aa Be er 


wird much ihnen augeſtellt; 
eine onucibe ber etc und ihrer Wonne befunden 
—2 unk —— —* —— —5— gehemen Reiz; 
umb. fo bilbet fi) all nach jenem jungfränlichen Bad ber 
Batuefhönheit eine ol ohrt., die ber U verborgen 
unb ſich bo) von Tag zn Tage vergroͤßert. Evad Ar —X 
iſt den Liebern -bes- Dichters, welche wie bier —— folfen, 
wiberfegren. Sie find. zum geoßen Theile Ihn. fit Lämgerer 
Reit von den Trmnben. inniger Naturpore gelaunt unh gelicbs; 


619 


oft j be ihnen , ben bis viele: Sins 
——— und Sieb fee 


einen . a n. 
Mayer iſt nicht 
geaoffe Ußland’s; 
—— elle khön Geelen eben pflegt. Weber in Ger 
en nur pflegt. 
gerfland noch in- Form ‚yeigt ſich eine Spur von Race 
qhmung dieſes D in ten Liebern Karl Mayer's. Ja, er 
(sit flellt fie im dem eben Vorwort „An bat deutſche 
Ind! son einer gmwiffen Geite im Gegenfag mit Uhland's Neefie: 
Ninm, liederreiches Waterland, 
Auch dieſe Lieder uiild zur Hand! 
Der Luft, dem Sonnenſchein geweibt, 
| GEntziehn fie fih dem Liederfireit 
Kür dein verbanntes, gutes Reit. 
Mob laß dem friebligen Geſchlecht ‚ 
Nach feiner fanfteren Natur 
Sein Gluͤck auf deiner ſchoͤnen Blur, 
,. Befreit von ebler Waffen Lafl, 
Für die du Andrer Kräfte haft! 
Laß meinem Lied daB heitre Spiel, 
Das ihm zum milden Loofe fiel; 
Vergoͤm' ihm die befcheibne Scheu: 
Mich felber finde Bampfesdiren. . 
Die Iegte Zeile hat eine ſchoͤne Beziehung. Der Verf., ber ein 
Kichteramt im Btaate bekleidet, focht ritterlich in der Oppo⸗ 
fition der letzten wuͤrtembergiſchen Staͤndeverſammlung an ber 
Geite feines Freundes Uhland. | 

Was nun ben Grundcharakter feiner Poeſie betrifft, fo 
“ bürfte berfelbe — igſten mit dem Namen zaͤrtlicher Ratur⸗ 
ilebe bezeichnet werben, bie ſich formell als Schoͤnheit in Begren⸗ 
ung unb Vereinzelung ausfpricht. Won biefes legtern Eigen⸗ 
ſchaft rührt die finnnolle Kürze biefer Gedichte her, bie ſich fel- 
ten über drei Gtrophen hinauserftreden und nicht felten auf 
vier, ja auf zwei Linien befchränfen. Wie tief jene Liebe zur 
Katur bei dem Dichter geht, wel ein wahres, unmwanbelbares 
Gefühl fie bei ihm iſt, erhellt aus der immer gleichen Innigkeit 
und Wärme, welche durch bie ganze Sammlung hindurchgeht 
und den Liedern des fpätern Diannesalters biefelben Töne und 
* verleiht, wie ben fruͤdeſten Erguͤſſen jugendlicher Em⸗ 
pfindung. 

Karl Mayer's Poeſte lebt und webt in und mit ber Ras 
ter, bie Menſchen find feine innigften Yreunde und, bie Gellebte 
Fr ge ri ı Pi ea er su ihren — *7 
ihn alltaͤgl cinem Naturgenuſſe N 
% macht der fonft fo fanfte Dichter ſich in feindlichen ober fpots 
tenben Liedern Luft, wie in bem 


aur ein Freund, fonbeun ‘Zug 
übrigens if feine Poeſie ber feines Freundes 
anbt, wie man von eimer. allgemeinen Bess - 


Eine Scene, Blidde abend, 
Thut fi auf am fchönen Abend 
In des Dorfes weiter Straße. 
Was ich auch Ind Auge falle 

An dem ländlich Heitern Hügel, 
Hätten, Gartchen und Geflügel, 
Spiele rofig Ihöner Kinder, ' 
Sprünge freigelaſſaer Rinder 


Altes froh In feiner Weiſe, 

Thier⸗ und Pflanzen, Ktabir, Greif; 
Alles ſchmilzt in Sonnenmilde 

Mir zu Cinem Freudendilde 


.eim Ice und: Zugende | 


Baters | 


1 ihr fucht er Troſt und Rettung in allem Kummer und aus ieg 





Uber wenn vie Bilde Reigen 
er Ueber diefen bunten Reigen 
Nach ben fernen Bergesgtpfeln, 
Diät begränt von Waldes wipfeln; 
Lieber droben von ben Tannen 
Moͤcht' ich eine dann umfpannen, 
Abendlich mit ihnen glühen 
Bid zum legten Sonnenfprühen 
Ueber Land und See und Kernen, 
Ueberraſcht von Naht und Sternen, 
Alled Kleinen ganz vergefiend 
Und den Geift am doͤchſten meſſend. 
Man ſieht, wie dem Dichter bie Natur wenigflens edenfo lebens 
big erfcheint als die Menfchenwelt, welde fie bdewohnt, und wie 
für ihn ferbft ein höheres und bedeutſameres Daſein hat. 
Deswegen fest er fih auch in alle nur moͤglichen Beziehungen 
zu, ihr; bei ihr verpißt er den Verdruß des Alltagslebens, bei 
licher Roth; ja, beſſer als unfer Dichter verſtrhen ſich gewiß 


wenige Menfchen auf bie geiftigen Heilkraͤfte ter Ratur: 


Augentroft — Herzendtroft! 
Biſt du trüb geſtimmt, erboft, 
Kom grünen Auen 


Deine Welt zu bauen! (S. 138.) 
Richt nur bie Augen und jegliche Sinne, fondern noch mehr das 
Herz trägt als Fruͤhlingsguͤter Luft, Beruhigung, ine von 


bannen (S. 287). Selbſt Beſſerung des Herzens verbantt er 
ber Natur: ‚ 

In der Fruͤhlingsbaͤume Schatten 

Durch bed Ufers fanfte Matten, 

Dur ben Wohlgerud zu fchlenbern, 

Ja died kann auch Herzen ändern. 

Dan? ich Heut doch meine Milde, 

D Natur, nur deinem Bilde! 
Unfer Dichter lebt in allem Naturleben, er horcht auf alle feine 
Pulsſchlaͤge und belaufcht es in feinen einzelnſten Offenbarun⸗ 
gen; feine mannichfaltigften Gricheinungen vermögen nicht ihn 
zu verwirren, und er faßt, fo viele, bexen ex Tann, ohne Dishar» 
monie in. ein einziges kleines Bild yufammen (©. 82): 
Weite Winden ranken wieder 
Aus dem Gruͤn zum Murmelbach; 
Soldne Muͤcken fingen Lieber ” 
Unter feinem Schattendach. 
Voͤglein freuen fich im Bade, 
Ziſchlein auf kryſtallnem Pfade; 
Alles heimlich, hell unb wach, 
Thierchen, Pflanzen, Geiſt und Bad. J 
Roch auf derſelben Seite werden Sonne, Blumen und Quell in 
die ſinnvollſte Bezieh zueinander geſegt in dem viesgeiligan 
Sebichte: „Wechſelsweiſe Labung’': 

Die Quelle kuͤhl aus Bergesgrund 

Labt fi am Sonnenſchein; 

Die Sonne durch ber Blumen Mund 

Saugt Quellentühlung ein. 
Oft Lebt er es, ſich ganz in die Natur zu verlieren; eu ruft bie 
Wieſe voll buftiger Orchiden, das duͤſtere Labyrinth bes Walbes 
und den blauen See an: 

Niet mie aus dem Herzen weit x. 


Mid, mein Selbſt, die Welt, die Beit! (S. 8.) 
Und wenn er einmal verloren ginge und Trese nady ihm fehen 
wollte, fo ſoll fle ihn nie in Stadt und Welt ſuchen, ſonderit 
in die grüne Wildniß eindringen, ob dert in Wald und Yarrem 
kraut nichts von dem Vermißten gefehen wird (@. 36). 

Gleichwie en aber feine Freude, feinen Troſt, feine Beruhi⸗ 
gung bei des Natur fucht und fein Leib ihr klagt und ihn nur 
ſelten bie Angft überfchreicht, daß au fie thn überhören, daß — 
wie fich die Menſchenherzen vor ihm verfchließen — auch ber 
Natur nur fcheinbar ein f&hlagen koͤnnte, und, wie au 
ihr Due ſchmeichelnd raufche, ter Athem ihrer Luͤftchen wehe, 





620 


das Leid feiner WBruft dech der Ratur nur unbewußt töne (©. 
83, 84, vgl. S. 44): fo verficht der Dichter ſelbſt feinerfeits 
auch die Freuden und Leiden ber Ratur, ihre geheimfle Luſt, 
ihr tiefſtes Leid; er ſelbſt ift ber theilnehmenbe Freund, iſt ber 
milde Troͤſter der Natur. Wie herzlich gönnt er ihre ihren 
Srühlingsregen : . 
D willkommner Daienregen, ' 
Traͤnkend diefe Lat von Gegen! 
Ya, Ratur, erfällteö Sehnen 
Senkt auch dich in Wonnetdränen! 
Wie dauert ihn das Eeinfte „Raturwehen” (S. 126): 
Ad, felbfi des Muͤckenlledes goldnem Frieden 
Iſt graufam Ichon der Spinne Nett beſchieden. 
Und wie fühlt er bie Angſt der Natur mit in folgender „Ver⸗ 
gleihung” (&. 177): 
Welch wilde Beldzerriffenbeit, 
Welch walbig tiefes Grund! 
Wie eine Welt von innerem Leib 
Entdeckt von Dichtersmund. 
Haben die groͤßten Naturdichter ſchoͤnere vier Zeilen hervorge⸗ 
bracht, als dieſe find? 
(Der Beſchluß folgt.) . 





Heures du soir. Livre des femmes,. Erſter Band. 
Paris 1833. 

Es ift Schade, daß es noch feine Damen gibt, weldye 

auf das Buchdrucken gelegt, denn fonft würde das ganze B 
wahrfcheinlich von Frauenhaͤnden fein, Die Herausgeber aus⸗ 
genommen, finden wir blos Namen von Damen barin angeführt. 
Die Borrede ift von der noch unbelannten Frau Rofe de Bir: 
narr. Sie fleigt darin bis zu Herodot hinauf, gibt im Vor⸗ 
beigehen der Academie frangaise einen Epigrammenſtich und 
Nele das Buch unter ben Schutz der neun Mufen, die da find: 
Mesdames Sand, d'Abrantes, Elifa Mercoeur, Meniffier-Ros 
dier, Waldor, Desbordes :Balmor, Anais Ségalas, Eliſa 
Bolart, Amable Taſtu. Die Reihe beginnt und endet mit den 
Kamen der beiden beruͤhmteſten, um alle Eiferſucht in Betreff 
der Rangordnung zu vermeiden: zur Vorſorge fent bie Vorred⸗ 
nerin noch hinzu, ber Lefer werbe wie fie felbft fagen: „Jo les 
reföre toutes‘; die Ir. Birnarr feheint ihr Geſchlecht gut zu 
ennen. Ginen Apollo will fie aber nicht, fie lehnt fich gegen 
den Ausſpruch Moliere’s auf: „Du coté“ de la barbe est la 
toute- puissance”, es ift eine wahre Infurrection; der St.⸗Si⸗ 
monismus fängt an feine Fruͤchte zu tragen. Uebrigens fei ber 
Lefer unbeforgt; obgleich bie Männer von ber Redaction cuss 
gefchloffen bleiben, wird es an Tiefe und Kraft nicht fehlen. 
‚Les femmes ne sentent. pas mieux qu’autrefois, mais elles 
pensent davantage; et le style participe plus de la pensee 
que du sentiment.’ Hierauf kommt eine donnernde Grplofion 
gegen bie Sklaverei, in weldyer die rauen fo lange geſchmach⸗ 
tet, und eine Apologie dee rauen, in welcher es unter Anberm 
heißt: „On les a considerdes des-lors comme des éêtres qui 
&aient quelgue chose de plus que frivoles et l&gers, et 
bons & autre chose qu'à faire des enfans.” Uns fällt babei 
unwillkuͤrlich die Befchichte des unglüdlichen Legouve ein, wels 
cher ein Gedicht auf die Frauen ſchrieb: „Le merite des fem- 
mes’, unb über bie Untreue feiner Gattin wahnfinnig wurde. 
Der vorliegende erfte Band enthält fünf Erzählungen: „Une 
vieille histoire”, von Madame G. Sand, ‚Un visage rose et 
un visage ride’, von Anald Gdyalas, ‚Un enlevement’’ von 
Emilie Dedddamps , „Un läche‘, von Ernefline Legouvé, und 
„La oomtesse de Villequiers’’ von Glifa Mercoeur. Wir bar 
ben, da wir unmöglich alle die Babel, bie uns bier die fünf 
Mufen reihen, in biefem Xugenblid zu uns nehmen koͤnnen, 
bie Erzählung „Un läche” ausgewählt, weil wir Hinter bie: 


KT — ee ee 


in fuͤnf Viertel Jahren ſo ziemlich erſchoͤpft werden kann. 


ſem Titel irgend einen Ausfall auf das männliche 
witten, unb wir uns am foldden Ausbruͤchen eines feiten aufı 
richtig geimeinten Zornes ungemein ergbgen. Gin Wann hat 
eine Ohrfeige befommen und ſich nicht geichlagen 5 dis 
cutiren nun einige Jrauen in einem Salon, eine unter ihnen b 
merlt: „Le co 

plus maltre d’avoir du ooeur . 
vielleicht ganz richtig; aber wie boshaft reißt: uns bie Muſe 
nicht da einen unferer fchönften Kränge vom Haupte, ben des 
kriegeriſchen Muthes? Doch weiter. Der die Obrfeige belommen, 
it der Geliebte eines ber discutieenden Wäbchen, die ſehr krie⸗ 
geriſch gefinnt iM und, ſobald fie erfährt, daß ihr Zukuͤnftiger 
biefen Schimpf hat auf fich figen Laffen, laut erklaͤrt, fie wuͤrde 
tinem entehrten Dane ihre Hand nie reichen. Zu biefem jun 
gen Manne — Savigny heißt er — kommt nun Hr. Lafcours, 
ber nicht mehr Muth bat als er, und fchlägt ihm vor, ibn, 


Lafcours, ben anbern Zag auf bem Balcon ber großen Oper dfr 


fentlich zu beleidigen, worauf fie ſich bann auf Piſtolen ſchla⸗ 
gen und fich abfichtlich fehlen würden, um fi auf biefe Art 
den Ruf der Tapferkeit wohlfellen Kaufe zu verfchaffen. Dies 
ſes gefhieht; Marie, Savigny's Geliebte, empfängt ihn mit 
ftürmifchen Lieblofungen, als er unverfehrt vom Sweifampfe zus 
ruͤckkehrt; zwei Stunden darauf erfhießt ſich Savigny. Aus 
biefee Erzählung wäre demnach bie Moral zu ziehen, daß mans 
der Feige Muth hat, wenn anbers ber —28 wirklichen 
Muth erfodert. 143. 





Fortgeſetzte Geſchaͤftsvereinfachung in Batern, *) 

Die bei uns ſchon in vielfachen Zweigen angekuͤndigte 
Geſchaͤftsvereinfachung beſtaͤtigt ſich in der erfreulichſten Fort⸗ 
ſchreitung auch durch bie ſoeben erſchienene Ordnung ber pos 
Iptechnifchen und Gewerbſchulen“, welche beſtimmt vorſchreibt, 
in welcher Art von nun an der Zeichnenunterricht auch in den 
unterſten Elementarſchulen, nicht nur der Staͤdte ſondern auch 
des Landes, vom achten Jahr an von den Schülern getrieben 
werben muͤſſe. Zu biefem Endzweck fol von allen und jeben 
biefer Kinder eine Probezeichnung an bie Regierung bes Kreifes 
eingefendet werden. Ginen Kreis in den andern zu 900,000 &ers 
len gerechnet gibt eine wahrfcheinlidhe Zahl von 50,000 Schuͤ⸗ 
lern dieſes Alters, und alfo auch von fo viel Probezeichnungen. 
Diefe 50,000 Zeichnungen follen ſodann durch bie Kreisregie 
rungen mit Beiziehung ber Kreisſcholarchen und bes Negies 
rungsbaurathes genau und fleißig geprüft, und nachdem dar⸗ 
über förmliche Rathebefchläffe gefaßt worben, felbige fammıt und 
ſonders an ben oberften Schulrath in München eingefendet wer 
ben, ber dann feinerfeitd alle eingefommenen Zeichnungen be6 
ganzen Reiches, etwa 400,000 an ber Zahl, ebenfalls wieber 
genau durchgehen und einen umftänblichen motivirten Antrag 
an das Minifterium bes Innern baräber veranlaffen fol. Sollte 
ein Ununterrichteter darwider einpuimenben vermeinen: wie fi 
denn aus einer ſolchen auf bie hoͤchſte Spitze geftellten Verein⸗ 
zelung eine Gefchäftövereinfahung erweiſen laffen wolle? fo 
bittet man babei, zu erwägen, bag man hieraus allerdings ſchon 
auf bie ganz vollendete Geſchaͤftsvereinfachung in allen andern 
Zweigen mit Sicherheit zu ſchließen berechtigt fei, außerdem zu 
ſolchen wohlerwägenden unb umftändlidden Berathungen, ja for 
gar motivirten einzelnen Befchlüffen und Anträgen über 400,000 
Probezeichnungen, weder Zeit noch Raum zu finden wäre, was 
aber jest, wenn man etwa obne allzu große Umftänblichkeit in 
jeber Geffion 1000 Probezeichnungen aburtheilt, durch fortge⸗ 
fepte tagtägliche Vormittags: und NRacmittagsfeffionen, ver 
ſteht fich mit einftweiliger Zuruͤckſtellung aller andern Geraäfte, 


*) Vgl. Nr. 869 d. WI. f. 15, D. Reb. 


Nebigiet unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodbaus in Leirıig. 











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Blätter 


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fiterarifde Unterhaltung 








Breit... — Nr. 151. —— 31. Rai 1833. 
Abermals eine Stimme über Rorbamerifa. allmätig auf den Genuß ber Rechte vorzubereiten, bie jes 
Beſchluß aus Nr. 160.) dem vernünftigen Menſchen angeboren find. Als ob we 


In Großbritannien werden alle Religionen geduldet, | der die tiefgewurzefte Rachfucht bee Schwarzen, noch bie 


in Amerika genießen aber alle gleicher Rechte und gteichen | göttliche Gerechtigkeit zu fürchten wäre! Die VBeifpiele, bie 


Schutzes Im Allgemeinen beſteht zwiſchen den verſchie⸗ Hr, Stuart von der ſchlechten Behandlung der Schwar⸗ 
denen Sekten die. vollkommenſte Eintracht, und es Hetchfeht | zen und ſogar der freien Farbigen in den Carolinas, Geor⸗ 
nicht ſelten, daß Indididuen verſchiedenen Glaubens zu⸗gia und andern ſuͤdlichen Staaten anführt, machen der 
ſammen zum Abendmahl gehen, Geiſtüche von verfchie: | Menfchkichkeit der Amerikaner Beine Ehre. Dan gibt fich 
denen Eonfeffionen fich 'gegenfeitig in dee Eröffnung umd | alte moͤgliche Mühe, die Schwarzen in ‚Unmiffenheit zu 
Einweihung von Kirchen beiftehen. Hr. Stuart hatte | erhalten, fie dürfen keine von Weißen gehaltenen Schulen 
bäufig Gelegenheit, zu bewundern, wie wenig Heuchelei und | befuchen, und im Jahre 1823 erklärte fogar bie Grand 
Scheinheiligkeit in dem gefenfchaftlichen Leben der Ymeri: | Jury von Charlefton die Zahl der von Farbigen in ber 
kaner anzutreffen find. | FE Stadt gehaltenen Schulen für einen Uebelſtand und be: 
Wenn ſich nun aber auf der einen Eeite auch fogar | wirkte in der That ein Geſetz, demzufolge folche Leute 
Fanatismus in ben Freiftanten hier und da kundgeben mag, | keine Öffentlichen Lehrer werden bürfen. Es gibt wol 
fo muß man freilich dennoch die Frage ftelen, wie viel | Ausnahmen von der Regel folcher Behandlung, im Al: 
auf der andern Seite von jener gepriefenen Zoleranz auf’| gemeinen muß man aber zugeben, man mag aud) noch 


Rechnung religioͤſer Gleichguͤltigkeit zu bringen iſt. fo günftig für die füdlichern Freiſtaaten geſinnt fein, daB 
Den zweiten Theil des Werkes findet das ‚Review | die Sklaven darin die empoͤrendſte Unmenfchlichkeit erfahren. 
ungleich intereffanter und bedeutender als den erfien. Er Das ‚‚Review” läßt ſich auf eine fehr intereffante Ers 


befchäftigt fich vorzugsweife mit den fhdlichen und: weftlis | örterung der vermeintlich unbefchräntten Freiheit der Prefie 
hen Staaten, die ber europäifche Reiſende gemeiniglich, | in Amerika ein, Sonach dürfte diefelbe nur in den noͤrd⸗ 
wiewol mit Unrecht, nicht befudht. lichen und-weftlichen Staaten eine Wahrheit genannt wers 

In den füdlihen Staaten beſteht die Sklaverei noch | den koͤnnen, während in Louiſſana z. B. ebenſo wenig Pref- 
in ihrer ſchlimmſten Art und in der erfchrediendften Aus: | freiheit als Medefreiheit zu beftehen fcheint.. Sa, man 
dehnung, fodaß bie‘ Abfhaffung des Sklavenhandeld bei | würde ſchwerlich zu weit gehen, wenn man annähme, daß 
den Ameritanern leider nur dem Namen nad) vorgenom: | in einem Lande, wo Gefege wie die beiden folgenden, bie 
men zu fein ſcheint. Nach einer neuerlihen Schägung | 1830 in Zouifiana gegeben wurden, in Kraft getreten 
werden jährlih 10 — 16,000 Sklaven von den nördlichen, | find, von Freiheit uͤberhaupt nicht mehr die Mede fein 
Sklaven haltenden Staaten an Lonifiana und die füdlichen | könne, "Denn das eine diefer Gefege erkennt 1) gegen 
verkauft und ausgeführt. Die an ihnen begangenen Grau: Jeden, der etwas ſchreibt, druckt oder irgend öffentlich ver⸗ 
famteiten haben oft die fürchterlichften Stürme herbeige: | breitet und bekannt macht, was geelgnet tft, unter ber 
führt, und es iſt unbegreiflih, wie bie große Mehrzahl | freien farbigen Bevoͤlkerung Misvergnügen oder bei den 
der weißen Bevoͤlkerung fowol als die Sefeßgebung uns Sklaven Ungehorfam zu bewirken, nach⸗ Befinden lebens: 
empfindlich gegen die Gefahren fcheinen kann, die fie fchon | längliche Gefängnißftrafe bei harter Arbeit oder Tod; 2) 
dadurch bedrohen, daß bie ſchwarze Bevölkerung der füd- | gegen eben, der zu demfelben Zweck in öffentlicher Rebe 
lichern Staaten ſchneller anwaͤchſt als bie weiße und, wenn | vor Gericht, auf der Bühne, von ber Kanzel oder irgend: 
auch der jegige Zuftand der Dinge noch einige Sabre | wo, ja felbft in Privatgefprächen etwas dußert, oder fich 
dauerte, früher oder fpäter eine Katafteophe herbeiführen | duch Minen und Handlungen (signs or actions) alfo zu 
muß, um fich bie ihr fo hart vorenthaltenen Menfchens | erkennen gibt, gleihfalls Tod oder harte Arbeitſtrafe nicht 
rechte mit gewaffneter Hand zu erringen. Unkluger⸗ und | unter breis und nicht über zwanzigjährige Dauer, und 3) ge: 
verblendeterweife dent man an gar keine Beflerung des | gen Jeden, ber irgend einen Sklaven in diefem Lande fchreis 
moralifchen und geiftigen Zuſtandes der SHaven, um fie I ben ober Iefen lehrt, oder lehren läßt, oder geftattet, daß es 








622 


ihm gelehrt werde, nach Wefinden eins bis zwoͤlfmonatliche 
Sefängnißftrafe. Das andere Gefeg erkennt aber 1), daß 
alle freien, feit 1807 in das Land gekommenen Sarbigen wier 
der daraus vertrieben werden, und daß ein früberes Geſetz, 
welches keinem freien Farbigen gefattet, nad) Louifiana zu. 
toramen , wieder in Kraft trete; 2) daß alle ‚freien ig dem. 


Staate Isbenben Fuͤrbigen, welche biefem Vefehl nicht: ale 


fobald Folge leiften, Gefängniß oder lebenslängliche harte 
Arbeit verſchulden; 3) baß jeder weiße Einwohner, ber 
überwiefen ift, irgend ‚eine Schrift verfaßt, gedruckt ober 
verbreitet zu haben, oder irgend eine mündliche Aeußerung 
gethan zu haben, die ‚darauf abziele, ben Frieden und bi 
Biberkti des Staats in Betreff der Sklaven oder far: 

gen Bevoͤlkerung zu gefährden, ober bie Ehrerbietung zu 
verraindern, welche bei freien Farbigen gegen bie Weißen 
zufteht, nad Befinden um eine Summe von nicht we: 
niger als 300, noch mehr als 1000 Dollars geſtraft und 
auf eine Zeit von wenigſtens ſechs Monaten bis hoͤchſtens 
drei Fahre eingefperrt werben foll; während ein jeder fol- 
chen Vergehens überroiefene freie Farbige bis 4000 Dol⸗ 
lars Buße zahlen, bei harter Arbeit brei bis fünf Sabre 
Sefangenfchaft erdulden und alsdann lebenslänglich ver: 
bannt werden fol, und endlich 4), daß es in allen Faͤl⸗ 
len den General: und Bezirksanwalten bei Strafe der 
Amtsentfegung zur Pflicht gemacht wird, bie genannten 
freien Farbigen im Sal ber Webertretung dieſes Geſetzes, 
oder im Fall ber Anklage von Seiten eines Staatsbär- 
gers gexichtlich zu verfolgen. 

Das Beſtehen der Sklaverei kann ben Amerikanern 
allerdings nicht zugerechnet werben, bemerkt das „Review“, 
denn fie Fam ihnen ebenfo wie ihre Gefege und Inſtitu⸗ 
tionen von bem Mutterlande pe Für die Behandlung 
ihrer SHaven feit ihrer Unabhängigkeit find fie aber ver: 
antwortlih, denn gleich am Eingange der Unabhängigkeite: 
acte wird gefagt: „Wir halten diefe Wahrheiten für von 
ſelbſt einleuchtend und ausgemacht, daß alle Dienfchen gleich 
geſchaffen find, daß fie non ihrem Schöpfer mit gewiſſen 
anveräußerlihen Rechten begabt worden und unter biefe 
Leben, Freiheit und das Streben nach Gluͤckſeligkeit zu 
rechnen find”, wiewol daſſelbe Bolt, das ber Aufrecht⸗ 
erhaltung dieſer Grundſaͤtze ſo große Opfer brachte, ſie 
fortwaͤhrend mit Fuͤßen tritt. 

Herr Stuart zeiht einige Provinzialregierungen und 
den Congreß nicht minderer Ungerechtigkeit gegen die in 
bem Gebiete der Republik wohnenben indianiſchen Staͤm⸗ 
me, Insbefondere gegen bie Sherofefen, die der Staat Gear: 
gia im Einverftändniffe mit dem Congreſſe, ohne den Ein- 
ſpruch bes oberften Gerichtöhofes der Freiſtaaten, aller 
Vertraͤge, alles Rechts und aller Gerechtigkeit zum Trotz 
aus ihrer Heimat vartrieben haben wuͤrde. 

Von Neuorleans ſegelt unſer Reiſcnder den „Water ber 
Bemäffer” aufwärts in einem ſtattlichen Dampfboote ober 
vielmehr ſchwimmenden Hoͤtel. Seine Schilderung der Ge- 
ſellſchaft darauf faͤllt weit gemfiger- ale die der Mrs. Trol⸗ 

g ons. Er berichtet Manches über die immer noch 
—*— vereinzelten Niederl an den Geſtaden des Stro⸗ 
mes und bie halbwilde Lebensart ber Auſiedler. Das Ca⸗ 


’ 


‚Belege: 
fi boch 


pitel über Illinois, das an Fruchtbarkeit reichſte Land ber 
Welt, iſt ſehr Ichrreih. Die ganze Strede vom Miffi: 
fippi bis zum Michiganſee iſt eine einzige faſt ununter: 
brochene Wiefe, die Sranzofen nennen fie das irdiſche Pa: 
radies. Sie iſt weder fumpfig, noch Ueberſchwemmungen 
ausgeſetzt, genießt eines. miteen geſunden Alimes, :befigt 
reiche Lager Steinkohlen, Ka, ins .odes Kochſatz und 
Bleiminen und erfreut fi) in dem Mittelpunfte des ame: 
rikaniſchen Feſtlandes faſt aller Vorzüge und Vortheile ei: 
ner Inſel, weil es von allen Seiten von großen Gem, 
Steömen und Kandien begrenzt und burchfchnitten if. 
Daß .e6 von leidigem Sklavenhandel und Beſitzthum voͤl⸗ 
lg frei ift, mag für feinen der geringften Gründe zu 
rechnen fein,. aus denen es europäifhen Auswanderern 
— vorzugſsweiſe zur Anſiedelung empfohlen wer⸗ 
en kann. 

Das „Rexriew“ ſchließt feine Ueberſicht, indem «8 Hrn. 
Stuart das Lob ertheilt, eine lebendige und gewifienhafte 


von Bofton bis Meuorleens und von St.⸗Louis bis Neu: 
yore entworfen zu Haben, ber überall das Geptaͤge ber 
Staubwürbigkeit und Unbefangenheit aufgebrüdkt ſei. 153, 





Lieber von Karl Mayer. 
; (Weihluß aus Nr, 180.) 
Meberhaupt wird die Genrepoeſie unfers Verf., bi i 
ins Miniaturarfige verfällt, bon in ee har en 
gung groß und erhaben, ſowie fie ſich zur überfinnlicken Be⸗ 
heutung ber Rate erhebt. Nur wenige Bellen biefer Ast afs 


Die Nacht durchzuͤcken Blit auf Blitze, 
Der Donner fpricht mir ferne Worte; 
Ich ſtaune hin vom Raſenfttze, 
Wie nach ber Emwigtelten Pforte. (S. W.) 

Mag ſich um dieſe Felſenwand 
Bold ſtaͤrmiſch molkiges Gewand, 
Bald warmer Sonnenfhimmer legen, 
Sie ſteht in Ruh ber Beit entgegen 
Unb zeuget body und feR und flet 
Seu je von Gottes Majefiät, 
Die heut? zumal im Sonnigblauen _ 
So ſtill, fo derrlich iſt zu ſchauen. (©. 176.) 

Des Donners Groll, ber Winde Stoͤhnen, 
Des Geiers Schrei, in der Natur 
Ein jedes Haufen, jedes Toͤnen 
Sorim mir ein.einzig Aragen nur. 
Wo findet Antwort fi hienieden? 
Was ſchenkt und rebeflehend Frieden? (S. 197.) 

Wann eluft ich, auferfieben werbe, 
Und mir da6 Beben diefer-Erde 
Nach all ven AMäthſetn auf ſich Märk, 
Mird wich bie Söfung froh untbeaufen 
Wie bier dad Sturmes hehres Saufen, 
Dad durch bie taufend Wipfel fährt? (C&benbaf.) 
Aber auch in diefen vollein und Kiefern Accorden unterſcheidet 

art Mayer von musgegeichneten Raturdichtern tmferer 
Set, wie Heint In feinen’ erhfteru Naturliedern und ber Pürg: 
dich mit gebühsenbem Buhme von uns in d. Bl. *) gefckitberte 
Rikoal. Lenau hauptſoͤchtich daburrh ,, daß bie Jegtarmannten Dich⸗ 
ter die Natur Hahı als ein Thema bebankeln, über bas ihr 
Geiſt und Ihre kuͤhne Phantafie gewaltige Barlafionen erfindet, 
— — —⸗ W 
m Rep. 


gl. Rec Bil Und 1. EURE. 


Schilderung des Lebens in allen Staaten Rordamerikas, - 


— — — — — — 2 


623 


während Wayer's Dichtergemuͤth. ſich ge: bie in ber NRatur 
gewiffermaßen objectiv vorhandene Po erauszuforſ und 
in ben einfachſten, von ber eignen Individualitaͤt bes 
nichts als das tiefe weit gerügt borgenden Aushrüdken wieb 
‚geben. Auf den erfien Blick machen daher auch Feine 
‚oft den Cindruck einer gawiffen Wortarmuth bei großem -Binn- 
und Sachreichthume; aber bei wiederholter Lefung erweitert ſich 
vermöge ber diefen Liedern einwohnenden objectiven Naturkraft 
ba8 gegebene Bilb je mehr und mehr, und wir betvundern ein 
feltened Detail von Anfchauungen und Empfindungen in einem 
oft ganz Eleinen Gedichte; uns wirb zu Muthe, wie bem Auge, 
das eine für den unbewaffneten Blick unfcheinbare Pflanze durch 
das Mikroſkop betrachtet und nun einen ungeahnte - Karben» 
f und eine Harmonie ber wechfelvollfien Formen an ihr 
entbedit. Darüber vergeffen wir denn auch die bier unb ba et 
was Ichwerfälligen Wendungen dee Sprache, bie zwar fehr ſinn⸗ 
xeichen, aber dadurch zuweilen gefuchten Heime, wodurch in ber 
äußern Form manche der in einer gewiſſen Beengung ſich bewe⸗ 
genden Lieber faft wie Lieberfegungen eines geahnten Driginales 
lauten, bas bie Föftlichen Gedanken in feligee Schöpferfreipeit 
AT a werte. Nur ein einziges Beiſpiel ber Art 
(&. 131). 


An ben Lefer. 

Nicht alle fließen fie, die Thraͤnen 

Des weigen Dichters, Freund, zu benen 

Dein zartes Mitgefühl di neigt; 

Do ac), ed forgt das arme Leben, 

Daß es auch⸗ Thränen möge geben, 

Die, ſtill geweint, dad Lied verfchweigt. 

In biefen Zeilen wird das Verſtaͤndniß durch bie verfchränfte 
Gonftruction gehemmt, und das profaifche Wort: benen, erfüllt ben 
Beruf des Reimes gewiß nichts aber man lefe bie finnvollen 
Worte nur zwei⸗, dreimal, fo find diefe Mängel vergeffen, und 
das Bemüth vertieft ſich mit Luft und Rührumg in bie tiefem: 


pfundene Wahrheit, die ſich auch in biefem kleinen Eicde vor ihm 


aufthut. 
eher ber Ratur, bie er in allen Geſtalten und Iahreszeis 
ten durchwandert und beobachtet, befingt Karl Mayer auch noch 
bie hle der Liebe und ber Freundſchaft. Das erſtere 1 
(&. 53 fg.) verſchwiſtert er, wie fich erwarten läßt, gang unb 
gar mit feinen Naturempfindungen; man erfährt in fänen Lie: 
beötiebern mehr vom blonden Golde ber Achren als von ben 
Locken der Geliebten; finnlihe Glut barf ohnehin von biefer 
reinen Seele nicht erwartet werben; er liebt hie Beliebte wie 
das Kelfenmoos, wie die grüne Waldesnacht, wie Dirtenlieb und 
Herbengeläute, wie Luft, Klang und Duft (8.201 fg.), und a 
einer Rachwanderung fingt er: 
Schwarze Bald: und Berggeſchiebe 
Thuͤrmt fi) um ben Wiefenplan; 
Waſſer bonnern, body die Liebe 
Glaͤnzt mir aus dem Mond voran. 
Aber es muß lieblich fein, fo geliebt zu werben, wie biefer keu⸗ 
ſche Sänger ht: . Ä 
Yölle der Geltebten Zimmer, 
Sanfter, goldner Mondenſchein, 
Und mit deinem blauen Schimmer 
Dring’ in ihre Fenſter ein, 
Blumen, euer füßes Düften; 
Send’ ihr, theure Nachtigall, 
ern aus wonnetruntnen Lüften 
Deiner Sehnſucht vollen Schall! 
Wird die Holde lauſchen mäflen 
Solchen Erd⸗ und Himmeldgrüffen, 
Nah’ ide doch auf weichem Pfühle 
Roc willkommner ber Erguß 
Meiner treuen Derzgefüble,, 
Diefer naͤchtlich ferne Bruß! (S. 72.) 


x & bie dfchaft betrifft, 6 bald aus 
au gebichten, Bam ——— —— die ebfte iR . 


ber er ruhen kann .wie in ber Natur, unb bie er bewundern 
tanı wie fie. Daraus erklärt fi feine ganze Anficht von ber 
Sreundſchaft, wie fie fi in dem zärtlihen-Burufe „An Upland 
und Kerner’ ausipricht (5.5): 
Man fagt und viel von Amors Pfeilen, 
Und Mancher hat ihr Wert zu heilen; 
Doch auch die Breundfchaft kann und drängen, 
Dab Herz und fchwellen mit Befängen 
Und mit ben füßeften der Schmerzen. 
So, Freunde, gebt ed meinem Herzen. 
Es iſt nicht Frühling, iſt nicht Liebe, 
Was mich erfülit mit Liedertriebe; 
Ihr, Freunde, feld ed! Gurer Luft 
Erbebt im Wieberhall die Bruſt; 
Ihr wedet mid aus tiefem Schlummter, 
Erregt mir füßen Jugendkummer; 
Mie, Freunde, fo ich je gefunden, 
. Wenn Ihr au fchlaget Liebeßmunben ? 
Seine Freundſchaſt ift fo hingebend, fo aufopfeenb, fo gang ihr 
eignes Ich dem Freunde unterorbnend wie bie Liebe und wie 
feine gärtliche, unterwürfige Neigung zur goͤttlichen Natur. Aus 
foldher Empfindung ift das herrliche Gebicht: „Gin Lieb des Dan: 
tet", hervorgegangen, das wir als Eichlußprobe diefer Anzeige, 
dem Lefer nicht vorenthalten wollen (&. 15): 
Wenn tief ih in die Uhland 3 fichte 

Den Sinn vom Boden aufwärts richte, 

Preif ich den Wuchs, den hoben, Tühnen, 

Das Raufchen, Düften, Immergränm? 

Und waͤlzt bort Lenau Elagend nieder 

Den Gießbach herzentfprungner Lieber, 

&oH ich zum Abgrund mit ihm flürzen 

Dur des Gebuͤſches Ballammärzen ? 


Ay! Goͤthe's herrigend Ablerſchweben 
Kreik nun in einem ſchoͤnern Leben. 
Dec irrt mein Blick in blauer Geere, 
Wenn ich ibn deut gen Himmel kehre 7? 
ed’ dort ich nicht nach allen Selten 
Das Rälertslieb die Schwingen besiten ? 
Dängt es in fiherm Ueberſchauen 
Nicht ruhend über Wald und Auen? 
D, warmen Dont Bud, ben Bepriefnen ! 
bunt mir den Plag, den angewieſenen, 
Das Lieb zu Haupt, bei mir die Kanne, 
auch Die ic, sum Bach gefen?t, umfpanne. 
Sa, zu deinem Zannenwielengrunde wird man wallfahrten, 
fanfter Sänger; der Weg ift endlich gefunden, und wie Miumen 
und Quelle dei Walbes ern uns beine lieblichen Liber 
entgegen! - Karl Mayer wird in ber noch Jange nüht abg 
fenen fhwäbifchen Sängerfchule als eine ber eigentgüm 
und in ihrem NWerwachlenfein mit ber Natur der mung 
ungugänglichften Erſcheinungen leuchten. , 





Graff's althochdeutſcher Sprachſchatz. 

Dieſes ſeit längerer Zeit von ber Erwartung jebes gebilde⸗ 
ten Deutfchen - begrüßte Wert bes Herrn Profeffor ©. ©. 
Staff, die Frucht eines zmölfiährigen großartigen Fleißes, IR 
jegt endlich feinem Erſcheinen nahe. Der gegenwärtig in Bee 
lin lebende würbige Verf. laͤßt von dort aus eine Einladung 


zur Subfcription ergeben, weldge dei dem Intereſſe, dad diefeß 


als wahrhaft deutſche Rationalfache zu betrachtende Unternehmen 
für bad gefammte Yublicum haben muß, hoffentlich diesmal 
feine touben Ohren bei ben Deutſchen finden wird, was um fo 
bringender zu wuͤnſchen, ba ber mit bebeutendem Koſtenaufwaud 
verbundene Drud des 400 — 500 Bogen ſtarken Werkes nır 
erſt durch ben auf biefe Weile ſich bethätigenden Antheil des 
Yublicumd möglich gemacht werben wird, Unter bem Titel: 

„Althocgbeutfcher Sprachſchat, ober Wörterbuch der althochbeut: 


624 | 


ſchen Sprache, in welchem bie urfprüngliche Webentung und 
Fade unferer heutigen Wörter, fowie ber ſchweſterliche Zu⸗ 
mmenbang bed ganzen deutfchen Sprachſtamms mit den ihm 
verwandten ältern Sprachen, durch eine vollſtaͤndige Samm⸗ 
Iung aller von den früheften Zeiten an bis zum Anfange des 
12. Jahrhunderts uns aufbewahrten hochdeutſchen Wörter, 
Stebensarten, Wortbilbungen und Wlerionen nachgewieſen if, 
unmittelbar nach den älteften handſchriftlichen Quellen etymos 
logiſch und grammatifch bearbeitet‘‘, 
wird diefes mit reiner wiffenfchaftlicher und vaterlänbifcher Be: 
8 gearbeitete Werk den Preunden einer finnigen Gr» 
dung ber uns Allen fo theuern Mutterfprache ſich barflellen. 
Schon die zunächft in bie Augen fallenden populairen Zwecke, 
welche der Verf. in ber Ankündigung feiner Arbeit zuvoͤrderſt 
heraushebt, erregen die Iebhaftefte Theilnahme für eine folde, 
oft mit ganz neuen Refultaten überrafchende und zum erften 
Mal uns gebotene Darftellung und Gntwidelung unferer Spra⸗ 
de. Der Berf, macht 3. B. darauf aufmerffam, wie die Wörs 
tee unferer heutigen Sprache in ihrer Form fo entflellt feien, 
das man fie ohne Kenntniß ihrer urfprünglichen Form gar nicht 
oder nur falfch deuten koͤnne; fo, wenn man fi das Wort 
Leichnam erflären wolle, wo nur bie alte Form ſogleich Aufs 
ſchluß gebe; biefe tft lihhamo, gebildet aus lih, Körper, 
und ham, Bedeckung, Hülle, alfo das fleiſchliche, 
leibliche Kleid bedeutend. „Das Verbum, zu dem ham 
gehört”, fährt der Verf. fort, „heißt heman, bebeden, 
wovon auh Dembe, altbochbeutfh hemidi, als Beklei⸗ 


dung, und Himmel, althochdeutſch himil, ale der Allbe⸗ 


beder herkommt; wer ahnt ohne Kenntniß der altdeutfchen 
Sprache diefen Zufammenhang ber Wörter Leihnam, Hem⸗ 
de, Himmel? Aber überhaupt find bie Wörter, die wir 


jest fprechen, dem größten Theile nach todte Zeichen geworben, . 


die die Bedeutung, bie wir damit verknüpfen, nicht in ſich 
tragen, fonbern fie nur willtürlicy zugetheilt erhalten zu haben 
feinen. Wenn wir Wörter, wie Kind, Beichte, Befin 
de, Bräutigam, Henſchrecke ausfpredhen, fo fühlen wir 
nichts mehr von ihrer urfprünglichen Bebeutfamkeit, fondern 
gebrauchen fie wie willkuͤrliche Wezeichnungen unferer Vorſtel⸗ 
. ungen, weil mit dem XAbfterben ihrer Wurzel auch ihr inneres 
Leben abgeftorben ift. Wollen wir diefe ſtarre Mafle der Spra⸗ 
dye wieder beleben, fo müffen wir zu ben Ziefen unfers Sprach: 
altertbums hinabfteigen, wo- fi freilich nicht mehr für alle, 
aber doch für viele Wörter noch das fie erklaͤrende Etymon 
vorfindet. So zeigt fi, um bei den angeführten Beifpielen zu 
bleiben, in unferer alten Sprache bie Wurzel chinan, unfer 
jegiges feimen, von welchem chint, jest Kind, berfommt, 
und wir erkennen nun, baß der Begriff des Entfproffenen, Er⸗ 
zeugten nicht willfürli mit dem Worte Kind bezeichnet ift, 
fondern ſchon rabdical ihm beimohnt u. f. w.“ 

Der Berf. behauptet nicht zuviel, wenn er bie Rüdwirkung 
einer ſolchen Entwidelung ber Sprache auf unfer Bewußtfein 
als von folhem Einfluß bezeichnet, baß unfern Wörtern dadurch 
geriffermaßen erft ihre Seele wieder zugeführt werbe, die waͤh⸗ 
rend bes langen Gebrauchs allmälig verloren gegangen. Es 
ift kein Zweifel, daß fich unfer Sprechen anfchaulicher beleben 
‚muß, wenn uns bie urfprüngliche Bedeutung urferer Begriffe: 
zeichen auf biefe Weife wieder vergegenmwärtigt wird. Aber zu: 
gleich die Eigenthuͤmlichkeit des deutſchen Nationalcharakters, 
wie er in der Bildung der Wörter feine- vollsthümliche Aufs 
faffung, feine ganze Anſchauungsweiſe der Begenftände kund⸗ 
thut, wirb fich in des Verf. „Sprachfchag” finnreich wiederfpie: 
gein! Der Berf. belegt dies in ber Ankündigung feines Werkes 
durch einige intereffante Beiſpiele. „Was wir mit. dem Namen 
Baterland bezeichnen, nannte ber Altdeutfche bebeutumgsvoll 


odil, das Land in weichem unfer od, d. h. unfer Befig unb 


Gluͤck enthalten iſt. Eben dieſes Befühl vom Werth des Va: 
serlandes leitete den beutfchen Geift, der das Wort elend, das 
urfprünglich alilenti lautet und nichts weiter ald unberslän: 


Redigiet unter Verantwortlichkeit der Berlagäbandlung: J. A. Brodhans in Leipzig. 
I He 


diſch, nit im Baterlande, bezeichnet, für ben Begriff: 
unglücklich, der jegt in dem Worte elend liegt, bebeu il 

vol verwandte. So zeigt ber Gebrauch bes Wortes redlich 
für den Begriff des Rehtfchaffenen, Ehrlichen, den 
wir jept mit biefem Worte verbinden, wie tief und unmittelbae 
ber Deutſche es fühlte, daß Redlichkeit die wahre Verſtaͤndigkeit 
fei, denn redlich, althochdeutſch redilih, heißt urfpränglich 
nichts anders als verfländig. &o ift ber urfprünglidye Begriff 
von eitel, althochdeutſch ital, Teer; das Gitle belegte beuts 
[her Sinn mit dem Namen des Leeren. Geine Werthfhäsung 
ber Brauen legte der Deutfche durch das Wort Frau, althoch⸗ 
beutf frowa, an ben Tag, welches das Femininum von fro, 
Herr, ift, und daher Herrin bedeutet u. ſ. w.“ 

Dazu kommt die vein wiſſenſchaftliche und gelchrte Bebeut⸗ 
famteit dieſes Werkes, bie es als erfte und erfhhöpfende Samm⸗ 
lung und lexikographiſche Aufammenftellung ber althochbeutfchen 
Sprachdenkmaͤler jedem Sprachforſcher unentbehrlich machen 
muß. Möchte es alle Klippen und Hinderniffe, bie fidy feinem 
fhon lange fehnlich erwarteten Grfcheinen in ben Weg flellen 
tönnten, gluͤcklich überwinden und fo unfere Eiteratur durch ein 
Buch bereichern, wie es, einzig in feiner Art, kein anderes 
Bolt aufzumweifen hat. Es beftimmt ſich jeboch keineswegs bios 
für Gelehrte; jeder gebildete Deutſche wirb baran eine reiche 
und neue Ausbeute zur Kenntniß der Sprache und bes geiftigen 
Sinnes feines Volkes zu benugen haben. Zur Erleichterung der 
Anfhaffung kommt es in einzelnen Lieferungen zu 15 Bogen 
(1 Thlr.) heraus und bürfte in 6— 7 Jahren volfkändig in 


ben Hänten bes fubfcribirenden Publicums fein. 38. 
eg 
' Notizen. 


Denen, bie fich mit dem Zuftande Irlands befchäftigen, i 
vielleicht ein neues Werk von Zaplor: „The history, pr 
the civil wars of Ireland” (2 SBbe.), willkommen. Der 
Zweck bes Buches iſt hauptfählich, das gegenwärtige Elend 
bes Landes aus feiner Vergangenheit zu erklaͤren. 


Der fruchtbare anonyme Autor don „Sybilla Odaleta” 
(Signor Barefe) hat abermals zwei nicht eben ganz verwerfs 
tie, aber doch ohne entſchieden hervorfpringendes Talent ge 
fhriebene Romane erfcheinen laſſen. Der eine heißt: ‚‚Folchetto 
Malaspina. Romanzu storico del secolo XII,” (3 Ihle., Mais 
land 1830), der andere: „‚Preziosa di Sanlori, ossia i:mon- 
tanari sardi. Romanzo storico” (3 Zhle., Malland 1832). 
Friſch daran, ihr Herren Ueberſetzer. Ein ſardiniſcher Koman 
kommt nicht fogleich zum zweiten Dale, die Leihbibliotheken 
ſchmachten danach. 


Im Anfange dieſes Jahres ſind in London erſchienen: „Mi- 
rabcau’s letters during his residence in England’ (2 Bdbe.), 
zum erften Male nach dem Driginalmanufeript überfegt. 


Rah dem neuerlich erfhienenen „Sapgio di »tatistica 
degli stati pontifici di M. Gabriele Calindri’' beträgt bie 
Bevdlferung der päpftlichen Staaten, die Eegationen inbegriffen, 
2,592,329 Seelen, die in folgende Claſſen zu verteilen find: 

Unverbeirathete Männer . . . . 289,177 


besgl. Sraum . >» 2 2 202. 284,145. 
Berheirathete beiderlei Gefchlehts . 913,586. 
Witwer. . 2 2 20 0 2.2..48,616. 
Wiwn . . 200. 84,126 
Kinder männlichen Geſchlechts 521,185 
Kinder weiblihen Geſchlechts. 558,012. 
Moͤnche oder. Drbensgeiftliche . 10,598. 
Priefter oder Weltgeiftliche 84,600, 


Nonnen. . 8,284. 
Giner anderen Angabe zufolge lebten im Zahre 1831 in ber 
Statt Rom allein 1432 Meltgeiftlihe, 1908 Möndye umb 
1875 Nonnen. 153, 


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Sun 1633. 





0, biefer Bei erfhein? außer, den Beilagen täglich, Nummes und iR Dar Pris für den 


Jabra 
ae: % ämter, dig ſich ay.pie Bänigl. Fächliie Zeitumgserpebision m Leipzig, das. Ehnigl. 


12 Thir. 


334 Grenzpoftamt 4. D 


Ye Buchhandlungeg iin und. außer Deutfchland nehmen Beftellung baranf. an; ebenſo 
alle, „ober das. karitl. Shysm: am Taxiſche Poſt amt in Altenburg 


DER... Die Bantepbung Apdet, wochentich — Dienſtans und dreitað aber, u in. Wonatöpeften Hall 





ww, si; f 4 


Durkbens ‚tieranifches, Buben ,imd Bohn om. geb⸗ des 
nn erahnen. 
.. &xrfher Sptihet., u 5. 
Gwaibm und, Elbflaxenz hat man Daeten. in. der 


nern. Dat. 2) 11,50 ‚Dielen Bam: aben: perdiente. es⸗ 


. waltsfehher» ſchhriz am sonfken vielleſcht. unter; den helden 


wunöieheunen Aumıfien,. irarloe: e6 ; im Yfange des, 18 
Sahıhwahetts achitsoniich unpegwiniueichöneeten, amers 
mehfiche Suramen auf. Semanjungen. fir Hall und Mh: 
ſenſchaft wenheten, —8 „und, Kuͤnßler relien: ließen 
(einige der Erſtern fogas. nach Afrika), oft koͤniglich "bes 
kohnten. und: durch · Ihrem, geonzenloſen Lurus ins beſondere 
die echaniſchen und gewertlichen —— 


Mech abgeihem de u —* hie ‚hr, Zunſt 
und. ae ‚am. —— 
ai Yap fan je Fin, wol —— ‚bier nur. 

8 ‚nachtönen lalien aus jener, ‚feit 30-0 3 Ihren 
* pisflangsn Zeit, wo. ein t von. hohem Siun 


H Kunft und Literatur, vom gelaͤutertem, Geſchmag unb 
zründlichen em, auf dem.. Fhrong: ſab und doch, 
berlegter n.:barf fal ſagen gezwungenet. Dr 

—* wall, t ‚m pi ‚mat. feige Ahne 

a ‚Siteratue um Er 


! u I 

ER: — * des — — ar 
e n und Zuſammentreffen ‚guter Kopfe un 

gerechter Ode fi — von —F bidete, und io 


immer Einer des Andern Sonne ward, mährend eine 


Zoreenh Gohtralſine wis ‚sin halb FJohrbondent fruͤ⸗ 


am Firnamente. des Dofes. nicht ſichtdas · war. 
"ir Hauptfterne jenes literariſchin Siemamentd; wa⸗ 
ven, aus bem Bliigerflande: Abtlang ; Archenholz, Rupert 
und Gottlieb Wilhelm‘ Becker, Berger, die Gebruͤder Canz⸗ 
ler, Cramer, .Dafdorf, Guͤnther, Hader, Haſche, Haus⸗ 
wald, Hunger, Körner, Langbein, Lippert, pie, 5 Lohdius, 
Meißner, Mittelhaͤuſer, Neumann,. Rebmann, Reinhart, 


I Dugend Lefer hatten: 


Be [4 amt , 
Riceer, Seiſtied Schiegkert, eis” Tittmann, Dein, 
ſig Winkler · ¶ A ans, dem Mitterflamde: Graf. Bruͤhl, 
yon Globig, Sreiherr von Gutſchmid, ‚Graf Hohenthal, 
uam Punikqau, der Freih, zu Racknitz, von Teubern, von 
Wurſmb u. Yu; amd zu den: Füßen dar dichteriſchen Ga⸗ 
maliel's Augen nur. erft. an zu. figen und zu, myitſchamm: 
Albracht, ‚Zell, Kind, Lzun,, Ras u. A., | ui 
.. Yu Liederkreiſe und literariſcht Thees raue nicht. gu 
benken,: obſchon e8 ber Sänger und Literatoren genug oa, 
bie zur Mitgfiedfchaft.. geeignet: gewefen waren. uch 
fehlte es am einem. literariichen Centralpunkte, am. einem, 
auch außer. Dresden. geleſenen Journale; wie ſpaͤterhin⸗ dae 
„Abendzetung ward; .bensg die journaiiſtiſche iteratut lag 
damels ivch Ik. Mgen,n ober vielmehr in der Arche ges 
ringeper Bmpfimglichdeit und Theilnahme. Außer Ban :ges 
lehrten Beitraͤgen zum „Dresdner Anzeiger“ gab. es damals 
nicht Ein bluͤhendes Journal in Dresden; jenes eine aber 
deſchrankte ſich wieder meiſt auf vaterlaͤndiſche Gegenſtaͤnde 
und biente nebenbei gabitterten oder ſich gekraͤnkt glauben⸗ 
den literatjſchen, and, qrtiſtiſchen Gemuͤthein alg ein -Afferte 


bier, Ahbfhrungsort, ihrer Gallenbiaſen. 


Dies. war. beſonders⸗/der Fall mit. dem Vibliothekar 
Dasdorf und dem Seftungsbauprediger Hafche, von denen der 
Eine die amziehendfle, der Andere die gründlichfie Beſchrei⸗ 
bung Dresdens geltefert haben wollte, fowie mit einer 


"Schrift des Hofraths von Teubern Über Schenau’s Altar: 


ewälde der Kreuzkische, welche ein wahres Eritifches Kreuz: 
Feuer veranlaßte. Uebrigens legten die meillen Dresdner 
Gelehrten ihre Iiterarifchen Eier in fremde Neſter, befonders 
in die „Algemeine deutſche Bibliothek“, die „Goͤttingiſchen 
gelehrten Injetgen⸗, das „Deutſche Muſeum“, den „Deut: 
(hen Merkur“, die „Berliner Monatſchrif “und Sfelin’s 
„Ephemeriden der Menſchheit“, die nach beffen Tode Hof: 

vath Beder in Dresden herausgab, wo. fie aber kaum ein 
Zwar machten einige bresbner Ge: . 


626 


lehrte den Verſuch mit Begründung von Journalen; ˖ al> 
lein es blieb auch dabei. Mit großem Pomp z. B. kuͤn⸗ 
digte Schlenkert eine Wochenſchrift: „Weisheit und Thor⸗ 
heit”, an, welche, kein Vierteljahr alt, in der Wiege 


s 


fchon ſtarb. Der Finanzſecretair Hunger ‚wollte ein. hu⸗ 


moriftifches Blatt unter dem Titel: 
dent”, herausgeben‘, allen es fanden ſich feine Intereſſen⸗ 
ten. Der Bibliothekar Ganzler begründete, in Verbindung 
mit dem, feines. „Alcibiades“, feiner „Binnen Capello“, 
feiner „Skizzen“ wegen allgefelerten Meißner, eine fehr 
gehaltreiche Quartalſchrift Fuͤr ältere Literatur. und neuere 
Lecture”, die aber nur vier Wände erlebte. Die einzige 
yesssdifhe Schrift⸗ von längerer Daurt war Hafdye'&;,Ma: 
gazin der fächfifchen Gefchichte”, das von 1784—90, body 
nur unter ſtetem Beterfchreien des Verf., daß gr fein baa⸗ 
res Geld dabei äufege, erſchien und endli auch aus 
Mangel’an Unterftügung einging. ee 
An unfere jegigen- Belehrtens und: andere Vereine für 
Botanik, Bhumenpflege und Pomologie, für Mineralogie, 


Phyfik, fuͤr vaterländifche Alterthumskunde, Für Stati⸗ 
fit u. ſ. w. war nicht zu denken. Nur ein Inſtuut aͤhn⸗ 
licher Art: Die Geſellſchaft für chriſtliche Liebe und Mit⸗ 


leiden, gab es in Dresden, welche aber mehr Wohl: 
thun als literariſchss Wirden und Forfchen zum Zweck 
und faft nur die Herren vom Stadtrathe und von -ber 
Geiſtlichkeit zu Mitgliedern hatte. Von einem Muſenm, 
sole’ jetzt das trefflihe Arnold'ſche, Hatte man noch: gar 
keinen Begriff, und die : meiften Leſebibllotheken wardir 
nicht viel befier als halbliterariſche Büdchen/ wo nur Bel: 
letriſtiſche Kurzwaare, Romane m. ogl. aber nicht Eine wiſ⸗ 
ſenſchaftliche Schrift zu haben war. Vorleſungen uͤber lite⸗ 
rariſche, artiſtiſche und andere derartige Gegenſtaͤnde kannte 
man noch ſo wenig, daß, als ber grundgelehrte und hoch⸗ 
verdiente Archidiakgnus M. Winkler (Theodor Hell's Vater) 
1780 anfing, philoſophiſche, phyſtkaliſche und kosmologi⸗ 
ſche Vorleſungen zu. halten, über ſo herrliche Verbindung 
von :Meisheit und Gemeinnügigkeit: mar. ih nicht genug 
- wandern. kommte. 2 eh pl 
"Die Eurfürftliche Bibliothek, obgleich; damals fdyom *) 
ihrer :Beftimmung nad „Museum usui 'publico patens“, 
war doch, Ihrer Einrichtung und fonftigen Verhaͤltnifſe we⸗ 
gen mehr elausum als patens; denn feit 1728 in Brei 
Säle der Zwingerpavilions geklenimt ""), gewaͤhrte fie 
den Muſen ein fo beſchraͤnktes Quartker, daß Ihre Schäge 
WERE EDEN io ABmieltacher ee sin la. 
y Bis zum Anfange des 18. Jahrhunderts warb'ifie-faft nur 
..: als: Privatbibliothek behandelt; denn nur Wenigen von Rang 


und Stand war die Benutzung derſelben, und auch dieſe 


nur unter großen Beichränfungen geftattet. Fremde hat: 

’ fen felten Zutritt. "Die Juſpectoren oder Bibliothekare über 
- befanden‘: fi in Literarifher Einfamkeit zu wohl,’ ale daß 
iſte eine Aufhebung derſelben — — NAuch 
.. \mmfaßte:. bie. Bibliothek belweitein ‚nicht. sche, ihr gehörige 
‚@böge; denn im grünen Gewölbe, in, ber Zuniis. und 
. ‚Müäftlammer blieben ‚lange noch eine‘ Menge Buͤcher und 
Dandſchriften verſteckt. ( Ebert, Gefchichte und Befchrelbung 
dee dnigl. Bibliothek“ ©9835: -- en 
“+7 Mit Ausnahme der juriſtifchen MBerke,melde; aus Men: 
ge / KRaum Im Vruͤhl'ſchen Palafte aufgeſtellt waren/ 


. 


Laſt derſelben bedrohte J 
Benutzung derſeiben wie jegf “hate man thmaks kin 


„Der junge :&tu-?, 
Begriff, obfhon” der: Oberbibliochekar Cruſius und bie 





wenig zu bemerken, oft kaum zu finden waren; bie Buͤ⸗ 
cher fianden nämlich doppelt und breifach hintereinander, 
biele lagen nur fo herum, wie man grade noch ein Pläg: 
hen für fie gefunden hatte, und die zufammengebrängte 
fogae die Gebäude, Won einer 


Bibliothelare Ganzler und Daßdorf den Gebrauch derfel- 
ben cher beförberten ats erſchwerten. Außer dem Kurflı- 


fin, den Miniftern, den Mitgliedern der hoͤchſten Behoͤr⸗ 


deu, einigen Gelehrten und Künfttern ober befondern Guͤnſt⸗ 
(ingen bes Perfonals benugte fie Niemand, und faft glich 


-fie einer Juſel in unbeleuntn leeren, wo nur dann 
‚und wann ‚pin. fiterarifches Schiff Iandete. 
ſogenanntes Eiliſchreibebuch feit 1756 exiſtirte, ward es 
:doch' wenig benutzt, weil die Beſuche don Fremden ſelten 


Obſchon ein 


waren, und oft erzählte "der Secrelair Naumann ben 
Bibllothekar Cruſius, wenndieſer etwa ein paar Tage 


gefehlt "Hatte, mit "wichtiger Miene: „Wir haben indeß 
auch einen Fremdenbeſuch gehabt. Man wollte unter Ar . 
[2 @ £ N} 


exm Sogar. bie .confiscieten Bücher ſehen. melchss ich aber 
näthrlich verweigerte.” Wie es fcheint, gab es alſo bei 
ber Bibliothek eine beſondere Samtalung ſolcher Schrif: 
ten, bie aber fpäterhin wol einrangfrt wurden: *) 
Uebrigens erfchtwerte auch das’ enge Local des Erpedi⸗ 
tions= und Eefözimmers, ob, wenn riät ein halbes; Dugend 
Leſer auf. Anmal- fin Anftelten --fchon:! wahre? Raumnsech 
entitand:; - der Mangel an ⸗guten "Ratafohen ) und bie 
Ungelenkheit und Ungelahechlitn das: uittend. Petjonals "ober 
bee Hogenannten Bibllochekſchreiboer, wozu nicht fektin Be⸗ 
biente -von Erleßerizen: ‚befördert wurden,‘ den Gebrauch 


‚dicht wenig, Web -man- nun vollends. -baß.:diefe- Biblio: . 


thek viele Fahre: einen Chef (den: Graf Mareolini) Hatte, dem 
bie Literatur, ‚Imsbefondere die deusfche, 'Yanz“ fernıb- war, 
fo kann: han: von’ ſelbſt auß ihre Wirkſamkeit ſchueßen. 


‚Schon der Zuganßg zur Bibliochek,! eine alte beinooſte 


Steiliefpe, auf mAh man Im Winter Arm- Vodet Bein⸗ 


bruch Ju fuͤrchten Harte,‘ wär-nicht vinlabent, dber atich 


fü wenig begangen ‚.' daß es ordentlich, auffiel, Semanden 


“fie befelgen ‚zu Tepen. - Höchft poffierlich Einge «6, unb 


boch iſt es mahr;' daß das untere Perfonak ſich oft fogue 
nach Beſuch fehnte; vbeil’tg‘ fuͤr ſelbes adj "gar’zu sornig 
ju thun gab, "und" daß noch weit Öfter Siccher nicht 
ausgeliehen tberbent‘' fonnten, "teil 'mari fit nicht zu finden 
müßte, “oder ‚deB engen /LochW wegen zu viel Mühe’ arte, 
fie zu Lage hu fördern;“ obet endlich, wet ſchlechte Wit: 
teeung deren Herbeiholen hinberte, denn die obrrmähnten 
drei Zwingerpavillons ſtanden nur durch offene, ziemlich 
: 2) Der Blbliothekar EClobius hatte 1783 anf Einlieferung “er 


ned .:Srenplara; von:jedem “Lonfißcirten Bache - angetragen 
el (kirfäbert: ©. 78). jr: al 5%. Jar * 


::,J:Durib.ben Fuiß der Viblio lalacke Mat und Giehirs. wor 


zen über hundert Koliobände.au Katalogen, nomingien und 
. realen Inhalts, vorhanden; und boch warb es dem. Perfo- 
nal oft" biutſauet, ei vertangtes Buch ſchnell zu Finden. 
Erſt feit 1800 Hat-bie Bibllothek ein allgemeinen (53 Be: 
= Hebähbe fasten). Romtratfatalög. sebalten.. 1... :i:i. A 


— — — — — —— — nn 


627 


% f 
ange Gänge in Verbindung. Verlangte nun Jemand 
3. B. mehre Bücher, deren jedes in einem. andern Pa: 


villon ſich befand, und es ſchneite oder regnete grade, dann 
war das literariſche Holland, mehr aber noch der es in 


Anſpruch nehmende Literatus in Noͤthen, wenn ihn nicht 
vielleicht Rang und Stand vor Knurren und finſtern Ge⸗ 
ſichtern ſchuͤzten. Dazu kam noch, daß der damals ein⸗ 
zige Secretair, Naumann, ebenſo ungeſchliffen und un⸗ 
gefaͤllig als das jetzige Perſonal fein und dienſtfreund⸗ 
lich, für Beſucher der Bibliothek mehr eine abſtoßende als 
anziehende, Kraft hatte. Die Zälle waren nicht felten, wo 
es bie: „Kommen Sie morgen wieder! Die Theologen, 
die akten Claſſiker u. f. w. ftehen in dem Papillon da brüs 
ben, da mag fie in dem Wetter ber Teufel holen.” 
Wenn biefer aber nicht wollte, und der Secretair gleich: 
wol fo ein außerpavillonifches Werk eines vornehmen Ber 
gehrerd wegen doc) holen mußte, ba hieß es gewöhnlich): 
„Santo (Name des Aufmwärters), meinen Paraplui!” ober 


bei Stätte und Kälte: „Santo, meine Bärlatfhen!” ober | 


bei. beftigem Winde: „Santo, meinen Roquelaure (Regen: 
mantel)!“ Ja, nicht felten mußten Paraplui, Bärlatfchen 
und Roquelaure vereint geſchafft werden, eine alte theolo⸗ 
giſche Schwarte oder die Ausgabe eines roͤmiſchen Claſſi⸗ 
kers in usum Delphini zu holen. 


Zu verdenken war es uͤbrigens jenem armen Secretair 


nicht, wenn er bei ſchlechtem Wetter die außerpavilloni⸗ 


ſchen Gangreiſen fuͤrchtete; denn ex litt oft an Gicht und 
Zahnweh — vielleicht Folgen jener Reifen —, und ber 
Fall ift mic feloft vorgelommen, daß er ein Buch, zu holen 


abſchlug, weil er fih in Sturm, Regen oder Schnee ei⸗ 


ner Erkältung nicht ausſetzen koͤnne. 
Perſonal damals und jest! 

Wie felten aber das gewöhnliche gelehrte Publicum, 
ebenfo häufig befuchten damals viele der oberſten Staats: 
beamten die Bibliothek. Dies war z. B. der Zall mit 
den, Miniftern von Wurmb und Gutſchmid, mit dem 
General von Gersdorf, dem Tonfiflorialpräfidenten von 
Berlepſch, den Hofräthen von Zeubern und Born, dem 
Secheimen Kriegsrath von Ponikau u. A. Da man nun 
zu folhen Männern natürlich nicht fagen konnte: das 
Wetter ift heute zu ſchlecht, kommen Sie ein ander Mal 
wieder! fo hatte der gutmäthige, unbegrenzt gefällige Daß: 
- dorf für dergleichen Fälle förmlich einen Reſerveregenſchirm 
‚zur Hand, oder lich wol gar einer. alten Excellenz feinen 
neum Mantel, um fie trog Sturm und Wetter an bie 


Quellen der Weisheit und Erkenntniß zu geleiten. 
(Die Zortfegung folgt.) 


Welch Local, welch 





Correſpondenznachrichten. 
Kopenhagen, April 188. 

Es ift uns aus Norwegen ter erfie Band einer hoͤchſt inter: 
eflanten Schrift zugelonimen: „Nutid og Fortid⸗ (Die gegenwärs 
ige Zeit und die Vorzeit), von bem Ritter 3. Aal (Arendal 1833), 
eſiger eines Ciſenwerkes in Arendal. Die Schrift if ſtaats⸗ 
wirthſchaftlichen Inhals, und bringt ben finanziellen, commerciellen 
und politifchen atom Norwegens, die Altern und neuern Ver⸗ 
bältniffe. diefes "Staats gu Dänemark, ben Bortgang beider 


ſtaͤnde zur Sprache. Mehrmals kommt der Werf. auf die ſinan⸗ 


"| ziellen und pecuntairen Berhältniffe des bänifchen Staats feit ber 


Trennung zuruͤck, und da biefe Sache auch jest in Dänemark 
an der Tagebordnung iſt, ſowie fie in einigen Blättern bes Auslan⸗ 
des erörtert worben, fo koͤnnen wir nicht umhin, auch bier et⸗ 
was barüber aus ber Schrift des normegifchen Autors mitzus 
teilen. Diefer tft nicht nur ein ſachkundiger, fondern : zugleidg 
ein völlig unabhängiger Mann, beffen vechtfchaffener &harakter 
von feinen Mitbürgern wol nie in Bmeifel’gezogen wurde: Gr 
ift weit entfernt, für Dänemark parteifch oder über bie Verbin⸗ 
bung Rormwegens mit Schweben mißvergnägt zu fein, vielmeht 
fieht er in diefer Verbindung das Heil Norwegens -(ob mit 
Recht, laſſen wir bier dahingeſtellt fein); auch fteht er den 
Gegenftänden in Dänemark, worüber er fpricht, nahe genug, 
um biefelben recht ins Auge faflen gu können, obne ſich von 
Uebertreibungen bienden zu laffen. „Daͤs Beifpiel Dänemarks”, 
fagt er, „ist für Norwegen Iehrreich, indem das Geldweſen bes 
daͤniſchen Staats eine Krifis beftanden hat, bie’ aͤhnlich ber'jes 
tzigen Norwegens if. Dänemarks Geldweſen hat feine Bürger 
durch tie nämlichen Gefahren und Icrungen geführt ale Nor⸗ 
wegens, es hat alle bürgerliche Verhaͤltniſſe gewaltfam erfchät: 
tert und ihnen eben den aͤrgſten Stoß durch ben plößlichen Ueber: 
ang zu einem Curs, den man al pari nennen kann, zuge 
gt. Ungeachtet aber, daß es auf einen twenfger 'feften Grund 
als das normegifche fich ftüst, Haben jeboch beſſere Gonfuncturen 
und ein daraus folgender Ueberfluß ber Silbervaluta den Curs 
aufrechtgehalten und auffallend vortheilbaft auf alle Gigens 
thumsverhältniffe eingewirkt. Wir wollen bier nicht unterſuchen, 
inwieweit bie Grundlage diefes Zuftanbes weniger feft zu fein 
feheinen möchte, einerfeite weit ein Theil jener Valuta mittels 
Anticipationen berbeigefchafft worden, anbererfeits weit bie Baſis 
ber Bank weniger bequem ift. Das Finanzweſen Dänemarks: 
bat, öffentligen Berichten zufolge, in mehren Jahren in der bes 
ften Ordnung ſich befunden; Ginnahme und Ausgabe waren im 
Gleichgewicht und bedeutende Summen wurden jährlid auf bie 
Staats ſchuld abgetragen. Die Kräfte ber bänifchen National 
bank nehmen jährlich in dem Grabe zu, daß bie Erfüllung ihrer 
urfprünglichen Beftimmung, die @inziehung ihrer Zettel, nicht 
weit entfernt fein kann. So viel aber iſt offenbar, baß biefe 
mehre Jahre fortbauernden vortheilhaften Beitumftände zur Sta: 
bitität bes. Curſes beigetragen haben, ſowie fie vie Unternehs 
mungen ber dänifhen Bank zur Aufrechthaltung eines feiten 
Geldweſens ſeibſt unter veränderten Conjuncturen auf eine 
Weile erleichtern werden, ‚bie neue Verruͤckungen der Eigenthums⸗ 
verhältniffe nicht herbeirufen wird. Gin Iebhafter Handel, -ola 


mehrjähriger. vortheilhafter Abſag der wichtigften Probucte bes 


Landes, ein verbefferter Landbau, verfländiges Ablenken von vor 
her betretenen Irrwegen in Hinſicht ber Foderung bes Gewerb⸗ 
fleißes, bie Verwandlung ber adeligen Gutsbeſiher aus wilden 
Jaͤgern und muͤßigen Wolläftlingen in thätige, haushaͤlteriſche 
Bürger, das Fallen ber unnatürlich hohen Preiſe alles feften 
Eigenthumes (aller Immobilien) bi8 in ein paſſendes Verhaͤlt⸗ 
niß und zur Grleichterung der vortheilhafteften Benugung besfels 
ben in jeder Nüdficht: diefe Umftänbe und noch meahre derglei⸗ 
den Gaben zur Verbeſſerung bed Gurfes bewirkt,: was: ‚Fein 
Fünftliches Mittel, kein gezwungener Bankcurs, Beine wieberhoiten 
Anleihen fortdauernd würden bewirkt haben können. Es zeigen 
fih bereit die Bolgen in dem wachſenden Wohlſtande Däne 
marks, in bem erhöhten Werthe ber Güter fowie in einer aus⸗ 
‚gebreiteten Thaͤtigkeit, und jene durch bie frühzeitige Verbeſſe⸗ 
rung des Curſes veranlaßte  Herabwärbigung ber Hypotheken 
ift mittels der wieberhergeftellten Feſtigkeit des reellen Eigen⸗ 
thumswerthes mehr als erſetzt. Die ältere fowie bie neuefte 
Geſchichte des daͤniſchen Geldweſens iſt für Norwegen hoͤchſt lehr⸗ 
reich, nicht nur wegen der begangenen Fehler und des maͤchtigen 
Eingreifens deſſelben in bie Eigenthumsverhaͤltniſſe, ſondern auch 
wegen der Weisheit, womit die Adminiſtration dieſes Geldweſens 
es allmaͤlig auf einen beſſern Weg eingeleitet bat. Groß was 


Staaten feit dee Trennung und auch einige literarifche Gegen: | ven bie Leiden beiber Reiche wihrend ber Beſſerung; fie find 





622 


ihm gelehrt werde, nach Befinden eins bis zwoͤlſmonatliche 
Gefängnißftrafe. Das andere Geſetz erkennt aber 1), daß 
alle freien, feit 1807 in das Land gelommenen Farbigen wie⸗ 
der daraus vertrieben werden, und baß ein früheres Gefeg, 
welches keinem freien Sarbigen geflattet, nad) Louiſiana zu 
kammen, wieder in Kraft teeie; 2) daß alle ‚freien in Gens 
Staate bebenden Zhrbigen , welche diefem Befehl nicht: ale 
fobald Kolge leiften, Gefaͤngniß oder lebenslaͤngliche harte 
Arbeit verſchulden; 3) daß jeder weiße Einwohner, ber 
überwiefen ift, irgend eine Schrift verfaßt, gedruckt ober 
verbreitet zu haben, oder irgend eine mündliche Aeußerun 
gethan zu haben, die -barauf abziele, ben Frieden md. 

icherheit des Staats in Betreff der Sklaven oder far: 

gen Bevoͤlkerung zu gefährden, ober bie Ehrerbietung zu 
vermindern, welche ben freien Farbigen gegen die Weißen 
zuſteht, nad Befinden um eine Summe von nicht we 
niger als 300, noch mehr al& 1000 Dollars geſtraft und 
auf eine Zeit von wenigitens ſechs Monaten bis hoͤchſtens 
drei Fahre eingefperrt werben foll; während ein jeder fol: 
chen Vergehens übermiefene freie Farbige bis 4000 Bol: 
lars Buße zahlen, bei harter Arbeit drei bis fünf Jahre 
Gefangenſchaft erdulden und alsdann Iebenslänglich ver: 
bannt werden fol, und endlich 4), daß es in allen Faͤl⸗ 
len den General: und Bejirksanwalten bei Strafe der 
Amtsentfegung zur Pflicht gemacht wird, bie genannten 
freien Sarbigen im Fall der Webertretung biefes Geſetzes, 
oder im Hall ber Anklage von Seiten eines Staatsbuͤr⸗ 
gers gerichtlich zu verfolgen. 

Das Beſtehen der Sklaverei kanm ‚ben Amerikanern 
allerdings nicht zugerechnet werben, bemerkt das „Review“, 
denn fie Fam ihnen ebenfo mie ihre Gefege und Inſtitu⸗ 
tionen von bem Mutterlande zu. Fuͤr die Behandlung 
ihrer SHaven feit ihrer Unabhängigkeit find fie aber ver: 
antwortlich, benn glei am Eingange ber Unabhängigkeits: 
acte wird ‚gefagt: „Wir halten diefe Wahrheiten für von 
fetbft einleuchtend und ausgemacht, daß alle Menſchen gleich, 
geſchaffen find, daß fie von ihrem Schöpfer mit gewiſſen 
anveräußerlichen Rechten begabt worden und unter biefe 
Lehen, Freiheit und das Streben nach Gluͤckſeligkeit zu 
rechnen find”, wiewol bafjeibe Volk, das ber Aufrecht⸗ 
erhaltung dieſer Grundfäge fo große Dpfer brachte, fie 
fortwährend mit Füßen tritt. 

Herr Stuart zeiht einige Provinzialeegterungen und 
den Congreß nicht minberer Ungerechtigkeit gegen die in 
dem Gebiete der Republik wohnenden indianiſchen Stäm: 
me, insbeſondere gegen bie Cherofefen, bie ber Staat Geor- 
gia im Einverftändniffe mit dem Congreſſe, ohne den Ein- 
—* bes oberſten Gerichtshofes ber Freiſtaaten, aller 

ertraͤge, alles Rechts und aller Gerechtigkeit zum Trotz 
aus ihrer Heimat ‚vertrieben haben wuͤrde. | 

Von Neuorleand fegelt unſer Reifender den „Water ber 
Gewaͤſſer“ aufwärts in einem flattlichen Dampfboote oder 
vielmehr fchwimmenden Hötel. Seine Schilderung der Ge⸗ 
ſellſchaft darauf faͤllt weit günfiger ale die der Mrs. Trol⸗ 
pri aus, Er berichtet Manches über die immer noch 
ſehr pereingelten Niede Aan ben Geſtaden. des Stro⸗ 


* 


mes und bie halbwilde Lehensart ber Anſiedler. Das Ca- 


[2 
1 


. 
1 
. 


3 
Ä 


pitel über Illinois, das an Fruchtbarkeit reichſte Land der 
Melt, ift fehr lehrreich. Die ganze Strede vom Miffi: 
fippi bi6 zum Michiganſee tft eine einzige faſt ununter: 
brochene Wiefe, die Franzoſen nennen- fie das tedifche Pa: 
radies. Sie iſt weder fumpfig, noch Ueberſchwemmungen 
ausgeſetzt, getießt eines. mitten geſunden Alimas, :befigt 
reiche Lager Steinkohlen, Ka, Stein s oder Kekhfa und 
Bleiminen und erfreut fi in dem Mittelpunfte des ame 
rikaniſchen Zeftlandes faft aller Vorzüge und Vortheile ei: 
ner Inſel, weil es von allen Seiten von großen Sem, 
Strömen und Kandien begrenzt und bucchfchnitten iſt. 
Daß es von leldigem Sklavenhandel und Beſitzthum voͤl⸗ 
lig frei iſt, mag fuͤr keinen der geringſten Gruͤnde zu 
rechnen fein, aus denen es europaͤiſchen Auswanderern 
unteeiüg vorzugſsweiſe zur Anflebelung empfohlen wer: 
en kann. 

Das „„Review‘ ſchließt feine Ucherfüct, indem es Den. 
Stuart das Lob ertheilt, eine lebendige und gewifienhafte 


Schilderung des Lebens in allen Staaten Nordamerikas 


von Bolton bis Meussieuns und von St.: Louis bis Neu: 
york entworfen zu Haben, ber überall das Geptaͤge der 
Glaubwuͤrdigkeit und Unbefangenheit aufgebrüdt fei. 158, 





Lieber von Karl Mayer. 

’ Beſchluß aus Nr, 180.) 

Ueberhaupt wird die Benreporfte unfers Werf., bie zuweilen 
ins Miniaturartige verfällt, doch in ihrer ehren Weortk: 
gung groß unb erhaben, fowie fie Th zur db en Be 
heutung ber Natne erhebt. Nur wenige Bellen biefer Axt as 


‚Belege: 
Die Nacht durchzuͤcken Blit auf Blitze, 
Der Donner fpriht mir ferne Worte; 
SI ftaune Kin vom Raſenſttze, 
Wie nach ber Ewigdelten Pforte, (&. 281.) 
Mag fin um dieſe Felſenwand 
Beib flärmilg moltiged Gewand, 
Balb warmer Sonnenſchimmer legen, 
Sie ſteht in Ruh der Beit entgegen 
Und zeuget hoch und feR und flet 
Seit je von Wotted Majeſtat, 
Die heut’ zumal im Gonnigblauen _ 
So ſtill, fo herrlich if zu fhausn. (©. 175.) 
Des Donners roll, der Winde Stoͤhnen, 
Des Selerd Schrei, in ber Natur 
Bin jedeb Nauſchen, jedes Tönen 
Cheint mir ein einzig Yragen nur. 
Wo findet Antwort ich hienichen? 
Was ſchenkt und zebefiehend Frieden? (©. 197.) 
Wann eiufk ih, auferftehen werbe, 
und mir das Beben diefer Erbe 
Nach all den Bkäthfein auf ſich Elärt, 
Mird mich bie Söfung.fxob vabranſes 
Wie dier dad Sturmes hehres Saufen, 
Fon Das —* hie tauſend Wipfel fährt? (Kbendaſ. 
er auch in dieſen vollern und tiefern Accorden unterſcheidet 
fich boch Karl Mayer von nusgezeichneten Katurdichtern imferer 
but, wie Deine‘ Im feinen eraflern Naturliedern und ber Bär: 
th mit gebüßzendem Ruhme von :uns in d. WI. *) gefchitberte 
Niet. Lenau haup ‚Lahr, daß die legtgimnannfen Di 
ter die Ratur mehr als ein Thema behandeln, über das ihr 
Geiſt und ihre kuͤhne Phantaſie gewaltige Bariationen erfindet, 


IB. Ar al und 1 RM. © Be. 








— — —— — — — — —— — 


623 


während Wayer's Dichtergemüth. filh begnägt, bie in ber Matur 
ewiffermaßen objectiv vorhandene A u Ar und 
: ben einfachſten, von ber eignen Individualität des | 

nichts als das tiefe meitgefügt borgenden Ausdrüden wieberzu: 
‚geben. Auf den erſten Blick maden daher aud feine Gedi 
.oft den Eindruck einer gewiffen Wortarmuth bei großem Sinn⸗ 
"und Sachreichthume; aber bei wieberholter Lefung erweitert ſich 
vermäge ber dieſen Liedern einwohnenden objectiven Naturkraft 
das gegebene Bild je mehr und mehr, und wir bewundern ein 
feltenes Detail von Anfchauungen und Empfindungen in einem 
oft ganz Eleinen Gedichte; uns wird zu Muthe, wie dem Auge, 
bos eine für den unbewaffneten Blick unfcheinbare Pflanze durch 
das Mikroſkop betrachtet und nun einen ungeahnten - Karben» 
ſchmelz und eine Harmonie ber wechſelvollſten Formen an ihr 
entbet. Darüber vergefien wir denn auch bie hier und ba et 
was fchwerfälligen Wendungen bee Sprache, bie gwar fehr finn- 
zeichen, aber dadurch zuweilen gefuchten Reime, woburdy in ber 
änfeen Form manche ber in einer gewiffen Beengung ſich beives 
genden Lieber faſt wie Ueberſezungen eines geahnten Driginales 
lauten, das bie Föftlichen Gedanken in feliger Schoͤpf eipeit 
re ran werde. Nur ein einziges SBeifpiel ber Axt 


An ben Lefer. 

Nicht alle fließen fie, die Thraͤnen 

Des weichen Dicpterd, Freund, zu denen 

Dein zartes Mitgefühl dich nelat; 

Doch ach, es forgt das arme Leben, 

Das es auch⸗ Thraͤnen möge geben, 

Die, HI geweint, das Lied verſchweigt. 
Sn biefen Zellen wird das Verſtaͤndniß durch bie he le 
GEonftruction gehemmt, unb das proſaiſche Wort: denen, erfüllt 
Beruf des Reimes gewiß nicht; aber man Iefe bie finnvollen 
Worte nur zwei⸗, dreimal, fo find biefe Maͤngel vergeſſen, und 
das Bemäth vertieft fich mit Luft und Ruͤhrung in bie tiefem: 
pfundene Wahrheit, die fich auch in biefem Keinen Liebe vor tim 
ut. 


Außer der Ratur, bie er in allen Geſtalten und Jahreszei⸗ 
ten durchwandert und beobadhtet, befingt Karl Mayer auch noch 
bie Gefühle der Liebe und der Freundſchaft. Das erſtere Gefuͤhl 

(&. 53 fg.) derſchwiſtert er, wie fi erwarten laͤßt, ganz und 
mit feinen Naturempfindungen; man erfährt in feinen Lie⸗ 
bestiebern mehr vom bionben Golde ber Achren als von ben 
Locken der Geliebten; finnlihe Glut barf ohnehin von biefer 
reinen Seele nicht erwartet werben; er liebt bie Geliebte wie 
das Zerlfenmoos, wie die grüne Waldesnacht, wie Hirtenlieb und 
Herdengeläute, wie Luft, Klang und Duft (S. 201 fg.), unb auf 
einer Nachwanderung fingt er: 
Schwarzes Wald: und Berggeſchiebe 
Thauͤrmt fi um den Wiefenplan; 
Waffer bonnern, doch die Liebe 
Slaͤnzt mir aus dem Mond voran. 
Aber es muß lieblich fein, fo geliebt zu werben, wie biefer keu⸗ 
fe Sänger llaht: 
Säle der Seliebten Ihmmer, 
Sanfter, golbner Monbenfein, 
Hab mit deinem blauen Schimmer 
Dring’ in ihre Jenſter ein, 
Blumen, euer füßes Düften ; 
Send’ ihr, theure Nachtigall, 
Kern aus wonnetruntnen Läften 
Deiner Sehnſucht vollen Schall! 
Wird die Holde lauſchen mäffen 
Solchen Erd: und Himmelsgruͤfſen, 
Nah’ ihr doch auf weichen Pfähle 
Noch willkommner der Erguß 
Deiner treuen Herzgefuͤhle 
Diefer naͤchtlich ferne Gruß! (8. 7%.) 


« sb d betrifft, ut balb aus 
a a  frte die Mebfle IR, in 


ber er ruhen Tann wie in ber Natur, unb bie er bewundern 
kann wie fie. Daraus erklärt fi feine ganze Anſicht von ber 
Sreundſchaft, wie fie fi in dem zärtlichen Zurufe „An Uhland 
und Kerner’ ausipriht (8.5): 

Man fagt und viel von Amors Pfellen, 

Und Mander bat ihr Merk su heilen; 

Doc auch die Freundſchaft kann und drängen, 

Dab Herz und ſchwellen mit Gefängen 

Und mit den füßeflen der Schmerzen. 

So, Freunde, gebt ed meinem ‚Herzen. 

Es iſt nicht Frühling, iſt nicht Liebe, 

Was mich erfuͤllt mit Liebertriebe; 

Ihr, Freunde, ſeid es! Eurer Luſt 

Erbebt im Wiederhall die Bruſt; 

Ihr wecket mich aus tiefem Schlummer, 

Erregt mir ſuͤhen Jugendkummer; 

Wie, Freunde, ſoll ich je gefunden, 

Wenn Ihr auch ſchlaget Mebeßwunden ? 

Seine ndſchaſt iſt fo hingebend, fo aufopfernd, fo gang ihr 
eignes Ich dem Freunde unterorbnend wie die Liebe und wie 
feine gärtliche, unterwürfige Neigung zur göttlichen Ratur. Aus 
ſolcher Empfindung ift das beriliche Gebicht: „Ein Lieb bes Dan: 


eg, hervorgegangen, das wir als Schlußprobe dieſer Anzeige, 


dem Leſer nicht vorenthalten wollen (&. 15): 
Wenn tief ih in die Uhland 3 fichte 
Den Sinn vom Boden aufwärts richte, 
Preif ich den Wuchs, den hoben, kuͤhnen, 
Das Raufchen, Düften, Immergrünen ? 
Und wälzt dort Lenau klagend nieber 
Den Gießbach herzentſprungner Lieber, 
&oH ich zum Abgrund mit ihm flürgen 
Durch des Gebuͤſches Balſamwuͤrzen? 
Ah Göathe's herrſchend Ablerſchweben 
Kreiſt nun in einem ſchoͤnern Leben. 
Dec irrt mein Blid in blauer Seere, 
Wenn ich ihn heut gen Himmel Tchre? 
Geh’ dort ich nicht nach allen Seiten 
Das Hälertslich die Schwingen bzsiten ? 
Haͤngt es In ſicherm Vieberfchauen 
Richt ruhend aͤber Walb und Auen f 
D, warmen Dank Euch, ben Geprieſenen 
Gbunt mir den Platz, den angewieſenen, 
Daßs Lied zu Haupt, bei mir die Tanne, 
Die ich, zum Bach geſenkt, umſpanne. 
Ja, auch zu deinem Tannenwieſengrunde wird man wall , 
fanfter Sängers; der Weg iſt endlich gefunden, umb wie m 
und Quelle bes Walbes ſchimmern uns beine lieblichen Eitber- 
entgegen! - Karl Mayer wird in ber noch fange nicht ich de 
fenen ſchwaͤbiſchen Saͤngerſchule als eine ber eigentgäm 
und in ihrem Werwachlenfein mit ber Natur ber mung 
unzugänglichften Grfcheinungen leuchten. - . 





Graff's althochdeutſcher Sprachſchatz 

Dieſes feit längerer Zeit von ber Erwartung jedes gebilbe 
ten Deutfchen - begrüßte Wert bes Bern Profeſſor E. ©. 
Sraff, die Zrucht eines zwölfiährigen großartigen Fleißet, if 
ett endlich feinem Grfcheinen nahe. Der — in Bet⸗ 
lin lebende wuͤrdige Verf. laͤßt von dort Aus eine Einladung 
zur Subſcription ergehen, welche bei dem Intereſſe, dad dieſts 
als wahrhaft deutſche Nationalſache zu betrachtende Unternehmen 
für das geſammte Publicum haben muß, hoffentlich diesmal 
keine tauben Dhren bei den Deutſchen finden wird, was um To 
bringender zu wuͤnſchen, ba ber mit bebeutenbem Koftenaufivand 
verbundene Drud bes 400 — 500 Bogen ſtarken Werkes nur 
erſt durch den auf biefe Meile ſich bethätigenden Antheil des 
Publicums möglich gemacht werben wird, Unter bem Kitel: 
Althochdeutſcher Sprachſchatz, ober Wörterbud der althochdeut⸗ 





624 


ſchen Sprache, in welchem bie urſpruͤngliche Bedeutung und 
orm unſerer heutigen Wörter, ſowie ber ſchweſterliche Zus 
menhang des ganzen deutſchen Sprachſtamms mit ben ihm 
verwandten aͤltern Sprachen, durch eine vollſtaͤndige Samm⸗ 
lung aller von ben fruͤheſten Zeiten an bis zum Anfange des 
12. Jahrhunderts uns aufbewahrten hodybeutfchen Wörter, 
Medensorten, Wortbilbungen und Flexionen nachgewieſen ift, 
unmittelbar nach ben älteften handſchriftlichen Quellen etymos 
logiſch und grammatifch bearbeitet‘, 
wird diefes mit reiner wiffenfchaftlicher und vaterländifcher Be: 
8 gearbeitete Werk den Freunden einer finnigen Gr» 
dung der uns Allen fo theuern Mutterfprache ſich barflellen. 
Schon die zunäcft in die Augen fallenden populairen Zwede, 
welche ber Verf. in der Ankündigung feiner Arbeit zundrberft 
heraushebt, erregen die lebhaftefte Theilnahme für eine ſolche, 
oft mit ganz neuen Refultaten überrafchende und zum erften 
Mal uns gebotene Darftellung und GEntwidelung unferer Spra⸗ 
de. Der Verf. macht 3. B. darauf aufmerkfam, wie bie Wörs 
ter unferer heutigen Sprache in ihrer Form fo entftellt feien, 
das man fie ohne Kenntniß ihrer urfprünglichen Form gar nicht 
ober nur falfh Leuten koͤnne; fo, wenn man fi das Wort 
Leichnam erfiären wolle, wo nur bie alte Form fogleich Auf⸗ 
ſchluß gebe; biefe ift lihhamo, gebildet aus lih, Körper, 
und ham,. Bededung, Hülle, alfo das fleifchliche, 
leibliche Kleid bedeutend. „Das Verbum, zu dem ham 
gehört”, fährt der Verf. fort, „heißt heman, bededen, 
wovon auh Hemde, althochdeutſch hemidi, ald Beklei⸗ 
dung, und Himmel, althochdeutſch himil, als der Alibes 
decker herkommt; wer ahnt ohne Kenntniß der altdeutfchen 
Sprache diefen Zufammenhang ber Wörter Leihnam, Hem⸗ 
de, Himmel? Aber überhaupt find bie Wörter, die wir 
jest fprechen, dem größten Theile nach todte Zeichen geworben, 
bie die Bedeutung, bie wir bamit verknüpfen, nicht in ſich 


fragen, fondern fie nur willfürlich zugetheilt erhalten zu haben . 


feinen. Wenn wir Wörter, wie Kind, Berichte, Befim 
de, Bräutigam, Henſchrecke ausſprechen, fo fühlen wir 
nichts mehr von ihrer urfprünglichen Bedeutſamkeit, fonbern 
gebrauchen fie wie willfürliche WBezeichnungen unferer Vorſtel⸗ 
. Iungen, weil mit bem Abfterben ihrer Wurzel auch ihr inneres 
Leben abgeftorben iſt. Wollen wir biefe flarre Maſſe der Spra⸗ 
che wieder beleben, fo müffen wir zu den Tiefen unfers Sprach⸗ 
alterthums hinabfleigen, wo- fi freilich nicht mehr für alle, 
aber doch für viele Wörter noch bas fie erflärende Etymon 
vorfindet. So zeigt ſich, um bei ben angeführten Beifpielen zu 
bleiben, in unferer alten Sprache bie Wurzel chinan, unfer 
jegiges Feimen, von weldem chint, jest Kind, berfommt, 
und wir erdennen nun, baß der Begriff des Entfproffenen, Er: 
zeugten nicht willtürlih mit dem Worte Kind bezeichnet ift, 
fonbern ſchon radical ihm beimohnt u. f. w.“ 

Der Berf. behauptet nicht zuviel, wenn er bie Ruͤckwirkung 
einer ſolchen Entwidelung der Sprache auf unfer Bewußtfein 
als von ſolchem Einfluß bezeichnet, daß unfern Wörtern dadurch 
geriffermaßen erft ihre Seele wieder zugeführt werbe, bie waͤh⸗ 
rend des langen Gebrauchs allmälig verloren gegangen. Es 
ift kein Zweifel, daß fich unfer Sprechen anfchauficher beleben 
‚muß, wenn uns bie urfprüngliche Bedeutung unferer Begriffe: 
zeichen auf dieſe Weiſe wieder vergegenmwärtigt wirb. Aber zu« 
gleich die Gigenthümlichkeit des deutſchen Nationalcharakters, 
wie er in der Bildung ber Wörter feine- volksthuͤmliche Auf⸗ 
faffung, feine ganze Anſchauungsweiſe der Gegenftände kund⸗ 
thut, wird fi in bes Verf. „Sprachſchatz! finnreich wiederfpie: 
gein! Der Verf. belegt dies in der Ankündigung feines Werkes 
durch einige intereffante Beifpiele. „Was wir mit dem Namen 
Baterland bezeidhnen, nannte ber Altbeutfche bedeutungsvoll 


odil, das Land in welchem unfer od, b. h. unfer Befis und 


SLüd enthalten iſt. Eben bdiefes Gefühl vom Werth bes Va: 
terlandes leitete ben beutfchen Beift, der das Wort elend, das 
urſpruͤnglich alilenti lautet und nichts weiter ald anberslän: 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: %. A. Brodhans in &etpzig. 


diſch, nit im Baterlande, bezeichnet, für ben Begriff: 
ungluͤcklich, der jegt in dem Worte elend liegt, ebeutunge 
vol verwandte. Go zeigt ber Gebrauch bes Wortes redlich 
für den Begriff bes Rechtſchaffenen, Ehrlichen, den 
wir jetzt mit dieſem Worte verbinden, wie tief und unmittelbar 
der Deutſche es fühlte, daß Redlichkeit bie wahre Verſtaͤndigkeit 
fei, denn vedlich, althochdeutſch redilik, heißt urfpränglich 
nichts andere als verfländig. So ift der urfprüngliche Begriff 
von eitel, althochdeutſch ital, leer; das Gitie belegte demts 
[her Sinn mit dem Namen bes Leeren. Geine Werthfhägung 
ber Brauen legte ber Deutfche burch das Wort Frau, althodhs 
beutfh frowa, an den Tag, welches das Femininum von fro, 
Herr, ift, und daher Herrin bedeutet u, ſ. w.“ 

Dazu kommt die rein wiffenfchaftliche und gelehrte Bedeut⸗ 
ſamkeit diefes Werkes, die es als erſte und erfchönfende Samm⸗ 
lung und leritographifche Aufammenftellung ber althochbeutfchen 
Sprachdenkmaͤler jedem Sprachforſcher unentbehrlich machen 
muß. Möchte es alle Klippen und Hinderniffe, bie ſich feinem 
fhon lange ſehnlich erwarteten Erfceinen in den Weg flellen 
tönnten, gluͤcklich überwinden und fo unfere Literatur durch ein 
Buch bereichern, wie es, einzig in feiner Art, kein anderes 
Bolt aufzumweifen hat. Es beftimmt ſich jedoch keineswegs bios 
für Gelehrte; jeder gebildete Deutſche wird daran eine reiche 
und neue Ausbeute zur Kenntniß der Sprache und des geifligen 
Sinnes feines Volkes zu benugen haben. Zur Erleichterung ber 
Anfhaffung kommt «6 in einzelnen Lieferungen zu 15 WBogen 
(1 Thlr.) heraus und bürfte in 6—7 Jahren vollſtaͤndig in 
den Hänten bes fubfcribirenden Publicums fein, 38, 


— — — — — 
Notizen. 
Denen, bie fi mit bem Zuftande Irlands befchäftigen, i 
vielleicht ein neues Wert von Taylor: „The history : 
the civil wars of Ireland” (2 Bbe), willommen. Der 


Zweck des Buches ift hauptſaͤchlich, das gegenwärtige Elend 
des Landes aus feiner Vergangenheit au erklaͤren. 


Der fruchtbare anonyme Autor von „Sybilla Odaleta” 
(Signor Barefe) hat abermals zwei nicht eben ganz verwerfs 
lie, aber doch ohne entfchieden hervorſpringendes Talent ge 
fhriebene Romane erfcheinen laffen. Der eine heißt: ‚‚Folchetto 
Malaspina. Romanzo storico del secolo XII.” (3 Ihle., Mais 
land 1830), der andere: „‚Preziosa di Sanluri, ossia i mon- 
tanari sardi, Romanzo storico ” (3 Zhle., Mailand 183%). 


Friſch taran, ihr ‚Herren Ueberfeger. Gin fardinildher Roman 





——— 


kommt nicht fogleich zum zweiten Male, die Leihbibliotheken 


ſchmachten banadı. 


Im Anfange diefes Jahres find in &onbon erfchienen: „Mi- 
rabeau’s letters during his residence in England” (2 Bbe.), 
zum erften Male nad) dem Driginalmanufeript überfept. 


Nach bem neuerlich erfchienenen „Saggio di stätistica 
degli stati pontifici di M. Gabriele Calindri’' beträgt bie 
Bevölkerung ber päpftlichen Staaten, bie Begationen inbegriffen, 
2,592,329 Seelen, die in folgende Glaffen zu vertheilen find: 

Unverheirathete Männer . . . . 289,177. 
besgl. Brunn. - 2 0 2020. 284,145. 
Verbeirathete beiberlei Geſchlechts 913,586. 





Witwer. . . 43,616 
Witwen . . 2 20. 84,126 
Kinder männlichen Geſchlechts 521,185 
Kinder weiblihen Geſchlechts. 558,012. 


Möndye oder, Ordensgeiftlihe . . . 10,598. 

Prieſter oder Weltgeiftliche 

Ronnen 2 ren 8,284, 
Einer anderen Angabe zufolge Iebten im Jahre 1831 in ber 
Statt Rom allein 1432 Weltgeiſtliche, 19086 Moͤnche und 
1375 Nonnen. 153. 


— — 





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go bieſer Befif erſcheinj außer, ben Beilagen —— eine A Numm “x und Fi "dar Preis für den 


le Buchhandlungen; in und. außer Deutſchland nehmen. Beflellung daranf an; 


ebenſo 


alle So ämfer, Dig ie an die bAnigs.: Hilfe Beitypgserpebition in Leipzig, Pad ednigl. 


prauß, Greazpofiamt i 


Halle; ‚oder. das fuͤrſſt l. 


Thurgund Taxiſche Poſt amt in Altenburg 


EMDDEN- L Die Depenbung Anbet, woͤchentuich RT Dienfiage und Beeitagh, en vu. in. Monstöhefien —* 





wu, ir. 


Duenbens. iteraciiches. Daben mb Bin om. Aeb⸗ des 
nn 18. Jahrhunderts. 
Green Anoat,a heite no 

awaten und, Elbſlaxerz ‚hat man Dredden in, ‚der 

—* Bat amanmıt. Dielen: ‚DRamem- aben wediente, eo 

weit? fuͤher ˖ Konanı am erſten nielfeicht., unter; den heiben 

unfkheaien Aumiflen, | 28: im Anfange des, 15 

Sehrhwaherts architekconiſch ungemein mrfchnczten ung 

mehliche Suramen auf Sanmmlungen für Kunſt und Wis 

ſenſchaft wendeten, ‚Gelehrte... Kuͤnſtler reifen: Lehen 

(eisige der Grimm ſogar nach Afrika), oft Zönigkich be⸗ 

lohnten und; durch thren, guennzerköfen: Raus ins beſondere 

die mechaniſchen und gewertlichen Koͤnſten boöͤrdenen. 
Doch abgelahen von a an ng ‚bie Jar Zunft 


ind: Literatur . gufo Sirmanyent u 

eines yapifienpen * ann, m wollen wir ‚bier nur. 

niges —* nen laſgen „aus, jener ‚feit 3D— 40 J hren 
ngenen Ztit,. wo. ein t von. hohem Siun 


für Fair; nd Literatur, von gelaͤutertem. Geſchmack nud 
Ein) Ihe Rennnifen, auf dem. Fhrong. ſaß und doc, 
Be, man. af iR Kar gang. Bar 
ak, 0 weil, ih m fon, —— ‚feige —— 
etz, r b u ergtur u 
Ian, —*— eged — für. oh h 


h * eides das zu 
d Kuſammentreffen ‚guter Kopfe und ‚un 
Ua Aue —— von ſeibſt ‚bildete, und fo 
immer Ciner des Andern Sonne ward, während eine 
Augufrifche Gontrokfonne, wis in halb Fehehondert feüs 
ber, am Firmamente: bes Hofes ‚nicht fichtbas: war. . 
Die Hauptfterne jenes literarifchet* Fiemamentd) wa⸗ 
ven, aus dem Bürgerſtande: Adelung/ Archenholz, Rupert 
und Goͤttklleb Wilheim Becker, Berger, die Gebrüder Canz⸗ 
ler, Cramer, Daßdorf, Guͤnther, Hacker, Haſche, Haus⸗ 
wald, Hunger, Koͤrner, Langhein, Lippert, Lipſius, Lohdius, 
Dieifu, Mittelhaͤnſer, Neumann, Rebmann, Reinhart, 


Le oiep 
— 328 Saifried, Schliakert, Sirius, Tittmann, Kein, 
tig, Winfler-y,, Ur ans. dem Ritterſtande: Graf. Brühl, 
yon Blobig, Freiherr von Gutſchmid, Graf Hohenthal, 
una Ynnikqu, der Freih. zu Racknitz, von Teubern, von 
Warmnb u. U; umd au den: Füßen der dichteriſchen Ga: 
maſiels fingen ‚num erſt, an zu ſitzen und zu, awiclhem: 
Albrocht/ Hell, Kind Kaya Rau. A.. 

.. Aa :Riebentueife und Litenariichk Thees war nicht: zu 
denken obſchen es ber Sänger und Literatoren genug gab, 
bie zur Mitgfiedfchaft.. geeignet geweſen wären. Auch 
fehlte es an einem. literarifchen Gentralpunkte,' an einem, 
auch. außer. Dresden gelefenen .Söurmale; wie ‚Iphtenkin te 
Mesbyeitung‘ ward; benn die journaiiſtiſche Literatut lag 
bands: ch Ink: Mgen, ober vielmehr; in ber Asche ge⸗ 
rungeper: Empfuͤnglichkeit und Theilnahme. Außer Ken ger 
lehrten Beiträgen zum „Dresbner Anzeiger” gab 28 damals 
nicht Ein bluͤhendes Journal in Dresden; jenes eine aber 
befehränfte ſich wieder meift auf vaterländifche, Gegenſtaͤnde 
und diente nebenbei gabitterten oder ſich gekraͤnkt glauben: 
den literatiſchen, znd, artiſtiſchen Gemuͤthern als ein -äffent: 
licher Ahfuhrungsort ihrer Gallonbinſen. 

Dies. war. beſonders⸗der Fall mit. dem Vibliothekar 
Daßderf und dem Feſtungsbauprediger Haſche, von denen der 
Eine die anziehendſte, der Andere die gruͤndlichſte Beſchrei⸗ 
bung Dresdens geliefert haben wollte, fowie mit einer 


"Schrift des Hofrath6 von Teubern über Schenau's Altar: 


gemälde der Kreuzkicche, welche ein wahres Eritifches Kreuz: 
feuer veranlaßte. Mebrigens. legten bie meiften dresdner 
Gelehrten ihre: literaxiſchen Eier in fremde Neſter, beſonders 
in die „Allgemeine deutſche Bibliothek“, die „Goͤttingiſchen 
gelehtten Anzeigen“, dad Deutſche Muſeum“, den „Deuts 
ſchen Merkur”, 'die "Berliner Manatfehrift” und Sfelin’s 
„Ephemeriden der Menſchheit“, die. nach deſſen Tode Hof: 
rath Becker in Dresden herausgab, wa. fie aber kaum ein 
Dugemd Lefer hatten:. Zwar machten einige dresbner Ge: . 


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Er biefen geuͤſchrift erſchain außer, den Beilagen th eine imma ‚und if ber Preis für den 
Sahraagg. 12- Thir. Alle Buchhandlungen in und. außer Deutſchland nehmen 9 eftellung baranf an; ehenfo 
oe % ämfer, dig ſich an ‚pie banigs. faͤchliſche N yanıie, m Leipzig, Dad. Eünigl. 
Bin 1,73) 
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ewaiben und, Elbflarenr; hat man DQresden in ber 
* Zst gmanm:. Dieſen DRamen- aben;-nechienty. 40 


. weitzfriber ſchernza am enſten ielleicht. unter; den. heiten 
| —— Yusıferi, inne: eb im 


Anfangze des, 15 
Sahrhumderts archit⸗ektoniſch ungemein / vurſchoͤnerten uner⸗ 
meßliche Suwmen auf Semom/ungen. für Kuſt/ uud Wiſ⸗ 
ſenſchaft wenheen, Gelehrta. nun, Kunßler relfenn lieken 
leinige der Erſtern ſogar nach Afrika), oft koͤniglich be⸗ 
kohntan: umd dich Ihrem. guenzenioſen Lugus insbeſondere 
bie ‚raechanifehen und. gewerdlichen Sünfin lörderten. 
Dos. adgek ben nam. ;die oe ni. wo. bie ‚Ar Zunſt 
und- ae au ‚am Sipmaient w 

eines unoiffenden- er —* ER —— ir nur. 
niges nachlönen Iafien ..auß, jener, feit 30 — 30 Site 
a zerftungenen, Bit, we ein uͤrſt von hohe iun 
Kuuſt und Literotur, von gelaͤutertem, Geſchmack und 
Bi igen; Keuntniſſen auf dem. Fhrong: ſaß ‚und doc, 
r, man.:barf faſt fagen — ons 

Ike, will, #7. ya. — feige 2 

f Dein Me dad. He 2 — dilergtur und Sal 
ein reges Pr eldis diuch das zufäle 
ige Ku ufffen n und, een ‚guter Köpfe und kunt: 
gesechter ich. ‚gleihfam non ſeibſt bildete, und. fo 
immer Pine des Andern Sonne ward, während eine 


Augufifche Sentrolfenne, wis sig halb Fohrhondert frlis 


ber, am Firmamente: des Hofes nicht fichtbas: rent: 

Die Hauptſterne jenes literariſchenne Stemamentd; wa⸗ 
von, aus dem Blirgerſtande Abelung/ Archenholz, Rupert 
und Goͤttlleb Wilhelm’ Becker, Berger, die Gebruͤder Canz⸗ 
ler, Cramer, Daßdorf, Guͤnther, Hacker, Haſche, Haus⸗ 
wald, Hunger, Koͤrner, Langhein, Lippert, Lipſius, Lohdius, 
Meißner, Mittelhaͤuſer, Neumann, Rebmann, Reinhart, 


‚de 


Rise, Suite, Sihfegkert, Fitius, Tittmann, Dein, 
fig, Winter: u. A.zaus dem Mitterflande: Graf: Bruͤhl, 
von Globig, Sreiberr von Sutfhmid, Graf Hohenthal, 
uam; Punikau, der Freih. zu Racknitz, von Teubern, von 
Wurmb u, Mu; mad zu den: Füßen der dichteriſchen a: 
alles ‚fingen mir erfi. an zu figen umd zu, beiten: 
Alhrecht/ Hell, Kind, Lana. ‚Roos, u. .d., 

.. Au Liederkreiſe und JiterarifchE‘ Thees war nicht. u 
bmten,: obſchon es ber Sänger und Fiteratoren: genug gab, 
die zur Mitgfiedfchaft.. geeignet: gerwefen waren. Auch 
fehlte es an einem. literariichen Gentralpunkte, an einem, 
auch. außer Dresden geleſenen Journale; wie Ipätenkin.“ die 
„Nenbjetung” ward; ben die journaiiſtiſche Literatur lag 
damats noch: Ink: Argen,n ober. vielmehr in ber. Arche ges 
ringeper: Gmpfüngfichbeit und Theilnahme. Außer Ben :ges 
lehrten Beiträgen zum „Dresdner Anzeiger” gab es damals 
nicht Ein bluͤhendes Journal in Dresden; jenes eine aber 
beſchrankte ſich wieder meiſt auf vaterlaͤndiſche Gegenſtaͤnde 
und biente nebenhei ‚grbitterten ober ſich gekraͤnkt glauben: 
den literatiſchen amb; artiſtiſchen Gemuͤthern alg ein aͤffeni⸗ 
licher, Adfuͤhrungsorth ihrer Gallenblaſen. . 

Dies. par. beſonders⸗der Fall’ mit, dem Vibliothekar 
Daßdorf und dem Feſtungsbauprediger Haſche, von denen der 
Eine die anziehendſte, der Andere bie gruͤndlichſte Beſchrei⸗ 
bung Dresdens geliefert haben wollte, fowie mit einer 
Schrift ded Hofraths von Teubern über Schenau’s Altar: 

gemälde der Kreuzkirche, welche ein wahres Eritifches Kreuz: 
Feuer veranlaßte. Uebrigens legten die meiflen Dresdner 


Gebehrten ihre Literarifcdyen Eier in fremde Neſter, befonders _ 


in die „Higerseine ‚beutfche Bibliothek“, die „Goͤttingiſchen 
gelehtten Anzetgen⸗, bad Deutſche Mufeum”, den „Deutz 
(hen Merkur“, "die "Berliner Monarfchrift” und Iſelin's 
„Ephemeriden der Menfchheit”, die. nach deſſen Tode Hof: 
rath Beer in Dresden herausgab, wg.fie aber kaum ein 


I Dugend Leſer hatten: Zwar machten einige Dresdner Ge: . 











lehrte ben Verſuch mit Begruͤndung von Journalen; al⸗ 
lein es blieb auch dabei. Mit großem Pomp z. B. kuͤn⸗ 
digte Schlenkert eine Wochenſchrift: „Weisheit und Thor⸗ 
heit”, an, welche, kein Vierteljahr alt, in der Wiege 
ſchon ſtarb. Der Sinanzfecretait Sunger roollte ein huz:]- 
moriftifches Blatt unter dan Titel: „Det junge Stu⸗ 
dent”, herausgeben‘, allein. es fanden ne, feine ntireffen:' 
ten. Der Bibliothelar Canzler begründete, in Verbindung 
mit dem, feines. „Alcibiades“, feiner „Bianca Capello“, 
feiner „Skizzen“ wegen allgefeierten Meißner, eine fehr 
gehaltreiche Quartalſchrift „Fuͤr aͤltere Literatur und neuere 
Lecture”, die aber nur vier Bände erlebte. Die einzige 
vewediſche Schrift⸗ von laͤngerer Dauet war Haſche'sMa⸗ 
gazin der ſaͤchſiſchen Gefchichte”, das von 1784 - 90, body |. 
nur unter fletem Zeterfchreim des Verf., daB er fein baa⸗ 
res . Geld bahei jufehe, erſchien und endih auch aus 
Mangel’ am Unterftägung einging. 

An unfere jegigen Gelehrten⸗ und’ andere Vereine für 
Botanik, Biumenpflege und Pomolögte, für Mineralogie, 























Phyfik, für vnterländifche Alterthumskunde, fuͤr Stati⸗ auch 


ſtit u. ſ. w. war nicht zu denken. Nur ein Inſtitut aͤhn⸗ 
licher Art: Die Geſellſchaft für chriſtliche Liebe und Mits 
ffiden, gab es in Dresden, welche aber mehr. Wohl: 
thun als Titerarifedd Wirken und Forſchen zum Zweck 
und faſt nur die Herren vom Stadtrathe und ' von -der 
Geiſtlichkeit zu Mitgliedern hatte. -Bon einem Muſeum, 
wie jegt das treffliche Arnold'ſche/ hatte man -nodj: gar 
keinen Begriff, und die - meilten Leſebibllotheken waren 
nicht viel deſſer als halbliterariſche Buͤdchen/ wo nur bel: 
letriſtiſche Kurzwaare, Romane rk. dgl., aber nicht Eine wiſ⸗ 
ſenſchaftliche Schrift zu haben war. Vorleſungen uͤber lite⸗ 
rariſche, artiſtiſche und andere derartige Gegenſtaͤnde kannte 
man noch fo wenig, daß, als. der grundgelehrte und hoch⸗ 
verdiente Archidiakanus M. Winkler (Theodor Hell's Vater) 
1780 1anfing, philoſophiſche, ad wheauche und kosmologi⸗ 
ſche Vorlefungen zu. Halten, über. fo hertliche Verbindung 
von Meisheit und Gemeinaubigkeit man nd ‚nicht geng 
wundern konnte. 


"Die Eurfürftiiche Bbtorht, obgtei damals ſchon 
ihrer Beſtimmung nach „Museum usui publico patens“, 
war doch, ihrer Einrichtung und fonftigen Berhältniffe wes 
geh mehr elausum als patens; denn feit 1728 in beei 
Säle der. Zwingerpavillons; gekleimt "), - gerwährte‘- ‚fie 
den Muſen ein fo beſchtaͤntes Quartier, daß art. Schaͤbe 
—— 1212 


"Bis zum Anfange bes 18 Jahrhunderts an: fie- af nut 
.. 18: Privatbibliothek behandelt; denn nur Wenigen Uon Rang 
und Stand war bie Benysang' derfelben, unb audh dieſe 
‚zur unter großen | Belhrä inlungen gefbattet. Fremde hat: 
’"'fen felten Zutritt, "Die Jnſpeetoren Ober Bibtiotpekare F 
befanden fi in literarifcher Einfamkeit u ‚most, , ala ba 
ifle sine’ Aufhebung berfelben Hätsen: Y follen: ’: 
„tmmfoßte:, bie. Bibliothekbeiweitem — —* 
Sgate; denn im.grünen Sewdlbe, in ber ar 
. RFaͤſtkammer blieben ‚lange noch eine‘ Menge Buͤcher 7 
dfchriften verſteckt. (Ebert, „Beftgiähte and Beſchrei 
J der Enid. Bibliothek“ S. 82.) 
8 st Ausnahme der juriſtiſchen Werke welche aus Man. 
gel an Raum im Bruͤha'ſchen Palaſte aufgeteilt waren. 


wenig zu bemerken, oft kaum zu finden waren; bie Bü: 
cher flanden nämlich doppelt und breifach hintereinander, 
viele lagen nur fo herum, wie man grade noch ein Plaͤtz⸗ 
hen für fie gefunden hatte, und die zufammengebrängte 
Laſt berfelben bedrohte fogar die Gebäude Won einer 
Benutzung derſelben wie Jetzt hattet man bhmaks keinen 


"Begriff, obſchon' der: Oberbibliochekar Cruſius und bie 


Bibliothekare Ganzler und Daßdorf den Gebrauch derſel⸗ 
ben- eher befoͤrderten als erſchwerten. Außer dem Kurflur⸗ 
ſten, den Miniſtern, den Mitgliedern der hoͤchſten Behoͤr⸗ 
bey,, einigen Gelehrten und Kuͤnſtlern ober heſondern Guͤnſt⸗ 
lingen bes Perſonals benutzte fie Niemand, und faft glich 
-fie einer Juſel in unbelenntn: Meeren, wo nur dann 
und warn ein literariſches Schiff landete. Obſchon ein 
' fogenanntes Eiliſchreibebuch feit 1756 erifticte, ward es 
doch' wenig benutzt, weil die Beſuche von Fremden ſelten 


waren, uͤnd oft erzählte ber Secretair Naumann dem 


Bibliothekar Cruſius, wenn sie etwa ein ‚paar Tage 
- gefeßlt Hatte, mit koichtiget Miene:: „Wit baden ĩnadeß 


te. ſogat bi erleben, melches ich. aber 
natürlich verweigerte.“ Wie es ſcheint, gab es alſo bei 
der Bibliothek eine beſondere Samimlung ſolcher Schrif— 
ten, bie aber ſpaͤterhin wol einrangirt wurden: *) 


Uebrigens erfchwerte auch das enge Local des Erpedi⸗ 
tions⸗ und Reflzimmers, woͤ, wenn ie ein halbes: Dusend 
Leſer auf. xinmal ſich anſteiiten . ſchon: wahre: Raumnoth 
entſtand / der. Mangel an⸗guten iRatalozen ). und die 
Ungelenkheit amd Ungelahechlie: des: uittent. Petionals Wbes 
dee ſogenannten; Vibllochekſchreibet, wozu nicht fetten Be⸗ 
biente von Ercelenzen befoͤrdert wurden, den Gebrauch 
niche woenig: Meß man nun vollends, -baß dieſe · Biblio⸗ 
thek viele Jahre: einen Chof (den Graf Mareslini) Hatte, dem 
die Literatur, insbeſonderedie deurſche, ganz“ feemib-' war, 
ſo kann man! von ſelbſt außi ihre Wirkſamkrit ſchleßen. 
Schon der Zugunß zur Bibliokhek, eine alte beinoofte 
"Skeiftenpe auf mAh man m Winter Ani z oder Bein! 
bruch Zu fürchten Harte‘: wur nicht kinladend, aber auch 
ſo wenig begangen, "daß es ordentlich; auffiel‘, Semandert 
ſie beffeigen ‚zu Tehen. : Hoͤchſt poſſierlich dige es und 
doch iſt es wahr; daß das antere Perſonal ſich oft fogae 
nach Befuch ſehnte weil +6 fin felbes auch Bar ’zu wen 
ju thun gad, und” daß not weit öfter Bucher ah 
ausgelichen werben konnten⸗ vet man ſie nicht zu finben 
| wüßte, “ober des 5 hoc wegen zu’ oil Mühe’ tue, 
fie zu Tage zufoͤr wech," ober endlich, weil ſchlechte Wit: 


terun "2 deren Herbeiholen hinderte, denn die oberwähnten 


drei drei Zwingerpavillons ſtanden nur durch offene, zierilich 


: 2) Der Dieliothelar Grob gatte'1788: aa Einieferung . 


nes Exemplaro um:.jebeaan: Lonfittirten Bu angetragen 
: (iiber: S. 78). 2 er 
Fr 2: Duxchden Fleiß ber‘ Blhlietenfare Wir und Globus war 
ren über hundert Boliobände, an Katalogen, nomingkm ‚und 
realen Inhalte, vorhanden!‘ und doch ward es dem. Perfor 
“nal oft” biutfauer ; ein verlangtes Buch ſchnell zu inden. 
Erſt feit 1800: hat die Bibliothek einem algemeinen (58 
liobaͤnde ſtavken) Rewinmtetaleg erbalia.. .nij. A 


einen Fremdenbeſuch gehabt. Man wollte unter Ar: . 


627 
% 
ange Gänge in Verbindung. erlangte nun Jemand 


3. B. mehre Bücher, deren jedes in einem. andern Ma: 


villon ſich böfgnd, und es ſchneite oder regnete grade, dann : 
war das literarifche Holland, mehr aber noch der es in 


Anfpruch nehmende Literatus in Nöthen, wenn ihn nicht 
vieleicht Rang. und Stand vor Knurren und finflern Ge: 
fichtern ſchuͤtzten. Dazu kam noch, daß ber damals ein- 
zige Secretair, Naumann, ebenfo ungeſchliffen und un: 
gefällig al. das jegige Perfonal fein und dienſtfreund⸗ 
lich, für Beſucher der Bibliothek mehr eine abftoßende al6 
anziehende Kraft hatte. Die Zälle waren nicht felten, vop 
es bieß: „Rommen Sie morgen wieder! Die Theologen, 
die alten Claſſiker u. ſ. w. fliehen in dem Pavillon da brü- 
ben, da mag fie in dem Wetter ber Teufel holen.” 
Wenn diefer aber nicht wollte, und ber Secretair gleich- 
wol fo ein außerpavillonifches Werk eines vornehmen Bes 
gehrers megen doch holen mußte, da hieß es gewöhnlich: 
„Santo (Name des Aufwärters), meinen Paraplui!“ oder 


det Stätte und Kälte: „Santo, meine Baͤrlatſchen!“ oder | 


bei. heftigem Winde: „Santo, meinen Roquelaure (Regen: 
wantel)!” Sa, nicht felten mußten Paraplui, Bärlatichen 
und Roquelaure vereint gefchafft werden, eine alte theolo⸗ 
giſche Schwarte oder die Ausgabe eines roͤmiſchen Claſſi⸗ 
kers in usum Delphini zu bolen. ‘ 

Zu verdenken war es übrigens jemm armen Secretalr 
nicht, wenn er bei ſchlechtem Wetter. bie außerpavilloni⸗ 
Shen Gangreiſen fürchtefe; denn er litt oft an Gicht und 
Zahnweh — vielleicht Folgen, jener Reifen —, und ber 


“ga iſt mic feloft vorgelommen, daß er ein Buch zu holen 


abſchlug, weil er fih in Sturm, Regen oder Schnee eis 
ner Erkältung nicht andfegen könne. Welch Local, welch 
Derfonal damals und jegt! | ” 
Mie felten aber das gewöhnliche gelehrte Publicum, 
ebenfo häufig. befuchten damals viele der oberiten Staats⸗ 
beamten die Bibllothek. Dies war z. DB. der Fall mit 
den: Miniftern von Wurmb und Gutfhmid, mit dem 
General von Gersborf, dem Gonfifloriatpräfidenten von 
Berlepſch, den Hofraͤthen von Teubern und Born, dem 
Scheimen Kriegsrath von Ponikau u. %. Da man nım 
zu ſolchen Männern natürlich nicht fagen konnte: das 
Wetter ift heute zu fehlecht, kommen Sie ein ander Mal 
wieder! fo hatte der gutmüthige, unbegrenzt gefällige Daß⸗ 
dorf für dergleichen Kälte förmlich einen Reſerveregenſchirm 
‚zur Hand, oder lich wel gar einer. alten Excellenz feinen 
neum Mantel, um fie trog Sturm und Wetter an bie 


Duelien der Weisheit und Erkenntniß zu geleiten. 
(Die Fortſetzung folgt.) 





Correſpondenznachrichten. 


ſtaͤnde zur Sprache. Mehrmals kommt der Verf. auf die finan⸗ 
zielen und pecuniairen Verhaͤltniſſe des daͤniſchen Staats feit ber 
Trennung zuräd, ind da biefe Sache auch: jest in Dänemark 
an der Tagebordnung iſt, ſowie fie in einigen Blättern bes Auslan⸗ 
des erörtert worben, fo koͤnnen wir nicht umbin, auch bier ets 
was barüber aus der Schrift bes norwegiſchen Autors witzu⸗ 
theilen. Dieſer tft nicht nur cin ſahkundiger, fondern ' zugleich 
ein völlig unabhängiger Dann, beffen rechtfchafferier Sharakter 
von feinen Mitbärgern wol nie in Zweifel'gezogen wurbe: Gr 
{ft weit entfernt, für Dänemark parteüfch oder über bie Werbins 
dung Norwegens mit Schweden misvergnägt zu fein, vielmeht 
fiehbt er in dieſer Verbindung bas Beil Norwegens (ob mit 
Recht, laſſen wie hier bahingeftellt fein); auch ſteht er ben 
Gegenftänden in Dänemark, worüber er ſpricht, nahe genug, 
um biefelben recht ins Auge faflen zu tönnen, ohne fi von 
Uebertreivungen bienden zu laffen. „Das Beifpiel Dänemarks‘, 
fagt er, „iſt für Norwegen lehrreich, indem das Geldweſen bes 
dimifchen Staats eine Krifis befanden hat, bie ähnlich der jes 
digen Norwegens if. Daͤnemarks Gelbweſen hat feine Buͤrger 
burch die nämlichen Gefahren und Irrungen geführt ale Not: 
wegens, es hat alle bürgerliche Berhältniffe gewaltfam erſchuͤt⸗ 
tert und ihnen eben den Argften Stoß durch ben plöglicdyen Ueber⸗ 
gang zu einem Gurs, ten man al pari nennen kann, zuges 
fügt. Ungeachtet aber, daß es auf einen weniger feften Grund 
als das normegifche ſich ſtuͤzt, Haben jedoch beffere Eonfuncturen 
und ein daraus folgender Ueberfluß ber Silbervaluta den Turs 
aufrechtgehalten und auffallend vortheilhaft auf ale Gigens 
thumsverhaͤltniſſe eingewirft. Wir wollen hier nicht unterftichen, 
inwieweit die Grundlage diefes Zuſtandes weniger feft zu fein 
feinen möchte, einerfeits weil ein Theil jener Valuta mittels 
Anticipationen berbeigefchafft worben, anbererfeitß weil bie Baſis 
der Bank weniger bequem iſt. Das Finanzweſen Dänemarls: 


| Hat, Öffentligen Berichten zufolge, in mehren Jahren in ber be: 


ften Orbnung ſich befunden; Ginnahme und Ausgabe waren im 
Gleichgewicht und bedeutende Summen wurden jährlich auf bie 
Staatöfchuld abgetragen. Die Kräfte ber bänifhen National 
bank nehmen jährlich in dem Grade zu, baß die Erfüllung ihrer 
urfprönglichen Beflimmung, bie Ginziehung ihrer Zettel, wicht 
weit entfernt fein kann. So viel aber iſt offenbar, baß biefe 
mebre Sabre fortdauernden vortheilhaften Zeitumſtaͤnde zur Sta⸗ 
bilitaͤt des Curſes beigetragen haben, fowie fie bie Unterneh: 
mungen ber daͤniſchen Baal zur Aufr tung eines feſten 
Geldweſens ſelbſt unter veränderten Gonjuneturen auf eine 
Weile erleichtern werden, bie neue Verruͤckungen der Eigenthums⸗ 
verhäftniffe nicht herbeirufen wird. Gin lebhafter Kandel, via 


Landes, ein verbefierter Tandbau, verfländiges Ablenken von vor⸗ 
ber betretenen Irrwegen in Hinficht ber Foderung beö Giwerb⸗ 
eißes, bie Verwandlung ber abeligen Gutsbeſiger aus wilden 
Jagern und mäßigen Wollätlingen in thätige, haushälterifche 
Bürger, das Fallen ber unnatürlic hohen Preife alles feiten 
Eigenthumes (aller Immobilien) bis in ein paſſendes Verhaͤtt⸗ 
niß und zur Grleichterung ber vortheilhafteften Benugung derſel⸗ 
ben in jeder Ruͤckſicht: diefe Umftände und noch mehre berglei« 
chen haben zur Werbefferung bed Curſes bewirkt, was: kein 
Eünftliches Mittel, Fein gezwungener Bankcurs, feine wiederholten 


' Anleihen fortdauernd würden bewirkt haben koͤnnen. Es zeigen 


Kopendagen, April uä. 


Es iſt uns aus Rorwegen ter erfle Band einer hoͤchſt inter: 
effanten Schrift zugelommen: „Rutid og Fortid⸗ (Die gegenwärs 
ige Brit vnd die Vorzeit), von dem Ritter 3. Aal (Arendal 1838), 
ee eines Eifenweries in Arendal. Die Schrift iſt ſtaats⸗ 
wirthſchaftlichen Inhals, und bringt den finanziellen, commerciellen 
und politifchen Auftand Norwegens, bie Altern und neuern Ver⸗ 
pättniffe dieſes Btaats zu Dänemark, den Bortgang beider 
Staaten feit der Trennung „und auch einige literariiche Gegen 


fih bereits bie Boigen in dem wachlenden Wohlſtande Däne 
marks, in dem erhöhten Werthe ber Güter fowie in einer aus 
gebreiteten Thaͤtigkeit, und jene durch bie frühzeitige Verbeſſe⸗ 
ung bes Curſes veranlaßte. Herabwürbigung bee Hypotheken 
{ft mittels der wieberhergeftellten Sefigkeit des reellen Eigen⸗ 
thumewerthes mehr als erfegt. Die ältere fowie bie neuefte 
Geſchichte des bänifchen Geldweſens iſt für Norwegen böchft lehr⸗ 
veich, nicht une wegen ber begangenen Fehler und des mächtigen 
Eingreifens deſſelben in die Eigentpumsverhäjtniffe, fondern auch 
wegen ber Weisheit, womit bie Adminiſtration biefes Geldweſens 
es allmälig auf einen beffern Weg eingeleitet hat. Groß war 
ren bie Leiden beider Weiche wihrend der Beſſerung; fie find 


mehrjähriger vortheilhafter Abfag der wichtigften Producte bet 


> 





038 


oben. im. Dänemert mittels vaaſtiger Zeitereigniſſe meiſtene 


uw Ende.“ 
Neher die literariſchen Hervorbringungen N ne, ſeit ber 
Trennung diefed Staats von bem daͤniſchen aͤußert der Ber. 


ſolgenderweiſe: Unſere Literatur hat feit ber Irennung ven Däne 
mar! ein weniger eruflhaftes Ausſehen angenommen. Zeitungen 
und Zagesblätter, welche bald kraͤnkende perfönliche Angriffe, 
bald , unbaltbare den Gegenſtand nicht erfhöpfende Aeuße⸗ 
zungen. über verfchiedene Materien enthalten, haben ſich ber Auf⸗ 
mertiamleit des größern lefenden Publicums bemaͤchtigt. Indeſ⸗ 
fen: ind bach. einzelne Werke, deren ſich bie Nation erfreuen 
beuf und die ben Namen ihrer Verf. für tie Nachwelt aufbe⸗ 
wahren werben, hervorgetreten. Der hochbejohrte Philoſoph 
Norwegens (Staatsrath Axrefhow) fährt annoch fort ber Welt 
feine Schriften mitzutheilen, und noch immer tragen fir bas Ge⸗ 
präge eines tiefen Denkens mit jugenblidder Wärme und maͤnn⸗ 
lichee Kraft vereint. Die Bäder der Geſchichte und Theologie 
find mit ernften und wichtigen Werken bereichert worden, und 
auf ben Gefitben ber Aeßhetik (Poeſie?) haben unfere Landes 
leute einzelne artige Blumen pflüden fönnen. In ber topogras 
phifchen Statiſtik befigt Norwegen ein Werk, beffen Vollſtaͤndig⸗ 
keit und Genauigkeit fchiwerlich von irgend einer ähnlichen Schrift 
in einer andern europäifchen Literatur ift erreicht tworben, und 
das zugleich mit den Berichten über bie Verhandlungen ber Stor⸗ 
thinge ‚einige der wichtigſten Elemente einen tünftigen Storthings⸗ 
Bibtiothek ausmacht. Ein anderer Autor, der mit Geſchmack, 
Laune. und Leichtigkeit arbeitet, hat flatiftifche Memerkungen ge 
fiefert, die er auf einer Reife im Vaterlande gefammelt, unb de 
ren Wichtigkeit und Werth feine Landsleute ſo ſehr erfannten, daß 
- fein Buch eine zweite Auflage erlebte. Auch die Naturwiſſenſchaften 
hatten bri und einige Ausbeute. Zwei gelehrte und geniale Männer 
(der Aftronom und Mathematiker Danften und der Mineralog 
Esmark) haben Werke geliefert, die in fremde Sprachen uͤberſetz 
und ruͤhmlichſt beurtheilt werben. Biel hat bie Nation noch aus 
benfeiben Händen zu erwarten. Einzelne Werke in andern Faͤ⸗ 
een find gleichfalls won unfern Buchbrudereien ausgegangen. 
Diele ‚einzelnen Beſtrebungen aber haben ben Strom ber Zeit 
nicht hemmen oder ben öfters rauen und wilden Son ber 
Blätter dämpfen koͤnnen Doc ſcheint auch in biefer Fuͤckſicht 
ein heiterer Tag Über unfer Sans aufzugehen. Nicht felten fins 
det man in fpäterer Zeit ſelbſt in eingelnen unferer Zeitungen 
wichtige Gegenſtaͤnde mit Ernſt vnd Kraft behandelt. Ginige 
der Blätter, bie ſich anfangs durch einem rauben unwiffenfihaft: 
lichen Zon, welcher die Aufmerkſamkeit eines gebildeten Pubti 
cums keineswegs in Anſpruch nepmen konnte, auszjeichneten, find 
jest eines Beſſern befliffen und. enthalten biewrilen Icfenewärdige 
Auffäge. An die Seite biefee minder würdigen Reprä'cntanten 
bed Borfageidgmads: haben ſich ſeither einige Blätter geflelit, die 
von Werfafleon-berrühen, welche zu- ben fcharfiinnigften der Nas 
tion gehören. Eines ber juͤngſten wirb von einigen ber hoffnungs⸗ 
vollſten Sünglingen unter den Stubirenben ber Univerfität her⸗ 
anögegeben: mifte fceint: fi den Zweck, genen den Strom ber 
Beit- gu, aubeiteni, der Stall des Aupiad zu reinigen und neue 


Schriften dee Prüfung: eines eenfihaften Kritik zu unterwerfen, ' 


t: zu haben.“ 
seſetzt zeh (Der Veſchlus folgt.) 





— — —— — — — — — — — 


Literariſche Rotizen. 


„Hinter dem Abſolutismus, welchen bat ancien regime : 


als die wahre Gluͤckſeligkeit der Völker predigt, tritt das Juſte⸗ 
milien einher, bleich und zagbaft wie immer und überall. Vom 
Uebermaß erfchredt, werden herbe Ausfprüde und Adſcheu her 
das renolutionnaire Treiben von ihm bebitirt, waͤhrend es ſich 
begnügt, befheibentih und gleihfam um e& nit zu vergef: 
fen, nebenbei zu bemerken, daß die Fuͤrſten auch einige Pflich⸗ 
ten gegen ihre Unterthanen haben.” Alſo beginnt In der „Nou- 


J ift nur ein Gechstheil des Landes bisher er 


‚selle rovue germanique’ (Dec.sHeft, 1882) eine ige: 
Krug’ Schrift: „Der falſche eg Am S —28 
ch der Ref. ge doch ih Pi dem Prof. Kup 
zur: Ghre anzurechnen, daß eu- von eertion en 
Yreffachen wicht wifen wid. grareg ur 


Die erſte franzoſiſche Revolution. hat in. England. einen 
neuen Bearbeiter gefunden. Wir fehen angekündigt: „History 
of tire french revolution, from the- assembly of the nutablen 
ia 1789 to the establisiusent of the.dirertory in 17986. By 
Archibeld Allison, Der Bert. gehört. bem Ahnocatenſtanbe ag, 


Sn Frankreich fdgeint fi eine decentralisation. itt£raize 
vorzubereiten; die Talente der Provinz fangen dn die Herr⸗ 
fchaſt des ſtolzen Paris unbequem zu finden: und geimden 
ihre Sprechfäle in ber Himat. Greßentiwils andy_dein Mufer 
ber „Rerue deParig’ werben jeht Zeitblaͤtter in Rouven, Yvigmen, 
Zouloufe herausgegeben und an andern Orten angekündigt, 5.2. 
eine „Revue de Bretagne”. Für Literatur und Buchhanbel 
fann das Abwerfen ber: parifer Alleinherrfihaft wol nur gute 
Jdigen haben. | 


Die „Literary gazette”, den Franzoſen bie häufige Gut⸗ 
ſtellung englifcker Namen vorwerfend® — was wir mit guten 
Gewifſen auf alle nicht ſtanzoſiſche Cigennamen ansbehnen Ban: 
nen — bemerit dabei: es ſei das ihe Sewohnheit non jegr 
Bene: und ſchon Froiſſaxt habe Orford ſtets Acquefiuiont ans 
geſprochen. J 


Von ber „Histoire de Is. rastawratjor per wm -Homme 
d’etat'"ift der fiebente und achte Band exſchienen, intereffante 
Mittheilungen über die VBerhandlungen auf ben Kongrefien, zu 
Zroppau, Laibach und Verona entbaltenh 3m Dei d. 
TOT das Wert voTerbet werden, and bie legte Liefirung wir 
von dem Mintſterien Martignae mer Volignac handeln. " a 

.. N —— — 5. 


- 
22 


2 











Bon. einem Verein polniſcher Litensben : werden vom Pexig 
aus angekuͤndigt: „Souvenirs da ia Pologue, histerigues, sta- 
tistiques et litteraires”. Die Herausgeber. haben fi das 
fhöne und patriotifche Ziel geſteckt, alles Herrliche, Eigenthüm: 
Taye und Anziehende ats den Annalen Polens bildlich und ſchrift⸗ 
lich darin zufammenzuftellen. Dev. verhlidgene Glanz ihres: Ba- 
derlaudes foiL ber Gegenwart ink Gedaͤthtniß ‚guzäcgerufen, [sinne 
gabireicgen Deiben follen gefeiert, feine. faoßt, veraefiparaiWerhine 
dungen mit andern Nationen, befonfer& mis dem fi 
ſollen der Mitwelt vorgeführt totrden Hutdı io 8“ Rad, 

md Literatur der Polen war wid if, wird deir-Inähih diefs 
ante —— en an J 12: Banbe zu: Be 
gen, beuechmat ih. Es erſcheint, in Pirferuyaen. un ri Mo 

immer von zwei Lithographien begleitet. on ” SR, 


Der zrortte‘ Band des Jourmit ber Ehhigt: "geopkapfı. Se: 
Mercfägift in Eondem unthält!.:trben-: wbetm. ?iutereflatlin und 
wichrigen Wiittheilungen: aine ‚Mebeniihtr. der · CQutdecungen sm 
Innern von Neuſidwales son ‚Allan. — — ihm 

Se of worden. Die 
Rachrichten über die Expeditienen eines Orley, Hure, bes Vers 
faffers und zulegt (1829) des Capitain Sturt's, vorzüglich in 
der Abficht unternommen, den Lauf einiger Zlüffe zu beſtim⸗ 
men, find voller Intereſſe. Sturt verfolgte: ben Macquarie 
weit über ben Punkt hinaus, wo ißn Drley In unabfehbaren 
Möräften begrub, und fand feine Vereinigung mit dem falzigen 
Darling auf, weicher für ben größten Flag von Suͤbwales gilt, 
deffen Richtung man aber ungzuteichend Tee: e. 
wurdig iſt auch der Bericht über das Giftthal auf Java;, vets 
ches voller menſchlicher und anderer Geben Heat; und wo fm 
Umkreis einer halben engl. Weite die Luft die Eigenſchaften 
ter bekannten Hundegrotte bei: Reapeil beſtet. 838. 


Redigirt unter Verantwortlichkeit ver Verlagshaudtang: W, A. Brockhaus in Setpatg- 





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18. Sahrhunderts. 
:& rer Artiekel. 
(Bortfetung aud Kr. 18.) - 
Beiträge zur Charakteriſtik Dasborf’s und 
Adelung’®. . 
Ganz anders geftaltete fich. das Leben: auf ber Biblio: 
thek, feit fie im April 1788 in den japaniihen Palaft 


verlegt und damit ein echtes „Museum usui publico pa- 


tens” ward, welches fie auch bis jet unter der liberalſten 
Leitung und Berwaltung geblieben if. Noch während 
ihrer Aufftelung ſtarb der Oberbibliothekar Canzler, und 
an deſſen Plas kam, weil Heyne in Göttingen, ber ihn 
wünfchte, zu .große Anfprüche machte, ber zweite Biblio⸗ 
thekar, Daßdorf, aber zum erflen noch zu jung war, 
der Sprachlehrer der Deutfchen, ber unvergeßliche Ade⸗ 
lung. .Deflen Biographie im Allgemeinen enthalten das 
„Converſations⸗ Lexikon“ und ähnliche Were. Genauere, 
ganz nach dem Leben gezeichnete, in jenen Werken aber, 
wie es fcheint, nicht henuste Beiträge dazu finden ſich 
im erften Bande der „Bunten Steine” von Richard 
Moos (Engelhardt), der mit Adelung faft fieben Jahre 
in amtlihen Verhaͤltniſſen fland und auch oft das 
Stud nähern Umganges mit. dem großen Manne genof. 
indem wie daher auf genannte Schrift verweilen, zeich⸗ 
nen wir hier nur kurz Adelung's Verhaͤltniſſe zu Daßdorf, 
mit welchem er, obſchon ein Muſter von Friedfertigkeit, 
doch faſt von ſeiner Anſtellung an bis an ſein Ende 
meiſt nicht im beſten Vernehmen ſtand, und geben dann 
eine deſto genauere Schilderung Daßdorf's. Ob und wie 
viel des Letztern Unmuth, daß man einen fremden Ge⸗ 
lehrten ihm vorgezogen, zu jenen Misverhaͤltniſſen beige⸗ 
tragen haben moͤge, bleibe dahingeſtellt. Der Hauptgrund 
lag wol darin, daß dieſe beiden Maͤnner, jeder in ſeiner 
Art hoͤchſt achtungswerth, doch ſo verſchiedenen Lebens und 
Strebens waren, wie zwei auseinanderlaufende Linien. 
Adelung's Beruͤhmtheit war eine allgemeine, die Daß⸗ 
dorf's nur eine dresdner. Adelung hatte von der Ra⸗ 
mification des Baums der Wiſſenſchaften und alſo auch 
von einer bibliothekariſchen Claſſification ſeiner Bluͤten und 
Fruͤchte meiſt andere Anſichten, auch tiefere Einfichten als 
Daßdorf, der, obſchon von ganzer Seele der ernſten, beſonders 
claſſiſchen Literatur huldigend, doch immer viel neue bel⸗ 


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leteiftifche Schriften mit zur Bibliochek bringen wollte," auf 
bie Jener faft gar keinen Werth legte. Adelung, ber 
ehrwürdige Verfaſſer des „Mithridates“, mit der Structur 
ber meiften ditern und neuern Sprachen innig -vertvaut, 
hatte insbefondere bie der franzäfifchen und englifchen ſo 
ganz fich angeeignet, daB er aus beiden viel Weberfeguns 
gen, ja fogar ein „Grammatiſch⸗kritiſches Wörterbuch ber 
englifhen Sprache nad) SFohnfon” 1783 herausgab, und 
konnte doch weder Franzoͤſiſch noch Engliſch Iprechen, worin 
ihn Daßdorf, wenn Fremde, nur dieſer Sprachen maͤch⸗ 
tig, auf die Bibliothek kamen, ſtets überflägelte: ſehr 


‚natürlich, weil Adelung ewig. auf dem Studirzimmer, 


Doßdorf dagegen faſt immer mit ber Welt lebte; weil 
Jener auf die mechanifche Gewandtheit der Zunge und 
eingelibte Kraft‘ des Gedächtniffes, welche im Augenblid 
bes Bedarfs Worte und Wendungen darbieten, im Der: 
hältniß zu der Kenntniß vom Genius einee Sprache gar 


‚teinen, ber Weltmann Daßdorf dagegen nicht ohne Grund ‘ 


großer Werth legte, nicht felten aber auch Werthvolles 
dadurch erhielt, das, amtlicher Stellung: zufolge, eigentlich 
Abelung gebührt hätte. - 

Dies war 3. B. einft der Fall, als eine ſchwediſche 
Prinzeffin, Schwefter Guſtav III., die Bibliothek befuchte, 
um naͤchſt dieſer befonders den berühmten Adelung ken⸗ 
nen zu lernen. „Spricht die Prinzeffin Deutſch?“ fragte 
Abelung den Lohnlakai, der fie ihm meldete. Auf die 
Antwort: „Nicht gern und nur wenig, am liebflen Fran⸗ 
zöfifch”‘, entgegnet Adelung ganz troden: „Sag' Er ber 
Prinzeffin, Er Hätte mid) nicht getroffen, ich habe heute 
nicht die mindefte Zeit, Befuche anzunehmen, muß fogleich 
zum Kurfürften u. f. w.” Damit entfernt fid) Adelung durch 
Säle, wo er der Prinzeffin nicht begegnen kann, während 
diefe, ohne des Lohnbedienten Antwort abzuwarten, fchon 


ins Zimmer teitt und auf Daßdorf mit der Frage zugeht: 


Ob fie die Ehre habe, den berühmten Hofrath Adelung 
vor fich zu fehen? — Daßborf entfchuldigt biefen mit Ge⸗ 
fhäften bei Sr. kurfuͤrſti. Durchlaucht, geleitet, anınuthig 
converfitend und reich belehrend, die SPrinzeffin durch die 
Bibliothek und — empfängt dafür eine goldene, 30 Dus 
katen ſchwere Meballle. Adelung nicht zu kraͤnken, vers 
fchroteg dies Daßdorf geraume Zeit demfelben; aber über 
fo etwas fich zu Eränten, das fiel dem emften, ruhi⸗ 
gen, nur unter feinen Büchern gluͤcklichen Manne nicht 


6% 
“ I 


ein, dee oft lieber ſelbſt Medaillen barum gegeben hätte, 
durch nutzloſe und nengierige Beſuche nicht geflört zu 
werden. 

Auch in koͤrperlicher und geſelliger Hinſicht waren Ade⸗ 
lung und Daßdorf, tota coelo verſchieden. Adelung, ein 


one, dech Beftats uyby Beuhmen Ieporgen: 
un, Banned ı mehr Bein als groß/ gewandt, femb:- 


lich, ewig heiter und zuvorkommend. Adelung mit we⸗ 
nig Ausnahmen dom Sonntage früh bis zum Sonnabend 
Abend am Stubistifche, oder an vᷣſ⸗ 


fentlichen Orten, in. ber Regel trocken und worptargg 


Daßdorf dagegenſtets mit Welt und Menſchen in Ver: 
kehr, wortetich und lebendig. Abdelung, hageſtolz, erſt · aus 
Noth, dann aus Grundſatz, hatte außer einer Haushaͤl⸗ 
texin. kein labendiges Weſen um ſich als ein paar Voͤgel, 
die er ſelbſt fuͤtterte; Daßdorf, zweimal verheirathet und 
gelegnet mit- vier, gutes, Rindern, fühlte nach des Tages 
Ba ſich am gluͤcklichſſen im Schatten. ber Haͤus⸗ 
tlichkeit. 

Adelung war mw. in. den. erſten Jahren feiner. Anſtel⸗ 
lung oft, dann immer ſeltener und: in ben letzten Jahren 
faſt gar nicht auf der Bibliothek zu treffen, wenn er. nicht 
etwa Tanı, Werke. zu beugen, dern Transport nach Hauſe 
“20 ſchwierig erſchien; Daßdorf dagegen, gleichſam glebae 

literariae. adscriptus, verſaͤumte, Keentheit und Weiten 
abgerechnet, nie die Bibliothek. Adelung war dort meift 
sin Stummer, der. nur finbirte, ton den Beſuchen ber 
Bibliethek kaine Notiz nahm und mit. Niemand ſprach, 
Ins: ihn nicht anredete; Daßdorf kam vor lauter Abwar⸗ 
sen literariſcher Beſuche manchen Vormittag gas nicht an 
fein Buregu sad ging. ſehr oft mach Hauſe, ohne einen 
Buchſtaben geichrieben ober gelefen. zu, haben. Abelung, 
haffend. die Preaͤrogative der Ariſtokratie, unglädtich in 
den Vorzimmern, am unglücklichſten an den Tafein ber 
Großen, floh ben Adel, wie und wo. er nur konnte, und 


bezeigte fih, wenn er. mit ihm in Beruͤhrung kommen |. 


mußte, nie ſchmieg⸗ ober. biegfam, ſondern ernſt, kalt, im 
Stillen pochend auf Ruhm und Verdienſt; Daßdorf, 
gluͤcklich unter. den Formen und bei den GSenüffen der 
vornehmen Welt, ſchmieg⸗ und biegfam gegen das da⸗ 
mals noch allmächtige von, erkannte ben Abel. fchon fei: 
196 Alters wegen für ein ehrwuͤrdiges Inſtitut, ſah in- 
jedem Miniſter oder Hofmarſchall einen Erzengel vom 
Throne der Fuͤrſten, beobadptete aber doch dabei — das iſt 
nicht zu leugnen — ſtets eine gewiſſe Würde, verbunden 
mit bem.feinftan Anftand, und erniedrigte ſich nie zum 
Gpeichaliscden, Abelung, der perſonificirte Syntax und 
Sprachwurzelgraͤber, nie fonberlicher Freund ber ſchoͤnen 
Literatur, auf deren Feldern er zu einer. gewiflen Zeit 
ſtehen . geblieben war, waͤhrend Alles um’ ihn ber vor 
waͤres ging, zeigte fich insbeſondere ſtets als ber erktärtefte 
Feind aller Gelegenheitsgedichte; Daßdorf, der erſte Ge: 
Ingenheitsbichter, Dresdens, war überhaupt ein fo gluͤhen⸗ 
dar Freund bes. fchönen Literatur, daß er, wenn Adelung 
ſich nicht dagegen ſtemmte, jebe, neue. Gedichtſammlung, 
ja fo manchen neuen Roman. ber Bibliothek: aufgebürdet 
baben mürke. Adelung, obfchen. von Haus aus ihre: 


‚barb und befu 








” » 
log *), war boch kein Freund ber Theologie und bes 
Cultus; Daßdorf dagegen, auch weiland Theolog, hufdigte 
Helden, ftudicte emſig die Schriften ber neuen Gottesge⸗ 
lehrten, verfäumte Leine Predigt des unvergeßlichen Rein⸗ 


dieſen «allfonntäglich nach 50% 
ne ihm bern deſſen a a 





tesdienſte, ung 


‘über bie neueſten Aitergrifchen Erſcheinungen zu befprechen. 


Was Wunder, wenn Männer von fo ganz entgegengeſetz⸗ 
ter Lebens:, Denk⸗ und Handlungsweiſe Eeine weitere 
Hatten; md daß, Sjeber in fets 


ver Art hoͤchſt achtbar, doch nicht grade Einer. den: An: 
dern ˖ dafuͤr gelten ließ. 
Als e 


supt ſtand Daßderf vicht hoch; es 
fehlte ihm an Phantaſie. Als Gelegenheitsdichter aber 
machte er, in Gellert's Schule, des Frommen und Herz⸗ 
lichen, gebildet, zu ſeiner Zeit Aufſehen in Dresden. Seine 
Cantate auf das Erntefeſt nach dem Hungerwinter von 
1771 und 1772, feine Ode auf bie Friedensfeier nach 
dem fogenannten Erdäpfeitriege 1779, fein Gedicht auf 
die Geneſung des Kurfürften,. bes bamals dem Tode nahe 
war, und andere dergleichen Verſe gefielen mgemein, ja, 
letterwaͤhntes Gedicht mußte fogar dreimal - aufgelegt 
werden. Das Rogentenhaus zu befingen, ließ Daßdorf 
Leine Gelegenheit vorbei. Seine Verſe fielen oft wie Schnee⸗ 
flocken am Buße. bes. Thrones nieber; auch verfäumte er 
nie, bergleichen Sebichte, obſchon laͤngſt verkirngen, wo 


es ſich nur thun ließ, wieder zu: Tage zu fördern. Selbſt 


in feine. Beſchrelbung Dresdens ſchmuggelte er Verſe mit 
‚ein, bie vor zehn und mehr Jahren ſchon ihre poetiſche 
Schulbigkeit gethan hatten. Fuͤr die damals berühmte 
Seyler ſche Schauſpielergeſellſchaft ſchrieb er viel Prologe 
und Epiloge, einſt ſogar ein mufſikaliſches Drama: 
„Andromache“ (Dresden 1777), welches aber, fo dra⸗ 
matiſch als muſtkaliſch, nur das Kuͤchenleben hatte. Am 
Begruͤndung einer poetiſchen „Blumenleſe“, von 1784-85, 


*) Gr hatte, wie mic Daßdorf erzaͤhlt, die Theologie in Folge 
eines ganz eignen Zufalls verlajfen. Rach feinem Abgange 
von ber Univerfität Halle bekleidete ex eine Hofmeifterftele 
auf dem Sande, verbunden mit ber ziemlich gewiffen Aus⸗ 
fiht auf eine Prebigerfielle, unb that deshalb einſt eine 
Gaſtpredigt. Gin nettes. Mädchen im Haufe: feines Prin⸗ 
cipals drohte ihm am Abend vorher fcherzweife, baf fie 
ihn in bes Predigt neden und gewiß aus. dem Goncepte 
bringen wolle. Adelung verfichert lachend, daß bies un⸗ 
möglich fei, befleigt morgens. darauf getvoft bie Kanzel, 
fängt an zu prebigen und — hilf Himmel! der Kanzel 
grade gegenüber iſt eine Kirchthuͤre mit einigen. 


fragtihe Mädchen, buch Pug und Arbeit am zeitigem 
Kirchgange ‚behindert, tritt, während Abelung ben Bibel: 
prud:, ‚ser ba ftebet, fehe zu, daß er nicht falle”, herab⸗ 
donnert, in bie Kirchthuͤre, glitfcht aus, ruiſcht bie Stuſen 
berab und kommt parterze in eine fo poflierliche Rage, daß Abes 
lung des Lachens ſich nicht enthalten, den dadurch unter- 
brochenen Faden feiner heiligen Rebe aber nicht wieder: 
finden kaun und. abtreten muß. Dies beftimmte ibn, bem 
heiligen Soͤller nie wieder zu befleigen, fonbern einzig ber 
Literatur ſich n wibmen. Vielleicht alfo, daß Abrlung, 
that das arme Maͤdchen nicht den poflierlichen Fall, ein ge= 


zer. geworben wäre. 


nach Innen. Schnee und Eis haben fie geglättet. Das 


wöhnlicher Landprebiger und nie Deutſchlande Sprachleh⸗ 


. 631 


Wirtbe er den meiſten Anteil, und es machte ihm nicht 
wenig Kummer, als fie, für bie Gerlach ſche Verlagshand- 
lang eine Diſteln⸗ und Dornenlefe, mit dem zweiten 
Jahre ſchon im Archive ber Zeit b t 
wer. In Hinficht auf Porfie kannte der gute Daßdorf 
mit Recht weder Rang noch Stand und nannte jeden 


Verſemacher, war's auch. nur ein Kreusfchüler, gern fra- 


trem in Apolline. 
: (Die Bortfehung felst.) 





Gorrefpondenznachrichten aus Kopenhagen. 
Beſchluß aus Fr. 152.) i 
Diefe Aeußerungen über bie periodifche Literatur Norwe⸗ 
gend. erinnern uns, aud etwas über ben neuern Zuwachs bie 
fer Literatur in Dänemark mitzutheilen. Die „Monatsichrift für 
Eiteratur” („Maanebftrift for Literatur’), von zwölf Profefforen 
ber. Univerfität Kopenhagen herausgegeben (Bang, Staufen, Dar 
wid, Foxchhammer, Hohlenberg, Hornemann, Mabvig, Molbsch, 
Peterſen, Reinhardt, Rofenvinge, Derfteb), hat bereits ben fünf 
ber Dear ruͤhmlichſt angefangen, Irgendwo ift ſchon früs 
er, wenn 


rtreibungen ‚unb 
Was das 


zelnen Sin flattgefundenen Mangels an einer gewiffen Maͤßi⸗ 
sfte auch Liefer Vorwurf nicht unter Umfländen zu bes 

igen fein, wo gegen unverfchämte Anmaßung ſowie ge: 
gen Borurtheile unb eingerifiene fabe Meinungen, ober auch ge: 
gen kindiſche Bewunderung unb vergoͤtterndes Anftaunen ber gros 
Sen Menge eine Eräftige Oppofition zu bilden if. Wenn bas 
gegen der Mangel an Mäpigung ſich auf einer ganz andern 
@eite finden ließe, und man, anflatt fih ber übertriebenen Be 
wunberung ber Menge zu wiberfegen, vielmehr fich einer foldyen 
ſelbſt Hinzugeben und in biefelbe miteinzuflimmen fehlen, bann 
wuͤrde unleugbar zu gegrünbetem Vorwurf Anlaß gegeben fein. 
Wir wollen es nicht verhchlen, baß ein ſolcher Anlaß in einzels 
nen Fällen ift gegeben worden, aber auch nur in einzelnen; und 
zugleich muß zugeflanden werben, daß ſich eben bei einer ſolchen 
Gelegenheit eine treffliche Aftpetifche Kritit vernehmen ließ. In 
der Aefihetil hat übrigens die Willfür dann und wann ziemlich 
geherrſcht; mittelmäßige dramatifche Verſuche find mit ungebuͤh⸗ 
zenden Lobpreifungen erhoben, ja fogar anerkannten Meiſter⸗ 
werten gemiffermaßen an die Seite geftelt worden, während 
anbererfeits werthuollern Arbeiten eine unbillige Geringfhägung 
wiberfuhr. Allein bies find meiſtens Klagen, deren Grund, wie 
alles Unreife in ber Kritif fowie in ber Kunft, bald verſchwindet, 
wenn dagegen der Werth der gehaltvollern Urtheile der kriti⸗ 
ſchen Monatsfchrift und die in gewiſſen Faͤllen mit wahrer Ein⸗ 
fiht und Würde ausgefprochene Oppofition vor Allem in Zeiten 
muß anerfannt werben, wo Biele urtheilen, Wenige aber lernen 
wollen, und wo es zwar keineswegs an Oppofition mangelt, fie aber, 
jener zwei Eigenfchaften oft aänzlich entblößt, blindlings heraustappt 
und nicht felten ſich an bie unrechte Seite zu flellen geneigt if. 
Etwas jünger als die „Monarsfchrift für Literatut“ und 
meiſt philoſophiſch⸗philologiſchen und geſchichtlichen Inhalts if 
Die forder Zeitfchrift in zwanglofen Heften: 
fra @orde” (Vermiſchte Auffage — Miscelen — aus Sorde), von 
den Profefforen der fordere Akademie Brebsdorff und Luͤtken her⸗ 
ausgegeben. Dieſes Unternehmen hat bisher Beinen ſonderli⸗ 


*) Die aͤlteſte Eritifche Zeitſchrift in Dänemark und jegt Ho Altete aller 
daͤmſchen Beitfihriften I bie ‚„Dänifepe Literaiungettung““ (,,Danft 
Literaturtibende‘’), ehemals,Kopenhagener pelehrte Nachrichten⸗ 
genannt. 





„Blandinger 


‚um bie & 


‚geheim, nach wiltkuͤrlichem Erachten 


dm Fortgang gehabt, welches wegen eiwiger intereffanten Auf: 
füge und ber mnigetheilsen otabemifihen Nachrichten gu bebauern 
iſt; nur drei Hefte find erfchienen. 
Be u er ie 
en 8 ‚Prometheus‘, eine Monats⸗ 
ſchrift für Poefie, Aeſthetik und Mritit, anf eine bebentende Weiſe vers 
mehrt. Die bis jetzt erfchienenen Hefte enthalten Lauter Anffäge won 
dem berühmten Herausgeber. Die Kriti biefer Beitfchrift ſcheint 
vorzüglich auf das Theater gerichtet zu fein und kommt eben zur vechs 
ten Zeit, da bie vormals fo erglebige Theaterkritik ganz aufger 
hört hatte und nicht einmal von - ben Eeinern Wiättern das 
Sheater mehr beachtet wurde. Um fo viel fleißiger wirb freilich 
in ae und im Theater ferbft Eritifiet 5 diefe Kritit aber 
iſt ned tigerer Ratur ale jeme in den Blättern des Tages, 
und die Kunft geht meiftens Immer dabei Ieer aus: Wenn ba» 
ber ein Tachlundiger Mann die Muͤhe auf ſich nimmt, das ver 
Laffene Eritifche Feld wieder angubauen, fo kann ſolches nicht anders 
als erfprießtich fein. Uebrigens will man die ſchon gelieferten 
Theaterkritiken Oehlenſchlaͤger's zuweilen etwas zu mild und fchos 
nend und das Lob hin und wieder gu reichlich gefpendet finden. 
Vielleicht wirb er ſich in ber Bolge veranlaßt fehen, mehr bes 
Tadels und weniger des Lobes zu ertheilen, was gewöhnlich ben 
Leuten anziehender iſt und womit ihnen auch im Allgemeinen 
am beflen gedient fein mödhte. 
Wir haben faft: gleichzeitig nicht weniger als brei ganz neue 
theologifche Zeitfchriften befommen, wovon ſich zwei „Ziben- 
deu’ (Zeitungen) nennen. Die eine ber Zeitungen wirb vom 
Magifter Lindberg, die andere, bien Odenſe erfcheint, von unges 
nannten Geiftlichen herausgegeben, unb die britte Zeitfcheift ift von 
den Profefforen ber Theologie Elauſen und Hohlenberg vesfaßt. 
Die Namen Lindberg und Glaufen können ſchon den verfchie: 
dehen Ton und bie verfchiebene Tendenz ihrer Schriften angeben. 
Die Ältere theologifche Zeitfchrift von Profeffor 3. Möller Hat 
eine neue Reihe angefangen. Die Literatur ber Flugblätter 
erhielt im vorigen Jahre einen guten Zuwachs in der Dänis 
ſchen Wochenſchrift („Dane Ugeflrift‘), von einer Geſellfchaft 
pesaudgegeben und von Profeflor Schouw (als Botaniker wohl 
elannt) xebigiet. Dieſed gut geleitete Blatt hat ſchon einige 
wichtige, in das aflgemeine intereffe eingreifende, populaire 
Auffäge geliefert. Ginem dieſer Aufläte, Betrachtungen 
über einige ber meueften Handelsverhaͤltniſſe Daͤnemarks enthal⸗ 
tend, iſt neulich das fonberbare, bei uns aber nicht einzige 
Schickſal widerfahren, erſt aus dem Dänifchen ins Deutfche und dann 
aus dem Deutſchen wieberum ins Daͤniſche überfegt zu werden. 
Die deutſche Ueberſegung fteht in dem „Neuen ſtaatsbuͤrgerli⸗ 
den Magazin” (erfien Bandes zweites Heft, Schleswig 1832) bes 
Statsraths und Profeſſors Falck, freilidd ohne Angabe ber Ues 
berſequng, und ging daraus in einer- wiederholten Weberfegung in 
eines der fopenhagener Blätter über. Aus einem andern @thde 
ber gedachten „Daͤniſchen Wochenſchrift“ entnehmen wir Folgendes. 
Gegen tie Aeußerung eines Mitarbeiters, ob alle Zeitungen nicht unter 
firenge Genſur zu ſetzen wären, ſchrieb nämlich ber Htebactene: 
„Einer ſolchen Meinung ift gar nicht beigupflichten. Die periodiſche 
Literatur ift eines ber großen Mittel zur Verbreitung gegenſeiti⸗ 
ger Ideen und zur Förberung der Aufklärung. Sie bebarfi daher ger 
fegticher Wreiheit, ohne welde literariſche Thaͤti weder in 
Büchern von größer Umfange noch. in Zagesblättern gebeihen 
. Mande wichtige Ider zur zweckmuͤßigen Beränberung be⸗ 
ſtehender Ginrichtungen, manche Entdechung eingeriffeter Mis⸗ 
braͤuche oder ungerechter Handlungen ber Staatediener, weiche 
Ideen ober. Entdeckungen oft, um zur rechten Zeit wirben zu 
koͤnnen, eben augenblicklicher Bekanntmachung beduͤrfen, wärben 
durch die Cenſur nicht ſelten verloren gehen. Die Urſache, war⸗ 
Ta Be a a a 
un n ſo vd ſein lieg 
darin, daß die Beurtheilung der Zulaͤſſtgkeit eier: Schrift ins⸗ 
Apprllativn, nur von 
einem Indivibuum ausgeuͤbt wird, anſtakt nach Gruͤnden zu 


‚obne: 


ſchehen, bie ein oͤffentliches unter. Appeltation ſtehendes Wer en 


bes Gtantb gemäß audfprict. *) Die Genfur, und na 

turlich noch mehr eine Buenge Cenſur, ift daher als ein Nebel 
nicht weniger in Hinficht der Blaͤtter unb Journale als der grö« 
fern Werke anzufehen. Wenn in kleinern Staaten der größern 
en es erfoberlih fein ſollte, die ausfchließend politiſchen 


632 . 
in einer -gew Sm des — 
lich —* eo Kus geſchwebt zu Fr Far Kae en 
in „Remeo und Zulla” teitt uns in det Yon ber Cnfh' recht 
intereffant entgegen. Won Hauch erhtelten Wir ‚Di Be 
leiring”" (Die ng von Mofleiche), eine T ie %),. u) 
Hert gab uns eine Sammlung fei & 


Blätter, wie es bei und der Kal ift, mit Genfur au belegen, fo 
ift diefes nur ale eine traurige Nothwendigkeit zu betrachten, 
und bie Genfur barf fih nur auf die auswärtigen Angelegenheis 
ten erfſtrecken, auch muß fie fo fchonend als möglich ausgeübt 
werden. In ber Zukunft, wenn ein Hiftoriter bie Wegebenbeiten 
unfers Zeitaltere befchreiben wid, und 3. B. in englifchen 
Zeitungen fo reihen, in ruſſiſchen dagegen fo wenig Stoff fins 
bet, ſo wird er ſchwerlich der Meinung jenes Wef. beipflich 
ten. Dann werben auch größtentheild die unwürbigen Angriffe 
und bie groben Unwahrheiten, wozu bie Prefle jest fo oft ges 
misbraucht wird, vergefien fein; Misbräuche, bie zwar oft Uns 
willen erregen müffen, doch aber immer erträglicer als bie, ‘eine 
freie Aeußerung bes Gedankens hemmende Senfur find.“ 

Da wir eben etwas von ber Vermehrung ter theologifch. 
periodifchen Literatur erwähnten, fo follte billig auch die Ergie⸗ 
bigkeit ber juriftifchen und ber mebicinifchen erwähnt werben. 
Sine „Bibliothek for danſt Lovkyndighed⸗ (Bibliothek bänis 
ſcher Rechtswiſſenſchaft), von dem Rotar der juriſtiſchen Facul⸗ 
tät, Algreen-Uffing, und eine Zeitſchrift für die Arzneiwiſſenſchaft 
von Herholbt und Manſa, bie angekündigt worden, finb baber 
noch zu nennen. 

Bon ber den Augenblick überbauernden Literatur führewich 
nur in aller Kürze vor, was mir eben am nädflen Liegt; 
Sie mögen beshalb für biesmal dem Anſpruch auf Vollſtaͤndig⸗ 
keit entfagen. Dex zweite heil der intereffanten Vorleſun⸗ 
en Molbech's („Borelääninger over den nyere danſke Poefie”) 
am am Ende bes vorigen Jahres heraus. Sie handeln 
von den Gedichten Baggefen’s und Altern poetifchen Werken Och» 
Ienfchläger’ 6. Ron ber Sammlung ber bänifdyen Gchriften des 
erfigenannten Dichters („Jens Baggefens danſke Verker⸗) ers 
hielten wir ben legten (12.) Band nebft dem (nicht fehe aͤhnli⸗ 
hen) Portrait des verflorbenen genialen Berf. Man hat biefer 
Sammlung auch einen nicht geringen Theil feiner zahlreichen 
polemifhen Schriften einverleibt; ob mit Recht, iſt Hier bie 
Stelle nicht zu erörtern. Die Subſcribenten follen aber keines⸗ 
wegs damit zufrieden feinz vielleicht würde der Dichter, wenn er 
feine Deinung uns mittheilen koͤnnte, fih mit ben Gubfcriben: 
ten im ähnlichen alle befinden. Gin junger Dichter, der mit 
einem verfificirten Luſtſpiel in fünf Aufzuͤgen gluͤcklich bebutirte, 
hat durdy ein neues (humoriſtiſches) Gedicht: „Dandferinden‘‘ 
(Die Tänzerin), noch größern Beifall eingeerntei. Er bat 
ſich noch nicht genannt. 

Die Rovellen des Paſtors (in Juͤtland) S. S. Blicher, 
von welchen das beutfche Publicum bereits einige in Ueberfegun: 
gen burdy Profeſſor Krufe Eennt, find jegt gefammelt in zwei 
Bänden erichienen. Da fie urfprünglich in einer Provinzial: 
zeitſchrift ans Licht traten, bie wenig Pefer in ber Reſidenz 
hatte, find fie für uns als ganz neu anzufehen unb machen viel 
Sluͤck. Nur bie Sprache hat ber Dichter mit allzu wenig 
Sorgfalt behandelt. 

„Dramatiſte Scener“, von G. Brebahl, find mit dem ſechs⸗ 
ten Theile gefchloffen worden. Die vier erften heile kamen 
1819 — 22, ber fünfte 1832 heraus. Die gange Folge macht 
ein großes bramatifches Gedicht aus und ift unleugbar eine merk: 
wuͤrdige Erſcheinung. Unter allen originellen Zügen ift allers 
dings eine gewiſſe Nachahmung von Shakſpeare bin und wieder 
durch das Ganze nicht zu verfennen; auch Deblenfchläger ſcheint 


*) Bekanntlich müffen in Dänemark alle unter Appellation ſtehenden 
Kichterſtuͤhle Ihren Urtheilen immer die Brände, unter Reter Anfüh- 
zung ber Belegflellen aus den Befegen, hinzufügen. Auch ift bie 
Gerihtöhaltung in allen Inſtanzen ohne Ausnahme Öffentlich, 
ebenfo die Beugenverhdre. 


nee Tußfpieie, So befinkm 
wir uns benn wieber auf dem Gebiete bex Dramaturgie und 
fa, da bie Stüde ber Iesterwähnten Sammlung alle gefpielt 
werben, auf dem Theater ſeibſt. Wir wollen aber ba für die. 
mal Fir helft dee Profeſſors Sch Europa 
e e ofeſſo onw2 „ I 
letfattelig Naturſtildring“ (ein leichtfaßtiches Raturgemaͤtbde) 
nebſt einem Atlaſſe, ſechs Karten enthaltend, iſt ſehe intereſſant 
und wirbd viel gelefen. **) 

So viel auch in unferer Zeit für bie Regiftrirung, wenn wie 
und. diefes Ausdrucks bedienen dürfen, ber Literatur getan. wor: 
ben, fo würde es doch manchmal ziemlich fchwer fein, wenn ſich Einer 
auf längere Zeit von dem Uterarifchen Verkehr bes Tages entfernt 
hat, das Vergangene nachzuholen und mit ber immer forteilen⸗ 
den Zeit wieder gleichen Schritt zu halten. Es fehlt naͤm⸗ 
ii ein catalogue raisonne über bie ganze erfcheinende 
Eiteratur, wenigftens in Dänemark; und menngleich biefe &i- 
teratue weniger umfangreich als bie der größern Staaten 
ift, fo iſt der Mangel doch fehr fähldar. Die Zahl und 
bie Titel der erfdhienenen Schriften find zwar leicht zu 
erfahren. Es kommen bier bie jährlichen Bücherverzeichnifle 
der Gyldendal'ſchen Buchhandlung fowie die monatlichen ber „ 
nifchen Literaturzeitung‘ und der „Monatsfchrift für Literatur“ 
bem Mißbegierigen zu flatten. Allein biefes find bios katalogi⸗ 
ſche Ueberfichten ber erfchienenen Schriften. Den Werth ober 
die Qualität derfeiben einigermaßen und in aller Kürze kennen 
u lernen, ift faft unmoͤglich, ohne ſich die ganze Maffe ſelbſt zu 
Cammeln und zu prüfen, was wol Keiner unternimmt. Gin 
quafiskritifches Blatt, das fich den Zweck fegte, dem obigen Mangel 
abzuhelfen, wäre mithin ein verbienftliches Unternehmen. (Ss 
müßte von bewährten Männern herruͤhren, und bie Anzeigen 
bes Werths und des Inhaltes einer Schrift müßten fo Zur, 
aber dabei fo Karakteriftifch als nur immer möglich fein. 147. 





Notiz. 


Der gelehrte Erzbiſchof von Theſſalonich, Euftathios, lebte 
gegen Ende bes 12. Jahrhunderts. Die Sorgfalt, womit er 
das mühfame und umfangreiche Werk zur Erklaͤrung des Her 
mer vollendete, die Scholien, welche er zu dem Dionnfios 
Periegetes lieferte und bie ex zum Pindar zu geben unternahm, 
fowie der durch bies Alles unleugbar bewirkte Nugen berechti⸗ 
gen, wie der Neugrieche Korais irgendwo im 3. 1811 fagte, 
zu dem Schluffe, daB ohne die fogenannten Kreuzzüge der 
Abendländer, weiche bald nach dem Tode des Guftathios began: 
nen, und obue die Groberung Konftantinopels durch die La⸗ 
teiner im Jahre 1208, das Voll der Griechen ſchon damalt 
diejenige Veränderung zum Beſſern gezeigt haben würde, welche 
es fpärer im 15. Jahrhunderte gezeigt hat und welche es ge: 
genwärtig zeigt. Wenn man bie große Anzahl der nach ber 
Ginnahme Konftantinopel® burch bie Osmanen im weſtlichen 
Europa zerſtreuten gelehrten Griechen mit ben wenigen gelehr⸗ 
ten Beitgenoffen bes Guftathios vergleicht, fo Tann man nicht 
zweifeln, baß ohne diefe zweite Groberung bie griechifche Ra- 
tion ,. namentlich mit Hälfe ber damals gleichzeitigen Erfindung 
ber Buchdruckerei, auf ber nämlicgen Stufe der Culture mit ben 
andern civilifirten Völkern flehen würde. Aber, was zwei⸗ 
mal verhindert worden, braucht nicht nothwendig zum dritten 
Male verhindert zu werden! 30. 


% Stfeint naͤchſtens in deutfcher Leberfehung in der Berlagäband: 


lung d. 81. D Red. 
») Wir beriten naͤchſtens darüber nach einer deutſchen Urderfegumg 
. ee». 


Redigiet unter Verantwortlichkett der Werlogäbandlung: F. 1. Brodbaus in Leipzig. 
nn 











Blätter 
für 


literarifhe Unterhaltung, 





— — — — 





18. Jahrhunderts. 
Srſter Artikel. 
(Fortſequng aus Nr. 158.) 

Für die claffifche Literatur, beſonders die roͤmlſche 
— dene in ber griechifchen war er beiweitem kein Boͤtti⸗ 
ger — glichte Daßdorf bis an bie Marken feiner Tage. 
Ein großer Horaz Fam faft nie von feinem Arbeitstifche 
auf der Bibliothek. Ein einer lag früh fchon neben ber 
Kaffeetaſſe, benfelben fledte er ein, wenn er ausging, und 
wie Betſchweſtern im alten Geſangbuche war Daßdorf 
bewandert in dem noch etwas aͤltern Horaz. Fuͤr jeden 
Scherz, fuͤr jedes wichtige Lebensverhaͤltniß oder politiſch 
große Ereigniß wußte er ein Horatianum. „Ach!“ ſeufzte 
er ordentlich einmal zu mir, als er Napoleon in der Biblio⸗ 
thek herumgefuͤhrt, „wie gern hätte ich dem großen Manne 
zugerufen mit Horaz: „Contrahes vento nimium secundo 
turgida vela!“ („Ueberhebe dich nicht im Gluͤcke!“) 

Allerdings paßte diefer Horazifche Spruch auf Napo: 
leon; doc gab es damals, 1807, wo er al® Sieger von 
Sriedland in Dresden einfprach, wol auf der ganzen wel 
ten Erbe keinm Mund, der gewagt hätte, ihm folch eine 
Horazifhe Warnung zuzurufen. Am wenigften eignete 
fich dazu der Mund eines koͤnigl. fächf. zweiten Bibliothekars. 

Napoleon's Marſchaͤlle und Miniſter verfolgte Daß- 
borf, wenn er fie auf ber Bibliothek herumführte, im 
Stitteh natuͤrlich, mie er oft fagte, ſtets mit Horaziſchen 
Sprüchen, insbefondere mit 

Crescentem sequitur cura pecuniam 

Majorumque fames. 
Denn, behauptete er, je mehr biefe Menſchen haben, 
defto mehr wollen fie. Wenn von Napoleon’s Kühnhelt 
in Schlachten die Rede war, meinte er oft fpöttifch: Der 
große Kromenräuber, wie er ihn, che er in der bresbner 
Bibliothek einfprah, gemöhnlid nannte, werde fonder 
Zweifel mit dem göttlichen Horaz denken: 

Non semper feriet quodcungue minsbitur arcus; 
aber 

Non semper laeta ridet Bellona, 
fegte er gewöhnlich mit bedeutender Miene hinzu und 
würbe nicht ungern gefehben haben, wenn da6 uralte 
Sprücmort vom mblih den Henkel verlierenden Kruge 


Montag, | — Rr. 154 — 


3. Zuni 1833, 


fi) bei der erſten beften Recognoſcirung an:: dem nagel⸗ 
neuen Kaifer bewährt hätte, 
Zu fehr daran gewöhnt, dieta classica, beſonders Ho⸗ 
raziſche, im Munde zu führen, braudite er ‘fie fogar oft 
gegen Leute, die keine Sylbe Iateinifch verftanden. Wenn 
ih fo viel Thaler haͤtte, als er z. B. SDoraz’ „hora 
ruit” bald Dem, bald Jenem zugerufen, fo wär ich ein 
reicher Maım. Am liebften benutzte er e6 gegen Prima⸗ 
ner, Secundaner u. bgl., wenn fie, auf der Bibliothek 
leſen oder nachſchlagen wollend, mit Nachbarn in Ges 
ſpraͤche fich einließen. „Monſieur“, denn damals gab es 
noch bergleihen, „Horaz fingt: hora ruit!” Damit 
winkte er gewöhnlich zur Ruhe. Auch war er anermübs 
lich in der Bemerkung, daß ihm Eine Horazifche Ode Lies 
ber fei als ber ganze Voltaire, ben er ohnedem als einen 
ſchaͤndlichen Freigeift und NReligionsfpötter ſtets auf dem 
Steihe hatte. Die bekannte Anekdote vor Voltaire, daB 
ee nach Herftellung von einer ſchweren Krankheit, wo er 
(hen der legten Delung wegen bie 'geroribte Kerze in ber 
Hand gehalten hatte, auf diesfallfige Wertounberung freigeiftes 
rifcher Freunde bemerkte: er würde, wäre er als Anbeter 
des Dalat Lama geboren, in aͤhnlichem Kalle auch, einen 
Kuhſchwanz in die Hand genommen haben — biefe Anek⸗ 
dote konnte Daßdorf nie ohne eine Art von Wach. gegen 
den Philofophen von Serney erzählen, und gewöhnlich 
ſchloß er fie mit der Bemerldung: „So einen Grab von 
Fripolitaͤt konnte nur ein. Voltaire fi aneigum; Gott 
hab’ ihn fellg, wenn er's nämlich hat werden koͤnnen!“ 
Ueberhaupt war Daßdorf kein fonderlicher Verehrer 
der Sranzofen und nannte fie, natürlich mit gelehrten 
Ausnahmen, die er alletbings gelten Heß, oft nur eine 
Marion von Hanswürften, bie von einem Tyrannen 
(Napoleon) fi pritfchen ließen. Dagegen huldigte er mit 
ganzer Seele den Engländern und ärgerte fi) ewig, daß. 
fie den Dionys an dee Seine (Maposeon) nicht Burg und 
Mein machen konnten. 
Daßdorf benutzte feine großen und manmichfachen 
Kenntniffe weniger zur Schriftflellerei als zu Recenfionen 
und zur Unterflügung anderer Gelehrten mit bibliotheßas 
eifchen Nachweifungen, Notizen und Auszügen. Außer 
den mit Anmerkungen reich ausgeflattetn ‚Ausgaben ber 
Winckelmannſchen ‚Briefe an feine Freunde”, des Caſati 
„Pocmata graeca et latina”, bed Caſtrucei Bonamici 





626 


lehrte den Verſuch mit Begründung von Journalen; als 
fein es blieb auch dabei. Mit großem Pomp z. B. kün: 
digte Schienkert eine MWochenfchrift: „Weisheit und Thor: 
heit”, an, welche, kein Bierteljahe alt, in der Wiege 


ſchon ftarb. Der Sinanzfecretaie Hunger wollte ein bus: 
el: „Det junge Stu⸗ 
dent“, herausgeben, allein es fanden nnd, feine Interefſen⸗ 


moriſtiſches Blatt unter da Titel: 


ten. Der Bibliothekar Canzler begruͤndete, in Verbindung 
mit dem, feines. „Alcibiades“, Teiner ‚‚Bianen Gapello”, 
feiner „Skizzen“ wegen allgefelerten Meißner, eine fehr 
gehaltreiche Quartalfchrift „Fuͤr ältere Literatur. und neuere 
Lecture”, die aber nur vier Bände erlebte. Die einzige 
yedsdifche Scheift:von laͤngerer Daurt war Haſche 3, Ma: 
gazin der fächfifchen Gefchichte”, das von 1784—90,. doch 
nur unter fletem Zeterfchreim des Verf., daß er fein baa⸗ 
res Geld dabei zufege, erſchien und endli auch aus 
Mangel’ an Unterftügung einging. ee 
An unfere jegigen Gelehrten: und: andere Vereine für 
Botanik, Btumenpffege und Pomolegte, 
Phyſik, für vaterlaͤndiſche Alterthumskunde, für Stati⸗ 


Bit u. ſ. w. war nicht zu denken. Nur, ein Inſtitut aͤhp⸗ 


licher Art: Die Geſellſchaft für chriſtliche Liebe und Mit: 
leiden, gab es in Dresden, welche aber mehr Wohl: 
thun als literariſches Wirken und Forſchen zum Zweck 
und faſt nur die Herren vom Stadtrathe und von der 
Geiſtlichkeit zu Mitgliedern hatte. ‚Bon einem Mufehm, 
röte' jegt das treffliche Arnold'ſche, hatte man nodji gar 
keinen Begriff, und die - meiften Leſebibllotheken waren 
nicht viel deſſer als halbliterariſche Büdchen, wo nur Bel: 
letriſtiſche Kurzwaare, Romane m. dgl;, aber nicht Eine wiſ⸗ 
ſenſchaftliche Schrift zu haben war. Votrleſungen über lite⸗ 
rariſche, artiflifche und andere derartige Gegenſtaͤnde kannte 
man noch fo. wenig, baß, als ber grundgelehrte und hoch: 
verdiente Archidlakanus M. Winkler (Theodor Heil's Vater) 
1780 anfing, philoſophiſche, phyfikaliſche und kosmologi⸗ 
ſche Vorlefungen zu halten, über ſo hertliche Verbindung 
von Meisheit und Gemeinnuͤtzigkeit mar; ih nicht genug 
wundern bommte. . > 4 oh. Do! 

"Die Eurfürftliche Bibliothek, obgleich; damals [chen *) 
ihrer Beſtimmung nach „Museum usui 'publico Piatens”, 
war doch, ihrer Einrichtung und ſonſtigen Verhältniffe wes 
gen mehr clausum als patens;- denn ſeit 1728 in drei 


Säle der Zwingerpavillons gekleumt ”"), - gewährte‘ fie | 


den Mufen ein fo beſchraͤnktes Quaͤrtler, daß Ehre Schaͤtze 
—⏑⏑⏑— Fa A Te 
*). Bis zum Anfange des 18, Jahrhunderts ward‘ fie. faft nur 
..: als:Privatbibliothek behandelt; denn nur Wenigen Upon Rang 
- und Stand war die Benugung’ derfelben, und auch biefe 
zur unter großen Beſchränkungen geftattet. Fremde hat: 
’ fen felten Zutritt. "Die Inſpeetoren oder Bibliothekare aber 
- befanden’: fi in literarifcher Einfamkeit Zu wohl,‘ ale daß 
." Re sine Aufgebung derfelben Hätten: —— föllen:. Auch 
. „tmmfoßte:.bie. Bibliothek beiweitrein ‚nicht. che,.ähr, gehörige 
1. Bhges denn im grünen Gewölbe, ‚in ber Zunft: und 
.. Foͤſtkammer blieben ‚lange noch eine‘ Dienge Bücher, und 
 Smpfchriften' verſteckt. (Ebert, „Geſtchichte and WBefchrelbung 
ng. Bibliothek“, S:923: m nn A 
7 Be Ausnahme der juriffiichen Merle, welche; aus Man⸗ 
gel can Kaum Im Broͤhl'ſchen Palafte aufgekelit waren; _ 


-fie einer Juſel in unbelenntn- M 
‚und warn ein. literarifches Schiff landete. 
ſogenanntes Eihfchreibebuch feit 1756 exiſtirte, warb es 
doch wenig 


far Mineralogte, 





wenig zu bemerken, oft kaum zu finden waren; bie Buͤ⸗ 
cher fanden nämlich doppelt und dreifach hintereinander, 
viele lagen nur fo herum, wie man grade noch ein Piäg: 
hen für fie gefunden hatte, und die zufanmengedrängte 


Laſt derfelben ‚bedrohte fogar die Gebäude, Won eine 
"Benubung derfelben wie —8 man Ihmaks kein 
"Begriff, obfchon” der: Oberbibliochekar Cruſius und bie 


Bibliothekare Canzler und Daßdorf den Gebrauch derſel⸗ 
ben: eher befoͤrderten als erſchwerten. Außer dem Kurfuͤr⸗ 


ſten, den Miniſtern, den Mitgliedern der hoͤchſten Behoͤr⸗ 


dog, einigen Gelehrten und Kuͤnſtlern oder heſondern Guͤnſt⸗ 
fingen’ des Perſonals benutzte fie Niemand, und faſt glich 
eeren, wo nur dann 
Obſchon ein 


nußt, weil die Befuche: don Fremden felten 
Waren, uͤnd oft erzählte der Secrekair Raumann dem 
Bibliothekar Crufius, wenn dieſer etwa ein paar Tage 


gefehlt Hatte, mit wichtiger Miene: „Wit haben indeß 
auch einen Srerhbenbefuch gehabt. "Min wollte unter Au⸗ 


em. Joger. bie configri e 
natlrlich‘ verweigerte.“ Wie es ſcheint, gab es alfo bei 
der Bibliothek eine -befondere Sammlung folcher Schrif: 
ten, die aber fpäterhin wol einrangirt wurden. *) 
Uebrigens erſchwerte auch das enge Local des Expedi⸗ 
tions⸗ und Reflzimmers, wo, wenn * ein halbes Outzend 
Leſer auf. nmel: fi Unſtellten ſchon: wahre: Raumnoth 
entſtand/ der Mangel an · guten Kataloen ) und bie 
Ungelentkhait md Ungelahtthuit das! Untern Petjonals vder 
der Hogenannten Vibllochekſchreibee, wozu nicht ſelten Be⸗ 
diente ‚von Excellenzen befördert wurden,“ den Gebrauch 


nicht wenig: Weiß man nun vollends,daß dieſe Biblio⸗ 


thek viele Jahre einen Chef (den Graf Mareslint) Hatte, dem 
bie: Literatur, insbeſondere bie beutiche,  yanz“ feenn war, 
ſo kann: han: von ſeibſt auf: ihre Wirkſamkeit ſchuießen. 
"Schon der Zugang zur Bibliothek, rine alte beinooſte 
Freitreppe, auf’ weichtf man m Winter Arm = oder Bein⸗ 


bruch Zu fürchten Harte; wär nicht einladend, aber 'aüd) 


d wenig begangen,’ daß es ordentlich auffiel, Irmanden 
— 


ſie beffelgen ‚gu ſehen. Höchf” poflerlich Minze 6: und 


doch iſt es wahr; daß das untere Perſonal ſich oft foghe 
nach Beſuch ſehnte, weile6 fit’ ſelbes auch "gar zu zornig 
zu thun gab, und" daß noch weit oͤfter Bücher nie 

ausgeliehen werden konnten/⸗well man fie nicht zu finden 
wuͤßte, “oder deß en ent ‚Kock "wegen zu'ohl Muͤhe hatte, 
fie’ zü Lage zu’ teten,” ober endlich, wel ſchlechte Witt: 
terung deren Herbeiholen hinberte, denn’ die obermähnten 
drei Zwingerpavillons ſtunden nur durch offene, ziemilich 


4) Der Blbliothekar Ckoblus Hatte’1763 auf Cinlieferung "tr 


nes Gremplars von::jebem: Lonfiſstirten Buche angetragen 
ren 
:,):Durch..ben Fleiß ber. Wifliotenfare. Bis usb Clobius wnz 
..., zen über hundert Foliobaͤnde an Katalogen, nomingien und 
.. realen Inhalts, vorhanden; und doch ward es dem. Perſo⸗ 
u det oft biutſauet, etw vertangtes Much ſchnell zu finden. 
Erſt feit 1800. hat-die Bibliothek einen allgemeinen (53 Fo⸗ 
20 liobaͤnde sftasten). Nomimatlataleg enbaltea.. s';. 4. No 


627 


lange Gänge in Verbindung. erlangte nun Jemand 
z. B. mehre Buͤcher, deren jedes in einem andern Pa⸗ 


villon ſich befand, und es ſchneite oder regnete grade, dann | an ber Tagebordnung iſt, ſowie fie in einigen Blaͤttern bes Auslan⸗ 


war das literarifche Holland, mehr aber noch der es in 
Anfpeuch nehmende Literatus in Nöthen, wenn ihn nicht 
vieleicht Rang. und Stand vor Anueren und finflern Ge⸗ 
fichtern fchüsten. Dazu kam noch, daß der damals ein: 
ige Secretair, Naumann, ebenfo -ungefchliffen und un⸗ 
gefällig als das jetzige Perfonal fein und dienſtfreund⸗ 
ich, für Befucher der Bibliothek mehr eine abfloßende als 
anziehende Kraft hatte. Die Faͤlle waren nicht felten, wo 
es hieß: „Kommen Sie morgen wieder! Die Iheologen, 
die atten Gtaffiter u. f. w. ftehen in dem Pavillon ba druͤ⸗ 
ben, da mag fie in dem Wetter ber Teufel holen.” 
Wenn diefer aber nicht wollte, und der Secretair gleich 


wol fo ein außerpavillonifches Werk eines vornehmen Ber 


gehrerd wegen doch holen mußte, da hieß es gewöhnlich: 
„Santo (Name bes Aufwärters), meinen Paraplui!“ oder 
bei Stätte und Kälte: „Santo, meine Baͤrlatſchen!“ ober 
bei beftigem Winde: „Santo, meinen Roquelaure (Regen: 
mantel)!“ Ja, nicht Selten mußten Paraplui, Bärlatichen 
und Roquelaure vereint gefchafft werden, eine alte theolo⸗ 
gifhe Schwarte oder bie Ausgabe eines römifchen Claſſi⸗ 
ter6 in usum Deiphini zu holen. 


Zu verbenken war «8 übrigeris jemm armen Secretalt 


nicht, wenn er bei fchlechtem Wetter die außerpavilloni⸗ 


fhen Sangreifen fuͤrchtete; denn. er litt oft an Gicht und 
Bahnweh — vielleicht Folgen, jener Reifen —, und ber 
Fall ift mir felbft vergefommen, daß er ein Buch zu holen 
abſchlug, weil er fih in Sturm, Regen oder Schnee eis 
nee Erkältung nicht ausfegen könne. Welch Local, weld, 
Derfonal Damals und jegt! ” 
Mie felten aber das gewöhnliche gelehrte Publicum, 
ebenfo häufig. befuchten damals viele der oberiien Staats⸗ 
beamsen bie. Bibliothek. Dies war z. B. der Fall mit 
den Miniſtern von Wurmb und Gutfchmid, mit dem 


General von Gersdorf, dem Gonfiftoriaipräfidenten von 


Berfepfch, den Hofräthen von Teubern und Born, dem 
Geheimen Kriegsrath von Ponikau u. A. Da man nun 
zu -folhen Männern natürlich nicht fagen konnte: das 
Wetter ift heute zu fchlecht, kommen Sie ein ander Mat 
wieder! fo hatte der gutmuͤthige, unbegrenzt gefällige Daß⸗ 
dorf für dergleichen Kälte förmlich einen Reſerveregenſchirm 
zur Hand, oder lieh wol gar einer. alten Ercellenz feinen 
neum Mantel, um fie teog Sturm und Wetter an bie 


Quellen der Weisheit und Erkenntniß zu geleiten. 
(Die Yortfegung folgt.) 


Correſpondenznachrichten. 





ſtaͤnde zur Sprache. Mehrmals kommt der Werf. auf die finan- 


"| ziellen und pecuntairen Berhättniffe des daͤniſchen Staats feit ber 


Trennung zuräd, md ba biefe Sache auch jeht in Daͤnemark 


des erörtert worden, fo können wir nicht umhin, auch hier et⸗ 
was darüber aus ber Schrift des norwegiſchen Autors mitzu⸗ 
theilen. Dieſer iſt nicht nur ein ſachkundiger, fondern zugleich 
ein völlig unabhängiger Mann, deſſen rechtfchafferier Sharakter 
von feinen Mitbürgern wol nie in Zweifel gezogen wurde: Gr 
ift weit entfernt, ddr Dänemark parteiifch ober über bie Verbin 
dung Rorwegens mit Schweben misvergnügt zu fein, vielmeht 
ſieht er in biefer Verbindung das Heil Norwegens (ob mit 
Recht, laſſen wir hier babingeftelt fein); auch fteht er den 
Gegenfländen in Dänemark, worüber er fpricht, nahe genug, 
um biefelben vecht ins Auge faffen gu koͤnnen, ohne fidh von 
Uebertreibungen bienden zu Taffen. „Das Beifpiel Dänemarks’, 
fagt er, „ift für Norwegen lehrreich, indem das Gelbivefen bes 
dinifhen Staats eine Krifis beftanden hat, bie ähnlich ber jes 
gigen Norwegens if. Dänemarks Geldweſen bat feine Bürger 
durch die nämlichen Gefahren und Irrungen geführt als Nor⸗ 
wegens, es hat alle bürgerliche Verhaͤltniſſe gewaltfam erſchuͤt⸗ 
tert und ihnen eben ben Ärgften Stoß durdy den plöglichen Ueber 
gang zu einem Eurd, ten man al pari nennen Tann, zuge 
fügt. ungeachtet aber, daß es auf einen weniger 'feften Grunb 
als das normwegifche fich flüst, Haben jedoch beffere Confuncturen 
und ein daraus folgender Ueberfluß ber Gilbervaluta bew Eures 
aufrecgtgehalten und auffallend vortheilhaft auf alle Eigen⸗ 
thumsverhaͤltniſſe eingewirkt. Wir wollen bier nicht unterftchen, 
inwieweit die Grundlage diefes Zuſtandes weniger feſt zu fein 
fcheinen mödte, einerfeits weil ein Theil jener Waluta mittels- 
Anticipationen berbeigefhafft worden, anbererfeits weit bie Baſis 
der Bank weniger bequem ift. Das Finanzweſen Dänemarks 
bat, oͤffentlichen Berichten zufolge, in mehren Jahren in ber be: 
ften Ordnung ſich befunden; Ginnahme und Ausgabe waren im 
Gleichgewicht und bedeutende Summen wurben jährlich auf bie 
Staats ſchuld abgetragen. Die Kräfte ber bänifhen National 
bank nehmen jährlich in bem Grabe zu, daß bie Erfühung ihrer 
urfpränglichen Beſtimmung, bie Ginziehung ihrer Zettel, wicht 
weit entfernt fein kann. So viel aber tft offenbar, daß biefe 
mebre Jahre fortbauernden vortheilhaften Zeitumftände zur Sta⸗ 
bilität des Curſes beigetragen haben, fowie fie tie Unternebs 
mungen ber bänifhen Bank zur Aufrechthaltung eines feſten 
Geldweſens ſelbſt unter veränderten Gonjuncturen auf eine 
Weife erleichtern werden, bie neue Verruͤckungen der Eigenthum⸗⸗ 
verhältniffe nicht herbeirufen wird. Gin lebhafter Handel, ‚un 


. mehrjähriger vortheilpafter Abfag ber wictigften Producte bes 


Landes, ein verbeflerter Landbau, verftänbiges Ablenken vom vor 
ber betretenen Irrwegen in Hinſicht der Foderung ‚bes Gewerbe 

eißes, bie Verwandlung ber abeligen Gutsbefiger aus wilden 
Jaͤgern und müßigen Woltäftlingen in thätige, baushälterifche 
Bürger, das Fallen ber unnatuͤrlich hoben reife alles feften 
Eigenthumes (aller Immobilien) bis in ein paffendes Verhaͤtt⸗ 
niß und zur Grleichterung der vortheilhafteften Benutzung berfels 
ben in jeder Ruͤckſicht: dieſe Umftände und noch mehre derglei⸗ 
hen haben zur Verbeſſerung bes Gurfes bewirkt,. was: ‚fein 
kuͤnſtliches Mittel, Bein geswungener Bankcurs, keine wiederholten 
Anleihen fortbauernd würden bewirkt haben koͤnnen. Es zeigen 


| fi bereits bie Bolgen in dem woachfenden Wohlſtande Däne 


Kopenhagen, April 168. | 


Es iſt uns qus Norwegen ter erſte Band einer höchft inter: 
eſſanten Schrift zugelommen: „Nutid og Bortib” (Die gegenwärs 
Bar Zeit und bie Vorzeit), von bem Ritter 3. Aal (Arenbal 1833), 

eſtger eh Eiſenwerkes in Arendal. Die Schrift iſt ſtaats⸗ 
wirthſchaftlichen Inhals, und bringt den finanziellen, commerciellen 
und politifchen Zuſtand Norwegens, bie Altern und neuern Ver⸗ 
bältniffe dieſes Btaats zu Dänemark, den Kortgang beider 
Staaten feit der Zrennung ‚und auch einige literarifche Gegen: 





| 


thumswerthes an als erſetzt. 


marks, in dem erhöhten Werthe der Güter fowie in einer aus⸗ 
gebreiteten Thaͤtigkeit, und jene burch bie frühzeitige Verbeſſe⸗ 
rung bes Gurfes veranlaßte Herabwärbigung der Hypotheken 
ift mittels der wieberhergeftellten Jeſtigkeit des reellen Gigen: 
Die ältere fowie bie neuefte 
Sefchichte des daͤniſchen Geldweſens ift für Norwegen hoͤchſt lehr⸗ 
reich, nicht nur wegen ber begangenen Fehler und bes mächtigen 
Eingreifens deſſelben in die Eigenthumsverhäftniffe, fondern auch 
wegen ber Weisheit, womit bie Abminiftration dieſes Geldweſens 
es allmaͤlig auf einen beffern Weg eingeleitet bat. Groß war 
ven bie Leiden beider Meiche wihrend ber Beſſerung; fie find 





028 


aber: im. Dänemark mittels guͤnftiger Zeitereigniſſe maiſtens 


—J— Enbe.“ 
cher bie literariſchen Hexvorbringungen N ne, ſeit ber 
Trenpung diefes Staats von bem bäniichen aͤußert der Ber. 


foigenberweife: „Unſere Eiteratur hat feit ber Trennung van Däne 
ward ein weniger ernfihaftes Ausfcehen angenommen. Zeitungen 
und Zageöblätter, weiche bald Eränfenbe perfönliche Angriffe, 
bald , unhaltbare den Gegenſtand nicht erſchoͤpfende Aeuße⸗ 
zungen über verſchiedene Materien enthalten, haben ſich ber Auf⸗ 
mertfemleit des groͤßern leſenden Publicums bemaͤchtigt. Judeſ⸗ 
fen: nd doch einzelne Werke, deren ſich bie Nation erfreuen 
deuf und bie den Namen ihrer Verf. für tie Nachwelt aufbes 
wahren werben, hervorgetreten. Der hochbejahrte Philoſoph 
Norwegens (Staatörath Trefhow) fährt annoch fort ber Melt 
feine Schriften mitzutheilen, und noch immer tragen fie bad Ge⸗ 
präge eines tiefen Denkens mit jugendliher Wärme und männs 
licher Kraft vereint. Die Faͤcher der Geſchichte und Theologie 
find mit ernflen und wichtigen Werken bereichert worden, unb 
auf ben Gefilden ber Aeſthetik (Poeſie?) haben unfere Lundss 
leute eingeine artige Blumen pflüden können. In der topogra⸗ 
phiſchen Statiſtik befipt Norwegen ein Werk, deſſen Bollftändig- 
keit und Genauigkeit fchwertich von irgend einer ähnlichen Schrift 
in einer andern europäifchen Literatur ift erveiht worden, und 
bas zugleich mit den Berichten über bie Verhandlungen ber Stor⸗ 
thinge einige dee wichtigſten Elemente einen tünftigen Storthings⸗ 
Bibtiothek ausmacht. Ein anderer Autor, der mit Gelchmad, 
Laune. und Leichtigkeit arbeitet, hat flatiftifche wermerlungen ge 
liefert, die er auf einer Reife im Vaterlande gefammelt, und der 
ren Wichtigkeit und Werth feine Landsleute fo fehr erfannten, daß 
ſein Buch eine zweite Auflage erlebte. Auch die Naturwiffenfchaften 
hatten bri uns einige Ausbeute. Zwei gelehrte und geniale Männer 
(der Aflronom und Mathematiter Danftern und der Mineralog 
Esmart) haben Werke geliefert, die in fremde Sprachen uͤberſetzt 
und ruͤhmlichſt beurtheilt werben. Biel has bie Ration noch aus 
denfeiben Känden zu erwarten. ‚Einzelne Werke: in andern Kür 
chern find gleichfalls won unfern Buchdruckereien ausgegangen. 
Diefe eingelnen Beſtrebungen aber haben ben Strom ber Zeit 
nicht hemmen ober ben öfters "rauen und wilden Son ber 
Blätter dämpfen fünnen Doch ſcheint auch in dieſer Ruͤckſicht 
ein heiterer Sag Über unfer Sand aufzugeben. Nicht felten fins 
det man in fpäterer Zeit felbfl in eingelnen unferer Zeitungen 
wichtige Gegenſtaͤnde mit Ernſt yud Kraft behandelt. Cinige 
der Blätter, bie ſich anfangs durch einen- rauben unwiffenkheft: 
lichen Zon, welcher bie Aufmerkſamkeit eines gebilbeten Publi⸗ 
eums keineswegs in Anſpruch nehmen konnte, auszeichneten, find 
jegt eines Beſſern befliſſen und enthalten bisweilen leſencwuͤrdige 
Auffüge. An bie Seite dieſer minder wuͤrdigen Repraͤſentanten 
des Bottogeſchmacko haben ſich ſeither einige Blätter geftellt, bie 
von -Werfafleon · herruͤhren, weiche zu- den ſcharfſinnigſten bex Nas 
tion gehbren. Eines ber jüngften wird von einigen ber hoffnungs⸗ 
voll ſten Sänglingen unter den Stubirenden ber Univerſitaͤt her 
auögegeben uf: fcpeint: fi den Zweck, gegen ben Strom ber 
Breit. gu, arbeiten, der Stall des Augias zu reinigen unb neue 


Gchritten dee Prüfung: einer eenfihaften Kritik zu unterwerfen, . 


t: zu haben.’ 
geieat: au’ (Der Befhlub folgt.) 





— —— — — — — — — — a — ⸗ — 


Literariſche Rotizen. 
als die wahre Gluͤckſeligkeit der Wölfen predigt, trut das Jufte 
milieu einher, bleich und zaghaft wie immer und überall. Vom 
Uebermaß erſchreckt, werden herbe Autſpruͤche ühd Adſcheu über 
das revolutionnaire Treiben von ihm debitirt, waͤhrend es ſtch 
begnuͤgt, beſcheidenlich und gleichſam um es nit zu vergef⸗ 
fen, nebenbei zu bemerken, daß die Fuͤrſten auch einige Pflich⸗ 
ten gegen ihre Unterthanen haben.” Alſo beginnt in der „„Nou- 


4 ift nur ein Sechẽtheil des. Landes biäher er 


” „OHinter dem Abſolutismus, welchen das ancien regime - 





‚velle revus germanique’ (Dec. 1882): eine ige, 
Krug’s Schrift: „Dex falſche Ciberaliemus”. Am Schluffe —* 
ſelben vergißt der Ref. aber doch nicht, es dem Prof. 

zur: Gbhre anzurechnen, daß er don Yräv« aßtegein 
Preßſachen nichts wiſſen witl. 1 Me 


Die erfte franzoͤſiſche Revolution bat in. England. einen 
neuen Bearbeiter gefunden. Wir fehen angekündigt; „History 
of tlie french revolution, from the- assembly of the notubles 
in 1789 to the establisiment of the.direstory in 1798. By 
Archibeid Allison,” Dex Ber. gehört. bem Ahnscatemftanbe am, 


In Frankreich ſcheint fi eine decentralisation. litteraire 
vorzubereiten; bie Talente der Provinz fangen dn die Herr: 
fchaft des ftolgen Paris unbequem zu finden: und gründen ſtch 
ihre Sprechſaͤle in ber Heimat. Großentheils andy dein Mußer 
ber „‚Bevua de Paria“ werden jeht Zeitblätter in Ronen, Avignon, 
Toulouſe herausgegeben und an andern Orten angekuͤnbigt, z. m. 
eine „Revue de Bretagne“. Für Eiteratur und Buchhandel 
kann das Abwerfen ber parifer Alleinherrſchaft wol nor gute 


Jolgen haben. 


Die „Literary gazette”’, ben Franzoſen die häufige En 
ſtellung englifcher Dramen. vorwerfend — was wir mit gutem 
Gewiſſen auf alte nicht franzbſiſche Sigennamen amsbehnen Fb: 
nen — bemerkt dabei: es fei das ihre Sewohnheit von or 
*8 und ſchon Froiſſact habe Orford ſtets Acqueſſuhart au 
geſprochen. 


Von ber „Histoire de is rastawretjor per u Homme 
d’etatt‘ ift dee fiebente und achte Band. exſchienen, intereſſante 
Mittgeilungen über bie Berhandlungen auf den Gongeefign zu 
Zroppau, Laibach und Verona enthaltens. . 3m Mei d. 
ſoll das Wert vdendet werben; and bie legte Lieferung wi 
von dem Miniſterien Martignac ned Poltgnac handel. —— - 

.. N —— — |... 


Bon. einem Verein polniſcher Liteushm : werben von Perie 
aus: angekündigt: „Souvenirs do la Pologuwe;,.histerigues, ate- 
tistiques et litteraires”. Die Gerousgeber. haben ſich das 
fhöne und patriotifhe Ziel geftedt, alles Herrliche, Cigenthuͤm 
tiche und Anziehende aus ben Annalen Polens bildlich und ſchrift⸗ 
lich darin zuſammenzuſtellen. Dev verblichene Glauz / ihres: Ba: 
derlaudes ſol der. Segenwart ink Gedaͤtztniß ‚gumicigerufen, feine 
seblreigen Heiden follen gefejerh,. feine. faßt, vergufpngni@erbine 


dungen mit anbern Nationen, befonf ee RD 


ı f ” 
+4 








ſoöllen der Mitwelt vorgeführt werden 
md Literatur der Polen war und iſt, wird dem Jnhult bieſe 
Derkes ausmachen, doſſen Umſarg aaqq VUe anaben zu’ Di 
immer non zwei Lithographien begleitt. | 


Dei givelte Wind des Fournais'ber Ehigi:" geohkapt. Ge: 
fFelchcift in konden enthalt eben. übetn) Inteteffattten und 
wiqigea Wüittheilungen: ‚eine Atrbanfichtr. er sliptdedungen ia 
Innen von Xeuſͤdwales son ‚Allan, Euanin Rad ihm 

| | * worden. Die 
Nachrichten uͤber die Erpediticnen eines Oxley, Hume, des Ver⸗ 
faſſers und zulezt (1829) des Capitain Sturt's, vorzuͤglich in 
der Abſicht unternommen, den Lauf einiger Fluͤſſe zu beſtim⸗ 
men, ſind voller Intereſſe. Sturt verfolgte: den Macguarie 
weit über den Punkt hinaus, wo ihn Drley ‘in unabfehbaren 
Doräften begrub, und fand feine Vereinigung mit dem falzigen 
Darling auf, weicher für den größten‘ Flag‘ von Suͤrwales gilr, 
deffen Richtung man aber uzuteicheib Terme: 2 
würdig iſt auch der Bericht über Tas Giftthal auf Java, wel⸗ 
Ges voller menſchlicher und anderer Gebein Kent und 190 - im 
Umfreis einer halben engl. Weite die Luft die Eigenſchaften 
ter befannten Humnbegrotte bei’ Nenpel befipt. 8, 


Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshaubtang: J. A. Brodheud-m Setppig. 





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Dresdens literariſches Leben und Weben am Ende des 
18. Jahrhunderts. 
Erſter Art.ikel. 
(Bortfetung au Nr. 2 
Beiträge zur. Charakteriſtik Daßdorf's und 
Adelung’e. . 
Ganz anders geftaltete ſich das Leben: auf ber Biblio: 
thek, feit fie im Aprit 1788 in ben japanifchen Palaſt 


verlegt und damit ein echtes „Museum usui publico pa- 


tens” ward, welches fie auch bis jege unter ber liberalſten 
Leitung und Verwaltung geblieben if. Noch mährend 
ihrer Aufftelung flacb der Oberbibliothefar Canzler, und 
an deſſen Plag kam, weil Heyne in Göttingen, ber ihn 
wünfchte, zu große AUnfprüche machte, der zweite Biblio: 
thekar, Daßdorf, aber zum erflen noch zu jung war, 
der Sprachlehrer der Deutfchen, ber unvergeßliche Ade⸗ 
lung. Deflen Biographie im Allgemeinen ‚enthalten das 
„Converſations⸗Lexikon“ und ähnliche Werke. Genauere, 
ganz nach dem Leben gezeichnete, in jenen Werken aber, 
wie es fcheint, nicht benugte Beiträge dazu finden ſich 
im erften Bande der „Bunten Steine” von Richard 
Moos (Engelhardt), der mit Adelung faft fieben Jahre 
in amtlihen Berhältniffen ftand und auch oft das 
Gluͤck nähern Umganges mit dem großen Manne genoß. 
Indem wir daher auf genannte Schrift verweilen, zeich⸗ 
nen wir hier nur kurz Adelung's Verhaͤltniſſe zu Daßborf, 
mit welchem er, obfhon ein Mufter von Friedfertigkeit, 
doch faft von feiner Anftellung an bis an fein Ende 
meiſt nicht im beften Vernehmen fland, und geben dann 
eine deſto genauere Schilderung Daßdorfs. Ob und wie 
viel des Legtern Unmuth, daß man einen fremden Ge: 
Ieheten ihm vorgezogen, zu jenen Misverhältniffen beige: 
tragen haben möge, bleibe dahingeftellt. Der Hauptgrund 
lag wol darin, daß diefe beiden Männer, jeder in feiner 
Art hoͤchſt achtungswerth, doc) fo verfchiedenen Lebens und 
Strebens waren, wie zwei auseinanderlaufende Linien. 
Adelung's Berühmtheit war eine allgemeine, die Daß⸗ 
dorf? 6 nur eine Dresdner. Abelung hatte von ber Ra⸗ 
mification des Baums der Wiffenfchaften und alfo auch 
von einer bibliothefarifchen Claffification feiner Blüten und 
Fruͤchte meift andere Anfichten, auch tiefere Einfichten als 
Daßdorf, ber, obfchon von ganzer Seele der ernten, beſonders 
claffifchen Literatur huldigend, doch immer viel neue bei: 


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3. 
leteiftifche Schriften mit. zur Bibliothek bringen wollte, auf 
die jener faft gar keinen Werth legte. Adelung, der 
ehrwuͤrbige Verfaſſer des „Mithridates“, mit der Structure 
der. meiften ditern unb neuern Sprachen innig -vertraut, 
batte insbefondere die der franzöfifchen und englifchen fo 
ganz fich angeeignet, daB er aus beiden viel Ueberfeguns 
gen, ja fogar ein „Srammatifch = Eritifches Wörterbuch ber 
englifhen Sprache nach Johnſon“ 1783 herausgab, und 
konnte doch weder Sranzöfifch noch Engliſch fprechen, worin 
ihn Daßdorf, wenn. Fremde, nur diefer Sprachen mädh: 
tig, auf die Bibliothek kamen, ſtets überflügelte: ſehr 


natuͤrlich, weil Adelung ewig auf dem Studirzimmer, 


Daßdorf dagegen faſt immer mit ber Welt lebte; weil 
Jener auf bie mechanifche Gewandtheit ‚dee Zunge und 
eingehbte Kraft des Gebächtniffes, welche im Augenblick 
bes Bedarfs Worte und Wendungen darbleten, im Ver⸗ 
hältniß zu dee Kenntniß vom Genius einer Sprache gar 


‚Seinen, der Weltmann Daßdorf dagegen nicht ohne Grund ' 


großer Werth Iegte, nicht felten aber auch Werthvolles 
dadurch erhielt, das, amtlicher Stellung: zufolge, eigentlich 
Abelung gebührt hätte. - = 

Dies war z. B. einft dee Fall, als eine ſchwediſche 
Prinzeffin, Schwefter Guſtav III., die Bibliothek befuchte, 
um naͤchſt bdiefer befonder® den berühmten Adelung ken⸗ 
nen zu lernen. „Spricht bie Prinzeffin Deutſch?“ fragte 
Adelung ben Lohnlakai, ber fie ihm meldete. Auf die 
Antwort: „Nicht gern und nur wenig, am liebſten Fran⸗ 
zöfifch”, entgegnet Adelung ganz troden: „Sag’ Er ber 
Prinzeffin, Er Hätte mic) nicht getroffen, ich habe heute 
nicht die mindeſte Zeit, Befuche anzunehmen, muß fogleich 
zum Kurfürften u. f. mw.” Damit entfernt fi) Adelung durch 
Säle, wo er der Prinzeffin nicht begegnen kann, während 
biefe, ohne des Lohnbedienten Antwort abzuwarten, fchon 


ins Zimmer tritt und auf Daßborf mit der Srage zugeht: 


Ob fie die Ehre habe, den berühmten Hofrath Adelung 
vor fich zu fehen? — Daßdorf entfchuldigt dieſen mit Ges 
ſchaͤften bei Sr. Eurfürftt. Durchlaucht, geleitet, anmuthig - 
converfirend und reich beiehrend, die Prinzeffin durch die 
Bibliothet und — empfängt dafür eine goldene, 30 Du⸗ 
Paten fchwere Mebaille. Adelung nicht zu kraͤnken, ver 
ſchwieg dies Daßdorf geraume Zeit bemfelben; aber über 
jo etwas fich zu kraͤnken, das fiel dem ernſten, ruhi⸗ 
gen, nur unter feinen Büchern glädlichen Wanne nicht 





630 ’ 
» ‘ 


ein, bee oft Lieber ſelbſt Mebaillen barum gegeben Hätte, 
duch nutzioſe und neugierige Beſuche nicht geflört zu 
werden. 

Auch in koͤrperlicher und gefelliger Dinficht waren Ades 
fung und Daßdorf tota_coelo vecſhieden. Abelung, ein 
Lampgr, epnfüße, dipgch Geftsts uyby Begehınge Imponfurn- 
ber Moun; Daßdouf mehr Een a 
lich, ewig heiter und zuvorlommend. Adelung mit wes 
nig Ausnahmen dom Sonntage früh bis zum Sonnabend 
Abend am Stubistiiche, nie auf Promenaden 
fentlichen Orten, in. ber Regel troden und workacg; 
Draßborf dagegen ſtets mit Welt und Dienfchen im Ber: 
kehr, woorteeih und lebendig. Adelung, bageflol, erfl-aus 
Noth, dann aus Grundfag, hatte außer einer Haushaͤl⸗ 
texin Erin lebendiges Weſen um ſich als ein paar Wögel, 
Die er ſelhſt fuͤtterte; Dafborf, zweimal verheirathet und 
gelagnet mit vier, guten, Rindern, fühlte nad) des Tages 
Schwile ſich am glucklichſten im Schatten. ber Haͤus⸗ 
lichkeit. 

Adelung mar mus in den erſten Jahren feiner. Anſtel⸗ 
"lang oft, dam immer feltener und in den legten Jahren 
fa gar nicht. auf ber Bibliothek zu treffen, wenn er. nicht 
etwa, kam, Werke. zu beuugen, deren Transport nach Daufe 
zu fehwierig erſchien; Daßdorf dagegen, gleichſam glebae 
literarige adscriptus, verſaͤumte, Kankheit und Reifen 
abgerechnet, nie die Bibliothek. Adelung war dort meiſt 
sig Stummer, der. nun. ſtudirte, von den Beſuchen ber 


Bibliethek kaine Notiz nahm und mit. Niemand ſprach, 


der ihn nicht anredete; Daßdorf kam vor lauter Abwar⸗ 


gen literariſcher Beſuche manchen Vormittag gar nicht an 


fein. Burequ und ging. ſehr oft nach Haufe, ohne einen 
Buchſtaben geſchrieben ober gelefen zu. haben. Abekung, 
haſſend die Praͤrogative ber Ariſtokratie, ungluͤcklich in 
den Vorzimmern, am .unglüdiichfien an ben Tafeln ber 
Großen, floh den Adel, wie und we. er .nur konnte, und 
bezeigte ſich, wenn er. mis ihm in Beruͤhrung kommen 


mußte, nie ſchmieg⸗ oder. biegſam, ſondern ernft, kalt, im Ä 


Stillan pohend auf Ruhm und Verdienſt; Daßborf, 
gluͤcklich unter. den Formen und bei den Genuͤſſen der 
vornehmen Welt, fihmieg: und biegfam gegen das da⸗ 
mals noch allmächtige von, erkannte den Abel. fchon fei: 


m6 Alters wegen für ein ehrwuͤrdiges Inſtitut, ſah in- 


jedem Miniſter ober Hofmarſchall einen Erzengel vom 
Thrane der Fuͤrſten, beobachtete aber doch babei — das iſt 
nicht zu leugnen — ſtets eine gewiſſe Würde, verbumben 
mit. dem feinften Anftand, und emiebrigte ſich nie zum 
Gpeichglisces, Adelung, der perfonificktte Sputar und 
Sprachwurzalgraͤber, nie fonderlicher Freund der ſchoͤnen 
Literatur, auf deren Feldern er zu einer. gewifien Bet 
ſtehen ‚geblieben war, waͤhrend Alles um’ ihn ber vor 


waͤrts ging, zeigte fich insbeſondere ſtets als ber exktärtefte | 


Feind allar Getegenbeietgebicht Daßdorf, der erfte Ge: 
lagenheitsdichter Dresdens, war überhaupt ein fo glähen: 
dar Freund bes. ſchoͤnen Literatur, daß er, wenn Adelung 
ſich nicht dagegen ſtemte, jehe, neue. Gedichtſammlung 
ig fo manchen neuem Roman ber Bibliothek. aufgebürbet 
haben würde. Adelung, obſchon von Haus aus Theo⸗ 


coß; gewandt, frund⸗ 


oder an vᷣf⸗ 





” ” nn 
log *), war doch kein Freund ber Theologie und des 
Cultus; Daßborf dagegen, auch weiland Theolog, huldigte 
deidem, ſtudirte emſig die Schriften ber neuen Gottesge⸗ 
lehrten, verſaͤumte keine Predigt des unvergeßlichen Rein⸗ 


d und befi llſonntaͤglich 
* ad Om er —A—ã 





“Über bie neuefieg-Litergrifchen Erſcheinungen zu beſprechen. 


Was Wunder, wenn Männer von fo ganz entgegengefeg- 
tee Lebens⸗, Denk⸗ -und Handlungsweiſe Leine weitere 
, Jeder in ſei⸗ 


Verbindung Hatten, md duß 
‘ner Art hoͤchſt achtbar, doch nicht grade Einer. ben: An: 
dern —* gelten ließ. 


jaupt ſtand Daßderf nicht badız. es 
fehlte ihm an Phantaſie. Als Gelegenheitsdichter aber 
machte er, in Gellert's Schule, des Frommen und Herz⸗ 
lichen, gebildet, zu ſeiner Zeit Aufſehen in Dresden. Seine 
Gantate auf das Erntefeſt nad ‚dem Hungerwinter von 
1771 und 1772, feine Dbe auf die Zriedensfeier nach 
dem fagenannten Erdaͤpfelkriege 1779, fein Gedicht auf 
die Genefung des Kurfuͤrſten, der damals dem Tode nahe 
war, und ambere dergleichen Verſe gefielen ungemein, ja, 
letterwaͤhntes Gedicht mußte ſogar dreimal aufgelegt 
werden. Das Rogentnhaus zu befingen, ließ Daßborf 
keine Gelegenheit vorbei. Seine Verſe fielen oft wie Schnee⸗ 
flecken am Fuße bes. Thrones nieder; auch verſaͤumte ex 
nie, dergleichen Gebichte, obſchon laͤngſt verfiangen, wo 


‚da, die vor zehn und mehr Jahren ſchon ihre poetiſche 
Schuldigkeit gethan hatten. Für die damals beruͤhmte 
Seyler ſche Schauſpielergeſellſchaft ſchrieb er viel Prologe 
und. Epiloge, einſt ſogar ein muſikallſches Drama: 
„Andromache“ (Dresben 1777), welches aber, fo dra⸗ 
matifch als muſikallſch, nur das Kuͤchenleben hatte. An 


Begrändung einer poetiſchen „Blumenleſe“, von 1784-85, 


*) Gr hatte, wie mir Daßdorf erzaͤhlt, die Theologie in Folge 
eines ganz eignen Zufalls verlaffen. Rach feinem Abgange 
von ber Hniverfität Halle bekleidete er eine GHofmeifterftelle 
auf dem Lande, verbunden mit ber ziemlich gewiflen Aus: 
fit auf eine Prebigerfielle, unb that deshalb .einft. eine 
Goftpredigt. Ein nettes. Mädchen im Saufe- feines Prin⸗ 
cipals drohte ihm am Abend vorher ſchexzweiſe, baß fie 
ihn in ber Predigt neden und gewiß aus. bem Goncepte 
bringen wolle. Adelung verfidhert lachend, daß dies uns 
möglich fei, befleigt morgens darauf getroſt bie Kanzel, 
füngt an zu preigen und — Hüf Himmel! ber Kanzel 
grade gegenüber ift eine Kirchthüre mit einigen 
nah Innen. Schnee und Eis haben fie geglättet, Das 
fragtiche Mädchen, durch Pug und Arbeit am zeitigen 
Kirchgange behindert, tritt, während Adelung den Bibel: 
pruch:.„Ver da ftebet, ſehe zu, daß er. nicht falle”, herab⸗ 
bonnert, in die Kirchthuͤre, glitfcht aus, rriſcht bie 
herab und kommt parterre in eine fo poflierliche Lage, daß Aber 
lung des Lachens ſich nicht enthalten, den dadurch unter: 
brochenen Faden feiner heiligen Rebe aber nicht wieber: 
finden kaun und. abtueten muß. Dies beflimmte ihn, bem 
heiligen Soͤller nie wieder zu befleigen, fenbern einzig ber 
Literatur ſich zu wibmen. Vielleicht ale, daß Abelumg, 
that das arme Mädchen nicht den. poflierlichen Fall, ein ges 
wöhnliher Landprebiger und nie Deutfchlande Sprachleh⸗ 
ver geworben wäre. 


. 63 
| 8 Wortgang gehabt, welch 


meiſtan Anteil, und es machte ihm nicht 


Wertie ee" ten meiße 
— Kummer, als fie, für die Gerlach ſche Verlagshand: 


Aung eine Diſtelan⸗ und Dornenleſe, mit dem zweiten 
Jahre fon im, Archive der Zeit verwahrlich beigelegt 
ward. In Hinſicht auf Porfie kannte der gute Daßdotf 
mit Mecht weber Rang noch Stand und nannte jeben 
Verſemacher, war's auch. nur ein Kreuzſchuͤler, gen fra- 
trem in Apolline, 





Gorsefpondenznachrichten aus Kopenhagen. 
(Beſchluß aus Nr. 152.) . 

Diefe Aeußerungen über die periobifhe Literatur Norwe⸗ 
gend erinnern uns, aud etwas über ben neuern Zuwachs bie 
fer Literatur in Dänemark mitzutheilen. Die „Donatsichrift für 
Literatur” („Mannebftrift for Literatur’”), von zwölf Profefforen 
ber. Uninerfltät Kopenhagen herausgegeben (Bang, Glaufen, Das 
vid, Forchhammer, Hohlenberg, Hornemann, Madvig, Molbech, 
Peterſen, Reinhardt, Roſenvinge, Derſted), bat bereits ben fünf 
ten Jahrgang ruͤhmlichſt angefangen, Irgendwo ift ſchon f 
ber, wenn id nicht irre, bemerkt worben, wie nicht allen Recen⸗ 
fionen biefes literarifchen Sournals *) gleicher Werth beigelegt 
unb manche daria aufgenommene von lebertreibungen ‚und 
Ginfritigleiten nicht freigefprodyen werben gm. Was bas 
Erſte betrifft, fo ift ſolches in ber Ratır der Sache ges 
gründet und Ginwenbungen bee Ast beduͤrfen feiner weitern 
Srwägung. In Hinfiht der Beſchuldigung wegen bes in ein 
zelnen Zählen flattgefundenen Mangels an einer gewiſſen Mäßi: 
gung büsfte auch Kiefer Vorwurf nicht unter Umfländen zu bes 
ruͤckſichtigen fein, wo gegen unverf 
gen Vorurtheile unb eingerifjene fabe Meinungen, ober auch ge: 
gen kindiſche Bewunberung unb vergötterndes Anflaunen ber gros 
fen Menge eine Eräftige Oppofition zu bilden if. Menn bas 
gegen ber Mangel an Mäßigung ſich auf einer ganz andern 
Seite finden ließe, unb man, tt fich ber Übertriebenen Bes 
wunberung ber Menge zu wiberfegen, vielmehr fich einer folchen 
ſelbſt hinzugeben und in biefelbe miteinzuflimmen ſchien, dann 
würde unleugbar zu gegruͤnbetem Vorwurf Anlaß gegeben fein. 
Wir wollen es nicht verdehlen, baß ein ſolcher Anlaß in einzel 
nen Faͤllen ift gegeben worden, aber auch nur in einzelnen; und 
zugleich muß zugeſtanden werben, daß fich eben bei einer folchen 
Gelegenheit eine treffliche aͤſthetiſche Kritik vernehmen lief. In 
der Acfthetil hat übrigens bie Willfür dann und wann ziemlich 
geherrſcht; mittelmäßige dramatiſche Verſuche find mit ungebühr 
zenden Lobpreifungen erhoben, ja fogar anerkannten Meifter: 
werten gemiffermaßen an die Geite geftellt worben, während 
anbererfeits werthvollern Arbeiten eine unbillige Geringſchaͤtung 
widerfuhr. Allein bies find meiſtens Klagen, deren Grund, wie 
alles Unreife in ber Kritik fowie in ber Kunft, bald verfchwinbet, 
wenn bagegen der Werth ber gehaltvollern Urtheile ber kriti⸗ 
ſchen Monatöfchrift und bie in gewiffen Källen mit wahrer Gin: 
fit. und Wuͤrde ausgefprochene Oppofition vor Allem in Zeiten 
muß anerkannt werben, wo Viele urtheilen, Wenige aber lernen 
wollen, unb wo es zwar keineswegs an Oppofition mangelt, fie aber, 
jener zwei Eigenſchaften oft gaͤnzlich entblößt, blindlings heraus tapyt 
und nicht ſelten ſich an die unrechte Seite zu ſtellen geneigt iſt. 

Stwas jünger als die Monatsſchrift für Literatuf‘' und 
meiſt philofophilch » philologifchen und geſchichtlichen Inhalte. ift 
Die forder Beitfchrift in zwangloſen Heften: 
fra Sorde“ (Wermifchte Auffäge — Miscelen — aus Sorde), von 
den Profefforen der forder Akademie Brebedorff und Luͤtken ber: 
ausgegeben. Dieſes Unternehmen hat bisher keinen fonberlis 


%) Die aͤlteſte kritiſche Zeitſchrift in Dänemark und jegt die älteße aller 
dänifchen Beitfihriften IR Die Daniſche Eiteratusgettung‘‘ (,,Danft 
Literaturtidende‘’), ehemals, Kopenhagener pelehrte Nachrichten 
genannt. 


e Anmaßung ſowie ge⸗ 


„Blandinger 


derſtreitend 
‚geheim, nach wicſtkuͤrlichem 


en einiger intere ten f) 
e und ber mitgetheilten ofoberuifhen Stadyrichten —— 
if; nn u Hefte find a eigen gapre 
nfang Septem m vo wurbe bie Zahl ber 
Seitfäyeiften durch Debtenfchläger’s „Yrometbeus‘’, eine Monata⸗ 
Seift für Poefie, Aeſthetik und Keritik auf u ee BBeife ver» 
mehrt. Die bis jept-erfchienenen Hefte enthalten lauter Auffäpe von 
dem berühmten Herausgeber. Die Kritil diefer Beitfchrift ſcheint 
vorzüglich auf das Theater gerichtet zu fein und kommt eben zur vech« 
ten Zeit, ba bie vormals fo ergiebige Theaterkritik gang aufge: 
hoͤrt hatte und nicht einmal von - ben Bleinern Blättern das 
Theater mehr beachtet wurde. Um fo viel fleißiger wirb freilich 
in Geſellſchaften und im Theater felbſt Eritifietz diefe Kritik aber 
ift noch tigerer Ratur als jene in den Blättern des Tages, 
und bie Kunft geht meiftene immer babek leer aus: Wenn bas 
bee ein ſachkundiger Mann bie e auf fih nimmt, das vers 
laſſene Eritifche Feld wieber angubauen, fo kann folches nicht anders 
als erfprießtich fein. Webrigens will man die ſchon gelteferten 
Theaterkritiken Deblenfchläger’s zuweilen etwas zu mild und ſcho⸗ 
nend und das Lob hin unb wieder zu reichlich gefpendet finden. 
Vielleicht wirb er fich in ber Folge veranlaßt fehen, mehr bes 
Tadels und weniger des Lobes zu ertheilen, was gewöhnlich ben 
Senten 'anziehender ift und womit ihnen auch im Allgemeinen 
am beften gebient fein möchte. 
Wir haben fait: gleichzeitig nicht weniger als brei ganz neue 
theologifche Zeitfchriften befommen, wovon fich zwei „Tiden⸗ 
beg’’ (Zeitungen) nennen. Die eine ber Zeitungen wird vom 
Magifter Lindberg, die andere, die in Odenfe erfcheint, von unge: 
nannten Beiftlichen heransgegeben, und bie britte Zeitſchrift ift von 
den Profefforen der Theologie Clanfen und Hohlenberg verfaßt. 
Die Namen Lindberg und Staufen koͤnnen ſchon ben verfchies 
beßen Zon und bie verfchiebene Tendenz ihrer Schriften angeben. 
Die Ältere theologifche Zeitſchrift von Profeffor 3. Möller hat 
eine neue Reihe angefangen. Die Literatur ber Flugblaͤtter 
erhielt im vorigen Jahre einen guten Zuwachs in der Dänis 
fhen Wochenſchrift („Danfe Lgeflrift‘‘), von einer BR 


perauögegeben und von Profeffor Schouw (als Botaniker wohl 


efannt) vebigiet. Dieſes gut geleitete Blatt hat ſchon einige 

wichtige, in das allgemeine Imtereffe eingreifende, populaire 
Auffäge geliefert. Ginem dieſer Aufläge, Betrachtungen 
über einige ber neueften Handelsverhaͤltniſfe Dänemarks enthals 
tend, iſt neulich das fonberbare, bei uns aber nicht einzige 
Schickſal widerfahren, erſt aus bem Daͤniſchen ind Deutfche und dann 
aus dem Deutfdyen wieberum ins Daͤniſche überfegt zu werben. 
Die beutfche Ueberfegung fteht in bem ‚Neuen flaatsbürgerkis 
den Magazin’ (erften Bandes zweites Heft, Schleswig 1832) des 
Etatsraths und Profefiore Falck, freilid ohne Angabe ber Ues 
berfegung, und ging baraus in einer. wiederholten Ueberfefung in 
eines ber kopenhagener Blätter über. Aus einem andern @rtäde 
ber gebachten „„Dänifchen Wocenfcwift” entnehmen wir Folgendes. 
Gegen tie Aeußerung eines Mitarbeiters, ob alle Zeitungen nicht unter 
firenge Genfur zu ſeten wären, ſchrieb nämlich der Redacteur: 
„Einer folhen Meinung ift gar nicht beigupflicgten. Die periodiſche 
Literatur iſt eines ber großen Mittel zur Verbreitung gegenſeiti⸗ 
er Ideen und zur Förderung der Aufklärung. Sie bedarf daher ges 

Featicher Freiheit, ohne welche Hiterarifche — weder in 
Büchern von groͤßerm Umfange noch in Tagesblaͤttern gebeihen 
kann. Manche wichtige Idee zur zweckmauͤßigen Veraͤnderung be⸗ 
ſtehender Einrichtungen, manche Gutdeddung eingeriſſener Mis⸗ 
braͤuche ober ungerechter Handlungen ber Staatediener, weche 
Ideen ober Entdeckungen oft, um. zur. rechten Zeit wirken gu 
koͤnnen, eben augenblicklicher Bekanntmachung beduͤrſen, wärben 
durch die Cenſur nicht ſelten verloren gehen. Die Urſache, war⸗ 
um bie Senſur in fo hohem Grabe der: 'natärliden: Freiheit wi⸗ 
und daher im Aligenteinen: ſo derhaßt fein ruß)- Liegt 

darin, daß bie. Beurtheilung der Zulaͤſſigkeit einer: Scheiſt ins⸗ 
Erachten, ohne Appellativn, nur von 
einem Individnum ausgeuͤbt wird, anftett’nach e— ge⸗ 


ſchehen, die ein oͤffentliches unter Appellation ſtehendes Wer 


— 





— — | oT —— — — 


632 


7 bes Staats gemaß ausfpricht.*) Die Cenſur, und nes 
tuͤrlich noch mehr eine Cenſur, iſt daher als ein Uebel 
nicht weniger in Hinſicht der Wlätter und Journale als ber groͤ⸗ 
fern Werke anzufehen. Wenn in Eleinern Staaten der größern 

en es erfoberlih fein folte, die ausfchließend politiſchen 
Blätter, wie es bei uns ber Fall ift, mit Genfur zu belegen, fo 
iſt biefes nur als eine traurige Nothwendigktit zu betrachten, 
und bie Genfur barf fich nur auf die auswärtigen Angelegenhei⸗ 
ten erftreden, auch muß fie fo fchonend als möglich ausgehbt 
werden. In ber Zukunft, wenn ein Hiſtoriker bie Begebenheiten 
unfers Zeitalter befchreiben will, und 5. B. in englifchen 
Zeitungen Jo reihen, in ruffifchen dagegen fo wenig Stoff fin: 
bet, B wirb er ſchwerlich der Meinung jenes Wef. beipflich⸗ 
ten. Dann werben auch größtentheils die unwürbigen Angriffe 
und bie groben Unwahrheiten, wozu bie Prefle jeht fo oft ges 
mißbraucht wird, vergefien fein; Misbräuche, bie zwar oft Uns 
willen erregen möffen, body aber immer erträgliger als die, eine 
freie Aeußerung bes Gedankene hemmende Senfur find.” 

Da wir eben etwas von ber Vermehrung ber theologifch- 
periobifchen Literatur erwähnten, fo follte billig auch die Ergie⸗ 
bigteit ber juriftifhen und ber mebdicinifchen erwähnt werben. 
Eine „Bibliothek for danſt Lovkyndighed“ (Bibliothek daͤni⸗ 
ſcher Rechtswiſſenſchaft), von dem Notar ber juriſtiſchen Focul⸗ 
taͤt, Algreen⸗Uſſing, und eine Zeitſchrift fuͤr die Arzneiwiſſenſchaft 
von Herholdt und Manſa, die angekuͤndigt worden, ſind daher 


noch zu nennen. 


Bon ber ben Augenblick uͤberdauernden Literatur ſuͤhre ich 
nur in aller Kürze vor, was mir eben am naͤchften Liegt; 
Sie mögen beshalb für diesmal dem Anſpruch auf Boufländige 
keit entfagen. Der zweite Theil der intereffanten Vorleſun⸗ 
en Molbech's („Boreläßninger over den nyere banfle Poeſie“) 
am am Ende bes vorigen Jahres heraus. Gie handeln 
von den Gedichten Baggeſen's und aͤltern poetiſchen Werken Och» 
Ienfchläger#. Bon ber Sammlung ber bänifdhen Gchriften des 
erfigenannten Dichters („Jens Baggeſens banfle Verker“) ers 
hielten wir den Iegten (12.) Band nebſt dem (nicht fehr aͤhnli⸗ 
hen) Portrait bes verflorbenen genialen Verſ. Man hat dieſer 
Sammlung auch einen nicht geringen Theil feiner zahlreichen 
polemifhen Schriften einverleibtz ob mit Recht, iſt Hier bie 
Stelle nicht zu erdrtern. Die Subſcribenten follen aber Feines: 
wegs damit zufrieden ſein; vielleicht würde ber Dichter, wenn er 
feine Meinung uns mittheilen koͤnnte, fih mit ben Gubferiben: 
ten im ähnlichen alle befinden. Gin junger Dichter, der mit 
einem verfificirten Luſtſpiel in fünf Aufzuͤgen gluͤcklich bebutirte, 
bat durch ein neues (humoriſtiſches) Gedicht: „Danbferinden’‘ 
(Die Zänzerin), noch größern Beifall eingeerntei. Gr hat 
fi) noch nicht genannt. 

Die Rovellen des Paftors (in Zätland) S. S. Blicher, 
von weldyen das beutfche Publicum bereits einige in Ueberfegun: 
gen durch Profeffor Krufe kennt, find jegt gefammelt in zwei 
Bänden erfchienen. Da fie urfprüngtih in einer Provinzial: 

itſchrift ans Licht traten, bie wenig Eefer in ber Reſidenz 
atte, find fie für uns als ganz neu anzufehen und machen viel 
Süd. Nur bie Sprache hat ber Dichter mit allzu wenig 
Sorgfalt behandelt. 

„Dramatifte Scener“, von C. Brebahl, find mit dem ſechs⸗ 
ten Theile gefchloffen worden. Die vier erflen heile kamen 
1819 — 22, ber fünfte 18832 heraus. Die gange Kolge macht 
ein großes dramatifches Gedicht aus und iſt unleugbar eine merf: 
würbige Erſcheinung. Unter allen originellen Zügen ift aller 
dings eine gewiffe Nachahmung von Shaffpeare Hin und wieder 
durch das Ganze nicht zu verfennen; auch Dehlenfchläger fcheint 


*) Bekanntlich nrüffen in Dänemark alle unter Appellation ftehenden 
NRichterfiähle Ihren Urtheilen Immer die Grände, unter ſteter Anfübs 
zung ber Belegfiellen aus ben Gefegen, hinzufügen. Auch ifk bie 
Gerichtshaltung in allen Suflanzen ohne Ausnahme Öffentlich, 
ebenfo die Beugenverhödre. 


Eufifpiee, 
wir uns benn wieder auf bem Gebiete der Dramaturgie und 
fol, da bie Stüde ber Iesterwähnten Sammlung alle gefpielt 
werben, auf dem Theater ſeibſt. Wir wollen aber ba für biek 
mal nicht verweilen. 

Die Heine Schrift des Profeſſors Schouw: „Europe, en 
letfattelig Neturflitdring ” (ein leichtfaßtiche® —2 
nebſt einem Atlaſſe, ſechs Karten enthaltend, iſt fehe intereſſant 
und wird viel gelefen. **) 

&o viel auch in unferer Zeit für die Regiftrirung, wenn wie 
uns. biefes Ausdrucks bedienen dürfen, der Literatur getkan wor: 
ben, fo würde es doch manchmal ziemlich ſchwer fein, wenn ſich Einer 
auf längere Zeit von bem Uterarifchen Verkehr bes Tages entfernt 
bat, das Vergangene nachzuholen und mit ber immer forteilen 
den Zeit wieder gleihen Schritt zu halten. Es fehlt naͤm⸗ 
li ein catalogue raisonne über bie ganze erfcheinenbe 
Literatur, wenigftens in Dänemark; und wenngleich biefe ki⸗ 
teratue weniger umfangreich als bie ber größern Staaten 
ift, fo if der Mangel doch fehr fählbar. Die Zahl und 
bie Titel ber erſchienenen Schriften find zwar leicht zu 
erfahren. Es kommen bier bie jährlichen Bücherverzeichniffe 
der Gyldendal'ſchen Buchhandlung forwie die monatlichen ber „, 
nifchen Literaturzeitung” und ber „Monatsfchrift für Literatur“ 
bem Wißbegierigen zu flatten. Allein biefes find blos katalogi⸗ 
ſche Ueberfichten ber erfchienenen Schriften. Den Werth ober 
die Qualität derſelben einigermaßen und in aller Kürze Eennen 
u lernen, ift faft unmoͤglich, ohne ſich bie ganze Maffe ferbft zu 
ammeln unb gu prüfen, was wol Keiner unternimmt. Gin 
quafiskritifches Blatt, bas fic ben Zweck ſezte, bem obigen range 
abzuhelfen, wäre mithin ein verbienftliches Lnternehmen. Es 
müßte von bewährten Männern herrübren, und bie Anzeigen 
bes Werths und des Inhaltes einer Schrift müßten fo Zurz, 
aber babei fo harakteriftifh als nur immer möglich fein. 147. 





Notiz. 

Der gelehrte Erzbiſchof von Thefſalonich, Euſtathios, lebte 
gegen Ende des 12. Jahrhunderts. Die Sorgfalt, womit er 
dad muͤhſame und umfangreiche Werk zur Erklaͤrung des Her 
mer vollendete, bie Scholien, welde er zu bem Dionyfios 
Periegetes lieferte und bie er zum Pindar zu geben unternahm, 
fowie der durch dies Alles unleugbar bewirkte Nugen bereditis 
gen, wie ber Neugrieche Korais irgendwo im 3. 1811 fagte, 
zu dem Schluſſe, daß ohne bie fogenannten Kreugzüge der 
Abendländer, weiche bald nach dem Tode des Guftathios began: 
nen, und ohne die Groberung Konftantinopels durch die La» 
teiner im Jahre 1204, das Boll der Griechen ſchon damalt 
biejenige Weränderung zum Beſſern gezeigt haben würde, welche 
es Später im 15. Jahrhunderte gezeigt hat und welche es ge: 
genwärtig zeigt. Wenn man die große Anzahl dee nach der 
Einnahme Konftantinopel® durch die Osmanen im weftlichen 
Guropa zerſtreuten gelehrten Griechen mit ben wenigen gelehr⸗ 
ten Zeitgenoſſen des Euſtathios vergleicht, fo kann man nicht 
zweifeln, daß ohne dieſe zweite Groberung die griedhifche Ra- 
tion,. namentlidy mit Hülfe der damals gleichzeitigen Grfinbung 
ber Buchdruderei, auf ber nämlichen Stufe der Gultur mit ben 
andern civilifirten Voͤlkern fleben würde. Aber, was zwei⸗ 
mal verhindert worden, braucht nicht nothwendig zum dritten 
Male verhindert zu werben! 80. 


%) Trſcheint naͤchſtens in deutſcher Ueberſezung in der Berlagäbans: 


lung d. BI. D. Red. 
“) Wir berichten naͤchſtens darüber nach einer deutſchen Urberfegung 
j Revs. 


NRedigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagshdandlung: F. X. Broddaus in Leipzi % 
—— — — — — — — 


— — — — 


Blätter 


für 


Kiterarifhe u 


nterhaltung. 





18. Jahrhunderts. 
Grfhter Artikel. 
(Hortfegung aus Nr. 188.) 

Für die claſſiſche Literatur, beſonders die roͤmiſche 
— denn in ber geiechifchen war er beimeitem fein Boͤtti⸗ 
ger — giähte Daßdorf bis an die Marken feiner Tage. 
Ein großer Horaz Fam faft nie von feinem Arhbeitstifche 
auf der Bibliothek. Ein Kleiner lag früh fchon neben ber 
Kaffeetaffe, denfelben ſteckte er ein, wenn ev ausging, und 
wie Berfchweitern im alten Geſangbuche war- Daßdorf 
bewandert in dem noch etwas Alten Horaz. Für jeden 
Scherz, für jedes wichtige Lebendverhältnig ober polktifch 
große Ereigniß mußte er ein Horatianum. „Ach! feufzte 
er orbentlich einmal zu mir, ald er Napoleon in der Biblios 
thet herumgeführt, „wie gern hätte id) dem großen Manne 
zugerufen mit Horaz: „Contrahes vento nimium secundo 
turgida vela!“ („Ueberhebe dich nicht im Glücke!“) 

Allerdings paßte dieſer Horazifhe Spruch auf Napo⸗ 
leon; doch gab es damals, 1807, wo er al& Sieger von 
Friedland in Dresden einfprady, wol auf der ganzen wel⸗ 
ten Erde keinen Mund, der gewagt hätte, ihm ſolch eine 
Horazifhe Warnung zuzurufen. Am wenigften eignete 
fi) dazu ber Mund eines Eönigl. fächf. zweiten Bibliothekars. 

Napoleon's Marfchälle und Minifter verfolgte Daß: 
dorf, wenn er fie auf ber Bibliothek herumführte, im 
Stillen natuͤrlich, wie er oft fagte, ſtets mit Horaziſchen 
Spruͤchen, insbeſondere mit 

Crescentem sequitur cura pecnniam 
’ Majorumyue fames. 

Denn, behanptete er, je mehr biefe Menſchen haben, 
defto mehr wollen fie. Wenn von Napoleon’s Kühnhelt 
in Schlachten die Rebe war, meinte er oft fpöttifich: Der 
große Kromenräuber, wie er ihn, ehe er in ber dresbner 
Bibliothek einſprach, gewoͤhnlich nannte, werde fonder 
Zmeifel mit dem göttlichen Horaz denken: 

Non semper feriet quodcunque minabitur arcus; 
aber 

Non semper laeta ridet Bellona, 
fegte er gewoͤhnlich mit bebeutender Miene hinzu und 
würde nicht ungern gefehben haben, wenn das uralte 
Spruͤchwort vom enblih den Henkel verlierenden Kruge 


fi) bei der erſten beften Recognoſcirung an: dem nagel⸗ 
neum Kaiſer bewährt haͤtte. 

Zu fehr daran gewöhnt, dicta clamwica, befonders Ho⸗ 
razifhe, im Munde zu führen, brauchte er fie fogar oft 
gegen Leute, die keine Sylbe Iateinifch verſtanden. Wenn 
ih fo viel Thaler hätte, als er 3. B. Horaz' „hora 
ruit” bald Dem, bald Jenem zugerufen, fo wär’ ich. ein 
reicher Dann. Am liebften benuste er es gegen Primas 
nee, Secundaner u. bal., wenn fie, auf der Bibliothek 
lefen ober nachſchlagen wollend, mit Nachbarn in Ge 
fpräche fich einließen. „Monſieur“, denn bamals gab es 
noch bergleihen, „Dora; fingt: hora ruit!” Damit 
winfte er gewöhnlich zuc Ruhe. Auch war er unermäb- 
lich in der Bemerkung, daß ihm Eine Horaziſche Ode lies 
ber fei als der ganze Voltaire, ben er ohnedem ald einen 
handlichen Freigeift und NReligionsfpötter ſtets auf dem 
Strihe hatte. Die bekannte Anekdote von Voltaire, daß 
er nach Herſtellung von einer fchweren Krankheit, wo er 
ſchon der legten. Delung wegen bie geweihte Kerze in bei 
Hand gehalten hatte, auf diesfallfige Berwunderung freigeiftes 


tifcher Freunde bemerkte: er würde, wäre er als Anbeter- 


des Dalai Lama geboren, in Ahnlichem Falle auch eines 
Kuhſchwanz in die Hand genommen haben — biefe Anek⸗ 
dote Eonnte Daßborf nie ohne eine Art von Wath gegen 
den Philofophen von Ferney erzählen, und gewoͤhnlich 
ſchloß er fie mit der Bemerkung: „So einen Grab von 
Frivolitaͤt konnte nur ein. Voltaire ſich aneignen; Gett 
bab’ ihn felig, wenn er's nämlich hat. werben Binnen!” 

Ueberhaupt war Daßdorf kein fonderlicher Verehrer 
der Franzoſen und nannte fie, natuͤrlich mit gelehrten 
Ausnahmen, die er allerdings gelten ließ, oft nur eine 
Nation von Hanswuͤrſten, bie von einem Tyrannen 
(Napoleon) ſich pritfchen ließen. Dagegen huldigte er mit 
ganzer Seele den: Engländern und ärgerte fi) ewig, daß 
fie den Dionys an dee Seine (Napoleon) nicht Burg und 
Mein machen konnten. 

Daßborf bemuste feine großen und mammichfachen: 
Kenntniffe weniger zur Schriftftelleret ats zu Recenſionen 
und zur Unterflägung anderer Gelehrten mit bibliotheka⸗ 
tifchen Nahmwelfungen, Notizen und Auszuͤgen. Außer 
den mit Anmerkungen reich ausgeflatteten ‚Ausgaben ber 
Winckelmann'ſchen „Briefe an feine Freunde“, des Caſati 
„Poëmata graeca et latina”, bes Caſtrucci Bonamici 


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634 


„Opus de rebus ad Velitras gestis etc.“, der Mes 


moiren Coligni’s, einer „Sefchichte der Wiffenfchaften 


. in Polen unter den Sagellonen’’ (mwofle er eine golbene 
"Medaille erhielt) und einer „Beſchreibung Dresdens” ift 


keine Hauptfchrift von ihm bekannt. Auf fein Werk 
über Dresden, das 1782 in zwei Theilen erfchien, 
legte er einen befondern Werth, zuerſt, weil er es als 
einen Hauptführer für alle gebildete, Dresden befuchende 
Fremde betrachtete, vorzüglich aber deshalb, weil Lefling 
und Hagedorn ihn dazu veranlaßt hatten. Lefling naͤm⸗ 
ih, den, ald er aus Stalin nah Dresden kam, Daß- 
borf als Titerarifcher Cicerone meift in Hageborn’s Gefell: 
ſchaft begleitete, Außerte einft gegen Leztern, wie es ihm 
unbegreiflich ſei, daß es von einer fo fchönen Stadt als 
Dresden noch keine geſchmackvolle Beichreibung gebe, und 
Beide vereinigten fih in dem allerdings nicht ungerechten 
Wunfche, dab Daßborf eine foldye bearbeiten möchte. 
Dies gab in Daßdorf's Literarifches Gemüth einen Fun⸗ 
Een, der zur heilen Flamme ward, als Leffing binzufegte: 
„3a, thun Sie das, Here Bibliothefar! alle Welt wird 
es Ihnen Dank wiſſen, und ficher kein Fremder das fchöne 
Dresden durchwandern ohne feinen Daßdorf in der Taſche.“ 

Gleich nach Leffing’s Abreiſe ging Daßdorf mit Luft 
und Liebe an das von jenem großen Manne ihm zur 
Bearbeitung empfohlene Werk, brachte es unter Hage⸗ 
dorn’8 Beirath binnen einigen Fahren zu Stande, be 
teachtete es ſtets als fein Literarifches Schooskind und er- 
mwähnte es felten ohne bie Bemerkung, daß ec es wol 
nie gefchrieben, wenn Leffing und Hagebom ihn nicht dazu 
aufgefobert hätten. 

Wie aber Lieblingskinder zärtlihen Vätern nicht ſel⸗ 
ten die meifte Noth machen, fo ging ed auch dem guten 
Daßborf mit feiner „Beſchreibung Dresdens”. Denn fie 
ward von einem gleichzeitigen Zopographen, dem litera: 
riſch hand⸗, aber auch grundfeften Bauprediger Haſche 
in dem „Dresdner Anzeiger” fo emtfeglich angegriffen, daß 
ihe armer Verfaſſer vor Xerger oft kaum effen konnte. 
Was Legtern aber am meiften kraͤnkte, war, daß ber 
Mann, der ihm fo unbarmherzig mitfpielte, bie Mittel 
dazu auf der Bibliothek Häufig nur mit feiner eignen 
Beihuͤlfe ſich geholt hatte und noch faft täglich dort, oft 
zugleich mit bemfelben Anzeigerſtuͤck einfprach, das" fein 
Schooskind begeiferte! Diefem hiſtoriſch⸗ wie topogra= 
phifchefurchtbaren Hafche, der, wo Daßdorf mit Kartätfchen 
ſchoß, ganze Karthaunen gegen ihn losbrannte, nur we⸗ 
nioftens nicht mehr nahe zu leben, ging er den bamali: 
gen‘ DOberhofprebiger Herrmann und den Superintendent 
Rehkopf in einem fort dringend an, bemfelben eine An: 
ſtellung in der Provinz, wo möglich in ber entfernteften, 
vielleicht im Hennebergiſchen oder Querfurtifchen, zu ge: 
ben. Allein dagegen walteten ſtets ſehr triftige, nicht 
hiecher gehörige Bedenklichkeiten. So mußten die hiſto⸗ 
riſch⸗ topographiſchen Hähne ſich fchon vertragen und ver: 
teugen fich auch fpäterhin, als die Zeit ihren Sporen bie 
Stachel genommen, noch fo gut, baß fie auf ber Biblio: 


thek recht oft'und recht freundlich miteinander verkehrten. 


Noch traf den armen Dafdorf feines Dresdens we: 


gen ziemlich um biefelbe Zeit eine anbere und zwar poe⸗ 
tifhe Anfechtung, welche ihm fogar eine Dame, bie be 
kannte gelehrte Frau von Runkel, zugezogen hatte. - Diefe, 
eine Oberſtlieutenantswitwe, welche durch Leberfegungen 
aus dem Stalienifchen und Franzoͤſiſchen, durch eine „Mo: 
tal für Frauenzimmer u. f. w.“, insbefondere aber durch 
Herausgabe der Gottſched'ſchen Briefe in ber gelehrten 
Melt eine Art von Berühmtheit errungen, in Dresden 
aber als Sräufeinerzieherin die erſten Haͤuſer ſich bes 
freundet hatte,. war eine Außerft lebendige Verehrerin und 
Freundin Daßdorf's, dem fie bei jeber Gelegenheit Weib: 
rauch fireute. Am meiften geſchah dies in ihrer „Samım- 
lung freundfchaftlicher Driginaldriefe zu Bildung des Ge 
ſchmacks für Frauenzimmer“ (3 Thle., Dresden 1771— 72), 


worin mehre Damen als Lobpreiferinnen Daßdorf's 


auftraten, ſonder Zweifel dafuͤr, daß er ihnen lite 
rariſche Gefälligkeiten erzeigt hatte. Dies veranlaßte eine 
boshafte (man fagte damals Haſche'ſche) Feder zu folgens 
den Stangen: 

Es lehrt der große Menfchentenner (‚Herr Dabborf) 

Durd Weib an Weib originaliter: (Fr. v. Runkel's Briefe) 

Das Kleeblatt der brei größten Männer 

Sei Lippert *), Hagedorn und Gr — 

Und Iäßt in feinem Dresden lefen 

(Verſteht fi wohl, wer Plunder lieft), 

Wie groß ber fel'ge Hagedorn geweien, 

Herr Daßborf fein will — Lippert if. 

Range hatte man Daßborf das Gedicht verheimlicht. 
Eine boshafte Hand (vielleicht bie des Verfaſſers) ſpielte 
es ihm einft auf feinen Pag in ber Bibliothek, verfehlte 
aber ganz den Zweck, ihn zu Argern, benn Daßdorf hatte 
eine zu gute Meinung von feinem Dresden und ein 
‚zu feſtes Vertrauen auf feinen literariichen Ruhm, als 
daß er, wie er fagte, in dem verleumderifchen Versmacher 
etwas mehr als eine Kıöte hätte fehen follen, die nur 
deshalb, weil fie ewig in Schlamm und Yumpf leben 
muͤſſe, bochflehende und geachtete Männer mit ihrem 
Gifte befprüge. , 

Eine andere, weit trübere Wolke an Daßdorf's fonft 
faft ewig heiterm Himmel ging im Sahre 1804 mit 
Boͤttiger's Erfcheinen in Dresden auf. Daburch erreichte 
Daßdorf's Literarifcher Polarſten — benn das war er 
wenigftens für alle Fremde und Hohe in Dresden gewe 
fen — auf Einmal den Culminationspunft und neigte 
fih allmaͤlig zum Untergange, welches Daßdorf auch in 


vielfachen Beziehungen nicht ohne flillen Kummer bez. 


merkte. Am meiften ſchmerzte e6 ihn, daß berühmte 
Männer, die fonit unmittelbar bei ihm auf ber Biblio⸗ 
thek einfprachen, jegt meiſt duch Boͤttiger dort eingeführt 
murbden; daß Böttiger nun der erſte Marſchall am dres⸗ 
dner Mufenhofe ward, während der grenzenlos gefällige 
Daßdorf faft nur noch bie Stelle eines Geremonienmei- 
fterd oder gar nur Kammerherrn begleitete. Doch weit 
mehr als in literarifcher, kuͤmmerte ihn in amtlicher Hin⸗ 
ſicht Boͤttiger's Auftreten in Dresden; Abelung war da⸗ 
mals ſchon ein guter Siebziger, die Erledigung der Ober⸗ 


*) Der bekannte Antiquar und Grfinder einer gladartigen Maſſe 
su Gemmenabbrüden, der 1786 zu Dresden flarb, 





635 


bibliothekarſtelle alfo zum zweiten Mal während Daß: 
dorf's Amtirung nicht fern. Der Oberkuͤchenmeiſter Frei⸗ 
here zu Racknitz Hatte (das wußte Daßdorſ) befonhgss 
bei Boͤttiger's Ruf nad Dresden mitgewirkt. Racknitz 
Rand mit dem Chef der Bibliotheh, dem Dberfammer: 
bern Grafen Marcolini, im beiten Bernehmen, dazu 
nun Boͤttiger's Berühmtheit und allbefannte, vielfeitige 
Gelehrſamkeit; was war natürlicher, als daß man in bie 
fen hochverdienten Manne Adelung’s wuͤrdigſten Nachfol⸗ 
ger zu ſehen meinte. Daßdorf mar außer ſich, als er bie 


erfte Nachricht von Boͤttiger's Rufe nad) Dresden ber 


fam. Freilich ſollte diefer nur Stubiendirector des Pa: 
geninſtituts mit Hofrathscharakter werden, aber — mar 
ee nur einmal da. „Es müßte kein gerechter Gott im 
Himmel fein”, äußerte Daßdorf damals faft gegen Jeden, 
der auf die Bibliothek kam, „wenn man mir bdiefen 
Fremdling vorziehen wollte”, und ee fürchtete förmlich 
Zag und Stunde, wo jener präfumtive Nachfolger Ade⸗ 
lung's auf der Bibliothek zum erſten Mal einfprechen 
werde. Mur dann erſt ward er ruhig, als nach Abe: 
lung's Tode der gerechte Gott im Himmel (d. h. Fried: 
sich, Auguſt ber Gerechte) weder ihm noch Böttigern Abe: 
lung's Stelle, fondern ihm naͤchſt Gehaltäzulage den Hof: 
rathscharakter und Böttiger die Oberaufſicht über das 
Auguſteum oder Antitencabinet gab. Ja, beide hochver: 
diente Männer wurden fpäterhin, befonders als gelehrte 
Hausgenoffen im japanifhen Palafte, noch bie beften 
Freunde. Auch ließ Böttiger Daßdorf's großen Kennt: 
niffen, befonder6 feiner feltenen Literarifchen Humanität 
und bibliothekariſchen Gefälligkeit ſtets volle Gerechtigkeit 
widerfahren. Letztere war aber auch in ber That unbe: 
grenzt, denn die Verbreitung des Ruhms, die Nutzerwei⸗ 
terung des ihm anvertrauten Blcherfchages gingen ihm 
über Altes. Nicht genug, daß er den Gebrauch der Bi: 
bliothek auf alle Art erleichterte, nannte er auch Jedem, 


der dort etwas fuchte, bie beiten Schriften darüber, führte . 


Gelehrte meift felbft an Drt und Stelle, um fie von den 
in ihr Fach einfchlagenden Schägen in Kenntniß zu fegen, 
oder legte ihnen bie betreffenden Kataloge vor. Frimde 
beaauberte er gleihfam durch feine ungemefjene Liberali- 
tät. 
mäßigfte Einrichtung ihrer Studien ſowie üuͤber die dabei 
zu benugenden Bücher. Werke, die eigentlid nicht von 
der Bibliothek gegeben werden konnten, nahm er nicht 
felten auf eignes Rifico mit nach Haufe und theilte fie dann 
im Stillen Gelehrten mit. Seine Untergebenen behandelte 


„er nur ald Freunde und literarifche Gollegen, ja felbft den } 


Aufwärtern, damals nicht viel beffer als bibliothefarifche ani- 
mali parlanti, gab er, wenn ihre Unbrauchbarkeit nicht gar 


zu läftig ward, faft nie ein unſchoͤnes Wort. *) 
(Der Beſchluß folgt.) 





Sournalunwefen in England. ° 


Die Journale find in ben freieften Staaten nur Schmeich⸗ 


ler der Öffentlichen Meinungs wie die Hofſchranzen um ben 
*)- Gin Zimmer ber zweiten Etage tes japanifchen Palaftes 


Zungen Leuten gab er gem Winke über die zweck⸗ 


Monarchen, fo drängen ſich die politifchen Blätter um die Par⸗ 
teien und buhlen um Gunft und Geld. Die Preffe ift eine 
Sklavin, welche bie Welt regiert! Die Sournaliftif wirkt nirs 
gend mächtiger als in England, nirgend ift fie Enechtifcher‘ 
und corrupter. Das gelefenfte Blatt Curopas find unftreitig die 
„Times”’. Es war eine Zeit, wo ber Torysmus einen eifri= 
gern Verfechter‘ hatte; heutzutage facht fie mit unermüblicher 
Heftigkeit bie aufrährifhe Klamme an, welde Gngland zu 
verzehren brobt. Dan glaube nicht etwa, daß die Veraͤnde⸗ 
rung in ben Anfichten von einer Veränderung bes Perfonals her» ' 
fomme; es find bisfelben, Deraußgeber, biefeiben Redacteurs an 

ber Epige, die es vor W Jahren leiteten. Man wird fi zu 
erinnern wiſſen, gu welchen gewaltigen Discuffionen die katho⸗ 
liſche Emancipationsfrage Anlaß gab, und wie warm fidh die 
„ Times” der Irländer annahmen. Die „Times” waren anfangs 
unentſchloſſen über bie Partei, die fie ergreifen ſollten; nach lan⸗ 
gen und heftigen Debatten kamen bie Herausgeber dahin 
überein, daß einftweilen bis auf Weiteres nur zweimal bie Woche 
über dieſe Angelegenheit berichtet werben folltee Hr. Barns 
begab fich felbft an Ort und Stelle, und vermöge feines Scharf⸗ 
finnes und fihern Taktes ermittelte er bald, daß die Katholiken 
Sieger bleiben würden. In diefem inne ſchrieb Hr. Barnes 
in die „„Times”, welche fofort alle ihre Minen gegen ein altes. 
Bollwerk fpielen ließen, beffen Sturz fie vorausgefeben hatten. 
Früher hatte daffelbe Zournal in dem Proceß ber Königin Ka⸗ 
rolina biefelbe Taktik befolgt. Als die unglädliche Frau in 
Dover gelandet war, ließ ſich nicht wohl ermefien, ob bie 
Maſſe bes engliſchen Volkes ſich zu ihren Gunſten entfcheiden, 
oder zu ihren Feinden fchlagen werde. Derfelde Hr. Barns, 
wurde nad Dover auf Recognofcirung geſchickt; er fand da⸗ 
ſelbſt da8 Volk fehr aufgebracht gegen die Fuͤrſtin und beeilte 
fh, feinen Sommittenten zu fehreiben, diefe Sache zu vertheidie 
gen fei unmoͤglich. Nach einer kurzen Reife nah Frankreich 
fand Barns bie öffentiiche Meinung gänzlich geändert; bie Ver: 
theibigung ber Königin war eine Partelfache geworden. Da 


enthält fogenannte opera junctim edita, 4. B. bie ganzen 
Voltaire'fchen, die ganzen Leffing’fchen, Schiller'ſchen, Gb: 
the’fchen u. ſ. w. Schriften, und über jedem Repofitorium 
ſteht: Opera. Fremde gemeinen Schlages ließ man bar 
mals nur von einem Aufmwärter gleichfam durch bie Biblio: 
thet treiben. Bei fo einem Treiben hört Daßdorf einft, 
daß der Aufwärter Santo Baffo einen Fremden, ber fich 
bie Ueberfchrift: Opera, nit zu deuten weiß, mit ben 
Worten abfertigt: „Hier ftehen lauter Opern — altes 
Zeug — wenigſtens 4— 5000. “Das findet ber Fremde 
unbegreiflih, wird aber fofort von Daßborf belehrt, ber 
zu feinem nicht geringen Aerger nun erſt erfährt, daß 
Santo Baſſo ſeit Jahren ſchon jene kurze Auskunft gege: 
ben. Nach Abgang des Fremden nimmt Daßdorf den Auf⸗ 
waͤrter ins Gebet, daß er lieber fragen als zur Schande 
der Bibliothek den Leuten ſolch dummes Zeug weismachen 
ſolle, und ſchließt mit der Warnung: „Kuͤnftig ſagt Er: 
hier ſtehen ganze Sammlungen von Werken gelehrter 
Maͤnner.“ Das war dem alten Santo Baſſo zu weitlaͤufig, 
und er blieb, wenn es nur irgend thunlich ſchien, bei ſei⸗ 
nen Opern. Daßdorf aber, dem die Ehre der Bibliothek 
wie die eines eignen Kindes am Herzen lag, behorcht ihn 
einſt, und als er eben wieder jene ſaubere Erklaͤrung gibt, 
ſauſt er ihn an: „Iſt Er denn fo verſtockt dumm, daß Er 
nicht thun fann, wa® man Ihm fagt, Er alter Efel — 
verfiodt dumm — alter Eſel!“ „So haben mich der 
Herr Hofrath Cruſius und ber Herr Oberbibliothelar Ganz: 
lee nie gefchimpft, mich alten treuen Diener‘, knurtt 
Santa und wifcht fich eine Thraͤne. „Ra, heul’ Er nur 
nit — hier! ſpuͤl' Er bie Galle hinunter in’ einem Glas 
Wein, aber blamir' Er, mir die Bibliothek nicht wieder !"* 
‚Damit gab Daßborf dem alten Efel 4 Groſchen, und viel fehlte 
nicht, en haͤfte igm bad wodlvgrdiente Prädicat abgebeten. 


a 





. 


636 


erfchien in ben „Times’’ jener herrliche Aufruf an bie engtifche 
Nations ohne die Hälfe dieſes Blattes würde es der Königin 


“nicht gelungen fein, einem Minifierium Trotz zu bieten, das Mil⸗ 


lionen aufbot, um fle zu zermalmen. , 
An politifhe Gewiſſenhaftigkeit, an Grunbfäge ift weber 
bei den Herausgebern noch bei den Rebacteurd zu denken. Gols 
burn hat in dieſer Hinſicht bie Unverfhämtheit am weiteften 
getrieben; er ſteht an ber Spige von vier Journalen, von bes 
nen jedes eine verfchiedene Meinung vertritt. „The new 
monthiy magazine” wird im Sinne ber Radicalen rebigirt; 
„Ihe united service journal’’ predigt den reinflen Zorysmuß ; 
die Whigs finden in der „Sonntagszeitung“ eine kräftige Stuͤtze 
für ihre Meinungen; die „Hofzeitung“ iff fervil. Eine und biefelbe 
Dreffe heut alfo alle Elemente der politifchen Geſellſchaft gegens 
einander: eine große Lehre und Warnung für Alle, bie gewohnt 
find den Zeitungen nachzubeten! , 
Es ift vielleicht Fein Ort in ber Welt, wo ſich fo viele 
Betrüger und Betrogene befinden, als ein Sournalbureau in Engs 
land. Es gibt in London eine Menge Leute, bie kein anderes 
Gewerbe treiben, als bie Tagesneuigkeiten aufjufangen ; ba fie 
felten zu den echten Quellen gelangen Tönnen, fo häufen fie bie 
ftanbatöfeften Lügen aufeinander. Zalentvolle Schriftfteller find 
die Opfer der Derausgeber, bie ihnen wenig zahlen und nicht 
wenig verlangen; ebenfo find biefe Derausgeber bie Dupes ber 
Reuigkeitskraͤmer, Lakaien außer Dienften, verlaufener Komoͤdian⸗ 
ten und Schneider u. f. w., welche ihnen offentunbige That⸗ 
ſachen für vertrauliche Mittheilungen verfaufen. Der Gigens 
thümer des „Observer’’ und des „„Englishman”, zwei Sonntags: 
blätter, ift einige Zeit durch einen ſolchen Wicht bintergangen 
worden. Alle Sonnabende fendete biefer an ben Derausgeber 
einen mächtigen, wie eine minifterielle Depefche gefalteten Brief; 
auf der Ede bes Umfchlags ſtand mit großen Buchſtaben: „ges 
heime, confibentielle Mittheilung“; dieſe Geheimniſſe ſchoͤpfte er 
aus dem „Morning chronicle“ deſſelben Tages und bekam für 


die Depefche fünf Pf. 


Eine befondere Erwähnung verbiente ber „‚Observer‘ in 
Bells „Life in London‘. Ginen uneblern Zwed hat fi wol 
nie eine Zeitfchrift geſteckt und nie durch fchlechtere Mittel bes 
ftanden! Die Baftwirthe, bei denen die Zafchendiebe ihre Zus 
fammenfünfte halten, wiffen, baß wenn irgend eine große Boxe⸗ 
rei flattgefunden, ihre Kunden mit Beute beladen nad) Hauſe 
kommen und ein großer Theil davon in ihren Zavernen verzehrt 
wird. Sie unterfiügen daher bie edle Boxkunſt aufs nachs 
deüdlichfte und ſchießen das nöthige Gelb her, welches bem 
Sieger ald Preis gereiht wird. Das Boxerhandwerk würde 
zu Grunde gehen ohne dieſe Geldunterflügung, und wenn nicht 
die Gauner es in Ehren hielten und beide obengenannte Bläts 
ter das Sntereffe der bonnettn Sippfhaft nicht in Schutz 
nähmen! Der Kampf der Boxer ift ſelbſt ein Betrug. Die 
Gegner machen unter fid) aus, wie viel Schläge fie ſich einan- 
der beibringen wollen, und wer unterliegen fol; vorher wirb 
eine Probe gehalten. Vor einigen Jahren lehnte ſich ein Borer, 
der fi auf feinen Ruf etwas zu Gute that, gegen biefen Bes 
trug auf und drohte, bad Geheimniß der Schurken zu verrathen. 
Es war ausgemacht worden, baß einer der beiden Kämpfer kei⸗ 
nen Streich nad) bed Gegners Kopf führen dürfe; ber ehrliche 
Borer unterlag unter ben Schlägen feines Feindes, ber ihm 
mit feinem Kampfhandſchuh die Stirn einfchlug. 

Eins der neueſten Blätter in London ift „Unfer Zeitalter”, 
es wirb von ben Glubs gelefen und wimmelt von ben unan⸗ 
ſtaͤndigſten Perfönlichkeiten, ſkandaldſen Anekdoten über große 
Derren und aus dem häuslichen Leben. Die „„Bofzeitung” und 
eine Art Modeblatt gibt Nachricht über bie Hoffefte, über bie 
Toilette der Hofdamen u. f. w. ie wird befonders von den 
Frauen und Töchtern ber reichen Kaufleute gelefen, die bem 
Adel und dem Hofe am nächften. fteben und dennoch nicht Zus 
tritt in die große Welt haben und baher mit Begierde verr 
ſchlingen, was ihnen aus diefen Regionen gebracht wird. 


Welse große Fortſchritte die Mittelelaſſe in Eyglanb ne 
macht, geht daraus hervor, baß das „Weekly dispatch‘, ein 
bios nũtzliches Btatt, das in einer einfachen, vernünftigen Spra⸗ 
Aepbelchrende Rachweiſungen liefert, aͤbek 53,850 Abommenten 
zählt, während die „„ Times’ nur 18, Mo Abnechmer Haben Die 
Sonntagsblätter, welche frühes bie ;trocdene Ieherfickeen enti: 
hielten und bie Belehrung ber niebrigfien Bollsclaffen besweds- 
ten, baben feit der Juliredolution einen hoͤhern Schwung ge⸗ 
nommen. Es äußert fidy darin eine weit energifdjere iterariſche 
Wirkungskraft als in ben berühmtern dltern WBiättern. Der 
„Zuſchauer“, der ‚Atlas‘ und das „‚Athenäum‘ find mit feitenum- 
Talente, mit feltener Unabhängigkeit abgefaßt. Iren; glonbe übris 
gend nicht, baß beibe Worgüge unentbehrlich feien, einem. Jour⸗ 
nal Abfag zu verfchaffen und auf guteni Wege zu erhalten. 
Der beſte Zeitungsdirector iſt derjenige, der das Publicum am 
genaueften font, ber es zu koͤdern weiß. und fchorffinnigen 
Salt mit glänzender Oberflächlichkeit: vereinigt; bie.vertreffäidgen- 
Artilel des Drn. Blad im „Morning chronicle” haben aber 
durch die Gnergie ber Gedanken und die ſcharfe Deduction der 
Gründe am meiften zum Falle biefes Blattes beigetragen. Die glän« 
zende Sophiſtik, der rhetoriſche Prunk der Times’ baden biefes 


Blatt an bie Spitze der engliſchen Journale gehoben. 143 





Notizen. 


. BE ;afarı yo. 

Der berühmte ſiawiſche Sprachforſcher Szafarzyk ift ein 
geborener Slowake aus dem nörblichen Ungarn. Er bildete fih — 
er tft evangeliſch — anfangs in feinem Vaterlande, Tpäter in 
Deutſchland zum Theologen aus. Bald aber überwog fein Eifer 
für die flawifche Literatur ; diefer wandte er nun alle feine Geis 
flesträfte zu, und fo bekleidete er feit 14 Jahren bie Stelle 
eines Directors und Profeffors an dem Symnaflum zu Neufas 
im füblichen Ungarn. Ginen Ruf ber ruſſiſchen Akademie zu 
Petersburg, die ihn zum Mitarbeiter an dem großen, alle 
ſlawiſchen Dialekte umfaffenden etymologifchen Wörterbuche erwaͤhlt 
hatte, mußte er verfchiebener Hinderniffe wegen ablehnen; dar⸗ 
auf übertrugen ihm mehre deutſche Univerfitäten den Lehr⸗ 
ſtuhl der flawifhen Sprache und Gefchichte, aber er zog es vor, 
wie ein polnifches Blatt fagt, als Slawe im Rande ber Sla— 
wen zu denfen, zu fpredhen und zu foreiben. Er wird ſich 
nach Prag begeben, wo er fi ald Privatgelchrter ganz feinen 
Studien hinzugeben gedenkt. 

Mickiewicz. 

Die zahlreichen Verehrer des polniſchen Dichters Mickie⸗ 
wicz find auf die neueſten Dichtungen deffelben überaus ges 
fpannt. Er beabficdhtigt nämlich zur Zeit, die 1828 und 18 
in Paris erſchienene Sammlung feiner Poeſien (3 Bde., 12.) 
daſelbſt fortzufegen. Gin Freund biefes Schoͤpfers ber neuern 
romantifhen Poefie in Polen, ebenfalls ein ausgezeichneter Dich⸗ 
ter und gewiß ein glaubwürbiger Gewaͤhrsmann, bat barüber 
Folgendes nad Warſchau gefchrieben: „Sch habe forben eine 
fo bebeufende Anzahl neuer Didytungen von Midiewicz vor 
mir liegen, daß damit mehre ſtarke Wände gefüllt werden koͤnn⸗ 
ten. Der verfprodyene vierte Theil feiner Poefien befindet fidh 
bereits unter ber Preffe, und vielleicht ſchüeßt fi an biefen 
nod ein fünfter an. Beſonders wichtig und intereffant wird 
der vierte Theil wol für immer in ber polnifchen Literatur 
bleiben, denn er begründet eine neue Epoche in der Bildungs: 
gefhichte unfers Landemanne. Nur tes Juͤnglings Gebichte 
habt Ihe bisher kennen gelernt, nun erft werdet Ihr bie des 
Mannes erbliden, und zwar eines Mannes in ber vollen Kraft 
und vollen Reife feines Genies.” — Unter Anderm hat Mickie⸗ 
wicz auch Byron's „Giaour’ ins Polnifche Überfeat. Gin 
anderer Dichter biefer neuern romantifhen Schule Odyniec 
dat Byron's „Corsair“ ſowie Mehres von Th. Moore übers 
ragen. 17 


Nedigitt unter Werantwortliteit der Verlagshandlung: F. U. Brodhbans in Reipzig. 


Blätter 


für 


lite rariſche Unt erh altung 





Dienfag 


4, Suni 1833, 





Dresdens Viterarifches Leben und Weben am Ende bed 
18. Jahrhunderts. 
E rfiler Artikel. 
Geſchlas aus Nr. 164.) 

"Die Bibliothek war Daßdorf's zweite Heimat, wo er 
ſtets uͤbergluͤcklich fi fühlte. Auch blieb er dort nicht 
felten mehre Stunden Uber die Dienſtzeit, ſchloß ſich dann 
ein und recenfirte, costefpondirte oder bichtete. Letzteres, 
behauptete er, gelinge ihm fo mitten im Heiligthume .der 
Mufen am beiten, und die meiften feiner Gedichte konn⸗ 
ten den japanifchen Palaft ige Vaterland nennen. Auch 
hielt er dort, territorio literario clauso, oft jungen Leu⸗ 
ten von Stande, unter andern ben Söhnen ber Confer 
renzminiſter v. Wurmb und v. Burgsdorf, Vorleſungen 
über Geſchichte, claſſiſche Literatur, Aeſthetik, Archaͤolo⸗ 
gie, lateiniſchen und deutſchen Styl. Fremde von Stande 
oder Bildung, beſonders große Gelehrte, auf der Biblio⸗ 
thek herumzufuͤhren, war ihm Wonne, und er ſcheute dann 
weder Zeit noch Muͤhd. Unter den Geſandten am dresdner 
Hofe waren der weſtfaͤliſche, Dohm, der framgoͤſiſche, 
Bourgoing, und ber ſchwediſche, Palin, die fleißigften 
Befucher und Benuger der Bibliothek. Mit erftern beis 
den brachte Daßdorf oft zwei bis drei Stunden in einem 
Saale .oder Zimmer zu, immer neue litergriſche Huͤlfs⸗ 
mittel bietend, und auf ein Billet wurben jenen Gefand: 
ten ganze Körbe vol Bücher ins Haus geſchickt. Schrei⸗ 
bern. dieſes, welcher mit Bourgoing auf der Bibliothek 
befannt werden war, geſtand dieſer herrliche Mann einft 


frei, dag ihm der Befandefchaftspoften am dresbner Hofe 


in jeder, befonders aber auch in der Hinſicht angenehm 
fei, weil er nirgenb mehr literariſche Gefaͤlligkeit gefun⸗ 
ben hab e als an ber dresdner Bibliothek. „Ihr Dafı 
dorf”, fagte er oft, „It ein bibliothecaire comme 
fant - — ein unfchägbarer Mann.’ 

Mit melden Eifer und Fleiß Daßdorf ſelbſt die Bi⸗ 
bliothek henutzte, bezeugen unter Anderm bie zahlloſen An⸗ 
merkungen und Notizen, die er entweder auf das weiße 
Blatt vor dem Titel, welches der Buchbinder nie vergeſ⸗ 
fen durfte, mit Dinte, oder mitten im Xepte auf bie 
weißen Ränder mit Bleiſtift ſchrieb. Das jetzige Perfo- 
nal der Bibliothek wird ſich davon täglich überzeugen koͤn 
nen. Noch welt mehr aber würde dies der Fall fein, 
wenn der damalige Bibliothekchef, Oberkammerherr Graf 


Bofe, Daßdorf nicht einſt bemerklich gemacht Hätte, daß 
der Kurfuͤrſt, ber oft Buͤcher holen ließ, ſich misfaͤuig 


uͤber die Bleiſtiftglofſen ausgeſprochen, welche alſo kunftig 


unterbleiben müßten. Ungluͤcklicherweiſe hatte der Secre⸗ 
tair Roche, ein echt bibliothekariſches Original *), davon 
Kenntniß erhalten; denn dieſer derbe, grade, hoͤchſt libe⸗ 
rale, aber, wo es auf Gehorſam gegen Dienſtbefehle an⸗ 
kam, faſt ſervile Mann, dem das Beſchmieren der Buͤcher, 
wie er die Dassdorfiana manuscripta nannte, laͤngſt ein 
Dorn im Auge war, ſuchte nun, wenn er grade Zeit 
hatte, dergleichen „beſchmierte Bücher” — er kannte Daß: 
dorf's Lieblingsfächer — fürmlih auf und verfuhe. dann 
gegen deſſen grundgelehrte Bemerkungen mit elaflifchen 
Summit: wie der Gaͤrtner mit der Raupenfchere. Einſt 
ertappte ihn Daßdorf babet. 
Gotteswillen, Here Secretair! was haben Ihnen denn 
die paar Bleiſtiftworte gethan?“ „Mir nichts, aber ber 
Kurfuͤrſt kann fie nicht leiden; Graf Bofe bat fie ja 
verboten.” „Pro futuro, Herr College!” denn mit bie 
fem Titel meinte Daßdorf Roche gleihfam zur Schonung 
gegen ‚feinen gelehrten Fleiß flimmen zu können —; „aber 
nit pro praeterito — litera scripta manet, manest- 
ane. Meine Nachfolger auf der Bibliothek werben mit 
für fo manche Motiz einft noch Dank wiffen, wenn ich 
laͤngſt fchlummere.” ‚Kann fein”, knurrte Rode; „aber 
der Kurfürft und ber Oberkammerherr wollen vor ber 
Hand nichts wifſen von folhem Dank.“ „Uebrigend”, 
fuhr Daßdorf erbittert fort, „bin ich nicht der Erſte, 
welcher dergleichen nüsliche Bemerkungen in Bächer uns 
ſerer Bibliothek ſchreibt, werde auch nicht ber Letzte fein. 
Vergeſſen Ste denn ganz bie vielen Beſſer'ſchen) und 
*) Deſſen Schilderung von mir in Nr. 158 u. 189 b. Bi. f. 1890- 
+) Der ‚preub. ‚Geh. Kriegsrath und Geremonienmeifler So⸗ 
v. Beffer, der als Dichter und Geſchaͤftamann an 

Friebrich I. Hofe eine glänzende Rolle gefpielt, nach 
beffem Tode aber Stelle und Eintommen verloren hatte, 
lebte, che ex wieber am fächl. Hofe 1717 angeftellt wer: 


ben Tonnte, in großer Moth und mußte Schulden machen, 


bie ibn bis an fein Ende brüdten. Nur in feiner herr⸗ 

ice Bibliothek, auf die er mehr wendete als er eigent: 

konnte, ſich gluͤcklich fühlend, zog er ſich enblih von 

ber Welt ganz zuräd und fand eine Art von Troſt und 

Erquickung darin, alle auf Ru und Troſt im Leiden 

fih beziehende Selen ‚feinte Bücher zu unterſtreichen. 
(Ebert a. a. O. S. 5 


„Aber, ich bitte Sie um 


0 





638 


MWasdorffchen Bücher *), jene mit zahllofen unterſtriche⸗ 
nen Stellen, biefe mit gelehrten Bemerkungen?” Roche 
erinnerte ihn aber ziemlich troden baran, daß jene Buͤ⸗ 
her, ehe fie zur WBibliothel gekommen, Privateigenthum 
gewefen, womit bie Befiger nach Belieben haben fchalten 
und walten Einnen, flieg, ohne Daßdorf6 Gegenbemer: 
tung abzuwarten, auf die erfle befte Leiter und bediente 
fih nah wie vor feiner literariſchen Raupenſchere. 


Indeß iſt nicht zu leugnen, daß Roche zu fchonungslos 


damit verfuhr und fo manche Motiz vertiigte, deren Ber: 
luft bedauert werden muß; denn Daßdorf, mit ber da⸗ 
maligen Gelehrtemgefchichte großentheild durch Autopfie 
innig vertraut, bieiftiftete von fo manchem berühmten 


Manne hoͤchſt intereſſante biographifche Notizen und gab, 


von ber reichſten Belefenheit .unterftügt, oft Literarifche 
Winke und Citate, die Manchem hoͤchſt willlommen ges 
weſen fein würden. Died kümmerte aber Roche nicht. 
Sein Gummielaftium war nun einmal buch ben Ober: 
kammerherrn in Bewegung geſetzt, dabei blieb es; ja, es 
fehlte nicht viel, er hätte fogar bie obermähnten Blätter 
mit Dassdorfianis ausſchneiden laffen, wenn feine Colle⸗ 
gen, Lipfius und Semler, ihn nicht abgehalten und bes 
ſonders an die dem Bibliothekar, als feinem naͤchſten Vor⸗ 
gefegten, ſchuldigen Ruͤckſichten gemahnt hätten, 

Wie einft Gellert und Weiße durch fchriftftellerifchen 
Ruf oft ganz wider Willen fo eine "Art von Dofmeifter: 
procucatoren für vornehme Häufer in ben entfernteften 
Ländern beutfcher Zunge geworden waren, fo war es auch 
Daßdorf feit feiner Anſtellung als Bibliothekar; Welpe 
ſelbſt wies ihm oft dergleichen Kundfchaft zu, von wel 
cher ſich aber Daßdorf in fpätern Jahren etwas zurüd- 
309, weil er dafuͤr flatt Dank oft nur Vorwürfe geern⸗ 
tet hatte; denn natürlich fehlugen nicht alle feine Schüße 
linge ein. 


Lebens, zu ben_ berrlichften Sporteln feines Amtes, zu 
den größten Wohlthaten der Vorſehung rechnete e8 Daß: 
dorf, daß er in Verhaͤltniſſen fland, wo er oft ben Um⸗ 
gang mit berühmten Männern genießen konnte oder fie 
wenigſtens Eennen zu lernen Gelegenheit hatte. Gluͤckli⸗ 
her als Mancher in Correfpondenz mit Schönen fühlte 
er fih im ſteten Briefmechfel mit Gelehrten, benen er 
nicht felten mit großem Aufwande von Zeit und Mühe 
literariſche Notizen mittheitte, und tagelang war er oft 
befchäftigt, Auszüge für fie aus feltenen Werken zu fer 
tigen. Die Heine Eitelkeit, daflır in Vorreden oder oͤf⸗ 
fentlidyen Blättern gepriefen zu werden, ober bie Dank: 
fagungsbriefe berühmter Männer, Billets von Miniſtern, 


*) Der Hofratb und Kammerberr Ghriftian Heinrich Graf 
v. Waphorf hatte auf feinen Reifen, beſonders als fädhf. 
Sefandter zu Florenz eine hebeutende Bibliothek gefams 
melt, die, nachdem er als Staatögefangener auf bem Kb: 
nigftein 1747 geftorben und fein Vermögen confischrt wor⸗ 

war, zuerſt an bie Brühl’fche und mit biefer ſpaͤter⸗ 

an bie — kam. Biele ber gelehrteſten Werte 

attete er mit Bleiſtiftbemerkungen aus, bie ‚von großen 

Kenntniffen und hohem Sinn für bie Literatur zeugen. 
(Shert G. 63.) 


Zu den ſchoͤnſten Genuͤſſen feines flillen, einfachen. 


Geſandten ıc., bie ihn literariſch confulieten, bei fich zu 
tragen, um gelegentlich feine audgebreitete und vornehme 
Bekanntfchaft fowie die Beſtuͤrmung feiner unermuͤdlichen 
Gefaͤlligkeit damit belegen zu koͤnnen, gehörte zu ben Bei: 
nen, gewiß vergeihlichen Schwächen bes herzensguten Dans 
ned. Verſchiedene Briefe von Gerber, Wieland und 
Goͤthe kamen Jahr aus Fahr ein nicht aus feiner Taſche. 
In feinen gelehrten Briefwechſel aber verflocht er gern 
politifche Anſichten, Beurtheilungen berühmter BRänner, 
Winke über wünfchenswerthe literariſche Unternehmungen, 
religidfe Empfindungen, gemuͤthliche Verſe ꝛc., hoffend, 
daß einſt dergleichen Briefe nach ſeinem Ableben gewiß 
einen Sammler und Herausgeber finden wuͤrden, wie er 
ſelbſt für bie Winckelmann'ſchen geweſen war — woran 
aber freilich noch Niemand gedacht hat, noch wol je den⸗ 
ken wird. 

Waͤre Daßdorf reich genug geweſen, ein Haus zu 
machen, bei ihm haͤtten Gelehrte und Kuͤnſtler gewiß 
ſtets offene Tafel und die freundlichſte Aufnahme gefun⸗ 
den. Da er aber nicht reich war, ſo machte er wenig⸗ 
ſtens ſeine amtliche Stellung auf der Bibllothek zum 
Hauptquartier für dem dresduer literariſchen Generalftab. 
Doch nicht für diefen allein, auch für die übrige gelehrte 
Welt war er, freilich in verjüngtem Maaßſtabe, was fpd- 
terhin Hofrath Boͤttiger warb und noch iſt, eine 
Art von Hafen, mo Literatoren und Bibliopolen anlegten, 
ihre Artikel abzufegen ober belebende Erfriſchungen einzu: 
nehmen, ein Stapelort für die wichtigften Erzeugniſſe 
bee gelehrten und artiftifchen Welt, ein Comptoir für lite: 
rariſche Empfehlungen und Belanntfchaften, eine gutmuͤ⸗ 
thige, weit börbare Pofaune für files Verdienſt, oft, 
obwol ungern, auh für anmaßenden Duͤnkel. Und 
doch, wenn Daßdorf, vieljähriger Vorſteher einer ber 


größten Bibliotheken Europas, zu feiner Zeit Heber und 


Zeger wenigſtens im fächfifchen Gebiete bee Literatur, 
wenn er, ber fo viel auf feinen gelehrten Namen hielt, 
daß er einft fogar eine nicht unbedeutende Erbſchaft aus: 
flug, blos weit er feinen Namen aufgeben und bafür 
ben bes Erblaffers annehmen follte — wenn dieſer Daßdorf 
wiffen follte, daß er in ber fächfifchen Kiteratur faft ganz 
vergefien, in der allgemeinen kaum noch gelamnt, faſt nie 
genannt, mit all feiner großen Kenntniß, raſtloſen Thoaͤ⸗ 
tigkeit für Literatur und Kunſt, unbegrenzten Gefaͤlligkeit 
für Hunderte, ja Tauſende von Gelehrten auch nicht ein 
Meines Bläschen in irgend einem unferer alphabetiſch⸗ 
encyklopaͤdiſchen Wörterblicher habe erringen können, waͤh⸗ 
rend Syunberte darin figuriren, die man nie vermißt 
haben würde!!! Unbegreiflich iſt es, daß bie befanutn 
Piererfhen, Brockhaus ſchen, Erſch und Gruber’fchen *), 
Schiffnerfhen und andre dergleichen Lexika den in vieler 
Hinfiht um bie Literatur fo hochverdienten Daßdorf ver 
geffen konnten. Darum hier wenigſtens über ihn eine 
ſchwache biographiſche Stimme, vielleicht daß fie für et⸗ 
waige Ergaͤnzungsbaͤnde jener Werke keine Stimme in 
der literariſchen ſte bleibt. 


*) In dem 23. Bd. ber Erſch u. Sruber'ſchen Encyklopaͤbie 
befindet ſich allerdings ein Art. über Daßdorf. O. Her. 





Ka Wilheln Daßdorf, geb. den Z. Fehr. 1750" auf 
dem Rittergute Stauchitz bei Dfchag, wo fin Water 
Poſtmeiſter war, genoß big ind zwätfte Jahr Hausun⸗ 
tesricht,; kam dann 1762 auf die Fuͤrſtenſchule zu: Min: 
fen, wo ee mit dem lebendigſten Eifer der aum fr 
Literatur fih widmete und es, befonders unter Leltüng 
bes Rectors Cleemann, welcher Talente dafür zu wecken 
wußte, nach wenigen Jahren fchon. ſo weit brachte, baf 
er mehren feiner Mitſchuͤler, ia felbft ben Söhnen einiger 
feiner Lehrer Unterricht im Griechifchen, Hebraͤiſchen und 
Lateiniſchen ertheilen Eonnte. Dftera 1768 bezog er die 
Univerfität Leipzig, wo damals Grufius, Gare, Ernefli, 
Morus, Gellert ıc. als akademiſche Sterne 'erften Feuers 
glänzten. Der ftomme Gellert, bei dem er faft: säglich 
einfprach, empfahl ihn Eurz vor feinem Tode dem be 
ruͤhmten Kinderfreunde, dem Kreisfteuereinnehmer Weiße, 
zum Lehrer feiner Kinder, weldye Daßdorf auch bis nad) 
vollendeten Stubien unterrichtete. Das Weiße'ſche Haus, 


wo Daßdorf ganz als Kamilienglied behandelt ward, hatte- 


großen Einfluß auf deffen Sinn für bie fchöne Literatur, 
insbefondere auch af feine feine Äußere Bildung, denn 
bekanntlich was jenes Haus damals ein Centralpunkt ſchoͤ⸗ 
nee Geifter. und reifender Weltmaͤnner. Nachdem Daß: 
dorf 1772 Magifter gervorden war — denn als Doctoren 
der Philoſophie traten damald die Herren Magifter noch 
nit auf — ward er auf Weißes und Zollikofer s. Em: 
pfehlung 1773 Hofmelfter im Haufe des Gehelmrasbes 
Frhrn. v. Ferber zu Dresden, durch deſſen Verwendung 
er fhon 1775 — alfo im 25. Fahre — bie Stelle eines 
britten Bibllothekars an der Eönigl. öffentlichen Bibliothek 
erhielt. Nach Canzler's Tode 1786 warb gr zweiter Bi⸗ 
bliothekar und blieb dies auch, denn nad Adelung’s Ab⸗ 
leben warb bie erfte Bibliochekarftelle aus triftigen Grün: 
den nicht wieber befegt, und Daßdorf, welcher natuͤrlich 
darauf rechnete, buch eine Gehaltözulage und ben Hof: 
rathstitel entfchädigt. Bei Verfegung ber Bibliothel aus 
den Bwingerpavillons in ben japaniſchen Palaft erwarb er 
ſich mit Canzler große Verdienſte um bie neue mühe: 
volle Aufftellung berfelben, Eonnte ſich aber mit Adelung, 
der Eurz nachher als Oberbibliothelar eintrat, uber deſſen 
zum Theil veränderte Claſſification und Location nicht 
vereinigen. Daßdorf war zweimal verhelrathet, und hatte 
vier Kinder, zwei Soͤhne und zwei Töchter, wovon jegt 
nur noch eine Tochter lebt. Sein erfigeborener Sohn 
ftarb als Secretair der Hofs und Juſtizkanzlei zu Dres: 
den; fein zweiter als Lieutenant im ruſſiſch⸗franzoͤſiſchen 
Feldzuge, wenn ich nicht irre, zu Rabom in Polen am 
Lazarethfieber. Eben an bdiefen einft bis ſpaͤt in die Nacht 
fchreibend, überrafchte ihn ber Tod am 28, Febr. 1812, 
alfo im kaum angetretmen 63. Jahre. Vom Schlage 
getroffen fand man ihn früh, die Feder in der Hand, 
entfeelt am Schreibtiſche. Daßdorf war fehr Eräftiger 
Natur, fo viel ich weiß nie bedeutend Trank, und traute 
fi) bei geregelter Lebensweife, bei ftetö heiterer Laune 
und gottergebenem Sinne ein hohes Alter zu. Beſon⸗ 
ders pochte er immer barauf, daß bie Dichter, well fie 
mehr in gluͤcklicher Phantafie als in trodener Wirklichkeit 


Ftiebe ſeiner Aſche!“). 


lebten, gewoͤhnlich alt würden, und ſatte oft, wenn er 
anders ein dignus lande vir waͤre, daß er mit ſeinem 
Dan a en dee cam Mana vetat mori. 
Aucin ber: Gfnmmiel;utöter ſdend DIE -alle. Havige, 
hatte anberg uͤber? ihn Serkloffen.: Daßdorf rohr ein —* 
flechafter Gatte Und Vater,ein treuer Staatsdiener, ein 
gluͤhender Patriot, ein ebeuſo heiterer als feiner Geſell⸗ 
ſchafter, ein Mann von unerſchuͤtterlicher Redlichkeit unb 
amerſchoͤpflicher Herzensguͤte. Ehre feinem Andenken! 
>. ‚. 184. 





BL DE . Dre) on Lg 
Des Ritter Heine. von. Kang, Senhfchreiben an ob. 
Ber Böhmer. Niccnberg, 1833. 4. 21 Br. 

Der Berfaffer biefes, felbſt einen thuͤringiſchen Gevatterbrief 
an Größe uͤbertreffenden Gendfcreibend hätte fi gar nicht zu 
nennen gebraucht, fo ſehr verräth ihn fein koͤrniger Humoriflis 
ſcher Ausdruck und feine große Gelehrſamkeit. Hiftoriker. und 
Archivare werden noch In fpäten Jahren, wenn’ Lang Hängft von 
einem: Heimweg bei Ansbach (ber ſchoͤne Lanhfig, von wo bie 

orrebe unterzeichnet ift) ten großen Heimweg angetreten hat, 

die Zeiten des alten Nitter Lang im. Bunde führen. Möchte 
er und, ehe es zu fpät ift, In einer ausführlichen und treuen 
Biographie eine Schilderung feines oft flärmifchen und vielbes 
wegten Lebens, welches ihn fogar einmal bis an die Grenzen 
der Zürkei warf und von ſchweren Anfängen bis zum wohlers 
worbenen otium cum dignitate führte, und das Geheimniß ber 
Erwerbung fo fruchtbar wuchernder, gebiegener Gelehrſamkeit 
binterlaffen. Und wenn er wegen noch lebender Männer Beben» 
ten trüge,; das Manufeript fogleich zu veröffentlichen, wir wolls 
ten es als werthes Vermaͤchtniß verwahren, bis ber legte ber 
beſprochenen Beitgenoffen ber frähtrn Jahre feiner oft polemis 
ſchen Thaͤtigkeit auch feine Urftäfte gefunden Hätte. Go würde 
auch auf ihn mit kleiner Abänderung anzuwenden fein, was 
Böhmer aus Ruͤckert's Gebichten auf die Kuͤckſeite feines Titels 
blattes gefchrieben: 

Was irgend noch an alter Geiſtesbabe, 

Die du. gemannft brei Viertel vom Jahrhundert, 

Sich finden mag, zufammen wird's gelefen 

Und dufgefpeichert, baß, wenn einſt im Grabe 

- Du felder ruhſt, die Folgezeit verwundert 

Ertenne btand, wie reich du bift gewefen ! 
Die Veranlaffung zu dieſem Sendſchreiben iſt kuͤrzlich fol⸗ 
gende: Hr. Dr. und Bibliothekar Boͤhmer zu Frankfurt 
a. M. gab 1831 „Die ‚Urkunden ber roͤmiſchen Könige und 
Kaifer von Konrad I. bis Beinrih VII. (911— 1313) in kur⸗ 
zen Auszügen und mit Rachweiſungen der Buͤcher, wo fie 
abgebrudt find“, heraus, alfo nach einem jett beliebten Ausbrud: 
die deutſchen Kaiferregeften. Gewiß ein mübfames Wert, und 
ein mit Dank zu erkennendes, allein audy nicht ohne mandye 
Luͤcken, und Ref. hatte fih in dem ihm zu Gebote ſtehenden 
Eremplar au fihon einige Notata gemacht. Allein Regeften 
darf in Deutfchland jegt kein Gelehrter taufen laffen, ohne den 
lebenden Altmeifter und berühmten Sammler und Herausgeber 
der „Regesta Bavarica” dabei zum Gevatter zu bitten, ber aber 
auch ungelaben fommt, wo es das ‚Heil des neugeborenen Kinds 
leins zu erfobern ſcheint. Wie gefagt, fo gefchehen. „Der 
alte Großvater ber re Boica‘', wie er ſich felbft nennt, hat 
diefem ‚‚frifgen Enkel ber neueften Zeit‘ mit WBegierbe, doch 
nicht ohne Bedenklichkeiten über die Schwierigkeiten der Sache 
feine Arme geöffnet und gefleht nun ein, daB er num mit um 
fo größerem Vergnuͤgen feine Beforgniffe gehoben gefehen unb 
uͤberalk eine genauere Prüfung, Bergleichung und Kritik gefun⸗ 
den habe, als man nad) dem bloßen Anfchein etwa hätte ſchlie⸗ 


*) Einen zweiten Artikel theilen wir im Zuli mit. D. Red. 


f 


Jen koͤnnen. Wenn -en- aber doch trot ‚oil biefer Anerkennung 
noch Bemerkungen, Srotifkt uiid Erganzungen beifüge‘, ſo vers 
er etwas zu thun, was jedem Autor ſehr angenehm fein 
a eh 
j eig 10 Ran r n 
Burgen, fa eis ‚sine einfwpeilige ‚Beilage des Böhmer en 
Aa ‚zu betrahten und beſſen Thor su befördern und ;4 er⸗ 
n. | ' 
Um dieſe 74 große ⸗Quarkfeiten ˖ füllaiben Bemerkungen, 


Derichtigungen und grbptenthetis Radpteäge aſt es une Hier nur 
infofeen zu than, um fie zur Zeige zu bringen für jeden 
Freund urkundlidher deutfcher Geſchichte und jebem Befiger bei 
Böhmer’Tchen Werkes als einen unentbehrlicen Nachtrag zu em: 
pfehlen, umb wir ‚müffen über die . heit des 

Verf. billig erflaunen, ber nur bie Quellen fo im Ges 

dachtniß/ ſondern audy-ded:!Näce- der - Hiftorifchen Literatur 
immer fon ausg@eutst:Yot, wen Andere erft gelegentlich nach 
den Büchertiteln fragen. Aber die in Briefform vorausge: 
ſchickten allgemeinen Grinnerungen, daß bie Iateinifche Sprache 
hätte beibehalten, baß; bie gewöhnliche Schlußformel von Jahr 
und Tag, Regierungszeit, Drt der Ausfertigung und Recognir 
tion ber Kanzler. ausführlicher hätte gegeben werben follen u. f..w., 
führen den. Herrn. Senbfchreiber zu einer in nuce fehr lehrrei⸗ 
chen Auseinanberfegung über- bie fo verfchiebenen Sphrebanfänge 
bei dee Indictionenrechnung, mit ber Bemerkung, wie vareilig 
man gewöhnlid, wenn. Jahr und Datum nicht gleich pafley 
wollen, gleich auf fehlerhafte Angaben und Irrthuͤmer ſchließe. 
„Glaube man ja nicht, daß biefe alten Scriptoren ober Rotas 
rien ber Reichskanzleien fo unwiffend geivefn. Sie waren 
ſaͤmmtlich Geiftliche, hatten in jedem Kalle mehr Studien als 
unfere gewöhnlichen Kanzellifien gemacht, und ber Kalender, 
namentlich aud) ber zömifche Kalender mußte ihnen ſchon wegen 
ihres täglichen Breviers und der Martyrologien yicht ‚anders 
als fehr geläufig fein. Hierzu kommt, baß grade von ber Gons 
trole der richtigen Daten bie päpftlidien Stellen, die Datarie 
bie correctores, examinatores ihren Namen’ hatten, und ba 
auch allenthalben bei den kaiſerlichen Kanzleien noch die Revi⸗ 
fion des Gancellarli, des Wicecancellarii, bes Protonotarii eins 
trat, und beim Eintragen in bie regesta impeni Tag für 
Tag ſolche grobe Fehler faft auf allen Geiten faft. nicht unbes 
merkt hätten bleiben koͤnngen.“ Nun verbreitet ſich Hr. von Lang 
über bie verfchiebenen Zahresanfänge, mit Weihnachten, Oftern, 
Maria Bertündigung (25. März) und vom 1. März, ben Sty⸗ 
Ius Romanus, Sallicanus, Florentinus, Piſanus, weift am Bei: 
fpiele der Stabt Köln nach, wo ein stylgs eeclesiasticus, curiae 
und universitatis zugleich geltend war, daß auch wol mehre Zeit- 
sechnungen an einem Orte neben einander beftanden, ſowie auch 
oft ein und berfelbe Kaifer auf verichiebene Weife datirte. 









Mit dev Betrachtung fchließt Hr. von Lang, welche gräßliche . 
Bermüftung bie Zeit in dieſer Art von biftorifchen Denfmälern . 


tet haben müffe, da Hr. B. von einer Zeit von 40 
sen nicht mehr ale 5240 Kaiferurkunden babe zufammen: 
fönnen, indem man flatt 8000 Urkunden, weldye aus 
einer kaiſerlichen Kanzlei binnen einem Jahr allerminbeftens 
hervorgegangen fein mußten, oder wenn man auch nur 20 auf 
jeden Sag rechnen wolte, fo nur im Durchfchnitte 18 auf ein 
ganzes Jahr geben wärben, unb wie wenig biefe geringe Zahl 
geeignet fein koͤnne, bie Straßen ber Faiferlichen Reifen zu bes 
zeichnen, eine Methode, bie Gatterer zuexft in Aufnahme ges 
bracht habe, und wie man vielmehr weit beffer thue, „die Gi: 
chel in bie viel reichern Saaten der Chroniken und Annalen 
einzufchlagen”. Flur und Sichel müffen freilich daſein; aber es 

wirb ſich doch mandher in die Fuͤße hauen! 11. 





Literarifche Notiz. 


I. ©. Budinghbam, bekannt durch die Werfolgungen, bie 
er früher als Zeitungfchreiber in Kalkutta erlitten, und durch 


RM. 


die ngen weile 05 vor einigen Bahzen, band) 
und X —*X über pölitifche Angelegenheiten hielt, 
jegt Mitglied des Parlaments, hat forben die vr ſte Rummer 


H ry re viour· and ſa 
mily magssing”, ‚henisögigebem. Es zridgeimt vebdhentiicdh eine 
Nummer während der Be bet Parlaments und wich 
bann. unterbrochen bis zur naͤchſten Gigung. Dev Zmed bei 
unternehmens ift, bie Kenntniß der politifen und conmer: 


phifche Gtiszen der bebeutenbften Männer, die fi im 

li Leben autgezeichnet haben; 7) Darſtellung der Colonial⸗ 
verhaͤltniſſe, namentlich des Monopols in Dftindien und ber 
Stlavesel in’ Weſtindien; 8) Erläuterung wichtiger Bibelftellen 
dur) genaue Kunde der Dertlichleit, dek Erzeugniſſe, Bitten 
und Gewohnheiten ber Länder, die ber Schaupiatz der bibliſchen 
Geſchichte waren ; 9) Rädblide auf, Budingham’s weit audger 
behnte Heifen, in Auszügen aus feinen Tagebuͤchern und ges 
drudten Werfen, als eine Darftellung feiner Unterſuchungen, 
welche bep Stoff feiner „vor vielen Tauſenden mit unvergefs 
lichem Beifall gehaltenen Borlefungen‘ bifdeten ; 10) Binden 
tung; maf bie Uebel, welche den Genuß bes Gluͤckes hindern, das 
bes geſellige Verkehr beiden Geſchlechtern ‚gewähren Tann; 11) 
Gortefpondenznachrichten über intereffante Gegenſtaͤnde aus als 
len Theilen der Welt, in welchen bie Zeitfcgrift verbreitet wer 
den möchte, beren Abfag in Amerika, Indien und Auftralien 
zu befördern Anftalten getroffen. worden find; und endlich, bas 
Dutzend voll zu machen, 12) die „reinften und glänzenbiten 
Edelſteine antiker und moberner Gedanken” in Profa und Ber 
fen, als Unterhaltungsftoff für die Diorgenftunden wie für bem 
abendlichen Kamilienfreis am Kamin. ni embrasse trop, 
n’embrasse rien, wird mol das Ergebniß biefer charafterifii: 
fen Artündigung bed Berausgebers fein, von weldyem men 
bei viekfeitigen Kenutniffen, bie ihm auf feinen extensive tra- 
7 ‚angeflogen find, etwas Marktſchreierei ſchon gewohnt 
i | . 





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Blätter 


literariſche 


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Unterhaltung. 








Schriften über bie zweihundertjaͤhrige Jubelfeier der 
lügener Schlacht am November 1632. 


Die zweite Saͤcularfeier der luůtener Schlacht hat un: 
“ter den Proteftanten große Thellnahme gefunden und iſt 
verfchiedentlih und zwedgemäß gefeiert worden. Wie aber 
dieſer Zag vor hundert Jahren begangen worden fein 
mag, davon iſt nichts zur Öffentlichen Kunde gelommen. 
Das darüber obmwaltende Stillſchweigen beweiſt, daß da⸗ 
mals keine bedeutende Jubelſchrift erfchienen und die un: 
bedeutenden im Strome der Zeit untergegangen feien. 
Seibſt die in unfern Tagen bekannt gewordenen Nachrich⸗ 
ten aus Lügen ſchweigen darüber. Defto zahlreicher find 
die Schriften und Schriftchen, welche die zweihundertjaͤh⸗ 
sige Jubelfeier dieſer Schlacht veranlaßt hat. Warme Ans 
hänger des proteftantifchen Glaubens haben theils in 
dichterifchem Schwunge, theild in fhlichter Profa die Be: 
gebenheit gefeiert und Alle fich beeifert, zum Lobe eines 
großen. Schwedenkoͤnigs zu reden und den Sinn hoch⸗ 
zuehren, welchen feine Handlungen bezeichnen, damit man 
wiſſe, daß das Lügener Schlachtfeld für die Nachwelt nicht 
vergebens mit Blut getränft worden fei. Allein mit dem 
bloßen Gutmeinen einer Sache, fo ehrenwerth es auch fei, 
ift es noch nicht abgethan. Denn wie ber Werth und 
das Weſen eines bedeutungsvollen Tages dann erft bie 
Menge begeiftert, wenn er zwedgemäß gefeiert wird, ebenfo 
wird auc eine ihr gewibmete Schrift den Leſer wahrhaft 
ergreifen und belehren, wenn ihr Gegenftand kunſtgemaͤß 
oder firengroiffenfchaftlich verfolgt umd ausgeführt worden 
iſt. Die Anfoderung an volllommene Befriedigung wird 
defto nothwendiger, je gewifier die Ausficht ift, daß der 
fragliche Gegenftand von Vielen werde behandelt werden. 
In der gewöhnlichen und alltäglichen Wiederholung des 
Stoffes liegt kein Verdienſt, wol aber in der Art ber 
Darftellung und Auffoffung, in dem äußern Gewande 
und in der Behandlung befielben. Jubelſchriftſteller und 
Subeldichter fiehen ja, wenn anders diefer Ausdrud für 
die fraglihe Sache genügt, mit andern Schriftftellern und 
Dichten in einerlei Claſſe und innen den Ausſpruch je⸗ 
ner Behoͤrde, welcher die Bauern eines Ortes zur Anhoͤ⸗ 
sung einer und berfelben Predigt fo lange verdammte, bis 
fie felbige gefaßt und begriffen hätten, nicht auf ſich bes 
ziehen, weil weder das nad Bildung firebende Publicum 


mit einem ftumpffinnigen Kraͤhwinkel, noch die Schrift: 


Tee UT Te ae en ee nn —— nn 


5. Suni 1833, 





ftellee mit bequemen SPredigern verglichen werden können 
und dürfen. Nun hat man zwar, wenn wie zu unfen 
Seftgaben zurüdlehren, das ewige Einerlei zu vermeiden 
gefucht, indem der Eine den Schlachttag ſelbſt, der An⸗ 
dere das Leben des Schwedenkoͤnigs, ein Dritter dem 
breißigjährigen Krieg, wenn auch nur in fehr gebrängter 
Kürze, zum Gegenſtand ber Aufgabe gemacht; ber 
Neues entbedt, dee Andere Bekanntes eigenthuͤmllch zu: 
fammengeftellt, was an fidy loͤblich iſt; aber die zur feft- 
lichen Tafel getragenen Gerichte find nicht gleichmäßig 
mit Fleiß, Geſchick, Geſchmack und Würze bereitet wor⸗ 
ben. Unter ben Ref. zus Anficht gekommenen proſai⸗ 
fhen Schriften dieſes Gegenftandes verdienen eigentlich 
blo8 zwei hervorgehoben zu werden: das bereits in d. BL.*) 
befprochene Werkchen des Steuerrathes Philippi zu Lügen 
— eine defto erfreulichere Feſtgabe, al fie aus dem Orte 
beroorging, welcher Zeige jener Begebenheit gewelen war —, 
umd das Fragment des preußifchen Stabsoffizierd von 
Dinde, weicher zwar bekannte Thatſachen erzählt, aber, 
wie fib weiter unten ergeben wird, in einem doppelt an- 
ziehenden Geſichtspunkte, fodaß ihm der ungetheilte Bei⸗ 
fall gewiß nicht verfagt werden kann. Es ſei uns nun 
vergönnt, zur Betätigung des Obigen diefe Schriftchen, 
fo viele wir davon kennen gelernt haben, beurtheilmd auf: 
zuzaͤhlen. Zuerſt flehe eines Ungenannten: 

1. Beſchreibung der Schlacht bei Lügen und Guſtav 
Adolf's Tod am 6. November 1632. Mit einem Plane 
dee Schlaht und Guſtav Adolf's Bildniß. Leipzig, 
Köhler. 1832. Sr. 8. 6 Gr. 
Diefes 24 Seiten ſtarke Schrifthen kann täufchen, 

fobalb man in ihm fuchen will, was der Titel und fogar 

die Beine Vorrede anbietet; der Mahrheit gemäß enthaͤlt 
es blos den unveränderten Schladptbericht, wie wir ihn 

im „Theatrum Europäum” Iefen, mit einer 11° Seiten 

langen, vom Verfaſſer bearbeiteten Einleitung, welche bie 

Heerfahrt Guſtav Adolf’ 8 aus Franken durch Thüringen nach 

Lügen und die Aufftellung des ſchwediſchen und kaiſerli⸗ 

hen Heers zur - Schlacht beſchreibt. Daneben webt er 

(S. 6 fg.) eine im Kriegsrathe der ſchwediſchen Offiziere 

gehaltene Rebe des Königs Guſtav Adolf's ein, welcher bie 

zweifelhaften Gemüther zu einem emtfcheidenden Schritte 
*) Vgl. Nr. 278 f. 1832. D Red. 





612 . 


eranuthigt. Einem empfinbfamen Theaterhelden mag fie 
in den Mund gelegt werben, nur nicht einem Guſtav Adolf, 
fo Hoch fie auch der Verf. achten mag! Das lithogra: 
phirte Schlachtplaͤnchen entfpeicht ziemlih dem ſeichten 
und planfofen Werkchen. Ref. glaubte mehr Befriedi⸗ 
gung zu finden, af er ſich zu 
% Gufbao Adorf, Mnig von Schweden, der Retter Deutfch- 
lands, ber Maͤrtyrer proteſtantiſcher Glaubensfreiheit. 
Eine biographiſche Skizze, entworfen und niedergeſchrie⸗ 
ben im Jahre 1832 bei der zweiten Saͤcularfeier ber 


lügener Schlacht am 6. November 1832 (?). Nebſt 


Guſtav Adolf's Bitdniß und dem Plane der Schlacht. 
‚Meifen, Gödfche, 1832. 8, 14 Sr, ; 
wendete, ohne fich von dem breiten Zitel abichreden zu 
laffen, deſſen Verſtoͤße er amfänglich einer grata negli- 
gentin des Verf. beimaß; aber genauere Durchſicht bes 


Buches lehrte, daß auch in biefem eine flache Behand⸗ 


lung, ein ungemeſſenes Verhaͤltniß und. eine loſe Anords 
nung ded Stoffes, weicdhemmis einem unhifkoriichen, bis⸗ 
weiten wiberfinnigen Pragmatismus durchwebt worden iſt, 
faſt überall herrſche, ohne der Undeutlichkeit und Fehler 
bafsigkeit mancher Ausdruͤcke und nieler Cigemamen zu 
gedenken, worüber Beine einzige Berichtigung nachgewieſen 
worben if. Um dem Leſern einen Wegeiff zu geben, wie 
der Dorf, feinen geſammelten Stoff verbraucht hat, wol: 
len wir ben Tod Guſtav Adolf's herausheben. ©. 107 wird 
gefragt, nachdem der Fall des Königs erzählt worden iſt: 
„Über war des Königs Mörder? tödtsse ihn Felndesku⸗ 
gel, toͤdtete ihn die Moͤrderhand des vermeintlichen Kreun: 
des, des Herzogt von Lauenburg, wer wagt bieß wit 
hiſtoriſcher Gewißheit zu erweiſen?“ Hiermit ſtoͤßt der 
Verf. um, was er S. 100 behauptet. Dort läßt er den 
Abt vorn Fulda mit dem Kreuze in der Hand die Reihen 
bee Kaiſerlichen ducchreiten und „Denen, bie Keberblut 
vergiegen wuͤrden, die Schäge des Himmels, der Sünden 
ewige Vergebung aber Dem verbeißen, dem das Heil 
würde, ben großen MWiderfacher zu ermorden. Schem (fol 
wol beißen: Aber es) waren dem großen Guflav andere 
Kugeln gegofien und der Judas in ber Nähe des Mei: 
fters.” Uebrigens ſpricht das nichliche Bildchen des Schwe⸗ 
denſteines auf dam Schlachtfelde das Auge freundlich an, 
ebenfo des Köntzs Bruſtbild. Der angefügte Schlacht: 
plan ME eine Nachbildung des Planes bei Francheville, 
ſtatt mit Verbefferung find fogar Zifſern auegelaffen wor⸗ 
den. Der Plan zum Ubergange über die Rippach ift 
nicht beigefügt, wol aber bie Erklaͤrung dazu. Indeß bat 
ber Berf. in feiner Beſchreibung der Schlacht keine Ruͤck 
fiht auf den Schlachtplan genommum. Tas die beiden 
eben wwähnten Schriften nicht erreicht Haben, das findet 
man im yachfelgender volllemınen? - 

3. Die Schlacht bei. Lügen den 6 Navember 1632. 
Gifterifches Fagment zur Crinnerimg an. Guſtav Adolf 
am zweihundertjaͤhrigen Jahtestage feines Todes, won C. 
Freih, von Binde. Berlin, Nauck 1832. Gr. 8. Gr. 

In hem Vorworte erfaͤhrt man, daß Herr von Dinde 
ſeit mehren Jahren ſich wit einer Sammlung „allet Ma: 
terialien zu einer möglichft grümblichen und volftändigen 


Kriegsgeſchichte Guſtav Abolſ's in Deutſchland befchäf: 
tigt‘. Und da ihm feine Aufgabe wie eine Pflanze er⸗ 
fcheint, bie man nur richtig zu behandeln verftehe, fobatb 
man die Eigenthuͤmlichkeit ihres Bodens fennt, fo will 
er die Politik, den Zuſtand des Volkes und des Landes, 
bie Ideen des Zeitalter — die großen geiſtigen Hebel ver 
Geſellſchaft — fo weit in biefelbe hineinziehen, als es 
die volfländige Einſicht in die Begebenheiten des Krieges 
erheifht. Zum Beweife, wie er die ihm bisher zugäng: 
then Quellen bemust har, "ttefeer Te dorläufig dieſes 
Bruchſtuͤck, in dem ſich des Verf. Beruf.zy dem erwar⸗ 
teen Werke zur Genuͤge beurkundet. Mit gefpänhter Auf: 
fludirt und kann ſich nicht enthalten, Einiges daraus mit» 
zutheilen. Mas erfilich die oͤkonomiſche Anlage deſſelben 
betrifft, fo befteht Tie in des Einleitung von S. 1—17, 
in der Daritellung der Schlacht —— S. 18—58, 
in militairiſchen Betrachtungen ©. 58 — 64 und in dem 
Schluſſe. In der Einleitung ſchildert der Verf. die Zeit, 
welche den großen Kampf vorbereitete, kurz und wahr, 
dann in ſcharfen Umriſſen der Zuſtand Deutſchlands his 
zur Erſcheinung Guſtav Adolf's auf deutſchem Boden; daran 
reiht ſich ein treues, ſinnvoll gezeichnetes Bild des Königs, 
nebſt deſſen Wirken bis zum Aufbruche aus dem Lager 
bei Nürnberg. Was ©. 3 fg. Über Sen. Charakter bei 
breißigjährigen Krieges gefagt wird, tft geiſtvoll und ſchoͤn; 
wir möchten aber zur Berichtigung bet Begriffes nah 
andeuten, daß das Bemühen zur Herſtelung des Gleich⸗ 
gewichts der europäifchen Staaten in dieſem Kampfe [ck 
Guſtav Adolf 8 Exfcheinen in Deusfchland durchſchimmert und 
felt des nördlingee Schlacht noc deutlicher hervottritt. 
In bem zweiten Abfchnitte verfolgt der Verf. die Bewe⸗ 
gungen bee Heere aus Kranken nad Schritt 
vor Schritt Eritifchgenau; die Staͤrke bee kaͤmpfendes 

eere wird forgfältig beredynet, und über die Schlacht bei 

uͤtzen ſagt er (S. 48) ſehr beherzigenswerth (mie Chem 
nitz ſchon that), dag es jetzt noch unmoͤglich fei, eine Be 
fhreibung dieſer (in Mebel gehuͤllten) blutigen Schlacht 
zu liefen, von ber ſich fagen Laffe: fo iſt es mil ge⸗ 
weſen. Nachdem die Schlacht einmal angefängen, ſei ſie 
ein allgemeiner wilder Kampf voR «einzelner großer Krafe 
äußerungen und Thaten gewerdben, ‚aber ohne großen lei⸗ 
tenden Einfluß des Fuͤhrers. Hierauf gibt er in Haupt⸗ 
umriffen den Gang derſelben an, tie ex nach dem beiten; 
ihm zugänglichen Quellen ungefähr gewefen fein mochte 
©. 52 fällt der Verf. ein reifes Urtheil üben den wen 
Sörfter bekannt gemachten Schlachtbericht Diedati’a, dem 
er, ihn mit ben franzöfiichen Bulletins nemefter Zeit weoglei 
hend, eine Taͤuſchung ber Ifientiihen Meinung ats Abs 
ſicht unterfiebt und dabei richtig bemerke: der gan 
Bericht, der ſich über eine Menge einzelner Thaten, eis 
zelner Fuͤhrer und Regimenter verbreitet, gebe duccknus 
keine zufammenhängende Vorſtellang vor dem Gange der 
Schlacht und vwerrathe offenher die Abſcht, durch übe 
mende Herzaͤhlung jener den Verluſt dei Tages zu ver⸗ 
ſchleiern. Ueber die Todesart des Könige werden keine 
Usterfuchungen angefleüt, meit fie dem Zwecke bes ref 


entfernt legen; bagegen li man (S. 52) beachtungs⸗ 
werthe Worte über den Geiſt des ſchwediſthen Heers. 
Die militairiſchen Betrachtungen ins britten Abſchnitte find 
geiſtvoll und, belehrend. Von einen-Sriegshundigen, grämede 
ũch gebidetn Manne lief! man gern ein tiefge 
Urtheil über die fonderbare Erſcheinung, daß zwei feind⸗ 
liche Heere, die ſich bei Nürnberg fo lange gettogt und 
zu bekämpfen geftcebt, plöglic ohne Kampf nad) entge: 
gengefegten Richtungen auseinander gehen und zwar jedes 
zu nenen Offenſivunternehmungen. An Waldſteln s Auf: 
enthaͤlte tn Sachſen tadelt ber Verf, 1) daß er nicht nach 
Thüringen dem Könige entgegenging; 2). daß er Pappen⸗ 
beim von fih nach Habe ‚entfernte; 3) daß er. bie 
Schlacht in einer Stellung annahm, welche ihm ber Ger 
fahr ausſetzte, gegen die Elbe Hin, wo er keinen eimzigen 
feften Plag hatte, germorfen un) von Gallas getrennt zu 
werden, und 2) daß er feine Schlachtorbnung bei Lügen 
zwar auf gut benutztem Terrain (Raume), aber in einem 
kuͤnſtlichen Tableau vollen Widerſpruͤche aufgeſtellt hatte, 
wodurch es den ſehr gewandten Schweden gleich anfangs 
leicht gelang, ſeine Maſſen zu uͤberwaͤltigen. Den 

bilden rein hiſtoriſche Betrachtungen über Guſtav Adolf's Ab: 
fihten in Deutfchland, und Ref. gibt zum Beweiſe ber 
unpartelifchen und mohläberlegten Behandlungsweiſe des 
geſchichtlichen Stoffes, bie fih überall im Schriftchen 
offenbart, folgende Stelle (©. 6% fo.) zum Belten: 

Wenn eine fo ausgezeichnete Natur (wie Guſtav Abolf) im 
Sturme bed Lebens fo früh bahingerafft wird, fo Tann fein 
füptendes Herz ſich tiefer Wehmuth über bie Vergaͤnglichkeit 
irbifcher Größe erwehren, und unwillkuͤrlich drängt ſich ber 
Gebdante auf: was hätte ein folder Wann noch für bie Welt 
leiften innen. Wenn wir aber fehen, wie manche menfchliche 
Größe, nachdem fie den hoͤchſten Glanzpunkt erreicht, ihren eig⸗ 
nen Ruhm verdunkelte und es am Ende ihrer Laufbahn wol 
gar zweifelhaft ließ, ob die Welt ihr fluchen oder ihr danken 
felite, fo verſtummt jener leiſe Vorwurf gegen die Vorſehung, 
und man flebt an, ob nmicht Der gluͤcklich zu preiſen ſei, den 
fie auf dem Sipfel bes Gluͤtbes, in ber Blüte der Kraft. und 
des Ruhmes noch ohne Jlecken plöglidy hinwegriß. 

Der dem Werkchen angehaͤngte lithographirte Situa⸗ 
tionsplan des Schlachtfeldes iſt ſauber, der Francheville'⸗ 
ſche nach Beſichtigungen vom Jahre 1771 zu Grunde 
gelegt, aber verbeſſert und dem bei Philippi ſehr aͤhnlich. 
Die Schlachtordnung auf demſelben iſt einem guten Plane 
im „Theatram Europäum”, melde deffen Herausgeber, 
Merian, meiltens von gefchiditen gleichzeitigen Ingenieur⸗ 
offizteren empfangen, entnommen worden. Etliche auffal: 
lebe Fehler der Stäbtenamm hat ber Verf. uͤberſehen, 
ſowie ee Tupatel und Baudis (Taupadell und Baubiffin) 


in ber verkruͤppetten Quellenſchriftenſprache unverändert. 


gelaffen Hat. Der einzige uns amfgefleßene Irtthum 


(S. 36), daß ber Herzog Wilhelm von W. auch sur 


Lügener Schlacht marfchiet fei, wird hoffentlich in dem zu 
erwartenden Werke verbeflert werden, welchem das Publis 
cum gewiß mit Verlangen entgegenſieht. Def. duͤnkt, daB 
von Bülow zuerft einen Verſuch gemacht bat, dieſen Krieg 
militmirifch= Eritifh zu behandeln, ohne das gefühlte Bes 
duͤrfniß gehörig befriedigt zu haben. Darum wünfcen 
wir Herrn von DB. alle gewänfchte Unterflügung und 








alles Gebelhrn zu feinens Witten. Umemitleruen. -—- (EBle 
. na. Dichter. den .6. :Mowdwber gefeibdrd haben, dadon moͤ⸗ 
gen Folgende Verſuthe fpuechem: "7." ©1 De 


NY 


:& Dir: Sieg bl Lügen am:-6. Rovansr 1032. St 
badıtee | 


lyriſches Gemälde von Emil Schmidt, Leipzig, Wol⸗ 
brecht. 1832. Er 52 Or oo - : 


‚ : &in Ausländer, ndt den deutſchen Senderbarkeiten 


ne nicht vertraut, warbe, wenn ec biefar- Tibel die, Pike 


; gen (tie fich einſt auch ein Gelehrter In Ftankeich auf 
ı ähnliche Weiſe bei’ ähnlicher Gelegenheit gegen Ref du: 


i Berte): Warum unterfchreibt fih Herr S. nicht gries 
chiſch, fanfecketfeh u. ſ. w., ſobalb er für Ängemeffen —— 
nach veralteter Sitte ſeinen Namen lateiniſch vor eine 
deutſchgedruckte Schrift zu ſetzen? Uebrigens ſingt der 
Verf. mit Wärme und religioͤſem Gefühl über den koͤ— 
niglichen Kämpfer für Denk: und Gewiffensfreiheitz in⸗ 
deß duͤnkt es dem Ref, eine ſchwere Aufgabe, eine Schlucht 
und den Fall eines Helden in berfelben maleriſch und hin⸗ 
reißend zu befingen. Denn es Ift Schon ſehr ſchwer, pro⸗ 
ſaiſch eine Schlacht zur Genuͤge Vieler zu ſchildern. Ganz 
andern Gehaltes ift Zu 
5. Guſtav Adolf der Große, König von Schweden. Ein 
Heldengedicht in vier Geſaͤngen, als Denkichrift zur 
zweiten Saͤcularfeier der Schlacht bei Lügen, am 6. No: 
vember 1832 (?), von Karl Spahn. Leipzig, Zire 
ged’fche Buchhandlung. 1832. Gr. 8. 12 Gr. 
Einige Wochen vor dem 10. September v. J., mel: 

bet. der Dichter in der Nachricht an den geneigten Lefer, 
wurde in ihm zuerft die Idee zu dieſem Heldengedichte 
rege; daher führte er „eilenden Fluges (ohne zu: melden, 
wer ihn zur Eile getrieben) an Schiller's Hand die Siegr 
des unſterblichen Guſtav Adolf, nebft der Geſchichte des 
dreißlgjahrigen Krieges, fo viel ſich thun ließ, nach der 
Reihe bald erzaͤhlend, bald anſchaulich (als ob Anſchau⸗ 
lichkeit nicht zu einer guten Erzählung gehöre!) vor ben 
Augen des Leſers vorüber, um über jene hochwichtige Zeit 
ein leicht zugängliche Buch zu verfchaffen und berfelden 
in den Herzen des Volkes ein Denkmal zu errichten.“ 
Us Volksgedicht alfo ſcheint ber Dichter fein loͤbliches 
Unternehmen betzachtet wiflen zu wollen und hat darum 
für Mindererleuchtete geſchichtllche Anmerkungen nicht 
ohne geſchichtliche Irtthuͤmer ſeinen Verſen beigefellt. Das 
Gedicht zerfaͤllt, außer ber Zueignung an den König Karl XIV, 
von Schweden, in-vier Geſaͤnge. Deren erſter erzaͤhlt den 
dreißigjährigen Krieg bis zu Waldſtein's Entlaffung auf 
dem Collegialtage zu Regensburg, und der zweite bis 
vierte Guſtav Adolf's Waffenthaten, deſſen Fall und flächtige 
Umriſſe des Kriege bis zur Einnahme Prags ducch bie. 
"Schweden, mit welcher bekanntlich der Kampf ein Ende 
hatte. Herr Spahn gibt fich ſetbſt das Zeugniß, für eie 
nen hocherhabenen Gegenſtand mit Enthufiasmus gearbei- 
tet zu haben, was wol von felnen Leſern nicht in Abrede 
geftellt werben wird. Er fcheint aber ein „Gekteiſche von 
Splitterrichtern“ zu befuͤrchten. Mef. will des Dichters 
Urcheit über fich wife tefiben, noch weniger der gewuͤnſch⸗ 
ten Wirkung feines Gedichtes auf das Volk entgegentres 
tenz wenn uber Jemand ein Nationalgedicht liefern, das 





04%: 


durch Die ‚freundlichen Lichtſtrahlen, welche die Bisfürmation 
anzlındete, beleben und Die Nebel, welche vor 200. Jah» 
sen der Kanonendonner bei. Lluen niederſchlagen half, 
zereeißen will, fo darf er nicht auf einem gallopirenden 
Degafus zeiten und das Roß nicht ſtolpern laſſen. Es 
muß uͤbrigens auffallen, wenn der Dichter die Schweden 
des 17. Jahrhunderts mit Keulen und Haͤmmern drein⸗ 
ſchlagen laͤßt, waͤhrend er von Batterien, Baſtionen und 


Redouten ſingt. 145. 





Spazlergaͤnge eines berliner Poeten. Leipzig, Wolbrecht. 
| 1833. 8. 20 St. 


Wir haben bier wieder einen unferer mobernen Weltverbeſ⸗ 
ferer, dee mit Spott und Hohn die heutigen Zuftände tabelt 
und nicht undeutlich dabei zu verftchen gibt, daß er der Mann 
bagu wäre, Alles beffer, fparfamer und nüglicher einzurichten. 
Dazu hat er fi nun die Stadt Berlin erwaͤhlt und ihre ver» 
fhiebenen Inftitute, gute ſowol als ſchlechte, ſtark angegriffen ; 
ob aus gekraͤnkter Gitelleit, wie es Herrn Deine mit Goͤttingen 
begegnet fein foll, ob aus bloßer Luft an Verſemachen, ob aus 
Roth und Mangel an Lebensunterhalt — vermag Ref. nicht zu 
entfcheiden. Alfo zum Bude felbfl. Unter 26 Weberfchriften 
werben bie verfchledenen Zuftänte bes berlinifchen Lebens, als 
ber Zudenbefehrungsrath, ber Cenſor, ber neue Vuͤrgermeiſter, 
die große Afabemie, der Gchulmeifter, bie Bibelgefellfchaften, 
der Bruͤhl'ſche Ball, die Dichter, die Gervilen, bie Liberalen, 
die Zuftiz, der Thiergarten, ber Wohlthätigkeitsverein, die 
Zurner u. f. w. befungen unb resp. verleumdet. Denn mit 
diefem Ausdrucke müffen wir den Gingfang auf die Akademie 
bezeichnen, die boch mehr als ein nügliches und großartiges Uns 
ternehmen (wir erinnern nur an das Boͤckh'ſche „Corpus in- 
scriptionum‘ und die Bekker'ſche Ausgabe des Arifloteles) ins 
Leben gerufen bat, oder bie Invectiven gegen bie Wohlthätig: 
feitövereine, da doch ein jeder Unbefangen? dem Wohlthaͤtigkeits⸗ 
finn der Berliner Gerechtigkeit widerfahren laffen muß. Daffelbe 
gilt von bem Gedichte: „Der Schulmeifter”, mo es der Verf. 
ber Regierung zum großen Verbrechen macht, daß ein Bereiter 
im Geftüt zu Drakehmen (das muß aber Zrafehnen heißen) mehr 
. Gehalt hat ale ein Dorffdyulmeifter: Wir brauden jeboch Hier 
wicht zu Tagen, wie viel die Regierung für das Elementarſchul⸗ 
wefen thut unb gethan hat; weiß aber ber berliner Poet dies 
noch nicht, fo mag er Victor Couſin's Bericht leſen. Ebenſo 
wenig treffend ift fein Tabel der berliner Dichter, unb ganz ge: 
ſchmacklos find die Anfpielungen auf die Namen, wie wenn 
W. Alexis ein „trockner Häring’ heißt, ober von Förfter ge: 
fagt wird, baß „er ben Forſt fhlecht verwalte‘, ober von Varn⸗ 
hagen von Enfe, baß er „auf gut pommeriſch Gaͤnſe mäfte”. 
Wie Müchler mit feinem „Anekdotenalmanach“ unter die Dich: 
ter komme, begreift fich nicht leicht. Nicht minder unanftändig 
ift das Gedicht: „Hirſchhorngeiſt““, in welchem Kranz ‚Horn ges 
chmaͤht wird. Auch die Zuftiz wird hart mitgenommen, über 


en Thiergarten finden ſich Tchlechte Späße, über den Genfer. 


will bes Berf. fehr wigig fein, und fo ergießt ſich fein Spott 
noch über viele andere der genannten Gegenſtaͤnde. Kon ben 
Liberalen heißt es ©. 102: . 
D, ſtellt doch diefe Liberalen 
Für einen Monat an bie Spitze; 
Noch eb’ bie halbe Zeit verftrihhen, 
Berlaflen fie von ſelbſt die Sitze, 
„Die fie voU Hochmuth eingenommen, 
Bermeinend, Niemand Tomme glei 
An Weisheit ihnen und Erfahrung — 
Im ganzen heil’gen roͤmiſchen Reich. 


An dieſen Borten hast ſich der moderne Juvenal ſelbß fein um, 
thell —— 
vBamit uns vielbeſagter Poet aber nicht ber Ungerechtigkeit 


ſeiner epistols encyclica vom 3. Mai 1824 gethan bat, aber 
man fo 


ten, zur vichtig eiten.. Noch 
müffen wir bemerken, daß der Verf. in feinem Gedichte: „Deutſche 
Sprache”, einen löblichen Gifer für die Reinheit und Bildung 
ber Mutterfpracdhe an ben Zag legt. Ob indeß in Berlin bie 
deutſche Sprache in einem folchen Brabe der franzdfifchen nad: 
gefept wird, wie ber Port uns glauben machen will, bezweifeln 
wir. Wenigſtens ift das Beſtehen eines franzöftfcgen Theaters 
noch fein Beweis dafür. 89, 





Notizen. 


Sm „Perth advertiser’’ wird eine Drucderpreffe befchries 
ben, welche ein Schreiner, Namens 3. Bogle in Perth, nach 
ganz neuen Principien erbaut hat. Cie nimmt weniger Raum 
ein als die gewöhnlichen Preffen, Hat ein viel huͤbſcheres Anfehen, 
arbeitet ohne Geraͤuſch und fo fchnell wie Cowper's Maſchinen⸗ 
preffe. Gin Knabe Tann fie bewegen, ein Mann vollftändig ber 
dienen, wenn der Druck nicht ſehr fchnell geht. Faſt gleichzei⸗ 
tig wird bie Schwärze auf die Tippen gebracht, ber Papierbo: 
gen von ber Maſchine aufgenommen und bedruckt zurüdgege: 
ben. Gie gibt zugleich die Zahl der Bogen an. Da ber Er: 
finder alle Theile der meiftentheild aus Metall beftehenben Preffe 
feloft verfertigt hat, fo iſt fein Geheimniß noch nicht bekannt. 

„Die Herausgabe von Zeitfchriften”, fagt James Stuart in 
feinen ‚Three years in North America’ (2 ®de., Edinburg 1833), 
„gehoͤrt nicht zu den gebeihlichen Unternehmungen in ben despo⸗ 
tiſchen Staaten der Union, unter denen ich vorzugsweife Suͤd⸗ 
carolina, Georgia und Eouifiana verftehe, weil bie Preßfreipeit 
hier den Barbigen gang und felbft den Weißen in hohem Grade 
verfümmert wird. Die Kolgen ergeben fich aus einer Verglei⸗ 
dung ber Zunahme ber Zeitfhriften in andern Staaten mit 
dieſen dreien. Neuport befaß 1810 nur 66 periodiſche Blätter 
und jegt erfcheinen dort 211; Pennfplvanien zählte 1810 nar 
71, jegt bat es 185; Ohio hatte 14, die fich bis zu 66 ver 
mehrt haben. Dagegen beflanden 1810 in Sübcarolina 10 Blätter, 
bie fih nur auf 16 vermehrt, in Georgia 18, bie ſich erhalten, 
und in Louiſiana 10, welche ſich auf 9 vermindert haben. Der 
legtere Staat fteht mit biefem Ergebniffe der periobifchen Preffe 
während der legten 20 Jahre als einig ba; und body hat fid 
die Bevdlkerung don 20,845 auf 215,272 Köpfe gehoben. So 
verberblih war ber Ginfluß willtürliher Sasungen, daß bie 
neunfach gewachſene Bevoͤlkerung weniger Blätter befigt als 


"bie ebenfo viel Eleinexe vor 20 Jahren.‘ 


Ein englifcher Pachter, welcher jüngft in einer öffentlichen 
Verfammlung wider den Zehnten und die Anfprüche der Kirche 
fehr geeifert hatte, ſchloß feine Erpectoration mit bem Außrufe: 
„Alſo em Zehntheit? wahrlich, nicht lange wirb es dauern, 
und ihr ſeid mit dem Fünftel zufrieden!“ 8. 


. 
— — — 


Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brochaus in Seipiig. 
RER 


\ 





Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltung. 





Schon ein flüchtiger Blick auf die Geſchichte der Me: 
dicin lehrt und, daß diefe Wiſſenſchaft zu allen Zeiten den 
fonderbarften Schidfalen unterworfen gewefen ift und faft 
ohne Unterlaß mit abenteuerlihen Ideen und wunberli- 
chen Einfällen zu kämpfen gehabt hat, von denen fie fid) 
immer erft nad) längerer Zeit und nach manchem hefti⸗ 
gen Streit hat reinigen und zum Lichte der Wahrheit 
hindurcharbeiten können. Dem Borfcher der Gefchichte Fälle 
e8 daher auch nicht auf, wenn ſich von Zeit zu Zeit mies 
der ähnliche Kämpfe erneuern und neben dem Guten und 
Mahren, das ſich die Wiſſenſchaft allmälig aneignet, aud) 
wieder neue Irrthuͤmer auftauchen, ſich ausbreiten und 
oft längere Zeit behaupten, bis fie am Ende wieder der 
Vernichtung preisgegeben werben. Es nimmt ihn ebenfo 
wenig Wunder, wenn in der neuern Beit ein Franzofe 
alte Krankheiten von Entzündung der Magen: und Darm- 
ſchleimhaut ableitet, oder ein Deutfcher feine Kranken mit 
wahren Atomen von Heilfubftanzen behandelt, und beide 
fih Ruf und Anfehen zu verfchaffen wiſſen, als wenn er 
aus gefchichtlichen Weberlieferungen erfährt, daß Galen die 
Urfache der Fieber in Verderbniß oder Faͤulniß der Säfte 
ſuchte, oder Rob. Fludd die Entftehung der Krankheiten 
von böfen Dämonen und namentlich von vier Fürflen 
derfelben herleitete, die von den Winden der vier Dim: 
melsgegenden loßgelafien würden. Dergleidyen Spiele und 
Verirrungen des menfchlichen Geiſtes, wie fie ja aud) 
_andere Wilfenfchaften, als bie Aftronomie in ber Aſtro⸗ 
logie, die Chemie in der Alchemie aufzuweiſen haben, 
muß man gewohnt werden und fie mit einer gewiſſen 
Duldfamtelt ertragen lernen. Sie find keineswegs im⸗ 
mer als NRädfchritte oder als Hemmſchuhe des Wahren 
und Tüchtigen in der Wiſſenſchaft anzufehen, fondern dies 
nen ihr vielmehr oft als Beförderungsmittel zum Gedei⸗ 
ben und zur Verhertlihung. Der eigentliche Kern der Wiffen- 


haft geht, trog allen diefen Verirrungen und trog allen ver: 
fhiedenen Umformungen, denen fie Immer von Neuem unter: 
worfen ift, nicht verloren, und zum Gluͤcke hat es zu allen Zei⸗ 
ten Befchliger der Wahrheit gegeben und gibt beren noch, die fie, 


| gleich dem heiligen Seuer der Beta, bewachen und nicht un⸗ 


tergehen laſſen. Eben deshalb können wir aber auch in bie 
Klagen nicht einftimmen, bie ſich jest von fo verfchiede- 


nen Seiten ber erheben, als ob die wahre Heilwiſſen⸗ 


[haft ihrem Verfall entgegenzugehen und durch einſei⸗ 
tige Theorien und leere Träume verdrängt zu werben im 
Begriff ſtehe. Es duͤnkt uns im Gegentheil, daß ſich 
eben jegt in ihr ein Eräftiger Geiſt und ein lebendiger 
Borfhungstrieb rege, und daß eben durch eine firenge 
Sonderung der verfchiedenen jetzt herrfchenden Elemente 
fi) das reine Metall defto ficherer von der damit ge 
mifhtn Schlade reinige. infeitige Syſteme und Theo⸗ 
rien, wenn fie auch eine Zeit lang eine gewiſſe Herrſchaft 
über das Alte und Beftehende an fich reißen, hatten immer 
das Gute zur Folge, daß fie vorhandene Mängel und 
Gebrechen erkennen, aber auch das Wahre und Echte 
deſto höher achten kehrten; fo ging «8 in frühern Zeiten, 
und fo wird es auch noch ferner gehen. 

Indeſſen find wir keineswegs gemeint, mit dem Allen 
eine allgemeine Xoleranz zu predigen und in unfern Kunſt⸗ 
genoffen die Ueberzeugung zu befefligen, daß, man mit 
allen Irrthuͤmern Nachſicht haben und jedem müßigen 
Einfall feinen Lauf faffen müfle, vielmehr find wir der 
Meinung, daß Streit und Kampf in der Wiffenfchaft ein 
ebenfo nothwendiges Mittel zur Erhaltung des Ganzen 
find als die Stürme in der Natur, und daß es jedem 
feine Wiftenfchaft Liebenden Manne Pflicht ſei, gegen An⸗ 
griffe auf die Wahrheit in die Schranken zu treten und 
Irrthuͤmer und Bloͤßen da, mo fie fi, zeigen, an das 
Licht zu ziehen. Es läßt ſich nicht leugnen, daB auch die 
Mediein, wie fie gegenwärtig ift, manche ſolcher Irrthuͤ⸗ 
mer und Bloͤßen anfichträge, und daß ſowol die wiſſen⸗ 
ſchaftliche als die technifche Seite berfelben Verbeſſerun⸗ 
gen fähig und beduͤrftig iſt. Mur müflen wir babei bes 
denken, daß Manches, was wir anders und befjer wün- 
fhen, in der Unvollkommenheit der menfchlichen Erkennt 
niß überhaupt begründet iſt, Anderes erſt länger vorberei: 
tet fein muß und eine gewiſſe Zeit zu feiner Reiſe be: 
darf, noch Anderes mit dem politifchen Leben und andern 


. 


646 


Verhältnifien des Volkes verwebt iſt und deshalb Leine 
Abänderung erleibet, und daß endlich Jeder durch feine 
befondere Brille fieht, und der Eine als Mängel und 
Irrthuͤmer erkennt, was ber Andere nicht als ſolche be 
teachtet. Beſonders des letztern Punkte wegen tragen 


wir faſt Bebenken, unfere Meinung uͤbee manche ben: 


jegigen Zuſtand dee Medicin betreffende. Gegenſtaͤnde und 
über Manches, was uns dabei als mangelhaft erfchienen 
it, hier nieberzulegen. Indeſſen bedenken wir, daß auch 
ein Meines Sceinchen, an-ber vechten Stelle angebracht, 
zum großen Bau mit beizutragen vermag, und daß über 
wichtige GSegenkände die Stimmen ſich verviefältigen 
‚.bamit durch gegenfeitige Anregung und Austaufc 

ber Gedanken die Wahrheit ſich herausſtelle, To glauben 
wer: wenigfiene zu ben folgenden Bemerkungen dieſelbe 
Befugeit zu Haben, die einem Jeden zufscht, bei dem ber 
- Domfand,, Über den er zu ſprechen gedenkt, wicht ganz 
außror feiner Sphäre age. Mehr um einen Anhaltımgs: 
punkt zu haben, als um das Amt der Kritik zu üben, 
Mmüpfen wir unfere Bemerkungen an das oben genannte 
Werl des Haren Dr. Braun, dem wir wol auf unferm 
Large öfter zu begegnen Beranlaſſing erhalten werden, 
daa aber zu viele Gegenſtaͤnde der Medicin beruͤhrt, abs 
daß. wie ihm allenthalben zu folgen Zeit und Wesuf hät 
ten. Uebrigens koͤrmen wis nicht umbin, unfere Leſer zur 
Zortave dieſes Buches dringend aufzufodern, indem es 
neben manden Ruͤgen auch manche zweckmaͤßigt Vor⸗ 
ſchlaͤga zu Verbefſerungen enthaͤlt und Überhaupt in einem 
der Würde der Wiſſenſchaft angemeſſenen Geiſt geſchrie⸗ 

i 


ben iſt. 

Bundrderft faſſen wie die ärztliche Bildung etwas naͤ⸗ 
ben. ins Auge, und zwar glauben wir hier etwas weiter 
yarüßgchen zu muͤſſen als unſer Verf, ber feine Betrach⸗ 
taugen wit der Bildung auf Univerſitaͤten beginnt. 

Die Wiſſenſchaft des Arztes gruͤndet ſich geößtentheits 
auf Naturforfhung Daß derſelbe imsbefendere. bie Er⸗ 
ſcheinungen bes kranken Lebens zum Gegenftande feiner 
Forſchung macht und fie zu einem befondern Zweck, dem 
dor Heilung, benugt, waͤhrend der Naturforſcher bei ſei⸗ 
nen Korfchungen einen. ſolchen befondern Zweck nicht vor 
Augen: hat, macht in der Hauptſache Beinen Unterfchied. 
Beide Haben die Natur zum Gegenſtande ihrer Betrach⸗ 
tung, und Beide gefangen zur nähern Kenntniß dieſes 
Gegenſtandes nur durch die Beobachtung Ein guter 
Beobachter muß aber, neben gefunden Sinnen, Luſt und 
Talent zu beobachten haben, er muß ferner diek& Talent, 
gleich; jeder andern Faͤhigkeit, im ſich ausbilden, und zwar 
in des, Natur, die ihm Dazu die Mittel bietet, ſelbſt aus⸗ 
bilde; ex muß ſich zu ihr hingezogen fühlen, muß, eins 
lg aus aignem Antrieb oder durch fremde deitung ihre 
Erſcheinungen auffaſſen, vergleichen, ſubſumiren lernen 
u. w, Es kommt bier wenig auf die Methode an, 
nach, weicher Died betrieben wird, indem mehr ober weni⸗ 
ges. in jedem Menfchen ſchon von Natur der Trieb liegt, 
ſich almaͤlig mit den ihn umgebenden © ndan in 
nähen Webanutfchaft zu fetzen. Iedes Kind. gelangt auf 
biefe Wiſe zur Kenntniß der, Natur, und es bedarf nur 


eines hinreichenden Materials, um nad und nach dieſe 
Kenntniß immer mehr zu erweitern. Indeſſen bat darauf 
Erziehung einem großen Einfluß, und wir koͤnnen ebenfo 
gut aus dem werdenden Menfhen einen Kaspar Haufer 
machen, wenn wir Als entfernen, was bie Natur: 
anfchauung fördert, as wir im Giegencheil und insbeſon⸗ 
dere bei gänfligen Anlagen durch Telihzektige Beglinſtigung 
des Verkehrs mit der Natur die Bildung zum Natus 
forfcher zu vermitteln vermögen. 

Es bebasf wol kaum des Beweiſes, daß, auch abges 
fehen von der Bildung zum Naturforfcher und Arzt; 
Dieb der eigentliche natürliche Weg if; den bie menſch⸗ 
liche Bildung überhaupt nehmen Denn auf weige 
andere Weiſe wäre das menſchliche Geſchlecht auf ben 
Punkt der Cultur gelommm, ben es jetzt oinmimımt, als 
auf diefem? was hätte dem menſchlichen Geiſte bie Mit: 
tel zu afle dem gelehrten Kram gegeben, auf beffen Befik 
er ſo flog fl, wenn es nicht die Netur geweſen wire? 
und wie bald. wärbe fein bischen Willen verfungpfen, 
wenn es nicht aus dieſer immer jungen Quelle frifche 
Nahrung aufnehmen kaͤnnte? 

Wir können «6 nun aber insbeſondere bier, tee «6 
fi von der Bildung zum Maturforfcher und Arzt han 
beit, nur beklagen, daß man im neueren Zeiten biefen Weg 
der natürlichen Bildung fait gang verlaffen bat und fid 
nach immer mehr davon zu entfernen fein. Wie viel 
fehle noch, daß das gange große Buch ber Natur dem 
werdenden Menſchen verichloffen bleibt? Nur von Mund 
zu Mund und won Buch zu Bud, pflanze ſich die menfd- 


s liche Weisheit fort, und der gelehrte Duͤnkel gaht fo weit, 


daß er wähnt, bei gruͤndlicher claſſiſcher Bildung die Na 
tus mit aller ihrer Herrlichkeit entbehren zu können. Nic 
frühe genug ann ber menfchliche Geiſt für diefes Buch⸗ 
ſtabenweſen dreſſitt oder, mie Goͤthe ſagt, im fpanifce 
Stiefel eingefchnürt, nicht frühe genug der frifchen Weide 
ber Natur entzogen und biefer gelehrten. Stalffütterung 
überwiefen, nicht fpät genug daraus entlaffen merben. 
Wir find weit entfernt, ber claſſiſchen Bildung ihre 
Verdienſte abzuftreiten, nur Das glauben wir, daß fie ſich 
in der Erziehung ben. Jugend eine Ushermacht angemaßt 
bat, bie ihre nimmer zukonmen kann, unb daß fie. insbe 
fondere das kindliche Leben auf eine Weiſe in Beſchlag 
nimmt und verfümmert, die auf das gange Übrige Leben 
die nachtheiligfien Kolgen äußert. Man betrachte nur das 
Leben eines muntern, geiſtreichen Knahen, wie es fi 
ſteaͤubt gegen Diefes. todte Buchſtabenweſen, und melde 
Mühe es koſtet, allmaͤlig in ihm ben frei Sinn und 
bie Luft an ber lebendigen Naturſprache zu ertoͤdten! 
Denn um ben Anfoderumgen, zu entſprechen, bie ‚heutigen 
Tages an einen Menſchen von gelehrter Bil gemacht 
werden, thus es Noth, daß die. Kinder jaſt die Schulſtube 
nicht mehr. verlaſſen, und außer einem flüchtigen Spazier⸗ 
gang in den Pausgarten ober um bie Stadtmauer iſt an 
ainem weitern Verkehr mit ber Natur wicht mehr zu den⸗ 
ten. So waͤchſt denn des: Menſch heran, vollgepfrapft 
von einar Menge Dinge, die Schrift und Rebe in ihe 
bimingetsieben- haben, aber Teer an aller Kenntniß der 


647 


Natur, und wenn. es hochkommt, fo bat er Born und 
Weizen, die er täglich genießt, aus dem Bertuch [hen 


Bilderbuche ober aus einem andern naturhiſtoriſchen Werke i 
kennen lernen, aber nie in der Natur ſelbſt geſehen Den ! 


die gelehrte Weisheit, die Alles weis, hat auch die Na⸗ 
tur ſchwatz auf weiß in einen Band zuſammengelegt und 
bedarf der Außen zum Unterrichte nicht mehr. Go kann 
98 berm nicht Tedlen, daß in ber Eindlihen Seele mit der 
Luft an der Natur auch alle. Fähigkeit und auch Geſchick 


Fe zu: beohachten, erliſcht. Mic: fall, ober. biafe Faͤhigkeit 
petern Jahren windererweckt werden, uenn.fie in den 


Am; fi 
Hahren dor Kindheit, wo bie Stane noch am thättgften, 


Einbildungẽkraft und Gebaͤchtniß noch am regſten fnb, : 


nicht genaͤhrt und gepflegt wird? Wie fol das Auge, 
das vom Sehen ber Vocabeln und Zahlen. blöde, das 
Ohr, das vom Anhoͤren ber Hexameter und Pentameter 
müde geroorden, ſich wieder an die erhabenen Schriftzäge 
und an bie geheimen Laute ber Natur gemähnen? 
wird eine Zeit. kommen, mo man es unbegreiflich finden 
Did, wie men Jahrhunderte hindurch das Stubium der 
alten Sprachen uub ber Buͤchergelehrſamkeit faſt zum 
alleinigen Gegenſtand des Jugendunterrichte bat machen 
und dagegen bie ergiebige Quelle der Erkenntniß, wie fie 
uns in ber Anſchauung ber ganzen Natur fließt, faſt 
ganz hat überfehen können. Nicht allein daß umfere nie 
dern Schulen von biefem naturmifienfchaftlichen Unterricht 
in der Regel gar keine Notiz nehmen, fo iſt er auch in 
den eigentlich gelehrten Bildungsauflalten fo dürftig, fo 
wenig anfhaufih und aus ber Natur felbft gafchöpft, 
daß er gegen Das, mas bier geleiſtet werden koͤnnte und 
follte, und gegen das Webergewicht, was andern Lehrge⸗ 
genfländen eingeräumt wird, gar nicht in Betracht kommt. 
Das Borustheil, daß das Studium der alten Sprachen, 
ber Mathematik u. f. u die Baſis aller Gelehrſamkeit 
fei, ift fo allgemein verbreitet und hat die Stimmen fo 
vieler gelehrten Männer für fi, daß es faſt Vermeſſen⸗ 
beit tft, gegen fie die Würde der Naturwiſſenſchaften als 
eines allgemeinen Bildungsmitteld in Schug zu nehmen, 
uud wenn einige würbige Paͤdagogen, ale Salzmann, 
Froͤbel u. f. w., in ihren verhättnißmäßig Heinen Bil⸗ 
dungsanftalten jene Wiſſenſchaften mit in den Kreis ber 
Unterrichtögegenflände aufnahmen und ihre Zöglinge in 
der Ratur ſelbſt praktiſch unterwieſan und ben Mugen bes 
nähern Umganges mit ihr uͤberhaupt nachzuweiſen ſuch⸗ 
ten, fo ſtehen fie nur als einzelne Ausnahmen von ber 
Pegel da und muͤſſen fih wol gar gefallen laſſen, daß 
die Herren der gelehrten Republik über fie mitleidig bie 
Achſeln zucken und bedauern, daß fie bie Euflbare Zeit 
mit Poſſen verſchwenden, anſtatt fie auf etwas Befferes 
- gu verwenden. 
Es gehört nicht zu unferm Zweck, bier ben nachtchei 
ligen Einfluß weiter nachzuweiſen, ben biefe Vernachlaͤſſi⸗ 
: gung bes natuchiflorifchen Studiums auf bie Bildung 
des Menſchen im Aiigemelnen: hat; aber das glauben 
wir aus voller. Webergeugung behaupten zu Finnen, daß 
bee Nachtheil, der daraus für den kuͤnftigen Nasıırfor 
der und Arzt erwaͤchſt, duch alles Buͤcherſtudium nicht 


aufgeroogen werben koͤnne. Der Sinn für Natumanſchummg 
till von. Jugend ‚aufıgepflege fein wie. jede anbere Faͤhig⸗ 


telt, und Derjenige,‘ zu deſſen eigentlichſtem Beruf es ges 


hört, den Erſcheinungen ber Natur auf allen Wegen nach⸗ 
zufpüren, zu deflen vollkommener Ausbildung fich alle ver: 
fhiedenen Branchen der Naturaiffenfchaften die 
reihen muͤfſen, kann jenen Sinn nicht ben ſch 
Theil feines Lebens brach liegen und verkiinnmern laſſen. 
Gluͤcklih müffen wir Denjenigen noch preifen, ber bie 
erſten Jahre feiner Kindheit. auf dem Lande verliebt un) 
fih. da wenigſtens bie Liebe zur Natur bewahrt hat, zu 
der- das Kind in den Städten, das außer Däufen, Din: 
[hen und Buchſtaben nichts Anderes fieht und hört und 
nur bie gefelligen Freuden, nicht aber bie oft noch eblern 
ber Natur kennt, gas nicht gelangt. Gewiß würde mans 
der große Naturferſcher und Arzt, wie 3. U. Linne, 
Heim u. A., nicht ein fo guter Beobachter geworden fein, 
wenn er nicht auf dem Lande erzogen worden waͤre. 

Seinem eigentlihen Elemente gaͤnzlich entfremdet, bes 
tritt der junge Arzt erft die naturwiſſenſchaftliche Laufı 
bahn, wenn er die Akademie beſucht. Hier wird ihm erft 
die Binde von den Augen genommen, und er fteht nım 
vor ber heiligen Iſis, nicht wifend, wie er feinen Durſt 
nah Wiſſen aus den vielen Brüften allen ſtillen fol. 
Phyſek, Chemie, Botanik, Mineralogie, Zoologie u. f. w., 
allen fol er fein Ohr öffnen, ja, er ſoll fie fich fo zu 
eigen machen, daB er einft in allen biefen verfchiebenen 
Büchern ber Naturwiſſenſchaft eine Prüfung würdig zu 
beftehen vegmag. FZürwahr eine herculifche Aufgabe, deren 
Gewicht noch bedentender wird, wenn man bedenkt, daß 
fie im Berlaufe weniger Semeſter abgethan werden muß, 
da das eigentliche Brotſtudium darüber nicht vernadhläf: 
ſigt werben darf und moͤglichſte Eile gebietet 

(Die Bortfegung folgt.) 





Die Gefege der Angelfahfen. In ber Urſprache mit Les 
berfegung und Erlaͤuterungen herausgegeben von Mein 
hold Schmid. Erſter heil, den Text nebſt Ueber⸗ 
fegung enthaltend. Leipzig, Brockhaus. 1832. Gr, 8, 
2 The. 6 Sr. 


Gine unenblidg mähfame Arbeit, die große und umfaffenbe 


. Borftubien nöthig machte, legt hier ber Verf. dem geiehrten Yes 


blicum vor. Die großen Schwierigkeiten, mit denen er zu Lim: 
pfen hatte, ſtellten fich ihm erſt während der begonnenen Bears 
beitung ſelbſt dar, und ein gründliches Eindringen und Exforfchen 
ber alten Sprache wie bed ganzen Altern Staats: und Rechts⸗ 
zuſtandes in England erfodert, befonders dann, wenn ungünftige 
Berhältsiffe die Nachforſchung au Ort und Steile uamögiih 
machen, wie dies bei dem Hrn. Werf. der Fall war, eine eifume 
Baharrlichdeit und emfigen Fleiß, welche hier um fo mehr: Anerken: 
nung verbienen, al6 bee Haupttheil des Werkes, die angelfächfifchen 
Befepe felbft, für baffelbe nur eim kleines Yublicum unter den 
beuticyen Gelchuten erwarten läßt. Aber Das, was ber Hr. Verf. 
außer dieſem Haupttheile, theils Hier in bes Einleitung meittheits; 
tgeils im zweiten Schelle nachguliefeen verfpricht, Tönnte ihm 
allerdings ein größeres Publicum verfägaffen, daher wir auch hier⸗ 
uͤber einige Worte und erlauben, 

Die Vorftubien des Verf. mußten, um Gruͤndliches, wie von 
ihm gefchehen, zu beiſten,! dinc dreifache Wichkany: nehmen, indem 
das Votketeden der wen Orten, wie ver Sachſen dor ſhret 


648 


in Britannien, und bann das ber Angelfachfen ie 


Einwanberung 

England .feibft hauptſaͤchlicher Gegenſtand ber . ung wer 
mußte. Diefe Vorſtudien veraniaßten ben Verf. zu mehren Ab 
bandlungen in bem leider eingegangenen „„Dermes’ "), benen 
auch die umfaſſende und intereffante Ginleitung zu dieſem 
erfien Bande entnommen if. In dieſer wird zuerfi von ben 
Berhältniffen der Bewohner bes alten Britanniens, von der Er: 
sberung der Römer und dem Ginfluß berfelben auf das Wolle: 
leben und fobann von deſſen Geßaltung bis zu der Groberung 
der Sachſen gehandelt. Die älteften Sprachverhaltniſſe der eins 
zelnen Vorkeftämme, die Schilderung ber Sagen und Gefänge 
der frübeften Zeiten und befonders des Bardenthums — was, ur: 
Ppruͤnglich ein Priefterorden, bie Belehrung bes Bolkes überhaupt 
mb fodann andy die Grhaltung und Uebertieferung ber Sagen 
der Vorzeit zum Zwede hatte, fowie bie Barden auch als 
Rechtskundige ſich darftellen — gehören zu ben intereffanteflen Se: 
genftänden diefer Darftellung. Der Verf. wendet ſich hierauf zu 
den Angelfachfen. Bier finden wir fchom ein ganz anberes, von 
dem britifchen verfchiebenes, weit profaifcheres Bolksieben, deffen 
ältere heidniſche Volkslieder von den chriftlichen Geiſtlichen bald 
verdrängt wurden. Bon großer Wichtigkeit find bie kritiſchen 
Unterfuchungen über die Geſchichtewerke dieſes Volkes. Beda's 
Werke und beſonders ſeine Hauptſchrift, die engliſche Kirchenge⸗ 
ſchichte, find naͤchſt der ſogenannten Sachſenchronik die wichtige 
ſten, die auch hier beſonders beruͤckſichtigt wurden. Der Rach⸗ 
weis der Quellen dieſer Werke iſt ein Hauptpunkt der kritiſchen 
unterſuchung, und daß ein Haupttheil dieſer Quellen in alten Vers 
zeichniffen ber Könige und Geiftlichen und inden Anniverfarien, wel: 
che zum Behuf der Seelenmeſſen die TZodestage ber Kirchenwohlthaͤ⸗ 
ter enthielten, beftanden, und wol ſchon die heidnifchen Prieſter 
der Sachſen Regententafeln führten, da audy hier die Religion 
mit der Abftammung ber Fürften in Verbindung fand, muß 
man bem Verf. gewiß ebenfo gut zugeben als bie gegen Pertz 
gerichtete Bemerkung, daß zwar in Deutfchlahd bie Chtoniken 
aus Zufägen und Notizen zu den Dionpfius’fchen und Beda'ſchen 
Beittafeln entftanben fein Eönnen, in England aber dieſelben aus 
jenen Regententafeln ſich herfchreiben, fowie es denn überhaupt fehr 
wahrfcheinfich gemacht wird, daß die ganze beutfhe Annaliftif 
aus England ftamme. 

Wenn bei ber Betrachtung der Sachſen vor ihrer Einwan« 
berung ber Verf. fich nicht abgeneigt erklärt, einen Vergleich und 
Analogien ber Berfaffung biefes Volkes und ihrer Rechtsgebtaͤuche, 
- wie fie buch die gefhichtlichen Nachrichten aus der Zeit bes 
Kriegs mit den Kranken und durch die Beſtimmungen der Lex 
Saxonum und der Gapitularien Karl’s bes Großen auf uns ge: 
kommen find, mit ber Berfoflung und ben Gebräuchen var ihrer 
GSinwanderung nad Britannien anzunehmen, fo ift diefes gewiß 
nicht fo gewagt, wie es bei der erflen Betrachtung ber dazwi⸗ 
fihenliegenden Jahrhunderte erfcheint, indem in’ biefer ganzen 
Beit fein fo wichtiges Ereigniß liegt, was eine bedeutende Ver: 
änderung hierbei hätte bewirken koͤnnen. Somit ift aber die Wich⸗ 
tigleit der Schilderung des älteften gefellfchaftlichen Verhaͤltniſ⸗ 
fed der Sachſen -in England zur Aufklärung ber Altern beuts 
fen Verbältniffe, worauf ſchon Phillips mehrfach aufmerkſam 
gemacht hat, auch ohne Zweifel, und der Unterſchied, den hierbei 
das Entſtehen der Könige und ihrer Gewalt aus dem @eleite 
( Gefolgſchaften), durch welche bie Eroberung flattfand, bewirkte — 
was auf gleiche Art bei allen beutfchen Völkern, die auf erober: 
tem Grund und Boben fich nieberließen, ſich entwidielte — iſt keis 
neöwege für bie erfien Zeiten fo burchgreifend, als man anzu 
nehmen gemeint fein Eönnte, da bie Könige durch bie Rationals 
verſammiungen beſchraͤnkt wurben und das demokratiſche les 
ment in ben @emeinder, Marks und Gauverbindungen vors 
herrſchend blieb. Analog mit den Winifterialen und Vaſſen im 
alten Frankenreiche ift die Thanenſchaft (&. 73) in Eng 
land, ein erft fpäter erblidh gewordener Amts: und Diftricte- 


=) 0.28, 9.25 Bd. 80, 6. 25 Mb. 81, D.95 Bi. 8, 4. 2 


den kriegeriſcher Charakter nothwendige Folge der ewigen 
Wenden wir und nun mit einigen Worten nod zu ben Ve⸗ 
fenen ſelbſt. Sie enthalten faſt dDuschgehenbs ‚nur Berorbnungen 
zur Aufrechterhaltung des Friedens, und was mit biefem nähe 
ober entfernter in Verbindung ſtand, indem ja nach der KH. 
tern WBerfaffung auch Alles, was auf dem Frieden beruhte, noth⸗ 
wendig vom König audging. Die Urfachen ihrer Aufzeichnung 
find dieſelben wie bei andern beutfhen Völkern, und ihre große 
Wichtigkeit für das beutfche Necht ergibt ſich befonbers daraus, 
daß der große Reichthum an Quellen eine genaue Kenntnig dab 
ganzen Rechtsgebiets geftattet, hier das einheimifche Hecht in einer 
Seit von vier Jahrhunderten volltänbiger und entfemter von 
fremden Glementen als in Deutſchland ſich entwickeln Eonnte, 
und jene Lüce, bie hier zwifchen ben Gapitälarien und ben Kechts 
büchern des Mittelalters fi findet, nicht anzutreffen ift. 
Am Ende ber Einleitung gibt ber Bet eine Kritik ber 
fruͤhern Ausgaben, bie oft fehr unkritiſch find; ein Vorwurf, dem 
ſelbſt Wilkins nicht entgeht; die vorhandenen Hülfsmittel find 
noch nicht hinlaͤnglich benuzt. Den Zert felbfk ber 
Berf. unter Benugung aller ihm zu Gebote ſtehenden Hülfs 
mittel möglihft rein zu geben geftrebt; ein Abdrud de 
älteften Codex feibft mußte bei feiner: Verhinderung , bie Unter 
hen an Ost und Stelle zu führen, unterbleiben. Dim angel 
aͤchſiſchen Texte ift eine beutfche Ueberfegung beigegeven. Gine 
Kritik der einzelnen angelfächfiichen Rechtsdenkmaler ſelbſt fs 
wie den Abdruck ihrer Ältern Iateinifchen Ueberfegungen und di 
Erläuterung biefer ganzen Quellen verfpricht der Verf. im zw 
ten Theile zu liefern, deſſen Exfcheinen wir mit gefpannter Auf: 
merkſamkeit entgegenfehen. 60. 





Literarifhe Notizen. | 
Der erfte Band der „Correspondawce d’Orient, 180 — 


81’, von Michand und Poujoulat, iſt erfhienen. Das Werl 
wird aus ſechs Bänden befichen. 


Die Sociste des droits de Phomme hat durch ben 
Bürger Laponnerape einen Gommentar der „Declaration 'des 
droits de l’homme’ herausgeben laſſen. “ 


"Aus der Handfehrift des Spanierk Alpors Florc Ckreh 
us der Handſchrift bed Spanier Alparo Florez Eſtrade 
bat Galibert einen „Cours Eclectique —S politique‘ 
in drei Bänden zu Paris herausgegeben. 


Die zweite Abtheilung des vierten‘ Bandes von „Voyage 
de decouvertes autour du monde A; la recherche de La 
rouse’, vom Gapitain &. Dumong Balkvile, iſt erfchienen. 
Das Ganze wird mit dem fünften Batibe vollendet werden. 
Zr Ton 


Angelünbigt if: „Revue algerienne; ou ke r&rdlateur 
africain”’, von einer Gefellfhaft von Gelehrten. Kauf: und 
Gewerbleuten in Algier berausgegeben.. Vom 13. April an er 
[deinen monatlid zwei Lieferungen, jede von drei Bogen... Die 
Berlagshandlung in Algier Heißt Parcellier ımb Compagnie. 


Graf Horace be Biel: Gaftel hat bie 52. Lieferung ber 
„Collections de costumes, armes et meubles, pour servir & 
Phistoire de France, depuis le commencement de la monar- 
chie jusqu’& nos jours‘‘ herausgegeben. Das Wert wird auf 
60 Lieferungen beftehen, die drei Bände in 4. bilden. 


Albert Montdmont gibt vom erften April 1888 eine „Biblio- 
thöque universelle des voyages eflectuds par mer ou par 
terre dans les diverses parties du monde, depuis les premid- 
res de6couvertes jusqu’a nos jours” Heraus. Dieſes Werk 
wird aus 85 Bänden beftchen. . :9, 


tr 








Redigtet unter Berantwortlicteit der Verlagshandlung: F. U. Broddaus in Leipzig. 


Blätter 
für 


literarifſche Unterhaltung. 





Freitag, 





Die Medicin des 19. Jahrhunderts wie fie iſt und 
fein follte, von 3. Braun. 
(Kortlegung aus Nr. 187.) 

Wäre das Studium dieſer Wiflenfchaften fchon durch 
ben Unterricht auf Schulen und Gymnaſien hinreichend 
vorbereitet und insbefondere die Grumdlage zur Kenntniß 
der verfciedenen Formen und Erfcheinungen ber Natur 
gegeben, fo wärbe dadurch nicht allein das Verſtaͤndniß 
der aladbemifchen Vorträge fehr erleichtert werben, fondern 
aud) bie darauf zu verwendende Zeit eher zureichen. Wer 
den Umfang dieſer Doctrinen kennt und weiß, wie viel 
Zeit und Fleiß dazu gehört, es nur in einer derfelben 
zu einem gewifien Grab von Perfectibilitäte zu bringen, 
dem wirb es nicht Wunder nehmen, wenn nicht wenige 
unferer jungen Aerzte darin am Schluß ihrer akademi⸗ 
ſchen Laufbahn zurücgeblieben find und ihre Zeit mehr 
auf ihr eigentliches Brotſtudium verwendet haben. Eben 
darin aber ſcheint uns ein großer Fehler in der Bildung 
unferer heutigen Aerzte zu liegen, unb wir halten das 
Studium der gefammten Natur für die Arzneiwifienfchaft 
für fo wichtig und unerlaͤßlich, daß wir kaum begreifen 
Einen, wie man ohne daflelbe in der Folge auskommen 
Tonne. 
Was nun aber das Studium der Mebicin felbft be: 
trifft, fo flößt ber junge Arzt auch bier auf neue Ver: 
legenheiten. Wohl weiß er, wenn er die Akademie be: 
zieht, was er Alles hören muß, um bereinft den Fode⸗ 
rungen feinee Eraminatoren im Staatseramen zu genüs 





gen. Er hat fi) entweder einen Studienplan von irgend 


einem ditern Arzt machen laſſen ober eine beliebige ſchrift⸗ 
Hche Anleitung zum Studium der Medicin zu Rathe ge 
zogen, worin er bie zu hörenden Vorleſungen von einem 
halben Jahre zum andern verzeichnet findet. Aber wie 
ganz anders findet er es in der Wirklichkeit? Entweder 
einige der ihm grade nöthigen Doctrinen werden gar nicht, 
oder fie werden nur theilweife vorgetragen, und er mag 
zufehen, vole er in der Folge die fehlenden Theile nach: 
boten Tann. So werden, auf mandyen Univerfitäten nur 
einzelne Theile der Anatomie, der Pathologie, Therapie 
m. f. w. gelefen. Wir geben gern zu, daß der große 
Umfang einer jeden dieſer verfchiedenen Docteinen eine 
ſolche Theilung fehe wuͤnſchenswerth macht; daß die Vor: 


träge darüber reicher, faßlicher gemacht werden koͤnnen; Sanze muß die Kräfte des Schülers nicht überfleigen, 





daß es feine großen Schwierigkeiten bat, die Vortraͤge 
über einzelne berfelben ohne Trennung in dnem halben 


I Jahre zu vollenden; allein mögen unſere guten Lehrer 


nur Dabei bedenken, wie kurz die Zeit des alabemifchen 
Studiums den Meiften zugemefjen tft, wie viel in diefer 
furzen Zeit gehört und gelernt werden, wie bet Schüler 
manche Doctrinen, 3. B. die Anatomie, mehr 'ald Eins 
mal hören muß, um feft darin zu werden; mögen fie 
bedenken, daß nicht Alles von der Lehrkanzel gelehrt wer⸗ 
den kann und muß, und daß es auf alle Bälle vorzuzies 
ben iſt, wenn dem Schüler jebe Doctrin lieber vollftän: 
dig, wenn audy weniger ausführlich; als nur, fragmenta> 
riſch mitgetheilt wird. 

Ueberhaupt ſcheint man in der neuern Zelt barin 
etwas zu fuchen, die Lehrgegenftände mehr zu vervielfäl 
tigen. Da finden wir in ben Lectionsverzeichniffen Vor⸗ 
lefungen über vergleichende Anatomie, Diagnoftit, Wels 
ber= und Kinderkrankheiten, Seelenheiltunde, Ophthalmo⸗ 
logie, Vergiftungen u. dgl. m. angekündigt, ja ber Verf. 
der oben genannten Schrift verlangt, daß auch noch folche 
über das Studium ber claffifchen Aerzte des Alterthums, 
Diaͤtetik, Atmofphärologie, Thierheilkunde, Staatsarznei⸗ 
kunde, Euthanaſie, Homoͤopathie und uͤber das Verhalten 
und die Pflichten des Arztes uͤberhaupt und insbeſondere 
am Krankenbette gehalten werden ſollen. Gern geben wir 
zu, daß dergleichen Vortraͤge uͤber beſondere Zweige ein⸗ 
zelner Doctrinen für bie Zuhoͤrer ſehr nuͤtlich gemacht 
werden koͤnnen, denn in je kleinere Segmente man den 
großen Kreis alles Wiſſenswerthen zerſchneidet, deſto an⸗ 
ſchaulicher, ausfuͤhrlicher laͤßt ſich dieſes Einzelne darſtel⸗ 
len; allein wo ſoll zu dem Allen die Zeit herkommen? 
und wohin ſoll dies fuͤhren, wenn, wie nicht anders zu 
erwarten ſteht, mit der Erweiterung der Wiſſenſchaft 
uͤberhaupt ſich allmaͤlig ihre einzelnen Zweige immer mehr 
ausbreiten? Das Wiſſen uͤberhaupt hat keine Grenzen, 
und nuͤtzlich iſt Alles, was nur irgend in den Kreis der 
Wiſſenſchaft gehoͤrt; aber um Das, was der angehende 
Arzt als Fundament und als Mitgabe fuͤr das praktiſche 
Leben ſich zu eigen machen ſoll, muß eine gewiſſe Grenze 
gezogen werben, wenn fich fein Stublum nicht ins Weite 
verlieren fol. Die einzelnen Vorträge ‚müflen ſich gegen: 
feitig ergänzen und ein gefchlofienes Ganze bilden; diefes 


650 


e6 muß genügen, um damit auf eigne Dand im Leben 
weiter fortzutommen, und es muß ihm nicht überlaffen 
bleiben, ſich unter den vielen Gerichten, wie fie ihm jegt 
an ber reichbefegten Tafel unferer Univerfitäten bargebo: 
ten werben, biejenigen auszufuchen, bie feinem Gaumen 
befonders zufagen. Dies führt zur Einſeitigkeit, und ef. 
bat mehre junge Aerzte getroffen, bie fich mit befonderer 
Vorliebe folchen einzelnen Zweigen ber Wiflenfchaft mid: 
meten, während fie darüber die Hauptſache vernachläffig: 
ten, und bie bann doch aus Mangel an fchidlicdher Gele⸗ 
genheit im: praktiſchen Leben von jenen Lieblingſtudien 
feine oder doch nur eine fehr befchräntte Anwendung ma⸗ 
chen konnten. . 

Gewiß haben den verdienftuollen Clarus ähnliche Ideen 
geleitet, al& er auf der Akademie zu Leipzig einen Verein 
zur MWersofonmmaung bed medichnifchen Studiums ine 
Lehm rief. Wir haben von. dieſem Verein zuerſt durch 


‚Heren Braun’s Schrift Notiz befommen und uns ebenfo 


ſeht über den Gedanken als über bie Ausführung gefreut. 


„Herr Hofrath Glarus hat nämlich Tchon im Jahre 1828 


Die Profefforen und Privatbocenten der Teipziger Hoch⸗ 
ſchule veranlaßt, zu erwägen, ob und wie fern wol bei 
den großen Fortfähritten und Erweiterungen ber Arzneis 
wiſſenſchaft in ihren Haupt: und Mebenzweigen auch ein 
Kerefchreiten des akademiſchen Unterrichts ſowol in Abficht 
auf feinen Umfang als auch auf feine Form und Me: 
thode wünfchenswerth und möglich) fet. Gegenfeitlge muͤnd⸗ 
liche Mittheilungen und ein Austaufh von Ideen über 
den Umfang der zur wiſſenſchaftiichen Ausbildung ange: 
hender Aerzte nötbigen Kenntniffe, über bie zweckmaͤßigſte 
Art und Leitung des Unterrichts und ben dabei zu befol- 
genden Plan, über das nöthige Ineinandergreifen ber em: 
jenen Zweige deſſelben und das Eräftige Zuſammenwirken 
der Lehrer, uͤber die Ruͤckſichten, welche die von Zeit zu 
Zeit bemerkbar werdenden Fortſchritte und Abwege der 
Wiſſenſchaften beim akademiſchen Unterrichte erfodern, über 
die · Benutzung ber oͤffentlichen Anſtalten und Sammlun⸗ 
gen und uͤber die Mittel zur Belebung eines echt oiffen: 
ſchaſtlichen Geiſtes unter ben Studirenden follen die Auf: 
gaben diefe6 Bereines fein. Micht Bereicherung ber if: 
ſenſchaft ducch neue Entdeckungen, fondern nur gegenfet: 
tige Berathung Über bie zweckmaͤßigſte Urt und Weife, 
dem Anfänger im Studium der Deittunde das ihm Nö: 
thige zu lehren, iſt Zweck und Abficht jenes Zuſammen⸗ 
trites wehrcdigee und geachteteer Männer. Da aber bie 
Medkin in ihren Haupt: und Nebenzweigen nur durch 
pꝓlanmaͤßige Vorträge vollkommen gelehrt werden kann, fo 
hat jener Verein, wie billig, ſein erſtes Augenmerk auf 
den Entwurf eines Studienplans gerichtet, und es hat, 
da ber- Viren fuͤr die einzelnen Zweige. der Heilkunde In 


verſchlebene Seetionen ſich gefpälten, jede derſelben einm 


folchen Plan entworfen und aus deren Bereinigung ein 
allgemeiner Studienplan ſich gebildet.“ Es iſt ſehr zu 
wimnfchen, daß ſich aͤhnliche Vereine auch auf andern Unl⸗ 
verfisäten bilden und man es dann aber nicht allein bei 
bloßen Beſprechungen uud Berathungen ber Lehrer bes 
werden laſſen, fondern auch zu Zeiten dm Schhiern den 


Zutritt zu bergleihen Verſammlungen geflatten und ſich 
um ihr wiſſenſchaftliches Thun und Treiben näher be 


kümmern möge. Ein Jeder, der einmal die Univerfität 


defucht bat, wird ſich gewiß noch dankbar des Einflufjes 


erinnern, ben dergleichen perſoͤnliche Beruͤhrungen mit eins 


zelnen verdienten unb humanen Lehrern auf fein Lebir 
und auf fein Studium gehabt haben, und er wird mit 
uns wünfchen, daß bie hier und ba noch beftehende Kluft 
zwifchen Lehrer und Schüler Ammer mehr verfchwins 
den möge. — 

In Hinſicht einer ſolchen engen Beruͤhung zwiſchen 
Lehrer und Schuͤler koͤnnen wir nun auch den ſogenann⸗ 
ten medieiniſch⸗chirurgiſchen Akademien oder Schulen, wie 
fie gegenwärtig in Sachſen und Baiern beflehen, unfen 
Beifall nicht ganz verfagen, obwol wir ihnen in anderer 
Hinfiht, nämlid als Bildungsſchulen flr Dalbärzte und 
Chirurgen ohne weitere wiſſenſchaftliche Bildung, die Zweck⸗ 
maͤßigkeit ganz abftreiten muͤſſen. Wir begreifen es naͤm⸗ 
lich nicht, wozu es bei der allenthalben anwachlenden Zahl 
von wirklichen Aerzten noch Noth thut, ungebildete Chi- 
turgen für das Land zu quasi Aerzten zu bilden und für 
fie eigne Lehranſtalten zu errichten, und find mit unferm 
Verf. vollkommen darin einverftanden, daß dergleichen In⸗ 
diniduen nie zu Aerzten in vollem Sinne des Wortes 
erzogen werben können, während doch Solbaren und Rande 
bewohner, für die fie zunaͤchſt beftimmit fein follen, ein 
geringeres Recht auf Ärztliche Hülfe haben als der vor 
nehmere Bürger und der Bewohner größerer Städte. Es 
gibt nur eine Xrzneiwiffenfchaft, und wer fie ausüben 
will, muß fie ganz erfaßt haben, wozu denn auch hinrei⸗ 
chende Vorbildung auf Schulen, obmwol, wie wir fchon: 
oben bemerkt haben, nicht in folcher Ausdehnung und mit 
ſolchem Uebergewicht des Stubiums des aͤltern Sprachen 
gehört, wie fie heutiges Tages gefodert wich. Wo dem⸗ 
nach auch Aerzte gebildet werden follen, es fei auf Unis 
verfitäten oder auf mediciniſch⸗chirurgifchen Schulen, fo 
gefchehe es tüchtig, und es werben ſich dazu gewiß Sub⸗ 
jecte in binreichender Zahl finden, wenn men ihnen nur 
fonft das Studium ihrer Miffenfchaft erleichtert, ihnen 
gleiche Rechte einrdumt und fie fo befoldet, daß fie nice 
mit Nahrungsforgen zu fämpfen haben. 

Aber die medicknifch= hirurgifchen Schulen haben auch 
fhre fehr gute Seite. Gewiß hat der gelehrte Choulant 
nicht ganz Unrecht, wenn er zu ihrer Rechtfertigung am 
führt, daß eine Unterrichtsmethode, bei welcher es dem 
Schuͤler gänztich Überlaffen bleibe, wen, was und in meh 
cher Ordnung er hören wolle, und wobei am Ende Alles 
auf eine ober zwei Prüfungen von bekannten Lehrern 
dinaustaufe, wenig geeignet fei, dem Staate brauchbare 
und zuverläffige: Mebicinolperfonen zuzuführeng daß ferner 
ſchmerzliche Erfahrungen den Stägtsbehörben uͤher ein: eis 
gentliches Abrichten Fünftiger Aerzte die Augen geoͤffnet 
und fie zu der Einficht gebracht baten, daß ein geonner 
ter, duch oft wiederholte Prüfungen fireng beohadıeter 
Unterricht nothwendig fei, bei welchem die Schüler ler⸗ 
nen was fle folfen, und nicht. blos mas fie wollen, und 
am bdeffen‘ Schluſſe nicht ein vierflündiges Eramen, fon 





651 


⸗ 


dern eine vierjaͤhrige ununterbrochene Prüfung und Beauf⸗ 
fihtigung über den Werth bes Abgehenden entſcheide u. |. w. 

Allerdings hat diefe Methode, dem Schüler ſtets Zu 
beauffichtigen und ihn dadurch zu nöthigen, Das wirklich 
zu lernen, was er lernen fol, ihre großen Vorzüge, und 
trägt ihre guten Früchte, wie wir uns aus eigner Erfah: 
rung überzeugt haben. Sie contraſtirt aber zu fehr mit der 
Yerlömmlidyen Art und Weiſt des Studirens auf Univer⸗ 
ſitaͤten, wobei es Jedem uͤberlaſſim bleibt, zu treiben, was 
unb wie viel er will, die Worleſungen zu befuchen ober 
nicht, waͤhrend derſelben zu hoͤren oder zu traͤumen, das 
Gehoͤrte zu repetiren oder nicht, die gediegenen Vortraͤge 
eines erfahrenen, weiſen Lehrers zu frequentiren, ober ben 
Dhantomen eines durch Neuheit und glänzenden Vortrag 
biendenben Privatbocenten nachzujagen u. f. w., um ihr 
nicht jene Vorzüge zuzugeſtehen. Aber wir fehen nicht 
ein, warum ſich nicht unfere mebiciniihen Facultaͤten auf 
NUniverfitäten auch diefe Vorzuͤge follten aneignen koͤnnen. 
"Der Schüler befucht bie Univerfität, um zu lemen; warum 
follte daher nicht auch hier diejenige Methode des Unter: 
richts bie befte fein, wobei er am meiften lernt? Schon 
von der Schule ber ift er gewohnt, fich binfichtlich feiner 
Thätigkeit und feines fittlihen Betragens beauffichtigen 
und verhören zu laſſen, noch am Ende feiner akademiſchen 
Laufbahn muß er ſich eine Prafung gefallen laffen; warum 
ſoll er nicht auch während feiner Studien beauffichtigt 
und über feine Kenntniſſe geprüft werden, wie dies auf 
jenen mebicinifch = hirurgifhen Schulen mit fo vielem Er: 
folg geſchieht? Die Eraminatorien, wie fie auf manchen 
‚Univerfitäten gehalten werden, erſetzen keineswegs derglei⸗ 
chen gefegliche Prüfungen, wie wir fie bier in Vorſchlag 
beingen, denn einestheils erſtrecken fie fich nicht Über alle 
Lehrgegenftände, anderntheils Tann ſich ihnen der Traͤge, 
Reichtfinnige entziehen, weil er bucch kein Geſetz angehal- 
ten wird, fie gu befuchen. Es Läßt ſich zwar nicht leug⸗ 
nen, daß bei vielen Stubirenden ſolche gefegliche Pruͤfun⸗ 
gen nicht eben‘ nothwendig find, weil fie auch ohne fie 
fernen, was fie lernen follen, und man bürfte fih, um 
ihre Entbehrlichkeit zu beweifen, nur auf die vielen treff: 
lichen Aerzte berufen, die unfere Univerfitäten bis daher 
- erzogen haben, ohne daß noch eine folche Einrichtung be: 
ſtand; allen e6 fragt fi, ob es bei den letztern nicht 
noch befler flehen, ob niet Manche, bie jegt die koſtbare 
Zeit bes afademifchen Studiums „müßig verträumen, ba: 
durch ſich und dem Staate gewonnen, Andere und Beſ⸗ 
fere, die ihr Wiſſen ſelbſtgefaͤlltg uͤberſchaͤzen, nicht zur 
Einſicht ihrer Mangelhaftigkeit gelangen würden. Ja, ſelbſt 
fuͤr den Lehrer muͤßte es erwuͤnſcht ſein, ſich durch der⸗ 
gleichen Pruͤfungen zu uͤberzeugen, wie man ſeine Vor⸗ 
traͤge aufgenommen bat, ob ſte der Faſſangokraft der Mehr⸗ 
zahl unter ſeinen Zuhoͤrern zuſagen, welche darunter ſie 
mit beſonderm Vortheil gehoͤrt haben u. ſ. w. Ref. kannte 
einen berühmten deutſchen akademiſchen Lehrer, der ſich in 
feinen Vortraͤgen inmmer ſehr unangenehm beruͤhrt fand 
durch Phyſiognomien unter feinen Zuhoͤrern, in denen ſich 
Traͤgheit, Mangel an Aufmerkſamkeit oder das Gefuͤhl 
bes vermelntlichen Veſſerwiſſens ausſprach und deshalb 


| 


nichts mehr wünfchte, als das Recht zu haben, Hier und 
dba einmal über das Vorgetragene Umfrage zu halten, 
Daß der Profeſſor bei ſolchen Prüfungen den förmlichen 
Schulmeiſter machen follte, wäre ein eitle® Verlangen; 
aber zwifchen der Lehrmethode auf Schulen und ber jegl: 
gen auf Univerfitäten bürfte wol eine richtige Mitte zu 
finden fein, bie allen billigen Foderungen entſpraͤche. In 
Zelten wie bie unferigen, wo fich bie Anfoberımgen, welche 
man an junge Studirende macht, wir möchten faft fagen 
mit jedem Jahre höher fleigern, möchte wenigftens eine 
zwedmäßige Veränderung des Unterrichts, weiche das aka⸗ 
bemifche Studium überhaupt beiebte und erleichterte, nicht 
zu ben unbilligen Wimfchen gehören. In Bezug auf das 
Stubium der Predichn würde aber eine ſolche Einrichtung, 
wie wir fie oben vorfchlugen, die Errichtung von mebdici- 
niſch⸗chirurgiſchen Akademien oder Schulen, bie mit dem 
Guten auch manche Mängel in fich vereinigen und, ges 
gen unfere Univerfitäten gehalten, immer nur ats halbe 


Stubienanftalten zu betrachten find, völlig entbehrlic, machen. 
(Der Beſchluß folgt.) j 





Romanenliteratur. 


1. Der Obotrit. Gin Hiftorifcher Roman von David Ruffa. 
Leipzig. Seo. 1833. 8. 1 Thlr. 

IR es dem Verf. mit feiner Beſcheidenheit, feiner Anfrage 
Ernſt, ob der Verſuch in ber Hifterifh:romantifchen Gattung 
Aufmunterung verdiene, fo ift ihm mit voller Uebergeugung eine 
bejagende Antwort zu geben, denn er bat viele Fehler junger 
Romanenfhriftfieller, übertadene Jarbung, Bombaſt in ber Diction, 
auch andere Uebertreibungen glücklich vermieden, G und Er⸗ 
ung gut verbunden, in bem alten Obotritenfürften eine würs 
dige Geſtaltung ans Licht treten laſſen und die Lefet nicht wir 
gelehrtem Krimskrame gebrangfalt, weder in Wort, noch Beſchrei⸗ 
bung mehr von dem Heidenthume der alten Wenden beigebracht, als 
eben noͤthig war. Nur mehr Wärme, hier und da auch Kraft, und 
wie hätten nicht allen ben greifen Krieger, auch die jüngern 
Helden fehr anziehend gefunden; Lauheit in ihrem Chriften: umb 
Heidenthum iſt ihnen zu vergeben, obgleich dies nicht ganz zeit⸗ 
gemäß, religidfer Famtismus tritt allzu fehr in den Hintergrund ges 
gen bie Staatsraifon. Der wahnfinnige Priefter konnte wegfal⸗ 
ten, bagegen bie rauen mehr hervortreten, benm nicht hrs 
Berf. Unfähigkeit zur Darftelung weiblichee Anmuth nöthigte 
ihn dazu; Amalberge, bie unerkannt bem Geliebten, der fie wie 
alle Uebrige für einen Knaben hält, Ins Feld folgt, ift, fo 
häufig wir auch diefer Figur begegneten, - eine Liebliche Erfcheb 
nung unb fogar eine beglaubigte. Kurz, bildet ber Verf. feine 
Tönen Anlagen weiter aus, behandelt ee mehr allgemein interefs 
fante als blos provingielle Stoffe, fo bürfen wir ihn in Zukunft 
unfern beffern hiſtoriſchen Romantikern an bie Seite fegen. 


2. Das Mädchen von Gleiwig. Erzählung aus ben Beiten bes 
breißigiährigen Kriege von Abolf Haͤniſch. Landsberg an 
ber Warte, Ende. 1882. 8. 18 Gr. 
Der Gigenfinn eines berrifchen, Abſtiſchen Vaters und Buͤr⸗ 
germeifters in Gleiwitz trennt zwei Liebente, treibt ben Juͤng⸗ 
ling unter des Manndfelders Kabnen, wohin ihm das Mäddyen 
folgt, wo beide ben Heldentod Flerben und bie Väter zu fpät ſich 
über ben Leiden ihrer Kinder verföhnen. . 


3. Die Rache. Denkwörbigleiten aus bem Leben bes Miniſters 


Battifla Solani. Novelle von Guſtav Werner. Meißen, 
Goedſche. 18852. 8. 1 Ahle. 

Der Minifter begeht aus Rache verichmähter Liebe einem 
Schurkenſtreich an feinem Freund, ber die Be bi 


rzweiflung von bies 
(mm, Glaserei bei den Markmuetten wub entlid den Eutſchluß, 


652 


öuder gu werben, herbeifuͤhrt. Er erfhöpft ſich nun feiner: 

ſeits in grhdheplänen gegen den ehemaligen, nun Rap vente 

Freund, aus welchen biutige Bihten, blutige Früchte, bie She 

feiner Zwillingskinder, die Solani unter andern Namen erziehen 

Up, hervorgeht, und zulegt Wahnſinn unb Tod ber Hauptſigu⸗ 

zen, ganz im neueften Geſchmock. . 

4. Seeanemonen. Novellen eines Undelannten. Berausgegeben 
vom Berf. des „Don Enrique“ u. f. w. Halle, Kümmel. 
1882. 8. 20 Gr. 

IR der Rovelliſt auch ein Unbelannter, bie Novellen find 





Literarifhe Notizen. 


„Musical memoirs by W. J. Parke'' (2 Bde., London 
1885) enthalten eine Uederſicht des Zuftandes der Muſik in 
England von 1784— 1880 und find mit zahlreichen darauf 
Bezug babenden Anekdoten ausgeſtattet. 


Der verunglädte, von der bekannten amerilanifchen Reis 
fenden Mrs. Trollope verfaßte Roman: „The refugee in Ame- 
rica” (8 Bde., Eondon 1832), ift auch bei uns fchon gewürbigt 
worden. Das „Quarterly review” geht fo weit, ihn eine wahr: 
baft Einbifche Production zu nennen und ber Verfafferin felbft 
bedeutende Sprachfehler zur Laft zu legen. Was es bei biefer 
Gelegenheit im Allgemeinen von dem literarifchen Unmwefen und 
ber fchreibfüchtigen Gitelkeit diefer Tage fagt, beweift uns, daß 
ed aud in England bamit tout comme chez nous zugeht: „Es 
ift der angenommene Glaube unferer Zeit, daß Jedermann, ber 


irgend etwas gefchrieben hat, auch eine Novelle fchreiben Kann. . 


If ein Heifender durch einige lebendige Skizzen aus einem fer» 
nen Lande zu einer gewifien Ark von Ruf gelangt, fo fängt er 
naͤchſter Tage zuverläffig eine Novelle zu fchreiben an. Dat 
irgend ein Scherz einige Menfchen zu lachen gemadıt, fo gibt 
der Urheber gewiß eine Novelle heraus. Der junge Gentleman, 
ber einmal fo glüdlich gewefen tft, in dem „Keepsake’' ober 
„Bijou’ eine Geite zu füßen, bie junge Lady, deren Liebhaber 
über eine pathetifche Ballade von ihrer Hand in dem „Court 
magazine” gefeufzet haben, traut ſich mit vollem Rechte eine 
breibändige Novelle zu vetarbeiten zu. Man ſcheint allgemein 
anzunehmen, daß dazu nichts weiter erfoberlich fei, als ein paar 
noch unerhörte heidniſche Taufnamen für die Helden und Hel⸗ 
binnen aufzutreiben, einen tieffinnigen Titel auszubrüten, ein 
wenig fentimentale Liebe aus fich berauszuprefien, ein oder 
zwei- hübfche Boͤſewichter aus dem Wuſte alter Lecture herauf: 
zubeſchworen, alsdann einen Kopf mit Loofen, genannt Mottos, 
anzufüllen, wie etwa: „Iſt es nicht beſſer als allein zu fein? 
Byron“; ober: „Zeichen der Liebe. Shakeſpear⸗“; oder: „Cie 


Nebigirt unter BVerantwortlichkeit der Werlagähenplung: 3. X. Brodbaus in Leipzig 


ttet all Liebhaber. J "und z 
I erh Shan .m8 mind 
ae a a 
afen un eiden rlichſten un 
——2 Erſindungen gluͤcklich zu machen.“ —* 





Lkiterariſche Anzeige. 

Bericht Über bie Verlagsunternehmungen für 1833 von 
5. A. Brockhaus in Leipzig. 
lab von den übrigen 1% bie Geikeimunn make 308 Sehest 
(Bertfegung aus Nr. 140.) 

”34. Ha gen (Auguft), Kuͤnſtlergeſchichten. Gnthaltend: Die 
Chronik feines Vaterſtadt vom Florentiner Lorenz Ghiberti, 
dem berühmteflen Bildgießer bes funfzehnten Zahrkundertd. 
Nach dem Italienifchen. Zwei Bändchen, 12. 271 Bogen 
auf feinem Drudpapier. Geh. 8 Thlr. 

*35. Handwörterbuch in drei Sprachen: Englisch - deutsch- 
französisch, Französisch - deutsch - englisch, Deutsch - frau- 
zösisch-englisch. (Mit Stereotypen gedruckt.) Auf fe- 
nem Velinpapier. Cart. 


Die drei Abtheilungen, aus benen biefed Bonbtodrterbug beRrht 

werben auch einzeln zu erhalten fel ie _Eettern finb aus Eng 

und von befonderer Schönheit, auf die Correctur wird bie allen 
ökte Sorgfalt geiwendet und ber Preis wird auf da8 Biligfe ge 


19 
lech | Re Hr (Karl Sriebrig Alexander), Reperte 


rium der Mineralogie und Geognofie, enthaltend eine voll 
fländige Zufammenftellung ber neuen Fortſchritte biefer Wifs 
fenfchaften. Als Supplemente zu feinem „Wörterbuch ber 
Mineralogie und Beognofle” und zu feiner deutſchen Bear 
beitung von Beudant's „Lehrbuch ber Mineralogie”, ſowie 
überhaupt zu allen neuern Lehr: und Handbuͤchern ber Wine 
ralogie und Geognofie. Mit lithographirten Tafeln. Cr. 8. 


Auf gutem Drudpapier kineral 6. 
eralogie un ognofle von 


5 „‚Dandwörterbu ber 
on * ie | Thlx. 8 Br.; das „Lehrbuch 


—————— (1836) 4 Ablr 

u . f) 

*»87. Hauch (3. ©), Die Belagerung Maſtrichts. Ein 
ZSrauerfpiel in fünf Aufzügen. 8. Auf feinem Drudye 
pier. Geh. 

+38. Hübner (Joh ann), Zweimal zweiundfunfzig auderle⸗ 
fene bibtifche Hiftorien aus bem Alten und Reuen Zeflamente, 
zum Beten der Jugend abgefaßt. Aufs Neue durchgeſehen 
und für unfere Zeit angemeflen verbeffert von David Jo⸗ 
natdan Lindner Die hundertunderſte ber alten, 
ober bie zweite der neuen vermehrten und ganz umgearbeis 
teten und verbefferten Auflage. 8. 25 Bogen. 8 Gr. 

89. Hüllmann (8. D.), Gtaatsverfoffung der Jeraeliten. 
Gr. 8. Auf gutem Drudpapier. ’ 
*40. Koenig (H.), Die hohe Braut. Gin Roman. Zwei 
Theile. 8. 49 Bogen auf feingm Drudpapier. 4 Thlr. 
+41, Matt hia (Auguft), Lehrbuch für den erften Unterridt 

in der Philofophie. Dritte, verbefferte Auflage. Br. 8. 
134 Bogen auf gutem Drudpapier. 20 &r. 
Mengottis (Francesco), Del commercio dei Re- 
mani ed il Colbertismo. Memorie due. Mit grammatikali- 
schen Erläuterungen und einem Wörterbuche zum Schul 
und Privatgebrauche herausgegeben von @. B. @kessi. 


12. 21 Bogen auf Druckpapier. Geh. 1 Thlr. 20 Gr. 
+48, Most (Georg Friedrich), Eocyklopädie der me- 


dicinisch-chirurgischen Praxis, mit Einschiuss der Ge- 
burtahülfe und der Augenheilkunde. Nach den besten Quel- 
len und nach eigner Erfahrung im Verein mit mehren prak- 
tischen Aerzten und Wundärzten bearbeitet und heras- 


ben. Erster Band. Gr. 8, Auf gutem Druckpapier. 
| g:g° r r gut 


wird naͤchſtens eine befondere Anzeige diefes Fr ande 
gegeben werden. 
(Der Beſchluß folgt.) 





‘+ 


"". “ . 
kn ı > {7 . .. ’ 


Blaq tter 


für 


Unterhaltung. 





Sonnabend, 





Die Meditin des 19. Jahrhunderts wie fie ik und 
fein foßte, von I. Braun. 
(Berl aus: Mr. 156.) 
Aber auch noch von manchen andern Seiten dürften 
unfere 'mebichnifchen Schramftalten der Verbeſſerung bebürf: 
tig fein. Bei aller Achtung vor ber Mehrzahl unferer 


deutſchen Poofeffoven, fcheint es uns doch, als wenn ſich 
Hier md da in den Kreis derſelben Subjecte einſchlichen, 
welche dieſen Ramen nicht verdienen, ober doch nur un⸗ 

tes diefem Namen In den Lretiondwerzeichnifien figuriren, 


ale die Sache weſentlich fördern zu helfen. Einige darun⸗ 
tee haben ſich zu dieſer Wuͤrde vhne alles Verdienſt und 
Wuͤrdigkeit emporgeſchwungen, vielleicht weil fie verdiente 
und berühmte Männer zu Vätern ober fonft Verbindun⸗ 
gem haben, die fie in die aBademifche Carriere winführten, 
oder ihnen das Fortkommen in derfelben erleichtesten; An: 


dere ſtrotzen von Gelehrſamkeit, haben aber ſelbſt nie prak⸗ 


tifch ‚gebt, was fie: lehren, oder wife: das Gelernte nicht 
anzuwenden ober nicht vorzutrageng‘ noch Andere gefallen 


fi in neuen Theorien und Syſtemen und vernachläfft: - 
geprüfte Alte; wieber Anz ! 
dere ergeben ſich beſoridern Liebiingfiabien, die niet zu ' 
‚ die fie eigentlich vortragen follen; ' 


ten daricher das Wahre Kind 


den Doeteinen ge 
woc Andere whplic, bleiben auf ‚dee einmal erreichten 
Stufe der Wildung ſtehen, ohne ſich um die weitern 
Sortſchritte der Wiſſenſchaft zu bekuͤrnnern u. ſ. Wir 
wiſſen wohl, daß ſich Hier Vieles leichter tadeln als beffer 


machen‘, und daß ſich alles Andere im der Wels leichter 
Ändern läßt ats die Menſchen. Allein Tben, da hier auf 


eng eluge Wahl fo unendlich viel ankommt und bie ver- 


edenen zu ‚einem tüchtigen Lehrer ber Meditin gehde : 


- enden Bigenfchaften, Gelehrſamkeit, praktiſches Talent, 


Kangenehrwer, Fußlicher, geordneter Vortrag u. f. w., fo ſel⸗ 
am in 'rinenms Menſchen vereint angetroffen werben, fo: 
Saite man bei der Wahl eines ſolchen Lehrers mit dope 
weiter Vorficht zu Werke gehn. Wenn wir wicht irren, 


fo :befiche auf ben meiſten Ünivesfitäten die Biete, daß 
dei varanden Leheſtellen / die Mitglieder der mebiciniſchen 
Fucultut den neu anzuftellenden Lehrer vorſchlagen. Dirfe 


Bitte Hat gewiß ihr Gutes, dan -Anmmerhin duͤrſte jenen 
Maͤnnern die Bekauutſchaft eines und des anders dazu 
canglichen Indiduums eher zuzutrauen Fein als ſeder an⸗ 


Bern Behoͤrde. Aber mule wiſſen auch, daß man in neuern 








8. Juni 1833. 


Zeiten hier mb da vielfaͤltig von dieſer guten Sitte abe 
gewichen iſt, und daß Subjecte auf mancherlei Wegen zu 
Lehrſtellen gelangt ſind, die dazu nichts weniger als geeignet 
waren, ja, bie man dazu me deswegen berief, weil man 
fie gen von einer andern Stelle entfernen, oder weil man 
Ihnen gern «in ſchickliches Unterkommen verfchaffen wollte. 
Und doch follten ſolche Misgriffe um fosweniger vorfal⸗ 
len, weil man ſich dadurch leicht eines Verfünbigung. an 
einer ganzen Generation junger Aerzte fchuldig macht. 
Über auch die Herren von ber Facultaͤt follten ba, wo 
ihnen die Wahl eines neuen Gollegen obliegt, mit mehr 
Strenge und Vorſicht zu Werke gehen. Mancher Lehrer 
dankt feine Anftelung bem Rufe feinee Gelehrſamkeit ober 
einem guten Buche, dad er gelariomy bie Univerfität, 
die ihn berief, wuͤnſcht fi) Gluͤck zu der guten Acquiſi⸗ 
tion und — kein Menſch mag ihn hören; ein Anderer 
dankt feinen Ruf lediglich feinen unmuͤndigen Zuhörern, 
die er durch feinen geſchmuͤckten Vortrag oder durch neue 
und frappante, wenn auch nicht ftichhaltige Anſichten zu 
beftcchen weiß, ein Dritter der Protection eines oder bes 
andern feiner Collegen, um deſſen Gunſt er buhlt, und deſ⸗ 
fen Meinungen und Anſichten er ſich zu accommodiren ver⸗ 
ſteht u. ſ. w. Bei der Wahl eines neuen Lehrers follten aber 
alle Nebenruͤckſichten weofallen; man follte, außer feinem 
meralifchen Werth hauptfächlich feine Kenntniſſe und feine 
Fähigkeiten zum Lehrfache berichfichtigen; man follte ſich 
nie auf ben Ruf feiner Gelehrſamkeit und auf das Ur⸗ 
theit Anderer verlaſſen, ſondern ihn immer felbfi genau 
Tonnen und fich feiner Geſchicklichkeit im Lehrvortrage ver⸗ 
ſichert haben, bevor man ihm beriefe und anſtellte. Vor⸗ 
zuͤglich ſollte man aber auch bei dem Lehrer mediciniſcher 
Wiſſenſchaft feine praktiſche Tuͤchtigkeit beruͤckſichtigen sind 
nicht bloße Stubengelehrte anſtellen. Wir wiſſen wohl, 
daß viele praktiſche Aerzte zu akademiſchen Lehrern nicht 
geeignet find; aber auch der bloße Theoretiler genuͤgt dazu 
nicht, und wir halten einen mediciniſchen Profeſſor, ber 
die Franke Natur nicht ſelbſt am Krankenbette ſtudirt hat, 
für ebenfo unvolſtommen als einen Lehrer ber Naturge⸗ 
ſchichte, der die Natur blos aus Büchern kennt. Und 
um gar ein Profeffor der Klinlk ohne praktiſche Tuͤchtig⸗ 
Belt, ohne iEtfahrung und ohne dad Talent ızu beobachten! 
Freilich iſt die Wahl hier beſonders ſchwer; Männer, ‚wie 
ehemals Stoll und Joh. Peter Frank, wie Elarus, die 


654 


alle Eigenſchaften bes großen Arztes wie bes tuͤchtigen Eli: 
nifchen Lehrers in fich vereinigen, find feltene Erſcheinun⸗ 
gen getvorden. Aber uns bünkt, man gebe ſich auch wer 
njg Mühe, fie zu ſuchen. Was das Talent des alades 
mifchen Lehrvortrags betrifft, fo lege man darauf offenbar 
in unſern: Tagen ein viel zu geringes Gewicht, da es doch 
son ebenfo geoßer Bebentfamkeit für die Bildung der Ju⸗ 
gend iſt als die Kenntniffe. Mancher akademiſche Lehrer 
wird berufen, ohne dag man zuvor weiß, ob er auch nur 
eine Periode vichtig und faßlich-- vorzuteagen verſteht. 
Die Geiftlichen muͤſſen Probepredigten halten, ehe fie an⸗ 
geftele werden; warum führt man nicht auch Probevor: 
leſungen auf Univerfitäten ein? warum prüft man Bil: 
nifche Lehrer nicht zuvor am Krankenbette, ob fie auch 


Sronke zu behandeln und Das für den angehenden Arzt- 


herauszuheben verſtehen, was befonder& herausgehoben ters 
den muß? 

Mas den Minifchen Unterricht betrifft, fo find bie 
Meinungen darüber noch getheilt, ob man den jungen 
Arzt erft dann daran Theil nehmen laffen fol, wenn er 
zuvor alle theoretifchen und praktiſchen Vorlefungen gehört 
bat, oder auch früher. Unſer Verf. entſcheldet ſich für 
die erftece Anficht, ohme jedoch Gründe dafür angeführt 
zu haben; Ruft in feinem Auffag über den Einifchen Un: 
terricht in Nr. 14 und 15 der „Mediciniſchen Zeitung 
von dem Verein für Heilkunde in Preußen” dagegen für 
die legtere. Wir treten ihm, jedoch nur bedingungsmeife 
bei. Unſerer Anfiht zufolge nügt der Elinifche Unterricht 
dem jungen Arzt nichts, fo lange er nicht alle erfoberlis 
hen Hülfswifienfhaften, wozu wir hier aud) Anatomie 
und Phyſiologie rechnen, zuvor gehört und die Natur bes 
Menſchen im gefunden Auftande hinreichend kennen gelernt 
bat. Wendet er ſich aber nunmehr zu der Erkenntniß 
bes kranken Lebens, fo darf er nicht ſaͤumen, dieſes, wo 
möglich, fogleih am Krankenbette kennen zu lernen. Die 
Zeit bes akademiſchen Lebens iſt kurz, die Mannichfaltig: 
keit der .pathologiichen Erfcheinungen unendlich groß, bie 
Gelegenheit, viele Rrankheitsformen und fie oft unter An: 
leitung eines geſchickten Beobachter zu fehen, felten, das 
Bild, was bie Anſchauung der Natur felbft in dem Ge: 
daͤchtniß zuruͤcklaͤßt, lebendiger, eindringender, bleibender und 
verftändlicher, als es alle Beſchreibungen zu geben vermoͤ⸗ 
gm. Die Erfcheinungen des kranken Lebens aber auffafs 
fen und ſich einprägen kann Sieber, ber gefunde Sinne 
und Talent zu beobachten bat, und es bebarf dazu durch⸗ 
aus nicht der ganzen Summe aller mediciniſchen Doctri- 
nen, ja, es dürfte wielleicht in mancher Hinficht vorzu⸗ 
ziehen. fein, wenn ber junge Arzt erſt am Krankenbette 
richtig beobachten lernte, bevor er in das Studium ber 
verfchiedenen mebicinifhen Zheorien und Spfteme einge: 
weihs- würde. Um fa unbefangener würde er dann bie 
Natur, beobachten lernen, um fo leichter würde ihm ſpaͤ⸗ 
terdin die: wifienfchaftlihe Deutung des Brobachteten wer 
den... Inbeflen meinen wir nicht, daß bie jungen Aerzte 
in biefto. Periode ihres alademifchen Studiums Kranke 
behandeln lernen follen, denn dazu gehört freilich, daß 
fie die .garige Wiflenfchaft Eennen gelernt haben und na⸗ 


mentlich ſchon mit der ſpeciellen Therapie vertraut gewor⸗ 
den find. Beſſer wuͤrde es daher fein, wenn fie ben Or⸗ 
dinationen des kliniſchen Profeſſors gar nicht beimohnten, 
fondern von dieſem oder von einem andern Lehrer in bes 


fondern Stunden zur Erkenntniß der verfchiebene Kan 
heitsformen, Urſachen, thres Unttifſchiedes vor 

dern Krankheit nn ihter — ilſzes Ven 
laufs u. ſ. w. Anleitung erhielten. Am beſten wuͤrde ſich 


eine ſolche praktiſche Anweiſung am Krankenbette mit den 
aͤgen der i eichenlehre vers 
binden laſſen. Wir zweifeln nicht, daß ſich auch gegen 
dieſe Methode des Unterrichts Manches wild einwenden 
laſſen, indeſſen ſcheint fie uns doch Dax.für fi zu bes 
ben, daß fie fih auch bei andern Doctrinen, namentlich 
aber bei den Naturwifienfchaften bewährt bat, wo nick 
ja auch bie Kenntniß der verfchiedenen Raturprobucte unb 
ihrer Merkmale dem Unterricht Über das Spftematifche 
vorausgehen laͤßt. — 
Bei Gelegenheit des kliniſchen Unterrichts muͤſſen wir 
noch eines Vorſchlags unfers Verf. Erwaͤhnung thun, der 
ſich auf die ſich in neuerer Zeit immer mehe verbreitende 
Homöopathie bezieht. Er verlangt nämlich, daß an jeder 
deutfchen Univerfität. wicht allein ein befonberet Lehrſtuhl 
für die homoͤopathiſche Medichn errichtet, fondern auch bas 
mit eine homoͤopathiſche Klinik verbunden werde. Die Sache 
bat zwei Seiten. Allerdings hätte man beſſer getban, der 
Homoͤopathie nicht alle Wege zu. den Hörfäsen ber Unis 
verfitäten abzufchneiden und die praßtifdhe Anwendung ders 
felden von Seite bes Staats zu verkleten, benn eben 
daburch Hat man Veranlaſſung gegeben, daß ihr ihre Ber 
kenner mur immer mehr Eingang bei dem .großen Publi⸗ 
cum verfchafften, "wgd daß fich dieſes ihrer als einer ec- 
clesia pressa nur de rmer annahm. Das, was man 
ihe früher verweigerte und dags vielleicht dem ganzen Spiele 
mit einem Male ein Ende g haben wuͤrde, fodert 
fie jetzt als ein Recht und wird erlangen. Dan mag 
daher immerhin geftatten, daß Vortraͤgt über homoͤopathi⸗ 
ſche Medicin gehalten, und daß Diejcmgen bomoopathiſch 
behandelt werden, die nun einmal nicht ande behandelt 
fein wollen. Allein gegen die Errichtung riner homoͤopa⸗ 
thifchen Klinik als Lehranfkait echeben ſich maifd* nicht 
leicht zu befeitigende Zweifel, . Ein Anderes ift die 
Wahrheit oder Unwahrheit eines neuen Spſtems odn. eis 
ner neuen Theorie durch das Eyperiment pröfen; ein 
deres, dieſes Syſtem oder diefe Theorie zum Gegenft 
des Unterrichts machen und fo gewiſſermaßen dem Schir 
ter das Recht in die, Hände geben, danach praktiſch 
verfahren. Segen das Erſtere haben wir nichts einzuwen 
den, ja tie halten es ſogar für bilig, daß den Homse- 
pathen Gelegenheit gegeben ‚werde, ihre Kauſt au in N 
Hotpitälern auspühen, infofeen fie ſich und ihr Tom \ 
nur nicht der: Beaufſichcigung ‚einer. pruͤfenden SBchörbe 
entziehen wollen; das. Letztere hingegen ‚tann nut dam 
geſtattet werden, wenn mis Dülfe des Etrperimmes wi 
ih dargethan iſt, daß die neue Metbobe Borgäge ne 









der aͤltern hat, und. daß von Ihrer Anmendumg, Feine Nahe 


theile füc die Kranken zu befuͤrchten find. So mei if 








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aber die Sache nad keintswegt gediehen. Experimente .| geben, uͤber die das reifere Urtheil der Männer nad ‚nicht 
untee :befonderer Beauffichtigung find bis jegt unſers. Wiſ⸗entſchieden Hat; ; denn: Das, mas wir Erfahrung. nennen, 
ſens nur zu Petersburg und Berlin angeſtellt worden, uſt &6en Diefes :röifere Urtheil, iſt ‘eine Operation des Wer: 
von denen die am erfigenannten Drte keineswegs zu Gun: || Handed," Hd nicht jene'vagen Beobachtungen, zu denen 
fin ber neuen Lehre: ausgefallen, die am legten Drte | ſich Jeber am Flankenbette berufen glaubt, und auf des 
ober noch alcht zur: Aenutniß des Publicums gefommen | ven. Guͤltigkeit ſich Jeder beruft, der gebildete Arzt wie 
ſind. Was bis jetzt Fable Sache ſpricht, find einzig bie!| der unwiſſende Chariatan. on 
ſogenannten Erfahrungen der Homoͤopathen ſelbſt, worauf 1. Aus biefem Sruͤnden flimmen wie mit für die Er 
fie immer: und immer verweiſen müffen, da ihnen üfe,| richtung bomdopkthffcher Kliniken auf unfern Univerfitaͤ⸗ 
Mittel, ihe Syſtem auf WBernunftgrende zu flügem, sing: | ten, bein wenn fie auch der Befonnerere unter unfern 
lich abgehen. Aber mit. dieſen Erfahrungen iſt es eine | ‚jungen: Aerzten für, Das nähme,- was fie. fein follten, Pro⸗ 
gar miRfiche Sache. Im gewöhnlichen Beben verwecfelt!| beanftalten ‚zur Ermittelung des Wahren, fo. würden fie 
man nur zu’ oft bie, Begriffe: Beobachtung und Erfah⸗ 


"doch den’ Schwachen und Leichtſinnigen nur zu leicht zur 
‚zung, und fo ſcheint es aud bier au geben. : Scham ‚ber: 


Einfeitigfeit'und zur Vernachlaͤſſigung des eigentfichen wiſ⸗ 


treffiiche Zimmermann erkannte dies und nannte die et⸗ 


ſtere den rohen Stoff, aus dem ſich erſt bie Erfahrung 


Zeſtalte, indem der Verſtand die ſinnlichen Ideen ver: 


gleiche, ordne und verbinde, ihre Beziehungen einzuſehen 
trachte und aus denſelben zuſammengeſetzte Ideen, aus 
dieſen Grundſaͤte und Schluͤſſe bilde, die entweder unge: 


. Poungen "aus einfachen und gewiſſen Grundſaͤtzen fließen, 


ober die man mit den: zufammengefegeen Kräften des Ver: 
flandes "aus vielen unter ſich verwickelten, theils gewiſſen, 
theils ungewiſſen Grundfägen ziehe,, - 
Wenn alles Das, mas man. feit den aͤlteſten Zeiten 
‚bis auf die unferigen als Erfahrung ausgegeben hat, wahr 
wäre, fo wäre Das, was die alte empirtfche Schule lehrte, 
auch wahr, fo hätten Brown, Rafori und Brouſſais ebenfo 
‚große, wo nicht größere Anfprüche auf allgemeine Einfuͤh⸗ 
zung ihrer Syſteme als Hahnemann. Munde unferer 
Lefer werben fich noch erinnern, mit welchem Pomp bas 
Spftem des Erſtern in Deutfchland auftrat," wie die geiſt⸗ 
reichſten Aerzte unfers Vaterlandes fi dafür erklärten 
und es weiter auszubilden ſuchten (was, quod bene no- 
tandum, bis jegt mit der Homöopathie noch nicht ber 
Fall geroefen ift) oder fich doch Manches davon aneigneten, 


wie das neue Spflem unter der Menge furore machte 


und Alles ayf gut Browniſch curirt fein wollte, wie ſich 


die Sugend zu den Apofteln ter. neuen Lehre binzudrängte, . 


um fich von ihnen die Weihe ertheilm zu laflen; fie wer: 
den ſich aber auch erinnern, wie allmälig bei veiferer 
Pruͤfung das Meifte davon ale eitler Schaum“ zerrann, 
wie ſelbſt die eifrigften Verfechter des neuen Syſtems frei⸗ 
muͤthig ihren Jerthum geftanden, und wie manche juͤn⸗ 
gere Aerzte, die dem Studium deſſelben mehre Jahre 
geroidmet und darüber Beſſeres und Wirhtigered vernach⸗ 
Läffigt hatten, bie darauf verwendete Zeit und Mühe be- 
reuten. - Hebnliches mag fih in Srankreich mit Brouſſais 
Spftem ergeben haben, deſſen Anfehen von Tag zu Tage 
flieg, -bid man endlich durch vergleichende Beobachtungen 
fand, daß bei feiner Behandlung die Mortalität in bem 
von ihm beforgten, Hospitale größer war als in allen 
übrigen. : : Dergleichen . Erfahrungen. müffen uns zur War⸗ 
wung: dienen, fie muͤſſen une :mahnen, uns nidyt: von dem 
aligemelsien Gefchrei der Menge mitfortreißen zu lafſſen, 
das Hier nichts enticheiden kann, und hauptſaͤchlich nicht 
der. Tugend eine Sache als Spielwerk in.die Hände zu 


.e tan hi we- Po: | 


ſenſchaftlichen Studiums verleiten, um ſo mehr, da bie 
Homoͤopathie, wenn fie auch die Betreibung der Anato⸗ 
nie, Phyſiologie, Pathologie u. ſ. w. nicht grabehin vers 
wirft, doch diefer Doctrinen im Grunde genommen nicht 
bedarf. Sollte ed aber mit unferer Medicin bahin kom: 
men, daß man diefen wiſſenſchaftlichen Zweigen je die ge 
bührende Ehrfurcht verfagen und fie von der Summe der 
Lehtgegenfiände ausfdgließen muͤßte, dann wäre es um 


alle vwoeitere Cultur diefer Wiſſenſchaft gefchehen und das 


Zeitalter des Verfall vor der Thuͤre, quod Deus bene 
vertat 

Wir haͤtten wol noch Manches uͤber den gegenwaͤrti⸗ 
gen Zuſtand dieſer Wiſſenſchaft auf dem Herzen, wozu 
und bie oben genannte Schrift den Stoff böte; Allein für 
heute mögen diefe ‚wenigen Andeutungen genügen, bis ſich 
eine ſchickliche Gelegenheit findet, den Faden. wieder auf: 
zunehmen. 188. 








Neue Novellen von Johanna Schopenhauer. Dre 
Theile. Frankfurt a. M., Sauerlaͤnder. 1832. 8. 

3 Thlr. 
‚,. Die in biefen Bänden enthaltenen Novellen glauben wir 
richtiger als moralifhe Romane zu bezeichnen. Gie geben nicht 
eine. einzelne Scene aus dem Leben, fondern ein ganzes Leben, 
Die erſte 2. B., „Mathilde”, malt uns die Geſchicke eines Maͤd⸗ 
hend, aus welchem bie Erziehung und das Beifpiel einer eiteln 
Mutter, die über ihren Stand hinausſtrebt, eine entfcdhiedene 
Egoiftin bilden würde, wenn nicht eine erleuchtete und mütters 
lie Freundin unb eine echte, würdige Liebe fie vor biefen 
Wirkungen einer verkehrten Erziehung fihügten. Mathilde muß 
die rauhen @efice des Lebens durchgehen, um fih am Schluß 
in Refignation zu verllären. Es wäre vielleicht beffer gewefen, 
ihre "geprüfte Tugend zu belohnen; allein das ift zu gewoͤhn⸗ 
lich — bie Erzählerin verfuchte einen neuen Weg , der Wahrheit 
gemäß; denn das Leben nimmt auf das Verdienft Feine Ruͤckſicht. 
Die Erzählung ift als eine moralifche trefflich; als Kunſtnovelle 
fehte ihr raſcher Umſchwung, lebendige Sormgebung, Phantafie. 
Im zweiten Shell nimmt bie Erzaͤhlung: „‚Tebensverhälts 
niffe”, ein größeres Intereffe in Anſpruch. Das Verhaͤltniß, 
welches zum Grunde liegt, ift fonderbar und ſehr anziehend 
und doch vollfommen wahrſcheinlich unb keineswegs feltfam. 
Graf Clothar, ein SZüngling zum geiftlichen Stande beftimmt 
und im Begriff feine Confecration zu erbalten, liebt Gugenien, 
bei. der ſich am bloßen Mitleid endlich die Begenliebe entzündet. 

In diefem Mitleid felbft hat fie Glothar's Flamme genäprt, 
ohne darum zu wiffen, ohne ihn zu. lieben. Die Gerle einer 

Zungfrau in biefer Lage wird von ber. Erzaͤhlerin vortrefflich 


Wb 


—— gedraiht; Yetentand exreicht ſie in — | 


rit und Lebendigkeit der Jarben In: Benämun 

en wind. heinilich 2 8 welcher als 
ns un hing eriffen, um 
e Au 

—53 

Ste i d Airbt, indem fie imd ‘bie Ab 

Natur treu, gegen und felbft unb Ahfädse, iR. —* es ans 


Briten auch wende, wahre zu bleiben. Diffem duͤſern Giemälbe ı 


F. ein? beitere Epiſode in der ſchuldioſen, einfachen Liebe 
nha’® und Ignaz'e mit ae — Gontraft gi 
in det eben Das zum & führt, deſſen ekangel Eugentens 
Ungluͤck verfihufdet: Wahrheit! Der Leſer fieht, daß dieſe Wr: 
gählung ganz —— ganz geeignet if, jungen, ia ber 
Bildung begriffenen frauen und Jungfrauen zur Lecture empfoh⸗ 
len zu werben. Dies bleibt denn ud ihr —8 Ver⸗ 
dienſt; denn der Aufwand bon Kunft und Phañtaſie darin iſt 
Aberaus gering. Die Verfaſſerin u überhaupt in dieſen No⸗ 
vellen von den Kunftmitteln, Utbertäfdjeng, Gomtsafl, aufre: 
genbe Erftadung, einen gu geringen, ober wenigſtens zu zaghaſten 
Sebrauch, vielleicht aus Mismuth und Aerger über den Mis: 
brauch, der jeät fo häufig mit biefen Kunftmitteln getrieben 
wird. Sie und bie mit ihr don Zleichein Mismuth Ergteiffenen 
dürfen jedoch nicht vergeffen, daß im reiten Maß eben das 
Geheimnis der Kunft befteht, eine voͤllege Berzühtieiflung auf. 
Ye Kunftmittel aber wieterum ein Uebermas in ſich ſchließt. 
Der dritte Theil wird von einer Erzaͤhlung: 


auf "Eräuenverhättniffe gegründet und fuͤr Frauen geſchrieben. 


Eine allzu aͤngſtliche Mutter, Alles vorausſehend, Alles abkeh⸗ 


rend, dat Edmund, ihren Sohn, zu einem hoͤchſt unbeholfenen 
Züngling erzogen und ihm ihre eigne Aengſtlichkeit mitgetheilt. 
Wie wenig dieſe für das Leben eines Juͤnglings taugt, lehrt 
diefe Erzählung. Dies unendlide Zartgefühl, dieſe gang ab: ı 
norme Anficht von feinn Berpflichticagen, und nun voten 
von dir Diatter Ihm abgezwuntzene Gelüibbe,,. die erſten Regungen 
feine& Herzens fireng beobachten und unterbrücen „gu wollen, ' 
führen ihn aus einer beflemmenben Lebenslage in die andere. 


Er verliert die Faͤhigkeit, feine Seele treu und rein auszus - 


fptechen, und muß es fo geſchehen Lauffen, daß man «im Aubere, 
als bie er liebt, für feine Gehlebte haͤit. 


Mutter. In der Kerne findet Edmund bie ihm verloren ge: 
gangene Selbſtaͤndigkeit wicber und zugkeich feine exfte und wirk⸗ 


Lie beſcheidene Geliebte in einer glaͤnzenden Lebensftellung. | 
Gr kehrt mit ihr zuruͤck; er hat die zum Leber nöfhige Faffang 


und Gicherheit, die das Geluͤbde, ſtets über fih zu wachen, ' 


ihm geraubt hatte, im Wirbel bes Lebens wiedergefunden; feine 


allzu forgfame Mutter aber hat an ihren Kolgen die Verberb: - 
lichkeit ihrer übertriebenen Worforge erfannt und eingefehen, daß 
der Menfh auch dem Zufall, d. h. dem Leben vertrauen müffe. : 
Auch diefe Erzählung zeigt eine vorwaltende moralifche Tendenz, | 


die ſich unter dem Gchleier der Begebenheit nur wenig berbirgt. | 


Bis wir hierüber im Allgemeinen gerügt haben, findet auf fie 
eine verſtaͤrkte Anwendung; eine zu geringe Selbftändigfeit der 
erzählten Begebenheit iſt bier mehr als je fühlbar. Die Ber: | 
fafferin iſt * in gleichem Fall mit ihrem Edmund; zu viel 


Bewußtſein macht fie aͤngſtlich, zaghaft und beeinträchtigt ihre ! 


erfindende Kraft, mie eben bied allzu ausgebifbere Bewußtſein 


im Edmund alle handelnde, zur Entfcheidung hinwirkende Kraft | 


ihmt und zerftört. 


Dies tft ein Uebermaß im Guten; aber in ber Kunfk iſt das | 
—— tin Guten jedesmal einem Fehler gleich. Wir wollen | 


die geehrte Erzählerin daher auffobern, nicht allzu lange bei 
Erzaͤhlungen, wie bie vorliegenden find, zu verweilen, 'fonberh | 
dei Zeiten, und bevor es zu fpät erfcheint, ihre ſchoͤnen TWabdh 


auch wieder dem Gebiet der Phantafie, bad drm ber Poeſte der —— —* F —*— ber au Mh 
denachbart if, zuzuwenden, was Schreibart und Bart: | ſich auf 





Bes von 


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EN Fri —RR du; grand. at kei * 


ür Seite Gefteltt, ' 


„Das Geloͤb⸗ 
niß“, eingenommen. Auch dieſe Erzählung ift wieder wefentlih I 





vos | 


Nichts bleibt ihm 
uͤbrig als Flucht aus den Armen einer allzu ſergenden 


werden daB dies Ulos bie ürden BIER? ZRH 
Wöhnfimigen find. Maglaut befap üniahe 
und me Wei: ee — — pr re 


uhd' beläuft 


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Noerisen. Ih. 


olloid iſt bereith in % gefehrien xt -befannt Vück 
Ai God ung von —5 —2 en über & 
lc h nn von % 


—— — Pi ne und mehre Er 
moiren über frangäfifche —— wefäg.ihm eine golbene 
Medaille und mehre ehrenyolle Erwähnungen von der Acade- 
"mie des’ inscriptions et belles-Tebfres zu Theil gemorbeh. 
As man zu Drieime bie Kanduimente zu nee hafle au bik 
‘auf dem alten Kirchhofe hachgrab eritbilliie man daſelbſt eine 

ſolche Menge vom nönufden Vaſen, Afche u f: w., daß De. 
Zolleis daraus frhließt, es Habe hier eine- Büsgelbreunerei. been 
ben. Rach den Medaillen, welche vorgefunden, zu urtheilen, ent 
fand 'diefe Fabrik kurz nach dem Einfall der Böhmer | in Gallien 
imd war noch Im Gange zu Konftantin’® Zeiten. Diefes Kar 
tam {ft denjenigen Deigupäßten, weihe Sertiem, beß- Drlzan, 
and nicht wie der Abbs Leboeuf behauptet, Bien das alte Ges 
nabum war. Raͤchſteus wird Hr, Johois feine —— 
'sur les antiquitos du — herausgeben. 

Wahnſfinn in England und, ftalien 

Niegend iſt ver Waknfitn —Tä ei in NZ euch, 

wo die Geiftesträfte am’ thaͤtigſten fich um. :'Derir elite 
Minmigen Berichte det Reifenden —58* ——ã— 
Aegypten, Reßland im Wertzaͤltuiß gu Deutichland, inglant, 
—5 — eine geringe Anzahl Rarren. Wie viele Bdiker wif 

en nicht, ‘wie ſehr fle ihrem Gebieter und Hersn Dank haben 
muͤſſen, daß er ſich mit ſo „äteekiher Vorförge ihres Werftandes 
ammmmt!: Uns muß in der Ehet bange werben äh: miſere 
Nachtommen; wenn's in unſerin lichen Baterlande fr Fortgeht 
in der Beiftescuitur, fo kaun leicht eine Epoche lemumen, wo 
Sch die fümmtliche - möänntiche, Generation zu Rarren civilifirt, 
wo ſich ganz Deutſchland zu’ einem großen finftern Charenton 
inirgeftalter Haben “wird, fm welchem nur Yier’und da birlteicht 
aus Paräfien -und Kirchen einiges Licht außfirimen wird. 
EHE der Anseflectiiellen Anſtvenguug ‚finb 7* Streuig 


seiten eine. ergiebige Quelle der Verruͤckthei Deinen im 
„Kdinburgh review bekannt gemachten —— Doͤrten 
bie Meiften Bewohner des tals zu Kork —8 fü 
watifheh nd zaͤnkſuͤchtigen Sekte der Konters tt. itiſche 


Wntälgmmgen tepeugen aber die deiſden ſotcher RTEMEBNEEFäRT. 
De, Hallovani hat:ıgehuntden, das ug amufe Wer: ‚Iegten Bibeikien 
in Irland ſich bie Anzahl — 7 
habe; ebenſo haben, dem ei te des Dr Be zufolge, die 
haͤuflgen Revbiutionen , an taten in ven leyten Zeiten &: 
fhittert, die Zahl der Wahnſtunigen Hm: Gofpithrm gu: Aoeefe 
sebeutend vermehrt. Diefede Drbung Aupreten: ir : Parks ui 
—— He, Spolera uud fübfirkie Gefechte-am ‚5. und 
6. Juni. , Die moradif—en Urſachen find aber beiweitem :nicht 
fo wirtfam afd die phoſifchen —A Zu dieſen gehört bes 
ſonders die erbliche Prädtspufition. Hal’ biefen ailgemeinen Mes 


trachtungen geden wir min eine —ã Kbnfit der Anak 


ber in Italien unb England Ira denhei Narren. In Ziaiien 
befanden ſich 2830 bem * Da. * aufolge 25 Heil 
anftaiten für Wahnfinni ie enthi mals 1705 Subject 
mannlichen Geſchlechts hy 736 18816 (Ger. 


—— muß rer 


he Bei 


drunter bie A 









Redigirt unter Berantwortlicyteit der Verlagshandlung: F. A. Broddaus in Por sie. 
i e 





J 
ı 


Blätter u 


für oo. 


literariſche Unterhaltung. 








Demofthenes’ Staatöreben nebft ber Rede für die Krone. 
Ueberſetzt und mit Einleitungen und erläuternden An» 
merkungen begleitet von Friedrich Jacobs. Zweite 
vermebrte und durchaus umgearbeitete Auflage. Leip⸗ 
ig, Dyk. 1833. ©r. 8. 3 Thlr. 12 Sr. 

As Niebuhr wenige Monate vor feinem Tode die 
zweite Auflage feiner Ueberfegung von Demofihenes’ erſter 
Philippiſcher Rede berausgab (die erfle war im Novem⸗ 
bee 1805, gleich nach dem Unglüd von Ulm erfchienen), 
fchrieb er im Vorworte: . 

Demofthenes hat Vieles gefprochen, was eine andere ſchwer 
gefährdete Zeit für fig vernehmen, fig daran erbauen und bas 
durch belehren follte. Wenn das nicht gefchieht, fo haben wir 
im unferm Sahrhundert bie philologifhen Studien nutzlos ausge: 
breitet; und die Vervielfältigung der Claſſiker in hunderttauſend 
von Eremplaren klagt unfere Zeit nur an, baß, was fie fchafft, 
ganz Außerlich bleibt. . | 

Diefen ſittlich ernten Geſichtspunkt philologifcher Stu⸗ 
bien, der fich gleich weit entferne Hält von allzu kleinlichen 
Unterfuchungen und von glänzender Oberflächlichkeit, hatte 
auch Herr Jacobs vor Augen, als er die Staatsreden bes 
Demofthenes nach einem Zeitraume von 28 Jahren von 
Neuem zu Überfegen begann. Der Ueberfeger hat einen 
großen Theil feines Lebens der Betrachtung der alten Welt 
gewidmet; mit welchem Erfolg, das weiß bie jegige Welt, 
die in Hrn. Jacobs nicht allein einen ber Benntnißreichiten 
und gründlichiten Philologen anerkennt, fondern auch einen 
derjenigen Humanifien, bie das claffifche Alterthum ganz 
in fi aufgenommen und mit einer fo milden und frucht⸗ 
baren Betrachtung der Gegenwart vereinigt haben, daß auch 
aus den für einen größern Leſekreis berechneten Schriften 
dee Abglanz antiker Herrlichkeit und Würde uns überall 
entgegenleuchtet. Ihn zog im Jahre 1805, wo bie Ueber: 
fegung zum erſten Male erfchien, eine aͤngſtliche Beſorgniß 
um bas deutfche Vaterland mit großer Gewalt zu ben Wer: 
ten eines Redners hin, der nicht blos feiner eignen Zeit, 
ſondern auch ber unferigen das drohende Loos tsie in einem 
- Spiegel zeigte. Hören wie ihn felbft in der Vorrede zur 
- zweiten Ausgabe (S. xx). 


Als ich in den erften Jahren diefes Jahrhunderts eine Ueber⸗ 


fesung des Demofthenes wagte, war Guropa in einer Krife ber 
gefährlichften Art. Die Wogen der ungeheuern Revolution, bie 
den Weſten bis in feine Tiefen erfchüttert hatten, fingen an ſich 
zu legen; die Macht des Wiberftandes war durch große und 
unerwartete Siege gebrochen und ein Phantom bed Friedens 


9, Zuni 1833, 





erzwungen worden; aber ber biutgetränkte Boden brätete Saas 
ten bes Berderbens aus. Gin glücklicher Feldherr, auf der Höhe 
der Jugend und bee fholzeften Doffnungen, wurbe von bem bes 
geifterten Frankreich, das er von Gieg zu Sieg führte, auf den 
eriebigten Thron gefegt und bie benachbarten Voͤlker, Deutfche 
land zuerft, fühlten bie Wirkung feines gewaltigen Willens. In 
ihm war Philipp und Alerander vereint. Ebenſo Hug als kuͤhn, 
ebenfo befonnen als ungeflüm, befiegte er den Gegner auf bem- 
Schlachtfelde wie im Cabinet; ſchueũ in feinen Entſchließungen, 
raſch in der Ausführungs abwechfelnd verſchloſſen und mitthei⸗ 
lend, wie es bie Zeit gebot; wenig befümmert um bie fittliche 
Güte feiner Mittel; freigebig mit fremdem Gute, am freigebigs 
ſten mit Berbeißungen unb Hoffnungen; furchtbar, wenn er 
ſchrecken, mild und voll Anmuth, wenn er gewinnen wollte, das 
Gine wie das Andere nach kluger Werecänungs jeder Farbe bex 
Rebe mächtig; geiftweich und wohl unte 6 wie die beiden - 
Macedonier; mäßig im Genuffe bes finnlichen Lebens, aber uns: 
mäßig in der Begierde nach Ruhm. Mit gleichen Künften wie 
Philippus ſchmeichelte er bie Bundesgenoſſen der Jeinde zu ſich 
eruͤber, und nachdem er die Nachbarn zuerſt durch die Hoff⸗ 
nung der Unabhängigkeit gewonnen, dann durch bie Bande der 
Dankbarkeit und endlich der Obmacht an ſeinen Thron gefeſſelt 
hatte, ſchuf er bie Bundesgenoſſen zu Unterthanen, die Freunde 
zu Dienern um. in gleiches Schickſal bebrohte jest das beuts 
ſche Vaterland, wie das, dem Griechenland unterlegen hatte. 


Iſt nun glei) Napoleon, deſſen geiftreich ſtizzirte 
Charakteriftit wir uns nicht enthalten Eonnten den Lefern 
db. Bl. mitzutheilen, nicht mehr ein Feind für das deuts 
Ihe Vaterland, fo bieten body die Demofthenifchen Staats: 
reden noch genug Beziehungen dar, in welchen fie flr die 
jegige Zeit intereffant find. Das edle Gemüth des Des 
mofthenes, feine fefte unb wuͤrdevolle Sinnesart, bie wun⸗ 
derſame Miſchung von Ernft und Milde in feinen Neben, 
die entfchlebene Abneigung gegen Alles, was nur ber Ges 
nußgier und Bequemlichleitsliche der Athenienfer ſchmei⸗ 
chelte — alles bies find Eigenfchaften, bie noch jegt einen 
jeben Staatsmann zieren. Dazu nun bie gewaltige Kraft 
feiner Reden, fein ernfter Vortrag, ber nach dem Aus: 
fpruche eines alten Rhetors weniger der Anmuth als den 
fuchtbaren Grazien geweiht war. Hierin hatte der ältere 
Pitt viel Aehnliches mit Demofthenes; auch bei ihm iſt 
jedes Wort aus dem innerften Gemüthe hervorgegangen, 
und man fühlt fich beim Lefen feiner Reden von dem 
wärmften Feuer für Necht, Wahrheit und Tugend ent: 
zündet, das fein begeifterter Vortrag hervorgerufen hatte. 
Diet endlich ift role Demofthenes, unveränderlich in feinen ‘ 
Grundfägen, der Sache der Freiheit und des Vaterlandes 


658 


bis an feinen Tod zugethan geweſen. In Demoſthenes 
Augen ift Philipp von Macebonien ber gemeinfame Feind 
allee Griechen. Sollen wie bier eine Parallele - ziehen? 
Selbſt nach Rapoleon’s Sturz bleibt Frankreich und das 
Trugbild franzoͤſiſcher Freiheit für Deutfchland fortwährend 
gefährlich. - „Ich möchte Euch nicht rathen“, ruft Des 
moſthenes feinen Landsleuten in ber Mebe über bie Sym⸗ 
morien (S. 16) zu, „getrennt von den Andern Krieg ges 
gen Philippus anzufangen, ba ich fehe, daß audy bie Del: 
Imen felbft keine Freundſchaft umtereinanber halten, ſon⸗ 
bern zum Theil mehr Jenem trauen als Einigen ihres 
Stammes.” Hätte man dies in ben legten zwei Jah⸗ 
ven nicht von manchen deutfchen Stämmen fagen Ein: 
nen, und iſt es nicht bie Eigenthumlichkeit der altfran: 
zoͤſiſchen Politit, was Demofthenes gleich darauf von 
Philipp fagt: 

Wenn er die Hellenen anzugseifen beſchloſſen bat, wird er 
die Ausführung diefes Vorhabens auffchieben und Ginigen von 
ignen Gelb geben unb Freundſchaft anbieten; fie aber werben, 
um ihre befondern Kriege mit beſſerm Erfolge zu betreiben und 
vol hr diefen Gedanken, bie gemeine Wohlfahrt Aller unbeach⸗ 

Ihr feht wohl — ſagt ber Redner in feiner zweiten Rebe 
"gegen Philippus (@. 274) — den ſchreckenden und verheißenden 
Philippus; wenn Ihr aber weife feid, fo betet zu den Göttern, 
dab Ihr nicht bald den Zäufhenden und Betruͤgenden feht. 
Mancherlei ift erfunden worden, um Gtäbte zu ſchuͤtzen und zu 
vertheidigen, ale Wälle, Mauern, Gräber u. A. dergleichen; 
und alle dieſe Dinge find von Menſchenhaͤnden gemacht und fos 


bern Aufwand (wie bie Keftungen am Rhein und an ben frans - 


dſiſchen Grenzen); aber die Natur Uuger Menſchen befist in 

feibft eine gemeinfame Schutzwehr, bie Allen nuͤtzlich und 
heilſam iſt, vorzüglich aber ben Völkern gegen’ bie Tyrannei. 
Und was ift diefe? das Mistrauen. Diefes bewahrt; an bdiefes 
haltet Eu. So lange Ihr biefes zettet, wird Euch nichts 
Uebles begegnen. 

Es würde uns nicht ſchwer fein, noch manche andere 
Darallele in den Demofldenifchen Reden zu finden, fowie 
wie nur ungern uns bie Anführung mehrer fehr zeitges 
mäßer und durch Stellen in Demoſthenes hervorgerufener 
Nutzanwendungen bes Ueberfegers verfagen, befien politis 
ſche Meinungen im erften Bande feiner „Vermiſchten Schrif: 
tem’ Lange nicht fo bekannt geworben find, als fie es ver⸗ 
dienen. Dahin rechnen wir die Betrachtungen über Stel: 
beit und Verfaſſung (Vorrede S. xı), über politifche 
Ungerechtigkeiten (S. 63), tiber die Ausbrüche des Par: 
teigeiftes in Öffentlich gehaltenen Reden (S. 457), wo Hr. 
Jacobs ben Demofthenes nicht überall und durchgängig in 
Schutz nimmt. Die neneften englifchen Parlaments: und 
feanzöfifhen Kammerreden böten hier einen reichen Stoff 
zur'Vergleihung. Uns aber war ed ja nur darum zu 
thun, die unerfchöpfte Wichtigkeit diefer griechiſchen Reden 
für unſere Zeit zu zeigen und dem Nugen folder aus 
dem Altertbume gefchöpften Lehren das Wort zu reben. 
Wir leſen mit Eifer und Genuß die Reden eines Pitt, 
Burke, Canning u. A.; ja ſelbſt Walpole's und Boling⸗ 
broke's Meben, wenn auch der Zeit nach entfernter, feſſeln 
in fpätern Tagen bie Aufmerkſamkeit der Lefer. Und da 
bie erfien Staatsmaͤnner unſerer Zeit die hohe Bedeut⸗ 
ſamkeit bes claffifchen Alterthums nicht verfennen, da nur 


übertriebene Aengfllichkelt in ben Werken deſſelben Stoff 
zur Volksverwirrung finden kann, und dba Niemand, der 
ſich zu den Gebilbeten in Europa rechnet, fagen wird, daf 
unfere Zeit ber Stärkung aus Griechenland und Rom 
nicht bebürfe, fo muß bem Gemüthe ein Aſyl nur um fo 
erwünfchter fein, in welchen noch jegt bie Altäre von der 
Liebe des Baterlandes zu flammen und ihre heiligen Glu⸗ 
ten ber fpäten Nachwelt mitzutheilen fcheinen. 
(Der Beſchlas folgt.) 





Miteheilungen über Griechenland. *) 
Pronoia (Vorſtadt von Ravplion), 5. Zebr. 1838. 
Aus ber Ueberfchrift bes Briefes fehen ie, lieber F., ba 
ih meinen Vorfag, nad Navplion zu geben, ausgeführt habe. 
Nach mehrtägigen Kämpfen mit dem Hausbefiger habe ich es ſo⸗ 
eben dahin gebracht, meine fehlechte Kammer durch Erwerbung 
eines Tiſches unb eines Stuhles etwas wohnlicher zu machen, 
und erft. jegt Tann ih an bie Löfung meines Wortes benfen, 
Ihnen von hier aus zu fchreiben. 
Bor meiner Abreife aus Athen erlebte ic; noch eine Volle: 
verfammlung (auvdleuos) zur Wahl neuer Demogeronten unb 
einer Deputation an ben König. Auf einem Rafenplage vor ei⸗ 
nee Kirche mitten in ber Stadt hatten ſich gegen 800 Bürger 
verfammelt, bie fogenannten Archonten (bie Plutokraten, berem 
Anfehen noch aus der türkifchen Zeit flammt) in ber Mitte fie 
hend unb kauernd, um fie her bie geringern Bürger. Nachbem 
vorläufig die Frage, ob die Schupbürger (napoıxzoe, bie Hauss 
und Grundeigenthümer, welche aus andern heilen Griechen⸗ 
lands und aus Europa eingewandert find) mitzuſtimmen hätten, 
verneinend, und bie Frage, ob fie und andere Fremde ben Ders 
en zuhdren dürften, bejahenb entfchieben worden war, 
dritt man zu ben Gefchäften. Durch ben Huf: „zauov, zü- 
pov I"! eemapnte man fich gegenfeitig, fih auf den Hafen zu 
lagern, bamit ber jebesmalige Rebner oder vielmehr ber Eprts 
chende, in ber Mitte ſtehend, von Allen gefehen und gehört wers 
ben koͤnne. Dann ſprach ein Bürger ben Eid vor, ben alle 
Stimmberechtigten ſchworen: daß fie nicht duch Verwandtſchaft, 
noch durch Beſtechung, noch durch andere verwerfliche GBrünte 
fih bei der Abgabe ihrer Stimme wollten Ienfen Laffen, fonbern 
einzig durch Hüdficht auf bas gemeine Beſte (1ö xorwor ovu- 
peoor). Die Archonten ſchlugen hierauf nacheinander at bis 
sehn Namen als Candidaten vor, aus denen brei Demogeron: 
ten gewählt werden follten, und bas Volk genehmigte jeben 
Kamen entweder durch den Ruf: „zaros! riwmos! afıos!" obre 
verwarf ihn buch ein wieberholtes öyı! öyı! In zweifelhaften 
Fallen entjchieb man buch Grhebung der Hände. Aber fen 
bei biefem Gefchäfte entfland Zmwiefpalt, und einige ber Archon⸗ 
ten mit ihren Anhängern, weldye bie Aufnahme ihrer Gandidaten 
in bie Lifte nicht Hatten durchſezen können, zogen ſich unzufrie 
den zurüd. Der Reft ber Verſammlung einigte fich indeB über 
die Ganbibatenlifte und fchritt zur Wahl. Auch diefe gefchah 
vor ber Revolution durch bloße Acclamation; in den letztern Jah⸗ 
ren bat man ben alten Gebrauch ber Abflimmung burch Bohnen 
(paoovlıa) wieder beliebt. Statt ber Urnen dienten gewoͤhn⸗ 
liche Glaͤſer, bie man mit einem burdhlöcherten Blatt Papier 
mit dem Namen cines ber Gandibaten bebedite. Diefe wurden 
in ber Kirche auf einen Zifch geftellt, ben drei Geifktiche umge 
ben, um auf gute Orbnung bei ber-Abftimmung zu fehen. Ale 
Bürger gingen nacheinander in bie Kirche, gaben an ber Thür 
ihren Ramen zu Protolol und empfingen drei Bohnen, weiche 
fie in brei ber dort aufgeftellten Bläfer warfen. Diefe wurben 
darauf geöffnet und bie Behnen jedes Candidaten gezählt; bie 
relative Mehrheit gab fchon die Entfheibung. ‚Mittlerweile war 


*) Bel. Ar. 106-107 d. Bi. D. Reb. 





ein Viertheil ihrer urfpränglichen Zahl zufammengefchmolgen, 
welcher Reſt ſchließlich durch bloße Acclamation ficken Deputirte 
an den Körig und die Negentfchaft ernannte. 
. Die Unfreunblichleit und felbft Ungerechtigkeit, bie Puͤroi⸗ 
Een, welche grabe in Athen ber wohlhabentere und im Ganzen 
gebildetere Theil ber Einwohner find, von. der Theilnahme an 
efchäften der obigen Art auszufchließen, darf &ie bei ben Athe⸗ 
noiern nicht befremden. Es iſt ein alter Fehler des griechifchen 
Volles, der fih in hohem Grabe auf die heutige Generation 
vererbt hat, daß jeder die Beine Geburtsſtadt und ihre’ Inters 
eſſen den Nachbarſtaͤdten, bie Provinz, in ber. er. geboren ift, 
bim gemrinfamen'Baterlanbe entgegen und nur zu oft Über das⸗ 
felbe ftelt. So war im Zueibeitölriege bisweilen der Pelopons 
nes_geneigt, ben Gontinent, und biefer, ben. Peloponnes im 
Stiche zu laſſen; fo fanden fich im verfloffenen Jahre bei meh: 
zen Kragen bie brei großen Bectionen (runuere) Griechenlands: 
der Pelopommes, bes Gontinent und die Infeln, eiferfüchtig ge⸗ 
genüber; fo Hört man jest zuweilen ‚ben Athenaier behaupten, 
daß er ber gemeinen Sache größere Opfer gebracht habe als ber 
Dydriot, und daß es eine Ungerechtigkeit fei, wenn biefer, bem 
mehr Wohlſtand geblieben, -in Attila bie Ländereien an ſich 
Taufe, auf weldge bir verarmte Athenaiee doch durch feine Ges 
burt das erſte Recht habe, und welche er nur nicht zu bejahlen 
im Stande fei. Cr rät fish dafür an jenen Einmwanderern das 
buch, daß er fie bisher vom attifchen Buͤrgerrechte ausfchlieht. 
Doch genug hiervon. Uebrigend war es zu erwarten, baß die 
Wahl der, Deputirten, weil fie, wenn auch in gefeßlicher Ber: 
fammlung, doch durch eine Deinorität gefchehen war, von ber 
Segenpartei nidyt würde anerkannt werben; und wirklich kam es 
am folgenden Zage ſchon zwiſchen zwei Archonten zu Thaͤtlich⸗ 
keiten. Wir een deshalb darauf, mit der Deputation zu 
reifen; und ba ſich ohnehin eine Eleine Reifegefellfchaft zufam- 
mengefunden hatte, gingen wir nad dem Peiraieus hinunter, 
und fdifften uns am 9. Sebruar gegen Mitternacht auf einem 
Kalfi ein. 

Am folgmden Morgen Turz nad) Eonnenaufgang landeten 
wir auf Aigina, wo wir, um bie Quarantaine zu vermeiben, 
unfere Päffe aus Athen gegen andere umtaufchen mußten. Aber 
hier war Alles Sreude und Jubel; man feierte bie Ankunft des 
Königs; alle Häufer waren mit Dels unb Lorberzmeigen ger 
fchmüdt, Jedermann trug ſolche Zweige in ben Händen ober am 
Hute, .und wir mußten uns darein ergeben, unfere Päffe erſt am 
Abende zu erhalten und den Zag über dem Tedeum und ber 
Mittagstafel beim Gouverneur beizumohnen und Abends ben 
Zänzen der Taktiker und des Volkes auf bem erleuchteten Markt: 
plage am Hafen zuzufehen. Die vielverfprechende Proclamation, 
die Sie aus den Zeitungen werden kennen gelernt haben, kam uns 
bier zuerft entgegen und ‚hatte auf alle Bewohner Xiginas, bie we⸗ 
nigen Kapobiftrianer ausgenontmen, ben günftigften Einbrud ge: 
maht. Die Stelle: „an bie Stelle der Willkuͤrherrſchaft ift die 
Anarchie getreten”, erregte allgemeine Freude. Entweder, fagte 
man, ift mit dem Despotismus bie Präfidentenherrfchaft gemeint, 
deren Verwerflichkeit grade die Bewohner Aiginas recht haben 
kennen lernen, und in diefem Kalle ließen ſich die Conſtitution⸗ 


- 
4 


Wort Anarchie gern gefallen; oder die Willkuͤrherrſchaft gebt 
auf die Tuͤrken, und dann iſt ja die Regierung der Kapodiſtria⸗ 
ner in der Anarchie miteinbegriffen. Freilich vermißt man un« 
ern in ber Protlamation das Wort Eonftitution; aber man 
aut auf die allgemeinen Verſprechungen und auf ben freiſinni⸗ 
gen Charakter der Mitglieder der Regentſchaft, vorzüglich bes 
Grafen Armansperg, und die Einſichtsvollern beſcheiden fich 
ſelbſt, daß eine unmittelbare Zufammenrufung ter Nationalver⸗ 
fammlung, fo lange die Ruhe im Innern noch nicht geficert 
und namentlich der verberbliche Einfluß der Golbatenhäuptlinge 
in den Provinzen auf die Wahlen nicht gehemmt if, nur zu 
unerwänfchten Reſultaten führen koͤnne. Und barin haben fie 
für den Augenblid gewiß Recht. Nicht weniger Freude hatte 


nellen die Bezeichnung des Iegtoerfloffenen Jahres durch das 


659. 
«5 Raqhmittag geworben und bie Verſammlung auf weniger als 


bie Nachricht erregt, daß weder ber Kd bie Regentſchaft 
ben Senat, deſſen Wiberftiand und — ober —* 
freilich nur ein Werkzeug in fremden Häͤnden war) zum großen 
Sheile bie Uebel bed verfloffenen Jahres —A ſind, haben 
Fon wollen, und ich ſah darüber nicht weniger ſchaben⸗ 
frohe Geſichter als im vorigen Jahre in Napoli bei der — ven 
geblihen — Aufidfung des Genats durch die Nationalver« 
fammlung. 

Um Mitternacht ſegelten wir wieber von Aigina ab unb 
erreichten am folgenden Morgen Pisda, an ber Küfte don Ars 
golis, etwa eine Stunde nörblid von Epidaurod. Hohe fchroffe 
Felſen Laufen. hier ins Meer aus und fchliegen eine Eleine nie⸗ 
drige Ebene ein, bie mit blühenden Mandel» und Delbäumen 
und VBeingärten bebedt ift. "Auf der Norbfeite fließt ein ſtarker 
Bach falzigen Waſſers ins Meer, der etwa 500 Schritte weiter 
hinauf unter ben Felfen hervortritt; auf der Gübfeite ein Baͤch⸗ 
lein frifchen füßen Waffers, das von dem Dorfe herunterfommt. . 
Das Iegtere (n ITıada*)) liegt am innern Ende bes Thales, 
20 Minuten von ber Küfte, an einem fteilen, faft ganz ifolixten 
Selen lebend, deſſen Gipfel bie Ruinen einer Burg aus bem “ 
Mittelalter oder aus ben venetianifchen Zeiten Erönen. Ich habe 
iv Griechenland noch nichts fo Maleriſches gefehen als die An⸗ 
fiht dieſes zauberiſch Lieblichen Thales von ber Meeresküfte aus, 
100 . das Dorf mit ber alten Burg ben Hintergrund fchließt. 
Piada hat über 180 Häufer; die Einwohner, welche vlachiſchen 
Urfprungs zu fein glauben, reden griechiſch. Auch fie waren 
vol Freude über bie Ankunft ded Königs; um fo mehr, da fie 
erſt kürzlich von einem Veſuche bes Generals Kriegotis und feis 
ner Pallitaren zu leiden gehabt hatten. Won Alterthümern fa- 
ben wir im Dorfe nur eine kleine, fehe huͤbſch verzierte Saͤulen⸗ 
bafiö; vermuthlich findet ſich Mehres, allein die Eile der Durchs 
reife, da wir noch felbigen Tages Napplion zu erreichen wuͤnſch⸗ 
a 2 erlaubte uns nicht einmal, bie Ruinen der alten Burg zu 
erfteigen, | 

Der Weg von Piada nach Navplion läßt Epidauros (beim 
Volle jegt allgemein 7% "Enidavge **)) und das Hiersn (noch 
jegt vom Volke fo genannt, boch lautet es in ber ſchlechten Aus: 
ſprache wie Jero) zur Linken; das ziemlich hohe Gebirge von 
Chali (von einem heutigen Orte an feinem Buße fo genannt), 
das alte Arachnaion bleibt zur Rechten. Die Gegend würde 
ziemlich hübfch fein, wenn es ihr nicht an Abwechfelung und Le⸗ 
ben gebraͤche. Die Berge find im Allgemeinen niebrig, mit es 
büfch und einzelnen Bäumen bewachſen; in ber Nähe von Raps 
plion werden fie faft ganz kahl. Das Erdreich in ben Thaͤlern 
ſcheint mir burchaehends fruchtbarer zu fein als in Attila. Un⸗ 
oefähr auf ber Mitte des Weges liegt links am Rande eines 
Thales das Dorf Ligurio; rechts bemfelben gegenüber find Truͤm⸗ 
merbaufen aus. Quabern, mit einigen Mauerreften von kyklopi⸗ 
fer Bauart, und in einer babei flehenden Kirche drei ionifche 
Säulen mit ihren Gapitätern, doch nicht mehr am Plage ſtehend. 
Vielleicht die alte Leſſa? Wir waren genöthigt, noch brei 
Stunden von Navplion in einem einpernen elenden Haufe bei eis 
nem ärmlichen Verwandten bes berüchtigten (einft berühmten) 
Kolokotronis zu übernachten, und legten ben Reſt bes —— 
am folgenden Morgen vor Tagesanbruch im Mondſchein zuruͤck 
Da die Stadt gegenwaͤrtig mit Menſchen uͤberfuͤllt iſt, ſo waren 
wir froh, in Pronoia ein Unterkommen zu finden. 

Pronoia ift die unter dem Präfidenten new angelegte Vor⸗ 
ftabt von Navplion, zwifchen dem Fuße bes Palamedes und bem 
Meere, nur 5— 6 Minuten von dem einzigen Landthore ber 
Stadt entfernt. Die legtere liegt auf einem engen, abſchuͤſſigen 


*) Woher biefer Name? hieß vielleicht die Gegend 7 Aoxinnıas 
und iſt daraus bie moderne Nominativsform 7 Aaxinnıada 
und aus biefer durch Wegwerfung ber beiden erfien Spiben ade 
geworben? Aber das heutige Dorf liegt gegen zwei Stunden vom 
Dierön entfernt, 

») GEntfland das neutr. plur, vieleicht aus dem doriſchen Artikel 

tay "Enldaugoy ? 


Ä 660° 


am .nbebiiden: Yuße ber Gitabelle Itſch⸗Kals. Das 
Meer umb der Felo von Itſch⸗Kals machen auf brei Seiten jebe 
Grwrittrung ber Seadt unmdglichs fie Ennte fi) nur gegen 
Pronoia hin vergrößern, wenn man bie Feſtungewerke auf die⸗ 
fee Seite weiter ausbehnen wollte, wodurch aber, glaube id), 
die ng an Stärke vertieren würde, Diefer Umſtand und 
die A Luft, welche Navplion feiner eingeengten Lage am 
Ufer eines in Gömpfe ausfaufenden Meerbuſens verdankt, laffen 
füdticherweife den Gedanken gar nicht auflommen, bie bleibende 
Danptfodt (nposevovon) und Reſibenz (xza9edon) bed Königs 
daraus zu machen. Indeß wird fie proviforifch dies wol ziem⸗ 
lich lange, wenigftens auf ein Jahr bleiben müflen. (Da bie 
tobt in der naͤchſten Belt viel genannt werden bürfte, fo bes 
merke ich über ihre Namen, daß fie vor der Revolution, wie 
noch jept beim Wolke, allgemein 7d Avanlı hieß, daß man ſpuͤ⸗ 
der bee Stadt den, fo weit ich fehe, bei den Alten gar nicht vors 
kommenden Namen rd Naunlıov gab, und ben eigentlichen alten 
Kamen, % Navrilia misbraͤuchlich auf ben zu ihr gehörigen 
Verwaltungsbezirk, das füböftliche Argolis, anwandte.) 

Dee König, ben wir bei unferer Abreife aus Athen längft 
ausgeichifft glaubten, Hatte erft am 6. Febr. feinen feierlichen 
Einzug gehalten, und wir Gatten Grund, zu bebauern, nicht eis 
nige Tage früher abgereift zu fein, um Zeuge bavon zu fein, 
da über die aufrichtige Herzlichkeit des Empfanges nur Gine 
©timme war. Gegen 50,000 Menſchen, für das entvoͤlkerte 
Griechenland ſehr viel, waren verfammelt geweſen theils in ber 
Ebene zu beiden Seiten des Weges, theils auf ben umgebenden 
Höhen; als der König, welcher ungefähr Tirynth gegenüber ges 
landet war, das Pferd beftieg, um umgeben von ber Regent⸗ 
ſchaft in Navplion einzureiten, brängten ſich mehre Hunbert junge 
Leute um ihn, fehnitten ihn von ber Regentfchaft ab und beglei⸗ 
teten ihn unter fortwährendem Jubel ans Thor. Bor bdiefem 
war ein geſchmackvoller Triumphbogen errichtet worben, ben 
man biß jegt hat flehen laffen,. mit finnig gewählten Infehriften 
aus dem Homer; unter bem Namenszuge bes Könige: Aupo- 
zepov, Bamıleis F dyadbs, xonrepds T alyumms; in bem ber 
Hegentfchaft gewidmeten Felde: Ols Anof =’ Enırerpaparaı 
xar 1ooon ueunle, unb unter bem „Es lebe Griechenland‘: 
Meiot Yofay 7 Ena9ov Te xal nleiot! Ruoynoay Ayauol, 
enblich Über dem Gtabtthor ſeibſt ber Vers des Tragikers: Zu 
I Sopaldıns zußepväs aoren Accv. Das babei angebrachte 
Wappen bes neuen Koͤnigthums iſt ein aufrechtes weißes Kreuz 
im blauen Felde, von zwei Löwen gehalten, mit bem bairifchen 
Schilde in ber Mitte. Am Abende war der König incogmito 
ausgegangen, um bie Erleuchtung zu fehen, aber von der Menge 
erfannt und unter dem Rufe: „Entw 0 Bacılevus!'’ fo bicht ums 
brängt worden, daß er nicht vom Flecke kommen konnte. „Er 
lebe! er lebe!“ xief der junge König ungebulbig mit; „aber 
Laßt ihn doch nur durch!“ und jubelnb machte man dem Gchers 
genden Plage. Es mag Ihnen neu vorfommen, aus dem alten 
Griechenlande ſolche moderne Hofanekdoͤtchen zu hören; aber ein 
Keiſender gibt die Dinge, die er findet und wie er ſie ſindet. 
Uebrigens ift bis jegt Alles von dem jungen Könige, von feinem 
Gifte, feinen Kenntniffen, feiner Liebenswürbigkelt und feiner 
würbevollen Haltung beraufcht, und ich bin überzeugt, mit Recht, 
ba auch die erfahrenen und befonnenen Leute Griechenland gluͤck⸗ 
lich preifen, einen fo boffnungsvollen Prinzen an feine Spige ge: 
fteüt zu fehen. 

Der Satiriker Alerandros Sutzos hat ben König in einer 
Epiftel bewillkommnet, die nicht ohne poetifches Verdienſt ift; 
bie wenigen iht beigemifchten fatirifchen Züge richten fich gegen 
einige ber ‚bisherigen Machthaber, Zum großen Wohlgefallen 
bes Volkes find die ehemaligen Werkzeuge ber Kapobiftrianer, 
bisher wenigſtens, mit der verbienten Surüdfegung behandelt 
worden. Daß die Gerufia nicht empfangen wurde, habe ich 
ſchon oben erzählt; baffelbe ift ben Generalen Kolofotronis und 
dem in ben legten Monaten von ber Sache ber Gonftitutionnellen 





ı zal einer der brei Mächte fährt fort, dem tapfer Klephten feier: 


Macht zu entziehen. 
Br zu eatzied (Der Beſchlus Folgt.) 





Literarifhe Anzeige. 


Bericht über die Verlagsunternehmungen für 1833 von 
| F. A. Brockhaus in Leipzig. 
° e 
Gen Borigen IB sis Gehheinung urgenifiet. 7" 
(Beſchluß aus Nr.188) 

*44, Neigebaur (Kobann Kerbinanb), Handbuch für, 
Reiſende In Stalien. Zweite, fehr verbefferte Auflage. Gr. 8, 
89 Bogen auf gutem Drudpapier-r Gart. 2 Thir. 16 Gr. 

*45. Betrarca (Brancesco), GSämmtlilje Canzonen, Go: 
nette, Ballaten und Triumphe, Überfegt und mit erläuternden 
Anmerkungen begleitet von Karl Foͤrſter. Zweite, ver 
befferte Auflage. Gr. 8. 884 Bogen auf feinem Deudpapier. 
2 Ihlr. 6 Gr. 

*46. Polit (Karl Heinrich kubwig), Die europäifdgen 
Verfaſſungen feit dem Jahre 1789 bis auf die neuefte Zeit. 
Mit geſchichtlichen Eimleitungen und Griäuterungen. Zweite, 
neu geordnete, berichtigte und ergänzte Auflage. Drei Bände. 
Auf gutem BDrudyapier. , 

er 2 
ae ee Ne pefamu- 
Subfceriptlionspreife 4 Ehir. WGr.; der zweite Banb, 
Verfa en Frankreichs, der Niederlande, Belgiens, niens, 

ſchen Snleln ent: 


3 
u n €. 
ortugals, der italtenifhen Staaten und ber i 
altend (61 Bogen), eo 2 Ihle. und Der ont 


+47. Raumer (Friedrich von), Ueber ben Anſchluß Sach⸗ 
ſens an bie deutſchen Zoll, und Hanbelsvereine. (Aus den Blaͤt⸗ 
53 für terariſche unterhaltung beſonders abgebtuckt.) 8. 

e 0 rx. 

48. Raumer (Karl von), Beſchreibung von Paläftina. 
Gr. 8. Auf gutem Drudpapier. 

+49. Schneller (Julius Brany),WBeltgefhicdhte zur grünbs 
lichen Erkenntniß der Schickſale und Kräfte bes Menfchenges 
ſchlechte Zweite, völlig umgearbeitete Auflage. In fünf 
Bänden. Gr. 8. Auf gutem Druckpapier. 
Es wird naͤchſtens eine befonbere Anzeige über biefed Werk aus⸗ 


egeben. 

50. Süßmild (Jriedrich Auguf), Auguft Wilhelm von 
Trosky's Leben und Wirken für bie Niederlaufig, mit Bes 
nugung feiner binterlaffenen autographifhen Nachrichten. 
Gr. 8. 4 Bogen auf gutem Drudpapier. Geh. 3 Er. 

#51. Tisersch (Frede£ric), De l’&tat actuel de la Grece 
et des voies et moyens de sa restauration. Deux vo- 
lumes. Gr. 8. Auf feinem Druckpspier. Geh. 

+52. Voigt (Johannes), Das Leben des koͤnigl. preuf. 
Staatsminiſters Friedrich Ferdinand Alerander Reichd : Burg: 
grafen und Grafen zu Dehna: Schlobitten. Gr. 8. 3 Bo: 
gen auf gutem Druckpapier. Geh. Er. 

+53. Wiefe (Sigismund), Theodor. Gin Roman. 8. Auf 
feinem Drudpapter. 

*54. Zwei Jahre in Peteröburg. Roman aus den Papieren 
eines alten Diplomaten. 8. 20 Bogen auf feinem Drudpa: 
pier. 1 Thlr. 15 Sr. 


Rebigirt unter Berantwortlichteit der Verlagähandlung : x. 4. Brockhaus in Leipsig. 


Blätter 


für 





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W— u, Beſchluß aus Br. 160.) * 
MDa man nun wol in unſern Tagen die Klage gehoͤrt 
hat, daß ſich die Philotogie gem hinter Wall und Gra⸗ 
‚ben mit vielem gelehrten Ruͤſtzeüge verſchanze, und durch 
eine Menge kritiſcher und exegetiſcher Obſervationen Dan: 
jenigen den Bl verſperre, bie ſich an ber Ausſicht in 
„nie, ſonnenhellen Sturm bed Alterthums erfreuen wollten, 
fo muß Ref. bemerken, ohne jetzt ſich auf den Grund ober 
Ungrund diefer Klage einzulaffen, daß bie Leſer des. Des 
moſthenes von Jacobs einen. volftopgmen freien Blick in 
„bie. Gefilde des Alterthums gewinnen koͤmen. Ja, fie 
werden ſeibſt uͤber die Stellen, bie Ihre: Schönheiten hinter 
Dornen und Büſchen zu verſtecken ſcheinen, von einer fo 
Tundigen Hand geleitet, daß dies ihe Vergnuͤgen nur er⸗ 
Höhen kann. Denn — um ohne Bilb zu ſprechen — 
die vorteefflich und klar gefchriebenen Einteltungen find nicht 
die. kleinſte Zierbe des Buches; eine gerechte Würdigung 
des Demofthenifchen Zeitafters, bie billige Beurtheilung bes 
Demoſthenes in feinen verſchiedenen Verhaͤltniſſen würden 
dieſe Einleitungen- an fich fchon empfehlen, um fo mehr 
no), da das gründliche Stublum, ans welchem fie her⸗ 
vorgegangen find, dem Lefer gar nicht zur Laft fällt. Was 
Mer gegeben tft, kann jeder Gebildete ohne Anſtoß leſen. 
Ein Gleiches gilt von den Anmerkungen, die theils unter 
dem Xerte in der Kürze Einzelnes erläuteen, theild läns 
‚ gere Ausführungen hinter bem Texte anthalten und in ho: 


hem Grabe .gegen die erſte Beurbeitung vermehrt fd, . 


: Eine genaue und "ausreichende Sprachkenntniß, eine: flei 
ßige Benugung aller Huͤlfsmittel, ſowol größerer als klei⸗ 
nerer Druckſchriften und eine geſchmackvolle Einkleidung 
ſtehen hier im ſchoͤnſten Bunde. 

Die Ueberſetzung dee Staatsreden ſelbſt iſt eine durch⸗ 
ans umgearbeitete mit Recht von Hrn. 
worden. Jede Seite trägt bavon bie untrüglichiten Bewelfe. 

Philologiſche Zeitfchriften mögen dies ausführlicher wuͤr⸗ 
digen, uns liege hier nur das Urtheil ob, daß die Grunds 
füge, welche in dee Vorrede (S. xrxıv-— zızvir) aufge 
ſtellt find, auf eine ausgezeichnete Weiſe In der Meberfegung 
gerechtfertigt worden find, fobaß dieſe Uebertragung ein 
. würdiges Seitenflü zu den meifterhaften Ueberfegusigen 


glaubt Dies um ſo mehr hervorheben zu muͤſſen, weil es 
‚den alten Rednern wol zum Vorwurfe gemacht iſt, daß 


acobs genqunt 


aus der „Anthologie“ (im zweiten Bande von Jacobe’ „Ber 

mifchten Schriften”) find. Die Demofthenifche Leberfegung 
ift nicht ‚allein in hohem Grabe lesbar, was die erſte Fo⸗ 
derung an ein jedes Buch fein muß, ſondern fie ift auch 
mit Geſchmack, mit Eleganz und doch mit Treue, ohne 
daß fi der Verf. an die Ueberfeger der ftricten Obſer⸗ 


vanz angefhloffen hat, verfestigt. -Wefonders iſt es Hm. 


Jacobs geglüdt, die Einfachheit der Rede, die der attis 
ſchen Beredtſamkeit Überhaupt, der Demoſtheniſchen aber 
ganz befonderd eigenthuͤmlich ift, da die aus der Tiefe 
des Herzens quellende Kraft die Künfte der Schule und 
den rhetoriſchen Prunk verfehmäht, wi geben. Ref. 


ihre Kunſt nur darhn befanden ‚habe, die Vorurtheile und 


‚Leidenfhaften der. Zuhörer entweder für Ihre Abſichten ein⸗ 


zunehmen, ober fie ſo zu befänftigen. ober aufzuregen, fie 
fo zu lenken und zu täufchen, baß fie meiftens ‚ihren Ab⸗ 
fihten nicht hinderlich wurden. Dagegen verlangten (wie 


man fi) ausdruͤckt) die Zuhoͤrer unſerer Zeit ein klazes 


und .zufammenhängendes Raiſonnement in einem kurzen 
Vortrage, ber Ailes grade fo ausſpricht, wie e6é Jer 
Redner denkt und in feinem Herzen fühlt. Alſo auch 
in diefee Beziehung wird die vorliegende Weberfegung für 
Nedner in Stände: und. Kammerverſammlungen von Nu⸗ 
gen fein und das Beiſpiel des größten Redners in 


Griechenland ihnen groͤßern Vortheil bringen ald irgend 
“eine zierlich gefchriebene Anweiſung zur Öffentlichen Beredt⸗ 


ſamkeit. J 
NMan wird unſtreitig Belege fuͤr unſer ausgeſproche⸗ 
nes Urtheil verlangen. Ahet es iſt nicht lekcht, einzeine 
Stellen auszuheben, wo fo viel Treffliches gegeben ft, 
auch haben wir Urfache, ‚den uns vergönnten. Mafım 
zu ſchonen, da wir uns ihn weiter unten für bie Mit 
theilung einer längeren Stelle auffparen wollen. 

"Eihe ‚neue und nicht unbedeutende Ausflattung der 


‚ zweite Ausgabe iſt bie Ueberfegung ber Rede ‚von der 
‚Krone. Ref, kann fih einer ſalchen Zugabe ‚nup.er , 


und gewiß wird es Vielen ebenſo ergehen, ba grade biefe 


Rede den Leſer den ganzen Weg von Demoſthenes' poli⸗ 


tiſchem Leben durchlaufen laͤßt, um in dem Siege über. 
ben Gegner zugleich den Triumph feiner ftandhaften Vers 
waltung mit ihm zu feiern. Als das Mufler eines edeln 


d 


- 


‘ 
‚ 


ſich aber gewi 


‘reihe des claffiſchen Alterthums nicht ohne Streit und 


662 


Selbſtlobes hat bie Rebe für bie Miniſter und Staats: 
männer unferee Tage, bie «6 mit den Völkern gut mei: 
nen und, obwol vielfach: gefchmäht, ſich in Ihrem redli⸗ 
chen Streben doch nicht irren laſſen, ein mehr als ges 
woͤhnliches Intereſſe. 

Zwei 
* 577) 
0 barf ich body wol ohne Anmaßung von mir fpredhen — be: 
figen muß: während der Macht muß er der Stadt bie Geſin⸗ 
nung bes Edelmuths und Vorrangs bemahren, gu jeber Zeit aber 
unb bei jeder Handlung das Wohlwollen; benn dies bat. bie 


find es, die ber von Natur gefittete Drann — denn 


Dinge — fagt Demoftbenes am Sätufft ber Rebei 


. 


z 


Natur in ihrer Gewalt; das Können aber und die Kraft hängt. 


von andern Dingen ab. Diefe Sefinnung nun werdet Ihr bei 
mir ohne Ausnahme berrichend finden. Geht ſelbſt. Nicht als 
meine Auslieferung gefodert wurde, nicht als fie drohten, nicht 
als fie verfpradgen, nicht als fie dieſe Ruchloſen hier wie reis 
ßende Thiere auf mich Iosließen, zu keiner Zeit hab’ ich die 
‚guten Geflanungen gegen Euch aufgegeben. Denn glei von 

nfang an wählte 4 mir den graden und geredgten Weg ber 
Politik, des Baterlandes Ehre, Macht unb Ruhm zu beförbern, 
diefes zu erhöhen, mit biefem zu leben. Nicht alfo gebe ich, 
wenn den Keinden ein Glüd begegnet, heiter unb froben Mu⸗ 
thes auf dem Marfte umber, mit vorgeftredtter Rechte bie frohe 
Kunde Golchen mittheilend, von denen ich erwarten Tann, baß 
fie es borthin melden; noch höre ich die gluͤcklichen Greigniffe 


- ber Gtabt bebenb und feufzenb und zur Erde gebüdkt, wie biefe 


Ruchloſen Hier, welche bie Stadt verhöhnen und nach Außen 
f&auen und, was bei dem Unglüd ber Dellenen einem Anbern 
Städ bringt, loben und behaupten, man müffe für bie beftän» 


dige Dauer feiner Grhaltung forgen. 


Bet ſolchen und ähnlichen Stellen hat fih Ref. oͤf⸗ 
ters an einen ber ruhmwuͤrdigſten Miniſter ber neueften 
Zeit, an Cafimir Perler, und an feine am 31. December 
3831 gehaltene Rebe erinnern muͤſſen. „Nachdem ich”, 
fagte dee zu früh Verſtorbene an jenem Rage, „als 


" Mann von Herz bie Verwaltung übernommen habe, be: 


fteht mein einziger Ehrgeiz darin, fie einft al8 Dann von 
Ehre niederzulegen: ich kann mit Recht die Achtung meis 
nes Landes verlangen, da mein Gewiflen mir fagt, daß 
fh fie verdime — ich begehrte von Niemanden eine Nach⸗ 
ficht, derem ich nicht bedarf und bie ich nicht annehme.” 

Zum Schluffe dürfen wir die Milde und Zartheit, 
die Hr. Jacobs Überall zeigt, feine Werträglichkeit mit frem⸗ 
den, ihm mwiderfprechenden Anfichten, vor Allem feine eigne 
Beſcheidenheit und wilige Zurädnahme früherer Meinun⸗ 


gen nicht unerwaͤhnt Laffen. Zwar bebarf der edle Ueber: | 


feger in diefer Beziehung unſers Lobes eigentlich nicht; ba 
fie Leute nun einmal Bücher aus dem Be: 


"Sant denken ‘wollen, fo mußte Ref. die Vorzüge der ges 
genwaͤrtigen Schrift doch mit einem Worte berühren. 
Die Außete Ausftattung ift fehr anftändig, Sösiorum 
umice mundus, um mit Horaz zu fprechen., Wenn aber 
Eon die erfte Ausgabe, wie die erſte Jugendliebe, in der 
Geſtalt und Farbe, in welcher man fie zum erſten Mate 
w auf viele Leſer einm großen Eindruck gemacht hat, 
o wird bie frühere Geliebte, bie jegt zur reifen Schöns 
beit geworden tft, in ihrem einfach⸗ edeln Puge einen weit 
größern Eindruck auf die Lefer machen. 39, 





Mitcheilungen über Griechenland. 
GBeſchluß aus Nr. 160.) 
a. Februar. 
Geftern gab bie Stadt dem Könige einen Wal, ber na 
den Umſtaͤnden glängend und als Wereinigung faft alles. autge⸗ 


zeichne ee, bie jegt In: Grixchenlaud Ichen ‚"Jehr Juteteſ⸗ 
ſant wa 18 Ballpal diente eine kuͤrkliſche Moſchee, die feit 
dee Revolution ſchon ſehr verſchiedenartige Beſtimmungen gehabt 


bat, indem fie abwechſelnd Staatsgefängniß, Sitzungshaus bes 
Gongreffes, Hospital, Gaferne und Ballſaal war. Man hatte 
fie recht artig gefhmüdt, und die Direction erwarb fidh das 
Verdienſt, trog dem großen Zubrange von Menfchen die größte 
Ordnung aufrecht gu erhalten. Der König wurbe bei feinem 
Erſcheinen mit lautem, herzlichem Into 6 Buaıleus! und flürs 
miſchem Hänbeltatfäyen empfangen ; europäffche Hoffitte iſt fchon 
infoweit burchgebrungen,, daß bie meiften ber griechifch gekieide⸗ 
ten Dessen dos dem Gintritte des Momarchiä ihre 
entblößten, unb einzelne che ade durch ben halbloſsten Zus 
ruf: Ta Deo zarml ſich auch bewegen ließen, ihre Feſſie 
berunterzunefmen. Die „rmetiotifihen Kapitanis,' welche fa 
alle bie vorbere Hälfte des Hauptes kahl geſchoren haben und 
das Hear Hinterhaupteß tang ivachſen laſſen, gewannen 
freilich ein etwas ſeltſames Anfehen, als iznen dad Saar jeht 
in langen Zöpfen -ober Loden den Ruͤchen hinunterwallte, usb 
die meiften bebedten fi ſchon nach einigen. Migusen wieder, 
Auch Kolokotronis, Katergis und andert: Hätifter Ber Rebellen 
bes letztverfloſſenen Jahres, bie inzwifchen vom Könige, jedoch 
nicht auf bie ‚gnähigfie. Weile empfangen worben find, waren 
sugegen, und fo fah man bisweilen Britppen, aus den beteros 
genften. Elementen zufammengefegt, —— bie noch vor Kur: 
‚em gegeneinander — hatten, friedlich nebeneinander, ohne 
aß ein anderer Friede zwiſchen ihnen geſchloſſen worben wäre, 
als den bie. Gegenwart des Königs mit fi brachte: Kolettis 
und Kolokotronis, die Admiroͤle Miaulis und Ricord, hie fean 
zoͤſiſchen Generale und bie Anftifter des neulichen Blutvergießens 
in Argos. Zum Tanzen war während der erfien Stunden wes 
nig Plag, ba mehr als 800 Menfchen in ben engen Raum 
zufammengefirömt waren. Indeß führten einige rumeliotiſche 
Kapitanis in ihrer reichen maleriſchen Tracht verfchichene Ras 
tionaltänze mit großer Gewandtheit und Sicherheit auf, bie 
mit verbientem Beifallageklatſche qufgenommen wurben. Hm 
Mitternacht zog ſich der König zurüd, und ein paar Stunden 
fpäter ioſte fich ber ganze Ball auf, das erfte Fönigliche Feſt 
in der jungen Hauptfladt, das dennoch an Anſtand und Schic⸗ 
lichkeit nichts zu wünfchen übrig lieh. 
Navplion, 8. Mär. 


Vorherrſchende weftliche Winde führen uns faß täglich von 
den bopen, noch mit Schnee bedeckten Gebirgen an Res 
genwolten zu, fobaß es faft unmöglich iſt, Ercurfionen zu mas 
den. Doc habe ich vorgefteen und geſtern zwei ziemlich trodene 
Sage gefunden, um einen Beſuch ia Adgos ‚zu machen. Es 
führt dahin eine neue, unter Kapodiſttias angelegt Straße, bie 
aber, obgleich. ſie dem Staate eine betraͤchtlicſe Summe gelofet 
bat, erft bis ein wenig jenfeil Ziryns Kauflirt il. Die Gab 
feenung "beträgt für einen rüftigen Kußgänger etwa 21 Stun: 
ben. Der Hain mit dem Heiligtum des Heron Argos, ben 
Kleomenes verbrannte (Herobet 6, 80), muß in diefer Richten 
gelegen haben. Jettt findet ich am Wege, Tiryas aus genommen, 
nichts von alten Reiten. Gin Viertelflühbchen vor Argos durch⸗ 


ſchneidet das Bett des Inachos die Straße. 


Das heutige —— beſteht nach den Verheerungen bes Krie⸗ 
ges faſt nur aus ſchlechten Hütten, zwiſchen benen ſich erſt ein 
zeine anfehnlichere Haͤuſer erheben. Es Liegt genau auf ber 
Gtelle bes alten, auf einer völlig ebenen Flaͤche (dv 086 
Inınedor, wie Gtzabon fagt), am Fuße zweier felfigen H 

bie auf Müller’s Karte wieder ganz falfdy auf die Morbfeite der 
Stadt gefeht find. Vielmehr liegt der höchfte derſelben, bie La⸗ 
eiffe, auf ber Suͤbweſtſeite der Stadt; ber Pleinere, ımit dem 


N 


663 


vorigen burd) einen niedrigen, Erdruͤcken (deraeas) verbunden, 
über welchen die Straße nah Art 
derſelder. Mach: Süden hängen fie mit andern: Behirgen zu: 
ſemmen; - gegen Wehen, Rorden und Dfien umgibt Jie bie 
argeiiſche bene. . Ihre Lage’ gegeneinanker :bildet einen fon: 
pfen Winkel, ig welden fi hie Stabi; Argos. bineinfchiekt, 
während fie gegen Rorboft und Oſten von eigen trolaneo, „mit 
- Kiefeln gefüllten ‚Yiußbett (des Charedros) umgrenzt wird. Die 
‚Rihtung ber alten Stadtmauer laͤßt fi auf der Bergfeite. uorh 
seht wohl verfolgen... Ihre Raſte, theils kyklopiſch, thails ge: 
werben) "sieben: ih. JünbAHen Ak kpange De arg 
n) *)i. ziehen: ſich am en nge dub Durg ſei⸗ 
N. und weſtlich um bie: Bunp. herum 


abien führt, auf ber Weftfeite. 


‚ bern meuere Ahr: 
s ßenwerke auf dirfee Geite zum Fcheil auf. ben alten Fundameh⸗ 


Berg Tehnt; auf zweien ber Gteine find rohe, faſt gang un⸗ 


"tengtlich gewordene Basreliefs eingehauen und unter ihnen nur 


‚zum Theil lesbare Inſchriften. ehni Bacrai⸗ abi 
an diefer Beite des‘ Berges un tel 6 en in ieß fe “ 


hen, mit wemger Sorgfalt bazu geglätteten Feiſel. Vermuth⸗ 
lich bezeidinen fie die Stellen dcr en 5 Die durch — 
toftopifchen Unterbau gebilbete Platform enbet’ auf der Seite 
bes Berges mit einer in ben Zellen gehauenen Kammer, deren 
Hinterwand eine halbrunde Niſche hat. Die Kammer war mit 
einem Gewoͤlbe aus gebrannten Steinen überdeckt, von bem noch 
Hefte vorhanden find. Weber bie Nifche geht eine Wafferleitung 
„hin, alſo permuchlich eine Fontaine. Nur will dee große Un 
terbau zu einem fo einfachen Zwegke nicht, recht paffen, und bie 
‚Site Beſtimmung des Ganzen dürfte alfo doch eine andere ger 






:4en ruhen; dann wenden fje.fich nösblidy durch dos oben erwähnte, 
Mavin unb- ziegen- fig wieber am -wiftlichen ande des zweiten. 
kleinern Huͤgels aufwärts... ‚bier find: bie von der Mauer übrig. 


weſen fein. Vieillricht haben wir hier eins ber Yon Papſanias 
"zunäh vor dem —— genannten Beiligthämer zu im 
eich Öftlich vom Theater iſt eine Ruine eines alten Ge: 


gebliebenen Steing freilih in, dan letztverſtoſſenen Jahren weg⸗ 
geführt umd zum’ Päuferbau, perwandt worden; aber bie bush 


Ausgrabung desfelben entfianhenen Vertiefungen bezeichnen nogb! 
ihre Richtung. Auf dem Gipfel. diefes Hügels find no Nee: 
vechtwinttidht behauenen Quadern kennt⸗ 

de indeß einem andern Webäude andehoͤrt zu Haben fcheis. 
eiter komte ich die Spuren ber Mauer nicht verfol⸗ 
ber‘ Oftfeite der. Stabt biche. 


non Kundamenten aus 
lich, 
nen. W 
gen; allein ihre Richtung auf bü 
durch das Flußbett, das feinen Sauf ſchietlich bebeutend verd 
dert haben wird, ziemlich genau beftümmt fein. 
"Alle übrigen alten Refte, einige wenige durch die Gtabt 
Hin zerftreute Infchriften und Bruchſtuͤcke von Sculpturen ober 
ardhitektonifigen Gegenftäyten ausgenomnien, finden ſich auf dem. 
‚ Burgfelfen ımd. am Füße beſſelben. Die heutige Burg ober. 
- Gitadelle, ein.veneftantfches Werk, beſteht aus ’einsr doppelten 
Mauer. Das Innere dort ruht auf der Notde und Weſtſeite 
faft ganz anf alten kytlopiſchen Mauern; bie vieleicht das Voll: 
kommenſie find, was tn diefer Vauart geleiſtet worden if. Die: 
- Steine find nach Außen glatt behauen und die Mauern daher 
ganz fenfrecht. Die Sufammenfügung ift fa vortrefflich, daß, 
man keine Mefferktinge in die Fupen bringen kann, und daß: 
‚ungeachtet ihres Alters 'und ber ungeheuern,- auf ihnen ruhen: 
den Luft auc nicht Ein Otem ansgewidn ft. -Citr Tpelt bies: 
fer Mauern hat oben eine Art Sims und fieht Aberhaupt, nicht! 
Jeſtungsmauern glei. Bildeten fie vieleicht die Subftructionen‘ 


zum Tempel des 3euß oder der —— babe biefen Fempeln 


’ müffen bie Benetianer noch Reſte gefunden haben, benn in einer. 
* Stelle ber dſtlichen äußern Mauer find eine Menge cannelirter 
Gäulentambours aus einem braungelben, flart verwitternden 
Steine eingemauert. Sie ſcheinen bortfcy geweſen zu ſein; bdoch 
konnte ih weder ein Capital noch andere Bruchſtuͤcke finden. 
Bon den übrigen Heiligthuͤmern, bie nach Peufanins- am Abs 
ı Bange des Berges waren, finb keine Spuren vorhanden. Doc 
muß bee Jempel des Apollon Deirabioteß (Panſ. IL, 24, 1) 
und ber ‚Plag, welcher Deiräs (Tergds) hieß, unweit bed Gng- 
zaffes zwiſchen den beiden Wengen feie, weil das, hier. 
gelegene Thor (kurih: welches nämlich deu Weg nad Mantinea 
führte, Pauf. II, 25, 13 ebenfalis eos rij Acıgadı hieß. 

Am: norböftlichen Fuße des 'Wurgfeifens, mit weichem er 
an die Stadt ſtoͤßt, ift der bedeutendfte Punkt das Theater, 
veffen in den Felfen gehaume Sitzreihen (70 übereimander) zu 
Sunften der vor einigen Sahren in Argos gehaltenen Rational⸗ 
»erfammlung größtentheils von: der fie debeckenden Erde gerri: 
nigt find. Weſtlich vom demſelben, gegen das deiradiſche Thor 
hin, iſt ebenfalis am Fuße des Berges eine rechtwinkliche Sub⸗ 
ſtruction von kyklopiſcher Aauart, deren eine Seite fig an ben 


.. *) Einige Stüde der Dauer zeigen ihre Bauart noch ſehr deutlich. 
Das befchriebene Semäuer bildete ben Kern derfelben, und ihre 
Außenfeite war mit polpgonen, eyklopiſch zufammengefügten Stei⸗ 
nen bekleidet. Diefe Probeftüde finden fi aber an der Sädofls 
felte des Berges8. 





ſchaͤftsgang ſehr. Alles, was von ber. —— 





baͤudet aus gebrannten Steinen, und ber ganze Platz vor der⸗ 
felben bildet durch Fundamente und unterichifche —8X Gaͤnge 
eine kuͤnſtliche Erhöhung. Noch etwas weiter oͤſtlich ſind am 
Buße des Berges wieber in den Felfen gehauene Sicreihen, nur 
etwa 2 übereinander, aber ftatt eines Halbkreiſes befchreiben 
fie faft grade Linien und find nur von Ginem Guneus durch⸗ 
hnitten. Doch macht eine kuͤnſtliche Platfoxin vor ihnen, bie 
für ‚eine Bühne gelten kann, es beutbar, daß hier Eine rt um 
kleinem Theatex war. Ein paar anderr gerimpfügige Reſte aus 
gebrannten Steinen, welche antik fcheinen, verbienen Keiner Er: 
wähnung. Das Wenige, was ich von Infchriften und Basre⸗ 
liefs in den Mauern der Kirchen und Häufer fah, war meiftene 
bdurch Verwitterung halb unfenntlidy geworben. &o hat es den 
argeiiſchen Altertpümern, großen wie Kleinen, zum Nachtheil 
gereicht, daß das vortreffiiche Material, ber attiſche Marmor, 
hier fehlte. Nicht bios die Zeit wirkt zerftörender auf. fchlechte 
: Stoffe, ſondern auch der Menſch nimmt weniger Anftand, ein 
—— ans unſcheinbarem ald aus dem edelſten Stoffe zu 
befähigen ober zu vernichten. | 

Roh muß ich bemerken, daß bie.vielen Brunnen, welde 


"Strabon ih Argos erwähnt, noch vorhanden find, namentlich 


längs dem Fuße der Lariffa: Es find ihrer wenigftens ebenfo 
viele als der Töchter bes Danaos, benen ihre Auffindung zuge 
ſchrieben wurbe. W 
u _ ’ j 14. März. 
Diie Abreiſe bes Dampfbootes, welches ben .erften Courrier 
nach Deutfchland zu bringen beſtimmt iſt, verzogert ſich von Tage 
zu Tage, und fo wird es mir moͤglich, noch Einiges hinzuzu⸗ 
fegen. Die Dinge gehen Hier ganz ermänfdyts; langfam, aber 
figer. .Die Verſchiedenheit der Sprachen erfchwert den Ber 
t ausgebt, 
wird Deutſch, und was von ben griechiſchen Min , wer 
chiſch geſchrieben, und jedes Gtüd iſt baben.zum Verſtaͤndniß 
bes andern Theiles erft in beffen Sprache zu überfegen. Alle 
Verordnungen und Bekanntmachungen ſewie das officielle Re⸗ 
gierungeblatt erſcheinen in beiden Sprachen. Inzwiſchen hat 
‚man jett von allen Feſtungen des Peloponnes, jo viele nicht 
von den Franzofen befegt find, Wefid genommen; ber Commiſ⸗ 
fuir zur Befignahme von Attila und Guboia iſt abgereift, und 
id warte nur auf ben Abmarſch der ebenbahin beflimmten 
Truppen, um mit ihnen über ben Iſthmos zu gehen... 
‚ „ Die Haͤuptlinge ber. irregulairen Truppen find nach und: 
nad ſaͤmmtlich . hier. eingetroffen, no mit bes Hoffnung ſich 
ſchmeichelnd, ihre angeblichen Koberungen an den Staat befrie: 
digt au fehen. Ihre politifchen Bergehungen ſcheinen ihnen 
iehen werben gu ſollen; an Privatklagen gegen fie wird es 
nid fehlen, fobalb die Gerichtshoͤfe organifirt find. Sie 
werben ohne Unterſchied zu den Wällen beim Grafen Armans: 


*) Dur einen feltfamen Irrthum hält Belt („Itin. oftheMorea”, 
©. ji ) Feten Unterbau für einen Theil der Wefekigungsmauern 
der a. 


x 664 


perg eingelaben und ſcheinen fich im biefem Treiben seht wohl. 
zu gefallen. . @o leben..fie .behn,. mach, külzlich entzweit, jeßt 
Hure „bad 'gemeinfome. Intereffe vereinigt, -in utom Vernehmen 
Yılttinander. und reiten fleißig zufanimen vors Zhor, ſum auf 
einem freien. Felde das zitterliche Kampfſplel dea Dſcheridwer⸗ 
fens zu üben, wobei es ihnen nicht wenig ſchmeichelt, "Yun: 
derte, vielleicht Tauſende von. Zuſchauern zü haben. 
Das Dſcherid iſt ein 3— 4 Schuh langer, runder, an bei⸗ 
den Enden abgeftumpfter Stab. Die damit bewaffneten Rei⸗ 
ter ſteilen fi in zwei Abtheilungen einander gegenüber auf. 
Die Kampfweiſe i ganz Domeriſch. Mer, eben Kampfluft 
fügte, der Tpornt fein Pferd und fprengt, das Dſcherid ſchwen⸗ 
kend, im Halbkreiſe vor der Gegenpartei vorüber. . Der Begner 
ift bald’ gefunden; er fnrengt dem Herausfoderer nad) und wirft 
mit Rrafı und Gewandtheit fein Oſcherid nach ihm. Trifft bie 
Waffe das Geſicht, fo kann „fe eine ſchmerzliche Uerwundung 
bewirken, aber in dieſem Falle weiß der Bedrohte gewoͤhnlich 
den Wurf abzuwehren oder gar mit geuͤbter Hand das Dſcherid 
im Kluge zu haſchen, das er dann auf ben fliehenden Gegner zu: 
rüdfendet. Won biefer und jener Seite Iprengen zwei, brei 
Reiter hervor, den Ihrigen beizuſtehen, das Getuͤmmel wird 
allgemein, und die baͤumenden Hoffe, bie Reiter in gen rti⸗ 
hen, maleriſchen Kleidern gewähren” ein ſchoͤnes Schauſpiel. 
Mitlen ine Gebränge ſtuͤrzen ſich bie, Diener, die Schildknap⸗ 
pen ber fämpfenden Ritter, um bie fallenden Spieße wieber 
aufzuleſen; nicht felten werben fie von ben’ ferben über. ben 
Haufen gerennt, aber felbft dies vermag fie nicht in ihrem Ge: 
ſchaͤfte zu ftören. Eudlich loͤſt fich der Knaͤuel, und bie Reiter 
kehren an ihre Pläge zurüd, um, wenn bie Pferde ſich vers 
ſchnauft haben, von Neuem zu beginnen. Manchmal reiten auch 
beibe Parteien in zwei .Heihen langfamen Gchrittes umeinans 
der herum, fich gegenfeitig zu ingeln. fudgend, wobei gar 
"anmuthige Windungen und Schwentungen ſich herausſtellen. Ich, 
.fah einer folchen Uebung lange aufmerkfam zij und par am Ende 
doch überrafcht, als ich plöglich bie von dem gemandien Hadſchi⸗ 
chriftos geführte Partei bie Gegner völlig umfchlingen fah. , ı 
Diefe Spiele, wenn auch urſpruͤnglich von den Tuͤrken her⸗ 
fiammend, find doch jeht bei den Griechen eingebürgert... @ie, 
erfobern Kraft, Gewandtheit und Uebung der Männer wie ihrer 
‚Pferde und befriedigen ben Zuſchauer durch die Anmuth und 
den rafchen Wechſel der vorgeführten Wilder. Daher dürfen fie, 
wenn in @rinnerung an bie olympifchen und iſthmiſchen Wett: 
kaͤmpfe neue Volksſpiele hergeftellt werben, nicht davon außges: 
ſchloſſen werben. *) 2 h 


1. 





Misceliten. 

Schon früher iſt in d. Bl. Ernſt Mändh’s Hiftorifcher Vers 
ſuch „Renea von. Efte 2c.”, und zwar in Nr. 368 f. 1831 
befprocdhen worden. Auch er ift über ben eigentlichen Namen 
‚bei Berf. deb „Zudiacus vitae” (movon wir naͤchſtens eine Yi 
correcte Ausgabe bei Tauchnig erwarten) ungewiß, ohne fich je: 
doch über bie —— Anſichten genau zu aͤußern. Er wird 
gembhnzich Marcriius Palingenius Stellatus genannt und ale ein 
tifeigee Anhänger der neuen (lutheriſchen) Lehre und darum als 
ein Bertrauter Renatens aufgeführt. Beides hat in uns, bie Ber: 
muthung erzeugt, ob nicht Beider Namen auf ihre geiftige Wieder: 
geburt hindeuten follen, da in dieſer Beziehung ber Rame Ne: 
nata**), Renea, wie der des Yalingenius, einen Wiebergeborenen 
bedeuten. Uebrigens bätte’ber Lestere in einer Lebensbefchrei: 
bung ber Erſtern wol Mehr Aufmerkfamteit und Senaulgfeit vom. 
Bel verdient! Bielfeicht „findet er fpäter gät und Luft, biefem 
— — — 21 oo 


Der Befpluß diefer Mittheilungen folgt in der ˖naͤchſten Liefer 
. rung. " . " it .. DD. Reb. 
79). Diefelbe Vermuthung finde ic) in Deumann’s „„Poecile‘’, Ih. L, 


"5.268 geäußert; auch moͤchte ich faſt glauben, daß der Dichter fir | 


nicht von einem Orte Stellabo, fonbern, weil er feine Dichtung 
Da den zwölf Sternbildern benaunfe, Stellatus nannte. - 


| ofrbe ‚einige Rachweiſungen dazu liefern können. 


freimäthigen Belehrten eine befonbere Schrift zu mibmen. ef. 


: : ie genau foten Geſchichtſchteiber glei; den Geſetzgebern 
‚ihre Marke Awägen, wenn: fie Worſchriften ertheilen md Be 
cechte über factifche Umftände, Aber hiſtoriſche Begebenheiten ber 
Raͤchwelt Abirliefern. In der allgemeinen Ständrorbwung für 
das, Adalgreich · Gachfen 9: 190 in Werbindung mit $. 262 :ik . 
fültgefent, daß ber Stadtrath als vollziehende Behörde Gelb: and 
Gefaͤngnißſtrafen anbrohen und zur Wellziehung bringen. Tann, 
waͤhrenb ee Huͤlftvollſtreckungen in unbewegliche Büter ber Ge 
tichtäbehdshe überlaffen suiug. Billig wird tem ufmerkfunn 
:Gtaatöbünger, der ſich über die Breigen unb SBefuguiffe feiner 
Behbrden naͤher unterrichten will, bee Binekfel beikommen, ob 
jene Stellen dispofitiv isder faeultativ zu verſtehen ſind, und es 
"hängt nicht wenig davon ab, weblches eigentlich die Abſicht des 
Gefehes iſt. Dagegen führen wie Cghnhatbes Erzaͤhlung an, 
wonach Pipin per auctoritutem Romani pontificis zum Könige 
erhoben worden. Das iſt ein- hoͤchſt proeibentiges Wort, dem 
man nach der Anficht der Juterpreten ben Ginn eines Weiche, 
„oder eines Raths beilegen, womit man atıch bie Bedeutung von 
„einer bloßen Mitwirkung verbinben kann: - . 


... Pölig gibt eine Erklärung des juste milieu („„Sahrbücher ber 
Geſchichte und .Staatslunft‘’, 1832, Juni, &. 565), ba wo er 
‚von Gambihler’8 Anficht darüber in deſſen „Polarſtern“ fpriät, 
bie wol am beutlichfien und umfalfendften. if. Gr fagt: „Das 
Spflem ber Reformen if kein Schaukelſpftem und Feine Wiege 
für große diplomatiſche Kinder und Sünder, fondern bie kebem⸗ 
kraft der forffchreitenden bürgerlichen .umb politifchen Freiheit, 
entflammend dem gefchichtlichen Rerhte und auffleigend am Hori⸗ 
zonte politiſch muͤndiger Völker nie bie Morgenfonne, nicht wie 
die Flamme be& braunsötglichen Brandes einer blühenden Gicht." 
Wenigſtens fagt Liele Meinung über bie politiiche Mittelſtraße 
‚mehr, als was uns hie Redaction bei Eremit b einer Note 
Kr. 65 von biefem . Jahre mitteilt. Denn fie bemerkt, hier: 
‚die. vechle Mitte zwiſchen den Ertremen I Das, was wir 
aufrichtig lieben und ehren; jene fogenannte rechte Bitte aber, 
‚bie in. erbärmlicher Halbheit ſich bernegt 3%. , - verachten wir.“ 
Daß dies keine Erklaͤrung, Peine Definition if, bas fieht Jeder; 
‚aber etwas muß man. fid) body daraus entnehmen koͤnnen. Viel⸗ 
leicht verſtehen bie Veraͤchter bes juste milieu darunter das 
Syſtem, wonad alle Anorbnungen von ber Regierung, von 
. ben oberften „Staatöbehdrden,, nit auf Veranlaſſung und nad 
. ben Willen des Wolle ausgehen -undb gegeben werben, jene 


| Anordnungen mögen nun gut, vortrefflich fein; denn gewoͤhn⸗ 


lich hulbigen biefe NWerächter dem Bögen ber MWolksfouverainelät, 


alfo bem einen Srtreme. 


Ueber den Abel, was ex fein follte, iſt neuerbings mandııd 
wahre Wort geſchrieben worden. Möchte es beherzigt werben, 
damit es beflätigt bleibe, „daß ber leidige Kaſtengeiſt gebrochen 
und fein Miederaufleben nicht zu fürchten ift’. Es iſt nicht ge 
nug gu- bevanbesn, wie ber rechte Begriff vom:Abel in dem Hl: 
erlehdjtenden Jahrhunderte hat vergefien werben, kat vetloren 
- gehen Tonnen. Es hat doch wol: mehr als «in früheres Gleich⸗ 
beit ber Stände, Beachtung wahrer »Dumanität gelehrt; denn 
wenn es auch vormals hellſehende, freimüthige Männer, Hart, 
vernünftige Anfichten gab, fo waren es body nur wenige der 
ı Einzelnen. ‚Sa, wo möchte ſich heutzutage das Seitenfluͤck zum 
Grafen von Solms, . ber in feiner Befchreibung von bed Adels 
Anfang und Herlommen (1564) fagte: 
" ' Da Abem reu’t, und Eoh Mann⸗ 
Bier wer denn dba sin Edelmann? 
Herzog, ber darunter ſchtieb, finden: 
3 bin ein Dann, wie ein anderer Dann, 
Rur daß mir Bott ſolche Ehre gann. 
Da finket man in Heumann's „Poecile”, Th. I, &. 70, gani 
andere fonberbare Anfihten - 15. 


und zum 


Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Werlagsbandlung: F. A. Brodhans in keipzig. 


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Briefe and Paris non: Subwig Boͤrne. Dritter und 
vierter. Theil. Paris, Brunei: 1833. 3Thlr. 18 Gr. 

Nicht ‚ohne Abſicht hat Ref. eine geraume Zeit gezoͤ⸗ 
gert, che er. die vorllegenden, ſchon“vor mehren Monaten 
erſchienenenVaefe in d. BT: zur Gprache gebracht. Pro⸗ 
ducee föhchen Are, die, von der heftigften Leidenſchaft er⸗ 
zeugt, ainwormeidlich unb unwillkkerlich in dem Lefer- einen 
eberiſo Ieidenfchaftläcyhn : Eindruck hervorbringen, darf man 
mar mit ber rußlgften Beſonnenheit betrachten, twerm man 
nicht feibft in die niedrige! Sphäre hinabſinken will, tn 
bee fie füch bewegen. Hier iſt ber Einfluß des erſten Ein: 
drucks als gefaͤhrlich zu vermeiden. - Der Verf. ſelbſt fleilt 
fich den Augen der Welt als ein trauriges Beifſpiel -daven 
Dar, wohin fſiſch eine reichbegabte Natur veritren kann, 
voran. fie ihre Vernunft der Herrſchaft bes Gefuͤhls un: 
tevorhnet; da doch überall, wo das ewig unerihürterliche 
Bel bes Lebens, die Heranbildung zum Göttlichen, erreicht 
werben fol, das Gegentheil flattfinden muß. Das To: 
eiale und poktifche: Leben der Zeit krankt an tiefliegenden, 
ſchmerzhaften Uebeln; Macht, Rang 'und Vermögen find 
ungleich, vieleicht auch ungerecht‘ vertheilt; fie werden 
misbraucht zum Verderben der Meiſchen, denen ‘fie zur 
Segnung gereichen ſollten. Auf der andern Seite artet 
der Widerwille gegen den Misbrauch biefer Guͤter haͤufig 
in Reid und ungerechtenHaß gegen die Beſitzer derfelben 
ans, die ſie doch nicht alle misbrauchen. Dieſe Wahr: 
Heften werden tief gefühlt, man frebt und arbeitet, einen 
beſſern Zuſtand berbeizufihren; aber die Wege, die Hierzu 
eingeſchlagen werden koͤnnen, find verſchieden, und fo bil: 
den. ſich denn/ Parteien. Einige mwellen die beſtehenden 
Eintigtintgen - erhalten und nur bacdy Reinigung md 
Befeſtigung derfelben das Beſſere erreichen. Andere wol⸗ 
len neue Inſtitutionen mit den vorhanbenen in Verbin: 
dung bringen und bie Gewalt, we-fie,; zu leicht mis: 
braͤuchlich, in wenigen Haͤnden ruht, allmaͤlig in - weiten 
Krelſen verbreiten, um ihren Misbrauch zu verhuͤten; oder 
doch zu beſchraͤnken. Noch Andere, denen die beſtehenden 
Staats⸗ und Geſellſchaftsformen durchaͤus verdorben und 
umverbeſſetlich etſcheinen, wollen dieſelben vor Grund: aus 
umſtuͤrzen und etwas' Neues an die Stelle ſetzen. Wie 
dieſes Neue ſich geftalten fole, darüber find-fie weder ei: 
nig, noch iſt von irgend einem ımter ihnen ein Mares 
Bild. davon bis jeht noch aufgeſtellt worden. Vorlaͤufig 


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aber, darüber find ſie einderſtanden, muß das Beſtehende 
vernichtet werden, was auch dafür zum Opfer fallen 
mitßte. Zu der letztern Partei bekennt ſich Here Ludwig 
Boͤrne. Daß es unter den Anhängern aller dieſer Par⸗ 
teien Egoiſten gibt, die unter dem Deckmantel des allge⸗ 
meinen Wohls fuͤr ihr eignes arbeiten, verſteht ſich von 
ſelbſt. Zu dieſen darf Hr. B. zwar nicht gerechnet wor⸗ 
den, vielmehr ſcheint er wirklich das Gute, wenngleich auf 
einem verkehrten Wege, erreichen zu wollen; allein fein 
Eifer für die Erreichung des Zieles auf bem Wege, den 
ee in feiner Einſeitigkeit für den allen dahinfuͤhrenden 
hält, iſt dergeſtalt zur: Leidenfchaft, ‚und dieſe Leibenfchaft 
fo vorherrſchend in ihm-geworben, fie bat :fo tiefe Wur⸗ 
sein in ihm gefaßt und fich fo verbeeblich wurhernd in 
feinem Charakter verbteitet, daB das Gefäht des Sittlichen 
und die Erkenntniß des Wahren, woran es Ihm urfpräng« 
lich nicht fehlte, in hohem Grade davor zutuͤckgetreten 
find. In feinen frühen Scheiften griff er bie Thorhei⸗ 
ten- und Schlechtigkeiten dee Zeit mit Scharffinn, oft mit 
Witz und Grazie an, wiewol er auch damals fchon nicht 
feet blieb von Härte, Ungerechtigkeit und Bitterkeit. Seine 
Schmähungen gegen einzelne Perfonen und gegen das 
ganze deutſche Volk waren bäufig -ebenfo ungerecht. ale 
herabwürdigend für ihn ſelbſt. Dennoch trugen feine 
Scheiften im Ganzen den Charakter dee Freimuͤthigkeit 
und Wahrheitsliebe, der ihnen, unterflägt von einem glüds 
lichen Talent, einen guͤnſtigen Erfolg ſicherte. Man ver 
sieh ihm fo''mandyes Unrecht um feiner Liebe zum Rechte 
willen, doch mußte er freilich auch vielen Widerſpruch er⸗ 
tragen, und dies imar es, was ihn empoͤrte. Jeder, ber 
den Deinımgen und Anſichten des Yen. B. widerſprach, 
war ihm em Feind der Wahrheit, der Freiheit und des 
Mechts, und da es der Widerforechenden nicht wenige gab, 
da ſich die oͤffentlichen Angelegenheiten nicht urploͤtzlich nach 
feinen’ Ideen umgeſtalten wollten, wurde ihm fein Vater: 
land verhaßt, feine Nation eim Begenftand der Werach⸗ 
tung. Er -Hitte elwas mehr erwartet als den: literarifchen 
Beifall, der ihm für- feine gefungenen Journabartikel zu 
Theil wurde. Als Lehrer, Reformator und Prophet wolte 
er daſtehen, und da: bie deutſche Schule fich nicht fols- 
fam genug zeiäte; fo fehlen die Ruthe unentbehtlich. So 

verließ er. im Juli 1830 fein Vaterland, um: es von 
Paris aus zu zuͤchtigen, und hieb, wie es ungeſchickte 


666 


Schulmeiſter zu machen pflegen, blind in bie Claſſe hinein. 
Mit grenzenlofee Anmaßung trat Hr. B., der, wenngleich 
mit unleugbarem Talent begabt, doch eine tiefere Einficht 
in Wiffenfhaft und Kunft bes Staats und feine Befaͤ⸗ 
bigung _zum Führer und Lehrer des Volkes noch nirgend 


befimdet bat, als Steafgrebiger vor eine Nation bin, die: 


ihren richtigen Sinn und ihre Liebe gu echter Freiheit 
buch) Wort und That bewiefen hat und, rubig und bes 
fonnen vorfchreitend, ferner bewelfen wird. Hatte er früs 
her einzelne Misbraͤ und Verkehrtheiten nicht ohne 
Gluͤck bekämpft, fo trat en nun mit Srundfägen hervor, 
die nichts Geringeres als einen völligen Umſturz aller bes 
ſtehenden geſetzlichen Einrichtungen zum Biel hatten. Wahr⸗ 
heit, Freiheit und Recht ſollten dem Volk zu Theil wer⸗ 


den; fragte man ihn aber, auf welchem Wege dies zu 


erlangen ſei, ſo antwortete er: Ihr muͤßt durch Meere 
von Blut und Koth ſchwimmen, vor allen Dingen aber 
Alles, was Obrigkeit heißt, vom Fuͤrſten herab bis zum 
letzten Beamten, wegjiagen ober lieber gleich todtſchlagen, 
denn Jeder, der euern MWünfchen und Gelüften irgend im 
Wege fteht, oder euch, wäre es auch nur durch bie Form 
feiner Nafe, misfaͤllt, begeht einen himmelſchreienden Eine 
griff in eure angeborenen unveräußerlichen Menfchenrechte, 
Nicht mehr als Sansenlotte, nicht als Descamifado trat 
ee auf; nein, Hemd und Beinkleid hatte er ſchon in 
Deutfchland abgeworfen, in Paris fand er ſich in feiner 
eignen Haut noch zu beengt. Er fuhr heraus und volls 
ſtreckte im Augeſicht Europas bas Urtheil des Marfyas an 
fi) ſelbſt. Gegen bdiefen Conismus, gegen diefe Anma⸗ 
ßung, wie fie fi in ben beiden erſten Xheilen feiner Pa⸗ 
eifiennes kundgeben, erhob fi in ganz Deutfchland ein 
Schrei der Empörung und des Abfcheus, und fo brach⸗ 
ten fie wenigſtens den Vortheil, daß fie der großen Mehr: 
zahl, dem Kern des Volkes, ber keine andere Freiheit will 
als eine gefegliche, diefe aber auch mit ganzer Seele und 
mit feftem Willen, Gelegenheit gaben, fich laut. und bes 
flimmt gegen bie anarchifchen, blutbürfligen und zügellofen 
Grundſaͤte, die Hr. B. predigt, zu erklären und dadurch 
den in Deutfchland herrſchenden Geiſt zu befunden, ber 
gleich ruhig und feft, einig und befonnen auftreten wird 
gegen jede Tyrannei, fie drohe nun von unten herauf, ober 
. von oben herab. Viele Stimmen erhoben fi gegen Hrn. 
B., und fie find es vornehmlih, mit denen er ſich in 
dieſen Briefen befchäftigt. In Beziehung auf feine Grund» 
füge bringt er nichts Neues vor; die Zeitereigniffe befpricht 
er, je nachdem fie ſich in ben Beitungsblättern darftellen, 
in feichten Bemerkungen, ohne tiefen Blick. Die unfitts 
liche und boshafte Weife aber, in welcher er den Krieg 
mit feinen Gegnern führt, läßt uns ſchaudernd in den 
Abgrund von Schlechtigkeit hauen, in welchen bie poli⸗ 
tifche Leidenſchaft einen Dann führen Eonnte, der. für 
Wahrheit und Recht zu kaͤmpfen behauptet, vielleicht ſich 
ſelbſt auch wirklich einbildet. Seine Taktik gegen fie be: 
ſteht darin, daß er fie der Nation als feil, beflochen und 
felge, den Machthabern als heimliche Demagogen darzu⸗ 
fielen, nebenher aber ihren perfönlichen Charakter zu vers 
leumden, ihre Talente zu verkleinem, kurz ihren guten 


Ruf in jeber Weife zu beſubeln fucht, wobel er fogar ber 
offenbarften Lügen ſchonungslos ſich zu bebienen keinem 


- Anftand nimmt. Lüge, Schmähung und Verleumdung 


das alfo find die Waffen, mit tenen Hr. B. kämpft für 
Wahrheit, Freiheit und Hecht! Daß er feinen Einf 
auf die Öffentliche Diefnuig Wrdukh sa; ans Yen Hi 
ben gibt, ift Leicht einzuſehen, ſchwerer, wie er fich ſelbſt 
daruͤber täufhen kann. Wer möchte fich für den Anhaͤn⸗ 
ger eines Mannes halten laſſen, der fo unehrenhafte Ge 
finnungen zur Schau trägt? Wenige, nicht allzu ruͤhm⸗ 
lich bekannte Stimmen haben ſich in Shödentfi zu 
feinen Gunſten erhoben, aber biefe fuchen feine Aeußerun⸗ 
gen eher zu entſchuldigen und als nicht fo übe gummeins, 
als fie fcheinen, darzuftellen, als daß fie offen und frei 
barin einflimmten. „Er bleibt immer“, fagen fie, „‚unfer 
lieber alter Börne,. wenn ex auch geämlich iſt und poltert.“ 
Aber ihre geringe Zahl und ihre Wendungen zeigen deut: 
lich, daß fie feine Weife innerlich wisbilligen.. So fickt 
benn Dr. B. vereinzelt ba in feiner: ſchonunge⸗ und ft: 
tenloſen Wuth und würde nur lächerlich fein, ein Don 
Duirote des Radicalismus, wenn Ernſt und Abſcheu nicht 
zu nahe kaͤgen. Intereſſant wird er erfi dann, wenn man 
ihn als reines Phänomen betrachtet, unb «6 wäre baber 
zu wuͤnſchen, daß er einmal mit feiner Lebensgefchichte 
hervorträte. Welcher Sohn unferer Zeit hätte nicht von 
dem Uebermuth, dem Hohn, der Bosheit und dem Egois⸗ 
mus begünfligter Claſſen und Perfonen mehr ober weni⸗ 
ger gu leiden gehabt? weſſen Herz wäre bei ſolchen Ans 
Läffen nicht empört, amd wer wuͤrde nicht wänfdgen und 
fireben, die Macht bes Böfen zu bekämpfen und zu bes 
fiegen? Wer aber fiegen will, muß befonnen ‚fein, und 
vor allen Dingen rem und vehtlih. He. B. bekennt 
ſich frei und offen zu ber entgegengefegten Marine. : „Keine 
Milde”, fagt er, „ja Leine Gerechtigkeit mehr! Tem 
fel gegen Zeufel.” Dies iſt fein Wahlſpruch. Es iſt Har, 
daß bei ſolchem Kampfe nur ber Teufel gewinnen kann 
weshalb man denn billig wird in die Mitte treten umd 
bie Teufel von beiden Seiten zur Ruhe verweiſen müuͤſſen. 

. Bei ruhiger Betrachtung der vorliegenden Briefe ergeben 
ſich zwei Dinge fehr deutlich. Erſtens, daß Hr. U. «6 
mit dieſer abfichtlichen Verleugnung bes Sittengeſotzes -yöl- 
lig ernſt meint; daß er fi zu dem. Spflem der Lüge, 
ber Verleumdung und der Bosheit mit Ueberzeugung ımd 
Bewußtſein nicht nur theoretifch bekennt, ſondern e6 auch 
gegen Diejenigen, bie als feine Gegner aufgetreten find, 
ober deren Meinungen ihm misfallen, fofort prattifch ans 
wendet, wie fi weiter unten aus factifhen Beiſpielen 
ergeben wird. Zweitens, daß ber Eifer, mit dem er ge 
gen alle befichenden gefellfchaftlichen Verhaͤltniſſe (denn vor 
feinen Augen findet nidyts Beftehendes Gnade) ohne Aus: 
nahme anflürmt, wenn auch von Eigennug, bad) "keines 
wegs frei iſt von ben Einflüffen einer hoͤchſt reizbaren 
Eigenliebe und eines alles Map überfcreitenden Duͤnkels 
Hr. DB. fcheint auf feinem frühen Staͤndpunkt in ber 
Welt Kraͤnkungen erlitten zu haben, die feine Eigenliebe 
unnatuͤrlich erhöhten und fein Gemuͤth erbittertn. Spaͤ⸗ 
terhin haben amerwartete, theilweiſe auf Ueberfhägung bes 


667 


ruhende Erfolge feinen Duͤnkel ebenfo krankhaft uͤberſpannt, 
uud aus dieſen Uebeln iſt fein gegenwaͤrtiger Gemuͤthszu⸗ 
ſtand hervorgegangen, der in gleich hohem Grade zu be⸗ 
dauern, zu misbilligen, ja zu verabſcheuen iſt. Einen Be⸗ 
weis fuͤr die Richtigkeit dieſer Auſicht wird man in fol⸗ 
gender Stelle aus den vorliegenden Briefen ſehen. „Im 
Jahre 1807”, ſagt Hr. B. (UI, &. 200), „da ich Stu: 
dent: war, fieß ich mir in Frankfurt einen Paß aus: 
flellen, um über Mainz nach Heidelberg zu reifen. Ich 
fam aus dem Lande dee Sreiheit, kehrte in daſſelbe zuruͤck 
und. berishrte das Land der Gleichheit. Der Schreiber 
auf dem Römer, der den Paß audfertigte, war eine Mies 
eſtalt mis einem giftigen Kroͤtengeſichte. Als ich den 
—* in die Hand nahm, las Ich darin: Juif de Franc- 
fort. Mein Blut fand ſtill; doch durfte ich nichts ſa⸗ 
gen noch thun, denn mein Vater war gegenwärtig. Das 
mals ſchwur ich es in meinem Deren: wartet nur, 
ih ſchreibe euh auch einmal einen Paß, euch 
und Allen! Und nicht wahr, ich habe meinen Schwur 
gehalten?” An vielen Drten iſt es üblich, bie Religion, 
zu welcher die Reifenden ſich bekennen, in den Päfien 
anzugeben. Viellelcht ift dies auch in Frankfurt ber Fall; 
vielleicht war Hr. B. damals noch ein Jubde; vielleicht 
glaubte der Schreiber, dag er es ſei. Möglich alfo, daß 
diefer, der ein Krötengefiht gehabt haben fol, ihn gar 
nicht abfichtlich verlegte. Aber, abgefehen von diefer Moͤg⸗ 
lichkeit, koͤnnen wir wol die unausloͤſchliche Rachſucht 
billigen, die dieſe, freilich tief ſchmerzende Kraͤnkung in 
Hen. B.'s Bruſt entzuͤndete? Hat er es ſich ſelbſt nicht 
zugeſchworen, ſie an Allen zu raͤchen? Hat er in dem 
erſten Bande ſeiner pariſer Briefe nicht ſeine Freude dar⸗ 
über bezeigt, wem einmal, wie er es nennt, mit ro⸗ 
thber Dinte gefhrieben würde? Wenn die Macht 
des Hrn. 3. feiner Begierde gleich käme, mer dürfte hof 
fen, eine Ausnahme zu bleiben von den Allen, die er mit 
rother Dinte bezeichnet hat? Unwillkuͤrlich erinnert man 
ſich hierbei an jenen jakobiniſchen Blutmenſchen, der bie 
Bevölkerung einer Stadt dem Tode weihte, wo er einft 
als Schaufpieler ausgepfifien mworben war. Gefinnungen 
dieſer Art Sinnen in Deutfchland bei den Beflern keinen 
Anklang finden, und die Mafle Derer, die gleich niedrig 
fühlen und denken, die aber Hrn. B.'s Briefe weder les 
fen, nod zur Anreizung ihrer bedürfen, wird doch hof⸗ 
fentlih im Baum zu halten fein. Ref. wollte bier nur 
zeigen, baß ber greimmige Eifer unfers Briefſtellers nicht 
reiner Enthuſiasmus ift, ber fi) von allen perfönlichen 
Beziehungen frei erhält, fondern blinder Fanatismus, ber, 
von felbftfüchtigen Leibenfchaften getrübt, Alles um ſich her 
ohne Unterfchied zu zeritören trachtet. 

Pas alfo den Inhalt dieſer Briefe betrifft, fo iſt 
ihr legter, fernliegender Zweck zwar Bekämpfung der Un⸗ 
terdruͤckung, Herfiellung vollkommener Freiheit und Gleich: 
heit vor dem Geſetz, ihr naͤchſtes vor Augen liegendes 
Ziel aber Zerſtoͤrung und Verderbenz die Mittel, bie dazu 
vorgefchlagen werben, jede Art von Schlechtigkeit; ber Be⸗ 
megungsgrund derfelben zwar Haß gegen das Princip der 
Unterdrüdung, vermiſcht jedoch mit unebeln Leidenſchaf⸗ 


ten, als Rachſucht, Eigenduͤnkel und Schabenfreude; ihre 
Stoff Tagesneuigkeiten, gerngläubig aufgenommen, Teicht 
befprochen, haͤmiſch verdreht und Lügenhaft wiedergegeben, 
eigenliebiges Wiederkaͤuen des als baare Münze aufgenom: 
menen albernfien Beifalls, giftige Verunglimpfung Alter, 
bie des. Briefſtellers Widerfacher find, oder ihm als ſolche 
eriheinen. Betrachtet man die Form, fo findet man 
Cynismus, Nachläffigkeit, Verworrenheit, den chlechteften 
Geſchmack und eine auffallende Abnahme ber frühern An: 
muth und Laune, des einft fo fchlagenden Wiges umd ergoͤtz⸗ 
lichen Humors. Daß Hr. Ludwig Börne ein böfes, feind- 
felige6 Buch fchreiben Eönnte, daran würde Niemand ges 
zweifelt haben; daß er ein fo fchlechtes fchreiben würde, 
hätte man ihm nicht zutrauen follen. Nach der Bemer⸗ 
kung feines eignen Verlegers hat er fchon durch bie erften 
beiden Bände diefer Briefe feinem literarifchen Ruf felbft 
in den Augen Derer, die etwas auf ihn hielten, unend: 
lich gefchadet. Hierauf erwidert er: „Sch babe nie für 
meinen Ruhm, ich habe für meinen Glauben gefchrieben”, 
was denn freilich für ihn ſehr troͤſtlich ſein mag, feinen 
Lefern aber nur wenig helfen kann und ihre Zahl nicht 
fonderlich vermehren wird. 


Mef. ift feinen Leſern ſchuldig, das vorftehende Urtheil 
durch Beifpiele in fpeciellern Mittheilungen aus dem Buche 
fetbft zu belegen, wobei ſich denn Gelegenheit zu einigen 
Bemerkungen finden wird. Der Weberfiht und Ordnung 
wegen gefchieht dies unter Rubriken. 

Lügenhaft Entflelites. 

1. Here von Maltig wurde aus Berlin verbannt, weil 
er ein Stud aufführen ließ, das Anfpielungen auf bie 
Dolen enthielt, und dieſe von jungen polnifchen Stuben- 
ten beflatfcht wurden. (Die Wahrheit ift, daB Hr. von 
Maltig Stellen, die von der Cenfur geftrichen waren, heim⸗ 
licherweiſe wieder eingefchwärzt hatte) 2. In Berlin iſt 
ein junger Referendarius zu einjähriger Seftungsitrafe ver: 
urtheilt worden, weil er mehre Artikel gegen bie preußi⸗ 
fhe Regierung aus dem „Messager” überfegt und dieſe 
feinen Freunden zu lefen gegeben hatte. (Der Ueberfeger 
hatte Abfchriften feiner Weberfegung verkauft und förmlich 
ein Gewerbe damit getrieben, alfo die Genfurgefege ver: 
legt, da es factifch gleich ift, ob man Schriften durch 
den Verkauf gedruckter ober gefchriebener Exemplare ver: 
breitet. Er hatte das Verbrechen begangen, das in ben 
Gefegen Frankreichs als Aufhegung zu Haß und Verach⸗ 
tung gegen die Regierung bezeichnet iſt und bort wie 
überall beftraft wird.) 3. Die großen Mächte follen ihre 
Flotten nach Griechenland abgefandt haben, um bie Grie⸗ 
hen von ihren Keinden zu trennen, „damit fie nicht ben 
legten Sieg errängen”. (Der befchränttefte Zeitungslefer 
fieht ein, daß ohne das Einfchreiten der chriftlichen Mächte 
bie Griechen fich der aͤgyptiſchen Truppen nicht hätten er 
wehren koͤnnen und jetzt ohne Zweifel Unterthanen Mo⸗ 
hammed Ali's fein würden.) - 

(Der Beſchluſß folgt.) 





58 n 


Gorrefponbenznadgridten 
Berlin, Im Mai 1 
Am Beriaufe des Mai teilte der „Handurger Gereefpon 
dent‘’ einen Brief aus Berlin mit, worin es hieß, in wnissm 
Kriegsbepartement fei es mit dem Beginn des Fruͤhlings wiber 
Erwarten lebendig, die Remonten würden verſtaͤrkt und Matu⸗ 
ſeewiez's lange Anmefenheit in unferer Refidenz errege Beden⸗ 
fin. Wir konnen mit Zug und Recht verfichern, daß ein durch⸗ 
aus unfchaidiges Fruͤhungemanoeuvre imb eine. rein friedliche 
Parade ber berliner und ber potsdamer Garnifon lediglich bie 
Aufregung eines allzu ängftlichen Briefftellexs erregt haben muß. 
Wir figen hier im tiefften Bewußtſein einer geficherten Ruhe. 
Hottweil’s längerer Aufenthalt hieſelbſt fomwie feine bereits ers 
folgte Abreiſe nach Pofen hatte natürlich mur provinelelle In⸗ 
tereffen gu Motiven, unb ber ohne Unterbrechung fortgefegte 
Bau der dortigen Feſtung, bie die Oſtflanke unfers Königreichs 
zu beden beſtimmt iſt, follte die beſorglichſten Gemuͤther erſt 
Fecht beruhigen. Ein Staat, der im Gefuͤhl feiner ſchwachen 
Punkte buch einen Bau, welcher Millionen Toftet, gegen ein 
zoßes oftenropäifches Reich feine Flanke zu fichern bemüht if, 
ann doch wol Allen hiemit offentundig den Beweis liefern, daß 
er ſich nicht anzulehnen, fondern feinen Stuͤtz⸗ und Schwer: 
punkt in ſich felber zu baficen ſucht. — Die Frankfurter Aprils 
unruben werben, wie es heißt, auch für bie preußifchen Univer: 
fitäten neue Gefetze, zunaͤchſt doch wel nur in policeilicher Hin⸗ 
ſicht in Anregung bringen; bie Ungebunbenheit des mwiffenfchaft: 
lichen Strebens, deren etwaige Verirrungen Jeder in ſich felbft 
zu vermwinden hat, und bie Freiheit des Lehrens und Lernens 
werben fichertich nicht defchräntt werten, und in den beiden Be⸗ 
vorrechtungen befteht eben, wie uns aus unfern Studienjahren 
erinnerlich if, der Reiz bes akademiſchen Lebens. Unter den 
ehrobjecten der biefigen Friedrich⸗Wilhelmsuniverſitaͤt, bie ih⸗ 
ren Sommercurſus im Anfang bes verlaufenen Monats eröffnet 
bat, wird neben bem Arabifchen, Ehalbäikhen und Ghinefifchen, 
deffen Grammatik der ſprachkundige Dr. Schott vorträgt, noch 
immer die neugriechiſche Sprache vermißt. Unter dem Lehrer⸗ 
perſonal iſt manche Veraͤnderung eingetreten. Der Eriminaliſt 
Heffter, bisher Profeſſot in Halle, wo bie Univerſitaͤt auch ˖durch 
Muͤhlenbruch's Abgang nach Göttingen einen Verluſt erlitt, iſt 
bieher berufen und hat bereits feine Vorleſungen eröffnet. Da⸗ 
gegen hat Philips, der Freunb und Schwager Jarcke's, mit 
dem derſelbe auch feine Heimat, Weftpreußen, und feinen Ueber: 
toitt zum katholiſchen Ritus theilte, feine hiefige Stellung auf: 
gegeben und in Münden vorläufig feinen Wohnort aufgeſchla⸗ 
gen, wo er, einem Gerüchte nad, in Folge einer Anregung 
der dortigen Regierung eine politifche Zeitfchrift gründen wird. 
Daß er einem Rufe nach Wien gefolgt, fcheint ſich nicht zu 
Befkätigen. ebenfalls laͤßt der gefchäste WVerfaffer des ‚Deut: 
ſchen Privatrechts⸗ in der hieſigen Zuriftenfacultät eine Lücke, 
die. vor der: Band nick gefüllt wirb. 
. - Unter die hohen: Gaͤſte, bie :vor einiger. Zeit bie preußifche 
Sompiabt beimfuchten, gehbzte ber Herzog von Lucca, ber fich 
einer homdopathiſchen Pflege wegen ſechs Wochen hier aufhielt. 
Die Sur, der’er ſich anvertraute, fiel fo gluͤcklich aus, daß auch 
unfee Sof feitbem auf die genannte Heilmethode aufmerffam 
geworben fein fol. Wen fremben Literaten probucirte fih in 
eigen Yiefigen Cirkeln Mr. Marmier, ein junger wißbegieriger 
d talentvoller Franzoſe, der, wie wir hören, früher ben leip⸗ 
ziger „Voleur” vedigirte und fortbauernd Mitrebacteur der 
„Prance“provinciale” ift, eines in. Heſten erfcheinenden Jour⸗ 
nals, das wie andy fein-Zitet befagt, im Widerfpruche mit 
Rrantveichhd Wentralifationsfuht nicht im: Paris ben : alleinigen 
Wittelpunkt literariſcher Intereſſen ſucht. Ein aͤhnliches Blatt 
wie der leipziger „Voleur“ exiſtirt auch hier unter dem Titel: 
„Le telegraphe, journal du monde élégant“, redigirt von 





Bir. Erneft Javrrau. Anper rfefriäte gibt baffeihe uf en 


tpeilungen ber Seißnagen be& :fiefigen Tenasöfifiher Ahrens, 
Auffallend if. am Blatte nichts als der ſchlaͤ Ton, ber mit 
unter vorherrſcht; unter andern Notizen und kangweiligen Bi 
garures , "die auf fchtechte Muffäge folgen, ohne ſelbſt Beſſered 
zu bringen, lieft'iman z. Be folgende ge &rkiärung ber 
Biebe: „L’amour est un ansitisent par lequel ie coetr- se zarte 
vers cs qui lui paralt aimable.‘' 

Ohne VBergisihungsiweife einen Antnänfungspunkt. zu fi 
en, wollen wir body, da wir einmal von ben in Berlin ſih 
geltend machenden Franzoſen ſprechen, der Kunftreitergefelihoft 
de Bach's, die im hieſigen Cirque olympique vor dem braudendur⸗ 
ger Thore ihre GSeſchicklichkeit producitt, eine Tobende Grtwähnung 
tbun. Beſonden ‚reiten und tanyen:bie Damen. allertiebft; ige 
Kup if ebenſo leicht wie ihre flatteruben Gewaͤnder; andy find 
fie äußerft gefaͤlig unb zuverlommend. Um auch das Starke 
mit dem Barten gu päaren, fpielt ein Mr. Dupuis, ebenlalls 
Mitglied der genannten Gefellſchaft, den herculiſchen Athleten. 
Gr fegt eimen Preis von 500 Thin. für Den, bir ih im Ain 
gen befiegts ein großer Anfcjlaggettel macht dad Yasblicum mit 
den Geſehen und Bedingungen befannt, mad welchen der Hin 
ger fi aller Kaufifhläge zu enthalten haft, unb nur durch 
Lähmung des großen Muskels am Oberarm (musculus biceps 
brachii) den Gegner zu überwinden fireben muß. Ein pathe⸗ 
tiſcher Aufruf an die Handwerker Berlins weift auf. bie olyias 
pifchen ‚Spiele ‚bin, und ſchon mancher Sthatiede⸗ oder Zim⸗ 
mergefell hat ſich, obwol vergebens, mit dem flarden Dupuis 

emeffen. Auch im Giyfium, einem im Thiergarten befindlichen 
Euflorte, ruft der genannte Hercules Gegner in die Schranken; 
„vier unbekannte Maͤnner““ rangen dem Bernehmen nad neu 
uch mit ihm, ein Kampf, der. an bie Turniere bes Mittelalters 
geinnern kann, wo ebeufalla unbekannte, gebarnifchte Ritter wit 
verfchloffenem Viſir erjöhienen: Auch eine Demoifelle Teutſch 
producitt daſelbſt Krafttouren. Wir müſſen fie ein ander mal 
n Augenfchein nehmen und über fie berichten; mein Blumel! 
bas geben: ift gar kurz und: bie Künfte mitunter gar gu lang — 
wor 8. ⸗ 

Bon Neuigkeiten auf der Bühne Im Laufe bes Mei nem 
nen wir kurz, um den beſchraͤnkten Raum unferer Mittheilun⸗ 


. gen nicht zu überfchreiten und ohne boc in unferer Quaſichto⸗ 


nit eine Luͤcke zu laffen, zwei Opern, „Schloß Candra“, von 
Wolfram, und „Hans Belling”, von Marſchner, mit Text von 
unferm rühmtichft bewährten Hoffänger Eduard Devrient. Auch 
über die Leiflungen ber Dem. Henriette Garl, bie fi. biäker 
jedoch nur in Goncerten flüdweife hören ließ, enthalten wir 
uns vor dee Bond einer nähern Relation, um noch von ben beis 
den großen Maifeften ſprechen zu können, beren fich Berlin dies⸗ 
mut zu erfreuen hatte. Zuvor empfehlen wir dem muſikaliſchen 
Yublicum eine intereffante Reuigkeit im Felde der lyriſchen Ton 
kunft, ein bei Wagenfuhr hieſelbſt erfihienenes Heftchen, bas 
zwölf noch ungedruckte Lieber von. Heinrich Stieglig unter dem 
Titel: „Zrüblingsgrüße‘‘, mit Kompofition von K. Kreuger ent 
haͤlt. Schon fruͤher erfdjtenen einige. der „Bilder bes Drients" 
mit Eompofition von dem veremigten Bernhard Klein (der dab 
einleitende Gedicht namentlich treffiich mit feinen Toͤnen ausflats 
tete), von W. Zaubert (einem jungen Muſiker, von bem man 
vor einiger Zeit im Opernhauſe eine Ogerette hörte), u. A. Bon 
diefer Sammlung, die Herr Sundelin, der Befiger der Gröben: 
fhüg » und Geiler’fhen Muſikalienhandlung, berausgibt, find 
bereits zwei Hefte erfihienen. Der gefchägte Dichter der „‚WBilber 
bes Orients’, Heinrich Stiegliz, hat uns .inzwifchen verlaffen 
und eine Reiſe nach Petersburg und Moskau bis nach Rifhweis 
Nomgorob angetreten, wo ex bie Grenzicheibe des Occibents unb 
des Drients ſchon uͤberſchreiten muß. 
"Dir Beihluß folgt.) 


Redigirt unter Werantwortlichteit der Verlagähanblung: $. U. Brodbauß in Bölnstg. 


Blätter 


9 


für 


literarifhe Unterhaltung 





Mittwod, 


De I 





Briefe aus Paris von Ludwig Börne Dritter 
und vierter Theil. 

Beſchluß aus Wr. 168.) 

Ä Eitelkeit und Dünkel. 

2. Here B. laͤßt fih von einem wiener Baron ver- 
fihern, in Wien gebe es kein gebildetes Haus, mo man 
nicht feine Schriften hätte, und bricht darüber in Lob- 
forüche ber Wirner aus. (Wahrfcheinlidy wurde er, ohne 
«8 zu merken, gehänfelt.) 2. „Wollte ich: meine ganze 
Kraft gebrauchen, diefem Zwerggeſchlechte gegenüber, wahr⸗ 
li), 96 bliebe nichts von ihm übrig, es als Meines Sie⸗ 
geszeichen an meinen Hut zu fleden.” (Was wir von 
ihm gefehen haben, mwar:alfe noch nicht feine ganze Kraft. 
In der That war einige Schwächlichleit nicht zu verken⸗ 
nen.) 3. Her B. erzähle mit großem Behagen, daß 
General Uminski in Strasburg feine Briefe gelefen, daB 
ee (Dr. 8.) den Anweſenden ale ein allemand tr&s- dis- 
tingue vorgeftellt worden; bei Tiſche fei in einem Trink⸗ 
fpruche der Deutfchen und insbefondere des allemand 
trös- distingue und feiner parifer Briefe gedacht worden. 
4. Er dankt Herrn W. Menzel dafür, daß er ihn mit 
Lord Byron verglichen, lehnt dieſe Vergleichung jedoch mit 
der Bemerkung ab, daß er nicht fe zerriffenen Herzens 
- fei als Lord Byren, auch an Deutfchland nicht verzweifle. 
Henn er fein Vaterland fchelte, fo gefchehe dies nur aus 
Liebe. 5. Here B. publiciet einen Brief des Dr. Schott, 
worin diefer -ihn AUriftophanes und Swift zur Seite fleikt 
und einen Stern der Satire und des Humörs nennt. 
6. Er ficht es als einen „Soliceipfifp‘ feiner Gegner am, 
wenn fie verfichern, „daB feine Briefe zu platt ſeien, um 


verführerifch zu” fein; daß fein Buch vielmehr der Rede 


gar nicht werth fe’, und findet einen Widerfpruch darin, 
wenn denn doch Überall davon gefprochen werde. Er ver 


gißt, daß das am mehrften Befprochene oft der Rede am : 
wenigſten werth ift, und daß das Uebermaß im Boͤſen wie 
im Guten gleiche Aufmerkfamkeit erregt. 7. „Vor for 


hen Menfchen ſoll ich midy fürchten”, fagt Herr B. von 

den Ariſtokraten. „Sie ohne Herz und ohne Gott, was 

vermögen fie mie gegenüber, ber ich Tiebe und glaube? 

Mit einem einzigen Worte durchbreche ich, den Nebel ihrer 

‚ Berleumbdungen, mit einer einzigen Zeile zuͤnde ich ihre 
kuͤgengebaͤude an und verbrenne fie zu Afche. Ich erwarte 
fie, wenn ich nach Deutichland Tomme.” 


Schmaͤhſucht aus Parteilihkeit und Neid. 

1. Einen merkwürdigen Beweis folcher Geſinnung 
gift Here B. duch einen Auszug aus Goͤthe's Tag: 
und Sahresheften, den er mit- ebenfo felchten als ihren 
Berfaffer herabwuͤrdigenden Bemerkungen begleitet. Goͤthe 
iſt ihm zu aeiſtokratiſch, wie koͤnnte er der Verehrung würs 
dig fen? Wenn Herr B. ſolche Schellenkappe fich ſelbſt 
auffegt, was bieibt feinen Gegnern übrig? 2. In Par 
vis ift eine Ouverture von Don Pedro aufgeführt wor 
ben. Here B. findet fie fchlecht, weil dee Componiſt ein 
Kaifer war. 3. Herr Ernſt Muͤmch wird geſchmaͤht. 
Warum? weil er 3000 Gulden Gehalt vom Könige von 
Wuͤrtemberg bezieht. I 

— Seichtigkeit. 

1. Here B. verkündet, daß er ſich kuͤnftig mit ber 
bildenden Kunſt befchäftigen und natürlich auch darüber 
drucken laſſen werde. Zwar fehle ihm hierzu bie Kennt 
niß der Technik, aber er werde diefe Unwiſſenheit wie fo 
viele andere (Unmiffenheiten?) fchon durch rothe, gelbe und - 
gruͤne Worte zu bededden wiſſen. 2. Der Briefſteller gibt 
über die St.⸗Simoniſten einige Nachrichten, die nicht nur 
ungründfich, ſondern auch völlig unrichtig find. ‚Die St 
moniften”, fagt er, „mögen wol in Frankreich fein, was 
die Sarbonari in Italien. Was dieſe wollen, weiß ich 
zwar auch nicht Par.” Dies iſt die Art, wie Here 
B. Alles weiß und Alles befpriche. Won jedem Gegen: 
ftande, den er erwähnt, bat er ſich ein Bild zuſammen⸗ 
phantaflet, anflatt hinzugeben und ihn kennen zu lernen, 
und urtheilt dann: friſch ins Blaue hinein. So füllt er 
denn auch hier. rofeder viele Blaͤtter mit leerem Geſchwaͤtz 
über eine Sache, die man in Deutfchland taufendmal 
beffer kennt als er, der mit der Nafe dabei ſteht. Herr B. 
beſchwert ſich über die großen Koften, die in Mimchen 
lauf die Pinaͤkothek und Glyptothek (die er Pinothek und 


Klyptothek nennty demandt worden, fcheint ſonach feine 


Kunftftudien fon wieder an den Nagel hängen zu wol⸗ 

len. Ad, er wird noch Politit und Alles an den Nagel 

hängen und am Ende 'ſich felbfl. | 
 Leihrfertigteit und Albernheit: 

1. Hear B. 2: November 1838. ‚Beine - parifer 
Briefe vom vorigen Winter werden erſt Ende künftigen Som⸗ 
mers ihre Bedeutung bekommen.” Bemerkung. Nai 1833. 
Sie find noch Immer unbedeutend. 2. Die metse Schrift 


670 


* 


von Chateaubriand hat Herrn B. erquickt durch alle 
Adern. Sein ganzes Herz hat er ins Franzoͤſiſche uͤber⸗ 
ſetzt, und wie viel ſchoͤner iſt die Ueberſetzung als das 
Original! (Ste muß alſo ſehr frei fein.) 3. „Rothſchild 
ſoll in einer Börfenftunde alle feine Papiere Losfchlagen, 
daß fie in den tiefften Abgrund flürzen; dann eile er in 
meine Arme, und er foll es fpürm, wie feſt ich ihn an 
mein Herz beide.” (Worauf wartet Herr von Roth: 
ſchild? Ein folches Herz erkauft man nie zu tbeuer.) 
4. „Sch wünfchte Löwe ober Hünbchen zu fein; aber. fo 
in der Mitte zu fliehen, den Stolz des Loͤwens (Löwen) 
und die Schwäche des Huͤndchens — das iſt die Langer 
weile.” (Here B. Tcheint doch hier wie überall nicht in 
der richtigen Mitte, vielmehr dem Hünbchen etwas näher 
zu ſtehen) 5. Here B. iſt über Herrn Eduard Meyer 
in Hamburg fehr entrüftet, weil dieſer in einer gegen bie 
parifer Briefe gerichteten Schrift neue Ideen von ihm 
verlangt. Die Foderung war allerdings unbillig. 6. Here B. 
findet es fpaßhaft, daß er durch feine Briefe in Deutſch⸗ 
land faft fo berühmt geworden als die Sontag. Berühmt 
tft doch wol nicht das rechte Wort. 7. „Sch bin kein 
Zuderbäder, ich bin ein Apotheker!” Alſo Doctor und 
Apotheker. | 
Haß, Bosheit und Rachſucht bis zur Mord: 
luft gefleigert, | 
1. Here 8. jubelt Über den Mord des Grafen Kapo⸗ 
diſtrias. (Matürlih, es iſt einmal wieder mit vother 
Dinte gefchrieben worden.) 2. Herr B. erwartet von ber 
Gerechtigkeit des Senats ber freien Stadt Frankfurt, daß 
ee ihm feine Penfion von 400 Gulden als ehemaliger Po: 
liceiactuarius nicht entziehen werde. Er koͤnnte fonft duch 
feinen Einfluß auf deutſche Blätter in Frankfurt Mord 
und Todtſchlag anzetteln und. um A400 Gulden jährlich 
herauszumorden, wäre ganz Frankfurt, ja Deutichland 
nicht genug. (Dan ſchaudert, wenn man hierbei an das 
Zürzlich in Frankfurt vergoffene Blut denkt. Die Menſch⸗ 
lichkeit gebietet. zu glauben, daß Here B. beffer iſt, als 
ee bier fich feibft malt.) 3. „Wenn es darauf ankommt, 
ein Gift zu milhen, klar, heil, rein, durchfichtig, unſchul⸗ 
dig wie frifches Quellwafler, ein Verleumdungsgift, eine 
Aqua Tofana; ich veritehe das fo gut wie Einer. (Mit 
ſolchen Künften follte man nicht prablen.) Aber nein, ich 
will die Kerls todtfchlagen am hellen Tage.“ (Dear B. 


kann wol nicht todtfhlagen, wohl aber Todte ſchlagen, 


wie er. an Robert bewiefen bat.) 4. „Liegt bie Freiheit 
hinter einem Dieere von. Blut — wir holen fiez liegt fie 
tief im Rothe verſenkt — wir holen fie auch.“ 5. „Deine 
wurbe neulich gefragt, worin er fi in feinen politifchen 
Grunbfägen von mir unterfcheide. Er antwortete: ich bin 
eine geroöhnliche Guillotine; und Boͤrne tft eine Dampf: 
guillotine.“ 
Berleumbung. 

1. Ludwig Nobert. Diefen achtungswerthen, nun ver 
flocbenen Literaten, der Herrn B. in den im „Morgens 
blatte” abgebrucdten Briefen eines Verſtorbenen ſeines 
Sansculottismus wegen getabelt hat unb mit bem ex fruͤ⸗ 
Ber als Freund umgegangen ift, entbloͤdet fi) bee Brief: 


flelee nicht in ber gemeinften Weife durch niedrige Ver: 
leumdungen zu verunglimpfen. Durch fcheinbar ironiſch, 
aber in nur zu beutlichere Abficht hingeworfene Bemer: 
tungen will er glauben machen, berfelbe ſei heimlicher⸗ 
weiſe dem Garbonarismus zugethan getwefen, er habe jeme 
berüchtigten, bie preußifhe Regierung fchmähenden, im 
„NMessager’’ abgebrudten Briefe verfaßt und fagt dann 
wörtlich Folgendes: „Wenn ich ber Polen gedenke und 
des Sommers und Badens, und sole ich oft dort aus 
dem Lefegimmer in das nahe Gebüfh wankte, meinen 
Schmerz und mein Entzüden ausjumelnen, und wie id 
mit krampfbewegtem Herzen der Stunde entgegenfah, welche 
Zeitung brachte; und wenn ih num endlich das Blatt 
in meiner zitternden Hand hielt und es nicht zu lefen 
wagte; nicht zu erfahren wagte das Urtheil jener namen: 
loſen furchtbaren Macht, bie größer ald das AU, höher 
als ber Himmel, älter als die Ewigkeit (!); den Richter: 
ſpruch: 0b es einen Gott gibt oder nicht — und Bam dann 
jener Robert, riß mir das Blatt aus der Hand, bat „um 
Gottes willen nur eine Minute”, wendete das Blatt 
herum, ſah nach dem Curszettel; Warfchau war gefallen 
und die polnifchen Loofe waren gefliegen, und ein Hoͤllen⸗ 
ſchein verklaͤrte fein fübergraues Geſicht —““ Das alfe 
ift Herr Ludwig Boͤrne, das ijt dee Mann, ber fid 
Deutfhland zum Freiheitsapoſtel aufdringt, das iſt der 
eble Vorkaͤmpfer für Wahrheit und Recht, Ex nannte 
fi) Freund des DVerflorbenen, er fagt es felbft, daß ihn 
diefer gegen die Belchuldigung ber Beſtechlichkeit vertheis 
bigt hat; und fo fpricht er von feinem Freunde, den man 
foeben in die Gruft gefentt. Als er das Manufeript zu 
den vorliegenden beiden Bänden dem Verleger uͤberſandte, 
hatte er die Nachricht von Robert's Tode foeben erhalten. 
„Dieſer Robert”, fchrieb er, „bat mie durch feinen Tod 
ben ſchlimmſten Streich gefpielt, denn nun bin ich genoͤ⸗ 
tbigt, von Dem, was ic) gegen ihn gefagt, das Haͤrteſte 
wegzuftreichen.” O des Bartfinnes, der zur Schonung 
des eben verftorbenen Freundes das Graͤßlichſte wegſtreicht 
und fo viel Gift noch übrig behält. Mer den verſtorbe⸗ 
nen Nobert kannte, weiß, daß er bei allen Schwächen 
feines Charakters rechtlich, billig, mild und wohlthaͤtig, 
daß er unfähig war, fi) eines Gluͤcks zu freuen, an dem 
bie Thraͤne eines Leidenden hing. Armer Robert, wenn 
dort ein Höllenfchein auf bein bieiches Geficht fiel, fo 
wiſſen wir ja, wer neben bir ftand, aus weſſen Auge der 
Strat Sam, der bich beleuchtete. . 

2. Wilibald Alexis. Diefer talentvolle Schriftfteller 
hat das Verbrechen begangen, in db. BI. ſich gegen bie 
verberblihen Grunbfäge bes Herrn B. auszufprechen, ohne 
deſſen Charaktere auch nur mit Einem Worte zu berüb: 
vn. Gegen ihn tiſcht Dr. Boͤrne feinen Lefern jenes 
feltfame Product auf, welche® er bettelmigigerweife einen 
Heringsfalat nennt, und kuͤndigt ſich fonach als einm 
Koch an, nachdem er, wie wir früher gefehen, gegen ben 
Stand eines Kucyenbäders proteſtirt und fich zum Apo⸗ 
theker ausgerufen, bat. Aber in biefem fowie in allen 
ehrenhaften Gewerben gelingt es ihm fchlecht, indem er. 
auf allm 91 Blättern dieſes Salate auch nicht Einen 


[4 


671 


wirkſamen Witz zu Stande bringt. Wer ſich in der Lite: 
ratur bis zur Schmähfchrift berabmürbigt, follte dies: we: 
nigftens nicht. umfonft thun, und für die hingemworfene 
Wahrheit und Sitte wäre denn doch Wig der geringfte 
Erſatz. Auch diefen hat Here B. nicht erlangt, vielmehr 
bat er fih dem Teufel der Verleumdung bier völlig um⸗ 
ſonſt, aus reiner Begeiſterung für die Teufelei .ergeben.. 
Sein Gericht ift nicht etwa eine tüchtige concentrirte Bit: 
serkeit, fondern eine Dofis Sale, aufgelöft in einer ‚uns 
geheuern Schüffel vol Waſſer. Er ift auffallend und m 
ben Maße fchrodcher, ‚ale er grimmiger und boshafter ge= 
worden iſt. Jener feichte, treffende Wis, jene Grazie, die 
ihm als Verfaſſer der „Monographie der deutſchen Poft: 
[hnede”, des „Miener Freſſers“ und anderer früherer 
Auffäge zu Gebote ftanden, find ihm entflohen; mit dem 
fihtbarften Beftreben vermag er nicht, fie wieder zu er: 
reichen, und freilich iſt es nicht zu vermundern, daß bie 
Grazien einen Dann verlaffen, der mit den Furien bublt. 
Zuerft diefer meitläufige, flerile, mythologiihe Spaß vom 
großen Boͤr und dem gemaltigen Heimdall, von, welchen 
der ſchwaͤchliche Doctor abflammen will: eine wahre lüne: 
burger Heide im Gebiete des Wiges. Dann bie Erzäh: 
lung, wie Ludwig Robert und Dr: Häring ihn in Berlin 
fetirt, geptiefen, geehrt- haben follen. Died zu erzählen, 
ift, wenn es wahr waͤre, boshaft, ba es unmahr iſt, ver: 
leumderiſch; die Erzählung ſelbſt iſt langweilig und ſchal. 
Herr B. nennt ſeinen Gegner einen blaſſen Jungen, ein 
kuchenlaͤchelndes, bimbammelndes Sonntagskind, woraus 
man denn ſieht, daß er es ſelbſt in der Kunſt des ein⸗ 
fachen Schimpfens nicht ſo weit gebracht, als er es bei 
einigem Aufwande von Zeit und Muͤhe in der Schule 
der Fiſchweiber zu Berlin haͤtte bringen koͤnnen. Zuletzt 
ſagt er ſeinen Gegnern nach, ſie haͤtten den Koͤnigen ein 
Pereat getrunken, Epigramme auf fuͤrſtliche Perſonen ge⸗ 
macht und Kiſten mit Dolchen in ihren Wohnungen ver⸗ 
ſteckt. Vermuthlich ſoll dies jenes farbloſe, unſchuldswaͤſ⸗ 
ſerliche, geruchsfreie Giftchen, die hochgeprieſene Aqua To⸗ 
fana fein, wozu er das Recept zu beſitzen prahlt (ſ. Daß 
und Bosheit, 3). Doch genug von dieſem Salat ohne 

ig, dem das Oel fehlt. 

Niedrige Geſinnung mannichfacher Art. 

1. „Die groͤßte Freude des Lebens iſt die Schaden⸗ 


freude.“ 2. Herr B. bekennt, daß er mehren Zeitungen 


Nachrichten und Stoff zu misfaͤlligen Artikeln geliefert 
Habe. (Nun willen wir doch, woher bie parifer Blätter 
ihre Lügen nehmen.) 3. „Es fchien mir gut, meine Ge: 
finnung und deren Ausdrud auf das Aeußerſte zu treis 
ben, um meine Gegner zu verleiten, daß fie das Näm: 
fiche hun.” (Mas Here B. hierbei gewonnen hat, iſt 
nicht wohl einzufehen. Er fcheint indefjen nur die Aus: 
prüche feiner Wuth dadurch beſchoͤnigen zu wollen, daß 
er fie für Refultate kluger Berechnung ausgibt.) 4. „Ich 
wollte, es gäbe mir einer die drei Louisdor zucud, bie 
ich für mein Chriftenthum dem Herrn Pfarter verehrt. 
Seit ahtzehn Jahren bin ich getauft, und es hilft mid 
(mir) nichts. Drei Louisdor für ein Plägchen im deut: 
{hen Narrenhauſe! Es war eine thörichte Berſchwen⸗ 


dung!” (Man fieht, der liebe Gott hat bei Herrn B. 
vor und armen Menfchenkindern nichts voraus, Um fein 
radicales Gleichheitſyſtem volftändig durchzuführen, fegt 
er Gott und Menfchen gleih; darum bat er Gott belos 
gen, wie er uns belügt, indem er ſich achtzehn Sahre 
lang fälfchlih zu Chriftt Lehre bekannte, nun aber bereit 
ift, den Heiland für drei Louisdor wieder zu verſchachern. 
Er läßt fi) aber dabei denn doch billiger finden wie Ju⸗ 
bas Iſcharioth, was wol ben dermaligen Fortfchritten in 
ber Induſtrie zugefchrieben werben darf. Wir fagen aber 
wie er: „den Mann kann geholfen werden”. Will er in 
Öffentlicher Synagoge feierlich, unter Beobachtung aller 
porgefchriebenen Geremonien wieder zum Judenthum über: 
treten, fo kann er die drei Louisdor zuruͤckerhalten. Soll: 
ten fie ſich durch eine Pfennigfubfeription nicht gufbringen 
lafſen, fo find Befoͤrderer des Chriftenthums bereit, fie als 
ein Schetflein zur Epuration der chriftlihen Gemeinde 
zu zahlen.) Ä | 
Es find die eignen, mehrentheils toörtlichen Aeußes 
rungen des Briefſtellers, in welchen er hier fich felbft dar⸗ 


geſtellt hat. Sollte feine Selbſttaͤuſchung fo weit gehen, 


daß er wirklich glauben könnte, die Sache ber Wahrheit, 
ber Freiheit und des Mechts zu befördern durch fo fchlechte, 
fo niedrige Mittel als die find, die er Hier ampreift und 
fetbft in Anwendung bringt? Hat er nicht bas Heftigfte, 
MWildefte, Wuͤthendſte ſchon ausgefprochen, und wo hat er 
einen Anklang gefunden? Die Geftalt, in welcher er aufs 
tritt, iſt zu lächerlich, um. furchtbar, zu furchtbar, um 
lächerlich zu fein. Noch haben feine Blige, flatt zu zuͤn⸗ 
den, nur fein eignes Schreckbild beleuchtet. Wenn fie aber 
einſt züunden follten, dann würbe er fcheu unb reuig zu: 
rüdtreten vor ben Flammen, bie er angefacht. Aus fol: 
chen Elementen kann ſich kein Paradies geftalten, denn 
— nicht hoffe, wer des Drachen Zähne fät, 
Grfreuliches zu ernten! 186. 





Correſpondenznachrichten aus Berlin. 

Beſchluß aus Nr. 168.) 
Die beiben Maifefte, die in Berlin gefeiert wurben, waren 
bie Geburtöfefte zweier fechzigiähriger hochverbienter Literaten, 
von denen der Eine feit Jahresfriſt unferer Univerfität, der Ans 
dere feinee Geburt zufolge Fir immer geiftig uns angehörte. 
Es find zwei Männer, die ber beginnende und ber ſcheidende 
Mai deffelben Jahres 1773 ins Leben rief, verwandte Geifter, 
die troß der verfchiedenften Zendengen, bie fie im Kreislauf ih⸗ 
rer Bildung umd ihrer Probuctivität einſchlugen, im Principe 
des aus ber Raturphilofophie herausgeborenen beutfchen Den: 
tens und Dichtens ſich weſentlich berührten. Am 2. Mai 
feierte Henrich Steffens zum erſten Male in Berlins Mauern 
feinen Namenstag; am 31. Mai fand zum erflen Male uns 
tee uns eine Beftlichleit zu Ludwig Zied’s Geburtäfeier 
flatt. Wir berichten der Beitfolge gemäß zunächfl von jenem. 
Am Morgen feines Feſttages empfing unfer würbiger Rormann bie 
Gluͤckwuͤnſche feiner Freunde, Gollegen und Gönner; von einer 
Deputation feiner alabemifchen Schüler wurbe ihm ein filberner 
Pocal überreiht. Gin junger hieſiger Maler, ©. Knebel, Hatte 

Zetchnungen angefertigt, welche bem verehrten Wanne m 
wohlthätige Erinnerungen und Scenen aus feinen, in ber Hafens 
ftabt Stawanger an ber norwegifchen Rorbfeeläfte verlebten Kins 
berjahserl, aus feinen Reiſen, feinem Belbzuge in preußifchems 





672 


Dienſte und feinem A an ber Mündung ber (the zu⸗ 
zäcriefen. Zu ben fonftigen Geſchenken, die ihm verepr wurden, 

ehdrte namentlich ein Delgemaͤlde, das dem norweg ſchen Land⸗ 
(ee Rernim:Klord darſtellt, eine Gopie, beffen Driginalbitb von 
G. Boniſch den Berlinern nod von bes Austellung be& lettver⸗ 
gangenen Jahres auf ber hiefigen Alademie erinnexlich fein mag. 
Am Abend bes feftlichen Tages verfammelte- ſich «in engerer 
Zirkel von Zreunden um ben Gefeiertn. 

Ueberaus zahlreich war der Andrang jur Thellnahme an 
ber fechsigften Geburtsfeier Ludwig Zied’6 am letzten Tag des 
Mai; 157 Perfonen mußten ausgefchloffen werden, und 20 faßte 
der an ſich nicht alkzu weite Raum im biefigen engliſchen Haufe, 
Die Sinlabungen, weldye zumeift von Friedrich v. Raumer aus⸗ 

ingen, waren zunächft an anerkannte Freunde und Verehrer der 
ied’fchen Mufe gerichtet; gleichwol fah man Anhänger der ver: 

ſchiedenſlen äfthetifchen Farben verfammelt, die der Glanz bed 
gefeierten Namens herbeigog. Außer bem ſaͤmmtlichen Literaten 
Berlins, die, Freund oder Feind, alle von ber lauten Freude 
befeelt fchienen, das Feſt eines noch lebenden großen Deutſchen, 
des größten Dichters der Jetztwelt, würdig zu feiern, fah man 
vorzugsweife bie bebeutendften Maler, Bildhauer und plaftifchen 
Känftier unferer Reſidenz vereinigt. Das lebhafte Gefühl, es 
handle ſich für unfere Gegenwart um bie Würdigung eines Dich 
ters, dee aus dem Echoofe ber Poefie die wunberbarften Geiſter 
einer tiefinnigen Muſik hervorfteigen ließ, hatte auch unfere 
Tonkuͤnſtler Derberaefbrt, und in dem Bewußtfein, daß nicht 
blos altdeutfche Kunft, fontern auch altdeutfche Gelehrſamkeit 
durch die Zauberruthe Meeifter Ludwig's new and Licht gefkiegen, 
waren auch viele bedeutende Gelehrte aus allen Fächern ber Wifs 
fenfchaft herbeigelockt. Ein feltener Juwelenkranz von Männern 
aus allen Regionen ber Geiſteswelt war zur feſtlich decorirten 
Abenbtafel aneindergereiht, und bie wie Blumen dazwiſchen ge: 
ftreuten Damen erhöhten burc ihre Gegenwart nicht wenig den 
Glanz ber ſchoͤnen Rachtmahlöfeler. Yir bie treffliche Anordnung 
ber Feſtlichkeiten gebührt Hrn. von Voltei ein unumfchränttes 
Lob; auch die reichlichen Baben feiner eignen Mufe verſchoͤnten 
und erhöhten den feltenen Genuß, ben die unter feiner Leitung 
veranftaltete Aufführung bes Prologs zu Zied’s „Octavian“ ben 
überrafchten Gaͤſten bot. Herr Dr. Häring ſprach zuvor einige 
einleitende Worte Über Tieck's Bedeutſamkeit für die beutfche 
Literatur; er führte Gervantes und Lefling zu einer Unterrebung 
an bie Wiege des vor 60 Jahren neugeborenen Kindes und Ließ 
- die beiden Deroen ſich wetteifeend bemühen, dem jungen Exrbgebore: 
nen bie zeichen Gaben des Geiſtes zu fpenben, bie feinen Ruhm 
vereinigen. Dr. v. Holtei vereinigte fobann mehre Mitglieder ber 
hiefigen Bühnen, unten denen Mad. Crelinger, Frau v. ‚Holtei, 
Dem. Hähnel, Hr. Rott, He. Bifcher u. A. m. auf bem Chore 
des GSaals zur declamatorifch⸗muſikaliſchen Darftellung bes ſchon 
erwähnten „Aufzugs ber Romanze‘ zum „Dctavian. Die wunders 
bar füß tönenden Sonette, bie ber Dichter im Prologe Ipricht, 
teug Hr. Rott wuͤrdig und gefühlvoll vor, das darein ſchallende 
Echo eröffnete bie volle Muſik der Tieck'ſchen Verſe, und von ben 
Lippen unferer Grelinger, welche bie Worte ber Romanze vortrug, 
tönten überrafchend fchön die weichen und warmen Affonanzen: 
Fänge. Mit wahrhaft ergreifendem Enthuſiasmus ſchloß fie mit 
ben bebeutungsvollen Worten, bie ber Chor fingend wiederholte: 

Monpbeglänzgte Zaubernacht, 

Die ben Stan gefangen hält, 

Wundervolle Maͤrchenwelt, 

Steig’ auf ia ber allen Pracht! 
Henridy Gteffend, der fechigiährige Alteregenoſſe Tiecks, hob des 
Gefeierten hoben Werth als Dichter der Mythen feines Volkes 
und ber Mythen ber Kindpeitäwelt hervor. Trog ter Beklom⸗ 
menheit, in ber Steffens, von ber tiefen Bedeutſamkeit des wahl⸗ 
verwandsfchaftlichen Seiftes ergriffen, feinen freien Vortrag un⸗ 
vorbereitet, wie ed fchien, hielt, war bie Wärme und bie Wieder 
keit. der Sefinnung des ebein Redners in feinen Worten nicht gu 
verlennen. Mehre Toaſts folgten aufeinander, auf des abwefens 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagtbandlung: J. A. Brochaus in Leipzig. 


ben Ludwig und des anweſenden geſchaͤgtken Bilbhauers Friebrich 
Tieck's Wohlſein. Hr. v. Raumer leerte darauf fein Glas auf 
das Andenken des Staatskanzlere Fuͤrſten Hardenberg, ber chen 
falls am St. Mai das Licht der Welt erblickt hat, und knuͤpfte 
an feinen Zonft einen freifinnig außgefprodgenen Wunſch ber 
Forberung Deſſen, wos ber verewigte Staatemann ind Dafeln 
su rufen begann. Hr. Haͤring kuͤndigte bald barauf zum anfäng 
lihen Staunen der Anweſenden, bas ſich jeboch bald in heiteret 
Wohlwollen verwandelte, einen politifchen Toaſt an; ber Redner 
jagte Manchem vielleicht einen Schrecken ein, indem er für ben 
Aufruhr, aber auch fir deſſen baldige Beendigung einen Sluͤck 
wunſch laut erhob, damit aber, ſich alsbald verdeutlichend, keinen 
andern Aufruhr als den in ben Gevennen meinte. - Yußer dem 
gebruckten Zeftliede, von Gen. v. Holtel gebichtet, circulirte auch 
der von bemfelben ausgebrachte Zoaft auf den Mai, wovon 
wir bie beiben lesten Strophen mittheilen: 


Ich bring's dem Mat auf felnem Blumenthzone, 
Jch being’E den Mat, umblüht von Wonneduft. 
Er Hi Tiecks Vater! Mög’ er biefem Sohne 
Nur Blüten fireun dis an die fpäte Gruft, 

Mit Rofenbanden noch den Greis umwinhen 
Und immer fung m Ihm ſich wiederfinden. 


Der Dat und Tied, fie werden ewig leben; 
3% bring's dem Mai, der laͤchelnd Ihn gebar. 
Hört ihr da draußen alle Bäume beben? — 
Die Nachtigallen, — wie? — fie Magen gart? — 
Sest Rirbt der Dial — und fiäftert noch im Sinten: 
Ihr müßt auf meines Ludwig's Leben trinken. 


Auf ſolche Weife mag es ebenſo erklaͤrlich wie verzeiblich fein, 
wenn die Sefellfchaft Tiecks Geburtsfeſt über den Mai hinaus 
bis in den Suni hinein feierte. Während ber Tafel ging ein kry⸗ 
flallener Pocal mit 2. Tieck's eingefhliffenem Bitdniffe von Hand 
zu Hand unter ben Anweſenden umher; von Teiner Lippe biieb 
ee unberührt. Derſelbe wich nebft einem Album in Kolio, in 
welchem jeber der Gäfle feinen Namen eigenhändig verzeichnete, 
dem Gefelerten nach Dresden überfandt als bas Denkmal ber 
fröhlichen eier feines Ramens. 148. 





Literarifhe Notizen. 


Intereffant ift Thatcher's ‚Indian biography’ (2 Pde., 
Neuyork 1832), welche Nachrichten von ben Indianern enthält, 
bie ſich als Krieger, Staatsmaͤnner, Redner und durch andere 
Vorzuͤge ausgezeichnet haben. 





Der geiſtreiche Amerikaner William Güerg Ghanning, 
auch in Deutfchland durch feine Schrift über Rapaleon bekannt, 
hat eine Sammlung vermifchter Schriften unter den Zitel: 
„Discourses, reviews and miscellanies” (Bofton 1880), her 
ausgegeben. 


Dee-Kanzler Kent, der ameritanifhe Blackſtone genannt, 
gibt feine „Commentaries on american law’ in einer neum 
Ausgabe in vier Wänden heraus, 


Wichtig für bie Geſchichte der Vereinigten Staaten if 
„Ihe diplomatic correspondence of the american revolution" 
von Jared Sparks (12 Bde., Boſton 1829 fg.). Diefe Briefe 
find auf Anordnung des Congreſſes nach den Urfchriften in ben 
Archiven gebrudt. 


Bon bem „American annual register”, einer Nachbiſdung 
des gleichnamigen in England erfcheinenden Werkes, An biefed 
Vorbild in Plan und Ausführung übertreffend, find jegt ſechs Baͤnde 
erſchienen, weiche die Sahre 1325 — 31 umfaffen. 9, 

Hierzu Beilage Nr. 6. 


— —⸗ 


* 


8 


Beilage zu den Blaͤttern fuͤr literariſche Unterhaltung. 


—R 





Nr. 6. 12 Juni 1333. 





1 


Hitoriſch- doitiſch⸗ Anfichten umd--Unterfechungen, betref⸗ 


fend die Frage von der praktiſchen Ausbildung der ſtaͤd⸗ 


tifchen Verfaſſungen in Deutſchland. Zum Behuf der 
vnterländifchen Geſetzgebung zuſammengeſtellt von D eins 
ih Gottlieb Reichard. Leipzig, Weidmann. 
1830. &r. 8. 2 Thir 12 Br, 


Der Berf. bes barliegenben Buches ſucht in gutem Graf 
und ehrlichem Fleiß ein Wild ber fäbtifchen Eatwidelung in 
Deutfhland zu geben und auf Das binzumweilen, was nun 
Roth thue, um manche frühere erfprießliche Fruͤchte des Städte 
lebens von Neuem zu erzeugen, trotzdem daß die. Städte nicht 
mehr im freien Garten des heiligen Reiches belegen und alfo 
mitteld bed Grundfages: kein Staat im Staatel größtentheils 
wie Vögel an Faͤdchen gebunden find. 

- Die hiſtoriſche Entwickelung ift- vornehmlich nach Eichhorn's 
Arbeiten über beutfche Rechtönerhätltniffe und insbefonbere über 
fädtifche Berhältniffe entworfen; . fie ift Far, uͤberſichtlich unb 
dem großen, gebildeten Yublicum ſicher mundrechter als Eich⸗ 
horn's Darftelluugen felbt. Einige Misverftänduiffe kommen 
wol vor. Go heißt es ©. 36, „Die Bewohner eines Gaues 
-— zunädhft in Markgenoſſenſchaften oder Localgemeinden einge 
theilt. Eine größere Gemeinde wurde aus bunbert ſolcher ges 
ſchloſſenen Markgenoffenfchaften, die in einer Region beifemmen 
lagen gebäliet (sentena, Hundrede).“ Daß bie Genten hundert 
Markgenoſſenſchaften freier Männer umfaßt haͤtten, glaubt der 
Dr. Berf. doch wol nit im Ernſt? Die Reſte der Gentuer 
foffung, wo fie fi wie in Wallis und anderwärts noch finden,. 
würden :ipa leicht eines Andern belehren. Auch eine angelſaͤch⸗ 
ſiſche Hunbrebe ift keineswegs eine politifche Wereinigung von 
Yundert Gemeinden, fondern nur von zehn Zehnten. 

Ein voͤlliges Misverſtaͤndniß ift es, wenn bie Reichttage 
tes fraͤnkiſchen Reiche den Reichsſtaͤnden fpäterer Zeiten in ib: 
zer Beftimmung verglichen werden ©. 45, wo es heißt: „Vor⸗ 
ſchlag des Königs, freie Eroͤrterung und felbftändige Be 
ſchlußnahme der Reichdtagsglieber unter fi, und felbftändige 
Genehmigung bes Königs in letzter Inſtanz machten das Staata⸗ 
geſetz.“ Che bee Hr. Verf. dies niederſchrieb, hätte ex zuvor 
$. 121 in der von ihm fo oft citirten @ichhonn’fchen Staats: 
und Rechtsgeſchichte wohl erwägen follen, er würde bort eine 
Stelle gefunden haben, bie ihn beffer als alles Andere über bie 
eigentliche Ratur und Bedeutung der fraͤnkiſchen Reichſtage 
aufgeltärt bitte. Es beißt naͤmuch bafelbft: „Nach dem Geifte 
diefes Zeitalters fuchte ber König den Math feiner Leubes, 
wenn er etwas ohne ben Beifall des größten Theiles derſelben 
nicht durchgufegen im Gtande wars aber er dachte nicht 
daran, fie zu fragen, fobalb er binlänglide Be; 
walt in Bänden zu haben glaubte, um aud ohne 
die Majorität zu handeln.” Die Placita in den Gauen 
als Provindallandtage zu betrachten, ift nun vollends nicht der 
minbefte Grund in der Beſtimmung ber Placita zu finden. Die 
Aehnlichkeit ift ſehr allgemein und hoͤchſtens formell, bringt 
aber leicht, wenn auf biefelbe aufmertfam gemacht wirb, wun⸗ 
derfame falſche Vorftelungen in die Köpfe. 

©. 91 macht ˖ ber Hr. Verf. eine Bemerkung, bie fehr rich 
tig ift, die ihn aber ſelbſt hätte verzweifeln machen müffen an 
der Hoffnung, daß aus den deutfhen, im inne ber neuern 
Staatstbeorie unterthänigen (denn mit ben freien oder nicht in 
diefem Sinn unterthäntgen fleht die Sache ganz anders) Skaͤd⸗ 
ten etwas Achnliches hinfichtlidy des Reichthums, der Kraft und 
Tuͤchtigkeit des Lebens je werben koͤnne, als in den deutſchen — 
ſelbſt in vielen unterthänigen — Städten des Mittelalters zu 


fehen ift. ı:Diefe Bemerkuntz lautet, wie folgt: „Die Einheit 
ber Juſtiz⸗ Yollceis und Sommungalverwaitung im Inmern. bee 
Städte, die Handhabung der geſammten Öffentlichen Gewalt 
durch ſelbſtaͤndige, aus den Erfahrenſten und aus ben Beghterten 
imfommengsfepte Gemeinberäthe und die Autonomie bes 
Stabtgemeinden waren bis Haupthebel gur@rdße 
der Btädte‘ Diefe Autonoweie, bie matürlich. nie etwas, 
was unmittelbar gegen das Reich oder ben Lan⸗ 
desherrn war, für @efeg erklären konnte, fonfk aber unter 
dieſer Ginfchräntung es den Stabtgemeinden und ihren Magir 


ſtraten moͤglich machte, diejenigen Berfaffungdformen, die dem 
localen Bedürfniffen entfprachen, diejenigen Sitten und Snftis. 


tute, bie eben an.diefem Orte gelosen sbaren, biejenigen Metr 
tyüge mit auswärtigen @emeinweien, bie eben. biefem. Gemin. 
weſen exfprießlich waren, zu beſtimmen — dieſe Autonomie ges 
währte die Moͤglichkeit ber Snbividualifirung eines 


Stadtgeiſtet, ber nun feinen eigenthämlidhen Ortöverftand 


und fein eigenthämtiches Ortsgemuͤth in bumbert und taufenb 
Fällen bethätigen und dadurch zum Bewußtfein feines eigenften; 
befonberften Dafeins in der Welt Eommen konnte; — dies Be 
wußtfein iſt aber da unmöglich, wo ein Orteweſen wie ein ges 
fangener Vogel wol einmal ein wenig aufflattern barf, aber aus 
gendlicklich am Baben des allgemeinen Lebensfchemas zuruͤckgezo⸗ 
gen wird, ſowie «es eine eigenthümliche Richtung einfchlagen 
will. Diefe Autonomie aber iſt es, die nirgend im neuerer 
Zeit einer Stabt, fo viel auch von GStäbtefceiheit gefprodgen. und 
gefchrieben worben iſt, von. Neuem gewährt wurbe. Machtigal⸗ 
len ſchlagen freilich au am Tage, wenn man ihnen bie Augen 
ausfticht, ſodaß fit den Tag für Radıt haltenz ob aber auch 
eine Stabt das koͤſtliche Lieb freiftäbtifchen ober wenigftens uns 
gehemmt ſtaͤdtiſchen Eibens fingen wird, wenn man bie Werke 
fung, die man ihr ohne Automomie gibt, eine Staͤd 
beit: nennt ? ' “ . 
Was ©. 106-108 lange nit nachdruͤcklich genug hervor⸗ 
gehoben iſt, jene eigenthämlicge Revolution im ftäbtifchen Leben: 
im 1% Jahrhunderte, bie ohne Verſchwoͤrung und formellen 
Zuſammenhang faft alle italieniſche, deutſche und franzdfifche 
Staͤdte (um und eines Ausdruckes aus dem Bauernkriege gu 
bedienen) „herumruckte““ von Rom bis Bent, jene ganze bem 
neuen Bebürfuiffen des bürgerlichen Lebens angemeffene Umge⸗ 
ftaltung wäre ohne die Autonomie der Städte nicht möglich. ges 
wefen; und wenn auch bier und da bie Kürften eingriffen und 
eingreifen mußten, das Sefüht, gehandelt zu Haben, das 
Gefuͤhl, dies Aberall zu können, im eignen Haufe 
Herr zu fein: dies Gefühl Kann Niemand octroyiren, das 
muß in wahrer Freiheit felbft erwachſen, und ohne bies Gefühl 
gibt es keinen freibärgerlichen Eharakter, fonbern nur entweder 


. flachrallgemeine Phyſiognonien oder dumpfe Caricaturen ſich im 


Kampfe gegen ‚jene flache Allgemeinheit abquätender, tieferer 
aturen. 

Wenn ber: Hr. Verf. ©. 149 von ben Früchten jenes frä- 
bern Staͤdtelebens in Deutſchland ſchreibt wie folgt: „Reger 
Wetteifer für die Gemeindeangelegenheiten, ftete Entwickelung 
ber ſtaͤdtiſchen Thaͤtigkeit, fortſchreitendes Anwachſen ter ihnern 
Kraft, ehrenhafte Aufmerkſamkeit fuͤr die Aufmunterung ‘ber 
Kuͤnſte und Gewerbe, preiswuͤrdige Sorgfalt für bie —E8 
und Schulen und für alle Anſtalten der Wohlthaͤtigkeit waren. 
die: unterfheibenden Kennzeichen der Gtäbte, wo die Rathege⸗ 
walt und ber Gemeindeeinfluß fich ins Gleichgewicht geſetzk hate 
tm” — wenn ber Hr. Berf. alfo Schreibt, fo bleibt une ur 
noch binzuzufegen,, daß eben dieſes fegensreidh . und fachgemäß 


ſich ins Gieichgewicht fegen koͤnnen nur eine Folge jener bar 


mals vorhandenen, unfern Städten. aber mangelnden Autenes 


\ 


D 
n 





674 


‘ 


mie war, unb eine Folge von biefer ganz allein. Hätte «8 in 
neuerer Zeit ben An ale wolle ſich irgendwo bie Geſchichte 
ſelbſt wiebergebären, und als wollten Städte wieder in jener 
frähern Weife, aber auch ohne Autonomie, vor Keichthuni des 
innern Lebens ſchiex zerplagen, fo weiß. man, daß dieſes Zerpla⸗ 
genwollen vornehmlich nur in foldhen Zeitungen flatthat, mit 
denen leicht irgend eine hofpitalbauende oder vornehme Gaͤſte 
tm NRamen ber Stadt bewillkommende u. ſ. w. Magiſtrateper⸗ 
fon eine Correſpondenz ankuupfen kann. 

on Dem, was der Hr. Berf. aneriennend und wehlmei⸗ 
wenb Aber die Städte ber neueren Beit Tage, ſchweigen wir aus 
dem einfachen Grunde, weil wir bie Wirkungen bes Weuers, ser 
aber Mittel kennen, unfere Schreibfinger davor zu behüten. Auf 
den Abſchnitt über bie vier freien Städte machen wir, als auf 
einen beſonders intereffanten, noch in specie aufmerkfam. 69. 


———— —— — — — — — — 


Deutſche Dichter. Erlaͤutert ven M. W. Goͤtzinger. 
Kür Freunde der Dichtkunſt überhaupt und für Lehrer 
ber deutfchen Sprache insbefondere. Zweiter und letz⸗ 
tee Theil. Leipzig, Hartkaoch. 1832. Br. 8. 2Thlr. 
Weber ben erſte 


* biefelbe Dial intereff Nachrichten ſch 
fu e aſſe intereffanter von 

er thnen laͤngſt theuern Dichtungen und finden hier größten. 
theils Gedichte, bie oieleiigt Ipncn nichts weniger als theuer find; 
finden einen Gommentar, ſich oft ſehr weit verliert, und ih⸗ 
nen wenig Neues gibt; ſinden endlich manche ihrer Lieblinge aus 
älterer und neuer Zeit gar nicht." Etwas Wahres iſt allerdings 
an biefer Beſorgniß des Werfaffers, allein nicht grabe baburch 
bürfte fie gerechtfertigt fein, daß biefer Theil nicht bie Menge 
intereffanter Nachrichten über bie einzelnen Didptungen enthält, 
woran ber erfle Shell fo reich war; denn ba biefer Theil Iyris 
ſche Dichtungen begreift, und bei biefen der Geiſt bes Dichters, 
nicht aber bie dem Gedichte vielleicht zu Grunde liegende, in ihm 
gefchitberte Begebenheit hauptfählich in Betrachtung genommen 
werben muß: fo koͤnnte nur ein unbifliger und unverfländiger 
Mann deshalb biefen Theil gegen ben erflen zurüdfegen. Ans 
bers verhält es ſich mit den andern Gründen, benn ein zu weit 
fich verlierender Commentar ift allerdings fehlerhaft, zumal bei 
einem Werke, welches zunaͤchſt für Säulen beftimmt if. Unb 
in der That, wir haben uns geivunbert, in biefem Schelle nur Ge: 
dichte von Kiopfiod, Hölle, 3. H. Voß, 3. G. Zacobi, Salis, 
Schiller, Herder, Lichtwer und Pfeffel anzutreffen, obgleich 
wir noch recht wohl im Gedaͤchtniß haben, daß Dr. &. mi 

eine Auswahl dbeutfcher Gedichte, fondern beutfher Did: 
ter commenticen wollte. ebenfalls hätte bas Werl an Mehr⸗ 
feitigtelt gewonnen, wenn fowol Goͤthe als auch Ramler, und 
auch ſonſt noch ein ober ber andere Dichter wäre aufgenommen 
werben. Grabe weil bei Iprifchen Gedichten das Gemuͤth bes 
Dichters es if, was uns zumeiſt befchäftigt, hätte dies den Ber 
foffer bewegen follen, in feinem Werke fo vielfeitig als möglich 
gu werben. Bon Schiller 4. B. find 54, von Kiopfiod 18, 
von Salis 10, von Herder 39, von Pfeffel 28, von Lichtwer 16 
Gedichte gegeben worden. Bei allen bielen hätte aber ficher auch 
eine Bleinere Anzahl ausgereidht, ben Dichter in feiner ganzen 
Sub t, wobei es doch zunaͤchſt bei eine Sammiung 
von Dichtern anlommt, barzuflellen, dadurch aber wäre 





bier, und um fo ‚ als im ige 
—ã Ba enden uns vielmehr fogleich zu Klopftot's gi 
8 
und Cegien. „Das Sharakteriftifhe in Kiopftod’s Poefie, 
——— Bogeißerung — 


‚ da entquoll e 
—— werigfiene kein Hätrtifder, — Bei pe 


find mithin ber und Menſch nie getrennt, fonbern flets 


eins, und nie hat ex einen Gegenſtand blos dethaib gewaͤhlt, um 


i — barzuflellen, fondern ſtets, um ihn gu verherrli⸗ 


alb muß man den Menſchen Klopfiock kennen, um 


ben Dichter zu verfichen. — Was mon im gemeinen Reben unter 
Phantafie ober Ginbildungsiraft verficht, nämlich das Wermögen, 
aus der ne heraus (hinaus) zu verfegen und eine 
ſchaffen, — 47 ock in hohem Grabe, 


wenn ex gleich darauf ſagt: „Was man aber unter dichteriſcher 
" mlich das Bermoͤgen, dem ol: 
und en den 


gi 

ondern ſie zu zwingen, 
eſtzuhalten — alles — 
Klopftock in geringem, ſehr gerne Grabe.” Hr. ©. beruͤck 
ſichtigt offenbar nicht genug, daß Kiopfkod! bier nur als Iprifcher, 
und zwar als Dbenbichter betradgtet werben muß, twobei natuͤr⸗ 
lich von ſolcher Phantafte, welche ex die dichterifche nennt, nicht 
wohl bie Bebe fein kann. In feinem „Meifias‘ ift jedoch auch 
diefe zu finden, und zwar in einem nicht gemeinen Grade. 

- Bei feinem Gommentar benupte Hr. G. alle ibm zu Se 
bote fiehende Hülfsmittel; fchon bewegen bürfte biefer Goms 
mentar zu ben Klopſtock'ſchen Oden ber dollkommenſte fein. Ja 
bas Ginzelne können wir uns nicht verlieren, wir w nicht 
nur zu weitläufig, ſondern auch, wenn wir nicht Obe und Com⸗ 
mentar Herfegen wollten, unverflänblich werben. Es thut jedoch 
auch nicht Roth, da bie Lefer ſchon aus ter Beurtheitung dee 
erſten helles dieſes Werkes bie Art und Weiſe tennen gelernt 
haben‘, wie ‚Hr. Göginger commentirt. Da bei Klopſtock bie 
Sreigniffe feines Lebens zum Berſtaͤndniß feiner Oben unums 
gänglich nothwendig find. fo verfieht es fich von ſelbſt, daß Hr. @. 
barauf bie größte Eorgfalt verwendete. 

Unparteiiſch und gruͤndlich iſt bes Werfaflere Würbigung 
bes vielgelobten und vieigetabelten Voß. Mit Recht ruͤhmt er 
bie friſche Lebendigkeit, ben Gifer für Alles, was ihm recht unb 
heilig duͤnkt, welchen wir überall in Voß'a Gedichten wahrnehmen, 
* ee aber ut * Fra ah Voß den 
‚meiften fe ichte einen fehr un a RNebengeſchmack 
beimifchte, was aus feinem glühenden Sale gegen en 
thum und gegen alles Pfäffiiche hervorging. Unleugbar find bie 
idylliſchen Dichtungen das Beſte, was Voß in dem der 
Dichtkunſt erzeugte. Er and es trefflich, das gewöhnliche 
bürgerliche und laͤndliche Leben zu ſchildern, ohne ins Gemeine 
zu fallen, und wieberlegte burch bie That bie Meinungen ber 
Freunbe Geßner’s, weldye behaupteten, das Landleben fei nipt an⸗ 
ber& barftellbar, als im böchften Grade ibealifrt. 

Die bei Schiller’s lyriſch⸗ elegifchen Gebichten getroffene An⸗ 


keit und bem Leben bar 


geboren ward, mit 
kraſt 


i ahnen Ueberficht, wir erlennen des 
Beif und dep 

eine Geſchichte der Seelenre 

sign Bortheil, ben eine chronalogi 


kann 


jeden eingeinen Ausdruck deſſelben betracht 
ondern auch in feiner Harmonie mit dem Ga PR 
einzelnen Gedanken ſucht er die Gutfichung und Portbildung 
nachgumeifen, jebes einzelne Bild erklaͤrt er nach frinen Beſtand⸗ 
tgeilen und nach feiner Totalitaͤt. 
Aber kann man ganz billigen, daß er auch Alles, was ber. 
inter bei fpäterer Ueberarbeitung an feinen @ebichten wegthat, 
doch veränderte, in feiner. frühern Geſtalt feinen Anmer⸗ 
kungen einverleibte? Wir zweifeln baran. Depn eben dadurch 
baß der- Dichter fo bamit verfuhr, gab er unferer Meinung nad 
auch zu erfennen, daß er es als feiner und bes Yublicums um: 
würdig betrachte. Allerdings gehören dergleichen Stellen in eine 
Geſchichte feiner dichteriſchen Bildung, kaum aber in eine Aus 
gabe feiner Gedichte für Schulen und Yreunde der Dichtkunſt. 
Wenn wir bie Werke der Alten in jeber ihrer Geſtalten, von 
ihrem erſten Entwurfe an bis zu ihrer größten Vollendung vor 
uns Yhtten, fie würden, meinen wir, gewiß nicht wenig von bee 
sung einbüßen, welche ihnen jegt von allen Geiten geweiht 
wird. Dahin aber werben es unfere Dichter kaum jemals bringen, 
eben weil wir fie nicht allein ald Bollendete, ſondern auch als ſich 
noch Bildende betrachten, koͤnnen, indem wir indiscret genug find, 
immer Dasjenige der Welt wieber vor Augen zu legen, was fie 


ſelbſt vernichteten. 

Bei Schiller's„Glocke“, verbreitet ſich Hr. G. auch über bie 
Parodien, welche dies Gedicht esfahren hat. „Die Glocke“, fügt 
er,„hat das Gluͤck ober Ungluͤck gehabt, ſehr oft parodirt zu 
werden; ich kenne ſelbſt vier Parodien (und vermuthlich gibt es 
noch mehre): „Die Uhr”, von Freitleben, „Die Klingelſchnur“, 
von Semler, „Der Kaffee”, von Miller, und — „Die Wurf‘, 
ich weiß nicht von wem.” Rec. theilt über biefen Gegenfland 
ganz Hrn. 8.6 Meinung, tenn wenn auch, wie er fagt, bie 
Parodie an und für fi) nicht zu verdammen iſt, fo hätte body 
Sciller’e Andenken wohl verbient, daß er, ber bie Parodien fo 
bitter haßte, damit verfähont geblieben wäre; und ein Gebicht, 
wir die „Glocke“ in einer Parodie zu fehen, erregt in der That 
unangenehme Gmpfindungen. Hm. G.'s Urtheil über dieſe Par 
sodien ift bei feiner Kürze dennoch fo lehrreich, daß wir uns 
nicht enthalten koͤnnen, hier es mitzutheilen; waͤre es auch num, 
das. andere Parodieluftige baturch dewogen wörben, ihr Vorbild 
Bünftig genauer zu fludiren. „Keine von alden diefen Parodien“, 
fagt er, „hat bie innere Drganifation der „Blodle” gefehen, fonbern 
mur bie paralleklaufenden beiden Glieder: bie Arbeit und die Ber 
teachtung, und fo if beun auch in allen biefen Yarobien feine 
Spur eines innern Bufammenpanges. Es finden ſich hier wirk⸗ 
tich nur einzelne Wilder ober vielmehr Flachmalereien, bie nur 
lofe mit der Werrichtung bei der Arbeit zufammenhängen. Die 
befte unter dieſen Parodien it wol „Der Kaffee‘ von Möler. 
(Sie erſchien befonders gedruckt und auch im „AMmanach ber Pare⸗ 
dien“ herausgegeben von Solbrig,) Wis Tann man dieſer Ar⸗ 
beit nicht abſprechen; aber man wirb doch am Gnbe bes Spot⸗ 
te6 gegen bie Weiber — bean barauf läuft Alles hinaus — nicht 
nur fatt, fondern empfindet einen wirklichen Wiberwillen, daß der 
Dichter, ber fo gern und fo ſchoͤn die edle Weiblichteit fdülderte, 
zu ſolchen Garicaturen hat Veranlaffung geben muͤſſen.“ 

Zum beffern Verſtaͤndniß des Gedichteẽ für Diejenigen, welche 


| 


nie eine Glocke gießen fahen, theilt Br. G. eine Brſchreibun 
des Slockengießens wit, allerbings vieles in ben Erk 
dyen des Deiſters ſouſt Unverftänsliche verkänbiih wird. Gehe 
lehrreich und anziehend If auch die son Hrn. G. veranftaltete 
eichung 6 wit Berber, : ven Bebichten bes 
Letztern voranſteht. Wiele ſchon haben gwiſchen dieſen beiden 
'Mönnern eine vielfache geiſtige Verwandſchaft wahrgenommen, 
und wir rechnen es Hrn. &. als ein Verdienſt an, dieſe etwas 
genauer beleuchtet zu Haben. Weide hatten aͤhnliche Schickſale. 
„au Wunbärzten wollten beide in ber Iugenb fi) bilden“, fagt 
Sean Paul im „‚Wrufeum‘, „aber das al fagte: nein! es 
ibt tiefere Wunden ale die Wunden bed Leibes; heilt bie tie 
ern! — und beibe u 
Das dritte Buch befaßt: die Wabelbichter. Die Ginleitung 
enthält Gutgedachtes: aͤber bie: Yabel ; ift aber etwas polemiſcher 
Natur. Die als Anhang mitgeteilten „Gebanlen über das 
Lefen deutſcher Dichter in Schulen“ verdienen die Beherzigung 
allee Schulmaͤnnner, benen wir ſie hiermit beſtens empfoplen 


haben wollen. 

Richardett. Ein Rittergebicht von Niccolo Forti⸗ 
guerra. Ueberſetzt von 9. D. Gries. Zweiter 
Theil. Stuttgart, Löflund und Sohn. 1832. 8, 
1 Thlr. 16 Gr. *) 

Mit Bergnägen zeigen wir unfern Lefern bad Erſcheinen 
des zweiten Theiles dieſes ergöglichen, von echter Laune ſtrohen⸗ 
ben Bebichtes an, über deſſen Charakter wir bei ber Anzeige 
bes erfien Theiles unfere Meinung bereits ausgefprochen haben, 
überzeugt, baß es Niemand reuen wird, dieſem beitern Buche 
‘eine ber ng bedürftige Stunde zu wibmen. Der Ernſt 
iſt allzu ſehr zum Herrn und Meiſter der Gegenwart —— 
als daß es nicht fuͤr ein wirkliches Verbienſt gelten muͤßte, den 
Gaͤhrſtofſf des Wiges und ber Laune — vor Allem aber einer 
Laune, die in fo clafjifcher Geſtalt auftritt — ihm beigumifchen, 
und Portiguerra ift ein fo liebenswürbiger Erzähler, fo voll ber 
gefhmadvolften Nederei, und Gries ein fo treffi ueber⸗ 
ſeher, daß wir dem Verlangen nach Scherz und Erheiterung 
keine beſſere Befriedegung ubieten wiſſen als ben „Richars 
dett/“. Sein größtes Verbienſt grade iſt es, uns ber Gegen⸗ 
wart ganz zu entruͤcken. Diefe iſt dem Lachen, welches bie 
Mufe liebt, fo feind, daß ſelbſt die Verſuche, die Laune an ihre 
Erſcheinungen gu Enüpfen, nur zur Gatire binführen, bie wies 
derum ihren ernften und herben Beigeſchmack nicht überwinden 
Mr „nie echte Laune ift die Vergangenheit aufzufuchen ges 
nöthigt. 

Wir baben in unferer frübern Anzeige genug über Beden⸗ 
tung unb Tendenz biefes komiſchen Heidengedichts gefagt, um 
bier darauf zurüdverweifen zu können. Der zweite Theil ents 
hält bie Geſaͤnge 11— 20, und das Ganze wird mit dem brits 
ten Theile befchloffen werden. In biefem heile bleibt bie Luft, 
weiche der Dichter felbft an feinem Werke findet, unb das Vers. 
gnügen, das ex feinen Lefern gewährt, fortdauernd im Vachſen; 
ja, er feibft ſcheint hier erfi ben rechten Schwung in Scherz 
und Rederei gefunden zu haben, bie fi) von nun an gegenfeis 
tig überbieten. 

Der eifte Gefang ift für uns die Krone des ganzen Ge⸗ 
bichts. Hier befingt Fortiguerra ben Zauberriefen, beffen daͤmo⸗ 
nifhe Macht ſich auf einen Liebesbrief von Pluto am Profers 
pina flägt, welchen er gefunden bat. Die von ihm geraubten 
Zungfrauen werben von dem Palabin befreit, und er gründet 
aus ihrer char, 3000 an ber Zahl, ein Ronnenllofter, 80 Mei⸗ 
ien lang und 20 breit. Run fährt ber Dichter fort: 

Dies Klofter macht in der Erzaͤhlung Paufe 
Und bringt mich gang aus meinem alten Biel, 


*) Ueber den erfien hell berichteten wir in Rz. 89 —— 
MAs 


Es leitet weich zurkt zum eignen Haufe, oo 
Wo ich ein ganzed Her von Nichten weiß, ., 
Das fſch vecklach Nele Gemmels braucht zuin Eidheaumße 
Za, eine hab' ich, die deu Richtenkreis u 
Sartich vermehrt, und wird dies Länger augen, 
So (end' ich fie in jene Klohermauen ed 
Denn in Piſtoja Kind wir Qungerleider — 
Und Armer feld, als einſt Sanct⸗GEhriſtoph war; ' 
Do wänfden wir — das iR das Schlimmſte leiter «-- 
Es gleich zu thun ber reihen Sihwelgerfben. .... - 
Die ſchnoͤde Prunkſucht greift mit jeden Stunde 
Stets welter um; der jaͤmmerlichte Kropf ' 
Im ſchlecht'ſten Winkel auf dem Grbenrunde 
BIN gute Tage, einen fetten Topf. . 
Das richtet nun die. ganze Milt-ze Grunde, 
Wer zu bezahlen hat, tragt. fih den Kopf; 
Dagegen mag, wer hätte zu muspfangen, 
An anderm Ort ich Tragen nad Berlangen. ... 
Am ſchlimmſten aber find die Weiber. 
Doch laßt und nun zur Bauberinfel kehren, . 
Denn mir kommt meine Frau nit body zu fiehn. ..... 
Ich braudy’ in eine Kirche nur zu gebn-. u . 
Denn feit ic) täglich die Zonfur mir waſche, . 
Hab? id mein GtdE und Sqhleſal fu ber Tafche. © | 
In biefer ergöglichen Form bewegt ſich der Scherf unſers Hel⸗ 
dengedichts fort, und bie mildernde Hand des Ueberfetzers läßt 
nichts auflommen, was den. Gefegen des Geſchmacks widerſpre⸗ 
chen koͤnnte. Bein Verbienft, feine Liebe zu biefem launigen 
Gedicht, die Kunft feines Verſes, in der er fi von Neuem als 
Meifter bewährt, zwingen uns die vollfonmenfte Anertennung 
ab. Wir fürchten nun keine Kiippe mehr für ihn und wuͤn⸗ 
fen nur, daß er bis ans Biel beufelbe: bleibe und: unſerer Lite: 
ratur fo bie erfie vollſtaͤndige und eine wöllig befriedigende Mes 
berfegung bes bruchſtuͤckweiſe öfter Überfegten Helbtngebichte ger 
währe. Die glänzende Ausftattung trägt dazu bei, bies erfreu⸗ 
liche Wert empfehlenswerth zu machen. 84. 





Pium desiderium. 

Schon im Jahre 1819 und fpäter im Bahre 1320 warb 
von Seiten der biftortfchen Claſſe des gargauiſchen Gulturs 
verein, deren Borftände Deinrich Zſchokke und ich, damals Profeffor 
ber beutfchen Literatur gu Aarau, zu jener Zeit waren, bie Nuͤtz⸗ 
lichkeit und Ruͤhmlichkeit des Sammelns unb Herausgebens von 
. fgweigerifchen Volksliedern, namentiid aber von ben über bie 


Schickſale des Volkes felbft in feiner eignen Weiſe fich verbreis, 


tenden und aus feiner eignen Mitte hervorgegangenen ; mehr: 
fach angeregt und erörtert. Kein beutfcyer Volksſtamm kann fo 
viele Gefänge diefer Art, welche bisweilen ſelbſt dichterifchen, auf jes 
ben Fall bebeutfamen bifterifchen Werth haben, aufweifen wie bie 
Schweizer, welche auch ben meiften Vorrath an bandfchriftlichen 
unb gedrudkten Ehroniken befigen. Im 9. 1821 machte ich 
mich ſelbſt an bie Suche und befchloß Alles, was in der Schweiz 
am obgebachten Eietern zufammenzutreiben wäre, von bem älter 
ften, bem fogenannten Oftfriesländerliebe (in feinen verfchiedenen 
Bearbeitungen und Verſtuͤmmlungen), bis zur Reformation (ein- 
ſchließlich) zu fommeln, die einzeln gedruckten ober in den Ehro⸗ 
nifen (von Tſchudi, Schodeler, Bullinger, Etterlin, Werner 
Steiner, Bio!, Zuftinger, Tſchachtlan, Valerius Anshelm u. f. w.) *) 
befindlichen chronologiſch zu ordnen, nach dem älteften Texte beſtmoͤg⸗ 
lich Herzuftellen und mit ben vorhandenen Handſchriften ſomit zu 
vergteichen und ſowol durch Gloffarien für Nichtſchweiger (wegen 
ber zahlreichen Provimgialiömen) und für Neuſchweizer (die bes 


°) Auch bie Beit -Weber’fhen waͤren mit aufgenommen worben, da der 
Inhalt rein ſchweizeriſch, und bie Deimat des Verfaffers zwiſchen 
Freiburg im Uechtland und Freiburg Im Breisgau noch ſtreftig MR. 


Rrorig 
oltze Licht: zu 


Atbdeuntſchea nicht vet die Semmfung broauchbarer zu 
— ———— 
n Über die eingemnen Lirder und beren Verfaffer das 
verbrriten. Wereitö Hatte ich einen —2 
Borrath beiſaamnen und werde durch aͤltere und juͤngere Fremde, 
von · welchen ich beſonders Drei, Bocke, Balthaſar, Ichekke 
K. R. Hagenbach, K. Herzog, A. Henne u. A. m. nenne, veblih 
ar Proben erfchienen in ber Altern „Aetheia" 
( € . .. . u . .. . 

Allein mitten in deu Arbeit überrafchte mich bie Recheick, 
daß Profeſſor Vyß ber Jungere in Bern mit einem äbnfiche 
Unternehmen fi) äftiäte und ebenfalls bamitxfchon ziemlich 
orgerfrkt fei. Um nun und gegenfeltig"die Sache nicht zu vers 
berden, entſchloß ich mich, als der Juͤngere, dem Altern Gelehrten 
das Feld gu überiaflen, und ich machte: mich anheiſchig, dem Herm 
Wyß meine diehetige Sammiung abgutreten. Gpäter Tamm 
wie jedoch uͤberein, gemeinfäyafttich dem Unternehmen uns zu 
wibmen und Dr. Alexander Denne, als Dichter des „Divilo”, Ver⸗ 
faffee einer populairen Schweizergeſchichte und als Publiciſt und 
Voſtereduer :feitbem genugfam befannt, follte als Dritter bem 
Bunde beitveten, Wyß der Tert und bie Anorbnung, See 
das Gloſſarium und ich das Hiſtoriſche der Ausgabe beforgen. 

8 welchen Urſachen dieſe legtere jedoch unterdtieben if, warb 
mie :niemais- völlig Klar, da Prof. Wyß immer zögerte, autwich 
umd zutegt daruͤber ftarb, nachdem ich bei der Jahrverſammlung 
ber fhweigerifch gemeinnügigen Berfammlung zu Zürich, im Jahre 
1825, welche ich von Freiburg aus befucgt, noch einmal ernfüih- 
auf die Verwirklichung des alten Planes. zu fprechen gelommen 
war und bei Uſteri, Laharpe, Drelli u. U. lebhafte Theilnahme 
dafik gefiinden, auch die Erwähnung meiner Motion im Ge 
fe@fchaftsprotofofl erwirkt Hatte. 

Die Herausgabe der deutſchen Volkelleder durch Profeſſor 
Wolff (im Verlage ber Cotta'ſchen Buchhandtung) hat mich an 
bie Eieblingsibee von Neuem erinnert, und es wäre ſehr zu wär: 
ſchen, daß ein deutſcher Schweiger, welcher ben mit der Arbeit 
verbundenen Schwierigkeiten gewachſen, etwa Tanner, Hagenbach, 
Henne, oder Bornhaufer, bie Ausgabe beforgten. enter fo wie 
len trüben Erſcheinungen bes Parteigeiftes würbe ſolch ein Uns 
teenehmen gewiß etwas Nationales und den Rationalgeift Staͤr⸗ 
kendes, auch für bie beutfche Literatur im Allgemeinen Berris 
cherndes fein. 

Stuttgart, im Nopbr. 1882. " 

“ Dr. Ernft Muͤnch. 


= 





Aphorismen. 


Lavalette 
abvbalette nabm in der Todesnoth feine Zuflucht zu der 
Sroßmuth der.befannten. drei Englaͤnder, und fie Löufchten fein 
Bertragen nicht. Dos netürlie Gefuͤhl billigt. dieſe Handlung, 
welche das poſitive Geſet verdammt. Died iſt oft der Fall, 
und der Richter fpricht demnach eine Strafe gegen Denienigm 


‘aus, dem er in feinem Gewiſſen nichts vorzumerfen hat. Die 


fer Widerſpruch aber zwiſchen dem natürlichen unb bem poſtti⸗ 
ven Geſetze iſt immer verderblih, weil man, um Bürger ze 
werden, aufhören muß Menſch zu fein, oder, um Menſch zu 
bleiben, nicht als Bürger handeln berf. Das ift ein großes 
Gebrechen ber Gefengebung, welche ben Menfchen. mit tem Bir: 
ger in Widerſpruch fegt und ben einen durch ben andern vernichtet. 
Die Befeitigung ähnlicher Widerfprüche in der fächfifchen Geſes⸗ 
gebuntg rodre eine würdige Aufgabe für den fächftfchen Landtag. 


Für Päbagogen. 

Der alte rohe Sag: man müffe die Jugend austoben laſ⸗ 
fen, birgt eine tiefe pfochologifche Wahrheit. Dies Austoben 
ift der Bermentationsproceh des Weine, Wer aber möchte wol 
den Wein verhindern, durch eine Rermentation ein Helles. Kia: 
red, Edles, Treffliches zu werben? 173. 


Nedigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagshandlung: 8. A. Brodbaus in Reipzie. 
— — Te eu 


8 


en un IT T T mn 


81 


‘. 


—R 





Donnerstag, 








Darſtellungen aus meinem Leben und aus meiner Zeit, 
Don Friedrich Karl von Strombeck. Zwei 

Theile. Braunfchweig, Vieweg. 1833. 8. 2 Thlr. 
8 ©r. *) 2 
Auf dem Titel beider Theile findet der Leſer das 

Motto aus Goͤthe's Schriften: „Was ich. befige, ſeh' ich 


wie im Weiten, und was verfchrand, wird mie zu Wirk⸗ 


lichkeiten”, : welches darauf hinweiſt, daß der Verf. die 
Schwierigkeiten fchriftftellerifcher Darftellungen, wie fie 
bier beabfichtigt werden, vollftändig erwog. Je bedeutungs⸗ 
voller eine Lebensbahn nad) dem Standpunkte der Ges 
burt, oder des Talentes, oder der Schickſalsverflechtungen, 
um fo fohwieriger tft die Stellung des Autobiograpben, 
weiche Herr von St. in diefem Werke unbezweifelt eins 
nimmt, wem er auch, nah ©. vı der Vorrede, nur 
„Beiträge zur Gefchichte des Lebens und Treibens feiner 
Zeit” verheißt. In einem Bekenntniß, welches er gleich 
folgen läßt, geſteht er, daß ihm die Koderungen feines 
ſittlichen Sefühls höher ſtehen ale Genügeleiftung der rein 
gefchichtlihen Aufgabe, wodurd grade dem autobiographi: 
fhen Zwecke der Vorrang eingerdumt wird. Er fagt 


naͤmlich: 


Wie viel bedeutender wuͤrde ich dieſe (die Geſchichte feiner 
Zeit) darzuftellen vermodht haben, wenn ich rückſichtslos biejeni: 
gen ausgezeichnetern Perſenen gefchilbert hätte, mit denen ich in 
meinem langen Leben in Berührung gelommen bin! Wie manche 
Sarve wäre id im Stande geweſen abzuziehen! Wie wäre «6 
mir ein Leichtes gewefen,, vielmals biftorifche Gerechtigkeit zu 
verwalten! Doc fand ich mich hierzu nicht berufen; auch härte 
ich bei Ginigen als fein völlig unpartelifcher Richter erfcheinen 
mögen. Meine Blätter find harmlos, fie verlegen Niemand, 
fowie ich im Leben Niemand abfichtlich veriege habe. 

Was mithin der Lefer hier in Hiftorifcher Beziehung 
verliert, gewinnt er in biographifcher Hinficht, indem fid) 
der Derf. fo ganz in gemütbliher Eigenthuͤmlichkeit aus⸗ 
fpeiht. “ 

Die tmomente der Lebensgefhichte des Herrn 
von St. können als befannt angenommen werden (f. „Zeit: 
genoſſen“, erfte Reihe, Nr. 19; „Converfations-Leriton”‘) ; 
fie erhalten durch vorliegende Darftellungen weitere Aus: 
führung zum anmuthigen Lebensgemälde. In bem ben 


„*) gl. eine kurze Mittheilung hierüber in Re. 128 d. BI. 
, Red, 


atter | \ 


. 





als irgend eine andere norbdeutfche Stadt verlor. 


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für .. R ed „ 


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Ina. .. 222 Pe . 3J 
J = .- ar ‘ =... e— 1 















Kinderjahren gewidmeten erſten Buche orientiten wie uns 
in denr Familienkreiſe und ſehen den: Verf. aufwachſen 
in Verhaͤltniſſen, welche ein Gegenbild zu jener trefflichen 
Schilderung Goͤthe's von feinem vaͤterlichen Hauſe darbie⸗ 
ten. Wir finden in Braunſchweig die faſt reichsſtaͤdtiſche, 
abgefchloffene, echt deutfche Eigenthuͤmlichkeit des Bürgers 
thumes, welches hier um fo interefjanter hervortritt, da 
es fih neben einem glänzenden Sürftenhofe (befonders une 
ter der Regierung bed prachtliebenden Herzogs Karl) mehre - 
Menfcyenalter‘ hindurch erhielt und’ erft fpäter, jedoch nicht 
ſpurlos unterging, als durch eine Verkettung verfchuldes 
ter und nicht verſchuldeter Ereigniſſe Braunſchweig mehr 
Von 
der Schule begleiten wir den heitern Erzaͤhler zum da⸗ 
mals berühmten Collegium Garolinum, wo er unter Com⸗ 
militonen höhern Standes und aus verfchledenen Ländern 
Europas, ausgezeichnet durch Lernluft und Lernfähigkeit, 
wie durch Xalent und Neigung zur freifinnigen Auffaf: 
fung des focialen Lebens, den auffallenden Gontraft fchon 
fehen laͤßt, der zwifchen ihm und feinem zwei Jahre juͤn⸗ 
gern Bruder Heinrich (zu Halberſtadt verftorben der 30. März 
1832, Verf. der bekannten Ergänzungen des preußifchen 
Landrechts und der Gerichttordnung, wie ‘einiger anderer 
juridifcher Schriften) ftattfand. . Diefe mit heiterer Cha: 
raktermilde vereinigte Beachtung des aͤußern Lebens war 
Das, was dem jlngern Bruder mangelte und ihn zuletzt 
der alleinigen ‚Herrfchaft eines von trüben Phantasmen 
beängftigten Egoismus preisgab. Zur Univerfität Helm: 
ſtedt wird v. St. begleitet von reger Liebe zur Wiſſen⸗ 
[haft und zur Poefie, welche durch die häusliche Verbin: 
dung mit dem gelehrten Profeffor Bruns und durch den 
ein Jahr fpäter die Hochſchule beziehenden Freund Hoyer 
neue Anregung findet, indeß er, durch fittliche® Betragen 
den übrigen Profefforen wohl empfohlen, in den ange: 
nehmſten Verhaͤltniſſen lebt. Treffend ift die Schilderung 
des beruͤhmten Sonderlings Beireis, kindlich anmuthig 
fein Verhaͤltniß zu einer Heinen lernbegierigen Schülerin. 
Auch Studentenunruhen (doch Feine bemagogifchen) gibt 
es, denen &t. durdy einen Ritt in den Harz aus dem 
Wege gebt, aber, der Abtrünnigkeit befchuldigt, Helmſtedt 
bald nachher verläßt und in Göttingen für feine Studien 
reihe Nahrung, Für das Herz defto weniger findet. Das 
Studium der Jurisprudenz wird elftig, lernend und gleich 


“ erinnern, wenn auch nicht auf diefelden verrofefen wuͤrde; 


678 


wieder lehrend, getrieben. Durch Letzteres bildet ſich die | auf eine Wierteiftunde die Feder aus ber Hand legen zu möäf: 


a: fen. Bon Trapp {prach er mit Hohn weil diefer nicht fowie 
Fertigkeit des mündlichen Vortrags aus. Auch die meuerm | "in den Moygantineen bewandert war. Diefed Leben Eonnte er 


Sprachen, beſonders das Franzoͤſifche und Stalienifche, wer: denn als net in auer Ungeflörtheit führen; unb wi 
vers mit Bufk betrieben, da eine Reife nadı dem Drient Tel Brandt, Ci feinen Giger 
über Italien zu ben Lieblingsplanen des Sup ge: jheteen ——— a zu a fo een 
» , 1 (fe, J Fanger Die einiger auf das Volßaͤndigſte ‚ von ſuͤrſtlichen 
—F en chen Beenden gi ah 1 Perfonen anerfahat. Shine Amt she as Blbliothekas ver⸗ 
Pi, | X. waltete er mit ber gewiſſenhafteſten orgfalt, auch fremden 
nen, freien Studentenlebens (Oſtern 1793) will der Aufent⸗ Gelehrten , die ſich ſchriftlich an ihn wandten, die verlangte 
it in dem großen, “ — —— und An Austunfe gebend. gr war ein AH Dethobor , überhaupt 
tänfichkeit beherrſchten Vaterhauſe DM gefallen. t eidiger alter Ginrichtungen und Sei eueret. M 
dem — einer Reiſe nach Jena geht er uͤber be gab — intgeheim gegen has fädne Gefhleht m 
pers, Angebung'unid &unsbrud nach Itatien. "Inteseonfe . Be 9 su fein und in biefer SBeziehmug Ti" mid, über 


was @öthe von ihm berichtet hat, beklagen zu koͤnnen. 
Diefes eingegogenen Tebend- zuge tonnte. man Laugex 
nau kennen lernen. Gr verfehlte nämlich nicht, täglich zu einer 


ge 
t Stunde feinen. Spopi ‚um- ben. Wal mo 
Ge (tor er [ \ era on —— ſeinem nem * 
bas gerin 




















tin, eine ſchoͤne Opervſat 

——— bald das faſt gefährliche Abenteuer ei⸗ 

ner: Luſtfahtt nach Chiopze. ee getertau Leider 

wird nach vierwoͤchentlichem Auſemd⸗ 

Keiſe nicht fortgefegt, ſondern ſanelie Nuckfahrt beſchloſ⸗ 
‚be. aus d 


dungen anlangen. Ueber Trieſt, Laibach, Graͤtz wurde 


befonbers aus. De wo bald bie ‚frühere Reiſegefaͤhr⸗ 


ee war bit petſoniflaäͤrte Otbaungellebe. 
In feiner Kleidung hatte ee feit feineh Teipgigee Jahren, ia 
denen ihn Böthe kannte, keine Veränderung getroffin zı alsem 
tebendiges Bild einer fruͤhern „Zeit, ſah man ihn im Gommer 
in einem geffreiften ſeidenen Hoftocke friſtrt und mit einem 
haarbeutel, Im Tälnter A im inb corocte mid einen Taille vor 
den: Sänge, wie fie. in. ben flebgigen- Jahom bes: notkigem: Safer 
| hunderts nach dem deueſten Gefchmadte- geweiem war. 


Veranlaſſungen zu gediegenen Reflexionen finden 6 
üuberall umd werben. meifterhaft beugt. So Führen die 
gandereheimſchen Stittsnerhälmifle zu bee: Bemerkung! 

Fean ein. Miniſter Napoleon'a dus: einen edeuſtrich eine 
Provinz gewinnen konnte fo kat der Minifter eines Mei 
Hürften oft den größten Aufbad von Genie und Kraft nöthig, 
dm eine umbedentende Grenzberichtigung Fu brwitken. Dazt 

ig mun in Sanversheinm ats obiußer Zeſthafes fuͤhrer ber 
Yehtiffin ganz allein, ohne allen Beinark and betaftet mit ber 
‚ ganyen Reſp ſabilitaͤt meiner Gandlungen. Diefes iſt mir für 
das folpende Leben von eminentem Rutzen geweſen; ich ge⸗ 
wbhnte wich auf dieſe Weiſe, ſelbſtaͤndig zu Hanbelü und zu 
ſchnellen Entfäjkeftungen und rafchen Mußregeln mie im Berie⸗ 


enheit zu ſein. 
⸗ W (Der Beſchluß folgt} 


RR 


bers,. mo den Halbeuntflohenen ber Vater mit Güte, Mut⸗ 
ces und Schwelle wit Zärtlichkeit empfangen: Sp endete 


Gen Mugen fiir. den ‚Süngling, benn es hatte unter viel⸗ 
feitiggn. Anfichten, der eit Selbſtaͤndigkeit gewonnen. | 
ortfchritte In Sprachen ‚und Diiffenfdjaften gediehen im 
huge gluͤcklicher Haͤuslichkeit, welche bald bei muthig 


bei der preußiſchen Geſanbtſchaft in Konſtantinopel fuchte. 
Dieſer Zeit, von 1793 —1808,. wo v. St. als AR 
ſeſſoer heim Hofgetichte zu Wolfenbüttel ſtand, dann. ald 
gandersheimſcher Ableirath der Prinzeſſin Auguſte von 
Braunfppweig in bie engern Zirkel des dortigen Hofes 
aufgenommen war gehören feine. erſten Ueberfegungsver: 
ſuche ang dem Gebiete der erotiſchen roͤmiſchen Poeſie 
an. Hier mie überall intereſſante Portraitzeichnungen mit 
unverfeanharer Neigung, den. Menfchen die guͤuſtigſte 
Esite abzugewinnen;, ift aber, behuf6 ber Treue, feine 
glänzende Beleuchtung auf. bie vorgeführten Perfonen zu 
merfen,, fo werden bie Schatten doch nie unrein Ws | 
Beifpie: laſſen wir den Verf. über den befannten Biblio: 
thefar Langer, den Freund Goͤthe's, reden: | 
Eanger zeigte ſich als ben exften aller Egoiſten. Kaum 
und nur mit Umfländen wat für’ Frembe, oft ſelbſt für feine 
Bekannte Zutritt zu ihm zu-erlangem Stets bei feinen grier |: 
chaiſchen Aa omdi um. die yrnſen⸗ derſend en mit den 
Leitungen der Lerikographen wergleichend, oder fin bie „br. | Ki 
tingifcgen, Anzeigen” recenſicend, hielt er jebe Stunte füs verlas |: 
ven, die er einem fremden amtswegen ale Bibliothekar aufs 
zuopfem: verpfliäjtet war. Steig einer Keflung war fein Sans 
verfälffen, und drang ja Jemand, ber mit Am literarifehe Ser 
ſchaͤfte ayemiadyen hatte, bis zu ihmm ein, fo fand-er. einen. Une: 


Endlich hat feit einigen Wochen, nad) dem falten und rege 
nichten Winter ber Brühling. fich hier einzufiellen angefangen ; 
doch find bie ſchoͤnen Zage fen mehrmals durch ſruͤrmiſchet 


äber den Golf nach Aſtros Dieſer rt hegt af md an eiten 
Weinen ifeliten Yelfenhüge, beo fig; mitzen vor einer geraͤuu⸗ 
. gen fruchtbaren Gbene am flachen Meereöftrande erhebt... Bi 
hohes Gebirge, 

"eine andert 

ette und ‚eitten Wiheiel, ver Ach von Fur der Betge 


u de eh 
der zwiſchen Aſtros und ber Eihvipa ins Meer fält. Zeus 
Kelfenhügel warde wegen feiner“ abgefonberten Lage bisher die 
Infel (To vnod) genannt; einige Häufer an feinem Fuße, 1 


. . [2 s — 
zufriedenen, dem man. 6%. feicht: gufah,. wie Teid- es igmıthaß, ' ) Voal. Nr. 160 und 161 b. Bi. D. Reb. 


679 


eih Landbungsplas (exula) für Kalkia ift, Aſtros, unb bad ganze 
bahinter gelegene Ahal bie Ebene von Aſtros (6 xaumos Tou 
“Aorgovs). Der Hauptort des Thales war aber ein großes 
Dat, Hagios Joannes (in der gemeinen Ausfpradye Ayıayınz, 
fowie bie Einwohner Ayıayiraı), weldges eine Stunde weil in 
bie. füdlichen Gebirge pineinliegt und nad) Eandesweife am Fuß ter 
Gebirge sine Solonte, bie hagianitiſchen Kalybien, die hier ihre Wins 
terwohnung haben Nash dem Ausbruche der Revolution baute 
ſich der Gapitain Zaphiropulos, aus dem Thale gebürtig, auf 
dem ‚Hügel am ‚Meere eine feſte Burg; unter ihrem Schutze 
ſiehelten ch mehre Hagianiten bort an, und fo iſt bereits ein 
kleines Gtädtcken, das heutige Xflros entffanden, dem nur noch 
eine. Fünfttiche Hafenanlage zur Aufnahme von Handelsſchiffen 
fehle, um durch die Kusfuhr der Eandesprobucte ſich zu größe 
zer Blüte zu erheben. 
, Mit, einem Briefe des Kapitani verfehen, fanden wis auf 
ber Burg bei feinem Bruder eine gaftlide Aufnahme, und es 
währte uns ein eignes Vergnügen, aus bem europäifirten 
oplion uns pilöglich in folche mittelalterliche Zuftänbe verfegt 
zu ſehen. Hier gehören die Frauen noch nicht zur Gefellfchaft; 
die Burgfrau. zeigte fich blos bei unferer Ankunft, um uns das 
Engemaqchte (yAvzu) und ben Kaffee zur Bewilllommnung zu 
Bringen, und dana erſt am folgenden Tage bei unferer Abveife; 
brigens ivaren wir mit ben Männern allein. Von Alters 
thümern finden fich in Aſtros nur an einer Seite des Hügels 
KBefte von altkyklopiſchen Befefligungsmäuern aus gaͤnzlich un⸗ 


bebauenen Kelsjläden, ein wahres zeixos deywr Alduy, welche \ 
- geben; 


Benennung ber Alten, z. B. auf bie Mauer in Tyrins, nicht 
ganz paßt, deren Steine großentheild in einem gewiffen Grabe 
bearbeitet find. 

Bon bier aus machten wir eine Wanderung nach ben Rui⸗ 
nen eines feften Ortes, welche zwei Stunden weiter füdlich auf 
einen Felfenhügel am Messe liegen. Des Weg: führte du 
die mit Dliven- und andern Fruchtbaͤumen, unter denm fi 
Weingärten finden, wohlangebaute Ebene, zwifchen dem. Sup 
der fuͤdlichen Gebirge und dem oben erwähnten Binnenſet bin. 
Diefer Ieptere, Muftos (o Movonbs) genannt, entſteht auß mehr 
zew ſehr Karten Daedn halbfalzigen Waffen, weiche under dem 
Berge hervoriueten, und evgießt ſich durch verſchiedene Mün- 
hungen ind Meer. Das hinter ihm fi Öffnende hat gehört 
ſchon zu bem- Gebiete des Stammes der Tzakoner, von beflen 
alterthuͤmtichem Dialekte Herz Hofrath Thierſch hier eine Gram⸗ 
matik gefanmelt bat. Wir lieben zwei Ortichaften berfelben, 
die tarakovouniſiſchen und bie tzakoniſchen Kalybien zur Red 
ten und erreichten, nadıdem wir auf den Gchultern unſers Fah⸗ 
rers noch einen aus ben tzalonifchen Gebirgen kommenden Ziuf 
paffict waren, ben an feiner Muͤndung gelegenen Lanbungsplag 
bes h. Andreas. Ueber ihm erhebt fich Ein Hügel, deffen Beiten 
mit den Ueberreften ber Befeftigungsmauern aus polygonen Gteis 
nem umgeben find, und bem Meere zugewandter Abhang 
mit Yundamenten von Häufern bededt ifl. Man kann an meb: 
zen Stellen die alten Straßen verfolgen, weiche nicht fehr breit, 
aber meiftens geradlinig waren. Nach bem Umfange ber Ruinen 
zu fdjließen, mag ber Ort nicht über ein paar taufenb Einwohb⸗ 
ner gehabt haben. Die Tradition der Gingeborenen behauptet, 
daß vor Alters dad Meer den Hügel faſt ganz umgeben und fo 
einen Hafen gebildet habe; aber dies ift wenigftens in hiftorifchen 

Zeiten unmoͤglich, da bei einem fo hohen Wafferftande auch bie 
“ argriifhe Ebene bis nahe an Argos uͤberſchwemmt fein würbe, 
was feit bein mythiſchen Eereite zwiſchen dem Pofeibon und 
dei Dera (Pauſ. II, 32,5) nicht ber Fall’ gewefen zu fein ſcheint. 
... Am folgenden Morgen gingen wir durch die Gbene nach dem Kio«: 
ſter Luft (#Aovxoöd), das zwei Stunden weites wiſtlichuda wo ſich 
bag Ihal zu verengen anfimgt, am Buße der Berge Uegt. Auch 
dieſer Weg führt zum großen Theile durch Weingaͤrten, welche 
zwiſchen ven Delbäumen vorzüglich gedeihen und ben ausgezeich⸗ 
netften Wein hervorbringen,, den ich bisher in Griechentand ges 
teunten. Faſt in jedem Rebenfelde ſteht eine Kelter, ein aus 
Steinen gemauestes, wit Stud audgefehtes Baffin, aus wel 


chem ber Wein in eine Art Gifterne abfließt. Dagegen Tanden 
wis in dem ganzen Delwalde nur eine zerſtoͤrte Kirche, wäh: 
rend der Oelwald bei Athen mit Kirchen gefüllt ift, welche bie 
Atdenaier, noch jegt wie vor Alters den Ruf ber Frömmigkeit 
verbienend, den Heiligen geweiht haben, bald aus Dankbarkeit 
für eine reiche Ernte, bald als Belegung, um ihrem Gchug: 
heiligen feinen Segen abzufchmeicheln. In dem Kloſter fans 
den wir einige intexeffante antite Hefte, theild architektoniſche 
Gegenftände, Saͤulenreſte und Capitaͤler verſchiedener Art, theils 
Bruchſtuͤcke von Sculpturen. Diefe Alterthämes werben univeib 
bes Klofterd auf einer Eleinen, ebenen, mit Gebuͤſch und Vaͤu⸗ 
men bewadgfenen Flaͤche gefunden, wenn bie Bewohner ber Um⸗ 
gegend bort nachgraben, um Steine und Ziegel zum Haͤuſerbau 
hervorzuſcharren. Mehre in den letztverfloſſenen Jahren auf diefe 
Art gewonnene werthuolle Gegenflände find im Mufeum auf 
Jigina. An einer Stelle, die ber Abt uns anwies, lieben wir 
nur einen Schuh tief graben und fließen auf einen alten wohls 
erhaltenen Mofail. Hier ift demnach noch Vieles zu erwarten. 
Dod iſt es auffallend, daß noch feine Inſchriften gefunden 
worden find. Am Abende unterhielt uns ber Abt mit ſehr ver⸗ 
fländigen Geſpraͤchen. Er ſprach von der Ruglofigfeit. ber Kloͤ⸗ 
ſter und brüdıe den Wunſch aus, daß die Regierung alle 
auffeben möchte, um von ihren bedeutenden Gütern Schulen, 
Hospitäler und andere gemeinnügige Inflitute zu gründen. Uns 
ter. der türkifchen Hersigaft hätten die Klöfter wenigftens ben 
unglüczlichen, als Zufluchtsftätten gedient und bie bejahrtern 
Mönde in den Dörfern Unterricht im Lefen und Gchreiben ges 
in bebürfe man Feines Afyle mehr, die Bildung, wel 
che bie Mönche ertheilen könnten, reiche nicht aus, und 
die Achtung vor ihrem Stande ſei ſo geſunken, daß ſich keine 
Rovizen mehr meldeten als dann und wann ein fauler Bauer 
oder Hirt, bes gern leben wolle, ohne felbſt zu arbeiten. Da⸗ 
ber ſtuͤrben bie Kiöfles nach und nach aus, und ihre großen 
Güter lägen unbenugt ba; wie denn fein Klofter, das wenige 
ſtens dreißig arbeitfame Familien ernähren könne, jest, ibn felbft 
eingeihloffen, nur drei Moͤnche zähle. Dies Alles fagte der 
wacere Mann aus voller Ueberzeugung und, fo weit ich bie 
jegt das Land kenne, mit voller Rbahepeit. Die meigen Yale 
Tepe uote dar Brrhäistiß der Alöfer gm Gtaate mit Behr 
felben Augen an, und Sie Ibnnen baraus enthelhttar,; wi es 
der Regierung faß nicht® koſten wird als ein ‚ uns Grie⸗ 
chenland mit veichbotirten Unterrichtsanflalten zu verſchen. 

Bon Lukũ aus deſuchten wir folgenden Zuges beim: Berg 
Hellenilöon (Elinyızoy), der 14 Stunde in füdtider Midytumy 
ind Gebirge hineinliegt. Sein Gipfel, der eine geräumige Nlattr 
form bildet, if mit anſehnlichen Reſten fharter Befefkhgungs: 
mauern umgeben, bie fih zum Theil doppelt übereinumbes er 
beben und mit runden und vieredigen Thärmen verfehen warem 

08 Innere zeigt aber nur verworrene Trümmerhaufen und, 
wie gewoͤhnlich in diefen Rtzinen, eine Anzahl mit Stud aus⸗ 
gefütterter Gifternen. Won der Art, wie bie Halbgelehrten um 
ter ben Griechen, 3. B. unfer Abt und anbere Leute im Thale, 
die alte Topographie ihres Landes ſtudiren, können Sie fid 
baraus eine Borftellung machen, baß man uns mit großem 
Ernſte verficherte, ber See Muftös fei die Lerna, und bie Rui⸗ 
nen auf Hellenikon das alte Zemenion. Gin anderer Herr er⸗ 
zählte mir noch heute, bie Halbinfel auf der europäifchen @eite 
der Darbanellen fei ber tauriſche Eherfones, und als Gyrus 
bie Griechen befriegen wollte, babe er über den Hellespout eine 
Bruͤcke gefchlagen. 

Von Hellenitön Tehrten wir zum Klofter zurüd, ritten 
dann in nörblidher Richtung über das Thal, paffirten ben Fluß 
und erfliegen auf einem beſchwerlichen ſteilen Wege, auf dem 
wie niche als 14 Stunde zubrackten, bie hohe Saviha. An 
der Mitte bed Bergabbanges fanden wir wieder die Refte einer 
kleinen befeftigten Ortſchaft. Vom Rüden bes Berges hatten 
wir eine weite Ausfidit ſichtich auf Ins Thal von Aſtros, bas 


- mit feinen Del« und Fruchtbaͤumen ımb dene grünen Gebduͤſch, 


welches die eiaſchließenden Höhen faft bis zum Wipfel bedeckt, 








680 


egen die argeiiſche Ebene in ihrer jegigen Veroͤdung erfreulich 
—2 und über daſſelbe hinaus auf bie hintereinander auffteis 
genden Wergreihen bis zu bem befchneiten Thornax (dem jetzi⸗ 
gen Malevo). Nach Norden blidten wir in das ſchmalere Tynus 
sifche Thal hinunter. Diefer Bergkamm muß dee Parnon fein 
und hier bie Hermen geftanden haben, welche bie Grenzen ber 
Lakedaimonier gegen bie Argeier und Tegeaten bezeichneten 
(Pauf. II, 88, 7); ein gerftörter alter runder Thurm (nulaıo- 
avoyos), aus polygonen Gteinen gebaut, ber einige Hundert 
e wefttlih vom Wege fteht, war vielleicht ein Wacht 
thurm einer dieſer Wölkerfchaften gegen bie andern. Bon jenen 
Grenzmarten ausgehend, beginnt Paufanias (III, 10, 7) feine 
Beſchreibung Lakonikas, und zwar läßt er unmittelbar *) auf 
fie den Eichenwald Skotitas folgen. Dielen bat Müller auf 
feiner Karte einer Stelle bes Polybios (16, 57) zu Liebe Ar 
weit weſtlich gefeßts aber die Stelle bes Polybios laͤßt ſich recht 
gut mit dem Pauſanias in Ginflang bringen. eine Angabe 
der Lage des Waldes: zwifchen Tegea und Laledaimon, iſt all« 
gemein fi faffen: zwiſchen ben Gebieten beider Orte. Das 
dort erzählte Stratagem des Philopoimen war, einen Theil ſei⸗ 
nes Heeres nach Gellafia vorauszufchiden, mit bem Refte aber 
fpäter aufzudrechen und ſich in ber Gegend des Skotitas in eis 
nen Dinterhalt zu legen. Jene Vorausgeſchickten hatten Be⸗ 
. fehl, den Feind anzugreifen und fi dann auf ben Skotitas zus 
ruͤckzuziehen, um die Verfolger in bie Falle zu locken, was auch 
gelang. Dazu ift es gar nicht nothwendig, vielleidgt nicht eins 
mal wahrſcheinlich, daß der Wald, wo ber Hinterhalt gelegt 
war, am geraden Wege von Tegea nach Sparta lag. Wenn 
nun fo der Skotitas an die fuͤdweſtlichen Abhänge des Gebir⸗ 
ges Savitza (bed Parnon) zu fehen ift, fo koͤnnten bie Ruinen 
bei Lukuͤ vielleicht zum Heiligthum bes Zeus Skotitas gehören, 
das dem Pauſanias 10 Stadien links von feinem Wege lag. 
Dies ift aber ungefähr die Entfernung bes Klofters vom Buße 
®. 


des Berge 
" (Der Beſchluß folgt.) 





Fauſt. Eine Tragoͤdie von Goͤthe. Fortgeſetzt von J. D. 
Hoffmann. Leipzig, Lauffer. 1833. 8. 1Thlr. 


Rach fo manchen fehlgefäjlagenen Verſuchen diefer Art nech 
wieder mit einer Kortfegung bes WBöthe’fchen „Kauft aufzutres 
ten, zeugt, wenn nicht grabe wieber das Gewoͤhnliche erfizebt 
werden foll, von Muth und einem Gelbfivertrauen, das ſchon der 
wirklichen poetifchen Kraft faft gleichzukommen frheint. In der 
That lernen wir bei biefem Unternehmen einen neuen Dichter 
von bebeutendem Talent kennen, der es nur bedauern Iäßt, daß 
er ſich nicht gleich in einer felbftändigern Aufgabe dem Yublicum 
dargeftellt hat. Mit dem Kortbichten und Hineindichten in 
fremde Schöpfungen ift es body immer, felbft bei dem genialften 
und probuctivften Auffaffen, eine misliche Sache, und auf dem 
fortfegenden Homeriben laſtet immer das Vorurtheil, baß er 
nicht Homer fei. Here 3. D. Hoffmann hat ſich zunaͤchſt ber 
Form nad in Zon und Styl des Böthe'fchen ‚Kauft‘ ſehr lebs 
daft hHineinzuverfegen gewußt und in der Fortführung biefer 
Manier felbft ein fo achtungswerthes Darftellungsvermögen beur: 
kundet, wie es nur wenige der neueften Dichter befigen möchten. 
Dinfichtlid) bes geiftigen Themas bat er jedoch das Gedicht auf 
einen ganz neuen und ihm eigenthämlicdh angebörigen Standpunkt 
gehoben und dadurch nicht nur bie Kortfesung, fonbetn auch 
gewiffermaßen die Löfung jener großen vielfach verfchlungenen 
Weltibeen beabfichtigt, bie in Böthe's „Kauft“ ihrer urſpruͤng⸗ 
lichen Anlage zufolge eine nach ebenfo viel verfchiebenen Seiten bin 
gehende Entwickelung zulaffen, als es verſchiedene Individuali⸗ 
täten gibt, welche fich jener Ideen in fick bemädhtigen. So 

») ’Ioioı di And ıav "Eguv lorıy 6 ronoc oUros Anag 

devav nÄnens; x. T. 


bürfte ſich vielleicht Jeber nach feiner perfdänlichen Geſinnung 
eine anders nuancirte Loͤſung des „Fauſt““ und bes in ihm ru 
henden Weltkampfes erfchaffen, fowie fich Immer allgemeine Sheen 
in Jedem befonders mobificirt abfpiegein; denn Goͤthe's Gebicht 
bat biefe welthiftorifche Bedeutſamkeit erlangt, daß es zu einer 
allgemeinen dee geworben ift, und in biefer Dinficht iſt es inter 
reſſant, daß grabe jegt, wo aus dem Nachlaß bes Dichtert feih® 


der zweite und abfchließende Theil des „Fauſt“ mitgetheile 


worden, ein anberer jüngerer Dichter ebenfalls mit einer 
nach feiner Weiſe unternommenen Löfung ber Aufgabe hervortritt. 
Mit vielem Geift Hat Herr Hoffmann befonders an dem Wer 
haͤltniß des Kauft zu Mephiſtopheles, als bem eigentlicen 
Weitbualismus des Ganzen, weitergeflaltet und in der (ut 
fäbelung biefes Verhaͤltniſſes den ſich geſteckten Zweck zu erreichen 
gefucht. Diefer Zweck ift fein anderer, ale daß Fauſt durch die 
ihm inwohnende göttliche unb unverlierbare Kraft allmälig feine 
Stellung zum Mephiftopheles immer bebeutfamer aͤndert; das 
gute Princip dringt durch alle Rebel ber Sünde gu bem legten 
und unverrücdbaren Ziel einer allgemeinen Weltverföhnung im⸗ 
mer fiegreicher durch, und ber böfe Geiſt, der fich ſchon eines 
Triumphes der Finſterniß freute, muß fehen, wie er getäuft 
worden, und wie er nur im Dienfte Höherer und ihm unberwußter 
Abfihten gewirkt har. Fauſt betruͤgt den Mephiftopheles um 
feine &eele, die endlich zum Anfchauen der Gottheit gelangt. 
Mepbiftophiles Hat ihm nur die „Leiter zum Himmel gehalten”. 
Die Gottheit ſpricht in ber Schlußfcene, welche bie Abfichten 
bes Ganzen zufammenfaßt, zu Beiden Kolgendes: 

Mer mi erfhaut, der lernt In Kurzem viel; — 

Noch wenig Worte will ich zu euch reden, 

Denn viele Worte liebt die Gottheit nicht. 

So gebt denn hin von meinem Angeficht, 

Und feld vereint, und wirket mit der Liebe, 

In meinem Geiſt, an meinem ewegen Werke, 

Du, Bauf, ſei meines Geifted heil'ge Kraft, 

Unb mit der Lieb’ erbaue meine Welt; 

Du, Mepbifopheles, ſtehſt ihm zur Hanb, 

Denn ohne dich iſt alles Leben tobt; 

Die Welle ſteigt und findt, fo wogt das Leben. (Gr fegnet fie) 

Die allmäligen Stufengänge in. Baufl’s Entwickelung wer 
ben in trefflichen, oft fehr originell erdachten Bildern vorüber: 
geführt. Tragiſcher Wig, Ironie und die bewegtefte, male 
riſche Sprache ber Leidenfchaft fliehen dem Verf zu Gebote. 
Die originelften Scenen find, wo Kauft ſich ſelbſt im Theater 
bargeftelle fiehts, ferner, wo ee am heiligen Grabe umber 
wandelt und dort dem ewigen Juden begegnet. Doch wicht 
blos das Ginzelne, die ganze Schöpfung bezeugt ein ern 
ſtes, tiefes Streben für Poefie, von der man herrliche Früchte 
zu erwarten berechtigt iſt. 88. 





Literarifche Notizen, 


‚_ Rad) bem Supplemente von Bent's „Literary advertiser” 
ift die Zahl ber 1882 in London herausgefommenen Bücher 1180, 
Beitiheiften und neue Auflagen nicht gerechnet, und 80 mehr 
a . v 


Eine neue Biographie W. Cowper's iſt unter dem Ti 
tel: „The life of William Cowper, compiled from his 
correspondence and other authentic sources of information. 
Containing remarks on his writings and on the peculiari- 
ties of his interesting character, never before published. 
By Thomas Taylor‘ (London 1888), erſchienen; Hay⸗ 
ley's und Dr. Johnſon's Werke über Cowper lieferten das 
Hauptmaterial und werben dadurch Mr Engliſche 
Faue nennen dies Buch die einzige vollſtaͤndige Biographie 

owper's. 3. 


Redigirt unter Verantwortlichkett ber Werlagähandlung: 3. U. Brodhaus in Leipzig. 





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für 


literarifihe Unterhaltung. 





Greitag, 





(Beſchluß and Nr. 16) 
Je ſchneller das nähere Verhaͤltniß zum braunfchweigis 
ſchen Herzogshofe mit der Unteriochung des Landes 1806 
afgelöft wurde, um fo mehr möchte man bedauern, baß 


ber gewiß Über die intereſſanten Eingeihaiten befjelben ges - 


nau unterrichtete Perf. in feinen Denkwuͤrdigkeiten nicht 
ausfuͤhrlicher bei demſelpen verweilt und eine vollſtaͤndige 


Charakteriſtik der herzoglichen Familie umter, Karl Wil⸗ Hof 
Wohlthat der Gewährung Ihrer Bittſtellung hinterher mit 
dem frechſten Undank lohnten, indem fie ihee ariſtokrati⸗ 


beim Ferdinand bier einwebt. Hielt ihn: vielleicht davon 
zu. große Vorſicht und Pietaͤt ab? Der braunfchweigifche 
Hof hatte in damaliger Zeit, ungeachtet: mancher Schata 
tenfeiten feiner Mitglieder, glänzende Vorzüge; auch ber 
freimüthigfte. Erzähler hätte Vieles davon zu [agen, was 
grade gegenwärtig, wo Braunſchweig bie Wiederbildung 
eines Hofſtaats erwartet, doppelt beachtungswerth fein 
müßte. Während man nah Mehrem verlangt, iſt das 
Dargebotene um ſo dantenswerther. : 1803 Reiſe nad) 
Dofen. Treffende Bemerkungen Aber die Urfachen, wes⸗ 
halb die Polen antiptenßiſch waren. Munde Hauptmo⸗ 
tive bleiben unberuͤhtt, z. B. daß vom Anfange her die 
‚ mit dem’ Organiſationsgeſchaͤfte Beauftragten zwifchen hal 


ben Maßregeln ſchwankten; daß bie ‚nach Polen geſchick⸗ 


ten Berwaltungsbeamten mehrentheils Leute waren, welche: 
dem neuen Berufe weder durch fittlidie Haltung noch 
durch Fähigkeit gewachſen waren; bag ſich viele altpreu- 
Bifche Eollegien anruͤchiger Mitglieder entlebigten, welche 
in - bedeutende Wirkungskreiſe nah Polen gefchidt wur⸗ 
den; daß der Ton der Soldatesca hoͤchſt verlegend war 
für den durch fein Unglüc flolzer gewordenen Polen u. ſ. w. 


Auf der Rüdkelfe über Verlin macht Herr von St. Bes 


kanntſchaft mit dem hochberühmten dortigen Arzt H*** 
und erzählt die empoͤrende Behandlung, mit welcher er, 
der für feinen kranken Freund Hoyer Rath erbitten wollte, 
von demfelben abgefertigt wurde. Dergleichen Unfitte nimmt 
unter den ersten um fo mehr zu, je mehr fie mit Adels: 
briefen, Ordensſchmuck, Dipfomen und Ehrentiteln ausges 
ftattet werden, wodurch fie an bie komiſche Maske des. 
alten Lufifpiele erinnen. Im Frühling und Somme 
2305 eine Reife nach Paris. | 

Obgleich mit diefen- Angaben noch nicht einmal am 
- Ende 58 erflen Theiles der Darſtellungen“, welcher viel 


. 
[_ 








Lelſenswerthes aus der Ungluͤcksperiode des braunſchweigi— 
ſchen Derzogshaufes (1806 u. 1807) enthält, brechen wir 


bier ab, um auf des Verf. Erzählung von der glücklichen 
Wendung, melde er den Angelegenheiten feiner Fuͤrſtin 
zu. geben wußte, von der Errichtung des Königreiches 
Weitfalen und von dem neuen Staats: und Hofleben zu 
Kaſſel zu verweilen. Er gehört nicht zu den unlautern 
Augenzeugen ‚des letztern, die fich, beſonders aus den hoͤ⸗ 
bern Ständen, zu dem neuen Königsthron drängten, um 
s und Staatsaͤmter zu erlangen, und welche die 


fche 2egitimität dem heimgekehrten angeborenen Regenten 
nicht beſſer darzulegen glaubten, ald wenn fie mit Schmaͤ⸗ 
bungen auf den eingeflärsten Thron wieſen. St. vers 
ſchweigt nicht, was ex dem weſtfaͤliſchen Staate verdankt, 
und kann darum mit freiem Griffel feine Ichrreichen Bes 
richte verzeichnen. Er bewahrbeitet auf jeder Seite das 
(Th. I, S. 110) abgelegte Bekenntniß: \ 

Es ift mir ſtets ein eigenthümliches Bergnägen gewefen, ' 
mich mit den Burücdfesungen ober gar Berfolgungen ber Macht⸗ 
baber in Oppofition zu fegen. Denn nichts ift in meinen Au⸗ 
gen verächtlicher und nieberträchtiger als das Betragen ber 
Dofleute ded Nero gegen ben dem Tode geweihten Britannicus, ı 
als fie fich ftetd von der Seite der Hoffäle entfernten, wo fidy 
der unglüdliche Fuͤrſt hinbegab, | 

Ob dieſe hier ſelbſt geftandene Eigenthuͤmlichkeit, oder 


‚ob preiswuͤrdige Freundestreue davon die Urſache iſt: eis 


nige der vorgefuͤhrten Perſonen ſcheinen überfhägt zu fein; 


‘dagegen iſt Niemand nachzuweiſen, der mit einer notae. 


macula bezeichnet ift und ſolche nicht vollſtaͤndig verſchul⸗ 
bet hätte, ‘3. B. jener Graf Schulenburg⸗Kehnert, wei: 
cher, beilaͤufig gefagt, das reiche Benedictinerkloſter Rin⸗ 


gelheim im Hildesheimiſchen nicht, wie Th. II, &. 27, 
gefagt ift, vom Könige Friedrich Wilhem II., fondern vom - 


jegt regierenden Könige Friedrich Wilhelm IIT. zum Ge⸗ 
ſchenk erhielt und damals, als Herr von St. Mitglied 
des weſtfaͤliſchen Staatsrathed wurde, längft aus demſel⸗ 
ben verabfchiedet war. Die Gefchichte des erften weſtfaͤ⸗ 
liſchen Meichötages erhält hier Ichrreiche Beitraͤge; befons 


ders iſt aus der Erzählung der von ben Ständen am 


7. Auguft 1808 durch Stimmenmehrheit ausgefprocdhenen 
Verwerfung eines Grundfleuergefegentmwurfes deutlich zu 
erfehen, wie gewöhnlich die minifterielle Handhabung fläns 


N 





’ 


J 


diſcher Verhandlungen durch Leldenſchaftlichkeit, hochfah⸗ 


renden Stolz und Ungeſchicklichkeit unglückſelige Zwietracht 
hervorruft. Die Staͤnde, an deren 
Redner Hofbauer allgemeines Lob erntete (nur nicht in 
ben Coterlen hoͤfiſcher Speichellecker), verſchuldeten nur 
Eigen Mark; J al der Koͤul inter Dfpntation hie 
Wegfäherung geben Heß = die unwärbige Meder des · Staafs⸗ 
raths Malchus follte mit Weglaffung aller beleidigenden 
Stellen im „Moniteur” abgebrudt werden, fie nicht er 


widerten: ihr eingiges Gefuch ginge dahin; daß grade von - 


den beleidigenden Stellen nicht Eine Spibe weggelaſſen 
wuͤrde, denn’ diefes fei unumgänglich nothwendig, fit Ans 
sefichts der Mit: und Nachwelt zu rechtfertigen. 


Wie tüchtig Here von St. auf der, Stelle zu replis. 


ehren wußte, davon folgende intereſſante Anekdote ans ber 
Zeit ſeines Aufenthaltes zu Celliee. 
Als ich dieſer "Einladung (des Marfchalls Davouſt) Gnuͤge 
leſſtend in feinem Salon erſchien, fo fand ich den Marſchall ge: 
Rau in der Mitte deffeiben ftehend, über die übrige Welt eine 
Kepfpöhe Hervorragend und an Gorpulenz: ſich vor Allen aus⸗ 
zeichnend. Nachdem ich einen ziemlich nachlaͤſſigen Gegengruß 
empfangen, fuhr ber große Bi ungefähr. folgendermaßen in 
einee unterbrochenen Rede fort: „Hier liegen offenbar die ärg: 
fen! Betrügereien gum- Grande, fie ſollen abgeſtellt werben, dies 
fed. verlange ich burchaus: Burch bisfe Seine Stabt: (Celle) 
fellın,65,000 Mann binnen bis; Monaten marſchirt fein! Ich 
fage Cuch, biefes ift eine Unmahrheit und eine Prellerei. Ich, 
müßte ein Tchlechter Seneralgouverneur fein, wenn ich die Ber 
wezungen ber Zruppen in meinem Gouvernement nrdyttennte. 
Richt 10,000 Mann find durch Celle gelommens mit bem lie: 
berſchuffe werden. die .Abminiftrizten gepreit.’' ı Da rin ehrerbie⸗ 
tiges Stillſchweigen auf biefe Apoſtrophe folgte, und, mir Indine 
niedergedonnerten Randsleute nahe gingen, fo nahm ich mir bie 
Griäubniß, in den Zirkel zu treten und den Marſchall ungefähr 
fotgenvermaßen anzureden: „Wenn Cm. Excellenz mir einch 
Augenblid Gehör ſchenken wollen ,. ſo hoffe ich aufzuklären, ‚wie. 
ed zugegangen iſt, daß fi die Truppen Sr. Majeftät des Kai⸗ 
ſers in unfern Mauern verſechſsfacht haben.” „Sprecht, Herr 
Hräfident"‘, fagte der Marfchall, „ih bin neugierig zu erfah⸗ 
rn, wie Ihe das Raͤthſel löfen werdet.” „Die Lak der Eins 
auartirung (fuhr ich fort) if aur dann zu tragen, wenn fie 
möglich gleichförmig vertheilt wird. Um dieſen Zweck zu er⸗ 
reihen, wird die Laft in Ginheiten aufgelöft, nach benen bie- 


. Berechnung geſchieht. Eine folche Ginheit iſt das Quartier eis 


nes genieinen Soldaten für Ginen Tag. Wenn alfo hier ein 


Buataillon von 1000 Mann acht Tage bfeibt, fo find biefes 


fdon 8000 Mann geworden. Nun aber bat das Bataillon 
feine Dffigieve und jeder nach feinem Grabe ’riän numerifdyen 
Merth:: Ein Lientenant gilt vielleicht für 4, ein Gapitmin. für 8, 
ein Dbrift für 12 Mann, weil man annimmt, baß er feinem 
Wirthe fo viel Koften ald ebenfo viele Gemzine veritrſacht. Die: 
fes vermehrt wieder die ideelſe Zahl fehr bedeutend. "Auf diefe 


Art:ift-e6. unflreitig gugegangen, daß fich 10,000 gu Geffe yu 


ER: Mann vermehrt haben." Dig Mienen des Marſchaus 
waren mährenp meines Vortrages immer milden geporten; als 
id nun. geenbet, ſagte er mit vieler Gravität: „Ihr ſprecht 
methodiſch, Herr Präfldent, wie ich es liebe und .mie es auch 
Se. Faiferliche und kbnigliche Majeftät gern hat. Ih habe Euch 
völlig. begriffen. So wird. die Sache zugegangen fein. Ja! 
ich mb jent geſtehen, daß Eure deutſche Duartienigämethobei. 


mir gefüllt! Vo ndasiea io 
Mit. Schenung geht Herr von St. uͤber das ſchlechte 


Geſindeln weg, weiches mac bem "Falle Weſtfalens ein 
Verbrechen: daraus machte, zus Ausbilbung preiswurdi⸗ 


Spitze der wuͤrdige 








% 
682 un 
” a 


ger SInffitutionen mitgewirkt zu haben. Mad der Auf 


oͤſung jemes Königreiches kehrt er nach Wolfenbüttel zu: 


tu und widmet mehre Mußejahre deu mit verbientem 
Beifalle aufgenommenen Ueberfekungen sömifcher Geſchicht⸗ 
ſchreiber, unter welchen Tacitus ben erſten Rang. behaup⸗ 
nd 
tie 


t@. Bei festener ‚Bielffirigfeit “ned mit fr — 

.Bei ſegtener. Pielßitig ine e 

niſſen — —— wandte er” fi ham 

naturwiſſenſchaftlichen, beſonders geologiſchen Studien zu, 

deren Reſultate er in ber Bearbeitung ber Breislak ſchen 
t | während ve Sorfchungen in 

biefena  Selde zu Reifen nah Stalin und, Sicilien wie 

gu einer zweiten Reife nach Island rücſtete: Plane, 


moldifcher Seite des gemeinſchaftlichen Dberappellationd: 
gerichtes zu Wolfenblitte geſtoͤrt wurden; doch auch bie 
Ausflüge über die Meler; in:die Begenden, „wo Hermann 
den Barus fchlug”, ius Datzbereid, und fpäter nach Poms - 
meen wurden erträgreich für Studien und Sammlungen. 

: Das: vierte und letzte Buch enthält Bruchſtucke aus 
dem Zeltabfchnitte von 1814— 30. Hinſichtlich ber bes 
deutfamen Wirkſamkeit des Herrn von St. bei den land⸗ 
ſchafilichen Werhandtungen waͤhrend der vormimdfchaftlis 
hen Regkerung Byaanfchrerigs /: aus welcher bie erneuerte 
Lartdfchafteorbrking vom 25. April 4820 hervorging, vet⸗ 
weiſt eu. auf die von: ihm herausgegebenen drei Hefte 
ſtaatswiſſenſchaftlicher Mittheilungen für die neuefte Ge⸗ 
ſchichte Braunſchweigs, und beſonders für bie Eharakte⸗ 
riſtik des feiner Laſter halber vertriebenen Herzogs Karl 
ehthält das Schlußfragment (S. 293 fg.) noch Teftis: 
werthe Nachrichten. 61. 


22 





en . ' ' FE —7 lt. 0 FR 
-: Mietheilungen über Griehanlanb.. u. 
Geſchluß aus Ri 
Der ·Weg von den Hermen ins kynuriſche Thal gebt ſehr 
ſteil hinunter. Dort, wo wir es betraten, eine ſtarke Etunbe 
vom Meere, ift es noch ſehr ſchmal, macht aber bald. eine Tleine 
Biegung gegen Notden und emveitert fi bann oſtwuͤrts gegen 
bie See hin. Durch daffelbe fließt bei: Tanod, ein "Meineb;‘ 
3—4 Schritte breites Fiußchen, : aber mad: einem in ben Grbirz . 
gen ‚gefallenen Regen: fo tief, daß wir gift eine Braͤcke ſuchen 
mußten, um ihn zu pafliten; ein. in Griechenland feltener Fall. 
Auf dem linken Ufer des Fluſſes fanden wir mehre Fundamente 
von Ihrürmen oder Gräbern und ein geräumiges, mit zertruͤm⸗ 
merten Gteinen und Ziegen überfäetes Feld, nicht viel über 
10 Stadien vom Meeresufer entfemt (Thukyd. 4, 57).. Hien. 
ftand alfo Thyrea, der alte Zankapfel zwifchen Argeiern und 
Lalghaimoniern; hier war bie Cute wo auserleſene Krie⸗ 
ger aus beiden Staͤmmen, um den Beſit des ſtreitigen Thales 
kaͤmpfend, ſich gegenſtätig den Tob gaben, ohne daß vurch die⸗ 
ſes Opfer der Zwiß':gefdglichtet wurde (Gerod. 1, B23.. Das! 
mis Blut gebräugte Laͤndchen ift jetzt verödet; an die Gtelte 
einer Stadt und dreier blühenden Drtfihaften find einige zer: 
fireute Hütten getreten, die nicht einmal ben Ramen von Dör: 
fern verdienen. a Zt 
Sowie Kyönuria auf ber Suͤdfeite durch die Savitza ber 
grenzt iſt, wird. es auf der Mordſeite dutch einen anbeen nie⸗ 
drigera Berg von bes argeifchen, Ebene gaſrhjeden, zwiſchen heis 
fen Fuße und beni Meeresufer ein Raum von nur etwa 5 
Schritten bleibt. Unter einer Felẽplatte unmittelbar am Fuke 
bes Berges, auf weicher bie Wagengleiſe einer alten Fahrſtraße 
ſichtbar find, tritt aus 78 Deffäungen ein Bach hervor, der 


683: - 


fig bald zu einem ˖ kleinen, rings mit Schlf, Binſen und Kraͤu⸗ 
teen (Pauf. II, 87, 5) umwachſenen See von 100 Schritten 
Umfang erweitert und bann bis an bad Dieer hin einen Sumpf 
" bildet, durch den fein urfprünglicher Abfluß geweſen zu fein 
ſcheint. Diefee Sumpf ift aber in neuen Beiten mit Dämmen 
und Mauern eingefaßt und fo das Waſſer gendthigt worden, 
burg einen einziger Kanal abzufließen, welder fünf Wählen 
treibt, bie uoifälen dem Sumpfe und bem Meere gebaut find. 
Bon biefen Yat der Ort feinen benfigen Namen: oß Muloı oder 
/grebs Müvlovs. - - - J 
Der Berg über den Mühlen, ber faſt ganz aus nackten 
Kalkfelſen befteht, ift Tein anberer als ber Pontinos bes Pauſa⸗ 
ntas (TI, 36, 7), auf dem man zu feiner Zeit die Ruinen eines 
Tempels der Athene Saitis und bie Fundamente der Burg des 
Dippomebon fah, bie jest von ben ausgedehnten Ruinen eines 
mittelalterlicden — venetianifchen ober genueſiſchen — Schloſ⸗ 
ſes überbedt find. Auf ihn paßt, was Paufanias von beim Pon⸗ 
tinos erzählt; der nackte, durſtige Kalkfels trinkt das Regen: 
waffer ein, und man fieht baber an ben Geiten dieſes Berges 
nidjt, wie gewöhnlich an den Bergen in Griechenland, die Bet: 
ten der Gießbaͤche, in welchen der Regen abfließt. Ginige Huns 
dert Schritte nördlich von den Mühlen tritt unter der Norboft: 
feite bed Berges wieder eine ſtarke Quelle hervor, die einen 
Bach bildet, der fi in das nahe Meer ergießt. Dies ift der 
Fluß Pontinos, ber auf der einen Seite den heiligen Platanen⸗ 
bain begrenzte (Pauf. II,.38, 1), welcher auf ber andern Seite 
bis an den Zluß Amymone reichte. Die Amymone ift demnach 
ber zuerft erwähnte Bach, ber unter einer Pelsplatte hervor: 
tritt, und das Baflin, zu dem er fich erweitert, der allyonifche 
See bes Päuſanias. Das äußere Anſehen beffelben iſt noch 
ganz, wie es ber Water ber Neifebefchreiber ſchiidert, und bie 
Tradition von feiner bobenlofen Tiefe hat fi bis Heute erhal: 
ten; vor einigen Zahren fol man mit dem Senkblei eines gries 
chiſchen Schiffes vergebens Grund gefucht haben. Der alkyoni⸗ 
{de See aber und ter lernafifche *) find einer und berfelbe. 
Daß die Duelle ober ber Fluß Ampmone und ber Iernalifche 
See baffelbe find, beweifen mehre Stellen der Alten, z. B. 
Hyginus Gab. 169, und -Paufanias ſelbſt: V, 17, 4 und II, 
87, &, wo’ ex die Hötra.in ber Amymone leben und getödtet 
werben läßt; und daß ber alkhoniſche See einerlei ift mit dem 
dur bie Amymone gebildeten Baflin, babe ich Ihnen eben 
durch Vergleichung dee Dertlichkeit mit bee Beſchreibung des 
Pauſanias gezeigt., Dazu kommt noch, daß biefer Reiſende, 
obgleich er die Gegend von Lerna umftänblich befchreibt, keinen 
andern See bort erwähnt als den altyanifhen, und daß bie 
Gingeborenen aufs Beftimmtefle verſichern, von ben Mühlen bie 
Argos finde fih in ber Ebene fein anderer See oder Sumpf 
als eben der bei den Mühlen. Ic hätte biefe Gegend gern 
ſelbſt näher unterfucht, aber bazu ift eine trocknere Jahrezeit 
ndtbig, da jest vom kuͤrzlich gefallenen Regen noch mehre ber 
niedrig gelegenen Felder in Pfügen verwandelt waren. Das ift 
aber auf jeden Kal falfh, wenn Gell („Itiner.“ &. 176) bie 
Lerna aus dem Zufammenfluß des Phrixos und Erafinos ents 
ſtehen läßt, bie fich vielmehr zwifchen der Lerra und Tementon 
ins Meer münden (na Yauf. IT, 88, 1), und wenn Müller 
auf feiner Karte im diefen gewaltigen See Yon dem Umfang 
einer Meile auch noch den Pontinos fich ergießen läßt. 
Auf ber Südfeite bes alkyoniſchen Sees iſt eine kleine Er: 
hoͤhung mit einigen alten Quadern. Hier ftand vielleicht das 
Bild der Aphrodite am Meere. BZwifchen dem See und dem 


Fluͤßchen Pontinos, wo ber heilige Platanenhain fland, findet 


man am Ufer verfihiebene Fundamente, fowie auch einige Saͤu⸗ 
Ienrefte aus Perites, mit Stud überzogen, in welchem die Gans 
nelirungen geformt find. Gie gehörten vermuthlidh zu einem 
der Heiligthuͤmer. Der Platanenhain iſt gänzlich verſchwunden; 


*), Strabon 8, ©. 868 und 871 nennt ben Fluß und ben See felbft 
# _Adovn. Paufaniaß aber (IL, 15, 5; 9, 8; 86,6; 88, 1) gebraucht 
3 Atova nur als Bezeichnung der ganzen Gegend. 


1; 


eine einzige Cypreffe ſteht an feiner Stelle unb blickt teauernb 
auf die gefunkene Herrlichkeit ber in fo vielen Mythen gefeiers 
ten Gegend herunter. 

Bon den Wrühlen nach Argos nahmen wir ten Weg mit 
ten durch die Ebene und kamen nach einer halben Stunde zu 
einer Kirche bes heil. Demetrios mit alten Quadern und @äu« 
lenreſten; vielleicht aufber Stelle des von Paufanias (II, 36, 7) 
erwähnten Peribolos, wo Pluton mit ber geraubten Tochter der 
Demeter in die Unterwelt hinabgeftiegen fein fol. In der Nähe 


‚find ein paar audgetrodnete Wafferläufez doch wage ich nicht 


zu entſcheiden, ob fie der Cheimarros und der Phtixoe des Paus 
fanias find. Wir wandten uns jegt linke, an den Buß der Ge: 
birge, um zu ber Duelle des Eraſinos zu kommen, tie jegt 
Kephalari heißt. Hier fpringt der Buß bes Berges Chaon 
(Pauf. 11, 24, 7) ein wenig in bie Ebene vor und endigt in 
einer faft fenkrechten Fels wand. Unter ihr tritt ber Eraſinos 
aus einer ziemlich ſchmalen Deffnung hervor „die aber eine ans 


‚fehnliche Ziefe Haben muß, ba der Fluß gleich, nachdem er ei: 


nen Kleinen Ball gebildet, fi) in mehre zur Treibung von Muͤh⸗ 

In und Bewäfferung ber Felder angelegte Kanäle theilt und 

eine für dieſe Gegenden hoͤchſt beträchtliche Waſſermaſſe ent: 

widelt. Die Griechen haben bis heute die Tradition bewahrt, 
daß biefer Fluß aus dem See Zaraffa (dem ftymphalifchen). 

fomme. Ueber der Quelle Öffnen ſich in der Felswand zwei ger 

räumige Höhlen, von denen bie eine ein Kapelichen enthält, die 

zweite mehren Bamilien zum Obbadye bient. Vermuthlich exs 

goß fi ber Fluß früher durch diefe Höhlen, bis er ſich einen’ 

tiefer gelegenen Kanal durch den Zellen gegraben. Bon Alters 

thümern (Altären, Niſchen, Infchriften, wie fie ſich in der 

Nymphengrotte bei Bari finden) enthalten diefelben nichts. Doch 

wurden Die Opfer zu Ehren bes Dionyfos und Pan, beren- 
Pauſanias bei der Quelle des Grafinos envähnt, wahrfcheintich 

in den Höhlen dargebracht. 

Der Weg von bier nach Argos geht am Fuß ber Berge 
bin. Rechts an der Straße, zwifchen den Bergen Chaon unb 
eykone, ift ein altes Fundament, da wo Paufanias (II, 24, 6) 
einen Tempel der Artemis erwähnt. Auf ber Lykone follen 
ebenfalls noch einige Trümmer die Gtelle des Heiligthums der 
Artemis Orthia bezeichnen. Die EHpreffen aber, bie den. Berg 
befteibeten, find verſchwunden. 

Am folgenden Morgen führte uns Graf F. von Argos 
über bie Quelle bes Eraſinos zurüc und noch eine halbe Stunde 
ſuͤdweſtlich am Zuße des Ghaon Hin zu einem Monumente, das 
er Tags vorher befukht hatte. Hier ſtehen auf einer Kleinen 
Anhöhe tie Ruinen eines vieredigen Gebäutes, das gegen 
50 Schuh Länge und gegen 40 Schuh Breite hat. Auf einen 
Eodel ron etwa 8 Schuh Dicke, der aber nur 1—2 Schuh 
aus der Erbe hervorragt, erheben fih Mauern aus polygonen 
Steinen, deren innere Seiten ſenkrecht find, während bie Außern 
poramidenartig zurüdtretn. Sie find jrgt nur bis zu einer 
Höhe von 8—10 Schuh erhalten, wo ihre Dice noch etwa 
2 Schuh beträgt; verlängert man aber in Gedanken bie ſchraͤ⸗ 
gen Außern Seiten, fo bilten fie eine Pyramide mit abge: 
flumpfter Spige, und nah der Berechnung eines Architekten 
war der Unterbau ſtark genug, um eine folche Dede tragen zu 
tönnen. Die Steine find nicht, ‘wie font bei dieſer fogenannten 
kyklopiſchen oder altheilenifchen Bauart gewöhnlih, bios auf: 
einandergelegt und nach ihrer verfchiedenen Geſtalt ſergſam 
zufammengefügt, fondern mit Kaltmörtel verbunden. Auf der 
Oſtſeite tft eine Ede ber Pyramide in einem rechten Winkel 


aus geſchnitten, und ‚hier führt eine Thüröffnung yon 8 Schub 


Breite, an deren einer Geite man nody in ten Gteinen bie 
göcher bemerkt, in welche bie Riegel faßten, in einen ebenfo 
breiten Gang, aus welchem eine andere Thoͤre durch eine Zwi⸗ 
ftenmauer in ten innern Raum des Gebaͤndes führt, der eine 
Kammer von 23— 24 Sckuh ins Gevierte biltet. Dies Mo: 
nument kann nict wohl ein anberes fein als eins ber Grab: 
mäler (noAverdore), welche Paufaniae (11, 24, 8) am Wege 
nah Tegea kurz nad tem Webergange Über die Quellen bes 


684 


Erafinos wwähnt zu Ehren ber in einer Schhlacht 
gegen bie Lakedaimonier bei Hyſiai gefallenen Argeier. Pyrami⸗ 
denformig war auch ein Grabmal am lege von Argos nad) 
Epidauros zum Andenken ber in einem Kampfe zwiſchen Proi⸗ 
to8 und Atriſios Bebliebenen (Yauf. II, 25, 6). Wenn der Aus⸗ 
druck des Paufanias an der erflern Gtelle mehre folder Mo: 
aumente (nolvardgıa) anzubeuten feheint, fo tft bas Berfchwins 
den ber übrigen Leicht zu erklären, benn wenige Gchriste von 
der Pyramide ſahen wir einen Katlofen, und ein Hirt erzählte 
uns, dort pflege man aus ben Steinen bes Palaiokaſtro Kalt 
zu brennen. Beiter Tübweftlih von bem Grabmale auf einer 
niedriger gelegenen Fläche (zarafßavıos ds 16 zIaualarrepov) 
finden fi einige Fundamente, Quabern und viele Wruchftüde 
von Ziegeln, die zu den Ruinen von Hyſiai gehören mögen, 
welche Stadt weiter weſtlich gegen bie Gebirge hin lag, als fie 
auf Muͤller's Eharte angefegt ift. 

3u Dem, was ich Ihnen kürzlich über Argos gefchrieben, 
muß ich noch hinzufegen, daß ich jet ſchon gegen ein Dugend 
Basreliefs am Burgfelfen kenne, von welchen allen aber außer 
den Umriffen einiger Ziguren wenig mehr zu erkennen iſt. Auch 
findet fih auf der Oftfeite der Stadt noch ein Stüd Mauer 
von mehr als 12 Fuß Höhe und von berfelben Dide unb 
Bauart wie bie NRefte der Stabtmauer am Burgfelſen, alfo 
vermuthlich au ihr gehörig. Als eine Merkwuͤrdigkeit erzählte 
man uns, baß der Inachos, deffen Bette man gemöhnlich trocke⸗ 
nen. Yußes paffirt, vor einigen Tagen nad einem Regengufle 
fo angefchmwollen fei, daß ein Wagen in der Fuhrt umgeworfen 

babe. Alſo ganz wie Yaufanias (II, 15, 5) berichte. 125. 





Des Grafen Leoparbi von Rimini Geſpraͤchsbuͤch⸗ 
lein. (Dialoghetti genannt.) Aus dem Stalienifchen 
überfegt. Ein liberaler Katechismus für ſehr viele Ser: 
vile. Megensburg, Puſtet. 1832. Gr. 12. 9 Er. 


Diefes Buͤchelchen, welches den Enthufiaſten unter ben Li: 
beralen, Denen, welche Alles im rofigen Scheine einer jugenblis 
hen Phanktaſie erblidlen, den Splitter in des Gegners Augen 
ſchnell bemerken, aber den Ballen im eignen leidyt überfehen, 
Teineswegs gefallen wird, enthält Geſpraͤche über "die Gegen: 
flände und Angelegenheiten des Zages im Sabre 1881. Die 
Derfonen, welche die Tagesintereſſen untereinander befprechen, 
find Europa, erfchrodene Mutter; Italien, binfälige Zoch: 
tee; Frankreich, rüdfällige detto;s Gerechtigkeit, mit 
bem Fliegenwedel; Reftauration, fallirte Kartenfabrifantin ; 
Menfhenverftand, ein Ultras Kreiheit, eine Haͤteriſtin; 
Türke, ein ZTürkenfreund; Politik, verlegener Politicus; 
Teufel, ein Ofenheizer; Napoleon, ein Ofenhocker; Fran⸗ 
z0fen genug durchs Kamin (1); Welt, kranke Kriegefupplican: 
tin; Krieg, auf dem Kriegsfuß entfchlafener Stügelfuß; Maͤ⸗ 
ßigung, verbläffte Modepuppe ber Nichtintervention; Legi⸗ 
timität, emigrister Karlift in Ruheſtand; bie Reife ins Land 
der Sonftitution und Gonftipation (Drama von heute für mor⸗ 
gen); Doctor, ein Carbonaro; Policinell, Macaroni⸗ 
feeffer; Finanz, ein Mauthbeamter; Sonfcription, Kind 
der Liebe; Kreie Preffe, eine Hebamme; Kunft, ein Dal: 
eontentz; Handel, ein Patient; Srundbefiger, Infolvent; 
Zobdtengräber, Wegweiſer; Profeffor, ein Profeffors 
Erfahrung, hinkende Botin von Hambach. Als Zugabe bekom⸗ 
men wir —* drei Geſpraͤche: zwiſchen Voltaire und Lafayette 


uͤber die letzten Dinge, zwiſchen einem Liberalen und Banditen 
uͤber Principien in der Klemme, zwiſchen einer Chriſtin und 


einer Denkglaͤubigen uͤber Eheemancipation. Daß es dieſer Ge⸗ 
fellſchaft an intereſſantem und pikantem Stoff zur Unterhaltung 
nicht fehlen wirb, läßt fich denken. Der Verf. hat bie Beruͤh⸗ 
rungspunkte geſchickt zu benuhen gewußt und behandelt feine 
Begenftände mit gefunden Sinn, durchdringendem Gcharffinn 
und nicht ohne Fernigen Witz, Geift und Kraft. Gr fieht auf 


einem ziemlich unabhängigen Standpunkte, iſt ein fdjarfer Me 
obachter feiner Zeit und theilt blutige A nach der 
echten unb Linken aus, wo nur immer eine Thorheit ober - 
Schiechtigkeit hervortaucht. Obwol «6 ziemlich natürlich wer, 
daß in jetztiger Zeit auf bie liberalen Ideen, als etwas mi 
neuer Ueppigkeit Hervorſchießendes, bie meiften Hiebe fallen 
mußten, fo ſchont boy auch der Verf. bie abſoluten Maͤchte 
Teineswege. Allein nichtsdeſtoweniger iſt auch dieſer fühle 
Beobachter wieder ein Beweis, daß gaͤnzliche 

eine dem Sterblichen nicht verliehene Eigenſchaft iſt, denn eine 
gewiſſe Hinneigung zum Abfolutismus, eine gewiſſe Animofirät 
vornehmlich gegen bie herrſchenden Ideen ber Zeit und gegen 
das Princip bee Bewegung laͤßt ſich bei ihm nicht verkennen 
und thut feiner MWahrheitsliebe nicht felten Gintrag, Dieſe 
Parteilichkeit fowol, welche ben Verf. oft weitab von dem fichern 
Gebiet ber Wahrheit führt, als das fehonungslofe Herabtiehen 
mancher, jedem edeln Menſchen heiligen Sache muͤſſen wir ta 
deln, dagegen die Unerſchrockenheit loben, mit welcher der Verf. 
dem Vorurtheil und ber phyſiſchen Macht entgegentritt. Die 
ziemlich wäfferige Vorrede, welche ein Geſpraͤch zwiſchen dem 
Schriftſteller und Buchdrucker enthält und blos gebrudt if, 
bamit eine nöthig gewordene neue Ausgabe bes Werkchens nidt 
ganz unverändert erfäheine, ifl ganz muͤßig. Mir hätten fie 
bem Verf. gern geſchenkt und fein Werkchen Lieber unverias 
dert als mit diefer Zugabe geziert empfangen. 

um ben £efer in den Stand zu fegen, über ben Geiſt, wel⸗ 
her in bem Werkchen weht, ein eignes Urtheil zu fällen, theilen 
wir ihm einen Theil des Geſpraͤchs zwiſchen einem Franzoſen 
und Napoleon mit. S. 61 fo. heißt es: 

„Rapoleon. Euten Morgen! Wie geht's in Frankreich? 

“ Der Franzofe Wir haben wieder eine Revolution ger 
Fa Karl X. if Herunter, und Eonis Philipp fist auf dem 
sone. | 

Nap. Zölpel!- Wenn Ihr einen König haben mußtet, fo 
war ber euere ber befle von allen. ' 

Franz. Karl X. hatte aber bie Eharte verlent. 

Rap. Das glaube ich nicht; übrigens ift ein König Her 
der Charte ımb alles Anbern. 

Kranz. Das find bie Worte bes Despotit mus. 

Nap. Keineswegs, es find die Worte ber Nothwerbdigkeit, 
welche die Beherrfcherin aller Könige wie aller Reiche if. Die 
Pflicht des Chirurgen beſteht barin, baß er feinen Kranken 
beile, und barum fchneibet er ihm im betreffenden Kalle den 
Arm ober das Bein ab. &o ift es auch bie Pflicht bes Königs, 
fein Volk gut zu regieren, und biefer Pflicht gegenüber find alle 
Sharten eitel Staub und Rauch. 

Franz. &o wäre alfo die Treue im Worthalten — — — 

Rap. Sie iſt mwechfelfeitig ober gar nichte. In jebem 
Augenblicde brechen bie Völker ihre Treue, verſchwoͤren fich ges 
gen ihre Fürften, trachten ihnen nach bem Leben, und bennod 
follen bie Könige überall und immer burch einen Papierlappen 
gebunden und gefeffelt bleiben! Das iſt purer Wahnfinn.” 

Ei! Ei! Herr Verf. Das klingt benn doch felbft im Deunde 
des Napoleon ein biächen zu arg! 169. 





Literarifche Notizen. 


Bon Landon's „Annales du mus6e et de Fécole modern 
des beaux arts’ ift ber erfle Band der zweiten gänzlich um 
gearbeiteten und vermehrten Andgabe erfdienen. 


WBatout, Oberbibliothelar des Königs, gibt eine „Histoire 
du Palais royal‘ heraus, bie aus 12 Lieferungen in Folio be 
fteben wird. Die erfte und zweite find bereits exfchienen. 

Hr. von Montvéran hat ein „Essai du statistigue rai- 
sonnde sur les colonies europedennes des tropiques et sur les 
questions coloniales” herausgegeben. 9, 


Redigirt unter Serantwortlichtelt der Verlagshandlung: J. X. Brodhaus in Leipzig. 





— Blätter 


literariſche 


für 


Unterhaltung. 


. 





Sonnabend, 





15. Suni 1833, 





Kaspar Haufer, ein pſychologiſches Nachtſtuͤck. 

Refultate ber neueſten Mittheilungen über ihn.*) 

Die Geſchichte des heimatlofen Kaspar Hauſer hat 
netierbing® duch bie Mittheilungen über feine wunderba⸗ 
ven Wildungs: und Entwidelungsverhältniffe von vielem 
Seiten her an frifchem. und beziehungsreichem Intereſſe 
gevoonnen. Sein räthfelhaftes Geſchick, das ihm bald zum 
Stoff für eine Griminaltragsdie, bald zum Helden eines 
abenteuerlichen Lebensromans, bald zum MRormalgegenfland 
homoͤopathiſcher Heilverfuche oder zu einem Phänomen bes 
animalifchen Magnetismus auserfehen zu haben fchien, laͤßt 
ihn endlich noch hinſichtlich der pfochologifchen Bedeutung 
„feiner Erfcheinung als die mwunderfamstieffinnige Sphinz 
der neueften Zeit auftreten, weldye uns die Fragen vors 
legt, bie den Menſchen fetbft bedeuten. In der hat, 
wen ergriffe nicht Kaspar Haufe, — gewiffermaßen „das 
einzige Geſchoͤpf feiner Gattung”, wie ihn Feuerbach tref: 
fend bezeichnet — durch die von dem Loos aller andern 


Sterblidden abweichenden Schickſale feinee menfchlichen 


Entwidelung, oder man koͤnnte fagen, feiner verfpäteten 
Menſchwerdung, mit srauenhaft = finnreihen Mahnungen 
und Auffhtüffen über die Nachtfeite des Seelenlebens und 
die geheimften Innern Beziehungen der menſchlichen Na⸗ 
tur? Als Griminalgefchichte hat ſich Hauſer's Lebensfchid: 
fat im Intereſſe des Publicums bereits überlebt, obwol 
Schmidt von Lübel in einem kuͤrzlich erfchienenen zwei⸗ 
ten Heft feinee Mittheilungen über Kaspar Hauſer noch 
manche fchägbare Lichrblide und Andeutimgen zur Erfor⸗ 
hung bed darüber. waltenden tiefen Dunkel gegeben, und 
Feuerbach aus ben, wenn. wir nicht ieren, zum Theil von 
ihm felbft geführten Unterfuchungsacten in feiner bekann⸗ 
ten Schrift Winke fallen ließ, welche die Sache in eine 
nur immer väthfelhaftere Verſchleierung huͤllen. In bie 
fee Sceift („Kaspar Haufer, Beiſpiel eines Verbrechens 
am Seelenleben des Menſchen“, Ansbach, 1832), welche 
in einer wahrhaft claffifchen Darftelung ein vollftändiges 
Charaktergemälde von Kaspar Hauſer's innern und aͤußern 


Berhältniffen entwirft, findet fi zwar die Anbeutung, daß 


*) Es ift zwar ſchon mehrfach über Haufer und bie ihn bes 
treffenden Schriften in d. BL die Rebe gewelen, wir glaus 
ben aber body, daß der nachfolgende Auffag, womit wir bie 
Mittheilungen über Hauſer befchließen, mit Intereffe ges 
lefen werben wird. D. R 


bie bisher aufgewandten Mittel der Juſtiz keineswegs ohne 
allen Erfolg der Entdeckung geblieben, aber zugleich fol⸗ 
gende auffallende Aeußerung: 

Dem Arme ber bürgerlichen Gerechtigkeit find nicht alle 
Fernen, noch alle Ziefen und Höhen erreichbar, unb bezüglich 


mancher Orte, bintee weldyen fie den Rieſen eines folchen Ders 


brechens zu ſuchen Gründe hat, müßte fie, um bis zu ihm vors 
zubringen, über Joſua's Schlachthörner, ober wenigftens über 


Oberon's Horn gebieten können, um bie mit Flegeln bewehrten 


hochgewaltigen Koloffen, tie vor goldenen Burgthoren Wache 
ſtehen und fo hageldicht dreſchen, daß zwiſchen Schlag und 
Schlag ſich unzerknickt kein Lichtſtrahl draͤngen mag — fuͤr ei⸗ 
nige Zeit in ohnmaͤchtige Ruhe zu bannen. 

Doc was verübt bie ſchwarze Mitternadt, 

Wird endblih, wenn ed tagt, and Sonnenlicht gebracht. 


Man kann nicht leugnen, daß durch diefe Andeutung jene 
abenteuerlichen Zeitungsgerüchte wieder einiges Gewicht ers 
langen, welche ben nuͤrnberger Findling, nachdem ihn bie 
aflgemeine Theilnahme zum Kinde von Europa gemacht, 
feinee Geburt nad zu einem Sohne Napoleon’s ober zu 
einem andern verfioßenen Abkoͤmmling fürfttichen Geſchlechts 
erhoben, und man muß mit Schmidt von Luͤbeck („Ueber 
Kaspar Hauſer“, Heft 2, ©. 30) geftehen, daß es nun 
nicht mehr ganz im die Romantik gehören würde, wenn 
man, durch alle diefe Andeutungen geleitet, den erſten Act 
des Hauferfhen Dramas in Wien fpielen ließe, ben zweis 


ten in Ungarn, den britten in Nürnberg, dem vierten in " 


England und den fünften in Paris, Wenn wie jedoch 
die Ausfiht auf den fünften Act .dabingeftelie fein laſſen 
wollen, fo fcheint wenigſtens ber vierte darımter für Kas⸗ 
par Danfer felbft ein hHeilbringendes Ereigniß werden zu 
wollen, da ihn bekanntlich Lord Stanhope (ein Sohn des 
berühmten Parlamentsredners Charles Stanhope und ein 
Schweſterſohn des Miniſters Pitt) felt dem Januar 1832 
in Ansbach zu feinem Pflegefohn angenommen und ihn 
vielleicht bald übers Meer nah) England hinüberführen 
wird, von welcher Veränderung ſich feine Kreunde eine 
frelere und glüdlichere Entfaltung für ihn verfprechen, ba 
ſich nicht leugnen läßt, "daß binfichtlich der Art und Weiſe, 
wie Haufer in dem, wennfchon wohlwollmden Nümberg 
behandelt worden, manche nachtheilige Misgriffe feiner geis 
fligen und Lörperlichen Bildung gefchadet haben mögen. 
Wenn man von bem Criminalintereffe wegſieht, deſ⸗ 
fen völlige Aufhellung wol kaum noch zu Erwarten, To 
fieht in Kaspar Hauſer's Erfcheinung noch bie Seite ber 


636 


phpfiotogifhen und vor Allen der Seelenphänomene ba, 
die ſtets merkwürdig bleiben wirb und die Aufmerkſam⸗ 
Leit des forfchenden Beobachters in hohem Grade in Anz 
fpruh nimmt. Durch das entfeglihe Schickſal dieſes 
Juͤnglings iſt gewiffermaßen eine neue Kategorie in das 
moderne Strafrecht gebracht worben, naͤmlich das „Ver⸗ 
brechen am Geelenleben des Menfchen”, und Feuerbach 
bat es in feiner gebachten Schrift (ſ. S. 56 fg.) vor: 
teefflich an diefem Beiſpiel anſchaulich gemacht, wie buch 
widerrechtliche, den Ungluͤcklichen im Zuſtande der Thier⸗ 
beit feſſelnde Gefangenhaltung an feiner höhern aikigen 
Natur em Frevel volbracht worden, welcher durch die ihn 
begletenben Umftände den in den Strafgelegbüchern ges 
woͤhnlich vorkommenden Begriff des Verbrechens der blos 
Sen „roiderrechtiichen Gefangenhattung‘ noch beimeitem 
an Strafwürbdigkeit überragen follte. Das an Ihm began- 
gene Verbrechen ſteht jedoch beifpiellos in der Geſchichte 
der Menfchheit da, und fo fehen wir, daß biöher noch 
von keinem Geſetzgeber in irgend einem Lande oder bei 
irgend einem Volke ein Kal biefer Art, wo es auf bie 


geiftige Verwuͤſtung eines Menſchenlebens abgefehen, in 


feinem ganzen Umfange berüdfichtigt worden if. Die 
Berruchtheit, welche auf ihrer hoͤchſten Stufe ein menſch⸗ 
liches Dafein doch nur zerftören zu koͤnnen ſchien, zeigt 
fi) an einem Beiſpiel wie Haufer noch um einen Grab 
höher, indem fie bier eine erft im. Werke flehende Ents 
foltung sum menfchlihen Dafein, bie Entfaltung ber 
menfchlihen Natur aus der Wildheit und Verlorenheit 
ihres urſpruͤnglichen Xhierfchlummers, gehindert und uns 
sergraben hat, indem fie den Schöpfer um die Beſtim⸗ 
mung feines Gefchöpfes betrog und das Geſchoͤpf fogar 
um die erfte Bedeutung feiner Exiſtenz, welche die ift, 
ſich ſelbſt kennen zu lernen. So mochte ber arme Haus 
fee Länger als ein Jahrzehend in feinem unterirdiſchen ens 
gen Loche gelegen haben, wo ihm ſelbſt das Phänomen 
des gewoͤhnlichen Tageslichtes, in bem jeder Wurm fich 
feoher regt, unbekannt blieb, und die Zeit, die er vor fel: 
ner Einfperrung vielleicht ‚frei zugebracht, muß fo kurz 
und von fo geringen Eindrüden für ihn geweſen fein, 
daß er fie während der Jahre feiner Haft gänzlich wieber 
zu vergeffen vermochte. Der Genius der Kindheit ging 
an ihm vorüber, ohne ihn zu rufen und ohne weder am 
Lernen noch am Spielen bie edlern menſchlichen Kräfte 
in ihm zu erweden; und das phyſiſche Sünglingsalter 
beach ihm an, aber Haufer, von fih und ber Welt nichts 
wiſſend noch ahnend, war weder Kind noch Jüngling ges 
weſen, ſondern er hatte, in dumpfer Bewußtloſigkeit mit 
ſeiner Kerkerumgebung verwachſen, wie die traͤge Schnecke 
mit ihrem Gehaͤuſe, den Entwickelungsfruͤhling des Lebens 
verſchlafen, nicht einmal verträumt; denn um Traͤume 
zu haben, dazu gehört Leben zu haben und Lebenserinnes 
rungen, und es bewies ſich fpdter, daß Hauſer, als er 
fchon einige Zeit in Nürnberg war, zum erften Mal bort 
einen Traum hatte. 

Aber endlich fchlug bie Stunde, wo er feinen langen 
Verpuppungszuftand von ſich abfchütteln follte, um bie 
gefangengebaltene Pſyche autflattern zu laſſen. Wahrs 


ſcheinlich begann fi bie Naturkraft in ihm immer mäd: 
tiger zu regen; er fing an unbändig und unruhig zu 
werden in feinem engen Gefaͤngniß, unb es mußte feinm 
Seinden, die Ihn eingekerkert hielten, gefährlich erſchienen 
fein, ihm noch Länger zu verheimlichen und zu verbergen, 
Man ſtieß ihn im die Welt ira, bie ihm ebenfo fremb 
war als er fich ſelbſt, man glaubte vieleicht, daß er, für 
einen Bloͤdſinnigen gehalten, in irgend einem Irrenhauſe 
Aufnahme finden und fo für Immer verfchwinden würde, 
wenn der Plan, den man durdy den ihm mitgegebenen 
Brief an den Tag legte, ihn in ein Huſarenregiment zu 
fteden, ſcheitern ſollte. So kam «8, daB am zweiten 
Pfingſttage 1828 ein nürnberger Bürger einen als Bauer 
burfche gekleideten jungen Menſchen auf der Straße ge: 
wahrte, der, einem Trunkenen aͤhnlich, ſich muͤhſam fort: 
bewegte, ohne auch nur bie Süße gehörig fegen gu koͤnnen 
ja, wie ſich bald bewies, ‘ohne (einige papageienmäßig ein: 
gelernte Ausdrüde ausgenommen) ſprechen, ohne fehen, 
ohne irgend eine menſchlichem Thun geläufige Handlung 
verrichten zu innen, ohne irgend eine Vorſtellung von 
den Dingen in der Welt zu befigen. Unter den Sachen, 
die man ihm bei feiner Ausfegung mit auf ben Weg ge 
geben hatte, fanden ſich in feiner Taſche beſonders mehre 
Gebetbuͤchlein und ein kleiner hoͤrnener Rofenkranz, wer: 
aus man nicht mit Unrecht geſchloſſen, daß ſich bei ſei⸗ 
sem Schickſal auch geiftlihe Hände mit im Spiele befäns 
den. Eines dieſer geiftlichen Zractätlein führte den Titel: 
„Kunft, die verlorene Zeit umd uͤbel zugebrachten Jahre 
zu erfegen‘‘, was, wie Feuerbach (a. a. O. ©. 12) be: 
merkt, auf das biöherige Leben des Juͤnglings, wie er «6 
fpäter aus freilich fehe dunkeln Erinnerungen wiederer: 
zäbfte, hoͤhnend anzufpielen fcheint, 

Seine „übel zugebrachten Jahre” zu erfegm, mußte 
dem armen Kaspar Daufer — der auch diefen feinen Nas 
men einer Ironie feiner Peiniger zu verdanken fcheint, in⸗ 
dem fie ihn. Haufer nannten, weil er nie aus dem Haufe 
gefommen — fehr fchwer werben, ſelbſt bei, feinem jetzt 
günftiger ſich geſtaltenden Geſchick, das ihm liebevolle und 
ſeiner Bildung ſich amehmende Freunde zuſuͤhrte. Eine 





Verruͤckung der Naturſtufen, auf denen ſich Jedes allmds 


lig entfalten ſoll, if nie wieder ganz ungeſchehen zu mas 
hen, und die nun: beginnende intellectuelle Cutwickelnnge⸗ 
gefhihte Hauſer's, die befonders nach feine Aufnahme 
in da6 Haus des Profeffor Daumer ein merkwuͤrdiges 
Intereſſe gewinnt, zeigt es, welche ſchmerzhafte Gonflicte 
im Seelenleben eines Menſchen entſtehen, der, nachdem er 
ſeine Kindheit und Jugend in Bewußtloſigkeit verloren, 
dann durch ein gewaltſames Zuſammennehmen ſeiner Kraͤfte 
Das nachleben ſoll, was mit dem Kind und Juͤngling in 
friſcher Werdeluſt der Entfaltung haͤtte aufwachſen und auf⸗ 
blühen muͤſſen, waͤhrend es jest, koͤnnte man wehmuͤthig 
fagen, nur „getrocknet aufkeimt“. Die „Mittheilungen über 
Kaspar Haufer” vom Hrn. Prof. Daumer (Nürnberg 1832), 
dem ehemaligen Pflegevater und erften Lehrer Haufer’s, 
liefern in dieſer Dinficht die wunderbarfien pſychologiſchen 
Erſcheinungen, wie fie wol niemals in der Entwickelung 
eines Individuums auch nur ähnlich) beobachtet worden find. 


Bj 


.  Rabpar Haufer's Unbebinntfchaft mit. fich ſelbſt "ging ' 
bel fernen anfänglichen Auftreten in Nürnberg in der hat 
fo. weit, daß er nicht elnnml alle Glieder feines eignen 
Körpers Lannte, oder den organlihen Zufammenhang bes 
ſelben auch nur ahnte. Als ein Arzt feinen Kopf unter⸗ 
ſuchen wollte und mit beiden. Haͤnden datan griff, bat er 


dringend, wart möge ihm den Kopf nicht herunternchmen, 
und als er ein andgreamaf mit, den Händen feine Ohren 


fühlte, zeigte, er fich fehr verwundert darüber und glaubte, 
das fej etwas Ungehoͤriges, das von feinem Koͤrp 
— * * 
feiner ftuͤher diaſſern Wangen auffiel, fragte er, wer ihm 
das Roth bahingemacht habe- (Daumer I, ©. 34). Die 
Dinge aufer ihm, von welcher Art fie auch fein mochten, 


fah er. anfänglich alle für belebt und befeelt an, 'ganz wie 


der noch im mythologiſchen Zuſtande feines Bewußtſeins 
befangene Urmenfch, welcher mit dem Baum, der Pflanze, 


dem Stein lebt und verkehrt wie mit individuellen Ge: 


Ihöpfen. Im den erflen Tagen zu Nuͤrnberg glaubte er, 
Brot und Waſſer 
mit dem Brot, das er befam, und mit einem Ofen, def- 


fen glänzende Zarbe ihn anzog. An einer Statue, die er. 


in einem Garten ſah, nahm er großes Aergerniß, weil 
fie fich, wie er fagte, nicht reinigte umd pugte In ben 
erften Zeiten hielt er felbft die Wilder der Iebendigen We⸗ 
fen auf.feinen Kupferbogen für belebt. Als ihm ber Wind 
ein Blatt Papier vom Tiſche wehte, fagte er, es fei 


heruntergelaufen, und da ihm Daumer bemerklich machte, 
daß es der Wind heruntergeweht habe, entgegnete ee, ſich 


beſchwerend, das folle dee Wind nit thun, indem er den 


er weg⸗ 
werden möüffe.:- Indem ihm einmal: die Roͤthe 


ſeien Ihm davongelaufen/ und ſprach 





ſehr daruͤber auf, daß ein Pferd im. Stalle „vor allen 
kLeuten“ fein Waſſer ( Daumer I, 30 fg. Val. Feuer⸗ 


bach a, a. O. ©. 96.): 


Der auf biefe Weife noch ganz im Chaos der Welt⸗ 
anficht befangene Menſch entwickelte jedoch bald eine ans 
Wunderbare - grenzendbe Schärfe feiner Sinne und Ber: 
flandesträfte, bie ebenfalls fo wenig dem Gebiet gewöhn: 
ficher menſchlicher Erſcheinungen angehörte, baß fie viel 
mehr mit allem Recht in das Bereih des animalifchen 
Magnetismus zu rechnen fein duͤrfte. Durch ein ohne 
Zweifel fait 16jähriges unterichifches Kerkerleben den 
Einflüffen der atmofphärifchen Luft fremd geworden, ſcheint 
fein Drganismus durch die nunmehrigen plöglichen Ein- 
wirkungen derfelben fich in einen gereizten und erhöhten 
Nervenzuſtand verfegt gefühlte zu haben, indem er in vie 
ler Dinfiht einem ſomnambuͤlen Individuum glich, und 
die geiftigen Anfoderungen, welche bie neu von ihm ent: 
deckte Welt aeeis an ihn richtete, und wodurch fie ihn 
ans feinem Seelenſchlummer erft zu einem Staunen, bonn 
zu einem Aufmerken und begierigen Anelgnen erweckte, 
mochten jene Aufgeregtheit feiner ganzen Natur nicht we: 
nig verſtaͤrken. Was die unglaubliche Schärfe feiner phy⸗ 
ſiſchen Sinne, z. B. feiner Sehkraft aribetrifft, die fo welt 
ging, daß er nicht nur in der Finſterniß vollkommen fah 
und Farben, wie Dunkelbraun und Dunkelroth, Dunkel⸗ 
gruͤn und Schwarz u. dgl. voneinander unterfchieb, ſon⸗ 
den auch am Helen Tage an einer zerlegten Blume Bil: - 
dungen erkannte, welche Andern nur mit bewaffneten 
Augen erkennbar find, ja, daß er vom nürnberger Schloß: 
zwinger aus eine Reihe Fenſter des Schloffes Marloffſtein 


Wind als ein perfönlihes Weſen nahm. So machte er | ‚zählen konnte und bei einbrechender Dämmerung, wo ein 


es fogar mit dem Winter, von bem er fagte, er wundere 
fich, daß es ihn nicht felber friere, wenn er fo kalt mache. 
Beſonders ſchwer war es, ihn davon zu Überzeugen, daß 
eine gerollte Kugel ſich nicht von ſelbſt willkuͤrlich bewege, 
ſondern daß ihr Lauf Folge der Schwungkraft ſei, indem 
er dabei blieb, daß die Kugel von ſelbſt ſpringen und lau⸗ 
fen koͤme, und wenn er einen fo gerollten Apfel in ſei⸗ 
nem Laufe innehalten fah, fagte er, ber Apfel fek jest 
mübe, und man müͤſſe ihn nicht länger plagen. Als er 
einen Eindugigen erblidte, fagte er zu Ihm, er folle ſich 
ein. Auge einmathen lafjen; und da man entgegmete, das 
uinge nicht an, fagte er, wer das eine gemacht Habe, 
Bönne auch ein anderes machen. Zwiſchen der Ratur und 
den Säbigkelten der Menſchen und Thiere wußte er kei: 
nen Unterfchied. Die Hauskatze wollte er aufrecht gehen 
und mit den Pfoten efien lehren, ergriff ihre Pfote und 
ermahnte fie, mit berfelben ihren Fraß zu faflen und an 
das Maul zu bringen. Ueberhaupt fprad er mit ber 
Kage wie mit einem Dienfhen und wunderte fi, daß 
fie nicht darauf achte und nichts lernen well. Da er 
Dchfen auf dem Pflafter gelagert fah, fragte sr, warum 
fie fich auf den harten Boden legten und nicjt lieber 
nach Haufe gingen, um fidy niederzulegen. Er beſchwerte 
ſich darüber, daß die Thiere, 3. B. Ochſen, Pferde, den 
eg verunreinigten und nicht wie er auf: ‘den Abtritt 
gingen. Noch im Herbſte des Jahres 1828 hielt er fi 


Jgewoͤhnliches weitfichtiges Auge nur erft drei ober vier 


Steme am Himmel fah, bereits die Sterngruppen ge⸗ 
wahrte und bie einzelnen Sterne darin nach Ihrer Größe 
und eigenthuͤmlichem Farbenſpiel zu unterfcheiden mußte 
(f. Feuerbach a. a. D. S. 105): was diefe Phänomene 
anbetrifft, fo find fle weniger naturmwibrig, als es vielleicht 
auf den erften Anblick erfcheinen könnte. Daß Hauſer 
im Dunkeln zu fehen vermochte, war von ber einen Seite 
nichts als die Folge feines vieljährigen ununterbrocpenen 
Aufenthalte in der Macht feines Kerkers, wo fich fein 
Ange an die Finſterniß natürlich gemöhnte, und bemeift, 
daß das menſchliche Sehorgan unter ſolchen Umſtaͤnden 
in ſich felbft Licht zu entwideln im Stande if. Außer 
dem befand ſich Hauſer hinfichtlich feiner animaliſchen Eri: 
ftenzmittel gewiffermaßen noch im Naturzuftande der wils 
den Völker, bei denen gleiche Schärfe der phyſiſchen Sinne 
angetroffen wird. Merkwürbig iſt es jedoch, daß Hauſer 
durch feine allmälige Gewoͤhnung am Fleiſchkoſt (zu ber 
ee anfangs nicht vermocht werden konnte, ba ihm nur 
Brot und Waſſer, feine gewohnte Kerkerfoft, ſchmeckte) 
nach und nach diefe Eigenthüumtichkeit feiner Sinneswerk: 
zeuge, auch hinfichtlich des Gehoͤrs, bes Geruchs mie bes 
Gefuͤhlvermoͤgens, voͤllig wieder verlot und überhaupt mit 
feiner Natur immer mehr in ben Kreis der gewöhnlichen 
Lebenserſcheinungen einkehrte. 

(Der beicinn feige) 


mit vielem GSeremoniel ihr Geſchick verkuͤndet. 


" |: 


Silvio Peltico. 

Das Erfipeinen der „Mie prigioni, da Bilvio Pellioo da 
Salazzo’' *) in Zurin hat plöglih bie Aufmerkſamkeit der gan- 
geblibeten Welt einem ber intereffanteften Opfer jene Ber 
— zugewendet, welche die wirklichen oder vermeintlichen 
Theünehmer an den 1820— 21 ben europäifden Suͤden ers 
‚ötternden Bewegungen zu erbulden hatten. In einer acht⸗ 
baren Familie des Mittelftandes zu Saluzzo in Piemont gebo⸗ 
sen, genoß P. von Jugend auf einer guten Erziehung, verlebte 
einen Theil feiner jungen Jahre in Lyon bei einem Verwand⸗ 
ten und zog nach ber Ftuͤckkehr in die Heimat mit den Geb 
nigen nach Mailand. Hier erwarb ihm fein lebenswürbiger 
Charakter und bas Anziehende feines Umganges bald eine Menge 
Freunde, und er theilte feine Zeit zwiſchen Geſelligkeit und 
Wiffenfchaft. Begabt mit zartem Gefühl und lebhaften Phan- 
taſie, widmete er ſich mit Gifer ber Dichtlunft, und balb erregten 
die Fruͤchte feiner Muſe, insbefondere eine in Mailand und ganz 
Ktalien mit großem Erfolg aufgeführte Tragödie: „Francesca 
da Rimini“, die ſchoͤnſten Hoffnungen von dem jungen Dichter. 
Nach dem Gturge bed Königreichs Italien wenbeten fi 
9.8 Aeltern nad) Turin, während er ia Mailand als Erzieher 
der Kinder des Grafen Porro Lambertenghi zurüdblieb, der 
fpäter ebenfalls mit in ber allgemeinen Profcription begriffen 
war. In diefem Haufe hatte P. Gelegenheit, nicht nur alle 
ausgezeichnete Männer Mailands, fondern auch viele berühmte 
Zremde kennen zu lernen, baruntes Byron, Frau von Gtadl, 
Schlegel, Brougham u. A. m. Hier war ed auch, wo er zuerfl 
die Idee ber Zeitfchrift faßte, als deren eifrigfier Rebacteur er 
öftreichifcher Seits verfolgt ward. Ehe aber biefer traurige 
Zeitpunkt eintrat, fchenfte ihm ber Himmel in Piero Maron⸗ 
celli, einem mit dichteriſchem und muflfalifchem Genie begabten 
jungen Manne aus Korli, weicher in Nicolo Beltoni's types 
graphifchem Etabliſſement angeftellt war, einen vertrauten und 
treuen Freund und fpätern Gefährten in fenem Sammer. Es 
war am 13. October 1820, wo P. in Mailand verhaftet und, 
der Iheilnahme oder wenigſtens Mitwiffenfchaft an einer libe⸗ 
ralen Verfhwörung verbächtig, eingelerkert wurbe. Bedenkend, 
was von ber mistrauifhen Gewalt zu erwarten fland, zog er 
vor, durch Schweigen alle ihre Rache auf fi zu Ienken, ans 
ſtatt Gefahr zu laufen, durch ein mißgebeutetes Wort auch nur 
einen feiner Bekannten zu compromittiren. Dieſes Betragen 


‚galt ‚natürlich für ein Verbrechen, und er wurbe im Februar 


1821 nad) Venedig transportirt, wo man ihn unter ben ber 
ruͤchtigten Bleidaͤchern während des Sommers in einem ber 
Sonne am meiften ausgefepten, währenb bes Winters in einem 
der Eälteften Kerker auf der Snfel S. Murano verwahrte. Die 
fürchterlihe Hige war um fo ſchwerer gu ertragen, ba eine 
Unzahl von geflügelten Inſekten ihn zwang, den Körper fort 
während zu verhülen. Die in Wenedig niebergefegte Specials 
commiffion fällte unterdeffen fein unb anderer Unglädlicher Urs 
theil. Am 22. Februar 1822 wurde P. und fein Freund Mas 
zoncelli nad) dem St.» Warcusplage gebracht und ihnen hier 
Sie waren ei; 
gen Beide zum Tode verurtheilt, der Kaifer hatte aber 
Pellico's Strafe in 15jährige, Maroncelli’s in 20jährige firenge 
Daft in einem oͤſtreichiſchen Gefängniffe verwandelt. Schon am 
folgenden Tage wurden fie an den Ort ihrer Beftimmung, nad 
Spielberg in Mähren, abgeführt. Bier befinden ſich immer ge 
gen 300 Gefangene, meiftene Diebe und Mörder, bie zu car- 
cere duro und oarcere durissimo verurtheilt find. Grftere find 


* ds iſt davon foeben eine beutfche Ueberfehung, bie wir als fehr gelun⸗ 
gen empfehlen können, unter folgendem Titel erfhlenen: „Meine 
Gefangenfchaft in den Ke⸗kern zu Mailand, unter ben Bleidaͤchern 
zu Venebig und in den Kafematten auf dem Spielberge. Denk⸗ 
wuͤrdigkeiten aus dem Leben bed Grafen Silvio Pellico von Gas 
luzzo. Aus dem Staltenifhen von *°z. Leipzig, Boß. 1888. 
&r. 12. 1 Ihir. 18 Gr. D Reh 


an ben Feßen gefefelt und müſſen arbeiten, bie anbern find, 
mit fi Ketten belaben, mittels eines Ringes um ten Leib 
an bie Dauer geiötbfien, fobaß ihnen nur ein Meiner Raum 
ur Bewegung bielbt. Waſſer und Wrot ift ihre gemeinſchaft⸗ 
lie Nahrung, ein nacktes Bret Ihr Lager. P. und M. ge 
Hörten zus erſten Claſſe. Man brachte fie in abgefnberle 
dunkle unterichifige Kerker, zog Ihnen die gewöhnlichen geoben, 
balb grauen, halb braunen Kleider ber Gefangenen an,. und fo 
verbrachten die Armen ihre fhönften Sabre, kobt für die Welt, 
für ihre Freunde, für ihre Angehörigen und ihr Waterlanb, 


ohne Bücher, Papier und Alles, was eine foldhe Lage milbern 
kann. Vom higigen Fieber, von wilden Yhantafien gequält, 
erhielt 9. endiich nach langem - Darren: bie Gelnubaiß, in ein 


höher gelegenes Behaͤltniß gebracht : zu ‚werben. Hier fah er 
wenigſtens Zagesliht, und wenn er fi an die Gifengitter des 
ſchmalen Kenfters klammerte, Tonnte er das Thal, einen heil 
von Brünn, einige Gärten, ben Kirchhof und bie walbigen Höhen 
fehen, welche die berühmte Ebene don Aufterlig verbargen. „Dies 
feg Anblick entzüdte mich", grzäplt 9.5 „wie glüdlidh wär” id 
aber erft gewefen, hätt’ ich ihn mit Waroncelli genießen koͤn⸗ 
nen.” Ginige Jahre fpäter ging, dieſer Wunfd in Erfüllung. 
Die Freunte, von ihren Leiden dem Zobe faft nahe gebracht, 
erhielten bie Weghnftigung, beiſammen zu leben. Nichts ift ruͤh⸗ 
sender als die Geſchichte dieſer Pexiode. Dech Maroncelli's Zw 
ftand warb immer bebenllicher „ eine am Knie entſtandene Ges 
ſchwulſt nahm aus Mangel an Pflege fo. zu, daß er nicht mebe 
das Wett verlaffen Forinte und eine Ampntation für nothwendig ger 
halten warb. Aber bie Erlaubniß dazu mußte erft von Wien geheilt 
werben; fie kam acht Tage nach ergangenem Berichte an, unb 
Maroncelli überfland bie nun vorgenommene Dperation glüdlid. 

Endlich, nach vielfach vergeblich gemadten Hoffnungen, 
erhielten fie am 1. Auguft 1830 ihre Freiheit und traten, gleich 
von bem Tode Erftandenen, aus ihrem Kerker. Merkwuͤrdig ges 
nug fiel ihre Begnadigung mit ber Julitevolution zufamımen, 
und beinahe wäre biefe ihnen verderhlich geworben, und bie 
ſchnell erwachenden Beſorgniſſe der öftreichifchen- Regierung bätten 
fie faft in ben Kerker zusüdgeführt. Bei Klagenfurt angelangt, 
kam plöglih der Befehl, Halt zu machen. Doch die Dazwis 
fhenfunft bed turiner Hofes wirkte ihnen Grlaubniß zur Fort⸗ 
fegung ihrer Reife aus. Und fo kehrte denn 9. nach zehn mars 
tervollen Jahren in den Schoos ber Geinigen nach Turin / 
wo er jegt von feinen Mitbürgern geachtet .und geehrt lebt. 


‘Seine lange Befangenfhaft hat ihm ben Geſchmack für Poeſie 


und Wiffenfchaft Feineswegs geraubt, und troß der Schwäde 
feiner Geſundheit bat er ſchon mehre neue Tragoͤdien heraus⸗ 
gegeben, von denen einige in der Kerkernacht erbacht wurden. 
Die Geſchichte ſeiner Gefangenſchaft iſt ohne die leiſeſte 
Berührung politiſcher Verhaͤltniſſe abgefaßt; ex hat ſich darauf 
beſchraͤnkt, feine Leiden, fein Elend und die Art zu ſchitdern, 
wie er mit Huͤlfe der Religion und Philofſophie ſich in den 
teaurigften Augenbliden aufrechthielt. Unmöglich if es, feine 
Grzählung zu lefen, obne von dem edeln, milden Geifte durch⸗ 
derungen zu werben, ben jedes Wort athımet, und bie innigfte 
Hochachtung für bie.erhabene Seele zu empfinden, bie fi nie 
gend einen Ausdruck bes Unwillens ober Zabels über Die er⸗ 
laubt, welche ihr fo furchtbare Qualen auferlegten. „Richt um 
von mir zu fprechen‘‘, heißt es im Vorwort, „mache ich dieſe 
Denkwuͤrdigkeiten bekannt; meine Abfiht if, Unglüdtiichen Muth 
einzufiößen, indem ich ihnen mein Elend unb bie Troͤſtungen 
vorhälte, welche man felbft in ber graufenhafteften Lage zu fins 
den vermag; bezeugen will ich, baß mir bie Menſchen während 
meiner langen Leiden nicht fo ungerecht, fo unwärdig ber Nach⸗ 
ſicht, ſo bar von aller @üte erfchienen, wie man fie gewöhnlich 
ſchildert; eble Herzen will ich vermögen, nicht ſparſam Ey fein 
mit ihrer Liebe und Niemand zu haſſen, fondern ihre Verach⸗ 
tung nur über Niedertraͤchtigkeit, Verleumdong, Feigheit, 


. Zreulofigkeit und alle bie Menfchheit berabwärbigenten after 


auszufchütten.”“ 8. 





Kedigtet unter Berantwertlichteit der Verlagshandlung: U. A. Brodhaus in Lripsig. 


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RKaspar Hauſer, ein pfochologifhes Nachtftüd, 
Te it. ib. | 
Die beſondere Beſchaffenheit von Hauſer's Gefuͤhls⸗ 
vermögen, und deſſen . Empfindlichkeit, namentlich ge 
gen” Metalſreize, traf jedoch in ‚vieler Hinſicht mit. ber | 
an ihm beinerkten Beziehung, zum thieriſchen Magnetis⸗ 
mus zufammen,. ‚und .erhielt.fih in djeſem Verhaͤltniß 
‚feiner, Natur, länger andauernd ig. ihm. Herr Prof. 
Daum̃er hat, in ‚dem, nenerfhienenen zweiten Heft ſei⸗ 
ner „Mittheilungen” bie intereffanteften Thatfachen barlber 
zufammengeftellt. . Daufer tonuss die verichiedenen Mes 
tallmafjen nach ber Art und Meile des Zuges, in dem 
fie ihn afficitten und gewiſſermaßen „anbliefen“, wie er 
es zu nennen pflegte, unterfcheiden. ‚ Bei Berührung von 
Metallen, Edelſteinen, Glas.u.. dgk lief es ihm erfältend 
durch die Finger und alle Glieder, und ber Schweiß trat 
auf. ſeiner Stirn hervor. Beim Reiten fühlte-ee durch 
den Sattel den Zug bed darunter befindlichen Eiſens, 
auch behauptete er, er ſei deshalh weniger in Gefahr. den. 
Steigbügel zu verlieren, weil das Metal deſſelben ihn 
an fick) ziehe. Er fagte, er werde von bem unter bem 


*) Das erſte Talent, das Haufer an den Tag legfe, war 

bekanntlich eine Erſtaunen erregende Geſchicklichkeit im Rei: 
ten, worin er balb die Geuͤbteſten In dieſer Kunſt übertraf. 
Man bat daraus auf feine muthmaßliche Abflammung von 
einev Reiternation fehließen wollen, und aud biefe Spur 
‚dürfte dann wieber nad) Ungarn als die mwahrfcheillichfte 
Staͤtte feiner Herkunft hinweifen. . 


, Sonntag: ei Dr Rt. 167. — 168. Juni 1833, 


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fahren, und Haufer unterfchied richtig an der Verſchieden⸗ 


deit und Stärke des Zugs, ben die Metalle gegen feine 
Fingerſpitzen aushbten, alle jene Gegenftände nady ihrem 
Stoff wie mach ihrer Form. (Mol. Feuerbah a. a. D. 
S. 112, uns Daumer I, ©. 12.) ’ Das entfchiebenfle 
Zeugniß von feinem damaligen magnetiſchen Zuſtande gibt 
aber befonders- fein Verhalten zu Perfonen, von denn 
se ebenfalls bei jeder Berührung Anmehungen u. bgl. em⸗ 
Pfand. Wenn man in einiger Entfernung mit den Haͤn⸗ 
den gegen ihn herabſtrich, behauptete er, man blafe ihn 
an, und en kuͤhler Wind gebe an ihm hin, bie Stim 
wurde ihm Beiß, die Hände kalt, er befam Drücken in 
der Herzgrube, wie wenn, nad feinem Ausdrude, ein 
Broden oder Stein fie beidfligte. 

“Während es jeboch bei der Aufgeregtheit feiner phy⸗ 
ſiſchen Natur darauf ankam, biefelbe in die gewöhnlichen 
Grenzen des Organismus herabzuftimmen, welche Herab- 
fimmung bald aud von felbft immer mehr und mehr 
eintrat, fo zeigte es ſich dagegen hinfichtlih feines geiſti⸗ 


:gen Weſens nicht ohne die auffallendften Schwierigkeiten, 


daſſelbe zu einer tiefern Aufnahme überfinnlicher Vorſtel⸗ 


lungen und Gedanken: zu erheben, was beſonders bei dem 
Bemühen, ein veligisfes Bewußtſein in Ihm hervorzu: 


bilden, ſich anfangs faft als unmoͤglich bewies. Feuerbach 
fagt in diefer Beziehung treffend: 2 

In feiner Seele voll Eindlidher Güte und Milde, bie ihn 
unfähig machte, einem Wurm ober einer liege, gefchweige eis 


J nem Menſchen wehe zu then, weiche in jeder Beziehung fo 


fleckenlos und rein fidy erwies wie ber Abglanz des Ewigen in 
der Seele eines ECngels, brachte er keine Idee, Keine Ahnung 
von Gott, keinen Schatten eines Glaubens an irgend ein hoͤhe⸗ 
res unſichtbares Daſein aus ſeinem Kerker mit ſich in die Welt 
bes Lichte. Wie ein Thier aufgefüttert, ſelbſt im Wachen ſchla⸗ 
fend, in der Wuͤſte ſeines engen Kerkerraums von nichts ange⸗ 
regt als von den groͤbſten thieriſchen Beduͤrfniſſen, mit nichts 
beſchaͤftigt als mit ſeinem Futter und mit dem ewigen Einerlei 
ſeiner Spielpferde, war fein Seelenleben dem Leben der Auſter 
zu vergleichen, die, am Felſen klebend, nichts empfindet als 
ihren Fraß, nichts vernimmt: als den.ewig einförmigen Schlag 
ber Wellen und, ba im engen Raum ihres Gehaͤuſes auch bie 
beſchraͤnkteſte Worftellung von einer Welt außer ihr keinen Plag 
findet, noch weniger von Demjenigen etwas zu ahnen vermag, 
was über der Erbe und Über allen Welten ift. 


Die im Obigen von ihm berichtete Schärfe feiner 
DVerftandesträfte war es aber vornehmlich, an welcher bie 
Bemühungen feines Lehrers, des Proſeſſors Daumer, Hau: 


690 


ſer's geiftige. Natur durch veligiöfen Inhalt zu beleben, 
den größten Widerſtand fanden. Hauſer ſchien zwar ein 
Kind nody im Zünglingskörper, aber doch war ihm bie 
Gunſt der Kindheit,” bie hingebende Empfänglichkeit des 
Glaubens bereits verfagt, und wie wenig dee Mangel an 
Eindlichenn Stauden dem Wifſen foͤrderlich iſt, ſteht tan 
en diefem. feinen Beifpiel deullich ein. 
frei von dem gedankenloſen Nachiprechen des Autoritäts- 
glaubens der Kinder, er wollte vielmehr Alles, was ihm 
gefagt wurde, durchaus hegreifen, ehe er +6 annahm, 
und zwar fo, daß es feinem Berftande, welcher jedem Wi⸗ 
detfprnch geſchickt nachzujagen wußte, SIE zum Sichtbar⸗ 


werden Har fein follte. Man hatte ihn beiehrt, daß nur. 
Ein Gott fei, und der ſei Überall; und wenn er fih auch 
der erſtern Vorſtellung nicht widerſetzte, weil ex fi unter 


Gott noch irgend ein menſchliches Wefen dachte, fo ſtraͤubte 
er fih doch um. fo hartuädiger gegen die legtere, indem 
er den Begriff 
fchränttheit feiner eignen menfchlichen Natur, die er aud 
fonft immer zum Maßſtab anlegte, betritt. Sein Lehrer 
Daumer machte ihn deshalb zuerft auf. das Verhaͤltniß 
feiner geiftigen und finnlichen Natur in ihm felbft auf 
merkſam und fragte ihn, ob er nicht Willen, Gedanken, 


Vorſtellungen in fi hätte, bie er nicht fehen, nicht hoͤ⸗ 


sen könne, und die doch in ihm wirkfam fein? Nachdem 
er dies bejaht und fo mit Erſtaunen bie unkoͤrperliche 
Natur feines innern Weſens eingeſehen, wurde Ihm weis 
ter gefagt, ein Weſen, das vorftellen, denken, wollen könne, 
fei ein Geiſt. Gott fei eines von den Dingen, die man 
nicht Außerlich wahrnehmen Lönne, und verhalte fih zu 
dee Welt wie fein (Daufer’6) Denken und Wollen zu 
feinem Körper. Auf dieſelbe Weife machte ibm aud) 
Daumer die Lehre von der Allgegenmwart Gottes begreif: 


lich. Er hieß ihn feinen Arm bewegen und machte ihm 
bemerklich, daß, indem er dies thue, fein Denken und 


Mollen in feinem Arm wirke, und baß er es nicht thun 
koͤnnte, wern fein Wille nicht darin wäre. Er fragte ihn 
ferner, ob er nicht auch zugleich ben andern Arm auf: 
heben und beide Arme miteinander bewegen könne, und 
als Haufer dies bejahte und that, wurde ihm daraus ge⸗ 


‚folgert, daß fein Denken und Wollen in zweien feiner 


Glieder zugieich fein könne; und fo könne er auch ver: 
Rechen, role Gott an verfchlebenen Orten zugleich zu fein 


vermöge, und was es heiße, er fel uͤberall oder allgegen⸗ 


waͤrtig. Hauſer aͤußerte große Freude, als ihm dies klar 
geworden war, und ſeit dieſer Zeit hoͤrte ſeine Widerſpen⸗ 
ſtigkeit gegen die, Idee Gottes auf; aber tiefer hinein in 
die chriſtliche Dogmatik kam man für jetzt mit ihm nicht. 
Seine Unglaͤubigkeit trat vielmehr beĩ beſondern Anlaͤſſen 
immer wieder mit einer merkwuͤrdigen Verſtandesdialettik 
hervor und ſetzte feine Lehrer und Freunde nicht felten 
durch die fchärfften Kragen und Einwendungen in Verle⸗ 
genheit. So fragte er einft, als von Gottes Allmacht 
die Rede war: ob denn Gott, ber Allmächtige, auch die 
Beit inne ruͤckgaͤngig machen? eine Frage, bei der eine 
bittere, ironiſche Beziehung auf fein eignes früheres Le 
bensſchickſal allerdings nicht fern lag, inden er vielleicht 


Er wur ‚allerbidge . 





der Allgegegwart Gottes 4us ber Be⸗ 


ſtrafung dirfes Mannes nit wünfchte. 


3 y —W 
ſagen Wollte: "db denn Bott feine Kindheit und Jugend, 
die er lebendig in einem Grabe verloren, ihm wieder je 
ruͤckgeben könne?” (Feuerbach a. a. O. ©. 119.) 

Später jedoch, als eine Abſtumpfung feiner Geiſter⸗ 
pn eg ie die von Daumer feiner allmaͤ⸗ 






gen Er Yeißlkoft. zugMiprichen wird, Inf 


& fi erer Bertitiwiligkekt Wie ge 


ch iin mes 

woͤhnlichen religioͤſen Vorſtellungsweiſen gefallen, obwol 

nach dem an ihm begangenen Mordverſuch ſich der Un⸗ 
Aa ik 


‚glaube -velebes. in ihm momentan zu regen begann. Eins 
mal feagte er, ob er vom Gott etwas Beſtimmtes bitten 
Due, und ob er es dann auch wirklich erhalten werde? 
‚worauf Ihm erwidert wurde, zu: bisten fri ihm geflattet, 
doch muͤſſe er e6 ber Weisheit Gottes anheimftellen, ob 
er ihm feine Bitte gewähren werbe oder nit. Er ent: 
gegnete, er wolle von’ Gott nur die Genefung feiner (da 
mals erkrankten). Augen erbitten, -deren Gebrauch er je 
nur deshalb wolle, um arbeiten und in ſeinen Einfichten 
fortſchreiten zu koͤnnen und feine Zelt nicht wie fo oft 
in unnuͤtzen Geſpraͤchen ‘und Spielereien binbringen zu 
möüffen, wogegen Gott ja nichts Haben! inne. "Die Ant: 
wort, daß Gott feine unbrforſchüchen Gründe habe, um 
‚oft etwas zu verfagen, von dem wir glaubten, daß es 
uns heitſam fei, konnte ihn nicht zufriedenftelen, ebenfo 
wenig als die, welche man ihm auf eine andere Frage: 
‚„rearum denn Gott jetzt nicht mehr wie in fruͤhern Zei⸗ 
ten zu dem Menfchen herabkomme, um fie über fo Bie 
les, was dunkel und flcetlig fei, zum belehren?” zu geben 
hatte, wie es denn überhaupt, wie Daumer bemerkt, auf 
folche Fragen keine andere Antwort gibt als eine ſchlechtt 
Bevor wir dies Capitel von Hauſer's Verhalten in reits 
gloͤſen Dingen verlaffen, darf es jedoch hier nicht unange⸗ 
führt bleiben, was Feuerbach zum Schluß feiner Schrift 
andeutet, bad Hauſer nämlich "gegenwärtig, wo ihn bad 
Bewußtſein feines eignen Lebensfihicfals mit einer tiefen 
gefftigen Wehmuth erfuͤllt zu haben feheint, im echten 
Sinne des Wortes ein frommer Menſch geworben iſt, 
mit Andacht von Gott ſpricht und ſich gern mit vernuͤnf⸗ 
tigen Erbauungsſchriften beſchaͤftigt, obwol er, wie es 
beißt, „freilich auf keines ber ſymboliſchen Buͤcher ſchwoͤ⸗ 
ten und noch weniger in einer andaͤchtigen Geſellſchaft 
von Hengftenberg: und Compagnie ſich dehaglich fühlen 


würde”, 


Ein intereſſanter Abſchnitt In den Daumerſchen Mit 
theilungen uͤber Kaspar Hauſer iſt der über feine ur⸗ 
fpruͤngliche Güte und Weichheit des Gemuͤths, die ſich 
in den erſten Zeiten oft rührend an ihm bemerklich machte, 
und die fo weit ging, daß er ſogar dem allgemein geäu: 
ßerten Unwillen‘ gegen den Unbekannten, der ihn gefangen 
gehalten, Anfangs durchaus nicht beiflimmte und die Be 
Diefe Eigen 
thuͤmlichkeit feines Gemuͤths, die Denen, welche Die Men⸗ 
ſchennatur in ihrem urſpruͤnglichen Zuftande für gut hal⸗ 
ten, zum fehönften Belege dienen kann, truͤbte fich jedoch 
ebenfalls in Ihm nad) dem Berſuch, den feine heimlichen 
Beinde machten, ihn zu ermorden. In dem an ihm bes 
gangenen, vielbefprochenen Mordurrfuch fchienen alle Ge 


\ 


® 
nm 


ſpeufter dunkeln Vergangenheit noch eiumal aus 
{rem naͤchtlichen Hintergrunde feindlich gegen ihn her⸗ 
vorzutreten. eat aͤußerte er, wenn man num den Unbe⸗ 
kannten; fr den er ſonſt Gamer gebeten habe, ergrifft, 
inöge man mit ihm thun, was man walle; und als er 
ige Wochen mach ‚feiner Verwundung ſich im Schießen 
nach des Scheibe. übte und einmal gut getroffen hatte, 
Sam ee jubelnd zu feinen Lehrer Daumer gelaufen und 
fogte, jetzt koͤnne er fihon einen Menfchen todtfchießen. 
„So umgeftimmt”, fegt Daumer hinzu, „war bamals das 
früßer ſo banmtofe Weſen, das kein Thierchen zu beleidi- 
gm vermochte, auch wenn es ihn filber quälte.” J 

, Ze mehr nun Hauſer die ihm neu aufgegangene Welt 
am’ ihn her anfchauen lernte, je mehr wurde er auch na- 
tuͤrlich nach allen Seiten hin von neuen und ungewohn- 
ten Berhältniffen in Anſpruch genommen, die er fich oft 
rhoͤchſt naiv nad) feiner Weife geläufig gu machen fuchte. 
Die Art, wie er die gefelffchaftlichen: Lebenszuftände, die 
ſich nun feinen Blicken darboten, auffaßte, ift nicht felten 
Ja ihrer Unfchuld und Einfalt hoͤchſt fatiriih. Die An- 
ſfichten, die er fich z. B. vorm weiblichen Gefchlecht gebils 
det Hatte, waren fo fonderbar, daß es fich anfangs ent: 
deckte, er verbinde mit dem, Worte Frauenzimmer 
ausſchließlich bie Vorftelung von jungen Perfonen, die 
fi mit keiner ernſten Arbeit beſchaͤftigen, wie fie fich 
ihm öfters im Gefellfchaften zeigten. Frauenzimmer, fagte 
er, feien zu nichts nüge al zum Dafigen, oder, raum: 
zimmer koͤnnten nichts als dafigen und ein wenig nähen 
‘oder ſtricken. Bon der Mutter feines Lehrers, die er 
immer würdig befchäftigt fand, behauptete er, fie fei kein 
Frauenzimmer, fondern eine Mutter. Bei ihm felbft ſchien 
ale Entwidelung eines Serualverhäftniffee ausgeblieden 
zu fein. Traͤume hatte er erfl, feitde er in dem Haufe 
des Profeflord Daumer ‚auf einem Federbette ſchlief. Er 
wußte aber nicht fogleich den Unterfchieb zwiſchen Wachen 
und Träumen zu faffen, fondern hielt die Bilder feiner 


Träume anfangs für wirkliche Begegniffe, die ihm zuge: 


fioßen fein. Später hatte er zumeilen finnreihe und 
allegorifche räume, von denen fi einer unter feinen 
eigens von ihm verfaßten Auflägen, welche Daumer mit: 
theilt, aufgezeichnet findet, 

Kaspar Haufer’s Sprache und bie allmälige Entwide: 
lung feines Sprachvermoͤgens bietet nicht minder bezie: 
hungsreiche Punkte für den Pfychologen dar. Gein gan: 
zer Sprachreichthum befchränkte ſich anfange auf die weni 
gen, ihm von dem Unbekannten eingelernten Redensarten, 
wie: „J möcht ab a ſoͤchana Meiter mern, wie Vater is“; 
„ham weifen”; „in groß Dorf, da 16 dei Vater“, die er 
bei feinem erfien Auftreten in Nürnberg auf jede Frage, 
die man an ihn that, unaufhoͤrlich und unterfchiedslos 
bervorftöhnte. Aus feiner eigenhändigen Schilderung, bie 
er von feinem Zuftande in diefer Periode ſpaͤterhin nie: 
dergeſchtieben (f. Daumer I, ©. 47 fg.), ergibt fi 
jedoch, daß er diefe feine einzigen Redensarten durchaus 
als allgemeine Sprachlaute gebrauchte, um ale Vorſtel⸗ 
lungen oder Bedürfniffe, die fi ihm aufdrangen und bie 
er ausdrüden wollte, damit zu bezeichnen. Diefe eignen 


a1 


Auffäge von Kaspar Haufer, worin er bei- immue mehe 
fortfchreitender Bildung Verſuche machte, Erinnerungen 
aus feinem frühern Leben niedtrzufchteiben, find aͤberhauyt 
ſo intergffant . und hinſichtlich der Maivetät Ihres Aus 
druds fo rührend, daß. wir uns nicht enthalfen koͤnnen, 


| bier eine Stelle daraus heworzuheben. Einer diefer Auf: 


füge fängt folgendermaßen an: „Die Gedichte von Kass 
par Hauſer, ich will es ſelbſt befchrefben, wie hart es mie 
ergangen hat. Da mo ich Immer eingefpiet war in bieſen 
Gefängnig da mar es mir recht gut vorkommen, will id 
von ber Welt nichts gewußt habe umd fo lange: ich ein- 
geſpirt war und Leinen Menſchen niemals gefehen habe. 
Ich habe zwei hölzerne Pferd und ein Hund gehabt, mit 
diefen babe ich immer gefpielt, aber ich kann es nicht ſa⸗ 
gen, ob ich den ganzen Tag gefpielt habe oder nicht, weit 
id) „nicht roußte, was ein Tag oder eine Woche ift u. f. m.” 


Diefe Auffüge ſprechen zugleich als unwiderlegliche Zeus: 


gen für die Wahrhaftigkeit dee Perfon Haufer’s, da eb, 
wie Daumer mit Recht bemerkt, felbft dem genialſten und 
wiſſenſchaftlich tieflundigften Betruͤger ſchwerlich möglich 
geweſen fein wuͤrde, fo zu ſchreiben. Die Einfalt umb 
der treuherzigſte Ausdruck der Gefinnung ließe fich in der 
That in dieſer Weiſe kaum erkünfteln. In einer bald. 
darauf folgenden Periode erlebte er jeboch eine fentimen- 
tale Durchgangsſtufe, mie fie bei den meiften begabten 
Juͤnglingen vorzufommen pflegt, und er gerieth nun in 
feinen Auffägen in blumige und ſchwuͤlſtige Schilderun⸗ 
gen. Go gab er einem neuen Entwurf feiner Lebendge: 
(dichte jegt folgenden gefuchten Eingang: „Lebensgeſchichte 
von Kaspar Haufer in Nürnberg. Welcher Erwachſene 
gedächte nicht mit trauriger Ruͤhrung an meine unſchul⸗ 
dige Einfpirung für meine jungen Jahre, die ih in mei: 
ner biütheften (bluͤhendſten) Lebenszeit zugebracht habe. 
Das fih fo manche Jugend das Leben erfreuet hat, in 
entzudenden goldenen Traͤumen und Vergnuͤgen lebten, 
dba meine Natur no gar nicht erwedt war u. |. w.“ 
Diefen Anfang hielt er für ſehr ſchoͤn und empfand es 
übel, als ihm Daumer fagte, er tauge nichts. 38. 





Briefe von Goͤthe an Lavater. Aus ben Jahren 1774 
—83. Desausgegeben von Heinrich Hirzel, Nebft 
einem Anhange und zwei Facſimile. Leipzig, Weis 
mann. 1833. 8. 1 Xbhlr. 

Dankbar werden alle Verehrer Goͤthe's dieſe Reliquien eis 
ner Beit empfangen, 
Da Er noch felbft im Werden war . 

und auf feinen Bahnen mit einem Geifte zufammentraf, ber für 

ſehr Viele eine große Anziehungskraft beſaß. Wir wiffen aus 

Goͤthe's Leben (Thl. 3, ©. 259, lepte Ausg., Bd. 26), wie 

biefe Bekanntſchaft fich entfpann, buch Briefe und das Inter⸗ 


-effe an ber Phyſiognomik genährt, und durch das perſoͤnliche 
Bufammentreffen in Frankfurt und durch eine gemeinfhaftliche 


Neife nach Ems befeftigt wurde. Alles, was uns Goͤthe bei 

diefer Gelegenheit über Lavater's Perfönlichleit und Gparalter 

mittheilt, iſt nicht nur ein Wufter tiefeindringender Beobach⸗ 

tung und anmuthiger Darftellung, fondern läßt uns ihn ſelbſt 

in feiner gefunden, finnlich Eräftigen, dem Realen prattifch 

zugewendeten Natur trefflich erkennen, Wie er mit dieſer Ra⸗ 
Sn 


692 


te denr’fär feinen Glauben ſchwaͤrmenbden, Tiebenswärbigen La: 
vater gegenäberfiand, fo war dies noch mehr in feinem Verhaͤlt⸗ 
niffe zu dem berben, höcft materiellen‘ Bafebow der Fall, weis 
auch eben damals das Geſchick gleichzeitig mit Lavater in 
ötpe’s Näpe geführt hatte. Wir fehen noch heute leibhaftig, 

Propbete rechts, Prophete links, 

Das Weltkind in der Mitlen, 
ihn gwifchen biefen beiben Stepräfentanten ber entgegengefehte: 
‚Ken Richtungen Galm und Hahn verfpeifen und bereitd das 
Taste milien jener poetifch «Haren, ſtets befonnenen, zuhigr ges 
möüthjichen Stellung einnehmen, welche er niemals aufgegeben 
hat.‘ Darum find uns einige ſchriftliche Denkmäler aus jener 
Beit von fo großem Werthe. Wir verdanken ihre Sammlung 
und Herausgabe dem während des Druckes in Zuͤrich im Fe⸗ 


bruar biefes Jahres verfiorbenen H. Hirzel, dem edein Verf. 
von „Eugenia's Briefen’, ben leider ber Tod verhindert bat, - 
uns noch manchen Auffchluß über vieles in biefen Briefen Ent⸗ 


haltene mitzutheilen, was er in einem Vorworte zu thun gefon: 
nen war. Aber auch ohne biefe Erläuterungen fprechen die 
Briefe deutlich fih aus. Sie tragen etwas von dem Duft bes 
‚goldenen Morgens an fi, des den „Werther und „‚Berlidhin: 
gen” entftehen fah, und erinnern häufig befonders an ben legten 
"durch bie Keckheit, Friſche und Nachlaͤſſigkeit des Ausdrudes. 
‚Orthographie und Interpunction find faft unverändert beibehal: 
:ten und nur wenige auf: reine Bamilienangelegenheiten fich be» 
ziehende Stellen ausgelaſſen worden. In beu meiften Briefen 
ift von Beiträgen zur Phyſiognomik bie Rebe, aber aud) von 
manchen intereffanten Menfchen und Begegniſſen, und faft in 
feinem vermifien wir Funken des hohen Geiſtes, der auf dem 
Sipfel des deutfchen Parnaffes zu thronen berufen war. Mans 
‚cher Blick wird uns hierbei in das Innere einer Seele eröffnet, 
deren titaniſche Kraft und jugendliches Keuer- eben bamals ſich 
unter dem Einfluß himmliſcher und irbifger Gewalten zu ber 
Klarheit Iäuterte, die fie und vor allen andern fo bewunberne: 
werth madte. Wir heben einige Stellen aus, die gewiß bei 
unfeern Lefern den Wunſch, das Ganze biefer Briefſammlung 
Tonnen zu lernen, erregen werben. 

Der erfte Brief an Lavater, wahrfcheinlich das Aftefte hands 
Schriftliche Denkmal von @öthe, da er vor Lavater's Abreife 
nach Frankfurt, die am 12, Juni 177% ftattfand, geſchrieben 
iſt, lautet alfo: „Bruder, was nedft bu mich wegen meines 
Amusements. Ich wollt ich hätt eine höhere Idee von mir 
und meiner Beflimmung, fo wollt ich weder meine Handlungen 
Amusements nennen, noch mid flatt zu handen amüfiren. Doch 
du haft deinen Zweck erreicht.” 

Das Gefuͤhl feiner Kraft und hoben Beſtimmung wird je 
doch bald in ihm rege und gibt fi mehrmals berrlich und 
ſelbſt prephetiſch Bund, 4. B. ©. 8: „‚Adieu Bruder ich bin 
nit laß, fo Tang ich auf ber Erde bin erobre ich wenigftens 
gewiß meinen Schritt Lande täglich!” 

Kerner S. 18 a. 19: „Ich lerne täglich mehr fteuern auf 
der Woge der Menſchheit. Bin tiefin ber See: Verlaß dich — 
Ich bin nun ganz eingefhlfft auf der Woze der Welt — voll 
entfchloffen: zu entdecken, gerinnen, ftreiten, ſcheitern, oder mich 
mit allertadung in’ die Luft zu ſprengen.“ 

S. 101: „Das Tagewerk, das mir aufgetragen iſt, das 
mir täglich leichter und ſchwerer wird, erfodert wachend und 
träumend meine Gegenwart, biefe Pflicht wird mir täglich 
theuerer, und darinn wuͤnſcht ich's ben größten Menſchen gleich 
zu thun, und in nichts größerem. Dieſe Begierde, bie Pyra⸗ 
mide meines Daſeyns, deren Bafis mir angegeben und gegruͤn⸗ 
det iſt, ſo hoch als moͤglich in die Luft zu ſpizzen, uͤberwigt 
alles andere, und laͤßt kaum augenblickliches Vergeſſen zu. Ich 
darf mich nicht ſaͤumen, ich bin ſchon weit in Jahren vor, und 
vielleicht bricht mich das Schickſaal in der Mitte, und der ba⸗ 
byloniſche Thurm bleibt ſtumpf unvollendet. Wenigſtens ſoll 
man ſagen, es war kuͤhn entworfen, und wenn ich lebe, ſollen 
wills Bott bie Kraͤffte bis hinauf reichen.” Beſonders merkwuͤr⸗ 
dig unb pſychologiſch wichtig find dieſe Briefe durch zahlreiche 





an dem Herrn, und, fing ibm iur —*8 eheftens 


eine Schwingung erhalten ſollſt.“ S. 20: Wenn Ih bir’ er⸗ 
ſcheinen und dir erzählen Tönnte, was unfihreibbar Hk, bu 


‘| wörbeft auf dein Angaficht fallen und aAnbeten, den ber da iR, 


da war und feyn wird. Aber glaub on mich, ber ich an ben 
Ewigen glaube” ©. 37: „Der Friede Gottes, ber fih 
lich mehr an mir -offenharet, walte auch Über dich und bie 
nigen, und daß bein Glaube unüberwindlich werde. Sieh hier 
wieder, daß er mich überwintel. — 
Gdharakteriſtiſch fie das religibſe Verhaͤltniß Wäthe's u 
Lavater ift voraäglich folgende Gteile, bin ſich auf Lavaterns 
homiletiſche Dun der Offenbarung Johannis bezieht, nicht 
auf den fpäter erſchienenen „Jeſus Meffias oder die Zufusift des 
Herrn“, beffen ©. mehrmals lobend gedenkt. ©. 45: „Eins 
werden wir über doch wohl thun, dab wir einander unfere Partie 
tularreligionen ungebubelt laſſen. Du bi gut baxrinne, aber ich 
bin manchmal ‚hart und unhold, da bitt ich dich im Worans um 
Geduld. Denn 3. ©. ta bat mir Zobler beine Offenbarung 
Johannis gegeben, an der ift mir nun nichts nah als deine 


Handſchrift, darüber Hab ich fie auch zu leſen angefangen. Et 


hilfe aber nit, ich kann das göttlikhe- nitgend& und das poeti⸗ 
ſche nur hier und da finden, bad Ganze it mir .fahal, mir ik 
ale roͤch ich überall einen Menſchen durch ber gar keinen Ge 
sub von dem gehabt hat der da ift A und O. Siehſt ul 
Br. wenn nun deine Vorerinnerung grade das Begentheil bis 
fagt unb unterm 24. September 17791} ba werben wir wohl 
thun, wenn wir irgend ein fittfam Wort zuſammen ſprechen, 
ih bin ein fehr irdiſcher Menſch, mix if das Gleichniß How 
ungerechten Haushalter, vom verlorenen Sohn, von ber Perik, 
vom Groſchen zc. goͤttlicher (: wenn ie was goͤttuͤch's da fein 


foll:) als die ſieben Botſchafter, Leuchter, Hörmer, Siegel, 
Ich denke auch aus der Wahrheit zus ſeyn. 
‚aber aus ber Wahrheit ber fünf Sinne und Gott habe Geduld 


Sterne unb Wehe. 


mit mir wie bisher.‘ . 

In eben biefem Zone heißt e8 &.144: „Da ich zwar kein 
Widerkriſt, kein Unfrift, aber doch ein becidirter Nichtkriſt bin, 
fa haben mir bein Pilatus und fo weiter widrige Ginbräde ge 
macht, weil bu dich gar zu ungebärdig gegen ben -alten Gott 
und feine Kinder ſtellſt. Deinen Pilatus habe ich fogar zu par 
odisen angefangen, ich habe bich aber zu lieb um mich länger 
als eine Stunde bamit amüfiren zu Finnen. Drum laf mid 


‚deine Menfchenftiimme hören, damit wir von ber Seite verbuns 


ben bleiben, ba es von ber andern nicht geht. Mein Pflafer 
(fo ſchreibt ee S. 152) fchlägt bei dir nicht an, deins nict 
bei mir, in unferes Vaters Apotheke finb viel Recepte. Wir 
follten einmal unfere Staubensbelenntniffe in zwei Golummen 
neben einander fegen und darauf einen Friedens⸗ und Toleranz: 
bund errichten.” 

Auch die Art und Weife, wie ©. öfters Wieland, Herber, 
Jacobi und ten Großherzog von Weimar erwähnt, macht biefe 
Briefe ſehr anziebend, weldhe Niemand, dem Goͤthes Name 
theuer ift, aus der Hand legen wird, ohne das Gefuͤhl ber Ber: 
ebeung für den großen Heimgegangenen kräftig erneut vs ha⸗ 

n. | 1 





Literarifhe Notizen. 


on der ‚Histoire des anciennes villes en France” von 
Vitet, DOberauffeher ber hiftorifhen Denkmäler in Frankreich, 
ift die erfle Heide: Dber: Rormandie, die Stadt Dieppe ent: 
haltend, in zwei Bänden erfchienen. ' 


Bon ben Memoiren ber Herzogin von Abrantes find ber 
9. und 10. Band erfdienen, worin bie geiftreiche Erzaͤhlerin 
wieder viele intereffante Züge aus einem wichtigen Abfcnitt 
bee Geſchichte des Kaiferreiche mittheilt. . 9, 


NRedigirt unter Berantwortlitelt der Werlagsbandlung: F. X. Broddans in Seipıie 





Blätter 


literarifche 5 









nn — — — 


Für Freunde der Tonkunſt, von Friedrich Roch⸗ 
litz. Vierter Band. Leipzig, Cnobloch. 1832. 8. 
2 Thle. *) 

Der würdige Verf. will mit diefem vierten Bande 
dieſe, allen Freunden ber Tonkunſt werthe Sammlung 
feiner zerſtreuten Auffäge und Mittheitungen über diefelbe 
fliehen. Aber ein guter Wirth gibt zulent das Beſte, 
fo der Verf. Worauf die Freunde der Tonkunft lange 
gewartet hatten, das theilt er ihnen in diefem Bande zum 
erften Male mit. Die Freunde des Verf. mußten, daß 
er einen großen Theil feines Lebens der gefchichtlichen Be— 
trachtung ber Tonkunſt zugewendet habe, und durften die 
Hoffnung hegen, daß vor feinem ruhigklaren und unpars 
teiiſchen Blide das Chaos, welches die ſchaͤtzbaren Mate: 
siolienfammler in biefem Gebiete zurüdgelaften, Geſtalt 
und Leben annehmen werde. Aus ber Votrede ju bie: 
fem Bande erfahren wir, daß des Verf. - ununterbrochenes 
Bemühen ſeit 30 Jahren auf eine ausführliche Ge: 
ſchichte der Tonkunſt von da an, wo Forkel endet, bis 
auf unfere Zage, gerichtet gewefen. Jetzt erklärt ex ein 
ſolches weitfhichtiges Unternehmen „fir unfere Zeit der 
Eil und Unruhe nicht geeignet“ und bat es aufgegeben. 
Wir glauben niht daran und halten dieſen Entfchluß, der 
fi doch wol nur auf die gegenwärtige Deraus: 
gabe eines feit 30 Jahren vorbereiteten und bearbeite: 
um ausführlichen Werkes, nicht auf die Arbeit ſelbſt 
bezieht, für das Erzeugniß eines hypochondriſchen Moments 
bei umferm mürdigen Freunde, dem wir durch Beiſpiele 
and andern Gebieten der Forſchungen, in denen „die hert⸗ 
ſchenden Intereffen der Zeit” ebenfalls nicht unmittelbar 
berührt werden — denn was bliebe denn Überhaupt ifo: 
Get ſtehen — leicht erweiſen könnten, daß der Sinn für 
umfaljende Unternehmungen der Art noch gar nicht ver 
ſchwunden, vielleidyt fogar lebendiger als früher geworden 
iſt. Zudem iſt ja Das, was ein Mann wie unfer Verf, 
ber Zeit darbieten kann, nicht blos fuͤr dieſe beſtimmt. 
Es ſei dies wie es ſei, der Verf. gibt uns bier etwas 
won den Srüdyten feiner Bemuͤhung zu koſten, das wir 
mit Dankbarkeit annehmen. Es iſt ein Grundriß ber erften 
Abtheilung jener Geſchichte, oder „Srundlinien zu einer 


®) Ueber den dritten Band wurde in Nr. 262— 264 b. 81. 
f. 1B31_bexichtet. D. Reb. 





— Re. 168, — 





für 


Interhaltung, 









17. Zuni 1833, 





Geſchichte der Geſaugsmuſik für Kirche und Kammer in 
Deutſchland und Stallen während der letzten drei Jahr⸗ 
hunderte”, und zwar in der Form niedergefthriebener muͤnd⸗ 
licher Vorträge, die er vor einer gewaͤhlten Gefelifchaft 
von Muſikfreunden gehalten Hat. Zwar Einnte eine foiche 
Form grade bei einer Partie der Sefchichte, wo man #6 
meht noch mit Eritifher Forſchung als mit feſtſte⸗ 
henden Reſultaten zu thun hat, Demjenigen bedenklich 
ſcheinen, dee auf dem Wege kritiſcher Forſchung, welther 
diefe Form ſich nicht zur Genuͤge auszubreiten geflatter, 
zu Refultaten zu gelangen ſtrebt; allen man wide un: 
geredyt urtheilen, wenn man bier mehr verfangte, als der 
Berf. eben mittheiten wollte; er gibt in biefen Grunb: 
Iinien eben Refultate feiner vieljährigen Forſchung und 
uͤberlaͤßt es Jedem, fie mit der feinigen zu vergleichen; er 
deutet auf die Borausfegungen und biftorifchen Grundla⸗ 
gen hin, von welchen er ausgegangen, und gewinnt durch 
ein eignes Urtheil, das ſich uͤberal mit Billigkeit umd 
Ruhe ausſpricht, das Vertrauen, durch die Klarheit, An⸗ 
ſchaulichkeit und Waͤrme ſeiner Mittheilung das Inter⸗ 
eſſe des Leſers. Das Ganze hat den Ton einer freunds 
lich delehrenden Mittheilung im gefelligen Kreiſe, welche, 
unterflügt durch bie zweckmaͤßige Beranftaltung bes Verf, 


die baupffächlichften der befprochenen Sefangswerke aus 


verſchiedenen Perioden auch zu hören zu geben beſtimmt, 
aͤußerſt genußreich geweſen fein muß. Der mit der gewaͤhl⸗ 
ten Form verbundene Zweck beſtimmte ihn, etwas weit 
auszuholen und gleichſam zur Vorbereitung feiner Zuhörer 
Einiges Über Kunftgenuß — ben er auf den pſychiſchen Zu⸗ 
ſtand einer gleichmaͤßigen Erregung und Bewegung aller 
Kraͤfte unſers Geſammtweſens nach einem ſchoͤnen Ziele 
(S. 6) zuruͤckfuͤhrt — und uͤber das Eigenthuͤmliche der 
Tonkunſt vorauszuſchicken. Die Tonkunſt, fagt der Werf., 
fitede das Menfchliche zu vergöttlichen, die bildende Kunft 


das Göttliche zu vermenſchlichen; und er hat damit in 


ber That einen Charakter der Muſik ausgeſprochen, ber 
über diefe Analogie noch hinausgeht. 

Die Mufit, infofern fie den Ton, bie reine zeitliche 
Erſcheinung zu Ihrem Material hat, ſchwebt inhaltlos 
und frei von objectiver Beſchtaͤnkung in dem allgemeinen 
dether der durch Harmonie vollendeten Empfindung, die 
Seele einem göttlichen Dafein zuführend. Aber num hätte 
der würbige Verf., da er insbeſondere von dee Sefange: 


694 


muſik reden wollte, in welcher ber beftimmte Gegen: 
fand erſt durch den Tert, wie es S. 13 heißt, bin- 
zulommt, noch erft zeigen follen, inwiefern auch durch 
ben fo beftimmten Segenftand bie göttliche Zreihelt der 
Tonkunſt fih zu erhalten vermögend iſt, und inwiefern 
es die reine Geſangsmuſik daher namentlich fei, die zu 
eeligiöfen Inhalt Hindrängt. 

Bei Entwerfung feines kunftgefchichtlichen Umriffes fand 
ber Verf. begeeifticherweife noch Beinen Führer, Materie: 
lien in Menge, aber der ordnende Geiſt fehlte ihnen; ber 
Berf. finder feine Perioden in den Hauptſtationen aller 
Kunſtentwickelung und ber geifligen Cultur überhaupt, ohne 
dieſelben beſtimmter nachzuweiſen und nad) Zeit und Schu: 
fen genauer begrenzen zu wollen. Er nimmt zwar den 
Anfang bed 16. Jahrhunderts al6 den Beginn ber erſten 
Periode der neueren Tonkunſt an und betrachtet, was bis 
dahin geleiftet worden, als Worfchule der neuern Muſik 
(S. 29), aber zieht auch den Sosquin be Pr&s in biefe 
Periode hinein, welcher dem 15. Jahrhunderte angehört, 
und nennt außer Ihm nur ben Niederländer Goudimel 

und Roland Laffe, weichen der DBerf. wol mit Grund 
beutfche Abkunft beilegt (S. 51), gleihfam als Repräfen: 
tanten biefer Periode, mit Recht bie- Niederländer als 
Vorgänger ber Staliener betrachtend. Die Vorausfegun: 
gen diefer Kunft werben (S. 26— 29) genauer beftimmt, 
und die Leiftungen der Männer, melde auf ihnen fort: 
bauten, trefflich gefchildert. In der zweiten Periode tritt 
unter den Stalienern Paleſtrina hervor, der der Pirchlichen 
Geſangsmuſik eine neue Geftalt gab. Hier hätte der Verf. 
“pielleicht die Frage noch etwas ausführlicher beantworten 
koͤnnen, worin da6 Verderbniß der Eirchlihen Muſik be: 
ſtand, gegen welches diefer große Meifter anflrebte, und 
wie ver Dies gethan. Sonft glaubte man, es habe In 
Ueberladung mit Zierathen beflanden; nach neuern Unters 
fuchungen war es die verflandesmäßige Kuͤnſtlichkeit, in 
welcher die Meifter der Tonkunſt fih verloren hatten, und 
welcher Paleſtrina entgegentrat, indem er fi) wiederum 
‚näher an den Gregorlanifchen Kirchengefang und bie Welfe 
der uralten Kirchenhymnen hielt und in feinen großarti- 
gen diatonifhen Darmonien feine Kunftfertigleit dem re: 
ligioͤſen Ausdrucke unterordnete. Der Verf. fchilbert wie: 
derum bdiefen Neformator trefflih; aber er geht wol zu 
weit, wenn er ihm eine auf Befehl des Papftes ge: 
fliftete Schule zuſchreibt, welche ſich Lange, felbft nad) 
feinem Tode erhalten haben fol, dba, auch nah Baini's 
Forſchungen, die Nachfolger bald von ihrem Vorbilde ab: 
wichen⸗ 
ſtrina anſchließende Nanini und der ſpaͤtere Gregorio Al⸗ 
legri herausgehoben; darauf wendet ſich der Verf. zu 
den Deutſchen. Ref. hätte gewuͤnſcht, ber wuͤrdige 
"Verf. Hätte ſchon auf Winterfeld's gehaltvolles Schrift⸗ 
chen („Pierluigi von Paleſtrina. Seine Werke und de⸗ 
ven Bedeutung für die Geſchichte der Tonkunſt“, Breslau 
1832), ber auch einen Einfluß ber venetianifhen 
Schule auf Paleſtrina annimmt, und auf Das, was bie: 
fer Schriftfleler von dem Fortfchritte fagt, den legtere 
‚Schule durch freiere Behandlung der Harmonie und Hin: 


Noch wird in biefer Periode ber fi) an Pate | 


ruht, um ſogleich durch eine offenkundige 


neigen zum Chromatifchen gemacht haben fol, Ridfict 
nehmen koͤnnen. 

Was nun Deutſchland aber anlangt, fo behauptet ber 
Verf., dab Das, was durch Paleftrina und feine Rad: 
folger für die Reform der bisherigen Gefangemufit in 
Italien gefhehen, in Zweck und Sinn, nur aber In an- 
derer Form, und gwar [chem früher in Deutfchland, be: 
fonders dem nörblihen, vorhanden geweſen fei (S. 74). 
Dies heißt wol, wenn wir den Verf. recht verfichen, der 
Kichyengefang wurde in Deutfdyland früher popularifict als 
in Stalin. Der Berf. macht hierbei mit Recht die Ein: 
wirkung bes deutfchen Volksgeſanges geltend; ja, es wäre 


noch die Frage, ob nicht au in Italien ber Einfuf 


des Volksmaͤßigen, nur im mindern Grabe, bie Vereinfa⸗ 
hung und Veredelung bes Kirchengefanges beföcbert habe; 
denn daß es doch auch, italienifhe Volkslieder gegeben 
babe, kann nicht bezweifelt werden. Wie nun ber deut⸗ 
{he Volksgeſang, defjen ditefte vorhandene Melodien ber 
Verf. in den geiftlichen Weifen ber fogenannten boͤhmiſch⸗ 
mährifhen Brüder findet (doch geſteht er natürlich auch 
noch Ältere gleichfalls volksmaͤßige Lieber der frühern Kirche 
gu; man vergleiche darüber auch Hein. Hofmann’s „Be: 
ſchichte des deutſchen Kirchenliedes“, Bresfau 1832), in 
den deutfchen Kirchenchoral Übergegangen ift, ferner, mo: 
ber diefer feine Vortrefflichleit empfangen, das wird mit 
fedendigem Antheil gefchildert; ebenfo auch, wie bie con⸗ 
trapunttifh ausgeführten Gefänge der beutfchen Com: 
poniſten Ddiefer Zeit befchaffen geweſen und ſich in-ihre 
Nationalität zu ben Leiſtungen der Italfener verbal 
ten, wird mit größerer Ausführlichkeit belehrend behandelt. 
Unter den Meiſtern ausgenrbeiteter Gefangsftücke treten 
Walther, Senfl, Jac. Gallus hervor. Lesterer fchrieb 
auch ein Werk von ungewöhnlicher Vollſtimmigkeit, näm: . 
ih zu drei Chören (S. 100), wobei wir uns erin- 
nern gelefen zu baben, daß ber alte Mieberländer Den: 
heim (den der Verf. nicht hätte ganz uͤbergehen ſollen) 
eine 36ftimmige Motette gefchrieben habe. 
(Der Beſchluß folgt.) 





Geſchichte der geheimen Verbindungen ber neueflen Zeit. 
Erftes Heft: Actenmäßiger Bericht über dem geheimen 
deutichen Bund und das Turnweſen, nebſt einleitenben 
Bemerkungen: über die fruͤhern geheimen Verbindungen 
son J. D. F. Mannsdorf. Leipzig, Barth. 1831. 
Gr. 8. 1 Thlr. 3 Gr. 

Sechstes Heft: Die demagogiſchen Umtriebe in den 
Burſchenſchaften ber deutſchen Univerſitaͤten. Fortſe⸗ 
sung der Centralunterſuchungscommiſſion zu Mainz, 
von Rudolf Hug. Ebend. 12 &r.*) 

Wo ber Drud ber beftehenden Verhaͤltniſſe um i 

ober, es ſei aus was ee fi Ur wi in ng 

mit benfelben herrſcht, aber bie Bewalt H zu ſtarken Hoaͤnden 


ne That abgeſchuͤt⸗ 
telt werben zu können: dort werden ſich ſtets bie Gleichgeſianten 
und Gntidloffenen zuſammengeſellen, um in ihre Beſtrebungen 
Einheit zu bringen, fi zur That vorzubtreiten und im ent: 


*) Vgl. Nr. 296, 295, 869, 8600 u. 363 d, BI. f. 1881. D. Reb. 





695 


cheidenden Augenblidde ben Gchlag zu wagen, ber bad Moll, 
wenn es ſelbſt der teibende heil iſt und gehörig vorbereitet 
wurbe, in ben meiften Faͤllen nach reißt und dann ben Uſur⸗ 
pator ober Tyrannen unwiederbringiich zerfchmettert. Da es fär 
‚Diejenigen, welche eine beſtehende Gewalt zu ſtuͤrzen beabſichti⸗ 

en, unerlaßlich ift, nicht nur alle Schritte, die wenn auch noch 
o fern, zu diefem Biele führen, fonbern fogar ihre Unzufrieden⸗ 
heit vor den Augen ber Machthaber zu verbergen, weil ſonſt 
nicht dieſe, fondern fie felbft vernichtet würden, fo find folche 
Berbindungen nothwendigerweiſe geheim, und um fo gefährlicher, 
unter einem befto bichtern Schleier "des Geheimniffes fie für ihre 
Zwecke wirken. Die Machthaber felbft, bie Regierungen beduͤr⸗ 
fen zu ihrer Stäge niemals geheimer Werbindungen, außer in 
dem Falle, daß fie geheime Verbindungen zu fürdpten haben oder 
bereits das Dafein berfeiben ahnen, denn dann möflen fie zur 
Ausfpähung, ‚zur geheimen Police ihre Zuflucht nepmen, weil 
fi die Mitglieber ber geheimen Verbindungen natuͤrlicherweiſe 
vor offenkundigen Agenten der Macht fo fehr als möglich hüten. 
Aber felbft die geheime, politifche Police ift Keine eigentliche 
geheime Verbindung im angenommenen und gebräuchlichen Sinne 
diefes Wortes. Zu einer folchen laͤßt fich cine Regierung nur 
dann herab, wenn fie nicht unabhängig ift, aber ihre völlige Un⸗ 
abhängigkeit wieberereingen will; wenn fie einem auswärtigen 
Groberer ale Vaſall dienen muß und ſich dieſes Joches zu ent» 
ledigen entfchloffen ifl. In einem ſolchen Balle bedarf fie der 
Mitwirkung des ganzen BVolkes, es ift baher für fie unerlaßlich, 
den Geiſt der Waterlanbsliebe zu Eräftigen, ben Sinn für Unab⸗ 
haͤngigkeit zu erhöhen, ben Daß gegen frembe Unterbrüdung zu 
verftärten, auf daß bie Thatkraft ber Nation nicht gänzlich ein⸗ 
ſchlummere, erloͤſche und ben Augenblick des Handelne, wenn er 
endlich durch einen Zuſammen 
führt wirb, unbenügt vorübergehen laſſe. Da aber eine Regie⸗ 
zung, bie fich in einer ſolchen Lage befindet, umringt von frem⸗ 
den Spähern und bewacht von auslaͤndiſchen Bayonneten, wie fie 
ift, bebreiflichermeife ſich forgfältig hüten muß, dem Dränger 
«Anlaß zum Argwohn zu geben, kann fie auf dieſen Zweck nicht 
durch Mittel, die am Tage liegen, binarbeiten, fonbern fie muß 
zu dem Schleier bes Geheimniſſes ihre Zuflucht nehmen. Ges 
. Heime Verbindungen, an beren Spitze Mähner fliehen, bie ihr 
unbedingt ergeben find, lernen ihe Diejenigen kennen, auf welche 
He fid verlaſſen kann, ziehen bie Bande der Patrioten näher, ge 
ben ihr Gelegenheit, nur mit ſolchen alle Stellen zu befeben, ers 
balten einen guten Sinn im Wolle, entflammen den Schwung 
ber Vaterlandsliebe, erwecken im Herzen der Nation moraliſche 
Größe und befähigen dieſelbe, wenn bie Zeit offenkundiger Tha⸗ 
ten gelommen ift, mit einer Kraft und Aufopferung zu wirken, 
welche die Welt in Grftaunen fegt. In einer folchen Lage war 
Preußen, ald Napoleon über alle beutfchen Gauen mit Ausnahme 
der öftreihifchen Erblande despotifch gebot, und da& angegebene 
Mittel hat das Eleine Preußen in ben Stand gefeht, eine That: 
kraft zu entfalten, wie Europa fie noch nicht geſehen hatte. 

Von biefer Art waren bie geheimen Verbindungen, bekannt 
unter ben Namen des Tugendbundes, bes beutfchen Bundes, ber 
Loge des Tobtenlampfes zu Königsberg. Ueber bie beiden erften 
Verbindungen gibt das erfte ‚Heft der „Geſchichte ber geheimen 
Berbindungen‘‘ einigen, aber nicht befriebigenben Aufſchluß. Ras 
mentlich ift bie unermeßlihe Wirkfamleit des Tugendbundes 
nicht gehoͤrig auseinandergefegt. Dem Verf. fanden entweder 
nit hinreichende Quellen zu Gebote, ober er wollte fie, aus 
was immer für Grünten, nidt in vollem Umfange beugen. 
Gar nicht ift die @eite hervorgehoben, daß fi durch ben “Zus 
gendbund das Napoleon fo feindlich entgegenftehende hierarchiſch⸗ 
ariſtokratiſche Element mit den Beſſern und Unzufriedenen im 
Volke verband. 


Als Napoleon gektkuͤrzt war und feinem ſchoͤnen Frankreich 


den Rüden wenden mußte, fanden bie Kürften in ber Glorie 
bes Sieges ba und verfügten auf dem wiener Gongreffe in flols 
zer Sicherheit über Land und Leute unſers Welttheiles. Drei 
Elemente hatten ihnen zum Triumphe verhelfen, bie Ariſtokratie, 


a) 


fluß günftiger Umftänbe herbeige⸗ 


- Sürften nit nur berechtigt, fonbern 


bie Hierarchie und das Bolt, das träge, für einen Augenbii 
von wilder Kriegsbegeiſterung aufgeregte Menſchenmeer. Ale 


rien 
Anerkennung, Geltung als Gelbftändiges, Zugeſtaͤndniſſe. lms 
fonft Hatte das vorſichtige oͤſtreichiſche Eabinet vor ben großen 
Verheißungen gewarnt, bie man zur Zeit der Noth gemacht 
hatte. Die Stimme bes weilen Warnere — ber auch im Kampfe 


dieſe brei Elemente verlangten in Drutfhland von den %& 


um das Dafein nicht feine anderweitige Zukunft compromitticen 


wollte und, während Ginigleit und Eolbatenübergapl wahrſchein⸗ 
lich den Streit noch gluͤcklich wenden konnten, die tiefen Mächte, 
bie im Volke ſchlummern, bie Grundgeivalten, welche das euros 


päifche Staatenfoftem mehr dulden als flügen, aufzurufen vers’ 


mied — verhallte in dem auseroͤſtreichiſchen Deutfchland; bie wi⸗ 
derſprechendſten Hoffnungen wurben bei den unvereinbarften Par: 
teien erwegt, um fie alle zu jeber Aufopferung binzureißen. Als 
der Friede Kergeflellt war und bie großen Trirgführenden Mächte 


rathichlagend, laͤndervertheilend zufammentraten, offenbarte es fidy © 


gar bald, daß man zu weit gegangen war; unbequeme Mahner 
traten auf, von welchen die einen Wiederherſtellung alles Alten, 
die andern Reugeftaltung alles Gegenwaͤrtigen wollten; Neigung 
und Politik zogen die Zürften, infoweit nicht ihr eignes Suter: 
effe dabei im Spiele war, zu jenen bin. Dabei Tam ben Arts 
ftotraten und Prieſtern zu ftatten, daß fie anerkannte, vielfach 
unterflügte Körperichaften bildeten, mithin auch corpoyativ aufs 
treten tonnten; während bas britte Glement, das Boll, bes 
Stimmfuͤhrers entbehrte, aus lauter vereinzelten kleinen Größen 
beftand und bem Sand ber Sahara gli, der, vom Sturme 
aufgeregt, allüberftürgend bahinbrauft, bei ruhigem Wetter 
aber gebulbig Löwen, Niger, Kameele und Karavanen äber fi 
wegziehen läßt. 

Verwidelt, fpröbe, ſchwer zu handhaben, felbft kampfes⸗ 
fhwanger waren bie zahlloſen Intereſſen, weiche bie Fuͤrſten auf 
dem wiener Gongreffe zu berüdfichtigen, gu ſchlichten, au beſie⸗ 
gen, zu vereinen hatten; ein Bott Faum hätte ihren Rieſenkno⸗ 
ten fo entfchlungen, baß alle Parteien zufriebengeflellt geweſen 
wären. Formlos lagen bie Truͤmmer bes alten bdeutfchen Heis 
ed ba, und bie große Frage, in ſich zahlloſe Unterfragen von 
Außerfter Wichtigkeit begreifend, war, wie man biefelben wieder 
au einem großen Ganzen vereinigen folle, benn baß bies geſche⸗ 
ben muͤſſe, leuchtete felbft Denjenigen ein, benen Deutfchlande 
Berriffenheit Bortheil brachte. Zwei Wege boten fich bar, beide 
—— entfeheiben „jedoch in ihren weitern Folgen weſentlich 
verfchieben. 

Der erfle war bie Wieberherftellung bes beutfchen Reiches 
mit einem Kaifer an ber Spite. Kür diefe Maßregel ſprach 
das Recht. Daß Kaifer Kranz II. die Krone nieberlegte, konnte 
bas Reich rechtlich nicht aufloͤſen; vielmehr waren bie beutfchen 
verpflichtet, ein neues 
Reihsoberhaupt in den rechtöbeflänbigen Formen zu wählen. 
Daß einige deutſche Kürften, und zwar bie mächtigern, ben Rhein» 
bund ſchloſſen und einen auswärtigen Kürften al6 Protector ans 
erfannten, hob ihre Verpflichtungen als Reichsglieder nicht aufs 
daß die Gewalt der Waffen viele reichsunmittelbare Fuͤrſten mes 


biatifirte, vernichtete ihr Recht auf Reicheunmittelbarkeit nichts 


bie rohe Kriegefauft konnte den Meichsverband rechtlich nicht Lds 
fen; wirklich kehrten einige beutfcye Fuͤrſten Leber dem Lande 
ihrer Väter ben Rüden, als baß fie fich bem fremben Bwing- 
herrn unterwarfen. So lange Napoleon’® Heere Deutfchland 
feffelten, ſchlummerten alle biefe Rechte und Verpflichtungen, leb⸗ 
ten aber in dem Augenblide wieber auf, als feine Gewalt ges 
brochen und Deutfchland frei war von frembem Joche. Nachdem 


daher die franzöflfhen Armeen aus Deutfchland hinausgetrieben _ 


waren, gab es wieber ein beutfches Reich, der frühere Kechtszu⸗ 
fland war wieder vorhanden und ein Kaifer zu wählen. Schwer⸗ 


"lich wird man biefe Anfichten in Zweifel ziehen Edunen, wenn 


man das Recht nach Dem bemißt, was feit einem Jahrtauſende 
als Recht gegolten hat. Kür bieje Maßregel ber Wiederherſtel⸗ 
lung waren ferner bie geiftlichen und weltlichen Fürften, Grafen, 


Herren und Städte, weldge ihre Reichsunmittelbarkeit thatfädlich, 


4 


- 096 


a —— Kaifı art nach Außen und im Innern 
ro aiſerreich, Hart n und im In 

wit durch ZöLe und verfihiebenartige GBefege getrennt, als ein 
erg bares Ideal vorſchwebte, Lieb war unb ewig lieb bleiben 


(Der VBeſchlus folgt.) 


Romanenliteratur, 


1. Graf Robert von Park. Von Walter Scott. Aus 
dem Gnglifhen. Bier Theile. Dritter und vierter Theil auch 
unter dem Titel: Das gefährliche Schloß. Zwei Theile. Stutt⸗ 
gart, Brodhag. 1832. 12. 4 fir. 

Die Pietät gegen einen Abgeſchiedenen, ber zu ben Gelte 
nern gehört, wie man auch feinen Ruhm fhmälern mag, ges 
Rattet dein firenges Urtbeil über feine Iegten geiftigen Erzeug⸗ 
niffe, kaum bie Bemerkung, daß ‚Das gefährliche Schloß‘ 
eine feiner ſchwaͤchſten Gchöpfungen fei. Die Laune eines reis 
chen und fchönen englifchen Fraͤuleins verheißt demjenigen Fühnen 
ditter ihre Hand, ber das gefährliche in Schottland gelegene 
Schloß gegen bie Angriffe ber Schotten ein Jahr durch behaup⸗ 
ten wird. Dee Witten findet fih, und bie Liebe ber Dame wirb 
ihm ſchon durch den Vorſatz; verkleidet wii fie ihn auffudhen, 
wodurch ihm und ihr viel Ungemach entficht, wiel Abenteuerliches 

eſchieht, bis denn enblidh der Knoten auf eine etwas ſophiſti⸗ 

(Se Weife griöft wird und wir ben Zapfern und bie Schöne 

als ein gloͤckliches Poar verlaffen. 

Die lange Expofition im „Graf Robert” führt zu ergögtichen 
Begebenheiten, zu ber Beranſchaulichung anziehender Charaktere 
und Dertlichleiten. Dem überverfeinerten, verbildeten Hof bes Kai⸗ 


fees Alexius Komnenns, mit feiner biue stooking Tochter, feinen 


Philoſophen und Genturionen,. ift bie telltühne Tapferkeit, ber 
ritterlicde Muth, die umverborbene noch ungebilbete Gradheit des 
Grafen Robert und feiner Gemahlin, einer Amazone, fowie die 
noch freimäthigere Biederherzigkeit des Waͤringert Heerward 
entgegengefegt, ter ſich mit ſeinem großen Pfund geſunder Ver⸗ 
nunft, feinem Scharfblick und terber Tuͤchtigkeit zu dem fraͤnki⸗ 
fen Grafen verhält wie ein verebelter John Bull zu einem 
fenbatftotgen und vollsthämlicheiteln Ariftofraten unferes Tage. 
Über auch bie Griechen find nicht” jeder beffern Regung bar, 


feibft Aterius hat untabelige Abfihten, nur iſt bie WBapl feiner | 


Mittel, den Zweck zu erreichen, ſtraffaͤllig. Freilich darf man 
dieſe pafſiven Tugenden nicht mit den activen des durchaus tuͤch⸗ 
tigen Heerward'a des Angelſachſen (ſichtlich die Lieblingsgeſtalt 
des Berf.) vergleichen, wenn fie nicht in dunkeln Schatten tre⸗ 
ten follenz dieſer Heerward durchſchneidet die fein gefponnenen 
Netze der Argliſt und if für Freund und Feind der Delfer in 
der Noth. Dafür wird ihm bie Jugendgellebte, Ruͤckkehr in fein 
Baterland und ber Vorzug, hell in einer Erzaͤhlung zu Teuchten, 
die zu unferer Unterhaltung und Belehrung beitrug, und die bes 
Aätigt, daß man wol des ebeln Todten Manier, nicht aber fein 
inneres Weſen, bie fdhöne Harmonie feines dichteriſchen Keine 
nachzuahmen vermag. 
2. Gtella. Eine portifck-bumoriftifche Babe. Bon Ferdinand 
Stolle. Leipzig, Kollmann. 1833. 8. 1 Zhlr. 6 Gr. 
Mehr harmloſer Krobftnn, ſchnellerer Wig und eine gemlth: 
lichere Laune, und biefe Aphorismen, welche in mancherlei Form 
Gebrechen und Thorheiten bee Zeit bald glimpflich, bald fcharf 
beleuchten, darüber vernünfteln, auch wol prophetifche Blicke in 
die Zukunft thun laſſen, würben zu ben beffern ber Bat 
tung gehören. | 


) „Geſchichte der geheimen Verbindungen’, 1. Heſt, S. 9-19. 


8. Gchattenfpiele: des Lebens und dee Liebe, von Kerbinend 
Schubert. Biertes Baͤndchen. Auch tmier dem Kit: 
Das Ehriklind, oder: Ende gut, Alles gut! und Werkwuͤrbige 
Schickſale zweter Eichennen in Frankreich während der Re 
Intion. Bivei Novellen. Köstin, Oendeß. 13882. 8, 1xhn. 

Sin wackerer Mann, genkgfam und patriotifch, findet den 

Lohn feinen Tugenden in einem freien Alter ; das wäre mit 

wenig Worten ber Inhalt ber erben Novelle. Die zweite ie 

flet, was fie im Titel verfpricht. 

4. Novellen von H. Wilke. Vierter Band. Auch unter dem 
Zitels.Die Belagerung von Din. Hiſtoriſche Novelle aus der 


ölfte bes 16. derts. ra ‚ 
erfien Hölfte * Sapeyun er unfchweig, Meyer son, 


® d “ ® 

Bor lauter Jarbenſpiel in biefem chineſtſchen Feuerwerke mit 
Worten flieht man weder Beichnung noch Umriß, es wich einem 
wire und ſchwindelnd vor ben gebiendeten Mugen, und man er 
räth mehr, als man es notoriſch weiß, daß in diefer „WBelagerung 
von Din”, der einzigen Novelle des Buches, ein edler, mit aller 
Schöne ausgeftatteter portugjefliger Bitter von einer moham⸗ 
mebanifchen Prinzeflin geliebt wird, ih nach Kämpfen aller Art 
zu Land und zu Waſſer und mehren Knalleffecten von Ebel⸗ 
muth mit ihr vermählt, fodann zum Kron von Cambaſa 
ernannt wird, fie bekehrt und noch die Genugthuung hat, baf 
Beinde und Widerfacher ein. Elägliches Ende nehmen. 18, 





giterarifhe Nachweiſungen. 


Seſchichtlich ⸗ Maccaroniſches. 

Ueber Karl V. kriegeriſche Unternehmungen in ber Pas 
vence iſt nirgenb mehr und friſcher aus ber Zeit Gegriffenes 
zu finden, als in dem abgefchmadten Maccaronengerichte: „Bey 
era Entrepriza catoliqui imperateris quando de anno dül. 
mille COCCCXXXVj veniebat per Provensam bune coros- 
tus in postam prendere em villiu de Provens 
propter grossas et menutas gentes rejohire A. Arenæam 

tifausata. Avionione, mille CCOcCKXXrH." 8. (und öfter 

auch, „stampatus in stampatara stampatorum, 1670, 12). Der 
Berfafler, ein Sechtögelehrter und Günftling Franz L hat U 
le mit eignen Augen gefehen und nichts, ſelbſt nicht, wie ſchlecht 
ihm dabei gu Muthe geweien iſt, verhehlt: 

— mibi de morte granda peura fuit. 

Pou, pon, bombarda de tota parte petabant, 

in terram multos homines tombare videbam 

testas et brassos atque volare pedes. 

Non espargnabant ulloa de morte ferire, 

Quem non blessabaut ille beatus erat, 


Eine Vor⸗Racine'ſche „Athalia”. 

Bevor Racine (1639) geboren, und 43 Jahre früher, als 
feine „Athalia“ gefchrieben und aufgeführt worden if, haben 
bie fpeculivenden Väter Im Zefuitencollegium zu Giermont fon 
eine „Athalia’” mit außerorbentlicher theatraliſcher Zurüftung zur 
Schau gebracht. Johann Eoret, ber Herausgeber einer wöhent: 
lien Zeitung in Reimen: „La muse historique ou Becueil 
de lettres en vers, contenant les nouvelles du temps dte.“ 
($ Ichle., Paris 1656-65, Fol.), hat am 19. Auguft 1658 bie 
Borftellung gegen ſechs Groſchen Sinlafpreis von einem ziemliä 
guten Plage aus mit angeſehen unb in feinem Blatte vom 
24. Auguft deſſelben Jahres feinen Lefern davon Fund unb zu 
viffen gethan: 

Au college de Saint-JIgnace 

Ou, dans une assez bonne place 

Je me mis et me cantonai 

pour quinze sols que je donnai, 

fut avec appareil extreme 

Represante certain poeme, 

Environ cing jours H y e, 

portant pour titre Athalie, 185, 


Rebigirt unter Werantwortlichteit ber Verlagshandtung: F. X. Brodbaus in Keiy sie. 
ER 


Blätter. 


Ä für 


literariſche Unterhaltung. 





Dienflag, 


18. uni 1833, 





Flır Freunde ter Tonkunſt, von F. Rochfie. 
Bierter Band. 
| Seſchluß aus Nr. 168.) 
Unter der Rubrik der dritten Periode ſetzt der Verf. 


mit größerer Ausfuͤhrlichkeit auseinander, welche Veraͤnde⸗ 


sungen die Geſangsmuſik durch die Einführung der Oper 
im 17. Jahrhunderte erfuhr. Auf einen wichtigen Ein: 
fluß werden wir hierbei aufmerffam gemacht, nämlich dem, 
daß die Mufit num fich mehr auf den Ausdruck beftimm:> 
ter Semüthslagen zu rihten und fih an Einzeln: 
heiten des Textes anzufchliefen anfängt (S. 112), 
nachdem fie früher faſt ausfchließend der Ausdrud der alls 
gemeinen und affectiofen religioͤſen Stimmungen gewefen. 
Die Attofe Cantilene und die aus ihr fich entwickelnde 
Sorm der mehrftimmigen obligaten Sefangftüde (die Form 
des Necltativs hat der Verf. übergangen), die größere 
Benugung der Inſtrumente, das Dratorium zeigen ſich 
als Erfcheinungen jenes Einfluffes. Der Verf. führt uns 
dann nad) Meapel, um uns da die Repräfentanten bdiefer 
Periode zu zeigen; es find A. Scarlatti, Durante (derem 
Beider Stellung zueinander der Verf. zuerft mit Klarheit 
gewuͤrdigt bat). und Emanuele d’Aflorga, den wir als eis 
nen Liebling des Verf. fhon aus dem zweiten Bande 
dieſer Sammlung kennen. Unter den Vrenetianern führt 
der Verf. nur den Benedetto Marcello an. Warum Übers 
geht er aber den berühmten Lotti? Uebrigens erlaubt fi) 
Ref. zu bemerken, daß grade an den Benetianern, 


bei denen die Oper vorzüglich gepflegt wurde, und fogar 


die komiſche Oper entflanden fein fol (und zwar viel 
früher als der Verf. in der Anmerkung zu S. 125 an: 
zudeuten fcheint), der Einfluß der neuen theatraliſchen 
Muſik ſich vorzuͤglich nachweiſen läßt. Nachdem der Verf, 
nun gezeigt hat, tie die Deutſchen während diefer Pe: 
tiode und befonders während des dreißigjährigen Krieges 
in der praktiſchen Muſik zuruͤckblieben, beginnt er eine 
vierte Periode,. die Glanzperiode der. Deutſchen, mit Haͤn⸗ 
del und Bach. Bon einer intereflanten Bergleichung ih⸗ 
rer Perfönlichkeit gehe er zur Würdigung ihrer Leiftungen 
über: eine ber glänzendften Partien dieſes Umriſſes. Aber 
diefe erhaben ftchenden Meifter waren In ihrer Größe 
in Deutfchland wenigſtens noch nicht anerkannt; der Verf. 
entwickelt daher wieder fehr Mar und lebendig, wie das 
nun in ganz Stallen verbreitete Mufitieben auf die Deuts 


dagegen mußten bie ihnen folgenden Gefangscomponifen 
Traetta, Piccini, Cimaroſa, Paeſiello dem Plane dieſer 
Darſtellung gemäß uͤbergangen werden. Der Verf. wen⸗ 
bet fi) nun zu der Schilderung der deutſchen Meiſter 
Sraun und Doll und ben, wiewol nicht im gleichem Um⸗ 
fang wirkenden Zelenka, mit welchen diefe Periobe geſchloſ⸗ 


fen wird. Charakterifiifche Anekdoten von den Meiſtern 


befeben biefen Theil der Darftelung. Ueber eine fünfte 
und legte Periode konnte dev Verf. ſich Bürzer faffen, da 
die Sefangsmufit in beiden Faͤchern, weiche derfelbe aus⸗ 
ſchließlich zu betrachten fiy vorgenommen hatte (Kammer⸗ 
und Kirchenmufit), Dem, was für Theater und in ret> 
ner Inftrumentalmufit in der letztern Periode gen 
leiſtet worden fft, weit nachfleben muß, und die letztere 
fi) fogar über die Geſangsmuſik die Herrfchaft erworben 
bat. Der letztern Erfheinung mögen manche andere, auch 
äußere Gruͤnde unterliegen, welche unfer Berf. in feiner 
Anmerlung ©. 217 fg. zum Theil angeführt bat; der 
Hauptgrund ſcheint uns doc die vorberefchende Nei⸗ 
gung bee Deutfchen zur Ausbildung der Harnionie zu 
fein, die fih nun an dem Reichthum der Inſtrumente 
entwidelte. Wie dann auch das muſikaliſche Dramatifls 
ren, da8 Schildern des Einzelnen in die Kirchenmuſik ein⸗ 
drang, zeigt dee Verf. (S. 225) an einem außgezeichnes 
ten Beifplele. Zuletzt wird angedeutet, wie die Kammer: 
muſik, die doch eigentlich nie einen eigenthuͤmlichen Styl 
befaß, in die Concertmuſik uͤberging und das Theatralifche 
ganz in fih aufnahm, wogegen die Gefangvereine in 
neuerer Zeit der Vocalmuſik einen weitern Spielraum ges 
waͤhrt haben. Mach einer kurzen, aber tiefgreifenden all⸗ 
gemeinen Charakteriſtik Haydn's, Mozart's, Beethoven's 
werden ihre Leiſtungen fuͤr die kirchliche Geſangsmuſik noch 
insbeſondere betrachtet und unbefangen und gruͤndlich ge⸗ 
wuͤrdigt. Hiermit ſchließt dieſe treffliche Mittheilung. 
Der zweite Aufſatz dieſes Bandes enthält die aͤußerſt 
lebendige Schilderung der Sängerin Fauſtina Haſſe, geb. 


698 


Borboni, die wie uns mit Vergnügen erinnern im bes 
Verf. „Denkmalen glüdlicher Stunden” und in einem früs 
bern Bande ber Leipziger „Muſikaliſchen Zeitung” gelefen 
zu haben. Ein britter, der Erinnerung an ein großes 
Verdienſt gewibmeter und zum zn durch muͤndliche 
Ueberlieferung bereicherter Aufſatz ſchil 

Bach, den Vorgänger Haydn's, in feinem bie Hinberniſſe 
feiner Runftneigung befiegenden Jugendſtreben, als Accom⸗ 
pagnateur Friedrich IL, ale Dann und Vater eines ber 
Malerkunft fi) widmenden, talentvollen Sohnes, unb end: 
lich in feinen mufitslifhen Werten. Das Vergnügen, 
welches uns biefe Charakteriſtik verurfacht hat, verpflichtet 
uns, ben Lefer auf bie zwangloſe Kunft aufmerkſam zu 
machen, mit welder Rochlitz bier die Eigenfchaften der 
Bah’fhen Mufitart, die man fonft immer bie galante 
ober freie genannt, ſchon durch die eriten Züge der bios 
graphiſchen Charakteriſtik diefes Mannes beftimmt und dem 
Lefer anfchaulih gemacht bat; wie Emanuel eine von 
feine® Vaters Art abweichende und boch durch ihn geför- 
berte Compofitionsweife annehmen konnte. Wie immer 
erwirbt ſich der Verf. auch bier das Verdienſt, ben 
Sreunden ber Tonkunſt aus feiner eignen Erfahrung An: 
leitung zu geben, tie fie die Werke des Meifters zu 
wählen und zu üben haben, um fie gehörig zu genießen 
und würdigen zu koͤnnen; ee muntert durch das Inter⸗ 
efje, weiches er für fie zu erwecken weiß, zu der Aner⸗ 
kennung faſt vergefienen Verdienſtes auf. * 

Die belehrenden „Briefe über Muſik und Mufiker in 
Wien“ (im Jahre 1822 geſchrieben), welche der Verf. 
zuerſt in ſeiner Sammlung: „Fuͤr ruhige Stunden“, mit⸗ 
theilte, haben wir wiederholt mit Vergnuͤgen geleſen. 
Ihre Einleitung enthaͤlt beachtungswerthe Reſultate, welche 


der beobachtende Verf. aus der Kunſt⸗ und Culturgeſchichte 


gezogen hat. Im zweiten tritt eine gemuͤthliche Schilde⸗ 
rung Salieri's und Beethoven's, nach dem Leben entwor⸗ 
fen, hervor. 

„Der Componiſt und der Gelehrte, ein Dialog“, 
früher in der leipziger „Muſikaliſchen Zeitung” mitges 
theilt, ftellt in concgeto das wahre Verhälmig des Kris 
titerö zu dem Tonſetzer dar und gibt intereffante Be⸗ 
merkungen über den Rhythmus und beffen Vernachläffigung 
bei ben Neuen, Als Ausnahme hätte auh 8. M. von 
Weber angeführt werben können, ber oft vornehmlich durch 

feine Rhythmen viel gewirkt Hat. 
| Hierauf folgt ein ebembafelbft gelefener, noch intereß 
fanterer Auffag: „Weber Seb. Bach's Paſſionsmuſik nach 
dem Eoangeliften Johannes“. Der Verf. wirft hier zuerft 
einen Blick auf bie auffallende Erfcheinung, bag eben zu 
der Zeit, wo die Mufit am melften dem ſchimmernden 
Sinnenreiz und ber Mode huldigt, auch vidle dee ernfteften, 
gluͤcklichſten und kunſtreichſten Werke alter Meifter, vorzuͤg⸗ 
lich Haͤndel's und Bach's, zahlreicher als je gebrudkt werden. 
Gewiß mit Recht erflärt er biefelbe aus der Xeere und Uns 
befriedigung, welche das nur nach den Sinnen hin Gerich: 
tete ber neuern Muſik erzeugen muß, und aus ber Sehn⸗ 
fucht nach dem Tiefen, Gehaltvollern, welche es bei ben 
Beſſern hervorbringt; wobei Mef. jedoch eine geroifle, durch 


ert Karl Phil. Em. 


Kunftübumg erworbene Vielfeitigkeit bee Auffaſſungskraft ats 
mitwirkend in Anfchlag bringen möchte, bie freilich mit der 
Unbefangenheit feliherer Zeiten nicht in gleichem Verhätmife 
ſteht. Der Verf. wird darum ben Ref. doch nicht De 
nen beizaͤhlen, welche jene Erfcheinung aus teivialer Uni: 
verfalität erklaͤrn (S. 404), ba er ja ſelbſt (S. 228) 
lobend von Vereinen ſpricht, in welchen die vorzuͤgllchſten 
Gefangftüde aller Zeiten und Gattungen zu Gehör kom: 
men. Was ber Verf. dann von der Entſtehung fol: 
her deutſchen Paffionsoratorien, umd tie fie endlich wieder 
verdrängt worden, ausführlich erzählt, wird Vielen ganz 
unbelannt und doc) zur Würdigung des Bach'ſchen Werkes 
förderlich fein, wohin auch die weitere, faft zu Burze Schil⸗ 
derung beffelben Leite. Der „Verſuch einer muſikaliſchen 
Reife int Befretungsjahre 1813” ſchließt mit erheiternder 
Nührung diefe Sammlung und erregt in uns ben Wunſch, 
dem milden und klaren Geifte des Verf., der den Freun⸗ 
ben ber Tonkunſt noch Manches verfpricht, auf feiner Le: 
bensreiſe noch vecht oft zu begegnen. a. Wendt, 





Geſchichte ber geheimen Verbindungen ber neueften Zeit. 
Erſtes und fechötes Heft. " 
(Beſchluß aus Nr. 168.) 

Wirklich gab es bald nach der Schlacht von Leipzig ein 
borübergehende® Aufflammen , während beffen Kaifer Kranz ge« 
beten wurbe, bie alte Krone Deutſchlands wieder auf fein 
Haupt zu fegen. Der weile Fürft kannte jedoch zu genau alle 
bie Verwickelungen, benen ein ‚folder. Schritt ihn. ausfegte, um 
su einer Zeit, in welcher der Hauptfeind bios erſt geſchlagen, 
nicht vernichtet war, die Politik ber Fürften und bie Thatkraft 
dee Voͤlker zu zerfireuen. Als ber Feind wirklich vernichtet war, 
kam jener Moment nicht wieder. Unermeßliche Schwierigkeiten, 
fremde Belorgniß und heimifcher Reid, vor Allen ber Wunſch, 
bas einmal Gewonnene zu behalten, ſteliten fi ber thatſaͤchlichen 
Wiederherftelung bes deutſchhen Heiches entgegen. Andere Ins 
tereffen waren groß, mächtig geworben, tmollten ſelbſtaͤndig biels 
ben für immer. Dennoch follte es wieder ein Deutſchland geben! 
“ Man mußte daher ben zweiten Weg einfchlagen. Der bes 
fland darin,. bie Aufidſung bes Reichs, die Mediatiſtrung zahle 
seicher Mitglieber derſelben als ein Geſchehenes anzufehen und 
aus dem nun einmal Worhandenen ein Neues zu bilden. Allein 
man überfah, daß man dadurch eine ganz andere Ordnung ber 
Dinge, einen ganz andern Grundſatz bes echtes anerkannte. 
Man gertrimmerte bie alten Säulen, welche von Diamant war 
sen, und ſchob thönerne unter, bie in einem Jahrzehend zerſchla⸗ 

en werben Eonnten, während jene taufendjährigen GStärmen 

rotz gebeten haften. Die Nichtherftellung des deutfchen Reihe, 
bie nach ben bisher gültigen Rechtsbegriffen Frevel war, konnte 
nur dadurch vertheibigt werben, daß man von ihnen gäflslid ab⸗ 
ging. Man mußte, um das Gewiffen zu beruhigen, auf folgenbe 
Weiſe ſchließen. Im Staatenleben bedingt ber Zuſtand der Auf: 
loͤſung nothiwenbigerweife Reugeftaltung. Das im Gtaatenleben 
nach Vernichtetem Nothwendige iſt aber auch bas Rechte, infor 
fern durch diefes nothwendige Neue bie fittlich freie Nebeneinander» 
erifteng, der Zweck bes Staates allein möglich if. Nach Riederlt⸗ 
gung ber Kaiſerkrone von Geiten Franz Il., bei Ri hlung ei 
nes neuen Kaiſert vermöge fremden Zwangs war aber das deutſche 
Reich im Zuflande der Desorganifation, ber Aufldfung begriffen, 
folglich war dasjenige Neue, welches fi) aus biefer Periode des 
Auseinanberfalls nothwenbigerweife entwickelte, damit bie Deuts 
ſchen als fittlich freie Wefen nebeneinander beftchen konnten, auch 
das Rechte. Es entwickelte fi) aber, ober «6 hätte im jener 
Periode keinen Rechtszuſtand gegeben, bie Souverainetät derjenis 


69° 


gen Zürften, welche nach bem Auseinanderfalle bie Macht b 


mäßige. einmal aus einer Periode bes Desorganiſa⸗ 


tion als Souverain hesporgegangen tft, Hört nur auf dies w: 
e 


fein, wenn eine zweite Periode ber Desorganifation eintritt, 
abermals ein ſtaatsnothwendiges Neues erfoderlig macht., Zur 
"Zeit des. wiener Songreffes war aber nichts Neues erfoderlich, 
weil bie beutfchen Souveraine einen Bundeszuſtand bereit bes 
sündet hatten, der durch Napoleon’s Sturz nicht aufhdrte. 
an durfte alfo, ba Fein Zuftand der Desorganifation da war, 
bas in Folge eines Zuftandes der Desorganifation_ früher recht: 
lich Geworbene nicht zertrümmern, fondern mußte einen Bund 
der deutſchen Hürften als etwas YA rechtlich Beſtehendes 
anerkennen. Bies geſchah denn auch; nun taufte man das Ding 
neu, nannte es deutſchen Bund, und das Protectorat Napoleon's, 
etwas nach der eben eroͤrterten Anſicht Außerweſentlicheß, wurde 
in den Vorſitz Oeſtreichs verwandelt. 


Nach alle Dieſem iſt daher der deutſche Bund das Pro⸗ 


duct einer Umwaͤlzung; denn wo iſt das deutſche Relch, aus 
welchem er entſtand? Indem man aber einerſeits eine Umwaͤl⸗ 
jung als Rechtéquelle anerkannte, weil man bas 'dus derſelben 
Dervorgegangene als rechtlich Weftehentes nahm, andererfeite auf 
dem davon weſentlich verfchiedenen echte, bem alten, fogenann: 
ten göttlichen der Eegitimität beſtand, veranlaßte man eine aus 
Berordentliche, hoͤchſt folgenreiche Wertirrung ber Begriffe. Das 
erium, nach weichem man bisher außet Frankreich deurtheilt 
hatte, was im Gtaate recht ift, wurde weſentlich verrüdt. Ban 
heiligte dad Factum, und feitdem dies 8* iſt, braucht man 
nur das Sluͤck fuͤr ſich zu Haben wie Caͤſar Auguſtus, und man 
iſt im Rechte. Ludwig Philipp fäße hiernach feſt auf feinem 
et Throne, während in den Köpfen, ben. Herzen ber 
Deutichen Zwiefpalt, Ungewibpeit, Beſorglichkeit, Recjttuniffene 
ſchaft dergeftalt herrſcht; daB man- faſt eine Preisfinge uf die 

mung tines deutſchen Pätrioten fegen koͤnnte! 

Rachdem bie Fürften das Pallabfitm bed alten Rechtes 
dem wiener Gongreffe bucchlöchert hatten, indem fie Hl er 
ſchen rechtbegruͤndende Yebergemalt einräumten, konnte es nicht 
fehlen, daß unter Denjenigen, die darunter litten, einige weiter⸗ 
fehende Köpfe begriffen, wie mit ber Zeit das immer naͤher her 
ammogenbe Meer der Plebejer ihnen auch noch bie Rechte ent: 
zeigen wuͤrde, welche die Kürften ihnen gelaffen hatten. Es en! 
Rand ein Bund, befannt unter dem Namen ber Adelskette, ges 
ftiftet vorzüglich von vorigen Reichsunmittelbaen. Welche ſchoͤne 
orte auch die Bunbesflatuten enthalten, mochten *), ſo hatte 
der Adelsbund doch nur einen Hauptzweck, nämlich durch Einig⸗ 
keit unb Drganifation flart zu fein und in ganz Deutichland 
einen enge sufammenhängenbden Gtaat, zu bilben. Wenn diefer 
Bund vollfommen entwickeit worden wäre, fo würde ber Traum 
einer zweiten Kammer zu Frankfurt viellwicht haben verwirklicht 
werben koͤnnen. Die Abelötette entiland zu Wien am 10. Jan. 
1815, zu einer Zeit, in welcher bie Nichterfullung der ſanguini⸗ 
ſchen Hoffnungm, durch die fröpern” Werfprechungen bei’ den 
Wölkerh erregt, noch nicht ausgemacht war. Sowie aber bitfe 
Nichterfüllung Gewißheit geworden, wandte fih der Adel wieber 
ungetheilt den Fuͤrſten zu, und bie geheinie Verbindung, genanet 
„Die Kette‘, hörte auf in biefee Form gu beſtehen. Die Fuͤr⸗ 
len lichen dem Abel **), ber Abel dem Fuͤrſten gegenfeitig ihre 
Kraft 5, beiber unbefchränfte, funfzehnjährige Herrſchaft begann 

und w 
eich das ariſtokratiſch⸗hierarchiſche Element fo ſtark, das demo⸗ 

atifche fo ſchwach geweſen wäre. wie in Deuftſchland. 

' Indeſſen wurbe ſelbſt noch im J. 1815 durch die Gabinetd« 
orbre des Königs von Preußen bon 22. Mat eine Stelivertre, 
tung bes Volles im Allgemeinen zugefichert, um zu dem neu 
bevorftehenden Kampfe anzufesern. Kaum war jedoch ber @ieg 
errungen, als von einer Volksvertretung nicht mehr bie Kede 


) „Geſchichte der geheimen Verbindungen‘, 1. Deft, S. 69 fg. 
”", Deutfche Bunbebacte, Art. 18, 


— 





eſa⸗ 
‚auf eine notpiwenbige Weife, folglich) war fie auch daB A 
i Ber a 


noch in ganz Europa fortdauern, wenn in Frank⸗ 


wer, ſich im Gegentheile bedeutende Stimmen in Deutſchland 
gegen diefelbe erhobet und Wieberherftellung bes 8 raus 
ten. *) Allein Tag nicht ein feltfamer Wiberfprud; darin, ba 


die Machthaber an Herſtellung alles. Alten dachten, während fle 
in Deutfchland das widtigfte Alte, bie Reichöverfaffung, nicht 
wieberbergeftellt Hatten? Bei Errichtung tee deutfchen Bundes 


in Folge ber Ummälzung des beutfchen Reihe gingen fie, wie 
gezeigt worden, von einem in Deutfchland ganz neuen Rechts: 


‚grundfage aus; und fowie es ſich um ihre eignen und bie Rechte 


bes Adels handelte, beriefen fie ſich auf das alte, mit diefem 
Grundfage in aufhebendem Widerfpruche ſtehende Recht! Mußte 
bie nicht die Begriffe Über Das, was im Gtaate Hecht ift, 
verwirten € mußte bie zoͤgernde, halbe Grfüllung, obex bie goͤnz⸗ 
liche Nichterfüllung feierlich gegebener Verſprechungen nicht einen 
um fo tiefeen und heißern Wunſch nach Grlangung der verfpros 
chenen Guͤter erregen? War bied nicht ein fruchtbarer Keim 
der Unzufriebenheit, beſonders da materielle Foigen der Berfplits 
terung Deutſchlands in faft ‚vereinzelte Staaten nur zu ſehr bie 
Nichtperftellung des beutfchen Reichs bebauern ließen? Diefe 
Unzufriedenheit wurte von ben Machthabern mehr gefühlt als 
erkannt; fie nahmen fie ferner nicht als natürliche Folge ihrer . 
eiguen Schritte, fondern als das kuͤnſtliche Product hochverraͤthe⸗ 
sifcher ungen. und handelten biefer Anſicht gemäß. **) 
Allerdings wmurben: fie dabei von einer Blut von Gchriften, bie 
gegen den böfen Zeitgeiſt prebigten,, unterftägt, und Gchmolz’s 
Behauptung (1815): „Es haben fih nach Aufhebung des Zus 
genkbuubes bald andere Verbindungen in ber Gtille gebilbet, 
vielleicht aus ben Zrämmern dieſes und anderer ähnlichen Bünde: 
löblich wenn für Befreiung bes Waterlandes von auswärtigen 
Unterbrüderns fluchwaͤrbig, wenn dadurch Zwecke im Innern 
ohne des Königs Willen burdgefeht werden ſollen“, fand willis 
gen @lauben. - " 
"Dieb lag In der Natur ber Dinges benn welche Worausfe 
gun war erttärlicher, als bie, daß bie Deutſchen, welche unter 

onnivenz bee Bärften die Macht geheimer Bünbniffe kennen ges 
lernt hatten/ fie nun fortfegen würben, um foldye Zwecke zu er⸗ 
reichen, bie ihren Wünfchen und ben in ben Togen der Gefahr 
gemachten Werheißungen "nach gerecht erfchienen? Sewie ſich 
aber einmal eine ſolche Anſicht bei den Herrſchenden feſtgeſegt 
hatte, Tonnte es unter Zuthun anderweitiger Umflände ***) nicht 
anders fommen, als dab man überall geheime Bündntffe erblidte. 
Daß ſolche beftanden,- wer moͤchte es leugnen? bag man im 
©taate a Bündniffe nicht dulden darf, wer wollte es in 
Abrede ſtellen? aber ebenfo gewiß wird Jeder, ber ben Bang 
ber Greigniffe einigermaßen beobachtet hat und die vorliegende 
„Geſchichte dee geheimen Verbindungen“ ohne Borurtheil prüft, 
zugeben, daß bie geheimen Werbindungen jener Zeit nicht viel zu 
bedeuten hatten, daß bei ben meiften die Inquifitoren alle Mühe 
hatten, eine bochverrärherifche Tendenz herauszukluͤgeln, und daß 
enbiich die Richter nur zu häufig das firengere Urtheil fällten, 
wo alle Gründe das gelindere rechtfertigten. 

‚Wenn bie Regierungen durch ihre bamalige Strenge bie ges 
heimen Berbinbungen oder vielmehr die Neigung zu benfelben 
auszurotten vermeinten, fo bat bie neuefte Zeit dewieſen, in einem 
wie großen Irrthume fie befängen waren, Was damals bie 
ſchwaͤrmeriſche Meinung einiger Enthuſiaſten war, iſt jegt zum 


*, 3.8. die wuͤrtembergiſchen Stände in ihrer Xbreffe vom 26. 
Zult 1816. 


) Selbſt die Schriften, bie im ultrareactionnatren Sinne gefchries 
ben wurden, trugen bazu' bei, bie Idee der Einheit Deutſchlands 
rege zu erhalten, Abam Muͤller, zewiß Sein Mann von „„bochvers 
raͤtheriſchen Beftrebungen”, verlangte in feinen ‚, Deutfdyen Staates 
anzeigen’ (1816) Einheit Deutfchlande, nur freilich mit Souverais 
netät der Religisn und Lehnöcharatter aller Herrſchaft. 

eo) Das Wartburgäfe, die Bufammenkunft von Abgeorbneten fo 
aler deutſchen Univerfitäten zu Jena, Vertheilung aufregender 
Schriften, Sand's Mernchelmord, bie wirtlige ober angebliche 
Tendenz ber Iurnanflalten und Burſchenſchaft. 


70d 
heit ımter das Wollt gebrungen,, man if weiter gefchritten, hat 


eBoereine ftet, &ottsnrrfonmntungen gehalten, ja ſogar den 

4 des beutfi — A zum Schauplatze von Blutſcenen 
geniacht. Es iſt elne aͤußerſt folgenreiche Thatſache, daß die 
Machthaber beharrlich verkennen oder geringſchaͤgen, daß die po⸗ 
Heifde Aufklaͤrung ber Deutſchen ſeit dem J. 1815 feinen Aus 
enblick ſtill id u fondern ſich auf eine vorher nie orte 
—*— entwickelt und verbreitet hat. 





Temoigusges historiques, on quinze ans de baute po- 
lice sous Napoleon, par M. Desmarest, chef de 
cette partie pendant tout le tonsnlat et Fempire. 
Daris 1833. 


Erit Mitte November 17995 wenig Tage nach bem 18. 
Brumaire, bis: zur Reftauration war ber Verf. dieſer intereſſan⸗ 
ten Schrift bei der franzöfifchen hohen Policei angeflellt und half 
ihre geheimften Faͤden leiten. Napoleon, dem feine Rapporte 
Pr vorgelegt murben, fhentte ihm fein Wohlwollen, was 

Berf. ſpricht und bie Anfoberungen an 

— — —* jene Zeit — ıgewiffermaßen ſtrigert. 
Darum beſchüch uns Keim Leſen diesmal jener minuth nicht, 
ben wir nur zu oft empfanden, wem wir newere franzdſiſche 
Beiträge zur Geſchichte unſerer Zeit zur Hand: nahmen unb 
oft kaum «tions. mehr als Vuchhoͤndlerſpecalationen barin er⸗ 
blichen Tonnten. Hier trüt ein Wann auf, deſſen Stellung 
ganz geeignet war, ihm über bie geheimen Zriebfebeen vieler 
Erxrighiffe dee auf dem Zitel bes Buches angegebenen Periode 
zuverfichtliche Aufſchluͤffe zu veufchoffen, und biefe finb es, 
weiche er mittheilt. Shon bee Zitel Memoires war ihm 39 
anfprudeooil, und ex verſchmaͤhte es, feine Grfehrungen mit 
dem Ballafl des LO umd 20 mal Wiederholen amalgamirt unb 
in viele Bände ausgehehnt zu publiciren. &6 lag in ber. Na⸗ 
tur feiner amtlichen —8 Nr ihm alle Gonfpiratienen ge 
gen Napoleon und feine Herrſchaft genau bekannt wurden, usb 
in feinen Mittheilungen über dieſelben, von ber Hhllenmafcine, 
den Merſchwoͤrungen Pichegru's, Georges’, Moreau’s, bez Zoll: 
kuͤhnheid Mallet's, den Angriffen eines Stapß, v. Sala u. ſ. w., 
findet ſich faft überall Ergaͤnzendes und Berichtigendes minde⸗ 
ſtens aber eine Beſtaͤtigung. An Napoleon ruͤhmt er beſonders 
die Verachtung, welche er jenen feindbfetigen Verſuchen entgegen- 
ſetzte, und. daß er ben betreffenden Behörden nur befenfive (?) 

Maßregela dawider erlaubte, 

Den Militairverſchwoͤrungen unter dem · Gonfulate, die 
man mis ben Philadelphen und dem geheimnißvollen Dubet 
in Verbindung gebracht, legt Desmareſt wenig Gewicht bei 
und behandelt fie kurz. Ueber Moreau läßt er ſich aber 
weitläufiger aus. „um bie Zeit bes Goncordate”, heißt «6 
unter Anderm, „wurde von Rennes, wo Bunabotte befihs 
ligte, eine für den erften Gonful beleidigente Proclamation, 
in ber Yon capucinades de Corse bie Ride wor, an Moreau's 
damalige Abjutanten Rapatel. abgeſchickt, von der Policei aber 
aufgefangen. Fouché ſprach im des. Conſuls Auftrage mit Mo⸗ 
ream über dieſe Angelegenheit, ber ſich aber nur ironiſch und 
fpottend über dieſe Buttertopfverſchwoͤrung ausließ, denn bort 
war dad.corpus delicti gefunben worden. Als Fouché tarüber 
an Napoleon berichtete, hob diefer an: „Diefer Streit muß ein 
Ende nehmen. Frankreich darf nicht. darunter Isiden, daß ſich 
zwei Leute darum reißen... Wär ich au feiner, sm an meiner 
Stefle, ih wuͤrde fein erfke Adjutant — glaubte er- vegieren 
gu koͤrnnen! Wohlan, morgen früh um Suhr im boulogmer Holz; 
unfere Saͤbel follen entſcheiden, ‘und ich werde ihn dort erwar⸗ 
ten. Vergeſſen Sie meinen Befehl nichht, Bouche.’ Der Lep- 
tete kam um Mitternacht: mit dieſem — aus den Tinte: 


I Grob - 





n ſich zum Lever in bie Tuilerlen beged; aber fein Sl 

eb berfeide". 

Ueber bie vom Parteigeifte vielfach entfefiten Gelbftoche 
Digegrus und des Gapftain Wright ſowie über bus Loos bes 
ungiädtihen Enghien verbreitet ſich der Eerf. ſeht gründtih 
und nimmt Mäpoleon befondere wegen be® Leptern in Schu 
Seit Moskaus Brande wuchs die Unzufsiedenheit ber hohem 
Ofſtziere in dee Armee die zur Errichtung eines Sompfotts un: 
ter mehren Marſchaͤllen und Generalen / beffen Zweck war, Re 
poleon 181% verſchwinden zu laffen und ihm ein heimlides 
u bereiten. Gin Brigadegeneral erhielt den Maftrag, den 
alten Herzog von Danzig für ten Anſchlag zu gewinnen; bie 
Snbignation deſſelben dewog jedoch den Unterdändter ſelbſt, in 
die Mittheilung des Gomplotts an Wapoleon zu willigen, ber 
aber nur entgegnete: „Ic weiß, was ich von Karren 31 hal⸗ 
ten dab.” Indeffen war er doch nicht ohne Furcht. Tun 
ed Tages in einer dden Ebene zu Pferbe fleigen wollte, was 
ihm befannttich ſchwer zu werden anfing, und Lefehre von hin: 
terwärts herbeleilte, ihm zu beifen, befiel ihn ein beftiges Zit⸗ 
tern, biß er den Madenden erkannte und ihm nun fremd 

ankte. 





— 
J N ot et). | 
Deffentlider Unterricht in —R Irland 
und Belsiten. 


Die en glifche Regierung nimmt [ich · in und is 
Jeland ah wenig ale in England des Elementaranierridts 
an, . Die. Pfarreien. ind Irhiglih anf ihre eignen Hälftwittd 
engewiefen.- In: Soland fühlen die nich ern Slaffen das Be 
daͤrfniß geifliger Cultur weit, de eis in Giugtand. Allee 
Büder und: Squlen: ſind lauge Zeit [ ſelten in- Diefam Tankı 
geweſen, ⸗duß ‚Baufende. von ihren auf Up 
Kirhhöfen. er epielten. Als E8 dienten. ihnen. & Jacken 
ten dee Grabmaͤler; flatf einen Feder harten. fe tin Biäd 
Kreide; % Ichrieben auf Grabſteinen. Auch trifft es ſich wol 
in Irland, daß ein Unterricteter einen Belannten lefen le „ 
unter der Bedingung, daß biefer zehhi Andere unterrichte. 
diefe Weiſe hat fi) Euch der Babrläffigkeit der Regierung 
Schulunterricht bis in bie wildeften, ddeſten Gegenden Bahn 
N bie Zahl der Schulen und Schuͤler belief ſich im 
Sabre 18 , . 


7 Säulen 12 
"innen te en 18897 Jade 


3985 468.486 
Dulftee  -. 3718 ° 198088 
Gonnaught . MUE 78,461 


I. ‚Ganzen „13,692 ... 589, ‚703. 

In Scheitiand findet man felten, aufgenommen in irgenb einem 
abgelegenen Winkel des Mebirges, einen Grwachfenen, ber wicht 
kefen; und ſchreiben kann. Die ärmern, Gieffen legen fih di 
ſchwerſten Opfer auf, um ihren Kindern den nöthigen Glemm 
taruntersicht gu verſchaffen. In- dem Mittelfkande iſt cleſſiſche 
Bildung faft allgemein. Im Zahrg 1852 zählte die Unis 
tät von St.⸗Andrews 180 Studenten, Glasgow 609, Aber: 
been 248, Edinburg 2020. Gin Schullehrer bezieht in Säit 
land an Behalt 20 20—35 Pf. St. nebſt freier Wohnung und 
einem. Sorten von einem Viertelmorgen; die wohlhabenden Jel⸗ 
tern entrichten ihm ein Schulgeld von 1—5 ©. 
vierteljährig. - Im Jahre 1831 zählte man 1850 —* 
ſchulen mit 66,116 GE fehlt und am authentifhen 
Racweifungen über. deg Zuftand bes gewöhnlichen Schulen 
Geit der im Geptember 1830 in Brüffel autg ebrochenet 
Empoͤrung hat dee Elementarunterricht wenig Fortſchritte ie 
Belgien gemacht. Am erften Februar 1832 betrug die Anzabl ker 


rien, Moreaun wurbe aufgefucht, und bie Wolge war, baß der | Schülerin den Gemeinde: und Privatfchulen 355,422. 143. 


General, flatt zu dem erwähnten Rendezvous, am andern Mor: 


Nedigirt unter Berantwortlipteit ber Verlagshandlung: J. A. Brodhaus in Seisıia. 


m" 


Blätter ..0.n 


für 


littrariſche Unterhaltung 





Mittwod, 





Wolfgang Menzel”) 
Menjzel iſt am 21. Juni 1798 zu Waldenburg am 
Eusfe des Rieſengebirges geboren. Sein Water, ein geſchaͤtter 
Arzt und fingebildeter Mann, ſtatb früh, und der leb⸗ 
hafte Knabe, der aͤlteſte won drei Brädern, ettwidelte un: 
gehindert el: gewiſſes Umabhängigkeitsgefhht, das ſich nur 
vom; fo: fehroffer- geftaftete, als fpäter ein Stiefoater dem⸗ 
Shmnim ſetzen wollte. Die. Waldgebirgägegend 
Vaterſtadt, die auf der einen Seite groß und wild, 

auf der andern freundlich tft, ſcheint einen mächtigen Eins 
druck auf Kind und Knaben gemacht, die weiten, wenn 
auch. nicht: geengeniofen Ausfichten, welche bie nahen Berge 
in Menge darbieten, den Trieb in bie Berne erwedt zu 
haben: Wenigſtens foll unſer Wolfgang in’ noch ſehr 
zartem Alter einmal. eine Meife: in bie weite Welt vers 
ſucht haben, von welcher er freilich bald genug wieder ins 
ätmliche Daus: zuruͤckgefuͤhrt wurde. Waldenburg ift abes 
auch und war noch mehr eine wohlhabende Stabt, und 
die Gegenſuͤte großen Reichthums und tiefer Armuth 
mochten. ſich ihm oft um ſo grellet darſtellen, je näher 
und enger in Heinen Orten Alies ancinander gerüdt iſt. 
Daya- kam noch alle Sommer das Leben und Trtiben 
einer fremden, vornehmen oder reichen Well in beim vnhen 
Bades und Brunnenort Altwaſſer. Alles zieſammengt 
nemmen war wol geeignet, einem lebhaftenn, aufgeweckten 
Geiſt vielfache Nahrung zu geben, Gefuͤhl. Mhantafie und 
Verſtand zu regen Thaͤtigkeit zu entflammen, vielleicht, 
wenn apch nur dunkel, den Gedanken an das feſte, ſich 
ſelbſt treue .umd ſtets gleichkraͤftige Walten der Ratur, 
gegenüber dem wechſelnden Kommen und Sehen die Men⸗ 
ſichen, dem fleigemdtn nd fallmden Gilick derfelben her⸗ 
vorzuheben. Zu einem gewiſſen Bewußtſein über das 
Letztere namentlich kam ber Knabe, als er im Jahte 1806 
duech die Franzoſen eine voͤllige Umkehr vieler bisher für 
unwandelbar gehaltenen Zuflände feiner Vaterſtadt veram- 
laſſen ſah. Beſonders auffallenh mar ihm bie Rathlo⸗ 
ſigkeit und Muthloſigkeit mancher Vaͤter der Stadt, alb 
e galt, dem General Vandamme mit Rüde and Geſtig⸗ 
keit entgegenzutreten, da doch dieſelben varher "alt wohl 


*) Dieſer Artikel war urfpränglich für das „Converſations⸗ 
Lexikon der neueſten Zeit und Likeratur“ beftimnit, wo abet 
ein anderer aufgenommen worden iſt. D. Red: 











9. Suni 1838, 


weiſe und hochanſehnliche Maͤuner fich mehr ats b 

gebridet hatten. Winige dieſen Zuſtand' der wohlweiſe 
Herren offenbarenbe Scenen ſchilderte dev achtjaͤhrige Wolf 
gang dramatifch wie manche andere aus feinem Stabens 
leben. Diefe erften Jugendeindruͤcke ſcheinen um fo biels 
bender geworden zu fein, abs nachmals feine Muttet 
wieder: heirathete und auf ein: Mitterguf unfern det Efädr 


Strehlen zog, welches der - Stiefvater‘ bewirthſchaftete 


Hatte der Knabe vorher ſtaͤdtiſches, ja vornehmes Buben 
mitten in einer ſchoͤnen und erhabenen Ratur kennen ges 
Ieent, fo wurden ihm bier die: Verhältniffe des hoͤhern 
und niebern Landiebens, adeliger Gutshertſchaften unter: 
einander und gegen ihre Untergebenen: nahe gebracht. Die 
Einfoͤrmigkeit, oft Geifffofigkeit des einen, die Verborben⸗ 
heit und Armfeligkeit des andern konnten ihnm fo wenig 
entgehen als die Ausnahmen, fir welchen: uns ber innere 
Keichchum einfacher Verhaͤltniſſe, wenn fie mit Sinn und 
Geiſt behandelt werden; und das SEE einer beſchtaͤick⸗ 
tern, der Natur getreuen, aber nicht drückenden Witkſam⸗ 
keit erfcheint. Inzwiſchen gewam er durch dem Unters 
richt, den ihm fein Stiefvater erthrilte, die nothwendig⸗ 
ſten Schultenntniffe, und: warb noch meße zue Lectund 
und felbftehätigen Arbeiten angeregt˖ durch die wohlbe⸗ 
ſtellte Bibliothek ſeines Vaters, welche er, fd oft er konnte, 
benutzte.Reiſebeſchreibungen; naturkundliche und hiſto⸗ 
rifche Werke, befonders aber fihöngeifiige Schriften wur⸗ 
den- mit Eifir gelefen und wiedergeleſen und häufiger An⸗ 
laß zumm Sinnen und Denken, ja zu eignen Vecſuchen, 
ſo oft das Leben ſelbſt Scenen oder Empfindungen darbot: 
Im 15: oder 16. Jahre wurbe er nach: Breslau ge 


ſchikt und beſuchke bort das damnls unterder LEeftung - 


bes’ Mector Etzler ſtehende Eftfabethanum, zwar Berwahtbd} 
ten und Freunden feiner Familie empfohlen, im Grunde 
aber fich ſelbſt uͤberlaſſen. Seine Außere Lage war hier 
fehe beengt, um fo miehr, dba, wie es ſcheint, Migshellig⸗ 
keiten zwifchen ihm und’ feinem Stiefvater ausgebrochen 
täten, die ihn lieber auf · Vieles verzichten Tiefen, als daß 
er: eine: Unabhängigkeit, bie ihm Bedürfmß wear; 
aufgegeben hätte. Uebethatipt möchte kurz vor und naͤch 
feinem Aufenthalte in Bredlau Mandjes in feiner Fam 
He ſich ereignet haben‘, was ihn - tief vertwunbete, aber; 
ftatt ihn zu Moden’ zu; werfen, nur zu größerer Schneils 
kraft amfeuerte und mit fo vieler Bitterkeit verſah,“ aid 





702 , 


. . 4 
erfoberlich ft, um unfere Gefühle gefund zu ethann und na⸗ 
mentlich vor Verweichlichung zu bewahren. In der Schule 





er... durch die Lectuge, deutſcher 
äh — der Mt ja Ted füg b 
ſche Nachbildung vorbereitet war. Mit Miefenfchritten 


und zur Verwunderung feiner Lehrer durchflog er bie 
Glaffen bis zur oberflen und ſchwang ſich auch in biefer 
bapd zu ben Vorderften. auf, obgleich der Feldzug von 1815- 
ihn untde bie Reihen der Freiwilligen rief und zur Un: 

rt „feiner Studien .nöthigte. . Neben den Schul: 
Pan or er eifrig‘ die Kecture deulfcher Claſſiker und an- 
derer belehrender Werke fort, und das Bebürfniß, feine ins 
hern ‚und dufern Erlebniſſe in den mannichfaltigften poeti: 
fchen Formen des Liedes, des. Epos, bed Drama ausju: 
brüden, kehrte immer häufiger wieder und ward immer 
vollendeter befriedigt. Seine beutfchen Auffäge zeigten 
eine. Vollendung ber Form, bie auch die, Lehrer uͤberzeu⸗ 
gen mußte, daß dieſelbe eine durch natürliche Anlage, fleis 
Bige Lecture. und eigne Uebung erworbene fi. Während 
er für die Schule. Livius, Virgil, Horaz, Tacitus, Cicero, 
Homex, Kenophon, Sophokles u. |. w. mit Liebe trieb, ver 
volftändigte er feine Kenntniß der beutfchen Literatur. 
Goͤthe, Schiller, Herder, Wieland, Leffing waren ihm 
fhon früher bekannt geweſen; Jean Paul, Tied, bie 
Schlegel, Novalis u. ſ. w. lernte er nun kennen und 
neben diefen Korpphäen der Literatur nicht weniger auch 
die dii miaorum gentium und Solche, die wenigfiens 
nicht im Munde Aller, warm Aber nicht. allein mit der 
neuern und neueften ‚Literatur von, Hagedorn und Klop⸗ 
ſtock an.u. f. w. machte er ſich vertraut, auch die Poefie 
bes Mittelalters, lyriſche wie epifche, die ber Meifterfän: 
ger und der fchlefifchen Dichterfchule lernte er kennen, un: 
terftügt hierbei durch die vortreffliche Rhediger'ſche Wis 
bliothek, welche zum Elifabethanum ‚gehört. Sein raſtlo⸗ 
ſes Arbeiten und Schaffen wirkte, auf feine Mitſchuͤler 
vortheilhaft ein, die ihm nicht bios. als einen curioſen 
Mitſchuͤler anfahen, ſondern es ihm auch nahe. zu thun 
verfuchten. Es entftand eine Art literarifcher Club, wel⸗ 
her ein bloß abſchriftlich circulirendes Journal verfaßte, 
worin humoriflifche Auffäge, Satiren, Krititen über Alles, 
was ber Schuljugendwelt auf⸗ oder anſtoͤßig erfcheinen 
mochte, aber auch poetiiche Arbeiten ‚aufgenommen wur⸗ 
den. Meben biefen geiftigen Belchäftigungen blieb ihm 
noch Zeit für die Turnkunſt übrig, die er im Jahre 1817 


wie Alles, was ihn intereffirte, mit großen Eifer betrieb. _ 


Und wieder folgten auch hierin feine Mitſchuͤler feinem 
Beifpiele. Im Herbſt 1817 machte er mit einem Turn⸗ 
genofien eine Reife nach Dresden, angelodt von. den ges 
tiefenen Schönheiten ber ſaͤchſiſchen Schweiz und ber 
esbner Kunftfommlungen. Won diefer Meife -Pehrte er 
mit dem Vorfag zuruͤck, dad naͤchſte Jahr die Univerfität 
u beziehen... Ehe das Jahr aber um war, veranlafte 
Kon. ein ſeltſamer Vorfall, die Schule ſchon vor Ablauf 
dieſer Friſt zu verlaſſen. Das. Turnweſen hatte durch 


4 


mancheb Wgehörige, was fi damit verbunden, zum 
Theil auch an fi viele Feinde erhalten, unter Anderm 
auch darum, weil viele ber Männer, welche fich dafuͤr 
intereffisten, offene Gegner ber Kreimaurerei waren. Um 
fo mehr erbitterten ſich ach viele Schulmänner, bag 
die ſich nicht. fattelfelk genugrfühlten «-umpie —* 

etwas kraͤftiger werdende Jugaad wait gewohditer-KBequens 
lichkeit zu daͤndigen. Und fo kam es, daß Here Karl 
Adolf Menzel, damaliger Prorector bes Elifabethanums, ver: 
muthlih durch einige breslauiſche Turnfreunde perſoͤnlich 
verlegt, im Fruͤhling 1818 eine donnernde Philippika ges 
gen-da8 Turnen hielt, die er mit der. Auffoderung 


ie .Schüler ſchloß, ben Fe —— w 
„die Schüler Schloß, ben Zumplag. zu . Eu 6 
"Umfrage, bie Be fo geſtellt Ae daß dem Pr. 


ler nur bie bange Wahl. zwifchen dem ‚Turmplag und dee 
Schule oder doch der Ungnabe der Lehrer übrig blieb, ers 
klaͤrten mehre ſich dahin, ben Tuͤrnplatz nicht verlaffen zu 
wollen. An bee Spitze dieſer jungen Frevler, welche den 
Turnplatz der Schule, d. h. dem Elifabethanum, nicht aber 
etwa ben Studien vorzogen, fand Wolfgang Menzel. € 
verließ die Schule, ‚bereitete fich privktim: auf bas NMatu⸗ 
ritaͤtseramen vor und ging Im Herbſt A818, 20 Jake 
alt,. auf die Unlverficät Jena. Bupor machte er noch 
eine Reiſe nach Berlin, das er aber nach mihren Wochen 
um fo unbeftiebigter verließ, als er fi) das bafige Leben 
in jeder Beziehung reger, jebenfall6 aber nicht fo durch 
und durch unwahr, nicht als fo vollkommenes Abbild des 
glänzenden Soldatenelendes gebacht hatte. In Jena warf 
er ſich mit großem Eifer auf das Studium ber Geſchiche 
und Philoſophie, nahm an dem Burſchenleben zwar Ans 
theit, indem er fi für die Sache bee Burſchenſchaft ge: 
gen bie der Landsmannfcaften erklärte, ‚wibniete demfel⸗ 
ben aber mur einem geringen Theil feiner Zeit. Noch we⸗ 
nigee ließ er fi, wie warm er auch für Freiheit, Recht, 
für Volkswohl und Ehre eingenommen ˖ war, von politi 
[hen Traͤumen und Schwärmereien hinreißen. Dazu hatte 
er einen zu klaren Verſtand und ſchon zu viele Kenntniß 
ber Berhätmiffe. .und Menſchen wie fie find, aber auch 
eime zu eble Sefinnung, um etwa aus Ehrſucht den De 
magogen zu ſpielen. Mit Follen, Wit: Dirring u. f. w. 
kam er wol in Berührung, aber nie in Uebereinftim: 
mang. ' Die weilte von Stublen feet: Zeit widmete er 
fortgefegter Lecture beutfcher Glaffiker, eignen Poeſien: und 
dem Umgange wenigen, gleichgeſtuntet Freunde. In Folge 
von Kogebues Ermordung verließ .er Oſtern 1819 Jena 
und ging nach Bonn, wo er feine. jenenſiſchen Studien 
und Beſchaͤftigungen fortſetzte, nur bag er den butſchen⸗ 
ſchaftlichen Leben etwas mehr Zeit widmete. Er war bier 
wie immer in der Regel fehr fleißig, manchmal vielleicht 
in zu hohem Grade, und. dann machte er wieder zu feis 
ner Erholung Ausfluͤge In bie ſchoͤne Umgegend. Als im 
Fruͤhijahr 1820 bie Demagogenverfolgungen heftiger br: 
gannen unb Häufig: Dinner und Juͤnglinge trafen, die 
nun frei. ſich geäußert Hatten, wurde es ihm zu eng in 

veußen; der Gedanke an die bloße Möglichkeit, wie fo 
Manche das unverfchufdete Loos einer mehrmonatlichen, 
vielleicht mehrjaͤhrigen Gefangenſchaft zu erfahren, trieb 


703 


ihn in bie Schweiz. . Hier richtete er in Zürich, Luzern 
und Aarau die erflen ordentlichen Xurmpläge ein und 
wurde Profefios. an ber oberſten ‚Blafie der Secundair⸗ 
fhule zu Aarau. Diefe Stelle verfah er zwei Jahre zu 
aßgemiiner Zufriedenheit. Ihn felbft konnte fie aber nicht 
befriedigen, und als ihm eine Profeffur an der Cantons⸗ 
ſchule, um bie er fich beworben, aus nichtigen Gründen 
nicht ertheilt wurde, legte er feine frühere Lehrſtelle nie: 
der und privatificte zwei Jahre lang in Aarau. Während 
dieſer ganzen Zeit feines Aufenthalt in Aarau, wo er 
gZſchokke, E. Muͤnch, Trorler, Goͤrres, Peſtalozzi (Rep: 
tern auf einer Reiſe nach Genf) kennen lernte, ſtudirte er 
ſehr fleißig, beſonders wieder Geſchichte und Philoſophie, 
mit beſonderer Liebe aber die Geſchichte des Mittelalters, 
und zwar in den Quellenſchriftftellern, die ihm die arauer 
und zuͤricher Bibliothek barboten, wenbete feine Aufmerk⸗ 
ſamkeit auf das reiben ber literarifchen und politifchen 
Parteien in Deutfchland, arbeitete Ältere Poefien um, 
dichtete Neues. Im Herbft des Jahres 1822 entflanden 
binnen vomigen Wochen feine „Streckverſe“, welche im 
Fruͤhjahr 182F bei Winter In Heidelberg erfchienen. _ In der 
geharnifchten Vorrede, worin er gleich jeder literariſchen 
Halbheit und Gemeinheit den Krieg erflärte und oͤffent⸗ 
lich gelobte, Immer nur ſich felber treu fein zu wollen, 
brachte er nur Sean Paul Friedrich Richter diejenige 
Huldigung dar, welche ihm bie Achtung vor dem edeln 
Mann und die Liebe zu dem Schriftfteller, der einen tie 
fern und bleibendern Eindrud als die andern auf ihn ge: 
macht, in welchem er immer einen Altern Geiſtesverwand⸗ 


ten erblidt hatte, fat zum Beduͤrfniß machte. Perföntich | 


kannte er ihn nicht. Sean Paul aber, dem. er feine 
„Streckverſe“ zuſchickte, wurde fehr erfreut durch diefelben, 
indem auch er in Verfaſſer einen jungen Mann zu 
erblicken glaubte, der ihm in hoͤherm Grade geiſtesver⸗ 
wandt ſchien als irgend ein Anderer. Nichts hat Jean 
Maul mehr bedauert, als daß grade Menzel ſich damit 
begnuͤgte, Ihm nur ein Mal mit den „Stredverfen” in ber 
Dand nahe getreten zu fein, waͤhrend andere, unbedeutens 
dere Menſchen ſich ihm läflig machten. Im Jahr 1824 
gründete Menzel mit Trorler, Follen und einigen Andern 
im Wunde bie „Europäifchen Blätter für Literatur und 
Leben” und gab den erfien Band feiner „„Deutfchen Ge 
fchichte” bei Geßner in Zürich heraus, deren dritter und 
letzter Band im Jahre 1827 erfchienen iſt. In den „Eus 
eopätfchen Blaͤttern“ erſchienen der Reihe nach mehre Ars 
tikel über deutſche Claſſiker. Hier war ed, wo er dem 
Kampf nicht ſowol gegen Goͤthe, als gegen Göthomanie 
und jede literarifche Halbheit, Gemeinheit und Geiſtloſig⸗ 
keit eröffnete. Doch da dies Alles nur Prälubin zu dem 
Concert waren, das er in feinem fpätern Buche über die 
deutſche Literatur gab, fo ſoll davon erſt fpäter geredet 
werden. Seine „Sefchichte der Deutfhen” in drei Baͤn⸗ 
Den gehört offenbar zu den beften populaicen Darſtellun⸗ 
gen unferer vaterländifchen Gefchichte, wenn fie ſich auch 
wegen einiger Ungenauigkeiten im Einzelnen nicht grabe 
um Schulbuch fo gut eignet wie das belannte Buch von 

ohlrauſch. Was die Entwidelung der politifchen, reli⸗ 


gloͤſen und geifligen Zuſtaͤnde unſeres Volkes von Andes 
ginn bis auf unſere Tage betrifft, ſo iſt ſie unter allen 
Werken dieſes Umfangs und dieſer Gattung weitaus bie 
beſte. Ueberſichtlichkeit, Auffindung und Mare Entfaltung 
des organiſchen Zuſammenhanges aller Hauptrichtungen 
des innern und aͤußern Lebens, Vorzüge, welche allen Ar 
beiten Menzel's auch von felnen Feinden werden zugeflan- 
den werden muͤſſen, treten auch bier deutlich hervor. Im 
Jahr 1825 gab er eine polemifhe Piece heraus: „Voß 
und die Symbolik“ (Stuttgart, bei Franckh), worin er feiner 
Indignation über des alten Voß Kegerriecherei und hoͤchſt 
unfreie Alleinrechthaberel freien Lauf ließ. Der Grundges 
danke diefer Schrift war wol, daß eine jedenfalls geiſtvolle 
Anfiht und die Liebe, mit welcher Creuzer diefelbe ducch> 
zuführen verfucht hatte, als foldye Anerkennung verdiene, 
wenn fie auch zu vielem Irrthuͤmern geführt habe und 
mannichfach gemisbraudyt werden fönne; daß eine poetis 
ſche Auffoffung der alten Culte und Gultgefchichte ebenfo 
vielen Anfpruch zu exiſtiren habe als die profaifche von 
Voß, und daf die ganze Ereuzer’fche „Symbolik” für ein 
Werk des Kryptokatholicismus zu erklären mindeflens eine 
Thorheit, wenn nicht boshaft fei. 
2. (Der Beſchiuß folgt.) 





Marta de Zayas’ Novellen. Ueberſetzt vom Verfaſſer bes 
Don Enrique u. ſ. w. (W. Genthe.) Erſtes Bands 
hen. Neuhaldensieben, Eyraud. 1833. 8. 1 Thlir. 


Es müßte jebenfalls ein verbienftliches Merk genannt wers 
ben, förderte und ein Ueberſetzer mit Kenntniß und Geſchick bie 
unter dem Gchutte der alten fpanifchen Rovellenliteratur vers 
grabenen poetifchen Perlen an das Tageslicht. Ginzelne haben 
wol früberhin ſolche Unternehmungen verfudt. Sie ermangel: 
ten aber des dazu durchaus erfoderlichen Geſchmacks in Wahl 
und Bearbeitung ihres Stoffes unb verfchuldeten felbft, daß 


das Publicum keinen Theil daran nahm. Daju kommt noch, 


daß die befiern fpanifhen Rovelliften, wie eben etwa obige Dame, 
dee vortrefflide Montalvan, ja felbft Antonio be Caſtillo felten 
geworden und bei uns nur in wenigen Gremplaren vorhanden 
find, bie mittelmäßigern alfo, wie 3. B. die in der Samm⸗ 
lung: „Novelas escogidas de los mejores ingenios de Es- 
paüa’' (8 Bde.), enthaltenen, gewöhnlichen Ueberfegern viel leich⸗ 
ter in die Hände fallen und wirklich für Das gehalten werden, 
was ihr Gollectivtitel faͤlſchlich verſpricht. Wurden nun ehedem 
überdies von manchem ſchlechten deutſchen Autor unter der Birma 
fpanifher Novellen wol auch eigne Producte mitunter in 
bie Welt gefaldt; fo kann man es dem Publicum, wie es uns 
nach vielfältigen Taͤuſchungen früberhin felbft ergangen ift, nicht 
verbenten, wenn es eine wahre Scheu vor ben langweiligen, fo 
getauften Büchern empfangen hat. Die naͤchſte betrübte Kolge 
dieſer Scheu und GBleichgältigkeit ift denn geweſen, daß wir 
bis jept Leine auch nur einigermaßen befriedigende Ueberfegung 
der claſſiſchen Rovellen bed Gervantes aufzumweifen haben, bie 
menigftens verriethe, daß ber Ueberfeger bie allerbings unnach⸗ 
ahmliche Grazie und Feinheit feines Autors felbft erfannt und 
gewürbigt habe. Muß nun der mit ber fpanifchen Literatur bee 
tannte Kritiker von einer Ueberfegung dieſer Novellen bie allers 
ſtrengſte Genauigkeit und Bollftändigfeit verlangen, fo kann er 
nicht umbin, es dem Ueberfegere anderer fpanifcher Rovelliften 
zum Zabel anzuredynen, findet er bei ihm beide Gigenfchaften 
vor. Ein folder Tadel trifft leider auch bie Ueberfegung ber 
Novellen des Lope de Vega, die Herr Richarb vor einigen 
Jahren mit vieler Liebe zus Sache und nicht geringer Sprach⸗ 
kenntniß unternommen bat. Der große Eope arbeitete bekannt⸗ 


704 


ih fo ſtaqhtig, daß der geükte Mipeil feinen Merke eher Impwer 
set ol vollendet zu nennen if. tom’ damtisae Zain 
wer ein dramatiſches. Die Nevellen fdgrieh en nug ne 
weife, und fie find Eeinesweg6 alle gut, obwol fein geoßes 

kent ji auch in a done nicht felten offenbart. Soll der deutſche 
Lefer jegt noch daran Freude finden, fo bürfte man ihm nur 
einige zum Thell abgekürzt und „Perbteten, wobei fer 
lich verau wich, daß ber Denebeir I le kaubsur feht. 
Seren d’s getreue vollßändi stragung konnte Fein 
läd machen. Derfelbe Tadel führt —* zu eu Bude zus 
ruͤck, von dem wir abgegangen find. 

Donna Maria de Zayas v Sotemayor aut Matrib ledte 
unb ſchries um die Mitte des 17. Jahrhunderts, weiter willen 
wir von ihr nichts. Welasqueg, Diez, Sismondi, WBonserwel, 

Sulzer, Idcher erwähnen fie gar nicht oder mur bei Namen, 
denn fie ſchrieben Einer dem Ändern nach, Zwiſchen ben No⸗ 
veſten der Marla de Zayas und benen des Gervantes iſt zwar, 
wie immer zwiſchen großen Männern und ihren Rachahmern, 
' ungeheure geiflige Kiufts fie verdienen aber doch mit denen 
* eope be Vega und Montalvan danach den erſten Play, 
unb einige, wie „La fuerca del amor“, „El desen ama- 
do’, „Elimpossible vencido” muͤſſen ber Fbee nach ausgezeichnet 
enannt werben. Wie wir nun ben Titel des vorliegenden 
Binden « en hatten wir in einer Art eine angenepue 
re ‚ wenn nicht ga 

are — mas Naͤheres, als uns ——* war, zu er⸗ 
—* doch wenigſtens eine zweckmaͤßige, mit Geſchick abge⸗ 
kuͤrzte "Auswahl ihrer zum Seit mittelmäßigen Arbeiten zu 
rg Me wir fanden un über dad Buch zu fagen haben, 

n wenigen Morten 

Der Titel ben in unferm Beſit befindlidien Ausgabe bes 
fpanifchen Werkes beißt: „Primera Y, segunda parte de las 
norelas amorosas y exemplares de Dona Maria de Zeyas y 
Sotomayor, natural de Madrid. Corregidas y emendades en 
esta wltine Impression eto.“ (Mabrid 1664). Die erſte Aus⸗ 
gabe des erfien Theiles erfchien im Juni 1694, die bes zweiten 
im November 1646. Weide heile enthalten 20 unter einans 
deu fehe verfhiedene Novelien, bie nach Art des Boccaccio'ſchen 
„Belameron” durch ben fortlaufenden Faden einer felbfländigen 
eeihihte verbunden find. 

Der Ueberfeper bat feinem Buche eine vom 25. Rovems 
ber 1636 batirte Borrede ber Berfaflerin vorbruden laffen, von 
der in unferer Originalausgabe nichts zu finden if. Wäre fie 
jemals in- einer frühern vorhanden geweſen, fo würbe fie fpäters 
Hin unmäglicdh ohne Weiteres weggelaffen worben fein. Wozu 
atfo die ungeſchickte, englaubliche Myſtification ? 

Bere Genthe Yat den langweiligen Faden ber Einleitung 
wie billig weggelaffen. Gr Hätte dies aber bem Lefer fagen 
folen. Gr hat Beine Auswahl getroffen, wie wir vorausfegten, 
fondern die "drei erflen Novellen ber Reihe nad mitgetheilt: 
wie wird er alfo, da er nur zwei Bändchen geben zu wollen 
fgeint, die 17 übrigen Novellen in dem zweiten Bändchen aufs 
häufen? Die erſte der drei Erzaͤhlungen ift ſehr matt, und 
verdient eine Webertragung nicht. Die andere würbe intereffant 
fein, erfägiene fie nicht als eine Ääberbotene Nachahmung des um 
endlich gragiöfern und feinern ‚„Casamiento engahoso” des Ger:. 
vantes. Sie wäre alfo beffer "auch nicht überfent. Der Inhalt 
bee beitten iſt bebeutender, verlangt aber eine gewandte völlige 
umfcamelzung, bie nicht vorgenommen warb. 

Die Ueberfegung an fich felbft ift ſehr mrißkmgen, tenn 
anftatt abzutürzen, hat ihr Werfaffee im einem -&tyle, der an 
Gottſcheda Zeiten erinnert, noch breiter als die Spanierin ges 
arbeitet. Der Drud ift incorreet, und es kommen Gchniger 
vos, die man kaum für Druckfehler halten kann. Wir rathen 
dem Ueberfeger alfo, feinen Buchhändler fowie das Publicum 
mit einem zweiten Bändchen zu verichonen: 167; 


Notizen. 


(mi eu ung in rbelnpreupen 
re arıe Das). Knie 
Bier Hatte bie preußiſche Negiereng beſchleſſen, wie me 

bern fie au fir u —— a 

Aachen pr die Arbeit bereits vollendet worben. ($4 * ih 

buraut ein abgerhägter — von 2,701,980 Zhie. aus 


8 . 
— der rh 
attgefunden, deren weſentlichſter Punkt darin beſteht, daß bie 
Reinerträge um ein ganzes Drittel zu hoch, beſonderä im An 
flag des Korns, dagegen die Gulturkoften und die Unterhal⸗ 
langsteflen ber Gebäude zu niebrig abgeſchäͤtt ſelen; wogegen 
prrußifcge Gteatsregierung zur Zeit erwibert hat, baß biefe 
Kbfägung. nur zu einer Parification in ben weitiichen 
zen bienen- foe, and eine höhere ode» niedrigere Norm infefern 
ganz wnpräjubiziriich bleibe 


Reber bie ſlawiſchen Smerben. 

In den „Jahrbuͤchern für wiſſenſcha Rein 1 
©. 119, würde man ber Ableitung be a en vom Bor 
ddes —R „Jahresbericht bes bi Borifähen Baeins im Rezat⸗ 
Preis’, gern und vor andern flatt geben, wenn biefe Webeutung 
von BMirt und die fiovenifäye Rundart, in welcher fie affo 
beäudgtich wäre, nadgewiefen wuͤrde 27 bezi —28 
”„ ‘ taub e ’ terra (Weng 1850) 


bespaib auf Pallowitfk' & „Böhme @ 
untee bem Wort: 

rilis; mrt zome’; und bemerkte, daß aus legterm Wort Mt. 
seme wol aud das germanifirte Gchmerbzins Kervorgegangen. 





Exempistionen und. Vidimusz f. Zelliveger’s- „ES 
ſchichte des appengelier Volkes⸗ ( Trogen 18303, ©: 226, ws 
felb der Werk fagt: ‚ Wir finden bie Bebeutung biefes —* 
nirgend; ſollte es vielleicht heißen Exemtionen J Antwert: 
Rein! Die Exemplationen find überkaupt Adſchriften an und 
für ſich ſelbſt, vom Deiginal, Esempiaf genannt, eurtgegenge« 
—* —— ern fe par ge ot, Bio ‚8 
ne s. v. KRxemp „Exem us ost, eapian 
qnod trabit inde. Exemplare, id est, * aascimalare,“ 
Er der ausdrücklichen ormetität di Yin Beglaubigung wird «8 
ein Vidimus, ©. 250: bie frein Männer hätten vier Aünen 
nachweiſen mäffen, das heißt, daß Mi € feit vier Gefchleditsfets 
gen frei geweſen; vier Ahnen fiab nur zwei Grnsvationen, wärs 
li bie vier Großaͤltern, väterlichen unb = Gets — 
yier ——— waͤren 16 Ahnen. Gonderleute find 
bem Berf. nicht (nach Brimm) Solche, bie In Feiner Genoffen⸗ 
ſchaft geftanden, fonbern Solche, weiche ihre Güter dem Kloͤſtee 
unter ‚Borbehatt des Nießbrauche geſchenkt; nach v. Ary- we: 
ven es die Beute, welche fidy der Abt von St.Gallen zur um 
mitteiberen Verwaltung und Benutzung gegen den Advouates 
ober Villicas vorbehalten. — Der Verf, war bis in fein 40. Jobe 
ein gelernter Kaufmann, widmete ſich erſt mit dem 48. Jahe 
ber Geſchichte feines vaterkändifchen Cantons und furhte au 
von da an erſt ſich der andern Huͤlfewiſſenſchaften und. der la⸗ 
teinifchen Sprache zu. bemaͤchtigen. Gr bet unter biefen Um 
5 das —X geleiſtet und iſt in viele Archive mb 
Bibliothelen gedrungen. Die Urkunden, 161 an der Zabl, har 
ben wir noch im zweiten Theil zu erwarten; ber Verf. Tudht 
bei allem Gelegendeiten befonders mit d. Arx auf. den 
plah. zus treten, ob aber immer. —* ellen wie eu 
Di * tomnm ibm überall die Kenntniß der Dertlichte en 
atten. 


LE EEE ortEfß 


Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagiäanbhıng: ©. U: Brodyans in Leipzig. 








en ⏑ ⏑ — 


De ⏑⏑ ü 


Blaͤtter 


f ur 


literariſche Unterhaltung. 





Donnerstag, — Kr. 171. — 20. Juni 1833; 





(Beſchluß uud Nr. 170.) . 

In dem Jahr 1824 hatte Menzel die Schweiz verlaflen 
und war zuerſt nad) Stuttgart, dann nach Heidelberg gegans 
gen, mit dem Wunfche, dort als Privatbocent aufzutreten. Da 
es fich aber nicht entfchließen konnte, feine -feeie Ueberzengung 


dem damaligen Parteitreiben der Univerfität zu opfern, fo _ 
wurde nichts daraus. Er wor mit Paulus und Schloſ⸗ 


fer, aber auch mit Creuzer In Berührung gekonmen und 
harte fich weder dem Einen noch dem Andern ausichließ- 
lich ‚gewidmet; zum alten Voß ging er trog mehrfacher 


Beranlaflung nie, weil er einen aͤſthetiſchen Widerwillen 


gegen ihn hatte, So Echrte er denn 1825 im Fruͤhjahr 
nah Stuttgart zuruͤck und übernahm die Mebartion des 
Literatarblattes zum „Morgenbiats”, welche er noch führt. 
In demfetben Sommer gnb er ein Taſchenbuch auf 1826: 
„Moosroſen“ (bei Metzler in Stuttgart) heraus, welches 
eine ziemlich reiche Auswahl poetifher und proſaiſcher 
Gaben von ihm ſelbſt, Guſtav Schwab, Ruͤckert, Cha⸗ 
miſſo ꝛc. enthielt. Doc huldigte es zu wenig dem Ge⸗ 
ſchmack des Almanachpublicums, z. B darin, daß es, flatt 
vieler zierlicher Kuͤpferchen, die da ruͤhrende Scenen, rei 
zende Weibergeſtalten, Landſchaften ꝛc. darzuſtellen pflegen, 
nur des Dichters Uhland fehr edles, aber auch ſeht maͤnn⸗ 
liches Angeficht als Titelkupfer darbot. Weber die Haupt 


gabe des Herausgebers, ein fatirifd = dramatiſches Märchen: | 


„Der Popanz”, fpäter, wo von der bisher erfchienmen 


Trilogie beamatifcher Märchen Menzel's geredet werden folk, ; 


Wir geben fogleih zu einem Werke über, welches‘ das 
meifte Auffeben erregt, die allgemeine Aufmerkſamkeit auf 
SM. gelenkt, ihm viele Freunde und Feinde erworben hat; 
ohne doch von beiden. Seiten diejenige Würdigung zu er⸗ 
fahren, die es verdient. Wir meinen die „Deutfche Lite 
ratur“ (Stuttgart bei Franckh, 1827). Das Buch iſt keine 


Geſchichte der deutſchen Literatur, wie Manche gemeint 
und getadelt haben. Es enthaͤlt Betrachtungen uͤber Geiſt 


und Weſen der deutſchen Literatur, vornehmlich der ſchoͤ⸗ 


nen und eigentlichen Notfonalliteratur. Die deutſche Ei 
teratur iſt bier nicht als ein zufäliges, für ſich, exiſtiren⸗ 


des Unding, -fondern a8 ein nothwendiges Probuet, : als 


" eine Offenbarung’ des gefammten, vornehmlich ‚des: geiſti⸗ 


gen Lebens der Deutfchen, als eine Frucht deffelben be 
trachtet, aber als eine folche, die im fich felbft wieder ein 





— — — — - _-.. 





großes, einiges Ganzes, eine wohlgegllederte Organiſation 
bildet. Als Bipfel, ober were man lieber will, als Mit 
telpunft wird nun die ſchoͤn, die Nationalliteratue wie⸗ 
ber betrachtet, weil diefe vorzugsmeile den. Notionalgeift 
ausſpricht, während bie wiſſenſchafillche und gelehrte Lite 
ratur uͤberall nur eine nattonale Tinctur neben dem eu⸗ 
eopdifchen Charakter annimmt. In biefem. Brundgebans 
ten und deſſen geiftvoller Durchführung, wie in ber Silke 
benden, lebhaften und Maren Darſtellung deſſelben liegt 
bee unbeflreitbare Werth des Buches, in: wie vielen einpels 
nen Fällen und Urtheilen man auch. mit demſelben nicht 
uͤbereinſtimmen mag. Dieſer Grundgedanke, ber in Be 
zug auf poetifche Literatur von Menzel in dem Satz“ aus 
gefprochen iſt: die anaintifche Einheit der. Poeſie iſt bie 
fpnthetifche der Dichter, rechtfertigt übrigens im Weſent⸗ 
lichen die meiſten Urtheite Über Einzelnes, die Manchem, 
dem jener Gedanke und Ausfprud entgangen ober under 
ſtaͤndlich geblieben iſt, einfeitig, ungerecht, entſetzlich vor⸗ 
kommen muͤſſen und vorgelommen ſind. Hiezu kommt 
noch, daß allerdings durch das ganze Buch ein polemıl 
her Ton gegen uͤbertriebenes Lob. wie gegen ungenechtat 

del und gegen. Nichtachtung gewiſſer Koryphaͤen ber 
nelern beutfchen Literatur, welche jede freie Würdigung 


ansfchliehen, fich hindurchzieht Aber diefe Polemik. ft 


keineswegs ber Zweck des Buches, wie Manche gemeint 
haben, ſondern die Folge verlegen Gerechtigkeltsgefühls 
und:emer tiefen Indignation Über ein geiſtloſes, jedes 
eigne Empfinden und Urtheilen verleugnendes Theegeſchwaͤtz 
über Literatur und Literatoren. Allee das haben Jene 
nicht beachtet, denen über dem unerwartet ſtrengen Urcheil 
über Goͤthe Hören und Sehen verging. Denn nachdem 
man fi einmal eingebitbst hatte, in Goͤthe ane erfle unb 
legte Intarnation der Poefie ſelbſt zu baden, in weichem 
fie beſchloſſen und geendet fei, fo. mußte es freilich frevel⸗ 
baft erfcheinen, daß er mit. einem Dial nur eine Seite 
ber Poeſie, die finnliche und formale zu höherer Vollkom⸗ 
menheit als Frühere und Andere entwickelt haben, und 
daß er arm an geifligsfchänen Shen, an wahrer Schoͤ— 
pferlraft geweſen fein: fonte. Beſonders ſtark ereifert man 
ſich darkber, daß die Immoralltaͤt Goͤthe ſcher Dichtungen 
nicht fowol behauptet, ſondern als poetiſche Schwaͤche der: 
felben bezeichnet wurde, und die Berliner glaubten Mene 
zei für immer aus dem Felde gefchlagen zu haben, ins 





706 


dem fie Ihn Puſtkuchen redivivus nannten. Aber während 
pußfuden blos Verlegung conventionnellee Moralltaͤt und 

eligtofität, bie oft mit philiftechaften Vorurtheilen iden⸗ 
tifch find, Goͤthe vorgerldt hatte, wies Menzel nach, daß 
es auch eine moraliſche Schönheit gebe, daß überhaupt 
wahre Schönheit und Sittlichkeit nicht ſdentiſch, aber har⸗ 
ſeien, daß jene moraliſche Schoͤnheit ſelber poe⸗ 
tiſch, ihre Verlegung, deren Goͤthe ſich allerdings ſchul⸗ 
dig gemacht, unpoetiſch und daher weder von Homer 
z. B. noch von Shakſpeare, tberhaupt von keinem echten 
poetiſchen Genius geuͤbt worden ſei. Dieſe Anſicht uͤber 
Goͤthe mußte hier ausfuͤhrlich beruͤhrt werden, weil ſie 


bie Grundanſicht und der Maßſtab iſt, die Menzel ſelther 


im „Literaturblatt“ bei allen Kritiken poetiſcher Werke in 
Anwendung bringt. Einzelne Abweichungen. von biefer Re: 
gel, die ſich aber gewoͤhnlich nur bei zu milden Beurthei- 
lungen zeigen, heben die Regel nicht auf, und fie kommen 
uͤberdies gewöhnlich nur vor, wo M. glaubt, daß einem 
Schriftfteller von andern Selten ber, wie 3. B. Boͤrne, 
unverantwortlich. nahe getreten werbe.. Es kann nicht ges 
leugnet werben, dag M. Hierbei oft mit Leldenfchaftlich 
Seit verfährt und ſich zu leicht entfchließt, "bie Dffenfive 
gegen die Feinde eines Verfolgten zu ergreifen, ftatt ſich 
. auf flarke, aber freilich fchwierigere, befenfive Aufrechter: 


haltung des Gekraͤnkten einzufchränten. Inzwiſchen muß | 


man geftehben, daß dieſe Folgen leicht zu erregenber und 
zu weit gehender Indignation immer feltener werben und 
vielleicht laͤngſt aufgehört hätten, wenn Menzel's Gegner 
es über fi gewinnen koͤnnten, allen feinen fchueidenden, 
aber nur zu oft wahren Kritiken, nicht fortwährend ge: 
meine Motive, als da find: Eitelkeit, Hochmuth, Anma⸗ 
ßung, Partelfucht, Eindifhes Streben nach dem Ruhme 
eines gefürchteten Kritikers u. f. w., unterzufchieben. Wer 
eubig M. beobachtet und beurtheilt, wird geſtehen müfs 
fm, daß es ihm wefentlih um Wahrheit, Schönheit und 
Gerechtigkeit zu thun ift, und daß er fich Höchftens jm 
brennenden Eifer dafür bier und ba zu weit führen Läßt, 
daß .er zw einem Kritiker zwar nicht zu wenig Kenntniß 
und Urtheil befigt, aber zu poetifch empfindet und denkt. 
Iſt denn fein Buch über deutſche Literatur nicht eine 
Art von bramatifcher Schilderung beutfcher Dichtungen und 
Dichter? Iſt in demielben nicht Alles nach dem Princip 
kaͤmpfender Gegenfäge und Charaktere geordnet, deren Kaͤm⸗ 
pfen Hauptſache, deren Schickſal Nebenfache ift? 

Daß Menzel mindeſtens ebenfo fehr, wenn nicht mehr 
zum Dichter als zum Kritiker geboren fei, beweifen feine 
bisherigen poetifchen Leiflungen. In ben Vorgrund ber: 
ſelben tretem die drei dramatiſchen Märchen. Das erfte: 
„Der Popanz“, erfchlen ſchon 1826 in feinem Taſchenbuch 
„Moosrofen”, die beiden andern: „Rübezahl”, 1829, und 
„Narciſſus“, 1830 bei Cotta. Man Eönnte diefelben fa: 
tirifche Dramen nennen; denn allerbings find alle brei 
reich an Satire; allein bie Satire iſt niche auf Altes, 
fondern vorzugsweiſe nur auf die Erfcheinungen in Politik 
und Literatur gerichtet, wenn auch andere Thorheiten ge⸗ 
Segentlihen Seitenhieben nicht entgehen. In diefem ſati⸗ 
riſchen Theil zeige Menzel einen wahrhaft Ariſtophaniſchen 


Wis, ber gewoͤhnlich grotesk und phantaftif und fo ganz 
Ausbruch der Laume iſt, daß er auch das Burleske nice 
verſchmaͤht. Man wuͤrde aber fehr irren, wenn man in 
dieſen fatirifchen Partien feiner Dramen ihr Hauptthema 
entdeckt zu haben meinte, weil fie den meiften Raum eig 
nehmen. Dieſes iſt wWelmehr, wie bei allen echten mobe- 
nen Dihtern, bie Lie, ihr hoͤchſtes Gluͤck und tiefftes 
Wehe, das fi) aus ihrem ewigen Wefen im Conflict mit 
ihren endlichen Offenbarungen ergibt. Im „Popanz” liebt 
bee Dichter eine feiner dramatiſchen Perfonen, bie ver: 
Eärte, von feiner Phantafie mit dem Schleier echt weib: 
Ticher Liebenswürbigkeit umgebene, aber bem wirklichen Le⸗ 
ben entiehnte Perſoͤnlichkeit; aber bie poetifch⸗verklaͤr 
Schöne liebt nit ben Dichter, ſondern das gleichfalls 
idealificte Spiegelbild deſſelben im Drama. Wie wahr, 
tief und ſchoͤn die ſo wunderlich eingekleidete poetiſche Idee! 
Oder lieben wir wirklich in der Geliebten etwas Anderes 
sein und tief als ihr innerſtes Weſen, das uns bei ib: 
sen Aublick unfere Phantafie offenbart und mit ihre 
Außen Erſcheinung identificirt? Kann an ung etwas An: 
beres wahrhaft geliebt werden, und muß bie Liebe nicht 
mit dem Verſchwinden jenes offenbar und leibhaft gewer: 
denen Smemn fchwinden? Aehnlich ift das Thema im 
„Ruͤbezahl“; doch wie im „Popanz” Dichterlicbe den Mit: 
telpunkt bildet, fo im „Rübezahl”- die Liebe eines edeln 


Geiftes, bie verſchwendet wird an ein ſchoͤnes Weib, wel⸗ 


es die Marotte bat, nur Din heirathen zu wellen, ber 
nur fie liebe, ohne Gegenllebe zu verlangen, alfo an eine 
perfonificiete See des wahren und tieffien Grundes der 
Coquetterie. Das Gegenſtuͤck hierzu iſt „Narciſſus“, derin 
ſich ſelbſt verliebte Mamm. Die Ausführungen find al 
phantaſtiſch, aber ſelbſt in biefer, gegen Die fogenannte 
Wahrſcheinlichkeit gerichteten Phantafterei durch umd durch 
poetifch; man müßte denn, bie Poefie auf eine blog nie: 
derfändifche Kunft ber Natuͤrlichkeitstreue oder auf die 
Reiftungen einer verſchoͤnernden Gartenkunſt befchränten. 
Außer einzelnen, ſehr gelungenen Inrifchen Stellen muß 
bie Leichtigkeit und Lebendigkeit vieler Dialoge In gebun⸗ 
dener und ungebunbener Rede anerkannt werben. Beſon⸗ 
ber6 gelungen find die Dialogen, in welchen ein beiterer, 
fiherzender Zon vorherrſcht. Wir zweifeln Überhaupt nicht, 
daß Menzel, wenn er feinen Beruf nicht verfennen wollte, 
Vieles fürs Drama, namentlich fürs Höhere Luſtſpiel lei: 
ften Eönnte. Seine Iyrifchen Gedichte, bie in ben „DRoosro: 
fen”, im „Damenalmanady”, im „Diufenalmanady” u. ſ. m. 
zerſtreut find, zeichnen fich alle entweder durch Tlefe und 
Reinheit des Gefühle, ober durch Feinheit der Empfin: 
bung, alle aber durch Leichtigkeit und Natürlichkeit des 
Ausdruds, wenige, aber biefe audy in hobent Grabe, durch 
Wohllaut ber Verfe aus. In den letzten drei Jahren hat 
fi Menzel. leider faft ausſchließlich mit Kritik und Pe 
litik befhäftige. In feinem „Literaturdlatt“ fährt er fort 
gegen Geiftlofigkeit und Gemeinheit zu Felde zu ziehen, 
und man wird es ihm fpäterhin mehr danken als jekt. 
Mur bei. wiſſenſchaftlichen Werken follte er die Anzeige, fo 
oft fie in Kritik übergeht, Männern vom Fach übertragen. 
Sein Zah ift Natimal: und Popularliteratur. Seine 


AR 


hiſtoriſchen Nafchenbächer, in denen er feit 1830 von Jahr 
zu Jahr eine Weberficht der Begebenheiten bes naͤchſtver⸗ 
gangenen Jahres liefert, find fehr leſenswerth. Die Aufs 
foffung dee Begebenheiten if geiſtvoll, und obgleich ber 
vorwärtöftrebenden Partei geneigt, doch befonnen, umſich⸗ 
tig und gemäßigt. Die dußere Form ber Darfiellung ift 
ein Muſter echtpopulaicer Schreibart. Wie entfernt Men⸗ 
zei von den Schreieen aller Parteien der Gegenwart iſt, 
ſtellt fi umter Anderm auch in feiner „Reife nach Wien’ 
heraus, Die er 1831 unternommen und 1832 befchrieben hat. 
Die Würdigung Deftreihe und feiner Bewohner ift vor: 
trefflich; die Erwägung politifcher und religiöfer Dinge zeige 
bei aller Leichtigkeit de6 Converfationstones, darin fie vor» 
getragen ift, ben Dann von Charakter, edler Geſfinnung 
und gebildeteer Einfiht. Als folhen hat er fich auch 
neuerdings als Deputirter in ber wuͤrtembergiſchen zweiten 
Kammer von 1833 gezeigt, in welcher er zwar ber linken 
Seit, aber dem rechten Flügel des Linken Gentrums ans 
gehört, Ä 8. 





Der Freiknecht. Hiſtoriſcher Roman aus der zweiten 
‚Hälfte des 14. Jahrhunderts. Von Ludwig Storch. 
‚Drei Bände. Leipzig, Hartmann. 1830—33, Gr. 12. 
4 Thle. 16 Gr. 


Ohne Zweifel gehört biefer Roman, wenn nicht zu der ges 
singen Anzahl unbedingt erfreulicher, doch immerhin gu ben 
mertwürbigften Grfcheinungen ber legten Jahre in biefem Gebiet 
bir Literatur. An. Büle und Friſche der Grfindung, an Ans 
ziehungskraft, an Reiz der Diction, hiſtoriſcher Begründung und 

hiloſophiſcher Bedeutſamkeit der Babel hat er unter den neue 

en Hervorbringungen biefer Gattung nur wenige Nebenbuhler 
und fließt ſich in biefen Bezuͤgen dem „GSabanis” von W. 
Alexis nahe genug an. Die einzige Kunftfoberung, bie er nicht 
ganz erfüllt, der einzige Punkt, in Abſicht deffen er einer be: 
gründeten Kritik verfaͤllt, ift die rein aͤſthetiſche. Wie dem aber 
auch fei, wir find einigermaßen erflaunt, den Namen eines Ro: 
velliſten, der dis jegt weg mehr als Witteimäßiges auf ben 
literariſchen .NMarkt gebracht hat, vor einem Werkte von Tols 
her Kraft, innerer Haltung, hiſtoriſcher Ergrünbung zu ere 
biiden. ein Hauptverdienſt dleibt indeß immer eine: faſt 
beifpiellos reiche Erfindung; ber Punkt, in dem’ ber Berf. 
radezu von keinem unter allen feinen Witbewerbern um den bis 
— — Preis übertroffen wird. So reich, fo wech⸗ 
elvoll und fo uͤberfuͤllt ift feine Geſchichte, daß wir auf keinem 
andern Wege zu einer Ueberficht ber Wegebenheiten zu gelangen 
hoffen koͤnnen, als indem wie biefe an bie einzelnen Hauptſi⸗ 
guren anknüpfen; bei dieſer Verichteform wirb fid zugleich die 
befie Gelegenheit ergeben, über Charakteriſtik und poetifche Ge⸗ 
sechtigleit des Dichters das Nöthige zu 638. 
.Zuerſt alſo das Reichsoberhaupt, König Wenzel von Boͤhmen. 
Der Verf. behandelt die Hiſtorie volikommen in der Weiſe Walter 
Scott's, des bis jegt unerreichten Meifters in bem Schmelzungs⸗ 
proceß von Geſchichte und Erfindung. Storch ift bee einzige beuts 
Ihe Rovelliſt, der bis jegt, unferer innerſten Ueberzeugung nad, 
Scott's Meifterfhaft in diefem Punkt erreicht hat. Hiſtoriſche 
Wahrheit und poetiſche Dichtung find bei ihm wie bei bem 
Schotten völlig eins, ein neues Mittelmefen, volllommen ſelb⸗ 
ſtaͤndig, durch und durch ineinander aufgehend. Beine Did: 
tung iſt mit Hiftorie vollkommen gefättigt, feine Hiſtorie iſt e 
Merkzeug des Dichters geworben; beide ftehen nicht mehr, wie 
bet den meiften, ja faſt bei allen Nachahmern Scott's roh und 
gefondert nebenrinanber, fonbern fie geben in- und burdyeinans 
ber auf. Co tft Wenzel ganz bie hiftorifche Perſon, weiche von 


1878 — 1419 für das beutfche Meichscherhaupt gaft, und den⸗ 
noch ganz bes Dichters Werk. Wenzel befteht aus einem zwies 
Menſchen: aus einem aufgellärten,, das echte wollenben, 
räftigen, humanen“ Fürften und aus einem verworfenen, gewalt⸗ 
ätigen, ſchwachen, graufamen, in Niebrigkeit verſunkenen Ty⸗ 
sannen, ein. Epieiball aller Leidenſchaften; in dieſer lei⸗ 
ten Geſtalt erſcheint er am meiſten. Die Sage, waheſchein⸗ 
lich eine leere Erfindung ſeiner Feinde, daß er nicht Karl IV. 
Cohn, ſondern der Sproß einer nuͤrnberger Schuſterfrau, dies 
Geheimniß, welches zwei oder drei Perſonen wiſſen, das den Ty⸗ 
rannen wie ein furchtbares Geſpenſt auf Schritt und Tritt ver⸗ 
folgt und dem er nur im Weinkruge oder im Blute entflichen 
tann, ift der Schläffel zu allen Raͤthſeln biefes merkwuͤrdigen 
Charaktere. Es lähmt feine Kraft in der Grauſamkeit, und 
vättelt den Verſunkenen plögli zu furchtbarer Kraftentwide: 
lung. auf. Wenzel iſt ein Schlemmer, ein Trunkendold, «ein 
wilder Jaͤger. Das Gift, das er als Knade in Aachen erhielt, 
yelnigt ihn, bis er im Wein fein Bevußtfein ertränkt Hat. 
Sein Bufenfteund, Mitwiffer feines Geheimniſſes, iſt Jobſt, 
bee Henker von Prag. Dieſer Jobſt gehoͤrt einer Familie an, 
für welche dieſe Geſchichte — ein treues, verdienſtvolles Bild 
ber Zeit und Deutſchlands in der Zeit — zugleich Familienge⸗ 
ſchichte iſt. Gin furchtbares Geſchick hat den-Ramen der Hap⸗ 


perewyl in Zirol ausgelöfdht. Zwei Bruͤder und eine Schwefter 
nd nad Deutſchland entfiohen. Der ältefle, Niklas, R uͤrger⸗ 
meiſter von Ruͤrnberg geworben, ber zweite iſt Jobſt, ber Henker 


von Prag, die Schweſter iſt die boͤhmiſche Graͤfin ECreßbda. Rik⸗ 
Ta, mit dem Namen Duffel, hat aus erfter Ehe zwei Sdhne 
und zwei Tochter, Wenzel und Babet, verworfene Weſen, bie 
den Greid das furchtbare Geſchick König Lear’s in gräßlicher 
Bahrheit durchgehen laffen, Marquart und Johannes, feine qu⸗ 
ten Sngel, die ben durch feine Schwachheit verrathenen, von 
Heuchelei betrogenen Bater mit ber Menfchheit wieder ausfühnen. 
Außer dieſen ift aus einer gelten Ehe Benrico, Hinko, ber 
Drib -wafers Remans, fein Sohn. Bon dem ſchaͤnblichen Wen⸗ 
gel and feinen Heffern, Stuͤrzenbach und Haͤterbach, Bkittern vom 
Steigbuͤgel, verfolgt, in einen blutigen Handel verwickelt, rettet 
fh Hinko vor feinen Berfolgern in das Freihaus Meifter Jobſt's. 
Gr wird fein Freiknecht. Eine zwiefache gluͤckliche Liebe verfähnt 
das düftere Geſchick des Juͤnglings: Hermenegilde, Tochter der 
Sraͤfin Eresda, und Marlita, Tochter Zobft’s, bes Gtöcders, 
beide feine Muhmen. Hermenegilde, ein ätherifches Weſen, 
ftirbt, wie fie gelebt bat, wie eine Blume abftirbt, wenn ber 
Sturm fie geknickt hat. Sie muß des verworfenen Potuſchka, 
Hinko’s V ers, Gattin werten. Markita, die fehönfte weib⸗ 
lie Geſtalt in diefer Dichtung, flieht nad) Stalien, wo Btnlo’s 
Mutter lebt. Jobſt und Hinko Find bie Wertzauten, die Zechbruͤ⸗ 
ber des Kaiſers, feine Kumpane in den Kneipen Prags, wie in 
feinen Wäldern, auf feinen Jagden. Es iſt uns nicht möglich, 
auch nur von fern bem außerorbentlichen Reichthum origineller 
und dennoch volllommen natur» und zeitgemäßer Scenen zu fol⸗ 
gen, in welche ber Verf. fie verfent. Stets fichen fie bem Kai: 
fer zur Seite, bald wenn «er ſich in ben Gtraßen Prags gegen 
Scharen von Studenten bort, ober gegen den ihm feindlichen 
Erzbiſchof solle Schwaͤnke ausgehen läßt, ober wenn er von 
den Großen Wöhmens, denen ‘er’ verpfändete Krongüter abzu: 
nehmen 'tradgtet,- beſehdet, in Geſanhenſchaft fortgeführt wirt, 
oder wenn er Hof Hält, fid 
dem feine erfte Gemahlin, bie fanfte Sobanna von "Ging: 
land, von feinem furdtbarn Baͤrenfaͤnger Tuͤrk erwürgt 
worden, ober wenn er Elſen Gtengel, bie Tochter des 
Schuſters in Nürnberg, als feine Ehe öffentlich anerkennt, 
und als Graͤfin Rothkirch an Gruch von Zaſada vermählt, fie, 
die eigentlich die Tochter. Karl IV. ift, für welche er felbſt aus⸗ 
getaufcht wurde. Hinko ift in Affen Biefen Gcenen bald fein 
lieder. Jagdgenoß, bald fein Hundefuͤhrer in ben Momenten 
eines Zorns, bald fein Befreier aus dem Belfenfchloß' Wiltflein, 
Ip fein Sefanbter in Italien, beauftragt zu ergründen welcher 
ber vechte PYapft fei, der zu Rom ober des zu Adignon, dann 


mit Sophien vermäplt, nach⸗ 


N‘ 


28 ‘ 


wieder Saͤnger, bald Kaufemblänfties und Magier, balb ber 
Geliebte der zarten Kaiferin Sophie, dann wieder ber Frei⸗ 
Tnedht,, der feinen Bruder Wengel, ben Boͤſewicht, enthaupten 
und Potuſchka, feinen KBerfolger, auffnäpfen fol und beide 
durch feine Künfe rettet, nun ber Freund Huſſens, ber ‚des 
Reue Teſtement abſchreibt für die Stoͤcerſtochter, endlich ber 
Arzt des Papftes in Xoignon unb ber Bekehrer feines entauter 
ten Bruders, deu er zulegt reuig zu ben Büßen feines aach Italien 

tteten alten Waters führt, ber in feinsm Anblick fanft. hin⸗ 

sbt. Hier, in der Nähe bes Befuns, endet dad Grmälde. 

Das Geſetz des Schönen fobert jedoch aufer dem Wahren, 
dem Kräftigen, dem Reuen, was der Berf. volllommen gibt, 
auch das Sittliche und das Geſchmackvolle. Gegen diefe Vor: 
ſchrift verftößt der Verf. allzu oft. Die ganze Geftalt ber 
Graͤfin Agnes Potuſchka, Wenzel's Gemahlin, nachdem er Elſen, 
die Schuſter⸗Kaiſerstochter derlaſſen, iſt eine unmürbige. 
Die weibliche Liederlichkeit paßt durchaus in kein Gebild der 
Kunſt. Go verwerflich wie dieſe Geſtalt, fo trefflich iR dagegen 
bie kugelrunde Wirthin, Frau Schlehen, ein Schasläfttein für 
deutſche Sprichwoͤrter, bie Beſiegerin Sancho Panſa's in biefer 
re Eben die Kenntniß feiner Sprache und bie unver⸗ 
aleichliche Laune, welche der Verf. in dieſer und in der. Geſtalt 
Butterindteles, des Hofnarren, bewährt, «ben die Kenntniß 
feiner Zeit und ihres Sitten gibt es und in ben Raubritters 
Stuͤrzenbach und Hätesbach-umd ihren Angebärigen zu erkennen. 
Er ſtellt dab wahre Sopiegelbild jenes ritterlidden Elends, aus 
be eine vergangene Zeit Pradıt, Stolz und Helbenthum made, 
zur Schau und contraftirt dies Bild vortrefflich mit bem Bir 
gerivopiftand (3 B. in Stengel's Haufe), grahe wie er die Ay 
texeffen ber fleißigen Staͤdte den Sutereffen der zäuberifcgen 
GSteigbügelkitter gegenüberflellt.. An Originalität iſt ber Stif⸗ 
tung und Ginfegnung bes Rauborbend, bem Ueberfall ber Krä- 


mer und ber Rache ber kaiſerlichen Feme an Häterbarh nichts 


vergleihbar, was wir in dieſer Art kennen. Ehenſo binzeigenb 
find &cenen wie bie zwifchen Menzel und feiner Wutter, ber 
Schuſterfrau in Nürnberg, unb anderer Geitt wieder Harmene⸗ 
nude: Tod, Hinko's Traum im britten Bande (mo. Heine nur 
etwas su fehr zum Vorbilde genommen zu fein ſcheint), fein Lich 
beim Bermählungsfefte Sophia's: Stellen, vom Geiſt echter 

oefie eingegeben. Hat der WBerf. jedoch Hermenegilde und 

arlita durch Agnes und Babet contraftiren wollen, fo ift 
diefer Gontraft zu grell und in Agnes und Babet feibft eine 
geſchmackloſe Wieberholung. 

Durchgehend gluoͤcklich ift die-Hanhhahung der poeti ſchen Gerech 
tigkeit. Hinko ſelbſt, edel aber leichtünnig, tugendlich, aber un: 
feit .in ber. Tugend, buͤßt feine Verirrungen ſchwer. Richt eher 
lächelt ihm ftandhaft. dad, Bläd, als bis er ſein Gebuͤbde — bie 
Abfchrift: des Neuen. Teſtament — erfüllt bat. Der alte Mufs 
fel buͤßt feine Schwachheit; er buschgeht wie Rear alle Stadien 
bes Leibes bis zum Wahnflan, aber Johanna wird feine Eordelia. 
Die Aehnlichkeit mit Lear iſt beinahe zu groß. Menzel Diuffel 


leibet. faft nicht genugs wenigſtens läßt ihn der Dichter zu früh | 


aus ben Augen; bie Rettung durch Eiſen iſt unverbient.. Das 
gaitter des alten Jobſt, dei eigentlichen. Urhebers aller biefer 
eiden dirch eine.leidenfehoftliche Thgt,. iR ein Mufter pocziſcher Ge⸗ 


. zehtigfeit,, Er ſtirbt, ald ber. einzige Überlebende Mitwifler um des 


Königs, Geheimniß; van feiner ‚Hand, wie im. Schetz enthauptet, 
ſchne, ohne Qual, grade wie er wverdient. Gr hat: Blut ver⸗ 
goffen — aber auf entichulbbare Weife — im ganzen Bereich 
der Todesmoͤglichkeiten war keine paffendere für ihn zu: erfinden 
als diefe Enthauptung 
und Babet leiden, was fie verdient haben, und Markita und Jo⸗ 
Kun genießen und erhalten, mad ihr Werth foberte. Dund 


raufamfeit, empdrenb (und go geſchmackwidrig) if: deB eis 


ligen -Repom nde : wie des alten Muffel Mishandlung duxch 
Diepifels. biez gibt der Verf. zu gerechteg Anklagen Stoff und 
Anlaß; aber er bebedt biefe Fehler burch feine ausgezeichner 
en Sıfindungen. Gedicht ift Alles. an diefem Buch; es wärs 


durch ben betrunkenen Wenzel. Agnes 


Mn a Br an me 
en, a * n a j} 
treffe gemilbert haͤtte. * Zu Ban — 





Notizen. 
Mäßigkeitevereine In Sroübritannien unb 

u Amertta. 
Zn England beftchen 250.0Mpigkeitönereine, welche 47,000 
Titglieber zählen, unb in Schottland 380 Vereine mit 55,008 
Mitgliedern; bie irkänbifcgen Wereine. haben 20,000 .Mitglieber. 
Beachtenswerth ift jebenfalld, was James Gtuart in ſeinen 
„Three years in North America’’ (Gbindurg 1833) über bie 
Folgen der Mäsigfeitsvereine in Reuyork fagt. Es fiel ihm 
auf, in ben wöchentlich bekannt gemachten ˖ Liſten ber Berſtor 
benen haͤufig kaltes Water als . Tubeburfacke angegeben zu 

finden. „Gingegpgene Gröunbigungen‘‘, ergäßgt ex, . 
mid, daß, der Genuß von Faltem Waffer, ohne Weimifchung 
einer ſpirituellen Fluͤſſigkeit, an dieſen Zobesfällen Tchulb fei. 
Wenn es nun außer Zweifel iſt, daß die Mäßigkeitsvereine in 
Rordamerila viel Gutes gewirkt haben und gerühmt zu werben 
yerbienen für ihren Gifer (fie befiten eine eigne Wochen⸗ 
ſchrift: „Journal ’of humanısy and herald.of the american 
temperance-society'‘, unb haben ein Dugend Geiſtliche zu 
a welche gieich Miſſſtennairen bas Sand burdyfiteifen, vor 


allerbings ein Anfang zus Unmäßigkelt und Untergrabung ber 
Geſundheit; allein „Handwerker und Arbeitoleute überhaupt, bie 
heftigen Erhitzung ausgeſetzt find, Finnen, nad) meiner- — 
igen: Dunſt nur unbebentiih zit einer Fluͤfſigkeit Bſchen, d 
eins leine Quantitat Spiritus: ettrält. Zodesfälle der oben 
erwähnten Art haben ſich fehe vermehrt, feit Leute aus den 
arbeitenden Claffen fi ben Wößigkeitävereinen angefchloffen 
haben, unter deren Vorſchriften ſich auch bie befindet: Hihige 
Getraͤnke dürfen nicht einmal gekoftet werden.” 


Jeremias Bentbam pflegte bei Tiſche gern über die Ben 
gamgenheit. zu plaudern, und. nur zuweilen wählte ex ein an 
deres Thema, ober erlaubte ſich luſtigen Ausfall gegen 
einen feine Bälle Zu einem berfelben, gleich am 
bar: die. Rochtlichkeit und Aufrichtigkeit feiner Meinungen, wie 
durch das Folent, welches ex bei‘ ihrer fchriftlicdgen Werthei: 
tigung entwidelte, ‚auf. deſſen muͤndliche Unterhaltung jeboch 
Bareid'g Scherz uͤber Goldfmith: Er ſchreibt wie ein Engel, aber 
ſchwatt tie «in Narr’, vollkommen paßte, ſagte er eines 
Tages: „Gr. , vimm die Beben einmal in te Hand”. As 
dies geſchehen war, fuhr er fort: „So, jegt bit du einer ber 
geiſtreichſten Männer in Eugland. Gib bie Feder wieber ber. 
Nun, ach nun bift bu einer der aͤrgſten Pinfel geworden. Gage 
Bein Wort, Tein Wort, aber ſchreibe! fihreibe!* 

. Madame Ida Saint: Sime (Ja. contemporsine) bereitet 
ſich: zu ihrex letten Pilgerfabrt. Sie will Frankreich und Ex 
rapa für immer verlaſſen, nur Wien noch auf eine kurze Zeit 
beſuchen, von da aber, mit ein wenig Erbe nom Grabe bes 
Sohnes verfehen, zum Grabe bes Waters nad Gt.» Helena 
walen — das eins wie. has anbere pon Fremden in fremder 
Erde bereitet — , una dort, bes Grabes Pflege freiwillig über 
wehmend, wit ihrem unperflegharen Schmerze fierben. 


Die Bevölkerung. von Paris betrug: 1832 nah officieffen 





Angaben: 770,286 Ginwohner; davon lebten 69,986 auf öffent: 
8. 


liche Koſten. | 


Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: FJ. A. Brodhbaus In Leipzig. 


8 I atter 


für 


literariſche u nterh altung 





Sreitag, 


— 





Dramatifche Bücherfchau für das Jahr 1832. 
Dritter und fester Artilel.)' 
35. Der Tod ber Malachowski. Hiſtoriſches Drama in fünf 
‚ Xcten, von Guſtav Sallenius. Ilmenau, Voigt. 1833. 
Sr. 8. 16 &r. . En , 
Urtheilen Bie picht ungerecht beöhalb, 
Daß ich noch ruhig auf der. Hufe Bleibe, 
Ob die Gemuͤther fhon im Aufruhr lodern, 
IH bin fürwabr nicht minder Patriot — 
fagt Joſeph Malachoweki auf der erſten Seite. Wo wir koͤn⸗ 
nen, helfen wir und gern burch Proben. Diefe Probe mag zei 
gen, welche bramatifhe Sprache der Verf. fpridt. Wir wollen 
nicht ungerecht über ihn uxtheilen, aber wir haben feine Art 
von Zalent in feiner Arbeit entdecken können. Nach unfern 
Srundfägen ‘würden wir es aufgefucht, hervorgehoben haben. 
Die Zabel, welde fi an bie Gefchichte bes polniſchen Aufs 
fandes von 1792 anſchließt, iſt äußerft locker und unkraͤftig 
entworfen. Joſeph Malachowski und fein Oheim, der Reichs⸗ 
marfchall, werben von dem Verräther Goulan wider Willen in den 
Aufftand mit hineingeriffen; ER wirb Dictator; Joſeph 
liebt ſeine Couſine Marie, eine Zeit lang ſiegt die Sache der Polen, 
durch Goulan's Verrath geht ſie verloren, Joſeph faͤllt im Kampf, 
der ruffifche- Sieger ehrt feinen Tod, Marie ſtirbt bei feiner 
Beftattung, ber Kosciyszko, verkleidet und von den Ruffen er: 
tannt, beiwöhht. Das Drama fließt mit den prophetifchen 
Worten ber’ Aebtiffin über bie fterbende Marie: 
Dein Schickſal ift das beined Vaterlandß: 
Stirbt die IHeer geht Talt bad Leben unter; 
Das Edle aber Tnüpft fi) an die Sterne, 
Es begegnet ‚dem Verf. bisweilen, fo gluͤckliche Ausbräde wie 
dieſer ift, anzuwenden. So fagt ber feindliche General S. 112 
mit einem guten Bilde: 
Gibt’ einen Fluß, der gegen feine Quelle 
Den Lauf.zuräd je lenkte Ginen Baum, 
Der fi) zurüdbrängt in dad Samenkorn? 
So wenig wirb die neue Zeit die alte, * 
Die Gegenwart ie die Vergangenheit. - 
Der Berf. fand in feinem Stoffe Anlaß genug zu politifchen 
Anfpielungen.. Er Hat dieſen Anlaß ungeſchickt benugts wir fins 
den nichts kraͤftig Angeſchautes, energifch Ausgedruͤcktes in ſei⸗ 
nen politifchen Geſpr . Oft gehörte Ziraden genügen ihm, 
wie denn überhaupt das Meifte in diefem Drama abgehört iſt. 
So ift der Bericht über Joſeph's Tod bas reinſte Echo zu Ritt: 
meifter Neumann’ Bericht, und was Marie darauf antwortet, 
find Thekla's Worte. AU Diefes mag feinen Grund barin ha⸗ 
ben, daß ed dem Verf. an einer Fräftigen Geſtaltung feiner 
Sharakttere gebridht. Hätte er diefe neu zu erfinden vermocht, 
fo würben fid die neuen Worte, ja die neuen Gituationen wol 
von felbft gefunden haben. Dies ift und bleibt die Hauptaufgabe 
des Dramas. Gebt uns neue Menſchengeſtalten, dad Ucbrige 


„ Ball. N. 108, 109 und I1—146 5. BE . D. Red. 


— N: 172, — 


21. Zuni 1833, 


ergibt ſich Euch dur fie und mit ihnen! Mit der bloßen 

Sprachfaͤhigkeit ift nichts gethan. 

26. Petrarca. Künftlerbrama in fünf Acten. Bon Wilhelm 
von Chezy WBuireuth, Srau. 1882. 8. 18 ®r. 

Neue Mierifchengeftaften, darauf kommt es an; der Berf. 
gibt fi. An Zartheit, an fchönen, feinen Gedanken, an 
Fluß der Rede, an Zierlichkeit des Verſes wird diefe Arbeit 
wol· einer der Gaben ber legten Jahre nachftehen. &ie ums 
fließt ein eigenthümliches und achtbares Verdienſt, wenn «6 
auch übereilt wäre, ihr ein befondere® tragifches zuzuerkennen. 
Eine frühere Arbeit beffeiben Verf. der „Gamoens” bewährte . 
uns ſchon eine eigenthümliche, neue, felbftändige Lebensanftcht, 
bie es vorzüglich Tiebt, Kunft und Leben in ihren innern und 
äußern Gontraften aufzufaffen., Fuͤr dieſe Vorliebe fand fich in 
bem gegenwärtigen Stoff eine ganz vorzügliche Gelegenheit. Aus 
bem an fi kargen Material, das Petrarca’s Liebe zu Laura 
darbot, hat ber Dichter gemacht, was irgend zu machen wars 
ja, er bat, jene Liebe befto reiner zu erhalten, eine irdiſchere 
bazwifchen gefchoben, mit großer, anerfennenswerther Kunft. Dies 
fee Uniftand allein, würde vom feinem Kuͤnſtlertakt zeugen, gäbe 
nit ohnedies die ganze Auffaffüng ded Semälbes, ber Reich⸗ 
thum, die Fuͤlle von Charakteren, Bildern und Gituationen ein 
fprechendes Zeugniß dafür." Der Dichter des „Camoens“ und bes 
„Petrarca” gehört zu den dramatifchen Rotabilitäten, unb wir 
find nicht fo reich daran, daB wir ihm den Eintritt in biefen 
Beinen Kreis durch kritiſchen Pebantiemus ſtreitig machen ſoll⸗ 
ten. Friſche, blühende, feurige Auffaſſung des Lebens und feis 
nee Erſcheinungen ift fein Hauptverbienft. Die erften Scenen 
fon entwickeln diefe ſchoͤne, täglich feltener werdende Gabe. 
Petrarca auf der Wanderſchaft nach dem Sitz ber Wiffenfchaft, 
nah Avignon, trifft auf Bianca Beccari. Die Scene, wie 
Beide in plöglicher Liebe füreinander erglähen, ift — unzweis 
felhaft nach Shaffpeare’s „Romeo und Julie” ſtudirt; aber fle 
iſt nichtöbeftoweniger des Dichters Sigenthum. 

. Bianee. 
Trinkt nicht fo haſtig; Idr feld heiß vom Wandern. 
Detrarca. 
Lehrt mid, nicht trinken Eures Blickes Strahlen. 
Die Seele taumelt von dem füßen Kauf... . . 
Nein, deckt nit zu daB holde Augenpaar, 
Der Wimpern dunkles Bitter hebt empor, 
* Gefangen habt Ihr meine Geele drin, 
Daß fie nicht mehr die alte Freiheit wänfht .... . 
Blanca. 
... Erft fo fromm und fittig, . 
Und nun fo ungeſtuͤm. 
Petrarcta. 
u .... D zürme nicht, 
Du Engelöbild. &o hohe Schönheit Ichrt 
Mich Liebeöworte, das erflaunte Herz 
Macht heut zu Schwägern die fonft ſcheuen Lippen. 


. 0. . a 00 2 8 8 4— a8 


. Bia ca. 
Ya) hört! einmal von einem Schmetterling, 
Der käßte jede Rof im reichen Garten 
Und Uspelte ſolch feines Lied ihr vor, 
Bie Du mir eben. Jede kuͤßt' ihn gern, 
Unb ließ ibn wieber fliegen, wenn er wollte. 
Bur reinen Lille kam er enblih ah 
Und fläßent’ ihr bie alte Weile vor. 
Da fchleb im Abenddunkel ſich ihr Kelch, 
Und hielt ihn in ſolch ungewohnter Haft, 
Daß er, des fluͤchtgen Duftes nur gewohnt, 
Im Uebermaß ber reichen Liebe ftarb. 
Das iſt dichteriſch, wenn irgend etwas! Mit einem zartern, 
treffendern Bilde hat ſelbſt keine Julie ihre Liebe erklaͤrt. ER 
dürfen nicht weiter ſuchen; der dieſe Verſe ſchrieb, iſt ein Dh 
ter. Oder bie folgenden: Ru 
Es lacht die Welt zwar des verlichten Meinkids; 
Sie fagt, die Bötter hören faum ben Schwur. 
....-. Ich glaube, win ernſter Engel 
Waͤgt jedes Wort, und welches treulos Tügt, 
Das wandelt er zu einem Donnerkell 
Und ſchlenderts einft auf bea Wermeifinuen Haupt. 
Genug! Petrasca trägt Bianca's Liebe davon. Da trifft er auf 
Aftor, den Maler, ber Bianca liebt. Gr entzündet ‚feine Seele 
für Laura be Noves. Der Dichter fieht fie. Ihr überirdifcher 
Reiz reißt ihn Hin. Gr weiht ihr feine Lieber, Der ſchwere 
Punkt it, nun zu zeigen, daß bei biefer Kunf s. ober Dichter⸗ 
Tiebe bie Glut für Bianca in des Dichters Seele fortieht. Der 
Berf. kommt mit dieſer ſchweren Aufgabe fo- fo zu Stande. 
Sauce, reizend in dem Unbewußtfein ihrer Schönheit, vermaͤhlt 
ſich mit Hugo be Gabe, dem Ritter — fie ſtirbt — Petcarca 
zieht nach Neapel, wiss in Rom auf Gardinal Golonna’s,. ſeines 
Befchügers, Beranftaltung gekrönt, findet Wianen mjeber und 
wird. ihr Gatte. Bu En 
|  Patrarıa ..°. 
Dein if mein Ders — doch Saure: melun: Elbe. : 
Blanca. RFB 


.. Jch erlaube gun, " 
Tas ich nicht wehren kann. Weinetwegen feld 
Der Sänger Laura’d .. . 
Schickt Ihr die Lieder; fie lieſt gern Gedichte; 
Doch fendet fie und aus der Berne zu. 
Bergoͤnnen wollen wir Cuch alles Daß, 
Berzeidt nur, daß Ihr thäricht mir erſcheint. 
und Laura: 
Wenn being MWorte einge Seele Bild, 
So findeft du den Hinmel in Wir Telhfl. . 
Ich glaube, du Tasaıh. wahr. 
wit feiner Kunft laͤßt deu Verf. Petrarea's Vorte am Laura 


710 


zu ſchoͤnen Gonetten werden, wie feine: Monologe meiſtens 


Sanzonen find. Mir mäffen und begwügen:, dies Zeugniß ſei⸗ 
ner feinen Empfindung und feines Wermögens blos anzuführen; 
wie ex biefe im ber’ dorm ſchwierige Aufgabe loͤſt, muͤſſen wir 
in feinem ſchoͤnen Gedicht felbft nachzufeben unfern Lefern über: 
laſſen. Gewiß aber gehört diefer „„Petrarca‘ zu den vorzüglich: 
fien dramatifchen Gaben der verfioffenen Jahre, zu denen, deren 
die Bühne, wenn fie ihr Intereſſe verftänne, ſich ſchnell bemeis 
fern füllte. Allerdings IE der „„Zaffo” unendlich hüher gefaßt; 
aber iebenvoller, wahrer, fäßer durch Wohltaut und Sprach⸗ 


— 


* iſt er taum - Die Motive und bie Intereffen find verwandt, 
und der Verf. geht aus dem kuͤhnen Wettſtreit wenigftens nit 
obne Ehre hervor. - 


Mebr braucht es fürwahr nicht, um unferer Achtung und 
ber Aufmerkſamkeit unferer zerſtreuten Kunftwelt werth zu fein. 
37. Alte und neue Kunſt. Allegoriſches Borſpiel zu Gothen 
’ —— — Bon-Eimart von Salt —*8 

Gotta. 1182 IK 6 Gr. 

Ben dem Dichter des „Beliſar““ mar bei einem Anlaß fol 
cher Art unftreitig etwas Sinniges zu erwarten. (ine Eleine, 
aber feines Namens würbige Gabe ift aus biefem Anlaß her 
vorgegangen. Der Dichter zeigt und Melpomene, von ihrem 
Fhor uwingt, in Sorge um die Stille ihres ee un 
vıgeader. Schwarm "bedroht. Sie preift in ſchoͤren Geilcven 
die heitere, heilige Zeit ber Griechen. Der Chor träfter ſie: 
So wird auch wiederkehren beine Beit, denn du 
Haſft Wahrheit nur und reinfte Schönheit auöggeilt, 
Unb-bie Bis.emig, wie bie Gotiheit ferbft: sim 
Da dringt der EhHor-des Aitter cm. © — — 

Naſch, ohne Zügel 
Di Bturmesltägel 
Im ſchimmernden Kielb, 
Qheich den Bebanten 
Fyei won: Schrenden 
DesaRaumes, der Zeit. 
Gilen wein: Chen dahin, 
Zolgenh ber Königig, 
Des wir gemeiht 
Eborführer 
Es brauſt daher, wie ber Maͤnaben Bug, wenn fie- 
Oinjauchzen naͤchtlich durch bie Fluren, durch ben Wald... 
Romantia, bie Bee, tritt auf, In Trochaͤen preift fie ſich giädr 
lich, * Ianagefuchten —— u en: zu. heben. Cie I 
zur freiern Natur, zur Liebe zuxuͤc rt. Weihſelreden der 
Choͤre und ber Re folgen. . " J 
Meilpomene 
Du Fñehſt mich Hausen. Nur ein Afterbild Hi be 
Von mir. Du heuchelſt wol ber Mienen firengen Graf 
Doch beine Haltung, bein buntfarbiges Gewand 
Straft diefe Mienen Sägen. Ich bin Toter Sriegenienkt. 
Romantie. ' 
Ich bin des Lebend Tochtex, wo bie Schatten. 
Des Unglüds oft ein beitrex Schetz erhellt... . 
Melpomene. 
Den ew'gen Kampf bed Menſchen mit dem Schickſal ſtel 


Ich dar .... 
Still walten laß ich, ſtatt des Schickfals Racht 

Dig ew’ge Vorficht, die des Menſchen Pfade 

Mit treuem Auge muͤtterlich bewacht. 
Was frommt der Streik? Aeſchhylos, GSophokles, Curipides jew 
gen für mich, fagt Melpomene; Shakſpeare, Gutberen-für mid, 
ruft Romantic. Gnbiidg ruft Meipomeme, beirängt, den Geiß 
ber Poeſie an. Der, Genius erfcgeint. = 

Dein Flehn, Metyomene, war nicht wergedend; 

Es beang zw jenem. lichten Raum empor, 

Bo ich, ein Seraph, ieh’ am Nom des Lebens 

Un» hohe Bieder fing’ im heifgen Eher. 
Ich bin gelommen, einen Dichter zu erwecken, bee Gud ver 
föhne. Dir, Melpomene,. bringt er Iphigenie, Taffo, CEugenie 
dar; dir, Romantia, Goͤtz, Egmont, Fauft. 

Willſt baden Sipfel neuer Dichtung nennen, 

&o wirft bu ihn am Namen Fauſft erkennen. 
Hierauf Verſoͤhnung. Jedes Gluͤck fol ihm blühen. 

Das Fiebfte Gluͤck ber edelſten Naturen, 

Wirb ihm zu Theil, doch auch ein tiefes Leiß. 
Ein Freunb und ſein fruͤher Tod! 

Dann wird ein ſchneller Tod, das Leben leiſe 

Weynkuͤſſend, treten zu dam abet Bunte. 


741 


Schlaß. Wir Haben diefe liebliche Dichtung mehr ſtizzirt als 
Kitifiet. Klarheit, eble- Geſtalt des Sebantıns und Wohllaut 
des Verſes machen fie zu einem ber ſchoͤnſten Gelegenheitsge⸗ 
dichte, die und in dramatiſcher Form bei dieſem Anlaß. geboten 
find. Der Wettſtreit zwiſchen Schenk und Immermanu ſcheint 
un6 diesmal. zum Siege des Exrſtern ausgefchlagen zu fin, fo 
ungern wir. den Letztern aud icgenb wie und wo unterliagen fehen. 
(Die Borifegung folgt.) 








Die: roͤmiſche Malaria und die Räuber der Campagna. 
Rr. Si des „Foreign quarterly review” gibt eine Ana: 
Iofe der „Etndes statistigues sur Rome. et Ja partie occi- 
dentale.das &tat» romains, contensnt une description topo- 
graphique, et des recherches sur Ja population, l’agriculture,. 
lea manyfäcturea, le commerce, le gouvernement, et les &ia- 


blissemens gabie: par le comta da Tournan, pair de. 
e 


‚Ftance, Pröfet de Rame. de 1810 — 14" (2 Baͤnde, mit At: 
od, Paris 1831), deren Verfaſſer durch feinen Beruf genug: 
fame Gelegenheit erhielt, einen großen Theil ber jegigen paͤpſt⸗ 
lichen Staaten auf das Genauefte Eennen zu Temen. Was wir 
über obengenannte Gegenftäntg nach unferm Beduͤnken Inter 
efiante® aus biefem rke im der engliſchen Zeitfchrift ange: 
führt. finden, heben wir in? Zolgendan: aus. 
„ale Maremme ober ungeſunden Riedezungen Italiens, die aus 
einem vulkaniſchen, an manchen Stellen.mit den Anſchwanmungean 
der Tiber und anderer Stroͤme, ohes mit faulenden uͤppigen Vegeta⸗ 
bilien bedeckten Boden beſtehen, erſtrecken ſich von der Riviera Ge⸗ 
nuas bis hinunter an Sicilien, längs ber Kuͤſte des mittellaͤndiſchen 
Meers, ſelten tiefer landeinwaͤrts als 20 ngliſche Meilen und 
an manchen Punkten beträchtlicg weniger x uͤberdien von geſun⸗ 
den, fruchtbaren Stellen und Gegenden, vie. bie afrikaniſche 
Wuͤſte von Hafen, überall durchſchnitten und unterbradgen. Die 
:Raremme  befhränfen fih alfo wit, wie man zumeilen irr⸗ 
thuͤmlich annimmt, auf bie päpftfichen Staaten, und bie päpfts 
lichen Staaten find auch nichts weniger als buschweg ungefund. 
unſer Autor ſpricht weittäufig uͤber die uͤrſachen ber verrufenen 
Malaria. Es fiheint allerdings gewiß zu fein, daß die Anſte⸗ 
Aung zum Theil von ber Befchaffenheit des’ Wobens und Kli⸗ 
mas, zum Theil von ben fiehenden Gewaͤſſern und der faulen: 
den Materie herruͤhrt. Die erſtere hängt von bem Lande ab 
und muß in den älteſten Zeiten fogar ba biefelbe geweſen fein, 
wo bie Nieberungen angebaut und bewohnt gemwefen find. Die 
Lage dee römifchen Ebene zmwifchen der See und ben Apenni⸗ 
nen gibt fie dem plöglichen Wechſel heißer Sübmwinde und kal⸗ 
“ter Rorbwindftöße von den Gebirgen her preis. Die Nähe des 
Meers, die Seen und Sümpfe erzeugen eine große Feuchtig⸗ 
keit, und. bie von dem Kamm ber. Apenninen aufgefahgenen 
geilen emtlaben ſich in häufigen Aegengüffen. Der auferor: 


dentiichn ‚Bike der: Sommertage folgt oft, wenn der Wind von 


: den Wergen bermeht, eine plögliche Kälte nach Sonnenunter⸗ 
gang,-fobatb bie duerch bie Wirkfamfeit der Sonnenftrahlen. aufs. 


gezogenen Dünfte in ſchwerem Thau wieder zu Boten fallen, " 


und es gefährlich, fogar tödlich werden kann, fich ber Abend» 
luft auszufegen. Iſt Sübmwind ober Scirocco, fo wird bie Luft 
erſtickend, es tritt eine unaufhoͤrliche Ausdünftung ein, die Nächte 
bleiben fo ſchwuͤl wie tie Sage, ber Körper wird geſchwoͤcht 
unb unfähig zu. jeder Anftrengung. Ueberbied bat bie mittels 
Länbifche See feine Ebbe und Flut und kann alfo bie Luft der 
Küfterebenen nicht erfriſchen und erneuen, die Gewaͤſſer ber 
Zıäffe nicht reinigen, welch bedeutender Umſtand, fo viel win 


wiffen, no immer überfeben worden if. Die trodene, flaubige.. 


Ebene um Rom herum ift aber. audy nicht minder ungeſund 
als die Sümpfe von Dftia und Macarefe an ben Muͤndungen 
der Fiber. 
den bes Monte Albano von Rom getrennten pontinifhen ir: 
gend einen weſentlichen Ginfluß auf die Atmofphäre der Daupt« 


ſtadt und ihrer nächften Umgebung haben könnten, leugnet un 


Daß diefe und die noch entferntern, durch den Rü« 





fer Autor zwar, gibt aber eben deswegen zu, daß fie theilweiſe 
Urſachen ber Malaria ihrer Nachbarfchaft find, und bemerkt, 
daß die. ungefunde Gegend nullauifcher Kormesien if, daß fie 
eine große Anzahl Wafferichwefel oder waſſerſtoffhaltigen Rohr 
lenſtoff enthaltender Quellen befist, uns daß an mol taufend 
Stellen Stickſtoff ausfließt. Ge varmuthet, daß die vulbeniſche 
Loge, in Felge ber Cinwirkung der Sonnenſtrahlen ſchaͤdliche 
Safe in großem. Maße ausbünflet, die die Lebenselemente bei 
menfchlidgen Körpers angreifen und von der Kälte der Nacht 
untesftägt Biebesanfälle hervorrufen. Der verftorbene geiftreiche 
Geologe Broccht hat zwar bei feiner Analyſe ber Euft außer⸗ 
Halb ber roͤmiſchen Ringnauern Gmenatienen der Art nicht 
entdeckt; e6 könnte aber freilich Urftoffe geben, die bee Ready 
forfgungen ber Chamie Fpotteten,‘4 

Bei. nun auch immer- bie Grundurſachen ber Ungefunb« 
beit bes zömifchen Gumpagna geweſen fein nıögen, unzwerjel⸗ 
baft bleibt ed, daß die Dünnkeit und Arab der Berdakerung, 
der Veberfluß non Seen, "Kanälen: und Gteömm. an manden. : 
Punften, der ber Weide nor dem Ackerbau gegebene Vorzug, 
Faͤulniß vegetabitifchen, und animaliſcher Beſtandtheile das Uen:.: 
bet in erſchrekendem Maße verſchlimmert haben... Nach einer 
von Dureau be la. Malle angeführten Beweisſtelle des Diony⸗ 
ſius von Halikarnaß betrug die Bendilerung der GStabt: Rom 
und ihrer Golonien im Jahre 278 ihrer Grbeming 40000. 
Seelen, inbegriffen 17,000 Sklaven unb 82,500 freie Fremde. 
Unſtreitig war das alte Latium, bevor es die Roͤmer eroberten, 
noch bevälferter, und dennoch nahm ed nicht ein Drittheil des 
Flaͤchenraumes der jeßigen Provinz Rom ein, benn das rechte 
Ufer der Tiber, Gtrurien und die fabinifhen und umbrifchen 
Gebirge waren bamald noch unabhängig. Ban kann taraus, ' 
daß das ganze 4. Tahrhundert. der Stadt in beren. Bezwin⸗ 
gung verfirik, abnehmen, daß.’ ihre Bevoͤlberung wenigfiens 
ebenſo zahlreich als bie roͤmiſche gewefen fein muß. Als nun 
im 9. Jahrhundert die Römer in ferne Kriege verwidelt wur⸗ 
ben und bie Beftellung des Landes ihren Skllaven uͤberließen, 
bie bereicherten Patricier aber große Strecken Grundeigenthum 


An ſich brachten, ſodaß es zu Gicero's Zeit nicht mehr 2000 


—— gab, wurden bie-Keiber in. große Gaͤrten und 
Gaffen, ber, freiwilliger Begetation uͤberlaſſene 


mern 
zugsgraͤben zu: ziehen vernaihläfigte, und einzeine Autoren, wie 
Ticero, Livius und Horaz, ſprechen von ber Iingefundheit mans 
her Onte. Die Buͤrgerkriege und Proferipkionen. bes Marius 
und Sylla und der Zuiummizate mäffen betraͤchtlich bazu deige⸗ 
tragen haben, inben fie die Bevdiberung furchtbar ſchnell ver⸗ 
minderten. Gtäbte gingen unter, die Gelber Patiams und Etru⸗ 
riens wurden an Gliaven und Soldaten überlaffen, während 
das zömifche Boll ſich aus den Kornkammern Afrilns und Sici⸗ 
liens mis Getreide verſah.“ 
„Ueber die Malaria iſt bie letztern⸗ Jahre her viel verhan⸗ 
beit worken, von Brecchi, De. Maniac) und Andern, und 
wis: gebemlen bier aur der neuerlich in Toscana von den Herten ' 
Sani und Pafſſerini, Profeffeven ber Raturgeſchichte und Ehe⸗ 
mie an der Univerfität Pabia, angeftrläten Srperimente (wie bie 
Novembernummer bes ,‚Nuovo giornale de’setterati‘’ von ihnen ” 
beriehtet), die Malaria zum Theil Bon. mehren in den -Doräften:t 
zahlreich wachſenden giftigen Pflanzen, namentlih be. Gpatar-. 
aögyieiten, die in dan. Bommermonaten Mei, uni, Zub: und - 
Auguf, während deren ber. Elafliuß dee Malaria am empfind- - 
lichten -ift, einen flintenben Geruch re: ch veräveitet. In dem - 
Werke des Herrna non. Zourmen. findet fich Heeichfatis viel Neues 
über dieſen Gegenſtand vor. Die Miasmata der Malaria 
feinen dichter, ſchwerer Art zu fein. un /feiten, wenn ſſe 
nicht durch Winde eniporgetrieben werben, fahr. Each Gber den 
Boden fich gu erheben. Mauern ebenfb: wie gepflaſteete Stra⸗ 
hen. und Wings Seinen ihre Wusbänftung zu hemmen. Feuer 
yertheilt fie‘ . .. — — — 


— — — — ——— — — Ze 
. .. * 


Be Br Fon BE 1 2 52 SEE SE Zu Ze Er 


7412 


„ueber die vorgeblichen Kortfchritte der Walaria in ber 
Btadt Rom felbft if in dem Iegtern Jahren viel gefabelt wor: 
den. Wo nur wenige und vereinzelte Häufer ſtehen, der Bo⸗ 
"den nur mit Gärten und Keldern oder Ruinen bebedt ift, fühlt 
man bie Malaria zwar am heftigſten, jedoch noch immer nicht 


fo ſchlimm als auf dem offnen Lande außerhalb Roms. Dieb. 


findet aber faft außfchließlich in dem alten Rom und nicht mur 
ſchon feit 30 Zahren flatt, fondern fon, wie wir meinen, 
feit viel längerer Zeit, weil man von da an von ber Malaria 
als von gar nichts Neuem fpridht. Das moderne Rom hinges 
gen, das von bem Quirinal und dem Gapitol bis zum Ufer 
der Tiber fich erſtreckt, ift ganz gefund, wenigftens nicht von 
der Malaria angeſteckt.“ 

nDie Bevölkerung Roms hat auch nicht abgenommen, wie 
Ginige behaupten wollen, ſondern ſich feit dem Krieden ſchnell 
dermehrt. Die Zahl bee Geburten ift zwar in Rom immer 
geringer als bie der Sterbefälle, und erftere verhielt fich 1831 
zu dee Volkemenge wie 1 zw 32, letztere wie 1 zu 2945 dies 
erfcheint aber ganz natürlih, wenn man bie bafelbft fortwähr 
rend abs und zuftrömenben unzähligen Fremden, bie vielen bort 
Audirenden und Anftellung fuchenden Inländer, die zahlreiche 
Geiftlichkeit und die während ber Ernte in ber Campagna am 
Sommerfieber in Menge erkrankenden Arbeiter aus der Pros 
vinz bedenft, bie alle nach Rom gebracht werden, um großen: 
theils in den bafigen Spitaͤlern zu ſterben. Unerträgliches, 
durch gewaltige Gridütterungen und fremde Befimahme her: 
beigeführtes Elend verringerte fie zu manchen Zeiten aller 
dings bedeutend. ° Die frühefte Zählung, bie nah dem Fall 
bes weftrömifchen Reiches, den Werwüflungen ber Barbaren 
und den darauf folgenden Angriffen bee Normannen und Sara⸗ 
zenen 1198 unter Innocenz III, flattfand, ermweift eine Ein⸗ 
wohnerzahl von 35,000. Die Verlegung bed paͤpſtlichen Stuh⸗ 
les nad) Avignon brachte fie auf 17,000 zuräd und bedrohte 
die ewige Stadt mit gänzlihem Untergange. Die 1877 er: 
folgte Ruͤckkehr des päpftlidden Hofes hob fie indeß fortwährend 
bis zu Leo X. auf 60,000. Sturm und Plünderung dur) 
Bourbon’s Heer führte fie zwar 1527 auf 88,000 zurüd, nadı: 
bee aber, beſonders unter Girtus V., ber das Land von 
Banbiten fäuberte, ben Feudaldruck durch firenge Gerechtigkeit 
gegen Jedermann abfihaffte, Vertrauen und Sicherheit wieder: 
berftellte, den Gewerbfleiß ermunterte und ben Beinamen 
„Wiederherſteller des öffentlichen Friedens“ wohl verdiente, ers 
holte fi bie Stadt wieder, und ihre Bevoͤlkerung flieg feit bies 
fer Regierung unausgefegt bis zum Anfange des vorigen Jahr⸗ 
hunderts. Damats betrug fie 138,000, 1730: 145,000, 1750: 
157,000, 1775 gar 165,000, auf welcher hoͤchſten Höhe fie fi 
bis zur franzoͤſiſchen Invaſion 1795 behauptete. Dad Elend 
ber folgenden Jahre, bie Herabſehung des von Pius VI. mit 
verſchwenderiſchem Unbedachte ausgegebenen Papiergeldes, bie 
unerhörten Erpreſſungen franzöfifcher Generale, die den oͤffent⸗ 
lihen Schatz gleichiwie Adel und Geiſtlichkeit alles beweglichen 
NReichthums beraubten, verfegten bie niebern Volksclaffen in eis 
nen beflagenswerthen Zuftand, den das Ginräden bee Franzo⸗ 
fen 1798, die gewaltfame Sntfernung Pius VI., die Auflöfung 
feines Hofes und Vertreibung ber Beiftlichkeit, die Plünderung 
und Gonflscation alles Privats unb öffentlichen Gigentbums, 
GSontributionen und andere Laften noch um Vieles verfchlimmerte. 
Nicht wenig trugen bazu au die Gmpoͤrungen in der Sams 
pagne und die folgenden Verheerungen verfchiebener Städte, 
wie Terracinas, Brofinanes, Ferentinos, Montigliones, Viterbos 
und anderer bei. Im Tabre:1800 finden wir alfo die Bevoͤl⸗ 
kerung Roms auf 153,000 Seelen rebucirt, 1805 fogar, ba 
die Urfachen des Verfaiis ı fortwährend beftanden und wirkten, 
bis auf 189,000. 3u diefer ‘Zeit war ber päpftlide Hof zu: 
rödgekehrt, Pius VII. hatte ben Thron beftiegenz; aber das 
Land war verarmt, der Kirchenftaat feiner nördlichen Provinzen 
beraubt, die in ben vorgängigen Jahren gefchlagenen Wunden 
waren zu tief gewefen, um fchon.heilen zu können, umb «6 ftellte 


EEE EDEN EEE GERT — ee — eeene e — 
. 


fi ein Vertrauen in die Zukunft wieber her. Im Jahre 1808 
fam die zweite franzoͤſiſche Invafton, 1809 eine abermalige ger 
waltfame Sntfernung bes päpfttihen Hofes und der Kierifei, 
woburdg wieder einer Anzahl Yamilien bie Mittel des Unter 
halte entzogen wurben, bie Öffentlichen Inſtitute und Wohl 
thätigkeitsanftalten aufhörten gahlungsfähig zu fein, und 30,000 
Perſonen von ihren Seelforgern auf die Armenliften geſtellt 
und bee franzöfifgen consulta ober proviſoriſchen Regierung 
als dringender Hülfe bebärftig namhaft empfohlen wurben, 
Kein Wunder, daß bie Einwohnerzahl immer mehr ſank und 1810 
nur 123,000 betrug. Dies war bie. wahrhafte Malaria Romt. 
Die vier folgenden Jahre erhielt fie fi) unvermindert, Dank 
der befondern Fuͤrſorge mohlmwollenber, erleuchteter Männer, wie 
Zournon’d, Degerando’8 und Anderer, unter Mitwirkung be 
eingebornen Abeld. Aber bie Wiebereinfegung Pius VII. und 
ber Gentralverwaltung trieb bie Bevoͤlkerung ber Stadt fon 
1814 auf 128,000 empor, bis 1820 auf 135,000, bis 1830 
auf 147,385, und die Zählung im legten Jahre 1881 gibt eins 
fernere Steigerung berfelben bis zu 150,666 fund.” 

, - (Der Beſchluß folgt.) 


J 





Miscellen. 
Die Bertheilung des Bodens in Frankreich. 
Nach Lullin de Chateauvieux ſoll es in Frankreich am 
4,800,000 Grundſtuͤcke geben und zwar 
8000 ven 1200 Morgen 
98000 s 283 s 


200,000 s 160 ⸗ 
600,000 ⸗ 88 ⸗ 
8, 400 000 s 15 ⸗ 


Dagegen ſoll es nach A. Seguin (Revue enceyclopédique 
1831, &. 83) in Frankreich nicht weniger als 10,290, 8 Gruk 
befiger geben, 200 meidien A 20 % 

jährli . Steuer zahl 
An 


‚ r. Steuer zahlen 
62,5 =: 0 6 ; zah * 
523991 »-- 50— 100 s 
322,659 ⸗ 100— 80 s ß ⸗ 

68,457_ = 800- 600 
33,666- 500-1000 ⸗ ⸗ ⸗ 
13 447 « 1000 und mehr. 


Es ſcheint faft unmöglich, diefe zwei Angaben zu vereinigen. 
Rau, ber in feiner „Politifchen Oekonomie“ darauf anfpiek 
Coergi. I, 291, II, 80), gefteht ben Widerfprudy ein, ohne An 
gabe eines Mittels feiner Löfung. Ich erlaube mir, eine Gom 
jectur vorzulegen, die für mich beinahe den Charakter der Rid« 
tigkeit an fi trägt... Nach allem Anfcheine find unter dem 
Grundbeſitzern, deren Zahl über 10 Millionen betragen fol, 
nicht blos bie Befiger von Landgätern, fondern aud) von Hiw 
fern zu verſtehen. Nah Haſſel's „Lehrbuch ber Statiſtik“, 
©. 500, find vor längerer Zeit in Frankreich 5,431.000 Privats 
häufer vorhanden gewefen. Rechnet man nun Brundftüde unb 
Gebäude zufammen, fo bringt man fo ziemlich die Summe von 
Befigern heraus, die von Seguin aufgeführt wurde. 
Schön, nicht Schoen. 

Schoͤn's „Staatswiſſenſchaft“ iſt mit lateiniſchen Lettern ge 
druckt, der Name des Verfaſſers daher fo geſetzt, daß dad © 
neben das o zu fteben kam. Fr. von Raumer feste, in ber zweiten 
Auflage feiner „Sefhichtlichen Entwickelung ber Begriffe von Reh, 
Staat, Politik““, den Namen mit beutfchen Lettern auf biefelbe 
Weife und verführte den trefflidden GSchmitthenner („Ueber 
Staat und Staatöwiffenfchaft”, Heft I, &. 181 u. 209), md 
Schriftſteller anzunehmen, wovon ber erſte, Schoen, die 
„Staatsmwiffenfchaft”, ber zweite, Schön, die „Brundfäge dee 
Finanz“, gefchrieben haben fl. 150. 


Nedigirt unter Berautiwortiidhtelt der Berlagsbandlung: 8. A. Bro@baus in Selpstg. 


Blätter . 


. 


für | 


literariſche unterhaltung. 





Sonnabend, 


— 





Dramatiſche Buͤcherſchau für das Jahr 1832. 
Dritter und legter Artikel. 
(Scrtfegung aus Rr. 172.) 


28. Tage dee Vorzeit. Dramatifches Gedicht in vier Darftel- 
lungen -aus ber Geſchichte ber freien Stadt Frankfurt. Won 


Georg Ddring. Frankfurt a. M., Gauerländer. 1888. | 


8. 1 Thir. 8 Gr. 

Auch ein Gelegenheitsgebicht ; aber ein fhwadhes, fowol von 
Selten des Stoffes als von Seiten ber Behandlung. In ei- 
nem geſchichtlich⸗ romantifchen Worfpiel in einem Aufzuge wird 
uns die Sage von Frankfurts Gründung durch Giegbert, den 

anlenführer, und Ghriftianus, einen Moͤnch, erzählt. Man 
ennt dergleichen, und das gegenwärtige Schaufpiel unterfchtis 
det ſich nicht von poetiſchen Erzeugniſſen biefer Art. Bas 
bei, Sharaktere und Sprache find nothdürftig gut. Das Schau⸗ 
fpiel: „Der ph in einem Aufzuge, zeigt uns Karl ben 
Großen mit dem gefangenen Zaffilo von Baiern. Alcuin und 
Eginhard und bie arabiſchen und griechiſchen Befanbten brins 
gen einiges Leben in die Scene. Bon Keinden und Niederlagen 
umringt, ruft Karl: „Seubelindens Fluch“, und der Vorhang fällt. 
Das Stuͤck konnte ebenfo gut zu Macken oder am Rhein fpier 
len wie zu Frankfurt; die Aufgabe ift daher nicht geloͤſt. Das 
dritte Stüd: „Die Wahlftabt”, Trauerfpiel in zwei Aufzügen, 
zeigt eine Scene aus dem zweiten Intersegnum, und zwar Gün- 
tber von Schwarzburg und feinen Gegenkaiſer Karl von Boͤh⸗ 
men. . Hier fällt der Buͤrgerſchaft von Frankfurt mehr Antheil 
zu als im vorigen Stüd, und ber Berf. trifft alfo diesmal beſ⸗ 
fer das Ziel. Schade nur, daß das Biel felbft fo Klein it! Im 
vierten Städ: „Suſtav Adolf's Abfchieb von Brankfurt‘‘, wirb 
über Bürgerglüd und WBürgerfreiheie viel bin unb her ges 
fprochen ; gehandelt wirb gar nicht, wenn man ein: Lebt wohl! 
nicht etwa für eine Handlung nehmen will. Das Gtäd wirb 
von einer poetifchen Biflon befchloffen, bie der Bürgermeifter 
Eberhart Hat. Nichts in der Welt kann unglüdlicher erdacht 
fein als diefe von allem pſychologiſchen Motiv total entblößte 
Berzuͤckung, in welcher der Herr Stabtbürgermeifter bie Genien 
von Frankfurts Rreibeit, von feiner Handelſchaft und feiner 
Poefie erblickt und apoftrophirt. Natürlich durfte der Name 
Söthe nicht fehlen. Aber ließ ſich etwas Ungeſchickteres erſin⸗ 
nen als den Bürgermeifter aus dem 17. Jahrhundert den Ra» 
men bes großen Dichters aus bem 18. hier nach Buchſtab und 
Sylbe ausfprechen zu laſſen? Mar denn Böthe fonft auf keine 
Art kenntlich zu bezeichnen? Wie roh ift’s, plöglich ausrufen 


u laſſen: 

au laſf Wer Hüftert mir den Namen Goͤthe zu? 

29. Die Wiedertäufer zu. Mänfter. Romantifch » hiftorifches Ber 
“mätde in fünf Aufzügen nebſt einem Vorſpiel; nad) ber Idee 
des Ban der Velde’fhen Romans: „Die Wiebertäufer”. Bon 

xẽWard Lange. Berlin, Krauſe. 1882. Gr. 8. 1 Thlr. 


r. 
Ueber die Gattung, zu welcher das eben angezeigte Drama 


— Nr, 173, ö—⸗ 


22. Juni 1833. 


gehört, haben wir uns zur Genuͤge ausgeſprochen; als Inbdivi⸗ 


duum in feiner Gattung gehört es zu ben leiblichen.._ Das Vor⸗ 


fpiel ſtellt ein Außerft beiebtes und dramatifch wirtfames Ges 
mälbe ber Zeit und ber Umftände dar, unter denen die nachfols 
gende tragifche Handlung fi entwideln fol. Schiller's Vorfpiel 
zur „Sungfrau von Orleans’ hat das Mufter dazu bergegeben ; 
aber es ift eine geſchickte Nachahmung eines trefflichen Muſters. 
Die Rolle der Sungfrau übernimmt der begeifterte Alf Kippenbroß, 
eine — wohlgezeichnete und dramatiſch gut ausgeſtattete 
Seftalt. on bier zeigt fich, daB der Verf. der Rebe mächtig 
iſt; feine Worte find entflammet, oft poetifch, meiflens von bras 
matifchem Klang: - , 
Bum ch wird euch die Freiheitslehre werben, 
Verderden, zehnfach Weh die Lehr’ euch bringen 
Bon ird'ſcher Guͤter⸗ und von Standesgleichheit; 
Dean was in euerm Schwaͤrmerwahne ihr 
Geſetze nennt und Recht — iſt Aufruhr nur, 
Der Raub, der Mord und Bkand zur Folge bat. 
Die Eharakteriſtik der Häupter bes tollen Schwaͤrmerhaufens — 
erft Matthäus, dev Prophet, bann Johann Bockold, der Schnei⸗ 
berfönig, Rottmann, der Drator, Zuislofchiexer, der Gold⸗ 
ſchmied, der den. ganzen Unfug mit Bewußtſein fchärt, um 
daraus eine Fuͤrſtenkrone für fih zu fchmieden, Knipperdolling 
und Krachtings, Johann's Henkerknechte u. A. mehr — iſt zwar 
mit Teinem großen Aufwand vielgeflaltiger Menfchenkenntniß, 
aber body mit Geſchick und dramatifcher Wirkung durchgefuͤhrt. 
Beſſer noch als fie find bie weiblichen Helbinnen, life und ' 
Klara, Töchter bes bingerichteten Zrutlinger, die Beute, Am 
die fi) unfere Helden flreiten und bie ſie verdirbt. Zuislos 
ſchierer erreicht feinen Zweck: 
Mein Riefenplan gelingt — er muß gelingen. 
Matthäus faͤlt — Alf muß den Tod ibm ‚bringen. 
Und fpäter: 
Kriumph! Matthäus fant in eiv’ge Nacht, . 
Und meines Gluͤckes goldner Stern erwadt.... 
.. Es if kein Kinberfpiel 
Gin Bolk, daB in des Glaubens Schwaͤrmerwuth 
. Des Thrones Helligkeit in Staub getreten, 
Bur Quldigung bed Purpurs neu zu zwingen. 
Doch kenne ich die Macht, die dies vermag: 
Es iſt des Freiſtaats biendend Gaukelbild.... 
Auf denn! bie Conſulkrone Alf zu bringen; - 
Sein Blut fol mir den Koͤnigspurpur färben ... 
Johann wirb- König, und @life ergibt fi ihm, um ihre Theuern 
zu rettens als er fie, welche die gefangenen Söhne bes Bis 
ſchofs rettet, enthaupten laffen will, wird ex geftürzts der Wis 
ſchof fiegt durch Alf, weichen Zabritius mit Klara zum Bunde 
einfegnet. Die Sn biefer Babel tft durchaus dramatifch, 
unb laͤßt man dem Verf. eine Anzahl unndthiger Perfonen eins 
mal durch, fo iſt keine feiner Scenen leer und entbehrlich. Es 
ift ein tuͤchtiges Talent, das dies Drama geftaltet hat, bie und 


da allzu ungeflüm, aber niemals matt und eintönigz ein Ta⸗ 


' R 


714 


tent, das ſich nur zu befonnenerer Wahl feines Stoffes hinwen⸗ 

ben darf, um etwas GSrfreulicheres zu leiften. 

80. Dramatifche Werke. Bon Karl Blum. Auch unter bem 
Titel: Friedrich Auguft in Madrid. Originalfchaufpiel in fünf 
Aufzügen. Der Faͤcher. Luftfpiel in drei Aufzügen. Leipzig, 
Leo. 1832, 8. 20 Gr. 

. Beffer: „‚Undramatifche Werke von K. B.“; denn AUS in 
ber Welt iſt der Verf. eher ats ein Dramatiker! ‚‚Briebsich - 
Angaft in Madrid‘ gehört zu den Arbeiten, die nit um der 
Kunft willen, fondern um die Neugierde ber Zufchauer zu be 
friedigen, da find. Herr Blum ift unfers Erachtens ein durch⸗ 


aus unglädtichee Buͤhnendichter, der trog feiner langen Be: | 


ſchaͤftigung mit der Bühne weder Buͤhnenkenntniß noch bed: 
matiſche Sprache ſich “anzueignen gelernt bat, und dee in- 
Bearbeitungen und Weberfegungen faft noch unglädlicher ift als 
in eignen Srfindungen. Das eben genannte Stüd gehört zu 
ben legtern. Die wortfelige, gänzlich undramatiſche Breite der 
erſten Acte, bie Ueberſtuͤrzung und Motivloſigkeit ber legten 
und bie fade Rhetorik der mitttern zeigen nur allzu fehr, daß 
bem Verf. jedes dramatifche Geſchick, felbft in Drug auf ben 
bloßen, baaren Bühneneffect abgeht. Wir möchten Den ſehen, 
der dies Städ zweimal mit Vergnügen zu fehen ober zu le 
fen vermag, den Verf. allein ausgenommen! Bebeutender faſt 
als das Staͤck ſelbſt erfcheint uns daher bie hiftorifche Notiz, 
bie der Verf. darüber voranſchickt. Friedrich Auguſt's Liebe 
zur Marquiſe Ifabella von Manzera ifk zwar ein in Ge 
heimniß gebülltes, aber nichtsdeftoweniger unbeftreitbares Fac⸗ 
tum. Die Shatfache ſelbſt ift aus einer fpanifchen Erzählun 
unter bem Zitel: „Le prince‘ du Nord”, 1724 ins — *8* 
ſche überfegt und ans ber „Saxe galante” 28 zu Amfter: 
dam gebrult) ziemlich bekannt. Der „Geſellſchafter“ gab 1830 
nach biefen Quellen eine romartiſche Erzaͤhlung, welche ihren 
Beifall dem allerdings Fehr glüdtichen Stoffe zu danken hatte. 
Nach der letzten biefer Quellen farb Iſabelle, vom ihrem vers 
laffenen Gatten vergiftets nach der erften veifte Tabelle nach 
ihres Gatten Tobe gu ihrer Mutter nad) Vakencia, und Fried⸗ 
rich Kuguft von Sachſen, der ihr folgte, traf bier grade an 
ihrem Zobestage ein. Der Verf. gab einem gluͤcklichen Schluß 
ben Vorzug, und ſchließt die Scene mit dem Abfchied vom 
Dofe zu Madrid, wie uns feheint, mit offenbarem Unrecht, ba 
er auf diefe Art den mächtigften tragifchen Hebel, bie Nemeſis, 
aus: feinem Drama hinwegließ, recht wie zum Beweiſe, baf 
ihm alle tiefere Einficht in das Weſen bed Dramas durchaus 
mangelt. Zwei oder drei beffer ausgeftattete Geftalten, den Koͤ⸗ 
ntg, den Franziskaner Dibacius und bie Königin Mutter abge 
rechnet, zeigen fich und verſchwinden alle übrigen gleich weſen⸗ 
lofen Schatten, nichts, nicht einmal Srinmerung bei und zu: 
rüdlaffend; denn bei der breiten, veizlofen, formenarmen und 
ungeftaltigen Sprache bes Verf. wünfchen wir jeber feiner Fi: 
guren von Herzen ein balbiges Abtreten. Den Zon bes Hofes 
aber trifft derſelbe R wenig, daß er in jedem Augenblid gegen 
die befannteften Dinge werfiößt. 

„Der Bücher", Luſtſpliel in ‚drei Aufzügen und Alerandris 
nern, nad Goldoni’s ‚‚Vontsglio” iſt ebenfo unglüdlich bearbei: 
tet wie die „Mirandolina“ beffelben Berf. von bemfelben Bear: 
beiter. Zwar theile fchon Bers und Reim dem Stuͤck etwas 
mehr Leben mit, als die träbfeltge Profa des Bearbeiters dies 
vermoͤchte, und bie Intrigue mit dem durch viele Hände wan⸗ 
dernden Faͤcher, welther Treue und Untreue verräth, ift fo ars 
tig und natürlich, als Golboni's Intriguen meift A fein pflegen. 
Indeß fchleppt die Entwiefelung doch nach bed Verf. Art, unb 
feine Sprache ift, wiewol zum Vers zufammengeleilt, doch 
möglichft reizlos. Wie ungluͤcklich iſt fdyon die Idee, aus Ges 
der einen Referendarius zu machen, ber in einen vernünftigen 
Vers paßt! 
’ Geber. | 
Gilt es Vergnügen nur — Ihr habt ja bier zu wählen. 


Eduard. 
Das iR ein Glaͤck 


Bon Schirm. 
..... Ein Schild für deinen Eigenfinn! 

Referendarius liebt, und biefe Bauberin, 

Der ed gelang, fein Herz durch holben Blick zu fangen. 

Der „Schild für deinen Eigenſinn⸗ ift gar nicht zu verftehen! 

Bei alledem ift-Bolboni’s Gedanke mächtig genug, das Stuͤck 

aufrecht za erhaiten, wie oft es auch unter des Beachlters Haud 

zu zerbredgen bordhe. 

81. Armin, genannt (!) Herrmann ber Cherusker. Ein Trauer 
fpiel in fünf Abtheilungen. Bon G. Schuͤtz aus Meclen⸗ 
burg (!). Hamburg 1850. Br. 8. 1 Zhlr.”6 Er. 

Es iſt dies eine von mindeflend zwanzig Tragoͤdien biefes 
Stoffes, welche uns nach und nach befannt gemorben find. Bon 
keiner einzigen haben wir einen lebhaften Eindruck empfangen, 
und allmälig find wir baher auf die Vermuthung g Ben, 
daß die Schu davon wol an dern Stoffe ſelbſt, an Tfei: 
nee unuͤberwindlichen Magerkeit liegen möge. Wir miffen keine 
andere Urfache des Schefterns fo vieler Verſuche anzugeben. 
Hermann ift ein Name, weiter nichts; micht einmal das Feld 
feiner Thaten wiſſen wie genau zu bezeichnen. Hermann 
ift ferner ein beutfcher Römer, ober ein römifcher Deutſcher; 
Hermann fliegt durch Lift und Verrath gewährten Vertrauens 
mehr als burch Waffen und Muth; Hermann’s Sieg endlich 
war 'nach einem Jahrzehend ſpurlos, und auf feinem &iegeöfelbe 
berrfchte der Römer. Dies Alles mag dazu kommen, naͤchſt fo 
pielm verungtüdten Verſuchen, uns biefen Stoff zu verleiben. 
Sein Sieg if eine That, aber ein Factum ift keine Zragäbie, 
wiewol bie Gefchichte die große tragifche Mutter Heißt und zu 
heißen verdient. Indeß bat ber Verf. aus dem magern Gtoff 
durch gluͤckliche Rhetorik gemacht, fo viel burch bies Huͤlfsmit⸗ 
tel daraus gu machen war. Zwar erfegen Worte und Berfe 
den Mangel ber Hänblung ſchlecht, die wir vom Drama fobern, 
indeß, zu reden und reben zu laffen, verficht der Verf. Gein 
ganzes Drama, befonderd aber ber erfte Act ift eine rhetortiſche 
Styluͤbung. Segeft und Ingulomir werfen Hermann feinen 
Verrath vor, gegen ihren Hohn vertheldigt er ſich. 

Inguiomir. 
.. dind ber Kampf durch dich gerecht 
An? Und wie nennſt du dieſen Kampf? 
Hermann. 
J .. Den Kampf 
Der Freiheit fuͤr Germanien, den Kampf 
Des Rechtes wider Fremdherrſchaft und die 
Gewalt! Wirft du ihn anders nennen?... 
Inguiomir 
Was dein Beginnen war, weißt du allein! 
Hermann. 
Melt ich ed weiß, Bann ich vor Dir au ſchweigen. 
Segef. 
Ein frecher Streich, ein troſtloſes Beginnen, 
Ein Frtevel wider alled Necht der Völker... 
Man fieht, die YZührer: Deutfchlande zu Dermann’s Zeit find 
fon fpigfindige Yuriften und aus ihren Bärenhäuten heraus 
beciamiren fie bereits über Voͤlkerrechte und Volksrechte. Die 
fen cafuiftifchen Zweiflern gegenüber erhebt fi Hermann al 
lerbings zum Helden und Siegmund, Segeft's Sohn, zu einem 
edeln Opfers Segeft und Inguiomir, Hermann's Gegner, wie 
geln die Fürften gegen ben Befreier vom Roͤmerjoche auf; fie 
zeihen ihn bed Raubes an Thusnelde, welche von Siegmund 
aus ber väterlichen Gewalt in den heiligen Hain gerettet if, 
des Verraths an ihrer Freiheit, richten ihn und opfern ihn 
dur Gift Hin, nachdem Thusnelde und Siegmund gefallen fin. 

Eine fo einfache Hanblung kann ohne viel Redeprunk zu einem 

fünfactigen Stüc nicht ausreichen; in biefem ſucht der Berf. 

daher auch feine Stärke. Hierbei begegnet es ihm, - balb Gu⸗ 


I tes, bald Schlechtes zu geben, wie der rhetorifche Würfel grade 


fat. Zuweilen macht er. den Verſuch, eine alte Gefchichte auf 
neue Berhältniffe anzumenden und feinem Hermann, Segeſt 
und Sueno die Klagen und Wuͤnſche unferer Tage in ben Mund 


715. . 


legen: Solche Stellen machen ihre Anziehungskraft geltend. 
En Slegmund malt ber Verf. jedoch ein Wefen, wie. «8 nur in 
unferee modernen Romanmwelt lebt. 
-. Berflanden wird nicht, was ich in mir trage, 
Ein ew'ges Etwas lebt ed überall, 
Ein ew'ges Nichts (F) und Etwas fleigt ed auf, 
Vollendet ift mit ihm daB ganze Leben, 
Bollendet tfk in ihm mein Lebenslauf. 
Das Wort des Mäthfels fol die Eiche fein. Es iſt ſchwer 
zu glauben, baß bie Zeitgenoffen Hermann's in fo myfliſchen 
Worten von ber Liebe gefproden hätten, ober baß Thusnelde's 
Bruber ein Novalis gewefen ſei. Bisweilen Überflürzt dev Verf. 
ben dramatifchen Effect.  &o fagt ‚Hermann: 
Ich ſteh vernichtet Hier — und bin Bein Gott. 
Das wiſſen wir. Gegeft hat Shusnelde, bie ihm nicht folgen 
wül, in Hermann’d Armen ermordet. Dennoch uennt er biefen 
ihren Mörder. „Fuͤhlſt du nicht Reue’? fragt ihn: Hermann. 
Reue? Ich? Ich? Ich? Ich? Reue? Ih — nein be! 
erwidert Segeſt. 

Der Verſ. kuͤndigt einen ganzen Cyklus vom hiftorifchen 
Tragoͤdien an; wir müffen erwarten, ob darunter welche fein 
werden, bie mehr tragiſches Wermögen beurfunden als die ger 
genwättige, von ber ſich nur fagen läßt, baß fie eine ziemliche 
redneriſche Fertigkeit bewährt. . 

Die dortſetung folgt.) 





Die römifhe Malaria und bie Räuber der Campagna. 

(Beichluß au Nr. 172.) 
„Auch find wir der Meinung, daß ein doch wenigftens im 
Seide ber Mögtichleit kiegendes, wo hicht bevorſtehendes Auf: 
Höxen der phpftlichen Regierung die Volkezahl der ewigen Stadt 
wicht eben wieder in Abnahme bringen dürfte. Rom ift der 
Mittelpunkt 'eines großen Adterbaulandes, das ſich von ben 
Grenzen Zoscanas Bis nach Neapel hinunter, von der See bis 
zu ben umbrifhen Gehirgen hinein erſtreckt und keine einzige 
Stadt befist, die ſich mit Rom meſſen Einnte. Der Zuftand 
bes Landes iſt gegenwärtig hoͤchſt verfdieben von bem, wie er 
war, als bie Päpfte in Avignon refidieten, und es kann ebenfo 
wenig bie 3eit der aufgedrungenen unheilbringenden franzöflichen 
Herrſchaft ein warnendes Beifpiel fein. Die großen Grunbs 
eigenthümer und reichen Pächter müßten nothwendig in Rom 
wohnen bleiben, weil bie Malaria fie abhalten würde, in ber 
Sampagna ſich aufzuhalten. Der römifche Adel würde feine 
glänzenden Paläfte, Galerien und Villas um fo weniger alds 
dann verlaffen, wenn er durch die Entfernung bes geiftlichen 
Regimented eine größere Wichtigkeit erlangte. Die Märkte 
Roms würden fortwährend die Preife in der ganzen Provinz 
beflimmen. Verbeſſerten fi) die Anpflanzungen, fo würden Co: 
loniften und &peculanten berbeigezogen werben. Verſchiedene 
Manufacturen gebeihen fchon jegt in Rom, verforgen Stadt 
und Land und befhäftigen viele Hände. Rom ift ber Mittels 
punkt eines beträchtlichen Audfuhrs und Ginfuhrhandels durch 
die Häfen Fiumicino, Givita Vecchia und Porto d'Anzio, unb 
mit dem innern Lande bis an das abdriatifhe Meer. Beine 
zahlreichen Kichen und Stifter würden eine verhältnißmäßige 
Anzadl Weltgeiftlicher daſelbſt erhalten. Es würbe immerbar 
die Univerfität und hohe Schule aller Amtöftubien für die ganze 
Provinz ebenfo wie ber Bufammenfluß aller Künftter un 
Kunftfreunde aus allen Theilen ber Welt fein und liegt übers 
dies an der einzigen Landverbindungsſtraße nach Neapel und 
dem reichen Königreiche beider Gicilin. Wofern alfo ber et⸗ 
walgen Entfernung ber päpftlicdden Reſidenz nicht fremde Unterr 
jochung und Beraubung folgte, würbe Rom auch trog derfelben 
eine Gtadt von großer Bedeutung bleiben. Wir find aber kei: 
neswegs der Meinung, daß bei künftigen politifchen Weräns 
. derungen in Italien Rom zu dem Range einer bloßen Provin: 
zialfladt herabgefegt werden dürfte.” 


„Seine Bemerkungen über bie Criminalgeſetze 
Herrn be Tournon bedeutende 
roͤmiſchen Volkes thun. 


laſſen den 
Blicke auf den Charakter bes 
miſch Mord und Straßenraub waren lange 
Zeit bie alltäglihflen Verbrechen. Gin heftiger Trieb nad 
Rache und Eiferſucht, von anmaßlichem Hohn oder von Unter 
drüdung aufgeregt, ifk ber gewoͤhnliche Grund des aftern Ver 
brechens. Ward es einmal begangen, fo fuht der Schuldige 
Zuflucht in Bergen und Wäldern und fängt da nothgebrungen 
feine Laufbahn ale Bandit (Werbannter) an. GE ift fchon, 
und allerdings nicht ohne den Anfchein bes Rechts, gefagt wor⸗ 
den, bie Mängel der Geſetzgebung imMben päpftlichen Staaten 
hätten der Zunahme biefer Verbrechen Worfchub gefhan ; doch 
‚aber finden wir bie nöcdlihen Provinzen von Banbiten frei 
und in den füblichen nur einen gewiffen Diftrict der Campagna 
befonders damit angefült. Schon Gicero meldet, baß zu feiner 
Zeit derfelbe Bezirk verrufen gewefen fei. Die an bie pontini- 
Then Sümpfe grenzenden Monti Lepini find ſchon lange um 
biefer übeln Bewohnpeit ihrer Vewohner willen berüchtigt ge: 
weien, derweil das benachbarte Thal des Anio friedlich unb 
rein von Verbrechen if. Graf Tournon ſchreibt die Neigung 
mancher Gegenden zu Morbthaten dem Gindrud zu, melden 
bie Fehden ded Mittelalters im Volke zurücgelaffen haben, das 
die Barone felbft zu Räubereien anhielten, biß die ſtrenge Herr⸗ 
(haft Sirtus V. fie. bändigte. Freilich Eonnte die Schwaͤ 
folgender Regierungen das Uebel nicht mit der Wurzel aus: 
rotten. Das Leben eines Banbiten hatte alle feine Schrecken 
und feine Schande verloren und warb als ein ebrenvolles, aben⸗ 
teuerliches Gewerbe angefeben. In folchen abgefchloffenen Be⸗ 
zirken ericheint ein Bandit den Menſchen in anderm Lichte als 
in ben Gtädten. Gr wird gefürchtet und bemitleidet. @ein 
Weib ruͤhmt fich gegen ihre Gevatterinnen, dab ihr Mann in 
den Bergen fei. Die NRachbarsleute beftellen feine Felder um: 
fonft, damit er bie ihrigen fchone. Der Dorfbarbier, der Kraͤ⸗ 
mer find immer dereit, feine WBebürfniffe zu befriedigen, bie 
Schafhirten find feine Boten, bie menfchliche Geſellſchaft bat 
nicht alle Bande mit bem Verbrecher zerriſſen, ex wird als ein 
Ungluͤcklicher angeſehen. Sogar bie Regierung ift bereit, ihm 
zu verzeihen, fobalb er von feinen böfen Wegen zurädlehren 
will, ja fie will ihn nicht blos ber bürgerlichen Gemeinschaft 
wiedergeben, fondern ihn felbft zu Zufeechtbaltung bes Friedens 
im Sande anftellen. So flark ift diefes Gefühl überhaupt, daß 
Landmäbchen häufig vorziehen, das Schickſal eines Banbiten zu 
theilen, als das Weib eines frieblichen Landmanns zu werben. 
Der Bandit feinerfeits firebt feinen Einfluß durch den Schrecken, 
ben er einflößt, zu erhalten, Geine ſchaͤrfſte Rache trifft meiſt 
Diejenigen feiner Dorfgenofien, welche ihn entweber angegeben 
ober ſich gemweigert haben, ihm in ber Noth beizuftehen. Auch 
wenn er gegen Reiſende unb Andere, bie ihm in die Haͤnde fals 
Ien, nicht biutbürflig ift, To zeigt er doch den Opfern feiner 
Rache keine Barmherzigkeit. Er brennt ihre ‚Hütten nieder, 
zerflört ihre Pflanzungen und foltert bie Unglädfeligen, ſobald 
fie in feine Gewalt gerathen, felbfi zu Tode. Denen, bie hin» 
gegen. auf einem guten Buße mit ihm flehen, gibt er nicht ſel⸗ 
ten Großmuth zu erkennen.” 
„As die Franzoſen 1809 Rom beſetzten, hatte ſich bie 
Zahl der Banbiten auf beforgliche Weife in Kolge ber Verwir⸗ 
rungen vermehrt, worein das Land durch die ſich darum firels 
tenden feindlichen Gewalten, bie päpftliche und franzöftfche, 
gerathen war. 

„Die, Räuber hatten fi etwa 100 an ber Zahl in ber 
Kette ber Monti Sepini an ber Landfiraße nach Neapel iv 
fammengerottet. Das einzige Dorf Giulano zählte deren 12, 
worunter einige Beteranen, bie fon 20 — 80 Jahr ihr 
Handwerk trieben. Santo Stefano, Proſſedi, Supino, or 
mimo lieferten ihre Gontingente. Die legtere Ortſchaft wurde 
— beiläufig — nad) der Reftaurotion auf Befehl des Garbinals 
Sonfalvi wegen ihrer Unverbeflerlichkeit von Grund aus zerftört.” 
„Die Sranzofen bildeten, nach Sinführung ihres Kobe, eine 


dasımerie und fingen. erafllich an auf die Banbiten Jagd zu 





716 


machen. In kurzer Zeit fiel denn auch deren größter Theil in 
—* der —8— und wurde hingerichtet, waͤhrend die uͤb⸗ 
rig gebliebenen ſich in die entfernteſten Verſtecke ber Gebirge in 
der Hoffnung, vergeſſen zu werden, fluͤchteten. Im Jahre 1811 
Yamen die Banbiten aber noch einmal und verſtaͤrkter, 120 an 
ber Zahl, zum Vorſchein und verbreiteten Schreden bis vor bie 
Thore Roms. Nah deö Grafen Zournon freimüthiger Ber: 
fiherung trugen verſchiedene Fehlgriffe ber frangdfifchen Behörde 
felbft die Schuld. Eine falſche Oekonomie und zu große Wer: 
änderungsfucht hatte fie veranlaßt, bie ganze Schar der Gbirri 
oder bie alte Policei pläglich zu entlaffen. Alfo in bie Welt 
geftoßen und untauglich zu jedem andern Erwerb, traten viele 
biefer Leute aus Verzweiflung in bie Räuberbanden ber Bebirge 
ein. Gbenfo war die für die römifchen Staaten allerhings 
wohlmweistich ſehr gemilderte Gonfeription den Gitten bes an 
einen jahrhundertelangen Frieden gewöhnten Volkes fo fremd 
und entgegen, erſchien ihm fo ungerecht unb drüdend, daß viele 
junge Leute, unwillig, ihr Vaterland zu verlaffen und in fernen 
Kiimaten für eine fremde Sache ihr Leben hinzugeben, forts 
liefen und in ben Schlupfwinkeln ber Gebirge Zuflucht fuchten, 
wo einige fi zu den Räuberbanden rotteten. Daffelbe geſchah 


auf genuefifchem Gebiet, in Xoscana und Parma, und bie Apens 


ninentette wurbe das Aſyl wibderfpenftiger Conſcribirter. Aus 
den alfo recruticten Banditen entſtand aber eine Art Guerilla, 
fie gefährdeten bie Gommunication der franzöfifchen Behoͤrden, 
nahmen 1813 ben Unterpräfecten von Broflnone gefangen, und 
es gelang erft durch Anwendung ber vollftändigen, aus einigen 
Gompagnien Gensbarmes beftehenden bewaffneten Macht der 
Ortebehörden, durch Reformirung eines Hülfscorps auserwaͤhl⸗ 
ter alter Sbirren und nur unter dem SBeiftande ber Linien: 
-truppen die Sicherheit des Landes einigermaßen wieberherzus 
ftellen. Am Enbe ber franzöfifchen Herrſchaft 1814 Hauften in 
der Gampagna immer noch mehr als 50 Banditen. So viel 
von der von leichtgläubigen Reifenden fo gepriefenen Ausrot⸗ 
tung der Banditen unter den Franzoſen!“ 

„Wenn biefe nun aber aus politifchen Gründen nicht ge: 
Yang, fo wurde bie Stäbtepolicei von dem franzoͤſiſchen Regime 
gaͤnzlich und auf das Heilfamfte reformirt. In ber Stabt Rom 
erhielten acht Policeicommiffarien mit einer geringen Municipal⸗ 
wade volllommene Sicherheit aufrecht, welche burch die von ben 
Franzoſen damals in ben meiften italienifchen Städten eingeführte 
und feither fortbeftehende nächtliche Straßendeleuchtung weſent⸗ 

. lich gefördert ward. Wir erinnern uns ber Zeit, da die Straßen 
von Rom und Neapel entweber in gänzliche Dunkelheit begraben 
lagen, ober nur theilmeife bis Mitternacht durch die Lampen 
in ben Läden und Kaffeehäufern ober bier und da durch ein 
trübes Lichtchen beleuchtet warm, das vor dem Bilde einer 
Mabonna ober eines heiligen Antonius dämmerte. Doc audy 
damals hatte man nur Privatracdhe zu fürchten, und es waren 
nur wenige Räubereien auf den Straßen oder in Häufern er: 
hört. Die Schnelligkeit und Deffentlichkeit des gerichtlichen 
Verfahrens waren zwei wichtige durch bie Franzoſen bewirkte 
VBerbefferungen und find nach ber Reflauration leider nicht beis 
behalten worden. Sobald fich einmal die heilfame Ueberzeugung 
in bem Gemüthe des Volkes begründet hatte, daß unpermeid: 
lie Strafe jeder Gewaltthat und jedem Werbrechen folge, 
ging eine erflaunende Umwandlung vor. Es war gleichfam ein 
auf .fie treffenber Lichtftrahl, der ihren ganzen Ideengang bes 
richtigte. Oft hielt ein plögliches Bedenken die ſchon zum Stoß 
erhobene Hand zurüd, und mancher Dann rief, wie auf ein: 
mal wieder feiner gefunden Sinne maͤchtig aus: Ah, se non 
fosse la seduta! Die Öffentlichen Serichtshöfe boten dem Volke 
«in neues Scaufpiel dar, und es nahm eifrigen Theil an den 
Verhandlungen, indem es die Gewißheit von unparteilicher 
Rechtepflege gewann und die völlig freiftehende Vertheidigung 
billigte. Die Ueberzeugung, daß Rang und Stand bes Belei⸗ 
Digers Feinen Unterfchieb zu feinen Gunfter machten, war eine 
Hohe moralifche Lehre. So bewirkte unter Anderm die Verur⸗ 


theilung eines Wechſelmaͤklers wegen tes an einem Diener ven 
übten Mordes einen tiefen, bauernden Gintgud, Der Ginflef 
der Pfarrgeifllichen und des achtungswerthen Theiles ber Land 
bewohner fland der Regierung in bem Werke ihrer wohlthätis 
gen Reformation bei, und die Bauern und Landleute erkannten 
jett, eines hoͤhern Schuges gewiß, ihren Wortheil, ber Obrigkeit 
und Polizei in Ginziehung von Miffethätern beizuſtehen.“ 
„So lautet des Grafen von Zournon warmes Zeugniß zu 
Sunſten der armen herabgewärbigten Römer, das unfere eigne 
Bekanntſchaft mit ihnen völlig beſtaͤtigt.“ 153, 





Literariſche Notizen. 


Aus ben „‚Annales’‘ ber akademiſchen Geſellſchaft zu Nan 
tes iſt befonders abgedrudt eine Abhandlung von Penhouet: 
„De l’ophiolatrie ou culte du serpent”, zur Erklaͤrung der 
Monumente von Karnak und der griechiſchen und roͤmiſchen 
Kunftdentmale, worin bie Schlange vorlommt. 


Achille Allier gibt in Werbindung mit mehren Künfliern 
„L’ancien Bourbonnais”, en aus 3S0—85 Eieferungen beſte⸗ 
benbes Merk über bie Befchichte, die Denkmale, Sitten und 
Statiftit der ehemaligen Provinz Bourbonnais heraus. Gin 
ähnliches Wert: „Antiquites de la Bretagne”, in 20 Lieferun 
gen, das in Breſt erfcheint, if angekündigt. Das Interefie, 
das biefe Richtung auf die Provinzialverhättniffe erwedt, ik 
nicht ohne Bedeutung. 


Bon bed Grafen Alexander de Laborbe „Les monumens 
am France’ ift die 39. Lieferung mit ſechs Kupfertafeln ers 
(dienen. 


Die „Oeuvres complätes de Buffon”, mit Supplementen 
von Guvier, in 18., find bis zum 45. Bändchen vorgeruͤct. 
Eine neue Sammlung in 20 Octavbänden, mit 2O Lieferungen 
von Kupfertafeln, von Richard, Profeffor ber Arzneiwiſſenſchaſt 
zu Paris, herausgegeben, hat feit ben December 1832 begonnen. 
Es find bereits drei Bände erfhienen. Das Ganze fol im 
Januar 1884 vollendet fein. - 


Der Abbe Ledru hat eine ‚„Profession de foi de Peglise 
frangaise de Leo Leves’’ zu Ghartres herausgegeben. Darauf 
erfhien „Réponse à l’appel de M. l’abb& Ledru’’, „von .eis 
ner alten Bekanntſchaft.“ Der Abbe Auzou hat „‚Reponse de 
a frangaise aux atlaques de l’&glise romaine‘’ befanat 
gemacht. - 


Bon dem geiftzeihen Parlamentöreduer T. B. Macauley 
erfcheint (in Larbner’s „Cabinet cyclopaedia’‘) ‚View of the 
history of France, since the restoration of the Bourbons”, 
und don Mobert Southey in derſelben Sammlung „Histery 
of the Moors’’, drei Bände. Won beiben läßt ſich viel er 
warten. 


‚Sir John Malcolm, berühmt durch feine Schriften über 
Indien und Perfien, zuletzt Gouverneur von Bombay, bat for 
eben in Beziehung auf bie bevorftehenden Verhandlungen über 
ben Freibrief der oſtindiſchen Gompagnie herausgegeben: ‚The 
administration of british India”, aus amtlichen Schriften und 
glaubwuͤrdigen Urkunden. 


Ein engliſcher Artilleriehauptmann hat herausgegeben: „„Jowur- 
nal of an excursion to Antwerp, during the siege of the 
citadel”. Der Verfaffer war, wie mehre englifche Offiziere, 





im franzoͤſiſchen Lager. 


Sir Henry Halford, Präfident der koͤniglichen Gollegiums 
der Aerzte zu London, hat mehre in dem Collegium porgelefene 
„Essays’' herausgegeben, welche, außer ärztlichen Abhanblan 
gen, einen intereffanten Bericht über bie Deffnung des Garges 
Karl I. im Jahre 1818 enthalten. 9, 


Nedigiet unter Werantwortlictelt der Werlagöbendlung: 8. A. Brodhaus in Leipsig 
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literarifde Unterhaltung, 








:Dramatifhe Buͤcherſchau für das Jahr 1832. 
De "Dritter und legter Artiter. J 
(Börtfenung aus Mr. 18.7 
92. Ida. Schauſpiel in fünf Acten. Bon E. Kalfen. Aus 
- dem Daͤniſchen überfegt von Chr. E. W 
Hagen, Schubothe. 1831. 8. 21 Sr. 
Die Rabel diefes Schaufpiels in einer langathmigen, reiz⸗ 


loſen Profä, iſt aus Lafontaine's „Ida von Zodendurg‘ bekannt 


und an ſich nicht undramatiſch. Nur haͤtte eine andere Hand 
dazu gehoͤrt, ſie uns anſprechend zu machen. Goͤthe, der in 


„JIphigenia“ und „Tafſo“ ben echten Gebrauch bes Verſes im 


Drama gelehrt dat, hat zugleich in „Clavigo“ gezeigt, wie bie 
Proſa dramatifh zu formen fei. Wir find fehr den Ge: 
draudy der Proſa im Drama; fie.hat das Gute, allem falfchen, 


hohlprunkendben Pathos, allem leeren Wortgeflingel einen ſiar⸗ 


fen Dgmm, entgegenzuwerfen und in ber Unmöglichkeit, mit eit: 


lem Wortprunk zu glänzen, zur eigentlichen‘ Aufgabe des Dra⸗ 


mas zurädzuführen. Allein es muß eine Profa fein, wie die 


Goͤthes ober „eng, kurz, fachreich, energifch durch Bebans. 


ten unb Korm. e langen und mattherzigen Dialoge biefes 
Stuͤcks erinnern lebhaft an Tafontaine’s behaphiä » breiten und 
ſuͤßlich⸗ unmännlichen Romanſtyl. Es ift nichts darin und baran. 
33. Shakſpeare's dramatifche Werke, überfegt von Philipp 
Kaufmann. Zweiter Theil. Enthaltend: Othello. Cymbe⸗ 
line. Berlin, Nicolai. 1832. 8. Bubferiptionspreis 1 Thlr. 


Ohne Zweifel gehört ber Verf. zu den achtbaren Meberfes 


gern des großen Briten; es wirb fogar wenig daran fehlen, 
dag er, Alles zufammengenommen, nicht ber befte fei, wiewol 
Schlegel fpradygewandter und Benba treuer iſt. Jene ſchwie⸗ 
rige Verſchmelzung von Zreue und Gefchmad, bie ihre höchfte 
Aufgabe in einer Weberfegung des Shakſpeare findet, gelingt ſei⸗ 
ner Beſonnenheit und feinem Kleiß vorzüglih oft. Deflenuns 
geachtet fobern wir ihn heraus, uns brei Verſe feiner Verdeut⸗ 
ſchung zu zeigen, an denen wir nicht mit vollem Rechte etwas 
auszuftellen fänden; fo ſchwer ift es, den Shakſpeare allgenuͤ⸗ 
gend zu übertragen! Der zweite Theil zeigt, mit bem erften 
verglichen, eher ein Kortfchreiten als einen erfchlafften Gifer; 
„Dthello” und „Cymbeline“, welche biefer Theil liefert, find von 
Niemand beffer überfegt, aber, wiewol ziemlich verſchieden im 
Text, von Benda auch eben nicht fchlechter. Das ſcheint para- 
dor" und iſt es doch nicht. Shakſpeare's Gedanke ift fo prägnant, 
daß er. meift zwei, drei Geftaltungen zuläßt, die alle gleich gut 
und glei treu fein können. Vergleichen wir 5. B. bie erften 
Berfe bes Othello” bei dem Verf. und bei Benda. 
Rodrigo. 

Stil, fag mir nichts, es duͤnkt mir fehr unfreundlich, 

Daß, Jago, du, ber meinen Beutel führte, 

Als 068 dein eigner wär’, hievon gewußt. 


Jago. 
Dein Sott, Ihr hört mich ja nicht an. 
Wenn ich mir je dergleichen träumen Tieß,. 
Berabſcheut mich. ‘ 


ettwer.  Kopen:, 





Rodrigo. 


Du ſagten mir, er wäre bir vervaßt: 


Daflr ſagt Benda: 
BGuu, Achweig daven! Erbittern muß es mich, 
Daß, Jago, du, der meine Boͤrſe hatte, 
Als wär fie dein, sn um diefe Bar. 
289. 
Bum Teufel! Hören willſt du mich nur aicht. 
Wenn ich von felcher Sache nur getraͤwut, 
So mög’ ich bir ein Grepxl fein. 
Rodrigo. 
Du fagteR mir, de wuͤrb'ſt ihn ewig haffen. 
Hier ſchwankt ber Wertheil hin und wieder. Benda iſt treuer, 


‚aber minder fpxachrein, Kaufmann gewandter, abex weniger ges 


nau. „De wuͤrd'ſt ihn ewig haſſen und ‚es wäre bir perhaßt· 

Dh De — 
aaͤher. er de eare 

* te & andtſchaft be Dentfchen und des Englischen 


gar leicht, hab er wörtlidg verdentſchte englifche Phrafen für 


deutſche hält und gibt; bie größte Sorgſamkeit vermag kaum 
davor zu bewahren. . Dies gefdieht auch unferm Beruf. gar 


häufig, % B. 

Dinweg died Werkzeug, ‘ 

Daß es nit meine Hand verbamme ! 

Dam heißt im Engliſchen verdammen und in Berbammniß 

bringen; aber bas beutiche verbammen hat ben legten Neben⸗ 

fin nit. Dies eine Beiſpiel mag für viele gelten. SBeifpiele 
offenbar verfehlten Sinnes find auch nicht felten anzutreffen, 3. ©. 
Da hilft nun nichts. Das iſt des Dienfled Fluch, N 
Beförb’rung geht nach Schreiberei und Gunſt, 
Nicht nad der altem Ordnung, wo ber Zweite 
Des Eriten Erbe if. . . . 

„Alte Ordnung“ fol heißen: nach dee Drbnung bed Alters, 

wo u. f. w., wie Benda ganz richtig wiedergibt. 

34. Johanna Gray. Trauerſpiel in fünf Acten. Bon Eduard 
Sommer. Mit einem Steindrud. Dresden, Srimmer. 1838. 
®r. 12. 21 Gr. 

Das Schickſal ber unglädlicdhen Johanna Gray, bie gegen 
ihren Willen auf ben Thron erhoben, dies kurze Gluͤck, das 
niemals ein ſolches für fie war, mit frühem unverbienten Tode 
büßte, die Srauſamkeit ihrer Rebenbuplerin, Marla, ber mit: 
leidloſen Tochter des mitleiblofen Heinrich VIII. und der Kampf 
ber Parteien für und wiber Beide, bilden bas Thema biefer, in 
manchem Betracht loͤblichen Tragödie. Der Verf. geht indeß 
nicht fo feinen eignen Gang, daß er nicht Vieles in feinen Dos 
tiven aus aͤltern Dichtungen entiehnt Hätte Aus Schiller's 
‚Marta Stuart“ hat.er 3. B. bie dramatifcke Wirkung weib- 
licher Rebendublerfchaft entiehnt, und wiewol feine Maria von 
Natur viel graufanier iſt als Eliſabeth, fo hat ber weibliche 
Reid gegen Johanna's Schönheit und ihren Ruf doch nicht ges 
ringen Antheil: an ihrer Berfolgung. : Die eigentlich bandelns 


ben Perſonen in. biefem GStüd find Rorthümbertand, Nohanna’s 


718 


Schwiegervater und ihre Vorgänger im Tode, und Arunbel, ber 
liſtige Verräter, bee feinen Zodfeind, ben Herzog, erſt ver» 
ſtriẽt, dann verräth, zuiegt mit grellem Hohn zum Tode führt. 
Rorthumberland iſt ganz von Ehrſucht und Schandthat zuſam⸗ 
mengefegt: er iR der Mörder Somerſet's und bes jungen Kö- 


nige Ghuard, den er bush Blumen vergiftet hat. ‚Der Berf.> 


Hat nicht wohl gethan, den Anklagen feiner Welgbe ünb 
Blauben zu fhentens feine Schuld iſt durchaus nkid, 

iſt ihre Gewißheit dem dramatifchen Zwede fehr hinderlich. Jos 
hanna ſelbſt iſt ein völlig fehulblofes Opfer feines Chrgeizes. 
Sie kaͤmpft gegen ihre eigne Krone. Maria tft zu wild und 
graufam, zu unerdiettich unmenfdglich, um wahrhaft dramatiſch 
zu fein; es wäre beffer gewefen, fie ſchwankend, von ben Par 
teien hingeriffen darzuftellen. Die Parteipäupter felbſt. An 
bei, der edle Haſtings, der Eraftlofe Guilford, Paget, Don: 


ten- 


biew/|- 


Aytmer, Sohanna’s Lehrer, ſind gut aufgefaßt, unb was 


fe Tagen, iſt zweckmaͤßig. 


Her Berf. iſt der dramatiſchen Sprache ziemlich maͤchtig; 


fein Vers iſt rein, voll und toͤnend; nor treidt et Misbrauch 
mit muͤßigen Epitheten und ſprachlichem Schmuckwerk. Gr. ge⸗ 
hört zu Denen, bie kein Hauptwort ohne fein ſchmuͤchendes Bei: 
wort feßen können. . 3. 8. . 0 
Mich bat die trölende Hoffaumg getaͤuſcht, 
Als ſei es die Liebe, die Riebe verheißt. 
AS trägen ber Herrſchaft Tanft waltenden Geift 
Des Dantes glädfhimmernde Wogen. 
Es folgt ibm ein dunkler, verfolgender Beil, - 
Der Fluch ihm des Haſſes in Härmendem Lauf, 
Es thut fi ein näch-tlicher Abgrund ihm auf. 
Hier rot ſichs in droͤhnen dem Wogengebraus u. f.w. 
Oft wird der Jambus zum lyriſchen Vers, ja, wie hier, ſelbſt 
"zum dithyrambiſchen; aber geiften bem Drama und ber Lyrik 
-Jiegt eine‘ unüberfpringbare Kluft, und das Lyriſche als Element 
ded Dramas gebraudgen, ift völlig unftatthaft. - Schon ber ge: 
"zeimte Jambus leitet von der Spur bes Dramas ab und nd» 
thigt, Dinge zu fagen und in einer Form zu Tagen, die .bem 
Welen des Dramas wenig entfpricht. Nur zu 
unfere Bewöhnung ihn brauchbar gemacht. Gtatt bes auf Reim 
und lyriſche Diction verwendeten Fleißes hätte ber Verf. fi 
lieber bemühen follen, feine Dialoge aus bem bloßen Gedanken⸗ 
austaufch in die eigentlich bramatifcge Region zu erheben. Es 
fehlt feiner Arbeit an Situationen von fpannkräftigem Intexefle. 
Das Hiftorifche, Außerlich ſich Begebende waltet zu fehr vor, 
und fo dramatifch: wirffam wie bie Scene, wo Rorthumberland 
vor Arundel Eniet, um einige Stunden Lebens bittenb, find wes 
nig andere. Auf bem Todesblock kniend mit ihrem Gatten, 
bricht Johanna wieder in einen Dithyrambus aus, der fehr ge: 
ſchmacklos mit ben Worten ‚anfängt: 
Derduzudirihn, 
Mein Vater, erhebeſt — 
Laß deinen Engel 
Dem Scheidenben mild 
Nahen, mit füßem 
Bertlärenden Schlummer. 
Maria hat unterbeß eine hoͤlliſche Viſſon: ſie will Johanna 
retten, es ift zu fpät, unb indem fie in Ohnmacht fintt, fällt 
der Vorhang. Gutes und Schlimmes mifchen fi in biefem 
von Geiten ber Charakteriſtik achtbaren Drama. Waͤre bie 
Sprache nur einfacher, die Babel in einen kürzern Raum gu: 
fammengedrängt und mehr Bedacht auf die fcenifche Wirkung 
ber Situationen genommen, fo koͤnnte das Stüd zu ben guten 
Dramen gezählt werben. Doch ber Verf. bat feinen Ruhm und 
feinen Preis in ben Worten mehr als in den Thaten gelucht. 
35. Bühnenrepertoie bes Auslandes: Frankreichs, Englands, 
Staliens, Spaniens. In Uebertragungen herausgegeben von 
8. W. Both. Zweiter bis vierter Band. Berlin, Bann. 


1832. Schmal Ein 4. Preis jebes Bandes 1 Thlr. "12 Gr. 
Diefe den WBühnenbirectionen und Liebhabern gewibmete 


: Sammiung neuer Dramen bes Auslandes hat fich eines willfoms 


chluͤſſen hat 


® 
D 


menen GSmpfanges gu erfreuen. Sie erfüllt ihren Zweck, und if 
die Auswapı des Gegebenen auch nicht immer tadellos, find na 
mentlich Italien und Gpanien über Frankreich bis jept ziemn 
lid) vernachläffigt worben, fo finb bie leberfegungen bod der 
Mehrzahl nad) mit Gorgfalt gearbeitet, und bie Rebaction that 
ihre Pflicht. Die Satzmlung if in biefem Jahre fo angervod 
fen, daß wir über jede einzelne Irbeit' Fam etwas fanen 
können. Wir müflen und mit-eineg Beurtheilung · in Pauſch 
und Bogen begnügen. Unter ben Mitarbeitern haben W. For: 
fler, Lebrun, Preuß und Stawinsky bie beften Beiträge geliefert; 
das Unterhaltendfte und Bühnengerechtefte ift aus Krantreiy ge 
kommen, bas Dram erthvollſte ans Spanien und England. 


‚Dos, berühmte ruſſiſche Sittengemaͤlde von Gribojeboff: „„Gore 


s puma”, tft unter dem nicht glüdlichen Titel: Wimmer durcqh 
FR erftand‘" , J dritten Bante von 2. bar recht glüdlich 
bexszngen 5 eine beffere Ar red verſtaͤndlichere  ficberfegung 
bes Titels wäre „Leiden ber Bildung“ geweſen. Die vorzäg- 
lichften Weiträge aus, bem Franzoͤſtfchen find: „Heinrich IV. Ba 
milienleben‘’, Luflfpiel in einem Acte von Stawinsky; „BReue“, 
Drama in zwei Acten nad @cribe, vom Herausgeber; „An 
ftelung ober Frau?“ Luftfpiel in brei Acten nach Bayarb von 
Demfelben, ein aͤußerſt lelbhaftes, dramatiſch⸗wirkſames Sittenge⸗ 
maͤlde, und „Frauenhaß nad) Scribe von Demſelben. Das 
Zrauerfpiel „Monalbeschi”, nach Alex. Dumas in drei Acten, lei⸗ 
bet Dagegen an allın Gebrechen franzoͤſiſcher Dramaturgie und war 
fo gut wie „Trilby“, komiſche Oper in einem Act, in biefer Samm⸗ 
lung füglich zu entbehren. Es muß ja nicht Alles überfeht ter 
ben, und Frankreich, das burchfchnittlich in jedem Jahre 5600 
neue Dramen probucirt, läßt es an Auswahl ja nicht fehle. 
Im dritten Bande iſt das Luſtſpiel: „So geht's”, in zwei Ic 
ten von Schneider, trotz feines nichtöfagenden Titels eines ber 
anziehendſten. Die Scene ift nach Wien veriegt, wodurch vice 
Beziehungen etwas Gemwaltfames angenommen haben. Am bes 
ſten fcheint es uns, franzoͤſiſche Luftfpiele immer in ber Localität 
u laflen, aus ber fie hervorgegangen find. Wir Alle kennen dat 
tanzöfifche Leben hinreichend, um fie zu verftehen, unb bie Ber: 
pflanzung bat offenbar ein Uebergewicht von Nachtheilen in ik 
rem Gefolge. „Sean Calas“, hiſtoriſchen Melodrama in brei 
Acten, ift eben ein Melodrama. Wir hätten es weggelaffen. 
„Die Scheibungsllage‘ nach Melesville von Schneiber, ift beffer. 
Am meiften gefällt „Gr amufict ſich doch”, in einem Aufzuge 
und von dem Derausgeber zu einer berliner Localpoſſe umgebil: 
bet. „Der Quaͤker und die Tänzerin‘, nach Scribe und Duport 
von Stawinsky, leidet an Uebertreibung, wenn bie Grfindung 
glei, ergöglich genug if. Ganz unbebeutenb iſt ‚Der Schiede⸗ 
richter“ und die englifche Burleske: „Verheirathet umb begras 
ben’‘, nach James Kenney. Im vierten Bande tft „Dominique, 
Luftfpiel in drei Acten nad) D’Epagny und Dupin, das ibern 
reihfte und durch feine Fabel anziehendſte Stüd. „‚Weäbchen 
und Frau’, nad) Mazeres in drei Aufsügen von &. Gchneiter, 
macht Anſpruch, ein claffifche® Luſtſpiel zu fein, und in ber That 
iſt es durch Intrigue und Charakteriſtik vortrefflich; auch bier 
haben wir indeß die Verlegung ber Scene wieder zu tabeln. 
„Heinrich III. und fein Hof’, Hiftorifches Drama in brei Auf: 
zügen nah Dumas von Schiff, iſt befannt. Der Bearbeiter 
hat die fünf Acte des Originals fehr gluͤcklich in drei zuſammen⸗ 
gebrängt. Das Stuͤck hat in Frankreich Zurore gemacht. „His 
chard's Wanderleben“, Luftfpiel in’ vier Acten nah dem Gngli- 
Then von D’Keefe, von Kettel bearbeitet, gehört zu ben beflen 
Erſcheinungen der engliſchen Dramaturgie in neueſter Zeit; es 
iſt witzig, lebhaft, vol guter Sharakterifit, Die Ueberfegung if 
nicht bie beſte und die Verlegung ber Scene hier aͤußerſt um 
paflend, ba Donner durch und durch Enalaͤnder if. Das lange 
und langweilige Drama: „Die eifeene Maske”, nad Fournier 
und Arnoulb in fünf Acten, hätte wegbleiben oder zufam 
zogen werben follen. Das Stuͤck fpielt 42 Jahre und an 
verfhlebenen Orten. Bedeutender iſt ums Galberon’s „Poor 
esta que estaba’’, unter dem Zitel: „Es if ſchlimmer als es 
war‘, von H. Smidt metriſch und fehr glädlid Überfegt. Die 


Bertärzungen bes Dialogs und ber Werfuh, ihm eine deutſche 
gm mitzutheilen,, finb vollfommen gelungen und ber herrlichen 
utrigue, an beren Fuͤlle und in deren Reichthum fich alle deut 
fe Euftipielbichter fpiegeln koͤnnen, iſt dadurch fein Abbruch ges 
ſchehen. Moͤchte bies Stuͤck auf allen deutfchen Wühnen zur 
VEhre unfere Geſchmacks doch einheimifch werden! „Die beiden 
Hachter‘, nach dem Gnglifiyen des Buckſtone, haben ihr Ber: 
; neben bem eben genannten Luſtſpiel Galberon’s erfcheinen 

fie ge poeſielos, vertrodnet. Der Herausgeber fährt fort, 
e 

der Gigennamen und Fremdwörter und Quellennachweiſungen fich 
ein Verdienſt 
dar fein müffen. Bon einem Kreife tuͤchtiger Witarbeiter unter 


Bingerzeige über Coſtum, Darftelung, Ausſprache 
zu erwerben, wofür Bühnendirectionen ihm dank⸗ 
ſtuͤgt, iſt ee und fein Unternehmen zu dem Beifall berechtigt, 


welchen das Ganze zu finden fcheint. 
ws — eine folgt.) 





Literarifche Nachrichten: aus Polen, 

. Warſchau⸗ April 1883. 
Rob immer gehemmt erſcheint in unferm Königreiche bas 
Tterarifche Leben. Obgleich die hier beftebenden. 15 Wuchs 
druckerelen nach dem „Deiennik” vom 1. März bis Ende De 
cember v. 3. zufammen 63 polnifhe Werke geliefert haben, fo 
tft doch zu bebenten, baß ein guter Theil derfelben nur von ges 
ringem Umfange iſt. Die meiften gingen aus ber Buchbruderei 
von Satezowfti hervor, welche ſich zugleich durch Eleganz ber 
Austattung und Gorrectheit auszeichnet. Im Gary berrfcht 
jegt in unferer Literatur bie Richtung auf das praltifche Leben 
vor, am häufigflen exfcheinen Schriften für ben Elementarunter⸗ 
richt, Medicin, Landwirtbfchaft u. bergl. 
Das wichtigſte Wert, welches ber genannte Zeitraum gelles 

bat, if unflreitig bie von allen flawifchen Literatoren mit 
Sehnſucht erwartete „Geſchichte ber flawifchen Gefesgebungen‘' 
(‚Historya prawodawstw Stowianskich‘’), zwei heile, vom Dr. 
und Prof. Maciefowfli. Statt eines Urtheils über das Werl 
fiche Hier eine Stelle aus einem Briefe, weldhen ber Prof. Sza⸗ 
farzyk aus Neuſat an den Verf. nach Warſchau gefchrieben hat. 
„Sie haben mir durch Ueberſendung Ihres vortrefflichden Werkes 
eine unauöfprechliche Freude gemacht. Groß war meine Erwar⸗ 
tung von bemfelben, dennoch muß ich Ihnen frei geftehen, daß 
fie übertroffen worben iſt. Ich bin zwar kein Zurift, glaube 
aber den Werth ähnlicher biflorifch-Eritifcher Unterfuchungen zu 
beustheilen im Stande zu fein. Wenn ich nun einerfeits über 
Lie gründliche und bündige Darftellung eines fo unermeßlichen 
Gegenftandes erflaune, fo entzüdt mich body noch mehr der ſchoͤne 
Standpunkt, welchen Sie erwählt haben, um bie Eigenthuͤmlich⸗ 
keit unfers vaterländifchen Lebens zu entwideln und zu beur: 
theilen. Das Wert wird ungemein bazu beitragen, ber Welt 
die Rationalität der Slawen im wahren Lichte zu zeigen, ſomit 
fe biefelbe Höher achten lehren. &o gibt Ihnen Ihre Arbeit 
ein Recht auf tie Hochachtung und Dankbarkeit des ganzen ſla⸗ 
wifchen Stammet. Um fo mehr bebauere ich, baß ich diesmal 
Ihrem Wunfche, bem Werke einen Abriß ber flamifcdhen Geogra⸗ 
pbie und Geſchichte beizufügen, nicht babe entſprechen koͤnnen; 
die Schwäde meiner Geſundheit, Bamilienungläd und andere 
Leiden ftören mich jest fo fehr, daß über zwölf begonnene lite 
rarifche Arbeiten nody immer unvollendet vor mir liegen, unb 
@ott weiß, wann ich fie werde vollenden können; fogar ‚meiner 
Gefchichte ber Tiawifchen Literatur kann ich midy nicht fo hinge⸗ 
ben, wie ich wuͤnſchte.“ Ginen gleihen Gegenſtand, wie das 
genannte Werk, aber in engerm Kreife behandelt „Die Darftels 
kung ber flawifchen Erbſchaftsrechte („,Wywöd praw spadko- 
wych stowiasskich’‘) von Joſeph Hube mit Zufägen von Ro⸗ 
muald Hube, welches ſich ebenfalls durch Klarheit und forgfäls 
tige Bearbeitung auszeichnet. 
Kür die eigentliche Geſchichtsforſchung bagegen, befonbers 
vaterländifche, hat biefe Zeit nichts leiften koͤnnen; verbienftlidh 
iſt es jedoch, baß man Ältere Hiftoriter allgemein zugänglich zu 


7 


9 


machen ſucht. &o bat bie Buchdruckerei von GBalezowfli wieber 
einen Band ber „Ehronik Polens” von Bieiffi geliefert, ats 
festen Theil der bafelbft erfcheinenden Sammlung polnifder 
Soriftſteller; der intereffante Anhang bringt die Fortfegung ber 
WBappen von Polen. Für bie Kunftgefchichte iſt als fehr ver- 
dienſtlich auszugeichnen Adam Idzkowſtis Grundriß der Archi⸗ 
tektur in ihrer verſchiedenen Geſtaltung⸗, vom äfthetifchen Ge⸗ 
ſrapuntre aus betrachtet ( Kroie Architektury‘), mit Kupfer 
n 


Unter den mebicinifdgen Werken erregt bie meiſterhafte Ab⸗ 
banblung eines der erften Aerzte Polens, des Dr. Malcz: „Ueber 
die indiſche Eholera („,O cholerze indyiskiey”), bie größte Auf 
merkſamkeit. Gine gruͤndliche Unterfuchung unfers bekannten 
Chemikers Ferdinand Werner über die immer berühmter werben 
den und in ihrer Art einigen Mineraibäder bei Busk in ber 
traulauer Vojewodſchaft („Rozbiör wöd mineralaych pod Bu- 
skiem’’) verdient auch im Auslande befannt zu werben. Ueberfe⸗ 
Yungen aus ben Werken von Boiffeau, Krepfig, Dttivier vom 
Dr. Plaſzkowſti fuchen die wiſſenſchaftlichen Fortfchritte des Aus- 
landes bei uns einpeimifch gu machen; neuerlich hat Ignatowſti 
„Die fofkematifcye Lehre der venerifhen Krankheiten in allen 
Den Geftalten“, von dem bresiauer Prof. Wendt, ins Polnifde - 
ragen. 
Die Mufen ber Dichtkunſt fcheinen diesmal nur unfern 
Damen hold genefen zu fein. Unter ten Romanen verbient als 
lein eine Erzaͤhlung unferer mufterhaften Schriftſtellerin Gtemen: 
tina Hoffman, geb. Zanfla: „Das Täubchen‘’ (‚‚Golgbek"), befon- 
derer Erwähnung. Diefelbe befchäftigt ſich jetzt mit einer neuen 
Ausgabe ihrer Schriften, welche nächftens zu Bredlau in gehn Theilen 
in 8. erſcheinen wird (Preis 60 Fl. Poln.). Zwei neue ba 
matiſche Werke verbanten wir gleichfalls jungen Polinnen. Das 
eine, „Die Braut von Lamermoor‘‘, aus bem Branzöfifdien Über 
fest, ift auf unfeser Bühne Häufig mit Weifall gegeben worben ; 
Driginal, „Der Schäfer Kaspar” („Kacper Ow- 
czarek‘), nad) einer wahren Begebenheit, iſt zwar fehr leicht und 
fließend gefchrieben und zeugt von den Zalenten und bem guten 
Herzen ber ungenannten Verf., macht aber felbft auf keinen ge 
Ben bramatifchen Werth Anſpruch. Bon ben Werfen 
ſicki's, Gluͤcksberg's Ausgabe, ift eine Kortfegung erfchienen. 
Periodiſche Blätter in polnifcher Sprache zählte Varſchau 
neun, täglich erfhienen fünf politifche: ber offizielle „Dziennik 
powszechny‘' (Allgemeines Tageblatt), „Kuryer Warszawski‘ 
(Warſchauer Sourrier), „Giazota Warszawska’' (Warfchauer Zei⸗ 
tung), „Gazeta codzieuna‘ (Tägliche Zeit.) unb „„Korrespon- 
dent Warszawski’ (Warfchauer Gorrefpondent). Außerhalb ers 
feinen nur folgende fünf politifche Blätter in polnifcher Spra⸗ 
de: ,‚Tygodnik Petersburgski" (Petersburger Wochenblatt), 
‚Kuryer Litewski” (Lithauitiher Courrier in Bilna), ‚„‚Gazeta 
Krakowska’ (Krakauer Zeit.), ‚‚Gazeta Lwowska” (8ember: 
ger Beil.) und „Gazeta Poznanska‘ (Pofener Beit.). - In 
Warſchau erfcheinen noch wöchentlich ein ‚Heft bes „Polnifdyen . 
Wochenblatts” (‚Tygodnik 8* unb zwei Zeitſchriften für 
Oekonomie: ‚„„Sylwan’ und, Denkſchriften für kandwirthſchaft und 
Zechnologie” (,„Pamiĩotnik rolnicxo-technologiceny)“, bis jegt füuf 
Bände. In Petersburg erſcheint feit Anfang biefes Jahres 
eine Beitfchrift „„Egida”, welche Auffüge in polnifcher, italieni⸗ 
ſcher und franzoͤſiſcher Sprache enthält. Das Programm berfel: 
ben in ber erfi:n Rummer ift ſehr pomphaft. e Zeitſchrift 
wird enthalten: „Erhabene Dichtungen, welche ben großen Geiſt 
bes Friedens und allgemeinen Wohles athmen; meifterbafte Ver⸗ 
gleihungen bee Grzeugnifle in den philoſophiſchen Wiffenfchaften, 
den ſchoͤnen Känften und der Induſtrie; Darftellungen aus der 
Geſchichte zur allgemeinen Schauung , mit einziger Tuͤckſicht auf 
bas wahre Gluͤck des Menſchen; Früchte ber Geres unb ber 
Klora im Gegen der Induſtrie; Werkzeuge, die des Menſchen 
Kräft vertreten. Beſondere Nummern enthalten ein Syſtem 
wiflenfchaftlicher Uebungen für Kinder. Zulegt noch Mobelupfer 
tig erfcheint eine Nummer. Jährliche Pränum. 


das andere, 


u A.“ 


50 Rub. 





720 


Kroton. 
Die hi Bocietät ber Wiffenfchoften gewinnt im unfern 
Tagen —* — polniſcher Literatur on Bichtigkeit da⸗ 
darch, daß jett alle dergleichen Anſtalten im Koͤnigreiche Polen, 
guient noch vor kurzer Zeit auch bie Societaͤt bes Freunde ber 
Wiftenfhäften in Warſchau aufgehosen worden find. In ber 


diesjährigen Öffentlichen Cigung am Zahrestage der Gründung ‘ 


der Societaͤt (28. Febr.) Kat ber Präfldent derſelben, zuglei 
Rectoe ber jogiellonifchen Univerfität, Dr. Gftreicher, über die 
Arbeiten der Gocietät während bes verfloffenen Jahres Reden 
ſchaft abgelegt. Im Ganzen find 14 Abhandlungen verle⸗ 
fen ober eingefchickt worden, weiche in bem naͤchſten Bande ber 
gefammelten Abhandlungen erſcheinen werben. Die wichtigſten 

eiben find: Siſzniewſti, „Ueber bie erſten Ginwohner von 

tpreußen‘ ; Weiffe, „ Triennium astronomicum, seu altitndo 
poli Cracoviensis ex observationibus cum cireulo meridiano 
per tres annos institutis, et comparatio hujus determinatio- 
nis cum illa per Theodolitum inventa, una cum propositioni- 
bus ad ampliorem usum hujus instrumenati;5 Karl Hube, „Ue⸗ 
ber Maß und Gewicht der alten Polen; Gtaczlowffi, „De lon- 
itudine geographica Cracoviae; Dr. und Prof. Kaletan 
—* „Ueber die Telegraphen der Alten, beſonders der 
Griechen und Römer’. Wichtig iſt in der letzten Abs 
handlung die durch Stellen aus Gäfar’s galliſchem Kriege, 
in benen von WBuchflabentelegraphen bie Rebe if, belegte Au« 
ht des gelehrten Verfaſſers, daß man ben alten Malliern 
den erften Gedanken an eine volllommenere Zelegraphie zus 
ſprechen müffe, welchen bie Nachkommen berfelben fpäter weiter 
ausgebildet haben. Im verfloffenen Jahre hat die Societaͤt 
ernannt: zum Ghrenmitgliede Adam v. Siemonfli; su wirtlis 
den Mitgliedern: den Dr. und Prof. ber Theol. an ber jagiels 


loniſchen Univerfität Schindler und ben Dr. phil. et jur. Rze⸗ 


finfli, Advocaten in Kralaus zu correfpondirenden Mitgliebern : 
den Prof. v. Leonhard in Heidelberg, die Prof. Stromeyer und 
Hausmann in Böttingen, den Prälaten Brutti in Rom, ben 
Chemiker Toroſiewicz in Lemberg und ben Propfi Mikiemicz. 
Berloren hat die Societaͤt durch den Tod: den Dr. und Prof. 
der Mebicin an ber Univerfität Boduſzynſti und ben Prorector 
bes Lyceums Wyſock. 

In der hieſigen akademiſchen Buchdruckerei iſt vor Kurzem 
ein trefflicyes Werk don einem jungen Autor erſchienen, naͤmlich 
Dr. Macherzynſki's „Geſchichte der Lateinifchen Sprache in Por 
en’. Nach dem Zeugniſſe unferer Literatoren if fchon feit fans 
ger Zeit fein Werl von fo tiefer Gelehrſamkeit und fo großer 
‚Wichtigkeit für die Wiffenfchaft von uns ausgegangen. Im 15. 
und 16. Jahrhunderte war bie lateinifche Sprache unter den bb: 
‚been Ständen Polens allgemein verbreitet. Die Könige ſprachen 
lateintfh. Barkara Zapolſta, die Gemahlin Sigismund J., Hatte 
fich «nicht nur lateiniſche Claſſiker zur Lecture erwaͤblt, fie fchrieb 
auch, fo oft der König abweſend war, Lateinifche Briefe an ihn. 
Bona Sforza, die zweite Gemahlin dieſes Königs, in allen Wil: 
fenfehaften erfahren, bediente ſich ſelbſt in ben vertrauteften Ge⸗ 
ſpraͤchen mit dem Könige ber lateinifhen Sprache. Choisnin 
"in: feinen Memoiren über die Srwählung Heinrich's von Valois 
zum, Könige von Polen gibt bas Zeugniß, daß unter 100 polni⸗ 
ſchen Edelleuten kaum zwei zu finden feien, die nicht lateinifch, 
beutich und italieniſch verfländen, und Martin Cromar, Bifchof 
von Ermeland (ft. 1589), ber in reinem und eblem Ratein eine 
ausführlie polniſche Geſchichte gefchrieben hat („De origini- 
bus et rebus gestis Polonorum libri XXX’), in weldyer man 
fo viele PYarteilichleiten für die Polen antrifft, meint, es hätten 
fi vielleicht in Latium ſelbſt nicht fo Viele befunden, bie geläufig 
lateiniſch geſprochen, als in Polen. Am (Ende des genannten 
Werkes befindet fich ein Werzeichniß aller in Polen erfhienenen 
‚Ausgaben der lateiniſchen Claſſiker. Bon Cicero find ganz ober 
theilweiſe 45 Ausgaben erfchienen, zuerſt das Buch „De senectute ’ 





Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: %. A. Brodhaus in Leipzig. u 


um 1500, eine SIncunabel, in Krakauz von’ il e 
Ausgaben, bie erſte 1642; von doray acht, ee 


muß, fo zählte diefe Facultaͤt im verfloffenen Jahre allein 499 
Zuhörer (darunter 177 polnifcher Abkunft, 200 Ruſſen, 69 
Deutſche); an dem vierjährigen juriftiichen und abminiftzativen 


Gürfe nahmen Theil 242 —5 (117 Polen, 23 .Ruflen, 92 
Deutiche), und an bem ebenfalls vierjährigen theologiſchen 485 
(148 Polen, 320 Ruſſen, 9 Deutiche). Ron mebicinifhen Wik 
ſenſchaften wird nur in einem zweijährigen Curſe Medicochirur⸗ 
gie gelehrt, im vorigen Jahre vor 65 Zuhörern (41 Juden, 12 


Holen, 10 Deutfche) 5; wer promopiren will, begibt fich nach Wien . 
enbium für ĩ dirende 


wo auch ein Stip nnbemittelte, Medicin fiu 
Galizier beſteht. 

Die wichtigſte wiſſenſchaftliche Zeitſchrift, welche jet in pob⸗ 
niſcher Sprache erſcheint, iſt diejenige, welche das hieſige Offer 
linſtiſche Nationalinſtitut herausgibt („Czasopismo naukowe 
od zaktadu narodowego Ossoliäskich wydane”); für ben Ge 
fhichtsforfcher find beſonders intereffant die Auszüge aus ten 
noch ungebrudten Werken von Offolinfli über bie Anfänge bes 
&laven, und von Frz. Siarczunfli Geſchichte des Beitalters Gi 
gismund 11. 172. 





Notigen. 


Der franz. Gefchichtfchreiber Lemontey fagt in feinem 
‚„Essai sur l’etablissement monarchique de Louis XIV” (©. 
358): „Ce seroit un livre neuf et utile, qu’une histoire des 
crimes du pedantisme.” Bat ſchon Zemand unternommen, 
eine ſolche Geſchichte zu ſchreiben ? 


Der literarifhe Rachlaß bes Neugriechen Koratt 
Bekanntlich ift diefer gelehrte Hellenift und ebenfo kennt⸗ 
nißreiche als menſchlichgeſimte Arzt feiner Ration am 6. Aprüf 
biefes Jahres, beinahe 85 Jahr alt, in Paris burch ben 
Tod entriffen worden. Wie wir aus guter Quelle erfah: 
ven, hat er ſelbſt eine bis zu Ende bes 3.1829 ſich erſtreckende 
Autobiographie : Hinterlaffen, die mit feinem übrigen ſchrift⸗ 
lichen Nachlaſſe feinen Erben anheimfäut, jedenfalls aber nicht 
ungebruct bleiben wird. Zu Erben bat er feine Landsleute, 
bie Shioten, eingefegt ; namentlich feine Bibliothek foll das in 
Chios zu gründende Lyceum erhalten, unb biefelbe wird alfe 
demnach, wenigftens vor bee Hand, Griechenland unmittelbar 
nicht zu gute fommen. Unter jenem Nachlaſſe befindet fich ber 
fünfte Banb ber „Araxra" (mit Beiträgen zur griechifchen Leri⸗ 
kographie, in einem neuen Alphabete, wie ſchon der vierte Band), 
feener viele Bemerkungen zu den Gchriften des Bippolrates 
und Galen, eine faſt ganz vollendete neugriechiſche Ueberſetzung 
bes Herobian, Materialien zu einem feanzöfiich:neugriechifchen 
Wörterbude u. f. w. Auch dies wird hoffentlich, etwa unter 
benn Ramen „Araxıa", durd die Erben (die Tefamentsvoik 
fireder find die Griechen 3. Rotas in Zriefi und A. Konte 
ſtavlos in Aegina) in Drud gegeben werben. Bon einer 
dur) ihn beforgten Gefammtausgabe feiner vielen Prolegome 
nen waren bei bem Tode des Korais bereits 22 Wogen fertig; 
hoffentlich bleibt aber auch dieſes nüglike Unternehmen nicht 
unvollenbet. Die befte Biographie von ihm enthält die „Bio- 
graphie nouvelle de contemporains” (1822), indeß iR fe 
nicht ohne falfhe Angaben, welche bie Autobiographie be 
richtigen wird. - 30, 


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... Blätter 


für 


literarifhe Unterhaltung. 





Dramatifche Bücherfchau fir das Jahr 1832. 
Dritter und Iester Artikel. 
(Beſchluß aus Nr. 174) . 
86. Spiele für die deutſche Bühne. Bon Julius Eberwein. 


Erſtes Bändchen. Das Ofterwaffer. Luftfpiel in einem Acte. 
r. 


Leipzig, Weygand. -1888. 12. 86 


Die kleinſte aller Kteinigleiten mit bem Namen eines Lufts 


fpiels, und dieſe Kleinigkeit unter dem anfpruchsvollen Zitel: 


„Spiele fuͤr die deutſche Bühne”, eingeführt, laͤßt uns auf wenig 
Urtheil, Beſcheidenheit und Selbſtkenntniß bei dem Verf. ſchlie 


fen. Das Gtüd ſelbſt gehört zu der großen Gattung des Mit 
telguts, welches bündelweife aus Thalia's Schoos fällt. Ge: 
fhmad und Wis fpielen darin eine ſehr untergeorbnete Rolle, 
und die Grfindung eine nicht bebeutendere. Der Verf., der bieß 
Kind ber Öffentlichen - Ausftelung werth hielt, verfpricht eben 


acht, der Wiederherſteller der deutſchen Komödie zu werden.. 
37. Dramatifche Kleinigkeiten. Auch unter dem Titel: Dramas |. 


tiſche Spiele, von Herzenskron. Driter Band, Wien, 
Sendler. 1838. 8. 20 Er. 


Wir Iefen biefe bramatifchen Beiträge flets mit Bergnägen. ' 


Wiewol ſaͤmmtlich entlehnt ober bearbeitet, find die Stüde ſelbſt 
meiftens mit Geſchmack erwählt und in heiterer Sprache, welche 
manchen törnigen Einfall bes Berf. aufnahm, glücklich übertras 
gen. Er verfieht es, feinen franzoͤſiſchen Sujets das Fremdar⸗ 


rige abzuftreifen und durch einen Reichtum von localen Bezie⸗ 


hungen und localen Witzen fie völlig einzubürgern. Faſt alle 
fünf hier gegebenen Euftfpiele (oder beffer: Poſſen) lefen fich wie 
in Wien tmpfangene und geborene, und wir fehen dem Verf. 


ſeine Scenenverfegung nach um bed Geſchickes willen, mit bem 


er biefe vornimmt. Gr überfept niht, er bearbeitet feinen 
Stoff von Neuem. In dieſer Weile hat ee „Jagd und Ball’, 


„Die Witwe von achtzehn Jahren“, nach Théaulon, „Acht vers 


nünftige Tege“, nach Caſtelli's Erzählung dieſes Namens, und 
„Die Landpartie“ (nach Weibling), nad) dem Sranzöfifchen bes 
©cribe und Melesville, in der That zu ergöglichen Gtäden ges 
macht. Bon dem „Bittfteller in Verwirrung’ gibt er uns keine 
Quelle an. Iſt «6 Originat, fo ift es ein erfreuliches und fleht 
dem befannten Seren „L’Esperance’” an Laune und glödlichem 
Wig wenig nad. Der Dialog bes Verf. ift durchaus Iebenbig 
und mit Wigworten und Wortwis faft überfüllt. Hierin fucht 
er feinen Meifter. Ob ihn die höhern Gattungen des Witzes, 
Bituations: und Sharalterwig, zu Gebote ſtehen, ha ee und noch 
nicht beiviefen; aber wir follten glauben, es müffe ihm nur an 
dem Willen dazu fehlen. Der Verf. verfuche es einmal, zu dem 
Höhern Luftfpiel emporzufteigen s Fi ift etwas in ihm, was einen 
zweiten Kobebue, einen Beſieger Raupach's verkündet. Und dies 
Etwas ift fein echtdramatifcher, von Wis fprubelnder Dialog. 
83. Die Zeitalter. Drei flächtige Skizzen zu einem Chärakter- 
gemätbe: I. &o find fie geweien 1520. II. &o waren fie 
1708. III. &o find fie 1830. Bon C. M. Heigel. Nuͤrn⸗ 
berg, Winter. 1882. Gr. 12. 18 Er. 
Der Verf. bildet ſich ſteif und feft ein und bräftet ſich 


nur! Die Ritters, Kiofters, Geluͤbbe⸗, Sauf⸗ und Abergl 
‚zeit von 1520 ift mit fehr matter Farbe gemalt, bie Gontrafte 





nicht wenig damit, dee Erfte geweſen zu fein, ber den Gedanken 
einer dramatiſchen Trilogie gefaßt Habe. Er verfichert, baß, was 
in unb außer Deutfchland in diefer ziemlich unkünftterifchen Form 
erſchienen, Nachahmung feiner außerorbentlichen Grfindung ſei, 
und daß „Patent und Shawl”, „Das Leben eines Epielers” 
ja ſelbſt Dumas’ „Stockholm, Bontainebleau und Rom’ nichts 
anders als Plagiate feiner „Zeitalter“ fein. Es ift zu bewun⸗ 
dern, wie blind der Duͤnkel machen kann. Als wenn nicht So⸗ 
pholles, Shakſpeare, Lope und Schiller Trilogien aller Art ges 
ſchrieben hätten ! 

„Die Zeitalter’ nun verfinnlichen die Idee, bie deutſche Ges 


ſellſchaft in drei verſchiedenen Perioden der Culturgeſchichte und 


zwar in einer und derſelben Familie darzuſtellen. Wir haben 
nichts gegen dieſen Gedanken, er iſt an ſich ſelbſt gut, wiewol 
lange nicht fo unenblich geiſtreich und originell, als der Verf. 
meint: Dramatifh genommen aber iſt ex vollends ein salto 
mortale, ber mit dem Halsbruch aller Kunſt, aller dramati⸗ 
ſchen Bebeutung endet. Richtsbeſtoweniger Tönnen bie einzelnen 


{| Gruppenbilber, für fich betrachtet, gut ſein. Und wären fie es 


aubens⸗ 


find lange nicht ſcharf genug, und bie Empfindelei von Ekbert 
ift ein volllommner Anachronismus. Golchen Bilbern muß mehr 
Stubium zum Grunde liegen als der Verf. hat; wie können 
die Wahrheit in feinem Bilde nicht herausfinden. Biel beffer 
iſt die zweite Periode, die Zeit der Diplome, des Stolzes auf 
alte Borrechte, verliebter Suͤßigkeit, der Gabinetöregierkunft, 17083. 
Hier iſt bas Clariſſenthum bei Falten Herzen und manches Andere 
recht gut geſchildert. Das dritte Bilb ſtellt endlich die Selbſt⸗ 
fucht unferer Zeit, die Regierung ber Münze, bie allgemeine Steps 
fiö unferer Zage unb.bie hohe Verehrung, welche Jeder von uns 
für fich ſelbſt haben fol, ziemlich gut heraus. Das Ganze res 
fumirt fi endlich in Zulius Schlußworten: „Das Gefuͤhl bleibt 
ewig baffelbe. Immer will der Beſſere ſich bem Vorurtheile 
opfern, das ihm der Zeitgeift als Nothwenbigkeit unterfciebt. 
Meift flegt bie Ratur..... Ethelinde wollte fi einem Gelühbe, 
Stariffa einem Diplome und ich mich dem Gelbe opfern. Einſt 
berrfchte bee Aberglaube, dann der Stolz, jeht, unter uns ge 
fagt, dee Egoismus, bie Habfucht. Ehmals kamen bie bewegen: 
den Gründe aus dem Kiofler, dann aus dem Gabinete, heute 
aus der Münze. Aber bie reinen Gefühle, Großmuth, Liebe, 
waren zu allen Zeiten da. Raub, tapfer, leichtgläubig, fromm 
und verliebt find fie geweſen; fteif, förmlich, ftolz, ängfttich und 
verliebt waren fie; leichtfinnig, eigennüsig, frei und verliebt find 


fie. Liebenswürdig aber find fie geweſen, waren fie, und liebenes 


würdig find fie (die Brauen nämlich). Dies dramatifch auszu⸗ 
machen und barzuftellen, war die Aufgabe bes Verf. Er bat es 
dargeftellt, aber dramatiſch eben nicht. Er hätte eine Fabel er: 
finden möffen, welche feine drei Bilder zu einem Ganzen vereis 
nigte; die Sache war leicht; er hätte ferner das Wefen der dra⸗ 
matifchen Sprache ftubiren müffen, die ex entweder in kleine, un: 
genießbare Biſſen zerhackt ober In Langen Bruͤhen herumſchwim⸗ 


x 





a 


mend unappetittich auftiſcht; er Hätte enblich feinen Wilbern mehr" 
dramatifches Intereffe mitgeben follen, als fie jegt entwideln. 

Bei alledem bleibt bie Idee gut und ber Wiederaufnahme mit, 
beffern Kräften wärbig. 


89. Die Freier. Luſtſpiel In drei Aufzuͤgen von Joſep h Frei⸗ 
em von Gihendorff. ‚Stuttgprt,. Brotpag... 1858, 

Dr. ' " " —X 

Bu guter Echt weſſen wir doch ch auf biſen AMutor db 

ohme Zweifel zu den bramatifchen Notabeln Deutfchlands ge 

hört, und ber fein Patriciat auch jegt wieber mit einem, von 

‚ vielen Gelten ber achtbaren Beweiſe kundgibt. „Die Freier“ 


00 


find ein Euftfpiel, wie wie deren brauchen, damit die Buͤhne ſtich 


von ihrem äffhetifchen Verfall erhebe; phantafievoll mit Me erg 
ſcher Laͤuterung Steigerung der Lebensverhaͤltniſſe * 
in ber Sprache der echten Komdbie theilweiſe, wo es eine 


gefteigerte gut dieß, in Werfen — geſchrieben und 
voll — Charakteriſtik, die wir vorzugsweiſe als eine 
ei . 


bngeichnen möäffen ,. weit fie: die Virküchkeit verkluͤrt und 
t. MWBöäre.die Intrigue fo rein, fo klar mb 
amäß als es die Charaktere find, fo werben wis: nicht ats 
@ehen, ‚Die Freler“ ein claffifches Luſtſpiel zu nennen unb es 
der ſehr geringen Anzahl von mahrhaft poetiſchen Komoͤdien be& 
zuzaͤhlen, die wir im Deutſchen befigen. Allein hier herrſcht Ver⸗ 
wirrung, Schwanken und Motivloſigkeit, und ber Mangel :ciwes 
klaren Willens: unb einer kiaren Anſchauung wird erfennbas. 
VBerkleidungen, auf welche am Ende Alles hincustuͤuft, find ein. 
zu verbrauchtes komiſches Motiv, um noch heute ein: wirkſames 
zu ſein; ihr ausſchließlicher Gebrauch deutet immer auf seine in⸗ 
bätivende Schwaͤche ber erfindenben vis comican, Dagegen iſt 
der Wortwig in dieſem Stücke von vorzuͤglicher Dirkung; "er 
unertwarteter Antworten an, weldhe 


Loch angen Hanb durch⸗ 
—ãæâã———— 
6 13 . Teo.o s j an 
e ! Bei —* Leben komet nichte heraus. Flitt. 
Us der Ellbogen aus dem Aermel u. ſ. w.“ Dieſer Wortwit 
in —— mit einer echt poetiſchen Auffaſſung der Charak⸗ 
tere, Graͤfin Adele, Mora, Leonard, bes Weltmenſchen Fleder 
zwiſchen den Genies, Flitt und Da das ift die ſtarke Seite 
dieſes jebenfalss bebeuteriben iels, deſſen ſchwache Seite 
die Führung der Zatrigne iſt, welche uns weber beſondern Heiz 
noch Wahrſcheinlichkeit für ſich zu haben ſcheint. 
40. König Vollmar auf Harbenſtein. Vaterlaͤndiſches Traukr⸗ 
wg in fünf Zufsügen von C. G. Korte Schwelm, Scherz. 
. 8. ‚Gr. 


Wir fließen unfere Anzeigen mit einer Gedankentragoͤdie 
adhtbarer Art, ber wenig fehlt, um zu den ausgezeichneiften Ga⸗ 
ben biefes Cyklus gerechnet zu werden. ine wunberliche weſt⸗ 
faͤliſche Sage hat. den Stoff zu dieſer Tragödie Hergrgeben. Im 
IJ. 1978 ran auf Burg Hardenftein an der Ruhr bei Ritter 
Neveling von Hardenberg ein Geiſt erfchienen fein, ber fih Koͤ⸗ 
nig Goldener (Bollmar) nannte, welcher fi als Baflfreund des 
Ritters lange bei ihm aufhielt,, lieblich auf der Zither fpielte, 
wuͤrfelte, ein guter Kumpan beim Wein war, aber geiſtliche und 
weltliche Männer durch feine Weisheit erbaute und mit bem 
Kitter, ben er liebte, zu Wette ging. Beine weihen Bände ließ 
ee anfühlenz aber fonft durfte Niemand Miene machen, fein We: 
fen zu en, fonft warb er boͤſez einen Küchenjungen, ber 
ihm nachſpuͤrte, fchnitt er In Stüden und briet biefe. Stets 
warnte er feinm Freund vor.jeber Gefahr und lehrte ihn Weis: 
peit. Er behauptete, die Shriften gründeten ihren Glauben auf 

rte, bie Zuben auf koſtbare Steine, die ‚Heiden anf Pflanzen 
a. dergl. mehr. Der Geiſt follte, fo fagt man, eigentlich bie 
@chwefter des Ritters (im Trauerſpiel Aline genannt). lieben md 
ſich deshalb vom Mitter Schwager nennen lofen. Endlich nach bem 


‚722 









Zobe bes Kuͤchenjungen verſchwand Vollmar mit einer ungiädi 
chen Weiſſagung über bas Haus Hardenberg. So erzählt Ge 
elinus Perfona in feinem ‚„„Cosmodram.‘, act. VI, ec. 76. Aus 
iefem fagenhaften Stoffe Hat der Verf. nun eine ibeenreicdhe Zen 
goͤdie gebildet. Wollmar ift ein verkörperter Beifterkönig, der Ro 
g und Alinen burd, bie Kämpfe bes Lebens zur Tugend ya 
iehen ee . berBögiingegerli ben ‚ Re 
ling, indain feigen Schranke de en fans und be 
gehrt, wo er zu begehres aufhören follfe, und Aline, Weil fie zh 
bemüthig, zu ſchwach if, den Stuͤrmen bed Lebens zu 
3 Weide gehen an Ueberkraft und Schwäche, bie ſchlimmſten 
egner eines. beglädten Dafeins, unter. Dieſe allegorifche Ya 
bei it dramatifher Kunft an einer reichen Folge wechſel⸗ 
voler Bcenen amtwidelt, welche 5 Theilnahmecereden, bis 
Neveling ber Verleumdung und ber Feme, Aline ihrer Demuth 
IAn Aamen 


wortſelig, um es immer zu rechter Zeit zur Handlung kommm 
zu laſſen, ker gefallt fig: zuoſebe ie aber lee⸗ 
ren Worten. Seine Sprade ift, rein, ibeenxeiih und oft brama 
tiſch, fein Ber gut, aber bie. Diction des Stuͤckd iſt biffus, breit 
und nicht. felten ſchwuͤlſtig, 3. B. 
Batimar. 
on Meinen 

Sie Sei; von: inb’fchen. Baifeln, bazamı fert 

Wird droben ar yab neue Leben leben. 

D durch fo manden Kampf haſt du, bie Sabre 

Erxlernen mögen, daß dar Menſch fo ſchwach⸗ 
Wenn er, bie Kraft in Leidenſchaften ſucht 
Und zit in Ueberwindung feiner ſelbu — 


Biet zu viel Morte für eine- alte, trivinle Lehre, die obentia 


faiſch ausgedrückt erfceint, ba Niemand: die Leibenfihaft fucht, 
ſondern hat.und ven ihr werfucht wird. Dergla ichen BVedenken 


nie eine ſo dichteriſche, ruͤhrende Scen au 
z. B. bie if, * — Ba zu —— ke 


Bollmer. 
Betrachte mich nicht als ben höhern Self... 
i Aline. 
Und dennoch fÄRL ih, daß es Demuth IB, 
Abhängigkeit, was deine Liebe mir 
Dat zugewenbet.... 
So kehrten Götter einſt 
"Bel ſchwachen Sterbitchen, fo Tehrte Bott 
Im Paradiefe, fo der Gottesſohn 
Dei Magdalena em. Ich felber din 
Aur deine Magd Aline. 
Bollmar. 
ee. Mebe fo 
Muß ich tool deine Farbe tragen, um 
Als deinen Ritter mid zu zeigen... 
Flicht dab blaue Band mir um... 
Aline (bindend). 
Es if, als wenn auß unbetannten Spbären 
Ein feltner, fabelbafter Vogel fi 
Herniederwagt in eined Maͤgdleins Hände, 
Bon denen er fi wilig haften laͤßt, 
Worauf die Jungfrau, fein fi zu verfihern, 
Fon, Lindifch-fchlan, in Feſſeln legt. u f.w. 
Mit Biefer lieblichen Probe feines Poeſie entlaffen wir ben ach⸗ 
baren Verf., ber ſich des Beifalls zarter Serlan gewiß ge⸗ 
wird. 103. 


P 


U VRR - 


123 


Neber des Englaͤnbers Jacob Anfichten von: ben. Wirkun⸗ 
gen dee Gelb: und Silberausbeute und der: Minze 
in den legten drei Jahrhunderten. BE 

Nicht Leicht iſt ein Gegenftand geeigneter, viglſeitige Ex⸗ 
mögung und Beſprechung zu veranlaſſen als die Gchrift, weiche 
ber durch feine Unterſuchung ber europäifchen —— 
tion bekaͤnnte Engländer Jacob über die Wirkungan der Mies 
tallprodustion un ‚Xusmüngung bex Isgten Jahrhunderte her⸗ 
ausgegeben bat. Faſt alle frangöfifchen und deutſchen Zeitfchzifs 
ten -lieferten einen. Auszug aus dem Integeffgnten Werkchen und 
verbreiteten mit ben brauchbaren. Thatſachen au des Engloͤn⸗ 
ders Aofichten- über bie Ausbeute und Ausmünzung edler Me⸗ 
talle in den-Ichten drei Jahrhunberten, obgleich biefe Anfichten 

de nichts weniger als allgemeine Verbreitung verdienen. Ip; 

n ben ‚Unfoberungen mehrer . britifchen Radicalen, namentli 

bes Bir Attwoob, nach Umänberung des GSelbigftems, ua Ganif 

fion vor Pfundnoten ftellen ſich dieſe Anfichten in. einer wirklich 
gefährlichen Geſtalt heraus. Hoffentlich. trage ich feine Gule 
nach. Athen, wenn {sh mir erlaube, ein Scherflein kritilcher Ber 


leudtung iu d. BI. niederzulegen. 

Des Inhalt ber Jacob' — iſt in der Kuͤrze fol⸗ 
gender: Bis zur Entdeckkung yon Amerika war ‚wenig eodles 
Metall, wenig baares Geld in Guropa; daher waren bie Geld⸗ 
preife, bed Getreibes ſehr niedrig, Die jährliche Ausbeute und 
Ausmünzung von Gold und Silber mochte nur fo groß fein, 
daß fie den jährlichen ‚Abgang arfegen.Tonnte; beswegen blieben 
fi die Getreibepreiſe im 15. Jahrhundert ziemlich gleih. 

Mit der Entdeckung von Amerika trat eine enorme Ver⸗ 
mebrung ber edeln Metalle und ber Münze ein. Im 16. Jahr 
hundert bob ſich ber Betrag bes baaren Geldes von 400 Mil 
lionen Gulden auf 1600 Millionen Gulden; im 17. Ighrhun⸗ 
dert flieg der Geldbetrag auf 3200 und im 18. auf 4750. Mil: 
Itonen @ulden. Die Gelbpreife des Getreides ftiegen im 16. 
Johrhundert mit der Geldmenge auf das Vierfache; im 17. Jahr: 
hundert fiegen fie aber nur um 3D Procent, weil bee Kriege 
Wegen ein Schell des Geldes und. Metalles nicht zu Markte 
kam, im 18. Jahrhundert. fliegen fie abes wieder mit.ber Geld» 
menge auf gleiche Weife um einige 20 Procent. Diefes anhal 
tende Wachen des Gelbpreife war für bie inbuftridfen Claſſen 
ebenfo vortheilhaft, als es für bie Sapitaliften und Beſoldeten 
nadıtheilig war. Den Unternehmern kam ber fteigenbe Gelb: 
preis nämlich fehr zu gute, weil fie ben Lohn, die Materialien 
nicht gleich wegen des ſinkenden Geldwerthes höher zu bezahlen 
hatten, die Wenetianer faben aber im @elbwerthe auch ihre 
Mittel ſchwinden. Der Sturz ber europäifchen Ariftofratie 
wurde wefentlid durch die fleigende Geldmenge begründet. 

Seit dem 19. Zahrhundert nimmt jedoch die Ausbeute ber 
ebein Metalle bedeutend ab, bie Ausprägung kann nicht. beftän- 
dig ſich ſteigern. Es muß baher ber Geldwerth fih erhöhen, 
die Geldpreife ber Güter müflen fallen. Die Abnahme bes 
Gelbpreifes wird aber die entgegengefegten Wirfungen hervor 
bringen. Die Induftriöfen Clafſen müffen leiden, weil mit bem 
fleigenden Werthe bes Geldes Lohn und Material nicht gleich 
im Preife fallen, ja oft ſchon bezahlt find. Dagegen werben 
die Gapitaliften und Beſoldeten einer golbenen Aera entgegen 
gehen. Die heutigen Leiten Europas find ſchon — Wehen ber 
verminderten Metallproduction und Ausprägung. 

Was bei diefem Inhalte der Schrift das Wunderbarſte iſt, 
das ift gewiß nicht die große Senfation, bie fie macht, fondern 
Yediglich das in berfelben bekundete Vergeſſen ber größten unb 
gründlichften Unterfuchungen, welche Smith im Gebiete ber por 
fitifden Delonomie auf dem britiſchen Boden angeftellt hat. 

Zuvdrberft mäffen_wir erflaunen, bie Anfiht: „daß bie 
Preiſe mit ber Beldmenge felgen ober fallen”, in dar allem 
crafjeften Geſtalt Hier ausgefprochen zu finden. Hume, ber als 
der Vater diefer Anficht angeführt werden Tann, hat fie boch 


ganz anders entwidelt. Nach ihm ift nicht die abfolute, fon: 
Gelbpreife, 


dern bie relative Beldmenge der Negulator . ber 


5, eo kommt auf das Merbätteik das unjlaufenden Meibet 
au ben auggebosenen Boaren; an. Herr Jacob Jäßt. aber hie 
Getxeidepceiſe getroſt auf das Doppelte, auf das Vierfache ſtei⸗ 
gen, wenn bie Geldmenge is; Ganzen auf das. Doppeife oder 
Bierfohe flieg. Keine Frage: ‚op dann nicht auch bie Weg 
tehrsgüter ſich vervielfacht umb eine größere Maſſe Geldes zum 
umfage angefobert haben?! Gaſett aber, Herr Jacob habe bie 
reletive Geidmenge im Auge gehabt, fo ‚hätten ihn doch wenige 
Blide in das Gmith’fche Werk überzeugen müffen, daß das 
Steigen und Sinken der Gelbpreife auch von ber velatinen Gelb: 
menge nicht in dem gefchilderten Maße abhängen Fönne Nenn 
auch. das Geld ſich ſtaͤrker vermehrt als die Summe ber Ver⸗ 
kehrsguͤter, ſo kann doch ein Sinken des Geldpreiſes daraus 
uch) nicht gefolgert werben. Iſt es denn nicht möglich, daß 
bie Geſchwindjgkeit des Geldumlaufeß ſich vermindere, ein Tha— 
ler nicht mehr ſechs, ſondern nur vier Umſaͤge made? Kriege 
hatten. frühes flets diefe Wirkung. Umgekehrt kann wieder eige 
Abnahme der relativen Geldmenge ohne Steigerung des Geld: 
preife eintreten, wenn ber Gelbumlauf an Geſchwindigkeit zu⸗ 
nimmt unb ein Thaler die Dienfte von fachfen chut, währemb 
er vorbem nur viermal bienen fonnte. Die großen Umgeftals 
tungen. bed mobernen ECuxopa haben offenbar eine, ſolche Um⸗ 
lauftgeſchwindigkeit hervorgebracht, denn es mehrten ſich die 
kuͤnſt lichen Straßen, bie Poſten wurden beſſer, die Abceihnungs⸗ 
arten bequemer. Endlich ſcheint Here. Jacob unter:.ber. Geib- 
menge immer nur bas baare Geld zu verſtehen. Gewiß IE 
aber das Creditgeld ein ebenfo gutes Umlaufsmittel als bas 
baare. Gewiß wird ein Papiergeld, welches auf Pari flieht, 
bie geringe Menge baaren Geldes nicht empfinden laffen. Nur 
bei einem Schwanken des Papiergeldes tritt die Nachfrage nad 
bem baaren Gelde ein,. nicht eher. Es ift baber wol feltfam, 
daß mus von Ausmüngungen die Rebe iſt. Auch von Emiſ⸗ 
ſionen folte bie Rede feinz. aber folgt: da6 Papiexgeld nicht 
ganz andern Gefegen? iſt es bie biofie Menge des Papiergel⸗ 
bes, welche ben Gurs beſtimmt, wie Ricardo behauptete, oder 
ift es nicht vielmehr. ber durch bie Menge weſentlich beſtimmte 
Grebit, ber ben Curs ber Papiere bervorkringt? 

No mehr. möffen. wir uns barüber befvembet zeigen, baf 
Jacob das Steigen der Belbpreife in ben frühern Jahrhunder⸗ 
ten nur aus ben großen Auqmuͤnzungen, nicht aber aus dem 
fintenden Werthe edler Metalle ableitet. Dard bie awerikani⸗ 
Then Bergwerke wurden Bol: und Silther in Curopa häufig, 
es ſank der frühere babe Werth. Da fi ber Werth der: Muͤnze 
an.ben Werth. des Materiels anfchließen muß, fo ſank natürlich 
auch ber Werth der Münzen. Deber zum Theil bie bebauten 
den Ausprägungen. Nehmen wir an, baß die Ausprägung ber 
Maßſtab des ſinkenden Metallpreiſes fei, fo würde aus biefem 
allerdings fich begreifen, daß die Geldpreiſe im birecten Ver⸗ 
bältniffe mit der’ jebetmaligen Muͤnzmenge ſtehen. Alten gewiß 
ift nicht angenehmen; daß die Ausmünzung ganz umb gar von 
dem finfenden Metallwerth herruͤhrte. Wir. wiffen ja, daß bie 
Regierungen fehs ſchlechte Muͤnze machten, einen übertriebenen 

lagſchat hoben. Wenn die Marl Silber auf dem Markte 
nur 18 Thaler gilt, aber. 32a Thaler ausgeprägt wirb, fo 
wird bei gutem Grebit ber "Siegierung dad Sinken des GSilber⸗ 
werthes einer Marl noch nicht ein ähnliches: Sinken bes Wer 
thes der Münze nach fich ziehen. Die Muͤnze ift ja in: biefem 
alle ein Grebitgeld. Aber ebenfo Tann auch bei einem fteigen- 
den Preife bes Silbers die ſchlechte Muͤnze ungehewer tar Preiſe 
weichen, wenn nämlich ber Credit ber. Regierung ſich int: &chtechte 
newenbet bat. Was Toll man bazm fagen, daß Jakob aufi bie 
Beſchaffenheit ber Münze gar keine Rückſicht nahm, ſondern 
nur bie Geldffuͤcke überhaupt zaͤhlte? 

Ohne Zweifel wird Niemand biefen Bemerkungen und: Auße 
ſtellungen etwas anhaben koͤnnen; aber: viellsiht wird Jacob 
bei dem Leſer baburdy die Oberhand behalten, baß:ja'die Ete 
fahrung, die in Zahlen, burd die Grfchichte. bocumentirte. Ev⸗ 
fahrung bie Jacob'fcen Gäge. befkätäge. Zay-biste jedody höß 

dem Wahrfcheinlichleitäcalent, deffen ſech Sacob 


7124 


bedient, Fein g großes Anfehen einraͤume. Die Abſchaͤtung ber 

Gold» und @ilbereinfuhr und ber gefhehenen Ausprägungen 
iſt eine fehr ſchwankende; man darf ſich nicht — ſehr darauf 
verlaffen. Ebenſo find die angeführten bundertjährigen Durch⸗ 
ſchnittapreiſe des Getreides nur mit großer Worfiht zu gebrau⸗ 
hen. Adam Smith hat in feinem unfterdlichen Werte Aehn⸗ 
ches verſucht; die Refultate fielen ganz anders aus. Es iſt 
durchaus richtig, daß die Geldpreiſe des Getreides bis auf die⸗ 
fes Jahrhundert ungeheuer ſtiegen; aber man bedenke a) bie 
wachfende Bevdlkerung, b) bie darnieberliegenbe Agricultur, 
e) die vielen Kriege um bie Religion, um das Gleichgewicht 
und um bie Freiheit, und man wird nicht allein in ber Geld⸗ 
menge den Schluͤſſel ſuchen. 

Die Abnahme der Metallproduction muß auf bie Gelbpreife 
mädtig einwirken; aber es ift fehr zu bezweifeln, daß das 
heutige Elend davon Tomme. Allerdings iſt die Ausbeute ber 
ebeln Metalle geſunken; aber wie fehr fiel auch ber Verbrauch! 
Afien verſchlang ſonſt unſer Silber, nun kommt zuweilen Sil⸗ 
bee zu uns zuruͤck. Auf Geſchirre wirb jest weniger edles 
Metall verwendet; Papiergeld eripart un ebenfalls viel Mes 
tal. Geldmangel iſt wirklich gar nicht vorhanden. Fürs Erſte 
haben die Ausmünzungen in allen Ländern feit 15 Jahren ſich 
fehe vermehrt. In England z. B. wurden 1790 — 1809 nur 
21,493,000 Pf. Gold und 1216 Mill. Pf. Silber ausgeprägt, aber 
181030 wurden 45,387,000 Pf. Gold und 9,149,411 Pf. 
Silber geprägt. Aehnliches geſchah in Frankreich, Oeſtreich, 
Preußen und Rußland. Fuͤrs Zweite hat bie Umlaufsgefchwin: 
digkeit aus mehr als einer Urſache zugenommen. Allerdings find 
die Geldpreife gefunfen, aber bie Urfachen liegen außerhalb ber 
Seldmenge. Weicht ber Getreibepreis, To bebente man ben 
fangen Frieden, ben Anbau aller Streden, bie Bervolllomme 
nung des Urprobuction und bie Weränberung ber Gonfumtion 
von Gerealien. Weichen bie Preife ber Yabricate, fo ermäge 
mat die Mafchinen, den Arbeitslohn, den Zinsfuß. Weichen die 
Preiſe des liegenden Eigenthums, fo führe man fich die Staats: 
papiere zu Semüthe, deren Ankauf unendlich vortheilhaft ge: 
worben ift zum Nachtheil der Healitäten. 

Jacob's Schrift iſt nichts als eine huͤbſche Seifenblaſe. 
Unfere Mercantiliften ſchreien Wunder, weil fie darin einen Be: 
weiß feben, daß die Beldmenge, bie ſteigende @eldmenge 
Alles in Adem ſei. Man laſſe ihnen ihr Vergnuͤgen; fir 
Shimären dient befanntlich aud der Sand zur Grundlage. 
Mas man aus Zacob lernen Tann und foll, ift die Wahrheit, 
daß fleigender Reichthum an Freuden reich fei, fehr ausgedehn⸗ 
ter Reichthum aber nur Leiden bringe!! 150. 








Dee biftorifche Miefenverein in Nürnberg. 


Als ih, ermuntert von Bönnern unb Freunden, mit fo 
günfigem -Srfolg ben erften ausführlichern Plan zur Bildung 
der biftorifchen Vereine in Baiern entwarf, ging ich von bem 
Grundfage aus, daß die alten Denkmäler ihre vorzüglichfte Deus 
tung oder Erklaͤrung aus dem Standpunkt der Orte zu ems 
pfangen hätten, wo fie gefunden worden, bie Urkunden aus jener 
Gegend, worauf fie verlauten, die Ueberlieferungen und Sagen 
auf bem Boden, dem fie urfpränglidy entfproffen, und daß, bei 
ber jegigen Wereinigung fo mannichfacher Länder in ein Reid, 
jeder einzelne Bezirk oder Kreis feine eigng alte Geſchichte ſelbſt 
zu bewahren befonder& berufen ſei, dis dann endlich aus allen 
diefen Ginzelnheiten ein kunſtreiches Banzes hervorgehen Tönnte. 
Diefen Anfichten volllommen beiftimmend, erklärte auch ein gewiß 
wohibefugter Sprecher, Jakob Srimm, bei Beurtheilung bes er: 
ſten biftorifchen Zahrberichts in den „‚@öttinger Anzeigen‘, 1831, 
Nr. 121: es fei allen foldhen Verbindungen eine ſolche provinzielle 
Beichräntung fehr zu wünfden, welche ben Blick auf bad Gin: 
zeine fefthalte und die Freude des Raheliegenden erhoͤhe. Jede 
Gefeüfchaft diefer Art, wenn fie wirken wolle, ftärte:fid dba 


durch, daß fie ſich eine warme Enge ſchaffe. Gefelfdefien 


& la Feörussac feien nicht mehe an der Zeit, wenigſtens nicht / in 


Deutfchland (find auch bereits in Frankreich ſelbſt wieber in 
Dampf verpufft fowie noch andere, noch größere literariſche 
Sefelifchaften, die man barauf wollte folgen laflen, unb in ber 
That nur, wenigftens uns Deutfchen, das Bild ber Höchften 
Flachheit geboten). Die allgemeinen Verbindungen würben hin 
reichend genug durch Bibliotheken, Buchhandel, Briefwechſel an 
gefacht. Auch die Aufnahme ber Mitglieder fodere Maß und 
Deſcheidenheit. 

Ganz von dieſen Anſichten abweichend, will aber der Frei⸗ 
herr Hans von Aufſeß in feiner Einladung zu einer in Ruͤtn⸗ 
berg geftifteten Geſellſchaft für Erhaltung ber Denkmäler Alte 
rer deutſcher Geſchichte, Literatur und Kunft (ſ. beffen „Anzeiger 
für Kunde des deutſchen Mittelalters”, 1588, ©. 48, 
feine Anftalt dahin ausdehnen, daß ihr nicht nur alle Hifloris 
ſchen Vereine in Baiern, fondern in ganz Deutfchland, 24 an 
der Zahl, beiträten, und ihre Mitglieder fih auch no in 
Nürnberg aufnehmen zu laffen und Beiträge zu zahlen hätten 
(6 1. jährlich; bei 3000 Mitgliedern ber 24 Vereine mindeftene 
18,000 Fl. jaͤhrlich), während fie in unferm Kreis bisher gar 
nichts bezahlt. Kür den nächften Auguft fon fofort bie General 
verfammlung aller biefer bairiſch⸗ pommerſch⸗, thuͤringiſch⸗ 
maͤhriſch⸗, voigtlaͤndiſch⸗boͤhmiſch⸗, preußiſch⸗ titoliſch⸗, ſchle⸗ 


ſiſch⸗ naſſau⸗ und ſteiermaͤrkiſchen Geſchichtsvereine in Ruͤrn⸗ 


berg gefeiert werden. 

Augenſcheinlich iſt dieſer Gedanke ben Wanderungen und 
Zuſammenkunften der Raturforſcher entlehnt und abgeborgt. Es 
kommt mir nicht zu, zu beurtheilen, was durch dieſe bisher 
für die Naturwiſſenſchaft geleiftet worben fei. Da aber bie 
Geſchichte nicht in derfelben Art auf‘ der Einheit eines Sy⸗ 
ftemd beruht wie die Naturwiſſenſchaft, nicht auf Experimenten, 
Demonftrationen,, die man alsbald vor Jedermanns Augen zu 
allgemeiner Ergoͤtzlichkeit der zuſchauenden Laien ins Werk fegen 
ann, nicht auf Anfchauungen von Geltenheiten und nicht auf 
ſchon beftehenden Formeln, fo wüßte ich nicht, was aus bem 
Zufammentreffen fo vieler Geſchichtafreunde in den wenigen Tas 
gen folder Keftlichleiten und Gaftlichleiten an einem Orte, ber 
nicht einmal felbit eine recht alte Geſchichte oder vorzügliche 
biftorifche allgemeine Hülfsmittel in feinen Mauern hat, Ge⸗ 
beihliches heraustommen koͤnnte; weit mehr aber etwas Unge⸗ 
deihliches, ald da wäre ein ſchnell dahinfahrendes hiſtori⸗ 
ſches Plaudern und Abſprechen, ein Waffenftiliftand für bie 
alten Fabeln, das Gindringen einer kernloſen und nur allzu 
leicht überfchägten Mittelaltertbümjichleit, weldye in Ermange⸗ 
Iung eines Beſſern uns ihre alten Grabeötöpfe, Streithaͤmmer, 
Bierhumpen, verrofteten Spangen und verzerzten Heiligenbilder 
an vermeinttige gefhichtliche Leckerbiſſen darzubieten gezwungen 

würde, 

Sch beraube mic) vielleicht ſelbſt ſchoͤner freundlicher Ge 
nuͤſſe, wenigſtens jeet noch ſuͤßer Traͤume, wenn ich bei einer 
olchen Generalverſammlung ſo manche werthe Freunde zu tref⸗ 
en mir ſchmeicheln duͤrfie, So aber werde ich lieber dem 
Grundſatz zu Ehren ein Opfer bringen und als ein hiſtoriſcher 
Jonas unter meiner Kürbislaube zu Haufe bleiben. Uebrigens 
im reinften Intereſſe für die Wiffenfchaft, im freunblichften 
Sinn für die nürndberger Anftalt ſelbſt, ber ich fonft das froͤh⸗ 
lichte Bebeihen gönne, fobald fie fig nur — wozu fie auch wol 
die wenigften Anſpruͤche hat — nicht als ben Haupt⸗ und Gini⸗ 
gungtpunft aller Hiftorifchen Provinzialvereine ohne Volmacht 
und Beruf gleihfam zu einem neuen biftorifhen Papſtthum 
aufbringen will, erlaube ich mir ben innigften Wunfh auszu 
ſprechen, daß man doch ja den Werth und die Wichtigkeit des 
Befondern nicht plöglich wieber in ber Unreife und Leerheit ei- 
ner hohlen Allgemeinheit untergehen lafle. 

Ansbach, 12. Juni 1833. 

Kari Heinrich Nitter von fang. 


Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. X. Broddaus in Reipzig. 


| — 


— 


vu 


Blätter 


für 


Titerarifhe Unterhaltung. 





‚Dienftag, Kr. 176. — 25. Juni 1833, 





Weberficht der fchwedifchen Kiteratur vom Jahre 1832. *) 
3mweiter unb lester Artißel, 
Biffenfhaften.- 


Unter den diesjährigen Erſcheinungen im theologi: 
Then Fache find folgende die bedeutendften: „Paraphras öf- 
ver större delen af Nyn Tests. hel. Skrifter med Inled- 
ningar och Anmärkn.” (SParaphrafe über den größern Theil 
des N. Teſt., mit Einleitungen und Erklärungen von 
Dr. Samuel Dedman). Died Buch ift wie Kant's 
Phyſik aus den Gollegienheften des Verſtorbenen nicht 
eben ſonderlich zufammengerragen; - Iehrreih und ſcharf⸗ 
finnig ift aber das Werk, wie die Schriften dieſes bes 
ruͤhmten Orientaliften überhaupt, wenn auch nicht Alles 
befriedigend fein möchte. „Om det theologiska studium, 
med särskillt hänseende till Sverige” (Ueber das theos 
Logifche Studium, mit befonderer Rüdfiht auf Schwe⸗ 
den). Der Verfaſſer, 9. Reuterdahl, iſt Univerfi: 


tätslehrer zu Lund und Mitherausgeber der bdafelbft er: 


fheinenden, aber dem Vernehmen nad) bald eingehenden 
„Jheologisk Quartalskrift”. Predigtfammlungen find von 
dem juͤngſt verftorbenen Ekendahl, Hedren (2. Ausg.), 
Hagberg (2. Ausg), Gagner und Schartau (einem 
feit mehren Jahren verflorbenen pietiftifhen Prediger in 
Lund) erfchlenen, einzelner Predigten und geiftlichen Reben 
nicht zu gedenken. Früher fchöpften unfere Prediger meiſt 
aus deutſchen oder dänifchen Quellen; jegt hat ſich eine 
felbftändige Homiletik bei uns gebildet, die in mehren 
Punkten von der neuern beutfchen abweicht. Vielleicht 
tönnten manche beutfche Prediger jegt von den unferigen 
etwas lernen; wenn uns das Nationalgefühl nicht trägt, 
find die beſſern ſchwediſchen Homiletiker inniger, einfacher, 
mehr zum Herzen. fprechend; fo viel ift gewiß, daß wenig 
deutfche Predigten noch für unfere Gemeinden paffen, 
weshalb auch faft Beine mehr überfegt werden, Anders 
iſt es mit wiſſenſchaftlichen Sthriften, mo die deutfchen 


Theologen noch immer unfere Lehrer find; fo wurden’ 


Tholuck's beide Commentarien über Pauli Brief an bie 
Römer und Johannis Evangelium in diefem Jahr ſchwe⸗ 
diſch Herausgegeben und haben eine freudige Anerkennung 
gefunden. - 


) Bol. Re. 126 d. BI. | D. Red. 


Die Gefeggebungscommiffion, die feit 1810 thätig 
gerefen und dem Staat etwa 130,000 Rthir. gekoftet, 
bat jegt mit dem „Förslag till Criminal Lag” (Ent: 
wurf eines peinlihen Geſetzbuchs) ihre Arbeit beendigt, 
ob mit Glüuͤck, darüber find die Urtheile fehr getheilt. 
Schon bei ihrem Entwurf zu einem neuen bürgerlichen 
Geſetzbuche wollte fie mehre durchgreifende Aenderungen 
einführen, die unferm uralten Recht, unſern Gewohnhei⸗ 
ten und Gebtaͤuchen entgegen find. Diele biefer Veraͤn⸗ 
derungen find vielleicht cheoretifch richtig; - man wendet 
aber dagegen ein: „Das pofitive Necht iſt in einem alten 
Staat kein Werk der Theorie, fondern ein Ergebniß fruͤ⸗ 
herer, zum Geſetz erhobener Gewohnheiten und volksthuͤm⸗ 
licher Sitten. Wir verlangen und brauchen kein neues 
Recht, nur eine Reviſion des alten.“ Die Commilffion 
fommt in dem Entwurf oft mit den Grunbfägen bes 
bairiſchen Strafgefegbuche von 1813 überein und berüds 
fihtigt bie Abfchredungs= wie bie Beſſerungstheorie. Gie 
erkennt, wie die Sachen jegt ftehen, die nach ihrem Er⸗ 
meſſen theoretifch nicht zu vechtfertigende Todesftrafe uner⸗ 
täglich für gewiſſe, aber aͤußerſt wenige Verbrechen, weil 
deren unbebingte Aufhebung das Beſtehen des Staats 
gefährden, ja unmöglich machen würde. Die fortgefchrit: 
tene Bildung und Gefittung wird nach der Meinung ber 
Abfaffer des Entwurfs bie Todesſtrafe einſt unnöthig und 
unausführbar machen. Ihren philanthropifhen und — 
tft anders der Ausdrud erlaubt — ſtaatspaͤdagogiſchen 
Grundfägen gemäß, verlangt die Commiſſion gänzliches 
Wegfallen Edrperlicher Züchtigungen und nimmt pier Straf⸗ 
arten an: Lebensfteafe, Strafarbeit in fünf Graben, ſchwere 
und leichte Haft und Geldbuße. Die Regierung hat den 
im Allgemeinen mandyes Gute enthaltenden Entwurf, ber 
auch für die Mechtögelehrten des Auslandes von Intereſſe 
fein dürfte, zue Begutachtung den Univerfitäten, den vor: 
nehmften Gollegien und dem norwegiſchen Storthing vors 
gelegt und will überhaupt die Öffentliche Meinung barlıber 
vernehmen. Die Univerfität Lund hat ſich fcharf, die von 
Upfala mäßiger dagegen ausgefprochen; Derfleb in Ko: 
penhagen foll fehr Vieles daran gebilligt haben. 

Sommer erſchien vom Dr. Lindblad zu Up 
fala eine Abhandlung: „Om Dräp och Mord’ (Ueber 
Todſchlag und Mord). Dr. Schipter, der Herausgeber 
ber altſchwediſchen Provinzialgefege, fchrieb eine aͤußerſt 


726 


beleibigende Kritik darüber, melde zu einem langen 
Streit Weranlaffung gab, der zwar nicht mit Tod⸗ 
fhlag und Mord endete, aber doch mit vieler Erbitterung 
geführt warb. Bei biefer Gelegenheit erwähnte man eis 
ner Abhandlung, bie Schiyter nebft feinem Mitherausge: 
bee der Provingialgefege, Dr. Collin, in Mittesmafeg’s 
und Zachariaͤ's „Keitifche Zeitfchrift für Rechtswiſſen⸗ 
ſchaft“ 1829 einrüden ließ, deren Reſultat ift, daß das 
juridifche Studiums ſowie die Rechtspflege in Schweden 
in tiefſtem Verfall fei. Dies flimmte die öffentliche Mei⸗ 
nung gegen Schiyter, der einen nur zu leidenſchaftlichen 
Charakter hat und vielleicht bei diefem Streit offenbar, 
daß er kein. fo gründlicher Kenner der neuem Geſetzgebung 
ale der alten fei, was zur Folge hatte, daß die Achtung, 
die man ibm als tuefflicken Herausgeber und Commenta⸗ 
tor ber. Provinzlalgefege ſchuldig iſt, bei, Dielen erſchüt⸗ 
tert. wurde. 

In Chriftianftad kommt ein juribifches Archiv („Juri- 
diskt Archiv”) heraus. Die Driginalabhandlungen darin 
foßen nicht ſehr gehaltvoll fein, einige von. Sehlern. und 
factiſchen Misgriffen firogen. Das einzige Wer, weiches 
wir in deu neuern Kameraliſtik befigen, iſt das jest im 
einee neuen Ausgabe erſchienene Bud, vom. Prof. Dr, Rar 
benius zu Upfala: „Försök till Cameral - Lagfarenhet” 
(Berfuch einer wiffenfchaftlichen Kameraliſtik). Eine gute, kri⸗ 
tifch und ſehr zmectmäßig georhuste Sammlung — Im Ge 
biete der Staatsoͤlbonomie begagnet. uns eine Schrift vom Gra⸗ 
fon Bjoͤrnſtjerna. Miniſter zu London, bis: viel Aufiehen. ges 
macht bat, und deren Grundgedanke ift, dem Ackerbaue 
bedeutende Erleichterungen durch. Herabſetzung ber Grumbr 
feuer zu. gemähren und dafuͤr den. Staat burch eine Zoll 
erhöhung, der fünf. wichtigften Importartikel (worunter bes 
ſonders .Raffee, Zucker und Thee) zu entichäbigen. Cine 
vieifach mobifisiste Anwendung der. in biefer geiftreichen, 
nur etwas. zu flüchtig. bingemorfenen Schrift empfohlenen 
Maßtegeln duͤrfte nüglich. erfcheinen und wird auf- dem 
naͤchſten Reichbtage zur Sprache kommen. 

Die Medicim bietet: wenig. hier zur Erwähnung Ber 
eignetes. Die ſchwediſche Geſellſchaft der Ayrzte gibt zwat 
jährlich. ihren Jahresbericht (‚„Ärsberättelse om. Svenska 
Läkare-Sa Arbeker‘‘) und feit Juli 1832 auch 
eine Zeitſchrift (‚, Lidskrift. för Läkare och. Pharmecenter‘‘) 
heraus, doc) weder jenen noch dieſe greift ebem. tief in 
die Wiffenfchaft ein. 

Weit reicher iſt Die Naturgefhichte am gehaltvellen 
Werken. Unfere. Aufmerkfamkeit wird zuerſt vom Puof. 
Agardh in. Auſpeuch geuommen busch.. fein ‚Lärobok 
i. Botaniken” (Sehrhudy der Gewdchatunde), zweite Abthei⸗ 
lung, über beflem, erſte Abtheilung mir. ſchon in einem 
frühern Bericht geſprochen haben. Meſer Theil enthaͤlt 
Die allgemeine Pflanzenbielogie;. und iſt ebenſo raich wie 
bee erſte am neuen. Anſichten und. genialen Bemerkungen; 
boch hören wir, daß es von einzeinen Fehlern, 3. B. in 
Chemie, Mineralogie, ſogar in gewiſſen Theilen ber. Bo: 
tanitk ſelbſt, nice frei fein fol. Beudchfi:temnmt: „Hand- 
bok. i Skandigeviens Fiora” (Handbuchder Flora Stan⸗ 
dinaviens), von Dr. C. J. Hartman, zweite Ausgabe. 


Dieſe beſitzt große Vorzuͤge vor der erſten und gibt von 
dem Fleiß und der Beobachtungsgabe des Verf. ein rühm⸗ 
liches Zeugniß; indefien wird fie wol im Ausland wenig 
befannt werben, erſtens weil fle in ſchwediſcher Sprache 
gefchrieben iſt, zweitens weil fie ſich doch wol nicht neben 
der Wahlenberg’fchen „Flora Suesica” behaupten ann; 
von dem erften Theil dieſer letztan erfchien 1831. eine 
neue Ausgabe, und ber zweite wird jetzt neu gebrudt. 
Bon der Abhandlung: „Om Wermlands och Dalslands 
Vegetation” (Ueber bie Vegetation Wermelands und Dals⸗ 
lande), von C. ©. Myrin, aus den Verhandlungen, ber 
Bönigl. Akademie der Wiſſenſchaften, tft ein. befonberer- Ab⸗ 
deu erſchienen. Gering an. Blaͤtt aber million 
als nova dona ferens ift ohne Zweifel die „Mantissa 
novitiarnm; florae Suecicae; accedit commentatio de s4- 
licibus, auct, Elia Fries”. Cine Weberficht ber neurſten 
Sortfchritte in Zoologie und Gewaͤchskunde Liefern bie 
Sahresberichte der Poofefforen Fries und Wilftröm („Ärs- 
berättelse om. nyare. z90logiska Arbeten och Upptächter, 
afgifven d, 31. Mars 1832 af B. F. Fries” und „Än- 
berättelse om hotaniska Arbeiten för är 1831, af 
G. E. Wikström” ſerſchien im Auguflj und „Ärsberät- 
telse.m, m. för är 1839 ſerſchien erſt im Septembel) 
Die fhägbaren Werke. des Prof. Nilsſen („Skandinaviak 
Fauna”) und bee Herren M. und W. von Wright 
(„Svenska Foglar” u. f.w. Schwediſche Vögel nach der 
Natur), beide mit illuminixten Figuren, werden noch ims 
mer, fortgafept, Uehrigens behaupten die Verhanblungm 
bee Akademie ber MWiffenfchaften, als ein Magazin 
tsefftichen Abhandlungen aus der. Naturgeſchichte, der 
Chemie, dee Mineralogie u. f. vo; noch: immer ihres al: 
ten Ruhm. 

In der Philologie.wirb nur fo viel gearbeitet, ald 
der höchfte. Bedarf erheifcht, Indeſſen verdient Die ſchwe⸗ 
difhe Sprachlehre („Svensk Spräklära”) des geiftwellen 
Rectors Almquiſt ale reich am eigenthuͤmlichen Anſichter 
und fuͤr die Geſchichte der Sprache lehrreichen Beitraͤgen 
ruͤhmliche Erwaͤhnung. Die. Ueberſetzungsbibliothek der 
griechiſchen und roͤmiſchen Proſaiker ruͤckt raſch fort; aw 
Thucydides, Liviue, Quetonius, Salluſtius, von verſchie⸗ 
denen Ueberſetzern, wird. unailegeſetzt gedruckt, und mit 
Herodotus iſt ſoeben der Anfang gemacht. Der aladem⸗ 
ſche Adjunct Runſten zu Upfalg gab Zacitus’ ‚Leben des 
Agricola” mit Text, Ueberfegung und: Gommentarien her 
aus, woran die. Kritik Manches auszufeken hat. 

In der dieamal ſehr ſpaͤrlich bedachten Philoſophie 
nennen. wir eine Schrift des wohlmeinenden, aber fehr 
beſchraͤnkten Predigers Raͤdberg: „Försök til popeär 
Framställaing af Christus - Pantheismen” (Verſuch einer 
popwlaigen: Daxftellung des Chriſtus⸗ Pantheismus), und 
dieſer Titel bezeichnet: zur Genuͤge die Tendenz bes Büd- 
leins. Eine andere hieher gehörige Schrift heißt: „Sphinzess 
Ziftern” (Die: Zahlen der. Sphtur). Leider fpnrächt auch 
Diefe Sphinx in Raͤthſeln; mas wir davon verflanden, 
bat uns gefallen, das Meifte ift aber ſehr unklar um) 
vertoorren. 

Die vaterländifhe Geſchichte wird noch im 





12T. 


mec fleißig und mit Erfolg bearbeitet. Die Krone unter 
den hieher gehörigen Merken ift in diefem Sabre bie 
‚Svenska Folkets Historia” (Gefchichte des ſchwediſchen 
Volks), von Prof. E. ©. Geijer (erſter Theil). Da dies Werk, 
für die Heeren⸗Ukert'ſche „Geſchichte der europ. Staaten” be: 


ſtimmt, früher deutſch erfchienen ift, fo bedarf es, als in. 


Deutfhkand Längft bekannt, unferer Empfehlung nick. 
Der. Verf. arbeitet emfig an. bee $ortfegung, unb der 
zweite Theil wird wol in dieſem Jahr erfcheinen. Geijer 
hat au im Namen der Univerfität Upfala eine Gedaͤcht⸗ 
nißrede auf Guſtav Adolf gefchrieben, die, reich an neuen 
und gehaltwollen Anfichten ifl. Der Ertrag berfelben wurde 
zur Unterflügung der unglüdlichen. Norrlaͤnder beſtimmt 
und binnen wenigen Wochen. 3000: Exemplare verkauſt, 
fodaß jest eime neue Auflage davon erfcheint. 

Die früher erwähnte koͤnigl. hiſtoriſche Geſellſchaft hat 
ben, 17. Theil ihrer. Verhandlungen („Haudlingar rörande. 
Skandinaviens Historia”) herausgegeben. Diefer. Band ent⸗ 
hoͤtt vorzugsweiſe viele wichtige Urkunden. Wir berichte 
ten ebenfalls chen, dag Graf Adlerfparre Herausgeber eis 
ner andern biftgrifcgen Sammlung, ift, die den Titel führt: 
„Kandlingar rörande Sveriges: äldre, nyare och nyeste 
Historia’’ (Urfunden, die ditere, neuere and neueſte Ge⸗ 
fhichte Schwedens betreffend), und daß er darin, gang 
den Preßgefegen entgegen, Auszüge aus ben Staaterathe: 
protofollen und aus den Acten des geheimen Ausſchuſſes 


ſowie auch minifteriele Verhandlungen der legten funfzig 


Jahre und endlich Privatbriefe ohne Erlaubniß der Schreis 
ber darin mitgetheilt hatte. Daruͤber gerichtlich belangt, 
wurde ihm laut Urtheils des Einige, Sven: Dofgerichts 
vom 24. Dct. 1831 eine Geldbuße von 250 Rthlr. Bco. 
aufgelegt. Nichtedefiomeniger fest er das Unweſen fort; 
der fiebente und achte Theil find bereits erfchimen; Die 
hiftorifhe Ernte iſt darin ebenfo gering wie vorher und 
das Skandal daffelbe; auch wird ein Drittheil bes ſieben⸗ 
ten Bandes von ben Acten des Procefies eingenommen, 
worin nichts merkwuͤrdig iſt, als daf, ein Mann in einer 
fo hohen Stellung auf eine fo unverantwortliche Weife 
Geſetze verlegt, die er mit gegeben, und die Webertretung 
durch kleinliche Advocatenkniffe befchönigen will. Eine viel 


anſpruchsloſere, aber weit verdienftlichere Sammlung ift: 


„De la Gardieska Archivet” (Das de Ia Gardie'ſche Ars 
chiv), deren dritter Theil bier zu errwähnen iſt. Er enthält 
Urkunden aus ber graͤflich de la Gardie'ſchen Bibliothek 
zu Loͤberoͤd in Skaͤne, verfchiebene Länder, die mit Alts 
ſchweden vereint find oder waren, betreffend, nebſt bio: 
graphiſchen Notizen zur varerländifchen Geſchichte in ber 
mittlern Zeit. 
Das Bilderwerk, fchwedifche Könige und ihre Zeitges 
noſſen darſtellend („Svenska Konungar och deras Tide- 
hvarf”), ift bis zum zwölften Heft fortgeruͤckt. Die künft- 
terifhe Ausführung laͤßt weniger zu wuͤnſchen uͤbrig als 
die Met, wie das Unternehmen geleitet wird. Nicht im: 
mer find-bie beften Originale gewählt, felbft ganz falfche 
Portraits werden untergefchoben. Eine ähnliche von uns 
frühes fchon erroähnte Sammlung iſt: „Svenskt Pan- 


theon” (Schwebifches. Pantheon), wobei ber Tert mehr. 


die Hauptſache; und weil biefer großentheils von bay 
Novellembichter Mellin herruͤhrt, fo läßt er ſich recht gut 
lefen, ohne hoͤhern Anfprüchen: zu genligen. 

Es fehle uns am wiſſenſchaftlichen Subfitim, um 
etwas für die Gefchichte fremder Länder zu leiſten. Da⸗ 
her müflen wie uns mit Uebsrfegungen behelfen, und ſo⸗ 
gae in dieſer Hinſicht iſt uns im neueſter Zeit nichte 
Wichtiges zugelommen, denn als ſolches können wir doch 
wol ‚nicht die dresdner „Taſchenbibliothek“ bezeichnen, mel: 
he in Chriſtianſtad einen Ueberfeger gefunden hat. Frei⸗ 
lich wird auch Gibbon überfegt, aber leider ſchlecht. 

Die zweite Abtheilung des dritten. Bandes der Palm⸗ 

blad ſchen Erdkunde („Handbok iSleographien“) erſchien 
zu Ende des Jahres. Sie enthaͤlt den Schluß der Be— 
ſchreibung Indiens; und da dieſe im Ganzen 50. Bogen 
in gr. 8. einnimmt, fo laͤßt ſich wohl denken, daß viel 
zufammengetragen fen muß. Alle neuere Quellen, inſo⸗ 
fern fie dem Verf. zugänglich twaren (und nur wenige 
der wichtigen fehlten ihm), find mit Fleiß und Umficht 
benutzt. » 
Die ÜMegierung gibt einem gewiſſen Ferßlund eine 
jährliche Unterflägung, um die Zuneld’fche- Geographie 
von Schweden neu bearbeitet herauszugeben. Der beitte 
Band („Erik Tunelds Geographie öfver Konungariket 
Sverige”, 8. Aufl.) liefert aufs Neue den Beleg, daß 
ber Mann dem Gelchäft nicht gewachſen ift und ohne 
Plan und nachläffig arbeitet. 

Ueber das Gouvernement Martäftad. bat Oberſt Forßell 
eine fchöne Karte mit Beſchreibung („Charta öfver Ma- 
riestads Län, med Beskrifniag‘) herausgegeben. 

(Der Beſchlusß falgs.) 





Ein Wort des „Foreign quarterly review” über den re 
ligioͤſen Glauben in Frankreich. 


Unter den mancherlei Ausgelaffenheiten der modernen fran« 
zöfifchen Literatug erkennt man- fiherlich. für ein Zeichen der 
Beflerung, daß bie höhere Glaſſe des Autoren bie Religion nicht 
mebr für eine Zielſcheibe ihren Schmähungen anſieht. Dex her: 
ausfodernde Gkepticiägus: Volteire's und feiner Schüler hatte 
ſchen lange vor der juͤngſten Revolution aufgehört in Frankreich 
Mode zu fein. Gine Axt. Reutsalität fand zwiſchen ber: deißi⸗ 
fen Säule und ber kleinen Schax flatt, bie man füglich bie 






iſt. Es veseinigten. beibe je zuweilen ihre Kraft gegen bie 
Stegierung, bie fie alß ihren geme 
en. Und fowie jebes Jahr po 
ehre von ber Unzulaͤnglichkeit moraliſcher Syſteme, bie nicht 
auf geiftigem Grunde beruhen, verfündigt und zu ben Altern 
Erfahrungen fügt, fo fdgeint das Charakteriſtiſche mancher. neumm 
Autoven eine Art Annäherung an veligidfen . Glauben, ein 
halb fchüchternes halb widerſtrebendes Zuvorkommen gegen: eine 
Ausföhnung mit dem Chriftenthume zu fein. Gleichſam als 
wäre bas Gemuͤth willig, bem Bewußtſein nachzugehen, unb 
als hielten es doch Stolz und Gewohnheit in: den Schranken 
bes Unglaubens zurüd.: Ueberdies bringen die Ausidyweifungen 
des Pöbelt ober gemeinen Haufens immer eine gewiſſe Ruͤckwir⸗ 
kung in der inne der großen Wenge obexflächlidger Deuter 
en Br Mafle der —— von —— e een 

en f en: ankrei wahrſcheinlicherw we 
ber mehr — ale 1826. Xber das Aufheben 


ul ul. u 


728 


der überfixengen Obſervanz der Reſtauration hat fie aufgeregt, 
bei manchen Gelegenheiten ben Anftand Öffentlicher Gottesver⸗ 
ebrung auf eine grobe und freche Weiſe zu verhöhnen, was 
denn gegenfeitig bie natärlihften Grfolge gehabt hat. Des 
Yöbeld Wüthen gegen die Kreuze bat zweifeldohne die Chr: 
furcht vor der Religion ebenfo wirkſam beförbert wie die Kar 
nonade von Lyon und die Fuſillade von Saint: Mery die Zwei⸗ 
felhaften und Schüchternen von ber Nothwendigkeit geſellſchaft⸗ 
licher Ordnung überzeugt haben muß. 

Es if eine wichtige Frage: Was kann und wird das End: 
ergebniß diefer Sucht nach Neuerungen, diefes raftlofen Hoffens 
auf Verbefferungen, biefer Unzufriedenheit mit beftehenden Dog: 
men und dem beftebenden Skepticismus fein, bie fi aus ben 
gegenwärtigen Zuftänden Frankreicht taufendfady verfündigen ? 
8 liegt eine Flugſchrift ve uns, mit bem Zitel: „Zwei Pre 
digten über den Zuſtand der Religion in unferer Zeit, feine Ue⸗ 
bel und Hälfsmittel, von Anton Vermeil’’ (1832). Ihr Vers 
faffer, ein proteſtantiſcher Geiftlicher in Bordeaux, ſpricht eine 
ähnliche Anficht von den geiftigen WBebürfniffen und bem Zus 
Rande feiner Landsleute aus. „Dieſer Mangel’, fagt ex von 
dem Mangel an Religion oder minbeftens dem einer ſtarken 
Ueberzeugung flatt foftematifcher Zweifel, ‚‚offenbart fi in der 
Richtung aller Gemüther, in dee Unruhe und dem Unbehagen 
jebes —8 Es iſt wol wahr, die Menſchen glauben nicht, 
aber fie tragen ihren Unglauben nicht mehr zur Schau. Sie 
find nicht fromm, aber fie haben aufgehört Froͤmmigkeit bei 
Andern lächerlich zu machen. Sie lachen nicht mehr darüber, 
daß fie dies Gefuͤhl ferbft nicht Fennen, fondern bebauerir eher 
diefen Mangel. Trotz all unfers Leichtfinne und unferer Sorg⸗ 
lofigkeit fühlen wir indgeheim, daß uns etwas fehlt. Poſitives 
Sntereffe genuͤgt uns länger nicht. Während wir noch Tag 
für Tag irgend ein großes politifches Creigniß von der menſch⸗ 
lichen Gefellfchaft, von ber Literatur irgend eine ftarke, krampf⸗ 
hafte Aufreizung verlangen, wenden wir uns doch nicht ſo ver⸗ 
ächtlich wie vorher von der Beſprechung religidſer Fragen ab 
und hören mit einem gewiſſen Vergnügen zu. Wir empfinden 
eine geheime Freude, baß die moderne Philoſophie den Materia⸗ 
liemus des vergangenen Jahrhunderts von ſich ſtoͤßt, verfolgen 
neugierig bie Bortfchritte neuer Doctrinen und w nfchen aͤngſt⸗ 
li, obwol wir es und felbft nicht zugeftehen, darin etwas zu 
finden, das bie Leere unfere Herzens und Gewiſſens ausfülle, 
unfere Theilnahme von blos weltlichen Gegenflänben . abziehe 
und uns durch Sdfung unferer Zweifel Gewalt gebe über un: 
fere Reidenfchaften, Ruhe in Leiten, Vertrauen in bic Gegen⸗ 
wart und Bürgichaft für die Zufunft.‘’ 

Bemertenswerth iſt es, wie felbft bie hriftlichften franzoͤſi⸗ 
fen Autoren fidy gewöhnt "haben, die Religion nicht in Pins 
fiht ihres perfönlihen Ginfluffes auf Ginzelne zu betrachten, 
fondern vielmehr als ein gefeufhafelkches Princip, ein Element 
eines politifchen Syſtems. Diefe Erſcheinung iſt die ganz nas 
türliche Folge des Mangels an einem eingetwurzelten, nur durch 
Erzieyung zu erlangenden religiöfen Gefühle. Ungewohnt fol 
hen Gegenftänden in ber früheften Jugend Aufmerkfamteit zu: 
zuwenden, weil die Poli? das eigentliche Element ift, worin 
er feine Denkkraͤfte zuerft üben lernt, fragt ſich der junge Paris 
fer, wenn er dem hoͤchſten Gegenftande endlich feine Betrachtun⸗ 
gen widmet, nicht, wie es zwifchen Bott und feinem eignen Der: 
je ftebt, fondern wie das Chriſtenthum auf die Maſſe zu wir 

fähig fein fann, nicht ob es wahr oder falfch iſt, fondern 
ob es mit zu dem Fundamente eines Neubaus der menfchlichen 
Gefetifchaft dienen mag. Der Katholicismus fol nad Vielen 
verworfen werbens nicht eben weil er, anftatt der Verehrung 
Gottes, Geſchoͤpfe menſchlicher Einbildung zu verehren lehrt, 
ſondern weil er anfaͤngt in einer Reihe von Formen und Ob⸗ 
ſervanzen unterzugehen und dadurch ſeinen Einfluß zu verlieren. 
Der Proteſtantiemus desgleichen; nicht weil feine Dogmen falſch, 
fein Glaube zu groß ober zu gering wäre, ſondern lediglich 
weit ex froidement stationneire ſei. Der neue weit ex froldement atationneire fei. Der neue Bexrſuch dem jeſeit e h. ‚den 








Katholicismus in Frankreich zu veformiren, ober bie Kirche dei 
Abbe Spatel ebenfalls ; nicht weil feine Doctrin und feine Gefühle 
ebenfo lauwarm wie die von Laodicoͤa find, fondern weil fie eine 
katholiſche Quafilegitimität fei. Wer Ehateaubriand's Werke 
gelefen hat, wird erfannt haben, baß er das Ghriftenthum nur 
wie ber Maler feine Leinewand anſieht; nicht als ein wirkliches, 
lebendiges Princip, fondern als ein Mittel, Wirkung hervor: 
zubringen. 153, 





Notizen. 
Nepublitanifhe Zeitfhrift in Paris, 

Unter dem Titel „Le r&publicain‘’ erfdheint gegenwärtig 
in Paris eine neue periobifche Schrift. Jedes Heft enthält 
zwei Druckbogen in groß 4. und wird ben fünften des Monats 
ausgegeben. Das erſte Heft it von der Policei weggenommen 
worden. Es enthält eine hiſtoriſche Ginleitung, Betrachtungen 
über die bürgerliche Ariftotratie im Jahre 1853, einen Bericht 
an das Volk über die Lage Beanteeice ‚eine Gronologifche Ue⸗ 
berſicht der Tagesereigniſſe. Die zweite Abtheilung gibt folgende 
Auffäge: Ueber das Studium der ſocialen Wiſſenſchaften; Ue⸗ 
berblick der neueſten Erſcheinungen im Fache der Geſetzgebung, 
Staatswirthſchaft u. ſ. w.; eine Recenſion des Werkes: „Ex- 
position des principes du gouvernement r6öpublicain, tel quiil 
a été perfectionne en Amerique, par M. A. Murat”. In 
dee dritten Abtheilung, uͤberſchrieben: „Varietes”, haben wir 
intereffante Notizen über bie Yon ben Nordamerikanern ges 
gründete Negercolonie Liberia gefunden. Cie enthält zwei 
Städte, Munro auf dem Gap Meferado (monte serado) 
und Gabwel an dem Gt.:Paulöfluffe drei Stunden land 


einwärte. Die Zahl ber Einwohner beläuft fi auf 1500, 
weile 300 Familien bilden.“ Alle waffenfähige Bürger find 
Soldaten. Die Solonie befigt zwei Schiffe und mehre Pleinere 


Fahrzeuge; zu Munro find vier Schulen, Eabwel bat beren 
drei. Ron Denmoutb und Boſton aus find ber Kolonie 
5— 600 Bände zugefhidt worden; bie Goloniften von Li⸗ 
beria zeichnen fi durch Reinheit ber Sitten und religidfes 
Gefühl aus. Ihre Priefter find Neger wie fies alle Sonntage 
wirb in der Kirche der Golonie ein feierlicher Gottesdienft ge: 
halten. Die Gingeborenen, mit denen bie Golonie in Berührung 
gekommen, haben dem Negerbandel entfagt. Warum bie fran: 
zöfifche Regierung den „„Republicain‘’ gleid} bei feinem erſten Aus⸗ 
gange beim Kragen hat nehmen laflen, will uns nidyt recht 
einleuchten. Was in „ben mädhtigen Spalten biefes Blattes in 
ftarren, unbehülflichen, oft rohen Maffen aufgefchichtet ift, pres 
digt die „„Tribune” jeten Tag mit Beift und Talent und uns 
angefochten. 


Reife eines frangöfiihen Schiffes in baa nörbs 
lihe Polarmeer. 

Der franzöfifige Kealfifefnge: (baleinier) ber Polar⸗ 
ftern fchiffte den 5. März 1832 über den noͤrdlichen Polar⸗ 
frei. Den 10. beffeiben Monates befand er ſich unter 
dem 72° N. Br., 80 Lieues weit im Eismeere. Das her 
mometer zeigte 22°, und bie Kälte war fo beftig, daß bie Ma⸗ 
trofen nidt ohne Gefahr ihre wollenen Handſchuhe ausziehen 
tonnten. Einer von ihnen ließ aus Verfehn feinen Handſchuh 
fallen im Augenblide, wo ec auf bie Zaue flertern wollte, 
einige Secunden nachher war bie Hand des Ungluͤcklichen er⸗ 
froren, es fiel ins Dieer und ertranl. Wenn ein Schiff feſtge⸗ 
froren ift, fo wird mitteld ungeheurer Gißfägen ein großes 
Loch gemacht. Was bie Schiffahrt in diefen Regionen noch 
gefährlicher macht, ift die ausnehmenbe Beweglichkeit des Com⸗ 
paſſes. In der Nähe des Poles behielt die Magnetnadel Leine 
— Richtung. Zwanzig verſchiedene Compaſſe werden 

20 verfchiedene Abweichungen vom Maridiane zeigen. Ende 
Mais befand ſich ber Polarfleen im Rorben von Spiäbergen, 
jenfeit des 81°. 143, 


ö—— ——— unter Werantwortiihteit der Veriagäbanblung: — unter Berantwortlichteit der Werlagähandlung: U. U. Bro@dans In Belpzig. 


Blaͤtter 


für 


literariſche Unterhaltung. 





Sutvoo⸗ 


— Rr 177. — 


26. Juni 1833. 





Ueberficht ber ſchwediſchen Literatur vom Jahre 1832. 
Zweiter und legter Artikel. 
Weſchlußs aus Nr. 176.) 
Schöne Literatur und Kunft. 

: Unter den. vielfachen neuen: poetiſchen -Probuctionen 
‚finden fich einige, auf denen unfer Blick mit. Liebe vers 
‚voeilen darf. Dahin gehört zuerſt ber erſte Band ber 
ſaͤmmtlichen kieirorn Gedichte des, Biſchofs Tegner („Smũrre 
.samlade Diktex“), bie in einer zweiten Auflage erfchienen 
find. Etwas Neues von Bedeutung haben wir wol faum 
von dem Dichter. für die naͤchſte Zeit zu ertwarten, ba 
derſelbe ein paar Zahre lang ſehr kraͤnklich geweſen iſt. 
Unſer anderer poetiſcher Biſchof, Franzen, tft mit dem drit⸗ 
ten - Bande, ſeiner geſammelten: Dichtungen -(„Samlade 
Arbętenꝰ) — *—* den ˖ groͤßtentheils eine Art lapp⸗ 
aͤndiſcher Idylle fuͤlt viele einzelne Stellen find ſchoͤn, 
„aber. das Gane hat uns zetzt ebenſo wenig befriedigt als 
vor etwa zwanzig Jahren ‚op wir fie zum erſten Male 
laſen. Sie gehlrt wie Mehres in biefer Sammlung zur 
‚mittlern Periode des Dichters, und dieſe fcheint uns grade 
‚Die, ſchwaͤchſte; ge ‚verbrachte .diefelbe in dem unglüdfeli- 
gen, Bemühen, feine: alten Mroducte, die. früher die Na⸗ 
.tion entzuͤckt hatten, zu vorderhen, amd leider findet man 
‚auch: bier verfchiedene, folcher mislungenen Umarbeittingen. 
"Doc einigen Erfag dafurr gab er uns durch zwei neue 
Gedichte, die beim Tode feiner zweiten Gattin aus feiner 
innigiten ‚Seele hervorgingen; befonders ift das eine: „Die 
zwei Uhren”, höchft gelungen. Der zweite Theil der lieb: 
lichen Suphrofgne („Dikter af Euphrosyne”) · iſt hier auch 
zu nennen. Aber bie Saiten ihrer. Zither beginnen ein 
wenig fchlaff zu werden; etwas fo Meines wie „Der heic 
lige Ehriftophorus“, etwas fo Anmuthiges wie „Die Jung: 
frau im Grünen” ertönt nicht leicht wieder aus diefem 
Saitenſpiele. 

rn Finnland iſt noch mit Schweden literariſch genau ver⸗ 
bunden, und daher nennen wir ein dort entſtandenes Ge: 
dicht; Elgex ytiarne“ (Die Elenthierſchuͤzen), von dem⸗ 
ſeiben Runeherg, deſſen fruͤhere Voiksgedichie auch der 
deutſchen Leſewelt nicht unbekannt find. - Das genannte 
Gedicht ift eine, Idylle, wie „Hermann und Dorothea” 
sine folhe ift, und ſchildert auf eine ſehr anfchauliche 
Weiſe, aber mit Entfernung alles Rohen, finnifche Sitten 
und d finnifches Volksleben, welches freilich viel Ihmugiger 


und rauher iſt als das Leben der Landleute in Schweden. 
Wir fodern Weberfeger auf, die fchon durch Verdeutſchung 
manches in unferer Sprache gefchriebenen Gebichts bie 
fhöne Literatur Schwedens im Auslande bekannt gemacht 


haben, benfelben -Liebesdienft auch dieſer Idylle zu erwei⸗ 


fen. Sie verdient es. 

Die Mufe Grafſtroͤm's hat ſchon laͤngſt fi) viele 
Freunde erworben, und die Theilnahme des Publicums iſt 
foeben durch ben zweiten Theil feiner „‚Skaldeförsck” 
(Dichterifhe Verſuche) noch gefteigert worden. Seine 
Poeſie iſt der Stangen’ 6, deſſen Eidam Grafſtroͤm ift, ver 
wandt und bewegt fih in ihrem nicht allzu weiten Kreis 
mit vieler Anmuth, leichter Groꝛie und liebenswuͤrdiger 
Naivetaͤt. 

Weihnachten — gewiſſermaßen bie, ſchwediſche Bücher: 
meſſe — bat diesmal drei Muſenalmanache zu Tage ges 
fördert. Der Herausgeber des erſten ift Mellin, und eine 
Novelle von ihm felbft iſt vielleicht das Beſte darin, trotz 
dem, daß felbft Sranzen ein epifches Bruchſtuͤck beigefteuert 
bat. Andere Gedichte find von Neriwander (einem Finns 
länder), Ruda, Adlerſparre (dem. Sohne), Böttiger u. A. 


‚Der unermüdlihe Dabigren bat allein die beiden übrigen 


Almanache zu Stande gebracht. Dar eine: führt ben glaͤn⸗ 
zenden Titel: „Aftonstjiernan” (Der Abendftern), ber an- 


‚dere, anonym hevausgegebene: „‚Zolletten- Kalender”. Beide 


enthalten ſehr leichte Waare, und die Poefien darin find 
hoͤchſt unbebeutend; ber erftere fand jedoch wegen eines 
burlesken Auffages fo fchnellen Abgang, daß. er bald vers 
geiffen war und neu gebeucht werben mußte: 

Aſſar Lindeblad zeigt fich in feinen Gedichten („‚Dikter”) 
als einen Nahahmer Tegnér's, ift prächtig, funkelnd, bil⸗ 
derreich wie fein Vorbild, ‚aber ohne deſſen Tiefe und 
Kraft. In gewifier Hinft ht merkwuͤrdig iſt der junge 
Ekborn, der vor etwa acht Jahren als Bebienter einen 
vornehmen Herrn auf einer Reife aus Smaͤland nad ' 
Stodholm begleitete... Bald nach feiner Ankunft daſelbſt 
nahm man zufällig wahr, daß der Burſche, Verſe ſchrieb; 
man las fie, war überrafcht und prophezeite, daß er einft 
ein geoßer Dichter werden würbe.. Dan legte ihm fremde 
Gedichte vor; mit erflaunlicher Leichtigkeit ahmte ex bald 
Tegner, bald Atterbom, - fogae Sturleſon nach. 
fchidte den jungen Dichter auf die. Schule. zu Werd und 
fpäter nad) der Univerfität Lund. Won da kehrte er ‚in 


730 


biefem Jahre mit ner Frau, einem Pleinen Kind und 
einem ſehr diden Bude zurück, feine Gönner im nicht 
geringe Verlegenheit fegend, was fie mit allen dieſen Dins 
gen anfangen follten. Das poetiiche Wert (‚„Ungdoms- 
forsök i Witterhet Grit Niemand an, iſt ohne alles 4 
Ehsmthimlige und heſteht mar aus Beihifcaygen. 
Oel, intereffawter ſcheint und Wahlin, aus” deffen Bhn-- 
ger i Dalarna” (Gefänge in bem Thalland) wenigſtens 
ein gewiffer provingieller Enthufiasmus ſpricht. Frau 
Dundel hat Theil ihrer „‚Drama- 
tieka sch Iyriaka. Fürsök” (Dramatiſche und iyriſche Ben 
ſuche) befchentt, — iſt aber nicht fonbertich aufge: 





„Hjalmar och Ingeborg” des Dr. Engeſtroͤm zu ruͤhmen. 
Br genug, · wer⸗ vermag: ben :Abeigen. Dichterſchwarm: zu 
ayähten: und- zu. nennen? 
In Roman : hat :biefen- * bei —— ‚ge: 
ent: 'jDeneisteFriseglaren‘ ( Dentegte er), vom 
Oberſten vbei der Marine Grafen Spare. Die Geſchichte 
ſpielt in den Zeiten König Sigismund. Plan und Er⸗ 
findung find: gelungen, ‚anıcd): bie Charaktoeiſfik iſt Loͤblich. 
Der Werf.+befigt aber nicht die epoſche - Wintwofität :Coo: 












area, dem er fonft am meiſten aͤhnlich iſt; möcht. seffen | Widmmerilimmmen 

beſinden fich —A in der: Beilers Afſellis ſchen Samm⸗ 
‚hung ſchwediſcher Volkslicder, aber: blos fuͤrs Panofoete; 
in diefem ˖neuen Arrangement ſind fie von herrlicher Wir⸗ 


Nunſt, den Leſer zu ſpannen. Der Sl ift nicht ohne 
"Meoft, Die! Datſtellung voll Würde, aber ein wenig trocken. 
‚Die Meman liefert: deu: Weweis,,. daß auch ohne eigent⸗ 
uppantafie und Waͤrmen des Beuth: in dieſer Gat⸗ 
tung doch etwas über bie Mittelmaͤßigkeit ſich — 
— eins ed Sam. 
it einer Malte on Jahren : Wat: uns! Delle mic 
etc Galerie hiſtoriſcher · Gemaͤlde befchelukt, Die wir nicht 
Seit dem Werf. Nemane oder: Novellen nennen möchten 
Te: Zeiten, —— — MPerfonen und ihre Verhäft: 
title, Steten :utad. Lebenſweiſe, Allos iſt wie nach dem "Be: 
Ven geſchitdert, ſotſc unde kraͤftig, nur ein wenig zu flüch: 
"eig. 5 Die neueſten Shernonbuigungen des ausgezeichneten 
MDichters Aud: Anna Reibnitz, das! Bingermäbchen: aus 
Warſchau; Siwatds Krses Bröllopp” (Die Hochzeit 
—— „Wlckorna iAskensund (Die Maͤdchen 


‚gu Adkerſand); ‚Djumgfrun” ¶ Die Inſetjungfrau) und 
Buſtaf · Br wer Se wirden, wenn wir nicht ſehr ieren, 


auch denn » dentſcheu· Publieum zuſagen und vordtenendes⸗ 
halb eine Uebevfezung. Daſſelbe that fich keider nice: 

von den: Nomanen dreccIraͤulein R*** ſagen; Diele Dame 

uhat: Anwen: vier Zahren ſteben Momane oder Nevellen · gu 
oage gefoͤrdert/ einen bidm, eben erſchienenen Band Ge⸗ 
Achte  umgerechwel. Eetztere ER ‚ganz ſclecht „und micht 
“sw leſen, die Romane in altfunnzöffchenn Mefchmack, herz: 
ms feiitimental, well? Aufopferangen, Liebe -und-Edekmeith.: 


Sophiev. Ree; „Caröline, ‚ler: den 'vachra' Pustej- 

ihagerskari‘ Nfamiine, ober : die ſchoͤne Waftesenbiktiuin) ; 

;Braco och: da”, „Ingrid Grefet: eeh-Axel! Allson 

’ Pott”, denen noch viele 2 egenuge o als 

nbedemea⸗ und iotungens Arbeiten 
Br Bahne If’ in: deſem erh unbebeusunnbe 

Momodie muögenommen, Sein: Deigiercctck geboten worden. 






für ‚vier Männstflinmen), 
:(Befänge). und ‚Suön’: 
Pianaforte von Bud; Bju Sänger‘ A&ieben: Wefänge) 
:sson 'Wtäuben Karoline Midduftolpe. In Stockhoim 
reſcheinen gegenwaͤntig Fünf periobifche ——— 
lungen, darunter eu: ANoiditrunci- 
ſchwediſche Driginultompbſitivnen · aufniuunt vud ywei⸗ fur 
die Guitarre, denn’ dis Juſtrument iſt Tele steigen "Jap 
zn‘ bei--ans ſehr bellebt. 





Toni” beißt ein Drama im brei Acten, fuͤr deſſen Be: 
faffee fih Hauptmann Lindeberg, ber ausgeber bee 
‚Beitung: „Stockholms Postens”, der rüflige und fafl 
alleinſtehende Kämpfer für un 5 franzoͤſiſchen Ge⸗ 
ſhmack, in * —* —— ber Kriuker, deu 
Eu St ME ekamntn 
Roͤrnerſchen — — rn Year’ Liu⸗ 
deberg: er habe das deutſche Original ſo roh, —— | 
und geſchmacklos gefunden, baß er genoͤthigt geweſen, «& 
und 3 amd weit" nun alles jet 


sn; gar” 
dacan befindliche Gute von hm allein berchhre, . das 


Stuͤck alfo ein volllommen neues ie "fo habe er wide 


Mufie, 
Ale bemerlten beceits eher, daß ikubben omobl 
einige ausgezeichnete Bildhauer und Baukänfkier, aber kei: 
nen bedeutenden Componiſten hesvorgebracht babe. Den 
‚Soffnungevalten Brindler : saffte Sein ı fchher Tod Hin 
Hvaffnet, dev ‚abersiein "Damdfyer: won Geburt) Cru 





fe, ’Weerwald ackd "Mmbisab ſind - nıme-unfere 


:Kormpoiiiten. : Dee Crfiwe, ‚im —— Melt , Aut 


‚Srenska: Rolkwiaur” TBcinnediiche Birtshuder) für ur 
hevanegegeben. Die milflen Meledien 





kung, mb. es tem hoffen, daß ſie ba den’ Deutſchen 


Pr Anattemuumng finden wetben, Die: Ihnenii te: Paris 


da öffent Eoncerten gu: Theil⸗gerdorden iſt. Ehe: 
ein junges Btubdirenver, hat ummer Dwitei: Bän- 


"er m. u.” Acher ſaͤrs Pinnieferte: heraargegeben, die 
ein: nicht gersönähhes Talrat verrachen. Dihne urr6 -unf 
ECEharnuktetifirung derſelben Wnzulaſſen, wir noch 


folgende neuere mufikaliſchre Kempoſieionen: 8 
Sänger for fyra Mensröstet” - * —— 


Harpar⸗ die nur 


Der. Ctmn’ Ar X orikentfk "wich Hund -bieiBlermeoitfäke 


-Bällskopet, ‚einen? 'Berein ‚- aus: ben’ Vornehmen, ’Beidhen 
umnd“ Gebildeten Ser! Hau 


dt beſtehend, nicht wenig "ges 
fördert. Da werben nicht nur die beſten neuern (Eymype: 


 fitiomen “auf eine: windige Weiſe auegeführt, weich Werken 
u Yoleder "Drigtnalivomane, 3. B. -, Axel: och Mania”, ::von, |- 


doppelter · Bedrerung · füe »tme 


ſere Hauptſtabdt, die *8* eine —— vber Jehl⸗ 
weiche Hof⸗und · Zh er 


Bleeng Den K un. 


ee Jahre beſtanb ſchon ˖ der ebenerwaͤhnt 


e Müfkoerein, 
TEIL zer Aufemunterung·der · FINdeuden RXunſt ber Konst- 


‚Böreniugen (Kukfiorsein)-gefäftetward. "Diefer zählt gegen 


Zle, der Allegorle und bem täglichen ‚Leben; bis jetzt drei 


331 


waͤrtig ſchon 0 Mitglieber (worunter bie Bbnkgin, ber. Keeu⸗ 
vrinz ad die Kronpringefſtn), deren jedes eimerr jahelichen Wiek: 


Jachen gebauft und-unter. den Mitgliedern verlooſt werden. 
Ze vorigen Jahre Taufe: man Pas: 3200 hie; 28. waren 
TO. Gewereſte. Außer dem weck, :Miniftier, :eummenstich 
jüngere, durch Ankauf ihrer Werte zu unterflägen, WE 
es dem Verein auch gelumgen, eine Öffentliche —— 
im vorigen Jahre zu Stande zu: bringen, die vollkommen 
nbıevar. Urber das wichtigſte Neue in Mas ' 
erel und" Seulptur "berichten “tete en vonder fh und 
Aennen nur noch Einiges, was der Grabſtichel und der 
u. den. lehtern Jahren hei ‚und sehr - vervollloumnete 
Seeindrack gebracht. 

Fottgeſetzt werden noch Amer : Are Ion fediher- mei 
hniten Sammlungen: EttAr i'Sverige“, von Forfell 
(biß'; zur „zehnten. Kieferung); 55* Head weil 

Konstromling‘ f d1832 eläienen deei 
«ka.:oeh: Dioseka ı.U 


:gorien och —— eier van 
gen-von Begefifiänden aus der: Befchichte, der —** 
Defte) .Teckningar nur Skandinaviska.Historien”. (Bairh: 
ungen aus der (kambinanifchen: Geſchichte), vom Kammer⸗ 
heren een Hugo Hamilten. Ein ſchoͤnes Bild des 
Rörige, vonSodermark, zwei vom Kronprinzen, das eine 
von“ G.!Soͤberberg, das andere von Salmſon, ſind nach. 
‚ber ‚Erwähnung werth, und endlich daß æin *8 Schuͤter⸗ 
zerantz · eine Sammlung: von : Abbildungen der: Nedens trach⸗ 
ten: „Teekninger: af "de. Svenska kongl. "Ordens-Gostu- 
begonnen. hat. 
Beſchrieben im März 1833. . 1. 
"Bunfoba, - Weſtfaͤliſches Taſchenbuch für 1833. Der 
musgegchen von Mortg Bach mann. Padesrborn, 
Meter tu Comm. '1833. 8. 1 Thlr. 12 Gr. 
"in Bud, 


träge erbeten werben, und ber bisherige Mangel an. fremder: 


Beiſteuer als Grund der noch fehlenden Menriäfaltigkeit des |. 


diesjährigen Sommerbücdleins angegeben wird, ſo darf daſſtibe 
wicht ‚Als eine bloße Freundesgabe für gute Bekannte und Ver⸗ 
wandte angefehen werden, es unterliegt mithin wie jebes andere‘ 
Ba gemeinen Kritit. Es ift freilich Alles fo. ‚woblgem us und: 

big an diefem TJaſchenbuch, deſſen exſtes idchen als: 
—— für 1832 bereits in b. Bl. befprodhen wurbe" N: 
Zweck, Plan. und Ausführung verrathen fo viel geſellige Mits 
"sheitungsluf, die ſich audi auf werthlofe Winkelproducte erſtreckt, 


daß es jedem Ref. ſchwer fein muß, über dieſe Gaben harmloſer 


VPoeſtefreuden, an denen .zweifeläohne bie Verfaſſer ſeibſt das 
“zaeifte Vergnuͤgen finden, eine ernſte Zobelflimme zu erheben. ı 
leichwol bürfen wir bie Zenbenz, die ber Hr. Herausegeber, 


win: hoͤchſt achtbarer Beamte in. Paderbarn, für ben, ‚Bortgang | . 


2) Bol Me. 897 f. 1808. DiNen. 


irng von 10 Reichsthaler Vico. (3 Thlr.) aidt, worfkr Kunſt⸗ auf fee wesv 





J.weitern und freien Webterfait 


das in allen Handlungen autgeboten wird, 
“Tann. —R26 für einen bloßen Freundeszirkel veſtimmt fein; |. 
da ferner in der Rachſchrift von dem Herrn Herausgeber Bei⸗ j 


des Taſchenbuchs wedt aucht anbenß als eine wecfehlte 
usb neraitete nennen. 2 abßq uch· nat —28 : Sutesefin 
uruckziehen und feinen: »Gemizdet, 
das "anstliche und —* Sehen: ıfihen ·genegfam⸗ zulfames 
—— * im: Felde der Mumft ebenaus veruungene aveilen, 
amt, man —— — * ꝓhiliſterhaft, und —— 
Hesinnen fi deſfen amd gu: entwoͤhnen. Und obfcken ber 
de. Deraußgeber. —e— 4 vbon oͤrtlichem Jntereſſe 
ang für. andere Theile der Provinz Weſtfalen als beſanders 
mohnfchenswerth für die Jolge erklaͤrt; geben ‚dach die vorliegen⸗ 
den. Lieferangen: genfigenden Bewers, daß das rein Locale keines⸗ 
wegs das Intereſſantere if. Warum will auch der Zusikt, 
wenn er vom Seſſi a emübet Über auffeht und, um ben Acten⸗ 
ſtaub Quell 
ſich zu erlaben belt te eine Bruß in erweitern und fi 
als ein Deutfcher flipten. ! de Sagen einer partielle Hei⸗ 
mat nimmbeder i Dentſche ſicher 
II aid Dasfiger- vortebegt at mit nit eigenflentg gehhaften Sonal, 
‚Suter uruͤnkt: und ungenteßbas mad | Beltfam' 
Be Yockie heutigen ⸗Tages, nach di 
Acpeinungen zu Tcpliehen ‚id, toral. zu — wcqhrend 
‚Der: ee edante, gleichviel ob er ſich :im ::afisastin 
Mebiete voer im FJelbe der. Yolitie wat uns ‘tete nathıfeinem 
die allgemein brußfige Helbmat 
ralo ein Beamte ‚aufbauen mochte. ft nun ber Sr. Heruus⸗ 
geber bit: jagt venbehigt geweſen, arch Seitraͤge, deren Metzen⸗ 
-| -&änblicgbeiten. naußer —* Bezirke Weſtfalens liegen, aufzu⸗ 
mehmen, und beings:ber buchhaͤndleriſche Verkeht die — 
Jauch "unter nichtweſtfaͤliſche Leſer, 8 it man dennoch, wie 8 
ſcheint, „feinem Principe, blos weftfälifche Dichter — zu 
nt eblieben. *2* Gonfeguen,! Das biedmalige 
Büchlein. ift & darch Oruck, Papier, BDedel, --Zizeldtatt 
and WBignette in-Oteindrad, wie Ruiwen unb bas Bad bei Bipps 


. ſpring darſtellend recht anwehig ausgeſtattet; 3 der Corrector, 


der den revibiet hat, iſt deſto geweſen, ober - 
«8 müßte bemm ame weſtfaͤliſch a wm Me. — * 

an her Gage gehalten”, bon ati gch ,Jadb vy⸗ 
—*2*— 


ee —— bgk. 5: ki — —* 

‚aber die Leute mit Au 

"Könnten —— Namen neben seem: digen ' betagten 
Vgdeentreis auch:chee iv pointicen. Unter 
ben lyriſchen Babe der Gunobu⸗ſind aux’ wenige nennenswerth, 





und ‚umter diefen Wenigend iR. nnar seine: kleine Ausleſe 


dem: innern Gchatte way die‘ wur an: den Omeiften leib⸗ 
* "Bär bie —WA — te hatten wir einlge Yon 

xbem ra er, ie ben Aeberſchriften: 
—* Bahr ,. Aber —— Pbamaſie⸗ 3 ‘fie oͤſind Se 
dam, ande gm in water, glatten‘ ale: Ecdanten⸗ 
any 






Amer Murile und —* einep phantoſtiſch 
—— — Ba Bon —— 
vridgt: ga 


Es Ar wirkkich iu Wergnägen, 
An dem Hafen’ Nachtd zu wandeln wu: ſ. w. 
‚Herr. Honkamp bringt nnter Anderm inige "Xenien ‚or 
unter nur einige gefallen konnen: 
Berner 8. 
„Bere won: Ku ſpricht afl und: gerne von Ahasu- nat Gtapımbouuns 
‚aid ein· attlich er Baum sahen die Ainkiste find ſchlochti 
ı Sm mat: der :uubelanımte Or. »rldunter gar 
‚gtechte Werdtein ,- —— —— 0 7.7, 7 77 
Du tyygäneige: 


XXXX wugectgt vet told eine Unis MEN. 





22 


den Geſchmack alterbinge — 
ae das eh ftüifce Büchlein. Auch wir ſchließen 
och ein allegoriſches Gedicht, das bie Geo⸗ 


ter. Temes if mit gu fpeciel 
mit zu langgedehnten Reflexionen über das Weſen bei Traumes 


Hände fält. 





Aus Italien 


Auch jenfeit ber Alpen iſt der Name Luccheſini ein fo bes 

kannter, daß eine Nachricht über Einen bdiefes Geſchlechtes, ber 
zu der politifhen Berühmtheit bie literariſche hinzuzufügen bes 
mäht war, Hier vielleicht nicht ohne Interefie gelefen wird. Es 
if der Marcheſe Gefare Lucchefini, der Bruder des- preußifcgen 
Ctaatsminifters Girolamo Lucchhefini,; ben wir meinen; ein Dann, 
der unter minder. begünfligenden Werhältniffen vielleicht ben 
Nuhm eines der bebeutendften Linguiften erlangt haben wuͤrde. 
Ceſare war am 2. Juli 1756 zu Lucca geboren, erhielt aber 
feine Bildung im Golegium zu Modena, wo Hippolito Pinbes 
monte fein Schulgenofie war. Im J. 1774 kam er in die nes 
zarenifche Schule (Coll. nazzareno) in Rom, wo ihn Fantoni fo 
für bie mathematifhen Wiflenfchaften einzunehmen wußte, baß 
Algebra auch des jungen Luccheſini Lieblingsunterhaltung wurde. 
Aber törperliches Unwohlfein, bas der Anflrengung. im Rechnen 
immer folgte, gwang ihn, eine Beichäftigung fpäterhin aufzuge⸗ 
ben,. die in Stalien damals von Männern aus den hoͤchfien 
Staͤnden vorzugsweife gefucht wurde, und GSprachfiudbium mußte 
ihm Grfag dafür geben. Griechifch und hebräifch Iernte ex durch 
Gelbfiudium, im Ieptern nur durch einen Juden aus Livorno, 
Jakob Nugnez Vait, unterflügt:3 die neuern Sprachen waren ihm 
Längft geläufig. Dieſe Beſchaͤftigungen erweckten begreiflich bie 
Luft am Buͤcherſammeln, unb feine Sammlung von Giuntinen, 
fowie fein Edap von Handſchriften altitalienifcher Hemer er⸗ 
langte bald bei italienifchem Bibliographen entichiebenes Anfchen. 
Schon im 3. 1791 erllärte Banbini die Iegtere Sammlung für 
unfdyäpbar. In näherer Beziehung auf fein Baterlanb vereinigte 
ee feit 1786 mit den bisherigen Studien Forſchungen über Ge⸗ 
lebrtengefchichte, bie ihn in Verbindung mit Ziraboschi brachten. 
Als ESchriftſteller trat er zum erfien Male 1792 buch eine Ge⸗ 
daͤchtnißrede auf Attilio Arnolfini auf, einen eben damals ber 
trauerten Wafferbaumeifter. Doch bie Zeiten, bie barauf folgs 
ten, nabmen Leute von Talent unerdittlih als Buͤrger in An: 
ſpruch, und Gefare Luckhefini mußte im Auftrage feines Water: 
landes bald nach Wien, bald nach Paris reifen, um bie brobens 
den Stürme zu beſchwichtigen, dann, ba Worftellungen bie Be⸗ 
ſchluͤſſe der Gewalt nicht abwehren konnten, bald dem einen bald 
dem andern Gebieter feine Kräfte weihen. Gowol unter ber 
Herrſchaft der Baciochi als unter den wiedergekehrten Bours 
bonen verwaltete er das Amt eines Staotsrathes. Erholung 
von dieſen Bürden bes Staatslerens fanb er in der Befchäfti 
gung mit der Literatur, befonders ber alten; und Ueberſetzungen 
des Pindar, des Quintus Calaber, bed Gebr, einzelner Stellen 
des Homer zeugten eben fo fehr für den Grfolg feiner Rebenbe- 
f&häftigungen als für ben Fleiß, mit dem er ſich ihnen Bingab. 
Die wiffenfchaftliche Akademie zu Lucca hatte an ihm einen ber 
eifrigſten Theilnehmer, wovon bie „Opere edite ed inedite del 
march. Ces. Lucchesini”. die eben noch bei Biufti in Lucca ers 
Icheinen, den beften Beweis geben. Eine feiner wichtigfien Bü: 
“er: „Hlustrazione delle lingue antiche e moderne e prin- 
cipalmeute della italiana procurata nel: secolo XVIII degli 
Italiani ‘, das oftmals gebrucdt iſt, verbanft einer Preisfeage je: 
ner Afatemie feine Entſtehung. Gleich verdienſtlich fchienen feinen 


L ie «ü 
en 





heit fi entfernten, bie man in aͤhnl Werten Italiens ax 
teeffen gewohnt ff. Alte Ipätern, In Beitfchriften abgebrudten 
Aufſaͤhe hat Biufti forgiich gefammelt. Gefare Lucchefint farb 
am 17. Mai 1882, von Jahren und ben Folgen frommer un 
sen aufgerieben, benen er allzu eifrig in ‚feinen. legtes Lebenste 
gen ſich hinggaa. u . 7. 


Literariſche Notiz. 

Des Lordse John Biuffeli neneſde anonym herausgegebene 
kleine &crift: „The causes of the french revolution” (Eon 
don 1832), mag nachgrade Fein Meifterwert fein. Die er⸗ 
bitterte Benrthellung derſelben im diesjährigen Aprithefte des 
den Tories ugethanen „ /review'’: fann aber zei 
wohl ein abermaliger Beweis der Wahrheit fein, daß ung 
gelte blinde Parschuugh ihre, Streiche Immer auf ſich feib zu 
rüdfallen laͤßt. Was foll man bazu ſagen, wenn fie hier 
troft behauptet, daß nicht bie unverbeſſerliche Werborbenheit * 
hoͤchſten Stände in Frankreich vor der Revolution, wicht die ums 
peaählten Sünden der Regierungen Ludwigs XIV. und XV. unb 
‚der vorherigen, nicht bie Kiederträchtigleiten langjaͤhriger EReis 
treſſenhetrſchelt die Haupturſachen der Revolution geweſen feien, 
‚Sondern vielmehr die Schwaͤche Ludwig XVI., bie Philoſophen 
bes 18. Jahrhunderts und die Ruͤckwirkung des amerifank 
fhen Befreiungektieges dieſes Ereigniß herbeigeführt haben. 
"Wir fragen, Tonnte Ludwig XVI. ſtärter fein? War es wit 
fon ein Wunder, daß ex ſchuldlos blieb? Bietet die Geſchichie 
ein Beifpiel, ‚daß ein fo ausgeartetes, abgeRorbenes, moralifc) tod» 
tes Geflecht wie das der Bourbons jemals noch einen Charakter 
beroorgebracht hat? Ein flarker Regent an Ludwig's Stelle 
"hätte freilich zu der Rettung Frankreichs viel beitragen: Fbnnen, 
obwol ed immer dahingeſtellt bieiben muß, wie vich Abe 
er war nicht, da, und Ludwig's Worfahren bleiben nichtädefie 
weniger die Urheber der KRevolution. Wenn man folgern duͤrſte 
wie das „Review“, fo hörte alle Kritik der Geſchichte auf, und 
es gewaͤnne freilich Alles ein andere Geſtalt. Wir fragen fers 
ner, erklaͤrt ſich das Dafein eines Boltwire, Kouſſeau und am 
derer Philsſophen ihrer Seit ander® als aus ber En 
ber Regierung und der Regierenden? Ober würde ohne diefelbe 
Amerikas Beifpiel in Frankreich beftigere Wirkungen geäußert 
haben als im übrigen Europa? Kann ber $unle zünden, we 
fein Zunder vorhanden iſt? Alle 'diefe einfachen Sragen flellt 
fi) das. „Quarteriy review‘ nicht; eine Wahrheit fpricgt a 
aber bei dieſer Gelegenheit aus, die in gegenwärtiger Zeit 
wiß nicht genug beberzige werben fann. 8 bemerft ndm 
baß in Frankreich unb Gngland — wir nehmen es im Alge 
meinen an — das falſche Syſtem, weiches zu einer Revolution 
geführt habe, immer das eutgegengefegte besjenigen gewefen, 
durch welches bie legtvorhergehende hervorgebracht worden fei. 
Habe zu leichte Nachgiebigkeit die frühere erzeugt, fo entfiehe die 
nächte gewiß aus zu hartnaͤckigem Witerftandt, habe jene ib 
ren Zurgot gehabt, To fehle dieſer nickt ihre Polignac. Die 
barauf folgende Anwendung von Karl I. von England Beifpid 
auf Rihard Grommel, von deffen Beifpiel auf Jakob IT., von 
diefem auf Ludwig XVI. und endli auf Karl X. laͤßt ſich h& 
ren. Soll die Prophezeiung, daß die naͤchſte Revolution in 
Sranfreid) oder England wahrfcheinlih aus zu ungemeflener 
Rachgiebigkeit werde pervorgerufen werden, auf das Ieptere Rei 
Berug haben, wie leicht zu erratben iſt, fo wird uns der Ängfls 
liche Tory ein Leichtes Lächeln ſchon zu gutd halten muͤſſen. 
Wir flimmen ihm übrigens keineswegs bei, daß bes Lords gro⸗ 
bes Wort: „Gin in der Freiheit geübtes Volk hat zahlreiche 
Sicherheiten in feinen alten @rundfägen und Gewohnheiten, 
und es würde keinem Gefeggeber des Tages woͤglich ſein, ſie 
in eine moderne Papierconſtitution aufzufaſſen“, im geringſten 
für einen eignen Verdammungeſpruch gegen feine Reformbill 
zu erachten fei. 159, 





Redigirt unter Kerantwortlicgteit der-Werlagähandlung: 3. X. Broddeus in £ eipzig. 
EEE 


—— — — 


Blätter 
2 | | . für 


literariſche Unterhaltung. 





Donnerötag, 





Gelehrtes Eſſen in Paris. 

Auch ich bin Mitglied einiger Gelehrtenvereine. Kaum 
"war ich vor acht Fahren in Paris angelangt, fo bot man 
mie von allen Seiten diefen ehrenvollen Zitel an. Sie 
bezahlen jährlich 20 oder 30 Francs, fagte man mir, und 
fommen dadurch in Berührung mit„den erflen Gelehrten 
der Hauptftadt und werden Mitglied einer Art von Aka⸗ 
demie. Mit Freunde willigte ich in diefen Vorſchlag. Ob⸗ 
wol ich ſchon Doctor der Philofophie war, fo wollte ich 
hiezu noch jene andere, zumal wohlfellere Würde hinzu: 
fügen, und als: id dem. Gefchäftsführer eines einzigen 
Gelehrtenvereind die Summe von 20 Francs zugefchidt, fo 
etwiderte mir der liebe Mann noch denſelben Tag fehr 
‚höflich, zeigte mir mieine Ernennung an, foderte mich auf, 
der Geſellfchaft die Refulcate meiner eignen Forfchungen 
mitzuthelfen, und um mid vollends zu beſchaͤmen, Tchrieb 
ee auf die Adrefie: A Monsieur Monsieur *, membre 
de plusieurs societ&s savantes.. Darauf war ich lange 
Zeit in biefem Vereine, der mie zuerfi -fo viel Ehre an⸗ 
-getban, und balb in ähnlichen Birken, wo id) mittele 
-20—30 Francs Aufnahme fand, eines. von den eifrigflen 
‚Mitgliedern. Mit religiöfer Aufmerkſamkeit hörte ich zu, 
wie die gelehrten Derren bier auseinanberfegten, was fie 
über Zend und Pali und bie paradiefifchen Urlaute er: 
forfcht, dort, welche hohe Belohnungen man dem Reifen: 
den beſtimme, der kühn genug. ſei, durch Afrika zu wars 
dern und nah Paris zurüdzulehren; in wieder andern 
. Bereinew; wurbe. ich mit ber berühmten Unterrichtöme: 
thode Jacotot's bekannt; in andern endlich nahm ich mo: 
natelang an den Diseuffionen Antheil, um für bie Ge⸗ 
fetfchaft ein Reglement. auszuarbeiten, das, kaum beendigt, 
wieder neuen Ersrterungen unterworfen ward. Nicht un: 
belohnt biieb dieſe meine Beſtrebung. Schon bin ich in 
einem der Gelchrtenvereine Mitglied des Ausfchufles, des 
Conſeils und genieße ber wichtigen damit verbundenen 
. Präcogativen, wozu auch die gehört, daß ich mehrmals 


im Jahre dem Könige Ludwig Philipp in den Tuilerien 


meine Aufwartung machen darf. Wie denn aber der 
Menſch niemals ganz zufrieden und ſelbſt des hoͤchſten 


Genuſſes am Ende: überdrüffig wird, fo wollen mir feit 


einiger Zeit die Sigungen der Gelehrtenvereine nicht fehr 
behagen. Stunden lang vor bem grünen Teppiche zu figen 
‚and die langen Reden anzuhören; zuzuſehen, wie Jeder 








27. Suni 1833. 





feine Privatfpfteme auftifht, wie man Reifen und Beloh⸗ 
nungen ankündigt, die ſich nicht verwirklichen; wie man 
bie befte Zeit verſchwendet, um Chrenftellen zu vertheilen 
und Reglements aufzufegen — ich weiß nicht, warum mit 
das feit einiger Zeit faft langmeilig vorkommt; aber un: 
leugbar iſt, daß ich nicht mehr allen Sigungen beimohne,. 
fogar mo ich Mitglied des Conſeils bin; das letztemal, 
glaube ih, habe ich micy-ganz in der Regel gelangweilt, 
gegähnt, gefchlafen und ward von einem Nachbar geweckt, 
der mir zurief: „Wie ganz anders ſah ic Sie vor adht 
Sahren, als Sie den Brief erhielten, mit ber Adrefle: 
membre de plusieurs societes savantes!“ 

Aber ih kann nun einmal die Gelehrtenvereine mit 
dem grünen Teppich und den langen Vorleſungen nicht 
mehr leiden. Es geht mir bort zu langweilig: fpieituali- 


ſtiſch herz da lobe ich mir jene andern Geiehrtenzirkel, 


wo das Materielle mit dem Geiftigen fo innig vermählt 
und identificirt wird, als nur irgend ein deutfcher Ideal⸗ 
philofoph Geiſt und Materie zu einigen vermag Da 
lobe ich mir die Zufammentünfte von Gelehrten, wo nicht 
wie um ben grünen Teppich geduldig zufammengelefene 
Erudition die Ungebuld bed Zuhoͤrers erweckt, fondern ro 
durch die frohe gegenfeitige Sinfpiration der Funke origi- 
nel hingeroorfener Ideen ſich entzündet, und um nicht 
länger in Raͤthſeln zu fprechen, fo lobe ich mir, und ge 
ſtehe es gradezu, bie miffenfchaftlichen Bankette, ein ge 
lehrtes Efien. Der Art Zefttichkeiten find noch allzu ſel⸗ 
ten am heutigen Tag. SPolitifche Bankette haben feit drei 
Jahren überhandgenommen; dieſe altdeutfche Erfindung 
wird jest befonders in Frankreich und England erploitirt. 
Gelehrte Eſſen aber find erft im Entſtehen, und ich bes 
dauere ed. Nicht daß bie‘ gelehrten oder politifchen Ban: 
fette nothwendigerweiſe zu einem großen Reſultate führen, 
keineswegs; was die Geſellſchaft heute beim Klange ber 


Glaͤſer befchließen wird, bat fie oft morgen wieber ver: 
‚geffen. Allein wenn auch zufällig nie etwas babei erreicht 
. werden follte, wenn fich die champagherhafte Originalität 


immer Tags darauf in philiftröfe Gleichguͤltigkeit verwan⸗ 
deit, fo iſt die Mühe dennoch nicht ganz verloren; bei 
den andern Gefelfchaften hat man ſich ein paar Stun: 
ben gelangweilt, bei ben Banketten hat, man, wenn man 
dadurch nicht weiter gelangt, wenigſtens ein gutes Effem 
mitgemacht, 


TA 


Drum lobe ih mic — um von der Policit nicht 
mehr zu fprechen — ein gelehrtes Effen und namentlich 
. dasjenige, welches vorigen Dienftag am 28. Mai in dem 
ſchoͤnen Saale des Reftaurateurs Feͤrre zu Paris, Place 
Chatelet, ftattfand. Während der Reflaurationszeit hatte 
Herr Jullien, Herausgeber der ‚Zeitfchrift „Revue ency- 
clopedique”, jeden dritten Dienſtag des Monats feine 
Mitarbeiter und fonftige gebildete Leute aus dem Inland 
und der Fremde zu einem Bankett vereinigt; auch nad) 
der Revolution wurde es fortgefegt, war jedoch feit einem 
Jahre durch die Cholera, bei welcher die reinſpiritualiſti⸗ 
ſchen Gelehetenvereine ihren Vortheil fanden, ſowie auch 
durch die in Paris einreißende Gleichguͤltigkeit an allen 
Dingen, und fomit auch an den Gelagen, ungluͤcklicherweiſe 
eingegangen. Schon glaubte ich, die Sache habe ein Ende, 
und ging in der Verzweiflung wieder nad den Vereinen 
mit dem grünen Teppich und. dem Reglement, als mid 
ploͤtzlich Hr. Jullien bemachrichtigte, daß fein gelehrtes Eſ⸗ 
fen wieder anfonge, nur nicht unter dem Titel: diner 
encyclopedique, fondern es heißt: wmion des nations. 
Der Titel feste mich natürlich in Schrecken. Ich fuͤrch⸗ 
tete, als Mitglied eines folchen Vereins für einen Propa⸗ 
gandiften gehalten zu werden und bei meiner erflen Reiſe 
nach der Heimat Übel wegzukommen. Aber Hr. Julllen 
-bernbigte mic) mit der Verficherung, das Eſſen habe einen 
reinwiſſenſchaftlichen Zweck, und-fo- mar ich denn vorigen 
‚MDienflag .der. Erfte, der mach feche Uhr Abende in den 
: ſchoͤnen Spelſefaal des: Hen. Foͤrre eintrat. 
AIn em Nebenzimmer lLagen Flugſchriften, ich er⸗ 
griff: bie erſte beſte, Titel: „Sourenirs de la Pologne“. 
Schier wäre ich von Neuem in Verlegenheit gekommen, 
Senn Polen iſt micht vreinwiſſenſchaftlich, das iſt Politik; 
ich war aber allein im Zimmer, und ich laß. 
möglich, ſich eine ruͤhrendere Erzählung zu denken als die, 
welthe der. achte Artikel diefer Zeitſchrift (dritte Nummer) 
in mur drei Seiten enthalt. Der Verf. ſchildert darin 
das herbe⸗ Schickſal, welches die. Polen bei Pulawy teaf, 
und die mütterliche Fuͤrſorge der Fuͤrſtin Czartoryska für 
ihre ungluͤcklichen Landsleute. Nebenan ein Kupferſtich, 
die Fuͤrſtin darſtellend, wie fie in ihrem prachtvollen. Sa: 
:jon die Witwen und Waifen der Verwundeten pflegt. 
: Mein im Zimmer, fleilte ich fo meine Betrachtungen an 
‚ber. die Polen, die entfernt von ihrer Heimat noch weit 
‚mehr Nationasgsfühl haben als cin anbere® Volk, mean 
28 zu Daufe bleibt. Das Almoſen, das ihnen Frankreich 
vergönnt, kaum ‚genug für ein duͤrftiges Auskommen, ver: 
wenden fie noch zur. Hälfte, um nach niedergelegten Schwerte 
Als Schriftſteller den Ruhm ihres Vaterlandes zu verherr⸗ 
lichen. Dieſen Ruhm fingen. in MParis palniſche Dichter, 
polniſche Literaten jeder Art ſtimmen: ein, polaifche. nſt⸗ 
ler. weihen ſich demſelben Zwecke, und wir gehen wicht zu 
weit, wenn wir behaupten, daß. Polen jahrelang. fuͤr Lite⸗ 
ratur und Kunft zu Hauſe nicht gelriſtet, was jest eine 
geringe Zahl feiner Soͤhne im Außlanbe zu Jage fördert. 
Noch weiter Hätte ich meine Betrachtungen fortgefegt, aber 
ich war nicht mehr alten im Zimmer; ‚De. Jullien war ge: 
tommen, mit ihm eine zahlreiche gemifchte Geſellſchaft 


Es ift un⸗ 


———— —————— — — — — ———— — — — — — — —u ——— —— 
.-. “ .n .o . . . .. 


Im Nu machte ih fogleih ein paar Dugend Be: 
Fanntfchaften, unter andern die mir mwerthe des Hm. Dr. 
Auzour, der in der Straße Vivienne Vorlefungen tber 
Anatomie hält. Er ift Erfinder eines Präparate, wel: 
ches beim Studium der Anatomie die menſchlichen Ge 
beine und das Gadawer Äberfaupt ganz unnoͤthig macht, 
auch hat er eine Methode entdeckt, mittels webcher man, 
nach feiner "eignen Schägung, in vier Monaten fo vie 
von der Anatomie lermen Tann, als man braucht, um 
Profeffor zu werden. Ueberdies richtet er feinen Vortrag 
auf eine Art ein, daß aud Damen dabei zugegen fein 
tönnen. Und deshalb lieſt er in ber Rue Vivienne, der 
Straße der neueften Moden, dem Quartiere der vorneh⸗ 
men Srauenzimme. Dankbar nahm ich die Adreßkarte 
des Hrn. Auzour und die Edaubaig. an, ſeinen Hoͤrſaal 
befuchen und Andere dort elufähren zu dürfen. em 
eine der geehrten Leferinnen firh die anatomiſchen Praͤpa⸗ 
rate vom mir zeigen laſſen will, fo wende fte fich gefaͤl⸗ 
ligſt wegen meiner Adreſſe cur die Rebnotion der Blaͤtter 


fuͤr literariſche Untexhaltung. 


In England beſonders fand die Erfindung des Heren 
Anzourx viel Beifall, um fa mehr, da man ſich dort we: 
sen bekannter Vorurxtheile nicht leicht Mittel zu anatomi⸗ 
fchen Studien verfchaffen- kann. Blos in Deutſchland, 
fügt mir Hr. Augeur, gibt man fich noch nicht mit ſei⸗ 


ner Entdeckung ab. | 
Eben wollte ich.mit Deren Auzour unterfuchen, mie 


‚man fsine Entbeckung wach Deutſchland befargen koͤme, 


als mih De. Zullten zur GSette ref, um mir einen in⸗ 
tereflanten . jungen Kinſtler vorzuſteuen, der ſich fogleich 
in ein aͤſthetiſches Geſpraͤch mit. mir einließ, üher die legte 
Ausſtellung, die ich nicht gefehen. hatte, und über bie fram⸗ 
zöfifche Kunſtſchule im Allgemeinen,: in Bezug auf: welche 
er ſich mein Urtheil ausbat.. Was: die Auaftellung be⸗ 
trifft, fo beging. ich Die Thorheit, zu erwidern, id) fei nicht 
hingegangen, meil‘.Amneen zufolge fein einziges gutes 
Städ dort geweſen ſei, worauf mir Hr. G. beſcheiden emt- 
gegnete, 8 fei wur zu wahr, und er ſeibſt babe einige 
Gemälde dort ausgeſtellt. Noch ungeſchickter antwortete 
id) auf bie andere Frage; denn um ein Urtheil Aber bie 
franzoͤſiſche Schule zu fällen. verglich ich fie mit denen 
des Auslandes. Ich .Tprach. von: der duͤſſeldorfer Achte. 
„Sie haben alfo eine :Sthule in Duͤſſeldorf?“ Von den 
andern in Dresden und Münden. ', Wie nennen Gie..die 
dortigen Kuͤnſtler?“ Ich ſprach von: Baukunſt und Sculp⸗ 
tur, von der Pinakothek. „Was verſteht man unter dem 
Worte Pinakothek in Deutſchland?“ Ob dieſer Verſchmaͤ⸗ 
hung wunferer deutſchen Runft: war ich eine Weite Haft 
ungehalten,:allein ich haͤtte bedenken ſolen, daß man in 
Deucſchland die Entdeckung des framzoͤſiſchen Anatoren 
verſchmaͤht. 

„Sie werben body wol zugeben”, ſagte mir der junge 
Kändtier, daß unfere frangöfifche Kunſt hoch über ber 
deutfchen ſteht; wie wollten Sie es ſonſt erklaͤren, daß fo 
viele deutſche Kuͤnſtier nach Paris kommen, um zu ler= 
nen, und daß ſo wenige von. hier uͤber ben Rhein ge— 
hen?“ „Weil wir Euch kennen“, erwiberte ich, gehen wie 


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Augen ga fernen und die menſchlichen Verhätniffe bis 'äuf- einen 


735 | Ä ' 


au Euch, und Ihr geht nicht nach Deutſchland, weil Ihr | 
von‘ der: dertigen Kunſt nichts: wißt. "Durch dieſe meine 
- Antwort ließ sr fich aber nicht uͤberzeugen. Ueberhaupt 
wird es gewiß noch lange dauern, bis man hier zu Lande | 
etwas Ausführlihes über Deutſchland weiß, Mit weni: 
gen Ausnahmen Pennt ber Franzoſe nur die hervortretend⸗ 
ſten Männer Deutſchlands aus. jegiger und früherer Zeit; 
er konnt Luther, Kant, Winckelmann, Schiller und Goͤthe. 
Die Ertreme kennt er auch, den Fuͤrſten von Metternich 
und den Dr. Wirth in der Mohtik, in ‚der; Litepatur eß⸗ 
ner: and Hoffmann. Andere mag. man, ihm kauy 
und breit in ‚dem Zeitſchriften exzäflen,, - den. andern Top | 
voeiß er nichte mehr davon. - | | | 
Die franzöfifchen Kuͤnſtler innen fih ſchon deshalb 
sicht leicht ‚in, Deutſchland umfehen, weil die Art ihres 
Seudirens fie an Parts und an Italien bindet. Wer 
ſich in ber Schule zu Paris auszeichnet, wird nach Ita⸗ 
fien geſchickt. Wer in! Fiankreich bleibe odet dahin zu: 
xuͤckkehrt, erzählte, mir Hr. E., hat oft, —5*— nicht 
vermoͤgend, jahrelang mit hen, größten Schwierjgkeiten 
zu kaͤmpfen, z. B. Gerd, der damit anfing ‚: im: Dosfe 
Belleville bei Paris Ladenſchilder zu malen. Wer aber 
nur erſt einigen Ruf erworben, befommt für ein Portrait 
1500 Francs und: wishr, und es gibt in Paris eine große 
Zahl von Mabern, die ein koloſſales Bermiögen ‚befigen. 
. GDer Beſchlus folgt) . - .- 
. 14 ® ' 


Unſer Herr als das Muſterbild aller Weltperbefierer. 
Oerr Dr. Roͤhr in Beimar hat in zwei Prebigten zum 
Lichtmeßfeſt und am Sonntage Reminiscere 1833 darüber ge: 
fproden una fie mit jener Ueberfchrift abbruden laſſen. Hat 
man nicht felten darüber geftritten, ob Zeitereigniffe auch auf 
der Karel zu verhandeln ‚fein möchten, und haben Politiker, 
deren Weitklugheit feeilich--mit ben Reengen efegen der chriſt⸗ 
lichen Weisheit nicht immer in Einklang zu-beingen war, «6 
oft ſebr ungnädig vermerkt, wenn ein geiftlicher Redner fid 
für verpflichtet hielt zu dem Bidelwort; „‚Rufe getroft und 
ſchone nicht; große Leute fehlen auch“, fo'twird- hingegen ber 
wahrhaft religidſe Menſch gern das Wort des Werk in: beim 
Vorbericht unterfchreiben: Wo ſoll in einer aufgeregten Beit 
‚und bei ber. gefliffentlichen Srreleitung der Gemuͤther, welche 
ſich jegt ein großer Iheil der Wortführer des Tages angelegen 
fein ıäßt, die Stimme der Wahrheit für das Volk noch kqut 
werben, » wenn fie auf dem chriſtlichen Lehrſtuhle fchmeigen ' 
folte 2.05, Das Chriftenthum iſt der Stägpunft -und Traͤger 
des Geiftes einer: edeln Kreifinnigkeit; aber nichts warnt aud 
nachdruͤcklicher gegen die Ausfchreitungen deffelben und: bekämpft 
das Maßlofe’ feiner Aeußerungen fo kruͤckſichtsloz als dieſe 
bimmiifche Anftalt unter irrenden Menſchenkindern.“ „Darum, 
. dürfen Diejenigen, beren Mund zumuͤchſt dem Dienfte deſſelben 
verpflichtet ift, ihre Pflicht nicht verfäumen, wenn fi Alles 
um ste her anſchickt, in Dem, was bie Jetztweld Zum Baue ih⸗ 
res Gluͤcks für unerlaͤßlich erachtet, Schranke und Ziel aus den 





Punkt zu treiben, wo das Berderben Aller béeginnt.““ Wenn 
ein Röhre, der nichts mehr bekämpft als das ftarre Verharren 
. im Alterthuͤmlichen, dieſes fei auch noch fo unrecht und abge: 
ſchmackt, und jede Beknechtung auf dem Gebiete gefegmäßiger 
Freiheit, dennoch ben Reformatoren entgegentrist, die erk in 
. Seundfägen und dann durch Thaten, wie fie das arme, Frank⸗ 


























„drigften 
nen; die 
Kreiſe ihres Wirkens flets als Unmeife und Thoren barftellen 


und boy bie größten Weltangelegenheiten untruͤglich berathen 
‚und leiten wollen ; ‚bie. arten und —28 welche dem einzel⸗ 


faſſen, wozu fie weder —— 
elt. 
furt Eennen gelernt hat, Alles Umſtuͤrzem walen, und-badurch |..Len 


Despotiſmus nannte, den Stempel ber Nothwendigkeit auf: 


' prüeen, fo ſchließt er Ach damit an die Jauſende an, hie «es 


gllagen, daß die heiljge- 
enfweibt und befleckt wird, fobaß man ihren Freunden ent 
gegenruft: Geht, das iſt ber Geiſt der Zeit, das iſt hie, freie 
heit, womit bie berumircenden Ritter, meift Döctoren ber Phi: 
lofophie, die fie nicht kennen, bie Welt beglüden wollen. Unfer 
Verf. „fürdtet nicht das Gelörei Derer, welche ber größten al: 
ier Thoͤrheiten biefer. Zeit verkauft find, ber Thorheit den Er: 
fahrungsſatz, der, die Gewaͤhr von Sahrtaufenden für ſich bat: 
daß es in. alleg ‚Dingen eine richtige Mitte gebe, zu bekämpfen 
und lächerlich. zu en". an fönnte. —* vorſchlagen, 
jenes ‚Gift durch Gegen fe durch wahrhaft volkschimliche 
Blätter und Schriften zu dämpfen.“ Aber es ſchaint, ’alg müſſe 
man jegt wirflih erft die Menſchen turch Schaben Klug werben 
laffen, wie fie: es durch die frangsfifchen Schulmeiſter lernten, 
was Freiheit und. Gleichheit für gerviffe Leute zu bebenten habe, 
und welchen Gegen fie in dieſem Sinne bringen. Witze, zumgie 
len treffeude, endlich aber, da bie Preffe drängt ynd die Lage: 
blätter voll fein. folen, expreßte, fabe; Läͤcherljchmachen alles 
Chrmürbigen uab Achtbaren, Zabel alles Deſſen, mag .upd, meil 
eß-don oben Ober.von einem unbeliebten Miniter kommt, das 
(ol ſolchen Blaͤtlern di geben und — die Welt will betro⸗ 
gen fein — das wird gl Ambrojia und Nektar veiſchlungen; 
wahrhaft naͤhrende, Eräftige Hausmannskoſt, bie freilich bau 
Gaumen nicht Bigelt, wird.verfhmäht. Möchten nur Die, welche 
bie Aerzte gegen biefe Uebel ber Zeit fein wollen, nicht falfche 


Sache der Wahrheit und des Rechte 


‚Mittel anwenden; Gewalt allein thut's halt nimmermehr; 


möchten fie keine Blößen geben in Erhaltung bes Alten und 
Beflehenden, in Beflrafung der Schlechten und der Irrenden, 


in Maßregein, die Ruhe und Sicherheit herbeiführen follen, 


aber hoͤchſtens die Außenfeite eine Zeit lang übertünden, unter 
welcher im Innern ber Wurm des Misvergnügena und per enbs 
lichen Zerflörung nagt, was auch die Freunde der Ordnung 
und bed Geſetzes migtrauifeh, unmuthig, Kalt und zurüdtretend 
macht, da, wo es gilt, mit Wegeifterung zu ſprechen, mit Kraft 
iu handeln. Auch bie reblichften Patrioten. önnen irren und 


‚tehlen: aber fie ſodann ſogleich Verbrechern gemäß zu behan⸗ 
bein, das fchüchtert für ben Augenblid ein; aber ‚beruhigt und 
ſerztet es auch die Gemuͤther? Und 


grade dieſe Fehlgriffe 
nd Lie. verwundbaren Stellen, welche die, Ultrajiberalen recht 
t zu treffen und dann mit Erfolg auch wieder zu rufen ver: 
Beben: ſeht, das will der Abſolutiswus und die Ariftofratie! 
Unfer Rebger fie N Jeſum als das Mufterbilb aller Melt- 
—— erſtlich infofern auf, daß er ſich dem Wirte feines 
Bebens nicht ohne ben gatfäiegenften Beruf unterzog. Nachdem 
er dies bewielen, fragt er, ob dies auch alle unfere Weltverbeſ⸗ 
ferer von ſich fagen koͤnnen. Er geſteht zu, daß Viele durch 
ipee Oteilun Einſicht un Erfahrung dazu berechtigt find, alles 
Anbfüige, Schroffe und. Druͤckende abzuthun und den Misbräu: 


PR und: . wer : in End nachen, ‚welche dem. eſell⸗ 
(ef ee ns m g 


lien. V heil feined Begluͤckenden und Beng: 
lichen rauben. Ahex, re haben auch nicht bie geringffe Be⸗ 
fugniß -bazu. „Das find bie Anm lichen, welche don, dem nie 
Standpunkte in der Gefekfchaft aus bie neriwideltiten 
Berhältnifte berfelben überfehen und ordnen zu koͤnnen vermeis 
ecken und. Eingebildeten, welche fich in bem Kleinen 


nen Nebenmenſchen bei jebem Anlafje wehe thun und gleichwol 
die Miene annehmen, al& wolle ihnen bei der geringflen Unbilbe 


im Staats: und Voͤlkerleben das milde Herz brechen; bie Unru⸗ 


bigen und Aufgeregten, welche ihres Berufes und Amtes nimmer 
gehörig arten, wol aber ſich mit ber Borge für Dasjenige bes 
m. Beſſern umzugeftal« 
e und ihrer Familie bie 
£_ bemerkt dabei ſehr 


— —— 


nehmen. be 5 
».Jüht baran benken, mus ihrem # 
| ng zu „geben. Der 


.! 
⸗ 


rend fie eh auf ſich 





136 


wahr — und hieraus erfenne man feine Freiſinnigkeit und Unpar⸗ 
teilichkeit : „daß ſich Mancher nicht dazu würde verfucht fühlen, 
wenn Diejenigen, denen Bott zu fortſchreitender Herftellung eines 
vernunftgerechten und chrifllichen Zuſtandes der Dinge ben Au 
fern und innern Beruf gab, auch reblich thäten, was fie follten 
und Menfchen und Boͤlker ben unleugbaren Uebeln, welche fie 
drüden, mit Ernſt und Eifer zu entziehen fuchten”. Aber ba: 
burch werden „die unberufenen Weltverbefferer nicht gerechtfers 
tigt”. unſer Herr war Mufter, baß er bei feinem Wirken und 
Schaffen nichts für ſich ſelbſt, fondern Alles für die Welt 
wollte. Der Rebner ftellt davon ein fchönes Wild bar, fragt 
aber bann, ob man barin auch unfere vermeinten Heilande finde; 


befcheidet fih, daß nur Bott That und Abficht vollkommen würs | 


bigen koͤnne, behauptet aber, daß Erfahrungen auch und zu ei⸗ 
nem feeimüthigen Urtheile berechtigen. „Es hieße das menſch⸗ 
liche Herz mit feinen truͤglichen Falten, mit feinen verfteckten 
und niebrigen Leidenſchaften wenig Eennen, wenn man nicht hin: 
ter der Schonungslofigkeit, mit welcher viele folcher Weltver⸗ 
beſſerer alle Unvollkommenheiten des Öffentlichen Lebens aufde⸗ 
den, bie leere Eitelkeit fände, weldye von ſich reden machen will; 


wenn man nicht aus ber Kühnhelt, mit welcher fie in ben Vers . 


hältniffen ber Staaten das Oberft zu Unterfl kehren mollen, den 


—A nee blicken fähe, weicher ſich nach einer nam: 


haften bürgerlichen Bebeutung fehnt; wenn man nicht in bem 


erl 
Geſchrei, welches fie über bie Unzweckmaͤßigkeit und Verkehrtheit 
aller vorhandenen Einrichtungen erheben, das ſtuͤrmiſche Ber⸗ 
langen anklingen hörte, durch Beſeitigung derſelben zu groͤßerm 


Beſitze und reicherm Genuſſe zu kommen; wenn man nicht von 
dem ſcheinbar edeln Ingrimme, mit welchem fie bie beſtehende 
Ordnung ber Dinge befeinden und befämpfen, die kecke Herrſch⸗ 
und Strebeſucht bemäntelt erblidte, welche in einer andern ihre | 
Role fpielen will. O vierzig lehr⸗ und warnungsreidhe Jahre 
laſſen uns hierin nicht irren. Das gilt freilid) den Edeln und 
Rechtlichen nicht, welche fi in Sinn und That ald Freunde ih: ! 
rer Brüder bewaͤhren, bie Mängel und Gebrechen menfchlicher ' 
Gemeinmwefen mit befcheidenem Freimuth an bas Licht ziehen, in 
allen @inrichtungen derfelben echt und Gerechtigkeit mit heſon⸗ 
nenem Eifer herzuftellen trachten und der Verblendung, bem 
Eigenfinne und böfem Willen mit feftem Muthe entgegentreten, 
welche in irdifchen Zufländen und Dingen auch das Unhaltbarfte 
halten, das Thoͤrichtſte vertreten, das Drüdendfte verewigen und 
das von Zeit und Welt Vermorfene wieder zurüdführen wollm. 
Sie find bie echten Zoͤglinge Chriſti““ Diefer „war Mufter, in: 
dem er das Heil ber Welt vornehmlich von Annen heraus zu 
‚Schaffen fuchte”. „Das Hell der Staaten blüht allerbings da nicht, 
wo man aus ſchlaffer Traͤgheit oder wohlberechneter Selbſftſucht 
nicht daran geben mag, Gefehen, Bitten unb Einrichtungen, 
welche aus den Bebärfniffen eines bahingefchwunbenen Weltzw 
ftandes heroorgingen, ein Ende zu machen und zeit» und zweck⸗ 
“ gemäße an deren Etelle zu’ fegeh, und man frevelt ſchwer an ber i 


gen Bildung von einer angemeffenen Vervollkommnung ihres Ge: 
ſellſchaftskoͤrpers durchaus nichts wiſſen will.” „Aber bie volls 
endetflen Staatsverfaſſungen find ja nur Formen, welche ber, 
Geiſt des Menſchen beleben muß, wenn fie fruchtbar werben fols 
fen. Umgedet alle Fürftentbronen mit vollsvertretenden Ver⸗ 
fammlungen : waltet in ihnen nicht die Weisheit und Redlichkeit, 
welche das Beſte Aller. fucht, fie werben fruchtlos und unnuͤt 
fein. Hichtet den GStartsbienft in allen feinen Zmeigen aufs 
Beſte ein: gebricht e8 ben damit Betratieten an Zreue und 
Hflihteifer, er mwirb keinen Gewinn unb Segen bringen. Be⸗ 
ſchraͤnkt die bürgerlihen Laften bis auf das kleinſte Maß: laffen 
Die, welche fie tragen, nicht ab; durch ihre Ueppigkeit und Ge⸗ 
nußſucht ſich feibft von Zage zu Zage hoͤher zu befleuern, fie. 
werden nie mit zufriebenem Sinne übernommen werben u. f. w.“ 

Dies wirb hinreichen, um zum Leſen diefer geiftreichen Reben, 
einzuladen und Das zu beberzigen, worin, nach der zweiten Pre⸗ 
digt, unfer Herr fonft noch ats Mufterbild aller Weltverbeſſerer 


Hebigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagshandlung: 8. A. Brodhaus in Leipzig. 


‚und uOdyſſee“ von William Sotheby, mit 7 


- Gebräuche und: Geremonien der englifchen 


erſcheint, nämlich darin, „daß er befliffen war, .bas Neue an bad 
Alte zu knuͤpfen und bie WBefeitigung des minder Guten durch 
bas Beffere allmälig zu betreiben, daß er babei alle argliflige unb 
gewaltfame Mittel verfchmähte, unermuͤdet bas Seinige that, das 
Uebrige aber Gott anheimſtellte!“ Daß auch hier Gebiegenes 
vorkommt, wird Niemand bepveifeln. . *F 

Scchließlich fragen wir nun noch, womit wol der alte &u- 
pranaturalisumus feine haͤmiſche Werleumbung, daß die neuere 
Theologie, befonders der Nationalismus, die Throne untergrabe, 
die Fürften herabmärbige, bie Belege und bürgerliche Ord⸗ 
nung zerflöre und Anardjie herbeiführen muͤſſe, beweiſen wit? 
ferner, 06 nicht bie hnten Predigten ganz aus dem 
bden hergenommen and babei ganz. chrifliich finde ober ob 
etwa der Zabel über die Fuͤrſten und Obern, wie: ihn z. B. 
Harms unb Hengſtenberg ausfprechen, daß bie Monarhen nicht 
auf die reine (das heißt kirchliche) Lehre halten, nicht Prebiger, 
die von den Symbolen abweichen, fie mögen übrigens noch fo 
nuͤhlich wirken und noch fo beliebt bei ben Gemeinden fein, abs 
fegen und fortjagen, bie Gemuͤther befänftigt umb Liebe und Ben 
trauen zwiſchen Regenten und Untertbanen und bei diefen einen 
milligen Gehorſam befördern ?:. ober ob. bie füßlichen Reben, bie 
Blümeleien ber hyperorthodoxen Myſtiker, ihre Ieremiaben 


über bie Erbſuͤnde und bie —— des Menſchen zum Guten 


beffer Überzeugen und zum Guten hinfuͤhren mögen, als bie kraͤf⸗ 
tigen Worte eines: folgen Rationaliien?. . . 68. 


« ‘ 





Literarifhe Notizen. 
Paulding, einer ber vorzägläckften amerikaniſchen Schrift: 
fteler, hat einen neum Roman in zwei Bänden: ‚Westward 
bo!” geliefert. ,.__ 


Joſeph Story, Profeffor ber Rechte auf ter Harvard⸗ 
univerfität, bat ein fdägbares Werk: ‚„Commentaries on the con- 
stitution of the United States”, mit einer Einleitung über bie 
Verfaffungsgefhichte ber Eolonien und Staaten von ber Ans 
nahme des Grundgeſetzes, in brei Bänden herausgegeben. 


In monatlichen Lieferungen erfcheinen bei Murray in Lon⸗ 
bon: „Landscape illustgations of the old and new testaments”’ 
von William usd Edward Finden, nad Driginalzeichnungen, an 
Drt und Stelle aufgenommen, von Turner und Gallcott. 





Der berühmte Anatom Sir Charles Bell Hat herausge⸗ 


‚geben: „The hand, its mechanism and vital endowments as 


evinring design.’' 
John M. Kemble hat ein angelfächfifcges Gedicht: „Beo- 


DE nach der Handſchrift im, britifhyen Mufeum drucken 
Q . . . . a 
“ Menfchheit, wenn man bei dem fleten Wachsthume ihrer geiftis 3 


en. 


. ü . . “ ⸗ 7 
Bei Murray erfcheint die metriſche Ueberfegung ber: „Slias‘‘ 
‚Kupfern nad 
Alarman ‚von. Henry Moſes, in vier Bänten. Die erſte Aus— 
gabe der „Ilias“ erfchien 1831. 





Thomaa Anthony Trollope, rin Mechtsgelehrier, gibt bei 


‚Murray unter dem Zitel: „Encyclopaedia eccliesiastica”, rine 
vollſtaͤndige Geſchichte der dhriftlichen Kirche in vier Quartbän: 


den heraus. Er .will zugleich eine volftänbige Darftellung bex 

irche hinzufügen. 
Die Geſchichte der Moͤnchsorden wird durch lithographiſche 
Abbildungen erlaͤutert. 


Es erſcheint in Kurzem ‚bei Murray in London die 
18. Ausgabe ber berühmten ‚Rejected adresses’’, mit ben 
Bildniffen der Berfaffer nah Harlow und Holzſchnitten von 
Georg Eruiffbant, nebft einer neuen Vorrede und Anmerfun: 
gen von’ den Verfaffern. 9. 


pr} r 
LU U} 





— — — 


— —— 


— 


ie 


Blätter 


für 


Literarifhe Unterhaltung 





Freitag, 





Gerendrres Effen In Yarit. 
Beſchwuß aus Fr. 1%) 

Reider konnte ich die intereffanten Mitcheitungen des 
Jungen Aunſtlers nicht zu Ende bösen, denn man benach⸗ 
richtigte und gegen ficben Uhr, daß «6 Zeit ſei, zu Tiſche 

zu gehen. An einer en, relchlich beſetzten, blumenver⸗ 
4 Tafel nahm Hr. Zullien als Präfident den Ehren: 
play ein, und nebenan veibte ſich ein kleines Heer von 
Englaͤndern, Polen, Franzoſen, Ztaltenern, Deutfchen und 
Leuten von zehn andern Nationen ans Suropa und den 
fonfiigen Weittheilen. Das Geſpraͤch war meilt wiſſen⸗ 
——— ober doc literariſchz wenn dee Eine gu Ernſt⸗ 
vorbrachte, ſuchte es ber Nachbar durch attiſches 

u würzen, Nur bieweilen ſchweiften Dance Ins 

—* der Politik ab, beſonders ein Engländer, der, am 
fein. Porter und He gewöhnt, glei beim erflen Giafe 
Wein mus gerieth und wol zwanzigmal uns 
Atem ruf, Et lux! fiat lux!” Der wiſſenſchaftlichſte 
nn von des Geſellſchaft war gewiß Derjenige, der mir 
echten ſaß; Niemand befolgte wie er das Reglement, 
8* uͤber Wiſſenſchaft geſprochen werden ſollte, 
er legte offenbar das Geſetz dahin aus, daß jedes 
end Geſpraͤch verboten ſel. Nun hatte ich das Gluͤck, 
daß er mich vornehmlich feiner Unterredung wuͤrdigte. As 
ich eben «in Hilet de boeuf mit Truffeln aß und fo vor 
mich hin die Bemerkung machte, die Zrüffeln ſeien dein 
ubles Gewaͤchs, da hättet du, liebes Lefer, die 
ſehen fol, ee der mein Nachbar mich betrachtete. 


te Se Bernie? joy fagen Ei. 


nem Male eine Eigliche Frage, worüber alle Gelehrte noch 


im Streite fichen. Was find die Gründe, mein He, 


weshaib Sie die Trüffeln für ein Gewaͤchs halten?” 
Gewaͤchs oder kein Gewäche”, gab id) zur Antwort, 
„die *5 ſind gut beim Reſtaurateur Gere”, und nach 
dieſer Erwiderung, die mir ſchon zuviel Zeit wegnahm, 
aß ich weiter ſott. Parden, mein Herr, flgte mein Rach⸗ 
bar hinzu”, und ‚gab nicht acht, daß ihm ber Kellner um: 
terdeß den Zeüueffelteller wegnahm,, dauſendmal au MWergo 
bung aber ich für meinen Theil bin nicht uͤberzeugt, daß 
we Ichffeln ein Gewuͤchs find. Was dient zum in 
daß die Triffeln kein Thier find? Wornus —— 


vr 
‚ feine Verwunderung auuszudruͤcken. 
Sie entſcheiden alſo mit obs | 





fie fein Stein ind? Die Träffein, haben fie Wurgeint 
Sie find alſo kein Gewaͤchs Die Truͤffeln find erdig“ — 
„Sie verderben mir den Geſſchmack an den Tridfeln‘, ee 
solberte ich vergebens — „die Truͤffeln find erdig mb wenn 
nicht alle Zeichtn truͤgen, find die Krüffeln Un Stein.” 
Das iſt möglich.” Aber mein Nachbar wer uiche zu Ode. 
„Nehmen Sie eine Trüffel in dem ——— wo sk 
tdefunden wird, wenn die klebrige Maſſe aoch von fieiak 
gen Theilen bebeett, in dem Zuſiande, aeg fe iſt, wem 
das Schwein fie von dem Boden abnngt — 

„Ums Himmels wißen, Heber Herr Nachtar, Sie vom 
derben Mir den Geſchmack an pi Rreüffeln, und Sie vre⸗ 
gefien die Ihrigen zu eſſen“, ſagt' ich id nahm zum 
Zaefhe cir Seid: von bir Pac an, weichen chen der 
Reltntr vercheilte. Mein Fr gewahrte ke Schrecken, 
daß mar ihm das raͤthſelhafte Gewaͤchs doer Auithal ober 
Velcaehr Mineral weggenommen, und ald er fi mm 
ebenfallb mit dem Salm keoͤſtrte, fo dachte ich, nun wer 
nigſtens mit der Naturgeſchichte verſchont zu werden. ern 
das geſchah wit. Der Here befolgte das Neglement. Es 
ſollte von weifienfchaftlichen Dingen geſprochen werben. Mu 
che er bet Selm anrährte, fing er an zu beimomfiriee, 
wR die Fifche zum Theil im füfßen, theilweiſe im S 
sooffer leben, wie der Salia aber uns dem Mexre in 
Ströme binauffleigt, welche andere Fiſche desgleichen hau⸗ 
dein, im welcher Jahreszeit, wie weit fie ihre Wanderſchaft 
fortfegens dann ſprach er uͤber den Unterſchled zwiſchen 
Lachs mb Forelle, von Fiſchen Aberhanpt, wie nan- Me 
«iubaltameirt vom Mer ins Binnenland bringe, wWie fie 
nt Yalbtodt, oft tobt in Paris anlangen. „Ach, mein 
Mre,. Sie: verberben mir ja den Geſchmack an tim ga 
an Fiſche“ — Taufendmal Parbon”, rief der Markiere 
und wollte eſſen, aber der finde Kellner war mi ſeinein 
Aceller vol Salm ſchon welt daden. 

Das Schümmſte war, daß der Natutfockcher mich 
Gefpeächen Thel zu wehren, 


gu erben gab. Zuvor aber erzähl 
Die hoͤchſt anziehende Befchichte der von ihm geſtifteten 
Bankett, die 45 Jahre hindurch fortbeſtanden and jeiir 
wieder begamen; er Ku, wie ſolche Feſtlichkeiten oft zu 
nichlichen Miſaitaten Anlaß geben, und fuͤhrte etliche Be— 
ſpiele an, wie das enchklopaͤdiſche Dmer indbeſondert vie⸗ 





738 


fen wiſſenſchaftlichen Männern und Andesn in ihren Zmes | zu einem Werthe von 30,000 Francs, weiche Anſtalten 
en förderlich geweſen ſei. fpäter zum Theil nad) dem Peloponnes und Hellas ver 
Einft kam ein unglüdlicher Kaufmann, ein Samiliens | legt wurden. Keine einzige Gelehrtengeſellſchaft mit gruͤ⸗ 
vater, zu Herrn Jullien und theilte ihm mit, daß ihm | nem Teppich und langen Reben bat ausgerichtet, was in- 
nicht füglic etwas Anderes übrig bleibe, als fi vom | biefem Halle ein Literarifches Eſſen gethan. 
Dont Reuf in: die Seine zu werfen. „Davor bervahre Sie Bor oder nach ben Toaſten, ich erinnere mich nicht 
Gott!’ erwiberte Hr. Zullien, „ich bin befchäftige, kommen | mehr, zeigte. ber Pedfident an, daß ein Saft, den Ade 
Sie heute Nachmittag zu unferm Bankett.” Dies geſchah, gern In ihrer Mitte gefehen Hätten, leider nicht kommen 
der Unglüdliche ward einem reihen Manne vorgeftelt, der | Eonnte, daß er aber ein Gelegenheitsgebicht zugeſchickt. 
im Begriffe war, nach Peru abzurelfen; biefer nahm die | Hr. Jullien ſprach von Beranger, Allgemeiner Applaus. 
ganze Familie mit; jest iſt der erwähnte Samilienvater | Auch das Gedicht, welches Julien fobann vortrug, wurde 
in Peru GSefchäftsführer und Aſſocié des reichen Mannes, | fehr beklatſcht. Nachher erzählte Hr. Sefar Moreau an der 
macht vortheilhafte Reifen nach Kalkutta und Macao, und | Zafel, e6 fei nur zum Theil von Beranger, Hr. Jullien 
fo oft ihm feine Befchäfte einen Augenblid Muße laffen, habe die meiften Strophen zugefest. 
denkt er gerührt an das diner encyclopedique. Hr. Cefar Moreau iſt ein merkwuͤrdiger Wann, ein - 
Sin andermal — und biefe Erzählung wird meine | ausgezeichneter Statifliker, ein gefchickter Viceconſul, kein 
Leferinnen weit mehr interefficen — kam ein blonder juns | gelibter Mebner, doch iſt der Zweck feiner Worte oft nuͤtz⸗ 
ger Deutfcher, ein ſtudirter Menfch ehrlichen Angefichte, | lich und ſtets mwohlgemeint. Bei einem frühen Bankett 
zu Hrn. Jullien mit ben Worten ine Zimmer, daß er | nach der Julirevolution brachte er einft einen Toaft zu 
ihm einen Empfehlungsbrief bringe und fonft weiter nichts | Ehren de cette glorieuse pepulace de Paris; allein ber 
bei fi) habe. Hr. Jullien nahm ihn mit zum fiterariz | Vorſchlag, den er nachher entwidelte," fand das größte 
ſchen Effen und fegte Ihn zwiſchen einem Schottländer und | Mitgefühl. Letzten Dienflag vergalloppirte er fi durch 
einem ruſſiſchen Staatsrathe bin, welchen umfer Landes | jene Bemerkung, daß Dr. Jullien Beranger’fche Verſe ge- 
mann fogleich diefelben Geſtaͤndniſſe eröffnete. Angezogen | dichtet, machte aber fogleich einen von fämmelichen Anwe⸗ 
duch die Offenheit und die Bildung des jungen Deut- | fenden gebilliigten Vorſchlag, man folle nämlich die bisher 
(hen, boten ihm Beide ihre Hülfe an. Der Schottläns | regellod gehaltenen Banketts in eine eigentliche Affociation 
der gab ihm Empfehlungen nad) feiner Heimat. Dort lernte | verwandeln. Vermuthlich hat dies unter Anderm die Kolge, 
Kris * eine llebenswuͤrdige Waiſe kennen, vergaß Armuth, daß die union des nations bald ein Journal berausgibt; 
dergaß Studien und hielt um bie Hand bes Maͤdchens | denn jede Aſſociation in Paris bat ihr gedrucktes Organ. 
‘an. Dies gewauͤhrte man unter ber Bedingung, daß er | Noch hielt dann Hr. C. Moreau eine andere merkwuͤr⸗ 
fih eine Stellung in dee Welt verfhaffe, und da Ruß: | dige Mede über eine Erfindung, bie ein Landmann in 
land ebenfalls in der Melt Liege, fo fchrieb Kreis * an | den Vogeſen gemacht, er heißt Granger, und die Exfin- 
den erwähnten Staatsrath, erinnerte ihn an fein gütiges | bung iſt eine Vervolllommnung des Pfluges. Funfzehn 
Werfprechen und befam bald darauf ein Diplom als Pros | Akademien haben bereit die bee von Granger feierlich 
feffor an ber:iiniverficde zu Kafan. Drei Jahre waren | befchrieben und gerühmt, ohne daß fi) der arme Gran: 
feit dem. Tage: verflrichen, als Friz bei dem Bankett zus | ger darum für gelebrter als fonft hät. Er fodert auch 
gegen war; da erhielt Hr. Jullien einen Brief aus Kas | kein brevet d’invention, und wenn bie Engländer fidh 
fan: „Ihnen danke ic den Befig eines geliebten Weibes, | an feinen Pflug fchleihen, um heimlicherweiſe etwas abs 
Ihnen die Profeffur zu Kafan, und ber Beine Knabe, | zufernen, fo bleibt Granger ftehen, bittet fie, nur Alles 
ben mir foeben meine Frau gefchenkt, wird. fein Leben | ordentlich, zu beobachten; denn, fagt der arme Bauer, ich 
lang. das litenarifche Efien fegnen, das naͤchſt Gott und | will nichts dabei geroinnen, es tft mir lieb, wenn bie 
feinen Aeltern am meilten für fein Daſein gewirkt!“ Sache meinen Nebenmenſchen nügt. Hr. Moreau gerieth 
Ein brittes mal, erzählte Hr. Jullien viel fchöner und | bei diefee Erzählung in noch waͤrmern Enthufiagmus und 
ausführlicher als mir möglich ift, kam ein reicher Mann | flolperte noch Inftiger über halbe Perioden und Sprach: 
zum Bankett und Bagte, daß er gar gern fen Geld für | fchniger weg und wurde noch lauter belacht und beklatſcht 
die Civiliſation, namentlich in Griechenland — «6 war bie | als an dem Tage, two er den: „glorreichen Pöbel von Pr: 
Zeit des griechifchen Kampfes — verwenden wollte; baß er | ris“ hoch Leben Ließ. 
aber nicht wiſſe, wie; und er ſuche einen Mann, der ihm Da alfo einmal Reden gehalten wurden, fo dachte ein 
In diefer Sache behuͤlflich ſei. Dort unten figt er, antwor- | anmefender Provinziale, auch er gehöre zum literarifchen 
tete Zullien und rief einen jungen Griechen herbei, der nod | Effen, und begann in gravitätifch - gedehntem Zone wie 
die heilenifchen Gewaͤnder und Schimen fortteagen mußte, | folgt: „Meine Herren, ich bin, wie Sie längft bemerkt 
bis einſt feine Privatflunden ihn in den Stand festen, | haben werden, ein gefegter Mann von fchon reifen Jah⸗ 
zu einem parifer Schneider zu gehen, obne zu borgen. | ren und Doctor ber Medicin, ber Chirurgie wie auch ber 
Eine ſchwere Stellung, denn wer Neugriechiſch in Paris | Entbindung in einer mohlgelegenen proßperirenden Ort 
lernt, Hat felber kein Geld. Dieſer arme Gelehrte, dem | fchaft ber Normandie. Doc, nicht in meiner Qualität 
Jullien herrief, reiſte Tags darauf, reichlich mit Gelb | als Schüler bes Aeskulap ergreife ich das Wort vor Ih⸗ 
verfehen, nach der Moldau und fliftete dort Schuten, bis ' nen, meine hochzuverehrenden Deren, und nicht als Ver⸗ 


LT a ae 
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739 


treter einer einzelnen Örtfchaft, einer einzelnen Provinz in 
dient‘ einzehteit‘ Lande ergreife ich das Wort; meine Miß 
fion iſt eine höhere, mein Zweck ein weiterer; fo. verneh⸗ 


mm Ste denn” — die ganze Geſellſchaft war Ohr, 


„Vernehmen Sie’, ſprach der normännifche Arjt, „daß 
mein, Biel iſt, in allen XTheiten. der. Welt die Bettelei 
autzurotten, und gelang mir dies Beſtreben annoch nicht 
in meiner kleinen Ortſchaft der Normandie, fo hoffe ich, 
durch Ihren Rath belehrt, meine Herren, bafd; zu guͤn⸗ 
gem Refultateri zu gelangen. Ich moͤchte zuvoͤrderſt 
Site von, ber grſprießlichen Tendenz meines Planes durch⸗ 
dringen. Die: Baettelei, welch Unheil richtete fie nicht am 
von den aͤlteſten Epochen bis auf den heutigen Tag!” 
Hier entwarf: der Redner ein fchhiterhaftts Wemätde je: 
6, Unhells’ von den Biblifchen Zeiten hi6-auf bie neues 
den Ereigniffe is, der. Normandie und in Paris; er. citirte 
nacheinander -bie--heilige Schrift, den Confucius, die vrlem 
taliſchen Werke uͤberhaupt von den brahminiſchen Geſaͤn⸗ 
gen bis zu modernen Verordnungen deb tirrkifchen Sul⸗ 
tan, . geleitete uns allmälig nach Griechenland, Mom, durch 
das Mittelalter, und; es war eine freude, zu: hoͤren, role 
der gelehrte Manndie jetzigen Ordomanzen, Togar aus 
Deutſchland uͤber das Fechten der Handwerkoburſchen, aus⸗ 
wendig weiß. Solch eine Erudition war mir nie vorge⸗ 


kommen; über die- Mittel aber, der. Bettelei ein Ende zu ° 


machen, hatte er vergeblich nachgedacht, und" er bat ung, 
ihm hierin behuͤlflich zu ſein. 

Ebenſo intereſſant war bie Erwiderung, die ein an⸗ 
weſender Englaͤnder gah. Er war gleich beim erſten Worte 
des Normannen in einen heiligen Eifer gerathen, ſammelte 
ſich aber nachher, um mit Salbung zu reden, und ent⸗ 
gegnete in einem ausführlichen Vortrage, wie es ein gott⸗ 
loſes Beſtreben ſei, die Bettelei auszurotten; dies kleine 
Uebel erzeuge viel Gutes; wer jenes Unkraut ausjaͤte, ver⸗ 
derbe die ſchoͤne Saat; Feine Armen, keine chriſtliche Liebe 
— plus de mendiants, plus de charite chretienne! . 

Nun ergriff von der Geſellſchaft gar Mancher die 
Partei des Normannen, und Andere erhoben fi für bes 
Engländers Anfihtz es war ein toller Lärm, und leicht 
hätte das Gezaͤnke viel länger gebauert ohne bie Inter⸗ 
vention des Hm. Cefar Morean, der Über den Urſprung 
des Streites folgende Yufllärung gab: „Der Here Doctor 


iſt diefen Morgen in Paris angekommen. Schon um acht 


Uhr war er bei mir, ich lud Ihn zu dieſem Effen ein, 


und wir gingen zufammen her. Unterwegs erzählte er 


- mir, daß er ein großes Grundſtuͤck befige, das nur zwei 
Procent jaͤhrlich einbringe und er möchte fünf Procent 
daraus ziehen. Dies geht aber nicht aus Mangel an Ar: 
beitern. Denn ehe die Taugenichtſe für geringen Lohn 
das Feld bauen, betteln fie lieber. 
Doctor gegen. die Bettelei.“ J . 
Das Gelaͤchter der Geſellſchaft nahm noch uͤberhand, 
als der Geograph Montemont ploͤtlich das Wort nahm 
und erklärte, er fände jenes Geſpraͤch über Bettelei hoͤchſt 
langweilig. Weder hievon noch von Politik ſolle bie Rede 
ſein; dann brachte er den Toaſt aus: „A la république 
des lettres!“ Und faſt hätte dieſer Ausruf noch gu groͤ⸗ 


ein gutes Eſſen mitgemacht. 


eswegen iſt der Hr. 


ferm Rärm gefuͤhtl, aber St. Julllen unterbrach und kin 
digte "an, daß er nad) dem Wunſche der Gefeltfchaft bie 
Gommiffaire vorfhlagen werde, die in Zukunft dem Ban⸗ 
fett porſtehen follen. . .6. 
Sir Sidney Smith, der jetzt in Boulogne ſur Mer 
iſt, um ſeine Entdeckung eines nicht⸗ untergehbaren Schiffes 
verſuchen, wurde in contumaciam als Commiſſair für 
roßbritannien, Graf Pläter für Polen ernangt u. f. f.; 
fir Deutfchland aber und die angrenzenden Länder wurde 
ich felber zum Commiffeir gewählt. Mein Gebiet umfaßt 
die deutſche? Confoͤderation mit Inbegriff der drei freien 
Städte und von Frankfurt a. M., die ſonſtigen oͤſtreichi⸗ 
hen, und zreußiſchen Befigungen, und Schweden, Nor: 
wegen, Damen aus biefen Ländern belieben 
fi) wegen meiner Adreffe an die Medaction zu wenden 
Damm find vom Bankett nicht ausgefchloffen, denn i 
erinnerte daran, daß früher Lady Morgan mit uns gegef- 
fen, und ‚fegte ausdruͤcklich duch, daß das fchöne © 
ſchlecht bei und. meillloreneen fel: i 
"Dies Eſſen wird mir unpergeßlich bleiben, Es un: 
terhlelt mich: befler als fruͤhere Banketts der „Revue en- 
cyclopedigue”, wobel die Anzahl berühmter Gelehrten grör 
fer war, und bei denen ich nicht durch einen Nachbar 
wie den Naturforfcher geflört wurde. Bel biefem Efien 
teente ich die merkwürdige Entdedung des franzoͤſiſchen 
Anatomen Eennen, die Anfichten hiefiger Kuͤnſtler über un: 
fere Kunſt in Deutſchland, die Beſtrebungen des normaͤn⸗ 
niſchen Arztes gegen die Bettelei. Und wenn dies erſte 
ber viederbeginnenden Banketts auch nicht allen meinen 
Erwartungen entfprochen hätte, fo habe ich doch jedenfalls 
Die Tehffeln beim Reſtau⸗ 


rateur Sevre find vortrefflich, 187. 


— — 





»Dr. Wilhelm Butte. 
Ein WMann, welcher als Schöpfer einer neuen Wiſſenſchaft 
mig allen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen hatte, bie dem Neuen unb 
ungewöhnlichen fich entgegenzuftellen pflegen, und ber wahrſchein⸗ 
lich erſt bei den Radflommen ber reiten Wuͤrdigung feines 
Wirkens theilhaftig werden wird, Dr. Wilhelm Butte, koͤnigl. 
bairiſcher Hofrat, koͤnigl. preuß. Regierungsrath u. f. w., ges 
boren 1772 zu Treyße an der Lumbde in Kurbeffen, ifl in Berlin 
kuͤrzlich an ben Bolgen eines Nervenfchlages mit Tode abgegangen. 
Wir koͤnnen ˖ dies Greignig nicht vorübergeben laffen, ohne 
it einigen Worten der Beſtrebungen biefes merkwuͤrdigen Man: 
nes zu gedenken, weht ſowol wegen ihrer eignen Originalität 
und Zieffinnigleit, wie auch wagen des von ihrer weitern Ent⸗ 


wickelung zu ermartenben praßtifchen Nugens auh außer ber 


gelehrten Welt bekannter zu werben verdienen, als es bie Ju⸗ 
gend ber Sache und ihre von ben bisherigen Anſchauungen fo 
völlig abweichende Geſtalt b:8her vielleicht geitattete. Durch ſta⸗ 
tiſtiſche Forſchungen, wozu fein Beruf als Profeffor der Staats⸗ 
wiffenfchaft zu Landshut ihm Weranlaffung gab, wurde Dr. 8, 
Butte zuerft auf die Unzulaͤnglichkeit der bisher üblichen Einthei⸗ 
lungen bes menfdlichen Lebens aufmerffam und auf das nette 
Gyitem geführt -- womit er unter dem Zitele- „Arithmetik bes 
menſchlichen Lebens’ (Landshut 1811), zuerſt auftrat, und wel⸗ 
ches ſchon damals, namentlich in Paris, mofelbft ber Verf. Be⸗ 
bufs der Ausbreitung beffelben und um bie zu Griäuterung fels 
ner Anfihe dienenden Karten ſtechen zu Laffen, fi 20 Monate 
ang aufhielt, großes Auffehen machte. Voͤllig ergängt und uͤber⸗ 
arbeitet trat jedoch das Werk unter dem Zitel: „Biotomie bes 





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ungsblaͤttern ber —Se a ve ie 
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Fe | ft Hi under ee us * Bee ie 
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> bei bie: ——2 Auerken 


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—— 7* and ber. ität, 
Wovon yes — tiefen ubium werde, vorbehalten 


vieiben m 
I. * ſter ſelbu betetht, ſo TOR bri die Unmdeug⸗ 
davon ine" Acetel⸗ u 
* in blos ſo diel goſagt wem, ßnach ihm dee * 
Menſchen mit feinen vn m, * “und, 


ve Baum und Bei, —— * oe ii 
ander und allen übrigen Sebentheuanen wuelgt. ueber. & 
iR dem in der Grdwelt der Erdlorper der allgemeine -SCH um, 
der Menſch aber, —555— aller auf ber Gro⸗ möglichen Je as 
tion, Bi alfgenmtine Bi Pe bie’ Wechſel, welche in dem & 
des 


enſchen unter der er Belt uber als Sierdume —* 


* een und aaturhi 
Ei fngen je — * 
rb, ba enn wol manche verjährt ung, man or⸗ 
— mancher — * * | fen b8 —53— bevor 
neuen Syſtem yſteme dieſes 
Hide Anwendung u Dem 


2* Geiſtern des Jahchunderte 


mah gen, daß bie Rebensfchidfale det Verewigten, 
don im fi —— 

uten Aufſchluß über ihn ſelbi — 
Bey ser a ertheilen werben. bei ben Me 


Andenken erneuen, ten Entferntern aber ar er 


fein, Aber ein fo reiches, großartiges Strehen und -beffen bes 
beutfame Reſultate ſich an den Quellen nößer und vollßänbi- 
der zu unterrichten! 


4 7. 





kiteratiſche Notizen. 
Folgendes im Januar d. J. in London erſchieuene Wert 
verdient Erwaͤhnung: „A general view of the geciagy of 
scripture, in which the unerring trath of tbe inspired nar- 


Tr 
—— ——— — ——— — ee U U U U U 0) 


gen d Anh ‚ beuen wie bie } 

a en je det De * | KAT —— Sad 

t, naͤchſtens ae Defientiihtek gan geinıy ' 
bie 





pre 
— —— —— eile VDatob 
zu Theil werden 


Nebenbei hat au 


satire of the ariy wohnte in Che world is uhöllted , amd 


disfinct] ved the enrroborative testimeny 
Fer N, erary —* of the «afth's surface. —— 


r. 22 bes „Foreign q y review‘ #ritt kei der 
— von’ ee © — * ——— sur Neae 
etc.” "Bohn 1880), * "der 


m. gegen 

ne lic feine gerei heiter af, bie 
ve Nnthattks in Sngiand * den daſigen Orient 
* —— eftiuben Haben id. Es naßt Kom 
ukeseing unten: * ii — „uud 


ER: 


ne une 
Gompagni e akfp Unzedht 
* zu kaufen E⸗ erde Ma von —ã at de *5 
vb nicht eben at, was Schlegel‘ an Den — 

uaaila don fund täbelt A Jean U — 


meint Abneigung der VBoeſelichaft, ihr —— 
ihrer — F vrtidi/ am an Den in 


Divfelbe Zeitſchrift gibt eine siäyläfegende u * 
tige ang. dee belantiten:, die pemaßif 
desgen die frühen engliſchen Auguifie 
denTimæe som 7. Januar d. J Weib ——— 
den bevorftehenben andelöverein der leinen " entfden Gtaas 
ten mit dem preußifchen geben ſich Aud hieraus als Hauptbe⸗ 
weggeinbe offer Aüfechtängen des ingen des fegtt etn Eimib. 


Ein neuerlich in Dede ip gm uwei Binden — Ye 
Rorifder Roman: „El cond «, wich „Gr- 
zeta de Madrid?’ günftig 3. eigt. Der Bee n Des 
Yatricio de la Wscofura, Arti rrieofigler m DE konigtiche 


Dos „More ‚ärterig rövlewr beiäjildigt Raumer 
bei der a — ** Ey A „Briefe aus Yarts zur — * 


Urtierung der —— des 16. und 49. Jahrhuuderts einiger 
' feier Angaben Aber die 


unbebentenden ZFerthaͤmer im Betr 
ben digliſchen Befanbten 


| fan te. Gr babe nö 
in Paris im Mai 1588 mpfon genannt, derweil body fort 
wäptend Ei: Chratd Bufin, auf bieſem Poſten geweſen fei, 
und es in die Agen ſoringe, daß Kar wohl ein obſettrer Mr. 
Iridet aber ein von den alten aber igen ab: 
—— Stafford a Hetzeg von Gaiſe, rate u Deus 
n fouverainen Haufe Lothringen, ern koͤnnen; 
er benenüe ferner Bean ten —X Lord Beale, 
Baby Keablita Ottatt, d te‘ naͤdgte Ervin v rones u 
ud feinen nn, Ri drabella x Cat, mb 





| —— — Dakbury Cie Ocerbucy. ls: Rectou 


übrigent 


r u beleudisen, ſobald feine 


vo Naumet en von —5 und ** 
näherte" Yorlirge. 





“ Das Dach Der ', a nn 
aut Bänden im ingefänbipt, au 4 0 * * Welle 
11, Bande und geben 


ne unter dem Titel:? „Les cent et iiue nöüvelles nodr 
| des cent et un, orndes des 101 vignettes Yar IWW: artistee”, 
2 ſechs His ads Bänden beſtehen » Was dem 101 


nt grabezu eine une in Paris: ge werben, deiin man bat 
ebenfo angelümbigt „Les cent et un nfmadires, resubit de de- 
cumens cite, pour servir à l’bistoire contemporaine”, bie 


in monatlichen Breftnugen in zehn Bänden ſollen aufgegeben 
werben. 153, 


Nebigirt unter Verantwortlichkeit der Verlogshandlung: J. A. Brod haus * Leipztg. 





Blätter 


... für = 


literarifhe Unterpaltung 





4 





Politiſche und philoſophiſche Miscelten, aus den Memoi⸗ 
zen und der Correfpondenz von Thomas Jeffer⸗ 
fon, nebft vorausgeſchicktem Verfuch über die Grund: 
fäge der amerifanifchen Schule und einer Meberfehung 

der Sonfiitution der Vereinigten Staaten, mit Com⸗ 

mentar. Von 2. P. Conſeil. -Zwei Bände. 

Wenig Menſchenleben hieten ein fo befriedigendes Bild 
eister unaußgefegten, großmütbigen ımd- warmen Bemuͤhung 
für das allgemeine Wohl dar ad das von Jefferſon. 
Wenigen auch ift es gegeben, nad) einer langen Reihe 
von Sahren der Früchte einer Arbeit fich zu erfreuen, 
weiche in ber Regel Diejenigen verfchlingt, Die Hand daran 
legen. Das Hi das Eigne der großen Repolutionen, aller 
jener angewoͤhnlichen Bemuͤhungen,' welche. dahin ſtreben, 
dern NMenſchen aus der fortgeerbten Bahn feiner Etniedri⸗ 
gung zu erheben; die Männer von Herz und. Beruf uͤber⸗ 
leben ſelten die Kriſis, ihre Hand wirft den befruchtenden 
Samen aus, und alsbald erlegen fie den. Tribut der all 
gemeineh Sterblichkeit, oder fallen unter ber anftrebeaden 
Reaction, : Sefferfon konnte als 88jaͤhriger Greis auf feine 
lange Bahn zurücdfchauen, das Entſtehen ber nordameri⸗ 
daniſchen Freiſtaaten und ihre allmaͤlige Entwistelung und 
Fortſchreitung betrachten und mit freudigem Muthe den 
Zod und den ewigen Richterſpruch über fein Wirken zum 
Beſten der Menſchheit abwarten. Sein Glaube an bie 
unausbleibliche Emancipation der Voͤlker, an ihr Recht, 
ſich feibſt zu regieren, war unerſchuͤtterlich, und bis zur 

nde ſeines Todes behielt er dieſes Vertrauenan rber 
naͤmtichen Stifche und Lebendigkeit wie in ben Jahren 

ſeiner kraͤftigſten Juügend. Im Jahr 1823,. als 80: 

jähriger. Mann, mit einem ſteifen Daumen: und mehren 

gelaͤhmten Fingern, ſchreibt er an. den General Lafayetie, 
ſeinen aͤlten Freund: 

Ihre Muͤhen in Frankreich waren lang und hart; wann 
werden fie enden? Dies iſt unmoͤglich vorauszufeben, . aber 
es unterliegt keinem Zweifel, daß fie ein Ziel erreichen werben. 
Heilige oder böllifche Ailtanzen Finnen fich bilden und bie Spo⸗ 
he der Befreiung verzoͤgern; fie Tönnen die Bäche von Blut 
anfchwellen, weiche noch fließen follenz; allein ihr Fall maß bas 
Drama befhließen und den Voͤlkern das Recht belaffen, fi 
ſelbſt zu regieren. " 


Diefer Brief faͤllt in die Zeit des fpanifehen Krieges, 


als Frankreich den Bourbons in Madrid feinen Beiſtand 
lieh, um die Gortes zu Paaren zu treiben. 


Jefferſon 


209. Juni 1838. 





äußert feine Hoffnung, daß die "Spanier fi halten, und 


daß ihe Sieg der Freiheit einen allgemeinen Aufſchwung 
geben werde. In Beziehung ‚auf die franzöfifche Mevos 
lution hatte. er fich mehrfäßig geirrt und feinen Irrthum 
—* ſelbſt eingeſehen; er glaubte anfaͤnglich, daß im 

ahr 1789 und ſelbſt ſpaͤter noch eine Vereinigung, eine 
Zransartion zwiſchen des Volkspartei und dein Thron 
möglidy geweſen ſei; er befannte in einem feiner fpätern 
Brirfe an Lafayette diefen Misgriff. Selbft im Jahr 
1823 äußerte er noch einmal feinen Zweifel, ob bie eu: 
eopdifche Geſellſchaft zu einer republikaniſchen Regierung 
ſich ejgne: 


glerung üngemeffen fei, und ich zweifle noch daran 
weldder Bad-Sachi 
leit her öffent» 

Ä Aa laͤßt Bit) 
ber Zuftand einer rechtlichen und yon aller Bedraͤckung entfern: 
— ·aber 





das Waſſer rein zu erhalten. 
Auf dieſen Zweifel erwidert der franzoͤſiſche Ueberſetzet 
und Herausgeber, daß dieſe Anſicht Jefferſon's mit befs 
Ion Entfernung und nicht hinreichender Kenntniß der Fort: 
ſchritte im Volksgeiſte Frankreichs zu entfchutbigen Tek; 
„wenn aber Jefferſon, der im Jahr 1823 obiges Pro: 
gramm ber Erfobernifte eines ‚allein erträglichen Zuftandes 
egeben, die Julitage erlebt und die hier verbefferte Charte 
danebengelegt hätte, was wuͤrde er dann gefagt haben? 
ihm ‚mürde auch hinfichtlic, Frankreichs bewiefen fein, was 
er ſonſt überall mit einer ungemeinen Kraft und Energie 
ausbrüdte: daß jene engften Grenzen eine unausfhhr 
hare -Chimäre find, daB das Budget einer mongrchiſchen 
Nation gllen Regeln einer ‚weifen Sparſamkeit entfchläpftz 
daß jener unbegrenzte Hochmuth, welchen man, die Maje⸗ 
flät des Thrones nennt, ſtets verweigern wird, die Ober: 


1 boheit ber Geſetze und die Aufficht der als ihre Organe 


conftituirten Behörden anzuerkennen; daß bie Eitelkeit und 
die Privilegien die unerlaͤßlichen Stuͤtzen alter erblichen 
Gewalt find, und daß aus biefer unerſchoͤpflichen Quelle 





m re MI: en 


von politifcher und moralifcher Verderbtheit und Beflehung 
jene Misbräuche herfließen, welche heimlich alle Daͤmme 
untergraben, bie fie nicht offen ummerfen koͤnnen.“ 
Sefferfon wurde im Jahr 1743 geboren. Er war 
Deputicter von Virginien auf dem alten Congteß und 
befand fih mit John Adams, Franklin, Sherman und 
Livingſton in ber nämlichen Commiffion, um die Erklaͤ⸗ 
ung der Unabhängigkeit zu fertigen. Er felbft faßte biefe 
Erklaͤrung ab, welche ewig ein Mufter von mwürdiger und 
wahrer Politik bleiben wird. In der Folge ward er beauf: 
‚tragt mit der ‚Reform. der alten englifchen Gefege: und 
Zertigung neuer Gefegbücher, fobann rourde er Gouver⸗ 
neuer von Virginten,; Deputirree bei dem neuen Congreß, 
fpäter bevollmaͤchtigter Minifter am franzöfifhen Hofe zur 
Zeit des Ausbruches der Revolution; von ba Lehrte er in 
fein Vaterland zurück, wohin ihn der damalige "Präfident 
der Vereinigten Staaten, Wafhington, ats Staatsſectetair 
berief. Unter dem Präfidium von John Adams war er 
Vicepräfipent und endlih von 1800 — 8 ſelbſt Prä- 
ſident. Die Dienfte, weldye er der Republik erzeigte, find 
ebenfo ausgezeichnet als anerfannt; zwei derſelben ſtehen 
oben an und Haben ihm die ewige Dankbarkeit ſeines 
Vaterlandes erworben: der erfte ift die Thaͤtigkeit, welche 
ec als Deputirter von Virginien bei der erften Unabhän: 
gigkeitserklaͤrung an ben Tag legte, und bie Reinheit und 
Sediegenheit von Grundſaͤtzen, welche er in dem von ihm 
abgefaßten Manifefte ausſarach; ber zweite und wo mög: 
lich noch größere ift die friedliche Revolution, welche er 
von dem Momente feines Präftbiums -an in den Verel⸗ 
nigten Stnaten und ber Regierung zumege brachte. Es 
war dem Einfluffe der englifhen Partei gelungen, mehr 
und mehr bie Ideen der englifchen Verfaſſung und ber 
Monarchie in den Charakter der Megierung einzuführen, 
und wenn General Wafhington mährend feines Präfis 
. ums fih unbewußt von biefem Sttome leiten ließ, fo 
that es John Adams mit Bewußtfein und aus Uebergeus 
gung, obfhon im übiigen aus reiner und unbefledter 
Ueberzeugung. Der Verlauf ber franzöfifchen Revolution 
und die daraus hervorgehobenen Begebenheiten von Ders 
irrungen und Misbraͤuchen hatten diefe Beforgniß fcheinbar 
erechtfertigt; " allein Jefferſon betrachtete Diefelbe und die 
bweichung von dei urfprünglichen reindemokratiſchen Bahn 
als das größte. Ungluͤck, welches den Vereinigten Staaten 
widerfahren koͤnne, er ſtrengte alle feine Kräfte'an, um 
fie dahin zuruͤckzufuͤhren, und es gelang ihm, wiewol nicht 
ohne unfaglihe Mühe, Kampf, Kummer und Verleum⸗ 
‚dung. Bon diefer Epoche an war ber Weg, welchen bie 
Union zu gehen hatte, unabänbderlich fefigefegt, und der 
Anklang, welchen Sefferfon in dem Geiſte des Volkes fand, 


mehr gelingen werde, in den Vereinigten Staaten din an- 
beres als das republikaniſche Regierungsfpftem Wurzel faf: 
fen ju laſſen. | J 

. Seine würdigen Nachfolger wurden die Monroe, bie 


adiſon, Fadfon, welche feinen Fußſtapfen folgten. 
m i * Sad —E sun pfen folg 


[/ 
4 


.antern Lünher 
fon erich®, 


“ 


Silvio Pellico's DRemotren. *) 


Was leicht vorauszufehen war, iſt geſchehen. Dies denk⸗ 
würbige , nur durch ein wahres Wunder von ber piemontefifcgen 
Cenſur verfhonte Buch iſt in dem Iombarbifchevenetianifchen Kb: 
et, dewehſen eine Futſche Mebexſetzeng, bie es 
engliſche die on Fhomas Roßcoe fr Londoun 
beſorgt wird, zwei frunzdſiſche, deren eine mit zahlreichen 
Roten von Hrn. Maroncelli, dem fpielberger Kerkergenoſſen des 
Autors, verſehen ift, und drei Nachdruͤcke bes Originals, in Lon⸗ 
den, Paris und Beipig: — --- - 

Von Dem, was ein englifdes Journal über daſſelbe und 
uͤber die italieniſchen Verhältniffe im Allgämeinenıfagt, Teint 
uns Folgendes ber Aushebung werth zu fein. 

n wollen * aufrichtig geſtehen, daß -bas tiefe Jatereſſe, 
welches uns biefe Memoiren abgewonnen haben, keineswegs von 
einge beſondern Sympathie mit ben Leitern der. italieniſchen Un⸗ 
ruhen unterflügt worden if. Wir mögen bie Bedruͤckungen ber 
oͤſtreichiſchen Regierung in Italien, ihre offenbare Verachlung 
aller Rationalgefüple und WBorurtheile nicht vertheibigen und 
geftehen daher den Italienern ihr volles Recht zu, fidh par voie 
de fait Hülfe zu verſchaffen, fobalh conflitutionnelle Morfteilun: 
gen unbeachtet bleiben; aber ihre Infgerectionen in ben legtern 
Zeit ‚gaben eine Tollkuͤhnheit in der Auffaffung ber Idee, eine 
Sthwarhhergigkeit in der Ausfuͤhrung kund, die jede, auch bie 
beſte Sachs In-:Werruf: ſetzen uußten unb das Gelingen jebes 
ollgemieinen, Träftigen Verſuches zu Gunſten ber italieniichen 
Freiheit in eine Unenblichkeit- hinaus verſchoben haben. Man. fann 
eben deshalb nicht leiht an dem Schickſale der Urheber biefer 
Gbelberathenen Aufftände regen Antheil nehmen, benn wer fein 
Leben auf- einen Wurf fegt, muß aud bie Entſcheidung der 
Köinfel gew : DaB ausnahmeweiſe Männer barein ver 
wickelt: wurdaij, die fuͤr ihre feibfigächtigen, vaͤnkeſchmieden den 
Mitgenoſſen zu edel waren und durch ihre Betigfeit und Aus⸗ 
bauer in Misgelchiden, Gefangenſchaft unb Eril Auf eine wenig 
empfehfenswerthe Sache einen errettenden Glanz warfen, muß 
jeben Mann von ruhiger Weberlegung um fo mehr befkimmen, 
rd folche ungeitigen und wagehaffigen Bevegungen zu mil 

illigen.“ | . 

„Es ift der Fluch biefer übereilten Bewegungen, daß fie, fo: 
bald fie einmal losgebrochen find, auf gegen feine beffere "Ein: 
icht manchen tugendhaften, ſchaͤzenswerthen Mann mit in fi 

ineinziehen, der niemals gervagt haben würde, wofern'er: ſich 
felöft .überlaffen, geblieben möre, mit fo ungleichen FTifteln und 
fo wenig- zu einem ernfkhaften, anhaltenden Kampfe vorbereiteten 
Gemüthern ohne die Wahrſcheinlichkeit eines endlichen Srfolges 
fein Vaterland in das gewiffe Eiend zu flürzen, das jebe aus⸗ 
brechende Revolution begleiten muß. Die mweife und vernünftige 
Anhoaͤnglichkeit ſolcher Männer an bie Freiheit, old an.einen mit 
dem Wohle ber Geſammcheit übereinftimmenden Begriff, ‚hätte 
lehren follen, wie wenig Vortheil für bie wahre Freiheit aus 
folchen "Unternehmungen zu ziehen if, deren Fehlfchlagen bie Un- 
terbrüder eines Volkes immer nur ſcheinbar beredtigt, ihm ihre 
eiferne Zuchtruthe Härter fühlbar zu machen. Wann aber ein- 
mal der Schrei ber Freihelt erſchollen ift, fo verhindert ihre 
ritterliche Ratur und ihre Hochherzigkeit ſolche Männer zuruͤck⸗ 
zuſtehen. Sie würben einen _riefenhaften Feind nicht ohne Roth 
angegriffen Haben; aber fie Können ihren Beiſtand nicht verfagen, 


‚nigreiche 7 worben. „ Welche Anerkennung es. überall in 


{ wenn ber Aufruf ihrer Randeleute zu dem verzweifelten Kampfe 
beftäftigte fein Vertrauen, daß es fortan, keiner Macht | 


an fie ergeht. Es ift freilich nur zu oft ihre Lohn, daß während 
der felbftfüchtige Aufwiegler und Unrupftifter flüchtet oder ſich bei 
dem erften Zuͤrnen des Gluͤckes unterwirft, ber unerſchrockene 
und uneigennügige Wertheibiger ber guten Sache, ber ihr auch 
als einer verlorenen beigetreten ift, zulezt als ein Dpfer bez 
KRache des erbitterten Gegners fällt.” 

„Fuͤr Männer wie biefe, beren Gemuͤthdart den trüben 


Elementen ber Revolution von Ratur abgeneigt ift, die ben ſtil⸗ 


EEE SER 
*) Bol. Re. 166 d. BI. D. Reb. 


— — — SZ 3 — — — — — — — — — — 


— — na — — — — — —. —— — — — — To 


. ängftliy auch 


743 


‘ 


len Pfab der MWilfenfchaft ober Literatur fortgewandelt fein würs 
den, hätte fie nicht ber Drang ber Umflände in bie von hefti⸗ 
gern Köpfen oder eigennügigern Seelen erregte Bewegung ges 
zogen, für die Gicta, Arrivabene und Pellico bes leidenden 
Statiens, fühlen wir allerdings die Sympathie, welche eine großs 
müthige wenn auch misverftandene Hingebimg für fich erweden 
muß. Und wenn Pellico uns alfo die Befchichte feiner Gefan⸗ 
genfchaft in diefem einfachen Buche vorlegt, faft ohne eine laute 
Klage, ohne die geringſte Schmähung, ohne irgend ein Wort 
von Politik; wenn der milde, wohlwollende Charakter, das reine 


‚Ders des Verf. auf jeder Seite durchfchelien, da muß und wirb 


jebes Leſer, er mag einer politifchen. Partei angehören, welcher 
er will, von biefem Zauber ergriffen, dem unglädlichen Schick⸗ 
fole des Verf. feine Theilnahme fchenten. Wir geſtehen auch 
unfererfeite, daB uns dies Buͤchelchen beffer geeignet oder viel- 
leicht berechnet feheint, die Gemüther gegen Deſtreich und feine 
Verwaltung DOberitaliens zu indigniren, ja vielleicht ten Weg zu 
ihrem Sturz zu bahnen, als irgend eine möglicherweife wieber 
ausbrecyende Empörung, oder als die politifchen Schmähungen, 
wonrit man fie angegriffen hat. Nicht, von geheimen Verbin: 
dungen und von den Garbonari her droht Deftreich größe Gefahr. 
Nah dem Erfolge ter neapolitianifhen und piemonfefifchen Res 
dolutionen zu ſchließen, möchten wir behaupten, daß eine Seite 
von Pellico der Regierung mehr ald zwanzig italienifche Schwer: 
ter ſchaden Tann. Auch von dem erbitterten und ungemäßigten 
Zone der potitifchen Schriften, in welchen fie zumelft angegriffen 
wird, bat fie wenig zu fuͤrchten. Denn die Thatſachen, welche 
diefe Schriften anführen, find in ber Regel fa zweifeihaft, oder 
minbeftend von der Leidenfchaft politifcher und nationaler Bor: 
urtheile fo fehr entſtellt und übertrieben, daß die Wirkung, wels 
che fie auf die Gemuͤther ruhiger Beobachter herrörbringen, haͤu⸗ 
fig eine der beabffchtigten gang entgegengefegte wird. Hier iſt 
nun ein Werk erichienen, weldyes nidyt das Mitgefühl einer Par: 
tet, fonbern das allgemeine der Menfchheit in Anſpruch nimmt, 
welches ſich nicht mit nichtsfagenden Gemeinfpräden ober mit 
ungeifen Anekdoten befchäftigt, ſondern mit firenger Wahrheit 
und Mäßigung' die. Wirkungen jenes Regiments in einem indivi⸗ 
duellen Falle (Hilbert, Statt aller Uebertreibung ift vielmehr 

a8 Heinfte Merkmal von Heftigfeit in Gedanken 
und Ausdrud entfernt, und es Tann dennoch fein Menfch bas 
Buch leſen, ohne daß er ſich innerlich empoͤren muß. Gtrenge 
und gewaltſame Maßregein bitten wol in dem Zorne und ber erften 
Aufregung über die vermeintliche Entdeckung einer weit verzweig⸗ 
ten Berichwörung Entſchuldigung finden können. Aber was läßt 
ſich zu Gunſten eines Syſtems fagen, das, wenn alle Gefahr 
oder Störung vorüber tft, fortfährt mit vorbedachter Erfindungs⸗ 
tunft das Elend Iebenslänglicher einfamer Einkerkerung zu erhoͤ⸗ 
ben durch Ausfegung in bie Kälte und Feuchtigkeit bes Winters, 
gleichwie umter die erftictende Hige der Bleidaͤcher im Sommer, 
durch grobe, ekelhafte Nahrung, durch Zwangsarbeiten, durch bie 
Laft der Ketten, durch ben Mangel ärztlichen Beiſtandes außer 
an gewiffen Tagen, durch Aufhebung aller Gemeinſchaft mit 
Verwandten und Preunden, kurz durch jedes nur erfinntiche 
Mittel, das bie Leiden bes Gefangenen unertraͤglicher macht? 
Uns fcheint es bei Grörterung biefe® Gegenſtandes gar nicht in 
Betracht zu kommen, ob bas Dpfer bed ihm vorgehaltenen Wer: 
brechens ſchuldig war ober nicht. Daß in irgend einem cioilifir: 
ten Lande Guropa® gegen trgenb ein Berserhe ober gat gegen 
ein bloßes politifches Wergehen im 19. Jahrdundert ein ſolches 
Syſtem angewendet werben ann, ift ein Umſtand, ber uns hoͤch⸗ 
ih in Erſtaunen fest u. f. w.“ 

„Der Hauptreiz der Memoiren bes Herrn Pellico Liegt in 
ber feltenen Haltung und ber ruhigen Schönheit bed Tones. 
Es iſt ein langer tragifcher Donolog, und wir lernen in bem 
Berf. ein fo hochgebilbetes liebenswürbiges Gemuͤth kennen, wie 
es die größten irdifchen Prüfungen befteht; wir fehen es in fo 
zährenden Momenten der Schwaͤche oder Staͤrke, geiftiger An- 
rengung oder der Abfpannung ygetäufchter Hoffnungen, ffeptis 
fer Wuthiofigkeit oder gläubigen Vertrauens, durchdrungen 


a a EEE — EEE» 


von ſolchem Mohlwollen gegen die Menſchheit, von fo heißem 
Verlangen, ſelbſt in dem Boͤſen das &ute- zu erforfchen, unter 
ber äußern Berhuͤlung von Härte ober Gelbfifucht 

und Freundlichkeit, daß und bied Buch ein pſychologiſches Ge⸗ 
mätbe ber feltenften Art bietet, weil es zugleich ein hiſtoriſches, 
unpertennbar allenthalben mit bem Stempel ber Wahrheit bes 
drucktes Document abgibt. Der Autor verfichert felbft, daß Fein 
Beweggrund perfönlicher Gitelkeit fein GEntftehen veranlaßt babe, 
fondern baß er es Lediglich als ein Bermächtniß Denen babe hin⸗ 


- terlaffen wollen, die ihr Schickſal mit ähnlichen Leiden prüfe, 


als ein’ Zeugniß, welche Troͤſtungen Religion und Philoſophie 
auch im härteften Unglüd zu geimähren im Stande find.” ’ 

„Wir wiflen zwar nicht, wie viel von dem ftill ergebenen 
Zone des Buches auf Rechnung der Obacht ber piemontefifchen 
Genfur zu flellen if. Wir meinen aber, daß baffelbe, fowie es 
ift, in leiner Zeit einen giädtichern und tiefern Eindruck Hätte 
machen koͤnnen als eben in ber unferigen; baß der Geift der 
Froͤmmigkeit, Wenfchlichleit, Einfalt, Reſignation und chriſtli⸗ 
hen Milde, den es athmet, auf das Erfreulichſte mit jenen 
ſcheußlichen Schilderungen von Laftern, Verbrechen und phyſi⸗ 
ſchen Greueln contraftirt, die wilden, zügellofen Haß, Hochmuth 
und Gelbffucht, großentheils zu Gunften einer zweideutigen 
Freiheit predigen und namentlich von Frankreich. herüber bie 
Literaturen anderer Nationen jest verunreinigen.’‘ 

Wir fügen zu diefem kleinen Artikel .nus noch die Notiz, 
daß nach neuerlidhen Racdhrichten Herr Silvio Peilico. eine neue 
Zragddie, betitelt „„SGismunda”, gefchrieben hat, bie auf bem 
turiner Theater mit fo gewaltigem Beifalle dreimal vorgeftellt 
worden ift, daß die fardinifche Regierung auf Anlaß ber Öftreis 
chiſchen Geſandtſchaft fidy bewogen gefunden hat, bie fernere 
Aufführung zu unterfagen. Das Stud fpielt im 12. Jahrhun⸗ 
bert in Mailand, zu der Zeit der Kriege der Mailänder mit 
dem Kaifer und ber gänzlicyen Zerfiörung biefer Stadt durch 
lestern. Die Moral ift: den Italienern die Thorheit ihrer buͤr⸗ 
gerlichen Zroiftigkeiten und bie Nothwendigkeit zu zeigen, diefelben 
einzuftellen, um ſich gegen die Fremben zu vereinigen. 153. 





Les fils d’Edouard, tragedie en trois actes, par Mr. 
Casimir Delavigne. Paris 1833. 

Wir find in einem Zimmer der Königin Eliſabeth; fie ſtickt, 

neben ihr figt der Meine Herzog von York, ber fi von feiner 

Wärterin ankleiden: läßt, ſich ſehr heftig und unartig geberbet 


-und weiblich über feinen‘ Oheim Bicharb ſchimpft. Diefer flat: 


tet der Königin und feinem Neffen einen Befuh ad. Man 
wartet die Roͤckkehr bes jungen Könige Eduard, bes. Herzogs 
von York Bruder, ab, und Sloceſter labet bie verwitwete Ko⸗ 
nigin und ihren Sohn ein, den König im Tower zu erwarten 
In dem Drama van Ghakfpeare, weldhem He. Delavigne fein 
neues Trauerſpiel entlehnt, ſchlaͤgt ber Herzog ‚feiner Schwaͤge⸗ 
rin und ihrem Sohne baffelbe vor; ber junge York will ſich 
aber nur unter der Medingung dazu verfiehen,- daB ihm ber 
Dbein fein Schwert gebe, und auf.bie Frage, wozu er dieſes 
haben wolle, antwortet der muthige Knabe: „um Euch dafür 
zu danken, daß Ihe mid immer einen kleinen, ohnmaͤchtigen 
Zungen nennt.” Diefe Antwort verkündet Muth und Trot 
und muß allerdings den Dheim fiugig machen, Bei Delavigne 
fobert der Beine Prinz Gloceſter's Schimmel; begreift man aber 
nun, warum ihn dieſe Witte beforgt macht, ihn in Ausführung 
feiner Pläne hindert? Cie haben da mit einem Auge das ganze 
claſſiſche Syſtem: es ziemst ſich nicht, daß ein wohlergogemer 
Prinz ſich dergleichen gegen einen Vormund erlaubt; un che- 
val blanc, das if nett, grazids; bie Witte wird mit gehoͤri⸗ 
gem Anftanbe vorgebracht; ber junge York des Hrn. Delavigne 
ift ein charmanter dummer Zunge, und der Oheim noch einfäls 
tiger, fih an deſſen Dummpeiten zu kehren. Im , 
wo die Königin fich entſchließt, den Witten ihres Schwagers 
nachzugeben, wird der Tod der Lords Rivers, Grey und 





“ «tw e 
endlich zu Shuasb geeilt, der dm: Tower abgeſtiegen iſt. Die 
de ðes Micderfehens wird bald durch bie 


dingham's Hand durch einen Maͤchtigern gekuͤhr 
ſtellt den kord Protector zur Rede, dieſer antwortet mit dreiſten 
ungeſtuͤm und beleidigt Tuiſabeth im Angefichte der Lords und 
ihrer beiden Anaben, der junge Eduard reißt dem Begenten bie 
Wröge vom Deupte, weiche Liefer im Angefite der ‚Königin 
aufoehnlten. chen Monvemens behagen ben Frauzoſen 
außerordentlich; die Kuͤhnheit des kleinen Mannes wird alle 
Abend rauſchend beklatſcht. Richard ˖ wirft von num an die Maske 
ab, laͤßt bie beiden Prinzen gefangen nehmen unb in den Ker⸗ 
ker fuͤhren. Die Königin wird von ihren Kiabern getrennt, 
wobei dann natürlich auffallen muß, dab fie und ihe Anhang 
fi dies Alles fo gefallen laſſen, und daß nicht eine Behoͤrde gu 
ihsen Gunſten ſich erhebt. 

Wir haben vergeffen, zu berichten, baß bie erſte Idee biefer 
Tragbdie beim Anbli des herrlichen Gemoͤldes von Delaroche 
entſtanden if, welches vor zwei Jahren im Loupre ausgeftellt 
wer. Diefes Gemälde wird im britten Acte auf der Bühne 
dargeftrilt. Beide Scnaben figen auf einem Bette, der eine 
bat eine Bibel in der Hand, der andere, auf feinen Bruder 
gelehnt, fiheint in Nachdenken verfunfen. In diefem Acte er⸗ 
fheint zum erſten Mel Tyrrel, ein verfchuldeter, gänzlich 
zuinirter Edelmann, ber in GShaffpeare's „Rickard III.’ bie 
Kinder Ebduard IV. ermordet. Diefe Holle, bie im Original 
kaum angebemtet ift, dehnt der franzöfliche Dichter über bie 
Maßen aus und bemalt fie aufs Sorgfaͤltigſte mit Antithefen 
und blendendem Wortgeflimmer; dabei macht er ihn fo ſchlecht 
und fo fentimental, wie nur irgenb ein Melobramenheld fein 
kann. Roh find die beiden Prinzen nicht ohne alle Hoffnung; 
dee Erzbiſchof von Vork hat ihnen in einem Buche ein Billet 
uftellen laſſen, in weichem er fie benachrichtigt, daß ihre Freunde 
ür fie thätig find; wenn fie an Ihrem Fenſter würden God 
save the -king fingen hören, fo Tolle dies das Zeichen fein, daß 
man lomme, um fie zu befreien. Es wäre freilich eine ſehr 


ſchickliche Gelegenheit gewoſen, God save the king zu fingen, 


ser ſchade, daß dieſes Lied erſt winige hundert Jahr ſpaͤter ent⸗ 
ſtanden iſt. Der Vorhang fällt, indem die Moͤrder eintreten. 

MDas Valent des Hrn. Delavigne verfolgt bie ihm von Ans 
fang gegebene Richtung: es bleibt ſich fo ziemlich gleich. Es 
ſchwedt ihur din” Idedl vor, das er mit Anftrengung und Fleiß 
deſtimmt erreichen: wird; nicht bie erung ift es, bie ihn 
auf feiner Wahn fortreißt; er durchwandelt fie beduͤchtig, ſtets 
forgfam ausarbeitend, flets ſich umſehend, od Aues grabe und 
Tbenitäßig: und abgezirkelt daſteht. Im Eyſteme Ratine's wuͤrde 
es ihm: ſchwerlich einer der sent lebenden Dichter güteich thun; 
vor. 20 Jahren würde. Louis: XI.“ und , Les Als o Douard⸗ 
Ben. Dielapigne ‚unter den hoͤchſten Ramen feines Vaterlandes 
ine Stelle zugeſichert haben. Gntfprict ex uͤbrigens ten Fo⸗ 
derungen ber Kritik uch nit iin Allem, Jo iſt doch nicht zu 


vertenmen, :baß er bei einem großen Theil feiner’ Landsleute noch 


immer Anklang fintet. "Seine legte Trazoͤdie wird iſtark bes 
ſucht; ſeit langer Seit dat das Thoatre frungals fidy keiner fo 
langen vnd ungedulbigen queue zu: erfreuen gehabt. Das Stuͤck if 
wi’ einigen Lagen: ri Ladvocat im Drucke erſchienen; das Ma⸗ 
448. 


nuſetipt iſt für 800o Francs verkauft worden. 


5 Medigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: %. A. Brodhaus in Leipzig. 
“ ———— — —— — — NEE 


‚Anfänger und Lernenden gegeben werden Tann. 


Notiz 
Statiſtiſche Ehniver und Albernheiten. 
rade kommt *4 Einſicht, daß jene under 
ſchaͤmte Luͤgenbentelei, welche der Stattſtik zus Laſt 
noch keineswegs aubgehstoch fe. In der „Neuen —* 
für Deutſchland“, 1888, Heft 3, befindet Mh ein vortrefflicher 
Auffag über. die „„Unpollfommenheit her Ratiftifchen Werke, ne 
ſehr huͤbſche Dinge nachgewieſen werben, unter Anberm, def 
Colquhoun die Quantität bes Zutters nach ber Zahl der Ipi 
und bie Zahl der Thiere wieder nach ber eingeernteten Pütte 
sung bewelſt. Gleichwol wird in bemfelben Hefte 
„Bponten im Jahr 18350” als ein ganz treffliches und für die 
Statiit HH brauchbares Werk bargeftellt. Unter 
fehr wahrſcheinlichen Angaben finden wir daſelbſt &. 321 fob 
gende Notiz: „Die fpanifche Kirche zählt 23,000 
und 46,000 Kiöfter (1), 135,000 Gonvente (11), 312,000 Weib 
priefter (!!1), 200,000 nidbere Geiſtliche (1111) und 400,000 
Mönde und Ronnen (I!!!T)”. Sehr naiv bemerit ber Be 
richterſtatter: „Hierin liegt grade der Fluch bee auf Spa⸗ 
nien llegt!“ Wie viel gefundesr Verſtand ober wie wie ie 
mentarbilbung in ber Geographie oder Statiſtik gehört denn 
wol dazu, um bdiefe Angabe als eine Albernheit zu verwer⸗ 
fen? ie befiten doch eine Zählung ber fpanifchen B 
nee vom Jahr 1891. Waarum ſah ber Verf. und Bericht⸗ 
erſtatter nicht biefelbe bush? Er wuͤrde gefunden haben, daß 
Spanien eigentlich nur 16,481 Pfarrer, 4929 Bicare, 17,411 
Benefidanten, 27,757 ausgeweihte Perfonm weitticher Geif: 
Häteit, — nee * Boa und 20,000 47 
rüber oder Laienſchweſtern . ol. „Litszarif tter 

der Boͤrſenhalle“, Rr. 898. we 

Ucberhaupt iſt es unverantwortlich, daß man in ben ſtatifti⸗ 
ſchen Werken das Alter der Zahlen nicht bemerkt. Haſſel ent: 
lehnte die meiften Rotizen über die füblidyen Länder aus Merken 
bes vorigen Zahrhunderts, und feine Nachfolger fchreiben ihn ab, 
ohne auch nur ein Boͤſes zu ahnen. Die beſten Werke find 
baber durch ganz falfche Angaben entfellt. Die Mebackion b. 
BI. if zu liberal, ale daß fie mir nicht die Bemerkung erlauben 
foüte, fetbft im dem claſſiſchen Schulbuche der münbigen Deut 
ſchen, in bem „Converſations⸗Lexikon“, feien bie ſtatiſt iſchen Artikel 
durch das unkritiſche Eintragen ber veralteten Haſſel'ſchen Zahlen 
entſtellt. Ich will nur ein einziges Beiſpiel anführen, weiches 
ufälig mit der gerügten ſpaniſchen Notiz in Berbintung ſteht. 
su dem "10. Bande der 7. Kuflage S. 283 heißt es von dem 
Zbigreiche beider Sicilien, daß dafſſelbe dietſeit tes Faro 
47,258 Weltprieſter, 25,399 Moͤnche, 26,659 Rannen, jenfeit 
des Faro aber 70-80,000 Welt: und Kloflergeiitiiche aller Art 
babe. Diefe Angabe ift aus Haſſel und ‚findet. fi auch nad 
in dem „‚Hiforifä:genealogifc ſtatiſtiſchen Almanach” abgedruckt. 
Inzwiſchen beſteht eine jüngfte officiefle Angabe, die fich in der 
„Allgemeinen Zeitung”, 1882, Rr. 281, abgebrudt findet, ganz 
anderer Art.. Gs jind in beiden Sicilien nur 26,804 Weltprie 
fer, 11,505 Moͤnche und 9297 Nonnen vorhanden. Allerdings 
nach viel.zu viel,. aber welcher Unterſchied! 

Ich wünfshe, daß dieſe Bemerkungen ‚auf guten Beben fallen 
and einen unteraehmenden Budhändier veranlaſſen mögen, eine 
neue Ausgabe des Haſſel'ſchen „Lehrbuchs der Statiſtik⸗durch 
einen fähigen Gelehrten veramflalten zu. wollen. Es muͤßten bie 
veralteten Angaben durch neue erfegt, die Luͤchen auögefült, bie 
nicht mehr vorhaudenen Dinge befeitigt wirden. Bei den Ba 
lenangaben müßte man das Alter und die Art uad. Weiſe ber 
Ermittelung anführen. :&o mürdın wir ein-fehe brauchbares 


Fi 


und noch immer ‚ganz unenibehrliches Werk in eine Seſtalt ven 


wandelt feben, in welcher es ohne Nadktbeil in die Haͤnde ber 
150. 


nm 


Blätter 


für 





literariſche Unterhaltung, 


Sonntag, 


“ 


\ 








Politifche und philofoppifche Midcellen, aus den Memois 

. "ren und Gotrefpondenz von T. Jefferſon x. 

Heraudgegeben von 8. P. Confeil: Zwei Bände. 
+ Mefchluß aus Nr. 100.) ud 

Im Jahr 1808, als Jefferſon's Präfidentfchaft fich ens 

digte, 309 er fich vom dem Öffentlichen Geſchaͤften zuruͤck: und 


lebte zu Monticello mit Aderbau und Induſtrie befchäftigt, 


ſtets aber die Angelegenheiten des Vaterlandes im Derzen 
tragend und die Augen dahin gerichtet. In einem Briefe, 
welchen er im Jahr 1810 an Kosciuszko fchrieb, gibt er 
folgendes Detail feines Tagwerkes: 


Der Morgen ift der Correſpondenz gewidmet. Den Zwi⸗ 
ſchenraum vom Fruͤhſtuͤck zum Mittagseffen bringe ich in mei⸗ 
aen Werkſtaͤtten .oder im Garten gu, ober aber Ich reite auf 
meine Hofgüter, um biefe nachzuſehen; von MWittagebis Abend 
habe ich die Zeit ber Grheiterung und dem Umgange mit mei: 
nen Freunden und Nachbarn beſtimmt. Sobald das Licht Tommt, 
fange ih an zu leſen bis zum Gchlafengehen, welches rk 
geſchieht. Meine Befundheit iſt volftändig, und meine Kräfte 
haben durch das thätige Leben, welches ich führe, bedeutend ges 
wonnen; vielleicht find fie fo ftark, als es bei meinem Alter von 
67 Zahren fein Tann. Ich rede von der Egge und vom Pflug, 
von der Saat und von ber Ernte mit meinen Nachbarn, und 
wenn es ihnen anfteht, auch von der Politik, mit fo wenig Zu: 
rüdhaltung als meine übrigen Mitbürger, und ich genieße end: 


. lüch das Gluͤck, frei fagen und thun zu koͤnnen, was mir beliebt, 


ohne irgend Jemanden in ber Welt dafuͤr verantwortlich zu fein. 
Sin Theil meiner Beſchaͤftigung, und zwar nicht der wenigft 
angenehme, befteht darin, die jungen Leute, welche fih an mich 
wenden, in ihren Gtubien zu leiten. Sie quartiren ſich im 
nächften Dorfe ein, fie haben den Genuß meiner Bibliothet und 
bilden einen Theil meiner Geſellſchaft. In der Richtung, wel: 
he ich ihrer Lecture gebe, habe ich Bedacht, ihre Aufmerkjam- 
keit fortwährend auf die Hauptgegenftände aller Wiſſenſchaft, bie 
Freiheit und das Gluͤck der! Menſchen, zu lenken, tamit fie, 
wenn fie dereinft in ber Regierung und ben Behörden ihres Lan⸗ 
bes einen Plag einnehmen, niemals vergeffen mögen, daß bies 
ber Endzweck jeber rechtmäßigen Regierung ift. 

Diefes Bild eines beiten, ruhigen patrlarchafifchen 
Lebens, eines Zuftandes, wie ihn nur das Bewußtſein ei: 
ner rein und fleckenlos durchlaufenen Lebensbahn gewähren 
Tann, findet ſich in mehren andern Briefen an verfchiebene 
Derfonen näher ausgemaltz Jefferſon gibt dort feine bid- 
tetifche Lebensweife an und befeitigt -zue Genuͤge, was 
Miß Trollope in ihrer frivolen Oberflaͤchlichkeit von den 
Drgien von Monticello erzaͤhlt. 

Seine Religion war ſeiner ganzen Handlungsweiſe ent⸗ 


224 


fprechend, einfach und aufrichtig, er glaubte an die Uns. 


ſterblichkeit der Seele, nahm die reine Lehre Cheifli als 


eine Lehre ber. Liebe, Güte und Gleichheit an und ver: 
warf- Alles, was die Kolgezeit, Unverftand und berechnete 


Verfälfhung -an Verkehrtheit damit vermifcht..haben.. Im 


den legten Jahren feines Lebens befchäftigte er fich fehr 
viel mit Philofophie, Moral und Religion, und feine 
Briefe enthalten barliber mehre koſtbare Ergiefungen. Es 
fcheint, daß die peiefterlihe Partei, in Abgang anderer 
Beſchuldigungen, Zweifel an der Orthodoxie feiner religioͤ⸗ 
fen Gefinnungen zu erregen fuchte, und mehre Male, mit 
aller Ruhe jeboch, nahm er bie Gelegenheit, fein Staus 
befenntniß abzulegen. Im Jahr 1817 noch ſchrieb er 
darüber an feinen alten Gefährten Sohn Adams: | 
: " :Dab Refultat Ihrer funfzigiährigen Studien über Religion 
muß: fich in "bie vier Worte zufammenfaffen laffen: „Sei ges 
recht und gut”, wie alle Logogrnphen ber Yriefter fich in die 
vier Worte auflöfen: ‚Ubi panise, ibi Deus’. Das, worüber 
wir Alle einverftanden find, ift wahrſcheinlich das Richtiges Das, 
worüber nicht zwei Menfchen völlig einig find, tft wahrſchein⸗ 
lich falſch. Einer unferer Biographen, welcher bie Fleinen Mens 


ſchen als wirklich groß malt, fragte mich neulich mit einem 


Ausbruck von aufrichtigem Intereffe, ob er das in allen Cir⸗ 
keln verbreitete Gerücht meines Religionswechfeld ale wahr ans 
nehmen Tonne. Dies fehte nothwendig voraus, baß man wiffe, 
welches meine frühere Religion war, und man beurtheilte fie 
obne Zweifel nad Dem, was bie Priefter darüber gefagt, wie 
wol ich diefe niemals zu Mertrauten meines Glaubens genoms 
men habe. Meine Antwort war: Sprechen Sie nicht von mei⸗ 
ner Religion; fie ift Gott und mir felbft befannt. Mein Leben 
allein liegt ber Welt als Beugniß in biefer Beziehung offen; 
wenn es rechtſchaffen, bieber und meinen Pflichten gegen bie Ge⸗ 
feufhaft entfprechend war, fo kann die Religion, welche es alfo 
lenkt, nicht ſchlecht fein. 

In ben Faͤllen, welche häufig vorlamen, wo bie Bes 
wohner und Behörden ber Freiſtaaten ſich an ihn wand: 
ten, um Rath und Aufffärung in wichtigen Fragen bes 
gefellfchaftlichen und politifchen Lebens zu erhalten, ermahnte 
er fie ſtets an das treue Feſthalten ihrer volksthuͤmlichen 
Verfoffung, an beren allmäliges Verbeffern und Fortſchrei⸗ 
ten und freute ſich, die freudige Entwicklung, wenn nicht 
‚mehr auf dieſer Erbe, von oben herab fehen zu können. 
Diefe Ausſicht fprach er insbefondere, als ihnen Beiden 
bevorftehend, gegen John Adams aus. Im Alter von 
83 Jahren war er zur funfzigften Sahresfeler der Unab⸗ 
bängigkeitserkiärung nad) Wafbington geladen worden; er 





746 


entſchulbigte fi mit anmoätiein und Eonnte nicht dahin 
geben, und während bie vefammelten Bewohner den Ve⸗ 
teranen ihrer Zreideit Segms s und Gluͤckwuͤnſche aus: 
brachten, befchloffer: Weide, Jefferſon und Adams, am naͤm⸗ 
lichen Tage, 4. Bali 1826, ihr verdienſtvolles Leben. 


Umfange dieſes Wortes, feine Strenge in ber Ansführung 
diefer Principien und der befländig von Amerika entnom: 
me Maßſtab mochte ihn felbft bier und da zu ice 
tigen Folgerungen und Erheifchungen veranlaſſen. Er war 
ein- abgeſagter und unwerföhnlicher Feind aller Monarchie, 
und fein im übrigen friebfertiger und gelafiener Charakter 
cgwech und: Unwillen, wenn er auf Lab 
Unheil zu — kam, welches ducch ſie uͤber die Voͤl⸗ 
der gebracht ⸗erden. Wir bedauern, daß wir hiernicht 
einige: ESellen und Vewaſ⸗ einer wahrhaft ergreifenden 
Berchbtſancheit und: Sraͤrke anſuihren lonnen, 
and ber! Gharalter dieſes Artikels ‚vermticffen uns, datawf 
zu detgichten; weas ‚wir geben koͤnnten, waͤre entweder zu 
wenig oder zu viel. Im SJ. 1787, als ſich einige · Spu⸗ 
en von. Auglomanie und Monarchismue zu :dußem an⸗ 
engen, ſchrieb er an einen gewiſſen Hawlins: 
MWon — —— erwarte den. — ** 








eäffe Sa * siger gti Regisrung.eine. Ab 
ne ® and -t e erbiilen. = "Sf 


„mom bat 


welches bie 
252 —** Aande in einer Pe und Angland 8 einem 
Monet ‚sufügt, fo wuͤrde dieſes lehztere baiweitem uͤberwiegen. 
@tubiven: @ie ben Artitel, aus welchem das roehe Buch in 
AÆngland und ber: koͤnigliche Be ‚in Kranfreich beficht, und 
fehen Wie dann, mwas-ein Wolf bei:der Monarchie gewinnt. Es 
gibt Heine: conigliche Raſſe, welche au zuaszig@anerationen einen 
vernünftigen: Menſchen gelisfert : Dos. Befle,. was. ein: Kb» 
nig thun Tann, iſt, bie. Geſch leitung feinen Miniſtern gu 
riberlaſſen; und wer find :biefe Minſter? Richts anders ats ein 
‚ :hbel ausgeſuchtes ‚Gemite. Wenn der. Känig ſich hineinmiſcht, 
” iſt es, um gu ſchaden. 
Es gibt nicht leicht eine jener Fragen, welche heute, 
namontlich in Westehung auf Amerſta bie oͤffentliche Mei⸗ 
ung beſchaftigen, aoriche: the mit: Dchaͤrfe und Aufrich⸗ 
Agfa. un der: -Eovfponben; al ehandelt waͤre. "Nefferfen 
Acht von dem vᷣ otthell des Ackerbaus in 
Ametſta und: gibt: ‚in6befondere Auſtlaͤrungen, welche fir 
Emnwanderer von Wichtigkoit ſeim duͤrften;er etklaͤrt ſich 
‚gegen: bie Ambegung oeiner Bank und Aulrihen und beſtrei⸗ 
‚tet der Lebenden Generacion bie Befuguiß, den Staat und 
den Boden zum Nachtheil der folgenden! Generationen zu 
belaſten. Er ſieht die dereinſtige Trenmung ‚der einzefnen 
Staaten als moͤglich voraus, betrachtet ˖ Dies aber ducchaus 
wicht als ein Ungluͤck oder Zerſtoͤrung der freien Grundlage 


die Brengen 





von Nordamerika, indem ſtets bie demokratiſche Werfaffung 
und bie Republik und mit ihnen bie Gewaͤhr ber Frelheit 
und bes Fortfchrittes überleben würden. Sehe intereſſant 
ift ferner, was er Über Napoleon und feinen Charakter vor 


r| and nad), ſeinem Safe fagt, was er Über Frauklin um 
Zefſerſon· war Demokrat und‘ Republitaner im gatzen 


Mafhington berichtet. „Dieſe großen Männer haben nie 
mals länger als 10 Minuten über einen Gegenfland ge⸗ 
ſprochen, fie berührten ſtets die Dauptfache und vermieden 
alle unnöthige Discuffion.” Welche Lehre für unfere 6 
fentlihen Verhandlungen. Tin eignes Capitel ift dem 
Be Wafhington’s geroibmet und trägt das. Gepraͤge der 
Wahrheit und Treue. hr 


und gewißſenhafte, fpusıhusine 

—* — den —— und Briefen einen analytiſchen 
Besfuc, uͤber die Principien der . anseriinnigchentkhelz, 
Aber deren Wergleiihung- und Aammbung "uf Suankeiht 
Anftand :wab. eine textuelle Uxbesfeguumg ber :anmerifunlfäen 
Conflitution beigegeben, ver eigentlichen vom J. 1787, mit 
welcher noch fehr. haͤtrſeg die murpeingliche : 

ion vom J. 78 verwechſult wird; er hat * 
‚Setfiualle unb beherzgeigewerche Arbeit geliefert, zorihe 
æiner venſtaͤnbigen Ueberſetzung ins Dortſche im Höchfien 
Saale wicbig waͤre. ın. 





Polnifhe Gedichte. 


‚Qstatnie: symy Juliana. Umyma Niemeewicza pod tyt 
‚lem: "Treny Wygnemce Tudziei Redeta "Onlom 
prres Ad. 'Mitkiewiosa i Agon Sowinskiego. w Lip- 
sin m 108. 

ine Broſchuͤre, welche focben in —2*5— es 

Südenen ft und .brei Gebichte in. palni en 

1. Die legten Verſe von —28X rg: ‚Niascawicz * um 
"Zitel: „Sagen eines aserbannten““, +, giſchrieben in Sonbon 
am nk Fi 33 183 

wanengefang, ve wol das Herz gu treffen verſteht, 
in dem hohe poctiſche Kraft, unendliche Weieranbetiebe. und der 
Scumerz fi vereinigt finden; sußerben aber. — dd 

und Bons ein Geräh. * — — »erimm, dem glaich, ber 

in den n des verbannten juͤdiſchen Volkes ſo haufig 

ausbringt. Der Anfang lautet: . 

Kein Wölkchen Ueß ſich ſehn am Abenbbimmel, 
Dex. untergehndben Sonne lette Stzshlen 
Bekraͤnzten. purpurzotb mit golbnen Streifen 
Deb naben Mesred weiten, lidten Raum; 
Als fi am AWkhang' eines flarren Zelfens 
Ein alter grauer Seher nieberließ - 
Und ſchauend in der Wellen luſtig Spiel 
In ſchwere Klagen alfo fi) ergof: 
Ach !.syle fo ſtill iſt Alles zunb amber! 
Warum in meiner trüben Seel' allein, 
Denn Alles füfer Ruhe ſich ergibt, 
Barum beunregt ich färchterfihe Quul?... 
AÆchan eh Ian Harn Runde meines! Brabes, 
(ib: dauet mich des traur gen Misrb Ba, 
Und nun. bed Sebend letzte Stunde nabt, 
"IR dieſes Lebens Frucht... 0! ein Berbannter. 
mit Staunen hat der Deher oft feine Umgebung: betrachtet, die 
MHerrlichteiten der Vaukunft, den · Walb der * durchein 
‚unberbeängsnben! Milkienen. von: Mienfchen ;. doch banges· Sehach 
bat ihn ergriffen, benn, klagt @, 
‚Luft, Himmel, Land, der Menſch mit feiner Sprache: 
Und Alles, Alles ift nicht mein umher ! \ 


747 


„ — 38! weinend Echrt mein Her, zur eignen Ylar, 
80 in ber Stile zwiſfchen haben Gidhen 
‘Der Rau). aa Ghrohdady leichte Kriſe zieht; 
Si ſei⸗ :am Bee die Wehe andgefpannt, 
@8. ferumet die Biene froh an mir voräber, 
Gefchawaͤtig hör! ich Schwalben unteem. Dache, 
Und ‚Kinder laufen froͤhlich durch die Aue; 
Und voll ber zarten, lieblichen Grinurung 
: Bimut: non ben welken Wangen urir herab 
- Ein heaͤnenſtrom 


! Ungshd fügrt ben- ba des Vatenlandis. 
er eine —E —— Mebuiztungen : vntuor 


Konftantin 
Die wol des Urald wilder Save, , 
Dod nie her Pol! ertragen lernt. 
Es werben Kingelheiten erzählt, unter. .andera Zolgenbes vor 
wahret Begebenheit: 
In Tirraͤnen, voller. Reize. fieh 
Ein junges, nagluͤcliches ach, 
‚Ein jarte Kintlein in ben Armen, 
So kommt fie vor des Kerkers Thor. 
Sie will durchs ſtarre Witter nur 
Don fern den neugebornen Sohn 
Dow Water zeigen; — bach werböhnt 
Wird ihre: Freude, Whränt und Witte, 
ge ber a ee j 
Verzweiftang gedentt das uirk''feines ftuͤhern Bund; 
von: Einem Gefühle buschbrungen ‚ greift es zu den Waffen, 


kaenpft und -fiegt, 
Und achtmal but ber Mund bie Bahn burchmeflen, 
Rod tmmmer heekkt In: truͤber But 
Der Donner weit umher. 
Ba finkt "die Kraft nkreich, für welchet Polen fo r 
geopfert, Britannien, Pr ' I.) 
Auf ſtarkem Dreigad wohl geftätt 
"rel daſteht in ber Wogen — - 
laſſen ihre vignen "Werspeibiger untergehen. ifend iſt „eine 
nun folgende Wehhreibung. Auf .dem.& Kine * tſich 
unter Leichen ein Soldat; ſein erſter Bo fein Weib und 


feine Kinder, er raſſt fich auf, um, zu ihnen zu.gelangen. Gr 
fommt bet Pulawy vorüber, die reigenden: Anlagen, bie vater: 
tändifchen Denkmäler *) find zerftört, Alles in einen Truͤmmer⸗ 
banfen verwandelt. Auch des Bolbaten Hätte ift —— 
Weib und Kind findet er nicht, er ſtirbt in Verzweiflung. So 
ft auch das Vaterland gefallen, aber verloren: iſt es nicht. 

D liebes Polen, Land mit. Blut getraͤnkt, 

Nicht gönnt das Schickſal dir den Lorberkranz; 
Doch mädsiger , wie. bein Ungluͤck böher ſteigt, 
win ve deiner Söhne Liebe zu dir neigt. 
tee Pier verzweigter Ciche 
337 Quell unzähfiger Tugenben. 

Sn —— heut: und duͤſterm Trauerkleide 

Gtshfi da gekükt auf deiner. Sötme Grab, 

Dein Antlig neigt zur Gebe ſich, 

Wie fi, erfältt mit Dichter Frucht, 

Ein Apfelbaum zur Erbe neigt. 

— D tbeures Baterland! 

ern auch ein graufig Loos bir fel, 

‚Du bleibfi-be8 Polen Troſt und Stel; 

Und feiner Hoffuung- Biel! 
So klagt ber reis. Die Racht feigt herauf, usb mit Teichtem 
Pfeile wird er auf Gottes Wink vo ei getzoffen. 
‚ 2%, Drbon’s Redoute don Kam | Mickiemwitz, ein Gedicht, 

dem General Uminſki geweiht. 

Es ift biefes eine er lebendige und anſchauliche, echt 
dichterifche Beſchreibung einer Scene aus dem leaten Kampfe 
der Polen. Cine Reboute, die nur mit ſechs Geſchuͤtzen befegt 
iſt, wird von den Ruflen angegriffen, 


*) Bgl. Ar. %6 d. BI. f. 1880. D. Red. 


— über die Illuſion bes Ir ausg 


‚tet, es lieſt 


2 


8: lobt der Felbherr einon RNuͤgel 

VGlrichwie ein· Mogel rin, and: o cieſt 

Sich unter ihm in dichten Neihe ba: BuPreik, 
Gin: weiter Rhmuz’ger: Lauefirem. 


Die Nebonte dertheidigt ſich auſe Amupuafte, 


Nicht ſo viel Worte ſpricht im Born der Munb, 

Das Perz erfeutst fo ofſt pH in Verzweiflung, 

Alb Donner die Goldäge Fock 
Do: die: Menge fiegt, bie Reboute * erſtuͤrmt. Da ſchwingt 
ſich Ordon, ber -R er, der ſich noch mit Wenigen Hält, zur 
Mine berab- -und Mrenst bie Hunderte von Huffen, bie auf er 


Dteich · dem Vewarm auf ·friſchen Beichen ziehen, 
in die Cuft. Der Dichter endigt alſo: 

„Bier Achlofſen, die im Beben ſich betämpft, 
Den erſten Brieben, und auf Cwigkeit! 
Zum erflen Mal' gehorcht des Ruſſen Seele 
"Dem Zaren nicht, and wenn er ſelbſt gebeut. — 
‘&8 find ber Leiber viele hier begraben; 
"Bo iſt der Geh? - D Ordon, wahrlich, wird 
Patron der Schanzen, benn Vernichtuugtpoetk 
SR Heilig, und: dem’ Schaffen gbeich; 
Mur Bott dann ſprechen werde! und: vergehe! 


3. Der Zod Sowinſtes in Wols vor Warſchau. 

Auch dieſes Gedtcht besieht füh ‚auf den neuchten „Kampf; 
in deſſen Geſchichte gewiß od viele gleiche Dichtungen perbor: 
gen liegen. ‚Bon den Wällen vor Role muß-Äch mit feiner 
Schar Gowinfti, 

Silderhaar ziert [hen ben Delben, 
Doc mit Jugendkraft durchglauͤht ihn 
Freiheit, Ebr Fe — 
zuruͤckziehen; er dringt in die Kirche des „die 
—* heran, und er empfängt fi fie mit 245 aus den 
n. Sie flärmen.enhlih die Thuͤr, 

Alle fallen die Gefaͤhrten, 
Und Sowinſti bleibt; allein, 

. Gonz-allein, ... doch unæſchracken 
Beugt er ſich nicht vor der Obmacht. 
Und aon Achtung drob durchdrungen 
Naͤhert ſich der Feinde Führer. 
„Ruf Pardon““, ſpricht er von Weitem, 
, Wahnfinn iſt ein ſolcher Kampf.’ 
Aber der durchbohrt die Bruſt ihm: 
„Kennſt du nun Pardon bed Polen?” — 
Ad: das find die legten Worte 
Des eugrauten Belden Polens, . 
Und er ſtirbt/ ein Sohn der Frriheit· — 
Aus/ der Rempfi.. Die ſtotzen Scharen, 
Still, volf Aerng, furchtfam, fair fle 
Ua des Heſden⸗ Beide bim. 





Behsab, der Geißel. Aus dom Engliſchen Moriexis, - 
des Verfaſſers Des Hadſchi Baba, von Tohunm 
Sporſchil. Deei Theile. Braunſchweig, Vieweg. 
1832. 8. 3 Thir. 12 Gr. *) 

Morier, bereits durch ſeinen, Hadſchi Baba“ unter bie Lieb⸗ 
linge der Romanleſer eingereiht, bat ſich durch feine neueſte 
Dichtung noch entſchiedener in der Gunſt besjemigen Publicums 
das gern -inen -Heinen Schein ** 
en 
fieht, ohne jebody: :gyabeugu: fireng zund · * mit * 
Mirklichleit ‚hepelligt.. gu werben. Fuͤr ſolche Saumen ad die 

* Morier's 5 beſondera .zinlatend , 

Bier ift Alles zu einer reizenden, lachenden Gegend. ausgearbeis 

fo bequmm ‚.wie wennıman auf geebneter Gar: 


*), Bal. Nr. 881 d. BI. f. 1888. D. Ned. 


748 . 


teupromenabe einen Spaziergang macht; nizgenb ſtoͤßt man auf 
teodene hiſtoriſche Excurſe wie bei Walter Gcott, und ohne 
mit den der Lecture jenes Autors zu kaͤmpfen zu haben, 
genicht man body zugleich auch das bei Gcott gewohnte behag: 
liche Gefühl, ſich auf einem beſtimmten unb ſichern Boden ber 


Berdhgaͤltniffe zu. befinden. Morier bat fi ben Drient und in 


diefem vorzugsmweife Perfien mit Vorliebe zum Grund und 
Boden feiner Darftellungen erforen und bewegt fidy in biefem 
Kreife mit einer eigenthümlichen Lebendigkeit der Auffaffung. 
Perfin ift auch der Schauplat feines „Zohrab”. Man fieht, 
dee Berf., der bekanntlich bei ber dritiſchen Geſandtſchaft in 
Perſien angeftellt geweſen, hat felbft zu fehen und zu erleben 
Gelegenheit gehabt, was er ſchildert, und fo find feine Darſtel⸗ 
lungen perſiſcher Natur, Bitte und Lebenseinrichtungen Fi 
treuen und hoͤchſt anfdhaulichen Spiegelbildern geworben, welche 
uns leh ‚ ohne lehren zu wollen, in bie Mitte bes Landes 
und ber Nationalität verfegen, beren bewegtes Gchaufpiel vor 


ums aufgerollt wird. Gingelne ber perſiſchen Geſchichte entnoms 


mene Züge und Charaktere dienen der Dichtung zur Folie, find 
aber auch meiftentheild durch poetifche Ingredienzien fo umge⸗ 
ftaltet und gefärbt, daß fie nicht eigentlich mehr für Hiftorifche 
Gonterfeis gelten innen. Der in der Mitte. bes Gemaͤldes 
ſtehende Gharakter des Aga Mohammed Schach, ben der Verf. 
mit vieler Ausführlichleit und nit ohne fi in einzelnen 
Schilderungen deffelben zu wiederholen, ausgemalt hat, ift am 


getreueften der geſchichtlichen Wirklichkeit entlehnt. Die zu vie | 


len originellen und fpannenden Scenen Anlaß gebenbe Grauſam⸗ 
keit, Kriegsluſt und Binterlift diefes Schachs find bis auf feinen 
dur den Sklaven Sadek herbeigeführten Tod hiſtoriſch und 
mit manchen, nur anders geffellten Ginzelnheiten in Malcom’s 
„Geſchichte von Perſien“ wieberzufinden. Manche andere feiner 


Thaten, wie bie Belagerung von Afterabad, eine der lebhafteſten 


Darftellungen dieſes Romans, erſcheint bier zwar als erdichtet, 
ift jedoch, nach des Berf. eignem Geftänbnis, in Umftänden und 
Ausſchmuͤckungen der biftorifch bekannten Belagerung von Ker⸗ 
man nadjgebildet. Unter der anmuthig gezeichneten Geſtalt des 
Prinzen Fatteh Ali hat der Dichter den gegenwärtigen König 
von Perfien vorftellen wollen. Die beiden andern Bauptgeftalten 
ber Dichtung, Bohrab und feine Sellebte Amima, find Bilder 
der Phantafie bes Berf., wie man ſchon aus ihrem etwas weis 
cher und gemüthlicher gehaltenen Golorit erſieht. 

- Bir wollen dem Lefer, ber fich diefe empfeblenäwerthe 
Lecture noch oufbehalten hat, nicht durch Nacherzählen bes 
kunſtvoll ineinandergefügten Stoffes den befonders auf Ueberra⸗ 
fung bafirten. Genuß vorwegnehmen. Es fehlt nicht an Tpan: 
nenben Abenteuern, lockenden Haremsintriguen, KBerfolgungen, 
@interkerungen,' wunderaͤhnlichen Befreiungen, Heldenmuth, 
beguͤnſtigter und verſchmaͤhter Liebe, Haß, Eiferſucht und Lei⸗ 
denſchaften aller Art, welche, nah Klima und Nationalität 
eigenthuͤmlich gefaͤrbt, eine an Ereigniſſen reiche Welt in Be⸗ 
wegung ſetzen. Eine bunte Mannichfaltigkeit in glaͤnzender unb 
unterhaltender Weiſe zu entwickeln, darin ſcheint Morier uͤber⸗ 
haupt ſtaͤrker als in Entfaltung tiefer poetiſcher Motive, die 
man bei ihm nicht findet. Einen Dichter im hoͤhern Sinne bes 
Wortes möchten wir ihn kaum nennen, ba er zu wenig bie 
innere Ratur ber Erſcheinungen zu berühren verſteht; aber 
er ift ein gemwandter aͤußerer Darfteller, mit lebhafter An: 
ſchauung und Phantafte begabt, ber alle Achtung verdient. 
Die mit vieler Sorgfalt gearbeitete Ueberſetzung ift mufterhaft 
zu nennen. 88. 





Literarifche Notizen. 


Unter ber Preffe befindet fi: ‚The parliamentary po- 
cköt-companion for 1833”, welcher enthalten foll. 1 Ein 


.C. Belfour. 2 Bde. &. 


—— aller Pairs, Angabe ihrer Aufenthaltsoste, Aemter, 
Bota Über Reform, Familienverbindungen u. ſ. w. 2) Ein 
Berzeichniß der Mitglieder bes Unterhauſes, Angabe ihrer ches 
orte, Gewerbe, politifchen Grundſaͤge, B gen u. f. w. 
8) Sin Verzeichniß der Grafſchaften, Stäbte und Flecken, bie 
Bertreter in das Yarlament fenden, Bemerkungen Über die Art, 
wie die gegenwärtige Reform fie betroffen bat, Angabe ber 
Perſonen, welche in ibnen ſtimmberechtigt find, der Anzahl ber 
10: Pfund» Häufer, ber Bendllerung, Gteuern, vorwaltenden Juter⸗ 
effen u. f. w., und endlich 4) verſchiedene Einzelheiten in Bes 
treff der beiden Häufer und ber erecutiven Gewalt. Das 

iR für engliſche Zeitumgsiefer geſchrieben, doͤrſte aber auch vie 
len 3eitungslefern bei uns willlonmen fein. . 


Ein Taſchenbuch eigenthuͤmlicher Art it der (biesjährige) 
britte Jahrgang bes „Caricature annual, or looking glass; 
containing upwardgs of three hundred caricature subjects, 
delineating all the humorous and political events ofthe year 
in a most entertaining ahd humorous manner, by some ef 
the first caricature artists‘. („One elegant folio volume, 
price 2 L. 2 8. plain, or 4 L. 4 S. coloured.’”) 


Ein Verzeichniß des Oriental translation fund of Great 
Britain and Ireland gibt eine fehr erfreuliche Ueberſicht der 
Wirtfamleit der Royal asiatic sodety. Bon ben $2 feit 
1881 bereits erfdyienenen Bänden, unter denen ſich doͤchſt bes 
deutende Titel für Ethnographie, Geographie und Geſchichte 
vorfinden, machen wir folgende nambaft: 1) „The travel 
of Macarius, patriarch of Antioch, written by his attendaut 
archdeacon, Paul of Aleppo, in Arabic. Translated by F. 

n „Han Koonh Tsew, or the sor- 
rows of Han. A chinese tragedy, tramslated from the ori- 
inal, with notes and a specimen of the chinese text, By 
okn Francis Davis.’ 4. 3) ‚The fortunate union, a ro- 
mance, translated from the chinese original, with notes and 
illustrations, to which is added a chinese tragedy. By J. F. 
Davis.‘ 2 Bde. 8. 4) „Xakkun Nattanuawa, a 
poem, deseriptive of the Ceylon system of demonology, to 
which is appended the practices of a Capua or devil priest, 
as described by a Budhist, and’ Kolan Nattannawa, a cinga- 
lese poem, descriptive of the characters assumed by natives 
of Ceylon in a masguerade. Illustrated with plates from 
cingalese designs. Translated by J. Callaway, late Missio- 
nary in Ceylon.’ 8. 5) ‚The adventures of Hatim Tai, 
a romance, translated from the Persian. By Duncan Fer- 
bes.‘' 4. 6) ‚‚Customs and manners of the women of Per- 
sia and their domestic superstitions. Translated from the 
original persian manuscript by James Atkinson.” 8, 


In den „‚Miscelianous translations from oriental la - 
ges’', erfter Band, findet ſich fogar ein indiſches Kochbuch vo. 
Eine Gefchichte der Afghanen, aus dem Perfifchen, ift ebenfalls 
fertig. Zweiunddreißig neue Ueberfehungen find unter ber Preffe. 
Wir haben darunter eine Geſchichte des Birmanenreiches zu er⸗ 
warten, eine Gedichte ber Berbern, befonbers aber eine Ueber: 
fegung des Liski, welches hochangeſehene dhinefifche Werk bem 
GSonfucius beigemeflen wird unb in Hinſicht ber Moral unb 
bes Geremonield als Geſetzbuch gilt. Ebenſo wird audy an zwei 
ferneen perfifhen Romanen gedrudt. Won dem außerorbent 
lichſten Werthe fcheint uns bie erwartete, von Dr. %. X. Rofen 
beforgte Weberfegung von Ibn⸗Khallikan's Leben berühmter 
Männer, einem arabifchen biographiſchen Wörterbucdye, zu fein, 
welches über die berühmtelten arabifchen Geſchichtſchreiber, Dich⸗ 
ter, Krieger u. f. w., die vom 7. bis zum 14. Jahrhundert 
lebten, Nacdjrichten gibt. 158. 





* 


Nedigirt unter VBerantwortlichkelt ber Berlagsbandlung: %. A. Brodbaus in Beipzig. 


| — — — — — — 


= 





% 


terarifher Anzeiger. 
(Bu ben bei 8. A. Brodpaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften. 


1833. 


Diefer Eiferarifche Anzeiger vied ben bei J. A. Brodhaus in Leipzig erfcheinmben Zeitfehriften: Blätter für Literm 


Nr.l. 


eifche Unterhaltung, Iſis, fowie de Allgemeinen mebicinifhen Zeitung, beigelegt ober beigeheftel, und betra⸗ 
riſq 8. A gen die Sufertionsgebühren für die Zeile, 2 Gr. 9 ' 


Die achte Auflage | 
Converſations⸗Lexikons 


» in 24 Lieferungen zu 16 Groſchen. 
Trotz der vielen Berfuche, die in den letzten Jahren gemacht 
worden find, bie leipziger Originalausgabe bes Converſations⸗ 
Lexikons zu verbrängen, hat ſich die Theilnahme bes Publicums 
für diefeibe nicht vermindert, und ber zweite Abdrud ber fies 
benten Auflage, der 1830 in 14,000 Exemplaren erfchien, iſt 
wiederum völlig vergriffen. Dankbar für biefe Theilnahme, bie 
‚in der Geſchichte ber Literatur ohne Beiſpiel ift, und erfreut 
über die rähm.iche Anerkennung, weldge dieſes Werd auch im 


. 


. " Auslande findet, "da Telbft Literärtfch reiche Länder, ‘wie in ber | 


neueften Zeit Kranfreih und England, ed ale Grundlage oder 
Vorbild Ähnlicher Unternehmungen benugen,; habe ich bei ber 


achten Auflage keine Koften und Mühe gefheug um bem Werte | 


einen höhern Grab von Vollkommenheit zu geben, und erlaube 
mir hierüber nur Bolgendes zu bemerken: 

1) Das ganze Wert wird von mehr ald zwanzig beutfchen 
Selehrten, die ſaͤmmtlich in ber Literatur und Wiffenfchaft Hoch» 
angefehen find und die in ber Worrede genannt werben follen, 
gründlich revidirt, und vorzüglich darauf Rüdficht genoms 
men, daß dad Mangeilhafte durch Fiaſchaltung neuer Artikel und 
Fortfuͤhrung der fruͤher aufgenommenen bis auf die neueſte Zeit 
ergaͤnzt, das Ungehoͤrige ausgeſchieden und auf Reinheit der 
Sprache die größte Sorgfalt gewendet werde. Der reihe Stoff, 
ben das „Konverfgtions:erifon der neueſten Zeit und Literatue‘' 
darbietet, wird zwar bei der Bearbeitung ber achten Auflage 
forgfältig benugt, gefchichtliche Artikel zu ergänzen und wiſſen⸗ 
ſchaftliche Erdrterungen zu berichtigen, jenes Werk behält jedoch 
feinen felbfändigen Werth und fein Intereſſe und wird 
fortfahren, durch eine ausf —* — Darſtellung der Zuſtaͤnde 
ber Gegenwart ſich den ausgezeichneten Beifall zu erhalten, 
mit welchem es die achtbarflen Wortführer im Publicum em» 


pfangen haben. | 
2) Im Aeußern wird biefe achte Auflage mit der fiebenten 


übereinfliimmen,, aber durch eine befondere Einrichtung wird es 
möglich gemacht, ben Druck bed ganzen Werkes gleich fcharf 
berzuftellen; das Papier fol noch weißer und gleichmäßiger, der 
Drud noch correcter fein. _ 

Hiernach barfidh in biefer achten Auflage ein 
mebrfach bereihhertes, überall verbeffertes 
und vervollfiäindigtes Wert verfpreien. 

Der Preis bes Converſations-Lexikons hat ſtets für bei⸗ 
ſpiellos billig gegolten und nur die ſtarken Auflagen machten 
es möglich, "gegen 700 Bogen auf weißen Drudpapier für 15 
Thaler zu liefern. Indeß war biefer Preis trotz feiner Billig: 
keit für Viele zu hoch, da er auf einmal entrichtet werten 
mußte, ich glaube daher den Wünfchen eines großen Theils des 
deutſchen Publicums zu entfprechen, wenn ich bie Erſcheinung 
der achten Auflage in = 


24 Rieferungen, deren zwei einen Band bilden, 
und wovon jebes beim Empfang zu bezahlen. if, ankuͤndige. 


> 


Die Lieferung Poftet 
‚auf weißen Druckpapier 16 Br. 


"auf gutem Schreibpapier 1 Thlr. j 

‘auf eftrafeinem Velinpapier 1 Thlr. 12 ©r. 
und da jete 4—6 Wochen beftimmt eine Lieferung erfcheint, To 
vertheilt fich die Ausgabe für das ganze Werl auf zwei Jahre 
und wirb daher auch dem Minderbemittelten nicht ſchwer fallen. 

Bu biefen Bedingungen kann jede Buhhands 

lung bes In» und Auslandes bie ahte Auflage bes 
Conv.⸗Lex. liefern und die erſte Lieferung wird im 
Februar zu erhalten fein. 


Denen aber, die ein ähnliches, jedoch minder umfangreiches, 
und deshalb auch billigeres Wert wünfchen, empfehle ich: 
Joh. Hübner’ Bettungs: und Eonverfationd: Les 
xikon. Ginundbreißigfie Auflage, bem: jegigen 
Stande der Eultur angemeflen und mit vorzüglicher Rüde 
fiht auf die nächfte Vergangenheit und Gegenwart, Mon⸗ 
ders Deutſchlands, erweitert, umgearbeitet und verdänert 
ven 8. A. Rüber. Ein varerländifches Zandwoͤrter⸗ 
- buch. Mit 150 Biloniffen von vorgüglich ausgezeichneten 
.  Deutfchen. Vier Theile. Gegen 200 Bogen in gr. 8. auf 
gutem Drudypapier. Leipzig, 1824— 27. 
und will baffelbe, fo weit der freitich nicht bebeutende Vorrath 
reicht, für den ungemein billigen Preis von fünf Thalern 
erlaffen. Das Werk wird für das Beduͤrfniß Vieler außreichen, 
es hat fid) eine lange Reihe von Jahren bewährt und ift voll: 
fändig durch alle Buchhandlungen zu. beziehen. °. 


Die Verlagsbandlung des. Gonverfationss Leriftons bat nun‘ 
feit mehr ald 20 Jahren gegen offenen und verfiedten 
Nachdruck kämpfen müffen, indem eine Unzahl; ähnlicher Unter 
nebmungen begonnen worden, bie fi mit großem Geräufdmune. 
tündigten, aber in ber That meiftens nur das Wort Gonverfas 


‚tionssterilon als ein Aushaͤngeſchild betrachteten, unter welchem 


fie das Publicum täufchen zu können meinten. Ich nebme kein 
Monopol für ein Gonv.s er. in Anſpruch, werbe aber fletö ges 
gen Unternehmungen auftreten, die unter biefem Namen das 
Yublicum irre führen, und erlaube mir in biefer ‚Dinficht einige 
Worte über bie Werke ber Herren Baffe und Brüggemann. 
Das Baffefhe Converſations⸗Taſchenlerikon if. 
nun feit bem Jahr 1828, wo es begann, bis zum ziweilindfechzigften 
Bändchen gedichen, es koſtet alfa jest fchon, à Bändchen 6 Gr., 
mehr ald die fiebente Auflage, und der Preis wirb fih am Ende 
wol auf 18 Thlr. ſtellen. Und was erhält das Publicum für 
diefen Preis? Gegen 70 dünne Baͤndchen in Sedez, für ben Ge⸗ 
brauch däußerft unbequem und was das Innere betrifft, ein aus 
ähnlichen encyklopaͤdiſchen Werken entlehntes, mit vielen Fehlern 
vermebrtes Allerlei, ohne beſtimmten Plan und ohne alle Kritik 
zufammengetragen. Das Brüggemann’ he Neueſte Gons 
berſations-Lexikon will zwar vorgehlä nicht mit bem 
meinigen concurriren, ber Titel aber ſchon an, daß es für 
baffelbe Publicum, das ich im Auge habe, Bekimmt fein fol. 
Auch haben Herr Brüggemann und feine „Befellfchaft beuticher 
Gelehrten’ es nicht verfchmäht, mein Werk erweislii auf das 
Unverfhämtefte zu plündern, und das Meifte, was gegeben wird, 
iſt foft nur ein verwäflerter Auszug aus ber fiebenten- Auflage 





Bu 2 HE 





⸗ 


des ‚Senoerfations « Brilon, dem Sonv.sLer. der mmeften Seit 
und‘ Eiteratur, der Pierer ſchen —— — ıc. Was bei Herrn 
Brüggemann neu und original if, erkennt wer bie Mühe lan 
gen Suchens nicht ſcheut ſehr leicht. Uebrigens find ind Darftelung 
u Sprache fo nadiäffig und leihtfinnig, daß 06 

mag, etwas Aehnliches nachzuweiſen. Belachens⸗ ober vielmehr 
beflagenswerthe Stellen feines Werkes anzuführen, entpalte ich 
mich, denn das Publicum mag prüfen und entſcheiben! 

Leipzig, im Januar 18838. 

EEE 


Ankuündigung 


von 
Goͤthe's nachgelaſſenen Werfen in 15 Bänden. 


Sie erſcheinen in drei Lieferungen, jede zu fünf.Bänden, 
und werden zi ügleich auf einem zweiten Zitelslatt ald ſaͤmmt⸗ 
lie Werke Alfter bis Säfter Band bezeichnet. 

Bolgende Subſcriptionspreiſe bleiben bis gu Shhlaſſe dieſes 


Jahres ur 
In Taſchenformat 
auf —** 12 $L 9 Kr., oder 6 Thir. 8 Br. Saͤchſ. 
auf Drudpapier 8 Fl. 6 Kr., oder 4 Ahle. 12 Gr. Saͤchl. 
2, In der Dctavausgabe 

auf Velinpopier 34 Fl. 12 Kr., oder 19 Ihlr. 

auf Schweizerpapier 27 Fl., oder 15 Thir. 

auf Drudpapier 21 Fl. 36 Kr., oder 12 Thlr. 

Die erfie Lieferung erſcheint noch vor dem Schlüffe biefes 

Saheet, bie zweite Oſtermeſſe 1853, die dritte Michaelismeſſe 


gerne 
Göthes ſaͤmmtliche Werke in 55 Baͤn⸗ 


den. Vollſtaͤndige Ausgabe. 
Bei Subſcription auf das ganze Bet: 
Zafhenausgabe 
auf Belinpapier 46 ZI. 86 Kr., ober 24 zb. 18 Gr. Saͤchi. 


- 


auf Drucdpapier 29 Fl. 42 Kr., ober 16 Ahir. 12 Gr. Saͤchſ. 


Dctavausgabe 
auf Velinpapier 125 Fl. 24 Kr., ober 69 ah. 16 Gr. Saͤchſ. 
auf Schweizerpapier 99 Fl., oder 55 Thir. Saͤchſ. 
auf Drudpapier 79 Fl. 12 Kr., ober 44 Thlr. Sädhf. 
Die mit Neujahr 1833 eintretenden Ladenpreife find: 


1) von Goͤthe's Nachlaß in 15 Banden. 
a) TZafhenausgabe. 

Belinpapier, 16 ZL 12 Kr., oder 9 Thlr. 12 Gr. Saͤchſ. 
Weiß Drudpapiee, 1% gl. 48 Dee son oder 6 Fbir. 8 Gr. Gaͤchſ. 
usgabe ın 9 
Velinpapier, 45 I. 86 4 ., oder 25 bl. 18 ®r. Gaͤchſ. 

Schreibpapier, 86 Fl., ober-20 Thlr. 12 Gr. Saͤchſ. 

Weit Drudpapier, 28 Fli. 48 Kr., ober 16 Thlr. 8 Br. Saͤchſ. 
2) von Goͤthe's fämmtlichen Werken in 55 Wänden, 
Vollſtaͤndige Ausgabe, 

a) Zafhenausg 
Velinpapier, 59 Fi. 24 Kr., ober 34 kei s Sr. Saͤchſ. 
Weiß Drudpapler, ” Fi. 86 . ‚ ober 22 She. 20 Sr. Saͤchſ. 
usgabe in gr 
Belinpapter, 159 Fl. 86 Kr., ober 90 te 18 &. Saͤchl. 
Schweizerpapier, 126 Fl., ober 73 Thlr. Saoͤchſ. 
Weiß Drudpapier, 100 Fl. 48 Kr., ober 57 Thlr. aGr. Saͤchſ. 
Stuttgart und on im December 1832. 
G. Cott a'ſche Buchhandlung. 


Im Jahr 1839 find im Berlage ber Gebrüder Bor: 


träger zu Königsberg folgende Werke erjähienen 
und in allm Buchhandlungen zu haben: 

Arriani, Nic., De Expeditione Alexandri Libri VII. Re- 
sens. et Annotat. max, parte eritice tum Aliorum selec- 


m 


tie, tam suis instrusit I. E. Ellendt: TI Vol, 8, ma 
. 4 Thir. 20 Gr. 

Biumauers Mr. 7 Mine in 8, Cart. 2 Zhle. 

Burdach, 8. $., Hiſtoriſch⸗ Ratikife Studien über bie * 
letaepidemie vom Jahre IMB1- in der Provinz Preußen, 
befondere in Dftpr. (Aus den Verhandlungen befonders hr 
druck.) Gr. 8, h. 12 Gr. 

Hirſch, Dr. G./ Ueber die Gontagtefktät ter Cholera. Be 
merkungen zu dem GSenbſchreiben des gm Praͤſid. Dr. Muß 
an A. v. Humboldt, 8. Geh. 18 

Kawerau, 9. 8. Th., Wanblarte von Oft und Meflprew 
fen zum Edyuigebraud. uf BI. Nebft einem NRamensvew 
zeiniß 2c. A Mhle. 20 8 

Kreyßig, 8. %., eandinicäfaftäfunde für Staatsbeamte 
und andere Ricptlandıgi irthe, deren foldye und nöthig 
iſt, enthaltend eine wiffenfchaftiiche —— zur richtigen 


Erkenntniß, Beurtheilung und gest eirung aller 6» 
genftände der Laudwirthſchaft 8. Yan 6 ®r. 
Rathke, H., Misoellanea anatomieo-ph Fasc. 


c. Tab. im. aen. 1 Thir. 8 Gr. . 
Sachs, 2. W., Die Eholera. Rad eignen Beobadjtungen Ya 
der Epidemie" zu KRönigäberg im Jahre 1831 nofologifch und 
therapeutiſch bargeftels. Br. B. (X J den Verhandlungen 
beſonders abgedruckt.) 2 Thlr. 4 6 
Schmalz, F., —S "ie 5 Titbogr. Zeicqh⸗ 
nungen (auf 17 Tafeln). Gr. 8. 4 Thlo 16 © 
Verhandlungen der phyſikaliſch⸗ medicinifchen —* zu * 
nigsberg über die Cholera. Erſten Bandes Stes Heft 
zweiten Bandes 1ftes, Ltes u. Ites Heft. Br. 8. 4 8 
Voigt, J., Geſchichte Preußzas von ben älteſten Zeiten bis 
zum Untergang der Herrſchaft des deutſchen Ordens. Ster 
Bd. Mit 1 Kupfer. 3 Tholr. 
Wagenfelb, 2. (Lönigl. preuß. Kreis: Zhierarzt), Allgeme> 
nes Bieparzeneibud), oder gründlichen, doch leicht faßlicher Un 
terricht, wonach ein jeder Bichbefiger die Krankheiten feines 
Hausthiere auf die einfachfte und wohlfeilſte Weile auch * 
Huͤlfe eines Thierarxztes leicht extennen und ü —F deuen Tamm. 
Mit 8 lithogr. Tafeln. Gr. 8. 1 The. 1 


Wdllichtige literarische Anzeige 


In ber Buch⸗ und Tunſthandlung von Guſtav Bes 
org Lange in Darmſtadt erfcheinen in dem Laufe diefes und 
bes naͤchſten Jahres die erften Lieferungen yon folgenden füs 
ganz Deutidhland wichtigen Nationalwerken: 

4) Originalanfichseen der vornebmfien Städte in 
Meutfchland, ihrer wichtigften Dome, Kirchen 
und ſonſtigen Baudenkmäler alter und neuer 
Seit, nad) der Natur aufgenommen von Ludwig 
Lange, Architekt und Zeichner, in Stahl. geftochen 
von Ernſt Rauch, Kupferſtecher, im Verein mit 
Karl Rauch und andern deutfchen Sünftiern, mit eis 
ner artiftifch = topographifchen Beſchreibung begleitet von 
Dr. Georg Aange. 

2) Befchichte der vornebmften Städte in Deutſch⸗ 
Iand, im Verein mit mehren deutſchen Gelehrten here 
ausgegeben von Dr. (Beorg Zange. 

Man fubfcribirt nich nur für bie erſte 
Folge, zu dem unten angegebenen beiſpiellos wohlfei⸗ 
Ten Preife. Die erſte Folde wirb enthalten: 

A. Gtädtes und m zianfihten.) 
1. Heft. Srankfurt am Main. IL Heft. Wärz« 
burg. In Heft. Bamberg. IV. Heft. a) Rürnderg. 

V. Heft. b) Rürnberg. (Bortfegung.) VI. Sf. Des 
Ebiner unb ulmer Dom. L Heft. Regensburg 
VII. Heft. Augsburg... IX. N Münden. X Heſt. 
Landshut. KL Heft. Yaffau. XIL Def. Der regen#» 
busger Dom uud bie St.sStephanstiche in Wien 


. Gin. jebes. biefer Hefte, ſwelche in moͤglichſt kurzen Zwiſchen⸗ 
säumen (etwa von 2 zu 2 Monaten) aufeinander olgen ſollen, 
ee bei Ablieferung beffelben mi; 8 Gr. oder 86 Kr. 
eza — on 
\ Das I. Heft (vier der ſchoͤnſten und inhalts 
seihften Anfihten der Stabt Frankfurt a. M. nebft 
der vollfiändigen und anfhauliden Beſchreibung 
berfeiben, enthaltend, ift bereits erſchienen, unb in 
allen guten Buchhandlungen Deutfchlands zu haben. Es follen 
diefem I. Hefte, welches nach dem Urtheil „aller Kenner une 
pergleichlich ſchoͤn ausgefallen, die nachfolgenden 
Hefte, was bie größte Eorrectheit nd-wahrhaft 
Tünftleeifhe Anlage ber Zeihnung, fowie was die 
pollenbete GSediegenheit desStahlſtichs betrifft, 
: Zeineswegs nachſtehen, fondern baffelbe vielmehr möglich 


uͤbertreffen. 
Städtegeſchichte. 


I. Heft. Sis der Staͤdte Frankfurt a. m. 


Würzburg, Bamberg, Nürnberg. 
II. Heft. Geſchichte der Städte Regendburg, Augé⸗ 
burg, Münden, Lanbshut, Paffan. 

Bin -jedes biefer Hefte von etwa 20 Bogen in Großoctav, 
‚auf gutem weißen Drudpapier mit fehönen neuen Lettern ges 
drudt, koſtet 10 Gr., oder 45 Kr. Das L Heft erfcheint um 
bie.Miste des 3. 1833, das II. um die Mitte bes 3. 1834 
und fo fort. Die Bezahlung findet auch Hier jebesmal erft bei 
Xblieferung eines jeden einzelnen Heftes ftatt. 

Die Herausgeber hoffen mit fefter Zuverfidt, daB bei der 
allgemeinen Begeifterung, weldye gegenwärtig bie ganze beutfche 
Ration für ale aus dem großartigen Geifte unferer Zeit her⸗ 
vorgehenden Unternehmungen erfüllt, biefe dem beutfchen Ba: 
terlande gewiß zur großen Herde gereichenden Nationalwerke 
buch ganz Deutſchland, namentlih durch alle deutſchen Städte, 
die beſte Aufnahme finden werben. Für fie, für ihre dauernde 

Verherrlihung find ja biefe Nationalwerke beffimmt! Wenn 
die DOriginalanfichten die ganze’ Pracht unferer Stäbte am 
Öffentlichen Monumenten jeder Art der ftaunenden Bewunderung 
unferer beutfchen Stammpgenoffen enthüllen, wenn fie Thnen im 
das Gedaͤchtniß "zurückrufen follen, daß im beutfher Waters 
lande — flatt Giner Alles in ihren Buſen verfchliugenden 
Hauptſtadt — fi sine mächtige und blühende Stadt an die ans 
dere anreiht, fo foll die allgemeine Geſchichte derfelben, in einer 
gebiegenen und zugleich aud) das größere Publicum anſprechen⸗ 
deu Korm, barftellen, unter welchen Berhältniffen fie Das, was 
fie jego find, allmälig geworben, welches bie Urfachen ihres Ent⸗ 

ſtehens, Bluͤhens, theilweifen Verfalls und Wieberaufblühen® find. 
' Welch' erhabene Aufgabe für den Künftier wie für den Ge: 
ſchichtſchreiber, die altehrwürbigen Städte unſers Vaterlandes, 
durch innere und äußere Wirkſamkeit in früherer und Späterer 
Zeit fo bebeutungsvoll, aus dem Dunkel bisheriger Vergeſſenheit 
mit neuem Glanze, wie in einem echtdbeutfhen Pantheon, 
hervortreten zu laffen! "Welche Anregung für den nationalen 
Kunſtſinn, bie harrlichſten deutſchen Baudentmäler, vor Allem 
aber die ausgezeichnetfien deutfchen Dome und Kirchen in ihrer 
eigenthämlichen Pracht und Majeſtaͤt der Reihe nach vorgeführt 
zu fehen! Welche Grhebung bes beutfchen ˖ Gemeinſinns, ſich, 
trog dem Mangel eines großen einheitlichen Reiche und einer 
allgemeinen Reichshauptſtadt, in ben vielen herrlichen Städten 
des gemeinfamen Waterlandes, diefen Mittelpuntten der Breibeit 
und Auffiärung, bed Reichthume und ber materiellen Kraft, 
:geoß und mädtig zu fühlen! ' 

Daß .biefe in beiden obengenannten Werken zu Töfenbe 
‚berriihe Aufgabe brüberlich vereinter Kraft nicht 
“ unerreichbar bleiben wird, bafür bürgt zunaͤchſt ber ernfte und 
fefte Entſchluß der oben genannten, in ihrem Bache laͤngſt mei⸗ 
ſterhaft bewährten Künftler, biefem echt vaterlänbifchen 
Unternehmen ihre ganze Kraft zu widmen, dafür bürgen ferner 
die Namen folgender allgemein Hohgefhägten Gelchr 
ten, welche fi bereite, in Bezug auf die Städtegefehichte, theils 


als Förderer, theils als Diitarbeiter an ben Heraudgeber anzu⸗ 


ſchließen ‚bereit extiärt haben: Dr. Böhmer in Frankfurt a. M., 


Dr. Scharold in Würzburg, ‚Dr. Püflter in Zübingen 
Jäger in Bürg hei Heil conn, ©eftreicher, Sohn uns lee 
in Bamberg, Lodner und Mayer in Nürnberg, Staudens 


raus in Landeput, Beyfchlag, von Raiſer und Wagenfeil- 


in Augsburg. 
Darmftabt, im December 1832, 
Guſtav Georg Lange, 
Buch⸗ und Kunſthaͤndler. 
a EEE EEE 1 mm) 
Anzeige 
svon einem. neuen Taſchenbuche für chriſtliche Leſer. 


Soeben it bei ©. 8. Ofiander in Thdingen erſchie⸗ 
nen und durch alle gute Buchhandlungen Deutfchlands und bee 
Schweiz zu beziehen: 

e, 


 Christoterp 
ein Taſchenbuch für chriſtliche Kefer 
auf das Jahr 1833. 


Herausgegeben 
im Berein mit wehren Andern 


. don 
Acchtbi ne F Buanp. 
aconus In . 
heinliden Sebiate, & üble Wall Mrukkanı bellebten 
Miete Kupfern. 

886 Seiten in fi. 8. 3 EL. 36 Kr., ober 2 Thlr. 

Alle Lebenspgrhältniffe, Anfhauungen und Forſchungen vom 
Geift und Erden des Evangeliums durchdrungen darzuftellen, iſt 


der Zweck diefer auf weitere Jahrgänge berechneten — 






welche lauter ernſte, nicht blos auf flüchtigen Genuß 
Gaben enthält; und in unferer Zeit, "ie ber mitteld nd 
unmittelbaren Hinweiſungen auf das echte Chriſtenthum fo viele 


enthält und fo vieler bedarf, nicht ald unnüg erſcheinen möchte, 





| Herabgefegter Preis von 
Schiller und Goͤthe's Briefwechſel. 
Die Anzeige von dem Grfcheinen bes Sdthe'ſchen Nach⸗ 
laſſes von 15 Bänden, durch welchen fofort die fämmtlichen 
Werke des großen Dichter gefchloffen werben, haben aller r⸗ 
ten und fo allgemeinen Anklang gefunden, daß es wohl geeige 
net fein dürfte, hiermit eine wiederholte Anzeige von dem 5 
Briefwechfelrzwifhen Schiller und Göthe 
in 6 Bbn. kl. 8. 
zu verbinden. Je mehr fidh dieſes Wert, feiner innern Be⸗ 
deutſamkeit nah, an bie ſaͤmmtlichen Goͤthe'ſchen Werke ans 
fließt, um fo häufiger dürfte der Wunſch entflehen, baffelbe 
der Sammlung legterer anzuſchließen. Unfererfeits dies moͤg⸗ 
Vichft zu erleichtern, find wir entſchloſſen, bis zu Ende Ja⸗ 
auars 1833 genannte 6 Bände um ben herabgefepten Preis 
von 11 Fl. 48 Kr. auf a} Yapi 
und 9 1. 30 Kr. auf Drud: apier 
erlaſſen, rhrend ber nachher wieder eintretende Ladenpreis 
Fl. 36 Kr. und 19 Jl. if. ' 
Stuttgart und Tübingen, im December 1832. 
"3.6. Cotta'ſche Buchhandlung. 


Nachricht 

für alle Freunde der Literatur. _ 

Bei ber beinahe täglich fich vermehrenden außerorbentlichen 
Bereicherung ber Literatur fämmtliher Wiffenfchaften und Künfte 
iſt es gewiß ein hoͤchſt dringendes Beduͤrfniß für das gelehrte 
Yublicum fowol als für Geſchaͤftemaͤnner, fo ſchnell ald möglich 
von ben wichtigften neueften Erfcheinungen auf dem Gebiete ber 
gefammten europäifchen Eiteratur Kunde zu erhalten: — ein 
Bedürfnis, dem bis jegt bie vorhandenen Bibliographlen nur cheil⸗ 





— 


weife abgeholfen Haben, indem ihre Mittheilungen nur auf ein. 
Eh Länder (Deutfchland, Frankreich x.) ſich in ber Haupt⸗ 


ache erftrediten und dadurch für Denjenigen, beffen wiffenfhafts } 


liche Vervollkommnung fi eine geographiſchen Grenzen fegt, 
nicht genügten. 

Aber auch in pecuniairer Hinſicht war es für Bibliotheken, 
Buchhandlungen, Leſecirkel, Gelehrte etc. eine höchft druͤckende Roth: 
wendigkeit durch eine nicht unbedeutende jährliche Ausgabe (da® 
Jourual general de la litterature de France foftet allein 20 Fr.) 
nur einfeitige Mittheilungen über bie neugfie e Literatur fi ers 
werben zu müffen, abgefehen davon, daß bie 
turzeitungen nicht Jedermann vom Fade fi halten Tann. ° 

Ein anderes ebenfo wefentliches Beduͤrfniß ift eine fortlaus 
fende Anzeige ber erfhienenen Recenfionen über die intereffantes 
ſten neueften Werke, deren Werth oder Unwerth in den beften 

deutſchen, franzdfifchen, engliſchen und ätglienifdhen Literaturgeis 
tungen und Zournalen dargethan wird, um jedem einzelnen Fach⸗ 
gelehrten ben Stand bes wiffenfchaftlichen Kritik nachzuweiſen, 
ihm bie Mühe gu erſparen, die ganze Maſſe von Literaturzei⸗ 
tungen burchzugeben , diejenigen Nummern anzuzeigen, bie für 
ihn intereffant fein Eönnten, ihm den unumgänglich nöthigen Leis 
tee und Führer zu wiffenfchaftlicher. Vervollkommnung aud bei 
Krankheiten, längern Entfernungen vom Drte der Bibliotheken 
und der allenfallfigen Lefevereine zu erhalten und das Nachholen 
zu erleichtern, endlich um ihm zweckloſe Opfer bei Anſchaffungen 
zu erſparen. 

Diefen Beduͤrfniſſen abzuhelfen, haben bie bayeriſchen 
Annalen es ſich in der Art zur Pflicht gemacht, daß jeden 
Samftag ein einen Bogen ſtarkes — * der neueſten Lite⸗ 
ratur des geſammten Europas und ein ſoichkr Recenſionsanzei⸗ 

ger der Redaction dieſes Inflituts ausgegeben werben wirb. 
Preis des Jahrgangs der bayerifhen Annalen, vereint 
mi allgemeinen bibliographiſchen Intelligengblatte, beträgt 
6 Tg — Der Preis „des Jahrgangs bed allgem. bibliog. Zn: 
telligenzblattes allein "(von einer leipziger Michaeliemefle zur 
andern) wird zu Frommen ber Wiſſenſchaft ſelbſt in Vergleich 
gu andern, noch dazu viel fpecielleen Bibliographien, auf ben aͤu⸗ 
Berft geringen Betrag von 3 Fl. feſtgeſetzt. 
Beftellungen geſchehen bei dem E. Ober » Poftamt in Muͤn⸗ 
den, fowie aud) bei der unterfertigten Redaction in portofreien 
Beiefen. Auch Inſerationen werben, bie Beile, su 8 Str. berech⸗ 
net, portofrei angenommen. 
Münden, am 2äften December 1838. 
. Die Redaction der bayerifchen Annalen. 





.'. Zu der Forfleinriktung und Abfkägung, ſowie zu bem 
Grundriß der Korftwiffenfhaft von 
geintid Cotta, 
tft als zweiter Theil eine 
Erläuterung der Forſteinrichtung durch ein ausgeführtes 
Beifpiel, 
mit 4 colorirten Tafeln erſchienen und eingebunben für 1 Thlr. 
bis zur Oſtermeſſe 1833 in allen Buchhandlungen zu befommen, 
Der fpätere Ladenpreis ift 1 Thlr. 6 Gr. 
Der erſte Theil des Grundriffes der Forftmiffenfchaft greßet 
bis dahin nur 2 Thlr., wovon ber Ladenpreis 2 Ahle. 8 Gr. 


beträgt. 
Arnold’ (he Buchhandlung 
in Dresden und Leipzig. 





en ift bei und erfchienen und in allen Buchhandlungen 
u haben 
&reuden reich, O., Die Familie DOrlof als Mörder 
der ruſſiſchen Raiferfamilte und befen Anhänger,‘ über: 
haupt als Erzfeinde der ruffifhen Monarchie. Broſch. 
Preis 10 Sgr., oder 8 Gr. 
Krause, H., Vita Friderici Guilielmi, magni Electo- 
ris Brandenburgici, qui magnitudinis opumque, MU 


Maffe ber Literus- 


4‘ 


„Borussia est nacta, ancter exstifit, in panegyrid 
formam redacta atque edita. Broſch. Preis 7% Ser, 


«= 9 


oder 6 Gr. 

Kriegstieder. für preußiſche Krieger. Seh. 24 Ser, 
oder 2 Gr, 

Salina. Eine Zeitfchrift für gebildete Lefer. Der Li⸗ 


teratue, der Kunft und Sitten des Tages beitimmt. 
Vierter Jahrgang 1833. Herausgegeben von meh 
ten Gelehrten und von’Dr. Fr. Weidemann. Woͤ⸗ 
chentlich 3 halbe Bogen; Preis fuͤr den ganzen Jahr⸗ 
gang 6 Thlir. 
Merſeburg, im December — * 
Die Buch- und Kunſthandlung 
von Fr. Weidemann. 








Wiederholte Anzeige eines hoͤchſt intereſſanten für Kaufs 
leute und Geſchaͤftsmaͤnner unentbehrlichen Handbuches. 
Eines der reichdaltigſten Werke der neueſten Zeit iſt: 

A dictionary practical, theoretical and historical of 
gommerce and commercial navigation by J. R. 
Mac Curroca, * 

Daffelde enthält in alphabetifcher Orbnumg eine Samm⸗ 
lung ſehr ſchaͤgbarer, groͤßtentheils noch unbenugter und mit 
dielee Genauigkeit unterfuchter und verglichener Materialien, 
aus tenen nicht nur Slauffeute, fondern auch Staatsıwirthe, 
Rechtsgelehrte und Geſchaͤftsmaͤnner viele wichtige Notizen unb 
Kenntniffe fammeln Tönnen. 

Wir haben von bdiefem Werke, wie bereits vor einiger 

Zeit angezeigt wurbe, eine Ueberfegung veranftaltet, bie ei 

fehr infizuirter Mann mit Zuziehung mehrer Sachkenner bes 

forgt, und wovon mit nächftem bie erfte Lieferung erfcheinen 


0 


Das Ganze wird bei 100 Bogen Medianoctav umfaſſen 
und Denjenigen, bie barauf bei ber Verlagshandlung unterzeich⸗ 
nen, für 5 Thlr. Saͤchſ. oder 9 Reichegulden erlaflen. 

Stuttgart und Tübingen, den 1ften Nov. 1832. 


$ ©, Cotta'ſche Buchhandlung. 


Ludwigs engliſches Woͤrterbuch, 


das mehre Jahre lang gar nicht zu erhalten war, habe 

ich an mich gebracht und iſt daſſelbe nun wieder durch 

alle Buchhandlungen des In⸗ und Auslandes von mir zu 
beziehen. Es fuͤhrt den Titel: 

Vollſtaͤndiges deutſch⸗engliſches und engliſch⸗ deutfches Woͤr. 
terbuch, von Chriſtian Ludwig. Zweite Auf. 
lage, mit einer gruͤndlichen Anleitung jur Aus⸗ 
fprahe des Englifchen vermehrt und zum allge 
meinen Gebrauche der deutfhen und engliſchen Nation 
bequemer eingerichtet; verbeffert durch .eine 
genauere Angabe der Bedeutungen ber Wörter, Redens⸗ 
arten und Sprichwoͤrter, und vermehrt mit vielen 
neuen Ausdruͤcken, und einem Verzeichniſſe ber unregel⸗ 
mäßtgen Beitwörter beiber Spracen.. Zwei Theile. 
Gr. 8. 57 Bogen. Cartonnict. 2 Thle. 8 Gr. 

Diefes Woͤrterbuch zeichnet ſich durch Vollſtaͤn⸗ 
digkeit, zweckmaͤßige Anordnung md Wohl—⸗ 
feilheit aus und gehoͤrt anerkannt zu den beſten Werken 
dieſer Art. 

Leipzig, im December 1832. 

F. A. Brockhaus. 








Literarifſcher Anzeigen 


Bu ben bei ®. vi Brodjaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.) 





1833. Nr. II. u 





Diefer Literariſche Anzeiger 


er wird den bei F. X. Brockhaus in Leipzig erſcheinenden ae: Blätter für liter« 
eheftet betra⸗ 


it is, ſowie bee All i diciniſche A und 
sifge Unterhe ung, Iſis, f 334 mebdictaiſchen Be tzus, beigelegt ober beig j 


gen 


ebuͤhren für bie 3 





Durch alle Buchs und Kunſthandlungen iſt von mir 


zu beziehen: 

Der ‚Sonntag. Gedicht in ſechs Gefängen von 
Ludwig Bechftein, nebft ſechs Kupfertas 
feln, erfunden und radirt von Ferdinand 
Berthold. Querfolio. Auf feinem Relin- 
papier. Geh. 1 Thle. 21 Gr, 
eeipsis, im Sanuar 1833, 

F. % Brockhaus. 


Im Verlage der Unterzeichneten ſind im Laufe dieſes 
Jahrs erſchienen, und an alle Buchhandlungen ver⸗ 
ſandt worden: 

Annalen, Neue allgemeine, politiſche. Serantg en von ©. 
Fe s n ed, neue Kolge. air ‚Jabrgang 18 ie — 

e . Broſch. 

Ausiond, Das, ein Tageblatt 8. Kunde bei geifi ae und ſitt⸗ 
lichen Leben⸗ der Voͤlker. 1832. Gr. 

Bernoulii, G., Vabemecum * —ã — A Bändchen, 
au germehrte Kuflage. 16. Mit 8 Steinabbrüden. 1 SL. 





Gorrefgondengblatt bes wärtemb. landwirthſchaftlichen Wereins, 


heut Bolge. 1832. 2 Bände in 6 Heften. Br. 8. Broſch. 


Die (, Dr. & 8. A., Beiheribung der „Reznsbfkforten, 6te8 
Heft. 8. Mit 1 illum. Kupfer. 
San er % G., Handbud ber erebeiten Sch. @r. 8. 


3.8. v., ueber Kunft unb Alterthum. VI. 8tes 
8. Broſch. 3 


j Belinpapier 1 $1. 86 
De 1 56 21 F 

Gros E. de, Opera medica posthuma, T. IL. Semio- 
tice et isagoge in clinicen. Gr. 8. 4 Fi. 86 Kr 

Hari 8, ©. B., Lehrbuch für Jaͤger und bie es werben wol⸗ 
im. Ste vermehrte Auflage. 2 Bände. Gr. 8. 9 

Segel, Dr. G. W. 
die elective Logik, ifter Band, die Lehre vom Sein. Gr. 8 


Herder, 3. 33 v., Der Cid. Neue Auflage. 16. Velinpt⸗ 


pier. 2 
vr z, M., Der auche als Vorbild bee Gemeinde. Br. 8. 
Hekperus, eine enchtiopaͤdiſche Zeitſchrift fuͤr gebildete Leſer. 
1882. Gr. 6 Fl. 
Humboldt, Alex. v., Reisen nach den Aequinoctialge- 
ger nden des neuen Continents. Historischer Theil. öter Bd. 
Abtheilung, Gr. 8. 2 FI. 80 Kr. 


Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik. Herausgegeben 
gen Ar? für  wissenschaftliche Kritik, 1882. 
r 


8. ©. n, Bene Zuchs in 12 Geſangen. 8. 


J., Biſſenſchaft der Logik. — 


gephee Statiſtik und Topographie. Herausgegeben von J. 
D. Memminger. Jahrg. 1851, 2 A 8. 8 Fi. 


80 Kr. 
Sournal, Polytechniſches. Herausgegeben von 


Jahrgang 1882. 24 Hefte Gr. 8. Broſch. 16 ae 


Kerner, 3, Die Schein von ron, 2 Theile. Gr. 8. 


2te vermehrte Auflage. 5 $t. 2 
König, 3., Geiſt der PR —RR von ©. F. 
v. Rumohr. 2te vermehrte Auflage. 1 1. 48 Kr 
Kunfibtatt jest. Derauggegeben von Dr. eudwig Som. 


en Nikolaus, Bebihte 8. 2 KL. 15 Kr 
eiteraturblatt — Derausgegeben von Dr. = Wenzel, 
r. 
Mannert, K., Seſchichte ber alten Deutſchen, beſonders der 
Franken. Lter audeil. Gr. 8. 5 
x. Dr. ® Bi ‚, Reife nad Deftreich im Gonmmer 1881. 


Taſchenbuch ber neueften Geſchichte. Lter Jahr 
Sn, Balenbud 


16. Broſch. 
— — — —, 8ter Jahrg. Iſter Theil, ober Sefäiäte bes 
Jahres 1881. mit 12 niffen 6. Broſch. 
Mone, F. J., Reinardus Vulpes, Ca Amen — 
IX et XII conscriptum. 8 2FL.45 K 


Morgenblatt für gebilbete Stände. Pa Jahrg. 1888. 


&r. 4 20 FIl. 
Müller, 3 ., Saͤmmtliche Hiftorifche Werke in 40 Baͤnb⸗ 
chen. —— — 2te und Ste Lieferung, jebe Lieferung 
auf Drudpapier 3 Fl. 
auf Belinpapier 4.51. 20 Kr 
Nationalkalender für bie 25. Bundesſtaaten. Risen, Te 
ben von &. ©. Andre, fortgefegt von 3. H. Meyer, 
1883. Mit Steinabbräden. 4 Broſch. 1 Fl. 1 


Deblenfal — Correggio, ein Trauerſpiel. * 5 


at, ‘oder das Buch von 101. ter pen. Ueberfeht vom 
Theodor von Haupt. 8. 1X. 

Pechmann, H. v., Jehrboqet der —* eter Band: 
iſtes Heft. Gr. 4. 2 ðᷓl. 15 Ar. 

— — Gefhichte der Austrodnung und ie Suite bes Donau - 
Moores, mit einer Karte. Gr. 8. 5 Kr. 

Pfizer, Dr. X. 2 , Beiefineohfel zweier Deuscen. Ste Aufı 
lage. Gr. 8. 2 St. 


Pyrker's, Fa * v., * immtlide Werte. Ifter Bd. Tuni⸗ 
ſias. —— Fl. 
Reider. d., Die hoͤchſte Cultur aller Biumenpflangen, um zu , 


jeber Fahreszeit im Garten, im Zimmer und vor bem Fen⸗ 
. fer alle Arten von Blumen heranzutreiben umb zu 


pflanzen, vorzuguch Runß, 


bie neueften und Loftbarften Blumenpflanzen, ud H Hyazin⸗ 
then, Tulpen, Roſen, Levkoien, Amarylles, Lilien, Grocus, 
Gamellien, Aurikein, Maiblumen, Ranunkeln und Beildyen 
bis Weihnachten zur Bluͤte zu bringen, und den ganzen Wins : 
ser Blumen in Menges dann um Weihnachten Spargel, Gas 
lat und Nadies, zur Faſtnacht Erdbeeren unb Kirfchen, zu 





Dfteen Pflaumen wnb Weintrauben, Blumenkohl, Bohnen 

und Gurten, dann ficher alle Jahre im Junius, ultus Mes 

„Ionen un® Anand zu ziehen. Das Refultat dreißigjäh⸗ 

"siger Grfahrung eines verfuchten praktiſchen Gärtners. 
1 N 


Keub, Dr. J. F., Sammlung ber wichtigften Kbhanblungen 
über * herrſchende Gholera » Brut. Erſter und zwei⸗ 
tee Theil. Gr. 8. 2 FI. 48 Kr. 

wenihen, ri 2% £., Sammlung ber würt. Geſete. Ster Wh. 

Rhetores graeci ex " dieibus Florentinis Mediolanensibos 
Monscensibus Neapolitanis Parisiensibus Romanis Venetis 

- Taurisensibus et Vindebonensibus. Emendatiores et auc- 
tiores edidit suis aliorumque annotationibus instruxit, in- 
dices locupletissimos adjecit Christianus Walz, Professor 
Tubingensis. Vol. I. Gr. 8. 

Bent, E. v, Alte und neue Pi — Vorſpiel 
zu Goͤthe's Gedaͤchtnißfeier. 16. Broſch. 

Schnitzler, J. H., Briefe aus- Paris über Francis im er⸗ 
ften Jahre feiner Qulirevolution. Sr. 8. 2 81. 24 Kr. 
Schnurrer, Dr. $r., Die Cholera morbus, ihre Verbrei⸗ 
tung, ihre Zufaͤlle, die verfuchte Heilmethode, ihre Eigen⸗ 
thümlichkeit und bie im Großen bagegen anzumwenbenden Bis 
tel. Mit einer Karte ihres Verbreitungsbezirks. Gr. 8. 

Broſch. te. vermehrte Auflage. 1 Fl. 24 Kr. 

Seyffer, von, Beſchreibung bes koͤnigl. karegey ſes Roſen⸗ 
ſtein. Mit 3 tithographirten Beilagen. 8. 

Gtaatsacten und Urkunden, Neuefte, in monatl. Heften. 27ſter 
—SOfter Band. 12 Hefte. Gr. 8. Broſch. 16 ZI. 

member v., Die Zerriffenen, Novelle. 8. 2 El. 

Tegner, Die Frithiof Sage. Aus dem Schwedischen 
vs gr A von Helwig. Gr. 8. Reue Auflage. 

Bafari, Lebensbefchreibungen der ausgezeichnetften Maler, 
‚ Bildhauer und Baumeifter von Gimabue bie zum Jahr 1567. 
ie —X Rt. Mit 50 lithographirten Abbildungen. Br. 8. 


—** des poln. Reichstags, von dem Tage ber Bes 

mung Var ſchaue bis zu feiner legten Sigung (7 — 23. 

Sept.). 8. 12 Kr. 

vorn "Lehrbuch der Chemie, 2ter Bd. Gr. 8, 8 Fl. 

Beishaar, Dr. 3. F. von, Handbuch des würtembergifchen 
— ifter Theil. Ste umgearbeitete Ausgabe. Gr. B. 


Be Ar FR —— ber Staatswiſſenſchaft. 1ſter Band. 


—B J. ri v., edit. 8 51. 
Zeitung, Allgemeine, Sahrgang 1832 Er. * 16 Fl. 
— —, Regiſter für 1881. Gr. 4. 808 
Karte, T phische, von Wörtemberg, yom k. wärt. 
topographischen Bureau. Nr. 7 und 8. 1. 86 Kr. 
Karte,. Militairische, von Deutschland, von Klein, Nr. 
8 und 4. 4 Fi, 
Gtuttgars mb Tübingen, 1832. 
8%. ©. Cotta'ſche Buchhandlung. 


Soeben ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu 
haben: 


J. M. Duncanii Novum Lexicon Graecum 
ex C. D. Daumm LEXICO HOMERICO-PINDARICO 
- vocibus secundum ordinem literarum dispositis retrac- 
tarım emendavit et awit V. C. F. Rost. Ste Lie- 
ferung. 43 Bogen in gr. 4. Velinpapier. — Das 
Merk wird. circa 160 Bogen umfassen und bis zu 
Ostern 1833 vollendet sein. Zur Begegnung eines 
im Werke seienden ausländischen Nachdrucks des 
noch nicht einmal geschlossenen Werks lassen. wir 


> v 


Ganze von Jetzt an wieder eintreten und: haben die 
auswärtigen Buchhändler befähigt, den Ertragsunter- 
‚schied den Abnehmern zum 2ten Subscriptionspreis, 
der auf 12 Thlr. fixist war, snrückzuzahlen. 
Baumgärtner’s Buchhandlung in Leipzig. 


Tr EEE} 
Durd alle Buchhandlungen und Poftämter if zu beziehen: 
Blätter für literarifche Unterhaltung. Redigirt unter Ben 
antroortlichkeit ber Berlagshandlung. Jahrgang 1832. 
Monat December, ober Nr. 336 — 366, mit 2 Bei⸗ 
lagen: Nr. 18, 19, 4 literariſchen Anzeigen: Nr. 
XXXXVI--XXXXIX, und dem Regiſter zum gans 
gen Jahrgang, Gr. 4, Preis des Jahrgangs von 
Beer — (außer den Beilagen) auf gutem Druck⸗ 
er r. 

Dee canoniſche Wächter, Eine antjjeſuitiſche geitſchrift 
für Staat und Kirche und für alle chriſtliche Confeſ⸗ 
fionen. Derausgegeben von Alerander Müller, 
Sahrgang 1832. Monat November, oder Nr, 87-96, 
mit 8 fiterarifchen Anzeigern: Ne. XXXXI--XXXX VIII. 
Sr. 4 Preis des Jahrgangs von 104 Nummern 
(außer den Beilagen) 5 Thlr. 

Iſis. Encyklopaͤdiſche Zeitſchrift, vorzüglich für Natur⸗ 
geſchichte, Anatomie und Phrfiologte. Bon Oken 
Sahrgang 1832. Eiftes Hef. Gr. 4. Preis des 
Jahrgangs von 12 Heften mit Kupfern 8 Thlr. 

Leipzig, im Ianuar 1838, “ 
$. A. Brodhaus. 


ang 

Defteigiiie et Zeitſchrift. 

2. Eil t ef 

Dieſes Heft ieh foeben an alle Fuhpanblungen verfendet 
und enthält folgende Auffäge: 
- 1 Die Schlacht bei Bar: [urs Aube am 27 ften Ze: 
bruar 1814 Rach öftreichifchen Driginalquellen. Mit dem 
Plane der Gegend um Bar: fur: Mube. — II. Den Schluß der 
Begebenheiten in und um Mantua vom 16ten September 1796 
bie Aten Kebruar 1797; Nebft der Schlacht von Rivoli. — LT. 
Lıteratur. Den Schluß der Betrachtungen über das Merl des 
Obriſt Otounef: Memoires sur les principes de la strategie 
etc. — IV. Die neueften Mititairveränberungen. 


Alle Buchhandlungen nehmen auf den nädften ‚Sabre. 


gang 1853 diefer Zeitfhrift Pränumeration mit ads 
Thaler Sähfifh an. Auch find burdy biefelben bie früs 
bern Zahrgänge feit 1818 fie — biefen Preis zu erbalten. 


Wien, d. 2!ften D 
%. 6. Heubner. 


In ber Unterzeichneten ift Kae und durch alle Bud 
bandlungen zu beziehen: . 


Kunſt und Altertpum 


8 Ö_ 7 be. | 

Aus feinem Nachlaß Herausgegeben durch die meimar: 
(hen Kunftfreunbe. 
Drittes Heft des fechöten und letten Bandes. 
Mit einem Regifter. 
8. Broſch. Preis 3 Fl., oder 1 Thlr. 20 Gr. Saͤchſ. 

Diefes Schlußbeft enthält eine reiche Achrenlefe von Reli 
uien, beren mehre von hoher Bedeutung, von welchen wir bes 


nders: 
„Binke über landſchaftliche Gegenflände”; „Die 





den frühern wohlfeilen Preis von 8 Thlr. für das gefefliper Bildung” 3 „Bei Briefe er Abſchluß des Fauſt ge 


(@eleden am Meyer nub IM. d. Bumbolbt"; „Eäe unge Did» 
tee’; „Le livre des Conts-et-Un’, alle von Soͤthe; dann: 
„ueber die Eigenthuͤmlichkeit von Sothe's Einwirkung auf Kunft 
und Wiffenfhaft” von W. v. Humboldt 5 „Im Sinne der Wan⸗ 


derer“ von Varnhagenz und „Rädblid und Sciufwort’ von 


Zr. v. Miller, anführen. 
Nun erfi, da diefe Zeitſchrift ganz abgeſchloſſen vorliegt, 


werben bie 18 Hefte ober 6 Bände berfeiben ein Beflanbtheil j 


jeder Kunftbibliothel werben müffen. 
Stuttgart und Tübingen, den Iften Nov. 1882. 


J. ©. Eotta’fhe Buchhandlung. 


|| LU) 
Von der Stellung sowol der constitutionnellen Bundes- 
. regierungen als der Ständeversammlungen Deutsch- 
lands zu dem deutschen Bunde und zu Deutschlands 
Einheit. Von Dr, Theodor Kind. Kl. 8. Broseh. 
Preis 6 Gr. 
Leipzig. 





Baumgüärtner’s Buchhandlung. 
(EEE GE öMw öMm Mmmu u u u r¶ rrrc 
Bei J. A. Mayer in Aachen iſt ſoeben erſchienen und 


an alle Buchhandlungen verſandt worden: 
Auch ein Wort 


uͤber 
Friedrich's IT. und Friedrich Wilhelm's IL. 
Politi. 
in 
Polens Unfällen, 
ober 
Bemerkungen 


er 
end: Untergang” 
von Herm son Raumer. 


om 
Dberften von Schepeler. 
B. Geheftet. Preis 12 Br. 


„Pol 


Die 
Annalen der Physik und Chemie, herausgegeben zu | 


Berlin von J. C. Poggendorff. Gr. 8. Mit Kupfern, 
werden auch für 1833 ununterbrochen fortgesetzt und be- 
halten, sowol in Betreff des Stoffes als der Form, ganz die 
frühere Einrichtung. Wie bisher wird das Bestreben des 
Herausgebers dahin gerichtet sein, den Lesern Alles mitzu- 
theilen, was für die in das Bereich der Zeitschrift gehören- 
den Wissenschaften von Interesse ist, für die Gediegenleit 
der Aufsätze aber bürgen die Namen der Herren Mitarbei- 
ter. Regelmässig zu Ende eines jeden Monats erscheint ein 
Heft mit den nöthigen Kupfern u. s. w., deren vier einen 
Band bilden. Der Preis des Jahrgangs von 12 Heften (circa 
120 Bogen) ist 9 Thir. 8 Gr. 

“ Alle Buchhaadiungen und Postämter nehmen Bestellung 
darauf’ an. 

Leipzig, den 2ten Jan. 1839. 
Joh, Amir. Barth. - 


ee I r 
„". Soeben ist erschienen und in allen Kunsthandiungen 
gu haben: . 


CORONATIO 8° Sersz VIRGINIS, 


Die Krönung der heiligen Jungfrau. 
Nach dem Gemälde von Bafael im Vatican, gezeich- 
net und gestochen, in Rom und Dresden, von Ch. 

E. Stölzel. 

Der Preis eines Abdrucks dieser Platte (254 Zoll hoch 
and 17 Zoll breit) vor dör Schrift ist, bis Ende Januar 
1833, zu 24 "Thaler, und auf chinesischem Seidenpapier zu 


28 Thaler, mit der Behrii aber ga 13 Thaler und auf 
chines. Papier zu 1% Thaler preuss, Cour. festgesetzt. Nach 
dieser Zeit kostet ein Abdruck vor der Schrift 30 Thaler 
und auf chines. Papier 86 Thlr., mit der Schrift aber 
15 Thir. und auf chines, Papier 18 Thir. preass. Cour. ia 
allen Kunsthandiungen, 
Diese Preise werden um so billiger erscheinen als der 
Künstler über acht Jahre mit Zeichnung und Stich sich hat 
beschäftigen müssen und ausserdem die Verlagsbandlung kaum 
600 vollkommene Abdrücke, wegen Weichheit der Platte 
und hauptsächlich wegen der engen zarten Arbeit, abziehen 
zu lassen im Stande ist. 
. Eine ausführliche Beurtheilung dieses Blattes, vom 
Herra v. Quandt und Herro Baron v. Rumohr, ist der. 
Abendzeitung beigelegt und wird jedem Abdruck beigegeben, 
Dresden und Leipzig, im December 1832. 
Arnold’sche Buch- und Kunsthandlung. 


Sortiaufende 
Ueberficht der Landtags-Verhandlungen 
ber Stände des Großherzogthums Heſſen. 
-Bei der Aufmerkſamkeit, welche das größere Publicam den 
Verhandlungen des eben verfammelten Landtags bes Großher⸗ 
zogthums Heffen zuwendet, wird es eine willlommene Erſchei⸗ 
nung fein, wenn ihm eine fortlaufende Weberficht berfelben gege⸗ 
ben wird, damit es dem Gang derfelben hinſichtlich ber bedeu⸗ 
tendſten Momente folgen kann. Dieſe foll unter dem Zitel exe 


feinen: , “ ö 

Sortlaufende Weberficht der Verhandlungen bei bem Lande 
tage des Großherzogthums Heſſen im Jahr 18?°/, ,, 
mit Rüdbliden auf die frühern Landtage, _ 

Sie wird die wichtigften Actenflüde woͤrtlich mittheifem, 
aber dennoch wahrfcheintich einen flarfen Octavband nicht übers 
fchreiten, ber in ‚Heften ausgegeben werben fol, bamit fo eine 
ſchnelle Mittheilung flattfinden fann. Die Arbeit Toll dem Geiſt 
bes Wiffenfchaftlichen nicht entfrembet bleiben und nad) ber Ras 
tur des Gegenftanbes bie Nefultate der Landtage anderer beute 
fer Staaten beachten. Jeder Gegenſtand, ber dem Geſammt⸗ 
baterland angehört, fol vorzugsweife Berädjichtigung finden. 
’ Bay Schluß wird ein forgfältig ausgearbeitetes Regiſter 
eliefert. 

s Dee Preis von 6 Heften iſt 1 Thlr., ober 1 Fl. 45 Kr. 
Alle Buchhandlungen nehmen Beftellungen an. 
Darmfladt, den 2Z2ken December 188%, 

C. W. Leske. 


Geſchichte der Austretnung und der Cultur 
es 
DonausMoores in Balern 


von 
Heinrich greiheren von Pehmann, 
tönigl. Oberbaurath ꝛc. 2c. ıc. . 
Mit einer Karte bes Donau: Moore. ' 
Münden, Stuttgart und Tübingen in der J. G. 
Cotta'ſchen Buchhandlung. Preis 1 Fl. 45 Kt. 
Die Austrocknung bes Donau: Moores in Baiern gehört une 
ftreitig unter bie größten Unternehmungen biefer Art, denn man 
kennt nur zwei ‚größere Suͤmpfe, welche man ausgetrocknet bat, 
nämlich bie Oderbruͤche in Preußen und bie pontinifchen Suͤm⸗ 
pfe, weich’ letztere indeffen nur unvolllommen entfumpft wurden, 
und einer neuen Gntfumpfung, wie es fcheint vergeblich, entge⸗ 
genharren. Bei ben toscanifhen Maremmen (fiehe „Das Ause 
lanb’’, Rovemberheft) verhält ed fih ebenfo. In keinem Dinge 
gilt der Sag Müllers: „Wo das meifte Leben, dba if 
der Steg’, mehr, als eben bei foldden Unternehmungen, weis 
che body fo gemeinnäglih und fegenbringenb find. Die gegen 
wärtige Gefchichte dürfte daher für fo viele Localitäten von gros 
Sem Intereſſe fein, und zwar um fo mehr, als durch bie Ente 





fumpfung und den Anbau eined Moores von 56,000 Morgen *), 
wie dieſes if, der Beweis geführt ift, ie ein 2 Unternebs 
men 2 nit allein nie in das Reich bes Unmdglichen gehört, 

dern durch ganz einfache Mittel bewerkfichligt werden kann 
und bei Eleinerm Areal wenig Schwierigkeiten hat. Außer bem 
im oben angeführten Novemberheft der Zeitihrift „Das Aut: 
land’' enthaltenen Auffag über die tosganifhen Maremmen ver: 
weifen wir Kenner und Techniker audy noch auf die im „Re- 
caeil industriel”, Auguft 1832, Geite 158, befchriebene Ma⸗ 
fine zum Yustrodhen ber Suͤmpfe. 


29 Der date. Morgen enthält 60,000 beir. Duabr.e Schube. 


Soeben ist erschienen und an alle Buchhandlungen vor- 
sendet worden: 

Neueste und geschmackvoliste Maskenanzüge 
in zwölf colorirten Blättern enthaltend 37 Anzüge. 
Erste Sammlung. Querfolio. Preis 16 Gr. 

' Industrie- Comptoir. 


es Der Freifhäg 
für 1883 ann bei jedem Poſtamte und jeder Buchhand⸗ 
lung, in Hamburg bei dem Herausgeber P. &. Gott⸗ 
friedt (neufätter Fuhlentwiete Nr. 6) beftellt werben, und 
koſtet, wie biöher, 1 Marl das Bierteljapr. Samburg, im 
December 1882. 


In Kari Gerold's Buchhandlung in Wien 
iR ſoeben erfchienen und ae Buchhandlungen Deutſchlande 


Jahrbuͤcher der Literatur. Sechzigſter Band. 


1832. Dctober. November. December. 
Inhalt: 
Art. I. Hesiodi earmina. "Recensuit et commentariis instru- 
zit Carolus Goettlingius. Gothae et Erfordiae 1851. 
U. Die Batern im Morgenlande. . Gebächtnißrebe 
"zum breiundfiebenzigften Gtiftungstage der koͤn. 
bair. Akademie der Wiſſenſchaften. — Gelefen am 28. 
März 1832 durdy Joſeph Freiherrn von Hormayr. 
. DE Baierns Gauen nad ben drei Bollsrtämmen 
ber Alemannen, Franken unb Bojvaren. Aus 
den Urkunden nachgewiefen von Karl von Spruner. 
Gegen Heren Rittee von Lang's Baierns Gauen 2. 
Bamberg 1881. 
IV. Reginald Heber’s Leben unb Nachrichten Äber Ins 
er Derausgegeben von Friebrich Krohn. Berlin 


v. Grfte Wanderung ber älteften Tonkunſt, als Borgefchichte 
* Bunt, bargefeit von Gottf. Silb. Fine Eſ⸗ 
en 

vi Pausaniae de situ Graeeiae libri deoem. Becogno- 
vit Imman. Bekkerus. Berol. 1826—27. 

VII. Gefchichte ber —— nach morgenlaͤndiſchen und 
abendlaͤndiſchen Berihten. Won Dr. Friedrich Wil: 
Ten. Giebenter Theil. Die Kreusdse des Königs Lub⸗ 
wig bes Heiligen und ber .Berluft bes heiligen Landes. 
Leipzig. 1838. 

VIII. 1) Goͤthe, aus nähberm perfönlihen um: 

' gange dargeſtellt. Ein nachgelafienes Wert von Jo⸗ 

bannes Fall. Leipzig 1882. 

2) Goͤthe's Leute literariſche Thätigkeit, Ber: 
bältnig zum Ausland und Scheiben, nad Mit 
theilungen feiner Freunde, bargeftellt von Dr. Kari Wil⸗ 
beim Mäller. Jena 1832, 

IX. Die Srfcheinungen und Geſetze bes organiſchen Lebens. 
Vor G. R. Zreviranus. Erſte Abtheilung bes zwei⸗ 
ten Bandes. Wremen 1882. 

X Die Dichtkunſt der Chineſen. GrRe ——8 
Confucii Chi-bing, sive liber Carminam. Ex latina P. 
"Lacharme interpretatione edidit Julius Mokl. Stattgar- 
tiae et Tubingae 1880. - 





Inhalt des Anzelgeblattes Ne. LX. 
Daceiſche Literatur. Bon R. Türk, . 
Gohuti’ 6 Leben und Gchriften. 

Ueber das Wunderbare im Epos. 

Regiſßer. 





Neue Karte von Würtenberg. 
Da bie in unferm Verlage erfhienene „Rand und Hör 
eükarte von Württemberg” völlig vergriffen ik, das 
ebörfniß aber einer kleinern Generalkarte van 
auf Einem Blatte ſich immer flärfer ausfpridt: fo haben wie 
den Berlag einer neuen Karte übernommen, weldge unter ber 
Aufſicht des koͤnigl. fat.stop. Bureaus und mit Menugung ber 
Grgebniffe der Lanbesvermeffung bearbeitet und im Laufe bes 
Eünftigen Jahres erfcheinen wird. Die Karte it im 450,000% 
theiligen Maßſtab angelegt, und alſo bedeutend größer als die 
fruͤhere. Mit berfelben wird auch diesmal wieber eine Höhen 
arte verbunden fein. 

Der Preis iſt LH Diejenigen, welche bi6 Gabe Aprils 
barauf unterzeichnen, 48 Kr.. 

In Bepiehung auf die unlängft von und angekhabigte Ges 
nerallarte von Würtemberg in 4 Blättern, welche ganz 
auf bie Landesvermeffung unb die in unferm Verlage heramds 
Fommenbe große topographifche Karte bes Königreidgs 
fein wirb, geben wir noch die Radyricht, daß wir bald tm Stanbe 
fein werden, .die Erſcheinung ber zwei erſten Blätter anfünbigen 
w Lönnen. Bon’ der eben erwähnten großen Karte werben im 

aufe biefeb Monats arch wieder zwei nene Blätter auögegeben 


Stuttgart und Taͤbingen, ben 1ften Dee. 1838. 
3. 6. Cotta' ſche Buchhandlung. 


Im Verlage von Wilhelm Kaifer in Bremen if 
ſoeben erfchienen : 
Sittermann, Dr. J. Ch. H., Chriſtüche Lieber. 
Geheftet. 20 Br. 


Collisions - Anzeige. 


. Wir lassen den soeben erschienenen Band der Edin- 
Durgk Cabinet Library 
The travels and researches of Alexander von Hum- 
boldt being a condensed narrative of his journeys 
etc. One Vol. By Macgillivray etc. 
für hnsere Unterhaltende Bibliothek segleich ins Deutsche 
übertragen und etwa in 4 Wochen ausgeben. 
Leipsig. Baumgärtner’s Buchhandlung. 


‚30 Halberfadt verdient bie, ben 11ten Mär, 1833 

e Verfleigerung einer über vierzehntaufend Bänbe zaͤh⸗ 

Inden, gar reichhaltigen Bibliothek die Aufmerkfamleit aller 

Buͤcherfreunde. Biele ſehr feltene alte Drude unb Chroniken 

werden bier feilgeboten, wie auch Kunſtſachen, befonbers werthe 
volle Delgemälde und Kupferftiche. 


Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten: 


Converſ ations⸗ Lexikon 


neueſten Zeit und Literatunm 
Zehntes Beft. 


Brimm bis Beiberg. 
Jedes Heft koſtet 
auf weißem Druckpapier 6 Gr., 
auf gutem Schreibpapier 8 Sr, 
auf ertrafeinem Belinpapier 15 Gr. 
Leipzig, 20ften De. 1832. FJ. A. Brockhaus. 





(3u den bei F. a. Sroebaus m Leipzi g eiſcheinenden Zeitſchriſten.) . 


ertereritger, Anzeigen 





1833. Nr. III: 





titerariſche Anzeiger wich den. bei. B.- x Brockhaus in Leipzig. erſcheinenden —— Blätter ir liter 





Dieſer. 
stiäe Unterhaltung, Sſis, fowie der Allgemeinen mediciniſchen Seitung, beigelegt. oder beigeheſtet, und bear 
gen. bie Snfetionsgebüßren für bie Beile 2 : &r. 





— Ber 


ne "über bie im Baufe bes ‚Sahres 1832: 


it 


J A. Brodbaus in geipig. 


exfötenenen neuen Werke und Fortfegungen. 


1 A Dresdens antike Deukmäler enthaltend. Her- 
ausgegeben von Wilhelm Gottlieb Becker, Zweite 

- Auflage Besergt und durch. Na vermehrt von 
Wilkeim Adolf Beoker.. Exrsteibis viertes: Hoft, Ta- 
fell I XLVI, Text Bogen 1—12.. Auf feinem Dı 
pier. Folio. jedes Heft Im Dubacfiptiönspreise 1 Th Thir. 21 Gr. 

ee Su onspreis be einſtwe 
N — HR 16 Gr. e Die Bi rafch Bader 

2. — (Franz), Politiſche Beeipeit. 6. 8. 234 Bo⸗ 
gen auf gutem Druckpapier. Geh. 1Thlr. 18 Gr. 

8, Bechſtein —— Der Sonntag. Gedicht in Tehe 
Gefaͤngen. Nebſt ſechs Kupfertafeln, erfunden und rabirt vo 
Berdinand ——— Querfolio. Auf feinem“ Bel: 

für Htwraeifihe. Imterhaltmg.. (Reigket - „unter 
Verantwortlichleit der Verlagshandlung.) Jahrgang 1332. 
RE Den Ya 806 Rummert.. Auf gutem Druckpapier. 

$, Stevelanb,, natuͤclicher Bohn: Cronwels. Bon ihm ſelbſt 
geſchrieben· und. frei. ins. Deutſche übertragen von St. Nelly. 
WMit · einex Ginleitung ‚von Hofrath Boͤtttiger. 8 Fheüe. 
1%. 23 Bogen -auf-gufem Drudpapier. Mech. 2 The 

6: @enverfatiand sterilen "bernauften Zeit und Literatur, Ein 
Supptementbande zu ·· allen· fruͤhern: Aull agen des Gonnenfar 
tions⸗Lexikons, ſowol in den leipziger Driginelausgaben: ls 

:- ben nerfihiedenen-Nachbwäden , aber auch ein für. ſich beſte⸗ 

denbes und in ſich ahgeſchloſſenes Werk. Gifte bis zehntes 

‚Heft. Abel bis Heiderg. Gr. 8. Jebes Heft von'B Bos 

gen anf weißen Drudyapier’6&r., anf gutem Sch raib⸗ 

—8B 8 Gr., auf extcafeinem Velinpapter 15 ®r. 
Sunier (Baron von), Das Thierreich, georbnet nad) 

— Drgaqniſatton. Als⸗ ndlage der Raturgeſchichte ber 

Thiere und Einleitung in die vergleichende Anatondẽ. Nach 

. der zweiten, vermahrten Ausgabe uͤberſezt und durch Aufäge 

u it 8 ©. Voigt: Gehe und varpeiten Bond. 


tem. Drndpapier, Thlr. 8 © 
ft ‚pl ki fe Säugtb 
it ——— 2 Si is & ji * 


ig ante * agdtttiche — urberſeht / und erfäct 
r\ anm⸗e ritte, x. Op 

5*— PR hei, air — eldup ke * 
metri laͤn r e, deß Fegefeners und des Pa⸗ 
3 43 * — Bogen auf. feinem Dallhpapier. 3 Toͤlr. 


Pr; —A — Gerichte. —— und: weusf 


tr Auf Mat ae lub pen 3 5 ® er 


einen 


⸗ 


ae —— ar ck 
—* 





9. Depping (8. 8.), Grinnerungen aus. dem Leben 
Deutfdyen In Parid. 12. 925 Bogen auf feinem Drudtpapier 

10.8 enpoff- (30 Wilhel Das Gan 

Detenho Jo ann ilhelm),. Das Ga 

Handlung. Gin theoretifch« praktifches Lehr⸗ und = 
der gefanmten Handlungswiſſenſchaften. (Petersburg 1 
&r.8. 16? Bogen auf gutem Drudpapier. Geh. 1Thlrx. 6 

11. Allgememe. Encyklopaͤdie der Wilfenfhoften und 3* 


. in alphabetifcher Folge von genannten Soͤhriftſtellern ‚be 


‚tet, und herausgegeben von 9. & ga and. 3. G. 8* 


- ber. Mit Kupfern unb: —— Be. 4 ie 


hu 


röbten Quart 


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vier Im 8 Eheitelm Stegen (Brad te 
mL erausgegeben 
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- ex, 1 d atten.- . 
Yiten Iedße En. any de nen ar —— 
Bänden fed t, fonfe Solde a, di ale 
neuanf affen n wolle. werbeidb 
gungen.fel en, an man mo olle fi — 
——3 boſt oder a — 
ung- PH R. . 


" 12. Kalt (Sohannes), Söthe aus. whem: prefatshen 5* 


* gange dargeſtellt. Ein nachgelaſſenes Werk. 12, 
gemn auf feinem HDrre papler· Geh, 1.Shle,-12. we . 
18. Sie. ‚Uncyfinpäbifche-Betfehrät, vorzüglich ‚für Rafüdge 
ſchichte, Anatomie und Phyſtoiogie. Herausgegebeg von. Sin 
Iehrgang 1832, 12 Hefte. it vielen Kupfern. 
8 Thir. 
14. Knorring (Karl von), —A Zenotrel Für Diut- 
ſche. Geftet Bis- drittes Ch Sr, 4831) 8 . 8% Bogen 
8. 
Ei 8 —— — — nis Pie, vom Balsmwoi, 


Pr er AN rg Sribe 
dc Krug (Biihelm Zrauapei) gr 74 ten Br rn 


I: 


1, phiſches Lexikon, ober Allgemeines Hua —* u 
ſophiſchen : Biffenfchoften vebſt ihrer —— idte. 
RNach dan deinigen Standrunkte her Wiſge i dla e 


„set. und herausgegeben : ;Ameättı augen Aa 
vier Bänden. 


rg 


Auflage. In 


—— — M. H. @. Meier 


> 


ar .- 


— 


u." ' 


— 


. 7, Ehdwig (Shrifttan), -Woltftänbiges- bentfdnenglifches und 


2 


rk auf weißem Deudpapier. Bubfcriy- 

—— bie. 18 Sr. 

16. Kupffer (6. 9.) Anfangsgründe der Buchſtabenrechnung 
"und Algebra, mit Inbegriff der Combinationslehre und unde⸗ 
ſtimmten Analytik, nebft Webungsaufgaben. Zur Repitition 
des mündlichen Unterrichtd und zur eignen weitern Fortbil⸗ 
bung neben diefem. (Reval 1832.) Gr. 8. 16 Bogen auf 
Druckpapier. 20 Gr. 


engliſch⸗ beutfched Woͤrterbuch. Zweite Auflage, mit eis 
ner oründtichen Anleitung zur Ausfpvade des Enge 


liſchen vermehrt und zum allgemeinen Gebrauche ber deut⸗ 


ſchen und englifgen Nation bequemer eingerichtet; 
derbeffert durch eine genaudre Angabe der Bedeutungen 
ber Wörter, Redensarten und Sprichwoͤrter, und vermehrt 
mit vielen neuen Ausbrüden, und einem Verzeichniffe der uns 
regelmäßigen Beitwörter beiber. Sprachen. , 2 Theile. Gr. 8 
67 Bogen auf Drucdpapier. Gartomnirt. 2 Ihle. 8 Gr. 


18. Martens (le baron Charles de), Guide diplomatique. | 


Contenant: 1° Considefations’sut l’&tude de la diplomatie. 
2 Precis de® droits et des fonttions des agens diploma- 
tiques. 8° Tyraits sur le style des compositions en matiere 


politigue. 4° Bibliothäqus diplomatique choisie, aÄvie d’an. 
5° Recueil. 


catalogue de cartes de g&ographie moderne. 
"- W’actes et d’offiede & V’appui du traite sur le style des com- 
‘ "positions en matiere politique. 2 Bände. Gr.$. 674 Bogen 
auf feinem französischen Druckpapier, Geh, & Thir. 12 Gr. 
29. Münch (Ernst), Maria von Burgund nebst dem 
‚Leben ihrer Stiefmutter Margarethe von York, Gemahlin 
-Karl des Kühnen, und allerlei Beiträgen zur "Geschichte 
des öffentlichen Rechts und des Volkslebens in den Nie- 
‘ derlanden Zu Ende des 15. Jahrhunderts, aus franzöti- 
schen, Aämischen, holländischen und deutschen Quellen. 
2 Bände. 8. 64 Bogen auffeinem D ap. 4 Thin. 16 Gr. 
2. Dundt "ig heosen). Die Einheit Deutſchlands in. politi⸗ 
ſchex und ideeller Entwicelung. 12. 34 Bogen auf gutem 
Druckpapier. Geh. 8 Gr. 
q1. Dertel (W. von), Harald und Elsbeth, ober das Zeit: 
alter Johann's des Schreien. Romantifches Driginalges 
malde aus ber Saite des 16. Jahrhunderts. 2 Bünde, 
„ (Petersburg 1 
Sch. 2 Thir. 8 
£2. Le Parnasse Francais du dix-neuvieme siecle. Oeuvres 
ostiques d’Alphonse de Lamartine, Casimir 
‚.Delayig ne et P.-J.. de Böranger. 274 Bogen auf 
‚felüen Yelinpapler. Geh. :2 Thir 
” dlid (Rari.Heinrid Eudwig), Die. europäifcen 
tfaffungen feit dem Jahrée 1789 bié auf die neuefte- Zeit. 


Ri geſchichtlichen Einleitungen und Erläuterungen. Zweite, 


sata geordnete, berichtigte und ergänzte Auflage. In drei 
: Bänden. Erſter Band, bie ‚gefammten Berfaffungen bes deut: 
ſchen Staatendundes enthaltend, : 2 Abteilungen. Br. 8. 
84 Bogen auf weißem Drüdpapier. Subieription® 
*p rei o. 4 Atir: ı20 Br: © 


4: Prbvinzit hlrecht aller zum preußifcken @taate ebrenden 
Lvander und‘ Landestheile/ inſowrit in vrnſelben das —* 
Landrecht Befegestraft hat, verfoßt und nach demſelben Pic 
herqusgegeben von Friedrich Heinrich von Strom: 
Tune. Erſten Theilt erſter Bakd, zweiten Theitserſter bie 
bdritter Band, und britten Theils erfter. bie dritter Band, Gro 8. 
Auch unter den Ittalnı 
Provinzialrecht des Fürktenspums Halkerffabt un) ber au bems 
felben gehörigen Sraſ⸗ usb Herrſchaften Hohenftein, Regen⸗ 
fein und Berenburg, von ẽreie Kuga ‚Bilpelm 


. Benge. 1827. 1 She. 1 


—— i — der Proving ak, ‚often Band: Prorin⸗ 

bed Fuͤtſtenthume Münfter und der edemals ‚zum 

Minen gehörigen Beſitzangen der Stanbetherren, 

*. —2— der Graffchaft Steinfurt und der Hereſchaften Ans 

“holt mie Sehnen; ' von: Siemens Auguſt ea 
“1829,” 1 ShR20 ur Du ri Sue FR ERE RZ Ju 


x 


80 Bogen auf feinem Drudpapier. 


Provizlelrecht ber Pro oleg Weſttolen. Sıheitek Wand: Pro⸗ 
vinzialvecht der FR Tecktendurg und ber- Dbrrgvafiähaft 


"Lingen, von Clemens Auguft Schlüter. 1860. 


Provinzialrecht der Provinz Weflfgien. Dritter Bands * 
ofnziatvecht ber ehemals diniſchen Grafſchaft Recklinghau⸗ 
fen, von Clemens Auguſt Schlüter. 1833. 

Provinzialsecht der Provinz Weſtoreußen. Grfter Wand: Pros 
vinzialrecht der. Diftricte bes preußifchen eanbreiits von 1721, 
von Leman. Grfter Zeil. 1830. 28 &r. 


Yrovinzlaleecht der Provinz Meftpreußen. Buweitee Bands. Pros 


: Gntwiltelings d 


« 


vingialvecht der Diſtricte des preußiſchen Landrechts von 172); 
von Leman. Zweiter Theil. 1852. 2 Thlr. 12 Gr. 
iatredgt der Provinz Weſtpreußen. Dritter Band: Die 
Statutarrechte der Stadt Danzig, von Leman. 1832. 
2 Ihlt, 12 Er. 
235. Raumer., (Beisbeih von), Ueber bie gefchichtfiche 
egtäffe von Recht, Staat und Politik. 
Zweite, verbefferte und vermehrte Kuftage, &r. 8, 17 Bogen 
auf gutem GSchreibpapier. · Mhlx. 6 
26. — —, Poͤlens Untergang. ‚Bmeite Auftoge 12. 64 Bes 
gen auf feinem Druckpapier Weh. 1 
— —, Geſchichte Europas. .feit om ale eh 15. Jahr⸗ 
hundere ‚Zu ſechs Baͤnden. Göftes Band, Er. B. 874 Bos 
‚gen. Subferiptionspreis auf gutem weißen Drudse 
ra — ag * Br, auf ertvafeinem Belinpapier 
lra 
28, Raumer (Ka ch von), Lehrduch der allgemeinen Geographie. 
Mit fünf Kupfertafeln, &r. 84 27 Bogen Auf gutem Druckpa⸗ 


pier. 1.Ihlr. 6 Gr. .. 
um die Einführung I in m: Saulen zu erleichtern, wird von jeber 


aa uahandlun auf n Freiex. bewilligt 
, Bei veibung der Erdoberflaͤ Eine Borfdgute 
Gr. 8. 5; Bo⸗ 


Dr s Gröfunde, Zweite unveränbeete Auflage. 
gen aut uf gutem 3 Drudpapier. 


m den brei, auf50 GE. Fot * Sen bi ’% 
en #ft bereftö in vielen Schulen eingefä r worde De 
Se Auflage wenige Monate nad der erft 

e 


30. Rumohr G. 8 von), Drei Reifen nach Italien. Er⸗ 

innerungen. 1i2. 14 Bogen auf gutem Drudpapier. Geh 
1 Zhir. 12 Gr. 

81. Schmid (Reinholb), Die Befege ber Angelſachſen. In 
der Urſprache mit Ueberſezung und Erlaͤuterungen heraus⸗ 
gegeben. Erſter Theil, den Text nebſt Ueberſegung enthab⸗ 
tend. Gr.8. 25 Bogen auf gutem Oruckpapier. Mhir. 6 Gr. 

82. Schopenhauer — Saͤmmtliche Schriften, 
24 Bände, Mit dem Bildniſſe der Werfafferin. 16. 436} 
"Bogen. 1829-32 Gubfcriptienspreis auf- gutem 

milchweißen Drukpapier 12 Adhir· auf ertreleinen Be⸗ 
tiupapier 16 Thir. 

3, Schulze (Erafl), Die bezauberte Ro Romantif 
3534 in drei Gr in en, sanfte Aluflage fr int 


Nr. 1, atf-gutem & Ste Ar: ules 
a Nr e 
——ã— na & ch 313* 


* m ie eben m neuen 
"Tot — von Li nen): 
ati ac in St, { * — —* en 
a. Geipie Chat. Sin Roman: 4 Bine. 8. Bogen 
-quf femem Drutpapier, 6 Zhlr. as; 
5. € Sherer (Moyle), Bilder aus bem getieghieben. Aus 
dem GEnglifhen überfegt von Rudolf Eindau. Heraus⸗ 
gegeben von Wilhelm Adolf einbau. 8 21 Bogen 
“auf: feinem: Drudpäpien 1 Alr. 16 Br... _ on 
36: Stieglik —— Ludwag) —S —* 
er 


— 1 


wickelung d — itniffe an Weib und’ Jagd io 
° Deutfchland von Di ben äfteften Zeiten bis jur Ansbilbung ber 
“ Landeshofelt. “ Ein Berfug. @r.'d. 20; Bogen auf Druck 


papier. 1 Ahlr. 18 Or. 


87. Stimmen - ber Zeit. Lieber eines ‚Dt 
z * gutem —ES "6.39 euer 





®. Bus (Eugane),-Tarigull, ' sb dem Franzdffſchen. Yu. Uig anb (Pauf), 


12.: —— auf feinem Druckpapier. Geh. 1Thir. 12 Sr. 
M. Hiſtoriſches Taſchenbuch. Mit Beiträgen von Bans, Varnha⸗ 
gen von Enſe, Raumer, Voigt, Waagen. Herausgegeben von 
» Briedrih von Raumer. Vierter Jahrgang Mit Rus 
He Bin 12. 16 Bogen auf feinem Drudpapier. "Sort. 
. r. r. — 
REEL Ale OR, 
Serbinand IL» (het Far * u Varim ian 1, 
%0. Thiele (J. M.), Leben und Werke des dänischen 
Bildhauers. Bertel Thorwaldsen. In zwei Theilen. Er- 
ster Theil, Mit achtzig Kupfertafelu und einem Facsi- 
mile.. Gross Folio, : 
‘ Velinpapier. Text und Kupfertafeln in zwei Bänden sau- 
ber cartomnirt. &.'fhlr. : ; ., . 

41. Urania... Taſchenbuch aufbas Jahr 1838. Mit Dannäder’s 
Sildniß und Teche Otahiſtichen nach. frauzöfifdhen "Bemätten; 
18. Fi Bogen. auf feinnen —— — es. ‘2 Spt: 

.' e übern an ı ur 0; . 
, euer ; De Sara 1a —28 ch. 6 in 1 und 108 
Die Bild atſſe a Ele; 
gan * ll ’r —— — Milheim 
üller, fihland, Corde uß, Deblenfaläger, Dannecker, "Galderon 
wet Sprengel, Baggefen, &. von Hügelgen (lehtexs 4: nicht aus 
: Ben rgnlal saßen i= erleſenen Abbruden in.gr. & jedeh 
k2, Wahsmann (GC. von), Erzühlungen und KNovpellen. 
4 Bänbdhen. 1830— 32. 8. 88 Bogen auf feinen Oruck 
s papier. 7 Thlr. . el ’ 
28. Der canonifhr Wähhter. "Ehre antiſeſuftiſche Zeitſchrift 
„für Staat und Kicche, und für atle chriſtiichen Confefiionen. 
u Zeräusgegeden von Aleramber Müller, Jahrgang 1832, 
"Außer den Beilagen 10% Nummern. Gr. 4 ‚Auf gutem Druck⸗ 


‚papier. 5 Ihlr. . > 
Der erſte TJahrg 02 Nummern enthaltend, Foftet 2 Thlr. 


⁊ 


an , 
"28 Gr., ber Weite Sabraang. 106 Rummern,'& 





«h ‚h 


, , .., ‚> eo 
Neuere Verlagsbuͤcher 
. von 
Aug. Wilh. Unzer MAnigberg. 
Dr. J. $..6. Abegg, Encyklopoaͤdie und Methadologie des 
Rechtswiſſenſchaft. br. 8. 20 Sgr. (16 Sr.) a 
Deffen Syſtem ber Seiminattehteimiffeufänaft als Grundlage zu 
Soriefungen über das preuß. Griminalrecht. Gr. 8. 2 Thir. 
. J. &. Srillowski, Auswahl von Kabeln bes Phährus und 
Elegien aus den Xrauerblichern des Publius Ovibius Nafe; 
mit Anmerlungen und einem Wörterbucye zum Schulgebrauch. 
8.20 Gyr. (16 Sr.) - Zn . 
Denkmal der Erinnerung an ben verſtorb. koͤnigl. preuß. Staats⸗ 
minifter, Grafen zu Dohna Schlobitten. 8, 5 Sor..d &r.) 
v. Ebert, Dissertationes Siculae. Tom, 1. 8. maj. 1 Thlr. 
4,3. Sriebemann, Derpraftifce Schnellrechner. 8. 5 Sgr. (A Gr.) 
3.%. ©. Fuͤrſtenthal, Theoret. und prakt. Lehrbuch bes preuß. 
, Sivifs und Griminalproceffee. 2 heile. Gr. 8. 8 Thir. 
Blumen auf Göthe's Ruhestatt gestreut. von Friedr. ‚Ang. 
. Gotthold. . 4. 5 Sgr. (4 Gr.) on | 
Dr. Gt, Beinel, ae um uUrnen preufifcher Vorzeit. 8. 
. m: r) oo. , » 
Seen iepiäte Preußens für das Bolt und bie Jugend. 2te 
3 Auf,, 8. 1 Tölx. 10 Bgr. (1 Thir. 8 Gr.) . u 
— Auszug daraus für Schulen, 8. 4. Sor. (3°Gr.) , . 
— — Lobias, eine idylliſche crztungs in 3 Gefängen frei 
. nad ber heiligen. Urkunde... 8. 124 gr. (ID @r.) : . 
H. v. Grabowsky, Recwungsaufgaben für Glementar:, Bürgers 
und Gelehrte⸗, auch für Militairfchulen. 8. 20 Sgr. (16 Gr. 
SB Herbart, —E — 7 ae 
sfehrung, Metap 2 athematik. r, 2er 
rg Thir re "Comintiffon) 


Defien allgemeine Metaphyſik, nebft den Anfängen der philofo⸗ 


Bogen Text auf dem feinsten f 





Phrftenthir 
mer Paderborn und Gorvey in Weflfalen, nebft ihrer —* 
aus den Quel⸗ 
77 Bogen auf Druds 


fünftee Heft (AXV— XXIX). 
:6— 





Herabgefegte Preife. on 
Beinfius: (Wilpelm), Allgemeines Bücherleriton, oder voll⸗ 
„Rändiges alphabetifches Verzeichniß dev bon 1700 bis GEnde 
1827 erfhienenen Bücher, weiche in Deutfchland und in ben 
durch Sprache und Literatur damit verwandten Ländern ges 
: ‚bsucht worden find. Nebſt Angabe der Druckorte, der Ber: 
leger unb ber Preife. 7 Bände. Gr 4 497 Bogen auf 
er. 4818-29, Brüher -Breis. 87. Thlx. Sene 
für won 10 Ebaler veehaͤltnehmũi⸗ 
u JF ap ae ewerden zu verh eg billigen: Preiſen 


ur —*— Snvpplementvand wird bas kvis auf.bie meuche 
Habner (Johann), Zeitungss und Gbnverfations «Rerikon. 


Ginunddreeißigſte Auflage, dem jegigen- Stande: der Cui. 
fur angemefien und mit vorzüglicher Rüdficht auf bie naͤchſte 
Vergangenheit und Gegenwart, beſonders Deatfäjlanbe, ad 
weitert, umgearbeitet und verbeffert von J. %. Müber. &m 

- baberländifches Handwoͤrterbuch. Wit 160. Bubniſſen von vor 
zuͤglich ausgeprichneten Deutfchen. 4. Theile. Gegen 200 Bos 

gen Inge 8 auf guten Drudpapier Leipzig 1328 — 27, 


Fruͤherer Preis 13 Thir. 12 .r. Jett für fünf Thaler, 


— .. 92,0 ... W u ı. 
phifhen Naturlehre. 2 Theile. Br. 8. 7. Ch. 16 Ohr. 
hte 12 Sr)- (Ia-Sommiffien)- R 
B. Ei Oepndenreich, Gelchtchte det en —— fuͤr bie 
obern Glaffen der Gymnaſien. 8. 15 egr. (12 ©r.) 
W. Doppg,. Aurifung gi Befongunterzicht. fü Kehren in 
gurip Mrlioele * bee die Ge iin gap 1618, in pi 
uriy Miloslawski, ober, bie en im Ja 2, ein r. 
man don M. nd b. Kal der. * y T 
p —A— —8 8. alle F * 
r. 8. Ay. „Die ‚Kri ed il. & ti 
für ek re: 5 —*— (# 8! * 2 7 drift 
— —, Der Tag des Gerichts und der ewigen Verſohnung; 
eine chriſtliche Dichtung. 8. 15 Sgr. (12 Gr.) 

Antwort- auf einen Brief des Hosen Pfarrerd Wigand 
an den Erzbiſqchof v. Boroweli. (Ueber Bekuͤmpfang des 
Teufelsglaubens.) 8. 24 Bor. (2 Br.) EEE 
— —,Lachenrede bei Beerdigung bed Erzbiſchoſs zc. v. Bo⸗ 

roweli. 8. 14 Sgr. (1 Br.) 1 
Preußiſchea Tochbech für Frauenzimmer, die Hautweſen “und 
Küche ſelbſt ‚verwalten wollen. .Bte: Auflage; 3. I Thlr. 
10 Sgr. (1 BEN 8 2*N OStaats, pefeiezt buy dret s 
Des Krönungsfeft des preuß. Staats, gefeie or⸗ 
traͤge der Herren Profeſſoren F. —* Sauer und J. En 
Herbert. 3. 15 Gar. (12 Gr.) . .5 
Wild. Kugug. Krug, Soſtem der eheazetifhen Pyilofophie. 
8 Bde. Neue Aufl, Gr. 8. 5 Ihlr. 1A Gyr. (6 Thir. 12 Sr.) 
Deſſen Syſtem dee praktifhen Pdfophie. 8 Bde Neun 
Zul; Br. 6 Thlr. 5 Bor. (6 Ihlr. 4 Gr.) . 
Dr. O. G. Lorek, Flora Prussica. Abbilbungen 12 or 
e 


non Damm vu mm —— — : 0m 


Pfanzen Preußens auf. 210 illum. -Kupfertafeln in 12 
ten u. 1 Heft Tert, in Royald. 35 hir. (In Commiſſion. 
Dr. J. HG. C. Luͤncmann's Wörtetbudi zu Homer's Dbnffer. 
Ate verbefferte Iuflage, beſorgt von Fr. Zul. Horn, Gr. 8. 

224 ©gr. (18 &r.) 


. — — — — — 


Dr. J. H. C. Luͤnemann's Wörterbuch zu Somer's Illas. Be 
von Dr. J F. CEbert verbeſſerte — 2 Gr. 8. 1 Thlr. 

Dr. K. F. Berleker, De Achaicie rebus antiyuissimis Dis- 
sertutio. 8. ma). 10 Sgr. (8 Gr.) 

Deifen Berbicte des ätolifcy s achäifchen Bundesgenofintifiges. 
Gr. 8. 10 Ssr. (8 Gr.) 

— —, Biftorifche Schusdisciplinen und Repetitionsbuch. für ge 
lehrte, edum ü und jeben Freund bee Geſchichte. Ifter Ban. 
@r. 8. 

Dr. A. 3. ©. OMhlert, Grundriß ber algemeinen reinen Logik 
vom FR für Vorleſungen. 8. 12, & gr. (10 Sr) 

r. Herm. Dlöhaufen, Die. Echtheit der vier canonifhen Evan⸗ 
„.gelien, aus ber Beihihte erwielen. Gr. 8. 1 hir. 20 Sgr. 
(1 Rphlr. 16 Er.) 

— —, Fe Wort über tieferen Schriftſinn. ®r. 8. 15 Sgr. 
(12 G 

— +, Sommetar über das Reue Teſtament. ifter Banb, 
..enthaltend die drei erften Evangelien bis zur Leibensgefchichte. 
‚ &r 8. Gubfe.» Preis 3 Zhir. 

— —, Zer Band, enthaltend bas Spangelium d. Johannes, 
bie geibendgefcpiägte und die Apoftelgefchichte. Er. 8. Gudfc» 
Preis 3 dir. - 

Prof. 8. Paucker, Die ebene Geometrie ber geraben Linie und 
des Keieh, oder die Elemente. Mit viel. Kupf. Iſtes Buch. 
Gr. 8 Thlr. W Sgr. (2 Ihe. 16 Sr) 

Dr. J. S re Meder den beutfchen unterricht in ben 
Gomnafim. 8. 15 Sor. (12 ®r.) 

Dr. .E, D. Sauio, Observationum * Jogen Comeliam de 
. Sicarlia P. I. 8. maj. 10 Sgr Gr.) 

Da, Gb. Steinorth, Geigichte bes —0 fuͤr chriſt⸗ 
Ic Bolksfhuten. 8. 10 Gar. (8 

d. Stier, Xubeutungen Pre gläubiges Shriftoerftändeif. ifte 
Coma Sr. 8. 1 Ihr. 20 Bor. (1 hir. 16 Gr.) 
, Die Nachtmahlakinder. Aus dem Schwediſchen von 
86 Bere. Reue Aufl. .16.. 7%. Ber. (6. Br.) 

Dr. €. Thierſch, Tabellar. ueberſi cht der —* Formen; 

— Leſung des Home. Br 3 — 


SUBSCRIPFIONS- -ANZEIGR . 
Apnntheker unb Aerzte. 
"PHARMACOPOEA BORUSSICA. 


preußiſche ——— — — 
üherſſeht und erläutert 


un ‚ERIEDR, PR, DULE , 
— ⸗Univ 

potbeter in ur 15 je Profefon,. De allfhe —— Inexfät, u .abne 
Bil if me cini rn en Setel Ufeda bafe 


na und bed Apoth —— E a 
I utfland Ehrenmit gliede. 


Dritte vermehrte und verbefferte Auflage. 
- - Zwei Theile, in vier Lieferungen. 


Die britte burhaängig verbefferts Auflage 
ward zu Srleichterung wenig bemitteltee Käufer, in vier Lie 
ferungen Länfang Zebruars d. I. die er ſte) ausgegeben wer: 
den, deren jebe im erſten An Smpfang zu eriegenden Suob⸗ 
ſtriptionspreit 1 Thle. 99. Br. preuß. Courant koſtet. — Nach 
Erſcheinung ber viertend Cieferung hört die F erfte Subſcrip⸗ 
tionspreis auf, und wird ein zweiter von 8 Thlr. 18 Gr. 

euß. Courant fuͤr ein vollſtaͤndiges Eremplar, und 2 Thle 
Gr. preuß. Gourant für jede einzelne eieſerung eintteten· 

Leipzig, ben 14ten Januar 1839. 

E zeopolt Sep. 








: Sa men B erſchlaun und in allen Bude 
banblungen zum @ubfc —E a rg hir, zu haben: 
Deof. Dr. Ol hauſen 8 Commentar Aber das 


Teſtament. ter Band. 
(Das Gvangelium bed Johames, Ste Leibentgeſqhichte 
und die Apoſtelgeſchichte enthaltend.) 

Zugleich zeige ich, um mehren Anfragen zu begegnen, tw 
gebenft an, daß der erfie Band gedachten Gommentars_vew 
griffen ift, jedoch balb nach Dftern k. J. in neuer verbefferter 
Auflage zu haben fein wird. 

Königsderg, im Deerarber 1882, 

Aug. Wüh. Unzer. 


a) 
+rr Leste einfache Frage an den Buchdruder Herm 
Baſſe in Quedlinburg. 

Dot der unbekannte Schwarze vom Herrn Profeſſos 
Berzelius bie —— Handſchrift feines vollſtoͤndigen 
Lehrbuches der Chemie mit dem Auftrage erhalten, ſolches unter 
feiner Leitung in bas Deutfihe zu übertragen? Ay bat 
Baffe die deutſche Originalausgabe — welche ber Herr Prof 
Wöhler mus Aus’ Handſchrift Cat Dradfirift) 
deshalb in das Deutfche überfegen mußte, weil Berzelius unfe 
ver. Schriftſorache nicht ganz * zu fein glaubte — herge⸗ 
nominen, rn feinem Vortheil wie zu bee rechtmäßigen Cigen⸗ 
mn ‚größtem Schaden aus dem vollkänbigen Lehrbuche von 

Bogen 90 Bogen zufammenfliden laffen unb das 9 
* der unmoͤg lichen Zuſicherung zu taͤuſchen, der 
habe beinahe dreidundert enggebrudte Bogen in 90 Bogen zu⸗ 
fammenzubrängen vermocht 7 

Das rechtliche Publicum möge nach Hrn. Baſſe's Beant 
wortung entſcheſden, wo die Geſetze leider fo verſchieden als fo 
viele Bänder und Eindchen in Deutſchland find. 

Die deutſche noliftändige —— *8 in 8 Thellen 
mit 18 großen. Kupfern em ehrlicbenden 
Zubanpinngen. ſtatt 20 bis. ir. "18 Shi. 18 Or. sy de 


kommen. 
Arnol d'ſche Buchhandlung 
in Dresden und Leipzig. 





ES Wwwrr— 
In Bezug auf bie neneſten Boͤrnme' fchen Beiete febe 
ih mid, weil man meint, «8 koͤnnte doch Jemand in ber 
Farçe einen ernften Boden fuchen, zu bee Erftärun en: 
daß die Angaben darim über perfäntihe Verhaͤltniffe zwifchen 
bem Berfafler und mir von Anfang bis Ende farfch, und feibß 
in ihren außerlichſten Umfländen erfunden und erlogen find, 
Als Herr Boͤrne vor mehren Jahren nad Berlin kam, fuchte 
ee mid) mit einem in Weimar von Hrn. dvd. Holtei erbetenen 
Gmpfehlungstrief in meiner —— | auf, nie habe ich ihn 
in der feinigen gefprodgen, weber allein noch in Gefelidhaft 
Ludwig Robert's, und ebenfo wenig bin ich in den Fall gekome 
men mid mit ihm auf der Straße zu zeigen. — Bon einem 
ihm zu Ehren gegebenen Gaflmahle, von bem er fabelt, : 
mir nichts bekannt. In den wenigen Gefellfchaften, wo 
mit ihm zufammen traf, wechfelte ich nur die Worte gefeliges 
Höflichkeit, die jeder Frembe erwarten darf, und auf bie «iq 
titerarifcher Sharakter, ber. fi) damals noch nicht proftituirt 
bette, Anſpruch zu haben fehlen. Es farm keinem Manne don 
Ehre beitommen, gegen einen Menfchen, dem nichts mehr hei 
Tg ift, ſich in Streit einzulaffen und ebenfo Halte ich es unter 
einer Denunciationen gegen mich, die halb Spaß, hald 
Hänishe Safinuationen, alle ohne Ausnahme m aus 33 jr 
gear find, auch nur zu erwähnen. — Obiges 
ärbigung biefer gegen mich unb einen edeln, von Et ent: 
handelten Tobten (ehedem fen Kteunb!) verfuchten nstife, de 
ten Boden durchaus ſchamloſe Ka unb beren Form *8 
Poffenreißen- ift. 
Berlin, fm San 188 


Dr. W. biuas Fee, 


38 - 


- 


” 


Literariſcher Anzeiger. 


(3u den bei 8. A. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.) 





1833. Nr. IV. 


La teils) 
Diefer Literariſche Anzeiger wirb den bei $. A. Brockhaus in Leipzig erfcheinenden Beitfchriften: Blätter für litera⸗ 
riſche Unterhaltung, Iſis, fowie bee Allgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigelegt ober beigeheftet, und betra⸗ 


Soeben erſcheint bei mir und ift in allen Buchhandlungen 

des Ins und Auslandes zu erhalten: 

Srancedco Petrarca’d ſaͤmmtliche Canzonen, So⸗ 
nette, Ballaten und Triumphe, uͤberſetzt und mit er 
Iäuternden Anmerkungen begleitet von Karl Sörfter. 
Broeite verbeflerte Auflage. Gr. 8. 344 Bogen auf 
feinem Drudpapier. 2 Thlr. 6 Gr, : 

Eine gute Zugabe hierzu bildet: 

Francesco Petrarca, dargeftellt von C. 2. Fernow. 

Nebſt dem Leben des Dichters und ausführliden Aus: 





. gabenverzeichniffen herausgegeben von Ludwig Hain. 


1818. 8. 224 Boyen auf Schreibpapier. Fruͤherer 
Preis 1 Thle. 12 Gr. Segt für 12 Gr, 
Leipzig, im Februar 1833, 
5. 4. Brockhaus. 





Anzeige über die neueften Auflagen der Heyfes 
[hen Sprachſchriften. 


Sanover, im Verlage ber FIT n’fchen Hofbuchhandlung 


° find neu erſchienen: 


Theoretiſch⸗praktiſche deutſche Schulgrammatif, 
oder kurzgefaßtes Lehrbuch der deutſchen Sprache, mit 
Beiſpielen und Aufgaben zur Anwendung der Regeln, 
von Dr. J. €. A. Heyſe. 10te verbeſſerte Ausgabe. 

: &r. 8. 1832. 16 Sr. 


Leitfaden zum gründlichen Unterricht in der bdeutfchen | 


Sprache für höhere und niedere Schulen, nad) den 
orößern Lehrbüchern der beutfchen Sprache von Dr. 
3. € A. Heyſe. 9te verbefierte Auflage. Gr. 8. 
1832. 6 Gr. 

Die ausgezeichnete Brauchbarkeit dieſer Schulbücher ers 
gibt ſich ſchon aus den öfter wiederholten und verftärkten Aufs 
lagen, welche die ungemein große Verbreitung derfelben nöthi 
machte. Die Schulgrammati® bat feit dem Sabre 181 
nicht weniger als zehn, der Leitfaden feit 1821 neun vers 
ſchiedene Auflagen erlebt, deren Peine ein unveränderter Abbrud 
einer frühern, fondern jede mit Berichtigungen und Zufägen aus⸗ 
geſtattet ift, ſodaß diefe Werke in ihrer gegenwärtigen, durch 
die große Sorgfalt des jegigen Herausgebers, Hrn. Prof. Dr. 
K. Zeyſe in Berlin, fehr vervolllommneten Beftalt ges 
wiß auen billigen Foderungen genügen. Anerfannte Borzüge 
berfelben find große Klarheit, Saßlichfeie und Popularitaͤt 
der Darftellung, verbunden mit wiffenfchaftliher Bründs 
lichPeie, eine zwe Bige merbodiiche Anorönmg des 
Kebrftoffes und Purchgängige' Beräcfichtigung des Draßs 
tifchen durch einen reichen Vorrat von Beifpielen und 
Vebungsaufgapen. 


Als eine ſehr ſchatbare praktiſche Zugabe zu beiden obi⸗ 
gen Lehrbuͤchern ‚hat foeben bie Preſſe verlaſſen: 
vuͤlfsbuch für den Unterricht in dee Deusfchen 


gen die Infertionsgebühren für die Zeile 2 Gr. 


Ausfprache und Rechtfchreibung ; auch als Stoff 
zu Vorfchriften, nüslichen Verſtandes⸗ und Styluͤbun⸗ 
gen zu gebrauhen. Von Dr. 4. C. U. Heyſe. 
Ein Anhang zu den Sprachlehren des Verfaflers. Neue 
vermehrte und verbefferte Ausgabe. &r.8. 1833, 6 Gr. 


Mit nit minderm Beifalle und Grfolge als bie obigen 
Lehrbücher, ift von bemfelben Verfaſſer Herausgegeben, bas for 
eben ſchon wieder in ber 
Gten rechtmäßigen, ſihr vermehrten und verbeiferten Aus⸗ 

gabe erfchienene: 


Allgemeine Fremdwoͤrterbuch 
od 


er 
Handbuch zum Verſtehen und Vermeiden 
der in unſerer Spiache mehr oder minder gebraͤuchlichen 
Ausdruͤcke, mit Bezeichnung der Ausſprache, der Beto⸗ 
nung und der noͤthigſten Erklaͤrung 
von Dr. 3. ©. A. eyſe. 


2 Bünde. Gr. 8. 1882. Velin⸗Oruckpapier. 96 Bogen. 
Preis 2 Thlr. 6 Sr. 


_ Soeben ist erschienen und in alteu Bsch- und Kunst- 
handlungen zu haben: 


Schönheit und Gesang. 
Grosses lithogr. Tableau, 19 Zoll breit, 
26 Zoll hoch. Preis 16 Gr. 
Entheltend die sehr ähnlichen Portraits der Damen 

Seidier, Schechner, Schröder-Devrient, 
Pirscher, Heinefetter, Fischer.in reizender 
Gruppirung von Wolken umgeben und „Emblemen 
der Musik. " 
Dieses äusserst angenehme, schön ausgeführte Blatt 
eignet sich sehr zu einer geschinackvollen Zimmerverzierung. 
Es werden in Kurzem noch einige dergleichen Blätter 


folgen. | 
Leipzig. - Industrie- Comptoir (Baumgärtner). 
Erſchienen ift und durch ale Buchhandlungen Deutſchlands 
und ber Gchweiz zu haben: u 
Rufenalmanad. 
Eine Neujahrsgabe für 1833. Im Vereine mit 8, 
Baur, 8. Bechſtein, Eduard Bernftein, 8. Blumauer, 
K. Buchner, F. Baron de la Motte Fouqué, ©. Friede⸗ 
rih, A. Hungari, 8. W. Juſti, H. König, 8. Mad, 
A. Moe, E. Müller, E. Münd, 2. Neuffer, A. Nod⸗ 
nagel, H. Dttenheimer, &. von Plönies, 3. B. Rouſſeau, 
5. Rüden, P. Shlind, H. 3. Schlingloff, A. Schnetz⸗ 
(g, Ab. ımd A. Stoͤber, Wagner von Lauffenburg, J. 


- 


‚ von Weſſenberg, W. Wiegand, RL, With, 9. 
. Zehner, Se. und ©. Zimmermann ıc., mit Compofis 
tionen von W. Mangold, F. Neukaͤufler, Noch Jemand 
und E. H. Rind x. 
Herausgegeben 


von 
Heinrich Küngel und Friedrich Metz. 
Taſchenbuchsformat, elegant gedruckt und gebunden. 360 Sei⸗ 
ten ftart, Preis 1 Thlr. 8 Gr., oder 2 51. 24 Kr. 
worauf ich alle Freunde ber Poefie und fehönen Literatur auf⸗ 


merlfam made. 
2 ber Kürze erfcheinen ferner In meinem Berlage: 


Mittermaier, Geheimerath und Profeffor in Heiz 
beiberg, Die Lehre vom Beweiſe im Strafproceſſe 
nach, ihrer Ausbildung im deutſchen Berfahren und, 

" dem beutfchen Gefegbüchern, in Bergleihung mit ber 
Beweislehre im englifchen und franzöfifhen Procefle ıc. 
Gr. 8. 

Bimmermann, Ernſt, nach feinem Leben, Wirken 
und Charakter. Ein Denkmal dee Liche und Dank: 
barkeit von feinem Bruder Karl Zimmermann, großh. 
heſſ. Hofdiakonus. Mit Ernft Bimmermann’s Por: 
teait, geftochen von Ernft Rauch. Gr. 8. 

Darmftadt, im Sanuar 1833. 
FW. Heyer's Hofbuchhandlung. 


Durd alle Buchhandlungen und Yoftämter ift zu beziehen: 
Blätter für literarifche Unterhaltung. Redigirt unter Ver: 
antwortlichkeit der Verlagshandlung. Jahrgang 1833. 
Monat Januar, oder Nr. 1L— 31, mit 1 Beilage: 
Nr. 1, 3 literarifchen Anzeigen: Nr. I—IL Gr. 4. 
Dreis des Jahrgangs von 365 Nummern (außer ben 
Beilagen) auf gutem Drudpapier 12 Thlr. 
Leipzig, im Bebruar 1833. 
F. A. Brockhaus. 
uuuu uu u 
Neuer Verlag von 2. E. Lanz in Weilburg. 
Braun, Zoh., "Allgemeine Erdkunde. Gin Lehr⸗ und Leſe⸗ 
buch für Bolksſchullehrer, befonders im Derzogthume Naffau. 
iftes Bändchen, enth. die mathemat. Erdkunde. 8. 8 Bogen. 
8 Gr., ober 86 Kr. Rhein. 

Briefe, Hiftorifhe. Veranlaßt durch Herren und bas 





Archiv von Scloffer und Bercht. Gr. 8. 9 Bogen. Eleg. 


beofh. 16 Gr., oder 1 EI. Rhein. 

Drds, H., Sammlung mehrfiimmiger Ghoräle, Lieber und 
Motetten von verfchiedenen Componiſten, für höhere Unters 
richtsanftalten und Gingvereine, zunähft für das Herzogthum 
Naſſau. Mit einer Vorrede von Dr. F. T. Friedemann, 
iftes Heft. Gr. 8. 74 Bog. Seh. 1 Thir., oder I KL. 
43 Kr. Partiepreis 16 Gr., oder 1 8L 12 Kr. 

Gihhboff, Dr. N. G., Die Kirchenreformation in Naſſau⸗ 
Weilburg im ſechzehnten Zahrhundert. Mit einigen Urkun⸗ 
ben und ungedrudten Briefen von Luther, Melanchthon und 
Scherf. Mit einer lithogr. Anſicht der Stadt Weilburg. 
Gr. 8. 9 Bog. Geh. 20 Br., oder 1 8. 30 Kr. Rhein. 

Sriebemann, Dr. 8. T., Das herzogl. naffauifche Landes: 
gymnaſium zu Weilburg nach feiner jegigen Verfaſſung und 
Verwaltung gegen einige Anklagen gerechtfertigt. Nebft Beis 
lagen und zwei lithogr. Zeichnungen. Gr. 8. 15 Bog. 
Gieg. brofh. 22 Gr., ober 1 ZI. 30 Kr. Rhein. 

Aub unter dem Titel: - 

— —, Beiträge zur Vermittelung widerſtrebender Anſichten über 
Verfaſſung und Verwaltung deutfcher Gymnaſien. 2tes ‚Heft. 

SZung, ®., Flora des Herzogthums Naſſau, oder Verzeichniß 
ber im Herzogthum Naſſau wildwachfenden Gewaͤchſe, ag 


gleich ats Leitfaden beim tinterriht auf Gymnaſten und P& 
dagogien. Gr. 8. 35 3— 2 Ihle. 8 &r., ober 4 Fl. Rhein. 
Kirebs, B.,* Lectiones Diodoreae, partim criticae, partim 
historicae, emendantur passim aliorum scriptorum loci pla- 
rimi. 8 18 Bog. 1 Thlr., oder 1 Fi. 48 Kr. Rhein. 
Lanz, K. F. W., Lateinifches, Lefebuch für die untern G!affen ber 
Gymnaſien. Gr. 8. 214 Bog. 18 Gr., oder 1 Fl. 12 Kr. Rhein. 
Rider, Dr. 8. %., Lehr: und Handbuch der Geburtshuͤlfe für 
Hebammen. Gr. 8. 22 Bog. 1Thlr. 4 Gr., ober 2 Fl. Rhein. 





Im Berlage der unterzeichneten Buchhandlung erfcheinen 
im Laufe biefes Jahres auf Subfcription: 


Theodor Körner’3 fümmtliche Werke, 
Im Auftrage der Mutter des Dichters herausgegeben 


und mit einem Vorwort begleitet 
von 


Kari Streckfuß, 


Tönigl. preuß. geb. Oberregterungdrathe. 
Vollſtaäͤndige Gefammtausgabe 


in Einem Bande. 


(Im Gormat und Drud ber befannten ſchoͤnen Ausgabe von 
Schillers ſaͤmmtlichen Werten in Einem Bande 
_ ähnlich.) 

‚Die vorgenannte Ausgabe wird außer Demjenigen, was bes 
reits Öffentlich bekannt ift, mehre noch ungedbrudte Ge» 
dichte, Novellen, beendigte dramatifche Arbei⸗ 
ten, einige intereffante Bruhftüde, Briefe des 
Dichters aus ben legten Zahren bis zu feinem 
Tode, auch mehre Briefe Goͤthe's über ihn und 

feine Arbeiten, enthalten. . 

In der Hoffnung auf einen recht zahlreichen Beitritt zur 
Bubfcription, werden wir den Preis fo billig als möglich flels 
ien, und wir glauben ſchon jegt verfichern zu können, daß ders 
felbe die Höhe von 2 Thlr. preuß. Gour. nicht überfleigen 
werde. Die bis jept bekannt gemorbenen eingeinen Schriften 
des Dichters Eoften zufammen 4 Thlr. 16 Gr.; es wirb dems 
nach die hier angefündigte neue Gefammtausgabe, bei 
allen innern und äußern Vorzügen, noch um bie Hälfte 


„billiger fein! 


Ausführliche Ankündigungen unb Proben ber Ausftattung 


‚werben in Kurzem burdy alle Buchhandlungen zu erhalten fein. 


Berlin, im Februar 1833. 
N icola iꝰ ſche Buchhandlung, 





Um Colliſionen zu vermeiden 
zeige ich an, daß ſich mehre ſehr geſchaͤzte geographiſche Schrift⸗ 
ſteller auf meine Auffoderung vereinigt haben, um von dem 
eben in Paris erſchienenen „Abrégé de g&ographie par Balbi”, 
eine beutfche, mit ben nöthigen Berichtigungen ausgeftattete 
Ueberfegung in meinem Berlage erfcheinen zu laffen. Sch Hoffe, 
biefelbe vor Ende bes Jahres in den Buchhandel zu bringen. 
Wien, im Februar 1833. 
. Anton Straußs fel. Witwe. 


(In Sommiffion bei Friedr. Boldmar in Leipzig.) 


I } 
Im Verlage von 3. D. Sauerländer in Frank⸗ 


f urt am Main erfcheinen auch für das Jahr 1883 folgende 
Zeitſchriften: 


* 


Allgemeine 


Forst: und Jagvzeitung. 
Herausgegeben vom Forſtmeiſter Behlen. 

Diefe Zeitfehrift erfreut ſich in ihrer jegigen Anorbnung 
und neuen typographiſchen Ausftattung bed allgemeinften Bels 
falls. Bereits haben fig dem erneuerten Beitritt ber ausge 
zeichnetften frühern Mitarbeiter, neue angefchlofien aus allen 
Gegenden Dentſchlands und ber Sqchweiz. Hierdurch um fo 


— 


mehr aufgemuntert, werden Redactlon und Verlagthandlung 
gleich bemuͤht ſein, derſelben die Gunſt der Leſer zu erhalten. 
Die bereits erſchienenen Monathefte der neuen Folge, Octo⸗ 
ber bis December 1882 (à“l Thlr. 4 Gr., ober 2 FI. 6 Kr.) 
und Sanuar 1883 (per Jahrgang zu 12 Monatheften a 4 Ihir. 
16 Gr., oder 8 51. 24 Kr.) find durch alle Buchhandlungen zu 
erhalten; bei näherer Anficht wirb man ſich von der Gediegen⸗ 
beit der Aufläge, der zweckmaͤßigen Anorbnung und geſchmack⸗ 
vollen äußern Ausftattung überzeugen. Diefen 4 Wonatheften 
find beigegeben 2 lithograppirte Zeichnungen, 8 große Zabellen, 
Intelligenzblatt und Regifter zu October bis December 1832, 
Auf jedem Umſchlag wird der Inhalt des einzelnen ‚Heftes ans 
gegeben, und bem Decemberheft regelmäßig das Regifter über 
den ganzen Zahrgang beigefügt. Jede Buchhantlung wird bie 
esften vier Hefte gerne zur Anficht liefern. 


Erholungsstunden. 
Zeitſchrift fuͤr gebildete Xefer. Herausgegeben von 
Georg Ddring. 

Hebaction und Verlagsbandlung waren bemüht, neue Mits 
arbeiter, wie Belani, Ludwig Storch und Andere, 
für den laufenden Jahrgang zu gewinnen und von Seiten ber 
Berlagshandlung wurde auch nody für eine ſchoͤnere typographis 
ſche Ausftattung geforgt. — Der Jahrgang von 12. Heften a 
5 Thlr., oder 8 Fl. 





Wir zeigen hiermit an, daß auch nad) bes bisherigen 
Derausgebers, des Dr. 3. Er. Pierer’s Tode, die in unferm 
Verlage crfcheinende 

Allgemeine 


meditiniſche Zeitung 


mit 
Beruͤckſichtigung des Neueften und Intereffanteften ber 
allgemeinen Naturkunde 
(als Sortfegung der Allgemeinen medicinifchen Annalen 
des neunzehnten Jahrhunderts) 
von dem Hrn. Dr. 8. Pabſt, praktiſchem Arzte in Altenburg, 
welcher ſchon zu dem vorigen Zahrgange Beiträge lieferte, in dem: 
felben Geiſte und derſelben Form wie bisher, fortgefegt werden wird. 
Der äußerft billige Preis diefer wöchentlichen Zeitfchrift, für 
den Jahrgang von 108 Bogen, ift nur 6 Thlr. 16 Sr. Saͤchſ. 
Es bedarf Feiner befondern Ermähnung, daß biefe Zeit: 
frift ihrer Beftimmung gemäß: von Allem und Jedem, 
was in näherm Bezuge zur Heillunft und Heilkunde fteht (Ho⸗ 
mödopathie ift natürlich nicht ausgefchloffen), baldige nähere und 
umfaffende Notizen mitzutheilen, einzig in ibrer Arc unter 
der großen Zahl von mebicinifchen Zournalen daſteht. 
Altenburg, Januar 1833. 
giteratur= Comptoir. 





Im Verlage der Unterzeichneten erſcheint feit Anfang 1833 
und iſt durch alle refp. Buchhandlungen zu beziehen: 

„Der Humoriſt.“ Eine MWochenfchrift zur Befoͤrde⸗ 
rung guter Zeit, herausgegeben von C. Geisheim. 
8. Preis für den Jahrgang 2 Thlr. 16 Gr. 

Der Herr Herausgeber, bereits feit 12 Jahren als Redac⸗ 
teur des „Hausfreundes in Breslau ſowol wie überhaupt in 
Schlefien vortheilhaft bekannt, fellt fidy bei dem Austritte aus 
dem bisherigen ftillern Kreife des Haufes in bie große Welt die 
Aufgabe: in Bildern, Anfichten und Mittheilungen Grheiterung, 
Seelenfrieden, Herzensfreuden, Geiſtesbewegung, gluͤckliche Wuͤr⸗ 
digung der Thorheit und Wahrheit, Luſt und Liebe zum Leben 
und menſchenfreundlichen Wirken den Leſern als die ſchoͤnſten 
Gefaͤhrten der guten Zeit zuzugeſellen. 

Graß, Barth und Comp. in Breslau. 





Anzelge für Gartenbeſtter, Blumenſcrunde und Gärtner. 


Durch alle Buchhanblungen find die beiden folgenden, ruͤhm⸗ 
—* nnltR, doͤchſt reihhaltigen und praftifchen Werte 
zu beziehen: 


1) Vollftändiges Handbud | 
der 
Blumengärtnerei, 


oder genaue Befchreibung von mehr als 4600 wahren 
Zierpflanzenarten, mit Angabe des Vaterlandes, der Bluͤ⸗ 
tezeit, der vorzüglichften Synonyme u. f w. Alphabetiſch 
geordnet und mit deutlichen, auf vieljährige Erfahrungen 
gegründeten Culturanweifungen, fowie mit einer Einleitung 
über alle Zweige ber Blumengärtnerei, einer foftematifchen 
Meberfiht nad) Linns und Zufiieu und einem vollftändigen Re: 
gifter der deutſchen Ramen und der Synonyme verfehen. Mit 
befonberer Rüdfiht auf bad norddeutfche Klima und auf 
3immerblumenzucht bearbeitet 

von 


J. .$. m. 2 o f f e 14 
‚ großberzoglich oldenburgiſchem ãA u. ſ. w. 
2 Theile. Hanover in ber Hahn’ ſchen Hofbuchhandlung. 
73 Bogen in gr. 8. 4 Thlr. 


2) Der Blum enfreund, 


r 
faßliche, auf vieljaͤhrige, eigne Erfahrung gegruͤndete An⸗ 
leitung zur Behandlung der Zierpflanzen, 
ſowol in Zimmern, Gewaͤchshaͤuſern, Behältern u. ſ. w. 
als auch im Freien, nebſt deutlicher Beſchreibung einer 
großen Anzahl der beliebteſten und“fchönften, theils auch der 
neueften 3ierpflanzen, welde minder wohlbabmde Blu⸗ 
menfreunde leicht zu gultiviven im Stande find. 

n- 


1) 
. F. mw. Boffe. 


Gr. 8. Daſ. Geh. 1 Ihr. 8 Sr 





Bei X. W. Unzer in Königsberg ift erſchienen und 
in allen Buchhandlungen zu haben: 

Tobias. Eine idylliſche Erzählung in drei Gefängen 
frei nach der heiligen Urkunde von Dr. Eduard Heis 
neL Geh. 124 Sgr. (10 &) 

Der befannte Verfaffer bietet Hier dem Yublicum ein Buͤch⸗ 
lein, welches den Freunden feiner Mufe gewiß ebenfo willkom⸗ 
men fein wirb als den Freunden religidfer Erbauung, Wenn 
auch bie Erzählung von bem frommen, vielgeprüften Tobias 
bem größern Theile des Yublicums hinreichend bekannt fein 
bürfte, fo erhält diefelbe dennoch, durch die poetifche Ginklels 
dung, worin fie bier. erfcheint, ein neues Interefle und mancher 
Leidende wird gewiß getröfleter und erheiterter das Büchlein 
aus bee Hand legen. Ganz befonbers kann baffelbe zu einem 
paffenden Geburtstags s, Weihnachts⸗ oder Ginfegnungsgefchente 
für Zünglinge und Zungfrauen empfohlen werben. 





Bei Ludwig Dehmigke in Berlin, Burgſtraße Ar.B, 
an ber langen Brüde, ift erfchienen: 

Willdenow, Dr. C. L., Anleitung zum Selbststn- 
dium der Botanik, ein Handbuch zu öffentlichen 
Vorlesungen. 4te vermehrte Auflage, mit Kupfern. 
Nach der vom Geh. Rath Link besorgten 3ten Auf 
lage herausgegeben von Dr. A. Dietrich. 1832. 
Gr. 8. Preis 2 Thlr. 

Die Brauchbarkeit des dorftehenden Werts, bereits b 
drei Auflagen außer Zweifel gefegt, if in ber vierten babu 
noch um Vieles erhöht worten, baß ber Herausgeber auf das 
natürliche Pflanzenſyſtem gebüprende Küdfiht genommen, bie 





[ 


Charaktere der Gattungen und & ber Arten beeiähtigt, 
und alles, für bie Zugend Anftößige baraus entfernt bat. Ueber⸗ 
Dies muß erwähnt werben, baß die Zahl ber in ber jegigen Auf: 
lage befchriebenen Species ſaſt um das Doppelte vermehrt wor 
den if, ſodaß man kaum eine Pflanze von irgend einem Ins 
texeffe darin vermiſſen wird. 

Es laͤßt ſich ſonach mit Beſtimmtheit erwarten, daß diefes, 
nicht nur fuͤr angehende Aerzte, Wundaͤrzte und Apotheker, ſon⸗ 
dern fuͤr jeden Anfaͤnger in der Botanik uͤberhaupt beſtimmte 
Wert, in feiner gegenwärtigen Geſtalt, eine guͤnſtige Aufnahme 
finden werde, und möchte fi) baffelbe zur Ginführung in Lehr⸗ 
anftalten durch feinem zwedmäßigen Inhalt und billigen Preis 
vor vielen andern Handbuͤchern gang befonbers empfehlen. 


|| 
” Bei mir iſt foeben erſchienen und durch alle Buchhandlun⸗ 


gen zu beziehen: 

Voigt (Johannes), Das Leben des koͤnigl. preuf. 
Staateminiftere Sriederih Ferdinand Alerans 
der Meih6:Burggrafen und Grafen zu Dohna⸗ 
Schlobitten. Gr. 8 Geh. Gr. - \ 

Leipzig, im Februar 1833. 
F A. Brockhaus. 


ee TUT U) 

Sn Sommiffioen bei A. W Unzer in Königsberg ift 
erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben: 

Flora Prussica, 

Abbildungen fänmtlicher, bis jegt vorgefundenen Pflans 
jen Preußens, herausgegeben von Dr. C. ©. L'o⸗ 
vet. Zwölf Hefte mit ilum. Kupfern und einem 
Hefte Text, in Royaloctav. Preis 25 Thlr. 

Die zablreihen und ohne Ausnahme günftigen Recenfionen 
des vorftehenden Werts in den geachtetſten Zeitſchriften würben 
eine neue Anzeige beffelben üderfläffig machen, wenn es nur 
für Gelehrte deſtimmt wäre. Da e6 aber namentlich auch für 
Anfänger und Dilettanten in der Botanik von Wichtigkeit ift, 
fo fehe ich mich verantaßt, hier zu wiederholen, was ich bereits 
an einem andern Ort ausgefprodyen habe: daß der Habitus ber 
Pflanzen in den Lorek'ſchen Abbildungen fehr gut dargeſtellt ift, 
und daß fie nicht nur in Preußen, fonbern aud im ganzen 
nördlichen Deutfchland, ſowie in den ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen, 
welche fämmtlich eine ähnliche Flora haben, die Kenntniß vater: 
Iändifcher Pflanzen zu verbreiten in hohem Grabe geeignet fint. 

‚ ich kenne kein anderes Kupferwerk, welches zu gebachtem 
wede in den erwähnten Ländern gleidy brauchbar und zugleich 
u fo mäßigem Preife zu erhalten wäre. Auch höre ich von 

Km, die in meiner Nähe das Merk befigen unb benugen, daß 

fe ſich dadurch in Grmangelung einer größern botanifchen Bis 

vᷣliothek wefentiich gefördert fehen. ' 

Königsberg, im December 1832. 

Prof. Dr. Ernft Meyer. 








Im Verlag bes Unterzeichneten ift nunmehr vollftändig er: 
ſchienen und zu ben beigefegten Preifen in allen Buchhandluns 
gen zu haben: - , 

Corpus poetarum latinorum, 
uno vol. absolutum. Cum selecta varie- 
tate lectionis et explicatione brevissima, 
'edid. Dr. G. E. Weber. 95 Bog. Royal 8. Cart. 

Auf weiß Druckppr. 12 Fl., oder 6 Thlr. 18 Gr. 

Auf fein Belindrudppr. 15 Fl., oder 8 Ihle. 12 Er. 
(Die frühern Gubfcriptionepreife find hiermit erloſchen.) 


.. Dieſe Sammlung ber r8miſchen Dichterwerke 
bedarf, ihrem Inhalte nach, keiner weitern Empfehlung. Der 
Herausgeber uͤbrigens, als tuͤchtiger Philolog bekannt, hat die 
‚beten Editionen dem Abdruck zum Grunde gelegt, bie Werte 


der 23 Dichter mit einem fortlaufenden Eritifchen und erklaͤren⸗ 


— — — — 


v 


den Sommentare verfehen, und bie Biographien ber Autoren, 

fowie ausführlidge literariſche Notizen über die verfähiebenen 

Ausgaben ihrer Werke, beigefügt. Der unterzeichnete Verleger 

bat feinerfeits für fhönen Drud und hoͤchſte Gorrectheit Sorge 

getragen, und glaubt baher die nun vollftändige Werl mis 

Recht der Theilnahme des Publicums empfehlen zu bürfen. 
Brantfurt a. M., im SIanuar 1833, 


Heine Ludw. Broͤnner. 


(Wohlfeile Taschenbücher; alte Jahrgänge.) 
VIELLIEBCHEN,. 


Historisch-romantisches Taschenbuch von A. von Trom- 
litz. Wir haben die frühern fünf Jahrgänge dieses 
Taschenbuchs, jedes enthält 8 Kupfer (oder Stahl- 
stiche), 1828, 1S29, 1830, 1831, 1832 im Preise 
herabgesetzt und verkaufen sie zusammen genommen 
mit 2 Thir. 16 Gr. Allein genommen den Jahr- 
gang 1829 à 12 Gr. — 1830 u. 1331 à 15 Gr, 
1832 à 1 Thlr. 6 Gr., wofür sie in allen Buch 
handlungen zu haben sind. 

Industrie- Comptoir in Leipzig 


(Baumgärtner) 


EEE 

Berlin, im Verlage von Duncker und Humblot 
ist soeben erschienen und in alien Buch- und Kunsthandlun- 
gen des In- und Auslandes zu haben: 


Sammlung architektonischer Entwürfe von Schinkel, 


enthaltend theils Werke, welche ausgeführt sind, 
theils Gegenstände, deren Ausführung beabsichtigt 
wurde, bearbeitet und herausgegeben von Schin- 
kel. Neunzehntes Heft, 3 Thlr. 
Auch mit dem Titel: 

Sechs Entwürfe zu einem Denkmale für Friedrich dem 
Grossen; entworfen und herausgegeben von Schin- 
kel. 3 Thir. 


Sn ber J. ©. Gotta’fhen Buchhandlung in Stott⸗ 
gart und Tübingen ift foeben erſchienen und durch alle 
Buchhandlungen zu beziehen: 

Topographische Karte von Würtemberg, nach der neuen 
Landesvermessung im —— Massstabe. Nr. 9 oder 
Schichte IX. No. 6, enthaltend: Biberach, Buchan, 
Waldsee; und No. 10 oder Schichte XI. No. 5, 
enthaltend: Friedrichshafen. Ladenpreis 2 Fl. 8 Er. 
Subscriptionspreis 1 Fl. 12 Kr. 

Die früher erfchienenen Blätter enthalten: Nr. 1. Tuͤbin⸗ 
gen; Nr. 2. Urach; Nr.8. Blaubeuren; Nr. 4. Bahlingen; Nr 5. 
Saulgau; Nr.6. Ehingen; Nr.7. Ulm, und Nr. 8. Wilhelmelird,. 
eh TFT a NN 


Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten: 


Converſations⸗Lexikon 


er 
neueften Zeit und Literatur 
| Eifteg Heft. 


Heidegger bis Zuſſein. 
Jedes Heft Eoftet 
auf weißem Drudpapler 6 Gr., 
auf gutem Schreibpapier 8 Gr., 
auf ertrafeinem Velinpapier 15 Gr. 
Leipzig, 20. Sanuar 1833. 
Ä % A. Brockh aus. 


— — — — — 


LSiterariſcher Anzeiger. 


(Zu den bei 3. %. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitſchriften.) 


1833. Nr. V. 


Diefer iterarifhe Anzeiger wird den bei F. X. Brodhaus in Leipzig erfcheinenten Zeltfchriften: Blätter für literas 
riſche Unterhaltung, Iſis, fowie der Allgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigelegt oder beigeheftet, und betra: 
gen bie Infertionsgebühren für bie Zeile 2 Er. ” 











Ankündigung 
Einlabung zur Sußfrription. 
Die 


europaͤiſchen Verfaffungen 
feit dem Jahre 1789 
Ä bis 
auf die neuefte Zeit. 
Mit gefchichtlichen Einleitungen und Erläuterungen 


Karl Heinrich Ludwig Pölit;. 


Zweite, neu geordnete, berichtigte und. ergänste 
Auflage. 
In drei Baͤnden. 


Erſter Band, die gefammten Verfaſſungen des deutſchen 
Staatenbundes enthaltend. 


Zwei Abtheilungen. 
Gr. 8. 782 Bogen auf gutem Druckpapier. Subſerip⸗ 
tionspreis: 4 Thlr. 20 Sr. 


Beipzig, bei 8. A. Brodhans. 


Unter dem Zitel: ‚Die Gonftitutionen ber europäifcken 
Etaaten feit ben legten 25 Jahren”, gab Herr Geheimrath und 
Profeſſor Pdlid zu Leipzig in ben Zahren 1817—25, body 
ohne damals fi zu nennen, bei bem unterzeichneten Verleger 
ein Werk in vier Bänben heraus, das bie gefammten neuen eus 
ropäifgen Berfaffungen feit ber franzöfifchen evolution bis 
zum Sahre 1824 umſchloß. Das in den legten Sahren neu er 
wachte Intereſſe für conflitutionnelles Leben hat den Vorrath 
der erften Auflage bald erfchöpft; Herausgeber und Berleger 
beabfichtigen daher jegt eine zweite, neu geordnete, bes 
rihtigte und bis zum Sabre 1832 fortgeführte 

‚ Auflage erfcheinen zu laffen. Die neue Anorbnung bed 
Werkes beruht darauf, daß bie einzelnen Reiche und Staaten 
nad ihren Berfaffungen aufeinander folgen, ſodaß 3. B. 
ſaͤmmtliche Verfaſſungen innerhalb des beutfchen Bundes, fowie 
fümmtlidhe in Frankreich, den Niederlanden, Polen ꝛc. nach⸗ 
einander ins Leben getretene Berfaffungen auch unmittelbar 
nacheinander dargeftellt werben. Die Berihtigungen wer: 
ben theild bie gefchichtlichen Ginleitungen, theild bie Reviſion 
bes abgedruckten Textes betreffen. Die Ergänzung endlid 
ift dafür beftimmt, daß alle Teit dem Jahr 1824 erfchienene 
Berfoffungsentwürfe und Verfaſſungen bis zum Jahr 1882, 
auf gleiche Weife wie in ber erſten Auflage, mit gefdichtlichen 
Einleitungen bevormwortet werben follen. Die nad bem been 
digten Drude eines Bandes erfcheinenden Verfaſſungen follen 


\ 





entweber beim britten Bande ober in Supplementheften nd 
geliefert werden. Die amerikaniſchen Verfaffungen werden ſpaͤ⸗ 
ter, foba'd das conftitutionnelle Leben in ben neuen Staaten 
dieſes Erdtheils feft begründet fein wird, erfcheinen. 

Durch eine veränderte Oruckeinrichtung — für die Einlei⸗ 
tungen, für die beftehenben und für die erlofchenen Verfaffungen 
werden breierlei Lettern genommen — wird es möglidy wer: 
den, die geſammten bereits in bie erfte Auflage aufgenommenen, 


wie die neu erfdhienenen Verfoffungen in drei Bände zuſam⸗ 


menzudrängen, von denen der erfte 
die fämmtlichen erlofchenen und beftehenden Berfaffungen 
bes deutſchen Staatenbunbes 

enthalten wird, worauf im zweiten Bande 
die franzoͤſiſchen, italieniſchen, nieberländi: 
Then, ſpaniſchen und portugiefifchen, 

und im britten 
bie übrigen neueuropäifchen Verfaffungen (Polens, 
Schwedens, Norwegens, Griechenlands :c.) 
folgen follen. 

Ueber die Wichtigkeit biefed Werkes für Staatsmaͤnner und 
Landtagsdeputirte, das in ber zweiten Auflage, die wir hiermit 
ankündigen, alle erloſchene und beftchende Werfaffungen enthält, 
ift es überflüffig, etwas zu bemerken, und der berühmte Name 
des Herrn. Herausgebers bürgt bafür, daß bie fo wefentlichen 
geſchichtlichen Einleitungen befriedigend abgefaßt fein werben. 

Der unterzeichnete Verleger rechnet auf. eine große Theil: 
nahme des Publicums; ber Bogen wird daher im Subſcrip⸗ 
tionspreife nur. 14 Gr. Eoften. Der erfte Band erfdeint 
foeben und die übrigen zwei Bände werben im Laufe bed Jahres 
beenbigt werben. 


Sn allen Buchhandlungen bes Sn: und Außs- 


landes wirb Subfcription angenommen. 
Leipzig, im Bebruar 1883. 
5% Brockhaus. 





Bei Craz und Gerlach in Freiberg find erfchlenen 
und durch alle Buchhandlungen zu erhalten: 
Freiesleben's, 3. E., Magazin für die Oryktographie 

von Sachſen. Ein Beitrag zur mineralogifchen Kennt⸗ 
niß diefes Landes und zur Gefchichte feiner Mineralien. 
5tes Heft. Broſch. 22 Gr. Preis des Iſten bis 
Aten Heftes 3 The. 12 Gr. 

Lampadius, W. A., Ueber den Schwefelalfohol, nam: 
lich über deſſen Entdedung, Zubereitung und Eigen: 
fhaften, vorzuglich Uber deffen Anmendung in der Arz⸗ 
neikunde. Zweite, mit neuen Erfahrungen bereicherte 
Auflage. Broſch. 6 Sr. | 

Jahrbuch für den Berg: und Hüttenmann auf dad Fahr 
1833. Herausgegeben bei der koͤnigl. Bergakademie 
zu Freiberg. Broſch. 46 Gr. 

Freiberg, den liten Februar 1838, 
| Graz und Gerlad. 


[2 


Anzeige für das deutſche Leſepublicum. 


Von den 
Leipziger Kesefrüchte. 
in den beſten literzruͤcen Fruchtgaͤrten des In⸗ und 


Auslandes. 
Herausgegeben 
von 


o 
Dr, tarl Greif. 
— auch für 1833 in Leipzig regelmäßig alle Wochen 
zwei Bogen in gr. 4. auf weißen Drudpapier. Der billige 
Preis eines Quartals iſt 1 Shlr. 6 Gr., wofür es von allen 
Poſtaͤmtern, Buchhandlungen und fonfligen literarifchen Inſtitu⸗ 
ten Deutfchlande und ber angrenzenden Länder zu beziehen if. 

Da bie Lefefrühte eine Ausmahl bes Beften aus cis 
nee Menge von Büchern und Journalen enthalten, fo möchten 
fie unftreitig wol die anziehenbfte und geiſtreichſte Lecture für 
alle Stände bilden. Um ben Reichthum ber Wittheilungen ans 
zubeuten, folge Hier Lie Angabe eines Theils vom Inhalte der 
erfien 4 Wochenlieferungen des zweiten Jahrgangs für 1833, 

Snbalt der erfien 8 Nummern. 

a) Die Eingemauerte. Erzaͤhlung in Briefen von Joh. 
Grafen von Mailath. b) Das Stiergefeht in Aranjuez. c) 
Molord Shirley als Scharfrichter. d) Begräbniffe in Reufees 
land. e) Sklaverei in England, f) Kaifer Paul's nächtliche 
Jagd in Chautilly. g) Jordan, ber Volksmann; eine biogras 
phifche Skizze. bh) Die Naturtöne und ihr Werhältniß zur 
Muſik. D Die Beſtechung bes Himmels. k) Der elegante 
Jude. 1) Leben in London. m) Geremonie bei Pafflrung bes 
Wendekreiſes. n) Die Rache in Balkavargna. Gine Novelle. 
o) Ein Zagbabenteuer in den Bergen ber Fuvergne. Erzaͤh⸗ 
lung aus Forget me not, 1833. p) Die Entfuͤhrung einer 
Nonne. q) Das Schwedenloch, ober bas aufgefunbene Skelett 
aus bem dreifigjährigen Kriege. 

@. 9. 8. Hartmann in Leipzig. 


m vvvv⸗ 
Bei Goedſche in Meißen if erſchienen und in allen 
Buchhandlungen ht haben: 


Deitreih wie es tft. 


Gemälde von Hans Normann. 
2 Bande, Pr. 2 Thlr. 20 Gr., auf Belinp. 3 Thlr. 8 Sr. 


Der Berfaffer, ein ausgewanderter Deftreicher, ber bie 
innen Berhältniffe feines Vaterlandes genau kennt und freimuͤ⸗ 
tbig wuͤrdigt, gibt in biefee hoͤchſt intereffanten Schrift ein 
treues Gemälde dieſes merkwürdigen Staats und Auffplüffe 
über bie no immer im Auslande verfannte Lage ber Propins 
zen, bie Volksbildung, öffentliche Meinung und ſtatiſtiſchen Ber: 
hältniffe, welche bisher geheim gehalten wurden. Angiehenbe 


Drſteilung und gewanbdter Styl, verbunden mit der fletö her | 


vertretenden intereflanten Gubjectivität des Verfaſſers, kuͤhner 

Humor und ebles Gefühl, find die Merkmale diefer außerordent⸗ 

lien Grfcheinung. 

Der erſte Band enthält: ’ 
Die oͤſtreichiſchen Länder und Voͤlker 

Prognoſe. Gemaͤlde von. Deſtreich. Tirol. Steiermark. Graz. 
Juyrien. Trieſt und ber öftr. Seehandet. Das lombardiſch⸗ 
venetianiſche Koͤnigreich. Boͤhmen. Mähren und Schleſien. 
Galizien. Ungarn. Die dſtreichiſche Armee. 

Der zweite Band enthält 
Wie es if. 

Geſchichte dee Entſtehung Wiens. Topographiſches Bemälbe. 
Der E. k. Hof. Kaifer Franz und Karoline. Erzherzog Jo⸗ 
hann. Der Herzog von Reichſtadt. Der Abel. Deffenzliche 
Stimmung. Geiflesthätigkeit. Die dfir. Literatur. Die 

er Literatoren. Die geheimen Literatoren. Die gelehrten 
Aroddeln. Die Univerfität. Die Police. Gharaftergemälbe, 





Das ſchoͤne Geſchlecht. Krankpeiten. Kleldertrachten. Rabs 
sung. Die wiener Mundart. Bollepoeſie. Kunfk und Kunft: 
fin. Wiener Volkslieder. Der Yöbel. Zitel. Freudenmäd⸗ 
en. Theater. Der Faſching. Ballrevne. Abenbunterhals 
tungen in Privatgefellfpaften. Gpaziergänge. Das Lerchen⸗ 
feld. Ottakraͤn. Die Keller in Wien. Der Wurfliprater, 
noble Prater, Augarten, Brigittenau. 


Der TShierarzt 
als Rathgeber bei allen Krankheiten ber Pferde, Rinder, 
Schafe, Biegen, Schweine, Hunde, Katzen unb bes 
Seberviches. 
Ein Handbuch zur Belehrung für Landwirthe und VBiehbejiger 
jeher Art von 


Dr. & % Schrader. 
2 Theile. 520 Seiten. Geh. 4 The. 20 Gr. 
Landwirthe, Pferdes und Biehbefiger aller Art finden darin 
ein vollftändiges Handbuch, in welchem fie über alle 
bei ihrem Viehe vortommenden innerlihen und Außerlis 
hen Krankheitszufäle, deren Zeichen, Vorboten, bie Mittel, 
ihnen vorzubeugen, ober im Keime zu erſticken, ober beim voͤlli⸗ 
gen Ausbruche zu heilen, Belehrungen erhalten, um bas, ſchon 
wegen vielen Koften nicht ausführbare, Herbeiholen entfernt 
wohnender Ihierärzte erfparen zu können. — Bel einem foldyen 
Wegweifer Tann überhaupt Jeder mit eignen Augen fehen, 
ſeldſt urtheilen, und braudt fi auch nicht unwiffenden 
Pfuſchern anzuvertrauen. Doppelte alphabetifche Regifter über 
die Kmnkheiten und bie dagegen an en Mittet und 
Recepte erleichtern den Gedrauch bes’ Buches, 


Terpſichore, 
oder Muſeum der neueſten Modetaͤnze. 
Eine miuſikaliſche Zeitſchrift für mittiere Pianoforteſpieler. 
Herausgegeben von J. Haͤuſer. 


1833. 5ter Jahrgang in 6 Heften. 1 Thlr. 

Jeder Zahrgang bdiefer mit fo vielem Beifall ſchon feit 
5 Jahren aufgenommenen muſikaliſchen Zeitſchrift enthält an 
120 der neueften beliebteften Tänze für einen fehe geringen Preis. 


Allgemeine 


Weltgeſchichte in Bildern, 
Bildergalerie zur Weltgeſchichte 


von den fruͤheſten Zeiten bis zum Jahre 1832. 
Nebft einem 
Lehrbuche der allgemeinen Weltgefchichte 
und erfäuterndem Zerte zu ben Abbildungen. 
iftes Heft ſchwarz 4 Gr., illuminirt 8 Gr. 
Diefelbe Ausgabe ohne bad Lehrbuch ber 
Weltgeſchichte 
1ftes Heft ſchwarz 3 Gr., illuminirt 7 Er. 


Letztere Ausgabe ift befonders für Diejenigen be 
ſtimmt, weiche ſchon im Beſitz einer Weltgefchichte find. 

Bei der jest ſtets rege vorwärts ſchreitenden Bilbung aller 
Stände findet namentlih das Stubium ber Gefhidhte 
immer mehr Freunde und Anhänger, und verdient bies bei fei- 
nee großen Wichtigkeit in Bezug auf geiftige Freiheit unb Aufs 
Märung. — Das Auffaffen und Feſthalten geſchichtli 
fachen und Erzaͤhlungen wisd durch bildliche Darftellung berfels 
ben bem Gedaͤchtniß fehr erleichtert, um fo mehr wirb allen 
Freunden biftorifcher Lecture, forwie der Jugend biefe Bilder⸗ 
galerie willfommen fein, worin, nach Auswahl eines fehr geadhe 
teten Lehrers der Geſchichte, die Hauptmomente berfelben bild⸗ 
lich dargeſtellt werben. 


⸗ 


- 


Jedes Heft beider Ausgaben enthält nebſt Text & ganz 
vorzüglich gezeichnete und lithographirte Abbildungen auf ſchoͤ⸗ 
ned Belinpapier. Das Ganze wirb ungefähr aus 20 Heften 


beſtehen unb alle 2 Donate ober 6 Wochen ein ‚Heft erfcheinen. 


Muſikaliſches Lerikon, 


ober Erklärung und Verdeutfchung ber in der Muſik vor⸗ 
kommenden Ausdeüde, Benennungen und Fremdwoͤrter, mit 
Bezeichnung ber Ausfprache, in alphabetiſcher Drönung. 
Gin unentbehrliches Hand» und Hülfsbuh für Muſiklehrer, Or⸗ 
ganiften, Cantoren, ſowie für angehende Muſiker, und überhaupt 
alle Sreunde ter Muſik, welche ſich über bie Ausdruͤcke in ber 
Muſik zu belehren, das Nöthigfie von den Zonwerkzeugen zu 
wiffen und das Wichtigſte von den vorzüglichfien Tonfegern und 
Zonfünftiern ber letzten Zeit zu erfahren münfchen, 

von I. ©. ufer. 

Bioelte verbefferte und fehr vermehrte Auflage. Gr, 8. 
Sch. 2 The. 4 Br. 

Dieſes mufllalifhe Wörterbuch zeichnet fih durch feine 
Reichhaltigkeit und Bollftändigkeit in der Anzahl der Artikel 
und duch Mare Darftelung und Erklaͤrung derſelben aus. — 
Nicht jeder Wufiliebhaber kann ſich große, theure Werte an 
ſchaffen; es war daher ber Zweck bed Verfaſſers, biefen zu ſehr 
billigem Preife ein’ Werk zu liefern, was in gebrängter Darftels 
Iung Alles enthält, was größe Eoftfpielige Werke barbieten. 





Bei Eduarb Anton in Halle ift erfchienen und in als 
len Buchhandlungen zu haben: ' 
Dorom, Dr. Hofr., Altes Grab eines Heerfuͤh⸗ 

vers unter Attila, entdeckt bei Merfeburg. Mit 
2 großen Steindrudtafen. 8. 12 ©r. 

Bernbarby, ©, Dr. Prof, Grunblinien zur 
EncyElopädie ber Philologie. Gr. 8. 27 Bo: 
gen. K Bylr. #2 St. 

Schlieben, W. E. A. v., Kammermth, Staatengeo: 
grapbie der Länder und Reihe von Europa, 
oder Weberficht bes Lebens und Wirken der Völker in 
den einzelnen Staatsverbindungen. Gr. 8. 50 Bo⸗ 
gen. 1 Thlr. 12 ©r. 


Geſchichte des alten Griechenlandd. 


Kür das wichtige Etubium ber Befchichte des alten Gries 
chenlands ift nadhfolgenbes, aus den beften Quellen bearbeitetes, 
wichtige Werk im Verlage bes Unterzeichneten kuͤrzlich erichienen : 
Geſchichte des alten Griechenlands. fer Bd., 

enthaltend die Altefte Geſchichte bis zu der fogenannten 
Wanderung der Deralliden. 2ter Dd., enthaltend bie 
Sefchichte von bee Wanberung der Herakliden bis zum 
Ausbruche bes Perferkriegeb vom Jahre 1000 bis 500 
vor Chrifti. Auch unter dem Titel: Vor⸗ und Urs 
gefchichte ber Hellenen. Bearbeitet von 9. ©. 
Dlaf, Rector der Domfchule zu Verden. 2 Bände, 
1832. Gr. 8. Preis 5 Thle. 

Die Kortfegung beffelben ift unter ber Preffe und wirb ber 


britte Band noch im Laufe dieſes Jahres erſcheinen. 


Leipzig, im Bebruar 1888. 
C. 9. F. Hartmann. 


EEE» 
Deftreihifhe militatrifhe Beitfhrift 1833. 
& ® eft. 

Diefes Heft wird foeben an alle Buchhandlungen verfenbet. 


Es enthält folgende Auffäge: I. Die Groberung Manheims 
durch den kaiſ. öftreich. General der Gavalerie Grafen Wurm: 


hält biefeiben um ein 


fer, im November 1795, Nach oͤſtroichiſchen Originalquellen. — 
If. Die Maas. Cine topographiſche geſchichtliche Skizze. — 
IL Der Feldzug bes k. k. Feldzeugmeiſters Prinzen von Sach⸗ 
fen » Hildburghaufen 1737 in Bosnien. Rach öftreichifchen Ori⸗ 
ginalquellen. — IV. Biographiſche Skizze bes E. k. Hofkriego⸗ 
rathöpräfidenten, Feldzeugmeiſters Grafen Ignaz Gyulai. — 
V. Literatur. — VI. Die neueften Militairveränderungen. 

Für den Preis von 8 Thlr. Saͤchſ. Tann fowol ber Jahr⸗ 
gang 1833 als auch jeder der frühern Zahrgänge durch alle 
Buchhandlungen bezogen werben. 

Im Laufe eines jeben Wonats erfcheint regelmäßig ein Heft. 

Wer bie Zahrgänge 1818 — 82 auf Einmal abnimmt, er: 
iertel wohlfeiler als ber Labenpreis'ift. 
Wien, ben Laſten Sanuer 1833. 

% ©. Heubner, 
Buchhändler. 





Im Verlage ber Abminiftration ber &. Muͤller' ſchen 
Buchhandlung in Mainz ift foeben erfchienen und in allen 
Buchhandlungen zu haben: 

Demoire 
über bie Sefangenfhaft 


ber Frau Herzogin von Berti, 


von 
dem Bicomte F. %. von GEhateaubriand. 
Aus dem Franzoͤſiſchen 
von 


Dr. Nenrrohr, 
pe an in $burg. 
Behr tet. 54 — 

Die einfache Anzeige bes Erſcheinens dieſer neueſten Schrift 
aus der beredten Feder eines bes ge ſten eusopäifchen 
Publiciſten genuͤgt, alle Freunde der Zeitgeſchichte auf dieſelbe 
qufmerkſam zu machen. 

Wir benugen diefe Gelegenheit, eine verwanbte Schrift befr 
kin Verfaſſers aus unferm Verlag in Grinnerung zu bringen, 


8 

„Denkwuͤrdigkeiten, Briefe und Urkunben, das Leben und den 
Tod Sr. koͤnigl. dohrit des Herzogs von Berri betref⸗ 
fend. uberfegt von U. MB und R. Weis.” Gr. 8, 
Sch. 1 1. 50 Kr. 


Berlin, im Verlage von Dunder und Humblot if 
foeben erſchienen und in allen Buchhandlungen des Ins und 
Kuslanbes zu haben: 
Neue Beiträge zur Kenntniß des gewerblichen und coms 

merciellen Buftandes ber preußifhen Monarchie. Aus 
amtlichen Quellen. Bon C. W. Ferber, k. pr. 
geh. Oberfinanzrathe. Mit 13 Tabellen. Gr. 8. 
1 Thlr. 16 Gr. | 

Diefe Mittheilungen aus amtlichen Quellen legen bie Fort» 
f&gritte bar, weidye Preußens Handel und Gewerbe in ben Jah⸗ 
ven 1829 — BI gemadt haben. Die gute Aufnahme, weldye 
bie frübern, 1829 erfchienenen Beiträge fanden, werben dieſe 
neuen um fo mehr erbatten, als fie noch reicher als jene an 
wefentlichen Materialien zur Beurtheilung bes gewerblichen Zus 
ftandes des preufifgen Staats unb feines Handels find. 


Anzeige für das gefammte deutſche Lefepublicum. 
Bon tem Journale: 


unser Blanet, 
Blätter für Unterhaltung, Beitgeldjichte, Literatur, Kunſt 
und Xheater, 
erfcheinen in bee bereits früher angezeigten und bekannten Gin» 
richtung auch für 1835 im Werlage bes Unterzeichneten und 





unter der Mebaction des Herrn Dr. Bönecke, eines ber Lefe 
welt bereits vortheilhaft befannten Gelehrten, woͤchentlich fe che 
Nummern in 4. auf feinem Patentpapier. Der Preis des 
Quartals ift 2 Thlr. 18 Gr., wofür man ben Planeten durch 
alle Poftämter, Buchhandlungen und fonftige ‚literarifche Inſti⸗ 
tute Deutfchlands und des Auslandes beziehen kann. 

Naͤchſt dem jederzeit hoͤchſt mannichfachen und forgfältig 
ausgeflatteten Unterhaltungsblatte, dem Literaturs und Kunft: 
blatte, dem Theaterblatte, maden wir noch befonbers auf 
zwei fortlaufende Rubriken diefes Zournals aufmerkfam, welche 
den Werth und das eigenthämliche Intereſſe deſſelben noch fteis 
gern. Diefe find: a) Eine Reifezeitung; b) Neueftes 
Leben und Zreiben aufunferm Planeten. Die lc 
tere enthält Gorrefpondenzberichte aus allen größern Staͤdten 
Deutſchlands, eine fortgefegte Charakteriftil ihrer Bewohner, 
Bitten und Borfallenheiten. 

Schließlich werbe noch bemerkt, baß alles Zheatralifche und 
Oramaturgiſche in das Theaterblatt verwielen und diefes ſonach 
einen ganz eigenthümlichen, für Schaufpieler und Kunftliebende 
vorzüglich berechneten Werth beſitzt. 

Bielfache öffentliche Urtheile haben entſchieden, daß fich der 
Planet würdig an die Seite ber beften aͤſthetiſchen Blätter 
Deutſchlands anfchließt. 

C. H. 8. Hartmann in Leipzig.- 





Bei 3. G. Heubner, Buchhändler iu Wien, ift foeben 
erſchienen und an alle Buchhandlungen verfendet worden : 


Zeitschrift 
a für 
Physik und verwandte Wissenschaften. 
Herausgegeben 

vom Professor A. Baumgartner. 

2ter Band erstes Heft. 

Inhalt: I. Ueber bie neuerlihft bei Magdeburg zufällig 
aufgefundene problematifhe Wetallmaffee Rom Director von 
Schreibers. — II. Merkwuͤrdiger Sternſchnuppenfall, beobach⸗ 
tet vom E. k. Bezirksarzte M. D. Rohrer. — III. Syſtem ber 
ungemengten gasfaͤhigen Körper. Vom Prof. Zennek. — 
IV. Ueber die Erzeugung eines dem chineſiſchen ganz gleichen 
Zinnobers. Vom E. E. Bergrathe und Prof. Wehrle. — 
V. Notizen über die Gewinnung der bei Verkohlung bes Bolzes 
in Meilen oder Haufen fich bildenden Gfligfäure, ohne Ans 
wendung von Thermolampen oder andern Apparaten. Won 
Ebenbemfelben. — VI. Bemerkungen zu ber im Band I. dieſer 
Zeitfchrift enthaltenen Analyfe des Meteoreifens v. Bohumiliz. 
Vom Dr. Ritter v. Holger. — VII. Befchreibung eines Ardos 
meterdö mit zwei Grabdleitern. 
VII. Ueber die Verfertigung eines Aräometers, weldyes das 
fpecififhe Gericht tropfbarer Flüffigleiten bis auf 0,0001 unb 
barüber anzugeben vermag. Von Gbenbemfelben. — IX. Ueber 
Kartenprojectionen. Bon 3. 3%. Littrow. — X. Ueber Littrom’s 
Problem. Bom Hofrath ©. H. Munke. — XI. Ueber den 
Bau ber Gentralalpenkette im Herzogthume Salzburg. Bon 
3. Ruffegger. — XII. Eiterarifche Notizen. — Meteorologifche 
Beobadytungen. Geptember. Dclober. November. 





Neue Verlagswerke von Boike in Berlin: 

Aurelius Victor, Sextus, de viris illustribus urbis. Romae. 
Mit Anmerkungen und einem vollständigen Wörterverzeich- 
nisse für Schulen, herausgegeben von Dr. Brohm. Zweite, 
durchaus umgearbeitete Ausgabe. : 10 Gr, 

Hertwig, Dr. C. H., Praktische Arzneimittellehre für Thier- 
ärzte. 4 Thir. en , 

Lüdersdörff, Dr. F., Das Aufidfen und Wiederherftellen bes Fe⸗ 
derharzes, genannt: Gummi elaſticum; zur Darftelung lufts 
und waflerdichter Gegenftände u. f. w. 8 Gr. 

Pfeil, Dr. W., Reue vollftändige Anleitung zur Behandlung, 
Benugung und Schaͤtzung der Forften. Gin Handbuch für 
Sorftdefiger und Forſtbeamte. Fünfte und legte Abtheilung, 


Bon 3. N. Planiawa. — |. 


die Jorſttaxation enthaltend. Zweite Ausgabe. 2 Thlr. 18 Er. 
(Die 4 erften Abtheilungen Eoften 7 Ihir. 12 Sr.) 
Gammlung der Provinzials und fatutarifhen Geſetze in ber 
preußifhen Monardie. Rad Anleitung der Provinzial: und 
flatutarifchen echte des Juſtizminiſters Dr. v. Kamps. 
Zweiter Band, die zweite Abtbeilung der brandenburgiſchen 
Provinzialgefege vom Jahre 1701 —77 enthaltend. Sub⸗ 
fer. 9r. 2 IHlr. 20 Er. 
Balentini, Gener.:Lieut. Freih. v. Die Lehre vom Krieg, in 
4 Bänden mit 56 Planen. Neue wohlfeile Ausgabe. 9 Thlr. 
Wörterbuch, Encyklopädisches, der medicinischen Wissen- 
schaften. Herausgegeben von den Professoren der medi- 
einischen Facultät zu Berlin: Dr. W. H. Busch, C. FE. v. 
‘Gräfe, C. W. Hufeland, K. A. Rudolphi, H. F. Link. 
Achter Band. (Cirillo’s Salbe bis Crocidismus.) Subser.- 
Pr. 8 Thir. 8 Gr. 


ee | 

In 4. E. 8. Struve's Buch: und Muſikalienhandlung 
zu Berlin ift foeden erfchienen und an fämmtliche Buchhand⸗ 
lungen Deutfchlands und der Schweiz verfandt worden: 


Hoͤrſchelmann's, Aug., Handbuch der Geographie, nad) 
den neueften Anfichten für gebildete Lefer, Gynma⸗ 
fien und Realfchulen bearbeitet (in Einem Bande, mit 
einer tabellarifcyen Ueberfiht der europäifhen Staaten, 
in Anfehung ihrer Verfaſſung, Regenten, Titel und 
Orden). Gr. 8. 40 Bogen ftark. Cart. 1 Thlr. 8 Gr. 


Em. 
In meinem Verlage ift erfchienen und durch alle Buchhand⸗ 
lungen zu beziehen: 


Meine Reifetage 


Deutfchland, Frankreich, Stalien und 
der Schweiz. - 


Von - - 

Dr. Wolbemar Seüffarth. 

4 Bünde. 8. Preis 5 Thlr. 12 Sr. 

Die reichen Betrachtungen über Länder, Völker, Menſchen, 
politische und gefellige VBerhältniffe des In⸗ und Auslandes, 
welche ber Herr Verfaffer mit feltenem Geiſte und in einer 
hoͤchſt anziehenden, humoriftifchen Darflellungsweife bier wieder: 
gibt, und die eingefireuten Iaunigen und ernflen perſoͤnlichen 
NReifeabenteuer geben biefem Werke fowol ein allgemeines politi- 
ſches und wiffenfchaftlidhes, als auch ein befonberes, unterhals 
tendes Intereffe, und eignen es zu einer gleich bildenden wie 
anziehenden Lecture. 

8.9.8. Hartmann in Leipzig. 
Allgemeine Encyklopädie 
‘ der Wissenschaften und Künste 

vn Ersch ud Gruber. 

Es iſt wieder von jeder der drei Sectionen, in be: 
nen biefes Merk erfcheint, ein Theil fertig geworden 
(25. 23 der erften, Th. 9 der zweiten, Th. 3 ber 
dritten Gection) und an alle Buchhandlungen und 
Subferibenten verfandt, und es find num feit Ende 1831, 
wo ich den Berlag der Encyklopaͤdie übernommen, im 
Ganzen ſechs Theile geliefert worden. Den frühern 
Abonnenten, denen eine Reihe von Bänden 
fehlt, und Denjenigen, bie als Abonnenten 
auf das ganze Werk neu eintreten wollen, 
werden die billigfien Bedingungen geftellt. 

Zeipzig, im Februar 1833. | 

% 4. Brodhaus. 





TO nd 





[ 





- giteratifger Anzeiger. u 


G6Gu den bei 3 -d, Brochaus in Leipzis eiſcheinenden Zeitſchriften.) 





EBss Ne VI. 


Die eiterarifihe Anzeiger wird ben or 7 A. Brockhaus in 


Leipzig ericheinenden Beitfhriften: Blaͤtter für literas 


riſche Unterhaltung, Sfis, fowie der Allgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigrlegt oder beigeheftet, und betra⸗ 





” —aus dem, 


gen bie Se für bie Zeile £ Ar. 






Berszeibnit 


gebaltvoiter und empfehlungsiwerther Basen E u 


Dertage 


- Karl Wilhelm Leoͤke in Darmſtadt 
. welche auf unbeflimmte Zeit zu herabgeſetzten Preifen | 
buch alle Buchhandlungen zu beziehen find. 





‚Almenbingen, 8. H., Rorträge über den Godex Napoleon und 
feine organifdhen Umgebungen. 3 Bde. Gr. 8. 1811 
und 1817. 9 Thlr. 8 Gr, ober 6 5. Herabgeſetzter Preis 
1 Ihr. 16 Gr., oder 3 

Deffen officit wiffenfaftich Borträge Über den Gober Na; 
poleon. 3 Bde. Gr. 8. 1812—13. Sonſt 2 Thlr., oder 
3 Fl. 86, Kr., jest 1 Ste * 1 51. 48 Kr. 
Aufklaͤrungen über Begebenheiten ber neuern Beit. Weberfeguns 

- gen und Auszüge aus Werken des Auslandes. Ifter bis KterWb. 
1825—27. 8. Geh. Compl. 5 Ihr. 8 Gr., ober 9 Fl. 
20 Kr., jet 2 Thlr., oder 3 Fl. 36 Kr. . 

Bauſſet, 8. 5. 3. v., Denkwuͤrdigkeiten und Anekdoten aus 
dem Innern bes Faiferl. Palafles, und einige Begebenheiten 
während der Kafferregierung vom 3. 1805 bis zum 1. Mai 
1814. Gin Beitrag zur Geſchichte Rapoleon’s. 
Sranzöfifhen. 2 Bände in 4 Abtheilungen. 18238. Gr. 12. 
Seh. 2 The. 16 Er., ober 4 ZI. 40 Kr., jept 1 Ihle.,“ 
ober 19.485 K 

Deffen fortgefente Denfiwärbigfeiten und Anekdoten aus bem 
Innern des kaiſerl. Palaſtes. Gin Beitrag zur Geſchichte 
Napoleon’s und feiner Zeit. %. d. Franz. ifter und Zter 
Be Gr. 12.. 1829. Geh. 2 Thir. 8 Gr., oder 4 Fl., 

et 1 Thlr., ober 1 51. 48 K. 
— fuͤr die — 2 echtewiffenſchaft und Kritik. 
Herausgegeben von Almendingen ıc. 14 Hefte Gr. 8. 
BEL 6 Mr. Thlr., oder 12 Fl. 86 Kr., jest 2 Thlr., ‚oder 

Bignon, Geſchichte von Frankreich, feit bem 18. Brumaire 
(November 1799) biß Ende 1802. Aus dem Franzöf. über 
fegt von Th. v. Haupt. 2 Bände. Gr. 8, 1830 und 1831. 
2 Thlr. 12 Ser ober & #1. 80 Kr., jest 1 Thlr. 6 Gr., 
ober 2 Fl. 15 | 

Blunt, J., — * alterthuͤmlicher Sitten und Gebraͤuche in 
dem romiſch· batbouſchen eBottesbienft, befonders in Statien 
und GSicilien. %. d. Engl. 8. 1826. 18 Gr., oder 1 1. 
20 Kr., jest 8 Gr., oder 36 Kr. 

Bouilly, Gelciäthen für meine Tochter; frei überfest von 
4. v. Kopebue. 2 Bde. Sonft 2 Thlr. 16 Gr., oder 4 I. 
48 Kr., jest cartonnirt 1 Thlr. 12 Br., oder 2 Kt. 42 Kr. 

‚ Friederike, geb. Münter, Neue Gedichte, mit Vignet- 
ten. Auch unter dem Titel: Gedichte, 2ter Band. Gr. 8. 
1812. Brosch, 

Velinpapier 2 Thrr., oder 3 FL 86 Kr., jetzt 1 Thlr, 

oder 1 FL 43 K 


— — 


Aus dem |. 





Schreibpapier 1 Thlr,, oder 1 Fi. 48 Kr., jetzt 12 Gr., 
‚oder 54 Kr. 

M. T. Cicero de oratore ad Quintum fratrem libri tres. 
Recensuit ©. M. Müller. 8. maj. 1819. Gonft 3 The / 
8 Gr., oder 6 Fl., jept 1 Thlr. 16 Gr., oder 8 Fl. 

Creuzer, Fr. (grossherzogl. bad. Geheimrath und Professor 
der alten Literatur zu Heidelberg), Symbolik und My- 
thologie der alten Völker, besonders der Griechen. 
ister bis 4ter Band. Zweite vermehrte und durchaus um- 

“ gearbeitete Auflage. Gr. 8. 1819 - 22. Mit einer Kupfer- | . 
sammlung in 4to. 

Dasselbe Werk Ster und 6ter Band, 1823. Enthaltend die 
‘ Geschichte des Heidenthums von Mone. Gr. 8. Compl. 

24 Thir, 18 Gr., .oder 44 Fl. 

Herabgesetzter Preise, wenn alle 6 Bände zusam- 
men genommen werden, 12 Thlr., oder 21 FL Ein- j - 
zeine Bäpde werden nur zum Ladenpreis abgegeben. - 

Dasselbe Werk im Auszug von G. H. Moser. Gr. 8, 1822. 

4 Thlr., oder 7 Fl. 12 Kr. Herabgesetzter Preis 2-Thlr,, 
oder 3 Fi. 86 Kr. 


Denfwürbigleiten über den Hof Louis Napoleon'e and über 
Holland. Aus dem Franzoͤſ. 2 Bochn. 12. Sch. 
1 Thlr. 8 Gr./ oder 2 Fl. 20 Kr., jegt 12 ee —— 
Denfwürbigkeiten von Joſeph Fouché, Herzog von Dranto. — 
Aus dem Franz. uͤberſ. von Dr. ©. Dambmann. 2 Bde. 
8. 1825. iſter Bb. 1 Thlr. 18 Gr, oder 3 Fl. ter Bd. 
1 hir. 6 Gr., oder 2 1.15 Kr. Beide Bände alfo 3 Ihir., 
ober 5 Fl. 15 Kr. .,‚ jeht 1 Thir., oder 1 Fl. 48 Kr. 
Kranceschetti, Ergeneral, Denkſchrift über bie Greigniffe, welche 
dem Tode Joachim I., Königs Heider Sicilien, vorausgegans « 
gen find, nebſt beigefügter Privatcorrefpondenz diefes Gene: 
rals mit ber Königin, Gräfin von Lipano. Aus dem Franz. 
Gr. 12. 1826. Geheftet 20 @r.,.ober 1 Kt. 50 Kr, jest 
8 @r., ober 86 Kr. 
Georget, Dr., Aerztliche Untersuchung der Criminalprocemse 
von Leger, Feldtmaon, Lecouffe, Jean-Pierre uad Papa- - " 
voine, bei weichen Geisteszerrättung als Vertheidigungs- 
mittel: vorgeschützt wurde u. s. w. Aus dem F'ranzös. 
von D. F. Amelung. 8. 1827. Brosch. 18 Gr., oder 
4 Fl. 20 Kr., jetzt 8 Gr., oder 36 Kr. 
Geſchichte des Königreichs Neapel vom Jahre 1800. bie yum 
Zähre 1820. Nach den Memoiren bes Prinzen Pignatelli — 
Strangoli und andern Originalquellen zuſammengeſtellt von 








u R. 8. 1897, Beh. 1 She. 5 Br.,-ober 2 GL L 
SE ’E 19 Sn, ober 5b K. 

Sirard, P Sheprie des Widerftanbes dee Feften Körper. 
Ein ann der "tt ematifäen Baufunfl. Deutſche Aus⸗ 
gabe von C. Kroͤnke. Ohne Kupf. 41819. Gonſt 
4 Thlr., oder 7 Fl. 12 Kr., jetzt 2 Ihle, ober 3 51.86 £r. 
Kupferabdrüde find nicht mehr vorhanden. 

Gourgaud, General, Napoleon und bie große Atmee in Auf: 
land, zugleich eine kritiſche Beleuchtung und Berichtigung bes 
Werkes des Grafen Ségur. Aus dem Kranz. 2 Ihle. Er. 8. 
1825. Geh. 1 Zhlr. 18 Gr., ober 3 5, jebt 12 Gr, 
ober 54 Kr. 

FE. C., Anleitu gliederungskun 
menschlichen Körpers. Mi lem 1 l1ster Band. 1stes Heft. 
1805. 1ster Band. 2tes Heft, 1906. 2er Band. 1ätes Heft. 
1810. 4. Sonst 4 Thir. 8 Gr., oder * Fl. 86 Kr., jetzt 2 
This 4 Ge, oder 3 Bl. 45. Kr, (Wird esotzt.) 

Hufeland, G, Die Lehre vom Geld und Geldumiaufte. GEr. 8. 
1819. Sonft 2 Thlr. 12 Gr., ober & El. BO Kr., jept 
1 Thlr. 12 Gr., ober 2 SL 42 Kr. 

Häffel, &., Der Staat, die Kirche und die Volksſchule in ihrer 
innern und äußern Sinheit. Gy. 8: 1826 18 Gr., oben 
1 31. 20 Kr., jest 10 Gr., ober 45 ‚Kr. 

Jahrbuͤcher, Zreimüthige, ber —— beat fügen Bolkeſchu⸗ 
len. Herausgegeben von F. * A. J. utel 
Dr. F. 8. Wagner und ©. Schellenderg. iftr Bd. 
1ftes u. 2tes Heft. Br. 8. 1819, Geheftet jedes 1 Ihlr., 
oder 1 WU. 48 Sr. 


Deffelben Werkes Zter Bd. iftes u. 2tes Heft. Br, 8. 1821 
und 1822. Jedes Heft 1.Qpir., ober 1 Fi. 48 Kr. (Beide 
SE PR im herabgefeäten Preis 2 Thlr., oder 

l. 

Kotzebne, Aug. v., Klios Flumenkorbchen, Iſtes bis Stes Bom. 
8. 1814. Geh 5 Thlre. 6 Gr., oder 9 U, jest 8 Thlr., 
oder 5 Hl. 24 Ic 

Deſſelben, Preußens ältere Geſchichte. 4 Bände. Br. 8. 1809. 

Sonſt 8 Thlr., jene, 4 Perg (Binzelne Bände & 1 Thlr. 
12 Gr., oder 2 Fl. 

Kroͤnke, ©., Anleitung * Nnerregullceng. 2 Iheile. Gr. 8. 
unb Fol. 1810 und 1811. Sonſt ar ober 5 Fl. 24 Kr., 
jest 1 Thlr. 12 @r., ober 2 Fl. 

Locre, Geiſt der Ginilgefedgebung —*— ein gan aus ben 
Quellen geſchoͤpfter Sommentar. 4 Bde. Br. 8. 1808—13. 
4* Ihle., oder 7 Fl. 12 Seo, jept 2 Ihlr, oder 3 51 36 Kr. 

2008, Dr. J. %:, ESyſtematifche Beſchrribung der außer Ge⸗ 
brauch —* Arzneimittel. Gr. 8. 1808. 1 Thlr., 
oder 1 Fl. SO Kr., jest 8 Gr., ober 86 Kr. 

Encad, ©., Bon dem Gtraffofteme und ber Abhaltungstheorie 
im Allgemeinen ; von ber Todesſtrafe insbeſondere. Eine ge: 
Erönte Preisfchrift. A. d. Zranz. von C. Samhaber. Gr. 8. 
1 vi ii Gr., ober 3 FL 42 Kr., jett 18 Gr., ober 

Militeirelmanach, Allgemeine, ifter 2 vg. Mit 8 colorirten 
Milltairgruppen und 4 Portalts b tee Generale. 12. 
ie 8 Gr., oder 4 ZI, jegt 1 Thir. 4 Gr, 
oder: 

Monatfcırift für Predigerwiſſenſchaften, ifter bis 6ter Band. 
Herausgegeben von Dr. G. Zimmermann und Dr. X. 8. Hey⸗ 
benrei, 8, 182124. Jeder Band von 6 Heften 2 Thlr., 
oder 8 KL. 86 Ar. 

(Berabgeſetzter Preis aller 6 Bände, womit dieſe Zeitfbrift 
setenoffen if, 4 Thir. 12 Gr., ober 8 81.) 

‚Mond, Er. Geschichte des Heidenthums im. nördlichen 
Berope. * Tbl, Die Beligionen der finnischen, sla- 
wischen usd skandinsvischen Völker. Gr. 8. 1822. 
2 Tür. 6 Gr., oder 4 Fl, 

Desselben Werkes Zter Theil. Die Religionen. der südlichen 
deutschen und. der celtischen Völker. Mit 8 Steindräcken. 
Gr. 8. 1828. 2 Thir. 18 Gr., oder. 4 Fl. 80 Kr. Beide 
Bände 5 Thir., oder 8 FL 30 Kr, jetzt 2 Thir. 12 Gr., 
oder 4 Fl. 15 Kr. 


cz 2 8 Fl. 30 Kr. Bei 


de des | 


Platper, —* (rofessor zu Narbarg), Dür-Process und " 
de Klagen Ipi den Akon, Aster Th. Posen. 62.8. 
x... 189% —— ‚oder 8 30 R r. °  * 
Desselben 2ter Thl. lagen. Gr. 8. 1825. 2 Thir., oder 
Theile 4 Thlr., oder 7 FL, jetzt 
2 Tllr., oder. FL 80 Kr.) 
van „Jegten Winifter Kari X., von der Entwidelung bes 
u Cuſeèbe Salverte's bie zum Urtheil des Gerichts⸗ 
fe ber Poirskammer. 4 Hefte. Aus bem Franz. Gr. 12. 
1831. 1 Thir. 16 Er., ober 8 Fl. a ober 
1 &. 12 Kr. 
Röder, Fr., Die Keiegebieniorbnung der gefäjtoffenen ° Haufen 
unb ber bia At⸗ 317 48 


3 Thlr. 8 Gr., oder 6 u DHerabgefegter Ge 1 Thir. 
18 Gr., oder-8 Fl. 

Ref „el: bei, Geile ter Baufunft. Mit Kupfern. Gr. 8. 
' 1 She. 8.Gr., oder 8 8. 24 RR, .jegt 16 Sr, 
eh ie. 
Echeibler, M. %., Neuer abgenöthigter ausfüncligger Berfod 
zur Bekähpfung” ber Beofelptenmaderri 8. 1825. 1 The. 

4 ®r., ober 2 Il., jegt 12 Gr., oder 54 Kr. 

Schulz, =, Almanach für Hy 44. des Zeitgeiſtes. 
ifter Jahrg. 1829. 12. Geh. 1 hie. 18 Gr. 4 oder 
3 Fl., jest 16 Gr., ober 181. 12 Kr. 

Seumy, Jarrs, - Einst englifdgen: BRatvofen Gefangenfdicft, 
Leiden und Flucht umter Hyder Ali und Zippo 
ſchrieben von ihm felbfl. X. b. ng. 8. m a. 
20 Gr., oder 1 EL 0 Kr., jet 8 Gr., oder 36 Kr. 

Sempoͤre, M., Betrachtungen über bie efachen der Größe und 


des Verfalls der ſpaniſchen M Ueberſetzt und mit 
Anmerkungen len id u: —8 ifter u. ter Bb. 
Gr. 8. Beide Thiur. — ober 4 5L DO 8x, 


jest 1 Thlr. 6 * . —* 2 Fl. 15 Kr 

Steinbrenner, Dr. W. L., Naturlehre in "Fragen und —— 
. ten für wißbegierige Kiader. Ste Aufl. Mit 1 Kupf. 
18%. 9 Gr., ober 40 Kr., jest 6 Gr., oder 23 Sr. 

Ullmann, Dr. ©. (Profeſſor der Theologie zu Halle), Das Le 
ben bed GBregorius von Nazianz, des Kheologen. Gin- Beis 
trag zur Kirden: s un Dogmengefäichte, des Aten Zahrhun 
derts. Gr. 8. 3 Thlr., ober 5 Fl. 15 Kr., jegt 
1 Shle. 12 Gr., ober IH KR 

Bon ber Neinlichkeit, ihrem Pe auf die Geſundheit und 
ihren Wirkungen auf Erhaltung ber koͤrperlichen Schoͤnheit, 
auf dad Wohlfein und die Dauer bes Lebens. A. db. Franz. 
12. Geh. 14 Gr., oder 1 Fl., jest 6 Gr., oder 7 Ar. 

Webelind, Dr. ©. Freih. v., Ueber den Werth bes Adels und 
die Anfprüche bed Beitgeiltes auf Adelinflitute. After. unb 
2ter Theil. Gr. 8. 1818. Geh, 3 ., oder 5 Fl. 
24 Kr, Herabgeſetzter 

Deflen, Ueber ben Werth ber Heilkunde. Gr. 8. 1812. 1 Zhle. 
16 Br. ober 8 GL SHerabgefegter Preig 20 Gr, ober 


1 U Kr. 

"Deffen, Ginige Blicke in die Lehre von den Gatzänbungen und 
von ben Biebern überhaupt und von bem anfledenden faulen 
Nervenfieber insbefondere. Gr. 8. 1814 1 Ahr. 16 Gr. 
ober 5-51. Herabgeſetzter Preis 20 Gr., oder 1 5 30 Kr. 

Derfelde über das homdopathiſche Syſtem des Dr. Hahnemann. 
——— Geh. 18 Gre, ober. 1 5. 20 Kr., jet 8 Gr., 
ö r. 


Bekder, Dr. J. G., 
bie Kabirenweihe Au Lemnos, nebft Winken über bie Trilo⸗ 
gie des Aeſchylus Überhaupt... Gr. 8. 1824. Pi: Thlr., ober 
5 Fl. 15 Kr., jegt 1 Ihle., oder 1 51. 45 Kr 

Wild, C. A., Dekonomiſch⸗ praktiſche ‚Bausapotheke, ober mehi- 
cinifher Rathgeber für Jedermann, enthaltend: bie beften 
und ficherften Mittel für die Krankheiten ber Drenfen, in 
Zällen, wo bed Arztes. Hülfe zu entferut, ober defien Zus 
Fiehung nicht durchaus nothwendig if; wie auch biätetifche 
Lehren, die Sefundbeit zu erhalten. Er. 12, Geh. 12 Er. 
oder 48 Kr., jeht 6 Gr, ober 27 Kr. 

Bimpfen, vehr. v., Briefe eines Reifenten, geſchrieben aus 


Ahle. 
reis 1 Ihle.8 Gr., ober 2 AL 24 Kr. 


Die Aeſchyliſche Icilogie Prometheus und 


= — if an —— — 








+. 


Goglanb und Fraukreich einem Theil von Afrika, und aus 
Nordamerika, aus der franzoͤſiſchen Handſchrift übesfegt und 
beruußgegeben von 9. 3. Rehfuͤes. Ifter: bis‘ Ster Man. 
. 48614. Auf’ Drudy. 2 Thir. 12 Gr., oder 4 Zt. BO Kr., 

1 .6 &r., oder 2 Fl. 15 Kr. 

Zeitschrift für Physiologie. In Verbindung mit mehren Ge- 
lehrten herausgegeben von Fr. Tiedemano, Gottfried Reinh. 
Treviranus und Rud. Chr. Treviranus, ister Bd. istes 
u. 2Ztes Hefi Mit 12 Abbildungen. Gr. 4, 1824 und 
A Herabgesetzter Preis 4 Thir. 8 Gr., oder 7 Fl. 

Derselben ; ®ter Bd. istes u. 2tes Heft und Ster Bd. 1stes 
u. 2tes Hefi. Mit 57 Abbildungen. Gr. 4. 1826 u. 1827. 
11 Ben 8 Gr., oder 20 FL, jetzt 6 Thir. 16 Gr., oder 
12 

Auch unter dem Titel: ° 

Untersuchungen über die Natur des Menschen, der Thiere 
und der Pflanzen etc. ister bis Ster Bd. 

(Einzelne Bände oder Hefte werden nur zum Laden- 
preis abgegeben.) - 

Zimmermann, Dr. ©., Dein in ber Hoflirdhe zu Darm 
ſtadt ee ifter bie 7ter Thl. Gr. 8. und ord. 8. 

uͤr Käufer der ganzen Sammlung beſteht der herab: 
gelente e Dres noch fort, bie 7 Bände, nebſt ben patriotifchen 
Predigten, koſten in ber Ausgabe in gr. 8. 7 Xhlr., ober IL FL 
— in der Ausgabe in orb. 8. 4 Thlr. 12 Gr., ober 8 KL) 

Zur. Befchichte unferer Zeit. Eine Sammlung von Denkwuͤr⸗ 
bigkeiten über bie Greigniffe ber legten brei Decennien. Iſter 
bie zifter Theil Gr. 12. Geh: Die ganze Sammlu 

6 Thle., oder 10 Fl. 45 Kr., jest 4 aple., oder 7 EI. 
Ginzelne Bände a 12 Gr., ober 54 Kr. ' 


Kunftwerte 


Museum Woersleyanım. Eine Sammlung von antiken Basre- 
liefs, Büsten, Statuen und Gemmen, nebst Ansichten aus 
der Levante. Herausgegebes von H. W. Eberhard und 
H. Schäfer. Royal-Quart. iste bis 6te Lieferung, eim- 
zein 1 Thir. 8 Gr., oder 2 Fl. 24 Kr., complet. 8 Thlr, 
oder ER Fl. 26. Er, jetzt & Tidr., sin 2 EL 12 Kr. 


zusammen genommen 5 Thlr..16 Gr. ‚ oder 6 Fi. 45 Kr. 
Abbildungen aus dem Thierreich. Gestochen von Susemihl 
‘ " und unter seiner Aufsicht ausgemalt. istes Heft. (Orni- 
thologie istes Heft.) 2tes Heft, (Amphibiologie 1stes 
Heft) Stes, Heft. (Ornithologie 2tes Heft.) 4tes Heft. 
(Entomologie lstes Heft.) 6tes Heft. (Ornithologie Stes 
Heft.) 6tes Heft. (Ormithologie Ates Heft 
Velinpap. Klein Fol. Jedes’ Heft von fünf Blättern. 

2 Thir., oder 8 Fl. 86 Kr. In schwarzen Abdrücken 

1 Tbir., oder 1 FI. 48 Kr. Alle 6 Hefte zusammen ge- 
nommen colorirt 6 Thir., oder 10. Fl. 48 Kr. In schwar- 
zen Abdrücken 8 Thir., oder 5 FL 24 Kr. 


Fuͤr folgende auf Unterzeichnung. in bemfelben Verlag er- 
fehienene gehaltvolle Werke foll der billige Gubfcriptionspreis 
noch auf unbeflimmte Zeit fortbeftehen: 
Seiſt aus Luthers Schriften, oder Concordanz 

der Anſichten und Urtheile bes großen Refor— 
mators über die wichtigſten Gegenſtände des 
Glaubens, der Wiffenfhaft und bes Lebens, 
herausgegeben von 8. W. Lommier, 9. F. Lucius, 3. 
Ruſt, 2. Sadrenter und Ernft Zimmermann. 
IV. Bo. Gr. 8. Gubfcriptionspreis auf gewöhnlichem Druck⸗ 
papier 6 Thir. oder 10 Fl. 30 Kr., auf Velindruckpapier 
10 Thlr. 8 GEr., oder 18 Fl. 
Allgemeine Gelhidte ber Kriege ber Franzoſen 
und ihrer Alliirten vom Anfange der Revolution bis 
zu Rapoleon 8 Ende, für Leſer aller Staͤnde. Aus dem 


* 


—4 





— Zum: ie ee. es —— Zhle. - 


6 Gr., oder 11 Kr. Ginzelne —8 — per Band 

9 Gr., ober 40 Pi 
STUART un REVETT, ALTERTAÜ MER VON ATHEN, 

iste bis 28ste Lief. Roy.-Fol. - 

‚Subscriptionspreis für das ganze nun beendigte Kunstwerk, 

welches Abbildungen, auf Züinktafeln sauber und 
sorgfältig gearbeitet, enthält, für die beiden Bände des 

Textes, welcher von Dr. Kınr Wucnar und Frofeaser | 

FR. Osınn bearbeitet ist, und das cartongirte Exem 

der Abbildungen in der Ausgabe auf Velinpapier 52 Te 

12 Gr., oder 94 Fl. 30 Kr. 

In der Ausgabe auf ordin. Kupferdruckpapier 40 Thlr. 

20 Gr., oder 73 FI. 30 Kr. 

ALTERTHÜMER VON ATTICA (The unedited agtigul- 
ties of Attica), enthaltend die architektonischen Ueber- 
reste von Kleusis, Rhamnus, Sunium, Thorikus. Heraus» 

ben von der Gesellschaft der Dilettanti zu London. 

lste bis7te Lieferung. Mit 78 Abbildungen. Royal-Folio, 

Subscript,- Preis auf fein Velinpapier 11 Thir. 16 Gr, 

oder 21 Fl, auf ordin, Papier Thir.. 18 Gr,, oder 

15 FI. 45 Kr. 

Der erläuternde zext dazu von Dr. Karl Wagner ko- 

stet 12 Gr., oder 54 K 

ALTERTHÜMER VON JONIEN. Henn 
der Gesellschaft der Dilettanti zu London. 
„Lief. Mit 110 Abbildungen. Royal-Folio. 
"Sebscriptionspreis für die Ausgabe auf fein Velinpapier 

15 Thir., oder 27 Fl. 

, Für die Ausgabe auf ordin. Papier. 11 Thlr. 6 Gr., oder . 

20 Fl. 15 Kr. 

Der erläuternde Text, herausgageben .von Dr. K. Wıe- 
nur, kostet 1 Thir. 8 Gr., oder 2 Fi. 24 Kr. 
ALTERTHÜMER VON ATBHEN und mehren andern 

Theilen Griechenlands. Als. Supplement des Stsart-Re- 

vett’schea. Werkes. iste bis Ste Lieferung. Royal-Folio. 

Sabecript.- Preis für die Ausgabe auf fein Velinpapier - 

8 Thlr. 8 Gr., oder 15 Fi. Für die Ausgabe sef ordin. 
Pap. 6 Thlr. 6 Gr., oder 11 FL 16 Kr. 

erläuternde ven Dr. Kızı Wuıgusr besorgte Text 
kostet 2 Thir., oder 3 Fi. 86 Kr. 

Einzelne Hefte (von 12 Blättern) dieser- verschiedenen 
Kunstwerke werden ebenfalls abgelassen und kesten ia 
der Ausgabe auf fein Velinpapier 2 'Tir., oder 8 Fi. 
86 Kr., in der gewöhnlichen Ausgabe 1 Thlr. 12 Gr., 
oder 2 Ft. 42 Kr. 

Ueber die Vorzüglichkeit dieser Ausgabe der verschie- 


ben von 
iste his 9te 


denen als classisch anerkannten Werke haben sich die kei- 


tischen Blätter einstimmig günstig ausgesprochen. Sie sind 
jedem gebildeten Architekten unentbehrlich, und dem Alter- 
thamsfreund und Forscher vom grössten Interesse. 





* derſelben Verlagshandlung erſcheint auf Subſeription: 
J. Rondelet's, 
vorm. Arqiett, Ritter der Seugen Mitglies des Inſtituts von 


theoretiſch praktiſche Anleitung 


Kunft zu bauen 


Nach der fechsten Auflage aus bem Kranzöfifchen aberſett. 

In fünf Baͤnden. 

Mit den 207 Kupfern der pariſer Originalausgabe. 
Diefes claſſiſche Werk auf deutſchen Boden zu übertragen 
war ſchon lange bie Abſicht der unterzeichneten Verlagsbandlung, 
bie nun in dem Hrn. Diftelbarth, Architekt zu Stuttgart, 
einen Mann gefunden hat, welcher durch feinen längern Auf: 
enthalt Wer Paris als Schüler Ronbelet’8. und nad) bem Zeug: 
niffe bes Hrn. A. Rondelet jun., Derausgeber der 6ten Aus⸗ 
gabe, volllommen biefem Unternehmen gewachſen it, Zur ber 


[4 


» {onbern Foͤrberung der Arbeit haben ſich mit ihm einige Raͤnner 
verbunden, welche mit ber nöthigen’ Sachkenntniß ausgerüftet, 
ihm in Befaͤhigung nicht nachſtehen. 

Die ſechs Auflagen , welche das Werk erlebt bat, find ger 
wiß der ficherſte Beweis feines Werthes und feiner allgemeinen 
Brauchdarkeit. Es bedarf baber keiner weiten Anpreifung. 
Da es dem Verleger gelungen if, ſich durch einen Vertrag mit 
Herrn A. Rondelet Sohn für. biefe Ueberfegung bie Abdrüde 
der Rupferplatten zur Originalausgabe zu verſchaf⸗ 
fen ‚fo ſteht die Weberfegung in biefer, bei einem architektoni⸗ 
{en Werd fo wichtigen Beziehung dem Originalgang gleich. 

Der Text ſoll in Royal⸗Oetavformat, die Kupfer in befon- 
dern Heften in Kolio, auf Unterzeichnung erfcheinen, unb jebe 
Buch⸗ und Runfthandiung wie audy bie unterzeichnete Verlags⸗ 
handlung nehmen bie Beftellungen an. Sammler von Unter: 
zeichnungen erhalten auf zehn beftellte und bezahlte Grem- 

plare ein elftes als Freiexemplat. 
- + Der Bubferiptionspreis eines jeden Bandes ohne Unterſchied, 
ob derſelbe mehr ober weniger Text und Kupfertafeln umfaßt, 
ift 5 Thlr. preuß. Sourant, oder 8 Il. 45 Kr. Bei der Ablies 
ferung des erften Bandes muß. die Vorausbezahlung auf ben 
2ten Band geleiftet werben, bei Empfang des 2ten wird ber Ste 
bezahlt und fo fort, fobaß der Ste und letzte Band gratis ges 


Hiefert wird. Diefe Maßregel iſt zur Sicherheit, baß keine Erem⸗ 


plare ber legten Baͤnde ber Verlagahandlung als unvollftändig - 


übrig bleiben, nothwendig und unerlaßlich. Nach Erſcheinung 
bes zweiten Bandes tritt für bie erſten Baͤnde der um ein Bier: 
theil erhöhete Ladenpreis ein, fowte für jeden weitern Band, 
fobalb er erſchienen fein ‚wird. Die Verlagshandlung bittet 
darum bie Unterzeichmung nicht zu verfchieben. 

Zum Nugen ber einzelnen Bauhandwerker follen bie Abs 
theilungen des Werkes, welde bie Kunft bed Maurers, des 
Bimmermanns, bes Tiſchlers, bes Schloſſers und des 
Dachdeckers enthalten, bemnädft auch einzeln verkaͤuflich fein. 

Der Preis diefer einzelnen Abtheilungen wird nach ber Aus 
zahl her Drudbogen und Kupfertafeln beflimmt. Alle Kanſt⸗ 
und Buchhandlungen nehmen lintergeichnung an. 

Der erfie Band kann wegen eingetretenee Verhinderung bes 
° Hrn. Ueberfepers erft zur Dftermefle dieſet Jahres erfcheinen 
und die folgenden in Zwifchenräumen von 8 bis 4 Monaten. 
Da bie Lieberfegung fchon weit vorgeldritten if und von den 
Aupferplatten nur die Abbräde zu machen find, fo können bie 
verehrlichen Gubfcribenten auf bie puͤnktliche Cindaltung biefer 
Kermine 3* im 1338 

armſtadt Januar 
| K. W. Leske. 


—— Mmumummmu aa 


Storch's neue Romane. 
Allen geeunden der Dichtkunſt und Unterhaltungslecture 
Tann der Uäterzeichnete die angenehme Nachricht geben, daß 
nachftehende Werke eines der ausgezeichnetften Belletriften uns 
ferer Zeit bei ihm erfchienen und durch alle Buchhandlungen zu 
beziehen find: . 
Storh, Ludw., Der Freiknecht, hiſtoriſcher Roman 
aus ber zweiten Hälfte bes vierzehnten Jahrhunderts. 
3 Theile, auf Patentpapier. Gr. 12. Elegant brofch. 

Preis 5 Thlr., ober 9 Fl. 

(Der Ste und legte Band biefes höchft anziehenden Charak⸗ 
tergemälbes it nun erfchienen und das Werk complett 


gu haben.) 

Deffen: Die Fanatiker, hiſtoriſcher Roman aus den 
Zeiten der St.:Barthelemy. 2 Theile. 1830. 8. 
2 Thlr., oder 3 Fl. 36 Kr. 

Deffen: Foͤrberts⸗ Henns. Novelle aus dem Leben ei: 
nes Wundermannes der neuern Zeit, nach wahren Bes 
gebenheiten dargeftelt. 1830. Gr. 12. Eleg. broſch. 
Preis 1 Thlr. 12 Gr., oder 2 5. 42 Kr: 

Deſſen: Der Stodengießer. Novelle, nad) einer deut⸗ 
(hen Volksſage bearbeitet. 1830. Broſch. 1 Thlr. 
8 Gr, oder 2 Fl. 24 Kr. 

Storch gehört feit drei Zahren zu den beliebten Schrift: 
ſtellern im Sache der Belletriftit: er wirb nun, nad bem Gr: 
. feinen der angelündigten Werke, zu den beliebteften gehören, 
und es ft£ht keinem Zweifel unterworfen, baß er, bei ber über: 
raſchenden Fülle, Kraft und Lieblichkeit feiner Poefie, feiner 
Kenntniß des Lebens in beffen verfchiebenften @eftaltungen, bes 
menſchlichen ‚Herzens und endlich bei feiner treffenden und wah⸗ 
ren Sharafteriftit, welches Alles ſich feit dem Erſcheinen feiner 


erſten Romane ſchon fo weit und herrlich ausgebildet hat und 


ſtets noch in höherer Ausbildung begriffen ift, in kurzer Zeit 
die erfle Stelle. unter ben jet lebenden beutfchen Romanciers 
einnehmen wird. Wenn er in feinen größern biftorifchen Roma⸗ 
sen bem jest fo viel gelefenen Spindler gleich kommt, fo über: 
trifft er ihn in ber kleinern Novelle und Erzählung. Der „Kreis 
knecht“ iſt ein biftorifher Roman, wie Deutfchlandb noch feinen 
bervorgebradht bat, Spindler’s „Juden“ ausgenommen, umb e6 
wird ſehr intereffant fein, die Verſchiedenheit beider Schriftftels 
. lee zu beobachten. Die „Fanatiker“ find nicht minder ein hoͤchſt 
anziehendes Gemälde einer vielbewegten Bet. In dem: beiben 
Novellen: „Foͤrberts⸗Henns““, und „Der Slockengießer“, bethä- 





| tigt der Verf. ebenfo feine Meiflerfchaft in biefem Zweige. Die 


erſtere iſt idyllifcher, die zweite bramatifcher Natur. Dort führt 

ee uns in eins ber romantifchen Thaͤler des Shüringerwaldes, 

macht uns mit bem-barih lebenden Volle, feinen Sitten und 

Gebraͤuchen bekannt; hier bringt er Schiller's ewig wahre 

Worte: „Das eben ift der Fluch ber böfen That, daß fie fort 

zeugend Boͤſes muß gebären”, zur lebendigſten Anfcyauung. 
Reipzig, im Sanuar 1833. 


€. 9. 8. Hartmann. 


find — men Berlage dee Hahn’ ſchen boſdeqhhandien⸗ 


Merkwuͤrdige Griminal-Rechtöfälle 
für Richter, Gerichtsaͤrzte, Vertheidiger und Pſychologen 
bearbeitet 
von 


Dr. Bifchn ff, . 
ee Ba SE 
Erfter Band. Gr. 8. 1833. 2 Thlr. 0 Gr. 

‘Der Herr Verfaffer, welcger als ausgezeichneter und thaͤti⸗ 
ger Schriftfteller, befonders im Fache ber Criminalrechtspflege, 
bereits ruͤhmlichſt befannt ift (vergl. u. a. Hitzig's Zeit: 
Thrift für die Criminalrechtspflege in ben preußifhen Staa⸗ 
ten, 8b. 11, &. 399 — 4045 das Vorwort zum 10ten Hefte 
ber Hitzig'ſchen Annalen ber beutfchen und ausländifchen Grimis 
nalrechtöpflege, ſowie &. 223 beffelben Heftes), wird vier Bände 
merkwuͤrdiger Griminalrechtöfälle herausgeben, weldhe alle 
Verbrechen umfaffen, die das dbeutfdhe gemeine 
Recht kennt. Abgefehen davon, daß ein Werk von- folder 
Reichhaltigkeit bisher nicht erfchienen if, daß ber Herr Verf, 
um bdemfelben diefen Umfang geben zu koͤnnen, von ins und 
ausländifhen Behörden unterflügt mwurte und berfelbe 
nur die ihm mitgetheilten intereffantefien Unterfuchungen 
zu Erläuterung der betreffenden Eriminalrechtslehren ausmwählte: 
fo gewährt dieſe Sammlung aud dem Unterfudungsrids 
ter und dem Bertheibiger eine trefflihe Anleitung 
su Bebanblung ber verfchiedbenartigfien Eriminals 
fälle. Sie zeigt dem Gerihtsarzte, wie er ſich bei allem 
benjenigen Unterſuchungen zu verhalten habe, welche feine 
Thaͤtigkeit erfabern 5 fie enthält®für den Geiftlichen, welder 
zum Befuch der Gefangenen beflimmt ift, fowie uͤberhaupt für 
ben Pſychologen und jeden gebildeten Eefer eine bis 
lehrende und Höchft anziehenbe Unterhaltung. 








° 


- 


L 2 


Literarifher Anzeiger. 


(3u den bei 3. A. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.) 





1833. Nr. VII. 





iſt von mir zu beziehe 


Rn: 

Detenhof (Sohann Wilhelm), Das Ganze 
der Handlung. Ein theoretifch - praftifches Lehr⸗ 
und Handbuch der gefammten Handlungswiſſen⸗ 

ſchaften. (Petersburg 1831.) Ge. 8. 163 Bog. 

: auf gutem Drudpapier. Beh. I Thlr. 6 Gr. 

Supffer (C. H.), Anfangögrände der Buchſta⸗ 
benrehnung und Algebra, mit Inbegriff der 
Combinationslehre und unbeſtimmten Analytik, 
nebft Mebungsaufgaben. Zur Repetition des 
mimdlichen Unterricht und zur eignen wmeitern 
Fortbildung neben biefem. (Reval 1832.) 
Gr. 8. 16 Bogen auf Drudpapier. 20 Gr. 

Leipzig, im März 1833: - 
Ä E A. Brockhaus. 


Neueſtes Handbuch fuͤr Reiſende in Italien. | 
Bei C. H. % Hartmann. in ikeipyig if nen. erſchie⸗ 
; 





Titel: SZtaltenifhe Reife. Bon K. Sr. Scholler. 


2 Thle. 1830. Gr. 8, 3 Thlr. 8 Gr, aber 6 all. | 


Das Bebuͤrfniß eines vollkändigen Yührers für 
Diejenigen, welche Stafien, das Land’ ber Kumſt und des claffis 
ſchen Allerthums, mit Nuten bereifen . wollen, -‚myebe immer 
fuͤhlbarer, je weniger bie vorhandenen literaxiſchen Huͤlſamittel 
daſſelbe hinreichend bafsiebigten. Herr Fcholler hat dieſe Auf⸗ 
gabe geloſt. Er hat bie Reiſe nach Italien ſelbſt gemacht, alle 
Merhöfirdigkeiten und Kunſtſchaͤte dieſes Landes ſelbſt geſehen 
und theilt nur bie Reſultate feiner Forſchungen mit zweckmaͤßi⸗ 
ger Benutzung der vorzüglichfien Werke feiner Vorgänger mit. 

Auf diefe Weife tft. Herrn Scholler's Wert ein wahrer 
Schatz für alle Diejenigen, welche «ine Reife nach Ztalien bes 
abfichtigen,, und wirb fowol zum Vorſtudium als zum Fuͤh⸗ 
ver ati der Neife feibft der treuefte und befte Rathgeber fein. 





De Unterzeichnete, biöheriger Nebasteur- der nunmehr. fifties 


sen Zeitähsitt „neipexud”, bat Fb mit mehren ‚Mirihge: 


Dnnten zu Serausgabe “eines ‚ähnlichen Ianrnals verbunden, das 


‚unter dem Fitel: 


Der Unparteiiiche, 
vom Iften April d. J. gm .erfeheinen wird. Dem Barmat nadı 
bem Heſperus gleich und wie biefer wöchentlich fechd Nummern 
umfafjend, wird ber Unpartelifche im Allgemeinen auch diefelbe 
Tendenz wie eben genanntes Blatt verfolgen, jedoch einerſeits 


in ausgebehnterm Sinn auf Literatur und wiſſenſchaftliche Leis 


Stuttgart, im Februar 1838. 
Friedrich Matter, 


Die unterzeichnete Buchhandlung hat ben Veriag des Uns 
parteiifchen übernommen und wirb &orge tragen, daß bie 
tupographifche Ausftattung im. @inklange mit den Anfoderungen 
ber Zeit ſtehe; ber Preis eines Jahrgangs von 313 Nummern 
in 4, ift auf 12 81. oder RXChir. 12 Gr. feftgefent. . 

Ale PYoftämter und folide Buchhandlungen nehmen Beſtel⸗ 


lungen barauf an. . 
E. Schweizerbart'ę 
Verlagshand lung. 


8. 8. V. Hoffmann’s Atlas, 


An alle folibe Buchhandlungen ift verſandt: 


Allgemeiner Atlas 
über alle Zheile der Erde 
für Schulen und zum Selbſtunterricht; 
, bearbeitet von 
%. 3.892. Boffmann, 
„ geflohen von W. Pobuda und J. Rees. 
Erfte Hälfte, 
enthaltend: Ne. 1 und 2 bie öftliche und weſtliche Halb⸗ 
fugel; Nr. 3 Kfeikaz Ne. 4 Aſia; Ne. 5 Europa; Mt. 
7 Suͤdamerika; Nr. 8 Auftralia und Nr. 13 Baiern; 
nebſt dazu gehörenden 7 Grläuterungsblättern; im Ganzen 
alſo 15 Blatt. 

In Umfchlag cartonnict, Preis 2 Fl. — 1 Thir. 6’ Gr. 
b Die 2te geäfe wirb außer Haupttitel ynb Vorxrede ents 
alte: . 0 Brit; RE 9 Mitsejeusopa; 
—R Pe 1 Sehen ; Fe ceus 
Ben mit den norbdeutichen Bundesjtaaten; Nr. 13 usb 15 das 
Alpengebirge, Schweiz, Tirol x.; Nr. 16 Wür⸗ 
temberg und Baden. 

Bis zu Erſcheinen der Lden Hälfte, deren beimeitem groͤß⸗ 
tee Theil fertig ift, bleibt der Praͤn⸗Preis von 4 Fl. — 2 Ihe. 
12 Gr. für das ganze Werk offen. 


Der Verleger enthält ſich aller Anpreifung, und wieder, . - 


holt nug, daß er ein Prachtwerk verfproden — Sach⸗ 

verftändige mögen beurtheilen, ob er fein Wort gehalten Hat. 

Stuttgart, im Wehruar 1838. _ 
Kari Hoffmann. 


. 


Nordiſche Mythologie, - 
nach wiffenfhaftdihen Grundfägen beacbeiter 


Bei C. 9. 8. Hartmann In Leipzig: if arſchie⸗ 


nen und in allen Buchhandlungen bes Ins und Auslanbes zu 

haben: 

Altuna. Nordifhe und nord⸗ſlaviſche Mythologie Für 
Dichter und Künftter, mit 13 Abbildungen nach Ans 
titen und Stammtafeln. Herausgegeben von Dr. ©, 
Thermod Legis. 1830. Gr. 12. Broſch. Preis 
auf ertrafeinem Patentpapie 2 Thlr. 12 Gr., oder 
4 Fl. 30 Kr., auf weißem Patentpapier 2 Thlr., ober 
3 St. 36 Kr. 

Das Bebürfniß einer umfaffenden, ben vorhandenen Quel⸗ 
len treu nachgearbeiteten nordiſchen Mythologie ift feit Lef: 
fing und Herder in Deutfchland nur zu häufig gefühlt wor⸗ 
den, und ber Wunſch, unfere Literatur mit einem ſolchen bereis 
chert zu ſehen, erſt neuerlich noch von Goͤt he lebhaft ausge: 
ſprochen worben. ' 

Diefes Bedürfniß ift nun durch ben ebenfo geiftreichen als 
fachuerftänbigen iterator, ben Herausgeber der Fundgruben bes 
alten Nordens, Herrn Dr. Legis, genügend ausgeführt worben. 
Die nordifhe Mythen: und Sagenwelt enthält einen großen 
Shan poetiſcher Zictionen und eine reichhaltige Maffe von 
Stoff für dichteriſche und kuͤnſtleriſche Behandlung. 

Die Alkuna wird ſich alfo eiger — Theil⸗ 
nahme zu erfreuen haben, um ſo mehr, da der Verleger es an 
einer würbigen typographiſchen Ausſtattung dieſes Leſebuchs 
nicht hat fehlen laſſen; 13 Abbildungen nach Antiken geben ber 
Alluna ein erhöhtes Intereſſe. 

Bon bemfelden Verfaſſer iſt früher die. erſte Berdeut⸗ 
(dung der Edda unter folgendem Titel erſchtenen! 
Fundgruben des alten Nordens. Bearbeitet und 

herausgegeben durch Dr. Gust. Thermod Legis. 
Zweiter Band. 
Auch unter dem Zitel: 

Edda, die Stammmutter ‘der Poesie und der Weis- 
heit des Nordens. Lyrisch-epische Dichtungen, My- 

“ then und Sagen der Gotho-Germanischen Vorzeit, 
Zum ersten Mal aus der isländischen Urschrift über- 
tragen, mit ästhetisch-kritischen Bemerkungen, my- 
thologischen Erläuterungen, einem fortlaufenden Com- 
mentar und Begister versehen von Dr. Gust. Ther- 
mod Legis. Erste Abtheilung mit einer kosmologi- 
schen Karte. 1830. Gr. 8. 2 Thir. 


ee NR Te 
In ber Unterzeichneten ift erſchienen und an alle Buchhand⸗ 
lungen verſchickt worden: 


Die Briefe 
Freideren von Stein 


Sreihberrn von Gagern 
in den Jahren 1813 — 1831, 
mit Erläuterungen. 

d . 


Dber: 
Mein Antheil an der Politik. 
IV 


Einſamkeit. 
Preis 3 FI. 24 Kr. 
Dieſe; hoͤchſt intereffante Schrift verbreitet über Charakter 
unb Denfungsart bes verftorbenen Freiherrn von Stein, eines 
der merfwürdigften deutfchen Reichsritter, ganz neues Licht, und 





ehrt feine Jreunde uud 






re b an 'oon edgtem Sqhrot 
Uund Korn, den wahren Fine, En rd und durch kennen. 
Beſonders erfährt ber Leſer dein frommbeheiſterten Chriftenglau: 
ben des Entſchlafenen, und bie auf denfelben begründeten Ans: 
ſichten über Leben und Politik, welch' Tegtere ſich am intereffans 
teften über folgende Materien ausſprechen: über ben naffaus 
ſchen Domainenftreit; über von Rotteck und deflen die Bundes: 
acte betreffende Doctrin; über den Bundestag, die Rheinfchiff: 
fahrt, die Univerftäten und bie Umtriebe ber Demagogen auf 
denfelben; über Burſchenſchaften und bie mainzer Commiſſion; 
über Stein's Theilnahme an dem Freiheitskampf ter Griechen ; 
über Preußens Verſtaͤrkung im europäifchen Sntereffe und bie 
innern Gründe feiner Politik zc. ıc. 
Man fehe Allgemeine Zeitung, Nr. 64 d. 3., in der aufers 
ordentlihen Beilage „‚Vaterländifche Briefe’. 
Stuttgart und Tübingen, im Febr. 18332 . 


3. G. Cotta’ ſche Buchhandlung. 


Ducch alle Buchhandlungen und Poflämter ift zu — — 
Blaͤtter fuͤr literariſche Unterhaltung. Redigirt unter Ver⸗ 
antwortlichkeit der Verlagshandlung. Jahrgang 1833. 
Monat Februar, oder Nr. 32— 59, mit 1. Beilage: 
Me. 2, und 2 literarifhen Anzeigen: Nr. IV und V, 
Sr. 4. Preis des Jahrgangs von 365 Nummern (als 
fer den Beilagen) auf gutem Druckpapier 12 The. 
Iſis. Encyklopaͤdiſche Zeitſchrift, vorzüglich für Natur 
gefhichte, Anatomie und Phyſiologie. Bon Oken. 
Jahrgang 1832. Zwoͤlftes Heft. Gr. 4 Preis des 
Jahrgangs von 12 Hefim mit Kupfern 8 Xhle. 


keipzig, im März . 
' | F. 2%. Brodhaus.zz 








In Baumgärtner's Buchhandlung zu Leipzig ist 
erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: 
| TALA 
und les aventures du dernier Abencerage .von Cha- 
teaubriand. Mit grammatischen Erläuterungen und 
Hinweisungen auf die Sprachlehren'von Hirzel, Mo- 
zin und Sanguin und einem Wörterbuche. Zweite, 
vermehrte “Auflage. - 12. (177 Seiten.) Brosch. 
' Preis 9 Gr. 
LE DIABLE BOITEUX 
par Lesage.e Mit grammatischen, kritischen und er- 
klärenden Noten, auch einem Wörferbuche 12. 
(340 Seiten.) Brosch. Preis 16 Gr. 

Bei dem jegt herrſchenden fatirifirenden und moralifirenden 
Geiſte der Beobachtung, ber ſich über alle Verzweigungen be# 
Ledens verbreitet, glauben wir durch die Veroͤffentlichung dieſer 
mit Allem, was Bequemlichkeit erfobert unb wozu ber viele 
Teitige Stoff für Belebung And Ausbildung bie Hand bot, 
verfebenen äußert [Hönen und bo fehr wohlfeilen 
Ausgabe dem das fran,sfilde Idiom liebenben Publicum «is 
nen wahren Dienft erwiefen zu haben. 

CERVANTES NOVELAS EJEMPLARES, 

Mit kritischen und grammatischen Anmerkungen, nebst 
einem Wörterbuche. Für den Schul- und Privatge- 
brauch bearbeitet von Dr. P. A. F. Possart. No- 
vela de la sennora Cornelia y de la fuerza de la 
sangre. 12. Brosch. Preis 12 Gr. 

GServantes’ Novellen find. einfach, natürlih und in einem 
ſchoͤnen Styl geſchrieben, fie eignen fi beshalb zum Gtublum 
ber in unſerer Zeit fo viele Befoͤrderer findenden ſpaniſchen 
Sprache gang befonders. ® 


= 


1 


Anleitung zum Betriebe ber Landwirthſchaft 
nach den vier Jahreszeiten geordnet; ein kurzer und beuts 
licher Leitfaden für Solche, welche dieſes Gewerbe erſt 
kennen fernen wollen. und für Freunde deſſelben in at 
bern Staͤnden von Dr. A. G. Schweitzer. 2ter und 
letzter Band. Broſch. 1 Thlr. 16 Gr. (Das voll 
flänbige Werk koſtet 3 Thle. 8 Gr.) 

‚Dee Name bed Verfaſſers bürgt für bie große, feiner Bes 
ffimmung entfprechende Zweckmaͤßigkeit dieſes Werks, beffen 
Sruͤndlichkeit und aͤußerſt verftändlihen Vortrag «8 ber allges 
meinen Anerkennung würdig machen. Die äußere Ausftattung 
iſt fehe elegant. , 

Das Ganze der feuerfichern Lehmfchindelbedachung. 
Eine auf eigne Erfahrung gegründete vollftändige Anwei⸗ 
fung zu ihrer Herftellung, Unterhaltung und Verglei⸗ 
" Hung mit dem Ziegel⸗ und Strohdache. Mebft- biefe 
Bedachung betreffenden gefchichtlichen Beitraͤgen, Aus: 
zügen aus Schriften und Vorfchlägen zu ihrer weitern 
Verbreitung von Friedr. Teichmann. Dit Abbildun⸗ 
“gen. Gr. 8. Broſch. 21 Gr. _ 
"  Diefes Werkchen, welches durch die hohe Verordnung vo 
18ten Mai 1832, nach welcher bei Neubauten Schindels, Stroh: 
und NRobrbächer nicht weiter geftattet werben follen, bagegen 
aachgelaſſen wird, fich der Lehmſchindel zu bedienen, zu einem 
äußerft zeitgemäßen die allgemeine Aufmerkſamkeit verbienenden 
wird, zeigt nicht allein die großen Vortheile biefer Bedachung, 
fondern lehrt auch deren wohlfeilfte Herſtellung mit allen dabei 
nothwendigen Handgriffen. Der hohe Werth, welchen man auf 
die Lehmfchinbelbebadgung Iegt, geht wol ganz befonders aus 
den Yreisaufgaben ber koͤnigl. ſaͤchſiſchen Regierung für 1888 


. bis mit 1837 hervor, nach welcher Die, welche biefe Bedachung 


in Gegenden zuerft in Anwendung bringen, wo biefelbe bis jetzt 

nody nit im Gebrauch war, nach ber Größe der bamit verfes 

denen Gebäude, 3O— 200 Zhlr. erhalten. 

Klots, R., Emendationes Tullianae. 8. maj. 
6 Gr.. Ä 


Putsche, Dr. C. Commendationum Home- 


riarum specimen I. de vi et natura juramenti Sty- 
gii et de illustrando inde vocabulo alarog. 4. maj. 
Geh. 8 Gr. 





Meuefte Romane von „Zenriette Fanke, geb. Arndt. 


Der gefammten Lefewelt und befonders gebildeten 
Srauen und Zungfrauen find bie folgenden beliebten 
Schriften von Henriette Zanfe, geb. Arndt: 
Die Schweſter. Seitenſtuͤck zur Schwiegermutter. 

Roman in 2 Theilen. 8. Hanover, bei Hahn. 


3 The. 6 Gr. 
Die Schmiegermutter. Roman in 2 Xhellen. 


Daſ. 2 Thle. 12 Sr. 
Die Perlen. Roman in 2 Theilen. Daf. 2 The. 
18 &. . 

Der Blumenkranz in 8 Erzaͤhlungen. 2 Theile. 
Daſ. 3 Thlr. 4 Gr. . 
um fo mehr zu empfehlen, ba in biefen, treu nach dem wirk⸗ 
lih en Leben entwidelten und durchgeführten Schilderungen 
und Gharaktergemälden der Graählungston anmutbig, natürlich 
und gemüthvoll ift, und überall bie reinſte Moral, tiefe 
Kenntniß und feine Beobadhtungsgabe bes menſchlichen Herzens, 
ſowie der verfchiebenften Melt» und innern. Familienverhaͤltniſſe 
ebenfo anziehend als verebeinb und belehrend ſich darin ausfpres 
hen, wodurch biefe gelungenen Dichtungen fi fo fehr über bie 
gewöhntishe Unterhaltungslecture erheben und burch ſolche 


Borzüge und durch gern bleibenben Barth. in jchee 
Bamilienbibliothet daher bereits ein fo großes Yublicum 
und fo vielfeitige günflige Beurtheilung -gefunden haben. 

(3u haben in allen Buchhandlungen.) 


Ein Buch für den Winter. 


Soeben ift erſchienen und in allen Buchhandlungen Deutſch⸗ 
lands zu befommen: 


Bet Erzähler, 
oder 
das Buch für lange Winterabende, 
Eine Balerie 


der 
intereffanteften Erzählungen, der merkwürbigften hiſtori⸗ 
chen Begebenheiten, Empoͤrungen, Verfhwörungen, Re 
volutionen und Kriege aller Zeiten, charakteriftifcher Züge 
aus dem Leben berühmter Zeitgenoffen, vorzüglicher Anek⸗ 

boten, Witzworte und Epigramme. 
Allen Ständen zur Unterhaltung 
sewidmet ' 


don 
. Dr. #8arl Greif. 
2 Theile, 104 Median: Dctan: Bogen ſtark. Preis 
2 Thle. 16 Ge., oder 4 Fl. 48 Kr. 
Leipzig, 1838. In Sommiffion bei &, H. 9. Hartmann. 


Oken's Naturgeſchichte. 
Soeben iſt erſchienen: 


Allgemeine Naturgeſchichte 


Ffür alle Stände 
' von 
| Hofrath Oken. 
Erfte und zweite Eieferung, mit Oken's Portrait. 
12 Bogen ge. 8. Preis 5 Gr., ober 18 Kr. für jede 
Lieferung. 
In jeder Buchhandlung ift eine ausführlihe Anzeige bes 
Wertes gratis zu haben. - 
Kart, Hoffmann. in Stuttgart. 





Im' Verlage ber Theiſſing'ſchen Buchhandlung in 

Münfter ift erfchienen: 

Baader, Kranz von, Beilage zum erfien Bande ber 
pbilofophifchen Schriften und Aufſaͤge. 1fles Heft, 
zwei neue Aufläge enthaltend: a) Weber bie fih fo . 
nennende rationnelle Theologie in Deutfchland. b) 
Ueber den Begriff der Zeit und bie vermittelnde Func⸗ 
tion bee Form oder des Maßes. Gr. 8. 1833. _ 

Geh. 8 tr. _ 

— —, Ueber eine bleibende und univerſelle Geiſterſchei⸗ 
nung bienieden. Gr. 12. 1833. Geh. 6 Sr. 





Erſchienen ift das Ate Heft von ber | 


-Hiftorifch = politifchen BZeitfchrift, herausgegeben 


von 2. Ranke.* Jahrgang 1832. 

December. 

Inhalt: Welen und Werth ber beutfchen Univerfitäten. 
Bon Savigny. — Die Revolution bed Cantons Zuͤrich vom 
Jahr 1880 in ihrer Gntwidelung —. Nom 1815 — 28. 


September bis 





aaltyawelluing des Gartinais Goufalvi. Anhang: Ein 
en über bie gegenrärtigen Irrungen im Kirhmfaatı, — 


"Boden , Arbeit an Srtrag (otefuttnte praktifcher Beobachtun⸗ 


tn), — Refierionen. 
— — Hk iſt bee Jahegang 1858 ober ber erſte 
Band geſchloſſen. — Die Zeitſchrift wirb auch im Jahre 1888 
fortgefept werden. Der Preis für ben Band von etwa 50 Bo⸗ 
gem bleibt wie biäher 8 Thaler. 

Friedrich Perthes von Hamburg. 


| Zur bevorftehendben Gonftrmation empfehlen wir aufs Reue 
folgende Warte: 


Mitgabe für dad ganze Leben, 
beim Austritt aus dee Schule und Eintritt in das buͤr⸗ 
gerliche Leben. Am Tage der —— der Ju⸗ 
amd geheiligt von M. Roſenmuͤller. 8. Sechste Auflage 
mit 1 Kupfer. Broſch. 16 Gr. 

Aeltern koͤnnen ihren Kindern bei jenem wichtigen ** 
kein paßlicheres und einflaßreicheres Geſchenk machen, als mit 
dieſem die allgemeine Anerkennung befigenden, durch bie darin 
enthaltenen Lehren wahrhaft ſegensreichen Buche. 


Beicht⸗ und Communionbud) | 
von M. Johann Chriſtian Foͤrſter. Vierte Kuflage, ver 
beflert von M, Roſenmuͤller. 8. Preis 8 
Baumgärtner's Buchhandlung in Leipzig. 





In allen Buchhandlungen ift zu haben: 
eeri 
Eine Trilogie von 8. Immermann. 
1) Die Bojaren. 2) — von St.⸗Petereburg. 
3) Eubdori 
418 Seiten in 8. Mit einer Muſikbeilage. Auf Velinp. 
in eleg. Umfchlag geh: Däüffeldorf, bei J. Schaub. 
Preis 2 The. 12 Sr. 
Diefe Trilogie behandelt das Legte Aufftreben altreuffifcher 
Magnatenherrſchaft gegen Peter's bes Großen Alleingewalt, den 
Proceß und Tod des Alexis, Peter's des Großen lette Lebent⸗ 


Runden und die Thronbeſteigung Kathatina's. 





um ben bei uns gemachten häufigen Anfragen zu begeg- 
nen, zeigen wir hiermit ri baß von 
T’8 


hille 
(immtlihen Berten, 


gr. 8. in einem Band 
in unit: Zeit eine neue Auflage veranſtaltet wird, wovon wir 


demnaͤchſt eine befonbere Amzeige auögeben werden. Dagegen 


find von biefen Werken noch folgende Aubgaben zu haben; 
Sqhiuer⸗ ſaͤmmtliche Were. Gr. 8. 12 Baͤnde, weiß 
Druckpapier. 12 Thlr. 
— Kl. 8. 18 Bände, weiß 
Drudpr. 5 Mit Titel⸗ Vignetten Wiener Aug. 7 Shlr. 
Bei betterer Ausgabe bemerlen wir, daß dieſelbe ebenſo 

vollſtaͤndig wie die andern Ausgaben iſt. 

Schiller's ſaͤmmtliche Werke. Taſchenausg. 18 Bänden. 

Schweizerpr. 6 Thlr. 8 © 
— Weiß Drudpr. 4 Thlr. 20 &. 

Stuttgart und Zühbingen, ben 1fien Wärg 1838. 

J. B. Cott a'ſche Puhhendtung 


— — — — — 





Lettecs Weltgeicichte in 4 Bänden, 


Allgemeine Beltgeſchichte 
für alte ‚Stände . 


Hofrath Dr. Karl von Rotteck. 


Vierter Band. Preis 15 Gr., ober 54 Kr. 

Diefer Ate Band befchlieht das Bat; er enthält bie 18te 
bis Lifte Lieferung, beren legte meinem fruͤhern Verſprechen 
gemäß den Gubfcribenten gratis geliefert wird. 

Das ganze Werl, etwa 130 Bogen ſtark, ift in 4 Bi 
den & 4 Thlr. 4 Gr., oder 6 Fl, in allen foliden Buchhanbhıne 
gen zu haben. 

Stuttgart, im Januar 1888. 

Kari Hoffmann. 





Erklärung. 

Die Etlinger’sche Buchhandlang zu Würzburg bietet 
unter dem Titel: „Allgemeine und specielle Pathalogie und 
Therapie nach J. L. Schoenlein’s Vorlesungen”, ein Werk 
sum Verkaufe aus, das meine frühern Vorträge so un- 
vollständig, so höchst fehlerhaft und häufig zu so baarem 
Unsinne entstelit wiedergibt, dass ich mich genöthigt sehe, 
öffentlich gegen diese Mishandlung zu protestiren und zu- 
gleich das ärztliche Publicum aufmerksam zu machen, gegen 

esen literarischen Betrug auf seiner Hut zu sein. 

Zürich, den 2isten Febr. 1833. 

Dr. Schoenlein. 





Anzeige‘ ein De für bie Beſitzer von Rommel's 
eichichte Philipp's von en. 

Seite 126, imiär KA * es —* Volkeverfuͤhrung 
kein f iheres, Bott moptgefäligeeh Mittel gebe, als Galgen 
und Rab”. Umgeadhtet mın fowol ber‘ Dafammenkang 
—— des —55 als auch bie am Gabe des 


fer, der grabe das Geg 

— (naͤmlich: ar ii 
ws, Gott wohlgefälligeres ttet, 'd. i. 
zung u. f. w. gebe), binlänglich —— fo veranlaßt — * 
der din SchiAu ſ ſar denſolben „misassfiehen 


konnte tfi ehe Arhiv fix und ‚Literatur. non Schloffer 
und Bert, Bb. IV, ©. el diefer wieberholten Bekannt: 


machung 
Kaffer, am 2öften Februar 1838. 
Rommel, 


Duck alle Brchhandlingen iſt pr erhalten: 


Converſations Lexikon 


neueſten Zeit und Literatus 
Zinälfteg Heft. * 


Ideler bis Kapodiſtrias. 
Jedes Heft koſtet 
auf weißem Druckpapier 6 Gr., 
auf gutem Schreibpapier 8 Gr., 
“auf trafeinem Velinpapier 15 Gr. 
Reipzig, 12. debruat 1833. 
8. A. Brockhaus. 








(dev game. 


— — - — — — — — — — — — 


2 — 


LSiterariſcher Anzeiger. 


(Zu den bei F.A. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.) . 





1833. Nr. VIII. 


—2 


— m 


——— —— — TE —— — —— — —û— — — — — . 
Diefer Literariſche Anzeiger wird den bei 8. A. Brodhans in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften: Blätter für literer 


Unt It fie, fowie bee Allgemeinen mebicinifd 
ide " ‚ade ung, Ste ‚gen bie Unfertionsgebübren für die Beile 2 Gr. 











‚Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten: 


Sonverfations : Zeriton 
\ der 
neueften Zeit und Literatur 


Dreizehntes Heft. 
Karaiskakis bis Krogh. 

Jedes Heft koſtet 

auf weißem Druckpapier 6 Gr., 

auf gutem Schreibpapier 8 Gr., 

auf extrafeinem Velinpapier 15 Gr. 
Leipzig, im März 1833. 
F. 4. Brodhaus. 


ZJean Pauld Biographie, 


Soeben ift erfhienen und in allen Buchhandlungen theils 
gleich vorräthig, theils auf Beitellung fchnell 'zu erhalten: 





Wahrheit aus Sean Paul’ Leben. 


7tes und tes Heftlein. 
. "Mit einem Facſimile zum 6ten Heftlein. 
8. 1833. Breslau, im Verlage bei Joſef Mar und Comp. 
Preis 8 Thlr. 16 Gr., oder 3 Thlr. 20 Gar. 
(Der Preis eines voilſtaͤndigen Exemplars ift nun 13 Thir. 18 Gr.) 


Außer GSoͤthe's Wahrheit und Dichtung befigt die deut: 
ſche Literatur Fein fo reichhaltiges und in jeder Beziehung fo 
wichtiges biographifches Werk, als das obige von und über 
Sean Paul, weldyes nun mit bem 7ten und Bten Heftlein volls 
endet und geſchloſſen iſt. Franzoſen und Engländer haben ihre 
Memoiren; — ein Zweig ber Literatur, ber uns Deutfchen faft 
anz abgeht. Nur Goͤthe und jest auh Jean Paul dürfen 
n diefer Beziehung genannt werden, weil ihre biographifcgen 
Werke zugleich alle Richtungen, Beſtrebungen, ja das gefammte 


- Reben ihrer Zeit barflellen, und einen Schab von Welt« und 


Lebensanſichten enthalten, welche durch ihre Wahrheit und Tiefe 


‚ dom unvergänglichem Werthe find. 


Wie ift Jean Paul geworden, was erift, b. h., 
was hat Erziehung, Umgebung, was haben Ver: 
bältniffe, Freunde, Feinde, was Shidfal, Natur 
und Welt, was bat er ſelbſt dazu beigetragen, baß 
er der geworben, als ben wir ihn fennen? — Diele 
Be die fi) uns bei jedem bedeutenden Geifte aufdringt, wird 

ier in Bezug auf Jean Paul befriebigend geloͤſt. 

. Gin wichtiger Abſchnitt in diefem e, in pſychologiſcher 
Binfiät, ift die Schilderung „Troftbedürftiger Seelen”, 
bie zugleich eine betrübende Gchattenfeite jener Zeit aufbedt. 


, „ Maria” ift das Extrem diefer Innern 3erriffenheit, in ber fie 


zugleich faſt tragifch untergeht. „Zean Paul’s Verhalten 
gegen junge Autoren’ ftellt fein edle Gemuͤth wieber von 


. einer andern Geite bes in das hellſte Licht, und iſt oft ergoͤtz⸗ 


G 








— 


en Zeitung, beig:legt cder beigeheftet, und vetra⸗ 


lich, wegen der Letztern Anfodecungen, ihrer Ungeduld und ihres 
Ungeſtuͤns. » 

Mit aufgenommen find eine Anzahl ber ausgezeichnetiten 
Briefe Sean Paul’fcher Zeitgenoffen, welche zur Vervollſtaͤndi⸗ 
gung feines Lebens gehören und dem Werke zur Zierde gereis 
hen. Wir laffen das Verzeichniß derfelben bier folgen. Es 
find Briefe an Sean Paul von: 


Friedrich Wilhelm, König von Preußen; Louife, Königin von 


Preußen; Maximilian, König von Baiern; Karoline, Königin 
von Baiernz Amalia, Derzogtn von Weimar; Charlotte, Herzogin 
von Hildburghaufen; Emil Xuguft, Herzog von Gotha; Wrieber 
tite, Fuͤrſtin von Solms; Georg, Erbprinz von Medlenburgs 
Strelig; Georg, Deraog von Dieiningen; Fuͤrſt Primas; The⸗ 
vefe, Bürltin von Taxis; Wilhelmine, Herzogin von Wuͤrtemberg; 
Fuͤrſtin von Zerbft. 

Emilte v. B.; Sophie v. 8.5 Bedmann; Graf Benzel: Ster: 
nau; Frau v. Berg; Paſtor Bülau; Gräfin v. Chaffepot; Amt: 
verwalter Eldter; Conrector Fiſcher; Karl Zörfler; Gleim; 
Hebel; Präfident Heim; Helena; Karoline Herder; 3. H. Jacobi; 
Kanne; von Knebel; Kofegarten; Julie von Kruͤdener; Lavater; 
Julie M.; Geheimerath Mater; ‚Staatömtnifter von Montgelas; 
Hofsatb Moris; Hofrat Methuſalem Müller; Adam von Ders 
thel; Br. von Derthel;' Otto; Pauli; Fr. Perthes; Eliſa v. d. 
Recke; Renata; Karoline Rihtes; Sophie von La Roche; Hen⸗ 
siette von ©. ; Friedrich Schlegel; Br. Schlichtegroll; Schubert; 
Staatöminifler von Schuckmann; Schuͤtze; Heinrich von Spangen⸗ 
berg; Eteffend, Paul Thieriot; Tieck; von Truchſeß; Villers; 
Pfarrer Vogel; Pfurrer Wölkel; Wagner ; Weiße; Nector Wers 
ner; Dekan Wernlein; » in Weimar. 





' Als ein, dieſes ausführliche biograppifihe Wert ergaͤnzender 


Anhang iſt noch erſchienen: 


Sean Paul Fr. Richter 
in feinen legten Tagen und im Tode. 


Bon 
- Dr. Rihard Otto Spazier. 
8 Breslau, im Verlage bei Jofef Mar und Comp. 


Diefe Eleine treffliche Schrift, welche bei allen Leſern Jean 
Paul's Beifall finden wird, und deren bisheriger Ladenpreis 
21 Gr. war, iſt nun für den herabgeſezten ungemein wohlfeilen 
Preis von 6 Gr. oder 74 Sgr. durch alle Buchhandlungen 
Deutfchlands zu erhalten. . 











Deftreihifhe militairiſche Zeitſchrift 1833. 
3weites Heft. 

Diefes Heft iſt foeben erfchienen und an alle Buchhandlun⸗ 
gen verfendet worden. Es enthält: J. Biographiſche Skizze 
bes E. k. Hoflriegsrathe : Präfibenten, Feldzeugmeiſters Scafın 
Ignaz Eyulai. (Schluß) — II. Die nieberländifhen Polbers. 
Gin Beitzag zur Militairtopographie . ber Niederlande. — 
III. Den Zelbzug bes E. k. Feldzeugmeifters Prinzen von Sach⸗ 


‚fen: Hildburgkaufn 1787 in Bosnien. (Schtuß.) — IV. Die 


Operationen der Deftreicher am linken Rheinufer im Spätherbfte 
1795. Rad oͤſtreichiſchen Driginalquellen. Erſter Abfchnitt. — 
V. Literatur. — VI. Die Kortfegung bes Ehrenſpiegels be 


‘. 


‘ 
ne a. — a 


k. J. oͤſtreichiſchen Armee. — VIE, Neuefte Milidafrveraͤnderun⸗ 
gen. Jeder Jahrgang d’efer Zeusfärift koſtet 8 Ahlr. Saͤchſ. 
Mer die Zahrgänge 1818 bis incl. 188% auf einmal 
abnimmt, erhält diefelben um eim Wiertel wohlfeller als ber La: 
denpreis. 
Wien, ben Gten März 1883. 
3.6. Heubner, 
Buchhaͤndſer. 








Bei mir iſt ſoeben fertig geworden und in allen guten 
Buchhandlungen zu haben: 


Das Corpus Juris Civilis 
ins Deutſche überfegt 
von einem Bereine Rechtsgelehrter 
„und herausgegeben von 


Dr. Kari Eduard Dtto, 


. d orbentit 
kalferl. ruffifchem Hofrathe Aanda tie Profeflor der Rechte an 


| Dr. Bruno Schilling, 
Wuiel. ſaͤch ſiſchem a ud, gprofeffor der Rechte an 


un Dr. ©. F. F. Sintenis, 
als Rebactoren. 

Erſter bis ſechster Band: Inſtitutionen, Pandec⸗ 
ten und Coder, nebſt 5 Kupfertaſeln und einem 
Titelregiſter. Preis 24 Thir. 18 Gr., Velin⸗ 
papier 37 Thle. 3 Gr. 

Der ſiebente und lette Band ‚(bie Novellen und kibri 
feudor. enthaltend) erfcheint im Laufe biefes Jahres. 

Diejenigen refp. Abnehmer, welchen ihre Budyhanblung 
die vollftändige Kortfegang biefes Werkes nicht zu "liefern 
vermag, wollen fi) deshalb nur an eine andere ober an 

mid direct werben. 

Leipzig, im März 1888. 
Kari Focke. 


Bei H. 8&. Brönner in Frankfurt a. M. ift foeben 
erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben: 


Carové, Dr. ’F. W., Ueber das Coͤlibatgeſetz des roͤm. 
kathol. Clerns. Zweite Abtheilung. 

Auch unter dem Titel: . 

Vonftändige Sammlung der Gölibatgefege für die kathol. 
Weltgeiſtlichen, von ben aͤlteſten bis auf die neueſten 
Zeiten, mit Anmerkungen. 494 Bog. Gr. 8. Geh. 
Preis 3 Thlr. 3 Gr. | 

(Die erſte Abtheilung Toftet 2 Thlr. 6 Gr.) 





Bei 3. A. Mayer in Aachen iſt ſoeben erſchienen und 
an alle Buchhandlungen verſandt worden: 


Ber Bucanier. 


n 
bitorifder Roman 
aus der Zeit Cromwell's. 


Aus bem Gnglifgen 
von 
Kouig Lax. 
Drei Bände. 
Preis: 3 Thlr., oder 5 Fl. 24 Mr. 


Der geiſtreiche Verfaſſer bes Pelham, Here Bulwer, fa 
in einer Recenſion obigen — ‚ Tat 
„Der Bucanier ift ein ausgezeichnet gut gefchriebener os 


men, in dem das Intereſe ber Handlung und bie ’ 

der itharakteve von gieich hohen — — re 4 
vortrefftiy burchgefüer, ud die Cheifhahike ſtets in 
Spannung erhalten.” 

AR endlifge Heitilee Timnten ie dem Lobe diefes mit 
hohem Beifall aufgenommenen Wertes überein, bas wir in ſei⸗ 
ner Uebesfegung mit gutem Rechte ben beutfchen Leſern brin- 
gend emffeftin können. 


Leipzig. (Intereffantes politifcyes Berl.) In 3. Scheib⸗ 
le’ 6 Berlagserpedition erſchien und if in allen Buchhanbliun⸗ 
gen zu Yaben: 


geitanjinten 
Shddeutfden. j 


erausgegeben von 


d 
Frienerih Tudwig Bührlen. 
21 Bogen flat, 8. Broſch. Welinpapier.. 1 hie. 
6 &r,, dder 2 Fi. 

Es ſind ruhige Blaͤtter in einer bewegten Zeit; patrioti⸗ 
ſche Blicke in das deutſche Nationalleben, auf die Puppen unb 
Popanze unſerer Tage, keine politiſche Einzelnheiten, keite E;: 
pochondriſche Aengſte, phantaſtiſche Hoffnungen. GE iſt miy: 
lichſt klares Anſchauen des tomftitutiounelten, des natienafwirtb: 
ſchaftlichen Lebens, gedraͤngte Auffäpe über freie Preſſe, Bolke⸗ 
verſammlungen, Parteikaͤmpfe, oͤffentliche Meinung, Staatsla⸗ 
ſten, Reformen zc., durchwoben mit kurzen Bemerkungen über 
bas Bolkoleben im Ganzen. Keine Gernrebnerei, fondern ent: 
fgiebener, heiterer Genf, auch dem Nichtpolitiker jeden Stan 
bes genießbar. — Der Hr. Berfaffer ift dem YPublicum als 
hoͤchſt angenehnter Erzaͤhler Tängft vortheildaft bekannt, 








Preiserniedrigungen. 


Wi zeigen an, daß wir " 
Dr. J, A. Bergk’s 
LEBEN DES KAISERS NAPOLEON 
nach Norvins und andern Schriftfleileen bargeflekt. 4 Bänke 
in ge. 8 Mit 1 Porter. von 5 Thlr. 12 Gr. auf 
3 Xhfe. herabgeſetzt haben. 
Diefes Wert ward bei feinem Erſcheinen wegen feiner hi⸗ 
ſtoriſchen Zuverläffigteit und der darin herrſchenden parteilofen 
und lichtvollen Darftellung allgemein günftig aufgenommen 
und viele kritiſche Blätter den fih ſehr bei: 
fällig über daffelbe aus; das Erſcheinen bes Lebens Nas 
poleon’s von Walter Scott, welches eher einem Roman als 
einer Biographie gleicht, lenkte bie Aufmerkfamleit von der Ars 
beit des deutſchen Landemanns ab, da nun einmal bie Deutſchen 
nach bem Auslänbifchen lieber greifen und bed großen Unbes 
tannten als Novellendichter fo berühmter Rame für jenes zu 
fprechen ſchien. — Wir glauben, daß wir nad Jahren, nachdem 
man fi in feinen Erwartungen getäufcgt fieht, für Bergf's 
Bub aufs Reue um Aufmerkſamkeit bitten bürfen, 
zu welhem Behuf wir benn aud den Anlauf fehr 
erleichtert haben. 


Euvier, ©. Bam, 
Geſchichte der Fortfchritte in den Raturtoiffenfgaften, 
feit 1789 bis auf ben heutigen Tas. Aus dem Franzoͤſ. 
von Dr. 5. %. Wiefe Gr. 8. 4 Bünde in gr. 8. 
Sonft 6 Thlr. 6 Gr., jest 4 Ihle. 

Durch dieſes ausgezeichnete Wert allein 'wärbe fi Guvier 
einen utraustöfchlichen Ruhm in ber wiſſenſchaftlichen Literatur 
begründet haben. Daſſelbe gewährt eine gebrängte und forge 
fältige Ueberſicht und ein vollftändiges Mortregifter geben ihm 
bie Brauchbarkelt eines naturhiftoriichen Wörterbucs, weshalb 





'@ keinem Raturhiſtoriker, kelnem Biegrap 
keinem Wücherfannnier fühlen ſollte. — 
allen Berhhandkumgen gu haben. 
Leipzig, Baumgärtner Buchhandlung. 


&h und üb t 
—S 





Durch alle Buchhandlungen und Poſtaͤmter iſt zu beziehen: 
Blaͤtter Fler literatiſche Unterhaltung. Redigirt unter Vers 
antwortlichkeit der Verlagshandlung. Jahrgang 1833. 
Monat März, ober Nr. 60 — 90, mit 1Beilage: 
Me. 3, und 2literariſchen Anzeigern: Pr. VI und VIL 
Sr. 4. Preis des Jahrgangs von 365 Nummern (as 
fer den Beilagen) auf gutem Drudpapier 12 Thlr. 
Der eanoniſche Wächter. ine antijeſuitiſche Zeitſchrift 
für Staat und Kirche und für alle chriftliche Confef: 


fiinen. Herausgegeben von Alerander Müller, 


Sabegang 1832. Monat December, oder Nr. 97104. 
Gr. 4, Preis des Jahrgangs von 104 Nummern 
(außer den Beilagen) 5 Thlr. 
Leipzig, im April 1888. 
5.2. Brockhaus. 


Kunstanzeige.. 


Seit Januar 1833 erfcheint in meinem Verlage eine neue 
Zeitſchrift unter bem Zitel: 

Museum. Blätter für bildende Kunſt, 

trdigiet vum Dr. 8. Kugler. 

Wöchentlich erfhwint 1 Bogen in 4. auf milchweißem Be 
linpapier; fo oft es die Werfländlichkeit bes Textes erfobert, 
wird eine Kupferbeilage gegeben. 

Der Preis des Sahrganges iſt 5 Thlr., 
des halben Jahrganges 2 Thlr. 12 Er. 
und wird das Abormement pränumerando entrichtet. Wan uns 
terzeichnet auf biefes Blatt, außer bei dem Verleger, auf allen 
Eönigt. preuß. Poſtaͤmtern und in jeber foliden Buchhandlung. 
Berlin, im März 1883. 
- G. Groplus. 


Leipzig. (kiteratur.) In J. Scheible's BVerlagéerpe⸗ 
dition erſchien und wurde ſoeben an alle Buchhandlungen vers 


“ Garbinäle, Biſchoͤfe 
re 


und Prieſte 
18 





@ 
Liebesabenteurver 


buch 
Coͤlibatgebot und jefuitifde Grandſätze. 
Hiſtoriſch geſchildert von 
Banto -Dominge. 
Aus dem Zranzöftifhen. 


8. Broſch. Welinpapier. 20 Gr., oder 1 FI. 21 Kr. 





Betrachtungen über den weifen und wundervollen Bau 
des menſchlichen Koͤrpers, und über die Seele imd den 
- Set des Menſchen ic, vom Schulrathe und f. 

Dr. Gelpke. Mit acht Kupfertafein. Leipzig, 

. 1831. 

Dies vortreffliche Werk, welches bis jest ganz eingig In 
- feiner Art iſt, indem kein anderes den weifeh und wuhberobllen 
Bau unfers Körpers fo fablich, anziehend und religids barftellt 
wie biefes, verdient in ben Händen jedes wißbegierigen unb 
wahren Verehrers ber hoben Gottheit gu fein; denn fa auf 


- 


- 


jede Silte find WErHfe und Merorife bon dem meifen Bau uk- 
ſers Körpers gegeben, und dabei mit einem Reichthum von 
Kenntufffen angefünt, wodurch bie Aufmerkſamkeit des Refers 
bi8 and Ende gefeflelt wird, worin der Derr Berfaffer, wie aus 
feinen aftronomifhen Schriften erhellt, Ein beneibenswerthes Ta: 
Ient befigt. Dies Werk umfaßt 12 Betrachtungen, von welchen 
bie ifte „Ueber den Geiſt, bie Seele und die Hüfte bes Den: 
ſchen“, die Ste ‚Ueber bad Gehirn’, wobei bie Stufenfolge deſ⸗ 


ſetben don bem unvolllonmrenften Thiere bie zum Menſchen 


hinauf, angeführt, die Seelenkrankheiten deſſelben und ber thie- 
riſche Magnetismus auf die faßlichfte Weiſe erläutert, und eine 


- Anwendung bavon auf die Groͤße unfers Geiſtes und deſſen 


Verherrlichung nach dem Tode gegeben worben ift, und bie 
6te und Tte: „Ueber den weifen Bau unfers Auges und Ohres, 
ſehr intereffant zu lefen umd fehr lehrreich find. 


Wichtiges Wert für Philologie. 
Neuerlich iſt erſchienen und an alle Buchhandlungen bes 

Ins und Auslandes verfandt worben: 

Bibliographifhes Lexikon ber gefammten Li: 
teratur der Griechen und Römer. Kon 
Dr. 8. 5. W. Hoffmann. I Band. Afte und 
2te Abtheilung: Griechen. Von A bis Euklid. 
Preis jeder Abtheilung 1 Thlr. Gr. 8. Broſch. 

Das große Bebürfniß eines niit Vollſtaͤndigkeit und Ger 

nauigfeit ausgearbeiteten Werkes dieſer Art ift Schon laͤngſt a: 

feitig gefühlt worden. Daher wird fich biefes bibliographifche 

exiko 

freunde befinden und das Beſtreben und der Fleiß des Herrn 

Verfaſſers nach Verdienſt anerkannt werden Trot der großen 

Reichhaltigkeit der Materialien wird man ſelten eine Luͤcke fin⸗ 

ben, da naͤchſt ber Textausgabe ber Schriſtſteller auch bie Ueber: 

fegungen und Erläuterungsfchriften fämmtliher Autoren von 
ben älteften bis auf die neueften Zeiten mit größter Genauigkeit 


angegeben finb. 
C. H. F. Hartmann in Leipzig. 


An alle Buchhandlungen wurde verſandt: 
Emmele, Dr., Beſchreibung deutſcher und roͤmiſcher 





Alterthuͤmer, in dem Gebiete der Provinz Rheinheſſen 


zu Tage gefoͤrdert. Mit 34 lithograph. Tafeln und 
493 Abbildungen. te Ausgabe. Gr. 4. 
1 Thlr. 20 Gr. 
Fritſch, Dr. E. A. (Lehrer am koͤnigl. preuß. Gymna⸗ 
ſium zu Kreuznach), Die obliquen Caſus und die Praͤ⸗ 
poſitionen ber griechiſchen Sprache. Gr. 8. 16 Sr. 
„ Diefe Schrift, welche bie griechiſche Grammatik auf einen 
echt wiſſenſchaftlichen Standpunkt erhebt, wird allen Kennern 
und Freunden der Sprachwiſſenſchaft willfommeh fein; weshalb 
bex Verleger fi) erlaubt, ganz beſonders auf vieſelde aufiiierk: 
fam zu machen. . . 
Meinz, im März, 1888. 
€. ©. Kunze. 


Literarifhe Anzeige 


- Da bier und ba von Freunden ber Phyſik, benen bas große 
Sehler’iche phyfikaliſche Woͤrterbuch, aufs Neue beraußdgegeben 
von Wrandrs, Snielin, Dorner, Munde und Pfaff, für die Bes 
bürfniffe, deren Befriedigung fie nur wuͤnſchten, zu umfaſſend 
und zu koſtbar f ‚ ver WBunfd, ein, weniger -für den 
Phyſiker als fir ben Ditettanten berechneter Auszug aus DAR 
großen Wörterbuche erſcheinen möge, gehußert worden if, fo 
zeige ich hierdurch an, daß ich mit ben Derauägebern ber yeuen 
Ausgabe bes Gehler'ſchen Wörterbuchs, über einen hoetmöhigen 
Plan, wie dieſer Wunſch zu erfüllen fei, in Unterhandiung ſtehe. 
Ich Hege bie Hoffnung, fehr bald über bie wirkliche Ausführung 








! 


Seh. 


\ 


n gewiß in kurzer Zeit in den Haͤnden alles Literatur: . 


biefes Planes genauere Auskunft geben zu koͤnnen, und theile 
dieſe vorläufige Anzeige nur darum mit, damit theild ben ges 
fhehenen Anfragen geantwortet, theils jede etwanige Gollifion 
vermieben werbe, ba offenbar Niemand beffer, als die Bearbei⸗ 
ter des großen Woͤrterbuchs, im Stande ift, die Anfprüce bes 
Yublicums zu befriedigen. ' 
Leipzig, im Februar 1838. 

E. B. Shwidert. . 


er; 
Soehen ift erfdhienen und in allen Buchhandlungen zu 
€ ‘ 


haben: , 
Banditenleben. 
Ans dem Englifhen. des Mac: Farlane 
von 


0 

W. A. Lindau. 

8. Leipzig, Rein'ſche Buchhandlung, 2 Theile mit 
Titelkupf. und Vign., Preis geb. 2 Thlr. 

Wer von den in mehren deutſchen Schriften von Andern 
mitgetheilten Bruchftäden dieſes hoͤchſt Intereffanten Werkes 
ſchon Tebhaft angezogen worben ift, wird ſich einen neuen Genuß 
verfhaffen, wen er in diefet Verdeutſchung das Ganze im Zus 
fammenhange findet, worin biefe Bilder aus dem Banbitnleben 
erft ins rechte Licht treten. | 


Göthed Briefe an Lavater. 
Anden: uns ift erſchienen und in allen’ Buchhandlungen zu 


an 
ta vart e.c 
Aus den Jahren 1774 bie 1783. 


Derausgegeben 
von .. 
H. Hirzel. 


Nebſt einem Anhange und 2 Facſimile. 
8. Velinpapier. Broſch. 
reis: 1 Shin 
Leipzig, März 1883. 
Weib mann'ſche Buchhandlung 


Pour paraitre le 1°" Septembre 1833. 
Recherches sur les poissons fossiles, com- 
prenant la description de 500 especes qui n’existent 
plus; l’exposition des lois de la succession et du 
developpement organique des poissons durant toutes 
-les metamorphoses du globe terrestre; une nouvelle 
elassification de ces animaux exprimant leurs rap- 
ports avec la serie des formations; enfin des con- 
siderations geologiques generales tirdes Be l’etude de 
ces fossiles, 
par Louss Agassız, docteur etc. etc. 
5 volumes, texte in 4., et 250 planches in folio 
sur papier fin, 
On souscrit chez Sigismond Schmerber, 
' libraire 4 Franchort s. 1. M. 





Recenſion über die Allgemeine Modenzeitung in 
der braunfchweiger vielgelefenen Mitternachtzeitung 
Mr. 31 d. J. 
Die Mitternachtszeitung, welche durch ihre Freimuͤthigkeit 
ebenfo bekannt iſt als durch ihre Unparteilichkeit, ſagt: 
„Ein Kind, dem weiblichen Geschlechte angehörend, 


= 


das mit dieser Modenzeitung geboren wäre, hätte bereits 
seine Glanz- und Schönheitsperiode überlebt und ginge als 
vernünftige Hausfrau etc. zur Modenzeitung, um die Ver- 
angenheit in Erinnerung zu bringen etc. Aber dann waa- 
ert sich die Hausfrau wohl, dass, indem sie schon Spuren 
der Zeit in ihrem Gesichte trägt, die gleichalte Modenzei- 
tung noch in vollster Blüte der Schönheit steht, ja, diese 
immer mehr entfaltet.‘ 
„Die Damen und Herren werden, immer lebendig schö- 
ner und, wenn nicht ‘grade eine ironische Laune von Sei- 
ten der Modengöttin ihre Körper verstellt — liebenswürdi- 
r. Seltsame und merkwürdige Liebeshändel oder ernstere 
eitbegebenheiten gehen mit ihr Hand in Hand, und dabei 
erzählt das Blatt noch so viele Anekdoten, schildert se leb- 
haft Sitten, Gebräuche und Naturerejgnisse, dass man dar- 
über alle Moden ver. könnte,‘ 

„Im Ernste! ie Modenzeitung des Herra 
Baumgärtner steigt fortwährend in ihrem Wer- 
the. Das Blatt ist durch ein Beiblatt für Klei- 
nigkeiten erweitert und auch sein artistischer 
Theilhat durch Extrakupfer, die sich jährlich 
bis auf zwölf belaufen, eine Vergrösserung ge- 
funden, indem zugleich mehr Sorgfalt auf den 
Stich verwandt wird. — Dass die Modenzeitung kein 
ultraliberales Blatt geworden ist und sich überhaupt mit 
Liberalismus und hundert ähnlichen Sachen nur zuweilen, 
und dann auch in weiter Ferne, beschäftigt, ist natürlich 
und kann ihr gar nicht in Tadel nachgesagt werden 
ete. etc. etc.” 


Schintuiffenfchaftliche Schriften. 
In meinem Verlage find nachflehende intereffante 
Schriften erſchienen, die durch alle Buchhandlungen des 
In⸗ und Auslandes bezogen werden koͤnnen: 


Knorring (Karl von), Ruffifche Bibliothek 
für Deutſche. Erſtes bis Drittes Heft. (Reval 
1831.) 8. 34 Bogen auf Drudpapier. Geh. 
2 Thlr. 12 Gr. ' 


Diefe drei Hefte enthalten ausgewählte Stüde von Po: 
tewoj, Schukowokj, Puſchkin und Gribojedom. 


Dertel (WB. von), Harald und Elsbeth, oder 
das Zeitalter Johanns des Schredlichen. Ro: 
mantifhes Driginalgemälbe aus der Gefchichte 
des fechzehnten Jahrhunderts. 2 Bände. (Pe- 
teröburg 1831.) 8. 30 Bogen auf feinem 
Drudpapier. Geh. 2 Thlr. 8 Gr. 

Scipio Eicala. 4 Bände. 8. 834 Bogen 
auf feinem Drudpapier. 6 Thlr. 

Sherer (Moyle), Bilder aus dem Kriegsle⸗ 
ben. Aus dem Englifchen überfegt von Ru- 
dolf Lindau. Herausgegeben von Wil— 
beim Adolf Lindau. 8. 213 Bogen auf 
feinem Drudpapier. 1 Thlr. 16 Gr. 

Stimmen der Zeit. Lieder eines Deutfchen. 12. 
96 Seiten auf gutem Drudpap. Geh. 10 Gr. 

Sue (Eugene), Atar-Gull. Aus dem Fran- 
zöfifchen. 12. 348 ©. auf feinem Drud- . 
papier. Geh. 1 Thlr. 12 Gr. 


Leipzig, im April 1833. 
' 8.4. Brodhaus. 





— — — — 


“ Btudiums; theoretische Philosophie, Anthrop 


‘ 
. Di 


Literariſcher Anzeig 


(3u den bei 3. X. Brockhaus in Leipzig erſcheinenden Zeitſchriften.) 





⸗ 


er. 





1833. Nr. X. | 





Auszug , 
aus’der Ordnung der Vorlesungen an der königlichen 
. Universität Würzburg für das Sommer-Semester 1838. 


Gesetzlicher Anfang am 1öten April, 


I. Pbilosophische Facultät: Prof. Meiz: All- 
gemeine Encyklopädie und Methodologie des akademischen 
ologie und Lo- 
gik; Metaphysik; praktische Philosophie, als Naturrecht 
usd T lebre; Geschichte der Philosophie; Encyklopädie 
und Methodologie der Mathematik überhaupt; Euklidische 
Geometrie, verbunden mit der ebenen und den Vorbegrifien 
sur sphärischen 'Trigonometrie. — Prof. Schön: Reine 
allgemeine Grössenlehre mit Enncyklopädie und Methodologie 
der mathematischen Wissenschaften; niedere, reine und an- 
gewandte Geometrie mit ebener 'Trigonometriez höhere Ana- 
lysis und höhere Geometrie; sphärische und theoretische 
Astronomie mit der Anleitung zur Anstellung astronomiacher 
Beobachtungen auf dem Observatorium. — Wagner: 
Praktische Philosophie, als Religionslehre, Moral, Natur- 
‚recht; Naturphilosophie ; Geschichte der Philusophie; Staats- 
wissenschaft. — Prof. Denzinger: Allgemeine Geschichte; 
europäische Staatengeschichte; allgemeine europäische und 
bairische Statistik. — RBickarz: Römische Alterthüiner, 
oder Darstellung der merkwürdigsten Formen und Zustände 
des öffentlichen und des Privatlebens der Römer; des So- 

hokles „Oedipus als König“, des Tacitus „Historien“, — 
röhlich: Pädagogik und Didaktik, a) allgemeine, b) 


. specielle, mit besonderer Anwendung auf die öffentlichen 


Schulen und ihre zeitgemässe Behandiumg; Geschichte der 
Erziehung; Aestbetik als Kunstwissenschaft mit specieller 
Entwickelung der verschiedenen Kunstformen ; über einzelne 
plastische oder redende Künste; Geschichte der redenden 
nnd bildenden Künste. — Osann: Theoretische und Ex- 
perimental - Physikz3 theoretische und Experimental- Chemie 
mit besonderer Berücksichtigung der Chemie organischer 
Körper. — Lesblesn: Naturgeschichte, a) Zoologie, b) 
allgemeine Botanik, — Prof. Rumpf: Geognosie. — Dr. 

ssdmann: Des Sophokles „Oedipus in Kolonos“‘; des 
Terentins „Andria“. — Dr. Grossbach: Geschichte 
Deutschlands; Geschichte Baierns; allgemeine und beirische 
Statistik. — Rath Buchinger: Ueber die historischen 
Hülfswissenschaften, 


IH. Theologische Facultät: Fischer: a) He- 
bräische, b) chaldäische, syrische und arabische Sprache; 
Exegese der Bibel, a) des Alten, b) des Neuen Testaments, 
Fortsetzung der Erklärung der Leidens- und Auferstehungs- 

eschichte Jesu nach der Harmonie der yier Evangelien. — 
orstz: Kirchengeschichte; Patrologie; Theorie des geist- 
lichen Geschäftsstyls. - Rösch: Moraltheologie; Pastoral- 
theologie; Homildtik; Katechetik; "Liturgik. — Biekel: 
Erklärung der Offenbarung des h. Johannes; Dogmatik. 
* 1. Juristische Facultät; Prof. Kilsani: CI- 
vilpracticum und Relatorium; .Criminalpracticam und Rela- 
torium; Examinatorinm und Disputatorium über sämmtliche 
‚Zweige der Rechtswissenschäft. — Pröf, Bingelmann: 


deutsches Privatrecht in Verbindung .mit dep gemeinen und 
bairischen Lehenrecht ; Institutionen des französischen Civil- 
rechts. — Prof. Stahl: Pandekten. — Prof. v. Link: 
Historische Einleitung in das deutsche Staatsrecht; gemei- 
nes und bairisches Territorialstaatsrecht. 

IV. Staatswirthschaftliche Facultät: Prof. 
@eter sen.: Staatswirthschaft” und KFinanzwissenschaft; 
Landwirtbschaft. — Prof. Geier jun.: Encyklopädie und 
Methodologie der Kameralwissenschaften ; Forstwissenschaft ; 
Bergbaukunde; Technologie; Handelswissenschaft. 

V. Medicinische Facultät: Prof. Pickel: Che- 
mie und Pharmaeie. — Prof. Ruland: Arzueimittellehre ; 
Kinderkrankheiten; gerichtliche Medicin und medicinische 
Policei. — Prof. Heller: Botanik, Demonstrationen der. 
blos medicinischen Giftgewächse. — Prof, #® Ouirepont: 
Geburtshülfliehe mannal- und instrumental-Operationen am 
Fantome und an Leichen; geburtshülfliche Klinik; über 
Weiberkrankheiten. — Prof. Münz: Angtomie des Me»- 
schen; vergleichende Anatomie. — Prof. Ryss: Velerinair- 
medicin. — Prof. Jäger: Syphilitische. Krankheiten; Chi- 
rurgie über Augenkrankheiten; Selbstübungen der Studiren- 
den in den chirurgischen Operationen; chirurgisch augen- 
ärztliche Klinik. — Prof, Markus: Specielle Pathologie 
und Therapie; medicinische Klinik; Geschichte der Medi- 


siolofie; allgemeine Pathologie und T’herapie; Semiotik. — 
Prof, Rumpf: Päysiologische 'und pathologische Chemie; 
Pharmacie. — Prof. Hensler: Animalischen Magnetis- 
mus; Physiologie, mit physiologischen Experimenten. — Dr, 
wchs: Aerztliche Receptirkunst; specielle Pathologie und - 
Therapie; Geschichte der epidemischen und contagiösen 
Krankheiten. " - 


Schöne und bildende Künste, 
Höhere Zeichnenkunst: Stöhr. 
Kupferstechkunst: Bitihäuser. 
Exercitienmeister. 

Reitkunst: Ferdinand. 
Fechtkunst: Bündgens. 


Auszug 

aus dem Verzeichniß der bei ber großherzi. bad. Albert: 

Ludtvigs = Univerfität zu Freiburg im Breisgau für 

das Sommerfemefter 1833 angelündigten, am 22. Aptil 
becßginnenden Borlefungen, 


IL Cheoiogtäche Facultät. 

1) Geiſtl. Rath, Domcapitular und Prof. ord. Ritter Hug: 
Einleitung in das Neue Teſtament 

2) Geifll. Rath. und Prof. ord. Werk: Praktiſche Schrifter⸗ 
Mörung. — Theorie der Serlforge und Lilurgif. — Kar 
techetik. F 

8) Geiſel. Rath und Prof. ord. Eudw. Buchegger: Grege 
tiſche Vorträge über das Evangelium nad Matthäus. — 


b 





ein. — Prof. Narr: Encyklopädie und Methodologie; Phy-' - 


“ Dogmatik in Verbindunz mit Dogmengeſchichte. — Cra: ſchichte: Mittlere und neue allgem. Geſchichte. — Ueber 

minatorium Über Dogmatik, U. Mine . on 

4) Geiſtl. Rath und Prof. ord. Schreiber: Moraltheologie. — 2, Hofrat$ und Prof. -orb. Bugengeiger: Heine Geome⸗ ' 
Sefchichte der Moraltheologie: — Praktiſches Collegium trie. — Angewandte Mathematik. — Privatissima_ über | 
über Moral. — Algemeine Religienälchre. Ka ı höhere Mathematik, — Mineralogie. 

5) Prof. ord. (ker philof. Zacultät) Weger: Anfangsgrünte | 8) Hofrath und Prof. ord. Schnelier: Gefdichte ber Philo⸗ 
ber hebraͤiſchen Sprache. — Arabiſche Sprache — Bibli⸗ ſophie, — Metaphyſik. — Ethik. — Paͤdagogik. — Eng⸗ 
ſche Hermeneutik. — Gregetifche Vorträge über-die Pſalmen. Yifäge Eprache für weiter Vorgeſchrittene. — Grundfäge ber 

6) Lehramtegebülfe Stengel: Hebräifche Srammatik. — An: ttatientſchen Sprache und Literatur. 
fangsgründe des Ghaldäifhen — Syriſchen — Arabifchen | 4) Prof. ord. Zell: Ueber Tacitus' Annalen. — Ueber Ariſto⸗ 


und des Sanskrit. — Grammatiſche und hiſtoriſche Gr: |- phanes' Plutus. — Geſchichte der bildenden und zeichnenden 
läuterung der Bücher Samuel’. — Gregefe über den Rd: Künfte bei ben Griehen und Römern. — Weber Aristote- 
merbrief. — Gpregefe über die Briefe an bie Theſſaloniker. les De mundo. 9 | 
7) Repetitor und Supplent Kle nfler: Chriſtliche Religions: | 5) Prof. ord. Seeber: Differenfial: und Sntegralredynung. — | 
Zn er .dZweiter on Srperimentolppfit —. Phyſiſche Gesgzraphie und Meteo: | 
N. Juristen⸗Facultät. zologie.  eruke 5 
H Geh. Ratd und Prof. air Ritter Duttlinger: Grimis | 6) Prof. ord. Berreb: Encyklopoͤdie und Weſchichte der ge: 
" nalrecht. — Theorie des bürgerlichen Proceffet. — Strafe farnmten Raturkunde. — Aigeneine Bötanit. — Gpeciele 
proceß. — Wechſelrecht und Wechfeiproce: -— Procehord⸗ Dotanit für Ereurfionen mad Demonftrationen 
| a den Rechtsſtreitigkeiten für das Großher⸗ N) yo, ii. — y er: * ſangegrunde bir hebraiſchen Sprache 
Hofratih und Prof. orb. Amann: Panbdekten. — Uebungscolle⸗ T me In 
2 über Panbekten. — Examinatorium über Kirchenrecht. 8) Prof. erttaocd. Simmermann: Gefcichte ber Philoſo⸗ 
:8) Prof. ord. Brig: Aeußete Geſchichte und Juſtitationen des phie. — Logik. — Metaphoſik. — Ethit. — Paͤbagogil. — 
rom. Rechts. — Examinatorium über Pandekten. — Deuts Xeſthetik. 
fähs Peioatrecht. 9) Fr an Spmmapun —— Erklaͤrung der 
4) Prof. ord. Baurittet: Juriſtiſche ECneyklopaͤdie. — "Eins ie ronto. — gortjegung ber tpretation des 
— fa ben Code Napolson. —- Code Napsison. — Demöftbems. — Uebung im griehifhen Styl. 
Babifihes Sanbechht. . 10) Privatdocent Dr. Weid: Algemeine Seltgeſchichte: Ger 
6) Prof. ertraord. Buß: Europaͤiſches Boͤlkerrecht. — Allge⸗ ſchichte des Mittelalters und ber neuen Zeit. — Thesrie 


füpaft und Binan. 11) —— —* * — Dee FeamgöRfeen Spra 
He Dr. :Mußler: Inſti d Gefäk : i e 
m Gen re Mh. — ſieutienen un sel für Mafänger. — Wiederholung ber ſchwerſten Segeln für 


. IM. Mebicinische Facuität. weiter Worgeräete. 


meine Slaatelehre. — Polleeiwiffenfhaft. — Gtaatswirth: | - der Statifit und Statiſtik der beutfhen Bundedſtaaten. — | 








1) Hofrath und Prof. ord. Bed: Dperationtlehre mit Uebuns FE en — — — 
* an Leichen. — Ueber bie Krankheiten des Gehoͤror⸗ gu en uns ef erſchienen Amb durch jede ſollde Buchhandtung 
he Shirurgifhe und Augenkrankenklinik. — Gericht⸗ ' Ueber 
li edicin. 
9 Hofrath und Prof, ord. Baumgärtner: Converſatorlum M aschi ne .n- 
über allgemeine Pathologie und Therapie. — Mebteinife: und 
einigen un an m Hospital. — Practicum in ber polis F a b r i k wesen 
8) Prof. ord. Bromherz: Chemie ber organifden Kipe.— | . va Charles Babb are 
k it i lyſe. — and: & bj 
aloe. Anleitung bur Gemifgen Analyie Arnd ‚aus dem Englischen deutsch bearbeitet von Hrn. Dr. 


4) Prof. ord. Ant. Buhegger: Knochens und Bänderlehre | Friedenberg, mit einer Vorrede des Hm. Director 
bes menſchlichen Körpers. — Repetitionen aus ber gefamm- | Klöden und mit vielen Originalbeiträgen, zugeeiguet 
ten Anatomie. — Anatomie der Ginnesorgane. dem wirklichen Geh. Oberfinansrathe Hrn. Beuth, 


5) Prof. ord. Leudart: Einleitung in bie Naturgefchichte nik. X m. 
vn allgem. und fpecielle Raturgefhichte unb —8 dessen Bildniss vr 7. a impeb. Elegant 
ri ch . r. “ ! 


- der wirbelloſen Thiere. — Phnfiologie bes Menfen. — |. 
' Vergleichende Oſteologie. Diefes Werk enthält die grünblichfien und neueſten Er⸗ 
6) Prof. ord. Schwoͤrer: Theoretiſch⸗praktiſche Geburts: | fahrungen über den Gegenſtand, weichen ber Titel nemt. 
und Kindbettlehre. — Ueber Literatur der Geburtskunde. | Die erfte Auflage des Driginald war in England im Sommer 
Geburtshuͤlfliche Klinik. 1832 binnen zwei Monaten, vergriffen und umfere deutſche Be: 
7) VProf. ord. (dee philof. Barultät) gerleb: Emeyllopäbie | arbeitung ift nach der zweiten, fehr vermehrten Auf: 
ber Raturwiffenfchaften und ber Medicin. — Allgemeine | lage des. Driginals angefertigt. 
Botanik. — Specielle Boͤtanik mit beſonderer KRückſicht Jedem Tedgniter, jedem Staatsmann, jedem Gebilbeten, 
auf vffteinele Pfianzen. — Botaniſche Etturſivnen. "der ſich für das Wohl der Menſchheit intereſſirt, ja jedem Fa⸗ 
8) Prof. extraord Werber: Semotik. — Hiſtoriſch-kritiſche “Grifanten und Handwerker ift died Werk von hoͤchſtem Intereffe; 
Beleuchtung ber verfchiedenen Anfichten über die Seilgefege | denn es zeigt nit nur den Kortfchritt bes Mafchiten und Zas 
der Natur. = .Xrgneimitteliiire mit Rechyptirkunſt. — Bes | brifivefen®, fonbern auch deſſen Wirkung auf die Menfchbeit, 
terinairkunde. ‚auf den Staat, auf die Einzelnen Stoffen, auf Fabrikunterneh⸗ 
P 9) Prof. ertraord. "Spenner: Allgemeine Botanit. — Gpe: | mer, Asbeiter und Gonfumenten. 
cieie Botanik, verbunden mit botanifcyen Ercurfionen. — Stußrfhe Buchhandlung in Berlin. 
. Uebungen im Pflanzenbeflimmen. — Mebicinifhe Botanik. - — 
10) Kliniſcher Aſſiſtent Dr. Frick: Ueber mediciniſche Phyſtk. ANKÜNDIGUNG. 
; IV. Philoſsophische Facultät. Die. lebhafte Theilnabme, deren aich das in Mailand 
4) .Hofrath und Prof. ord. Deuber: Allgemeine -MWeltge -| erscheinende BCHO seit den fünf Jahren seinen Bestehens 


—— — — — — — — — — — — 
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[4 
‘ 


- 


8 


“erfreut, bestimmte die Herausgeber, eine von der stalleni- 
‚schen unabhängige deutsche "Abtheilung zu veranstalten, 
deren Tendenz ist: das Ausland in beständiger Uebersicht 
‚der: Literetur, Kunst, Musik, des Theaters, und des Le- 
dene in Italien zu erhalten. Politik bleibt ausgeschlossen. 
«- Wöchentlich zweimal erscheint ein Bogen in Fol. 


+ Der Jahrgang des deutschen Echo kostet „. 83 Zwanziger. 


Die postfreie Versendung bis an die Grenzen 
den östreichischen Staats beträgt . . . 8 „ 
Halb- und vierteljähr. Pränumeration im Verbältniss: 
‚Abounement für 2 Monate . . . . 7 Bwönziger. 
» ' für 1 Monat 


ec, 
Alle Postämter und vorzöglichern Bechhandlungen, in- 


Wien die Karl Gerold’sche, nehmen Bestellung an. 
Jedem Abonnenten steht die unentgeldliche Benutzung 
einer bedeutenden Anzaal der besten englischen, französi- 
"schen, italienischen und dentschen Journale im Bureau des 
Echo frei. 
INHALT des vorliegenden Jännerheftes. 
Nr. 1. Italis. Gedicht von W. Marsano. — Literatur. 
. inedite e rarc di Vincenzo Monti. — Aunstews- 
stellung dn Mailand im Jahre 1882. Seulptur. 
Marchesi. — Thestersehau. Mailand. — Hiscellen. 
Toscana. Livorno. — Nachricht aa die H, H. Abon- 
nenten des Echo. 

„ 2. Literatur. O inedite e rare di V. Monti (Fort- 
seiz.).. — Volksfeste im Veltelin und im Gebiet von 
Como, — Thrsterschau. Mailand. Venedig. 

'„ $. Literatur. Opere inedite e rare di V. Monti (Fort- 

seiz.). — Kunstausstellung eic. Sculptur (Fort 
seiz.). — Theaterschau. Venedig. (Fortseiz.) Ber- 
gas Brescia. Crema. Cremona. Lodi. Mantua, 
4. Kukftausstellung etc. Sculptur (Forlsers.,. Vit- 
torio Nesti, Marchetti, Gaetano Benzoni, Giuseppe 
Croff, Giovanni Labus, Girolamo Rusca, Giovanni 
Pandiani, Antonio Galli. — Werke in getriebe- 
ner Arbeit von Desiderio Cesari. — Malerei. 
Diotti. — Täesterschau. Verona. Vicenza. Padud. 
Turin, Genua und Novara. — Misceilen. Neapel. 
Rom. Piemont. Turia. Vercelli. Chambery. Genus. 
„ 5. Literatur, Opere inedite e rare di V. nd (Fort- 
setz.). — Die Schlangen in Mailand, — Mode. — 
Theaterschas. Florenz. Rom. 
„» 6. Literatur. Opere inedite e rare di V. Bond ( chluss). 
— Kunstausstellung «etc. Malerei. setz.) 
, Bayez. Liperini. — Tihesterschan. 0 
„ 7. Literatar. Länderkunde. Corografia deli’Italia 
di Rampoldi, Vol. I, fasc. I. — Geschichte. 
Pe’ monumenti storici del Friai di 1. Pirona. — 
Styläbungen im Hause des Marchese Basilio Puoti 
in Neapel, nebst einigen Worten über den italieni- 
schen Styl überhaupt. — Neuigkeiten aus Venedig, 
eine Austerschale voll. — Miscellen. Neapel. 
„ 8. Literatur. Geschichte. Commentarii della ri- 
- voluzion® francese di Lazzaro Papi, Vol. 6. — Sulla 
g Storia lomharda del secolo XVII, di Cesare Cantü. 
— Medicin. Rifiessioni sullo stato attuale della 
chirargia italiana, dell dott. L. Pacini. — Kunst. 
Dipinti nuovamente scoperti, d’invenzione di Giulio 
Romano. — Schriftsteller und Buchhändler in Ita- 
lien. — Der steinerne Mann in Mailand. — Charade. 
„» 9. Literatur. Baukunst. Principj di architettüra 
civil& di Francesto Milizia. — Etwas über Malta. 
— Historische Bückblicke. — Theaterscheu. Parma. 
Piacenza. Modena. Ferrara. Rimini. Ravenna. — 
Auflösung der Charade im vorigen Blatte. 





den Se tmäßige Außgabe legt d ber fämmtlir 
en Säriften ges bige usgabe letter Hand der ſaͤmm 
Gu ſt' a v Schiilling 


in 90 Bänden. iſt nun bis mit dem 4Oflen Bande vollendet. 


Diefe ſehr ſchoͤne Taſchencrus gabe if. fo billig, daß alle 50 Wänbe 
bis zur Dflermeffe 1833 nice höher als 12 Thlr. 12 Sr. au 
ftehen kommen. Der fpätere Ladenpreis ift dagegen zu 20 Thir. 


angefegt. 
Arnol d'ſche Buchhandlung 
in Dresden und Leipzig. 
In Baumgärtner's Buchhandlung iſt ſoeben erſchienen 
und an alle Buchhandlungen verſendet worden: u 
De. Caſpari's 
hHomdopathifhes Dispenfatorium 
für Aerzte und Apotheker, worin nicht nur bie bis jegt 
bekannten, fondern auch die in Hofrath Hahnemann's 
neueftem Werke, die in Hartlaub's und Trink's Arz⸗ 
neimittellehre und Klinifchen Annalen und bie in bem 
Achive für homoͤopathiſche Heilkunſt enthaltenen Arz⸗ 
neien aufgenommen worden find. Sperausgegeben von 
Dr. $. Hartmann. Vierte, verbefierte und vers 
mehrte Auflage. Auch unter dem Titel: Homoͤopathi⸗ 
ſche Pharmakopoe fuͤr Aerzte und Apotheker. Gr. 8. 
(10 B.) Brofch. 12 Gr. 
Die Anzahl der Auflagen dieſes nuͤtzlichen Werks ſoricht 
wol am lauteſten fuͤr deſſen Zweckmaͤßigkeit. 
Verſuch, den Gang der ſtationairen Krankheits⸗ 
conſtitution 





nach Art der Barometer⸗ und Thermometerbeobachtungen 


bildlich vergleichend darzuſtellen, von Dr. C. F. Trautzſch. 
Mit 3 Steindrucktafeln. Gr. 4. Preis 6 Gr. 


Dieſe neue ſinnreiche Darſtellungsweiſe wird jedem Arzt 


außerſt intereſſant fein. Wir duͤrfen fie mit Recht empfehlen. 
Dr J. Braun, 
Ueber Onanie, Beiſchlaf, 
maͤnnliches und weibliches Unvermoͤgen, veneriſche Krank⸗ 


heit, und regelwidrige Monatsreinigung, mit Angabe 


ber zweckmaͤßigſten Mittel und Vorſchriften, wie man 
Die duech Onanie verlorene Gefundheit wieder erhalten 
und ftärten, den Beiſchlaf ohne Nachtheil für diefelbe 
vollziehen, männliches Unverindgen und weibliche Uns 
fruchtbarkeit befeitigen, die veneriſche Krankheit gruͤnd⸗ 
lich heilen, gegen Anſteckung buch diefelbe fich verwah⸗ 
ren und die Megelwidrigkeit ber monatlichen Reinigung 
entfernen koͤnne; nebft einem Auhange über die Natur 
und Heilung bes weißen Fluͤſſes, und einer gedrängten 
Einleitung über die Natur und Verrichtungen des ges 
funden menſchl. Körpers. Zweite vermehrte Auf: 
lage. Gr. 8. (17 Bogen.) Broſch. 1 Thlr. 8 Gr. 
(1 Thlr. 10 Sg. 2 Fl. 24 Kt.) . 
Magazin der neueften Erfindungen, Entdeckungen 
und erbeflerungen, 
in der geſammten Gewerbkunde für Fabrikanten, Manu⸗ 
facturiſten und Kuͤnſtler. Bon Dr. Netto und 
G. €. Seidemann. Neueſte Fotge. Band I. 
u V. Mit 31 Abbildungen, Gr. 4. Geh. Preis 
r. 

Inhalt: Neu erfuntene, verbeſſerte Hefte für Grabſtichel; 
Verbefferungen in der Werfertigung kurzer Waarg, oder an bem 
Bands und ra He Verbefferungen in Schiffe: und 
andern Pumpen, weiche auch durch gewiffe Veränderungen zum 
Umdrehen ber Drehbänfe unb gu andern Zwecken anwendbar 
find; Wegfchaffung bes todten Ganges an Schraubrnmuttern, 


- 


— — — — 


mittels benen eine feine und gieifärmige Bewegung bei mans 
cherlei mechaniſchen Worrichtungen hervorgebracht werben foll, 
wie 3. B. an Stangenzirkeln, Nonin, Mikrometern ıc.; Ber 
befferungen in der Zufammenfegung ber Stein⸗ und andern 

ſſen; WBerbefferungen in fick drehenden Dampfma⸗ 
fhinen; über das Reinigen ber alten Delgemälde; Verbeſſerung 
der achromatiſchen (farbenlofen) Fernrohre; über Dampfwagen; 
Sohn Braithwaite's in London für bie preußiſche Regies 
zung erbaute Dampffeuerfprige „Comet“; Methode, im Schieß⸗ 
pulver ben Gehalt an Salpeter zu unterfudhen; Bibliographie; 
Kritik der Literatur ber Gewerbekunde. Der Spredger: das Pans 
technilon ; neue Weizenart; Eiſenbahnen; Schmelztiegel; Brotbe⸗ 
reitung mit Beihuͤlfe der Kartoffel; ſteinerne Fußböden; Titangruͤn. 


Bei mir iſt erſchienen und durch alle Buchhandlungen und 
Poſtaͤmter zu beziehen: 

ZBeitgenoffen 
. i 


Ein 
diographiſches Magazin 
fuͤr die 


Geſchichte unſerer Zeit. 
Vierten Bandes ſechſtes und ſiebentes Heft. 
(XXX. XXXI.) 
Sr. 8. Geh. 1Thlr. 
Inhalt: 
Biographien und Charakteriſtiken. 

Das Leben des koͤniglich preußiſchen Staatsminifters Frijed⸗ 
ih Ferdinand Alexander Reichſs-Burggrafen und 
Graſen zu Dohna⸗Schlobitten, General⸗Landſchafts⸗ 
Director, Ritter des rothen Adlerordens und des eiſern 
Kreuzes, dargeſtellt von Johannes Voigt. 

Deore Chriſtoph Lihtenberg Kon Heinrich 


ring. 
Bebensbefchreibung des Generals Baron Guſtav Morig 
Armfelt. Bon ihm ſelbſt verfaßt. Aus dem Schwedi⸗ 


fügen überfegt und mit Anmerkungen bes Ueberſetzers bes 
gleitet. 

Auguft Wilhelm von Trosky, koͤnigl. fächf. wirklicher 
Geheimrath, Dberamtsregierungspräftbent und Conſiſtorial⸗ 
director bes Markgrafthums Rieberlaufig, Herr auf Ukro, 

‚ Paferin und Pidel. Bon F. A. Guͤß milch. 

Biographifche Andeutungen. 

Don Leandro Fernandez be Moratin. 
Das achte Heft des vierten Bandes erfcheint im Mai 1888. 
Leipzig, am ifin April 1833. 

5. 4. Brodhaus, 


Deftreihifhe militairifhe Zeitfhrift 1833. 
Drittes e 


Diefes Heft ift foeben erfchienen und an alle Buchhandlun⸗ 
gen verfendet worben. 
Inhalt: I. Geſchichtliche Skizze der Kriegsereignifle in 
Tirol im Jahre 1809. Ginleitung. Grfter Abfchnitt. — 
"IL ueber Bildung im Militairſtande. — II. Biographie des 
k. E. Generals der Gavalerie und Hofkriegsraths⸗Praͤſibenten 
* Grafen von Rrimont, Fürften von Antrobocce. — IV. Literatur. 
V. Reueſte Militairveränderungen. 
Der Preis des Jahrgangs 1833, ſowie der aller fruͤhern 
Sabrgänge it 8 Shir Saͤchſ⸗ Wer die Jahrgaͤnge 
18185 — 32 auf einmal abnimmt, erhält fie um ein 
Viertel wopifeiler. " . 
Wien, ben 2Iften Wär; 1833. 
, % ©. Heubner, 
Buchhändler. 


Das Baterland. 
Blätter fir deutſches Volks⸗ und Staatsleben. 
Nicht umfonft bat diefe Zeitfchrift eine Erweiterung ihrer 
Schranken mit dem dritten Jahrgange angekündigt. Wie bie 





= 
n 


Baht ihrer Eefer auch außerhalb Gachfend fd erfreulich vers 
mebrt dat, fo haben ann bie hochgeehrteſten Männer aus eb 
len Gegenden Deutſchl idre Mitwirkung zugefagt und zum 
Theil ſchon bethaͤtigt; ausgezeichnet durch Gediegenheit des In⸗ 
halts wie busch anſprechende Form, durch Freimuth wie durch 
Beſonnenheit, durch ECinheit ber Geſinnung wie durch würbige 
Sprache, empfiehlt fie fi allen Freunden eines auf echte pou⸗ 
tiſche Bilbung gegründeten Vorſchritts. 
Der Preis des Zahrgangs von 104 Rummern, bie, obgleidh 
anfänglich nur auf 4 Bogen berechnet, der Menge eingegange 
ner Materialien wegen im verfloffenen Bierteljahr fdhon öfters 
aus einem ganzen Bogen beftanden haben (wie Nr. 8, 8, 15, 
19, 28, 27), F 4 Thir., ober 2 Ihlr. für jeden Halbjahrband 
von 52 Nummern. 
Befonders abgedruckt erfchien: 
Der deutfhe Bund und die deutſchen Stände 

8 Gh. 3 Sr. 

Leipzig, im April 1838, 
Joh. Amber Barth. 


In allen Buchhandlungen iſt unentgeltlich zu haben: 
Vortheilhaftes Anerbieten 
e 


Freunde ber Literatug, 
befonders aber für 
Lefegefeltfhaften und Leihbibliotheken. 


. Verzeichniß einer Auswahl 
' wertbooller 


‚ Romane, Rovellen, Memoiren, 
un 
anderer Schriften 


Ä von 

G. G. Bredow, Fr. v. Campan, Conteſſa, Aus. 

Hagen, 8. H. von der Hagen, ©. T. A. Hoff: 

mann, Jean Paul, Wilhelm Wartell, Tho—⸗ 

mas Moore, v. Salvandy, v. Schober, 8. €. 

Shubatty, Spazier, Tieck, 3 von Voß, 

©. 8. Wangen, Wengel u A. m, 

FR welche im Berlage 

ber Buchhandlung Joſef Mar u. Comp. in Breslau 
erſchienen, und jetzt 

zu ſehr herabgeſetzten Preiſen 
durch alle Buchhandlungen Deutſchlande zu erhalten find. 


. SP Die In dieſem Verzeichniß aufgeführten Bücher haben 
wir auf unbeflimmte Zeit ganz ungemein wohlfeil, wie es fa 
noch niemals gefchehen, im Preife berabgefegt. Fuͤr bie nächte 
Zeit gelten tiefe Preife, ohne alle Erhöhung, in allen Bud 
bandlungen Deutichlands, der Schweiz und den angrenzenden 
Ländern. Won mehren bdiefer Bücher find aber nur noch eine 
fehr geringe Anzahl Exempiare vorhanden, welches wie haben 
bemerfen wollen. Ginzelne Bände. der angezeigten Gchriften 
koͤnnen zur Ergaͤnzung nur infoweit, als ſolche einzeln vorhan- 
ben find, abgelaffen werben. 

Breslau, Iften März 1838. 

Kofef War u Comp. 
—— ————————— ———— 
Herabgeſetzter Preis. 

Um Concurrenz zu begegnen, iſt: Dammii novum Lexi- 
con graecum, 2 vol,, roy. 3, Velinp., Glasguae 1823, ven 
5 Pfund (20 The.) auf 5 Ihe. W. 3. berabgefegt und für 
biefen Preis durch mich auf fefte halbjährige Rechnung zu bes 


en. 
Berlin. | A. Aſher. 





‘ 
. 








u) 


r 
— — — — — LER. A (EEE — — 


a) 
4 


: 2iterarifher Anzeigen 


(3u-den bei 3. 4. Buodhaus in Leipzi g erfcheinenden Zeitfchriften.) 





1883; Nr, X. — 





Verzeichniß 
under eönigitgen , 
Friedrich⸗Alexanders⸗Univerſitaͤt 
zu Erlangen 
im Sommerſemeſter 1833 
zu haltenden 


Vorleſungen. 
Der geſetliche Anfang derſelben iſt ber 1Ste April. 


Theologifhe Facultaͤt. 

Dr. Bogel: Ausgewählte Abſchnitte bes chriſtlichen Mor 

ral. — Dr, Kaifer; Uebungen im eregetifhen Geminar ; Gr: 
Härung der 5 Megilloth (Ruth, Eſther, Klagelieder, Prediger 
und Hoheslied), biblifche Ifagogik und Hoheslied, biblifhe Iſa⸗ 
gogit und Hermeneutik bes N. T. und hebräifch » juͤdiſche Alters 
‚ ober Evangelium Johannis. — Dr. Engelhardt: 
Uebungen in ber bomiletifchen und kirchengeſchichtlichen Abtheis 
lung des theologiſchen Sewminariums; ausgewählte Abfchnitte 
ber kirchlichen Archäologie; erſte Hälfte ber Kirchengefchichte 
und Patriſtik. — Dr. Ruft: Chriſtliche Dogmatik mit befon« 
deren Ruͤckſicht auf die proteftantifch s kirchliche Lehre; Brief 
Pauli an die Galater und Leitung feines philoſophiſch⸗ theolo⸗ 
gifchen und homiletifchen Vereins. 2* Krafft: Zweite 
Hälfte ber Dogmatik; Geſchichte der Pflanzung bed Chriſten⸗ 
thums in Auſtralien; Leitung der Uebungen ſeines Paſtoral⸗ 
vereins. — Dr. von Ammon: Symbolik; Dogmatik nach 
evangeliſch⸗ Iutherifchem Eehrbegriffe, geſammte Paſtoraltheologie 
und Uebungen im homiletiſchen und katechetiſchen Seminar. — 
Prof. Harleß: Zortfe bes dogmatiſch⸗ exegetiſchen Ver⸗ 
eins; theologiſche Encykiopoͤdie und Methodologie; Erklaͤrung 
des. erſten Kriefes an die Korinther, Summa der chriſtlichen 
Lehre nach dem Apoſtel Paulus, mit beſonderer Beruͤckſichtigung 
der verſchiedenen kirchlichen und Parteierklaͤrungen von Ve 
nen Stellen. — Dr. Adermann: Homiletiſch⸗ katechatiſche 


Uebungen. 
Juriſtiſche Sacultät.- 

Dr. Bucher: Inteſtaterbfolge; Pandekten; Gonverfato: 
rium über die wichtigſten Lehren des roͤmiſchen Rechts. — Dr. 
von Wendt: Leitung feines juriſtiſch⸗praktiſchen Jnſtituts; 
Kirchenrecht für Katholiken und Proteſtanten; Griminalvecht ; 
Givilproceh verbunden mit praltifchen Arbeiten. — Dr. Schund: 


Grxaminatorium über einzelne Theile des. bairiſchen Staatsrechtss 


bairiſches Staatsrecht in Berbinbung mit bem beutfchen Bım- 

65 Naturrecht. — Dr. Fenerbach: Mittlere deutſche 
Gefchichte, mit beſonderer Ruͤckſicht auf Staat und Kirche; ges 
meines und bairiſches Lehnrecht; Handels» und Wechſelrecht 
und franzöfifches Cibvilrecht. — Dr. Lang: Gemeinen und bais 
rifchen Griminalproceh ; Kirchenrecht. Mit Dr. Kopp gemein: 
ſchaftlich Erklaͤrung ‘von Cicero's Rebe Aulo Caecina, — 
Dr. Hunger; Encyklopaͤdie und Me gie; Pandektenrecht 


(infonderheit roͤmiſches Erbrecht), ober Inſtitutionen und Ge⸗ 


fchichte des römifchen Rechts. 
Medicinifhe Facultaͤt. 
Dr. Henke: Sraminsterium über fpecielle Pathologie und 





De. Hleifhmann: Angiologie und Neurologie; allgemeine 
Anatomie, menſchliche und vergleichende Anatomie der Sinnes⸗ 
organe; Phyſiologie; über ben Scheintob und beffen Behand⸗ 
lung; Graminatorium über anatomifche und päyfiologifche Ges 
genftände. — Dr. Koch: Ueber die natürlihen Gruppen ber 
Pflanzen und das natürliche Syſtem des Gewaͤchsreiches; ans 
gewandte Landwirsbfchaft‘, insbefondere Gultur der Obſtbaͤume; 
befcgreibende und phyſiologiſche Botanik mit beſonderer Ruͤckſicht 
auf die offitinellen und techniſchen Gewaͤchſez botaniſche Excur⸗ 
ſionen. — Dr. Leupoldt: Ueber ben zweiten Theil ber ges 
fammten Theorie ber Mebicin, d. i. über allgemeine Patholo⸗ 


. gie und allgemeine Therapie, mit befonderer Beziehung auf bie 
(fpeeielle Pathologie und Therapie der pſychiſchen Krankheiten) 3 


Leitung feines jatroſophiſchen Vereins — Dr. Roßhirt: 
Theoretiſche und praktiſche Geburtshülfes geburtshuͤlfliche Klinik 
verbunden mit Zouchirübungen und Inftrumentaloperaticnen am 


Fantom; Frauenzimmerkrankheiten (mit befonderer Ruͤckſicht 


auf Krankheiten der Schwangern und Woͤchnerinnen) und Krank⸗ 
heiten neu geborener Kinder. — Dr. Wagner: Vergleichende 
Anatomie und allgemeine Zoologie; Examinatorium Aber Ana⸗ 
tomie und Phyſiologie des Menfhen. — Dr. Dies: Dpera⸗ 
tionslehre in Verbindung mit Inſtrumenten⸗ und Banbagen- 
lehre; Leitung der chirurgiſch⸗augenaͤrztlichen Klinik und chirur⸗ 
giſche Operationen an Leihen. — Dr. Trott: Arzneimittels 
lehre und pharmaceutifche Waarenkunde; Giftlehre; Receptirkunſt. 
Philoſophiſche Facultaͤt. 

Dr. Mehmel: Pſychologie, Aeſthetik und Naturrecht. — 
Dr. Harl: RNationaloͤkonomie; Policeiwiſſenſchaft in Verbin⸗ 
dung mit dem Policeirecht; Staatsfinanzwiſſenſchaft mit Eins 
ſchluß der Staatsrechnungskunde; Landwirthſchaft und Korft: 
wiflenfhaft; Sraminatorien Aber Policeiwiſſenſchaft yad Polis 
ceirecht; Nationahpirthfhaft und Gtaatsfinangwiffenfaft. -- 
De, Köppen: Praktiſche Phliofophie, b. i. etz EHE 
und Geſchichte ber Philofophies Logik; Graminatorien. — Dr. 
Kaftner: Enchklopaͤdiſche WUeberficht der gefammten Raturs 
wiſſenſchaft; Meteorologies Experimentalphyſik; analytifche Che⸗ 
mie und Theorie der pharmaceutiſchen Chemie. — Dr. Boͤtti⸗ 
ger: Giſchichte der neueſten Zeitz allgemeine Geſchichte; Ger 
ſchichte und Gtatiftit von Baiern und Geſchichte der Deutfchen. — 
Dr. Pfaff: Ueber Chronologie und Kalender; Dynamit; Als 
gebra und Analpfis bes Endlichun Dr. Rüdert: Sand 
Tritgrammatit und Grflärung des Sanskrit; Auslegung ber 
Pſalmen; über perfiihe und arabiſche Grammatik oder Autos 
zen. — Dr. Döderlein: Uebungen im philologiſchen Semi⸗ 
nar; Annalen des Tacitys in Berbinbung mit lateinifyen Stu 
übungen und Styliſtik; roͤmiſche Geſchichte und Antiquitäten. — . 
Dr. von Raumer: allkunde; Geunbzüge der allgemeis 
wen Raturgefchichte: Mineralogie; Geographie von Palaͤſtina. — 
Dr. Kopp: Erklaͤrung von Cicero's Rebe pro Aulo Caecina; 
Geſchichte der Raturptiloſophie oder ſpeculativen YhyRt bei 
den Briedhen; im philologiſchen Seminar Platon’d Zimäus. — 
Dr. Jabri: Zechnologie, verbunden mit Excurſionen; politifche 
Rechenkunſt; Givilbankunf und Feldmeßkunſt mit praktiſchen 





. Mebungen. — Dr. Dinterling: Gefchichte bes fdhönen Li⸗ 
keratur von Luther bis auf bie neueflen Seitens Gpenfer’s 
Feenkoͤnigin und allegorifche Dichtung; ftyliftifche Uebungen in 
gebumbener und ungebundener Rebe. — Dr. Dredysler: Weil 
fagungen bed Jeſaias; bebräifches ober arabifches Fundamen⸗ 
tale, — Dr. Martius: Zorikologle und Grperimentalphars 
made. — Dr. Ir miſcher: Xeltere Literargefchichte und Sans 
ſchriftenkunde. — Dr. 8. X. Feuerbach: Sntweber Geld 
der Philofophie, oder Pfychologie. — Dr. Leutbeder: Ue a 
Goͤthes Fauſt; Pädagogik und Logik in Verbindung mit einem 
Graminatorium. — Dr. Richter: Erklaͤrung bes vierundzwan⸗ 
er Geſangs aus peomer 6 Ilias, fowie ausgewählter Ho: 

tes Disputatorie. — Lector Dr. Doignon: 
ie * uien’ ‘ nsidörations sur les causes de la 
grandeur, des Romains et de leur decadence, unb über vers 
fehiebene ber fdyönften Gtellen aus ben beften franzöfifchen 
Dichtern; Privatunterridt im Beanzöfifäen ; franzöfifhe Con⸗ 
verfatorien. — Lector Dr. Dtto: Ueber ben Don Quixote von 
Gervantes und Shakſpeare's Macbeth ; 5 Literatur. 


Die Reitkunſt lehrt: ber Lehrer ber Reitkunſt Eſsper; 

die Yin tkunft und Gymnaſtik der Bechtmeifter Dr. Rour; bie 
nft der Zeichenmeiſter Küfter; bie Tanzkunſt ber 

an mei Huͤbſch. 


Die Univerfitätsbibliothef iſt jeden Tag von i—?2, das 
ELeſezimmer in denſelben Stunden und Mittwochs von 2 8; 
bag NRaturaliens und Kunftcabinet Mittwochs und Sonnabends 
von 1—2 Uhr geöffnet. 





Bei Fleiſchmann in München if erſchienen: 
F. J. A. Schneidawind, 
8 


Lt avalette 
wundervolle Rettung 


Sentertode 


durch 
die Liebe und Kufopferung feiner Gattin Emilie. 


den eignen Denkwuͤrdigkeiten Bavalette's und aus andern guten 
Quellen bargeftellt. 

12. 1833. In Umſchlag. 12 Br, oder 48 Kt. 

Der als GSeſchichtſchreiber rühmlich bekannte Herr Werfafe 

fer hat mit forgfältiger Benugung aller Quellen biefe ewig 

denfwärbige That auf eine Art dargeſtellt, baf jeber Lefer ihm 

innigen Dank dafür zollen wird. 


Ernst Münch's Geschichte ber neuesſten 


Leipzig und tn Als eines ber wichtigſten 
hiſtoriſchen Werte unſerer Tage erſcheint in Unterzeichneter eine 


Allgemeine Geſchichte 


neuefen Zeit 


dem Ende des großen Kampfet ber europäifchen Mächte 
wider Napoleon Bonapazte, bie auf unfere Tage . 


Dr. Ernst Münch. 

Die Zeit dringt fo raſch und mächtig vor unb ber Strom 

ber Greigniffe ſchwellt in ſteigendem Verhaͤltniſſe fo riefenhaft 
an, daß felbft Diejenigen, welche entweber. Theil baran genom⸗ 
men ober burdy die unmittelbaren Folgen auf irgend eine Weiſe 





- 


berührt worben, von all dem Gingelnen, was an ihnen vorüber 
ging, kaum eine bleibende Erinnerung ſich bewahren koͤnnen, ohne 


Ki ce BEE BEER — L—L—— — — — — — — —— 
3 


⸗ 


die unterſtuͤgende Muͤhe ſchriftli ——— 
der Parteigeiſt, —** in —— m 
ſchaft und Kunft, Eur; in Mm er engen unb —— Se 
texeffen das gegenwärtige Geſchlecht fo heftig bewegt unb % 
wei große Lager trennt, das Geinige bazu beigetragen, baf 
das Napetiegendfle FH untennetich ‚ das Klarſte entſtellt bleibe. 
Es gelang u r. Ernſt Münd fe bie Bearbeis 
tung einer —e und erſchoͤp ‚ Haren und 
wahren Gefchichte deu neueften Zeit (feit dem —æz Congreſſe 
bis gu Ende des Jahres 1883) zu gewinnen. Was bad Publi⸗ 
cm von bem' als Hiſtoriker hinlänglich befannten Berfaffer zu 
erwarten bat, mag aus einigen feiner en Arußerungen, die 
wir hier folgen laffen, hinreichend hervorgehen 

„Das beabfichtigte Werk enthält bie politifche und Üird: 
liche, die Krieges und Literargefchichte aller Boͤlker, naments 
Lich des europäifden Welttheils. Einen befondern Plat gr 
in biefem jederzeit das deutſche Vaterland einnehmen. — Ich 
will es verſuchen, in demſelben von —— zu Bath 
noffen zu seden, als gehörten. fie einem andern te 
und als lägen ihre Begebniſſe und Schickſale ein halbes Jaht 
hundert weiter entfernt. Die zerftreuten einzelnen Züge I 
len zu einem möglichft getvenen Epiegelbilbe gefammelt 
alle — und alle Anfprüde vernommen er — 


ber Gefechte fu ne 

— in den Schickſalen der Boͤlker und ihrer Les 
bensentwidelung, verbunden mit der größten unb 
vollften Freiheit bes menſchlichen Willens ſchwebt 
mir als die hauptſaͤchlich feftzuhaltenbe bei der Darftelung 
vor. — Die verfchiebenen Barteien und ihre Zugführer wer⸗ 
ben an den Augen bes Lefers voruͤbertreten, bie ng 
ſten Charaktere nad) ihren Grundanfichten, Zwecken 2. 
fhübert , überhaupt bie intereffanteften Beitgenoffen in ** 
europaͤiſchen Lande, ganz beſonders aber in De 
graphiſch in das geſchichtliche Ganze verwebt werben 
werde auf bie innere Geſchichte mehr “ F ben meiſten 
Hiſtorikern in der Regel zu geſchehen pflegt, Bedacht 

men. — Ich werde fuͤr meine Darſtellung ruhigſte 
wuͤrdigſte, eine einfache zugleidh und klare, für Je⸗ 
bermann verffändlihe Sprache wählen und mid) von 
RKuͤckſichten keiner lei Art einfh la Mit 
biefem Berfprechen Fündige ich mich dem Publicum befcpeiten, 
aber ohne dagen an. Fr 2 ‚fen ‚ wenn fie vollendet, 
fol über fi) unb mich entfi 

Des Werkes Plan und — * in Vorſtehendem genůͤgend 
en © es bleibt und baher nur noch Folgendes beizu- 


tig: 

N Muͤnch's allgemeine Geſchichte erfheint in groß 
Detavformat in fehs Bänden, beren jeber in 5 Lies 
ferungen à 6 Bogen (oder 96 Geiten) ausgegeben wixb, 
fobaß das Ganze 30 Lieferungen bildet, weiche aus 180 
Bogen befiehen. Alles was biefe Bogenzahl überfteigen 
folte, liefern wir unentgeldlich. 

2 Sebe eiefeeung Toftet im Subfcriptionspreife nur 

8 Kr. Rhein, 5 Gr. Sähf., 64 Sgr. Preuß. Borank 
besahlung fan von Feiner Buchhandlung verlangt werben. 

8) Wir haben feines Welinpapier, fcharfe, deutliche Lettern, 
geſchmackvollen Drud gewählt und zieren den erfien Bank. 
mit dem hoͤchſt ähnlichen Bildniſſe bes Herrn Verfaſſers in 
herrlichem Stahlſtiche. 

4) Die Lieferungen erfheinen in Umfchlag geheftet; bis Mai 
1833 berfenpen wir noch fünf Eirferungen (alfo einen voll: 


Ft 


Münbigen Band) und in ungefäße 14 Jahren iſt das Ganze 
enbigt. 

Die Gehe Lieferung. ift bereits in allen Bud: 
handlungen vorräthig, unb ber Eefer berfelben mag urs 
theilen, ob der Verfaſſer und bie Berlagshanblung ihren Bus 
fügen nachgekommen find, ober. nit. Um es Jedem moͤglich 
zu madhen, ſich hiervon überzeugen gu Tonnen, erlauben wir es 
allen verehrlihen Abnehmern gerne (und alle Buchhandlungen 
find von uns in ben Stand t, ein Gleiches zu geffatten), 
biefe erfle Lieferung, wenn Inhalt und äußere Ausflattung uns 
fee Verſprechen nicht rechtfertigen und ihre Erwartungen nicht 
befriebigen follte, wieber zurädgeben gu dürfen. Des 
Yublicums fhägbared Vertrauen willen wir ſtets zu ehren, da» 
ber fei jede Täufhung — auf weiche leider ſchon fo manches 
Unternehmen ähn Art. beredimet war — ferne! 

II SHEIbLE 8 Verlags: Erpebition, 


Bei Joh, Ambr. Barth in Leipzig ist erschienen 

und in allen Bachhandlungen zu ‚haben: 
Schieb6, A., Correspondance commerciale, suivie de la 

traduction allemande et anglaise des principaux ter- 
: mes employds dans les lettres et terminde par un 
. recueil explicatif des. mots les plus usites dans le 
' commerce. ‘Gr. in 8. 4 Thlr. 12 Ur. 
‘x Der Sachverständige wird sich bei Durchsicht dieses Bu- 
ches leicht davon überzeugen, dass eine vieljährige Krfah- 
zung in den kaufmännischen Geschäften dem Verfasser bei 
der "Bearbeitung desselben zur Seite gestanden hat, und dass 
es sich vor allen ähnlichen Werken durch seinen theore- 
tischen und praktischen Werth auf. das Vortheilhaf- 
teste auszeichnet, wie denn dieser auch schon durch den 
Namen des Verfassers, dessen deutsche Handelsbriefe 
so grossen Beifhll nden und in kurzer Zeit eine neue 
Auflage erlebt haben, verbürgt wird. 





| In einigen Wochen erscheint in der 
| Ranchärhen Suchbanbinng zu Berlin 
. _ . (9) 


. e KPortsetzung von 
Ludew. Ideler und Heinr. Nolte 
Handbuch der französischen Sprache und Literatur 
oder desselben 
Ster Theil, 
auch unter dem Titel: 
Handbuch der neuern französischen Sprache 
j und Literatur. ' 
oder 
Auswahl interessanter chronologisch geordneter Stücke 
aus den neuern classischen französischen 
'Prosaisten 


nebst Nachrichten von den Verfassern und ihren Werken, |. 


bearbeitet von 
Dr. $ul, Tubem Ideler, 
herausgegeben von 
Lubewig Ibeler. 
Prosaischer Theil. 

(85 Bogen gr. 8. 1 Thir. 6 Gr.) 
enthaltend ungefähr 40 Schriftsteller, die nicht sowol dureli 
den Namen, den sie sich in der neuern Geschichte Frank- 
reichs erworben,‘ worauf bier offenbar keine Rücksicht ge- 
nommen werden kann, als vielmehr durch den Ruf, der in 
literarischer Beziehung ihnen zu Theil geworden, sich aus- 
gezeichnet haben. Das Werk, dass also ein rein wissen- 
schaftliches Interesse haben wird, ist die Fortführung des 
frühern franz. Handbuchs von Ideler u. Nolte bis zur neue- 

sten Zeit, und die Verlagsbuchhandlung protestirt hiermit 


— — ._ 


weicher nad) 


Erforſchung ber 





im Namen des -Verfagsers und besonders des Herausge- 
bers auf das bestimmteste gegen jedes andere Buch; “wel- 
ches ohne Theilnahme derselben etwa als Fortsetzung des 

benen Werkes sich ankündigen möchte. Der poeti- 


sche Theil befindet sich ebenfalls unter der Presse, 


Berlin, im April 1858. 





Durch alle Buchhandlungen nnd Poftämter it zu bezieben: 
Iſſe. Encyklopaͤdiſche Zeitſchrift, vorzuͤglich hr tur⸗ 
geſchichte, Anatomie und Phyſiologie Bon Oken. 
Jahrgang 1833. Erſtes und zweites Heft. Mit fuͤnf 
Kupfern. Gr. 4. Preis des Jahrgangs von 12 
ten mit Kupfern 8 Thlr. 
Leipzig, im April 1833. 


F. A. Brockhaus. 
In gllen Buchhandlungen iſt zu haben: 


. F. Wecd, u 
Reife über England und Portugal 
B. va lien 


und den Vereinigten Staaten bed La: Plata: Stromes 
"während den Jahren 1823 bis 1827. 

Bände. Er. 8. Leipzig, Rein' ſche Buchhandlung. 

Dreis 4 Thlr. 


Bei Eduard Weber in Bonn iſt foeben erfchienen und 
in allen Buchhandlungen zu haben : 


Europa und Deutfchland 
von Nordamerika aus betradtet, 
ober: Die europaͤiſche Entwidelung im 19. Jahrhundert 
In Bezug auf bie Lage dee Deutfchen, nach einer Pruͤ⸗ 

fung im Innern Nordamerika, von 
Gottfried Duden 
After Band. Gr. 8. Ladenpreis 2 Thlr. 8 Gr. 


Fur Aeltern, deren Söhne fudiren wollen, 
Verfuc über die zu den Studien erfoberlichen 
Eigenſchaften 

un | 


die 
Mittel biefelben am Knaben, Züngling und Manne 
zu erkennen. 





ö 
@ine Abhandlung, 
einer vom E, preußifchen Dinifterium ber Geiſtli⸗ 
Ken, unterrichts⸗ und Werbisinalangelegenpeiten veranlaßten 


ng 
der Preis guerlannt worden tft, 
Hr mom Ehe o sie $ BAT Ä 
” ofeſſor Der eusogie asdurg, 
Samburg, bei Friedrich Derthes. iüss. ®r. 8. 
Geh. Preis 1 Thlr. 4 Sr. 

Diefer Titel fpricht deutlich aus, was In biefem Buche zu 
ſuchen ifl. Die Preisaufgabe hatte zum Gegenftande: Die 
u den theologiſchen, juriſtiſchen 
and mebdicinifgen Werufsarten erfoberliden 
Anlagen. In bem WBorworte fagt ber Herr Berfaffer: „Die 
Leſer, die ich während ber Ausarbeitung vor Augen hatte, 
find Perfonen ber gebildeten Glaffe, und ich glaube, 
bie Barftellung fo gehalten gu haben, daß jeder Denkende uns 
ter ihmen leidet meinem Vortrage fol folgen koͤnnen. Dabei 
ſuchte ich zugleich, fo viel wie möglich, die Anfoberungen bes 
Gelehrten zu befriedigen u. f. w.“ 


‘ 


Bu.@. Aranz in Wänden erſchien unb if burch alle 


guten Buchhandlungen bed In» ımd Auslandes Zu Beziehen: 
Unterhaltungen für bad Zheaterpublicum 


\ \ Augu zt Wewnid. 
AIſtes und Ates Stud, — Gr. 8. Broſch. 
Inhalt: I. Borwort: Ludwig Devrient. — Die Stumme 
von Yortict, — Yidiges. — Auswärtiges. — Cinfälle. — Us 
en Idurnal. — HI Ueber lebens aͤngliche Anflelemgen.. — 
Abte. — Urban — Prolog von M. ©. Saphit, geſpro⸗ 


an den Gleit, ⸗ Jerrmann. — Dranatiſche Literatur. — 


Journal. 


Abonnementspreis für 12 in einem Bierteljahe gu liefernbe 
Lagen ˖ S Wi. ,- oder L.Ihie. 4 


Bei Fleiſchmann in Mänden if erfdiienen: „ 





Reue — 
r 
Erd- und Himmelskunde. 
Deraußgegeben. 


F. P. Sruithuffen, 
ifen Bandes 1fles und 2tes Eee 
oder 1 Fl. 36 K 
Der raſche Fortgang biefer intereffonten Zeitfchrift ift ein 
erfreulicher Beweis für den fleißigen Anbau bes seichbaltigen |. 
Feldes der Naturmwiffenfhaften in Deutfchland, worin kein Wolf 
uns gleichlommt. Der Phyſiker, Naturhiftoriter, Geolog, Geo⸗ 
draph und onom findet in dieſes Zeitſchrift immer das 
Befte und Neuefte aus feinem Wache; ebenfo. legt ber ‚Herr 
Herausgeber eine große Anzahl neuer Anſichten über bie Natur 
und sen Bau ber w Gros, des Mondes, der Planeten, Kome⸗ 
| arin nieher, bie um: hoͤchſten Iuterefie ſind. 


ſ. w 
Sn ber Regel —— jaͤhrlich zwei Hefte von dieſer Zeitſchrift. ſtichen oder 


De u nu] 
Bei H. 2. Brönner in Frankfurt a. M, iſt foeben 
erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben: 


Byron, Lord, Select works, vol. EV. 
Auch unter dem Titel: Notices on the 


life of Lord Byron, by Thom: Moore. | 


23 Bog. 12. Geh. 
1 Thlr. 3. Gr. 


Bon ber fo Außerft günftig aufgenommenen 
Igemeinen 


HOMÖOPA’THISCHEN ZETFUNG 
berausgegeben 
von den DD. ber Mebicin 
G. W. Groß, FE darmann und 5. Rummel 
ift nunmehr ber erſte Band in 4. von 24 Nummern: erfbienen 
und kann durch alle Budhandlumgen, | — und Zeitungs⸗ 
expeditionen zum Preis von 2 Thir. bezogen werden. 
In Sufanft wird wöchentlich eine 3 Kummer ber Zeitſchrift 
inen, beren gluͤcklicher Fortgang bie Redaction fowie bie 
Buchhandlung befenert, für biefelbe Fortwährend. aufs Entſpre⸗ 
chendſte zu fosgen, wm um fie ber bauernben Qunft des Publicums 
wäre zu er 
Den ham Sopakbifchen Sqhriftftellern, welche als Mitarbeiten | 
bem Infitut beitreten wollen, bietet die unterzeichnete Buchs 
handlung 10 Zhlr, für ben een Donesar an. 
Ltı- 
1) Driginalabhandlangen unb Uebentrogungen aus frember eiter 


Preis 2 Fl., oder 


Sr. 8. 1 Xhe., | 


2) Ins Kurt gezogene rgebniffe geprüfter Arzaeien. 
2) Sur et a Gombopafie-erfäri 
ya iche aller im e der Homdopathie 
nenben Schriften und Journale. ep 
5) Auszüge aus intereffanten en anderer Zeitfchriften, bie 
Bezug auf die Homdopathie Haben. 
6) Bibliographie, und endl 
7) Edrreſpondenznachrichten. 
Aus ben vorflehenden Kotgeitungen geht hervor, daß ed ber 
Qauptzmed der Zeitfchrift ik, dem homdopathiſchen Arzt und 
dem Befoͤrderer ber Homoͤopathie eine gründliche Ueberficht, ohne 
Ausnahme, über Alles zu verfchaffen, was im Felde der Wiffens 
fchaften vorfommen mag und zwar durch daß periodiſche Er⸗ 
ſcheinen fo ſchnell als moͤglich. 
Baumgaͤrtners — 


In der Na uv ch fen Vuchhandliung inBi⸗ Haus⸗⸗ 
Volgteiplag. Nr. 1, iſt · ſooben exſcnenen una durch alle 534* 
lungen des In⸗ und Auslanbdes, ſowie durch alle eitungterve 
bitioutn und Poſtamter zu bezichen: 

ine Gartenzeitung. 
Eine Zeitfiheift: für Gärtnerei und ale damit: in Bee 
hung. fiehende Wiſſenſchaften. In. Verbindung mit 
den tüchtigftee Gaͤrtnern und Botanikern des In und 
Auslandes herauſsgegeben von Friedrich Otto, ki 
nigl. preuß. Gartendirector und‘ Inſpector bes botant- 
ſchen Gartens zu Berlin, und Albert Dietrich, 
Dr. bee sotofophie und Lehrer an ber Särtnerlehran 


- 
2 sein praktiſchen Inhalte, wirb alles Rewe 
fir‘ Smrientunf und — Irtereſſe habende — 


: Aine- Tırıge- geben 
55* * 
Des. Auclanbdes 


— —4 


Beige au aus —— und "Runden "Cart 
—ã— und wa es adehig if, Aoskkeungen in Kupfer: 


pe uiten 

Gegenwärtig find bie 3 * Runimern ausgegeben; ber 
vollftändige: Jahrgang wird 52 Rummern. ober. Bogen in gr. 4. 
enthalten and koſtet 4 Thaler. 

Alle oben nanthaft gemachte Juſtitute ſiab von ber Bars 
lagthandlung in ben Stand geſetzt, —— ſowie auch 
vollſtaͤndige Anzeigen vorzulegen. 

Berlin, im April 1883, - 


Hoffmann's Leitfaben, der Geographie. 
Bei Unterzeichnetem erſchien Torben: 


Allgemeine Erdbeſchrebung fuͤr Schulen, 


Reitfaden für Ren und Lexrnende 


UM. Fr 2 Balle Soffmanı. 

264 Briten. Sr, 8. leo. geb. 54 Kr. — 12 Er. 

Der Name - des- Berfällees: e für .den: Werth diefes 
Schulbuchs Bürge feins ber Verleger bat es an Tchöner, folider 
Ausflattung nicht ſegen laſſen/ mb, einen: fo außerordentlich 
billigen Preis geſtellt, daß es fich auch in biefer Pine m 
Ein ührung in Schulen. ganz beſonders eignet. I bitte hier: 
: mit die Herren Schufinfpecteren und Eebter ber Erdkunde, ſich 
Hoffmenn's Leitfaden zus Prüfung von ber nädiftgelegenen. 
Buchhaublung vorlegen. zu laffen, und hege bie feite —æ* 
gung daß biefod Buch — ihren Erwartungen gewiß entſore⸗ 
chend! — zu. Verbreitung ber wichtigflen Kenntnife mit Er⸗ 
folg wirken and dadurch Om Fleiß des Herrn Verfaſſers Ich 


nen. wirb. 
Stuttgart, im Mär, 1838, 
Karl Hoffmann. 





Literarifher Anzeiger. 





Gu den bei 8. A. Brodhaus in Leipzig erfcpeinenben Zeitſchriften.) 


1833. Nr. XI. 





Diefer Eit, 


iger wird dem bei J. X. Brodhaus in Leipzi 


erſcheinenden aqeere Blaͤtten für litera⸗ 


erariſche Angel 
riſche Unterhaltung, ITis, ſowie —— —&X beigelegt ober beigeheftet, und betra⸗ 





Ber 


idt 


über die Verlagsunternehmungen 
für 1833 


FR. SrockBangin Tripzim 


” Die mit * begelhneten Artitei werben befiimmt im Laufe des Jadres fertig; 


1. An Zeitfchriften wird für 1833 fortgefegt: 


"ei. Blätter für literarifche Unterhaltung. (Herausgegeben un» 


ter Verantwortlichkeit ber Berlagshandlung.) Zabigang 1883. 
Außer ben Beilagen täglich eine Nummer. Gr. 4. Auf gu⸗ 
tem Drudpapier. 12 Ihlr. 

— Bh, Dienltage und, Breitoge außgegeben, kaun aber au in 


re Ss —ãeù́ Zeitſchrift, vorzuͤglich für Raturges 
schichte, Anatomie um Pooftotogle, ‚Deraufgegeben dar von Ofen. 
2 de. Gr. 4 Deutpapler 





N 

Eis EEE zn una 

*4. Literarifcer —* 
der auferbem noch jerneinen we Beitung” beides 
legt volrb, $ — — Bee wird Kat Geofden beredkt, 

Gegen Vergütung von 3 Thir. werden Anzeigen, Antikri- 
titen und dergl. ben Blättern für literarifhe Uns 
terhaltung, und gegen Vergütung von 1 Thlr. 12 Gr. 
ber Ifis beigelegt ober beigebeftet. 

I. An $ortfegungen und Reſten erfcheint: 

*5. Atterbom (D. &.), Die Infel der @lüdfeligleit. Sa ⸗ 
genfpiel in fünf Abenteuren. Aus dem Shwenitcien überfegt 
von 9. Neus. Zweite aötpeilung. @r. 8. 26 Bogen auf 
Korb ing OS Fofet 1 Ze. 18 @ 

ie erfte Abtbeilun, ofte Ir. 12 @r. 

“6. Becker ( (Wilkelm Gottiteb), Augusteum, Dres- 
dens antike Denkmäler enthaltend. Zweite Auflage. Be- 
sorgt und durch Nacht vermehrt von WilA. Adolf 

‚ Becker. Drei Bände oder 18 Hefte, mit 154 Kupferta- 
feln. Die Tafeln in Royalfolio, der Text in Octav. ftes 
Heft und folgende. Subacriptionspreis eines Heftes 
1 Thir. 21 


-XLVI, 
gg und ee Ge ——— e 31 ze 


7. Bibliothek deutſcher Dichter des fiebzehnten Jahrhunderts. 
Begonnen von Wilhelm Müller. Bortgefegt von Karl 
girfer, 8 Bändchen. 8. Auf 


Pas iR verehate Minhten wid Hoffmannswaldau und 


nem Schreib⸗ 











In den übrigen if die Exfeheinmg ungeoiffer. 





—X Rein entbe 1. Grfted dis zwdiftes Bändchen (1 — 81) 
Ihlr. 8 Gr. 

*8. Gonverfations »Eerifon der neueſten Zeit unb Literatur. 
In vier Bänden. In Heften zu acht Bogen. Zweiten Bandes 
vierteß (elftes) Heft und folgende. Iedes Heft auf weißem 

Brudpapier_6 Gr., auf gutem Schreibpapier 8 Gr., auf 


*9. Cuvier (Baron von), Das Thierreich, geordnet nad 
feiner Organifotion. A148 Grundlage der Raturgefchichte der 
Ihiere und Ginleitung in bie vergleichende Anatomie. Rad 
der zweiten, Bermebsten Ausgabe überfept und durch Zufäge 
emmeitert PA 8. ©. Voigt. In fünf Wänden. Dritter 

ar 
tbiere un! , 7 
— BR GER  R g  de 

*10. Algemeine Gncpklopädie der Wiſſenſchaften und Künfte, 
in alphabetifher Foige von genannten Gchriftftellern bearbeis 
tet, und herausgegeben von I. ©. Sırh und I. G. Gru: 
ber. Mit Kupfern und Karten. Gr. 4. Gart. 


Theil im Pı 
Be 


Pr 8 Idlr. 20 @r., 


ale aekiien. B. Gruber. 
anette Bechfon, . 8 Hoff 
Dritte Sesiion. .@. Meier 
nd Kimt. 
ee lm Gange fie wird 
TAN tn Ki 
die auf 





— Rare jenl X 
inziee ———— Viig 
tlg Kellt, 


1. Erich iohenn Samuel), Handbuch der deutschen Li- 
teratur seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis 
auf die neueste Zeit. Systematisch bearbeitet und mit 
den nöthigen Registern versehen. Neue, mit verschiede- 
nen Mitarbeitern —e* Ausgabe. Gr. 8. Auf gutem 


‘ 
4 


‚Druckpapier,, auf‘ feinem franz. Schreibgapier, und auf 
demselben Ar in gr 4, mit breitem Rande. 

Zweiten Bandes zweite Abtheilung: Literatur der sch& 
nen Külıste. (Büaambeitet bis zum 23. Bogen vom Pre- 
diger Rese in Halberstadt, htendigt von K. C. Krauklng.) 

Wierten Bandes zweile Abtheilung : Literatur der ver- 
mischten Schriften. 

» in Dresden.) ’ Wart —* * 
pe —* Sabre langem Warten von Deren EAN + et 


£ die le n ber 

0 hat auf meine Bitte Der K. Kraufiin in De ⸗ 

yen die —ã— Ben. Gr bie —— Regi d der 
en. r 


elbſt, und an von meiner Seite een cües D ee 
ng, die ich gegen das Publ 
+12. Geſchichte dee Staatöveränberung in Frentreich unter Rh: 
nig Ludwig XVI., oder Entfichung, Sorefhritte und Win 
tungen ber fogenagnten neuen Philoſophie in hiefem Lande 
Schöter Theil. Gr. 8. Auf feinem Schreibpapier. 
Der erfte bis fünfte Theil (1826—30) Eoften 9 Thlr. 16 Er. 
13.HeinfiuslBilhelm), Allgemeines Bücherleriton, oder Voll: 
ftändiges alphabetifches Verzeichniß aller von 1700 bis zu Ende 
1853 scfhienenen Boͤcher, welche in Deutſchlaud und in bes 
dur prache und Eiteratur damie verwandten Ländern ge⸗ 
druckt worden find. Nebft Angabe der Drudorte, der Ber: 


leger und ber Preife. VBierser Supplementband, oder : 
des· 


ganzen· achter Mand, weicher die von 1828 bis 

. Ende: 1898 esfchienenen Vuͤcher und die Berichtigungen frühe: 

rer er Geiheinungen enthält. Gr. 

Der eriie ie ebente Band Fr An koſten in hHerabgefegten 
pre dir.; u einzelne Wände merden zu verhältnibm Big 
tiligern — gege 

*14. Huber —— ed), Erzählungen. Gefammelt und bers 

ausgegeben von ®. A. H. In fehs Theilen. Fuͤnfter und 
ws Fret 8. Auf: feinem Druckpapier. 
erſte bis vierte Shell (1831) Loſten 9 Thlr. 

16. Saramfin, Gefchichte bes zufiifchen Meike. Nach ber 
awelten Driginalausgabe überfegt.. Eifter Band und folgende, 

. ..8. Xuf.gutem Drudpapier. 

xx. exaſjo bid zehnte Band, mit Koramlir ns Bildnib (1890 — 27)j. 
hi eK im a esten Preif 

16. Srorring (Kari von), Aufffar Vibliothet fuͤr Deut⸗ 
ſche. Viertes Heft und folgende. 8. Geh. Auf Oruckpapier. 

Das erſte bis dritte Heft (1831) koſten Thlr. 12 Gr. 

17. Krug (Wilhelm Traugott), Encyklopaͤdiſch-philoſo⸗ 
phiſches Lexibon, ober Allgemeines Dandwörterbudy ber philo⸗ 
fophiſchen Wilfenfchaften nebft ihrer Literatur und Geſchichte. 

Nach dem heutigen Standpunkte der Wiffenfehaften bearbeis 
tet und herausgegeben. 


Auflage. 


Zweite, verbefjerte und vermehrte, 
In vier Bänden. Broeiser und dritter Band. 


+18, * —, —— — Lexikon. Suppie: 
mentband ‚zur erften Auflage, enthaltend bie Zufäge und 
Warhbeſſerungan der zweiten Auflage, Gr. 8. Auf gutem 
Oruckpapier. 

"1. Provinzialreht aller zum praußißchen Staate gehörenden 
Lander und Landeskheile, infoweit in bdenfelben das Allge⸗ 
‚meine Landrecht Geſetzeslraft hat, verfaßt und nach bemfelden 
Plane ausgearbeitet von mehren Rechtsgelehrten. Heraus⸗ 
gegeben von Friedrich deintie von Strombed. 
BSweit en Theile britter Bomb. Mr. 8. 20 Bogen auf. Drud: 

bier. 1 Säle. 

ud) unter bem Titel: 

— — ber Proninz Weſtfalen. Dritter Band: Pro⸗ 
inzialrecht bee „chemals kurkollnifchen Greffhaft. Reckling⸗ 
Hark von -Elomend Auguft Schlüter. 
Sehen Agrith EL Garen) Tann ohbe Bürtenfbum © Salben: 
„Brett: war heit Yo or x EN and een, 
n & ie eoins A alen) sehe 
. anbeäherzen, —8 a sort af rs: 


m Beh —— 


(Bearbeitet von K. C. Amtung D 


0. Praumer 


en bearbeitet von G. A. Schluͤter, (1889), Toftet 


{16 soeller Bands "Gr Tedlenburg 
— a en ir ee 


T. 
Dritten Theil (Weftpreußen) er Band: Diſtricte des 
—z a, ee De Es 
Band: Diftricte bes 
472 —— eman, Pen Zheit’(1BRo) 


nit & 
1 Ir. 
Bweiten 


« Sandredt3 von 


Theils baitter Banbı Die Statutarrechte der Stapt Dansig, 
beorbeitet von geman > 2 r. 
r biefem Werte gehören ferner, obwol unter beſondern Titela 


nth berhern und Corve u three 
TE PUSER und Beartı —— — 


don Paul Wigahnd. Drei Bände. 188%. Gr. 8. 


Das mern sehnredit, nad) feinen Abweichungen von den Grund⸗ 
18 gen des BEE fen U gemeinen andrecht dargeſtellt von Zett⸗ 


——— von), ſcichte Europas ſeit 
dem Ende des funfzeßpten Sapräufberie. In ſechs Bänten. 
Artiter und dritter Band. Gr. 8 

ee erſte Band (1882. koſtet im Susferiptionspr reife auf 
aim £ Drudpapier 3 Thlr. 4 Gr., auf ertrafeinem Velinpapier 


21. Sämid (Reinhold), Die Geſetze ber Angelfachfen. In 


der Urſprache mit Uebexſetz und Gtläuterungen. Zweiter 
2 Seil, “Gr. B. uf gutem Hruckpapier. 
Der eriie Bi den Zert nebit Ueberfegung entbaltend nd (1282), 


Pe 2 hir 
22. Shatſpeare's Vorſchule. Herausgegeben und mit t Bone: 
ben begleitet don Eudwig te. TOT BEN rE, 
uf feinem Drucdpapier 
erſte und zweite Band (1833-29) Eoften & Thlr. 6 Gr. 


+28, Dißorifches Zaſchenbuch. Herausgegeben von Friedrich 


von Raumer. Fuͤnfter Jahrgang. Mit einem Bildniſſe. 
12. Auf feinem Druckpapier. Cart. 


ger ber erften drei Sahrginge toftet 2 Thlr., der vierte 1 Ihlr. " 


1 
24. Täsele (J. M.), Leben und Werke des dänischen 
Bildhauers Bertel '[horwaldsen. In zwei Tbeilen. Mit 
160 Kupfertafeln. Zweiter Theil. Gress Folio, Auf 
dem feinsten Yelinpap ier. Cart. 


Der erfte Theil, m 
und — ertafeln wei B n fauber cartonnirt (1888), 


*25. Urania. Taſchenbuch auf das Jahr 1834. Mit dem Wilb: 
niffe 3etter’8 und fechs Stabiftichen nad) engliſchen @emälben. 
16. te fit feinem —— Jam fa a in —e 2 Ihlr. 
PN J ruͤ ubeen wahres: rg age 1 in errgifen; ben Jahrgang 


in. Yn neuen Auflagen und Deeuigkeiten erfcheint: 
+26. Aleris (W.), Wiener Bilder. 12. Auf feinen Dred: 
papiet. Geh. | 

+27. Brun (Srieberibe), Roͤmiſches Leben. Zwei Bände. 
Mit zwei Vignetten. 8. A5 Bogen auf feinem Druckpa⸗ 
pier. Geh. 3 Thlr. 18 Gr. 

"28. Brzozowsks (M.), La guerre de Polague en 1831. 
Avec une carte de la Pologue et dix croquis des batail- 
les principales. Gr. 8. 19 Bogen ayf feinem Druckpe- 
pier. Geh. 2 Thlr, 12 Gr. 

+29. Gonverfationg : Reriton, ober Allgemeine deutfike Real⸗En⸗ 
chklopaͤdie für bie gebildeten Stände. Achte Driginalauflage. 
In zwölf Bänden oder vierundzwanzig Lieferungen. Jede 
Lieferung auf weißem Drudpapier 46 Groſchen, anf gu: 
sem —— ei Abaler, auf xtrafeinem Velinpapier 

Gr 
dt ee BeReppeeen sur agten enges se 
— — —W die neuffke Seit foetant "gie er 
—* en —2*8* iũ — — Unten es 


Nr. 
“30. Eisgorg. (Graz: von), Schauſpiele. Zwei Binnen 
8. Auf feinem „nendpapier. ge b. BR 
k fe te at den Stiefen n Öliie® var darüber an den Ber 
81. Ersch (Johann Samuel), Literstur der schönen Küsste 
seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die 


N 


nbung aus ben Auellen‘ 


it * 8 vfertafeln und einem Bacfimile, Xert 


. 
neuoste Zeit. Systematisch bearbeitet und zit den nöthi- 
gen Registern versehen. Neue fortgesetzte Ausgabe (vom 
_ Prediger Rese in Halberstadt und K..C. Kraukling in 
‘“ Dresden). Gr. 8. Auf gutem Druckpapier 
32. Ersch (Johann Samuel), Literatur der vermischten Schrif- 
ten seit Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die 
neueste Zeit. Systematisch bearbeitet und mit den nöthigen 
Registeru versehen. Nexe fortgesefste Ausgabe (von K. 
©. Kraukling in Dresden). Gr. 8. Anf gutem Druck- 


107. 

I n ber Gera dinung bief biefer beiden Xbtheilungen beziehe ich mid, 

38, Goldfmith (Dliven, Der Landprebiger von Wales 
fieib, eine Erzaͤhlung. Neu: überfegt b arl. &buard 
von ber Delsnig. Mit einer Einleitung. Zweite Auf: 
lage. 12. 114 Bogen. aufgutem. Drudpapier. Sch. 15 Gr. 

»354, Hagen (Auguft), Kuͤnſtlexgeſchichten. Enthaltend: Die 
Chronik feiner Vaterſtadt vom Klorentiner Lorenz Ghiberti, 
dem berühmteften ieh dei funfzehnten Jahrhunderts. 
Rad dem Lialimifchen. Bändchen. 12. Auf feinem 


MOructoapierx. Geh 
"35. Handwörterbuch in drei Sprachen: "Englisch - deutsch- 
französisch, Französisch.- deytsch - englisch, Deutsch - fran- 


zösisch - englisch. (mi Stefeotypen gedruckt.) Auf fei-, 


nem NVelinpepfrer. 
Me drei een, — denen die et Handwoͤrterbuch befteht, 
nf sein, te — find aus England 

und vB befond Dee rectur w 
gröpte © orgfalt re Sa nöeh der 


36. Bartmann (Kart Friedrich Alexander), Reperto⸗ 
rium der Mineralogie und Geognoſie, enthaltend eine voll⸗ 
ſtaͤndige Zuſammenſtellung der neuen Fortſchritte dieſer Wiſ⸗ 
ſenſchaften. Als Supplemente zu feinem „Woͤrterbuche ber 
Mineralogie und Geognoſie““ und zu feiner deutſchen Bear⸗ 
beitung von Beudant's „Lehrbuch der Mineralogie”, ſowie 

‚ Mberhaupt zu allen neuern Lehr⸗ und Handbüchern ber anne: 

ralogie und Geognoſie. Mit lithographirten Tafeln. Gr. 8 
a gun —— Be ber Mineralogie und & * 
nr — —**— hir. 8* Sr. ; das „Redrbub Ge —— 
logie von Beubdaont” (ats) 4 

*37. Haub (I. ©), De "Belagerung Maſtrichts. Sin 
Be in fünf Aufzügen. 8. Auf feinem Drudpa- 

ier 

—* Hällmann (8. D.), Staatsverfaſſung der Jeraeliten. 

Gr. 8. Auf gutem Drudpapier 

ee. Roenig (8), Die ho Braut. Roman in zwei Bän- 
den. 8. Auf feinem. Drudpapier. 

40. Matthiä (Auguf), Lehrbuch für ben erften Unterricht 
in der Philofophie. Dritte, verbefferte Auflage. Gr. 8. 
134 Bogen auf gutem Drudpapier. 20 Gr. 

*41, Mengotti (Francesco), Del commercio dei Ro- 
mani ed il Colbertismo. Memorie due, Mit grammatikali- 


IE [LI DIR U I IT 


48, Most 


’ 


„schen Kırläutegp und. einem Wörterbuch zum Schul- 
ünd Privatgebrauche herausgagehsn von e B. Ghexsi. 
12. 21 Bogen auf Pruckpapier. Geh. 1 Thir. 20 Gr. 
Georg Friedrich), Eneyklopädie der m» 
‚dieinisch-chirurgischen Praxis, mit Eürschluss der Ge- 
burtshülfe und der Augenheilknude. Nach den besten @nal- 
len und .nach.eigeer Erfahrung im Verein mit mehren: prak- 
tischen Aerzten und Wundärsten bearbeitet und heyams- 

gegeben * Erster Band. Gr. 8, Auf.gufem Druckpapier. 

wir 


geneben werben. 


Reiſende in Stalien. Zweite, fehr verbeſſerte Auflage. 
"Gr. 8. Auf. gutem Drucdpapler. Cart. 2 Thlr. 16 Gr. 
4. Petrarea (Francesco), Saͤmmtliche Conzonen, 1:7 
netie, Ballaten und Triumphe, überfegt und mit erlaͤutatuden 
Anmerkungen begleitet von Karl Hörfter. Zweite, von 
Gr. 8. 884 Bogen-auf feinem Oruckpapier. 


*45, Poli (Karl Heinrich Ludwig), Die europäffchen 
Verfafſungen feit dem Jahre 1789 bis auf die neuefte Zeit. 
Mit geſchichtlichen Ginleitungen- und Griäuterungen. Zweite, 
neu geordnete, bexichtigte und ergänzte Auflage." Drei Bände. 
- Auf gutem Drudpapier. 
d theil 783 ⸗ 
ten De fungen N Vettaen Gablerbunded ee alten, | et im 
ubfcriptiondpretfe & te Rand, bi „gie 
FE rien SE 
altend (Bi Bogen), Eoftet 2 Thl 

46. Raumer (Karl von), Beſchreibung van Paliſtina. 
GSr. 8. Auf gutem Druckpapier. 
47. Schneller (Julius Franz), Weltgeſchichte zur gruͤnd⸗ 
lichen Crkenntniß der Schickſale und Kräfte des Menſchenge⸗ 


Bänden. Gr. 8. Auf gutem Druckpapier. 
ss ‚wird naͤchſtens eine befonbere Anzeige über biefed Werk aus: 


„a Sismild (Briedrih Auguft), Auguft Wilgelm von 
Trosky's Leben und Wirken für bie Nieberlaufig, ‚mit Be: 
nugung feiner binterlaffenen autographifchen Rabeiäten. 
Gr. 8. 4 Bogen auf gutem Drudpapier. Geh. 8 Er 

49. Thsersch (Frederic), De l’&tat. actuel de la Grece 
gk ‚des voies et moyens de sa restauration. 
lumes. Gr. 8. Auf feinem Druckpapier. Geh. 


*50. Boigt (Sohannes), Das Leben bed koͤnigl. preuf. 


grafen und Grafen zu Doßna: Sählebitten. Sr. 8 Bo: 
gen auf gutem Drudpapier. Geh. 4 Er. 

*51. Zwei Babwe in Petersbugg. Reman aus ‘ben Papieren 
eines alten Diplomaten. 8. BE wogen auf feinem Drudpa: 
pie. 1 hir. 16 Er. 





(Gin unentbehrlices Wert für Alle, welche auf bie ſchne H⸗ 
ſte Weiſe bie engliſche Sprache erlernen mollen.) 

Die Geſchichte des unglücklichen Paares aus 
Derwent Conway's einfamen Spaziergän: 
gen. Bearbeitet zu einer kurzen Anleitung zum ſchnel⸗ 
len Erlernen der engliſchen Sprache, mit beſonderer 
Ruͤckſicht auf die Ausſprache von H. v. Orth. 8. 
Münden 1833. Bei Fleiſchmann. WGr., 
oder I St. 30 Kr. 

Dem Herren. Busfaffer ift es nach vielem Badıbenfen ges 
dungen, eine ſich ax e Methode .aufzufinden, die engliſche Sprache 
in ſehr kurzer Zeit ganz allein, und chne alte Bei; 
birlfe eines Lehrers, gründlich erlernen zu können. 
Den vielen Freunden biefer dem Gebilbeten fo nothipenbigen 
Sprache empfehlen wir daher biefes Werk aus voller Webers 
zeugung; denn vermittels beffelden wird Jedenmann ſchon in, 


7 


wenigen Monaten im Gtanbde e fein, einen englifhen Autor ieſen 


und verſtehen zu. koͤnnen. Dem Buche find die nöthigften Re: 
gein in hoͤchſt faßlicher Darftellung vorausgeſchickt, worauf bie 


Seſchichte des unglücklichen Paares aus Conway“ folgt, unter 


Beiſetzung ber Ausſprache mit deutſchen Lettern und ber Ueber⸗ 
fegung ins Deutfche nebft erläuternden Noten. 





Bei Joh. Ambr. Barth in Leipzig ist erschienen 

und ip. allan Buchlandlungen zu haben: 

Laenzi, L., Geschichte der Malerei in Italien, vom 
Wiederaufstehen der Kunst his ‚Ende des achtzehn- 
ten Jahrbundexsts. Aus dem Italignisehen übersetzt 
und mit Anmark. vVon J. G. von Quandt herausg. 
von Ad, Wagner. 3ter Bd. Gr. 6. 2 Thlr. 6 Gr. 

Mit diesem Bande, der den Sten und 6ten der Original- 
ausgabe. umfasst, iet die Uebertxragyng des Zanze’schen Wer- 


‚kes vollendet. Die als Konstkritiker allgemein — 


‚Herausgeber hegten bei Bearbeitung derselben den 


\ 


nädfiend eine befondere Anzeige über diefed Wert aus- 
*43, Neigebaur (Johann Ferdinand), Handbuch für... 


Schlechte. Zweite, völlig umgearbeitete Auflage. In fünf: 


„Deux vo- 


Gtaatsminiftere Friedrich Ferdinand Alexandar Reif 8+ Burg: ' 


[4 


x 





das wegen seines Reichthums an Materialien zum allge- 
meinen, für den reisenden Kunstfreund fast unentbehr- 
lichen Handbuche gewordene Werk auf diejenige Stufe 
der Vollkommenheit zu * ‚„ welche von ihren Landsleu- 
ten, nach den F'ortschritten der Kritik der Kunstgeschichte 
in Deutschland, gefodert wird, und der Beifall, weichen die 
ersten beiden Bände gefunden, hat ihnen als oin Beweis ge- 
goiten, dass sie ihre Absicht nicht verfehlt, wie es denn 
auch mehrfach in kritischen Blättern öffentlich ausgespro- 
chen worden, dass ihr deutscher Lanzi viel verständ- 
licher, viel gründlicher sei als das italienische Ori- 


Beigefügt sind diesem Bande ein sehr ausführliches Re- 
ister, zugleich mit Angabe des Geburts - und Sterbejahres 
Maler und mit literarischen Nachweisungen, sowie ein 
zweites die gesammte in dieser Ausgabe angesogene Litera- 
tur. nachweist. 


Bei Kleifhmann in Münden ift erſchienen: 
an 


au i a 8 
Beſchreibung von Hellas 


uͤberſetzt und erlaͤutert 


von 
E. Wiedaſch. 

5 Baͤnde. Mit Planen von Athen, Olympia und 
Sparta, und einer Karte des Peloponneſes. Preis 
7 Thlr. 8 Gr., oder 12 St. 48 Kr. 

Griechenland ift wiedergeboren! Gin deutſcher Kürft, ein 
Wittelöbahher, bat ben Thron ber einft fo hochberühmten Hels 
lad beftiegen. Zahlreiche Reifende werben von nun an ben 
claffifhen Boben bes gebildetſten Volkes des Alterthums bes 
grüßen. Paufanias hat uns in feinem Werk eine Befchreibung 
des alten Griechenlands mit einer Treue und Wahrheitäliche 
geliefert, daß es jedem Alterthumsfreund durchaus unentbehrs 
Ich if. Grabe zur gelegenften Zeit beſchenkt uns Herr Pros 
feffoe Wiedaſch mit feiner vortrefflichen Weberfegung biefes 
gefhägten Schriftftelless, und fie börfte um fo mehr bald in 
der Hand jebes Gebilbeten fein, ba bie bem Buche beigegebes 
nen ungemein reichhaltigen Anmerkungen ein wahrer Schat 
find und bleiben werben. 


Bei 8. Franz in München ift erfchienen und an alle 
gut? Buchhandlungen verfandt: 


Bilder und Lieder 


von 
Benriette Ottenhetmer. 
12. Broſch. 1 Thlr., ober 1 FI. 36 Kr. 

Gegen ben Willen der befcheibenen Verfafferin wuͤrde es 
fen, wenn wir diefe Sammlung von Liedern unb Bildern uns 
ter Anpreifungen anlündigen wollten. Wir unterlaffen es, über: 
zeugt, daß bie ebenfo gemüthliche als geiftreidhe Tendenz berfels 
ben in Vers und Profa recht vielfeitigen Anklang finden werde. 





Es iſt nun vollftändig erſchienen und an: alle beutfche 
Buchhandlungen verfendet:: ” 


Spanifh: Deutfhes und Deutſch-⸗Spaniſches 


Taſchen⸗Worterbuch. 
Nach der neueſten feit 1815 von ber ſpaniſchen Akademie 
fanctionirten Orthographie 
von ©. F. Zrancefon. 

2 Bände (102 Bogen). Gebeftet. Leipzig, bei Fried: 

rich Fleiſcher. 1833, | 
" Preis 8 Ihlr. 
Obſchon diefes Wörterbuch nur den befcheibenen Namen ei: 
ned Zafchenwörterbuches trägt, fo kann man es doch unbedenk⸗ 
lich als das neuefe und vollftändigfte der eriftirenden 


fpanifchen Wörterbücher betrachten, welches dadurch, daß man 
darin zum erſtenmale der neuen jegt durchaus in Spas 
nien gebräudlihen Orthographie gefolgt ift, ſchon bes 
beutende Vorzuͤge vor allen andern bat, deren weitere zu eroͤr⸗ 
tern, man ruhig der firengfien Kritik überläßt. Der Verleger 
dofft, daß, da er das Seinige durch ſchoͤnes Papier, Drud nnb 
ſehr wohlfeilen Preis gewiß redlich erfüllt hat, man ihn auch 
gewiß für bie ſehr bedeutenden Koften buch eine rege Theil⸗ 
nahme von Geiten bes Yublicums entiyädigen wird. Ein Woͤr⸗ 


terbuch einer fo clafı 8 Is bi ifche i 
in —X —** ihren. ve ſpariſche it, gehört 


Bei Unterzeihnete iſt erſchienen und durch alle Buchhand⸗ 
lungen zu beziehen: inñ a 


Die dritte Auflage von 
Joh. Florent. Schreven, 


weil. Pfarrers in Bochold, 
hinterlaſſene Predigten 
Nach des Verfaſſers Tode geſammelt und herausgegeben 
von ſeinen Freunden. 
I. Sonntagspredigten. 1 Thlr. 
In Sefktogeprebigten nebft einigen Gelegenbeitsreden. 
bir. ’ 


II. Faſtenpredigten. 1 The. - 

Der außerordentliche Beifall mit welchem diefe Predigten: 
fammlung aufgenommen worben ift, ſpricht am Beſten für bes 
ren Borzüglipkeit. 

Dem Geifte des kirchlichen Feftes und dem morslifchen Be 
bürfniffe ber Zuhörer gleichpaffend gewaͤhlter Stoff, leichte, uns 
gefuchte Uebergänge zu ihm, natürliche, von felbft herausfallenbe 
Abteilung und bündige Kürge in Abhandlung befleiben, Klar 
heit und Wärme, edle Popularität und Praͤciſion im Ausbrudke, 
Entfernung alles Polemifchen find bie ſchoͤnen Gigenfchaften, die 
diefe Predigten ſchmuͤcken — auf benen ihr Werth beruht. 

Köln, im März 1882, 

- Peter Schmig. 


Bei Fleiſchmann in München ift erfhienen: 
Noth- und Hülfsbüchlein für Künftler, Kunſt⸗ 
freunde und Kunſthaͤndler in dem Monde, 
an das Licht der ſublunariſchen Welt geftellt von An- 
felmus Rablofus. Mit lehrreichen Anmerkungen mb 
Anekdoten von Ambrofius Haſenſchwaͤnzlein. 12. Ge 
heftet. 3 Gr., oder 12 Kr. 
Sin Schriftchen voll Wis, Laune und Gatire, aber auch 


vol Belehrung über dad Treiben ber Künftter, Kunfifreunve 
und Kunftpändier. 


Bon dem in London erfcienenen Werte: 

Passages from the diary of a late physictan. Witl. notes 
and illustrations by the Editor, in two volumes. 
ericheint in meinem Berlage von einem @adhlenner eine beuts 
ſche Ueberfehung, welches ich zur SBermeibung von Gollifionen 

hierdurch anzeige, 
. Aachen, ben 15ten April 1888. - 
J. A. Mayer. 


Falk über Göthe. 


Ich habe wieder einige Exemplare bdiefer 
Schrift vorräthig, die zu dem Ladenpreife von 
1 Thlr. 12 Gr. durch alle Buchhandlungen zu 
beziehen find. 

Leipzig, im April 1833. 

F. A. Brockhaus. 








4 





Biterarifger Anzeiger. 


(Zu den bei F. X. Brockhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.) 





1833. Nr. XII. 


en 
Dieſer Literarifche Anzeiger wirb den bei $. A. Brodhaus in re ericheinenden Beitfchriften: Blätter für liter 


tifhe Unterhaltung, Iſis, fowie bee Allgemeinen mebicinif 


en A beigelest ober beigeheſtet, und betra⸗ 


gen bie Iafertionegebähren für | bie Zeile 2 





Bei — Dehmigte i in Berlin iſt foeben er⸗ 
ſchienen: 
Linnaea. Ein Journal für die Botanik in ihrem 

ganzen Umfange. Herausgegeben von Prof. Dr. v. 

Schlechtendal. Ster Band pro 1833 in 6 Hef- 
- ten. Gr. 8. Mit Kupfern. Geh. 6 Thir. 

Die ersten sieben Bände, mit vielen Abbildungen aus- 
gestattet, sind noch in completten Exemplaren vorhanden 
und kosten 30 Thir. 

Bei Ankauf eines vollständigen Exemplars dieser 
sieben Bände, bin ich geneigt, zur leichtern Anschaffung 
den Preis auf 20 Thlr., also auf. nur zwei drittel des gan- 
zen Preises, zu ermässigen, und können alle gute Buch- 
handlungen Bestellungen annehmen. Für, einzelne Bände 
verbleibt der bisherige Ladenpreis. 


Soeben ift bei Fr. Bieweg in Braunfhmeig er— 


ſchienen: 
Der Bukkanier. 


Hiſtoriſcher Roman "aus den Zeiten Cromwell's. 
Aus dem Englifchen von Joh. Sporſchil. 
8 Theile. 8. Kein Velinpapier. Preis 8. Thaler. 
Das einflimmige Urtheil aller englifchen kritiſchen Blaͤtter, 
unter ihnen daB bes geiftreichen Verfaſſers bes „Pelham“, zählt 


den Bukkanier zu ben beften Grzeugniffen der neuern romans 


tifchen - Literatur. Mafher Gang der Handlung, beftänbige 
Steigerung bes Intereſſes, Außerft geihidte Anordnung bes 
Ganzen K zarte Daltung ber weiblichen, tühne Zeichnung ber 
männli 


deffeiben bervortritt, find bie Worzüge des Romans, ber in 


England binnen kurzer Zeit mehre Auflagen nöthig. machte. 


In bemfelben Verlage ift ferner kürzlich erfchienen: 


Die Heidenmauer, oder die Benedictiner. 


Nach dem Engliihen des 3. J. Cooper 
deutfh von 3. Sporfhil 
3 Theile. 8. Preis 3 Thaler. 
Die Alhambra. 
Nach dem Engliſchen des Washington Irving 
‚überfegt von Johann Sporſchil. 
2 Theile. 8. Fein Velinpapier. Preis 2 Thlr. 12 Gr. 
Beide Werke find durch bie Namen ihrer berühmten Ber» 
faffee gertägend empfohlen. Ueber ihren Werth und ben Fleiß 
ber Ueberfetung haben fich die beften deutſchen Sournale mit 
voller — ausgeſprochen. 


Zohrab, der Geißel. 
Hiſtoriſcher Roman (aus der perſiſchen ir 
von Morier, Verfaſſer des Hadſchi 
Yu bem Englifchen nt Eau 
Habſchi Baba, air früher erfchienene — des beruͤhm⸗ 
ten Morier, wurde dem deutſchen Publicum in brei verſchiede⸗ 


en Charaktere, ergreifende Situationen und ein hiſtori⸗ 
ſcher Hintergrund, in welchem Grommell als bie Hauptfigur 


nen —— zugängig, und iſt einftimmig als eins ber 
"geiftreichften Producte der neuern romantifchen Literatur aner: u 
tannt. Daffelbe ift ber Fall mit Morier’s neueſtem Roman 
„Bohrab”, der binnen brei Monaten in England drei Aufs 
lagen erfoberte, Das Quarteriy review bezeichnet ihn als 
den beften Roman, der feit mehren Jahren in England er: 
ſchienen ift, und wir glauben, daß unfere deutfchen Leſer in 
dieſes Urtheil einflimmen werden. Der Stoff ift Hiftorifch, und 
gibt und ein treues Bild Perfiens, feiner Bewohner und Gitten 
in einer fo wahren Darftellung und Sprache, wie fie nur dem 
Verfaffer, ber längere Zeit bei ber englifchen Geſandtſchaft in 
Perfien angeftelt war, moͤglich wurde. Die anziehendſten, er⸗ 
greifendften, zum Theil furchtbaren Gituationen werden bie Bes 
fer in fortwährender Spannung erhalten. x 


Bernbarb Mergy, 


die Bartholomäusnaht. 


Aus „ven Stanzöfifhen von Karl von-Lugow. 
2 Ihle. 8. Rein Velinpapier. 8 Thlr. 





Bei 3. A. Mayer in Aachen ift ſoeben erfchienen und 
in allen ——— Deutſchlands zu haben: 
Loͤwenigh, B. von, Gedichte. Erſtes Heft. 8. Ge⸗ 

heftet 3 Gr., oder 12 Kr. 

Montigny, Louis, Capitain, Skizzen aus ben Feld⸗ 
zligen der großen Armee und der Belagerung von Ant⸗ 
werpen im Sahre 1832. Aus dem 1 Geanzefifgien. 8. 
Seheftet 1 Thlr., oder 1 FI. 48 Kr 

Volksbibliothek, Allgemeine. . In Verbindung mit Meh⸗ 

. ven herausgegeben von P. Kaatzer. Erſtes Bandchen. 
Geheftet 2 Gr., oder 9 Kr. 

Wagner, J., Der Jugend Morgentöne, ober: Secylg 
leichte Choraliieder mit -Orgelbegleitung, zum Gebrauche 
für Schüler der höhern umd niebern Glaflen der Ele 
mentarfchulen beim täglichen Gottesbienfte. Die 
Sinsftimme 4. Geheftet 12 Gr., ober 54 Kr. 

Wilhelm Tell, ober die Befreiung: der Schweiz rei 

| ac) Slorlam von P. Kaatzer. 8. Geh. 4 Gr., oder 
18 Kr. 


Bei Zlciſchmaun in Münden if erſchienen: 
Titus Livinus 


mine Geſchichte, 


uͤberſetzt und erläutert 


von 
-€. 8 Eh. Derteh - 
10ter Tell. Sr. 12 22 Gr., oder 1 Fl. 36 Kr. 
Mit dem 10ten Band ift nun eine beutfche Ueberſegung 
bes Livius vollendet, bie von der kritiſchen Blaͤttern als bie 
gelungenfie anerfannt und allenthalben mit arherortenti chem 


Beifal aufgsnommen worten ifl. Deren ſſor Dertel ge: 
bahrt der Dank eines jeden Gebildeten, daß er unfere Literatur 
mit dieſer getreuen, mit Anmtrkungen —— ueber⸗ 
ſetzung des 35 Geſchichtſchreibers dev Römer bereichert hat. 
Das ganze Wert in 10 Wänden “en nun und jede Buchhand⸗ 
lung für 9 pie. 16 ®r., ober 1 80 Ar. gu erhalten, 
ein Preis, der gewiß ale billig etanneı werden wird. 


In Karl Gerold's Buchhandlung in Wien 
ift foeben erſchienen, und daſelbſt, fowie in allen Buchhandlun⸗ 
gen, Deut ſchlande zu haben: 
Jahrbuüuͤcher 


der Literatur. 
Elnundſechzigſter Band. 


Snha 

1) Röflexions sur —Q B des langues asiatiques, 

adressöes à Bir James Mackintosh, suivies d’une let- 

tre & M. Horace Hayman Wilson, par A. W. de 

Schlegel. Bonn 1852. . 

2) Annals of the turkish empire from 1591 to 1659 of 
the Christian era by Naima, traaslsted from the tur- 
kish by Oharles Fraser. London 1882, 

2. Die Dichtkunſt bes Shinefen. Erfte Gpode. 
Confucii Chi -kirg, sive Über Carmianm. Ex la 
Lacharme interpretatione edidit Julius Mohl. Sinttgar- 
tüne et Tubingae 1850. 

In A rellminary discourse on the study of natural phi- 

By #4. F. W. Hersche. (Borläufige Vetrach⸗ 

* — das —— der Raturwiſſenſchaften. Von 
er iqe don 1830 

W. 8S —— Graece. Tem. ad fidem te- 

criicorum recensuit, D. J. Mari. Augusisnus 

Schatz Vol. B IV Evangalia complectepe. Lipalan 

V. Bar reunde ber Tonkunſt, von Friedr. Roch⸗ 


En er —— veipzig 

toine de la Älleraiure grecque pro profene, depuis 
on arigine Fu ’a la prise de Constantinapie par 

Turcs; suivie d’un pr&cis de l’histoire de la —*8 
tation de la litterature grecque en Occident. Seconds 
dition. Par hosll. 8 tomes. Paris. 

Geschichte: der grischisehen Liüteratwe, von der frühe- 
sten mythischen Zeit bis zur Kinmahme Konstantinopels 
dacch die Türken, vun M. 8. Nach der zıpei- 
ten Auflege aus dem Französischen übersetzt von J. 
Franz kwarze (vom zweiten Bande an von Dr. 
Mori ie Pinder). 8 Bände. Berlin 1828 — 9%. 

WI. Aleciſs. Eire Trilogie von Karl Immermann. 


2 1834. Ä 
Bi use en Heiligenfgein. Bon Dr. G. Garthe. 


halt des Anzetgeblattes Nr. LAT. 
Hammer's morgenländifche Handſchriften. 
unb Leben her 


underts. Ron Ch rd Kuffner Fortſe ) 
o x 
Däniffe Literate. Bon R wine. 


Kt. I. 


An ber unterzeichntten Quqͥhandiuog wird erſcheinen: 
Geſchichte bes geſaumten britiſchen Meichs von Dr. Al: 
bert Sant 322 Dotanbänden. peitung Fi 

Zwar fehlt es t ag trefflichen Bear en der Ge⸗ 
ſchictte Caglands und es möchte beapalb auf ben. ßen Bud 
eine Vermehrung derfelben dur "9 ——5 Bert übers 
flüffig ericheigen. Wie groß indef 4 die Zahl derſelben ſei, 
eß mangelt uns immer noch ein Werk, welches, unpefigabet ber 


abſichtlich v 


Ausfüprlichleit, in gehrängter Ki bie * Englands 
ak Einem ſelchen ERemgel. ier Beat 
bheifen und ders Name has, gi * eiber binlänglich 
annten Herrn Werfaſſers läßt nur vVortreffliches erwarten. 
Die dieſes Werkse ift beichrende Unterhaltung eines 
grbhern N in un An —— Re dern durch den * 
nt gelehrter Sitate a, an Diefe 
——— d Wert beſteht aus 2 Bänden, 
wovon jeber Ye 8 enthalten und im Gubfcriptiones 
preife nur 1 Thlr. 8 Br. koſten wird, Mer nachherige Yreis 
wird erhöht werden. — Gine-ausführlichere Ankändigung diefes 
Werkes ift in allen Buchhandlungen gu belommen. 
Selle, im April 1838. \ 
Säaulz ſche Buchhandlung. 








9. Salzmanı'd 


allgemeines deutſches Gartenbuch, 


vollſtaͤndiger Unterricht in Dechamblung dr Kücm:, 


Blumen: und Obfigantens, theils aus eigner vieljaͤhriger 
Erfahrung, theild nach ben beften Gartenfihriften ben 
heiter. Mit einem Gartenkalender, emthaltend die monat: 
lichen Verrihtungen ins arten und einem Anheng vom 
Trocknen, Einmachen, an und Aufbewahren bes 


‚Deitte durchaus vermehrte Auflage. "ei 8. Münden, bei 


Fleiſchmann. 1 —* 8 Gr., oder 2 FI. 

Das Salzmann'ſche Gartenbuch iſt bereit allgemein als 
eines der befien, gemeinnügigfien und voltffändig- 
ften anerfannt ; deshalb wünicht Referent daflelbe in ber Hanb 
eines Jeden, Dez ten edain Gaytenbgu mit Nupen und Ber 
gnügen betreiben will, und empfiehlt es, ihnes Danfek gewiß, 
allen Bartenfreunben aus inniger Ueberzeugung. 


Durch alle Buchhandlungen und PYoftänter iſt zu‘ beziehen: 
Blätter fuͤr literarifche Unterhaltung. Rebigirt unter Ver 
ontwortlichleit ber Verlagshandlung. Jahrgang 1833. 
Monat Apsit, oder Ar. 91 — 120, mit 1 Beilage: 
Ne. 4, und 4 literarifchen Anzeigen: Nr. IH— XI. 
Sr. J Preis des Sg von 365 Nunmern (au: 
fer den Beilagen) au u Deudpapier 12 Thlt. 


Leipzig, im Mai 1 
F. A. Brockhaus 


EEE EEE EEE 

(dien Se Lubwig Dehmigte in Berlin iR farben ers 
iehen 

Berlinisckes Jahrbuch für die Pharmacie 
und die damit verbundenen Wisseuschaften. Her- 
ausgeber: Prof. Dr. Lindes. 33ster Band, 1ste 
Abtheil. 16mo mit Mitscherlich's Portrait. Preis 
1 Thr. 6 Gr. 

Dieser neue Band sciliepet. sie seinen Vorgängern auf 
ach — 28 — —* 
der darin aufgsnemmensn Gegenstände. t ganz beson- 
dern Interesse dürften die Dri — * Bchlech- 
tendal, —1332 ——— —— von dem 

rmaceuti ablicum. gelesen und es 
genügen , diese Namen zu nennen, um die Aufmerksamkeit 
aller Verahrer der Pharmacde auf das Jahrbuch hinzulenken, 
und ihm neue Gläseer und Firennde zuzuführen. 

Sämmtliche früher emchienemen 32 Bände mit den Re- 
gistern, einer ossen Anzahl Abbilduagen und 25 Portraits, 
welche im preise über 56 Thir. kosten, sind durch 
neue Auflagen der vergritien gewesonen ältem Bände jeist 





⸗ 


die griechischen 


.„ 110 Rebenfiguren erläutert find. 


ganz vervollständigt. Zur leiohtern Anschaffung 
für diejenigen, welche dieses bedeutende, stets ven den 
rten redigiete Werk (von denen hier 


nur Hermbstädt, Willdenow, V. Rose, Gehlen,. 


Döbereinor, Kastner und Stolze genanat werden), 
aoch nieht hesitsen, bin ich bereit, ein vollständiges 
Kxemplar für den, aber nur auf kurze Zeit gültigen, 
höchst geringen Preis von nicht mehr als 24 Thir: zu 
** wefür es durch jede guto Euchhandiung zu be- 
ziehen 


Bei Joh. Amör. Barth in Leipzig 

ist erschienen und in allen Buehhandlungen zu haben: 
Westermann, Dr. A., Geschichte der Beredtsamkeit 

in Griechenland und Rom. Nach den Quellen be- 

arbeitet. Aster. Theil. Gr. 8. 2 Thir. 

Auch unter dem besonders Titel: 

Geschichte der griechischen Beredtsamkeit von unbe- 
- strmmter Zeit bis zur Trennung des byzantinischen 

Beichs vom Occident. 


Bei der hohen Steigerung, welche das Interesse für 
ner in dem letzten Decennium durch 
Männer, wie Bekker, Schäfer u. A., erfahren, war selbst 
nach Ruhnken's trefflicher Historia critica oratorum Grae- 
corum, noch mehr nach des Franzosen Belin de Ballu un- 
kritischer Histoire critique de Peloquence chez les Grecs, 
eine Zusammenstellung des Wissenswürdigsten auf diesem 
Gebiete ein tief‘ gefühltes Bedürfniss für die Freunde des 
griechischen Alterthums. Dieses Bedürfniss hat der Verfas- 
sor durch vorstehende Schrift und gewiss nicht ohne Glück, 
sa.befmiodigen gesucht, und wird dieselbe daher dem »hilo- 
logischen. Publieum. wie den Freunden der Geschichtefor- 
schung hiermit bestens empfohlen. 


— EEE 

Bei 8. X. Mayer in Aachen iſt vor Kurzem eben fertig 

geworden und in allen Buchhandfungen Oeutfchlande zu daben: 
W. Meigen, 


| Spfematifge Befhreibung 
Eurspaͤiſchen Schmetterlinge; 


dritten Bandes 4tes und Stes Heft. 
@r. 4. mit 15 yon Verfaſſer felbft gezeichneten Gteintafeln 
und 165 Bogen Krrt. 


Subferiptiontspreis: 
mit en 2 he. 16 Gr. 
mit iAuminirten Tafeln . . .. . .e 16 s 
Dreis des ganzen Werkes in drei Bänden: 
mit ſchwarzen Tafeln... ... 17 Ahlr. 16 Ge. 
mit illuminirten Safln . .. . . — ⸗ 


Mit dieſen beiden: Heften iſt der dritte Band und bamit 
das ganze Wert geſchloſſen. 
Ss enthlat 


bie Beſchreibung von 818 Tagfaltern, 112 | 


| i 
Abendfaltern, 180 Sopinnern und 867 Gun, gularamen alfo 
962 Arten, weile auf 125 Zafeln buch 1 


Sn der Zof Linmbaues' ſchen Buchhaudlung in Müns 
chen ift ſoeben erfhienen und in allen Buchhandlungen zu 
nt 


Das Lied der Nibelungen Aus dem. alt 
beutfchen Original Überfest von Joſ. von: Hiacherg. 
Zweite verbefierte Auflage, mit 4 Kupfern. Er. 8. 
Gartonnirt. Preis 1 XThlr., ober 1 51. 48 Kr. 

Diefe treffliche Weberfetung des in feiner Art einzigen und 


Daupt: und | 





\ 


en Xuflage, bie —ãe—n Ulla —2 
fo günftigen Aufnahme, daß wir und bei dieſer zweiten, der 
no; vier ganz vorzüglid) gelungene Zeldinungen beigegeben 
find, und bei fdyönerer äußerer Ausftattung, fowie eines ben» 
woch. billigern Preifes, aller weiterer Anpreifung enthalten yu 
koͤnnen glauben. . ' 
Reuefte humoriſtiſch⸗topographiſch⸗ſtatiſtiſhhe Beſchrei⸗ 
‚ bumg ber Haupt⸗- und Reſidenzſtadt 

Münden ımd beren Umgebungen, für Fremde 
und Einkeimifhe von Adolf von Schaden. 
Zweite, nach einem neuen Plane gänzlich umgearbei- 
tete [ehr vermehrte und verbeflerte, dann mit vollfkän- 
digen Regiſtern verſehene Auflage. Nebſt ganz neu 
aufgenommenen, durchaus richtigen Grundriſſe mit 
vielen ebenfalls neuen Kupfen. &. 12. In im 
ſchlag cartonnirt. 8 Mr, 12 Gr., vier 2 ZI. 42 Kr. 


Bei 3. X. Mayer in Kachen if foeben 
an alle Buchhandlungen verfandt worben: erſchienen und 


Ber Buranier, 
Ein 


bikorifder Roman 
aus ber Zett Eromwell's. 
Aus bem Englifhen 
von 


Touig Lax. 


Drei Binde. 
Preis: 3 Thlr., oder 5 Fl. 24 Sr. 


Der geiftreiche Merfaffer bes Pelham, Herr Bulwer, fa 

in einer Recenfion obigen Werkes: vom, © fagt 
„Der Bucanier iſt ein ausgezeichnet gut gefchriebener He 
mom, in bem das Intereſſe ber Handlung unb bie Schu— 
derung der Charaftere von glei hohem Werthe if. Die 
Intrigue iſt vortrefflich durchgeführt, und bie Theilmhme 
wird lese ia Spannung erhalten.” 

Alle engliſche Kritiber ſimmen in bem Babe dieſets mit ho⸗ 
hem Beifall aufgenommenen Wertes uͤberein, das wir in feiner 
Ueberfetung mit gutem echte den beutfchen Leſern bringenb 
empfehlen können. 


Berzeiehnigs Ver arıen Bücher, 
im Werlage von - 
Dunder und Humblot. in Berlin 


erfhienen fin. 
Büchner, K., und F. Herrmann, Handbuch der neuern 
französischen Sprache und Literatur, oder. Auswahl inter- _ 
esnanter „ ahrenologisch geordneter Stücke aus den hesten 
zeuern französischen Prosaisten und Dichtern, nebst Nach 
zichten von den Verfassern und ihren Werkes, Prossi- 
seher Theil. Gr. 8. Geh. 1 Thir. 8 Gr. 
Freundesgraͤber. (Gedichte) GEr. 12. Gch. 6 Gr. 
Fortſetgzung deu 1882 in zweiter vermehrten Ausgabe erſchienenen 
Hartig, ©. 2," Entwurf einer allgemeinen Forft: mb 
ig, ©. 2., Entwurf einer allgemeinen s 
Sagborbnung, mit befonderer Ruͤckſtcht auf den preußiſchen 
Staat. Er. 8. Geh, 1 The. 
Hartig, ©. L. Gutachten Aber die Fragen: Welche Holz 
.. orten belobnen den Anbau am reichlichſten? und: Wie ver 
hält ſich der Grundertrag bes Waldes zu bem bes Arkers? 
@r. 83. Sch. 8 Er. 












⸗ 


de, G. W. F., Philoſephiſche Abhandlungen; her⸗ 
—8 von Dr. K. 8. Michelet. Br. 8. 1882. 8 Thirx. 
— —, phaͤnomenologie des Geiſtes; herausgegeben von 
Dr. 3. Schulze. Er. 8. 1832, 4 Thlr. 
.— —, Borlefungen Über die Phüofophie ber Religion, 
nebft einer Gchrirt über die Beweiſe vom Dafein Gottes. 
‚Derausgegeben von Dr. Ph. Mardeineke. 2 Bände. Gr. &. 
"1832. 5 Thlr. 16 Er. 
Hirt, A., Die Geschichte der bildenden Künste bei den 
“Alten. Gr. 8. 2 Thir. 
Rellſtab, &, Erzählungen, Skizzen und Gedichte. 3 Theile. 
8 Seh. 4 Thlr. . 
Wöhler, Dr. F., Grundriss der Chemie. Unorganische 
Chemie. Zweite umgearbeitete Auflage. Mit königl. 
würtemb., grossherzogl. hessischem und der freien Stadt 
.Frankfort Privilegien, Gr. 8. 16 Gr. ’ 
ee ET ——— 


Sntereffante Nenigkeit. 


Soeben iſt erſchienen und in allen Buchhandlungen Deutſch⸗ 
lands, Oeſtreichs und der Schweiz zu haben: . 
Belchreibung ber vorhandenen Telegraphen mit be⸗ 

ſonderer Beruͤckſichtigung des preüßiſchen nebſt 
einem Vorſchlage zur Verbeſſerung derſel—⸗ 
ben, mit 2 Tafeln Abbildungen. Geh. Pr. 6 Gr., 
obere 27 Kr. Rhein., ober 24 Kr. Conv. 

Außer einer kurzen, aber gruͤndlichen Darftellung der bis 
dee befannten Telegraphen ſowol in mechaniſcher, als hiſtori⸗ 
fer Hinſicht enthält diefe noch befonders wichtige Details über 
die Sonftruction ber neueffen preußifhen (mit Abbildung 
a die von ben franz. und englifdyen fo bebeutend Ab» 
weicht. 





Bei G. G. E. Meyer sen. in,Braunfhmweig ift er⸗ 
ſchienen und an alle folibe Buchhandlungen Deutfchlande und 
der Schweiz vollftändig verfandt: 


Byron, des Lord, Briefe und Tagebücher, mit Notizen. 


aus fiinem Leben von Thomas Moore u. f. w. 
8 Bände. Geh. 1734 Bogen 8. Ausgabe auf fei⸗ 
‚nem Velinpapier 9° Thlr., oder auf weißem Belindruds 

papier 8 Thlr. ’ 

Die vortheithafteften Beurtheilungen in ben kritiſchen Blaͤt⸗ 
tern Deutfchlande haben bereits über den großen Werth unb 
bas hohe Jnutereſſe des Originals entfchieden, in welchem allges 
meir. ein vollendetes Weifterfiül der Biographie anerfannt 
wird, und zugleich ein reicher Schatz lebendig anſprechender 
Geifteberzeugniffe deö großen Mannes vorliegt, dem die Be: 
ſchreibung gilt. Lord Byron ift ald Dichter und als Menſch 
zu ſehr das Gigenthum der Univerfalgeficdhte und der ganzen 
- gebildeten Gocietät geworben, als daß es nicht ein bödft an: 
stehender Genuß ſein folkte, die Entwidelung eines folchen Gei⸗ 
ſtes, Herzens und. Sharafters von ben frühelten Ginflüffen an, 


die auf ihn gewirkt haben, burch alle entſcheidenden Momente 


feines Lebens bis zu feinem wahrhaft tragifchen, durch den mens 
ſchenfreundlichſten Heroismus berbeigeführten Ende zu verfolgen ; 
und diefes pſychologiſche Studium des Außerordentlichen wird 
hier durch einen Glaffiter feiner Kunft geleitet, der mit ber 
finnigften Aufmerkſamkeit auf bie Bleinften Einzelheiten ben geift: 
vollſten Ueberblid des Ganzen, mit bem eindringendften Scharf: 
finne des Hiſtorikers die anmuthigfte Darſtelungsgabe des Gr: 
zaͤhlers, mit ber innigften Zartheit feines Freundſchaftgefuͤhls 
die ſtrengſte Unparteilidgkeit verbindet, und, weil er bei der 
liebevollſten Schonung der Schwächen feines Helden doch immer 
den heiligen Ernſt "Verlegter Sitte und bie rieffte Wehmuth 
über feine Verirrungen ausfpricht, fein Werk auch zu einem 


— — — — 


moraliſchen Bubungemittel und .zu einem praktiſchen Sommen⸗ 
tare der wichtigſten Lehren religidſer Lebensphilofophie gemacht 
hat. Bon gleich großer Erheblichkeit iſt die Lecture faſt alles 
Deſſen, was bier aus Byron's Feder ſelbſt mitgetheilt wird. 
Selbſt Über die alltaͤglichſten Vorgaͤnge und Verhaͤltniſſe bes 
Privatlebens rebet der ausgezeichnete Geiſt auf eigenthuͤmliche 
Weife, und ſchon von biefer Seite betrachtet, Hat es feinen 
eignen Rei den gewaltigen Dichter und Menſchen, indem man 
feine nachlaͤſſig hingeworfene Gorrefpendenz vor ſich hat, gleich⸗ 
fam im Hausgewande zu erbliden. Aber grabe bie 

unb angiehendften, aud in hiſtoriſcher und politifcher Hinficht 
ſehr intereffanten Yartien feiner Lebensbefchreibung, find in den 
von ihm aus Stalien während ber bortigen republifanifchen 
Gährungen, und aus Griechenland in der Periode feines Frei⸗ 
heitskampfes gefchriebenen Briefen enthalten, in welden ſich 
dem Lefer das Gemalde feiner merkwürdigen Schickſale unb 
bervorglängenden Thaten in der bemwegteften Külle dramatifcher 
Lebendigkeit vor Augen ftellt. ine große Anzahl origineller 
poetifher Stüde, bie ‚größtentheils erft in biefem Werke ges 
druckt erfheinen, gereichen dem Ganzen zur angenehmen Ab- 
wecslung, und flößen, oft Impromptus, immer neue Bewun⸗ 
derung gegen die uͤberſprudelnde Schoͤpferkraft biefes reichen 
Genius ein. Die Ueberfegung von fachverfländigen und ſprach⸗ 
kundigen Gelehrten geleitet, hat bie kuͤnſtleriſche Vollendung ber 
Urfchrift, foweit es theild die gedankenreiche Gedrungenheit 
Moore's, theils die geniale Eigenthuͤmlichkeit Byron's felbft, 
beſonders in ſeinen in metriſcher Hinſicht aͤußerſt ſchwer nachzu⸗ 
bildenden Verſen geſtattete nach Kräften zu erreichen gewußt. 





Bei Ludwig Dehmigke in Berlin iſt ſoeben er⸗ 
ſchienen: Zr 
Abbildung und Beschreibnng aller in der 

Pharmacopoea borussica anfgeführten Ge- 
wächse, “ herausgegeben von Prof. F. Guimpel. 
Text „von Professor F. L. v. Schlechtendal. 
2ter Band, 11tes, i2tes Hefl. Gr. 4. mit 12 ıF- 
luminirten Kupfern. Geh. Pränumerations - Preis 
1 Thir. 

Dieser zweite Band wird mit den folgenden 6 Heften 
noch vor Jahresablauf beendet werden, und der alsdaan 
folgende dritte Band das ganze Werk schliessen. Durch 
den kürzlich geschehenen Ankauf ist dieses bedeutende Ku- 
pferwerk nunmehr Kigenthum der Verlagshandlung gewor- 
den, und dieselbe dadurch in den Stand gesetzt, auch den 
ersten Barid noch auf kurze Zeit wiederum zu 
dem schon erloschen gewesenen Pränumeratiohspreise zu ge- 
ben. Derseibe ist für ein sauber und zweckmässig gebun- 
denes Exemplar mit hundert schön colorirten Ku- 

fern, nicht mehr ala 9 Thir., auf welchen geringen Preis 
reunde dieser Wissen<chaft, namentlich jüngere Pharma- 
oeuten, mit dem Bemerken aufmerksam gemacht werdes, 
dass nach dem Erscheinen des zweiten Bandes 
dieser Preis für den ersten Band aufhören und 
dagegen der Ladenpreis von Zwölf Thalera 
eintreten wird. " 
Dietrich, Dr. A., Flora des preussischea 
Staats. ister Band, 4tes Heft Mit 6 illam. 
Kupf. 16 Gr. - , 





Veberfegungsanzeige. 
Von ben neuen englifcehen Romanen : 
Mary of Burgund, or the Revolt of Ghent, by the 
Author of „Darnley“ etc. und ' 
England and the English, by the Author of „Pelham“ 
erſcheinen im Werfage don GB. Vieweg in Braunfhweig 
gleichzeitig mit ben Originalen Ueberfegungen. 








@iteratifber Anzeigen . 


(Bu den bei $.:%. Brockhaus in Leipzig erfheinenden Zeitſchriften.) 


1633. Nr. XII. 





Diefer kiterariſche Anzeiger wirb ben oel 8. A 


. Brodhaud ih Letpzi 


erfcheinenden Beitfriften: Blaͤtter für literas 


riſche unterhaltun Sie fowie der Allgemeinen mebictulfgen Zeitung, beigeltgt ober beigeheitet, und betra⸗ 
. j gen bie Inſertionsgebuͤhren für die Zeile 2 Sr 9 ". # aehe 





Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten: 
Ueber 


ben Anſchiuß Sachſend 


deutſchen 
‚Soll: und Bandelävereine. 
Ä ‚ Freiebrich ron Aaumer. 
: (Aus Yen Blättern für es Unterhaltung befonders 


8. Geh. 4 Er. 
Leipzig, im Mai 1838. 
[3 4 Brockhaus. 


In Kari Gerold's Bucpandtung in Wien 
iſt ſoeben erſchienen, und daſelbſt ſowie in allen Buchhandlun⸗ 
gen Deutſchlande zu haben: 


tafhenbud 


der allgemeinen 


Path olo gie und Therapie 
Inbegriff der Semiotit 
neueften Seantyunt Die Wiſſenſchaften 
zunaͤchſt für daktiſche Aerzte 


entworfen 








Dr. Burkard Eble, 


D ?. Regiments sr Feldarzte, akademiſchen Bibliothekar uf w. 


Sn zwei Theilen, 
woven ter erfte bie allgemeine Nofolegie, Symptomatos 
lo gie und Semtotit; ber zweite die Aelosie und all: 
gemeine Therapie enthält 
12. ten, 1838. 
In Umſchlag broſchirt. Preis: 2 Ihe. 12 Gr. Saͤchſ. 


Diefes Wert reiht ſich , unmittelbas an das im vorigen 
Jahr erfchienene umd fo beifällig aufgenommene Zafchenbudg, ber 
Anatomie und Phyſiologie an, ſo zwar, daß 73 im mander We: 
ziehung ſelbſt einige Lůcken ausfuͤllt, weiche in lehterm gelaſſen 
wurden. Alle vier Baͤnde bilden zuſammen genommen ein Gan⸗ 
zes, welches das geſunde und kranke Leben des menſchlichen Or: 
ganismus in feinen Hauptformen umfaßt, Nebſtdem, daß der 
Verfaſſer, wie billig vorauszuſetzen, die neueſten und beften Werke 
benugte, hat: er bie. Organifations s oder fogenannten chirurgi⸗ 
fhen Kraratpeiten feiner befendern Aufmerffamfeit gewidwet, 
weil ihre rationnelle Erklaͤrung bie ficherfte Baſis einer wiſſen⸗ 
Keen Ghisuzgie iſt. Der Heitungeproseh bei Wunden unb 

e Entzuͤndung und Giterung, ſowie bie ner» 
—* Bildungsfehler find nach ben beften Abeorien erklaͤrt, 


und bie noch immer fo ſehr vernachlaͤſſigte Heilkraft ber Natur 
uͤberall eeie hervorgehoben. 

Eigenthuͤmlich dem Verfaſſer iſt hier die Symptomatologie 
and Semiotik zu einem Ganzen innigft verbanden, und bie eine 
wie die andere umfaffender als gewöhnlich vorgetragen. — In 
ber Aetiologie exfcheint ald Zugabe ein Verzeichniß uufezer ger 
braͤuchlichſten Speiſen nach dem Grabe ihrer. leichtern Berdar 
lichkeit. Auch die Gifte wurden claſſificirt, und namentlich alle 
aufnefuͤhrt. — Nach einer jeben der vier Dauptabtheilungen folgt 
bie Literatur beefelben, weiße im Durchſchnitt als volle 
fändig betrachtet werden Pants. : Dens zweiten En fb ein 
fehr ausführliches Negifter beigefügt, weiches bie Brauchburkejt 
des Werkes ungemein erhöhen wird. 


Im Berlage von 3. Zrautmwein in Berlin find fols 
gende neue Bücher erfchienen, die fih zur Ginführung in Schw 
Ien vorzüglich eignen unb buch alle Buchhandlungen ze erhal 


n find: 

Huguft, €. 5. (Director am coͤlniſchen Realg 
in Berlin), Algemelnes deutſches Lehrbuch oder Aus: 
wahl aus den beflen beutfchen Schriftflellern und Ue⸗ 
berfegungen zur Erweckung bes Gemüthes, Schärfung 
des Berfiandes umd Bildung des Geiftes für die Sus 
gend. Erſter Curfus für die unterfien Claſſen bee 
gelehrten Schulen eingerichtet und vorzüglich AÄltteſta⸗ 
mentliches und Alchellenifches mit Nachbildungen befs 
felben umfaffend. 16 Bogen in gr. 8. Pr. 14 Gr. 

(Ein Ztee und F Curſus fuͤr höhere Gtaffen werben 
nach und nach erfcdheinen.) 
Deinrigs, Johann, Allgemeine deutſche Schulvor⸗ 

ſchriften für den erſten Unterricht im Schoͤnſchreiben 
es und zweites Ergänzungsheft. Preis eines jeden 

8 St. 

* Mit diefen beiden Heften hat ber um bie Sqhreibkunſt ſo 
hoͤchſt verdiente Verfaſſer die beiden erſten, die Aufangsgruͤnde 
enthaltenden Hefte feiner allgemeinen deutſchen Schulvor⸗ 
ſchriften zweckmaͤßig vervollſtaͤndigt. Dieſe beſtehen nunmehr 
aus 8 Heften, Preis 4 Thlr. 12 Gr., die engliſchen oder 
lateiniſchen aber aus 6 Heften, Preis 3 Thlr. 12 Gr., und 
es find fämmtliche Hefte auch einzeln au befommen. 

Diefe Schulvorſchriften haben ſich im Inlande fowol, als 
au in einem großen Theile des Auslandes allgemein verbreis 
tet, und werben in allen Buchhandlungen vorräthig gehalten. 
— — , Exemples d’Ecriture anglaise ä Pusage des 

»Ecoles. 2tes Gahier. 10 Bi: in gr. 4 20 Gr. 

Dies Heft enthält bie gebräuchliche —* Schrift mit 
franzoͤſiſchen Tert. 

Schmidt, E. A., Grundriß der allgemeinen Weitge⸗ 
ſchichte fuͤr Spnmaflen und ‚andere höhere Lehranftals 
ten und zum Selbſtunterricht für Gebildete. In drei 
Sedellungen, Gr. 8. 31 Bogen. Sarton. Preis 1 Thlr. 
8 r. J 


Die 3 Abteilungen find auch unter nachſehenden Ziteln 
eingeln zu 


ne Beate ber alte Geſchithte. 40 Br. 


_ _, Srunbeiß ber Gefepidite di6 Mittelalters. 10 @r. | 
——, 20. ı 


— — 
In ber KRiter’fhen Buchhandlung in Anidau er: 


ſchien 

Dinters Gebot⸗ und Ginleitungen — —— 
eerrichte, mach feiner kurzgefaßten —— — and 
- tenleßre des Chriſtenthums in einem fortfaufenden Cur⸗ 
fus. gehalten. für — Zum Druck beföchert 
von P. Haas. Preis 8 

Stimmen aus Amerika. Sefammelt und heran 

Ausmanbeuuing 


aegeben zu Nut und Frommen für 
MG. Biken Kies Heft. —& 





uonpänbtgften und wohlfeilſten ſranzoͤſiſch⸗ deutſchen 
und deutſch⸗ ——* Voͤrterbuͤcher: 


DICTIONNAIRE EOMPLET 


compons 
&upröe er meilleuee- dert ou de 
einen qui wi pam —* ‚ eontssant: ’emplion- 
weis den donz CONx 


faire connattre l’emploi et les differentes as- 


0°, chae 
las. Par M. M. —8 an: 
Labenpreis für er 4 Wine 18 gt. 


TIT | 
DICTIONNAIRE PORTATIF 
ALLEMAND-FRANGAIS ET FRANQAIS- ALLBMAND. 


DU DICTIONNAIRE DE DE POCHE COMPLET DE 
L’ABBB MOZIN, 
s‚ontewan! 
les termes les plus uscessaires et. leur pronosciation; A: l’u- 
enge des tunlos reales ot des Immtituis des deux sexus par 
—X in Val le Dr. ‚Bisanbash. 


Damtfich + Feng m —8 ⸗deutſches 


polifändigen Safden- Wirterbad Mogire.von 
ihm und vom Dr. Eifpnbadg 
bearbeitetes 


‚Yaınd» Börterbud, 
enthaltend 


bie vonstanagiiäfen Wrter nebf Ber 


elpreade. 
Zum Gebraudye der —* nA Lehranſtalten beiberfel 
' Meſcuecat bans@riter. 


doſe⸗ — 7 ara er 
abiafeit. a 

thum übertr was biaf 

worden iſt, und — Erholen ea gyeibe bie 

Augen weniger PR kr ik ale ber des Dictionauire- de 


— Bed u Yan 


- gern, diele die verſchiedenen TE gen „besfelden 


Poche, tens mit Recht Ey 7 En 


as Ehttrfnih Air —8 mit demſ ben befrisbigt. wer 
5* und dem Heide 


den KLebrigene if. 26 — 
thum Bien e Bir ‚au noch ber — mebdrige 


re effelben,, ber es gang befonders empfiehlt, und sur Ein 

führ@atg Ehulm und Anfalten fowie sur für 
Mihdrrdentttelte geeignet macht. 

Der Preis & seite Theũe, von 551 2 R nämlich 

unerachtet des geger bie frühere. Berechnung fi KA Ahr ee, 
und nd —& nur auf 1 Bj so an — Bei * 
und mehren Cremplaren 

1Fl. 12 Kr. — jedog, 7 bei ei biefen Ta ori baare ce 
sahlung verftanden 


QUYEA 
DICPIONNAIRE DB PUCHE - 

ALLEMAND-FRANGCAIS ET FRANCAIS - ALLEMAND 

CHRUErRAT 
LBS Mes, BEGUS DANS IMs- DIVTIOHNAENNS NOURBMES DE 
LANGUHs du SOIENchs, La PRONONdIAMUN DR CROX Eu 
PRUYENT OFPRIR QURLQUH DIFFICULTE, QUANTITk DE PIRA- 
ane otc., PROBE I: NE. INDIWiER KH —2 ACCEPTIONS, 
OU: & ENPÄCHKER DE LER GOHEOHRRE, LES NONE FROFRAS DE 
PERSONNES, DE PAYS, YILLBS, ELBUVES etc., QUI DIFFERENT 

DANS L’UNB OU KANTeE BES PEUX LANGURS, 


L' kBBE "MOoZIn. 
ade Yalnmes 
Reue 


Def frame ud frandRi = Vene 
| zatgen Mir er buſch, 
bie in dem meucse rt se @ Diffen· 
ſchaften aufgenommenen. Moͤrter, bie Ausip ber ſchwieri⸗ 


und dee MWernwedifelumng vorbeu — 
Im, wie auch diejenigen —— der ee Ränder, 
taͤdte, Fluſſe ıc,, He im —— gibt gieich lauten, 


Bon 
THE Mo; 


Der e ie 
⸗ —* abenyreis, dieſes wbrterbuche in 


LO Kt. be —— feiner Be 
* —— in —— ————— 

—5* wir dieſen, bei ber ge —* 
—— — Kigew Preis: auf 5 N. aut unbefimmte 


ar een kbingen . 
&' G. rg! —— 
Antündt gumg. 
Gen länsf war. e& mein: aben., zu meinen falligra- 
hiſch —5 aron — * EI ein Seitens 





—. fi = it MWatht die Bearbeitung diene 
chen, fe mit newem 4 

wieder begonnen, und gerenke et: noch vor 
Ye Yan Kr yu Mann OR ‚ce, as fe! 






Zutunfs ertgngen- 


- hd. zz 


de6 Dripineis, fowie: an Gihönait Det: Gikd 

Kine ‚andern Werke noch übertreffen er 

—& —— drtalatla 
& 

kei allen. usb. Sunkpanbiı 15) 

FH Bud: ungen. (ee, Nanktese | ef 





Soeben ift erſchienen: 
der eiehtf ven Kevolution 
8 tden 1821 


bis zur Thronbeſteigung König Otto I 
von Dr. Sheodor Kind. 

2 Binde. 16 Or, si las. - 
„Bulefe eines £ Safzards 
Weeantaiffe einer, „ragen buͤrgolichen oel⸗ 

9 8 7 ube 


. Memoiren 
eines peeupifhen DOffigiere, 
Berausgegesen , 


iger vs Bfeh n 

, 2 Winde, 2 Kr. 2 

Keine Wyftification fein Som Noman, fordern bie Mittheulu 
55 * * Pr * 
it : 2 
Dice Karte m geh che hi dee wenigen ** 
Unterhatun; aljäyrlich erſcheinen, und das Ser 
fopnbtiam wird daß er c6 mit 
ei 2} Mame,. veffen Ver) Ktnlire tele 
der eine renge Anonymität erpeifigen, ge 


Literarifhes Mufeum in Beipyig. 


— — — — — 
Su der Weygand'ſchen Buchhandlung in Leipzig 
iſt ſoeben erſchienen, und bafeldft fowie in allen Buchs 

J hanblungen ve ande au haben: 


Berang, en n Reihradt, 


Grafen von ——— 
— o—»— — — 


Berdefferungen ans Ergängungen, 
ee 
"Zn Hmfihtag di dat ee” 1 Eh. eine. 


Mater ben bes Zar 
u, nur a ——— 


von Poutbei ad dr Tridtigen Opteie. zum Maus: hus- 
gef@ihte, und — *2 —— — 
*5 Werts. 8 fi Abeabies — Urteil, Rufe 
in ber⸗ tellung an; überal —8 der tief⸗ 
ant burd), der am fih — —E8R 
mehr "as «u Yuheır . 


Si —— worden uin und Kin 


dien Geht als rn — ** 
ee gelten wird. Im Gefühle, daß bieh 
e Berbefferungen und Ergänzungen bebürfe, haben Bie 
feger fi —* —S—— an den Autor gewendet, un 
bucdy feine Güte und ach bie Mitwetung der Perfonen, bie 
ihm ale Quellen gedient haben, in den Sand gefegt worden, 


Thai du hung ee im HIE 


unter ber Pr —— je des Originais nı 
des —X Gehe Verfü — —* * 


unferer ueber ſetuug, mis tigſten als 
——3 * — — mie 
A Li jene tens 
unh Briefe wie mac bes ——s 


—XR den ae eigenthümlicen Gtyl. mis hiplomatifcher 
Genauigkeit bewahrt. 


De Beten vn Bon Ba m Bl 
—* ine Im einen unb durch alle gute 
& « eb BZ ch t e 

so 


BR 
So 3 
a gen 


et dem u 
Befeierten gediig 
lagen erhalten ha 


meiten 
ben, aid man ” 


— — — — — 

Deſtreich iſche geitaisifae Be Reiefarife 1833. 
« e 4 

fe ie Then an. Ne — derſendet 


worden. E⸗ it: Da a Sm 
en — —* 

en Pionnierd im Beide, — IH. Gefchiihttiche Skizze ber f 

——— Dahn 100er GSchiuß des erften Abs 

—- W. ie des k. &. Generals ber SCavalerie 

rather ten Gyafen don Friment, Büren 

von Buteoboeco. (‘ 25 Li - 

VI. Recke weil 


Dee Pod bed Safrgange LESS, fanis der akıc Abcigen 





⸗ 


Sys se om sıs die inel. 1882 auf Einmal abs 


ee en ören what 1 


$ G. Heubner, 
Buchhändler. 


Malter Acott. 
Bon ber in unſerm Verlage erſchienenen und mit großem 
Beifall aufgenommenen Reuen Folge von Walter Scott’ 6 
Werten find ſoeben der lite und LSte Theil erſchienen, welche 


enthalten: 
Ä Briefe 
über 





Simon alogie und Bererei 


Aus dem Gnglifchen 


on 
. De & BB Bärmann. 
8. Velinpapier elegant broſch. 2 Theile. 1 .Ihle. 
Gebrüuͤder Schumann in Zwickau. 





In allen Buchhandlungen iſt zu haben: 
Jörg, Dr. J. C. G., Der Menſch, auf, feinen koͤrper⸗ 
lichen, gemuͤthlichen und geiſtigen wickelungeſtufen. 
"8 Broſch. 2 Thlr. 6 Gr. j 
Das conſtitutionnelle Leben der dentſchen Staaten bethaͤtigt 
fihtbar das Streben zum Fortſchreiten In moralifcher, geiftiger, 
bürgerlicher und gefeglicher Wervolllemmnung dee Menſchheit, 
und fo bürfte vieleiht auf biefe ‚Arbeit eines unferer ausge⸗ 
zeichnetften Männer hingewiefen werden, ber in bderfelben den 
Menfhen von feinem Usfprunge bis zunr Wer 
verfchiedenen Lebensaltern, in Werbindung "und 


bei wechfel: 


feitigen Beflinimung feiner beiden Saturen, im Zufammenhange | 


mit der großen Melt und im Conflict mit feines Gleichen, in 
ber She, Im Staate und in der Kirche, für den Menſchenfor⸗ 
dfher, überhaupt, insbefondere aber für ben Religionsiehren, für 
ben Grfehgeber "und für ben Vertheidiger ber Gefege, ferner 
für den Arzt und für den Erzieher gleich anziehend ſchildert. 

„.getpzig, im Mai 1889. 





D * XXXX 
Einladung zur Subſcription. 
eye Ten a .2. 

Biel Pichsststhe Akanätkhie; 
en topographiſch, F 
ſtatiſtiſch und wirthſchaftlich dargeſtellt. 
Bach amtlichen Quellen, 

Bon tiefem: ‚fr. aller Civil: nnd’ Milltairbehörden, jedem 
Statikiter und Geographen, unb vorzüglich jertm Preußen 
wichtigen Were, wird im Laufe diefes Jahres bie erſte Abs 
theijsung unter dem Titel: 






TE opogeaphifch, 


ſtatiſtiſch und wirthſchaftlich dargeſtellt 
| von 


De} hiloſ upairb nr u 8, 
x. D. 01, n . Dr . 2 

deB Rarkairpen Bureand zu Berlin und der Falter, Bratbe,, Deitgliebe 
| ſenſchaͤften in St. s Peteräburg. 


nde. u 8. 


in unſerm Berlage erfiheinen. Die amtlidye Stellung bes . 
Herrn Verfaſſers ift ſchon Bürge, daß ihm die beften Queen 


Feargus waren, und er hat fie alle zu feiner Arbeit venudt. 


ift denn fein Werk eine Darftellung der Provinz Oftpren: : 


Pen geworden, wie fie ſowol in, Hinficht auf den Reichthum 


Wer aber die fruͤhern 


inken in den , 


Joh. Ambe. Barth. |: 


rovtnz Bstrreusſſen; | 
jneueften Zeit und Literatur. 


tademie der Wiſ⸗ 
4 . 





eis auf Wi et Bent und Auwenduag ber 
—— — ——— —— Provinz von *2 


den umfaffen wird, auf Ba drunkpapiee druden 
Lieferungen (bie erfte zur L Oſter⸗Meſſe d. 3.) ausgeben. Im 
die Aaſchaffung zu erleichtern, wollen wie Denienigen, weidhe 
barauf unterzeichnen, jebe biefer Lieferungen zw dem wohlfeilen 
Deeife von 1 Thaler eriaflen. Worausbezahtung iſt nicht nös 
tbig, und macht fi jeder Subſcribent burch feine Unterzelch⸗ 
nung nur zur Abnahme ber erfien Abtheilung (Dftpreufßen) vers 
bindtidh. ‚bir die zweite unb bie folgenden Abtheilungen wird 
eine neue Subſcriptien eröffnet werben. 
Alle in⸗ und audlaͤndifche 
zeichnungen an. 
Berlin, den iften März 1888. 
Dunder und Humblot, 


nehmen Muter- 





Bei ben Gebruͤdern Schumann in 3wickau find er⸗ 
ſchienen und ig allen ſoliden Buchbandiungen verräthig: 
Conſtitutionsfrage, Die. Denkſchrift für bie Zeitge⸗ 

noſſen. 8. Geheftet. 4 Gr. 


| Cramer, B. C., Wilhelm der kleine Baums 


gärtyer. Emyählung für Knaben; zugleid ald Ans 
weiſung zur Obſtbaumzucht. 8. Sch. 6 Gr. 
MWeiske, C. A., Archiv für praktiſche Rechts: 
kunde, mit vorziglicher Ruckſicht auf ſaͤchſiſches Recht. 
After Theil. Gi. 8 Belinpap. Elegant geheftet. 
21 Gr. . 
*4 “. '. 
. 3 In dee Schuupgafe'fhen. Yuchhendiung a Akten» 
burg find foeben erſchienen und an afle Buchhandlungen ver 
ſandt worben: 


A. Matthla, DVermifchte Schriften In lateiniſchet umb 


deutfher Sprache. Gr. 8. (204. 8.) 1 Zhle. 
F. C. F. Hauschildii Carmina omnia. Gr. 8. Broſch. 
-68).8 Gr. Ä - 





Ueberfegungs: Anzeige, 


Don dem In dieſen Tagen in London erfcheinenden 
Werke: 


| England’ and the English. By the Author of „Pel- 


ham“ etc, (E. L. ‚Bulwer). 2 vol. _ 
erjcheir.t gleichzeitig mit dem Original eine beutfche Ueberfetung 


von gina ‚@apfennay-in einem Werlage, wejches ich zur Wer: 


meidung von, Golligonen, hierdurch anzeige. .._.... _. 

. Xaden, Sen Eien Mai 1888. FR 

» . \ . F J. A. Mader. 
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten: 


ur Sonverfationg WLerikon 





Vierzehntes imbd funfzehntes tzzeft. 
. Rrug bis Lyndhurſt. 
Auf weißem Drudpapier 12 Gr. 
Auf gutem Gchreibpapier: 16 Gr. 
Auf extrafeinem Velinpapier 1 Thlr. 6 Sr. 
Leipzig, im Mai 1833. u 
a S. A. Brockhaus. 








x 





Literarifher Anzeiger. 
7 | Biden dei J. A. Brodpaus ik Leipzig erſcheinenden Zeitſchriften.) 
1833. Nr. XIV. 


— — — Un 

—— naeiget wisd den bei J. A. Brockhaus inLeipzig etſcheinenben Zeitſchriften: Blätter für litere⸗ 
riſcheſunterhattuung,“ Iſte, ſowie der ATktgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigeiegt oder bei eheftet, unb 

ge bie Duſerttonegebühren für die Zeile ic : s Due vera 


ae 
, . 








—1 

in Kart Gerold's Buachhanblung in Wien u befreuaden — wWenn er nicht / ſchon / in. dem Prixciylen ber 
ift BE. erfchienen, und dafſeldſt ſowie in * Baochhandlun⸗ Biffenfchaft, und wie leicht einzufehen, auch in allen übrigen 
j en Deutſchando gqu: haben: N 


$ I nod fo geringen Beziehungen derfelben verſtoßen wid — 
end-bu ch ſchon aus dem früher Grwähnten zur Genüge or; * 
minder ewichtig macht fi) aber dieſes Lehrbuch den Arzt, 
der allgemeinen und techniſchen welchem es, bei dem Unmftande, daß die Gioktricitat eine immer 
| o wichtigere Melle : in den Junktionen des thieriſchen Lebens Aber: 
e ı ı & nehmen zu wollen fcheint, insbefondere aber, wenn er bie von 


bem Herrn Verfoſſer fpäter herausgegebene fo überaus wichtige 
Schrift: „Syſtem der Heilkunde”, verſtehen will, fozus 

fagen unentbehrlich ift. 

Daß bie Berlagshanblung bei ber Herausgabe biefes Wer⸗ 

tes durchaus nicht ihren Vortheil berüdfichtigte, braucht wol 

faum eswähnt zu werben, und bürfte fich auch am. beften durch 
ben für die Größe dieſes Werkes aͤußerſt billig berechneten Ber 
kauftpreis a es bleibt ihr demnach nur bemerken 

übrig, daß ſich der Herr Verfaſſer, eben ber Wichtigkeit ber fruͤ⸗ 

ber erwähnten Anſichten halber, ſowie durch den Umſtand ers 
\muntert, daß biefelben ihrer WBewahrheitung mit wafhen 
Schritten entgegen eilen, entſchloſſen bat, unter der Auffdgrift : N 
„Rahträge”, Alles, was die Wiſſenſchaft feit Vollendung 
dieſes Lehrbuches wirklich Merkwuͤrdiges aufzumeifen hat, eben 
jenen Lehren gemaͤß geordnet, folgen zu laſſen. 

Mit dieſer 8 bas ganze ‚ weldies aus 
5 —5 A ben —— * und Brucbogen, — 
4. Ad hd u upfertafeln beſteht, en, und nun complet 
Gr. 8. Wien, 1832. Preis 4 Thir. Ggf. Buchhandlungen um 36 Sr. Cächf. zu haben. ’ 
Diefes Lehrbuch, deflen. Grunbiinien ſchon in dm Zahee }.4mg erichtene und har ei hent. 


dum Selb terricht, und zur Grundlage feiner ordent⸗ 
1819 von vom Hama entworfen wınben, (ft gegen. Hehhang mit erwärmter Rufe, erfunden, :fyflematifch 


4 md außerordentlichen Vorlefungen, 
entworfen 


von 
9 2. Meißner, 
Magifter der Pharmacie, orbentl. und Öffentl. Drofeffor des technis 
{hen Chemie am E. dal yorgleänifon galktat 2 Ahlen, on mehr 
ünften Bandes 
bitte und 1egte Abtheſlung! . 
Setatltirt bie noch nice näher unterfudten unb 
J problematiſchen Subſtanzen. 
Nebft einem vollſtaͤndigen Sachregiſter über das ganze Werk. 
Auch unter dem Titel: 
Anfangsgrämde des chemifchen Xheiles der 
Narturwiſſenſchaft. 


_. 


wärtig von bemfeiben vollendet, und kann baher von .ber Vers | 
ae ehblung den Händen des‘ Publicums hergeben werben. bearbeitet. und als das mwohlfeilfte, bequemfte, der Gefundheit 
" Indem’ dieſelbe alle weitern, mehr in das Cinzelne gehenden —— er aualeih bie ——— zn meißen gut 
iDarlehuntzen :bes.'Imhakts dieſes Werkes 23* — zu F * * 8— age eich vn * * 
die. in den Io n. eungerüdse .i ichere Anzeige verwei⸗ arte, ſehr vermehrte und gaͤnzlich umgearbeitete Auflage. 
X Mit ſechs Tabellen und zweiundzwanzig Kupfertafeln. Ber. 8. 
——— vn cin vi In umfelag drofäirt. 2 Khle. 16 Sr. id. | 
Syſt em der Heilkunde aus den allgememfien Raturges 


fehen t von . A. Mei "Sr. 8 3 Um⸗ 
flag —** 1 ie. Bid. de . 
uU 


Wiederhokte Anzeſſt von Mac 5 hoͤchſt Interefs 
ſautem Handbuch für" Kaufleute und Geſchaͤftemaͤnner. 
‚Zn ber Unterzeidhneten erſcheint in kuͤrzeſter ‚Zeit bie erſte 
‚Lieferung ber Ueberfegung von 
A Dictionary ‘practical, theoretical and historical of 
_ commerce, commercial navigation etc. by J. R. 
“ Mac .Culloch. 
Das nenefte Foreign Ynarterly review Nr. XXI drädt 
a ae —— 
” ei ‚u an . 
duch fün Kaufleute —WBWES ‚an Deutschland und, Ita⸗ . 


o gluͤcklichem Erfolge bearbeitet wurden, daB fich biefelben im fol ihm, wie wiz gehört haben, ‚hiefelbe Ehre widerfahren. 
Bu Gewiß verdient. fie auch kein Buch in höberm Grabe, wir mös 


durch die: neueften Embeckungen tm Webiete der Phyſik umb 
gen ben unermeßfidien Schatz müzliäher praktiſcher Eenntniſſe 
Eh es denmach für jeden Chemiler ſei, ſich mit diefem Bette begückjichtigen , die der -VBerfaffer darin zufammengehäuft hat, 


fet, bleiben thee nur gb 
‚lange Verzögerung dieſes Lehrbuches, ber andere aber die Wich⸗ 
tigkeit. er. in beufellen "ausgefsranhenen Aufkiien aufiden ges 
‚ger wärtigen Stand der Wiffenichaft betrifft — zu erwähnen 


i den gegemmärtigen Anſichten ganz verſchiebene Weife, und zwar 





- 


ober. den‘ feeifinnigen 1 und erleuchteten Geiſt, son bem jeder 
Theil deſſelden daerchdrungen iſt. Grine Berb reltung durch Eu⸗ 
ropa wird wehr kazu beitragen, die Tauſchungen und Borär: 
theile, in welchen fowol Regierungen als Maffen von Indivis 
buen noch über Danbelögegenftände befangen find, zu zerſtreuen, 
als irgend ein theoretifches Werk, bas bis jept erſchien.“ 
Stuttgart und Tübingen, im April 1833. 
% G. Cotta’fhe Buchhandlung. 


Bei J. G obner, Buchhaͤndler in Wien, Mr. 690, 
iſt ſoeben Aſcdienen: 
Zei t sc hr i ft 


"für 
Physik und verwandte Wissenschaften, 
herausgegeben 
von 


A Baumgartner, 
Zu - Zweiter. Band, zweites Heft. 
Preis eines Bandes’ in vier Heften 2 Fhlr. 12 Gr. 


Inha 
." . Ueber eine leichte praktiſche Iethobe dad Bergrößerunge: 
vermögen von Bernröhren aller Art genau zu beflimmen. Bon 
of. Freiherrn v. Jaquin. II. Ueber einige merkwürdige Kry⸗ 
falltifationserfcheinungen. Won &. ©. Richter. TI. Weber die 
Arendrehung ber Nebenplaneten. Bon W. v. Bield, k. k. 
Hauptmann. IV. Ueber das Verhalten dünner Faden im Fo⸗ 
tus einer Linſe. Bom Director Precht. V. Entdeddung ber 
Meinften Wengen von Galpeterfäure und quantitative Beſtim⸗ 
mung berfelben mittels Leicht burdy Diefelben orgbierbarer Mer 
talle. Won 3. R. Plahiama. VI. Ueber ben Bau ber Gen» 
:trafalpendette im Herzogthume Salzburg. Bon I. Ruſſegger. 
VII. Magnetiſirung des Stahls durch einen Gteltromagnet und 
durch Reibungselektricitaͤt. VIII. Literariſche Rotizen. — Mes 
teorologiſche Beobachtungen im December 1882. Januar 1833. 
Wien, ben iflen Mai 1838. 


Aus dem Frauenholz' ſchen Berlag habe ich angefauft: 
Hoffmann, G. F., Vegetabilia in Hercyniae Subter- 
‚ raneis collecta iconibus descriptionibus et observa- 








tionibus illustrata. 20 Bogen Text und XVlIl fein | 


eolorirte Kupfertafeln. Boyal Folio. 1811. 
. heref Preis 18 Thir., oder 32 Fi. 24 Kr. 
Da biefes Prachtwerk wenig in Vuchhandel gefommen, und 
darum in den meiften Bibliotheken noch fehlen dürfte, fo babe 
ich zur Beförderung bes Ankaufs — aber nur bis Ende bes 
Jahres 1833 — ben Preis auf 8 ah. berabgefent, fpäter ſoll 
der Ladenpreis auf 12 Thir., oder 21 Il. 36 
Nürnberg, am 6ten Mai 1838. 
: ob. Leonh. Schrag: 


nenne een 
In Baumgärtner’s Buchhandlung in. Leipzig ist soeben 
erschienen und in allen Buchhandlungen .zu. haben; 


J IDEEN-MAGAZIN. 

für. Architekten, Künstlet-und Handwerker, die: mit 
der Baukunst und ihren Einzeinheiten zu thun ha- 
ben,.als Maurer, Zimmerleute etc., wie auch für 
Bauherren und Gartenbesitzer, eine reichhaltige 
Sammlung von Zeichnungen zu Gebäuden, aller Art 
und Bestimmung, mit ihren Theilen und Grundris- 
sen, als: zu Stadt Land-, Gewächs- und Badehäu- 
sern, Tempeln, Kapellen, Cabinetten, Balcons, Bal- 
lustraden etc. Herausgegeben vom Prof. F. G. Groh- 
mann, Neue vermehrte Auflage, 1ster' "Band. ätes 

Hefi. 6 Blätter in gr. 8. Preis 8 Gr. 
Die neue vermehrte, ni &ußerft wohlfeile Autgabe biefes fo 


Frü- 


ſtellungen beweifen 


Kr. firiet werben. 


* bie von al: 
ihen Bes 








Ka Meere 7* 
den item, br 


efaͤllt cin 

* *5 | en 

ATIONEN 

öffentlichen und Privat- 

gebäuden 

oder ganze Anordaungen der Verzierung von Con- 
cert- und Ballsälen, verschiedenen Zimmern, Vor- 
sälen, Treppen und andern Rãnmen; für ‚Architek- 
ten, Decorationsmaler, Zeichner, Stucaturer, Holz- 
bronzeschnaider, Bangewerken:- und: Freunde. der 
Baukunst; auch zum Gebrauch als Vorlegeblätter 
für Gewerbs- und andere Schulen. Erstes Heft. 

‘ Erfunden und: gezeichnet von F. W. Mercker. 
Brosch. 6 Kupfer in 4. Preis 8 or. 


DECO! 


des Innern von 


Wie bie früher erfchienenen wird au Bi ee Wert 
eine gänftige Aufnahme erfähren, ba au 38* 
ſchmack und das Talent des Zeichners ga Bin de — 


‚ Ferner folgende Fortsetzungen von F. W. Mercker’s 
nungen 


Zei 
PRAKTISCHE ZEICHNUNGEN 

von Meubles im neuesten und geläutertsten Geschmacke, 
mit beigefügtem Massstab etc. etc. 9tes Zimmer 
(vollständiges Ameublement). Stets 6 Blätter in gr. 4. 
Brosch. Preis 8 Gr. | 

DIE MAPPE DES BAUTISCHLERS, 

oder Ideen zu Thorwegen, Hausthüren, Doppelthüren, 
‚ Vorsetzern, Stubenthüren, Gewölbthüren, Glasthu- 
ren, Bogen- und andern Fenstern; 3tes Heft. 6 Blät- 
ter in gr. 4. Preis 8 Gr. 


DER TAPEZIRER, 
oder Drappirungen von ganzen Zimmern, Plafonds, 
einzelnen Wänden, Fenstern, Betten etc. 2tes Heft. 
6 Blätter in gr. 4. Brosch. Preis 8 Gr. 

Vor Kurzem war neu: 
CONSTRUCTIONEN von OBPEN, 
nach Grundsätzen der Aesthetik und der Fenerungs- 
kunde dargestellt von F. W..Mercker. 3tes Hefi. 
8 Kupfertafeln in gr. Folio. Brosch. Preis 1 Yhlr. 


Wichtige Anzeige 
Prediger und Säulleheen 


Bei Wienbrad ge d chienen 
durch ale Gucpandlungen I Rd ra ei - 
©. Fifcher, 
Paſtor zu, "Sabnberg im Furſtenthum Rofeburg, 
Dre tentwurfe 
über die Epifen an den Sonn⸗ und Feſttagen de6 gam- 
zen Jahres. After Bd. von Advent bis Judilate 
Gr. 8. i Hk 12 Gr. 
Bei aller Reichhaltigkeit unſerer ———* Literatur 


bietet fie doch bis jegt nur eine duͤrftige Auswahl von, Bearbeis 
tungen grade dieſer Perifopen dar, welche gleichwol voll der 





herrlichſten Lehren und Wahrheiten find, und auch einem großen 


Theil der kirchlichen Vorträge zum Grunde gelegt werben. 


Ss 
‚dürfte daher die Herausgabe dieſes Werkes zwei 
a and, ——— —— um. fo BR: Be 
‚faffer fi die Aufgabe, Reite,. 


don den Mängeln, ähnlidger 


* RT e die. zheiu gu. 


oder von Amen bie be .. 


chen —2 je 
“ polfter. a deren. ber Gewiffenhafte und an Gelbftthätigfeik 


„Benäßnte 0 fü au „bedienen mit. Bect anfteht, Sede, Deritspe 
in 4 vollffändigern, und 8— i2 fürges ürfen behan⸗ 
- beit, bie aus dem Jexie ſelbſt beroenitit Min, und ihn mbatüähft 
— BR 9 


ur 8 A. P. ATbier, 

. —E— in Shedruff, 
wmm.e mte-n, 
er Bürger‘ Inhait Erklaͤrungen und. erbaͤuliche Betrach⸗ 
tungen über die heilige Schrift des Neuen Teſtaments, 
zum Gebrauch belklecht. Workefungen ꝛc. Iſter Thl. Zte 
bis Zte Abtheil vom Pfingſtfeſte des letzten Jahres bis 
zu ben legten Tagen vor der dritten Oſterfeler, der Lei: 
ee und —— — Ei 

40: ‚ had) alla angeliften. : 
nr Gt. 8. Preis 1 Thir. 
genp weiche bee erfien Lieferung 





> 4 da 


Mehre günftige 
biefer Summarien zu 
igfes 


‚beffen nicht erfaltete —5 ffuͤr dies Unternehmen. 6 


„.fenten-in der Ian, ; Par 

„Wir pen bie Dar enkart bes Verfaffers, welche 
"wir mit ihim theilen. Herr Gutbier huldigt der reinen evan⸗ 
geliſchen Wahtheit und dem Princip der Exegetik, in allen Er⸗ 
Faͤhlungen, WBllvernuhb ; Darfbellangen des. heiligen: Toder nur 
das Seiſtige feſtzuhalten und zu betrachten. Er het von 
ben Feſſeln einer Schuldogmatik frei ‚gehalten und bie ien 
Bohwisses mit Kraft und Gluͤc bewegt!” i 


— — — — — — 
Anzeige für: keſevereine Zeitungscabinete und Sreunde 


der Tagesgeſchichte. 
— Briefe aus Paris. 


trau * Treie ra 
in den erſten Sn va Dee Jolinsrevointion, 


des Auoͤfuͤhrlichen Berichtes eines Augenzen· 
gen. “ *. Wei... 


Acehann Beineich, Sehnitzter. 


Diefes hoͤchſt intereffi Mr Ber Sacgait fo eränbeien 
Aufſchluß über die franyöfffhen Zuſtaͤnde, fo viele Detatis Aber 
"die Machthaber und ihre Pläne, fo viele Nachweifungen über 
"ben vorausfihtlidhen Bang ber Dinge eines Landes, beffen 
Schickſal wir auf das Schickſal bes übrigen une fo großen 
- Einfluß üben zu fehen gewöhnt worben,. daß es ‚mit. Recht jes 
„ bem nde ‚ber Geſchichte unferer Zeit empfohlen. werben Bann. 
tuttgart und Tübingen, fm April 1838, 
Ss 8. otta ſche Bucpandtung. 


Bei shuach u * “Hatte iſt ſorben ekſchienen:; 
‚Ber Heine. Studien und Sr zen 
8 ni Bacarınır des Staats. ner Ser 
e. 8, 
> Be ber nt geht von ber: ‚lebeegeügund‘ sur; fr 
bie 248 Geſellſchaft ein Organismus ſei, .beffen? Ent⸗ 
wickelungen und Lebensbedingungen ſo beſtimmten Ratwegefegen 
unterworfen ſind, wie es bie Guteidylungen und Lebensbedin« 


muß 
‚und 
ihrer, wichtigſten Theile bereichern. 


2 zur 
lich 


ude⸗geugung sine Phyſiologie des Staats zu 


—— 
eu wurden, Bi tem” die Bortipgung |- - 
(ezkbägenh Dan RC 


Ri ſchwarzen Fupfern 


runter diefe Jegtern jene fo viel befprochenen, dem 
der horſtwicthſchaft fo ſchaͤdiichen Krankpeiten gehdeen, bie un 





gungen irgend einer — ſind. Er just in biefee Ueber: 


naͤchſt nicht ſowol zu 
begründen, als in ihren Hauptelementn anzudeuten, wie pr 


aisıe-Dhpfiologie ber Pflanzenwelt, ober auch jedes. eriſchen 


Drganismus, namentlich des menſchlichen Korpers gi 
—— —————————— 


ee — 
Durch alle Buchhandlungen und Poſtaͤmter if zu beziehen; 


Blätter für literarifche Unterhaltung. Redigirt unter Vers 


antwortlichkeit ber Verlagshandlung. Sahrgang 1833, 
Monat Mat, oder Nr. 121— 151, mit 1 Beilage: 
Nr. 5, und 2 literarifchen Anzeigen: Mr. XII und XIIL 
Sr. 4, Preis des Jahrgangs von 365 Nummern (aus 
. Ber Den. Beilagen) auf gets Dmdpapiet 12. She. 
Seivaie, im Juni 1838. - 
F. %. Brodbaus, 


Soeben ift in, der G. 3. Edler'ſchen Buchhandlung in 
Hanau erfgienen und in allen Buchhandlungen zu haben: 
Denkreize, oder uͤber die Erziehung. des, Menfchen. Ein 
Der Eon MW. Pfaff. -8-- Breſch 8 Gr. 
-Diefe Denkreize werben ihrem Namen —E jebin 
Gebildeten reizen zum Degfen über die hoͤchſten Anliegen der 
Merſchheit. Der Seit des Verfaſſers iſt kühn und tief zu: 
glei, und Alles, was er fagt und lehrt, fußt auf dem Grund 
aa ofen Stubiums der Hfüofeppie» und Menſchheit⸗ 
ge 


In Kart Gerold's Buchhandlung in Wien 
ift ſoeben erſchienen, und daſelbſt fowie in allen Buchhandlun⸗ 
., gen De zu haben 








N 


Eranth eme der Pflanzen 


mb einige mit dieſen verwandte 


- Krankheiten der Gewaͤchſe 


has pathogeneti[ —A ne ſporaphiſch 
E 2 0 dem J 


—— ‚Unger, 
: Dinfitud, ber Bin. 
ertanifaen berg großh. w 
Ei KEREcN: EN EEE PT 
Inden Mitgliede. 
nn Mit * Rupfertafein.. 
Br. 8. ien, 1833. 


Mit ilum. Kupfer in Smafchjog brofch. 2 Kr. 1° —* «ei 


itte finb bi % —* 
fenfäjft t fer Pi bi Berti Got, e —eS a “and 


beutend bie Anzahl ber Schriften ift, weiche über wi —8 
hafte Verhalten der Thiere, und beſonbers des Menſchen weit 
laͤufig ſprechen, fo bat die Wiſſenſchaft doch nur Weniges, und 
dieſes nur in zerſtreuten Auffägen, Journalen 2c. aufzuweiſen, 
wenn es ſich um die Krankheiten ber Pflanzen handelt. 
Dieſer Gegenſtand bildete daher dis jegt immer noch eine fehr 
fuͤhlbare Luͤcke im Ganzen, und eine gute Bearbeitung deſſelben 
nit allein großes Licht auf bie Pathologie der Thier⸗ 
enfchenwelt werfen, fondern die Botanik feibft nin rinen 
Ginen fehr wertpuolien 
athologie der Sewachſe bilbet nun vorliegenbes 
mebre wiſſenſchaftliche Ardetten ſchon hinlaͤng⸗ 
—8* Herrn Verfoflers, welcher darin bie Fruͤchte ſei⸗ 
er zehujährigen, Außerft mübfamen Unterfuchungen über gie 
autausfchläge der Pflanzen Vi hat. De 
anddau und 


— — 


ter dem Mamen don Mehlthau, Roſt, Brand u. ſ. w.bekaunt 
ſind, ſo Iunchtet die Mägtichkelt dieſes Verkes auch Tür: den 
Dekonomen und Jorſtmqnn von ſeibſt in die Augen. 
Die auf fieben Kupfertafeln auatomiſch⸗ netter bar⸗ 
fellten 6 Getzenſlande find arſpruͤnglich vom Heren Berfaſſer 
DE ‚ und von unferm, in biefer Art fgon vortheils 
a 


Be: ic 
. den wiffenfiaftliten Korfcer Seen KT bem ‚Werte 
® ehahpt zur Zierde gereichen buͤrſten. 


u Beriage ber Thriſſi X dtun 
AF — Hr Ting’ fgei Fran 8 


Baader, Franz v., Wertefungen über ſpetulative Dog: 
matik. Ites Heft. Gr. 8, 12 Gr. 


In allen Buchhandiungen iſt zu haben: 
Grundſaätzze 
der 








AGRICULTUR - OHEMNER 
in näherer Beziehung 7 — und forſtwirthſchaftliche 


von 


G. Schuͤbler, 
ordentlichem Profeflor an ber Univerfität iu Tuͤbingen ıc. 
2% site, vi 2 | 
mit Kupfera und Tabellen in geipsig, aum⸗ 
gäriner. Pr. 1 Thlir. 16 Wr. 





Richtige politiſche Schrift! | 


Memoiren eines deutſchen · Stattamnnnes 


ans ben Jahren 1788 bis 1816. 

eeipris, 1888, dei Frieder. Fleiſcher. LIhir. 12 Gr 
Der‘ Verfaſſer, gegenwärtig und mitwirkend bei ben im 
diefe intereffante Seitperiode "fallenden wichtigften Ambaffabe 
und Gongreffen, gibt Hier eine fehr anziehende Schilderung di 
babei ‚vorgefommenen intereffanteften @reigniffe. Diplomate 
und an Höfen lebende Maͤnner,⸗ welche jener Zeit wirkſam 
waren, werden balb daraus ben- —* und felngekilde: 
‚ten Berfaffer erkennen, und gerne begeugen, daß Min Wer 
Seiner befondeen Empfehlung bei einem —X Publicum 

bedarf. 
Soeben iR eeffhlened. und durch alle Buchhandlungen zu 
ten: j Be bs ' 


Meere 4 
zum deutſchen Volkotyum 


Friedrich Eubmwig Jahn. 
ce 1 Xhle. 18 ‚Sr. raicviel 
„Wer oͤffentlich als Sprecher auftritt, ar ief db we nur 
in alablier Rebe laut wird, ober ſich i Drudfcriftin ver⸗ 
nehmen laͤßt, iſt der Wahrheit zum Anwalt verpflichtet. Wahr⸗ 
heit bleibt das erfte Belek für Zeden, der das Wort nimmt, 
und Sreimüthigkeit das zweite. in Merthalter, jet er Red⸗ 
ner, feier Schriftner, ſoll allezeit ein Ritter und ‚Retter den 
Baptheit fein, und niemals ein Schüdfnapp ber Lüge.‘ 
biefen Morten teitet der berühmte Berfaffer "Fine 
Riten id intereſſanteſten Betrachtungen über „sie setlößie” Ber | 
Zune bes Vaterlandes ein und nicht 5 Ratte mag 
x bie Gediegenheit biefes Buches Birofäart. an, —3 — 
auch die Bemerkung, daß daſſelbe nicht von einem & 
33 weicher, wie es leider nur zu ſehr ber Kal ar 
r Meſſe feine beftellten Arbeiten abiiefert. eſe — 





uſind kung) 100° Adtultat mehr aid sion, Füpeigee Au... 
’gen eines Beiſtes, der nidt zewohat iſt Auf’ der Dberfiäite au 

Ifdgweben, ſondern init feiner ganzen, * ewoͤhnlichen Kraft, 
akt Tiefen eined Gegenftandes zu durchforſchen. Wen der 
Bätepeit der —* von der Driginalität der darin Ken» 
Anfidgten, von ber Begelſterung bie vr Leib umb Erb 

pr gleich und dem Waterlande mit voller Seele anhänpt, Sen 

bem ruen ‚ was bie Lefer in bfefem merfwürbigen Buche fin 

den werden, übeuebt: sung der Name ves Werfaffers, zu reden. 

Daß fih das: Bud genau als: Kr feines „Deut: 


ſchen Do tsıy — ch em X 
im | been, font in, in ' * ald Drit Bar * *5* 


—— ed obigen Buchs anzu nbigen ui 
Silbburghanfen, ben’ Alter Zani- 1888. 
Der Berleger 
@..3. 9. Rnopf.. 


ö — 
In der — non G. Reihardt in ECisleben 
iſt neu u exſchienen und in allen deutſchen Buchhandlungen zu 


bern J. ©. Fr. Gannabid)s 
—* beim — in der Geo⸗ 
graphie 


für" Lehrer, die ſich meiner oder auch auderer Lehrbuͤcher 
bedienen. Zugleich zum RNachleſen für Freunde Ver 
Erd⸗ und Laͤnderkunde beſtimmt, bie "4, über das 
Merkwuͤrdigſte derſelben belehren wollen. Broßoctav⸗ 
“ format. 1fles Heft 4 Br. (Bat Ganze erſcheiat im 
40 Monatshrften.) 
„Sch 'voerde mich in diefem wahſebeqhe über’ die Sinleiting 
oder fogenannte mathematifche Geographie mu ausbreiten 4 te 


-vorgüg: 
ken Gebirge, Sehffe, Green und‘ * NatuemerwcdAg⸗ 
7* der enden, ihre —* L: en ſoiche, die nicht 


any bei verſchiedenen 
— — nr f&aften, Gits 
* Gebräußen, € 55 he — 3 die 
e er derer 
ter, —* w * —ã anf —— 
niſſeidartlellen, und von: den; Mitanten, uch wol eingeigen Laͤn⸗ 


dern die —— — Geſchichte imittpeiten. Endlich 
pird ein voliſandiges Alphabetiſches Ramen and Machregifier 
den Gebrauch dieſes Huͤlfsbüchs erleichtern, und den "Lehrerin 
den Stand ſeten, auch⸗ deiDenudung ieides andern Lehrbuchs 
ſich 38— and ne. vortheilhaft zu ee 
Uebrigenß on anh Iol e t in 
der —*8 erthaſen, 37 —A— he Wiſſen⸗ 
Sheft ſich gern: damit befcgäftigen ‚ und. mebs Navon. Avon de wiffen 
wuͤnſchen als in ge n Lehrboͤchern » 
:Hülfsbuch nicht ohne Befriedigung zur Hand —— ge⸗ 
wiſſermaßen :nis ein geographiſches Leſebuch. gebrauchen koͤnnen. 
Der Verfaſſat. 








In dee Unterzeichneten find erfisienen und duch alle 
Bude. und Kunghandlungen zu beziehen: 
„Gärhe, lithographirt von Strirniee mit Thon, ‚auf Cars 
— en 3 —* 
mungen „zu Hoͤthe's 
Pon E. Neureuther, wegeet 4 Hefte. Prels 10 
Randzelchnungen zu den Dichtungen, deuöfcher Claffiker 


von. ng Neureuther, lithograph. 6 Hefte. ‚Pielt 7 


RR 
mänden, im Apeil 1988. 
. ELitbraciſch artififge Auſtalt. 


— — — 


» 


— — —. — —— — — — — 





Literariſcher Anzeigen 


(Bu den bei 3. a. Brockhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.) 





= 11833. Nr. XV. . Zn 





Diefer Literariſche Anzeiger wird ben bei F. A. Brodhaus in Leipzig eefiheinenden Beitfchriften : Bräter fi für litera⸗ 
riſche unterhaltung, Iſis, ſowie der Allgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigelegt ober beigeheftet, und beten 
gen bie Infertionegebühren für bit Seile 2 2 Gr. 





NUR MUSIRALIBN 


sreithop & 
cipzig. 


Für Orchester. 
Lobe 2 J. C., Ouverture (la Gaiete). Op. 27. 1 Thir. 
.1 
Für Bogeninsirumente. 

Eichler, W., Variations sur un theme suisse pour Te Vio- 
ion avec acc. de l’Orchestre. Op. 2. 1 Tbir. 12 Gr. - 

— Fr memes pour le Violon avse acc. de Pianoforte. 
16 Gr. 

Götze, C.,-Variations instructives pour le Violon avec acc. 
d’un second Violon, pour, servir d’Etudes des positions 
les plus en usage dans l’art de jouer le Violon de Sme 
Position. Cah. IV. 20 Gr. 

Gross, J. B., 2 leicte Duetten ohne -Daumen - Kinsatz, 
mit in channg der Lagen, für 2 Violoncelles- Op. 5 

— — Capriccio sur un theme de l’opera; Joseph en Egypte 
% Mehul peur le Violoncelle avec acc: d’une Basse. 

p. 6. 12 Gr. 

— — Diverüssement pour Violoncdlle et Pianoforte. Op. 8. 

— — Qustuor pour 2 Violons, Viola et Violoncelle. Op. 9, 
1 Thir. 16 Gr. 

Kummer, F. A., Amueemen⸗ pour Violoncelle et Piano- 
forte. R, 18. 1 Thlr. 

Maurer, 6 Pieces sur des th@mes favoris pour 2 Vio- 
en ot Violoncelle, Op. 70. Liv. 1 eti2. & 1 Thir. 

Molique, Grand Concerto | su Violon avec acc. de l’Or- 
chestre. op. 9. 3 Thlr, 12 Gr. 

do. avec acc. de Pianoforte. 

Ries, F., “ Grand Quintuor pour 2 Violons, 2 Altos et 
Violoncalle, Op. 171, 2 Tbir, 12 Gr. 

Soltyk, Rondeau avec Variations peur ie Violon avos acc. 
de "Orchastre. Op. 2. 1 Thlr. 8 Gr. 


Fär Blasinstrumente, 
Bobrowicz, J. N. de, 6 Valses et une Polonaise pour 
— — ‚Op 11, 6 Gr. Io ir Cor. Op 5 
„Boppzrsec oizante «iu e ir Cor, .5. 

er 1.2. &1 Thlr. poRF 
— — 4o. do do. 
1.2. à 1 Thir. 
Kummer, @., Trio pour 3 Flütes. Op. 77. 
Schindelmeisser, L., Concertante pour 4 Clarinettes 
aves asc. de l’Orchestre, Op. & 2 Thir. 12 Gr. 
— — do. do. arec acc. de Pianoforte. 1 Thir, 


Für +@uitarre. 
Bebzowien, J. N. de, Varistions. brillentes. Op. 10. 


— — 6 Valses et une Polonaise. Op. 11. 4 Gr. 
— — Hinprompte, Varlations. Op. 12, 8 Gr. 


pour le 2d Cor. Op. 6. Un 


'Marschner, H., Ariette aus Falkners Braut: 


Bobrowiez, J. N. de, Introduction, Variations et Polo- 
naise. 13. 8 Gr. 


oO 
Molino Guitarre- Schule franz. und deutsch. ‚Ate Aufl. 
f & Hartel 


Far Pianoforte mit Begleitung. 
Gross, J. B., Sonate pour le Pianuforte et Violoncelle, 
02.7. 1 Tülr. 8 Gr. 
Gährich, W., Quatuor pour le Pianoforte, Violon, Viola 
et Violoncelle. Op. 4. 1 Thlr. 16 Gr. 
Klein, J., Duo pour Pianoforte et Vicion. 2 Thir. 
Kuhlau, Quatuor pour le Pianoforte, Violon, Viola et 
Violoncelle. Op. 82. Nouv. Edition. 2. Thir. 
Mendelssohn- Bartholdy, F., Concerto pour le Pia- 
noforte avec acc. de l’Orchestre, "Op. 25. 8 Thlr. 
Schlesinger, D., Quatuor ‘pour le Pidnofoste, Violon, 
Viola et Violoncelle, Op. 14. 2 Thir. 12 Gr.. 


Für Pienoforte zu vier Händen. 
Belcke, C. G., 6 grandes Marches. Op. 8. 16 Gr. 
Bellini, V., Ouverture de POpéra: i Capuleti ed i Mon- 

tecchi, arr. 12 Gr, 
Krollmann, 4 Piöces faciles, Op. 26. 


Für Pianoforte allein. 
Bellini, V., Ouverture de POp6ra : i Capuleti ed ä Mon- 
tecchi, 8 Gr. 
Hering, Variations sur une Valse favpri. 14 Gr. 
Krollmann, Bondeau brillant et faciles. 
Mendelssohn- „Bemholdy, F., Osverture zum Som- 
mernachtstrasm. 12 Gr 


— — Concerto. 6 Dede 1 Thir. 12 Gr. 


Richte 12 C., 18 Redoutentänze. ile Lieferung. 12 Gr. 
Re ‚„. Introduction et Variations brillante. Op. 170. 
1 

Schlesinger. D., Sonste. Op. 12. 16 
— — 6 Exercices en forme de Valses. Op. 18. 10 Gr. 


Biegel, D. S., Varisations sur le Duo de Tancred. Op. 60. 
1 
Taubert, W., 6 Scherzi. Op. 8. 18 Gr. 


Für Gesang. 

Claudius, * 9 Lieder für Sopran mit Pianofortebeglei- 
tun 

Danzi i, Singibungen für die Bassstimme. Op. 32, Neue 
Auflage. 1 Thir. 

Geissler, C., ‚Lieder der Unschuld, Liebe und Freude 
für Sopran ’oder Tenor mis leichter Klavierbegleitung. 
16s und 17s Werk. à 12 

Häse a Requiem für 4 Männerstinmen, Op. 35. 1 Tulr. 
12 

Lorehz, Lieder und Romanzen für eine Singstimme mit 
Piauofortebegleitung. 16 Gr. 

„Ihr wa- 
ckern Leute seid gegrüsst“, mit Guiterrebegleitung. 4Gr, 

— — Ariette daraus: „Seid unbesorgt ihr wackern Leute‘, 
mit Guitarrebegleitung. 8 Gr. 

Miller, J., Fragen und Antworten, Wechselgesang für- 
4 Tenöre und 4 Bässe, 10 Gr. 


Nieolal, O., 6 Lieder für Sopran mit Pianofortebeglei- 
tung. 168 Werk. 16 Gr 

Riehle, J., 6 Lieder mit Begleitung des Pianoforte oder 
der Guiterre. Se Werk. 12 Gr, “ 

Theorie. 

Jelensperger, Die Harmonie des 19ten Jahrhunderts, 
und die Art sie zu erlernen, aus dem Französischen über- 
setzt von A. F. Häser. 2 Thlr. 12 Gr. 


„oochen iſt erfchienen unb an alle Buchhandlungen verfendet 
worden: 
ROMEO AND JULIET. 

A Tragedy in fire acts by William Shakespeare. Mit 
erklärenden Noten, einer Erläuterung und einem 
Wörterbuche, von F. E. Feller. 137 Seiten in 12. 
‚Mit 1 Kupfer. Brosch. 9 Gr. 

Die Perle aus Shakſpeare's Dichterkrone, ein Werl, 

das jedes füße Gefühl im Buſen weckt, die einzige eigent: 


liche Liebesgefchichte des unerreihbaren Tragikers wirb bier in. 


einem Außerft eleganten Abdrud mit Hinweglaſſung anftößiger 
©tellen und mit zum Berſtaͤndniß nöthigen Erklärungen und 
Wörterbuche, als Lefebuch zum Gebrauch beim Erlernen ber 
engliſchen Sprache „geboten. — Wir machen Kenner auf ein ers 
. auterndes Vorwort über das Zrauerfpiel aufmerkfam. 

Dupuytren's kliniſch-chirurgiſche Vorträge, 

geſammelt und herausgegeben von einem aͤrztlichen Verein, 
für Deutſchland bearbeitet von Dr. Emil Beh und 
Dr. Rudolf Leonhardi. te Lieferung. Bogen 
18— 236. Mit 3 Kupfen. à 18 Gr. 

Was bisher von biefem Merle erfchienen if, Incl. biefer 
Lieferung, koſtet 1 Ihir. 21 Gr. im Gubfer. : Preis. 
Kritiſche Blätter für Forft: und Jagdwiſſenſchaft, 
in Verbindung mit mehren $orfimännern und Gelehrten 


herausgegeben von Dr. Pfeil, koͤnigl. preuß. Oberforſt⸗ 


zathe und Profeffor. 6ter Band 2tes Heft. In 8. 
Broſch. 20 Gr. 
Jähalt: I. Recenfionen über Sneune Berke. — 
N. AbhanbIungen Der Ginfluß bes Dertlichen auf bie 
Sorftwiffenfhaft. — Wie groß iſt ber wirkliche Brennholzbedarf 
einer Familie? — Infeltenfachen. — Wovon hängt das Ber: 
haͤltniß des in der Gegend , oder von einen Reviere verbrauchten 
Rutzholzes, zu dem des Bremholzes ab? — Mancherlei bie 
Erziehung des Holzes betreffend. — Saat der Ulme. — Wir⸗ 
kung bes Feſtſtampfens des Bodens. — Ueber bie ſpaͤtere oder 
ſfruͤhere Bewurzelung der Senker. — Etwas über den Anbau 
der Fichte. — Der Wuchs ber Lerche. — Ueber bie zweckmaͤßige 
Größe einer Revierverwaltung. — Ueber die VBersinfung bes in 
den verfäuflicden Holzvorraͤthen eines Waldes befindlichen Gelb: 
capitald, durch ben jährlichen Holzzuwacht. — Erklaͤrung. 
Magazin der neueften Erfindungen, Entdefungen 
und Verbeſſerungen, 

in ber gefammten Gewerbkunde für Fabrikanten, Manu: 

facturiftn, Künftter, Handwerker und Landwicthe. 

Bon Dr. Netto und G. E. Seidemann. Neuefte 

Folge. Band I, Heft VI. Mit 25 Abbildungen. 

In 4 8 Gr. 


Leipzig. Baumgärtners Buchhandlung. 





Bulwer's Romane. 
Der geiftreiche Verfaſſer des „Delham“, Sir E. L. Bul: 


wer erregt durch feine hoͤchſt anziehenden Romane nicht allein 
in England bad größte Auffehen, fonbern hat auch ſchon in 


Fraunkreich und Deutſchland großen Huf erlengt. Mir 
glauben daher durch bie Pd ia chenfee (dönen, 
als Außerft wohlfeilen Ausgabe von Bulwers ſammtlichen 
Werten bean Wünfcen der gebilbeten Leſewelt zu begegnen. 
Die erſten vier Theile bdiefer neuen Befammtausgabe baten 
bereits bie Preffe verlafien, und enthalten bes Werfaflers zulckt - 
erſchienenes Werk, unter bem Titel: 


Eugen Aranm. 


Ein Roman 
von bem 
Verfaffer des Pelham, Devereuru, f. w. 
Aus bem Gaglifchen 


von . 
Kakei Dr. © BR Pörmann. 
eile in klein Dctav nes Belinpapi 
' Preis | 12 Gr. pen 


Borräthig in allen guten Buchhandlungen Deutſchlands und 
ber Schweiz. Mir heffen, baB biefe ſchoͤne Ausgabe eine güns 
flige Aufnahme finden wird, und werden in biefer Borausfepung 
vorerft „Pelham’', und dann ben nädftens zu erwartenden 
neueften Roman Bulmer’s „Die Pilger am Rhein” balbs 
moͤglichſt als Fortſetung nachfolgen n le. 


3widau, ben 1ften Zuni . 
oo Gebruͤbet Schumann. _ 








Doetifhe Literatur 
Im Werlog ber Unterzeichneten bat foeben bie Preffe vers 
laffen unb iſt durch jede ſeu Buchhandlung zu beziehen: 
a6 . 
Idylliſche Erzaͤhluns 


fünf Sekfiänger 
von 


Karl Egon Ebert. 
Elegant gebunden. Preis 1 Ihe. 12 Gr., oder 2 Ft. 30 Kr. 


- Der Berfaffer, als lyriſcher Dichter unter ben Trefflichſten 
genannt, bat feinem, mit großer Auszeichnung aufgenommenen 
Deldengedicht aus bes böhmifchen Sage „Wiafta’’ in dem gegen: 


‚wärtigen „Kloſter“ ein ibylliſches Gemälde nadhgefendet, weides 


durch bie Sinfachheit der Gompofition, durch die Gemuͤth 

bes ones, der das Ganze befeeit, und durch die Reinheit unb 
Leichtigkeit des Verſes gleich ſehr anſpricht; nnd wie es einer 
bee ebeiften beutfchen Fuͤrſtinnen gewibmer iſt, fo gewiß vers 
nehmlich von gebildeten rauen und Mäbdchen Beifall ernten, 
aber. auch bei dem fchärfern Beurtheiler Annerfennung finben 
wird, Wir haben das Buch mit ber gebährenden typographis 
fen Gleganz ausgeſtattet. Saͤmmtliche mplare 5 ein 
lithographitter Umſchlag, wozu bie bem Gebicht entipredgenben 
Zeichnungen ein bekanntes genialer Kuͤnſtler lieferte, 

Stuttgart, im Mai 1888. 


or Brodhag'ſche Buchhandlung. 


Schillers fämmtlihe Werke, 
on der unt —— — | Du 
n ber er ! 
banblungen zu ein liad erfäienen unb Durch alle Badge 
Schiller's Werke, ge. 8. 12 Bde. welß Drudpapier. 
Die. Alaer Ausgabe mit Wigaette 
— —, 18 Bde. Wiener mit Vi 
ſchoͤnem en 12 51: im Fr gt. Fuß. of 
— —, enausgabe. 18 Bde. weiß Druckpapier. 
& 51. 24 Kr. im 24 Fl. Fuß. . “ 





Li 


.> 
2 


— 
‘ 


PS, "T- „mi, .i:ı 


BT DL 2 SEE zur 


In Kurzem erſcheint and eine neue Auflage von: 
Schillers Werten in Einem Band, auf feinſtem Ve⸗ 
linpapier, wovon der Suhferiptionspreis 8 SL. iſt. 
(Der nachherige Ladenpreis ift 12 Fl.) 
Stuttgart, ben Iften Mai 1835. 
_ J. ©. Eottaifhe Buchhandlung. 
In Kart Gerold's Buchhandlung in Wien 
iſt ſoeben erſchienen, und daſelbſt ſowie in allen Buchhandlun⸗ 
gen Deutſchlande zu haben: 





& p ec ielle 
Pathologie ‚und Therapie 
an eiit n 9, 

e einzelnen | 


d 
Krankheiten ber nugbarfim Hausfdugthiere zu erfennen 
und zu heilen, 


* 
angehende Thieraͤrzte und Landwirthe 
bearbeitet 


von 
Hieronymus WBaldinger, 
der Arznels und Wundarzneilkunde Doctor, 48 or am t. x. Shi 
Eng —— 
er vufffiäen mebiciniſch⸗ hirurgiichen dbenite zu Peteröburg. 


Dritte Auflage, mit Bemerkungen und Zuſaͤtzen 
von 


Michael von Erdelyi, Ä 
en un vroſeiet am 
Zwei Theile 
®r 8. Wien, 1883. Preis: 1 Ihle. Saͤchſ. 


Die Vortrefflicleit und echt praftifche Brauchbarkeit des 
WBaldinger’fchen Werkes iſt nicht nur von bem thieraͤrzt⸗ 
lichen Yublicum und unparteiiichen Beurtheilern in Öffentlichen 
Blättern im Allgemeinen anerkannt, fondern am fprechendften 
dadurch bewahrheitet worden, baß eine zweite, nuy aber auch 
eine britte Auflage noͤthig wurde. Diefe letztere hat jeboch 
ihre erſchoͤpſende Vollendung erft durch des oben genannten 
neuen Herausgebers genaue kritiſche Revifion, durch beffen zahl: 
seiche Zufäge, Bemerkungen und fisenge Benutzung ber ſeit⸗ 
berigen Fortſchritte in ber Weterinairkunde erhalten koͤnnen. 
Da übrigens auch die moͤglichſte Gemeinfaßlichkeit des Bortrags 
und eine große Auswahl von Beceptformeln zu ben Borzügen 
diefes Wertes gehören, fo wird feibes einer weitern Anpreifung 
wol nicht bebürfen. * 








Bei A. Wienbrack in Leipzig ist erschienen und 
durch alle Buchhandlungen zu beziehen : 


Dei letzte Mensch, 
ein Epos in zehn Gesängen 
ch . 


GRAINVILLE | 
\ ‚von - 
A. CREUZE ve LESSER. 


” Deutsch bearbeitet 


von 
CH. F. K. SCHIRLITZ. 
Gr. 8. Preis: 1 Thir, 12 Gr. 

Dies Heldengedicht, welches nach dem Urtheil der 
Kenner zu den gediegensten und genialsten Producten der 
neuern belletristischen Literatur Frankreichs gehört, wird 
hier ia einer deutschen Bearbeitung dargeboten, worin das 


Kühne, Erhabze und Wunderbare des Originals in einen 
dem Idiom unserer Sprache angemessenen, gleichfalls poeti- 
schen Gewande und zwar in der Form des hierzu beson- 
ders ge Hexameteors möglichst treu wiedergegeben 
ist. Eine Ankündigung, welche durch alle Buchhandlungen 
gratis zu bekommen, spricht sich ausführlicher über den In- 
halt aus. Als ein für jeden Gebildeten passendes Geschenk 

darf dies auch äusserlich geschmackvoll ausgestatiete Werk 
mit Becht empfohlen werden. — 


K. 5. Rauer, 
hittliche Erziehung 
* 


dee Menſchen und Voͤlker, als erſtes Beduͤrfniß der Zeit, 
. Geh. 16 Gr. 

Der Verfaſſer, ven dem ſchlechthin unwiderlegbaren Grund⸗ 
fag ausgehend, daß der Menſch zu etwas Edlerm beſtimmt ſei 
als zum Saͤugthiere, hat es verſucht, hier das Gemaͤlde einer 
Geſellſchaft zu entwerfen, wie ſie ihrer Beſtimmung nach ſein 
ſoll, und dabei die ſchwierige Aufgabe zu loͤſen, wie die In⸗ 
tereſſen der Fuͤrſten und Völker am vollkommenſten zu verſchmel⸗ 
zen und zu verfähnen ſeien. 








Dramatifhe Literatur. 
Im. Verlag ber Unterzeichneten bat foeben bie Preffe vers 
laſſen und iſt an alle folibe Buchhandlungen verfanbt: 


Bie Freier. 
Suftfptei 


in 
beei Aufjügen 


von . 
Joseph Freiherr von Eichenborff. 
Elegant bdroſchitt. 9 Gr., ober 86 Kr. 


Diefe neue Dichtung, von dem xühmlichft bekannten Ver⸗ 
faffer des „Taugenichts““, verbindet mit reichem Wit eine ges 
wandte Darflellung, unb if zugleich für den Effect ber fcent» 
[den Aufführung fo günftig berechnet, daß wir darin den 
Greunden der dramatiſchen Kunft eine fehe willlommene Gabe 
barzubieten glauben. 

Stutigart, im Mai 18 


33. 
Sr. Brodhag'ſche Buchhandlung. 
- In ber literariſch⸗ artiftifchen Anftalt in Muͤnchen iſt er⸗ 
f&ienen: 

Karte des Königreihd Griechenland, 
nebft Theilen der angrenzenden Länder des osmaniſchen 
Reichs in Europa und Aflen, nad den neueften Grenz 
befimmungen herausgegeben, in Kupfer geftochen von 

Schleich und Soitz. Groß Landkarten: Format. ' 





Preis [dwar - oo a 0 0 0 0 00. ZB Kr. 
— illuminirt eo ——— 8 gt. 4 Kr. 
— illuminirt unb auf Leinwand gegen . 4 BL 


% 


a En) 
Wir empfehlen die längst rühmlichst bekannten im 
Industrie- Comptoir zu Leipzig herauskommenden 
BLATFTER AUS DER GEGENWART, 
von desen wöchentlich 1 Bogen enggedruckt dreispaltig in 
4. mit 4 bis 5 Abbildungen erscheint, Der Jahrgang, incl. 
der Ergänzungsblätter, von circa 58 Bo und mit etwa 
200 Abbildungen kostet nicht mehr als 8 Thlr. Gewiss die 
allerwohlfeilste deutsche Zeitschrift, die zugleich eine der 
belehrendsten ist, welche erscheinen. | , 
Inhalt und Abbildungen bieten stets Neues und Ia- 
teressantes, “ 





— 


f 


Bictiomnaize Universel de la lahgue frangaise, rödigs d 
le Dietionaaire de l’Asaddmis frangaiso, et ceux de La- 
yeaux, Cattel,. Boiste, Mayeux, Wally, Cormon, ete. etc., 
contenant toutes les mots de Ja langue uswelle, avec leurs 
dtymelogieg, leurs definitions, leurs diverses accaptioms 

:, au propre et au figur6; los diffärentes expressions prever- 
biales, familieres, populaires, poetiques, et du style Sour 
tenu, tous les principaux termes des sciences, arts et ınd- 
tiers, avec leur signification et les explications u6cessalres 
& la parfaite intelligence de chacun deux. 

Quvrage enrichi de plus de Six Mille Mots, qui ne se 
trouvent dans aucun autre diotionnsire, et d’un grand 
nombre d’acoaptions omises dans les autres dictionnanires, 
par Ch. Nodier et V. Verger. 

Deux volumes in 8vo., contenant ensemble pres de 
1600 pages, en caractäre neuf dit mignomne, à deux Colon- 
nes, Paris, Ge. edition, 1882, prix 15 franes == 4 Thaler. 

A. Asher. Berlin, Linden Nr. 20, 

Nach dem ungetheilten Urtheile aller Gelehrten, denen bies 
ſes Werk zugefommen ift, das ausführliche franzoͤſiſche Dics 
fionnair. Der nicht unbebeutende Worrath ber Sten Auflage 
wurde raſch und ganz Yerfauft, fobaß bie letztern Beftellungen 


uneffectuirt geblieben find. . Die 6te Auflage bat“ bie Preffe | 


eben verlaffen und ich erhielt die exfle Sendung bavon, melde 
ich mit Recht anempfehlen kann. Preis 4 Thir. 





3u haben in allem foliden Buchhandlungen. 


Soeben -figd esflenen wab verfenbet worden: 
Memoiren der Herzogin von Abrantes. Tter Band. 


Memoiren Lubwig’s XVII. Tier Band. 

Da «6 Länge anerkannt ift, daß diefe beiden Werke vor 
fo vielen ihres Steichen fi vortheilhaft auszeichnen, erlauben 
wis uns Slod, das Publicum auf das gefteigerte Intereffe, 
welches die Kortfegungen dieſer Werke durch ihre wichtigen 


. Mitthellungen erweden, hiermit aufmerkſam zu machen. 


. 


Leipzig, den 10ten Juni 1833. 
| Allgemeine nieberl. Buchhandlung. 


In melnem Verlage. wurde forben fertig und an alle Buch 
handlungen verfandt: - . 

Kitfert, E. 2&, Der Orden ber Trappiften. 
24 Bozen in groß Octav auf Velindruckpapier. Preis 
1 XThle. 8 Gr., oder 2 5. 24 Kr. netto. 

Alle Recenfionen fprechen ſich auf das vortheilhaftefte über 
dieſe ebenfo verdienſtliche ale zeitgemäße Schrift aus, und bans 
ten dem Verfaſſer befonbers für die Unbefangenheit und Kreis 
muͤthigkeit, mit welchem er das Mögliche bei der Gefchichte 
dieſer Ordens verbindung leiſtete. 

Rathgeber und Wegweiſer für Auswanberer 
nach den Bereinigten Staaten von Nordamerika. -2te 
vermehrte and verbeflerte Auflage. 8. Geh. 6 Gr., 

. oder 24 Kr. re — 

Binnen 14 Jahr verkaufte fi bie erſte Auflage biefes 
Werkchens. Mit WoUfänbigleit verbindet daſſelbe Gebrängt: 
heit, und belehrt ben Auswanderer über Alles, was er zu thun 
hat, um mit Vorfiht und, Ruhe auswandern zu können. 
Zautefhläger, Dr. G., großherz. hefſ. Hofrath, Fi⸗ 
gurentafeln zur Phyſik nebſt ausführlicher Erklärung. 

Fuͤr Freunde dieſer Wiſſenſchaft, insbeſondere für Gym⸗ 
naſien und Realſchulen. Aftes Heft mit 6 Tafeln. 
Er. 4. Brei 12 Sr, oder 48 Kr. 

Bei ber täglich allgemeiner ſich verbreitenden Ginfiht von 
dem großen Ginfluffe, den das Studium ter Natur, insbefons 
bere der Phyſik, auf die Ausbildung und Grhaltung unfers 
Geiſtes, und namentlidy auf bie Beförberung unfers irbifchen 


Wohlſeins hat, wird bie Erſcheinung des gegenwärtigen Wer⸗ 


kes — aus etwa M Heften in groß 4. beſtehend —, welchhes bie 
Wahrheiten der Phyſik durch bildliche Darftellung begleitet von 
einem ausfuͤhrlichen, erklaͤrenden Terte enthaͤlt, und durch feine 
Wohlfeilheit auch dem Wenigerbemittelten zugänglich machen 
fol, nicht anders als ſehr zeitgemäß genannt werben koͤnnen. 
Der Herr Berfaffer, der feit geraumer Zeit den phyſikaliſchen Uns 
terriht im den obern Glaffen des hiefigen Gymnaſiums beforgt, 
glaubt befonders durch Werächiätigung ber praktiſchen Au« 
wendbarkeit dee Lehren bee Phyfik nicht allein feinen Schuͤlern 
anziehenden, nicht trodenen Leitfaben beim ‚ fordern 
au Erwachſenen ein angenehmes Grimerungsmittel in bie 
Haͤnde gegeben zu haben. 
Dormfabt, im Mai 1883, 


J. W. Heyer’s Hofbuchhaudlung. 


In der Buchhandlung yon KR. F. Amelang in Berlin 
(Brüberftraße Nr. 11) erfchienen ſoeben folgende neue Enter: 
baltungsfdäriften: " 
Ehrenteih, ©, Die Kämpfer der Vendée im 

Deutfchland und Italien. Eine Novelle. 8. 1 Täler. 12 Sr. 
Reimann, Ulrich, Novellen. 2Bände. 8. 3 Thlr. 

J. Band: Die Dealer. — Meine Ferienreife. IL Band: 

Berthold's Liebeögefchichte. — Die Dichten. 


Anzeige. 

Unterzeidineter erlaubt fi, auf eine in feinem 
von einem ſachkundigen Gelehrten (welcher fig bemnädft nennen 
wird) erfcheinende Mearbeitung bes ſoeben in Paris herausse 
tommenen Werkes: 

Abrege de Geographie, redigE eur an nouveau plan 
d’apres les derniers traites de paix et les decourer- 
tes les plus recentes etc. etc., par Adrien Balbı. 

vorläufig aufmerlfom zu madgen. 

Bei diefer Bearbeitung wirb vorzugsweife auf Vermeh⸗ 
rung und Bervolftändigung ber Topographie, fowie ‚ber auf 
Dandelds und militairiſche Geographie Bezug habenden Gegen- 
fände Rüdfiht genommen werben. Das Nähere behalte ich 
einer binnen Kurzem erfcheinenden ausführlichen Anzeige vor. 

Zugleich zeige ich Hiermit an, daß von: 

Mayer, R., Deutſch-engliſcher Briefſteller, oder neue 
Sammlung beutfher Danblungsbriefe, 

wovon bei Hilſcher in Dresden die erfien beiben Auflagen, ver⸗ 

griffen find, binnen Kurzem die Ste Auflage revibist unb corci⸗ 

girt vom Profefior 8. Bent, Lehrer am Hiefigen Realgymnes 
ſium A in meinem, Bei ger Koi 
08 junge kaufmaͤnniſche Publicum, ſowie die Hanblungss 

Ishranftaiten made ich Hierauf befonders anfınertfam. 

Braunfhmeig, den Affen Juni 1888, 

. G. €. E. Meyer sen. 

IXYVXCXCR 

Die engliſchen Almanachs zeichnen ſich fewol durch Nein⸗ 
beit und Gediegenheit des Textes als auch durch die Borzüg⸗ 
lichkeit ihrer Stahlſtiche aus. Dieſelben finden Bes 
fall in Deutſchland, unb die Gelegenheit billig diefelben zu ac⸗ 
queriren dürfte daher nicht ummwillfommen fein. Der unterzeidh 
neten Buchhandlung ift es gelungen, den ganzen Beſtand der 
nachfolgenben engliſchen Taſchenbuͤcher an fich zu bringen und offeriz* 

:  Keepsake. 1823. — 33. b 
Picturesque Annual. 1832 — 33, Se s Sebzgang 
Heath Book of beauties, 1833. She. 





Gleichzeitig mache ich auf daB Taſchenbuch Turner’s Annuaı 


gar aufmerkſam. Es erfhien Anfangs biefed Zahres zum er: 
n ale in großem Format, welches 2 Guineen gefoftet bat, 
Nunmehr erfcheint eine Ausgabe in der gewöhrlidhen Octas- 
‚ weiche für 7 Thir. gegeben werden Tann. Der 
iR eine Heife an ber Loire, unb bie Kupfer dazu 21 ber aus- 
gezeichnet fchönften Stahlſtiche der Loiregegenden. Die Kupfer 
find ganz biefelben der fruͤhern theuern Ausgabe. 
Berlin, A. Aſher. Linden Fr. 30. -» 








Literariſcher Anzeiger. 


(3u den bei 3. A. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.) 





1833. Nr. XVI. 


Diefer Eiterarifche Anzeiger wird ben bei 5. A 
sifche Unterhaltung, 


. Brodhaus in Leipzi 
Iſis, fowie der Kligemeinen medicinifhen Zeitung, beigelegt ober beigeheftet, und betra, 


ann — 


erſcheinenden Zeitſchriften; Blätter für litera, 


gen die SIafertionsgebühren für bi bie ‚Selle 2 Gr. 





In ber Bitetarifg- artiftifhen Anftatt in Muͤn⸗ 
hen find erfchienen und durch ale follde Buch⸗ und 
, Kunfthandlungen zu beziehen: " 


Landkarten. 


Karte von Europa, zum Zeerauc fuͤr Schulen eingerichtet, 


4 Blatt, colorirt 2 I. 4 
— von Deutfchland, zum read für Schulen eingerichtet, 
4 Blatt, colorirt 2 TI. 48 8 
neberſichtskarte vom Königreich Baier, vom Major von Pflums 
‚mern, colorist 86 Ir. 
Karte des Ifarkreifes. 1 31. 48 Kr 
— zur Reife von München ins ii und ſalzburgiſche Hoch⸗ 
gebirg, 2 Blatt, jedes 1 5. 1 
Bandgerichtslästchen von FR Suhferiptionspreid für bie 
ganze Sammlung per Blatt 15 Kr. 
Das einzelne Blatt 24 Kr. 
sie find gr tenen: Bellngried, Weilheim, Ketbeim, Rieden: 
Bu Werdent feld, Ingol at, Kandöberg, tadtambof, Eichftädt, 
Doppenheim, Schonnan. enöber 
Karte von Gchlefien, not Tpeilen ber angrenzenden Länder, 
von Macco. 1 51.1 


— von Frankreih, für * "Bands und Beifegehuand, in Kus 


Reiſekarte dee Schweiz, | mar; 


pfer geftochen von Geis, colorkt 2 Fl. 48 
— von Stalten nebft den nördlich angrenzenden Enten, zum 
Band: und Reifegehraudh, colorist 1 81.4 


l. 
tolorirt 4 a5. 80 
color. auf Leinwand aufgezogen und in a 5 gt. 24 Kr. 


Karte von Ungarn und Siebenbürgen, nebft Theilen der ans 
grenzenden Länder. 3 UL 
— des osmanischen Reihe in Suropa und einem Theil deſſel⸗ 
pen in Afien, 6 Blatt 4 FI. 
— bed osmanifchen Reihe in Curopa, 1 Blatt 1 $i. 36 Kr. 
— des Königreichs, Griechenland, nach ben neueßen Grenzbe⸗ 
fimmungen, in Kupfer geſtochen von aid, und Geig, 
groß Sandkartenformat, ſchwarz a 
colorirt 8 $t. 24 Kr. 
auf Leinwand gezogen u. color. 4 FI. 

— von Georgien und des Hochlandes Armenien. 2% BI. 

Seſchaͤfts⸗ und Aeifetableau für Deutfhland und bie angren- 

zenden Ränder, in Kupfer geftochen von Seid. 2 BI. 42 Kr. 

auf Leinwand und in Etui 4 SI. 
Kunſtartikel. 

Anfihten, Niffe und einzelne Theile des Doms zu Köln, mit 
Ergänzungen nad dem Entwurf bes Meifters, nebft Unter: 
ungen über bie alte Kirchenbaufunft und vergleichenden 

—* ihrer vorzuͤglichſten Denkmale, von Dr. Gulpiz Boiſ⸗ 
ſerse, in Kupfer geftochen von ben erften Künftlern Deutſch⸗ 
lands. 4 Lieferungen. Br. Weltpapier. 
Jede Lieferung vor der Schrift auf chineſiſch Papier 150 ZI. 
- auf Belinpapier 120 #. 
mit ber Schrift auf Zelinpapler 60 I. 
Sammlung alt», nieder= und oberbeutfcher Gemälde der Bruͤ⸗ 
der ©. und M. Boifferse und J. Bertvam, Uthographirt von 
Strixner, Iſte bis S2fte Lieferung. Gr. Zol. 
Jede Lieferung zu 3 Blättern mit einem umſchlag, und die 
Abbruͤcke auf farbigen Karton aufgezogen 15 FIl. 
Ein Blatt einzeln von 5 bis 10 81. 


> 


Koͤnigl. —* Semätdefammtung gu Münden und —R 
heim, herausgegeben von Piloty, Gelb und Comp., lithogra⸗ 
phirt von Flachenecker, Piloty, Strirner und Andern, 20 Lies 
ferungen zu 4 Blatt 400 Fli. 

Das einzelne Blatt 8 Jl. 

Auswahl einer Zahl ber vorzüglichften Gemaͤlde ber. Pinakothek 
in Münden, als Folge obiger koͤnigl. bairiſchen Gemaͤlbe⸗ 
ſammlung zu Muͤnchen und Sdie ndein⸗ lithographirt von 
Borum, Hohe, Leiter, Piloty u. A., in Heften von 3— 
Blättern ‚ _1ifte bis Ate Lieferung. Fr Bolio. Jedes Heft 
auf chineſiſch Papier 11 Ft. 

auf weiß Papier 8 Fl. 
Ginzelne Blätter auf chineſiſch Papier 5 gt. 30 Kr. 
weiß Papier 4 FI. 


Herzoglich Leuchtenberg'ſche Gallerie, Auswahl einer Zahl der 


vorzäglichften Bilder, lithographirt von Borum, ‚Hohe, Leiter, 
Piloty * A. In Heften von 8S—4 Blaͤttern, ifte bis Ate 


Lieferun 
Vdes Heft auf chineſiſch Papier u gl. 
pier 
Einzelne Blätter auf he Papier * Fl. 80 Sr. 
weiß Papier 4 Fi. 


Denkmale der Baukunſt vom 7. bis zum 18. Jahrhundert am 


Niederrhein, von Dr. S. Boifferee, 12 Lieferungen, Royals 
folio, 4 6 Watt 48 Fl. 

Sammlung arjiteftonifäher Entwürfe, welche ausgeführt ober 
zur Ausführung entworfen wurden, mit erläuterndem Text, 
von L. v. Klenze, Iftes bis Stes Heft, jedes mit 6 lithogras 
phirten Blättern. Gr. Folio. 

Jebes Heft 4 FI. 

Brescogemälde aus ber Geſchichte der Baiern, in den Arkaden 
des Hofgartens zu Muͤnchen, herausgegeben und lithographirt 
von einigen Malern derſelben, in 85 Blättern. Gr. Folio. 10 Fl. 

Randzeichnungen zu Goethe's Balladen und Romanzen von 
E. Neureuther, lithbographirt, 4 Defte 10 &t. 

— — zu ben Dichtungen deutſcher Staffiter von E. Neureus 
tber, 6 Hefte 7 51. 12 Kr 

Srinnerung an Rom, 3353 und Neapel, Monumente und 
Volksſcenen Italiens darſtellend, von * Gail, 6 Hefte, mit 
30 lithographirten Blaͤttern. Bol. 

Sammlung von Contouren ber —* schen Gemälte aus ber 
Glyptothek, Pinakothek und ben a: aden i in Muͤnchen, 16 Blatt 
mit erläuterndem Text. 2 Si. 

Zempelsuine von Korinth, mit Halt, weiche ihre Beute 
auf Kameelen durch gefangene Araber fortbringen laſſen, ge: 
malt von Degded und auf Stein gezeichnet von Hohe, 4 FL. 


Goethe, tpographirt von Strixner, mit Thon, anf Karton 
aufgezogen. 48 Kr 








Schulausgab'en. 


Wir empfehlen hier die bei uns erschienenen 
schönen. Schulausgaben von St:-Pierre Paul et Vir- 
ginie & 12 Gr. Marmontel Bilisgire a 12.Gr. Let- 
ires ®Hldloise ot Abeilard à 12 Gr. Chateaubriand 
Atala et les Aventures du dernier Abencerage & I Gr. 


Lesage ‚Le diable boitens a-16 Gr. Cersaates Novsl- 


Bu Ken u: Napoleon's und feiner 
neueften Tadler und Lobredntr. Won Sr. | 


Dictiomaire Universel de la langue frangaise, r&dig6 dapres 


Ins gjemplanes & 12 Gr. Ortis Ultäke lettero à 16 Gr. 
(Unter der Presse sind Manzeni I 'promessi sposi 
und Silvio Pellico Le mie prigioni.) Wash. Irving 
Columbus & 18 Gr. Shakespeare King Henry IV. 
a 1 Thlr. Romeo and Juliet & 9 Gr. sämmtüch ı mit 
Noten und Wörterbüchern, 
Io allen Buchhandlungen zu haben. 
Baumgãaretneres Buchhumilang. 


Buctanbtung von ©, Schmerber in Frankfurt a. M 
Einladung zur zur Suhpeciptian. 
SG ef CH ibhte 
europätfgen Menſchheit 
AMittelalter | 


Anton vo. Tillier. 


Reue Ausgabe in doͤchſtens 10 Lieferungen jebe zu 10 Bogen, 
ie seyetent. Der erfte ar niedrige Subſcriptions preis be⸗ 
trägt wur für eine Lieferung. 


Diele Geſchichte des Mittelalters iſt zunädft für 
die gebildeten Stände berechnet. Gefloſſen aus einem viel- 
feitigen Quelfenftabiun, doch ‚ohne die Quellen ſelbſt ermübend 


” nennen und üngaführen, gibt biefelbe bie Begebenheiten wer 
ee in —— Klrze, noch in zu weiter Auidehnung; 








Kt bei den, für bie Bildung. bes Wöller und bie Geſtaltung 


idenden Thatſachen ausführlicher als bei den 
minder erheblichen Creigniſſen, und verſichert ſich durch bie klare, 
edte, und oft ſogar gemuͤthlliche Form ber Darſtellung des Bei 
fans und bes Jutereſſe der denkenden Lefer. | 

In einigen Wochen erſcheint bei mir: 
Archiv für Geſchichte und Literatur. Herausge⸗ 


geben von ee Ehr. Schioffer und ©. Aug. Bercht. 
Finter · Dan 


Chr. Schloſſer. Zweite Abtheilung. 





le Dictionnaire ‘de lAcadé mie frangaise, et ceux 


veaux, Cattel, Böiste, Mayeux, Waly, Cormon, etc. etc.,. 


‚contenaut tonten les mot de la Jangue ‘usuelle, avec leurs 


&tymologies, leurs defmitions, leurs diversen abveptlons | 


au prepre et 'au Aguns; Ios diffönentes axpressions prover 
bialos, familidwen,, popabaires, 
‚tenu, tous le⸗ x des‘ selemeze, arts et'm6- 
& la parfaite in ence de chacun deux. 

Ouvrage 8 e plus de Six millo mota, 


_  trouvent dans auqun autre diekiganzire 4, et d’un and | 
nembre d’acceptlohs - omises’ därts 


par Ch. Nodier et V. Verger. 


her. Berlin,.Lindendle. 20, 


Rach dem ungekheilten Urtheile aller Gelaprten, ‚benen die⸗ 


us, es du'style"son- _ 
oation t les explientiuus ınscemmiren : 


les auffes dictionnaires, : 


‚Des: volumms in. 8vo., swontentkit. eistenible: Pres de : 
INOD ‚u eazacttre:meuk dit auigeenme,ıdk: ‚deu coll ' 
Den, —* Giöme ition, 1882, ‚prix i18 fragps mu 4 Thalye. : 





. fes Werk ängefommen 5 das efahaichte hanzökfäe Dic- 
:tiomeair. Wer nicht unbed 
-wutbe raſch und en lauft, ſodaß die Ieatum B 


eutande Votrath ber Sten Auflage 

eftellungen 
uneffectuirt „geblieben find. Die 6te Auflage bat bie Preſſe 
eben verlaffen umd ich erhielt bie erſte Genbung bavon, welche 
ich mit Recht anempfehlen kann. Preis 4 Thir. 


f< 35* iſt ſocben erſchienen und durch alle 


| folibe 


Beitraͤge zur Renata des Fatholicismus und zur Foͤt⸗ 
dernng der Sache des Lichtes und —— Oder: 
Kritik der neueſten und 
— dem Gebiete ber katholiſchen Theologie, von 2. 

Mm. Eiſenſithmidt, koͤnigl. —— Profeifor zu 
‚Schweinfurt a. M. "tr. 8. Broſch. 1 The. 6 Gr. 
Diefes neue Merk eines Welehrten, der ſchon durch mens 


theologiſche erhrifien ſich einen großen Ruf erworben bat, wirb 


——ã Verbienſte noch r 


| Sapıblder be der Perußichen Provimtalfkinde. Eine Zeit 


ſchrift zur Beſprechung gemeinfamer Angegämßeiten 
des Vaterlandes. Deraubgegeben von Dr. Reause 
vu. m. 2. Su6 Def. Br. 8. Bold. 
keipzig, im Juni 1833 
G. Wolbrecht 


ee a ee NER 
Im Industrie- Comptoir (Baumgärtner) in Leip- 


| zig ist soeben erschieven und an alle Buch- und Kunss- 
haadlungs 


n versendet worden: 
Die beliebtesten 


der gegenwärtigen Zeit, . 
ein schön lthugraphirtes grosses Tableau 29 Zoll hoch, 
23.Zell:breit. Preis 16. Gr. 

Die Portraits von Cherubiai, Spentiai, Boisidieu, Ros- 
sini, Auber, Paer, Spohr, Bellini, , Meyer-Boer, 
befinden sich bier im -«iner schönen Grup irung, von ‚Wel- 
ken umgeben und den Emblemen der Muäk begleitet. 

Die Iden einer solchen Zusammenstellung wird gewiss 
jeden Musikliebhaber ansprechen ‘und das Tableen als Eie- 
mörversierung unter die geschmackvolisien Zesählt werden 
können. 





Reue Berlagswerke 


J. D. Sauerlaͤnder in Frankfurt am Main. 
Dftermeffe 1838, 
Adrida, Dr: u. Profeſſor, Skizzen aus England. Zweiter 
Shell. 12. 1 She. 18 Gr., oder 8 FE. 

Khbad, J., Dr: u. Profeſſor, Geſchichte Spaniens. nad Bor 
tugals zur Zeit ber Harrſchaft der Almoraviben und Alme: 
baden. seien Ehil Gr. 8. Auf Drudpap. 2 The. 
12 Sr. om 30 Kr. Auf Velinpap. 3 Thlr., ober 


Greisenad, Dr., Lehrbuch der Planimetrie, für Gymnafien 
i —— Mit B lthograph. Steintaf. 8. 21 Gr., 
3* 
Döring, G., Tage bet Vorzeit. Dramatifches Sehiht. 1 Ih. 
8. @r., ober 3 HL 15 Kr. 





Eriederid, Dr. &, Gerena. Die Jungfrau bei und nach 


ihrem — in bie Welt. 2 Theile. mie 2 Kpf. te 
verb. A 8. Geh, Auf Drudpap. 1. Ihle. 21 Ge, 
oder 8 Fi. Kr. Auf Belinpap.. — — — 
oder & Fl. 80 Kr. 

Dahn, E., Kritpwetifihes Erempelbuch für ben Säul: und 
Yrivatunterrüht. Zweiter Gurfus Zweite Aufl. Ger. 8. 
8 ®r., ober Kr. , 


* 





Hahn, ©., A —* heffetben. 3 tweiter Curſus. Zweite Aufl. 
——— zu — Merten Bwsite die ſereng 
8 Biattern. 16-@r., ober 1 Fi. 12 Mr. 

— — zu Irving'« Werken. Bweite Lieferung in 4 Blaͤt⸗ 
teen. 3’Ge.,:ober 86 Kr. 

gautirs, Bucflabir» und Leſeſpiel füe Kinder: ‚Dritte 
verb. und vermebite Aufl. In einem eleganten Käſtchen. 
12 VGr., gbre 38 8 

Defele, A. Frihr. von, Mider aus Itallen. 2- Zelle. 8. 

* eh Ku Foau 25 des Königreichs. N 
aten, n don, tes e 5 
Be von 141&— 43, 12. 1 Ihe. 16 Gr., oder 2 EL 


Kr. 
— —, Die eiga von Cambrai. Gäiſchichtliches Drama in ' drei 
Acten. 8. 12 Gr., oder 54 Kr. 


Sument, Konrad, Beitrag zur Berttetäung ber lateint⸗ 


den Sprade. Gr. 8. 12 Fl ober 54 
Storch, Ludwig, Die Intrigue. Novelle. 2 Fyae. 3weite 
verbeſſerte Auflage. 8. 1 Thlr. 18 Gr., ober 3 


Bl. 
Balfter, S., Präfidene‘ des Schachclubt in Nottingham, Ans 


welfung zum Schachfpielen. Die vorzuglichſten Spieler: 
— * umb Endfpiele, mebſt einigen —— Stel⸗ 


tungen und 50 ausgewählte Aufgaben erthaktend. - Auds dem 


-  Gngl. Überfegt und mit Ammerkungen begleitet don. 2. 8. 
Where. Mit einer !üpegraphinten Zeichnung. 8 
ZiiGr,.ober. 2:51. 30:8 

Zimmer, 3.6. Sonffloriatrast, Die Geſchitht 
medung ws Lazarus. Fünf Betrachtungen. 12 Geh. 8 Gr., 


. Beitfgriften. | 

Erholungsfunden. Zeitfchrift für gebildete Leſer. Se 
ausgegeben von G. Döring. Berhöter Jahrgang für 1838 
in 12 Heften, 5 Shtr., oder 8 Th 

York: und Jagdzeitung, Allgemeine, beraudgegeben vom 
a Behlen Neue Kolge. October bis Decem⸗ 
der 1 1 Thlr. & Gr., oder 2 $. 16 8. Zemar bie 
Decembre 1833 4 Thlr. 16 @r., ober 5 Fl. 2 

dDieſe Zeitſchrift erſcheint nun wieber —4 und bie 
Defte werben zu Anfang jeben Monats ausgegeben. Pen 
bis jegt fertigen 9 Heften end 5° „litpogenphiete Zeichnungen unb 
Tabellen beigegeben und für die naͤch Hefte find wieder 

. 3 5 Nrpographirte Zeichnungen in Yrbekt Dem innern Gehalt 

r ber äußern Ausfattung wirb ber Beifall der Lefer nicht 

Atze en. - 


naar 
In der Unterzeichneten iR erichienen und in allen Buch: 
Yandlungn zu haben: 
‚Bhetores graeci, ex codicibus florentinis, mediolanen- 
‘ sibus, mumacensibus, neapolıtanis, parisiensibus, ro- 
manis, venetis, tauriensibas, et vindobonensibus emen- 
datiores et anetiores edidit suis aliorumgue annota- 
' üGomibus instruxit, indices locupletissimos adjecit Chr. 
Wales 8 maj, Vol. I. Xi et p. 658. 
Dhrsiöpapiet 9%. 
Drudpapier 7 FIl. 12 Kr. 
Inhalt: 
1 Fouoycvouc ng0Yvar&ouare. 
M. "Ayp9ortov nooyvurasuaı Ta. 
1)'Mir3alov ToV Kauapıosıov Enıroun el; 1a 15 Enro- 
„gıxäis Acoyuuvâduære. 
2) Aravyüuov nel Tor ou Ay9orlov ApOyyuracueitev. 
. Otuwos vuvoouaTa. 
Zyölın El Ta airc, 
IV. Nixoikou Mpoyvuvaoızara. 
V. Nixmmgdeov toü Baoıklazn nooyuavaouure, 
VL Adgıuroö uelfrau. 
VII. Zevgpov gunynuara wu AIomorlaı. 
VIH. Trassylov- ou -Ilayupsgoüs mepyunräguare, 
IK. Ayoyvuov nooyuuvaonara. 


1} 


Geh. 
e ber Aufer- 





vol. X et 
ibp. 10 Rt. 
re 


on u alt: 7” 

Eitayarı eroMlay }x denpopärv Texvoyoapav eis 1a - 
dewuevu ric Eaueyevous Ömrogıxiis. m 

Zepewuü wal Zunarpov zul Mapxelltvouv eis Zidusıg Toü 


Eenoytvors. 
Vol. V. I et p. 620. 


Schreibp. 
Druckp. 6 di. 28 Kr. 
Inhalt: 
narodv oyölıe eig Tag Ziraosg. \ j 
Ma$fuov ou Illayovrov ayolia eis ıfy "Bouoybrous 
ey. 
Meipov nepl Twv Alvıay üytı3dasay. 
Ayayiuov neol Zrdaswv. 
Myanla-voö WAlov ep Zuvdnxäs.nor ou Adyov 
uegwv. 
Zwvoyız 1oy Imrogıxüv Idedy. 
VI IMooleyöusva ing Öntogixis. n 
tuttgart und Kübingen, im uni 1838. oo 
z & Cottage Buchhandlung. " 
— — — — —— — 
Dan Werehrern der eagliſchen Spende! 
Zn dee Buchhandiung von K. F. Amesabg.in Gerlin “ 
tflraße Nr. 11) eefölen und iſt Safelöft fowie in allen 
Hhandiungen bed Inr und Auslandıs zu haben: 


Ausführlices Lehrbuch der englifhen Sprache » 
für Schulen und Privatunterricht; enthaltend: 
wiſſenſchaftlich geordnete Anleitung zur Ausſprache und 
Aneignung der Sprachformen; vorfländige Entmidelung 

der Spntar, mit zabfreichen Webungsbeffptelen, beſonders 

fuͤr reifere und gebildetere Schüler höherer Claſſen; «einen 

Anhang zur Kenntniß und Uebung des im Mexcantilifchen 
uͤblichen Styles, und eine. Auswuhl guter,. zweckmäßig 

erläuterter Leſeſtiicke Von 
9: Burckhardt, aus Löndon, 

vedrer es ſchen 1 Sprade um dem are Söuiee fr Ba dem 
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3weite er 
42 camnpreffe Bogen im re O E a * auf weißem Douchpapier 


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Diefe, mit fo —— Deiſall· aufgmommene 
Sprachlehte, mit willenfähftlichem Geift Me aufaefBt, und gleich⸗ 
zeitig alle praktiſchen Zwecke mit genuͤgender Ausfuͤhrũchkeit 


verfolgend, iſt nicht für Anfänger geei net, aber tetfere 
ShHhüler, ſowol Jünglinge von cia ga ‚Borbilbung, als 
Damen, welde einigen vorbereitenden Untersicht in deutſcher 
und frangdfifcher Spree genoſſen, überhaupt — ve neben “ 
vielfeitiger Jertigle der —— geönbticge 
Anſchauung bes Eprachorgauiemus -erfirebt, wizb: dm" Diefem 
Werke volle Befriedigung finden. Vs übesteifft alle * 
Beste dieſer Art an Reichhaltigkeit der Materialien, und dabei 
iſt der Preis fuͤr 82 enggrbruckte Bogen gewiß hochſt mäßig. 
Indemſelben Bertage erſchten feſhrer: 

Vorfchabe der ewglußchen Speer For: Dertſche, 

mit beſonderer Berächäkigung der —2 für AMager, 

nebſt Uebungen zum Ueberſetzen, gun Eee: 
vern Fra Fi — —— rund. 
Sefeübungen. Bon 5 F. Burcdherst. 1838. 20c0tie 
are nuehie Bnciden —— — ber ‚dam geucci⸗ 
see er; sch 

nen. Eeben ann plohohe vortommenben Vbeoter und: Sieben: 
um Konwerbislernen. mepiri fach: unbe 
Huͤlfsbuch zur Erlernung ber englifchen Sprache, und 


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— tige ſich dreifach 


gen zu haben: 


vorzuͤglich zur Uebung bes Gedaͤchkniſſes, herausgegeben von ©. 
.Burckhardt. Zweite mit Phraſen und kleinen 
Erzählungen ſehr verm. Aufl. Gr 12. Geh. 8 Br. 
— *8 Engliſch⸗Deutſches und Deutſch-Eng⸗ 
1iſcheü Taſchenodrterbuch, nach ben an 
über beide Sprachen erfchienenen gröfern Wörterbüchern, ber 
fonders nach denen noh Adelung, Johnſon nd Cham⸗ 
bexs bearbeitet von G. F. Burdhbarbt, Zweite ver: 
mehrte Auflage, in weicher bie Betonung, bie Aus⸗ 
ſprache, das Geſchlecht, bie Mehrzahl, bie unregelmäßigen 
Zeitwoͤrter, die techniſchen, veralteten, wenig gebraͤuchlichen 
und niedrigen Woͤrter genau bezeichnet, ferner die Hinwei⸗ 
fung auf richtige Anwendung der Zeitwoͤrter und deren Vor⸗ 
wörter, und auf bie Mannichfaltigkeit des Ausdrucks, auch 
ein alphabetifches Verzeichniß der wichtigften Ränder, Derter, 
Zauf: und anderer Ramen, fowie ber gewöhnlichkten Abkuͤr⸗ 
zungen, unb eine Zabelle ber unregelmäßigen Zeitwoͤrter beis 
der Sprachen enthalten find. Zwei Theile Erſter 
Theil: Englifh: Deutfh. Zweiter Theil: Deutſch⸗ 
Englifh. 1833. Octav. Jede Beite in drei Spalten, 
mit ganz neuen Perlſchriften gebrudt. Engl. Drudpap. 
Sauber geheftet 2 Thlr. 8 Er. 


Politik. 
Soeben hat bei Unterzeichneter die Preſſe verlaſſen und iſt 

an alle ſoliden Buchhandlungen verſendet worden: 
Baierns Heerzug nach Griechenland, 
contradictoriſch eroͤrtert nach Grundſaͤtzen des Rechts und 
der Politik. Mit. Urkunden. Gr. 8. Geheftet. Preis 
9 Gr., oder 36 Kr. 
Bor-andern politifchen Flugſchriften zeichnet bie gegenwaͤr⸗ 
aus: durch Neuheit und praktiſche Wichtigkeit 
des Gegenftandes; durch bleibenden Werth der Erörterung für 
Geſchichte, Politik, Staats⸗ und Voͤlkerrecht; dadurch, daß 
äber den Streitgegenſtand bie Stimmen beider Theile bis zur 
Duadruplif fogar, contrabictorifch fich vernehmen laffen, "wobei 
bairiſche Amtlichkeit der einen, und wohlbefannte politifche Mei⸗ 

ſterſchaft der andern leicht zu erfennen fein wird. 
SBGtuttgart, Ende Mai 1833, 

Sr. Brodhag'ſche Buchhandlung. 
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In der Luͤderitz' ſchen Buchhandlung (GE. H. Schroͤ⸗ 
der) in Berlin erfhien eben und ift in allen Buchhandlun⸗ 


Dffened Sendfchreiben 
on Hr. G.:D.:8.:Rath 8. Stredfug, 
zur Verfländigung über einige Punkte in den Verhaͤlt⸗ 
niffen der Juden. Bon Dr. 3. M. Zoft (Verf. der 
eilt der Istaeliten). 6 Bogen. Gr. 8. Geh. 
3 Ä Ä 


Im Verlage der Buch- und Musikhandlung von T. 

Trautwein in Berlin erschien soeben ı 
Des Adlers Horst, 

romantisch-komische‘ Oper in 3 Acten von K. von 
Holtei, componirt von Franz Gläser. Vollstän- 
diger Klavierauszug vom Componisten, Pr. 5 Thir. 
12 Gr. Ouverture f. Pfte, allein 10 Gr. Sämmtliche 

Nummern darans sind auch einzeln zu haben: 

Die Oper „Des Adliers Horst“ ist bei den Auf- 


führunges in Barlin und Leipzig mit dem entschiedensten 


Beifall aufgenommen worden; die Bühnen von Dresden, 
Prag, Riga und Wien setzen sie bereits in Scene, und es 
ist keinem Zweifel unterworfen, dass alle bedeutendern 
deutschen Theater in Kurzem ihr Repertoir mit derselben 
vermehren werden, da sie, competentem Urtheile zufolge, 
überall zu gefallen geeignet ist. 


9 


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Es sei unter diesen Umständen eriaubt,.die 
Musikfreundo auf den obigen Klavieranszug 
aufmerksam zu machen. 


Bei Ferd. Eßmann in Minden if erfihienen: 

Platon's Erziehungsiehee,, als Pädagogik für die 
Einzelnen und als Staatspaͤdagogik. in Beitrag zur 

Geſchichte ber Erziehungswiſſenſchafte und Kımfl. Aus 
den Quellen bargeftellt von Dr. Alerander Kapp, 
erſtem Oberlehrer am Ardyigpmnafio zu Soeſt. Oder 
Diaton’s praktiſche Philoſophie. 2 Thir. 

Kapp, Dr. Ernſt, Einheit des geſchichtlich- geographt: 
fhen Unterrichts. Mit 1 lithograph. Zafel. 10 Gar. 

Derfelbe. Hellas. Hiſtoriſche Bilder für den Jugend⸗ 

unterricht. 10 Ser. . 


Untereicht in ben unterm Gymmaſialclafſen, in Reals 
und Bürgerfchulen. 74 Ger. 


Neue Schriften von Theodor Munde. 
In meinem Verlage erfcheinen foeben folgende hoͤchſt ie 
tereffante Neuigkeiten, auf weiche ich bie Freunde ber ſchoͤnen 
Literatur wie alle Lefezirkel lebhaft aufmerkſam mache. 


Novelle von Theodor Mundt, 
papier. Broſch. 1 Ihr. - 


und 

2. Kritiſche Wälder. - Blätter zur Beurtheilung ber 
Literatur, Kunft und Wiffenfhaft unferer Zeit. Bon 
Theodor Mundt. Gr. 8. Broſch. 1 Thle. 12 Sr. 

Mundt nimmt feit eigigen Jahren als Rovellenbichter wie 
als Eritifcher Schriftfteller unter unfern beliebteften und frucht⸗ 
barften Autoren einen anerkannten Plat ein, unb fein Urtheil, 
bas er als Mitarbeiter an ben bebeutendften beutfchen Journa⸗ 
Ien abgibt, gilt überall für eine der einflußreichften und geiſt⸗ 
vollften Stimmen, welche man in ber Gegenwart laut werben’ 
bört. Wenn wir baher feine neue reizende Geſichterſtudien⸗ 
novelle: „Der Bafilisk”, den zahlreichen Freunden feines 
„Duetts”, feine „Mabalon”, mit Zuperfiht in bie 
Haͤnde geben: fo Hoffen wir nicht weniger, daB feine „Kris 
tifhen Waͤlder“, in weichen er. in feiner lebendigen Me- 
nier Sharakteriftiten von ben bebeutendften literarifchen Erſchel⸗ 
nungen der Gegenwart entwirft, eine anregende Lecture für 
das gebildete PYublicum zur Drientirung im @eifl der Zeit feis 


werben. - 
Leipzig, Oſtermeſſe 1888. 
’ . G. Wolbredt. 


Soeben tft folgende’ zeitgemäße Schrift, welche insbeſondere 
allen Freunden des Schulweſens zu empfehlen fein bärfte, bei 
uns erfihienen unb an alle Buchhandlungen verſendet worben: 
Weber die Verbindung der Sprach- und Neal: 
wiffenfhaften in Gelehrtenſchulen. Andes 
tungen und Wuͤnſche von M. Rüdiger,. Rector des 


Im Monat Zuni 1838. | 
J. G. Engelhardt' ſche Buchhandlung 
_ 8 


in Freiberg. _ . 


Um GSollificnen zu vermeiden zeige ich hierdurch an, baf von 
Characteristics of women, moral, poetical and histo- 
rical, by Mrs. Jameson. 2 vols. London 1832. 
eine deutfche Bearbeitung in meinem Berlage erſcheint und zus 
Michaelismeffe virfandt wird. 

Leipzig, den 14ten Juni 1838, " 
Joh. Amber. Barth. 


— [m 


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Derfelbe. Leitfaden für den geſchichtlich⸗ geographifcen | 


1. Der Baſilisk, oder: Gefihterfiudien. Eine 
Gr. 12. Ver 


Spmnafiums zu Freiberg. Gr. 8. 3. Bogen, 6