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BP Se2ıl
HARVARD
COLLEGE
LIBRARY
Blätter für literariſche Unterhaltung.
Jahrgang 1833.
Erſter Band.
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literariſche Unterh tung.
ſSabtgans 1833.
Erster Band.
Sanuar bi Juni.
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Enthaltend: Nr. 1181, Beilagen Nr, 1-6, literarifhe Anzeiger Nr. I—XVL)
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8. A. Brodhans.
1833.
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Regiſter.
Aberglaube in Irland, Not. 36. ‘I train) 1192, (Fouch« — bie Sharte — Ball, G., Robeöpierre, ober ber neunte
Aebli, 3, P., GEeſchichte des Landes Glas} Audiatur et altern pars) 1208, (Le de- Zhermibor, 897. .
rise, 292. serteur — Reflexion — Danton — Des Balzac, M. v., Neue Erzählungen, a. d
Abfchieb einer Miſſtonairin, Not. 840. ie) 1324. Franz. 0.0.2.8. Wolff. 1. 8b. 1179
Abyffinien, Neueſte Kunde von; 1310. Arago, Betrachtungen über die Bewegung A Se. „ Ersähtungen und —88
Adele, Mad., Atab de Moutbard, 1828. und bie Natur ber Kometen, 274.
Abeif VL, &rof v. Holſtein, eDrame, 451,| — —— des Mondes auf unfre At⸗ Bien Di, vu Proph. Eiiſa 1295.
Ackerdaucolonien, Beisitäe, 2 ‚259. mofphäre, 967. Barginet, A., Die zweiunddreißigſte Halb⸗
Album -littör. red. p. A. Gathy, 1508. |Arago, J., et Kermel, Insomnies. 779. brigabe, deutſch d. D. 2%. B. Wolff. 839.
Aexis, W., Sabanis, 835, Arbigar der Er ue Wanderer, 520. Bärmann „SG. N., Ablev IV., der Held
Algier, lieber, MR. Arblay, Mad. d’, Memoirs of Dr. Bur- hat: ber Shauenburg, 889.
Allert, BHort., Indienne, 319, ney. Rot. rrington, J., Bistorig memorials of
Atpenrofen f. 1888, 282. Arlincourt, d’, * &corchers, 320. lie — 888.
———— — und ältere franzoͤſ. berfeh. v. Gambihler. 567. Bartels, Fr., Das Bombarbement von
Literatur, —— Bolt, Segenwärtiger Zuftaib| Antwerpen, 1100.
Alvensieben , ra »., Der Lügenkaifer, 543.| beffelben Barthold, Fr. W., Der Rdmerzug Koͤnig
Umerita, Reifen d. Herzoge Paul v. Wür: — Zuieratur, Not. 804. Heinrich von Lägelburg, 235,
temberg in. Grfter Art. 1129. Zweiter] Arnaplt, Bouvenirs d’un sexagsnalre, — — Georg von Frundeberg.
Art. 1473. 964. Not. 1086.
fgen aus Kr 5 B. Abrian). Arasult, F., et Fournier, Struensde, 96%, Bauerafelb, Buftfpiele, 450,
1289. Zweiter Art. 1 Baumſtark, Edw., Staatäewiſſenſchaftliche
Ammon, Fr. W. Ph. v., — der ben Artand. A. F., Macchiavell, son genie Werfuce über Stoatscredit, Staatsfchuls
würbigften Perfonen, welche im 16., 17.) et ses erreurs, 1059. den m. f. mw. 1007,
m. 18. Jahrh. von bes evang. zur kathol. Artemiflo, Die Schauerruine, 971. — e., Der Sonntag, 28. |
Kirche übergetreten find, 842. Arthur vom Rordftern, Blicke der Vernunft — Novellen und Phantafieges
— Chr Fr v., Die Sortbirbung bes; in das Jenſeits, 837. mälde, 159.
Ehriſtenthums zur Weitreli igion, 860. thalie, Gine vor⸗Racine'ſche, 696. — — Faurſtus, 561.
Andeo f, 3%, Gtatiftifcge kwuͤrdigkei⸗ Athene. Rebig. v. Ehr. Kapp. 1. u. 8. — — Das tolle Jahr, 1159.
ber Xoctau, 28. 9. 827, Belant, H. E. R., Schriften. 18.8. 112.
3 Bere h ‚ Atkinson , J., —— ——— fl — — — — Angelo deil’ 2 112.
Angetfachien, ehe in erautgeg. the women of Persia, " — — — — Erzaͤhlun .
RR. Schmidt. 1. Th. Auch eine polit. Schrift, 1455. — — en cine. ‚ der
Ansuaire du bureau des Tongitnden p.|Austin, Sar., Characteristics of Goethe, Bandit, 1092.
1833. 00. 982. Beleuchtung , erdiättice , bes beutichen
Antiten, 198, Autenrieth PA & v., as ben Be: — I.
ine r rieg auf der Univerſ. Bemerkung üter vn reffag: : Beiträge
Angeigee für et bes deutſchen Mittel: —X herrſchte, 1 zur Charakterſchiidr. einiger Beitgenoffen
atters, 1156, Baader, Drang, Pit. Schriften und a den aut . 1831 (0. 9. emerit. 9ı in
—— (Extrablatt — BReminifcon)| Auffäge 2. D.), 476.
532, (Bleihnig — Gegenfag) 552, (8a Baafh, A. J., — 889. Benede, S.z, Beiträge zur Kenntniß
valeite — Tür Pädagogen) 676, (8 Baggefen’s A I. , Briefwechhfel, 801. der aftdeutfchen Sprache und Literatur.
" bensweisgeit — Ooheit des Gefühtd) 784,1 Bähr, I. C. &., Gelchicte der römifhen| g- Hälfte. 147.
(Berlorne Worte — — —— 1255. te Geſchaͤfteverei Bennati, J., Die phyſiolog. u. patholog
uggire tedesco trico-/Baiern, Fortgefegte Ge svereinfachun Y ”
-Jore — Gchönet —8 SIE, (Politik| im, 620, 4 FR vigefeg f fachung Berhättniffe der menfchl. Stimme, 1363.
— Werth dee Anebdoten) 1040, (Anek|Baierns Heerzug nach Griechenland, 1028. Bennq, 3. G., Novellen. 28 Boch. 76,
"date — Borſchlag — Abeltprobe) 1148, Balbi, Adr., Abrege de geographie, 900.!Beranger, Chansons nour. et derniöres,
(Salebiner — Anektote) 1164, (Meprise — Bailie, Se Dis, Die fufame pe Mebenf.|_ 576.
— te) 1176, (Garicatur — Euife © Berger, Mor., Rinterabende, 1092,
Blatter für literarifche Unterhaltung
Jahrgang 1833.
Erftter Band.
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2
Blätter
für
literarilche Unterhaltung.
Sabrgang 1833.
Erster Band.
Sanuar bis Suni.
Enthaltend: Nr. 1— 181, Beilagen Nr. 16, literarifhe Anzeiger Nr. I—XVI)
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% A. Brockhaus.
1833.
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Regiſter.
Zoergionbe in Irland, Not. 36. train) 1192, (Fouché — die harte — Ball, G., Robespierre, oder ber neunte
acht, 3,9., Geſchichte des Landes Sla:| Audiatur et altera pars) 1208, (Le de- Xhermidor, 597. .
, 298. serteur — Reflexion — Danton — De⸗ Balzac, M. v., Neue Sr ählungen, ©
—*8 einer Miſſtſonairin, Rot. 840. lite) 1324, Franz. v. D. L. B. —8
Abyfſtaien, Neueſte Kunde von, 1810. Arago, Betrachtungen über die Bewegung Bangkel, &., Eriohlungen und Rene
Adele, Mad. „ Atab de Montbard, 1828.| und bie Ratur der Kometen, 274. Boch. 876
Moif VL, Graf v. Holflein, Drama, 451.| — Ginfluß des Mondes auf unfse At Bien Die, des Proph. Eiiſa⸗ 1295.
Aderbaucolonien, Beigifche, 259. mofphire, %7. Barginet, A., Die zweiunddreißigſte Halb⸗
Album “littöx. red. p- A. Gathy, 1508, Arago, J., et Kermel, Insomnies. 779. brigabe, deutfch v. D.2.8. Bolff. 839.
Iris, W., Gabanis, 325. Arbigar ber Er ue Wanderer, 520. Baͤrmann, G. R., Ablev IV., der Heid
Algier, Ueber, BAR. Arblay, Ma Memoirs of Dr. Bur- en der Gcauenbung, 889,
Allert, Hort., Indienne, 819. Rey. Barrington, J., Bistoris memorlals of
Ylpeosofen f. 1888, Aare Y en &corchers, 320. Us! Ireland, 888,
—— * und aͤltere kanzſ. Mh} v. Gambipter, 567. Bartels, Br., Das Bombarbement von
Literatur, Armenilches Bolt, Segenwärtiger Zuftaib] Antwerpen, 1100.
Atvendleben, rare v, Der Luͤgenkaifer, 543.| beffelben, 9. Barthoid, Fr. W., Dee Mömerzug König‘
Umerila, Reifen d. Herzogte Paul v. Wür: — Literatur, Not. 804. Y vdeioriche von Shgelburg, 235,
temberg in. Erſter Art. 1129. Zweiter Aroaplt, Souvenirs d’un sexagenaire, — Georg von Brundäberg.
Art. 1473. 964. Rot. 1036.
aus (v. J. V. Adria n). Arnoult, F., et Fournier, Struensde, 964, Bauernfeld, Luſtſpiele, 450.
1289. Zweiter Art. 1813, Baumftart, Edw., Gtaatswiffentchaftiiche
Ammon, Fr. W. Ph. v., Galerie der ben: Artand, A. F., Macchiavell, son genie] Berſuche Aber Gtaatscrebit, Staateſchul⸗
wöxbigften Perfonen, welche im 16., 17.| et ses erreurs, 1059. ben w. f. w. 1007.
=. 18. Jahrh. von der evang. zur kathol. Artemiſio, Die Schauerruine, 971. Behkein, 2., Der Sonntag, 28. |
Kircye übergetreten find, 842. Arthur vom Nordftern, Blide der Vernunft — Novellen und Phantafieges
— Gr Fr. v., Die —— des, in das Jenſeits 837. mätde, 159,
Ehriſtenthums zur —— . j&thalte, Eine vor» Rocine ſche, 696. — — Fauſtus, 561.
Andeoffef, A., Gtatiftifdge fwürbigkeis | Athene. Rebig. v. Chr. Kapp. 1. u. | — — Das tolle Jahr, 1159. >
ten über Bostau ‚8. 9. 827. Belant, H. E. R., Schriften. 18.8. 112.
—— 868 . Atkinson, J., —— and manners f| — .- — — — "Angelo beit’ Duca, 112.
Angetfachien, Die Berge ber hereutees the women of Persia, Fa — — — — Grjählungen
v8. Shmüt. 1. Th. Im eine polit. Schrift, 1455. — — Nietro cine. P der
1838. 300, 982. —* Serhiättiä, bes deutſchen
Xntiten, 198. anni, 3. 9. 8. v., Ueber ben Geiſt,, Staatsrechte, I.
—* im 8Ojähr. Kriege sauf dee Univerf.| Bemerkung ter ven "uffag: Beiträge
Angrigre Kir Kunde des dentſchen Mittels Tübingen berzfchte, 1 zur Eharakterſchildr. einiger Beitgenoffen
alters, 1 Baader, — Piel. Schriften und in den 2 f. 1831 (0. 9. emerit. 9 in
* nr gr nf — ——— J. 2 839. —
( — Gegenfag a Baafdh, ., Ge * enecke t
— Be RS: —— * Sen
densweitheit — Hoheit des Serie) 783,1Bähr, I. 6. J., Geſchichte der sömifhen| ©, Hälfte. Gm
(Berlorue Worte — Schoͤne Maxime — Literatur, 1
Buggire tedesco) 824, (Cocard trioo-!Baieen, Forigeſerte Gefchäfte Bennati, ®., Die phufiolog. u . patpolog.
ee Forteeſette Geſchaſtevereinſuchnng zer nflmiffe der menfähl. Grimme, 1 15
. — Werth der Anefboten) 1040, (Anck | Baierns Veerzug nad) Griechenland, 1028. Benno, I. ., Novellen. 28 Boch.
dete — —5 — Adelt probe) 1148, | Balbi, Adr., Abrégé de géographie, 900. Béranger, Chansons nour. et —e
(Ialobiner — Aneltote) 1168, (Miprive|Baide, Ri, Die vlame She. Urberf.| 576. Ä
— at) 1; 1176, (Goricatur 1352,
p. Luiſe Eck. Berger, Mor., Din eradende, 1092,
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Berlin, Gorrefpondengnachrichten aus, 23,1 Brodhaufen, Mub., Euife, bie Königin, | Campagna, Mäuber ber, 715.
52, 258, 464, 547, 668, 827, 911,| feche Geſaͤnge. 837. Canada, Statift. Rot. 944. .
1055, 1208, 1495. ® Brockhauſiana, Art. aus ber Zeit. f. d. eleg. Sannabig, 3. G. Ir., Reueftes Gemaͤlbe
Berri, Herzogin von, Denkwuͤrdigkeiten u. W. abgebr. 991. von Frankreich, 1239,
Dauptmomente aus ihrem Leben, 524. |Bronikorwsli, Alter. v., Gchriften 13, und Capefigue, Histoire constitutionn, et ad-
Berthoud, Henr,, Le cheveu du diable,} 14. ®b. ober Dlgierd u. Olga. 4. u. 5.| ministrat. de la France, 1321.
951 j
. sh. 40. Sappellari, 9. M., Kri des heiligen
Beſchreibung ber Schlacht bei Lügen unb — — — Die Frauen von Stuhls 1431. ‚ru beilig
Guſtav Adolfs Tod, 641. Neibfhüg, 61. Safanova, Urtheil ber Revue de Paris
u aber bie Repräfentation mo: — — — Beit, 519. c Ober Im ge Aitia dal
ralifher Perfonen . Cellini, Benven., Vita a lui
B:belüberfesung, Berfälfgung ber englifchen,| . "app, &. , Polniſche Miscellen, Nr i meide., pobl. dal Tas, 537. le
— ** parlamentariſcher Beredſamkeit. —— — 1189 an hand unt Eiteratur, 882. "
1288 ’ auge, : Chambers, Rob., Lives of illustr. and
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a 6 sehn Mies Garn Ging Tun Ei
v. C. A. Holmboe. . ‚ Urfpr. ‚864,
Bignan, Une fantaisie de Louis XIV, run, Brieber, Römifhes Erben, 989. bgl. Shey, W. v., ——ã— Eli a
950. R iolaericht, Buccaneer, The, a tale, 564. T. TAæx. Perarca, Drama.
Witberbed, 8. 8. v., "Das Specialgericht, — . = ü 5 —5 — 6. 8. Bar —e— pr — — ade u. Wörtern
, und v. 3. Sporfchil, 1017. „4
Birmanen, au bes Ghriftentgums in Buchdruckereien u. Buchhändler in Frank⸗ Bäder, der (Kuffog v. Wilh. Schott),
ihrem Reiche, 932. reich, 295. .
Biſchoff, Merkmürbige Sriminalvechtsfälle.| Bucher, A. L., Zür Revolutionsfreunde u. —— ——— zur oͤſtreich. Ge:
1. Bd. 3 0 ‘ . . {}
Revoiutionsfeinde, 150,
Blanc, ———
digſten aus der Natur u. Geſch. der Erde. * Königehand, 1176.
.1..%5., 1857. Ban, Huber Beruf und Stand des ginrend, Uefprung bes perjogl Kite von,
Biaut, ©, Br,, Das Muftge, 212. Bußolg, BB. D, Gefhichte ber Begier| ysugon, Therdse, 390,
Blicher, ©. 38 —— kur Buckogaem 185 Mi —e— re.) Slaufewig, General K. d., Vom Kriege.
» Ye %s « y mv. .9g . - —
Ntoqhen auf Rhodos, view and family ma gaz. Rot. 640, 56. diaterlaſſ Werke. 1. Bd. 1. 2.
Blindekuh, Not. 448. Peard, E., Le marquis de Kermo-) si" Dis gRact des Gewiſſens, Drama.
Blum, K., ODramatifche Werke, 714. triou, 820, ,
Blumenbach, W. C. W., Neueſies Gemälde) Bührlen, J. &., Der Enthufiaft, 868. Cobres, AL, Der Reichetag ber Thiere, 176.
ber öfkceich. Monarchie, 1239. eutfäpen, 907. nficten eines Süd Cie offering, The. Bd. dy Lu M.
Blumenlefe aus Gchlefiens Alpenthaͤlern, deutſchen, * Sheridan. 167. .
881. Buͤlau, F erfaſſung und Verfaſſungs⸗ Gonfeil, &. P., Polit, und philoſoph. Miss
Bohemus Ye Die Burgruinen Boͤhmens. 2. 88 dei dnigreichs Sachſen. 1. Bb. cellen aus den Memoiren und der Cor⸗
Bbh. . z.reſpond. v. Th. Jefferſon. 741.
Bohe, A. W., Geſchichte der neuern deut⸗ Bulgari, Stamati, Notice aur Capodi- Constan .D theisme romain
(den Bocf; 316. strias, 892. u Dupoly
‚ 85.
Bonnelier, Hippol., Calomnie, 320, Bulier, Gugen ram, 25. Walter Scott's Gonverfations » Lexikon ber neuften Zeit unb
_ “| Urtheil darüber, 132.
minee, 780, La pleque de che _ England ai —— gr _ *
— Juivre et Mauresque, Buͤrger, ©. A., Aeſthet. Schriften. Her⸗
N ausgeg. dv. K. v. Reinhard. 407. Pie runs, 25.
1327.
Borel, P., Champavert, contes immo- Barnes, F ee of, a visit to the Corbiere, E. de, Les pilotes de l’Iroise,
raux ’ y t
* ® 3%. .
drne, L., Briefe aus Paris. 8. u. 4. Tg. Burnouf, E., Rapport sur les travaux 984 |
Ber ’ j pa de la sociôté asiat. (Aufſatz v. J. ©. ef 1 ' herausgeg. von Aloys
Ausıe| 8. Kofegarten) 1493, wer
ee * — boit des Aut Buß, 8. 2, Bot, u. Volkermoral, 312. Coup d’oeil sur la révolut. de Pologne,
ee —S Baiernt, 591. Bussoni, Ph., Memoires, fragmens his- Gramer ‚br, Sf chi chte ber Erzieh. u. des
ichts
Literatur (Probe baraus), 77.
sitter Art. 8 —
Boucher, Glossary of archaic and pro-| toriq. et correspond. de la duch. d Or- Unterrichts in welthifier. Gatwidelung.
vinc. words, Rot. 60, 112. leans, 845. . . 8b. .
Boury, Ad., Me&moires de, 1241. Butte , Dr Dip. a Craon, la Priac. de, Thomas Morus, 779.
Brofilien, Klima. Not. 84, Byron über Eoott. At. 855 Graffelt, J. A., Die Bekanntfchaften im
Braun, J., Die Mebdicin des 19. Jahr- — vor, en 991 rt. 855, Einglifhen Babe und die Ahnung, 971.
hunderts, 645. T. über £iebe, 991. — — — Die Gur, mnebfk andern
— von Braunthal, Fragmente aus b; Cabot, Seb., A memoir on, 612. intereff. Erzählungen, 971.
Tagebuch eines jungen Themanns, 756. |Gäeilie, Taſchenb. f. Freunde der Tonkunſt, Grebillon, Das Copha, beutfch d. 3. Gas
Briefe aus und nad; Abbera u. f. w. über] herausgeg. v. kyſer. 288. fanova, 1191.
Demolritos angebl. Verruͤcktheit, 194. Callenius, G., Der Tod bes Malachoweki. Crome, A. J. B., Selbſtbiographie, 1057.
— — Wien Über ben Herzog v. Reich⸗ Drama. 709. Sruflus, M., Notiz über befien Turco-
ſtadt, 1040, Gamaleonti, o. bee Briefwechſel durch die graecia, 1500
— — Bin an Frau &—u, 1806. Kapuze, Luſtſp. d. C. P. u. 448. IGuriofe, Eiterar. 1119,
M
Cartis, Th., The exist, menopoly, 492.|Droz- Desnoyer, Le conteur noir, 779, Falſen, E., Ida. Aus b. Din. von Ehr.
Cuvier, G., ” Mömoires, 1870. Drudfehierunfug, Not. 448. G. Wetter 717
Dahl, 3. &., ‚Domcapituler in Mainz Duden, Sottfr., Europa und Deutfäjland!Faulkner, A, B., Visit to Germany and
1031. von Rorbamerifa aus betrachtet, 919. the Low Countr. 454,
— — Die heilige Hildegardis, Duelle in Jena, Not. 100. Feldzug der Ruffen u. Polen gwifchen Bug
Tis Duller, Ed., Der Antichriſt, 1287. und Narew, 19
Daͤnemark, Finanzen von, wie der Hergeg: |Dunlap, will, History of the american Felix, Jul. de &., Dalilah, 951.
thümer Schletiwig u. Holftein, 773, vgl. theatre, 1044. Berber, 8. W., Reue Beiträge zue Kennt:
Rathanfon. Duval, Aler., und Bictor Hugo. 3”, 589. niß des getverbi. u. commerc. Zuſtandes
Danileweky, X. Michaleweky⸗, Denfwür | Dyre, Alex., Ausgabe der dramnt. Werke) der preuß. Monarchie, 607.
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Fichte, J. H., Ueber Gegenſag, Wende:
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414,
Sebiet, ar. Earle, A., A narrat. A a nince months
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Reifen, verd. v. 8. 3. Ph. v. Martins, She, Ueber bie, sie.
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Dazur, Fr., Marie ou l’initistion, 1828. 2ufifp. 7
De imitatione Christi, wer ee geſchrieben? Eiſenlohr, ehr. Jak., Irene, oder Verſuch Follenberg, K., Seid. vr Berbinbungen i
35. Bermitt!. ber bilofo b. Syſteme (v. der neuſten Zeit 7. 09
—— er Diamanten und Ju: 8 Mehring), ⸗ Forgei me net for 1838 by F. Skoberl,
Eifenmann, 3.%., und 6. F. Hohn, topo⸗
Delstouche, Valde aux lups, 912, 98. ee ‚ fatift Lexikon vom Königr. —* —5 Guſtav Adolf. Hiſtor. Dra⸗
e, Can, Les fis d’Edouard,| Boiern,
—— ν ove Eiſenſchmidt, L. M., Beiträge z. Kenntniß * er. A, nicherdett, üderf. v. q,
Delavigne, er ar XI. Trip. „ über. * —*8 600. D. Gries. 2. Th.
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779
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Demoftpenes’ Staatereben. Ueberf. u. f. w. England, Briefvoſten in, und fatift. Notiz. Fraͤhn's, Ch. M., Beleucht, der merkwuͤrd,
v. Irdr. Jacobs. 657. 1368, Notiz. eines Arabers aus d. 11. Jahrh.
Dentwürdigkeiten und Hauptmomentt auss — Dampfwagen und Gifenbahnen, 1381.
dem Leben ber Herzogin v. Berri, 524. | 328. Franee pttoresgne, 1285.
Deppen, D. v., Novellen. 1 Bid. 1092| — Journalweſen in, 635, Tronti, & a6 Habsburglied, 835.
Desbordes-Valmore, une raillerie de l' - — Skizzen aus (0.9. 8. Adrian), Branfteich, Buchbrudkreien u. Buchhaͤndl. r
mour, 952. 817, 993. in, 295.
— Les pleurs. Poesit — Borſchlag gu einer literar. Want, — Religidſer Glaube in, 727,
nour. 968. 7r2. — Verbrechen in, Rot. g8.
Desprez, Ern., „Un enfant, 951, — Literatur, Neuere, 2, 28, 654,| — Vertheilung bes Bobens in, 712.
Diaicktiſches, 756. 787, 869, 980, 10% , 1846 . Franz, Agnes, Gyanen, 1852.
Diamant. Der Linte, Not. 586. . — Marine und Dampfiäiffadrt zw. Franzoͤſiſch und nur Franzoͤſiſch! Not. 776,
‚3. &., Berfudge zu Sehen, oder| Indien, Not. 768. Franzoͤſiſche Golonien, Statiſt. Not. 944.
Bde auf die Vergangenheit, 312, — _ Romanporfle zur Charakteriſtik der — Uiterar. Antiquitäten, 512, 1099.
Divination auf ben naͤchſten wärtemberg.| neuen u. ſ. w. (0. F. G. Kühne). Er _ Romane, Neuefie, 319, 774,
Sonttag, 10. ſter Art. 25. Zweiter Art. 177. 950, 1096, 1147, 1827.
Don Pedro's Made, bearb. v. 8. Kruſe, — Union, große literar. 888, — Sprüchwörter, Ueber einige,
Dopmel: und Munt enſchen i. 3. 15 Ensiyo, Kistor,eritiee sobre la legial “> Zeitſchriften in den Provi
ppels erm n i. J. 1557.|Ensayo istor.-critico sobre la legisla- — Zeitſchriften in ben Provinzen
Misc. 68. cion de Navarra, 533. ui 556. zen,
Fremy, Arn., Les deux anges, 819.
rere, Ed., Fragmens lättör. de Jeanne
Grey,
Döring, &., Das Opfer von Ofleolenta, ICntführung, Die, oder der alfe Buͤrger⸗
37. capit. Lufiip. 880.
— Phdantaſtegemaͤlde a. 1888. Erdmann, Fr., Expeditio Russorum auct.
102. Nisamio, 1354. Breudenreih, D., Die Zamilie Orloff, 776.
— — BRoland vor Bremen, 847. Erfahrungen eines jungen Magiſters 844. Freundedgräber, 889,
— — Tage der Vorzeit. Dramat.|Grinnerungen eines alten preuß. Offtz. aus Freya, od. eheliche Kiebe und haͤueliches Les
rerät. 713. “| d. Zeldzligen 1792. 9 1127. ben, 419
edber R. F v., edmei . Annalen
1.u2 zer
Bine, G., Guflav —* Helbdentod,
ine der Srofr, Rt, über ihn, 315,
496, 1291,
beffen eigenhaͤnd. Dies
glnlefolationen, 87.
D., ‚Jean Papl edr. Richters Eryählungbliterotur
desen und &h —— 1206 ® Elder, Dor., —8è > raltiänge, 854.
Dramatifihe Bürherfhau f. 1882, Stfleri eff Ne BW., Denkſchrift auf Georg Hermes,
Artitet 445. Zweiter X. 598, Dritter 363 nl u ’
Art. 709. Etienne, Pauline, 1147.
Dresbvens literar. Leben u. Wehen am (Ende) Etwas über bie neneften Volkefeſte in ei
des 18. Jaheh. Erſter Art. 625, Zwei⸗deutſchland, befonders In Baiern, 120
teg Art. 79, uftatdios von Ipeffalonih, Rot. 632.
u. | j \ ® Ä 1)
. x . IV ” j
Friendship’s offering and winter ’s[@riedhenlanb, Mittheilumgen über, 105, Heine, H., Bus Geſchichte der neuern ſqꝛ
wrath, 167. 878, ve, 658, 678, 750, 955, 1210. | nen Eiteratur in Deutſchland, 929.
Frigart, gt Anregungen. Erſte Rums — Rotigen 900, 1876. Th. 1388.
mer. 287 Griechiſche Sproche Grammatit und Erris baten I. A. G., Gedichte. 1. H. 880.
kographie, 972. J. 6. A., Grundzuͤge ber C
Erienwalbt, 3. M., Wiens erfte Belage⸗ minalpfphologie, 1050. os e.
rung durch bie Türken. Drama. 451. |Heder, 3. $: ©., Die Tanzwuth, 395.
Srieffelih, 2., Sktzzen aus dee Mappe ei⸗ — GE. Th., Saitenklänge, 965.
Gagern, Mein Antheil an ber Politik, IV.
497, vgl. 801.
Gardiner, W., The music of nature, 48.
Gay, Mad. S., Un mariage sous l'em-
ı pire, 774. nes eifenden grmdopathen, 16501. Senftenberg , 6. ®. und bie e
Beyenwart Polit. und literar. 345. Grosheim, ©. E., Fragmente aus ber Ges —— mangelt
Geib, K., Handbuch der griech. u. roͤm. ſchichte ber um 1115. Heft, Bernd. , Die "Rinde und ihre Geg⸗
ee —— 1881. 1184. — — Chronolog. Verzeichniß, ne, 579.
Gelehrtenge e, ge zur, Bibliothek l. De
——— The irish, 932. Grosztowsty, ©. v., Das Leben bes Ge 2. Bd. "Bavater. 288 $, ir ner.
Gerbeffen, 3. A., Reben an das Volk, mer. Gr. Bog. Tauengien, 459. Herloßſohn, ©,, —* Leiden, 124.
127 Großmann, Ehr. 3. £., Ueber eine Re⸗Hermanfried, Srauerip.
276. 7.
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Gersborf, Wilhelm. v., Renate, 818. Gruber, &. X., v., Spätlinge, 829. Hermes, Georg, 362.
Seräihte, Die, von ben fieben Schwaben, | Gruner, &. A., Ueber MWollsfchuhwefen u.| Herrmann, A. 8. ag kebrbuch ber allgem.
Boltsvereblung , 1871. Weltgefchichte, 1
Befäihtfäeeiser und bie Geſqichtſchreibung Gruppe, Die, der Charitinnen, 220. Dergendtron , —E Keinigleiten. 8 .
ten barüber, 465. | Guacharogrotte, Die, 752
—— —— heilige eig, | Gurtoda, Meftfät. — — 1833, der: Heu soir,
ber, 830 / ausgeg. v. M. Bachmann. —* . beye⸗ —æeS—— v. beutfch. Sprache,
" Gunn, W., Cartonensia, 860
Glaukopolitanus, Gaef. Nyktimen., Die Günt er, %., @üb: und Norblihter am Si, Hofr. ., Dr. Waagen u. f. w. 169.
magnetifgen Träume, 830. — [perula. Theologie, 116. Hirtenbriefe, Drei geiftlihe, 14.
Gluͤmer, Charl. v., Die graue Nonne an ag, Geſchichte unfrer Hodges, G. Li., Narrative of the ex-
clemence⸗ Grab, 844, Ge ber Gegen⸗ Erde, ‚1344. Poofiſche ng te anf pedit. to Portugal in 1832. 1247.
— si. — : Die Fehbe der Geg Guſtav Adoif, wo er gelandet? 8. — Ir Menſch in allen
— Dehrdent und Did — — König von Schweden, der| Hoffmann, K. 3., Das Richtvorhandenſein
ung. 1. u. u. 2. Boch. Netter Deufhlande, 642. der Schidfalsidee in ber alten Kunft (v.
Godofshin, 1043.
Golbery, de, Essai sur l’hist. et les an-
tiquit6s du departem, du Haut-Rhin,|Halls, J. J., The life and advent. of deinen,
1099.
Halevy, L., et Francis, Indiana, drame.| Amab. an ‚121.
1479. —8X bes deutſchen Kir⸗
Nathan Pearce, 1310. — L bollͤndiſche Bolkslieder,
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Goͤſchel, — F., Seel und feine 3eit, 238.| %. b. Engl. v. 2. K. Meier.‘ 1837. — C. 3., Kampfbilder, 837,
Goſſelmann, x. * Reife in Golumbien, Hammelburger Reife. 11. Fahrt. 925. — K. F. Rolle. ., Jahrbuch d. Rei⸗
überf. v. A. ©. F. Freeſe. 1240.. Hammer, Jel v., Sefsigte bes odman. fen u u. neuſten Statiflil. 1. Jahrg. 1003.
Soßler, A., Das Chriftenthum, 1090. Reihe, 9. Bd. — — — Die Erde und
Gdihe, ueber Kunſt und Alterthum. 86 H. Sat, Ad., Das Dräbchen von Gleiwitz, ihte < Benopner, 1804.
bes 6. Bbs. 143. W., Beichreib. ber Erbe, 1804.
— und Satan, v. Feop. D. 1164. FR „Henr., Tante und Nichte, u. Die — J. J., Beiträge zum Schach⸗
Goͤthes nachgelaffene Bere. 1-5. Bb. dritte Frau, 376, ſpiel, 1852.
— Cliſabeth, 1892. Hoffnung. Ein Gebicht. 8834.
ri —— an Labater, herausgeg. v. obegr⸗ Ueber das Heirathen der Armen, —— C. F. F holerodea (Kritik d. Ih.
€ nbt
Gottesftant bes Heil. Auguftin, 884. Hanf, G., Biftor.s ftatift. Darftellund | Hook, Th., I "The parson’s daughter, 1048
@öginger, M. W., Deutfhe Dichter. 2. ber Anfel Fehmarn, 1036. Hormayr, Jeſ. v., Taſchenbuch f. d. vater⸗
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Bräberg von Sen, Das Sultanat Mogh' 5 — einpfgologifhes Nachtſtuͤk, 897.
ribb⸗ul Alfa, uͤberſ. v. A. Reumont. 1378. 685. Horſt, J. F. to der, Getreue Erzaͤhlung
Graͤbner, K., Novantiken. 2. 8b. 971. |d’Haussez, Bar. de, La Grande-Bre- bes Verlaufs meiner proceſſual. Verhaͤli⸗
Graffs altpodjbeutfcher Sprachſchatz, 623. | tagne, 871. e in Hamburg, 55.
Gräff, Der, wie er leibt und lebt, 883,
Great, ein Gefpräd über das Papſtthum.
Gregory, 8. v., Denkſchrift Über ben wo ‚259. .
ren Verfaſſer des Buches von ber Na debr. „eine poetifch » muſikal. Toilettengabe. u, Eh Die bemagog. Umtriebe in b.
avast, Fe TO und, 8 Michael, Sproͤß⸗ —8* 834 A., Gfiggen aus Spanien. 2.
inge
Heafh’e Pieter. nal, by L. Ritchie. Huerne de Pommeuse, Des oolonies agri-
folge Chrifit, Über. v. 3. B. Weigel, 85.| 102, aſchaften, 69%, dgl. Bolenberg.
Greswell, W.P., A view of the early|Hegels, G. W. J., Werte. 1. — A, u. Hugo, ietor, Le roi s’amuse, 8
paris. greek press. 564. 12, Bb. 233. La Quinqueng
Greverus, J. P. * Ueber Shakſpeare's deruq Gräber, Not. 76. — Luorèce 7 26 261;
Romeo und Julie, — Heigel, ©. M., Die Zeitalter, 721. Parobien barauf, 608.
Gua 8, Zelpn, 966 Seine, ©, Stangöfifge Zufände, 846. = .— under. Dunal, 352, 539.
% v —
HAego, 5 Litterature et philosophie Ralaihuitof, S Bu ——9 115. Sb, Job., Die Maurin, 916.
des Kauf: rufe, Di u utt d
Hulbigung den Frauen a. 1833, herausgeg. anne Sholobor (v. 8. ©. Kühne), BL: ‚ do, ie Urgroßmutter und ihre 8%
v. opel, 97, — — Diealten Freunde. Yalmyra. 40.
— — a 1334, 1378. Kamenski, Demetr. Bantyſch⸗, Geſchichte — — —— —E8
Homtold, Bob., Die Sutperbrile, 1248. | Nieinrußlands, 1195. hen von Rhodos, 916.
Surtabo, Der Zeufel ns groile Oper, Lapodiſtriat Schriften über, 60, 260, 392.| — — Das fhwarze Herz, 1179.
bearb. v. Lichtenſtein. 45 Koramfin’s Geichichte bes zuffiihen Beide] — -—— Don Pebro’s Badye, 1179,
Hyakinth, Denkwuͤrdigkeiten "Aber die Mon 11. — herausgeg. v. Blubow. 1805. | — — ©. auch Blicher und Kay:
golei. U. d.Ruff. v. Fr. v.d. Borg. 179.1 Karls XI. von Schweben Viſion, Officiell. mund.
Jacob le biblioph. Vertu et temperament,ji Gutachten darüber, 1068. Krufeniann, ©., Ratigen, herausgeg. v. X.
75 — Quand j’etais jeune 776. Karr, Alph., Sous les tilleuls, 775. El. Sterk, a. d. Holländ. uͤberſ. v. C.
Jacob, K. G., Charabteriſtik Lucian's von Kartoffeln und ir. Verbreitun ng 864. Mapboom. 444.
Samofata, 420. Keepsake, The, ed. by F. Mansel Rey-Kucharſti, Neue Eintheilung der flawifchen
Jacob's Anfichten von den Birkungen der) nolds, 164. —— 851.
Gold⸗ u. Silberausbeute u. ber Münze, Kımpis, Thomas a, 85. Kuhfahl, L., Die Geſchichte ber Verein.
723. Kirchenmuſi ueber, 819. Steeten von Rorbamerita. 1. u. 2. Th.
Jacobi, ©. J. *8 — der Stadt z Kiggheler, M ., Das Leben Wilh. Farel's, —8 F.T., Poerie- francalses et ita-
he ae Bu — Klaproth, J., Examen crit. des travaux iiennes, 199.
—— 8* blungen bes de feu M. "Champollion, 586, Kunft, Denkmaͤler alter, 140.
gar * nee * eife im Drirat 088 Klein, J. A., Das Mofeltpal. 1. Abthl Kunftftatifif, Zur, Rot. 148,
quem Ad Orient, den en 782. Kurländer, gafpiele, oder dramat. Almas
ur &; 5 zum beutfi olks⸗ 0” Dentplätter f. meine Freunde L ned f. 1 1858 22. Iabız. 446.
. abutte, eux m © saceord 820.
Jahrbuch — Buͤhnenſpiele Heraußs Klencke, Herm., Harmonien für Geiſt, Herz|Lacroix, J., Une grossesse, 780,
gegeb. © - 5. 8: Bubig. 12. Jahrg. fl und Ginn, 834. Ladenburg, ®., Die Gl ellung be
833. 446. Klenze, Berfuch über bie Bedeutung ber|_ vaeliten Badens, 861. “öhelung der Je:
Jahre, Zwei, in Peteröburg, 1073. Provinzialftände, 483. Lafosse, T., Le bosquet de Romain-
James, Mary of Burgond 982
rem, Rem, über bie Beichiffung ber Luft,
an Yaul, ar aus beffen Leben.
7.8. Beftl. (v. € nsltfab) 1169.
Jeanne de Naples, 1147.
Sefsitenbelannt haft, Gine, 1874.
Klusmann, Fr., Rovellenkranz beutfcher| ville, 779.
Sdeififeler, 1. u. 2. Bd. 344. tamartine, Alph. de, Wo flehen wir? 92,
sur, ® A., Anſchauungen a. b. Schweiz, Laͤmmergeier, Dex, 0. Gelerabler, 455.
Knorring, 8. R Miee Bibliothek für ” en Fr * * Po Nr
norrin v. ufſiſche ang itter v., oſchreiben a
—— —— a a arehen on 3.
Knowles, J. er » The elle, a tale off fange, —8 ‚bi Diedertaͤufer zu Muͤnſter,
Jeux floraux, 7 Mantua, 1248. Schauſp.
Jaorꝰe Bug gegen m die Polowger, 1124. |Röhy, R., VPoetiſche Werte. 1. I6. 812.| — @., Unterfucungen über die Geld.
Smmermann, 8., Merlin. Cine Mythe. Komet, Der zu erwartende große, 276. u. das —*2* ber nord. u. deutſchen
(Beurtheil. v. ®. Alexis) 873. - IKometen, Ueber,. 274. Helbenſage, 902.
!Impartial, 1277. Koenig, H., Die hohe Braut, 1041. Laplace, Voyage autour du monde, 592.
Indien, Brauenverlofung, Rot. 96. Könige, I T, Dre Sommer, 830. Lappland, Denen ha Erſter Artikel 65.
— Notizen (Weihe eines Parfentem: | Kopenhagen, Gorzefponbengnar. 627. Zweiter Art, 1
pels — Alter der Bılt), 156, 252. Korais, literar, Nachlaß, 7 Lasker, J., Beide, 839.
— äulzefen im britifäyen, 129, drner, Jul, ie zu einer Phi⸗ Lassailly, Les roueries de Trialph. 951.
Ingls, A. D., The Tyrol, 863. lofophie des Nationalismus, 103. Laſſanis, G., Der Renegat auf Morten,
Inſel id, Die. Hiſtor.⸗ romant. Erzaͤhlung, Korte, C. G., König Voilmar auf Har⸗ Üäberf. v. Harro Harring, 608.
denſtein, Trauerſp. 722. Laube, H., Das neue Ja rhundert, 1219,
*. Antiquites du grand cimetiere| Kofegarten’s, L. Gotth., Reben und Eleine Sauenftein, Fr., Neue Sammlung von Ge:
d’Orleans, 656. proſaiſche — ——8 von @.| dichten, 833.
Jof, I. M., Allgemeine Sefhichte des] Chr. Er. Mohnik Lauter, K., Pring Hugo, Sr 598.
isroelit. Wolle, 605. Kogebue, A. v., —8 des deutſchen eeben, Das, auf dem Lande, 244.
— __ Dffnes Sendſchreiben, 861. — fortgeſ. v. 8. A. Kuͤder. 4 Bd. Lebensdauer, Menſchl., Berechnung derſel⸗
Journal of an excursion to Antwerp, 868. ben, 1168.
Stalien, Aus, 89, 84, 212,424, 732, 791, — — Amero⸗ dramatiſcher Lecerg, Th., Nouv. proverbes drama-
936, 948, 98 4, 1060, 1228, 1272. Spiele. 81. Jahrg. tiques, 1056,
— Bemerkungen eines Ruifenden über, | Krämer, ©. v., Geſ ia ni unüberwinbl. Lefävre, Jul., Confidences, 964,
969, Blotte, 1 1396. Legouve, E., Max. 779,
‚5%, 540, 544, Krebſe, ihre Verwandlung, 1144. Leibrock, Aug., Der weiße Sonntag und
Literar. Noti
576, 624, 1080, 1 52, 1244.
— Zaſtant der Liter. u. ber Wiſſen⸗
ſchaften in, 1445.
Suben, ade Lage in Preußen und Schrif:
Sure Irrthum, Starker, Not. 840.| und bie Schweiz, 2
Kaffıe * — des, Not. 808, Krofigt, Erneft.v., Laͤndliche Stunden, 244. Leopardi von Rimini Sefprädebüditein, 684
Kaifer, Joſ., Kleinigkeiten für. eine allgw | Krug, WB. Zr., Allgem. Handwoͤrterbuch der Lerminier, E., De l’influence de la phi-
lange Stunde, 484. phitofoppifgen Wiffenfchaften. 1. 2. Bo. losophie du 18. sidcle ‚sur la lögislat.
— Franz, Der Weltorganismus, 1175.1 110% 070,
Kritel, Adelb. Iof., [1 Bubeeife durch ben] drei anbere Erzaͤhlungen, 800.
größten Theil ber Öftreih. Monarchie) — — Die Bamilie Ahiburg, 972.
bert,
Reititer und Rrititen. Befefe. 64. Eembert, Bifor, Ofisge der f. E: Hoftpeater
Kröger, 3. ©., Reifen durch Deutichland Lson, Mad. de St., Henri, 780.
— — — — — — — -
" "WM
3, G. Urtheil über Keger, 62. Maclaveli’s fämmtl. Werke. u Michelet, 8. , Einfeitung in Degel's
sein — she in Sonn] ® Bere v. 3 ‚Biegter 1. Bd. 1150. —— Abhandlung en, 233. 8 ie
Same ms Echweden darüber, 5 2, u Für, in Ver Bi B., Bereit und Behreib, de
— ec v 5 ehema ei Cam
Lettres de Napolöon à Josephine, 120; Bind. mit Wriebri IT. Antimachiavel), IMtiehieroic, , Rot. 636.
Bemerkungen gegen biefen Auflag von ” WB. Braten von Hohenthat» Städten) — Drbon’3 Rebonte, 747.
Buddens, 1895. . tiefe. 1151. — Die Bücher bes poin. Wolke,
. Lead, Fr., Ueber das Anlehn ber koͤnigl. mliit J. E., Der Graf v. Mirabeau, 22. 1282,
preuß. Geebandlung, 211. Mahon, History of the war of the sac- — Konrad Wallenrodt (v. K. 8.
— X, Das Octoberfeſt im J. 1882. cess. in Spain, 47, vgl. 604. Kannegießer), 1345.
1172, Mai, A., Scriptorum veter, nova coll. Mintberg, F., — Sagen u. Er⸗
— 7 Movellm. 3 20. 1 |gRaci R y * ie England ale —** Io 10 1048, 1084, 1096
N N 1 a 099, eſchichte von 5 and, ceuen, N ‚ ⸗
de makit ber ruffiniſchen gperf, d,.G. 9 Murm. 2. &h. 1491. | 1140, 1160, 1212, 1228, 1248, 1856,
’ —* — vo, Hanbbud der Mill: 1291, 1308, 1316, 1320, 1828, 1344,
tairgeographie v. Europa, 1294. 18360, 1872, 1380, 1392, 1482, 1443,
Liber, L., Frescogemaͤlde und Genrebilder,
838. Maltig, G. A. v., Pfeffertörner. 3. Hftl.| 1460, 1492, 1496.
dies mi Ig enduch f. geſell. unterhalt. 175. Witcelen, Krit., 124, 810,
Manna, Das, ber Ieraeliten, 1296. Miserrim , 564.
Life, "The, ih a saylor, 787. Bank, Konr,, Geſchichte der Deutſchen. —72— Rot, . Geſchichtliche Radroeifängen
Lindeman, $. 8. v., Meine Gefangenfchafti 2. Th. 896. über bie Gitten u. f. w. der tübinger
in Rußland, 1404. ** J. a.” ‚ Anfangsgrünbe d. Geo: Ecubirenden während bes 16, Jahrhund.
2 ⸗ 2 grap
Eindner, Wolf, Einige humoriſt. Abende. u es "9. $., Geſchichte der ger\mRalke, B.0., Decftellung ber innern Ver—
Eipomätg, 8. 3., Eben u, Theten Mari * Zgeindungen ber meuflen Ari.) pältife unn des gefelfihaftl. Zaſtandes
1. len,
milian ‚Sof. IL. Manou, Lois de, trad. du sanscrit par|Mönn W. B., Paͤdagogiſche Blätter. I.
Fiterarifche —* 788. Loisel. de Longchampe. 1087. p Fl Pãbagosiſch
— BL, cv di Greuel dee Ins Marheineke, Ph:, Geſchichte der deutſchen Montgomery, J., Journal of voyages and
tio Reformation, 194, traveis by Tye erman and Bennet, 856.
quifition, 97 Maria Aegyptiaca, 795. — Lectures on poetry and
p poetry
eittrow, 3. J., ee Lebensverficherumgen |Marfano, W., Marco Dolorofo, 511. general literar. 1246,
und anbere Berforgungsanfkalten, 181. — —— Die unbeimlichen Gaͤſte, 511. Montigny &,, Seien aus den Settgügen
— — — lieber ben gefürchteten Ko⸗ Martin, H., Le libelliste, 952, der großen Armee, 1448, °
meten b. 3. 1832. 275. Martineau, Miß Har., Selbſtbiographie, Moore, 7 ‚„ A journal from London. to
Livre, Le, des conteurs, 819, 779. 1348. Odessa, 864.
Localdramen, Kleine, 879, Massou, M., et A. Luchet, Thaddaem| — Th., Travels of an irish gentie-
Lohner, © W. K., Nürnberger Zahrbis| le ressuscit#, 952, mean, 980.
.1. 858, Maͤßigkeitsvereine in Großbritannien und Morgan, Lady, Dramatic scenes, 1246.
Sonden, Statik. Not. 944. Amerita, 708. Morier; En der Geißel. nederſett v.
Lorend, Rud., Grundzüge zu Vorträͤgen Matraja, Giov. Gios., Genigrafia ita-| @porfhül. 7
über bie Geſch. der Wöller und Staaten 3 212. Moͤrike, Ed., Wier Nolten. Norelle. 8;
des Altertb. 963, atthäi, G. Chr. R., Der Myfticismus, | Mortonval, Der Graf von Blamajor, Q
Löm’s Gefchichte der beutfchen Reichs⸗ und — b. Franzoͤſ. von 2. Kruſe, 811.
Territorialverfaſſung, krit. Misc. 124. Matthias, Ueber poften u. Poſtregale (v.|Mosaique, La, 1285,
Eoöwenigh, Barto v., Gedichte, 830, Ruͤrnberg en. 4 458, Modtau, —8 Denkwuͤrdigkeiten von,
— March. Eeſare, 782. gtidinen 6, Ir. v., literariſcher Nachlaß. Not. 2
kLuden, H Fflſchihte des deutſchen Bolkes.! 3. u. 4. Bd. 196. Möwes, *. Der Pfarrer von Andouſe,
7. — Mayer, R., Lieder. 618, hiftor. Ko. 428,
Du Freiherrn Ferdin. Ar. v. — zZampa/ od. die Marmorbraut Muczkowſki, Joſ., Samml. ver vorzaguich⸗
Sedendorf Dechtöftreit wider Se. Mai Tem. Dper, n. d. Franzoͤſ. v. ©. Blum,| ſten und feitenften poln. Dichter, 792.
den F v. Sachſen, 55. 598. mine , & D., Denkmäler der alten Kunft,
Ludvigh, M es
en in Reſe ia Hager im 3. 6. Orlopfopm. " N riere. Drrautgeg. | _ B., Ueber das Verhättniß des geiſtl.
Standes zum ©taate, 176.
* KV. Ractrag su beffen Geſchichte, Mensiren eines deutſchen Gtaatemannes, Fr., Denkwärbigkeitn ons Gries
— XVMNI. Memoiren, überf. v. Meémoires de la s0ciété des amtiquaires| den er berautgeg. von P. D. Brände
2 * Rd vergl. "tot de Normandie, 1099 — Alex., Grundriß zur Kenntniß ber
* *33 &., —52 — der letten 50 —— . Seize ans a20us les Bour- a paliın in Europa und Ames
n Benz! Wolfgang, 701. Münd, E., Allgem. Geſchichte ber neuften
Lügner Sat, Erika über bie 200jäh: De Sofchendud d. neuften Ind, Erften Bbs. 1 — 3. Liefer. 1
tige Jubelfeier urban 64. Weſchichte. 3. Jahrg. Mundt, Der Baſilisk, oder ehe
Lügen, 8. v., h. Mergy, oder bel — — an bie Regler. | fublen, 1059.
oriholomkutnade 1028. über ben Bühernaddrud, 1226. Durat, 4a, Ueber Amerifa, 48,
Maccaroniſches, Sadichuich⸗ 696. Meritanifche Alterthuͤmer, 1859. — Briefe über den moral. und
Mac Farlane, O., The lives —— exploits| Mepnert, O., Kriegeſcenen, 164. nolit, Zuſtand ber Verein. Staaten von
of banditti and robbers, — — Korallenzmweige, 511. Rordamerita, 1225.
—* deſſen polit.⸗ literar. Bit Rordamerika, 945.
tigfeit im 3982
Erſter Artil
ↄweiter
— Das Recht ber Ratienen
Grftreönnd geitgemäßer Staatsver⸗
en, Z01.
aſungen, Binrdk des Staete, 50.
— — Das koͤnigliche Veto, 58.
— — Die Bolksſounverainetaͤt,
197.
— Ueber Wiberftand, Empoͤ⸗
rung und Zwangsuͤbung ber Staatsbuͤr⸗
er, 201.
Mufenalmanadı, ei eine Neujahrsgabe f. 1833.
Derautgeg. von H. Küngel u. Ir. Met.
Diutfcher, heraudgeg. von
2. * Thamiſſo — 5. Jahrg.
Messer, Alf. de, Un spectacle dans un
fautenil, 255.
— Paul de, Samuel, 779,
Ragel, Guſt., Erzählungen, 112,
Sreigtr. Darfiellung bes
& ber Briten sea die nordame⸗
ritauiſchen —— 183.
Intereſſante Erzaͤhlungen,
Nariseus, Joh „Geſammelte Blätter, 180.
Rathanſon, M. L., Dänemarks Hanbel,
eiteprt, 8 Geld» md dinanzweſen, 57,
773,
e, e, Bur, 455, 1068, 1295,
1
ichtliche N ‚1148.
* I., —E Pflanzung u.
Leitung ber Se Kirche durch bie Xpos Bopelentsang beutfäger Gchriftfteller,
fi. + Bb.
Rebbermeyer, F. ry — b. freien
und Danfeftabt Sombn 18, .
—— Handbuch f. Reiſende in Frank⸗
en Inſeln und Maltas, 126.
Retertarfe » herausgegeben v. Fr. Richter, Difen 8, Tob., Sefhichtöbücher ber Stadt
Kefreiog, Neuer, der Deutfchen. 9. Jahrg. Olschen, M
Reuffer, &., Das Gebet bes Herrn, 837.
Reumann, © s. W., —— eine: einer Seſchichte
ubvoͤgte, 987,
Kit 8 ——— Did, der Knaben Oppen, D. V. 37
raͤuber. Schauſp. 449
Ney, maréchal, Memoires, 1847.
Neyfeld, K., Polens Revolution u.
im J. 1831. 1285.
— über Goͤthe, 56.
Tal 3. U, Klagen
ber Polen, meter. bearb. v
Gauby, 1467 d. Be. Fehr. v
Kampf Orioli's Vorleſun en über
vu
Ueber (von W. Pirfcher),
617.
Kork, F., Figaro's Memoiren, 204.
Dttenheimer, Henriette, —— 51.
ilber und Lieder,
835.
Abermals eine Stimme über, Oettinger, E. M., Liebesblicke, 484.
Ourliac, Ed de, Jeanne la noire, 951.
Drenftierna. Ein Brief von ihm. 276.
Normann, Dane, Deftzeih wie es ift, 615.|Pacca, Barthol., Hiſtoriſche Denkwuͤrdig⸗
Notizen, Am
876, 1152 .
———e — 1888
—— 8, 476, 588, 796, 1508.
liſche, 8
152, 164, 208, 248, 272, 296,
824, 368,
aeitun. +
376, 896, 452, 520, 612,
4, 44,484, 512, 644, feiten, 289,
Anekdote, 1812.
Pal lady, Fr., Joſ. Dobrowsky's Leben u.
gelehrtes Wirken, 1362.
‚92, 60, 72, 132,|Paldamus, H., Römifche Erotik, 1484,
820, Palgrave, Fr., 'Th
e rise and. rogress
of the engl. commonwealth, 455.
624, 628, 6is, 652, 678, 680, 716,| Panorama litter. 1273
736, 740, 748, 768, 780, 816, 820,
de l’Univers, 1285,
823, 880, 884, 1003, 1028, 1032, 1072, Papſt, Der, und bie Freiheit, 238.
1384, —— — 12, 20, 144, 276,
— ran
"284, 304, 308, 324, 336, 356, 364,
868, 872, 432, 600, 603, 612, 628, |-
648, 634, 692, 716, 740, 796, 820,
904, 960, 1004, 1008, 1032, 1044,
1056, 1068, 1092, 1104, 1180, 1232| — _
1276, 1336, 1356, 1364, 1396. 1400,: —
1404, 1416, 1420, 1448, 1472, 1480,
1488, 1508.
Bermifchte, 16, 24, 48, 92, 172,
176, 188, 224, 30, 320, 328, 404,
448, 476, 430, 488, 523, 560, 564,
672, 576, 708, 872, 876, 892, 932,
940, 1012, 1016, 1064, 1076, 1080,
1088, 1128, 1182, 1186, 1152, 1156,
Paris, Gorzeiponbengnacheidgten aus, 307,
899, 1259, 1339, 1506
Die Theater im Jahre 1888... 281.
Zweiter Art. 479.
Kunftausftellung , 506.
Republilan. Zeitfchrift in, 728.
Gelehrtes Eſſen in, 7833. -
od. das Buch der Hundert und Sin,
überf. v. Th. Hell. 2-4. 8b. 1089.
Miscellen über Eiteratur, Kunft unb
Öffentliches Leben in, Erſter Artikel 785.
Zweiter Art. 877. Dritter Art. 1117.
Vierter Art. 1021. Fünfter Art. 1273.
‚Eine antiromantifche Zeitfchrift in,
Deffentl. Bauten in, 1875.
1184, 1188, 1220, 1224, 1236, 1252, Paffionat Sort und Antichrifti, 511, vgl.
1268, 1284, 1288, 1300, 1832, 1408,
1428, 1456, 1464, 1476.
unbe, Der hiflor. Riefenverein in (v.
K. 9. Ritter v. Lang), 724.
Defele n AL Freih. v., Büder aus Italien,
Art. 1
Dehlenfchläger und Ingemann, Rot. 588. |Pecchio, Gius.,
neket Gemaͤlbe Italiens, der Delönig, Ed., Bonaventura, ober Leipzigs
aeheimnißvolles Daus, 915.
—— 1 ‚108.
Srauenftein ‚ 1092.
O' Mahony’s, bes Grafen, polit. Erinne:
rungen, 442.
ber Geſttze, 1487.
riental. Helfen, Zur Liter. der, 522.
der Etrusker,
Orlowstg, Aler., Pat 516.
eines Verbann⸗ Derſted, H. ©, Minbetale over E. v. af —2*
Schimmelmann, 200.
— — 6 t Geſaͤnge Oertei, W. v., Harald und Elsbeth. 186
he oe v.!Orthus, Zach., Lobgebicht auf Stralfund,
herausgeg. v. C. D. Zober, 495.
KRiemeyer’ 3 Beben, Al deſſen Becenfent im Li⸗ Ortlepp, E., Lob: u. Schmähfchriften, 508.
teraturblatt,
Rimi, Mob., Die din vom Schloſſe,
Nader, Ch., Oeuvres, 778, 815.
Nopitſch, Se: 8 L.teratur der Spruͤch⸗
wörter, 13
Nation, 838.
— Cdleſtin, 968
beiden, 968.
34, Paltorf, 3
v., Beiträge zur Reviſ. pa⸗ lope,
bie Alterthuͤmer Penn,
— Landtagstieder für bie deutfche
Not. 8
Paſſow, Kan ‚883.
W., Wahrheit ohne Worur⸗
theil,
Paul, 23 von Wuͤrtemberg, Reiſen in
nen Erſter Artikel 1129. Zweiter
i no a quel punto Ile
roduz. scientif. ec. segnano le leggi
conom. della produz, 223, u
Semi-ser, observat, of
an ital. exile, 568.
. 8. v., Der wilde Jäger von he da Saluzzo, Silv., Tre nuove tra-
gear
1314,
Mie prigioni, 688,
Memoiren, 742.
Opere, 998, 1086.
—— 1884, herausgeg.
v. Th. Hell,
Granv., Memorial of the profess.
life and times of W. Penn, 787.
Pepin, Alph., Deux ans de regne, 1318.
efpicte ‚ Neuere, Not. 808.
Literatur, Denkmäler
der (v. %. 2. Dartmann), 1358.
Peru, Handel in, 752.
Petersburg, Bevölkerung von, 920.
Petrarca’s6, Kranc., ſaͤmmtliche Ganzonen,
Sonette, Ballaten und Triumpke, überf.
u. ſ. * v. K. doͤrſter, 8
Pfaff, K., Allgem. fen ber
europ. Menſchheit. 1. Abth.
— Das —8 ber Kriegt⸗Pfeiſfer, S. F., Meine Reiſe u. Rhahr.
Gefangenſchaft in Algier, 247.
vr
Pfirſichbaum, Der (v. 3. &. Klein), 913.|Rafarls Gartens u und bie barnady gewirks Richter, 3. U. 8, dandbuqh ber populair.
Dfoffer zu Reue, J. J. X., Sonnenblicke/ tem Tapeten, 860 Aftronomie, 1858,
und Rebelmolten, 971. — Lo spasimo di Sicilia, 848, — Am. ©, Xusgabe bed Corpus
yhyhandafien, - Gonflitutionnelle, eines alten Fahele Raclaf, Brudfi. aus 977, 1198.| jur. canon. Rot. 1100.
©teuermannes, 150.
‚|[Rauer, Die Probleme der Staattkunſt, 149.| 1267.
ee Das, in ber Literatur. ’|Raumer v., Geſchichte Guropas ſeit Riemanu, K., Politiſch⸗naturhiſtor. Abe
ſen Einfluß die Geſundheit. 188. bem de bed 15. Sapıy. 1 . @d. 309.| hanblungen, 532. 6
Poilipt, B.. D eutſche Beidiht: mis be 2. 8. 1161. Kiefer, ©., Belt. Belenöt. u. ſ. m. über
fond. Kuͤckſicht auf Religion, echt un — F 3 Lehrbuch der allgem. Geo⸗ Gmancipation ber Juden, 861.
Gtaatsverfafl. 1089, graphie, | Ritchie, Leitch, The library of romance,
Phrenologie in England, 1180. Rapadı, G., &, "dent an Caͤſar! Poffenfp.| 863, 1088. Dre 3 ber Gef,
meier : ‚ oman er v.
Feder, A Der Dumoni als Städte) "der Meter. Bukfp. 450.| : Brankreich, überiegt v. I. D. Spazier,
Dingenauer, ©., auf bem Kufien, S7E en uf. Bokhologlen, 856. 1. |Hifet, @. 8, Der Orden dre Asappife
en r 3 und ſein Lehrmeiſter .,* Mh Le puritain de Seine| 1265. wpixen,
eiber, 1484. et Marne, 77%. Nitfon, Joſ., Reue Feenmaͤrchen, Rot. 780.
PieteeD, Sorrefpondengnachrichten aus 0.| — — Daniel ber ʒ Gteinfänei Roch, E., Paris malade, 780.
B. Pirfher), 251. ber, uͤberſ. v. &. Krufe, 1179. Roclig, $r., Für Freunde ber Tonkunſt.
Pium_desiderium (Eingeſ. v. E. Münd), Recueil de —8 de jeux Aoranz, 765.1 4. 8b. (v. ..® endt) 699,
676, Need, Andr., Martha, Roͤer, H. 9. E., Ueber Herbart's Des
Paten, Aug. Graf v., Geſchichten bes Kb Beformationgefhichte — der Diſſiben⸗ thobe der Begiehungen, 1423.
nigreichs Neapel, 1118. ten in ber Stadt Pofen während des 16.|MRähr, Unſer Herr als das Muſterbild aller
Platner, Ed., Lieber bie polit. Beſtrebun- u. 17. Jahrh.) 1180. Weltverbeflerer, 735.
gen ber g egenmärt: Zeit, 145. Rehm's, Joh., Gedichte, 839. Rorpell, Rich, Die Grafen von Habsburg.
Pluto, od ober Bertpeibigung bes Buchs: Die Reichard, H d. ©., Hiſtor.⸗ polit. Anfihten] er. Preisfhr. 771.
unb Unterfuchungen, 673. Homanenliteratur, 40, 75, 112, 311, 844,
gr m und ri (v. 3. 8. Klein), 365.|Reichlin: Meldegg, Der Freih. v., 100. 876, 463, 519, 651, 696, 799, 848,
E. und ®. Kollar, Brafliiens Beid J., Biblioteca scoto-celt. Rot. 116. 915, 971, 1098) 1179, 1858, 1892.
——— täftige Snfekten, 1063. Reifferfcgeib, Ferd., Klänge freier Dufe, 176. Romans ‚Li, de Garin, p. Paris, 1099,
Polen, eine Schriften über, 3 388, 471. Rein, Th., Bilder aus dem Leben, 344. dmiſche WRalaria, 711.
Zu deſſen — xemreg G., Genbfäreiten an die Lehrer Roos, H. U. 2. v., Dentwärbigkeiten aus
— Bolkspoeſie der, 1168. der utterfprache, 1 bem Kriege bes q 1812, 1331.
— Sculptur und Architektur in, 1868. Reinhart Buchs in feinen en verfhte, @eflals |Roscoe, Th., The landscape annual, 164.
— Sktizzen aus, 276. au (von 2. geimällen). Srfter | Rofenkranz, X, Neue Zeitſchrift fuͤr die
— WBolktlieder der, 585. kel >. Zweiter Art. 213. Dritter] Geſchichte dee german. Bölker, 9. .
— _ £iterar. * en, 584, 719, 924, a _ — Die Raturreligion, 279.
1000, 105%, 1 es 1260. * Theorie bes menſchl. Er — — Handbuch einer ollgem.
Politiſche Dichter, 17 untnißvermoͤgens. 1. Bd. 569. Geſchichte ber Poefie, 1088.
Poͤlid, X. % e., Sroatsrsiffenfaftt Bor —*5 10083. Rosier, La mort de Figaro, 914,
Iefungen. 3. 8b. 1258. Relation über einunbvierzig Dichter der Roſinis Torquato zoo (Aufſat von Dr.
Polniſ Dichter, Neuere, 1020. neueften Zeit, 829. Zweiter Art. 961. Karı Witte), .
— Gebdbichte, 746, 792, 1771. KRellſtab, vi os sählungen, GSkizzen u. Ge⸗Rugo, A. W. G., Das Dermannslied, 966.
— zuereiue, deſondere der neuern/ Dichte, 1 Rumohr, E. F. v. ., Drei Reifen: in Ita⸗
p Be Fr kur Rot. 516. Republcain, | Le, franzoͤſ. Zeitſchr. 728. lien, 17, vgl. 169. DeutfäeD
o 6, Ro — — — — Deutſche Denkwuͤrdi
Pons, Gasp. de, Charles d’Albret, 779. Elan hr 8. Zheſcie Cacilius pe keiten aus alten Papieren. 4. Dt. —*
— N. aan nd Ben über Ratur e Romante, Gine, aus dem Eriminalrecht, Bunde, Rursgefaßte olbenburg. Chronik,
Schweb. v. G. Ericſon. 578. Rush, Rich., Narrat. of a resid. at the
Popnlaire, Le, 1277. Beoifione » Beätfertigungefkrift in Seqen court of London, 1247.
Portugiefen, Ueber ihre neuere Literatur, des quiescirt. u. |. m. ©. S. Thomat, gupa, Dav., Der Dbotrite, 651.
t. 9, 9 Russel, J., Tho causes of the french
Gere 8, 2 enbfunben, 5%. 26, ı ovellen und Gryählungen.| revolution, 782.
Dre, D.C, 30 8 grtrih be Bei Te Kuffiiche an Ka ten über. ©,
igreligiös geweſen . Publi e, — iteratur, richten
"Eine Sebenägelh. 1. 2.Wb. Mit einen —** — Not. 428.
Urtunbenbude 1. 259. 1108. ent geenärtige Gmmung u of, I., Gtimmen der Mefcrmation unb
Preußen und Po Lage, 538. der Reformat an die Kürften
——— zu —2 — 88. Rheinpreußen, Steunerregulirung in, Rot. ger ln Seit, 610. u BöL
Hroteſch X. Ritter v., Das Land zwifchen) 70% Bacchi, L'arca Yi B. Agostino, AM,
den Katarakten- bes Kits, 181, Ricard, Aug., L’ouvreuse de loges, 776. Ga fens Anſchluß an ben preußifchs bairi⸗
Promötheides, Les, Gatire, Not. 592. Richter, FIr., Nero, Trag. 59, f Bollverband (Briefe von Fr. von
Prom ee „Berausgeg von H. Z3ſchokke/ — .— gen * Ra am HUF: ?), 519, 4, Bhf, 529.
— — Die Ehre von 5— r.
Drofeinemmadieret und Br. v. Ammon’s em u. Die 1. Unftechlichteitschel | — —** eit dem re 18
Gonnertitengalerie, 841. —— 1981, “ ’ 73. J I % .
Ramalila, ind. Feſt, Rot. 78. Rickette, Narrat. of the Ashantee war,
MI er MM U Th — — ⏑⏑ u ED a A A A BE A an u
EB AO ED an BE Du BEE —— ——⏑⸗— ö— — —
nd
a
. ———— —
x
mie, ul ige, berf. v. er.
eat, 8. H., Die Söttlichkeit der Biber, |Schmittgenner, Fr., Weber den Eharakter|Scribe, 'un amant
831. und bie Aufgabe "unferer Zeit in Bezieh. Le malheur un —8
Sagostin, D., Roßlawlew ober die Ruffen| auf Staat u. Gtaatswiffenfhaften. 1. O-]Scheimaier, Maria Joh., Gedichte, 838.
im im 3. 1812, äberfegt von C. Goͤring, 1078. Seranemonen. Novellen eines Unbelanns
Schmitz, 3. W., Grundlage eines allgem.| -ten. 652. .
Binde, X B, Le mutile, 773. Gredituereins für Anleg. v. Eifenbaynen, | Senancourt, de, Isabelle, 1147.
Selle, Eus. de, Bakontala & "Paris, 1056.| 1227. Seybold, Ft., Novellen, 1407.
— — Au ber Fuche, über. v. Bcneibanin , 8. 3. &., Lavalette's wun⸗ Senfarth, Möoldemar, Weine Beifetoge in
eo. Alvensieben, 1180. volle Rettung, 582. Deutfälanb, Frankreich uf. w. 3.4
Selm, Const. de, Mes soixante ans, 1476. — — — Usbertiefrungen xh.
Salmigondi. 8. et 9. vol. 951. u. ter zur Geſchichte. 1. 9. 1391. | Spaker —8 tanzende Quaͤker, 251.
ondis, oder noveliſtiſche Buntereihe | Schneller, I. 5., Iahrbugp neue Tha⸗ vb. X.
des Auslands, überfeht v. Hell u. f. w.| ten und Beiten f, 1 —— am, Bat uͤberſ. v. Ph
Band, G., Löin, 1148, ie yo an — Iberlau.— un Anacronismen, 956.
riefe
— Jul, La rose blanche et la rose Frankreich, 853. et Frag Be — Dem Krieg
rouge, 964. Scholler, K. F., Italieniſche Reife. 2. Bd. Shurreef, Jaffur, Quanoon - e-Islam, or
Sandfort, J., Lives of engl. female wor-| 195. the oustoms of —W in India etc.
1248. Cähön, Riät Schoen Not. 712. transl. by G. A. Herklots, 47.
en. a: G., Reueſte Schriften 1-8. eig 35 * Pe fpecielle Pa | Sicher, z Tuͤbinger Liedertafel. 1. H
/ 184. _
—8 U. v., Zeichnungen aus ben © enpauer, Jop, Neue Rovelen, 655.) — — Die kleine Lautenfpielerin,
Eeben und der —— 7 26 of ea, Jul. Dor., Maͤnchens öffentiichel 1340,
Gauswein, B., Der Amerikan Ba im Gebiet der Malerei, 1076.] Giümonianer ‚ Die &t.: und ihre Beluflis
882, ——— F., Pr 7a, 1558. gungen in d. Umgebungen v. Paris, 171.
Scarpa, Antonio, 791. Schram, Joſ., inheit ds beutfgen|Sjx weeks on the Loire, 787.
Säpefoereblung u. Wollyerwendung, Ueber, Baterlande ) "1808 3. Sketohes in Greece and Turkey, g1.
Schreiben on *** iber ben Herzog von! Sinde, Ad., Records of trarels in Tur-
— M. F., oe Reichftabt ‚ 84.
‚Sb. v., a It Kunft, 7 0. Drei aus Rom gegen Kunftichreis —8*— teen etc 569.
, * * —X Kud) cin Wort ae: „se Ri E., Ueber Gothes Tauf,| F Dialekte, Reue Eintheilung der⸗
._ Geldihte der Ron: i280. ben. Bibeläberfegung, 1000.
898, 6.8 B Beifaer in. ‚Waldeniguich, E. Are H. G. O. Dright, Be-
— J. H., Leben u. Selbſtbilbungs⸗ burg), ' 2 m searches in Armeaia, 145
bes Ichrten Bauers Rica. — Edqttenſpiele bes Eu, 1408,
— 2 be bens RING der ber Eiche, 696. —— — — Trſp. 717.
Schhildener, &., Kine Auffäge aus bes Eau, B., Bas darf das deutſche Voll "3. @., Kofdenbud g Werhreis
brängter 3eit, 1404. n feinen Landſtaͤnden erwarten ? 339. tung geograpbifcher Kenntaiffe. 11. Jahr⸗
Schild erungen * Begegniſſe eines Biel⸗ —* ehr. — Elifabeth, Teroein . 1008.
gereiften, 505, 895, vgl. Not. 588. Bee und Eandgräfin von Thurin⸗ m -— Dos Könige. Böhmen,
Shiller’s Geiſterſeher, Eine neue Bortfeb.|e Aug., Gedichte, 965.
def. 1220, umde, Cogen R in) Haryes, 468. Sonette unb Gugien Dom Berl bes Don
won gu, — L. Pe af Sch — — ag u. 28. Bi. Soulis, Er., Las deux ondarres, 7.
‚ Die, bei Kappel, 1216. — &., Armin, gen. Herrmann. Sep. Erchn, 8, Buben Au — Wr de 66.
laguhren, deren Verbeſſer. 1559. Net. u — Unioteftäten in, Rot. 88,
— ‚ De Kirchenftaat, bibliſch Sparbfen im 3. 15 Misc. 68.
Edlange, Gine brätende, 456. —8* — in Rom, 198. Spatiergaͤnge eines beten Porten, 644.
Schlegel, A. W. de, Reöflexiens sur lé- (Sähire, Br) Der Scholar auf Kloſteꝛ — D., Funfzig Fabeln für "Kinder,
os os asiatiques u v· erge,
J. 6. . Kofegarten), 1493. ae — nft, Die, 538. 3. er, C., (Bergifeneinnict auf 1838,
Gaiden Aus (Der Domenaufrub: in ber Shoe Eiteratur, No baräber m; auf 1834, 1368.
am Sie — Die Biendentorrände 1% vie | euf er, «18,
. u u Iap Uler., Eutbald und Herrmann,
Sch Jea. 2. &b. 971. 1882. „te ? Artikel 517 ter dv 972.
v., Reueſtes Gemaͤlde titel 7 Biete, 8.2. 3 Pfalter und Harfe, 866.
der deriſchen Bunkei Raaten, 1239. Schwediſches Heer» und Seewe en, Gtatift, |Ipo
eg zur Offenbarung @t.:Johannis,| Not. du 6 k Opringt fe, © HT Der leuchtende in Deſtia⸗
1091 Scipio Cicala, 858. dien, 1184.
* M. erſter erangel. Preb. Scott, W., Graf Robert von Paris. 8. Stahmonn, ar. Der Morbbremer im wil⸗
wofked u. f. w., neu herausgeg- von| u. 4. Thi. Das geheimnifoolle Ghiog.| den Thale, 468,
* 2. 8. ale 188. 696. Starke, Charl. ©. H., Abeline ober bie
Behmidt, E., Der Gieg bei Lügen, 663. | — — Gin Beſuch bei, 1074. Fügungen dee Ceſgiae, 835.
x
Starkisf, e., Wittelinb, Bil. Tafhenbächerfihun f. 1888. Bierter Artikel Vaux de Vire, Les, p. Travers, 1099.
— Helgoland, 811. Nachleſe 282. Wapffe be Wiliers, Bellen durch das füh.
Staniſiſche Schniçer u. Albernheiten, 744. — f. 1884. Erſter Artitel|” Frankreich, 1003.
Notizen, 944. 1297. Zweiter Art. 1865. Dritter Art. Velte, Bertha van ber, Novellen und Er⸗
Stein's Briefe an den Frhru. v. Gagern,|_ 1483. zählungen. 2. Bochn. 916.
497, vol. 801. Zaufend und eine Nacht, in Rußland ie Brit., zue Verbreit. nuͤhl. Kennt:
boten, 882. niffe und feine Gegner, 88
Srmigkin, Das, in Tivoli. Lotalpoſſe. — J., Records of my life, 568. Berenigte Otacten Eon Borbomerite, Baht
mo, R., Skizzen aus bem Leben eines der Sklaven darin, Not. 44.
—— Freih. v., Die Zerriſſenen, |” Sermanns, 463, Bergißmeinnicht, Dramat., f. 1838, v. Ih.
—8* 8 Miſſton in bie Eandwichnſet Thelasson, Mad. de, Lucile ou la can- Hell. 10. Bochn. 447.
tewart’3 Miffion In bie Eanbwiginfeln,| tatrice, Verhandlungen Die 0
595. Ipiere, ihr Inftinkt, 64. rhanblungen, ‚Die, bed poln. Beichätage,
Stieglig, Chr. &., Geſchichti. Darftellung Tporwaid, Ärlantife Raͤchte, 11. |Berfäumniffe, Keit., in Bezieh. auf Göthe
ber Gigenthumsoerhättifie an Wald und Tieck, Ludwig, 118. und Iean Paul, 263.
Sagb, 1209. — Novellentrang, 1437. Befta, Zafchenb. f. 1834. 1378.
Stille, Karol., Abendunterhaltungen, 876. Zitot, H., Beſchreib. und Geſchichte der Wictorin, 83 und Phantefie, 468
Stolle, Ferd., Stella, 696. Hauptlicche zu ‚Deilbronn, 1852. Vigny,"Alph. C. de, Stello, 775.
Storch, ®., Die Königsbraut, 912. Touchard - Lafosse, Les reverberes, 1928. Binde, ©. Behr von, Die Schiacht bei
— — Erzaͤhlungen „Novellen und Toumon, Etudes statistig. sur Rome etc. Eügen,
Sagen, 831. . ı Violet, Conten de la semaine, 964.
— — Malers Sram, 1187. Train, I. R. v., Reuefte Biographien ver Vie, 1 Histoire des ancjennes villes de
— — Der Srellnedt, 707. Bapnfinnigen, 1092. France, 964,
— — Der Sreibeuter, 972. — — — Die Ehauergeuft in der \iogt, Sb. Gottlob, Leben und Schickſale
Gtorthing des Jahres 1382, 1397. Baldtapelle, 1092. des, 215.
Gtraußens, 3. 3., Reife durch Stafin, | Trait& complet de diplomatie par unan- Boigt Joh., Leben des preuß. Staatemi⸗
Griechenland u. f. w. 367. cien ministre, 1469. nifters uf. w. Dobna: Cxhlobitten, 375.
Travels of an irish gentleman in search gaagen, D 69.
GStreckfuß, K., Ueber das Verhältniß ber of a religion, 990, aagen, Dr., gegen Hofr. Hirt, 1
61. Wacousta, by the auth f Ecarte,
Juden zu den Grifl. Gtaaten, 8 Zrarel, A., Briefe aus Frankreich. 1. h. 787. > 07 autor 0
Strombeck, J. 8. v., Darftellungen Rn
meinem Leben und aus meiner Zeit, 527, — Abenteuer in Oſtindien, a. d. —— Idorimen über d. Gym,
Engl. v. ©. Richard, 891. Wahnfinn in England und Italien, 656.
Stuart, a ir Thrse years in North Ame- Trolpe, Fr * rofugee in America. N aus Sean Pau Beben. 7. u. 8.
. v e a
Stubentenieben, Das deutiche, fonft, 1072.) Sfchabufchni .v., Gedichte, 965.
Stuhr, P. ®., Die drei Ingten Beldzäge m 17. Sahrhund. 946, vgl. ®ürken biöße, 469 gypen und Spaten des
gegen Ropokeon, 418. _— ale bie . chineflfche
Sturt, Ch., Two expeditions into the —* — Sprache, Not. 52. Kaiferbrant, 799. ’
interior of South. Australia, 104%. ueber die Mahl des Pringen Dito von: gpalthers von ber Wogelmeibe Gedichte, übers
Gtuttgart, Gorrefponbenznadr. 984. Baiern z. König v. Griechenland, 146. | fegt von K. Simrod, 391.
Su, Eugene, Aiar — —8 aberl | at Drehfeeibeit, Droteflantiömus, Revo MBarnofeie, ‚Die Eirge com Manafed, 40 .
rw Alvensleben, 59. — bie en "het Gigenthums ber. Weber ergeih Gedichte 837.
— Die Gucaradja, über]. von! dramatiſchen Gchriftfteller in Deutfland,, _— ' G. @. v., Ueber die bevorſtehende
D. e. B. Wolff, 1251. 1123. umgeftaltung ber Kirchenverfaſſung des
Sunday in London, 931, vgl. 996. uhland, deffen Gedichte im Ed. rev. beur: Könige. Sachſen, 1271. 3
BSzafarzyk, Ru 508, 686. tpeitt, 132. Beiäfeibaumer, K., Dramat. Dichtungen.
Sara, R ikol. Semp, Gedichte, 792. |imriffe einer möglichen Reform in Ungarn.| 2, Wh. 1035.
Sodow, Br. v., Dre beruͤcht. Vild ſchuͤt Bon * 149. Weid’6 Deutſcher Staͤndeſaal, 1216.
Karl Stälpner, 7 un .S., Das Prämiengefhäft des geist, J. B., Abt Prechti, 1351.
Tabackrauchen, FR "im Driente, 38. A " Ceehanbinngeinfit in Berlin, 211. eiße, G. 8, Ueber das Berhättniß des
Taraon, Banuy, Erzaͤhlungen u. Novellen, Unterridt A — 3 Schottland, Ire| Yublicums zur Philoſophie, 238
bu en
— — ‚de ** ‚Di 3 3. a Staattnifier
meiern Zeit, — ur u. Uran 34. 1297.
„sa a a a Urbein N., Introduct. & Tetude de Ve- en, De „, Ylachbia, Königin ber Veſ
au erau
la 985 0. 1884, 1867, 05 |urfans, Merbreigerin, 200 an Re Die Bitweipe. Travel.
— Pe Liebe und Freundſchaft a. uſener, F. Ph., Die Frei⸗ und heimlichen |ierner, 8., Blicke aus meinem Eckſtuͤb⸗
1884, 1 Gerichte Weftfalens, 31. hen ind Menſchenleben, 376.
1888 10 * geſelligen Vergnuͤgen auf utni P., Kleine geſammelte Schriften) — — Die Rache, 651.
⸗ Weſtafrika, 1266.
— — ‚ heraus auge. v. Er. v. uf , ER, Diärangen A —— — en Yelant or den Jahren
’ ’ a
— — or 1888, herausgeg. —* — » Don Feder, Fremde Biu: mund, roch. , ——— ‚Katfer
er egen die Hau 1
—2— Gall . 11888, 168, Vahram Chronicle of the armen. king-| Witte, —* Rein. 2. Pr 5.8. 318.
om in Cilicia, 9. 4, 8
» X
* ex. Neueſtes Gemalde von Au⸗ wei, ", D. 8 B., Herbfizeitiofen. 1. Folge. Belingere Geſchichte des appenzeller Volks,
ien
— — — v. Ame⸗ — 8., Briefe in ve Beimat. Heraus: | 3erfireute Blätter ans den Papieren eines
meria, 1239. ln v. S, en. 10 oe t. Gab alten Diplomaten, 1421.
der eu⸗ ng, 6 . urova, eine por 6 Simmermann W., Mofaniello. TIrſp. 585.
co. Zörtei u unb Briechenlands, 1289. ' ®, Fon Er nach
_— vormoios. Vorſchule zur Weiter, Br., Dramat. Rleinigkeiten, 602. |, feinem Leben, Wirken u. Charakter, 867.
Gröfunde, 141 mann , —* d., Der Ultra undder ginkeiſen, 3. B., Gefhiäte Griechenlands.
— gun a ort, Gin, über brütfhe Beiefkeker, mit| 52°
ru , ege zu geben und zu vo ort, Ein, über beutfche Brieffteller, mi ‚
ziehen, 198. befonb. Bezieb. auf Sellert’s, Forſter's, ri ve 2,2 —E Sonn
Bindelmann's Werke in italienifcher Ueber-| Baggelen’s Brieffammtungen (Auffag v. zum beutfchen Bunte, 1316.
— Fran Dorn), Zollwefen, Das, in Deutſchland, 887.
Wunderlich, ©. G., Die ehemal. Kloſter⸗
Wirty, Dr. 3. 8. unr, Beurtheilung) Nſchrien u. f. w. in Würtemberg, 1010, — ni-Orlandini, A., Atlante geo-
Bee fe Artikel 765. Zweiter Year, The, of liberation, 564. 0, fisico e storico del grandue.
art. Zayas, M. de, Rovelen, überfegt v. W. di Toscana, 207.
Di von Far Jugendleben umb „Set. * and. 708 Sediche 36. ZU, Fr. 3., Der Sherubimmwagen, 1232.
‚S11. Zedlitz, r. v., Sedichte, ur Geſchichte der oͤffentlichen Meinung in
Bol J. H., Igiſchlands Geſchichte. 1— Sehner ‚9. G., Die Pietiflin, 112. ⸗ — Seit (von Fe Sifter
6. Liefer. — — Zwei Novellen, 112 | Artikel 257. Zweiter Art. 277. Dritter
Beiſ, D. 2. * F Die ſchoͤne Literatur Eu⸗Zeitſchrift, Neue, ee bie Beidihte der ger:| Art. 857. Vierter Art. 405. Fuͤnfter
ropas in der neueften Zeit, 187. man. Böller. 3.9. 9. Art. 477.
— — — — droben altholäntiigr| — Sifer. * , berangrg. v. &.|3mweibein, Der —* CM. 2 d. Titel:
Bollslicher, 1105. Ranke. 2. 8b. 1.9. ſaͤmmtl. Werte. 1. Bd.), 971.
— —
‚Blätter.
literariſche Unterhaltung.
—— — r.1.
| Zur ridt nz '
Don dieſer Zeitfchrift erfcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für den
Sahrgang 12 Zhle. Alle Buchhandlungen in und außer Deutfhland nehmen Beftellung barauf an; ebenfo
elle Doftämter, die f9 an die koͤnigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, dad koͤnigl.
preuß. —— mt in Halle, oder das fürſtl. Thurn und Zarifhe Poftamt in Altenburg
wenden. . Die Verfendung findet wöchentlich zwei Mal, Dienſtags und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt.
Dienfta 1. Sanuar 1833,
REN _-
ben unterflügt hätte. Claufewig pflegte ihn daher ben
Vater feines Geiftes zu nennen, und bat ihm in
ber erſt nach feinem Tode erſchienenen biographiſchen
Skizze: „Ueber das Leben und den Charakter von
Scharnhorſt“ (Hamburg, 1832, und früher In’ Ranke's
ra spolisifcher Zeitſchrift“ abgedrudt) ein kleines
enkmal zuruͤckgelaſſen. Wir übergehen bie uͤbrigen Les
bensverhälmiffe des Generals Clauſewitz und erwähnen
im, neben manchem lauten und flillen Widerfpruche ein | nur, daß er, nachdem er in den Heldzügen von 1813—
großes Aufſehen zu erregen. Durch den gegenwärtigen | 15 mit Auszeihnung gebient und fih einen Schag
Bom Kriege. Hinterlaſſenes Werk des Generals ;
HZericht gedenken wir diefe Meinung zu vechtfertigen und von Erfahrungen erworben hatte, im Jahre 1818 zum
von Slaufemwit. Erfter heil. Auch unter dem Ti:
tel: Hinterlaffene Werke des Senerald Karl von
Slaufewig über Krieg und Kriegführung. Erſter
. Banb. Berlin, Dümmler. 1832. Gr. 8. 2 Zhlr. 4 Sr,
Das vorliegende Wert kann mol mit Recht zu den
bedeutmbften der nemern - Rriegsliteratur des In⸗ und
Auslandes gezählt werden, und wird gewiß nicht verfehs
heisutengen, die Aufmerkſamkeit, nicht bloß der mis Director der allgemeinen Kriegsſchule ernannt wurde. Erſt
ken. —* —* gebildeten Welt ‚überhaupt | in dieſer Stellung, die feinen. aufſtrebenden Geiſt nicht
auf dieſes Werk zu lenken. Weit weniger beabfichtigen | ganz befriedigte, gewann er Muße, feinem Werke, das er
wie eine eigmtliche Kritik, die, wären auch unſere Kräfte | ſchon früher begonnen hatte, eine erweiterte Geftalt und
Derfeiben gewachſen, jest noch nicht an der Zeit fein dürfte. | größere Vollendung zu geben. Entſchloſſen, es nicht bei
Der weußiſche . General von Clauſewitz gehört zu | feinem Leben erfcheinen zu laſſen, beſchaͤftigte ex ſich in
den Männern, die ihre Bildung weit mehr ihren natürs | abfichtlicher Abgeſchiedenheit von der ihn umgebenden mie
Gen Gaben und ihrem beharrlichen Streben nach Er⸗ litairiſch⸗literariſchen Welt ununterbrochen mit demſelben:
kenntaiß und Wahrheit als ihrer Erziehung verdanken. denn er wollte „ein Buch ſchreiben, welches nicht nach
Diefe komate, da er, mac) ber fruͤhern Verfaſſung, kaum | zwei ober drei Jahren vergeſſen wäre, und „ſollte ihn
412 Jahre alt als Faͤhnrich des nfanterieregiments | ein fruͤher Tod in der Arbeit unterbrechen, dem naqh
Prinz Ferdinand in den Kriegodienſt trat und von dem drei⸗ Wahrheit und Ueberzeugung bürftenden Leſer in den Fruͤch⸗
zehnten Jahre an ſchon den Zeldzügen am Rhein beiwohnte, | te eines mehrjährigen Nachdenkens und eifrigen Stu⸗
und da fein Vater bei einem Gehalte von 300 Xhalern | diums bed Krieges die Hauptgedanken hinterlaſſen, vor
ſeche Kinder zu erziehen hatte, wur hoͤchſt mangelhaft fein. | denen eine Revolution in biefer Theorie auẽ⸗
Exit fpäter wurde ihm durch die Aufnahme in die von | gehen Lönnte” (S. x u. zum) Durgf‘feine im Früh⸗
Ben damaligen Oberftlieutenant Scharnhocſt neugeftaltete | jahre 1830 erfolgte Verfegung zur Artillerie und ſpaͤ⸗
Rriegöfcgule die gewuͤnſchte Gelegenheit, ſich wifienfchafts | tere Anftellung als Chef des Generalſtabes bes Feldmar⸗
lich auszubilden; aber ohne Vorkenntaiſſe und ohne aͤu⸗ſchalls Gneiſenau wurde er feinen literatiſchen Arbeit
fere Hrifemittei hätte er wie Viele, benen ein folcher | entzogen, die er, feinem verehrten Feldherin bald ins
VBorzug zu Theil wurde, von den Borlefungen kaum mehr | Grab folgend (er flard am 16. November 1831 tie
als eine trodene Nomenclatur bdavongetragen, wenn er | diefer an ber Cholera), unvollenbet und in ihrer vorlie⸗
nicht ſchon früh die Aufmerkſamkeit des treffllchen Scharn⸗genden Geſtalt feiner trauernden Witwe hinterlicß.
horf auf fi) gezogen und dieſer ihn in feinem ernſten Stre⸗ Bon einem Danne, dem das, milltälrifchen Schrift
ſtellern feltene' Gluͤk beſchieden war, den augezelchnetſten
Feldherren feines Heeres amtlich und perföntich nahe zu
ftehen und fo in den höhe Regionen des Kriegsweſens
einheimifch zu fein, der mit reicher Kriegserfahrung eine
feltene Büdung und ehnen klaren, durchdtingenden Merz
kam vereinigte, welcher nicht ſchrieb, um fih an dem
eifalle feiner Zeltgenoſſen zu weiden — von einem ſol⸗
chen kann die oben ausgeſprochene Abſicht wol nicht als
ein eitles Vornehmen gelten. Nach unſerer Meinung hat
ex fie erreicht und in feiner Schrift wenigftens die Keime
“einer Revolution in ber Theorie des Krieges gelegt.
Rn man dieſes auch nicht zugeben, fo wirb man doch
des Verfaffers richtigen, fiherm, nur bei reicher Erfah⸗
wung und einem Maren Verſtande moͤglichem Takte, ſei⸗
nem Scharffinne und feinem hochgebitdeten Geifte nicht
den verdienten Beifall verfagen: Eigenfhaften, bie ſich
auf jeder Seite des Buches ebenfo zeigen, als fie in ſei⸗
heni öffentlichen und Privatleben ungetheilte Anerken⸗
fanden. J
J 1 Sicherhelt des Taktes, diefen Scharffinn Haben
wir vorglglich in den Definitionen gefunden, in Denen ber
Verf. die Vegriffe erft von ihren fremdartigen, zufälligen
und ſchimmernden Belmifhungen und Cinfafjungen ſchel⸗
det und ſodann Mar, ſcharf begrenzt und oft ganz neu
darſtelit, dabei aber ftehende Phrafen, prunfende Termi⸗
ologien, ja felbft auch Gitare forgfältig vermeidet. Die
eſchichte, die Erfahrung gilt ihm viel, alle ſeine Unter⸗
fuhhungen ruhen auf dieſem Boden. Aber fein kritiſcher
ſinn, fein fpeculativer Geift hätt ſich über demfelben
ünd läßt fi durch das Geſchehene keine Feſſeln anlegen.
Dadurch {ft «8 dem Verf. gelungen, von einfeitiger Rich⸗
tung auf die eine ober bit andere Seite ſich freihaltend,
ie Erfahrung mit! der Speculation, das Leben mit der
iſſenſchaft zu verföhnen und zu verbinden, ohne ſte wi⸗
Germatüclich zu verfäpmelgen, und an mehr al Einer Stelle
gu jelgen, wie die Krtegsprattit zwar ohne Wiſſenſchaft
und Specularton befichen kann und aud) oft befteht, dann
ober aufhört," Gegenftand der Kritik und Mittel der Be⸗
GHrung zu fein. Dabei ift feine Darftellung, wo er mit
dein. Meichtjume de6 Stoffe umd der Fülle der Gedan-
zu ſeht zu fämpfen hatte und die Unterfuchun⸗
t zu fhroferig wurden, einfach, Mar und lebendig,
and. frei ‚von jenen glaͤnzenden Gemeinplägen und jenen
efuchten "Metaphern vieler militairiſchen Schriftfteler.
eft am Ziele der oft mihfamen Unterfuhungen anges
Kangt, ſchwingt ſich die Darfteltung auf und faßt die Er⸗
gepniffi n, aber treuen Bilde zufammen.
. Fu 8 gehalten, aber oft ablehnen;
melde tole der Berf. felbft bei feinem
Aeben ! aber militairiſchen Schriftſtel⸗
km, fi t &x, feiner Ueberlegenheit fich
beioußt E etwas keck —XX berührt
akmiid und Meinungen, M denen fi
die hei Schriftſteller und Lefer recht
zu gefa 2.06 war ihm nur um Beleh⸗
rung. u | m, denen er perſoͤnliche Rüde
ffihten opferte und, da er ja fein Werk ſchtied, um «6
. trieben halten,
etſt nach feinem Tode erfhehien zu laſſen, auch opfern
konnte. Aber nicht blos von perfoͤnlichen, ſondern auch
von patriotiſchen Kuͤckſichten zeige ſich der Mann hier
unbefangen, deſſen Eifer für fein Waterland feiner Lobs
vebe bedarf. Diefe Unbefangenheit ergibt ſich zwar Than
aus dem Gtreben nad) hehe ie iſt aber cine Mi
Erſcheinung ie militairiſchen a die m
zu oft die Geſchichte und ihre beſſere Ueberzeug den
MRüdfichten der Pietät opfern. es
Mit der Anlage und der Eintheilung des Werkes
find mir weniges -einverftanden. Beide ſcheinen uns viels
mehr mangelhaft zu fein, daher fi denn häufige Wies
derholungen finden. eb mag biefed zum Theil in
dem gewetifhen Gange Liegen, welchen ber Verf. einger
ſchlagen hat und bei dem Manches erft der fpätern Ente
widelung und beftimmtern Begrenzung überlaffen ivurde
Auch iſt das Werk ſelbſt nicht als ein in ſich vollendetes
anzufehen, und viele Theile deffeiben ſcheinen von bee
Herausgeberin Nur aneinander gereiht zu fein. Entbehrt
«8 auch dadutch der Rundung eines geordneten umd" ges
fdloffemen Ganzen, fo wäre -e6 bad) unbillig,
feinem Verfaſſer, der es nicht vollenden. konnte, zu rech⸗
ten. Auch als Ruine (infofern ein nicht fertiges Gebäude,
nach Göthe, eine folche genannt werden ann) fft es das
Werk eines Meiſtets. J
Wem man Das, was wir ſoeben von dem Bude
im Augemeinen gefagt haben, anerfennt, fo wird man
unfere Anſicht, daß daſſelde eine Bierde der. Mititaitlites
ratur iſt und in derſelben einzig daſteht, nicht fÜR übers
Dod gehen wir nun zu ben einzelnen
Thellen über. u
Erftes Buch. Bon der Natur des Krieges. - Dritteh
Eapitel. Der Eriegerifche Genius. Der Verf. umterſchil⸗
det den kriegeriſchen Geift vom kriegeriſchen Genius, defs
fen Weſen er in- die gemeinſchaſtliche, harmoniſche Rich⸗
tung der Seelenkraͤfte zur kriegeriſchen Thaͤtigkeit feht:
San iſt, was ©. 56 fg. von dem Kriege, als dem Ger
biete der Gefahr, der Börperlichen Anſtrengungen und Leis
den und bee Ungewißheit gefagt wird. Wegen des Leptern
fobere er von -feinen Genoffen vorherrfchende Vers
ffandesträfte. Der Geift des Kriegers möffe immer
gleihfam unter ben Waffen fen. --
- Soll er nun dieſen beftändigen @treit ‘mit. dam Unerwar⸗
teten gluͤcklich beftehen, fo find ihm zwei Gig em unenty
behrlich, einmal ein Berfland, ber auch in biefer gefteigertem
Dunfelpeit nicht ohne einige Spuren de& innern Lichtes ift, die
ihn zur Wahrheit führen, und dann Murd, dieſem ſchwaͤchen
ichte zu folgen. Der erftere iſt bilbfi mit dem franpöfifen
Autbru@ coup d’oeil bezeichnet worden, der andere iſt die
@ntfchloffenheit. - . . 0
©. 59. Die Geiſtesgegeuwart iſt dem Verf. nichts
als eine Beflegung bed Unerwarteten. Wir innen & ums
nicht verfagem, folgende Stelle herzuſetzen:
So lange eine Zruppe voll guten Muthes mit Luft unb
Leichtigkeit kaͤmpft, ift felten eine Weranlaffung da, große Mile,
Ienstcaft in der Berfolgung feiner Zwede zu zeigen; fowie aber
die Umftdude ſchwierig werben — und das ann, wo Außerordent ·
liches geleiftet werden fol, nie ansbleiben — fo geht die Sache
nidyt- mehr von-felbft, wie mit einer gut eingedlten Mafdiat,
lAecadie Wönfäftes felot fängt
n Yebividain :simag: vorkenunedf fonbern
Befamikt Ahbrwct ——— phogqen ‚und movoliſ
allen Audern, bie, unmittAbar ode mittelbar, ihre Eindruͤcke,
na, B:forgniffe ud‘ Beſtvebungen in ihn ader⸗
Ehre Gmpfindungen, B:T
geben lafien. Sowie die Kräfte in bem Einzelnen erflerben,
biefe nicht mehr vom eignen Willen angeregt und getragen wer⸗
ben, laſtet nad) und nad) die ganze Inertie der Waffe anf dem
Willen des Felbherrn; ag, b ut in feiner Bruft, an dem Lichte
5 % mi be Bor hd, das Licht der
Br Beißre ſoll ſich die
ffnwig aller Andern von Neubm ent ſunden; nur kſoweit
er bies verhag, inſoweit gebiſeear Mödr vdie Muſf⸗ und dueise
Derr derſeiben; ſowie daB aufhött, Forvie fein eigner Muth nicht
mehr Hark genug iſt, den Muth aller Andern wiederzubele
ben, fo giebt ihn die Maffe zu ſich hinab in die niedete Reglotn
der thierifchen Natur, die vor der: Gefahr gurktfweidhe und die
Schande nicht Fennt. Dies findidle Gewichte, werde der Muth
Und die Seeienftaͤrke des Fuͤhlere it Rautipfe zu ubetivinben hat
wenn er Aüögegridmetes: leiten welt. -- Wie wathfen Inlt den Mafe
IF und fo möffen 'alfo bie Meäfte auch zunehmen mit ber
oͤhe ber Steffen,‘ wenn: fie Yen REN angemefan Stelbhe ſol⸗
im. (©. 6% fg.) nn a
Der Verf. ſchließt dieſes wirklich ausgezeichnete, Ca»
itel mit der Erdrtetumg der Frage, melde Art. nom
fand dem Ariegestfien Grniue am nachſten undchdre?
„Däß' es meht bie Hehfenden als ſchaffenden ; imehe :die
minfaffenden als einſeitig verfolgenden, mehr die kuͤhlen
als die beißen Köpfe find, Regen wir im Kriege, das Heil
umferer Bruͤder und Kinder, die Ehre und. Sicherheit un
ſeres Vaterlandes -anvettranen möchten! ( S. 83). -
Biertes Capitel. Bon ber Gefahr im Kriege. Iſt
dem Reulinge zu. .empfehteny denn 08’ fhlägt deſſen oft
phantafttiche Begriffe vont Kriege nieder. — Siecbentes Gas
tel. Friction im Kriege. Det Verf. beantwortet Die
age, was denn eigentuch die, Kriegführung..fo ſchwierig
mache, da die Werkzeuge dazu dach fo. einfach find? auf
eine treffende Weile. Es ift die Friction! Die Frie⸗
tion, nicht blos ber ganzen Mafchine, fondern jedes, auch
des Heinften Theiles, und die ſich nicht, wie in der Me:
chanik, auf wenige Punkte concentriren laffe. Man. lerne
fie nur durch die Erfahrung ‚Emmen; fie muͤſſe aber ei:
wem jeden Anführer bekannt: fen: nicht um fich (mie er⸗
führene, aber Ängjtfiche Generaler von ihre imponicen zu
laffen, fondern um fie, wo möglih, zu überwinden
ad nicht, unerfahrenen Anführern gleich, eine eben mes
gen diefer Friction unmoͤgliche Beſtimmtheit der Wirs
tungen zu erwarten, Im dem’ achten Capitel (Schlußbe⸗
Mmerfungen zum erften Buche) wird das „mildernde Dei”
für diefe Reibung genannt. . Es ift — wie ſchon In dem
vorigen Gupitel angebeutet — die Kriegs gewohnheit
des Heeres. ‚Wie das menſchliche Auge im finftern Zim⸗
mer feine Pupille erweitert, das wenige vorhandene Licht
einfaugt, nad, und nad die Dinge nothdärftig unterfchels
det, zulegt ganz gut Beſcheid weiß: fo der geübte Soldat
Im Kriege, während dem Neulinge nuc bie flodfinftere
Nacht entgegentritt.” (©. 9%.) & ſei nothwendig, die
·—
dleſen zu überwinden ‚--dazu gehbst.bie große Willenskraft bes
Kane Unter dieſem Widarfionde wir) man ſich nidyt gerade
Ungehotfam und Midermbe. denken, wiewol auch dieſe ge ein |
ed. ber
fie, ed iſt deu hergzerreißende: Anblick der "biatigen Opfer,
den bee Frei" ih ae ekaͤmpſemhat und bann in
‚tät, ben man dem Gtüde unſers Beduͤnkens ni
" ar WDibertanb zu lelfken, und ı Fritdensuͤbungen fo einzurichten, daß ein Theil jener Srie
tionsgegenſtaͤnde vorkomme. Wir freuen uns, bier einer
von uns ſchon ausgefprochenen Anficht zu begegnen, mük
fen aber geflehen, ſie bier viel ergreifender ausgeführt ges
funden zu haben. Möchte fie bei Denen Eingang finden,
die alle Frictionen fo fehr fcheuen, daß fie nur Die Uebun⸗
gen anordnen, in welchen ſie vermieden wetden koͤnnen,
d. h. ſolche, die blos auf mechaniſche Kunſtfertigkeiten geb
eichert find !!
(Der Beſchluß folgt.)
Le roi s’amuse. : Drame par Pietor Hugo. Paris, 1832,
- Die Erſcheinung dieſes Dramas hat zu einem unerhörten mi
aifteriellen Gewaltſtreich Anlaß gegeben. Den Tag nach der em
Ren Aufführung erhielt der Verfaffer von dem Bühnenbirector
bei T e frangais die Weifung, bie Borfiellungen bes namen
Stuͤckes feien auf höhern Befehl unterfagt worden. Gründe wur
den nicht angegeben; fpäter erfuhr der Dichter, man habe ſich
uͤber bie Immoralitaͤt einiger Scenen geärgert, namentlich hät
ten ſich mehre Deputirte darüber beim Minifter (Hrn. YArgout)
befchwert. Die wahre Urfache war wol diefe: Am Abende ber
erfien Vorſtelluss waren das Parterre und das Orcheſter burch
junge Leute, meiſtens Kuͤnſtler, Literatoren und Studenten, fanati⸗
ſche Anhaͤnger des Dichters, in Beſchlag genommen worden. Dieſe
hatten lange vor dem Aufziehen des Vorhanges einen ‚gewaltigen
Lärm gemacht, gefchrien und gefungen: Poulot s’en va-t-en
guerre (Poulo6 if ‚ber Spottname ded Kronpringen) und die
Marfeillaife und die PYarifienne, ımb überhaupt eine republikani⸗
fhe Srultation blicken laſſen, welche in einem fo kritiſchen Seit⸗
punfte, kurz nad) Gröffnung der Kammern, wo eben die politi⸗
fchen Geidenfiiften wieder mit allem Grimme erwacht waren, als
lerding® heftigere Auftritte Hätte herdeiführen koͤnnen. Berner hat
man in dem. Verſe: —
Vos.möres aux laquaſs se sort prostitudes .
rine Anfpielung auf tie Sittenloſigkeit der Großmutter einer ho⸗
ben Perfon finden wollen. Des Dichter ſpricht ſich Aber al Die
fes in der Vorrede des foeben bei Renduel erfchienenen Dramas
mit energiſcher Bitterfeit aus, und erklärt zugleich, daß er ges
formen fei den Lönigl, Sommiffair beim Tiheätre francais, Hen.
Zayior, gerichtlich zu belangen. Dee Borwurf ber orali⸗
ganz mit Un⸗
seht gemacht, giot Hrn. Hugo Anlaß ſich uͤber die Anlage und
bie Tendenz des Stuͤckes auszufprechen, und ba Niemand beffer .
ein Kunſtwerk erfiären kann als der es gefchaffen, fo geben wir
bier die Worte bes Verf. wieber.
„zriboutet iR Hofnarr (Wrang I), er iE dabei uns
geftaltet und Eranf. Diefes dreifache Ungläd macht ihn boehaft.
Tribonlet Haft ben Koͤnig, weil er König ift, die großen Herren,
weil fie große ‚Herren find, und bie Menfchen, weil fie nicht alle
einen Höder auf dem Mücken haben. Er verberbt den König,
er treibt ihn an zu allem Boͤſen, zur Gitteniofigkeit, zur Tips
rannei. Der König iſt unter ben Händen Zriboulet’s eine all
maͤchtige Gliederpuppe. Eines Tages, während eines Peftes,
bringt Ex.⸗Vallier zum König und wirft ihm bie Entehrung ſei⸗
ner Tochter, Diene he Noitiers vor. Triboulet ſpottet des uns
glaceichen Waters, dem Kranz I. fein Kind genommen. St.⸗Val⸗
ker fludt dem Narren. Deraus fließt nun das ganze Stuͤck.
Das eigentliche Sujet ift der Fluch des Hrn. von St.⸗Vallier.
Er trifft Triboulet, nicht den Hofnarren, ſondern ben Menſchen,
ben Vater. Er, Triboulet, hat eine Tochter; er verbirgt fie vor
ben Augen der Menſchen in einem einfomen Haufe eines abges
— Thetiles der Stadt. Gr ergieht fein Kind in. der Unſchuld,
fürdtet nichts fo fehr, als daß fie verführf
&r
werde, umb in biefem Kinde, in dieſem feinen taeuerften Kleinobe
wird Triboulet von bem Fluche des beleidigten Vaters ereilt.
{
|
’Aüllin.;
Bean . gu weit geführt; daß er bie &chliberung feiner Laſter
Wirkli
Ver König 09
Oh! sais-in'qui nous sommles?
La France, un peuple entier, quinze millions d’homnıes,
Richesses, honneurs, plaisirs, pouvoir sans frein ni loi,
Tout est k moi, tout est pour moi, je suis le roi.
Eh bien, du souverain tu seras seuveraine,
Blanche, je suis le roi, toi tu seras la reine!
Biunde
Læ reine! et votre femme?
. Der König, Iedhenb -
Innoceuce! o vertu!
- Ob! ma fenmme n'est pas ma maltresse, vois-tu?
Der König ruͤckt ihr immer näher, nimmt fle in die Arme,
win fie kuͤſſen, bi6 das arme Kind in ihrer Werzweiftung ſich
in ded Könige Schlafzimmer vettet. Dieſer hat aber den Schluͤſ⸗
fer, fließt die Thuͤre des Gabinets auf, tritt hinein und macht
Ginter ſich zu. W
Le Uon a trainé la brebis dans son antre
-ſagt Cléement Marot, weldyer feit einiger Zelt an. bes Hinten
—— lauert. Dieſer Auftritt wurde mit unerbittlickem Misfal⸗
en aufgenommen, man pochte, ziſchte und ſchrie fo arg, baß
fetöft dei „Hernani” ber Tumult nicht größlider war. Beim
Seraustreten aus ihrer verberblichen Zufluchtöftätte hätte Blanche
blos mit- wenigen Worten ihren Water von ihrer Entehrung uns
terrichten ſollen. Solche Faͤlle haben nun einmal zwei Geiten,
und Hier mußte dem Dichter Alles daran Liegen, dem Zuſchauer
nur flets die tragifche zuzuwenden. Statt befien läßt er bas
der koͤniglichen Woluft ihre Ungiäd vom erſten Anfang
Ihre Zufammentreffend mit ihrem Verfuͤhrer lang unb breit ers
gählen, in Ausbrücten, die nicht felten das Lachen erregen. Alles
Wefes zechtfertigt Diejenigen volllommen, welchen "bie Wirkung
bes Gtäcde in mancher Hinfiht unmeratifch erfcheint. Mas ber
Dichter in ber Vorrede über die Grundidee und Anlage bed Dra⸗
mas fagt, wird eine kurze Andeutung ber Kataſtrophe mehr ents
wideln. Im vierten Aufzuge ift die Buͤhne is zwei Abtheilun⸗
gen gefpalten: rechts der Qaai Notre-Dame, Eins das Bimumer
Gene wald Durd) ihre Siege De Ohlackopfer Det Bandk
er, e durch ihre Reize die
ten Far Folle lockt. Triboulet Elopft an. „Diefen Abend,“
fagt er zum Bravo, „Tommt ein Gavalier zu bir, bu ermorbefl
ihn unb nähft ibn in einen Gad: Hier find zehn Viſtolen;
wenn ich die Leiche habe, befommft bu noch zehn.“ Det Gas
valier Forhmt, eb: ift Prang I. Dieſer gefällt Magdelonne, fie
Üüberrebet ihren Bruder, ihm das Leben gu laſſen. Alleia er bat
gu 1 Rribeutit- eine
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en ne Ram ee —— —
Rear vl ws fe
Blonde, welicher ihr Sat. eilt zum; ie:
um ihren’ Verführer zu reiten; fie wird ftaft feiner ermordet
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und beliotſcht wurte, "and ber: eibes, "ik ih Des
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mie. Qu erlegen | e
feine Tochter. Win werben auf bee. Fr ——
wen anbess nicht einer: unferer verehrten Collegen er; zuvor⸗
. A 22 ’ o,.. .
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.ZRus ruͤhnt Inı.feingn, „Spain In 18804 "hie, fr
Einrictung
Düigeneen, mad erzäplt, daß er in Bittoria dem Infanten Dog
Erancieco mit feiner Zemilie und Gefolge begegnete, weicher in
zwei folgen Wagen reiſte. Pie Unſicherheit ber Landfirafen
war ‚aber: fp. :guoß, Laß die Unternehmer ber Diligencen durch
ſormlichen Tzitut aa. bie, großen, Räuberbanden die Gicerheit
deu Paflagiers «laufen, und; da, dies vor ‚Beinen umkerfizeifes
ben Zruppe. nad; nit ſchuͤtte, ihren Wagen durch einen Raͤu⸗
berchef · begleiten· Igfien ‚umußpen,, deſſen gefüschteter ‚Name
—* —A———— —
erne hie
Keben vieien Beinerkungen über die Verdorbenheit ber Site .
fe in Spanten, beſonders in ben [hbäichern Provinzen, too!
andere Mhefdjlecht: keiner. Schranke a feint,- :
Herr Inglis „auch Folgende wenig So te Begebenpeit ,
Kiner ber reicften Wechsler in Gadir, Namens Sargallo, des
wohnte ein —28 Gebaͤude dicht neben einem Franziskaner⸗
kloſter, von welchem es nur durch ein kleines undewohntes
getrennt wird, das ben Wechsler ebenfalls angeherte. Obglei
ſehr reich, befünmerte.ar ſich doch geyau um. ſeinen ‚häuslichen
Aufwand und machte dabei die Bemerkung, daß fein Koch weit
mebr brauche, als bie Webürfnifie feiner Tafel erfobern könnten.
Sind Tange Beit"tieß er ſich dies ‚gefallen ; als es ibm aber ein
mal gu arg wurde, gab eg-bem Koche ben Abſchieb. As letzte⸗
ver jetzt einen neuen Dienß fuchte und ein Zeugniß feines Wohl⸗
verhaltens bedurfte, verweigerte. ihm dies Bargallo wegen feine
vermeintlichen’ Wetrugb. Das bräkte den Koch auf; er holte
fi Zeugen und erzählte laut ini Hofraume feines : ehemaligen
Seren, daß er taͤglich ein vollftänbiges Mittagseſſen ins Reben⸗
haus babe liefern mülfen, wo bie Zrau vom Hauſe und ihre
Tochter die. Geſellſchaft einiger auserwählter Brüder Franziska⸗
ner zu genießen pflegten. Uebrigens lebten dort auch noch dret
Kinder und eine Amme aus n Bargallo's Beutel, " Anfunge
wollte ber Betrogene die der Selbſtoerleugnung ergebenen Wonchte
beftraft willen, allein ber Generalcapitain der Yrypinz dulbeie
Beine Auffehen erregende Procebur gegen die heiligen Eranzistas
ner, bie nicht im Mindeſten beunrupigt wurden. Gargallo vers
heirathete feine Tochter mit einem alten Apotheler und fperrte
feine Srau zwei Jahre lang ein, nad) welcher Zeit er fie wiedee
zu Gnaben annahın. F
¶Auch Rordamerika befigt eine Gefelfkaft zur Berbreitung
nüglicher Kenntniffe. Sie nennt fih The american philoso-
phical society for promoting useful knowledge, hält ihre
Sitzungen in Philadelphia umd macht bie Grgebniffe ihrer wife
fenfchafttichen Yorfdyungen durch den Drud bekannt. Der britte
Band der neuen Folge ihrer ,, Transactions‘ zählt 511 @. in 4.,
und enthält neben phufitalifchen, chemifchen, goologifcken und an⸗
bern Abhandlungen auch eine Grammatik ber Sprache ber Des
laware » Indianer. ' 8.
Redigirt unter Berantwertligteit der Berlagäbendlung: J. %. Brochaus in Seipzig.
es auf Spanient Angnigen Runitftzaßen. *
I
0 Blätter
N
für
: GSeſchluß qus Ne. 1.)
Zweites Buch, Ueber die Theorie des Krieges, es
ſtes Gapitel. Eintheilung der Kriegskunſt. Der Verf. trennt
ben Krieg oder Kampf von ber Vorbereitung zu bemfel:
ben, und bie Zhätigkeit, welche jener, von ber, welche biefe
erfodere. Die bewaffnete und ausgerüftete Streitktaft fei
als gegebenes Mittel zur besrachten, von dem man, um
es zweckmaͤßig anzuwenden, nichts als bie Wirkungen zu
Sermen brauche. Im eigentlichen Sinne fei alfo die Kriegs:
tunft nur die Kunft, fich des gegebenen Mittels im Kam⸗
pfe zu bebienen. Dieſe Beſchtaͤnkung iſt nicht neu, aber
von weientlihem Nugen. Denn es wird dadurch einem
theorefiihen Irrthume umd einem praßtifchen Vorurtheile
auf gleiche Weiſe begegnet. Der Verf. gibs nun vors
Kufig eine Erklärung der Taktik und Strategie. Jene ift
ihm die Thaͤtigkeit, die Gefechte in fih anzuordnen
und zu führen, und diefe, fie unter fich zum Zwecke
des Krieges zu verbinden. „Es ift aljo die Taktik die
Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, die Stra⸗
tegie die Lehre vomi Gebrauch der Gefechte zum Zweck
bes Krieges.” (S. 105.) Am. Schluffe diefes Capitels
fpricht der Verf. von dem Mugen ber Begriffsbeſtitumnn⸗
gen und rügt die „verworrenen und verwircenden, auf kei⸗
nen feften Standpunkt geflästen, zu keinem befriedigenden
Meſultate führenden, bald phantaftifchen, bald in leeren
Allgemeinheiten ſchwimmenden“ Vorftellungen über bie ei⸗
gentliche Kriegführung, die wir dedwegen fo oft hören und
leſen müfien, weil noch felten cin Geiſt wiflenfchaftlicher
Unterfuchungen auf diefem Gegenflande geruht habe,
- Zweites Bapitel. Weber bie Theoxie des Krieges. Mach⸗
dem der Verf. die Unhaltbarkeit einiger Theorieverſuche,
namentlich Buͤlaw's und Jomini's, die nur nach beſtimm⸗
ten Groͤßen ſtreben, waͤhrend im Kriege Alles unbeſtimmt
ſei, welche die Betrachtung auf materielle Groͤßen beſchraͤn⸗
ken, waͤhrend der ganze kriegeriſche Act von geiſtigen Kraͤf⸗
ten und Wirkungen durchzogen werde, kurz, aber treffend
dargelegt, zeigt er die Schwierigkeiten, die fuͤr die Theorie
1) aus den geiſtigen Kraͤften und Wirkungen, 2) aus
der lebendigen Reaction und 3) aus der Ungewißheit al⸗
ler Data hervorgehen, und ſchließt hieraus auf die Un⸗
möglichkeit einer poſitiven Lehre. Dann tritt er vers
iterarifhe Unterhaltung.
2. Sanuar 1833,
mittelnd zroffchen Theorie und Wirklichkeit. Nicht pofitive
£ehre, db. f. niht Anwelfung zum Handeln, fons
dern Betrachtung fei die Theorie. Die Selbfterziehung
des Krieges müffe fie leiten, nicht aber mis ihm auf das
Schlachtfeld gehen. Von der verfiändigen Behandlung
dieſes Geſichtspunktes hänge es ab, fie mit dem Handeln
fo zu befreunden, daß ber widerfinnige Unterſchied zwifchen
Theorie und Praris ganz verſchwinde, ben eine unvernuͤnf⸗
tige Theorie oft hervorgerufen und Beſchraͤnktcheit ‚des
Gelſtes oder Unwifienheit ebenfo oft zum Vorwande ges
braucht habe, um fich in der eignen Ungeſchicklichkeit recht
gehen zu laſſen. (S. 130.)
Deittes Capitel. Kriegskunſt oder Kriegswiſſenſchaft.
Nah dem Verf. gehört der Krieg nicht in das Gebiet
der Künfte und Willenfchaften, fondern in das des gefelle
f&haftlihen Lebens; denn er Äußere fein? Thaͤtigkeit nicht
“gegen einen todten, nicht gegen einen lebendigen oder lei⸗
denden, fonbern gegen einen lebendigen reagirenden Stoff.
Wiertes Capitel. Methodismus. Nachdem der Verf.
Gefeg, Srundfag, Regel, Vorfhrift und Ans
weifung kurz befintet hat, erklärt er Methode ala
ein untere mehren möglichen ausgewähltes, wiederkehrendes
Verfahren, und die Anwendung berfelben Im Kriege für
befonbezs -wichtig, namentlich in dem niedern Thaͤtigketten.
So lange es indeß noch keine erträglihe Theorie, d. h.
keine verfiändige Betrachtung über die Kriegführung -gebr;
möffe der Methodismus auch in den hoͤhern Thaͤtigkeiten
um fich greifen. So babe es eine Methode Friedrich's,
eine Methode Bonaparte's gegeben: nämlich eine Much:
ahmuag der diefen Feldherren eigenthümlichen Verfahrungs⸗
weiſe. Wir find auch hiermit einverflanden, möchten aber '
Methode, im militairiſchen Ginne, den Stempel, das Ges
pröge, die Richtung nennen, welche Begebenheiten, Zrits
geift und große Heerführer der Maſſe, den Untergeordnes
ten aufdrüden und geben, unb ihre infofern, als fie auf
etwas Gegebenem, Wirklichem beruht, immer den Borzug
vor ber Theorie — auf deren gegenwärtigem Standpunkte
— einräumen. on
Fünftes Capitel. Kritik. Der Verf. bezeichnet fie als
eine Anwendung, der theoretffchen Wahrheit auf wirkliche
Ereigniſſe. Es iſt diefes Capitel von großer Wichtigkeit,
denn es bringt die Kritik unter einen ganz neuen Ge⸗
ſichtspunkt und zeigt ihren gleich ‚großen Werth für Lehre
n
TG
und Leben. Namentlich wird übe Eriegögefchichtliche For⸗
ſchungen hier ein neues Licht verbreitet. Aber nicht blos
die wirklich angewendeten, fondern auch alle möglichen
Mittel find nah dem Verf. Gegenfland ber Kritik, was
er durch ein Belfpiel aus dem Feldzuge Bonaparte's und
Wurmſer's im. Juli 1796 ſehr anfhaulih macht, Auch
an andern aus der Gefchichte entiehnten Beweilen — nas
mentlih aus Napoleon’s Feldzuge in Rußland — ſieht
man, wie des Verf. die Gefchichte in fi aufgenommen,
wie fie fo ganz feine Betrachtungen und Unterfuchungen
duchdeungen, wie aber auch keine Begebenheit, kein Res
ſultat feinen kritiſchen Sinn geblendet oder uͤbermannt hat.
Drittes Buch. Bon der Strategie überhaupt. Erz
fies Capitel. Strategie. Der Begriff derſelben wird num
mehr entwidelt. Sie zieht mit ins Zeld, ruht nie, ift
ſehr einfach, aber nicht leicht. Wegen bdiefer Einfachheit
tadelt ber Verf. das emphatifche Lob ftrategifcher Bewe⸗
gungen, bie bannalen Phrafen von genialen Maͤrſchen und
gelehrten Manoevres u. ſ. w. und beruft ſich auf bie
Maͤrſche Friedrich IL zwiſchen den Heeren Daun's und
Lascy's im Juli und Auguft 1760, welche Maͤrſche nicht
an und für ſich, fondern der gewaltigen Friction wegen,
die fie in der Mafchine hervorgebracht und die der König
zu befiegen gewußt, Berounderung verdienen.
Kann der Geift des Feldherrn foldye Bervegungen mit ber
Leichtigkeit hervotbringen wie bie Hand bes Feldmeſſers bie
Bervegungen' feines Aftrolabiums? Durchſchneibet nicht der Ans
blick biefer Müpfeligleiten ber armen hungernden und durften»
ben Kampfgenoffen taufenb Dat das Herz des oberſten Führers?
Kommen nicht ‘die Klagen und Bedenklichkeiten darüber an fein
Dhrr Hat ein gewöhnlicher Menfh Muth, dergleichen zu bes
gehren, und werben ſolche Anftrengungen nicht unvermeiblich ben
Weist des Heeres herunterbringen, feine Ordnung löfen, Turz
feine militairifge Tugend untergraben, wenn nicht ein maͤchti⸗
ges Vertrauen zu ber Größe und Unfehibarkeit bes Felbherrn
Alles gut macht? — Diefe Wunder der Ausführung find es,
welche wir bewundern mäflen. Alles dies aber fühlt ſich mit
feinem ganzen Gewichte nur, wenn man durch bie Grfahrung
einen Vorſchmack davon befommen.... (&. 208 fg.)
Zweites Capitel. Elemente der Strategie. — Deittes
Capitel. Morafifche Größen. - | ”
Die Theorie darf fie nicht aus ihren Grenzen verwelien,
weil die Wirkungen der phyſiſchen Kräfte mit den Wirkungen
ber moratifchen ganz verſchmolzen unb nicht wie eine metallis
ſche Legi durch einen chemiſchen Proceß davon zu
find. .... Km beften wirb der Werth ber moraliſchen Groͤßen
überhaupt bewiefen und ihr oft unglaublicher Einfluß gegeigt
durch die Geſchichte, und bies iſt ber ebeifte und gebiegenfte
en ‚„ den der Geil bes Feldherra aus ihr zieht.
Viertes Capitel. Die moralifhen Hauptpotenzen: „Die
Talente des Feldherrn, Eriegerifche Tugend bes Heeres,
Volksgeiſt deſſelben“. — Fuͤnftes Capitel. Kriegeriiche
Tugend des Heeres. Der Keim derſelben gedeihe nur
in dem Boden einer beſtaͤndigen Thaͤtigkeit und Anſtren⸗
gung; aber auch nur im Sonnenlicht des Sieges. „ft
er einmal zum flarten Baum ausgebildet, fo widerſteht
er ben größten Stürmen von Ungluͤck und Niederlage
und fogar ber trägen Ruhe des Friedens, wenigftens eine
Beitlang.” (&. 219.)
Girbentes Capitel. Beharrlichkeit.
Im Kriege beſindet ſich ber Führen eines großen Ganzen
im beftänbigen Wellenfchlage von falfhen und wahren Rad
richten, von Fehlern, die begangen werden, « ..... von Zu⸗
füllen, an die kein Menſch gedacht hat. Kurz, er ift hunderte
taufend Eindruͤcken preiögegeben, von denen bie meiften eine bes
Torglicye, bie wenigften eine ermusgigende Tendenz haben. Lande
Kriegserfahrung bringt zu bem Takte, ben Werth diefer einzel
nen Erfheinungen hell zu würdigen, hoher Muth unb ine
nere Stärke wiberftehen ihnen, wie ber Fels dem Geplätfcher
der Wellen. Wer dieſen Eindruͤcken nachgeben wollte, würbe-
feine feiner Unternehmungen burchführen, und _darum tft bie
Beharriichleit in dem gefaßten Vorſatze, fo lange nicht
die entfihiebenften Gründe dagegen eintreten, ein ſehr nothwen⸗
diges Gegengewicht (&. 227 fg.).
Achtes Gapitel, Ueberlegenheit der Zahl. Nach dem
Verf. ift fie ſehr wichtig, weniger die abfolute, als Dis
relative, d. 5. die geſchickte Fuͤhrung überlegener Streit⸗
Bröfte auf den entfcheldenden Punkt,
- Das breizehnte Capitel handelt von ber ſtrategiſchen
Referve, bie der Verf. für widerſinnig erlärt und dieſe
Behauptung mit dem in dem $eldzuge 1806 nutzlos aufs
geftellten Reſervecorps des Prinzen Eugen von Wuͤrtem⸗
berg belegt. — Funfzehntes Capitel. Geometrifches Ele⸗
ment. Diefe Lieblingsidee aller neuern Strategen, von
Bülow bis auf Jomini und eimen großen Feldherrn uns
ferer Zeit, wi der Verf. ganz aus der Strategie verbans
nen. Lebte er noch, fo wuͤrde er deshalb manche Anfech⸗
tung zu beftehen haben. — Siebzehntes Capitel. Ueber
ben Charakter der heutigen Kriege. Hier hätten wir mehr
erwartet.
‚Vierte Buch. Das Gefecht. Es wird ums ſchwer,
dee Verſuchung zu twiderfiehen, bie gegenmärtige Anzeige
über die Grenzen biefee Blätter binauszuführen, doppelt
fhwer aber In dem vierten Buche, von dem wir Lieber
eine bloße Inhaltsanzeige als ‚einen nur kurzen Bericht
geben. — Zweites Gapitel. Charakter ber heutigen Schlacht.
In wenigen abet ganz ans dem Leben genommenen Züs
gen gibt und ber Verf. ein Bild der heutigen Schlacht,
welches vielleicht manchem Unerfahrenen oder Befangenen
matt erfcheinen dürfte. — In dem dritten und viesten
Capitel wird don dem Gefechte überhaupt, in dem fünfe
tm und fechöten von defien Bedeutung und Dauer und
in dem ficbenten von. der Entfcheidung defielben gehandelt.
Hierauf geht der Verf. im neunten Capitel auf die Haupts
ſchlacht über und handelt im zehnten und elften, als ben
Bortfegungen des neunten, von der Wirkung des Sieges
und dem Gebrauche ber Schlacht. Das zwölfte Capitel
handelt von den ftrategifchen Mitteln, den Sieg zu benus
gen, das breizehnte von dem Ruͤckzuge nach verlorenen
Schlacht und das vierzehnte und legte von dem nächtlis
chen Gefechte. Ä
Wir Eönnen und nicht enthalten, zum Schluffe dieſes
Berichts einer von dem Verf. meifterhaft widerlegten recht
verderblichen Irtlehre vieler Theoretiker zu erwähnen, bie
zwar jegt als folche anerkannt worden ift, aber doch, wie
fo manche andere falfche Lehte, im Laufe ber Zeiten leicht
lich wiederkehren kann: bag nämlich die firategifchen
Combinationen firategifch geloͤſt werden können, ja mol
gar gelöft werden müffen, db. h. ohne Schwert und Blut⸗
=
.
Gergfeßen. "Wenn auch hen bee beraͤhmte Marſchall von
Sachſen diefe Anficht ausgeſprochen bat, fo iſt fie nichts:
deſtoweniger ein Irrthum, ber uns Deutfchen theuer zu
fiehen gekonmmen. Unſer Verf. bricht über denfelben im
eiften Capitel vollends den Stab und fast u. a.:
Die Hauptfchlacht iſt der biutigfte Weg der Loͤſung; zwar
iſt fie Fein bioßes gegenfeitiges Morden und ihre Wirkung
mehr ein Zobtfchlagen des feindlichen Muthes als. ber feindli⸗
(gen Krieger, allein immer iſt Blut. ihr Preis und Binfchlachs
ten ihr Gharafter wie ihr Name; davor fchaubert der Menfch
Im Feldherrn zurüd. Aber noch mehr erbebt ber Geift des
Menſchen vor bem Gedanken der mit einem einzigen Schlage
gegebenen Gntfcheidbung. In einen Punkt bes Raumes und
der 3eit ift hier alles Handeln zufammengebrängt, und in fols
chen Augenbliden regt fö in uns ein dunkles Gefühl, als ob
unfere Kräfte in biefem engen Raum nicht entwideln und
thätig werben koͤnnten; als ob wir mit ber bloßen Zeit ſchon
viel gewonnen hätten, wenn auch biefe Zeit und gar nichts
ſchuldig if. Dies ift rine bloße Saufen, aber au als Täus
fung iſt es etwas, und eben biefe Schwäche, welche den Mens
fgen bei jeber andern großen Entſcheidung anwanbelt, Tann ſich
im Felbherrn ftärker regen, wenn er einen @egenftanb uon fo
ungeheuerm Gewicht auf eine Spitze flellen fol. — &o haben
denn Regierungen und Felbherren zu allen Zeiten ſtets Wege
um bie entſcheidende Schlacht herum gefucht, um entweber ihr
Biet ohne biefelbe zu erreichen, ober es unvermerkt fallen zu
laffen. Die Geſchicht⸗ und Theorienſchreiber haben fich dann
abgemäht, in biefen Feldzügen unb Kriegen in irgend einem ans
dern Wege nicht blos dad Aequivalent der verfäumten Schlacht⸗
entfheidung zu finden, fondern feloft eine höhere Kunft. Auf
dieſe Weiſe find wir in unferer Zeit nahe daran geweſen, in ber
Delonomie bes Krieges die Hauptichlacht wie ein burch Fehler
nothwendig gewordenes Uebel anzufehen, wie eine krankhafte
w bes ein orbentlicher,, worfichtiger Krieg niemals
—— —
te; nur diejenigen Feldherven ſollten Lorbern verdie⸗
zen, die es
mb die Theorie bes Krieges, ein wahrhaftes Bramin
follte ganz eigend dazu i fein, dies zu lehren. —
Geſchichte ber Zeit Hat dieſen Wahn zerſtoͤrt, aber Tein Menſch
kann bafür einftehen, daß er nicht hier unb ta auf kürzere oder
längere Zeit zurüctehrt und die Fuͤhrer ber Angelegenheiten
zu folchen Verkehrtheiten Hinzieht, die der. &
atfo dem Menſchen näher lies
ger Zeit. Bonaparte's Felbzäge und Schlachten wie Rohheiten
und halbe Dummpeiten betrachtet und noch einmal mit Wohk
gel und Zutrauen auf ben Galanteriedegen veralteter, zus
endienſt,
bie Theorie davor warnen, fo hat fie Denen, welche ihrer Wars
Gehoͤr geben, einen weſentlichen Dienft geleitet... .
it blos der Begriff des Krieges führt uns dahin, eine große
Gntfdyeibung nur In einer großen Schlacht zu fuchen, fondern
auch bie Erfahrung. .. Gelbft Bonaparte wärbe das in fe
wer Ast rinzige Um wicht erlebt haben, wenn er das Blutver
e. 5.. Wir mögen nichts Hören von
‚ bie ohne Menſchenblut flegn. Wenn bas bin;
tige Schlachten ein ſchreckkliches Schauſpiel iſt, fo
foll das nur eine VBeranlaffung fein, bie Kriege
mehr zu wärbigen, aber nit die Schwerter, bie
man führt, nah und nah aus Menfhlickeit
fumpfer je marken, bis einmal wieder Einer ba+
wifhen fommt mit einem f&harfen, ber uns bie
geme beim Leibe wegh aut. (@.M41fg.) (Sehr wahr !)
Möchte diefe ‚Anzeige dazu hienen, dam Merle recht
viele Leſer zu verſchaffen, fo wir den Zweck der⸗
felben erreicht. 168,
werfländen den Krieg ohne Blutvergiehen zu führen, .
Mon,
en. Vielleicht, daß man in eini⸗
fter Ginricktungen und Manieren fieht. Kann .
7
‚begründet ift, was bier über den Wilhelm von Grumbach
Eulſabeth, Hetzogin zu Sachſen und Landgraͤfin zu Thuͤ⸗
ringen. Ein Beitrag zur Geſchichte der ſachſen⸗ko⸗
burg > gothalſchen Lande, von Chriſt. Ferd. Schulze,
Gotha, 3. —8 1832. Gr. B. 21 Gr.
Als der durch viele andere hiſtoriſche Schriften mli
bekannte Verf. vor 9 Jahren n — I dan *
ſchichte bes gothaiſchen Gymnaſiums ſuchte, fielen ihm auch
Reben und Leichenpredigten auf bie berühmte Wittelöbacherin
Elifabeth, Gemahlin des unglüdtichen Johann Friedrich bes
Mittlern von Gotha (fl. 1396) in bie Haͤnde. itere Nach⸗
forfhungen auf ber Bibliothek und in’ Archiven gaben immer
mehr Stoff, und nach Vollendung bes achten Theils des „Hiſto⸗
riſchen Bilderſaales / verarbeitete der Verf. feine Materialien zu
vorliegender Biographie. In gut gewählten und gut ausgefühts
ten gefchichtlichen Monographien liegt ein eigner Gegen. Gie
find nit allein tuͤchtige Bauſtrine für größere und Allgemeis
neres umfaffende Werke, fondern zugleich eine für Des; und
Berftand gleich anſprechende Lecture. Denn wahrlidy bie Ges
fhichte fol gewiß nicht blos durch Namen, Zahlen und trodene
Bactenerzäplung den Werftand (oder am Ende .bles dad Gedaͤcht⸗
niß) bereichern, ſondern auch menſchlich das des Menſchen
—— re buch Bet Ile zum Guten begeiftern
en a en. würdigt fie noch ni t
ner Bra je ler u a8 fie noch nicht zu eis
an Tann alfo biefes Buch erftlich unter bem tös
punfte eines wichtigen Beitrages zur fächfifchen ober —**
Geſchichte betrachten. So angeſehen enthält es treffliche Notizen
über bie Zeiten des Kaiſers Maximilian II. und bes berühmten
Tächfifchen Kurfürft Auguſt, der aber gerade in Beziehung auf
die Adıtierecution an feinem Wetter, Eliſabeth's Semahl, und
in feinem unbeugfamen Sinne bei beffen Ungluͤcke nicht die gläns
zendſte Rolle fpielt. Indeß erklärt eine aus be i
ee zu Gotha (S. 219) mitgetheilte Beilage, eine 5533*
nfiruetion, was David Baumgärtner mit dem Kaiſer verkags
bein fotl, und worin Kurfuͤrſt Auguſt bem Kaifer aut
feind, ber nad der kaiſerlichen Krone trachte und das Baus
Deſtreich nitderbrüden wolle, geſchildert wird, Ciniges. Wahre
iſt, daß ſich Marimillan II. gegen Kurfürft Auguſt verpflichtet
hatte, den geaͤchteten und zu Reuftadt bei Wien gefangengehale
tenen Dergog nie ohne Augufl’s Sinwilligun auf ferien uß zu
fegen, und nach fo Innger Strafe mußte Auguft einen Kürften
immer fürdten, gegen den er zu ſtreng gehandeit zu Baben ſich
felbſt fagen mußte, und von beifen Smpfänglichkeit auch für bie
chimaͤriſchſten Plane er Beweiſe genug hatte. Nicht minder
ges
fogt wird, daß er anfangs in ben wuͤrzburgiſchen Händeln bei
weitem fo ſchuldig nicht war, als bie — ſinden
wollte. Der Berf. hat es nämlich richtig herausgefunden, baf
diefe ganzen Grumbach ſchen Händel nur ein Theil jener euer
tion waren, welche viele dentſche Ritter gegen bie damals fo
fleigende Fürftengewalt verſuchten. Et war alfo nicht fo ſehr
bad legte Auftauchen bes mittelalterlichen Fehdeweſens als ein
Ringen ber alter Xbyiöfrrigeit gegen bie orialhoheit ber
Bürften, wie bies ſchon Wöttiger in feiner „„Befchichte Sadhfens‘’, TI,
12, bemerkt hat. Derſelbe weift aber auch in feiner „„@efchichte
Baierns“ (Grlangen,. 1852, ©. 229) eine ins 3. 1564 fallende
Verbindung des bairiſchen Adels nach, welche zuerſt vom Kurs
fuͤrſt Auguſt dem Herzog Albrecht angezeigt und von biefem
mit großer Mäßigung unterbrüdt wurde, und an welcher bie
Politik und die Religion gleichmäßigen Antheil gehabt zu haben
einen. Ku zu haber
„Wenn nun dieſe Geſchichte gewiß einen ſehr drauchbaren
Ba en BI ne
es Der oben angebeutete zwei
nicht gu Aberfeben, ja von bem Meef, elbfE Theil in her Aucike
| nung bes Buches an die Herzogin Karolina Amalia, theils
ber Vorrede durch die Worte: „zur Belebung frommer Ge
nungen’,"außgefprochen wo.den. "Die geiden biefer wahrhaft —*
» 9 a
. | .
$
men und verftänbigen Fuͤrſtin, weiche Ihem Kg‘ u
Tihtäfätbigen Gemahl, ohne ihn vetten }
jenes Grunibach's und feinet Geſellen flärgen ficht; welche von
dem unvermeidlien Unglüd, das baraus für das garze Luͤr⸗
ſtenhaus folgen muß, ihren verbiendeten Dann nicht überzeugen
Bann; melde durch beffen Thorheit in die ärmlichfte Lage vers
Tegt wird und endlih 22 Jahr freiwillig die Gefangenschaft
des wunderlichen Mannes, fern von der ‚Heimat, in welder
ihe unterdeß mehre Kinder fierben, unter ben drüdenditen Ent:
behrungen, zum Theil auch Religiondanfechtungen theilt, dann
noch ats Leiche: den Glaͤubigern Ihres Gemahlẽ ald Pfand bit:
nen follz einer Yürftid, welche aber nicht in trauriger Reſigna⸗
‘tion die Hände in den Schoos Legt, fondern unnufhörlich auf
redliche Mittel und Wege dent, wie fie bie Gegner ihres Mans
mes erweidhen und von ihnen beffen Freiheit erbitten Tann, da⸗
bei niemals ben Muth und das Vertrauen auf Gott verliert
and ftill und gelaffen, Höchftens mit dem Kummer aus ber Welt
geht, wer nun ihrem armen unglädlichen Gemahl ihre Gtelle,
erfegen könne — das Leben und bie Leiden diefer ehrwürbigen
Kürftin werben gewiß im jeber fühlenden Menfchenbruit Theil⸗
"nahme finden und vielleicht auch tröffenb und ermuthigend wirken.
Es fei erlaubt, zum Schluffe als Probe der Darftellung
folgende auf das eben Gefagte bezügliche Stelle herauszuheben.
„Gluͤcklich Tonnte man fie preifen. Sie hatte den Kampf bes
Sebens und Sterbens vollendet, unb frei von irdiſchen Leiden
war fie eingegangen ‚zu himmliſcher Vollendung und Seligkeit.
Wie ung ei mußte dagegen das Loos ihres Gemahls erſchei⸗
nen! batte das Traurigſte erfahren, mas Menſchen hienier
"den treffen kann. Wr hatte Kreiheit,. Heimat, Herrſchaft, fürft
liche Würde verloren, "hatte feit 27 Zahren die Bebrängnifie ber
Gefangenfchaft büßen (9) müflen, und nun war ihm auch Die
entriffen, bie mit ihm biefe Leiden getragen unb durch Theil⸗
nehme unb Järtliche Sorgfalt fie ſhm erleichtert hatte. Selbſt
der aͤrmſte und niebrigfte der Menſchen bat mitunter das Gluͤck,
"Mm feiner Heimat, geachtet von feinen Ditbürgern und gepflegt
von feinen Kirdern, die Tage des hülfsbedürftigen Alters bin:
zubringen und im Kreife der Scnigen und unter ihren Thraͤ⸗
nen hinuͤberzuſchlummern in das Land des ewigen Kriedene.
Richt fo Herzog Johann Friedrich. Ihm war bieles Gluͤck ver:
ſagt. Bern von der Heimat, in frauriger Verlaffenheit wankte
‘er dem Grabe zu! Gr war Sefangener, war allein, war ohne
Gemahlin, ohne Kinder, ohne Freunde. Großes und bauerndes
mniegeräid kann das Edlere im Menſchen abftumpfen und wie
die Kraft des Geiſtes, fo auch bie Lebendigkeit und Innigkeit
der Gefühle übermältigen. Auch Herzog Johann Friedrich ſcheint
"durd die Größe und Dauer feines Misgeſchicks von einer ers
:ftarrenden Scywermuth ergriffen worben zu fein, bei der Ibm
nur Misrouen gegen Andere und ber Gebanfe an feine Be
frejung übrigblieb u. f. w.“
Auch bie ſechs ‘bläher noch ungedruckten archivaliſchen Bei⸗
Bar find als Weiträge zur fächfifchen Geſchichte fehr bantend-
werth.
Wo lanbete Guſtav Adorf? -
Bel Gelegenheit des am 6. Nov. 1832 gefeierten Erinne⸗
berangeregt worden. Harte im „Leben Guſtav Adolf’, Schiller
und zuleat Philippi in feiner, auch in d. WI. mit verbientem
Lobe amgezeigten Schrift (&. 10) nennen Rügen als ben
vLandungẽpiat; Andere, wie auch der Hei. ber Philippi'ſchen
Schtift im Nr. 278 d. Bl. f. 1832, wollen, daß dies bei
ber Infel Ruben geſchehn fei, und. vor ein paar Jahren Hätte
man biefen Wahn faft durch Granit und Erz verewigt. Das
Richtige darüber verdanken wir jegt der Beri tigung des Con⸗
ſiſtorialraths Mohnike in den von Zober 1830 herausgegebenen
„Ungebruckten Briefen Albr. von Wallenftein und Guſtap Adolf's
-bes Großen”. Bier erfahren wir nämlih, daß von ber Lan: .
dung einer Flotte bei Ruden gar, nicht die Rebe fein fann, weil;
"zungsfeftes an die Schlacht bei Rügen iſt auch diefe Frage wies | gemachten Aufwand, von ber ‚Ankunft
bie fogenannte Iuſel Ruben nichte xfE als ein Bichmr, wine mis
Baffer umgebenee Sandfled, wie auch ſchen ein Blick auf die
Karte ehrt. Dieſe Eleihe und flache Infel Liest eine Meile
von der Infel Hägen, etwa eine Halbe Meile von ber Inſel
uUfebom, eine Welle vom feflen Lande, oberhatb der Peene⸗
mündung, Für die an ſich ſchon hoͤchſt unmehricheinliche An⸗
nahme, daß Guſtav Adolf in einem Boote nach biefer Inſel
gerubert fei, iſt gar Fein biftorifcher Beweis vorhanden. Viela«
mehr ging die Flotte am 24, Juni 1650 wegen eines heftigen
Gewitters hinter ber Beinen Inſel Ruben vor Anter, die Aus⸗
fhiffung der Truppen aber ward am folgenden Tage beim Aus⸗
fluſſe der Peene bewerkſtelligt. Bier war der Landungsplag
Ruden, portus Rudae auf alten Karten, ober, wie Micräliuß
fagt, „der vornehmſte Meerhafen bei Peenemunbe⸗ Da aber
auf neuen Karten ſich dieſe geogeapbiihe Bezeichnung nicht mehr
vorfand, To warb das Ganze irrtümlich auf die Infel Ruben
übergetragen. Das Wort „Ruben leitet übrigens Luͤtzow und
Anbere nad ihm faͤlſchlich von „ruben”.d. h. „maußern“ ab.
Mit diefer Berichtigung ftimmt auch bie Erzählung
‚Erinnerungen aus der pommerſchen Reformationsgeſchichte“,
bie Grieben für dad Programmı des Gymnaſiums zu Köslin_vong
3. 1830 verfaßt hat, S. 23, vollkommen überein. 89.
Notizen.
Der 83. Band der bei Murray in London herausgekomme⸗
nen „Family library’’ enthält „Lettres on naturale magic,
addressed to 'Sir W. Scott By Sir David Bresster."
Mit dem 36. Bande wird biefe „Family library’ gefdioffen.
Am SoventgardensZheäter iſt „a masque in honour of the
genius of the minstrel of the North” aufgeführt worden.
Die Scene wird am Grabe W. Scott's in Dryburgh⸗Abbey
durch einem Barden eröffnet, weicher einige Berſe an bes Dich⸗
ters Ruheſtaͤtte "richtet und dann die Phantafle, den Genius
Schottlands und ber. ſchottiſchen Poeſie, den Geiſt der Gebirge
und die Unfterbiichkeit auffodert, des großen Todten Angedenken
u feiern. Dies geſchieht durch das Gefpraͤch der heraufbes
—** Geiſter und eine Heihenfolge lebender Bilder aus
Scott’3 Werken. Den Schluß bildet ein Jubelfeſt in Abbots⸗
forb, von dem aber, nach verftriddenen Zahrhunderten, nur noch
bie Ruinen vorhanden find. Engliſche Blätter rühmen an dem Stüde
mehr die Pracht und bie Vortrefflichkeit der Darftellung als
He poetiſche Zdee und Anorbmung. '
: Min ebinburger Literat iſt Türztich zum Weis einer hoͤchßz
werthoollen Sammlung handfchriftlicher Denkwuͤrdigkeiten der
Familie Stuart gelangt. Es befinden fich barunter Memoiren
eines der vorzüglichiten Agenten ber Stuart's vor 1745, welche
viele bisher ungelannte damalige Freunde berfelben namhaft
machen follenz ferner Berichte über die Unternehmung bed Präs
tendenten in Briefen von Lord George Murray u. A.; genaue
Nachrichten von ‚allen, während bes Feldzugs vom Prinzen ger
haltenen Verathungen, fowie eine auf ‚bie geringſten Umſtaͤnde
eingehende Erzählung feiner Flucht. Auch Ebuarb’s Ausgabes
buch befindet ſich dabei; es enthält bie genaueſte Angabe bes
bes Prätenbenten in
Holyrood⸗ houſe bis zur, Schlacht bei Gufloben.
Zu Anfang bes alabemifihen Jahres 1831 — 82 zäflte bie
kopenhagener Univerfität 84 öffentliche Lehrer; drei in ber theo⸗
logiſchen, dier in ber uriftifchen, vier in ber meicinifhen, ZB
in der philoſophiſchen Barultät, Dref Lehrſtuͤhle, im theologi⸗
ſchen, medicinifhen und philoſophiſchen Fach, Überall eier, wa⸗
ren unbefept, Neu timmatriculirt wurden 169 Studirendé.
Die Zap ber Schaler tn,ben 20 Goninafim bes-Bandes war
3847 u. 182. Aleich, noͤmlich 9805 im ‚den virs privile
Privgterziehungsanftalten, wo ebenfalls Schuͤler für. ben Beſuch
ber Univerfität vorbereitet werden, befanden ſich in benfciben
Jahren 390 und 406. 3
Redigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagshandlung: F. U. Bro@baus tn Reipsig
in tn
— — ⏑ — ER mm alien
- — — — ⸗ — — - |
Blätter
für
literariſche Unterhaltung.
Donnerstag,
— Nr. 3.
3. Januar 1833.
u
Der gegenwärtige Zuſtand des armenifchen Volkes.
Nah den Kindern Iſrael iſt kein Boll fo in allen
Gegenden der Erde verbreitet als die Armenier. Die ar:
meniſchen Kaufleute bilden große und fehr wohlhabende
Gemeinden in Bombay, Madras und Kalkutta, deren
Anzahl auf 20,000 Perfonen gerechnet wird. Armenifche
Kaufleute treiben einen großen Theil des auswaͤttigen
Handel8 In den Königreihen jenfeit des Ganges, in
Barma, Siam und in den englifhen Befigungen unter
deu inboschinefifchen Nationen; die angefehenfien und reich:
fin Kaufleute zu Singapur find Armenier; fie beſuchen
von hier aus Die des Handels wegen wichtigen Inſeln
des oͤſtlüchen Acchipelagus und die chinefiihe Handelsſtadt
ton. Die Armenier bereifen die Khanate oder Für:
enthuͤrner Mittelaſiens; fie befuchen Kaſchemir und bie
andern großen Beſitzungen des Ranadſchid Singh, des
Herrn von Labore, fowie Afghantitan. In Djulfa, einer
Vorſtadt Ispahans, und in andern Gegenden . Perfiens
befinden fich zahlreiche Gemeinden ber Armenier. Armes
nier find die MWohihabendften ber ganzen hart gebrüdten
Bevölkerung Aegyptens, und das Haupt der Kirche von
Abyſſinien iſt jegt ein Armenker. Diefe Nation hat Über:
died religiöfe und Handelsniederlaſſungen in allen Theilen
Syriens, in ber europäifchen Türkei, in Rußland, Polen,
Deflreih und Italien.
Das alte Armenien, von feinen Bewohnern ſelbſt
Hañaſtan, das Land des Halt, des fabelhaften Stamm:
vaters der Armenter, genannt, umfaßte in alten Zeiten eine
weite Länderficede von Oſt nad Welt; es erſtreckte ſich
vom Euphrat bis zur perfilchen Provinz Aderbidſchan und
zum Zufammenfluß des Kur mit dem Arared. Nicht klei⸗
ner war die Strede“ von Sud nah Mord, von Mardin
imd Rifibis bis an dns alte Chald& oder das heutige Pafcha=
lik Zrebifund, Aghalzik und den Kurfluß. Der größte Theil
dieſes Länderftriches warb in unfern Zeiten von Rußland
erobert. Die Armenier betrachten jest Rußland als ihre
jweite Heimat und wandern fcharenweife von den tuͤrki⸗
ſchen und perfifchen Beligungen in ihre altes Stammland,
wo fie unter dem ruſſiſchen Serpter in der Ausübung
ister Refigion und m dem Beſitze ihres erworbenen Ver:
moͤgens ungeſtoͤrt leben Können. Ein älterer Reiſender
ſchaͤtzte die ganze Anzahl der aͤrmeniſchen Nation auf mehr
als 7 Millionen Köpfe; dieſe Annahme ſcheint aber ſehr
uͤbertrieben. Die ganze armeniſche Nation betraͤgt wahr⸗
ſcheinlich nicht mehr als 3 Millionen, von welchen 2 Mile
tionen jegt unter ruſſiſcher Herrſchaft fi befinden möger.
Es warb in nenern Zeiten mehrmals und von verſchiede—
nen Seiten ber darauf aufmerkiam gemacht, daß dis
Haus Romanow das alte armeniiche Königreich wleder⸗
hetſtellen koͤnnte *); dies ſcheint aber nicht mit der Poli⸗
tik des petersburger Cabinets ſich vereinen zu laſſen.
Seit dem Jahre 1820 richteten die verſchiedenen
Miſſionsanſtalten in Amerika und Europa ihr Augenmerk
auch auf Armenien. Die nordamerikaniſchen Miſſionare
in Syrien fanden bei den daſelbſt wohnenden Armeniern
mehr Eingang als bei den Syrern ſeibſt; ſie ſuchten von
bier aus ihre Wirkſamkeit nach einer Seite hin bis nad)
Tiflis und nach der andern bis nad Zaurid zu verbreis
ten; mehre Miffionare hielten ſich eine Zeit lang zu
Smyrna, Bagdad, Mofal, Mardin und in vielem Gegen:
den Ciliciens auf, um für ihre ruͤhmlichen Zwecke zu
wirken. Ein englifcher Miſſionar hat ſich feit Tangerer
Zeit fammt feiner Familie. in Bagdad niedergelaffen und
daſelbſt eine Schute gegrlindet, wo jegt ſchon 60 armen
ſche Knaben und mehre Mädchen in den Lehren des evan-
gelifchen Chriftenthdums und in den nothwendigſten Kuͤn⸗
ſien und Wifſenſchaften Unterricht erhalten. Das arme⸗
niſche Volk iſt auch der thaͤtigen Miſſionsgeſellſchaft zu
Bafel nicht entgangen. Die deutſchen Miſſionare, die
im Jahre 1823 die Provinzen Georgien, Sarabagh
Schirwan und Baku befuchten, fühlten fih allenthalben
zu den bdafelbft lebenden Armeniern hingezogen. Die Mifs
fionsgefeltfchaft zu Baſel beftimmte deshalb zwei der Bruͤ⸗
der zu Arbeitern unter den Armeniern. Es ward im Jahre
1827 in Schuſchi eine Schule für armeniſche Kinder ge-
gründet, die im folgenden Zahre hen 130 Schüler zählte;
*) Zn der Vorrede zu einer aus bem Armeniſchen ins
> nelifere äberfegten Chronik bed armeniſchen Koͤnigrei⸗
he® in Giticien: „Wahram’s Chbnicle of the arme-
nian kingdom in Cilicia, during the time of tbe cru-
sades. Translated from the nrigiaal armenian, with
notes and illustrations, by Charles Fried. Neumann
(lzondon, printed for the Oriental translation-fund, 1881),
heißt es wörtli: „It seems probable, that we may ses
yet in our times a new kingdom of Arınenia, create
out of barbarian elements by the generosity and magua-
nimity of the emperor Nicholas’.
‘
S
\
| wit biefer Säule ward auch ein Anfang gemacht für bie
Erziehung und Bildung von Landſchullehrern. Mit den
Miffionaren vereinigten ſich zwei junge Armenier, bie
in den Driginaffpeachen der heil, Schrift Unterricht er:
hielten. Scyon früßer ward durch bie emuͤhungen ber
englifchen Miſſionsgeſellſchaft das Neue Teftament in die
Vulgarſprache des weſtlichen Armeniens überfegt und neben
bei für Diejenigen, die ihe Idiom unter den Türken ganz
verlernt hatten, eine Ausgabe in türkifher Sprache mit
armenifchen Lettern gedrudt. Jetzt ward durch die Be⸗
mühungen der deutfchen Miffionare dad Neue Teſtament
auch in: die gegenwärtige Volksſprache Oſtarmeniens über:
ſetzt und zu Schufhi nebft andern Werten zur Befoͤr⸗
derung des chriſtlichen Jugendunterrichtes gedruckt. Die
deutſchen Miſſionare zeichnen ſich vortheilhaft vor den
engliſchen und amerikaniſchen aus; ſie ſind ſaͤmmtlich mit
gruͤnduͤchen Sprachkenntniſſen verſehen und ſcheinen, nach
alle Dem zu urtheilen, was in den basler Miſſionsberich⸗
ten und auch ſonſt von ihnen bekannt geworden iſt, in
der Profans und Kitlchengeſchichte ſowie in ber Literatur
des armenifchen Wolke gründlihe Studien gemacht zu
haben. Ein fehr lehrreiches Werk zweier Zöglinge ‚der
Miffiensanftalt zu Baſel iſt im vorigen Jahre zu Pe⸗
tersburg unter folgendem Titel erfchlenen: „Kurze hiſto⸗
rifche Barſtellung des gegenwärtigen Zuflandes des arme:
nifchen Volkes“ (Peteröburg, 1831). Diefes Werkchen
ward von dem Staatsrat und Ritter von Schuhberth,
Director dee St. Petrihanptfchule zu Petersburg, dem
Drude übergeben. ,
Die ungenannten Verfaſſer fagen in ber Vorrede,
daß fie „Reine graue oder ſchwarze Schminte aufgetragen
hätten, um bie Tobtengeflalt des Elendes zu erhöhen,
fondern alle Züge ſeien aus den Quellen und aus mehr⸗
jähriger Erfahrung genommen”, Ihr Hauptführer für”
den hiſtoriſchen Theil war wol die große in drei Quart⸗
bänden beftehende Geſchichte Armeniens des Mechita⸗
riſten Michael Tſchamtſchean, die mit Erfchaffung der
Melt beginnt und mit dem Jahre 1784 n. Chr. endet,
Diefe allgemeine Geſchichte Armeniens erſchien in dem⸗
ſelben Jahre (1784) in armeniſcher Sprache zu San⸗
Lazaro bei Venedig. Michael" Tſchamtſchean war aus
Konftantinopel und gehörte wie alle Mechitariften zur ka⸗
tholifchen Kirche; er war geboren im Jahr 1738 und
flach im Jahre 1823. Es war der Hauptzweck der Ber:
faffer der „Hiftorifchen Darftellung des gegenwärtigen Zu⸗
ftandes des armenifchen Volkes’, das Elend armenifcher
Shriften den abendlaäͤndiſthen Brüdern zu verkünden, da⸗
mit mehre ſich emtfchliegen möchten, binüberzulommen,
um das Reich Gottes dafelbft aufzubauen, Sie beginnen |
mit einer Weberficht der wichtigften Begebenheiten der ar
menifchen Volksgeſchichte, die dem Kundigen wenig Neues
darbieten wird. Die legte-Spur von der Selbftändigkeit
des armmifchen Volkes verſchwand mit dem Untergange
des armenifchen Königreiches in Cilicien. Leon VI. aus
dem Haufe Lufignan ward 1375 gefangen genommen und
nad) Aegypten abgeführt; er lebte bier bis zim Jahre
1382 als Gefangener und erhielt dann durch die großs
L
10 0
müchige Fuͤrſprache König Jehann I. von Caſtillen feine -
‚ Sreipeit. Leon VI. duschwanderte bie verfchiedenen Koͤ⸗
nigreihe Europas und flarb endlich zu Paris am 19.
November 1393._ In der „Hiftorifhen Darftellung” heißt
es untichtig 1391. » : -
Der zrocite Abſchnitt enthält eine Weberficht der wich⸗
tigften Begebenheiten des armeniſchen Kirchengeſchichte
Gregor Lufaworitfh oder der Erleuchter war ein Sohn
eines Fürften aus dem Stamme der XArfaciben und bes
A. gegen den Anfang bes vierten Jahrhunderts ſeinen
Verwandten, ben König Dertab (Tiritades) von Armes
nien. Gregor ftarb im Fahre 331, und das junge Chris
ftentbum in Armenien gerleth nach feinem Tode in große
Gefahren. Snahaf der Parther, auch Iſaak der Große _
genannt, ber im Jahre 390 zum Nachfolger Gregor des
Geoßen ernannt wurde, fan als der zweite Gruͤnder der
cheiftfichen Kirche in Armenien betrachtet werden. Aus
feinee Schule gingen die gelehrten Männer hervor, bie
ein eignes Alphabet für die armenifhe Sprache zuſam⸗
menfesten,, bie beiligflen Schriften und andere Werke aus
dem Griechiſchen überfegten und fo ber Nation Mufters:
bilder in die Hände gaben, nach denen fie fih in den
folgenden Sahrhunderten ausbilden konnte. Die armeni⸗
(he Kirche hatte viele Kämpfe gegen die Unbuldfamteit
der Anhänger des Zoroaſter zu, beſtehen. Erſt im Zahre
484 verfprachen ihnen. die Perſer, daß von nun an jeder
Armenier frei die cheiftliche Religion bekennen und Nies
mond zum Feuerdienft gezwungen werben ſoll.
Der Zwieſpalt zwifchen der armenifhen und katho—
liſchen Kirche begann nad) dem Concilium -von Chalcedon
(451); bie Armenier haben diefe oͤlumeniſche Synode nie
anerkannt. Sie folgen zwar nicht ganz ber Lehre des
Eutpches In Betreff. der Natur Chrifti, fondern vielmehr
den Ausbrüden des Cyrill von Alerandrien, find aber
nichtsbeflomeniger große Feinde aller Derjenigen, von denen
fie glauben, daß fie durch die Keberei des Neſtorius bes
fledt wären. Es geihahen im Laufe der Jahrhunderte
viele Verfuche von den Griechen ſowol als von den Las
teinern, um bie Acmenier zu ſich hesüberzuziehen. Aber
alle diefe von Päpfien und Kaiſern unternommenen Bes
£ehrungsverfuche waren wergebens; man befehrte einzelme
Semeinden, ohne aber deshalb die Mationaflicche der Ars.
menier im Geringiten zu erfchüttern,
(Der Beihluß folgt.)
⸗
Dwination auf ben naͤchſten wuͤrtembergiſchen Landtag.
Hanau, Koͤnig. 1832. 8. 4 Gr.
Man zerbricht ſich in Wuͤrtemberg den Kopf uͤber den
muthmaßlichen Verfaſſer dieſer mit vielem Geiſt und unverkenn⸗
barer Abfiht (aber welcher?) geſchriebenen Flugſchrift. Der
Verf. will ein Liberaler von der aͤußerſten Linken fein und zieht
auch grob genug gegen die legitimen Kürften, bie Duodezſtaaten
Deutichlands und ihre Regierungen, den Bundestag und feine -
Befchlüffe los, ja, er flelt einen, ben Worten nach zu urtheis
len, recht grünblicdyen Haß gegen bie Unterbrüdung der Freiheit
zue Schau; zugleich aber macht er auf die Schwächen ber Op⸗
pofition, auf: ihre perfchiebenartigen Clemente, auf bie Keime .
. 3
ber Gintzweiung, bie in ihr Tiegen, mit fo haftigem Gifer auf:
merlfam, ald hätte er ein Intereſſe dabei, biefe Ichtern zu pfles
Fr er macht die geachtetfien Namen ber gemäßigtern Oppos
tion verdächtig, indem er ihre Intelligenz gar ſehr in Zweifel
zieht; dagegen ertheilt er theild bekannten Ertremen ein faſt
übertriebenes und dadurch zweifeihaftes, theils andern Nota⸗
bilitären, die aber als Gtändemitglieder noch unbefannt find,
ein verdächtiges, faft ironiſches Lob, und räth am Ende, er, der
Radicale, zur firengften Beſchraͤnkung auf die Partialfreiheiten
und materiellen intereffen des Eleinen Vaterlandes. Was iſt
aun der Berf., fragt man ſich allenthalben. Iſt es ein Wer:
fappter Minifterlelier, dem erlaubt worben iſt, auch auf die Res
gierung gelegentlich zu ſchimpfen, wenn er nur die ſchoͤne Mas
fime: divide et impera, bei ber ſtaͤndiſchen Oppofition gluͤcklich
ins Werk zu ſetzen verſteht? Dies iſt das Allerunwahrſchein⸗
lichſte, denn die Regierung wird fih aud nicht im Scherze und
ven einem guten Freunde foldye Grobheiten fagen laffen, und
ein guter Freund der Regierung Würde es auch nach erhaltener
Griaubniß nicht wagen, fie zu fügenz denn er, würde mit Recht
fürchten, mit der Zeit doch dafür beim Kopfe genommen zu wer⸗
ben, als hätte er feinen Auftrag gar zu fehr con amore ausge⸗
führt. Alſo kein Winifterieler! Aber vielleicht gar ein geweſek⸗
ner Minifter felbft, oder etwas der Art, ein Mann, ber gejichert
und ohne Gegenſtand, des Ehrgeizes lebt, nichts mehr hoffend
und fürchtend ; der nur etiva zeigen will, daß er noch zu elwas
zu brauchen wäre, wenn man ihn länger, ober wenn er ſelbſt
Anger gewollt hätte? Oder ein oppofitionsluitiget Deputirter,
ber von der Dppofition vergeffen worden ift und fi dafür ber
Regierung, jedoch auf eine ſcheinbar unabhängige Weife, ins Ge⸗
daͤchtniß rufen möchte. Oder ein von beiden Theilen gekräntter
oder. bintangefegter Eligible, der ſich jest an beiden rächen
wii? Dean bar die Wahl unter au biefen; aber bis jept if
dad Publicam noch nicht einig, auf wen fie fallen foll, obgleich
füft ein Dugend Gigennamen genannt werben. Inzwiſchen bat
die Schrift ein afigemeines Intereſſe, nicht nur weil fie großen«
theild Fragen berügrt, die allen conftitutiomellm Gtaaten
Dent ſcands gemein find, fondern au, weil: die Banner,
weiche fie abhandelt, faſt alle eine deutfche und nicht bios eine
provinziele Reputation haben. ,
Aus dem allgemeinen Theile der Gchrift, in welchem Wahr
red mit Unwahrem, Klares mit Unklarem bichft feltfam gemifcht
if, entiehnen wir als Probe, was vom Verhältniffe ber deutfchen
Oppoſition zar fran;öfifchen und engliſchen (S. 11 fg.) gefagt wire,
wo der Berf. nachzuweiſen bemüht ift, daß eine würtembergifce
Dppofition nicmals eine radicale Aenderung bes Syſtems nad
fi zu zieben im Stande fein werde, „Einmal“, fagt er, „ift
die Durchbildung bes conflitutionnelfen Syſtens bei uns nod
nicht bis zu jener Confequenz gediehen, wie wir fie üßtr dem
Rhein und' dem Kanal aptreffen; andererſeits jind die Beſtand⸗
theile der deutfchen DOppofitionen Elemente, die in Frankreich
und England vergebens nad einer Analogie fuchen. Während
hier die Parteien bis zu einer volllommenen Abgrenzung ihrer
Meinungen und Maßregeln ſich ausgebildet haben, werden bei
uns die vielfachen, politifchen Glaubensbelenntniffe no lange
vergeblich auf NRebuctionen warten, werben die Goterien noch
immer bie innere Kraft der Kactionen zerfören..... Die Zalı
tik der WVoigs und Tories ift fo alt wie bie Privilegien ber
engliſchen Berfaffung.... Auch ift der König bier eine willen:
lofe Sroberung, die jede Partei machen kann, wenn ihre Ans
ftrengungen einen gluͤcklichen Erfolg haben. Die Majorität in
der Kammer beftinmit bie Wahl bes neuen Miniftere...ı Bei
un6 dagegen wird ein ar nie Anftand nehmen, einem Minis
fer, wenn bieler auch jest feine Propofitionen zuruͤcknehmen
mößte, das Yortefeuille zu laffen, weil es ſchon längft in Deutſch⸗
land hergebracht ift, daß wir nicht nach Geſchen, ſondern duch
bie Polizei regiert werden.”
Was die Perfonenfrage betrifft, fo ift der Verf. recht aͤngſt⸗
lich bemüht, barzutbum, daß bie künftige Oppofition ber wür:
tembergiſcher Stänbeverfammiung aus drei heterogenen, von einer’
2}
41
geſchickten Regierung leicht zertrennbaren Elementen beſtehe: ben
Zübingern oder den Dichtern, an beren Spitze er —5— Mi
P. A. Pfizer fell; den Advocaten, auch von ihrem Watte die
Hochwaͤchter⸗ Partei genannt, ald deren Haupt er den bekannten
Dr. A. Schott, den Griechen, und Polenfreund, bezeichnet; end⸗
lich eine dritte action, die er noch nicht beftimmter zu bezeich⸗
a Be “ a mahlichen Stimmführer er aber Wolfs
i ‚ dem er den ehbemali i
Wangenheim an die Geite gibt. bematigen Winiſter vom
Bor allen Dingen laͤßt e& ſich der feine Verf. nun angeles
gen fein, die Partei der Dichter, von Seiten ihrer Geiſtesga⸗
ben und ſogar ihres politiſchen Glaubensbekenntniſſes moͤglichſt
herabzuſetzen, gerade als ob er befürchtete, daß es dieſen Mäns
nern bei dem allgemeinen Zutrauen, den ihr Geiſt und ihr Cha⸗
rakter einflößt, wirMicd, gelingen fünnte, eine compacte Majo⸗
sität sufammenzubringen. Es fol bewielen werben, daß fie bies
ſes Zutrauen nicht. verdienen, ja daß es „eine falfche Pietät‘
war, dieſe Wänner nur zu wählen. Wit einer gewiffen perſoͤn⸗
lichen Beindfeligteit wird hierbei der in feinem naͤchſten Watere
lande nicht bios als Dichter gefeierte Ludwig Uhland behandelt,
dee doch bekanntlich fein Neuling in dev Kammer der Abgeords
neten iſt wud fieben Jahre lang den Miniftern genug zu fchaffen
gemadt bat, audy mehr als einmal im vollen Befige der Ma—
jorität war. Der Berf. findet es ſehr unwahrſcheinlich, daß
„bie trefflichſten Köpfe unter den jüngern Depütirten, die Afrans
ceſados, Maͤnner, die jeder größern Standſchaft durch ihre ges
naue Kenntniß des parlamentarifchen Lebens Ehre maden wärs
ben und von ber Regierung ald die gefährlichfien Gegner ges
fuͤrchtet find, und von denen man rühmen muß, daß fie fich mit
freiem Gewiſſen unter die Fahne des franzöfiichen Eideralismus
ſteilen, ... auf alle Bälle Heren Uhland das Principat übers
tragen werben.‘ Die Infinuation iſt verftänblich genug: wenn
die Afrancefados klus find, fo geben fie (nady bed Verf. Rathe)
Herrn Upland bei der Präfidentenwapl ihre Stimme nicht. Dies
fee iR ohnehin „längft in den Blumenpfaben des 13. Jahr⸗
hunderts verlaufen, wird mit fühen Klängen aus feiner
len Herrlichkeit wieder heraußgelodt, in feine friedliche Hand,
nur gewohnt (?!), die Saiten der Leier zu fchlagen, ſteckt
man eine brennende Fackel, mit der er zum Kampfe gegen bie
neuefte, ihm fo ‚fremd gewordene Zeit voranleucdhten ſoll; verlafs
fen von ben Gaben ber gefcdhmeidigen Suada foll er wie aus
dem Stegreif das von Rotteck, Zorban, Weicker unvollendet ges
lafſene Bert fortfegen, eine Zumuthung, bie für ehrenvoll zu
balten, ihm gewiß nicht wenig Ueberwindung gefoftet hat. Aber
er hat fie angenommen. Herr Uhland ift jn die Lage bes Abbe
Sieyes gefommen, als Mirabeau von ihm fagte: Ich will ihm
einen Ruf machen. dem er nicht gewachſen iſt!“ Eh bien, nous
verrone, Monsieur I’anonyme! . j
Nicht viel beffer kommt‘ P. A. Pfizer weg: „Tief von bem
Netzen der abſoluten Philoſophie umftridt (??), voller Born
über bie dreifte, Alles wagende und in die Schanze fchlagende
Zeit, unangenehm berührt don den Wirren feiner ungläubigen
Beitgenoffen und aͤngſtlich alle feine Kreibeitäfäge aus den Prin⸗
cipten des Gefuͤhls und einer trüben Wiſſenſchaft herleitend.“
Daß Pfizer nach volle::deten Studien das glänzendfte juribifche
Sramen gemacht, daß er Jahre Iang als Secretair unter ben
Augen des Juſtizminiſters zu deſſen voller Aufriedenheit gearbeis
tet, darauf Jahre lang als Richter in einem Collegium aefeffen, .
und daß bis zur Pubtication feiner Schrift im 3. 1831 Nies
mand in ibm den Philofophen, fonbern nur ben vortrefflichen
Kopf getannt hat, das ignoriert unfer unparteiifcher Verfaſſer.
Gr geht aber nody weiter, er macht auch die liberale Geſinnung
biefer beiten Deputirten verbächtig. „Der große Anhang, ben
diefe beiden Männer haben werden (hinc illae lacrymae), if
nichts weniger als von ihren eigentlihen Herzensgeheimniſſen
unterrichtet. Die weniger gebildeten Deputirten, die Adlers und
Kronenwirthe, werden nur wie fie flimmen und exrflaunen, wenn
fie ſich zuiegt in unauflößliche Widerſpruͤche werden verlaufen
haben.” Nach ihm werben Uhland und Pfizer in bie Länge
⸗ 12
„ihre wahre Ueberzeugung““ nicht verleugnen koͤnnen, werben
darauf bedacht fein, ne gegen voreilige Schläffe gu verwahren ;
der Kragen, bie das eigentlihe Landesintereffe betreffen, gar
nicht zu gebenfen! „Wohlan, man fodere einmal Herrn Uhland
auf, feine Stimme über bie Zünfte zu geben. D, es iſt ärger
lich, fo viel Taͤuſchungen vorbereitet zu ſehen.“
Dagegen .wirb der Hochwächters Partei nicht wenig geräus
dert: „An die Dichter werben ſich die Staͤdter, an biefe bie
Bauern anſchließen. Hier ift Herr Schott der Heigenführer,
ein durch Feſtigkeit des Charakters und eine reiche ſtaͤndiſche
Erfahrung ausgezeichneter Mann.... Man verfolge die Ber:
bantlungen früherer Landtage und man wird ihn immer an der
Spige ſehen, wenn es fidy um bie rabiealen Ideen der neuen
Zeit handelte.” Das Zageblatt „Der Hochwaͤchter“ wird nicht
weniger mit Lobſpruͤchen erhoben als der Gentralpunkt ber vers
‚ einzelten Klagen, und fein Verfaffer wird das ganze Land ges
nannt. Etwas auffallend ift dabei, daß diefer gewaltige Radi>
cale nicht, gleich feinen Brüdern, ein Wort bes bittern Tadels
für, die vorige Kammer und die Weishaar'ſche Partei bei ber
Hand hat; diefe wird mit völligem Stillſchweigen übergangen
und dem gewefenen Kammerpräfidenten und nadmaligen Minis
fir Weishaar felbft „ein gewiffes ehrenhaftes Renommee’ zu:
geftanden. Dadurch unterfcheidet ſich der Lobredner ber Hoch⸗
wächterpartei von biefer" felbft weſentlich. In ber grellen
Schilderung von Würtembergs Zuftand überbietet er aber noch
den „Hochwaͤchter“.
Endlich kommt der Verf. auf bie dritte Ruance ber Kam:
mer und flellt mit überfchüttenben und doch etwas zweideutigen
Kobfprüchen Wolfgang Menzel an deren Spitze. Er begeht da:
bei keine Eleine Inconſequenz, denn oben bat er „die ſchwache
Seite der gefchehenen Wahlen” in den „literarifchen Notabilis
täten‘ gefehen, und jegt wuͤnſcht er fogar eine -rein Literarifche
Notabilitaͤt wie Herrn Menzel an bie Spitze ber Oppoſition
geftellt und trägt einem Wanne, ber bem würtembergifchen
Detail ganz fremd ift, dem Principat in einer Kammer an, die
fid, nach feinem Rathe, doch nur mit wärtembergifchem Detail
befaffen fol. Der Verf. hat die Meinung, „Herr Menzel fei
ein Freund ber Wahrheit, wie es deren wenige gibt; ex haffe
jede Rüdficht,, die verhindern koͤnnte, fie frei zu befennen, und
verachte die Schwäche, die an bie Stelle bes Wirklichen Träume
und SPhantaften fegt u. f. m.’ Diefen Lobſpruͤchen aber gehen
boßhafte Kragen und Bemerkungen voran und folgen, z. B.,
„Das Schweigen bed Herin Menzel bat Biete mit hoher Be:
wunderung gegen ihn erfüllt. Wan ift durch die Gefchichte fo
gewöhnt, die Schweigfamen für Diejenigen zu halten, von denen
man dielleicht- gerade bie wenigften Handlungen, aber immer
fehr viele Srüchte diefer wenigen zu erwarten hat.“ Wenn ber
Gelobte auch nicht ſchon durch ſolche Aeußerungen mistrauifch
gegen den Lobredner werden moͤchte, ſo iſt er doch ganz gewiß
klug genug, aus dem ganzen Vorſchlage zu merken, daß der
Verſucher zu ihm tritt, und daß hier es Mirabeau iſt, der mit
Sieyes ſpricht.
Rachdem ber Verf. die Unhaltbarkeit einer Oppoſitionsma⸗
jorität wahrſcheinlich zu machen geſucht, wirft er noch einen
veraͤchtlichen Blick auf bie wuͤrtembergiſchen Minifter, denen
man vergebens bie verwundbare Seite bes Achilles zeigt. Er
felbſt aber verfichert ganz naiv, in bem Befige bes Regierungs⸗
arcanums zu” fein. Aber bie Stände follen fich darum nicht
fürchten; denn wenn ber König fi auch entfchließen folte, ihn
ans Ruder zu rufen, fo würde er doch nicht die Treulsſigkeit
befigen, ed einem Thiers und Sonforten gleichzuthun.
Und bamit entlaffen wir ben Ungenannten. Iſt es nur ein
„Malcontenter” irgend einer Sorte, fo gönnen wir ihm das
Bergnügen, feine Galle auf fo vielen Seiten zugleich ausgeleert
zu haben; ift es aber ein Abgefandter bes böfen Feindes, der
Unkraut unter den’ Weizen fäen foll, fo wiffe er, daß er noch
zu fehr bei hellem Zage ausgegangen ift, als daß Uhland, Pfi⸗
zer, Schott und Menzel nit, Einer wie der Andere, felne
wahre Geſtalt erfannt haben foliten, und baß, wenn man bi
Abſicht hat, Parteifactionen zu entzmweien, man ihnen bief
nicht vorherfagen muß. 163.
Literarifche Notizen.
An Yaris bei Renouard erichien vor Kurzem: „Atlas hie-
terique et chronologique des litteratures anciennes et me-
derihe, des sciences et de beaux arts”, nach bem Plane des
„Atlas historique‘’ von Eefage, von Jarry be Mancy, in einem
Foliobande von 25 culerirten Blättern. Preis 120 Frans. -
Hahnemann’8 Werk über die chroniſchen Krankheiten ift in
einer franzoͤſifchen Tiberfegung, mit einer Vorrede und praftifchen
Bemertungen von Dr. Bügel „vom Grafen Desguidi herausge⸗
geben worden.
„Don Bliguel, ses aventures scandaleuses, ses erimes et
son usurpation’' angeblich nach. dem Driginal eines angefchenen
Portugiefen von 3. B. Mesnard ins Franzoͤſiſche Überfegt, iſt in
Paris erfchienen.
In Paris iſt foeben „Apercu statist/äe de la force du
parti de la branche döchue, sous le rapport de l’opinion, du
nombre, de ce qui a été jadis ou pourrait &tre aujourd’hui
militant’’ erſchienen. Der Verf. fegt die force militante 1792
auf 2000, 1794 und 1795 auf 30,C00. 1798 und 1799 auf
90600, von 1799 — 1814 auf 2000, 1815 auf 9000, 1830
auf 50,000, 1832 auf 10,000. Die force d’opinion oder sen-
timentale rechnet er 1792 au 600,000 Meniden, 1804 zu
50,000, 1814 unb 1815, zu 200,000, 1332 zu 50,000. -
Eine Auswahl von Lafontaine’s Fabeln iſt in Nantes er⸗
ſchienen. Es find 25 Kabeln und aus einigen Fabeln mehre
peti ire in Nantes beflimmt ift.
Literarifhe Anzeige.
Durch alle Buchhandlungen iſt von mir zu beziehen:
Raumer (Karl von), Lehrbud der allgemei-
nen Geographie. Mit fünf Kupfertafeln. Gr. 8.
27 Bogen auf weißem Drudpapier. 1 Ihlr.
6 ©r.
Um die Einführung in den Schulen zu erleichtern,
wird von ‚jeder Buchhandlung auf 12 Er. ein Freier.
bewilligt.
Raumer (Karl von), VBefchreibung der Erde
oberfläche. Eine Vorſchule der Erdkunde. Zwei⸗
te unveränderteXuflage Gr. 8. 54930
gen auf weißem Druckpapier. 4 Gr.
Auf 25 Er. werden drei, auf 50 Er. acht Freier.
bewilligt. Diefe Schrift ift bereitö in vielen Schulen
eingeführt worden, fodaß die zmeite Auflage wenige Mos
nate nad) der erſien veranftaktet werden mußte.
Leipzig, im Sanuar 1833.
S. A. Brodhans.
Nedigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagshaudlung: F. U. Brodhaus in Leipzig. ,
Verſe aus biefer purificieten Ausgabe weggelaffen, bie für das .
t s6minaire 9,
nr sup m _
2
— mM. mL — mv——
Blätter
für
literarifhe Unterhaltung.
Der gegenwärtige Zuſtand bes armeniſchen Volkes.
(Beſchluß aus Nr. 8.)
Nach bem Kalle des armenifhen Königreiches blieb .
der Sig des Hauptes der armenifchen Kirche, Katholikos
genannt, noch immer zu Sis in Cilicien. Die arment:
ſche Geiſtlichkeit wurde fehr von ihren aͤgyptiſchen Herren
bedrüdt, ſodaß män fich endlich entfchloß, den Sig des
Katholikos nach Etſchmiatſyn bei Erivan zu verfegen.
Der erſte Katholikos von Etſchmiatſpyn ward im Jahre
1441 der Dr. Gyragos. Das Daupt ber Kicche zu Sis
behielt deffenungeachtet eine gewiſſe Unabhängigkeit; auch
die Bifhöfe von Achthamar im Wannfee fchalteten in
Ihrem Sprengel auf eine mehr oder minder unabhängige
Weile. Etſchmiatſyn ift das Rom der armenifchen Kirche,
und ber Haß gegen die unirten oder Latholifhen Armes
nier wird von bier aus nicht meniger befördert als der
Haß gegen die Proteffanten vom abendländifchen Rom.
Diefer Haß zwilchen den beiden KReligionsparteien derſel⸗
ben Nation veranlafte befonders in Konſtantinopel fehr
Heftige Auftritte. Die Anhänger der armenifchen Natio⸗
nalkirche verklagten häufig ihre Brüder, bie katholiſchen
Armenier, bei der Pforte und ſtellten fie ald geheime Ver:
bündete der Lateiner oder Abendländer dar, die den Sturz
bee Pforte beabfichtisten. Dieſe Umtriebe bewirkten, wie
bekannt, zu unfern Zeiten, vorzüglich in.den Sahren 1828
und 1829, große Berfolgungen; alle katholiſchen Armenier
wurden aus Konftantinopel nad Angora verwiefen: ein.
Umftand, der unausſprechliches Elend über vide Taufende
brachte. Die Pforte wurde vorzliglich durch die menſchen⸗
freundliche Bermittelung Oeſtreichs und Frankreichs zu
mildern Sefinnungen beſtimmt und über ihr eignes In⸗
terefie aufgeklärt. Sie entjog bie Patholifchen Armenier
der Oberaufſicht des Patriarchen der armenifchen Natio:
nalkirche von Konflantinopel und feste einen unabhängl:
gen Eatholifhen Erzbiſchof der Armenier ein, der fie jest.
der Regierung gegenüber vertritt und gegen alle fernern
Bedrückungen der armenifchen Patriarchen fchügen kann.
Der Erfte, der gegenwärtig. diefe neue Stelle eines arme:
niſchen Erzbifchofs in Konftantinopel begleitet, heißt Don
Antonio Nuridfham. Der Katholilos von Erfhmiatfyn *)
” Fir Name beibt au ui: bie mieberlaflung des
ingeborenen“; auf diefem e fo riſtus Gregor
dem Erleuchter erfchienen fein. “ ve ö
wird von den Wartapieds oder Doctoren ermählt und
mußte vor ber Eroberung diefer- Gegenden durch die Ruf
fen feine Beftätigung immer durch eine große Summe
Geldes von den Derfern erkaufen. Die beiden Patriarchen
zu Konftantinopel und Serufalem forwie manche andere -
Metropoliten werden ebenfalls von den Wartapieds erwaͤhlt
und dann von den Katholikos von Etſchmiatſyn beftätigt.
In dem dritten Abfchnitt der „Hiſtoriſchen Darſtel⸗
lung” wird die jegige Verfaſſung der armenifchen Kirche
befchtieben. Unfere Verfaffer fanden Haupt und Glieder
dee armenifchen Kirche in ſehr ſchlechtem Zujtande. Die
Priefter können kaum die heiligen Schriften in der alten
claſſiſchen Sprache Iefen; fie haben zu wenig Bildung,
das Volk vermitteld einer Predigt zu erbauen, und be
onügen fi damit, flatt alles Gottesdienſtes blos eine .
Meile zu leſen. Das Volk ſelbſt fei deshalb voll von
Klagen über feine Bifhöfe und Wartapieds und fehne
fihh nach der Zeit, wo einmal fromme und wiffenſchaft⸗
lic) gebildete Geiſtliche die Leitung Übernehmen würden.
Der Abſchnitt vom Zuſtand der chriftlichen Lehre
bei ben armenifhen Großen bat blos Intereſſe für den
Theologen von Fach. Man kann fich leicht denken, daß
in einem Lande, wo es fo fchlimm mit der Bildung ber
Priefter — die einzigen Gelehrten bei jeder uncivilificten
Nation — ausfieht, die Schulen und übrigen Bildungs:
anftalten des Volkes in einem fehr fchlechten Zuftande
fen muͤſſen. Unſere Verfaſſer entwerfen auch in- dem
fünften Abfchnitte von bee Bildung und dem cheiftiichen
Leben im armenifhen Volke ein fchrediiches Bild. Es
braucht wol kaum bemerkt zu werdefi, daß die eifrigen
Sendboten eines neuen Chriſtenthums Manches zu ſchwarz
geſehen haben moͤgen. Ihnen ſcheint auch kein anderer
Unterricht als der das religioͤſe Leben befördernde etwas
zu gelten. „Wohl iſt“, rufen ſie aus, „eine bedeutende
Schule unlaͤngſt in Tiflis gebildet worden; wohl blüht
eine andere in Moskwa unter dem thätigen Wartapied
Michael Salandian; wohl hat fich befonders Konſtanti⸗
nopel feit längerer Zeit durch groͤßern Eifer für den Uns
terricht ausgezeichnet. Keine diefer Schulen bat aber den '
Zweck, beſſere Religionsiehrer, Kicchenvorftcher und Prie
ſter für das Volk zu bilden; fie befchäftigen fi, vielmehr
mit Grammatik, Rhetorik und Logik und haben es fid)
zur Hauptaufgabe gefegt, einzelnen europaͤiſchen Wiſſen⸗
‘14
(haften ben Eingang in bie Nation zu bahnen. Eilgent⸗
liche Gemeindeſchulen gibt es beinahe gar nicht; die Pries
fter in den Städten unb auf den Dörfern haben blos
einzelne Knaben um fich, die theils für den ünftigen
Kirchendienſt, theild um der Kaufmannfchaft willen leſen
und fchreiben lernen. In den meiften Städten Oftarmes
nims mag man unter 100 Perfonen etwa 10 treffen,
bie lefen und fchreiden Eönnen; auf den Dörfern aber un⸗
tee 100 nur etwa 3—5. In ben weftlichen türkifchen
Prodinzen und namentlich in Konftantinopel herrſcht ein
größerer Eifer, ſich die nöthigften Schulkenntniſſe zu er:
werben. Vorzuͤglich ſchlimm ſieht es aber allenthalben
mit der Bildung des weiblichen Geſchlechts aus, denn
weder die Aeltern noch der Geiſtliche denken je dar⸗
an, daß eine Tochter im Leſen oder im Chriſtenthum
unterrichtet werden muͤſſe. Und fo wachſen die Töchter
ber Vornehmen wie die der Armen fin dee finfterften Un-
willenheit auf; fie begnügen ſich damit, die von den Xel-
tern erlernten Geremonien ihr Leben lang aus Gewohnheit
mitzumachen. Das Vorurtheil gegen die Erziehung des
weiblichen Geſchlechts geht in Armenien fo weit, baß ein
Vater fih ſchaͤmen würde, feine Zochter unterrichten zu
laſſenn denn Jeder würde ihn fragen, ob er fein Kind
zu einer Nonne machen oder zu leichtfertigem Sinne ans
leiten wolle.”
In dem fehöten und legten Abfchnitt wird von ber
evangelifchen Gotteserkenntniß in ber armenifchen Kirche
gehandelt. Die Streitigkeiten, bie fi) durch das Ein:
drängen europäifcher und amerifanifcher Miffionare in
der armenifchen Rationalliche erhoben haben, werden
faum berührt. Wir wifjen aber von anderer Seite her,
‚daß bie Kiche von Erfhmiatfpn die neuen Glaubenspre-
diger und die Verbreitung der heil. Schrift in den ver:
fhiedenen Vulgardialekten des armenifchen Volkes mit eis
ferfüchtigen Augen betrachtet und dem Wolke auf alle
Weiſe die Miffionare und ihr reiben verdächtig zu
machen fucht. Unfere Verfaſſer mochten ihre Gründe ha:
ben, in einem zu Peteröburg gedrucdten Werke bier:
son fo wenig als möglich zu fagen. Mir wiffen aus
ganz zuverläfiigen Nachrichten, daß in allen Kirchen bes
weſtlichen Afiens unter den Syrern, den Drufen, den
Griechen und Armeniern. duch das Eindringen der euro:
päifhen Cultur und Eivilifation fowie durch die Verbreis
tung ber heil. Schriften und die Schulen der Miffivnare
eine große Gährung hervorgebracht wurde. Die Beift:
lichen, aus Furcht, ihr Anfehen und ihr Einkommen durch
bie Aufklaͤtung des Volkes zu verlieren, erlauben fich die
tößten Verfolgungen gegen alle Fremden, die das Volk
Über feine wahren Intereſſen auftlären wollen. Mehre
Miffionare oder WBibelmänner, wie fie die Geiftlichen
zum Spott nennen, haben -in folh einem Grade die
Much der einheimifhen Geiſtlichkeit erregt, daß fie fich
nur duch die Flucht oder den Schuß der eutopdifchen
Gonfulate von einem fichern Untergange retten konnten.
Dies war vorzüglih bei den katholiſchen Syrern ber
Fall, die von Rom aus bearbeitet wurden, 161.
* ——
Dee geiſtliche Hirtenbriefe.
Wir nehmen ſie billig nach dem Range ihrer Verfaſſer. Alſo
1. Hirtenbrief Seiner paͤpſtlichen Heiligkeit Gregor XVI.
alle Biſchoͤfe der katholiſchen Welt. Ober 8* Urtheil der
biefer Zeit. Erlaſſen in:Ronr den 15.
gnd beniie Ueberfegung. Regensburg,
Tv,
Kirche Chriſti über den Geiſt ‚ bie Kidkyngen und Dres .
g. 1832. Ofigi
Sul. —
„Bir hätten länge an Euch ſchreiben ſollen“, ſo lautet
in gutem paͤpſtlichen Kirchenlatein ber Inhalt bes erlaffenen
Briefe; „aber wir wurden ſogleich bei dem Anfange unfers
Pontificat® auf das Meer det Unruhen durch gottloſe Verfchwoͤ⸗
rer geworfen, von benen uns aber Gott durch ihre Niederlage
befreite; indeß die großen Sorgen bei unſerer neuen Kat N
fung und eine neue Rebellion verzögerten abermals den Krla
Aber gerade an dem Tage der triumphirenden, Dimmelfahrt: der
heiligen Jungfrau, biefer Patronin in unfern Nöthen, und die
wie in einer Pfüge voll Unraths. Diefem Eben im Walde müfs
fen wir feuern. Das Erfte, was zu bedenken ift, beißt: bie alls
gemeine Kirche wird durd jede Neuerung erfchättert.”’ „Der Papſft
Agathon ſagte: an Dem, was regelmäßig feſtgeſeßt iſt, barf
unverſehrt“ geblieben iſt. „Wer ben Stuhl Petri verläßt
iſt nicht in der Kirche. Das Urtheil über die reine Lehre fos
„Die verworfenen Kreidenker haben’ vorzüglich eine abſcheuli
Berfhwörung gegen den Cdlibat der Kieriker geftifter, I —*
wahn, daß einem Jeden bie Freiheit des Gewmiſſens zuzu
und zu erwirken ſei. Das iſt eine Peſt, ein RR, er Kon.
arundes, aus welchem Johannes ben Rauch und bie Heus
ſchrecken auffteigen ſah. Dazu gehoͤrt auch bie Preßfreiheit,
a EEE > ED 42— A re IE —
’
Du ED EB Er er
15
vor ber wir, Brüder, erſchaubern! (&. 27) Die Disclplin war
ſchon feit dee Apoftelgeit ganz gnders, von denen wir lefen, daß
- fie viele Bücher öffentlich verbrannt Haben” (Apoftelgefch. 19, 19).
Allerdings, aber nicht bie Apoftel, ſondern die andern Chriſten
verbrannten fir, weil fie wohl fahen, daß mit bem Abracadabra
der Sauberformeln nichts anzufangen ’iwäre. Es könnte fein, fie
machten es mit den falfchen Detretalen und mit mancher papis
ſtiſchen Reliquie au fo. Dumme Moͤnche verbrannten auch
Bibeln. Das legte Unheil, mit: beffen Erwähnung Gregor XVI.
noch die Regenten zu fchreden und zu gewinnen fucht, ift der
Ungehorfam der Neuerer gegen die Obrigkeit, fowie die Pietir
Ren und Myſtiker unferer Zeit auch fogleich damit zur Hand
find. : Davon follte jedoch Se. Heiligkeit nicht reden ; die Banne
mad Interdicte gegen die Fürften, womit bie Untertfanen vom
Gib der Treue entbunden wurden, bie jeſuitiſchen Grunbfäge
über Königsmorb ſind nicht vergeffen. Damit nun alle froms
men Wuͤnſche in Erfüllung geben, fo nimmt ber Statthalter
Shriſti feine Zuflucht zu der Zürbitte der Maria und der Apo⸗
Bel Petrus und Paulus (S. 41), wenn aud von biefer Kür
bitte und ihrer Kraft nichts in der Wibel ſteht.
San; anders lautet nun freilich |
2. der zweite „„Dirtenbrief des Herrn Biſchofs von Nan⸗
Yo, Primas⸗Coadjutor Lothringens“, mit der Ueberfchrift: „Die
wrfprünglie Kirche Ehriſti“, und dem Motto: „Die Wahr⸗
Kit fügen. St.⸗Auguſtin““. Grlaffen den 1. März 183%,
Aus dem, Franzoͤſiſchen überfest. Zweibrüden, Ritter. 1882.
&. 38. 3 &r.
Dem Gruß an bie untergebenen Beiftlichen folgt ber Spruch
1. Jim. 4, 1—4: „Der Geiſt fagt u. ſ. w. — nüge. „Zu allen
Zeiten feufzten die Boͤlker unter des Aberglaubens und bes Fa⸗
natiömus Joch. Das Heidenthum fah feine graufamen Priefter
Menſchenblut auf den Altären feiner Goͤtzen vergießen, und das
Chriſtenthum mußte nach einigen fhönen Zagen feine Priefter
fi um Kirchenaͤmter ftreiten, fich im Namen Jeſu ber Kös
nigöthrone, des Reichthums der Völker bemädhtigen und bie,
entweder um ihre gefegwibrig erworbenen Rechte zu vertheibis
gen ober um einen Gott des Friedens und ber Erbarmung zu
rächen, errichteten Altäre mit Blut befprigen fehen. Unſere Bäs
ter erlebten diefe Greuel, und die durch den Apoſtel verfüns
digte Zeit, wo heuchleriſche Betrüger ihre teuflifchen ehren der
Wdabenen Lehre Chriſti unterfchieben, die Ehe und den Genuß
von Kleifchfpeifen als etwas GSuͤndliches verbieten, Lächerliche
und kindiſche Maͤrchen lehren und die Religion zu einem Außer
tigen Geremoniel in ftörperlichen Uebungen, bie, wie Paulus
ſeloſt fagt, wenig nüge find, beftehen machen, aber die Allem
liche Frömmigkeit verlaffen würden. Das Grftaunenswär:
bige bei dieſer Vorherſagung ift, daß fie gerade diejenigen Mens
ſchen trifft, die feit zwölf Sahrhunderten behauptet haben, bie
einzigen Verwahrer der reinen Lehre Chrifti zu fein, zu deren
Oberherten fie ſich erfiärt haben. Was fich ihren eigennügigen
Abfichten widerfegte ober ben’ mit der Religion getriebenen Mide
bräuchen, wurde mit dem Bannfluche belegt. Dan Iefe die
-Saprbücder der vorigen Sahrhunterte und man wird fidh übers
zeugen, daß die Religion den Bifhöfen in Rom nun ein Werks
zeug geweſen, deffen fie fich bedient, um bie Wöller in ein
drüdend Zoch zu ſchmieden und ihnen ihren Reichthum zu raus
ben. Aus ihrem Bott machten fie ein den heidniſchen Gögen
ähnliches Hartes, unbarmherziges Weſen; in das chriflliche Pries
ſterthum verpflanzten fie bie barbarifchen Grundfäge und Ge⸗
brauche des Heidenthums, beffen Geiz und Graufamlelt fie
nachahmten; der Werderbtheit, weldye fie eingeführt haben, müfs
fen wir jene Steichgüttigfeit, jenen Haß zufchreiben, den man
gegen bie Religion und ihre Diener nährt. Zur Lehre der
Kirche müffen wir zurüdtehren. Man fieht, was biefer in
der Lehre der Bibel rechtglänbige Biſchof will; karz, aber büns
dig beweißt er feine bittern Wahrheiten aus ber Geſchichte, for
wol bie Berfälfhung der Lehren und Gebräuche als auch bie
weltlichen Anmaßungen Roms und die Scandale unter den Paͤp⸗
Ken ſeibſt, zugleich mit einem Blick auf ben Gardinal Albant,
der als „Lictor und ungebildeter Garbinal. Steine Yon Mut
vergießt‘. Armer Papſt! Was helfen Klagen und Berwän:
fchungen gegen ſolche Zhatfahen? Die proteſtantiſchen Bis
ſchoͤfe ſtehen bekanntiich ſeibſt unter evangeliſchen Regenten im
Igee und in Einkünften weit hinter ben katholiſchen, darum
olge
3. nun „Draͤſeke's, Biſchofs in Magbeburg, Hirten⸗
brief”’ in dem zweiten Abbrud. Halle, Anton. 1832. 8. 2 Er.
‚Des ehrwürdigen Mannes erfte Reden und dicfer Hirten⸗
brief find nicht allenthalden gleich gut aufgenommen worben.
Manche Leſer konnten ſich von jeher nicht mit ben Eigenthüm⸗
tichkeiten bes Verf. und feiner befondern Darftellungsart in
feinen nidyt immer würdigen Bildern, - @leichniffen und Aus⸗
drüden befveundeh. Andere haben an feiner Orthodoxie Anftoß
genommen. Noch Andere. haben in ihm ein gewiſſes unficheres
Schwanken gu bemerken geglaubt, das, wenn es nicht auf eig⸗
ner Unklarhe.t berube, feinen Grund in einem nicht rühmlichen,
nicht heilfamen WBeftreben, es mit Niemanden zu verderben,
babe. Gewiß barf man aber einem fo geifivollen und gelehre
ten, in Bremen fo geliebten unb einem fo erfahrungäteichen
Lehrer der Wahrheit nichts Anderes zutrauen, als daß er ſpricht,
wie er glaubt, daß fein reicher Geiſt herrliche Borräthe chriſt⸗
cher Weisheit und Grfenntniß befige; daß aber auch wol Les
bendigkeit der Phantafie, die ſelbſt im Alter noch nicht erfchöpft
iſt, ihn bei vieler Gefihäftigfeit hindere, noch firenger gu
fihten und Menfchliches und Göttliches genauer zu ſcheiden.
Seine folgenden Reben, bie er in Magdeburg gehalten hat, ha⸗
ben und mehr angeſprochen als bie erfte. Der Dirtenbriefupift
ganz aus einem frommen, nach Verföhnung mit Gott und une
ter den Menfchen fi) Tehnenden Gemüthe hervorgegangen. Vom
Derzen entiprungen, wird er gewiß aud wieder an manches
Herz dringen, unb wir wünfchen, daß feine ſchoͤnen Wuͤnſche
bei ihm und Anbern in Erfüllung geben mögen, und er ein gluͤck
liches hohes Greiſenalter als Biſchof erleben möge. Indeß kennen
wir freilich auch ſolche gutherzige, nun aber, wo es gilt: „Wer
nicht mit mir iſt, ber iſt wider mid‘, auch wol furchtſame
Sriebensftifter, die entweder, indem fie dad juste milieu ergrife
fen zu haben vermeinen, boch fi zu dem einen Grtrem neis
gen und es vertbeibigen, oder es mit beiden Parteien verderben.
So klingt es (S. 6) fehr ſchoͤn: „Seht unfere Aufgabe! An
ber Berföhnung mit Gott zu arbeiten!” &. 9: „Der Diener
Gottes fol ‘in Ehrifto fein, wie Sort in Chriſto war; er fo
das Wort von der Verföhnung in Kraft unter ben Menfchen
erhalten.” Wenn wir aber etwas tiefer in folche oft wieder⸗
holte Sentenzen eingeben und bie Begriffe zergliedern, was
beißt denn nun verföhnen mit Bott? und unfere Iudendhris
ften die ganze Typologie des Hebräerbriefs geltend machen wol⸗
len; die geiftigen Ehriften aber in ber Geſchichte von dem vers
lorenen Bohne Feine andern WBebingungen finden als: SKehre.
um mit Neue und Trauer »und mit Vertrauen zu dem barm⸗
berzigen Water, er verzeiht: wiebann? S. 12: „Wie weit fou
die Nachgiebigkeit geben?” S. 14: fol „man bie Bibel ent
weder ganz liegen laffen, ober fie nehmen, wie Bott fie gegeben,
und da brauchen, wozu fie Gott verordnet hat?‘ Do nicht
jede Partei, fie handle fo? .
Bilder aus dem Kriegsleben von Moyle Sherer. Aus
dem Engliſchen uͤberſetzt von Rud olf Lin dau. Heraus
gegeben von Wilhelm Adolf Lindau. Leipzig,
Brodhaus. 1832. 8. 1 Thlr. 16 St.
Der Berf. diefer anziehenden Kriegsfcenen ift derſche Mas
joe Sherer, beffen „Story of a life‘ (deutſch: „Buntes Leben’,
von Th. Hei) vor vier Jahren in Deutfchland nicht gerihgen
eifall erwarb, da fie eine Feder von feltener Kraft ber Sci.
derung verkündete. Die „Sketches of India‘ (London, 1821)
und die vorliegenden „Recollections of the Peninsula“, die zu
Ä 46
Bonbon 1823, in vierter Kuflage 1825 erſchienen, zeigten in ihm Jdarnach zu greifen geneigt ſei, Tönnen mehre sum hell auffals
einen geivandten und geiftreihen Grzäbler. Die „„Spenes and | lende Beifpiele Ichren. Bei den Inbern hat fie aus bichterifchen
impressions in Egypt and Italy“ (1824) und bie „Tales of | Beiwoͤrtern eine Menge von virtarmigen und entftellten Götter
the wars of our times“ (1828) find ebenfo intereffans durch | geboren oder erſt geformt, wie ja aud aus dem Schweißtuche
die Gegenftänbe, als durch bie Auffaffung und Darftelung dere | Ghrifti mit der vera ioon eine heilige Veronica geworben; und
felben. Sherer beſchaͤftigt ſich jegt mit Ausarbeitung einer | wenn der Dulder Hiob nad) eingm hebraͤiſchen Tropus fich in
Biographie Guſtav Adoifs. Gr iſt ein Mann, ber nit | Staub und Aſche ſetzt, fo Hat baraus der neuere Drient einen
bios „vieler Menſchen Städte gefehn und Sitte gelernt hat“, | Düngerhaufen ſich gefchoffen, nad welchem an mehren Orten
fondern ber uns mitten in ein bewegte& Leben bineinzuführen, | fogar die Ehriften walfaprten. So behaupteten denn auch
mit lebenvollen Anſchauungen zu unterhalten und auf eine hoͤchſt ältere Gelehrte in vollem Ernſte, daß Mofis Hörner, bie nur
‚angenehme Art zu belehren weiß. ein poetifhes Symbol bes uteene find, zwei lange Loden ge
' Zn den vorliegenden Kriegsfcenen, welche uns balb heitere Bil | voefen, wie jie die.alten Lydier, Armenier und bie heutigen pol
der bes gefelligen Lebens, bald biebliche und idylliſche Scenen, bald | nifchen Juden tragen. Juvenal nennt biefe gewundenen Loden
Kriegsftürme und rauhe Abenteuer vorführen, weiß er mit fharfem | einmal cornua, unb dies war vollends beweifend (S. Junius
Bil die Volkathuͤmlichkeiten der Nationen, mit denen er edzutbun | „De coma“, ©. 435); demnach har nun auch wol bie Geliebte
dat, Portugiefen, Engländer, Spanier und Franzoſen, in ihrem | bes Sipfon ihm blos die Hörner abgeſchnitten.
eignen Eoftume aufzufaffen und geiftweich und lebhaft wiederzugeben. .
Dies if fein Hauptzweck; aber auch der firengere Geſchichts⸗ .
freund geht in dieſem Buche nicht leer aus; denn es iſt reich Die alte Hypotheſe einer dereinſtigen Bevoͤlkerung Ameri⸗
an hiſtoriſchen Zuͤgen und dankenswerthen Einzelheiten aus ber | kas von dem oͤſtlichen Aſien aus ſcheint durch genauere Kenntniß
Wefchichte bes unvergeßlichen Kampfes, ben Portugal und Spas | der rohen Voͤlkermaſſen auf den Sundainſeln immer mehr an
wien ſeche Jahre lang für ihre Unabhängigkeit .fochten. Der | Haltbarkeit zu gewinnen. Daß bie Sprachen ber amerifanifchen
Major Sherer war Augenzeuge und Iheilnehmer an biefem | Urſtaͤmme fidy mit den verfchiedenen Mundarten Hochofiend und
Kampf, welcher ben Kriegdruhm der englifhen Waffen für lange | namentlich mit ber Tagala auf ben Philippinen berühren, iſt oft
Beit Hin gegründet hat. Sein jugendliches, völlig unbefangenes | gefagt, aber eben diefe Unterfuhung ift als der eigent⸗
Gemäth, das auch dem Fremdeſten und Feindlichſten Gerechtig⸗ liche Schlußſtein der ganzen Muthmaßung noch nicht überzeus
keit widerfahren laͤßt, nimmt die Erfcheinungen und die Greige | genb dargelegt worden. Sm Debrigen finden ſich viele @igens
niſſo wie in einem treuen und ungetrübten Spiegel auf und | thümlichleiten bei den Papuas und andern halbwilben Stämmen
gibt fie fo zurüd, Form and pressure of the time, @eftalt | ber fogenannten malaiifhen Kaffe in fo überrafchendem Eins
und Abdruck der Zeit ift bier in ber That wieberzufinben — | Blange mit den Gebraͤuchen ber Urbewohner Amerilas, daß fie
fein Borurtheil kreuzt und verdirbt die Mare Ginfiht des Er | mitunter .wol kaum alle zufällig zu betrachten fein möchten,
daͤhlers, der von Patriotiemus, kriegeriſcher Ruhmliebe, Neis | Dahin gehört nicht fowol, daß fie die Zähne fich ſchwarz faͤr⸗
gung und Abmeigung gerabe nur fo weit bewegt wird, als diefe | ben, den Bart ausreißen und ben Körper tätowiren, fonbern
keife Anregung zur lebendigern Auffaffung und Wiedergeftattung | ganz "befonbers die auffallende unb unerklärlihe Gewohnheit,
bes Geſehenen und Erlebten nöthig war, ohne bee Wahrheit | nach welcher bie Männer ftatt der Krauen bei der Geburt eines
zu nahe zu treten. Kindes mehre Wochen fi ins Bette legen unb bedienen laſſen,
Ueber den Inhalt biefe Buchs müffen wir nad diefer | worüber Bedmann alle Zeugniffe ber Reifenden gefammelt hat
allgemeinen GSharakteriftif deffelden Eurz fein. Die Graäblung | (,‚Literat. der Reiſebeſ.“, I, 30). Des Skalpirens erwähnen bes
beginnt mit bem Feldlager bei Eiffabon, unt ber Verf: findet | reits bie Alten bei den Skythen und nennen es negroxusfoas
Muße genug, uns die Haupiſtadt und ihre hinreißenden Umges | (Galmaf. zum Golin., ©. 581).
bungen in ziemlicher Ausführlichkeit zu fchilbern. Das Politis
fhe und Kriegeriſche wechſelt auf gefällige Art mit Reflerion
‚und. Raturfhilderung ab. Endlich ertönt der Befehl zum Gins Die Eriftenz völlig weißer Glefanten, welche man entwe⸗
marſch in Spanien. Bier fehen wir das Volt und feine Pars | ber bezweifelt ober wenigftens als kraͤnkelnde Albinos ihres Ges
teiung ; ber Haß gegen den Eroberer, welcher bei dem Portu⸗ſchlechts angefehen hat, wird durch einen Fleinen Auffag in dem
siefen nur mäßig laut wurbe, wirb bier zur Glut und zur | neueften ‚Hefte, der „Transactions of (he royal asiatic society‘
That. Die beiden Nachbarvdiker erfcheinen fo verfchieben, wie | von Neuem erwiefen. Zum Zweifel war in der Zpat Eein hin⸗
Holländer und Franzofen nur fein Können. Bon Sieg zu Sieg | reichender Grund, denn ſchon im 16. Jahrhundert erwähnt Caͤ⸗
. gelangt der Berf. mit den Fahnen Gnglande nah Madrid; ! far Friedrich am Hofe bes Könige von Siam vier diefer Thiere,
Rädtehr nah England, Wiederkunft, Sieg von Salamanca, | welche in einem ſchoͤnen Gebäude lebten und aus golbenem Troge
und nun ungehemmter Zriumpbzug bis gegen bie Pyrenäen bin. | aßen; auch ift befannt, daß Hyder Ali bei ber Einnahme von
Hier endet die Eriegerifche Laufbahn des Grzählers in der Ger | Ganara einen meißen Elefanten exbeutete,. welcher taufend ans
fangenfhoft. Wir find damit zufrieden, denn ohne fie entbehre | dern gleikhgefchägt und göftlidy verehrt wurde, und ben er nun,
tin wir die anziehende Schilderung, welche der Werf. von der | zum Zeichen ber Sklaverei, mit filbernen Ketten feſſeln ließ.
Stimmung und. dem Heerweſen der Zranzofen entwirft. Hier: | &o außerordentlich felten jedoch dieſes Naturfpiel ift, fo Toll das
mit fließt dies Buch, das nicht blos dem Krieger von Fach | Thier durchaus Feine Epur von Schwäche oder Kraͤnklichkeit
und bem Gefchichtäfreund, fondern auch dem Liebhaber wechfel: | zeigen, fondern ber Anblic® deffelben in der That majeftätifch
valler, abenteuerlier und unterbaltender Lebentereigniffe wills | fein; und wenn wir erwägen, daß fchon der gewöhnliche Elefant
tommen fein wird. Die Ueberfegang iſt geſchict und tabels | al& die Krone ber dftlihen SChierwelt, ald der ſtolze Thron der
los. . 89, Könige und als Pluger und gelehriger Kämpfer ein befonderes
Anſehen genießt. fo darf uns tie Verehrung bes weißen nicht
-auffallen. Die Siamefen, treiben biefe bis zur Vergoͤtterung;
bee König hält ſich für weit geringer als ſolche Elefanten⸗
‚gortbeit und zieht mit feinen betenden Prieftern in Proceffion
dem gluͤcklichen Zäger entgegen, ber einen weißen Giefanten
eingefongen. 160, _
En 0 nei
d Notizen.
Wie ſehr Die ſpaͤtere Zeit allenthalben bie Poeſte bes Alter⸗
ums Immer nur durch einem dichten Nebel zu betrachten und
Rebigirt unter Verantwortlichkeit ber Berlagbhandlung ı g X Brodhaus in Beipsig
TFT ————m— ee
*
Blaͤtter
für
literariſche Unterhaltung.
Sonnabend,
Drei Reifen in Italien. Erinnerungen von C. J. von
Rumopt. Leipzig, Brockhaus. 1832. 12. 1 Xhlr.
12 Gr.
Es gehört ein ausgezeichneter Name, eine als geiſt⸗
reich befannte Feder dazu, um einem Buche Lefer zu vers
ſchaffen, das heutzutage unter dem Xitel einer Reiſe nach
dem in jeder Besichung aus: und abgefchriebenen Lande
der Citronenbluͤten in die Welt tritt. Der Verf. befige
einen folhen Namen, er führt eine ſchon feit dem bes
kannten „Geiſt der Kochkunſt“ und mehr noch feit bem
Erfcheinen der „Deutihen Denfwürbigkeiten” mit Mecht
beliebte Feder. Das Buch wirb daher Leſer und biefe
werden fi in ihren Erwartungen nicht getäufcht finden,
denn es iſt unterhaltend, beiehrend und jedenfalls, wenn
auch oft. zum lebbafteften Widerſpruch, doc, immer in
hohem Grade anregemd. ' Und diefe letztere Eigenſchaft iſt
es, worauf ich bei jedem Buche beſondern Werth lege.
Es gibt Buͤcher, denen ich von Aufang bis zu Ende bei⸗
ſtimmen muß und die mir dennoch ſehr zuwider ſind,
denn fie laſſen mich in dem Zuſtande, in dem fie mich
antrafen; es gibt andere, die mich bei jeder Zeile zum
Widerfpruch reizen, bie ich haften möchte, fie find mir
dennoch nuͤtzlich und lieb fogar, denn indem ich mich zus
muß, um ben Irrthum bes Verfaſſers
wir Bar zu machen, ihn innerlich zu volderlegen, babe ich
unfreiwillig eine neue Wahrheit, ein. neues Verhaͤltniß
erfanut und finde mich geſtaͤrkt und befriedigt. Das vor
Uegende Buch mthält gar Manches von der legten Gat⸗
tung und verdient daher Lefern, bie Freunde einer antls
yathifdyen Lernmethode find, recht angelegentlich empfoh⸗
im zu werden. Soll ich nun über daſſelbe berichten, fo
muß ich mir zuvoͤrderſt die Erlaubniß ausbedingen, mit
einem täschtigen Sprunge gleich In die Mitte hinein, we:
wigfiens über die erften 84 Seiten mwegzufegen. - Diefe gu
tefen und mid zu überzeugen, daß ber Verf. hier im
Gefftien Irrthum rettungslos verfunten iſt, bat mich zu
viel Zeit, Mühe und Geduld gekoftet, als daß ich mei⸗
wen Lefer ein gleiches Opfer zumuthen kännte. Alfo da
von war kurz das Reſultat. Herr von R. behauptet,
Minckelmann, Leffing, Goͤthe und Alle, die feit hundert
Jahren über die Theorle der bildenden. Kunſt gefchrieben,
fein total auf dem Holzwege gewefenz fie haben durch
ihre grundfalfchen Theorien deu Fortſchritten der Kunfl
1)
5, Januar 1833.
bedeutend gefchadet; nur er allein, Herr C. F. von Rum⸗
ohr, habe ben wahren, echten, alinheilbringenden Bes
griff des Schönen in der Kunft, diefe Handhabe ber aͤſthe⸗
tiihen Kritik gefunden, welcher in nichts Anderm beſtehe
als in der „Erfreulichkeit des Scheines oder des Anfcheis
nes“. Ich dagegen behaupte, daß Herr von MR. alle jene
Autoren gaͤnzlich misverfianden, was in ihren Schriften
fteht, nicht herauss, und was nicht darin fteht, hineinges
leſen habe, und baß feine Theorie des Kunſtſchoͤnen ein
Unding fel. Verlangt Jemand den Beweis, fo wit ih
ihn geben; wer aber feine Unterhaltung lieb hat, ber fos
dere ihn nicht, denn dieſe Verwickelungen find nicht fe
licht zu entwirren.
Nach biefer Heinen Diishelligkeit fegt fi Ref. nun
fogleih, um ben Berf. auf feinem erften Ausfluge nach
Stalim zu begleiten, mit in feinen Reifewagen und fins
bet, daß er einen angenehmern Reifegefellfchafter gar niht
hätte wählen können. Die Gegend von München mid:
fällt mir; mein Meifegefährte macht mich aber bald auf
große Schönheiten aufmerffam und: zeigt mir in einigen
Umbliden die Vorbilder zu ben ſchoͤnſten Landſchaften
Glaube Lorrain’s, der wirklich mehre Jahre hier gemohnt
bat. In Tirol, im Gebirge angelommen, finde ich mid)
in meinen Erwartungen von dem herrlichen Eindrud ber
Gebirgsgegenden body etwas getäufcht; das fteile, ſchwarz⸗
graue Felſengebirge in der Nähe von Innsbruck beengt
mich; fo fehr ich mich hineinfehnte, fo fehne ich mich
doc) nun fehon wieder hinaus; ich betrübe mich, daß es
für das Berlangen in der Welt doch gar keinen Ruhepunkt
gibt. Mein Reifegefährte tröftet mid. „Ei fo ſchlimm
it es denn doch nicht”, fagt er, „am Ende wird Alles
darauf hinauslaufen, daß aud das Gebirge haͤßlich, we⸗
nigfteng unangenehm fein kann, eben wie auch die Ebene
nicht nothwendig haͤßlich iſt.“ Ich beruhigte mih, und
in ber That warb es ſchon am folgenden Tage befler.
Im Poſthofe zu Schönfelo hatte ich Gefegenheit, zu bes
merken, wie die unbedeutendften Gegenftände meinem Ber
gleitee Anlaß zu feinen Beobachtungen und geiftreichen
Einfällen zu geben, vermocdten. Als wir in bie Küche
traten, bemerkten wir über dem räumigen Herde eine .
wohlbefegte Dienagerie von Hühnern jeden Geſchlechts
und Alters, ‚weichen. die Pofthalterin - zugleich die Buße
auferlegt hatte, fett nahrhafter Halmfruͤchte gefotteng
\
Grasſaͤmereien zu freſſen, auf. deren Genuß ſie aͤußerſt
gefpannt zu fein fich flellten oder, wenn «6 Ernft war,
nicht verhehlen konnten. Die Poithalterin verficherte ung,
fie würden bei diefer Lebensweife fehr fett. Der von R.
eriguerte fich halb und halb, daß Plinius meldet, man
tönne verſchiedene Thiergeſchlechter durch bloßen Dampf
heranmaͤſten, und biefe armen Thiere genoffen bei fetten“
Kuͤchenrauch allerdings aus der erften Hand. Da wir lange
genug auf bie Poftpferde warten mußten, fo hatte mein
Benleiter Zeit, mir feine Betrachtungen über diefen Ge:
genftänd amitzutheilen. „Welch ein fhönes Bild der Mes
fignation!“ fagte er. „Eingeſperrt, geräuchert, mit Deu ges
ttert und dennoch "heiter und zu den Lebenspflichten fehr
Gufgelegt, d. i. epluftig; denn Hühner haben bie Beſtim⸗
mung, möglichft viel gu eſſen, damit am Ende ihrer Lauf—⸗
bahn moͤgůchſi viel Mn ihnen zu verfpeifen ſei. Bei ers
finnlich fchlechtefter Haltung das erſinnlich Vortrefflichſte zu
eiften, wo, ſage man, würde biefe große Aufgabe voll:
ftändiger geloͤſt als hier?" — In Verona befahen wir
um erſten Male römifhe Alterthuͤmer, fahen zum erften
ale, ein ganz ununterbrochenes, ganz vollftändig mittel:
olterlichee Wefen; denn es hat das Moderne In biefer
Stabt nur fparfame Eroberungen gemadht. Der Bode
der Provinz iſt unfruchtbar, deffen Anbau wenig energifch,
der Handel der Stadt gering. Here von R. freute ſich
über „diefe glücklichen Umſtaͤnde“, wie er fie nannte; „fie
fegen“, fagte er, „ber Bauluſt ein Ziel und fihern der Zus
kunft noch für lange bie Erhaltung einer Hiftorifchen
Merkwürdigkeit.” Iſt aber, fiel id ihm ein, die Erhal⸗
tung der Vergangenheit auf folhe Weiſe nicht zu theuer
erfauft auf Koſten der Gegenwart und ber Zukunft?
Here von R. lächelte Über dieſe Frage, die er für philis
fterhaft zu halten fchien und führ, ohne ſich auteebrrpen
zu laſſen, fort: „In dee ganzen Lombardei ift Verona bei:
fahe das einzige Eremplar feiner Art- Die großen Städte,
fügte er hinzu, haben alte Denkmale, doch wenig alte
Privathaͤuſer. Allein aud die kleinern find häufig zu
wohlhabend, um beim Alten zu bleiben, was in Italien
noch ganz fo verhaßt iſt als bei und vor vierzig Jahren.”
— sSo foll e8 denn ewig nur beim Alten bleiben, feufzte
id) im Stillen, und müßte auch die unendliche Mehrzahl
unſerer Mitbrüder dabei arm und elend bleiben für nun
und immerdar! — Die Erinnerungen unfers flüchtigen
Aufenthalts in Bologna, Florenz und Siena bat Herr
von R. flüchtig angedeutet. Als wir in die Nähe vom
Mom kamen, fügte er, auf unfere Reifegefährten deutend:
„Wer nicht mindeftene halbhin zur Künftterwelt gehört,
vermag nicht, ſich vorzuftellen, mit meld, einem bänglichen
Gefühle, mit welcher feltfam : zweifelhaften Erwartung biefe
Art Leute ſich erfüllen, wenn fie die Nähe der Stadt zu
toittern beginnen. Weltleute pflegen auf dieſer Straße
zu ſchlummern und Schulgelehrte an ben Fingern ihre
fogenannten hiftoriihen Erinnerungen, abzuzaͤhlen. Allein
der Kuͤnſtler denkt bier an ganz andere Dinge, an Altes,
was dort feit Jahrhunderten gemalt, gewetteifert, gezankt
worden ff. Ihm. wird es bier einfallen, an Rafaei
zu denken, ben verehrten, ‚mächtigen, von einem Hofe
48
2
"Roma glöt es von Allem die Fülle.
7
ganz eigenthuͤmllcher Art nicht prachtlos umgebenen;
oder an Michel Angelo, der Paͤpſten getrotzt, auch an
fo viel andere Kuͤnſtler der alten und jlingſten Zeit,
welche bier Bildung geholt, Ruf erworben haben, oder
gänzlich gefcheltert, gerfchellt find an. dem Felſen a
welchem — Kirche baut iſt, oder andern; denn
Auch dns froͤh
liche Geſindel der Zeit des Bamboccio und Claude, von
welchen Sandrart die huͤbſchen Geſchichtchen erzaͤhlt, mag
ihm, wenn er des Gellchters iſt, dabel einfallen koͤnnen.
Genug er bezieht Alles und Jegliches geradehin auf ſich
ſelbſt, ſeine Wuͤnſche, Gefuͤhle und Phantaſien, was einen
ganz andern Eindruck macht, als zu wiſſen und ſich von
zuſtellen, was laͤngſt abgethan und durchaus vorbei iſt.“
Unſter Aufenthalt in Rom hat zu ˖wenig intereffanten Mit⸗
theilungen Gelegenheit gegeben, tie denn überhaupt Dass
jenige, was Hr. von R. in Galerien, Gefellfchaftöfälen
und in feinem Umgange mit ausgezeichneten und vorneh⸗
men Perfonen erlebte, dem Lefer bei weitem geringere
Unterhaltung Ddarbietet als feine Kleinen Abenteuer auf
Stadt: und Landftraßen ſowie ſein Umgang mit ſchlich⸗
ten Perfonen ans den mittleren und niedern Claſſen des
Volles. Wir machten eine Ausflucht nad) Neapel, wels
che mir wieder zu einigen Mittheilungen fir meine Leſer
Stoff bietet.
überall franzoͤfiſche Poften und Patrouillen. Man verfah
uns mit einer Schutzwache, d. h. man feste uns in Cons
teibution.. Denn es galt bier nicht Räuber abzuwehren,
fondern Guerillas, und hätten bie ſich gezeigt, fo wäre
unfere Bedeckung ohne Zweifel ausgerifien. Die Banden
des Fra Diavolo hatten fih in Achtung gefegt. Bis zum
Tode des Commandanten von Saeta, des braven Prins
zen von Defiens Philippsthal, brach dieſer gewandte und
kuͤhne Parteigänger ſtets gluͤcklich durch die Poſtenkette des
franzöfifchen Belagerungsheeres. Ihm zu begegnen machte
ber Prinz an verabredeten Zagen einen Ausfall; bei fol
chem verabredeten Zufammenlommen wurden Unternehmuns
gen verabredet und Kriegsmittel des Streifcorps ergänzt,
Leider war es ein ruhiger Tag. Andere Reifmde baden
das Gluͤck gehabt, auf eine halbe Stunde dem Gefechte
ziemlich gefahrlos zuzufehen. Denn man war loyal und
tefpecticte die Neutralität. Für den Verdruß, welchen
Fra Diavolo damals den Franzofen gemacht, haben biefe
fid) gerächt, indem fie ihn als einen gemeinen Strauchdieb
auf die Bühne ſetzten. Allein, was fie uns fagen und
fingen mögen, fo ift er doch ein patentigter, anerkannter
und in feinem Fache fehr achtenswerther Parteigänger ;
um fo achtenswerther, al& die Sache verzweifelt und das
Material das fchlechtefte war.” Hr. von R. bemertt, fr
dem er biefes aus feiner Erinnerung mittbeilt, es fei der
Geſchmack unferer Zeit, poetiſche Illuſionen zu verſtaͤrken,
indem man fie an Thatſachen und bekannte Namen ans
knuͤpft. Ob die Poefie hierbei gewinne, darüber moͤge
fie ſelbſt entſcheiden. So viel aber ſei ihm Har, daß man
der Menge hierdurch die Geſchichte verwirre und viele ehr⸗
liche Leute unverdient um iheen guten Namen bringe —
Hier. muß Ref. feinem Begleiter wieder :Einiges entgegen⸗
'.
„Bon Itri bis Molo di Gaeta fanden voig
‚49:
Ya. Diſech Verſtaͤrkung der Illuſton iſt in dee’ Poeſie
Thon viel gewonnen, nur muß bie Antnüpfung An: bes
ante Thatfachen und Perfonen mit Geſchick, Geiſt und,
we nicht mit. rein hiſtoriſcher, doch mit poetifcher Wahr:
heit geſchehen. Aus. der Poefie fol man nicht Geſchichte
lernen Wollen; und wenn jene zuweilen einem hiſtoriſchen
Namen nahhtheilig werden ſollte, fo hat fie manchem auch
Schon zu Ehren verholfen, wodurch fid) denn die Sache
im Ganzen ausgleicht. — Wie wir in Molo von allzu '
ſtatken Drangendüften, dann mit Knoblauchsgeruch, end⸗
Hd, von Floͤhen und Soldatenfluͤchen eine Nacht hindurch
gequäft wurden, möge ber Leſer im Buche nachleſen. Hr.
son... hat es lebhaft und. artig erzählt. Unſere Mob:
zung in Neapek "war nicht übel belegen und mit ihren |
Eigentchuͤmlichkeiten verfehen. Aus dem Balconfenfter Über:
fahen wir den Largo di Gaftello, Caftellnuovo, den Has
fen,. die Bai, das Vorgebirge von Sorrento und fogar
den Veſun, deflen regelmäßig conifhe Korm, graue Barbe, :
artmfeliger Dampf (denn Feuer zu fpeien zeigte er fich '
unaufgelegt)- Hru. von R. immer verdrießlich geblieben iſt.
„Er tft”, ſagte er, „ein Effectftüd, welches nur in gewifſem
Lichte fi) ausnimmt. Ich weiß in der That nicht, wes⸗
halb ber kurrige Gefelle fo viel befucht,- gefehen und ge:
priefen wird. Als ein unerträglicher Nachbar, als ein
ewiger Schmaucher und Bauchredner, beſitzt er meines
Erachtens wenig Anſpruch auf Gunſt und noch weniger
‚uf chriſtliche Duldung.“ — Ich verſuchte meinen Reiſe⸗
begleiter ebenſo zu troͤften, wie er mich beim Eingange in
das Tirolergebirge gettoͤſtet hatte. Es wird, fagte ich,
dem Befund eben gehen wie andern Perſonen auch; fie
haben mislaunige verfiimmte Tage, an welchen ihr Um:
gang wenig erfreulich ift, und doch muß man fie dulden,
bis frohe Zeiten, glüdlihe Momente bei ihnen eintreten,
wo fie dann unfere Geduld, durch MWig, Laune und an-
dere gefellige Tugenden reichlich belohnen. Und fo gering
auch die Anfprühe des Veſuv auf chriftliche Duldung
fein mögen, fo muß man doch geftchen, daß er fie be
wundernswürdig lange. zu behaupten gewußt hat und auch
jest nody keineswegs aufzugeben fcheint. Meine Apologie
des Vulkans machte jedoch wenig Eindrud auf Hrn. von
R. Er nahm wenig Notiz vom Veſuv, der es ihm hin:
zeichend vergalt, indem -er- ihn Raum zu bemerken fchien,
als wir ihm die Ehre erzeigten, in fetmem Bimſteingeroͤlle
Schlitten zu fahren. Doch fand es Hr. von R. pilant,
in feinem Bauche herumzufpazieren, ihm nach) dem Pulſe
gu taften, ber warm und lebhaft ging.
(Dee Beſchluß folgt.)
Kleine Schriften Polen’ betreffend.“
3. Der Feldzug der Ruffen und Polen zwiſchen Bug und Na:
rew im Jahre 1851. Nach den beiten bis jegt vorhandenen
Materialien. Mit ‚zwei Planen. Glogau, Heymann. 1832,
. 12 2 Gr.
— Gin Militaie — als ſolchen gibt er ſich wenigſtens theils
in der Borrebe, wo er fein für einen Freundeskreis beflimmtes
Schriftchen Tem militairiſchen Publicum übergibt, theils Geite
71 kund — gibt hier eine kurze Geſchichte dieſes merkwuͤrdigen
y
“
.
.
Thriles bed großen Kriege. Befeernt, in: Grin am bie fchöne
ſtrategiſche Erlaͤuterung ber erſten ruſſiſch⸗ polniſchen Kämpfe,
welche der nreußifche Oberſt Willifen bekannt machte, nahm das
° Büchlein mit großer Erwartung in die Hand, ba. ihm Als aufs _
merkſamen Beobachter jenes Krieges dergleichen Beobachtungen
ſachkundiger Männer ſehr erwünfcht find, fand aber feine Er⸗
— ſelbſt als Laie, in der Kriegswiſſenſchaft keineswegs ganz
befriedigt. u
: Der Verf. beginnt mit der Unternehmung des polnifchen
Obergererals gegen tie Garden und fließt mit der Schlacht bei
Oſtrolenla. Wenden wir und zuerft zu der Befchreibung bes
idzugs. Wenn au ber Mangel an neuen Aufflärungen
ber diefen Zeitabſchnitt, die man nach bes Werfaffers Aeußerung
in ber Vorrede, von beiden Parteien Mittheilungen empfangen
zu haben, erwarten koͤnnte, noch nicht gegen die Herausgabe efs
ner ſolchen Relation entfcheibet, wenn, in ihr nur die wichtigſten
Begebenheiten nad) den vorhandenen "Quellen klar und lichivoll
geordnet zufammengeftellt erben, fo bat doch unfer WVerfaffer
diefe Bedingung der Nüglichkeit feiner Schrift nicht ganz ers
füllt, indem wichtige Umflände theild gar nicht, theils nur ober«
flaͤchlich berührt. worden find. So fehlt 3. B. bei Seite 10°
eine genauere Würdigung der Zeldderrntalente der polniſchen
Generale, flatt deren wie bie Worte leſen: „An der Spitze aller
Abtdeilungen fanden tüchtige Männer.” Man darf nur am
Gielgud's Traͤgheit bei der ihm Aufgetragenen Einnahme von
Oſtrolenka denken, die aus dem von dem Verf. gefannten Mes
moiren Dembinski's genugfam bekannt iſt, um die Unwahrheit
biefer Behauptung zu erkennen. Werner vermißt man bei der
mit Recht getadelten Zögerung des Generals Skrzynecki, nad
bem erſten kühnen Angriff die Garden noh vor Tykoczin
foffen, eine genauere, biefe Zögerung erflärende Charaltiri
defjeiben, die doch dem Zelbmarfchall Diebitfcy gu Theil gewor⸗
ben ift, fowie bie Erwaͤhnung des wichtigen Umftandes, baß
Skrzynecki nad raſcherm Vorbringen bie Nachricht ber Ein-
nahme Nurs durch Lubienski erwartete, welche ungluͤcklicher⸗
weiſe zu ſpaͤt eintraf. Bei der Schlacht von Oſtrolenka ver⸗
mißt man eine klare Beſchreibung des Terrains, die man doch
bei einer ſolchen Einzelſchrift erwarten darf, ſowie die aus
Dembinski's Memoiren zu ſchoͤpfende genauere Beſchreibung der
Einnahme von Oſtrolenka durch Dembinski und die genauere Er⸗
mwähnung.bes befammten Umftandeg, daß bei bem nach energifcher
Abwehr ber ruſſiſchen Angriffe dur den ſchwaͤchlichen Rath als
ter po:nifcher Generale erzeugten Entfchluß Skraynedi’s, ſich von
Oſtrolenka eiligft nah Warfchau zurückzuziehen, nur bie. Kühne
heit Dembinski’3 ben in Lomza preisgegebenen Gielgub rettete,
Befriedigender fcheint dem Referenten bie von Geite 67 fols
gende Kritik erft der polnifchen und von Seite 62 ber ruffis
ſchen Operationen. Nur etwa Folgendes duͤrfte dagegen einzus
wenden fein. Daß nämlich Dieditſch bei Grochow einen großen
Fehler beaing, das Küraffierregiment Prinz Albert nicht: weiter
zu unterftügen und bei ber burch diefen Angriff entflandenen line
orbnung der Polen vor Praga fliehen zu bleiben, geben wir dem
Verfaſſer gern zu; ob es ihm aber nach ber Schlacht bei Oſtro⸗
lenka möglich var, mit feinem upon einem Marſch von 7 Meilen
in einem Tage ermatteten Truppen den Feind zu verfolgen, bürfte
wol. fehr zweifelhaft fein. Eher möchte ihm wol als eine ſchwere
Unterlaffungsfünde anzurechnen fein, wie auch unfer Verfaſſer bes
merkt, in Erwartung eines ſolchen Rüdzugs tee Polen keine
‚ruppen nah Razan detachirt zu haben. Sodann maß Ref.
nicht, was nad des Vexrfaſſers Anſicht S. 69 Diebitich ‚nach ben -
Schlachten bei Wawre und Dembe Wielki gegen bie Polen hätte
ausführen follen, da hier. ale Vortbeile auf Seiten biefer las
gen, und es vielmehr ale der größte Fehler Skrzynecki's betrach⸗
tet werden muß, weber ben in ben Moräften am Wieprz ſtehen⸗
den Feldmarſchall nach biefen Schlachten angrarifien noch Sied⸗
lec genommen zu baben. Uebrigens ift das Buch ziemlich uns
parteiiſch, doch mit mehr Hervorhebung einzelner Züge ruffilcher
Bravour gefchrieben. Der Anerkennung der Eugen Leitung bes
Ruͤckzugs der Garden buch Großfuͤrſt Michaei ſtimmt ef.
R .
3
wilig Sei. Wtöge bee Werfaffer bei vlelleicht beabſicheigtet Hekr
ausgabe anderer Monographien über die legte Kriegegeſchichte
rg bei der Benugung ber Quellen ſorgfaͤltiger zu Werke
gehen.
2. Preußen und Polen, eine Beleuchtung ber Verhaͤltniſſe beiber
in Bezug auf die neuefte polnifhe Revolution, mit vorzäglis
" der Ruͤckſicht auf bie von einigen Zournaliften gegen Preu
geriäteien Zugriffe und bie Übergetretenen polnifchen Truppen
Elbing, Dirſchau und Marienburg. Nach dem zuverläfs
figſten Quellen und eigner Wahrnehmung. Bon einem Be
wohner Weftpreußens. Danzig, Gerhard. 1882. 8. 10 Gr.
Hätte der Werfaffer biefer kleinen Schrift, von innigem Ach⸗
tungsgefuͤhle gegen die preußiſche Regierung gefrieben, das ef.
mit ihm von ganzem Herhen thefit,, fich begnügt, das gewiß in
jeder Beziehung lobenswerthe, nur durch giftige Berleumdungen
befangener und getäufchter Zeitungsſchreiber verbrehte Benehmen
ber preußifchen Regierung gegen bie unglüdtichen polnifchen Fluͤcht⸗
linge in Weſtpreußen nach eigner Wahrnehmung und ben Acten
za ſchildern, wie er «6 von ©. 29 an gethan hat, fo würden
wir fein Büchlein mit dankender Anerfennung zur Minberum
bes in neuerer Zeit zum Schmerz für jeden echten Deutfchen o
ruͤckſichtslos hervortretenden Haſſes vieler Deutfcyen gegen Preu⸗
Sen dankend anzeigen. So aber will der Verfaſſer aus guter”
Meinung mehr thun und fücht nicht nur das Benehmen ber preus
Sifchen Regierung während bes letzten ruffifchspolnifchen Krieges, fons
dern aud in früherer Zeit bei ber Theilung Polens zu rechtfer:
tigen, indem er nach ©. 10 die Vorwürfe eines unpolitifchen,
inhumanen unb illiberalen Benehmens berfelben abzuwehren und
ihre Gerechtigkeit und Liberalität während und nach ber legten
Revolution ber Polen nachzuweifen verfpricht. Der Verfaſſer bes
ginnt nun bie politifche Rechtfertigung bes Benehmens ber preus
ziſchen Regierung, inbem er zu beweilen ſucht, daß Friedrich IL.
‚und fein Nachfolger —— Wilhelm II. die Theilnahme an
den frübern Theilungen ihrer eiguen Sicherſtellung ſchuldig ges
weſen wären. Dies ift aber fehr die Frage, und Ref. ift über
geugt, bag wenigftens Friedrich Wilhelm II. anfangs verhießener
Schutz der polnifchen Gonftitution bei bem bapnaligen kraͤftigen
Wirken ber polniſchen Patrioten Curopa die Schmach ber Ber⸗
nichtung eines im Todeslampfe ſich ermannenden Volkes und bes
zen traurige Folgen erfpart haben würde. Doc Mef. übergeht
dies als einen unmefentlichen Theil der Schrift, gefteht aber, die
‚aun folgende Rechtfertiaung ber von der preußifchen Megierung
"angenommenen, den Ruffen günftigen Neutralitaͤt nicht genägend
zu finden. Denn ein feindliches Auftreten Preußens gegen Ruß:
land hätte vorzuͤglich nach der Schlacht bei Grochow, bei ber
ſolchem Auftreten günftigen dffentlihen Meinung und bei ber
"leicht zu ermerbenben Theilnahme der Abrigen Hauptmaͤchte, po⸗
litiſch Alles für fich gehabt und Preußen eine Berftärfung feiner
politiſchen Kraft geben müflen, won ſich nicht fo. leicht wieder
eine Gelegenheit barbieten dürfte; bie Furcht hingegen vor fpäter
"eintretenden Beſtrebungen des imieberhergeftellten Polens zur
Wiebergewinnuung der polniſch-preußiſchen Provinzen erſcheint
"wegen ber von unferm Werfaffer gegen die nad) der Bernichtung
Polens fpäter zu erwartenden Angriffe Mußlands auf Preußen
und Deftreich gerähmten Wehrkraft ber Deutſchen unbegründet.
Bon diefem Standpunfte aus nun, beffen Nichtigkeit wir
‚aber dem Verfaffer nicht einräumen, rechtfertigt nun berfelbe fol⸗
gerecht alle Begünftigungen welche die Ruffen mit Erlaubniß, und
‘alle Beeinträchligungen, welche die Polen durch Weigerung ber
preuß. Regierung während’ bes Kampfes von: Privatperfonen ers
‚fuhren. Erſcheint aber die den Ruffen guͤnſtige Neutralität nicht
politifh gerechtfectigt,, fo fallın natuͤrlich auch alle daraus gezo⸗
gene Kolgerungen, bie biß @eite 29 geben. So weit bie politi⸗
ſche Rechtfertigung. Wo bleidt aber mım ber Beweis dev Gr
sechtigleit und Liberatltät in bem von ber preußifchen Regie⸗
rung angenommenen Syfteme während Ted Kampfes? Dieſen ift
der WBerfaffer fehuldig geblichen unb mußte ihn ſchuldig bleiben.
Er Hätte ihm aber gar nicht verfpreiben follen. Denn die Politik
— hier verſtehen wir natürlich Beine egoiſtiſche der Regierung für
: falls unter der Yrrfie.
5 und ihre Gavelt, wie fie einer berpatißihen-
liebt, fondern für bas a bed Volkes a Bus "
en
muß ihren eignen, oft von Recht und Kiberarismug
ten Weg gehen, und waͤre nar bas preußlfihe: Benehmen *
zu sechtfertigen, wegen angeblicher Imiberaiität: kaute bay: Math
liebes Baterland
faffex fein rublg von gutmäthigen Yhantaften
und umkund Schreiern bei Tages verlä lfm: -.
gesäth — — der den Polen —E — —
aber wahrſcheinlich durch bie Anſchauung der zu misbilligenben
Auftritte eines Theils der freundlich aufgenommenen, aber
Verführung undankbar gewordenen polnifdyen Golbaten fm
preußen gegen fie. ztwas erbittert
80 und bie Bemerkungen ber
Hört — in einen
Bon Seite 29 an wirb das Benehmen ber preußiſchen Big
glesung gegen bie polniſchen Wlüchtlinge beleuchtet. Die ihnen
zu Theil geworbenen anfehn Unterflügungen an Gelb und
Kleidern twerben mit Recht geruͤhmt, bie von Gelten der We
hörden und befonders des Oberlandeögerichts zu Marienwerder
gegen die Tumultuonten zu Reuteich bei Cibing, zu Clbing, zu
Dirfhau und endlich zu Fiſchau genommenen Maßregeln aus
führlich erörtert, woraus auf das deutlichſte hervorgeht, daß
zwar auf der einen Seite bie rohe Maffe der ungluͤcklichen, vol
— Emiſſairen über die Abſichten Preußens getaͤuſchten
und aufgehetten polniſchen Soldaten nicht zu
werben muß, auf der andern aber auch das WBenehuren ber hier in
ihrer Geduld fehr geprüften Behoͤrden, wie es ſich von bem mile
ben Sinne ihres Königs erwarten läßt, jedem Unbefangenen ger
recht und liberal erfcheinen muß.
Schließlich bemerken wir noch, daß ber ſaͤchſiſche Minifter Eins
denau den Polen den Durchzug durch Sachſen nicht, wie. der Ver⸗
faffee meint, wegen gefürchteter Exceſſe berfelben, bie fich bei ih⸗
rem -zeitherigen mufterhaften Betragen in Sachſen nicht erwarten
ließen, fondern deswegen verfagen mwußte, weil bie weſtlichen
Nachbarſtaaten bie weitere Beförderung der ſelben verweigerten,
und verſtchern dem Verfaſſer, daß, wenn auch unfer Mitge⸗
fühl für bie Polen uns in der legten Zeit oft mit Schmerz auf
das Benehmen von Preußen bliden ließ, dennoch Preußen im⸗
mer noch unfere und aller unbefangenen Deutſchen Hoffnung F
und bleiben wird, fo lange es im Ganzen in dem Geifte fo
wirkt, der ihm die Achtung von ganz Puropa verſchafft bat.
Einzelne Misgriffe und Mängel können dieſe Hoffnung u
Pr wie ber Menſch, fo irrt auch ber Staat, fo ng
ce ® oe
Literarifche Notizen.
Ein neues Werl, unter dem Zitel: „Souvenirs de Paris
& de Vienne‘‘, die Geſchichte des Herzogs von Reichſtadt —
unb wahrfcheinlich viele Lügen — enthaltend, wirb in Kurzem
erſcheinen. Desgleiden foll Herr von Ealvandy mit einer Gefchichte
Cromwell's beichäftigt fein. .
Bictor Hugo's neuer Roman „La Quinguengrogne’’,
wofür ber Autor 15,000 $r. von ben Verlegen erhalten hat,
ift foeben erſchienen. Hugo erklärt den Zitel feibft folgenderges
ſtalt; „La Quinquengrogne ift ber gemeinlidhe Rame eines
der Thürme von Bourbon l’Archambault. Diefes Bub feu
meine fernern Anfichten über die Kuͤnſte bes Mittelalters ent⸗
"halten, die ih im „Notre- Dame de Paris’’ zu entfalten anfing.
In „Notre- Dame” verfuchte ich auf meine eigne, gute eder
ſchlechte Art, das Kirchenweſen jener Zeit zu fdyilbern, in „Quin-
quengrogne ’ nehme ich ebenfo das Feudalweſen auf.” — Lee
fils de la bossue‘‘, ein anberer neuer Roman Hugo's iſt eben⸗
oo. 1
z ( N
..
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagéhandlung: F. A. Brodpaud in Leipzig.
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!
Blaͤtter
für
lite rariſche Un terbal tung.
BRumohr .
(Beſchluß aus Nr. 6.)
Nach ımferer Ruͤckkunft nach Rom machte Hr. von Ru:
mohr die Bekanntfchaft des Pfarrers Thaney, welchem man
Schuld gibt, daß er Andreas Hofer an die Franzofen verra-
then habe. In dem vorliegenden Buche theilt er-über die In⸗
bividualität und das Leben deſſelben [ehe intereffante Notizen
mit, und gibt aufden Grund der ihm aus ben beften Quel⸗
ien zugelommenen Kumde bie beſtimmteſte Verſicherung,
daß diefe Belchuldigung völlig grundlos fei, und nichts in
der Welt erlogener fein, der innen Wahrfcheinlichkeit und
oe duferer Zeugniſſe gruͤndlicher entbehren könne, ale was
Bartholdy in Bezug auf Thaney Jeichtfinnig aufgenom-
Men und noch viel leichtfinniger in den Drud gegeben
habe. Thaney hat, wie Hr. von R. berichtet, die Ge:
ſchichte des tiroler Aufftandes vom 3. 1809 gefchrieben,
und es wäre wol zu wünfchen, daß dieſe Handfchrift, die
er feibft gelefen zu haben verfichert, durch den Drud be:
kannt gemacht würde. Im J. 1806 traten wir bie Ruͤck⸗
reife nad) der Deimat an, . wo Ludwig Tieck ſich der
4000 mm — — — — — —
Reiſegeſellſchaft anfchioß. Bei dieſer —— zeichnete
» Dr. von R. ein Portrait des trefflichen Dichters in fein
Erinnerungsbuch, das ich, weil es ebenfo wohl getroffen als
trefflich ausgeführt iſt, den Lefern.nicht vorenthalten will.
„Viel Herrſchaft Über fich felbfl, gleiche Laune, Heiterkeit
ſelbſt unter Lörperlichen Leiden, feiner Wis, Beobachtungs⸗
und Mittheilungsgabe, flete Vergegenmwärtigung des Er:
lebten, Ecfahrenen, Selernten, Gedachten; ſchon fo Vieles,
und doch muß ich hinzufügen: Jugendlichkeit und Friſche
der Empfindung bei Allem, was an uns vorlberging.”
Wie. der Berf. auf feinen Wanderungen beobachtet,
umb auf welche Weiſe er das Beodachtete mittheilt, hat
der Leſer nun fchom wahrgenommen, und ed witd daher
nicht nöthig fein, uns auf der folgenden Reife fo eng an
den Wanderer anzufchließen. Ich begnüge mich daher mit
der Mittheilung einzelner intereffanter Momente. Berans
taffung zu diefer Reife gab das gegebene Verſprechen, ei⸗
nen jungen angehenden Maler nad Rom zu begleiten,
für den fich der Verf. intereſſirte, Die Perlönlichkeit des
jungen Mannes wird in der pikanten charakteriftifchen Weiſe,
die wir ſchon kennen, vortrefflich gefchildert. Che die Rei:
finden noch im Wagen figen, werden wir fchon wieder
mit einer artigen Anekdote erheitert.
Hr. von R. hatte
außer dem jungen Maler, welcher Horny hieß, noch einen
dritten Reifegefellfchafter in der Perfon eines gar feinen
wohlerzogenen Mannes angenommen, der, als er ſich zur
Abfahrt einftellte, Hormp auf dem Sopha fchlafend, baͤuch⸗
lings ausgeſtreckt und heftig ſchnarchend fand, und daher
mit einiger Beforgniß fragte, ob der Herr auch mitreifen
werde imd wer berfelbe fei, worauf Dr. von R. In einem
Anfklle von Muthwillen erwiderte, diefer feltfame Man
feb ein übrigens ganz unſchaͤdlicher junger Karaibe und
war von der menſchenfreſſenden Art, welcher ihm zur
Oumanifirung überfandt, des mildern Klimas wegen mit
nad) Italien genommen werde. Der Fremde, welcher in
diefe Angabe, wie denn das Unmahrfcheinttchite am Leiche
teften Glauben findet, keinen Zweifel fegte, beobachtete dem
angeblichen Karaiben im Wagen mit großer Aufmerkfans
keit und Vorſicht und ließ fih, ald er zufüllig entdedte,
daß derfelbe ſchon etwas deutſch ſprach, in ein Geſpraͤch
wit ihm ein, das. er feinen Faflungsträften möglichft ans
zupaflen ſuchte. Die Entfernung. feines Baterlandes, defs
fen Gebraͤuche und Sitten kamen in gehöriger Folge, eines
nad dem andern zur Sprache, wobel denn aus Zartges
fühl das Menſchenfreſſen kaum berührt wurde. . Das. blinde
Gluͤck gab nun dem guten Hormp, welcher den Srethbum
des Unbelaunten gar nicht ahmete, fehr hübfche und paßs
liche Antworten in den Mund, die Jenen in feiner Mei⸗
nung nur beſtaͤrken konnten. Und als er zuletzt ber albern
genug herquskommenden Zudringlichleit des Unbelannten
mäde ward, fein Misvergnügen in Ton und Mienen, auch
wol in derbem runden Ausdruck ihm zu erkennen gab, bat
Hr. v. R. die Sache nicht zu weit zu teriben, das ungebaͤn⸗
digte Naturell nicht aufzureizen, welchen Wink der Fremde
denn befolgte und auf der fernen Reife den jungen Wil⸗
den mit jener Schonung und Vorficht behandelte, welche man
bei reißenden Ühieren anzuwenden pflegt. Im Verfolg
macht Dr. dv. R., indem er uns die Bildungsgefchichte
Horny's mittheilt, ſehr richtige und beberzigungswerthe
Bemerkungen über das Studium der Malerkunſt überhaupt,
ſowie insbefondere über das Arbeiten nad) der Natur. Er
gibt hierauf nähere Nachrichten über feine in mehren
Arhiven zu Florenz und Siena angeſtellten Forſchungen
e Aufliärung und Berichtigung der Kunſtgeſchichte, und
es feine Arbeit zur Ermittelung ber Verhältniffe des
[4
Pi
wis. tolae Aug Ionnte man. bamınld- an ben ‚meiften
m rern wahrnehmen, denn Hegel’s wunderbarer, tiefgrolimder
ortrag verfenkte alle perfönliche Eigenthuͤmlichkeit, alle fetbftifche
Regung des Gemuͤthes, des Derzend, des Glaubens ; er wifchte
alles fort aus der Tafel ber Erinnerung, und um mit bem ſchlich⸗
ten, nadten, Fahlen „, Sein’ anzufangen, faß der Jünger arm
und nüchtern vor ihm und flaunte nur, wie der Mann feine
Weisheit mit ſchweren Cimern und aud dem tiefen Brunnen fo
mühfam heraufwand, aber ohne Jemand zu tränten, blos in bie
Sache verfunten und ohne alle Rüdficht auf Die, zu benen er
fra. Sein Bortrag war wie ein ſchwerfoͤlliger, ſchweinsle⸗
derner Solioband, ben Niemand ale Handbuch recht zu handha⸗
ben vermodte. Ihm fehlte recht eigentlih das nothwendige
guium des Talents Ay geſchmackdoller, wirffamer Mittheilung.
elche feelenvollere Wechſelwirkung herrſcht in Steffens‘ ort
len zwiſchen Echter und Lernenden! Während ber verewigte He⸗
t, ganz unbekuͤmmert um feine Zuhörer, auf tem Katheder in
einen verworrenen Deften berummühlte, um bie Paragraphen
mäühfelig zufammenzufuchen und Gag an Sag mit fleifem Kitt
aneinanderzulieben, ift Steffens ber Iebenbigfte Redner, ber zu
jedem Ginzelnen ſpricht und ihn zu ſich hinaufzieht. Die Hemm«
- wife, die ihm bie frembe Sprache entgegenftellt, machen ihn nur
noch eifrigeg, um trotz ber mangelhaften, harten Schale feinen
Bei klar und bentlich auszugießen; wie ein Bergſtrom Skan⸗
dinaviens, der durdy den Widerfland der Zelfen empdrt fi um
o rei macht, bricht bie Fuͤlle feiner oft misgeſtalte⸗
ten Saͤte und angakoluthen Perioden hervor mit ber ganzen
Macht feiner sreibinben Junigkeit. In elt er
anem Jeden ſchuͤtt
die eigne Seele wach, die dieſer ihm nicht opfern, ſondern zu
hinanbüben ſoll, denn bie Eine allgemeine Philoſophie foll
als eine eigne in der Bruft des Individuums erzeugen, und
adem er ſich fa einem eben zum Hadegeten aufbrängt, fprechen
flürgenden- Worte, fein leuchtender Bli und feine degei⸗
Danbbemegungen nur von ber Ungebuld, nicht mit einen
igen Guſſe 3— entfalten und offenbaren zu koͤnnen, während
Begel's zaͤhe und rübe Rede Niemand zu begeiftern und fortzus
zeißen. vermochte. Hegel fepte, heißt es, bei bem Juͤnger ber
Philofophie nichts voraus; aber er verlangte bock fehr viel, naͤm⸗
Ud ein gaͤnzliches Entſchlagen aller fonftigen, fhon gewohnten
Ihauumgen, wie fie im Wamilienleben etwa in ber jungen
Geele ſich Hereits erzeugt hatten. Gteffens fegt außer ber Zus
verficht, den Wifiensburft flillen zu Eönnen, ben religiöfen Staus
‚voraus und macht die Liebe old ein Uranfänglidyes, ſchon Bes
gebenes, zur Baſis bes Forſchens und Denkens. gel fh —
Man verzeibe den ehrlich und gut gemeinten Ausdrud — wie
sine Gphinz brütenb auf dep Schägen der Vergangenheit und
. pffenbarte dieſe, um Gegenwart und Zukunft unbefümmert.
Steffens, ſteht inmitten zwiſchen Wergangenheit und Zukunft;
jene markt er Mar, aber zugleich Enüpft er an die Gegenwart
wie «in Prophet eine erſt zukünftig. vollendete Offenbarung in
ber ganzen geiftigen Gemeinſchaft der befondern Perfönlichkeit
der Zosalitäs des Urweſens. Hegel bannte die Offenbarung
bes Geiſtes, die nach ihm ſchon vollendet war, ganz und völlig
an bie Geſchichte ber bisherigen Vergangenheit; er fab die
Wahrheit, dem abfivacten Gedenken nad, vollſtaͤndig gefunden;
er bedurfte zus Wahrheit keines Erdenlebens, ja teines Jen⸗
feits ferwer, obfchon er die Rottwenbigfeit ewiger Crxiſtenz feſt⸗
fegte; die Welt hatte. vor feinen Blicken ſich ausgelebt. Stef—
fen® iſt der ewig ruͤſtige Forſcher, der bie Wahrheit ſucht und
als ein Endziel bed: Daſeins, als ein zweites Paradies, tn
e ferne Zukunft und in das Jenſeits feat, wo fi das Ich
eh vollänbig. mit tem Urweſen zuſammenſchließt. Nach Hegel
perſchwindet die befondere Perfönlichkeit des Iche ſchon bier im
Erdenleben, es fubfumirt fie dem Heide der Nothwendigkeit,
bie bie objectiv vernünftige Welt beherrſcht; deshalb bildete er
viele Bögendiener ber ZKormeln „nur Wenige drangen tiefer zur
dtichen Harmonie von Freiheit und Nothwendigkeit. Sftef⸗
bübet Teinen einzigen Gögenbieners; ex entzündet bie ſelbſt⸗
| Repigtet unter Berantwortiicteit: der Berlogäßendlung: KU Broddans in Leipzig.
%
eigeafte, ‚inbivihuelifte. Yueiheit, in Bubjeche- und laſt fie Alla auız
in freiwilliger DYingebung von ber Liebe‘ getragen werben.
Wenn man erwägt, daß 8 um einen alabemifchen Lehrſtuhl
der Philofophie meiftens Zünglinge verfammeln, bie in ihre von
ben Gagungen der Welt noch umgefüllte Seele bie erſte Ahnung
von einem abfolut geiftigen. Dafein aufnehmen, fo wirb man bie
Bolgen ermeffen, weiche der Wechſel auf ber berliner Univerfi«
tät hervorrufen niuß. Mit dieſem Hinblick wollen wir. das neue
Jahr begrüßen. 188,
"Motizen.
Ein neuer Artikel des pariſer Buchhandels heißt: „Me-
meires de mes criamciers”, von Wlarime James (2 Wände).
Der 3 und bie —* Fe Bart it mindeftens neu. Der
Berſaſſer ee zuſammen und fihiägt
ihnen alt Mittel, zu ihrem Gelbe zu gelangen, vor, ihm ihre
orduen
tem
Auf diefe Weiſe
nicht unwahrere Memoiren entftanden als die meiften, in
den legten zehn Jahren Frankreich lieferte. Am interefianteften
folen ſich leſen die Memoiven der auögebienten Hebamme, des
Sapitalifien, der Wirt "
meißter®, Topnfdreiberb, Arzteh, Krämers
Die meiften Deitglieder des nunmehr ausgeftorbenen es
ſchlechts der Gonde waren von jeher rd Jäger unb
Qunheliebhaber. In der alten, arglofen Zeit hatte diefer Um⸗
Rand denn einen allerdings ertravaganten Gebrauch ein
ber in den legten Jahrhunderten, wo er noch beftand, wol nicht
mehr fo unbefangen mag angefehen worben fein. Wan hielt naͤm⸗
ih, wenn ber „Revue de Paris” zu trauen iſt — und bie ka⸗
tholiſche e weiſt ähnliche Dinge, wie die Schweine bes
heiligen Antonius von Padua auf! — in dem alten Gonbe chen
Schioffe Chantilly, alljährti am St.⸗Hubertustage eine Meffe
für die Hunde, um für fie Gewandtheit und Witterung, Abs
wendung aller möglichen Krankheiten vom Pimmel zu erfichen,
Die Kapelle war alsdann wie an hoben Feſttagen ebenfo wie
ber Hunbeftall aufgefhmüdt, der In Ehantilld einen ganzen Fl⸗
gel bes zweiten Schloßhofes einnimmt, und bie Hunde wurden
gekaͤmmt, gewaſchen und gebürftet, in Proceffion zur Kirche ge
führt, wo man fie während des Amtes dem Bochältare mit
dem Wilbniß des heiligen Hubertus gegenüber flehen ließ, beffen
Lob der Almofenier von ber Kanzel prebigte. ,
Here Marcel, der bie aͤgyptiſche Expedition begleitete, wich
naͤchſtens ‚eine neue Sammlung arabiſcher Märchen berauägeben,
besen Originale er von Kairo mitgebracht dat. Seinem Wötrke
werben Noten zu ber Grpedition und Grläuterungen ber Gig
ten, Eiteratus und Philofophie des Oſtens beigefügt fein.
‚Die orientaliſche Sprachkunde iſt neuerdings durch ein bie
daktiſches Gedicht in der Tamilſprache, die auf der oſtlichen Geil
der inbifchen Halbinfel geſprochen wird, unter dem Titel ‚‚Nidi
Neri Vilaccam‘' bereichert werben. ine englifäge Ueberſegung,
Wörterbuch und Roten find durch dem Herausgeber, H. Scoka
in Madras beigefügt, der Preis des Buches if 5 Pf.
f
. _ Um einen Begriff ter ungeheuern Abgadea bon Grundffuͤcken
in ®ondon zu geben, diene Ber kuͤrztich in Weſtminfter getegents
lich gemachte Ueberfchlag, wonach bei einem Pausbau daſelbſt
die Koften ſich dermaßen vertheilen, dab auf Arbeit: 86, auf
ra 10, und auf Materialien 54 Procent zu rechnen
® 158,
— —
\
bicgafterin, bes Gerichtadienero, Haar⸗
Spefcwirthe, Ipäsftehers, Gigenthömers, ange .
und Papiermadierk
\
Bl it ter
en 4
ur
littrariſche Unterhaltung
daß ein neuer Roman von Cooper oder Irving in Eng-
Iand, Frankreich und Deutfchland faft zw gleicher Zeit er⸗
fheint, fo möchte man beinahe zu glauben verführt wers
‘ben, es fei ein Theil Deflen, was von einer allgemeinen
Weltliteratur geträumt, gewuͤnſcht und geahnet ift, bereits
verwirklicht. Aus .diefer im Dften und Welten gleich ſtark
werhandenen Empfänglicylelt für poetiſche Werke von eis
mr beſtimmten Art und Gattung ergibt ſich jedoch zu:
wirberfi nichts weiter als das zu einen allerdings hohen
Grade der SGemeinfchaftlichleit gefleigerte Beduͤrfniß eines
geſammten Weltpublicums, und obwol die öffentliche Stimme
und der geheime, inwendig treibende Ruf, der die produc⸗
tiven Geiſte beſeelt, ſtets Hand in Hand gehen und ſel⸗
an weithin divergiren, fo bliebe doch immer noch bie
Frage zu erörtern, ob die für eine irdifche Ewigkeit, wie
mid dunkt, erbauten Säulen volksthuͤmlicher Ueverfchies
denheit in allen: Elementen des Lebens jemals infomeit
fortgeruͤckt oder zertrummert werben Eönnten, daß die Poeſie
eines Volkes aller nationellen Phyfiognomte verluftig ginge.
Den Dichter — wie es zum Gegenfag mit der Erahnung
einer Weltliteratur aud) Mode geworden — auf die Ges
bitde der Geſchichte feines eignen Volkes Hauptfächlidy zu
serweifen, offenbart einen ängftlichen Patriotismus, den
nur Wenige noch theilen ‚möchten, bie den allgemeinen
Puls der Zeit in ihren eignen Adern mitzufühlen nicht
im Stande find. Im Gegentheil, der Dichter, zumal
der Romandichter, foll, als Kosmopolit feiner Gefinnung
nah, für die gefammte, verfchiedenrlichft verzweigte Ent:
faltung der Gefchichte des ganzen Geſchlechts gleich Sehr
empfaͤnglich fein; er durchſpaͤhe die volle Welt der Er:
ſcheinungen und fpüre, fei es in der brennenden Wuͤſte
sder am eisſtarren Pole, uͤberall Jedwedem nach, in wel:
chem ſich die Offenbarung eines Goͤttlichen in irdiſcher
Geſtalt verwirklicht: in dem Kleide, das er feinem Bilde
gibt, in der Manier feiner Auffaffung wird er dody bins
reichend verrathen, wes Landes Kind er ſei, und welcher
Volksthuͤmllchkeit feine Schoͤpfungen angehören. In dies
fem Sinne wird eine Weltliteratur möglich fein, ſo⸗
tange die Eigenthuͤmlichkeiten der Voͤlker fich nicht mehr
als bisher vermilchen und im Gegentheil das Aneinanders
reiben ihrer verfchiedentlich bedingten Elemente gerade Daß
ausmacht, was die moderne politiſche Geſchichte charakte⸗
riſirt. Jenen a Patriotismus aber der Bits
dungsgefchichte der Poefie einprägen, hieße in der Chat
den breiten Strom der Zeit, der dem Meere zueilt, zus
rlickdaͤmmen und das großartige Ineinandergreifen der
Geiſter zu einer allgemelnern Umarmung flören. Die Als
ten mit ihrer naturgemäfern Bilbungsitufe, in die ſich
der moderne Sinn nicht einzwängen läßt, können une
bier nicht Muſter fein; an Shakfpeare und Goͤthe wol⸗
len wie nicht erinnern, weil ſich an ihnen die Faͤlſchlich⸗
keit jener Beſchraͤnkung zu leicht nachweiſen ließe; aber.
auch für die neuefte, fogenannte biftorifhe Romandich⸗
tung iſt fie nichts weniger als leitendes Princip und
Das, was ihre Eigenchümfichkeit bezeichnet, denn wer
möchte nicht den Scott'fchen „Quentin Durward” mans
em Gemaͤlde des ſchottiſchen Hochlandes dreift an bie:
Seite ftellen, und Cooper bat in feinem „Bravo“ einen
Roman aus der Geſchichte Venedigs gegeben, ber bie
melften feiner frühern Gebilde, die aus den heimiſchen
Berhältniffen ihren Stoff entnehmen, an Glanz und
Reichthum uͤberragen möchte. Das gedankenloſe Geſchwaͤtz,
daß in Cooper's Werken lediglich deswegen ein geiſtigerer
Athem der Poeſie wehe als in Walter Scott's Gemaͤl⸗
den, weil die Heimat jenes Dichters poetiſcher ſei als
des Schotten vaterlaͤndiſcher Boden, ſtreift faſt an die
triviale Anficht, als ob der Dichter, als rein⸗natürliches
Pilzgewaͤchs feines heimiſchen Landes, keine andere Fune⸗
tion hade als maſchinenmaͤßig ſeine Umgebung und die
Verhaͤltniſſe, in denen er erwachſen iſt, zu copiren. Sol⸗
hen Anſichten gegenüber, die nur aus Koͤpfen kommen,
deren Phantafie in der Anſchauung ber materiellen Bes
beutfamkeit der neuem englifhen Romanpoeſie unterges-
gangen und von der Körpermaffe derfelben erdrädt zu
fein fcheint, möchten voir den Grund, warum der „Bravo”
poetiſch bedeutfamer fei als die fo belicbten Copien des
nordameridanifchen Lebens, grade darin zu fuchen haben,
daß Cooper auf nichtheimiſchem Boden ‘aus mangelhaftes
ver Kenntniß localer Bagatellen in feine hoͤchſt pentble
Ausmalerei der Kleinheits verhaͤltniſſe fich nicht ſoweit vers
- nannten Werke die geteeuefte Wahrnehmungsfähigkeit der
lieren Eonnte. Er bekundet bei allebem in dem vorbes
fremden Localität in einem bedeutenden Grade. Venedigs
wunderreiches Mauerwerk, Die phantaftifch = geillenhaften
Daldfte, die wüften Steinkloͤtze von übereinander gethuͤrm⸗
. ten Pracptmaffen, dee Marcusplag, der Rialto, der Cam:
pgnile und alle bie Gebäude einer launenhaften, in orien⸗
talifchen Abenteuerlichkeiten ſich gefallenden Structur per:
den uns ebenſo getreu und klar als reich und glänzend
zur bequemſten Anſchauung dicht vor Augen bingeftellt;
in der erwartungsvollſten Spannung, die unſer Dichter,
wenn er will, beim Leſer zu erhalten weiß, folgen wir
ihm bald durch das Labyrinth der wunderlich ausge⸗
ſchmuͤckten Zimmer des raͤthſelhaften Dogenpalaſtes, bald
durch die finſtern Inquiſitionsgemaͤcher der geheinmißvol⸗
len Dreimaͤnner, die zur Zeit der Republik die eigentli⸗
chen Machtinhaber waren; wir hoͤren das ſchwanenleiſe,
geiſterhafte Hinſchießen der Gondeln in der dunkeln Nacht,
das leiſe Geſumme der am Kai wogenden Menge; wir
fuͤhlen die aͤngſtliche Stille der ganzen wuͤſten Melancholie,
die der Waſſerſtadt eigen iſt und die das laute Wagens
gerafiel und Pferdegedränge von Paris und London fall
berbeifehnen laͤßt. ine gewiſſe wohlthuende Trtaͤgheit,
die auf den Cooper'ſchen Gemälden laſtet, reizt den Leſer
zu gleicher Stimmung; er genießt hoͤchſt bequem, und
ohme daß an feine geiftige Schnellkraft eine bedeutende
Anfoderung ergeht, den ganzen Reichthum der materiellen
Welt in einer beflimmten Sphäre hiſtoriſcher Erfcheinun:
gen,. und bie bis zur handgreiflichften Wirklichkeit ausge:
prägte Schilderung macht ung bier In ber romantiſchen
Rocalität des mächtigen Waflerftantes fo einheimiſch, daß
und faſt unmwohl zu Muthe fein kann, wenn wir nach
beendigter Lecture auf dem eingewohnten und Lieb gewon⸗
nenn Schauplag nicht mehr wandeln, unter den Masten
Venedigs und nicht mehr verfledden, mit ben Gpionen
der Snquifition nicht mehr lauern und in der finitern
Nacht, unter dem ewig wachen Sternenhimmel, der Alles
ficht, auf der trügeriichen Waſſerflaͤche ſtill und leife mit
der Gondel das Gewirre der verfchlungenen Kandle nicht
mehr durchkreugen, um ben Schlangenpfaden einer tüdl:
fen Staatsmacht nachzuſpaͤhen und ihren Klanen ein
ſchuldloſes Opfer zu entreißen. So phyoſiſch wohl wird
uns in Cooper's Welt, daß wir eine höhere Befriedigung
faft vergefien möchten, wenn das Schickſal der Menichen,
die uns eine Weile intereffirten, keineswegs klar oder ges
nügenb abläuft, oder Diefer und Jener unter ihnen, ber
feinem aͤußern, hoͤchſt gewiſſenhaft portraiticten Coſtum
und Auftreten nach uns anfangs bedeutſam erſcheinen
wolite, mit ganzem Leibe, aber halber Seele davonlaͤuft
und uns uͤber ſich ſelbſt im Dunkeln laͤßt.
— Mir heben bier eine Eigenthuͤmlichkeit heraus, bie
keineswegs Cooper allein angehört, fondern als ein weſent⸗
licher Charakterzug der ganzen neuen englifhen Roman:
poefie angefehen werben darf; es iſt neben dem Mangel
an pfnchologifcher Wärme die hoͤchſt penible, oft ins Ab-
firufe ſich verlierende Ausmalerei der gleichgültigften Em:
pirie des Lebens. Dieler Vorwurf trifft Cooper's ame⸗
26
titanifhe Gemaͤlde, wie ich bereits bemerkte, weit mehr
als feinen „Bravo“, umb ber Dichter fcheint grade hier
auf nichtheimifchen Boden mehr die charakteriftiſche Faͤr⸗
bung de6 Ganzen im Auge behalten und, um bes bins
dbenden Nerus bei luͤckenhaften Einzelheiten nicht zu er⸗
mangeln, der fchaffenden Phantafie mehr Spielraum, ges
gönnt zu haben als bei der Schilderung vaterlaͤndiſcher Loca⸗
litäten, wo er jedes Steinchen, jede Safer und jedes
Pünktchen auf das gewifienhaftefle portraitirt und uns
die armfeligfte Gewoͤhnlichkeit bes ſchlichteſten Daſeins
feiſten und teägen Geſindels mit ber oͤdeſten Eangmuth
und ohne jenen Humor barftellt, der in einer andem
Kunft Scenen aus dem niedern Leben ber bürftigften
Alltaͤglichkeit, jenen nieberländigghen Genrebildern, durchaus
die noͤthige Folie gibt und fie erft zu Werken ber Kuufl,
erhebt. Der Maler darf und ſoll überhaupt mehr auf
die Qualität jedes Zipfelchens feiner Figur eingehen, denn
die fertige Geſtalt tritt doch als ein Ganzes, dem bie
Theile dienen, ploͤtlich hervor. Des Dichter aber fpinnt
langfam, der Beitfolge gemäß feinen Kaden ab, und da
ſchwillt die kleinlich zerdehnte Materie zu einer unſaͤglich
fangen Reihe nichtöwürdiger Bagatellen. Wir vertennen:
gar nicht die Bedeutſamkeit und die urgefunde, vollbluͤ⸗
tige Kraft, die Cooper's Werke mächtig durchzieht; wie
fhägen die romantifche Schilderung des Seelebens im
„Red Rover’ wie in ber „Waflernige”; wir geben zu,
daß er in dem erfigenannten Gemälde fogar nach pſycho⸗
logifher Ergrüundung feines Helden fuchte, und preiſen,
wie billig, in bem „Resten Mohikan“ die ebenfo treue wie
phantafiereiche Darftellung der amerilanifhen Naturwelt;
Cooper müßte ja feinen Stoff verwüflen, wenn er zur
Poeſie, die er nicht fucht, aber die ibn fucht, fidy nicht
theitweiß binreißen ließe, und die Majeſtaͤt ugb urmächs
tige Materie des Natur: und Menfchenlebens ihn der
trägen Werfumpfung in müchternee Empirie nicht zu ent»
ziehen im Stande wäre. Cooper iſt großartig, wenn er
uns die Wunder der amerilanifhen Waldnatur fo getreu
vergegenwärtigt; aber unter den Menſchen liebt ee — und
an feiner Liebe erkennt man den Dichter — vorzugsweiſe
jene englifchen Beefſteaksnaturen von Altengland, jene geifts
abzehrenden Auswürflinge der alten Welt und feilten
Schlemmer, die mit berfelben Gteichgältigkeit, wie fie.
Punſch und Flip hinunterfpüten, ihre ſchlaͤftigen Gedan⸗
Een kaͤuen und wiederkaͤuen; jene Daushälterinnen, die ko⸗
miſch fein könnten, wenn die Lava ihres Gewaͤſches mehr
concentrirt. und weniger breitgetreten wäre; jene Wund⸗
ärzte, die beinahe wigig heißen könnten, wenn fie nicht
zu flumpffinnig und aus Vollbluͤtigkeit wie ihr Autor-
felbft zu träge wären. Soll Cooper für nichts weiter
als einen Gopirer der außen Wirklichkeit gelten, dann
müffen wir es ibm ſogar danken, daß er in feinem
„Spion” den nordamerikaniſchen Freiheitskrieg, dieſe mers
cantile Infurrection mit den kahlen Begriffen von Frei⸗
beit und Gleichheit, in feinen „Anfiedlern an den Quel⸗
len des Susquehannah” die oͤde Nüchternheit geijtesleerer
Handwerker und Geldfpeculanten, .die der armfeligften
Empirie verfallen find, die vollfländige Religiomslofigkeit
/
x
—
und KReliglontgleichguͤlgkeit, bie
Buczum, das crivialſte Verſunkenſein in die bloße Werkel⸗
thaͤtigkeit des Alltagslebens und bie ganze Kahiheit.Tener
Ioufmanmifchen Repubtiten, die nur in einen Rande moͤg⸗
Gh find, das aller mittelalterlichen Beftaltungen, mithin
dms großen Theiles germaniſch⸗ romantifcher Ideen baar
und ledig ifl, — daß er dies Alles uns fo entſetzlich getreu,
gewifienhaft und gedehnt vor Augen führt. Wie ſich in
ben politiichen Zuftänden Nordamerikas merkwürdige Keime
zu einem neuen, feifchen Anfang welthiſtoriſcher Geſtal⸗
tungen entwideln, mag. bem Hiſtoriker ein reiches Feld
der Unterſuchung bieten; was fol aber dem Dichter dies
fer Wuſt des alltäglichen Werkellebens! Darfiellungen aus
dieſem Gebiete vermag nur, wie gefagt, der fluͤſſigſte, quedks
füberartiofte Humor zu abeln; aber Cooper's Wis iſt fo
corpulent, daß er vor Zeiftigkeit faft allen Aether, mithin
Alles verliert, was ihn eben zu dem liquiben Dinge, Hu⸗
Mir HeNanmt, t. Humor kann fo -Förperhaft mager,
Weich und hohlaͤugig fein, daß man, im Erfchredien vor
feiner Geſtalt, nicht die Lächelnde Miene des ſpielenden
Knaben, fondern die heißhungerige, ftechende Bitterkeit,
wie fie Verzweiflung erzeugt, in ihm zu erbliden glaubt.
Humor kamn aber auch mit materiellem Webermaß fo ges
füttert fein, daß vor allzu gefälliger Mohlbeleibtheit fein
Athem kurz und träge wirb, oder mit dem Athens wol
gar fein ganzer Aether entſchwindet. Ein magerer Autor,
ber den Meichthum der materiellen Welt nicht fo leicht
beherrſcht, Heut ſich ſeldſt mehe zufammen, und bie troft:
Iofe Picknickslangweile, bie wir in den Werken ber neuern
engliſchen Romandichter fo oft genießen, iſt durchaus Eis
genthümlichkeit diefer vollbiätigen Dichternaturen, für bie
jene läfiige Bequemlichkeit ein Beduͤrfniß zu fein fcheint.
Es hat fidy ziemlich allgemein unter uns die Behaups
fang verlauten Laffen, daB man In Walter Scott den
Stifter einer neuen Sattung des Romans zu fehen habe,
. die, dem befchräntten Kreife des Familienlebens enthoben,
ia der hiſtoriſch und politiſch offenbar gewordenen Entfal⸗
tung eines Moments in der Wölkergefchichte ihre Baſis
fuht. Adgefehen von ber Irrthuͤmlichkeit diefer Meinung,
in W. Scott den erften Bebauer eines Feldes der Dicht:
kunſt finden zu müffen, das vielmehr fange vor ihm in
Deutfhland felbft fleißig euftiviet wurde, ſcheint der eng:
le neuere Roman ſich nur um bdeswillen der Sphäre
des Familiendaſeins entzogen und zu einer allgemeinen,
eine reichere Wirklichkeit umfaſſenden Region ſich verfties
gen zu haben, um fodann hinter den vorgefchobenen, his
flerifch bedeutfamen Geſtaltungen defto fücherer der Klein:
malerei der häuslichen Alltaͤglichkeit ſich hinzugeben und
bier Alles zu entfalten, was treue- Auffaffung der naͤch⸗
ſten Wirklichkeit und emfige Nachbildung der blanken,
baren Natürlichkeit zu erreichen vermag. Eine Poefie,
die aus der ewig friſchen und lebendigen Fülle voͤlkerge⸗
ſchichtlicher Begebenheiten ihre Stoffe entlehnt, wird al
lerdings nicht fo leicht und fo tief in die feichte Verſum⸗
pfung fentimentalee Miferen, wie fie der Lafentaine’fche
Familienroman geboten, hineingerathen: ber unverwüftliche
friſche Strom der Wölkerbewegungen bürgt dafuür mit. feis
7, f
fein ſoll,
ı
nem ımerföhöpflichen Gehalts und iſt unfere Zeit eine all⸗
gemein zegfamere, weniger dumpf fich verfchliehende, Eike ⸗
ner die Welt und ihte Thaten durchdringende wie richtende,
kurz, iſt :unfere Beit eine die Geſammtheit des aͤußern
Daſeins umfaffendere geworben, als dad Ende des vork®
.gen Jahrhunderts fi) ergab, welchem auch Goͤthe's Ro⸗
mane ihrer Tendenz nad angehören, fo wird man nicht
in Abrede flelen können, daß die Intereffen des heutigen:
Romandichters bei weitem voller und reicher finb als die⸗
jenigen waren, welche in den Geſichtspunkt des Dichters
in jener Zeit fielen, wo ber [chüchterne Sinn bes Deuts
ſchen ſich mehr hinter den Zamilienherb verkroch und zwi⸗
ſchen den vier Pfaͤhlen fich herzlich gern einpferchen ibeß.
Eine ſtreng durchgeführte Parallele zwiſchen Bäche’, Wii⸗
beim Meifter” etwa und Tied’s Aufruhr in de Ceven⸗
nen” wuͤrde erweiſen, ob im Samilienroman oder im hi⸗
ftorifchen Höhere und reichere Sintereffen zum Thema ers
hoben werden koͤnnen, indem fi) uns dort die Erzle⸗
Hungsgeſchichte eines buͤrgerlichen jungen Menſchen entfals
: tet, der, durch Schaufpielerleben, romantifche Liebe, Lecture,
Logengeheimniffe und gefellige Erfahrungen gebildet, einen
birrgerlichen Biele entgegenreift, während in. dem nachges
nannten Werke ſich die Entwickelungsgeſchichte eines fich
ſeibſt reformitenden Volks vor unfern Augen erfchließt,
das die Feſſeln, bie feine Kindheit Auferlih und innerlich
banden, ploͤtzlich abftreift und, vom Mebermuthe der Juͤng⸗
Iimgetuft und einem wunderbaren Gelfterruf getrieben, ges
gen ben Doppelrleſen des politifchen und kirchlichen Abſo⸗
lutismus einen vielgeftaltigen Kampf beginnt. Was dort
ber Laune des Individuums verfällt, wird hier eine Frage
über Sein oder Nichtfein einer Nation; das religioͤſe Ele⸗
ment, dem fi) dort auf bürgerlichen Geſellſchaftsboden
die Willkür des Einzelnen entzieht, vodhrend es nur als
Sache der Eigenthümtichkeit einer frommen Tante abge:
handelt wird, ift hier im Voͤlkerleben der gewaltig treis
bende Impuls, der wie eine Pofaune zum neuen Daſein
euft und wie am Pfingſttage in hundert Zungen redet.
Haben wir fo der allgemeinen Conftruction und dee
nah dem Tieck'ſchen Werke vor dem Gäthe’fchen Romane
den Vorzug zuerkannt, fo muß die Wagfchale zur prüs
fenden Entfcheidung jedoch von Neuem erhoben werden,
denn die Bedeutſamkeit des aus einem Gedichte abſtrahir⸗
ten Gedankens kann nicht ausfchließlih zur Beurtheilung
‚des concreten Banzen und Über die dialektiſche Durchfuͤh⸗
rung der allgemeinen Idee den Maßftab leihen; fonft müßte:
ja der Scott’fhe, der Gooper’fche Roman über Goͤthe's
„Meiſter“ und „Wahlverwandtſchaften“ rein deshalb ſte⸗
ben, weil vr die vier Wände des Familienlebens zu einem
Schauplatz völfergefchichtlichee Bewegungen ausdehnt. Die
Unterfchiedlichkeiten, die fich für die beiden Kategorien des
Romans, wenn fie vor der Hand noch als ſchlechthin ges
fonderte fo belaffen werden dürfen, entichieden genug her⸗
ausftellen, gehören meniger dem dichtenden Individuum
als der Zeit an, deren Intereffen der Dichter aufninmt
und vertritt.” Wie aber, wenn eben biefer, wofern er nicht‘
die unbemußte, ſtlaviſche Copirmaſchine feines Zeitgefchmas
des ift, in einem weit hoͤhern Dienfte ftände? Wenn
m dab Gemälde einer wirfiichen Weit, es fA dem gefe-
tigen Schoofe bes bürgerlichen Lebens oder dem Zumuite
des Öffentlichen Dafeins entnommen, nur als Plan und
Ebene hinwirft, um tiefere — feine eigentlichen — Ans
"tspefien darauf fpielen zu laffen? Wie dann, wenn ee mit
feiner Kunſt noch etwas Eſoteriſches bezweckte, und die
Meinung, die Porfie fei nicht bios Copie einer beflimm:
ten Wirktichkeit, fondern eine Offenbarung des Heiligthums
der menfchlichen Seele, keine Zabel, ſondern bie hellſte
Wahrheit wäre, ber Alle huldigen, bie wiſſen, was Kunſt
fein folle und wirklich ſei? Und wis dann endlich, wenn
in jenem beſcheidenen, durch allzu lärmenden Prunk der
äußern Materie nicht getrlibten, weniger verworrenen Kreiſe
des häuslichen Geſellſchaftslebens die Offenbarung ber Se
bein des inwendigen Dafeins ſich ſchneller, einfacher,
wärmer und heimlichwohler vollbringen ließe als auf dem
wielfältig zerſplitterten Grund und Boden eines politiſch,
kriogerifch oder überhaupt ſtaatiſch bewegten Lebenegemaͤldes?
(Der Beſqtai folgt.)
Der Sonntag. Gedicht In ſechs Geſaͤngen vonLudwig
Bechſtein, nebſt ſechs Kupfertafeln, erfunden und ra⸗
dirt von Ferdinand Berthotd. Leipzig, Börner.
1832. Querfolle. 1 Thix. 24 Gr
Die poetiſche Auffeffung und gelungene Darftellung der ſechs
Kupfer dieſes Werkchens, welche von dem Känftierberufe ihres’
Urhebers erfreulich zeugen, wie bie gleiche Anzahl von Gelängen,
womit ber fo dekannte als gefchäute Dichter 2. Bechſtein dens
felben Gegenſtand im Gebiete ber Dichtkunſt entwidelt, vereinen
ſich hier ala Ganzes zu boppeitem Genuß bes Schönen. -
Die Beier des Sonntags im religidfer Erhebung umb heite⸗
ser Belebung des Gemuͤthe iſt der Gegenſtand biefer Darftels
Ringen, welchen das erfle Kupfer in pbantaflereicher Allegorie
glädtich andeutet. Zwiſchen grünenden Zweigen find bier ſechs
Ishliche, mit Werleitagsarbeiten befchäftigte Genien, bie Tage
der Woche, nach oben durch den Genius bed Sonntags zu ber
Beutungsvollem Krame verfnüpft. Laubarabesken verbreiten ſich
in anmutbhigen Berfchlingungen von da nad) Sechts und Linke,
am. bier die ſymboliſchen Figuren ber BReligion, bort bie der heis
tech Freude nebſt vielen andern fih Klar und gefällig ausfpres
enden Beziehungen dem Ganzen zu ten. Die würbige
Begehung bed Sonntags entwidelt der ſtier durch die barauf
folgenden fünf Kupfer, in ben Perfonen eines ehrfamen Fami⸗
Kenvaters mit feiner Gattin und drei blühenden Kindern. Dies
fen begegnen wir zwifchen ben mannichfachften Gruppen anderer
Bewohner ber Gtabt auf Trommen Wege zum alterthümlichen
Dome auf bem zweiten, und ſehen fie auf dem dritten Blatte
im Innern deſſelben einer Predigt mit Andacht zuhören.
Auf heiterm an in der N ines belebten &
feüfchaftsplages und darauf in traulicher Bene einer —*
iegt und, wngeben von dem tre ,
Kechhfegen den Tchönen Zap befäticen Ta hommum
. Literariſche Notizen aud Rußland. :.
n Moskau if unter dem Zitel: ‚‚Stetisätscheiknje‘ .
sapiska oto.’' ( Statiſtiſche Denkwürbigkeiten über Mosfau),
von A. Androfof (Moskau 1882), eime Weidreibung biefer ala
ten Hauptſtadt Rußlands erſchienen, die. viele intereffanta Zur
fammenftellungen und Angaben enthält. Wir heben baraus Cie
niges aus. Mosfau nimmt eine Erdoberfläe von 64 Quadrat
wert und 120 Faden ein. Der zwölfte Theil dieſes Raumes
find Gaͤrten, und es werben überhaupt 1639 Bartenpläge ger
zählt, 243 mehr als vor 1812. Ginen ſechsten Theil des Stadt⸗
umfangs nehmen außerdem umzäunte Felder ein, worauf Ge⸗
müfe und Dbft gebaut wird, aud befinden ſich innerhalb ter
Stabtlinie 18 Wieſen. Ehemalige Wohnpläge, die nach dem
Zeuer von 1812 nicht wieberangebaut worden fand, zählt man
148. Häufer von Badkeinm gibt es in Woslau 8137, vom
Holz 6715, überhaupt 9842, wovon 287 jenfeit der Stadtü⸗
nie. Ginwohner zählte man im Anfange 1830 185,006 Männer,
120,625 rauen, überhaupt 805,631 Köpfe. Rachdem hierauf
der Verf. die Einwohner nach Stand und Gewerbe claffifichrt,.
zieht er nachſtehenbe Folgerungen: 1) Die Hälfte ber Bevolke⸗
ung Woslaus befteht aus pflichtigen, bem Abel terthänigen Ion
dividuen, in welder geht drei Viertel leibeigen find. Fuͤgt man hing,
bie Eopfiteuerpflidhtigen Gewerbeleute, bie Proletarier jeder Art
und Soldaten, fo beſteht nur ber ſechſte Theil der Bevoͤlkerung
aus Individuen der hoͤhern Staͤnde. 2) Die Staatöbiener im’
Civilfach jeder Abſtufung, deren Zahl man als feſtſtehend an⸗
nehmen kaunn, verhalten ſich zur Gelammtberdikerung wie 1 zu
30, die Handelsieute wie 1 zu 3. 8) Die Zahl ber Leute, bie
keine andere Gubfiftenzmittel haben “als phufifcde Kräfte und
rohe Arbeit, beträgt mehr als bie Hälfte der Wenöfkerung, wo⸗
ber ber Zagelohnı :ber Arbeiter durch bie Goncurrenz ſehr
gering ſtellt. 4). Die Bedientenzahl iM zum. Beuölferung außer
dem Verhältniffe bes i Auf jeden Abelie
— Bedarfs, Au
gen und Staatsdiener fommen im Durchſchaitt zwei ienten.. -
Rimmt man nun au, baß in ber Zahl ber bei Givilbehörben
angeftellten fubalternen Amtsperfonen zwei Drittel keine Bediente zu
halten vermögen, fo kommen auf jeden Abdeligen 12 Dienftboten
beiderlei Befchlechte. Man wirb übes biefe Rechnung nicht eve.
flaunm, wenn man bebenlt, daß «6 in Moskau viele abelige
Haushaltungen mit mehr als 100° Dienern gibt... 5) Die Mäge
nerzahl verhält fih zu der der Zrauen wie 100 zu 155. —
Kirchen des griechiſchen Ritus gibt es 283, und von ber Sekte
der Attgläubigen, bie keine Kirchen haben, Ichen in Moskau
9896 Köpfe; evangelifhe Kirchen zwei, kathotiſche zwei, enge:
lifchsbifchöfliche eine, armenifche drei; zu den Ki einden
dieſer fremden Confeſſionen gehoͤren im Ganzen 2409 Köpfe,
von denen bie Mehrzahl Katholiten. Die Univerfität zaͤhlt 711
Gtubenten, worunter 248 ebiciner, 222 IJwriften und Kame⸗
raliſten, 37 Philelogen und Philoſophen. Das Buch enthätt
noch viele bemertensiwerthe Angaben
ben verwehrt.
Bon dem arbeitfamen hiftorifirenden Literaten Baſilius Berg,
ber ſchon manche vergeffene Urkunde zu Zage geförbert und mehr
als eine hoͤchſt nuͤtzliche Hiftorifche Wonographie ausgearbeitet Hat,‘
ift neuerdings ein ähnliches Merk erfhienen: „Shisneopisanije:
ete.“ (Lebensbefchreibungen der frübeften ruffifchen Udmirale
oder Verſuch einer Geſchichte der ruſſiſchen Zlotte, erſter Theil.
Petersburg 1831). Schon feit 20 Jahren ſammelte ber
Berf. mit Umſicht und Fleiß die Notizen, die er jegt georbnet
dem Yublicum übergibt. inter ben Eebensbefdhreibungen ficht
voran das Seedienſtleben des Admiral Peter Wichailows; fo
nannte ſich Peter I. in ben Dienftliften der Offiziere feiner
Flotte, in ber er, wie befannt, die verfchiedenen Stufen burdhe
ging. Dann folgt: Theodor Aprarin, Cornelius Eruye, Georg.
Lima, Balthafar Delazier, Graf Johann Bozis, Samuel Irds'
zel, Wigbrand Scheiting, Paddon, van Heff u.X. m. 44.
Redigirt unter Berantwortlichkeit ber Berlogähentlung: B. U. Brodbausd in Leipzig.
⸗
-
‚ Die ber Raum auszuzie⸗
-—L.— — —
Blätter
für
literarifhe Unterhaltun g
Dienſtag,
—T Nr. 8.
8. Januar 1833. -
Zur Charakteriſtik der neuern englifchen Romanpoefie,
mit befonderer Beziehung auf Cooper's „Bravo ”
und Bulmwer’s „Eugen Aram”.
GE rker Arrtikel.
Geſchluß aus Ar.7)
Wir enthalten uns dee Beantwortimg ber hier ges
hänften Fragen und geben unfer Glaubensbekenntniß durch
eine Behauptung, die nur dem erſten Anfcheine nach räth-
feihaft und parador klingen mag, indem wie fagen, daß
Goͤthe In einer einzelnen, einfachen Geſtalt feiner Ro⸗
mane, fogar in einer flatternden, flüchtigen, vom Bam:
pagnerfchaum des Lebens gefchöpften Philine, eine tie:
fere Kunde gibt von der innen Weſenheit des Menfchen
eis Cooper durch das brillantefle Gemälde des venetias
niſchen Staates, in welchem fid, das Menfchendafein
auf einer: beftimmten Stufe für Jahrhunderte hindurch
entfaltete, Bluͤten trieb und Früchte 309, wo ſcheinbar fo
glänzende Zwecke erſtrebt, fo gewaltige Triebfedern in Gang
gefegt und fo bedeutende Kräfte verfchwendet wurden. In
diefem Staatökoloffe habs ihr die groteste Maſſe einer
Pyramide — und in jener durchfichtigen, ſchwebend Teich:
. tea Geſtalt ein griechiſches Marmorbild, weit zerbrechlicher,
viel weniger getragen von der ——a hiſtoriſcher Dauer
i
und koͤrperlicher Wirklichkeit, aber die lichtere Enthuͤllung
eines Goͤttlichen im Staube, ein Symbol der im Schaum
der Luft fi badenden Menfchenſeele, ein Bild jener Goͤt⸗
ia, die in ewig lädjelnder Seligkeit bem müften Lebens:
element des flürmenden Meeres fi) wunderbar entwindet.
Nicht ohne Abſicht lege Tch eben eine fo einfache, bios
Rantich ſchoͤne Geſtalt, die ſogar von Seiten der beſchraͤnk⸗
cten Moral bezüchtigk werden duͤrfte, einem umfafſenden,
Kaum und Zeit fo rieſenhaft umſpannenden Geſammt⸗
Bilde voll hiſtoriſcher Bedeutſamkeit gegenuͤber in bie Wag⸗
ſchale, und gleichwol ergibt ſich ein Unterſchied wie Geiſt
und Koͤrpermafſe, wie Freiheit des Lichts und vegetatives
Leben der Materie. In Betreff der moralifchen Anfech⸗
tung erlaube ic, mir noch folgende Bemerkung, bie eine
viefgerühmmte Seite des neuern englifchen Romans berührt.
Man dat Walter Scott's fittlihe Reinheit fo body ges
ptieſen: ich möchte fagen, er wäre ohne diefe nicht zu ge:
nießen noch uͤberhaupt erträgtih, weil fein allerbings ge:
funder Siem nur die baare Natürlichkeit des menſchlichen
Dafeins umfaßt, und ein Thema, wie es die Wahlver⸗
wandtfchaften”, „William Lovell”, das „Dichterleben” bee
handeln, würde in Walter Scott's Manier unfäglic herab»
getwürdigt oder gar nicht denkbar erfcheinen, da fein bios
phyſiſcher Fernblick die geheimen Irrgaͤnge des Innern See⸗
ienlebens nicht erreichte, geſchweige durchſpaͤhte. Den nas
türlichen Menſchen bewältigt überhaupt ein Wangenerroͤ⸗
then oder ein Schwindel der. Anyft, wenn er in jenen
Gemälden. fo keck und jaͤh Scenen des. Lebens fich eroͤff⸗
nen fieht, deren Daſein er nicht ahnete und deren Anblid
fein bloͤdes Auge nicht zu ertragen vermag, well ex bie
hinter allen Erfcheinungen waltende geheime, geiflige Macht
und ihre verföhnende Harmonie nicht fieht, deren Arme
auch über die Riffe und Kelfenbänke des irdiſchen Lebens
leife hinäbergreifen. zu einer ſtillen, heiligen Verſoͤhnung.
Daß um Green’s Geſtalt im „Dichterleben“, ber, trot
der Empörung feiner urfprünglih guten Natur immer
wieder in bie Netze des buhleriſchen Leichtſinns vers
fälte, ein umverrüftlicher Meiz ſchwebt, den der Dich⸗
ter wie eine Kolie um ihn ziehe, verſteht der natu⸗
lich moralifche Menſch nichtz er muß bier ſchon haflım,
wo ein tieferes Gemdch noch liebt; er weiß nis, daß
das leiſe Etwas in ber Seele des Verworfenen, mas ihn
noch pofitiv hält und adelt, herautzufuͤhlen, eine Religion
iſt; obwol er unter andern V unbewußt ein
Aehnliches in fich verſpuͤrt, wenn er Mit klopfendem Ders:
zen dem verurtheilten Verbrecher nach dem Richtplatze folge
und ihm eine Thraͤne heiliger Wehmuth weint, weil ihn
bier, ohne daß er ſich's geftehen mag, die Ahnung ergreift, -
in dieſem Mitbruder fei noch ein Etwas, das ihn hal
und trägt.
Um nun aber im Allgemeinen unfere . volle Meinung
T über die ganze Gattung des neuen englifchen Romans,
der auch in Deutſchland mit aller Breite hiſtoriſcher Aeu⸗
ßertichkeit vielfacdye Nachahmungen hersorgerufen, mit fun
zen Worten unumtunden zufammenzufaflen und den Une
terfchted, der zwifchen einem Scott'ſchen ober Cooper ſchen
Roman und dem Erzengniß eines echt deutſchen Dichterges.
nis Mar genug obwaltet, herauszuheben, wi Ich ‘osraleie
chungoweiſe fprechen und auf dem Gebiete einer nicht ferne.
liegenden Wiffenfchaft an diefeibe zwiefache Richtung er⸗
innern, die fich im Selbe der Romanpoefie fo entichieben
herausgeftellt hat. Es gibt fogenamnte pragmatiſche Ges
ſchichtſchreiber, die das Thatſaͤchliche einer Vergangenheit
mit allen babei waltenden aͤußern Intereſſen, unmittelba⸗
een Urfachen, Beweggründen und Erfolgen in einem Ge:
maͤlde getreu wiederzugeben bemüht find, das bei mannich⸗
fachem Slanze der Darftellung ſchon immer ein erfreuliches
Beiſpiel phantafiereiher und bebeutfamer Auffaflung liefeen
mag. Es gibt aber auch andererfeits Hiſtoriker, die in
dem Faden der Gefchichte der Menfchheit die Emanation
eines göttlichen Geiftes fehen und hinter dem Puge menſch⸗
licher Herrlichkeit, wie fie ſich geſtaltenreich als Product
endhichee Beſtrebungen, äußerer Ziele und irdifcher Befrie⸗
digung in Raum und Zeit vollbringt, die Entfaltung und
Offenbarung des Urweſens nachweiſen, das in den Erſchei⸗
nungen der ſtufenweiſen Entwidelung des Geſchlechts, vom
dunkelumhuͤllten Ausgang aus einem verlorenen Paradieſe
am, dutch die gotterfüllte Wirklichkeit des menſchgeworde⸗
nen Sohnes hindurch bis zu dem ungefchauten, aber geah:
neten, wiederum paradieſiſchen Endziel alles Seins und
Werdens binfort, nun die Manifeflätion feiner eignen We⸗
ſenheit verroickliht, um Das zur endlihen Erſcheinung
- zu bringen. was vom Anfang an, als im feligen Schlafe
ſich ſelbſt genießend, der Friede des Als mit fich felber
war. Haben wie dieſe Doppeltichtung der hiſtoriſchen Wiſ⸗
ſenſchaftlichkeit als ein weſentlich Zwiefaches anerkannt,
ſo werden die entſprechenden Gattungen, in die der Ro⸗
man zu zerfallen droht, in-die Augen ſpringen. Entfaltet
alſo jeder Geoper'ſche Roman einen neum Reichthum ber
phyſtſchen Welt, fo ift jede Tieck'ſche Novelle eine neue
Offenbarung des Seelenlebens, davon abgefrhen, daß jie
die Bahnen durch die Fülle des aͤußern plaftiichen Lebens
nicht minder durchſchteiten kann und durchſchritten bat.
Ben einem Dilemma zwifhen biftorifhem und Familien⸗
roman kann aber fortan nicht mehr die Rede fein, denu
daß diefe beiden Elemente ineinandergreifen müffen, dar:
auf dringt der Geiſt unſerer Zeit, die ſolche Zerbrechung
bes vollen ganzen Lebens verwirft; und daß fie in einem
und :demfelben Kunftwerke ſich innig durchdringen Eon:
nen, dafür geben außer dem „Aufruhr in den Gevennen‘
auch Henrich Steffens’ geiftvolle Gemälde die” ficperfte
Gewoͤhrni
ß.
Halten wir dieſe beiden Richtungen bes Romans nad)
der Breite des Daſeins und nach der Tiefe des innern
Lebens — nicht dem Gedanken nad als nothwendige
Spaltungen — ſondern als Thatſachen der Erſcheinung
fe auseinander, fo duͤrfen mir uns ohne Gefahr, das
bentfche Bewußtfein über die ideelle Bedeutſamkeit ber
Kunſt zu verlieren, bem- Senuffe der Eörperlihen Fülle,
dr: uns der „Bravo in der reizenden Beleuchtung einer
romantiſchen Localitaͤt zufammenftellt, vollauf bingeben und
miit jener mäßigen, bie Gemaͤchlichkeit Des Schauens nicht
verdraͤngenden MReugierde dem bunten Maskenknäuel’ zuſe⸗
ben, den uns Cooper bier.vor Augen führt. Der Ban⸗
dis Jatopo, ein Menfch, der das Opfer der doppelzüngi:
ger Politik Venedigs wurde, iſt die geheimnißreiche Haupt⸗
geſtalt, fuͤr welche der Dichter bis zu Ende den Leſer zu
ſpannen verſteht. Jacopo's Vater mußte, auf faͤlſchlichen
Verdacht der Umgehung der Zoͤlle bezuͤchtigt, zum ewigen
Gefaͤnguiß unter die Bleidaͤcher wandern; und obwol ſpa⸗
N
tee feine Unſchuld nachgewieſen wurde, fo erheifcht dennoch
die Inquiſitionspolitik der Dreimänner, die Unfehlbarkeit
ihres Spruches aufrechtzuhalten, und nur auf das Fle⸗
ben de6 verzweifelnden Sohnes, der Mutter und Schwer
fter vor Gram flerben fah, estaubt man diefem von Zeit
zu Zeit unter dem Slegel der. Verſchwiegenheit den Alten
zu beſuchen, den der Aufenthalt Im Kerker bereit zum -
Gefpenfte, zum blödfinnigen Schatten feiner ſelbſt, ume
wandelte. Jacopo's Kindesliebe aber erſcheint dem Senat
als ein Zügel, an dem man den Unglüdlichen nach Ge⸗
fallen ‚leiten koͤnne, man erzieht in ihm ein Werkzeug zu
geheimen Plänen und verheißt ihm die baldige Befreiung
des Vaters, wenn er ſich entfchließen wolle, für. Jeden ein
Stilett bereit zu haben, der zum Delle des Staats bei
Seite gefchafft werden muͤſſe. Erheiſcht das Vaterland
den blinden Gehorſam bei der Führung des entblößten
Degens, fo muß aud der geheime Dolch fanctionnirt ere
feinen, wenn das Wohl des Ganzen die verborgene That
und die DVerfchwiegenheit der dunkeln Nacht erfodert. Se
wird Jacopo Meuchelmörder und Bandit, und während.
die Menfhen vor ihm als einen‘ Verpefteten, ber der
Hölle verfallen iſt, mit Entfegen fliehen, wandelt er unter
bem geheimen Schuge der Regierung frei umber, weil er
nur M ihrem Dienfte die blutige Waffe führe. Der Lohn
feiner Thaten, die Befreiung feines Waters, ward ihm je:
doch nur vorgefpiegelt, und während er nad und nach
das Gewebe des Betrugs, in dem er gefangen ift, übers
ſieht und beim Anblid der Reihe von Schandthaten, bie
er angeblich im Dienfte des Staats, in Wahrheit aber
ins Intereſſe ber leidenfchaftlihen Graufamkeit einzelner
geheimer Machthaber vollführt hat, mit banger Seele zu⸗
ruͤckſchaudert, fühlt er zugleich, daß .er fuͤr immer der
ſchrecklichſte Spielball in den Händen der Snquifition ges
worden ift, die ihn, fobald er fich ihrem Gehorſam ente.
jöge, der Stimme des Volkes, das die Gerechtigkeit an
suft, preisgeben wuͤrde.
Mit diefer Darflelung Jacopo's haben wir jedoch
den ganzen Romanfloff gewiffermaßen umgekehrt, indem,
der Dichter Dos, was jenen um Bravo mache, erſt gan.
zu Ende in dem Bekenntniffe, weiches der als Verbrecher.
Verurtheilte feinem Beichtvater im Kerker ablegt, den Les
ferg mitsheilt und ſo die Spannung bis auf die legte Lüs
fung des Geheimniſſes zu erhalten wei, Ein ‘Dichter,
dem die pſychologiſche Enthüllung des innern Menſchen
ein Hauptthema iſt, hätte den Kampf zwiſchen Kindesliebe
und Verbrechen und das ganze Werden des Bunditen
nicht als bloße Entfädelung und endliche Aufklarung des
Stoffes, Tondern als den sigentlihen Mittelpunkt des
Ganzen mit vollftändiger Vergegenwärtigung aller Motive
hingeſtellt. Daduch, daß diefe Motive nur kurz zum
Auffchluß referiig werden, erlangt die Figur des Banditen
und die Möglichkeit feines innern Zuſtandes nur eine his
ftorifhe, nicht ganz die pſychologiſch als nothmwendig er:
gründete Glaubwuͤrdigkeit. Aber die Geſtalten find in
Cooper'd Romanen felten Zweck, nur Mittel, Figuranten
und Zräger für das große hiſtoriſche Wandgemälde, dem
es den Farbenreiz des nächften und lebendigſten Wirklich
x
31
keit zu geben ſucht. Cooper ſtellt feine Figuren bin, wie ſ Ehrenmann ſchaͤtzte und liebte, ſucht vergebens ihn zu em
fie find: wie fie gehen, wie fie ſich Eleiden, wie fie ſchla⸗
fen, wie fie fchwmeden, wie jie riechen, huſten und ſich
rauspern, das tritt in plaſtiſcher Vollendung fchön zu:
fammen; wo aber dem Sein einer beftimmten Perfönlid;:
feit eine große inwendige, die Seele durchhoͤhlende und
durchbohrende Metamorphofe vorangegangen, und jenes
durch diefe bedingt ift, da fühlen wie die Schwäche diefer
Dichtungewelfe, die bei allem verführeriihen Glanz der
geſchilderten äußern Wirklichkeit dem deutfhen Bewußtſein
gegenüber nicht. ganz Stand hält. Gleichwol wird jeder
Leſer gern einräumen, daß bie. Wirkung, die Cooper mit
feinem Banditen erreicht, eine große iſt, indem er diefe
markirte Geſtalt in vielfach verſchlungenen Berhättnifien
bald als Carlo, buld als Roderigo, bald In feiner eigent⸗
lichen Larve als das verfluchte und vom Mantel ber ges
beimen Staatsgewalt noch immer beſchirmte Werkzeug der
furchtbaren Drei in allen Haͤndeln der Privatleute und
denn verfteckteten Treiben der Dunkel liebenden, ſcheuen
Waſſerſtadt faſt als einen Allgegenwärtigen und Allwiſſen⸗
den ericheinen und handeln läßt. Trotz dem furdhtbaren
Das, den er, weil er fich betrogen fieht, auf die heimtüs
dildge Regierung, die ihn zum. VBerbredyer machte, werfen
muß, leitet er fortan die Schlangenpfade ber venetiani-
(hen Politit nody immer und iſt das wichtigſte Rad im
Betriebe der geheimen Verbrechen, die die Regierung bes
seht, bis den Senatoren feine Zeit gelommen zu fein
ſcheint und die Stimme des Volkes, das nach Rache
ſchreit, ein Opfer verlangt. Außerdem beginnt das bis⸗
her willenloſe Werkzeug der Inquiſition ſelbſtaͤndig zu
handeln, indem es einem neapolitaniſchen Herzoge mit ſei⸗
mer Huͤlfe gelingt, dem Staate eine reiche Erbin zu ent⸗
ziehen, und fo wird der Bravo den wüthenden Zifchern,
die Uber den getvaltfamen Tod des unfchuldigen Antonio
den Doyen zur Rechenſchaft ziehen, al6 der Thaͤter ange:
deutet. Antonio, das gelungene Bild eines treubergigen,
feiner felbft unbewußten Republikaners, war ein alter,
ehrlicher, harmloſer und freifinniger Mann aus den La:
gunen, der keinen andern Gram kannte, als feinen Enkel,
den der Staat eines jugendlichen Vergehens wegen auf
die Galeeren fcidte, dort, wo er erſt zum Verbrecher reis
fen muß, in den Klauen des Verderbens zu wiſſen. Er
friet im der beicheidenen Kedheit, die ihm eigen iſt, vor
den Dogen und bittet als Lohn für feinen Kriegsdlenſt
und feine Wunden um die Loslaffung des Knaben; er
wird der Sieger in der. Megatta, verſchmaͤht den goldenen
Preis und dringt auf die Freiſprechung des Enkels; er
fie den Ring auf, den der Doge bei feiner feierlichen
Bermählung mit dem Meere in die Ziefe ſenkte und
Behe ſtatt aller Belohnung nochmals vergeblih um die
einzige Stüge feines Alters. Udeberall ſchnoͤde zuruͤckge⸗
wiefen trog feiner vielfachen Bemühungen, dem Staate
einen Dienft zu keiften, murrt er endlich, und feine
Stimme findet ein weited Eye unter den, Lagunenfifchern.
Gomit ſcheint der einfache Biedermann dem Senate ges
fäprlich; eine geheime Hand flöjt ihn ruͤckwaͤtts von ſei⸗
nem Machen in den: Abgrund, und der Bravo, der den
Kziehen mit brohen
“ genpalaftes. Der Inquiſitor, der an der Seite des Dos,
retten. "Die Fiſcher raunen fid) den. plöglicen Led Ans
tonio's als ein Bubenſtuͤck des Staats in die Ohren: und
Geberde in den Hofraum des Dos
gen vor ihnen erfcheint, lenkt mit der Miene des Zwei⸗
fels den Argwohn der gekraäͤnkten Menſchen auf den Bravo,
Ein prachtvolles Leichenbegängniß, das der Senat dem
Entfeelten halten laͤßt, verföhnt die Empoͤrer; fetoft der
nun freigelaffene Enkel folgt der Bahre zum XTodtenamte,
während der Freund des Geopferten, öffentlich als deſſen
Mörder angeklagt, dem Schaffote uͤberüefert wird, mache
dem feineg Beichtvaters und feiner Geliebten Bemuͤhun⸗
gen, dem Dogen die Raͤnke der inquifitorifchen Dreimacht
aufzuhrlien und den Unglüdlichen i
helm gludlihen zu reiten, vergeblich
So außerordentlih die Wirkung ift, bie Cooper zu
erreichen vermag, ſo wuͤrde er doch bei groͤßerer Concen⸗
trirung des Stoffs weit mehr zu leiſten im Stande ſein.
In manchen Scenen laͤßt ſich die kuͤnſtleriſche Gruppis
rung nicht verkennen, wogegen ſich wieder gedehnte Zwi⸗
ſchenpartien finden, die, ohne die Kataſtrophe zu foͤrdern,
gleichwol des geiltigen Fluidums entbehren, das ihnen eis
nen felbjtandigen Werth zu geben vermäöchte, und wodurch
Scenen aus der niedern Sphaͤre der Hefe des Volkes.
lediglich die Weihe der Kunft erhalten. Um nur auf Ei⸗
niges zu deuten, fo find das britte und das zehnte Capi⸗
tel im zweiten Buche, mehre einzelne Stellen ⸗
ſchweigen, wahre Muſterſtucke von Zerbehnung, die aus
den Zweck verrathen, dem allzu eiftig nad Entfheidung
jagenden Stofflefer eine gähmende, ihm vielleicht wohls
thuende Erholung aufzundthigen zur Abkühlung eines Ei⸗
fers, der fodann an Dauer geroinnt, was ihm an intens
fivee Stärke abgeht. Es ift dies die. weile Politik, in.
welcher weiland unfer Spieß Meifter war, wenn er mit.
einer lächelnden Verfchwiegenheit in Bil und Miene und
‚mit bedeutungsvoll erhobenem Finger die Geheimniffe der
alten Aegpptier behutſam luͤftet, oder den irrenden Mitter,
der den zwölf ſchlafenden Jungfrauen anſcheinend vaftios
entgegeneilt, aber ſich jeden Augenbli von der Landſtraße
in Nebenwege verliert, immer wieder mit dem geheimniß⸗
zeichen Silbergloͤckchen langſam naͤher und näher nach ſoel⸗
nem Ziele hinlockt. F. ©: Küpne
Die frei: und heimlichen Gerichte Weſtfalens Beitcag |
- zu deren Geſchichte nach Urkunden aus dem Archiv bey
feeien Stade Frankfurt. Von F. Ph. Ufener. Mit
89 Urkunden, 2 Tabellen und 36 Eirgelabbildungn:
Frankfurt a. M., Eauerländer. 1932. &r. 8. 2 The.
Auh nad ben fchägbaren unb ergiebigen 5
weiche über dieſen Gegenſtand —8 in —eS— 8
Kopp und von Wigand angeſtellt worden find, iſt derſelbe bach
noch nicht in dem Maße erledigt worden; daß fernere Untere
ſuchungen, zumal wenn ſich urkundliches Material darbietet,
nicht noch Berichtigungen ober Bereicherungen der bisher ger
wonnenen Ausbeute geben follten, und fo ift auch das Jorlier
gende Buch ein fehr willlommener Beitrag zu singe genauere
Kenntnif des fraglichen Gegenfiandet, Veranlaßt wurde dab⸗
felbe er das überhaupt fehr reichhaltige
furtee Stadtarchiv über ziveihundert, zum Theil weitiäufige
und nad ben Proce nden und nologiſch geordnete
Actenfascikel der frei⸗ umd heimlichen Gerichte Weſtfaluns ent⸗
Hält; allein ber Verf. beſchraͤnkte ſich nicht darauf, daraus bie
wichtigften Urkunden mitzutheilen, welche, als wirklich bei je
nen Gerichten verhanbelte Actenftüde, bie Wirkſamkeit derfeiben
veranfchanlichen und vom I. 1410 bis zum I. 1524 herabge⸗
ben, fonbern er hat denſelben auch nody das Reſultat eignet
Unterfuchungen, welche fi theils auf dieſe theild auf andere
im Auszuge mitgetheilte Urkunden flügen, vorangefchidt. Diefe |
Grörterungen beziehen fi) namentlih auf die Gompetenz ber
Gerichte, worüber, wie dargethan wird, bie verfchiebenen Frei
Kühle verſchiebenen Grundfägen folgten, und auf das gerichtliche
Verfahren. Daß daſſelbe nur ein accufatorifcyes, nie ein inqui⸗
fitorifche® war, wird zunächft aus einigen ber mitgetheilten Ur:
kunden gefolgert, fodann wird von ben Vorladungen und don
den Verglei n gehandelt. Die ſchwierige Unterfuchung
über das Beweisverfahren bei den Bemgerichten konnte aller:
dings auch ungeachtet des vorhandenen Reichthums an Urkunden
nicht aufs Reine gebracht werben, weil die vom Gericht audger
ftellten Urkunden faft immer nur die Gntideibung enthielten
und nur felten auch ben Beweis mittheiltens allein ber Verf.
bat doch aus feinen Quellen manche fehe wahrfcheinliche Folge⸗
zung in Beziehung auf biefen Gegenſtand gezogen. Bon ber
Form des Urtheild wird durch bie Mittheilung und Erläuterung
weier Urkunden eine anfdauliche Vorftellung gegeben, und bie
—2 — , daß die peinlichen Urtheile in allen Faͤllen den Verur⸗
theilten unbefannt geblieben ſeien, wird mit urkundlichen Bes
weiſen als irrig dargethan, und zugleich wird erwieſen, daß
jede wegen eines abidéiichen Verbrechens erkannte Todesftrafe
ober Acht dem Verurtheilten bekannt wurde; zugeſtanden wird
nur, daß dies im Fall eines unabloslichen Vergehens nicht uͤb⸗
lich geweſen ſein mag. Endlich finden auch noch die gegen die
Erkenntniſſe der Freiſtuͤhle vorhandenen Rechtsmittet genauere
Erwaͤgung. Eine ſehr dankenswerthe Bugabe iſt ein Ramens⸗
regiſter der Freiſtuͤhle mit Bemerkung der Stuhlherren, der
Freigrafen und der Jahre, in welchen ſie erſcheinen, und die Abbil⸗
dung der Amtsſiegel von ſechtunddreißig Freigrafen. 16.
4:
Notizen.
Das Tabackrauchen im Driente
. Ich babe in Indien einen Hookah gekoftet, in Perfien eis
nen Nargilly, in Aegypten einen Sheeſha, in ber Zürkei viren
Shibouque, in Deutſchland einen Meerſchaum, in Holland eine
‚Yip, in Spanien einen Gigarre und muß erfiären, bie Orien⸗
talen führten bie Kunft zu rauen zur hoͤchſten Wervoikons
mung. Bedachte ich die argwöhnifche Berachtung, womit bie
Ottomanen jebe Neuerung anfehen, fo habe ich manchmal wol
die Bermuthung feflgebalten, die Nationen bes Drients könnten
mit dem Taback bekannt geweien fein, ehe ihn Sir Walter Ra:
leigh nach bem Abendlande gebracht hat. Aber eine Gtelle In
dem berühmten alten Reifenden Sandys überzeugt vom Gegen:
eile, indem er über den ſchlechten Taback in der Levante klagt,
nur mit dem Auswarf der europäifchen Märkte verforgt
merde. Und jegt waͤchſt der außgefuchtefte Taback von ber Melt
an ben Küften Syriens!
Was mochten eigentlich die Morgenlänber, ehe das Rauchen
Wi ihnen Bitte ward, thbun? — Bom reich bekleideten Paſcha
mit feines Bernſteinſpige und jumelenverzierten Ghibougue,
He länger ale eines Uhlanen Pile, bis zu dem in blaue Lumpen
üllten Araber, der durch einen kurzen Stumpf von ausge |
Öpltem Dattelholz ſchmaucht, von Stambul bis Großkairo iR
gegenwärtig nur’ eine Quelle phufifhen Wohlbehagens. Stattet
man Irgendwo im Driente einen Beſuch ab, fo wird ebenfo re⸗
gelmäßig durch den Sklaven eine Pfeife wie in England u
den Bedienten ein Stuhl gebracht. Der Aufsug der Pfeife i
in großen Häufern merkwürdig genug. Praͤchtig ˖gekleidete
Sklaven gehen mit ben brennenden Ghibeuiquen im Munde, bie
fie bin: und wiehen beivegen, in Drbnurig voraus, worauf ans
dere. mit Schafen vol vielfarbiger Sorbete folgen, in deren
Mitte ein vornehinerer Diener den ftarten, heißen Kaffee in klei⸗
nen, von durchbrochenen Silber gearbeiteten Geftelien ftehenden
Porzellantaffen und zwar auf einem ungeheuern Präfentirtellee _
bringt, über den eine weißdamaftene, von Goldſtickerei fleife und
glänzende Serviette gebreitet if. _
Bei Öffentlichen Audienzen ift all Dieſes eine Sache ber
Korm. Die Ehre ber Pfeife beweift die und zu ‚heil werdende
Hochſchaͤzung. Man berührt fie mit den Rippen, gibt fie zurück,
nippt aus einer halogefüllten Scale Kaffee, fteht auf und ent⸗
ferne fih. Naͤchſten Tages aber fällt ein Schwarm von Haus⸗
bebienten über den Fremden her und verlangt feine Trinkgelder
von ihm. Bei Privatbefuhen wird auf den Eurus der Pfeife
mehr gefehen. Gin Wirth it auf die Zahl und Schönheit ſei⸗
nee Shibouguen, die Länge und Reinheit feiner wie eine ſyriſche
Zitrone fleckenloſen Berafteinfpigen, auf den feltenen Wohlgeruch
feiner Tabacke, auf die häufige Anerbietung feined Kaffees und
auf die Ziertichkeis, womit das Rofenwaller in das Fruchtſorbet
gemifht wird, ſtolz. Im Sommer vertaufcht man die Kirfche
daumholzchibouque vom Balkan mit dem leichtern Jasminrohre
von Damask oder Aleppo, das mit rehfarbener Beide überzogen
und mit filbernen Franzen befegs if.
Die von Strado um ihrer Weine willen gepriefenen Hügel .
von Eaobicäa bringen jegt unter dem Namen bes Latalia die
eriefenften Tabacke der Welt hervor. Ungluͤcklicherweiſe verträgt
dies Löftlicdhe Product aber nicht den Zransport und verliert ſchon
auf den Märkten Nlerandriens feinen Wohlgeruch. Bibel, das
Product einer benachbarten Huͤgelreide, gleicht ipm, wiewol e6
von flärferm Wohlgeruche ift und wol, ohne verloren zu haben,
Sngland erreihen mag. Der @ibel ift der Lieblingstabad Mohame.
med Ali's, Paſchas von Aegypten, der jidy vortrefflich auf das
Rauchen verfieht. Gein non einem glänzenden in Gold mb
Scharlach gekleideten nubiſchen Verſchnittenen getragener reich
verzierter filberner Sheeſha war ein Bild für Stephanoff. Der
EHibouquejee des Vicekoͤnigs brauchte immer fünf Minuten, um
die viceföniglihe Pfeife zu flopfen, benn der erfahrene Einge⸗
weihte weiß ſehr wol, wie ſeht der Genuß bes Raudens durch
die Art, ten Kopf zu flopfen, echöht werden kann. Ich meinere
ſeits gebe trog der hohen Autorität bed Paſchas dem Beirut,
einem Taback vom alten Berptus, den Borzug. Er funfelt beim
Brennen und läßt eine hellblaue Flamme ſehen. Ale biefe
Blätter haben eine fehr dunkie Farbe. In ber Türkei hat man
aber einen ſchoͤnen heilgelben Taback, der von Salonichi im alten
Thracien kommt. Dieſe verfiedenen Gorten find die andges
fuchteften, die es gibt, und der befte Kanafter ſchmeckt bagegen
fhaal wie Stroh. Der Sheeſha kommt dem Hookah ziemlich
glei. Aus beiden zieht man eine Compoſition durch Roſen⸗
wafler anftatt des echten Krautes ein. Beim Nargilly bedient
man ſich der Schlange mit gläfernem Rohre.
Jeder wiſſenſchaftliche Kenner des Tabacks räumt gewiß
nach langgeprüftes Erfahrung der tärfifhen Chibouque ben Vor⸗
zug ein. Man muß aber beren viele befigen, Feine gebrauchte
vor Ablauf zweier Tage wieder rauchen, den Kopf nad jeder
Pfeife wechſeln, die Chibouque tagtäglih reinigen und ga
mit DOrangenblätenwaffee abwafchen kaffen. Dies Alles verlang
große Aufmerkfamkeit, und die muͤhſame, Eoftfpielige Bedienung
in Guropa würde nur einem Maune von großem Bermögen zus
laſſen, zu feiner Befriedigung auf orientalifche Weiſe zu rauchen
(‚New monthiy magazine”, @eptember 1832.)
An der beitten Nummer des in’ engliſcher Sprache in Eon
bon von einem Polenserein ebirten Journals ,‚‚Polonia’” ſteht
ein Artikel über bie Behandlung der Polen von der preußifchen
Regierung und von preußiſchen Dffizieren. .15$,
Rebigiet unter Berantwortlichkeit der Berlagähanblung: B. U. Broadband in Seipsig
Blättern
für
ee ————
.4
Mittwoch,
9. Januar 1833,
Die Unterwelt.
Ein Unbekannter trat bereits im Yahre 1828 mit | |
einer Beinen Schrift hervor, in welcher er bie Bewohn⸗
barkelt und Bewohntheit des Innern unferer Exde zu
erweiſen ſuchte, und ſeit dieſer Zeit gab er zu jener Schrift
noch zwei Nachtraͤge, ſodaß über. dieſen Gegenſtand fol⸗
‚gende drei Broſchuͤren vorhanden find:
4. Die Unterwelt, oder Gründe für ein bewohnbares und
bewohntes JInneres ‚unferer Erde. Leipzig, Wienbrack,
1828. Sr. 8. 21 Gr. |
2. Pluto, oder Vertheidigung des Buches: „Die Unter
weit. ıc.” Leipzig, Wienbrack. 1829. Gr. 8. 8 Gr
3. Die Unterwelt x. Zweiter The. Auch unter dem
Zitel: Anfichten der Voͤlker über die Bewohner bes
Jun unferer Erde, Leipzig, Wienbrack 1832. Gr. 8,
‚weiche wenigſtens die Theilnahme der Leſewelt an dieſem
Gegenſtande beurkunden
Auch kann wol von vorn herein kein folcher Gegen⸗
grund wiflenfchaftlih geltend gemacht werben, baß man
‚berechtigt wäre, ohne Weiteres die Sache ale Unfinn und
Unmöglichkeit zu verwerfen. Raum möchten wir die Erb:
cube irgendwo bis zur Tiefe einer deutſchen Meile durch:
drungen und erforfcht haben, und auch ſelbſt dieſes als
erforſcht angenommen, würde immer noch eine unerforfchte
Hoͤhlung von 1718 Meilen Durchmeſſer - bleiben. Aber
wie weit find wir davon entfernt fagen zu koͤnnen, daß
wir die Erdrinde auch nur eine Stunde tief wirklich tens
nen. Das Eindringen einzelner Schachte in bedeutende
Tiefen kann nicht als eine ſolche Erkenntniß gelten. Hohl
dachte man fi die Erde ſchon ziemlich früh, und- ihr
‚Zunere6 bald mit (feuer, bald mit Waſſer, bald mit gus
ten, bald mit böfen Geiſtern erfüllt; auch wiſſenſchaftlich
bat Steinhaͤuſer in neuerer Zeit die Erfcheinungen ber
Magnetnadel dadurch zu erklären geſucht, daß er einen
im Simmern der Erde ſich bernegenben Planeten annimmt,
welcher durch feine zwei Pole die Veränderungen der magne:
tiſchen Linien auf der Erde begrändet:
fer Hohlkugel fein koͤnne, iſt nicht unmeglich, vielmehr
wahrfcheinlich, da überall, wo das Licht der Sonne nicht
hindringt, die Natur durch andere Anſtalten für Beleuch⸗
sung geforgt hat, vole durch Nordlicht und Südliche, durch
Daß Licht in dies.
Phosphorefcenz in leuchtenden Pflanzen und Thieren u,
w., ja man könnte wol glauben, daß in jenen Punkte,
nach welchem bin Alles granitiet, bes alſo felbft Beim
Schwere mehr haben Tann, fi der natürliche Gegenfal
der Schwere, das Richt, felbfländig entwideln müfle. Daß
endlih organifhes Leben auch im Innern der Erbe
fein und beftehen könne, kann nicht geleugnet werben, -
denn überall, wo nur irgend Bedingungen für eine
des organifchen Lebens auf der Erde vorhanden find, fehlt
andy) dieſes ſelbſt nicht; Lebende Individuen bewohnen ſelbſt
das Innere anderer Pflanzen und Thiere, und keine Dies
gion dee Erde, weder Höhe noch Tiefe, weder Wuͤſte noch
Meer ermangelt ihrer Bewohner. So iſt «6 bean wel
an fih nicht unwahrfcheinlich, daß das innere der Exbe
hohl, erleuchtet, bewohnbar und bewohnt fein inne,
Der Berf. obiger drei Schriften Hat fich nicht ges
nonnt; aus den Schriften .felbft gebt hervor, daB «6
ihm an allgemeiner Blidung nicht gebreche, daß er aber
gewiß weder Mathematiker, noch Aſtronom, noch Phyſiker,
noch Chemiker, noch Naturhiftoriker, noch Philolog, noch
Geſchichts⸗ und Sagenforſcher ſei; das gaͤnzliche Still⸗
ſchweigen über alle in der Bibel erzaͤhlten Naturereigniſſe,
von denen mehre ſehr wahl hieher gehörten, einige Spies
ten von Kennmiß der hebräifchen Sprache, das Eitiren
der „Kirchenzeitung“ und der an vielen Stellen in breiter
Flut hervorbrechende Kanzelton laſſen auf einen proteſtan⸗
tifhen Geiſtlichen fchließen, deffen Wohnplatz kein Haupt⸗
fig deutfcher Literatur fein Pann. . Dabei find wenigſtens,
bei völiger Unkenntniß der Perfon des Verf., alle unfewe
Vermuthungen ftehen geblieben. .
Die Schrift Nr. 1 ift offenbar bie beſte und am
meiſten leſenswerthe, obgleich fie nur allzu ſehr an ben
Ballenſtaͤdt'ſchen Kram erinnert. Ne. 2 enthält mehre
Recenfionen des Buches, zum hell geiſtreich und get
gefchrieben; in der Beantwortung berfelben bat. ſich aber
unfer Verf. beigehen laflen, auch witzig und humoriſtiſch
fein zu wollen, tft aber damit fo verungfüdt, daß ein '
hoͤchſt widerliches, fades Geſpaße ohne alles Salz daraus
geworden if. Me. 3 ift für die Sache fehr entbehrlich
amd wahrfcheinlih nur durch den guten Abfag der erflen
beiden Nummern veranlaßt worden, und enthält bekannte
Kobold:, Eifenz, Een: und Gnomengefhichten, ſelbſt
Ri fehle nicht, dann. einen Auszug aus Dante's
| 34
„Inferno“ und „Purgatorio”, Nachrichten über den Has
des der Griechen und den Tartarus der Roͤmer, Ge:
ſchichtchen vorm chriftlichen Zeufel, der immer betrogen
wird, einen Auszug aus dem fatirifhen Roman „Niels
Kim“ des Dänen Holberg u. dgl. m. Uebrigens kann
man dem Berf. Beleſenheit und unelgennügigen Eifer
für feine Sache nicht abfpredhen, obgleich er in ber
Auswahl ber Quellen nichts vwoeniger als bedenklich iſt.
Er ſtellt fih die Erbe als eine Hohlkugel vor, welche
aus einer 54 bi6 Br Meile dien, höhlenreichen Schale
befieht, und theild durch diefe Höhlen, theild durch Def:
nungen an den Polen mit ber von uns bewohnten Ober:
weit in Verbindung fteht. Daß die inwendig hohle Erb:
Eugel an den Polen Deffnungen habe, ift aud) anderwei⸗
tig ſchon geglaubt worden. Ein nordamerikaniſcher Schiffs⸗
capitain, Ino Clerves Symnes, erklärte in ber Zeitung
von Louisville im Staate Miſſuri: die Erde enthalte in
ihrem Innern concentriſche Sphaͤren, ſei an den Polen
12 — 16 Grabe offen, und er wolle, wenn man ibn
durch Geld und zehn brave Gefährten unterflüge, von
Sihirien aus an den Pol vordringen und dort die ge:
nannte Höhlung unterfuchen. Schon über ben 82. Grab
hinaus boffe er ein warmes reiches Land mit uͤppigem
Dflanzenwuhle und fettem Vieh zu finden und im fol
genden Frühling fhon wieder zuruͤckzuſein.
Unfer Verf. hofft nun mehr von einer genaum Un⸗
terfuchung der Höhlen, welche man body bisher nur fehr
oberflächlich unterfucht habe. Er unterfcheidet bei ihnen
bie uns bis jegt nur allein befannten Borderhöhlen, in
welchen es an allem Lichte mangele und welche nur zum
Theil miteinander zufammenhängn. Werde man in eis
nigen biefer zufammenhängenden Höhlen weiter vors und
abwärts dringen, fo gelange man in die Mittelhoͤhlen,
in welchen nicht alles Licht fehlen, fondern eine ſchwache
Daͤmmerung ſich zeigen ſoll; von dieſen iſt uns bis jetzt
noch nie etwas bekannt geworden, weil wir die Vorderhoͤh⸗
len nicht ſorgfaͤltig genug untzrſucht und tief genug be⸗
fahren haben. Aus diefen Mittelyöhlen gelange man end:
lich: in die lichten Innenhoͤhlen, welche nämlich zu:
naͤchſt in die große Hohlkugel der Erde münden und dort
ebenfo zu Tage ausgehen wie bei uns bie Vorderhoͤhlen.
Die große Hohlkugel der Erde ſei nun auf aͤhnliche
Weiſe, wie ihre von uns bewohnte convere Flaͤche mit
Berg und Thal, mit Wafler und Erde verfehenz ein fort:
währender Tag, unfern. Mondnaͤchten gleich, erleuchte fie,
indem theils durch Innenſterne, theils durch leuchtende
Mhotofphären ſich Licht genug dazu erzeuge. Häufige Ge:
witter follen fich dort finden und bisweilen Erdbeben auf
unferer Obererde bervorbringen, zum Theil fih in tiefe
trichterförmige Thaͤler herabſenken, welche ſich in unfere
Vulkane öffnen. _
&o ſei denn auch nicht zu zweifeln, daß biefe Innen⸗
erbe organifch belebt fei, um fo mehr, als wir ja ſchon
jest Pflanzen und Thiere genug kennen, welche nur in
der Dunkelheit gedeihen und zu. leben vermögen, wie bie.
leuchtenden Rhizomorphen, Byſſusarten und ähnliche Ge⸗
waͤchſe der Bergwerke, welche felbft wieder einigen Der:
fe
«
meſtesarten zur Nahrung umb zum Mohnplage dienen;
die Mautwürfe, der Chlamyphorus, die Höhlenraubthiere
und viele andere, wohin man allerdings auch die fämmte
lichen Entozoen rechnen koͤnnte. Manche Thiere fcheinen
ohnedie6 der Unterwelt mehr anzugehören als deu Erd⸗
oberfläche, fo ber Eleine Fiſch, weichen manche amerikani⸗
he Vulkane in großer Zahl auswerfen (Pimelodes cy-
clopum); ber räthfelhafte Proteus angainus, welchen der
wieder anmachfende Gzirknigerfee jährlih aus der Tiefe
ber Erde mitbringt; dee Hoͤhlenvogel Guachato beim Klos
fter Caripo in Colombia u. dgl. Auch find vielleicht nicht
alle von uns außgeftorben geglaubte Thiere der Vorwelt j
wirklich nur ale DVerfleinerung noch vorhanden; fie tsben
vielleicht noch in ben tiefen Höhlen der Erbe oder gehe
ren der Unterwelt felbft an, wie benn die Bewohner von
Sibirien ganz feſt glauben, da8 Mammuth lebe nod)
heute wie ein großer Maulwurf im Innern ihres Erd⸗
boden®.
aller Völker angefüllt find. Meiſtens werden fie als Hoͤh⸗
lenbewohner geſchildert und als plöglich erfcheinende, früher
nicht gefehene Ungeheuer, welche eine Zeit fang die Ges
gend verheeren und endlich einem muthigen Bekaͤmpfer
zur Beute werben. Daß fie aus der Erde gekommen find,
ift deshalb wahrſcheinlich, weil, wenn fie an ber Stelle,
wo ‚fie ſich zeigen, aufgewacfen wären, man fie wol
früher getödtet haben würde, ehe fie biß zu einer ſchwer⸗
bezroingbaren Größe herangewachfen wären.
Hier ſei es und erlaubt, unfern Bericht unterbrechend,
eine Nachricht einzufchalten, deren VBeftätigung und gee
nauere Beſtimmung für die Naturkunde von hoher Wich⸗
tigkeit wäre, In der Stadt Eßlingen am Nedar, uns
weit Stuttgart, foll in einem tiefen Felfenkeller zwei Mal
der Hall ſich ereignet haben, daß Lehrlinge, weiche darin
etwas zu thun hatten, nicht wieber- heraufgelommen find
und auch feine Spur von ihnen zu entdeden gemwefen ift.
Zufällig habe man einige Zeit darauf ein krekodilarti⸗
ges großes Thier in diefem Keller aus einem Felſenloche
bervorfommen ſehen, daſſelbe getödtet und als Merkwuͤr⸗
bigfelt in der genannten Stadt aufbewahrt. Die Sache
iſt erſt in neuerer Zeit, angeblih vor 10 oder 20
Jahren gefchehen, muß fi alfo fehr leicht unterfuchen
laffen. Ref. wagt die Bitte darum um fo mehr, als Eß⸗
lingen fhon in früherer Zeit burch feine merkwürdigen
Keller berühmt war und gerade auf demjenigen Theile
von Wuͤrtemberg liegt, der fehr reiche Ausbeute an wich
tigen SPetrefacten, insbefondere aus der Amphibienwelt,
geliefert hat. .
Aber auh mit Menſchen bevölkert unfer Verf. feine
Unterwelt, ftellt fich Diefelben aber etwas zwerghaft und
gnomenartig vor. a, er glaubt felbft, dag Individuen
aus jener Unterwelt bereits ſchon manchmal zu und ge:
langt find. "Nicht mie Unrecht erinnert er an die bie
weilen vorgelommenen fogenannten vermilderten Menſchen
und Hält es gar nicht für fo ausgemacht, ald man ge:
wöhnlid zu glauben pflegt, daß fie von Thieren gepflegt
und erzogen worden feien. Komme nämlih ein Kind
Auch erinnert der Verf. an bie vielen Drachen, "
Lindwürmer, Schlangen u. dgl., mit welchen die zogen
na WE WB 8m
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—
werde es entweder fich" wieder zu bewohnten Menſchen zu
finden wiſſen, * doch wenigſtens Erinnerung an- feine
fruͤhern Verhälmifferund eine Spur von Sprache bewah⸗
ven, was bei den bisher gefundenen nicht der Fall war;
komme ein Kind aber vor bem fünften Sabre In bie
Wildniß, fo werde es, wenn auch nicht von wilben Thie⸗
- gem gefreflen, aber doch von Hunger, Kälte, Schmuz und
Krankheit bald aufgerieben werden. Er. behauptet daher,
daß dieſe verwilderten Individuen Bewohnet der Unter:
welt waren und durch irgend einen Zufall zu uns herauf:
gelangt feien, wie auch, dab der Mattenfänger von Hameln
bie Kinder biefee Stadt in die Erde.geführt babe. Ends
ich leitet er auch die Zigeuner, bie Eskimos und die
Peſcheraͤhs des Feuerlandes aus der Unterwelt ber.
Aus alledem glaubt er die Uebergeugung fchöpfen zu
bürfen, daß es auch uns möglich fei, in das Innere ber
Erde - und zu unfern bortigen Mitbrübern zu gelangen,
Es gäbe dazu zwei Wege, einen duch die Pole, zu
weichem aber freilich diefe ſelbſt erft erreicht fein müßten,
und einen zweiten durch die Höhlen; dieſen legten gibt
er als den leichter zu erreichenden an und erbietet fich,
diefe Fahrt ſelbſt mitzumachen, wenn man ihn mit Geld
und Gefährten unterffügen wolle. Er will dazu fünf vers
fhiedene Höhlen vorfchlagen, die am meiften Bertrauen
in dieſer Hinſicht verdienen; fie find hier noch nicht bes
zeichnet, und es wird von ihnen bios angegeben, baß fie
nicht am Darze liegen follen. Man fol bei diefer Hoͤh⸗
lenfahrt fich befonders an bie unterirdifchen Fluͤſſe halten,
fol Stridieitern, Compaß, Senkblei, Leuchtlugeln, Rake⸗
sen, Kanonen, Chinaertract, Hunde u. f. w. mitnehmen
und in Begleitung von Zeichnern, Naturforſchern, Herz:
ten, Bergleuten u. dgl. die gefährliche, aber hoffnungs⸗
reiche Reife antreten.
Wir fcheiden von dem uns unbekannten Verf. mit
der Achtung, welche Jeder verdient, ber fih für eine
große Sache (und bie iſt die genannte doch mol ohne
Zweifel) lebhaft und unzigennügig bentüht, möge er aud)
ins Einzelnen geirrt haben. Wir wünfchen eine genaue
Unterfuhung der Höhlen ducdy vereinte Kräfte von gans
zem Herzen, denn wiſſenſchaftliche Schäge find daſelbſt
genug zu heben; wir werden aber ſchwerlich dazu gelan⸗
gen, ſobald wir in den Hoͤhlen nichts weiter thun als
fie wie bisher mit Fackeldampf ſchwaͤrzen und Steine
fa ihre Abgründe rollen. 146,
Wer iſt Verfaffer des von Katholiken hochgeſchaͤtzten und ges
woͤhnlich Thomas a Kempis zugefchriebenen Erbauungs⸗
budyes: „De imitatione Christi’? -
Seltener forfht man nad) dem quis als nach dem quid
einer Schrift. Ihr Titel muß Aufmerkſamkeit erregen, ihr Ins
halt ein lang gefühltes Beduͤrfniß ftillen oder lange ſchwebende
gelehrte Streitigkeiten fchlichten, ihr innerer Werth ünvergängs
lich fein, und feinem Zwede ganz entfprechen: kann, hätte ſich
der Berf. aus Beſcheidenheit nit genannt, bann vermuthet
man ihn, forfcht nad) ipm und freut fich, wenn man ihn zwei⸗
fellos nennen kann, um ihm Öffentlich zu danken. Die vielen
. 38
nach dem fünften oder ſecheten Jahre in bie Wildniß, fo
älteen unb neuern Ausgaben umb Ueberfegungen des oben ge:
nonnten Buches fcheinen die Gediegenheit feines innern Ges
halts zu verbürgen. Mehr aber ald Scheingrund Tönnen fie
nicht gelten, wenigften® in unfern Zagen nicht, wo im großen
Bücermeere mander Paffagier leicht untergeht, verfchwindet
oder auf einem Riffe figen bleibt, ganz unerwartet unter neuem
Namen zum Vorfchein kommt und unter neuer Firma fein in
"Mintel geborgenes Kindlein als ein eben erſt zum zweiten Mal
geborened in die Welt einführt. Die Täufchung ift hier leiche
ter zu entdeden, ald wenn Verfaſſer von Schriften auf einer
böpern Stelle in der bürgerlichen ober kirchlichen Verfaſſung
ihren Anvertrauten ihre ſchriftſtelleriſche Probuctionstraft wide -
men in dem anmaßlihen Glauben, daß fie am beiten für ihre
Bildung und Vervolllommnung forgen können. Dan denke nur
an Lehrbücher für Volkeſchulen. Wie felten entfprechen fie ih⸗
sem Zwecke: Und doch vergreift fi eine Auflage nach ber ans
bern, wenn ihr Verf. feine Untergebenen dafür einzunehmen und'
mit dem Debut bderfelben gebörig zu beauftragen verfteht. (Erf
fürziih gründete ein Rec. in einer vielgelefenen theologifchen
Zeitſchrift die Güte eines einen Religiondlehrbuches sum Iheil
anf feine fo früh erfchienene dritte Auflage, was er ſicher nicht
—* hätte, wenn er gewußt, wie bie kaum aus ber Dreffe
ervorgezogenen Eremplare in die Hände der armen Schulkin⸗
ber gepreßt würden. Dies im Vorübergeben! Bei dem Buͤch⸗
lein „De imitatione Christi” iſt es ein Anderes.
Den Werth biefes Buͤchleins hier zu beurtheilen liegt uns
nicht ob, wohl aber zu berichten: wen man nad) langem dor⸗
[hen al® feinen Verfaſſer gefunden habe. Vermuthung über
Bermutgung, mit und ohne Gründe, Behauptungen ohne bins
reichende Beweiſe Haben ihn noch nicht erforfcht und erwiefen.
Wen die vorliegende: „Denkſchrift Über den wahren Verfaſſer
des Buches von der Nachfolge Chrifti, von Herrn G. von
Gregory. Revidirt und herausgegeben burdy ben Herrn Gra«
fen Eanjuinais (Paris 1827), Ins Deutiche überfegt und
mit den nothwendigen Grläuterungen und Zufägen verfehen von
305. Baptift Weigel“ (Sulzbach, Geibel, 1832, gr. 8.,
20 Gr.) ald Verfaffer nennt, können wir gegen bie Ordnung
ber hier barüber geführten Unterfuchung nicht fogleich angeben.
Mehr ale 200 Seiten nimmt bie Unterfuchung ein. Ueber ben
Borzug, Homer ihren Landsmann zu nennen, flritten fieben In⸗
feln und nach ihnen bie Philologen noch heute. Schwerlich has
man heftiger unb parteiifcher darüber gefämpft ale über ben
Verf. des genannten Buches. Theologiſche Facultaͤten, ganze
Möndsorben, große Gelehrte, ja ſelbſt Staatsbehoͤrben mif
ten fich in diefen Streit oder wurden als Schiedsrichter hinein«
ezogen.
2 Die ganze Schrift fpaltet ſich in zwei Theile, deren erſter
(die Meberfegung bed Gregory'ſchen Werkes) den wahren Berfafs
fer gefunden und mit allen Beweifen der Echtheit erwiefen zu
haben ſich anmaßt, und bee andere Grläuterungen und Zufäge
enthält, die von bem Herausgeber und H. Edmund Wal
berer, nach Vorrede &. ıx, herrühren, welche bie wegen bei
bisher unbefannten Verf. geführten Streitigkeiten ausführ:
lich erzählen und das vorangehende Schriftchen ergänzen. Wer
ift bean nun ber wahre WVerfaffer? Drei Männern gab das
Buch einen berühmten Ramen: dem Kanzler der Univerſitaͤt zu
Paris, Johann Gerſon (oder Idhann Charlier und Janſon),
arboren au Rheims 1863, geftorben zu yon 1429; Thomas
be Kempis (Thomas Hämerlen oder Malleolus), geboren 1386
-zu Kempen, daher de Kempis genannt, einem Städtchen in
Dder:Yffel, zulegt Superior tes Capitels zu Zwoll, wo er 1471
geftorben. Weiden kann das Buch aus Äufern unb innern
Gründen nicht zuerkannt werben, fondern Johann Gerſen, Abt
zu ©t.:Stephan ber Gitabelle zu Vercelli gegen das Jahr 1240,
Urfprüngli wollte biefer nicht ein Erbauungsbud für Kathor
liken, fondern einen Leitfaden beim Vortrage der Moral für’
Benebictiner geben. Die Uebereinftimmung bes Inhalts mit
ber Ortensregel ber Benebictiner beftätigt es, und die lateinifche
Sprache, in welcher es gefchrieben, verräth einen in Italien
lebenden Deutfchen. Daß er dem Buche feinen Ramen nicht
vorfegte, findet hinreichenden Grund theild in ber Demuth, beö
Ordens, theild in dem Inhalte bes Buches felbft, der nicht
Cigengebadhtes, fondern aus andern Schriften Entlehntes zit:
theilt. Einige Handfchriften des 15. Jahrhunderts nennen Ihn,
oder vielmehr: dankdare Schüler fügen ihren Heften feinen Nas
men bei. Er felbft fchreibt I, 5: „Frage nicht, wer biefes ges
fagt babe, fondern darauf merke, was gefagt werbe”. Dieſer
Sohannes Gerſen, geboren gu Sabanaco, jegt Cavaglia im vers
teller Gebiete, kommt ohne Kamiliennamen unter Johannes be
Gabanaco nad) damaliger Mönchsfitte in den Hanbfcriften vor,
aber der Name feiner Bamilie ift noch in den Zaufregiftern des
16. Jahrhunderts zu finden. Weide Herausgeber biefer Denk⸗
ſchrift wollen ihn aber nicht für einen geborenen Italiener, fons
dern für einen Deutfchen halten. Aus unverwerflichen Gruͤnden
giebt dee Verf. den Schluß, daß Werfen feinen Möndystractat
zwifchen 1220 und 1240 gefchrieben habe. Viele Handfchriften
beftätigen biefen Johannes Gerfen ale Verfaffer, und wie bie
Sprache bes Buches, fo auch die philofophifchen Anſichten defs
ſelben fegen es ins 18. Jahrhundert. Wie in ben Altern, fo
in neueren Zeiten iſt diefes Buch, gleich der Bibel, durch unzaͤh⸗
fige Ausgaben und Weberfegungen vervielfältigt worden. Mau
findet es in catafonifher, caftilifcher, portugiefifher, flas
mänbifcher, altdeutfcher,. böhmifcher, polniſcher, griechifcher, eng:
tifcher, ungariſcher, illyriſcher, japanefifher, arabiſcher, türkis
ſcher, armenifcher, chinefifcher und noch andern Sprachen; alle
diefe Uecberfegungen im Collegio romano beifammen.
Dem Herrn Grafen genügte es nicht, biefe Schrift Jo⸗
bannes Gerſen vindicirt zu haben, nein, er überführt auch feine
keſer von ber Unmöglichkeit der Annahme, daß bie oben genanns
ten Johann Gerfon und Thomas de Kempis Berfaffer fein koͤn⸗
nen. Sn bee Schrift wirb noch von der Abminiftration bes
Abendmahles unter beiben Geſtalten geſprochen. Dieſe hob das
Concilium zu Koftnig 1415 auf. Jene Senannten lebten aber
hadı bemfelben. Viele andere Gründe aus der damaligen Moͤnchs⸗
oxdensgefchichte, viele Unterfchriften unter den Handſchriften,
viele unterſuchungen ber Gelehrten, bie hier genauer berührt
werden, erweifen ben Johannes Gerfen als Berfaſſer. Leicht
war bie Vertaufchung de e mit 0, und man nannte an ber
Stelle des unbekannten Gerſen den berühmten Kanzler der pas
rifer Univerfität Berfon, und Ref. fest hinzu: Der Ehrgeiz dies
ſes Mannes war’ groß genug, ſich diefe Schmeichelei gefätlen zu
laffen und nicht gu widerſprechen. Leicht konnten linwiffende
Shomas be Kempis, der viele Abfchriften des Buches beforgte
und ihnen feinen Namen beifchrieb, für ben Verfaſſer halten
and ihn als ſolchen nennen. “
Am Schluſſe ber literarhiſtoriſchen Unterfuhung wirb
Here Geuce, welcher in ber neueften Ausgabe tes Buches (Pas
sis 1826) ſich für den Kanzler Gerſon erkiärt, obgefertigt.
Die ben größten Theil biefer Schrift füllenden Erlaͤute⸗
rungen und Zufäge des Ueberfegers und Walberer's gehen bie
Geſchichte bes über ben Werf. des alten Buches geführten Lite:
rariſchen Kampfes anz fie fügen Eritifche Bemerkungen bei und
theilen bie Reſultate der neueften Unterfuchungen mit, find alfo
theild berichtigenb, theils ergänzend. Auffallend ift, wie biefer
Streit zwiſchen den Gerſoniſten, d. h. bie den parifer Kanzler
als Verfaffer annehmen, und Kempiften, d. b. die Thomas de
Kempis ale ſolchen vertheidigen, vor einen weltlichen Gericht#
hof zu Paris zur Gntfcheidung gebracht werben fonute, biefer
fich auch damit befaßte, und, weil ex bie Sache nicht entfcheiden
onnte, mit ben Parteien nur fpieltes wie der Erzbiſchof von
Paris ſich in einer Sache als Schiedsrichter angefehen wiſſen
wollte, bie Gelehrſamkeit, alte codices u. f.w. entfcheiden konnten.
Hervorgeboben muß hier noch werben, daß der Derausges
ber Johannes Gerſen zu einem geborenen Deutichen ftempelt.
Auf bie im Buche vorfommenden Germaniämen, beren einige
recht broflig find: In moriendo totum iacet (Im Sterben liegt
das Ganze); Disce te pati (Lerne dich gedulden); Tepescimns
tam mane (Wir werben fo früh lau); Nog est remediumn, nisi
-
B6 te tatieris (4 iſt Epin anbexes Diittel, als baf du dich om
dulden), dürfte er ſich wol nicht als Enticelpungsgtund berus
fen. Wie viele entdediten nicht lateiniſche — in
ben Schriften der Reuern, bie Acht immer deutſcher Ablunſt
— ee — a en — Du Rare
erſen iſt deutſchen Urſprun entet gern, begierig, gi
rig; er endet, wie —— auf en. Dentfäpe und tan
liener ftanden in dem Zeitraume von 1216 —40' in politle
[hen Berkehr. Die Hochſchule zu Vercelli biühte. Wie vrele
andere Familien aus Baiern, fiebeise ſich auch die FJamille ers
fen im derceller Gebiete an,. fit find noch einige Gar
pitel aus dem Buche abg .
Für die asketiſche Literaturgeſchichte ber katholiſchen Kirche
bat diefe Schrift großes Intereffe. Verfaſſer, Herausgeber und
Ueberfeger verdbimen Banl. Erwarten fie aber von ihren Bee
muͤhungen, daß das. Bud, „Me imitatione Christi“ felbft bei
Katholiten in höhere Achtung kommen ober in ber bisherigen
ſich erhalten fol, fo werben fie getaͤuſcht. Truͤgen nicht alle
Zeichen ber Zeit, fo erbaut ben Katholiten nicht mehr Möndyer
moral, fein Geiſt fobert reinere, Fräftigere Nahrung. Dan
mäßte font an den Fortſchritten bee Menſchheit zur fittlichen
Bervollkommnung zweifeln. 19,
Notiz.
Der bei dem Wolle in Irland vielleicht noch Häufiger und
büfterer als bei einem andern in Cutopa anzufreifende Aber
glaube gibt ſich auch bei Gelegenheit der bort wuͤthenden Chor
lera mannichfach Fund. &o halten die Leute den fogenannten
Kippeen, ein auf ber einen Geite angebranntes und in einem
Keffel mit Weihwaſſer geloͤſchtes hoͤlzernes Stäbchen, für ein
Gpecificum gegen die Seuche, das von Haus zu Haus weiter,
und von einem Sehen, es mag Katholif, Protellant odex Sek⸗
tirer fein, auf ber ‚Stelle, fobalb er es bei Tage oder bei Nacht
empfängt, feinem Nachbar als das einzige Mittel, die Peſt abs
zuwenden, gefendet wird. Diefer "Aberglaube iſt in ber Maße
allgemein verbreitet, daß unlängft in wenigen Stunden bei dem
Zollhauſe auf der Brüde, bie bie Grafſchaften Kilkenny und
erford trennt, 20. Pfund Sterling halfpennyweiſe durch
die ben Kalisman hin und wieder von Freunden zu freunden
tragenden Boten eingingen. Gin indeß noch wirkfameres Schutz⸗
mittel gegen die Cholera hat ſich in dem volkreichen Kilkenny
gezeigt. Während naͤmlich alle ringsumber gelegenen Ortſchaſ
ten flarl von der Krankheit ergriffen waren, blieb diefe Stadt
feltfamerweife gänzlich davon befreit, und man vermodte ſich
diefe Erſcheinung nicht anders zu erflären, als indem man dem
bei ihrer Verbrennung entwidelten Dampfe der Pilfennyer Koh⸗
len beilfame Kraft beilegt, weiches Brennmaterial Fein ſchwefelſau⸗
res, fondern Tohlenfaures Bas, ganz der Art wie das in verfchlofs
fenen Zimmern fo gefährliche der Grotta del cane, enthält,
Denn nun auch bei uns in Deutſchlaud biefelbe Erſcheinung
ohne ergrünbliche Urſache nicht felten war und iff, daß gang
von der Cholera eingefchloffene Städte, ja Länber, wie etwa
Sachſen, von ihr nicht heimgefucht worden find, fo -mag doch
immerhin biefeh giftigen Dämpfen die Kraft inwohnen, bie An«
ſteckung zu ertöbten, indem durch bie allgemeine Kobtenfenerung
wol der ganze Dunſtkreis jener Stadt durdhräuchert iſt. Ar
fol auch nicht blos Kilkenny, fondern mehr oder minder |
Dorf bee Grafſchaft von der Seuche verſchont geblieben fein,
je nachdem es ſolche Kohlen feuerte. Im wie tiefer Finfterniß
das irländifche Volk übrigens, wie oben gefagt, noch ſchmach⸗
ten mag, bavon zeugt eine Mummerei, bie die Fatholifche Geiſt⸗
lichkeit in einer bubliner Kirche oͤffentlich vorzunehmen gewagt
hat, um bem Volke die Cholera als Strafe für feine Sünden
anzurechnen und barauf reinigendes Weihwaſſer zu erhöhten
Preifen zu verfaufen. Diefe Nachrichten find aus bem „New
:monthly magazine‘ geſchoͤpft.
Redigizt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: J. A. Brodhaus In Leipzig.
| Blätter
literariſche
fuͤr
Unterhaltung.
Donnerstag, — .
ie Gefchichte der Seele. Bon ©. H. Schubert,
Bwdi Bände. Stuttgart, Cotta. 1830. Gr.8. 4 Thlr.
. 5 ⸗
*
Die rechte Lebensphiloſophie, heiße fie nun Natur:
oder Staats: (Gefellichafts:) oder Kirchenphiloſophie, wird
immer diejenige bleiben, die den Menfhen zue Einigung
mit fich ſelbſt mitten in dem taufendfältigen Zwieſpalt
und Streit, der unabläffig umb aus fich ſelbſt ſich immer
wieder erneuernd das Ich umkreift, oder richtiger ausge:
dehdt : die ihn zur Sebendigen Einheit mitten in dem- end⸗
loſen Dualismus des Lebens zu führen vermag. Aber «6
wäre wol zu wänfchen, daß fie fo leicht gefunden werden
koͤnnte, als das Beduͤrfniß derfelben, genau genemmen, zu
aller Zeit erkannt worden iſt. Der Dualismus ift frei
lich da; ber Gegenſatz geht durch die ganze Welt hin:
duch; wol beutet er felbft auf die Einheit hin und würde
gar nicht da fein können, wenn biefe nicht mit und in
ihm da wäre; dennoch iſt «8, der Erfahrung zufolge, fehr
ſchwer, die Einheit fo zu finden, daß der Gegenſatz mit
ihr und in ihr micht verichwindet; und leider iſt es das
gewöhnliche Loos menfchlicher Speculation, daß fie, den
Blick auf die Duplichtät gerichtet, kein Auge für die Eins
beit übrig bat, oder aber an dem grade Entgegengefegten
zerſchellt. Das Leben felbft, das echt praßtifche, veeiß nun
zum Sal in ſehr vielen Fällen ſich vecht gut in dem
wunderlichen Doppellichte zurechtaufinden und, wie oft es
auch in feinem blinden Herumtappen fehlgreift, doch am
Ende auch ebenfo oft den rechten und Alles verföhnenden
Brenn⸗ und Centralpunkt zu finden. Sa, es ift, als ob
eine höhere mätterlihe Vorſicht in folchen Faͤllen bem
menfchlichen Kinde, das In diefer Zeitlichleit nie über Die
Kinderjahre hinauskommen zu innen ſcheint, ihr Auge
fsihe ; und leicht koͤnnte man eben darum glauben, daß es
mit der ganzen Phitofophie nicht viel fei und fie am Ende
gar nur als ein verführerifcher Baum ber Erkenntniß das
fiche, um bie Iäfternen Kinder von der fehägenden Mut⸗
verhand himmwegzuloden, ſowie, daß in blinder Hingabe an
den angenommenen höhern Einfluß, wenn fie nur recht
unbedingt und willenlos ſich geftaltete, die volle Befreiung
vom Irrthum am ficherften gewonnen werden koͤnne, was
dern auch Myſtiker und Theoſophen unferer Tage, alle
Heſychaſten früher Zeit Überbietend, begierig ergreifen.
Nichtsdeſtoweniger gibt fid, jedoch gar bald jenes muͤtter⸗
10. Januar 1833,
— ⏑ ———⏑—⏑⏑————————
liche Leiten des menſchlichen Kindes nur als Complement
zu erkennen, durch welches bios ber einſtweilige Mangel
des Selbſtleuchtens ergaͤnzt und ausgeglichen werden ſoll;
und dieſelbe unwiderſtehliche Naturgewalt, die die Bluͤten⸗
knospe endlich am himmliſchen Strahle zur duftenden Blues
me entfaltet, treibt auch den Menſchengeiſt in dieſer Zeit⸗
lichkeit raſtlos vorwaͤrts, daß er immer mehr lerne auf
eignen Füßen ſtehen und mit eignen Augen in die Herr⸗
lichkeit der Weit fchauen, wie vielfach auch Nebelflocken
und DBlendungen ihm den teinen Bid trüben und bie
volle Klarheit der Anfchauung auf immer für die Ges
genmwart verhindern mögen. Entſprechender dürfte deshalb
auch ſchwerlich für: das menſchliche Wiflen in fenem Rin⸗
gen nach Seibftändigkeit ein Name gefunden werden koͤn⸗
nen ald der dee Philofophie, indem er, Liebe zur Weib
heit ausdrüdend, eben damit das volle und innige Sehnen
nah Wahrheit, das jedoch auf jeder Stufe des zeitlichen
Lebens fih immer wieder aus fich ſelbſt gebährt, auf das
befte bezeichnet. Denn das eigentlichfte und innerſte We⸗
fen aller wahren Kiebe, wie fie auch immer bes geliebten
Gegenftandes fi) bemädytigt haben möge, bleibt dennoch
eine tiefe und Lebendige Sehnſucht, nur noch inniger mit
dem Geliebten fi zu verbinden. Zugleich möchte fich
aber auch von hieraus bie allerdings noch nirgends wirk⸗
lich gewordene Identitaͤt der wahren Pbilofophie mit ber
Religion ſehr beftimmt nachweiſen und die bekannte Schels.
Iing’fhe Behauptung, daß alle echte Phitofophie zulegt
mit der Verklärung des Chriftenthbums endigen müfle, auf
das genügendfte fich rechtfertigen laſſen. Religion iſt im,
fetbft der unftreitig ficherften Etymologie zufolge, ein im
mer erneuertes Vernehmen des Weltgeiftes und feiner Ofs
fenbarungen, das darum Immer roieder erneuert werden
muß, weil mit jeder Erneuerung die himmliſche Stimme
lauter und heller vernommen wird, ohne daß jemals in
der Zeit das höchfte Wort ausgeſprochen werben koͤnnte.“)
*) Es ift in ber That auffallend, daß in ber neueſten Zeit
bie meiften Theologen, und unter ihnen felbft Rationaliften,
die natuͤrlichſte und fprachgemäßefte Etymologie bes Worte
Neligion von relegere, die Gicero ſchon fo vollftändig rechte
fertigt, verlaffen und ber viel unnatürlicdhern des Lactans
tius von religare ſich zugewendet haben. Faſt möchte man
auch darin eine Wirkung des myſtiſchen Driadına erkennen,
das bie Zeitatmofphäre einmal inficirt bat und beffen wes
ſentlichſte Eigenthuͤmlichkeit doch hauptſaͤchlich darin befteht,
38
gen anſtellen, wenn man ben Gang ber naturphllos
ophiſchen Leiſtungen dieſes Mannes ihrer Zeitfolge
Wie geben nun, um auch bies noch hinzuzufügen, bie
Hoffnung nicht auf, daß ed gar wohl mit ber Zeit zu ei⸗
ner völligen Vereinigung und Verſchmelzung der Philofo:
phie und Religion kommen könne, indem fie, genau genom:
men, bisher fchon nur formell, d. h. dadurch von einander
gefehieden waten, daß jene in ber Selbſtſucht des eignen
Wiſſens, diefe in träumeriihem Misverſtehen des offens.
- harenden Weltgeiſtes ſich taufendfältig verbiendete, wäh:
rend immerhin der wahre Lebensgehalt in beiden, fobald
ein folcyer fich wirklich auswies, derfelbe war. Wirklich
zeigt uns auch die Geſchichte einzelne Erſcheinungen, in
welchen jene Identitaͤt det Philoſophie und Religion faſt
zum vollen Durchbruch _gefommen war; und wenn wir
fagen könnten: Chriftus, in feiner Idealitaͤt aufgefaßt, ſei
in Wahrheit davon das vollendetſte Urbild, ſo moͤchten
wir ſelbſt in manchen ſogenannten Theoſophen des 17.
Jahrhunderts beſtimmte und entſchiedene Anklaͤnge derſel⸗
ben wahrnehmen dürfen. Ob nun aber etwa durch die
Leiftungen der fogenannten Naturphilofoppie in dem lebt:
vergangenen Vierteljahrhundert Hauptfaͤchliches für bie Rea⸗
liſitung dieſes Ziels in unferer Aera gewirkt worden ſei,
das wollen wir gegenwaͤrtig auf ſich beruhen laſſen und
nur fo viel bemerken, daß, wenn die Schelling’ihe Philo⸗
fophie gewiß einen recht tüchtigen Anlauf genommen hatte,
die felt alter Zeit an den Wagen der Menſchheit nad)
divergivenden Richtungen gefpannten Roffe einander näher
zu bringen, ber Hegelianismus, ſich felbft unbewußt, und
wol fogar gegen feinen Willen, die Trennung aufs Neue
nur zu entfchieden wieder ausgeſprochen und befeftigt hat.
Mimmt vielleicht in der geiftigen Entwidelung unſers Jahr⸗
hundert der Hegelianismus biefelbe Stelle ein, welche
von der unſeligen Reaction nad) dem Befreiungsjahre
4815 auf dem politifchen Gebiete bis auf unfere Zeiten
herab, in welchen fie nun ernſtlich vor Gericht gezogen 3
werden fcheint, behauptet worden ift?
Menn indeß Ref. es unverhohlen bekennt, daß er in
feinem henotifhen Sinne, bei dem er jedoch jedes Mal
dern juste milieu noch ein neues juste vorzufegen ſich ge⸗
drungen fühlt, eine befondere Vorliebe für jene Einigung
und friedliche Verbindung der Philofophie und Religion
bat, und deshalb mit ber größten Entfchiebenheit forwie
mit dem freudigften Bewußtſein, daß er jeder Halbheit
von ganzem Herzen Feind ift, den Rationalismus wie
den Myſticismus unferer Tage in völlig gleicher Weiſe
perhorreſcirt; fo hat er dabei (dom längft mit inniger
Freude einen Forſcher, mie ber Verfaſſer der vorliegenden
Geſchichte der Seele“ iſt, der gemuͤthliche Schubert, beob⸗
achtet und es bat ihm ſchon oͤfter einen wahrhaft über:
raſchenden Genuß gewährt, zu fehen, mie biefer finnige,
mit der fchönften Weihe des Schellingianismus ausge:
flattete Naturphilofoph wol jene Einigung nod nicht zum
vollen Abſchluß in fich ſelbſt gebracht hat, ihr jedod) fo
nahe, wie vielleicht kaum Einer neben ihm in unferer Zeit
getommen iſt. Es laſſen fih eigenthuͤmliche Betrachtun⸗
rate des Natürlichen das Unnatürliche, flatt bes einfachen
Woh!geſchmacks das Pikante und Gewürzte, flatt bed Schoͤ⸗
nen das Gezierte und Gelünfelte u. f. w. zu erwählen.
'
nad) begleitet und fo von feinen „Ahnungen einer höhern
Geſchichte des Lebens” Ihm zu ben „Anfichten von ber
Nachtſeite der Naturwiſſenſchaft“, dann zur Ken if
fol
iec®,
Traums‘s, ferner zu der „Urwelt und die Firſterne
und endlich bei feinen neueften Gaben auf dieſenr G
feiner „Allgemeinen Naturgefchichte” und der vorliegenden
„Geſchichte der Seele” ftehen bleibt. Unverkennbar ift mit
jedem Schritte vorwärts feine Sperulatton bucchfichtiger
und freier von einer gewiſſen krankhaft üppig Blästfülle
geworden, und wirklich erfcheint fit in feinem neuelten
Werke fo tief in jene lebendige? Cinheit· des ,
die wir ganz im Anfang andeuteten, eingegangen, daß es
uns fast. befremdet, wenn unſer' Verf. noch: am Schluſſe
feiner ‚großen, gegliedertn Entwidelung (&.-892) von eis
nem Unterfchiebe zwifchen religisfer Betrachtung Und wiſ⸗
ſenſchaftlicher Forſchung redet. In der That, unfer Bes
duͤnkens, fehlt nur wenig, um die naturphiloſophiſche
„Geſchichte der Seele” zu einer wirklichen Cheohicee.zu
erheben; etwas aber freilih immer noch. Bme
gleich) hat indeß der reichbegabte Schubert neben diefer ſpe⸗
culativen Laufbahn noch eine eigentlich reügioͤſe beſchritten.
Nun mag es wol fein, daß ihm die Leiftungen in dieſer
nicht ganz freiwilkg, fondern vdielmehr erſt auf aͤußert
Veranlaſſung gekammen find, die er in feiner liebenswürs
digen Gutmüthigkeit nicht zuruͤckweiſen konnte. Ihr ab:
foluteer Werth ift offenbar ein viel geringerer als der der
Anbern auf dem Gebiete der Speculation, und Das, was
überall als Ausdrud der Einfeitigfeit, wie wenig hervor⸗
tretend fie auch immer fein mag, erfcheint, die Manier,
iſt ihnen weniger fremd als jenen. Davon jedoch hin:
weggefehen, fo ift auch in ihnen die Tendenz, den Glau⸗
ben bem Willen, die veligisfe Anficht der philofophifchen
anzunähern, nicht zu verfennen; fis find ſonach offenbar
auf dem Wege, die von uns herbeigewuͤnſchte Einigung
fördern zu helfen, fodaß fie fid) von den zelotifchen und
ſchroff einfeitigen Ergüfien einer gewiſſen Partei unferer
Rage noch durch etwas ganz Anderes als bios durch ih⸗
ren heitern, mitunter fogar humoriſtiſchen Charakter, ums
terfdyeiden, . Und fomit möchten wir mol fagen, die beiden
Parallelen nähern. fish in dem geiftreihen Schubert nicht
blos fcheinbar, wie Die beiden Baumreihen einer geraden
Allee in der Perfpective; der Winkel, unser welchem fie
fih wirklich in dem Unendlichen fchneiden werden, wird
in der That immer [piger, und es fehlt offenbar nur noch
fehr wenig, fo fallen fie. zuſammen und die Einheit müßte
dann fehr glüdlich. gewonnen. fein; dennoch fürchten wir
allerdings, daß es zu dieſem -Iufammenfallen nicht kom⸗
men wird. Eine der erfreulichften. Exrfcheinungen aber in
unfern zerrifjenen und in ihrem Sinnerften getheilten Zeis
ten bleibt uns deshalb auf jeden Fall unfer Schubert,
und wenn wir ihn oft im Stillen mit ‚jenem alten ſyra⸗
Eufgnifhen Aſtronomen, der mitten unter den Stürmen
der wildeſten Eriegerifchen Gewalt feine mathematifchen
Kreife in heiterer Gemuͤthlichkeit zu ziehen fortfähre, ver:
glihen ‚haben, fo, meinen wir, wäre der ſchwer drohende
Karhpf' unferer Tage mit einem Male entſchieden und gewiß
eine neue, beſſere Zeit mehr als ‚begründet, wenn nur vorerft
bie trenmende Kluft zwiſchen den ſtreitenden Tendenzen bes
Tages nicht größer wäre, als jene zwiſchen Speculation und
religioͤſer Auffafjung in der Individualität unfers Verf.
. Wir haben uns diefe Lange, faſt ermüdende Einlei⸗
tung erlaubt, nicht ohne einiges Vertrauen boffend, daß
unfere Zıfer der guten Meinung, die ibe zu Grunde liegt,
Ihre Naͤchſicht geſtatten werden: Zugleich flehen mir in
der Erwartung, damit eine ziemlich fichere Baſis für die
BeurtHeilung der Schrift ſelbſt, die uns bie Veranlaffung
dazu geworden ift, gewonnen zu haben. Wir tragen aber
kein Bedenken, diefe Schrift den bedeutendften Erzeugnif:
fen der Literatur unferee Tage beizuzählen; und wenn ihr
Berfaffer in det Vortede verſichert, feit 25 Jahren die
Grundgedanken zu biefer Arbeit in ſich getragen und fie
38 geſtalten geſucht zw. haben, fo bezweifeln wir die Wahrs
heit diefer- Berfiherung nicht im Geringſten; denn ein
felches Werk ift nicht auf jene Weife zu produciren, in
iwelcher ſo manche ephemete, mitunter ziemlich corpulehte
Schriften aus dem trüb angefchwollenen, ausgetretenen Li⸗
teraturſtrome der Gegenwart auftaudhen. Um nun gleich
vern berein eine allgemeine Charakteriftil des Inhalts dies
ſet ſeinent Titel nach allerdings etwas räthfelhaften Buche
zu geben, ſo fuͤhren wir Folgendes ziemlich rhapſodiſch an,
Wenn eigentlich fuͤr die wahre Lebensphiloſophie jede der
unendlichen Individualitaͤten in der. Welt ein doͤg oı mod
ro, ein Standpunkt ift, auf weichem "das ganze Uni»
verfum in eigenthümlichee Weife angezogen und angeeig:
net werden kann und foll: fo muß jede Betrachtung zwar
an einem diefer zahllofen Demmungspunkte beginnen, aber
in ihrer Entwidelung dennoch, wie der Schild. des Achil⸗
les untee den Händen des Eunftreichen Hephäftos, Erde,
Himmel und Meer und die unermübete Sonne fammt
dem ſich füllenden Monde, nicht. weniger die "ganze Sir:
flernwelt (Teipen nuysa) umfaffen, indeß durch die un:
endlihe Marmichfaltigkeit der Anfangspunkte die Herrlichkeit
der Form bedingt und in Sicherheit geftelt wird. in
ſolcher Standpuntt iſt auch die Seele, und bie echt phis
Iofopbifche Betrachtung derfelben, heiße fie nun Pſycholo⸗
gie, oder Geſchichte der Seele, oder Idealismus, oder auch
Pneumatologie, muß ihren Gegenfland zum durchfichtigen
Diamant fchleifen, in welchem das ganze Weltall fich ab:
fpiegelt; und in diefer Faſſung fcheint allerdings der Ti⸗
tel: „Geſchichte der Seele”, ganz befonders fignificant zu
fein. Denn es wird pon folder Betrachtung. gleihfam
Pſyche in noch finnigerer Weile als in dem bekannten
griechifchen Mythus duͤrch Himmel und Hölle geführt, und
dee Gang ihrer Keiden und Freuden bis dahin, wo fie
aus Tiberftandener Prüfung zue Bewährung Übergeht, in
böherm hiftorifchen Style gezeichnet. Materiell fonach ans
gefehen, wird fie zugleich zur Anthropo:, Phofior, Kosmos
Theologie. Wenn aber, wie wir oben andeuteten, bie echte
Philoſophie uͤberall bemüht ift, die Einheit‘ in dem ewi⸗
gen und immer fich wieder erneuernden Gegenfage nach⸗
zuwelfen, ſo iſt ihr tanerer Organismus kein anderer als
ber, eben Das, was Seele heißt und von dem Jeder
weiß, was er zu benfen hat, wenn er es auch nicht zus
fagen verſteht, in feiner Selbftändigkeit in allem Conflicte
der obern und untern Kräfte und Elemente aufjuzeigen,
und dieſe Selbftändigkeit in ſolchem Tonflicte recht eigents
lich genttiſch fi) evolviren zu laſſen. Hierbei ift es num
freilich) nicht damit abgethan, eine ullgemeine Formel aufs
zufinden und Diefe wie ein Prokruſtesbett auf die vers
ſchiedenen Momente des Berhältniffes dee Seele zu dem
Univerfuni anzuwenden: ein Verfahren, das uns befonders
die Heinroth'ſchen Forfchungen vielfach verleidet hat, und
das offenbar in ben alleräußerften Vorhof der Philofophie,
etwa in eine Hegel’fche Logik, gehört. Wol aber entflche
auf ſolchem Wege eine eigentliche Geſchichte der Seele,
bie für jedes beſondere Factum die Zeugen forgfältig abe
hören muß, und die hiermit auch fogleich den Charakter
ber innerften Wahrheit und Wirklichkeit fi) zu erwerben
weiß; dabei am weitelten entfernt von jenem nichtigen
Spiel mit Inductionen und Analogie, das allerdings von
vielen Naturphilofophen aus der Schelfing’fhen Schule,
denen wir zum Theil feloft den geiftreichen Ofen beizähs
ken müffen, auf eine gar arge Weiſe getrieben worden iſt.
As wahrer Meifter bewährt fih in bdiefer hohen Kunſt
unfer Schubert, und gewiß in der „Gefchichte der Seele”
noch vielreiner und gediegener als in den vorangeganges
nen Werken, namentlich in ben „Anfichten von der Nachts
feite‘ der Naturmiffenfchaft”; und wenn wie ja auf Das
hindeuten follen, was dermoch feiner Forſchung in irgend
welchem Grade das Prädicat der oben getadelten philofos
phiſchen Einfeitigkeit vindicirt, fo finden wir es hauptſaͤch⸗
lich darin, daß er fo zu fagen den frifchen Glaubensmuth
nicht hatte, feine Reſultate poſitiv und entfchieden genug
auszufprechen; ober lieber: daß ‘er ſich's nicht verfagen
Eonnte, die eigne Muͤhe, die ihm fein Finden, gekoftet
hatte, noch allzu. ſehr ducchfchimmern zu laffen. Geben
wie daneben zu, daß manche einzelne Beweisfuͤhrung in
diefem oder jenem Kalle dem Kenner mislungen erfcheinen
wird, und fomjt nicht alle fpecielle Partien in gleicher
Vollendung ausgeführt find, fo geflehen wir es auch von
diefer Seite ein, daß wir die Schubert'fhe Schrift allere
ding® nicht über bie Schranken der allgemeinen Menſch⸗
lichkeit hinausgeruͤkkt und erhoben denken können. Wen⸗
den wir uns nun noch zu einer kurzen Detailuͤberſicht des
eiſtreichen Buchs.
3 ſt c che (Die Vortſetung folgt.)
Aus Italien.
WBindelmann’s Werke, bie fo weſentlich dazu beigetragen
haben, die Liebe zu den alten Kunſtdenkmalen Italiens zu foͤr⸗
dern und Lebhafter anzuregen, gab es vollftändig noch in Feiner
italienifchen Ueberfegung. Endlich haben muthige Buchhändler,
die Brüder Giacchetti in Prato, Windelmann’s Werke nach dem
1829 zu Donaueſchingen erfhienenen Nachdrucke von Gifelein ih’
italienifcher &prache zu drucken angefangen und Alles in ihr vers
einige, was zu ihrer Ausftattung in ihrem Bereiche lag. Aber
freilich wird das Buch dadurch theuer ausfallen, indem es auf
12 Dctavbände und auf einen Atlas von 30 Heften in Folio
berechnet iſt, die zufammen 300 Eire Toften werden. Gifelein’s
Bemerkungen, wie bekannt aus ber neuen dresdener Ausgabe ents
*
40
lehnt, findet 'man bier zur ‚der mandherlel Irrthuͤ⸗
* —* benutzt, body iſt noch Eins und das Andere ſte⸗
geblieben. was nach siner Anzeige von Frane. Longhena im
tihefte ter „Biblioteca ital.” von 1832 durch Zutiehung ber
Badus'fchen Ausgabe von E. Q. Bißconti’d „Opere varie’” wol
vermieden werben koͤnnen. Schon find ſechs Bände dieſer
uögabe erſchienen. — Kür den Unternehmungsgeift ber Bruͤder
GSilacchetti und folglich als Gewähr, daß das Ganze nicht fteden
bleiben wird, Tann angeführt werden, daß fle es waren, welche
tie fo fehr bereicyerte zweite Ausgabe von Gicognara’s Geſchichte
der Büdhauerfunft”’ und außerdem die italieniſche Meberfehung von
Agincourt’s „‚Befchichte der Kunft nach Dentmälern‘‘, mit Bemer⸗
tungen von @tef. Ticozzi gaben, die 1826 begann und durch
fechs Octavbaͤnde Text ‚und 80 Lieferungen Kupfer in Bolio jegt
beendigt if. Diefes letztere Werk fepte um fo ‚größere Ausdauer
voraus, ais auch in Maitanb eine Ueberfegung bei den Drudern
Bainiero Fanfani zu Tage kam, die von nicht unbebeutenden Ger
lehrten unterftägt, ward, freilich aber auch ein trauriges Zeichen
des ſich ſelbſt überlaffenen und unfihern Buchhandels in Italien
iſt. Doch wagen. Buchhändler dort Unternehmen, von denen
ihre Geſchaͤſtsgenofſen in andern Ländern mit taufend Vedenklich⸗
keiten zurüdtreten. So ift in Mailand ganz fürzlid) eine „Bac-
colta delie migliori fabbriche ed ornamenti della citth di
Genova, disegnate dal architettore e pittore Gius. Berlen-
dis, bergamasco” (1828—31, Querfol.) erſchienen (48 Kupfer),
die Bautier’s koſtbares Werk: „Les plus beaux edifices de
la ville de Genes’’ (Paris 1818), nicht uͤberfluͤſſig macht, weil
dort für Architekten das Rothwendige vollflänbiger beifammen
it, und boc bei dem Preife von 40 ital. Liren auf Käufer u
rechnen feheint. In Deutſchland hätte Ders Berlendis v t
Beinen Verleger gefunden,
Eine nme Geſchichte der Infel Gorfica („Istoria di Cor-
sica dell’ arcidiacono Anton Pietro Filiypini. Beconda ediz.
feceduta da una introduzione storica sulle rivoluzioni di
ors. fino al 1769, dell avvoc. @. C. Gregor), accompagnata
ed illustrata da documenti per la piä parte inediti.“, & Theile,
Piſa 1828 — 32) finder fi angezeigt in italieniſchen Zeit
ſchriften unb nichts‘ zu ihrer Empfehlung weiter erwähnt, als
tab Graf Pozzo di Borgo in Paris die Widmung berfelben ans
nahm. Roc mehr Auffehen verdiente nach dieſem Maßſtabe
eine „Storia dei principi dj Savoja del ramo d’Acaia, sig-
nori del Piemonte, dal 1294 al 1418, di P. L. Datta, pre-
miata della R. accad. della scienze di Torino e dedicata
alla Maestä del regnante Carlo Alberto’ (2 Bände, Zurin 1832).
Keine dieſer ebenbürtige Empfehlung bringt die Chronik von
Piacenza mit („Ristretto di storia patria ad uso de’ Piacen-
_ Gni, dell’ avv. Ant. Dom. Ross, Piacenza 1829 — 82,
4 Bände, 16.), bie doch durch genaue Angaben für die Eulturs
geſchichte Oberitaliens nicht zu überfehen ift. 27.
Romanenliteratue
1. Schriften von Aleranber Bronikowseki. Dreizehnter
‘mb vierzehnter Band. Dlgierd und Diga, oder Polen im
elften Jahrhunderte. Vierter und fünfter Theil. Dresben,
Arnold. 1832. 8. Preis ber fünf Theile 7 Ihe. 12 Br.
"Nach langer Unterbrechung , fodaß man an ber Bortfegung
- jweifelte, bat ber Verf. ben Baden feines hiftosifhen Romans,
dem Anfchein nah mit verminderter Luft daran, wieber aufge:
Rommen. Um noch zwei heile auszufüllen, ergeht er fi in
Wiederholungen unb endlofen Gefpräden, beren Ergebniß kein
anderes ift, als längft befannte Dinge ind Gedaͤchtniß zuruͤckzn⸗
zufen. Es bedurfte feine umftänbliche Zerglieberung von der gries
chiſchen Abgefandten, unb alfo auc ihres Dberhauptes, treulos
fer Argliſt, betrügerifcher gieriger Selbſtſucht. Die Streitig⸗
keiten zwifchen der Kirche und der Krone waren auch kürzer
abzuthun, bie pp Gelage minder beutlich auszwmmalen.
Des Dolenkönigs Eee Berelendung Tegt fih in wilde raus
ſamkeit um, nachdem ihn feine getreuen Kitter aus ben Roſen⸗
feſſeln befreiten, die bereit# begannen bie eifernen biidden zu
laffen, welche jene bededten. Das Einwirken ber Grledgen, Ol⸗
gierd's und feiner Räuber Schendthaten, und Boiesian’s Häe
befördern den Buͤrgerkrieg, die rohefte Anarchie, die jenen bes
ſtimmten Zeitabfhnitt in Polens Gefhichte zu einem ber, blutigs
ften, troftiofeften, finfterften machen. Boleslav endet ſchimpflich
in ber Berbannung, erſt fpät ehren bie mit ihm geädyteten An⸗
bänger in die Heimat zurüd. Zar Demetrimk füllt von bem
Hand feines Sohnes Dlgierd, ber von feiner Am Digg, nicze
feiner Mutter, für die fie gelten wollte, ſyſtematiſch zum Boͤſen
erzogen, den Word, ohne zu wiffen, wie nahe ihm das Opfer
flieht, vollbringen muß, unr der Rachgier des teuflifchen Weibes
Senüge zu leiften. Olga und Digierd, ſowie He meiflen bei
durch ihre Perfbnlichkeit angiehenden Figuren ber Frühen Theile;
find in den legten unbebeutend,, fobaß es das Anfehen gewinnt,
als feien Gute wie Boͤſe ihrem geiftigen Water —— *
worden, und er habe nur daran gedacht, auf die leichteſte Weiſe
eine ihm Läftige Dbliegenheit fi) vom Bals zu ſchaffen. ,
2. Die Urgroßmuttr und ihre Familie. Erzaͤhlung von 9
Krufe. Leipzig, Kollmann. 1832, 8. 1 Ahle. Br.
8. Die alten Kreunde. Grzählung. Palmyra. Phantafieflid.
Aus dem Daͤniſchen. Bon 2. Kruſe. Ebendaſ. 1832. 8,
1 Thlr. 6 Gr.
ine Kinberverwerhfelung, welche an bie Asßerfte Linie bes
Mahriieiniichen grenzt, aber durch die Gewalt ber Umfänbe
‚gerechtfertigt toird, gibt ben Stoff der erſten Erzaͤhlung. Das
Gelungenfte in diefer iſt die Zeichnung der Urgroßmutter, eines
ſtarken, ſchroffen, aber fich gleichbleibenden, nicht unnatürlicyen
Charakter, den der Berf. ficherlich nit in dem franzöfie
fen Roman vorfand, ber einige Data zum Gujet gab. Der
Plan, bei aller Einfachheit verwickelt, fpannt bis zuleht die
Aufmerffamteit, und verflebt es die Verwechſelung fo zu Ders
büllen, daß man nur fie vermuthen, über feinen Scharfſinn fidy
exfreuen Tann, und nicht über die Ginfalt ber Betheiligten ſich
zu ärgern bat. |
„Die alten Freunde” finb originell gebadht, geiftweich ausge⸗
führt. „Palmyra’, der Eraum eines ſich bewußten Wahnfinnigen
it diesmal in der That ber ruͤckwaͤrts fchauende Prophet, man
wird verſucht eine Allegorie hineinzudeuten und nach ernftem
Sinne in dieſer Phantafie zu fpähen.
4, Die Särge von Mantfeld. Hiſtoriſch⸗romantiſche Erzählung
von Warnofrid. Eisleben, Reihartt. 185%. 8. 22 Gr.
Rittergefhichte aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, vers
ſtaͤndig troden, etwas langweilig. . 18,
Literarifche Anzeige.
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten:
Converſations⸗Lexikon
neueſten Zeit und Literatur.
Zehntes Heft. |
Grimm bi8 Zeiberg.
Jedes Heft koſtet
auf weißem Druckpapier 6 Gr.,
auf gutem Schreibpapier 8 Gr,
‚auf ertrafeinem Velinpapier 15 Gt.
Leipzig, Wſten December 1832.
8. 4 Brodhauß,
Rebigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagshandlung: %. a. Brodhaus in Keipzip.
\
-
Blätter,
fiterarifhe
ftr
Unterhaltung.
Die Geſchichle der Seele.
Zwei Theile.
(Bortfegung aus Nr. 10.)
„Mitten in dem Reiche bes Seins”, fo beginnt bie
Seelengeſchichte, „ſtehet eine Somne, weiche Alles trägt
und hält, Alte belebt und bewegt, und es iſt ein Auge,
felbee von Gonnennatur für jene Sonne gemacht... Die
Sonne ift Gott, das Auge ifi die Seele.” Wir finden
dies Wort mit vollem Rechte an bie Spige der Unterfus
dung geftelt, und ohne eben eine allgemeine. Formel zu
fein, faßt es bennody alle Elemente in fi, die auf dem
langen Wege der geichichtlichen Forſchung nach einander
verhört werden follen; das Reich des Seins; Gott über
ihm, „welcher dee Dinge Anfänge in feiner Dand bil’;
und die Seele, die ausgegangen Hi, um gemäß ihrer
befchaulichen Natur, auf dem Grunde bes Seins, zu
Bott zu kommen. Der Verf. aber bat, um dies hier
fegteich zu bemerken, vieleicht doch ſchon vorn herein bie
Anficht Tih damit etwas getrübt, daß er durch die in
pruerer Zeit wieder geltender gemachte qualitative Unter
ſcheidung zwiſchen Seele und Geiſt fo zu fagen in etwas
faschnirt oder. mpftificirt worden if. In jenem Anfanges
werte will er noch in der vollen Unbefangenheit fein;
ja, noch auf Seite 370 fagt er: „Einftweiten begreis
fen wir noch das ganze inner und ober dem Kreis
des Sinnlichen und Leiblichen gelegene Gebiet des Lebens,
unter dem beide, Seele wie Geift, zufammenfafienden Nas
men bes Seele.” Indeß ſchwebt ihm immer fchon das
Sefpenft der zu feiner Zeit, wie er meint, unvermeidlichen
Scheidung vor, und von ©. 668 am tritt es num wirk
Uch entſchiedener auf, gluͤcklicherweiſe durch den fihern Takt
des Verfaſſers fo modificirt, daB es nur geringer Abſtrac⸗
tionen bedarf, um es in ſeine naturgemaͤßen, blos ſormel⸗
len Schranken zu weiſen. Wir meinen, durch die Lehre
des in anderer Beziehung hoͤchſt wackern Hrn. von Meyer
vom Hades und beſonders vom ſeeliſchen und geiſtigen
VPrincip iſt manche klare Anſicht in unſern Tagen irrege⸗
leitet worden, und es würden viele Misverfländniffe erſpart
worden fein, wenn man den Ausdruck Geift in feiner in
dividuellen und qualitativen Faſſung nur auf Gott und
die von ihm ausfttömenden hoͤhern Lebenskraͤfte bezogen,
außerdem aber in formaler Bedeutung, wo es dann nur
die höhere Potenz der Seele anzeigt, blos auf bie Erea⸗
Von G. EN Schubert.
tur angewendet haͤtte. Wie aber ſchon bemerkt, bei ber
geoßen Sicherheit, mit welcher unfer Verf. Aber feinen
Gegenftand berrfcht, hat jene Nachgiebigkeit gegen den erſt
neuerdings wieder aufgefommenen Sprachgebrauch nur eie⸗
nige Truüͤbung in das Ganze bringen koͤnnen, die ſich
uͤberdies ziemlich leicht auflöfen läßt.
Die Seele, da8 Auge, um bie Some im Reiche
bes Seins zu fchauen, läßt er num ausgehen, um ſich im
Niedrigften wie im Höchfien, in dem Unten wie in bem
Oben zu faflen, und. begleitet fie auf ihrer Wanderung
Schritt vor Schritt; auf jedee Stufe findet er fie aber
in der tiefen, alle& Leben und feine Herrlichkeit bedingen«
den Harmonie der obern und unten Weltkraͤfte, Gottes
und des Seins, zugleich jeder befondern Stufe die eigen«
thuͤmliche Herrlichkeit dadurch fihernd, daß fie fortan die
Bedingung ber ihr zunächliftehenden in ſich begreift und
fo Dasjenige fi) ausfchließend vindicirt, was die Nachbare
fiufe ewig nur in der Liebenden Dinneigung zu ihr auf
ſich überzutragen ‚vermag. Wir wollen, um unfere Lefer
nicht allzu fehr mit einer Darlegung, bie blos das Biel
haben kann, fie zum eignen Studium ber geiftreichen
Schrift zu reizen, aufzuhalten, den Verf. nur zu einigen,
befonders ausgezeichneten Stationen begleiten.
Mit dee dußern Natur beginnt er, um ba bie Ans
fänge der Seele aufzuzeigen, und das Ringen des Lichte,
als des Zugs von oben und nad oben, mit der Schwere,
als dem Zuge nach unten und von unten, iſt der erfte
Ausdrud des Seins, das in der Gemeinfchaft des Lebens
und des Todes beftcht. (S. 4.) Sm Licht ift der Seele
Anfang ſowie in der Schwere ber der Leiblichleit. Wie
aber zwei Weltkoͤrper, die ſich gegenfeitig durch gemeinfame
Anziehung bewegen, nur in einem beiden gemeinfamen
Schwerpunkt zufmmentreffen, fo muß für die Anziehung
des Lichts und der Schwere auch ein folches gemeinſames
Medium gefunden werden, und bas ift das Fluͤſſige;
und zwar für die Annäherung des Lichts zu der Schwere
das Feuerwaſſer des obefh Elements, ber Fixſternenwelt;
für die der Schwere zum Lichte die Geſtalt des elemens
tarifchen, irdiſchen Waſſers. (S. 7) Wenn nun biers
nah im Folgenden der Einfluß des Lichts, diefer Seele
der Leibtichkeit, als ein Flüffigwerden des Starren, wos
durch zugleich das Entſtehen des Mannichfachen und bes
Vielen bedingt tft, nachgewieſen wird, fo wird bei diefer
“
P
2»
Gelegenheit auch der Grund aufgezugt, ‚auf weicher bie
neuefte Theurie der Firfternenmelt, als ber anfänglichen
Helmuth des Lichts und eines Lichtaͤthermeers (die , nad
den Herſchel'ſchen jüngften Entdeckungen über Lichtnebel,
kugliche Sternenhaufen u. |. w., von unferm Def. in feiner
Schrift: „Die Urmelt und die Fixſterne“, mit fo großer Si⸗
cherheit ·aufgeſtellt worden if) in kaum laͤnger zu verken⸗
nender Klacheit ruht. (S. 8.) In eben dieſem Abſchnitt
wird höchft intereffant noch das Verhaͤltniß der Seele zur
unorganifchen, zur organiſchen Natur, zu den Individuen,
Arten und Sattungen, hiernähft zum Pflanzen: und Thier⸗
reich entwidelt, um dann zulegt in. ber Rede vom großen
Sabbath, der mit der Schöpfung des. Menſchen aufgeht,
die Unterfuchung auf ihr eigentliches und abgegrenzte6 Feld
zu beſchraͤnken.
Die Seele iſt ſomit auf ihrer Wanderung zuvoͤrderſt
aus den großartigen, kosmiſchen Kreiſen titaniſcher Ver⸗
haͤltniſſe, wenn wir fo ſagen ſollen, herausgefuͤhrt worden,
um fortan, blos in dem Mitrotosmus des menfchlichen
Seins, da aber allerdings in einer unendlich geglieberten
Mannichfaltigkeit fich zu evolviten. Mit einer allgemeinen
N Betrachtung des menfchlichen Leibes im Verhaͤltniß zu dem
Strahl des Geiftes, der von Oben kommt und nad) Oben
wieder entfleucht, oder, mit einer vorbilblichen Abſpiege⸗
fung des Weſens der Seele in der Natur bes Leibes bes
ginnt -(&. 43) die Entmidelung, und bie Seele wird
auch hier als die Vermittlerin zwifchen dem Dben und
Unten aufgefaßt, in ihrer Richtung gegen das Lelblihe an
diefem den Zug des Grauſens und des Elends (den Tod
und die nahenden Schmerzen) beleuchtend, zugleich aber
in dem Menſchen des Fleiſches durch ihre Gemeinſchaft
am Lebenshauche von Oben ben hoͤhern Menſchen weckend
und geſtaltend, welchem der Tod ferner kein Leid thut.
Dies erläuternd ſchreitet nun die Geſchichte von Einzel⸗
nem zu Einzelnen fort, in ficherer Folge zunächft mit den
'hemifcyen Elementen des Menſchenleibes (©. 47) bes
ginnend.
Die Chemie findet den Leib der thierifchen Melt und
namentlich des Menſchen ſchon als ben Goinpfer vielfa⸗
cherer und in eignem Miſchungsverhaͤltniſſe verbundenet
Stoffe, und die Anatomie erkennt eine dreifache Elemen⸗
tarform deffelben: Safer, haͤutige Blaͤttchen, Kugel. Ent:
ſpricht diefe Grundform den planetariichen Formationen
Durchmeſſer, Flaͤche, kubiſcher Inhalt der planetariſchen
ugel), ſo ſtellt jene Miſchung der chemiſchen Stoffe eine
Verbindung atmoſphaͤriſcher Einflüffe und aus dem untern
Meiche der Dinge ftammender Elemente (dev um bie Kalk:
erde ſich fammelnden oberirdiſchen DVierheit des Stickgaſes,
des Sauerſtoffs der Luft, des Waſſerſtoffgaſes und der
gefäuerten Kohle) dar, und beida deuten ſchon auf den
Einfluß aus ber obern Region Serabwirkender, durch bie
Seele vermittelter Kräfte hin. Aber entſchieden tritt zus
erſt dieſer Einfluß bei den urſpruͤnglichſten Acußerungen
des leiblichen Lebens im Menfhen, dem Athmen und
dem Blutumlauf (S. 60) hervor. Athmen iſt ein:
athmen das noch unbelchte, ausathmen das eben noch les
hende Element, vereinen und wieder trennen, bilden und
fl ..
wleder Jeeſtören aber fo gewiß das Lelbliche nur ben Tod,
die Ruhe, die Sättigung begehrt, fo kann von ihm bie
Kraft nicht ausgehen, die ein ſolches immer fich wieder
erneuernde Spiel der Lebensregungen bedingt, und wir fee
ben im Athmen fhen uns an die höhere Orduung ver⸗
giefen, die ben Hammer, fo oft er auf das klingende
Metall gefunfen iſt und nun zuhen will, Amnte wieder
erhebt, daß die Glocke des Lebens forttoͤne. Noch gefchies
dener offenbart fich dies im Blutumlaufe, der ein befläns
diges Miederfteigen bes Fluͤſſigen iſt, das fih zum Feſten
geftaftet und ein Auffteigen des Kelten, das zum Slüffigen
wird. Genau mit dem Geſchaͤfte des Athmens und des
Blutumlaufs zufammenbängend ift die Berbauung und
Ernährung (S. 83), und das Bewegen bes allgemeis
rien hoͤhern Lebensftromes, ber hier in ganz verwandten
Ordnung einwirkt, ift zum hell dabei recht augenfällig
wahrzunehmen.
Es würde uns zu weit führen, wenn twir-unferm
Verfaffer zu dem Detail feiner phyfiologiſch⸗ anatomiichen
Erörterungen noch ferner folgen wollten, in welchem er
von S. 115 an biß zum Ende des erfien Theile in eis
ner ſehr natürlichen Ordnung den Baum bes leiblichen
Lebens, den er bisher in den Proccfien des Athmens, des
Blutumlaufs und der Ernährung nad) feiner Form und
Geftaltung in Stamm, Zweigen und Blättern dargeftellt
hat, nun in feiner materiellen, weſentlichen Befchaffenheit,
namentlih von Seiten der Blüten und Früchte, die er
trägt, und feiner endlichen Beſtimmung betrachtet. Wir
duͤrfen jedoch mit voller Uebergeugung fagen, daß durch
den ganzen Umfang dieſer Unterfuchung einestheild der
Lichtftrahl, mit welchem Pfyche, aus ben obern Regionen
bes Lebens niederfleigend, den in der Erftarrung des To⸗
des befangenen Leib verfiärt und belebt, als ununterbros
chener Faden fi) hindurchſchlingt, anderntheild aber auch,
wie es der rechten Gefchichte geziemt, auf keinem. Punkte
die Korm des Lebens, die fomlt dem Leibe entiteht, in
diefen hineingetragen, fondern immer mit gewiſſenhafter
Treue und genialem Scharffinn, der das Intereſſe an der
Unterfuhung auf jeder Stufe wach erhält, aus feinem
eignen Innern entroidelt wird. Es fchreitet Die Betrach⸗
tung in einem fichern Aufwärtsfteigen von der leiblichen
Bewegung und Empfindung, die durch Knochen,
Muskel und Nerven bedingt iſt (S. 115 — 173), zu dem
Sefhäft dee Sinne und den Organen derfelden (©.
174 — 225) vorwärts, in beiden fo zu fagen die Blüs
ten jene® Lebensbaums aufjeigend, weift hierauf im Schlaf
und Wachen (S. 225—237) und in der Liebe der
Geſchlechter mit Einfluß der Zeugung (S. 2377 —
257) die aus jenen ſich entwidelnde Doppelfrucht nad)
und endet damit, in Gefundheit, Krankheit und
Tod des Leibes (S. 257— 314) die eigentliche Beſtim⸗
mung biefer Srucht zu enthülfen, indem fie zulegt noch als
Schlußſtein ein gehaltoolled Wort Über ben äußern Unters
fchied des leiblichen Menſchen von den Thieren (S. 315 —
340) brifüge. Mit großer Sicyerheit, die zugleich, frei
von allem Spiele mit Analogien: und blos formaler Aehn⸗
lichkeit, auf reicher Anfchauung und forgfältiger Beobach⸗
!
beffelben auf jedem einzelnen Punkte feftgehalten, und bie
tmmer ſich wiederholende Gleichung, daß je bie entfchie:
denſte Einwirkung von oben je dem ftärkften Widerflande
von unten gilt, fomit aber die rechte Ausgleihung durch⸗
gängig hergeſtellt wird,“ indeß der endliche Sieg immer
dem Peinelp, welches das Leben in fidy trägt, bleiberemuß,
ſchlingt fi in einer Mannichfaltigkeit und Vielſeitigkelt
hindurch, die den wahren Künftter, ber bie Natur in ib:
ver geheimen Merkftätte beobachtet, nie aber ſich e8 eins
fallen läßt, fie aus ber eignen Megativität conftruiren zu
wollen, beurkundet. Der gelungenen, böchft uͤberraſchen⸗
den Gombinarionen, die mitunter in die dankle Aefe bes
keiblichen ein echt ſchauerliches Licht werfen, find fo viele,
bag wir in Verlegenheit find, einzelne herauszuhebcn. Wir
machen indeß unfere Lefer auf. die ſehr intereflanten Be⸗
merkungen aufmerkſam: über die Knochen, als das Bild
des Todes mitten unter den Erzeugungen und Bewegun-
gem des Lebens, dem Nerven gegemüber, deffen Subſtanz
fhon auf ein im Merden Begriffenes, Bildungsfäniges
(Ktüffiges) hindeutet (&. 117 u. 139); über willkuͤrlich
und unwillkuͤrlich bewegtiche Muskeln (S. 1.30); über Ce:
rebral⸗ und Gangliarnerven (S. 157 fg.) und das merk:
würdige Verhaͤltniß der letztgedachten Muskeln und Ners
ven zu den eritaufgeführten,. wovon jene, wie ber tiefiten
Leiblichkeit zugewendet, doch auch zugleich ben unmittelbar:
fm Einfluß der obern Lichtimelt erfahren und fomit im:
mer in die rechte Gleichung mit diefen kommen; über Die
Stimme und dad Stimmorgan (S. 138), in welchen
nun erft die Bewegung ebenfo geſtaltend und bildend her⸗
vortritt, wie etwa der willfürlich bewegliche Muskel, im
Gegenſatz des. blos den eignen Leib reconftruirenden uns
willkuͤrlich beweglichen, nad Außen hin baut und ſchafft
ober wie das obere Mervenfoftem im Gegenfag ber San:
gliarnerven die Empfindung bedingt. Reich an neuen und
finnoolen Auffchlüffen iſt das Gapitel von den Sinnen,
die als Geſicht und Geſchmack ein Emporfteigen, ein
Dinausgehen bes leiblichen Lebens aus feinem eignen en⸗
gen Kreife nach dem oben Einen, ald Gehör und Geruch
das Aufnehmen ber von oben zu den Greaturen nieder
ſteigenden ſchaffenden und belebenden Liebe repräfentiren;
und ſchwerlich iſt ſchon irgendwo bie große Verwandtſchaft
zwiſchen den Früchten am Baume des leiblichen Lebens,
In den Steinkohlenminen erkennen die Arbeiter ebenfalls durchs
zwiſchen Schlaf, Liebe und Tod, ſo durchgreifend nachge⸗
wieſen worden, als es hier geſchieht.
Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, wenn
wir unſern Verfaſſer bis zum Ziel begleiten wollen, und ſo
lenken wir billig ein, um zu dem zweiten Theil der See⸗
lengeſchichte fortzugehen, der inſofern mit vollem Rechte
ein zweiter Theil heißt, als er die Region des Leiblichen
vertäßt und in die zwar unmittelbar darangrenzende, doch
nichtsdeſtoweniger ganz und völlig davon gefchiedene des
eigentlich Pſychiſchen eintritt. Der dritte Hauptabſchnitt
beginnt und hat die Aufſchrift: „Die Seele des Men⸗
ſchenꝰ.
(Dee Beſchluß Folgt.)
2
tung tut, wird ebenſowol der Gegenſatz als die Einheit‘
Neuere engliſche kiteratur.
1. The music of nature; or, an attempt to prove that what
is passionate and pleasing in the art of singing, »penking
and performing upon musical instruinents, is derived from
‚the sounds of tho auimated world. By W. Gerdiner.
- Sondon, 1882. "
Wir haben es Hier mit rinem enthuſtaſtiſchen Muſikfreund
zu thun, der alles Mögtiche aufgeboten hat, um feinen Leſecn
das Ariom anſchaulich zu machen, „jeder Misklang iſt eine une
aufgelöfte Harmonie’. Dem Vorgange bes Franzoſen Dupont
von Remours folgend, ber befanntlidy den Geſang ber Boͤgel in
Reten brachte, dat G. Alles, mas Odem bat, Bienen, Vögel,
Pferde, Eſel, Hunde, und endlich auch Athemloſes, wie den
Klang eines falſchen Geldſtuͤcket, das Lodern des Feuers n. ſ. w.
vor fein muſikaliſches Ohr berufen und in beſtimmte Toͤne übers
fegt, ſowie zur Erläuterung feiner "Anfihten von den Tönen der
Natur benugt. Daneben. tft fein Buch reich an fcharffinnigen
und trefienden Bemerkungen über die bekannteſten Mufikſtuͤcke,
ihre Gomponiften und bie beliebteiten Sänger und Birtuofen,
welche bei ihrer Aufführung glänzten. Um jedoch beim Leſen
diefes Buches, trotz feines hoͤchſt mannichfaltigen Inhalts nicht
zu ermüden, muß man ein Inftrument zur Band nehmen und
die gegebenen Beiſpiele fogleich erecutiren; fo nur wirb man
alle Annehmlichkeiten und intereffanten Seiten beffefben Eennen
iernen. Reben mandem Vorzuͤglichen und Originellen tifcht
Here ©. freilich auch Ueberfpanntes und mitunter ſchwer Vers
ſtaͤndliches aufs doch das muß man ja enthuflaftifchen Verebrern
jeder Kunft zu Gute zu halten, und wer nicht gar gu mürrifchen
Gemuͤthe iſt, wird dergleichen Grtravaganzen eher ergodͤtzlich als
ärgerlich finden. Schwer dürfte es fein, von dem fo unendlich
vielexiei umfaffenden Inhalte eine nur erträgliche Skizze zu ger
ben, und auf die Gefahr Hin, unfere Anzeige zum Abbilde bes
Buches, zu einem pot-pourri zu machen, ziehen wir es vor,
dem geehrten Lefer einige Kuedgr, mit dem Motto ex ungueleo-
nem, daraus vorzulegen. Vom Gehoͤre z. B. wird gefagt:
„Uebung kann es im hoͤchſten Grabe verfeinern, und Spielers
und Diebesglük hängt von feiner Schärfe ab. Seit der Ums
prägung unſers Geldes haben tie einzelnen Muͤnzen durch ihre
Gleichfoͤrmigkeit auch einen ins Ohr fallenden übereinftimmene
den Klang erbalten. &o geben Halbe Kronen einen Ton wie
A im Alt, und die Wechsler entdeden an der geringfien Ab⸗
weidyung des Klanges eın falſches Gelbftäd unter vielen echten;
ebenfo wiffen Spieler nad dem Gehör au beurtheilen, auf wel⸗
de Seite ein in die Höhe geworfenes Geldſtuͤck gefallen iſt.
Neuere Entdedungen haben und Körper Eennen lernen, welde
den Schall vernehmlicher fortpflanzen ale die Luft an fi. Be⸗
fefligt man 3. B. einen Bindfaten an ben Stiel einer Stimm⸗
gabel, laͤßt diefelbe frei ſchweben und bringt ben mit bem an«
dern Ende des Fadens ummidelten Kleinen Ringer ins Ohr, fo
wird jedes Geraͤuſch auf eine Entfernung von: 200 Yards Höre
bar, von dem andere Perfonen nicht das Mindeſte vernehmen.
Gehör, auf was für Geftein fie fichen, und befannt iſt, daß
man jegt vermitteld eines an bie Bruſt gelegten Hoͤrrohrs bie
unmerfliche Bewegung des Herzens entbeden fann. Manche
Perſonen find im Stande, ben keifeften kaut zu vernehmen, unb
‚einer meiner Freunde verficherte, deutlich das Geraͤuſch zu hör
ren, welches eine auf feiner Nachtmüge herumfpazierende Wiege
verurfeche.” Wir merken hier nad Wallafton an, daß Perſo⸗
nen mit im Allgemeinen fehr feinem Gehdre dennoch für fehe
tiefe ober ſchneidende Töne mitunter völlig taub find. Wallaſton
führt den kaut der Brille (gryilus campestris), der Fledermaus,
dee Hausgrille (gr. domest.), des Sperlinge als ſolche an, bie
von mandyen Ohren faum vernommen werden, und zwar bie
zulebtgenannten am wenigften. Nach ihm gibt es Thiere in
der Ratur mit Stimmen und Gehörwerfzeugen, bie fo wenig
Fr ba$ das eine völlig taub für bes. andern Gimme
an van.
“4
a
Ueber ben Valt bemerkt unfee Mel; „Bu Oippokra⸗
e6’ Zeiten machte derfelbe wahrſcheinlich nicht mehr wie 60
Gäläge in eines Minute, und baper rührt wol auch bie Gin
thellung bed Zages in 86,400 Gecunden. Mit ber Verfeine⸗
zung beö Menſchengeſchlechts beſchleunigt ſich aber vermuthlich
ber Pultſchlag, und wir find fo durchaus Maſchinen, daß wir,
ch einer Uhr, je ſchneller wir geben, auch um fo ſchneller ablau⸗
n.“ — „Sin bemerlenswmerther lImftaud if, daß man vielen der
ausgezeichnetſten Sänger und Eängerinnen ben nicht unbegruͤn⸗
beten Vorwurf macht, zuweilen gu betonirenz in ber Regel ges
ſchieht dies bei ber Terz, Quinte oder Dctave, ald den Inter⸗
vallen, bie wir auch beim Gprechen inftinktartig beobadıten,
und grade aus biefem Grunde werben fie oft beim Gingen
dernachlaͤſſigt, während die andern, größere Aufmerkſamkeit ‚und
befondere Bildung ber Stimme fodernden Töne deshalb auch
ſtets richtiger gefungen werben.”
Dem SGharakter und ber Farbe bes ganzen Zonumfangs ber
Blasinſtrumente Hat Herr ©. eine intereffante, nur zu lange Abhand⸗
lung gewibmet, um fie hier mittheilen zu fönnen,. Wir wählen baher
zum Schluffeunfers Berichtes Das aus, was über bie Violine bemerkt
wird. „Rad Anton Wood's Bericht ift es jept 200 Zahre ber, daß
dies Inftrument zum erftien Male in einem Concert zu Orforb ges
fpielt wurde. Obgleich es der Viola in vieler Hinficht ähnlich
war, bezweifelten bennoch alle anwefenden Kenner nach forgfäls
tiger Prüßing, daß es bei mufilaliichen Aufführungen je mit
Erfolg gebraudt und überhaupt mit Sicherheit gehanbhabt
werden könne, weil ihm gerade das Griffbret der Viole
abging. Und boch ift es bie Beſeitigung dieſes mechanifchen
Hülfsmittels, weiche ihm eine von unfern Vorfahren nie geah⸗
nete Kraft bes Ausdbruds verlieben hat. Erfunden wurbe bie
Bioline um 1600 in Italien. Den böcfken Werth legt man
ben 50 Jahre fpäter, von X. und 3. Amati und ihren Zeit:
genoffen Stradivari in Gremona verfertigeen bei. Sie wer
en von Feiner fpäter verfertigten übertroffen, wozu wol ihr Alter
5 Meifte beiträgt. Die Amati'ſchen Biolinen find Peiner als
neuern und ‚werben fogleih an bee eigenthümlichen Weich:
eit des Tons erkannt.) Größer und von flärkerm Zone find
te Stradivari ſchen; man hält fie fo body im Werthe, daß viele
mit 200 Guineen bezahlt worden find. Geit den legten 180
Jahren hat bie Violine Ihre Geftalt nicht verändert, deſte ber
beutenbere Fortſchritte hat aber die Methode, fie zu fpielen, ges
„macht, und bie Ausbilbung beö Geſanges fcheint befondern Ein:
gut auf fie gehabt zu haben, Ahmte fie unter Goreli's und
artini’d Händen, obgleich gu Doppelgriffen und Arpeggien
wenig paflend, beinahe nur der Orgel und dem Klaviere nach,
fo gewann fie bafüs fpäter mit Dintanfegung dieſer Künftes
Lien durch Geminiani und Giarbini an · Leidenſchaft und Gins
f{achheit. In den Tagen, wo Haydn anfing, die Kunfi mit na⸗
türlihen Tönen und Wendungen zu befeeien, trat das Einfache
nd Melodiereiche an bie Stelle des blos Regelrechten, und jeht
g auch die Violine an, ihren Reichthum zu entfalten, der ihr
unter ben Inſtrumenten ben eriten Plag erwarb und fie um
beften Dollmetſcher der Ideen bes Componiſten macht. Am
meiften vervolllommnete fie ſich aber nad bes Ausbildung ber
weiblichen Sthume, die ihre erfte Lehrerin im Pathos und Kuss
drud des Gefühle wurbe, wofür fie jener ale Wufter der Gras
gie in ber Ausführung diente. Der Umfang der Violine iſt groͤ⸗
Bez als ber ber menſchlichen Stimme. Gie gebietet über vier
Dctaven, unb ba ſich bie Toͤne ihrer Saiten fo fehr unterſchei⸗
ben, Tann man Ihr gewiffermaßen eine viesfache Wirkung bei⸗
legen. Die überrafchendften Gigenfchaften des Inftrumentö woh⸗
nen jeboch im Bogen, und der Reichtbum ber durch Eunftgewands
ten Führung beffelben erzeugten Toͤne ift fo groß, baf nach der
franzoſiſchen Schule ein Muſikſtuͤck auf 54 verfchiebene Arten
ausgeführt werben kann.“
°) Trogdem füllen fie einen srößern Raum aus als unfere neuen
und Rärkern Inſtrumente.
Redigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagkdandlung: F. A. Brodbaus in. Leipzig.
Giner b Beacbeitung hiefeß *—
wie Pe würde Eh Ferne Mi
fillicbenben Publicums gewiß nicht entgehen.
men deſalve folgt) |
a Notizen. J—
Micht unwichtige Beiträge‘ zur Kenatkik der Neufeander
gibt %. Carles „A narrativa ef a mine months repidennb
in New-Zesland in 1827”. (London 1852). Gb beflanb
unter biefem Volke feither allgemein ber unnatärlihe Ges
brauch, die Mehrzahl der Kinder weiblichen Geſchlechts alte
bald nach ber Geburt gu tödten, well ihre Erzichung und
GSrnährung faft ebenfo viel Maͤhe und Rahetın i wie bie
ber Kinder mänulicıen Geſhlechtes giigbere, die Maͤbchen abıy
in erwachfenen Jehren nicht fähig wären wie bie Knaben mit
in den Szieg zu gehen. Die Stolz und die Macht eines ja
Häuptlings beruhete alſo in der Anzahl feiner Söhne, und
wenigen Brauen, die man buibete, lebten verachtet und unter⸗
drückt. Der Umgang der Gingeberenen mit ben Gunopäern hat
inzwiſchen ſchon ſehr wohlthätige Folgen auf Schickſel die⸗
fer Ungluͤcklichen gehabt. Seitdem nämlich die Männer ſahen,
mit welder Aufmerkſamkeit die Zremden ihre huͤbſchen jungen
Frauen betrachteten, was für wertvolle @efchente fie ihnen
zur Bereicherung ihrer Familien machten, und welch großes
Einfluß den rauen über Lie Weißen zu Gebote Rand, lieben
und pflegen fie ihre Eleinen Mädchen ebenfo forgfältig, wie fie
biefeiben vorher vernachläffigten oder unbedenklich toͤdteten.
Ganz eigenthümlicdher Art iſt der Abſchluß der Che bei dem
Neuferländer. Gicht nämlich ein Mann ein Mädchen, das «ee
fi zur Frar wuͤnſcht, fo heit ex guerft bie Ginmwitligung ihres
Vaters, ober, wefern fie eine Waife if, bie ihres noͤchſten
Verwandten ein. Hat er fie erlangt, fo entführt er ſich feine
nad aller Kraft widerfirebende Braut mit Gewalt, wobei ſich
benn zuweilen, find beide Theile robujter Natur, ein ſehr ernfle
licher langwieriger Kampf entipismt. Iſt die Jungfrau item
Freier geneigt, fo leiftet fie Ihm wol nicht zu heftigen Wilken:
fand; gelingt es ihr aber, fich ihm zu entreißen und wieber
nah Haufe zu entfliehen, fo verliert er alles Recht an fie. Gie
wird dagegen fofort fein Weib, nachdem er fie triumphirend in
fein Haus gebracht bat. Im Allgemeinen haben die Frauen
bei den Neufeeländern, wie nicht zu verwundern ſteht, eine ende
fiedene Abneigung gegen die Ehe. Go lange fie iebig find,
enießen fie aller Rechte bes andern Geſchlechts, dürfen ‚umher«
—— wo fie wollen, und ihre Gunſt zuwenden, wen es
ihnen gefällt, indem ihnen keinerlei Einhalt gethan oder Zwang
auferlegt wird. Sobald fie aber verheiratet wurden, ift es
mit ihrer Freiheit aus, und fie find mei. grabezu die @ttas
vinnen Derer, bie man als ihre Herren über Lehen und ob
anerkennt. Der Verfaffer bes obigen Wertes bat ſelbſt mit
angefehen,, wie ein Neufeeländer eine feiner Frauen, von berem
Untreue er überzeugt war, ohne Weiteres tobtfihlug und ihren
Leichnam den Hunden preisgadb. Das Verbrechen des Ehe«
bruchs wird bei ihnen niemals verziehen, und jeder Ehemann
bat das Recht, den Liebhaber feiner Frau ebenfo wie fie felbfk
zu tödten, wofern er ihm in feine Gewalt befommt. Es wirb
leider durch diefe Reife auch mit ben beftimmteften Thatfachen
erwiefen, daß die Abſcheulichkeit der Wenfchenfrefferei bei bew
Reufeelänbern noch ſehr uͤblich if.
Bor 40 Jahren gab es in ben KWereinigten Staaten
von Norbamerit: 700,000 — 800,000 Sflaven. Nach neuer:
lien Angaben belief ſich die Angapı der bafelbft vorhandenen
über 2,100,000. Und wenn man wahrfcheinlihen Zuwachs
feitvem und bie heimlich von Cuba u. a. D. eingeführten bazus
fdlägt, fo mag jenes Land jegt wol dritthalb Billionen Stia⸗
ven befigen! ’ 158
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Die Sefipichte,,der. Seal -. Bon ©. H. Schubert.
Zwei Theile. :
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Meichänf aus; fix. 1.)
Moaandem Wisher in der phdse. hed Leiblichen ſchen
der Lichtglanz. ans. den, Megiomen : sitier bee; Walt uns
entgegefgeisunhtet: und. misten-.in. der Wirheit‘ deſſelben sine
Duplicnät; cm · Megenfatzi ſich geaabare hat, ig welchem
das eine Stich. bar. immet feine, Priectaͤt und. Patiori⸗
taͤt behauptete, jedoch nie fo geltend machte, daß Ins an⸗
dere daruͤber zu ſein aufgehoͤrt haͤtte, indem dieſes viel⸗
mehr ‚dakmuch zeinktich:.exft ia die Gemeinſchaft des Lebens
wishes warde, fü liegt n vol dien Frage racht male:
SE: denn · auch zenes· Agena, Kos ſo allmmachtig befruchtend
‚umdr-bie Herde. der koͤrperllhen Echwere loͤſend · ainflicht,:
mwicklich auf. einem icherleiſnichen Grunde eutfpruungen3 vder
gehört es nicht am Ende doch in .bieleibliche Sphäre
eib, indem «6 etwa. bios der einen Seite, alö bie an-
dere, gleich mothmendige gegenhberficht, ſodaß das Leibliche
Seunoch Altea in Alem iſt? Und iſt Diefe. Frage fo beat:
wortet, mim fie beantwortet. werben muß, fuͤr die nufle
Haͤlfte naͤmlich wit: Sa, und für die zweite mit: Nein,
je öffnet fich alspaun sem gar; großes, weite Feld der Ans
terſuchung, daräder, was denn und welcher Art biefes Hoͤ⸗
dere, dies aus den oben, Lichten Regionen Stamsmende
fei, und in welcher Weife: es ebenſowol ſelbſtaͤndig zwi:
ſchen der Heimat : der Liche und dem Leib. dieſes Todes
in der Mitte ſtehe, als in ſteta Geweinſchaft mit jener
dennoch auch in dieſem, ben menſchlichen Leibe, wenig⸗
. Bens eine zeitliche Derberge; finde. Und dieſe beiden Fra⸗
. gen beantwortet unfere „Geſchichte ber Seele“ im zweiten
Theile in fünf Hauptabſchnitten, wovon L, wie gefagt,
die Sede des Menfchen, Il. die Lehre vom Geifte, II.
die Herrſchaft des Leibes, IV. die Herrſchaft der Seele,
V. bie Hertſchaft des Geiſtes behandelt. — Weiche. wich⸗
tige, vielumfaſſende Capitel, und wie tief und geiftvol bes
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ſem Upquell in ihrer, Selbſtaͤndigkgit und
:müt derſelben Entfchiebenheit abgeleitet, in welcher der Leib
‚aus der Unermeßilchkeit aller Leiblichkeit indipibusl und
- gefondert heraustritt. Hiermit aber erhalten nun alle bie
ter——
nterhaltung—
— \ 12.3 any a 18 33.
x
den Uebergang aus dem erſten In ben zweiten Theil a
geflelle Haben, in einigen Beziehungen auf den vor ums
liegenden Reichthum anzuwenden, zufrieden, wenn tie dee
‚mit. unfern Lefern vielleicht nur ‚einigermaßen unfere ins
nigfte Uebergeugung, daß hier Audgezrichnetes und hoͤqhſt
Beachteaswerthes gu finden ſei, mitzutheilen im Stande find.
Es iſt ein beuelicher Abſchnitt, in welchem in den bei⸗
den Abhandlungen über „die Frage mich der Seele und
ihrem Sein” (S. 242 - 364) unh „die Seele in ihrer
Geſchiedenheit und Beſonderheit vom Leibe” (S. 364 —
837) die Subſantialitaͤt der Serie in der erſten mehr
nwegativ, it der zweiten poſitiv nachgewieſen wird. Wenn
‚ebmferogt Materialiamn⸗ als Pantheismus hier in ihter
. Usholssarkeit. dargeſtellt ſind, fo wird ‚mis. dem Glauben
an ben. perſoͤnlichen Gott, der ‚ber Alles; [dmffende und ers
haltende Geiſt über der leiblichen Welt waltet, niche nur
der Urquell aller geifligen » Kräfte, weiche: mitten durch. die
Zeit ‘der Leiblichkeit hindurch wirken und Leven fchaffen, .
aufgezeigt, ſondern auch ‚die Serie des Megichen aus dies
ſenhaftigkeit
Offenbarungen, die im Gange der Verbindung der Seele
‚mit dem Leibe im zeitlichen Leben über die‘ Selbſtaͤndig⸗
Leit der erſtern ia fo vielfachen Geſtaltungen fi uns bars
bieten, ihte volle. Deutung. und unbeftreithare Wahrheit,
ſodaß wir nun die Seele in einem höhern Sinne als den -
Rerven des Leibes erbliden, deſſen wlativer Buftand ges
nau nach der: größeren ober geringern Abhängigkeit von
dem Körper in einzelnen Faͤllen hoͤchſt auffallend ſich bes
ſtimmt und ebsnfowol im Herrſchen über den Leib als
im Beherrfhtwerden von ihm offenbar wird, Wol kaum
irgendwo iſt tiefer über die Bedeutung des Traums, ber
Begeiſterung, ber. Nuͤchternheit umd aͤußern Stille in ih⸗
“ Handelt und ausgeführt! Wir müßten über die Gebühr |.vem bie Seele entbindenden Einfluſſe, vornehmlich des fos
weitläufig werden, wenn wir eine nur einigermaßen genuͤ⸗
genannten animaliſchen Magnetismus gefprochen worden,
gende Ueberficht des da aufgehäuften. Stoffes. geben wolls |- als, es bier. in der zweiten jener Abhandlungen gefchieht.
ten, und entbehrt könnte doch immer dabei die geiſtreiche
Schrift wicht werden, wenn es zu einer rechten Verſtaͤn⸗
digung darüber. kommen fol. Dem in der- That, um
epitomitt zu werden, if fie ſelbſt zu ſehr
Iſt nun. ſemit die Selbſtaͤndigkeit der Seele außer allem
Zweifel geftellt, fo kann nun mt großer Sicherheit das
Weſen und die Natur -derfelben abgeleitet. werden, was
Epitome. Wis |; dem in einer Schrift, die ſich als Gefchichte gibt, nicht
begnuͤgen und darum, jene beiden ragen, bie: wis. .füc gluͤcklicher geichehen mag, ats indem der Setle Wirkſam⸗
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keit, autgehend von Ihrem Werhätiniß zum Ielbiichin Le⸗ſbaß DIE Unteffuchung: uͤber bie leibliche Polaritaͤt ber Seele
ben und der Dffenbarung ihrer Natur in dieſem, nach — man ſehe uns dieſen ber Kürze wegen gewaͤhlten eis
den verfchiedenen Glied erungen, und von Stufe zu Stufe I:was ungeſchickten Ausdruck nach — nachdem bie elemen⸗
fortfchreitend bis zu ihrer Vereinigung als Geift mit | tarifche Verwandtſchaft des Weſens der Seele zu ben Er⸗
dem hoͤchſten Geiſte, im eigentlichen Sinne genetiſch cheinungen der fiebaren Natur und die drei Elewent
dfgefieht wird. Dies iſt ber Gang, ‘welchen die Opus?! gihtungie der — Sau ei ar
Det’Iche-Uintenfuchung man fortan · mit · Abenſo geoßer Sissi ten und Wewegen,, abgebiber dw ben d
planetarifchen Natur, nachgewiefen worden, zuerft von els
cheiheit als bereundernswürdiger Fuͤlle verfolgt.
Zunaͤch ſt treten tie vag eine fehr ernfle und düflere | nem Athmen ber Seele, welches der große Lebenszuſam⸗
Partie, gieich beim Eingang auf das vieiumfaffende Sees ft, in welchem die Seete zudem allgemeinen
ta, um den krankhaften Zuftand der Seele von Ihe | pfi Princip flieht, das mit in das ‚Meichnienee
rem gefunden zu ſcheiden ‘und durch folde Jſolirung fir | zhenpplen (©. 433), jenes Complements, wovon daB
Botrachtung ber legten ganze Univerfum iſtand wornit icec
Leben erſt zur Erſcheinung kommt, gehoͤrt, und dann von
groͤßere Freiheit zu
dem: Ernchruugsꝑtoccs ber Bere huichel biffvie Maer
% ift das pfochifche Irreſein und ber Wahnfinn, mes
yon ig. 27 handelt, und team der Waheiſtun als ‘eine
Att Entleibung der Seele, die zugleich in den metſten
Faͤllen mit dee Annahme einer fremden Leiblichleit oder
Vlelmehr eriöntichleit ſich verbindet, betrachtet werden
mmnß, fo führt dieſe Bemerkung za der inhaltſchweren und
Nicht genug zu deherzigeunden Folgerung, daß bie. Serle
doch nur in der vollen und ungetruͤbten Berbiudung mit |;
ihrer eignen: Leiblichteit hienleden einen Tempel zus Eike |-
‚ oder ein Daus--zur Wnehre fich erbauen koͤnne; und wenn
Ute auch ſelbſt aus: den Veebachtungen über den Wahns.
- fin und vornehmlich abvo: dem Teaum die Ansicht in.
ı ein neben dem waächen Beben, ders Außen Simn verber⸗
war,“ noch ehe ‚jenes feinen Unfang genommen, und wel⸗ |
«bes ‚fein wird, wenn dieſes tmbet, enöffnet wird, f6 muß |:
08 Ihe doch zugleich zur Gewißheit werden, daß ſie wur |
durch die Anftrengungen Ihres leiblichen Lebens hindurch
zu den wahrhaft beslüdenden Früchten deſſelben gelangen
“möge. bee die Befürchtung: einer weiten Unteebredgung
"Bonn nunmehro die Seele im ihm hang durch Die Leib:
lichkeit begleitet und auf jeber Station deſſelben im einer |.
“ geuen Entböllung ‚ihres großen uneeſchoͤpflichen Organis⸗
: mas aufgefüßt werden. Es find aber zwei Seiten ober
-Michtumgen, ähnlich den Polaritaͤtin des Magnets, nach
welchen in der ganzen, Imfaffenden Unterfuhung die eime
- gind- immfeltbare Serie fortan In der Weiſe betruchtet wird,
daß die Betrachtung mit der erfien jener Erltm begirint,
. deſe in genetifcher Folge entwickelt und in kaum bemierfs
daren Uedergaͤngen in die zweite hinuberleitet, um dann,
wenn auch diefer ihr Recht geſchehen, an der in ihrer
Totalitat begriffenen Seele die herrlichen Lebensfrlchte,, die
ihr werden konnen und werden follen, in den Inhalt
i. m Capiteln von der Devrfchaft der Liebe, der
der des Thierrs. In der Vecrachnug ˖ dew - One :akm in
chrer geiftigem' Poßarktät fikdet das ıgsope Übort: von Da
geiftig Guten und geiſtig Woͤſon feine miöfirkefinge ‚Stelle,
worauf dann ft die doͤchſt: sterefferten Forſchungen Ieber
Ye ſchon oben gedachten eigentlichen Bebindfsisigte ln
Baunie des pſychtſchen Seins fg: a. ' ..
Wir können nad) all Dieſem nis weiter then, die
unſete Leſer zu rinem ſoegfaͤltigen Diudium diefet ‚es
ſchichte der Seele” einladen; denn ftetlich Stabium wird
allerdings von einer ſolchen Schrift gefodert ‚ben uber
das Verſtaͤndniß derſelben wirklich aufgegangen iſt, "der
wird in ihr, davon find tote überzeugt, mit uns dike
gZrucht erblicken, die, recht gmarlänılich. and Ben. urfpriang:
lichſten und hoͤchſten Clementen umferer Zeit erzeugt "ahd
geboren, geroiß auch⸗Kraͤfte in fich ſchließt, die allen gerig⸗
“net find, die großen wand tiefen Krankheiten unferer:Beit
zu beiten, ſobato dieſe :mur mit ihnen in bie vechte Be⸗
Ehrung gebracht aa hat —2 meines * 4
r Berchäftigung mit dieſem e die ſchoͤnſte K
erte ſeibſt und des Geiſtes aufzuzeigen. Jene Por gung jenes Glaubens, der wich ſchoͤn ſeit der langſten
latitaͤten der Seele find: aber: die zwei. Elemente, durch Zeit im Jmerſten erfuͤllt, gewonnen, duß der geifigen
elche das Leben derſelben in ſeiner Einheit ſich geſtaltet Aſphyrie unſers Geſchlechts weder durch Verkundigeng eis
und bewegt, davon das eine aus ber Natur bes Sibes nmes alles geiſtige Prtncip des Lebens leugnenden und pa⸗
hervorgeht, das andere aber aus der Region :des Geiſtes, rafpfirenden Unglaubens, noch aber auch durch die Pre⸗
ver obern Welt göttlicher Lebenekraͤfte, kommt, und ihre digt eines nicht minder materiellen Möflichenms, der ben
Betrachtung erfüllt fih in den beiden Capiteln von der | Geiſt hermetiſch in dem⸗ noch überdies unduichfichtigen
Seele des Menſchen und von ber Lehre vom Geiſte. Gefaͤß verfalieht, ſondern allein durch ein -heiies und ſich
- Uhfere Leſer gerinnen wertigftene eine Vorftellung:von:dem ſelbſt Man: bewußtes Dchauen ik dur Böen und Xirfen
Mrichthume · des hier · Verhandelten, :wınn wir. anfuͤhrzn, des geiſtigen. umnd leiblichen Univerſums, ſodaß es mm: mit
#7
Sie’sah Dear iunb Anpethätnie,
‘per „'den Spbtt
— und dabei feſthaͤlt,
den Gnne, indem id) feft .d
vertraue, daß fir wor der def
Fwanfen, vielmehrzutetzt auch din MWiderftrebendften dem
Dlantea an ihre Uefprünglichleit und Herruchteln ger
gehoffen wer⸗
* röise, Dim’ en und“ "Defoptenen ' dagegen el.
ment werden.
r Wir · ſcheiben wit gene — ‚von anf: Be)
r. So Lebhaft jene ern enerkenne, die in
Au Eigerfäyaft einer
Wandelbaren und Vexgaͤnglichen hindurchgeht ünd Die Ein⸗
‚genen umb — wie Difionaszen -.zu ein melo⸗
-Bifden wWerwebt S. 433), >die jener ‚goiefache
Zug if, der ‘von der odern Einheit zu dem’ Einzeineh · und
GSetrennten herab, ufid von dem Einſehnen aufwärtegthedo |
:gur Einheit ohne Aufhoͤren, umgefuͤhlt ud unbew
mwirke (af); fo::gewiß ich an: jenes‘: Sonapiensent. —
wurd) das m die Enrh
xB. dad. Wort vom Hades (S. 213; val.
—
— 370, ag. &. 668 fe.) viel weniger fi
—— oh anf Def. — *
“weine auch, metnen obigeri Tadei ber alletdings auf tirfe
‚Anfpruchsiofigkeit hindeutenden Methode deſſelben, nach
„welcher ex dem Gebiete des Geiſtes noch Vieles überlaf:
ıfen ga mäflm ‚glaubt, was für Dis Wiſſenſchaft zu hoch
re ar (©. 8%), ven hleraas gar wohl recheſertigen u
—— zweite Bemerkung verwandelt ſich In bie Frade
„an bie Leſer, was fie wol zu des Auſicht von der homoͤo⸗
. pathifchen Heilart. fügen werden, die (&..766) in folgen⸗
"ven "Wortert‘ gegeben wirb: Kiem Heilart der Reueften
Zeit, welche man die homoͤopathiſche denannt, wirkt auf
5 Weife:. durch das Entfernen aller üihertäubend a
Genuffe und durch das laͤnger fortgeſetzte
Feen von Miteain deren feine Zerchellung an ſene oben
‚erwähnten Verſuche (S. 19 dr& Robert Brown erinnert,
ber den Btaͤubchen der Körper durch unmeßbares, kuͤnſt⸗
Uches Verkleinern eine merkwürdige ſelbſtaͤndige, ee
ſcheinende Bewegung gab. Es [cheinen alsdann die Stoffe,
veriſcht mit dem Waffe, mehr auf jene elektriſche (6. 18)
Weiſe und ebenſo wie "bei der Seherin durch die "bloße
Beruhrung der aͤußern Haut einzuwirken als nach "der
Art der gewoͤhnlichen Aſſimilation duch den Darmcanal.
Die Stäubtein ,; fo lange fie wech in größerer Maſſe vers
- int waren, gehorchten 6106 dem Zuge ber Eohäflonz "die |
feine Iertheitung gab ihnen die Beweglichkeit Yegen den
elekteiſchen Einflaß, welche das Auge durch das‘ Mikroſtop
an ihnen ‚bemertg,” - Es: wäre wel auffallend, wenn
2 Lmpiri⸗ auch hier wieder ein weont cu⸗e Geſetz ent⸗lElend; deun
J. * 4— * . rt
»
Geundpfeilern des Lebens;
n Unterſuchumg nicht
—8* durch bus Reich |)
2 he sul verfüht' w
At’ vet Wrdeinanbers and eimunder |
. Yetttgegenfirchenben Glieder auf’ allen Stafn und Punks |-
ten’ ded Lebens Bebinge und begründet. wird: "fo kann ih’ |
doch weder jene Weitordnung nach dieſes (mit ihr iben: |.
a anders ats zumal mit. ben Gegen⸗
3 uMd- mit dieſen febend auffafſen md *
—— Ks von ber Trennung ber Seele. und * |
ten mitge
deckt biete, Has Jahrtau dem
—— blieb. ud au We ven
Dr. 8. B. Meißner in Veldendurg.
‚Reiner enstifae Eitecatur.
(Beſchluß aus Br.11.)
% Quanoou-s-Islam; ; or the customs of ibe moasulmans of
‚ Iodia: comprising a full and exact account of their va-
.. —8 and By 9 47 ‚gie moment of birth till
16 Bour of deat afur Shurreef; translated
@. 4 Herklots. baden, 1832. fi w
Ein Werk, welches von einem Eingeboranen Indiens zur
ung der Ausländer über Sitte und Lebensweiſe eines gro⸗
Sen Theus ber Bevdlkerung diefes unermeßlichen Landes ger
Ichrieben worden, gehört unfreitig zu den feltenen Erſcheinun⸗
KR Der - re Das obige iſt ein ſolches und warb urs
des Matterſprache, dem binduflanifchen
im Güben Indiens, in Dekan, einhei⸗
il: iſt. Das Bud iſt noch vallſtaͤndiger als der Titel bes
— 4. enthaͤlt auch die *8 ſebet Monate der
aft. an ſowie bje
* und r wird
den Beben eines metallenen Be:
zu shun,. fobann: ine Anzahl Knaben zu serfammeln ugb
‚fie a wab nady ihre Hände auf den Becher legen zu —8
Dieſer wird ſich bei der Berührung irgend einer an in
wegung fegen, und nun muß Drrjenige, weicher bad GSeſtohlene
auffiuden will, feine Hand auf die des Knaben legen und Ar
bes, daß der Weder ihn zu dem geftohienem Gute. führe, was
alsbald geſchiedt. Dſchafer Gherrif verjüchert, biefed Mittel
paobat gefunden zu.. heben. Troedem wirb man verſucht,
„ferne Seichtglänbigleit in - Zweifel zu sieben, wenn er erzaͤhit
daß er lange Beit. mit frommen und | Perfonen
Grorciften und Reiſenden aus Arabien a ter
wit
d. h. aus
alten Weltgegenden, in Verbindung geſtanden, um ihr eheim:
niß volles Diſſen zu ergruͤnden; allein was ex dadurch gewonnen
babe, ſei in bene
einer Maus wegen Berge um. — Bin ber - veligiöfen
Gebraͤuche der indifhen Modems werben * bie bee Simmi⸗
ut und demnach dad ‚verbienftliche Werk bey Miſteeß
Meer Haſſan Ali ergänzt, im welchem bis ber Schiiten enthals
ten find. Die methodiſche Am , ein Inder und ein eis
ches Gloſſarium machen biefes- reichhaltige Buch noch fchägbarer.
8. History of the war of the sucvession in Spain. By
Lord Makon, onde 1882.
Unter Kart II., dem iedten Mönig Öftteidhlfchen GStanaces
auf dem ſpaniſchen Throne," war detannttich die innere Zerrut⸗
‚tung dieſen Aeichs auf einen-fo- hohen Bad gefirgen daß ber
ganze t dae Schickſal der veriöfchenven
linie theilen zu woßen ſchien. Dennoch knuͤpfte bie — **
Sevdlkerung noch einige Hoffnung an ben * Bed;
fel der bisherigen Ordnung der Dinge; denn wie Lord Wahön
bemerkt: „Die weue Odnaſtie, ein neues Biegierunge:
‚fotem konnte unmöglich ſchlechter fein, ale bisher, und einem
‚yeauditen Bolle ericheint soft die Hoße Weränberung- feiner Un⸗
terbrüder wie eine Erleichterung.“ Doc auch dirfe Veraͤnde⸗
‚wung machte Ehrgeiz muglos zur Duelle von neuem, größeem
Yarte' Engand Pyltipp V. zubig den Whron e
Sn
Spruͤchworte gefagt, vor es — „Ge groͤbt
⸗ 48
nlens befkeigen laſen, fa wärhen die Jaigen daven biefelben ge⸗
weſen und viel Blut und Gold erſpart worden fein. Das pa:
tärlide und unvermeidliche Widerſtreben der Intereffen Spas.
niehs und Frankreichs war hinreichend, de Beforgniß vor der
vereinigten Macht diefer Reiche zu verſcheuchen, und es hätte
keines zwblfjährigen Kampfes beburft, um nach großem Auſwande
und vergeblichem. Widerſtande das unvermeiblich: Beiworbene ge:
ſchehen zu laſſen.
Die vorliegende Geſchichte dieſes Kampfes erhält, ab:
geſehen von“ der Maren, geiflreihen unb lebendigen Dar⸗
Beuung, einen befondern Werth durch die vom Verf. bes
nugte, ſehr woeitläufige Correſpondenz des Generals Stanhope,
eines feiner Vorfahren, durch feine (1708) gluͤckliche Unter⸗
nehmung gegen
wald durch deſſen ſchriftlichen Nachlaß in den Stand gefett,
die Geſchichte der Ereigniſſe auf der Halbinfel vollſtaͤndiger und,
getreuer gu ſchildern als irgend einer feiner Borgänger. Auch
t er auf dieſelbe den meilen Raum berwenbdet und die:
‚übrigen damit in Berdindung- fiehenden Begebenheiten - Fener!
Zeitperiode nur kurz abgehandelt. Belegenflich gibt er ih auch
Betrachtungen aUgemeinerer Art Hin; fo 4:3. am Souſſe
des Buchs bei folgendem Bergleich zwiſchen Madrid und Paris:
„Aus dem Erzaͤhlten geht auf das unzweiſelhafteſſe her⸗
vor, wie ſehr verſchieden die Wichtigkeit: des Beſitzes beider
Sauptfäbte iR.” Während Paris in Frankreich Altes, Hit
Madrid in Spanien nur wenig. Die Erfahrung. hat betätigt,
daß der Jeind beim Vorbringen gegen Parks gwar feinen Wieg
- dur manch tapfere Schar bahnen und den heftigften Mider:|
“Mand überwinden muß; Hat er aber dieſe Hauptſtaht genommen, '
ſo hoͤrt allee Biberſtand auf unb dem bort: erridhteten Gou⸗
vernement unterwirft ſich das Hanze Land. Derſelbe Ball tratı
ein bei bürgerlichen Entzweiungen. Wer bit Wenöllerumg von
Paris für ſich zu gewinnen, ihren Beifall zu erfaufen, ihren
unwillen zu befänftigen wußte, dem huldigte auch ganz Frank⸗
reich; wer bagegen die Hauptſtadt erzürnte, wäre es auch durch
.etwas zum Beſten der Depattements Unternommenes geſchehen,
der hatte unfehibar Alles gegen ſich. Gine vollſtaͤndigere und
unbilligeve Sklaverei als dieſe blinde Unterwuͤrfigkeit fe vieler
Miltionen gegen bie veränderlicdyen Dictaten einer lelchtſinnigen,
aller Srundfäge baaren Hauptſtadt, als biefe Demuth des fran«
zoͤſiſchen Bolkes gegen ben Pöbel von Paris ift unerhoͤrt. In
Spanien dagegen haben ber Succeffionstrieg, fowie die unferm
Jahrhundert angehörenden bort geführten Kämpfe berviefen, daß
der Beſitz der Hauptſtadt weber für ben fremden @roberer noch
für den einheimifchen Parteichef von ſonderlichem Rugen ift. Zwei⸗
mal zog ber Erzherzog Karl, breimal Zofeph Bonaparte fiegs
wei in Mabrib ein, und immer erfuhren fie, baf die Grobe:
rung der Hauptſtadt Gaftitiene und bie Unterwerfung der Gas
filiee zwei ſehr verſchiedene Dinge find. Was in Frankreich
die Eroberung vollendet, iſt demnach in Spanien nur ein Ans
fang berfeiben, und daher kommt es, daß trog aller Nachtheile,
ſchlechter Armeen, fchlechter Generale, Regierungen und Geſetze
die Spanier ihre Unabhängigfeit vom Auslaude behauptet haben
_. uud wol auch behaupten werben.’ i
ur Wir ſchlieben mit folgendem Beifpiele- ſpaniſchen Stolzes.
Es war von Jafang herein Vendoͤme's Beſtreben, bie guten
Gefinnungen ber ſpaniſchen Granden gleichzeitig zur Schau zu
fiellen und ſich ihrer zu vergewiſſern, indem er fie zur Ausfer⸗
tigung einer Öffentlichen Erklaͤrung ihrer Ergebenheit gegen Phi⸗
Kpp einlud. As dieſe Erklaͤrung unterzeichnet wurde, fügten
mehre Granden ihrer Unterfchrift bie Worte: „fo adelig wie
ber König”, hinzu. Vendome trug dies ſtillſchweigend, weil er
fie beim Guten erhalten mußte; als jeboch einer. diefen Zuſat
mit „und noch ein, Wenig mehr” erweiterte, rief er unwillig
ans: „Himmel! wogt Ihr den Abel des Hauſes Bourben, des
:tutta and mit allen
Port Mahon Erwerder des Titels, den’ unfer,
Geſchichtſchraͤber führt, Nach Lord Peterborough's Abtreten
"vom Kriegeſchauplat in Spanien erhielt General Stanhope ben.
Dberbefeht in Gatalonien und Aragonien und ‚behauptete ven⸗
felben in dan Jahren 1700 und 1710 mit Ruhm. Unfer Verf.
‚ Stelle des Iheokit (IE, 87): ‚Alderan
tung:a, Malatt, ©. 5, -
Kedigirt unter Werantwortlihkelt der Berlogähendtung: 8. X. Brodbans in Belpsie.
älfeften ia
Hein Idr DE 5 dem
Allen nicht verge — König Philipp ein, ‚Bean t, —
21
— Bus PEN:
Reiten
..
SEE Tor BEL RE,
.. Bon ben yolitifgen Umwälzungen in Vegupten "hängt ein
"wichtiges Unternehmen äb, welches bie oftindiihe Gömpagnie
lange beabfichtigt und befprocdyen hat. Sie unterhält befanntiidg
fon feit mehren Jahren eine lebhafte Dampfihiffaget von Ale
Kifkentäub and af dem
‚mis, dexfelben
ei,
Voogly ‚fi Seſchaͤftigkeit
ie : :, GOAMOLS ; er f
‚der Ihe e An und herz nur if die Gommunicafion ad
britmnien immer noch auf den gewöhnlichen Weg angewieſen,
und, um eine regeimäßige Dampffaıt zu u bedat
⸗
"66 Ser einer teichen Nirderlage von Mieinlshten Otuserg,
‘dm Gap, Isle de Fraute, Zrinfomele und Mehr. Bon Bem⸗
‚bay ‚nad Suez, gehen bewaffnete Dampfböte, um reiche moham⸗
medaniſche Pilger, wie unlängf einen Fürften von Deipi, nad
Mefka zu gefeiten, bei welcher Gelegenheit Koßlendepots in .
Aven, Juddah, KHoffeir.und Suez augtiegt wurden, denn gute
Gerigkoytenifind in Bombhy' fo Sch baßche;oft dis Ballafk
eingenpimen werden; 'alleie da bie. Fahrt keinen eigentlich ma⸗
‚pien (800 Thlr.), ohne Beau ügkreife, ſelbſt fie
dem gewöhnlichen Pilger’ gu bedeutend. in unternehmender
Mann im Dienfte ber Marine, Hr. Waghorn, gründete hierauf
den Plan, eine Dampficiffahrt Aush Das auittelländifche Were
sa erhffaen und innerhalb 60 Magen va Bombay nadı. ‚Arm
cantilifgen Zweck hat, fo ik das Pa rt; »on 1200 Rue
"Mutteriande zu fegeln, Mit ihm soncureirte Cap. Taylor, ber
1 Ki: Zage ti *
von Falmotith nad Gibraltar dihete, don Bier Bis
Malta‘9;, bie Aerandria 7, Tobann durch die Wäſte bis Suez
‚fine Karavanenſtrecke von 4 Tagen .und sadlich von hit WiS-
‚Bombay: & MWochen, alſo in SO Tagen bie Tour. zu vallahen
verſprach und für jebem Brief auf zwei Zahre das mäßige Pı
von zwei Rupien verlangte. Erin Unternehmen fand ben gr
ten Beifall; felbft auf Ceylon uhd im nörblidhen Indien wurde
ihm die möglichftertinterfilgung verfprochen, aber Taylor wurde
tm Oktober 1830 in Perſien, woſtibſt eu bie Flaßgebicte zum
Beſuche einer, ausgedehnten Daupiihiffshrt bereifte Den Rue
bern erfhlagen, und Waghorn foll bei dem erften
eignes Bermoͤgen zugeſeet haben,
Der Engländer Kenball bat ſich bie Muͤhe zenominen, bie
Anzahl von Haustpieren, weiche in Rußland im Laufe eines
erſuche ſein
einzigen Jahres, ben officiellen Berichtey zufolge, von Wölfen
zerriſſen worden, aufzuzaͤhlen. Die einzige Provinz Liefland
"bietet bier im Jahre, 1823 folgende faft unglaublihe Menge:
1841 Pferde, 1243 Fuͤllen, 1807 groͤßere Rinder, 733 Kälber,
15,182 cafe, 786 Lammer, 2545 Ziegen,‘ 185 Biden,
:4190 @cweine, BIS Beikel, 708 Hunde, 675 Gänfe.
Wie überaus anziehend und belehrend auch neben ber innis
gen Verwandtſchaft der Sprachen die Vergleichung bes indifchen
Alterthums für die claffifhe Philologie werden könne, zeigen oft
die Üübereinkimmenpfien Züge des Volkeglaubens, von benen man
kaum fi. Kechen ſchaft zu geben vermag. ZJetermans :tennt bie
„I t —XXX uos,ö
dskicg', und die Erklärung des Scholiaften: daß die Augen jr
gendwen von den Haußgenoffen fehen ſollen,“ wenn ſie böpfen,
- dringt durchaus nicht in den vollen Einn ein. In ben indifcyen
Dramen iſt das Zittern des rechten Auges bei Wämern sin
gutes, bei Beibern immer, aber nur im Gebiete der Liebe din
. böfes Dmen, 5. B „Meicbal”, &.188, 222 (kalkutt. Ausgabe),
sphurati daksbinam lochanam, ebenfo bei der Eafuntala, als
fle vor ihrem koͤniglichen Gemahle ſteht, S. 97, heraueg. v. Chegy.
Das Zittern des linfen Auges dagegen iſt von Buter- ehe
ur ne 3
I
A — — — — — —
Blätter
- für
Unterhaltung.
literariſche
—
Ein Buch auf Friedrich pelitiſch⸗ literariſc
_ Daͤtigkeit im Jahre Bra) iterariche
Erſter Artikel.
Friedrich Murhard gehoͤrt gewiß zu dem cempes
tenteften Stimmfüͤhrern Ir Öffentlichen Angelegenheiten,
Aeußere Stülsumftände, wie fie dem Gelehrien ferten zu
Theil werden, ſetzten ihn im ben Stand, ganz nur ſich
und feinen Studi zu leben und feine geiftige Krafk,
‚ohne fie des lichen Brots wegen durch fremdartige, we⸗
nig fördernde Geſchaͤfte zerfplitteen zu muͤſſen, Jahre lang
nur auf einem Punkt zu concenttiren. Dieſer Punkt wa⸗
ren die Stantsroffimfcdhaften, die von jeher die Lieblinge
beſchaͤftigung des talentvollen Mannes ausmachten. Ce
wurden von. den "Univerfitätsinhren an fein ganzes Lehen
hindurch von ihm angebaut, und ſchon fruͤh gelangte er
‚ya der Ueberzeugung, daß die echte politiſche Aufkidrung
die Bedingung aller übrigen Xufftärung ſei. Maſtios ging
fein Streben dahin, das Wahre vom Katfchen, das Ges
zeifte vom Ungereiften, das Zweifelt afte vom Verwetflichen
zu unterfcheiden und auf dieſem Wege das zu erfirebende
Ziel in immer hellerm Lichte dem Auge des Suchenden
darzuſtellen. Beharrlicher Fleiß und reger Eifer in Beach⸗
tung und Auffaſſung alles Deſſen, was mit feinen Stu⸗
dien in näherer oder entfernterer Beziehung ſtand, war
bie nothiwendige Folge dieſes Strebens und bie unerlaͤß⸗
liche Bedingung ſeines Gelingens. Er ließ es daran: nit
fehten. Dabel war fen Gemüth, tote das jeden Water:
lands freundes, ftets von der wärmfien und lauterfien Btebe
für die Menſchheit Befeelt, und die von Wort ihm verkies
benen Fähigkeiten und bie durch Fleiß erworbenen Kennt⸗
niſſe zum Wohle feiner Mitmenfchen anzuwenden, war bie
‚einzige Richtſchnur diefer Thätigkeit. Wer die Menſchheit
nicht liebt, wird aud ſein Vaterland nicht lieben, und fo
umgefehrt; beide Gefühle entfpringen derſelben lautern
Queſle, die nur In der Bruſt des Kosmopoliten auch im
veifern Mannesalter noch ungeſchwaͤcht fprubelt, im Bu⸗
fen des Ichſuͤchtlers aber, wenn fie" auch als flädhtiger
Jagendtauſch ihm kurze Beit floß fehr bald für immer
verfiegt. So erkannte Murhard es als Aufgabe ſeines
Lebens, fuͤr die hoͤchſten Intereſſen feiner Gattung zu ars
Briten. -Wisfehders geſchickt machten ihn -bazu uͤberdem die
"vielfältigen Reifen, weiche-er, mit alten Vorkenntniſſen zur
erſprießlichen Benutzung berfelben wohl verfehen, unternahm
— N.18. —
und ſo die Menſchen unter den verſchiedenartigſten Ver⸗
haͤltniſſen beobachtete, Laͤnder und Voͤlker verſchiedener Zun⸗
gen kennen lernte. Er ſah Nationen im fröhlichen Ges
aniffe ‚dee freieften Verfaſſungen, er fah Voͤlker ımter dee
Seißel eines morgenlaͤndiſchen Despotismus. Das Leben
der Hoͤfe, der großen und vornehmen Welt war Thm f6
wenig fremd, als das der niebrigften Claſſen. Befreundet
wit den Meifterwerken des claſſiſchen Alterthums, konnte
er die Lehren der Alten mit denen ber Neuen verzglei⸗
"en, und vertraut mit ben politifchen Theorien der ber:
fhiebenften Zeitalter, hatte er Gelegenheit, praktiſch feine
Anfichten zu vervollſtaͤndigen und zu berichtigen. Sein
Leben fiel Überdies in eine an außerordentlichen Begeben:
beiten fo reiche Zeit, daß er diefe nur mit empfänglicem
Gemüthe in ſich aufzunehmen brauchte, um dinen uner
ſchoͤpflichen Schatz der bedeutendften Erfahrungen zu bes
figen, welcher einen fihen Maßſtab zur Beurtheilung
wiederkehrender aͤhnlicher Erfcheinungen und zur, Wuͤrdi⸗
gung theoretifher Lehren barbot. Dem auf diefem Stand⸗
punkte des Lebens und ber Wiffeusfchaft ſtehenden denken⸗
den Manue konnte es nicht entgehen, daß die Staatswils
fenfihaften nicht nur dem großen Haufen, fondern felbft
Denjenigen, für welche ihr Beruf ald Diener des Staats
ober ald Vertreter des Volks eine befondere Auffoderung
zam Studium derfelben "enthält, nur zu häufig mehr
doer weniger. eine terra inpogmita fein. Die Schaͤdlich⸗
"Seit. einer ſolchen Unwiſſenheit mußte fih ihm um fo lebe
bafter darftellen, da auf dieſem Felde fi) auch der Un⸗
kundigſte aufzutreten und fein.Urtheil abzugeben fuͤr be⸗
rechtigt hält, dadurch aber die auf wenige einfache Wahr:
beiten gegründete Wiſſenſchaft, namentlich in unfern jetzigen
bewegten Zeiten, zu einem Chaos geworden ift, in welches
fi Mancher kecken Muthes hineinftürzt, aber, fortgertffen
vom Strudel, vergebens. nach dem —*8* Faden der
Aciadne ſpaͤht, um dem; ſichern oben. wiederzugewin⸗
wen. Solcherlei äußere Verhaͤltniſſe und innere Betrach⸗
tungen mußten Murhard auf die Idee leiten, auf dieſem
Felde der Verwirrung und Verirrung eine Sichtung ber
Begriffe, eine allgemeine Revifion des ſtaatswiſſenſchaftlichen
Sefammtgebietd vorzunehmen. Einen ähnlichen, wiewol
weit enger begrenzten Werfuch der Art batte bereits ein
ſehr achtbarer Stantsiehrer *) vor ihm gemacht. : Allein
*) Briebrich von Raumer: „Leber bie gefchichtliche Entwicke⸗
13. Jannar 1833.
,
1%
Du" —
dat Webhefntf nach einem Werke, dab nad) einen! großarti
gern Plane gearbeitet wäre, wurde dadurch nur um fo tebhafs
ter angeregt. Nicht nur für Den, welchem feine Zeit und
anderweiten Arbeiten nicht geftutten, an dee Quelle ſelbſt
zu Achoͤpfen, welchem Mittel und Gelegenheit fehlen, ſich
fuͤbſt alle die Schriften anzuſchaffen, in welden ſich a6
Material für ein ſoiches Merk zerſtreut findet, müßte: eine
ſolche Revifien, eine Zufammen ud Gegenäberftellung
der verfchiedenen Anfichten und Lehren ber Denker aller
Zeiten über die wichtigen Fragen des Staatslebens hoͤchſt
errihfcht fein, fondern au für die Bünftige ſyſtematiſche
usbildung der Wiſſenſchaft felbft würde fie eine rund:
age” abgeben, melde von großem Mugen fein koͤnnte. Als
ein avenn ih auch in Murhard bie nothwendigen Eigen:
ſchaften zur Bearbeitung eines ſolchen Werkes in feltenem
Grade zufammenfanden, wenn e6 Ihm auch weder an ben
uöthigen Fähigkeiten, Kenntniſſen, noch an bee gänfligen
äußern. Lage fehlte, um ein Werk zu unternehmen, was
nicht etwa in einigen Jahren und unterbrochen von man⸗
chetlei fremdartigen Berufsgefchäften ausgrführt werzn
Zann, fondern zu deſſen gluͤcklicher Vollendung ein Men⸗
ſchenieben ungeſtoͤrter Arbeit erfodert wird, fo traten them
doch die Verhättniffe des bdeutfchen Buchhandels abmah⸗
nend entgegen, welche fuͤr den Abſatz eines ſo umfaſſenden
Werkes Leine guͤnſtige Ausſichten verſprachen. Die größt:
moͤglichſte Verbreitung des Werkes war aber umeeläßliche
Bedingung feiner‘ Nüglichteit. Durch biefe und ambere
Ruͤckſichten fand fi Muthard veranlaßt, von feinem. ur:
fprünglichem Plane in etwas abzugehen ind folchen: ber
* Enplichkeit unferer Verhäftniffe mehr anzupafjen. Seine
Abſicht geht nun: dahin, aus dem weiten Gebiete ber
Staalswiſſenſchaften einzelne wichtige Gegenſtaͤnde auszu⸗
wählen und fie nach dem urſpruͤnglichen Plane zu hear⸗
beiten. Auf diefe Weiſe wird derſelbe mit der Zeit, wenn
die Vorſehung dem thaͤtigen Schriftſteller Leben und Kraft
noch lange erhält, und wenn derſelbe in dem degonnenen
Maße der Production fortfähet, den anfänglichen Plan
auch fo realifiren, und zwar noch volllommener. und er-
ſchoͤpfender, da bie einzeln behandelten Gegenftände mit
„größerer Ausfuͤhrlichkeit und Gruͤndlichkeit dargeſtellt wer⸗
den koͤnnen, als wenn ſie nur als Theile eines groͤßern
Ganzen ins Leben traͤten. BE
‚Das Jahr 1832 hat'˖ uns nun fünf folher Mono:
„graphien in raſcher Aufeinanderfolge bereits gebracht und
"einen Beweis von der Rüftigkeit und Schnelligkeit gelie:
‚fert, mit welcher ber Verf. arbeiter. Eine Schnelligkeit,
die ‚vielleicht Mancher für Fluͤchtigkeit zu halten geneigt
‚wäre, wenn fie ſich nicht aus dem. Vorhergehenden und
. ber Abficht des Berf,, mehr eine Zuafammenſtellung frem⸗
„ber Anſichten zu geben, als ein eignes Syſtem aufzuſtel⸗
len, Conftrutrung und detaillirter Ausbau allerdings
“mehr Zeit und Mühe erfodert haben würde, genügend
„ertlären ließe, fowie durch die Xüchtigkeit ber Arbeiten
tung ber Begriffe von Recht, Staat und Politik’ (Leipzig
:, 1836).: Die: in vorigem Jahre erſchienene zweite Aufage
bes fchägbaren Werkchens ift um Vieles vervonſtaͤndigt
und verbeifert.: 00 nt
l
ſelbſt widerlegt wuͤrbe. Es wird ef. eine angenehme
Pflicht fein, den Leſer in Folgendem mit den Erzeugniſ⸗
fen eines unferee aufgellärteften, mit entichiedenem und
feurigem Eifer auf eine vernunftgemäßere Geflaltung uns
6 Staatslebens himarbeitenden Schriftſtellers näher be⸗
nnt zu machen Be LE
%. Der Ieoe des Staats. Eine. prepolitiſche, Umerſu⸗
hung im Lichte unfers Jahrhunderts. Won Friedrich
* ard. Goͤttingen, Dieterich. 1832. Gr. 8.
NMit Recht hat ber Verf. mit dieſer Unterfuchung den
—
"Anfang gemacht, da fie die nothwendigen Voörderſaͤte in
fih faßt, über weile man fih vor Allem verfländigen
muß, um mit $olgerichtigkeit die uͤbrigen Kragen Löfen zu
können. Haben wir den Zweck deutlich vor Augen, fo
wird es dann leichter, über die verfchiedenen Mittel zur
Erreichung deffelben ein richtiges Urtheil zu fällen. „Sehr
zu wuͤnſchen wire 48”, bemerkte [chen früher ein als
Schriftſteller und. Staatsbürger gleich achtungswerther
Mann *), „daß man endlich einmal hber den wahren Zroc®
des Staats, als die Baſis aller Theorie vom Staate fd
wie aller Staatöpraris, ind Reine und zum allgemeinen
Einverſtaͤndniſſe käme. Denn che und’ bevor das erfolgt
fein wird, kann weder ein ſicheres und gedeihliches Fortz
ſchrejten in ber Cultur der Wiffenfhaft vom Staate und
m allen ihren Zweigen, noch eine wahre Feſtigkeit und
Gonfequenz in. den Lebensfunctionen des Staats felbft ges
‚hofft werden.“ - Wenn der Berf. uns’ die Meinungen,
‚welche. die Seaatsrechtslehrer aller Zeiten uͤber die wichtige
Srage, zu welchem Ende die Menſchen in Staaten zus
fammengetreten find, gehegt haben, in bem vorliegenden -
Werke vor Augen führt, feine eignen Anfichten einflech⸗
tend und in sin Endreſultat zufammenfaflend, fo. hat er
dadurch nicht nur ein ſehr nüglichee Werk für den Laien
-unternommmen, ber über biefen wichtigen Punkt Aufſchluß
ſucht, fondern auch dem Gelehrten von Fach einen Dienft
erwieſen, Indem er ihm die Mittel erleichtert bat, über
hen in Frage feienden Abfchnitt der ſtaatswiſſenſchaft⸗
lichen Propädeutit zu einem Endrefultat zu gelangen. Die
Wiſſoenſchaft hat jedenfalls einen nicht unintereffanten Betz
teng: zu ihrer Riteraturgefchichte dadurch erhalten. Links
„und ;pechte. die Begriffe vevidirend, beginnt der Verf.
„feine Schrift mit.der 2
umgaͤnglichen Nothmwendigkeit einer richtigen Beflimmung
des Staats zwecks. (S. 3— 18.) Man müßte ſich wuns
‚ben, daß .diefelbe überhaupt bat in Zweifel geftellt und
arlegung dee Nüglichkeit und uns
vorfäglih von Staatsrechtslehrern Üübergangen werden koͤn⸗
nen, wenn man nidt wüßte, daß. es grade den gruͤmd⸗
‚lichten Gelehrten ‚nur zu häufig begegnet, daß fie den
Wald vor lauter Bäumen nicht ſehen, und daß es ihnen
ebenfo oft. nicht. um die mit wenig Worten geſchehene
Anerkennung einer fi) "vorfindenden einfachen Wahrheit,
_ fondern um. das Erbauen eines zufammengefegten Syftems
eiguer Erfindung zu thun ifl. Was der Verf. ſchon im.
Behr, in 'dee- Worcebe zur erſten Abtheitung. feines „@y-
" ftem6 des angewandten: allgemeinen Gtaatsichre‘ (Frank⸗
U... fügt. aM. 1810). ..
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defem Gapitel "über ſein eigentliches Thema, den Zweck
bes Staats ſelbſt, einfließen laͤßt, gehoͤrt ſtreng genommen
wicht hieher, auch wuͤrde er leichtlich für feine, Meinung
och mehre Schriftſteller haben anführen können, als bie
von ihm hier genannten. -
Das zweite Capitel ber vorliegenden Schrift handelt
son den hiſtoriſchen Zwecken des Staats. (S. 19— 36.)
Der hiſtoriſche Zweck des Staats iſt von dem philofophi:
ſchen Zwecke deſſelben fehe wohl zu umterfcheiden. Wie
alle Verhättniffe im Leben nicht immer fo find, mie fie
fein ſollten, fo haben auch in der Erfahrung die Staaten
ſehr von einander abweichende, mit den Srundfägen der
Vernunft wenig uͤbereinſtimmende und noch öfter gar keine
mit Beſtimmtheit fi) bewußte Zwecke verfolgt. Gemiffe
Berbindungsideen müffen indeß Immer vorhanden geweſen
fein, denn, „s’il n’y avait pas quelque point sur lesquels
les interets s’accordent, nulle société ne saurait sub-
'seter”, fagt Rouftenu mit Recht. Allein dieſe find mehr
als Motiv der urfprünglichen Wereinigung anzufehen, fie
‚baden ſich aber ſpaͤterhin nach Verſchirdenheit der aͤußern
Lage der Staaten und ihrer Scidfale ganz verſchieden
ausgeprägt. Der Verf. fucht die hiſtoriſchen Zwecke eini-
ger namhaften Staaten darzulegen und theilt die Anfichs
‘ten verfchiedener Staatsrechtslehrer über den aus der Er⸗
fahrung abflrahirten Zweck des Staats mit. "
- Zub dritten Gapitel gibt una ber Verf. Exoͤrte⸗
ungen zur nähern Ausmittelung und Seftftellung ber
ꝓhiloſophiſchen Zwecke des Staats. (S. 37 — 58.
Wenngleich bite cher eine Einheit moͤgllch iſt als bei
den Zwecken, welche in der Erfahrung von ben beftehen:
‚den Staaten befolgt. werben, fo herrſcht doch über dieſe
wichtige Aufgabe des Staatsrechts noch eine ungemeine
; Verfchiedeiiheit idee Anfichten ämter den Lehrern beffelden.
Diefer Divergenz hat der Verf ein eignes Sapitel (das vierte,
©. 58-68) gewidmet, fowie er auch diejenigen Staates
rechtslehrer, weiche gar keinen allgemeinen Staatszweck
geiten laffen wollen, in ein befonderes Gapitel (das fünfte, ©.
69 — 82) verweift. Nachdem er auf biefe Welfe das Ter⸗
rain zuvor recognofcirt und gewiſſermaßen blos plänfernd
ducchzogen, gebt er in ben folgenden Abfchnitten auf die
einzeinen Anſichten genauer ein. Er prüft bier zuerſt
(Cap. 6, S. 83 — 116) diejenige Meinung, nach welcher
Begehindung eines Rechtszuſtandes als hoͤchſter Zweck des
Staats angefehen wird. Wenn die Alten gemeiniglich er
babenere und weitumfaflendere Zwecke mit der Idee des
Staats verbanden, fo waren es hauptlächlich die Juriſten
im 17. und 183. Jahrhundert, weiche fich bei dem nieders
gedruͤckten öffentlichen Xeben an diefe Idee, als den legs
ten Nothanker, anklammerten. Darüber hinaus verftiegen
ſfie ſich nicht, und es iſt auch allerdings noch in jegigen
. Zeiten detjmige, mit deffen Lauterer Erreichung man fchon
zufrieden fein muß und zu welchem ſich noch fehr viele
thäytige Staatsrechtslehrer bekennen. Die Bezeichnungen,
weiche fie dafür wählen, find mitunter verfehieden, jagen
aber Daffelbe. Winkler und Daties nennen Rechtöfichers
heit als Zwed des Staats; Schlözer fagt: „Eifer Zweck
und Pflicht des Staats ift bios Schutz... Seit Kant ka⸗
a
men die Meiſten darin uͤberein, bie Herrſchaft des Nechts⸗
geſetzes als Staatszweck anzunehmen; man drückte dies
bald du die Worte: Rechtsſicherheit, vollkommen recht⸗
licher Sriedenszuftand, Selbſterhaltung des Staats, St:
herung vor Unrecht u, ſ. w. aus. Vorzuͤglich vertheidigte
Schmalz die Anfiht vom Staate als einer bloßen Rechte:
anftalt. Auch Spittler hätt Sicherung ber Zwangsrechte
oder äußern vollkommenen Rechte für völlig hinreichend
zur Beflimmung des Staatszwecks. Anton Thomas bes
trachtet den Staat als eine zur Realifirung des Rechtes
verhaͤltniſſes organiſirte Geſellſchaft. Der Staatszweck,
lehrt Ant. Bauer, beſteht in allgemeiner Rechtsſicherheit.
„Det Ziveck des Staats iſt“, fagt Koh. Paul Pal —*
fuͤr zu ſorgen, daß Jeder habe, was dem Rechte nach ſein
iſt, damit er ungeſtoͤrt duch Andere, aber auch außer
Stande geſetzt, Andere zu ftören, frei in feinem Kreife hans
dele, und daß jeded Unrecht gegen das Ganze aber auch
gegen jeben Einzelnen unterlaffen werde.” Dr. Franz Eg⸗
ger fucht darzuthun, daß Sicherheit der Rechte der philos
fophifche, eigenthuͤmliche, nächte ober unmittelbare und
Hauptzweck des Staats fel. Behr ſtellt die Geltung und
Sicherheit de6 Rechts der im Staate Vereinigten als dem
Zwei bed Staats fell. „Der Endzwed des Staats iſt
nah Rechtsprincipien: die Sanction des Rechtsgeſetzes
durch eine phyſiſche Gewalt“, Mut Zachariaͤ. Selbſt Ares
tin, in ſeinem trefflichen, Conſtitutionnellen Staatsrechte“ iſt
‚dee Staat nur eine Vereinigung von freien Menſchen
) | auf. einem beftimmten Landeöbezick, unter gemeinſchaftli⸗
cher Obergewalt zu alifeitigem Genuß eines feften Rechts:
zuſtandes. Er fügt jedoch näher beftmimend und weiter
faffend hinzu: „der Rechtszuſtand, zu deffen Erhaltung
man fich vereinigt, aber umfaßt zugleid die Sicherung
aller Urrechte der Menfchen, alfo der Nechte der Perfon,
bed Eigenthums, mit voilſtaͤndiger Entwidelungss und
Bildungsfreiheit.“ Er bat wohl gefühlt, daß bloße Herr:
fchaft des Mechtögefeges ein zu nadter und unzulängficher
Begriff ift, daß zwar Rechtsficherheit die erfte Bedingung
alles Wohlbefindens und alfo der näcfte Zweck des Staats
ift, daß aber darüber hinaus noch manche fchöne und hoͤ⸗
bere Zwecke liegen, die fi) durch den bürgerlichen Verein
wohl erreichen laſſen und zu deren Ausfchließung kein
Grund vorhanden ift. Der Verf. bemüht fih nun im
fiebenten Cap. (8.117—151), die Unzulänglichkeit bes Be:
griffe von einem bloßen Rechtszuſtande zur Bezeichnung
bed Staatszwecks darzulegen und zeigt im achten Gap. (S.
152— 167), daß die Verwirklichung eines Rechtszuſtan⸗
des blos als naͤchſter Zweck des Staats zu betrachten fei.
(Der Beiblus folgt.)
Gedichte von Henriette Ottenheimer. Stuttgart,
Hallberger. 1832. 8. 21 Gr.
Bon bem gefangreichen Oberdentſchland tönt abermals eine
neue Stimme zu und herübez, die einer Sängerin Würtembergs
anzugehören ſcheint. Beim Durchblättern des mäßigen Buͤch⸗
leins erfreute es uns fhon, auf gereimte Charaden, Bomonys
men, Logogryphen, Yalinbrome u. dgl. zu ftoßen, nicht ale 09
ef. ein leidenſchaftlicher Liebhaber vom müßigen Auflnaden
52
folder Räffe wäre, ſelbſt wenn fie einem Kern in fü flßliehen,
‚ fondern weil er daraus wahrnahm, daß ber Kritik wit bem
Buche body) vielleicht überhaupt etwas zum Enträthiee geboten
werben Fönnte. Was fobann unfer Intereffe in Anfprud nahm,
war ber in faft allen Gedichten vormaltende Reichthum an Reis
men und ehythmifchem Formenwechſel. Die naͤchſte Cutdeckung,
die wir machten — dena ein Kritiker ift ein Gntdeddungsfahrer,
der auf der nur allzu oft eiskalten Nordpolexpedition feiner kri⸗
tifhen Wanderung, ohne bie Durchfuhrt zu einer neuen
Welt zu echoffen, grüne Giländer zu finden ausgeht —,
war feine geringere, als baß unfere Didterin taub ift, und
die an ſich fetbit in dieſer Hinſicht gerichteten Troſtesworte
find das fchönfte Gedicht in ber Sammlung, weil fie,
aus innerftsr Seele hervorgequollen, ben wahrſten Ausbrud eis
gen erlebter Gefühle zu Tage bringen. Ihr Lage — fagt fie —
Daß nie die Wonne in geliebten Herzen
Su mir heräbertönt von ihren Lippen,
Und daf die Klage über ihre Schmerzen
Berfhellen muß an des Behöres Klippen.
Daß nicht berühren kann und aufwärts heben
Mich die Mufit mit ihren Seraphsſchwingen;
Daß Engel, die um Aeolsharfen ſchweben,
Mir keinen Gruß aus fernen Welten bringen.
Doch klaget nit — mir blieb ein ſehend Die,
Mit meinem Aua' kann id) Myſik erlauſchen;
Des Lichtes Quell wird mir zum Hynmmenchor.
Und kann um Worte ich nicht Worte tauſchen,
So wirb zur Sprache mtr ber Freunde Bild,
&o wird der Vögel ſchimmerndes Sefleder,
Ibr behrer Flug nie bimmlifcher Gefang,
Und duch die Seele ziehn. mir Brühlingslieber
Mit ſuͤßem, fremden, nie gehörtem Klang. _
Und fe dat fie im ter, That mit kräftig kuͤhnem Blicke den
Farbenſchnie
ck der Ratur aufgefaßt und hämentlich in ben bei⸗
ben Gedichten: „Die Himmelsfpiegel” und. ‚An ‚den Eenz’, in
‚glänzend reicher Diekien ihren Anſchauungen Ausdrud verliehen.
Daß ihre Sprache Sedanfen, nicht blos Gefühle gibt, moͤchte
ihren Gedichten, die nichts weniger als bioße Ergießungen er»
ſter Zugendanfivaltung find, einen nicht unbebeutenden Rang
anweifen, ja, ihre dilderreiche Diction fuͤhrt oft zu fo kraͤfti⸗
gen, faft Shakſpeare'ſchen Tropen, wie ſie einer weiblichen Schoͤ⸗
‚pfungsfähigkeit feiten gelingen möchten. Den Zrühling ruft fie
3. B. an:
Du Held, der obne Blutvergießen
Die Ketten fprengt, die rauh und Talt
Der Erde berrliche Geſtalt
Erbarmungslos und feit umfchließen u. f. w.
Der Erbe Keffeln werden fallen,
Denn Freibeit ii dein Lofungswort u. f. w.
Auch eine freiheitathmende Stimme laͤßt fi hier und bort
'pernehmen, befonber® in ben Gedichten: „Polens Gtreitern”
und „Die Bräber von Wiffolunghi”. : Den religiöfen Tönen
fehlt alle weibiſche Weichlichkeit; faſt mochte bie, „Religion“
‚Üüberfchriebene Elegie etwas zu pomphaft erſcheinen. Kine fo
£räftige Snnigkeit, wie jeboch das Gedicht: „Der reichſte Schacht”,
in einem trefflich und vollftändig durchdachten Tropus aus⸗
ſpricht, ift uns unter den lyriſchen Grzeugniffen ber Jetztwelt,
felbft wenn fie berühmten Namen angehören, nicht leicht vor⸗
getommen. Die Leiftungen Henriettens erinnern uns an einen
langgenährten, abermals bewährten Glauben, daß nur in einer
_ Seele, deren Lebensfunction irgendwie im Körper ſchmer dh gebt
und umflort if, die wahre Flamme poetifcher Ergüffe ſich vollftän«
- dig entzünde. Auch die dem Iprifchen Sraeugniffen angehängten
profaifden Aphorismen geben mandye gut durchdachte Gefuͤhls⸗
meinung über Leben umb Literature und kommen aus einem
Gemüthe, das nad einem Bewußtſein über die Gricheinungen
des Dafeins ſtrebt. 181.
’ [3 .
v
.
Kite urtheilte einſt Lefftag über Ketzer und Sagerininigert
Aud für unfere Zeit gilt, wäß Leffing über Ketzer unb Re⸗
der dente: „Das 8, dad man nenut, hat im
de gute Ge ik ein Menſch, der mit ſeſnen eignen Au⸗
gen wenigſtens ſehen will. Die Frage iſt nur, ob es gute Au⸗
gen geweſen, mit welchen ex Gelb dat ſehen wollen. 3a, i®
gewiffen Jahrhunderten iſt der Name Ketzer bie größte Empfeh⸗
lung, bie von einem Gelehrten auf die Nachwelt dat gebracht
werden koͤnnen; nod größer als ber Name Zauberer, Magus,
Zeufelöbanner; bean unter biefen läuft doch mancher
mit unter.” Dagegen fagte Leffing von den Ketermachern:
„Immer wollen fie die graufamen Anklagen, durch welche fie
ihres Naͤchſten Ehre und Wohlſtand und eben in die aͤußerſte
Gefahr fegen, für nichts als unumgängliche Gelbfivertgeidigung
gehalten wiſſen. Ohne biefe wärben fie gern gefchwiegen, ex
‚gern ihrem Bott nur in der Gtille gelingt haben, wie ſehr ˖ feine
eilige Wahrheit gefränft und geläftert werbes aber ihr eigner
guter Leumund wird darüber verunglimpftz; ihr eigner Glaube,
deffen Licht fie vor aller Welt Leuchten zu laffen fo verbunden
find, wirb daruͤber verbumlelt: nun möüflen fie auftreten unb
nıhffen reden und mäflen vor Gott und der Welt bezeugen, wie
verbeeblich, wie greulich, wie werth, mit Feuer und
‚verfolgt zu werben, fie bie Irrthuͤmer ihres ihnen fonft fo lies
ben Nädjften,, ihres Bruders in Ghrifto finden.” Im biefem
Sinne, wie Eeffing ihn hier angibt, mag man es fich zur Ehre
anrechnen, eim Ketzer zu fein und verlegert zu werben; unb
kommt demnach Keper von zasegos (vein, lauter), bann wehe ben
Ketzermachern, dergleichen ja einſt ſelbſt Shriſtum xels
ten!
I “ Motizgen.
Paris und Verf. einer im vorigen Jahre in London erſchienenen
„Grammar of the turkish language: with a prelimina
discourse on the language änd literature of- turkish
“ matiuns etc.', vom welcher die englliche Kritik mit der höchften
Achtang ſpricht, id im noth wicht vollendeten 2i. Jahre ein
Dpfer der Cholera geworden. no
Die tuͤrktſche Sprache wird jest auf einem außerorbentiidh
weiten Flaͤchenraume und von Nationen gerebet, weidye groͤßten⸗
theils voneinander. unabhängig find, auf fehr- verfchiebenen
Stufen der Cultur fliehen und deren Verbindungen mit bem
Rachbarftaaten ſich je nach ihrer Lage verſchieden geftaltet 8
ben. Dieſe Verhaͤltniſſe erzeugten zehn tuͤrkiſche Dialekte, we
gegenwaͤrtig geſprochen werden ; fie finds. der Wighur:, Dſchuga⸗
tais, Kaptfchaf:, ber kirgiſiſche, turtamannifche, Laukaſiſche, ſuͤdſiberi⸗
ſche, yalutfdge, tſchuwaͤfche und asmannliſche Dialekt. Einen bevfgls
ben findet man faft bei jedem Volke, weiches zwifchen dem mittel⸗
ländifhen Meere und China, zwifchen bein Außerften Pankte
Siberiens und den Grenzen Indiens wohnt. In Aegypten,
den Barbärestenftaaten, ber Levante, am Hofe zu Teheran uhd
in Perſiens weſtlichen und noͤrdlichen Provinzen wirb Tuͤrklſch
‚geredet, und im Gebiete des Sultans, im größern Theile her
Zartarei und Siberiens ift der eine oder andere tuͤrkiſche Dias
lekt Mutterfprache der Gingebornen.
Zu Walter Scott’ Werken erfcheint jegt auch eine Reihe
„Portraits of the principal female characters‘';- ba jedoch
Scott's Frauen, etwa zwei ausgenommen, lauter Gebilde ber
Phantafie find, ſcheint der Titel eben nicht gut gewählt.
Gin gewiſſer 3. Gilbert bat durch Herausgabe eines 17.
Sefange zu. Byron’d „Don, Juan“ neuerdings den ſchon
anberweitig verungläüdten Berfuch gemacht, eine Bortfegung Vier
ſes Gedichts zu liefern. 3. :
Nedigiet unter Werantwortlidgkeit der Werlagsbanblung: 3. U. Br oddaus in Leipzig.
Aethur Rumlep Davids, Mitglied‘ der aatifdien Geſellſchaft in
Bl aͤ
tter
für
literariſche n
nterbaltung
Ein Bid auf Friedrich Murhard's politifch = Titerärifche
Zhätigleit im ‚Jahre 1832.
ErſterArtiktel.r
WBeſchlus aus Nr. 18.)
In den folgenden Capiteln werden ſodann die an⸗
derweiten Anſichten von dem Zwecke des Staats gepruͤft
und die Meinungen ber Staacsrechtslehrer daruͤber mitge⸗
teilt. Das neunte Cap. (S. 168— 187) handelt von ber
allgemeinen Wohlfahrt und Gtüdfeligkeit als Zweck bes
Staats, das zehnte (S. 188— 220) macht uns mit den
Begnern diefer Anfiht bekannt. - Im elften Gap. (&. 221
— 246) tigg die moralifhe Vollkommenheit oder geiftige
Bildung und Sittlichkeit als Zweck des Staats abgehan⸗
beit, und das zwölfte Gap. (S. 247— 262) betrachtet bie
phafifche und moralifch=intellectuelle Vervolikommnung in
inniger Berfnüpfung als Zweck des Staats, Im Gap.
413 (S. 263 — 283) geht der Verf. zur Freiheit als
Zweck des Staats über und theilt uns im Cap. 14 (S.
284 — 305) noch verfchiedene andere Verſuche zur Bes
zeichnung des Staatszwecks, entweder durch Angabe bes
ſonderer Zwecke oder durch Vereinigung verſchiedener mie
Das Cap. 15 (S. 306— 339) handelt von ben ge
fammten Iweden des Menſchen als Zwecken bed Staats,
und das Gap. 16 (&. 340— 355) betrachtet den Staat
als Erziehungianitalt für die Zwecke der Menſchheit. Im
Febzehuten und letzten Cap. (S. 356 bis Ende) endlich gibt
und ber Verf. die Refultate der bisherigen Unterfuchungen fos
wie feine eignen daraus abſtrahirten Anſichten. Er haͤlt
es, um zu einem beftimmten Staatézwecke zu gelangen,
mit Jactobs für das Belle, von der Materie oder dem
Inhalte des Zwedd ganz abzufehen und nur bie Form
genau fefizufegen, d. b. die Merkmale herauszufinden, welche
irgend etwas Wuͤnſchenswerthes zur Verwirklichung durch
den Staat qualificiten. Er fege aber dabei voraus, daß
eme Realiſirung bdefiefben auf andere Weiſe nicht möglich
iſt als durch ben Staat, weil es ſonſt, da jede Gefell:
ſchaft um fo mehr von ihren individuellen Freiheiten und
Rechten aufgeben muß, je mehr gemeinfame Zwecke fie
ih flellt, an einem vernünftigen Grunde gebrechen würde,
un etwas zum Staatszwecke zu erheben. Solcher Merk:
male, welche ein Gegenftand an ſich tragen muß, um
zur Erhebung zum Staatszwecke fich zu eignen, gibt der
Verf. vier an. 1) „Es muß,” ſagt er, „ein aemeinfamer,
.
geſellſ
d. h. ein ſolcher Zweck ſein, den alle Mitglieder des
Staats wollen, oder vermoͤge der Vernunft wollen ſollen;
2) dieſer Zweck muß durch die iſolirten Kraͤfte der In⸗
dividaen und ihre freiwilligen Verbindungen entweder gar
nicht, ober doch niche fo ficher und gut erreicht werden
tönneg als durch die Staatskraftz 3). die Staatskraft
muß wirklich ein ſicheres Mittel fein, diefen Zweck zu rea⸗
lifiren, und 4) die Mittel der Realifirung dürfen dem
Dauptzwede, weswegen der Staat errichtet ift, weder im
Ganzen noch theilweife widerfprechen.” |
Nach diefer Anſicht des Verf. ergibt fih, daß manche
Gegenftände, die von verfchiedenen Staatslehrern als aus⸗
ſchließliche Zwecke des Staats aufgeftelt worden find, wie
allgemeine Gluͤckſeligkeit und oͤffentliches Wohlfein, Ver⸗
vollkommnung und Moraliſirung des Volks, Herrſchaft
des Rechtsgeſetzes u. ſ. w., allerdings Zwecke des Staats
ſein koͤnnen und auch vernuͤnftigerweiſe ſein ſollen, ſofern
ſie unter die angegebene Form paſſen. Der Ausweg, wel⸗
hen der. Verf. zur Vermittelung ber Extreme eingeſchla⸗
gen, ſcheint uns fehr paffend. Der Widerftreit der Mei⸗
nungen wird dadurch auf eine gluͤckliche Weiſe gehoben,
ducch engherzige Theorien die Ihätigkeit des Staats nicht
beſchraͤnkt und überhaupt die Theorie mit dem Leben mehr
in Einklang gebracht. Des vom Verf. eingefchlagene Weg
erfcheint um fo richtiger umd ficherer, da «6 fich nicht
leugnen läßt, daß erfahrungemäßig bie verfchiedenften
umd mehre der angegebenen Zwecke nebeneinander von den
Staaten erfirebt werden.
2. Das königliche Bere. Eine wichtige Aufgabe in ber
Staatslehre der conftitutionnellen Monarchie von Frie d⸗
urhard. Kaffel, Bohne. 1832. Gr. 8 1Thir.
21 Gr.
Wenn der Verf. in der vorhergehenden Schrift, in
welcher wir unter 1. Bericht erſtatteten, den Staat als
lichen Verband im Allgemeinen betrachtete, ſo
seht er num auf eine beſtimmte Form deſſelben, zu tel:
cher fih mit ſteigender Gultur alle Staaten immer mehr
neigen werden, zu ber eonflitwiionnellen Monarchie über,
Er behandelt - ins vorliegenden Werke aus dem Gebiete,
bes conſtitutionnellen Staatsrechts ein nicht unmwichtiges Gas
pitel, bie Lehre von einem dem Regenten verfaſſungsmaͤ⸗
Big einzuräumenden Veto in ben Angelegenheiten des
Staats, Infonberheit bei der Geſezgebung. Seine Watır
.
®
Aft Hauptfächlicy deshalb auf diefen Gegenftand gefallen,
weil derfelbe ſich bie jegt verhältnißmäßig fehr wenig Be⸗
ruͤckſichtigung von Seiten der Lehrer des conftitutionnellen
Staatsrechts zu erfreuen gehabt hat, meil man das At:
tribut eines unbedingten Veto als einen ſich von felbft
verftehenden Beftandseil der hoͤchſten Gewalt zu betrach:
ten und dfe daraus mögficherroeife entftehende Gefahr für
Erreihung der Staatszwede nicht gehörig zu würdigen
pflegt. Nicht mit Unrecht fchreibt dies ber Verf. ben eu⸗
ropaͤiſchen politifchen Vorurtheilen zu, von, welchen ſich der
in autoßratifchen Monarchien geborene und erzogene Schrift
fiellee felten ganz losmahen kann. Dazu kommt nod),
daß die in ber Erfahrung gegebenen repräfentativen Staates
verfaffungen unferer Zeit häufig nur Zwittergeſtaltungen
find, welche unter andern Namen‘ und Kormen den, frlis
bern Autokratismus zu üben freien Spielraum geben.
Darin beftehen die wahren Taͤuſchungen des Repräfentas
tiofoftems, daß man in ben heutigen Staatsverfaffängen
demfelben nidht aus vollem Derzen buldigt, und daß es
nicht in feiner Reinheit fondern nur werflümmelt und um⸗
fangen von den Schlacken des Yutofrätismus. in denfelben
bervorteitt. Die wahrhaft guten Kolgen defielben werden
dadurch nur zu oft paralyfirt und es bleibt nichts als das
Beengende und Lähmende, mas jede Form, die Willkür
und Misbraud) verhüten foll, nothwendigermeife in ihrem
Gefolge haben muß. Diefe Zäufhungen und die Wir
kungsloſigkeit fo mancher Conftitution liegen aber nicht im
Spſtem, fie liegen 'theil® in der Art und Weife, in wel:
her daffelbe in den einzelnen Verfaſſungen ausgeprägt iſt,
teils in dem Geifte, mit welchem die gegebenen Formen
in der Wirklichkeit gehandhabt werden. Das unbedingte koͤ⸗
nigliche Veto zaͤhlt nun ber Verf. nicht ohne Grund zu ben
Mitteln‘, um die wehlthätigen Folgen des Reptaͤſentativ⸗
foftems zu ſchwaͤchen, ja zu vereiteln. Er entwidelt uns
feine Anfihten in fieben verfchledenen Abfchnitten, weldye,
nach der Vorrede, zu verſchiedenen Zeiten niedergefchrie-
ben wurden, und wovon fhon einzelne früher in Zeit:
ſchriften vom Verf. mitgetheilt wurden.
Der erfte Abſchnitt (S. 1— 32) vorliegender Schrift
gibt einige einleitende Bemerkungen, in welchen der Verf.
"Befprung und Zweck des Veto zu entwideln ſucht. Er
geht dabei von dem leitenden Principe aus, daß der
Stantsrechtölehrer die Menſchen zu nehmen habe, wie fie
find, und nicht wie fie fein ſollten; daß die Staatswiſſen⸗
fchaft eine Erfahrungswiſſenſchaft fei, und daß Theorien,
ale bloße Früchte der Speculation, nur zu Verirrungen
führen. Geſchichte und Erfahrung lehren aber, daß jebe
unumfchräntte Stantegewalt dem Misbrauche unterworfen
iſt. Gefeggebende wie erecutive Gewalt bedlirfeg deshalb
auf gleiche Weife der Schranken. Den Misbrauch ber
erften bat man nur dadurch zu begegnen gefucht, daß
man der zweiten das Recht einräumte, ein Veto geltend
machen, fobald fie mit den Anfichten ber erftern nicht
—— Nur auf ſolche Weiſe kann der Uebel⸗
ſtand entfernt werden, daß die executive Gewalt in die
Mothwendigkeit verſetzt wird, Geſetze zur Ausfuͤhrung zu
bringen, bie fie für unzweckmaͤßig und fchädlich Hält. Das
54
Te — — —— — — — — —— — — ———á —— — —
unbedingte Vetorecht, welches man deshalb dem Regenten
sinräumen zu muͤſſen glaubte, wurde aber in Folge der
franzoͤſiſchen Revolution in Zweifel gezogen und man
fragte fi, weshalb der Regent nicht auch in diefer Hin⸗
ſicht gehindert "werden ſolle, blos nach Willkuͤr handeln zu
koͤnnen. Der Verf. glaubt dies allerdings dadurch errei⸗
chen und Misbrauch auf beiden Seiten moͤglichſt entfer⸗
nen zu koͤnnen, wenn er dem Regenten nur ein bedingtes
und zwar ein ſuspenſives Weto einraͤumt. Die Noth⸗
wendigkeit und Moͤglichkeit eines ſolchen ſucht er in den
fernern Abſchnitten ſeiner Schrift auseinanderzuſetzen.
Der zweite Abſchnitt (S. 33 86 führt die Ueberfchrift:
„Ueber die Lehre vom Böniglichen Veto im Spfteme der cons
flitutionnellen Monarchie”, und vindicirt für diefelbe den
angemeffenen Plag. Der Verf. verlangt, daß im conftie
tutionnellen Staatsrechte dem Regenten ebenfo wenig hin⸗
fihrlich feiner negativn Wirkſamkeit Unumfchränttheit beis
gelegt werde als ruͤckſichtlich feiner pofitiven. Dem Ein
wurfe, daß ohne ben freien Willensact der Sanctionirung
von Seiten des Regenten kein Gefeg Gültigkeit erlangen
Eönne, fucht er dadurch zu begegnen, daß er vorausſetzt,
der Lünftliche Souverain (dev Regent) werde bei der Exs
theilung oder Berfagung der Sanction eines in Vorſchlag
gebrachten Geſetzes ſich als treues Drgan bes natürlichen
(des Volks)‘ benehmen, baß demnach der von ihm ausge⸗
fpeochene Wille dee Ausdruck bes vernünftigen Nationale
willens fei und nur fein koͤnne. Daraus folgert er, daß
wenn der Wille, den ber Regent ausfpricht, nicht der
Mationalwille, fondern blos ein individueller Eigenwille iſt,
berfelbe dann nicht mehr al& Regent, fondern als Privats
perfon handele. Das Vorhandenfein des Nationalwillend
will ber Verf. daraus erfennen, wenn die Nationalrepräe
fentanten in verfchiedbenen auf einander in geraumen Zwi⸗
ionen ein und bdaffelbe Gefeg in Anregung bringen,
und die Berweigerung der Sanction von zulänglichen
Gründen nicht unterflügt iſt. Für _folhen Fall fol im
Staatsgrundgefege Vorſorge getroffen werden, daß auch
ohne Sanction des Regenten das Geſetz auf eine bindende
Weife promulgirt werden könne. Allein wollte man auch
ber Anſicht des Verf. von dem künftlichen und natürlichen
Regenten und der von Willkür felbft nicht ganz freien
Voetausſetzung des Borhandenfeind des Nationalwillend beie
pflichten, fo bleibt hier doch noch immer der Uebelſtand,
daß der Regent dann fpäter Gefege vollziehen muß, die
wider feinen Willen das Dafein erhalten haben.
Im dritten Abſchnitt (S. 87 — 166) fucht der Verf. bie
Gründe zu befeitigen, welche gegen ein bedingtes Könige
veto gemacht worden find, und im vierten (&. 167 — 230)
gibt er uns die nicht unintereffanten Debatten, welche über
diefen Gegenſtand in ber franzoͤſiſchen conftituirenden Nas
tiorialverfammlung flattgefunden haben. Im fünften Abfchnitt
(S. 231 —254) handelt»er von dem befchränkten Königs
lichen Veto in den Staatsorbnungen mehrer conflitutiens
nellec Monarchen.
255 — 290) noch auf die Luͤcken aufmerkſam gemacht
bat, welche bie Lehre vom koͤniglichen Veto fowol in ber
—— worin das Perſonal wechſelte, folgenden
Nachdem er im fechsten Abfchnitt (8. -
- — — —— — —
Theorie als in der Praxis barbietet, gibt er uns zum
Schluß no einen Auffag (S. 291 dis Ende) unter ber
Ueberfchrift: „Weitere Dechufersigung des Dorzugs eines
bedingten königlichen Weto vor Anem umbedingten”, wel⸗
cher bereitö früher in den „Allgemeinen politifchen Anna⸗
fen” mitgetheilt worden ift, und auf welchen wir, als am
meiften eigne Anfihten des Verf. enthaltend, noch einen
Blick werfen wollin
Der Verf. widerlegt hier zuerſt die Meinung, daß
burdy die Berantwortlichkeit der Minifter in conftitution=
nellen Monacchien die Schädlichkeit des unbebingten Des
to gehoben werde. - Er zeigt, daß dieſe Verantwortlich⸗
keit blos ‚eine pofitiv verderblich wirkende Thaͤtigkeit des
Regenten verhüten, keineswegs aber die Nachtheile entfer-
nen könne, melde aus Unthätigkeit des Stantsoberhaupts,
die fich grade durch das Veto ausfpriht, entftehen. Er’
macht darauf aufmerkfam, daß die Koderung, welche das
conſtitutionnelle Staatsreht an die Minifter macht, in
Faͤllen, wo der Monarch ſich hartnädig weigerte, feine Zu⸗
55
tenen Civilifation ber Öffentlichen Meinung nicht ruͤcſichts⸗
los entgegenzutreten. Er weiſt aber auch auf einen an⸗
dern Ausweg hin, welchen ſich in den meiſten conſtitution⸗
nellen Monarchien die Megenten duch das Adoptiren des -
Zweikammerſyſtems offen erhalten haben, und welcher die
Liebe ſehr erklärlich macht, mit welcher man dies Mits
tel umfaßt, die DBeilrebungen dee Volkskammer wite
kungslos zu machen, ohne fich felbft dadurch zu compros
mittiren. Nachdem der Verfaſſer noch einmal auf bie
Staatsrechtöiehrer zurüdgelommen und ihnen das Unges
reimte in ihren Anſichten vom abfoluten Veto vorgeruͤckt,
fpeiht er am Schluß. feine Ueberzeugung mit den Wor⸗
ten aus: „Es wird eine Zeit kommen, wo bie Staatslehre
dee repräfentativen Monarchien kein abfolutes, fondern
nur ein fuspenfives Veto von Seite der Megenten aner⸗
kennen wird.” Auch wir treten diefer Hoffnung gern bei,
und glauben, daß die Zeit nicht mehr fo ganz fern fein
wird; nur hätten mir um fo mehr gewünfht, daß uns
ber Verf. mit der Art und Weife, wie er das fuspans
ffimmung zu Maßregeln zu geben, die fie für unumgäng: |"five Veto ausgeübt wiffen will, näher vertraut gemacht
lich nothwendig halten, ihre Entlaffung einzugeben, zum
Ziele zu führen weit entfernt fe. Cr unterflügt feine
Behauptung mit dem Erfahrungsfage, daß füch in ſolchen
Faͤllen immer Individuen genug finden mürden, welche
fi) der äußern Wortheile wegen zu. mwillfniofen Orga:
nen des Megenten hergeben. „So lange es noch Men⸗
ſchen gibtwfagt der Verf. „die nichts fehnlicher wünfchen,
als fidy mit Titeln und Drden gefhmädt zu fehen, die
es als das hoͤchſte auf Erden zu erreichende Gut anfehen,
Excellenz genannt zu werden, wenn fie aud gar nichts
Errelientes an ſich haben, und einen Stern auf ihrer
Bruft oder ein Bändchen im Knopfloch zu tragen, wenn‘
fie auch eine Auszeichnung bee Art durch nichts verdient,
wird es nicht an Subjecten fehlen, bie nicht nur bereits -
vollig find, ein Dinifterpatent mit Freuden anzunehmen,
fondern fogar diefes zum Gegenſtand ihres hoͤchſten Stre⸗
bens machen. Es iſt gar keine Seltenheit, Menfchen
zu finden, die es als eine außerordentlihe Gunſt ihres
Geſchickes betrachten würden, auch nur eine Woche ober
einen Tag mit ber ‚Auszeichnung fich beglüdt zu fehen,
nach dem Fürften für den Erſten im ganzen Staate zu
gelten. Ja, eben diefer Umſtand iſt es grade, ber oft
von den fungirenden Miniltern als Hauptgrund angegeben
ober vorgefchügt wird, warum fie es für ihre Pflicht, für eine
Art Gewiſſensſache halten, wo möglich Alles zu thun und ſich
gefallen zu laſſen, um nur ihren Poften zu behaupten ıc.”
Dem Baterlandsfreunde, ber ſich eines Poſtens freut,
der ihn zu einer ausgebreiteten mwohlthätigen Wirkſamkeit
die Gelegenheit verſchafft, wie dem Egoiften, der feine
Stellung zu Privatzwecken benugt, muß es auf gleiche
Weife erwuͤnſcht fen, fi) in feinem Poften zu behaupten.
Daß tin der Wirklichkeit der Fall dennoch fo felten
vorkommt, daß ber Regent in fortwährender Oppoſition
mit der Nationalrepräfentation fich befindet und alle ihre
Anträge und Gefegesentwürfe ohne Scheu verwirft, leitet
ber Verf. ſehr richtig aus der Staatsklugheit ab, melde
dem Fürften gebietet, in einem Zeitalter der fortgefchrite
—
hätte. -*) - 132,
1. Gettene Erzählung bes Verlaufs meiner proceffualfs
[hen Verhältnijfe in der freien Hanſeſtadt Hamburg, „
Don 3. F. to der Horft Altenburg, Literatur⸗Comp⸗
toie. 1832, Gr. 8. 8 Gr. |
2. Des Freiherrn Ferdinand Alerander von Sedendorf
Nechtöftreit wider Se. Majeftät den König von Sach⸗
fen. Herausgegeben von Dr. Heinrich Luden. Jena,
Frommann. 1832. Gr. 8. 16 Gr. |
Die Veröffentlichung bürgerlicher Rechtsſtreitigkeiten gefchieht
in der Regel entweber im Intereſſe der Partei, wenn berfels
ben daran gelegen fein muß, zur eignen Rechtfertigung die That⸗
fadhen dem großen Yublicum bekannt zu marhen, ober wenn
nach ungünftiger Beendigung ber Sache nichts Übrig bleibt, ale
bie flattgefundenen Umftände im traurigen Gefühle erlittener
Unbilden vor den großen Gerichtehof der Öffentlichen Meinung
zu ziehen, oder im Intereffe ber Wiffenfchaft, wenn bie procefjuas
lifhen Verhandlungen, die Entfcheidbungen und ganzen übrigen
Verpältniffe von der Art find, daß fie wegen ihrer wiſſenſchaft⸗
lihen Wichtigkeit feld eine Bekanntmachung verdienen. Die
erfte der obengenannten Schriften gehört jener, bie zweite der⸗
felben dieſer Claſſe
Der Herr Mai
Angelegenheit mit ber dritten Schrift über dieſelbe auf; bie früs
bern ſelbſt find ef. nicht näher bekannt; da aber auch in bies
fer Alles zufammengeftellt ift, was einen. Leberblid über die
Berhältniffe des Hra. Verf. gewähren kann, fo ift eine ſolche
Bekanntſchaft auch nicht erfoberlich.
Die ungünftige, ſach⸗ und zweckwidrige Stellung und Behand⸗
lung der Dffisiere bei ben kleinen Zruppencontingenten und bes
fonders im Dienft ber ftolgen kleinen Republiten tritt durch biefe
Schrift recht grell zu Zage, und der ganz unmilitairifche Geiſt
der hoͤchſten Militairbehörben in biefem letzten Aſyl eines Buͤr⸗
gers und eng a erhellt deutlich durch bie
merkwürdige Aeußerung eines früßern Bürgermeifters : „Ach, was
Ehre, dafür befommen fie bezahlt.” Und biefer Bürgermeifter
war Generaliffimus. Bedenkt man hierbei noch ben in biefen
Berhöttniffen ärger als in allen andern Staaten ſich darſtellen⸗
*) Dex zweite Artikel folgt im Monat Februar. D. Red.
to der Horſt teitt hier in feiner eignen ”
”
56
den Nepotienns, fo wird man gewiß die Gtellung eines ſolchen
Offiziere für nicht angenehm und gänftig erfennen.
Nachdem der Here to der Horft ſchon frühere manche kraͤn⸗
Sende Zurädfegung erfahren hatte, wurde er als Hauptmann im
Fruͤhjahr 1815 zum Bataillonscommenbanten ernannt, indem man
ihm hierbei weder bie dazu nöthigen Nebenausgaben zur Hal⸗
tung eines Adjutanten x. verguͤtete, noch ihm den etatmäßigen
Molortgebat, fondern nur deſſen Titel und eine bie Differenz
des Soldes keineswegs ausgleichende monatliche Zulage von
20 Thlin. gab. Zrop allen Borftelungen und Proteflationen
blieb es dabei auch nad ber rRuͤckkehr aus dem Zelbe, und ſelbſt
dann no, als der Hr. Verf. fpäter das definitive Commando
des Militairs und das Interimiftifche der Stadt Übertragen bes
kam, wobei er zugleich in bie fernere und vermehrte Nothwen
bigkeit weiterer Auslagen verfegt wurde. Der aus rufftfchen
Dienften abgegangene Schwiegerfohn eines Senators erhielt 1822
die Stelle eines Stadtiommanbanten, worauf ber Verf., im bor
den Grad indignirt, feine Entlaffung eingab, die man auch ans
nahm, ihm aber erft 1827 eine Penfion von 3000 Mark bewil⸗
Ügte. Rach ben vielfältigften, aber ſtets fruchtiofen Verfuchen
Des tief gefränkten und durch bittern Hohn oft verlekten Verf.,
den. rüdfländigen vollen Maforsgehalt, den er nach Abzug ber
erhaltenen Sapitainsgage auf 17,600 Markt berechnete (&. 838),
N
und bie in ihren unmiberlegbarflen Punkten auf 2620 Marke
(&. 59) angegebenen Auslagen zu erhalten, flellte er endlich
deshalb recdhtlihe Klage an, wobei von Seiten feiner Gegner
ihm auf die hartnädigfte und leider auf Träftigfte Weife entge-
gengearbeitet wurde, und er wegen beider Anſpruͤche abfällige
Erkenntniſſe erhielt. Nach den Formalien bed Procefjes und
dem pofitiven Rechte Eonnten bie Richter allerdings nicht anders
. erlennen, aber die Wahrheit des Spruͤchwortes: Summum jus
summa injuria, erhellet recht deutlich hieraus. \
Wegen mehrer Stellen in feinen frübern Schriften über
diefe Angelegenheit erhob bie Behörde gegen ben Verf. fißcalis
ſche Klage, wobei der Fiscal auf eine kraͤnkende Weife für ihn
verfuhr, er aber endlich ganz freigeiprocdhen wurde.
So fehr nun auch die Gegner bed Verf. gegen ihn ſtete
Eräntend und verfolgend in feinen ganzen Berhältniffen verfahren,
fo ift body auch nicht zu verfennen, daß er felbft, freilich in einer
fehr natürlich zu erflärenden, gereizten Stimmung ſich ſtets bes
fand, wovon zweimalige Duelle, ftete, aber auch nicht gang uns
gegründete Unzufriedenheit mit feinem Advocaren, Verſuche zur
Anftellung eines Snjurienproceffes gegen den Fisſscal, dreimalige
Drudichriften über biefe Sache und eine Menge von fchriftlichen Vor⸗
ftellungen bei allen Behörben fattfames Zeugnig geben. Möge der
Berf. die ihm nach einem langen und fehrverbitterten Leben noch blei⸗
benden Zage in röohlverbienter und ungeftörter Ruhe bahinbringen.
Ohnz alle perfönliche Beziehungen flellt bagegen der zweite
ber hier anzuzeigenden Rechtöftreite ſich bios als aus hoͤchſt eis
genthämlichen Geſtaltungen ber Ihatfachen entftanden bar. Der
Herausgeber erzählt bis Seite 30 den ganzen Hergang ber Bade
.und die vom Kläger früher außergerichtlich getbanen Gchritte,
und gibt fodann die hauptfädlichfien der gewechſelten Schriften
forwte bie verfählebenen in biefer Sache bis jeht ergangenen Er«
tenntniffe bes Appellationegericht zu Dresden famt ben bazu ger
börigen Entſcheidungsgruͤnden. Das Intereffante bes Falles
fetöft, mit den einzelnen dabingehörigen Fragen, die im Ganzen
guten obwol urfprünglich nicht für ben Druck beflinmten und
Gebrauche nach daher etwas weitläufigen Abvocatenarbeiten
und bie gediegenen Entfcheidungen mit ben vortrefflich ausgearbeite⸗
ten Gründen geben diefer Schriftin vielen Beziehungen einen wiſſen⸗
ſchaftlichen Werth, während fie aber auch für das größere Yublicum
als Beweis einer unparteiifchen Sufliz nicht ohne Wichtigkeit ift.
Der Freiherr von SedenbodP wurde 1789 an bem bamaligen
Aurfürfttich Tächftichen Hofe als -Kammerjunfer mit einem (Ger
halt von 800° Zhalern angeftellt, den er auch nach feiner Er:
nennung zum Kammerherrn 1808 bis mit Ende bed Jahres 1813
e bie Einſtellung der
Hoſſtaate vorgenommenen Krſparnifſen den fruͤhern Zuſtand nicht
wieder ber, ſondern gab wur einigen wenigen, beſonder( bes
dürftigen und im Lande wohnenden Kammerherren einen Eleinen
auf Penfionsftand angeriefenen Gehalt. Herr von Sedenborf,
deſſen Gut und Wohnfig im abgetretenen neuflädter Kreis liegt,
gehörte nicht unter diefe, wurde aber fortigährend im ber Reihe
der Kammerherren, bie bei einem Kopfgeltiiliion. 60 Thalern blos
ald befondere Beguabigung einen Gehalt beziehen, fortgeführt.
Die vielfältigen Schritte des Derrn von Seckendorf um Rach—⸗
und Kortzahlung bes Gehalts waren erfolglos, und am 6. Ja⸗
nuar 1827 erhielt er die Entfchließung, baß ber ruͤckſtaͤndige
Gehalt während ber Zeit des fremden Gouvernements von
435 Thaler ihm ausgezahlt werden folle, dagegen «ine Yortbes
zahlung des vormaligen Kanmerherrngehalte nicht flattfinben
kdunte. Nach dem Tode Friedrich Auguſte that der Hr. v. ©.
im Monat Auguft 1827 den Kammerherrndienſt bei feis
nem Nachfolger und ftellte mach erneuerten fruchtlofen aus
ßergerichtlichen Werfuchen zur Erlangung feiner Anfprüche im
Sabre 1829 vor bem Appellationszericht’ gegen ben König, ale
Erben bes verfisebenen Könige, Kioge an. Das erfle Er⸗
tenntniß (©. 51) verurtheilte ben Beklagten in bie Zahlung ber
rüdfländigen Gehalte bis zum letzten Januar 1827 ſammt ben
befonders aufgeführten Werzugszinfen unter Compenfation ber
Koften. Das, auf eingelegte Käuterung erfolgte zweite Er⸗
kenntniß nahm einen ganz andern Gefichtepunlt an und legte
Beklagten ben Beweis ber Ausflucht auf, daß die unter dem
fremden Gouvarnement erfolgte Aufhebung bes Kanmerherrnge⸗
haltes dem Klaͤger amtlich notiflcirt fei (S.107), wobei es denn
auf erfolgte Dberlänterung blieb (S. 159) und die ferngre Obers
t
us denn nach
diefem interlocutorifh erfolgten Erkenntniß ber Ausgang der
Sache noch vom Beweiſe ber Ausflucht abhängt. —
Die über das Weſen bes Hofdienſtes und andere einſchla⸗
gende Punkte Hierbei erdrterten Hechtägrundfäge gewähren
beimeitem nit das Intereſſe a’S die ‘hier von Seiten
betheiligten Staats felbft anerkannte Nechtögültigleit der Hand⸗
Iumgen bes Zwiſchenherrſchers, was im reinen Gegenfag gegen
das Benehmen und bie aufgeflellten Grundfäge anderer Staaten
lebt. Ein näheres Eingehen auf dieſe Verhältniffe aber könnte
nur in einer jwiftifchen Zeitſchrift flattfinden. 60.
J Niebuhr über Goͤthe.
In dem jetzt herausgekommenen dritten Theile ber „Römts
ſchen Geſchichte“ von Niebuhr findet ſich eine treffliche, ergrei⸗
fende Stelle über Goͤthe (S. 144): „uUnſere Väter, ge wir,
nun Bejahrte, geboren wurden, erkannten im, Goͤt umb den an⸗
dern Gedichten eines jungen Mannes, der Valerius in ſeinem
erſten Conſulat an Alter gleich war, den Dichter, der uͤber alle,
bie unſer Volk zählte, weit dervorrage und nie übertroffen wer⸗
ben Tonne. Diefe Anerkennung genießt Goͤthe feit mehr als eis
nem halben Jahrhunderts fchon blickt das dritte Geſchlecht rei⸗
fer Männer zu ihm’ hinauf als bem Grften ber Nation chne
einen Zweiten und Nebenbubler, und die Kinder vernehmen feis
nen Namen, wie einft unter den Griechen ben Bes Homerus.
Er bat es erlebt, daß unfere Literatur, ver allen feinetwegen,
vom Ausland anerfannt unb- geehrt iſt; aber überlebt hat er
in ihe die Zeit der Dichtung umb bee Jugend und iſt einfam
übrig geblieben. Möge Er dennoch, feiner ewigen Kraft feob,
noch lange .beiter unter uns verweilen, von und als Greifen
die naͤmlichen Hulbigungen empfangen, bie wir ihm als Knaben.
weihten; möchte ich ihm dieſe Gefchichte, welcher Er feine Gunft
ſchenkt, vollendet darbringen koͤnnen.“ (Gefchrieben im Some
mer 1829) 138.
läuterung Kläger (@&. 178) verworfen wurbe,
bezog. Das ruſſiſche Gorwernement verfügt
aus ben Landeskaſſen bezahlten Hofgehalte, und ber verftorbene
König flellte nad feiner Ruͤckkehr 1815 Yei den vielen im.
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagätandlung: 3. X. Brockhaus in Leipzig.
an —— für:
=
Dienflag,
.
literarifhe Unterhaltung:
15. Januar 1833, .
Dänemarks. Handel, Schifffahrt, Geld⸗ und Finanzwe⸗
fen von 1730— 1830 hiftorifch dargeftellt vom Groſ⸗
fire M. 2. Nathanſon. Kopenhagen, 1832. *)'
Auf der Leuten Seite fagt der Verf.“ „man hat
meine Schilderung Sch meichelei genannt, die Wahr:
beit dieſer Behauptung aber nicht durch eine einzige That⸗
ſache dargethan.” Ohne Zweifel weiß der Verf. am bes
Ben, im weicher Apficht er geſchrieben; alfo mollen wir
keineswegs in die Behauptung Derjenigen einſtimmen,
welche feine Schilderung vom. blühenden Zuſtande der dä:
niihen Finanzen Schmeicyelei genannt haben. Das aber
dürfen, und wuͤſſen wir ausfprechen, bag unfers Erachtens
und nach dee Meinung vieler Ehrenmänner die Gefahr
da ifl, die Schrift des Hrn. Mathanfon koͤnne und müfle
fait „unvermeidlich. ald Schmeichelei ‚wirken an demjenigen
Orte, wohin.der Patriot am meiften der Wahrheit den
Eingang wuͤnſcht. Ein Bud: kann im Einzelnen nur
Wahrheit enthalten und dennoch im Ganzen bie halbe
Wahrheit verfchweigen. Was hilft ein finanzieller Bericht
über sin Handlungshaus -oder einen Staatshaushalt, der
nur die Activa angibt, aber nicht die Paffiva, und was
iſt cin Gemälde ohne Schatten? Die Freude des Verf.
bei Beendigung feines Buchs kann nicht größer gewefen
fein, als die unferige gewefen fein würde, wenn wir bie
Theſis des Buchs von dem vortreffligen Zuftande der daͤni⸗
fchen Finanzen darin bewiefen gefunden hätten. Für jeden
guten Staatsbürger iſt die Frage: wie ſteht es mit
den Zinanzen des Landes? eine Lebensfrage. Jeder Pa:
triot wuͤnſcht von Herzen, daß die Antwort eine erfreus
liche fein koͤnne; jeder geſcheite Mann weiß aber auch,
dab Jaufionen im finanziellen Fache nicht von Dauer fein
Sonnen, fondern am Ende allzu theuer bezahlt werden
muͤſſen. Geben wir uns bem Glauben hin, welchen das
angezeigte Buch predigt, fo können wir getcoft neue Schul:
den machen, fo laufen wir die Bahn des jungen Man:
mes, der vor Jahren fein Landgut antrat und in ber
Meinung, daß fein Reichthum unerſchoͤpflich fei, jeden
Tag Feſttag hielt, ohne ein einzig Mal Ausgabe
und Einnahme zu balanciren, und vielleidt wäh«
werd im hellerleuchteten Saal ihm ein Loblied gefungen
*) Danmarts Handel, Skibefart, Pengesog Finantsvaͤſen fra
170 11880. Hiſtorisk framftillet og oplyſt.
wird, nicht mehr fo viel reines Eigenthum hat, daß ex
den Wein, den die Sänger trinken, bezahlen kann.
Das Buch iſt dem Könige dedicirt. Gut. Aber es
iſt nicht mit dee männlichen Freimüͤthigkeit gefchrieben;
welhe Demjenigen Pflicht ift, der zu einem guten Fuͤr⸗
fien fpriht. Beweis: der Verf. urgirt nicht das Unter
bieiben der Bekanntmachung des Budgets. Den Befehl
bazu erließ der König an das Finanzminifterlum bekannt⸗
ih vor 20 Jahren. Ich fage, daran ernftlid
zu erinnern iſt die erſte Pflicht Desjenigen,
der Über die dänifhen Finanzen ſchreibt und
verfpricht, daß er die Wahrheit fagen wolle. Es enthält
das Werk des wohlunterrichteten Hrn. N. auch nicht dem
Verfud einer approrimativen Balance der je-
gigen Einnahme und Ausgabe; es iſt alfo unge
faͤhr was ein Degen ohne Klinge iſt.
Sch geftehe, daß ih das Buch mit tiefem Schmerz
‚gelefen habe. Der Dann wendet treffende Kritit an bei
den Binanzoperationen Friedrich V. „Wir geben jegt zu
den unglüdlichen Misgriffen und Unternehmungen über.”
Aber wenn von den Finanzoperationen der fpätern Zeit
bie Rede fein foll, fo läßt er den Auszug aus der Reichs⸗
bankverordnung in Hrn. Prof. Falk's „Magazin“ abdruden.
Hr. N. hätte Ichreeih fein koͤnnen. Aber willlommener,
meint er wol, ſei der Finangmann, ber blos von ben
glänzenden Einnahmen fpridyt, nicht von den Ausgaben.
HR. muß fein Publicum für ſehr unerfahren, für fehr
unfhuldig in Finanzſachen halten. Der prächtige Schloß:
bau in der Refidenz wird als Beweis für den guten Zus
fland dee nicht Öffentlichen Finanzen angeführt. Wer
10 Millionen einnimmt, ift er reih? Wenn er 10 Mit
lionen und 10 Thaler ausgibt, fo wird er arm. Wir
wiſſen, daß in England die Taxe auf Taback gegen 15
Mitionen Thaler einbringt, die Taxe auf Roſinen und
Korinthen gegen 1 Million u. f. w.; dennoch wiſſen wir
auch, daß in. England. teog der ungeheuern Einnahme bie
deingendfte Nothwendigkeit ift, bie Ausgaben einzuſchraͤn⸗
ten. Es find ja die Zinſen für 800 Millionen Pfund
Steling Schulden ‚abzuziehen von der Einnahme. Alſo
wird durch das englifche beifpieliofe Einnahmebudget nidyts
Anderes bemiefen, al& daß die englifchen Finanzen blühend
fein Eönnten und follten. Und ebenfo beweift die Schrift
1 des Hm. N., welche eine für Dänemark ſtupende Menge _
⸗
“ger Einnahme durch Abgaben A 1,850,000 Einwohner
Ginnahmen des Staats anzeigt, Steuervermehtung, Zettel⸗
vermehrung, Anleihen, doch weiter nichts als die Moͤg⸗
halt gut zu fuͤhren.
-fen, weil in dieſem Unvermoͤgen allem Anſchein nach die ein⸗
zige hinlaͤngliche Urſache und Rechtfertigung liegt, weswegen
%
lichkeit, daB die Finanzen Dänemarks fehr gut fein
koͤnnten und vielleicht follten. Aber find fie es wirklich?
Was bleibt dedlactis deducendis? das iſt die Klage. Durch
ein approximatives Ausgabehubget würde Hr, N. fich ver:
dient gemacht haben. Konnte ober wollte er das nicht
geben, fo hilft alle einfeitige Angabe von Zahlen ber Ein
nahme zu nichts, fo haben wir nicht viel mehr als eine
aus Morten beftehende Lobrede auf bie Finanzen. Mir
müffen uns gedulden, bis das Sinanzminifterium dem vor
20 Sahren an daſſelbe ergangenen koͤnigl. Befehle we⸗
gen Bildung und Veröffentlihung eined allgemeinen Bud⸗
gets nachkommen wird. Bis dahin fein wir. auf ber
Huth, und grundlofen Hoffnungen hinzugeben. Ja, wol
Einnten die dänifhen Finanzen vortrefflih fen. Der
Sundzoll hat in einem Jahre 1,900,000 Bankthaler be:
tragen. Das ift mehr als wenn Frankreich ein Bergwerk
befäße, welches im Jahre 32 Millionen Bankthaler Sit |
Menn es aber wahe iſt, daß der
Sundzoll verpfaͤndet ift, fo kann er nicht zur reinen Cin⸗
ber reinen Ertrag gäbe,
nahme geftellt werden.
Wenn man fi bemüht, aus ben zerftreuten Anga⸗
6m des Hm. N. ein Refultat zu ziehen, fo kommt un
ſers Erachtens heraus: daß bei 84 Millionen &peciesthas
in. Dänemark und den Herzogthümern in biefen Ländern
mehr Abgaben auf den Kopf kommen als in Preußen. *)
Preußen hat befanntlid eine Schuldenmaffe, bie vier
Jahreseinnahmen gleichkommt. Die. Schulden Dänemarks
betragen nach den ungefähren Angaben des Hrn. N. bei:
nahe acht Zahreseinnahmen. Werden num die Zinſen für die
Schulden mit ungefaͤhr 24 Millionen Species von der Eins
"nahme, die auf 34 Millionen angefchlagen wird, abgezogen,
fo tft die Frage, ob genug übrig bleibt, um den Staatshaus⸗
Es möchte dies bezweifelt werden duͤr⸗
noch fortdauernd von ber ‚humanen dänifchen Regierung
"die Befoldungen der Miülitairperfonen, der Richter, die ge:
eingen Penfionen felbft für ausgediente Militairs reducirt
find von Xhalern Courant auf Bankthaler, das ift um
drei Achtel. Stellen wir die Frage ganz befiimmt an
Hm. N.: wie tft die Beſoldung ber bänifchen Armee, vers
"glichen mit der Beſeldung anderer europaͤiſchen Armeen
‘md mit der eignen früheren Beſoldung? Iſt dieſe Redue⸗
‘tion des Soldes ein Beweis der blühenden Finanzen, oder
iſt nicht vielmehr jedem Offizier der Glaube wmentbehr:
lich, daßı das Opfer der Soldreduction für König und
Vaterland nothwendig ſei? Hr. N. führe als Beweis ber
Wohlhabenheit des Landes S. 388 Kolgendes an: „Die
gewoͤhnliche Koft, welche der Bauer (in Dänemarf) feinen
Knechten und Tageloͤhnern gibt, iſt wöchentlich ungefähr:
414 Pfund Brot, 1.Pf. Butter und etwas Käfe, 24 Pf.
) Presßen "at 18 Millionen Sinwohner unb 52 Ritionen,
Einnahme.
’
| ee
n
—
*
Spree, 1 Pf. Fleiſch, 7 geſalzene Heringe, Pf. Alpp⸗
Ki, Schipp (deren 8 auf 1 Tonne gr Kartoffeln,
4 Schipp Gruͤtze, 14 Flaſchen Bier, 1 Flaſche Brannt⸗
wein, Milch in großer Menge u. ſ. w., ſowie auch die
Belöftigugng der Armee gut und zeichlih If. Wie ſiehe
es hingegeg damit in andern Bändern ans?”
Wenn dem i ift, fo geht daraus hervor, daß ber
Bauer in Dänemark ungemein wohlhabend iſt. Aber ‚ver
gleichen wir nun, was von jenen Speiſen der Soldat fidh
anzufchaffen vermag für feinen täglichen Sold? Darf man
mi Recht fchliehen von Dem, was der Bauer dem Ars
beiter gibt, auf das Vermögen des Bauers, fo iſt au
ber Schluß richtig von dem Solde des Militairs auf das
Vermögen ober Nichtvermoͤgen des Finanzen.
Zweitens darf wol an Hm. N. die Frage geflelit
werden: wie geht es zu, wenn die Finanzen
fo blühend find, wie wie es den Verficherungen des Hrn.
N. gar zu gem glauben möchten, daß in Daͤnemark mit
Ausfchluß der Herzogthuͤmer kein Silbergeld eriftint? Die
Finanzen innen nicht bluͤhend fein ohne Sicherheit. Si⸗
Ayerheit iſt aber nicht da, two Papiergeld gesmungenen
Curs hat, fondem nur, wenn ich die Wahl habe sw:
Dapter oder Slider, W
Ueber die wichtigſten Gegenſtaͤnde, 3. DB. bdas ſtaato
rechtliche Verhaͤltniß der neuen Steuern in ben Herzog⸗
thuͤmern, bie beiſpielloſe Vermehrung dee directen Steuern
in den Herzogthlimern auf das Dreifache binnen 12 Jah⸗
| ven, die gewaltfame Aufhebung ber aftonäer Want, bie
moraliſchen Folgen der OReichsbdankverordnung, die noch im⸗
mer fortbauern (Gott beifet), über das Verhaͤltniß unſe⸗
ter directen und indirecten Steuern, über die geheimen
Urſachen der Erhebung ber tief geſunkenen Staatsobligatio⸗
nen bie faſt zum Nominalwerth u. f. w., finder fich im
bem Buche auch kein Verſuch eines befriedigenden Auf⸗
luſſes.
wuͤnſchen iſt, daß Hr. N. in einer kuͤnftigen Aus⸗
gabe die Zahlen, die er angibt, für jede Periode unter
gewiſſe Rubriken zufammenflelle, damit Erzaͤhumg und
Reflexion voͤllig getrennt fel von ben Zahlentabellen. Go
wird jeder Lefer zu eignem Urtheil ermächtigt. Schwer⸗
lich wuͤrde die Form, die er für fein Buch gewählt hat,
ihm genügen, wenn es darauf ankaͤme, beutlichen Bericht '
zu erhalten Über die Activa und Pafliva, fiber bie Zah⸗
lungsfaͤhigkeit eines Handlungshauſes, mit dem er Bes
fchäfte anfangen: möchte. Auch moͤchte «6 gut fein, wenn
von Millionen Eirmahme bie Rede Ift, zu bemerben, ob
Silber gemeint wird oder Zettel. Bekanntlich bezahlen
bie Herzogthlimer Schleswig und Holſtein ihre Abgas
ben in GSilber. Schließlich) die Verſicherung, daß,
wenn ed Hm. N. gefallen Tolite, in einer künftigen Aus⸗
gabe Ergänzungen und Zufäge aus dem reichen Schat
feiner Kenntnifje zu "geben, Niemand erferuter und
dankbarer fein würde als Derjenige, welcher vorftchende
Ausftelungen ber Deflderata über das genannte Buch ges
macht hat. 155.
Dänemarks '
— — — —
L Kar-Sutt von Engine Sue. Aus bem Sranzöfl
rs, Brockhaus. 1832. 12. 4 Xhlr.
s
2 Der Salamander. Ein Roman aus dem Geeleben
von Eugene Sue Deutſch von 2. v. Alvens:
leben. Leipzig, Aligemeine niederländifche Buchhandlung.
: 4832, 8. 1 Thir. 12 Gr.
SEs if gar nit zu leugnen, daß Eugene Sue ein außer:
abentlid; degabter Dichter und „Atar-@ull” ein hoͤchſt origineller,
faum mit irgend einem andern Werke der franz. Literatur vers
gleihbarer Roman if. , Aber es iſt die Frage, ob er ein ſchoͤ⸗
ner fei. Eine Phantafle, die aus ganz neuen Beobachtungen
höpft, ine Lebensanficht, bie man oft verfucht wird grabezu
eine fotanifdye zu nenn:n, eine Leichtigkeit der mannichfaltigſten
Charakteriftit und der ganze Zauber von Schilderungen und
Gemälden, welche uns nie weber fo reizenb nod fo graͤßlich,
nie fo rährend noch fo erfchütternd dargeboten worben find:
dies find Elemente genug zu einem weitbinfchallenden Autors
ruhm. Gugene Sue iſt einzig, er ahmt Niemand nach, ni
einmal Hoffmann oder Ch. Nodier, welche er Beide ſowol
fe wie an Beherrſchung feiner außerorbentlichen Phantafie
. Reu wie feine Gedankenweiſe ift auch feine mates
gielle : Gerbiber, Orlane, Graufomleit und Gerechtig⸗
kit, wie fie auf bem ftilen Ocean, taufend Meilen fern von
jeder bewohnten Küfte, geübt wird, Sklavenhandel, Gorfaren
End es, bie er uns ſchildert. Unter allen feinen Geſtalten,
ſchwarze oder weiße, Männer ober Frauen, ſucht ihe umfonft
nach einem Gngel, ja felbft nad) einem Menſchen, es find Zeu:
fel; zuweilen fsomme und gerechte Teufel, aber immer doch
Kinder bes Satans und Gingeborene der Hölle. Gin fo begab
tee Dichter Sugene Sue daher auch if, ein pſychologiſcher Kos
mandichter ift er nicht und wird er nie werden. Es fehlt ihm
an einer kleinen Gigenfdyaft, aber freilich an einer weſent⸗
‚ an der Liebe nämiih. Zu tief, wu gruͤndlich, zu bitter
haft er das Menfchengefchlecht, zu innig ift ex überzeugt von
feiner bobenlofen Verdorbenheit, einen zu tiefen Gindrud hat
auf feine empfänglidhe Phantafte der triumphirende Anblid von
chuid, WBosheit und Ungerechtigkeit gemacht, als baf er ihm
Gerechtigkeit erweiſen koͤnnte. pas in ibm herrſcht, waltet
a
und fpricht, iR ſchlimmer als Daß; es ift Beratung, Berach⸗
tung, ber feld die menſchliche Tugend, weil fie bei ihm als
Schwachheit erfcheint, nicht entgeht. Dies iſt ein ingläd, benn
es wirb den reich begabten Gugene Bue ſtets abhalten, ein lies
benswürbiger Dichter zu werben.
Aue Graͤßlichkeiten der Menſchennatur find ber willkom⸗
mene Gegenſtand bes Romans „Atar⸗Gull“. Der Berf. malt
uns suerk einen Seemann, fromm, guter Dausvater, treuer
Satte, redlich, gerecht, ftreng und mild zugleich, fogar liebens⸗
würdig, und dieſer freffliche Mann iſt — ein Sklavenhaͤndler.
Gr treibt das graͤßlichſte Weichäft mit Liebenswuͤrdigkeit; es
faͤllt ihm nicht ein, etwas Unrechtes zu thun. Bein Ende fins
det er in dem Bauche ber Ramalen. Nr. 2 if Brulart,
der Sorfar, gewiffermaßen die Quinteffenz aller Sklavenhaͤnd⸗
ler, denen er ihre Beute abjagt, um fie für fich felbft ohne
Ginfauföpreid zu Markte zu bringen. " Eine Vorgeſchichte, wie
fe Beelzebub ſelbſt nicht Ohönee erfinden Tönnte, hat den Gra⸗
Ten von *** zum Gorfaren gemacht: Es if wahr, in diefer Ges
fatt, wie in den Dpiumträumen Brulart's, waltet eine Phan⸗
tafe, gegen welche die Hoffmann’s oder. Breughel's ein Zwerg
M: ee I außerordentlich, erftaunend, in feiner Art ſelbſt ſchoͤn;
aber die Art ift ein Makel aller Kunfl. Nr. 3 iſt Atar⸗Gull,
der riefige Slave, Adler und Schlange, Ratter und Held zu:
gleich, unmöglich vielleicht als Menſch und entſetzlicher als Daͤ⸗
mon feld. Diefem ähniich find die Nebengeftalten, Water van
Hop, ber menfchenfreundliche Pflanzer, welcher den alten Job
für 2000 Fr. hängen läßt, bie Engländer auf der Fregatte;
lauter nie gefchitberte Gricheinungen. Was foll die Kritik zu
86
einen Werte biefer Art fagen? Mir mäffen erlaunen, bewan⸗
bern ſelbſt, aber wir Tönnen weber Ueben, noch loben. Es fehie
dem erfchütternden Gemälde von Braus und Nacht an coms
traſtirendem Licht und Verklärung. Es waltet ein Spott, cine
Berachtung gegen Das, was man die guten Geiten der Mens
fhennatur nennt, ein Hohn gegen bie Tugend darin, der und
tief, tief ſchmerzt, weil er und zu dem Glauben zwingt, der
Dichter verachte Liebe, Berſoͤhnung, Milde, Freundſchaft, Recht
als ebenfo viele Schwachheiten. Wit einem Wort: ugene
Sue betet einen Goͤtzen an, und biefer Goͤte ift die Kraft. Gr
wird fein pfochologifcher Romandichter werden, bevor er fidh von
biefem Heidenthum nicht belehrt und wieder ein Ehriſt wird.
Dies außerorbentliche Werk, in dem zugleich eine Kunfk
der Steigerung und der Gegenfäge ſich verbirgt, welche das
Zalent des Verf, zu bewundern zwingt (vgl. 3. B. das dritte
Gap. des dritten Buchs mit dem folgenden), iſt fo vortrefflich äberfegt,
als nur möglich. Das Geſchick des Ueberfesers macht, daß und
feine der originellen Wunderlichkeiten des Verf. verloren geht;
er trifft jeben Ton, ben ber Dichter anſchlaͤgt, und überbietet
ihn ſelbſt an ſtiliſtiſcher Kunft und fprachlichem Wermögen.
Der Roman: „Der Salamander”, ift der vollftändigfte Aus⸗
drud von bem neuen Princip, das Eugene Sue in ben Roman
einzuführen firebte. Wan könnte über dies neue Princip ein
merkwuͤrdiges Buch fchreiden, denn der Gegenftand fft allerding®
“ merkwürdig und des Rachdenkens werth. Der Verf. ſpricht ſich
in einer Vorrede darüber aus. Nicht zufrieden damit, in feis
[4
nen Geeromanen neue Charaktere, eine neue Scenerie, ein neues
Gebiet, welches eben das Meer ift, aufzuftellen, kehrt er daB
ganze bis jegt herrſchende Princip des Romans geradezu um
und flelt es auf bie Gpige. Liebe, Tugend, Gerechtigkeit,
Pflihtäbung, Bottvertrauen zu belohnen, lehrt er, ift durchaus
fatfh, weil es unwahr und natunwidrig if. Diefe fiegen nie
oder außerſt felten, und wenn fie flegen, fo fagt uns ihr @ieg
nichts. Das Lafter iſt es, was in der Ratur triumppirt, alfo
muß es dies auch im Roman. Hierdurch allein kann diefer bes
lehrend für und werben; denn er verweiſt uns auf bie Noth⸗
wendigkeit der Religion, der göttlichen Gerechtigkeit ımb eines
Lebens nad dem Node. Wäre ed wahr, daß die Tugend hier
triumphirte, ſo bebürften wir biefer nicht. Gine ſolche (falſche)
Darftellung der Natur ſchwaͤcht und deſchaͤdigt alfo nur unfern
Stauden. Sie iſt unmoralifch und unmwahr, alfo zugleich kunfts \
widrig. Dies ungefähre ift der kurze Inhalt des Sue'ſchen
Raifonnements, das feinen Gindrucd made, weil ein Kern von
Wahrheit in biefer Huͤlſe fledt. Dan muß Sue lefen, um dies
zu empfinden, denn bes tiefe Eindruck feiner feltfamen und neuen
Gebilde ift unleugbar. Wir fireben umfonft fie zu vergeſſen;
nicht moͤglich; fie laſſen fich nicht vergeffen, fie verfolgen uns
Zag und Racht. Zraurige, hoͤchſt traurige, hoͤchſt entfegenvolle
Phüofophie; aber nicht total unwahr! Rechnet der Lefer hinzu,
daß ed nie eine grausliebenbere, glähenbere und gewaltigere
Phantafie gab, als die Sue's if, fo wird ber unglaubliche Ein⸗
druck erfiärbar, den er hervorbringt. Neue Philofophie, neue
Phantaſie, neue Farben, neue Sprachtöne, was braucht es mehr?
Was gewoͤhnlich in Romanen gefchieht, kehrt unfer Dichter — fo
nennen wir ihn mit vollem Zug — völlig um. Die Bravheit,
die Pflichtliebe, ber Edelmuth, bie Liebe, bie Gerechtigkeit, ale
dieſe geben im „ Salamander” an Peter Huet, Paul, Alice u. ſ. w.
aufs Fläglichke ufter; bie Dummheit, die fatanifhe Bosheit,
die Sämmerlichkeit triumppiren nicht blos, ſondern leben an bem
Extabackhaͤndler Marquis und Schiffscapitain, an Szaffie (der
lũcklicherweiſe ein unmoͤglicher Menſch tft) in Shren und Ans
ehen in ber Geſellſchaft fort, und bies Alles gibt uns der Verf.
fo troden hin, als wenn es ſich ganz von ſelbſt fo verkände unb
gar nicht andere fein koͤnnte. Es ift entfeglih, dreimal hoͤchſtt
entfeeih! Haß, Hohn, Berachtuug bes Menſchengeſchiechts
fönnen weiter nicht geben. Wictor Hugo iſt ein Kind gegen
Sue. Diefer bringt promiscue Zugend und Eafler um; jener
kroͤnt abfichtlih und par principe das Lafter und Iäßt bie Zus
gend nicht etwa groß,‘ fondern elend untergehen. Gr iſt ein
© .
su bebauern, daß bie- Qusiem, woraus babel gefi
Baußerer, aber glädficherweife, bei aller Weisheit, bei aller Le⸗
benälenntniß, bei aller unerreichbaren Phantafie doch — ein
blinder Zauberer. Gicht er nicht, daß z. B. Szaffie unmöglidy
it, und daß, wenn Huet flirdt, fein Menſch ihn bemitleiden
kann, weil ee nicht von ber Hand ber Welt, fondern an feinem
eignen Gigenfinne ftirbt und gleichfam als Gelbfimdsder ?
Hier nun kehrt ſich bie ſchwache Geite Sue's heraus. Gr mag
die Welt Eennen, unb es fcheint, er Eennt fie genug; aber er
ſtellt fie dar, etwa wie londoner Garicaturbilder bie koͤrperlichen
Gebrechen ber Minifter darſtellen. Gin Fuͤnkchen Wahrheit und
alles übrige Lüge und Uebertreibung! So viel gegen feine Phi⸗
loſophie. Seine Phantafie ift unnachahmlich, weit gräßlicher, aber
koch auch weit bichterifcher ald V. Hugo's. Welcher Menſch,
außer Sue, und wäre es auch Hoffmann, hat je eine Scene
geihrieben, wie das hitzige Geeficber auf dem Floß ber Ges
fheiterten? Oder den vergeffenen Commanbanten ? Dber enblidy
diefen, als Goͤhen in Afrika verehrt und beauftragt, Kranicheier
euszubrüten? Gugene Sue hat in diefem Punkte gar nicht
Seinesgleichen. Gr iſt völlig einzig für bie Grfindung, bie
Steigerung, bie Darftellung bes Graͤßlichen und Wunbervollen.
Was er daher auch ſchreiben mag, und wie balb feine troftlofe
und unfelige Sebensanficht fein Schrecddensarfenal auch erſchoͤpfen
mag, mit biefer neuen Kunft wird er immer Gindrud maden;‘
wir felbft werben ihn immer mit Xhellnahme, mit Bebauern
und Bewunderung fo feltener und verlorener Gaben lefen. Die
vorliegende Ueberfegung des „ Salamander’’, der nebenher durchweg
eine tief einfchneidende Satire auf die BVourbonibenregierung von
1815 enthält, iſt mufterhaft; wir müßten nidyt bad Geringſte
daran zu tadeln. Wir zweifeln, daß Sue jemals den Zon vers
laflen werde, den erim „Kernod”, „„Sitano‘‘, „Atar⸗Gull“ und
„Salamander” behauptet hat, und wiffen für diefen Ton keine
beffern Ueberfeger zu empfehlen als die ber beiben legtge⸗
nannten Werke. 3.
Ueber den geroefenen Praͤſidenten Griechenlands Grafen
Kapodiſtrias.
Die Alten über Kapodiſtrias find noch nicht geſchloſſen.
Die bald nach deſſen Ermordung, von Eynard erſchienenen
Briefe und die Antworten darauf von mehren Griechen in Pa:
ris, ferner bie „Lettres et documens ufficiels relatifs aux
derniers &v&nemens de’ la Grece, qui ont preced6 et suivi
la mort du comte Capodistrias” «Paris 18331), bann bie
Briefe des Rranzofen Dutröne ff. d. Bi. 1832, Nr.254) und die
in Paris 1831 erfchienenen „Zunuxtra Elinvıza’, ſowie auch
Das, was der Eng!änder Trant in feinem Ruche unter dem
zitel: „Narrative of a journey through Greece in 1830”
(London 1880) — f. d. Wi. 18323, Nr. 94, 95 — Über die Ver⸗
waltung des Kapobiftrias jagt, enthalten nur Materialien, bie
unbefangen geprüft und verglichen fein wollen, - um das von
der Verwaltung bes Yräfidenten zu fällende, mehr auf feine
äußern Handlungen gerichtete Urtheil mit bem von bem ins
nern Menfchen, von feinen Gefinnungen und Abfichten, bie
oft von den Handlungen ebenfo unabhängig find als diefe von
jenen, gehörig in Einklang zu bringen und anf dieſe Weiſe
das Sefammturtheil über bie Erſcheinung begründen zu koͤnnen.
Die politiſche Rage Griechenlands an und ir fih und in Bes
ziehung zu ber ſchwankenden Politik der drei Mächte und zu
bes Präfidenten -igner, nur proviforifcher Gtelung in Gries
chenland darf dabei durchaus nicht außer Acht gelaffen werden.
In diefer letztern Beziehung ift der Aufſatz von Friedrich Buch⸗
holz: „Johann GSraf von Kapodiſtrias, ober die vier legten
Sabre der griechifchen Revolution’, im „Berliner Kalender” auf
1833, von befonderm Intereſſe und von dem künftigen Bios
graphen Kapodiftrias’ wohl zu deachten. Im Ginzelnen ift
— — — — —— — —— — —— — — — —
>
een
nicht angegeben find. Mit der diographiſchen &
mondi (Wegweifer Nr. 79 zur ‚„‚Abendzeitung‘‘ 1 finden ih
bier manche Widerſpruͤche. Sehr richtig fagt Buchholz int All⸗
gemeinen: „Geblendet buch ſeine Vorliebe fir Griechenlan
unterzog · ſich Kapodiſtrias einem Unternehmen, das, wenn
es überhaupt durchzuführen war, nur von Demjenigen durchge⸗
führt werben Eonnte, dee mit unerfchöpflidden Hülfsmikteln eine
Ueberlegenheit bes Geiftes verband, die ihn in die Reihe übers
menſchlicher Weſen flellte. Ein Wolf, das feit zwei Zahrtaus
fenden unterdrädt worden ift, in die Bahn der Sittlichkeit und
bes Gehorſams gegen bie Gefege zurüdzufähren, ift minder
leicht, als Viele glauben. Mehr Diplomat ald Gtaatömann,
ließ Kapobiftrias ſich von einer nur allzu verzeihlidhen Gitels
keit bereden, daß ihm wmter dem, Schute der drei großen
Mächte jede harte Maßregel werbe erfpart werden. Dee
Praͤſident Kapodiftriad liebte ſich felbft zu wenig, um aus
Keigheit zurüdzutreten, und indem er feine Zuflucht zur Härte
nahm und den Anftrich eines Tyrannen gewann, hatte er das
Schickſal, das vor ihm fo Viele getroffen hat, bie fi in eis
nee ähnlichen Rage befanden.’ ebenfalls iſt dieſes uUrtheil
Wenigftens ber, auch durch fein früheres Leben bethätigten Ges
finnung ded Mannes, ber auf bie Auffoberung des Kaifers
Nikolaus zum Zurhdtritt in das ruffifche Miniſterium zus Ante
wort gab: „Sire, in Ihrem Minifterrath würbe ich nur Srieche
fein; erlauben Sie mir alfo, daß ich es in Griechenland fei”,
volllommen entſprechend. - 30.
Notizen.
Boucher, deſſen außerordentlich reiche Sammlungen zur
Erlaͤuterung altengliſcher Literatur pm Sprade faft 20 Zahre
ruhten, ehe jest ein Theil derfeiben als erfler Band von Bou⸗
cher's „Glossary of archaic and provincial words” (London
1832) dem Yublicum zugänglich gemacht wurde, war Rector in
Epfom und verwendete den größern Theils eines langen Leben
auf Anlegung eines Gloffariums zur Erklaͤrung altengliſcher
Schriftſteller, deſſen Mangel ex mit Andern tief empfand. Gr
forſchte überall an den Quellen, und fucte in alten Chroniken
Dichtern, gerichtlichen und andern Urkunden nad) Aufklärung.
Allein auch Dasjenige, was in den mit Unrecht fo geringſchaͤtzend
betrachteten Dialetten der Landleute von ber alten Sprache
übrig geblieben, futte er unermüdlich zu ergruͤnden; er fams
melte die Propinzialismen, und ba er Gelegenheit hatte, fich
genaue Bekanntſchaft mit den verſchiedenen Diolektch zu erwers
ben, fand er durch Vergleichung die urfprüngliche Korm. Nach
jahrelangem auf die Vorbereitungen zu feinem Werke gewendes
ten Fleiße, und nachdem ber größere Iheil zum Drude fertig
war, unterbrach der Tod feine Arbeiten. Nur der Budiftabe &
erfchien einige Zeit nachher unter fehr nadıtheiligen Umftänten.
Die Refultate der neuern Forſchungen über die Ältere englifche
Literatur werben in Bouder's Werk aufgenommen. .
Die englifche Ueberfegung von Zumpt's Tateinifcher Gram⸗
matik hat bereits die dritte Auflage erlebt.
Die Iondoner „Religious tractate society“ Kunbigt für 1833
ein Halfpennywochenblatt: „The weekly visitor”, an, we
ches ewige und irdiſche Weisheit vereint verbreiten helfen foll.
Bisher galt der Ben Nevis als hoͤchſter Berg Schottlands
bei neuen trigonometrifhhen Deffungen fand man aber, daß der
Ben Machui in Abesdeenfhire 4390 Zuß hoch fei und jenen
alfo um 20 Fuß Übertreffe. Man wird ihm alfo wol den Zitil
des Ben Nevis beilegen müffen. 8.
7
Redigirt unter Verantwortlickeit der Verlagshandlung: J. A. Brodhaus in Leipzig.
Bl t ter.
' für.
literarifche
⸗
urte cha tum 8.
Mittwoch,
— — ——
Die Frauen von Neidſchuͤtz. Novelle von Alexander
Bronikowski. Zwei Theile. Leipzig, Brügge:
mann. 1832. 8. 3 Thlr.
Hofintriguen,. wiewol unfere Zeit die Höfe mit ganz
andern Augen anfeht als das Jahrhundert vor uns, Hof:
intriguen aus ber Bluͤtezeit der Höfe bilden noch immer
einen fehr anziehungsreichen Stoff fir die Rovelle. Die
Worte: der König fagte, der Kurfürft erwiderse, der Her⸗
zog ergriff u. f. w., üben noch immer auf die Phans
sofie vieler Lefer eine magifche Kraft aus, und bei mans
den Leuten eine um fo größere, je mehr fie fi) das Ans
ſehen geben, dieſen Zauber zu leugnen. 86 verhält ſich
damit ungefähr wie mit der Geſpenſterfurcht — nicht Der
iſt frei davon, ber fie ableugnet,
Der Stoff ber vorliegenden Movelle wird alfo für
einen anziehenden gelten koͤnnen; denn bas ganze Buch
iſt eine — furchtbare Hofintrigue. Die Geſchichte der
Geliebten Johann Georg IV. von Sachſen, Katharine
Gräfin von Rochlitz, und ihrer Mutter, dee Intriguen⸗
meifterin, Gräfin von Neidſchuͤtz, ded Kurfürften uns
ſelige Kämpfe für diefe feine Beherrfcherin und Schüglins
gin gegen feine Mutter, feine Gemahlin und feinen Brus
der, Auguſt den Starken, fein und ihr endliches phufifches
und moraliſches LUnserliegen, nach kurzer Ueberfpannung
feiner von Daufe aus geringen Kraft — bilden den In⸗
halt diefer Erzählung! deren unleugbares Verdienſt ein ſpan⸗
nendes Intereſſe und eine gluͤckliche Malerei der allervers
ſchiedenſten Serlenzuflände if. Wäre dem Verf. unter
feinen Naturgaben nur halb fo viel Geſchmack befchieden
worden, als iym Phantafie und Beobachtungsgabe zu Theil
ift, fo wäre er unſtreitig ein gluͤcklicher Erzaͤh⸗
ler; fo, wie er ift, ift an keiner feiner Erfindungen Was
Ganze, au jeder aber etwas und Einzelnes, hier Erfindung
und Situation, bort Begründung und Entwidelung ber
Charaktere und Anderes zu loben. Was an ber vorlie
genden Erzählung zu loben oder zu tabeln iſt, werden wir
leicht erfennen, nachdem wir die Zabel berfelben und bie
vorzüglichften. handelnden Perfonen kurz überbiidt haben.
Die Scme eröffnet fi, indem wir den jungen, aber
ꝓhofiſch ohnmaͤchtigen Kurfürften Johann Georg an der
Geite feines lebensfrohen und Präftigen Bruders, Herzog
Auguft’s, welcher foeben von feinen Reifen heimgekehrt ift,
Nr. 16. — |
—— — — — — nn — u — mn —
16. Januar 1833.
tenpalais ihres hochſeligen Vaters im großen Garten hin⸗
ausreiten ſehen. Der Regent iſt voll bruͤderlichen Gefuͤhls,
Herzog Auguſt aber hat ſchon das neu entſtandene Verhaͤlt⸗
niß feines Bruders zu der Gräfin von Rochlitz, welche wie
vorüberfahren fehen, auf dem Herzen. An feinen wohl⸗
gemeinten, aber etwas Eauftifchen Bemerkungen- entſpinnt
fi) ein Streit der Brüder im Palais, mährend und zus
gleidy in einem etwas gewaltfamen Geſprtaͤch zwifchen dem
Kammerpagen Visthum und dem Hofbettmeifter Gobau
bie Erpofition der Geſchichte gegeben wird. Statt biefe®
langen, ermüdenden Geſpraͤchs hätte der Verf. uns Hands
lung geben follen. Weberhaupt aber bat er den Fehler
begangen, die Grenzen feiner Selchichte zu eng zu ſtecken
Faſt Altes Aft fchon gefchehen, che der Worhang aufrellt,
und die Folge davon iſt, daß die Erzählung ſelbſt fi um
Geſpraͤche dreht, ohne anders ald aͤußerſt langſam fort
zurüden. Er hätte uns die Leidenfchaft des Fuͤrſten vR,
ihren Keimen an vortragen follen; in zwei Theilen wäre
Raum genug dazu vorhanden gewefen. Diefe Borgefchichte,
feiner Liebe wäre wahrſcheinlich anziehender geweſen ale
die Intriguen der alten Neidihüg, weiche man füglic-
des Teufels Großmutter nennen bunte, um den Prinzen
Auguſt zu ſich hinüberzuziehen und aus ihm einen Nach⸗
folger in der Liebe ihrer Tochter beim Tode Johann
Georg's zu mahen. Genug, um biefe Intriguen dreht
ſich die größte Haͤlfte ber Geſchichte. Katherine von, Roch-
tig ſelbſt, ein bedauernswerthes und liebenswäürdiges Merk,
zeug in den Händen diefer Zeufelsgroßmutter, die jeboch,
mit ungemeinem Sarbenreihthum ausgemalt iſt, hat nur,
ihre Strafpredigten anzuhören. Ihr gegenüber hat ber,
Kurfürft die falbungsreihen Mercuriaten feinee Mutter,
Anna Sophia von Dänemark, einer Eöftlichen fürftlichen,
Caricatur, auszuhalten, die Wehllagen feiner Gemahlin,.
gleichfalls einer mit veicher Phantaſie ausgeftatteten. Er⸗
fcheinung, und bie fpigen Reden feines Bruders. zu bes
fieben, fo lange, bis er endlich den Zügel in ben Mund
nimmt und Mutter, Gattin und Bruder zum Tempel
binausjagt: eine uͤberſpannte Kraftäußerung, bie fih an
ihm durch gänzlihe Ermattung rät. Dieſer Theil
der Erzählung iſt reich an den treffendſten Scenen und
wirklich aͤußerſt glüdtich durchgeführt. Die beiden Aufs
tritte im Cloſet der alten Kürftin und im Schlafzimmer
wow ber Hofburg zu Dresden nach dem bekannten Bars | der regierenden Kurfuͤrſtin find ‚mis kuͤhner und ficherer.
>
2,
Hand gezeichnet; fie wären meilterhaft zu nemen, wenn
die unglüdtihe Manier in Styl und Darftellung, bie
der Verf. fi für diefe Erzählung zum Geſetz gemacht
bat, ihnen nicht die Hälfte ihres Werthes raubte.
| Diefe ungluͤckliche Manier des Styls iſt ein anderer
Punkt, uͤber den wir mit dem Verf. ernfthaft zu rechten
haben. Weil feine Erzählung am Schluß des 17. Jahr⸗
hunderts vorgeht, ſo hat er geglaubt, ſeinen ganzen Vor⸗
trag in dem tollgewordenen Kanzleiſtyl dieſes Jahrhun⸗
derts halten zu muͤſſen. Dieſer Irrthum iſt unverzeih⸗
ich, weit er eine Verſuͤndigung gegen ben guten Ge
ſchmack in fi ſchließt. Einzelne Auftritte, in biefem
Stcyl erzählt, vwolrden effectooll fein und wären bincels
chend geweſen, die fonderbare Ausdrucksweiſe der Zeit zu
dverſinniichen. Allein ein ganzes fiebentehalbhumbert Sei⸗
ven ſtarkes Buch in dieſer olla potrida von Deutſch⸗ Frans
fiſch umd Lateinifch zu fchreiben — das heißt den Ge⸗
—* der Leſer für einen Suͤndenbock halten, dem man
alles und jeded Ungemach aufbärden kann. ine einzige
Beine Probe mag genügen. '
.„Was das Erſte anbelanget”, entgegnete bie Gemah⸗
En des kurſaͤchſiſchen Kanzlers, „ſo danke ich Eurer Durchs
tauchtigkeit bejahend fire huldreiche Nachfrage, nicht alſo
genügend mag ich jedoch Hochders in Betreff des Zweiten
den, dieweil ich mich juſtement von einigen deplai-
sär afficieet befimde.” — „Atſo gewahre ich mit Bedauern“,
ehtgegnete Augufl, „und nicht ohne Verwunderung, inter
mal die Frau von Friefe mie bekannt ift als eine Dame
von nicht geringer Einfiht und Reſolution. Weßmaßen
K denn glauben muß, «6 ſei Sein geringfügiger Umſtand,
€ folche alteration hervorgebracht; alfo möchte ich Dero
Bitten, mir denfelbigen zu communicien, überzeugt, tie
fle iſt, von dee diſtinguirten Eſtime, welche ich nicht nur
fir ihre eigene Perfon hege, ſondern gleichermaaßen fir
Ben Deren Kanzler und Dero fänmtlicheg Angehörigen.” —
Dr Dame erwiderte in gegogenem Xone: „Allerdings iſt
fothe Höchfte Gnade und protection ganz befonder6 ſchaͤtz⸗
Bar für Monsieur von Frieſe; folite dieſelbe fich jedennoch
allzu ſchr auf unſte Angehörigen ertendiren, fo würde zu
erroägen fein, ob dies nicht zum Praͤjudiz berührter Pers
foren gereiche.” — „Sch verftehe Dero nicht, Madame”,
Wverſetzte der Prinz empfindlich u. f. 10.” — Iſt es nun recht
uhr loͤblich, daß dee Verf. uns zumuthet, fall 700 Set:
sen biefes Styls zu verbauen? Abgefehen davon, daß
wie zweifeln möchten, ‘ob man Anno 1690 wirklich fo
gefprochen habe; abgeſchen davon, daß dieſes vorgebliche
ereue Gonterfei der Zeitweiſe wiederum in ſich ſelbſt feh⸗
lerhaft und ungenau ft, indem man 5. B. damals gewiß
nicht einen Edelmann mit „Euer Hochwohlgebohren“ anre:
dete; abgefehen ferner von der völligen Geſchmackloſigkeit
‚ eines folchen niederlaͤndiſch⸗ genauen Lumpenbildes, liegt
diefer Caprice des Verf. aud) ein radicaler Irrthum zum
Grunde. Gibt denn der Maler die Natur, ober bie vers
edeite Natur? Und käme es darauf an, bie Zeit ſprechen
zu laffen, wie läßt der Verf. denn Karl d. Großen oder Wit:
teind und Friedrich I. fprehen? Wie endlich den Polen,
den Spanier, den Juden? Iſt diefe. Act von Treue ein
Y
&
Berbienft, vote ihm fcheint, oder eine Laͤcherlichkeit, wie
uns dünft? Der Lefer mag entſcheiden; uns aber thut
es leid, daß ber Verf. lieber auf der Fährte gebt, auf
weldyer Fouqué zum Geſpoͤtt geworden ift, flatt fih am
ige und anerkannte Muſter zu halten, wie Fielding }
iſt. Aus dem „Tom Jones” hätte er lernen koͤnnen, w
man Manleren einer Zeit treu malen könne, öhne def
guten Geſchmack einer andern, und zwar der ſtets Recht
behaltenden Gegenwart, mit Süßen zu tretm. Man gebe
Proben, Überlaffe der Phantafie bes kundigen Leſers ets
was, ſchreibe vor allm Dingen deutſch und martere ibn
nicht mit Geſchmackwidrigkeiten.
zuruͤck zu unferer Geſchichte. Als eine Katar
ſtrophe derfelben haben wir fchon der Scene im Schlaf
gemach der Kusfürfttn gedacht, bie nady den barlber ere
haltenen bifterifchen Andeutungen dußerft gluͤcklich erzählt
if. Dee Kurfürft, entrüftet über die entſetzliche Strafe
predigt, Die er foeben von feiner Mutter angehört bat,
eitt zu ſeiner Gemahlin, um bier, wo er ſich als die
Staͤrkere fühlt, die Sache zum Bruch zu bringen. Er
dringt ein, Findet Eleonoren im Bette und kuͤndigt -ihe
an, daß fie das Schloß verlafien müfle. „Die längere
Bereinigung zweier Ddisharmonicenden Charaktere bringe
nur deplaisir hervor und felle aufhören, er fei Herr im
Land und Schloß.“ Die Kurfürfiin widerfegt fi zume
erften Mal in ihrem Leben; Johann Georg zieht dem
Degen gegen fie und bringt, außer fi) vor Zorn, auf Me
Wehrlofe ein, als Prinz Auguftus erfchent, den Wuͤthen⸗
ben in feine ſtarken Arme nimmt, ihn daventrägt und
Efeonoren fo rettet. Diefer wunderbare Auftritt wird vor
mehren Zeitgenoffen berichtet; der Verf. aber hat ihn zw
einem überaus kühnen und glänzenden Bilde benugt, bad
um fo fprechender wird, als Prinz Auguft glei darauf
fine That als eine Verlegung der Majeftär feines Bru⸗
ders empfindet und felbft um feine Verbannung als ver
diente Strafe bittet.
In dem ganzen Gemälde, fo weit es hiſtoriſch iſt,
it überhaupt Herzog Auguſt mit Gluͤck und Vorliebe por»
traitirt. Wir erhalten in ihm eine burdjaus ritterlidhe
Erſcheinung, voll Weltluſt, leichtfertig und finnlich, aber
ſtets edel, bieberherzig, klug und gefuͤhlvoll. Beine Wer
bindung mit der Keſſel, die wir als eine Epifode entſte⸗
ben und wachen fehen, ift ein vorttefilicher Zug tm bien
fem fehr treuen Bilde bes fächhfiihen Hofes am Schluß
de6 17. Jahrhunderts. Eben der Beſuch dieſer Keſſel
beP der alten Graͤfin Neibfhüg gibt zu einer der Übers
vafchendften Scenen in der ganten Erzählung Antaf. Daß
der Berf. übrigens den Hof kenne, alle Labytinthe feiner:
Intriguen entweber mit propbetifthem oder mit erfahres
nem Blick durchfchaue und Sein und Weſen des Hofle⸗
bene, wie e6 ehemals war, volllommen begriffen habe,
kann nach diefem Buche Niemand bezweifeln. In diefer
Naturtreue liegt das Verdienſt und das Intereſſe dieſes
Werkes; es iſt ein wahres, treffendes hiftorifches Genres:
bild. Als Werk der erfindenden Kunſt läßt es viele Aus⸗
ftellungen zu; der ganze romantifhe Zufag In demfelben;
die Zauberbrauerei, die Spanierin Eſtavania Bevas, Die
a
enmertochter, Gobau, lewol auch fie geſchichtlich fein
ers; wirkt eher ſtoͤrend als guͤnſtig; bie Geſchichte der
Hofintrigue ſeibſt, die Porcraits der hiſtoriſchen Perfouen
Imb die Bilder, in venen 'fie als folche handelnd auftre⸗
ten, find treffllch. Der Schluß ber Erzaͤhlung tft gleich⸗
falls ſtreng geſchichtlich. Nachdem die teuflifhen Intri⸗
guen der alten Neidſchuͤt, welche dem Kurfürften das Le
ben Lofteten, an den Tag gebracht, nachdem auch das
&rme Opfer, die Gräfin Rochlitz, hinicber und Auguſt auf
ben Thron gefliegen iſt, witd und kurz der Ausgang bes
Proceſſes gegen die Urbeberin aller diefer Greuel erzählt.
Man fand bie alte Gräfin eines Morgens entfeeit auf
Ihrem Lager im Sefängniß, wohin ihre treuer Anhänger,
Kanzler Beihling, fie ſelbſt abführen muß. Ihre Leiche
ward, trog der Rachenehmungen ber Kurfürflinnen, durch
Bisthum’s Vermittelung beerdigt, und auch bie Rochlitz
echlelt ein unbezeichnetes Grab in der Schloßkirche. Kurs
fürft Augufs Leben entwickelte ſich zu einem Glanzpunkte
in dee ſaͤchſiſchen Geſchichte; Joh. Georg's Witwe folgte
bieſem bald; Anna von Daͤnemark lebte lange genug, um
den Abfall ihres Sohnes von ber ihr theuern Lehre Lu⸗
ther's zu erleben; die Spanierin Levas aber entging den
Haͤnben der Gerechtigkeit nicht, fie warb als Bere zu
Paſſau verbrannt. oo
Wir Haben anexkannt, daß der Verf, mit dieſer Er:
hlung ein, hiforifches Gemaͤlde, außgezeichnet durch
Wahrbeit, Treue der. Charaktere und uͤberaus anzichend
derch feine Geſchichte, werrmkaltet aber dur, Das, was
6 reine Erfindung ihm angehört, und durch eine un⸗
gädlihe Manier der Darftellung, geltefert habe. Wir
glauben, er wird gegen dies Urtheil kaum appellicen Eins
wen. Sein Geſchick, Hifteriiche Ereigniffe zu tebenvolien
Genen zu geftalten und fie wie freie Erfindungen wohl
gefällig vor unfern Augen vorüberzufähren; ein Talent,
aus ſolchen Ereignifien Charaktere und Seelenzuſtaͤnde
Kar, naturgetreu und auf anziehende Art hervortreten zu
kaffen: diefe beiden Geſchicklichkeiten find an ihm unver
keanbar. Er iſt auf dem Geblete feiner Gefchichten, hier,
wie immer, voͤlllg einheimiſch, und es iſt kein oberflaͤchli⸗
ches, ſondern ein tief eindringendes, hiſtoriſches Vorſtudiuni,
das ihn in den Stand ſehtzt, geſchichtliche Charaktere zu
verklaͤren. Eben die® unterſcheldet ihn von manchen Dit:
bewerber, von Tromlitz, Spindler, Döring u. A., welche
dei einer allgemeinen Auffaſſung des geſchichtlichen Fac⸗
cams ſtehen bleiben und ſich für die Details auf ihre |... Geizigen in eine reich gefüllte Schatzkammer und, feht
: Augen, mit ber er hier Barren, dort SGeldfaͤſſer, dort Docus
Phantafie verlafien. Aber darum iſt er doch: noch kein
Walter Scott, und eine ungeheure Ktaft, in welcher
eben ber ganze Kunſtwerth der Hiftorifchen Erzählung liegt,
trennt ihn von diefem Genius. Denn W. Scott weiß —
und feiner feiner Nachahmer verfteht Died wie er — bie
Gefchichte tie einen Mythus zu behandeln und Erfin⸗
Bung umd Hiftorie dergeflalt zu verfchmelsen, daß er, In:
"dem er feine Erfindung erzaͤhlt, eine Geſchichte, wie fie
fein koͤnnte, vortraͤgt. Bei ihm iſt nichts von jener ro⸗
ben Nebeneinanderſtellung hiſtoriſcher Ereigniſſe mit Er⸗
fundenem zu bemerken, in der feine Nachahmer, ſelbſt
unter den Englaͤndern und Amerikanern, ſich gefallen, ſon⸗
bern Alles in Ahm AR zugleich Erfindung und Seſchiche,
Eines durchdrungen von Andern. Für die bloͤden Augen
mancher Kritiker verliert ſich Diefer feine Unterſchied allen
dinge, umd- dnher if es gekommen, daß man: bald Wan
dervelde (reicher, beilaͤufig geſagt, mol noch den melften
Anſpruch daranf hat), bald Spindier, bald Tromlitz, da
unfern Verf. einen neuen Walter Scott titulirt hat. Sie
haben auf dieſen Titel ungefähr eben das Anrecht, weis
ches bie modernen franzöfifhen Romantiker darauf
für Nebenbuhler Schillet's oder Goͤthe's zu gelten. Har⸗
monifhe Schmelzung roher Beſtandtheile fehlt Ihnen,
wie fie jenen fehle; aber eben die Harmonie macht das
Kunftweet. | 89,
Materialien zuk oͤſtreichiſchen Geſchichte. Won Joh -
CEhmel. Erſter Band. Auch unter dem Kite;
Beittaͤge zur Geſchichte Kaifer Friedrich IV. . Erſter
Band, erſtes Heft. Linz, Fink und Son. 1832,
4. 18h. 38 Se Ä
Hier kommt einnial unter das unabſehliche Kleingewehrfener
unferer hiſtoriſchen Literatur — denn wer meint nicht wenigſtent
eine Schluͤſſelbuͤchſe von Geſchichte jegt abfchießen zu konnen,
wo Bunderte, die auf Univerfitäten thre Hiftorifhen Gollegien
geſchwaͤnzt haben und etwa als Lehrer an dieſer ober jenef
Schule auch Geſchichte mit zu dehren Yaben, fchnell aus If B
chern das zwoͤlfte zuſammenſchreiben, weil keine Aufficht da iſt
der Gevakter Reetor und Superintondent bie--
und ein paar andere gute Freunde den Druck wuͤnſchen, die
Schuͤler abes ihn bezahlen muͤſſen — wieder ein tuͤchtiger Ras
nonenſchuß. Der fiotianer Chorherr und Pfarrer Ehmel wii
die durch Kurz a. A. fo body gehobenen WBerbienfie feines Stif⸗
tes um Geſchichte nicht finfen laffen und bat num zur Geſchicht«—
Kaifer Friedrich IV., 1440—93, welde ſchon Franz
1812 bearbeitete, aus Archiven und Bibliotheken Materiafick
geſammelt. Solche Arbeit iſt um ſo mehr zu ſchaͤten, weil
ihr die größere Keſtgnation gehört. Der Menge füllt fie nicht
in bie Augen, wie mühfem fie auch ift; ſie gleicht dem erzhalti⸗
gen Geſtein, weldes der Bergmann mühfam unter der Erde
Iospocht, und aus welchem erſt durd ganz andere Hände bad
seine glänzende Metall gervoiinen und in blanke Münzen um⸗
geſchaffen wird. Aber der Kenner weiß das Geſtein zu igen.
ESGSs iſt ein hoͤchſt erfreuliches Zeichen, daß Deſtreich feine
faſt uͤberfuüͤllten Archive nun öffnet. Wie viel iſt ſeit einigen
Jatren ſchon aus henſelben geſchoͤpft worden, und noch fft
rund abzufehen. "Gin Sand veredelt, verklärt ſich durch fein?
Geſchichte, und Deſtreich kann fi der ſeinigen erfreuen und
wird ed mit dee Zeit noch mehr koͤnnen, je freimüthiger Befone '
ders längft vergangene, ber Domaine der @efchichte unwiber«
ſprechlich angefallene Zeiten befprochen werben dürfen. er
mente und Schuldverſchreidungen oder Staatepapiere, die alll
Augenblicke wieder verfiibert werben koͤnnen, muſtert. So ein
Blickchen eroͤffnet ſich und bei dem Autzuge aus ben Verzeiche
niſſen der Handſchriften des ©. k. Archivs zu Wien in Hinſicht
‚auf die Zeit Kaifer Friedrich IV. mit Nachweiſung der Archiv⸗
Iocatur. Außer ben allgemeinen Sachen find duch bie zu Yen
ungarifhen, ſalzburg⸗ und berditeßgadifcdhen, titetifchen und
voraribergiſchen, venetianiſchen, lothringiſchen und elſafſiſchen, itds
lieniſchen, ſchweizer, polniſcheruſſiſchen und tuͤrkiſchen Angelegen⸗
heiten. jenes haiden Jahrhunderts gehoͤrigen im Archive vorfind⸗
lichen Actenſtoͤcke deſonders verzeichnet; die mit einem Sternchen
bizeichneten Manufcripte find von’ Hr. Ehmel näher -unterfucht,
excerpirt oder copirt worden. u ”
”
ſGiewauf folgt ein Repertorium von 264 urkunden (weldes
ein erſt A von 1424— 1439 enthält und fortgefegt wer:
* fett), die nach fortlaufender Nummer, Datum, Ort der
Unokrkung und Angabe tes Inhalts rubricirt find, Die Gamım!
Ion von Kaifesregefien Tbunen. alfo Hier, eine ſehr veiche Aus
.ünden, wenugkidh beimeitem nich alle Stuͤcke eigent⸗
——— nd. (S. 11-36.) Da gibt es Hinder⸗
angs:, Scutds, Stell⸗, Gegen:, Bermächtbriefe; Verkaufs, Ber:
dt: und Toͤdtbriefe; Seſchaͤft⸗, Auffand«, Schadlos⸗, Pfante,
ueiergabbriefe Rait⸗, Spruch⸗, Lehen⸗, Gunſt., Quitt⸗, Befehl⸗
Urlaubbriefe; Gab⸗, Scqchirm⸗, Gehorſam⸗, Gewalte, Ber
—— iſtliche Bruderſchaftsbriefe z Geleits⸗, Erneuerungse,
eiſtungs⸗ Germ htniß:, Schug: und Zrugbündnißbriefe; Zeugs
niße, Ginrbumungs : und Gewehrs⸗, Leibgedinge⸗, Amts: und
Belenntnißbriefes Rotein, Urfehden, Wernirkzettel, Vidimus,
Verzeichniffe u. f. w. aller Art. Dann folgt 37—98 eine Reihe
von 35 vollfländig und biplomatifch genau abgebrudten Urkun⸗
den. Die legte iſt ein Verzeichniß der GSinfünfte ber Erzher⸗
goge von Deftreich in den I. 143738. ®
Wir geben gern zu, daß noch genauere. Angabe des Ins
paltt hier unpaffend ſei; aber wir machen duf die Wichtigkeit
Gammiung aufmertfani, weiche eine wahrhaft merkwürdige
Beit. betrifft. Die Worbenitungsjahre. ber. Heformation, ber
Sonfelidisung des Haufes Habsburg, die durgundiſche Angeles
geupeit, die legten großen Tage. Ungarns und Benedigs fallen
hinein; die Gntwidelung des eurcpäifhen Nordens und die Ka:
taftrophe die Suͤdoſtens durd) bie Türken: alles Grfcheinungen,
welche die fogenannte neue Gedichte einielten, vorbereiten und
- bedingen. Freilich, wer in biefen Erzen mit angreifen und ar⸗
heiten will, muß ſelbſt nicht blos Pochjunge fonberu ſchon ein
tüchtiger Huttenmann fein. . 20.
u Lefefrüdte
Inſtinkt der Thier«.
. Man Tann ben Inſlinkt der Thiere, cher beſſer gelagt, ih⸗
sen Berſtand aus duch lange Beobachtung in feines ganzen
Ausbehnung kennen lernen. Wir wellen einige Beifpiele anführen.
Sin amerikaniſcher Naturforſcher, Steel, beivundert den Scharf:
I der Schwalben, welche fih am Garatona aufhalten uab
e Nefter öfter anders baum, wie ed gewifle Umſtaͤnde und
bie. Gicherheit ihrer Jungen vor ihren natürlidien Feinden not,
wendig machen. Der Schottlaͤnder Hall erzählt etwas Auffal⸗
lenderes, das er vor einigen Jahren in Schottland bemerkte.
„Der Frühling war ungewöhnlidd mild und das Zuſammenſtroͤ⸗
men von Schwalben in ber Naͤhe bes Cheviot größer, als
bie aͤlteſten Bewohner dieſes Grenzdiſtrikts es jemals bes
: gbahtet hatten. Dean fah ‚zahlreiche Scharen ihre Nefler
unter den ſtrohbedeckten Dächern ber Gcheunen und Pacıthäufer
. am Kale und am Beaumont andbauen. Gin altes Gebäude,
Shirifieine genannt, ſchien ſich vorzuͤglich ihrer Gunf zu er⸗
renen; die Manern waren dicht mit ihren Reſtern bedeckt, und
zei hingen ſogar an ben obern Enden eines hohen Schlafge⸗
machfenfters. Waͤhrend die Kamilie eines Morgens beim Fruͤh⸗
ffuͤck ſaß, 208 eine ungewöhnliche Bewegung unter biefer befies
derten Gemeinde ihre Aufmerkfamfeit auf fi, und man ent
deckte, daß ber Beſen des Hausmäpdhens die zwei genannten
Kefter herabgeworfen hatte. Den erften heil des Tages hin:
bush verfammelten ſich die Vögel in zahlreichen Scharen bei ei»
ner verfallenen Halle hinter dem Haufe, und nad dem unauf
börlichen Ziſchen und Schwirren fonnte man auf eine tiefe Be:
zathung fchließen. Gegen Mittag brach das geräufchvolle Gon:
clave auf, wo beun bie ihrer Neſter beraubten Thiere ſogleich
ihre Arbeiten wieber an einem Mintel bes Daches anfingen, ber
jener unfichern Stelle am entfernteflen gelegen war. Die Roth:
menbigfeit ber Eile fiel in bie Xugen, da die MWrütezeit habe
ſchien; auch halfen ihnen die Äbrigen Vögel in ihrer Roth, und
men ſah ſechs, oft acht Hins und herfliegen, das Material her⸗
Redigirt unter Brrantwörtfigieit der Berfagäbantlang: 8. U. Bro@hauß in Leipzig =
hatten offenbar um Beiflaud muchgtfudt und man Watte neu
Unterfiögung gugtlogt: — Der Ruglıan welchem bie: meine Ionbos
ner. Brücde dem Publicum guöffet mawzbe „war, eim Feſttag⸗ {fg
jene Lleinen Thiere in den Umgebungen der Hauptſtadt, a)
hei , b fe, —5
HA gr N Ba br Noten *
an demſelben die Gaſſen und Plaͤtze von ihren Bewoͤhnern gaͤ
entbloͤßt wurden, bie zur Bruͤcke geeilt waren, um Augenzeug
jenes glänzenden Gchaufplels zu fein. Ginige Vögel aus einem
nahegelegenen Garten dickten gewoͤhnlich ia Angſt und Eile die
Krumen auf, .die. ich ihnen von dem Fruhſtuͤcktiſche auf bis
Straße zu werfen pflegte ‚Die Gntfernung alles Geräufck
machte fie keck und fit famen ohne gurät auf das Zrottoir anf
verzehrten ihre Fruͤhſtuͤck; aber eine harte Krufte, von dem Um⸗
fang einer greßen Miclinuß widerſtand ihren vercinigten Bemile
hungen, fie Bein zu bringen. Ich gab forgfältig auf chr Thuu
at. ie flogen einer um dea andern weg, und nur ein einzi⸗
ger blieb und feste feine Bemühungen nody eine Zeit lang fort.
Nach) einer Weile riß aber auch fein Sebutbfaden, und er bäpfte
augenſcheinlich in des Abficht an ben Rand des Trottoirs, ſei⸗
u Kumeraben u Plans rn aber, "wie. pr 7 Sins
eines neuen Gedankens, te er zuruͤck, fi ya
berzige Kruſte mit feinem Schnabel und flog zu einer kleinen
Woafferpfiige, in welche er die Krufte warf. Nach einer halben
Stunde brachte er die erweichte Kruſte wieber auf bas Pflaſter
und zerpickte fie nım ohne Schwierigkeit.“
Krititer und Kritilen -
Dee junge engliſche Dichter Churchill iR, nach kerd Byron,
an einer ſcharfen Kritik im „Quarteriy review‘ geflochen. Weg
ig, das Leben der Selehrten und Eiteratoren eingeweiht ift, wird
diefen Fall weder auffallend noch einzig in feiner Art finden.
Batteur hatte feine Sammlung von „Eiementarbuͤchern für bie
Wititairfgule‘ mit Miͤche zufammengetragen; fie.wurde ſchecht
aufgenommen und er flarb vor Gram. Wie beffer erging es
bem belannten Dr. Hawkesworth; Als feine Sammlung new
Reifen eine ſchlechte Kritik erfuhr, tödtete er fi. Gin bes
ruͤhmter Quäler, Cummyns, farb an einem anonymm Brief
in einem titerarifchen Blatt, welcher fi über feine ſchriftſtelleri⸗
ſchen Beiflungen luſtig machte. Der Adbé Gaffagme, ein gelehes
ter, taleatwoller Mann, wurbe Hofprediger; Boileau’s
twaf ibn; er wurde melancholiſch unb ftarb bald im furchtbarſten
Wahnſinn. Peliffon erzähle in feinee „Geſchichte der Akademie
von Branfreich”, ein junger Menſch voller Anlagen fei mit ei«
nem Drama nad) Paris gekommen, um deſſen Aufführung gu
veranlaſſen. Gin Stecenfent im ‚‚Etoile” wies ben angehenben
Dichter mit ernfler Strenge zurecht; biefer verbrannte augen
blidiicg feine Arbeit, kehrte auf das Land zurüd, verſchloß ſich
in feine Stube und flarb vor Aerger und Sram. Beiſpielr
großer Angft vor ber Kritik find bei ſehr berähmten Menſchen
häufiger als bei ben kieinen Geiſtern, bie eier. vor Geibfizus
friedenpeit berſten, eis fie fi) um fremde Urtheile viel kam⸗
mern. Racine fagt, eine firenge Kritik habe ihn immer mehr
gequält, als alles Lob ihn freuen konnte. Won Gdthe Läßt
ſich daſſelbe behaupten. Bir John Marsham verbrannte ben
zweiten Theil ſeiner, Chronologie“, weil er Fein fo ſtrenges ur⸗
theil als über ben ecſten ertragen zu Tönnen glaubte. Pope
ſchrieb mit der größten Kengftiichkeit am feinem Pulte, wenn
ee durch irgend eine Beranlaflung an Eibber’s „Brief“ und aͤhn⸗
lie Angriffe erinnert wurde. Wenn es au) unmwahr if, daß
berbe Kritifen Montesquien getödtet haben, fo ift es body aus⸗
gemacht, daß fie ihn in tiefe Witrübniß verſegten. Newton
wollte lieber unbelannt bleiben, als fein ruhiges Leben burdh
bie literariſchen Stuͤrme getrübt fehen, welche ben GSchriftftellern
drohen. Geine Abhandlung über die Optik blieb ungebrudt,
weil er vorläufig einige Einwendungen gehört hatte. „Ich
würde”, fagte er, „es für unklug halten, wenn ich etwas fe
Reelles, wie meine Ruhe, hingeben wollte, um einem Schatten
nachzulaufen.“ 56,
[4
euren
Pe GG ⏑⏑·· — — —
[3 ⏑ A AA. u
An A AMD AM MED AA AM A en AMD mm — A
Bla
literariſche
tter u
für
Unterhaltung,
Donnerstag,
Scenen aus Lappland.
Erſter Artikel.
Zu Ende bes Jahres 1831 erſchien in Stockholm: „Ta⸗
meines erſten Amtsiahres als Miſſionar in Lappland,
von Petrus Läſtadius“, das die allgemeine Auſmerkſam⸗
Beit fogleich auf fich 303, wie wir bereits in unſerm Bericht
über die ſchwediſche Literatur (Mr. 159 u. 160 d. Bi. f. 1882)
bemerften. Lappland if freilidh Feine terra inoogaita in Cu⸗
ropa; ba jebody alle Reifende, bie dies Land befchrieben, daſſelbe
fat nur im Sommer befuchten, fo konnten fie auch nur über
Dos, was fie in biefer Jahreszeit fahen, berichten, weil aber
dort der Sommer höchfiens drei Monat dauert, fo blieb das
Bid fche wuvellkändig: was das in vielfacher Hinſicht merk:
wöürbige, ewig wanbernde Volk den langen übrigen heil bes
Jahres treibt, um fein kuͤmmerliches Leben zu friften, davon
wußte man fogar in Schweden wenig oder nichts. Zum erſten
Bat erhält man darüber buch dies Tagebuch eine vollſtaͤn⸗
Dige Auskunft. Der Berf. — feinem Vaterlande nach felbit ein
Bappländber — gehdrt darch feine Geburt von ſchwediſchen Pfarrs
leuten, durch feine Erziehung unb fein Amt ber gebildeten Weit
on, und nur Wenige befigen wie er das Talent, To kraͤftig,
feifg und lebendig zu malen. Nach dem Lande feiner Kindheit
puerädigelebrt, hat er dort grabe fo lange verweilt, um das
Eeben daſelbſt vollftändig zu kennen und es von allen Geiten
aufzufaffen, aber glüdlidherweife nicht lange genug, um bie Kris
ſche ber erfien Eindrüde durch die abflumpfende Macht der Ges
wehnheit zu verlieren. Daber ‚hoffen wir, daß auch die beutfche
Leſewelt ihn auf bie Bahn feiner Amtspflicht freundlich beglei-
ten wird; wäre es auch nur, um zu erfahren, daß felbft in der
ähe des ewigen Gchnees, mitten in erſtarrender Dede das Les
den, wenn ‚nicht veich und mannichfaltig, doch heiter und ans
mutig fein kann. Wir bedauern nur, daß das Original in
ünferer Uebertragung fehr viel von feiner Krifche und nachlaͤſſig⸗
enmuthigen Lebendigkeit verlieren wird. Doch felbft auf biefe
Gefahr hin wollen wir den keſer ohne weitere Borrede in diele
neue Weit einführen und machen ben Anfang wit ber Gelbft-
biogzaphie Des Werfaffers, welche uns ſchon einen Begriff von
den Gitten und ber Lebensart feiner Heimat gibt. Vielleicht
werden wir auch Züge antreffen, die durch ihre lebendige Wahr:
beit das Herz tiefer als die erbichteten Leiden manches Roman:
Yeiben ergreifen. \ 17.
1. Der Berfaffer berichtet über ſich ſelbſt.
So war ich denn jetzt nach Artepfog gelommen, „zu
Jen Gräbern meiner Väter am befannten Strome”. Dies
waren meine Vorfahren, von der Zeit Karl Guſtav's bie
zu der König Adolf Friedrich's, Pfarrer geweſen, in unun⸗
zerbrochener Reihenfolge vom Vater auf ben Sohn. Der
legte war mein Großvater, der bei feinem Tode, 1755,
11 .unmündige Kinder hinterließ, von denen das juͤngſte
- =
—
. Dammerde; rings nichts als Suͤmpfe.
eine Woche nad feinen Tode zur Welt kam und bie
zwei Alteflien eben auf das Gymnaſium nach Hernöfand
abgingen. Bald darauf zog die ganze Familie, auf viele
Wagen gepadt, nad) Pitek. Zwiſchen diefem Ort und
Arieplog war damals Alles dve. Man fuhr nur mit
Rennthieren, die im Winter felbft fouragirten. Mein
Vater wurberin die Lehre bei einem Goldſchmied gethan,
weis keine Mittel da waren, ihn ſtudiren zu laſſen.
wurde Aufeultant im Bergcollegium, verheirarhete fi in
Stodholm, und murde emdlih als Inſpector bei dem
eben von einer Compagnie errichteten Silberwerk zu Nas
ſafaͤll angeſtellt. Diefe Compagnie jedoch, die blos aus
Wefterbottländern beſtehen follte, befaß nur geringe Gapis
tale, und die Befoldungen ihrer Beamten waren. damit
in Verhaͤltniß: der Inſpector erhielt 900 Daler Kupfer
(25 Thlr. Sähfifh). Auch kam dies Silberwerk nie recht
in die Höhe, und aus mehren Gründen fah ſich mein
Vater genöthigt, feinen Abfchied von diefem nicht eben bes
neidenswerthen Poflen zu verlangen. Das Werk ging alle
mälig ganz und gar ein. Mein Mater. unternahm jegt,
Land urbar zu machen unb fidy anzubauen, was ihn aber.
vollends in Außerfte Armuch brachte. Weder er noch feine
Frau verfhanden die Sache, auch gingen ihnen die Mittel
ad, fid) Leute zu halten, die überdies ſchwer zu bekom⸗
men waren. Nachdem er die neue Pflangung hatte aufe
geben muͤſſen, ließ er ſich im dem Kirchdorfe Arieplog
nieder, um Leim aus Rennthierhörnern zu kochen, was
freilich einträglicher war.
verheicathete fi 1799 wieder mit der Tochter eines are
men Neuanfiedlere, die damals 40 Jahre alt war; er felbft.
zählte in die 50. Aus diefer Ehe gingen Lars Levi, jet
Pfarrer in Karefuando, und ich hervor. Sn diefer Zeit
verfuchte es fein Stud noch mit einer neuen Pflanzung,,
Er fiedelte. ſich auf einer verlafienen Hufe, Gaͤckwik ges
nonnt, am weſtlichen Ende des Sees Hornafvan, an.
Dies iſt ein ſchreckucher Drt, an ber Hinterfeite einer
woltenhohen Schneealpe, bie Pelje-kajse heit. Der
Grund befteht aus lauter Beinen Selfenplatten; faſt keine
Milliarden Muͤ⸗
en durchſchwaͤrmen die Luft und bilden eine Art Gewoͤlk
in ber kurzen Sommerzeit; am erſten Derbflabend fleigt
ein kalter Nebel auf, um über bie Vegetation einen Schleier
von Reif zu breiten. Sechs (9 deutſche) fchred.iche Mei⸗
Unterdefjen wurde er Witwer, -
N: en . u
ken find bis zum mäcften Kirchdorfe, 616 bahin ein | Hand be zwilden ben Steinen hervorkommenden Grabe
menfchliches Welen. Im Sommer ift oft de® Sturmes halme aus, welche Andere verfhmähten. So konnte fie
wegen kaum fortzulommen; ebenfo iſt es im Winter bei: | an dieſem futterarmen Orte zwei Kühe nebſt etlichen Zie⸗
nahe unmoͤglich zu Pferde dahin gu gelangen wegen de8 | gen und. Schafen halten. Das von ihr im Sommer gefanss
tiefen Schnees oder des aus dem Hornafvan auggetrete⸗ melte Deu mußte fie im Yachten Winter. ſelbſt nach
nen Waſſers. In dieſem Hades ließen fi) meine ‚Acls | tragen. do mußte aud herbeigeſchafft und: bie Fiſche
term nieder; aber bald zeigte fi) die Unmöglichkeit, dort beforgt werden. Die Kinder Mußten dann ben ganzen Tag
zu leben, eine Erfahrung, welche ſchon viele frühere Go:
toniften gemacht hatten. Mein Vater war den größern
Theil des Winters abmwefend, um die wenigen Erzeug⸗
niffe mit Rennthieren landniederwaͤrts zu fhaffen und Salz,.
Getreide und andere Bedürfniffe dagegen einzutaufchen.
Ein Baun wie er, an das gefellige Leben gewoͤhnt, mochte
wol auch nicht eben eilen, ſich von den gaflfreien, gefels
tigen Kreifen in MWefterbotten zu trennen; fein Eden vr:
wartete feiner. Man bedenke nun das Schickſal eines
Weibes, das, allein mit ihren Meinen Kindern, den ganzen
langen Winter binduch in dieſem Schattenreich figen
mußte, ohne zur Kirche kommen oder mit Verwandten
und Kreunden ſich unterhalten zu innen. Kein menſch⸗
liches Weſen ift auch in diefer Heimat des Todes im der
Winterzeit anzutreffen, nie weriert fich jemals ein Wande⸗
rer dahin. Ueber der ganzen Gegend ruht die Stille des
Grabes, welche nur zuweilen von dem Heulen ber Wölfe
oder dein widrigen Gefchrei der Uhus aus den Gebirgen
unterbrochen wird. Hier follte die arme Frau Allem vors
ftehen, bie Kinder pflegen, das Vieh warten, die Wirte
fchaft und Alles deforgen: Wenn jene eine Krankheit ein⸗
getreten wire!
Gaͤckwik warb nach ein paar dort elend veriebten Wins
Een verlaffen. Kars Levi iſt dort geboren. Darauf wurde
en Winter in Buckt, eine Meile von dem Kicchdorfe, | und im fechsten Sabre gab ich einfältige Antworten fer
Bei einem dort wohnenden rechtſchaffenen Anfiedler zuge: | den Dauptflüden des Chriſtenthums. Die fhönften, nad
bracht, und bier kam ich zur Welt. Eines möchten bie | den Regeln ber Kunft ausgearbeiteten Predigten machen
Frauen der großen Welt ihren Schweſtern, Die unter vie | wol nimmer bie Wirkung, bie der eltern einfacher Unter⸗
fen Kümmerniffen und Entbehrungen ihr trauriges Leben | richt und ihre Ermahnung auf mich ausgeübt haben;
in diefen- Wildniſſen hinſchleppen, bemeiden — eille erftauns | und wenn es wahr iſt, daß wir fuͤr das Leben, nicht für
fih leichte Entbindung, welche beſonders bei den Lapp⸗die Schule lernen, fo habe ich unter allen meinen Lehrern,
Sänderinnen ftattfindet. Meine Mutter hatte den ganzen | deren ich mich immer: mit Dank und Achtung erinnerz,
Tag gearbeitet, Holz hauend und Birkenreiſer — ein Roth⸗ ihnen am meiften zu danken. Friede affo ihrer Met:
den Tiſchfuß, das andere an den Pfahl des Feuerherdes.
Damals befanden fi alle Anfiedier in Ariepiog im
roßer Armuth, und nur Wenige vom ihnen hatten the
tägliches Best. Die Kinder wurden auch ſehr aͤrmlich
erzogen; aber fo elend und zerlumpt wie wir waren keine
im ganzen Kirchipiel; deshalb blieben wir unbeachtet, und
Sein anderes Kind wollte fi zu uns geſellen, denn Reichs
thum und huͤbſche Kteider haben auch in diefer Wildniß
ihre überall anerkannten Vorzüge. Gemeinen Augen fcheint
der im Staube kriechende Wurm häßli und verächtiidgz
aber die Vorfehung läßt daraus einen Schwetterling ber»
vorgehen, und dieſer zieht wenigfiens die Aufmerkſamkeit
| des Entomologen auf fih. Welche Schidfale ich auch
ferner in der Welt haben möge, mein erſtes Bette war
in einem ausgehöhlten Holze, und mein legte wird zwis
fchen vier Bretern fein.
bürftigfte Erhaltung des Lebens, vrigaßen doch unfere Keks
tern nicht, uns leſen zu Lehren. Als wir no kaum [pres
Gen konnten, lehrte und der Vater Gebete, die wir Mor⸗
gend und Abends herfügen follten. Die Mutter fparte
keine Mühe, und im Seien zu unterrichten. In dem Al⸗
futter für das Bich — nach Haufe ſchleppend. Man hatte Mein ältefter Bruder aus der erften Ehe! Raky Erik;
ih kaum niedergelegt, fo hörte man fie leife 'winnmern. | hatte ſchon feine Studien vollendet und In demfelben Jahre,
Der Anfiedler eilte fogleidh herbei, um das Feuer angus | wo ich geboren ward, die Würde eines Magister phileso-
Hafen, aber noch bevor er damit. zu Stande kam, war phiae erlangt. Wow der Univerfität. zu Upfaba kehrte es
Die Leibesfrucht Schon zur Welt gekommen. Am folgens | nach Lappland zurück und ward 1808 Comminiſter zu
den Tage lief bee Wirth auf Schlittſchuhen, das Kind | Quickjock. Kaum dort anfällig, wief er uns, feine Brlis
ir einem Kont (fo heißt der hohle, mit Bellen befietdete | der, zu fich, gab uns acht Fahre lang Unterhalt und Uns
Klotz, worin die Lappländer ihre Kinder zu tragen pfles } terricht bis 1815, wo er uns auf das Gymnaſium zu Ders
gm) tragend, um es tauſen zu laffen, nah dem Kirch: | ndfand fhidte. Zwei Jahre darauf farb er, feine Frau
dorfe. Lars Levi, bei dem das nicht möglich war, hatte | und ſechs Eleine Kinder in geoßer Armuch hinterlaſſend,
die Nothtaufe in Gaͤckwik erhalten. dee zum Theil durch Wohlthaͤtigkeit edelmuͤthiger Menſchen
Im naͤchſten Jahre ließen ſich meine Aeitern in dem abgeholfen ward. Mein anderer Bruder und ich waren min
Kirchdorfe Arieplog nieder. Fiſchen, Leimkochen und eine | auf ung ſelbſt verwieſtu; indeſſen gelang es un, durch Er⸗
unbedeutende Viehjucht gewaͤhrten hier ihnen Umtechalt. | theilung von Unterricht Ritt zur Fortſetung unſeter Stus
Meine Mutter fchnite theils mit einer Handſichel, tHeil® | dien zu finden. : Mein Bruder Lars Levi iſt jetzt, wie fchon
mit einer Senfe das ſpaͤrliche Riedgras, das in den ımz | gefagt, Pfarrer zu Kareſuando, und ich bin ein wohlbeſtall⸗
feuchtbaren Suͤmpfen wuchs, oder ziß mit der bioßen d ter Miſſionar in des Lappmark von Pited.
su Haufe bleiben und wurden angebunden, das eine am
Bei aller Armuth, bei allen Mühen um: bie noth⸗
tee von fünf Jahren konnte ich richtig Schwediſch leſen,
So endet der Bert I Lebertslkitze, oder' U tole er pr
fie nennt. — feine, „Derfonalien“. Das Fehlend⸗ wollen
‚wie mit- ein paar fluchtigen Zügen vollenden. Petrus Laͤ⸗
Radius ging nal Upſala, Iebte dort als Infeumater etwa
6 Jahre IR‘ einern Privathaufe und wurde mit vieler
zeichnung gum Magister philosophiae promovirt. Schon
worher, als. Gandidat, erhielt er vom. Confiftorium zu Her⸗
aifand die Beſtalung als Miſſionar im der piteaͤſchen
Lappuuck. Dieje Wiiffionsanfintt iſt eine neue, vom Def.
öft getadefte Einrichtung von 1829, die an die Stelle der
qufgehobenen Kappfhule getreten ift. Dem Miſſionar
lege ob, in allen Jahreszeiten, fo weit es möglich iſt,
herumzureiſen, die Lapplaͤnder währenb ihrer periodiſchen
Wanderung fleißig zu befuchen, chun mit Lehre und Uns
terricht an die Hand zu geben, umd vorzüglich über bie
Ratecheten, benen in untergeordneter Stellung dieſelbe Pflicht
obliegt, eine genaue Aufficht zu führen. Im J. 1830,
dom Saͤſtadine auf Lurze.: Zeit zumid, gab eine gelehrte
Differtatien heraus, die ſichdurch ihren Inhalt wie bumdy
dr ſchoͤnes Latein auszeichnete, "und kehrte mit einer Braut
guck, die, wiewol die Tochter eines angefehenen Pfar-
rers in Upland, doch Muth befaß, ihren Gatten auf ſei⸗
wer mühevolien Bahn zu begteiten. ’ Was feinen Bru⸗
ber Lars Leni betrifft, fo tft derſelbe ein- ausgezeichneter
Botaniker und hat sin Buch unter dem Titel: „Om Up-
podliogar i Lappmarken” (Ueber Anfiedelungen in Lapp⸗
land), herausgegeben, das viele treffliche Bemerkungen über
vie Gewaͤchſskunde, die Meteorologie und die. norbifche
Oetkonomie enthält. .
(Die Bortfegung folgt)" ·
Ruffifge Memötiren,. |
Der Admiral Alexander Schiſchkof, Präfident ber per
tesöbuzgifchen Akademie für ruſſiſche Sprache, eine Zeit lang
Binifter des Guitus und des Öffentlichen Unterrichts, deſſen Ver⸗
dientte um bie ruſſiſche diteratur und kritiſche Ausbildung ber
Sorache ruͤhmlichſ betannt find, begleitete den Kaifer Alexander
mährenb der Feldzuͤge gegen Nepolton in der Gigenfcait eines
Staataſecretairs. Faſ alle in des Zeit erſchienenen Manifeſte
ſind aus feiner berehten: und kraftpollen Feder geftoflen. Jett
Jar ex feine Memoiren über jenen denkwuͤrdigen Zeitraum her⸗
amögegeben: „Kratkija sapiski’ (Kurze Bemerkungen bed
Dimisaie Schiſchkof, gefammelt. während des Kriege gegen
die na 1812 un» die folgenden Jahre) (Petersburg
1881). Der würbige Berf. fast im Aafange feines Buches:
„Keineötwege, will ich alle Greigniffe iener Zeit befchreiben, mid
in potitifk;e und ſirategiſche Fragen vertiefen, die oft genug ven⸗
tilirt And, fondern nur kdurz der Vorfaͤlle gedenken, die mid)
* yerfönlicy betreffen oder berem näherer Augenzeuge ich geweſen
din. Biellcicht werden: auch dieſe ſragmentariſchen und Füchtis
gen Erinnerungsblättes. wohlwollenden Lefern einiges Beugadigen
dewähren.“ Und. diee- thum Me gewiß. Der vaterlaͤndiſche Mis
fer des Berf. die milde, menfchenfreundifhe Befinnung, die fh
Rirgends verfeugnet, müflen feibß den auswärtigen und um fo
mehr den inlaͤndiſchen Erfer anziehen, und gern folgt man dem
berebten Grzäpter in das Hauptquartier von Mina, von ba
ind Lager an der Düna und nad deu Flucht ber franzöftfchen
Berre nad) Sachſen, Böhmen und an ten Rhein. Hier bleibt
der Berf. wegen Kraͤnklichkeit zuruͤck und vesbringt die Zeit,
während weicher bie graufe Zwingherrſchaft vollends zertruͤm⸗
mert wird, abwechfelnd in Freidurg, in Baten, Raſtadt und in
bdes Scieb, neben Der
&
Kabine; rn. Hofe der Kaiſerin Glfabeth, bie eben bamald
um VDeſuch ihrer Verwandten und bes. Oeinatlandes bortiis .
gedommen war. Mach bear pariſer Frichen teitt der Verf. die
Külreife au Wir hebea aus bau. Schate mannichfaltiger Bes
merkungen folgende Anelbote amd. Die Kalferia Siiſabeth
machte mit ibwer ‚Wüutter, ber Marfgriin von Baben, und ide
von Schweſter; der Königin von Schweden, eing kleine Reife
nach Manheim ‚und Heibelberg, wobei’ ber Abntiras bie Ehre
hatte fie zu begleiten. Won dort warb wieder ein Ausflug im
das maleriſche Neckart hal bis Reckargemuͤnd unternommen. ‚Auf
der Rackfahrt, bie zu Waſſer geſchad, ſtehe ich”, fo druͤckt ſich
der Berf. aus, „und ber Hofmacuſchall Naryſchkia im Steunertheif
Kbnigin von Schweden. Unterdeſſen
war ihr Sohn im Vordertheil und hatte ſich dort auf den An⸗
ber geſezt. Wir bemerften dies und ſagten ber Königin: „O
: feben Sie, worauf Iye Bohn fiat!’ Sie erwiberte laͤchelud:
Was bleidt ihm denn übrig, als auf einem Anker (dem Ginne .
bilde ber Hoffnung) zu figen! Indem wir fo redeten, hatten
wie laͤchelnde, Heitere Geſichter, und body durchdrang uns bei
dem. Audit bed wunbefangenen,, liebentwuͤrdigen Knaben, wie
auch wol das Derz der Butter, eim Gefühl von Trauer und
FTheilnahme.“ *) .
Un diefe Memoiren ſchließen ſich ber Zeit nach andere an,
die den @enerallieutenant A. Michalewsky-⸗Danileweky
zum Verfaffer haben: „Sapiski etc.’ (Denhvürbigkeiten aus den
Jahren 181% und 1815 von A. Michalewsky Danitewsky, vor
mals Flägeladjutant Er. Mai. des Kaifers Alerander) (Peters
burg 1832), In der Schlacht bei GSrochow vor Warſchau vers
wurde, hat der fieche Krieger die zweimonatlihe Muße de
Krankenlagers dazu benugt, um frühere Grinneringen und Denk⸗
biätter aus der Zahren 1814 und 3815 zu ordnen‘ and burdy
den Druck befannt zu machen. Hier eröffnet fih eine reihe Ga«
lerie imtereffanter Jeitbilder. EHE daB Buch eine, bollftändige
deutfche Ueberfegung erlebt, heben wir daraus folgende Stellen
aus, in denen wenig bekannte Umftänbe näher beieuchtet, oder
gänzlich unbekannte Thatſachen und Anekdoten mitgetheilt wers
den. Der Berf., im Jahre 188% zu Paris häufig Mit der Ans
nahme von Fremden beauftragt, die ben Kaifer zu fehen wuͤnſch⸗
ten, fagt S. 62: „Wie fehe bie Franzofen nach unfern Orden
tüftern find, darüber mag fölgender Fleine Vorfall als Beleg
dienen. In den Vorzimmern des Kalfers trat mich eines Tas
ges ein Mann mit der Anrebeian, daß fein Name mir nicht
ganz fremd fein werde. Es war Chateaudriand. Nachdem er
mir die Angelegenheit auseinanbergefent hatte, wegen welcher
er gekommen war, enbete er mit der Bitte, ihm zum Lohn feis
ner unbegrenzten Ergebenheit gegen den Kaifer irgend ein Gna⸗
benzeichen auszuwirken. Ic bat ihn, beutlicher zu fein, und
nach vielen tönenden Phrafen fagte er endlih: „La moindre
decoration russe me rendra heureux.” — In Wien wihrend
des Congreſſes fieht der Verf. den Herzog von Reichſtadt, ©.
16: „Das Schoß zu Schönbrunn gewährte in dieſer Zeit
ein ſichtbares Zeichen der Veraͤnderlichkeit irdiſcher Erfolge.
Dort wohnte Rapoleon während ſeines zweimaligen ſiegreichen
Einzugs in Bien, und ebendaſelbſt war fein Sohn waͤhrend det
Gongreffes einlogirt. Ich bat um bie Griaubniß, den Knaben
u fehen, und ward in ein Gemach geführt, "worin td. drei
hwarı gefteibete rauen fand. ine derfriben, die Frau von
Montesquiou, Hitie den Keinen bei der Hand, ber damalt vier
Jahre zähıte. Dichte blonde Locken, auf die Schultern binabs
fallend, befchatteten ſchoͤne blaue Augeti und ein angenehmes
Geſicht, deſſen Bıäffe durch bie ſchwarze Bufarenjade, die ex
trug, noch mehr in die Augen fiel. Der Stern ber Ehrenlegion
und drei andere Pleine Orden, von des Waters Stiftung, blitz⸗
ten von feinem Kleide. Gr fah gern den Beſuch von Militaire
perfonen und betrachtete'mit Aufmerkſamkeit meine Uniform und
meinen Degen. Ihn umgaben in jener Zeit nur Branzofenz
°) Ueber eine beutfche Veberfegung von Schiſchtofes Mewolren Des’
richten wie naͤchſtens. BD. Red.
“
Defizeichen waren nicht ‚bei then. Beha Wüänufen. mac, aniz rar.
ten einige Euglaͤnder ein, bie um Tragen theten, ul
fo ging th weg." — ©..179: „Wirgemds war in. Deutichland
fo viel Pracht anzutreffen alt: am Hofe zu Stuttgart, deſſen
GSlanz den ber Höfe von Wien und Berlin übertraf. Napoleon
ſoll während. be verſchwenderiſchen Doflagers gr Gt. : Eieub:
Hofbeamte nach Stuttgart geſandt haben, um in ber Pracht
Unterricht zu: nebmen.. Er pfleate zu fagen: „In Wuͤrtembera
gibt «6 fein Königreich, aber einen König.” — ©. 204 heißt
86: „Nach unferer Ankunft in Hagenau (im Gifaß, 1815) «rs
fuhren wir, daß in Paris eine proviſoriſche Regierung organis
rt fei, won welcher eine Deputation ind Hauptquartier abges
" fertigt wäre. Die alllirten Soweraine fankten ihr den Grafen
Schuwalof mit der Anzeige entaegen, daß fie biefelbe nicht ans
nehmen würden, und daß der Graf beauftragt fei, ihre Anträge
anzuhören. Schuwalof verfehlte indeß die Deputation , die eis
nen andern Weg genommen hatte unb unaufgebalten im Haupt⸗
vartier anlam. Sie beftand aus Rafayette, Sebaftiani, Eaforet,
ontecoulant, b’Argenfon und Benjamin Eonflant. Diefe Herren
Kberbrachten Schreiben an bie Minifter der auöwärtigen Angelegen⸗
heiten der vereinigten Souverains mit der Vollmacht, Tractaten
gu eröffnen, die dahin zielten, die Rechte des Sohnes Napoleons
und bie Integrität Frankreichs fiherzuftellen. Sie hatten auch
den Auftrag, bie Ruoͤcklehr der Bourbons möglichft zu verbins |
dern und, wenn bie alliirten Mächte die Rechte des jungen Ra:
gpoleon nicht anertennen follten, die Krone Frankreichs dem Kds
nige von Sachſen ober dem Herzoge von Orleans anzutragen.
Während Graf Kapodiſtrias vom Kaifer ben Befehl erhielt, die
Deputirten anzuhören und ihnen anzuzeigen, daß fie ſich nad)
Lauterburg (etwa 3 Meilen von Hagenau) begeben follten, mel:
‚ bete fi Lafayette beim Kürften Wolltonsty, Chef bes Generals
abed bed Kaifers, wurde aber von ihm nicht, angenommen.
i8 er in dad Vorzimmer bes Fürften eintrat, fragte ihn beffen
Abjutant, wer .eg fei. „Ich bin kein gekroͤntes Haupt”, ante
wortete Lafayette; „aber die Könige ehren mid.” Graf Kapos
diſtrias blieb den ganzen Abenb mit den Depusirten, und als
er fie um Mitternadt verlaffen, fagte er zu mir: „Sie behaupten,
daß die Kammern den Sohn -Napoleon’s als Kaifer anerkannt
aben, gber man fieht aus ihren eignen Worten, daß dies ein
eeres Borgeben iſt. Soͤbaſtiani ſpricht beifer und verfändiger
618 die Andern; Benjamin Conftant ift zu ſehr Hitzkopf.“ —
Ueber die Niebergefchlagenheit der Franzoſen beim fiegreichen
Vorruͤcken der Alljirten bemerft ber Berf.: „Ich babe bie
Deutfchen. während ihrer Knechtſchaft (Danilewsky reifte in
Deutſchland in ben Jahren 1809—11) gefehen. Sie waren nie
fo niebergebrüdt wie jegt die Franzoſen, welche nicht gern mehr
von Politik fprechen ‚und feine Zeitungen lefen wollen. Uebri⸗
gens kann man fagen, daß ganz Frankreich in Paris enthalten
it, und daß bie- Einwohner in den Departements nur darauf
warten, mad man ihnen aus der Hauptſtadt zur Acclamation
übermachen wird: eine Republik, Heinrich IV., oder einen Kai⸗
er. Nur Gine Regung zeigt ſich in biefer Apathie, es ifl die
et Neugierde: Alle wollen ben Kaifer Aleranber. fehen. Die
Treppen und Borzimmer ber Häufer, wo er ſich aufbält, find
ben ganzen Tag mit Leuten angefüllt, bie viele ‚Stunden auf
einen einzigen. Augenblid harren, in dem fie ihn fehen koͤnnen.“
— ©. 219, Der Kaiſer Alerander erhält zu Gr » Dizier aus
ben von den Preußen und Englaͤndern bereit befegten Paris
ie Melbung, wie fehr bei der großen Aufregung ber Gemüther
fein balbige® Erſcheinen bafelbft zu wuͤnſchen ſei. „Gt. Dizier
von Paris noch gegen 30 Meilen entfernt, und diefe Gtrede
fonnte unfere Armee nur binnen 2—8 Zagen zurüdiegen, und
obgleich jeder Augenblid wichtig war, um blutige Bewegungen
zu verhüten, bie aus ber Spannung zu Paris entftehen konn⸗
ten, fo ſchien «8 hoch zu verwegen aus unferm Hauptquartier
eine Reife von SO Meilen durch
—
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— — — ——— ni — — — &
mit
"am
: über Chalons nad Parts. Wei dem Etſtern befanden fü Züri
' Metternich werd Graf Woebna, beim Lettern Kürft Hardaadergs
‚Higrgm ‚bag ‚Kaifer-; Sein Hauptquartier den Marſch
d a) über Gezan und — N eher reife
9. Jaͤti mie Kaiſer Franz und dem Könige don Preußen
im Gefolge Atexamder’s Die Grafen Neflelcobe, unb
ürft Wolchonsty ‚und id. Wir fahen in neun Wagen, b
h nicht von einander trennen follten. Auf jeder Poſtſtation
bis Deaug waren je 50 Kofaden poftirt, die ums unter den
Befehlen des Grafen Orlof⸗Denifſſof begleiten folltens der Guaf
ritt neben uns, ohne dad Werk zu wechſein, der raſchen Pofke
fahrt ungeachtet, bis Shalone. ‚ine ‚Menge Volks fammelte
fh um uns auf den Poſtſtationen; bie Leute betrachteten und
babei mit ziemlicher Gleichguͤltigkelt, an einigen Orten umring»
ten fie indeß den Wagen Alerander's und riefen: Gt lebe Hein⸗
vi IV., ober ber König von Rom, oder Marie Luiſe, ober
Ludwig, wie es fam ; dann-uad wann riefen fie fogar:- Napoleon,
am bäufigfien aber: Es lebe Alerander! Man muß barüber er⸗
ſtaunen, mit welcher Gntfchioffenheit ber Kaifer eine fo gefähre
liche Reiſe unternahm, während weldyer ein Haufen von hun⸗
dert kuͤhnen Franzoſen der ganzen Lage ber Dinge Eine andete
Geſtalt hätte gebea können. Wir umfahren auf kaum zugaͤng⸗
Uden Hohlwegen bie Feſtung Vitry, bie ſich noch nicht ergeben
batte und deren Befagung mehre Zaufende betrug. (Eine ges
ringe Anzahl ünferer Dragoner ftanden ihr gegenüber, bie Fran⸗
zofen konnten von den Wällen ımfere Wagen fehen, und zwei
Golonnen rüdten ploͤtzlich aus der Feſtung. Ich exbebte, aber
bie Golonnen zogen ſich bald zurüd. Am; Abend kamen wis
na Chalons, wo wir uͤbernachteten. In ben Straßeg wogte
eine Menge Bolks; bie Ginwohner über unfere Ankunft erftaunt,
konnten nicht fallen, wie wir uns mitten unter ihnen ohne
Truppen befänden u. f. m.” ' '
" (Dee Beltuß folgt.)
De ee EEE ü
Sindblinge. Ä
Doppel: und Wundermenfgen im 3. 1557.
Das zuſammengewachſene Siamefenpaar erregte vor werte
gen Jahren bie Aufmerkfamleit von ganz Europa. Daß dev
artige Erfcheinungen ſchon früher dageweſen und beobachtet wor⸗
ben, erfehen wir aus E. Werlich'sUAugsburger Shronik (1599,
Foi., S 95), wo es heißt: „Sm Jahr 1557 wurden auch
zwei feltfame Wundermenfchen bierhergebracht und Jedem um
einen Kreuzer gewiefen. Das erſte war ein Dann eines geſtau⸗
denen Alter, welchem gwifchen dem Wagen und Nebel ein gane
zes Mägdlein bis an Hate angewachfen war, beugeftait, als
wenn e# bas- Daupt in feinem Leib verbergen ‚hätte. Viewol
aber baffelbe Beine eigne ober unterſchiedliche Bewegung hatte,
fondern gleichſam ein angewächſenet Kropf ober ſechtter Finger
an dem Mann hienge, pflegte es doch taͤglich einmal zu baren:
Das andere war ein Weib, 30 Jahr alt, die weder Hände ned
Arm von Mutterleib an gehabt, jedoch mit den Füßen ſchreiben
nähen, Eſſen und‘ Trinken feiber zw fi nehmen und ihr felbes
die Kleider an und austhun können. Und beffen noch mehr,
mit einem Beſen das Haus kehrte, dazu fir das Kinn brauchte.”
Spardfen im J. 1559.
. E. Wertich meldet:in feiner „Augsbugger-Shronil”, ©. 1008
„Ferners kam auch im Sabre 1559. eine neue Art und Kunfk
von Defen an: Tag, durch weiche men niel Holz konnte erſpo⸗
ren, wad ward folche Kunft von Zwickio, einem Goftniger (wel⸗
cher ein befondereö Priviiegium vom Kaifer Yerbinand darum
befommen), für Gelb geicheet. Aber nachdem biefe Kunfl von
Etlichen und Vielen bei uns verſucht, konnte fie nicht lang bes
fieben. Denn beinahe die Defen und Herde mehr zu machen
egenben zu unternehmen, bie | Bofteten als das Holz, fo man in einem ganzen Jahre An ver⸗
durch keine alliirten Truppen beſeßt waren. Indeß entſchloße brennen dedurfte.“
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Redigirt unter Verantwortlichdeit der Verlagshandlung: J. A. Brod haus in Seipzig.
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Scenen au Lappland.
Erfter Artikel.
(Bortfetung aus Nr. 17.)
ꝛ 2. Der Jahrmarkt in Lappland.
In diefen nördlichen Gegenden werben zu berfelben Zeit
Sahrmarkt, Ting (Berichte) und Steuereinnahme gehalten,
und nicht felten benugt ber Propft diefe Gelegenheit, wo
fat die ganze Gemeinde zufammenftrömt, um Katechis⸗
:musverhör und Kirchenvifitation zu halten. Bei dem
Jahrmarkt zu Arvidéjaur im Februar 1830, den der Verf.
jene fchifdert, trafen folgende Beamte ein: ber Härade-
"höfdiag (der Nichter), der Kronofogde (der Steuerein⸗
nehmer), der Provinzialarzt, bee Pfarrer als Viſitator,
der Landfißeal; ferner drei Neifende, des Vergnuͤgens wil⸗
ten, und endlich ein Gymnaſiaſt, als Viaticant. So wird
nämlich ein Gymnaſiaſt genannt, der umherreifl, um Mit
tel zu feiner Reiſe auf die Univerfität einzufammeln. Nach:
dem er in Dernöfand feinen Curfus gemacht hat, befommt
er vom Conſiſtorium eine Empfehlung nebſt Anweifung,
in welchen Sprengeln er vlatkiren darf. Dem Viatican⸗
ten gibt jeder Bauer in der Regel 2 Gr., und auf diefe
Weiſe kehrt jeder mit 100, 200, ja felhft 200 XThlm.
zeruͤck, das Derumtelfen bauert aber oft 6 bis 8 DRonate.
Diefe Sitte, im Abrigen Schweden abgekommen, Ift nur
ned in Norrland uͤblich. Ferner kamen hinzu fieben
Kaufleute aus Piteaͤ, und endlich eine große Menge Bauern
von nah und fern, ſowol Lappen als Schweden.
Hennthierhäute machen bei diefem Jahrmarkt den
dornehenſten Artikel aus. Fuͤr ein Brunskinn (Haut ei⸗
nes Remmtbierftieres) wurbe 1 Thlr. 8 Gr., für bie eis
me gefchnittenen Rennthierochſen 1 Thlr., für en Wajskinne
(Haut einer Rennthierkuh) 8 Gr. bezahlt. Uebrigens hat
der arvidéjauer Lappe etwas Flaum feilzubieten, weil er
Inögenen ein flinker Schuͤte ift, und uͤbt fich darin von
Ainbeöbeinen an. Die neuen Anſiedler haben hier wenig
zu verlaufen, well fie ſchon vorher auf dem Jahrmarkt
zu Skelleſteaͤ im December ihre Erzeugniffe meift verkauft
haben. Jeder Kaufmann (hier Barkal genannt) hat feine
gewiſſen Kunden. Branntwein aber muß er ihnen vor X:
om kaflen, wenn aus dem Handel etwas wer⸗
den fo. Wenn nun ein Lappe zu feinem Handelsmann
nr VA muß es zuerft feinen Puorist-kokje (Milton:
dnaps) haben, ben ex ſelbſt verlangt, wenn ber Buͤr⸗
Blätter
? “ .. . für . . . u
literarifhe Unterhaltung.
18. Januar 183 3, '
ig
erh,
Stud, und zwar darum, weil er für jeden Kauf den
Äses-kokje (Handelsfchnaps) haben will. Sobald er alfe
einmal trinken will, hoft er aus feiner Bude, die jeder im
Kicchdorfs hat, ein Fell und geht damit zum Kaufmanı.
Hat er feine Haͤute verkauft, fo bedingt er ſich oft einen
halben oder ganzen Pott Branntwein ald Theil ber Zahe
fung und läßt diefen in feine zinnerne Flaſche füllen, eilt
damit, von feinen Freunden begleitet, in eine Stube, Hütte
oder Bude, oder die Gefellfchaft laͤßt fi im Schnee nie
der. Der Wohlthäter feert nun den Branntwein in eis
nen Kokse (Kochlöffel) hinein, und daraus nippen zwei
oder brei wechfelsweife, bis er leer wird. Dann wird ber
Löffel wieder gefüllt und wandert weiter zu den Andern
in der SBefellfchaft fort. Die Kokſe ift eine Art Länglicher
Silbertuͤmmler mit einem Handgriffe an jedem Ende und
Happerndem Laubwerk am Rande. Zumeilen bebfint man
fich auch eines Heinen Holzsöffels. Die Unterredung wird
Immer lebhafter, heiterer, herzlicher, je mehr der Nektar
wirkt; endlich Hört bie Profa auf und Geſang tritt am
beren Stelle. Diefer ift hoͤchſt einfach und durchaus mee
noſirophiſch, fobaß die Wörter fich leicht verbinden Laffen.
Dies heißt Jojkat. Die Melodien (Wuolle, Pur. Wuo-
keh) find unzaͤhlig, einige trüb, andere heiter u. f. w.
Ausdrucksvoll find fie Freilich, wie einfache Naturlaute,
wollen aber doch ſchwediſchen Ohren nicht zufagen. Bei
folchen Gelagen täßt Jeder feinen Gefuͤhlen freien Lauf,
Einer fält dem Anden um den Hals, man fingt, weint
und \ oft Alles auf einmal: der Menſch zeigt fi,
wie er fit.
Am Sonntag, den 4. Febr., wurde nach beendigtem
.
72
der Hatte Ih: vbehauphet, daß man Wapobeon is dad Immeredtufße
Ye; hineinloden muͤſſe.“ Am Gchiuffe de Geſpraͤchs fragte -
"U ihn, warum er. bie MWebäctnißmünge an den Krieg von 1812
nicht trage. „Ich bewahre“, erwiderte er, „zum —
deffelben nue deu Gedanken an meinen reinen Willen und verſt⸗
chere Wie, daß von: allen Ausländern, die in Rußland bienten,
Niemand weniger als ich aus ebefüchtigen Abſichten gehandelt
‚nifieten pelnikken
—S ap
von alrfaenöienien hat. ER 887: „uf Ver Durdhreife
Marien mafirte der Kuiſer —8 mm wi 22 * *
en: Truppen, Die Maſſen, die Untſorwiccuus
nt, des. aiferlicken — indem daB
ſehr erfchöpft war, um feldft, biefe Ausgaben, u
‚Sins. zu
fteeften. "Als Jemand während ter Muſterung bemerkte,
:bie Weitewei verhältnigmäßig in zu geringer Anzahl fei, alte
Kat. Sch hatte nur den Rugen Ihres Vaterlands im Auge.’ — ı) wuertete bez Kal: „Mas-ıift kein Mäunber,. baum bie Polen
Weber das gute Vernehmen der ruffifchen und preußifhen Mill: .
taleperfonen unter einander Tieft man &. 324 folgende Zeilen:
„By Tpeite in Prag sei dem General Graf Kieneu. Die oͤſt⸗
ja Dffigiere fparden. zwar mis Sinficht, Find aber wertg
md. Die ganze Liebentwuͤrdigkeit bez Iungen —*
n derſel⸗
Auuvork
"des. Bröfen vermochte nicht fie heiterer zu ſtimmen.
Gen Zafel’defand fich der Atjutant des Fuͤrſten Bluͤcher, Strang,
Imit dem ich bald bie freundlichſte Bekanntſchaft machte. Es
‚bat wot nie ein fo inniges Verdaͤltniß zwiſchen zwei Heeren
geherrſcht als zwiſchen dem ruffifhen und preußifcden. Wenn
“ beiberfeitige Olfäi irgendwo aufeinander treffen, fo fehen fie
M volllommen für Kameraden an.’ — S. 832 wird erwaͤhnt,
:yaß während bes wiener Songrefles bee Kaifer Alerander unter
jener Wienge- von - Bittfdyriften aller Art auch eine von Jean
Hau erhalten. hat, der um die Müdgade einer ibm entzogenen
‚Yenfion nachfuchte. - Diefes Schreiben iR im Sert des . Wuchs
‚Überfeät, wird aber in ben Anlagen deutſch mitgetpeüt. Es if
-barin. „die Klaue des Löwen“ wohl zu erkennen, und ba wir
nicht wiffen, 0b es irgendwo außer in biefery zuffifgen Buche
‚abgedrudt ift, copiren wir es forgfältig: -
£_ mMitten in der erhabenen Zeit, dba Ew. kaiſerliche Moaje⸗
ftaͤt ber Schiedsrichter TCuropas find wie vorher der WBefrsier
"deffelben, und Sie aus dem Gchusgeifte des Bieges ber Schut⸗
geiſt des Zriedens werden, tritt eine Peine Anlegenfeit vor
ren Thron. Doc wie bem Geifte nichts zu groß, fo if der
‚Wüte nichts a Eieln.”
„Ueber 25 Jahr hatte ich für die Muſen und bie Philols⸗
„gie gearbeitet, als mir ein einziges deutſcher Fuͤrſt, der vorma⸗
lige Großherzog von Frankfurt, im Jahre 1808 eine jährliche
Penfion von 1000 Gulden bewilligte, um den Armgeborenen
unterftügen,, deſſen Körper blos von feinem Geiſte lebte.
ach ber fiegreichen Befekung des Großherzogthums wurbe mir
von 1814 bie Kortfegung des Penſton vom Generalgouveruement
Yerweigert bis auf höhere
Entidyeibung.
„Werden bie hoben Verbündeten, welche für deutſche Frei⸗
deit und beutfche Wiffenfchaft zugleich gekaͤmpft, bie iche
Unterftägung eines Schriftſtellers zurüdzunehmen gebieten, wels
cher zu einer Zeit für europäifche Freiheit gefchrieben, wo er
feine eigne einem Davouſt btosftellte? Ic wende mid) hier:
bös Aleranber’s, da.bie wohlwollende Vorſehung gerade '
Jahrhimderte des Cgoismus die Menſchenliebt auf den hoch⸗
en Thron Guromas gefegt. Ich wende mich hier an ſeinen
Meift, der Geifter befchügt, und weicher, ba’ er ein anderes gro⸗
zes Reich mehr zu vergrößern bat, als das größte, grenzenloſe,
das ber Wiffenfchaften, dem Norden auch geiftlängfte Tage zu
den geographifchen geben will. Möge ber Herrſcher, beffen
Bepter bem Magnete ähnlich iſt, welcher zugleich liebenb an:
geht und lehrend bie Segenden des Himmels zeigt, bie Kuͤhnheit
Hoffnungen verzeihen, zu welcher er wie Länder
erhebt. Genießen Em. Majeftät lange bie einzige ‚bawerhafte
Nniverfalmonardjie, bie der Liebe, nachdem Sie bie haffende und
gehaßte gekürzt, umb lange weine die Freude vor Ihnen mund
erſt ſpaͤt die Trauer um ie.”
Welchen Grfolg diefes Geſuch gehabt hat, wird in den Me⸗
moiren nicht gefagt, aber gewiß wird man noch jetzt das Schreis
den als ein ſchwer nachzuahmendes Mufter einer Bittſchrift
mit Theilnahme Iefen. Daß ed auf jeden Fall eine gewiſſe
Wirkung hervorgebracht und nicht in ben Korb ber Bergeſſen⸗
heit geworfen warb, bafür zeugt des Umftand, daß ein Mann
aus ber nahen Umgebung beö Kaifers baffelbe in feine Hlemois
des Königreichs ermamme! MBiefe
Stimmrecht:
aben ihre,. Pferde in Rußland aufgegeſſen.“ — Anı. Sciuffe
bes VWerkes &, 389 7— der N In ber ge
unferee Adreiſe ward Bet’ Genera L gelongt zum Statthalter
ette baͤchte His zum lepten
Augrablid dir Bin Adam Gravtorgsli zu erhalten,
Ka an — * nenen nn ———
na feiner ehr gen Srwartung. getaͤuſcht, ging er bie ganze
Naht hindurch mit zerfiörten efichtözäger 63 koͤniglichen
Schlofſe umher, wie Jemand, der alle Faſſung verloren, und
ſorach mit Niemand von uns Kuffen, bie wir uns in ben Bor⸗
zimmern be6 Kaiſers aufhlelten, bee in feinem Gabinet unauße -
gefent bis an den Morgen und bis zur Stunde der Abeeiſe ev⸗
ete.“
Dieſe Auszüge mögen 'als Belege dienen, wie viel ine
‘fereffante Züge zur Zeitgeſchichte diefe Memoiren enthalten,
die, ans dem eignen Dentblättern eines Mannes von Geiſt und
hoher Stellung im Leben von ihm feibt zufanmmengefent, ſich
ſehr von den verdienftlofen, mit Unwahrheiten angefüllten Com⸗
pilationen franzöfifcher Lohnſchrift ſteller unterfcheiten, welche aud
Zeitungen und Anefdotenbüchlein unter erborgter Firma zufams
—— — Ro En eitet Bat „ *
die Rachwelt. . er ..
—
der An⸗
Notizen.
Nach der engliſchen Reformbill haben folgende Perſonen kein
Fremde, Bloͤdſinnige, Verruͤckte und Weiber.
Britiſche Pairs, Staatsminifter, Lordſtatthalter und Braffchaftse
gouverneure. Des Meineide oder der Beſtechlichkeit, oder der
Berfuͤhrung zu Meineid Ueberwieſene. Berurtheilt geweſent
Miſſethaͤter. Bon ber Gemeinſchaft ber Kirche Ausgefloßeae.
Zn Crimipalunterſuchung. Befangene. Zu feiner Neligiem
ich Bekennende. Bankrottirer und Zahlungsunfaͤhige untes
gewiffen Umftänden. Arme, bie binnen Jahresfrift in Staͤd⸗
ten oder Flecken Almofen empfangen. Gteuers und Zollbes
amte aller Art. BPoftbeamte zu Waffer und zu Land. Lonbe
nee Politeibeamte und Wahlbeamte unter gewiffen Beſchran⸗
tungen. Und endlich . Pfandyläubiger ober Bevollmaͤchtigte
aller Art, bie nicht im wirklichen Beſit des Srunbflüds oder
der Renten fint.
Unter dem Zitel: „Lights and ahadows of |
kündigt man in England eine „Bammiung hoͤchſt originellez
und merkwuͤrdiger Gharalterzüge aus bem Leben ber Deutfchen,
Scenen aus ben legtern Feldzügen ber Franzoſen in Deutſchland
und Darftellung der Zolgen derfetben auf das bürgerliche Leben
des Deutfchen” an. °
Der Erzbiſchef von Ganterbury und ber Biſchof von Lone
bon ergreifen. nach dem „British magazine” Maßregein, alle
von ihnen abhängigen Heinen Pfründen unter 200 Pf. jährlidher
Einkuͤnfte (deren ber lehtere freilich nur acht in feinem Sprengel
bat) bis zu einer Dotation mit 200 Pf. zu verbeffern.
Ein Nuffe hat eine „„Ueberficht aller befannten Sprachen
und ihrer Dialekte” herausgegeben, wonach man in Allem von
937 aſiatiſchen, 587 europäifchen, 226 afrifanifchen und 1268
amerilanifchen Sprachen und Dialekten weiß. 158,
Nedigirt unter Berantwortlicgkeit ber Berlagäbandlung: F. U. Brodbausd in Eripsig
Blätter
für
literariſche Unterhaltung
Sonnabend,
—— 1. 19.
19. Sanuar 1833,
Sctenen auß Lappland.
Erſter Artikel.
(Beſchluß aus Nr. 18.)
Uebrigens ift bie Inppländifche Kleidertracht für Maͤn⸗
ner und Weiber faſt dielelbe und befteht aus folgenden
Studen: 1) Schuhen mit ſchmalem Oberleder und oben
auf jeder Seite des Fußblattes einer Naht, die an den
Zehen in einem aufwärts gehenden Schnabel endigt. Im
Sommer trägt man fogenannte Kängskor (Schnürfchuhe).
Die Sohlen find von umbereitetem, nur lobgarem
Rindöleder, das Oberleder ſaͤmiſch von eigenthuͤmlicher
Art. Im Winter hat man Schuhe von haarigen Renn⸗
thierfellen; dieſe Art von Pelzſchuhen (Lappskor, Lapp⸗
landsſchuhe) werden in dieſer Jahreszeit uͤberall in Schwe⸗
den getragen. Die Struͤmpfe vertritt bei dem Lapplaͤn⸗
der eine Art Heu von Carex vesicaria; dies Gras wird
forgfältig im Herbfte gefammelt (es tft des Lappen ein
zige Heuernte), barauf gehechelt, ſodaß es fih in dünnen
Faden ausfafert, und fobann zufammtengebunden zum
Trocknen aufgehängt. Diefe Bündchen (Pilka), bie in
die Schuhe geflopft werden, find dem Fuße fehr zuträglich
und halten bie Kälte ab. Nach ein bis zwei Wochen
aimmt man ein anderes Pilka. Auch die Schube find fehr
zwedmäßig, weil feine Kälte duch die Rennthierhaare
dringt, und zugleich waſſerdicht. Iſt man einmal bar:
an gewöhnt, fo will man gar keine andere Fußbekleidung
haben. 2) Dofen. Diefe reichen bis auf die Hüften her:
anf und werden von Weihern wie von Männern getras
gen. Die ber Weiber find meiftend voth. Sie werben
mit einer Schnur eng zufammengezogen, fobaß feine Do:
fenträger nöthig find. 3) Das Oberkleid (Kapte). Der
Form nad) gleicht ed ganz einem Hemde. Im Sommer
ft es von Tuch, meiſtens blau, mitunter fchwarz, weiß,
gen oder grau, nie braun, gelb oder voth. Dex Kragen
ift von anderer, gewöhntich dunklerer Farbe, mit vielen
Nähten und öfters mit zinnemen oder filbernen Faden
geſchmuͤckt; den Rand umlaͤuft eine rothe Leiſte. Zuwei⸗
len iſt auch dies Kleid von ſaͤmiſchem Leder aus Renn⸗
thieren, Im Winter werden Pelze von demfelben Thiere
getragen; find fie aus den Häuten junger Rennthierkäl:
ber gemacht, fo fehen fie fehr gut aus; bie ans ditern
Rennthieren find freilich wärmer, verlieren aber nach zwei
bis drei Jahren das Haar und werden dann im Som:
-
tuches.
mer getragen, bis ſie ganz abgenutzt ſind. Hemden ſind
ganz unbekannt, ſtatt derſelben traͤgt man entweder einen
Rock von der eben beſchriebenen Art, von Wadmal oder ſelbſt⸗
gefponnenem Tuch (im ſuͤdlichen), oder auch einen Pelz
(im nördlichen Lappland), die Haarſeite zumeilen einwärts
gekehrt. Bei drmern Leuten befteht die ganze Kleidung
aus Zellen, mit Ausnahme der Müge und des Bruſt⸗
Das letztere (fchreed. Barmkläde, lappl. Ätsä-
leppa) vertritt bier die Weſte. Es beſteht aus einem
Stuff Tuch mit Verzierungen von bunten Rauten (blau,
roth, geün), oben befegt und unterwärtd mit einem ro⸗
then Halbmond von phantaftifhen Figuten aus Silber
draht eingefaßt. Die Nähte find mit Streifchen
weißen ſaͤmiſchen Leders verbraͤmt. Dies Brnfttuch ift
der Hauptgegenftand lappländifhen Lurus. Nah Innen
hat es ein Unterfutter, das nur an den Rändern feftgee -
näht, an einer Seite aber offen ift, um darin mie. in
einer Taſche allerlei Kleinigkeiten zu verwahren. Die Müge
hat ganz die Korm eines. Zuderhutes, aus verfchiedenen
Zuchftüden, die wie gleichfeitige Triangel zugefchnitten
find, zufammengeflidt. Die beliebtefte Karbe ift dunkel
blau; nur tragen die füdlichen Lappländerinnen meiftens
eine rothe mit dunkeln Nähten, doc fest man darauf
ein ſchwarzes Futteral ober aͤußere Müge, einem ftumpfen
Kegel aͤhnlich, aus deſſen offener Spige die innere rothe
Muͤtze hervorgukt. Auf Reifen oder bei ſchlechtem Wet⸗
tee trägt man einen Rundkragen, ber wie ein Shawl
Schultern, Bruft und Rüden überbedt, ſodaß nur das
Geſicht frei il. Um ben Leib ſchnallt man einen Guͤr⸗
tel von feinen Leberftreifen. In der Art, wie die Klei⸗
ber zugefchnallt werden, befteht der einzige Unterfchied zwi»
[hen der weiblichen umd der männlichen Tracht, nur daß
die Maͤnner weber die Bafte (die aͤußere Müge) no
die Nialme-fatte (den Rundkragen) haben. Bei diefen näme
lich liegt der Rock oben über dem Gürtel nicht eng an, fondern
läßt vielmehr roie ein Meßgewand einen leeren Raum, in den
der Lappländer feinen Wufferlöffel, feine Koft, feine Brannts
weinflafche und andere Kleinigkeiten ſteckt. Die Weiber aber
ziehen das Kleid, eng an den Oberleib anfchließend, bis auf
die Waden hinab; bei den Männern reicht es nur bis zum
Knie. Des Lapplaͤnders vollftändige Feierkleidung ift ein
fehr theueres Coſtum und kann auf 100 Thaler koſten;
für feine Umftände eine bedeutende Summe!
Th
Bir begeben uns nun auf ben Marktplat zu Arie⸗
plog, um zu ſehen, wie es dort zugeht. Die Lapplaͤnder
befommen tie in — Kg he he
Kochfleiſchſchnapſe, Handelsſchnapſe u. |. w., Die wes
—— Tolle Kaffee oder einen Kask (Kaffee mit
Branntwein), Alles bei dem Bürger. Wir, die Herr⸗
ſchaft, verfhmähen auch nicht feine Bewirthung, den
Branntweintummtler, den er uns darcreicht, und die Roſi⸗
nen und Zwetſchen, die er auf dem Kramtiſche ausſchuͤt⸗
tet. Es kann auch gefchehen, daß er und gar einem
Tuͤmmler (Glaͤſer find nicht im Gebrauch) rothen Wein
- bietet. Nachdem wie fo die Gaſtfreiheit des einen Buͤr⸗
gers erprobt, gehen Wir zum andern, und fo fort, bis
der Mittag da ift, dann verfammeln wir und im Pfarr:
hauſe. Dort finden wir in dem großen Saal einen lan
gen gedeckten Tiſch und darauf ein ſtattliches Mahl, wor:
auf man fogar in Stockholm Gaͤſte mit Ehren laden
önnte. Hier wird Niemand genöthigt, Niemand macht
Complimente, Niemand ift genirt. Ein Fremder mehr oder
weniger bedeutet nicht; Pläge am Tiſche find genug
vorhanden. Nah der Tafel raucht man eine Pfeife,
trinkt Kaffee, oder gebt, wenn man will, in ein oberes Zims
mer, um ein Stündden zu ſchlafen. Abends kommen bie
Bürger, dann trinkt man Toddy, ſchwatzt oder fpielt
Karten; die gebraͤuchlichſten Spiele find Vingt-un, und
ein anderes, nur im Nordland gefanntes, das Scherwen⸗
gel heißt, das Lieblingsfpiel ber Bürger. So geht «8 den
‘einen Tag wie den andern, und das iſt das Marktleben
in Lappignd. Bisweilen wird auch der Abend bei. einem
der Bürger zugebracht, aber keiner vergeht, wo nicht die
ganze gute Geſellſchaft beifammen ift, unb fiher gibt ®
feinen Markt, wo ein fo fröhliches und gefelliges Leben
geführt wird. Hierbei darf nicht vergeffen werden, daß
der Pfarrer am Marktſonntag einen Schmaus anftellt,
wozu alle Standesperfonen nicht nur willtemmen, fon:
dern auch förmlich eingeladen find, und wobei vorausge:
fegt wird, daß die Güfte im Effen und Trinken echte
„sothifche Kraft” entwickeln ſollen. Hiet wird Wein und
wunſch getrunken, und Alles geht wie in der großen
Wet zu.
Noch eine Markterfheinung darf nicht unerwaͤhnt
bleiben, nämlich das Küdjlein (Hönsungen). Der, web
cher zum erfien Mal den Markt beſucht, heißt Küchlein
und muß an einem Abend etwas zur Bewictthung lie
fern. Diesmal fanden fid) vier oder fünf Kuͤchlein vor,
und auch ich ftand auf ber Lifte, deren Anfang aljo lau:
tete: „Dieweil eine alte, loͤbliche Sitte heiſcht, daß ein
Jeder, der zum erſten Mal den weitberühnten Markt zu
AÄrieplog befucht, den Hühnerzins zahlen foll, alfo wird
jeder der befagten Seren erinnert, eine Flaſche Arad und
4 Pfund Zuder zu praͤſtiren und fi) bamit heut Abend
im Pfarchaufe einzufinden.” Daß auch ich unter ben
Küchen aufgeführt wurde, veranlaßte meinerfeitd einen
Protefi, womit es nicht -ernfllicher gemeint war als mit
dem eines gefälligen Maͤdchens sinem unternehmenden
Gavalier gegenüber. Mein Kontingent blieb alſo nicht
aus und noch weniger ich ſelbſt. Am Abend ward alfo
plenum im Pfarchaufe, und nenne plenum opti
ubi omnes pleni? | Gefundheiten wurden getrunfen, und
der Lärm ftörte Epikur's Götter, wie fern fie auch von
Arieplog wohnen mögen. Es ſollte au ein Ball ans
geftelt werden, und Studiofus Lindahl, als geſchickter
Violinift, leitete das Orcheſter — freilich allein, wie Adam
im Paradiefe. Das Schlimmſte war, daß der Mangel
an Weibern wie bei den Römern ſich fuͤhlbar machte,
und in der Mühe fanden fich keine Sabinerinnen, die
man füglich hätte einladen können, an dem Ball Theil zu
nehmen. Indeſſen ging Alles gut ab, und endlich begab
fih ein Jeder nach Haufe, um auszuruhen; nur Einige,
die Aelseften der Bürgerfchaft nebft dem Landfiscel ***,
die nicht an der Kanzfreude Theil genommen, fonbern
am Spieltifche zugebracht hatten, blieben zurüd, wie bie
alten Senatoren in Rom, als bei dem Cinrliden der
Gallier Alle die Stadt verliefen, allein in ihren Häufern
in vollem Ornat und auf ihren Amtofigen feſtſaßen. Auch
diefe unfere Senatoren vwerhartten an ihrem Tiſche, bis
die Galli (die Hähne) Alarm im der Stade zu machen
anfingen. Da faßen fie mit fchweigendem Ernſt, und
wäre ein Fremder nach der Mitternachtflunde eingetreten,
fo Hätte er fie gewiß fir Mumien oder Kobolde gehalten
oder vieleicht auch für die Schatten uralte Richter von
heidnifchen Zeiten her, die einft im diefen Gegenden Recht
fprachen, jegt aber zuruckgekommen wären, um den wahe
ven Sinn des Geſetzes in Beinen viereckigen Blaͤttern,
wahrfcheinlich Geſetztafeln, die fie in den Händen bielten
und von Beit zu Zeit auf den Tiſch legten, ohne Zweifel
um fie zu collationiren, bedaͤchtig zu ermitteln. Am Ende
fol einer der Richter vom Richterſtuhle gefunfen und uns
tee den Tiſch gefallen fein, worauf die übrigen nach Dies
fer Kataſtrophe, consensu tacito, einen Paragraph des
Bierrechts angewandte haben, fo lautend: „Run könnte
der Fall eintreten, daß der Biermann in der Straße oder
im Rinnftein liegt: dann möge er ſich aufrichten, wenn
er es kann; kann er es nicht, bliebe er liegen.” Dee
Verurtbeilte appellirte nice, fondern lag da wie „in
des ſchoͤnen Griechenlands Halnen ein geflürztes Dercus
leebild”. .
Ein Tag verging wie ber andere, und endlich kam ein
fehr mertwürdiger: der Wadmalstag. Dies iſt der große
Feſttag der Lappländer, weit dunn, einer uralten Sitte
nad, Branntwein frei gekauft und verkauft werden barf,
was fonft in den Lappmarken verbosen il. Der Wade
malstag iſt der letzte und lebhafteſte des ganzen Mark⸗
tes und wahrſcheinlich auch der eintraͤglichſte für Die
Kaufleute; denn was in den vorigen Tagen für Haͤute
und Selle an die Lappländer ausgezahlt worden ift, das
gebt an dieſem größtentheil darauf. Auch iſt es tein
Wunder, daß der Lapplaͤnder nach gut verrichteten Geſchaf⸗
ten, nach gluͤcklich uͤberſtandenen Muͤhſeligkeiten und Uns
faͤlen fi einen fröhlichen Tag bereitet. Er bat jetzt wähe
vend des Markts, wie es beißt, „Geld gekauft”, hat
Steuer an die Krone, den Lanbdrichter, den Einnehmer,
den Pfarrer entrichtet und Kochfleiſch rechts und linke
ausgetheilt, vieleicht aud, wegen Voͤllerei gerichtlich be=
fangt, die Geldſtrafe bezahle ober auch mit einem Blan⸗
Een (1 The. Spec.) fi) davon losgekauft, wol endlich
eine Sache — etwa fiber Renuthierweide — vor das Ge
richt gedracht und dabei nöthig erachtet, die Mäder der
Gerechtigkeit ein wenig zu ſchmieren; vielleicht ift er fo:
gar wegen Dieberei vorgelaben worden, um fo ſchlimmer
und Eoftipieliger. Ferner iſt zu bedenken, daß Freunde
und Verwandte ſich jest trennen muͤſſen, und daß fie fich
erſt nach mehren Monaten, vielleicht Jahren, ja vielleicht
mimmer volederfehben. Hierzu kommt endlich, daß eine
für Mandye noch fehmerzlichere, noch berzangreifenbere
Trennung bevorftieht, naͤmlich von dem edeln Goͤttertrank
des Lebens, dem Branntwein, ber ja nicht in Alpens
ſtroͤmen rieſelt, nicht aus den Waldquellen zu fchöpfen,
ſondern erfl, wenn man das nächte Mat, d. h. wenn
Gott win, nach zwei, drei Monaten nad) dem Kirchdorf
kommt, zu haben ift, dann aber viel mebz koſtet. Sept
kauft alſo der Lappländer Branntwein und trinkt mit
Freunden und Berwandten ; jegt ‘tönt der Geſang aus
allen Buden, Hütten und von den Schneetriften. Keine
Proſa exiſtirt mehr. Sept fingt Alles oder hört zu, und
Keiner wird während der füßen Begeiflerung gewahr, daß
ber Nektar auf den Boden verfchüttet wird; es ift ja ein
anvermeidliche® ‚„‚Libavimus Jovi liberatori”. In jener Ede
wird geſchluchzt und gemeint in der Umhalſung ded Ab:
ſchieds, der Freundfchaft und der Liebe; aus der andern
hallt Scherz, Jauchzen und freudiges Lachen wieder. Hier
fige der Eine, die Hände in der Seite, und fingt in flols
Tönen von feinem „Steinplunder“ (d. 1. ſchreingeleg⸗
ser Reichthum), „feinem vielzmweigigen Horn“ (d. i. zahl:
weiche Rennchietheerde), „feinem Rennthierkalb“ (d. 1. Renns
thiere) — alles poetifhe Redensarten, wo fid) unter dem
Schleier der Beſcheidenheit Prahlerei verbirgt. Diefe fas
turnalifchen Scenen werden mitunter durch ſtuͤrmiſche Auf⸗
tritte geftört, denn bei ſolchen Gelegenheiten, wo fid) das
: Herz öffnet und Luft macht, geht es fo, wie wenn Aeo⸗
ins mit ſeinem Scepter den Winden einen Ausgang vers
ſchaffte: |
— Venti, velut agmine facto,
Qus data ports ruust et terras turbine perflant —
Dann firömen nicht allein die milden, Lindfäufelnden
Winde, fondern aud) die tobenden Orkane heraus. Man
ſtoͤzt auf Einen, den man in Verdacht hat, uns ein
Rennthier geſtohlen zu haben, Einen, von welhem man
Dieb geſcholten werden, Einen, mit welchem man über
Mennthierweiden im Streite liegt, in Summa Einen, den
mon als Feind anſieht. In dieſem Augenblid legt keine
EScham oder Verſtellung der Zunge Feſſeln au. Von
Werten geht's zu Thaͤtlichkeiten uͤber. Man ſchlaͤgt ſich
wie einſt die Hetden vor Troja: bittere, ſchimpfende Mes
den geben dem Streit voran, begleiten ihn und folgen
ihm. Eine blutige Naſe macht oft dem Kampf ein Ende.
Dies find die hauts faits des Wadmalstages, die freilich
auh an den übrigen Markttagen vorkommen können,
Auch vergiße man nicht, ſich mit Reifebranntwein zu ber
- fehen. Am folgenden Tage früh merden die Rennthiere
aus dem Walde geholt, amgefchiert und einflweilen, bis
75
man fertig iſt, an irgend einen Zaun angebunden. Died
dauert bisweilen lange, oft bis zum ſpaͤten Abend; zus
weiten wird man auch da noch nicht fertig, ſondern ſchickt
die Rennthiere auf die Weide zuruͤck. Das ift diefen fehr
gelegen; manche aber haben einen fo unbarmherzigen
Deren, daß er die armen Thiere den ganzen Tag und die
ganze Nacht Über angebunden, ohne Nahrung ſtehen
taͤßt, während er felbft ißt, trinkt und den Raufch vers
ſchlaͤft. Wann es endlih zur Abfahrt kommt, fo liegen
etlihe in den Attjien wie Leichname feftgefhnürt: eine
nothwendige Maßregel, um fie zum Abzug zu dewegen, waͤh⸗
zend fie noch fo beraufcht find, daß fie ſich Kicht aufrecht
erhalten Binnen. So geht es in großen Raravanen nach
alien Richtungen. Wenn man von andern Städten und
Drten zieht, fo bat man Meilenfäulen zu beachten; von
Arieplog aus hat man Sauftannen, d. i. merkwürdige
Tannen, wo man nad alter Sitte Halt macht und eis
nen Schluck nimmt. „Die ſchlimmſte Schlittendahn iſt
Im Thorwege“, ſagt ein ſchwediſches Eprichwort, und
das finder auch zu Arieplog feine Anwendung, denn von
da bis zur naͤchſten Sauftanne iſt nicht meit, defto ents
fernter aber die darauf folgende. Die Sauftannen has
ben wahrfceinli ihre Entftehung von den nach de
Landesgericht hinfahrenden Herrſchaften; denn vom Lapp⸗
länder iſt dergleichen nicht zu erwarten, ihm ift jede
Tanne, wo die Trinkluſt ihn amvandelt, eine Sauftänne,
ſelbſt mitten auf dem See hält er ſtill, hole die Stafche
aus dem Buſen hervor und labt füh mit einem Schlud:
Sept kommen die Sauftennen immer mehr ab: auf dem
nördlihen Wege, weil das Gerichtsperfonal diefen nicht
mehr einfchlägt; auf den Übrigen, weil am Wege mehre
Höfe liegen, wo man einkehren und bie Luft befriedis
gen fannı. *)
Romanenliteratur.
1. Die Burgruinen Boͤhmens. Gine Reihe hiſtoriſch⸗romanti⸗
ſcher Erzäplungen von Bohemus. Zmeiter Band. Schloß
HRaby, oder ber Affe im Narrendorfe. Cine hiſtoriſche Sage
A dem 15. Jahrhundert, Leipzig, Raud. 1832, 8. 1Thir.
r
Das Hiſtoriſche repraͤſentiren einige Schilderungen von Ge⸗
braͤuchen, ein Stuͤckchen Sage, boͤhmiſche Namen, die in ben
Roten erfiärt werden, und mitunter die Erwähnung eine ger
ſchichtlichen Sreigniffes. IR nun das Hiftörifdye karg bebadht,
fo geht das romantifhe Princip vollends leer aus, man müßte
es denn in einer wigelnden biämelnden Gchreibart, mit ſchwuͤl⸗
Rigen Metaphern ſuchen, die hoͤchſtens zur Zeit, wo rofenfarh und
grün bebänderte Schäfer und Schäferitmen fi auf der Bühne
Albernheiten erzählten, für erwas Abfonderliche® gehalten werden
tonnte. Die Scherzenden diefer modernifirten Ritter und Fraͤu⸗
lein möchten wol im 16. wie im 19. Jahrhundert fab und-
nüchtern gedimkt haben und duͤnken.
2. Dberfchlefifiche Sagen und Erzählungen von F. Mineberg
Zweites Bändchen. Neiffe, Hennings. 1832, 12. 18 ®r.
Etwas gehaltreiher ald obige längere Erzählung; aud)
ſprechen die Alitagtleute natürlich und wollen fig nicht hoͤhec
ausdruͤcken, als wozu die Fähigkeiten auslangen. Bloß im Aen⸗
ern ſtehen fie hinter der böhmifchen Nachbarin zurüd, die Farbe
*) Gin zweiter und Iegter Artikel folgt im Februar. D. Reb.
⸗ .
76
des Papiers, worauf bie Schlefierinnen ihre Thaten erzaͤhlen, iſt
von haͤßlichem Gelbgrau.
8, Rodellen von J. E. Benno. Zweites Baͤndchen: 1. Der
.Jahrwarkt in Bomow. 2. Georg Hodiebrab und fein Bars
“bier. 83. Der Küfter zu Glittenbach. 4. Der Mutter Angfl«
traum. 5. Herzog Suantepoll, Köslin, Hendeß. 1831. 8.
1 Zhlr.
—* 2 und 5, rhythmiſche Luͤckenbuͤſſer, koͤnnten wegbleiben,
weil fie indeß wenig Raum einnehmen, mögen wir ihnen ihr Plaͤt⸗
chen wol gönnen. Die drei Srzählungen behandeln Scenen aus
dem breißigjährigen Kriege, aus dem von 1806 und bie Empoͤ⸗
rung Ragoby's zu Enbe des 17. Jahrhunderts mit kraͤftiger Zrifche,
und Verhältniffe, Dertlichkeiten und Perfdnlichkeiten, bie ſchon
an ſich des Meiged der Neuheit nicht entbehren, geminnen
ihn durch bie der Darftcllung. a
4. Der berüchtigte Wildſchuͤtz des fächfifchen Erzgebirges, Karl
Stülpner. Gin biographifches Gemälde, der Wahrheit treu
angelegt und mit romantifchen Yarben ausgemalt von Fries
drih von Sydow. Gonderöhaufen, Eupel. 1832. 8.
1 Thlr.
Iſt bei weitem beffer als fein Titels weber Rohheit, noch Efr
fecthafcherei, noch unechter Silberſchaum, Liebestänbelei genannt,
ärgert. Es ift die einfache, einfach erzählte Geſchichte eines von
hamiſchen Zuftizbehörden gebrüdten Bauerburſchen, ber nothges
bdrungen Wildfhüg wird, von feinen Kameraden fih trennt,
weit diefe das Räuberhandwerk ergreifen wollen, worauf ex, der
aus nicht zu fcheltenden Gründen ben Goldatenfiand verlieh,
wieber in einem größern Heere dahin zurüdtehrt, fih Ruhm
und Vermögen erwirbt und als redlicher Gatte und Landwirth
fein Leben befchließt. Optimiſten, bie das Jetzt gegen das Vers
gangene preifen, koͤnnen ihrer Vorliebe durch dies Bud Sründe
anterlegen. Gine ſolche Willkuͤr und Härte, wie ber arme Stuͤlp⸗
ner von feiner Obrigkeit erfahr, wäre heutzutage unmöglich.
6. Zeichnungen aus dem Leben und ber MWergangenheit. Von
X. von Sartorius. Gotha, Flinzer. 1832, 8. 1Thlr.
12 Gr.
Die biftorifche Unterlage gibt ben geift« und gemüthvollen
Erzaͤhlungen die höhere Bedeutſamkeit, merkwürdige bekannte
Perſonen und Greigniffe treten durch das Medium einer roman:
tifchen Fiction heil und lebendig vor und, Wahrheit unb Dich⸗
tung durchdringen ſich zu beiberfeitigem Gewinn. inter ben
vier Erzählungen möchte, „Der Hauswirth von Paris’, freie Be:
arbeitung nach bem Franzoͤſiſchen, durch Mare Entwidelung bei pſy⸗
chologiſchen Problems, wie das Unrecht, ja. das Verbrechen in
dem Kopf deö reblichen, nicht wild aufbraufenden, leicht täufch:
baren Mannes, ſich ald Recht einbürgert, dem Denkenden zu
finnvollen Betrachtungen hinlänglichen Anlaß bieten. 18,
Notizen.
Heidnaiſche Gräber.
Prof. Voigt befchreibt im erften Bande feiner „Geſchichte
Preußens“, ©. 568, die Grabhügel ber alten Preußen, wie fie
auf mehren Anhöhen oder fandigen Haiden in großer Menge
und, wie aus einer Vergleichung mit den altpemmerfchen Graͤ⸗
bern erhellt, immer mit berfelben &leichförmigkeit und Structur
angetroffen werben, weiche Ref., ber fie oft zu fehen Gelegenheit
hatte, befonders aufgefallen it. Gewöhnlich finden fich ganze
Gruppen diefer Ereisförmigen Gräber beifammen; jebes einzelne
aber ift mit einem Ringe von Steinen eingefaßt, gegen welchen
aus bem Mittelpunkte andere Steinreiben wie Strahlen auslaus
fm, jedoch ſo, dab im Süden eine größere Niſche, etwa
wei Schub lang und anderthalb breit, mitteld flacher Stein⸗
Iöde, welche mit einem Deckel verfehen, gelaffen worben, und
‚im Norden ein größerer Ausfchnitt fich befindet, weldgen Voigt
ben Verbrennungsplag nennt. Damit ftimmen nun hoͤchſt auf:
fallend diejenigen Antagen überein, melde ter Engländer Wal⸗
ters in Indien angetroffen und vor Kurzem in feinem Reiſebe⸗
Nebigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodhauß in Reip sig.
— .
richte ber Aſiatiſchen Geſellſchaft zu Kalkutta geſchildert hat;
wobei er auf die aͤhnlichen Grabmaͤler in Cornwallis, cromlechs
genannt, aufmertfam madıt und ſich mit Recht über das gleiche
Verfahren zweier fo weit von einander entlegener Voͤlker ver
wundert. Gr traf, über Dakta hinaus, auf den Yanducanhde
ben einen Eräftigen und fchönen Menſchenſchlag, die Goffeahe,
an, welche fih vor ben Bewohnern der Ebene, obwol mit ihnen
der Religion und Sprache nad) verwandt, in phyſiſcher und
moralifher Beziehung vortheilhaft auszeichnen. Sie werben von
«ignen kleinen Rajas milde beherrfcht, und ihre Dörfer, welche
meift am Abhange ter Berge liegen, verrathen eine gewiſſe Orb»
nung und Betriebfamteit, infofern jedes Gehöft mit einer nete
ten Mauer eingefaßt if. Auf Anhöhen, unter Bäumen zer⸗
ftreut, liegen ihre Grabmaͤler, gewoͤhnlich 2 — 300 eingföre
mige Monumente von zwei bis acht Buß im Durchmeſſer, und
auch bier hat jedes einzelne Hügel an ber einen Geite für Me
Bamilienurnen eine Kammer von gelantelten Steinen, welche
mit einem flachen Dede gefchloffen wird. Auf diefen figen bie
Coſſeahs zu gemeinfcaftlicher WBerathung, fobaß jeder pater
conscriptus feine eigne sella currulis hat und auf eine ſchoͤne
Weife über den Afchenkrügen feiner Angehörigen feine Beſchluͤſſe
heilige. Die Brandſtaͤtte der Leichen aber ift von dem Kriebhofe
etwas weiter entfernt, und dies koͤnnte die Vermuthung erregen,
ob nicht iener nörbliche Ginfchnitt bei den preußifchen Gräbern
nur für Zodtenopfer und Zrinfgelage beftimmt gewefen, welche
ſowol bei den Römern als Preußen zu gewiffen Zeiten am Grabe
huͤgel flattfanden. Man hat diefe Stelle zwedtmäßig ben Herb
genannt, und fo fagt auch Feſtus: „Culina vocatur lorus, in
quo epulae in funere comburebantur.”’ Hier hätten wir wol
die fpeciellfte Bedeutung des Wortes culina, denn kulina heißt
im Sanskrit blos: zur Familie achörig.
Großartiges Drama.
Ein Schauſpiel ganz eigner Art, welches wenigen unſerer
Leſer bekannt fein dürfte, wird alljährlich au Benares aufgeführt,
das Feſt Ramalila. Es kann baffelbe abermals einen Beleg ges
ben, wie lebendig das alte Epos bei'den Hinbus fortiebe, unb
wie geneigt die Nation noch gegenwärtig fei, jede Epiſode befs
feiben zu bramatificen. Daß ſolches befonders mit den Thaten
bes Kriſchna geſchehe, weldye von eignen. Schaufpielern, von Bee
nen Augenzeugen verfihern, daß es unmöglich ſei, mit mehr
Kunft und Ratur zu fpielen, am Durgafefte aufgeführt werden,
ift befannt genug, und noch vor einigen Jahren kam eine wan⸗
dernde Schauſpielertruppe aus dem fernen Suͤden nach Kalkutta,
um ihre Stuͤcke zu geben; bei dem Ramalila ſpielt indeſſen das
ganze Volk und iſt zugleich fein eigner Zuſchauer. Das Feſt
beginnt um Neujahr und dauert, je nachdem ber Glanz der Aufe
führung es geflattet, an dreißig Tage; es verfammelt fid) auf
dem Lanbfige des Rajah von Benares, Ramanagara, oder auf
andern Plägen außerhalb der Stadt, ein Kreis von Vornehmen
und Gebilbeten, um den „Ramayana“ vorzulefen, während das
ganze Volk in täglichen Proceffionen und Scheingefechten Alle
barftellt, was barin nur irgend bramatifh iſt. Ramas ımb
Sita mit ihrem Gefolge erfcgeinen als Kinder im Goftume der
alten Zeit und bewegen ſich mit vieler Gravität, wenn nicht eim
kurzweiliger Zufhauer eine Handvoll ‚Nupien oder Confect untez
fie wirft; die Nachtfcenen werten. bei Badellicht gegeben, und
folen Elefanten durch den Ganges ſchwimmen, fo geichieht auch
diefes. Ganze Gärten werben zu der Handlung vorbereitet und
umgeſchaffen; in einen folden wird Ramas auf einige Tage vere
bannt, unterbeffen die Handlung fortgeht. In einem andern iſt
bie Feſtung des Ravanas; fie wird erſtuͤrmt und das 60 — 70
Fuß hohe Bild des Tyrannen, von Bambus und gemaltem Pas
piere, mit brennbaren Materialien gefüllt, geht endlich in Flam⸗
men auf, während ber ganze Garten bengalifches Feuer ſpruͤht.
Zulegt zieht die Proceffion in bie Stadt; die Straßen find, wie
es Epos will, mit Sand beſtreut, die Haͤuſer erleuchtet und
aus den Fenſtern fallen Blumenſchauer (pushpavrishti) auf bie
Menge herab. 160.
Hierzu bie Bellage Nr 1.
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Beilage zu
| | 1
Gonverjationd-Leriton
neueften Zeit und Literatur.
Aus dem elften Hefte dieſes Werks, das im Laufe
& Monats ausgegeben wird, entlehnen wir nachſtehenden
Artikel | D. Red.
Dengftenberg (E. W.) und bie Evangeliſche
Kirdenzeitung. Zu den merkwärbigften, obgleich für ben
Sreund einer gefunden und freien Entfaltung des zeligidfen Le⸗
beng nicht eben erfreulichen Grfceinungen unferer Zeit gehört
ohne Zweifel die religiöfe und zugleich kirchlich⸗politiſche Rich⸗
tung einer Partei, die in H. ihren Vorkaͤmpfer und Bortfuͤhrer
und in ber „Edangeliſchen Kirchenzeitung“ ihe Organ gefunden
.. 9. warb am W. Oct. 1802 zu Frondenberg, einem Dorfe
ber Grafſchaft Mark, geboren, wo fein Vater, ein Mann von
grönblicher Gelehrſamkeit, jent in Wetter bei Soeſt, damals
Pfarrer war und feinen Sohn, ohne ihn dem linterrichte eines
ums zu übergeben, felbft unterrichtete und zur Univer⸗
tät vorbereitete. nn auch ber Vater ben Grund zu einem
ernten religiöfen Sinn überhaupt in dem Sohne gelegt haben
mag, fo rährt doch von ihm keineswegs unmittelbar bie ſchwaͤr⸗
merifch-büftere Seligionsanficht her, die H. nachmals ausſprach;
vielmehr war jener dem Rationalismus, wiewol einem gemäßigs
tm fogenannten chriftlichen oder fupernaturalen, zugethan und
wog ſich erft fpäter durch den Einfluß feines Sohnes bem Pies
tiemus mehr zugeneigt haben. 9. felbft folgte während feiner
Studienzeit einer ganz andern geifigen Ridtung Gr bezog
1820 die Univerfität zu Bonn und beidäftigte fih Hier mit phis
lologiſchen, namentlidy auch orientalifchen Studien. Unter ben
©tubirenden zu Bonn war damals, wie auf ben meiflen andern
dentſchen Univerfitäten, ein non jugendlichem Enthufiasmus für
Sreiheit und Vaterlandsliebe lebhaft aufgeregtes Treiben, das
in den burſchenſchaftlichen Vereinen feinen Mittelpunkt fand,
weiche, obgleich von den Behörden verboten, heimlich fortbeftan:
ven. H. ſchloß ſich diefer freien Richtung mit Lebhaftigkeit an,
ee war für die Burfchenfhaft mit großem Gifer, mit Wort
oder Arm thätig, ſchloß ſich aber derjenigen Partei an, welche
den Zweck biefer Verbindung über bie bioße Anordnung ber Stu⸗
bentenangelegenheiten binaus auf gegenfeitige Grwedung be
Rinımter pelitifhs und wiſſenſchaftlich⸗freiſinniger Grundfäge
ausbehnte. Dieſer Richtung wit Enthufiasmus bis an ihre äus
Berften Grenzen folgend, warb er ganz politiſcher Idealiſt und
befämpfte duit Eifer die Anfichten derjenigen feiner Freunde, bie
ia ber Politik noch an hiſtoriſcher Grundlage fehzuhalten ſuch⸗
ten. Gine Frucht jener Begeiſterung für politifche und fittliche
Idrale in den Burſchenſchaften war die Erweckung eines ziems
lich allgemeinen lebhaften Eifers für philofophifche Studien, bes
fonders für praktiſche Philofophie, unter den fubirenden Juͤng⸗
Eingen, und auch H. wurde davon ergriffen. Gr fludirte Kant
und vorzüglich Fries, deſſen Schriften in ihren praktiſchen Theis
Ien feinem $reiheitsfinn am meiften Nahrung gaben. Diefe be:
ſchaͤftigten ihn noch fpäterhin ernfihaft und galten ihm eine
Seitlang als Brundlage feiner philoſophiſchen Meberzeugung.
Daß D., To lange er diefer philofophifchen Anficht zugetban war,
Überhaupt einer freifinnigen Richtung bes Weiftes entichieden an⸗
gehörte und namentlich auch in re'igiäfer Hinſicht von kirchlicher
ober offenbarungsgläubiger Autorität frei-war, if für alle Die:
jenigen unzweifelhaft, denen die philofophifchen Anfichten jenes
ausgezeichneten Derkers befannt find. Wegen Hegel's Philoſo⸗
pbie ußerte er ſich damals oft, doch bauptfählid wol nur aus
pcsitifchen Gefihtöpunfte, wegen ber Zendenz, die fie in
"ihrem Verpältniß zu bem preußifhen MWinifterium angenommen
hatte, mit einer gewiffen Bitterkeit und Berachtung. Dennoch
den Blättern für literariſche Unterhaltung.
19. Januar 1833.
lag auch in biefem, im Ganzen freifinnigen @eifte der Burſchen⸗
ſchaft ein Element, das jene fpätere Umwandlung H.'s vielleicht
vorbereiten konnte; nämlid die mittelalterlidjsromantifche Rich⸗
tung bes von Jahn, Arndt u. X. angeregten fogenannten Alte
beutfchthums, das eine religiös. und politifcyeilliberale Richtung
hatte. Das anfängli durch bad Jntereſſe für praktiſche Phi⸗
lofophie erweckte philofophifche Streben H.'s nahm fpäter durch
- den Einfluß des damals (1822) nad) Bonn gelommenen gründ«
lichen Zorſchers im Gebiete ber Geſchichte der Philofophie,
Brandis, eine mehr biftorifche Richtung. Durch ihn veranlafßt
und geleitet, unternahm H. in ber legten Zeit feihes Aufents
halte in Bonn eine Ueberfegung ber „Metaphyſike“ des Ariſto⸗
teles (exfter Theil, Bonn 1824), zu welder Brandis Anmers
tungen fdjreiben wollte, die jedoch nicht erfchienen find. Bei
au dieſen Beſchaͤftigungen aber blieb H. body ben vom Anfange
feiner Studienzeit an mit befonderer Vorliebe getriebenen orien⸗
talifhen Studien treu,- fodaß er eine in dieſem Fache gegebene
Preisaufgabe, die Derausgabe eines arabifhen Schriftftellers,
ruͤhmlich loſte („Am ruckeisi Moallakah’’, Bonn 1829). Gr
hatte früher bie Abfiht, nad dem dreijährigen Studium ber’
Philologie edenfo lange Zeit auf das Studium ber Theologie in
Berlin zu verwenden. Gr begab fi) jedoch, von. Sacy empfohs
ien, ſchon 1823 nach Bafel ald Lehrer eines jungen Mannes in
den orientalifhen Sprachen. In Bafel fcheint feine theologis
fe Umwandlung, wahrfcheinlih auf Anregung ber Pietiften,
die dort in dem Miſſionsverein einen Sammelplag haben, vor,
fich gegangen zu fein. Auch feine äußern Verhältniffe zu dee
preußifhen Regierung, bie durch feine nicht unbefannt geblie⸗
bene Ichhafte Theilnahme an ber Burfchenichaft nicht vortheile
baft für feine Ausfichten auf preußiſche Staatadienſte fein konn⸗
ten, geflaiteten ſich zu derfelben Zeit günftiger. Während feines
Aufenthalts in Baſel wurde er nämlih von bem preußifchen
Minifterium aufgefodert, einen Bericht über feine Studien ein»
Ansehen, worauf er 1824 als Privatdocent ber Theologie in
Berlin auftrat, ohne einen eigentlichen theologifhen Gurfus ges
madıt zu haben. In ſchneller Folge warb er feitbem befördert:
1826 zum außerordentlihen Profelfor der Theologie, 1828 zum
ordentlichen, und 1829 warb er Doctor der Theologie. Beine
Thaͤtigkeit als akademiſcher Lehrer befchräntte ſich anfänglidy
faſt ganz auf Vorträge über orientalifdye Literatur, feine literas
riſche auf einige kleine Schriften, z. B. „Ueber das Berhältnif
bed innern Worts zum äußern” (Berlin 9825), „Die preußis
fe Minifterialverfägung über Diyfliciamus, Pietismus und Ges
paratidmus, mit einigen Bemerkungen und einer authentiſchen
Erktaͤrung verſehen“ (Berlin 1826), bis er 1827 als Redacteur
ber bekannten „Boangelifhen Kirchenzeitung” auftrat und da⸗
mit in derjenigen Geſtalt erfhien, in welcher er eine gewiſſe
Berühmtheit in unferer Zeit pewonnen hat. Zwar hat er aud)
feit diefer feiner mehr praktiſchen unb polemifchen Thaͤtigkeit
für die Sache der „Evangeliſchen Kirchenzeitung‘ nicht aufges
bört im Gebiete der eigentlichen Wiſſenſchaft und namentlich ber
orientalifhen Sprachen und Literatur thätig zu fein. Geine
„Shriflologie des Alten Teſtaments“ (erfien Theils erſte und
zweite Abtheilung, Berlin 1829) und feine „Beiträge zur Gin
leitung ins Alte Zeftament” (erfier Band, Berlin 1830) zeu⸗
gen davon. Aber audy biefe Werke find’ nichts weniger als in
dem rein wiffenfchaftlicden Intereffe für die Sprache oder Ge⸗
ſchichte des Alten Zeftaments, fondern nur zu fihtbar im Ginne
und für die Zwecke jener religiäfen Partei gearbeitet, der er ſich
jest unbedingt bingegeben hat. Unverkennbar leuchtet die Abs
fiht aus ihnen hervor, mit Hülfe ber neuern Ergebniſſe für
orientalifche Sprach » und Geſchichtskunde das alte bogmatifche
Borurtpeil von der meſſianiſchen Bedeutung ber Weiffagungen
bes Alten Zeftaments von Neuem geltenb zu machen unb bas
duch das Dogma von ber göttlichen Infpiration ber heiligen
Schrift, das durch die neuere biblifche Kritid am meiften in
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des Alten Teſtamentt wankend gemacht worben war,
wieber zu behaupten. Nur durch dieles bogmatifde Varteün⸗
taxeffe if es O. gelungen, mit diefen Werfen ein gewiffes Aufs
feben in der theologiihen Welt zu erregen, daß fie auf rein
wiffenfhaftlichem Stanoͤpunkte ſchwerlich erregt daben würden.
Anerlannt ausgezeichnete Fotſcher in diefen Gebiete, wie Baum
arten-Grufiud und Paulus, haben in ihren gründlichen Beurtheis
ungen derfelben bargethan, daß, ungeachtet alles Aufwands von Ger
lehrſamkeit und ſophiſtiſchem Scharffinn, die zu Grunde liegende
dogmatiſche Anficht nichts weniger als gendgend gerechtfertigt if.
Die wahre Eigenthuͤmlichteit H.'s tritt erſt in feiner Stel⸗
lung als Redacteur der „Evangeliſchen Kirchenzeitung” ale
Haupt ober doch Wortführer der Partei, bie durch fie ſpricht,
hervor. Wir müffen biefe Partei ſelbſt näher charakteriſiren,
was fie auch, wegen bes Intereffes, das fie für unfere Zeit ec»
regen muß, ſchon an ficy verdient. Es ift jedoch nicht Leicht,
den Geiſt und das Wefen diefer Partei mit einem Worte au
dezeichnen, da, wie fchon die Ramen Derjenigen beweifen, d
als Mitarbeiter jener Beitfchrift genannt find, fehr verſchiedene
Elemente in ihr zufammentrrffen. Halten wir uns zunädft an
r eigues Bekenntniß, fo fehen wir biefe Partei, wie ſchon ber
nie „Evangeliſche“ andeutet, ben fie nicht blos ihrer Kirchen⸗
eitund, fonbeen auch fidy ‚felbft und ihrem &lawben beilegt,-mit
—* nſpruch auftreten, die Sache der wahren urfprünglicen
angelifihen Kirche gegen den angeblichen Abfall des Rationar
mus, ober vielmehr der ganzen Geſinnung der neuern Zeit
von ihr, zu vertreten und zu vertheidigen. Begründung und
Vertpeibigung der Lehreinheit ber evangelıfhen Kırche, wie fie
In den Bekenntnißſchriften derſelben ausgeſprochen wird, tft nad)
Sen Worten der erfien Ankündigung Hauptzweck der „Svanges
Uſchen Kirchenzeitung”. Bür bdiefen Zweck will fie, nach einer
fpätern Erklaͤrung ber Redaction, nicht allein gegen Deismus
und Rationaliemus, fondern auch gegen den Supernaturalismus,
fofern er nicht die durch Sünde verberbte fpeculative Vernunft
unbebingt ber göttlihen Dffenbarung unterwerfen will, gegen
unſicheres Gefühlsieben und gegen unevangelifhen Myftitismus
und Pietismus die reine Lehre der Objectiven goͤttlichen Wahr:
heit vertheidigen. Wie wenig jedoch diefe Partei bereditigt ſei,
ih vorzugsweife und ausſchließend das Prädicat der evangeli⸗.
ſchen beizulegen und im Ramen und ntereffe der evangelifchen
Kirche zu ſprechen ımd zu handeln, darüber hat bie gebildete
öffentliche Meinung in biefer Kirche längft entfchieden. Die evan⸗
nelifchsproteftantifche Kirche iſt ihren hoͤchſten Brunbfägen nad,
ie ſchon ihre Gruͤnder, die Reformatoren, leiteten und in neues
rer Zeit entfchiedene „Anerfennung gefunden haben, eine Kirche
ber fteien veligidfen Ueberzeugung. Sie unterwirft den Glauben
ihrer Mitglieder keiner menſchlichen Autorität umd erkennt als
emeinfamen Ausdrud ihres Glaubens nur die in. ber heiligen
Gärift geoffenbarte goͤttliche Wahrheit an, für die fie zu feibftän:
diger Auslegung und freier vernunftgemäßer Anerfennung bereich:
tigt. Ihr koͤnnen daher bie von Menichen verfußten ſymboliſchen
Bücher durchaus nicht als bindende Norm des Glaubens gelten,
auch haben dieſe bereits feit längerer Zeit factifh aufgehört,
olche Gültigkeit zu Haben, feitdem man eingefehen hat, daß fie
ihrer eignen hiftorifhen Beſtimmung nad) nur ben vorüderge⸗
henden Zwed ber Elaren Unterfheidung ber damaligen Lehre der
proteftantifhen Kirche van ber katholiſchen hatten und nur durch
Misverftand eine Seit lang Fine Slaubensautorität für die Kirche
ſich anmaßten. *) Cine Hälltg grundloſe Anmaßung ift es dafer,
wenn die Partei der „Evangeliſchen Kirchenzeitung’’ ſich darum
ausfchließend den Charakter der evangeliſchen zueignet, weit fie
die Autorität der alten fombolifcken Lehre geltend zu machen
*) Neuerbings hat Scheidler („Oppeſitionsſchrift““, dritten Bandes
erſtes Stüd) gründlich aus den Quellen dargethan, daß die augds
vburgiſche Eonfeffion ihrem wahren Wefen und urſpruͤnglichen
Bwede nach durchaus nur als apologetifche und ireniſche Schrift,
kemeſswegs aber als Kirchenconftitution angefeben. werden muß.
Daffelbe gilt aber auch von ber Concorbienformel und den. übrigen
(pmbolifgen Büchern.
s . N
7
.m . + [”} a P rd
t. Wittig im nehdt fie mit ben
ſtreb BSiberſyornch Grunbfägen ber
proteſtantiſchen Kirche, wenn fie nicht allein allen freien Ver⸗
nunftgebraucdh in der veligiäfen Neberzeugung verwirft und an⸗
. Teindet,, ſondern ſtewiderfrretret nem diſtortſch
pottorn
Gharalter, derſelben, wenn fie-meßr die Lehre. den; fomboliſchen
Buͤcher als die dee VBibel aufzüftellen, und biefe ſogat vön jener
durch eine dogmatifche oder trabitionnelle Auslegung abhängig
zu machen furht. Aber gu nicht eimmal jenes -Tombolifdgen
Eehre ber Kirche iſt die Partei ber „Evangeliſchen Kirchenzei⸗
tung‘ fireng treu geblieben. Wie eine völlige Nebereinffimmun
der religiöfen Ueberzeugung wit dem Buchſtaͤden einer, in ein
längf vergangenen Zeit, bei ganz anderer Denkart und Migeis
thuunlichkeit ber Zeit, bei ganz anderer Bildung
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Le e En * = *
| ‚ gang andern
philoſophiſchen Srundfägen und hiſtoriſch⸗ gelehrten —*
aufgeſtellten Lehre mög!ic ſei, iſt ſchon pfychologiſch vbllig ums
begreiflich. Auch iſt ſchon Häufig der Evangelifchen Kirchen⸗
zeitung‘ von ben tüchtigften Theotogen im Einzelnen nachgewie⸗
fen worben, baß fid oft von der ſomboliſchen Kirchenlehre abge⸗
wien. Namentlich enthält fie myſtiſche, pietiſtifche, hwarme⸗
riſche, fanatiſche, ſeparatiftiſche Elemente in ſich, die ausbruͤcklich
von ber alten Kirche verworfen werden, daher man ihr-icht
mit Unrecht Müngerianismen und Schwenkfeldianis men vorger
worfen bat („Amtliches Gutachten über das WWerderblühe des
Rationaliemus“,; ©. 63). Mit jenen Beziehungen aber hat man
ihren Charakter ebenfalls nur Fehr unvollfommen angegeben, ba
die Ausdrüde myſtiſch und pietiſtiſch gewöhnlich in einem vieb
zu unbeflimmten Sinne gebraucht werben, wiſſenſchaftlich ſchaͤr⸗
fer genommen, abet nicht ganz auf diefe Partei paffen.. Die
Myſtik hat ihren Urfprung in einem tiefern und reinern Befühf
ber. Brömmigleit, ats ſich bei ben Meiften diefer Partei geoffen«
bart hat; auch gehört ihr eine freiere Innere Geiſtesbewegung,
bie ſich fetten fo knechtiſch einem todten äußern dogmatiſchen
——— hingegeben Hat, wie die fogenannten Evangelifchen.
ie religiös» praktiſche Sefinnung bes Pietiemus aber hat in
feiner gefunden Erfcheinung in Spener's Schule fowol als in
feiner krankhaften Geſtalt in den neuern Gonpentifein weber die
bogmatifhe Schroffheit noch das fanatifhe hierarchiſche Streben
gehabt, das diefe Partei zeigt. Am Uunbeftreitharften fann man
die ganze Partei zu den Supernaturatiften zählen; bie Grunde
füge ded Supernaturalismus liegen allein zum Grunde, in’ theos
retiſcher Bedeutung, als unbedirgter Glaube an eine übernetürs
tie Offenbarung der göttlichen Wahrheit, ber die menſchliche
Bernunft undebingt zu unterwerfen wäre, unb in proltifcer
ale Lehre von ber angeerbten Sündhaftigkeit und abfoluten Une
fähigkeit des Menſchen zum Guten, von der. Geligfeit allein
durch Gnade und ber Erlöfung durch Chriſti Stellvertretun
wie fie in der Auguftinifden Sündentheorie ausgefprochen ım
in den ſymboliſchen Büchern, nach der bamals gerade vorherr⸗
ſchenden perfönlidhen Autorität der Reformatoren, „wiederholt
worden if. Man würde daher ihre @iyentbümlichkeit ganz imd
gar nicht bintänglich bezeichnen durch das Prädicat de Super⸗
naturaliemus, ba diefer bisher noch nie in diefem fywärmerifch«
fanatifchen Charakter aufgetreten iſt, umb da der gewöhnliche
Supernaturaliömus in ber „Evangeliſchen Kirchenzeitung” oft
als unen:fchiedene Baubelt oder todte Drthotorie angegriffen wirb,
fowie die Supernaturaliften oft grmeinfchaftlich mit den Ratio:
naliften gegen bie Evangeliſchen ftreitend ſich erhoben haben,
wie namentlich in der bekannten halliſchen Streitſache. 5
Sin druttihes Wild von der Buntfarbigkeit dieſer Sekte
und einen Beweis, wie weniy fie drm aufgeftellten Zwecke ber
Eehreinpeit und ter reinen Kirchenlehre entfpreden, wird uns
ein Blick auf Einige der bedeutendften unter Denjenigen geben,
weiche in der „Evangeliſchen Kirchenzeitung‘ das Wort führen.
Dos Gektenhaupt felbft, Hengftenberg, läßt bie Propheten bes
Alten Teſtaments mit Aufhebung aller eignen felbftändigen Gei⸗
ftestraft, alſo bes Berftandes und Bewußtſeins, blind und paf:
fin von dem göttlichen Geiſt in ihren Weiſſagungen getrieben
werben: eine Schre, bie, nichts weniger als kirchlich, die poͤttliche
Infpiratien in eine neuplätonıfche Ekſtaſe verwandelt und aus
*
‘ .
— — — — — — — — — — — .. — —— — — — — — — — — — — — —
‚49
Aa Wefiätspuntt zu ſehr bebenkilchen Folgen für die
riet des Ghriftentbums führt, da auf der Meifianität
Ber Propheten bes Alten Teſtaments die durchgehende Inſpira⸗
tion ber heiligen Schrift beruht, und da auch die des Neuen
Zeftaments, ja die Autorität Chriſti ſelbſt, gefährdet wird, wet
ud die Weiffagungen Chriſti eben dieſen Gharafter haben.
Die Grundlage der kirchlichen Lehre ſelbſt wird erfchüttert, wenn
„die freie einfache Schrifterfiärung bald mit einer eregetifchm
radition (wie in feiner „Shriftologie des Alten Teſtaments“),
Bald mit einer myſtiſchen auf fogenannte „innere Erfahrung“
gegroͤndeten Auslegung vertauſchen will („‚@vangelifche Kirchen⸗
tung‘, 1882, Ar. 10). Wie wenig wird ihm hierin und in
endern Erhren ber ihm zunäcft ſtehende und an Gelehrſamkeit
und philofophifcher Bildung tüchtigfte von diefer Partei, Tholuck,
Beiftimmen, da er in feinen eregetifhhen Schriften immer einer
freien Methode der Auslegung gehuldigt hat. Aber auch die
von ihm amfgefiellte Theorie von der Sünde wird wol ſeldſt
nicht darauf. Anfprudy "zu machen wagen, als bie rein kirchliche
u gelten. Weit aber ſteht von ihm entfernt auf der einen
eite der in der Behandlung der Dogmatik von rationaliftifchen
rincipien ausgehende unb nur nach dem fupernaturaliftifchen
Syoſtem inconfequent hinlenkende Lahn, unb auf ber andern
Seite ber an naturpbilofophifche Speculation in fcheinbarer Or⸗
fdodoxie die tirchlichen Kormeln accommobirende Steffens und
er myſtiſch platonifirende Heinroth. Neben bdiefen fehen wir
ann wieder Lie freie geiftige Anſicht bes der flarren Lehreinheit
ber Kirche wiberftrebenden Pietismus Reander's ober die myſti⸗
fhe Snofis Olshauſen's, und dagegen wieder das dialektiſch⸗
kuͤnſttich gemachte Ehriſtenthum Göfdel's,- dee nach Degel’s
rmein das Kirchenfoftem zu conftruiren verfudhte. Und neben
efen dann das verworrene Schreärmergefchrei, bald in wild
fanatifhem, dald in miderlih füßlichen, bald in zügello®
phantaftifhem, bald in pfäffifch finfterm Zone, wie es bie
de Balenti, Grundtvrg, Guerife, Krummacher, Böttiger : Reichs
meiſter, Etier, von Gerlah, von Meyer, Schmieder, Rubel:
bad u. f. w. vernehmen laſſen. Endlich denfe man an die oͤf⸗
fentlich verhandelten Streitigkeiten, welche bie ehemaligen Mitarı
beiter ber „Evangeliſchen Kirchenzeirung”, Neander und Steu⸗
bel, bei Belegenheit ihrer Losſagung von berfelben geführt has
ken. Bei diefee Mannichfaltigfeit und Buntfarbigkeit der reli⸗
gidfen Denfarten und wiſſenſchaftlichen Richtungen, die in dies
fer Partei zufammenfommen, muß man e6 Überhaupt aufgeben,
eine gemeinfame, beifimmt ausgeprägte dogmatiſche Lehte der:
ſelben aufzufinden, und es bleibt nur ein Picdylidh : politifcher
Sharakter derfelben übrig. Die Partei befteht, wie ſchon oben
bemerkt wurde, aus einem Zuſammenfluß aller, mit der freifins
nigen Richtung des religidfen Geiſtes der Zeit Unzufriebenen ;
es if die Partei des Widerſtandes oter der Reaction in relis
iöfer Hinſicht, bie ſich hier durch ihre Äußere Werrinigung
— geltend zu machen ſtrebt. Innerlich in die ver⸗
ſchiedenſten religidfen und dogmatiſchen Elemente zerriſſen, hoͤch⸗
ſtens in der Anerkennung einer uͤbernatuͤrlichen Offenbarung und
der Auguftinifch : Lutherifhen -Gündens und Gridfungstheorie
Iodter verbunden, findet fie ihre Wereinigung nur in dem ge:
meinfamh Interefie des Widerfirebens gegen alle freie Geiftes:
bewegung in Sachen ter Religion und in ter Abfiht, eine
Hichhiiche Gewalt zu erfämpfen. Als Grundlage dazu will fie
die beftehende proteflant.fche Kirche in Befig nehmen, indem
fie fih als wahre, urſprüngliche Kirche ausruft und alle Krei⸗
geſinnten als Abtrünnige heraufzutreiben fucht. So verenigten
fi) alle verſchiedenen Denkarten ber neuen Sekte in tem Be:
muͤhen, fi Me Formen ber ſymboliſch-kirchlichen Orthoborie
fo viel möglich angupaffen, um nun mit bem gemeinfamen Feld⸗
gefchrei der Reinheit und Ginheit ber Kircheniehre in gefctof
fenen Reiben gegen alle Anbersbenfenden anzuräden. Unbe⸗
Dinate Autorität der fombolifhen Kirchenlehre, Unterbrädung
alles Bernunftgebrauds und freien Widerſtrebens in Baden
der Religionsüberzeugung‘, Ausübung einer hierardifchen Ge:
walt in der proteftantifhen Kirche, dies waren bie kirchlich⸗
politiſchen Grunbfäge, in welchen bie neue Sekte ſich vereinigte
Mit einer in der proteſtantiſchen Kirche bis dahin ganz unere
hörten Keckheit tritt jept offen in dem ganzen Than und Trei⸗
ben diefer Partei, wie es fi) namentlich in der Evangeliſchen
Kirchenzeitung⸗ auefpricht, ein entſchiedenes Syftım der Glau⸗
bensverfinfterung, ber Intoleranz und des Kegermachens, taß
Streben nad kirchlicher Macht und inquiſitoriſcher Michtergei
malt Herver, das unverkennbar auf das Biel einer ptoteftantis
fen Glaubenshierarchie hindeutet, die, unter bre eifeenen: Ger
wait eined ewig ftarren, tobten Worte ber Symbole, an furcht/
barer Härte weit über der roͤmiſchen, die in der Perſon des
apfted noch ein Princip des Lebens bat, fiehen nräßte. Der
eim zu biefer Denfart liegt fchon in ben Weſen des Super!
naturaligmu® an fidy, fobald er comfequent auf das Teben an)
gewendet wird. Sheoretifher Supernaturaliömus, Glaube am
eine Übernatürlihe geoffenbarte abſolute göttliche Wahrheit,
ſchließt die Anerfennung einer untrüglichen Lehre umd eined
alleinjeligmadyenden Glaubens in fi, und führt fo in ber Ans
wenbung gerade zur Intoleranz, zum Glaubenszwang und zu
hierarchiſcher Gewalt. Praktifher Supernaturaliemus führe
mit feinen Lehren von’ ber Verderbtheit der menſchlichen Ratur
und bios uͤbernatuͤrlichen Befeligung durch Gnade zu demſelben
Ziele; denn alles natürliche Leben des Menſchen kann nur
Auftöfung aller fittlihen Ordnung in Anardik und eökerifäe
Rohheit führen, und muß daher durch äußere Bucht, durch hie:
rardifchen Zwang im Ramen Gottes gebändigt werben. Die
Srundföge der Zoleranz, der Glaubensfreiheit und der reinen
ſittlich⸗ rechtlichen Ordnung find weſentlich rationaliffifh. Den⸗
noch hat ber Kampf zwiſchen Rationalismus und Supernatu—⸗
ralismus lange Zeit beftanden, ehe er diefe praftifche Wendung
nahm. Es war nur ein Streit der Wiffenfchaft, wobei man
Im Leben meift in frieblihem Verhaͤltniß blieb, ja wo man bem
ganzen Streit für praktiſch nichtöbedeutend erklärte und zum
Theil noch jegt erflärt, oder doch ſich gegenfeitig duldete. —*
bie neuere Zeit hat durch mancherlei Umftände dem Streit dieſe
neue Wendung gegeben, woburd der vorher milde, ruhige unk
befonnene Supernaturaliemuß einen leidenſchaftlichen, intolerans
ten, fanatifhen Charakter angenommen bat. Dazu trug vors
züglich eine, durch bie deutſchen Befreiungskriege in den Jah⸗
ren 1818 — 15 berbeigeführte geiftige Aufregung viel bei; das
mals gelang ed, an den Haß gegen bie Franzofen und ihren
politiſchen Liberalismus auch eine religidfe Reaction gegen dew
Rationalismus anzukniwmfen. Wie man in politifcher Hinſicht
die feit der Revolution durch franzoͤſtſchen Einfluß großentheils
umgeftürzten alten Gtaatsformen des ehemaligen deutfchen Reis
ches mit feiner feudaliftifch sariftofratifchen Herrlichkeit wieber
—— fo ſtrebte man auch in religidſer Hinſicht bie
ruͤmmer des zerſprengten alten Glaubens wieder zu einem
Gebäude bes Kirchenglaubens zufammenzufügen. Die politifche
Reftauration verband fidy mit einer religids » kirchlichen. Bon
diefer Zeit her vorzuͤglich ſtammt eine religidfe Reaction gegen
bie freie Beifteöbernegung im Bebiete ber Religion, die ſich in
den verfchiedenften Richtungen kundgab. Gleichzeitig ftrebte man
in ber Fatholifhen Kirche, die alten Formen und bie alte Wacht
ber ‚Hierarchie wieberherzuftellen, und in der proteflantifchen,
bie alten kirchlichen Symbole wieder geltend zw madyen. Ob
aud eine geheime Äußere Werbindung zwiſchen dieſen beiderfeis
tigen Reactionspartrien flattfinde, mag, wievol man es mit,
Grund vermuthen darf, ungewiß bleiben; gewiß aber iſt, daß
fie innerlich burch den Geiſt ihres Strebens auf das Engſte
verbunden find. Während aber biefes Zurücdftreben in ber ka:
tholiſchen Kirdye an die noch befiehende Macht des PYapfies und
ber Hierarchie fih anichnen und von dba aus ımter bem Schutze
ber Kirche fich geltend machen konnte, fand fidy daffelbe in ber
proteftantifhen Kirche verlaffen von ber beftehenden Kirchenver⸗
faffung und größtentheile auch von ben weltiidhen Behörden,
und fo Fam es uns zunädft in jenen feparatiftiften Conven⸗
tifeln zur Erfcheinung, die unter dem Namen des Myſticismus
und Pietismus anfänglich wenig deachtet wurden. In bem Pier
y’
4
\
tiemus waren bie Grunbfäge des &
prattifch geworden, aber nur in der
der Gingeinen, und fie zeigten ſich bier als engherzige herru⸗
. butbifche Weltſcheu, kraukhafte veligidfe Empfindelei und Ge⸗
hitſchwelgerei, manierirte Froͤmmigkeit und geiſtlichen Hoch⸗
muth; ihre Anhänger behielten jedoch in ben Conventikeln ben
en und ruhigen Gharalter des Geparatismus, ohne Anders⸗
kende mehr als durch zudringliche Proſelytenmacherei in ih⸗
rer Ueberzeugung zu ſtoͤren. Ratuͤrlich aber war es, daß jene
neue thätige Reactionspartei ſich hauptſaͤchlich an biefe Pietis
fienvereine, in welchen fie eine für ihre Plane empfänglide
enge fand, anſchloß. Geftärkt durch mandyerlei andese Zeits
umftände, namentlich auch durch Beguͤnſtigung mancher Fuͤrſten
und hohen Staatsbeamten, haben fie es endlich in ben legten
Jahren gewagt, eine Anwendung ihrer GBrundfäge auf das oͤf⸗
fentliche eben zw verfuchen und angrifföweife gegen den beſte⸗
nden Zuftand ber Religion und ber Kirche ſich zu erheben.
ie find nun aus ihren Gonvenrifeln herausgetreten, und haben
angefangen fi) als eine Macht in Staat und Kirsche geltend
gu machen. Die Grundfäge des Supernaturalismus von dem
olleinfeligmachenben Glauben und ber Verderbtheit der menfchs
lihen Ratur find hier ald Grundfäge der Hierarchie und des
Dbfcurantismus praßrifch geworden, So hat bie ehemals harm⸗
loſe Pietiftenpartei einen politiſchen Eharakter angenommen und
iſt dadurch in Fanatismus übergegangen. Diefen neuen Zeit⸗
puntt bezeichnet am fichtbarften die Gründung ber „Gvangeli
ſchen Kirchenzeitung“.
Auch außer dieſer tritt indeß die eifrige Thaͤtigkeit dieſer
hierarchiſchen Obſcurantenpartei deutlich hervor. Sie hat in
Norddeutſchland, hauptſaͤchlich in Preußen, ihre Hauptmacht ge⸗
funden und erſtreckt von hier aus ihre Wirkſamkeit nach allen
| ı heilen Deutfchlaudse und anderer Länder, beſonders Eng⸗
lands. Gonventifel ober Betſtunden, Miſſions⸗, Bibel⸗ und
Zractatengefellfchaften, die befonders in allen Theilen Preus
Pens gegründet find, bilden überall Sammelplaͤge und Halt
punkte und erhalten eine enge Verbindung unter allen Mitglies
dern der Sekte. Den Centralpunkt ihrer Thaͤtigkeit aber, gleich:
fam die Gtaatögeitung ober bad Regierungsblatt ber neuen Kirs
chengewalt, in weicher täglich neue Verdammungsurtheile gegen
die Ungläubigen, Verhoͤre über. die Verdächtigen, Gelege für
die Gläubigen publicirt werden, bilbet bie „Evangeliſche Kir:
Senpeitung”. Auf ihre Wirkſamkeit müffen wir daher noch
einige Blicke werfen. Bier tritt uns aber ſchon in den erften
Worten der Ankündigung ber, alle freie religidſe Ueberzeugung
aus ſchließende Zweck der „ſtreng gehaltenen Ginbeit in ben Grund⸗
lehren des Chriſtenthums“, wie fie in ben Belenninißfchriften
der Kirche autgefprochen find, entgegen, woran ſich dann in jes
der Nummer die Behauptung einer untrüglichen goͤttlichen Wahrs
heit, die Foderung unbedingter Unterwerfung der menſchlichen
Bernunft unter die Autorität der Kircheniehre Inüpft. So war
es ganz confequent, wenn offen und obne Scheu Intoleranz,
Glaubendzwang, Berkegerung gelehrt, Toleranz, Glaubenöfrei:
eit und Wilde als ſchwaͤchliche Lauheit bezeichnet und nur für
iejenigen angemeflen gefunden wird, bie blos „fubjective Weis
nungen“ befigen (Band 2, Nr. 1 und 26, Band 6, Nr. 19).
Dieſe Grundfaͤtze werben denn auch in der „CEvangeliſchen Kir⸗
chenzeitung?““ nach Kräften angewendet durch Verketerung der
angeſehenſten rationaliſtiſchen Theologen, gegen welche ſie nicht
wiſſenſchaftlich ankaͤmpft, ſondern nach dem Maßſtab ihrer kirch⸗
lichen Orthodoxie verdammend und ſchmaͤhend aburtheilt. So
‚ werben ein Roͤhr, Krug, Niemeyer, Schulz, v. Colln, GSlaufen,
ſelbſt Schleiermacher als abgefallene Keper und Heiden bezeich⸗
net. Ihe Kampf gegen ten Rationalismus wirb überhaupt ale
gleichbedeutend dargeftellt mit dem Kampf bes Glaubens gegen
den Unglauben, bed Chriſtenthums gegen das Heidenthum, des
Söättlihen gegen das Menſchliche, der Wahrheit gegen die Lüge.
Nicht blos eigentliche Rationaliien aber, auch Supernaturali⸗
fen, wenn fie nicht blind ihrem Gpftem huldigten, wurden bies
fen Berdammungen untegworfen, wie Bretſchneider, Goldhorn,
upernaturaligmus bereits
nwenbung auf das Leben |
Gtenbel, Reanber, Fritſche, Huf. wer ber
feine „Schuilehresbibel” und andere pra Schriften bed
verdiente Dinter oft der Gegenftand ihrer Anfeindungen. D
„Stunden der Andacht”, in denen viele Xaufende wahrhaft res
ligidfe Erbauung gefunden hatten, wurden als ein d
unchriftliches Bud, als eine „Bibel bes Naturalismus” ver⸗
ſchrien. Den Höhepunkt diefes Iuquifitorengeichäfte bex „Evans.
gelifchen Kirchenzeitung“ bezeichnet jeboch die beruͤchtigte Wer«
tegerungsgefdhichte der beiden hallifchen Theole gen Weglcheider
und Geſenins. Es konnte aber ben Reuevangelifchen unmöglid
entgehen , daß ber Kampf, ben fie führten, nicht blos auf dem
Gebiete der Theologie und praktiſchen Religionslehre durchge⸗
tämpft werben könne; fle mußten einfeben, daß bie freie Gehe
ſtesdewegung, die fie zu unterdbrüden unb bem tobten Wort ige
ser Orthodoxie zu unterwerfen firebten, auf alle Gebiete deu
Wiffenfhaft und bes Bebens ſich erſtrecke, und fo wenbeten fie
ihre Grundfäge des Dbfcurantismus mit einer nicht zu verken⸗
nenden Geſchicklichkeit und Planmäßigleit in den verfhiedenften
wiffenf&haftlihen und praftifhen Beziehungen an. ebereil, we -
ſich freier Geiſt zeigte, traten fie ihm vertegernd entgegen. Ge
erhoben ſich ganz allgemeine Anklagen gegen bie Zeit und ibes
freie Geiſtesrichtung überhaupt. „‚Die Religion ber @ebildeten‘‘, ..
hieß es, „if ein Semifch von Heidenthum, Wohammebanismut
und Afterphilofophie''; die „ganze neuere Beitgefinnung mit ige
ser Beiftesbildung iſt Abgdtterei”; der „Kunſt⸗ und Willen _
ſchaftsenthuſiaemus unferer Zeit ift nur ein Eurrogat für die
erftorbene Religidfität und ein Ausbrud des heidniſchen Sin⸗
nes”. So mußten bie Heroen unferer beutfchen Piteraturs
Schiller, Goͤthe, Herder, Jean Yaul, Jacobi, WBindelmem,
ſich vor ihr Ketzergericht ſtellen und den freien S ihres
Genies nach dem gaabersigen Maßſtab einer tobten Orthodexie
als unchriſtlich und ketzeriſch verustheilen laſſen. Alle
der Wiffenfhaft und Kunſt fuchten fie ber Norm ber Ki
und Bibel zu unterwerfen. Nach ihrer beichräntten
fouten Philofbppie, Pädagogit und Poefie den Gheralter der
Shriftliyleit annehmen; die Pfychofogie wurbe eigens dem So⸗
pernaturaliömus angepaßt, wie 3. B. Heinroth bie kirchlichen
Lehren von der Gündhaftigkeit und Griöfung pfychologiſch gu
begründen fuchte (Band 2, Nr. 18 fg.); feibft die Naturwiſſen⸗
ſchaft fol fi, trog den rieſendaften Zortfchritten der neuern
Zeit, unter die in der Wibel vorfommenden roben und kindiſchen
naturwiſſenſchaftlichen Borftellungen der Ifraeliten beugen, wie
denn wamentlidh die bewährteften Reſultate der neuern geologis
ſchen Forſchungen ats gottlos vertammt werden, weil fie mit
der moſaiſchen Schöpfungsgefchichte im Biderſpruch ſtehen (Ban
1, Nr. 13). Eudlich auch in ber Politik trist die „Gvangelie
ſche Kirpenieitung” unbedingt der Sache des freien Geiſtes ende
gegen, und eifert lebhaft gegen das Streben der Voiker nach
„freien Berfaffungen und Bürgerredten (Band 8, Nr. 18; Band
9, Ar. Lu. a.) Go fühst alfo bie ganze Tendenz ber „Evans
gelifhen Kirdyenzeitung”’ entſchieden aut gaͤnzliche Vertilgung
aller Fruͤchte der freien Geiſtesbewegung und auf Gründung ei⸗
ner völligen Barbarei und Berfinfterung, auf Knechtſchaft des
ganzen Lebens in Wiffenfchaft, Kunft, Sittlichkeit, Etaat, un«
ter dem ſtarren Wort der Kirche bin. Daß es jedech dieſer
Dbfcurantenpartei nicht gelingen werbe, biefes Biel zu erreichen,
bafür bürgt uns bie Allgewalt des freien Geiftes, der, einmal
in unferer Zeit zum Leben gewedt, alle Hemmungen, bie fels
nem Lauf entgegentreten, durchbrechen wird, wie vielmehr das
Ketzergeſchrei dieſer ſchwachen Sekte! Richt die proteftantifche
Kirche allein, die ihrem biftorifchen Grund und ihrem Weiße
nach wefentlih Rationalismus if, fondern unfere ganze geiffige
Bildung, Wiffenfhaft, Kun, Bitte, bür reliche Drbnung
und Gefepgebung ruhen auf freier Geiftesthätigkeit und haben
durch fie ihre Criſtenz; all Diefes mühte umgeſtuͤrzt und vers
nichtet werden, follte an ber Gtelle der freien Geiflesbilbung
die ſtarre Form eines veralteten Glaubens gewaltfam bem Les
ben aufgebrungen werden. Nur ber telle Wahn der Schwaͤrme⸗
rei kann dies verſuchen.
Hebigiet unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: 8. U. Brodbaus in Leipzig.
—— ne aaa u "
T
2
Sonntag,
nen.
Maler Nolten. Novelle in zwei Thellen von Eduard
Mörike. Mit einer Mufifbeilage. Stuttgart, Schweis
zerbart. 1832. ©, 2 Thlr. 18 Sr.
Wir find unfhlüffig, -ob wir zuerft mit den Sehlern
sber mit den großen Vorzuͤgen biefes Novellenromans
unfere Beurteilung anfangen follen. Thun wir jenes,
b erwelfen wir dem Verfaſſer, der Vertrauen bei den
efern verdient, und dem Verleger, der zu ermuntern iſt,
weil er ſich entfchloffen hat, ein junges und noch namen-
loſes Talent in die Welt einzuführen, einen ſchlechten
Dienſt; fangen wir aber mit den Vorzügen an, fo ges
tathen wir bei einem an den volllommenern Organismus
erfahrener Novelienmeifter gewohnten Lefer, dem die Un-
beholfenheiten der vorliegenden Dichtung ohne Zweifel
eher in die Augen füllen werden als ihre Zugenden, in
den Verdacht der SParteilichkeit. Am gerathenften if,
ME. begibt fich mit feiner Anzeige ſogleich in mediam rem
und entwirft, bevor er urtheilt,, einen Grundriß der Ers
zählung. Und fomit aßs Wr — — — — «
Der Anfang der Novelle zeigt und einen jungen Ma⸗
ler, Theobald Nolten, der fein glänzendes Talent, den
wackern, aber erfindungsarmen Meiſter überflügeind, von
Gönnen und Freunden- geliebt Und bewundert, in der
Refidenz, an deren Weltleben er Antheil nimmt, entfaltet.
Sm Haufe des Grafen von Zarlin Iernt er deſſen fchöne
Schweſter, Konftanze von Armond, eine junge Witwe,
kennen. Die Reize ihrer Perfon, die Beinheit ihres ge:
bifdeten Geiftes, ihre Kunftfian machen ihn zu ihrem ſtil⸗
im, aber leidenfcyaftlichen Bewunderer, und es peinigt
ihn, daß einer feiner —A— Goͤnner, der Her⸗
zog Adolf, fein Nebenbuhler nzwiſchen myſtificirt er
fh fo gut wie möglich "uber "feine wachſende Neigung,
denn eine früher geknuͤpfte Verbindung machte noch im⸗
mer ihre ftillen Rechte an fein Herz geltend. Das reine
Gtüd, ‚weiches dee unverdorbene Süngling oftmals in
der Liebe zu einem hoͤchſt unfchuldigen Gefchöpfe, Agnes,
ber Körfierdtochter zu Neuburg, gefunden, war feit Kurs
zem bush unglüdielige Misverſtaͤndniſſe geftört worden.
Die Sache hatte fo viel Schein, daß er das freie Maͤd⸗
hen keines Wortes mehr würdigte und ihr nicht im ge:
ringſten den Grund dieſer Veränderung zu erkennen gab.
Jene Agnes war, was der Lefer erft fpdter erfährt, durch
eine Nervenkrankheit dem Tode nahe gebracht geweim;
Blätter
ws fe,
literarifche Unterhaltung.
[4
ur.
20. Januar 1833.
in ihrer krankhaften Reizbarkeit glaubte ſich bie Geneſende
ihres Bräutigams als ein bäuerliches einfältiges Gefchöpf
nicht mehr würdig. Diefn Wahn beftärkt eine geheim⸗
nißvolle Zigeunerin, die ihr aus den fchiefen Linien der
Hand prophezeit, daß fie und ihr Geliebter nicht füreinans,
der geboren feien, und zugleich ihr an einem liebenswuͤr⸗
digen Better Dtto, der fie im Guitarrenſpiel unterrichtet,
eine neue Liebe zuweiſt. Vergebens ringt Agnes, fich von, .
der trügerifhen Prophetenfiimme unabhängig zu machen;
ihr Gemuͤth war zerriffen umd gepeinigtz jene Idee von
Dtto firiete ſich Lünftlih darin, und die eingebildete
Nothwendigkeit fing an, den Widerwillen gegen ihn zu
überbieten. Ein ſtiller Wahnfinn fett bei ihr an. Nols
ten aber wirb, ebenfalls durch einen plumpen Brief Dts
t0’8, der ihm anmuthet zurlichzutreten, von bes vermeint⸗
lichen Untreue feiner Brapt unterrichtet und geraͤth in.
haſſende Werzweiflung. In Ddiefer wunden Stimmung
trifft ihn fein Büſenfreund, geniale Schaufpieler Lars
tens, der, von einer Reife zuruͤckgekehrt, ein frohes Wie⸗
derfehen mit dem Freunde zu feiern gefommen iſt. In
Theobald's Liebe zu Agnes früher eingeweiht, das Mis⸗
veritändniß ahnend und zum Theil durchſchauend, Nol⸗
ten's neue Neigung zu dee Gräfin noch ziemlich leicht:
anfchlagend, unternimmt es der bizarre Dann, der aus
einem zerrütteten Leben einen ebein Geift und Charakter,
der aufppfernditen Freundſchaft fähig, fich gerettet. bat,
die Sache ohne Wiffen feines Freundes wieder ind Ges
teife zu bringen. Nachdem er ihn vergebens durch eine.
etwas mislungene (audy dem Dichter mislungene) Faſt⸗
nachtsmummerei gewarnt, entſchließt er fi zu einer Mas⸗
kencorreſpondenz mit Agnes. „Er ahmt feines Freundes
Handſchrift nach; er correſpondirt mit der armen verlaſ⸗
ſenen Braut, als wäre fie nicht verlaſſen, und ſorgt da⸗
fuͤr, daß nur er die holden Antworten des durch dieſen
frommen Betrug geneſenden Kindes erhaͤlt. Inzwiſchen
gibt ſich Nolten mit Glut ſeiner neuen Liebe zu Kon⸗
ſtanzen hin, und zu feinem Unſtern wird dieſe Liebe all⸗
maͤlig erwidert; ein Zufall druͤckt ihm in einer Grotte
der fürftlichen Sartenanlagen die Sräfin-ohne Zeugen ans
Herz; fie duldet feine Thränen und feinen Kuß, der auf
ihrem: Halfe brennt. Durch die freundliche Unbefangens
beit Konftanzens in den Tagen, welche auf diefe Scene
folgen, darf ber Gluͤckliche fich überzeugen, daß er voll
Gegenliebe gefanden hat. Inzwiſchen fest Larkens, der
von alle dem nichts ahnt, feinen verfiohlenen Briefwechſei
82
mit Agnes fort und erhält von diefer endlich einen trunke⸗
nen Brief, in welchem fid die völlig Genefene wieder‘
ganz als Nolten's Braut empfindet, Jetzt glaubt der
Freund, es gelte, was es wolle, einen Bruch mit der
Gräfin vorbereiten zu müflen. Bei dem Grafen Zarkin
wird ein phantasmagorifches Zuziſchenſpiel, von Larkens
verfaßt, von demſelben vos einer großen Geſeſlſchaft aufs
. geführt. Nachdem die Geſellſchaft auselnandergegangen,
breitet Konſtanze mit Wonne über ihrer Liebe zum Mas-
?
fer; aber Larkens hat feine mit Nolten's Namenschiffte
foegfältig bezeichnete WBrieftafche, welche alle Antworten
von Agnes enthält, abſichtlich, fo abſichtlich, wie Marquis
Poſa die feines Freundes, im Palais des Grafen verlo:
wen; noch in derſelben Nacht kommt die Taſche durch
das Kammermaͤdchen in Konftanzens Hände; fie erkennt
in Nolten den ruchlofeften Heuchler — fie ergibt ſich im
der Verzweiflung dem Merzog Adolf, Nolten wird (er
weiß nicht warum) verfloßen, und Larlens und er werden,
wegen unvorfichtigee Anfpielungen auf den regierenden
König in jenem Scattenfpiele politifc verdächtigt, vers
haftet und in langer gefonderter Haft gehalten, in welcher
fi Nolten's ein: hitziges Fieber erbarmt. Inzwiſchen er⸗
fahren wir aus dem Manuſcripte eines feiner Fremde,
wie vounderbar jene Zigeunerin in das Geſchich des Mas
lers verRochten iſt. Er traf fie in feiner Jugend auf ber
Gebirgsruine feiner Heimatgegend, die er von Hauſt aus
mit feiner: jungen Schwefter befuchte; aus einer Reihe
von feltfamen Scenen ergibt ſich, daß fie die Tochter eis
nes väterlichen Oheims von Nolten iſt, ber als Mater
in die weite Welt ging, Mer eine Zigeunerbande gerieth
und Losßine, die ſchoͤne Nichte des Zigeunerhauptmanns,
entführte und ehelichte. Er lebte mit Ihe, gemieden von
* der Familie, aber reichlich von felner Kunft genähet, Eli⸗
ſabeth, die Bigeunerin, war .die einzige Frucht ihrer Che.
kommen follte. Dit heftiger Bewegung verabfchlebet er
fih vom Maler, der feinen Entſchluß nicht begreifen kann.
Aber nach feiner Abreife erfährt Nolten aus einem Briefe
feines Freundes den ganzen, vollen Betrug, felbft in Bes
ziehung auf Konflange oa
Theobald (ſchließt der Brief), noch ein Mal: den® an den
' Garten, meulich hat fie bie Laube zurechtgedugt, die Bart, wo
'.gute Menſchen gluͤcklich zu machen.
ber Liebſte bei ihr figen foll. Wirft Du bald kommen? Wirſt
Du nicht? — Wag' ed, fie zu,betrügen! den heilen, füßen
Sommertag bdiefer fchuiblofen Sele mit Ginem verzweifelten
Streiche hinzuftürzen in eine bumpfe Nacht, wehe! das win
mernde Gefchäpfl Ahu’s, und exiebe, daß ich ig wenigen Mon⸗
den, ein einfamer Wallfahrer, auf des Mädchens Brabhügel die
Eraftiofe Pofle, das Nichts unferer Freundſchaft und bie zer⸗
fhlagene Hoffnung bemweine, daß mein elendes Leben, kurz ch’
ich's ende, doch wenigfiens noch fo viel nüg fein möchte, zwei
Der Maler wird uns auf diefen Frief als hoͤchſt uns
gluͤcklich gefchlidert; und doch „mer hätte gluͤcklicher fein
koͤnnen als er, wäre er fogleich fähig gemefen, feinem
> A — — ——— ü⏑
“
Loskine farb bald am Heimweh. She heranwachſendes
Kind entlief zu der Bande, und wahrfcheinlich hat diefe
Loskinens Entführung duch den Mord des Vaters ge:
sähe. Nachdem Eliſabeth mit feitlamer Leidenſchaftlich⸗
keit den jungen Nolten ſich gleichfam zum Eigenthume
getweiht, verläßt fie bie halbe Heimat wieder. Aus dieſen
Mittheilungen erklärt ſich hinreichend, wie bie Bigeunerin,
welche Motten bis jegt nie wiedergeſehen, ſich prophezeiend
in fein Schickſal miihen konnte. Die Mittheilungen ſchlie⸗
en die erſte Abtheilung der Novelle.
Der zweite Theil bebe mit der Befreiung ber
zwei Freunde aus ihrer ungeredhten Daft an. Der genes
fene Nolten glaubt fich jegt erſt zu verſtehen, er betrach:
tet ſich als frei von aller truͤgeriſchen Liebe und will hin»
fort nur der Kunft Geweihter fein. Da faßt Larkens den
Entſchluß, auf unbeitimmte Zeit die Stadt zu verlaffen
und ins Ausland zu gehen. Zum legten Mal, und uns
gern zum legten Mat fchreibt er in Nolten’s Namen an
Agnes und nimmt in Gedanken den herzlichiten Abs
fhied von dem Mädchen, weil nach feiner Berechnung
fhon ihr naͤchſter Brief wieder unmittelbar an Molten
benugt, ihm den Kerker zu beveitn, und nur ein
Geiſte nur fo viel Schwung zu geben al nöthig, um
einigermaßen fi über die Umftände, deren Foderungen
ihm furchtbar über das Daupt hinauswuchfen, zu erheben
und eine Mare UWeberficht feiner Rage zu erhalten”. In⸗
zwifchen kommt er allmälig zur Befinnung und verſenkt
fi in Agnes’ Briefe, welche Larkens ihm beigefchlof:
A und in denen fi das ſchoͤne Gemuͤth wie verjüngt
ellte.
Der ganz unfaßliche Gebanke, dies einzige Geſchoͤpf, wann
unb fobald es ihm beliebe, als Eigenthum an feinen Buſen
fließen zu koͤnnen, durchſchuͤtterte wechſelnd alle Nerven Theo⸗
bald's. Auf Gin Mal überfhhattete ein unbelanntes Etwas bie
Seligkeit feines Herzens. Diefe zärtlihen Worte Agnefens,
wer anders galten fie ald Ihm? Und body will ihm auf Aus
genblicke dünten, er fei es night, ein uftbild babe jich zwifchen
ihn und bie Shreiberin gedkaͤngt, haͤbe den Geiſt dieſer Worte
voraus ih zugeeignet, ihm nur die todten Buchſtaben zuroͤck⸗
laſſend. Ja, wie es nicht felten im Traume begegnet, daß uns
- eine Perſon bekannt und nicht bekannt, zugleich entfernt und
nahe ſcheint, ſo ſah er die Geſtalt des lieben Maͤdchens gleich⸗
ſam immer einige Schritte vor ſich, aber leider nur vom
Rüden; der Anblick ihrer Augen, bie ihm das treueſte Zeugniß
geben follten, war ihm verſagt; von allen Seiten fucht er fie
u umgeben; umfonft, fie weicht ihm aus; ihres eigentlichen
elbſis kann er nicht habhaft werben,
Zugikich entdeckte ihm des Schaufpielere Tagebuch die
wiederholte Anweſenheit ber Zigeunerin, welche aufs Mene
die Bahn feines Lebegs auf eine abfichtlih Gefahr bros
bende Weiſe durchkreuzen, mußte; auch gegen Larkens
ftreitet fi in feinem Derzen Dank und Tadel, unb auch
wegen feines Schickſals wird ihm bange. Sein nächfter
Gedanke. ift nun, fi) vor Konftanzens Augen zu rechtfers
tigen, und e6 gelingt ihm, durch Vermittelung einer bes
fteundeten Dame, der er ſich aufs zartefte mittheilt, bie
volle Wahrheit vor ihre Ohren zu bringen. Nach einigen
Tagen erhält er auf biefem Wege einen herrlichen Hoch⸗
zeitſchmuck für feine Braut nebft einem Blatte won Konz
ftanzgen, in. welchem fie ſich das jammervoliite und, ady,
zugleih das unwürdigſte Weib nennt. Sie ſelbſt hatte
Theobald’8 unfchuldigen Ancheil an jenem Schattenfpiele
ſchein⸗
=
bares Wunder erfäfstterte. und befttunmte fies; then m be
feeten. Sie hatte nämlich: fruͤher von Mherbetd das Kanıch
fonft in ber Novelle hexautgehobene) Pild einer. wahnfins
Ohnmacht niedet. (Es war die Zigermerin, die als Mo⸗
do zu Molten’s Bilde gebiönt hatte.) Diefelbe Hand, die
den Meter gekürzt, mußte ihn, jetzt retten — ber Herzog
Adoif. Verzweifelte Anbentungen verrathen Theobald
find dem Leſer, daß Komflanze‘ aus Mache ihre Tugend
ben "Dergop geopfert hatte. Jetzt' betet fie für den Ma:
ler es
Res.
Der Roman läßt ben. — auf einen Augenblick
fallen und zeigt uns dann den Maler fröhlich und ent⸗
fshloffen auf der Brautreife zu Agnes. Er überrafche fie
auf dem Kirchhof ihre heimatlichen Dorfes und detrach⸗
vet fie fang umgefchen..
Agnes, ihn erblickend, fällt mit einem leichten Schrei dem
ſt ftehenden .Bater um ben Hals, wo fie ihr glühenbes
verbirgt, während unſer Freund, der biefe erſchuͤttert
nbte Bewegung blitzſchnell durch fein böfes Gewiſſen er⸗
Bären läßt mit einiger Verlegenheit ſich heranfchmiegt, bis ein
verſtohlener, balbaufgerichteter Blick bes Maͤdchens über bes
Alten Schulter Hinweg ihm fagt, daß Freude, nicht Abſcheu
oder Schmerz es fei, was hier am Baterherzen ſchluchze. Als
aber das herrliche Kind fih nun plöglich gegen ihn berums
wandte, ihm mit aller Gewalt leibenfchaftlicher Liebe ih um
ib warf und nur die Worte vorbracdhte: „Wein, mein!"
auch er laut ausbrechen uebermacht
ſten Thraͤ⸗
nen erſtarren machte.
Theobaid ſtaunt Aber die Herrlichkeit ſeiner Braut.
Virklich war ihre ganze Figur entfchiedener, mächtiger ge
worden. Aber audy alle bie Reize, bie ber Mräutigam ihr von
jeher fo hoch angerechget hatte, erkannte er wieder. Jenes tiefe
Dunkelblau ber Augen, jene eighe Form ber Augenbrauen, bie
von allen Übrigen ſich dadurch unterfchieben, daß fie gegen die
Schlaͤfe Hin in einem Meinen Winkel abfprangen, ber in ber
hat etwas Bezauberndes hatte. Ihre Haare, bie er bei
feiner Iegten Anweſenheit noch beinahe blond gefehen hatte, was
sen durchaus in ein fchönes glänzendes Kaftanienbraun Überges
gengen. Theobalden war es beim erfien Blicke aufgefallen,
aber auch fogleich hatte fich ihm die fonderbare Ahnung aufge
drungen, Krankheit und budkitr Kummer hätten Theil an die
ſem Ihönen Wunder. Agnes felber ſchien nicht im, Gntfernten
dergleichen zu denken, vielmehr fuhr fie ganz heiter fort: „Und
meint Du wol, es habe fonderlih viel Zeit dazu gebraucht?
Richt doch! faſt zufehende, in weniger als zwanzig Wochen, war
ih fo umgefärbt; "die Paſtorstothter und ich wir haben heut
noch unfern Scherz darüber.‘ u 0
Inzwiſchen ſcheint des Schauſpielers Werk vollbradyt
und gelungen. . Ein feliges Stillleben beginnt zwiſchen
Motten und ber Braud, dem guten nmunderlichen Foͤrſter
und dem ebein, alten; gebildeten Baron, dem. Jugend⸗
wohlthäter Theobald's. Alte leben in ſuͤßer Erinnerung
mub Almung, Nolten und der Baron auch im Um⸗
tauſch dee geiſtreichſten Gedanken, - die auch bem Lefer zu
te kommen. Nur felten Angfligt Agnes Otto's, Theo⸗
gute
bald Konftanzens act voruͤberſchwebendes Bild, dem
ern auch wie ein Geſpenſt die Etinnerung an das
ummatürliche Mittel, das ihn in den Beſitz der Geliebten
gefegt hat. Ein Befuc bei befreundeten jungen Nach⸗
barn, wo ſich Bebaunte: und Verwaundte zur Ueberra⸗
ſchung zingefunden, wird jubelnd ausgeführt und bildet
eine der lieblichſten von den vielen Epiſoden des Buches;
Rolten erhätt-jegt auch einen: glänzenden, feine Zukunft
1 fidernden Ruf zu einem fernen FZürften. Aber die Kuͤck⸗
Eehrenden trifft die Schredensnachricht, dab ben guten
Baron der Schlag getroffen. Damit kehrt eine ernfte
und wehmtgthige Stimmung in ben Beinen Meeis ein. -
Was Theobalden betrifft, fo war ein ſoicher Verluft für -
fon no von befonderer Bedeutung. Wenn uns unvermuthet
eine Perſon wegſtirbt, deren innige und verftändige Theilnahme
uns von Jugend an begleitete, deren ununterbrochene Neigung
uns gleichſam eim® file Bürgfchaft für ein dauerndes Bohl⸗
ergeben geworben war, fo ift es immer, als ftodte plöglid uns
fer eignes Leben, als fei im Gangwerk unfers Schidfals ein Rab
gebrochen, das, ob es gleich auf feinem Plage beinahe unentbehrr
lich feheinen konnte, nun durch den Gtillftand des Ganzen erfk
feine wahre Wedeutung verriethe. Wenn aber gar der Fail
eintritt, daß ſich ein ſolches Auge fchließt, indem uns eben bie
wichtigfte kebensepoche ſich Öffnet, und ehe den Freund die frohe
Nachricht noch erreichen konnte, ſo will der Muth uns gänzlich
fehien, eine Bahn gu befchreiten, welche bes beften Gegend zu
ermangein, uns fremd und traurig anzubliden ſcheint.
"Agnes iſt die Ruhigſte von Allen. Sie kämpft mit
Erhebung gegen ein Gefühl, das fie mit Niemand theis -
len zu koͤnnen fcheint. Sie verzehrt feit Kurzem eine
andere Empfindung, eine umerflärliche Angfl. „OD wenn
es wahr wäre”, fpricht fie, „daß ich meine Thränen auf
groͤßeres Ungluͤck aufiparen fol, das erft im Anzug iſt!“
Mit. diefen: Worten bricht fie in das fürchterlichfte Wei⸗
nen aus. Bald darauf widerſetzt fie ſich aufs entfchies
denfte dem Willen des Vaters und dem Wunſche des
Bräutigam, fi) in der Ausſicht auf die nahe Werfors
sung fofort in der Heimat trauen zu laſſen, und nug
ungern, Nachdem man ihr hierin nachgegeben, willigt fie
darein, mit dem Bräutigam und deſſen jüngfter Gchwes
fler auf einent Umwege nach dem Biel ihrer Beſtimmung
abzureiien. Am Ende tritt fich diefe Reiſe mit Heiterkeit
an; bie Ahnung ift beſchwichtigt, und ſorglos gehen Die
Liebenden der Kataſtrophe entgegen. Nach einigen Regen
tagen fommen fie bei heiterm Wetter in einer ehemalis
gen Reichsſtadt an, Hier entdeckt Nolten einen Schuft
won. ehemaligen Bedienten, der im erſten Theile ber No⸗
velle eine nicht unbedeutende epiſodiſche Rolle fpielt. Dies
fer zeige ihm in der dampfenden Stube eines alten Bier
baufes der Stadt, im der unerwarteten Gefelifchaft von
genialen Säufen aus dem Handwerksſtande — feinen
Freund Larkens, felbft als Handwerker verkleidet.
“ Noten, wie er hinſchaut, wie er das Geſicht des Fremden
erkennt, glaubt in bie Erde zu finfen, feine Bruft krampft fidh
sufammen im entfegläsbften Drang der Freude und beö Schmer⸗
zens; er wagt nicht, zum zweiten Dal binzufehen, und bodh,
er wagt's, und — ja! es iſt ſein Larkens! er iſt's, aber, Wott,
in welcher unfeligen Berwandlung! Wie mit umſtrickten Juͤßen
bleibt Theobald an eine Säule gelehnt ſtehen, die Hände vors
Auge gebedt, und gluͤhende Thraͤnen entflürgen ibm. Go vers
barrt ei eine Weile. Ihm if, ald wenn ex, von einer Riefens
dand im Flug einer Gecunde duch ben Raum ber tofenden
Dölle getragen, bie Geftalt bes thenerſten Freundes erblickt
hätte, mitten im Kreife der Berworfenen
. _ (Der Beſchluß folgt.)
Aus Jrorien . 2A
Erndkhich If der prächtige, dem Frieden gewrihte Bogen au
- ber Nocfdfeite des Waffenplatzes zu Mailand beinahe volendas,
der feit feinem Beginnen fo viele Umgeſtaltungen, ber -Diege an
fi) norübergeben f Er verdankt feinen Urſarung zinem aud
£atten und. Leinwand aufgezimmerten Schaugebäude,’ dab beim
Einzuge des Vicekbnige Gugen von Italien nad felner- Ber
mählung mit der Prinzeffin Amalte von Baiern vom Gemeinde
zathe dee Gtadt Mailand auf dem inwern Gork der Yorta
Drientale war, .aufgefüprt worden (im Ian. 1806), Diefes
Schaugebaͤude gefiel fo fehr wegen feiner vortrefflichen Verhaͤlt⸗
nifle und wegen der Gleganz feiner Anordnung, daß der Com⸗
munaltath der Stadt Mailand in einer Sitzung am 8. Febr.
1838 beſchloß, den Meifter jenes allgemein peiwunderten Tho⸗
res zu beauftragen, daß dr an geeignetertr Gtelle und in
dauerndern Stoffen fein ſchoͤnes Bauwerk wiederhole, nur mit
dem einzigen Unterfhiede, daß bie Reliefs, welde im Modells
baue auf Eros und Anteros anfpielten, hier in dem beabfichtigs
ten Monumente auf die Seriegsereigriffe Bezug nähmen, welche
damals die Melt mit ihrem Getöfe erfüllten. Natürlich blieb
die Ausführung diefes prächtigen Monumente bemfelben Archi⸗
selten, ben Marcheſe Luigi Gagnola, übertragen, ber durch je:
nes Modell ſchon Alles entzoͤckt hatte. Nicht feine Schuld je⸗
doch war es, daß die Vollziehung .diefes Auftrags fo langſam
von flatten ging. Die Ungunft ber Zeit, weldhe auf alle Ver⸗
daͤttniſſe drückte, blieb nicht ohne Einfluß auf das fo greßartig
angelegte Unternehmen. Kriege waren.auf Kriege gefolgt, unb
der 19. April 1814, ber bem Königreiche Italien ein Ende
mache, war herbeigelommen, als dad Prachtthor erit - bis
u dep Kämpfern ber beiden Nebendurchgänge gebiehen war:
af'war biefes Zurüdbleiben für’ eim Gluͤck zu achten, "indem
onſt feinem Fortbau fich beinah "größere KHinberniffe möchten
ia bin Weg geftellt haben." Noch war bamımis feines. her Mes
liefs angebracht, bie nach dem ˖ urſpruͤnglichen Pfane zu feiner
Verzierung beitimmt waren; Feines durfte wieder zerflört wer:
den; und nody liefen fidy den fie zu erfegen beftimmten Bezie⸗
bungen auf Ereigniffe unterlegen, die Europa als Unterpfänder
des für lange gefi.berten: Friedens anſah. Jetzt iſt biefer reiche
@chmud des trefflichen Gebämbes an bemfelben angebracht, und jegt
kaun man ſich überzeugen, daß bei dem Tauſche weder an. Bes
deutfamkeit ber gewählten Momente noch am Werthe der’ Aus:
übrung etwas’ verloren ging. Die Geſchichte ber’ Kröegtjahre
813-—14 bis zum Einzuge in Paris, fo weit ſie die lombardi⸗
ſchen Staaten berührt, iſt hier in 24 vortrefflicdhen Bildwerken
durch Luigi Acquiſti, Somaini, Gaetano Monti, Benktdetto
Gacciatori. Camillo Paccetti, Claudio Monti, Graz. Rusca,
Wiumbatt. Perabo, Angelo Pizzi, Pompeo Marcheſi ausgeführt,
und der Einfluß det Kunſtanſichten, welche ‘jest die Welt bes
hertſchen zeigt ſich in ber geiſtreichen Erſtndung, in der Rum
hdeit der Formen und der Beftinmtheit der Umriſſe auf ejng ex⸗
freuliche Weiſe. Acht koloſſale Säulen mit Sgaͤften aus eine
einzigen-Stoͤcke Marmor aus Crevola ſchmuͤcken dieſes Pracht:
thor, deſſen Hauptſims, ſobald der Fries‘ wird beendet fein,
wird auf daz Gebäude aufgelegt werden. Schon find: auch im
der Gießerei des Herrn Manfredini die Statuen der Bollen⸗
bung nahe, weiche das Denkmal: ſchmuͤcken und Erönen follen.
Bier Poloffale Roſſe mit darauf figenden Giegesgättinnen -für
die Eden und ein Siegeswagen, von ſechs Roffen gezagen, mit
dem Stanbbilde der Goͤttin des Friedens für die Mitte der At⸗
tiea. Gin fehr junger Kuͤnſtler, Abbondio Sangiorgio, dem ein
Theil davon dufgetragen wurde, namentlich bie ſechs Roſſe zum
Wagen der Goͤttin, entrwidelte "dabei ein Talent, das für bie
Zukunft zu den glänzenbften Hoffnungen berechtigt und auqh
von biefer Seite die folge Sheimahme eriiärt, mit der bie
Mailänder auf ihren Friedentbogen hinweifen. Mag zum Heile
der Kunſt die Goͤttin ſelbſt, det biefe Pforte geweiht ift, nie
fih von dem ſchoͤnen Malland entfernen ! m.
Gehrelben:ans**t: herr; den: Herzes an: Reſſabe. Non
einem fen FSorunde. Freibxxga heher. 4632. 8. 6 hr,
Dad Schnitſal DE Welten, Bi Konige geboren werben unh
nicht auf dem Iytmme-firuieti, das ac biz ixte
jenes Infek ‚des M 6, Rad Arab: ben. geikürzten, Mai
auf ber Inſel des angehenern Dceans 3 cr gen Aben.rineg
bämonifhen ‚Bierögipphif" Enüpft, “hatte auch "ben Zerzog "von
Neichftatt in “feinee Wiege und in feinem frühen Grabe wie ik
ben Verhaͤltniffen feines Lebens‘ als eine Hieroglyphe in "bie
Welt Hingeftelit, Sie ſelbſt ift. ns: ben Afern Wilden entriditg
aber das Räthfer ift —8 ‚nicht ‚gelöft, und.das, Auge, b
num ogil Thraͤnen uud in innerer Wehmush' auf dem ga
ruht, ih das jene Erſcheinang eingefinfen ift, dermag hun ebe
weiter nichts, als — zu Elagen und zu weineny ubte es -fießt,
In dem umflörten Blite, den es aus’ fi) heramsfentet, nür —
bas Grab des Herzogs von Reichſtadt. Wenn «8 je für die
fühlenden Genoſſen einer Zeit ein Räthfel in der Geſchiſhte dies
fer Zeit gab, das — wenn auch der Verftand, bo nicht das
Gemüt zu entziffern vermag, fo ift es bier in der „Bohne
bes Mannes” zu finden, und in ſeinem ˖ frͤhen nde erreicht 6
ben hödjften Punkt, wo der Manſth, Der nur etwas Bemäth bes
figt, ſtumm und lautlos — wennmicht Mpränen bie Sprache
find, die beredter find als bas Wort — der Grfcheinung. mb
ihrem Vergehen gegenüberfieht. Nur dos mag, man hiermit
bem Freunde dieſer Erſcheinung, der in dem vorliegenden Schrei⸗
ben eben fo ſchoͤn als gewiß defaͤhigt, zu ſprechen, unb wahe
über diefelbe fpricht, fi Tagen: Das Verhängniß mußte erfäilt
werben, und erft in feinem Sohne farb ber Vater vduig!
(©. 38.) Jener Freund, der Verf. bes vorliegenden Schreibens,
kann Rienfand anders fen, als ber Major v. vᷣrokeſch, von weis
dein vor und nad dem: Tode des Herzogs von Reichſtadt .öfe
fenetiche Wi geſagt Haben, daß er in cinem foldyen Berhaͤl
niffe zu demſelben geſtanden habe. Daß bies von dem ‚Werf.
biefes Schreibens gelte — mag es fein, wer es auch will —
geht. aus dieſem ſelhſt deutlich bexpor, wie auch tiefe Blick,
womit jener in feinen Gegenitand einbringt, und die Klarheit,
womit er vor bem Eefer namentlich das innere Erben bes Prin«
jen verlegt für Wie Wahrheit und Treue zeugt, mit der er bies
en gezeichnet bat. ebenfalls ift das Green ‘vor allem Ans
bern, was bisher über den Herzog von Michſtadt erfchienen if,
vorzuͤglich geeignet, benfelben feinem innern Wefen nach kennen
su lernen. Wem daran gelegen ift, ber barf das Schriftchen nicht
unbeachtet laffen. Zu biefem Gnde hielten wir vorfiehende Worte
ſelbſt für hinreichend. ' 30. :
Zu MNMotiz.
3. K11ma von Braftlten.
Zu St.Joſé während der kalten Jadreszeit faͤllt das Ther⸗
mometer wol auf 14° 21/R. Sein bödhfter Stand war 20°87°;
gewöhnlih war es auf 160 482bis 16°87.. Im Ganzen genome
men ift die Luft zu dieſer Zeit (Juni) lieblich und erfrifchend.
Gin Engländer, welcher Brafilien bereift, erzählt, daß während
ber Regenzeit das Hemd, das ex auf dem Leibe hatte, nie tros
den war, bie Kleider, die er des Abend6 auszög, ‚waren am
ftudht. —— fo.:dampfte fein ganzer
ändern Morgen ‚10
nzlih in Dünfte. auf. Ig
Körper; es war, als-Lfe er fih g
Afrita würde. gie ſolche Temperatur unter derſelben Breite
tödlich fein; in Brafftien befindet man ſich bei diefem Zuſtande
ber Atmolphäre fehe gut. Auch gab es zu Ste⸗-Jofé Feine
Aerzte. - Man berichtete unferm Reiſenden, es hätten ſich Fee
ber zwei Mebiciner in San Jono dei Rey aufgehalten; der. eine
aber hat die Stabt verlaffen, weil er nichts zu thun gehabt,
bee anbere babe lange Zeit keinen andern. Patienten gebabt
als ſich ſelbſt. W 143.
Redigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagshandlung: F. a. Brodbaus in geipzig.
81
-
| für
literariſche Unterhaltung
-
tter-
Montag,
Nr.2. —
21. Sanuar 1833.
zwei Theilen von
brike. J
| (Bericht aus Ar. ©.)
Aber Lackens Hat auch ihn gefehen, er derſchwindet
wmd fühet ‚einen früher fdyon gegen Nolten brieflich un:
gedeuteten Entfchluß plößli aus. Er vergiftet ſich. Der
Dichter laͤßt vermuthen, daß eine geheime, aus ihren
Briefen entſproffene und genährte Leidenſchaft für bie
Draut feines Freundes den Schauſpieler zu dem verzwei⸗
Wen Entfchiuffe gebracht habe. An der Leiche des Freun⸗
Ws teifft der troftloſe Theobald einen vornehmen Mann,
ine Präfidenten, ber, in biefer Stadt zurhdigezogen le:
sad, den Rünftter in Tee Verkleidung erfannt und kurs
yon Umgang mit ihm gepflogen hatte.
Is moͤglich, ſprach der Präfident, ſeh' ich
eines Mamnes, dir Welt voll & umd
Maler Roten. Novelle in
E. M
bier die Reſte
weate unb sand — vot ums
€ e a» nt vor uns
—— gen pet z
trefflidhe Talent felbft, womit She Freund bie Melt entzuͤckte,
To harmlos nicht war, als es ſchien; wenn bie heitere Geiſtes⸗
ſich vielleicht am beften Del bes innerlichen Menſchen
naͤhrte: wer ſagt mie dann, warum femes namen
loſe Beh, das alle Mannheit, alle Luſt und Kraft ter Seele
baib daͤnglich ſchmetzend untergräbt, balb gomig aus den Bren-
treibt, warum bed; jene Heimatlofigfrit des Geiſtes, dies
* und Nirgendhiĩnverlangen in Mitten eines reichen, menſch⸗
83 Dafelns To oft das Erbtheil herrlicher Naturen
Bon dieſem, im Jammer und burih denſelben neu
sewworbenen Freunde erfährt Nolten auch, daß nur Die
Hypochondrie und der Glaube, daß Tein Eörperliches Mis⸗
behagen durch Handiverferarbeit gehoben werben koͤnne,
ven Schaufpieler jener abenteuerlichen Geſellſchaft zuge:
führt Habe. Bon allen Trauernden ift Agnes die Rubigfte.
Sie erblickt in der ganzen ſchrecktichen WBegebenheit mit
Larkens nichts Anderes als die gemiffe Erfüllung eines
ungriifien Vorgefuͤhls, und fo vermag fie, ein offenbares
und geſchehenes Uebel mit feichterm en zu beweinen
old ein gedrohtes zu erwarten. Unſere Reiſenden haben
fi en mit ihrem Beduͤrfniſſe, den theuern Hinge⸗
ſchiedenen zu betrauern, feſt an dem (von feiner fteifen
. - 2 2 »
ee a nung
Gemahlin halb getrennt lebenden) Praͤſidenten und feine
liebenswuͤrdige, männlich gebildete Tochter Margot ange
ſchloſſen und beziehen auf feine Einladung das ländliche
Schloß defielben. Hier IE ed, wo ein vom Landmann
und Gärtner erfehntes Gewitter, dem Agnes und ihr
Bräutigam gelauſcht haben, den Legtern zu verführen‘
ſcheint, ſich auch feines ſchnoͤden Geheimniffes gegen Agnes
zu entladen. AB daher Agnes, vom Standpunfte eines
weiblichen Gemuͤthes aus, den Schaufpieler, von welchem
die Mede geworden, etwas ftreng beurtheilt, bricht Theo⸗
bald aus: „Warum «8 Dir verhalten? Was aͤngſtigt
mih? O Gott, bin Ich es ihm nicht ſchuldig? Du ſollſt,
Agnes, ih will's, Du mußt Ihn lieben lernen! Dies ifl
der Augenblick, um Dir das rührendfle Geheimniß aufs
zudeden.” Und bamit ftrömt den Maler der ganze fromme
Betrug feines Freundes von den Lippen. Er mar zu Ende..
Sanft drüt er ihre Hand an feinen Mund; fie aber,
ſtumm, alt und verfteinert, gibt nicht das Meinfte Zei⸗
Hm von fi. Endlich ſtuͤrzt fie mit dem Ausruf: „D uns
glüdfelig, unglücfelig!” händeringend und den Mater weit
wegftoßend in das Haus. Der Wahnfinn hat fich ihrer
bemaͤchtigt und dies Dal unhellbar. Sie wird in ihm
durch die ploͤtzlich erfcheinende Zigeunetin beftärkt, welche
die wuͤthendſte Leidenfhaft für Theobald an den Tag legt
und fich flir feine Geliebte erklärt. In Agnes aber ſchien
die fonderbarfte Perſonenverwechſelung zwiſchen Nolten und
Larkens vorgegangen zu fen. „Den Maler fehlen fie
zwar als den Geliebten zu betrachten, abet keineswegs In
der Geſtalt, wie fie ihn bier vor Augen fah. Die Briefe
des Schauſpielers trug fle mie Ein Heiligthum jeberzeft
bei ſich, ihm ſelbſt erwartete fie mit der ſtillen Sehnſucht
einer Btaut, und doch war es eigentlich nur wieder Nol⸗
ten, den fie erwartete.“ Am llebſten haͤtt fie ſich an ei⸗
nen frommen jungen Blinden, den mufitaliihen Gaͤrt⸗
nersfohn Henni, des ſich vergebens beftrebt, ihren vetirt⸗
tem Geift wieder auf die rechte Straße zu bringen. Ver⸗
gebens hat ſich and, der Mater, nachdem er zum legten
Mat in einem ihrer fichten Augenblide an Agnes’ Lip:
pen gehangen, aus dem Schloffe nifernt, um fhrer Ge
nefung nicht im Wege zu fichen. Alle iſt vergebens
Eines Morgens wird Aynes vermißt umd nach langem
Suchen des ganzen Haufes in einem Waldbrunnen er:
traͤnkt gefunden. Nolten, ben die ausgefandten Voten
\ N 86 .
(t hatten, eint unerwartet bom einer andern
a Aa Er —8 nach Agnes; aber in der Nacht
vor ihrem Begraͤbniſſe erwacht er vom Orgelton, der aus
ben ünken Schloßfluͤgel heruͤberſchallt (ein im erſten helle
prophezeltes Omen). Auch dee Gärtner und Henni vers
nehmen es. Sie eilen nach der alten Kapelle, von wo⸗
"per fie einen ſtarken Fall ſammt lautem Aufſchrei gehoͤrt.
Dort finden ſie den Maler leblos (und lich todt) am
Boden. Der blinde Henni aber hate wunderbare
Viſion — er fieht leibhaftig Nolten und die Zigeunerin
an der Orgel ſtehen, dann Beide gleichgültig — über
Molten’s Leichnam binfchreiten.. Nach des Malers Tode
bringt der Präfident Theobald's Schweſter nach Neuburg
zu dem armen Förfter; da kommt der Brief eines alten,
‚bizarren, kunſtliebenden Hofraths aus ber Refidenz an,
der in der erſten Hälfte des Romans als ein Gönner
des Malers öfters auf die Scene gebracht worden iſt.
Diefer gibt fich in dem Briefe als jenen väterlichen. Oheim
Theobald's, Friedrich Nolten, den Vater der Figeunerin,
zu erfennen; er ruft ihn nach Agnes’ Tode zu fi:
„Sehen Sie, wir gehören ja recht füreinander, ale
Zwillingsbruͤder de Geſchicks! Mit dreifachen ehernen
Banden haben freundlich⸗feindſelige Götter dies Paar zu⸗
ſammengeſchmiedet.“ Umſonſt! Auch die Graͤfin Kon⸗
ſtanze, die mit Nolten's Gluͤck noch bis auf bie legte
Zeit in Verbindung mit dem Hofrath beſchaͤftigt war,
überlebt jene klaͤglichen Schickſale nur wenige Monate.
Dies waͤre der Grundriß der Erzaͤhlung, der, obgleich
er alles Nebenwerk bei Seite laſſen und auf jede Aus⸗
führung des Einzelnen verzichten mußte, doch wol ein
hinreichende Zeugniß von der Originalität der Erfindung
ablegt. Die eingemifchhten Stellen des Buches, zugleich
von ‚uns beftimmt, die Zrodenheit bloßer Umriſſe zu mils
dern, find fo gewählt worden, daß fie den ſchoͤnen Styl
des Verfaſſers, feine Meifterfhaft in Schilderungen, fein
Talent durch Kataſtrophen zu übercafchen, endlich die pſy⸗
shologifche Tiefe feiner Betrachtungen über Menfchen und
Verhältniffe durch einzelne Proben belegen, die indeſſen
. Jeicht Hätten vergehnfacht werden können. Die Lefer d. Bl.
find durch unfern Auszug überzeugt worden, daB fie in
diefem Buch etwas Eigenthümliches und Vorzuͤgliches zu
erwarten haben. Um fo unbedenklicher äußern wir uns
daher jegt auch uͤber die Fehler der Anlage und Ausfüh:
zung. Diefe entipringen zum größten Theile viel mehr
aus dem Reichthum als aus ber Armuth eines dichten:
den Geiſtes, der noch nicht zu wiſſen fcheint, daß es auch
in der Poeſie eine erfchöpfende und verberblihe Ber:
ſchwendung geben kann, welche, fortgefegt, freilich am
Ende zur Armuth führen müßte. Schon bei der Grund:
Idee der Novelle, welche wie bei jedem wahren Gedichte
das geiftige Subftrat feiner Erfcheinung bilden muß, ſto⸗
Gen wir auf: eine verfchroenderifhe Duplicität. Die Dichs
tung des Verf. wird naͤmlich nicht bloß von Einem, ſon⸗
bern von zwei und zwar ziemlich heterogenen Gedanken
beberrfcht und geleitet, von einer pfochologifchen Wahrheit
und einem Mythus der Phantafie. Jenes iſt offenbar
der Gedanke: daß es einem Menfchen bei dem beften
lien nur meislingen Tann, wenn er das Schickſal fpies
len und den Zufall einer⸗, den Betrug andererfeits zum
Diener feiner Vorſehungsgedanken machen will; Die ganze
Weltregierung des Pygmaͤen wird, je nachdem Betrug und
Zufall wirken, entweder zur lächerlichen Komoͤdie (und dies
wäre die wuͤrdige Aufgabe für einem tomifchen Roman) oder
zur ſchrecklichen Tragödie, wie fie in Mörike's Novelle durch
ben fo fürchterlich mislungenen Verſuch des Schaufpielerd
Larkens, die Vorſehung feines Freundes Nolten zu werben,
vorteefflich dargeftellt worden iſt. Abes der Verf. begnuͤgte
ſich damit nicht; es follte noch ein anderes phantaftifchere®
Geſchick durch fein Buch fchreiten: Nolten's Oheim und bie
verhängnißvolle Zigeunerin foßen ben Gedanken anfhaulid
machen, „daß oft eine unbelannte höhere Macht in wunbers
lichen Bohnen den Gang bes Menfchen planvoll zu lei⸗
ten fcheint. Der meiſt unergeündliche, verhüllte, innere
Schidfalstern, aus welchem fi) ein ganzes Menfchenleben
berauswidelt, das geheime Band, bau fi durch eine
Reihe von Wahlverwandtfchaften hindurchſchlingt, jene
eigenfinnigen Kreife, worin ſich gewiſſe Erſcheinungen wie⸗
derholen, bie auffallenden Achnlichkeiten, welche ſich aus
einer genauen Vergleichung zwiſchen fruͤhern und ſpaͤtern
Familiengliedern in ihren Charakteren, Erlebniſſen, Php⸗
ſiognomien hier und ba ergeben (ſowie man zuweilen ums
vermuthet eine und biefelbe Melodie nur mit veraͤnderter
Zonart, in demſelben Stuͤcke wiedererklingen hört), ſodann
das ſeltſame Verhaͤngniß, daß oft ein Nachkomme die uns
vollendete Rolle eines längft möbernden Vorfahren aus⸗
fpielen muß: dies Alles fpringt uns offener, überrafhene
ber als bei hundert andern Individuen hier am Beifpiele
unfers Sreundes in das Auge. Dennod wird man bei
biefen Verhaͤltniſſen nichts Unbegreifliches, Grobfataliſti⸗
ſches, vielmehr nur die natuͤrlichſte Entfaltung bed Noth⸗
wendigen entdecken.“ (1, ©. 274 fg.) Dieſe tiefe, bier fo
geiſtvoll ausgedruͤckte Idee hätte in einem eignen Roman
duch, das Talent bed Verfaſſers, das allerdings einer ſol⸗
hen Aufgabe gewachſen war, ausgeprägt werden follen.
Aber parallel mit jenem andern Grundgedanken durchs
ganze .Buch hinlaufend, ſchadet fie offenbar ſeiner Ent
widelung und wird wieder durch ihn in -ihrer eignen ges
ftört. Djefes neue Fatum führt nämlich eine Unzahl von
Vorzeihen und (in Sachen und Perfonen beftehenden)
Scidfalsboten herbei, eine Menge Verwidelungen, biftoe
riſche Erklärungen, Rüdblide u.f.w., welche der Einheit
der Erzählung und dem Intereſſe der einfachen Verhaͤlt⸗
niffe zroifchen Larkens, Molten, Agnes und Konflanze ofs
fenbaren Eintrag thun. Die Legtere muß viel zu bald
für die Theilnahme, bie ihr Wefen und Schickſal einges
flößt hat, von der Scene abtreten; der Hokuspokus mit
der Zigeunerin während "ber Maskerade auf dem Stads⸗
thurm nimmt einen ungebuͤhrlichen Raum weg und macht
offenbar, daß der Dichter nicht Play genug findet, bas
Kunſtſtuͤck von Larkens mit der falfchen Correfpondenz auf
eine die Wahrfcheinlichkeit, welche fich der moderne Ro⸗
man durchaus zur Pflicht maden muß, nicht allju grob
verlegende Weiſe einzuleiten. Nimmt er fi doch nicht
siamal Zeit, und zu fagen, wie es ber Gchaufpieler ame
— — —
geeift, um die Handſchriſt ſeines Freundes mit einer
ſo unbegreiflich taͤuſchenden Kunſt nachzuahmen. Haͤtte
der Verf. nicht ſo viel mit ſeinen Zigeunereien zu thun
gehabt, ſo wuͤrden wir vielleicht auch mehr von dem In⸗
halt der Briefe erfahren haben, welche die liebliche Agnes
ſchreibt, und im zweiten Theile haͤtte es ihm alsdann
vielleicht gefallen, die geheime Liebe, die durch dieſelbe
Correſpondenz in des Schauſpielers Herz wie eine grü⸗
nende Saat um den Krater eines ausgebrannten Vul⸗
kans zu keimen beginnt, nicht blos mit der ſteifen Kanz⸗
leiſprache eines Ehronikenſchreibers auzudeuten. Aber wie
bie pſychologiſchen Wunder durch dieſe phaptaſtiſchen lei⸗
den, fo wird bie Entwickelung der Mythe durch die Ent:
fsitung her Vernunftidee geſchmaͤlert; dem Leſer wird
es fait unmoͤglich, in dem fehr feitwärts gehaltenen, wun⸗
derlichen Hofrath (der Überhaupt. eine etwas verbrauchte
Momanenfigur if) bei der Testen Kataſtrophe den alten
Oheim Nolten, den Semizigeuner, zu erkennen. Auch
Zheobald, der Held der Novelle, waͤre ſchwerlich ſo ganz
dazu verbannt geweſen, einen neuen Beitrag zu’ den vor
fauter Dulden zu feiner Entwidylung eines Eräftigen Cha⸗
rakters fommenden Romanhelden zu Hefern, wenn er nicht
mit einem gedoppelten Fatum, dem gemachten feines Freun⸗
des und bem angeborenen der Kamilie Nolten, zu kaͤm⸗
pfen gehabt Hätte. Er wäre dann wol auch nicht fogar
Sald ale Maler verſchollen, um blos als ungluͤcklich Lie:
bender fortzuleben, wodurch der Titel „Maler Nolten”
foft zur Unwahrheit wird. Die ſeltſame Liebe der Zis
gemerin zu Nolten verwickelt den tragiichen Ausgang der
Geſchichte und Lrübt den ſchoͤnen und rührenden Wahn:
fin Agnefens vollends fo, daß dem Lefer der Troſt eines
klaren Schmerzes, der zur VBerföhnung des Gefühle
durchaus nothwendig war, dadurch gänzlich geraubt wird.
So viel vom VBerfchwenderifchen in der Grundanlage.
Noch viel auffallender zeigt fih der Reichthum eines
wahren Dichtergeiftes, der aber fein feld noch nicht ganz
mächtig ift, in der Menge von Epifoden und der Ueber:
sah! von Perſonen und Charakteren. Die Epifoden find
größtentheild an und für fi fo fhön, daß es Mef. eis
nige Ueberwindung Eoftet, fie zu tabeln. Aber der fleten
Entwickelung der Hauptideen wird doch durch die allzu
häufige Unterbregung Einhalt gethan Die twirderholten
Wispelinden, worunter die zweite (1, S. 124 fa.) über:
dies, trotz ihrer komiſchen Kraft, doch wieder alle Gren⸗
zen der Wahrfcheinlichkeit Überfchreitet, die Legende vom
Geiger, die Gefchichte von XAleris und Belſore find
ſehr hoffnungsvolle Novellenembryone; aber unfere ums
fangsreiche Geſchichte follte nicht mit ihnen ſchwanger ge:
Yen. Mur das Zwifchenfpiel: „Der legte König von
O.“, mit feiner Thereile und wunderbaren Siipelitt, ſowie
ſaͤmmtliche gar Böfttiche Lieder der Sammlung, aud) Dad Hand:
werkercollegium Loͤrmer's im Bierhaufe möchten wir keines⸗
Falls vermiffen, denn diefe Epifoden find wirklich mit "un:
fichtbaren Fäden an bie Hauptgefchichte felbft geknüpft.
Sa den Charakteren offenbart ſich eine Herrliche Kennt:
miß des menfchlichen Herzens, die an dem ohne Zweifel
jungen Verfaſſer fo. dewundernswürdig iſt wir am bem
87
Ajaͤhrigen Goͤthe In „Werther's Leiden”. Der liebli⸗
chen Agnes hat ſchon Wolfgang Wenzel im „Literatur⸗
blatt“ ihr volles Recht angethan, und wir unterſchreiben
alles dort über fie Geſagte; nur Einen Zweifel erlauben
wir und: iſt fo viel Geſundheit des Leibes und Geiftes
mit der frühen Prädispofttion zum Wahnſinne vereinbar?
Der Charakter von Larkens ift ein Meiſterſtuͤck; ja, es
‘gibt folche edle, aber halb verlorene Naturen, die, was fie
mit Unterlaffungs» und Begehungsſuͤnden an ihren eig⸗
nen Sch verbrochen haben, durch die aufopferndfte Fürs
forge für ein zweites Ich wieder gutzumachen fuchen:
Daß es ihnen nicht gelingt, daß ſie darüber verzweifeln -
und zu Grunde gehen, ift ein Act der göttlichen Straf
gerechtigkeit. Die Durchführung diefes Charakters erfülfe
mit Achtung gegen den jungen Schriftfteller, deffen Feder
ihm gezeichnet hat. Die Zigeunerin wäre und in einem
neuen Roman fehr willlommen; bier iſt fie nicht blos ber.
böfe, flörende Genius der Gefchichte, fonbern auch des
Kunftwerts und dürfte fchon als zweite Wahnfinnige
etwas überzählig fein. Gehe viel Werth haben als Chas -
rakterzeihnungen auch Konftanze, Adelheid, Nanette, der
Söriter, Amandus, das ſchoͤne Mohrengefiht Margot, in
welcher Mörike die gelehrten Frauen, wenn fie es mit
Vernunft find, ſehr fchön vwertheidigt hat; dann Nolten's
veunberlicher Vater, Wispel, Lörmer, welches Caricaturen,
aber gewiß Caricaturen nach dem Leben find, wie denn uͤber⸗
haupt an dieſer Novelle es fo anziehend iſt, daß fie fühl
bar faſt lauter Erlebtes, nicht aus der bloßen Idee Derauss
gefponnenes oder andern Büchern Abgeborgtes enthält.
Der Fehler iſt nur der, daß der Verf, zu viel Erlebtes,
namentlich in Charakteren, anbringen wil. Wozu zwei
ober drei Barone und ein Präfident obendrein, da für
die Geſchichte Eine Perfon dee Art genügt hätte; wozu
ein Leopold und ein für bie Begebenheiten ganz gleich
gültiger Raimund, der mit feiner Henriette doc fo aus— -
fuͤhrlich behandelt iſt; wozu andere Perfonen die Menge?
Henni, der Blinde, eine ganz Sean Paul’fche Figur, ift
hoͤchſt anziehend, aber in ber klaren Atmofphäre des Bus
ches nimmt er ſich noch ängftlicher aus als ſelbſt Eliſa⸗
beth, und im Wunbereifer laͤßt dee Dichter den Blinden
nicht blos eine Viſion (die hertlich iſt), fondern den leib⸗
baftigen Leichnam des Malets ſelbſt fehen. Wären nicht
fo viele Charaktere und Epifoden gehäuft, fo würden wir
auch das ahnungsvolle Gemälde Nolten's, das ben
Grundton des Ganzen zum Voraus angibt (I, S. 9 fg.),
beſſer im Gebaͤchtniſſe behalten. Won den zahlreichen
BVerftößen gegen den Ton der Gefellfchaft; welche der
Verf. begeht, wo er die große Welt, die er nicht Eennt,
zu ſchildern unternimmt, wollen wir nicht weitläufig fpres -
chen, abwof der Lefer, ‚der längft des Dichters Freund
geworben iſt, dieſen anſtoßen und noch zu rechter Zeit war⸗
nen zu muͤſſen glaubt, wenn er leſen ſoll, daß Konſtanze,
die Graͤfin, von der Geſellſchaft aufſteht, um — nach dem
Thee zu ſehen; oder wie ſie in Gedanken mit einem
Wiſchlumpen die Meubles abputzt, oder Morgens bei 25
Grad Kaͤlte in den Garten geht. Doch, ſtille von biefen
Heinen Unbeholfenheiten!
— ingeniam ingens '
Inculto latet hoc sub corpore. —
Wie diefer Ueberzeugung nehmen wir von dem Erſtüngs⸗
produtte eines feltenen Talentes Abſchied und hegen den
fanigen Wunfh, daß es einem Ludwig Tieck gefallen
möchte, den „Maler Nolten“ zu Iefen und den Verf., der
fi zu feinem Schüler bekennen muß, eiges aufmerkfa⸗
men Blickes zu würdigen. 3.
Der britiſche Verein zur Verbreitung näglicer Renntuiffe
und feine Gegner.
Bor fünf Jahren, im Februar 1827, begann der britifdge
Derein zur Verbreitung nuͤtlicher Kenntniffe mit Herausgabe
jener wohlfeilen Schriften, die, nad der eignen Belanntmadyung
es Bereins, zunäcdft dem Mangel populairer Lehrbücher zum
Selbſtunterrichte aller Volksclaſſen in allen Faͤchern des Wil
ſens abhelfen follten. Damit der Anlauf auch den Aermſten
moͤglich werde, wurde beftimmt, daß man monatlich nur zwei ‚Hefte
zu 6 Pence jedes, ausgeben wolle. Mit der erften Lieferung
ward ferner eine Ginleitung gratis vertheilt, bie von bem n
und Vergnügen handelte, weldye ber Betrieb der Wiffenfchaften
— und ben jetzigen Lord Kanzler Brougham zum Ber:
afler hatte. Geitbem find von biefem Vereine herausgegeben
worden in monatlichen Lieferungen: „The library of usefel
knowledge”, „The library of entertaining knowledge”,
„Gallery of portraits”‘, Berner ale Wocenfcrift: ‚The penny
magazine’'; vierteljährlidy: „The quarteriy journal of educa-
&on’'z; alle Sabre: The british almanac’ und „The compa-
nion to the almanac”; außerdem: „A cheap eabinet - atlas’',
„Ihe working man's companion” in periobifchen Lieferungen 3
„Ihe results of machinery', „Cottage evonings’‘ eine Reihe
für den Landmann beftimmter Bändchen; ‚The rigbts of im
dustry”, „The physician’” (über bie Cholera), „Frugal cook-
ory", ‚The history of the church‘“ in einigen 20 Baͤndchen
and eine Anzahl kleiner Schriften. Daß der Verein auf dieſe
Weife den untern Glaſſen die Mittel zur Selbſtbildung unge
mein erleichtert, unterliegt gewiß einem Zweifel.” Da er je
doch, wie ſchon aus dem gegebenen Berzeichniß erhellt, dem ur:
ſpruͤnglichen Plan fo erweitert dat, daß er mit den meiflen
Branchen bes Buchhandelt gu concurriren beginnt, fo erheden
ch bereits Stimmen dagegen und ſachen ihn als eine monopo⸗
firte Handelögefeufchaft darzuſtellen, weiche durch die Notabi⸗
täten an ber Spitze ihrer Mitglieder (die Lords Brougham,
John Ruſſel, Atthorp, Auckland, Dover, Sir John Parnell,
Sir John Hobhoufe u. T. w.) und durch Beldbeiträge und Be⸗
gänftigungen aller Art im Stande fei, wohlfeiler yu verkaufen
als jeder andere rechtliche Buchhaͤndier. Außerdem fucht man
den Verein auch. des Nachdrucks zu beſchuldigen, infofern «x
nämliä) in feinem „Cheap cabinet-atias” die auf Arrowſmith's
und Eary's Landkarten angebrachten neueften Berichtigungen
aufgenommen hat, welche zum Theil burdy bedeutenden Auf⸗
wand biefer Herren erzielt wurden. Am en twirb jer
doch bie „Gallery of portraite” angegriffen, bie allerdings gänzs
lid) außerhalb des Planes der Geſellſchaft liegt md — wenn
ihre kuͤnſtleriſche Ausfattung andern nicht nachſteht — durch
Wopifeiinett jedem ähnlichen Imterhehmen ben Fortgang verdie⸗
een wird. Es haben ſich daher bereits eine Menge Stimmen
gegen dieſe erweiterten Dperationen des in Rede ſtehenden Ver⸗
eins erhoben, ja ber Neid iſt fe weit gegangen, gu behaupten,
% verfaufe feinen Namen an Herausgeber von Schriften, deren
Wotoffumg Ihm durchaus fremd fei. Zugleich find nach und nad
mehre gleich wohlfeile Zeitfcheiften entflanden, welde fi mit
dem Wereine feibft im directe Oppofitien gefegt haben. Dabin
sehbrt namenttich daR wit Hülfe beb —— „Baciety for
promoting christian knowledge’ heraustoiımenbe „Saturday
magazine”, welches übrigens eher alles Andere als moraliſche und
religiöfe Belehrung enthält; das Pennyjournal „The truth“, unb
neuerbings Kvery man’s paper’', welches bem Vereine gradezu
ben Mamen ‚„Bocisty for the diffusien of we knowledge”
gibt. Es finden ſich aber auch andere Bewerber um die Gumft des
Yublicume, welche an Wohffeilheit ihrer literariſchen Erzengniffe
dem Vereine nicht nachſtehen und doch noch Gewinn von ihren Uns
ternehbmungen erwarten. Dahin gehört 3. B. bie neben ber
vom Vereine angefündigten ‚„‚Cyolopsedia‘” von einer Buchhanb⸗
iung begonnene „Peuny oychepaedia”, frene John Timb’s
„Knowledge for the people or the plain Why and Beoause”‘,
ın Katehismusform u. a.
Da wir nicht aus eigner Anfhauung über dieſe penny
poblications urtheilen tönnen, fo beftießen wir diefe allge
meinen Rachrichten darüber mit ber auch für ben deutfchen
Buchhandel gewiß beberzigendwerthen Bemerkung, dab Wohl
feilheit in feinem Gebiete nur in einem Grade wünfdhenswerth
fein kann, welcher die Literatur ſelbſt nicht herabwürdigt unb
nicht befürchten laͤßt, das Beſſere vom unkrautartig wucernden
Schofel verdraͤngt zu ſehen. 8.
Lefefrüdte.
Profefſoreugehalt zu Orforb.
Nach einem Hartnädigen Kampf zwiſchen ben Freunden Wil:
fon’s und Mills, welche ſich beide um bie Profeffur der Sam
ſtritſprache zu Oxford bevarben, firgte Wilfon mit 207 Stine
men gegen 200. Die Gintünfte biefer Profeſſur belaufen fi
auf 8,300 Thaler.
Univerfitäten in Spanien.
Spanien hatte, was man kaum glauben feilte, vor 1806
22 Univerfitäten; in biefem Sabre ſchmolz ihre Zahl bis au
eif, feitdem kamen noch fünf dazu. Wan theilt fie in mayores
(Salamanca, Balladolid, Altala) und menores. ſind
fümmtlich erbaͤrmlich dotirt und nur zu Salamanca erhalten bie
rofefforen einen ihrer Stelle angemeſſenen Gehalt. Am ſchlimm⸗
en find die Profefforen der Philofophie und Mathematik daran,
die nirgend über 150 Thaler Gebalt beziehen. In der neueſten
Seit follte bie Stelle eines Profeffers ter Philofophie ganz anfe
gehoben werben, man hat aber die Strenge dahin gemilbert,
das man den Wortrag uͤber neuere Philofephie, weil fie zum
Skepticismus neige, verbet und „bie alte Logik und Metaphy⸗
fit’ empfahl.
Berbrechen in Frankreich.
Bon 100 Angeklagten werben regelmaͤßig 61 für ſchuldig
erkannt. Auf 4460 Perſonen kommt ein Angeklagter. Von
100 Verbrechen find 25 gegen Perfonen, 75 gegen das Eigen⸗
thum gerichtet. Die Erfahrung zeigt, daß die Anzahl ber Er⸗
merdbungm jährlich faft biefelbe bleibt, und, was noch auffallen
ber ift, daß die Werkzeuge ober angewenbeten Mittel in dem⸗
feiben Verhaͤliniß bleiben. Der Hang zu Verbrechen if bei
Männern im 25., bei Frauen im 30. Johre am flärtfien. Das
Verhaͤltniß angefiagter Männer Und Frauen ift 4 zu 1. Die
Sahresgeiten haben einen Ginfluß auf die Verbrechen. Im Gon®
mer werben mehr Verbrechen gegen Perfonen, weniger gegen
das Eigenthum verübt. Die Gntwidelung bes Hanges zu Ver»
brechen hält vollkommen Schritt mit der der Keibenfkaft und
der körpertichen Araft; auf der andern Geite firebt die Ent⸗
widelung der Bernunft, dad Verbrechen zu zügeln. Die größte
Kraft des Mannes entwickelt ſich im 30. bis 85. Johre,
ie größte geiſtige Kraft zwifchen dem 45. und 50. Gs iſt eine aufs
follende Thatfache, daß in biefem Alter der Wahnſinn fi am
bhäufigften zeigt und am fchwerften zu heilen ift. 56...
Bepigfet unten Berantwortiitelt der Belogöhantiusg: E. X. Broddans in.Keipsig-.
Blätter
für
literarifche Unterhaltung
Dientas
22, Januar 1833,
che Reinhart Fuchs in feinen ‚verfchiebenen Geſtal⸗
fungen.
Erſter Artikel.
Unter allen Bedichten bes Mittelalters erlangte keines
eine -fo große Verdreitung und dadurch einen fo bedeu⸗
tenben. Einfluß auf die ſchoͤnen Wiſſenſchaften, ja, wol auf
das Leben der Menſchen felbft als das Gedicht von Mein:
bart Fuchs. Wie weit verbreitet und wie fehr. beliebt bies
fes in feiner Art bie jegt noch unübertroffene Gedicht bei
ben meiften europaͤiſchen Voͤlkern im Mittelalter und auch
ter noch, war, erſehen wir daraus ſchon, daß wir dieſes
edicht heute noch im lateiniſcher), mittelhochdeutſcher ?),
mittelniederlaͤndiſcher ), faflifcher *) und altfranzöfifcher
Sprache °), ‚und zwar in felbfländigen Bearbeitungen, bes
fiten; daß wir davon eine Auflöfung in mittelniederländi:
pie Proſa 8), eine Ueberſetzung in gereimte lateiniſche
rſe) kennen; daß wir ferner eine hebraͤiſche °), eine
bolländifche °), eine englifhe !°), eine franzöfifche 10), eine,
daͤniſche und eine ſchwediſche Ueberfegung dieſes Gedicht '?)
1) Reinhart Fuchs, aus dem 9. und 12. Jahrhundert. Erläut.
und herausg. von Kranz Joſeph Mone. Stuttgart 1832.
L) Reinhart Buhs, gedichtet im 12. Zahrh. von Beinrid dem
Glichfenäre, und von einem unbekannten Dichter im 13..
Jahrh. überarbeitet.
deutſcher Gedichte”. Peſth 18
$) Reinaert de vos, gedichtet on einem gewiffen Willem
(Wilhelm); nach einer unvolftändigen Handfchrift gedruckt
im Gräter’s „Odina und Feutona”. "Breslau 1812, - Das
Ganze wirt Ion Broede Hoeckſten herausgeben.
4) Reineke de Fos, gedichtet von Heinrich von Alkmer.
Bon 1498 — 1825, 20 Ausgaben.
5) Le Roman du Renard, publi6 d’apres les manuscr. de
“Ja bibl. du roi des 12, 14, et 15ieme sicles par M. D.
M. Mean. Tom. I—IV. Paris 1826.
-6) Reinaert de vos. Deift in Holland, 1485.
7) Opus poäticum de admirabili fallacia ef astutia vulpe-
culae Reinekes. Auctore Hartmauno Schoppero. 1567
— 1661, 7 Ausgaben.
8) Mischne schualim. Won Rabbi Barachias Ben : Natronai.
Mantua 1557.
Reinaert de vos. Bon Ban ber Putte. 1736, -
30) Beinard the fox. Londen 1681.
11) Le docteur en malice, maltre Reynald. Paris 1551.
“and Reynier le Renard, en frang. et bas-allemand,
Antwerp.
12) Nach Sceffer „De script. Suecias ©. 115 und ran
genderg’s „Baterländ. Archiv”, 5. B. 1824.
u im „SKoloczaer Gober alt }
nachzumeifen vermögen; daß wir endlich mehre neuhochs
beutfche Ueberfegungen, ober auch zum Theil freie Beate
beitungen anführen können.
Eine ſolche Verbreitung und eine beinahe taufenbjähs
tige Gunft, fo das Gedicht fi) zu erwerben und zu erhals
ten wußte, läßt und nun wol ficher auf einen diefer Er ®
ſcheinung angemeffenen bedeutenden innern Werth deffels
ben fchließen; denn man wuͤrde fi ch, zoͤge man ſolchen in
Zweifel, biefe durch die Zeit, worein fie fällt, allen ſchon
mehr als gewöhnliche, Erſcheinung gar nicht erklären koͤn⸗—
nen. Da wir nun durch die von Mone beforgte Herz
ausgabe dieſes Gedichte in feiner urfprünglichen Geftalt
mehr als je befähigt wurden, dafjelbe feinem rechten Sinne
nach aufzufaflen, fo wird. e8 den Freunden der Literatur
gewiß nur angenehm fein, diefen viel befungenen Stoff feiner
erften Geftaltung und urfprünglichen Geltung nad uud
hier befprochen zu ſehen. Auch werden wir unferer
trachtung der urfprünglihen Geſtaltung dieſes —*8
eine kurze Schilderung der Hauptumwandlungen folgen,
laſſen, welche dieſes Gedicht in den verfchiedenen Jahrhun⸗
derten bei verſchiedenen Voͤlkern erfuhr, um ben Leſer in
den Stand zu fegen, biefe ganze merkwürdige Erſcheinung
‚ mit einem Blicke zu überfehen und fie richtig zu würdigen,
Ueber den urfprünglühen Dichter wiffen wir nicht mehr,
old daß er im 9. Jahrhunderte lebte (um 895 — 900
ward :das Gedicht nach Mone gedichtet), und daß er ficher
ein Lotharinger war. Er hat alle Begebenheiten, die, er:
tn feinem Gedichte ſchildert, felbft erlebt, und er war of⸗
fenbar mit ben Perfonen, die er in feinem Werke hans:
dein läßt, genau bekannt. Ferner gebt aus feinem Ur⸗
theile über die Geiſtlichkeit und die religioͤſen Anſichten
und Glaubensmeinungen feiner Zeit hervor, daß er dieſem
Stande wol nicht angehörte, fondern ein Laie war. Aber:
ee muß ein ſehr heilfehender und auch wifjenfchaftlich. ges.
bildeter Mann gewefen fein. Erſteres beweiſen feine eben:
angeführten Urtheile, letzteres feine für jene. Zeit Wicht ge⸗
meine Kenntniß und Behandlung der Iateiniichen Sprache.
Was nun fein Gedicht ſelbſt betrifft, fo unterſcheidet es
1): Bon Beutber in: „Scimpf und Ernf”, 2. Th. Frankf. a.
45 — 1664, 10 Ausgaben. — Bon eitfem Unbekann⸗
ken Pr ro, ohne Jahr und Det. — Bon Gottfheb 1752,
PR Goͤthe. Berlin 1796 — Bon Soitau. Berlin
Gh von allen fpätern Bearbeitungen ſchen durch bie Ans
lage und Ausführung. In Bezug auf die erflere führen
wie an, daß fein Gedicht epiſch vollendet und abgeſchloſſen
iR. Es hat einen Mittelpunkt, um ben fi das Ganze
beroegt, und Alles, was geſchieht, gefchieht in Beziehung
anf dieſen.
Auein ſchon in der Geftalt, in welcher das Gebicht
wor uns liegt, müffen wir bie Zuthat eines fpätern Ueber
arbeitere von dem Werke des Dichters fcheiden. Sprache,
abweichende Anſichten und eingeflochtene Ereigniſſe feiner
Zeit erheifchen es, machen es aber aud leicht. ſchon
bat die Perſonen des Gedichts in allgemeiner Beziehung
aufgefaßt, und wie bie Satire bes urſpruͤnglichen Dich⸗
tung individuell iſt, wie ihre Perfonen befiimmte Men⸗
fügen, geſchichtliche Charaktere find, fo tft feine Satire
meift generell, fo find feine Perfonen auch meift Keptaͤ⸗
fentanten ganzer Stände. Dennoch, iſt bei ihm noch nicht
an eine folche aflegoriiche Auffaſſung zu denken, wie wie
fie bei ben andern, zum Theil gleichzeitigen, zum Theil
foätern Bearbeitern dieſes Stoffe finden. Er verftand
ficher noch die Meinung des Dichters; da dies jedoch bei
den meiften feiner Zeitgenoſſen der Fall nicht mehr fein
mochte, fo wollte er durch theilweife Verallgemeinerung,
buch Einflechtung von Begebenheiten, und buch Erwaͤh⸗
nung von Perfonen, welche zu feiner Zeit Aufmerkſamkeit
erregten, dem Gedichte neue Theilnahme erwecken. Die
von ihm eingeflochtemen geſchichtlichen Erelgniſſe feiner
Zeit beurfunden uns, daß er zwiſchen 1130 und 1164
bas urfprüngtihe Gedicht Überarbeitete, umd daß Mord:
holland fein Vaterland war. Er nennt uns z. B. den
Abt Walter von Egmont in Nordhollend (von 1130 —
61, nah Done), und den Abt Baldwein von Lies
born in Weſtfalen (an der Zippe), weicher von 1130 —
62, nah Mone, regierte, als die beiden einzigen würdi⸗
gen Männer geiftlichen Standes; umd als die beiden un:
würdigften flellt ex uns den Papft Eugen (1145 — 53)
und den Biſchof Anſelm von Tournad (1146 — 49)
bar. Die Ueberſchwemmung Frieslande (1164) befchreibt
er in ber Art, daß man annehmen darf, er fei Augen
geuge geweſen. Wir werden feiner fpäter bei der Betrach⸗
eung des Gedichte mehrmals nod gedenken; bier fei dies
über ihn genug. ’
Fragen wir num, was ber Dichter für einem Zweck
bei feiner Dichtung vor Augen hatte, fo erkennen wie ſehr
leicht, daS er dem König Zwentibolk von Lotharingen bei
feinen Bekannten, Freunden und Feinden ein Denkmal
dadurch fiften weilte. - Denn die gefchichtiiche Grundlage
des urfprünglichen ſatiriſch⸗ komiſchen Gedichte bildet aus
genſcheinlich der Untergang des Königs Zwentibolk von Lo:
tharingen, bed Baſtards Kaifer Arnulf’ von einer «dein
Slawin Aus Kärnthen. Go dürftig auch die gefchichtlis
hen Quellen aus jener Zeit uns fliehen, fo ließen ſich
body die hauptſaͤchlichſten Begebenheiten, welche Zwenti⸗
boll’6 Untergang herbeiführten, erfennen und als Probirs
Rein an die Schilderungen unfers, im diefer Beziehung jes
- Ne weit reihen Gedichte halten. Die Uebereinſtim⸗
mung muß in ber That auch ben igſten übers
zeugen, daß bee Dichter wirkllch Zwentlbelle Wutergang
ſchilderte und nur dieſen ſchildern wollte, und daß dem⸗
nach ſeine Satire uͤberall politiſch und individuell ſei und
ihren gewiſſen Zweck habe: die Entartung der Karolinger
und beſonders Zwentibolls, bie Mängel und Gebres
Gen ihrer Regierungen und bie daraus beruomgegangene
willkaͤriiche Eigenmaͤchtigkeit ber groͤßern Lehngeägee im
fränkifchen Reiche ſeinen Zeitgenoſſen beutlich vor Augen
zu legen. Wan kann mit ziemlicher Gicherheit behaup⸗
ten, daß in dem urfprünglichen Gedichte nichts außer bene
Mamen der handelnden Perſonen erbichtet fel; und auch
biefe Namen find fo gewählt, daß fie dem Zeitgenofſen des
Dichter auf den erſten Blick verfiändiich fein mußten,
Um nun dies Alles zu erweifen, werben wir den Inhaͤlt
jeder Fabel kurz angeben, das Geſchichtliche dazin 7
wickeln und die Nachrichten dee Annaliſten zur Berg
dung hinzufügen.
>
-
. Erftes Bud. Erſte Faber, J
Beinhbarts Gefahrund Rettung. "
Der Wolf Ifengrim gebt aus dem Walbe hervor,
Beute zu fuchen, und begegnet dem im gleicher Abſiche
umberfcleichenden Fuchs Reinhart. Diefer hat in frühe
ter Beit den Iſengrim vielfach "hart beleidigt und feinen
Zem und feine Rache zu fürdten. Gern möchte dahes
Reinhart Iſengrimen ausweichen; da diefer jedoch ihn
ſchon erblidte, volrd dies unmöglih, und Keinhart bes
ſchließt, zu verfuchen, ob er nicht vieleicht durch geher⸗
chelte Zutraulichkeit umd vorgefpiegelte Treuherzigkeit des
verdienten Rache noch entgehen koͤnne. Schon fernbes
rief ihm Iſengrim zu:
Welch ein Brabanter in jener Nacht, Ha! wareſt bu, Reinhart Ne_
ent, Hohis Satan dich nicht, wirft bu ein Engel durch mich!
erſt nenn’ ich ben Schimpf, ben bu mir, ben Kindern
und meinem
Weide gethan damals! FIR er nicht Allen bekannt ?
Iſengrim's Zorn ift zu heftig und Reinhart's Bemuͤhung
ihn zu befänftigen, vergebens. Scum bat er ihn ereilt —
und gibt ihm hoͤhniſch den Rath, freiwißig In feinen Das
gen zu fpringen, wenn er es fpäter nicht gezwungen thun
wolle. Zugleih padt er ihn mit feinen Zähnen, beißt
fie drei bis vier mal zufammen und fags: „Weine Zähne,
fiehft du, find ſtumpf, fie fchneiden nicht mehr; du brauchſt
dich alfo nicht zu fürchten! Ohnehin wirft du Ruhe noͤ⸗
thig haben, deine Füße werden wund fein, da bu fie fe
lange ſchon gebraudt haſt. Faſſe nur Much und ferne
did, denn:
Jett zum Bitter du wirft, doch nicht mit Waffen belaftetz
Soaͤmmtliche Bürbe, fie wird ruben auf meinem Genick.
Dder du ſollſt, daß ja nicht du faͤuſt, nach Art des Propheten 2)
Reiten, de fei dir der Sit innen, nicht außen der Bug."
Reinhart aber macht Umftände. Er ſei, fagt er, einer ſol⸗
hen Ehre durchaus unmwürdig; er babe wol den Galgen,
aber nicht eine fo ehrenvolle Grabſtaͤtte verdient. Auch
1) Brabanter, d. d. Unsächtiger, Ehebreiher. Bergi. Bud 8, Yab. &
© Ionad, von der Haifif verfhleng, der Gage nad.
= A am um Mani m, mas. men -
mn — vn — Mn ie Ale ER AU BEE [. ] um
.
A e cin allzu geringeo Mahl fir Iſengrim e Dingen, duͤrr
aad Hein, wie er fel. Iſengrim aber täßt ſich dadurch
wit abwendig maden, ſendern entgegnet ſpoͤttiſch, baf
er von jeher gewohnt geweſen fel, auch verlange es feine
Danchsregel fo, mit Kleinem fich zu begnügen, wenn er
bas Große nit haben kinne Da erwähnt Reinhart
er wit Iſengrim, und daß fie beide Frau⸗
— — — Be ruft er: „Ad Oheim, |
Keintz der Slawen ich bin, weder ein Schwab noch ein Sachs!
Siche doch, Reinhart if ed, erkenne den treuen Verwandten!“
Jener darauf: „Und bu kenne ben gültigen. Ohm;
im iſl's, ber wenn bu. der Bitte verfagft ben Gehorſa
Mol, daß ein Baftfreund du m in ihm, dich no
zwingt.
Reinhart beruft fi num auf die vielen guten Mathfchläge,
bie er ihm ſchon gegeben; aber auch dies fcdhlägt fehl. Da
fagt Reinhart endlich: „Er habe kurz vorher einen Bauer
ehr großes, fettes, wohlgeräucertes Schwein tragen ſehen;
bas folle er hahen, wenn er ihn. frei ließe.” Mach einis
gem Weigeru geht. Ifengeim dem Vorſchlag ein, vergibt
dem Reinhart alle Schuld, ſchließt mit ihm neue Freund⸗
haft,‘ und ſchwoͤrt, das Schwein mit ihm zu theilen.
tinhart bedingt fi) jedoch nur den vierten Theil ba>
vn. Durch Lift weiß er nun zu machen, baß ber
von ihm bald eingehelte Bauer das Schwein abwirft,
welches Iſengrini, der verabrebetermagen nachſchlich, ſogleich
hinegtraͤgt und gänzlich aufzehrt, ſodaß nur das Holz,
woran das Schwein beim Raͤuchern aufgehängt war und
weran es der Bauer trug, uͤbrig bleibe. Dies gibt er
beun aud dem endlich ermübet zuruͤckkehrenden Reinhart, |
und fagt, er möge fich dee Taͤuſchung halber nur mit
ihm tröften, der felbft getäufcht worden fei, ba.rr das
Schwein für weit größer gehalten habe. Reinhart bes
ſchließt fi) zu raͤhhen.
Seſchichtliche Nachweiſungen.
Diefe Fabel macht faſt unter allen die meiſte Schwie⸗
rigkeit, wenn es gilt, die in ihr erzaͤhlten Thatſachen als
geſchichtliche nachzuweiſen. Die in ihr handelnden Perſo⸗
nen find Iſengrim, Reinhart und der Bauer, welcher das
Schwein trägt. Daß unter Iſengrim der König Zwen⸗
tibolk von Lotharingen verfanden werde, war die Mei⸗
mung mancher Gelehrten fdrom’ lange. Das flaroifche Iwens |
tiboit (Zwaty-wlc, Swjati-wic) bedeutet „heiligee Wolf”,
umd Überall wird Zwentibolk, feiner woͤlfiſchen Geſinnung
nach, d. h. als Wolf geſchildert. Den ſlawiſchen Namen
erhielt er von ſeinem Pathen, dem Herzog von Maͤhren
Zwentibole. Rauh und gewaltthaͤtig, wie die Geſchichte,
ſchlidert ihn auch das Gedicht, und einen Räuberiihen, Un:
erfättlihen, Xrogigen bedeutet auch das Wort Iſengrim,
von welchem [charfiiunig. Mone wermutbet, daß es der
des in der Volksſage lebenden Währwolfes
(— Manmwolf) geweſen ſei. Reinhart iſt der ſchlaue
Sraf Reginard von Hennegau, und bei ihm hat der Dich⸗
ter nicht erft den Namen zu verändern für nöthig befun⸗
Den, denn Reginard iſt nur andere Form für Reinhart.
Zwentibelt und Reinhart warm Blutsverwandte, denn
Letzterer ſtammte von mütterlicher Seite (feine Mutter war
oi
Irmengarb, die Tochter Lothar I.) von den Karolinget;
wie Zwentibolk von Vaters Dee Daher nennen (ie
auch einander immer „Better”. Zwentibolk war ein aus⸗
ſchweifender Mann, und vermuthlich hatte Reinhart bei
deffen Gemahlin Oda Gunſt gefunden, daher Miover⸗
ftändniß und Zwietracht unter ihnen. Nun haben wir
noch zu unterfuchen, was unter dem Schweine zu verfies
ben fei, welches Reinhart dem Iſengrim verfchafft, um ih
zu verföhnen. Daß irgend ein Land gemeint fel, ein gräs
Beres Reichslehen, welches beide einem Dritten abnehmen,
unterliegt keinem Zweifel; da der Dichter ſeine Helden
aber einmal als Thiere bezeichnete, ſo mußte er auch na⸗
tuͤtlich den Gegenſtand ihres Streites bildlich bezeichnen.
Allein es fragt ſich, welches Land? Es kann die Graf—
ſchaft des Grafen Meingaud, eines Enkels des Königs
Ddo, fein, weiche Zwentibolk im J. 892 erhielt. Wahr⸗
ſcheinlicher aber iſt «6, daß das Koͤnigreich Lothringen feibft
gemeint ff. Annallſta Saro erzählt bei dem Jahre 984:
„Kaiſer Arnulf babe zu Worms einen Tag gehalten, um
auf demfelben feinen Sohn Zwentibolk zum König von
Lothringen ernerinen zu laſſen; allein die Großen wären
damit nicht zufrieden geweſen.“ Gleich darauf aber fagt er,
„daß «6 doch mit der Genehmigung ber Großen gefchehen
fe”. Seine Worte find: „Deinde (Arnulfıs) Wormaciae
placitum tenuit, volens Zwentibolh, filium suum, regno
Lotharii proficere, sed optimates regni assensum non
pracbuerunt” ; und gleih nachher: „Posthaec Arnulfüs
Wormaciam venit, optimatibas ex omnibus regnis suaa
ditionis oceurrentibus, conventum publicam celebravit,
omnibus collaudantibus Zwentibolh regno Lotharii prae-
fecit,” Dies fegt aber irgend eine Vermittelung zwifchen
den Großen Lothringens und Zwentibolk voraus.“ Mies
mand aber konnte befier Vermittler fein als Reginard, dee,
von Lothar abflammend, ſelbſt Anfprüche haben konnte,
und fie vielleicht auch vorher geltend machte, denn feibft
jegt noch bedingte er fich, dem Gedichte zufolge, den vier⸗
ten Theil des Erwerbs aus, um welchen er jedoch betro⸗
gen ward. Daher denn feine folgende ftete Feindſchaft
gegen Zwentibolk, welche fogar zu offenem Kriege zwiſchen
Beiden führte. Denn Annaliſta Saro erzähle, Jahr 896
und 899: ‚„Zwentibolh rex Reginariums sibi fidelissimmunm
a se repulit, honoribus ejus et haereditatibus interjectis,
X1V diebus e regno secedere jubet. Ile, adjuncto sibi
Odacro comite et quibusdam aliis, cum omni familia
et suppellectili in loco tutissimo Durfos se communivit,
quem Zwentibolh cum exercitu expugnare conatus, pro-
pter paludes ‘et nimias Mosa& refusiones nom potuit.”
Später werden wir diefe Belagerung auch im Gedichte
erwähnt finden und die Verbündeten Reginard’s kennen
fernen, wenn man nämlich die Buch 3, Babel 1, erwähnte
Belagerung biermuf beziehen ann. Verſtehen wie alfe
unter dem Schweine das Königreich Lotharingen, fo ha⸗
ben wie unter dem Bauer, der das Schwein trägt, Karl
den Diden zu verfichen. Bu
WDer Beſchluß folgt.)
v
v
r
92
Mo fliehen wir? wohin gehen wir? und was haben wir zu
thun? oder: Ueber die vernünftige Baftaltung unferer
Staaten. Aus dem. Sranzöfiihen des Alphons de La:
martine überfegt und der Weachtung unferer Zeit
beim Beginne des Jahres 1832 gewidmet. Braun:
ſchweig, Verlagscomptoir. 1832. Gr. 8. 8 Sr.
Der Berf. vorliegender Heinen, aber geiftreihen, in Paris
1831 unter dem Zitel: „Sux la politique rationgelle‘', erfchie:
nenen Schrift gehört zwar zu den. Anhängern ber alten Dünaftie,
verkennt aber beren unendliche Miegriffe ebenfo wenig als bie Pflicht
des Patrioten, tei feinem Baterlande und Bolfe treu auszuhar⸗
ten, ber beftenenden Regierung gehorfam zu fein und auf con
Kitutionnelem Wege an der politifhen Fortdildung bes Staats
nad Kräften zu arbeiten. In dieſem rein und echt conſtitu⸗
tionnellen Geifte ift die "ganze Unterfahung gehalten, zu dem,
weit entfernt von dem frömmelnden Zone beutfcher Pietiften,
noch eine wahrhaft religiöfe Sefinnung kommt. Die exfte der
‚ vom Ueberfeger auf dem Zitel bemerften Kragen beantwortet
der Berf. dahin, daß wir an einem wichtigen Zeitabfchnitt uns
befinden, an dem gefellfhaftlicher Erneuung und Umbildung,
ähnlich dem des Evangeliums, oder, möchten wir vielmehr mei
nen, ähnlich dem der Reformation, indem jept die Lebensfrage
Guropa® die der bürgerlidhen und politifchen Freiheit if, wie
fie damals die ber kirchlichen und Bewiffensfreiheit war, Moͤge
jene ohne bie biutigen Kämpfe durch die fortfchreitende Civill⸗
fation gelöft werben, weldye bei diefer in zwei Jahrhunderten
nöthig waren. Wei Beantwortung der ziveiten Frage berührt |
der Verf. die Gefahr eines europäifchen Kriegs, von dem er
das Schrecklichſte fürchtet, während er bei rubigem Fortſchreiten
eine ſchoͤne Zukunft ſich eröffnen ſieht. Sollten aber in dieſer
Ausſicht nicht Felſenmaſſen dem Blicke entgegenſtehen, bie nur
durch Sprengung beſeitigt werden koͤnnen? Bei der legten
Erage eatwickelt der Verf. fein echt conſtitutionnelles politiſches
Syſtem. ‚Yotitit und Moral muͤſſen hiernach in inniger Ber
rinigung, nicht als Gegenſaͤte auftreten. Eine Idee, bie ſehr
ſchon if, aber, fol fie praktiſch werden, gleichzeitig es über:
“U fein muß. Das Recht des Volkes und der Dynaſtie
ft dem Verf. glei, nicht wiberfireicend, bie Legitimität ‚eine
bloße Rechtserdichtung, bie ſtets nur auf einer hiſtoriſchen Thot⸗
face beruht. Die conftitutionnelle Regierung ift hiernach kein
Urbergang zur Republif, fondern eine gluͤcküche Verſchmelzung
beider Formen, Republik von Unten, Monarchie von Oben.
Eine erbliche Pairie, Beſchraͤnkung der Preffe und des Unter:
richte verwirft ber Verf, und ſpricht ſich für vollftäntige Treu⸗
nung von Kirche und Staat, für möglichfie Ausdehnung: der
Wahlen, gründliche Reform ber Griminalgefeggebung mit Abſchaf⸗
fung ber Zodesftrafen und eine möglichfte Begründung und Gins
führung eines vernänftigen Ehriſtenthums mit vieler Wärme
und Geift aus. | 6.
Notizen.
Ueber die neuere Literatur ber Portugiefen.
Die Literatur und Poeſie der Portugiefen bat niemals eine
bedeutende Höhe erreicht, und ihre Camoens, deffen Gleichen
freilich kein Sand viele aufzuweiſen hat, ſteht als großer Dich:
ter faft einzig unter ibnm ba. Ende des vorigen und’
Anfang diefes Jahrhunderts tauchten auch in Portugal wie
faft überall in Europa viele, nur leider wertblofe Mamen auf,
worunter eine nicht geringe Anzahl Irhprovifatoren, deren be
deutendſter, Manoel Barbofa du Bocage, vorzuͤglich Sonette,
Anakreontiſche Lieder und Dithyramben dichtete; er hatte aber
Redigirt unter Brrantwortgihteft der a FJ. A. Brod haus in Seipsie
dermaßen ſianlichen Genuͤſſen gefroͤhnt, baß er in feinem 35. Jaht
an Entkraͤftung ſtarb. Der eiaflüßreichſte portugieſiſche Dichtet
neuerer Zeit war Frantiexo Mansel da. Wasimente ,: der, mes
gen geiltiicher Verfolgungen aus ſeingm ‚Waterlande verbannt,
20 Sabre in Paris lebte und vor Kurzem bafelbft 80 Zah
alt farb. -Diefer fruchtbare Schriftſtetler Verband‘ biel Iveifä:
Talent mit ſatiriſch⸗kritiſchem ind Aferte befonbers gegen bit
abfurbe, Einführung franzöfifiher Monte: in feine Mütterfprache,
fowie für die Verehrung portugiefifdher GSlaffiter.. Leider mochte
ihn nur eine zu blinde Worliebe für die alten Claſſiker über
den Geiſt feiner eignen Sprache verblenden und gegep bem
Keim einnehmen, den er wenig oder nicht In feinen eigneh Epi⸗
fein, Satiren und Graählungen angewendet hat. Unter dem
lebenden portugiefifigen Autoren zeichnen fih aus: I. Mu.da
Gofta y Sitvas -3. U. de Macebo; 3. F. de Gaftilho, der im
feinem fechften Lebensjahre erbliibete; B. M. Curvo Semedo;
J. Evangeliſta de Mordes Garmento;s I. B. Pimentel Mole
donado und feine; Schweſter Mariannı; drei andere Daten,
die Viscondeffa de Bajſamao von ber Bamilie-Billa Pouras: be
imaroend, eine Zrou die im hoben Alter noch Iyrifcge Be
dichte macht; Dona Francisca de Paula de ba Coſta
Dora Leonor d'Almeida; DM. GC. &. d'Ahuiar, ein ſehr gu ts
barer, nitht ganz -verbiehfllofer: Kideßkienfhreiber; D. U. 3%
Dforio de Pina Leitas, ein Brafitiers 5: do Paula Mebinz
e Vasconcellos, ein Eingeborener der Zul Rabeim; 3. BrEeh
taõ d’Almeida Garrett und Luis ba SilvaMozinho de Albu⸗
querque, welche Iegtere Beide jegt mit vielen Andern im Grile
find. Albuquerque hat ſchon ungemein Bieles gefchrieben, und
Almeida Garrett Tann ſich durch feine beabfihtigte Sammlung
alter portugiefifcher Romangen, „Chacras’‘, sin großes Berdienſt
erwerben, wenn ex fie nicht überarbeitet oder verſuͤmmelt her⸗
ausgibt. Gin epiſches Gedicht über bie Kriege quf der Halbe
infet hat Vasconcellos geliefert. ,
Unten ben in ber legten Zeit verftorbenen Autoren nennen wir noch
Joam Baptiſta Gomez, den Trften Tragiker ber neutrn Zeit, deſſen
„Nova Castro’ großes Anfehen auf ber portugisfifhen Wühne
behauptet; alsdann Nicolau Zolentino, einen nationnellen Sati⸗
rifer; Domingo Marimiano Torres, der Eklogen und Ganzos
nen dichtete; Antonio Ribeito dos Santos, einen eleganten Radıs
admer Perseiras, und ten Braflier A. P. Souza Galdas,
einen guten Eyriler. Diefe Nachrichten gibt das „Foreign
quarterly review‘ nad) dem Werte: „‚Paraaso Lusitano, ou
poesias selectas dos auctores Portuguezas, antigos e moder-
nos, illustradas com notäs. Precedido de uma historia ab-
reviada de lingua e poesia Portugueza” (5 Thle., Paris
1826). j ⸗ 158.
Das newyorker Packetboot, mit einer am Hauptmaſt ber
feftigten und feitwärts ins Waſſer geführten eifernen Stange
ald Blitzableiter verſehen, wurde im April 1827 von einem hefe
tigen Sturme überfallen und während beffelben vom Blide ges
troffen. Die Erplofion war fürdterlih; das ganze Fahrzeug
fhien in Rlammen zu ftehn, und Schwefelgeruch füllte alle
feine Räume; eine Mefchädigung fand jedody nirgend flatt.
Nur der untere, zufällig bünnere Theil bes Bligableiters war
geſchmotzen. Dagegen ward bie merkwürdige Enttedung ges
macht, daß alle Scmpaffe ihre Richtung verändert hatten und
alle Shronometer flehen geblieben waren; ja, einzelne Theile
derſelben ſowie faͤmmtliche Meffer und Gabeln hatten alle Ei⸗
genfchaften des Magnets angenommen. Auf einen aͤltlichen,
Ieanten Paſſagier, ber bewegungslos in der Kajoͤte lag, hatte
die Erſchuͤtterung einen fo heilfamen Ginfluß, daß er von Stund
an wieber Herr feiner Gliedmaßen war und, als das Schiff
— ſich ohne Unterſtuͤzung in ſeine Wohnung yseden
nnte. .
4
Blätter Be
für
literarifhe Unterhaltung.
Mittwod,
23. Januar 1833.
Ueber Reinhart Suche in feinen verfchiebenen Geſtal⸗
- tungen.
Erſter Artikel.
(Deſchluß aus Nr. 22.)
Erftes Bud. Zweite Fabel,
Sfengrim’s Fiſchfang.
Reinhart baut den Plan feiner Rache auf bie Hab:
fucht und Bier Iſengrim's. Er begegnet biefem wieder
und führt ihn zu einem Fifchteiche, wo er Kifche fans
gen foll, um feinen Hunger einmal volltommen zu flillen.
Da fie kein Ne zuc Hand haben, fo heißt Reinhart den
Sfengrim feinen Schwanz in das Waſſer tauchen und in
diefer Stellung fo lange verhareen, bis er die gehörige
Laſt Fifche daran merken würde. Diefes ſei immer feine
Art, Fiſche zu fangen, fagt er, und er habe fie ſtets
gut befunden. Es gefchiehe dies aber zur Winterszeit,
und Iſengrim gefriert ein. Während ber Wolf fo ber
Fiſcherei obliegt, geht Reinhart in das benachbarte Dorf
und ſtiehlt dem geiſtlichen Herrn dafelbft einen Hahn.
Diefer, der grade in der Kirche die Früͤhmeſſe lieſt, fieht
den Dieb, macht Laͤrm und verfolgt mit der ganzen Ges
meinde den Räuber. Bei diefer Gelegenheit wird der
Ritus der katholiſchen Kirche etwas befpottet. Reinhart,
ber ſich verfolgen ſieht, flieht nach dee Gegend bin, wo
der Wolf im Waſſer eingefroren ſteht, rufe Ihm zu, fi
zu retten und mic den bisher gefangenen Fiſchen ſich Ri
begnügen. Anfangs nimmt Iſengrim diefe Mahnung für
Scherz, als aber Reinhart wicrklich das Weite fucht, und
er ſeibſt die Bauern von ferne mit Hacken, Gabeln und
Stangen kommen fiebt, will auch er fi) davonmachen.
Jetzt erſt merkt er, daß Reinhart ihn übel angeführt habe;
die herbeiſtuͤrzenden Bauern fchlagen auf ihm los, wobei
er denn, da ein Schlag, den Aldrada, die Frau des Prie⸗
ſters, nach feinem Haupte führe, fehlgeht und feinen
Schwanz vom Leibe trennt, frei wird und dem Walde
zuflieht.
Bei dieſer Fabel begnügen wir uns mit dieſer kurzen
Inhaltsanzeige. Sicher iſt ſie ganz umd gar eine Hinzu:
that des erften Ueberarbeiters. Der bittere Spott auf den
Eacholifchen Klerus, der aber mehr generell als individuell
iſt, ſcheint died allein fchon ſehr wahrſcheinlich zu machen.
Hierzu kommt noch, daß Iſengrim nur in dieſer Fabel
von ben Bauern gezuͤchtigt wird, da dies uͤberall ſonſtl
nur von den Großen geſchieht: ein Umſtand, der die Fa⸗
bel gleichfalls verdaͤchtig macht, denn einen Koͤnig konn⸗
ten wol in jener Zeit die Großen, nicht leicht aber die
Bauern zuͤchtigen. Wichtig iſt endlich auch Mone's Be⸗
merkung, daß, da zu jener Zeit nur Kloͤſter Fiſcherelen
hatten — mie denn auch diefer Fifhfang in die Nähe
eines Teifchen Kloſters gelegt ift —, die Leute, welche ben
Wolf züchtigen follen, ziemlich ungefchidt aus dem, wenn
auch nicht fernen Dorfe geholt werden, da fie jedenfall®
aus dem Ktofter felbft näher zu haben waren. Geſchicht⸗
lich laͤßt fich diefe Kabel nicht erläutern. Wir wollen je:
doch, ehe wir von diefer Fabel feheiden, nody die Art und -
Weife zeigen, wie ‚bier die Glaubenslehren und der Ritus
ber katholiſchen Kirche verfpotzet werben. Immerhin bleibt
diefe Erfcheinung wichtig, und wenn wir die daraus her⸗
vorgehende Anficht von diefen Gegenfländen aud nur eis
nem aufgeflärten Manne des 12. Jahrhunderts beilegen
dlırfen, fo iſt es doch für dieſes Jahrhundert immer kuͤhn
genug, alfo zu denken und zu fehreiben. Da jedod nicht
alle ſolche Stellen ſich wohl überfegen Laffen, fo müflen
wir deine ober die andere ſchon in Original geben.
Als der die Meſſe leferide Priefter den Fuchs Rein⸗
hart das geraubte Huhn forttragen fieht:
„Salva festa dies!” fo fang er, wie ſtets er ber Befte
Morgen begrüßte; darauf: „Kyri’ das Vol! und „ole!” 2)
Salva festa dies doch verfagte dem Herz und dem Wunde,
Und fein Harm rief laut: „Vae tibi, moosta dies!”
merz.
„Nicht mir frommte bie Meffe, dem Fuds nur; ich ſchwoͤr's
beim Altare:
Beſſer, ich hätte verfäumt zwanzig ber Meffen und. mehr.”
Nachdem Aldrada, die Frau des Prieſters, ben ertapptem
Wolf tuͤchtig abgeſchimpft hat umd ihn chen nım tobt
Tchlagen will, durch weldyen Schlag jedoch; wie oben er⸗
wähnt, Sfengrim frei wird: zu Zr
Da demüthigen Wortes erfleht man der Beiligen viele,
Deren Namen das Volk fiets im Gedächtnis bewahrt: .
Naͤmlich ben Heil’gen Ofanna mit feiner Gemahlin Srcelfiß ?),
Welchen vom Salgen ſich einft Gott, wie man fagte, geraubt.
1) Kyrie eleison. -
2) Osanna in excelsis. In bedeutet in altholländtfher Sprache
„unb’, daher dab Volt wohl ein Ehepaar finden konnte. '
94
Annen zugleich, der Phanuel einf, ber König, bie Wade
Gtäubte, und weldge des Herrn Mutter, Marien, gebar.
Alleluja fobann, einft Petri holde Gemahlin,
Weicher, als Mutter, entſchwebt Michael, fdwingenbegabt.')
Notburgis und Belpvara, Beide den Flehenden freundlidg,
- Und Brigitta, des Viehs Schug, fo die Wölfe bekriegt.
Jenes Geflirn vor Allen fodann, wodurch, da gefchwiegen
Saͤmmtliche Zeugen, erhielt Petrus das herrliche Rom.?)
Den Reiben befchließt die heilige Pharailbie, deren Se
ſchichte ziemlich weittäufig erzählt wird, weil fie, wie Mone
bemerkt, die Schugpatronin Belgiens war. Der Dichter
gibt fie für die Herodias aus, die Tochter des Herodes,
und fagt, fie ſei ſierblich in den heiligen Baptiſt (Johans
ned dem Täufer) verliebt geweſen. Herodes habe dies mit
Unwillen gemerkt und den Galan enthaupten laſſen, worauf
Herodias ewige Jungfraufchaft gelobt und den Namen Pha⸗
raildis angenommen babe.
Diefe Vetteln und Andere, fährt der Dichter fort,
. welche Heilige zu nennen Sitte ift, fängt das Volk mit
Verfprechungen und Gelübden und ruft fie mit lauter
Stimme alle:
Bisque „pater nuster” secum et „cred-in-.de’' resolvit,
Quinque „dei paces“ et „miserele‘' quater;
„Oratus fratrus, paz vobas ‘ clamat et infert
„deus- gracis” finem, quando ferire parat. ete.*)
Dies mag genug fein, den Geift des erſten Ueberarbei⸗
ters Eennen zu lernen. Mir kommen jest zur dritten
Kabel, der legten des erſten Buches, welche jedoch, unferer
Anfiht nach, fogleih auf die erfte folgt, da wir die
ganze zweite Kabel aus den angeführten Gründen für
hinzugefügt halten. Diefe dritte Babel enthält nun ei:
gentlich die Rache Reinhart's an Iſengrim, weil ihn dies
fer um feinen Antheil an der Beute fo ſchmaͤhlich prellte,
Erftes Bud. Dritte Fabel.
Iſengrim der Feldmefſer.
Der Eingang dieſer Fabel enthaͤlt die Beileldsbezei⸗
gungen Reinhart's, daß feinem Fteunde fold ein Leid
bei feinem Fiſchfange widerfahren fe. Er iſt natürlich
vom Ueberarbeiter hinzugedichtet, um Dasjenige, was er
eingefchoben hatte, mit dem darauf Holgenden in Verbin⸗
dung zu bringen. Kür uns beginnt demnach biefe Fabel
mit B. 1333, welchen wir füglih auf DB. 558. fölgen
Yaffen Eönnen, ohne daß der Zufammenhang dadurch zunter⸗
drohen wird. "
Der Wolf verhöhnte, wie wir fahen, am Ende ber
erften Fabel, den von ihm betcogenen Suche. Reinhart
verbarg damals feinen Unmuth, beichloß jedoch, ſich zu
As Iſengrim und Reinhart bald damuf elnans
dee. wieberum begegnen, ensfchufdigt erflerer feinen fruͤhern
Betrug und verſpricht jegt, wenn er ihm irgend eine
Beute zumeilen koͤnne, gerecht: zu theilen; Reinhart ent:
fagt jedoch für Immer jedem Theile an ihrer gemeinfchaft:
lichen Beute, und Iſengrim läßt ſich dies, ohne Argwohn
3) Der Erzengel Michael, den man bier als einen Sohn der heili⸗
gen Aleluja kennen lernt.
2, Etwa Constantinus magnus?
. 8) Pater noster;, credo in unum Deum; da pacem; miserere
nobis; orate fratres, pax vabis; Deo gratias
x
beshalb zu hegen, vecht wohl gefallen. Er ſei nicht fo
weile, fagt er, daß er nicht weifer werden könne; Eines
aber wiſſe er und werde ſtets es wifien, das Dargebotene
zu verzehren. Da kommſt du grade gelegen, fügt Reins
hart; denn bier nabebei haben vier Bruͤder feit längerer
Beit fchon ‚miteinander Streitigkeiten. Die vier Widder,
Joſeph, Bernhard, Colvarian und Belin, können fi nicht
über die Trift vereinigen; gehe demmach mit mir hin
‚und theile fie ein, wie ſchon bein Vater fidy unter ihnen
als Eintheiler zeigte. Iſengrim geht fogleih mit Rein⸗
hart fort; als er aber die Hörner der Widder ſieht (nicht
ohne Bedeutung bier „Thuͤrme“ genannt), fühlt‘ er doch
einige Scheu und will nicht theilen. Reinhart fpricht ihm
jedoh Muth ein, und Iſengrim verlangt jegt nur noch,
die Zähne der Widder zu ſehen, um ganz ſicher zu geben.
Nachdem ihm darin genügt worden ift, ruft er den Wid⸗
dern zu, er wolle fie auffreſſen; drei von ihnen follten
einftweiten fidy binmegbegeben, fo weilte er den einen ver
zehren, oder. einer folle von ihnen gehen, fo. werde er drei
zerreißen. Er zeige darauf feine Zähne. Die Widder
erfinnen Liſt und bitten ihn, zuvor die Tefft gehörig ein-
zutheilen, dann möge er alle viere verfpeifen. Sie würs
den ſich für jegt alle viere von ihm nad vier Seiten bin
gleichweit entfernen, daß er gerecht theilen könne. Ge
Died geichehen, ſo möge er nur rufen, und fie würden
kommen. Der Wolf geht diefen Vorſchlag ein, und bie
Widder nehmen ihre Stellungen, ſtrecken die Hoͤrner vors
wärts und flärzen verabredetermaßen zugleich auf Iſen⸗
grim 106, ſodaß ihm zwei Widder in die Seiten floßen,
ber dritte aber vor den Kopf und der vierte. an das Hin⸗
tertheil. Site ſtoßen fo flark, daß Iſengrim halbtodt nie:
derfintt. Darauf rufen fie den Reinhart herbei, und alle
fünfe fpotten des ohnmaͤchtig daliegenden Wolfe, wobei
ihn die Widder noch tuͤchtig flofen. Dann aber gehen
fie ihrer Wege und laflen ben übel zugerichteten Feind
liegen.
ies Geſchichtliche Nachweiſung.
Bei dieſer Fabel koͤnnen wir, wie kaum ſonſt wo, die
66 Zwentibolk's bis im die kleinſten Umſtaͤnde zur
r
laͤuterung benugen. Annaliſta Saro fagt bei dem Jahr
897: „Die Brafın Stephan, Odacar, Gerhard und Dat:
ftid verlieren bie von dem Kaiſer Arnulf ihnen verliche:
nen Würden, und Zwentibolk kommt mit einem Kriegs⸗
heete nad) Trier, befegt ihre Gebiet und verteilt ihre
Ländereien unter feine Anhänger. Fuͤr fich aber behielt ex
das claustrum ad horrea und das claustrum St,- Petri,
Metis situm‘‘ (Metz oder Mezieres?). Hier hätten wir alfe
die vier Widder, deren Trift Ifengrim eintheilen voolite,
wie ſchon fein Water unter ihmen getheilt hatte, und des
ven Hömer Iſengrim fürchtete und, wie ber Erfolg zeigt,
mit Recht zu fuͤrchten hatte. Offenbar naͤmlich find ihre
Hoͤrner ihre Burgen, daher Iſengrim fie audy als Thieme
bezeichnet, und dieſe Eonnte er nicht in feine Gewalt ber
tommen, denn die Grafen blieben im Lande umd erfchies
nen Eur; darauf auf dem Tage zu Worms als Klaͤger
gegen Zwentibolk. Fuͤr jest aber kam Zwentibolk den vier
Geafen unerwartet; fie hatten ſich nicht gerüftet, daher
0
Jengrim bie Zaͤhne bee Wibder nicht furchtbar findet
umdb trogig Ihnen die feinigen (fein Kriegsheer) zeigt.
Rad) der Geſchichte theilte er zwar fürs erfte ihre Län:
dereien unter feine Anhänger aus, mußte jedoch in dem⸗
felben Fahre noch Altes voiederherausgeben, da Kaiſer
Arnulf auf dem Tage zu Worms die Grafen in Schug
nahm. Der Dichter greift demnach dem Gange der Ers
eigniffe nur ein wenig vor, und läßt den Ifengrim nicht
erft die Theilung vollbringen. Unter dem Widder Joſeph
ii der Graf Stephan gedacht; der Widder Colvarian ift
der Graf Odacar; der Widder Belig der Graf Matfrid
umd der Widder Bernhard der Graf Gerhard. Odacar
und Matfrid kommen duch noch unter andern Namen
vor. *) Ludwig Ettmülter,
Neue Zeitſchrift für die Gefchichte der germanifchen Voͤl⸗
fer. Don dem Thüringifch: fächfifchen Vereine für Er:
forſchung des vaterländifchen Altertbums und die Er:
baltung feiner Denkmale, herausgegeben durch den zeitis
gen Secretair des Vereins, Karl Roſenkranz. Erfter
Band, erſtes bis drittes Heft. Mit Steindrudtafeln. Halle,
Anton. 1832. 8. Der Band von vier Heften 3 Thlr.
Unter ben verſchiedenen Mereinen, welche in ben lehten zehn
68 zwölf Jahren in Deutſchland neu begründet worten find,
hat wnftreitig des Ihöringifch-fächfifche Alterthumsverein das fon»
derbarſte und beklagenewertheſte Schickſal erfahren. Wir braus
chen bad tepfere Beiwort ganz befonders, weil eine in Liebe und
Sarmiofigfeit begonnene Unternehmung, bie erfprießliche Folgen
verfpradh, durch die Beröffentlidhung berfeiden untergegangen iſt.
Wer wie Ref. es weiß, mit welchem Eifer und in wel:
der echt patriotiſchen Gefinnung die am 3. Dct. 1819 auf
bem alten Schloſſe Saale, zwei Stunden von Raumourg, ver:
fommelten Freunde bie Begründung jenes vaterlänbifchen Ber
eins unternahmen; wer ferner Zeuge gewefen ift, mit welchem
Eifer und mit weldyer Aufopferung un Zeit und Mühe ber Land»
rath Repfins und mit ihm der verſtorbene Lange in Pforte (denn
Dr. Jigen hat wur wenig für den Berein geleiftet) die beabſich⸗
tigten Zwecke zu fördern bemäßt waren; und wer nun fiebt, in
weichem traurigen Zuftanbe der genannte Berein feit feiner Lieber
fisvelung noch Halle ſich Befunden hat, — der wird ſich in ber
That eines ſchmerzlichen Befühls nicht erwehren können, daß To
viele Aräfte faft autzlos verfplittert worden find und ein fo eb»
ler Zweck nur zu fo geringen Refultaten geführt hat. Ja, man
wird bied um fo mehr beklagen müffen, ba ähnliche Vereine
wie der voigtlänbifhe, Leipziger, naſſouiſche unb andere, welche
ouf Anregung bes Thuͤringiſch⸗ſaͤchſtſchen Vereins geftiftet wurden,
ſchoͤner und fräftiger gediehn find.
Der Erfer wird nach den Urſachen biefer fehlgefihlagenen
fragen. Wer ben im erſten ‚Heft ber vorliegenden Samm⸗
tung enthaltenen Jahresberiht vom 15. Oct. 1829, das Girs
eularfchreiden an bie Mitglieder vom 18. Dec. 1881, unb bie
Grpestorationen in H. 2, ©. 112, gelefen hat, wird fih Man⸗
eb fetdR deuten Fbnnen. Dod wollen wir in der Kürze noch
Giniges rrgänzen. Der Berein begann zu finfen, wie er im
Sabre 1823 nad Halle verlegt‘ und aus Lepfius’ treuer Obhut
genommen ward, ben nur Äberhäufte Amtegefhäfte einer Direc⸗
tion entziehen konnten, in welder er fo Bedeutendes geleiftet
Batte, wie unter Andern die Intereffanten drei Jahresberichte
bes Vereins, die ımter feiner Leitung erfchienen, binlänglich bes
zeugen. In Galle fanb ber Berein glei von Anfang an yes
singe Zheilnahme, ſowol bei den Mitgliebern der. Univerfität
*) Der zweite und dritte Artikel folgen im Februar und
März. D. Red.
5
9
äh
.| sesq
ſehr ehrenwerthe Berg:
zum Praͤſidenten bes Vereins *
fuͤr die Geſchaͤfte eines Vereins,
dem er ſich nicht gut ganz entziehen konnte, und fein correſpon⸗
dirender und ordnender Secretair, Prof. Kruſe, wollte gleich mit
einem Dale zu viel erreichen und dem Vereine durch ‚organifch
Beſtimmungkn“, buch, „ Präfidial: Gonfesenzen “ und aͤhnli
uipedalia verba einen Glanz geben, der die fruͤhern, beſchei⸗
denen Leiſtungen zu überſtralen ſchien. Aber vergebliche Muͤhe;
das Miniſterium in Berlin kennte bei aller Eiberalität und Be
gänftigung wiſſenſchaftlichen Strebens nicht die einzeinen Gäge
ber neuen, vom Prof. Krufe. entworfenen Statuten gutheißen,
in denen unter Anberm der Verein fi) das Recht des fogenannten
Findeleuchtens, ganz gegen die Rechte ber Grunbbefiger, zueignen
wollte, vom Miniſterium einen Beitrag zu den Verwaltungskoſten
verlangte und für den Gecretair (einer Privatgelifchaft) eine
Bermebrung feines Dienfteintommens in’ Vorſchlag gebracht hate.
Das Septere war in ber That ſehr main. Auch die Gigenichaft
eined mit der Univerfität verbundenen Inftituts follte lange Zeit
dem Bereine.nicht zugeftanden werben, die Portofreiheit vermochte
er ebenfalls nicht zu erlangen, und fo mühte ſich Präfibium und
Bicepraͤſidium (erft Prof. Eprengel, dann feit 1827 der geſchickte
Arzt zu Halle, Dr. 3. R. Weber) und Gecretariat vergeblich
ab, bie Mitglieder zur regen Theilnahme und zur — Zahlung der
Beiträge anzuhalten. Die meiſten Mitglieder waren ſchiechte
Bahler, die halbe Armee, konnte wan mit ber Marketenderin in
„Wallenſtein's Lager‘ fagen, ftand in des Kafflrers Buche, und
aud) dies binderte wol manche Unterachmung. Dazu kam noch
ber fonderbare Gedanke, ein Corpus scriptorum rer. anic.
antiquiss. usque ad a. 500. p. Chr. n, herauszugeben. ie
erfehen zwar aus H. 2, &. 113, der vorliegenden „Beitfchrift”,
daß diefe Herausgabe nicht von dem Präfldinn und Gecretarigt
als bei ben Bewohnern der Stadt. "Der
hauptmann von Belth.im, jetzt
wählt, fand nur wenige Beit
bed Vereins Üübernemmen worben ift, aber man Eonnte bei ber
erfien Ankuͤndigung in Krufe'6,Zeitfchrift" 3b. 2, H. 8, S. 151 fg.,
nicht ander® glauben, als daß der Verein babei betheiligt fei. Und
ba mußten ſich denn ſelbſt Ditglieber des Vereins wundern, wie man
bei fo geringen Vorarbeiten von Seiten des Vereins ein fo weit⸗
ſchichtiges Unternehmen beabfichtigen und ben feligen Hofrath Schat
an die Spige fielen konnte. Denn unfer, in feiner Soviatität
fo hoͤchſt liebenswürbige Schuͤt konnte es freitich bei feiner Gut⸗
muͤthigkeit nicht abfchlagen, eime ſoiche Rebaction auf feinen Ras
men zu nehmen, wuͤrde aber trontefn feibft bei Iängerm Leben
gewiß nie auch nur einen Federſtrich für das Corpus gethan
haben. Wer in ben legten zehn Jahren in Schuͤh'ens Nähe
lebte, wirb es zugeben, daß es ein großer Misgriff war,
grade ihn zu wählen. Hr. Krufe aber, ein gelehrter Mann und
von einem gewiß fehr guten Willen, war durch anbere literari⸗
ſche Arbeiten und pädagogifche Gefchäfte zu fehr in Anſpruch
genommen, als daß eine thätige Theilnahme an biefer Redaction
za erwarten geweſen wäre. Jetzt bat Herr Roſenkranz jenes Ges
fchäft ganz. aus dem Bereiche des Wereins gewieſen und drin '
gend gebeten, ihn mit allen Anfragen zu verfchonen, indem bie
Beantwortung allein dem Hrn. Krufe obläge. Alſo dürfte mol
das bekannte parturlant montes hier eintreten.
Nach Hrn. Kruſe's Abgange bat Hr. Prof. Lorens nad
Kraͤften geftrebt, dem Bereine näglich zu fein, aber nach feinen
Aenferungen in H. 1, ©. zıı — xzırı, ohne großen Grfolg
und auch — wie wir glauben hinzufegen zu dürfen — ohne
fonderlihe Freude. Ihm Hat _fih jegt in Petersburg ein
befferer Wirkungekreis aufgethan. Mit Luft und Kraft fcheint
fih nun Hr. Roſenkronz des verwaiften Kindes anzunehmen, und.
allerdings berechtigen bie bisherigen Leiftungen dieſes thätigen Ge⸗
Iehrten zu erfreulien Erwartungen, bie ſich auch namentlich in
der vorliegenden „Beitichrift” offenbarın werben. Das Redactions⸗
geſchaͤft· liegt ihm größtenteils allein ob, und dies ift wahrlich
ba nicht leicht, wo bie Mitgliebee fo ſehr zerftreut find, wo fo
viele von den 188 Mitgliedern, unter benen 63 Chrenmitgticher
find (9. 2, S. 112), fi nur Anflands megen zum Beitritt ent
ſchloſſen haben und bie thätige Mitwirkung berfelben flets nur
%
ſehr bebingt iR. Nef. will indeß fein Unglöcktprophet fein.
Auch ihm liegt das- Bluͤhen und Gebeihen des Vereins ſehr am
Herzen, und er gibt ſich gern ber Hoffnung hin, baß bie neue
Drganifation gute Früchte tragen werde.
Zunaͤchſt verbanfen wir der neuen Rebaction bie Beforgung
der vorliegenden drei Hefte, mit denen bie „Neue naeitſzriſt fuͤr
bie Geſchichte der germaniſchen Voͤlker“ hervortritt. Der ver⸗
aͤnderte Titel fand feinen Grund in ber richtigen Bemerkung des
Herausgebers (H. 1, ©. vi), daß „in einem Kreiſe geſchichtli⸗
chen Lebens ſich Alles gegenſeitig erlaͤutere“, der wir ebenſo gern
unfere Beiſtimmung geben als der frühern Aeußerung bes Herrn
Prof. Loreng, daß ‚für bie Zeitfchrift des Vereins jeder Aufſatz,
außer den birlorifche und geographifch.antiquariichen Unterfuchun:
gen, ber über Verfaffung des Staats und der Kirche, über Eis
genthuͤmlichkeiten bes beutfhen Lebens, über Sitten und Ges
bräuche, Üüder ausgezeichnete Menfchen unb ihre Einwirkung auf
bie Nation ein neues Licht verbreitet, vorzugsweiſe willlommen
fein würbe.” Allerdings ift ſchon in dieſen Heften eine größere
Mannichfaltigkeit fidytbar, bie aber noch mehr gefteigert werben
muß, wozu die Worte des ‚Beraufgeb. in H. 1, ©. ıx, gegrün:
dete Hoffnung machen. Er felbft verfpricht Arbeiten über bie
Zauberer bes Mittelalters, über den Einfluß bed Boethius
auf bie Literatur bes Mittelalters, über norbifhe Mptbos
logie, über eine Archäologie des MWittelatters u. a. m. und
erwartet von Freunden geſchichtliche und artiftifche Auffäge über
mittelalterliche Gegenflände. «Aber ſchmerzlich vermißt man in
ber Lifte der Mitglieder den Namen der Sebrüber Grimm. Soll
ein Verein für deurfche Geſchichte ohne fie unternommen werden ?
Auch die Namen Benegke, Graff und Koberftein fucht man vers
geblih unter ben Ghrenmitgliedern fowie unter ben correfpons
direnden und ortentlichen Mitgliedern.
Den größten Theil des erften Heftes füllt ein Auffag von
Hrn. Director Heſſe in Ruboiftadt Über das foaenannte kevern⸗
burgifche Semälte und die Geſchichte des Schloſſes Kevernburg.
. Diefe durch außerordentliche Belefenheit in Allem, was auf bie
thuͤringiſche Geſchichte Benup bat, und eine’ befonnene Kritik aus⸗
gezeichnete Abhandlung ift ein wuͤrdiges Seitenſtuͤck zu des Verf.
Beſchreibung dee Rothenburg, zu Wilhelm's Schrift über Mem⸗
leben und zu Lepfius’ Aufſatz über die MRudelsburg. Achnliche
Monographien würden ber Beitfchrift ftet® zur großen Zierde ges
seichen, ta fie durch Erläuterung von Details der ausgebehn:
tern Geſchichtsforſchung trefflich in die Hand arbeiten. Dieſer
Abhandlung zur Geite, ale die zweite an Borzüglichkeit, ſtellen wir
ben Aufſatz bes feitbem verftorbenen Wilhelm (H. 2, ©. 938 — 103)
über das fächfiiche Caſtell Hocfeburc oder Saochſeburg (die hobe
Sachſenburg an dem Paſſe ber Unſtrut nach der golbnen Aue),
ein fhägbarer und wohlgefchriebener Auffag zus Geographie des
Mittelalters.
Bon nid,t geringem SIntereffe für ſolche Hiſtoriker, welche.
wie Jakob Grimm in ſeinen, Deutſchen Rechtsatterthümern‘’, das
Volksthuͤmliche in Sprache, Gage, Gebrauh mit Sinn und
Geiſt aufzufaflen verftehen, find bie Eocalitätss und Geſchichtsver⸗
geichniffe, weiche nach der Auffoberung des Thuͤringiſch⸗ſaͤchſiſchen
Vereins von Landräthen, Prebigern und ftädtifhen Beamten ge
wünfcht worten find, indem folche Ausführungen bie Höhere
Forſchung gewiß in einem nicht geringen Grade erleihtern und
beförbern. Diefer Weranlaffung verdanken zwei Auffäge, einer
in 9. 2, über ben mansfelbfchen Seekreis, ber andere (H. 3)
über die Stadt und Flurmark Xreiburg (beide im preußifchen
Herzogthum Sachſen), ihre Entflehung. Der erſte enthält nach
ben Anfragen bed Vereins bie einzelnen Rotizen mit ben Worten
der einzelnen Prediger, die fich ber Auffoberung des Landraths von
Mündhaufen, der hier das Organ bes Vereins war und auch die
Ginfendung an benfelten beforgte, angeſchloſſen haben, und bietet
in bunter Reihe ein Gemälde verfchiebenartiger Einzelnheiten,
freilich von fehr geringer Erheblichkeit. Das Protokol über bie
Stadt und Flurmark Freiburg iſt bie Arbeit bes baflgen Stabb -
fecretaiee Winkler, aber ebenfalls nur von ſchwachem Intereffe
Die orbnende Hanb eines Mannes von Fach wird freilih aus
beiden Auffägen viel wegfchneiden müffen, und die Frage liegt
daber fehr nahe, ob bie Collectaneen in diefer Geſtalt wol
zum Drucke geeignet waren. Zur Vervollſtaͤndigung der verſchie⸗
denen Kategorien und Rubriken, nach welchen foiche Merzeichniffe
ausgearbeitet werben müffen, theilt Dr. Roſenkranz einen Abe
ſchnitt aus der ſach⸗ und gebankenreichen Schrift des Hrn. Preus⸗
fer zu Broßenhain: „Ueber Mittel und Zweck der vaterlaͤndiſchen
Alterthumeforfchung”, mit (H. 2). Won demfelben Forſcher fine
den fih in H. 3 mehre Pleine antiquarifhe Mittbeilungen, uns
ter denen wir uns befonder6 gebrungen fühlen auf feine Worte
über die beutfche Alterthumsforſchung der neueften Zeit (S. 86 fg.)
aufmerffam zu machen, und fein Bedauern, daß man von der
Ueberfhägung zur Nichtachtung der deutſchen Alterthämer gekom⸗
men fei, bier wiederholt und mit unferer gänzlichen Zuftime
mung auszuſprechen. Die übrigen Auffäge übergehen wie
al8 weniger bebeutend. Gie enthalten wenig ober gar nickts
Neues, wie der Auffag des Paflors Keffel über bie naumburgifce
zeiziſchen Münzen (9. 1), ber nur von einer neuen, und doch
dazu von einer falſchen Münze zu fprechen weiß. Aus der Ehros
mit des Vereins haben wir fchon Einzelnes mitgetheilt. Daß in
H. 2. des Todes des Hrn. Dr. Wilhelm gedacht wurde, war.
nicht mehr als billig ; aber ein Dann, ber fein ganzes Leben an
die Erforſchung deutfcher Altertbümer gefeht hatte, der recht ei⸗
gentlich zu den Wenigen gehörte, welche das belebende Princip,
bie Seele des Vereins bildeten, hätte nach unferm Dafürhalten
einen ausfuͤhrlichern Nekrolog verdient. Ref. Tannte den was
dern Verſtorbenen unb ift nie von ihm gefchieben, ohne mit here
liher Achtung gegen feine edle Perföntichkeit und fein tächtiges,
ganz uneigennügiges Streben erfüllt zu werben. eine defcichts
lihegeograpbifhen Werke werben feinen Namen burdy die Gründe,
licyleit der in ihnen enthaltenen Forſchungen bei verbientem Ans
fehn erhalten; aber aud die Art und Weile feiner kn
der gefälligen Einkleidung, die nicht allen Auffägen über beutf
Aterthümer nachgeruͤhmt werben kann, und feinem lebendigen‘
Sinne für alles Schöne und Gute gebührte eine dankbare Ans
erfennung. Have cara aniına!
Wir fchließen unfere Anzeige mit bem aufrichtigen Wunfdge,
recht bald wieder in biefen Miättern über gediegene Auffäge im
der Zeitfchrift des Drau. Roſenkranz berichten zu können. Die
Zeit ift freilich ſolchen Beſtrebungen und Grinnerungen an bie
Vergangenheit ungünftig; um fo größer aber wirb das Verdienſt
Desjenigen fein, der folchen Beſtrebungen einen Mittelpunkt bare
bietet und von demfelben aus thätig die Wiffenfchaft zu fürbern
bemuͤht ift. 89.
Notiz. >
Ein 3eitungsartitel aus Kalkutta erregte vor einiger Zeit
in London großes Auffeben, und man war nahe baran, ben Ges
genftand in eine Öffentliche Berathung zu zieben, fo allgemein
und laut hatte befonters das ſchoͤne Geſchlecht feine Misbilli⸗
gung durch ein shocking indeed zu erkennen gegeben. Die Ans
zeige lautete folgendermaßen: „Krauenverlofung. Es wirb
biermit befannt gemacht, daß wieder ſechs niebliche junge Damen
mit zwei füßen Kindern von Guropa gelommen, alle mit bluͤ⸗
henden Roſen auf ihren Wangen, mit Liebenswürbigkeiten reich⸗
lich ausgeftattet und von böchft ſchmiegſamen Temperamente.
©ie follen bart an ber britifchen Galerie verlooft werben, das
2008 Eoftet 12 Rupien und die hoͤchſte Rummer gewinnt bie
bezauberndfte.” Wei genauer Unterſuchung zeigte es ſich aber,
dad ein Modenhänbler auf biefe Art feine Waaren fcherzhaft
angepriefen. 160.
Redigtet unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: 9. U. Br o@baus in Lei piig.
-
— — — — — — — — — —— ——
— — — — — ⸗—
\
Blatter 00
für
literarife Unterhaltung.
Donnerstag, . ..
— Nr. 24. — —
24. Januar 1 833.
Taſchenbücherſchau für 1833.
j Biertey Artikel.9 .
Bergeblih war unfer Harren auf zwei gehoffte Erſcheinun⸗
gen im Bereiche der Almanadyeliteratur, Zied’s „‚Rovellenkwanz”
und das bei Gotta erfcheinende, aber diesmal nicht minder wie
im vorigen Jahre audgebliebene „Damentaſchenbuch“. Wit bei⸗
ben gedachten wir in unferer Taſchenbücherſchau für 1888 einen
wärbigen Abfihfuß machen zu koͤnnen, der ſich nun ohne dies
feiben vollziehen muß. Gleichwol findet ſich unter der Tegten
Bteibe, bie wir Hiermit dem geneigten Leſer vorführen, des Ins
tereffanten, ja des Bedeutfamen nody jetz nur barf:ber
Bud nicht ermüden, unter vieler Spreu ein feltenes Koͤrnlein
aufsufpähen. Gpindier entfaltet uns die Kunft feines Zalents,
obwol die näher zu befprechenden Probuctionen feines vorliegen:
den Taſchenbuchs den gehaltvollen Werth feiner fräbern groͤ⸗
Gern Romane und Gittengemälde beimweitem nicht - erreichen.
&. Krufe, der alte rüftige Dänt, Liefert zwei treffliche Lebens:
unb Gerienbifber, und W. Bilumenhagen fcheint ſich wit der
gueiten feiner beiben hier vorgaführenden Novellen mit der Kris
tie verföhnen zu koͤnnen. Zum Frommen ber Kunft mag fomit
ein näheres und ernftlidyes Eingehen in bie Leitungen der ſechs
vorliegenden Büchlein erfolgen.
18. Bergißmeinnidht, von 6. Spinbler.
Durch einen treffiihen Druck und eine Galerie von Kupfern
aus Gpindler’s ältern Romanen hat die Hallberger’fche Vers
kagshandlang in Stuttgart hen vierten Jahrgang dieſes „Ver⸗
gißmeinniht” treffiich aufgeftattet. Mit dem Stauren’fchen Tas
ſchenbuche von gleihem Titel Hat das vorliegende bie Gleichfoͤr⸗
migfeit des Inhalte von einem und bdemfelben Verfaſſer gemein,
wobei jedoch der Lefer die Mannichfaltigleit der Prodbuctionen
entbehren muß, bie den eigenthümlichen Reiz in folgen Zuſam⸗
menflellungen zu einem Parabebüdjlein ausmacht. Jede ber drei
bier mitgetheilten Erzählungen verfegt uns in eine anbere Loca⸗
Ktät: „Der Liebestranf‘’ nach Spanien, „Die Peſt zu Marfeille‘
gibt ſelbſt ihre heimifche Dertiichkeit an, unb ‚Die Beleitötage”
führen uns corſiſche Ratur vor Augen.
Wenn wilde Haft ein edler Eifer, Erhitzung Begeiſte⸗
rung und thierifche Entzündung Liebe genannt werden dürfte,
bann wäre Spindler einer unferer brillanteflen Romandichter.
Bei ihm iſt nur allzu oft bloße Erhigung, was ben Poeten fe:
Lig begeiftert; niedrige Begier zeichnet er da, wo Anbere ein
Entzuͤcken der Seele unb eine Derzensneigung ſchildern; Haß,
Jaͤhzorn, wilde Wuth, das find feine Karben, mit denen er
gluͤckũch malt, fodaß Züge aus dem Mittelalter ihm befonders
gelingen; aber er muß aud dann treuffeißig geftalten, weil ihm
ber bligende Humor, ber plöglich feine Leuchten zündet, verfagt
ik. Man kann nicht leugnen, daß auch gegenwärtige Erzaͤh⸗
lungen in einemtforgfältig gehaltenen Styl verfaßt find, den bie
pathetifche, Fothurnartige Stimmung Spindler's nie flüchtig wer⸗
den läßt; ‚allein bie Stoffe find doch, befonders in dem „eie⸗
° Bal. Rt, 590 — 801, 819, 880, 836 u, 337 81, f. 1838. D. eb,
"und duch aus und magert ihn dergeftalt zum
bestrant”, ganz wild und. wüft durcheinander gefchteudert und
nicht dargeftellt, fondern hingeftürzt. Lüfterne Weiber, die dem
König von ihren Brüdern verfauft werben, während‘. die er⸗
wählten Liebeshelden vor Wuth fehäumen und zittern, Auto—
dafss, Stiergefechte, als Seitenſtuͤcke der Liebeshaͤndel, Mädchens
entfuͤhrungen, abgelebte Cardinaͤle mit dem Zipperlein, tübifche
Troͤdler, Giftmiſcher, Hexenmuͤtter, Raͤuberhoͤhlen, ſpaniſcher Ka⸗
tholicismus, alle dieſe Karben kennt Spindler und hat fie ſicher
auf ſeiner Palette; ſein Pinſel wird aber von den wuͤſten Ele⸗
menten, bie er bewältigen will, ſelber bezwungen, und fo miſcht
er ein Gemaͤlde voll Wirrwar und Rohheit zuſammen, daß der
Duft, der ber ſchlechten Delmiſchung entſteigt, anwidert. Dee
Faden, der durch jene heißentbrannten Scenen, bie uns auf ſpa⸗
niſchem Boden vorgefuͤhrt werden, ſich dindurchſchlingt, iſt duͤnn
und doch verworren. Ignazia, ein gluͤhendes Weib, liebt den
Verlodten ihrer Feindin, der fie bisher mit Verachtung behan⸗
delte. Sie gibt ihm einen Liebestrant, nad beffen Genuß er
für fie alsbald entbrennt und ihr mit zitternder Wuth auf ak
len Wegen und Landftraßen wie vom Böfen beſeſſen grabezu
nadhläuft. Dir Trank, den ex genoffen, hoͤhlt ion aber durch
erippe feiner
felbft ab, daß Ignazia vor ihm entfest flieht, als er fie aus
dem Klofter befreit. Der von ber Furie der Begier getriebene
Mariano läßt aber nicht von ihr ab; er befreit ſich aus den
Händen von Räubern, aus ten Ketten des Gefängniffes und
tummelt fidy balb wahnfinnig vor Sehnfucht tauſendfach umher,
ohne den Beſitz ber Geliebten zu erlangen, bis der Giftmifcher,
ben Sgnazia ald ben Zeugen ihrer Schandthat bei Seite ſchaf⸗
fen will, ihr ſelbſt den tödtlichen Becher kredenzt. Mit ihrem
Tode hört der Zauber des Liebestrankes auf, und Mariano, der
unterbeffen auf die Galeeren gefchmiedet wurde, kommt aus feis
nem traumartigen Taumel wieber zu Sinnen und verföhnt ſich
reuig mit feiner Verlobten.
„Die Peſt zu: Marſeille“ ift mit fo flächtig ſtizzirten Ro⸗
manverdaͤltniſſen durchzogen, daß das Product nicht fuͤglich eine
Novelle heißen kann. Die Menſchen, die bier zu feindlichen
oder freundlichen Gruppen zufammentreten, find fo raſch abges
ſchattet, daß man bei ber Haft, wie fie kommen und verfchwins
ben, gar fein Intereffe für fie haben Tann. Dagegen ift bas
Gemälde der marfeiller Peft mit allen Glutfarben, bie Spind⸗
ler in reichſtem Maße bei Schilderungen dieſer Art zu Gebote
fteben, ausgeftattet. — „Die Geleitstage” bringen es auch zu
£einer individuellen Geftaltung und begnügen ſich mit Darſtel⸗
lung corfifher Naturen, an bie ſich einige ſchlaff zuſammenhaͤn⸗
‚gende und fchlotternde Scenen anknüpfen.
14. Hulbigung den rauen, herausgegeben von Caſtelli.
Diefer elfte Jahrgang bes eben genannten Tafchenbuchs ift
mit einigen aus den Erzählungsfloffen des Inhalts enttehnten
weiblichen Bildniffen geſchmuͤckt, deren Zeichnung jedoch nicht
jedes Mal wohlgerathen genannt werden kann, und die fämmts
li von dem Titelkupfer übertroffen werden, das bie Erzher⸗
zogin Sophie, geborene Prinzeſſin von Baiern, darſtellt. Die
N
,
! " 98
t befgämt bier eimmal auf ſchlagende Weife bie Phan⸗
—— Bönhient die Sopie des Wirtlichen überbietet bier
an Hoheit und Anmuth alle Erfindung. Der Literarifhe Ja⸗
halt des Boͤchleins, ber bie erwuͤnſchte bunte Mannidfaltigkeit
nicht vermiffen laͤßt, bietet zunächft eine Novelle von &. Krufe:
„Beau und Magd’. Krufe, ein Veteran deutfcher Novelliſtik,
iſt nicht in jener romantifd) s hiſtoriſchen Schule erwachſen und
alt geworden, die fo viel Unpoefie in die Dichtkunſt hineingeſchleppt
hat; er hat durchaus feinen eignen Cyklus ſelbſtgeſchaffener
Ideen und Figuren, die er mit vieler Durchdringung der bloß
äußerlich ſchimmernden Schale ausprägt. Jene romantiſchen
Subler reihen einige hiſtoriſche Scenen aneinander und benten,
wenn fie eine romantiſche Localitaͤt, ſei's aus Reiſebeſchreibun⸗
gen oder aus eigner Anſchauung getreulich abftrahirt und aus⸗
gepugt haben, ihr ſchlotterndes Machwerk, das nicht niet⸗ noch
nageifeſt ift, fei dann comantifche Poeſie. Kruft kennt und liebt
die Romantit immitten bes bürgerlichen beutfchen Lebens ber
Gegenwart ; er fchildert gern Derzensangelegenpeiten im Con⸗
flict- mit äußern Verhältniſſen, ſchafft aus dem Schatze wohl:
erworbener und trefiender Menſchenkenntniß plaſtiſch Lebendige
Wefen, weit den Stufengang, das Steigen und Sinken ber ins
nern Regungen feiner Perfonen nach und madıt — was ihn von
jenen hiftorifhen Romantikern weſentlich unterfeider — eine
Kataftroppe, um bie er feinen Stoff vertheilt und herumlegt,
ſodaß man am Ganzen Zweck und Plan, Anfang, Mitte und
Gnde abſieht, wa6 an ben Spindler’fchen Novellen oft vergeb⸗
Lich zu fuchen fein möchte. Gin junges feelenvolles Mädchen,
das nad H. kommt, um nad) ded Vaters Tode irgendwie einen
Dienft zu ſuchen, iſt die Hauptheldin der oben genannten Novelle
von Krufe. Mariannens Weſen ift die verzichtende Unſchuld, bie
ſich den, wenn nicht heiter, doch rein bleibenden Urgrund ihrer
Seele mitten im Gontraft gegen Welt und Menſchen bewahrt
und mit Jener flilen buldenden Apathie ſich räftet, bie fie von
der eigenfüchtig ftrebenden und zufammenraffenden Lebensiuft und
Lebensgier der meiften Menfchen gar fehr unterfcheibet. Der
leichte Hauch ber Kröplichkeit if von Mariannens Antlig fort
gewiſcht, eine innere Seelenerfahrung hat ihr Gemuͤth ſchon fruͤh
gereift. Ihre Halbfchwefter, bei der fie in der Stadt einen
Bufiuchteort ſucht, findet fie krank; ein bildſchͤnes Kind, das
diefelbe für das ihrige ausgibt, um das fid; jedoch eine vorneh⸗
wie Dame oft und angelegentlidft erkundigt, liegt neben ber
angeblichen Kinbbetterin. Aus den Zügen der Heinen Aglaja
Spricht Mariannen ein unnennbares, geheimnißreiches Etwas an;
.fie kann von dem Kinde nit laſſen und befchließt, nach der
Schweſter Tode ſeine Mutter zu fein, obwol die Ahnung, es
gehöre bem niebern Kreife nit an, immer mehr ſich zu beftä«
tigen fcheint. Grau von Strahlenhelm, bie vornehme, reigende,
verfuͤhreriſch ſchͤne Dame, nimmt Mariannen in ihren Dienft
und eröffnet derfelben in einer Stunde. vertrauter Mittheilung,
wie fie einen jungen ſchwermuͤthigen Wann gefeffelt habe und
mit ihm einem ſchoͤnen Büntniß entgegenfehe. Marianne muß
ihr eigned Liebeögeheimniß, dad an ihrem ftillen Herzen nagt,
effenbaren, und aus ben gegenfeitigen ‚Derzendergießungen zwi⸗
f&en Frau und Magd ergibt es fich, daß der Gegenſtand ihrer
"peiberfeitigen Neigung berfelbe if. In dem Landfchloffe einer
‚ Gbelfamilie, wo Marianne Erzieherin der jüngern Kinder ge:
weſen war, hatte ber Sohn des Haufes zu ihr eine innige Liebe
gefaßt. Je fanfter und fliller er liebte, deſto mehr prägte ſich
aud in ihrem Herzen fein Wild tief ein, und erft als feine
unterdräcdte Neigung in eine fchleichende Krankheit aus zuarten
begann, entſchloß fie fi, den Kreis ber Zamilie, deffen Ruhe
fie aicht weiter nefährten wollte, zu fliehen. So kam fie nad
H., und Guſtav, der fid) auf Reifen zerfireuen wollte, wurde
eben Sort von den Reizen der rau von Strahlenheim gefeffelt.
Bor der Thür treffen fie unvermttbet aufeinander. Man hatte
dem jungen Manne die Unfchuld feinen frübern Geliebten ver⸗
daͤchtigt; jest fieht er fie weit dem Kinde im Arme das Baus
feiner Verlobten für immer wie eine Fluͤchtige verlaffen, und
ihre ſchwankenden Worte erregen von Neuem den falfchen Ber⸗
⸗
dacht. ben feine Braut nicht ermangelt-zu erharten. Shen IR
ber Hochzeitetag beflimmt, da bricht in der Straße Beuer aus,
wo die Räherin, die das Wrautlieid fertigt, wohnt. Guſtav
eilt hinzu: Marianne felbft ift die Räherin, die, das gerettete
Kind im Arme, das er für das ihrige fie für das feinige hält,
buch bie Fiammen fchreitet- Auf der Reiter ſchwankt ihr Schritt,
während Yinter ihr der brennende Giebel zufammenftürzt; Gm
ſtav fliegt ihr entgegen und bringe fie in Sicherheit. Im Bine
mer feines Baters erwacht die Ohnmächtigez das Raͤthſel mit
dem Kinde loͤſt ſich, die Strahlenhelm ift die Mutter, fein Va⸗
ter bleibt unbelannt, und Guſtav wechfelt bie Braut, nachdem
fi die urfprängitche Eiebe aus der Verirrung des Lebens friſch
berausgefhält Hat. Die endliche Adfertigung der Kolette ift
hoͤchſt originell erdacht. — Kruſe's Styl if bald zu falopp,
bald in eingefchadhtelten Perioden zu ſchwerfaͤllig gedehnt; Der
Ausbrudy bed bedratfamen Feuers Hätte beffer motiviert ‚werben
ſollen, und das Dunkel, das über dem Vater des Kindes ſchwedt,
möchten ‚wir fortwuͤnſchen; aber bei alledem find body menfche
liche Weſen, befondere Indiwidwalitäten, für bie man fidy inter
eſſiren kann, hingeſtellt md die innerlichen wis aͤußerlichen Be⸗
— verſchiedener, fertig und klar gezeichneter Perſoͤnlich⸗
iten zu einem Gonflict und einer Kataſtrophe geſchickt zuſam⸗
wengefaßt und geordnet. -
ie andern profaifdgen Erzeugniſſe des wiener Taſchen⸗
buche find weniger eigenthümlicy und bebeutfom unb berratpen
fort ſaͤmmtlich die glüdfelige Gutmuͤthigkeit der wiener Verfaſ⸗
fer, die ſich aoch an Gebilden und Formen ergögen, welde im
Niederbeutfdjland laͤngſt in ‚das Regifter des Weralteten einges
teagen find, „Die Rache bes Daͤmons“, eine romantiſche Er⸗
zaͤhlung von Kuffner, in welder ſich ber Held dem Teufel
verſchreibt, um die Geliebte zu erlangen, kann nur in Wien fo
aͤffiſch und pfäffifch erzäpit werben. Selbſt der Styl iſt kin⸗
diſch wienerifch.
Werthvoller erſcheint bie wiener Lyrik, denn bier iſt nain
und kindlich, was in einer hoͤhern Form ber Poeſie als ſchlaff
und nachlaͤſſig gerügt werben muß. Wir finden freilich hier
auch viel inhaltsleere Sehnſuchts⸗, Wondfchein:, Brühlinge =,
Dämmerungstöne, die gewöhnlichen Ditettantenftüdkhen ; allein
außer manchem erfrfulichen Eiede: einen gefühlvollen Liebesfeufs
zer „Zu Dir”, von W. Marſanoz acht Lieber unter bem
gemeinſchaftlichen Zitel „Verona illustrata”, von bem zu früh
geftorbenen &. Halirſch, vom Mai 1831; eine anmuthig
fpielerifche wiener Wigelel: „Die Bebeutung bes Woͤrtchens:
na!‘ von A. Kahlert, ein fehr gelungenes Declamationsftüchz
zwei treffliche Gedichte vol phantaſtiſchem Wig von Braun v.
Braunthal, u. f. w. Verwunderung erregt aber, daß ber bes
rühmte 3. v. Hammer in dem „Mittag, nach Öftlichen Dich⸗
tern” fo fchlotterichte Diflichen machen Tamm wie folgendes:
Hirſche röhren nicht, es heulen nicht die Schakale;
Dferbe wiebern nicht, ed beflet nur heifer ber Hund.
Auch ber niederdeutfhe Raupac Hat als Lyriker mit brei Liebe
hen beigefieuert, von denen das britte befonders ebenfo innig
tief wie anmuthig ift. .
15 Rheinifhes Taſchenbuch, herausgegeben von
Dr. Adrian.
Eine Galerie aus Cooper's Werken, und zwar aus ber
„Waſſernixe“ und dem „Bravo“, gewähren dem Lefer zunädft eine
anmuthige Grinnerung an frühere Lecture; bie begleitenden und
erflärenten Textworte bieten dem Gedaͤchtniſſe zugleich eine
willlommene Unterflügung. Sodann führt uns ber Herausgeber
einige Skizzen aus Lord Byron's Leben und Schriften vor, bie
uns, fo wenig auch damit ein biographiſcher Abfchluß oder eine
genügende Probenauswahl aus ben Dichtungen bes merkwuͤrdi⸗
gen Briten bezweckt werben follte, dennoch einige Scenen aus
feinem äußern und innern Leben erdffnen, bie recht wohl zur
Sharafteriftit feiner Perſoͤnlichkeit als Menſch und Dichter ges
eignet find. Zu Byron's Portrait ſtellt fein beutfcher Ueber:
fegee mehre kurze Schüberungen feines Perſonlichkeit von Zeitz
— — — oo
(2
0.
„ bie längere ober Pürzere Zeit in feiner Nähe lebten,
einen von verfchiebenen Seiten aufgefaßten, erläuternden
Gommenter zufammen, zu weichem WBonfletten, eine ungenannte
Benrtianerin, fodann des Dichters Geliebte, bie Gräfin Guic⸗
ciolt, Leigh Bunt, der den Lord feinen Wohlthaͤter nennt, ferner
ein berühmter englifcher Portraitmaler und endlich Thomas
Moore baid mehr oder weniger mit gluͤgtichen Beobachtungen
beifteuern. Gehr richtig portraitirt ber genannte Leigh Hunt By⸗
rons Geftdgtsbildung unter Anderm mit folgenden Worten : „Der
Kianbatken war zu ſtark für die obern Theile bes Antliges.
Es Hatte den ganzen Gigenwillen eines Despoten. Das Anis
malifke war über den intellectuellen Theil feines Kopfes in
dem Mate vorherrihend, als das Geſicht im Verhaͤltniſſe zu
dem Schaͤdel groß war. Geine Geſtalt war fehr ſchoͤn, obwol
fie in Lahmheit endigte und fi zu Beleibtheit und Verweichli⸗
&ung neigte, wobei ich mich Deffen erinnere, was ihm eine
feindlich gefinnte Schöne vorwarf, nämlid daß er wenig Bart
babe, ein- Fehler, der nad) "ber Anficht einer andern, nicht feinds
Ed gefinnten Dame, das Goͤttliche feines Antliges nur noch ers
höhte, — imberbis Apollo.” Der Portraitmaler Lawrence bes
merkt: ‚Nie hat ſich die Wahrheit des Syſtems von Lavater
fo einbringenb bewährt als bei Lord Byron's Gefiht, in wels
dem man den ganzen Charakter ficht: feinen fühnen und ra⸗
fen Beil, feine Ausfchweifung und feine Bitterkeit, fein urs
fprängliched Gbenmaß, durch tie Leidenfchaften verzerrt, fein
Lachen, in weldem Heiterkeit und Hohn gemiſcht find” u. f. w.
Abrian begleitet fodann drei Scenen aus dem „Gorfaren”, „Mas
seppa” und ‚Manfred‘ mit Stellen feiner im Ganzen gelungenen
Ueberfebung und erläutert bie Darftellungen von Janina aus
dem „Edhilde Harold’, von Byrne Palaſt in Benedig und von
bes Mewftead: Abtei, wo ber Dichter als Anabe und Jüngling
lebte. Unter biefen drei Lembichaftäbildern iſt bad erſte befons
ders fein und gebiegens das zweite zeigt uns den Schauplatz,
wo Byron feinen „Don Zuan” bichtete und lebte, wo fein Freund
Shelley bie Energie dieſes wunderfamen Geiſtes am vollenbets
fien entwidelt fand, und wo jene merkwuͤrdige Fornarina, Mars
gerita Gogni mit Namen, bie wüthende Grazie, die Byron eine
Fauſtina mit junoniſcher SBeftalt” in einem Briefe nennt, fih
eine Zeitlang Mygibın gefeilte. ,
Bon fremden Beiträgen wirb uns eine hiſtoriſche Sryth-
lang von bem überall engagirten Blumenhagen und eine Ro⸗
N,
velle von Zehner bargereicht., peldyem letztern Poeten, wofern.
es ein ſolchek if (quod est demonstrandum), wir ſchon in der
„Ütinexva” zu begegnen fo unglüdlich baren. Daß Blumen:
Jagen in ber hier vorliegenden Erzählung: „Der Gonvent zu
Hildesheim im 3. 1640”, mit handverifgem Patriotismus renom⸗
wirt, verſteht fich von ſebſt. Es kann aber nicht fehlen, daß ein
fleißiger Hiftorioromantiter, felbft wenn er nach intereffanten Ins
triguem und Gruppen: blos in heimifchen Geſchichtsbuͤchern fpäht,
in alten Schwarten und Acten dekgleichen mitunter findet, zu
welchem fodann eine kuͤnſtleriſce Geflaltung und Ausführung Hin:
zulommen muß, wenn ein gefälliges und geſchmackvolles Zeitbild
einer vergangenen Wirklichkeit geliefert werben fol. Wenn ber
Stoff der genannten Novelle einige gute vorgefunbene Züge und
Phyfiognemien verräth, fo fehlt es body gar fehr an Dem, mas
ich Zuthat nannte, was aber in kuͤnſtleriſcher Hinſicht eine
HOamptſache ift, naͤmlich an gefhmadvoller Gliederung und Grup⸗
pirung der gegebenen Elemente. Im genannten Jahre traten
mehre proteftantifhe Fuͤrſten Niederdeutſchlands, franzöfifche
Abgefandte fammıt dem ſchwediſchen Banner zu dem Gonvente
in Oiidesheim zufammen, wo ein großer Theil von ihnen durch
die Botheit fanatifcher- Mönche, weiche bie Becher vergiftet hate
ten, umlam. Während fie noch bei Tiſch figen und zechen, ers
hätt der Herzog Georg von Lüneburg von feinem Hofmaler ein
Gonterfei zugeſchikkt, auf welchem die Wergifter mit einer
Schlange als Symbol dargeſtellt find und auf biefe flumme
MWeife verrathen werben. So retten fi Gero Georg unb
General Banner, während Andere ſchon Dpfer bes Verrathes
find. Dies anſcheinende Hauptintereſſe der Erzaͤhlung tritt je-
— — nn: EEE REES
bed) ganz an dat Ende derſelben, und der ganze Vorgang wird,
ſtatt Iebendig und praͤſent vorgeführt zu werden, nur tfferirt.
Die Hauptfigur ift der Maler, ein Katholik, weicher nach einen
vergeblichen Verſuche der Mönche, ihn zur Theilnahme am Vers
brechen geneigt zu machen, unter dem abgendthigten Verſpre⸗
hen, Niemand das Geheimniß mitzutheilen, fo lange bis das
Bubenſtuͤck vollbracht iſt, gefsmgen gehalten wird. Die Bor⸗
nirtheit ded Malers, der fich ohne Hinlängliche Motive an Ort
und Gtelle feffein läßt, glaubt dem Poeten kein Menfch in der
Weitz; man ift zu fehr an pfiffige Haupthelden, die Haar auf
ben Zähnen haben, gewöhnt. In der verfperrten Kiaufe ente
wirft num der bornirte Maler jene Skizze, die er durch ein
Kind dem Herzog überſchickt und welche beinahe zu fpät ben
Verrath ber Jeſuiten enthüllt, Des Malers Verhältniß zu eis
ner aͤltiihhen Dame ift dann die Hauptſache des Stoffes, fo wer
nig Zufammenbang felbft äußerlich zwiſchen feiner Liebe und
der Conventsgeſchichte auch zu finden fein mag. Im Schloſſe
biefer Dame, er weiß nicht, iſt's ein Fraͤulein oder eine Witwe, '
war er früher als ein Fieberkranker verpflegt worden. Kunſt⸗
ſtudien zogen ihn darauf nach Italien, allein die Gebnfucht zu
Klotilden trieb ihn bald genug wieder nady der Heimat ber
Edeldame. Diefe fon bedeutend ältere Beliebte Hält dem
Stuͤrmiſchen das Misverhältniß ihrer Jahre entgegen, unb als
ee noch eifriger in fie dringt, bie Geinige zu werden, fagt fie
myftifch genug: „Begehre nicht, was dem Grabe verfallen iſt,
bu wirft Moder und Graus finden, wo du Gold und Gbelfteine
fachteſt!“ Diefe Worte, bie auf Wahnfinn deuten koͤnnten, ers
klaͤren ſich fpäter dann dadurch, daß Klotildens unreines Ber⸗
haͤltniß zum Schloßherrn, der ſie als eine Waiſe zu ſich nahm,
aufgehellt wirb. Sie gebar einen Sohn, den der Freiherr je⸗
doch, in Windeln gehuͤllt, in den Schnee warf. Der grauſame
Bater rigte fich aber dabei an einer Radel ben Finger, und feine
Hypochondrie fagt ihm, einft muͤſſe er an einem Nadelſtiche ver⸗
biuten. Halb wohnung flieht ee das mit ben fpigig kleinen
Dolchen bewaffnete Weibergeſchlecht, und ſelbſt Klotilden trennt
in einem und demſelben Zimmer eine Barriere von ihm. Aus
biefem Verhaͤltniſſe Hätte der Humor etwas Gelungenes fchaffen
koͤnnen; allein To trodten ernfl, wie der ehrſame Hanoveraner
dies bingeftellt bat, macht es die Eäglichfte Wirkung von bee
Welt. Die Widerfinnigkeit des ganzen Geſpinſtes wird nicht
wenig noch badurch vermehrt, daß der Lüneburger Herzog ſich
bei dem verrückten Freiherrn Raths erbolt, ob er ſich den
den oter dem Kaifer anfchließen folle. Endlich ergibt ih wun⸗
derlich genug, daß der Maler das ausgeſetzte Kind iſt; der Frei⸗
berr flirbt darüber vor Schreck; Grauen aber und Gntfegen exe
FH Mutter und Gohn, bie an eine. eheliche Verbindung
dachten.
„Belly“, eine Erzaͤhlung von Zehner, probucirt eine
lange, dde und verworrene Geſchichte von Negerkriegen, Neger⸗
liebe und Negerrache mit untermifchten Suropäergeftalten, die
in Guinea landen. Ein Haufe von Namen kreuzt fih wuͤſt
durcheinander; daß Perſonen dahinterſtecken, ift fchwer wahre‘
zunehmen, denn es find lauter Schatten. Herr Zehner iſt eine
Art Offian, aber ein burlester Oſſian. Der afritanifhe Boden
und bie Regerfitten in Guinea bieten dem gelehrten Undichter
vielfache Veranlaflung, feine erlernten Localfenntniffe in fremds
artigen Namen und Bezeichnungen an den Tag zu legen; wenn
es weniger verworren bingeftellt wäre, hätte es ſicher einen,
wenngleich nur bedingten Werth: jebe Reifebeichreibung berich⸗
tet aber klarer und deutlicher, ats es bier geſchieht. Die Als
bernheiten in der Diction (‚die brüfelnde Phantafie”, „wozu das
Grammeln!” u. fi.) vollenden die Geſchmackloſigkeit, in wels
der fih ber Verf. gefält.
Mac einer fo unerfreulicden Lecture werben bie „Erzaͤh⸗
lungen am Meere‘ von Adrian auf jeden Leſer befto freund⸗
licher wirken. Im Salon des Babhaufes zu Boulogne:fursmer
findet fich eine kleine Gefellfhaft zufammen, bie uns mit
frifhem Humor geſchildert wird, und in welcher ein jedes
Mitglied eine feinem Charakter angemeffene Hiſtorie zum
}
100 - -
Beften gibt. Unter ben gu biefer Weranlaffung mitgetheil⸗
ten Anekdoten ift befonders bie zweite, „Abenteuer eines
Schaufpieldichters”', trefftich erfunden und mit jenem meifterhafr
ten Pinfel ausgeführt, der bie Skizzen und Bilder aus Eng⸗
land ſchuf. Gin ebenfo waghalfiger als betrüglicher Schau:
fpieldirector, der feine Benefigvorftellung fo wohlfeil wie moͤs⸗
iich auszuſtatten gedenkt, weiß einen armen Poeten für feinen
gan zu gewinnen und überredet ihn, an dem gewinnreichen
bend das Held für ihn einzulaffiren. Der Dichter, ein ſchuͤch⸗
terner, armer Teufel und ein gutmüthiger Narr obenein, laͤßt
fi dazu bewegen: da bringt jener noch in ihn, eine Bedien⸗
tenrolle im Stüde felbft zu übernehmen. Auch dazu verfteht
fi endlich der gedemüthigte Muſenſohn; als er jedoch mit ges
füllten Taſchen aus der Kaffe nach der Bühne kriecht, um dort
als der Diener des Directors zu agiren, da bligt ber Gebanfe
in ihm auf, das Geld nit eher herauszugeben, bis er fi
für feine Foderungen an ben hartherzigen Gntrepreneur bezahlt
gemacht haben würde. Gr trift als Diener mit feinem Herrn
vor bie Gouliffen, und während fie ihre Rollen laut weiter führen,
unterhandeln fie fadyt für fich über gegenfeitige Auseinanberfegung,
bis fie plöglih vor Eifer über Das, was fie wefentlicher inters
effirt, au® ihren Rollen fallen und fi zu raufen anfangen, um
mit ber Kauft ihre Anſpruͤche zu erfräftigen. Der Poet ftürzt
zu Boden, feine gefüllten Taſchen berften; bie Geiger im Dr:
chefter, die noch nicht bezahft find, flreichen bie rollende Münze
mit ihren Bogen ein, und endlich flürmen die "Gläubiger im
Parterre, denen der Director ebenfall& verfchulbet if, auf bie
WBreter, um in bem allgemeinen Tumulte fo viel als möglich zu
dem Ihrigen zu kommen.
. " (Der Beſchluß folgt.) -
Der Freiherr von Reichlin : Melbegg.
Unter denjenigen Thatſachen, welche Carové in feinem ins
haltreichen Buche: „Die legten Dinge des roͤmiſchen Katholicis⸗
mus in Deutſchland“ (Leipzig 1832), für das in der Fatholifchen
Kirche Deutfchlands vorhandene Läuterungss und Beflerungss
fireben, mit namentlicher Beziehung auf die Fatholifchen Hoch⸗
ſchulen, anführt, gebenft er auch (S. 105) bed vormaligen Pro»
feflors der Kirchengeſchichte an ber Fatholifhen Univerfität in
Freiburg im Badiſchen. Denn von bem Uebertritte deffelben zur
proteftantifhen Kirche (d. 19. Febr. 1832) konnte &. damals,
als er jene Einleitung ſchrieb, noch nichtd willen. Wir haben
früher in d. Bl. (1832, Nr. 160) des „Sendſchreibens“ an ben
Erzbiſchof von Freiburg. gedacht, welches v. R.⸗M., zur
Motivirung jenes Uebertritts vor dem katholiſchen und prote⸗
ſtantiſchen Deutſchland, bald nach demſelben hatte drucken
laſſen (Freiburg 1832).
gen Acten, behufs des von der Wiſſenſchaft, nicht uͤber die
Perſon, die es betrifft, ſondern uͤber die Sache ſelbſt zu faͤl⸗
lenden Ausſpruchs, naͤmlich daruͤber, ob das Syſtem der katholi⸗
ſchen Kirchenlehre vor dem Tribunale der Wiſſenſchaft gerettet
werden koͤnne, oder wenn nicht, ob es nicht auch im Leben auf⸗
gegeben werden muͤſſe, — wollen wir hier nur in der Kuͤrze,
theilg der im Sinne der katholiſchen Kirche angeſtellten Prüfung
obigen „Sendſchreibens“, unter bem Titel: „Das katholiſche Glau⸗
bensbefenntniß, wie es bei ber Priefterweihe befchivoren wird.
Von Ih. Zof. Heberling” (Augdburg 1832), theild des
„Ausfchreibens bes Erzbiſchoft B. Voll zu Freiburg, den Außs
tritt bes Prof. Reichlin: Meldegg aus ter kath. Kirche betr.,
an die Seelſorger und gefammte Geiſtlichkeſt des Erzbisthums,
d. d.10. April 1832” (in der „Allg. Kirchenz.“, 1832, Ar. 170),
theil® endlich des „Sendſchreibens an Herrn Freih. v. Reichlin⸗
Meldegg. Bon dem Verf. der Schrift: Wider römifche Ber
fegerungsfudht u. f. w.“ (Mainz 1832), gedenken. Mit
dem Berf. biefes letzten Sendfchreibens wollen wir hier biefe
ganze Sache allen katholiſchen Dogmatikern ausdruͤcklich zur
Zur Vervollſtaͤndigung ber diesfallſi⸗
Prufung und zur redlichen Entſcheibung empfehlen‘ Uebrigent
iſt der Verf. der Schrift: „Wider roͤmiſche VBerkegerungsfuckt‘!
u. fe w. (Reipzig 1831), ſelbſt ein rüftiger Kämpfer füe
chriſtlichen Karholicldmus gegen roͤmiſchen; er iſt Derſelbe,
von dem die Schriftchen: „Die Opfer des Coͤlibats“ (Reuſtadt
a. d. OD. 1881), „Wie lebte und farb Ganganelli ?“ (ebend.
1832) find, und bey die „Stimmen aus ber fatholifhen Kirche
Deutſchlands“ (zwei Hefte, ebend., 1831 — 32), herausgegeben
Ge Er ift ein bentender Latholifcher Geiſtlicher * Deſt⸗
rei [ w. —
Findlinge.
Verbeſſerung der Schlaguhren im J. 1559.
Bis zum Jahre 1559 gaben die Uhren ber Stadt Augs⸗
burg durdy Anfchlagen nur den Ablauf der ganzen Stunden zu
erkennen. In jenem Jahre verweilte Kaifer Ferdinand in Augs⸗
burg, und auf feine Beränlaffung gefchah es, daß der Rath eine
neue Glocke anfertigen und über ber alten Schlaguhr auf dem
Rathhaus aufhängen ließ, durch welche ebenfalls die Viertel⸗
ſtunden angegeben wurden.
Duelle in Jena.
Der alte Spruch:
Wer von Leipzig kommt ohne Weib,
Von Wittenberg mit geſundem Leib,
Von Jena ungeſchlagen,
Der hat von Süd zu ſagen. .
mochte in früherer Zeit woWoft. ſich bewahrheiten. Snbeffen
hat audy das Gerücht hier übertrieben. Es fehlt uns af ftatis
ftifhen Zabellen in Hinſicht auf Kipzig und Wittenderg.- lies
ber Sena liegen genaue aus ben Stirchenbücdern entnommene
Liſten vor. Es finder fi in des Grafen Beuft „Sächfiichen Pro⸗
vinzialblättern” (3. 1798, Bd. 2, ©. 325, fg.) eine chronologi⸗
fe Ueberfiht, welder zu Folge vom Jahre 1581 — 178%
57 Gtudiofen im Zweikampfe töbtli verwundet wurben,
Vom Jahre 178% bis heute wird ‚fi die Anzahl foldyer
Unglüdliden kaum auf fünf oder ſechs befaufen. Es ges
hören demnach ſolche Zälle auf einer Univerfität, die in ihrer
hoͤchſten Blütezeit über 2000 benten zählte, immer nody zu
den Seltenheiten. Der Erfte zu Sena im Duell den Lob
fand, war der Stud. der Rechte von GSitbie (Febr. 1581).
Am Ofterfonntag 1616 drangen brei Stubenten in bie Woh⸗
nung bes Gtubiofus Chph. PYalemann aus Verden und fegten
ibm fo zu, baß er aus Angft zum Fenſter binausfprang und
auf diefe Art das Leben verlor. Auch ein Brudermord findet
fih in den Werzeichniffen (Khph. Stromer Nov. 1636), wo
ebenfalls biejenigen genannt find, bie in der Saale, meift beim
Baben, um bas Leben famen. Es find deren (von 1581—1796)
16, darunter auch zwei Studenten, bie nebft einem lübers
lihen Weibsbild, das fie auf ihrem Pferbe mit in die Stadt neh⸗
men wollten, in der damals eben angefchwollenen Saale ers
tranten. Grfroren ift nur ein Gtubent im’Xebr. 1660. Im
Zumult erfchoffen wurben im Auguft beffelben Sahres vier von
ber Buͤrgerwache, und zwei andere im Aug. 1712 von den
Grenadieren. Selbſtmoͤrder macht jene Lifte ebenfalld mehre
nambaft. Der erfte, Reit aus Wien, erhbenkte ſich im April
1672. Im Mai 1728 entteibte fi ber Student Zehner durch
zwei Sticye in bie Lunge. Im Dct. 1772 erſchoß fi Freeſe aus
Medtenburg, nachdem er ſich über 30 Stiche mit dem Meffer in
die Bruft gegeben. Im März; 1790 md im Dct. 1792 fielen
ebenfalls Selbſtmorde vor. — Es wäre unftreitig intereflant,
wenn in Bezug auf andere Univerfitäten ähnliche genaue Ber⸗
zeichniffe über ungewöhnliche Todes arten von Studenten befannt
gemacht würden; es dürfte baraus hervorgehen, daß die Anzahl
der im Duell Gebliebenen beiweitem geringer ſei als man ges
mwöhnlich anzunehmen pflegte. 84,
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshandlung: 8. A. Brodhaus in Leipzig.
—
B lätte r
literarifch e
un terbaltung.
Büerter Kertite N).
(Beſchluß aus Nr. 2.)
16. Zofhenbud zum gefelligen Bergnägen. Leim
zig, Hartmann. .
In Betreff ber Stiche minder reich auögeftattet, hat das
Büdlein um fo mehr der innen literarifchen Ausfchmüdung fich
au erfreuen, ba der Zufall von Krufe und Blumenhagen
ihre beſten diesjährigen Erzählungen hier vereinigt zu haben
ſcheint. Nehmen wir an dem Mroducte deö erſten der genannten
Dieter: „Verirrung aus GSelbfifudt”, die etwas zu fehr ges
dehnte Ginfädclung des Stoffs und bie an der Schreibart des
Bekf. ſchon von un, gerügte kanzleiartige Einſchachtelungsma⸗
nier feines Periodenſtyie hinweg, To möchte an dem treffenden,
gelungenen Geelengemälde, das und der wadere Däne hier ents
faltet, nichts Stoͤrendes nachgewiefen werben en. Die durch⸗
aus bürgerliche Kataftrophe lehnt fi) an den Dintergrund hiſto⸗
riſcher Weltzuftände, indem ſich die Verhaͤltniſſe durch die fran⸗
zðſiſche Revolution, bie Kaiſerzeit und die Reſtauration bins
d ingen. Ron der Familie Rivarbiere, in beren mäÄnnlis
hen Mitgliedern ber folge Troz bes ancien régime fi in
hohem Maße erhielt, hatten Water und Sohn, Iehterer als Kind,
Frankreich verlaflen, während die Mutter, in einer Bürgerfamis
lie gebesgen, in Paris felbft den Sturm ber Revomtion übers
lebte. Bor ber Rotbwenbigkeit einer geitgemäßen Ummandlung
in dem befangenen Gemüthe ihres Gatten überzeugt, zumal ba
Be ein Document in Händen bat, das ben Abel feiner Geburt
als eriogen erweift, erzieht ſich die edle Yrau in ber garten
Tochter ihrer Wohlihäter, bie fie I Schut nahmen, eine
mit allem Zauber geifligee Schoͤnheit auögerüflete Bunbeöges
neffn, die den Ariſtokratenduͤnkel, den fie au in bem Ges
mehsbe des Sohnes lebendig geworden glaubt, feſſeln und befies
gen fol. Rach des Vaters Tode benugt bee bereits erwachſene
Anclor auf ben Ruf der kranken Mutter die Grlaubniß zur
HRüdlche in bie Heimat, und als er vor ihrem Bette Eniet, um
den Gegen zu empfangen, ‚legt fie feine und Louifens Haͤnde
erbend ineinander. Adolar ift in ber That von Louiſens Lieb⸗
geiz überwörtigt; Beide ſchwoͤren ſich ewige Treue, aber nad)
Dem erſten Raufche ihrer Neigung drängen ſich frembe Mächte
ia ihren Bund, Die Bourbons find zurückgekehrt, "mit ihnen
bie Formen der alten guten Zeit. Dex Grbe des Ramens Ri⸗
‚vordiöre tritt in den Glanz bes Hofes und fühle bie Unmoͤg⸗
Udleit, bie Laufbahn der Ehre mit feinex Eiche zu einem Bürs
zu vereinigen. Der Kampf ber widerftreitenten
Möchte in feinem JInnern ift mit jener Kenntaiß der menfchlis
dgen Seele gezeichnet, die ben Werth von Kruſe's Romanen
fihert. Auch in Eouifens Innerm fehen wir die wiberfirebenbe
Kraft der Liebe, die ihr Feuer in bie Flammen bes Haſſes und
ber Rache wandelt, mit dem Gtolz und ber Gitelleit. des ver
Zmäpten und gekraͤnkten, aber der ganzen Blut der Neigung
no yreisgegebenen Weibes in warmer, wahrer und doch wohl⸗
-
a
huender Zarbenmifchung. linter erborgtem abeligen Namen ers -
ſcheint fie piögli in bEW hohen Zirkeln, für deren Sphäre das
bürgerliche Mädchen. nach Adolar's Meinung nicht geſchaffen
fei, und genießt den Triumph der Gitelkeit, daß ihr Alles hul⸗
digt und felbft ihres Geliebten Freund, ein Herzeg. zu ihren Züs
Ben liegt. Ganz verfehlt wirkt aber ihre uͤberraſchende Erſchel⸗
nung auf Adolar's Gemüth; er fühlt jegt erft, was fie fein
würde, wenn fie ber erborgten Höhe des Standes angehörtez
ber Triumph, den fie erfuhr, duͤnkt ihm nichts als der Schim⸗
mer der Zäufhung. Da erwacht in Louifen® Seele ber ganze
Stolz des Weibes; auf fein Anerbieten zu einem heimlichen
Ghebunbe, das fie verächtlich zurüdweift, entdeckt fie ihm durch
bad Document, bas feine Mutter ihr anvertraut und zum Ges
Brauch anheimgeſtellt hatte, daß fein höheres Dafein auch nur
ein erlogenes Scheinleben fei, ‚und als er, das Zeugniß feiner
niedbern Abkunft wüthend vernichtet und die Maske des Adels,
eben weil 8 ey bloße Maske ift, um fo eifiiger mit allen
Bortheilen, bie der Wahn der Melt daran knuͤpft, zu erhalten
und zu ſchirmen ſchwoͤrt, ſtoͤßt fie ihn von ſich und gelobt ihm
eine glühende Rache. Der Herzog bietet ihr Herz und Band, und
Abolar verzehrt fi in Eiferſucht. Mit dem neuen Verbältniß
iſt es Louifen Fein Ernſt, denn ihre Seele blutet in finfterer
Schwermuth, aber fie weiß mit bem bezauberten Dersog ſo
furchtbar zu ſpielen und ihn, obwol er keine Gegenliede erfaͤhrt,
fo unaufloͤsbar in ihr Netz zu ziehen, daß er ſich zu dem ſchwaͤr⸗
merifhen Plane, fih mit ihe gegenfeitig zu erſchießen, bereit
erklärt, und lieber mit ihr untergehen als obne fie jeben will,
Sn dem nahen Gehölge bei Paris nöthigt fie ihn, das Piſtol
auf fie zu feuern, während fie das auf ihn gezielte, nur blind
geladene ebenfalls abbrüct. Der zitternde Herzog flreift nur leife
ihren Arm, aber fie flürzt ald eine dem Tod Geweihte zu Bo⸗
den. GSelbft bei ihrem Grwacen kehrt Ihe Bewußtfein nicht
völlig wieder; fie"ift leitend wie ein Kind und erlebt ihre innes
ves Leben flufenweife noch ein Mal, bis fie in des reuigen Abos
lor Armen fi gang wieder als diefelbe fühl. Die feinen
Nuansen und Uebergünge des Affects find dem Dichter trefflich
gelungen. ’ .
Se mehr wir an Blumenhagen’s Erzählungen neben der
Beſchraͤnktheit eines ebenfo localen als nüchternen Yatriotismus
eine rohe Heftigkeit feiner Geflaltungen zu rügen gerechte gs
ſache hatten, deſto mehr iſt es Pflicht, auf feine bier gebotene
Rovelle: „Kain’, als ein vielfach gelungenes Wert voll glüdlis
her Erfindung, anfprechender Charakteriſtik und einer trog bes
büftern Themas freundlich gehaltenen Faͤrbung aufmerkfam zu
machen. Wie viel auch davon ber vorgefundenen Gage von ben
Zwilingsbrüdern der Edeln von Spauer in Salzburg angehö«
zen mag: der Dichter hat durch richtige Motivirung, anmuthigg
Einfalt und bramatifch: Iebendige Gruppirung ben Beweis ges
liefert, daß er eben Dichter ift ober fein kann. Andreas und
Leo find bie geiflig ebenfo unähnliden, als koͤrperlich bis zur
Verwechſelung gleichen Bräter. Während jener, feinem finflern
Gemuͤthe gemäß, ein Sohn bes wilden Gebirgsnatur, in ben
mi arllen hauſt, zieht Leo In ruͤſtiger Wandertufl nadf
—S kaiſerlicher ————— macht den Feldzug in Ita⸗
ten wacker mit und gewinnt ſich außer ber Achtung, feines
Vorgefegten-der fhönen Kathi Herz. Im fihern Gefuͤhl ſei⸗
ner Blüdfeligkeit kehrt er in bie Heimat zurüd, um bie blinde
Mutter und den Andreas gu beſuchen. In des Brudgs Seele
abir erwacht bei Leo's Grjählung von ber ſhoͤnes wien Welt
und dem Heitern Gluͤke, das feiner in ber Kaiſerſtadt harrt,
dee finfterfte Groll und Neid. Gr we Leo’s Untergang,
ſtoͤßt ihn am einer Eiswand in bie tiefe Schlucht hinunter und
eilt in bes Reiters Kleidern nach Wien, um bie Rolle des Be
ı geibeten weiter zu Tpielen. Obſchon er fremd in bie Berhättniffe
bed Bruders tritt, und Braut und Freunde fein linkiſches Mes
nehmen wie den Gchatten der irren Zrübfal, der über feine
Miene zieht m fich nicht zu deuten willen, fo glüdt der Betrug
gleichwot durch die taͤuſchende Aehnlichkeit des Verdrechers mit
dem früher geliebten und geachteten Spauer, bi® ber wiber Er⸗
warten aus der Gebirgsſchlucht geretih Leo plöslih am Ber:
mählungstage erfcheint und wie ein nom Grabe erflandener, aber
milder Geift feine Rechte zurüdfodert. Vergebens aber mahnt
er den Betrüger zum gütlichen Tauſch der Rollen, ſodaß der
Lauf ihres Lebens ungeſtoͤrt und die Schmach ber Schandthat
vor der Welt verſchwiegen bliebes Andreas, ber Alle geſchickt
täufchte, trogt auf Beweiſe, daß er nicht Eeo, fonbern er ſelber
fet. In der meifterlih klar und ficher gruppirten Gerichtäfcene,
wo auch bie blinde Mutter, die ihre Söhne kaum zu unter
ſcheiden vermag, wirkfam und effectvoll probucirt wird, werden
die Beweiſe gegeben, bie ben Betrüger entlarven. Die geiflig
ungleigen Brüder find fehr richtig individualiſirt, nur die Zeich⸗
nung Kathi's verraͤth einen Mangel an pſychologiſchem dark
finw. Die kindlich file Maͤdchenſeele, die bei aller Einfalt des
Werftandes und bei allee untemußten Bingebung in bem &er
eimniß der Liebe body eine tiefgreifende, ahnungsreiche Offen⸗
arung findet, konnte ſich auch bei vollendete Körpergleichheit
der Brüder nicht vdllig täufdgen lafien. Das Wunder der Ah⸗
nung, das nur ber tiefere Dichter kennt und zu handhaben
weiß, mußte bier geheimnißvoll fich geltend madyen.
Was fihh noch ſonſt Novelliftifhes im Taſchenbuch findet,
iſt „Die Giftmiſcherin“, von H. Meynert, ein Berſuch, bie
bremer Verbrecherin Geſina Gottfried der Poeſie zu vindiciren.
Um eine Verbrecherſeele mit Wahrheit zu zeichnen, gehört we:
entlich, daß das innere Geluͤſt zur Sünde und äußere Motive
chtig ineinandergreifen; was aber das baarfträubend Selt⸗
fame in ber Grfcheinung der Geſina war, daß fie, wit bem
Morden vertraut, aus Gewohnheit und ohne Zweck, hoͤchſtens
des Experimentirens wegen ihrer Umgebung Arſenik beibrachte,
{ft in der gegenwärtigen Darftellung verſchwunden; bie vierzehn
Semordeten find auf vier rebucirt; fomit ift Meynert's Gift:
mifcherin gar nicht mehr bie bremer Geſina, zumal ba er ale
wohlfeile Sheaterfigur einen räthfelhaften Kräutermann als Deus
ex machina flets hinter ihr wie ihren Schatten aufpoſtirt, ber
{hrem zu fehe ausgemalten Hang zur Schwaͤrmerei und Pros
ꝓhezeihung huldigt und das Pulver ihr jederzeit, auf das ber
uemfte offerirt. Diefer myſtiſche Kräutermann ſteht ſchon als
Are iftophele® am Bette von Befina’d Mutter, als fie in ben
chen liegt, und fpielt, nad einer übel angebrachten Reminis
cenz aus dem „Wilhelm Meifter‘, im „Hamlet“, wo bie eitle
Gefina die Königin agirt, den Geift des alıen Könige. Der
geſchmackvolle Scyl, in bem bie Erzählung verfaßt ift, laͤßt
dermuthen, daß ber Werf. mit ber Want eines günfigern Stof⸗
fes nicht Unbedeutendes Leiften koͤnnte.
Ein kleines Luſtſpiel von X. &. Kannegirper: „Wen
venuto Sefini und feine Kraͤhe“, ift vecht friſch und ruͤſtig ber
Sprache nach, aber ohne bebeutfame Pointe. Unter den Iyris
ſchen Beiträgen ift „Niklas Iurifchig‘‘, eine Ballade von A.
Schumacher, nennenswerth; die lithauiſche Volksſage von
Morvell ermüdet wegen ihrer laxen Diction. '
- 47, Phantafiegemätbe, von Georg Döring.
Wit der blühenden Fuͤlle einer anmuthigen Diction, bie
402.
⸗.
jedoch Häufig In zemüͤthliche Mebfellgkeit übergeht, verbindet der
genannte Dichter eine fanft erhebende, geiwiffermaßen lauwarme
Phantaſtik, die gleich fehr, wie fein einſchmeichelnder Hang
zum fetbftgefälligen Reflectiren, felne Novellen befonders zur
Frauenlecture qualificirt. Dem Romane: „Doppelleben”, der
e
ifches
biesjährig Alan der ‚„‚Phantafiegemätde” füllt, Liegt ct
Eu at hena zu unbe, an welchem 8 D
9% Dasitellun Hi
“
aft al& zu hwächlidy-.erwei. Das Mäpe
chenhafte, daß Jemand in feinen Träumen ein ganz anderes Ich
darftellt und in ihnen eine ganz heterogene Geſchichte feines
Dafeins erlebt als in ber Weit der Wirklichkeit, follte hier dem
Ride dee Babel entzogen "und als diſtoriſch glaubliche That⸗
Wurdigeführt werden. Der bleidhe, fchwermüthige Felix iſt
wunbetdare Sägling, ber in ber. Welt des attägıihen Les
bens der Sohn eines Kaufmanns in einer deutfchen freien seh |
ftadt, im feinen Träumen, einer ganz fernen Sphäre angehören®,
eine blutig büftere Jugend in Epanien erkebt unb als Bitter
Gandyo -Felides mit ſpaniſchen Granden und Rebenbublern um
ben Befig einer Linbora im wilden Getümmel ber aufgeregteſten
Leidenfchaft zu !ämpfen hat. So unfduldig und einfady bürs
erlich fein wirkliches Daſein fi um ihn geflaltet, fo verbres
—* an» wuͤſt iſt fein Traumleben, das * in einer fortlau⸗
fenden Reihe verworrener Bitger ihm erſchließt und mit bämos
niſchen Elementen —5 ik. Dem’ Raͤthſel dieſer Er⸗
ſcheinung folgt eine koͤſung, Lie ſelbſt nichts Anderes als ein
neues Raͤthſei if. Das Doppelleben bes Felix wird nämlid)
dadurch motivirt, daß feine Mutter, als fie ihn unter dem Ders
gen trug, an einem bleichen, wile fpanifchen Hauptmann, Ras
mens Sancho Felides, fogufagen ſich veriehen hat. Als wähe
rend bes großen Religionskrieges Tpanifches Kriegtvolk in, der
deutſchen Reichtſtadt hauſte, quälte diefer Wuflling dad arme
Weib in der Abwefenheit ipres Mannes mit ehrlofen Anträgen,
und obwol fie ihn veraͤchtlich zuruͤkwles, mußte fie doch feine
Nähe, feinen Umgang und bie oft wiederholte Erzählung ſeiner
wöüften Abenteuer ertragen, und auf diefe Weiſe gemartert, muß
nun ife Sohn, ben fie bald darauf gebar, fo furchtbar boͤßen,
indem er alles Das, was Sancho Felides in: der Wirklichkeit er⸗
lebte und womit er bie Phantafie der Mutter vergiftete und
ſchwaͤrzte, in feiner Zraummelt repetirt und in ben wunderlichen
Schickſalen, mit denen er bort zu kaͤmpfen bat, bie Rolle bes
ſpaniſchen Ritters fpielt. An der Seite eines Freundes zieht er
nad -Itallen, und bier beginnt fein Traum in bie Wirklichkeit
zu treten und fein bisheriges Doppelteben fich in eind zuſam⸗
menzuſchließen, indem er in der fhönen S Fiametta
feine Traumgeliebte Lindora zu erblicken glaubt. Bald nachher
ergibt ſie ſich als Lindora's Tochter, und ihr alter wunderlicher
Begleiter, dee dem jufden Deutſchen wie ein Doppelgänger exe
ſcheint, ift Niemand anders, als ber fpanifche Hauptmann, bee
an dern Qualen feines innern Lebens ſchuld war. Nach manchen
romantifchen Abenteuern, die ohne den Reiz der Neuheit durch
ihre, wenngleich fluͤchtig Hingeworfene, doch gefaͤllige Darſtel⸗
lung viele Leſer ergoͤden werden, gelangt Felix endiih in ben
Beſitz feiner Lindora⸗Fiametta, und der Dichter glaubte auf
dieſe Weiſe den Widerſpruch der damoniſchen Traumwelt bes
Juͤnglinge mit ber Wirklichkeit harmoniſch zu loͤſen.
18. Hebe. Gine poetifchs mufitalifche Zoilettengabe. -
Die Bedärfniffe der Damentoileste durch jährliche Lieferun⸗
gen und Mittheilungen aus dem Gebiete ber neueſten Putze umb
Galanterieprobuetionen zu befriedigen, iſt eine Unternehmung,
die fih gewiß den Beifall des ſchoͤnen Publicumd erwerben
wird. Auch kann es nidt wundern, baß bie Zuſammen—
ſtellung von bergleichen Neuigkeiten für den Balfaal und ba
weiblihe Bouboir ſich an bie Taſchenbuͤcherſaiſon anſchließt und,
mit poetiſchen Gaben ebenfalls ausgeftattet, ein Product ber Ale
manacheliteratur werben barf, in deren Bezirke es bereits zur
Zagesorbnung zu gehören -fcheint, die Spenten der Muſe als
Modewaare zu betrachten. So findet die galante Welt dem
in der Dresdner „„Hebe’ nee Wüfter gum Vieißſticken und
Blondiren oder Stopfen in Gpigengrund, von Fanny Büsten,
-
— m: EEE MH BE fm A ER _ ER c⏑
Dr —
MR
neue Tarzlökfen, erfinden von Eſchatter, eiad Rptre bee
Zarz nen, ef und zwölf Eieder, auf. jeden Monat des
| fügt, bon’ veufchiebenen: Spntwenifien in WERE ger
vd f
ia _ Weiter den poekifcjen Beitraͤgen) -die Im’ @anzei Fuptrel:
re als bebeutfam find, finden wir eime Ndvelke: „Ee0’ yi'voh
Karoline Leonhardt; tin Sugenbuerfich voll gewoͤhnlicher Ge⸗
Haltungen und Erfindung, wenn auch nicht ohne alles Kaftit der ;
BDarflellung: In dem Gebichte: „Wibsin”, von d. Mehnert,
Hört man die Ernft Schulze'ſche Diction und Manier zu - beuts
ch Heraus, 3. ©. in folgender Emophe:
So doͤre Du dir Töne Mmeiner'Klagen,
®
FE FE ar Pr
ya; Kuͤrften fe Dir koch I’ Mandjes fagen, "N in
"Wal Ahrens nde vie tfehfle Vruſt· empfand! --- --
Meirt Sieb darf nicht Un Kaben Urforung Pipe, ° 7° 2
Und ſchweigenb muß tr fiigen; — fingend (diwelarkt:: . --
Die Meine Hyde in draͤmatiſcher Form: „Dis Münbel auf
dern ande’ von Friedrich Kid, if ganz fo heiter, niedlich
db naturfrifch, wie mandye andere Schbpfungen defſelben Dichters...
Unter den mannichfachen Gaben der Igtifchen Muſe möchten wir
auf ben „Sonnenaufgang auf dem en’ up ben Verf. deſ⸗
fetben, Advolf Peters, 'aufmerffam- machen, deſſen Meter Not
wenig erffähgener Name einen guten Klang fich: gu: verſchaffen |
den Tuſchein hat. Man Höre folgende Srrophe, bie wi als
Probe geben: , N
“Wis Hoher Liebt Genius dert De En
. "Das it verbündet mit dem eid’gen Grmbe, '
Und endlos durch Berwandlungen geführt,
Schlaͤgt ihm In jeber der Vollendung Stunde.
GStets undufhörlid- waͤchſt ber heiße Drang, - "
’ Sein’ Heftes Selbſt dem Alben hinzugeben,
Aiyar zie-verfchtinhen ganz'das eignso Barden,
Acukqzuerſtehn im lühnfien Untergang -' -
Gämmtliche poetifche Beiträge der Heben koͤmen mehr ober
weniger als ber "Modelecküre entfprechend -amgefeben werden;
welcher Zufall aber Bagnocavalle'6 Madonnenbild aus ber
bresdner Galerie in diefe Zoifettengabe führte, mag ſchwer zu
enträtbfeln fein. Gibt es größere Gentrafte, als tier im Buͤch⸗
fein, das mit der Glorie der Mutter Gottes beginnt und mit
meuen Tanztouren und Skickmuſtern ſchließt, in fo engem Raume
vereinigt nebeneinander fichen? In einer Beit, wo ‚mit ben hei:
Ugſten Begenfähen bes’ Lebens ein’ blutiges Spiel getrieben iſt,
muß man fi auch die yufällige IMonie gefallen laffen, bie je⸗
doch, je weniger fie bier vom Herausgeber bezwekt und je ges
Lankenlofer fie überhaupt IM, deſto misfälliger erſcheint. ganit
|
diefem Geufzer wolken wir ſchließen.
- Grundiiwien zu eintr Philoſophie des Nationalismus von
Julius Körner: Veran eine Zuſchrift an Herrn
Dr. Hahn, deffen Sendſchreiben an Herrn Dr. Bret⸗
fchneider ‚betreffend. Schneeberg, Schumann. 1832.
8 18 >.
Zufoͤlligerweiſe ging Referent von ter Lecture einer, aus der
fupernaturaliſtiſchen Schule, doch aus einer wohlmeinenden Fe⸗
der Hervorgegangenen- Berthefdigung der alten Inſplrations⸗
theorie zum Kefen ber vorliegenden ‚- eine Herausſtellung des je⸗
ner Theorie entgegengefedten rationaftflifcken Principe ber Ne
figion beabfichtigenden Schrift über, und durch eine ziemlich
naheliegende Combination fiel es ihm ein, nadjdem er auch bie
letztere Unterſuchung uͤberblickt hatte, zu frogen: Wie? wenn
num eine chemiſche Decompoſition im Stande wäre, die Elemente
"beider Schriften in gasdrtigen Zuftand zu berfegen; die fomit
frei geworbenen aber in einem Epikur'ſchen Atomenwirbel in ein
gegenſeitiges⸗/ Anziehungsverhaͤltniß gebracht wurden; müßte nicht
ein großer Theil der Elemente, um der feindlichen Entzweinng
willen, die unter ihnen flattfindet, im Gonflict- fidy gegenfeitig
weutzcüfem oder Leder annſhitiren; dennoch aber auch ein et⸗
F
-»
wien Thell ouf jeber Selie übrig Steiden, der als wahrte und
poſitides qhemiſches Pröduct betsachtet werben müßte, feinen po⸗
Aictven Wehatt jedoch immer ‚nardee Weeichartigteit und dhemis
fen WBerwandtfchafe der Giemente, mithin augemeiner ausge⸗
drutet, der fie dutchdriagtaden,“ lebengebenden Luͤrde zu verdan⸗
ten. haben würde? Und — mid Freuden antwortete deu Hefte
ront fi ſeibſü⸗ auf Die eigne Menge, dab in der Körner'fchen
Schrift von ſolchem Liebes⸗ und Ledmdelement gewiß ein ſehr
reichliches Educt übrig bleiben und als wahrer Gewinn nach Auss
ſcheidung des Herben und Reindfeligen, von dem es vorher ges
ie Töne! ' md ‚', bunden ‚werben war, betrachtet werden müffe.
Leid bon der Seohfagt'nadı Dir hingefandts' -: 4
1 86 telte. naͤmiich unfer Verf. allerdings ald Kämpfer auf
Yen in neuefter Beit and zuallerlegt durch den Wretfchneiders
Baha’fdyen: Bweikampf -gany beſonders wieber beiebten Turniers
plagi der fiteitenden Theologid und bringt fomit unverkennbar
die Vornebe für: ſeine Partei mit, Dei weicher es "nicht ohne
herbe Auoſchließang des Gegenthrild abgehen kann. ber bei
alledem zeige er auch einen großen, ehrenwerthen Ernſt, in wel⸗
him die Wurzel der zur Berföhnung bereiten. Liebe nicht ver⸗
kannt werben mag, und wie heißen ihn darum auf dem Plane
alt herzlicher Freude wißtommen. Wir meinen, es wird Fels
|} ‚ner unferer* unbefongenen Lefer (gewiß, die Zadi dee Leſer unfer
ms Blatteg iſt, dem Himmel fei Dank, fo groß, daß wir und
ich nonlommen müßten, wenn wir nit Befangene unter
‚Ihnen vorausfegen wollten) die fraglihe Schrift, wenn er auch
‚ta Leſer werden follte,- ganz unbefriedigt ans der Hand legen,
and namentlich wird jeder des reinen, frifhen und ehrlichen
Mollens ihres Berf. ſich aufeidhtig freuen mäflen. In diefer
‚Beit, wo die Partelführer und Parteigänger fo vi
:1 ab. Altar — dafür und bawider — hadern, am Ende aber unb
J in eigentlicher Abſicht, die fie wohlweisiih nur nicht ausfpres
"Ken. mögen, etwas ganz Anderes vertheidigen oder befämpfen
‚als was fie zur Deviſe ihrer. Fahne ‚gewählt haben: da thut «6
in Ur That fchon wohl, Einem zu begegnen, ber es wirklich treu
ltig um Thron
und xeblich mit dem Gegenfkande des Kampfes weint, und man
wird fi in feiner Erwartung nicht täufchens bei Solchem findet
"man immer in dem einen. wie in bem anhern Ball unter ben
Hüllen und Schalen: der Partellichfeit und Einſeitigkeit zulegt
einen gar nicht. zu verachtenden Kern, hier echten, van Selbfi⸗
fucht freien "Bürgerjinnes, bort warmer unb aus dem eigentlis
den Grunde flammender Froͤmmigkeit. Gewiß, in dem Verf.
ber vörliegenden „‚Kirundlinien‘ und bed „Kaiſers Julian bei
‚Abtrünnigen’‘ etlennen wir mit großer Befriedigung den Fonds
eines aufrichtigen und ernfien Wohlmeinens mit den großen Ger
-genftänden ber überfinnlichen Welt an unb finb überzeugt, an
ſolchem Lichte wird fich auch anderwärts gar erfreuliches Licht
entzünden, fo viel wir.baneben von Ginfeitigfeiten und falfchen
-Lihtern und Schatten, bie feinem elliptiſchen Standpunkte ihr
Dafein verbanten, zu fagen willen.
je geben dem Verf. in--aufrichtigem Wohlmeinen, mit
Beziehüng auf unfere zulegt ausgelprodhene Limitation, Folgen⸗
des zu bedenken: KBiltiet.er fig wirklich ein, mit ſeinent Ideg⸗
lismus, mit feiner Whilofopbie bes. Ichs, allen Realidmus und
das Richtich entbegren zu koͤnnen? — mit diefen Hebeln unb
Hypomochlien etwas Anderes und Wefenhafteres zu geminnen
als die Möglichkeit der Religion, von welcher zur Wirklichkeit
noch eih weiter Weg iſt? Glaubt ex wicklich folgende Gonfes
quenz, die aus feinem $. 4, S. 32 fehr natürlich gezogen were
den Tan, auf feinem Standpunkte mit leichter Dähe elubiren
zu können: wenn id nur erſt den Hunger in dem Organismus
meines leiblichen Lebens als- ein notbivendig Wedingtes nachge⸗
wiefen babe, To tft mir auch das Brot ſchon gegeben, womit
ich jenen Hunger ſtillen kann — ? Meint er in ber That, mit der
Entdedung, daß er ein Organ befige, die Außenwelt in ſich auf
zunehmen, ein allbefriebigendes edenzu ausrufen und an Ihr fi
‚gnügen Taffen zu koͤnnen, als wäre das Organ nun auch ſchon
die Außenwelt ſelbſt, nach ©. 22. fg? Iſt es möglich, einen
anerfannten perſoͤnlichen Bott als ſoichen der Gontrole der Bet
nunft feines Geſchoͤpfs unterzuftellen, und hätte-nicht ſchon das
+
‚Yeiov Im Menſchen, wenn 26 nicht jum'oröngöfutoy werben
fo, den Philofephen an bie Annahme einer urſpruͤnglich peöfles -
‚bilieten Harmonie zwiſcher Bett uud feiner Weit, ſemit ab
an die Kotbwenbigteit, ie gleiche
bängige Erikenz wenigftene, die dem Organ, dat ihm erlenut, .
vindicirt wisd, zuzugeſtehen, erinnern follen? .(@. 1.) Wie
will er es rechtfertigen, wenn er zwar die Ypramike ber Weſen
aufbaut und gus Spitze berfelben den Menſchen erheht,. aber um:
terläßt, von der Spitze wieder zur Baſis wisderzußeigen und fo:
mit erft die wahrkaft abfolute Form der Melt asfzufaflen?
(©. 44 fg) wenn er dem edeln Gefühl des uerlichenen Wuͤrde
unferer Ratur niet in der echt chriſtlichen Demuth, die aller: |
Anderes ift als das genre lanmoyant dar.
bings etwas gan
neuevangelifhen Nyſtiker, ein entſprechendes Gagengewicht zu
geben bemüht iſt? (©. 100 u, a.) — Wir koͤnnten noch viel
folche Fragen aneinander reiben: es würde dem Venf. ſchwer
fallen, quf fie befriedigende Antwort zu ertheilen; fie aber weis
fen alle nur auf das eine und owzom weidas hin, anf jene
Ginfeitigkeit, die über dem Innern das Aeußere und üben bie:
-fem jenes in bes Speculation vergibt, wiewol fie in des Praxis
-felbR unb in dem echtretigiäfen Sinne unferes Verb; sewifine: |
maßen bewußtios, immer in ber von und gefoderten Sinheit ſteht.
Die friſche, lebendige Begeiſterung unſers Werf.: hat ˖ mans
"eb hoͤchſt beherzigenewerthe Wart in dieſer Schrift niedagte⸗
legt. Dahin rechnen wir ganz beſonders die kruͤſtige Stawei⸗
fang S. 14 u. 15 auf die Gefahren, mit welchen das Feſtwur⸗
gein bes neuevangelifhen Myſticismue auf unfern Hochſchulen
unſere Jugend bedroht, wozu wir aus unferee Erfahrung mans !
hen wirklich Irfchätternden Beleg liefern koͤnnten. Und reiht '
wohl hat uns auch die „‚Zufchrift am den Herrn Prof. Dr. Hahn
in &eipzig” gethan, bie den „Grundlinien“ voranfteht. In unfes ı
zer teleologifchen WBefangenheit fühlen wir uns faft verfadht, ſie
als ein von ber gütigen Natur in Veraus bereitetes Heitm:ttel
zu betrachten, um die Schmerzen: einer Wunde, die dem Thes⸗
logen, an welchen bie Zufchrift gewichtet Ifb, bald nad ber Sr:
ſcheinung ber „Grundlinien“ von einer ganz andeen Geite her ger
ſchlagen werben folge, gleich von vorn herein in etwas zu lindern.
Bekanntlich bat Dr. Bretfchneider in Gotha das an ihn gerich⸗
tete polemifcdhe „„Senbfchreiben!‘ bed Dr. Hahn in einer Schrift
"über ‚die Grunbprincipien ber evangetifgen Theologie in einer
Beiſe beantwortet, bie. in bem etſchneider ſchen Bezfahren
Saum etwas Anderes als einen Verſuch, feinen Gegner moraliſch
und literariſch todtzuſchlagen, erkennen läßt. “Infener „Zuſchrift“
legt nun unſer Rationaliſt, noch vor dem Erſcheinen der Bret⸗
ſchneider' ſchen Schrift und ohne das Mindeſte davon gewußt zu
haben, freunbliches Zeugniß für den Dr. Hahn ab, das gewiß:
mandem Pfeil, ber von Gotha aus gegen ihn abgefenbet wor⸗
ben ift, feine veriegiube Spige genommen hat. 87,
Ueber dae Hei athen der Armen und: das dabei betheiligte
Wecht der Communen. Don Paſtor Hanſen zu
Nottmark. Altona, Aue. 1832. Gr. 8. 4 Gr.
Der Verf, dieſer Abhandlung über eine oͤfters ſchon zur
Gpoprache gebrachte, aber ſchwer zu einer beſtimmten Entſcheidung
‚gu führende Frage: ob vaͤmlich die Gemeinden ihren Armen ein
-unbebingtes Heiratherecht zugeſte hen, ober.ob Fe nicht pielmehr,
wie es in einigen Ländern geſetzliche Beſtimmung fogar. iſt, be⸗
-fugt fein follen, daſſelbe zu beidgräpfen, gebs: dabei zunaͤchſt von
dem Gefihtöpuntte aus, baß die Natur eines gerwungenen Az
menweſens die Armen ſelbſt zu gleicher Zeit audy im ein ganz
anderes rechtliches Werhältniß verfene als bie übrigen Staats:
bärger. Gr fiebt ſonach jeden Armen nicht anders als einen
‚Bevormundeten der Commune an, weil derſelb⸗ badardj, daß er
fi) von ber Gemeinde unterhalten laffe, bie Erklaͤrung feiner
Unfähigkeit, ſelbſtaͤndig zu exiſtiren, abgelegt habe; mit dem
Redigirt unfet Berantwortliäkeit der Verlagshandlung? $.
—
dem wrlaunten Bett bie wesd: | daraus
‚wünfdten Amtes nicht fähig.“
lich bie beflimmte Meinung aus, baß es durchaus nicht hart, fe,
‚ben Armen an ber. Vollziehung einer ‚Heirath, bie ihn ſelbſt und
feine Angehörigen nur-in immer größeres Elend flürzen könne,
zu einfeitig . betuachtet und nicht zugleich mit In
-
Boreranbfchaftärcht ‚aber habe bie. Bene. dab ”.
erhalten, ihrem Muͤndel daß Heirathen Bi nice fand
vorguäßebe,. MOB kam vodex ber: ganzch ‚MBemeinde Nachthei
daraus herhozgebgu. ‚: Die, Ge iR allerdinqe nerpflidteh,
jedem Würder, der: unfähig, ſich ſelbſt zu — ihre A
ſten dianothwendigſten Mittel. zu. feiner. Subſiftein ‚zu „peraße
reichen, und biefe Verpflichtung he eich, in jedem —28 0%
ganifisten Armenweſen eines Staate bar. Deshalb. fagt ber
Bert. Jehr richtig: „Wäre ein. ehelichek Erben zur Bubfifteng
eines Menfchen nothwendig „. würde es fih von ſeibßt verfiche
daß der Arme nicht nur das Recht, ‚ohne weitere (Finwilligung
zu heirathen,. hätte, Sondern daß fogär die Kommune ihn mit
allem Rothivendigen, um heirashen zu Lönugn, zu nerfchen ſchul⸗
big wäre; gehörte. es zu de eren. Bebigkunkien d Lebens,
müßte die Gommyns, wenn eig Mann dag Frauenzimmer has
ben wolise,: ige. einen verfchaffen, und ‚umgekehrt... Diefe Bere
aus fetung grabegu verneinend, macht ber. Berf. barauf im Ge⸗
gentheil. bemerkiich, wie das. Heirathen ein dem Gtaate unter⸗
„worfened Recht fei, und berfelbe mithin ‚Deirathen verhindern zu
fönnen bie Befugniß babe, welche feinem Infereffe Shädlich feien.
Win unbedingten, Recht day; Armen, zu heirathen, lei aber offers
char ein Gingriff in das Eigenthumerecht ber. Bürger, benn deu
zum —— ‚will, ‚mache unſtreitig, au einen wei be
:Weruihgenß feiner Mitbürger eigen ige Anfprüde; -
— ſich ſchon —A—— * — 5 —
liche Unterſtuͤgung ſeine Unfähigkeit, durch eighe Kraͤfte zu ſub⸗
fiſtiren, eingeſtanden, jegt wolle er aber noch mehre Pflichten
übernehmen, ſich feine Gubfiftenz daher in ber Regel auch noch
fhwerer machen; kurz, er heirathe auf das Gigentbum feiner
Mitbürger, wie ‚anf einen-Grwerb aber ein ſchon erwordenes
But. Hier geht bes: erh, ſeibſt fo weit, daß er — als Paſtor
vielleicht zu fehe pre dome ſprechend — fagar bie Copulations⸗
gebühren in Anfchlag bringt, die ten Kirchenheamten durch bie
Arauung gaͤnzlich mittellofer Armen entgingen, und fo Mg
reſultirt en, auch nicht einmal die Gopulation ohne Gingriff
fremdes, Cigenthum vollzogen werden. ferner wendet der Verf.
feinen Gegenſtand nad) einer andern Seite bahia,. baf er das
Heirathen der Armen als einen „dffentlichen Betrug” heraus
ftellt, intem der Arme in ber Che Verpflichtungen für eine Fa⸗
milie übernehme, die er notorifch nicht zu erfüllen im Stande
fei. „Es ift ein Öffentticher Betrug, der, falls ‚fpecielle
ftände die Sache nicht anders, geftalten, werbindert werben mu
Die Gommune wird betrogen; oder wielleicht ift Welrug ein zu
gelinder Ausdrud, es ift ein Raub. Das Weis wird betrogen,
welches einen Dann heirathet, ber Feine Familie ernähren kannz
es Hitft bier wenig, baß fie betzogen werden will; bie Geſetze
unterfagen es den Bürgern, fich betrügen zu laffen. Der Staats⸗
bund wirb betrogen: das eheliche Leben, wie eg im Staate be⸗
ſteht, if ein öffentliches, nicht nur unter dem Schutze der Mo⸗⸗
ſetze ſtehendes Verhaͤltniß, ſondern es iſt ein Amt im Staate;
:| ber Mann uͤbernimmt die Pflicht, für einen Theil ber
Bürger
bes Staates zu forgen; nun hat aber der Arme ſchon erfiärt,
daß er nicht im Stande ift, für ſich ſelbſt zu forgen, alfo auch
viel weniger für eine ganze Familie; er ift daher auch des er⸗
Dar Berf. ſpricht daher ſchließ⸗
zu hindern, ſondern bias vielmehr als ein Werk der chriſtlichen
kiebe erfcheine., Wie uns bünkt, hat-er indeß feinen Gegenſtand
tig . t Erwaͤgung ges
zogen, wie bei. wadern und vedlich gefinnten Armen bie She zu⸗
gleidy eine Verbindung unb gegenfeitige Grräftigung zu gemein
ſchaftlichen Arbeiten fei, und bie Frau in biefee Staͤndeclafſe
an als Miterwerberin und Nährerin der Familie betrachtat
werben muͤſſe, und mithin auch in ihr eine Quelle der Gr.
tung und nicht blos ein Gegenfianb der Sonfumtien des Ya
liencapitals ſich darſtelle. 88,
. Brodhauß in Selpzig.
.-_ u a 12 —_ 12 **
-
Blätter
für
fiterarifhe Unterhaltung,
“
Sonnabenb,
2 N.26. —
26. Januar 1833.
Mittheilungen über Griechenland. *)
Athen, 1882.
Weit ſpaͤter, lieber Freund, als ich Ihnen verſprochen
und mir ſelbſt' vorgeſetzt hatte, gelange ich dazu, Ihnen
wieder Nachrichten aus unſerm theuern Athen zu geben,
in welchem ich mich nach der Ankunft meines Freundes
Forchhammer auf neue zwei Monate niedergelaſſen habe,
nachdem ich fchon ſechs Wochen allein hier gewefen war.
Um defto bequemer gemeinfhaftlih Eprcurfionen machen
und fludiren zu koͤnnen, haben wir zufammen eine Woh⸗
nung bezogen. Sie liegt gleich mefllih vom Gymnaſium
bes Hadrian, abwärts von der Straße, von hohen mobers
“nen Ruinen umgeben, wie eine Sinfe im Truͤmmermeere.
Doh fehen wir nad) Morden den Parnes faft in feiner
ganzen Ausdehnung, nad) Süden den Areios Pagos mit
dem gefpenftifhen heulenden Derwifh und einen Theil
der Akropolis. Freilich, hätten wir die Abſicht, bier ein
Jahr lang rubig zu bleiben, fo wäre unfere Wohnung
hoffentlich fchledht gewählt. Denn diefer Theil der Stadt
ft nach den hier gemachten Plänen und Entwürfen, be:
nen wir aus ganzer Seele beiftimmen,. benen das gefammte
gebildete Europa feine Beiftimmung geben wird, beftimmt,
mit Ausnahme der Refte des Alterthbums demolirt zu mer:
ben, um nad) und nad) durdy Ausgrabungen fo viel vom
alten Athen, ald die Erde noch verbirgt, wieder ans Licht
zu bringen. Diefe Entwürfe haben auch für Sie zu vie
Intereſſe, als daB Sie mir nicht erlauben follten, ein
paar Worte darlber zu fagen. Nur muß ich dazu etwas
weiter aushofen.
Bor etwa drei Jahren kamen zwei junge in Berlin
und fpäter in Italien gebildete Architekten nad) Griechen:
Iand, He. Schaubert aus Breslau und Hr. Kleanthes
aus Theffalien. Ste fanden beim Präfidenten, der da⸗
mals noch auf Aegina refidirte, eine Anftellung und einige
Beſchaͤftigung. Als Graf Johann feinen Sig nad Nav:
plion verlegte, blieben fie anfangs noch auf Aegina, einige
Feine Öffentliche Bauten zu vollenden. Aber bald, ber
Schitanen des Iaunenvollen Herrſchers und der Intriguen
feiner Werkzeuge, namentlich des Muſtoxydis, müde, reich:
ten fie ihre Entlaſſung en, die fie fchon zweimal vor:
her angeboten hatten, und wandten ſich nad) Athen. Hier
*) Bgi, Nr. 268,269, 858 1.359 1.81. f. 18352. D. Red.
fingen fie; obgleich fie bei bem offenfundigen Haffe*) des
Prafidenten gegen eine Stadt, welche einen Harmodios
und Ariſtogeiton gebar, nicht hoffen konnten, baß unter
feiner damals fcheinbar feft begründeten Hertfchaft je etwas
Bedeutendes für Athen gefchehen würde, aus reiner Liebe
zuc Sache umd mit bedeutenden Koften einen genauen, auf
forgfältigen Meffungen beruhenden Plan Athens und der
Umgegend nach einem fehr großen Maßftabe an und be
ſchaͤftigten fi) mit Entwürfeg zu einer neuen Stadt. Die
Arbeit mar fchon faft zum Ende gedichen, als vor etren
vier Monaten, nachdem Johann Kapodiftrias feinen Har⸗
modios und Artftogeiton gefunden und des Auguſtinos drol⸗
lige Schattenherefchaft fi in ihr Element aufgelöft hatte;
bie jegige proviforifche Regierung Griechenlando die Hera
ten ©. und K. wieder als Negierungsarchiteßten anſtellte
und fie förmlich zu den erwähnten Arbeiten beauftragte.
Einen Monat fpäter wurde auch Hr. Lüderd von der Mes
gierung angeftellt, und er iſt gegenwärtig mit Meffung
und Aufnahme der Häfen befchäftigt.
Vollendet, und fehr ſchoͤn von Hrn. Schaubert gezeich-
net, fft bis jegt der Grundriß oder bie Karte von Athen
und der naͤchſten Umgegend, reichlich den Raum einer
halben geographifchen Quadratmeile umfafiend. Gegen Süs
ben erſtreckt er fi) wenig über das Stadion und den
*) So oft Zemand aus der Umgebung bes Präfibenten fo
unvorfihtig war, ben Namen Athen auszuſprechen, bes
merkte man krampfhafte Zuckungen in feinen Gefichtözügen.
„Was redet Ihr immer von Athen? Iſt es nit eine
Gtabt mie alle andern?” fuhr er bann auf. Nur ein
mal war er einen Tag lang incognito in Athen, ſprach
aber nachher mit der kälteften Geringſchaͤzung von ben vor⸗
bandenen Reſten bes Alterthums. Rur wenn Fremde (Eur
ropäer) zugegen waren, erheuchelte er eine Art Enthuſias⸗
mus, um bie guten, gelbfpendenben Philhellenen in Europa
nit aus ihrem Schlummer zu weden. Anbreas Muſto⸗
xydis, der Archaͤolog (!), war in Hinſicht auf Athen das
treue Echo feines Herrn und Meiſters. Richt allein hat
er während eines zweijährigen Aufenthaltd auf Aegina
aus bloßer Höfifcher Deferenz gegen ben Prälidenten Athen
nie felbft beſucht, ſondern er brach auch einft gegen Bra.
Kleanthed in die Worte aus: „Der Teufel Hole die Türe
ten, baß file in Athen noch einen Stein auf dem andern
gelaffen Haben; dann würde man body nicht immer von dem
alten Srinnerungen hören mÄffen!“ (O dıaßoäos v& ndpy
Tovs Tovgxovs, önou div Eyalacay Ölen aiıa Ta de-
zxeie.) 2
106
Welten’ enthätt ex Die Hhgel Mus Die Beide der
Yes hinans; gegen 9
felon, Pnyr und Lykabettos noch ganz, gegen Oſten ben
größten Theil des Anchesmos und gegen Norden endigt-
ee in der Ebene, etwa 4000 Fuß engl. von dem alten
acharnifchen Thor. Er enthält die alten Mauern, die fid
nor ziemlich genau verfolgen laſſen, und ale alten Reſte,
bis zu einzelnen Piedeſtalen, infofern fle nad an ihrem
Plage zu fein feinen. In biefer Beziehung konnte er
naturlich reicher ausfallen als alle frühen Grundriſſe, weil
Manches erft durch die Berflörung der meuern Stadt ſicht⸗
bar geworden iſt; und dem Fleiße umferer Architekten iſt
nichts entgangen. Zugleich enthält er bie neue Stadt
mauer und die ganze neue Stadt, d. h. bie Kirchen, Mo:
fheen und die Straßen, fo weit fie entweber [don wieder:
aufgebaut find, oder ihre Richtung durch bie Truͤmmer⸗
haufen bezeichnet wird. In demſelben Maßſtabe, wie
der Grundriß der Stadt, wird die Karte von der Gegend
der langen Mauern, und ſobald Hr. L. feine Meſſungen
beendigt hat, die Karte der munychiſchen Halbinſel aus⸗
bet werden.
- Die Trümmer ber neuen Stadt find eigentlid nur
in den Plan aufgenommen worden, um ihnen beito bes
quemer dad Gataus machen zu können. Sie ziehen ſich
. (wenn Sie den Plan von Athen in Krufe's „Hellas⸗ zur
Hand nehmen wollen) vom albaueſiſchen Thore im Suͤdoſt
Roͤrdlich und nordweſtlich uͤber das Monument des Lyſi⸗
krates hoch an dem ganzen nördlichen Abhange des Burg:
felfens und des Areios Pagos hin bis in die Mühe des
Theſeions. Nehmen wir diefe Linie ald Baſis, fo erſtre⸗
den ſich die Ruinen (und die einzelnen neuen Häufer unb
Hütten) nördlih bis an die „alte Säule”, bis an bas
Thor des Gribos Kapefi (da6 acharniſche), und von hier
in einer Art Bogenlinie bis gegen den Bogen des Ha⸗
brian, fodaß vor dem Thore Botaniſtra innerhalb der
Mauern eine weite Strecke Landes frei bleibt, die zu Aeckern
und Gärten benutzt wird. Don Weſten nach Oſten läuft
der wiedererbaute Bazar, laͤngs der Nordſeite des Gymna⸗
ſiums des Hadrian und parallel mit dieſer, die heutige
Truͤmmerſtadt in zwei faſt gleiche Haͤlften ſcheidend. Hier
endigt erſt der nördliche ſanftgeſchweifte Abhang des Burg:
felſens; von hier beginnt die Ebene, die nur durch kleine
Erdruͤcken etwas wellenfoͤrmig gefaltet wird und in demſel⸗
ben Charakter nordwaͤrts weit über die Mauern hinaus ſich
fortjegt. Möge diefe kurze Andeutung des Tertains, auf
welchen die Entwürfe zur neum Hauptfladt Griechenlands
fi zu bewegen haben, Ihnen verſtaͤndlich fein! Ich fahre
weiter fort.
Sie fehen, wenn Sie fih bie Linie, die der Bazar
beſchreibt, in der angegebenen Richtung auf Ihrem Plane
gezogen denken, daB faft alle Aiterthümer, von denen noch
Mefte vorhanden find, In den füdlichen Theil der Stadt
ztoifchen diefer Linie und der Höhe ber Akropolis fallen,
und Sie willen aus den Alten, daß bier die. meiften
Prachtgebaͤude und Statuen zufammengebrängt waren. Der
Boden iſt bier duch den Schutt, welchen Sahrtaufenbe
angehäuft haben, unglaublich erhöht. So fieden 3. 8. | (
beB Peytanelens reſpective 10, 12 — 20 Sqhah
und darüber in der Erde; zu der Kirche der Megali Dans
bagfa, im Centrum des Gymnaſiums des Hadrian, in
welcher noch antike Säulen an ihrem Plage fichen, fteigt
man ungefähe 9—-10 Schuh hinab u. f. wm. Man braucht
in diefer Gegend nur wenige- Schuh tief zu graben, um
Kapitäte van Saͤulen und Pilaſtern, Bruchſtuͤcke von Stas
tuen und Inſchriften u. dgl. zu finden. So- iſt geſtern
in dem Hofe des Daufes, welches ich zuerft bewohnte, in
einer Ziefe von —5 Schub ein fchönes Basrelief ges
funden worden, eine weiblihe Figur von etwa 3 Schuh
Höhe, der nur der Kopf fehlt. Ein Marin, ber feit drei
Tagen in ber Nähe bed Thurms der Winde über ber
Agora graben Läßt, hat fhon 7 — 8 Brudjftüde von Sn:
fchriften ans Licht gefördert w.f, w. Mit einem Worte:
es ift nicht blos wahrfcheinlich, fondern durch einige we⸗
nige Verſuche ſchon erwieſen, daß hier dem Schooße der
Erde noch unzählige ſchaͤtzbare Hefte des Alterthums abs
zugewinnen find, und es Läßt fi) nach andern Erfahrun⸗
gen mit Gewißheit behaupten, daß man, menn man bie
auf'den Boden der alten Stadt eindringt, noch die Sun:
damente und felbft bedeutendere Ueberbleibfel einer Menge
von Gebäuden finden wird. Kann das neu erflandene grie⸗
chiſche Volk,, kann das ihm befreundete gebildete Europa
zugeben, daß diefer heilige Boden aufs Neue mit Gebaͤu⸗
den bedeckt werde, welche, wie in Rom, alle Tpätern Nach⸗
forſchungen entweder unmoͤglich machen, oder body im
böchften Grade erfchweren werden? Und wird es, felbft
bierson abgefehen, nicht ſchon in Dinficht auf Bequem⸗
lichkeit und policeilihe Ordnung gerathener fein, die neue
Stadt auf der Ebene anzulegen, flatt an dem- fteilen Ab:
hange des Felſens?
Auf diefe Ideen, denen fie gewiß mit Recht ziemlich
allgemeine Billigung verfprechen, fußten die Herren AL,
und Sch. bei ihren Entwürfen. Sie fuchten demnach
noch während der Kapobiftrias’fchen Zeit auf ihre eigne
Verantwortung bie Athenienfer davon abzuhalten, ihre
Häufer auf jener Strede wiederzuerbauen, buch die
Vorftelung, daß die Negierung früher oder fpäter jenem
Raum gegen eine mäßige Vergütung zu Öffentlichen Zwe⸗
den in Anfprudy nehmen werde; und es ift Ihnen biefes
ziemlich gelungen. Die jegige proviforifche Regierung bil⸗
ligte gleich bei der Anftellung der. Architekten biefen Theil
ihrer Vorſchlaͤge und ließ, da fie in Athen noch nicht bes
fehlen kann, die Einwohner wenigftens warnen, nicht bier
zu bauen. Dadurch iſt der kommenden koͤniglichen Res
gierung bis jegt die Möglichkeit erhalten, biefen ganzen
Stadttheil für die Summe von 1 Million türkifchen Pia⸗
ftern (100,000 — 150,000 $1.) an ſich zu bringen, Denn
ein Bauplatz koſtet im Durchſchnitt 1000 Piaſter, und
ihrer dürften bier nicht über fünfhundert fein; der Meft
- dee angegebenen Summe würde binreihen, die Beſitzer
der jegt fchon gebauten Häufer zu entfchädigen. Diefer
Anfchlag iſt eher zu hoch als zu niedrig.
Entfchließt fih der Staat einmal zu dieſem Ankaufe
und wer möchte daran zweifeln?), fo müflen die Aus:
der Thurm ber Winde, dad Monument des Lyſikrates, | grabungen nach dem größten Maßſtabe betrieben werden.
107
Man darf ſich wicht darauf beſchraͤnken wollen, nur bie
bekannten Dionumente von bem fie umgebenden Gchutte
m reinigen, fonbern es gilt nichts Geringeres, als bie
ganze Maſſe von Erde und Steinen bis auf ben Boben
der alten Stadt berauszufchaffen, und zwar nicht bios
auf ber Nordſeite, fondern auch auf bee Süpfeite der
Burg, aus den Theatern des Dionyfos und des Herodes
Atticus, bie ganz mit Erde gefüllt find, ſodaß jenes jegt
ats Getreideacker dient. Freilich werden bie Koften diefer
Ausgrabungen hoͤchſt beträchtlich fein; fie laſſen fi im
woraus nur fehs unbeſtimmt berechnen. Aber wenn der
neue griechifche Staat, der vermöge feiner reihen natür:
Uchen Hüffsquellen in wenigen Jahren fehr gute Finan⸗
zen haben wird, jaͤhrlich eine nicht zu Meine Summe zu
diefem Zwecke feftfegt, fo wird man in einem halben
Menfchenalter fehr leicht dus große Werk vollenden kön:
nen. Und warum follten nit die zahlreichen Freunde
des Alterthums in Europa zu biefem Zwecke beitragen?
Sch denke mir, wenn einer der Korpphäen ber Alterthums:
wiſſenſchaft in Deutfchland feine Stimme für diefe Sache
echöbe und ſich an die Spige eines Vereins zur Foͤrde⸗
eung der Rachgrabungen in Athen flellte, es wäre bald
eine namhafte Summe zufammengebracht. Die griechifche
Regierung würde eine Beihlife der Art nicht zuruͤckwei⸗
fen koͤnnen, da es fih um einen Iwed handelt, der jedem
Gebildeten theuer iſt; fie dürfte darin nur einen ſchwa⸗
den 208 der Dankbarkeit fehen gegen die gemeinſame
Mutter der Kimfte und Wiffenfchaften. — In jedem Herbfte
würde bas bis dahin ausgegrabene Terrain zwifchen dem
alten Monumenten mit Bäumen und Gebüfch zu bepflanzen
fein, die in angemefienen Entfernungen gruppenweiſe zu
vertheilen wären, damit bie wiederentftandene alte Stadt
weder eine zu nadte Flaͤche zeige, noch auch ſich In einen
Wald verwandele. Auf der oberften natürlichen Zerraffe
bee Akropolis, unter ihrer nadten Felſenkrone, von der
Grotte des Pan bis an das Theater des Dionyfos läßt
fich mit leichter Mühe ein fchattiger Baumgang anlegen,
Herrlich werden dann bie gelbbraun glänzenden Felſen ber
Atropoiis und ihre heilen gefärbten goldgelben Mauern
mit ihren unregelmäßigen malerifhen Zinnen aus dem
dunkelgruͤnen Laube hervorragen; hoch Über ihnen noch. bie
impoſanten Säulenmaffen des Parthenon. Und welche
entzuͤckende Ausficht wird ſich von biefem Baumgange aus
dem Wanderer eröffnen, auf die alte und neue Stadt zu
feinen Füßen, und über diefelbe hinaus auf bie weite Ebene
mit dem tiefdunkeln Oelwalde und auf die fernen blaum
Gipfel des Kithairon, Parnes und Penteliton. Athen wird
einen Park befigen, Iehrreich und ehrwürdig zugleich durch
die Ruinen der Vorzeit wie fein anderer, und reich an
Naturſchoͤnheieen wie wenig andere.
Daß die Höhe der Akropolis in ben beabfichtigten
Ausgrabungen miteinbegriffen tft, darf ich wol nicht erſt
erwähnen. Hier wird es verhälmißmäßig wenig Erbe weg⸗
zuſchaffen geben, aber deilo mehr Steine; theild unver:
zierte oder doch unkenntlich gerorbene Marmorbloͤcke, theils
andere Zelsarten, welche den Boden body bedecken. Wenn
man fie zu öffentlichen Bauten verwendet ober an Privat:
leute verkauft, werden fie die Koſten ber Wegräumung
faft ganz wieder einbringen. Ob das Erechtheion, deffen
zwei nordweſtlichſte Säulen im letzten Kriege durch türkis
(che Bomben geflürzt wurden und einen Theil der Dede
mic fich einrifjen *), aus den ziemlich wohlerhaltenen Truͤ⸗
mern wieder aufzubauen iſt? ob die Batterien und Maw -
een, welche um die Proppläen, zroifchen ihren Säulen und
ſelbſt auf diefen erbaut find, eingeriffen werben können,
ohne bie beträchtlichen Reſte der völligen Zerftärung auss
zufegen? — das ſind Fragen, welche ſich, wie ich glaube,
nur durch wirkliche Verſuche unter dei Leitung kundiger
Maͤnner beantworten laſſen. Nur fo viel möchte ich fuͤr
ausgemacht bakten, daß die Akropolis nie wieder eine Je⸗
fung wird, und folglich ihre ehrfuechtgebietenden Ruinen
nie wieder der Zerſtoͤrung ausgefegt werden; zumal da
von dem nur wenige Schuh niebrigern Muſeion aus faft
dad ganze Plateau ber Akropolis beichoflen werben kann,
Was endlih die Hadriansſtadt oder die Gegend um
das Diympieion und oͤſtlich von demfelben betrifft, fo darf
man fürs Erſte nicht um fie beforge fein, da wenig Leute
geneigt fein werden, fich in diefen vom Gentrum der
neuen Stadt umd von den Hauptſtraßen (den pirdifchen
und eleufinifhen) entlegenen Räumen anzubauen, fodaß
bier für Nachgrabungen noch immer Raum bleibt. |
Diefe ausgedehnten Entwürfe zu Nachgrabungen find
bie von meinen Freunden Schaubert und Kleanthes für
unumftößlich gehaltene Bafis ‘zu ihrem Plane der neuen
Hauptſtadt, und ich moͤchte nochmals fragen: iſt es moͤg⸗
lich, daß König Otto, der Sohn des kunſtliebenden Lud⸗
wig von Baiern, fie nicht genehmigt? ine nothwendige
Folge davon ift, daß die neue Stadt, aus dem Winkel
zrolichen dem Lykabettos, Areios Pagos und dem Burgs
felfen heraus, weiter nörblid in die Ebene geruͤckt wird,
wo fie in jeder Hinſicht eine weit angemeffenere Lage bes
fommt. Um ben entfiehenden Staat nicht gleich in den
erften Jahren feiner Eriftenz mit zu beträchtlichen Koften
zu befchweren, würde die Norbhälfte der heutigen Stadt,
vom Bazar an bis gegen das acharnifhe Thor hin
(Egribos Kapefi oder nogse zo Ilarıooim) vorläufig
zu lafien fein, wenn man fie nur vermittel® Durchſchla⸗
gung einiger grader umd breiter Straßen etwas vegelmäs
Biger zu machen ſuchte. Da aber andererfeits bie Haͤuſer
in biefem Stadttheile faft nur aus elenden Lehmbätten
beſtehen (Wohnungen ber albanefifchen Arbeitsleute), die
in diefem Zuflande nicht wohl in der Hauptſtadt bleiben
innen, und da auch in biefee Gegend faft bei jeder
Nahgrabung einige fchägbare Reſte des Altertbums ges
funden werden, fo ließe fih bier das politifche und anti
*) Der griechifche General Gouras, welcher während ber Be -
lagerung durch die Tuͤrken auf der Akropolis befehligte, ließ
feine Frau und feine Kinder in das‘ Crechtheion bringen
und die Dede beffeiben, um es noch bombenfefter zu mas
hen, eine Ele hoch mit Erde uͤberſchuͤtten. Die Türken,
welche dies erfuhren, richteten ihr Geſchuͤt vom Areios Pa⸗
808 aus vorzüglich auf die erwähnten norbweftlihen Gäu
len des Tempels, bis biefe einftürzten und bie Familie bes
Gouras unter der nachſtuͤrzenden Gteinmaffe begruben, wo
ihre Gebeine noch ruhen.
8
108
quariſche Intereſſe vielleicht durch ein Geſetz vereinigen,
daß alle Haͤuſer In dieſem Bezirke innerhalb 10 — 20
Jahren neu gebaut werden und jeder Grundbefiger gehals
ten fein folle, feinen Boden bei biefer Gelegenheit 8—
10 Schuh tief (zu Wohntellen) auszugraven. Wenn
dann die Megierung fich das Ausgraben der Strafen und
Öffentlichen Piäge vorbebielte, fo dürfte kaum ein antiker
Marmorfplitter den Nachforſchungen entgehen. Die aus⸗
gegrabene Erde wird keine Schwierigkelt machen; fie wird
theils dienen, die Unebenheiten des Bodens vor dem achar⸗
nifchen Thore auszugleichen, theils die unfruchtbaren weft:
lihen Abhänge des Lykabettos und der Pnyxr in Aecker
und Gaͤrten umzufhaffen In diefem zu verjüngenden
heutigen Stadttheile wird eine hübfche Anzahl der beften
noch vorhandenen Kicchlein beizubehalten fein, welche, aus
bräunlichen Quaderfteinen erbaut, denen Sonne und Wet:
ter einen bronzeartigen Glanz gegeben haben, mit ihren
£uppelfösmig gebildeten naiven Ziegeldächern und ihren ſtum⸗
pfen Thuͤrmchen fich gar artig ausnehmen, und die einen
gefälligen Uebergang aus ber alten Stadt des Themiſto⸗
kles und Perikles, duch das byzantinifchstückifche Mit⸗
gelalter in die eigentliche neue Stadt des Königs Otto
vermitteln werben.
(Der Beſchluß folgt.)
⸗
Tobias Olfen's, eines braunſchweigiſchen Rathsherrn,
Geſchichtsbuͤcher der Stadt Braunſchweig, herausgegeben
von C. F. von Vechelde. Mit einer Vorrede des
Geheimraths von Strombeck. Braunſchweig, Vie⸗
weg. 1832. 8. 20 Gr.
Stadt- und Bürgertum find bie Grundlage ber neuern
Sulturperiode, beren Sntwidelung um fo zuverläffiger fortfchritt,
da die Berlodung zu Abwegen des Ritters, Pfaffen: und Sol⸗
datenweſens balb den vormwaltenten Ginfluß verlor und nur dazu
diente, jenes zu confolidiven und zu läutern. Wie diefer Laͤu⸗
terungsproceß fo nöthig war, um ber Vermeſſenheit des Buͤr⸗
gerthumes gehörige Schranken und demfelben die richtige Stelle
auf den Stufenleiter der Staatsverhältniffe anzuweifen, erkennt
mon in der Vorzeit, wie in ber Gegenwart, und tritt in ber
Geſchichte Braunfchweige deutlicher als anderwärts hervor.
Der Zeugniffe jener Wahrnehmung kann es nidjt zu viele geben,
deshalb verdient Hr.v.8. Dank, die Olfen'ſche Ehronik Braun
ſchweigs, welche noch nie gebrudt iſt, bier mitzutpeilen. Mit
Mecht geſchieht es nur theilweife, benn bie erfte Hälfte bes
Werkes, welche den Zeitraum von ber Grbauung der Stadt bis
zur Reformation enthält, gibt auf gewöhnliche Weiſe ungeprüft
wieder, was anberwärts ſchon öfter erzähle iſt. GShronikenfchreis
ber gewinnen erft höheres Intereſſe, wenn bie mitgetheilten
Thatſachen in ihrer Nähe ſich ereignen; non ber Vorzeit wiffen
fie bri aller Breite ſich felten aus ber Duͤrftigkeit herauszuar⸗
beiten. Die hier gebotenen Mittheilungen find in 16 Ga:
pꝓitel zufammengeftellt: Kirchenreformation, und zwar was zu
ber Zeit allhier gefchehen iſt; Krieg der Stadt WBraunfchweig
wider Herzog Heinrich ben Züngernz; fernere Unruhen wiber
denfelben; Belagerung Brounfchweigs und Feldſchlacht bei Sie:
vershaufen; zweite Belagerung ber Stadt im Jahre 1553; die
Stadt Braunfdnveig unter Herzog Julius; unter Heinrich Ius
Kuss Uneinigleit ber Prediger und der Stadthauptleute; graus
fames Verfahren mit Hennig Braband und ben übrigen Haupt
Rebigtet unter Berantwortfiäkeit der Werlagsbandlung: 9. A. Brodhaus in Leipzig.
> — , v
leuten (das undergeßliche Biutſchandmal Braunſchweigt, bekannt
durch die reichhaitige Monographie des Hra- v. Strombeck);
was ſich 1605 zu Braunſchweig ereignet; Heinrich Julins bes
lagert die Stadt; 1606—18; Aufſtand der Gemeinen 16145
Herzog Friedrich Ulriche Belagerung; bie Stadt Huldigt ihm,
und was fich ferner zugetragen; von Dem, was fi während
bes breißigjährigen Kriege in Braunſchweig begeben hat.
Die Behauptung bes Herausgebers, daß Difen in treffene
der Schilderung ein lebhafte Bild vom innern Bolkeleben unb
vom Treiben feiner ftäbtifchen Sommune gibt, ift nicht übertries
ben; aud verweilt man gern bei den Reden und Ermahnun⸗
gen, weldje er den Magiftratögliedern und ten Wortführern dee
Parteiungen in ten Mund legt, um fi für bie ftarre Hoffahrt
biefes in fich ſelbſt verfintenden Vürgerthbums zu entfchädigen:
Ihr erlag Braunſchweig und hat ſich feitdem nie wieder zur
vorigen Macht, Reichtum, Größe und politifher Selbſtaͤndig⸗
keit erheben Können, da Huͤlfe und Rettung am unrechten Drte
geſucht wurden. Die Olfen'ſche Shronit führt mehre Hierher
gehörige Thatſachen auf; fo verlieh fih Braunſchweig gegen
die wachiende Macht der Derzoge viel zu fehr auf das Gegen.
gewicht der Hanſa, da doch lehtere ſchon bie Spuren des une
aufpaltfamen Verfalls zeigte.
Mit dem Borrebner möchte man beflagen, baf der Her⸗
ausgeber den Perlodenbau der Chronik, welcher freilich durch
Weitſchweiſigkeit, Verworrenheit und Dunkelheit oft zurüdftößt,
zu fehr veränderte, als baß man in temfelben noch das zeitges
möße Goftume wahrnehmen Tann. Doch leſen ſich biefe Ges
ſchichtsbuͤcher gut. Bei den dftern Verweiſungen auf einen Aus
bang wird man getäufcht, denn berfelbe ift nicht zu findens
dagegen lieſt man auf ber legten @eite bie Worte: „Der im
ben Anmerkungen mehrfach erwähnte Anhang wirb nebſt dem
ber übrigen Theile ber braunſchweigiſchen Geſchichtſchreiber in
dem legten Bande bed Werkes mitgetheilt werben.” Hiernach
fheint diefe Gabe der Anfang einer Zufammenftelung brauns
ſchweigiſcher Befchichtfchreiber zu fein, deren Fortſezung um fo
mehr zu wuͤnſchen ift, ba fich vereinzelt abgebrudte Special⸗
chroniken fpäter ſchwierig zuſammenfinden Laffen.
Wenn Hr. v. V. die gewoͤhnliche Neigung ber Menſchen,
die Vorzeit auf Koſten der Gegenwart zu preifen, gefährlicher
nennt als die Zäufchung vieler Philofophen, weldye in der Ger
fhichte ter Menſchheit ein beftändiges Zortfchreiten erkennen, fo
möchte man darüber mit ihm rechtens; doch Das, was wir ihm
ale Wahrzeichen der beftändigen Fortentwidelung des Menfchens
gelchlechts zu höherer Gejittung entgegenflellen möchten, räume
der hochſinnige, edle Dann fetbft ein, intem er &.xıı augefieht,
baß unfee Zeitalter gegen das der erften Hälfte des 17. Jahr⸗
hunderts verherrlicht ift durch milden Sinn, Wiſſenſchaftlichkeit und
vorgefchrittene Bildung. Grfagt: „Der Menſch ift jegt menfde
licher, die Herrſchaft der Gefege kräftiger, bürgerlidge Freiheit
größer und geficherter. Was uns jegt verlegt, würde uns ba«
mals vernichtet haben; der Unfchuldige fand zu der Zeit den
Schug felten, den er jezt oftmals findet — bamals, wo bie Un⸗
ſchuld, war fie einmal dem Haſſe verfallen, dem gewiffen Unter⸗
gange auf dem Rabenſteine entgegenging: in Zeiten, wo Tov⸗
tur Geſetzmaͤßigkeit, theologifche Heuchelei Brömmigkeit, Grau⸗
ſamkeit Tapferkeit, Unordnung und Empoͤrung Freiheit hießen.
Wenn es Pflicht iſt, der Tyrannei Widerſtand zu thun, ſo ſtellt
es ſich als ebenſo heilige Pflicht dar, der oberſten Staatöges
walt in ihren Anordnungen zu gehorfamen. Es gibt keine gife
tigere Arzenei als die her Revolutionen; auch bie zechtmäßigen ,
und unvermeidlichen laſſen lange Zeit hindurch ben Staats koͤr⸗
per, ber durch das traurige Extrem ſolcher Fruercur geführt
werben mußte, in der bedenklichfien Siechheit. Unfere Zeiten bies
ten der Beifpiele genug bar. Die gewiffe Begleiterin buͤrger⸗
ficher Unruhen ift aber Nahrungsloſigkeit.“ 61.
_ Bin u u
2 aM. nn m 7} rw) — en mn [1 am [3
literarifche
Blätter
j . für BE
Unterhaltung
Sonntag,
(Berölus aus Nr. 36.) .
Die Ottosſtadt befteht freilich bis jegt nur auf dem
Papiere, doch ſcheint mir ihre Anlage auf einer fo ver⸗
Bändigen Benugung . der Dertlichkeiten und des Vorhan⸗
bene zu beruhen, daß fie wenig weſentlichen Veraͤnde⸗
sungen unterliegen dürfte. Um Sie nicht zu ermüben,
wiß ich mich bier fo kurz wie möglich faſſen. Ihr Cen⸗
tzum bildet ein großer vierediger Pins, etwa 800 Schub
wor dem heutigen acharziichen Thote. An bie Norbfeite
beffelben kommt das königliche Schloß, welches aus feis
nen Fenſtern nach Süden” den Hywettos, die Akropolis,
Den Areios Pagos, das Muſeion, die Pnyr und den Ly⸗
Babettos. überfchaut; mac) Wellen. der Pirdeus, das Meer,
Aegina, Salamis, die Gebirge ded Peloponnes bis nach
Arokorinth,, den Aegaleos, Korydalos und die Gipfel des
SKithairen; nach Norden die Ebene und den Parnes; nach
Dften endlich den Brileſſos, Anchesmos und darüber das
Denteliten. In die Suͤdſeite des Platzes fallen, auf dem
Mittelpunkt der Fagade des Schloſſes gerichtet, drei Haupt⸗
firaßen, die eine füdöftlich in. das wohlerhaltene Stadien,
ams füblichen Ufer des Zuſſos führend, -die zweite ſuͤdweſt⸗
lich, ſchnurgrade auf das runde Balfin des Pirdeus;
zwiſchen beiden liegt die dritte, füdlich Liber die Reſte des
Gynmaſiums der Ptolemaͤer auf den nördlichen Flügel der
Proppläen und den Arcioe Pagos ausgehend ,: fodaß der
Koͤnig von feinem Baison aus gleichzeitig die ringenben
Kämpfer im Stadien, den alten ruhmgekroͤnten Sig uns
beflochener Gerechtigkeit, and bie meecheberfchenden Tri⸗
eren in feinem Dafen überbliden kann. Gibt es einen
Königsfig wie diefen? und welche andere Stelle wird man
ihm ammwelfen können? — Ueber daß weitere Detail ent
halte ich mid, zu fprechen, da man hier verſchiedener Mei⸗
nung fein kann, et adhuc sub judice lis est. Nur fo
viel muß ih noch hinzufügen, daß alles. Wefentliche ers
wegen if. Waſſer erhält die neue Stadt vom Anchesmos
aus der noch fließenden Waflerleitung des Habrian, und die
Usreinli fließen durch Kloaken weſtlich gegen den
Deiwald hin in Die tiefer gelegene Ebene ab. Zu anmus
thigen Landhäufern aber bieten die angrenzenden Höhen,
befonders Die Gegend von Patiſtia am Brileſſos den ſchoͤn⸗
ſten Pag. — Und nun glaube ich genug geſagt zu ha⸗
ben, um Shen und Allen, Die ſich für das attiſche Als
terthum intereffiren, diefe Ideen lieb und ihre Ausführung
wünfchenöwerth zu mahen.
Sie fehen aus dem Dbigen, daß ich in bes legten
Zelt mehrmals fo glücklich geweſen bin, bei Ausgrabums
gen zugegen zu fein, die fi) in Folge ber neuerwachten
Bauluft mehren. Die ausgebehntefte derſelben iſt vom
Herrn Kontoͤſtavlos (von Aogina) vorgenommen worden,
auf einem Plage innerhalb der heutigen Stadtmauer und
bart an derfelben, etwa 400 Schritte öftlich vom acharnis
ſchen Thore, auf einer Heinen Erhöhung, bie in neuem
Zeiten als Ader benupt wurde. Hier war kein Fund
von Intereſſe zu erwarten, ba in biefer Gegend kein ein⸗
ziges altes Öffentliches Gebäude bekannt If. Kaum war
Indeß mit Ausgrabung bed Kellers ber Anfang gemacht,
als man bereitö in einer Tiefe von 1—2 Schuh auf eine
Menge von Gräbern file. Sie waren aus Dachziegeln
gebaut, welche 2 Schub 8 Zoll bie 3 Schuh engl. in
der Länge, oben 1 Schub 6 Zoll, unten 1 Schuh 3 Zolk
in der Breite halten und einen Zoll did find. Ihre Wöls
bung bat in der Mitte 13 Zoll Tiefe. Je zwei und zwei
biefes Ziegel bildeten, der Länge nad (2 Schuh voneinam
der entfernt). auf die Erde geftellt und mit den obern
Rändern aneinander gelehnt, ein Grab, deſſen offene En
den durch zwei davor geftellte kleinere Ziegel verichloffen
wurden. Die meiften hatten bie Richtung von Welten.
nah Oſten. Auf dem Boden diefer engen Räume fand
fih etwas lodere, in Kügelchen zuſammengerollte Erde,
von dem verweiten Körper herrührend, einige Arm⸗ oder
Beinknochen und gewöhnlich am weſtlichen Ende der ziem⸗
lich wohlerhaltene Schädelz nur in wenigen eine Grab:
lampe von fchlechter Arbeit, die meiften derfelben mit eis
nem Kreuze bezeichnet. An mehren Drten waren zwei
und felbft drei folcher Gräber übereinander. Hin und wies
der ſtieß man zwifchen den Gräbern auf fchlechigeformte
Gefäße aus grobem Thon, mit Erde gefüllt, in welcher
ſich Kindergebeine fanden. Alle hatten aber, obgleich fie.
in der Erde liegend unverfehrt zu fein ſchienen, Riffe und
Spalten, fodaß fie beim Herausnehmen immer in Stüde
zerfielen. Ihr kurzer Hals war fo eng, bad man ſelbſt
den Körper eines neugeborenen Kindes nicht durch bie
Deffnung hätte bringen können... Sind bemnad die Ges
beine, welche ſich darin fanden, aus andern Grübern aufs
gelefen und in biefen Gefäßen nur zum zweiten Dale
110
beftattet? ober zerbrach man bie Gefäße aͤbſichtlich, um
den todten Körper bineinzufchleben, und fegte fie dann in
der Erde wieder zuſammen? Sehr alt dürften dieſe Graͤ⸗
ber jedenfalls nicht fein. Die Arbeiter fließen hierauf zus
nächft auf eine Menge Heiner Wafferleitungen, welche in
verfchiedener Höhe und weitlicher oder nordweſtlicher Rich⸗
tung theit® zwiſchen den Gräbern, theils unter ihnen bin:
gingen. Sie find aus gebrannten und zu biefem Zwecke
eigens geformten Biegeln und fcheinen ihr Waller aus
dem großen Aquäbuct des Hadrian bekommen zu haben,
um es weiter weftlich gelegenen Häufern ober Gärten gu:
guführen. Keine derfelden hatte nody Waſſer. Unter. dies
en gen, in siner Tiefe von 4—5 Schub
and man wider Erwarten nad und nach mehre antike
chſtuͤke, - aber leider faft alle fehr verflümmelt: eine
Baſis mit einem Paar. geflügelter Süße, vermuthlich von
einer kleinen Statue des Hermes, einen Kopf, eine ſehr
ſchoͤn gebildete Hand, ein Paar Arme und Weine, Altes,
sole ſich aus der Größe diefer helle ergibt, von verſchie⸗
denen Statuen; ein artiges weiblihes Köpfchen aus ge
brannter Erde, ein Säulen mit einee auf den Hadrian
bezüglichen Infchrift u. f. mw. Noch ein paar Schub ties
fer zeigte ſich im der füdlichen Seite des Platzes ein ges
twaltiges, denfelben quer bucchfchneidendes Sundament, von
weichem wir anfangs große‘ Hoffnungen hegten. Beim
Nachgraben ergab fih, daß auch diefes fchon einer ziem⸗
tich fpäten Epoche des Alterthums angehören muß, indem
ein Ärchitrav, ein Sarkophag und andere bearbeitete Marz.
morbloͤcke unter den gewöhnlichen Quadern mit vermauert
waren. Doch wurde hier noch ein Schönes, ganz und
vorzüglich gut erhaltenes Basrelief gefunden und mehre
Anfchriften, unter welchen eine fehr alte ift. Damit en⸗
digte diefe Ausgrabung. Cie koͤnnen ſich Leicht denken,
daß die oben erwähnten Nachgrabungen, weiche Herr An-
tonopulos feit einigen Tagen beim Thurm ber Winde
auf einem weit kleinern Raume (einem heil der Agora)
angefangen hat, intenfiv weit reicher auszufallen veripres
hen. Außer den Bruchſtuͤcken von Inſchriften find auch
fhon Fragmente von Statuen gefunden worden, und
geftern tft man auf Reſte von Bauwerken gefloßen, deren
Beftimmung ſich noch nicht enträchfeln läßt, die aber in⸗
tereffante Auffchlüffe zu geben verheißen. Da noch an
mehren andern Orten gegraben wird, fo gehört es zu un:
fern täglichen Beſchaͤftigungen, die Runde über biefe Pläge
zu machen, ımd jeder Tag gewährt einige Ausbeute. . Reis
der fehle es bie jegt gänzlih an einem Raum, bie ge:
fundenn Sachen, foweit die Beſitzer fie dem Staate zu
ſchenken gemwilligt find, in Sicherheit zu bringen, doch
hoffen wir, daß die Regentſchaft gleich für eine proviſo⸗
riſche Einrichtung diefer Art Sorge tragen. wird,
Mit weiten Ereurfionen fieht es noch immer ſchlimm
aus, da das ganze Land mir Mäubern gefüllt if. In
Megaris, Theben und ſelbſt bei Acharnd und Marathon
haben griechifhe Kapitaine mit ihren Horden ihr Quar⸗
tier aufgeichlagen und leben, da es ihnen freilich gaͤnzlich
an Eolde gebript, auf Koften der Umgegend, von.der fie
‚ordentlich Lieferungen und Abgaben erheben, während. ihre
‘
Soldaten In der Nähe herumſchweifen, um gelegentlich
Reiſende zu plündern, Seit einigen Tagen fürchten bie
-Rürten felbft einen Ueberfall und Plünderung Athens -
und verrammeln des Nachts die Thore mit Holz und
Steinen. Doc ſcheint wir diefe Vorſicht zu weit getries
ben. Gluͤcklicherweiſe gibt us die naͤchſte Nähe noch ime
mer unerfchöpflichen Stoff zur Beſchaͤftigung. Bor einer
Woche find wir drei Zage im Pirdeus gemefen, um
die Gegend der Häfen zu wnterfuhen, und wir haben
und überzeugt, daß auch hier noch unendlich viel zu thun
if, and daß der neue Grundriß ſehr intereffant ausfallen
wird, Bereits habe ich ein drittes wohlerhaltenes Thea⸗
ter dort gefunden, deſſen Kruſe weder auf feines Karte
noch im Texte gedenkt, und das mithin wahrſcheinlich
auch Leakes Aufmerkſamkeit entgangen ift, während Freund
5. die Kundamente zweier bis jegt unbelannter Thuͤrme
unter Waſſer im. Pirdeus entdede hat und mit befon=
derer Sorgfalt die Spuren ber alten Wefefligungen vers’
folgt, von. denen weſentliche Theile no auf den Karten
fehten. Wis find beimeitem noch nicht fertig geworden
und werden nochmals einige - Lage bort unten zubringen
müffen. Ein fehe erfreulicher Umftand für uns -ift, daß
feit einigen Wochen der Prof. Benthylos hier angekom⸗
men ift, und daß uns jest feine hoͤchſt fchägenswerthe
Bibliothek zu Gebote ficht. —
Bor vierzehn Tagen haben wir die curiofefte archaͤo⸗
logiſche Expedition gemacht, die bis jest ein Menſch in
Athen unternommen bat, Schon feit längerer Zeit hatte
ein Maurer den Architekten von einem merkwuͤrrdigen um⸗
terirdifchen Kanal erzählt, weicher von Oſten nad) Weften-
unter dem Bazar fortlaufe und die Gaͤrten von dem heu⸗
tigen piraͤiſchen Thore, bei Hagla Triada mit Waſſer
verſorgez er ſei fo Hoch, daß man bequem darin reiten
könne, und man finde unten viele Inſchriften, Bildſaͤu⸗
Im und ſelbſt sine Saͤulenreihe, fo fang wie das The⸗
feion. Unſere Neugierde wurde lebhaft gereizt, aber im⸗
mer kam der Unterfuchung ein Hinderniß in den Meg. -
Endlich waren alle Borbereitimgen gemacht, und wir wache
ten uns and Werk. Unfere Gefellichaft beitand aus 7 —
9 Perſonen nebſt vier Arbeitsleuten. Durch eine Eifterne
am Ööftlichen Ende bes Bazars ftiegen wir 3— 4 Klafter
tief in den Kanal Yinunter und wandten uns weſtlich.
Wir fanden den Kanal etwa A—5 Schuh Ireit, zum
Theil durch Felſen getrieben... Die Dede deſſelben ift von -
fehe verfchiedener Bauart. An einigen Stellen- ift fie ges
wölbt und body genug, um aufrecht darunter ſtehen zu
innen. Diefe Gewölbe halte ich aber für fpdtere Are
beit, wie man noch kuͤrzlich eine fchadhafte Stelle auf
diefe Weiſe ausgebeffert hatte. Auf. den übrigen weit -
längeren Strecken befteht die Dede blos aus gewaltigen :
Steinbalken und Steinplatten, welche quer über bie theils
natürlichen, theils aus rohen Duabern gebauten Felde
wände des Kanals gelegt ſind. : An diefen Felsplatten
hatte fih Tropfſtein in 3—4 Zoll langem Zapfen gebil⸗
det: der befte Beweis, "glaube ich, daS dies die aͤlteſten
Theile des Werkes find. Hier beträgt die Höhe bes Ka⸗
nals nur 4 Schuh, und das Gehen war, da der Moden
—
— — — 170mm Um m Pr
111
über einen Schub Hoch mit Schlamm bedeckt iſt, in ben
wir bis an die Knie einfanten, ſehr befchwerlih. Nicht
weit vom Eingange kam inks ein Kanal von ähnlicher
Größe urid Bauart von der Akropolis herunter, in den
wir aber, weil er bis zur Hälfte mit zähem Schlaum
gefühlt war, nicht vordringen konnten. In die Dede des
Hauptkanals öffneten fi) mehre Gifternen, und kleinere
Kandle gingen zu beiden Seiten ab, um andere Ciſternen
mit Waſſer zu verforgen. Wir verfolgten ihn bie etwa
50 Schritte über die Weftfeite des Gynmaſiums des Da:
brian binaus. Hier war er eingeflürzt gemelen und eine
Peine Strecke lang nur durch eine enge Roͤhre hergeftelit
worden, bie ganz mit Schlamm und Waſſer gefuͤllt war.
Wir fliegen daher durch die naͤchſte Gifterne wieder her⸗
ons, ohne bis dahin von den verheißenen Herrlichkeiten
das Geringſte gefumden zu haben. Zwar hatten wie Saͤu⸗
len gefehen, aber nur einige ganz rohe aus Granit, weldye
fih zufällig unter die Felsplatten ber Dede verirrt haben
mochten; die Inſchriften hatten ſich in Riſſe und Spals
ten der Steine anfgelöft, welche ungefähr Buchſtaben gli:
Sen, und an Statuen war vollends nicht zu „denken.
Doch blieb der Führer zuverfichtlich bei feinem Verſpre⸗
en, uns zu einem unterirdifchen Tempel zu führen, und
wir fliegen baher unmeis des Thefeustempels aufs Neue
hinab, diesmal uns öftli wendend. Der Kanal mar
Der anfangs ganz in derjenigen Bauart erhalten, welche
ih oben als die urfprüngliche bezeichnet habe, und aud)
hier zeigte fi die Tropfſteinbildung. Hier fommt ebens
falls ein zweiter, bald mit Schlamm gefüliter Kanal wie
ber obm erwähnte vom weſtlichen Ende der Aktopolis
herunter. Bald kamen wir aber an eine reparirte Stelle,
wo 6—7 Schub lang nur eine 2 Schub hohe, aus Zie:
gen gebaute Röhre war, fo fhmal, daß ein Menſch ſich
wit Mühe durchwinden konnte, und bis zur Hälfte mit
Waſſer gefüllt. Um weiter vorzubringn, gab es fein
anderes Mittel, ats fi) auf die Hände zu legen und bis
an .den Hals im Waſſer durchzukriechen, den Körper
nachſchleppend. Ich war der Vorderſte und gab das Bei:
ſpiel; die ganze Geſellſchaft folgte lachend. Nur ein eng⸗
Ufſcher Maler, zufaͤllig der Schlankſte unter uns Allen,
erklaͤtte, das Loch ſei für ihn zu eng, und kehrte um.
Nicht weit hinter biefem ſchwierigen Paſſe gelangten wir
endiih an das Biel unferer Wanderung. -Dier ragen auf
der nördlichen Seite des Kanals in einer Linie 30— 32
Saͤnlentambours, 2— 3 Schub hoch, aus dem Schlamm
hervor. Sie find nicht aus Marmor, fondern aus einer
weichern gelblichen Steinart, bie mit Stud überzogen ges
zaefen zu fein ſcheint; alle haben Canelirung und gleiche
Größe (3 Fuß engl. im Durchmeſſer). Die Saͤulenord⸗
nung, welcher fie angehörten, laͤßt fi nicht beflimmen,
da wir eine Kapitäler fanden; dem Anſchein nad) wa⸗
ven fie doriſch. Sie tragen auf diefer Seite die Dede
des Kanals; aber nicht unmittelbar, fondern, da fie in
Entfernungen ſtehen, vermittelſt Üübergelegter Steinbalken,
auf denen transverſal die Felsplatten der Decke ruhen.
Die Hauptfrage iſt jetzt: Wie kamen dieſe Saͤulen⸗
tambours an bie Stelle, welche fie einnehmen? Hier find
zwei Möglichkeiten denkbar: entweber wurben fie bei dem
Baue des Kanals von einem zerflörten Gebäude genom⸗
men und bier verwendet, oder fie fichen noch an ihrem
alten Plage und bezeichnen bie Stelle eines verſchwunde⸗
nen Tempels oder.einer Stoa. Nehmen wir einmal das
Eritere an, fo erfcheint es fehr auffallend, daß man die
Säulen nur an Eine Seite de6 Kanals und in ziemlidy
gleichen Entfernungen voneinander ſtellte; ja, daB man fie
überhaupt gebrauchte, da fie durch ihre ſchwere Maſſe
unbequem zu transporticen und buch ihre Geſtalt zu eis
nem Werke diefer Art wenig fchidlic waren, während
man, wie ber Reſt des Werkes zeigt, Weberfluß an teeffs
lichen Quadern und Steinplatten butte. Fuͤr die letztere
Meinung, daß fie noch ihren Plag behaupten, fprechen
dagegen mehre Gründe. Ein fehe bedeutendes Moment
fcheint mir zu fen, daß der Kamal, der fonft immer m
grader Linie fortgeht, am oͤſtlichen Ende der Saͤulen⸗
reihe, wo er zuerft auf fie ſtoͤßt, plöglich eine Biegung
in einem rechten Winkel macht, um fich laͤngs derſelben
binzuziehen. Dies erklärt fich Leicht, wenn man annimmt,
daß der Kanal, ber allem Anſchein nach einer ziemlich
ſchlechten Epoche der Baukunſt angehört, erft angelegt
wurde, als fchon viele Mefte alter Gebäude in dem wachſen⸗
den Schutt begraben waren. Die Arbeiter, von Often
ber, von wo das Wafler kommt, beginnend, fließen bems
nad) beim Graben auf bie untere Hälfte einer Eolonnade,
und um biefelbe zugleich zu umgehen und zu benugen,,
lenkten fie die Waſſerleitung an der Süpdfelte bderfelben-
bin. Freilich ftehen nicht alle Säulen in einer gleichen.
und ihren Groͤßenverhaͤltniſſen angemeffenen Entfernung;
aber vielleicht fand man fie ſchon fo oder zerftörte die
Drdnung erft, indem man einige Zambours nach Maße.
gabe ber barlıber zu legenden Steinplatten näher zufama:
men oder weiter auseinanderrüdte,
noch in einer faft ganz graden Linie.
ter welcher fie ſich finden, tft die niedrigfte der ganzen
Stadt.
Dagegen ftehen fie
des heil. Philipp, welche nach der Behauptung des Herrn
Pittakis (eines athenienfiichen Archäologen) auf den Grund
einer von diefem Heiligen erzählten Legende hin den Plag
des „alten Leokorion einnimmt. Doch ließe fich leicht noch
ein Dugend anderer Vermuthungen aufitellen; man kann
aber nicht einmal hoffen, zu einem feſten Refultat zu
‘tommen, fo lange man nit an dieſer Stelle von oben
herunter Nachgrabungen madıt. |
Athen, * Oktober.
Da ſich eben eine Gelegenheit nach Navplion findet,
eile ich den Brief zu ſchließen. Seit ich denſelben ange⸗
fangen, haben wir faſt fortwaͤhrend Regenwetter gehabt,
aber nicht die kalten, von Stuͤrmen begleiteten Herbſtre⸗
gen, wie fie bei uns im biefer Jahreszeit gewöhnlich find,
fondern milde, befruchtende Gewitterregn. Rings um die
Stadt und auf ben von ihren Mauern eingefchloffenen
Aeckern regt Jung und Alt jegt die Hände, um bie gün-
flige Witterung zur Getreidefaat zu benugen. Man faet
Die Gegend, uns-
Nach ungefährer Berechnung fteht grade über’
ihnen eine fehr alte und 4 — 5 Schuh tief liegende Kirche:
_
‚®
112
nicht blos Roggen, ſondern auch bie Getreidearten, welche
bei uns die Kälte des Winters nicht ertragen innen,
Gerſte und Hafer. Dogegen reifen diefe auch ſchon im
Mai, wo fie bei und faum erft fingerhody aus der Erbe
blicken. Seit zwei Jahren iſt in Attika nicht fo viel
Degen gefallen wie in diefem Derbfte feit Anfang Sep⸗
tembers, und- man verfpricht fich eine ungewöhnliche reiche
Ernte. Schon find nad dem erften Regenguͤſſen überall
Gras und Kräuter, bie bei meiner Ankunft buchftäblich
zu Pulver gebrannt waren, luſtig bervorgefproßt, und
wenn nad) vierzehn Zagen auch die jungen Saaten kei⸗
men, werden wir Attila noch im ganzen Schmude des
Fruͤhlings fehen. Gleichzeitig ift der Landmann mit der
Del: und Weinleſe befchäftigt, die indeß ſchon ihrem. Ende
nahe iſt umd befriedigend ausfällt, ſodaß den Athenienſern
zu Ihrer völligen Zufriedenheit nichts weiter fehlt als bie
Nachricht, daß die Negentfchaft angefonımen fei und Athen
zur Dauptftadt beſtimmt habe. Moͤchten wir nicht zu
lange mehr darauf warten müflen! 125,
Romanenliteratur.
3. Die Pietifiin. Novelle von H. &. Behner. ant
a. M., Sauerländer. 1832, ur 1 —9 8 Pa Tut
2. Zwei Novellen. Aus bem Stalienifchen
elben. Hanau, Edler. 185%, 8. 12
Als Driginalfchriftftellee zeigt fich der Verf, als gewandter
Berwickeler und Löfer romantifcher, nicht oft romanhafter Pläne
md Ereigniffe. Dabei verbindet er das Verdienft, die Machi⸗
notionen eines gewiffen Ordens zu enthüllen, barzuthun, wie er
wol das Kleid, aber nie bie Geſinnung ändern, nie das Streben
aufgeben werde, ben Willen der Menſchen zu lenken, zu beberr:
fen. Hier huͤllt fih der Zefuit in das Gewand eines pietiftis
ſchen Predigere, der jede Rebensfreude knickt und Alles in Falter,
lieblofer, finſterer Furcht vor Bott erftarren macht. Gott ift
ihm nicht der allliebende, allweife Water, nein, ein büfterer
Despot, der Wohlgefallen hat an Traurigkeit, Zittern und Bans
gen und kuechtiſchem Sinn. Beiläufig kommt zur Sprache, wie
auch wahrhaft fromme Gemuͤther durch verkehrte Begriffe vom
geiftlichen Glauben zu ſolch eifiger,. felbftquäterifcher Andacht
gelangen koͤnnen; indeß ift dies blos Nebenfacdye, und das Je⸗
fsitenthum in feinen Verkappungen zu offenbaren das Wefentliche.
Als Ueberfeger ſteht unfer Verf. nicht minder feinen Mann.
Er trifft in ben Rovellen: ‚Romeo und Julie”, von Ruigi da
Porta, und „Belphagor’‘, von Mackhiavelli, den Sinn und Geiſt,
‚ja den naiv altoäterliten Ton ber Originale fehr gut, ohne da:
geztoungen und käppifh zu werden und in eine unferer
Sprache ſchlecht kieidende Weitſchweiſigkeit gu fallen.
8. Schriften von H. E. R. Belani. Achtzehnter Band.
Auch unter dem Titel: Der Marodeur. Laura. Zwei Ro⸗
vellen. Braunſchweig, Meyer. 1832; 8. 1 Thlr. 8 Gr.
4. Angelo del’ Dura. NRomantifche Novelle und Gittehgemätbe
aus dem Raͤuberleben ih Stalien, nad italienifchen Volksge⸗
‚Tängen bearbeitet von H. ©. R. Belani. Auch unter dem
‚Zitel:. Raͤuberleben in Italien. Erſter Theil. Mit einem
Fitelkupfer. Neuhaldensleben, Eyraub. 8. 1 Ihir. 12 Sr.
. . Bertraut mit bem verborbenen Geſchmack unferer Tage,
geht der Berf. obiger Novellen ihm nad), abee er laͤßt ſich nicht
von ihm fortreißen, regt nicht durch gewaltiges Rennen und
Schnauben Alles verhällenden Staub auf, der freitid nur auf
einen Augenbli die Zäufchung erregen fatın, daß Gehalt und
Zorn darunter verborgen liegt. Unfer Verf. behält die Lenk⸗
überfegt von Dems
Gr.
—— —— — — ———— — —
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodbans in Leipzig.
ſelle in der Band, er will nicht allein verbluͤſfer, auch gefkatten,
und zwar fein ephemeres Geſchoͤpf. eine Mäuber find wmeben
eınbfindfame, edeimuͤthige Nullitäten, noch der Abfhaum der
Menfchheit. Angelo dei’ Duca, bereits im reifen Mannesal⸗
ter, ergriff das Räuberleben gleichwie ein anderes erläubte®
Handwerk, um ſich gegen unverfchuldet erlittenes Unrecht gu roͤ⸗
den, und aus ganz verfehrten Anfichten vom Recht Aberhaupt,
Diefe Gefchichte, die auch an gemuͤthlichen und naiven Motiven
nicht barbt, berfegt uns leibhaftig auf fübitalienifchen Boden,
oder doch in ein gut gemaltes Panorama, das jene Gegenden
mit ihren Bewohnern ber Natur ablaufchte.
„Dee Marodeur‘ tft anderer Art. Nicht falſche Meinungen
von Recht und Unrecht, feine tobenbe, nach Wefrtebigung lech⸗
zende RKachſucht trieb den Züngling, ben Rorddeutſchen, auf die
Bahn des Verbrechens; eine fonderbare Verkettung der Um⸗
ftände, vielleicht irrige Erziehungsweife verwilderten fein Ges
müth und gefeilten ihm zu dem Auswurf ber Menſchdeit. Rurtie
Liebe, obgleich die Hoffnungslofe, ließ dem göttlichen Funken niche
völlig in ihm erlöfchen, nicht bie Seele mit dem Körper unter⸗
geben. Außer ihm ift in der Novelle bie Frau, welche ex liebte,
und deren Dann, durch die Art, wie fie ſich verfennen, beibe
an ber gegenfeitigen Liebe zweifeln und endlich durch Das, was
fie auf immer trennen ſollte, ſich erfennen und vereinen, anziehend
Laura, eine ſchoͤne, gefalifüchtige und gefüllende Schauſpis⸗
lerin, verläßt den gefährlichen Weg der laxen Möral, che fin
dazu gezwungen wird, belehrt ſich auf die rechte, fruchtbringende
Weife, beleidigt. weder bas Zartgefühl, noch verbirgt die Neffeln
und Dornen der Unfittlilelt unter verführerifhen Blumen und
kokettirt nicht mit der Buße, ber ſchwierigſten der negativen Tu⸗
genden.
5. Erzählungen. $erausgegeben on Su av Nagel, Leip⸗
re
zig, Kollmann. 1882. 8. 21
Sentimental im guten Sinne, gefällig vorgetragen, werben
I fie des Zwecks, angenehm und dem Gefühl wohlthuend & um
terhalten, ſchwerlich verfeblen.
Notiz.
In Boucher's „Glossary of archaic and provinciel
words”, erfter Theil, finten fi unter bem Buchſtaben A au) ſob⸗
gende Erläuterungen. A, mit den lateiniſchen Worten por se verbune
den, wird von einigen unferer alten Dichter zur Bezeidhnung ei⸗
ner Perfon von außerordentlihen Vorzügen, die ihres Gleichen
nicht hat, gebraucht. '
In feith, my sweet honeycomb, II! lore thee, 4 per sea.
.. (Wüy Beguild.)
That is the 4 ver se of all, the oream of all. ,
(Blurt Master Constable, 1608.)
Es ift ſchwer zu entſcheiden, ob biefe eigenthümliche Redentart
von jenen Aufbewahrerinnen alten Brauchs und alter Bitte,
den Dorfſchullehrerinnen, hertuͤhrt; bekannt iſt jeboch, daß den
Kindern als Anfangsgrund alles Willens eingepraͤgt wird a by
itself a ; ebenfo wird das für „unb‘' gebräuchliche Schriftzeichen : de,
noch immer and per se and genannt, Zeltere Autoritäten fuͤr
diefe Redensart fehlen übrigens nicht. In der Offenbarung Jos
hannis heißt es 1, 8: „Ich bin das Arc.” Martial in den Epigr.
II, 57 u. 27, nennt Kodrus das Alpha paenulatorum, grabe
wie wir fagen: König der Bettler. " Mit Gluͤck braudt Gawin
Douglas diefen Buchftaben im Vorworte zur Ueberfegung Vir⸗
gil's, den er darin A per se nennt. Wahrſcheinlich veranlaßte
bie Stellung des A an ber Gpige des Alphabet zu feinem
Gebrauche als Wild des Außgezeichneten. Ghaucer 3. B. fagt
im Anfange von „Troilus und Kreffida‘‘, feine Helbin befchreibend :
„Grade wie unfer erſter Buchſtabe jept ein A ift, fo war fie an
| Schönheit die Erſte.“ Witunter wird die Redensart auch ohne
A gebraucht, wie bei Shakſpeare in „Troilus und Kreffida”, 1,
They say he is a very man, per se .
Blätter
für
Literarifohe Unterhaltung.
Lubwig Tied.
Dee Correſpondent eines unferer politiſchen Zeitun⸗
gen meinte zwar neulich, darin etwas Neues aus
Frankreich gehört zu haben, daß unfer Dichter Lud⸗
wig Ziel fo hoch wie unſere größten Maͤnner Goͤthe
und Schiller zu verehren ſei. Wir halten aber daflır,
daß dies ſchon Lange bei allen Gelehrten und Nichtges
lehrten eine einverflandene Sache war.
Wenn wie nun gegenwärtig durch vielfältige Stim⸗
wen deB Auslandes Kenntniß erlangen, daß Tieck's vas
terkänbifcher hoher Ruhm und Einfluß europäifch zu wer:
dern beginnt, wenn fogar bie büflere Dede Rußlands fich
durch Ueberſetzung ber in England feit 1825 ſchon bes
kannt gewordenen Novellen erleuchten will, fo überrafchen
uns Unbefangene derlei laͤngſt vorhergefehene Erfcheinuns
gen keineswegs. "Wohl aber vernehmen wir mit Vergnuͤ⸗
gen, baß das unruhige, in ſich zerfallene Frankreich eher
ats wir hoffen durften danach firebt, Tieck's milden, ers
habenen Genius zu verfichen und von feinem lebendigen
Worte Heil und Nutzen zu ziehen. Es veranlaßt uns
zu dieſer Mittheilung zunaͤchſt ein in der „Revue de Pa-
zis” (Bd. 43) enthaltener, Tieck betreffender Artikel, deſſen
Verf., Herr Amedee Prevoft in Genf, vor der Hand
weit einer Geſchichte der deutſchen Philoſophie befchäftigt,
Demnähft ein Werk Über die deutſche Literatur im 19.
Sahehunbert. beabfichtigt.
Der angenfcheinlih aus dem Beduͤrfniß nach edlerer
Poeſie als ber neueſten franzöfifchen hervorgegangene Aufs
fag, dem andere über deutſche Romanfchreiber und Dich⸗
ter in der „Hevue” folgen werben, hebt mit der Bemer⸗
kung an, daß man in Frankreich die letztern Jahre her
ſehr falfch Über deutſche Literatur geurtheilt habe, indem
won des Glaubens geweſen ſei, fie durch Goͤthe perfoni:
ficirt und alfo mit defien Tode erlöfchen zu ſehen. Als
Beweis dieſes Irrthums nenmt Here Prevoft Tieck, von
dem die mit unferm Sahrhundert in Deutfchland einge:
tretene literariſche Unwaͤlzung, bie Ihm einen ber erften
Diige neben den größten Namen feiner Zeit .fichere, zum
Theil ausgegangen fe. Er fchlldert in ber Kürze bie
verichiebenen Epochen unferer Literatur nach Goͤthe's Ge:
durt, von ber am ſich doch eigentlich; unfere neue Beits
tedmmng datirt, Mepflod’s, Wieland's, Voß's und ihrer
tus, eine Religion.
ſiasmus, der Allem, was in dieſer Welt Großes gethan
werde, zu Grunde liege, habe bei allen damaligen Schrifte
fiellern das Verlangen nach Ruhm verdrängt. Man habe
die Kunſt, für deren inniges Gefühl doch nur eine Heine
Anzahl fähig fei, Allen zugänglich zu machen und zum
gemeinen Zeitvertreib der Menge berabzuwhrbigen ſich
beftrebt.
Hierauf werden Leſſing's tieffinnige Anregungen, Goͤ⸗
the's begeifternde Jugendſchriften und, nach Kotzebue's und
Iffland's ſchaͤdlichen Einfläffen, Tied’s und der fogenanns
ten xomantifhen Schule wohlthätige Beſtrebungen er⸗
wähnt. Bon den Philofophen und Schelling zunaͤchſt
geht der Berichteritatter, immer fluͤchtig und nicht immer
richtig — der Manier der Franzofen allerdings gemäß —
zu Tieck's Schriften über. Bei Tied’s Liebe zu Dee
Poeſie des deutſchen Mittelalters hätte er länger verweilen
und feinen Landsleuten begreiflich zu machen fuchen follem,
wie befonders Tieck's desfaltfige Studien bie ganze Bildung
dee Deutfchen nach Göthe leiteten und eben Tieck's ins
nige, daraus entwidelte Deutfchhelt Goͤthe'n den von ihm
in fpätern Jahren felbſt aufgegebenen Kührerflab entwunden
bat. Er verficht Übrigens Tieck nicht, wenn er in ihm
eine Abneigung gegen das ciaffifche Alterthum gewahrt:
Wir behaupten: Tieck würdigt bie Alten infofern mehe
denn Göthe, ald er ihren reinen Begenfag in Shakſpeare
vollftändiger als Goͤthe umfaßt. Wir führen Einiges
aus jenem Auffage woͤrtlich an:
Man kennt in Frankreich von Tieck nur einige Erzaͤhlun⸗
gen und Romane, und hat fi) gewöhnt, in feinen Werten Gels
tenftüce zu den Hoffmann'ſchen zu fehen, indeß ihn Deutſch⸗
land feinem Gdthe und feinen größten Dichtern zur Geite ftellt.
Zied’s Schauſpiele haben ein noch höheres Werdienft als feine
Romane und halten die Parallele mit denen Soͤthe's und Schil⸗
ler's aus. Die beiden Dramen ‚„Dctavian‘ und „Genovefa“⸗
behaupten unter feinen Werfen den erſten Rang. Der Dichter
verfuchte in ihnen die beiden Grundideen des Mittelalters auf
einer. Seite bie Ritterlichkeit und Liebe, auf ber andern die Res:
ligion zu verfinnlihen. In „Genovefa“ fehen wir die eheliche,
durch die chriſtliche Neligion unterftägte Treue bie ſchwerſten
Prüfungen beftehen und eine verbrecheriiche keidenſchaft in ber
Geburt erftikt, im Octavian dagegen alle ritterlichen Gefühle
— — — — — — — —⸗— — — —
"wunderbarer M
118
bes Mittelalters mit poetiſcher Wahrheit autgemalt. Die Ei
besgefänge ber Prinzeffin Marzebille kommen bem Schoͤnſten
glei, was Shakſpeare und Schiller in dieſer Art geſchrieben
haben. Die Zied’s emften Dramen eigenthümliche Färbung
geichne auch feine komiſchen aus. Gr befehdet die ganze fran⸗
zönifche Schule des 18. Jahrhunderts und übertrifft an Kein»
heit und. &chärfe feines Spottes bie gewandteſten Spoͤtter der
Boltaire ſchen. „Prinz Zerbino! if in dieſem Genre fein Meiſter⸗
Der durch Tieck's Werke gebildete und vielleicht ein we⸗
nig parteliſche Kritiker Wolfgang Wenzel ſtellt ihn über Gd⸗
the und erkennt ihn für ben nationellſten Dichter Deutſchlands
an, ber in ſich die glängendfien Eigenſchaften des Mittelalters
und ber neuen Zeit vereinige. Nach unferer Meinung gibt Nie:
mand beffer als Schlegel ben Unterſchied zwiſchen Goͤthe's unb
Tieck's Talente an, indem Bi jenes, das Antike, plaftifch, dieſes
dat Tieck hat in feinen Novellen allmälig jedes Genre ‚von ber
moralifchen bis zur fpanifhen Erzählung oder zum hiftorifch:
Sramatifgeh Romane Walter Scott'äs verfuht. Walter Scott's
„größtes Verdienſt ift, den poetifhen Werth der Geſchichte all⸗
emein füblbar gemacht zu haben. Tieck, ber ſich früheshin nur
gemein Ti und alter —— zu ſeinen —
ungen: bediente, nahm bei einem feiner neuern ane
—— in den Cevennen zur hiſtoriſchen Cinfaſſung. Wie
gewandt er auch in ber Kunft ber Zeichnung und Ausmalung
von Charakteren ift, fo übertrifft ihn ber Berfafler bes „Zvans
hoe“ doch vielleicht in ber Kunft zw indioibwalificen, abgefehen
bavon, daß Tieck in feinen Novellen als Dichter body über
Walter Gtott zu ftehen kommt. Denn Zied’s Novellen ent
halten nirgend die gemeinen und profaifchen Detaild,. mit denen
der ſchottiſche Romanſchreiber feine beften Buͤcher entſtellt; fie
othmen biefeibe Friſche und Jugendlichkeit wie alte feine andern
tungen.
en kann vielleicht Tieck ben Vorwurf machen, daß er
ſich oft zu fehr in Entwidelung einer Scene ober eines Cha⸗
zalters auf Koften ber Handlung gefalle, die, um Intereffe ein«
gufiößen, raſch fortfhreiten muß. Diefen Ginwand machen
aber-eigentlich nur feine Dramen fühlbar, in weichen bem Gange
ber Handlung bie auf der Bühne unerlaßliche erfinderiſche Ener⸗
ie faft niemals zur Seite flieht. Der die ſpaniſchen Theater⸗
de treffende Zabel ift auf fie anwendbar. Ergoͤſſe Igrifcher
Doefie halten unaufpörlidy bie Handlung auf, ein glänzend por:
riſch·muſikaliſches Colorit iſt den einzelnen Theilen Zierde, paras
Infirt aber das Intereffe bes Ganzen. Man klagt Tied auch mit
Brecht an, er bebiene fi) zu häufiger Allegorien. Bielleicht
daß ibn fein Widerwille gegen alle hohle Abftraction und duͤrre
Kormeln in biefer Hinſicht ein wenig zu weit geben ließ!
Tieck hat in feinen verſchiedenen Dichtungsarten zahlreiche
Nachahmer gehabt. Unter den Dichtern bezeidnen wir als
ſolche Uhland und Menzel; unter den Romanfczeibern Arnim
und La Motte Fouqués. Achim von Arnim, beffen Berluft
Deutſchland betrauert, gibt fih in feinen Romanen ale
Zied’s würbiger Schuͤler kund unb übertrifft den Meiſter faſt
zuweilen in ber Malerei leidenſchaftlicher Gefuͤhle. Fouqus hat
gwar einen größern Ruf als Arnim erlangt, ſteht aber an Ta⸗
Ient hinter ihm. Gr gibt und von ber mittelalterlihen Welt,
bie Tieck fo vortrefflich fchilberte, faft niemals mehr als das Co⸗
flume, das er uͤberdies oft mit ganz modernen Karben Überzieht.
Man kann in Zied’s Schriften vier Perioden nady feinen
. verfchiedenen Lebensabfchnitten fehen. In feinen erfien Roma⸗
nen kaͤmpft er offenbar mit ber Entmuthigung, ber faſt ein
jeber Künftler beim Beginnen feiner Laufbahn unterliegt; er
fpricht fie im „Lovell“ befonbers durch bittere Klagen gegen bie
Menſchen aus. In feiner zweiten Periode unternimmt Tieck
den Krieg gegen den ſchlechten Geſchmack feiner Zeit, verſpot⸗
tet fie mit beißender Ironie und uͤderſprudelnder Heiterkeit. In
ber dritten entfchleiert ſich eine noch Lebendigere und echtere
Poeſie, die keinen andern Zweck als ſich felber hat, wie wir
aus dem „Octavian“ und ber „Benovefa” exfehen. In der vier
ven Perlode feines Lebens aber Hat Tieck, beffen Beil nun zum
Praktiſchen überging, fi von ber vorzugsweife fo genannten
Poeſie moralifhen Graählungen und aͤſthetiſch⸗hiſtoriſchen Stu⸗
bien zugewandt. Einige beutfche Krititer haben biefen Ueber⸗
gang für eine Abnahme feines Talents erklärt. Dan verkennt
aber in feinen Ieptern Werfen durchaus nicht biefelbe Friſche
der Ginbispungskraft, benfeiben Grfindungsgeiß dee fräbern.
Tieck erhob mehr als Bine Dichtungsart zur Poefie, die ihrer
Natur nothwenbigerweife nach der Profa anzugehören ſchien.
Bon den zahlreihen Schriften Tieck's wurden nur drei bid⸗
ber in das Franzdſiſche Überfent: „Steenbald‘‘, „Der geftiefelte
Kater’' und bie erfie Abtheilung von „„Dichterleben”. Sie machten
nicht fo viel Gluͤck, als ihnen ber Ruhm bed Dichters zu verfprechen
fhien. Worin liegt ber Grund? „Der geftiefelte Kater” if
eine gegen Berfchiedene gerichtete Satire, wie z. B. gegen Iff⸗
land, der als Schriftfteller und Schauſpieler einige Jahre des
beutfchen Publicums Kiebling war. Unter allen Werken Tieck's hat es
unftreitig den individuellen unb localften Zweck. Es bleibt uns
ein Vorbild zu Parodien und fatirifchen Komoͤdien; bie in ihm
enthaltenen Anfpielungen müffen uns aber unverftänblich fein.
„Sternbald“ gehört nicht Tieck ausfchließlih an (2). Am
erften Bande hat auch Wackenroder Theil. Es iſt ein von beis
den Freunden zur Werbreitung ihrer -Kunfttheorie gedichteter
öftpetifcher Roman. Es kam ihnen Hauptfädlih auf Zuräde
führung der Kunft zu ber altdeutfchen Weife an, fowie auf big
Veredlung des täglih mehr einreißenden falfchen Befhmads
in der Malerei. In Erfindung und Styl ihres Romans ahmen
beide Autoren „Wilhelm Meiſter“ nach und hemmen durch dies
Beſtreben ihr Talent. Ihrer Abſicht nach konnte es übrigens
nicht anders kommen, als daß ber Eritifhe und abhande
Theil ihres Buches den romantifchen und poetiſchen uͤberwog. (?
Das „Dichterleven” darf man nicht für einen Roman ane
feben. Es ift eine Studienzeichnung von Shaffpeare’s Charak⸗
ter, bie Frucht langer, über. ben britifcdden Dichter angeftelltem
Nachforſchungen und Betrachtungen, bie Tieck auf feiner vor
mebren Jahren nah England unternommenen Reiſe vervolls
fommnete. Dan hat Tieck vorgeworfen, er habe Shakſpeare philo⸗
ſophiſche Reden und Anfichten in ben Wund gelegt, die mit den über
den Dichter und feine Denkweiſe gefaßten unvertraͤglich find.
Wir finden aber grade darin einen Beweis des Tiecck bezeich⸗
nenben tiefen Forſchungegeiſtes und der Weisheit, mit ber eg
feine Charaktere entwirft. Nichts kann gewiß wahrer als bie
rinciplen fein, wonad er hier ben Charakter Shakſpeare's
aufgefaßt bat, denen zufolge Urtheil, gefunde Bernunft und ein
Horaziſches Bapere beö poetifchen Genius nothwendige Beglei⸗
ee find.
—* Prevoft ſchlleßt mit dem Verſprechen, naͤchſtens
der „Bevue” eine biographiſche Motiz uͤber Tieck, ſo⸗
wie eine ausführliche Ueberſicht ber Tieck ſchen Schriften
zu geben, und legt eine Weberfegung von „Liebeszauber”
vor, bie wir als eine verflümmelte leider fehr mislungen
nennen müflen.
Wenn man e8 bei bem jegt in Frankreich vorherrſchen⸗
den poetifhen Geſchmack natürlich findet, daß der Uebere
fegee grade diefe, allerdings ihrer Kürze nach dazu geeignete
Erzählung’ zur Probe gewählt, fo fcheint ums derſelbe,
nad) feiner Ueberfegung felbft zu fchließen, keineswegs vor
der poetifhen Entartung feiner Landsleute frei zu fen.
Sonderbar genug, daß er den „Kiebeszauber” mit beng
Lobe Amadeus Hoffmann's empfiehlt, befien Schrifters
erft duch Tieck's Dichtungen und beren Aufnahme tz
ein krankhaftes Gemuͤth entflanden find! Was bei Tieck
als wunderbares Märchen, als phantaftifcher Traum vor⸗
uͤberſchwebt, ſtellt fi wenigfiens häufig bei Hoffmanız
ald widerwärtige, nadte Wirklichkeit vor uns hin. Tied’s
u 416
MAllſde laͤßt immer noch in dern , Liebetzauber“ bie Moͤg⸗
Uchkeit durchſehen, daß ber Kindermord nur ein wahnſin⸗
niger Traum Emil's geweſen iſt, er erhält ums in einet
fortwaͤhrenden hochpoetiſchen Exaltation, die keine weitern
Bedenken zutäßt. Ueberſetzt man aber, wie Herr Prévoſt
gethan hat; laͤßt man das zweite, Emil's Seelenzuſtand
erklaͤrende Gediht ganz hinweg und zieht das eritere,
nochwendig anbeutende in bürre Profa zufammen, fo wirft
man das ganze Märchen allerdings fo weit wie. möglich)
in bie Kategorie Hoffmann'ſcher Phantafien hinab.
Eine andere Frage iſt es freilich: Iſt die franzoͤſiſche
Sprache zu einer guten Ueberſetzung Tieck's geeignet? Ihre
Entffeidung bleibt, wie billig, der’ Erfahrung anheim ges
fett. Eine erfreuliche Erfcheinung iſt es immer, wenn
einzelnen Sranzofen die Ahnung Goͤthe'ſcher oder Tieck'⸗
ſcher Größe moͤglich wird. Daß den Franzofen das „Dich
terfeben” fo Lange merfaßlih fein muß, als es ihnen
Shakfpeare ſelber ift, verſteht ſich von ſelbſt. „Der gefties
Kater” und „Steenbald“, wie man fie ihnen mag in
Ueberfegungen geboten haben, Tonnten ihnen noch weniger
zugänglich fein. Der Berfuch, fie mit Tieck zu befreun-
ben, gelang alfo nicht vollſtaͤndig aus Ungefhid, „Petrus
Apom”, „Die Reifenden”, „Der Alte vom Berge”, „Der
griechiſche Kaiſer“, „Der Herenfabbath” würden ihnen Jeicht
mäher zu bringen fein. Vor allen rathen wir aber zur
Ueberfegung des „Aufruhts in den Gevennen”, wofern ſich
ein franzöfifcher Ueberfeger zu dieſer echt deutſchen Dichters
böhe erheben und das Original richtig Kbderliefern kann.
Wieleiht bewöge den Dichter die geipannte Erwartung
eimer zweiten Nation eher als die bringendften Bitten und
Waäunſche feiner deutfchen Freunde zur Vollendung des
großen Werts! Vom Ueberfeger. verlangte man fo lange
zmausgefegtes Studium, bis er zu der Erkenntniß käme,
Daß Tieck's Profa nicht etwa mie die Hoffmann’fihe vers
dreht ober verkürzt zu werden verträgt.
- Der Beſchluß folgt.)
Nachrichten über ruffifche Literatur.
Seitdem Sagoskin und Balgarin der ruffifhen Romanen-
Yiteratur einen glüdlichen Impuls gegeben, mehren ſich die Er»
geusuifle in Gattung. Neuerdings find wiederum folgen:
De Romane erfhhienen: „Andrei Besimenny” (Andreas der Ras
menloſe, eine alte Geſchichte) (Petersburg 1882). Es ift ein
Moman mit einem hiftorifhen Hintergrunde, und zwar enthält
dieſer Hier Scenen und Barflellungen aus ber Regierungszeit
Peter I., in denen ber Kaifer felbft, Fuͤrſt Menſchikof und ans
merkwuͤrdige Beitgenoffen auftreten. An dieſe Geſchichten
zeihen ſich in einem andern neuen Romane: „Læonid ili tscherty‘’
ren oder Züge aus dem, Leben Napoleon’s) (Petersburg
- 1832), Scenen aus dem Kriegsieben unlängft vergangener Zeit.
Ein dritter Driginalroman mit einem biftorifchen Hintergrunde
it: „Grafina Roslawlewa” (Die Gräfin Roslawlew, oder
ie heibenmüthige Gattin, ein Hiftorifher Roman aus bem
Kriegsjahre 1812) (2 Theile, Moskau 1832). Der Inhalt
erzählt die aufopfernde Liebe: einer fchönen Gräfin, bie ihrem
Wanne, einem tapfern Bufarenoffizier, in ben vaterlänbifchen
” Krieg folgt, den Verwundeten pflegt, durch ihre Sorgfalt ret⸗
tet und gluͤcklich nah Haufe zurüdtringt.
Buch viel Tapferkeit, Enthuſiasmus und Langweile zu finden.
Erüher haben wir Gelegenheit gehabt, zu erwähnen, wie in
r
Es ift in dieſem
mehren ruſſiſchen Romanen: hiſto |
tung, bie Scene in — — 52—
ride, sstheidhrdihen
ung, bie ©: afifdge Gebirge, des Gchauvla⸗
eines vielfady bewegten Eebeng, gelegt: wird. Jett iſt in biefee
rt ein neuer, Roman erfchienen, day -bagegen in den Schnech
ebenen und auf den besisten Sera Kamtſchatkas porgeht.- Sein
Zitel it: „„Kamtschadalka” (Die, Kamtſchadalin, ein Roman
von 3. Kalaſchnikof) (Petersburg 1832), Darin. wird; erben
andern Örtlihen Scenen, ein Nachtlager unter einem Schnee
bügel befchrieben, welche Darftellung wir hier gum Beweis -
überfegen, wie nüglich bie neuere Romantik, bie Walter Scott.
mit feinem BZaubergriffel, wie mit. einem Zauberfiab and deu
Feldern, Felſen und Geſchichten alles Länder hernorgerufen, fin
eine anſchauliche Kenntniß entfernter Länder und Zeiten wird:
Man ſtudirt Hiftorie, Geographie, Antiquitäten, Natiovalitaͤten
auf die vergnüglichfie und bequemfie Weife. Doch sur Sache,
nämlich gu unferm Samtfchabalifchen Roman. Gin deriftiicher
Pfarrer dortiger Gegend ift mit feiner Nichte, feinem Kuͤſter,
einem kamtſchadaliſchen Fuhrknecht und dazu gehörigen Hunden
fpät Abends über Land unterwegs. Der ungefüge Kaͤſter hat
feine Pelzhandſchuhe verldren und dadurch bie Fahrt verzögert.
Der Kamtſchadale Lemſchinga wird aurücdgefchicdt, um fie auf⸗
zufuchen. Gr, ein lanbeölundiger Gingeborenee, warnt vor .nas
bem Sturm, inbeffen will der Küfter feine Hanbſchuhe nicht
einbüßen, auch nicht im MWWeiterfahren bie Hände erfrieren, ba
jeder der Reiſenden nach Landesbrauch in einem befonbern, klei⸗
nen Schlitten figt und feine Hunde felbft lenkt. &o entftehen,
indem ber Kamtfchabate wirklich wegfährt, um in ber unges
heuern Wüfte ein paar Handſchuhe wiederzufinden,. aus Zieh
nen Urfachen unendliche Folgen. Der Sturm übereilt die wan⸗
dernde GSeſellſchaft, veranlaßt das Webernachten an einer’ dden
Seekuͤſte, die damit zufummenhängende Lebmöretturg eines
Sehiffbruͤchigen und verwidelt ben. Roman. Wir mollen uns
jebody, ohne weitere Auszüge aus hemfelben, nur beim gebadye
J.ten Länder und Sitten malenden Rachtlager aufhalten: „Die
Hunde vannten fort und ber ausgefandte Kamtſchabdale ſchlug
mit der Schellenklapper dald auf bie linke, bald auf bie. rechte
Schlittenkufe, je nad weldger Seite er bie Hunde zu vide
ten hatte und rief von Zeit zu Zeit: Zah, kach! Hug, Hug.
(vehts! Liofs!). Die Zurüdgebliebenen -warteten geduldig
und e6 veeging eine Stunde, während welder das Wetter
fih wirklich änderte Die Wolfen ſtürzten plöglih, eine
die andere drängend, von Süden nad) Rorben, die Wogen
des Meere rafeten zu ihrem ewigen Kampf gegen bie Yelfen
empor, ber auf den Höhen ber Werge liegende Schnee, flatterte -
hinab, das Herannahen des Sturmes verfündend. 6: fäumte
auch nicht, im furchtbaren Pfeifen, Gekrach und Zofen daher⸗
fliegend, Himmel, Erde, Meer ineinander mengend. Schnea⸗
wirbel tobten furchtbar in bee Ebene und droheten bie ungluͤck⸗
lichen Reiſenden mit fich fortzureißen ober in Schneegrüften zu
begraben. — „D gütige Borfehung”, feufste der Küfter, „dn
hattet zu uns durch die Lippen bes ſchlechten Kamtſchadalen
gerebet; ba haben wir nun den Sturm!” — „Sept ift nichts
mehr zu thun”, erwiberte der Protopop, „als ben Muth nicht
zu verlieren. Halten wir uns dicht zu einander; Gott im Him⸗
mel, welch ein Wirbein, bie Augen liegen mir voll’ Schnee, ich
fe kaum mich ſelbſt! Marie halt deinen Schlitten zunaͤchſt am
den meinen, Hier ift ja wohl die Anhöhe, von ber wir vorhin
fpragen?” — „Ja“, antwortete ber Küfter. Die Reiſenden
hielten num unter dem Schutz der Anhöhe, ftellten die Schlitten
zufammen, widelten- fi) dann in ihre Pelze und legten ſich nes
benelnanber in den Schnee. Zwar pflegen Reifende in ähnlichen
Källen dann und wann Gezelte aus Zweigen und Straͤuchen zu
verfertigen unb ſich darunter zu bergen, dies konnte aber bier
nicht gefchehen, ba Fein Walb in der Nähe war. Kaum hatten
fie ide Nachtlager gerüftet, ald das Gchneegeflöber fie ganz
uͤberdeckte und auf ber weiten, weißen Oberflaͤche bes Landſtrichs
blieb nicht bie geringfte Spur von Hunden, Schlitten, oder
Menſchen. Inzwifchen fenkte fi) die Nacht herab und vollch»
bete ein Raturgemälbe, das ſchwer mit ber Einbildungskraft zu
418
erfcffem/ OR wentger lebdaft und ins Sinyeine barzuftelen iſt.
jener menfchenfeindlichen Gegenden waren bei:
fammen, um das Herzblat unferer armen Reifenden gerinnen
Bei der trüben, aber unburdbringlichen Dunkel
beit der Racht, dem wilden Beulen des Sturmes, ber ganze
Voltenladungen voll Schnee herbeitrieb, bei den Toben unb
VDathen des Dcrans, ber das Pelfenufer in feinen Grundfeſten
zu erfüttern fchien, mitten in der unermeßlichen, oͤden Wüfte,
weren fie in Gchneegrüften lebendig begraben, in benen fie
leicht ihr Leben beſchließen konnten, dem nicht felten erfrieren
derin die Reifenden, wenn die Näffe ihre Kleider durchdringt.
Melchee Vewohner gluͤcklicherer Erdſtriche fchautert nicht zuruͤck,
wenn er ſich alle dieſe Schrecken lebhaft vorſtellt? Aber unſere
Bteifenden waren an ſolche Ereigniſſe gewöhnt und fanden ihre
Lage weder ſehr wiberwärtig, noch gefährlich. Indem fie im
Wcnee eine Pleine Deffnung vor ſich hatten, welche burdy ben
warmen Athemhauch entftand, lagen fie fehr ruhig unb wand⸗
ven fih nur von Beit zu Beit von der einen Seite auf bie ans
dere, biefe Bewegung jedoch mit großer Vorſicht ausführend,
am das Gchneegewölbe, das fich über ihnen gebilbet hatte,
aicht zu zertruͤmmern.“ — In biefer Weile geht die kamtſchat⸗
kiſche Nacht gluͤcklich vorüber und in der Dämmerung bes Mor⸗
gene wedt der Pope feinen Küfter, um bei beruhigtem Sturme
an das Weiterfahren zu benten.
- Ber Veſchin folgt.)
Suͤb⸗ und Nordlichter am Horkzonte fpeculativer Theolo⸗
gie. Fragment eines evangeliſchen Briefwechſels. Her⸗
ausgegeben von Anton Guͤnther. Wien, Mechltari⸗
flensGongregationsBuchh. 1832. Gr. 8. 1 Thir. 8 Gr.
Schon mit dieſem Titel glauben wir unfern Leſern mehr
als eine Unwahrheit geſagt zu haben; wir muͤſſen es aber aus
gen Gründen bahingeftelit fein laffen, die Moftification, bie
unterläuft, zu erklären, und halten es für unfer einzigeö
Beſchaͤft, die Haupttendenz der Schrift anzugeben. Sie beſchaͤf⸗
tigt ſich keineswegs allein mit Theologie, fondern vielmehr da⸗
mit, wie die politifhe Stimmung ber Zeit mit der theologifchen
im Zufammenhange ſtehe. Sie theilt Hiebe vechts und linke
aus, erklaͤrt ſich gegen bie Congregation und eine lutheriſche
Dogmatit, gegen Karl X. und die Srundfäge, bie feine Dyna⸗
fie des Throns verluftig erflärten. Doch laflen wir den Bes
faffer, der fih am Schluß der VBorrebe „Weltpriefter‘ unter:
geänet, feloft über die Veranlaſſung feiner Schrift fprechen und
damit zugleih eine Probe feines Styls geben: „Der Verfaſſer
vorkiegenden Fragurmts iſt einer gewiffen Claſſe von Lefern fei-
mer bisherigen Schriften (e8 if bie Partei der abfoluten Nichts
wir, fie mag nun Übrigens einen gefenften oder aufcechten
Kopf im Schilde tragen) ſehr viel Dank ſchuldig. — Wine Hdf⸗
lichk eit fodert nun bie andere, und in diefer Beriehung hat der
Verfaſſer die vorliegenden Verhandlungen über gewiſſe ſpecu⸗
lative Gegenftände chriſtlicher Theologie, wie ſolche
"der Wochenmarkt des wiffenfchaftlichen Handels und Wandels ſoeben
in den Audlegeläften zur Schau flellt (verſteht ſich: um bie
Slicke der Kaufluſtigen von ben verlegenen Artikeln ber alten
Geheimnißkroaͤmer auf fich zu ziehen), in ein Fragment aus einem
edangeliſchen Briefwechfel eingelleidet, worin der eine der Cor:
-refpondenten mehr als liberaler (sit venia verbo), ber anbere
‚aber in biefer Borausfegung ganz natürlich (salva venia) mehr
als ferviler, d. h. als pofitiver Theologe fich verlauten läßt und füch
fo verlauten. laffen muß, wenn der Eine zu allen Geſten bes Andern
nicht immer Sa, Ja! fagen will.“ Diefe beiden Gorrefponbenten
find ein David b’Harlice, reformirter Paftor in St.⸗Juſt im Elſaß,
und Shriftian Franke, pastor evangelicus in Neukeidenberg im
Breisgau. Den Schluß der Schrift macht „Der Ablaßpfennig‘' als
Anhang zu der Schrift von H. König: „Der Roſenkranz eines
Kathotiten” (Frankfurt d. WE. 1889).. Wir glauben kaum, daß
bed Verfaſſert Crpoſtutatienen großen Tindruck machen werben, ba
feine Gpradee phontefifh gegiert, fein Humor Yemlidt Tdrote
fälig, feine Darftellung unndthig breit und wortreich, felb®
von Radhiäfiigkeiten nicht frei if. _&o, um nur Eines anzufühs
ren, kommen S.'6 und 11 Wieberdötungen faft mit benfelben
Worten vor, bie wir nicht dee Holle, welche dem Schreibenden
zugetheilt wird, zurechnen wollen; denn eine allgu große formelle
Natürlichkeit diefer Art müßte offenbar ben hoͤhern materiellen
Zweck der Schrift zum voraus faft vernichten. Um ein Thema, '
wie das vorliegende, mit Grfolg zu behandeln, dazu gehörte ein
Weſen, wie das des verewigten Tzſchirner, Tein wuͤrdevoller
Graf, feine klare Ruhe, weicher energifche Lebendigkeit darum
keineswegs fehlte . Aber von all Dieſem ift bei dem affer
foum etwas zu verfpüren.
Notißz.
Celtiſche Sprache und Literatur.
Ein wichtiges Werk über gaeliſche Literatur, von J. Reid,
iſt unter dem Titel: „Bibliotheca acoto- oeltiea; er an ae-
count of all the books which have been printed in the gar
lic language; with bibliographical and biographical notices’’
im vorigen Sabre in Glasgow erfdienen. Nachdem ber
Berf. eine flüdgtige Skizze ber verfchiebenen, nach feiner Ans
fiht aus emer Quelle berfiatumenden Dialekte (des baskiſchen,
niederbretagner, corumwallifer, wallifes, gaelifchen, iriſchen
u. a.) und Proben von 84 Abarten berfelben gegeben hat, bes
richtet er, daß gegenwärtig noch im den fchottifchen Hochlanden
zwei fo verfchiedene Wundarten bes Gaelifchen gefprochen wer⸗
den, daß in vielen Faͤllen bie Bewohner fidy untereinander nicht
verftändigen koͤnnen; nämlich die weit: und bie nordgaeliſche.
Die Ältefte non beiden iR offenbar bie erfiere, in ber Grafſchaft
Argyle und ben weftlien Hochlanden einheimifhe, und dem
Iriſchen viel ähntichere, wie die andere, in der Grafſchaft In⸗
verneß und ben nördlichen Hochlanden uͤbliche Mundart.
Das erfte, fo viel befannt, nur in zwei Gremplaren vorhan⸗
bene, gebrudte gaelifhe Buch, ift Biſchof Carſewell's Ueber
fegung von John Knor’s Liturgie, welde 1567 in Edinburg
erihien. Die 1631 ebendafelbfi herausgegebene Leberfegung von
Calvin's Katechismus ausgenommen, ſcheint in einem Zeitraum
son faſt 100 Jahren kein Werk in gaelifcher Sprache gedruckt
worden zu fein. Das Erſcheinen von Macdonalv’s ‚„Gaelic vo-
cabulary‘ gab ber bis dahin ganz auf Religionsbücher beſchraͤnk⸗
ten gaelifchen Literatur einen neum Impuls. Um Alerander
Macdenaid’s 1751 herausgegebene Berichte riffen ſich bie Hoch⸗
länder, und arme Ortſchaften legten zufammen, um nur ein
Exemplar derfelben anlaufen zu koͤnnen. Vermehrte Auflagen
bavon erfchienen 1764 und 1802. Rod mehr Beförderung
des Studiums und zur Srhaltung bes Gaelifhelt trug das Bes
fanntwerden von Dfftan’s Gedichten (1760) bei; beibes ift gegen
waͤrtig, durch die auf Dampfbooten und Landkutſchen in die Dodge
fande dringende moderne Gultur, im raſchen Abnehmen begriffen.
Bon einem hochländifchen Dichter, Alerander MWlachos
nalb, dem Bohne bes Pfarrers von Moibarl, welcher gegen
Ende des 16. Jahrhunderts geboren wurde, finden wir folgende
Schilderung. „Von Yerfon war M. plump und daͤßlich, feine
Gefihtsbildung gemein und "unregelmäßig. ein nachlaͤſſiger
Anzug war gewöhnlich fehr ſchmuzig und fein Mund troff vom -
Safte des Tabads, den er in Menge kaute. Auf dem Rüden
liegend, des Winters im Bett, des Sommers im GSrafe, und
bie Bruft mit einem großen Steine befchwert, überließ er fi
feinen poetifchen Gingebungen, bie er in dieſer Rage vor ſich bins
murmelte.“ — Es fieht zu erwarten, daß Befiger von Manu⸗
fcripten ober Büchern in gaelifher Sprache den Berf. in dem
Stand fegen werben, fein Merk bei einer neuen Ausgabe gu
veroollffänbigen. 8.
Nebigirt unter Betantwortlichkeit der Werlägdhantlung: J. U. Broddans in Leipzig.
ung]
Blätter
für
literariſche Unterhaltung.
Dienſtag,
29. Sanuar 1833.
Ludwig TZied.
(Beſchluß aus Nr. 28.)
Man glaube nur ja nicht im Auslande, daß Wolf:
gang Menzel, wie er ift, der Tieck ſchen Schule angehört.
- As Dichter hat er’ bei uns wenig Erfolg gehabt und ift
zuicht bekannt geworden. Als Kritiker bewies er in feinem
Buche über die deutfche Literatur ungewöhnlichen Geiſt, und
was er zu Tieck s Lobe fagte, Hang in dem Herzen der Na⸗
sion wieder. Wie lächerlich hat er fi aber mit der
Zurückſetzung Görhe’s gemacht! Menzel bat Geift genug,
einzufehen, daß er mit fo willkuͤrlicher Kritik nicht durchdringen
wird. Seine Heberzerugung kann eine ſolche Anſicht über Goͤthe
aut fein. Warum vernichtet er alfo muthwillig das Gute,
das er gewirkt bat und wirken koͤnnte? Wenn Menzel von.
Söthe nichts- Hält, wie mag er Tieck's Freund und Verehrer
fein, deſſen Novellen meift von der Liebe zu Goͤthe durch⸗
und in eben dem Geiſte gefchrieben find, den
Wenjzel an Göthe verkennt? Menzel ift nicht bedeutend
genug, einen eignen Weg zu bahnen. Konnte man ihn
jemals einen Schüler Tieck's nennen, fo riß er fi) body
lange ſchon frevelhaft von dem Meifter los. Daß ber
geniale Amim zu feiner kuͤnſtleriſchen Klarheit gelangte,
iſt wol ein Verluſt; von jemaligem Webertreffen Tieck's
wiſſen wir aus feinen Schriften nichts. Wir haben über:
haupt bier nicht Raum und Zeit, in nähere Erörterungen
und Berichtigungen ber Irrthuͤmer des Heim Proͤvoſt
einzugehen. Nur noch die Bemerkung, daß deſſen fcharf:
fihtige Erkenntniß „Sternbald's“ für eine Nachahmung
„Wilhelm Meiſter's“ an Erfindung und Styl und etwas
ganz Neuss war. Bon einem Bergleiche der claffifchen
Werte Tleck's mit Walter Scott's geiſtreichen Improvi⸗
ſationen kann in der hoͤhern Kritik keine Rede ſein. Im
hohen Style der Poeſie zeigen uns Tieck's Novellen im⸗
mer Individuen, unter denen der einſeitige Liebhaber auch
derbe Erdenſoͤhne, fo gut Walter Scott nur einen ſchil⸗
derte, nicht mifjen wird. Zum Goftumier hingegen gibt
fi) der große Dichter niemals her.
Vielleicht fliehen bier einige Worte über Tieck nicht
am unrechtn Orte, die wir ‚einem ungedrudten, einer
jüngern Feder entfloffenen Auffage entiehnten, der uns
oor Jahren zu Gefiht kam:
Ziel if ber Repräfentant einer neuen Beit, deren Mor:
fein vorwärts gerichteteß Antlig widerſtrahlt. @öthe
iſt der Inbegriff bes vergangenen Zeitalters, wie es war, feine
unſterblichen Werke ziehen alle in ihm liegenden Lehren daraus,
figließen ed ab. Aus @öthe kann man allerwärts lernen, wie
bie Alten nachzuahmen find, wie nicht, was ihe Studium uns
war und ferner if. Goͤthe hat für immerdar bie europäifch-
literarifhe Yrage, bewußt und unbewußt, verneint: ob unfere
Poeſie ald Nachahmung der antiken eine lebendige fei? Tieck
hat dagegen die andere Frage: ob die moderne, Shaklpeare'ſche
Poeſie ald Gegenſatz zur antiken eine lebendige? zumeift in feis,
nen Novellen für immerbar, praktiſch und bewußt, bejaht. Gr bat
zum andern Male naͤchſt Shakſpeare bewieſen, baß bie moderne
Poeſie unabhängig von der antiken ift.
sterm ober geringerm Grabe burchgeben wird. Dier meldet
„fich das aufquellende Talent, aber es Tennt ſich noch nicht, ber
Dichter fühlt unſicher Hierhin und dorthin, des Stoff beherrſcht
ihn, und er macht ſich endlich, was fchon im „Abballah”‘ vers
ucht war, im „Lovel“ volle Luft, in weichem koͤſtlichen Buche
diefe Periode cuiminirt. Die Erzählungen von 1796: „Siege
mund“, „Der Fremde“, „Die Sreunde”, „Das Tagebuch”, bil⸗
den ben Uebergang in die zweite Periode, ber der bewußtvollen,
glänzenden Jugendzeit. In ihr tritt eigentlich erft ber Dichter
hervor, der mit Gewandtheit und Gluͤck ſich bes vorhandenen
Stoffes bemächtigt, bie vergefienen herrlichen Zeichnungen ber
Borzeit aus dem Staube zieht umb mit feined Gemuͤthes ſchim⸗
mernder Barbenpracht übermalt. Jugendlichen Uebermuthes, hands
babt er die poetifhen alten Sagen, ermißt feines Iunern Reichs
thum und Kraft, erkennt und beladht die Welt mit ihren Thor⸗
heiten, lebt in Gothe, Shakſpeare, Gervantes und ben Schaͤtzen
bee Kunft und Poeſie vergangener Zeiten, bes beutfchen Mittels
alters Öypige Dichtungen, Minneſinger unb Ribelungen ergrei«
fen ihn. Diefe Periode hebt mir bem Drama „Blaubart” an,
enthält alles Bedeutende, „Magelone“, „Kater, „Zerbino”,
„Verkehrte Welt”, „Eckbert““, „Scart, „Genovefa“, „Rothe
kaͤppchen“, „Dctavian’‘, „Runenberg‘‘, und endet 1802 mit bem
„gortunat”, obgleich fie fpäter im „Daͤumchen“ wiederklingt.
Cie culmtnirt offenbar im „Octavian“. In biefen Werfen ers.
Scheint ber Dichter wie in gottbegeifterter Trunkenheit. Auf einer
ſolchen Höhe it dem Keinen Alles rein, gibt es feinen Daß und
keine Bitterkeit, bie durchaus nicht in Tieck's Satirn, wenn
man fie fo nennen will, zu finden finds wer fich getroffen fühlt,
mag dagegen fchreien wie er will. Wem genügte nicht diefer
Gedichte voller, liebliher, wie Gilber wiberballender Zon!
Bier erkannte ehedem ſchon in ihnen nur bie Bluͤte der fpätern
ruht, ahnete, daß der männliche Dichter bereinft, neu vers
jüngt wie der Phönix, aus biefer Afche ter Jugend ſich empors
fhwingen werbe! Wer hätte vorher noch eine britte Periode
der Ausbildung, wer die Novellen von Tieck verlangt!
Die Grundlage, worauf Tieck bie Form feines Novelle ges
, 118
waren Boecaccie Gche als mußberhafte
— allerdings. Gexvantes naͤchſt Shakſpeare und Go⸗
the wefentlichen Eiafluß auf Tieck gehabt. In Gexvantes ‚Don
Duirote” iſt die höchfte Weihe der Kunft, die Ironie, am ausgebile
detftens aber gegen bie Allfeitigkeit derſelben in Shakſpeare und
in Tied’s Novellen kommt fie nicht emper. Zied hat ie wie Ghak⸗
fpeare auf das innigfte mit der Dichtung verfkhmielgen, ſodaß die
Fronie dee Dichtung Gerle geworben if. Bon ber Ironie gu ſpre⸗
den hat noch Riemand außer Solger vermodit, nach bem „Brief
woechfel”‘ zu fchliehen, von Zied's Freunden fuͤr ihn der bedeutendſte.
Den ichen ebergang von Zied’s zweiter Jugendpe⸗
riode zu vr beine, gie 18 2 ee ee Ferro: —
die Erzählungen „kiebeszauber“, „Sifen“ und „Pokal⸗
Pe beiden das frühere Gtairobfeue ſchon in das seinfle
Gonnenlicht übergeht.
WVon Tieck's Novellen find bereits durch einen Herm
Hare „Die Gemälde”, „Die Verlobung”, „Der Alte vom
Berge”, „Petrus Apone” und „Der Liebeszauber“ vor
trefftich ins Engliſche überfegt. Aus der Einleitung in
bie erſten beiden Novellen, die der Weberfeger ihnen vors
drucken zu laffen für noͤthig fand, theilen wir einige Stel⸗
Im mit:
Eine Erzaͤhlung ſoll niemals einer Vorrede oder Erlaͤute⸗
rung bedärfen. Die beſten Erzaͤhlungen find immer die volls«
thümlichften, populairften im Höcflen Sinne bes Wortes und
fprechen das unmittelbarfte Mitgefühl der lebenden Generation
an, indem fie dad Grundelement unferer Ratur, das rein Meynſch⸗
liche, entwickeln, deſſen gefeufchafttiche Verknüpfungen dem Aus
tor und efer gieich nahe liegen. Denn altdaun finb wir mit
Anhalt und Zorm gleich vertraut, wenn fie abfldhtelos und von
felbſt ineinander ſchinelzen, keines von beiben befonbers gepfiegt
ober bem andern aufgeopfert wird. Aber ſelbſt, wenn es des
ichters Beſtreben if, wie es denn oftmals feines hoben Beru⸗
3 hoͤchſte Aufgabe mit ſich bringt, das Wild der Vergang enheit
in ihren indivibueliften Zügen wieder aufzuftellen,, bie verbliche⸗
nen Farben einer bebeutungsoollen, halbvergeſſenen Zeit wieder
aufzufrifhen, die ſchwachen Töne einer verklingenden Tradition
aufzufangen und wieber anzufchlagen, bie hiſtoriſche Grundlage
mag in einer noch fo entfernten Periode, auf einem noch fo
fremden Schauplate beruhen, muß die Erzaählung doch alles
fobertiche in ſich faffen, um durch ſich ſelbſt gefühlt und ver-
nden zu werben. Sie muß nidt nur volllommen unabhän
gig von jeder formellen Ginleitung oder Grläuterung befiehen,
fondern auch felbft der Hülfe jener Abſchweifungen und Be
tradjtungen, umfländlichen Schüderungen unb breiten Beſchrei⸗
dungen entbehren Finnen, die in der That nur Worreden am
unrechten Orte, in ben Text aufgenemmene Roten zu nennen
find und mandmal fogar ben beften unferer modernen Somane
"gerunftalten, ja bie von dem Dichter hervorgerufene Slluſion
ganz zerftören, indem fie uns hinter feine magiſche Eaterne fuͤh⸗
ren und und das Mafchinenwefen feiner Kunft verrathen. Dies
findet in ben meiſten Faͤllen auch auf leberfegungen folder
Werke Anwendung. Es mag ſich jedoch zuweilen ereignm, daß
eine dem Leſerkreiſe, für den ſie geſchrieben ward, volllommen
verftändliche und kiare Erzählung einem andern Publicum dum⸗
Set erfcheinen ober ihm zu Misverfiändniffen Gelegenheit geben |
Tann. Diefer You tritt meift bei Erzaͤhlungen ein, bie aus⸗
jchließlich der Zeit und bem Lande des Gchriftfellere angehören,
wenn er vamlich nicht bloß bie menſchliche Ratur, im bie beſte⸗
eher Kormen ber @efellfchaft gekleidet, barzuftellen beabfichtigt, |
onbdern den Geiſt und bie Richtung feiner Zeit, ihre Grund⸗
füge und Meinungen, ihre Weflrebungen und ihren Geſchmack
gu feinem befondern Gegenſtande macht. In Werken biefer Art
nimmt man wol manche Dinge für ausgemacht an, berührt
manche obenhin, die der Fremde nur unvollſtaͤndig oder gar nicht
gennt. Die ganze Darftelung kann einen einfeitigen Anbtid ges
währen, indeß bie Gefslifhaft, ber fie arfpränglih zugedacht
J
33 88
ie
Ip
F
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Fr
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an Dinge, woraus fie entflanden und wovon fie mr
€ Seiten ausftellen, ganz fremb iſt; e6 träten aber
vielleicht bdeffenungeachtet ohne einige Bufäge unfererfeits nicht
alte inpeinen in wol das Ganze in
Theile voifed, ed träte
ein fi Bit, oben if fear Pike Bedentung eitzo ·
Es folgt hierauf eine geiſtvolle Ueberſicht der allmaͤli⸗
gen Zuſtaͤnde Deutſchlands ſeit der Reformation und
neuern literariſchen Wiederauflebung. Des Verf. ſetzt nichts
bei ſeinen Leſern voraus und wird um ſo verſtaͤndlicher,
weil er keinen Namen nennt Daß er Goͤthe's Namen
nicht anführt, der faſt gleichbedeutend mit unferer ganzen.
neuern Literatur geworden ift, möchten wir allein misbil⸗
gen. Man kann aber aus jener franzöfifchen und die⸗
fer englifchen Einteltung die ſelbſt zwiſchen den beſſern
Köpfen beider Nationen gegenwärtig beftehende Kluft er⸗
ſehen, wobei denn der Vorzug der Ruhe und Tiefe niche
wohl anders als unfen Stammverwandten zuzuerkennen
it. Daſſelbe Refultat gewährt der Vergleich der beider⸗
feitigen- Ueberfegungen des „Liebeszauber“.
Die Einleitung ſchildert mit richtigen und beflinmter
Zügen bie erfichtlichfte Tendenz ber „Gemaͤlde“ und „Der:
lobung“. Der Gegenfland letzterer Novelle gibt babei
viele Berührungepunfte in England und die Erwähnung
des vielleicht aiemals von dem englifhen Nationalcharak⸗
tee ganz zu verwiſchenden, den Kuͤnſten und ber Poefle
fo nachtheiligen puritanifhen Kinfluffes an die Hand.
Auf Tieck zuruͤckkommend, fagt der Weberfeger ſchließ⸗
the'n dargebrachten feiner Berchrung als etwas Großes,
wahrhaft Raͤhrendes anfchen. In anderer Hinfit iſt dieſe
@telle des Buches dem engliſchen Pefer ebenfo verſtaͤnblich als
jede andere, denn auch bei uns man den kaum erfi bekann⸗
et ern. BT Bey te
und n ' an. er bat feine
tifdhe Aufgabe wit @eif und Caune bucdhgefähet und Ah in ber
vor. Es tann ww Rs
ch Denjenigen ia die Augen fällt, ne ber a
ve
— —
Beth: fie intereffiren nicht nur hi
einer mertwärbigen Zeit, fondern als wahrhaft
ofitionen ihrer Art. Mir Tonnen nicht wohl
unfere Literatur etwas Achnliches aufzuweiſen 5
haben wol von zwei ober drei namhaften Dichtern proſai⸗
Dichtungen; bes PBauptunterfchieb zwiſchen ihnen beftcht
nur in — Quantität. Unſere Novellen find nur längere
en
der —— Literatur findet man nicht
Zied’fihen Novellen Gteichlommenbes, dba die Novellen
Nationen zuweilen nur umfländiich erzählte Anekdoten
Wir haben im von Ziel ihnen gegebenen Namen beibe
‚ wiewol er nem Kerle von weniger als drei *
—— —* Die Eigenth dieſer
eht in ber — e* Zuſammendroͤngung aller
in einen mögtichft kleinen Raum, ber ‚onen dennoch
une Entwickelung geſtatten nk * — ı fogar ben
Schriftſtellern in biefem —
eſtimmten Raum entweder 8 —A— en oder nicht aus
yufänen: fie a cn effe oft in einem unb dem⸗
Werl. Entweder rutfalten fie einige Beſtandtheile ganı
wm gar nicht, oder dehnen anbere zu willlür e
Die rechte Mitte it eben das größte Geheimniß, deſſen 84
den Triumph der Kunſt ausmacht, und ſie verdient in die⸗
beiden Novellen, trot aller andern Schoͤnheiten, doch viel⸗
hödfte Bewunderung⸗ Die Mannichfaltigkeit und Ori⸗
gimalität der hier eingeführten Charaktere wuͤrde überall hoͤchſt
naerkwärbig feins es erregt aber in diefen Merken befonderes
Erſtaunen unb Ent 5 ſſe auf ſo kleinem Raume ſo frei ſich
bewegen und fo völlig hervortreten zu ſehen. Es wären ihrer
—* Ausßattung ebenſo vieler Novellen modernen Um⸗
Hätte der Dichter feiner Phantaſie auch geſtat⸗
Bituationen zu vervielfältigen und nene Jutriguen für
Bine einzufiechten, es Hätte uns bie —
* klarer und beſtimmter, nicht mit mehr Leben und
Augen geſtellt. Sie find noch Feine Stunde in un⸗
ehe gehen, fo werben fie uns alte ——
mehr von ihnen erfahren, laͤſen wir d
—— ihres Lebens durch.
Es war bei dieſer Vorrebe nicht beabſichtigt, des Dichters
Berdienſte zu verfündigen. Wir haben fie fo ſchon gu unflatts
Hofer Länge msögebehnt. Der Ueberſeter hätte fie lieber für
ange — ag nichts beifügen, was er
— —* u in ber That gluͤcklich,
Veh er nit
fertigen “ en
au if, die Moralität dieſer Novellen recht⸗
kritiker, rc und klein, dafür, daß bie Moral ein weientlidyer
4;
ib
|
ni
Hut
Ip
—
bei uns halten nicht nur die meiſten
ber Dichelunft ſei. Es kommt baber
Movellenſchreiber, ber ſich ihres Beifalls verſichern will,
zu , entweder auf dem Jitel ober am Ende bie Art von Mora»
nennen, ber fein Wert bulbigt. Die beflen beutichen
— — haben ſeitſame Begriffe von dieſem Gegenſtand:
eine Erzaͤhlung koͤnne von hohem Werthe ſein, wenn
Moral auch nicht in einem Spruch ober einer Sentenz
Fa akfonberr;. ja, flo ſchaͤten fie nur um fo mehr, xt fie
nicht zu den didaktiſchen. — ehe f fo Bei zu ven, daß
da lung Teine Moral haben .
FR
Befer, ſondern aud alle unfere Journals |
Verfaſſers —55— und er ſich die
fie 5 Kaiben. Gr haͤlt den Leſer nicht Länger pr Tom,
| Geſell ab. 167.
Nachrichten uͤber ruſſiſche Literatur.
* ——* aus Nr. W.)
n nemen Meberiegungen ins Stuffifche aus dem D
it gu erwähnen: „Der 2. bruar” *8 Berner —
— d. 3.5 „Die Abderiten“ von Wieland durch R. Was
tafin. Aus dem Franzoͤſiſchen find mehre Romane von Balsar
u. A. m. Überfegt. Desgleichen ift von S. Chaplet das „Leben-
: Rapoleon’s" von Walter Scott dem ruffifchen Eefer olnelih
gemadht werben. en diefe Berfion bet fi aber
landefreund in einer eignen — mit —R8 ei
„Tschuwstwowanija dolgoborodago etc.’ (Gefühle eines tang⸗
| bärtigen Bojaren beim Lefen des 7. Theils bes „Lebens Napoleon
Bonaparte's' von Walter Scott, niebergefchrieben unter ben num
zinnen bes Kremis, in einem: ber dreieckigen
FJlammenlicht des brennenden Woslaus) (Moskau 1882). u
biefem Buͤchelchan commentirt ber vaterlaͤndiſch geflumte Bojar
bie WBeichreibung von Napoleon's Kriegszug nad) Moskau,
berichtigt. die falfchen Darftellungen und tabelt zugleich den Ue⸗
berfeger, daB er folche Ungereimtheiten dem en keſer
übergibt, dem beſſere Relationen zu Gebote ſtaͤnden. — Einzeine
Gedichte berühmter Sänger, fowol beutfcher, franzöfifcher,, als.
auch englifcher und fpaniicher, werben fortwährend in großer
Anzahl und oft ſehr gluͤcklich Överfegt. Wir bemerken bad in
diefer Art der „Zobtentang” von Goͤthe gar in Jakutek in Si⸗
birier (1090 beutfdge Meilen von Petersburg) von 3. Petrof
überfegt ift und eins ber biesjährigen Blätter bee Zeitſchrift
„Dee ruſſtſche Invalide“ ziert.
Ebenfalls aus einer fibirifchen Stabt, Krataojartt (im Gu⸗
bernium Tomek, über 600 deutſche Meilen von Petersburg),
it in die ebengenannte Zeitſchrift ein Gebicht — das
der Berf., Namens Stepanof, an feinen gaihte hat,
der, Diiier bes ruſſiſchen 84, im polniſ eg ſchwer
verwundet ward. Wir heben daraus einige en eu, als
eine Stinme über bie Zeltereigniffe aus bem fernen Sibirien.
Der wilde Kotbal”) ſchwoͤrt in eif'gen Wäldern
Und ruft, ein Heide noch, den Bär sum Beugen.
Gr Hält den Schwur; fo feſt teilt nicht
Dem Ientfei ein Felſenriff entgegen,
Als fell den Schwur der zauhe Wilde hält.
Daß ſeb' ih Bier — Du aber ſahll, mein Sohn,
Wie leicht der Pole feine Schwuͤre brach,
Die Treue In die Weichſelwellen werfenb
Und Waffen fchwingend, die vertraund ber Steger
Dem flehenden Befiegten rädgegeben.
Bom Euphrat eilt der Räder folgen Areubruchs,
Doc ohne Rache, ein verzeihnder Ordner
Der Zwietracht, die ſich feihft Thon woͤrgte;
Der Blit wer da, er konnt' ihn fchleubern,
GStatt deſſen warf die Milde ihren Strahl
Anbeffen du an ſchoͤn errungnen Wunden
Auf dem erkaͤmpften, biut'gen Sager liegt,
*) Die Kolbalen find eine Boͤlderſchaſt ſamojediſcher Adtunft, die
ei im ſajaniſchen Gebirge, in der Gegend von Arabnojarst, kber
Selten des
‚, OR des Sentfet
KM. v. Brömfen, „Rüfs
©. GB.
in — — v. Jurten nomadiſtrt
land, ein geographifche® Handbud‘ Menitn 119, &
100
Weit ih In Talmurs ſtarrem Eiögefilde .
Und böre lieber bier die Stürme heulen,
Am grimmen Froſt das is ieh krachend fpalten,
Als ich die Kämpfe hörte eiteln Aberwigeb,
Der Zungenberrfgaft nimmer rubnde Bebben,
Den Riß des Spaltd, den irrer Lehren Schärfe
In den granitnen Boden alter Sitte bobrte,
. Dem Frieden unfrer Beit den Abgrund Öffnend !
An neuen poetifchen Probuctionen iſt außerdem zu erwaͤh⸗
nen: „Plennik” (Der Gefangene) von Rodiwanoweki (Petersburg
1832). Bekanntlich hat A. Puſchkin eine poetiſche Erzählung: „Der
Gefangene im Kaukafus‘‘, geſchrieben. Diefe Dichtung hat Bei⸗
fall und Rachahmung gefunden. Cine ſolche iR auch die Arbeit
des Hrn. Rediwanowsli, des zwar nicht ein fo ausgezeichneter
Dichter wie Puſchkin, aber dafür menſchenfreundlicher if als
fein Vorgänger. Der Gefangene im Kaulafus flieht durch ben
Beiftand einer ſchoͤnen Cirkaſſierin, die ihn liebt, aber nicht wie:
der geliebt wird. Sie wirft ſich darüber aus Liebesgram in den
Grenzfluß, über ben fie dem Geliebten geholfen, und ertrinkt.
So tragif
treuer Rachahmer Byron’s. Rodiwanowski ift freier unb weich⸗
herziger. Sein Gefangener (er wird es durch bie Tuͤrken) ents
fommt mit Hülfe einer ſchoͤnen Griechin, aber er
licht raſch mit ihr in feine ferne Heimat,
Der Liede Schwingen find auch bie des Glaͤks —
Und bier beflegelt feine treue Liebe
Ein Bräut'gamdtus im Tempel des Erſtandnen!
Zungen, verliebten Braͤuten muß Robimanoweli mehr gefallen
als Puſchkin. — Ein anderer junger Dichter iſt mit einer 288
Seiten ſtarken Sammlung feiner poetiſchen Beftrebungen aufges
trefen: „Stichotworenija‘' (Gedichte von A. Polefhaief) (Mob:
fau 1832). Es if darin, wie von jungen Dichten in allen
Ländern und Sprachen zu erwarten, viel Geſtoͤhn über Liebes:
unglüd, Enttaͤuſchung, Unzulänglichleit des Lebens und allers
hand dergleichen Misgeſchick.
Die rufjifhe Maͤrchenliteratur iſt mit einer neuen treffs
lien Sammlung von Volksmaͤrchen bereichert worden. Man
- Iamn in ben ruſſiſchen Volksmaͤrchen drei verſchiedene SKreife
unterfcheiben, zu denen bie einzelnen Maͤrchen zu rechnen. Diele
finds Der Sagenfreis des Kürken Wladimir und beffen Tafel⸗
runde, ober ber Alteftes fobann ber mittlere, ober der Kreis tas
tarifcher Märchen, die wahrfcheinlich während ber zweihundertjaͤh⸗
rigen Zatarenberrfchaft ins Land eingewandert find, als z. B.
das Maͤrchen von Jeruslan kazar's Sohn, dem Bohatyr Polkan
u. a. m.; und endlich der jüngere, ober der Kreis abendlaͤndiſcher
Märden, wie z. B. vom Zürftenfohn Bowa (dem Grafen Beaus
vaiß), den fieben Simeonen (dem Haimonsföhnen) u. ſ. w. Dieſe
legten Wärdyen mögen wol durch Polen und die ſprachverwand⸗
ten ruffifhen Länder dieſes Reiche in das eigentlihe Rußland
gedrungen fein. Es verfteht ſich Übrigens, daß feitbem auch im
Lande felbft im Volksmunde Maͤrchen entftanden, bie wahres
Rationalprobuct find, fowie an allen überhaupt die Einkleidung
und Srzählungsart national find, fogar an denen, die nachweis⸗
lich ausländifhen Urfprungs. Jetzt bat ein pfeudonymer Samm⸗
ler eine erſte Reihe ſolcher jänaften Volksmaͤrchen in ber Drud |
gegeben und fidy durch treue Auffaffung der finnreichen, eigens
thuͤmlichen Erzaͤhlungtart, wie fie im Volk üblich, verbient ges
macht. Sein Bud Heißt: „Ruskija skaski ili
(Ruffifhe Märchen, oder muͤndliche Bollsäberlieferungen in bürs
gerlihe Schrift gebracht, dem Hausgebrauch anheimgefteilt unb
mit mundgefügen Gprüchen audgeziert durch den Koſaken
Wladimir Luganzfi) (Petersburg 1832). Als Motto iſt ber
folgende Sprud vorangeftellt: „Im Ausland gibt es Pilze,
aber nicht für unfern Korb.” Um eine Ueberfidht diefer Samm⸗
und graufam mußte vielleicht Puſchkin dichten als |
predanija” |
\ a geben, üßerfeten wir bie eigenthämlidgen Ueberſchelſter
ver edar Grin I — 119 Bon dem jungen Ger⸗
geanten Iwan, einem wadern Burſchen, obſchon namenloſer
Waife, ohne Stand und Werwanbtfdaftsbaend.” 2) „Won Schem⸗
jakin's Bericht, von feinem Schalten und Verwalten, einfimals
„war's eine wahre Sach', jegt ein Maͤrchen zum Werkeltag.“ 8)
„Bon ben Königsfdhnen Rochwolod und Mogutichen, und vom
ihrem dritten Bruder, von ihren Thaten und Werten, vom neuen
Fürftenthum und Regiment.” 4) „Reuigfeit:@eltenheit, ober «in
Wunder bis jegt ungeſchehn und ungefehn.” 5) „Die Geſchichto.
des bienfibaren Teufels, Sidors Polycarpi Sohn, zu Baſſer
und Land, von feinem anfänglichen Misgeigid und endlichen
Gluͤck, da er ein Schreiber wird.” Schwer würde es einem:
Ueberfeher werden, diefe Maͤrchen in ihrer gangen Gigenthäme
lichkeit wiederzugeben. Um Giniges daraus mitzutheilen bes
ben wir folgende Wendungen aus, die die launige vollsthäms
liche Erzaͤhlungſart charakteriſiren: „Er war unterwegs eine
ganze Woche und einen Tag, weniger ſieben Tage, ober, wie
Andere fprechen, Jahr und Tag, weniger ein ganzes Jahr, und
als er ankam, legte er fidh auf den Bauch hin und deckte ſich
mit dem Rüden zu. — „Die Nächte hindurch aß er nicht, unb
die Tage hindurch ſchlief er nicht.” — „Solches wußte ich nicht
und habe es vergeffen; mein Gedaͤchtniß iſt aber der Art, daß
es Das, was ed nicht weiß, auch nicht behält.” — „Gr hatte
die Blebenmeil: ober Gilftiefeln an, und Derjenige, fo in ſolchen
geht, kommt fo ſchnell vom Fleck, daß, wenn er ſtillſteht, es
doch von feinem Reiter eingeholt wird.” 4.
Notizen aus China.
Das „Canton Register‘ bemerkt gegen bie barmftäbtfdhe
„Allgemeine Kirchenzeitung“, welche demnach fogar ihren Weg bis
Ghina findet, folgendes: Sie habe eine Uederſicht ſaͤmmtlicher
Religionen gegeben und unter die Wonotheiften fünf Millionen
Anhänger des Sonfucius angefegt. Zu biefer befchränkten Zahl
aber fei durchaus kein Grund, da bie ganze Bevoͤlkerung von
beinahe 200 Millionen Gonfutianer fein wolle; ſodann auch
tönnten diefe keineswegs Monotheiften heißen, da es eine unbe⸗
ftreitbare Thatſache fei, daß fie keine Perfon, fondern die ganze -
Katur, den Himmel, die Geflirme, Untergeifer und Dämonen:
verehrten, mithin nicht einmal von Theismus, geſchweige bemm
von Monotheismus die Rebe fein könne. .
. Daffelbe Blatt vom Jahre 1828 enthält mehre Züge, weis
de für den moraliſchen Zuftanb des Reiches der Mitte immer:
noch beiehrend fein kennen: Im Jannar wurden 41 Bubbhas
prieftee nach Kanton eingebracht, weil biefe Moͤnche aus ihrem
Kiofter im Schaukingdiſtricte Häufige Raub» und Worbanfätie
auf die Reiſenden gemacht hatten. Sie jollten alle enthauptet,-
ide Klofter aber bemolirt werben. Der Vräfibent ter Literaten,
Koffein, in ter Provinz Kiangfi, hatte mit gelehrten Wuͤrden
Unterfchleif gemadt und eine Wenge von Diplomen verlauft,
obne ein Öffentliches Examen zu veranftalten. Die kaiſerlichen
Sommiffarien fanden bei der Durchſuchung feines Hauſes eine
bebeutende Summe Geldes, welche bei einem Gelehrten nicht
vermutbet werben konnte; Fokſchin wurbe gefänglidh eingezogen,
erbroffelte fich aber vor der Unterfuchung. Die Befängnifie in
Shine find von zweierlei Art: ber reiche Gefangene Tann bie
beften Zimmer, Gpiellarten, Diener und jeben Lurusastifel ers
halten; es werben ihm bie Zeffeln abgenommen und bis zu dem
Augenblide, wo die Runde umgeht, an bie Wand gehangen.
Der Arme dagegen wirb fogar bafür gepeitſcht, daß ex kein
Geld hat, um, wie der Ausbrud heißt, dem Gefängnißgotte ein
Brandopfer zu kaufen; für einen ſolchen «IR ber ungefunbefte
en üomugigfte Kerker, gewöhnlich Te yak, bie Pölle, grmaant,
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Rebigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagähanblung: 3. A. Brochaus in Leipzig.
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Literarifhe Unterhaltung
ten Kunfi, nacgemiefen am König Dedipus bed Sos
phokles von Karl Joh. Hoffmann. Berlin,
Dehmigke. 1832. Gr. 8. 8 Gr.
Wahrſcheinlich enthaͤlt dieſes Scheiftchen bie aͤſthetiſch⸗
&ritifhen Erſtlinge, welche ber. begabte Verf. dem Publi⸗
cum darbringt. Richtiger wuͤrde der Titel lauten: Be⸗
merkungen über die Grundidee des Sophokleiſchen „Königs
Dedipus”, nebſt vorausgefhidten Reflexionen über bie
Schidfalsidee in den Tragoͤdien ber Alten; denn bad Erſtere
des obigen Ziteld hängt mit bem Zweiten nur fehr loder
und nadläffig zufammen. Ueberhaupt nermißt der Refer die
Sruͤndlichkeit und ben gebiegnen Zuſammenhang, worauf
Die Behandlung ſolcher Gegenſtaͤnde, bie nicht zum erſten
Male befprochen werben, vielmehr von ben ausgezeichnet⸗
fien Schriftſtellern ſchon öfters behandelt worden find, Ans
ſpruch machen darf; auch fehlt es ber Darſtellung noch
an Beſtimmtheit und dem Style an gehoͤriger Durchbil⸗
. dung. Deffenungeachtet enthält diefe Abhandlung manche
intereffante Bemerkung, und da fie ber herrfchenden An:
fücht entgegenzutreten beſtimmt ift, fo hält es Ref. nicht
für zwecklos, die Hauptgedanken berfelben zu verfolgen.
Ben dem Begriffe der alten (griechifchen) Philoſophie
über die Kunſt gebt dee Verf. aus, behauptet die Leber:
einflimmung des Plato und des Ariftoreles in Hinſicht
dieſes Begriffs (jedoch ohne weitere Ausfuͤhrung oder Be⸗
lege), namentlich aber in Hinſicht auf die ethiſche Be⸗
flimmung, welche Beide der Kunſt gegeben haben. Hierauf
geftügt, ‚behauptet her. Berf., daß „In der alten Kunft”
(überall aber beichränkt ſich feine Unterfuhung nur auf
die alte Tragödie) „von eigem Ringen gegen das
ſchlechthin Heilige, gegen die legte und hoͤchſte, von jedem
Zwiefpalt freie Einheit fich nichts finde”, und Diele Be⸗
hauptung fei kein Paradoron. Allerdings nicht; denn der
Begriff des ſchlechthin Deitigen kommt in dem griechifchen
Alterthume gar nicht vor, und Niemand hat unfers Wil:
feus von einem ſolchen Ringen: mit dem abfolut Seillgen
geipeochen. — „Die Schidfalsidee”, führt der Verf. fort,
„war das Schlußdogma der alten Religion”, Hier fcheint
ed nun ganz offenbar, als ob der Verf. die Schickſalsidee
dem ſchlechthin Heiligen gleichfege; aber was berechtigt ihn
dazu? „Es muß daher, heißt es weiter, „von felbft
m allen Schoͤpfungen (doch wahrſcheinlich des alten
tragifchen Kunft?) erfcheinen, nur bald ſchwaͤcher, bald
ſtaͤrker“, und fomit alfo behauptet ber Verf. grade daB
Vorhbandenfein des Schidfals in der griechiſchen Tra⸗
goͤdie. Nach einigen Bemerkungen über Ariftoteles, in
denen Ref. keinen deutlichen Zufammenbhang mit ber Sache
finden kann, wird fogar gefagt: „roril der Menſch fein
befonderes Wollen durchſetzen will gegen eine höhere Macht,
gebt er unter; weil er als Einzelnweſen nicht Alles wiſ⸗
fen, weil er als Individuum nicht Alles durchfegen kann”.
Gleich darauf verwandelt fich die höhere Macht in „bie
heiligen Mächte feines Bewußtfeine”, obne daß bemerkt
wird, was unter dieſen zu verfichen fei, und es foll ber
ewige Kampf des Individuellen gegen biefe Mächte fein,
befien Löfung bie alten (tragifchen) Dichter auf verfchies
bene Weile darzuitellen fuchten. Dom Schidfale komm⸗
auch nichts bei Ariſtoteles vor, über welchen man doch
nicht hinausgehen dürfe; aus ihm lernten wir, daß nicht
das Schickſal, welches in ben tragifhen Familien waltete,
fonbern „das herzzerſchneidenbe, am meiften Mitleid und
Bucht erregende Samilienleiden” die Urſache geweſen, warum
die Dichter Ihre tragiſchen Stoffe aus den Heroenſagen
-gewählt hätten. Es waͤre nun mol das Natürlichite ges
seien, daß ber Verf., indem er als Beſtteiter der Schide
falsidee in den Tragoͤdien der Alten aufteeten wollte, zus
voͤrderſt dargeſtellt Hätte, was die bedeutendern Kunftrich
tee unter der Schidfalsidee verfianden, und auf
welche Weife fie ein Vorhandenſein berfelben in der
antiken Xragödie behauptet haben. Davon aber nirgend
eine Spur. Wenn aber bie befonnenen Kunftrichter nie
mals behauptet haben, das Schickſal trete als abſtracte
Idee in der Tragödie der Alten auf, vielmehr dem Verf.
darin beiftimmen koͤnnen, „baß es in jeder griechiſchen
Tragödie vorhanden ſei, aber nur weil die Kunft unwill⸗
kuͤrlich der Allmacht des Glaubens gehorcht“, fo begreifen
wie nicht, gegen welche Gegner der Verf. eigentlich kaͤmpft.
Daß übrigens Ariſtoteles der Schickſalsidee in der „Poe⸗
tik“ keine Erwähnung thut und nur, wie ſich der Verf.
ausdrüdt, „von dem berzzerfchneidenden, am meiften Furcht
und Mitleid erregenden Familienleiden“ redet, ſcheint nicht
nothwendig darin feinen Grund haben zu müflen, daß
„das Schickſal den religisfen Gehalt der Zeit bildete, für
die ceflectirende Kunft aber ein Unmittelbares und
noch nicht im Ihe denkendes Erkennen Übergegangen war”,
422°
denn zwiſchen der Kunſt und dem Kunftpbilofophen
iſt Vo ein Unterfchied zu machen, und die Ariftotelifche
Poetik“ koͤnnte hier um fo weniger als Beweis dafür gels
ten, daß Ariſtoteles ‚jenen veligiöfen Gehalt noch nicht aufs
gefaßt habe, wenn ja Der Verf. [soft von ihr annimmt,
dad fie eine populaise Tendenz zeige, daß ferner „dee Arts
ſtoteles Polemik in berfelben ſich keineswegs auf der wiſ⸗
ſenſchaftlichen Hoͤhe halte“, daß ihm die ſchoͤne Kunſt im
Zufammenhange feines Syſtems höher ſtehen
mußte, als fie in ber jetzigen „Poetik“ erſcheine, wo
er nur von einem a, und gewöhnlichen Ges
tspunkte ausgehe” (vgl. ©. 4).
1“ FR uͤbergehen die hierher nicht gehörigen Bemerkun⸗
gen uͤber die Anwendung der Schickſalsidee auf die heu⸗
tige Tragoͤdie und die flüchtigen Andeutungen fiber dab
Verhaͤltniß des Aeſchylus, Sophokles und Euripides ge⸗
geneinander („die zwei Seiten Gottes, bie beide dem
oͤttlichen Moſes erfchienen, die eine als Segnung der
rde, heil und mild, bie andere als deren Verwuͤſtung,
dunkel und ſtreng u. f. w. — mit einander auszufähnen,
oder dert Menfchen verftändlich zu machen, verfuchten diefe
Dichter — nach S. 15 — auf verfchiebene Weiſe“); wir
übergehen ferner auch die abgeriffenen Bemerkungen uͤber das
Verfahren des Dichters, über das Werhälmiß der griechl⸗
fen Dichter zu Ihren Stoffen, über da6 Berhättniß der
Idee zur dargeftellten Handlung, Über Veräußerung des in:
Yividuellen Charakters des Dichters und feine Hauptent⸗
wickelungsperioden durch feine Werke (hierbei die Angabe :
der Hauptmomente der Sopholteifhen Lebensanſicht) ib
über ben Einfluß der politifchen Zeitumftände auf die dra⸗
“matifhen Werke der Alten (S. 28) und kommen nun
zur Hauptſache. Der Verf. verſpricht auf dem Titel am
„König Dedipus“ nachzumweifen, daß die Schidfaleidee in
den Tragsdien dee Alten nicht vorhanden ſei. Abgeſehen
von dem kuͤhnen lögifhen Sptunge, deffen er ſich durch
eine ſolche Ankündigung offenbar fhuldig macht, indem
‘er den Sophokleifhen „Oedipus“ flatt der ganzen alten
Kunſt nimmt, fo war doch hier. wenigſtens zu erwarten,
daß er fi über das eigentliche Beweisobject beſtimmter
erklären würde, um fo mehr, da er ja oben felbft behaup⸗
tet hatte, die Schilfalsidee, als das Schlußdogma ber
alten Religion fei auch im jeder griechiſchen Tragoͤdie vor⸗
“handen. Allein auch hier keine Erklaͤrung. Es Heißt
'nue: „doc auch im „Dedipus Tyrannos“, der fo ganz anf
die Schickſalsidee aufgebaut heine (woher denn dieſer
Schein?), {ft e8 nicht der Sturz einer großen Kraft durch
das Schickſal, den Sophokles aufzeigen will, fondern er
will an dieſem Sturze ein Belonderes barftellen, und bie
Idee, daß der Menſch nichts gegen das Scidfal ver:
möge, liegt auch hier im religiöfen Gemüthe der Bett (?)
und im Stoffe.” Nun, was wollen denn diejenigen Kunſt⸗
richter, welche ein Schickſal als Angelpunft der griechiſchen
Tragoͤdie annehmen, mehr? Erklären fie nicht ebenfalls
das Schickſal für ein Algemeines, welches alfo doch In
der griechifchen Tragödie vorhanden, aber unſichtbar und.
in concreto darin wirkſam iſt?
Doch wir koͤnnen Das, warum der Verf. dieſe un⸗
terſuchung angeſtelt hat, auch ganz auf ſich beruhen laſ⸗
ſen und wenden uns nur zu der Grundidee, die er dem
„König Oedipus“ unterlegt. Sie ſcheint ihm folgende zu
fen: „Sötterwort [ei das ewig Wahre und als
ein Uptrüdlichez Peine menfhlihe Weisheik
koͤnne fichiüber das Deitige erheben, uud felb
die hoͤchſte menſchliche Vernunft frei ohnded
Segen der Sortheit nur unheilbringend.” Des
Verf. Streben ift nun einzig dahin gerichtet, die wefent»
lihen Momente jener Tragoͤdie aus dieſer Idee zu erklaͤ⸗
‚wen. - In biefer Auselnanderfegung ſcheint er feinen Haupt⸗
zweck ganz aus den Augen verloren zu haben. Wenigſtens
kann Ref. nicht winfehen, inwiefern die von dem Verßſ.
jener Tragödie beigelegte Grundidee und deren Auselnans
derfegung mit dem Vorhandenſein des Schickſals in jener
Tragödie fEreite. Auffallend iſt es jedoch dabei, daß der
Berf. jenen Gag als Grundidee bes „Dedipus” (S. 30)
mit fo zaghafter Beſcheidenheit aufftellt, da doch deſſen
Auseinanderfegung grade die fo kuͤhn verſprochene Nach⸗
weiſung enthalten fol. Ließe fidy num zeigen, daß bee
Verf. mit jenem Sage ben Sinn der Tragödie doch fehe
einfeitig aufgefaßt, und daß er oft zu grumdlofen un) ges
zwungenen Erklärungen bes Einzelnen feine Zuflucht genom⸗
men babe, fo wäre damit auch nachgeriefen, daß er fein
Hauptziel durchaus verfehlt hat. ef. will Mes durch Hervor⸗
hebung der -wefentliägften Punkte in ber Kürze verſuchen.
Fürs Erſte hat Hr: H. den Unglauben als bie
Haupffeite des „Dedipus“ herausgehoben und behauptet,
„mach biefer Tragoͤdie ſei der Glaube das Beſte“ (S. 32);
Dedipus und Jokaſte feim zwar „nicht ganz ohne Glau⸗
ben‘, aber „Sophokles habe ihnen feinen wahrhaften Glau⸗
ben gegeben” (S. 31); das Vertrauen auf göttliche Welse
heit fei bei Dedipus von vorn herein nicht vorhanden. Aber
warum floh denn Dedipus feiner vermeinten Aeltern Haus,
wie ec Jokaſte erjählt,. wenn nicht aus Schen vor dem
Goͤtterſpruche? Der Berf. wird vielleicht entgegen, daß
das Borheryegangene bei dem Drama nicht in Anlchlag
fomme. Aber wie würden fragen: warum nicht, wenn
ber Dichter es ſelbſt ben utzt "hat, von welchem doch nicht
anzunehmen, daß er den Charakter in Widerſpruch mit
fig felbft bilden werde? Doch wir brauchen uns gar
nicht auf das Vothergegangene zu ſtuͤtzen; wir Wollen bei
dee Handlung des Stuüͤcks ſtehen bleiben. Zuerſt wirft
der Verf. dem Dedipus von feinem Standpunkte vor, daß
diefer zwar Vieles verftändig überlegt habe; „darauf aber,
die Götter um Math zu fragm, kam er doch nicht ſo⸗
gleich und zuerfl.” Wie aber kann der Verf. darin
einen Mangel an. Göttervertrauen finden, daß Oedipus nicht
im erften Augenblicke‘ der Det das Orakel befragt
babe, zu weichem Mittel man ohnehin nicht fogleich grei=
fen fonnte, wenn eine folcye Krankheit ausbrah und man
ihre Wichtigkeit noch nicht beftimmen konnte. Die Worte
des Dedipus:.
Und ein Errettungsmittel, das ich ausgefpäht,
Verſucht' ich endlih — (na X. Wagner's Ueberſehung)
enthalten ohnehin Beine gmaue Zeit beſtimmung. Fer⸗
ner wird bemerkbar ‚gemacht, „daß Debipus und Jokaſte
.
Kreon an ihn gedacht
BB
He Sthuung ber
Ermordung
Jahre hindurch vernahläffige hatten.” Kreon
ſelbſt fagt dem Dedipus vielmehe: bie naͤchſte Noth
babe von der Nachforſchung fiber jene Toͤdtung des Lajus
abgehalten. Es iſt daher nicht zu -verwundeen, daß Oedi⸗
pus, der — bie Zeit iſt unbe , wie lange — nad
Diefer Toͤdtung nach heben kam, feine Verpflichtung zu
einer feichen Suͤhnung erſt durch deu Orakelſpruch aner⸗
Tonne. Als Mangel an Retigiofität ferner wird es von
dem Berf. angefehen, „Daß Dedipus ſich ſelbſt GB. 132 fg.)
ſehr ſtark vertraue, daß er diefe® Werborgene, was bis
fegt noch Keinem gelungen war, entbeden wolle ( S. 34);
des Oedipus Worte aber, auf weiche der Verf. ſich hier
bezieht, Haben nur den Sim: ich übernehme pflichtgemaͤß
die mir aufgetragene Blutrache, und will Alles anwenden,
die Unthat zu entdecken, wobei allerdings ein eigennuͤtzi⸗
ges Motiv, wie der Verf. bemerkt, mit wirkend iſt. —
Weiter heißt es: „V. 151 wendet fi der Chor fromm
an die Goͤtter“, aber V. 217 tritt Dedipus auf und
meint, fie koͤnnten ſich durch eigne Kraft weit beffer bel
fen. Auein we ficht dies gefhrieben? Dedipus fagt:
Du flehſt, und was du fieheft, wink bu anders nur
Bein Wort befolgen und im Weh behülftich fein,
ECrreichſt du: Rettung imb der Moth Grleichterung.
Died aber bezicht ſich auf die Bekanntmachung, welche
er in dem Foigenden an daB ganze Volk erläßt. Hier iſt
fo wenig die Rebe daven, daß man ohne Goͤtterbei⸗
Kand das Verborgene auch wohl entdecken würde, als im
den diefem Chor vorhergehenden Verſen (147 fg):
Wein iſt allein die Sorge. Denn mit Gottesmacht
Sind wir gerettet, oder auch herabgeftürzt.
As Mangel am Glauben wird es ferner auch angele-
den, baf der Ehor den Dedipus auf ben ‚göttlichen Ges
der (Tireſias) verweife, aber nicht Dedipus ſelbſt, ſondern
babe. Aber bemerkt denn der Verf.
wicht, daß dadırrch,. daß Kreon au Tireſias erinnert, dem
er auch als Eingeborenem näher fland, der fpäterhin ent:
ſtandene Argwohn des verbiendeten Dedipus motivirt
worden iſt. Es fragt ſich nur, ob dieſes Mistrauen bei
Oedipus urſpruͤnglich und aus irreligioͤſem Sinne hervorge⸗
gangen ·war, amd dafuͤt gibt es keine beweiſende Spur.
(Der Seſchluß folgt.) .
M. Joachiin Schluͤter, erfter evangeliſcher Prediger zu
Ein Beitrag zur Reformiatlonsgeſchichte aus
der Hiſtoria van der Lere, Levende und Dode M. Joa⸗
chim Sluͤter's, geſtellet und geordenet dorch Nicolaum
Gryſen, zur Erneuerung des Andenkens an ben ver,
300 Jahren geflorbenen Zeugen der Wahrheit, jest
aufs Nene ‚herausgegeben mit Srläuterungen von. K.
Sr. Ludmw. Arndt. Luͤbeck, Rohden. 1832. 8. 6 Gr.
Kür bie Keformationsgefchicgte der eingelnen beutſchen Län:
der forſcht und veröffentlicht man, was irgendwo fi Denkwaͤr⸗
biges findet. Gin Keichthum von Materialien erbrüds faft den
und Berfaffer, welcher ihre Werarbeitung in ein Gan⸗
unternimmt. Auch das oben genannte kleine Buͤchlein von
found Gryſe, Prediger zu Roſtock, in den Jahren 1674 —
1614 abgefaßt und zu Roſtock 1695 in 4. erſchienen und vom
ung bes Bates m. f. w. fange:
und
Arnbt . wieder ernenert, bereichert bie Meformationdgefi
.Mecklenburgs. Ungeachtet ber in Klammern eingef@toffenee
Wörter bleibt bas Buͤchlein in feinem plattdeutfchen Dialekt
‚für Biele unlesbar, und der neue Derausgeber hätte wohlgerhan,
eine Ueberfegung ins Hochdeutiche, beſſer noch eine freie Bears
beitung beffelben zu geben. Wir verfucgen einen Eurzen Lebende
abris Schluͤter's, wie er dem Geſchichtsfreund und Forſcher
willkommen fein möchte,
Schlüter, geboren um 1490 zu Doͤmit an ber Elbe im
Mecklenburgiſchen, verlor früh feinen rechten Vater, einen Fuhr⸗
mann, Namens Kugner, und nahm ben Namen feines Gtiefs
vaters Gchläter an. Gryſe nennt Schluͤter zwar einen Disci⸗
yel und Schuͤler Euther’s, aber ficherer ift das Zeugniß aus der
| Univerfitätsmatritel zu Roſtock, in welde er 1518 infcribirt
wurbe, wo fid von fpäterer Hand daneben gefchrieben findet:
„Domiaus (naͤmlich Magifter oder Baccalaureus decretorum)
Joschieus Siüter evangelium a Luthero instauratum ad St.-
Betpum. hic Rostochii etc.” Gr lehrte, che er Prediger am
der Peterötiche warb, in der Schule zu St.⸗Peter. Hier
beftand feit 1419 eine Hochfchule und feit 1484 ein Domftift,
deren Lehrer und Domperren dem Gindringen ber gereinigten
Lehre mit aller ihrer Gewalt entgegenwaren, Schlüter verfolge
ten und aus der Stadt vertrieben. Herzog Heinrich von Dede
lenburg nahm fich feiner an und beflellte ibn 1526 zum Preble
ger zu St.Peter. Gr hatte fo viele Zuhörer, daß fie bie Kirche
nicht aufnehmen konnte und er unter einer Binde auf dem ges
säumigern Kixchhofe predigen mußte. Die Moͤnche im Klofter
St.⸗Johannis und Gt. Katharinen geriethen über bie (Geburt
der Jungfrau Maria in Uneinigfeit und trugen, ohne daß fie
26 beabfichtigten, bei recht vielen Bewohnern der Stadt zum
Abfall vom Katholicismud bei. Schlüter, umgeben von Katho⸗
en, gerieth oft in Gefahr, von Moͤnchen und paͤpſtlichen Ans
bängern vergiftet zu werden. Oft nahmen ihn die Römlinge
gefangen, fhleppten ihn busch bie Straßen, aber bie Anhängte
ber Reformation. entrigen ihn wieder ihren Bänden. Cr duls
dete muthig, feiner guten Sache und bem eye feines Lane
desheren vertrauend. Herzog Heinrich Fam ſelbſt nach Roſtock,
uns foderte & auf, feine. Beinde und Gegner der zeinen
Lehre zu nennen; er aber unterbrüdte jedes Gefühl von Radie
“and nannse fie großmräthig nicht. Nach großem Kampfe . be6
Lichts mit der Zinfterniß bahnte fich hie Lehre Euther’s den Sieg,
und ſelbſt Moͤnche traten freiwillig aus ihren Flöfterlichen Ver⸗
hältniffen . und befannten fich für Luther. WBalenfinus Korte
(Curtiuo), Franziskaner, wurde fogar 1528 lutherifcher Predi⸗
ger an der Kirche zum heil. Beil. Zum Aergerniß für_bie
Katholiken verheirathete fih Schlüter 1528 mit Katharine Gigs
bern (oder Belem, wie.eine andere Nachricht fie nennt), wahr⸗
fheinlih mit Willen und Bewilligung feines herzoglichen Bes
iſchüters und wurde von dem Kapellan Grüwel in ber Peterds
Eiche eingefegnet. Die Luthesaner im Kirchſpiele St.⸗Jakob
wählten Barteldt gu ihrem Prediger. Ihrer waren in ber Pas
rochie weniger al6 ber papiſtiſchen Anhänger. Es entitanden
wegen biefer Wahl Unruhen. Der Magiftrat ließ die Stimmen
der Kirchenglieder fammeln und ber Gewählte wurde nit ans
gefteilt. Dagegen beriefen Rath und Buͤrgerſchaft 1530 Mate
.thäus. Ehdeler (Aquila) zum Prediger an bie Kirche Unferer
Heben Frauen. Diefer verwaltete fein Amt mit gsoßem Gegen
-und. viele Katholiken traten über. Doch warb in feiner und
andern Kirchen der Stadt immer noch Meſſe gelefen und ges
-Rattet, um Aufrupe zu vermeiden. Am Ende bes Jahres 1530
verſuchte der Rath ‚die lutheriſchen und katholiſchen Geiſtlichen
zu vereinigen und bewog fle zur Unterſchrift einiger bie Ruhe
ben Frieden der Stadt beswedenden Artikel, Zugleich
weirbe bier der, Grund zu einer Kirchenorbnung gelegt. Bon
beiden @eiten mußten "darüber die Erklärungen abgegeben wers
dm. Gchläter that es im Namen der lutheriſchen Prediger in
einer befonders gedruckten Schrift: „ine korte und grünbds
tike Bericht der Geremonien beö Olden und Nyen Teſtamentes
mit wehrhaftiger Antöginge bes rechten und falſchen Gebrukes
PL}
124
"Des Heren Nachtmals, der Döpe, Miſſe, Bigtilen v. ſ. .“ 3
Dee Rath, vernahm darüber auch die Katholiken und befahl
nun, daß man bie eingefegten lutheriſchen Prediger in ihren
Kirchen ihr Amt verwalten Laffen folle, weil ihre Yrebigten
and Sacramente nicht mit dem Evangelio flritten; wärben aber
(die. Katholiken) nicht folgen, fo wollten der Rath und bie Bär
gerſchaft ihnen etwas Anderes fehen Laffen, als fie gehofft hät:
ten. Die unter den neuen Predigern entſtandene Uncinigkeit
über die Beibehaltung der Privatbeichte bämpfte ein von Luther
und Melanchthon eingeholtes Gutachten, welches Ginigkeit em»
pfiehle und Dem, weldyer Unfrieden fliftet, aus der Stadt zu
geben gebietet. Auch beutfche Pſalmen führte Schlüter nad
Luther’d Vorgang in bie Kirchen ein. Die Reformation machte
zecht glückliche Vorſchritte. Die Kirchengüter wurben vom Lan⸗
desheren den Kirchen zuerkannt und gelaffen. Herzog Albrecht
ſchuͤgte fle dabei und ging in alle die. Reformation förbernde
Ginrihtungen des Magiftrats ein. Ueber das herrliche Gedei⸗
den feines begonnenen Werkes war S. hoch erfreuet. Gern
hätte er ben Segen feines Werkes vermehrt und länger genoſſen.
"Aber er flarb bald an Gift. Auf Anftiften eines pepikithen
Papen, Namens H. Joachim Nyebur, wurde 1582 ein Vuchbin⸗
der, welcher S.'s ganzes Vertrauen genoß, gewonnen, ihn in
einem Tranke, ben berfelbe ihm nady einem —— reichte, zu
vergiften. Das Gift wirkte langſam, und er kaͤmpfte lange mit
dem Tode, der ihn nach furchtbarer Qual am 19. Mai ben
Lebensfaben zerriß. Nah feinem Tode trat an feine Gtelle
Joachim Schröder, ein ebenfo gelehrter als berufseifriger Wann,
der viele deutfche Lieder dichtete. Die Nonnen: und Moͤnchs⸗
kloͤſter wurden aufgehoben und in Schulen verwantelt. Das
Verbot, außerhatb ber Stadt Mefle zu hören, bei 10 Gulden,
vollendete bie Reformation.
Was Luther that für feine Stadt, that Schluͤter für RKo⸗
ſtock. Die Einfihten und perfänlichen Tugenden des Wanhes
‚zeihen ibn ben Neformatoren an. Fuͤr die Anmerkungen,
ie meiſt biographifch und literariſch find, verdient ber ‚Heraus:
geber Dank, ⸗ 19.
-
‚Anatomifche Leiden. Novelle von GC. Herloßfohn..
v Leipzig, Brüggemann. 1833. 12. 1 Thlr.
Gin zeicher Banquier, Schreiber, will nicht zugeben, daß
feine in den Gomtoirbiener Walther verliebte Tochter Julie dies
‚fen heiratde. Es gefchiegt aber dennoch, worüber ‘der Bater
außer fich geräth und die Tochter verfiößt und entexbt. . Diefe
‚wird dadurch mit ihrem Gatten und Kinde im eine elende Lage
verfeät, endlich aber der verarmte Water felbft, ber ‚nach bem
Bankrotte feines Haufes immer tiefer finkt, fi dem Trunke
‚ergibt und Lohnbebienter im Gafthofe zur Stadt Warſchau
wird, NB. das Städ fpielt in Leipzig, und mehre dort ber
kannte Namen kommen mit einer leichten Veränderung in ber
Novelle vor. In jenem Gafthofe nun, wo fi häufig bei Hrn.
Gaftwirth Buſchmann (der auch fehr angenehm auf dem Forte:
piano phantafict) der Profeffor der Anatomie, Bord, ein juns
ger intereffanter Schriftfteller, Berold, und ein aus Rußland ge:
kommener, möpftifch » pietiftifcher, angeblidher Gollegienrath v.
Reichmann Abends zufammenfinden, auch Schreiber fid, gubrängt,
erzähit einft der Profeffor feine Abenteuer, die ex als resurres-
tioa- man aus Liebe zur Wiſſenſchaft befanden, unb fo wird
denn im Gefpräd, über die Anatomie und beim Feuer des Pun⸗
ſches Schreiber veranlaßt, fein Gabaver für 20 Thaler bem
Profeſſor contractmäßig zu verkaufen. Zur NRächternheit zurkd:
gelehrt, wird Schreiber von dem entfeglichen Gedanken, feinen
Leib der Serglieberung preisgeben zu müflen, fa bis um
Mahnfinn gequält, von welchem ihn ber neue Profeffor ber
Anatomie (ſchade, daß diefee Nachfolger des inzwiſchen verſtor⸗
benen Bord Gartorius heißt und nicht lieber Roſenthal ober
Meberfelb) zu heilen verfucht, indem er ihn raͤth, einmal eine
.ogne Zweifel bie scudati aurei, escus d’or,
euglirbezung chen, webel ch ale leeren
verlieren würden. Schreiber willigt ein, wird Nachts in
fern Secirfaal geführt, wo ſich die wunderſchoͤne Leiche
ungen im Waſſer verungtädten Krau befinden: fol, und
beim Lichte den Leichnam feiner Tochter. Jule nämlich,
die Borlefungen des Hrn. v. Reichmann, ber hinterher als Bi
trüger erfannt wird unb Arreſt bekommt, durch Ungluͤck und
Schwaͤrmerei irre geleitet, hat Ihren Tod in den Wellen gefucht,
und Schreiber flirbt wahnfinnig. Dies it der Inhalt ber „Anats⸗
mifchen Leiden“, von weldyen zu beforgen lebt, daß fie Ach für viele
Lofer in aſt hetiſche Leiden verwandeln bürften. 102,
. Kritifhe Miscellen.
1. Die flawifdgen — das Jus Polonlam — f. v. à w
„Beſchichte ber beutfi und Territorialver tung
(Geibelberg 1832) — glaubten wir zum Theil noch dahin er
sen zu Tönnen:
oradee, von Poradj, Reife, Straße, vicus, eine Art
Diſtrictsumlage, Gemeindedienſt. Pedworowe, Hufenſchatz, Dus
fengeld, von Dwor, dee Hoſ. Pomoc, von Pomoc, subsidium,
die Beede. Podwode, nach Hrn. v. 8. Vorſpann für i
Gefandte u. f. w., wiewol Borfpann als Naturalleiftung n
wohl zur Rubrik ber Abgaben zu paffen ſcheint; ich glaube, es
fommt von Woda, Woditzka, Wafler, gebrannte Waffer, Ab⸗
gabe von Branntwein. Bobrowinci, Aufſicht über bie Bieber,
wie He. v. LAow vermuthet? ich halte es für die beſtimmte Lies
ferung bes Biebergeils. Slad, eine Serichtsabgabe nah Hrn.
v. &,, oder, wie ich bädhte, von Blad, Malz, ein Malzauf⸗
Glova, ein Gtrafgelb, das ganze Diftricte für einen
vorgefallenen Todſchlag hätten zahlen muͤſſen; Glova if fein
w Wort, glaube, es muß beißen Hlawa, der Kopf,
wa stjbi den Kopf abfiglagen, ifo die limlage für bie Ko⸗
fen einee Hinrichtung. Prevod, Gtellung von Wegweiſern?
ich glaube von preweda, ich fege über bad Waſſer, das Faͤhr⸗
eld. Strota, Wagegeld; in dieſem Ball von Straz, bie Wage;
aͤgt fih aber, ob das vorherrfchende o in Streta nicht herkommt
von Stros, ein Berg: oder Fetſenauswachts, in ber Bergwerko⸗
terminologie gewöhnlich; alfo Mutzgeld, id. Dan von
dam, dabi, geben, alfo Babe, Abgube. Dei, Friedſcha Sep
von Cep, ber Zapfen, das Zapfengeld? Opolie, von Obilne,
vecti entarium, Obolj, das Getreibe. Naraz, von
Narat, der Anſchlag, aestimatio pecuniaria. Ledna, Korfte
geib, Br von Leunj, sylraticue. S. 240 wird ange
fragt, ob Narochnici etwa Gchweinehüter bebeuten möchtes
es heißt aber Narochnici, camerarii, subdapiferi; bie Ne-
rochnici finb unfere Marfchälle, von Narutschojk, equds
dextrarius. 0
2. Friedrich Michels, jegigen Pfarrers su Camp
—— Beſchreibung der ehemaligen Abtei Camp‘
( eie o " ‘
©. 29, woher bie Dorfihaft Kirchhof ihren Namen erhal⸗
sen? von einem Gottesader finde fi keine. Spur: wir glauben
von Klofterhof, da Klofter und ecchesia gleichbebeutend genoms
men wurde; auch viele Kirchen, ſelbſt die Kiofterpfarrfirchen,
ihre eignen Pfarr s oder Kirchemsibengüter hatten. @. 180,
100 goldene Schadaten; „eine unbelannte Münze” ; doch wol
bavon noch unfere
Edhildlouistores f. Dufresne. S. 15T, 86 Karatten Weinz
„ein jegt unbelanntes Maß von Fluͤſſtgketten“; ebenfo doch wol
nur bie in alten Klofterurfunden vortommenden. Carrada, Ca-
vis ſ. D e: Canonici habeant aunustim 144
Carratas vini, ein Yuberfaß? Ego quidem de vino nibhil
hbabeo, nisi unam parvulam Carrodam — ad sacrificum —
fagt ber Propft von Berrieben; dimidia vini Caratta ad
festivo celebrandam aposoli assumtionem; dazu wird wol ein
halbes Yuberfaß zu ſechs Gimer für alle Kirhweihgäfte eines
ganzen Kloſters nicht zu viel gewefen fein. 85.
Resigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagäbandlung: F. U. Brodbeus in Seipsig
+.) r . ‘ a
„Blätter
für
literarifhe Unterhaltung.
Donnerstag,
Das Nichtvorhandenſein ‘der Schickſalsidee in ber alten
Kunft, nachgewiefen am König Dedipus des So:
phofled von 8. I. Hoffmann.
Beſchlus aus Nr. E0,)
Am meiften, wie natürlich, bezieht nun der Verf. bie
Behandlung des Kirefias. von Seiten des Oedipus auf jene
von ihm aufgeſtellte Grundidee; er fagt: „hier (bei Dedipus)
iſt das Vertrauen auf göttliche Weisheit von vorn herein
nicht vorhanden” (S. 33). . Wie kann jeboch der Verf.
dies behaupten, ba des Dedipus erfte Anrede an-den Seher
fo lautet:
Der Altes finnvoll fhauet an, Erkennbares u
Wie was unfagbar, Himmliſches gleich Irdiſchem,
Du Zirefiad, erkenneſt, flebft du gleich es nicht,
An weihem Siechthum Alles krankt: nur bich allein -
’
Erſah zum Vorftand unfre Stadt, zum Retter felbft u. ſ. w.
Durch diefe Scene befonders findet dee Verf. den Ges
danken begründet: „baß der von Gott begabte Seher, der
duch die Religion gemeihte Priefter, der ſchlichte Ver⸗
fland des gläubigen Menfchen tiefere Einfiht habe als
ber größte auf fidy beruhende Scharffinn.” ‚Nur bie Ses
herkraft könne ſich mit Fug und Erfolg an das Verbor⸗
gene wagen; denn die Wahrfagerkunft fei Leine menfch-
fie Erfindung, fondern flamme unmittelbar von ben
Goͤttern, und baher. müßten die Orakel und die Seher
(beiläufig aber wollen wir bemerken, daß Orakel und MWeifs
fager in bem Alterthume nicht in gleichem Range ftanden)
vor Allem befragt, geehrt und befolgt werden” (5. 31).
Debipus Heißt es dann auch (S. 35), „weil er feinen
Stolz beleidigt fühle und feine, bes Eugen Herrſchers
Bitte, der ſich gleichſam herabgelaffen hat, jenen um Rath
zu fragen, zuruͤckgewieſen fieht (meit weniger aus Beſorg⸗
niß für die Stadt), entbeennt im grimmigſten Zorne.
Hätte er innigern Glauben gehabt, oder des Sehers Wort
nachher mehs beachtet, fo wäre er ‚gegen den heiligen
Mann milder geweſen, ober. hätte doch efnige Reue gefuͤhlt.“
Es ift allerdings ein feiner Zug der Kabel und der Tra⸗
göbte, daß derfelbe Mann, deſſen Klugheit das Räthfel ber
Sphinr gelöft hatte, nun ſich felbft zum Hächfel wird, und
Sophofles hat dieſen Zug-fehr weife benußt, indem er den
Debipus mitten im aufbeaufenden Zorne dem Scher ben
Vorwurf machen läßt, bei bem Raͤthſel dee Sphinr
babe ſich feine Kunſt nicht gezeigt; er ſelbſt aber habe es
31. Sanuar 1833,
gluͤcklich ohne Weiſſagerkunſt geloͤſt, worauf Tireſias er:
widert, fein Gluͤck werde ihn verderben (V. 442). Daß
fih hier ‚der Uebermuth des durch fein Gluͤck beraufchten
Menſchen hervorbrängs, iſt Bein Zweifel; aber der Verf.
hat Altes auf-diefen Punkt hingedraͤngt unb geht
fo weit, daß ex dieſe Löfung‘ bes. Raͤthſels dem Debipus
felbft zum Vorwurfe macht. Er fagt nämlich) gegen Bluͤm⸗
ner (aber ohne diefen zu treffen) S. 33: „da erft, als
ee das Raͤthſel der Sphinr zu loͤſen ſich unterfing, griff
ee in der Götter Rechte“. Mit nichten; Dedipus that
hierin nichts Widerrechtliches oder Unhelliges, fondern han⸗
defte ſelbſt nach ber Goͤtter Willen. Was aber die Be
handlung des Tireſias Überhaupt anlangt, fo: tft es che
falls nicht gegründet, 'daß Beleidigung feiner Klugheit ben
König dazu verleitet; vielmehr zeigt ſich Debipus hier wie
bei jenem verhängnißvollen Zufammentreffen mit: feinem
ihm unbelonnten Vater am Kreuzwege von leicht reizba⸗
rent, aufbraufendem Gemüth und mit leidenfchaftlicher Ges
waltſamkeit aufftrebend. Dee Verf. entſtellt dm Sinn
ber herrlichen Scene mit Tireſias, wenn er nur in bes
leidigter Klugheit die Quelle des Zoms des Debipus
findet. Auch kautet bie Bitte des Letztetn an Tirefias gar
nicht wie eine blos verftellte Bitte um guten Rath, ober,
tie wir zu fagen pflegen, wie ein bloßes Gompliment;
fie iſt ein Flehen Um Etklaͤrung des Goͤtterſpruchs zum
Beſten Allee (vgl. V. 300 — 315). So muß daher bie
Weigerung bed Tibeſias, eins Erklärung zu geben, von
bem Koͤnige, zu dem ˖ auch der Chor ſtoht („Bei allen. Böts
teen,’ wende dich nicht ab m. ſ. w.“), zuerſt als Mangel
an reger Theiknahme, ſelne wiederholte Weigerung,
das von ihm Gewußte nicht zu eröffnen, als Härte und
Berrath erfcheinen. Der leidenſchaftliche Herrſcher Tpricht
es aus; Tireſias fühle fich in feiner Sinmesart angegrif⸗
fen und geläftert, aber beharrt im feiner Weigerung. Dies
fteigert den Unmuch des. Könige zum Argwohn, ber ſich
gegen ben Sehet ſelbſt richtet. Diefer nun, In hoͤchſter
Aufwallung, wirft ihm nun ſelbſt den begangenen Frevel
vor, der dem Lande dad Weh bereitet. In all Diefem
tote tn dem Kolgenden iſt es nicht. dee Mangel an Scheu
vor ben Göttern, oder, wie ber Verf. es nennt, geringer
Glaube, worauf der Dichter vor Allem hinweiſen will;
es iſt vielmehr die Reidenfchaftlicyleit des Semüchs, welche,
genährt durch das Gluͤck des Herrfchers, hier hervorbricht,
126
die Seherkunſt des Tireſias Läftert und den · Debipus bie
zur lm Ungerechtigkeit gegen ben friedlichen, rechtlich
gefinnten Kreon treibt. „Dedipus⸗, ſagt der Verf., „haͤlt
Alles, was der Seher ſagt, für Unſinn, weil fein Vers
fand noch Eeinen Sinn barin finden kann u. ſ. w.“; aber
man muß hier auch zugeben, daß Debipus bis zu dem
Geſpraͤche mit Tireſias auf keine Weiſe ein eben tonnte,
daß er ſelbſt der Mörder des Lajus fel, welcher, wie Kreon
erzählt hatte, von Räubern umgebracht worben fein follte.
Ganz anders zeigt fich freilich Jokaſte; fie erſcheint gleich
von vorn herein mit allem Leichtfinn des Weibes ‚und
meint, daß auf Seherwelsheit nicht viel zu achten ſei.
Aber eben ihre leichtſinnige Rede iſt es, durch welche in
des Oedipus Seele zuerſt die Ahnung ſeines Frevels aufſtei⸗
gen muß, die dann mit jedem Moment geſteigert und
endlich zur ſchaudervollen Gewißheit wird. Zwar fagt
Hr. 9. ſelbſt, wo es Debipus Far geworden (®. 731 f9.),
daß der Seher doch Recht habe, glaube er ihm nod
nicht voliftändig und hänge noch am feiner eignen Deu:
tung des: Orakels. Aber völlig klar geworden iſt es
dem Dedipus in dieſer Stelle noch nicht, und der Ver⸗
ſuch, das Orakel zu deuten, iſt nicht, wie der Verf. oft
wiederholt, Selbftvertrauen auf eigne Klugheit, fondern
war bei dee Dunkelheit und Verwickelung der Sache gas;
natürlich; ja eben dieſe allmaͤlige Aufklärung des ſchauder⸗
vollen Schickſals macht einen Hauptreiz diefer tragifchen Dich:
tung aus, denn mit ihr fteigt aud) das Pathos der Perſonen.
Wir uͤbergehen, was wir noch in anderer Hinſicht ge⸗
gen den Alles auf jenen- einen Punkt hin erflärenden
Verf. zu fagen hätten. Nach unferer Anſicht greift bie
priefterliche Beziehung, welche derfelbe annimmt, b. i. bie
Mechtfertigung der Goͤtterorakel zwar weſentlich in bie Tra⸗
goͤdie ein; aber näher liegt und body noch ber auch biefe
Beziehung umfaffende Gedanke, durch Leidenſchaft und al
les Uebermaß zieht der Menfch der gerechten Götter Strafe
auf ſich herab und bringt das Schidfal, dem er zu ent
gehen ftrebt, zur Erfüllung. Hieraus fieht man aud,
inmiefern Sophokles die Frevelthat, um und mit bem
Verf. auszudruͤcken, außer ber Handlung liegen gelafjen
bat. Die erfte Fehlthat nämlich, deren ganzes, Gewicht
ber in dem Uebermaße der Uebereilung Handelnde nicht
kannte, indem er in dem reife, welchen er tödtete und
bem er hätte mit Ehrfuccht ausweichen follen, feinen eigs
nen Vater umbrachte, legt zwar außer ber Handlung;
aber die Quelle diefer Unthat flog noch tief und ſtark in
dem Gemüthe des Dedipus, welcher im Beſitze ber Guͤ⸗
ter bes Getoͤdteten und in dem Genuffe der Macht und
Willkuͤr jene That vergeffen hatte, Derfelbe, Stun,
der dort ben greifen Lajus tödtere, iſt es auch, der ſich
bier in allen Aeußerungen bed Könige und vornehmlich in
der Schmähung bes Tireſias und bed redlichen Kreon [pies
gelt. Es ift minder die Handlung als ber Sinn, wel:
chen bie Nemefis trifft. Es iſt die Verblendung der Fels
benfchaft und des Uebermuthes, vor welcher ber Menſch in
diefem lebendigen Bilde gewarnt wird; und doch fühlen wir Dies
ſes Mitleid; denn der Menſch ſteht hier nicht als Verbrecher,
fondern nur ald Schuldiger vor une.
J
Auch In dieſem Sinne iſt das Werk nach allen ſei⸗
nen weſentlichen Beziehungen erklaͤrbar. Der Verf. aber
entfernte dadurch die Schickſalsidee nicht, daß er die
Verletzung der Goͤtter innerhalb des Dramas als die
einzig an Oedipus geſtrafte Schuld anſah, da doch bie
Verhöhnung des Tireſias im dufwallenden Zorne, die ße
unter dem oben Angeführten einzig zugeben Finnen, nicht
als Urfache des Geſchicks ausgeſprochen wird, fondern dies
ſes Geſchick felbft nur als Wirkung einer That erfcheint,
welche, im Ganzen vorausbeftimmt, durch freies Thun aber
erft zu feiner Handlung wurde. So iſt das Schickſal,
das allerdings auch in biefer großen Tragödie vorhanden
ift, bier feine blinde, den Unfchuldigen graufam erdruͤe
ende Vorherbeftimmung, ſondern bie den Göttern (Apollo)
vorherbewußte Nothwendigkeit in dem Erfolge der Tha⸗
ten, welche wie das Feuer aus ber Wolke die verborgene
Flamme ber LKeidenfchaft trifft und verzehrend reinigt und
darum auch den Zufchauer, bem die finnverbiendende Macht
ber Leidenfhaft droht, mit Mitleid und Furcht erfüllt,
tie Ariftoteles hervorhebt und damit felbft die erhebende
Läuterung des Gemuͤths darbietet. A. Wendt.
Neueftes Gemälde Stalins, der tonifchen Inſeln und
Maltas. Don Neigebaur Brei Theile. Auch
unter dem Titel: Schüg’s Allgem. Erdkunde u. f. w.
Zweiundzwanzigſter und dreiundzmanzigfter Band. Mien,
"Doll. 1832. Gr. 8. 3 The.
Die Sammlung geographifch : ftatiftifcher Laͤnderſchiſderun⸗
gen, zu welcher das vorliegende Wert als ein Theil gehört, er⸗
freut fid mehr und mehr eines nicht unverbienten Beifalls, ber
auch in b. BI. ſchon mehrfach ausgefprochen worben if. Die
einzelnen Gemälde find durchaus fähigen und geſchickten Häns
ben übertragen und befriedigen meiftens, fpwol was bie wilfen«
fhaftliche wie bie Geſchmacksrichtung betrifft, alle billigen An⸗
fodberungm. Daß nicht bier unb ba eine irrige Angabe ober
eine nicht gerechtfertigte Anficht unterliefe, ik unvermeidlich und
kann einem Unternehmen von“ biefem Umfange nicht zum Vor⸗
wurfe gereichen. Die Hauptfache ift, daß überhaupt der neuefte
Zuftand der gefchliderten Länder zum Grunde gelegt, zuperläfs
fige Nachrichten gefammelt und eine zwedimäßige Orbnung bes
Vortrages beobachtet wurde. Dies * ‚, wie \im Allgemeinen
fo auch befonder& bei dieſem heile bes Werkes geichehen. Dex
Verf. kannte bas Land, das ex ſchildert, größtenteils aus eigner
Anfhauung, und wir befigen ſchon von ihm ein „Handbuch für
Keifende in Italien“, das Anerkennung und Beifall gefunden hat. *)
Sachkunde, Ueberbli und gefhmadvoller Vortrag kommt dieſem
wie jenem Werke feiner. Geber zu.
Der erfte Theil dieſes, Neueſten Gemaͤldes von Italien” ume
faßt außer ber allgemeinen Ueberficht bes Landes die Einzels
ſchilderungen ber farbinifhen Monardie, des Herzogthums
Parma und Piacerrza, Mobena mit Maſſa, Lucca, Toscana und
den Kirchenſtaat; der zweite begreift das Königreich beider Si⸗
cilin, Malta, Gozzo und Gomino und bie tonifchen Inſeln
Korfu, Parc, Sta:Maura, Ithaka, Eefalonia, Zante unk Gerigo.
Die Quellen, aus welchen biefe Schilderung entlehnt iſt, find zahle
reiche und Zuttauen erweckende; für die flatiftifchen Nachrichten
ſcheint befondere Balbi („Balance politique”, 1828) bes
nugt zu fein. Ueber Sitte und Volkscharakter aber war ber
Verf. im Stande, auf fein eigne® Urtheil zurüdzugehen, was
biefem Gemälde vor mandyem andern einen fühlbaren Vorzug
*) Es erſchien 1925 in der Werlagshandlung d. BI. und es If davon
ieht eine gweite umgenrbeitete Auflage unter. der Preffe. D. Rer-
197
gewann. Die nicht Teichte Aufgabe, in einem allgemeinen Ueber⸗
bit Das zu umfaffen, was ganz Italien, biefer Welt im Kleis
nen, eigenthuͤmlich iſt, bat er auf loͤbliche Art geloͤſt. Es if
ein treues und richtiges Bild, das er von dieſem Land nordiſcher
Gehnfucht entwirft, weder. ſchmeichelnd unb ins Schoͤne malend,
wie es deren nur allzu viele gibt, noch aus befangenem und per
bantifhem Geſichtspunkte her gezeichnet, wie es ven Andern
wiederum ſehr oft entworfen if. Es gehört ein eigner Sinn
der Gerechtigkeit dazu, das italienifche Weſen richtig zu wuͤrdi⸗
gen, der gar Vielen abgeht. Wo Alles anders ift als bei uns,
ba begegnet es uns nur allzu leicht, daß wir mit einem Nabel
beginnen oßne andere Gründe als ſolche, bie aus unfern Zu:
ſtaͤnden entiehnt find. Die Berfaffung, bie Berwaltung, bie ſitt⸗
iihe und bie geſellſchaftliche Fuͤhrung ber Völker Italiens aber
wid aus ihren eignen Gharakteranlagen, aus ihrer Geſchichte,
and.ibrer bifkorifchen Herkunft ımb Abflammung, endlich aus
Bedingungen bed Klimas und des Bodens her beurtheilt wer:
den. So macht man der römifchen Verwaltung z. B. die ge:
ringe Bevölkerung einiger Provinzen zum Vorwurf, ohne zu
bebenten, daß faſt der ganze Staat aus rauhen und unfrucht-
baren Gebirgen ober aus verpefteten Küftenpropingen befteht,
und daß eine Kirche hier ihren Sitz bat, bie. ben Gölibat em⸗
pfieblt; die Verwaltung felbft aber bat für die Vermehrung ber
Bevölkerung vielleicht fo viel und mehr gethan als bie Regie⸗
tung Snglands und anderer Länder. . nt
Der Berf. gibt die Bevölkerung Italiens für 1830 mit
Malta und Sicilien auf 21,796,800 Geelen an, wonad hier
durchſchnittlich 3725 Menſchen auf ber geographiſchen Quadrat⸗
meile leben. Dieſe Angabe mag richtig ſein; aber unrichtig iſt
es, wenn er ans ihr den Schluß zieht, daß Italien das bes
wohntefte Land Europas und bie Lombardei ber bevoͤlkertſte Theil
Staliens ſei. England und Holland zeigen eine bichtere Bevoͤl⸗
ferung, und ber bewohnteſte Staat in Europa ift Luce. Kurz,
aber wahr iſt Das, was er von bem Rationaldharalter ber Ita:
liener fagt: Froͤhlich, nüchtern, gefällig, ſtolz (?), aber auch
ſchlau, gewandt, rachgierig, habfüchtig, zum Betruge geneigt
und feige (2). Der Stalienerraubt, aber er ftiehlt nicht. (Ber;
trägt fi das mit ber ihm Schuld gegebenen Beigheit?) Beſſer
noch hätte ber Berf. getban, bie Eharaktereigenthämlichkeit bes
Stalieners in eine unglaubliche und außerorbentliche Dehnbarkeit
der Gemüthsanlagen zu fegen, bei welder faft jebe gute und
jede ſchlimme Anlage ſich zu Zeiten in ihr Gegentheil auflöft,
als eine Zolge feiner größern und fchnellern Reizbarkeit. So
ſcheiat ber Staffener z. B. gewiß jedem Fremden bienftfertigs
aber ex iſt dies nur, wenn bie Ausſicht zu irgend einem Ge⸗
winn ober irgend eine Befriebigung ihn dazu macht; bie ges
ringſte Kleinigkeit reicht dazu bin, aber ohne fie ift ex ——
lich träge und ungefaͤllig. Bon Haus · aus ſcheut er Gefahr,
benn er liebt die Ruhe, aber bie geringfte Anreizung macht ihn
kühn und furchtlos; ebenfo iſt er eigentlich geizig und wird doch
zu Zeiten zum Verſchwender: kurz, alle Begenfäge in feinem
Charakter werben durch eben biefe Leichte Reizbarkeit bedingt
und hervorgebracht, welche in anderer Richtung auch die Baſis
feines Bergnügungsfudht, feines Spieltriebes und feines Kunſt⸗
ſinned if. Diefer Punkt ift allzu oft überfehen ober falſch ans
gefehen worben; ben Staliener und den Deurfchen unterfcheibet
eben nichtE Anderes voneinander als das Verhaͤltniß Leichter und
fhwerer Erregbarkeit im Allgemeinen. Der Verf. nennt weiter
Benedig den Sig des wahren Frohfinnes (die Vergnuͤgungsſucht
theilt es mit Neapel), Mailand der Treuherzigkeit (doch wird
der Fremde nirgend mehr betrogen als in ber Lombardei), Ge⸗
ana deö Geizes (der fich mit Prachtliebe paart), Turin den
Gig des gallfüchtigen Ariftotratismus (und feines Gegentheils,
canf, Alfieri), Bologna der Befonnenheit und zugleich bes ebein
Entyufiesmus, Rom ben is ſtarker und tiefer Leibenfchaften
(aber auch großer Apathie und philofophifchen Gleichmuthe im
Bolke), Neapel ben der Genußgier, Florenz den geſetzter Lebens
und Kunftfeeude. Auch den Artikel über bie geiftigen Anlagen
des Italieners hätte der Verf. ſich kurz machen können; bies
Bolt hat alle bie Anlagen und Fähigkeiten, welche mit eine
leichten Erregbarkeit zufammenhangen : ie Wie, Ge
ſchmack, Kunſtſinn, ſchnellergreifenden Enthuſiasmus; und ihm
fehlen im Allgemeinen die Eigenſchaften, welche der Iangfamern
Empfaͤnglichkeit entfliefen: Gtetigleit, beharrlicher Fleiß, pbiles
ſophiſcher Sinn, georbnete Thätigkeit, Wärdigung des Kleinen,
Geiſt ber Entdedung. Ueber den Gittenverfall huldigt ber
Berf. gemäßigter Anſicht; ber Italiener iſt im Ganzen Kind
und unverborben; dem Weibe ift Liebe weder Zeitvertrieb noch
Laune, wie meift bei uns, fondern ernftes Bedürfniß; der Ita»
liener aber kennt weber Heuchelei noch Coketterie, unb nichts
if weiter von ihm entfernt als ber franzöftfche Chevaliergeift
bes vorigen Jahrhunderte. Ziemlich ungefchicdt ift, was
ber Berf. über bie italienifche Zeitrechnung ſagt; man rechnet
bie Stunden ja nicht rüdwärts, ſondern vorwärts .vom Aves
maria ab. Leber bie gelehrten Anftalten Italiens ift er nicht
ganz im Niveau mit ber neueften Zeit, wenn er fagt, daß ber
Zuſtand der Wiffenfchaften feit bep 16. Sahrhunberte nur Rüds
ſchritte gethan babe, oder daß‘ feit Muratori und Maffei
fein ausgezeichneter Geſchichtsforſcher aufgetreten wäre; Lanzt
und Botta verbienen biefen Namen unfers Erachtens wohl.
Daß wenig Grfolgreiches für den Unterricht gefchehen, iſt auch
wol nit unbedingt wabr; der Volksunierricht in Ztalien ift
im Ganzen. genommen beifer als ber in Frankreich und Engs
land, und es gibt verhältnißmäßig weniger Italiener ats Fran:
sofen und Engländer, die weder Icfen noch fchreiben koͤnnen;
in ber Lombardei und in Zoscana wird ber Bolksunterricht
dem in Balern, Oeſtreich und am Rhein eben nicht nachftehen.
Univerfitäten nennt ber Verf. 18: Bologna, Neapel, Par
dua, Rem, Pile, Florenz, Satania, Turin, Genua, Pavia,
Parma, Gagliari und Saſſari; aber nur Padua, Papia, Pifa
und Bologna haben eine Cinrichtung, bie fie beutfchen Univerfis
täten ähnlich) macht. Dagegen gibt es vortreffliche Schulanſtal⸗
ten, deren der Verf. nicht gebenkt, in Mailand, Brescia, Ber
nebig, Verona, Reggio u. a. D., und bie Kunftafabemien
Italiens in Florenz, Rom, Bologna und Mailand haben
in Deutſchland wenige ihre® leihen. Doc; Non omnia
possumus omnes! Italien iſt bas Land heitern Lebendgenufs .
ſes und ber Freude am Schönen; bie Büchergelehrfamleit hat
es Deutichland überlaffen, von dem feine einzelnen gelehrten
Männer bankbar zu lernen bemüht find. „‚Ueberall aber”, fchließt
ber Berf. feine allgemeine Ueberficht, „‚ftellt fi) das Gemälde des
heutigen Italiens in viel vortheilhafterm Lichte bar, als es un:
fern Vätern und Großvätern erfchien.” Die Kortfchritte der
Verwaltung in Neapel, Sardinien und Zoscana find in ber
That unverkennbar, und felbft der Kirchenſtaat wird durch bie
Zeit zu beffern Ginrichtungen bingeriffen.
Wir müffen uns begnügen, ber allgemeinen Ginleitung des
Verf. bis Hierher gefolgt zu fein, und feine Schilderung der einzelnen
Länder, Provinzen, Städte und Orte Italiens als durchaus befrie-
bigend und dem Zwecke dieſes Unternehmens entfprechend anzuerken⸗
nen. Vorzüglich gelungen duͤnkt uns ein weniger befannter Theil
ber retzenden Halbinſel und vieleicht ihr allerreizendſter, die ri-
viera di ponte von Savona bis Nizza, ein Landſtrich, deſſen
hinreißende Schönheit von Heifenden barum bi6 jest weniger
gewürbigt zu fein fcheint, weil er biß vor einigen Jahren noch
ziemlich ſchwer zugänglich war. est find überall Straßen ge:
broken, und bie entzuͤckendſte Küfte, das reizendfte Meer und
eine Sauna unb Blora, wie fie ganz Guropa nicht weiter aufs
weift, ift in behaglichen Reiſewaͤgen auaingtih gemacht. Die
Begetation an biefer gefegneten Küfte ift die bes gegenüber lie⸗
genden Afrikas; aber fehe vielen und felbft belefenen Bewoh⸗
nern bes Elbſtrandes ift es nicht befannt, baß fie nach einer
Reife von etwa 160 Meilen (bei Borbighera) in einem weiten
Palmenwalb ausruhen und von libyſchen Lüften ſich anfächeln
laffen koͤnnen. Dieſer Palmenhain von Bordighera (unfers
Beduͤnkens felbft ſchoͤner als ber berühmte Walb von Elche in
Spanien) fcheint uns aber eine ber größten, befriebigendften und
genießenswertheiten Merkwuͤrdigkeiten von Stalin. Der Grin:
128
nerung baran gleichen wenige anbere für den Zuruͤckgekehrten!
Sehr gut und zweckmaͤßig ift ferner die gebrängte, aber nichts
Wichtiges überfehende Schilderung von Rom. Der Verf. hat
hier eine Bemerkung, bie uns neu war. „Die aͤlteſten Kamis
lien Roms’, fagt ee, „find lombarbifchen Urſprungs; faft alle
begüterten Römer flammen aus ben Provinzen ab; bie zahl⸗
reiche Geiſtlichkeit gehört aber eigentlich ganz Guropa an. So
fehle e8 Rom denn ganz an einem einheimifhen Mittelftande,
unb bie Familien, welche man dazu rechnen müßte, gehören
meiſtens bem Auslande an. Go find faft alle Kaufleute, Kraͤ⸗
mer, Wirthe, Zuderbäder Lombarben ; alle Großhändler, Koh⸗
lenträger, Markthelfer Gemuefens; alle Handwerker Toscaner unb
Neapolitaner und die geringern Stände Leute aus den Abbrusgen
und der Mark Ancona.” Der Theil ber römifchen Bevoͤlkerung, in
bem vielleicht allein noch echt römifches Blut rein anzutreffen ift,
bie Zrafteveriner, bildet einen Menſchenſchlag für ſich, von
anderer Denkart, andern Bitten, anberer Lebensweife. Der
Adel ihrer Abſtammung erlaubt ihnen nicht, zu niebern Diens
fien herabzufteigen. Die Mäßigkeit biefes echten Römers und
was ber Verf. S. 395 davon erzählt, ift merkwuͤrdigz der
treffliche Beobachter Sievers hat dem Verf. hier zum Leitfaben
gedient, und er iſt zuverläffiger ale. Wilhelm Muͤller.
Im zweiten Theile dieſes Gemälbes hat und bie Wefchreibung
dex. — * — Inſeln beſonders angeſprochen, ohne daß wir jedoch
recht einfehen, warum dieſe bei Italien behandelt worden find.
Will der Verf. vieleicht bamit andeuten, wie wuͤnſchenswerth
für dies Land e8 wäre, wenn biefe Inſelrepublik ihm angehörte?
Iſt bas feine Meinung, fo geben wir ihm volllommen echt.
Der Handel Italiens wäre faſt nur auf diefem Wege aus ſei⸗
ner Lethargie emporzurütteln; Venedig, das arme, verurtbeilte
Benebig, würde zu alter Blüte wieder emporfeimen. Doch, wer
hoͤrt auch das nicht gern, daß das Odyſſeiſche Ithaka, vor ein
gen Jahren faft noch ein oͤder, menſchenleerer Fels, recht ſicht⸗
x emporbluͤht und in brei Flecken unb ſechs Dörfern ſchon
8200 Einwohner ernährt, Die englifhe Regierung auf den
tonifchen Inſeln muß doch ihr Gutes haben, wenngleih in
Korfu viel Abneigung gegen fie herrſcht. Die elf Kupfertafeln
erweifen fich meiftens als eine wirkliche Zierbe dieſer beiben
Theile; einige barunter, wie 3. B. bie Bai von Meapel, find
in ber That ſchoͤn zu aennen; andere find wenigftens nicht uns
würdig. So gereicht denn auch dieſe Abtheilung des umfaffens
den Unternehmens demſelben zur Empfehlung. Der Preis iſt
billig, bie Arbeiten find, was fie fein ſollen, und bie Ausſtat⸗
tung if bis auf die fpigen, unanfehnlicgen wiener Lettern loͤb⸗
lich und achtbar. 5%,
Lehrbuch der aligemeinen Weltgeſchichte für höhere Bil:
dungsanftalten und Gymnaſien von A. 2. Herrmann,
Mebft vier Karten. Meißen, Goedſche. 1833. ©r. 8.
1 Thlr. 21 Gr.
Co groß bie Zahl der Lehrbücher, Grundriffe und Leitfäs
ben ber allgemeinen Weltgeſchichte auch fein mag, fo liegt barin
fein Grund, bie Vermehrung berfelben für etwas Unnüges zu
erklären, da biejenigen Lehrer ber Geſchichte, welche ihre Wiſ⸗
ſenſchaft auf eigenthämliche Weiſe zu behandeln und vorzutra⸗
gen pflegen, wol nur felten unter jener großen Zahl ein ihnen
völlig zufagendes Bud finden möchten. Wenn aber foldhe Mäns
ner ke dann gebrungen fühlen, felbft Hand ans Werk zu le
gen, fo wird dies dee Wiffenfhaft und dem Unterrichte dankene⸗
werthen Gewinn bringen. Der Verf. bes vortiegeriben Kehrbuche,
weldyen wir jenen Lehrern gern beizählen, befand fidh in biefem
Balle: er fand feine Methode des Vortrags der Geſchichte durch
mehrfache Erfahrung erfolgreich, ee wollte fidy das zeitraubende
unb geifttöbtende Dictiren erfparen, um fortgefest durch bie
Kroft und das Leben bes freien Bortrags auf feine Schüler eins
wirten gu können, unb er entfchloß fich deshalb zur Abfaffung
eines Lehrbuchs, welches weber tabellenmäßig trocken noch weit⸗
ſchweifig langweilig fein, ſondern durch eine gebrängte, uͤber⸗
ſechtliche, auch Einzelnheiten anbeutende Darſtellung noch immer
lesbar bleiben und wol auch Privatlehrern und Erziehern, de⸗
nen die Geſchichte nicht Hauptfach ik, ein willkommenes Huͤlfs⸗
mittel gewähren und zugleich dieſen wohlfeilere gefchäpte Werfe
gar weitern Belehrung nachweiſen ſollte. Daß der Verf. Das,
was er bezwedt, auch im Ganzen erreicht, daß er namentlich
ein lesbares, durch gefällige Darftellung ſich auszeichnendes Buch
geliefert habe, koͤnnen wir bezeugen, obgleich unfere gleichfalls
durch Erfahrung bewährte Ueberzeugung und Anſicht von ber
zweckmaͤßgſten Weiſt des Hiftovifchen Bortrags in manchen Punks
ten von ber feinigen abweicht unb wir einige Gegenbemerkun⸗
gen in Beziehung auf feinen Plan und bie Ausführung beffel«
ben machen werden. Die Bertteilung des Stoffes gründet ſich
auf bie in dem „Chronologiſchen Abriffe‘” von Kohlrauſch befolgte
Eiutheilung in zehn Zeiträume; altein da burdy dieſe in ber als
ten Gefchichte eine unnüge Zerfplitterung ber griedifchen und
mehr noch. bee roͤmiſchen Geſchichte eutfieht, unb ba in ber
neuen Geſchichte das Reformationsgeitalter mit dem mercantis
liſch⸗ militairiſchen zufammengefaße ift, unb durch bie ethnogras
phiſche Methode ber weſentliche Gharakter ber.menern Geſchichte
als der eines Stantenſyſtems verwiſcht wird, fo hat ſich der
Berf. für die Cintheilung jenes Abrifſes wol mur. entfchieten,
weil derſelbe dem von ihm zu ertheilenden Geſchichtsunterrichte
zum Grunde let. Dagegen würbe ein beflimmteres Hervorhe⸗
ben ber Perioden, in weldye bie römifche unb bie griechiſche Bes
ſchichte ſich gliedert, für ben Ueberblick des Verlaufs derſelben
gewiß ſehr zweckmaͤßig geweſen fein. Die Auswahl bes Stoffs
iſt im Ganzen der Beſtimmung des Buchs angemeſſen zu nen⸗
nen; jeboch wäre es In einem für hoͤhere Lehranſtalten beſtimm⸗
tem Lihrbuche paſſend geweſen, den politiſchen Zuſtaͤnden ber
Böhler und Staaten, namentlich waͤhrend bes Altertbums, ber
fonbere und fortgefegte Aufmerkfamteit zu ſchenken, und es er⸗
ſcheint dies um fo zuläffiger, ala es ohne erhebliche Erweiterung
bes Umfangs hätte gefchehen können. Denn wenn manches dem
Anekdotenartigen ſich Naͤhernde, welches allerbings.bismeilen ber
Perg größere Lebendigkeit. gibt, aber anbererfeits, als aus
herm Glementarunterichte ber befannt, nur angebeutet zu
werben brauchte, befchränkt ober. weggelaffen worben wäre, fa
würbe dadurch ber Hinreichente Raum ſchon gewonnen worben
fein. &o hätten 3. B. ber Birginta einige Zeilen ‘entzogen unb
bafür Aber Beſtimmung und Charakter ber Geſete der zwölf
Zafein etwas mehr gejagt werben koͤnnen, als daß „ihr Geiſt
das Gepräge bes rauhen Zahrhunberts noch an ſich trug’.
Sinzelnes hätte genauer gefaßt werben können: fo hätten
bie Bubdhiſten nicht nur als neben ben Braminen beftes
hend, ſondern als” aus biefen hervorgegangen bezeichnet
werben tönnen. Bin und wieber wäre eine Beruͤckſichtigung
neuerer Unterfuchımgen wiünfchenswerth gemwefen: fo Eonnten in
ber Altern roͤmiſchen Geſchichte bie Refultate der Niebubr’fchen
orfhungen, wenn auch nicht über den biftorifhen Gehalt ber
egebenbeiten, body wenigftens über bie Gntwidelung ber innern
Buftände, über die Entftehung der Yatricier und Piebejer, ber
Clientel unb bed Yatronats angebeutet werden. In ber deige⸗
fügten Literatur Hätte einiges bereits Weraltete weggelaffen, Ans
deres genauer beftimmt werben koͤnnen: fo ift 3. B. von Nies
buhr's „Römifcher Gefchichte” nur bie erfte Auflage angefühet, und
die deutſche Leberfegung des erften Banbes ber Siemondiſchen
„Geſchichte der Franzoſen“ ift auf eine Weife erwähnt, baß der
des Umfangs bes Originals Unkunbige fie für eine Arbeit über
bie ganze franzöfifche Geſchichte Halten muß, Ungeachtet wir
vun Überzeugt find, daß durch Entfernung biefer Mängel bee
Werth bes Buches noch gewonnen haben würbe, fo wirb es
doch gewiß durch die Ihm eigenthümlichen Vorzüge Beifall unb
BSerbreitung finden und bazu beitragen, Intereffe und Reigung
5 die Beſchaͤftigung mit der Geſchichte zu wecken mb zu
nähren. .
—
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brockhaus in Leipzis.
a
R Wreitag.
I
3 Rule
12 Thlr.
BI Doll
zen Grenzpoſtamt im
Die endung
"." Ueber das Schulweſen im britiſchen Indien,
BE Roh vor etwa zwanzig Jahren Eonnte bie oſtindiſche
Aerwagnie mit vollem Rechte einer kalten Nachlaͤſſigkeit,
E. ke fie in Bezug auf Bildungsanftalten in ihrem weis
‚Sebiete oͤffentlich an den Tag legte, befchuldigt wer⸗
an, ‚and fie wurde ſelbſt eines Strebens, fich aller Er
Fang der Eingebormen zu widerſezen, auf das Nach⸗
ER de in beitifchen ſowol als auswärtigen Zeitſchrif⸗
—2 Die Sache hat ſich in neuern Zeiten, be⸗
u unter den beiden wuͤrdigen Generalgouverneuren
8 Bentinck und bei dem raſtloſen Streben des
m Biſchofs Heber bedeutend geändert; bie eiſer⸗
weiche Abneigung, Vorurtheil, lange Bes
x — —EX hatten, ſind endlich
es iſt für den Menſchenfreund wahrs
Bene; ev Foriſchritte der gereiften europaͤiſchen
in einem Lande zu beobachten, welches einſt durch
Miliſatien für fo viele Voͤlker der alten Welt bie
u gelegt hatte... Nur wenige Jahre find hinreichend
* * die Inder von der Ueberlegenheit der weſt⸗
J m Überzeugen; wir ſehen fie anfaͤnglich ſich
| Fihe Inßhiien und Fortſchritten -derfelben entgegenftem>
m wihie, aber mit Verdacht und Unmuth ders
all ‚ enblich aber mit einem Eifer ſich heran⸗
Kein ar "euttich beurkundet, daß fie die Vortheile
Mung im Stillen gepräft und nunmehr ernſtlich
be im, 14 dieſe ebenfalls anzueignen. Die Preffen
find in beftändiger Bewegung, Journale
u » Gieffitee werben gedruckt, die beften Werke
j gran amd beiſpiellos Deu verkauft; oͤf⸗
3 werden angelegt, zu Bombay wurde
um — ein Gebaͤude dazu errichtet, und
4 Tagen liefen über tauſend gedruckte Werke
eg *2 ein; bie meiſten griechiſchen und
X find vorhanden, die Bibllothek iſt Je⸗
I. *.
J Bllatter
Ta - für
Fiterarifche Unterhaltung
1. Sebruar 1833.
ei Zur Nachricht.
Von dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen taͤglich eine Nummer und iſt der Preis fuͤr den
Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beſtellung darauf an; ebenſo
aͤmter, die fih an 5 königl. — Beitungserpedition in Leipzig, das koͤnigl.
alle, oder r
findet wöchentlich zwei i Mal, Dienſtags und Freitags, aber auch in Monatsheften ſtatt.
I. Thurn und Zarifhe Poſtamt in Altenburg
dem zugänglich, und bie Eingeborenen wetteifen m mit den
Briten, biefelbe zu benugen; nach englifchen Büchern ift
die meifte Nachfrage, denn die gebildeten Dindus eignen
fi) vorzugsweife dieſes Organ der Mittheilung an, um
ihren Lehrern nicht nachzuftehen. Was noch vor einem
Decennium ein Wunder in der literariſchen Welt gewe⸗
fen wäre, das Dichtwerk eines Hindu in englifcher
Spradje, welche von feinen Mundarten fo gaͤnzlich vers
ſchieden ift, liegt gegentwärtig vor: „The shair (der Barde)
and-other poems by Kasiprasad Ghosh‘' (Kalkutta 1830),
dem Lord Bentinck zugeeignet. Die Gedichte find fo
vortrefflic und in einer fo reinen Sprache, daß wir uns
kaum enthalten können, eine Probe daraus mitzutheilen.
Mehre englifche Briefe an das Parlament, den Court of
directors und einzelne Gelehrte find vorhanden, welche
wahrlich) den Dindu nicht verrathen, und eine Kritik des
Kaſinaͤth Ghoſe Über Mill's Schmähungen des indischen
Charakters geht mit grimdlicher Gelchrfamkeit und mit
Kennmiß der griechiſchen Schriftiteller auf die Sache ein.
Die beiden . Präfidenefchaften Kalkutta und Bombay bil
ben gegenwärtig noch dem eigentlichen Herb der aufblühene
den Cultur, jedoch verfpricht auch Madras nicht zuruͤck⸗
zubleiben; allenthalben drängen die Indier nicht ſowol
ihre Kinder in die Schulanftalten, fondern fie tragen auch
am reichlichſten mit ihrem Vermögen zur gedeihlichen Erz
haltung derfeiben bei. Diefe Sreigebigkeit erftredt ſich
ebenfalls auf andere Inſtitute: im Sabre 1828 wurde
eine Sammlung zue Ausbreitung nuͤtzlicher Kenntniffe in
ben fchottifchen Hochlaͤndern von eingeborenen Indiern
burch bedeutende Summen vermehrt; im folgenden Jahre
ſchenkte ein Indier von Morſchidabad, welchem man die
Rajahſchaft (eine Art von Adel im gegenmwärtigen Indien)
ertheilt hatte, eine halbe Lak Rupien oder mehr als
5000 Pf, Sterl., um fie zur Einrichtung einer Dampf⸗
maſchine,“ einer Wafferleitung in Kalkutta und auf dqs
Sen. Die weſentlche Webingung Iegenb eines gemeinſchaftlichen
Feſchaͤfts iſt Garantie bes rechtlichen Werhältnifies, welches bie
Gefene jedem Wucherer, jedem Pfaͤnderleiher geben, bad aber ben
meiften Verforgungsanftalten entweder ganz fehlt oder, was noch
fchlimmer ift, auf einer Illuſion beruft. Es wirb in ben Ans
empfeblungen folcher neu entftehenden Anflalten von ber Eins
willigung und Billigung ber Regierung, oder von befannten
Perſonen, deren Namen als Protectoren der Geſellſchaft anloden
follen, fo viel Pomphaftes gefagt, daß der Unkundige glauben
muß, die Regierung oder jene Korgphäen ber Anftalt würden
jedes etwanige Deficit der Kafle ſogleich been, während bie
‚Repierung das SInftitut keineswegs garantirt, ſondern ihm nur
wie andern Gpeculationen eine Gonceffion ertheilt, jene Patrone
der Xnftalt aber nur Perfonen vergleichbar find, bie ih ein
Buch dedicien laffen, ohne fi weiter um deſſen Schickſale zu
betaͤmmern. So gefchieht‘ es, daß, wenn eine fehlerhaft berech⸗
nete Anſtalt nach dem ſcheinbdar guͤnſtigen Succeß des erſten
"Angenblids immer mehr ihrem Untergang zueilt und enblid)
m Grftaunen ber BDirigenten unter ihren ‚Händen verſcheidet,
€ GBetäufchten fig vergebens nad einer Garantie umfehen
und ihre Unglüͤck um fo weniger begreifen können, als fie mit
"lauter rechtuichen Männern zu thun hatten.
1 @# ift bemnad, wenn LZebensverfüherungen ihrem beab:
‚fidtägten Zweck entſprechen follen, die wichtigfte, leider am mei:
en vernadjläffigte Webingung, daß ihnen vollfiänbige Garantie
‚nicht fehle, die im ausgebehnten Einn nur ber Staat geben
"Tann, ſodaß mac; meiner Ueberzeugung ein ſolches Iuftitut ſtets
"vom Staat ausgehen follte, welcher ein ewig lebender, ewig
ſicherer Vorſteher ift, während alle andern Dirigenten ben Un⸗
olüdsfällen unterworfen find, die den Menſchen in praktiſcher
und intellectueller Hinſicht bedrohen. Man fan bie Wahrheit
»biefer Behauptung deutlich: an unfern. Theatern fehen, beren
‚WBefteten auf ähntichen, wenn aud) einfachern Berechnungen als
Die Werforgungsanftalten terubt. Gelten erhält ſich ein folches
dauerud ba, wo es kein Etaatöunternehmen ift, und faft alle
‚von Privatperfonen errichteten Theater, berechnet nach dem güns
tigen Erfolg bes erfien Augenblids, wo ber Heiz ber Neuheit
allgemeinen Kunftfinn als Mode entwidelt, verfallen, weil das
erhe Deficit ber Kaffe das Sinken bes artiftifchken Werthes
hervorruft, indem bie Beſoldungen verkürzt werden muͤſſen,
ebenfo wie bei einer. bem Untergang ſich nahenden Verforgungs:
‚anftalt die Penfionen nicht mehr gezahlt perden koͤnnen.
Der Beĩcuas felgt.
"Notizen.
. ublanb
-, Bas „Edinburgh review’ beurtheist in feiner lehten Rum⸗
wer Uhland's Gedichte im Ganzen ſehr günftig, wie es denn
seht und billig iſt. Aber es meint, bie fünfte Auflage erklaͤre
‚ich dach nur aus ber trog.aller Quantität fehr ſchwachen Dun»
Haär der neuefken beutfchen Porfien, und fügt hinzu, daß Ge⸗
dichte von weit größerer Kraft und poetifcher Kähigkeit als “die
Uhland’fchen zu berfelben Zeit in England erichienen und kaum
gu ber Ehre einer zweiten Auflage gelangt wären, fo geringe
ufmertfamteit hoͤtten fie erxegt. Wir wollen babingeftellt
dein: laffen, ob England gegenwärtig fo reich an lyriſchen Poe⸗
fier iſt, deng wir kennen nichts davon, ‚und wuͤnſchen nur, es
möge ſich bald ein tuͤchtiger Ueberſetzer finden, ber uns, folch
merbandene Schaͤte zu Tage foͤrdere. Dem engliſchen
cenfentan ‚werfen wir zuvorderſt ein,
Ubland, Nüdert ausgenommen, aquch keine Namen unter ben
Apriſchen beutfhen Dichsern ber neueſten Beit gibt (?), doch
manches einzelne treffliche Gedicht zu finden iſt, wie benn
wol faft ein jeder Dichtende einmal eines geſchrieben bat,
Uoplstrt
a EZ
—
—R
Re⸗
daß, wenn es naͤchſt
———— ——— —— —— —— —— —
unter Berantwortllchkeit der Verlaghhandiung: F. A. Bra@hdus in Seipsig.
42
unb baß wir bereinft aus biefer Zeit eine Anthologie Haben Fiss
nen, aller Ehren werth. Uhland's Gedichte ſtehen alfo nicht. fo
allein, wie ihr, Sänger ‚feloft fteht. Engländer. meint,
in einem Lande außer Spanien fei die Ballade wie in Deuff
land culiivikt, und barin bat er Hecht. Er charakteriſirt He
beften Walladertbichter mit ein paar Worten, dbes ohne Släck.
Daß er die’ Stolberg'ſchen Balleden nicht haben mag, ‚gilt und
gleichviel, fie finten in Vergeſſenheit. Die Schlegel’fchen. Yes
ben Feuer, aber geborgtes, fein natürliches: das mag auch hin⸗
geben. Aber was will er damit fagen, baß er Tieckts Romans
zen nicht gelten läͤßt? daß Tieck der Muſik ber Sprache zu
viel von Kraft und Snergie aufopfere? Wir bezweifsin mit
Recht, daß er irgend eine Romane von Tieck, daß er die um
vergleichlich ſchoͤnen, beutfchkräftigen im „‚Setreuen, Scdarbt”
Eennt.. Den Maler Müller lobt er. Immerhin. ‘Gegen Buͤr⸗
ger iſt er aber um fo ungerechter, als er ben Gchiller’fchen
Balladen vor allen, felbft vor Goͤthe's den Vorzug gibt, welt
ihm ber letztern Gegenftände zu wenig hanbgreifii find. Das
ee an Schiller's Balladen bie malerifche Diction, bie Reflerioe
den (the contemplative) befonders hervorbebt, begreifen wie
nicht. Als Mufter und Vorbilder zu Balladen firhen doch um«
ftreitig bie‘ alten, altenglifchen, altſpaniſchen, altdeutfhen ta,
Die altengliſchen kennt ee gewiß. Findet ſich aber in diefen,
in bem echten Balladentone , eine Spur von ben reflectirenden
Auswüchfen des Schiler’fhen? Wan verftehe wohl, wir achten
bie Schiller'ſchen Balladen fehr. Aber in reinerm Geſchmack,
als die Höchfte, in unergründliche Gedankentiefe getauchte Wer»
edlung bes alten echten Ballabentones, erfcheinen doch bie Sd⸗
the’fchen. Daß fig bamit das Derbe, Materielle der Bürger’:
ſchen nicht verträgt, verſteht fi nom ſelbſt. Aber find nicht
unter ben alten Ballgben auch viel zartere, bie aus ber Melt
der Einbilbung nicht in die wirkliche übergehen? Hält ßch nun
uhland mehr an Goͤthe alt an Schiller, fo hat er eben Hecht.
Und es ift gewiß ein Hohes Lob, wenn man ihn bdereinft als
ben reinften, uäftigfien Nachhall des von Goͤthe angefchlagenen
Zones nennen fannz wiewol der Ton boch immer nur Neben⸗
fache bleibt, und nicht zu vergefien ift, daß eben die höchfte
Weihe ber Goͤthe'ſchen WBalladen, von der bei Schiller Feine
Rede fein Tann, in ber Conception beruht, bie nicht mo nad
geahmt werben möchte.
. —rtp | =, .
Walter Scott über „Eugen Aram”.
Als W. Scott in Kom war, bat er einen. feinge Landes
leute um eine englifche Lecture, Unter bem kleinen Buͤchervor⸗
sathe, den diefer befaß, wählte er etwas vom Verf. des „Pel⸗
ham’ unb erhielt darauf „Sugen Aram”. Als nad) wenig
Tagen W. Scott dies Buch zurhdigab, verficdherte ex, ſeitdem
ee England verlaſſen, habe ihn nichts fo viel Bergnügen ge⸗
madıt. Gr fprady bann noch ‚viel &ber Bulmer und feine ſchrift⸗
ftellerifche Thätigkeit und äußerte. u. %,, nachdem er feinem
legten Werke die größten Lobſpruͤche ertheilt Hatte: „Ich kann
mir kaum einen größern Beweis von Talenk denken als der iſt,
wenn ein Autor zum Dtoff feiner :Eraählung MWegebenheiten °
wählt, bie faſt allen feinen Lefern bekannt find and dennoch fo
außerorbentliches Intereffe dafür zu erregen weiß. Das ift ber
einzige Fehler biefes Buches’, fetzte er laͤchelnd hinzu, „ich
las baran bis ſpaͤt in bie Nacht, konnte es aber nicht aus der
Das legen, und es bat mich zwei Mal um den Schlaf ger
racht.“
EGEine Flugſchrift: „A call to women of all ranks in the
british empire, on the subject of the national debt“ (London
1832), fodert alte britiſchen Frauen auf, durch freiwillige Bar
ben und periobifche Beiträge einen Theil der Ratiomalfchuib
du fügen. Das Wie u. fe w. wird febr ausfüprtid „Darin
erörtert. .
⸗
—3
vr
„ft
f
Blätte r
fuͤr—
liferarifhe Unterhaltung
"4
Bannäbend; a
2 Bebruan 1833.
uber: das Schulweſen im briüſhen Indien.
WWeſchluß aus Nr. 8.)
Fuͤr die niedern Volksſchulen iſt im Allgemeinen ſeit
4817 bie Calc, .schoolbook society durch Werbreitung
won nuͤtziichen Elementarbuͤchern, an deren Genauigkeit
freilich Manches gu. tadeln wäre, beſonders thaͤtig, und
Bombay ſowol als Madras find mit einer ähnlichen Ein⸗
richtung gefolgt. Die Gefelifchaft erfreute ſich fofort bei
ihrem Auftreten der reichten Unterftigung von Seiten
der Hindus, denn unter 200 Subfcribenten . hatten 80
reiche Eingeborene auf das Freigebigfis beigeſteuert. Vom
October 1825 bis December 1827. waren 28,668 Schul
bücher ausgegeben. und dafür jährlid) 6425 Rupien ein:
genommen, wozu Lord Amhetſt bei feiner Abreife noch
4000 Rupien fchenkte. In den Sahren 1829 und 1830
beachte der Verkauf 10,000 Rupien ein, jedoch bemerkte
man eine geringere Theilnahme dar Hindus; nach engli⸗
Buͤchern war große Nachfrage. Die eben genannte
Geſellſchaft bildet einen engern Ausſchuß der allgemeinen
Calc. school oder edutation society, welche uͤber ſaͤmmt⸗
liche Elementarſchulen zu Kalkutta die Aufſicht führe Sie
Hat ſich neben Priyatunterſtuͤtzungen eines Zuſchuſſes vom
Souvernement zu erfreuen, und ber Generalgouverneur
ſelbſt hat ihr einen jährlichen Beitrag von 1200 Rupien
zugefichert; wiederum aber find es groͤßtentheils bie Eins
geborenen, welche am meiſten fubfcribirt. haben und bie
meiſten Schulen freiwillig unterhalten. Der vierte Be
zichs des Secretairs Radakant Deb. vom. Jahr 1825 if
bier von großem Intereſſe. Er habe, ſagt er, die ſaͤmmt⸗
Ehen Schulen Kalkuttas, damals 166 an der Zahl, in
vier Bezirke abgetheilt und vier Babus oder vornehme Hin-
dus zu Oberinfpectoren, gleichfam Schulraͤthen, ernannt,
7 fie beſtaͤndig revidiren zu können; 85 von jenen Schu⸗
Sen ſeien gegenwaͤrtig unter der Patronſchaft der Schul⸗
focietät, 30 Privatſchulen hätten fi in die übrigen auf⸗
geiöft; er babe überdies wieder 17 bramaniſche Reli
giendiehrer durch eigne Anſicht dee Schulbücher überzeugt,
daß keine religioͤſen Gegenſtaͤnde darin zur Sprache Bi:
men. Bei einer GCentralverfammiung im Haufe des Gopi
Mohan Deb (Zebruge 1827). belief fi) die Baht ber
Schiler auf 2000, von demen 200. zugegen waren, um
Preife, meiß in englifhen Büchern, zu erhalten, Die
Fortſchritte in der griechiſchen, roͤmiſchen und englifhen
Geſchichte wurden bedeutend gefunden, das Examen wurde
Engliſch und Bengaliſch vor einer großen Menge von
vornehmen Indiern abgehalten. Es mangelte jedoch fuͤr
die meiſten Schulen noch an eignen Gebaͤuden und der
Unterricht fand in den Wohnungen reicher Hindus ſtatt;
aber der Uebelſtand, daß fruͤher die Knaben nach dem
Range und der Kaſte einzeln unterrichtet werden mußten,
hatte ſich bereits in den meiſten dieſer indigenous schools
gehoben, denn es war nunmehr ein gemeinſchaftlicher Un⸗
terricht nach der Claſſenordnung eingefuͤhrt. Die meiſte
Srequenz bat die Arpulyfchule, in deren höhern Claſſen
ein Pandit und vier einheimifche Lehrer unterrichten; fie
zählte 1829 225. Knaben, welche bei der Prüfung bes
ſonders in ber Geſchichte, Geographie, der neuern Statie
fit von Europa und im Engliſchen gute Kenntniffe zeig:
ten. Eine wichtige, für fi ſich beftehenbe Buͤrgerſchule, welche
jedoch mit der Societät in Berbindung fteht, iſt noch zu
nennen, die Anglo-indian school oder college. Sie zählt
über 400 Schüler aus den erftim Ständen der Hindus,
it in 17 Claſſen nach dem großen Umfange ihrer Lehr
gegenftände getbeilt, denn fie geht von den Lefrübungen
aufwärts zu allen Hauptdialekten Indiens und zu den
Wiſſenſchaften Europas über, ſodaß unter Anderm Mechas
nit, Optik, Hydraulik -und Chemie gelehrt werben, und
bei dem jährlichen Eramen 1827 dag erfte Buch des
Euklid ind Bengaliſche ˖ überfegt wurde. Einheimiſche leis
tem auch bier faſt Alles; Babu Prafannatumär Thakur
hielt bei einer Prüfung (14. Januar 1825) eine ſchoͤne
Dankrede an den Praͤſidenten Harington für den freunds
tihen Beſuch, und Babu Kaſikant Ghoſal ſchenkte bei
dieſer Gelegenheit dem Comité 20,000 Rupien zum Bes
huf des Schulweſens. Von den Fortfchritten ber Schüs
ler mag es einen Beleg geben, daß im Jahr 1828 ein
junger Hindu, Kriſhna Mohan Banerji, in Gegenwart
des Lord Bentind die Urſachen und Folgen der Kriege
der "weißen und rothen Roſe gruͤndlich auseinanberfegte,
und ein anderes Mal (1831) der Secundaner Ramtonu
Lahori von dem Umſturze des roͤmiſchen Reiches durch
den Einfall ber germantichen Völker ſprach. Was aber
dieſer Schule noch ein befonderes Intereſſe verleiht, iſt,
daß fie durch den merkwürdigen Kammohun Roy unter
dem Kamen Vidyälaya (mifienfchaftliches Inſtitut) geftife
tet umd anfänglich unterhalten wurde, durch jenen Phil⸗
Blätter.
" für
; iteratifge Unterhaltung
ta
L
N — — 12 Thir.
* * — poſtamt in Halle, oder das f
‚Leber das Schulweſen im britifchen Indien.
5° Mod vor etwa zwanzig Jahren konnte die oftindifche
e e mit vollem Rechte einer kalten Nachlaͤſſigkeit,
7 fie in Bezug auf Bildungsanftalten in ihrem weis
h Gebiete öffentli an den Tag legte, beſchuldigt wer:
— und fie wurde felbft eines Strebens, fich aller Er
— m: der Eingebowmen zu volberfegen, auf das Nach:
Xillchſte in beitifchen: ſowol als auswärtigen Zeitſchrif⸗
Ge ongeflagt. Die Sache hat ſich in neuern Zeiten, bes
s unter den beiden würdigen Generalgouverneuren
R und Bentinck und bei dem raſtloſen Streben des
m Biſchofs Heber bedeutend geändert; bie eifers
Bi Seunten, weiche Abneigung, Vorurtheil, lange Ge:
. und 4 geſchmiedet hatten, ſind endlich
und es iſt für den Menſchenfreund wahr:
Dre, Die Kortfchritte der gereiften europaͤiſchen
ia einen Rande zu beobadyten, welches einft durch
—* für fo viele Voͤlker der alten Welt die
gelegt: hatte. Nur wenige Jahre find hinreichend
um Die Inder von der Ueberlegenheit der weſt⸗
u Mater zu Überzeugen; wir fehen fie anfänglich ſich
aften und Hortichritten derfelben entgegenftems
a achig, aber mit Verdacht und Unmuch ders
‚ endlich aber mit einem Eifer fich herau⸗
es Deutlich beurkundet, daß fie bie Vortheile
z im Stillen gepräft und nunmehr ernſtlich
* * dieſe ebenfalls anzueignen. Die Preſſen
find in. beſtaͤndiger Bewegung, Journale
e Gieffiter werben gedruckt, die beiten Werke
m Aberfebt ‚und beiſpiellos wohlfeil verkauft; oͤf⸗
werden angelegt, zu Bombay wurde
ein Gebäude dazu errichtet, und
— * * liefen uͤber tauſend gedruckte Werke
— ein; die meiſten griechiſchen und
ſind vorher, bie Bibliothek iſt Je⸗
L
e
%
.o
ämter, die fich an die koͤnigl. —A — Beitungserpebition in Leipzig, das
fürſtl. Thurn und Zarifhe Poſtamt in Altenburg
tfendung findet wöchentlich zwei Mol, Dienſtags und Freitags, aber auch in Monats heften ſtatt.
1. Februar 1833.
zur Na ch richt.
Bon dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und ift der Preis fuͤr den
Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beſtellung darauf an; ebenſo
koͤnigl.
dem zugaͤnglich, unb die Eingeborenen wetteifern mit den
Briten, diefelbe zu benutzen; nach englifhen Büchern ift
die meifte Nachfrage, denn die gebildeten Hindus eignen
fi vorzugsweife dieſes Drgan der Mittheilung an, um
ihren Lehrern niche nachzuſtehen. Was noch vor einem
Decenntum ein Wunder in der Iiterarifchen Welt gewe⸗
fen wäre, das Dichtwert eines Hindu in englifcher
Sprache, welche von feinen Mundarten fo gänzlich bers
fehteben iſt, liegt gegenwärtig vor: „The shair (der Barde)
and other poens by Kasiprasad Ghosh (Kaltutta 1830),
dem Lord Bentinck zugeeignet. Die Gedichte find fo
vortrefflih und in einer fo reinen Sprache, daß wir uns
kaum enthalten koͤnnen, eine Probe daraus mitzutheilen.
Mehre engliihe Briefe an das Parlament, ben Court of
directors und einzelne Gelehrte find vorhanden, welche
wahrlich den Hindu nicht verrathen, und eine Kritik des
Kafinach Ghoſe über Mill's Schmaͤhungen des indischen
Charakters geht mit geimbdlicher Gelehrſamkeit und mit
Kenntniß der griechiſchen Schriftitellee auf die Sache ein.
Die beiden . Präfidenefchaften Kalkutta und Bombay bil
den gegenwärtig noch den eigentlichen Herd ber aufblühens
den Cultur, jedoch verfpricht auch Madras nicht zurüde
zubleiben; allenthulben drängen die Indier nicht ſowol
ihre Kinder in die Schulanftalten, fondern fie tragen auch
ans reichlichften mit ihrem Vermoͤgen zur gedeihlihen Er:
haltung derſelben bei. Diefe Sreigebigkeit erſtreckt ſich
ebenfalls auf andere Inſtitute: im Jahre 1328 wurde
eine Sammlung zur Ausbreitung nüslicher Kenntniffe in
den ſchottiſchen Dochländern von eingebotenen Indiern
durch bedeutende men vermehrt; im folgenden Jahre
ſchenkte ein Indier von Morſchidabad, welchem man die
Rajahſchaft (eine Art von Adel im gegenwärtigen Indien)
ertheilt hatte, eine halbe Lak Rupien oder mehr als
5000 Pf. Sterl. mm fie zur Einrichtung einer Dampf⸗
maſchine,“ eines Waſſerleitung in Kalkutta und auf dqs
130
Biſchofscolleglum zu verwenden. Die ſchoͤnſten Gebäude
in Kalkutta erheben fi auf Koften der Dindus, dahin
gehört das prächtige Haus des Dvarkanath Tagore in ber
Damdamftrafe und der weitläufige Palaft des Rajah
Buddinäch, in welchen er die vomehmften Europder mit
glänzenden Gaftmählern zu bewirthen pflegt: gewiß das
befte Zeugniß von dem guten Vernehmen, in welchem bie
Vornehmften des Volkes zu ihren Obern ftehen. Zuͤge
diefee Art könnten noch in reicher Menge angeführt wers
den, allein wir befchränfen uns bier auf die wichtigfte
Angelegenheit, nämlich) den gegenwärtigen Band des
Schulweſens in Indien und hoffen, daß einige Mitthei⸗
lungen darüber, zu welchen beſonders Meferent ſich vers
pflichtet fühle, da er früher in die obige Klage mit ein
geftimmt, von Interefie fein werden.
Das Ältefte Inſtitut zu Kalkutta, das Fort William
college, von W. Jones geftiftet, bleibt von biefer Be⸗
trachtung, welche nur bie jüngern Anftatten ins Auge fafs
fen will, ausgefchloflen, denn es bat einzig und allein
zum Zwede, junge Engländer, welche ald Schreiber In
den Dienſt der Compagnie treten wollen, in ben Landes⸗
fprachen auszubilden. Es reiht fi aber daran, um von
den höhern Lehranftalten zu beginnen, ba das Datum ber
meiften einzelnen Stiftungen fid) aus den jährlichen Rap⸗
‘ports kaum ermitteln laͤßt, das Sanskrit college zur Er:
‘Haltung und Belebung ber Paterländifchen Sprache und
Literatur, zur Aufrechthaltung der alten Geſetze, inſoweit
fie mit der neuern Zeit beftehen können, beſonders aber
zur Erwerbung und Aneignung ber europäifchen Bildung,
fodaß dieſes Gymnaſium ein wichtiges Band zwiſchen
Indiern und Briten bildet. Die meiſten Lehrer ſind ge⸗
borene Hindus, jedoch unterrichteten früher auch Shak⸗
ſpeare, Price, Wilſon und andere ausgezeichnete Kenner
des Sanſkrit; bei den Pruͤfungen iſt ein gemiſchtes Pu⸗
:blicum von Pandits und Briten zugegen; Reden werben
im Sanſfkrit gehalten, Ueberſetzungen aus dem Engliſchen
ins Sanffrit vorgelegt und dor dem Eramen einzelne Acte
aus den alten Dramen, z. B. „Mrichchhakati”, von ben
Zöglingen bargeftelltz im Sebruareramen 1830 wurden
Stellen aus dem Shakſpeare mit richtiger Accentuation
declamirt. Die Anftalt befteht durch Beiträge von Hin:
dus mit Zuſchuͤſſen vom Gouvernement, fie trat 1824
ins Leben, und ſchon bei dem erften öffentlichen Eramen
(15. San. 1825) wurden für 350 Rupien Buͤcher als
Preiſe vertheitt: „Panini“, „Mugdhabodha”, „Sähityadar-
panam“ und- andere wichtige Werke ber alten Literatur.
Eeit 1826 erhielt das College ein, eignes Gebäude in
Datäldangafquare und im Februar 1828 war fogar bie
- Mede, den Kreis der Lehrgegenftände fo bedeutend zu er:
meitern, daß fortan-in einer medicinifch » anatomifchen Glaffe
ein vollftändiger Curſus der Medicin auf eucopäifche Weiſe
follte durchgemacht werden. Die Anflalt wird von den
indifchen Zeitungen häufig befprechen, von dem Blatte:
„Timer Nasaka”, welches die gute alte Zeit erhebt, na:
tärlicherroeife verdammt, von der bengalifchen Zeitung:
„Samächäradarpana”, die unter Mitwirkung der Miffio:
rampur erfcheint, ebenfo unmäßig gelobt. Hier möge nur
die Klage eines Vaters, wie fie eigentlich wol noch bie
Stimme jedes orthodorm Hindu iſt, aus der gemäßigten
MWochenfchrift „Samvatchangrika” eine, Stelle finden:
Ich babe (heißt e6 Hier unter Auderm) eine monatliche
Summe nicht geſcheut amb Meinen Sohn in das college
than, um einen Gelehrten aus Ihm zu machen. ' Aber fein
tragen hat ſich ganz geändert, er hat Sitten und Kleibung feis
nes Landes vergeflen, trägt fein Saar abgefchnitten und engs
liſche Schuhe an ben Füßen, wäfcht fi vor dem Eſſen nicht
mehr und antworter auf alle meine Srinnerungen nur: bummes
Zeug! Ic fragte nun bei den Übrigen Zöglingen und Lehrern
weiter nach und erfirhe, daß bie Burſche Engliſch lernen, Arith⸗
metit, Meßkinde, Altronomie, Geographie, Geſchichte ber Kör
nige von England, und baf fie drei Mal in der Woche Bar:
trägen beimohnen, wobei man Feuer in Waſſer und Waſſer in
euer verwandelt; daß fie in den Abenbftunden zuſammenkom⸗
men, um zu disputisen, und mit Bänfefebern ein zirpendes Ge⸗
Prigel machen, was fie Handſchrift nennen. Ich nahm hierauf
meinen Zungen vor, befay feine Banbdfchrift, die weber zu Gins
ladungslarten noch zu Rechnungen mehr zu gebrauchen war; er
aber meinte, meine Schrift fei nicht Schreiben, fondern Malen,
und die Pandite ſchrieben gewöhnlich fchledyt (Hocti male pin-
gunt) ; eine Sprache war ein englifches Bengaliſch geworben,
und fobatd ich tum corrigirte, rief er: dummes Beugt ODie hei⸗
ligen Bramanen und Pandits nannte er Spigbuben und Nar⸗
ven, und demit er ſich ganz; von feinen Vätern entferne, ges
wöhnt er fi en, mit ſchnellen Schritten einherzugehen wie bie
Engländer. In ber Religion ſah es bei feinen Mitfchhlern
ſchlimm aus, denn’ einige waren völlige Atheiften, andere hete⸗
rodox geworben, und einige glaubten Gemeinſchaft mit dem hei⸗
ligen Srifte zu haben. So haſſen fie Alles, was ihr Baterland
betrifft, kennen jeden Berg und Fluß in Rußland, obne Kiber
ihre Heimat etwas au wiflen; fie koͤnnen nicht fagen, an wels
er Seite von Kallutta Burbwan liegt, oder wo der Sona
fließt und die Rajmahalberge fidy befinden. Ich wollte meinen
Sohn aus tem College nehmen, aber ber Lehrer ließ es nicht
zu3 meine monatlichen Beiträge «babe ich jeboch eingeftellt.
Welche Früchte aber unter den gebildetn Indiern
disfe Anitale trage, läßt ſich ſchon daraus ermeflen, daß
diefe nach dem -Beifpiele Ihrer Söhne zufammentreten, um
fi) gegemfeitig zu delchren; eine dieſer Gefelifchaften führt
ben Namen Inänasandipana (Kenntniß zu belauchtenbe)
ober Hindu society for .promoting knowledge, fie verfam=
melt fi unter ihrem Präfidenten Babu Omananda Tha⸗
tur in defien Behauſung alle Sonnabend, um mit ihren
Pandits ‚gelehrte Disputationen zu halten. - Europa endlich
verdankt bereitö der Commitee for public instruction,
welche über jenes Hinducollege die Inſpettion fährt, eine
Menge von wohlfellen Texten ber Sanfkrittiteratut, uͤber
welche bei einer andern Gelegenheit: Bericht erflattet wer:
den fol. W
Eine zweite Anſtalt, welcheden Namen College führt,
alfo nad emglifcher Weife fi, von ben Knabenſchulen
unterfcheidet und auf hoͤhere Lehrgegenitände Anſpruch
macht, iſt das Bishops college nahe bei Kalkutta. Es ers
haͤlt ſich durch Subferiptionen und Schenkungen bei ei:
nem jährlihen Zufchuffe von 1000 Pf. Stel. aus dem
Miffionsfonds, denn der Zweck iſt ausfchliehlich, um Miſ⸗
fionare für die englifhe Kieche zu erziehen. Das größte
BVerdienft hat dieſes College dadurch, daß es einige Ars
menſchulen und Findelhaͤuſer unterhaͤlt und deren Zoͤg⸗
nare und im Intereſſe der britiſchen Regierung zu Se⸗linge ſpaͤterhin aufnimmt; jedoch koͤmen auch andere Kna⸗
434
hen eiatreten, nur von Ihren eltern und Verwandten
dem Miffionsgefchäfte nicht mehr entzogen werben. Eine
Armenfchule der Art, Benevolent institution, findet ſich
In Lolbazas; fie wicd won.
im Sabre 1824.16, Snaben von britifchen: Arten, 95
iffionaren geleitet und hatte
von portugieffichen, 21 junge Hindus, 10. Chinefen, 6 |
Mottenien, 4 Malayen und 3 Armenier; eine zweite,
Native infant school, auch Grammar school genannt, zählt
gegen 80 Kinder aus ber dürftigiten Clafle von 2—8
Jahren, welche Morgens um 9 Uhr hingebracht, ‚Abends
um 5 Uhr abgeholt und Mittags mit einem guten Mahle
geftärft werden. Im Urbrigen aber ſtimmen auch bei bie:
fer Gelegenheit bie indifhen Zeitungen mit ben Reiſenden
auf eine merkwuͤrdige Weiſe uͤberein, daB felbft durch je-
ned College das Miffionsgefchäft in Sindien wenig oder
gar nicht gefördert werde. in englifches Blatt („Calc.
John Bull”, 1829) fagt: es ſei Leicht, eine Socletät mit
ihren Patronen, Präfidenten, Virepräfidenten und Secre⸗
talren zu· gründen, Berichte und Tractate gu drucken,
ber der Eifer der Miſſionare ſelbſt muͤſſe nothwendig bei
den unuͤberwindlichen Hinderniſſen erkalten, und ſchließt:
„at this moment there are fewer professing chtistians
frem among our native population than there were ten
years ago“. Eine andere Zeitung meint: die Bemühuns
gen bee Miſſionare muͤßten den aufgeklaͤrten -Einheimi:
fihen eroig fremd bleiben, und die Wenigen, über melche
fie ttinmphirten, "gehörten zu dem ‚Abfchaume der menfchs
lichen Geſellſchaft (the scum of sgciety). -. Der denkende
Chriſt, der die Wohithaten feiner Rekigien um fo wär:
mer und inniger erkennt, je mehr er die Bande der alten
Dogmatik abftreife, wird diefe Erfchelnung zu würdigen
wiſſen, aber fie wird ihn keineswegs nieberfchlagen dürfen,
wenn er in den Bildungsanftälten die erſten Seminarien
erblidt, aus welchen dereinſt auch für Indien die ſchoͤn⸗
fin Fruͤchte des Chriſtenthums heroörfprießen werden.
Dir Plan zu einem dritten College, Melcyes zwiſchen
beiden foeben gefchildetten in der Mitte liegen und hin-
fihtlich feiner Einrichtung und Lehrgegenflände ganz nad)
Kings college in London fidy richten folfte,; erfchlen
im Jahre 1829, vom Archidiakonus ˖Gorrie entworfen.
Die Sonde follten durch Artfen, Subfeription und Schen:
tungen aufgebracht werden und das Inftitut in zwei grö-
here Abtheilungen zerfallen: . in,eine höhere Claſſe für die
Anhänger der englifdsen Kirche, welche an allen Benefi⸗
cha des College Anthell nehmen, die eigentlihen Mem-
bers deſſelben bilden wuͤrden und zu Lehrämtern die Aus:
fiht hätten, und eine niebere für andere Confeffionen,
welche nur zu Beiträgen verpflichtet. ngären und zum. wes
nigften 500 Rupien ſchenken müßten, um einen Zoͤgling
vorfhlagen. zu duͤrfen, Allein gegen. den Profpectus er
ſchienen fofort in der „Calc. gazette” triftige Einwen⸗
dungen, welche das Enaherzige des Plans beleuchteten:
—
ed gebe weit mehr Andosportugiefen, roͤmiſche Katheliken, .
Hindus und Moslemen als Mitglieder der high church,
deren Kinder kaum ein Zehntel des College ausmachen würden,
während alle Uebrigen die Lafien trägen und in den Dins '
tergrund traͤten. „We must protest”, heißt es daher,
„against an institution founded on views.and pretensions
so narrow, intolerant and illiberal.” Und fo ift die Ein:
richtung des College bis jegt unterblleben.
| u : (Der Befhluß feigt,)
Ueber Lebensverficherungen und andere Verforgungsanſtal⸗
tn. Von J. 3. Littrow. Win, Bed. 14832.
Gr. 8. 18 Str. |
Es if fehr verbienftlich, wenn Gelehrte von. dem
1) {
Standpunkt, ben fte im Reich der Wiffenfchaften erlangt —8
herabſteigen, um ſich durch Beleuchtung von weniger tiefen, aber
‚für. das praktiſche Leben und die buͤrgerliche Criſtanz gemeinmügf: .
gen Problemen allgemeinen Dank’ zu:⸗verdienem Diefed:-Khut
der ald Mathematiker ruͤhmlich bekannte Verfaſſer, indem er eis
nen Gegenſtand der wiffenfchafttichen Forſchung unterwirft, weis
her, an fi wohlthätig, ja fegenereich, durch jede Irrung, jeden
fi einfchleichenden arithmetifchen Fehler in fein Gegentheil ver⸗
Wwanbeit wird ‚und Fiuch ftatt Gegen hervorruft... Es bebauf
feiner weitläufigen Auseinanderfegung, um darzuthun, wie bie
vnem Jeden; deſſen Einnahme nus einigermaßen. die unum⸗
re noͤthigen Webürfniffe überfchreitet, gegebene Moͤglichkeit,
ch und bie Beinigen- für ben Fall feines hülfgbehürftigen- M⸗
ters gegen Roth zu ſichern, oder durch jährliche, feinen Verhaͤlt⸗
niffen angemeffene Beiträge feinen Hinterlaſſenen ein von ſei⸗
nem frübern oder fpätern Tode unabhängiges, gegen alle Wech⸗
feifälle des Schickſals geſchuͤgßtes Austonimen zu hinterlaffen,
ein hoͤchſt erfreuliches Ergebniß gefteigerter Cultur und verbrei«
teter Humanität fei. Wenn man bebentt, wie von Einrichtun⸗
gen biefee Art der Zroft im Beben unb im Tode vieler Faml⸗
lienvägee abhängt, wie auf ihnen‘ die einzige ‚Rettung huͤlfelo⸗
fer Waiſen gegen Noth tm grellſten: Sinn bes Worts, gegen
phyſtichen und moralifcyen Untergang beruht, zugleich aber bt:
ruͤckſichtigt, daB die Beiträge, welche ihre Fonds bilden, aus
muͤhſam erfparten Pfennigen armer, um bie Zukunft der Ihrl⸗
gen beſorgter Kamilienväter zufammengefegt find, daB Abdar⸗
bungen, von denen ber Wohlhabende keinen Begriff hat, Ver⸗
zichtieiſtung auf alle Beinen, ohnehin fo ſparſam zugemeſſenen
BWeuͤfſe diefe Erfparniffe möglid machten: fo wird man. von .
der Heiligkeit diefer Inflitute durchdrungen werbep usb fühtem,
daß, wenn irgend ein Eigenthum oder Recht im Staate einer
befondern Begünftigung, einer Art daſſelbe fehügenden Sacrile⸗
giengefeges genießen darf, es die erwähnten Verſorgungsan⸗
falten fein müffen. Um fo tabelnswerther ift ber unbegreifliche
- Reichtfinn, mit welchem Berforgungsanftalten oberflächlich bes
rechnet, eiligſt conftituirt, 'mit pomphaften Worten auspofaunt
Werbe ind uhr fo mehr Ungluͤckliche finden, weiche ſich täus
fen laſſen, als grade ber Aermete am leichteſten hofft‘- wunb
der natüirtihe mathentatifche Sinn, welcher durch angeborenm
Talt die Unausführbarkeit übertriebewer Verſprechungen erkennt,
nur Wenigen gegeben iſt. Uebtigens ift Betruͤglichkeit nme Tälhd«-
ner die Urfache folder midlungenen Operationen, meiftens iſt es
die große, mächtige Triebfeder, welche faft alle unbefugte po⸗
litiſche, ſtaatswirthſchaftliche, uͤter aruche Speculationen hervot⸗
ruft, die Eitelleit, und die Ider ais Begkider der Menſchbelt
bewundert gu werben‘; iſt ;fehe verlockend. Es ft nicht meine
Abſicht, Hier gegen Sie Eitelkekt beim Wohlthun zu declamiren,
vielmehr möchte ich in unferer Zeit, wo einmal nichts ohne
Affectation geſchehen kann, ihr in’ Berug auf den Efolg Gas
Wort reden. Möoͤge die Sitelkeit bei Verkheilung von Mohle
thaten ihr ohnehin weites Terrain behalten, mögen elegante Das
men an den Kirchthuͤren Beld fammeln, mögen die S AR
Bebürftige von zarten Schönen grazids vertheilt werden 4 WEM
nur gegeben wird; aber anders ift es, wenn umgelehrt ber Aunie
geben, feinen legten Nothpfennig gegen Berfpredungen-vertum
ſchen foll: da muß kalte Profa am die Stelle fhöner Redende
arten treten, abfolute Sicherheit für den MWetheiligten fattfin
Sen. Die weſentliche Webingung irgend eines gemeinſchaſtlichen
Feſchaͤfts iſt Garantie des rechtlichen Verhaͤltniſſes, welches bie
Gefege jedem Wucherer, jedem Pfaͤnderleiher geben, dad aber ben
meiften Berforgungsanftalten entweber gang fehlt ober, was noch
ſchlimmer ift, auf einer Iluſion beruft. Es wirb in den Ans
eampfehlungen ſolcher neu entftehenden Anftalten von der ins
wiligung und Billigung ber Regierung, ober von bekannten
Derfonen, deren Namen als Protectoren der Geſellſchaft anloden
follen, fo viel Pomphaftes gefagt, daß ber Unkundige glauben
muß, die Regierung oder jene Korpphäen ber Anftalt würden
jedes etwanige Deficit der Kaffe fogleih bedien, während bie
‚Regierung das Zufkitut Feineswegs garantirt, fonbern ihm nur
wie andern @peculationen eine Conceſſion ertheilt, jene Patrone
der Anftalt aber nur Perſonen vergleichbar find, bie ſich ein
Buch dediciren laffen, ohne fich weiter um deſſen Schickſale zu
bedimmern. So geſchieht ed, daß, wenn eine fehlerhaft berech⸗
nete Anftalt nach dem ſcheinbar günftigen Succeß bes erſten
Augendlicks immer mehr ihrem Untergang zueilt und endlich
m Grfaunen der Dirigenten unter ihren ‚Händen verſcheidet,
e Getaͤuſchten ſich vergebens nad) einer Garantie umfehen
md ihr Ungläd um fo weniger begreifen koͤnnen, als fie mit
lauter cechtlächen Maͤnnern zu thun Hatten.
1 6 ift demnach, wenn Lebensverfiherungen ihrem beab:
fichtigten Z3weck entiprehen follen, die wichtigfte, leider am mei⸗
fen vernachlaͤſſigte Bebingung,, idaß ihnen voliftänbige Garantie
nicht fehle, die im ausgebehnten Einn nur der Staat geben
Kann, fobaß nach meiner Ueberzeugung ein ſolches Inſtitut ſtets
vom Staat ausgehen follte, welcher ein ewig lebender, ewig
ſicherer Vorſteher it, während alle andern Dirigenten ben Un⸗
fällen unterworfen find, bie ben Menſchen in praktiſcher
und intellectueller Hinficht bebroben. Man kann bie Wahrheit
‚biefer Behauptung deutlich: an unfern Theatern fehen, deren
MBeſtehen auf ähnticgen, wenn andy einfachern Berechnungen als
Die VBerforgungsanftalten beruht. Gelten erhält ſich ‚ein: ſolches
-hauernb ba, wo es kein Staatsunternehmen ift, und faſt alle
‚von Privatperfonen errichteten Theater, berechnet nach dem güns
tigen Erfoig bes erſten Augenblid&, wo ber Reiz ber Neuheit
„allgemeinen Kunftfinn als Mode entwidelt, verfallen, weil das
-erfle Defict der Kaffe das Sinken bes artiftifchen Werthes
hervorruft, indem bie WBefoldungen verkürzt werben möüflen,
ebenfo wie bei einer. bem Untergang ſich nahenden Verforgungss
‚anftalt Die Penfionen nicht mehr gezahlt werben koͤnnen. .
, (Der Beſchluß folgt.)
»RNotizen.
uhland.
‚ Das „Edinburgh review” beurtheist is feiner legten Num⸗
wer Uhland's Gedichte im Ganzen ſehr günftig, wie es denn
seht und billig ift. Aber es meint, bie fünfte Auflage erklaͤre
‚Sıh dach nur aus ber trog.aller Quantität fehr ſchwachen Aua⸗
Wär der neueften deutfchen Porfien, und fügt hinzu, daß Ge
Dichte von weit größerer Kraft und poetifcher Faͤhigkeit als "ie
Upland'fchen zu derfelben Zeit in England erſchienen und faum
g der Ehre einer zweiten Auflage gelangt wären, fo geringe
ufwertfamteit hätten: fie ersegt. Wir wollen bahbingeftellt
Fein laſſen, ob England gegenwärgig fo reich an lyriſchen Poe⸗
fen iſt, deng wir Tenmen nichts, bavon, ‚und wuͤnſchen nur, es
mbge fich bald «in tüchtiger Ueber ſetzer finden, ber uns, fold
er handene Schaͤte zu Tage fordere. Dem englifdhen Re⸗
12
unb baß wir dereinſt aus dieſer Zeit eine Anthologie haben Fiss
nen, aller Ehren werth. Uhlanb's Gedichte ſtehen alfo nicht fo
allein, wie ihr. Sänger ſeihſt ſteht. Dre Gugläuder meint,
in keinem Lande außer Spanien fei bie Ballade wie in Deutfi
land cultwirt, und barin ha er Hecht. Gr charalterifirt bie
beften Balladendichtet mit ein paar Worten, abes ohne Gluͤch
Daß er ie Stolberg' ſchen Balleden nicht haben mag, ‚gilt umS
gleichviel,. fie finfen in Bergeffende, Die Schlegel’fhen dar
ben Feuer, aber geborgtes, Fein natürliches: das mag auch hin⸗
gehen. Aber was will er damit fagen, baß er Zied’E Romans
zen nicht gelten läßt? daß Tieck ber Muſik der Sprade zu
viel von Kraft unb Energie aufopfere? Wir berweifutn mit
echt, daß er irdend eine Romanze von Tieck, daß er Vie un⸗
vergleichlich fhönen, beutfchkräftigen im „Betreuen, Scarbt”
tennt.. Den Dealer Müller lobt er. Immerhin. Gegen Buͤr⸗
ger ift er aber um fo ungerechter, als er ben Schiller'ſchen
Balladen vor allen, felbft vor Goͤthe's den Vorzug gibt, weil
ihm der letztern Gegenftände gu wenig bandgreifiich find. Daß
er an Schillers Balladen bie malerifche Diction, bie Reflexio⸗
den (the contemplative) befonbess hervorhebt, begreifen wie
nicht. Als Mufter und Vorbilder zu Balladen firhen doch ums
flreitig bie! alten, altenglifcyen, attfpanifchen, altbeutfchen ta.
Die altenglifgen Eennt er gewiß. Findet fih aber in
in bem echten. Yalladentone, eine Spur von. den refle
Auswüchfen des Schiller' ſchen? Man verftehe wohl, achten
die Schiller'ſchen Balladen ſehr. Aber in reinerm Geſchmack,
als die hoͤchſte, in unergruͤndliche Gedankentiefe getauchte Wer»
edlung bes alten echten Balladentones, erſcheinen doch bie Go⸗
the ſchen. Daß fi damit das Derbe, Materielle ber Buͤrger'⸗
ſchen nicht verträgt, verficht ſich vom ſelbſt. Aber find nicht
unter ben alten Ballgben auch viel zartere, bie aus ber Welt
der Eindildung nicht in die wirfliche übergeben? Hält ſich num
uhland mehr un Goͤthe ats an Schiller, fo hat er eben Kecht.
Und es ift gewiß ein Hohes Lob, wenn man’ ihn bereinft als
ben reinften, Enäftigfien Nachhall des von Böthe angeſchlagenen
Zones nennen kann; wiewol ber Ion doch immer nur Reben⸗
fache bleibt, und nicht zu vergefien ift, baß eben die hoͤchſte
Weihe ber Goͤthe'ſchen Balladen, von ber bei Schiller Feine
Rebe fein Tann, in der Gonception beruht, bie nicht wohl nach⸗
geahmt werben möchte. i 1053,
—nppn | on R
Walter Scott über „Eugen Aram”.
Ks W. Seott in Kom war, bat ex einen. ſeingz Lands⸗
leute um eine englifche Lecture. Unter bem kleinen Buͤchervor⸗
rathe, den diefer befaß, wählte er etivas vom Verf. bes „Pels
ham’ und erhielt ‘darauf- „Eugen Aram“. Als nah wenig
Tagen W. Scott dies Buch zurädgab, verfidyerte er, ſeitdern
ee England veriaffen, habe ihn nichte fo viel Bergnügen ge⸗
macht. Gr ſprach dann noch viel Aber Bulwer und feine ſchrift⸗
ſtelleriſche Ihätigkeit und äußerte. u. %,, nachdem er. feinem
legten Werke die größten Lobſpruͤche ertheilt Hatte: „Ich kann
mir kaum einen größern Beweis von Salene denken als ber iſt,
wenn ein Autor zum Stoff feiner : Erzählung MBegebenheiten
wählt, bie faft allen feines Lefern bekannt find and dennoch fo
außerorbentlicyed Intereffe bafür zu erregen weiß. Das ift der
einzige Fehler dieſes Buches”, fegte er laͤchelnd hinzu, „ich
las daran bis fpät in bie Naht, Tormte es aber nicht aus ber
2 legen, und es hat mid zwei Wal um ben Schlaf ges
racht. | '
W Gine Flugſchrift: „A call fo women of all ranks in the
senfmten. ‚werfen wir zuvorderſt ein, doß, wenn es naͤchſt | britich
Ubland, Rüderk ausgenommen, gudy feine Namen umter ben
Zurifchen beutfchen Dichtern ber neeften Zeit gibt (?), doch
manches einzelne treffliche Gedicht zu finden iſt, wie benn
wol faf ein jeber Dichtende einmal eines gefchrieben bat,
wer)
...
.
t ⸗
see
itish -empire, on the subject of the national debt” (London
1832), fodert alle britifhen rauen auf, durch freiwillige Bas
ben unb periobifche Beiträge einen heil der Ratiomalichuib
* tilgen. Das Wie u. ſ. w. wirb ſehr auifuhrlich, darin
eroͤrtert.
r : Mepigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagähanblung: J. I. Bra@baus in Seipsig-
> a . oo. ı " . - , . Fa
Ä of
— — — — — —*
Blaͤtter
fuͤr
literarifhe Unterhaltung.
is
Sonnabend,
ceſciut aus Mr. 32.) \
Für bie niedern Volksſchulen ift im Allgemeinen feit
4817 bie Calc, ‚schoolbook society durch Verbreitung
von nüglihen Elementarbüchern, an bern Genauigkeit
freilich Manches zu tadeln waͤre, beſonders thätig, und
Bombay ſowol als Madras find mit einer ähnlichen Ein-
richtung gefolgt. Die Sefellfchaft erfreute ſich fofort bei
ihrem Auftreten ber reichten Unterflügung von Seiten
der Dindus, denn unter 200 Subfcribenten . hatten 80
reiche Eingeborene auf das Freigebigfie beigeſteuert. Vom
October 1825 bis December 1827 waren 28,668 Schul
büdyer ausgegeben: und dafür jähelih 6425 Rupien ein-
genommen, wozu Lord Amberit bei feiner Abreife noch
4000 Rupien ſchenkte. In den Jahren 1829 und 1830
brachte der Verlauf 10,000 Rupien ein, jedoch bemerkte
mon eine geringere Theilnahme der Hindus; nad) engli⸗
ſchen Büchern war große Nachfrage. Die eben genannte
Gefelfchaft bildet. einen engern Ausfhuß der allgemeinen
Calc. school oder education society, welche über ſaͤmmt⸗
liche Elementarſchulen zu Kalkutta die Aufſicht führt, Sie
bat ſich neben Prinatunserflügungen eines Zuſchuſſes vom
Seuvernement zu erfieum, und ber Generalgouverneur
ſelbſt hat ihe einen jährlichen Beitrag von 1200 Rupien
gugefüchert; wieberum aber find es größtentgeils bie Eins
geborenm, welche am meiſten fubferibiet haben und bie
weißen Schulen. freiwillig. unterhalten, Der. vierte Bes
richt des Secretairs Radakant Deb vom. Jahr 1825 if
bier vom großem Intereſſe. Er habe, fügt er, die ſaͤmmt⸗
lchen Schulen Kalkuttas, damals 166 an der Zahl, in
vler Bezirke abgetheilt und vier Babus oder vornehme Hin⸗
dus zu Oberinſpectoren, gleichſam Schulraͤthen, ernannt,
am fie beſtaͤndig revidiren zu koͤnnen; 85 vom jenen Schu:
fen fein gegenwaͤrtig unter der Patronſchaft der Schul:
focietät, 30 Privatſchulen Hätten ſich in die übrigen auf-
; er babe überdies wieder 17 bramaniſche Reli
giondtehrer durch eigne Anficht der Schulbuͤcher überzeugt,
daß Leine religisfen Gegenflände darin zur Sprache kaͤ⸗
men. Bei einer Gentralverfammiung im Haufe des Gopi
Mohan Deb (Februar 1827) belief fi) die Baht ber
Schuler auf 2000, von demen 200 zugegen waren, um
Preiſe, meif in englifhen Büchern, zu erhalten. Die
Fortſchritte in der griechifchen, roͤmiſchen und englifchen
Geſchichte wurden bedeutend gefunden, das Examen wurde
Engliſch und Bengalifh vor einer großen Menge von
vornehmen Indiern abgehalten. Es mangelte jedoch für
die meiften Schulen noch an eignen Gebäuden und ber
Unterricht fand in den Wohnungen veiher Dindus flatt;
aber. der Webelftand, daß früher die Knaben nad) dem
Range und der Kaſte einzeln ‚unterrichtet werden mußten,
batte fich bereits In den meiften diefer indigenous schools
gehoben, denn es war nunmehr ein gemeinfchaftlicher Un⸗
terricht nach der Glaffenordnung eingeführt. Die meifte
Frequenz hat die Arpulpfchule, in deren höhern Claſſen
ein Pandit und vier. einheimifche Lehrer unterrichten; fie
sählte 1829 225 Knaben, welche bei der Prüfung bes
ſonders in der Gefchichte, Geographie, ber neuern Statie
Fit von Europa und im Englifchen gute Kenntniffe zeig:
ten. Eine wichtige, für fich beſtehende Bürgerfchule, welche
jedoch mit der Societät in Verbindung fieht, iſt noch zu
nennen, die Anglo-indian schpol oder college. Sie zählt
über 400 Schüler aus den erſten Ständen der Hindus,
ift in 17 Claſſen nach dem großen Umfange ihrer Lehr⸗
gegenftände getheilt, denn: fie geht von den Lefeubungen
aufwaͤrts zu allen Hauptdialekten Indiens und zu dem
Wiffenfhaften Europas über, ſodaß unter Anderm Mechas
nit, Optik, Hydraulik -und Chemie gelehrt werden, und
bei dem jährlihen Eramen 1827 dag erfte Buch des
Euklid ind Bengatifche- überfegt wurde. Einheimiſche leis
tm auch bier faſt Alles; Babu Prafannatumär Thakur
hielt bei einer Prüfung (14. Januar 1825) eine [höre
Dankrede an den Präfidenten Harington für den freund
lichen Befuh, und Babu Kaſikant Ghoſal fchenfte bei
diefer Gelegenheit dem Comité 20,000 Rupien zum Bes
buf des Schulweſens. Won den Fortfchritten der Schüs
lee mag «8 einen Beleg geben, daß im Jahr 1828 ein
junger Hindu, Kriſhna Mohan Banerji, in Gegenwart
des Lord Bentind die Urfahen und Folgen der Kriege
der weißen und rothen Roſe gruͤndlich auseinanderfegte,
und ein anderes Mal (1831) dee Secundaner Ramtony
Lahoti von dem Umſturze des römifchen Meiches durch
den Einfall der germanifchen Völker ſprach. Was aber
dieſer Schule noch ein befonderes Intereſſe verleiht, iſt,
daß fie durch den merkwürdigen Kammohun Roy unter
dem Namen Vidyalaya (wiſſenſchaftliches Inſtitut) geftife
tet und anfänglich umterhaften wurde, durch jenen Phil⸗
*
anthropen Hindoſtans, deſſen Ruf lange zu dem gebilde⸗
ten Europa heruͤbergeklungen war, bevor ihn ſelbſt ein
unerfättlicher Durft nad Wiffen an die englifhe Küfte
trieb. Rammohun Roy würde felbft in einem civilifirten
Lande die Aufmerkſamkeit auf fich ziehen, denn er iſt in
der That Reine gewöhnliche Erſcheinung. der Bea⸗
manenkaſte von fehe religiöfen und fireng otthodoten el:
tern geboren, hat er die erſte Entwickelung feines raſchen
Geiſtes nur ſich felbft und dem Studium ber Sanſtrit⸗
fiteratur zu danken, "und fein ganzes Streben tft ſeitdem
auf die moraliſche Beſſerung feines Volkes bedacht gewe⸗
fen. Sein erſtes Augenmerk war auf die Sattis und
Sen ehtarteten Kultus ‚gerichtet; er wies aus den aͤlteſten
Schriften nad, daß die Witwenopfer nicht geboten, da⸗
gegen aber die reinfte Lehre von dem hoͤchſten Weſen in
denfefben enthalten fei, und legte nun aud in mehren
engliſchen Abhandlungen bie Beweiſe einem auswärtigen |
Yublicum dar. Die Schriften des Rammohun Roy lafs
{en den feingebildeten, philofophifchen Geiſt nicht verten-
am: er verfaßte eine bengalifhe Grammatik, dbderfsgte :
mehre Upaniſchads, trat polemifh gegen das Chriſtenthum
auf und bewog durch dieſe in münblicher Unterhaltung
erdrterten Zractate den Miſſionar Adam, feiner Sekte,
welche in Bengalen ſich auszubreiten anfängt, fih anzu⸗
fließen. Sie hat bereits einen eignen Tempel zu Kal
kutta mit einem einfachen Gottesbienfte, welcher [che dem
hriftfichen fich nähert; e6 werden Hymnen gefungen, Be:
dete aus den Vedas verlefen, fobann eine Predigt Über
eine Stelle der Beben vorgetragen und der Euleus mit.
abermaligen Gefängen gefchloffen. Zum Chriſtenthume
ſelbſt jedoch war Rammohun Roy nod) vor feiner Abreife
nach England nicht Übergetreten, und eine kalkuttaer Bet
tung beflagt es bitterlih, wie nım wol durch bie neue
Sekte alle fanyuinifhen Hoffnungen, welche man von je:
nem Manne gehegt, vereitelt werden duͤrften. Seine Reife
ift ſehr verfchleden beurteilt worden: er follte bald als
Botichafter eines Fürften von Delhi, bald im Dienite
. dee Compagnie abgefandt fein; in London lebt er mit ſei⸗
ner eignen Dienerfchaft als vornehmer Privatmann im
Megentöpart und befchränet feinen Umgang. größtentheile
auf die Unitarier, befonders Me.-Y...., welche feinem
Glauben nahe fiehen, obgleich feln einnehmendes Aeußere
alle Herzen gewinnt. .. on
Gegen die Erziehung des weiblichen Geſchlechts, um
zu unferm Gegenftande zuruͤckzukehren, haben die Hindus
fi) am mwenigften gefträubt, denn es liegt keineswegs in
dem altindifhen Syſteme, das Weib herabzufrgen. In
dm alten Schriften des Volkes ſpiegelt ſich im Gegen⸗
rheile die reinſte und hoͤchſte Achtung gegen das Weib,
und es ward bereits auf die feinſte Weiſe gebildet, mußte
Leſen, Schreiben, Daten, Sing, Tanzen und Dichten
YHernen, als noch bei andern Nationen die größte Barba⸗
zei auf diefer „fchönern Hälfte des Menſchengeſchlechtes
zuhte; ja, mehr als ein Mat find in den alten Schulen
zu Benares und Dugein Traum als Lehrer aufgetreten,
und.die moralifhen Schriften der Hopar genießen noch
‚gegenreärtig in der tamulifchen Literatur eines großen Ans
werden durch reichliche Beiträge unterflügt.
ſehens. Daher finden bie Maͤbchenſchulen Native female
schools, unter ben Indiern eine fchöne Anerkennung und
Sie fichen
unter ber Aufficht und Leitung eines wuͤrdigen Frauen⸗
vereins mit Labp ne an ber Spitze; die Da
Kalkuttas und der Umgegend ſaben zu der He
Prüfung Une Menge von Handacheiten ein, derih Ertraj
zu den Fonds gefchlagen wird, und fchon durch diefe allein
gingen im Jahre 1825 1300 Rupien ein, 708 im
Jahre 1828, forte 1400 Rupten im Jahre 1829. Aus
Gerd fallen die_Collecten glänzend aus, und ber :peiche
Buddinaͤth Roy Ichenkte im December 1835 unter einer
sierlichen Aurede an: Zul per: 2000 Elze Rule
zum Behufe eines neuen Gentralgebäudes, deſſen Grund»
fein von dDlefa Dame am 18. Mai 1825 in Newſquare
in Gegenwart vieler Hindus feierlich gelegt wurde. Auf
dieſe Art flieg dis. Zahl der kalluttacr chenſchulen in
einem Jahre von 22 auf 30, weiche, in vier Wericke ver⸗
eheitt, von ber Eentralſchule und Eommmilfion geleitet werk
den. Mehre Inſtitute find in ber Umgegend entſtanden,
water andern in Burdwan, Birkhum und Dakta; «ine
| Benevolent institution von etwa 100 Maͤdchen wurde
von Mis. Witten und Yates unternommen, und 25 Er
zieherinmen konnten fchon 1828 dieſen Inſtituten entnom⸗
wen werben. Der Unterricht beſchraͤnkt fi in allen auf Leſen,
Schreiben, Religion und Handarbeiten; aber der Ruf dieſer
Anſtalten wird durch ihre Zoͤglinge weltet verbreitet, und ſchon
haben achtungswerthe Mohammedaner, welches viel ſagen
wit, fid) erboten, jenſeits bes Ganges aͤhnliche zu gruͤnden
Werfen wis zulegt noch einen Blick auf die Korte
ſchritte der Budung im übrigen Hindoſtan, fo iſt zuvoͤrderſt
das Serampur college zu nennen, welches zwar für DRife
fionare beftimame ift, aber durch das Sineimzichen-ded Brie
fen, Latriniſchen, Sanſkrit umb der Mathematik in
den Lehrkreis "einen ruͤhmlichen Aufſchwung wer andern
Colleges. biefer Art nimmt. Die Baht der Bögftuge uͤbder⸗
fleigt felten 50, ſodaß der Director Marſhman fie faſt
allein leiten . kaun; für ben--Oricntalifien dürfte es von
Intereſſe fen, daß He. Marſhman durch lange rfahe
sung bei dem geammatlfchen Unterrichte Die indiſche Re
thode am bewährtelen gefunden hat: er beginnt mit e&
wen Texte, am tebften mit kurzen Sentonzen, und men:
des darauf die Regel des Vepadeva un, ohne das
Memoricen des ganzen Patabigma die Schuͤler zu ernrk
ben. ef. geht denfelben Weg nad europdifhen Prin⸗
tipfen mit gleichem Rußen.
In Bourbay endlich befteht eine aͤhnliche Erziehungs
und Schuitniczlorteräe mie zu Kalkutta; me hat dieſe mit
mehren Bolkedialekten, Perfiſch, Hindoſtantſch, Guzurat⸗
tiſch und Mahrattiſch, zu kaͤmpfen 1827 warm 16 Em
mentarwerke in -17,000 Abdruͤcken, 1828 in 1200, und
1830 40 Werke in 13,000 Exremplaren gedruckt. Die
Zwede find bier dieſelben: bie Eingeborenm durch das
Medium ihrer Mundarten mit: ben emeopäifchen Wiſſen⸗
ſchaften bekannt zur machen und butth ‚humanen Unterricht
ihre Vorurtheile zu tigen, ohne dieſen zu nahe zu tretem,
und die Fortſchritte find Hier ebenſe erfreufich, -bie Weis
N
Wlge der due reichlich. Im Mal 1825 wurbe
ver ein zu einem neun Schugebäude in Bykul⸗
Mh gelegt, und man konnte 128,973 Rupien auf bie An:
Inge. von Schulen uͤberhaupt verwenden, weldye, mit ge:
olumigen Gipieipiägen verfehen, einen 200 Scyülee fafs
fen follten. Das vorjädrige Einkommen war 37,039 Rus
pien gewefen, im Sabre 1828 nur 29,898 R., im fol:
rei Jahre wieder 33,389, welche. fofort von einem
ter. mit 1000 Rupien vermehrt wurden, ald er ge
hoͤrt, daß die Summe nicht reichen wuͤrde. Als im Jahre
4827 der Souverneur Eiphinftone feinen Poften zu vers
lafien im Begriffe fand, traten die vornehmften Hindus
unter dem Borfige des Madhow Das Ramchoddas zu:
ſammen, um ihren Dank für die Verbeſſerung bes Schußs
weſens darzubringen, und unterzeichneten eine Summe von
52,276 Rupien, aus welcher drei neue Lehrftelien (Eiphin-
stone professorebips) gegründet werden follten, wenn das
Dortzait des Gouverneurs davon angefertigt fei; zwei
Männer, weiche ihren Namen nach Parſen waren, Framji
Cowasit Banati und Jemſhidji Jijibhoy trugen allein
34,000 Rupien bei: gewiß ein ſchoͤner Bug einer zarten
Dankdarkeit, welche die Indier von jeher ausgezeichnet.
Bei einer Generalyerſammlung (8. März 1828), an wel:
der der Gonverneur Malcolm, der Nabob von Surate
ds Vicepräftoent der Erziehumgsinftitute und viele Einhei⸗
miſche heil nahmen, wurde berichtet, daß die Schulen
son Bombay fi einer reichen Frequenz erfreuten, und
daß auch in Punch und Kaira Inſtitute im Entſtehen
ſeien; 14 Lehrer waren bereits im vorigen Sabre in das
Dekthan, ſowie zehn nad) Guzurat befördert worden. Sie
erhalten 20 Rupien nionatlichen Gehalt und freie Reife:
ſtation; gefodert wird von ihnen, daß fie ihre Mutter:
ſyrache grammatifch verſtehen, die currenten Schriftzuͤge
fowie Devanagari, worin die Societaͤt mit Recht ihre
Werke drudt, leſen und fihreiben, die vier Species Een:
wen und deſonders praktifche Lehrfähigkeit befigen. Wir
übergeben die Schulen der Marine, die Militairfchulen,
bie Taubſſummen⸗ und Lehrburfcheminflitute und fegen
voraus, daß unfere gedrängte Schilderung der neuaufleis
menden Cultur bei den gütherzigen Hindus hinreichend
fi, um ven Freund des Menichenwohles ebenfo zu er:
freuen, als es ben Briten entzuͤcken mag, wenn er bei
ben Prüfungen. das „God save the King” aus bem
Munde der indiſchen Jugend fingen hört. 160,
Uber Lebensverfiherungen und andere Verforgungsanftat:
ten. Bon J. 3. Littrom.
, Geſchluß aus Nr. 38.)
Wenn jebody der Etaat fi) der Leitung ber Berforgungss
aſtalten nicht unterziehen kann oder will, jo muß wenigftene
Beteiligten klar und beuttich gefagt werben, daß fie im
rl des Wislingens des Unternehmens durchaus keine Garan⸗
ie Haben, baf mithin ihre einzige Sicherheit auf der Bichtigs
der dem JInſtitut zu Grunde liegenden Rechnung beruht.
jedoch Berechnungen von Berforgungsanftalten unter bie
fogenaunten Probabilttätsrechnungen gehören, wo nicht wie bei
andern arithmetifchen Problemen aus ber Kenntniß gegebener
Größen unbetannte abgeleitet werden, fondern vielmehr die dem
#38
Galcıl. gu Brunbe Hegende, als befaunt angenomuune Größe,
nur hopothetifch feRgeftelt, aus WBermuthungen hergeleitet if,
folgt hieraus, daß das Ergebniß der Rechnung auch nur ine
ſofern mathematifche Gewißheit gewann, ald jene bie Grunb
annahme bedingende Hppothefe ducky die Erfahrung
wird. Die Beltimmung, wie lange ein ſpecieller Menſch noch
leben werde, iſt natürlich und zwar gluͤcklicherweiſe vdllig pres
blematiſch, bagegen laͤßt ſich aus der Erfahrung allerdings abe
ſtrahiren, in weldyen Stadien beö Lebens eine gewiffe Quanti⸗
tät zugleich geborener Menfchen, z. B. eine Million, nad und
nach abzufterben pflegen, aus weld;en Beobachtungen man bie
fogenannten Mortalitätstafeln bilbet, welche demnach anzeigen,
welches Alter ein eben geborener ober in einem Alter
befindlidher Menſch dem mittlern Durchſchnitt nady zu erreichen
babe. Auf biefen Mortalitätstafeln beruht die Berechnung als
ler Berforgungsanftalten, und ihre Angaben find die als bewährt
angenommenen hypothetiſchen Größen, welche das Juſtitut bes
gründen. Se längere und genauere Beobadıtungen biefen Mor⸗
talitätstafein zu Grunde liegen, um fo mehr wächft die Proba⸗
bilität ihrer Nichtigkeit, ſodaß durch lang fortgefeäte Unterſu⸗
dungen man endlich eine ſolche Menge von Erfahrungen fams
meln kann, aus benen Wortalitätstafeln zu fertigen find, beren
wahrfcheinliche Nichtigkeit ber Berwißpeit gleichzufegen if. Ime
deffen find wir noch nicht auf biefer wänfchenswerthen Gtufe ;
benn genaue Zobtenlifien, Volkszaͤhlungen w. dergl. find erſt im
neueſter Zeit entfianben, da unfere guten Vorfahren, ähnlich dem
Gott ber jüdiichen Mythe, welcher ben ihm fon wegen Tanz
und Gefang mwoblgefälligen König David für das vernünftige
Unternehmen, fein Volk zu zählen, zwifchen Krieg, Pet und
Qungerönoth wählen ließ, dergleichen arithmetifhe Gtatiftik
nicht ſehr liebten. Daher find unfere beften Dortalitätstafeln im⸗
mer noch eine ſehr hypothetiſche Grundlage, und es bedürfen
die auf ihre Richtigkeit gegründeten Inftitute einer häufigen
Bergleihung mit der Grfahrung, damit bie erfte Abweichung
bes praktiſchen Reſultats von dem berechneten fofort erfannt
werde, bevor bie nothwendbig in fleigenber Progreffion wach⸗
fende Irrung jede Abhuͤlfe unmöglidd macht. Diefe Wergleis
Kung der Erfahrung mit ber Theorie befteht im einer klaren,
öffentlich. vorgelegten Bilanz bed Kaffenverbältniffes, nicht, wie
es jegt meiftens bei folchen Öffentlichen Rechnungsablegungen der
Bau ift, in einer Darftellung des augenblidlidhen baaren Kaflens
beftandes, ſondern vielmehr in einer Ergruͤndung des gegen⸗
wärtigen Activ⸗ und Paſſivbeſtandes bes Inſtituts. Zu dem
Activbeſtand gehört außer dem baaren Geldvorrath ber gegen⸗
waͤrtige Werth aller nody kuͤnftigen Beitkaͤge ber bereits beſte⸗
henden Mitglieder, d. h. dieſe kuͤnftig zu erwartenden Weiträge,
auf den Werth discontirt, ben fie im gegenwaͤrtigen Augenblid
haben, während alle gegenwärtigen und Fünftigen Penfionen,
ebenfalls auf ben Werth in der Gegenwart biscontirt, ben Paſ⸗
fiobeftand bilden, Die Differenz des Activ⸗ unb Paffivbeflans
bes zeigt den gegenwärtigen Beſigſtand des Inſtituts. Nur
auf ſolche Art ift es bei ber nothwendigen Undollkommenheit
ter Mortalitätstafein gu erkennen, ob ber zu raſch wachſende
Befioftand der Anftelt eine Herabſezung ter Beiträge den
Ratte, oder umgelehrt bie Werminderung des Beſitzes zu einen
Modification der Drganifation der Anflalt nöthige. Eine folche
volftändige Ergruͤndung des wahren Beſitzſtandes ift hoͤchſt wich
tig bei allen Verſorgungtanſtalten, ganz unerlaßlich aber bei
denen, welche kein unter Beitung und Garantie des Staats
ſtehendes Inftitut find, und zwar um fo mehr, als nicht nur
die genaueften Mortalitätstafeln durch Zufälligleiten, wie } B.
die Impfung der Sqchutblattern der Yall war, aufhören koͤnnen
die bisherige Richtigkeit zu haben, ſondern auch, außer den
notbwendig mehr oder weniger hypothetiſch bleibenden Mortalis
tätstafeln, in dem willfüslicy angenommenen Zinefuß, gu wel:
dem bie Anftalt die bei ihr niebergelegten Summen benuger
tann, eine neue unbeflimmte Größe in die Werechuung kommt,
welche mit den durch Leine Arithmetik zu ergründenden politis
ſchen Conjantturen ſteigt und fäut.
Cs ſchten mir paffend im gegemvärtigen Augenblick, wo
bes erblähenbe Gtaatsieben vieler conflitutionnelen Staaten ber
Hoffnung. Saum gibt, daß bie fo unendlich widtigen Verſor⸗
anftalten immer mehr den vielfadhen Zufätkigkeiten, welche
ett ihre Eriſtenz gefährden können, entzogen, auf bie mit ſtei⸗
‚ gender Cultur ſtets genauer werbenden Berechnungen bafirt und
mit dem allgemeinen Staatsintereffe, von bem fie einen fo wer
fentlichen Zweig bilden, ganz vereinigt werden mögen, über bie
einfachſten Grundregeln diefer Inſtitute einige Worte gu fagen,
weil grade diefe häufig fo fehr vernackläffigt werben. Bei Ers
richtung ſolcher Lebensverfiherungs s und Berforgungsanftalten
wird das oben angekündigte Wer? von großem Nugen fein. Die
erſte Abthellung beffelben enthält allgemeine Bemerkungen über
biefe Anftalten, rügt bie dabei häufig obwaltenden Behler unb
fagt vorzüglich über die in England vorhandenen Snftitute fols
eher Art viel Belehrendes. Die zweite Abtheilung enthält bie
Berechnungen, worauf diefe Anftalten bafirt find, mithin die
eigentliche Lehre über dieſelben. Die NRefultate find, wie ſich
erwarten läßt, nicht nur richtig, ſondern geben auch bequeme
Schemas zu ähnlichen Rechnungen bei abgeänderten Verhaͤlt⸗
niſſen. Nur möchte ich bier bemerken, baß ich bei ber ariths
metifhen Gntwidelung biefer Refuitate, wodurch dem Leſer bie
Wahrheit derfelben anſchaulich gemacht werten foll, infofern
getäufcht worben bin. ald man, wenn ein Mathematiker höherer
Urt über einen ſolchen Gegenftand ſchreibt, eine vollkommene
Deutlichkeit verlangt, wie fie z. B. Euler in feinen Gchriften,
welche deshalb für den Lehrer und Schüler gleich belehrend find,
auf erfreuende Art an ben Tag legt, im vorliegenden Werk je:
doch in diefer Hinfiht Giniges zu wünfchen übrig bleibt. Kür
r ben Mathematiker, welcher nur der Rechnung felbft folgt, ohne
fih um die Worte, weldye den arithmetifchen Proceß erklären,
zu befämmern, find Undeutlichkeiten im Ausdruck nicht ſtoͤrend,
aber um fo mehr für Den, welcher mit weniger mathematifchen
Borkenntniffen ein ihm unbefanntes Gebiet betritt. So will
% B. der Verfaſſer &. 64 eine Reihe Cm entwideln, beren
« lieber bie Baht derjenigen Perfonen ausbrüden follen, welde
von 1000 zugleich geborenen Individuen fucceffiv nad m, m +1,
m + 2 u. f. w. Jahren noch am Leben find, welche Reihe bis
gu dem Jahre fortgeführt wird, wo das nädhfle Glied — O
wird, weil fämmtliche 1000 zugleich geborene Perfonen endlich
geftorben find. Diefe Reihe befinirt der Verf. dahin: „Die
Bahlen diefer Columne zeigen alfo an, daß von 1000 aufammen
Geborenen nad m Jahren noch eine Anzahl glei Cm folder
Derfonen eben, die entweber m Sabre oder auch noch älter
Find”, welches offenbar eine contradictio in adjecto ift, benn
son 1000 zufammen Geborenen find die nach m Zahren annody
Lebenden ſaͤmmtlich m Jahre alt, eben weil fie in einem und
bemfelben Jahre geboren find. Wenn ich daher die zweite Ab⸗
theilung bes Buche nicht fo populaie verfaßt finde, als diefer Ge⸗
genftand behandelt werden Tann, fo ift fie dennoch jedem mit
Berechnungen ähnlicher Art ſich befhäftigenden Mathematiker
fehr zu empfehlen, und äußerft intereffant find die beigefügten
Tabellen, weiche theils die muthmaßliche Kebenebauer, in Bezug
auf verfhiebenartige Verhältniffe berechnet, theils frühere Ex
fahrungen barftellen, worauf die beſtehenden Snflitute der ans
gegebenen Art berechnet find. 36,
Haralb und Elsbeth, oder daB Zeitalter Johann's des
Schrecklichen. Romantifhes Originalgemälde aus ber
Geſchichte des 16. Jahrhunderts von W. v. Der:
tel. Zwei Bände. (Petersburg 1831.) Leipzig, Brock⸗
baus, 12. 2 Thlir. 8 Sr.
Diefe ziemlich gewöhnliche Hiftorifch « romantifche Geſchichte
zeichnet ſich durch nichts von den tauſend und ein Protuctios
nen dieſer Art aus, an denen unfer fruchtbares Waterland fo
136
reich iſt, ald etwa durch ben Grunb anb Boben, auf dem bie
Frucht gewachfen iſt. Sie kann uns den Maßſtab Deffen geben,
was bie deutſche Zagesliteratur unter dem 60. SBreitengr
noch etwa hervorzubringen im Stande ift. Hiet geht bie mitt
tere Piimatifche Wärrke, weldye bie deutfche Zunge braucht, um
berebt zu werben, nach unb nad auf ben Nüllpunkt
und die deutfchen Probuctionen Rußlands empfinden und zeigen
dieſe klimatiſche Ungunſt. Mir wüßten keinen in Rußland ers
ſchienenen deutſchen Roman, dem nicht auf fühlbare Art Feuet
und rafcher Blutumlauf fehlte (Klinger's Romane wurden in
Deutfchtand entworfen), und was unfere Landsleute in Petersburg
zu eignem Landesverbrauch hervorbringen, mag ihnen feibft gen»
gen, aber über ber Grenze wird es felten gefucht oder begehrt.
Der vorliegende Roman gehört der großen Claſſe von Mike
telgut an, das man keinem Lande beneidet. Die Elemente zu
einer guten Erzählung find da, aber fie nehmen feine recht ger
fällige Form, keine recht bedeutende Geſtalt an. Ichann War
ſitjewitſch, der große, geitgemäße, aber ſchreckliche Zar, ber im
unbewadhter Zornesaufwallung feinen eignen Sohn erfchlug, der
Befreier Rußlands von tatarifcher Waffengewalt; dann fein
Günftling Boris Godunow; die Gefangenſchaft des Heermeifters
Fürftenberg in Moslau; bie deutfche Geſandtſchaft dahin und
des jungen, edeln Grafen Falkenegg Liebe zu Eisbeth White,
des Baͤchſenſchmieds und Mechanicus Tochter, welcher White
fi jedoch als ber geflücdtete Graf Mpitecaftle ausweiltz
hiernaͤchſt die Geſtalt des hollaͤndiſchen Doctors Elifäus Bomheel,
eines Schaͤndlichen, ber ſich in ten Beſig der Gunſt des Zaren
geſetzt und bie frechſten Schandthaten erlaubt, und ber junge Boris,
ben wir bier nur von feiner edeln unb ritterlidden Seite kennen
lernen: all Diefes find unflreitig Elemente und Daten, bie in
Verbindung mit Sitte und. Geſchichte bes neu erwachenden Rußs
lands, leicht ein gute und angenehmes‘ Gemälde geben könnten.
Aber dieſe Elemente fiehen rod nebeneinander und treten unter
fi in kein rechtes und lebendiges Spiel. Der Rahmen tft ba,
aber es fehlt an ben Ichendigen Geftaiten in ibm. Das Laſter
und bie Tugend — Bomelius und Falkenegg — kämpfen etwa
mit eben den Waffen gegeneinander wie in den Ritterromanen
der weiland berühmten Cramer⸗Spieß'ſchen Schule; das Beiſpiel
W. Ecott’s if für den Verf. verloren, und für bie feinere,
wahrheitögemäßere Golorirung feines Wildes hat er ebenfo wenig
gethan, als eine große Anzahl von Rovelliften dieſſeit bes Nies
mens zu thun gewohnt iſt.
Das Ganze ift gut und leicht gefährieben, und gegen ben
Styl haben wir wenig Ausftellungenz «8 lieſt fih auch ganz
angenehm und leicht und hat alfo einen offenbaren Vorzug vor
vielen biftorifhen Romanen eigentlich deutſchen Urſprungs. Die
Verwidelungen löfen ſich ganz befriebigend, und das fürftliche
Genbfchreiben bes Zars Boris an den nad) Deutichland heim⸗
gelehrten Grafen Falkenegg befchließt bie Geſchichte auf eine
volllommen erwuͤnſchte Weife. Zu größern Grwartungen berech⸗
tigt diefe Erzaͤhlung jedoch nicht, und höhere Anſpruͤche ber Kunfl
erfüllt fie nike. Was wir vor allen Dingen in ihre fuchten,
Schilderung des Sittenzuftandes in Rußland unter bem gewale
tigen Zare Waſiljewitſch, Darftellung der Sittenumkehr, bie
fi in biefer Zeit in feinem Reiche anlünbigt, bas fanden wir
nicht, wenngleich uns ber Verf. einiges Intereſſante von bem
Snftitut der Opritſchniks, aus welchem wol bie Streligen bers
vorgingen, erzählt und einige Züge der Regierungsweife durch⸗
blicken Läßt, welche anbeuten, daß ber Zar kein fo vollkommener
Autofrat war, wie man gewöhnlich anrimmt, und daß er felbft
feine Ehre darein feste, kein Ruffe von Stamm, fondern beuts
ſcher (bojarifcher) Herkunft zu fein. Wir verlangten mehr aus
dieſer Region, und der Verf. gibt uns wenig. Indeſſen bleibt
ein leöbarer und unterhaltenber Roman zurüd, und bies ift auch
vielleicht Alles, was er zu geben bie Abdficht hatte. Der Drud
ift reiner, als gewöhnlich bei beutfchen Büchern, bie aus Ruß⸗
land kommen, der Fall iſt. 89.
Nedigtrt unter Berantwortlichkeit der Verlagshanblung: 8. A. Brodbaus in Erippig. ,
——n ——
— —
Blätter
fuͤr
literariſche Unterhaltung
Sonntag,
Die ſchoͤne Literatur Europas in der neueſten Zeit,
dargeſtellt nach ihren / bedeutendſten˖ Erſcheinungen.
‚Porlefungen, ehalten vor einer gebildeten Berfamm:
ung von O. L. 8. Wolff. Leipzig, Breitkopf und
Härte. 1832. Gr. 8. 3 Thlr.
Trotz ber vielen Journale und Beitfchriften, welche,
gleich ebenfo vielen fchnellfegeinden Paketbooten, aus allen
hellen des gebildeten Europas, wöchentlich und faft taͤg⸗
Sich nad) Deutichland feuern, um, befrgchtet mit den neues
fien literarifchen Producten unferer nähern ober entferntern
Mahbarn, unfern unerfätrlichen Heißhunger zu ftilfen, iſt e6
dennoch ſchwer und eben wegen der rcogenden Fülle, bie fich
auf dem Marktplag ſammelt, ganz befonders ſchwer, nur eis
nigermaßen bie flüchtigen Blüten der Poefie anderer Länder
zu einem überfichtlichen Kranze zu orbnen. Wie dig politifche
umb bie mercantilifch = induftrielle Welt ift auch die Literarifche
in einem fieberhaften Zuftande, welcher zwar neue und immer
neue Erfcheinungen hervorruft, wobei aber bie mechfelnden
Beftalten, wie in einem heraufbefchworenen GBeiftergewims
mel, ewig einander dedien und verdrängen, ſodaß es nur
felten einem ſich auf Stelzen Erhebenden auf Augenbiide,
noch feltener einem wahren Riefen gelingt, ſich über die
Köpfe der Menge zu erheben und bie Aufmerffamteit blei⸗
bend zu fehlen. Sie dringen heran am bie Literaturzels
tungen, die Journale, die Reviews, die Converfatione:
blätter, um in diefe leichten Kähne aufgenommen und
felten nur in das Elyſium der Nachwelt, meiftens in bie
sden Steppen der Vergefienheit. hinübergeführt zu werden.
Sie drängen ſich an den bärtigen (?) Charon (Rec.) und
hören nur zu oft von ihm die Schreckensworte:
Non isperate mai veder lo cielo,
lo vegno a menarvi all’ altra riva
Nelle tenebre eterne.
Bei diefem verwirrenden Treiben müfjen wir es bem Hrn.
Wolff allerdings Dank vwiffen, daß er die Mühe uͤbernom⸗
wen hat, bie unzähligen Scharen der neueften Dichter, nach
Völkern und Battungen und Arten wohlgeordnet, vor un:
ſerm geiftigen Auge voruberzuführen; daß er mit freundlicher
Hand bald Diefen bald Jenen näher ‚bezeichnet, ihn vor
unfern Blicken feſthaͤtt und bie minder bekannten Töne der
uns fremden Zungen in verſtaͤndlicher deutfcher Rede erklin⸗
gen läßt; und wir wollen nicht allzu flreng mit ihm rechten,
wenn ſich auch bei genaueres Prüfung finden follte, daß er
nicht immer, gleich den Schwänen des Arioſt, nur bie fuͤt
die Unfterblichkeit Beftimmten Beraushebt, fondern auch wol
bei manchem Namen verweilt, der troß feiner Bemuͤhun⸗
gen durch eigne Schwere unmwieberbringlich in die Fluten
ber Lethe zurädfallen wird.’
— Zn 21 Vorlefungen, vor einem gebildeten Kreife von
Männern und Frauen in Jena gehalten, führt und Hr.
Wolff durch alle Länder Europas, ohne auch nur die fonft
am wenigſten berudfichtigten zu übergehen. Bon diefen 24
Vorträgen befchäftigen ſich fünf mit Frankreich) und ſechs
mit England, wogegen Holland, Spanien, Ktalien, Per:
tugal, Rußland, Ungarn, Dänemark, Schweden, Polen und
Deutſchland jedes mit einer Vorlefung abgefertigt werden,
Man ficht wol auf den erften Bid, daß hier nicht for
wol ber innere Reichthum des Gegenftandes, als vielmehr
Vorliebe für einige Sprachen und vertrautere Bekanntfchaft
mit ihnen, die Wahl und die Behandlung beftimmt ha⸗
ben. Der Gang der Vorträge aber ift der, daß zuerft
eine Ueberſicht und Gefchichte der Altern Literatur jedes
Volks, am ausführlichiten da, wo die Gegenwart am dürfe
tigften, gegeben wird; dann folgt die Aufzählung und Cha⸗
rakteriftit der neuern Dichter, von ; welchen bald längere,
bald kürzere Stüde in meift fehe gelungener Weberfegung
vom DBerf. oder von Andern mitgetheilt werden. Dage⸗
gen iſt nichts zu erinnern, und es find namentlich die
Üeberfegungen grade das Sntereffantefte am Buche, da
der Hr. Ueberfeger mit großer Gewandtheit fih Gedanken
und Form feiner Originale anzueignen weiß und ihnen
fogar nicht felten, befonders einigen franzöfifchen Dichtern
eine Innigkeit und Gemuͤthlichkeit leiht, wonach fie fetbft
in ihrer. fpröden Sprache vergebens gerungen, Dagegen
find die Eingänge ber. einzelnen Vorleſungen, die Ueber⸗
ſichten des Altern Zuftände offenbar zu mager ausgefallen,
Es mag allerdings ſchwer fein, mit wenigen Zügen große,
fruchtbare Zeiträume und ausgezeichnete Geifter zu ſchil⸗
dern; aber mit einigem Fleiße müßte es doc) gelingen,
ein einigermaßen treues Bild davon zu entwerfen: was
und aber hier geboten wird, das ift Baum mehr, ald was
jeder mit dem Gegenftande Vertraute ohne Worbereitung
in jedem Augenblid aus dem Gedaͤchtniß zu geben im
Stande wäre, wobei es nicht an Unrichtigkeiten und fehle:
fen, ober wenigſtens ſchief ausgedruͤckten Anfichten fehlt
Wer z.B. wäre im Stande, ſich bei folgendem Sage,
r 1833, .
Breitag,
20.00 Blätter,»
J fuͤr
iterariſche Unterhaltung
zur Nachri ch t.
* diefer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen taͤglich eine Nummer und iſt ber Preis für den
12 Thlr.
un
Ueber das Schulweſen Im britiſchen Indien.
Neoch vor etwa zwanzig Jahren konnte die oftinbifche
Fan mit vollem Rechte einer kalten Nachlaͤſſigkeit,
"weile fie in Bezug auf Bildungsanftalten in ihrem weis
un Gebiete öffentlich an den Tag legte, befchuldigt wer⸗
en, und fie wurde felbft eines Strebens, fich aller Er:
—— Eingebovmen zu widerſetzen, auf das Nach⸗
8* in britiſchen ſowol als auswärtigen Zeitſchrif⸗
angeklagt. Die Sache hat ſich in neuern Zeiten, be⸗
unter den beiden wuͤrdigen Generalgouverneuren
— und Bentinck und bei dem raſtloſen Streben bes
m SBitchof6 Heber bedeutend geändert; die eifer:
J — weiche Abneigung, Vorurtheil, lange Ge:
| x und Knechtſchaft gefcdginiedet hatten, find endlich
| a, und es: iſt für den Menfchenfreund wahrs
u ‚tebebend, Me Fortſchritte der gereiften europätfchen
= 3 in einem Lande zu beobachten, welches einft durch
in Ghrtkfaripn für fo viele Völker der alten Welt die
Minis gelegt hatte. Nur wenige Jahre find hinreichend
nie, um Die Inder von der Ueberlegenheit der weſt⸗
Kap Gultur zu Überzeugen; wir fehen fie anfänglich ſich
b_Rinhfien uud Foriſchritten derſelben entgegenſtem⸗
schlag, ober wit Verdacht und Ummuth dere
x | zufchauen, endlich aber mit einem Eifer ſich heran⸗
Bags „be es deutlich beurkundet, daß fie die Vortheile
3 im Stillen gepräft und nunmehr ernſtlich
eb, fich biefe ebenfalls anzueignen. Die Preffen
” * ngebertnen find in beſtaͤndiger Bewegung, Journale
Hiinbifche Elaſſiker werden gedruckt, bie beſten Werte
X berſehi und beifpielios wohlfeil verkauft; oͤf⸗
A, werden angelegt, zu Bombay wurde
% —* groͤßten e ein Gebaͤude dazu errichtet, und
H $ 14 Zagen liefen Über taufend gebrucdte Werke
d. Handſchriften ein; die meiſten griechifchen und
1* a Maſßter find vochanden, bie Bibliothek iſt Je⸗
- ie
ämter, die fih an bie koͤnigl. fä hfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, dad
rue Sen — in Halle, oder das fuͤrſtl.
endung findet woͤchentlich zwei Mal, Dienftagd und Freitags, aber auch in Monatsheften ftatt.
Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beftellung darauf an; ebenfo
koͤnigl.
Thurn und Taxiſche Poſtamt in Altenburg
dem zugänglich, und bie Eingeborenen wetteifern mit den
Briten, bdiefelbe zu benutzen; nach englifchen Büchern iſt
die meiſte Nachfrage, denn die gebildeten Hindus eignen
fi vorzugsweiſe dieſes Organ ber Mittheilung an, um
ihren Lehrern nicht nachzuſtehen. Was noch vor einem
Decennium ein Wunder in der literariſchen Welt gewe⸗
ſen waͤre, das Dichtwerk eines Hindu in engliſcher
Sprache, welche von feinen Mundarten fo gaͤnzlich ver⸗
fchieben ift, Liegt gegenwärtig vor: „The shair (der Barde)
and-other poenıs by Kasiprasad Ghosk‘' (Kalkutta 1830),
dem Lord Bentind zugeeignet. Die Gedichte find fo
vortrefflich und in einer fo reinen Sprache, daß wir und
kaum enthalten Binnen, eine Probe daraus mitzurheilen,
Mehre englifche Briefe an das Parlament, ben Court of
directors und einzelne Gelehrte find vorhanden, welche
wahrlich den Hindu nicht verrathen, und eine Kritik des
Kafinach Ghoſe über Mill's Schmähungen des indifchen
Charakters geht mit grimdlicher Gelehrfamkeit und mit
Kenntniß der griechifchen Schriftitellee auf die Sache ein.
Die beiden . Präfidenefchaften Kalkutta und Bombay bil
den gegenwärtig noch den eigentlichen Herb ber aufblühene
den Cultur, jedoch verfpriche auch Madras nicht zurüde
zubleiben; allenthalben drangen die Indier nicht ſowol
ihre Kinder in die Schulanftalten, fondern fie tragen auch
am reichlichften mit ihrem Vermögen zur gebeihlichen Erz
haltung bderfeiben bei. Diefe Sreigebigkeit erſtreckt ſich
ebenfalld auf andere Inſtitute: im Sabre 1828 wurde
eine Sammlung zur Ausbreitung nuͤtzlicher Kenntnifle in
den fchottifchen Hochlaͤndern von eingeborenen Indiern
durch bedeutende Summen vermehrt; im folgenden Jahre
ſchenkte ein Indier von Morſchidabad, welchem man die
Kajahſchaft (eine Art von Adel Im gegentoärtigen Indien)
ertheilt —7 eine halbe Lak Rupien oder mehr als
5000 Pf. Sterl. um fie zur Einrichtung einer Dampf⸗
waſchine,“ einer Waſſerleitung in Kalkutta und auf bes
130
Biſchofscollegium zu verwenden. Die fchönften Gebäude
in Kalkutta erheben fi auf Koften der Hindus, dahin
gehört das prächtige Haus des Dvarkanath Zagore In bet
Damdamftrafe und der weitläufige Palaft des Rajah
Bubddinäth, in welchem er die vomehmften Europäer mit
glänzenden Gaſtmaͤhlern zu bewirthen pflegt: gewiß das
befte Zeugniß von dem guten Vernehmen, in welchem bie
Vornehmſten des Volkes zu ihren Obern fliehen. Züge
diefee Art koͤnnten noch in reicher Menge angeführt wers
den, allein wir befchränken uns bier auf die wichtigfte
Angelegenheit, nämlich) den gegenmärtigen Zußfand des
Schulweſens in Indien und hoffen, daß einige Mitthei⸗
tungen darüber, zu welchen beſonders Referent ſich vers
pflichtet fühlt, da er früher in bie obige Klage mit eins
geftimmt, von Intereſſe fein werben.
*Das aͤlteſte Inftitut zu Kalkutta, das Fort William
college, von W. Jones geftifter, bleibt von diefer Be⸗
trachtung, welche nur die jüngern Anftalten ins Auge faf-
fen will, ausgelchloffen, denn es hat einzig und allein
zum Zwecke, junge Engländer, melde als Schreiber in
den Dienft der Compagnie treten wollen, in ben Landes⸗
fprachen auszubilden. Es reiht ſich aber daran, um von
den hoͤhern Lehranftalten zu beginnen, da das Datum ber
meiſten einzelnen Stiftungen fi) aus den jührlihen Rap:
‘ports kaum ermitteln läßt, das Sanskrit college zut Er:
"Haltung und Belebung der Haterländifhen Sprache und
Literatur, zur Aufrehthaltung der alten Gefege, inſoweit
fie mit der neuern Beit beftehen können, befonders aber
zur Ermerbung und Aneignung dee europäifchen Bildung,
fodaß dieſes Gymnaſium ein wichtiges Band zwiſchen
Indiern und Briten bildet. Die meiſten Lehrer ſind ge⸗
‘borene Hindus, jedoch unterrichteten früher auch Shak⸗
ſpeare, Price, Wilſon und andere ausgezeichnete Kenner
des Sanſkrit; bei den Prüfungen iſt ein gemifchtes Pu:
blicum von Pandits-und Briten zugegen; Reben werden
im Sanftrit gehalten, Weberfegungen aus dem Engliſchen
ins Sanſkerit vorgelegt und bor dem Eramen- einzelne Acte
aus den alten Dramen, z. B. „Mrichchhakati”, von ben
Zoͤglingen dargeſtellt; im Zebruareramen 1830 wurden
Stellen aus dem Shakſpeare mit richtiger Accentuation
declamirt. Die Anſtalt befteht durch Beitraͤge von Hin:
dus mit Zuſchuͤſſen vom Gouvernement, fie trat 1824
ins Leben, und fhon bei dem erften Öffentlichen Examen
(15. San. 1825) wurden für 350 Rupien Buͤcher als
reife vertheilt: „Panini”, „Mugdhabodha”, „Sähityadar-
panam“ und- andere toichtige Werke der alten Literatur.
Seit 1826 erhielt das College ein eignes Gebäude in
Daräldangafquare und im Februar 1828 war fogar die
Rede, den Kreis der Lehrgegenftände fo bedeutend zu er:
weitern, daß fortan- in einer mediciniſch⸗ anatomifchen Glaffe
ein vollfländiger Curſus ber Medien auf europälfche Weife
follte durchgemacht werden. Die Anflalt wird von den
indifchen Zeitungen häufig befprechen, von dem Blatte:
„Timer Nasaka”, welches die gute alte Zeit erhebt, na:
türlichermweife verdammt, von der bengaliſchen Zeitung:
‚Samächäradarpana”, die unter Mitwirtung der Miffio:
rampur erfcheint, ebenfo unmaͤßig gelobt. Hier möge nur
die Klage eines Vaters, wie fie eigentlich wol noch bie
Stimme jedes orthodorn Hindu iſt, aus der gemäßigten
MWochenfchrift „Samvatchangrika” eine, Stelle finden:
Ih habe (heißt es Hier unter Auderm) eine. monatliche
Summe nicht gefcheut aud Meinen Sohn in’ bag coll
than, um einen Gelehrten aus Ihm zu machen. : Aber f
tragen hat ſich ganz geändert, er hat Sitten und Kleidung feis
nes Landes vergeffen, trägt fein Baar abgefchnitten und eng⸗
liſche Schuhe an den Füßen, wäfcht ſich vor dem Eſſen nicht
mehr und antwortet auf alle meine Erinnerungen nur: bummes
Zeug! I fragte nun bei ben übrigen Zoͤglingen und Lehrern
weiter nach und erfuhr, daß die Burſche — 2 lernen; Arithe
metik, Meßkyunde, Aſtronomie, Geographie, Geſchichte der Koͤ⸗
nige von England, und daß fie drei Mal In ber Woher Vor⸗
trägen beimohnen, wobei man Feuer in Waſſer und Waffer in
euer verwandelt; daß fie in den Abenbitunden zuſammenkom⸗
men, um zu biöputisen, und mit Bänfefebern ein zirpendes Ge⸗
krigel machen, was fie Handſchrift nennen. Ich nahm hierauf
meinen Jungen vor, befah feine Danbfchrift, die weber zu Gins
ladungskarten noch zu Rechnungen mehr gu gebrauchen war; er
aber meinte, meine Schrift fei nicht Schreiben, ſondern Malen,
und bie Panbite ſchrieben gewoͤhnlich ſchlecht (Hocti mein pin-
gunt) ; eine Sprache war ein englifches Bengalifch geworden,
und fobatd ich tur ‚ rief er: dbummes Beugi ODie Geis
ligen Bramanen und Pandits nannte er Spighuben und Nar⸗
ven, und damit er fidy ganz von feinen Vätern entferne, ge⸗
wöhnt er fi en, mit fchnellen Schritten einherzugeben wie bie
Englaͤnder. In ber Religion ſah es bei feinen Mitſchuͤlern
ſchlimm aus, denn einige waren völlige Atheiften, antere hete⸗
robor geworden, und einige glaubten Gemeinſchaft mit bem hei⸗
ligen Seifte zu haben. So haſſen fie Alles, was ihr Waterland
betrifft, kennen jeden Berg und Fluß in Außlanb, ohne über
ihre Heimat etwas zu willen; fie können nicht fagen, an wels
cher Seite. von Kalkutta Burdwan liegt, oder wo der Gona
fließt und die Rajmahalberge fidy befinden. Ich wollte meinen
Sohn aus tem College nehmen, aber ber Lehrer ließ es nicht
zu; meine monatlichen Beitraͤge +abe ich jeboch eingeftellt.
Weihe Brüchte aber unter den gebildeten Indiern
diefe Anitalt trage, läßt fich fchon daraus ermefln, daß
diefe nach dem Beiſpiele Ihrer Soͤhne zufammentreten, um
ſich gegemfeitig zu beishren; eine dieſer Geſellſchaften führt
ben Namen Inänasandipana (Kennmiß zu belsuchtenbe)
ober Hindu society for promoting knowledge, fie verſam⸗
melt ſich unter ihrem Mräfidenten Babu Dmananda Tha⸗
tur in deſſen Behaufung alle Sonnabend, um mit ihren
Pandits geehrte Disputationen zu halten. - Europa endlich
verdankt bereitö dee Commitee for public instraction,
welcye über jenes Hinducollege bie Inſpettion führt, eine
Menge von wohlfeilen Xerten der Sanfkrittiteratur, Aber
welche bei einer andern Gelegenheit Bericht erflattet wer:
den ſoll. B
Eine zweite Anſtalt, welcheden Namen College fuͤhrt,
alſo nach engliſcher Weiſe ſich von den Knabenſchulen
unterſcheidet und auf hoͤhere Lehrgegenſtaͤnde Anſpruch
macht, iſt das Bishops college nahe bei Kalkutta. Es ers
haͤlt ſich durch Subferiptionen und Schenkungen bei ei⸗
nem jährlichen Iufchuffe von 1000 Pf. Sterl. aus dem
Miffionsfonds, denn der Zweck iſt ausfchließtich, um Miſ⸗
fionare für die engliſche Kirche zu erziehm. Das größte
Verdienft bat diefes College dadurch, daß «8 einige Ars
menſchulen und Findelhaͤuſer unterhaͤlt und deren Soöͤg⸗
“nare und im Intereſſe ber britiſchen Regierung zu Se⸗linge ſpaͤterhin aufnimmt; jedoch koͤnnen auch andere Annas
4131
den eiatreten, nur von ihren Aeltern und Verwandten
dem Mffionsgefchäfte nicht mehr entzogen werden. Eine
Armenfchule der Art, Benevolent institation, findet fich
in Lollbazar; fie wich von Miſſionaren geleitet und hatte
“
Im Jahre 1824.46, Snaben von britifchen: Arten, 95 ;
von yortugiefifchen, 21 funge Hindus, 10-Chinefen, 6
Mosterien, 4 Malayen und 3 Armenier; eine 'zweite,
Native infant school, aud, Grammar school genannt, zählt
gegen 80 Kinder aus der duͤrftigſten Elafle von 2—- 8
Jahren, ‚weiche Morgens um 9 Uhr hingebracht, Abende
um 5 Uhr abgeholt und Mittags’ wit einem guten Mahle
geftärft werben. Im Uebrigen aber ſtimmen auch bei die:
fer Gelegenheit bie indifchen. Zeitungen mit den Reifenden
auf eine merkwuͤrdige Weiſe überein, daß ſelbſt durch je-
ned College das Miffionsgeihäft in Indien wenig oder
gar nicht gefördert werde. in englifches Blatt (Cale.
John Bull”, 1829) fagt: es fei leicht, eine Socletät mit
ihren Patronen, Präfidenten, Bicepräjidenten und Secre⸗
talren zu gründen, Berichte und Tractate gu bruden, .
uber der Eifer der Miffionare felbft müfle noshivenpig bei
den unüberwindlichen Hinderniſſen erkalten, und ſchließt:
„at this moment there are fewer professing christians
from among our native population than there were ten
years ago”. Kine anders Zeitung meint: die Bemühun-
. gen bee Miffionare muͤßten den aufgeklaͤrten Einheimi⸗
fen eroig fremd bleiben, und die Wenigen, fiber welche
fie riamphirten, "gehörten zu dem ‚Abfchaume der menſch⸗
lihyen Geſellſchaft (the scum, of society). - Der denkende
Chriſt, der die Wohlthaten feiner Retigion um fo waͤr⸗
mer und Inmiger erkennt, je mehr er die Bande der alten
Dogmatik abftreift, wird diefe Erfcheinung zu würdigen
wiflen, aber fie wird ihn keineswegs niederfchlagen dürfen,
wenn er in den Bildungsanftälten die erſten Seminarien
erblickt, aus welchen dereinſt auch für Indien die ſchoͤn⸗
ſten Fruͤchte des Chriſtenthums heroörfprießen werden.
.
„against an institufion founded on views and pretensions
80 narrow, intolerant and illiberal.” Und fo ift die Ein:
richtung des College bis jegt unterbliehem, .
VWer Berhluß folgt,) |
fl
Ueber Eebensverfiherungen und andere Verforgungsanſtal⸗
tn. Don 3. 8 Littrow. Min, Bed. 1832.
Gr. 8. 18 Gr. |
Es ifk ſehr verdienſtlich, wenn Gelehrte von. dem hoͤhern
Stanbpunkt, ben fie im Reich der Wiffenfchaften erlangt haben,
Gerabfteigen, um ſich durch Beleuchtung von weniger tiefen, aber
‚für. das praßtifche Leben und die bürgesliche Sriftenz gemeinnuͤtzi⸗
gen Problemen allgemeinen Dank’ zur :berbienem Diefesi hut
der ald Mathematiker ruͤhmlich befannte Verfaſſer, indem er «is
nen ®egenftand der wiffenfchaftlihen Forſchung unterwirft, weis
der, an fih wohlthaͤtig, ja fegensreic, durch jede Irrung, jeden
ſich einfchleichenden arichmetifchen Fehler in fein Gegentheil ver⸗
wandelt wird ‚und Fluch ftatt "Segen hervorruft... Es bebauf
feiner weitläufiger Auseinanberfegung, um barzuthun, wie bie
einem Jeden, deſſen Cinnahme nur einigermaßen die unum⸗
glich noͤthigen Bedurfniffe überfchreitet, gegebene Möglichkeit,
ch und bie Srinigen fuͤr ben Wall feines bälßbebürftigen AM⸗
ters gegen Roth zu fichern,- oder! durch jährliche, feinen Verhaͤlt⸗
aiffen angemeffene Beiträge feinen Hinterlaſſenen tin von fei⸗
nem fruͤhern oder fpätern Node unabhängiges, gegen alle Wech⸗
felfälle des Schickſals geſchuͤgtee Auskonimen zu binterlaffen,
ein hoͤchſt erfreuliches Ergebniß geſteigerter Cultur und verbrei⸗
teter Humanitaͤt ſei. Wenn man bedenkt, wie von Einrichtun⸗
gen dieſer Art der: Troſt im Beben und im Tode vieler Faml⸗
lienväsere abhängt, wie auf ihnen“ bie einzige Rettung .hülfeis
‚fer Waifen gegen Notb im grellſten: Sinn bes Worts, gegen
phyſtichen und moralifägen Untergang beruht, zugleich aber Kies
ruͤckſi
gen beſorgter Familienvaͤter zuſammengeſetzt find, daß Abdass'
bungen, von denen ber’ Wohlhabende keinen Begriff hat, Ver⸗
zichtieiſtung auf alle kleinen, ohnehin fo ſparſam zugemeſſenen
‚Wenäfle diefe Erfparniffe möglig madgten:.:fo wird man. von
J dee Heiligkeit dieſer Inflitute durchorungen werben umb fühlen,
Der Man zu einem dritten College, feelcyes zwiſchen
beiden foeben gefihildetten in der Mitte legen und hin-
fichtlich feiner Einrichtung ‚und Lehrgegenflände ganz nad) -
dem Kings college in London ſich richten ſollte, erſchien
im Sabre 1829, vom Acrchidiakonus -Eorrie entworfen.
Die Sonde follten durch Actien, Subſcription und Schen-
kungen aufgebracht wyerden und das Inftitut in zwei groͤ⸗
Bere, Abtheilungen zerfallen: in eine höhere Gtaffe für die
Anhänger der engliſchen Kirche, welche an allen Benefi⸗
cin bes College Anthell nehmen, die eigentlichen Mem-
bers deſſelben dilden wuͤrden und zu Lehrämtern die Aus:
fiche ‚hätten, und eine niedere für andere Confeffionen,
welche mur zu Beiträgen verpflichtet. ngären und zum. we: '
nigften 500 Rupien fchenken müßten, um einen Zoͤgling
vorfhlagen. zu dürfen. Allein gegen. den Profpectus ers |
ſchienen fofort im der „Calc. gazette” triftige Cinwen- !
dungen, weiche dad Engherzige des Plans beleuchteten:
es gebe weit mehr Indo⸗portugieſen, römifche Katholiken,
Hindus und Moslenien als Mitglieder der high church, .
beten Kinder kaum ein Zehntel bes College ausmachen würden,
während alle Uebrigen die Laſten trugen und in den Hins '
tergrund träten. „We must protest”, heißt es daher,
Werben iind uhr fo mehr Ungluͤckliche finden, welche‘:
‚geben, feinen legten Rothpfennig |
daß, wenn irgend ein Gigenthum oder Recht im Staate einer
befondern Begünftigung, einer Art baffelde Tüfgenten Sacrile⸗
giengeſetzes genießen darf, es bie erwähnten Verſorgungsañ⸗
ſtalten ſein muͤſſen. Um ſo tadelnswegther iſt der unbegreifliche
Leichtſinn, mit welchem Verſorgungsanſtalten oberflaͤchlich be⸗
orten aus ofaunt
taͤu⸗
ſchen laffen, als grade ber Aermete am leichteſten hofft‘. und
der. natürliche matheniatifche Sinn, welcher durch angeborenen
Takt die Unausführbarteit übertriebener Verſprechungen erkennt,
nur Wenigen gegeben ift. Uebrigens ift Betruͤglichkeit mt Fähde-
ner die Urfache folder mißlungenen Operationen, meiftens iſt es
bie große, mächtige Triebfebder, welche faft ‚alle unbefugte po⸗
titifche, ſtaatswirthſchaftliche, Aterartfidie Speculationen Hervoss
ruft, die-@itelfeit, und die Idet, als Beglaͤcker ber Menſchhelt
rechnet, eiligft, conftituirt, 'mit pomphaften
bewundert zu werben‘) iſt ſehe verlockend. Es iiſt nicht meine
Abſicht, hier gegen die Eitelkeſt“ beim Wohlthun gu declamiren,
vielmehr moͤchte ich in unferer Zeit, wo einmal nichts ohne
Affectaͤtion geſchehen kann, ihr in’ Bezug wAf den Erfolg Su
Wort reden. Möge bie Eitelkeit bei Werkhellang pon Wohl
thaten ihr ohnehin weites Terrain behalten, indgen elegante Das
men an den Kirchthuͤren Beld fammeln,' mögen die Suppen 'aR
Bebürftige von zarten Schönen grazids vertheilt werden — wem
nur gegeben wird; aber anders ift es, wenn umgelehrt ber Armt
gegen Verfprechungen vertuue
fhen foll: da muß 'kalte Profa am’ re Stelle ſchoͤner Redens⸗
arten treten, abfolute Sicherheit für ben Betheiligten ftattfin
ichtigt, daß die Beiträge, welche ihre Fonds bilden, aus "|
‚ mädfam erfparten Pfennigen armer, um bie Zukunft ber Ihri⸗
SL
142
Laͤngeninhalt 1° 26” 56” hat, wo Im Original ein Druck⸗
fehler (46” ftatt 56”) ſtattfindet.
In Bezug auf Meilenzahl iſt es daher nur ein klei⸗
ner Zuwachs, den unfere Kenntnif von Afrika erlangt,
denn die Entfernung von Phil bis an die großen Ka⸗
tarakten beträgt nicht mehr als 36% geographifcge Meilen
in grader Linie, der den Krummungen des Stromes fol:
gende Weg ungefähr 90 Stunden. In biefem kleinen
Raum, deſſen Beſchreibung ber Verf. mit den an ber
Grenze von Dongola befindlichen großen Katarakten bes
ginne und, dem Lauf des Nils nach Aegypten folgend,
mit Beſchauung der Inſel Philaͤ ſchließt, find fo’ viele
Monumente einer uns unbelannten, an die Dythenmwelt
ſich anfchließenden Vorzeit enthalten, an welche ſich Rui⸗
nen aus ber Zeit ber römifchen Weltherrſchaft fchließen,
bag man glauben follte, eine geheimmißvolle Hand habe
die Denkmäler großer Vergangenheiten bier abfichtlich ans
gehäuft und mit dem Sand der unabfehbaren Wüfte ums
geben, um die Richtigkeit des Irdiſchen recht grauſend
anſchaulich zu machen.
Die Waffen von Mohammed Ali, Vicekoͤnig von Ae⸗
gupten, defien Sohn Iemael Paſcha im Jahre 1820 Dons
gola und andere nubifche Weiche eroberte, oͤffneten Afrika
von biefer Seite dem Reiſenden und verbanden das bis
daher nur mit Gefahr zu betretende Land zwifchen den
Katarakten mit Aegypten. Dieſer Landftrich iſt jegt in
vier Bezirke getheilt, welche bie Namen Wadi Halfa, in
welchem die großen SKatarakten liegen, Ibrim, Dor und
Kelabſche führen, in welchem letztern die Inſel Philaͤ nebft
ben Heinen Katarakten liegt. Die Einwohner find Ara⸗
ber und Nubier, welche Legtere ſich von andern Neger⸗
flämmen daburch auszeichnen, daß fie weder platte Naſen
noch aufgeworfene Lippen haben. Sehr intereffant find
die Mergleichnngen, welche der Verf. zwifchen den aus
Herodot und Diodor entiehnten. Nachrichten und feinen
eignen Beobachtungen anflellt, und woraus man fieht,
sie unendlih wenig bie Beſchreibung des vor Jahrtau⸗
fenden lebenden Mubierd von der bes jegigen abweicht.
Auch ſtellt derfelbe die aus dem „;Itinerarium Antonini“
uns bekannten Meifemaße mit den von ihm beitimmten
vergleichend zufammen, woraus er den Namen ergründet,
welche die von ihm als Ruinen aufgefundenen römifchen
Städte" ehemals hatten, und bie alte Geographie mit der
neuen In Einklang bringt.
Der Nü ift das befruchtende Princip bes Landes
zwifchen ben Katarakten ebenfo wie Aegyptens, denn zwi:
hen der Wüfte und dem Ril beſteht ein ftets fortgefeg:
ter Kampf, ımd von der in jenen Gegenden herrichenden
Gultur hängt es ab, ob die Wuͤſte den Ni immer mehr
verdrängen ober der Nil die Wuͤſte zurüchweifen werde.
Betrachtet man, welche große Landftriche Nubiens und
Aegypten, ehemals von herrlichen Städten .und blühen:
den Fluren erfüllt, jegt von dem Sandmeer begraben in
trauriger Dede daliegen, 6106 weil während langer Zeit
bee Barbarei Leine gefrhidte Dand den mwohlthätigen Nil,
mit Recht den Water des Landes -genannt, auf bie vers.
fengten Felder leitete, fo kann man ſich durch biefes Bild
— —, ————— ⏑ Le — —————— — — —üö " ’ u
bee Verrohftung Überzeugen, wie Segen unb Reichchum
eines Landes viel weniger von ben Gaben ber mehr ober
weniger freigebigen Natur als ber Cultur und ntelligenz
der Bewohner abhängt.
Nachdem ber Verf. das Land zwiſchen ben Kataraks
ten in topographifcher Hinſicht und in En ‚auf die
Producte, welche es liefert, beſchrieden, auch der neuer⸗
lich von dem Vicekoͤnig getroffenen nuͤtzlichen Einrichtun⸗
gen gedacht hat, worunter beſonders die Erbauung vieler
Wafſerzuͤge (Sagieh) gehört, welche den Mil auf die Fels
ber‘ leiten, gibt er uns zoologiſche Nachrichten über die
dort heimifchen XThiere, die Hyaͤne, den Schakal, die Ga⸗
zelle, das gefährliche Krokodil und eine wos weniger bes
kannte kleinere Art deſſelben, das Warran, welches, dun⸗
kelfarbig, 2 Fuß lang, die Eier'der Krokodile frißt, auch:
die Euter der Kühe und Ziegen ausfaugt. Hierauf wen⸗
det ſich der Verf. zur detatllicten Beſchreibung der einzel
nen Denkmäler und majeſtaͤtiſchen Baue ber Vorzeit, von
denen e auf der beigefligten Karte einen genauen Grund»
riß gibt, ee I.
Philaͤ, unter den Piolemdern und Pharaonen eine
heilige, zu geheimnißvollem Dienſt eingerichtete, ausfchließe
lich. von Prieſtern und Geweihten bewohnte Inſel, iſt
zwar fchon öfter befchrieben, aber die Eolofiaten Reſte dies
fer Heiligen Bauten find fo reichhaltig, in andhiteßsontfcdyer:
Hinſicht ebenſo merkwuͤrdig als in Bezug auf Skulptur;
wohlerhaltene Dierogipphen und aſtronomiſche Wilder bies
ten fo inzereffante Deutungen, auf das myſtiſche Leben
Aegyptens, daß diefer Tempel, der: geößte und praͤchtigſte
Bau der Ptolemaͤer, allein Stoff zu Tanger Betrachtung
bazbietet. Roͤmiſche Bauten find mit ben aͤgyptiſchen ver⸗
bunden, und die Ringe, auf welchen Die. Ramen der Er⸗
bauer eingegraben find, "geben: eime chronologiſche Ueber
ſicht der Zeiten;.in denen fie entſtanden.
Unfern Philaͤ liegt die Inſel Bitſche, vielleicht
ehemals der Reinigungsort für ben Ungeweihten, bevor
ee die heilige Stätte won Philaͤ betreten durfte, wo bie:
Mefte eines Ägpptifhen, von den. Römern fortgeführten,
von den Chriften gemishandeiten Tempels fid erhalten.
haben. Der Tempel bei Dabot, ſtromaufwaͤrts von Dhizd,
ift gemifchten Styls, auch nennen bie: Hierogiyphenringe
Ptolemaͤus, Caͤſar und die erften roͤmiſchen Kaiſer, ſodaß
man ſieht, wie dieſer Bau kurz vor dem Fall des Ptole⸗
maͤiſchen Reiches begonnen, von Roͤmern fortgeführt wurbe,
weiches ebenfalls bei den nahe liegenden Ruinen von Kar⸗
taß ftattfindet. Unter den Ruinen von Taffeh find zwei
£leine fehr Jierlich ausgeführte Tempel erhalten,. deren ei⸗
nen ber Verf. von einer nubifhen Familie bewohnt und
ein Weib mit zwei Kindern auf den Seufen bes Thores,.
über welchem der geflügelte Diskus prangte, figend fawb.-
Der Tempel von Kelabfche iſt das größte, von den Roͤ⸗
mern in diefen Gegenden unternonmmene Werk, zu beffen
Erbauung ein, ganzes Wolf aufgeboten zu fein ſcheint,
denn ein Vorhof folgt- auf den andern, ein Saal führt.
in einen neuen, bie einzelnen Pläge überbieten fih an
prächtigen Verzierungen. Die. Ringe,. welche an allen:
Agpptifchen Tempeln angebracht find und die Namen der
148:
Erbauer nennen, enthalten bie Bezeichnung: Autokrator
Elar. Dieſer Tempel, zerſtoͤrt, bevor er vollendet wurde,
yigt eine Säule, welche man chen angefangen hatte mit
Dieroglyphen zu verzieren, ‚die auf dem Stein in ben
Ehrien , in welchen. fie ausgeführt werben follten, ſorgſam
gezeichnet find. Auch einen aͤgyptiſchen Tempel bewahrt
Kelabſche auf, welchen den Nantensring des großen Mes
meſes (Sefoftris) trägt, deſſen Säle kunſtvoll in. den Fel⸗
fen grhauene Bilder ſchmuͤcken, welche aͤgyptiſche Scenen
ans dem wirklichen Leben, Schlachtſcenen, Opfer, Grup⸗
pen von- Gefangenen, koͤnigliche Audienzen a. |. w. enthal⸗
en und eine Varſteilung ber ehemaligen Macht der Pha⸗
raonen ſind. Merkwuͤrdig iſt es, daß unter den dem
König als Tribut dargebrachten Thieren, welches lauter
bekannte Gattungen, Löwen, Affen, Widder, Biegen u. ſ. w.,
ſich andy ‘en Giraffe und ein Einhorn befinden, wes—
halb, da man nicht annehmen’ kann, es ſet ein fabelhaf⸗
vs Thier abſichtlich eingemiſcht, die wirkliche, metiigfich®
ehemalige Criftenz des Einhorns neue Wahrſcheinlichkeit
gewinnt Der Tempel von Garb⸗Meroe iſt als Merk,
eöwifcher ſpaͤterer Architektur intereſſant und ber aͤgypti⸗
ſchen Venus Athor vorzugsweiſe geweiht; der Namens⸗
ring Henne den Autokrator Claudius. J
Dagegen gehört der majeſtätiſche Bau bes Tempels
von Gef: Huflein der großartigſten Schöpfung’ des altem
Urgupten® an, iſt umgeben von zerfchmetterten Koloffen
md männlichen Sphingenzs Säle, deren Wölbungeh von
tigen Koloffen, deren Kußfohlen 3° Länge haben, ge⸗
as — bieten einen ſchaueriichen Anblick; die Na⸗
mensringe nennen ben großen Remeſes, den wir für Seſo⸗
ſtris halten. Unweit von dieſem wahrſcheinlich zu duͤſtetm
Zweck beſtimmten Bau iſt der heitere, von den drei ko⸗
niglichen Frauen Arſigos, Berenice und Kleopasıa erbaute
Tempel von Dake, durch Zierlichkeit ſich als ‚eine weibliche
Schoͤpſung beurkundend; außer den Namensringen der er⸗
waͤhnten Koͤniginnen befinden ſich auch Ringe eines Pto⸗
lemaͤers, ſowie der unbekannte Name Alek⸗Amon, den
der Verf. auf den vergoͤtterten Alexander deutet, und im
Vorſaale der Name Autoktator Caͤſar, woraus hervor⸗
geht,- daß Römer den Bau vollendeten. Ein geandiofes
Monument altägpptifher Zeit iſt der Tempel von Ges
bean, Namensringe des großen Remeſes enthaltend, mit
Hiereglyphen im aͤlteſten Style reich verziert, Abbildungen
don Iſis und Oſiris, Darſtellungen, aͤgyptiſche Seite zei⸗
gend, leider aber durch chriſtliche Melßel verunſtaltet,
welche den Apoſtel Petrus verewigen wollten. Der Tem⸗
zei veon-Damada, ausgezeichnet. durch wohlerhaltene Mei:
helarbeiten "von Hieroginphen und Bildern, von benen
umter Anderm die Abpildung eines rothbraunm und ſchwar⸗
zen Mames, Belde zu einem ‚Altar reiche Opfer brin⸗
gend, auf die enge Verbindung zwiſchen Aegypten und
Aethiopien zu deuten ſcheint, trägt bie koͤniglichen Ringe
von fiinf auf einander folgenden Pharaonen: Thotmo⸗
ſes L, Thotmoſes II., Thotmoſes III., Amenophi II. und
Thotmoſes IV. und von dem zweiten Koͤnig aus der Dy⸗
maſtie der Remeſiden. Der Felſentempel von Dör, weni⸗
ger impoſant durch die Bauart, enthaͤlt wohlerhaltene Hle
roglyphen und Biber, unter denen eine Schlacjtfcene, wo’
die Sieger ſchwarz, bie Ueberwundenen rothbraun ſind,
fi auszeihnet. Die Ringe nennen den großen Remefes,
Der vormalige Landesherr, Haffan Kafchef, fragte den Ver⸗
faffer, „ob Franzoſen odre Engländer den Tempel vor⸗
mals ausgehauen hätten”.
Der Felſentempel von Abufombul, ein Werk, den
Pyramiden Aegyptens an die Seite zu ſetzen, welches der
erſtaunte Wanderer von den Haͤnden der Giganten er⸗
baut waͤhnen ſollte, zeigt eine Niſche, 115 breit, faſt
ebenſo hoch, 24° tief, ſchiefliegend eingehauen. An dies“
. fer Pforte find vier Riefengeftalten, 67 8” hoch, in ſitzen⸗
der Stellung, welche wie die fleinernen Rieſen des Märs
chens eine geheimaißvolle Wache zu halten fcheinen, mb
bie: ſie verzierenden Ringe des großen Remeſes gemahnen
on bie das Leben feſſelnden Talismane der Zauberer.
Zwiſchen bisfen. Koloſſen fühet ber verfchüttete, von dem
engliichen Gonfal-Henry Salt, den. engliihen Gapiteiung
Charles Leon, .Geby und James Magles nebft bem bes
Bannten Belzoni zuerft ini Jahre 1817 nad 22 Tagen
Arbeit geöffnete Gang in den Xempel, wo 14 Säte,
in das Innere bes Felſens eingebauen, von.riefigen Ko⸗
loffen getragen, bern Wände mit Bildern und Hierogly⸗
phen reich, verziert find, den Beſchauer in Erſtaunen fetzen.
Ein Meinerer,: ebenfalls aber koloſſaler Tempel befinder
ſich bei Abufombul, wo ein mit 14 übermalten Bildern‘
und Hieroglyphen gefhmüdter Saal Opferſcenen darftellt..\ '
Diefes find die wefentiichiten Denkmaͤler, welche in _.
bem engen Thal, welches der Nil in feinem Lauf zwi⸗
fhen den Heinen und großen Katarakten bildet, fich vor⸗
finden, ſodaß bie Katarakten zwei Pforten vergleichbar,
find, welche in biefes wunderbare Antiquitätencabinet fühsı
ten. Bedenkt man, welchen Raum in den Zeiten mangelns'
der Cultur die Wuͤſte dem Mit abgewonnen, fo kann
man fich denen, welche Schäge ber Sand begraben hat.
Der Berf. befchreibt die von ihm unterfuchten Monu⸗
mente ebenfo anſchaulich als beiehrend, und gewiß wird
Niemand, welcher für bie erhabenen Mefte einer großen
Bergangenheit ein hiſtoriſches, antiquarifches, architel-
tontfches Intereſſe bat, die angekündigte Schrift ohne
großen Antheil lefen und ohne Nugen ſtudiren. 104. '
Ueber Kunft und Alterthum. Bon Goͤthe. Aus ſei⸗
nem Nachlaſſe herausgegeben durch bie weimariſchen
Kunftfreunde. Drittes Heft bes fechsten und legten
Bandes. Stuttgart, Cotta. 1832. 8. 1Thlr. 20 Sr.
Mit biefem Hefte ift eine Unternehmung gefeloffen, welche
beinahe 17 Jahre hindurch von Zeit zu Zeit das Publi⸗
cum mit ben reifen Xrüchten gediegener Kunſtanſchauung und
hochgebildeter Kennerſchaft im ganzen Gebiete des Schönen’ bee
fchenkte und das Greifenalter bed großen Heimgegangenen in
einem ungemein heiten und mwohlthätigen Lichte erfcheinen ließ,
Denn flatt ſich der Welt gu entziehen und vor ben glänzenden
Erſcheinungen in Kunft und Literatur eigenfinnig. zu verfchlies
gen, war Goͤthe vielmehr are Alles, was fi als würdig,
bedeutend und eigenthuͤmlich ankuͤndigte, wohlwollend zu prüfen,
zu erläutern, barauf aufmerffam zu machen, oder wie es in
dem geiftzeichen „Schlußworte” heißt, „auf Begränbung eines
16
edlern, koamopolitiſchen Slnnes füs Kunſt und Literatur hin
wirken, und fo — wie in einem geſelligen Sprechſaal —
fein gemüthliches Beduͤrfniß geiftiger Mittheitung Befriedigung
gewinnen.” Der Gedanke, eine großartige, durch Beine eng:
ige Rationalität befchränkte Weltliteratur einzuleiten , Kr
biefen Heften ihre Entſtehung unb verjüngte ben titaniſchen
Greis, bee nidt mübe warb, 2» yagaos oüde, nein, ſelbſt
on ben Grenzen bes hoͤchſten Alterd den Samen bes Schönen
und Guten auszuftreuen. Noch diefes legte Heft von „„Kunft
und Alterthum‘‘ legt hiervon Zeugniß ab, und gleichgeſinnte edle
Freunde haben in feinem Sinne vollendet, was ihm nicht mehr
geſtattet war. Dit. Recht hat er daher in feinen zahmen fe
aien einmal prophezeit:
Die W. 8. 58,
Mit ihren Treffs, “
z Sie wieken noch eins Welle .
Dieſe Prophezeiung iſt jent ſchon eine Wahrheit geworben, aber
wird es noch mehr in der Zukunft werben, wenn manches
ſich zur Blüte entwickeln wird, wozu jegt nur bie Gaat und ber
Keim gelegt worben ift. |
:2. . Durchblaͤttern wir die ſechs Bände vor „„Kunft unb Alter
ham“ nody einmal ober durchlaufen wir nur- das dem: fechöten
Hefte angrhängte Inhalteverzeichniß zu dem fünften und ſechs⸗
ten Bande, fo bringt bie Menge und ——66 den darin
cb gehandelten, auf Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben ſich beziehenden
Gegenſtaͤnde in uns die angenehmſten Eindruͤcke der Erinnerung
und neuen Anregung: hervor. Alles, was waͤhrend faſt zweier.
Decennien
im Gebiete der kiteratur und bildenden Kuͤnſte ſich
hervorthat und geeignet war, edlern Seiſtern Theilnahme abau⸗
gewinnen, fand in der großen, fuͤr all ⸗
prenglien „ barmonifchsgeftimmten Seele Goͤthe's den veinften
nklang umb erhielt in biefen Heften ausführlicher ober ge:
deängter feine Würdigung. Jedes Berdienſt fand bei Gdthe
freubige unb willige Anerkennung, jebes. Talent Aufmunterung ;
aber aud wo er misbilligt, geſchah es sine ira et atudio,
fern von „jener einfeitigen, nieberfchlagenden, unfruchtbaren
Kritik, die fi blos im Auffpüren von Mängeln und Schatten⸗
feiten gefällt; ihm kam es allenthalben mer darauf an, bas Tas
lent, wo er es entdedte, über ſich ſelbſt aufzuklären, vor fals
ſchen KRichtungen zu warnen und jedes vebliche Streben durch
aufrichtige Theilnahme zu fördern,” Nicht blos im Vaterlande,
auch im fernften Auslande entging feine bebeutende Erſcheinung
feinem präfenden Bid; wir wollen nur an Lord Byron, Mans
joni, Galvandu erinnern, unb fogar daB „Livre des cent-et-
un‘ wird in biefem legten Hefte befprochen. Won: Böthe ſelbſt
enthält daſſelbe noch manche fchägbare Reliquien: wir erwähnen
namentlich bie Briefe an H. Meyer und WB. n. Humboldt „Ueber '
den Abfchluß des Fauſt“ und den Auffag: „Für junge Dichter”,
weldyen G. gleichſam als eine allgemeine, nicht gang erbauliche
Antwort an die gewiß zahlreichen deutfihen Muſenjuͤnger gerichs
tet Hat, die ihm ihre Gedichte zur Begutachtung u. f. w. üben
ſchickten. Die meiften Auffäge rühren von Wöthe'6 Freunden
Der nun auch verewigte Meyer bat „„Neber Böthe'6 Ko!oſſal⸗
ildniß in Marmor von David” einige Bemerkungen mitge⸗
thellt, bie dazu dienen follen, dem häufig getabelten und in der
Bibliothek zu Weimar ungünftig aufgeftellten Kunftwerfe mehr
Anerlennung zw verfchaffen. Varnhagen von Gufe, Goret,
‚ Riemer, W.v. Humboldt und J. v. Mäller Haben zu bie
Sem Hefte beigefteuert, der Lepte ein vortreffiiches Schlußwort,
welches uns noch einmal bie Tendenz biefer periobifchen Mit:
theilungen und Goͤthe's großartigen Kosmopolititmus auf die
wuͤrdigſte Weiſe vor die Seele ruft. Iatereflant ift es, gu ber
merken, wie fämmtlidhe Freunde fi in G.'s Art und Weile fo
eingelebt haben, daß ihnen auch in Styl unb Diction ihn wies
geben gelungen if.
Mit wahrer Zrauer nehmen wie von biefem legten Hefte
_ Kedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Broddans in Leipzig.
Abſchieb; wicht weil es in
genheit fehlt, über Kunft mab Altertbum gründlid In vera
Wahre und Gute ems |
"la divilisstion et les
am Mitteln und Gele
bandeln, fondern weil der Spiegel zerbrochen it, her ihre Er⸗
fheinungen am reifen auffaffen und das erzeugte Wi
eigenthümlidh, surädfinaßtte,
zwar
aber treu, lebend und beiebenb 102;
Handbuch für Reiſende in Ftankreich. Won Meigebaut.. |
Wien, Do. 1832. Gr. 8.: 2 The. 12 Sr.
Der Berf. ſehr brauchbarer und an Ort und GStelle
vielfady bewährt geſundener Reiſehandbuͤcher für Italien umb:
Gugland gibt hier, nach bemſelben gun und mit gleicher Sorg⸗
falt gearbeitet, ein ähnliches Merk Tür die noch größere Anzahl
von Reifenden in Fronkreich. Es ift fonderbar, aber vollkom⸗
‚daß ein Toldyes B 8 eigentlich fehlte. Rec.,
ber —— Aha Fr beat hat, ee nicht dm
Reiſehandbuch für ambaft machen, und
bat He * ftets hrs englifhen Buche, bes Hanbbuchs
von Galignani,. auf feinen Heifen bedient, weil kein guter
gefendene: auf eine allgemeine Beſchreibung des Landes
waͤhrt
(erfte Abtheitung) folgt bie Ueberſicht der Pofverbindungen, ſo⸗
dann bie KReiferouten in Zabellen, dann Literarnotigen
—— und endlich bie alphabetiſche Beſchreibung aller
ften D e, Städte, Fleck
en und einzelnen Schloͤſſer, am
genb eine Bedeutung Inäpft, Bei allen dieſen An⸗
. weidye |
gaben find die neuehten Bufiände (die fpäteken Daten ſcheinen
die von 1829 zu fein) berüdfictigt und keine Quelle von Ras
men und Gewicht ift unbenust geblieben.” Banz vorzüglich
' ie überfichttich und gut iR das Gemälde der politiſchen
‚ ber Rechts⸗ und anzverwaltung umb beö Zuftane
des —— Se alle Gegenftände von. x
beblichkeit find nebenbei die Duslien, woraus weiterer Unterricht
| darüber gefchäpft werben fann, mit großer Genauigkeit angeges
ben, und Fein billiger Wunſch wird fo von biefem Buche, das
in feiner Art jeden Anſpruch befriedigt, underuͤckſichtigt geiaſſen.
Die — 7* ——— ‚and römifchen Claſſtb⸗
tern bewähren den Werf. Abrigens ais einen Gelehrten nem es
ſchmack, wie feine ‚ganze Darftellungsiveife ben Daun don ge
mäßigtem- und gründlichem Urtheil verfündet.
Notizen.
Eine Heine, Schrift von J. P. Gatc: „Education ratien-
nelle, pötition adressee & la chambre des deputds sur les r&-
formes qu’exigent dans l’6&ducation publique l’dtat actuel de
beseins de la soci6t# moderne”, if
Gryiehungsisefen
bei den jetigen Berhandlungen über das
Jrankreich beachtenswerth.
Der Marquis be Chabannes hat zwei nee
herausgegeben: „La priee de la citadelle d’Anvers,
jougleries d&masqudes’‘, unb
Du timbre du visa portant double cachet;
De par la loi, j'entends, n’en de&plaise a Gisquet,
‚ Tirant de ses &carts une faible vengeance,
D£nommer ma chanson l'arr&t de sa deınence.
Ch. Paul de Kock hat forben herausgegeben: „Georgette,
ou la niece du tabellion” (4 Bde). ie biiden den drit⸗
ten und vierten Band feiner „Oeuvres completes”. .
EREESEBE>
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. . . ⁊
für | |
Dien ſta
. Broſchuͤrenliteraͤtur. |
Der Hauptſtrom unferer Zeitentwickelung ſtuͤrzte bon:
wernd ein und ein halbes Jahr über Throne und Län:
der; dann trat ploͤtzlich dee Punkt feiner Demmung ein;
feit 1832 ift Altes ruͤckwaͤrts geſtaucht worden. Der be⸗
gleitende Generalfiab ber Bulletins, die Brofyhren, haben
aber wicht ganz bdiefelbe Geſchichte, weil fie theils vorzei⸗
tige, theils nachzeitige Pflanzen ſind. Ich erinnere mich,
daß die 1830 im Juli zum erſten Dat angegriffene Par:
tei fehr fange wie vor Schred erflarrt ſchwieg; das Une
erwartete, fetbft wenn «8. nicht fo groß wäre, beſtuͤrzt meht
als das Groͤßte, defien Möglichkeit man geglaubt. Der
magnuetiſche Schlafzuſtand Europas warb aber allgemein,
feibft von Denen, die bald darauf thätig waren, für nas
thrlicge Befchaffendeit der Generation gehalten, Niemand
glaubte, daß. etwas zu erwarten ſei, Niemand wußte, was
man überhaupt erwarten ſolle. Das ift etwas Eigen⸗
thuͤmliches an unferee Epoche, dag fie fi, wie der Stein
im Scheos ber Erbe, ungeſehen, durch Anfegung gebildet
bat und plögfich durch einen großen Impuls an die Obers
äche geſchlendert worden iſt — die neue Zeit iſt wie bie
zeue Pallas, die ploͤtlich und ganz geharnifcht dus dem
Haupte des Himmelsherrſchers gefprungen iſt. Damals
wengte ſich keine reagirende Brofchlire ans Tageslicht, es
wor die Zeit der Morgendaͤmmerung, man wußte noch
wicht, wie flark ber Send, wie er bewaffnet wäre. Den
größten Muth bewies ein Berliner mit feiner erſten Troſt⸗
(cheift: „Einiges Über Mehres“ — um fo größern Much,
als ex ſich mit dem gebrechlichfien Waffen ins Getuͤm⸗
mel wagte. Ich glaube nicht, daß diefer blaue Bieter
Aurnierheiden gefunden hat; man ließ ihn -Haps
einen
yernb verüberreiten;. bamals war noch heffnungsgrüne
-Beit.
Aber es war ber erſte Luftfchöpfenbe Athemzug ber
Ariftelratie, bald ein weiter, wenn auch weniger
ulten „doc, brummemnd und :bitterböß „Audiatur- et altera
gars’‘, und mm Üffnete allmaͤllg Hanover feinen Schoos,
Manheim den feinem, He. Peter von Kobbe trat naiv
auf .mit Leier und Schwert ıc.; aber bie. Periode ging
wor einnal vorlber, fie wurde erfäuft in der cmflitus
tionswelm, bie nun eintrat.” Es ward eine Belt lang ber
fetide, buͤrgertiche Liberalimns gepredigt; feinens langſa⸗
men Gange teunte die Reaction mit Leichtigkeit Schlag⸗
literarifde Un terhaltung.
bäume vorbauen,. und als er im feiner Kurzfichtigkrit ame
28. Zunft de® Morgens plöglid mit der Nafe zu Frauk⸗
furt anpralite, :da war er wie jene im Jull zwei Sabre
vorher verblüfft, und num begannen bie blindgeladenen
Frendenſchuͤſſe — es kamen die Broſchuͤren, die I
neulich in d. Bl. *) beiprach, die Opfer dee Soͤhnt
ngal's.
Darauf trat eine Zeit lang Ruhe ein, das Schlach—
feld warb von ben Parteien verlaflen; nur einige Made
zügler und Marodeurs ſtrichen barüber bin, einzelne
kandsmannſchaften fahen nach ihren Todten oder Verwun⸗
deten — die allgemeinen Broſchuͤren verſchwanden, es et⸗
ſchienen die provinziellen. Jetzt begibt ſich nun allmaͤlig
die Wiſſenſchaft, die Gelehrſamkeit auf den Wahlplatz,
mißt das Terrain, befchließt die Zahl der Unſterblichkeits⸗
orden, der Balgenqualificationen, unterfucht, ob die Sache
gehörig wiſſenſchaftlich hergegangen fel. Die Derren von
der Profeffion haben lange gemig vergeblich verfucht, zu
Worte zu kommen, fie müflen ihrer Conſtruttion nach
breiter reden, denn fie müfien das Syſtem anbringen unb
retten; man fiel ihnen ſtets in die Rebe — jest endlich
tft Zeit, daß die ganze, unterdrüdte Flut hereinbraufe; e®
ift eben Raum da. u
Den Reigen beginnt elgmtlih Hr. Mauer, welcher
„Probleme "der Staatslunft, Phitofophie und Phyſtk.
Zur. Herbeiführung eines befjern Zuſtandes für Fürften
und Völker, Wiffenfchaft und Leben auf das befrie⸗
digendfte gelöft” für 1 Xhlr. 2 Gr. zu Leipzig 1833
bei’ Chriſtian Ernſt Kollmann In ge. 8. herbeibringt.
Da indeß diefer -befcheidene Mann doch eigentlih, wie
er ſelbſt verfhämt eingefteht, aller Wiſſenſchaft die
Krone aufſetzt und alles fonflige Streben überfiäffig
macht, fo - verfpare ich mir ihn bis zulegt, damit
ich erft noch ein paar Worte uͤber andere Leute fagen
kann. J
Weber die politiſchen Beſtrebungen der gegenwaͤrtigen
Zeit von Eduard Platner. Marburg, Elwert. 1832.
Gr. 8 3 ©r.
Der Here Verf. entſchuldigt fi anfänglich, daß
ee eine Broſchuͤre gefchrieben, weil das ja doch ein
„nichtiges Geſchaͤft“ fl. Weil er nun alle dieſe Sa⸗
®) Bol. Nr. Se u. 843 b. Wr. f. 1888. DD. Rebe
i,
N
den groͤſtenthells fhe Die „Rirdhenzektumg® abgelaht fe
ſei das ein anderes Ding; Partei nehme er nicht in der
Politik, fo wenig wie er einer Schule in der Wiſſenſchaft
angehöre. Es ift ein ſchoͤnes Gapitel in ber Natutge⸗
ſchichte, das von ben Amphibien. - Hr. Prof. Platuer will
cin fein.
burchaus fein Bürger, fondern ur
Diefe Art von biusofer Indifferenz, die immer wur
nungsfuͤhrer, nie aber -mitgerechnefe Zahl fein will, biefe
deutfche Gelehrſamkeit, deren Füße an den Studirtiſch ges
bunden find, die nur wiſſen, aber. nichts thun will —
iſt ein altes Capitel. Es iſt neuerdings ſo viel *
geſchrieben worden und bit doch nichts geholfen.
der Here Profeſſor Geſchichte [hreiben will, fo wird es fein
und feiner Leſer Vortheil werden, wenn der Standpunkt
fo gewaͤhlt iſt, daB ſich Seine. eigne vorgefaßte Parteimei⸗
mung in dem Vordergrund draͤngt; wenn er aber’ in ber
Vorrede zum Publicum, d. h. als Privatmann vor die
Aſſiſen tritt und aud da keinen Namen, keinen Charak⸗
ter haben mil, fo wird er ald unbrauchbar für unſern
bürgerlichen Verein zuruͤckgewieſen.
Im Verlauf der Broſchuͤre, die an ſich gut geſchrie⸗
ben iſt, kommt es dem Verf. namentlich darauf an, daß
der. Stoat in innigen Rapport mit der Religion geſetzt
werde, . So bedauert er, daß bie „heilige Scheu vor dem
Regentn, als Weſen einer höhere Abkunft“ verſchwun⸗
den, und der Staat nicht mehr eine „goͤttliche Anſtalt,
ſondern ein bloßes Werk der menſchlichen Willkuͤr ſei u. ſ. w.“
Die ſogenannten Gelehrten haben darum ſo viel Un⸗
gluͤck angerichtet, weil fie die Wiſſenſchaſt der Vergan⸗
genheit mit bee Liebe für bie Vergangenheit identificirten.
Weil bei den Griechen die Götter mitregierten, follen fie
es auch bei und. Daß jene Götterbegriffe gewechfelt, daß
wie andere Götter haben, künmert fie nicht. Daß
bei einer im Morgennebel entſtehenden Welt bie Phans
tafis leichter Gebilde ſchaffen ımd das Herz fie glaus
ben konnte, daß nach den vielfältigen Forſchungen meh:
rer Sahrtaufende mehr und mehr die buftigen Rebel
der Phantaſie verfhwinden, und wahre fchmudiofe An:
ſſchauung an ihre Stelle treten mußte, das Alles bes
denken fie nicht. Ich will ben Helden bewundern, ‚der
aus unferm modernen Staate heute noch ein dimmliſches
Jeruſalem machen kann.
Ebenſo bedauert Dr. Platner, daß Deutſchland mit
feinen Wuͤnſchen nach Freiheit ſich nicht mehr gemetifi
entwickelt, an ſeine geſchichtlichen Verhaͤltniſſe halte; daß
es eine andere Freiheit wolle, als fie die Praͤmiſſen der
Vergangenheit verlangten. Ich möchte wohl wiſſen, ob
die Lappländer für uns die Freiheit wünfchen, oder ob
wir, die wir moderne Verhältniffe wollen, keine Deutfche
feten, ob Indien zu Grunde gehen wird, wenn. die ver:
witweten Weiber fi nicht mehr verbrennen, ob überhaupt
die Vergangenheit ber Kamafchencorporal der Gegenwart
oder ihr geiftiger Lehrer fei.. Dem Volke, das feine alten
Verhaͤitnifſe vergefien hat wird fie Niemand wiederzubrin-
gen vermögen, denn fle find aus feinem Blute verſchwun⸗
den. Hätte man 1790 Deutfhland reformiren wollen,
fo hätte man allerdings größere hiſtoriſche Ruͤckſicht auf
146
bie Unglelchhelt der Staͤnde ehenen müffen; umnterbef
ift eine Generation g ‚Die weuen Theorien, ber
durch keine Crinnerungen echende Verbienfimefler, ber
au beſt
Krieg, haben ein anderes Deutſchland gefchaffen, und ber
Anhänger des Alten wird lange ſuchen und flarle Glaͤ⸗
Gelehrter fer aufſehen he er die —— |
Rech⸗unſerer Nationali em Sr *- —X
9
ſtockwerke umſonſt von Ihnen ſtudirt fein koͤnnten, das Ars
gert die Herren; daher die gelehrten Broſchuͤren.
Ueber die Wahl des Prinzen Otto von Baiern zum Koͤ⸗
nig von ir er nd. Zumdeg, Kirgel und Wieß⸗
. Gr. 8. r.
Saͤhe es nicht aus, als hätten ihrer Zwei am dieſer
Broſchuͤre geſchrieben, fo würde ich ſagen, fie iſt recht gut;
aber der zweite bedaͤchtige Baier, der dem Verf. zuweilen
bazwifchenfpricht, taugt nichts, es iſt rin ſchwathafter
Mann. Es iſt weniger Gelehrſamkeit, aber mehr Ser
ſundheit in dieſer Broſchuͤre denn in jener. Er leitet da⸗
mit ein, wie die Revolution Europas nothwendig gewor⸗
ben ſei, hebt heraus, daß bie vermittelnden Mächte ſich
von der griechiſchen Nation für bevollmaͤch tigt erklaͤrt
und fomit als Organ Griechenlands bie Krone vergeben
‚hätten, fährt fort, wie durch König Ludwigs von Balern
mehrfach bekundetes Intereſſe für jenes Land die Wahl
auf feinen Sohn gelenkt worden fei, weichen Glanz und
welche Ehre das Ereigniß für das Haus Wittelsbach
bringe. Da guckt der Baier dem verfläudigen Mann über
bie Schultern; ber Ruhm oder Glanz eines einzelnen
Haufes kümmert die heutige Gelchichte nicht mehr, Die
fi) mit Maſſen und Begriffen beſchaͤftigt. Darauf ſucht
er nach dem Nupen, den Balern bauen haben werde, und
findet keinen, beruhigt ſich aber wieder nıit dem Glanz⸗
punfte der bairifhen Geſchichte“ — für Glanzpunkte gibt
man heutiges Tages nicht viel. Unter ben Nachthellen
findet er aber, daß bairiſche Truppen und bairiſches Geld
auswanberten und vielleicht nie wiederkemmen bürften; fins
bet eben auch, daß ber Koͤnig von Malern nie das Recht
gehabt, ohne Zuziehung bee Stände bie fortlaufenden Ap⸗
panagengelder zu bewilligen, falls er biefe nicht aus einer
Civittifte beftreiten wolle, daß aber die Civillifte ſicher zu
groß fei, wenn er dies koͤnne. Ueber bie Verfaſſung bes
griechiſchen Staats iſt er. vorläufig der Meinung, daß eine
ziemlich unbeichränfte Monarchie vonnoͤthen fei, wünfche
aber nicht, daß diefe, weit im die Zukunft greifend, fich
unabänderlich feſtſtelle. Alles Uebrige, bie einflige Groͤße
bed Staats betreffend, find Träume, bie man bem Ganz
guiniker gern geflattet, zumal fie fid) auf dem Felde pros
ducisender Speculation bewegen, wo mehr nach Phans
tafie als nach Yrengen: Geſetzen esfchaffen md zerſtoͤrt wird;
Es thut mir nur immer leid, wenn ich das partiale In⸗
tereſſe eines Vaiern dabei betheillgt fehe, der in betruͤg⸗
licher landsmanuſchaftlicher Spielerei. feinen gefunden Kern
verllert. Ob Griechenland durch einem Baier ober durch
einen Mecklinburger Ausſichten zu einſtiger Größe babe,
koͤnute uns, duͤnkt mich, ſehr gleihgüftig fein. Ich. fetbfk
befürchte ‚ne, es koͤnnte ſich bei ber ganzen. Angelegens
\
heit Manches andere begeben. Ye Weielinkktieimg
geiechifche Nation duͤrfte nicht wie Acclamation
angenommen ioetden, und bie Träume von bairiſcher Herr⸗
lichkeit duͤrften nur ein Prolog werben, zu dem das Scück
verloren gegangen. Die ruſſiſchen Beſtrebungen deuten
leider bis jegt fahr. Darauf bin. . oh, "
Beiträge zur. Kenmniß der altdeutſchen Sprache unb Lite
ratur. Bon George Friedrich Benecke. Zweite
Par N e. Göttingen, Dieterih. 1832. Gr. 8. 1Thir.
t.
Wenn es bei einem Buche dieſer Art nicht voͤllig gleich⸗
wäre, wie man die Folge des Inhalts beſtimmt, fo
töunte es auffällig fein, daß Hier launiger Spott und anmus
thige Schattheit den woärdenollen Grnft in die Mitte genommen
haben, wie dies im gemeinen Leben zwei Beringere mit bem
Bornehmern gleichfalls zu halten pflegm. Zwiſchen den fpöt-
tiſchen Liedern des einft alibefannten Herrn Nithart’s nämlich
und bem mit mannichfachem Trug erfülten Leben des Pfaffen
Amis, weldyes der Stridäre dichtete, finden wir bier bie ernften
Echren, welche der Winshede feinen. Sohne und die Winsbeckin
ihrer Tochter ertheilen. Der Verf. bed legten Werkes ik un:
belannt. GH kann uns zwar nicht einfallen, die Merbienfte,
weiche Hr. Benecke fi um die Kritik der Texte erworben hat,
Gier auſchaulich zu machen, dafür aber wollen wir über Herrn
Nithart ſelbſt und über feine Gedichte, ingleichen über den Pfaf:
fen Amis Giniges mittheilen. Behalten wir Raum, fo befpres
den wir auch wol Gines oder das Andere aus ben beiden Lehr:
gebichten,, was fih auf Sitte und Gewohnheit bes Mittelalters
Ueber Herrn Nithart wiffen wir nicht mehr, als er uns
IHR über fi, in feinen Liedern mittheilte. Die Ermähnuns
gen, To gleichzeitige Dichter von ihm thun, beziehen fih ‚nur
auf feinen auögebreitetn Ruhm als Dichter. Dadurch mögen
wir aber uns auch leicht erklären, wie es gefchehen konnte, daß
Sinige, weil fie feine Lieber nicht gelefen hatten, ben Rithart
f eine mythiſche Perfon hielten, deren Charakter fie aus dem
amm Rithart (Neidhart), wiewol faͤlſchlich, erflärten. Wit
hart war ritterlichen Geſchlechts, wie ſchon, wenn er es aud)
nicht ſelbſt fagte, das feinem Namen ſtets vorgefepte ‚„„Derre”
beweiſt. Gr fcheint vom Rhein geboren, wenigſtens fpricht er
XIX, 5, von feinen Sreunden am Rhein alfo:
Lieben Voten ich heim zu Lande fenbe.-
au mein Trauren dad foll haben Ende. .
Wir nahen zu dem Rheine
Gerne feben die Freunde meine
Un Pilgerelne.
Andy trägt in ber That feine Sprache bier und. ba Gpuren
zheinifcher Mundart. Demnach wäre vielleicht uͤberall, wo «8
non dem „Sau’' ſpricht, ber Nheingau zu verſtehen. Geinen
unfpränglihen Wohnfig nennt er felbft mehrmals Riumental;
wohin er alle Tchönen Mädchen führt (LVI, 5), wo er alle
liebt, aber auch da fchon viel von Nebenbuhlern dulden mußte
mb mandyes Klage: und Spottlied, feinem eignen Geftänbniffe
zufolge, farg (II, 8). Gr fam, wann und wie weiß man nicht,
Stelleicht aber nach Art reifender Dichter, an den öftreichifchen
Bof, wo ihn ber Herzog wohl aufnahm, unb ihn bei fi) zu Mies
delicke (iept Mei) (II, 8) behielt. Schon zu feiner Zeit müfs
fen die Stahlfabriken zu Waidhofen in den Gifenwurgen bes
zhbemt geweien fein, denn er erwähnt AXI, 9 Schwerter daher.
Andere Derter, aber nicht alle in Oeſtreich gelegen, deren ex
noch erwähnt, find Atzenbruk (jezt Brud?), Bottenbrunne (Pots
tenbeef?), Lengedach, Tuln, "Gt.:Eienhart, Schonellten, Gns,
Mideifufen, bad Martfei,
Bandeshuot, Pernviute, Witendrüel,
Dach Htabife am tue March in — und ben dohenft *
ſeine Ruhe und Aller Freuben in d
Becaiır ihn tig 3 Doch That [ei
sennem @lI, 7). eint feile Liebe zur
Pr und Semächlichkeit ihn wicht gehindert zu haben, in denn
Gefolge feines Herzogs wahrfceinlich einen Roͤmerzug mitzu⸗
» Gr erwähnt beffen ſelbſt (XIL, 2) mb Eagt, dab bie
Waͤlſchen auf feinen Belang nicht achteten, daß fle ben Yilges
rimen (b. h. ben Deutſchen) wehgethan Hätten (XII, 6), und
baß ihr Heer mehr als zur Hälfte umgelommen wäre (KIL, 7).
Das Gericht IR. im Auguft (1210, 1211 7) geſchrieden, und
fiher war es der Abmerzug, ben Kalfer Otto that, beffen Nit⸗
hart ald Augenzeuge gebenlt. Webrigend muß er zur See n
und der Böhmen
"Stalten gelommen fein, weil er wuͤnſcht hinwieder über bie rd
zurüdzufahren. Gr kam gluͤcklich wieder heim, wie wir aus
XXXVIII, 4 fehen, wo ee fü aluu einem ereiften Mann
ruͤhmt, dem alle Sande von Detreich bis an den Rhein, mb
von ber Elbe his an den Po befagnt feien. Sovpiel willen wie
über Nithark, aus feinen eignen Gedichten. Anberer Dichter
Erwaͤhnungen, 5. B. Wolfram's von Eſchenbach, Gotfrid's von
Strasburg und Anderer geben uns nur inſofern über ihn Aufs - |
luß, d i Nithart's Ei
— ——
Nithart's Gedichte tragen augenſcheinlich mehr den Cha-⸗
rakter der Lieder eines — — als eines Hofpoeten. Der
genußfrohe Mann, der alle tiefſinnigen Kluͤgeleien und alle ji
litiſchen Sorgen für Kberfläffig und nur freubeftösend hält,
biit überall ums Nithart's Licbern- hervor. Tanz und Balls
fpiel, Freude über bie Mädchen und Aerger über bie Nebenbuh⸗
ler find der Gegenſtand aller feiner Lieber. Letztere bezeichnet
er zwar immer als eckige ungefchichte Burfche, nennt fie Bauern,
Zölpel und fade Zierbengel; dennoch find wir nicht der Mei⸗
nung, daß alle feine Nebenbuhler dem Bauerftande angehörten;
bie Edelknappen und ritterlidhen Leute des dftreichifchen Hofes
blieben dem: Orte gewiß nicht fern, wo ‚Herr fein Bere
gnügen. fand. Auch befchreibt er feine Nebenbuhler zuweilen
dergeftalt, daß man nur gefchnügelte und gebügelte Hofſchran⸗
sen in benfelben erkennen kann. Er gedenkt z. B. ihrer kuͤnſt⸗
lich gekraͤuſelten Haare, ihrer überaus weiten ſtidenen Keider
und ihrer langen Schwerter (XVIII, 47, LEI, 9. Es if
auch wol einzufehen, wie foldge Leute ihn ebenfo fehe, wenn
nicht mehr ärgern mochten als fchlichte Bauern.
Beine Geliebte, d. h. die Grfte und Angefehenfte feiner
Liebchen, Vriderun, war eine fchöne Dörferin, wie er XIT, 3
ſelbſt ſagt; aber im feinem weiten Herzen fand auch noch Rebe
gung zu andern ländlichen Aindern, woſern fie nur fchön wa⸗
ren, hinlaͤnglich Räum. Dies ſcheint bamals fittlih und darum
ber. Dauptgeliebten nicht eben anftößig geweſen zu fein. Ob
aber dieſe Hauptgeliebten eines Hitterd auch Nebengeliebten eis
ned Anbern fein durften?
Genug, ben Rittern was erlaubt, zur groͤßern Ehre ber vor
Allen Erwaͤhlten neben ihr noch Andere zu lieben, und
Nithart gelebt XXIV, 6 feibft: Gr fei ben Weibern holder
als fie ihm, und es fei ihnen fehr unauftänbig, daß fie ihn bies
entgelten ließen. Ueberall zeigt fi Nithart demnach in an⸗
mutbiger Selbfibefchräntung, als ein im firengen
bart geplagter ‚ und feine Schi des
gemußzselchen Ä
Landiebens in ber Nähe des Hofes if mit ben Tebenbigften Ban J7
ben gemalt, was feinen Liebern einen ſehr reizenden idylli
Anftrid gibt. „Es wird uns bei Betrachtung biefer Lieber in
ber That recht augenſcheinlich⸗“ fagt Hr. Benecke, „wie beliebt
diefe Lieder Rithart'e fein mußten, nicht nur als Rithart ſelbſt
u
Singen fondern auch Lefer von Stadt
urg zogen; Letztexe führten epifche Geb
Yan dee nieberbeutfihen Gedichte von Walentine mb Remer
ft, von Bios und Blancflos find Cigenthum folder Leſer ges
weien, wie daraus herporgeht, daB in biefen Handfehriften noch
ungefähr je 200 Verſen eine Auffsberung an bie Hörer einge
ſchaltet if, dem Lefer zu trinten zu geben. Wie befamat koͤn⸗
nen die Deutſchen nie wohl lange durften; ſchon Tacitus gi
dies wahrgenommen. ‚Aus der Worliede für Nithart’s Ger
bichte‘, fährt Hr. B. fort, „erklaͤren ſich auch nicht wer bie
bireichen Abfchriften, -tie daven von jeher gemacht worden,
ndern aud die fpätern und roben Machahmungen berfeiben,
denen man fein Bedenken trug, den Namen des alten Dichters
yorzufegen.”
um nun wenigfiens ein Beifpiel zu geben, wählen wir
Sieb IV, weiches Nithart —— 1 In Stalin bidhtete, und
geben eb, fo gut wir zum überfegen im Stande fat. Es if auf
Beiberun gebichtet. -
Sommer , beiner Tieben Augemmelbe
Muß ich wieder mich getröften fonder meinen Dank;
Denn mid ztoinget jest, vor allem Leibe j
Ein dreifaches Leid und macht mein Herz an Freuden krank:
Cine iR die ſchwere Beit,
Die in. naht und Alenz
. Dann das Andre, bad mir Sehnen gibt und Traurigkeit,
. Daß Ihr al mein Dienk nit will gefallen;
Endlich, daß bie Gute weilet meinen Herzen weit.
Meiner leder fehnfudztvoße Klagen
Behn itre tn die Ohren wie das NBaffer in ben Stein.
Leicht, aus Stolz, mag fie mir mol ihr Herz verfagen,
Unfrer beider Wille, leider, ſtimmt nicht überein.
Zeind iſt Fe; ich bin ihr Horb.
Wann bat dies ein Ende? -
Dieſen Buwiefnalt ſchaffet Madelweig und WBerenbold:
Gott ben Beiden alles Gluͤcke wende!
Was Ich diefen Sommer trug, ich trüg’ ed nicht um Gold!
Ich bad’ Ungemad von Diabelmelge,
Mehr als viel erleid’ ich feines Werbens Balber hie;
N Seiner Ungefäg’ ich viel verfdsmeige,
u Nimmetr wili den Lenten ich zur ‚hälfte künben fie.
IH bin ibm von Schulden gram;
Stets ihm kreißt die Zunge. .
ı Bah wer den, ber Briberunen Ihren Spiegel nahm?
: Dem ft gleich im Thun ber Bant, der junge:
Defterd ſchon erregte mir fein roher Unglimpf Schaue!
‚Heuer, als bie Kinder Freuben plagen, '
Sprang er, feht, ben krummen Reihn an ihrer weißen Hand.
Meine Freunde da begann ich feagen,
Wer der Tolpel wäre? Jedem war er fremb im Sant.
. Dabei wuchs mir nitgenbe Schmer,
Da fie vor mir ſprungen.
Traun, es war fo toͤlpiſch nicht fein Yıte Eugelger.
Run bin ich befchweret von dem jungen.
Weh, wer bracht’ ibn immer von Sanct Leonharken ber!
Ja, ber war mir feines Leibes ſchuldig,
; Der ihn mis zum Schaden aus dem Forſte der vertrieb.
: Gr if voller Frevel ungebuldig,
Wehe, daß er borten nicht bei feinen Sippen Bien.
Dann nicht firidh er feinen Fuß
„Hier an meine Seiten!
48
Aa ie man ai Feten bhfEn ſadoa 1 aß -
Sreundlig bitten ben von Sqhaneleiten,
Daß ex feine HpId mir geb’; Id mähne wohl, er thrs:
Ich bin allzu fern ihr, der mie Naben,
Ihre Lofen Augen brechten fie ind Herze mein.
Da die beiden eb einander faben,
Däntte fie mid) ſchoͤne wie ber’ Achten Sonne GAR...
Und es iR, Ad ich erſchaut
An der Holden Reizen!
Nimmer mäfle Madelweige werben fie vertraut,
Den man ſtets um fie gewahrt fi ſpreizen;
Dean nie fah ich unter Dirnen ſolche ſchoͤne Braut.
Seht, fo trag’ ich berzelide Schwere, .
Unter meinen Freuben eine ſolche große Lak,
. Die dem Kalfer kberläftig wäre,
Und doc mar ich Betö In Urem Dieufie vecht in Hell,
Daß beim Wechſel neuen Sang
Stets ich Ihe gefungen.
Dansi£ dient’ id} Ihr den Sommer und ben Minter lang,
Eh mi Adelfrid von ihr verbrungen;
Auf dem Schemmel fig’ ich nun, er oben auf. ber Bank.
Der Beſchluß folgt.)
Notizen.
ueber das Wort Binanz *)
Rau fagt in feiner „Politifchen Dekonomie”, III, 8, daß im
14. und 15. Jahrhundert financia eine fchulbige Gelbieitung
geheißen habe. Man findet auch finatio, ſodaß vielleicht finie,
weiches öfters gewiffe Abgaben - bedeutete, bie weh
Wurzel if. (Dun e's „Glossar.’‘, und Spelmann’s „Glossar.
archaeol.“ ) Mehre Schriftſteller halten. aber den
Stamm des 843 für gerinaniſch und deuten bald auf fein
bald auf finden, weides im Gdpoedifchen und Sslänpifc—hen *
den Begriff von Kunftgriffen in ſich ſchließt. An eine feine
Kunft wurde bei dem Worte Finanz immer gedacht, Es kam
auch im dbeutfcher Sprache immer in ber einfadyen Zahl vor.
—— paraphraſirt Finanz durch Schinderei, Sebaſtian
Brant ſtellt Finanz mit Haß und Neid zuſammen. In Frank⸗
reich Heißt finance eine Einnahme, finances der Staatehaus⸗
halt. Die franzöfifcge Bedeutung bed Wortes wurde zuletzt
auch in Deutfählond angenommen. Man fieht, daß alfo Prof.
Dr. Schön Recht hatte, die „Wrundfäge der Finanz zu fchreiben,
weil er dad Wort aus dem Getmanifchen ableitete Er Hat
fi) aber auch nichts Neues herausgenommen. Gonnenfels
ſchries ſchon: „Brundfäge der Policei, Handlung und Finanz“3
Harl hat ein „„Dandbuch ber —— — und Finauz⸗
verfaßt. Der letztere Schriftſteller laͤßt ſich S. 749 dieruͤber
ausfuͤhrlich vernehmen: „Finanz bedeutet bie Beſtimmungen der
— über Erwerb und Gebrauch des Gtaatöbermös
. 812% iſt überfchrieben: uuDerftelung ber Grundge⸗
fege der — karzere Ausdruck hat etwas fr ſich
Es iſt daher zu wuͤnſchen, —— dem More ‚Binang” in der
Bedeutung vom meoleean geist Fe fitunt das ——*— geben:
ur Kunſtſtatiſtieke.
Die Statiie hat in neueſter Zeit ihr Gebiet merdlich er⸗
weitert. Ihre Zahien betrafen ſonſt nur Land, Leute, Och
Schafe, Steuern, Schulden und Soldaten. enwärtig gi
es bereitö uͤberall Zahlenangaben über bie ——
ben Unterricht, über bie Preſſe. Wan begreift ader nicht, ware
um benn über bie Kunftfammlungen, über bie jährliche Kunſt⸗
production, über bie Zahl der Künfkter u. f. w. fo gar nichts
um Borfchein kommt. Wan mwürbe gewiß ſehr intereffante
chen ermitteln, wenn man auch die Kunftverhättniffe Cu
7’ | ropas ia Rechnung” brächte!
*) Bol Weil. Mr. 10. BET . D. Bet.
Nedigirt unter Weranttortliigtelt der Berlagslanblung: $. X. Brodbaus in Leipzig.
-
4
Bla t ter
für
literarifde u nter ha ltung.
Nittwoch,
Beſchluß aus Nr. 86.)
Umrifie. einer. woͤglichen Reform in Ungarn, im Geifte
des juste-milieu. Bon U..... . London, gedruckt bei
Morlot. 1833. Gr. 8. 12 Sr.
Man darf ſich nicht am den mittelmäßigen Titel ſto⸗
pen. Es iſt manches Gute in dem Buche, und es iſt
wol wahr, daß für manches Land nur das Mittelmäßige
gut if. Im Allgemeinen iſt der Verf. ſehr unzufrieden
mit der Art, wie Deftreih Ungarn regiert. Er fpricht
zuerſt vom Handelsweſen; das Mauthſyſtem und ber
Geldmangel oder das gegen Ungarn befolgte Finanzſyſtem
find ihm die vorzuͤglichſten Hinderniſſe des ungariſchen
Handels. Jenes wird, trotz der wiederholteſten Zuſiche⸗
rung, nicht abgeſtellt, die Reciprocitaͤt und Feſtſetzung der
ungariſchen Mauthen dem Reichstage noch immer entzo⸗
gm. Das Finanzſyſtem, meint der Verf., laſſe zwar
alles Gelb heraus, ‚aber keinen Groſchen hinein In daB
darum arm gewordene Ungarland. Nationalbank ſei das
allgemeine Schlagwort. „Der Bergbau allein, wenn man
ihn nicht ruinirte, konnte die bisherigen Differenzen auf:
heben; doch auch bier muß Ungarn feine Compagnie mit
Deſtreich theuer bezahlen, denn -trog aller Maren, wieder⸗
beiten Gefege wird das edle Metall, geprägt und unges
prägt, nach Wien geführt, um fein Vaterland nie wieder:
zuſchen. Vom Satz, dieſem unerfchöpftichen Reichthum
des Landes, kann hier nicht umſtaͤndlich geſprochen wer⸗
den, da die Frage bereits zu einer europaͤiſchen geworden,
indem die Reichsſtaͤnde hierin an das Urtheil der Welt
appelirten. Auch hierin wird endlich Tag werden.“ Der
zweite Abfchnitt der Broſchuͤre befchäftige fi mit Stra⸗
Sen, Kandten und Eifenbahnen. Für diefe Territorialeivi⸗
Uſation iſt nun leider in Ungarn noch gar nichts gefches
ben, und es iſt eine fehr erfreuliche Erfcheinung, daß die
Ungarn jegt Immer öfterer ihre Stimme erheben, um von
jenem Regicrungsdunkel den Leuten zu fprechen.
Die Probleme der Staatskunſt, Philofophie zc. von Rauer.
Ich habe ſchon oben .ein paar Worte mit dem Herrn
Darf. angeknuͤpft. Das Buch iſt zwar eigentlich zu did
für die Broſchuͤre; da uns aber ein compendiöfer Schnell:
peſtkoffer verfprochen wird, in welchem wir alle Wiſſen⸗
ſchaft etligft fortbringen könnten, fo ordnet ſich dadurdy
dos Buch in die Meihen unferer Meifebüchlein des Wiſ⸗
0
6. Februar 1833.
Buch. Der Verf., ein gebildeter Phyſiker und geſcheiter
Mann, ſchlaͤgt eine italieniſche Carnevalsbude auf, worin
viele vernuͤnftige Medicin zu finden iſt, ſtellt ſich ſelbſt
in ſchreiendrothem Charlatanrocke als Wunderdoctor hinein
und faͤngt nun an zu peroriren. So lange ſich die Rede
um die Natur und ihre Erſcheinungen, ſein Hauptſtu⸗
dium, bewegt, ſind die Zuſchauer aufmerkſam ſtill. Als
er zum Menſchen uͤbergeht und ſich fußſtampfend ereifert,
daß man ihn nicht immer blos ein Ebenbild Gottes, ſon⸗
dern auch ein Saͤugethier nennt, werden die Leute ein
wenig unmbig, fie fangen an zu hungern, das bloße
Ebenbild Gottes darf aber nicht hungern; er will fie bes
[hwichtigen und fpriht nun au von Politif und macht
fie greutich herunter, daß fie fo verfiändig geworben und
nicht hinreichend gemüthlich wären,
In der Vorrede heißt es: „Unfteeitig find es bie hoͤch⸗
fin und edelſten Gegenſtaͤnde des menfchlihen Wiffens,
die fchwierigften und zum Theil tieffinnigften ragen, "des
ven Löfung ich unternommen und, "id darf wol [as
gen, mis nie gefehener Leichtigdeit und Eins
fachheit durchgeführt habe. Ich babe zum erſten
Mate den glüdtichen Verfuch gemacht, das Leben der
Natur in feiner Harmonie darzuftellen.” Berner: „Wie -
einfah und ſchoͤn alle diefe großen Probleme mit
Hülfe eines einzigen leitenden Faden entwicelt und gelöft
werden, zeigt die Schrift ſelbſt u. f.w.” „Erkennt man
meine Ausführung für confequent, dann wird unfere Gis
vilifation eine andere Richtung nehmen.” Babe ich num
mit meinem Wunderdoctor und der roͤmiſchen Bude Uns
echt? Der Haupttheil des Buches aber, wo man die
Marktfchreierei vergißt, vwoelcher gewandt und originell ges
ſchrieben iſt, betrifft die Probleme der Phpfil, wo Her
Mauer darzuthun verfucht, daß alle Naturerfcheinungen,
Licht, Wärme, Bewegung, Magnetismus, Elektricitaͤt,
Wechſelrichtung der Körper (Polarität) u. ſ. w., ihre Kraft,
ihren Mittelpunkt in dem Lebensprincip hätten. Dies
Altes iſt geiſtreich aufgefaßt, geiſtreich durchgefuͤhrt; und
haͤtte der Verf. nicht den uͤbrigen Unrath dazu drucken
laſſen, man koͤnnte ſich ſehr an ibm erbauen. Von die⸗
ſem innern Naturleben ſucht er nun einen Uebergang zum
innern Gemuͤthsleben des Menſchen und verlangt nun
ebenfalls ein inneres Gemuͤthsleben des Staats, Darin
ZT ]
- 150
befteht feine Conſequenz. Bei biefem Verſuch wid er
aber von Seite zu Seite ſchwaͤcher und kraͤnker, er ſucht
mit Parry umſonſt die Durchfahrt; und wenn er nicht
wie Jener im Eife einfrieet, fo loͤſt er ſich doch in laus
ter gemuͤthlicher Sonnenglut in Khseinander fläubende Atome
auf. Im Staate, dem reinen Producte menſchlicher Ver⸗
nunft, defien einzelne Glieder nur durch das Lebens:
princip des Verſtandes ſtraff und lebendig erhalten
werden, will er nichts vom Verſtande wiffen. Die
Aufklaͤrung, meint er, bringe nichts als Unheil, man folle
nach gemüthlicher Vollendung traten; durch gute Ber
faffungen. und Gefegbücer den Staat verbeſſern wollen,
fei geroatige Täufhung Wir wollen uns in die Sonne
feßen und unfer Gemüth ausbrüten laſſen. Einen andern
eg weiß uns Herr Mauer nicht fchidlich anzugeben; und
da er Deftreich als den feinem deal am naͤchſten kom⸗
menden Staat erkennt, fo wollen wir Reſtbratel dazu
eflen, um das Säugethiee zu vergeffen. Der Verf. möge
ſich nicht befchweren, daß ich feine neuem Theorien nicht
verftanden und ihn, vote vorſtehend, "platt beurtheilt habe.
Ich habe fie aufmerkfam, alsdann lachend, endlich) ärgere
ti) geleſen, ich habe fie verſtanden; weil ich fie aber ab⸗
geſchmackt finde, mag ich mich nicht lebendiger mit ihm
zanken.
Gonftitutionnelle Phantaſien eines alten Steuerman⸗
nes im Sturme des Jahres 1832. Hamburg, Fr.
Perthes. 1832. Or. 8. 16 Gr.
Rehberg iſt der Verfaſſer. Er beginnt das Buch
mit feinem alten Liede, daß er nichts gelernt und nichts
vergeſſen habe; daß er es fich feit demi erften Ausbruche
der franzöfifchen Revolution 1789 zum Geſchaͤft gemacht,
dem Einfluffe der Speculationen de6 metaphoflihen Nas
turtehts und eines aus ihm abgeleiteten: allgemeinen
Staatsrechtd entgegenzuarbeiten. Er entbloͤdet fich aber
nicht, im Verlaufe des Buches wie der beſte Metaphyſi⸗
er einmal gelegentlich zu fagen: die Rechte des Menfchen
beruhen auf den allgemeinen Gefegen der Vernunft. Er
fpricht viel durcheinander, und es ift auch wahrfcheinlic)
fein Unheil, daß er viel weiß. Er iſt außerordentlih uns
terrichtet von ben ſpeciellen hiftorifchen Verhaͤltniſſen der
Ränder, und ich glaube, es hat ihn wie manchen Andern
gefchmerzt, dieſes ſociale Geſchichtsthum durch das Ders
nunftrecht in den Hintergrund gedraͤngt zu ſehen. Der
Philolog, der die meiſten unnügen Bücher geleſen, ers
zieht am fehlechteften.. Die Menſchen find fo egoiſtiſch,
daß fie, um nicht ein Jota von ihrem unnlgen Wiſſen
toegzumwerfen, von bee Welt verlangen, fie folle das Wil:
fen annehmen; fie vermechfeln das Individuun mit dem
Objecte. Wer viel roͤmiſches Recht weiß, will keine ncue
Serihtöverfaffung, um den Vortheil feines Wiſſens nicht
aufzugeben. Das vorliegende Buch beichaftige fi) Abri:
gene zunaͤchſt mit Hanover und emthält allerdings nur
Mhantafien. Der Verf. dringt feiten gründlid und feft
auf etwas. Bei Gelegenheit der Preßfreiheit mug Macchias
veil ſprechen; natürlich fpricht er, wie es zu feiner Belt
Mode war.. Daben wir denn nody nicht mehr gelernt,
als Macchiavell wußte? wenn nicht, fo find wir aflers
Bings keiner Preßfrelhelt wuͤrbig. Dieſer einige Geſchichto⸗
autoritätenfram, den die Deutſchen wie Siſyphus fein
Rad wälzen, wird täglich widriger, weil bie Zeit täglich
jünger und Älter wird. Das Wort Civilliſte iſt Herm
Rehberg ſchon ein Hochverratt. „Steht etwa ia dee
Lifte der zu Öffentlichen Geſchaͤften Angeftditen ber Koͤntg
Kenan?“ fragt er fehr naiv: IR Heern Rehbergie A
nig vielleicht blos zu allgemeinem Amufement da? fragt
ber Lefer ebenfo naiv zurüd, „Die Rechte bes Volks“
haben auf ein paar Seiten Pag; das Hauptrecht beſteht
darin, daß fie bitten dürfen.
Far Nevolutionsfreunde und Revolutionsfeinde, von
Zug gtopoid Bucher. Koͤslin, Hendeß. 1832.
8. r.
Was kann ein pommeriſcher Prorector ſeinen pomme⸗
riſchen Schuͤlern über Politik ſagen? noch dazu am 3.
Auguſt. Wenn er was Rechtes weiß, fo darf er's nicht
mittheilen; weiß er nichts, fo, iſt den jungen Pommern
mit feiner Rede nichts geholfen. WBorliegefiber Inculpat,
Hrofeffor und Prorector in Köslin, Auguſt Leopold Bu⸗
her, weiß vichts als unintereflante Variationen über das
1813 beliebte Thema: „Mit Gott für König und Va⸗
terland!” — Das find umfere gelehrten Broſchuͤten! 167,
Beiträge zur Kenntniß ber altdeutfchen Sprache und Lite⸗
ratur, von ©. 5. Benecke. Zweite Hälfte,
(Beſchluß aus Wr. 96.) ,
Bir laffen einfiweilen den Ernſt ber Lehre bei Seite unb -
wenden uns, dem Scherze getreu, zu ben überaus Iuftigen Schel⸗
gienftreichen eines hochwuͤrdigen Herem, bes Pfoffen Amis, der
endlich, Tem Gedichte zufolge, als Abt zu Tranis felig verſchied.
Nah Benedi’6 Annahme liegt diefem Gedichte ein engliſches
Driginel zu Grunde, was jebody bis jegt noch nicht befannt ges
worden if. Nach ihm lautet jept der Name: Amis, Ames;
bie Abtei Tranis hat er nicht nachgewieſen. Diefer gerftliche
Heer, der die Breuden bes Lebens Eannte und liebte, hielt, bes
vor er noch Abt ward, auf feiner Pfarrei bergeftalt offene Ta⸗
fet, daß es allgemeines Auffeben erregte. Seinen Biſchof, ben
bie verbroß, und der, feine Quelle fo ergiebig glaubend, auch
mitfchöpfen wollte, wußte Amis Hftig abzumeifen; dadurch aber
warb er fo berühmt, daß die Anzahl der Fremden, welche nun
ihn kennen zu lernen wünfchten, feine Ausgaben außer allem
Verhättniffe zu feiner Einahme brachte. Amis jedoeh, als ein
guter Wirth, will feine Safifreiheit feineswegs aufheben oder
auch nur befchränten, fondern lieber, fei es auch wie es wolle,
Geid ſich verſchaffen. Nun folgt im Gedicht eine Weträgerei
des geifllichen Herrn nach der andern, bis endlich er genug zu
haben meint, feine Gaflfreipeit gewohntesmaßen fortzufegen.
Endlich aber, bes geraͤuſchvollen Lebens mübe, gebt er in ein
Ktofter, we er auch bald von allen Brüdern feiner Zrömmigfeit
und Verdienſte halber zum Abte erwählt wird. Schließlich vers
fichert uns der Dichter, Amie fei felig gefiorben. Wir wollen
nur einen Steimenftreich überfegt hier mittheilen; vielleicht d
dadurch ein oder der andere Standesgenoſſe tes Amis zu einem
ähnlichen verdienftlichen Unternehmen fi aufgemuntert fühlt.
Zetenfatts kann man fig einen Begriff davon bilden, wie ein
Geiftlicher fi bamals den leeren Beutel füllen konnte.
Nachdem Amis feinen Plan gefaßt hat, verficht er fidh
mit den nöthigen Dingen, um je nach Gelegenheit als Prebis .
ger, Maler, Arzt oder Kaufmann feine Role fpielen zu koͤnnen.
Sechs berittene Knechte begleiten ihn, wahrfcheiniih um fein
wohlerworbenee Gut zu befhügen, damit es ihm nicht ergebe, wie
— ———— —— — — m —ñ — —ñ —— —
B. 851:
154 | —
RNachdem ex ſich alſo bereitet hatte, beginnt das Gedicht
Siermit fahr er in ein Land, da ein Kirchweihfeſt er fand,
Unb bat den Pfaffen in dem Drt, wenn er bed ECvangeliums Wort
@elefen, baß er ibn prebigen Iteß. Freundlich er ihm flugs verbieß
Die Hälfte ded Beroinned. Ihn hörten frommed Sinnes
Bauern viel und Frauen. Der mochte ba man ſchauen
Mol zwanzighundert ober nr. Vom neuen Bunde ba die Lehr
er und zog zugleich auch bie vom alten in feinen Be:
seid.
Died that er heiliger Selbung voll. Dann rief er Taut, daß rings
ed ſcholl.
Und ſprach mit Eifer alfo: Ihr mögt wol des fein Immer froß,
Daß mid Bott hat hergeſandt. Ich br euch ber in dieſes
. . "Raub
‚ Ein Gelligtbum, alfo gut, daß ed alle Tage Beidyen thut.
Bud fol Gnade hier geichehn ; ich LaiP euch Zeihen beute fehn,
Daß al’ ihr meinem Worte glaubt. Ded Heiligen Brombanud
Haupt
Mas [chet hier, das habe ich. Es hat geſprochen wider mis
Ich fo ihm ein Müufter baun, von Buben, doch nur reiner Braun,
Daß Gottes wol ed wuͤrdig ſei; und daß ih Opfer nicht dabei
(Das gebot ed mir an ben Leit) verwende, dad mir gäb' ein Weib,
Die zu ihrem Ehemann jemald andern Mann geivann. —
Bon der nun foldhe Rede geb’, ber gebiet’ ich, daß fie Rille ieh’;
Denn gäben foldye mir etwas, wahrlich, ich naͤhme nimmer dad! —
Das laß ih wol euch ſchuuen. Da begannien die Brauen,
Als an er hub zu Äingen, mit Opfer dar zu bringen;
und die Beimänner bätten, bie fab man an den Stätten
Schnell fid, drängen die Erſten dar. Das Opfer nahm er alleb
gar.
ALS Fe da nun fahen, daß er begann empfahen
AUes, werd auch dar ihm trua, und daß er nichts aubſchlug,
Da frrangen die Frauen alle zum Altar hin mit Schalle;
Denn, bie geblieben waͤre, die hätte böfe Maͤhre a
GSewonnen Angenblidö daran z man fpräche, fie hielt's mit and
Mann.
Des konnten die Frauen [2 verfiehn, und huben aW an, bar zu
‚gehn;
Und bie nicht hatte mitgebradht_ einen Dpferptenning,, die war bes
dacht,
Und lich iba von ber Nachbarin, oder opfert ein Fingerlin
Bon Silber oder Bolde. So eilten mit dem Solbe
Die Weiber allgemein und fehr, als ob fie alle ihre Chr
Damit follten löfen. Die Guten und die Böfen
Die duben fi) gleicherweiſe bar. Sie nabmıen alle fleißig wahr,
Die nicht man opfern fähe bier, daß man von ber fpräche ſchier,
Ihre Treu fel Kopfer. Da ward bad reichſte Opfer, .
Das vorher man, oder feit, bei fogetbaner Kirchweihzeit,
Segend einem Pfoffen gab. Da wär’ mınd Gine wol ind Grab
ANRit Ehren lieber geleget dort, ald daß fie felpft an ſolchem Det
Jor thaͤte ſolche Schande und blieb In ihrem Stande.
Die Männer hatte genommen und gern body wollte kommen
Aus dem Gerede, die opfert fehler dreimal und zeigt fi dreimal
hi
er
Um den Alter zu dieſer Stund, daß ja den Leuten wuͤrde kund,
Bte fonder argen Zalfch fie fei, beideß, rein und ſchandenfrei zc.
&o gewinnt der Pfaffe Amıs fein reiches Opfer und gebietet
daranf bei dem Banne, alle Weiber, die heute geopfert haͤt⸗
ten, für rein nnd ohne Falſch gu halten, „denn er würbe auch
das rrichſte Dpfer einer Zreuelofen nicht angenommen haben”.
Darauf zieht .er fort und predigt auf dieſe Art im Lande
ringe und überall, fagt ber Dichter, wohin er kam, wa⸗
ren bie Frauen feiner Ankunft froh, ja fie ſchickten ihm fogar
Doten und ließen ihn bitten‘, in ihren‘ Qrimaten ara zu
prebigen. Daburch ward er reich und trachtete fort an nach
größerem Gewinne. u
Ginige andere Streide ermähnm wis nur kurz. Bald nadh
ben DOpferpredigten begibt fih Amis atı den Hof bes Königs
von Kerlingen (Frankreich) und verfpricht biefem, einen Saal
fo zu malen, baß nur ehelich erzeugte Maͤnner und Frauen bie
Gemälde zu fehen im Stande wären. Der König findet. ben
Vorſchlag vortheilhaft, weil er den umehelich erzeugten Großen
bie Lehen nehmen kann, gibt dem Maler Amis Geld und Gut
in Menge und heißt ihn malen. Amis lebt herrlich und in
Sreuden, und ats ber Zag kommt, wo die Gemaͤlde beſehen
werden follen, führt er den König und alle Andern einzeln in
ben Saal und erklärt ihnen die Gemälde. Keiner fieht etwas,
Jeder dber ſchaͤmt fi, zu geſtehen, er ſehe nichts. Ebenſo geht
es mit der Koͤnigin und ihren Frauen. Amis aber nimmt ſei⸗
nen Lohn und gebt feiner Wege. Darauf gehen die Herren
und Krauen in Maffe in den Saal und Alle loben die Schoͤn⸗
heit der Farden, Zierlidzleit ber Zeichnung u. f. w., bis end⸗
lich ein Knecht offen defennt, ex fehe nichts, worauf auch bie Ans
dern eingeftehen, nichte zu fehen. Darauf heilt Amis als Arzt dem
Herzoge von Eothringen Alle Kranken feiner Siechhaͤuſer dadurch
für ſchweres Geld, daß er den Kranken fagt, er wolle den Kräns
teften unter ihnen töbten und mit beffen Biute big Uebrigen
heilen; fie follten den Kraͤnkeſten felbft wählen. M er wie
derkommt, wollen alle gefunb fein, und fo befiehlt er ihnen, zu
dem Derzoge zu gehen und ihre Geneſung ſelbſt anzuzeigen.
Hieraus fchon wird man abnehmen, daß man den Pfaffen
Amis allenfalls ats einen Vorläufer bes naͤrriſch⸗klugen Till
Eulenſpiegel betrachten könnte. Beachtenſswerth ift die Bemer⸗
kung, welche Benecke bei dieſem Gedichte uͤber die Geſinnung
bes Mittelalters macht. „Daß ber Gtridäre Betruͤgereien eis
wes geifilichen Hertn erzählte, Tand man nicht auftößig, denn
fie bereihern am Unde im Klofer;z aber daß ein geifts
licher Herr ſich prellen täßt, das fchien ebrenrährig, bas follte
nicht bekannt werden.” In dem Gerichte Barlaam und Sofas
phat fand ſich nämfich ein folcher Worfall: Rudolf, der Dichter,
hatte ſich vergeffen, und war zu weltlich gewonben, allein man
wußte Rath, man verftümmelte das Gedicht. LE nee
In dem Gedichte „Der Winsbecke und die Winsbeckin“ gibt
Vater und Mutter dem Sohne und ber Tochter zute Lehren”
ber Weisheit und Tugend 5 folgende Strophen, als den Geiſt je:
ner Zeit beſonders charalteriſirend, theilen wir bier mut.
Str. 5. Sobn, geiftlich Leben ehre mir,
Daß iſt dir gut, und ift ein Sinn.
Deu Willen raube Niemand biz,
Das wird an Helle beta Gewinn.
Nicht kuͤmntre dich ber Pfaffen Ibun,
An ihnen dienſt du Gott mit Sinn.
SR gut ihr Wort, ibr Werk fei krumm:
Du folge nur dem Worte .ncdh,
Dem Werke nit; fonk bill bu bumm.
Ste. 14. Sohn, bindet dir den Helm der Strick,
Sogleich fei mutbig, Tähn und dald.
Geben!’ an reiner Frauen Bid,
Der Gruß man fletd mit Dieuſt vergalt.
Eis’ grab; verſchwende fo den Wald,
Als ob dir’d angeboren fei.
So Banden warf ich, vor ih alt
(Erwarten mußt‘ ich gleiches 2008);
Gut Ritterſchaft iR Würfelfpiel,
Dem Slüde ruht der Sieg im Schoos.
Ste. 16. Sohn, willſt du zieren beiten Leib,
So daß er fei dem Schlechten gram,
&o nimm’ und ehre guie Weib;
Ihre Tugend uns fletö von Sorgen nahm.
&ie find der wonnetragende Stamm,
Davon wir Ale find geborn.
Er hat nit Zucht, noch rechte Scham,
Der Ihres Lobes nicht wird frob.
Er muß der Thoren einer fein,
Und ſpraͤch er klug wie Salomo.
.. ®
S
152
&ts. 17. Sie Mind ein wonnetragend Licht
.. An-Ebien und an Wärbigkeit,
Der Welt an Ehr’ ein’ Zuverſicht;
Nie debt dad Weifer Wiberftreit.
Sir Name trägt der Ehren Kleid,
Gar hoch gemeffen und gewirkt
„ Mit Tugend völlig und auch breit.
Benabe Gott und werden ließ,
Daß er, da Engel dort er ſchuf⸗
Sie hier ald Engel wandeln bieß.
te, 18. Auch magfi du, Sohn, noch willen wohl
Bon rauen Ehre fonder Streit;
Ob das dein GIäE dir fügen ſoll,
Daß du erledſt die liebe Zeit,
Daß die die Gute Breude weiht:
So kann dir nimmer baß geſchebn
Auf diefer Welt, bei meinem Eid.
Mit Treuen hold follft ihnen fein?!
©pri ihnen wohl; thuf du das nicht,
So muß ich mid) getzöften bein.
ty. 39. I Tage, Sohn, dir fonder Wahn,
o Des Mannes Her I} ungefund,
Das innen nit ih reinen kann
Mit Weibes Lieb’ zu jeder Stund.
Es war ein tugenbliher Fund,
Da guter Frauen warb gedacht.
SIR Jemand ſchwerer Sorgen wund,
Dem bittred Leib das Herz durchweht,
Der ſtreiche Frauenguͤte dran:
Die Noth ihm wie ber Thau vergedt.
Hiermit glauben wir dem Lefer zur Erkenntniß bes Werthes
der in biefem Bande enthaltenen Altern deutſchen Dichtungen
behuͤlflich geweſen zu fein. Zür bie Würdigung ber Eritifchen
Leitungen bes Hrn. Herausgebers iſt hier natürlich nicht ber
Ort. Go möge die Verfiherung genügen, daß er Alles leiftete,
was man von einem Wanne feines Vufes erwarten konnte. 40,
Correſpondenznachrichten.
Berlin, Janunar 1838,
— — Das. vor Kurzem erfchienene, vom Eouffleur ber hiefigen
koͤnigl. Bühne herausgegebene Sheaterrepertorium zwingt uns
im neuen Jahre zu einem Ruͤckblick auf das alte in Betreff
feinee Kunftieiftungen. Die Theaterſtaliſtik Berlins erweiſt das
immer mehr fidy fleigernde Ueberwiegen ber Oper unb des Bal⸗
lets, während uns body in muſikaliſcher Hinſicht weder eine
neue Schöpfung von Webeutung, noch für den Verluſt der Mil
der, Schult und von Schaͤtzel durch eine neue Känfllerin von
Auf irgend sin Srfag geboten wäre. Weder die Waagen⸗Schech⸗
ner noch die Schröder : Devrient gaftirten im Verlauf bes Jahr
re. Gpontini gab wie immer nichts Neues. Des Erwerb
Rott’S wurde burch den größten ber Werlufte im Felde der Mi⸗
mit, ben wir am Schluß des Jahres erlitten, weit überboten:
.Lubwig Devrient, vielleiht der größte Lear, Franz Moor und
Shyiod in bee Theaterwelt, flarb am 30. December 1832.
Im 3.1784 geboren, debutirte er bier 1815 als Franz Moor und
war feitbem trot ber gidhtifhen Zuckungen, benen feine Perſoͤn⸗
lichkeit wie fein Spiel in lepter Zeit unterlag, befonders in jes
nem Dreigefiien feiner Leiftungen die Bewunderung bes gebildet:
ſten Publicums,
Gine: feltfame MWrofchüre von einem Hrn. G. W. Kähne
greift zum Theil in das Bühnenmwefen unferer norbbeutfcen
Refideng; ſchon ber Titel, der nicht ironiſch gemeint ift, erſcheint
parador: „Raupach und Haͤring, ober Giniges über bie Stel⸗
lung von Preußens Dichtern zu Güddeutfchland und Guropa’.
Red paradoxer {ft dem Verlauten nach der Inhalt des Buͤch⸗
leine, indem Sophokles' Groͤße vor Raupach's Leiſtungen vers
ſchwinden ſoll.
Hebigirt unter Brrantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brofhaus in Leipzig
ber Meujohröngdgt machte, wis die Sage anht, uafen
Per... von ber langen Vruͤcke aus abermals feine Runde u.
die Königsftadt, und Hr. J. J. laͤßt ihn in feiner fiebenten Le
gende das Mufeum diesmal beſuchen, wo ex bei ben Riederlaͤn⸗
dern, namentlich vor Wouwermann's Belagerung von Antwer⸗
pen, mit vorzüglicher Theilnahme verweilt. -
In den gelehrten Kreifen Berlins bietet das neue Gelchichte
wert vom hiefigen Peofeflor 9. F. Stube: „Die drei legten
Feldzuͤge gegen Napoleon *), hiſtoriſch⸗kritiſch Dangeftellt”,
ebenjo reichen wie intereffanten Stoff dar. Der ftarkmüthige
Daͤne, aus Flensburg gebürtig, der in preußiſchen Dienften die
Feldzuͤge felbft mitmachte, gehört, obſchon er fig von ber hiefi⸗
gen Phüofophenfchule, in der Ahnung, fein eigenthuͤmliches Selbſt
und bie Willkuͤr feiner freien Forſchung erhalten zu müfien,
losfagte, gleichwol zu jenen kaͤmpfenden Geiſtern, die bie Welt
der hiftorifchen Erfcheinungen dem Gedanken und dem Principe
unterwerfen, von bdeffen Wittelpuntte aus bie auseinander fallende
Wirklichkeit mit allen ihren Zerftüdelu in eine einzige
einen einzigen Durdrag t *2 &o in
Stuhrs Darftellung Ginzelheiten heraustreten mudgen, ber Xthem
der Geſchichte und ihr inmwendig quellendes Leben ſtroͤmt in Al⸗
lem, was er ſpricht und fchreibt. In Betreff auf obiges Merk
macht man dem Berf. zum Borwurf, er ſuche bie Wurzel’ber
Greigniffe gu tief, er firebe zu durchdringend dem Zuſammen⸗
hange der Weltbinge nach. Specieller ergibt ſich ber Zabel, er
babe ben geographiſchen Einfluͤſſen auf Staaten⸗ und Voͤlker
entwidelung zu viel eingeräumt. In feiner Polemik gegen Rise
buhr’s Roͤmiſche Befchichte” und Ereuzer’s Symbolik” ift freitich
bie Herausſtelung ber Boͤlkermomente in ihrer eigenflen Ratio⸗
nolltät auf eine glänzende und fiegenbe Weiſe an örtliche Be⸗
biagungen angeknuͤpft. Möchte der geiſtvolle Stuhr, ber ſich
anfangs fa nur polemiſch entwidelt hat und deshalb von dem
Parteien der Zeit weniger als er verdiente berüdkchtigt iR,
feine philoſophiſche @liederung ber Weltgeſchichte, die er in
Vorlefungen bisher einer Kleinen akademiſchen Zuhoͤrerſchaft
mittpeilte, bem größern Publicum nicht länger ——
en.
Notizen.
Eine amtliche Nachweiſung über die Verſammlungen und
bie Thaͤtigkeit des engliſchen Unterhauſes während ter letzten
25 Jahre, verfaßt vom Secretair KRickman, gibt 28 Situn⸗
gen während diefes Zeitraums an. Wit Ausnahme ber kurzen
Berfammlungen zu Anfang der jegigen und der vorigen Regie
rung war bie im 3. 1807 der Zahl der Tage nad) (45) von
ber kuͤrzeſten Dauer. Die längfien Verfammlungen nach Tagen
fallen in bas Jahr 1811, 185 Tage, 1812, 187 Tage, und 1818,
136 Tage. Die größten Bigungen nach Stunten fanden 1831
wegen ber Heformbill und 1821 wegen ber Königin Karoline
ſtatt; die erftere dauerte 918, die andere 8611 Stunde. Die
Smancipation der Katholilen, die Reform und bie Königin Has
roline wurden Weranlaflung zu der zahlreichſten Abftimmung.
In den Angelegenheiten der erfien und letten ſtimmten mehrer
mals über 520-Mitglieders allein über die ziveite Werlefung
ber erſten Reformbill am 22. Mär 1831 flimmten 608, und
über die zweite Verlefung ber zweiten Reformbill am 6. Juli
deſſelben 3. 538 Mitglieter ab.
In einer englifchen Papiermuͤhle (Wbite Hall mill in Deu _
bufhire) wurde im 3. 1831 ein Stuͤck Papier — denn Blatt
fann man es body unmdglidy nennen — von 13,800 Fuß Länge
und 4 Fuß Breite fabricirt. 8.
Es wird nachſtens ausführlich daruͤber in d. BL. geſprochen wer⸗
ven. . OO D.Red.
x
Blatte
r
⸗
e
—
für ur
Titerarifge Unterhaltun oo
fehen . In ödriefen, ausge
Chr. Jac. Eiſenlohr. Karlsruhe, Groos. 1831.
Gr. 8 x. |
Nice. obere Misbehagen ſchickte Ref. ih an, ber
uffoberung, vorſtehende Schrift anzuzeigen, Genlge zu
thum, fofern irenifche Verſuche auf ders Gebiete ber Wil:
ſenſchaft überhaupt, insbefondere aber der philofophifchen
Wifſenſchaft ihm immer etwas DBedenkliches zu haben
fihtenen und and), wie und die Geſchichte der Wiſſenſchaft
Iehet, aoch wenig gedeihliche Fruͤchte gebracht haben. Das
gewöhnliche foukretiftifche Streben der Irenik muß entwes
der jeder Aufftellung eines feſten Principe ſich entſchlagen
ober eine feltene Berleugmumg der Gomfequenz uͤben, burch
Eines wie das Andere aber dem Charakter ber Wiſſen⸗
ſchaftlichkeit Eintrag thun und fidy alfo grabe gegenüber
von einem folchen Streben der Autorität, bie es in Ans
(euch nimmt, berauben. Die Zeit muß Frieden fliften
unter den Syſtemen: eine Macht, bie über allen Syſte⸗
men fücht, die biefe wie Zweige von ben Bäymen baut
und fie auf den Weg ſtreut, auf welchem die Wahrheit
einziehen fol. Wäre Ref. nicht ein abgefagter Gegner
von jener in der Wiſſenſchaft weitverbreiteten Mode, phy⸗
fifche und moraliſche Kräfte gänzlich umtereinander zu mens
gen und dem Entwidelungsgange dieſer das Prognoſtikon
mach dem Geſetze jener ya ſtellen, fo wehrde er, was er
hier nur metaphorifch verſtanden und zur Verbeutlichung
angeführt wiſſen will, in einer ſtrengern Bedeutſarnkelt
ausſprechen: die ireniſchen Verſuche find ein Stoff, der
Die in voller Thaͤtigkeit begriffene Gaͤhrung einer Fluͤſſig⸗
keit plöglich niederſchlaͤgt, aber fie dadurch wicht abklaͤrt,
fondern vielmehr gänzlich verdirbt und ungewießbar macht.
Bei dieſem Vorurtheil, wie ex es gem genannt wiſ⸗
fen will und, wie mm einmal die Sachen flehen, auch nens
wen laffen muß, war es ihm eine freudige Urberenfchung,
die er gewiß mit eimer nicht Heinen Anzahl Kreunde der
Philoſophie theilt, bier nichts weniger als Friedensverſuche
in der genannten ſynkretiſtiſchen Weiſe zu finden, fonbern
eine aus entfchiebener ſpeculativer Kraft, verbunden mit
veicher Kenntniß der Sefchichte der. Philoſophle, in gefaͤlliger
Sposche gegebene felbftändige philoſophiſche Anſitht. Kef.
daͤlt es alfo für fein einziges Geſchaͤft, den Leſern d. Wi.
einen karzen Ueberblick von den Forſchungen des Verf.
zu geben und dabel einige Punkte der Unterſuchung her⸗
auszuheben, bie ihm beſonders wichtig erſchienen find, fel
es aus objectiven,. fei es zum Theil vielleicht nur aus
ſubjectiven Gründen. Das Ganze befteht aus 19 Brie⸗
fen, deren erſter die Unterfuchungen einleitet durch Die,
Bemerkung, die aus biftorifhen Hinweiſungen gefolgert
wird, daß der Zuſammenhang zwiſchen bem Idealen und
Realen noch nicht gefunden fei. Allein fchon hier vers
raͤth es fig, was auch im zweiten Briefe ſogleich beſtaͤ⸗
tigt wird, daß der Verf. auf der Seite der Denker ſteht,
bie von pfuchologifchen Unterfuchungen anheben, die willen
wollen, was der Menſch fei und vermöge, bevor er mit
ſtarker Zuverficht es unternähme, einen Palaft nad) neues
ſtem Geſchmack, mie Arthur Schopenhauer ſich Ariſtopha⸗
niſch ausdruͤckte, „in Wolkenkukuksheim“ (vegeAoxoxxuyta)
aufzufuͤhren. Er wirft mit Kant die Frage auf, ob Raum
und Zeit etwas außer und Beſtehendes ober nur eine
Form unferer finnlichen Vorſtellung fei, und glaubt vor:
läufig wenigftens fo viel behaupten zu Finnen, daß ber
Raum nicht blos eine Form unferer Vorftellung Tel, for
fern diefer Anficht der falſche Schluß zu Grund llege:
Alles, 1006 uns erfcheint, fiellen wir uns Im Raume vor;
der Raum iſt eine Form unferer Vorſtellung, folglich
nichtE außer uns Beſtehendes. (S.9.) Die Trage bildet
indeſſen bier nur ben Uebergang, um einige ſchwankende,
aber für die Speculation unumgänglihe Begriffe aus der
Pſychologie näher zu beflimmen. Zuerſt kommen Em:
pfinden und Vorftelten an bie Reihe, bie einander
wicht fubordiniet, ſondern coorbinirt werden. (Br. 3.) Er⸗
kenntniß bezeichnet bie allgemeine Form, unter welcher.
wir uns eines Dinged bewußt find, Wir unterfcheiden
Hierbei 1) die (finnliche) Wahrnehmung eines charakterie
füfchen Merkmals; 2) bie (geiftige) Vorftelung unter ber
Form eines allgemeinen Begriffs; I) die organifche Afs
fection in der Empfindung und 4) den geiftigen Genuß
Des Angenehmen im Eindruck auf unſer Gemuͤth. Die
erften beiden Elemente find dufere und Innere Vorflelluns
gen, bie andern find dufere oder innere Eindräde. Die
kritiſche Unterfuchung bes Gefuͤhlsvermoͤgens, zu der auch
noch wicht einmal ein Verſuch gemacht worden (follten' bem
Verf. Beneke's Pſychologiſche Skizzen”, Göttingen 1825,
unbetannt geblieben fein?), würde die größte Luͤcke unſers
Wiſſens ausfüllen; aber bie Arbeit fobert einem philoſo⸗
—8 ⸗
51
phiſchen Hercules. (S. 19.) Der Verf. felbft gibt uns
einen trefflichen Beittag, und es ift mit dem frommen
Wunſche, eine Unterfuthung über die Natur ber Gefühle
und ihe Verhaͤltniß zu unſern Vorſtellungen, ‚Begriffen
und’ oem erüffwet, die fich durch mehre Briefe Hinzicht.
(Br. 4— 8.) Dies Reſultat der Unterfuchungen läßt ein
Zufammenfaffen in wenigen Worten nicht zu, und wir
mäffen uns deshalb begnügen, auf einzelne Punkte aus
dem Reichthum diefer den Lefer in ununterbrochener Span⸗
mung erhaltenden Forſchung hinzuweiſen. Nicht die koͤr⸗
perlichen Organe, thut ber Verf. dar, empfinden, ſondern
die Seele. Es gibt keinen innern Sinn, wol aber in
neres Gefühl, bei welchem bie, dußern Organe nicht affi⸗
cirt erſcheinen. Es beſteht in der Affection des Gemuͤths
durch ſinnliche Eindruͤcke und Vorſtellungen; nicht als ‚ob
ſich diefe in ihm zu einer Empfindung ecft veflectiren muͤß⸗
ten, ſondern indem fie dad Gemuͤth in eine Gefuͤhlsſtim⸗
mung freudige oder traurige u. |. iv. wie Sraum, Schwins
det, Schauern, Ekel, verfegen. Hiervon tft wohl zu uns
terfcheiden das intellectuelle Gefühl für das Schöne, Wahre
und Gute, welches unabhängig von jeder organiſchen
Empfindung oder finnlichen Gemuͤthsaffection durch bloße
| Ideen gewedt wird und fi zugleich als eine urfprüngs
fich geiſtige Thaͤtigkeit in unferm Bewußtſein offenbart.
DB 08 Gefühl ift vorhanden, ehe noch der Menſqh fi
einen deutlichen Begriff von irgend einem Dinge zu mas
chen weiß. Es iſt gleichſam der urfprüngliche Inſtinkt,
mit dem alle Erkenntniß anfängt, und die aus dem Ins
nerſten unfers geiftigen Weſens hervorftrömenbe Lichtquelle
unferer Weltanfchauung, unferer Gemütheflimmung und
unfers Glaubens. In ihm liegt die Wohnung des hei⸗
Ligen Geiftes, der bei uns einkehren folk, um unfer Herz
für die himmliſche Wahrheit zu öffnen und jeder fünd»
haften Neigung zu widerſtreiten. Auf ihm beruht die
hohe Begeifterung für Tugenden, bie Dingebung und Auf:
spferung der Märtyrer für Wahrheit, ber edelſte Enthus
iasmus des Menſchen, wodurch er fich noch weit höher
ber das niedere Thier ſtellt als duch feinen Verſtand.
Könnten wir dies Gefühl rein und lauter in uns bewah⸗
sen, fo würden wie von feiner Sünde wiſſen und- im
Paradieſe der Unfchuld leben. (S. 33.) Wer folte es
nicht diefer Sprache anhören, daß hier: bee Verf. dem
Herzen feiner Unterfuchungen, durch bie er ſich Jacobi auf
eine eigenthuͤmliche und die Soderungen der Präcifion mehr
befriedigende Weiſe anfchließt, nahe fteht. Jedoch wird
ung erſi die Anficht des Verf. deutlicher werben, wenn wir
noch einen Schritt weiter gethan haben. Vorlaͤufig gibt
er naͤmlich einige Andeutungen uͤber das Gewiſſen, das
ſittliche, das ſympathetiſche Gefuͤhl (Br. 5), die wir nur
faſt etwas zu kurz finden, ba wir glauben ſollten, daß.
auch für den naͤchſten Zweck des Verf. fid durch Ihre tie-
fere Erforſchung manches ſchoͤne Ergebniß haͤtte heraus⸗
ficlten laſſen. Hernach ſcheidet er genauer Empfindungen,
Wahrnehmungen, Vorftellungen und Begriffe voneinan-
ber (Br. 6), führtinsbefondere an (ob in Uebereinftime
mung mit dem herrfhenden Sprachgebrauch, nad) weichen
Vorftellung der allgerneinfte Name für jedes. Product ber
Erkenntnißthaͤtigkeit If, möchten wir zweifeln), daß nicht
jeder Gedanke eine Vorſtellung, -aber jebe Vorftellung ein
Gedanke fei, ſucht ben diſtinctiven Charakter der Vorſtel⸗
Jungen in ihrer formellen Beſchaffenheit und ihrer Ent⸗
Hebung darzuthun. Sie entfpringen ihm nämlich nur aus
dem Erinnerungs= und Cinbildungsverinägen, alfo ledig⸗
ih durch einen felbfithätigen und in gewiſſem Grade
willkuͤrlichen Act unfers Geiſtes. Inſofern ift ihnen bie
Mahmehmung entgegengefegt, bei welcher wir das Mans
nichfaltige nicht nach Innern fubjectiven, ſondern nach Aus
ßern ebjectiven Gefegen, bie zu aͤndern nicht in unferer
Macht fleht, in keiner beſtimmten Ordnung und Reihen⸗
folge verknüpfen. Empfindungen will ee fo vom Gefühl
getrennt willen, baß jene die Mannichfaltigkeit der Affec
tionen im Eindruck, dieſes die allgemeine Quelle ber Ems
pfindungen ſelbſt bezeichnet, und moliten wir bies auch
immerhin gefcheben laſſen, fo möchten wie doch gern mit
dem Verf. barüber rechten, daß er und Empfindungen
zumuthen will, ohne deren bewußt za fein (S. 54), wenn
wir nicht einerfeits fürchten müßten, das Maß diefer Arte
zeige allzu fehr zu überfchreiten, andererfelts bee Verf.
uns der Mühe ber Widerlegung überhebt, indem. er ſpaͤ⸗
terhin gegen Hegel ſelbſt behamptet (S. 160), es fei uns
gegründet, daß +6 eine Empfindung ohne Bewußtfein gebe.
Wir weiten bie Aufmerkſamkeit der Leer nicht weiter zer⸗
fptittern, die wie gern auf den Punkt concentrirt fehen
möchten, an dem wir num angelangt find, und über wel:
hen den Verf. fprechen gu hören, uns mit der lebendig⸗
ſten Freude erfüue hat; wie meinen die Unterfuchungen
über bie Idee, die der achte Brief, gewiß einer der eigen«
thmlichften ber ganzen Sammlung, beginnt. Die Lehre
von den Ideen hat, wir glauben nicht zu viel zu bebaups
tm, in der Geſchichte ber Philoſophie eine mannichfache
Mishandiumg erfahren. Als ein erhabener Mythos mit
mythiſchem Halbdunkel umgeben, aber lichtverkuͤndend ges
wahren wir fie zum erften Mal in der Platoniſchen
Weltanſicht. Wie Göttergeftalten läßt er fie, bie ewigen
Muſter der fchöpferifhen Allmacht, den Forſcher mehr ar
sathen als fchauen. Schon bie nachfolgende philoſophiſche
Generation der Peripatetiter, wenngleich fie, was wir nicht
leugnen bürfen, manche. Schwächen ber Platoniſchen Entde⸗
ung richtig dezeichnete, im Ganzen beläcdhelte fie nur was
fie nicht verftand. Ihre zweite Epoche erreichte die Lehre
von den Ideen, als jenes Gemenge von Chriſtenthum, Ju⸗
benthum und Heidenthum, das wir unter dem Namen der
alerandrinifchen Schule kennen, ſich mit Platonifcher Moſtik
verkittete. Der Grobheit des Misverftandes oder ber abficht:
chen Entftellung, dem bierbei insbefondere die Ideen umters
lagen, der Eörperlihen Deutung Deflen, was von Plato
ſelbſt in reiner Geifligkeit aufgefaßt war, dem haben wir
es ohne Zweifel zu danken, daß die Lehre von den Ideen
aus dem Kreis be fpeculativen Lebens verfchwand und
nur bier und da noch als antiquarifche Rarität vergezeigt
wurde. Die Bedeutung, in ber das Wort bei Locke und
Leibnig. wiederauftaucht, laͤßt den fpecifiihen Charakter
ber Idee fallen und verflacht das Bild berfelben dadurch,
daß fie identificirt wird mit Dem, was mir Vorftellung
—
ET
155
nennen. Kant zuerft, in vieler, wenn auch nicht in aller
Hinficht ein Nachfolger Platon’d im reinem -Sinn zu
nennen, ſchied wenigftend wieder das Wefen der Idee von
einer Maſſe anderer Vorftellungen ab. Aber morin das
Unterfcheidenbe beftehe, verfäumte auch der Kritidemus
nachzuweiſen, und den- Vorwurf, der ihm aufgebürdet
wurde, daß ihm bie ideen nichts feien als einfachere Bes
griffe, rechtfertigte er felbft theils durch die Unordnung,
in welcher er fie ließ, theild durch den blos regulativen
Gebrauch, ben er von ihnen zu machen geflattete. Die
Willkuͤr, mit welcher dee neuefte Idealismus überhaupt
die bisherige Terminologie behandelt, erſtreckt fi auch
auf den Begriff der Idee, die er für die abfolute Ein:
beit des (fubjectiven) Begriffs und der Objectivität erklaͤrt,
alfo fie doch unter die Lehre vom Begriff, abgefehen von
der Subjectivität, umterordnet, zu einer Species der Bes
griffe macht. Die Idee iſt auch in biefem Syſtem bis
auf den Namen, und tie fich leichd zeigen laſſen möchte,
zu nicht geringem Nacyeheil, insbefondere der ethifchen Wahr⸗
heiten, verkannt. Sie ift auch durch diefes Syſtem nichts
weniger als zu ber ihr eigenthuͤmlichen Freiheit gelangt,
fie lebt unter dem Drucke des Begriffs und leidet von
ber Zprannei eines vorgeblich abfoluten Wiſſens.
(Der Beſchluß folgt.)
Ueber eine Meformation ber proteflantifchen Kirchenver⸗
foffung im Königreihe Sachſen. Vota ber Dioͤces
Leipzig und amtliches Gutachten von Chriftian Gott»
105 Lebrecht Großmann. Leipzig, 8. Fleiſcher.
1833. Gr. 8 12 Er,
._ Das Minifterium des Gultus und Unterrichts in Dresden
ließ in Bezug auf bie vielfach vernommenen Wuͤnſche nach eis
wer Presbpteriale und. Synobalverfaflung der proteftantifchen
Landeskirche des Koͤnigteichs ein Minifierialfchreiben ergehen, in
welchem alle Geiſtliche aufgefobert wurden, ihre Stimmen, Gut:
achten und Vorſchloͤge Darüber abzugeben, indem fidy nicht alls
gemeine und gleichlautende WBilligung bee Sache vorfand. Es
kamen babei mandgerlei zum Theil wunderliche Anſichten und
Berfahrungsarten zum Vorſchein. Gphoren wie Rudelbach
hielten es für viel zu anmafend, wenn die Ghriften, bie im
Fleiſche wandelten, Denen, welchen das Regiment gebühre, weil
fie an der augsburger Sonfeffion hingen, eine Werfaffung geben
wollten (man leſe deſſen 14 Thefen). Anbere ſchienen mehr
am zu horchen, wo ber Hofwind herfomme. Es erſchie⸗
men: „Wuͤnſche der enangelifchen Geiſtlichkeit Sachſens u. ſ. w.“;
«ber man ſah es ihnen an, daß fie nicht das Ganze richtig ers
faßt und dargeſtellt Hatten, und ©. 85 erklärt Hr. Dr. Gr.,
daß er nichts darin unterſchreibe als bie beiden amtlichen Schreis
- ben. Run dekamen die Federn zu thun. Krehl, Meichert, Gis
rarbet, Bretſchneider und viele Andere, auch bie Kirchenzeitun⸗
gen, ſowie die Pblig’fcyen „Jahrbücher gaben ihre Stimmen da⸗
für oder bawider ab, und es mag feine leichte Aufgabe fein,
aus dieſen verfdiedenen Anfichten bie Frage zu beantworten:
Bas ift Wuhrheit ?
Dr. Gr., der nicht zu den Theologen gebört, bie ihre lieb⸗
wertheften Ramen und Aütäglicyleiten allenthalben zur Schau
bringen, bafüe aber, mag er fid nun auf den Philo einlaffen,
ober im „Vaterland““, ober über einen Gegenftand, wie der vor⸗
— iſt, ſprechen, immer gruͤndlich und klar, kraͤftig und
alich, freifinnig und beſonnen ſich vernehmen laͤßt, theilt bier
erſtlich die Vota feiner Didcefanen mit. Es find davon drei
Stimmen unbebingt gegen bie Wresbpterials unb Syno⸗
balverfaffung, „weil dicfe unnöthig und überfläffig find”. @r.’s
Antwort: „Alles allein machen wollen, mit Verſchmaͤhung jedes
Raths, jeder Hülfe, bas iſt das Iandeöverberbliche Princip des
Abſolutismus im Staate, das feelenverderbliche der Bierarchie
in ber Kirche." — „Sie paflen nicht für unfer Volk und unfere
Zeit.“ Antwort: „Es ift grade an ber Zeit und das hoͤchſte
niß, um bie Auflöfung aller kirchlichen Werhältniffe und Wiek
famteit zu verhüten.” — „Man ift jetzt gegen jeben Anfchein
bon Zwang und will ſich nicht willenlos von der Hierarchie leß
ten laſſen.“ Antwort: „Shen das verlangt die Kirche in Abficht
ber Staatsgewalt: fie will ihre Autonomie, foweit es ihr von
Gott und Rechts wegen gebührt; fie will weiter nichts, als was
ihre Schweſtern, die katholiſche, die zeformirte, ja auch bie
Zuben haben, um deren innere Verwaltung, Gefehgebung, An
orbnung ihres Gultus u. dgl. fi ber Staat nicht befünmert.
Bas dem Volke in politifcher Hinficht geworden ift, fol ihm
auch in kirchlicher werben. An hierarchiſche Beſtrebungen iſt
nicht zu denken; eine Kirchenzucht, inſofern man ein Sitten
gericht mit Genförgewalt und Bannrechten verficht, weiſen wie
gradezu ab; durch freie Wahl foll das Presbyterium gewählt
werben, bie Mehrzahl foll aus Laien beftehen, die ſich nicht im
Prieftergewalt werben bringen laſſen.“ Mit gleicher Klarheit
beleuchtet der Verf. die Einwendungen, z. B. „dab das Boll
nicht mündig fei, weder in intellectueller noch in fittlicher Hin⸗
ſicht“ (&. 11), und nennt dies „bie befländige Sprache der Abe
folutiften, um die Unentbehrlichleit und ſogar Wodhlthaͤtigkeit
ihres Syſtems zu beweifen”, was doch nichts Anderes heiße als:
„es gibt keinen verftändigen fronmen Hausvater in ber Ge⸗
meine, Feine Chriften in der chriftlichen, Eeine Proteflanten is
der proteftantifchen Kirche”, was offenbar zu viel, alfo nichts bes
weife, und was auch kein Geiftlicher feiner Gemeinde ohne Scham⸗
röthe nachſagen werde. Trefflich fpricht bee Verf. über das
Mislingen der neueſten Verſuche zur Einfuͤhrung von Presby⸗
terien in Baiern und Preußen. (S. 13.) Gr fielle zuerſt die
Erfahrungen bed Gelingen in Schottland, in ber Schweiz, Hole
land, Weſtfalen und Naffau entgegen 39 zeigt dann ſehr ges
[hit die zum Grunde liegenden Urſa jener nothwenbigen
Wirkung. „In Baiern wollte man eine Kirchenzucht einführen,
die ſchon vor ber Reformation faft unwirffam war und für uns
gar nicht mehr paßt”; dazu kam, „baß die Sache von eine
theologifchen Sekte ausging, die in bem Rufe eines pietiftifche
myſtiſchen Zelotismus ftand.” „In Preußen Tam man post _
festum, ließ 1817 den günftigen Zeitpunkt vorübergehen, machte _
wos die Wahl, aber nicht bie Einführung der Gewaͤhlten feier⸗
lih genug, ging überhaupt mit zweifelndem Muthe an das
Bert und betrieb es ohne höhere Sanction; aus Mangel an
einer richtigen Organifation fegütteten einzelne Mitglieder, ſtatt
den reinen formalen Zweck im. Auge zu behalten, das überreicdhe
Fuͤllhorn ihrer materiellen Intereffen aus. Die Menge und
Berfchiebenteit berfeiben, ber zelotiſche Widerſpruch ber wittens
bergifchen Generalfgnode gegen die Vereinigung der beiden ptos
teftantifhen Gonfeflionen, biefe kirchli @ährungen unb bie
eben eintretenden DBeforgniffe vor demagogiſchen Umtrieben un⸗
ter ber lieben Jugend ſchreckten bamals die Gemüther der Ges
waltigen. Er. v. Bülow in Magbeburg wurde es bamit leicht
gemacht, die Weltleute durch eine von Schuderoff gezuͤchtigte,
aber bei ihrem Publicum nachhaltend wirkende Bröfchäre mit
Gefpenftern der Hierarchie zu ängfligen und hohe Hände von
dem Werke ber Presbyterien und Synoden abzuziehen.” — Die
Presbyterien erflärt man auch für unnüs: daß fie nicht allmächs
tig find und als bloße Form nicht ben Inbifferentiemus bannen
können, gibt Er. zu; „aber in Angelegenheiten des Glaubens
und Gewiſſens muß bie Huͤlfe und das Gute nidyt von Oben
herab erwartet werben, fondern ed muß von Innen heraus Toms
men, mie denn auch die wohlthätigften Reformen, wie das Chris
ſtenthum und bie Reformation, von Unten ausgegangen find.’ _
Doß aus ben Presbypterien „Duͤnkel, Inquiſition, Sektirerei
und Unduldſamkeit hervorgehen, ift nicht nothivendig und nur
450
3 —** Schreckbild. In Wehfalen wenigſtens findet
En
— deren Vota gegen Yresbptericl « oder
——— — — oder gegen beide gerichtet waren, hätten frei:
Bd) ganz andere Waffen anwenden follen, als fie gebraudt
heben; fie waren leicht zu beſiegen. Dreiundvierzig Stimmen
en für Presbyterial⸗ unt ———— „aus Gruͤnden
der Nothwendigkeit, der Möglichkeit, der Rechtmaͤßigkeit und
der Näglichkeit”, auf eine verftändige, werm auch verfdiebene
Baeife. Dr. Dr. Gr. trägt dann feine Privatanſicht nody beſon⸗
Ders vor. Wir haben ſchon bei unferer besten Ueberſicht der
theologiſchen Literatur barauf Jingebeutet*), daß uns das Votum
bes würdigen MWretfchneider ‘gegen bie Sache nicht gmäges
es betrachtete den Gegenſtand nicht von allen Seiten. Gr. prüft
es fcharfund genau. Krehl’s heftige Aeuferungen vnd bie „Biene in
‘ Bwidau treffen ihn nicht; beibe belämpfen die Idee einer Kirchen⸗
gucht, wie fie bem Verf. nicht in ben Sinn kam. Gegen Br. wird
' an zunaͤchſt, das Beduͤrfniß einer Berbefferung bes Kirchenwefend‘’
aus dem „Buftanbe bes innen, häuslichen, religidfen und bes
Öffentlichen kirchlichen Lebens” erwiefen ; fobann wird gezeigt, *
„eine Kirchenregierung dieſe Bebürfniffe kennen müffe”‘, daß „aber
die jetzige Kirchenverfaffung mis ben Grundſaͤtzen unferer Kirche
in einem unaufloelichen Widerfprudge ſtehe, indem der Gtaat
gar oft aus eigner Machtvollkommenheit und ohne bie Kirche
darum zu fragen, das Recht ausübe, über Dogma, Liturgie,
Gultus und Ritus pofitive, für alle Glieder verbinblidhe Be:
ſtimmungen zu treffen, gegen die Schrift (2. Kor. 1, 24), bie
augsburger Gonfeffion (Art. 28) und bie —4 ber ange
ſehenſten Rechtelehrer⸗ —— ruͤgt er die Inconfequenz,
wie man in Bezug auf andere Sonfeffionen verfaͤhrt, und ver⸗
langt nr Bereärigkeit, Gleichheit mit ihnen. Er widerlegt
Hru. Br. , ber zuviel von ber Liturgie erwartet und babei be»
Jauptst, das Kirdyenregiment fei vom jeher ariftofratifch gewe⸗
fen, wovon Gr. bad Gegentheil barlegt. Noch beftzeitet er
mehre unzichtige Anſichten ber miniſteriellen Borfchläge, z. B.
daß die Gerichtebirectoren, die in der Regel nicht einmal Ge⸗
meinbeglieber find, den Preöbpterialverfammlungen zugegen
fein follen, was Rec. ganz fonberbar vorfommt, wenn
es an bie Ausführbarkeit denkt, und man Tann die Ausdrüde
aicht F ſtark finden (S. 58): „daB dann ber alte Sauerteig
wieder da ſei und bie Freiheit ertöbter werbe.”’ Den Kirchen:
petronen will ber Berf. wol ben Play eines beftänbigen Eh⸗
senmitgliebs geben, aber „wenn bie ganze Welt poll Privilegien
wäre, vor Bott gibt's eins; ihm gegenüber finb wir Alle gleich,
* vr Fi —— ber ihm nahe iſt, ſteht er am naͤchtten.“
q ſolcher Beweis von Befangenheit oder
a — aus Menfchenfurcht wird ber Regierung ſchlechten
Dont verdienen.” Nicht minder fpricht er gegen ben beruͤhm⸗
ten ken Giaatelgeer Poͤlig, ber eime Generalſynode und Presbyte⸗
rien ohne Synoden, d. b. „Kopf unb Yüße ohne Rumpf” will,
und wo es uns überhaupt fcheint, als ob ber Theorstiler
body hier, wie auch anderwärts, bad wirfliche Leben zu
wenig fenne unb berü ge. Fehlt, nad Er.’s Anſicht, eins
ber drei Slieber, das Presbyterium als bie Grundlage, bie
Gpecialfonode als vermitteinbes Glied nach Oben und Unten, und
Be GSeneralſynode als Schlußſtein, gleichfam der surf, fo wird
das Einzelne nur Verwirrung und Gchaben Wie nun
das Alles einzurichten fei, was in jeben Bezirk. 3 wie
ſich bie Verfafſung zum Staate verhalten folle, trägt der Verf.
in allgemietnen und befonbern Wuͤnſchen vor, welche uns wohl
erfuͤlldar fcheinen, hätten alle Betheiligte belle Einſicht und
frounme Wegeifterung für bie 5* Die Conſiſtorien haͤlt der
Berf. wenn auch nicht au ich, doch künftig für herfidfe
fig, wenn bie Gyno ons su Stande kommt. Wir
| DIN Die. 06 und SED. BL BEER 553 re I Mahakalye im [LU 100 BL. f. aca. D. Red.
fern Orts glauben jedech· wie bie Dinge in ber Welt num ein⸗
mal ſtehen, und da Weltliches und Kirchliches fo nahe aneins
anber grenzt, ja gegenfeitig eingreift, ein zmedmäßis eine’
gerichtetes Sonfiftorium könne in vieler ie Begiepung ſehr Bar
thätig noch Dben und Unten wirken. wir ſtimmen ©
. bei, —* nur ausnahmöweife ein abeliger —— — darin fein,
und diefe Stelle nicht mehr ale Stufe zum Minifteriom für den
Adel betrachtet werben folle. Nur bei eminenter perfönlidher
Züchtigleit, namentlich durch Gelehrſamkeit (daß er Schriftftels
ler oder Profeſſor des Kirchenrechts fein folle, klingt doch gs
zu unbarmherzig, obgleich «6 Wahrheit ifl), wähle man ihn
aus biefer Glaſſe; außerbem paßt bie Erziehung und Ei
des Adels nicht recht zur Regierung bes Kirche; er ſonnt *
im Lichte der Hofgunſt und liebt es, verwickelte Faͤlle du
Machtſpruͤche zu entſcheiden. In dem Punkte bed Wahlrechts
der Gemeinde weicht Rec. rot ganz (@. 69) von bem verehr⸗
ten Berf. ab: fie werde wit ihren Gimvendungen vos und
bei deu Probe gehört und beachtet, aber der Daun verdanke
r nicht das Amt; in der ‚Hegel entfcheidet fie meiſt nach Zus
fälligleiten, nach dem Aeußern; NRepotiömus, Simonie und
grobe Fehlgriffe, innere Awietracht und unverbiente Zuruͤckſetzun⸗
gen find kaum zu verpittn. Dagegen muß eine Behörde, weiche
iäre Leute ſchon von der Schule an und in ihrem Amtsgange
beobachtet, prüft und kennt, am beften wiffen, wer mit feinem
Gaben und Eigenſchaften an diefen oder jenen Ort, für eine
gute unb für eine vermwilberte Gemeinde paffe u. f. w. Möge
diefes Schriftchen, das mit Wenigem Alles fagt, eine gerechte
Würdigung allenthatben finden. 68,
Notizen.
Beihe eines Parſentempels.
Die alten Anhänger Zoroaſter's, welche bekanntlich ſeit der
mohammedaniſchen Verfolgung im weſtlichen Indien ein neues
Baterland gefunden haben und ſich hier durch moraliſchen Wan⸗
dei ſowol als durch ihre Betriebſamkeit vor ihren Nachbarn vor⸗
theilhaft auszeichnen, weibten am 17. Nov. 1830 einen neuen
Beuertempel zu Bombay feierlich ein, wozu Tauſende don Par⸗
fen aus allen Gegenden Indiens zufammengelommen waren,
Das Gebaͤude tft vierediig und ſehr zierlich gebaut; die Hallen
erglänzen von Spiegeln und Leuchtern, und das Allerheiligſte
iſt befonders prachtvoll muſiviſch mit Marmor getaͤfelt; in der
Mitte ſteht die ſilberne Vaſe fuͤr das heilige Feuer, 40,000 Rus
pien an Werth. Die Koften ded Bauet werben auf eine Sal
Rupien (12,500 Pf. Sterl.) angefchlagen. Die Schenkungen
waren ſehr bebeutend, und ber Oberprieſter Cduldarn erhielt
allein an dreißig der koſtbarſten Shawls.
Alter ber Welt.
Die Bubbhiften auf Ceylon begen über bie Dauer unb um⸗
waͤlzungen bee Welt bie überfpannteften Begriffe und haben, um
bie großen Perioden berfelben zu. berechnen, Zahlen von einer
Unität mit 63 Nullen mit eignen Namen ausgeprägt. obs
gende Beifpiele find aus’isren alten Schriften entnommen: Die
Erde wähft in einer Antatalpa fieben Zobanas (1% engl Mer
len), in taufenb Jahren aber nur einen Zollz ein Jodang hat
1,075,200 sd, fieben mithin 7,526,400 Zoll, biefe, burdg 1000
multiplicirt, geben bie Antatalpa ‚ beren 80 eine Mahälalpe
ober 602,112,000,000 Jahre ausmahen. Cine andere Stelle
beftimmt "biefe Periode 0: Man bente fi einen kubiſchen Fel⸗
fen von neun Klafter Höhe und Breite; bei biefem gebt alle
1000 Jahre eine fchöne Goͤttin fe vorüber, daB nur der leife.
Zephyr ihr Muffelingewandb gegen ben Belfen reift: bie gr
‚num, welche erfobert wird, jenen Stein bis zu ber Größe eines
Senfkorns abzunugen, iſt bie Antakalpa, deren achtzig sat eine
Mahäkalpa gehen.
‚ ö— nt unter Benantwortiihleh der Verlanbbandiunn: Zn uniez Weuantwartlichteit ber Berlagsbandblung: J. X. Beoddans ia Leipzig -
Blatter
für
literarifche Unterhaltung
Breitan — Rt. 39. —
Irene, ‚oder Verſuch ae Vermittelung der philoſophi⸗
en Syſteme. In Briefen. Herausgegeben von
Eiſenlohr.
(Beſchlus aus Nr. 88.)
Eine treffliche, hoͤchſt lichtvolle Erörterung über bie Pla⸗
toniſchen Ideen, voll ber fruchtbarſten Andeutungen bat
uns Herbart („Einleitung in die Philoſophie“, zweite Aus⸗
gabe, ©. 175 fy.) gegeben und mit biftorifcyer Herab⸗
loffung, eine feltene Eigenfchaft eines, genialen Syſtema⸗
— dieſem Punkte ber Platoniſchen Lehre die Gerechtig⸗
feit, die fie verdient, in hoͤherm Grade widerfahren laſſen.
Einm fehe allgemeinen Misverſtand hat er es genannt,
durch den die Ideen die Bedeutung von Vorftellungen ir:
gend welches denkenden Weſens befommen haben; höchft
ſcharfſinnig iſt die Parallele, die er zwiſchen ber Lehre der
Eleaten vom Sein und ber Ideenlehre zieht, deren Ge:
meinfames ber Segenfag gegen die Erfcheinung wäre. Aber
doch ſcheint grade biefer Gegenfag gegen das Sein ihn
ga verkiten, daß er fie, faft möchten wir fagen, im Wis
derſpruch gegen feine anfänglichen Behauptungen, doch nur
zu abfoluten Qualitäten macht, eine Benennung, bie, wenn
wir nicht in Ihr einen Widerfpruch fehen follen, wiederum
den Ideen nur logifche Entftehung und Bedeutung geben,
fie zu welter nichts machen würde als wieberum zu alls
gemeinen Begriffen mit wilkuͤrlich hinzu gedachter Reali⸗
it: eine Verwechſelung, deten ſich fchon Ariftoteles ſchul⸗
Dig gemacht hatte. Es wärbe zu wett führen, wenn wir
Bier zeigen mwoßten, wie und inwieweit Plato felbit zu
. Diefen Verwechſelung Anlaß gegeben hat. Solite fie auch
polig hiſtoriſch getreu fein, was wir jeboch fo gradehin
yuaugeben uns noch nicht gebrungen fühlen, fo ift es doch
sebenfalls eine Unvolllommenheit in der Lehre von den
Seen, bie wir nur dann rubig dürften fichen laſſen,
wenn wir diefe Lehre für weiter nichts hielten ale für
eine einmal dageweſene Erſchelnung in ber Geſchichte der
Ppltefophie. Sind wir hingegen durchdrungen bavon, daß
dieſe Erſcheinung keineswegs sine zufällige fei in der Ge⸗
ſchichte des denkenden Geiſtes; dag ber Skepfis, worin
am Ende alle menſchliche Speculation beſteht, ebenſowol
Kraft als Bedeutung und Schranke nur durch eine Idee⸗
legie gegeben werden kannz. ſehen wir, daß das gemein⸗
ſrime oft mehr oder weniger unoifffürliche Drängen aller
Spfeme anf Erwes, das über der fimnlichen Exfceinung
und über dem Begriffe. liegt, jenem Platonifchen Verſuche
innere Nothwendigkeit gibt: ſo koͤnnen wir Forſchungen,
die dieſen Gegenſtand in ſeiner eigenthuͤmlichen Bedeut⸗
ſamkeit und Reinheit aufnehmen und fortfuͤhren, nicht
anders als mit dem lebhafteſten und freudigſten Intereſſe
begruͤßen. Br. 8: „Idee iſt“, wenn wir den Verf. nach
dieſer kurzen Abſchweifung ſelbſt weiter ſprechen laſſen,
„ein Begriff. Wiefern aber zu dem Inhalt des Begriffe
noch ein Grund hinzugedacht wird, warum und wozu er
ift, fo verknuͤpft fi) mit dem Begriffe eine Idee. Wenn
ich die Afrikaner als eine eigne Menſchenraſſe, die Tugend
als eine Pflicht, die Freiheit als ein Princip oder morali⸗
ſches Geſetz, die Menſchheit als ein moraliſches Weſen mir
denke, fo verknuͤpfe ich mit dieſen Begriffen eine dee
die nicht aus ihnen felbft hervorgeht, fondern ihnen dur
die Bernunft unmittelbar beigefellt roird. ine Ideenlehre
als eine Wiffenihaft von Erkenntnißgrämden, wie die Los
gie eine Wiffenfchaft von Erkenntnißformen, follte handeln
1) von der Natuc bee Ideen, 2) von dem Urfprung und
von der Bildung derfelben, 3) von ihrer verfchtedenen Ein«
theilung, #) von ihrer Verbindung und Zrennung, 5) von
ber Bernunftmößigkeit unferer Ideen, 6) von wiſſenſchaft⸗
lichen ideen, 7) von der Macht unferer Ideen uber Ges
danken und Gefühle. — Was das Erſte anbelangt, fo find.
nicht die Sdeen, fondern nur bie. Faͤhigkeit zur Entwicke⸗
lang derſelben uns angeboren. Die Erzeugung einer Idee
vermögen wir nicht nachzumweifen. Ideen kann der Menſch
nur empfangen und faffen, fie befigt nur der höhere Geiſt,
dem, wie die Alten fagen, die Babe der Weiflagung ver⸗
liehen iſt Ideen werden eingetheilt in vernünftige und
unvernünftige (Chimären), einfache (3.3. Weisheit, Gerech⸗
tigkeit) und zufammengefegte (5. B. Vogel Greif u. f. w.).”
Es fei uns erlaube, zu biefer kurzen Angabe ber Er⸗
Örterungen bed Verf. Über eine Ideenlehre mur wenige
Bemerkungen hinzuzufügen, bie wir ben Verf. nur als
den motivirten Wunfch anzunehmen bitten, daß «6 ihm en
fallen möge, biefe feine Unterfuchungen weiter zu fee
Sret Ref. nit, fo iſt einer der Hauptmaͤngel,
noch ber Platonifchen Ideenlehre anhängen und fie *
ein noch nicht völlig Entwickeltes darſtellen, der, daß wirk⸗
Uch, twenigftens in einzelnen Darftellungen, die Ibee noch
nicht binlänglich vom Begriff, überhaupt von einem rein
analytiſchen Erzeugniß geſchieden worden; und es bebasf
⸗
-
158
nur, daß wir und biefer Unvollkommenheit recht Har wer⸗
ben, um unſere fpeculative Thaͤtigkeit auf diefe vollftäns
digere Scheidung hinzulenken. Auch dem Verf., halten
r dafuͤr, würde dieſe Ueberzeugung von dem Mangel ber
Platoniſchen Ideenlehre eine entſchiedenere Richtung geben
und ihn veranlaſſen, die Spur zu verfolgen, auf welcher
er ift, wenn er die Ideen in zufammengefegte und eins
fache eintheitt, ferner wenn er ſagt, daB (S. 59) bie
Idee mit dem Begriff verknüpft werbe, 5. B. wenn man
fich die Menfchheit ald ein moraliſches Wefen denke. Hier
ift die Idee ſchon nicht mehr rein, fondern fie ift mit
dem Begriff (der analptifchen Erkenntniß) Menfd vers
einige. Wenn er weiter fagt, daß der Inhalt der Ideen
auch aus Begriffen beftehen könne — aber fie entſtehen nicht
durch willkuͤrliche Zufammenfegung von Begriffen, fondern
nach einer durch die Vernunft erlannten Regel — fo würde
er ſich wol ſchwerlich dem Vorwurf entziehen können, daß
Ideen nichts Anderes als Urtheile (Verknüpfung von Bes
griffen), aber nur nicht analytifche, nach einer in der Zu:
fammenſetzung des Begriffs felbft liegenden Regel gebilz
bete, fondern fonthetifche Urtheile, aber als folche doch
.eben nichts weiter als logiſche Producte fein. Ref. das
gegen ift der Meinung, daß Ideen wol funthetiihe Ur⸗
theile (nur nicht grade im Kant'ſchen Sinn) erzeugen
innen, nicht aber diefe feldft feien; daß alfo nicht die
verknüpften Begriffe die Idee feien, fondern daß vielmehr
die Regel, nach der fie verknüpft werden, uns auf fie el:
tn muß. Wie hoffen, das, auf diefem Wege fortgegans
gen, bie Ideen auch nicht mehr als bloße Erkenntnißs
gruͤnde erfcheinen und die Frage Über den Urfprung ders
fetben nicht meht gradehin abzumeifen fei, ber „Unter
ſchied aber zwiſchen zufammenggfegten und einfachen und
namentlich zwiſchen vernünftigen und unvernänftigen Ideen
ganz wegfallen würde, da eine Idee, fofern fie überhaupt
vorhanden wäre, niemals anders als eine vernünftige fein
tönnte; Das aber, was als unvernünftig erfcheine, ent:
weder in einem Mangel oder in einer falfhen Anwen:
dung ber Ideen auf die Begriffe, alfo in einem Fehler der
logiſchen Thaͤtigkeit beſtehe.
Der Verf. um zu ihm wieder zurückzukehren, macht
unmittelbar von den Unterfuchungen uͤber die Ideen Ge:
brauch. Nachdem er ndmlih (Br. 9) die Schwächen
des einfeitigen Rationalismus und Empirismus dargelegt
bat, kommt er endlich zum Mittelpunkt feiner Unterfus
hung und zur Darlegung feines phitofophifhen Glau⸗
bensbefenntniffes (Br. 10). In einem ber berührten
Spiteme findet er die gefuchte Wahrheit, aber boch in
- jedem etwas Wahres. Dafür erkennt er im (Kant'ſchen)
Idealismus bie Anſicht, daß alle empirifche Erkenntniß
nur eine Erfennmiß von Erfcheinungen ſei; im Rationa⸗
lismus bie Anfiht, daß die Erkenntniß der Wahrheit
nach ihrem Grunde auf Ideen und nicht auf Wahrneh⸗
mungen der Sinne beruhe; im Empirismus hingegen die
Anſicht, daß wir durch bloße Begriffe zu Feiner Erkennt⸗
niß von den Dingen in der Natur gelangen können ;. end
th im Kormalismus die Anfiht, daß alle unfere Er
kenntnifſe, inſoweit fie fih auf Vorſtellungen und Be⸗
griffe beziehen, nur formelle Wahrheiten enthalten. Stellt
er alle diefe verfchiedenen Anfichten zuſammen, fo gewinnt
er folgendes, fie alle vereinigende umd nur durch einem
Bufag ergänzte Reſultat: „daß wir durch Vorſtellungen
und Begriffe mr formelle, durch die Wahrnehmungen
ber Sinne aber reelle Wahrheiten in der Exrkenntnif der
Erfeinungen. und digrch bie ihnen entſprechenden Ideen
erft die reelle Wahrheit in ber Erkenntniß der Dinge
ſelbſt, von allen diefen Wahrheiten aber nur durch das
Gefuͤhl die volle Gewißheit und lebendige Ueberzeugung
erhalten koͤnnen.“ Dieſe Saͤtze werden einzeln erwieſen.
Der Stoff unſerer Vorſtellungen ſelbſt beruht auf Wahr⸗
nehmungen, bie unabhängig von Begriffen find, alſo koͤn⸗
nem wir durch Borftelungen und Begriffe nur formelle
Wahrheit erhalten. Um zu ber Ueberzeugung zu: gelans
gen, daß wir durch die Wahrnehmungen der Sinne reelle
Wahrheit in der Erkenntnif von ben Erfcheinungen =
halten, geht der Verf. die einzelnen Sinne duch, um
nachzuweiſen, was dabei dem Einfluß aͤußerer Dinge ans
gehöre. So ſehr auch dieſe Unterfuchungen den gründkis
chen Kenner und fcharffinnigen Forfcher zeigen, fo fuͤrch⸗
ten wir doch, daß es ihm bier nicht fo leicht gelingen
moͤge als in dem vorherigen Punkt. Das Gebiet der
Sinnlichkeit iſt unſtteitig ein weit gefaͤhrlicheres als das
des logiſchen Denkens, und man muß es der beſcheidenen
Skepfis zu gut halten, wem fie die vielen Vortheile, die
ihr hier dargeboten werden, treulih benugt. Wir wollen
uns mit dem Verf. ganz auf feinen Boden fielen, auf
ben ber -Erfahrung, und ihm nur den Wahnfinnigen, den
Magnetifchen,. den Xräumenden vorführen und fragen:
wie es mit der Mealität der Erſcheinungen in ſolchen Zus
finden ſtehe. Wir dürften ihn nicht loslaſſen, er gäbe
uns denn ein Kriterium, wodurch wir Echein von der
Erfcheinung fcheiden. Die Verwirrung in unferer Sinn
lichkeit iſt größer, als daß wir fie fo ſchnell hinwegraͤu⸗
men. Durch bloße Ideen werden wir auf reelle Wahr⸗
heiten in der Erkenntniß der Dinge gefuͤhrt, indem Ideen
und Erſcheinungen in der Form zuſammenkommen, ver⸗
knuͤpft werden; denn wie in unſerm Verſtande die Er⸗
kenntniß von aͤußern Erſcheinungen der Dinge an be⸗
ſtimmte Formen geknuͤpft iſt, ſo ſind es auch die von un⸗
ſerer Vernunft erkannten Ideen (Br. 11). Je angemeſ⸗
ſener eine Idee den Erſcheinungsformen eines Dinges iſt,
deſto gewiſſer iſt unſere Erkenntniß von ſeiner wirklichen
Beſchaffenheit. Subftantielle Ideen find die Gründe ber
Erfcheinungefl und weſentlich unterfchieden von den menſch⸗
lichen fubjectiven, die nur. erfennend und formell find.
In allen .diefen Sägen, auf welche ber Verf. fuͤr feine
Weltanfiht (mis meinen, mit Recht) größeres Gewicht
legt, zeigt er, etwa mit Ausnahme des legten, durch den
Unterfchied zwiſchen objectiven und fubjectiven Ideen, durch
den er Leicht das bis dahin Aufgebaute wieder erfchüttern
fönnte, eine umverfennbare Verwandtſchaft mit Hegel,
von dem er fich bier faft nur in ber Terminologie unters
fheidet. Nach Degel muß ja auch das Ding aus der
Erſcheinung, dem Andersfein zuruͤckkehren; Begriff und
Erſcheinung muͤſſen, wie bei dem Verf. durch die Form,
159
ia dee Idee verkaupft werben, um Wahrheit, Wirklich⸗
‚kit, Geiſt zu werden. Wir glauben deshalb auch, daß
der Verf. mit Unrecht fih mit fo vielen Gegnern des
abfetuten Wiſſens gegen den Hegel ſchen Say fträube:
‚ les, was wirklich iR, ift vernuͤnftig, und was vernünfs
tig iſt, iſt wirklich. Wir mäflen nur bedenken, daß H.
den Begriff der Wirklichkeit auf eine ganz. eigenthuͤmliche
Weiſe feftfegt; wenn fchon Mef. nicht leugnen will, daß
9. in der Vorrede zu feiner Rechtsphiloſophie ein fo ar»
ges Spiel mit diefem Sage treibt, daß man leicht Der:
anlaffung findet, gegen ihn fich zu verwahren. Indeſſen
beforgen wir, daß bei dem Verf. wie bei H. jenes Hin:
und Herwandeln von der Erſcheinung zur Idee in ein
finnreiches dialektiſches Spiel firh verwandeln möge. Dem
Verf. ſelbſt ſcheint diefe Beſorgniß nicht fremd geblieben
m fein; denn font fehen wir nicht ein, aus welchem an:
den Grunde er noch ein Mat frifhe Maffen in den
Kampf führt und den legten Sieg ber Wahrheit bei dem
Gefuͤhle fucht (Br. 13 — 16). Nur durch das Gefühl
bekommen wir eine völlig befriedigende Gewißheit. (Sollte
man hier nicht lieber fagen, daß wir eine für das Ge:
fühl befriedigende Wahrheit fuchen, bie uns durch bie
Dialektik nicht geleitet werden kann?) Auch abftracte
Wahrheiten erhalten nur durch ihre Beziehung auf das
Gefühl und das In ihm ergriffene Sndividuelle Gewißheit.
- Wir bergen nicht, daß wir gern theild uns felbft noch
weiter daruͤber ausgefprochen, theils insbeſondere den Verf.
noch ansführlicher darüber hätten fprehen hören, inwiefern
das Gefühl Organon der Gewißheit ſei. Was das Erſte
anbelangt, ſo koͤnnen wir, falls es der Verf. der Muͤhe
werth achten ſollte, die Anſicht des Ref. naͤher kennen zu
lernen, vorlaͤufig nur auf einige Andeutungen in Fried⸗
teich'· Magaʒin fuͤr philoſophiſche Seelenkunde“ (neue
Folge, Hefe I) hinweiſen. Nachdem er (Br. 17) über
Wille und Freiheit ſich geäußert, gibt er zulegt bie Grund:
jüge einer fpeculativen Phyſik (Br. 18, 19). Was das
Erfte anbelangt, fo wollen wir nur nody eine Hauptftelle,
bie zugleich die Anficht des Berf. von der Zuſammen⸗
fegung des menfchlichen Weſens aufführt, herfegen (S.
189 fg.): „Der Menſch beſteht nach richtigen Begriffen
von ſeinem Weſen aus Geiſt, Seele und Leib in Einem
Individuum. Jener, ber Geiſt, iſt das Abſolute, der
Grund des Bewußtſeins, des Erkennens und Wollens.
Sein Gegenſatz iſt das Zufaͤlllge, Vergaͤngliche, der Leib
als organiſcher Koͤrper, durch welchen der Geiſt mit der
aͤuhern Sinnenwelt in Verbindung geſetzt wird. Aber bie
Bereinigung von Gelft und Körper iſt vermittelt durch
die Segle, als Inbegriff der thätig wirkenden Kräfte, des
Berft , des Sefühls u. ſ. w. Man könnte alfo kurz
weg fagen: der Körper befteht aus materiellen Organen,
die Seele aus immtaterichen, ber Geiſt aus bem erken⸗
nenden und wollenden Wein, Er befigt zwar an und
für ſich abſolute Selbſtbeſtimmung und abfolute Selbſt⸗
erkentniß; aber der Zeit und dem Raume nad) an bie
nur in ſolchem wirkenden Mkäfte gebunden, vermag er
auch nur durch biefe im Bewußtſein ſich zu offenbaren.
Selbſtbeſtimmung und Freiheit find logiſch zu unterfcheis
ben. Jene iſt unbeſchraͤnkt, aber dieſe nicht; fie IE nur
die Äußere Sphäre, nicht die innere Kraft des Willens,
das bedingte Vermögen, nicht der Act des Wollens, bie
Richtung, welche unfg Wille nehmen kann, nicht er
felöft.” Wie gern möchte Ref. darlıber ſowie uͤber das
darın gefnüpfte Princip des Strafrechts, von ihm das
Princip der Ausgleihung (Compenfation) genannt, mit
dem geiſtvollen Verf. ſich verftändigen. Allein, da er ſchon
zu lange für ſich Gehör in Anſpruch genommen hat, fo
muß er gewaltfam abbrechen und verweift in Beziehung
auf den legten Punkte nur auf die Bemerkungen von
Fr. Groos in feinee Schrift: „Schuͤchterne Blicke in die
Ziefen der Philofophie” (Karlsruhe 1832), S. 6 fg., wo⸗
fetbft ſich fcharffinnige Bemerkungen über das gedachte
Princip des Strafrecht eingeflochten finden. -
Auf jeden Fall glaubt er aber bargethan und hier⸗
mit feine Pfliht in Beziehung auf bie treffliche Schrift
erfüt zu haben, daß, von welchem Punkte der Periphes
tie der Denker zum Centrum der Philofophie zu dringen
gewohnt fei, ſei es von der Pſychologie, Phyfiglogie, Ge:
ſchichte der Philofophie, von dem leiblichen, geiftigen oder
rechtlichen Verhaͤltniſſe des Menſchen aus, ihn bier reicher
Genuß und Belehrung erwarte, der ihn nur wuͤnſchen
laͤßt, daß es dem Verf. gefallen möchte, die Kortfegung
dieſer Briefe, zu der er in der Vorrede Hoffnung macht,
vecht bald zu geben.
8. Mehring.
Novellen und Phantafiegemälbe von Ludwig Bechſtein.
Zwei Bände. Hildburghaufen, Keſſelring. 1832. 8,
2 Thlr. 12. Gr.
Der einzige fihere Mopftab für ben Werth ber Novelle
findet fi, nachdem Sprache und Ausbrud faſt gu einem es
meingut geworden find, in ber Idee, die fie verförpert. SIE
biefe würdig, wahr und neu, IB waͤchſt der intenfive Werth ih⸗
rer Geftaltung mit den Eigenſchaften, welche der Idee an ſich
beimohnen.
Es gibt Novellen, welche gar Teine Idee zur Grunblage
haben und nur in ber Begebenheit — in einer Anekdote — wurs
zeln. Zu biefer Gattung gehört die Mehrzahl aller Befchichten,
welche unter dem Namen ber Novelle in Deutfchland, England
und Frankreich erfunden und gefchrieben werden. Es gibt ans
bere Novellen, welche eine Caprice, irgend eine einfeltige und
eigenfinnige Lebensbetrachtung ſtatt einer allgemein wahren und
durch fich felbft als wahr bewiefenen Idee veranfcdhaulichen, und
zu biefer Gattung gehören bie beffern Erfindungen bes Auslans
bes in diefem Gebiete, 4. B. Victor Hugo’s, Grattan's, Eus -
gen Sue's u. A. Erzählungen, nebft einigen und einzelnen Er⸗
zeugniffen ber beften Rovellendichter unter uns, 3. B. Tiecke,
leiſt's, Arnim's, Brentano's u. f. w. Es gibt endlich eine
ine Anzahl von Novellen, wie fie nach äfthetifchen Geſegen
fein follen, und zu diefen rechnen wir bie Mehrzahl ber Leis
flungen Tieck's in biefem Fach, bie Posgaru’s und die beſſern
der Borhingenannten, nebft Hoffmann’s und Fouqué's beften
Leiſtungen. Zu weldyer von biefen Gattungen bie „Rovellm und
Dhantaftegemälde Ludw. Bechſtein's gehören, iſt nicht ſchwer
zu fogen; weiſtens zu der erſten, im beſten Fall und ſtets nur
theilweife zu des zweiten; für bie dritte Claſſe, für bie Leſer,
für welche Jedermann zu fchreiben ſtreben follte, hat er feine
Novellen nicht gefchrieben.
— —
—
Dies Urtheil gu begroͤnden, wollen wir die drei Rovellen
des erſten Bandes gegenwaͤrtiger Sammlung etwas näher be⸗
trachten. „Der dunkle Mime“ befteht zur Hälfte aus den al⸗
lergewoͤhnlichſten, um nicht zu fagen gemeinften Elementen: Luͤ⸗
= Verworfenheiten einer Buhlerin. Spieß und Eramer
aben dies Thema bereitd vor 30 Jahren erfchöpft, auf diefem-
elde wädhft fein Lorber mehr. Die andere Hälfte ber Geſchichte
eine Gefpenſtercaprice; das Ganze knuͤpft fi an die Aufs
führung bes 8 von Klingemann, und bie Lehre, bie damit
gegeben wird, heißt entweder: „Du fouft den Fauſt von Klin
ann nicht aufführen‘, ober: „Du ſollſt Dich vor Buhlerinnen
Düten“. Mitten in der Darftellung bes Trauerſpiels wirb
Schauſpieler, der ben Fremden fpielt, Trank, unb ber de
wird nun wirklich von einem Fremden fortäefpielt, ben der Les
fer nach feiner Neigung entiveder für den „Leibhaften”, ober
für einen verrathenen Liebhaber Helenens (Heroines) halten
kann. Hier iſt weber fehr viel Neues, noch Wahres, noch
Schoͤnes; aufs befte kommt Alles auf eine nicht ungeſchickte
Nachahmung Hoffmann'ſcher Phantafieftüde heraus, nur daß
biefe Rachahmung, wie alle Nachahmung, von viel geringerer .
Wirkung ift ald das Original.
Denm Verf. fehlt es an einer eigenthuͤmlichen Geltung an
Weftigfeit, Gelbfipeit. If er In diefer Novelle ein Echüler
und Rachtreter Hoffmann’s, fo zeigt er fich in der zweiten Ges
ſchichte: „Der Dialer Gebalbus‘, gar als Einen, der fich Fou⸗
gas zum Vorbild genommen hat. Dies unglüdiihe Vorbild hat
ale feine Rachbildner total ungluͤcklich gemacht. Was wir vor
Kin als biejenige Werirrung bezeichneten, in weldyer ber Erzaͤh⸗
ler eine Saprice ftatt einer Idee veranſchaulicht, ifk in biefer
Rovelle wirklich recht meifterhaft bargeftellt. Oder ift es viels
Beige etwas Anderes als eine ſchreckliche Caprice, ein moͤrderi⸗
der Eigenſinn, wenn uns Jemand eine Geſchichte erzählt, bie
-ba beweifen fol, daß ein Priefter die Macht habe, die Hand
eines Kuͤnſtlers dergeſtalt zu verfluchen, daß alle Die, deren
ortrait er entwirft, in Burzer Zeiffines unnatürlichen Todes ſter⸗
I müffen? Iſt eine ſalche Vorftellung etwas mehr als ein
raufamer Gigenfinn? WBerbient fie den Namen einer Idee?
ante und Form dieſer Erzählung find übrigens nicht einmal
des Berf. Eigenthum; fie find fo durchaus Fouquéiſch, daß-ibs
nen kaum das Yräbicat einer freien Nachahmung zukommt.
Nr. 3, „Der Lehrling zum König Salomo’‘, fängt bedeu⸗
tender an. r erkennen einen neuen Weg, ben ber Erzaͤhler
eipdſchlaͤgt und der zu Anfang durch natuͤrlich- reizende, kunſt⸗
los⸗ freundliche und wenig beſuchte Baumgaͤnge und Wieſen führt.
Mir lernen ben Verf. achten, wir ſehen einen Dann in ihm,
ber einen Blick in das Leben gethan hats denn biefee Erzaͤh⸗
Img liegt wirklich eine wahre und würbige Lebensibee zum
Grunde. Ueberwinde die jugendliche Schwärmerel, wähle eine
fihere, beinen Mitmenfchen nügliche Lebensthaͤtigkeit; anfangs
wird fie dich erfchredten in ihrer nüchternen Alltaͤglichkeit; nad
und mach wirft du fie Lieb gewinnen; halte fe an ihr — fie
brt zum Süß, wenigſtens zur Zufriebenheit. Dies ungefähr
die Lehre, der Gedanke, den biefe Graäblung, bie eigent:
lich keine Novelle ift, verkörpert. Hier ift Vieles zu loben:
Gedanke, Form und Behandlung bes Stoffe; es wäre Alles zu
loben, wenn nicht wieder gegen das Ende hin die unfelig Hoffs
marnifch » Kougqusifhe Phantafet dem Grzähler, einen Streich
fpielte. Die Scene auf dem Boden ber Apotheke, an fi vers
bienftlih, kommt blos ein Menſchenalter zu fpät, um noch
fallen zu koͤnnen. Beide Vorbilder des Verf. nebft Weis
Yaben uns zur Genuͤge mit ganz Ähnlichen Scenen gefättigt;
es iſt weder Reiz noch das geringfke Verbienft mehr in ihrer
Wiederholung. £
In ähnlicher Art nım verhält es ſich mit ben übrigen Kos
vellen, welche den Inhalt bes zweiten uns vorliegenden Bandes
bilden. „Meifter Wolfram und feine Shärme” fight an Werth
160 ü
und unwerth tem „Maler Sebalbus/
x
| Des Berk, yeigh
ſich nebenher, als in gewiffe Kormen des Ausdrucks und ge
wiffe Regeln ber-Srfindung gebannt, bie uns fehr misfällen
und eben kein Zeugniß von eigenthämtlidder Kraft ber Ber
ſtaltung ablegen. Die Böfen, bie Buten, bie Iinbebeutenben wie
derholen fi) auf eine beängfligende Weife. Wir beforgen, daß
der Verf., ber, wie wir vermuthen, Arzt ift, allzu fehr nach eine
mal erprobten Recepten arbeite, was um fo Tchlimmer wä
als das Recept nicht einmal von feiner elgnm Grfindung 1
und bie Hoffmann: Kouqus« Weisflog’fige Apotheke ben Grebit
verloren. bat. „Mater doloroea“, ein Nachtſtuͤck, ik beffer, weil _
es eigenthämlicher iſt und kürzer. Es ift die Weihe des irdi⸗
fen Schmerzes und Hinterläßt einen Ginbrud von Erhebun
und Beruhigung, wie ihn keine ber übrigen Erzählungen be
Verf. gewährt. „Maravi“ iſt eine fehr unbedeutende und oben»
ein viel materiellere Wieberholung bes „Lehrling zum König
Salomo’, ym ſo unbebeutender, als bie Aufiöfung bes Ganzen
ein Traum if.
Baflen wir nun unfer Urtheil über biefe Graählungen wie
in einem Eritifhen Juryverdict zufammen, fo würden wir auf
bie Brage nad) bes Verf. Talent „vorhanden” antworten. Wir
würden ihn ferner vernadhläffigter, flüchtiger Grfindung, ſtereo⸗
typer Charakteriſtik und ungeprüfter Nachahmung ſchuldig fine
ben; ihn aber ſeiner guten und geſchickten Darftellungsgebe
wegen der Bnabe bes höchften Eritifchen Zribunald zu em⸗
pfehlen geneigt fein. uf außerorbentlihe Großthaten wie
auf außerordentliche Sünden würden wir bei ihm für bie
Zufunft keineswegs rechnen, ba er uns zu beiden ber eigen⸗
pen brängenden und fchaffenden Kraft zu entbeven
int. ‚19.
Literarifhe Notiz
Der KRecenfent von Niemeyer’s Leben im „Eiteras
turblatt" des „Morgenblatt”.
Man ift es feit einiger Zeit gewohnt, in bem von Herrn
Wolfgang Menzel rebigirten „Literaturblatt“ oft ſehr hoch⸗
müthige und abfprechende Krititen zu lefen, bie zumeifi aus
ber Feder bes Herausgebers kommen. Diefer nun felbft oder
einer feiner Mitarbeiter hat fih in Nr. 102 des Blattes vom
3 1832. recht arg an Niemeyer verfündigt und wies
ber einen Beweis dazu geliefert, wie wenig manche Recenfenten
verbiente Deutihe achten. Das von U. Jacobs gefchriebene
und von 3. &. Gruber vollendete Eeben Niemeyer’s hat manche
Mängel und Bloͤßen, die auf bie Rechnung des zu früh ver»
ftorbenen Jacobs kommen und aud in b. BI. gerügt find. Dar⸗
auf laͤßt fidh jener Nec. wenig ein; aber fein Spott über Nie⸗
meyer, ben er „einen woblanfäfligen Univerfitätspapa”, einem
„Drofeffor, wie wir fie Gott fei Dänt zu Dugenden haben“,
nennt, und was ähnliche unanftändige Kusbrüce mehr find, ſteut
die Geſinnung des Rec. in. $ ziemlich dunkles Licht. Der Ref.
iſt ohne alle perſoͤnliche Verdinblichkeit gegen den ſel. Niemeyer,
aber er weiß, und Hunderte wiffen es mit ibm, baß Nies
meyer’6 Thaͤtigkeit und Anftrengung bie Wieberherftelluug der
fm Jahr 1807 aufgehobenen Univerfitäb Halle bewirkte; er weiß
ferher, und Xaufende willen «6 mit ibm, daß Niemeyer
40 Zahre unzählige Schüler und Schülerinnen in bes $rante’-
fen Stiftungen zu nüglichen Bürgern und Bürgerinnen gebil⸗
det hatz er weiß endlih, und das willen alle Gebildete
Deutfhlande, daß Niemeyer, fein pebantifcher. Univerfitätö-
gelehrter war, fondern ein Dann, ber durch das Leben für das
Leben gebildet war. Was ift gegen foldhe Verdienſte die In⸗
vective bed Hecenfenten ? 89.
Rebigit unter Werantwortlichkeit der Berlagshendlung: F. A. Broddand in Leipzig °
— — —
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HE Lebensart: Her Lapp länder: rd
ki, tar "le, Lapyldadir ih Moinaden upb "Niet
nomaben untelſch eiden. Pe find ‘der Kern: gi ‚Reste
imd ſtellen fie in echter “und "urfprünglichee oim
diefe find ‚zur wie sin Pränklichee Auswurf derfe ben zü
betradiien, e Lßten find entweder „Sifchlappländer,
die ſich th an be heimifchen Seen, theils dm Nor:
Bude Ai $ aufhalten, din auch herumſchweifende
Bi oder” Armentuißter; etllche find and) in
Im & peengeln ki: lagös ja gar Heftnglande a8 Ab:
der, — € 33 angeſtellt, wiewyl die Nation ;i
Dienſten Ber. Ürt keihe fonderitühe Anlage beſitzt. Indef:
fen Hat fith. boraus ein Abdecerſtamm gebildet, der eben⸗
fo ewig dauern dürfte "wie "die Juden und die Zigeuner,
und wol; wenn dee Übrige Theil der lapplaͤndiſchen Voͤu
kerſchaft —* it, noch ‚fortbeftehen wird. Unver
miſcht wird ee ich gewi erhalten weit wahrſcheinlid
—— ‚mit [em Fappländetgefhledht befteinden, Mag.
Indeſſen find’ Doch diefe Renſchen betriebfame und in alferld
——— befonders in der Werfertigung von Koͤrben von
alern, geſchickte Leute. Die Hirten werden mit der Zeit
y u Bettlern oder "Armenhäusfern, vote auch die nomiadiſchen
apptaͤnder ſelbſt, ſodald ſie durch Angluͤcefaͤll⸗ oder Vet:
ſchwendung ober, Dutch Voͤllerel ihre "Helinthierheerben ver:
Isten haben. Es blelbt ihnen dann nichts übrig, als
intmoeber Fiſchert zu werden bden’ Bey Bettelſtab zu ergtei⸗
fen, gewoͤhnlich jenes zuerſt. Anſiedler koͤnnen "fie nicht
dazu find ſie zu faul und kraftlos; iſt aber ein
Lapplaͤnder von’ Kindesbeinen an ſchwediſche Sitte und
Lebensart gewöhnt, dann wird er freilich leicht ein An:
fiedfer, in Nfirem Jahren aber nie. Zur Fiſcherel iſt der
ehr leicht, deſonders wenn der Verarmte noch
Uebergan
einige” Mittel zy Auſchaffung des Geraͤthes Üibrig hat,
Hier tritt ihm ſeine alte Lebensweiſe, wiewol "unter ver:
Anderter Geſtalt und verſchlechterter Belchaffenheit, entge:
gen. Er muß zwar frieren, hungern und viel Ungemach
ertragen, darf aber bazroifchen .. ſchlafen ‚und fich. pflegen,
Wenn ber Fiſchfong gut ausfaͤllt, lebt er im Uberäuß,
freilich nur von Sid, ‚denn gtwas Anderes zu fen hat
) Bol Wr. 17:19 4 2 . 77
er nich. Auch but er dee Fiſchchaffel guten Befihei,
benn er ißt faſt ebenfo viel als zehn Perſonen in Stods
holm, die dies Gericht cheuer bezahlen: muͤſſen; der Fiſch
iſt auch hier ia Lappland ſehr wohilſchmeckend. Dat ex
Fish fart gegeſſen, fo irinkt er Die Brüge nad) -und legt ſich
wieder; fein Talent zu fchlafen; iſt wunderbar. Wenn ein
Fifchlapplaͤnder -fich einige ‚Ziegen anfchaffen kann, fo iff
damit ein Uehergang zu den. fchwebiichen Lebensart ges
macht, und dann -teifft es wol, baß er ober doch fei
Rinder ſich ‚ zu :- Amfiediern empoeſchwingen. Gewoͤhnli
wird su Bettler ober Armenhaͤusler, infofen «ex. nicht fein
ürftiges Leben bis zu ſeinem Tode friften kann. Die
Hlappländer wohnen in. hölzernen Hütten, an guten
Fiſchſtellen angelegt. In gewiffen: Jahreszeiten it dep
Fiſchfang in ‚einem gewiſſen See ſeht ergiebig, in andern
BE wicht, dann aber kann er in einem andern Gier reich
lich ausfallen, Hun zieht man herthin, Die Fiſche, die
nicht zum Unterhalt erfoderlich waren, wethen geſpalten
und zum Doͤrren aufgehängt; man ˖ perzehrt fie, wenn
der Faug fehlſchlaͤgt. Die, Fiſchlapplaͤnder ſchießen auch
Voͤgel wer ‚fangen fie... An den Geſtaden der inpplaͤndi⸗
ſchen Seen halten ſich im Sommer eine Unzahl von Quakx
enten (anas clangula) auf und legen ihre Eier in boble
Baͤume und Kloͤtze. Einen folhen hohlen Klotz nimmt
man,..verftepft ibn. wit einem Pflock oben und unten
macht in der Mitte eine Deffnung und haͤngt ihn, d F—
Heffnung ber See- zugelehrt, nahe am fer an- einen
Baum, die Quakente fliegt dann in demfelben und legt ihre
&ier- hinein, Dies ift eine Eierkammer des Fißcherlapn⸗
laͤnders, wie auch des Anfiedlers. Wir gehen jetzt zu
ben Nomaden über,
Der wandernden Lapplaͤnder ſind ameierfel: Ylplapyr
kinder und Waldlapplaͤnder. Auch im _ ihrer Lebensweiſ⸗
iſt sin großer Unterſchied. Jene baltın-fih im Sommer
in den Fjaͤllen (Alpen) aufz bie Resten [chweifen- in den
Wäldern umher, welche etwa drei Viertel der Oberfläche Lappr
Lands einnehmen, Unter Ffaͤll verſteht man hohe Gebirge, die
nit mit Wald bewachſen, fondern kahl und, auf ihren
Spigen foger im Sommer mit Schnee bededit find. - Dies
iſt die wahre, Bedeutumg des Wortes Fjaͤll; zuweilen aber
werden beſonders von den Bewohneen des untern Landes
gewiſſe flerife Felſengegenden fo benannt, ‚und in biefer
uneigentlihen Bedeutung heißt ganz Bappland ‚hie Fiaͤu⸗
Grenzgebirge die Hauptmaffe ber lappländifhen Fjaͤllen
aus. Von diefem Bergruden, der, von Norden zum Sü-
den hinziehend, an der fhwedifchen Seite in fanften Ab:
hängen herabfällt, an dee norwegiſchen aber ſchroff und
jaͤh berabftürzt, gehen verfchiebene Zweige nach Dfieh .ab
mb verflachen ſich mehr und mehr, je nachdem fie fi
von dem Hauptſtock entfernen. Zwiſchen diefen Gebirge:
zweigen laufen die Ströme Lapplands und MWefterbottens
dem Meere zu. Diefe
gebirge find Leiter deu Inppländifhen Züge, bie immer
diefen entlang, nie quer darüber gehen. Im Herbfte und
im Frühling halten fi) die Alpenlapplaͤnder auf biefen
Bergrüden auf und haben dort ihre eigentliche Heimat.
Die Wolmungen ‚liegen grabe an dem Waldrande oder
auf der Grenze des Walde und des Gebirgsiandes. Neben
dem Zeite hat er immer eine Heine Bude (Stabur ; Apps
laͤndiſch: Njalla) von Bretern, auf "einem einzelnen [ehe
hohen Balken ſtehend. Diefe Einrichtung iſt wegen des
Vielfraßes, der mit feinen ſcharfen Zähnen Daͤcher und
Khüren gewöhnlicher Buden zermalmt und, in das Vor⸗
rathshaus eindringend, nicht nur alles Fleiſch .auffeißt,
fondern auch andere Sachen zerflört oder wegſchleppt.
Den hohen, einzeinftchenden Valken kann er aber nicht
binauftiettein. Bei dem Stabur hat bee Kappfänder auch
ein- Gaͤll (lappl. Luopte), d.h. ein Gebäude mit Dady,
aber ohne Wände, In diefem dffenen Scheppen: werden
theils Kleider, um gellftet, theils Fiſch oder Fleiſch, um
getrocknet zu werden, aufgehängt. Wenn ber Lapplaͤnder
im Herbſt aufbriht, um nah Oſten zu zlehen, ſo be
wahrt er im Stabur feine Fruͤhlingskoſt, Flelſch, und was
ee fonft voreäthig hat, zur Nahrung ‚im naͤchſten Frlih⸗
ling auf, wo er feine Rennthiere fchlachten kann, weil
ihre Felle dann faft untauglich und mit unzähfigen Heinen
Löchern durchſtochen find; diefe kommen von einee Raupe
ber, die fih im ganzen Winter zwifchen ber Haut und
dem Fleiſch des Mennthiers aufhält, im Frühling heraus:
trieht und zur Brene wird. Das Fell des in Diefer
Sahreszeit gefchlachteten oder umgelommenem Thieres iſt
ganz einem Siebe Ahnlich. U
Unmittelbar nach Johannis wird aufgebrochen. Dann
geht der Zug nach den hoͤhern Gebirgen, um der den
Rennthieren unertraͤglichen Hitze und -den Mosliten zu
entfliehen. Hier, zum Theil innerhalb der norwegifchen
Grenze, weilt man den Jult und halben Auguſt. Waͤh⸗
rend dieſer Zeit werden die Rennthiere gemolken und Kaͤſe
gemacht, und der Lapplaͤnder hat dabei auch feine: Mabs
rung. Der Käfe wird theils verfpeift, theils in Norwe⸗
gen gegen Filz, Deden, Watmal (mollened' grobes Bauer
tuch) und Branntwein vertaufcht, der Übrige wird mitge:
nommen, wenn man nach der Mitte Augufts den
Rüuͤckzug anteitt. Dee Bug geht jetzt nur in kleinen
Tagereiſen fort und unterwegs wird : zumellen ange⸗
halten. Im Anfang Septembers iſt der Lapplaͤnder wie⸗
der in ſeiner Herbſtſtation. Iſt die Gegend von Woͤl⸗
fen feel, ſo laͤßt er feine Rennthiere frei herumlaufen.
Seiten entfernen fie ſich doch ˖weit von ben · gewoͤhnlichen
162 -,
mar. Nun macht ber Köln oder das norwegiſche
und unſchmackhaft. der Herbſtſtation vermeilt ano bit
eiwa — — 8, BR . in Bie Se Ft
u
205
wohlbefannten Orten. Im October fammelt ex fie wies
ber, dann werden fie auch von ihrem Inſtinkt zufammens
betrieben, weil nun ihre Brunftzeit herannaht. Jetzt ſchlach⸗
tet er feine Mennthierftiere, denn fpäter wird Ihr Fleiſch ranzig
dann zieht er ſchneller, dald langſamer M die w
wachfenen Gegenden. am bottnifchen Meerbuſen hinunter.
Die Wölfe beftimmen oft feine Züge waͤhrend diefer Zeit.
Stroͤme (Eifvar) und” die Seitenm |" Sinden“ fr ſich hr, Torte
' eitt er nach lee andern fichern
Gegend, doch gewoͤhnlich immer im oͤſtlicher Richtung,
"Dft Tommt er dem bottnifchen Dleerbufen ganz nahe. Im
Aprit fängt er wieber an fi - erfiwänte. zu: weni. =
wartet den Zeitpunkt ab, wenn der Schnee am Tage
thaut,. in der Nacht aber feſtfriert uhd'eine Eiskruſte
bildet, welche bie trefflichſte Schlittenbahn iſt; auf biefer
eilt er fo, daße er 9 Fages fi keine Belt nimmt, fein
Belt ‚aufzufchlagen,. onde tuht, fo gut er permag, in
ber Nacht aber zeifkier, „So kommt er im Yofang arai
34 feinen: Herbſtquartiet sucht "und bat nun feine große
Tour vollendet. . 53
.Dieg ſind die. Hauptzuge der Lebensweiſe des Alps
lapplaͤnders. Wr’ lebt einzig von feiner, Rennthierheerde,
ohne ſich mit. Jagd oder. Fiſchfang & beſchaͤftigen. Liegt
* feine Heimat nahe an.einem See, [6 ‚hat er biswel-
en Fiſchgeraͤthe, ſonſt ber 'nie ‚Auf den Alpes find
rg andern Vögel zu finden als Schneehühner, und man
at eine Zeit, ſich mit ihnen zu. befallen. . Freilich) bes
ſchaͤftigen fi einige weniger wohlhabende ‚Pappländer ins
Fruͤhling ſowol mit Vogelfang als mit Fifcherei; „man
fängt dann den Auerhahn in Schlingen an Stellen, wg
er Tih der Begattung wegen aufhält. Alg Hauptſach⸗
gehört dies jedoch nicht zu der Lebensart des Alp applaͤu⸗
ders. Die Rennthiere find fein Allee, und er hat genug
damit zu ſchaffen, daß fie beifammen bleiben und ſich nicht
in der Wildniß zerficeuen. Nur im Herbfte, wenn nichts
von Wölfen zu fürchten iſt, zuweilen aud im: Frühlinge,
Tann er fie loslaſſen. Die, welche ohne Aufficht find,
lauferi, wenn ‚die Hitze und bie Mosfitenzeit- eintritt, aus
Inſtinkt und Gewohnheit die Berghöhen hinauf j
Des Waldlapplaͤnders Lebensweiſe iſt ungefähr fol⸗
gende. Waͤhrend des ganzen Sommers halt er fih ins
nerhalb Lappland auf und nimmt Keine großen Wander
rungen vor. Kin Jeder derſelben befigt -fein elgnes ber
ſteuertes Weideland (vöuog), wo er vermeilt. Dort bat
er eine Menge Hütten auf pafienden Stellen, deren jede
etwa 4 bi6 4 Meile von ber andern entfernt if. Nabe
bei jeder Hütte ift ein Gaͤll, wo bie Kaͤſe gedoͤrrt werden,
errichtet und ein umzäunter Plag, in welchen er feine
Nennthiere treibt und fie melkt. Bei den größern Sta⸗
tionen” bat er auch eine Bude, aber befonderd bei der
Hauptſtation, wo er fi) am laͤngſten aufhaͤlt. Sch will
feine Gefchichte sit dem Frühling anfangen, wo er von
dem untern Land berauflommt, d. h. Ende Apsis ober
Anfangs Mai. Sogleich läßt er feine Rennthiere los, ſo⸗
daß fie ganz feel in die Wildniß fih verlaufen dürfen.
Nun ul. ihre Wartung völlig los und faͤngk zu fiſchen
[7 Zn 2 BO Oo a m. u ED 3 ED —
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103
and zu jagen am, was fle ihn ein Nebenerwerb iſt. ie
mittelbar nach Johannis, bei Eintritt der Muͤckenzeit,
treibt er feine Heerde zufammen. Ein Jeder ftreift nun
bie Wälder durch und fängt fo viele Rennthiere auf, als
w trifft. Es gibt gewiſſe offene Stellen, wo: bie. Thiere
von ſelbſt fih fanmeln, um die Müden wegbiafen: zu
laffen. Diefe Stellen Eennt ber Lappländer fehr gut, fie
beſucht er zuerſt, und bort findet er gewöhnlich twenigftens
einige Thiere und haͤngt ihnen eine Schelle an. Dann
treibt or fie weiter, ımb der Haufe vermehrt fich unters
wegs; bean wohin ber klingelnde Bug kommt, floßen ans
dere aus der Gegend umher dazu: Der Inſtinkt treibt
fie an, ſich zufammenzuhalten, wett die Muͤcken, wie mn
fogt, fie weniger plagen, wenn fie fich Icharenmweife Dicht
' ngen. Nun aber gehören die auf diefe Weife
Zufanimengebrachten Menzihkere ‚nicht einem, ſondern meh⸗
um Eigenthümern an, aber hier fammelt’Seber,. fo vick er
kann, uiid fpäter entſteht dis: Brage, wie. Jeder die -feinis
gen belammen:tann. Damit wird es ſo gehaftene ber
Lappländer befucht: feinen naͤchſten Ruchbarz wir nehmen
an, daß dieſer von jenem nordwaͤrts wohnt; nun ſondert
der Beſuchende bei ihm nicht nur feine Reniithiere aus,
fendern auch alle bie, weiche den füdwärts von ihm woh⸗
nienden Lapplaͤndern ‚gehören, unb. treibt fie nach Hauſe.
Sodann kommt fein füdlicher Nachbar zu ihn und nimmt
auf dieſelbe Weiſe von ihm die ſeinigen Und bie der ſlid⸗
lichen Nachbarn mit; So geht es fort und. fort, und
Die dazu beflimmeen Inge find gewoͤhnlich im Voraus
verabredet. Zuweilen treiben am einem beſtimmten Det
und Zage mehre Nachbarn die von ihnen aufgefangenen
Heerden zufammen, und dann fonbert Jeder aus ber
Maſſe die feinige aus. Dies dauert: etwa zwei Moden,
und zulegt hat Jeder feine Thiere zuſammengebracht, und
der Monat Juli ift nun da. [nn
Bon diefer Zeit an bis Mitte Auguſt hätt der Wald⸗
lapplaͤnder feine - Deerde unter eigner Obhut. Die Renn⸗
thiere werden dann in die oben befchriebenen Umzdununs
. gen zwei⸗ bis drelmal des Tages getrieben; man: zündet
an, verfchiedenen Stellen Feuer an und legt darauf naffen
Torf, um durch dem Rauch die Müden zu verfcheuchen,
fodaß die Thiere fich ‚ruhig niederlegen und wiederkaͤuen.
Gemolten werden .aber die Mennthiertühe nur, einmal
des Tages; jede gibt nur etwä zn ſchwediſche ‚Kanne
Mich, diefe ift aber fehr ſtark und Eräftig, faſt wie füßer
Rahm und dabei fehr lieblih. Die Säure der milden
Beeren, die man hineinthut, wird bucch ihre Suͤßigkeit
fo gemildert, als wäre Zuder. darin. - Die meiſte Milch
wird jedody zu Käfe verwendet; fobald das Lab dazu ge:
Tommen, wird Alles zu Käfe, «und man bekommt keine
Motten. Hieraus kann man. entnehmen, warum ber Lapp⸗
länder fo viele Aufenthaltsſtellen fo dicht beieinander hat;
es geſchieht nämlich, um nicht nöthig zu haben, die Thiere
weit von ven gPPtntion auf die Weide zu treiben. Sobald
das Futter einer Station aufgefreſſen iſt, zieht man
nach einer andern, die gern in der Naͤhe eines Sees an⸗
gelogt wird, um die muͤßigen Stunden zum Fiſchfang
zu benugen. Von ber Mitte Auguſt an, wo bie Naͤchte
fehr kuͤhl zu werben anfangen’ und bie (chiiumfte Muͤcken⸗
zeit vorbei tft, mollen die Mennthiere ſich nicht mehr zus
fammenhaften, fondern jerftreuen ſich nach allen Richtuns
gen. Died muß ber Lapplägber zulaſſen. Jetzt, ihrer ledig,
flellt er den Waldvoͤgeln Schlingen, ſtreift in den Wäls
dern umber, um Vogelwild zu fchleßen, und -befchäftigt
ſich mit Sifcherek. Zu Michaelis Thon muß er feine
Rennthiere wieder fammeln. Sobald das gefcheben ift,
hält er fie den ganzen Winter hindurch unter Dbacht und
zieht mit ihnen wie ber Alpiappländer nach ben niederen
Begenden. Die Rennthiere, des Waldlapplaͤnders find ges
wöhnlih ein wenig größer als die des Alplapplaͤnderd;
die Urſache iſt, wie man glaubt, die, daß die Thiere jener
einen Theil des Sommers frei in der Wildniß hberums
laufen dürfen, wodurch fie beſſer gedeihen,
(Der Beſchiuß folgt.)
Engliſche Taſchenbuͤcher fie 1833. : . :
Wenig Jahre ift es her, daß die petiodiſche ſchoͤne Bltmkhe
tur Englands einen Zuwachs durch die Annuals, die bei uns
längft eingebürgerten Taſchenbuͤcher erhielt, und doch wird ſchon
die Klage vernommen, daß es deren zu viele gebe, daß der Bu
händlerifche Gewinn dem angelegten Gapital und ber |
folcher Unternehmungen nicht entfpreche, und daß folglich jeber
neue Mitbewerber um die Weihnachts⸗ und Reujahrögunft ber
Heganten Welt nur ein Nagel imebe gu bem Sarge fel, in wels
den das ganze liebenswuͤrdige Gefchlecht diefer Wintervoͤgel über
frz obet fang werbe verfchloffen werden. Diefe Anficht ſchmeckt
etwas heftig nady Spleen, allein unterftüßt von ber bi «t
mhortality: der laufenden Almanacksfaifon, auf ber wir z. B.
„Phe tem" und „The winter’s wreath”. finden ‚ ift fie nicht
übel geeignet, Herausgebern und Verlegern von Taſchenbuͤchern
bie größte Sorgfalt für diefe Zwitterblumen der Literatur und
Kunft anzuempfehlen. Cridfchen wird. ihr Geſchlecht übrigens
gewiß nicht, denn abgefehen. davon, baß auch in England bie
Stelle der verblicgenen ſogleich durdy neu erſcheinende ausgefältt
wird, bleibt ja bie Teilnahme des Pudlicums ben mit Geiſt
und Gefhmad Ausgeflatteteim Kortfehungen der Altern immer gewiß.
- Wir beginnen unfern Ueberblid mit einem alten Bekann⸗
ten: „The forget me not. Edited by F. Shoberl‘', war das
erfte aller englifchen Anntals und ift fortwährend ein Eiebling
bes englifchen Publicums. Dieſe Gunſt follte aber durch etwas
mehr Sorgfalt: für Schmud und Gehalt gerechtfertigt werben,
als wir bisher wahrgenommen haben. Das „Forget me not“ iſt
laͤngſt von mehren feiner Nebenbuhler übertroffen, und wenn wir
auch den birsjährigeh Jahrgang in mehrfacher Beziehung, beffex
als den vorigen nennen müffen, koͤnnen wie ihn doch nicht mit
dem Beſten biefes Jahres auf eine Stufe flellen. Die werte
vollſten literarifgen Beiträge. Heferte Hr. Groly (Berf. bes
„Salathiel’‘) und Miß Iſab. Hill. Erſterer gab zwei Erzaͤh⸗
lungen, dit zwar ohne feinen Namen abgedruckt find, allein uns
verbar feiner Eraftvollen Keder entfloffen. „Jack Shabbod” von
iß Hill iſt eine ber originellften und lebendigſten Skizzen von
enhanb. Nur wenige der übrigen Beiträge werben durch
oihe Rachbarſchaft nicht verbunfelt. Unter den poetifchen Bei⸗
m von 'I. Montgomery, Eh. Swain, 38. H. Harriſon,
Thomas Hood u. A. heben wir befonbers bie außerordentlich.
gelungene Meberfegung ber Buͤrger'ſchen ‚Weiber von: Srim⸗
berg’ von Miß Domwitt heraus, Dem beſchraͤnkten Raume
Trotze können wir und nicht enthalten, zwei Verſe davon
als Probe mitzutheilen.
Who can tell me where Weinsberg lies?
As brave a towı as any;
. Yt must have cradled good and wie
Both wifes and muidens many.
— — — — — — —— —
Hajji Baba’) und Lord Morpeth und die ſchoͤnen Verſe der
Sheult I e’ er waring-hate to do, Zn nr
‚Y' faith, in Weinsberg will I woo.
The.emperor Conrad, on a time, -
In wreth fhe town was(battering,
And near it lay his wegriors prime,
And sturdy horsemen clattering; ::
And, with fierce firing, rod and ren h
. All round about it horse and man etc.
Unter den zehn Stahiftichen bes Tafchenbuches befindet fi zwar
einer ohne allen Werth, doch verdienen nur drei, „Egmont's
Sumwelen‘‘ (die bazu gehörige Erzählung iſt in beh „‚Driginalien”
ſchen überfegt werden), „Die Smigräntentochter” und „GBiu«
lietta’', von biefen wieder der erfte, und legte in hoͤherm Mrabe
ausgezeichnet genannt zu werben.”
„The keepsake, Edited by F. Mansel Reynolds’, war
zuerft auf dem Plage und hat allerdings Anfpräde darauf, die
ecke Stelle unter allen engtifchen Annuals einzunehmen. Doc
fehlt diesmal der künftierifhen Ausſtattung jene Bolkom⸗
menheit, welche fruͤhere Jahrgaͤnge ſo hoch uͤber ihre Nebenbuh⸗
ler ſtellte. Zwar blickt uns auf dem Titelblatte („Das Lebe⸗
wohl’ von Ghalon, geſt. von Heath) einer ber reizendſten Köpfe
an, ben je ein Taſchenbuch enthielt, und für den Shenſtone's
2. Zn
So bold bet fie mir Lebewohl ;
ae Gebot zur Rüdtebr ſchien d wir — .- .
ebüchtet zu fein fcheinen. Berner find. „„Zulie” von Liverfeege,
„Die Brautjungfes” von Parris, „Pepita” von Gattermole,
„Rofine” von Boral und bie Landſchaften von Turner und Stan⸗
Held fo vortreffliche Blätter, daß fie dem Ruf des „„Koepsake‘’,
das Beſte in dieſem Fache zu liefern, völlig eatſprechen, Allein
um fo mehr wundert es uns, baß Meifkgr: Heath, ſelbſt einer
der talent: und geſchmackpollſten Kupferſtecher Englands, benfelben
einige Blätter beigeſellt bat, welche, urfprünglid für die „Wa-
verley novels” beflinmt und dort auch ganz an ihrem Plage,
biecher gar nicht paffen, Es faͤllt ſehr umangenehm .auf,. dab
Gewöhnlicdye zu-finden, wo man zu Außerordentlichem berechtigt
ill. Der literarifhe Theil dieſes Taſchenbuches bat nie viel
— Gluͤcke beigetragen. Lords und Ladys fahren fort,
ihre Beiträge zuzuwenden, und baben ibm dadurch fchon
das Präbicat „ariftofratifch” erworben. Mir koͤnnen inbeffen
mit gutem Gewiſſen eine treffliche Erzaͤhlung von Leitch Ritchie,
„Die RNovize“ "betitelt, zwei andere von Morier (Berf. bes
Baby Bleſſington der befondern Aufmerkſamkeit empfehlen.
- „Keath’s picturesque annual. Travelling-sketches on the
Bhine and in Belgium. With 26 beautiful finished engravinge,
from drawings by Clarksen Staafield etc. By Leisch Ritchie."
Ebenfalls ein Unternepmen, deflen Grfolg mehr auf den artiflis
fen als Literarifchen Gehalt ‚berechnet iſt, womit wir aber
den von Herrn Ritchie gelieferten Text keineswegs berabzufegen
gedenken. Cine Guinee für 26 meifterhaft ausgeführte Blätter
pach Stanfield wird auch deutſchen Kunſtfreunden nicht zu theuer
ſcheinen. Als die auziehendfien nennen. wir Heibelberg, Frauk.
fart, Mheinftein, Koblenz, Andernach, Brüffel, Rotterdam, ches !
veningen. Wo wäre übrigens ein Fluß, der an Raturſchoͤnhei⸗
gen und poetifchem Intereffe den Rhein übertrifft? Jede Ruine .
hat bort ihre Gage, bie ganze Romantik des Mittelalters "bie
nnichfaltigften Dentmäler. Dennoch entſpricht Hra. Ritchie«
nicht ganz unfern Erwartungen, befonders ba nicht, wo +8
KG. um die Behandlung des Muyfteriöfen und Wunderbaren hans
Set, bie ihm nicht recht gelingen will. Auch die Geſchichte ber
Raͤuberbanden am Nhein hat R. nach Beder's „Attenmäßige
Seſchichte der Räuberbanden an den fern des Rheins ”
42 Bände, Köln 1804) im Auszuge mitgetheilt, und ſchon hat ein
beutfches Blatt (‚‚Tit. Blätter der Boͤrſenhalle⸗) Ruͤckuͤberſebun⸗
gen baraus gegeben. -
„Ihe landscape annual. The tourist in Italy.’ By Thom.
Bebigist unter Bexantwoxtliht
Bibcoe”’, Tin: Geikerifkäch' zu dem varigen ib 34 Miätten
er D: Hazding, verdient bus, bie We enheit und
ge tentheils rei Ausfüprung feiner Anſichten, die eig, mit
alent und Kleid bearbeiteter Zert von Rosche begleitet, mi
minder die Aufmerkfamteit des Pubkicumd; Der üben - Euros
pas Lich ders Maler die Driginale, und die umfaffenben, :nıiö
Begmden unh onziebenden Gaſchichten ler. Art dunwehien
Belchseibungen Roscoe's beurkunden, daß er nach ben beten
Autoritäten geſchildert, Berichtigungen und neue Nachrichten
von vielem Meifenden empfangen und den auf biefe Weife erhals
tenen Stoff ebenfo geſchickt als unterhaltend zu orbnen gewußs
het. Dr Kreis * abenifihen Kafcıten xc. iſt mit tiefem
vierten rgange en wor
| ta Hat
Keiegsoſcenen. Aus bem Framoͤſiſchen nach: be lit de
camp, scines de la yie militaire”, übertragen von
Hermann Meynert. Leipgig, Hartmann. LER.
8: 1 Thir. 6 Br. 8
Der Berfe, hätte ſeln Vuch beſſer „Schreckensſcenen: aus
dem Kriege“memſen koͤnnen, denn ber Schrecken iſt «6, der, igz
Berbindugg mit ſainen Pruͤdern Graus, Gntfegen, Mord,
Blut unh Mahnfinn, in diefen Mlärtern vorherrfät. Cs Ik
ein Bud, das viele Leihbibliothekabonnenten intzüden wird, '
Die Mehrzahl der hier gefammelten, unter ſich weber durch
Beituenbättniffe noch durch eine Innere Berbindung zuſammes⸗
hängenden Girzäßlungen if uns bereits in Journalen und Zeit>
iften, we auf franzöfifhe Geſchichten Jagd mar
Men — anzugeben, vorgeführt worden. Faſt
alten wohnt ein gewiffes, thetit diſtoriſches, theils materieiles
Intereſſe bei, und man lieſt fie mit Thellnahtne. Keint von
allen zwoͤlſen (fi. ganz ‚unbebentegb,:.votewal ‚big erſter „ME
Kugel‘, aus dem Jahre 1769, „Hauptmann Rabe, von 1802,
„Det Babefinnige bei der. großen Armee“, 1812, und „Zachs⸗
rino“, mit der Jahrszahl 1831, wol die dervorftcchenöften fein
mögen. „Die Kugel” lehrt uns, daß ber große Napoleon ein
u früh geboreried Kind fel. Wie wiffen nicht, ob bie Graäßs
— biftorifchen Anuud hat, aber fie iſt jedenfalls anziebend
Gin Genueſer, Giacomo, hat feinem gefallenen Rater als Rad
lobt, eine ſchoͤne ſchwangere Frau mit, ber elben Kugel 3
tödten, bie ihm das keben nahm. Gr ſieht Latitia Bonaparte
beim Kefte Marik Bimmelfabet am 15. Auguft 1769 und wäglt
fle zum Opfer. Die Kugel fehlt, aber bie ſchoͤne Laͤtitia faͤlt
in Ohnmacht uab — ‚Napoleon if die zu frhp enthuͤlte Frucht
ihres Schtecens. in par
Wir beftreiten das Koffartige 3 e biefer Skizzen keines⸗
wegs; Pünftierifche Theilnayme erregen fe Jedoch nicht. Trot der
oft wiederholten Priegerifchen unb meartialifdgen „Doruerwetten,
Wi und Bonnes und. Mietter noch einmal” ſcheint bes Ueber
feger hoch ein äuhruft friedfegtiger Mann, der den Krieg, und waß
ihm anpängt. ‚wol nur vom Höcenfagen kennt. Diefer Umſtand per
Jeitet ihn zu häufigen militairifhen Misverſtaͤndniſſen, und wir
mußten lachen, als er gleich auf ©. 8 eine Kartätfche ſtatt ei⸗
ner Granate ober Bombe Jerplagen ließ. Hiervon abgeſehen,
Eeſt ſich die Ueberſetzung gut. J 89. _-
Yu J oe Noriz. u. :
Die Irkaͤnder befleßigen ſich nach ihren eignen doffentlichen Blaͤt
teen ganz außerordentlich dee Weäßigkeit, und wird es nachgewie⸗
fen, daß iq dan erien ſechs Monaten des Jahres 4881 blos 721,560
Gallons Kornbranntwein weniger getrunken worden find
in denſelben ſechs Monaten des Jahrs 1830. Mn Schottlan
(welches bekanntlich weniger bevoͤlkert iſt) hat in demſelben
Zeitraume bie Vermindernug 513,697 Gatlons betragen. 42.:
der Berlogähandiung: F. U: Brpdhans in Leipsig
Ä
%
»
Blätter, on
für
literarifge Unterhaltung.
Sonntag, .
Sceunen aus Lappland.
Zweiter und Tester Artikel.
(Beſchluß aus Nr. 40.)
Aplapplaͤnder gibt es mehr als Waldiappländer. Doc,
finden ſich legtere in allen Lappmarken. In Piteä Lapp-
mark find fie am zahlreichften und dürften dort der An:
zahl jener gleich fein. Sie ſtehen auf einer höhern Cul⸗
turfiufe und find moralifch beſſer. Auch fcheint mir ihre
Lebensart fo glücklich, daß kaum eine fchönere für die
Claſſe von Menfhen gedacht werden kann, welche ihr
Brot im Schweiß ihres Angefichts eſſen und die Nahrung
aus ber Erde holen muͤſſen. Was Die betrifft, die ohne
Arbeit leben koͤnnen, fo ift e8 wol auch unentfchieden, ob
ihr Loos in der That glüdlicher fei. Preiſen nicht die
Dichter das Hirtenlebenz Jagd ift ja ein koͤnigliches Ver⸗
gnügen, und Mandye kennen keine größere Ergögung als
Fiſchen. Diefe drei Befchäftigungen madyen nun das ge
wöhnliche Leben. des Waldlappländers aus, Er iſt
nicht wie der Alplappländer auf offenem Selde jebem Uns
wetter preisgegeben, und muß nicht Nacht und Tag feine
Rennthiere hüten. Die Iaubigen Zweige ber Bäume
fügen ihn nicht vor Regeg und Schnee, und felbft
wenn er in fein Zelt fommt, findet er nur ein ſchlech⸗
tes Obdach. Er bat keine Stelle, wo er feine Klei⸗
der trodinen kann — ſolche finden ſich nur an ber Herbſt⸗
flation —; er kann zumeilen kein Feuer anzünden, dein
auf den Alpen, wo er im Sommer hauft, gibt es kein Brenn⸗
holz außer Zwergbirken, und auch diefe nur in geringer
Anzahl, ſchwach wie Reifig, dabei niedrig und naß, ſodaß
fie nicht eigentlich brennen, fondern nur rauhen. So naß
er it, muß er fich in feiner ganzen Kleidung niederwer:
fen. Nur deshalb wol ift alle Sauberkeit von feinem
Anzug verbannt. Er kaͤmmt nicht fein Haar, bat faft
keine Kleider zum Wechfel; dem Ungeziefer find fein Kopf
und feine Kleider eine gafllihe Herberge. Wenn er auch
seich iſt, muß er oft hungern, denn auf den weiten Berg:
Höhen entfernt er fi oft weiter als feine Abfiche war,
und kann nicht fo früh zaruͤckkehren, wie er glaubte. Sich
zu fäubern, wenn er nach der Kirche oder nach fremden
Stellen kommt, fällt ihm nicht einz es ift ihm ganz
gleich, wie er. ausfieht. Freilich kann er im Kirchdorfe
ein Prachtkleid, wie oben befchrieben ift, mit Silberguͤrtel
and Silberkragen anziehen, doch iſt Alles ohne Ge-
10. Februar 1833.
ſchmack. Dee Rod ift mic Nenntbierhanren und Uns
rath verungiert, feit er jüngft betrunken herumtaus
melte. So ift dee Alplappländer, befonders in ben
nördlichen Lappmarken. Der Winter ift feine befte Zeit,
denn dann hauft er im Waldlande und bleibt dadurch
vor dem ungeflümften Wetter gefhüst. Damm kann es,
infofern er zwei Pelze befigt, einen nad) dem andern auss
hängen und das Ungeziefer todtfrieren Lafien und, wenn
die Gegend frei von Wölfen ift, ruhig leben, d. h. ex
kann Naht und Tag in dem Zelte fchlafen, kochen und
eſſen; nur dann und wann muß er herausgeben, um nad)
feinen Rennthieren zu ſehen. Fleiſch ift feine erite und
feste Nahrung, oft fein Einziges und. Alles. Es gibt
viele Alplappländer, die fogar im Sommer ihre Nenn:
thiere nicht melden können. - Der Waldlappländer dages
gm kann, während feine Kinder oder Diener die Heerde
in der Umgegend hüten, felbft mit feiner Frau auf dem
See herausrubern und, wenn ee die der. Heimat nahen:
den Schellen hört, mit dem Fiſchfang heimkehren. Dann
laufen die Kinder neugierig dem Strande zu, um nach⸗
| zufehen, wie viel er befommen, ergreifen den Fiſch und
nehmen ihn aus.
der Fifch gar.
man pflüdt Beeren und thut fie in bie Rennthiermilch;
dies alles find Speifen, die befler auf den vornehinften
Tiſchen nicht aufgetragen werden koͤnnen. Bor Regen
und Näffe ift er ebenfo gut gefchügt mie der Schmwebe
in feiner Stube. Wird er naß, fo kann er wechfeln und
die Kleider unter dem Gaͤll ober in ber Hütte Mm Trock⸗
nen aufhängen. Wo er auch in feinen wohlbekannten
Mätdern herumwandelt, ift er nicht von feiner Wohnung
fern und kann fich dort hinbegeben, fo oft er will. Der
Tauſch des Wohnortes felbit hat einen eignen Reiz. Bel
ber Ankunft treten ibm freundliche Penaten, bekannte Hüs
gel, Seen und Haine als unveränderte Freunde entgegen;
auch hört man ben Waldlappländer beim Anblick feiner
Hütte die dem Waldecho fo günftigen Volksmelodien ans
ſtimmen. Auch ift ihm die Meinlichkeie nicht fremd. Er
wäfcht ſich oft, kaͤmmt bie Haare; die Weiber flechten fie
in zwei Böpfe. Das Gefchire wird gewaſchen und Tauber
gehalten; der Alpfappländer dagegen leckt mit der Zunge
ober dem Singer feine Holzichüffel und feinen Trog ab und
wirft fie dei Seite, bis er ihrer das nächte Dial bebarfz
Ehe die Kühe noch gemolken find, iſt
Im Derbft find nody Vögel dazu zu habenz _
+;
ein gewdhnliches Gchreittit. In Weſtſalen wenigfiend findet
s 3833
.. e Geiftlichen, deren Wota gegen Yresbyterial « oder
——— — ober gegen beide gericktet waren, hätten feet
Bi gang anbere Waffen anwenden follen, als fie gebraucht
haben; fie waren’ leicht zu befiegen. Dreiundvierzig Etimmen
ſprechen für Presbyterial⸗ ind Gynebalverfaffung „aus Gruͤnden
dee Notbwendigkeit, der Moͤglichkeit, der Rechtmäßigkeit und
der Mäglicdykeit”, auf eine verftändige, wenn aud) verfchieben
Meile. Hr. Dr. Gr. trägt denn feine Privatanſicht noch befoms
ders vor. Wir baden ſchon bei unferer betztern Ueberſicht der
theolegifchen Literatun darauf Jingebeutet*), daß ums das Botum
des würdigen Bretſchneiber gegen die Bade nicht gemäges
es beteadhtete den Gegenſtand nicht von allen Seiten. Gr. prüft
eu fcharfund genau. Krehl's heftige Aeußerungen und bie „Biene“ in
AZwickau treffen ihn nicht ; beibe bekämpfen bie Idee einer Kirchen⸗
zucht, wie fie dem Verf. nicht in ben Sinn kam. Gegen Br. wirb
sun 28 „das Beduͤrfniß einer Verbeſſerung bes Kirchenweſens
dem „Buftande bes innern, häuslichen, religibſen und bes
7. 3. kirchlichen Lebens‘ erwieſen; ſodann wird gezeigt, daß
„eine Kirchenregierung dieſe Beduͤrfniſſe kennen müffe‘‘, daß „aber
bie jepige Kirchenverfaffung mis den Grundfägen unferer Kirche
in einem unaufidelichen Wiberfprudhe ſtehe, indem der Staat
gar oft aus eigner Machtvollkommenheit und ohne bie Kirche
darum zu fragen, bas Recht ausübe, über Dogma, Liturgie,
Gultus und Ritus pofitive, für alle Glieder berbinbfidhe Be:
ſtimmungen zu treffen, gegen bie Schrift (2. Kor. 1, 24), bie
augsburger Gonfeffion (art: 28) und bie Kustoräce‘ ber ange
ſehenſten Rechtelehrer⸗ Worzüglih rügt ex bie Inconfequenz,
wie man in Bezug auf Pe Sonfeff onen verfährt, und vers
langt nur Gerechtigkeit, Gleichheit mit ihnen. Gr widerlegt |
Hrn. Br., ber zuviel von ber Liturgie erwartet und babei ber
Yauptst, das Kirchenregiment fei von jeher ariftofratifch gewe⸗
‚ wovon Gr. bad Gegentheil darlegt. Roch befizeitet er
mehre un € Anfihten der minifteriellen Vorſchlaͤge, z. B.
daß die Se fäbirectoren ‚ die in ber Regel nicht einmal Ge
nn einbeofieber find, den Presbyterialverfammlungen zugegen
fein follen, was Rec. ganz fonberbar vorkommt, wenn
es an die Ausführbarkeit —8 ad man Tann bie Ausdrücke
nicht a ſtark finden (©. 58): „baß dann ber alte Sauerteig
wieder da fei unb bie Freiheit ertöbter werbe.’ Den Kirchens
pꝓatronen will ber Berf. wol ben Plag eines beftändigen Eh⸗
senmitgliedö geben, aber ‚wenn bie ganze Welt voll Privilegien
wäre, vor gott gibt's keins; ihm gegenüber find wir Alle gleich,
unb nur dem Beſten, der ibm nahe ift, ſteht er am nädfen.”
„Ich fürdte ſehr, ſolcher Beweis von Befangenheit oder
Rachgiebigkeit aus enfchenfurcdht wird der Regierung ſchlechten
Dan? verdienen.” Nicht minder fpricdht er gegen ben beruͤhm⸗
ten en Staattieheer Yöllg, ber eine Generalſynode und Presbyte⸗
zien ohne Synoden, b. b. „Kopf unb Füße ohne Rumpf” will,
und wo «8 uns Aberhaupt fcheint, als ob der Aheoretiker
doch hier, wie auch anderwärts, das wirkliche Leben zu
wenig fenne unb berü ige. Fehlt, nach Gr.'s Anficht, eins
ber drei Glieder, dad Preöbyterium als bie Grundlage, bie
Gpecialfgnobe als vermittelnbes Glied nach Dben und linten, unb
ke Generalfynode als Schiußfteln, gleichſam der Kopf, fo wich
bas Ginzeine nur Verwirrung und Gchaben feiften. Wie nun
das Alles einzurichten fei, was in jeben Bezirk gehöre, wie
ſich bie Verfaſſung zum Staate verhalten folle, trägt der Verf.
in allgenieinen und befondern Wuͤnſchen vor, welche uns wohl
erfüäbar fcheinen, härten alle Betheiligte helle Einſicht und
Fromme wre — für bie Kirche. Die CGonſiſtorien hält ber
blicktich, doch kuͤnftig für Aberfiäfs
aflung zu Stande kommt. Mir uns
) gl Nr. 6 und SOE d. Bl. f. 1E58, D. Red.
Derf. wean Br nicht au
fig, wenn bie Gyno
‚ ET ——— — unter Beantwertlichkelt der VBerlogähandiung: 8. x Beodband ig Leipzig.
fern Orts glauben jedech: wie bie Dinge in ber Welt num ein
mal fliehen, und da Weltliches und Kirchliches fo nahe aneine
ander grenzt, ja gegenfeitig eingreift, ein zwedmäßig eine‘
gerichtetes Sonfiftorium koͤnne in vieler ce Beglfung ſehr web
thätig noch Dben - und Unten wirken. wie fimmen
bei, daß nur amsnahmemweife ein abeliger er Yeifbent daria Pr
und biefe @telle nicht "mehr als Stufe zum Minifteriam für ben
Adel betrachtet werben folle. Nur bei eminenter perfönlicher
Züchtigleit, namentlich durch Gelehrſamkeit (daß er Schriftftels
Ver ober Profeffor des Kirchenrechte fein folle, klingt doch gar
zu unbarmherzig, obgleich es Wahrheit if), wähle man ihn
aus biefer Glaſſe; außerdem paßt bie Erziehung und Gtell
bes Abel nicht recht zur Regierung bes Kirche; er fonnt L
im Lichte ber Hofgunſt und liebt es, verwidelte Källe bu
Machtſpruͤche zu entſcheiden. In dem Punkte bed Mahlrechts
ber Gemeinde weicht Rec. faft ganz (S. 69) von bem verehte
ten Berf. ab: fie werde mit ihren Gimwendbungen vos und
bei bee Probe gehört und beachtet, aber der Mann verbanfe
A r nicht das Amt; in der Hegel entfcpeibet fie meift nach Zus
fälligkeiten, nad) dem Aeußern; Repotismus, Simonie unb
grobe Kebigriffe, innere Zwietracht und unverbiente Zurädfegune
gen find kaum zu verhiiftn. Dagegen muß eine Behörde, weiche
ihre Leute ſchon von der Schule an und in ihrem Amtögange
beobachtet, prüft und kennt, am beften wiffen, wer mit feinem
Gaben und Cigenſchaften an biefen ober jenen Ort, für eine
gute und für eine verwilberte Gemeinde paffe u. f. w. Möge
dieſes Schriftchen, das mit Wenigem Alles fagt, eine geredte
Würdigung allenthalben finden. 68.
Notizen.
Weihe eines Parfentempels.
Die alten Anhänger Bovoafter’s, weiche bekanntlich feft der
mobammebanifchen Werfolgung im weltlichen Indien ein nenues
Baterland gefunden haben und fich Hier durch moralifchen Wan⸗
bei ſowol als durch ihre Betriebſamkeit vor ihren Nachbarn vor⸗
theilhaft auszeichnen, weibten um 17. Nov. 1880 einen neuen
Feuertempel zu Bombay feierlich ein, wozu Tauſende don Par⸗
fen aus allen Gegenden Indiens zuſammengekommen waren,
Das Gebäude ift vieredig und fehr zierlich gebaut; bie Hallen
erglänzen von Spiegeln und Leuchtern, und das Allerheiligſte
ift befonbers prachtvoll muſiviſch mit Marmor getaͤfelt; in bey
Mitte ſteht die fiiberne Bafe für das heilige Feuer, 40,000 Rus
pien an Werth. Die Koften des Baued werden auf eine Lak
Rupien (12,500 Pf. Sterl.) angefchlagen. Die Schenkungen
waren ſehr bedeutend, und ber Oberprieſter Cduldarn erhielt
allein an breißig der Toßdarfken Shawls.
Alter ber Welt.
Die Bubbhiften auf Geylon hegen über bie Bauer unb Um⸗
wälzungen bes Welt bie überfpannteften Megriffe und haben, ums
bie großen Perioden berfeiben zu berechnen, Zahlen von einer
Unität mit 63 Nullen mit elguen Namen ausgeprägt. Fol⸗
gende Beifpiele find aus ihren alten Schriften entnommen: Die
Srde waͤchſt in einer Antalalpa fieben Jodanas (14 engl. Mei⸗
len), in taufenb Jahren aber nur einen Zoll; ein Jodana hat
1,075,200 3ef, fieben mitgin 7,536,400 Joll, biefe, durdg 1000
multipliciet, geben hie. Antafalyo, beren 80 eine Mahälalpe
oder 602,112,000,000 Jahre ausmachen. Gine andere Stelle
beftimmt dief⸗ Petiode fo: Dan denke ſich einen kubiſchen Fei⸗
fen von neun Klafter Höhe und. Breites bei diefem geht alle
1000 Jahre eine ſchoͤne Goͤttin fo vorüber, daß nur der leife.
Zephyr ihr Muflelingewand gegen den Belfen fireift: bie Zeit
num, weiche erfobert wird, jenen Stein bis zu der Größe eines
Eenflorns abzunugen, ift bie Antakalpa, deren achtzig auf eine
Vahakalpa DEN Pe MO und SED. BL IEER 53535 De I Mahäkatpa geh--..... 0. 160,
81 after
für
literarifhe Unterhaltung.
Breitag, .
Jrene, oder Verſuch zur Vermittelung der philoſophi⸗
4: Oyfieme. In Briefen. Herausgegeben von
3. Eifenlobr.
(Beſchluß aus Fir. 88.)
Eine treffliche, hoͤchſt lichtvolle Eroͤrterung über bie Pla⸗
toniſchen Ideen, voll der fruchtbarſten Andeutungen hat
uns Herbart („Einleitung in die Philoſophie“, zweite Aus⸗
gabe, S. 175 fy.) gegeben und mit hiſtoriſcher Herab⸗
lafſung, eine feltene Eigenfchaft eines. gentalm Syſtema⸗
tikers, diefem Punkte der Dlatonifchen Lehre bie Serechtigs
keit, die fie verdient, in höherm Grade widerfahren laſſen.
Einm fehe allgemeinen Misverſtand hat er «6 genannt,
durch den die Ideen die Bedeutung von Vorftellungen it
gend welches benfenden Weſens bekommen haben; hoͤchſt
ſcharfſinnig ift Die Parallele, die er zwiſchen ber Lehre ber
Eleaten vom Sein und ber Ideenlehre zieht, deren Ges
meinfames der Segenfag gegen die Erfcheinung wäre. Aber
doch ſcheint grade dieſer Gegenſatz gegen das Sein ihn
gu verkiten, daß er fie, faft möchten wir fagen, im Wis
derſpruch gegen feine anfänglichen Behauptungen, doch nur
su abfoluten Qualitäten macht, eine Benennung, bie, wenn
wir nicht in ihr einen Widerſpruch fehen follen, wiederum
den Ideen nur logiſche Entſtehung und Bebeutung geben,
fie zu weiter nichts machen wuͤrde als wiederum zu all:
gemeinen Begriffen mit willkuͤrulch hinzu gedachter Realis
taͤt: eine Verwechſelung, beten fich ſchon Ariftoteles ſchul⸗
dig gemacht hatte. Es würde zu weit führen, wenn wir
bier zeigen woßten, wie und inwieweit Plato felbi zu
. Diefee Berwechſelung Anlaß gegeben hat. Sollte fie auch
voͤllig hiſtoriſch getreu fein, was wir jedoch fo gradehin
quzugeben und noch nicht gebrungen fühlen, fo ift es Doch
ebenfalls eine Unwollkommenheit in der Lehre von ben
Foren, die wir nur dann ruhig dürften ſtehen laſſen,
wenn wir dieſe Lehre für weiter nichts hielten als für
eine einmal dageweſene Erſcheinung in der Geſchichte der
Phileſophie. Sind wir hingegen durchdrungen davon, daß
diefe Erſcheinung keineswegs sine zufällige fei in der Ge⸗
ſchichte des benkenden Geiſtes; daß der Skepſis, worin
am Ende afle menſchliche Speculation beftcht, ebenſowol
Kraft als Bedeutung und Schranke nur burch eine dee
logie gegeben werben kann; . fehen wir, daß das gemein-
Iime oft mehr ober weniger unwillkuͤrliche Drängen aller
Syſteme auf Etwas, das über der finulichen Cricheinuug
und über bem Begriffe liegt, jenem Platoniſchen Vaſuqh⸗
innere Nothwendigkeit gibt: ſo koͤnnen wir Forſchungen,
die dieſen Gegenſtand in ſeiner eigenthuͤmlichen Bedeut⸗
ſamkeit und Reinheit aufnehmen und fortführen, nicht
anders als mit dem lebhafteften und freudigften Intereſſe
begrüßen. Br. 8: „Idee iſt“, wenn wie den Verf. nad
biefer. Eurzen Abſchweifung felbft weiter fprechen laſſen
‚Fein Begriff. Wiefern aber zu dem Inhalt des Begriffss
noch ein Grund hinzugedacht wird, warum und wozu er
ift, fo verknuͤpft fi mit dem Begriffe eine Idee, Wenn
ich die Afrikaner als eine eigne Menichencaffe, die Zugend
als eine Pflicht, die Freiheit als ein Princip oder moralis
ſches Gefeg, die Menſchheit als ein moralifhes Weſen miy
denke, fo verknuͤpfe ich mit diefen Begriffen eine Idee
bie nicht aus ihnen felbft hervorgeht, fondern ihnen bur
die Vernunft unmittelbar beigefellt wird. ine Ideenlehre
als eine Wiffenihaft von Erkenntnißgrimden, wie die Los
sit eine Wiffenfchaft von Erkenntnißformen, follte Handels
1) von bee Natur dee Ideen, 2) von dem Urfprung und
von ber Bildung berfelben, 3) von ihrer verichiedenen Ein⸗
theilung, 4) von ihrer Verbindung und Zrennung, 5) von
ber Vernunftmaͤßigkeit unferer Ideen, 6) von wiſſenſchaft⸗
lichen Ideen, 7) von der Macht unferer Ideen über Ger
banken und Gefühle. — Was das Erfte anbelangt, fo find
nicht die Ideen, fonbern nur bie. Fähigkeit: zur Entwides
lung :berfelben uns angeboren. Die Erzeugung einer Idee
vermögen wir nicht nachzuweiſen. Ideen kann der Menſch
nur empfangen und faffen, fie befigt nur der höhere Geifl, _
dem, tie die Altın fagen, bie Gabe ber Weiffagung ver⸗
lichen tft. Ideen werden eingetheilt in vernünftige und
unvernünftige (Chimären), einfache (4.8. Weisheit, Gerede ‚
tigkeit) und zufammengefegte (3.8. Vogel Greif u. f. 7*
Es ſei uns erlaubt, zu dieſer kurzen Angabe der |
Örterungen des Verf. über eine Ideenlehre nur wenige
Bemerkungen hinzuzufligen, die wir ben Verf, nur ale
den motivirten Wunfch anzunehmen bitten, baß «6 ihm ge⸗
fallen moͤge, dieſe ſeine Unterſuchungen weiter zu fübe —
Gert Ref. nicht, fo iſt einer der Hauptmaͤngel, (wel
noch der Platonifchen Ideenlehre anhängen und fie Hr
ein noch nicht völlig Entwickeltes darſtellen, ber, daß wirk
lich, wenigftens in einzelnen Darftellungen, die Idee noch
nicht. hinlaͤnglich vom Begriff, überhaupt von einem rein
analpsifhen Erzeugniß geſchieden worden; und es bedarf
⸗
168,
Tbhe landscap album” eine neue Ausgabe im bes
quemerer Korm von Weſtall's Anfichten aus England und
Wales. Sechszig Blätter, zu etwa brei Pence jedes, dabei eine
Beſchreibung und einen huͤbſchen Einband obendrein, wirb wol
Jedermann ſehr billig finden, befonders in England. -
„Ihe drawing-room scrap book’ gehört wol eigentlich
nicht in bie Reihe der Tafchenbücer, obwol in die ber Annuals.
Es enthält bekanntlich keine neuen Werke des Grabftichels, fon»
dern eine Auswahl ſchon anderweitig erfchienener, biesmal 36
an ber Zahl, begleitet von poetifchen Erläuterungen. Das Ti⸗
telblatt, ber hmte Graf Derby mit feiner Gattin Charlotte
von Tremouille, wirb Kunftfreunden leicht bie Hälfte ber
Gutnee werth fein, welche ber Preis bes Ganzen if. Britiſche
und morgenlänbifche Anfichten, dazwiſchen bie Portraits ber Kös
aigin von Portugal, W. Scott's, Lord Durham’ u. a. ausge:
geichneter Perfonen, find ber Hauptinhalt ber trefflich ausgeführs
ten Blätter, die in fo großer Anzahl und fo billig zu liefern,
dem „Drawing-room scrap book‘' als befte Empfehlung bient.
Bon neu erfchienenen Taſchenbuͤchern kennen wir bis jegt
„Ihe book of beauty”, deffen artiſtiſchen Theil Gt. Heath,
den literarifhen Miß Lanbon beforgtz Turner’ „Landscape
annual”, Herausgeber der unermübliche Leith Ritchie; „The
Aurora borealis; a literary annual, Edited by members of
the society of friends‘ und „The Eligin annual.” Lesteres,
von Herrn Grant, Derausgeber bes „Eigin courier”, beforgt,
unterſcheidet fi im Aeußern fehr unvortheilhaft von feinen ele⸗
ganten Brüdern, auch bie wenigen artiftifhen Beilagen find un⸗
anſehnlich; dagegen bietet der literariſche Inhalt, zu welchem
außer dem Herausgeber, Dr. Bowring, Hr. James, Thomas
Alkinſon, Zohn Malcolm u. A. beitrugen, Vieles dar, was nicht
Überfehen zu werden verdient.
„Ihe Aurora borealis’” fann als ein Zeichen bew unter ber
„Society of friends’’ weit verbreiteten Neigung zu ben fchönen
Wiſſenſchaften gelten, obgleich wir nichts Beſonderes daran zu
sühmen finden. Won ben zwei Stäpiftichen ift „Die Quaͤker⸗
braut“ als Titelblatt nicht ſehr einlatend anzufeben. Das
niedlich eingebunbene Büchlein iſt dem Herzog von Bedford ger
wibmet und fdheint im Ganzen genommen feine großen Ans
ſpruͤche zu machen. -
Die beiden andern oben genannten Annuals follen nad) Dem,
was darüber verlautete, bie Nonpareils unter ben andern fein.
Wir hoffen nächftens ausführlicher darüber, fowie über „The
amulet“ und Hood's „Comic anumal”, beffen ältere drei Jahr⸗
nge in neuen Auflagen erſchienen find, berichtet zu können.
rwaͤhnen müffen wir noch das der ſchoͤnen Literatur nicht ans
ebörende „„Geographical annual” und „The biblical annual”.
rſteres enthält 100 in Stahl geftochene Karten von allen Rei:
chen der Erde, berichtigt nach ben neueflen Entdeckungen und
Veränderungen, babei eine neu entworfene Karte von England.
Unftreitig ift dieſes Annual das nüslichfte und brauchbarfte von
allen. „The biblical annual”, gleichfoͤrmig mit dem vorigen,
gibt, zum Theil in ſchoͤn colorirten Stafifticden, ‚Abbildungen und
Karten von allen Ländern und beren Bewohnern, bie in ber
heiligen Schrift vorfommen, ebenfo Pläne von der Stadt und dem
Tempel zu Serufalem. Bibelleſer werben mannichfaltige Be⸗
lehrung daraus fchöpfen: Aeußere Eleganz zeichnet bie zwei zu:
jest genannten Annuals gleich aus. 8.
Die Geſchichte von den fieben Schwaben, mit zehn litho⸗
graphirten Barftellungen. Stuttgart, Brodhag. 1832.
4. 1 Thle. 16 Gr. |
.In dem erſten Bande des vor mehren Jahren zu München
seichienenen „„Boltsbüdleine‘' ftanb neben ber Geſchichte von dem
ervigen Juden auch bas Abenteuer ber fieben Schwaben, jene
aus dem Munde einer alten Wärterin, diefes aus ben Zruch⸗
uden einer Chronik angeblich geſchoͤpft. Die Sprache ft zein
deutſch, dia auf bie ſchwaͤbiſchen Benennungen und einzelnen
Idiotismen, bie mit feiner
‘
Vahl inner am rechten Orte ange
bracht find, um den vollsrhömliden Boden der Dichtung zu
behalten und die eigenthümtiche Laune der Darſtellung zu uns '
tesftügen. Das Ganze iß eine wahrhaft poetiſche Wolksfage,
in ihrer volkothoͤmlichen Genzüthlidgleit un wigigen Munterkeit
ohne irgend einen Anfprud) oder Schminke ber. Darftellung ex»
zählt, ſodaß dieſe Geſchichte Bei feinem offenen, unverbilbeten.
Sinne einer günftigen Wirkung” verfehlen kann. Der Inhalt.
ift* befannt: es ift die Kunde von dem Zufanımentreffen fieben
ehrlicher Schwaben aus veri&iebenen Strichen jener deütſchen
Provinz, um dem Ginen unter ihnen, ber, vom Wobenfee ges,
tommen, bie Uebrigen zufammengerufen hat, im Kampfe.gegen,
das von ihm befchriebene Ungeheuer beizuftehen, welches, mittels
eines langen Spießes unter Furcht und Bittern angegriffen,
ſich als ein Dale berausftellt, der bei ber erften Annäherung
entfliebt. Diefes Hauptthema ift mit mehren hoͤchſt ergöglichen
Anekdoten von der Wanderung ber firben Schwaben durch bie
Städte Augsburg, Memmingen und Rapensburg bis zur Ans
kunft am Bodenſee, wo fie das Ungeheuer auffuchen, mit origis
nellen Particularitäten über Herkunft, Charakter und Lebenss
weife der verfchiedenen Theilnehmer bed Zuges u. ſ. w. durch⸗
webt, und es bietet ſich in dem Eleinen Umfange biefer Volks⸗
fage ein Reihthum von Motiven dichteriſcher und kuͤnſtleriſcher
Behandlung bar. Das Merkwürdigfte ift es indeſſen, daß biefe
Cage keinen andern Urfprung hat ald Schwaben felbft, unb
Ddaß innere wie äußere Gründe dafür fprechen, biefe Dichtung
fei eine humoriſtiſche Gelbfigeißelung, die um fo kecker fi
felbft und ben eiguen Namen unb Herd zum Gegenfland ihrer
Laune wählen kann, je geiftreidher und gemüthlicher an und für
fi dieſer Humor fich geltend macht. Dabei hat die Sage nicht
unterlaffen, balb in feinern, bald in derbern Winfen das vollss
thuͤmliche Selbfigefühl Hervortreten zu laffen, wie dies naments
lich ber Abſchnitt darthut, in welchen die burdy Uhlanb bes
rüßmt gewordenen Schwabenſtreiche auch hier in ihrer eigens
thämfichen Weife zur Anwendung kommen. Wenn benn auch
eine ſchwaͤbiſche Buchhandlung von biefer Sage einen neuen
Abbruck beforgt und benfelben, wie man es nicht fo fehr von
beutfihen Officinen gewohnt ift, auf die würdigfte Weife aus⸗
ſtattet, fo darf dies Unternehmen in Wahrheit als ein patriotis
ſches und ehrenvolles betrachtet werben, nicht zu vergleichen mit
bem Reutlinger, ber Schiller's „Kabale und Liebe’ fammt den
Paſſus von ben Nachdruckern nachgedruckt hatte. Eine rühms
liche Zugabe biefes fchönen Abdruds find die von einem Unges
nannten — in den Öffentlihen Ankündigungen wirb er als Dr.
Fellner aufgeführt — gefertigten Zeichnungen zu bee Geſchichte
von den fieben Schwaben. Der Künftler bat bie Laune bes
Gedichts in ihrer Kraft und Euft in fi aufgenommen. Er
flellt in den einzelnen G@eftalten und ganzen Gruppen bie natür⸗
liche Derbheit der Perfonen ber Dichtung bar, und ohne fi
von dem Kreiß ber Sage unb von bem eigenthümlicdhen Cha⸗
rakter berfelben gu entfernen, behandelt ex feinen Gegenſtand
mit eigenthümlicher Kreiheit und echter Phantaſie. Es it ihm
gelungen, die bedeutenbften Scenen für feine Darftelung heraus⸗
zafinden, und er hat biefelben mehr ober weniger geiftreich an«
gelegt. Dabei hat er den voltsthümlichen Charakter feiner
Darftellungen durch eine gewiffe Typik ber Darftellungsformen
firirt, wozu nicht bloß überhaupt die große Kenntlichkeit der
einzelnen fieben Schwaben auf jedem Blatte, fondern auch die
fombolifhen Attribute und Situationen gehören, wenn überall
3. B. der Knoͤpfleſchwab aus Nördlingen mit einer Menge von
Schäffeln und Toͤpfen um feinen feiſten Bauch behängt, ber
Neſtelſchwab im buntgeflidten Goftume, ber Spiegelſchwab mit
dem Rockaͤrmel an dee Naſe dargeftellt if. Die Anordnung
ber Wilder ift Iebendig, die Zeichnung gut. In ber Lithographie
fhen Behandlung ift jene Annäherung an ten volfsthümlidyern
Holzfchnitt erzielt, welche früher ſchon von Andern, wie von
Schlotthauer in: Münden bei feiner Nadpbildung bed Hol⸗
hein’fchen Todtentanzes, mit vielem Gluͤck verſucht xrder
war. .
Nedigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagsdandlung: F. X. Brodhans in Leipzig.
Blätter
- er 6
..
=
für.
literariſche Unterhaltung.
MI . .
5 ⸗
55 | ’ —
Montag, —n Nr. 42, — —
11. Februar 1833.
Hofrath Dirt, Doctor Waagen und Herr C. F. von
Rumohr.
Ein literariſcher Kriegsbericht. +)
Sn den „Sahrbüchern fuͤr wiſſenſchaftliche Krĩtik“ (Jahrg.
1831, Nr. 112 und 113) recenſirte Here Hoftath Hirt den
dritten Theil der „Stalienifchen Korfchungen‘‘ des Herrn €.
"5. von Rumohr. Das Buch handelt vornehmlich von
Rafael und wurde von dem Mec. ungünftig beurtheilt,
indem derfelbe verſi cherte, daß neue Quellen darin nicht
eroͤffnet und die in den letzten Jahren von ‚Dungiteoni
gegebenen nicht geprüft worden. feien, fonach eine Schrift
vorliege wie fo viele andere über Rafael, deren iwefentliche
Autorität auf Vaſari und auf Gonjecturen beruhe, bie
der Verf. aus eignem Stublum der Werke Rafael’ ſich
abftrahirt habe. Herr H. folgt dann dem Verf: in den
ſpeciellen Angaben über die Lebensumftände und Arbeiten
des großen Malers, indem er biefe Angaben theild zu
widerlegen fucht, theils ihnen einfach miderfpricht, auch
gelegentlih Vaſari gegen die Anfchuldigungen des Herrn
von Rumohr in Scug nimmt. Da einige Arbeiten Ras
fael's und folhe, die daflıe ausgegeben werden, fi in
dem Mufeum zu Berlin befinden, fo werden über die
Echtheit derfelben von dem Mec. hin und wieder Bemer⸗
tungen gemacht; und ba dieſe Bemerkungen die Haupt:
veranlaffung des Streits find, auch nicht zu viel Raum
einnehmen, fo muͤſſen fle zur Begründung des Urtheils
hier aufgenommen werden:
1. „Eine andere Arbeit Rafael's erkannte Here von
R. in einer Copie nad Pietro Perugino. Er eritand
das Gemälde um 20 Dufaten für das Muſeum zu Ber:
lin. — Gewiß gehört ein beſonderes Auge bazu, in biefer.
Dir ſchwachen Copie, die Hand eines Rafael's zu er:
kennen.“
2. „Auch der Rec. iſt der Meinung, daß die Anbe⸗
tung der Koͤnige in der Kapelle Ancajani in Spoleto ein
Werk Rafael's ſei. Aber wie konnte ſich der Verf. aus
der Anſicht dieſes herrlichen Gemaͤldes beigehen laſſen,
das elende Machwerk eines Leichnams Chriſti fuͤr eine
Arbeit Rafael's in dem berliner Muſeum, Nr. 226, auf:
Reli zu laſſen.“
3. „Hiermit möchte Here von N. dem großen Mei⸗
*) Bel. Kr. 6 u. 6b. Bi. D. Red,
ſter noch eine Partie anderer Gemaͤlde zuſchieben, welche
der Verf. in dem koͤnigl. Muſeum zu Berlin aufſtellen
ließ (ſ. die Vorrede zum „Verzeichniß der Gemaͤldeſamml.
des koͤnigl Muſeums zu Berlin“, S. vıu.xıu). Diefe
beftehen: erſtlich in einer Madonna mit den beiden Kin⸗
dern und zwei Engeln, die Rafael nad) einem Gemaͤlde
bes Pietro bei dem Eingange In feine Schufe copirt ha⸗
ben fol. Im Mufeum ift das Bild unter Nr. 222 auf '
geftellt. Diefe Arbeit iſt Außerft roh und unbegreiflich,
wie man dem Rafael ein folhes Machwerk unterfhieben
fann. Aber nichs weniger roh iſt zweitens ein auf beb
den Seiten bemaltes Kreuz Nr. 224. Die Arbeit ift fo
fhülerhaft, dag man fie nur einem Sungen, der bie Far⸗
ben reibt und jegt zum erften Mal den Pinfel zum Ans
ftreichen gebraucht, zufchreiben kann. Das dritte iſt ein
Leihnam Chrifti, Nr. 226, von fo geringem Gehalt, daß
man babei faum an einen Maler, gefchmweige an Rafael
denken Tann. Hierzu fommt noch viertend eine Prebella,
in der Mitte der todte Chriſtus u. ſ.w. — Nach der An:
gabe des Verf. machte Herr von R. mit diefem Bild:
hen ein Gefchent an einen großen Zürften als eines ber
einen Gemälde von der Predella, welche Rafael zu dir
Krönung der Maria, jest im Vatican, malte. Aber wiel
die drei Beinen Bilder der Predella zu dem genannten
Gemälde find ja ebenda, wie wir oben angegeben haben,
noch vorhanden. Durfte dies dem Geber unbewußt fein?”
4. „Noch tft ein viertes nicht großes Gemälde, Mr.
225, unter dem Namen Rafael vorhanden. Sicher ein
gefälliges Bild aus der Schule des Pietro, nur nicht von
Rafael, dem vorzüglichften Meiſter der Schule! — Es iſt
hart füc den Rec., folche unerfreufiche Offenbarungen bei
einem fo großartigen Inſtitute madyen zu müffen, an dem
er lange den lebhafteſten Antheil genommen und bei
dem er ungern eine ſo ſchlechte Auswahl erlebt hat.“
Wenn man die obigen Aeußerungen unbefangen bes
trachtet, fo wird man finden, baß fie zwar einen berb
ausgefprochenen Tadel enthalten, jedcch immer fireng bei
dem Segenftande bfeiben, niemals aber auch nur im Ents
fernteften die Perfon des Gegners ober deſſen Charakter
berühren. Ob diefer Zabel begründet war, kommt hier
nicht zur Frage; und war er es nicht, fo blieb Deren von
N. der Weg ber Widerlegung immerhin in glei | derbem
Tone offen.
— — —
a‘ =
170 EN
Die Einrichtung ber Gemäldegalerie des koͤnigl. Deus
ſeums zu Berlin und die Auswahl bet Bilder war einer
vom Könige ernannten Commiffion unter dem Präffbium ,
des Herrn Staatsminiſters von Humboldt Übertragen wor⸗
den, von welcher ber Herr Galerledirector Dr. Waagen
neben andern geachteten Männern ein Mitglied war. Es
war daher natuͤrlich, daß der Letztere durch einen ſo un⸗
ummundenen Tadel ſich gekraͤnkt fühlen mußte, welchem
Gefühl er denn auch in.einer Schrift von 121 Seis
unter dem Titel:
Der Here Hofrath Hirt al6 Forſcher über bie Gefchichte
der neuern Malerei, in Erwiderung feiner Recenſion
des dritten Theils der Italieniſchen Forſchungen des
Herm C. F. von Rumohr. Berlin, Nicolai. 1832.
r. 8. 16 ©r.
sr machte. Er ſucht die Aufftelung der oben ‚erwähn-
ten Bilder unter dem Namen Rafael'ſcher Werte zu ver»
theidigen. Aus diefer Wertheidigung gebt indeffen doch
hervor, daß diefe Bezeichnung derfelben mehr auf Eonjec-
tur und Gefühlsurtheil ald auf wirklichen Beweifen be:
“ zuht, umd er muß daher am Ende zugeben, daß Derjenige,
den fein Gefühl und feine Bilderkenntniß auf ein entge:
gengefegtes Urtheil binführen, vielleicht wol auch Recht
haben koͤnnte. Herr Hofrath Hirt findet dieſe Bilder theil⸗
weife gut, nur nicht von Rafael, und theilweiſe fo ſchlecht,
daß fie von Rafael gar nicht fein tönnen, und nennt
eine Auswahl und Bilderbezeichnung, bei ber ſolche Fehler
dortkommen, gradezu ſchlecht. Herr Dr. Waagen dagegen fin⸗
det, daß fie faͤmmtlich ſehr gut, und wenn auch nicht aus
Mafael'd befler Zeit, doc muthmaßlic und fogar wahr:
ſcheinlich feine Werte find, und halt fomit Auswahl und
Bezeichnung für binlänglich gerechtfertigt. Wie kommt es
aber, daß Here Hofe. Hirt wegen biefer angeblichen Mis:
griffe Heren v. Rumohr angreift? Weil die vorgenannte
-Sommiffion auf höhere Veranlafjung bie fachverftändige
Begutachtung des Legtern in Betreff ber Anorbnung des
Mufeums, der Auswahl und Aufitellung der Bilder u. f. w.
begehrt und erhalten, und wiewol ganz fetbftändig,
doch in Uebereinflimmung mit feinen Rathſchlaͤgen gehan⸗
delt hat. So weit find, wie es Mef. fcheint, beide Theile
noch in ihrem guten Rechte.
langen Jahren als Sachkenner geachtet und zu Rath ges
zogen worden, hat ſich des Rechts feines freien Urtheils
in Gegenftänden feines Berufs, wiewol vielleicht mit ei⸗
niger Härte bebient, Wa
Meinung und das Verfahren der Commiſſion, wofür er
mit verantwortlich ift, vertheidigt. Er geht indeſſen wie
e6 bei ſolchen Streitigkeiten zu geſchehen pflegt, in feiner
Empfindlichkeit ſogleich um viele Schritte weiter. Er ver:
(at die ganze kunftgelehrte Laufbahn des Herrn Hofe.
— — * Kritik von Anfang bis zu Ende, fuͤhrt
eine Unzahl von Fehlgriffen, Irrthuͤmern, Verkehrtheiten,
deren derſelbe nicht nur in ſeinen Schriften, ſondern auch
teils beim Ankauf von Bildern, theils bei der Auswahl
und Beftimmung der im Mufeum aufzuftellenden Bilder
in feiner frühern amtlichen Stellung ſich ſchuldig gemacht
haben fol, auf, befehuldigt ihn
Herr Hofe. Hirt, der ſeit
und Herr Dr. Wangen hat feine.
der Anmaßung, der
® *
Unduldfamkeit, ſelbſt der Unwahrhelt, vertheibigt welt:
laͤufig die Werke und Verdienſte des Herm von R.; kurz,
er beabſichtigt nichts Geringeres, als die ganze literariſche
Exiſtenz ſeines Gegners auf Null herabzuſetzen. Er hat
hierin, wie mir ſcheint, mindeſtens einen taktiſchen Feh⸗
ler begangen. Der Feind hatte nur erſt geplaͤnkelt und
ſchien einen ſtaͤrkern Angriff erſt noch sanzyfündigen und
vorzubereiten. Es gehügte alfo, den einzelnen angegriffe⸗
nen Punkt zu vertheidigen und den Feind von da zurüds
zutreiben, „übrigens aher feinen weitern Gang zu erwarten
und ihn dann wo möglich total zu fchlagen. Hr, Dr.
Waagen ˖ dachte aber feinen Feind fogleich. mit ungetheile
ter Hauptmacht zu erdrüden . und bat fomit. feine g
Munition fhon verſchoſſen, ehe biefer fein Feuer eröffnete.
Was vorauszufehen war, IR gefhehen. Hr. Hofrath H.
teitt hervor mit einer Gegenſchrift unter dem Titel:
Hr. Dr. Waagen und Hr. von Rumohr ald Kunſtkenner
bargeftellt von A. Hirt. Berlin, Naud, 1832.
6.8 10 Gr. |
Hierin fuht er die gegm ihn angebrachten Beſchul⸗
digungen zu widerlegen, ftellt feinen Gegner ale einen
Mann dar, ber in Kunftfahen durchaus kein felbftändi-
ges Urtheil habe, von ihm erſt eigentlich ins Amt gezogen
und zu feiner künftigen Stellung vorbereitet worden fel,
ihm bei feinen amtlichen Arbeiten als Schreiber gedient,
jedoch wenig Intelligenz bewiefen babe, und rechtfertigt
feine frühere Gemaͤldeauswahl als eine blos vorläufige
Ausfonderung folcher Bilder, aus welchen dann fpäterhig
erft die würdigern in das Mufeum aufzunehmen und nds
her zu beſtimmen und zu ordnen geweſen wären. Hier⸗
mit ſcheint denn freilich diefer Angriff abgefchlagen. Ueber:
haupt aber fieht man nicht, wer in diefem Kampf ber cis
gentliche Sieger ſei. Gewiß ift, daß keine Partei dabek
bedeutend gewonnen hat; daß bei foldhen Kämpfen Aunft
und Wiſſenſchaft Hberhaupt nichts gewinnen, und daB
Gelehrte, die auf ſolche Weiſe gegeneinander auftreten, in
der Meinung des Publicums nur dabei verlieren fönnen.
Mer in den eigentlihen Streitpunkten Recht habe, ift beä
fo probfematifhen Gegenftänden nie mit Sicherheit zu
entfcheiden, und doch pflegt SHeftigkeit und Selbſtuͤber⸗
ſchaͤtzung gerade dba am größten zu fein, wo eine volkom⸗
mene Gewißheit unmöglid iſt. Bis auf diefen Punkt
ftelfe fi die Sache als ein gewöhnlicher Gelehrtenftreit
dar, wie er in ber literarifchen Welt taufend und wieder
taufend? Mal vorgeflommen iſt und nur den eigent=
lichen Gelehrten vom Fach zu interefficen vermag.
Durch die Wendung aber, welche ihm Hr. von Rus
mohr in feinen kürzlich erfchienenen „Drei Reifen
nah Italien“ gibt, erhält derfelbe einen durchaus ans
dern Charakter. Hier greift er feinen Recenſenten auf
eine Weife an, die jeden Freund der Literatur, ja Jeden,
der Recht und Sitte liebt, aufbringen muß. Auf eine Wi-
beriegung der Fritifchen Angriffe, auf den eigentlichen Ge⸗
genitand des Streits läßt er fih gar nicht ein. Sein
Gegner hat feine Schriften, feine Kunſtkennerſchaft, feine
Einwirkungen auf Kunftinftitute zu tadeln gewagt; dafür
muß er gefhmäht, beſchimpft, herabgewürdigt werden.
’ \
B
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Hr. von Mumahe, ber im Mmgange mit den Gros
fen diefer Erde feinen höcften Genuß zu finden bekennt
und alfo in der feinſten Sitte fein‘ Lebenselement erken⸗
nen muß; er, der ſich feiner Verhaͤltniſſe zu den hoͤchſten
Perſonen, ja ber Freundſchaft hoher Fuͤrſten oͤffentlich
ruͤhmt, faͤllt ploͤtzlich, durch einige kritiſch⸗ derbe Tadels⸗
worte zur hoͤchſten Wuth gereist, aus dem feinen, ruhi⸗
gen, diplomatiſchen Tone, den wir fuͤr ſeinen natuͤrlichen
hielten, in den des Vorſaals. Alles, was in Druckſchrif⸗
ten etwa ſchon früher gegen Hrn. Hirt geſagt worden,
wird ihm, wie man mit einen leider in dieſem Verhaͤlt⸗
niffe ſehr wohl pafjenden Ausdeud zu fagen pflegt, unter
die Naſe gerieben. So iſt in dem Briefmechfel zwiſchen
Goͤthe und Schiller eine Stelle, wo ber Letztere, wiewol
‚mit Schonung und Borfiht den Zweifel äußert, ob die
Wärme und Libhaftigkeit, mit welcher Hr. Hofrath Hirt,
ben er eben erft kennen lernt, Manches darftelle, ganz ei⸗
gentlich in feiner Natur liege. Daß hier Verftellung zum
Grunde liegen könne, davon ſpricht Schiller keineswegs.
Lebhaftigkeit und Wärme können in ruhigen Charakteren
verübergehend entſtehen, ohne eben tn Ihrer Natur zu lies
gen. Dr. von Rumohr aber legt die Stelle fo aus, als
habe Schiller einen Verbacht gegen die Wahrhaftigkeit des
Gefühle in Hrn. Hofrath Hirt gehegt; ja, er behauptet,
daß diefer Werdacht fehr wohl gegründet und der Letztere
von jeher von Vielen für einen literarifch-äfthetifchen Tar⸗
tuffe gehalten worben fei. Er nennt feinen. Gegner einen
Dnirtaner, einen Mann von ſchwaͤchlichen Vorkenntniffen,
fein Runftgerede ein Skandal, und mas ber Artigkeiten
mehr find. Er behauptet, Hr. Hofrath Dirt fei ald quies⸗
cirter Beamter gar nicht competent, uͤber Einrichtungen zu
urtheiien, die von den hoͤchſten Behörden angenommen
und gebilligt, ja belohnt worden find. Wie, alfo über
GSegenftände der Kunft und des Wiffens hört alles freie
Urthell auf, fobald fie das Korum der Behoͤrden paſſirt
haben? Wenn auf Math des Hrn. von Rumohe Bilder
als Werke von Rafael aufgeftellt werden, die von ‚diefem
Meifter nicht find, fo darf dies Niemand fagen, Niemand
tadeln, weil die Bemühungen de6 Hrn. von Rumohr mit
einer Tabatiere belohnt wurden? In welchen Zeiten leben
wir? Der gereizte Kunſtkenner behauptet ferner, daß man
ihn fuͤr feinen Rath nicht zur Rechenſchaft ziehen koͤnne,
für den er nur feinen Gewiſſen verantworilich ſei. Er
bat Recht, zur Rechenſchaft kann man ihn für feinen
Rath nicht ziehen; uber diefen feinen Rath zu tadeln, auch
das wäre nicht erlaubt? Hr. von Rumohr geht noch weis
ter. „Here Hofrat; Hirt”, fagt er, „habe durch diefen Zabel
Die Veranſtaltungen der hoͤchſten Behörden heruntergerifen,
mit groben und ehrenrührigen Epitheten belegt und bie
Ucheber diefer Veranftaltungen dadurch befchimpft in Schrif⸗
ten, benen wenig fehle, um für folenne Schmähfchtiften
zu gelten.” Ref. kann diefen Charakter darin nicht finden;
man fieht aber wel, daß es nid an Hm. von Rumohr
liegt, wenn Hr. Hofrath Het von feiner frei ausgeſpro⸗
denen Meinung nicht die fhlimmften Folgen erlebt. Wo⸗
bin foll es mit Kunft und Wiſſenſchaft kommen, wenn
in ihrem Bereich von Lob-und Tadel nicht mehr die Rede:
fein darf? Demi wo der Tadel nicht mehr außgefprochen
“ werden San, da kann natürlich auch kein Zob mehr ſtatt⸗
finden. Zum Schluß wird Hr. Hofrath Hirt noch ges
fragt, ob er das Ding: Gewiſſen kenne? Mef. ift diefem
Streite fremd; das aber bringt Ihn auf, daß in irgend eis
nem literarlihen Streite fo ſehr auf die Gunft der
hoͤchſten Behörden und Perfonen gepocht wird, daß fie
vorgefhoben und gleihfam als Inftrumente zur Beſtra⸗
fung misfälliger Urtheile, die Niemand als den Verf, gels
ten, gebraucht werden follen. Die Vornehmheit bringt ihn
auf, mit der Hr. von Rumohr auftritt im Zorne, nicht
ſowol bes getadelten Schriftftellers als der hochgeſtellten
Standesperfon, die ein Plebejer zu kritiſiren wagte. Diefe
Zeiten follten vorüber fein. Es ift gar fchön, wenn vors
nehme Herren fi mit Kunft und Wiſſenſchaft befchäftis
gen; find fie aber einmal in dieſen Kreis getreten, fo
müfjen fie in biefem jedem Standesrecht entfagen, denn
bier wird, wie es überall fein follte, ohne Anſehen der
Perfon der Irrthum corrigiet, die Fehler getadelt, und
‚Hr. von Rumohr richtet nichts damit aus, wenn er feis
nen Recenfenten mit flolzer Vertraulichkeit „lieber Hirt”
anredet. 119.
Die St.⸗Simonianer und ihre Beluſtigungen in ben
Umgebungen von Paris.
(Mach dewm Berichte eine6 Xugenzeugen; aud bem
Snglifgen.)
Paris, den 2. Nov. 188.
Am Testen Sonntage war ich bei einem Feſte der St.⸗
Simonianer Theilnehmer, und zwar in Geſellſchaft eines meiner
befien Freunde. Wir waren ausgegangen, um den Kirchhof bes
Pater Lachaiſe wieder einmal zu fehen, doch ſchien es uns, als
wenn derſelbe feine eigenthümliche Schönheit, wenigftens in uns _
fern Augen, immer mehr und mehr verliere. Die Cypreſſen
find alle fo hoch und dicht geworben, daß die fonft fo reizende
Ausfiht nad allen Seiten dadurch befchränkt wird. Die Blu⸗
menftüce und zierlichen Grabmäler, die chemals einen fo herrli⸗
hen Anblick gewährten, find nun in wahrhafte Schatten des
Grabes verfunten. Die erhöheten Waufoleen von Boy, Dafe
fena und ihrer Waffenbrüder ragen jetzt zwar noch hervor;
wenn aber binnen einigen Jahren fi bie Art und Gäge
nicht ins Mittel fhlägt, fo werden ſoiche ebenfalls mit den
übrigen in das Dunkel der Schatten, wo nicht in Vergeſſenheit
verfinten.
. Wir burchfchritten bie Umgebungen bes Kirchhofs mit dem
Gebanten, an diefem Tage, nach der Bitte ber Parifer, außer:
halb bei Barrieren zu Mittag zu effen, als es fich traf, daß
wir der ganzen Zunft ber St.: Simonianer begegneten, welche,
etwa ihrer vierzig, aus ihrem Wohngebäude zu Menilmontant
famen und, wie es fchien, in ber Abſicht, ebenfalls wie wir zu
Mittag zu effen und ſich unter das Volktgetuͤmmel zu mifchen,
weiches fidh in den Wirt hohaͤuſern der Boulevards jeden Sonn⸗
tag zufammenfindet. Aus Neugierde hielten wir uns in ihrer
gäbe auf, und als fie biefes bemerkten und in uns Fremde ers
Tannten, ſchickten fie einen ihrer Brüder ab, um uns einzuladen,
in ihrer Gefellfchaft zuzubringen. Wir .nahmen es an, und
ba wir mit denfelben zu Mittag aßen — unfere Zeche bezahlten
wir jedoch ſelbſt — fo kann ich Ihnen von biefen Leuten eine
vollſtaͤndige Schilderung machen.
Wie Sie ſchon wilfen, tft ihr Anzug ‚außerorbentlich male
riſch, denn er beftcht aus einem kurzen Leibrock oder einem
Oberrock von blauem Tuch, wie die Knaben folchen tragen, nur
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gekürzt und etwas mobifch zugeſtutzt, und wird folder geöffnet,
fo zeigt fih eine weiße Zunica. Der Hals ift bloß, der Bart
lang gewachſen, wohl gekräufelt und gekaͤmmt und parfumikt.
Ich Tann Ihnen verfihern, daß während ber Tafel, als id
zwiſchen ben vierzig fi auf und nieder bewegenden Bärten ſaß,
ih beinahe das Lachen nicht bemeiftern konnte, — dann aber
auch wieder träumte, als wenn ich bei einem Gaſtmahle märe,
wie man foldye in unfern alten Buͤchern und auf alten Gemaͤl⸗
den erbliden fann. Enfantin, das Oberhaupt, wird gewaltig
vanerirt. Er ift ein etwas vierfchrötiger Gefell, der cine merk⸗
würdige Figur darſtellt. Sein Geſicht ift nicht häßlich, aber
wie übertündt und etwas einfältig, und es fagte eine Dame von
ihm, er fei aussi animal qu’un homme peut l’Etre — und
man muß dem richtigen Urtheile des andern Geſchlechts Kierin
Vertrauen ſchenken. Nach meiner eignen Beobachtung ift er
auch wirtiih im hoͤchſten Grade Thier und fcheint keiner
andern Schwärmerei fähig zu fein als ber der höchften Eitel⸗
keit. Auf eine Krage, wie ſich foldye während der Eſſenszeit,
3. B. über die Speiſen und Gerichte, die aufgetragen wurden,
erhob, äußerte er: „Wir leben wie Leute von geringem Stande,
und Keiner verzehrt täglich mehr als 25 Sous.“ Es war bie:
fes aber eine eigne Aeußerung von einem wohlriechenden Stuger,
mit einem Kaſchemirſhawl um den Naden gewunden, er komme
mit Dem aus, was ein Tagelöhner brauche. Auf der Vorder⸗
feite dee Zunica, welche Gnfantin trug, waren bie Worte ges
fidt: Le pere. Kaum wage ich aber zu fagen, wie ih es
noch bemerkte, daB bdiefer freche Narr ſich nicht fcheute, durch
Kleidung, Haltung und gezwungene Drrablafjung den Muſtern
gleichen zu wollen, bie uns durch die vorhandenen Bilder und
Beſchreidungen von Jeſus Chriftus bekannt find.
Doch war unter Denen, weldye diefem eingebilbeten Tho⸗
zen anbingen, auch mehr ala ein würbiger Mann. Barraultz. B.,
din gründlider Gelehrter, verlieh, obgleich verheirathet,
feine vortbheilhafte Lage und gab günftige Ausfichten auf, um
fi) der Gemeinde anzuſchließen. Die zehn angefehenften Mit:
glieder berfelben haben etwa ein Jeder 100,000 Fr. hergefchof:
fen, und biefes iſt ihr Gefammtvermögen. Zu ber merfwürdig-
fien ihrer Bekehrungen gebört die von Bournel, eines ehemalis
gen Zoͤglings der polytechnifchen Schule, welcher ber Direction der
Gifenwerfe von Greugot vorftand, welches bie beimeitem ans
ſehnlichſten von ganz Frankreich find. Er opferte ein Einkom⸗
wen von jährlidy 25,000 Kr. und außerdem 100,000 Fr. in bie
gemeinſchaftliche Kaffe. Bei den gerichtlichen Unterfuchungen,
denen fie unterworfen wurden, legte man im Verhoͤre großes
Gewicht auf die Umftände, welche Kournel, einen wiffenfchaft:
lich gebildeten Mann, zu dem Uebertritte bewogen hatten,
zumal bie &t.:Simonianer felbft bekannten, daß er — um ihre
eignen Ausdräde zu gebrauchen — eher pofitive als imaginative
(auf Schwärmerei gegruͤndte) Brundfäge in fich trage und ein
Mann von rubigem Zemperamente und kalter Ueberlegung fei,
der vorfitig Allee berechne. Dieſe Borausfegungen find aber
alle vielleicht gänzlich unrichtig, und ich zweifle ſehr, daß man
sin Schwaͤrmer werben könne, ohne ungezügelten Neigungen
und ohne einer feurigen Ginbilbungskraft ergeben zu fein. Pers
ſoͤnliche @itelkeit ſcheint ſowol Hei Fournel ale bei Enfantin bie
DHaupttriebfeber zu fein. Der Lestere war, beiläufig gefagt,
Kafficer bei der Hppothelenkafle, ein Strazzenmann und Buch⸗
halter; man kann aber für gewiß annehmen, daB von bem
Comptoirſtuhl fidy bis jegt noch fein begabter Seher erhoben
bat. Gin anderes ausgezeichnetes Mitglied ber Geſellſchaft ift
Duveprier. Gr befigt viele Beredtſamkeit und ift ganz Schwaͤr⸗
mer, während Barrault, obgleich er gut fpricht, doch nicht für
einen Rebner gelten kann. Gr zeigte wenig Verftand und Ur:
theilätraft, als er feine ziemlich feurige Lobrede auf das Zus
genbfame und Gchuldlofe ber Gefchlechtsliebe hielt, weshalb
ie G@efchworenen ihm ein Jahr Gefängnißftrafe zuerkannten.
Duveyrier unternahm, wiewol ohne allen Erfolg, bie befannte
Miffion nach England.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Veriagshandlung: F. A. Brochaus in Leipzig.
unter ben öffentlichen: Lehrern, bie gegenwaͤrtig in Paris
leben, if, Lerminier ohne Zweifel der ausgezeichnetſte. Auch er
wurde zu den St.⸗Simonignern hingezogen iynd nur bahurd) -
gerettet, ehe er ſich einkleiden ließ, daß feine Freunde ihn mit
Gewalt in den Wagen festen und nad Italien ſchickten. Es
beburfte num einer kurzen Reife, um ihn wieder zur Befinhung
fommen zu laffen. on .
Wir hatten gehofft, von den Herren etwas Naͤheres uͤber
ihre Lchrfäge u. ſ. w. zu erfahren, und fo geſchah es auch in
ber That. Gin neben mir figender Stutzer gab mir eine genüs
gende Erklärung der drei befondern Barden, aus denen ihre
Shawls gewebt waren. „Was glauben Sie wor’, fragte er
mich, „welches der eigentliche Sinn biefer Yarben ſei? Soldye_
bedeuten Wiffenfchaft, Gewerbfleiß und Künfte, und diefe drei
Barden follten auch in ihrer Klejdung vorhanden fein.’ Auf
meine Bemerkung, daß ich die drei Karben nicht erblidde, wurde
mir emvidert, daß die langen Hoſen weiche jept noch weiß wär
sen, roth werden würben, Tobalb fie Gelb oder Hinlänglichen
Grebit hätten, um ſolche anzuſchaffen. Diefe Angelegenheit war
eine des wichtigften ber St.» Simonianer, a ya
Nachdem bie Tafel aufgehoben worben, erwarteten wir nichts
Geringeres als eine Predigt oder eine Rede; allein dieſes war
nicht der Kal. Unfere Geſellſchafter mit kurzen Roͤcken und
mit Shamwis um ben Racken begaben ſich hinab’ auf den Tanz⸗
plat im Garten und felleen fi in die Reihen ber Tänzer und
der fröhlihen Mädchen ber Roulevards. .
Mit ebenfo viel Widerwillen als Verſtimmung eilten wir
und zu entfernen. 42,
Notigen. '
“rfprung bed herzogligen Titels von Glarence
Auf einem Berge an ber Weftküfte des Peloponnes, ber
Snfel Zante gegenüber, liegt in Trümmern die Feſte Caſtel Tore
nefe, die ehemals die an bem nördlichen Buße bes Berges lies
gende Stadt Giarenza (Chiarenza), nahe dei dem gleichnamigen
Vorgebirge, beſchuͤgte. Wahrſcheinlich entfland, nach ber Meis
nung des Capitain Trant in feiner „Narrative of a joumey
through Greece” (London 1830) hier in den Zeiten ber Kreuze
züge, als die Lateinifhen Eroberer Konftantinopeld Theile des
weftlichen Reiche an ihre Feldherren verfhentten, ein Derzog⸗
-thum Gtarenza, mit weldgem einer ber abendlaͤndiſchen Feld⸗
herren beiehnt wurde. Dieſer hinterließ es feinen Nachkommen,
bis die männliche Linie ausftarb, wo dann bie weibliche Erbin
in die Kamilie der Grafen von Hennegau heirathete. Philippe,
aus dieſem Baufe, bie Gemahlin Eduard III. von England,
vererbte in der Folge auf ben Prinzen Lionel den Zitel des
Herzogs von Clarenza (Glarence), welcher ſeit dieſer Zeit im
ber königlichen Kamilie von Großbritannien geblieben iſt.
Du ſoliſt dem Ochſen, der ba driſchet, das Maul
nicht verbinden.
Am koͤniglichen Gymnaſium zu Stuttgart müffen felbft bie
Lehrer dad Schulgeld für ihre Kinder begablen. Go hat ſich,
wie Prof. Klumpp in feiner Schrift: „Die gelehrten Schu⸗
len nad) den Grundfägen des wahren Humanismus” (II, 318),
erzählt, ber Zall ereignet, daß ein Gymnaſiallehrer, der mit
1100 Fl. (ohne freie Wehnung) befoldet ik, für feine fhnf
das Gymnafium beſuchenden Söhne 100 Fl. Schulgeld gabe
len mußte,
Wohlfeilheit in Aegypten. |
DIE ganze Erziehung eines Kindes im alten Aegypten Tor
ſtete bis zu ben Juͤnglingtjahren nach Herodot's Berſicherung
nur 20 Drachmen (4 Thlr. 14 Gr.). Eine ſolche Wohlfeilheit
bürften moberne Finanzkuͤnſtler doc nicht möglich Zachen
unen.
oo Blättern
Lit erariſche
fuͤr
Unterhaltung
Au
Kuſſiſche Bibliothek für Deutfhe. Bon Karl von
Knorring. Erſtes bis drittes Heft. Reval 1831.
8 2X. 12 &r.*) _
Der Geift des 19. Jahrhunderts, weicher uns mehr
umb mehr alte Völker Europas als in einer gemeinſchaft⸗
lichen Wanderung nad, deu hoͤchſten und letzten Zielpunk⸗
tee in Staatobildung, Leben, Kunft und. Wilfenfchaft be:
gräffen zeigt, hat auch nach und nach in Deutichland das
Beduͤrfniß fuͤhlbar gemacht, mit deu Kortichritten und
dem Entuihkelungsgange der jungen ruffifchen Literatur
vertraut zu werden, unb bereits find einige nicht umbes
deutende Verſuche gemacht worden, bie hervorragendſten
Erfcheinungen ber ſchoͤnen Literatur Rußlands in Bear:
beitungen und Hebertragungen zur Kenntniß der. Deutichen
Kritik zu bringen. Die großen, uns nicht unbelansten
Schwierigkeiten eines ſolchen Unternehmens, ber fo gaͤnz⸗
lich verfchiebene, ja faft unverſoͤhnliche Geiſt der beiden
Idiome hat viele einzelne Beſtrebungen biefer Art ſchei⸗
tern laſſen, und ihr Mislingen bat zu neum Verſuchen
aufgefodert. Wie dem auch fei, es tft an der Zeit, daß
Maͤnner von Geſchmack und im Beſitz beider Sprachen
dieſe Idee auf vinem breitern Plan verfolgen, und ein
‚Unternehmen dieſer Art, das den Zweck bat, uns nach
und nach mit den vorgüglichfien Werken ber ruſſiſchen
Literatur bekannt zu machen, uns. treue Ueberfegungen von
den Arbeiten vorzulegen, welche ben Ruf von claffiichen
behaupten, ein ſolches Unternehmen, von einem in Ruf:
land ſelbſt einheimifchen deutſchen Literator, verdient da⸗
her die volle Beachtung ber Alles überfchauenden deut⸗
fen Kritit.
MRußland felbft befaß vor dem Befreiungskriege ein:
Dichter und Literatoren, aber eine ruſſiſche Litera⸗
tur bat ſich erft feit zwanzig Jahren etwa gebildet. Ihr
Exfdyeinen, ihre Heranbildung, ihr erhöhtes und mannich⸗
facheres Streben ſcheint auf das engſte mit den politi-
‚Shen Erſcheinungen felbft zufammenzubdugen, und das
erſte weithiforifche Deraustreten ber ruſſiſchen Staates
macht auf dem eigentlich europälichen Boden, auf das
-Bebiet der Weltgeſchichte, iſt auch das Signal gewefen,
auf weiches der eigenthuͤmliche Geift einer ruffifchen Lite:
ratur wie auf feine Auferfiehungszeichen geharrt zu Haben
I lung b. at den Debit für Deut
”) Die Beriegspand 8! BL 5 | de Beute
\ Blenfag, on — Nr. 43,
12. Februar 1833
fheint. Bis dahin waren ruffifhe Nachahmungen einen
ſeits des franzöfifheng andererfeit bes beutfchen und enge
liſchen Geiftes zu hohen Anfehen und hoher Ehre gelangt;
allein, erſt feit diefer Epoche haben ruffifche Literatoren
die Schmelzung beider Formen und beider Richtungen in
eine neue Form und Richtung verſucht, die man als ben
Anfang einer neuen Literatur betrachten fann. Mit Einen
Wort: erft feit diefer Zeit find echt ruffifche Werke erſchie⸗
nen, und was fo lange Nachahmung war, hat den Char
rakter nationaler Individualität angenommen. Sprache und
Styl haben nad) und nach bie Entfchiedenheit und die
freie Bewegung erlangt, die erft gewonnen werden kann,
wenn bie Beit einfeitiger Nachahmung vorüber ift, und
die Gedankenreihe ſowol als die Regein der Sprachform
find zu der Selbftändigkeit gelangt, ohne welche «6 keine
Kiteratur gibt. In diefer Burgen Zeit bat die junge ruf
ſiſche Muſe ihre aͤltere Schroefter, die polnifche, in allm
Richtungen weit Hinter ſich zurüdgelaften; fie ft, fo zu
fagen, mit beiden Füßen mitten in das Gebiet des euro
päifchen Geiſtes niebdergefallen und bat von ihrer Stelle
für immer Beſitz genommen, gleihfam um uns aufs
Neue zu beweifen, daß ohne Volksgeſchichte, ohne politis
[he Seibfländigkeit und Bedeutung in Kunft und Literas
tur kein Rang zu geroinnen fel.
Wunderbare Fuͤgung der Gefchidel Der Ruſſe bat
die Sranzofen politiſch haſſen lernen müflenz er bat im
einem Kampf auf Leben und Tod das Gewicht feiner
Nationalehre empfinden, feine Selbſtheit fühlen lernen
müflen, um zu dem Bewußtſein zu gelangen, daß auch
im Reiche des Geiftes ibm mol eine eigne Bahn vor
behalten fein möchte, und um zu dem Verſuch vermocht
zu werden, ben frifchen und lebendigen Quell feiner na⸗
tionalen Lebens⸗ und Kunſtanſicht dem allgemeinen Welt:
ſtrome auf eignem Wege zuzuführen: ein Quell, ber ohne
jenen Nationalkrieg vielleicht für immer im dürem Sande
der Nachahmung vertrocknet wäre.
Die Verdienſte Derer zu mwürbigen, von welchen biefe
gluͤckliche Neuerung ausgegangen ift, muß einer andern
Stelle aufbewahrt werden; ihre Namen find bekannt.
Allein, taͤuſcht ums nicht Alles, fo wird nun bald eine
Zeit kommen, wo «8 dem Literachiftoriker, zum Beruf
werden wird, die Schwierigkeiten zu überwinden, welche
das ruſſiſche Idiom umgeben, um jenen neum Strom
m
von Gedanken und Anſichten an ſeiner Quelle kennen zu
lernen. Bis dahin muͤſſen wir es mit Dank anerkennen,
wenn wir auf dem leichtern Wege treuer und geſchmack⸗
voller Ueberſezungen zu dem Lande hingefuͤhrt werden, wo
diefer Lebendige und friſche Strom entfpringt, der feiner:
ſeits nicht verfäumen wird, das Gebiet des Menſchengei⸗
ſtes Hefruchtend zu durchziehen.
Eine Betrachtung ift es beſonders, welche uns große
Erwartungen von der jungen ruſſiſchen Literatur einflößt.
Ss iſt der gänzliche Mangel des antiten Principe In Ihr,
weiches mehr oder minder alle übrigen europäifchen Lite:
raturen in eine beftimmte und beengte Richtung gewiefen
hat. Wen biefer Feſſel frei, die allerdings zu ihrer Zeit
auch als ein Leirftern, ein Kanal erfcheinen konnte, muß
die tuſſiſche Literatur, *fobatd fie nur erſt ben Geiſt ber
Nahahmung ganz überwunden und ausgeftoßen hat, zu
einem hoͤhern und freien Kluge angeregt werden, als eine
“ihrer Vorgängern ihn, von dem antiken Kunſtgeſetz ge:
demmt, einzufchlagen vermochte. Mit beiden Flügeln ge:
Hört die ruffifche Muſe der Gegenwart an, mährend bie
veutſche, englifche, franzoͤſiſche und italieniſche die Feſſel des
Alterthums an einem ihrer Fittige ‚trägt. Es wäre bie
Schuld des ruffiihen Volkes und feines Geifted, wenn aus
diefer günftigen Lebensbedingung nicht ein günftige® Kunfts
vefultat entfpränge, denn Altes ift dafür, ein ſolches zu
vermuthen. ine neue Volksentwickelung, die ihre Keime
ausſchließlich aus der Gegenwart nimmt, Unabhängigkeit
von kirchlichen, feudaliſtiſchen und antiken Xraditionen,
eine friſche Gefchichte, hohe Volkskraft, politiſche Bedeu⸗
tung — dies ſind Elemente, die nur zum Bewußtſein
gebracht werden dürfen, um ſich in ihrer umgeſtaltenden
Kraft zu dußern. Allerdings Liegen noch manche Ueber:
gangsftufen zwiſchen dem Jet und der Zukunft des ruſ⸗
fifchen Volkes, die vor im Auge haben; aber mer darf «6
verneinen, daß der gefunde Sinn eines neuen Volkes, das
feine Kraft ſoeben kennen lernt, biefe Stufen nicht ſchnell
erfteige, diefe Dinderniffe nicht fchnell und wie im Spiel
iege?
en biefe Abfchweifung führt uns im Kreiſe zu un⸗
ferm unmittelbaren Gegenſtande zurüd. Dee Herausgeber
bes votfiegenden Werkes nimmt den von Ihm vereinzelt
und ohne Spftem verfuchten Gedanken, die ruffifche Lite⸗
rotur in ihren eigenthuͤmlichſten Erfcheinungen uns be:
kanntzumachen, auf einem breiten Plane auf, als er
bisher gefaßt worden iſt. In zmanglofen Heften ver
ſpricht er und nach und nad die wichtigften und natios
nalften Werke jener Literatur in treuen Weberfegungen
vorzulegen und uns ihre „Form und Abdruck“ zu zeigen,
indem er uns bie Mühe erfpart, mit der Sprache felbft
in Kampf zu treten. Diefem Unternehmen kann unfere
Anerkennung nicht fehlen. —
Die kritiſchen Blätter Rußlands („Die Biene”, „Der
Telegraph“) leiſten uns durch ihre lobende MWürbigung
Buͤrgſchaft für die gewiſſenhafte Treue Des Ueberfegers,
die wir felbft nur ungenügend verfolgen koͤnnen. Defto
"mehr halten wir uns jedoch für berufen, über Wahl der
ein Urtheil abzugeben. Im Ganzen genommen, mäflen
wir, bei aller Anerkennung für die Fähigkeit des Verf.,
bas Bedenken hegen, daß er in feiner Auswahl bis jet
nicht mit der nöthigen Umficht verfahren fe. Die Er⸗
zoͤhlung: „Simeon Kardlapa”, von Polewoi, hat alles
dings die amerfannteften ſtyliſtiſchen Vorzuͤge; allein eine
bedeutende Anzahl ſpaͤterer Nodellen voltebe geefgnettt
gewefen fein, den Deutfchen eine Vorſtellung von der
fittenfchildernden Kraft ruſſiſcher Erzählungen zu geben
und ihre eigenthuͤmlichſten Verdienſte hervorzuheben.
Das Märchen: „Die drei Guͤrtel“, von Schukowski,
hat dagegen alles Recht, in dieſer Muſterſammlung eine
Stelle einzunchmen; Babel; unb-
(ung find überhaupt die Gebiete, welche die ruſſiſche Litera⸗
tur am früheften felbftändig ausgebildet hat. Im zweiten Hefte
gibt dee Verf den „Boris Godunow“, ven Alerauder
Puſchkin, zu unferer Beurtheilung bin. Diefer, ein
bramatifches Gemälde wach Art der „Barricades”, ber
„Btats de Biois” und des „Henri Ill”, ift unſtreitig eime
der Bräftigfien und eigenthuͤmlichſten Schoͤpfungen der ruß⸗
fiſchen Muſe. Wir fagen nicht zu wel, wenn: wir. meis
nen, daß fie ben Freibrief dadurch erlangt habe. Ruks
fifche Kritiker Haben ihm Anachroniemen und falfche Kraft
vorgeworfen: wir fehen in ihm allerdings zumeilen etwas
Uebereilung, wir vermiflen in ihm bier und ba allerdings
ſtrenge Motivirung und fcharfe Gonfequenz; uber an
Reichthum und Tuͤchtigkeit der Charaktere, an ſchoͤnen
BZuͤgen einer noch unbeobachteten Natut, an echter Er⸗
gräudung und Zeichnung des Menfchengemüths ſtellen
wir den „Boris Godunow“ dreiſt uͤber die ganze Schar
biftosifcher Tragoͤdien, welche z. B. die Hohenſtaufenge⸗
fchichte Dramatificen follen, und unmittefbae neben ‚Egmont‘
und „Goͤtz“. Der Wurf und bie Form “des. Ganzen iſt
buchaus neu und felbfländig, und an dieſem Ausſpruch
kann es uns nicht irre machen, bag wir zwei ober drei
Paralleiftellen, zu Schiller oder Shakfpenre antreffen, bie
ebenfo gut aus eigner Maturbeebachtung als ans ber
Erinnerung bergefloffen fein können. Die ruſſiſchen Kunſt⸗
richter find in diefem Pamkt an fich ſchon eiferflcchtiger,
als es noͤthig iſt oder gerecht, umb wir hüten und, in
ihren Ton einzufallen. Daß Dmitri ausruft: .
„Es if tädgerlih! Und was? Du lachſt nicht?
iſt noch kein Beweis, daß Puſchkin bie „Räuber“. copirt
babe. Vieles dagegen iſt in diefem Drama .fo wahrhaft
volksthuͤmlich, daß nur ans einer ruſſiſchen Keber folche
Gedanken geflofien: fein koͤmen, fo .edyt begeiftert unb bes
gelfternd (wie 3. B. Kurbskj's Rede auf ber ruffifchen
Grenze), fo wahrhaft patriotifch, daß wir wünfchten, es
fanden fich viele folche Stellen in ben deutſchen Dramen.
Was die Kunft des Ueberfegers betrifft, fo find wir mie
feiner Behandlung unferer Sprache allerdings nicht ſehr
einverftanden. Dffenbar fehle ihm Uebung und rhythmi⸗
fhes Ohr. Dagegen fteht ihm ein kräftiger und entipres
chender Ausbruck fat immer zu Gebot, und kann man
über den [chwerfälligen und zerriffenen Vers wegſehen, fo
mag das Ganze immerhin befriebigend erfcheinen. Bei
. @Gegmflände und über den Geſchmack der Ueberfegungn | alledem wmrden, wenn wis bie Wahl bes. Ueberſeters zu
«
leiten gehabt Hatten, „Die Zigeuner”, „Der Gefangene
vom Kaukafus⸗, Baktſchiſeral“ und andere Dichtungen
Dufchkin’s fi) uns noch eher dargeboten haben als „Bo:
ei. Das Eigenthümliche aufzuſuchen, iſt eine beſon⸗
ders nahe liegende Pflicht des Derausgebers, und deshalb
toben wir bie Aufnahme des „DMariahains”, von Schu:
kowskj, in dieſem forie des äußerft merkwürdigen Luft:
fpiels: „Gore ot uma“, ober „Leiden durch Bildung”, von
Sridojedomw, in das dritte Heft. Der Verf. diefes fo
enziehenden, originellen und durch feine Malerei ruffifcher
Sitten fo hoͤchſt affectvollen Dramas, das geadezu eine
neue Aera der dramatiſchen Poefie in Rußland eröffnet
bat, iſt derfelbe Staatsrath und ruſſiſche Gefandte, wels
der in Ispahan ein Opfer zligellofer Volkswuth wurde,
die fein Blut nach einem eben erft.gefchloffenen Frieden
verfprigte. Dies gervaltfame Ende eines noch jungen und
äußerft originellen Dichters ift für die Literatur feines
Vaterlandes nicht genug zu beklagen. Alles in ihm Eins
digte an, daß Gribojedow ganz dee Dann war, von dem
die Befreiung der ruffifchen Thalia von den Feſſein fremd⸗
Ländifcher Nachahmung ausgehen konnte. Gedanken, Sprache
und Vers gehören ihm And feinem Lande ausſchließlich an,
und er bat Liebe genug zu feinen Sitten und feiner
Denkart, um -beide dreifi und in aller Naturwahrheit dem
Beſchauer hinzuftelln. Das Luftfpiel: „Leiden durch Bil⸗
dung”, ift ein treffliches Parallelſtuͤck zu Sheridan’s „School
for scandal” und ein .claffifches ruſſiſches Drama Die
Ueberfegung der freien Derfe Gribojedow's ift dem Verf.
nicht befonders gelungen; fein Fehler fcheint eine allzu
ängftliche Treue zu fein, die dem Geift des Deutfchen
nicht genug Recht widerfahren laͤßt. Die ſehr großen
Schwierigkeiten dieſer Webertragung gereichen zu feiner
Entſchuldigung, aber rechtfertigen können fie ihn nicht.
Vielleicht wäre eine Ueberfegung in Profa beffer gelungen.
Mit dem dritten Heft fchließe für jegt der uns vors
liegende Theil dieſes beachtenswerthen Unternehmens. Zu
feiner Förderung, an dee uns fehr gelegen iſt, waͤre wol
zu wuͤnſchen, daß der Derausgeber feine Kräfte mit denen
verwandter Geiſter vereinigte, und da ihm ſelbſt eine ge:
ſchickte Behandlung der metriihen Sprache nicht beis
wohnt, fo würde zu wünfchen fein, daß er fich auf die
Bebertragungen in ungebimdener Rede beſchraͤnkte und die
gebundene gelibtern Kräften uͤberließe. Das Ganze dieſes
Unternehmens bedarf aber nicht erſt unferd Lobes und
unferer Anerkennung, um fi dankbare Theilnahme zu
gewinnen. Es ift durchaus zeitgemäß und befriedigt in
der That ein fühlbar gewordenes Bebürfniß. 84.
Politiſche Dichter.
1. Pfefferkoͤrner. Im Geſchmack der Zeit, ernſter und ſatiriſcher
Gattung, von G. A. Freiherrn von Malti Drittes Heft⸗
kein. Hamburg, Hoffmann und Campe. 1832, 12. 16 &r.*)
Der freie Freiherr bat nun einmal Pafiion für bie Zreis
heit gefaßt, und wir müffen uns deshalb ſchon darüber zufrie⸗
den geben, daß er uns immer von Neuem wieber mit bem
°) Bel. Ar. 145 9. BE f. 18M. D. eb.
475 ‚
Pfefferfönnernieswurg feiner erftaunlichen-Wreibeitsliebe überfchät:
set. Mon nieft einmal und ſchneuzt fig und entiebigt ſich
fo des Freiherrn umd feiner. Pfeffertörnerprife wieder. Hr.
v. Maltig gehoͤrt leider zu Denen, weiche in neuefler Zeit den
Liberalismus in Deutfchland verdächtig unb verächtlich gemacht
haben. Er vertritt gewifjermaßen als Stimmführer: ben „aus
danfenlofen Liberalismus”, wie man neuerdings eine gewiſſe
Gattung des audgearteten Zeitliberalismus dharalterififh ge:
nug bezeichnet hat. Obwol von Herzen liberal, moͤchten
wir doch die Freiheit diefer Herren, die Freiheit, nad ber
fie in Profa und Werfen fchreien und kraͤchzen, um feinen
Preis in der Welt theilm. Man fehe nur die Gebichte und
Auffage des Herrn v. Maltig an! Wie geiftlos, wie talentloe,
wie mittelmäßig in jeder Hinſicht! Da if auch nirgend eine
Spur von einer höhern Anficht, von Kenntnis ber Geſchichte,
von wahrer Begeiſterung, von humane Gefinnung, welde bie
Verwirklichung des Beften und Gpeiften in ven menſchlichen 30s
fländen vor Augen hätte. Es ift nichts als ber armfelige. wide
tig thuende Walcontent, ber mit feinem Misvergnuͤgen über bie
Gegenwart, von beren Zuftänden er ſchwerlich eine burchbrins
ende Kenntniß befiten kann, renommirt und ein fchriftftellerts
—* Handwerk treibt. Und ein ſolcher Mann ſollte ſo hoch
uͤber der Zeit ſtehen, daß er wirklich Recht haͤtte, wenn er, wie
er in feinen Schriften unaufhoͤrlich thut, dieſe ganze Zeit als
eine geſunkene und veraͤchtliche in allen ihren Zuftänden ſchmaͤht
und mit feiner ohnmaͤchtigen Beber zu brandmarlen fucht? Uns
möglih) Man werfe uns bier Feine Leibenfchaftlichleit ber
Kruit ver, don der wir in ber That Immer frei waren, wenn
wir in den Zufländen der Zeit mehr Pofitives und Wahrhaftes
finden als in ben gegen biefelben gerichteten Schimpfichriften
eines Herrn von Maitig! Zwar Eönnte man einen Augenblid
an der Zeit irre werden, wenn man fiebt, daß die Poeſie biefes
Breipeitsmänndens im Yublicum einiges Blüd zu machen und
wenigftens ihre Käufer auf dem Siteraturmarkte zu finben ſcheint.
Do das has man zu allen Zeiten gehabt, daß Marktſchreier
Bulauf fanden, während bie wahren Volksredner verlaflen Ran»
ben. Es if eine augenblickliche Selbflironifirung einer von gros
Ben Aufregungen bewegten Zeit, Wan verachtet aber den Rar⸗
zen, nachdem man ihn beladht bat. Man höre jedoch, wie ein .
Maltig unfere Zeit charakterifirt, von ber ex in hiefem neuen
Hefte feiner „Pfefferkoͤrner“ (S. 78 fg.) ganz im Allgemeinen
und ganz unterfchiebslos Folgendes zu fagen ſich nicht entblödet:
„Mit Schaudern blidt der Menſchenfreund in eine Beit, bie -
einerfeits aufs Neue Despotie und Verfinfterung berghoch auf
zuthürmen ſich beftrebt und andererfeits an muthigen Männern,
die am richtigen Orte das richtige Wort wagen, faft ausgetrock⸗
net baliegt, und zwar bereits bdergeftalt wieder erfchlafft, daß
fetbft das Eräftige Wort der wenigen Männer, bie ed auszufpre -
hen fi erfühnen, nicht mehr einzubringen im Stande ift und
als zu ſtarke Hausmannsloft ben ſchon bis zur Lethargie er⸗
f&tafften und verwoͤhnten Kindermagen der Zeit anelelt. Kein
Wunder, werm daher bergeftalt diefelbe nur ein Tummel⸗ und
Zurnierplag alles Geichten, Schlaffen, Schlechten, Zeigen und
Erbaͤrmlichen geworden; benn nur da, wo der Herold der Zelt
keine Männer — mehr aufzurufen bat, reiten Lumpen in bie
Schranken ein. So zeigt fich's überall, in allen Gtänben und
Berhättniffen, in allen Künften und Wiffenfchaften. Alles trägt,
vom fteinften Bettler, — bis zum größten, — nur eine allges
meine Barbe: die ber Gntmannung, mit dem fihern Todeszel⸗
den auf der Stirn, einer völligen, nahe bevorftehenden, allge⸗
meinen Auftöfung und Zerrüttung. — Aber nirgend
man biefes deutlicher, als an ben Schriftſtellern, Dichtern und
überhaupt an jeder Art von Künftlern jegiger Zeitz denn vors
zugsweife in ihnen fpiegelt fich ſtets das Jahrhundert qm treue
ften ab. Man erflaunt, wenn man in biefes Chaos bed Une
finns, der Feigheit und Jaͤmmerlichkeit blickt, und möchte fi
ſelbſt vor der eignen Schande verbergen, noch irgend ein Wort
zu fprechen ober eine Feder es benn ic frage: wo IE
bes politikers maͤnnliche Sonfequenz und Wahrheit? we des
®
176
Kritikers Ziefe und Unpartellichkeit? und wo bed KRänfkiers veis
ner Geſchmack? Wegraben liegen fie in dem Schutt bes allges
meinen Verfalls!“ u. f. w. Herr v. Maltig wollte damit uns
fexe Zeit charalterifiren, aber man flieht, er hat nur bie eine
Nichtung derſelben charakterifirt, dee er angehört.
2. Klänge freier Mufe von Berb. Reifferfheid. Zwei
Hefte. Zweibrüden, Ritter. 1852 Gr. 8. 5 Gr.
Ebenfalls ein Zreiheitsfänger, der noch fehz jung fein muß,
denn feine Lieber Eönnen nur noch für Schuͤlkkproben ber Frei⸗
heitöpoefie gelten. Man höre gleich ben Anfang des erften
Seite: „An bie Freiheit”, bie, obwol fie eine Göttin
ift, doch matt und alltäglich genug von bem freien Sänger ges
feiert wird:
Freiheit, freien Mannes Bier,
Hochbegeiſtert fing* id) bir;
- Du erhebfi mid) aus dem Staufe
' Bu der Menſchheit heil'gem Recht,
I Daß ber Wilür nicht zum Raube
Ich erliege, tief ald Knecht, w. f. m. -
8. Der Reichstag der Thiere. Ein humorifch-bibaktiftifches Ge⸗
" bier von Alois Cobres. Münden, Franz. 1831. 12,
r.
Es iſt ſchwer zu ſagen, was der Verf. mit dieſer Satire,
welches ohne Zweifel fein Gedicht fein ſoll, gewollt und gemeint
at. Zebenfalls ift er fein Mann ber Äußerften Linken und
at bie falfcye Freiheitsſchwindelei eher perſifliren als verherr:
lichen helfen „wollen. Das Gedicht ift nicht ganz ohne Talent
und Humor geſchrieben, aber wir geftehen aufrichtig, es nicht
verftanden zu haben, ba die eigentliche Beziehung, bie möglicher
weife zu Grunde liegt, zu dunkel geblieben iſt. 140,
Ueber das Verhaͤltniß des geiftlihen Standes zum Staate
und ben Einfluß dieſes Standes auf bie Erreichung
des Staatszweckes; nebſt Vorfchlägen zur Wegräumumg
mancher Dinderniffe, welche der groͤßern Wirkſamkeit
beifelben im Königreihe Hanover noch entgegenflchen:
Don W. Müller SHanover, Dahn. 1832, 8.
5 Gr.
Die Berpältniffe ker Kirche zum Staate find bei Belegen:
beit der in.neuefter Zeit von ben Beiftlichen erhobenen Anfprüce
theild auf Vertretung als befonderer Stand, theild auf Presby:
terien und Synoden, oͤfters beſprochen und beftritten worden.
Nach der Binleitung und dem erflen Theile vorliegenden Schrift:
chens glaubt man es auch hier mit eben foldyen, aus hierarchi⸗
Them Streben bervorgehenden Apfprüden zu thun zu haben,
während fie felbft doch am Ende füch als fehr mäßig und ver
nünftig darſtellen. Das, was nämlich der Verf., mit befonderer
Berüdfichtigung des Königreich Hanover, geändert und theils
aufgehoben, theils neu begründ«t haben will, bie Wegräumung
der Hinderniffe der Wirkſamkeit des geiftlichen Standes daſelbſt,
bezieht fi auf Folgendes: Gr verlangt eine beffere und gleichere
Befoldung, nach deren Bewilligung auch ficher fi mehr taug:
liche Subjecte zum Prebigeramt finden würden, fowie eine be
fondere collegiatifch eingerichtete Prüfungscommifftion und bie
Gründung von umfaffenden Seminarien für künftige Prediger ;
fobann tadelt er, unb wie es ſcheint mit Recht, die häufigen
Verſetzungen der Geiſtlichen; wünfdt Abfchaffung der ben Pre:
diger in den Augen der Gemeinde herabjegenden Aecidenzien,
und eine neue beffere Liturgie und Kirchenordnung an die Stelle der
veralteten. An den Wunſch nach letzterer knuͤpft er den nad
Presbyterien, denen er eine ziemliche Ausdehnung und fogar
Nebertragung bes Armenmwefens zubenkt, und ſchließt endlich mit
dem gerechten Verlangen nad) einer Werbeflerung ber Schuls
ftelien und fo auch bee Schullehrer felbſt, damit durch fie dem
Prediger beſſer als zeither vorgearbeitet werde. So ſehr Ref.
ſich mit dieſen Anſichten und Ampruͤchen des Verf., bis auf die
Presbyterien in der verlangten Ausdehnung, fuͤr einverſtanden
erklaͤren muß, ſo wenig kaunn er dies in Beziehung auf ben ev⸗
ſten Theil dee Schrift, deſſen Zuſammenhaug mit dem legtern
überhaupt. nicht zu erkennen iſt. Es ſtellt ſich nämlich bar Verf.
auf einen idealen Standpunkt, den der Religionsphiloſophie und
bes allgemeinen Staatsrechts, findet den Zweck der Kirche in
ber Beförderung der fittlihen Vervollkommnung ihrer Mitglies
ber durch Befriedigung der Yoberungen ihres religiöfen Gefoͤhls
und ben bes Staats in ber Derrfchaft bes Rechts, geficht fon
dann beiden eine höhere Einheit zu, woraus er das Gollegialfye
ſtem auf die fattfam bekannte Art bemonftrirt, und bie Geiſtli⸗
“den zu ben GStaatsbeamten durchaus in ein coorbinirtes Werd
haͤltniß, unter Berwerfung aller Gonfequenzen des Territorial⸗
foftems, ſtellt und endlich den Ginfluß bes geiflichen Stan⸗
bes (?) auf Erreichung des Staatszwecks barftellt und baraus
bie Pflicht bes Staats, diefe Wirffamkeit zu befbrbern, ableitet.
Ref., der, trog aller auf feine Belehrung gewandten Muͤhe, bad
Collegialſyſtem nicht anerkennen und, da er den Staat nicht
blos als Sicherheitsinftitut, fondern als eine wegen aller in der
Natur bes Menſchen liegenden Zwecke eingegangene Geſellſchaft
betrachtet, von dem Zerritorialfgftem nidyt abgehen Tann, will
bier ben Kampf um Principien nicht erneuern, fondern befchräntt
fi nur auf die Bemerkung und ben Zabel, daß felbft bei An⸗
nahme bes Gollegialfofkems bie Prediger ebenfo wenig einen
geiſtlichen Stand bilden, als bie Staatsbeamten, Aggzte, Abvos .
caten xc., unb daß eben in dieſer Gebahrung ala befonderer
Stand eine nicht zu duldende, unferer Zeit nicht angemeffene,
hierarchiſche Anmaßung liegt. 60.
Notizen.
Zwei franzoͤſiſche Chemiker, Capron und Boniface, wollen
eine neue Methode, Leichname vor der Verweſung zu ſchuͤtzen,
erfunden haben, wodurch nicht nur das Aeußere volllommen exe
halten wird, fondern auch die Gingeweibe, das Gehirn u. f. w.
in ihrer natürlichen Lage. bleiben. Die Gefichtezüge der Ver⸗
ftorbenen unterliegen nicht ber minbeften Veränderung, und es
ift gleichviel, ob ein fo behandelter Reichnam in der Erbe, in
einem Gewölbe ober in der freien Luft, unb figend ober Legend
aufbewahrt wird, Die Grfinder nennen ihre Kunſt Momifica-
tion, Einige Tage reichen hin, einen Leichnam darnach zus
zubereiten.
Der jährliche Ertrag des Aderbaus in Großbritanien,-
nad) dem Durchſchnittspreis ber . legten vier Jahre berechnet;
wird auf 160 Millionen Pf. St. angeſchlagen. Den Verbrauch
ber Producenten mit 25 Willionen, ferner Abgaben, Geſinde⸗
Iohn, Zehnten und Unkoſten aller Art mit 914 Willion verane
—* bleibe n reiner — * 43; Million Pfund,
weicher zu efferungen unb zur duung bes Lebenege
fe vermendet werden ann. au
Im 3. 1826 wurben 1719 Schiffe von 206,686 Tonnen
{n Großbritannien gebaut, und 1831 nur 1089 von 108,081
Zonnen. Es ift alfo in’ diefem Gewerhäsweige eine Verminde⸗
sung um bie Hälfte eingetreten. "
Bon W. und E. Finden wirb in London eine „Gallery
of the Graces‘‘, b. h. eine Sammlung von Pertraitd reigender
Frauen nach Driginalgemälben, angekündigt, welche in beimm⸗
ten Lieferungen erfcheinen ſoll. 3.
Redigirt unter Berantwortlichleit der Verlagshandlung: J. X. Brodbaus in Eeipsig
P « . a
-
a
.
Blatter
für
literarifche U
nterhaltung.
Mittwod, | .
Zur Charakteriſtik der neuern engliſchen Romanpoeſie,
mit beſonderer Ruͤckſicht auf Cooper's „Bravo
und Bulwer's „Eugen Aram“.
Bwriter und lezter Artikel.)
Der engliſche hiſtoriſche Roman hat ſeiner Entſtehung
keineswegs in Walter Scott's Novellen feine uran⸗
ſungliche Baſis; die Geſchichte feines Werdens und feiner
allerdings neuen Geſtaltung durch den genannten großen
Autor muß vielmehr an weit frühere Erſcheinungen in ber
englifchen Literatur, nämlich an bie Ritters, Zaubers und
bes vorigen Jahrhunderts, angeknuͤpft wer⸗
ben. Der romantliſche Schmuck des mittelalterlichen Les
bens war unter der Regierung Eliſabeth's, beten Zeit bie
Angel zwiſchen der fendatiftikhskatholifchen und dee mmos
verfolg
fangen ber engliſchen Bühne fefielten damals bie volle
Aufmerkſamkeit poetiſcher Gemuͤther. Der Roman ver
langt feiner 'eplidken Matur nach eine ſtillere Wiege für
bie_Zeit feiner Geburt, als. jener ſcharfe Eonflict der ges
feligen ‘wie politifchen Zuſtuͤnde, in berem dialektiſcher Bes
wegung das Domma gedieh, ihm zu gewähren vermochte.
Unter ben Stuarts tobte ſich das alte Elament Im öffents
chen. Beben ganz aus; auf dem Throne ſelbſt grub es
ſein eignes Grab. Mit dem Drauier begann fich
das moderne proteſtantiſche Prinrip auf dem Throue zu
und während ſchon unter ben erſten Regenten aus
Hauſe Braumſchweig ber pelltiihe Haß gegen bie
somantiiche Stuarttimanie erſtarb, umb eine Duldung
mehr feinbfelig bewaffneten Romanticiemus, der
VBerſchwinden feiner Embleme für politiſch tobt
fonnte, in allen Verhaͤltniſſen des Dafeins um ſich
erwarhte im Schooße bes fitlien Familienlebens an
Erinnerungen der aus der Deffentlichkeit verdrängte
den weittslalterlichen Formen und drang von
in bie Piteratur über, indem er in Romangebil
mm voll Bitteschre, Pfaffenheiligkeit und Geifterfput, fich
mac, und nach abſchwaͤchend und mobernifirend, feine volls
ſtaͤndige Machfeler hielt und fo allmaͤlig verklingend fich
sicht. „Ds Schloß von Dtranto”, von Henry Wal⸗
Re Bed
ERSTER
paper
ar
8
©) Bol. A. 7ER.
—
J
13. Februar 1833.
pole, gab den Ton an zu dieſen im „gothiſchen Style“,
wie man es damals in England nannte, geſchriebenen Ro⸗
manen, und bald folgten viele aͤhnliche Productionen hi⸗
ſtoriſch⸗ romantiſchen Inhalts, deren Veifaſſer, die verſtaͤn⸗
dig bedingte Gegenwart fliehend, welche nur Geiſter wie
Fielding, Smollet und Sterne mit dem Aether des Hu⸗
mors und einer tief pſychologiſchen Erforſchung der innern
Menſchenwelt adeln und begeiſtigen konnten, die roman⸗
tiſchen Fetzen des fern geruͤckten, im Schimmer der geheim⸗
nißreichen Verklaͤrung leuchtenden Mittelalters zu Schauer⸗
und Wundergemaͤlden zuſammenſetzten. Walpole's naͤchſte
Nachfolger waren zwei Damen, Clara Reeve, unter de⸗
ren zahlreichen Romanen beſonders dem „Old english ba-
ron” „Das Schloß von Dtranto” zum Mufterbild diente,
und Anna Nadeliffe, die Walter Scott für die Erſte
haͤlt, welche Poefie im Roman gegeben, unb welche mit:
bin Romanbichterin fei, während ihm Fielding und Smol⸗
let nur für Romanfchreiber gelten, weil fie, flatt nad)
feiner gewohnten Anfhauungsweife einen fpannenden Stoff
auf romantiſcher Localität abzufädeln, und flatt die Erre
gung jener „füßen Schauerlichkeit” zum Zweck des Mor
mans zu fegen, die pſychologiſche Entfaltung des verſchlun⸗
genen Gewebes, in das die menfchliche Seele mit ihren
Leidenſchaften und Neigungen ſich einfpinnt, als erfles
und festes Ziel ihrer Dichtungen betrachten. An hiſtori⸗
fche Charakteriſtik ift aber in ‚‚The romance of the fo-
rest”, „Ihe mysteries of Udolpho”, ‚The Italian’ *)
und ben fonftigen Sebilden dee Miſtreß Anna noch nicht
zu denken; fie faßt den Hang zum Wunderbaren Bloß
von ber Seite des Aberglaubens auf, und um jenen füß:
fchauerlihen Kigel hervorzurufen, genuͤgen ihr unterirdiſche
Gänge mit Waldesdunkel, Moͤnchskutten und fehnfüchtige
Nonnen, ſammt Meuchelmoͤrdern, teuflifhen Snquifitionse
larven und allen Raͤnken des italienifchen Katholicismus,
über die fie eine Zeit lang ben geheimnißvollen Schleier. zu
verbreiten weiß, der die Lefer feſſelt. Erſt nach und nad
verfchwanden diefe fchlechten und ber Barbarei der Geſin⸗
nung fröhnenden Motive des hiſtoriſch⸗ comantifchen Ro⸗
mans, und W. Gcott, ber mit dem gluͤcklichſten Talent
Alles, was feinen Vorgängern fehlte, reelle Zeichnung hie
ſtoriſcher Wirklichkeit, gediegene, ſcharf gefonderte Farben⸗
*) „Der Beichtflugt der ſchwarzen Büßenben”' in der deut⸗
ſchen Ueberſetung.
—
=>
178
miſchung und ebenfo glänzendes als getreues Coſtum, zu
geben vermag, fucht nicht in Kobolden und Waldmoͤnchen,
binter geheimen Kapugen und gefchloffenen Viſiren bie Ges
bel der romantifchen Muſe, fondern im Glanze bedeuten:
der Localitäten und im Conflicte großer gefchichtlicher De
fönlichkeiten untereinander, während die inmwendige Das
ſchinerie ſeiner Darftellungen doc, eigentlich mehr ober
weniger nur ein Spiel mit vorhandenen, befannten Stei⸗
nen ift, und auch bie gelungenfte Copie hiſtoriſcher Aus
ßenpracht das uralte Räthfelfpiel der Sphinx, das auch
ben inwendigen Menſchen und feine Seele bedeutet, nicht
weiter zu tiefen Dffenbarungen fördert.
Gleichzeitig und parallel mit den Erſcheinungen dieſer
Dichtungsart, deren Entwidelung ich kurz andeutete, brach
fih auch der englifche Samilienroman feine eignen ſelb⸗
fländigen Bahnen. Gene Tendenz wie feine Gonftruction
fft von Anfang an weſentlich eine andere, und der Chas
after von Richardſon's Familienbildern, mit denen uns
Die Reihe Diefer Produetionen eröffnet wird, iſt ein moras
liſcher. In der „Clariſſa“ iſt ein weiblicher, im „Gran⸗
diſon“ ein männlicher Tugendengel datgeflelit, und indem
und der Kampf diefer Geftalten mit den abfolut böfen
Elementen des Lebens vorgeführt wird, erfcheint uns das
ganze innere Getriebe des Richardſon'ſchen Romans wie
eine pedantiſche Spielerei mit den abftracten Begriffen:
Gut und Böfe, die wie eine alte fleife Jungfer und ein
alter hart geröfteter Junggeſell fich nicht beruͤhren, geſchweige
umarmen und vermifhen können; und fo ſieht man denn
in diefem undialektiſchen Widerftreit zweier feſt verwahrten
Mächte die pruͤde Popanzerei vom Siege des Guten und
vom Untergange des Böfen, die in der deutfchen Damen«
Uteratur, obwol Niemand an einen abfeluten Engel: und
abfoluten Xeufel glaubt, fo vielfah das Lieblingschema
gervefen iſt. Fielding's Wig gelang es zuerſt in feinem
Joſeph Andrews”, der noch vor dem „Tom Jones’ ers
ſchien und für eine Parodie auf Richardſon's „Pamela“
. gelten kann, die aufgeftelfte, eilenfefte Romantugend in
ihrer lächerlichen Bloͤße darzuftellen. Smollet, der teufels
gewordene Dienfchen mit allem Zauber des Entſetzens ſchil⸗
dert und Fielding’ Raͤuberhelden „Jonathan Wild” durch
feinen „Ferdinand Count Fathom“ uͤberbietet, fchüttelt noch
mehr das Dilemma zwifchen guten und bifen Gewalten
von fih, denn er weidet fi mit Vorliebe an den Ber:
irrungen bed menſchlichen Gemuͤths, und fein durchboh⸗
render Blick entlarvt faſt mit haͤmiſcher Luſt die Verbre⸗
cherſeele, in deren Innerm Schauder und Grauſen niſtet
Recht zum Gegenſatze zum pruͤden Richardſon ſuchen Fiel⸗
ding und Swmollet mit einem gefährlichen, aͤngſtlich ſtim⸗
menden Geluͤſt ihre Stoffe in den Höhlen des Laftere
und in den fhmuzigen Kanımern in der Defe de& Volkes.
Mit der Fackel des Hohnes leuchten fie hinab in die tiefe
Rlaufe, wo die Ungeheuer der Menſchenbtuſt lauern, und
Lüften die Gräber, die fi) die Leidenfchaft ſelber wählte,
Jie feuchten hinab und machen fomit das Dunkle heil;
aber im Entzüden über den remantifchen, helldunkeln
Schimmer, den ihr Licht in der fchaurigen Tiefe um ſich
verbreitet, werfen fie die Fackel des Bewußtſeins von fich
unb ſtelgen nicht wieder hinauf aus der duͤſtern Verwir⸗
‚tung, in der fi Ihr melancholiſcher Humor gefaͤllt. Auch
als Menfhen in ihren Perfönlichleiten blieben diefe bei⸗
‚ben cyniſchen Dichter, feltfam genug, in den Sphaͤren
web Elementen befangen, von denen fie, ſtatt dieſelben zu
beherrſchen, Uberwältige wurden. Smollet bat im Matt
thew Bramble *) feineg elgnen Cynismus geſchildert, und’
von Fielding weiß man, daß er als Friedensrichter mit befons
berer Vorliebe Diebesbanden aufipionirte und dabei feine Hin⸗
neigüng zur Hefe des Volkes bethaͤtigte, die ein Grundzug in
feinem Charakter. war und die es Ihm möglich madıte, fich
in den Armen feiner ſchmuzigen Köchin [elig zu dünfen.
Trot der im Leben vole in ven Wer⸗
ten biefer beiden Didpter, waren und blieben bie Bahnen,
die der englifhe Familienroman mit ihnen zu durchmeſſen
begann, no Immer diefelben, und aud In Edward Lpte
ton Bulwer's großartigen Gemälden iſt bie Poefte bes
Verbrecherlebens das eigentliche Ahema; mur daß biefer,
bie Kreife feiner Anſchauung erweiternd, nicht blos in den
bumpfen Schlupfwinkeln der SKellerregionen von Thames
Court, fondern auch im Glanz der City und der Pracht
ber Ariſtokratenſaͤle die Verirrungen wuͤſter Leidenfchaften
ſchildert und fomit aud das furchtbare Dilemma dieſer
beiden Elemente, bie Englands Verfaſſung und fein gefel⸗
liger Zuſtand gebiert, zum tragiſchen Gegenſtaude feinen
Darſtellungen erhebt. Auf ſeinen erſten Momanen cube
ber druͤckende Nebel der heimiſchen Hypochondeie, und mes
ben der Qual her Schwermuth iſt der düfkere und Nnıkbe
Bil des abgeſpannten Geſchaͤftemannes, den sr in dee
Borrede zu „Paul Cliffard“ am ſich felber als antipoetis
fie Stimmung rügt, gar ſehr erſichtlich. Dem draͤngen⸗
ben Schmetz, der beim Anſchaum der verworrenen Zercife
fenheit an heimifchen Menſchen und Buftänden rege wich,
läßt der Mangel am Iprifcher Ergießung in unſerm Dicke
ter. exſtarren und hart werben, bi eine fchweidende Sa⸗
tire ihm Luft verſchafft, die es nicht vermag, mu
den Schwingen des fluͤchtigen und gluͤcklichen Genius uͤber
die. harten Formen dee umdraͤngenden Welt: hluwegzuſchluͤ⸗
pfen, ſondern mit bee Materie, über die fie Die Geizei ades
die Tattſche ſchwingt, behaftet und befaugen bleibt: DER
Smollet hat ar den tiefen Blick in die geheimſte Gedan⸗
kenwerkſtatt einer getruͤbten und verkuͤmmerten Wenſchen⸗
ſeele ebenſo ſehr gemein, wie ſich ia feinen erſten Gemäls
den, beſonders im „Disowned”, derſelbe Mangel au Ka⸗
taſtrophe vote in Smollet'sPeregrine Pickle findet; Scons
reihe fih an Scene, und kaum hält ein bünner Faben
die auseinander ‚fallenden einzelnen Gituationen und its
tembilder aus ber Menfchenmwelt feiner Gegenwart zuſam⸗
men, Mach und nad tritt. aber in Bulwers Werken an
die Stelle der innerlich wie aͤußerlich gleich ſtarken Zer⸗
fallenheit eine harmoniſchere Eintracht; der anfänglich faſt
daͤmoniſche Drang, die geſunkene Verbrecherſeele in ihrem
verborgenfien Winkeln aufzufpären und in ihren leiſeſten
Megungen zu begreifen, laͤutert ſich zu einer gottbefeligtem
Ruhe dee veinften Menſchenllebe, und wenn in Smelle’s
*) „The expedition ef Humpbey Clinkes,
179
Größen neben dem Grauen ſuͤnchafter Begier wid. Den
Schauder bes fittlichen Untergamgs die ungebunbenftr, wahn⸗
wigigfte Luſtigkeit ſchneidend contraflict,, und über den Rui⸗
men ber inwendigen Menſchenwelt, die Smollet ſchildert,
Beine Sonne und Fein. Sternnlicht aufgeht, laͤßt ſich in.
Balder’ s Werken, die wir in kurzen Umkiffen dem ge: |'
neigten Lefer alsbald zufammenftellen, ein bedeutfamer Stu:
fengang nachweifen, in welchem bed Dichter Bewußtſein
über Die Ireſale des heimifchen Lebens ſich immer flarer
amd milder entwidelt. Sammer erklärlicher und freier tritt
im Verfolg feiner Gebilde zu plaftifch fertigen Geftaltum:
gen Das zufamnien, was er anfänglich als ein unheimli⸗
es Räthfel und einen unabmwendbaren Kluch In der Volke:
thuͤmlichkeit feiner Mitmenſchen angeſehen wiffen wollte;
Die grellen Ausgeffirten umfistlicher Verworrenheit räden
fi) dem Auge näher, je mehr ihre Motive mit Ihren
Erſcheinungen verſoͤhnen; „die wirften Irrniſſe der Leidens
[haft entfalten fih zu Tragoͤdien, hinter deren Trümmern
ber:sriede des Elnufien Werumfejeits heraufſteigt, und. in
dem legten feiner buͤrgerlichen Roeinane, „Eugen Amım“,
finden ‚fü ‚neben dem · fichern Ausgang, zu weicher. der
Dämon des Verderbens fich auslebt, ſchwebende Lichtge-
falten vol Wahrheit und Wirklichkeit, an denen die Be:
wubigumg mit dem Entzüden der Liebe fich weidet. Wenn
Bulwer in dem erfim feiner Romane in die tabyeinthi:
ſche Nachtſeite des innern Lebens fich oft verliert, fo zeigt
ſich in dieſer erfchlaffenden Schwermuch no ein Mangel
on poetiſcher Siegerkraft, die die. Materie des gegebenen
Dafeins überwinden muß; mit. der fleigenben Vollendung
prafifcher Biſdnerei greift much die geficherte Klarheit ber
Geſinnung mehr um fih, und eine gewiſſe praftifche
Berftändigkeit, die auch fchon früh in. Bulmer’s (es
büulden durchblickt, hält ihn bei feinen Sterben nach Be
wußtſein davon zuruͤck, unter ben Ruinen der Menſchen⸗
feele wie Lord Byron wohlgefällig zu kuſtwandeln ımd
mit bem Dämon der. Melancholie ein kokettes Spiel zu
treiben. Schon daß er als Romandichter die objective
Melt, wie fie ift, gu’ begreifen umd im Höherm Lichte der
Verklaͤrung daczuſtellen ſtrebt, fichert ihn vor dem Wahne,
in der Witte einer erträumten Welt die Raͤthſel des
Lebens Iöfen zu können; und ‚wenn ſomit Bulwer’s Fas
milienbilder ‚mit dem biflorifchen- Moderoman, dem er ſelbſt
einen Libersin ber Liferatue nennt, dem Anſchein nach
Das gemein haben, «ine vo
len, fo waltet zwiſchen beiden doch der großk Unterfchled
ob, daß diefe Wirklichkeit, die ber genannte Dichter fchils
bert, Eeine fremde, fern Weagende, fondern feine eigne Welt
iſt, für deren fprachbegabte Seele er ſich ſelbſt anfieht.
Hat ſich dee engliſche Fantlllenroman diefe feſte Sphäre
nun einmal baſirt, ‚die gegenwaͤrtige Wirklichkeit der hei:
miſchen Zuſtaͤnde zu Bildern zuſammenzuſetzen, fo kann es
erklaͤrlich ſcheinen, warum in ihm das ganze weite. Meich
menſchlicher Berirrungen ſammt allen audy nur ber Moͤg⸗
lichkeit nach ertraͤumten Ausgeburten leidenſchaftlicher Auf⸗
regung mit einer Darſtelung bes vorhandenen Daſelns
zuſammenfaͤllt.
. nen ne . (Ds Bertfekung folgt.) -.
„1
-
dene Wirklichkelt darzuſtel⸗
Hyakinth. Aus dem Kuſſiſchen uͤberſetzt von Karl
Friedrich von der Borg. Mit fünf iuminiceen
Steindruͤcken und einer Karte der Mongolei. Berlin,
; Reimer. 1832. Gr. 8. 2 Thir. 8 Or. :
Der Verf. dieſer Denkwuͤrdigkeiten iſt Geiftlicher und
durch einen 14jährigen Aufenthalt in Deling. ber *
lich auch zu Betreibung chineſiſcher Sprach und Geſchichtsſtu⸗
dien Gelegenheit bot, mehr befähigt als die meiften nach dem
. Hinefifhen Reiche Reifenden gründlidye und delehrende Nachrich⸗
ten über einzelne Theile deffeiben zu geben. Die vorliegenden
Denkwuͤrdigkeiten nun, die einen der ſchaͤtzbarſten Beiträge zur
Kenntniß des Öfttien Xfiens bilden, zerfallen in vier Daupts
-theile. Der erfte enthält die Befchreibung der Ruͤckreiſe bes
Berf. don Peking bis zur ruſſiſchen Grenze. Er feibft findet,
daß die Lecture diefes Theiles nicht eben amufant genannt wers
den koͤnne und fagt in dieſer Beziehung in der Vorrebe: „bs
| gti der Weg von Kälgan bis Kiächta größtentheils Über uns
chtbare, wenig bewohnte Steppen ſich hinzieht, fo wird doch
der Leſer, wenn er, um ber Ginförmigkeit zu entgehen, nicht
‚von Station zu Station mir zu folgen wuͤnſcht, einen wahren
‚Begriff von den Wüfteneien ber Mongolei erlangen, ohne biefen
aber nicht im Stande fein, über bie auf benfelben ewig herum⸗
ziehenden Wölferfchaften zu urtheilen.” Auch die Reife, fo
“weit fie nicht die Steppen grabe berührt, gehört nicht unter bie
intereffanten, ba der Reiſende zu der umgebenden Ratur eine
hoͤchſt ruhige Haltung einnimmt, wodurch einerfeits der Vortheil
‚ entfteht, daß feine Nachrichten einen hohen Grab zuverlaͤſſtger
und wahre Belehrung ſchaffender Nuͤchternheit an ſich tragen,
andererſeits aber der Rachtheil, daß des Verf. Notizen immer die
Natur von Einzelnheiten behalten und ſelten zu einem anſchau—
lichen Bilde erwachfen, felten Zotaleindrüde gewähren. Gr bes’
f&reibt bie Gegend, man fann fagen geognoftifh genau, aber
| nirgend faft zeigt fich jenes Talent, was Burdhardt in fo ho⸗
hem Srade befaß, dem Eefer feibft durch wenige charakterififche
| Umriffe einen Rahmen in bie Hand zu geben, der jene Ginzelns
heiten zu einem Ganzen ber Anfhauung zufammenfaßt. Wie
indeß nicht leicht irgend eine Reife ganz ohne laͤchrrüche oder‘
tragifche Abenteuer abläuft, fo begegnet auch unferm nüchters,
nen, würdigen Mönd Hyakinth ein Unfall, der fih für ung’
. Europäer laͤcherlich genug ausnimmt; er erzählt nämlich vom
22. Mai: „um zwei Uhr Nachmittag flel ein ſehr heftiger Res .
gen bei furchtbaren Donnerfhlägen. Im biefe Zeit faßen wie
ruhig bei Zifhe, der nach dem Hofe zu geöffneten Thür gegen⸗
über, und ſchauten auf bie fehrägen Ströme des nieberfallenden
Regens, als plöglich bie Zimmerdecke grade über unferm Tifch
‚einftürgte. Der Leſer wird hierbei gewig zufammenfahren, als
lein dies ift bier die allergewoͤhnlichfte Sad. Wegen der Kofts
‚barkeit bes Holzes fertigt man in Shina keine hölzernen Zim⸗
merdeden und bebarf deren auch nicht wegen des warnien Ri:
‚mas. Daher werten die Deden aus zwei Reihen feinen Papiers
verfertigt, welches an einen Roft aus tem Stroh ber bobarfie
fen Pirfe angeltebt und an eine Dachplatte befeftigt if. So⸗
batd ber Regen durch das Dach auf das Papier dringt, fo reißt
diefe Stelle batd entzwei. Und fo führte bie über uns einges
ſtuͤrzte Decke keine weitere Folgen herbei, ats baß der von ber
. felben herabfallende Koth unfere weiße, feidene Kleidung befprigte:
Ein folder Durchbruch fügt zur Zeit anhaltenden Regens ben
Bewohnern große Unannehralidhfeiten und dem Hausgeräthe gros
fen Schaden zu“
Hoch merkwuͤrdig ſind in dieſer Reiſebeſchreibung bie No⸗
tizen uͤber den Bau der großen chineſiſchen Mauer. Es iſt die⸗
fen Gegenſtande ein eigner Abſchnitt, &. 835242, gewibmet,
wo man tie chronologiſchen und technologiſchen Data zur Ge⸗
ſchichte der einzelnen Theile dieſer Landwehrmauern beifammen
findet. Wir entnehmen biefem Abſchnitt nur ein kleines Bruchi-
nüd S. 40 u. #1, welches eine allgemeine Bemerkung ent:
galt: „Cinige werden ſich vielleicht wundern und es fogar für
Denkwurdigketten Über bie Mongolei von dem Mind -
=
160"
unwahrf ch halten, baf bie alte große Mauer in einer Aus⸗
bebnung von dem gelben Meere bik zum Chuchunor, wie bie
Geſchichte bezeugt, in eineni Sommer aufgeführt fei, und baf
auf gleiche Weife auch in der Beine ſaͤmmtliche Theile der großen
Mener. erbaut worben. - Aber diefe Wahrheit ift nicht dem mins
deften Zweifel unterworfen. In China berechnet man. bwi gros
Ben Seftungsarbeiten zuerſt vorläufig, wie viel bei bem beabſich⸗
tigten Bau ein Menſch in einem Sommer arbeiten kann. Rad
biefer Berechnung verfammelt man fo viel Menſchen, als zur
Ausführung der beabfichtigten Arbeit erfoderlich find.” Auch
einige fpätere Theile der Reifebemerfungen "bilden intereflantere
Juatte ‚ gewiffeemaßen Dafen in der Steppeneinförmigleit bes
brigen Journals. Wir zeichnen fo &. 76 fg. auss befons
ders aber auch &. 85, wo don gewiffen Zagben ber mons
goliſchen Kürften die Rebe if, bie jegt noch ganz in derſelben
Weife angeftellt werden, wie fie fchon in —X
beſchrieben werden: „Oblewa heißt diejenige Jagd, auf welcher
man ein Thier mit Reiterei umkreiſt und es dann erſchlaͤgt.
Dies iſt eine alte Gewohnheit, welche aus ber Urzeit übrig ges
blieben ift, als die Menſchen mit gemeinfchaftlichen Kräften bie
Thiere, welche fich zu fehr vermehrt Hatten, auszurotten firebten.
Gie Hat fi bei den Dirtenvöltern erhalten und macht gegen:
wärtig eine Eriegerifche Beluftigung ber Landeögebieter und Gros
fen aus, etwa wie in Quropa bie Kriegtmanoeuvre. Diefe Jagd
wird auf folgende Art angeftellt: eine gewiffe Anzahl bewaffe
neter Reiter zerftreut fi rings um bie zur Jagd beftimmte
waldige Gegend und bitbet eine, einen großen Raum umfaffende
Kette. Hierauf nah und nad innerhalb bes Kreifes ſich bins
ziehend, reizt die Reiterei das Thier vorwärts zu fliehen, und
treibt es auf diefe Weife gegen das Gentrum des Zagbreviers.
Wenn nun die Jagdkette ſich dermaßen verengt, daß bie Reiter
fi} ganz nahe beieinander befinden und, bie umzingelten Thiere
pldslih auf offenem Zagbrevier erfcheinen, dann ſchießt ber
Magnat mit dem Bogen nad) bem Thiere und vergönnt hierauf
auch den Gefährten baffelbe zu thun. &olbaten bürfen nur nad
demjenigen Thiere ſchießen, welches durch die Jagdkette durch⸗
zubrechen ſtrebt. Eine ſolche Jagd wird unter die wichtigen
—— engen gezählt und bat deshalb ihre Regeln und
efege u. ſ. w.”
Der zweite heil bed Wuches enthält eine vortrefftiche flas
tiftifche Ueberfiht dev Mongolei, welche aber keinen Auszug
erlaubt, Aügemein intereffant dürfte eine S. 163 fo. ent:
haltene Abhandlung über ten Ramen Zataren fein. Den bier
gegebenen Notizen zufolge iſt ber allgemeine Volksname der Ber
wohner des gegenwärtigen Chalcha feit dem 11. Zahrhundert
der Rame Zatanier gewefen. Die Tatanier theiten fi in viele
Stämme, unter denen bie mädhtigfien waren: Mongol, Tai⸗
gut, Körd und Zatar. Der Name Tatanier wurde dann durch
Dſchingiskhan auf alle Bewohner ber Mongolei ausgebehnt, und
biefer Name Iatanier blieb bei den Nachbarn ber Mongolei
für die Voͤlker berfelben, felbft als er ſich bei diefen Völkern zum
Theil wieder verlor. Den Ramen Tataren gaben bie Ruffen
guerft ben gegen Curopa vorbringenden Zataniern, wahrſchein⸗
ih weil fie von den tatanifhen Stämmen, bie Dſchingiskhan
unterthan waren, zuerft bie Tataren nennen hörten, und beren
Kamen auf alle Stämme ausbehnten, die Dſchingiskhan's Sie⸗
geslaufe folgten. Wem fällt dabei nicht ein, was Tacitus von
dem Ramen der Gerinanen berichtet.
Seite .167 beginnt ber dritte Theil, welcher eine Eurze
Ulberſicht der Geſchichte bes mongoliſchen Wolkes enthält und
weder eines Auszugs faͤh'g noch Im Einzelnen fehr intereffant
it, obwol fie in-vieler Hinſicht eine Lüde auefült. Weſſen
Gebädhtnig etwa an ben Namen europäifcher Dynaftien, Herr⸗
ſcher, Heroen u. f. w. noch eine zu leichte Würbe hätte, bürfte
. ah bdiefer kurzen Ueberfiht mongolifder Weichichten eine reich⸗
liche Schiffsladung auf einmal finden; freilich für. bie hoͤhern
tereffien der Menfchheit fa nur Ballafi.
Der vierte Theil, welcher S. 320 beginnt, enthält has
er Zeit in Alien.
ſehr veſpenn
mongolifche Geſetbr. Fün veyoleichtdde Sechtd» unb Staetſ
wiffenfhaft non guoßem Intereſſe, und ſelbſt im Einzelnen nicht
ohne pikante Biestmürbigkeiten. So .erinnert Manches Togar
an alte germanifche ECinrichtungen, freilich nur an ſolche, die
ihren Urſprung in kriegeriſchen Zuſtaͤnden ſanden, 5. 8. &. 889
heißt es: „Ueber gehn Läufer Fol ein Zehenmann gefeht wer⸗
den. — Wenn Jemand in einem Bazirk von: zehen Häuferm ee
nen Diebſtahl begeht, fo fol ber Zehenmann um ein Pferb ger.
firaft werden u. ſ. w.“ Die Germanen hielten ſich freilich nicht
an das Zehenthaupt, fonbern an bie Zehentgemeinde, unb man
fieht fo, wie dieſelbe Sinrichtung fich bei einem despotiſch regiers
ten unb wie bei einem freien Volke gefaltet. Amufant ik
Das, was ſich auf Sitten und Gebräuche bezieht, 3. B. &. 346,
Artilel 20: „Bon ben ben ZKürftentöchtern bei ihrer Verheira⸗
thung mitzugebenden Leuten”, oder &. 351, Art. 1: „Die mon⸗
golifhen Kürften jenfeits ber Grenze Tollen um Rewjahr in ber
feierlichen Hofkleidung, nach ber Hauptflabt gewandt, brei Knie⸗
beugungen nebft neun Büdlingen bis zur Erde schen,’
Dergleichen GSuriofa finden fich faft auf allen. Seiten. .
4. Geſammelte Blaͤtter von Johannes Nariscus.
Sul;bach, Seidel. 1832 16. 16 Sr : .
2, Einige humoriftiſche Abende von Wolf Linduer.
Mürnberg, Winter. 1832. 16. 1 Thir.
Zwei Humoriſten, von denen ich den einen loben, ben an⸗
bern tadela will. Nenn bie Herren bas lefen, fo werben fis
t fein, efwa wie bei einer Lotterieziehung, wen.
der Treffer, wem bie Niete fallen werbe. Ich weiß, es ſchlaͤgt
ihnen dad Herz, felen fie auch noch fo alte Sünder, fei ic
auch ein mod fo ſchlechter Recenſent: ich ſpreche, wie Jener
ſagte, vor dreißig Millionen Menſchen. Es if feine Kleinig⸗
keit vor fo vielen Leuten gelobt ober getabelt zu werben. Gr.
Nariscus het den Treffer, Or, Dr. Wolf Lindner die Niete;
ed fol dem Leetern aber deshalb wenig Leib gefchehen. Es if
nur zuweilen ein Xerbrechen, nicht fpaßhaft fein zu koͤnnen.
Der Humor biefer beiden Schriftſteller unterfcheidet ſich dadurch
von einander, daß der eine humoriſtiſch fein will und alles
Mögliche zu dan. Ende aufbietet, ber andere es if. Es geht
aber mit bem Humor wie ‚mit ber Lichenswürbigleit, wie mi,
bem Reiz: wo man die Abficht merkt, verfchwindet der Erfolg.
Sben weit der Humor nichts Kıuftliches ift, Täßt er fi nicht
ertünften. Man kann allenfalls wig ſchreiben, ohne es zu
fein, nimmermehr aber humoriſtiſch. Jener iſt ein Srperiment
bes Berſtandes dieſer eines des Der Verſtand kann
taͤuſchen, das Herz nicht. Der Huwor iſt bie Poafie ber Proſo.
Man kann poetiſch fein aber nicht ſich poetiſch nachen.
Dr. Lindner ſchraubt die Worte fo lange, dis fie aus Ver⸗
ziwelffung ein wenig wigig werben; Nariscus läßt bie ungezoge⸗
men Kinder, 'unbelämmert barum, wie fie ausſchen, herante
Ipringens aber weil fie aus einem muntern Innern kommen, fo
fie auch außen munter. ® |
"Wer fan ihm böfe fein, wenn er, wie folgt, in der Bor
rede fagt: „Da Sancho merkte, wie übel feine polen ausfchtue‘
gen, fagte er mit Anßerfter Demuth: Berubigt Sul, g
ger Herr, benn, bei Bott, ih fpaße mar. Gerade bad will
id) meinem guädigen Herrn amd gefagt und wit äuferflee
Demuth gebeten.haben, es nicht zu vergeffen. Iſt ein gnädiger
Herr mit den jegigen großen Angelegenheiten, mit Ausbefferung
ber Staaten, der Mönfchheit und ber Weit beladen, fo wird
er ohnehin meine ‚Spielereien nicht in die Hand nehmen: wer
Re * — — gab wicht alle Bäume :eine *
inde haben, u no um veiche gehöre
was nit einmal ein Baum iſt. 3 , Diignipn ee sch .
Rapunzchen und Eiche nn
Gehört zum Pflanzenreiche.” _ TB. - .
Nedigirt unter Berantwortligkelt der Werlagsbandlung: J. U. Broddausiu Terpite.
Blatter
für
Donnerstas, — RI —
Zur Charakteriſtik der neuern engliſchen Romanpoeſie,
mit beſonderer Ruͤckſicht auf Cooper's „Bravo“
und Bulwer's „Eugen Aram“.
Zweiter und legter Artikel.
(Bortfegung aus Nr. Ak.)
Die englifche Heimat ift bas Land furchtbar tragifcher
Contrafte in den geſanmten gefelligen- Verhaͤltniſſen; kecker
Hohmuth und dumpfe Zerrifienheit find dort fo hart und
fhroff, wie nirgend bie beiden abirrenden Endpole, an
denen das Gemüth zerfcheitert. Die Poeſie, die in der
Hülle des Irdiſchen das Göttliche nachweiſen foll, bat
nirgend fo ausgebildete Abnormitäten des proſaiſchen Wer⸗
kellebens, noch überhaupt fo feindliche Elemente im dußern
Daſein zu überwinden, nirgend finder ſich freilich auch
ein fo ftofflicher Reichthum für die Romandichtung als
ia England, und man hat ſchon aus dem bloßen Vor
Handenfein bes großen Gegenſatzes ber ————
heit nicht ganz mit Unrecht die reichhaltige Fuͤlle eng⸗
liſchen Romanliteratur motiviren und erklaͤren wollen, waͤh⸗
rend in Frankreich mit dem Verſchwinden jenes Contraſtes
das Feld, auf dem ſich der Familienroman mit Vorliebe
ergeht, nach einer Seite hin wenigſtens geſchmaͤlert er⸗
ſcheint. Mit dieſem Widerſtreit zweier Elemente, die ſich
Stirn gegen Stirn mit kalter Starrheit anblicken, iſt
aber die ganze Eigenthuͤmlichkeit des engliſchen Lebens eng
verwachſen, und was fi) Großartigbäfteres, Werfchloffens
kaltes und Wahnfinnigroildes im Charakter jenes Volkes
zeigt, der bittere Hohn umd die flumpfe Verzweiflung, alle
Grauen des fittlihen und phyſiſchen Unterganges möchten
Irgendwie ihre Wurzel in jenem hiſtoriſch verknoͤcherten
und eritarrten Verhaͤltniſſe aufweifen. Soll aber bie Poes
fie die Klippen und Riffe, an denen das äußere wie das
Innere Leben zerfchellt, erlaͤren und verfiäcen, fo vermag
fie dies auf zwiefache Weile. Entweder flürzt fie ſich
vollauf in den Strudel der Verwuͤſtung, die die vorhan⸗
denen Elemente dee Gegenwart bieten, und fteigt in alle
Tiefen des Labyrinthifch » verfehlungenen Menſchenlebens, um
feine Gefahren durchzufählen und die erſcheinende und in
der Erfcheinumg zeriplitterte Welt am Abfoluten der gött-
fichen Liebe zu erwärmen und zu concentriren, bie fleilen
"Klippen zu ebnen, die Untiefen zu fülen und mit dem
Bewuftfein des Friedens Alles mit Allem zu verföhnen.
Nicht Jeder freilih, der im anfänglichen Vertrauen auf
— — 1
die ihm inwohnende Kraft den gefaͤhrlichen Elementen ſich
preisgab, taucht als ein freier, geſaͤttigter, aber gelaͤuterter
Geiſt wiederum empor, oder die hoͤhnende Ironie in ſei⸗
nem Auge, der zerknirſchende Spott auf feiner "gefucchten
Lippe zeigen es Mar genug, daß er jenen Regionen den
gottbefeligten Frieden nicht hat abgewinnen mögen. Des⸗
batb gibt es und hat es in England noch eine zweite
Richtung für die Romanpoefie gegeben: nämlich ein gänze
liches Zuruͤckziehen aus Raum und Zeit ber umbüfterten
Gegenwart, ein Ignoriren aller Anfoderumgen auf Loͤſung
ber Zweifel, die den geängfteten Geiſt umftriden, und eine
Flucht in ferne Belt und Dertlichkelt, wo das Gemüth,
im Entſchlagen und Vergeſſen feiner felbft und bes ent⸗
zweiten Dafeins, an fremde Natur -und Gefittung ſich
anfchließt und in entlegene Verhaͤltniſſe, die der Reiz ben
Neuheit umſchwebt, ſich willig und freudig einfpinnt. So
Huf Walter Scott von Neuem ben hiftorifhen Roman,
und feine Gebilde, denen ber Stempel einer faft claffifchen
Gemuͤthsruhe und einer feltenen Sicherheit der Geſinnung
aufgeprägt ift, genügen alien den Taufenden, die im Ders
gefien der gewohnten und trog ber Gewohnheit unents
raͤthſelten alltäglichen Umgebung fich gern in fremde Per⸗
ſoͤnlichkeiten, Thaten und Ereigniffe verfenten, durch welche
bie Raͤthſel des Lebens nicht gelöft, die ahnungsvollen
Stimmen, bie fid) aus ber Gemuͤthswelt vernehmen laſſen,
nicht gedeutet werden, fo wenig als die wunderbare Genefis
bes menſchlichen Geiſtes erklärt wird, welche aber durch
die Flucht aus dem Gewebe aller ungelöften Kragen über
Sein und Nichtſein eine ſtarkmuͤthige Erholung und eine
ruͤſtige Tapferkeit für einige Friſt erzeugen. Ich weiß,
daß auch Walter Scott nicht immer ſtark und heiter iſt
und dem nebelhaften Spieen feines Volkes auch den fchule
digen Tribut zollt; aber daß der melancholiſche Schatten,
mit dem er in ber „Braut“ die Verhaͤltniſſe feines Hoch⸗
landes überzicht, immer mehr verfchwindet, je ferner ee
fi die Stoffe rückt, fpricht für das oben Ausgeſprochene
und erklärt die heitere, fleißig ausgearbeitete Plaſtik feiner
Gebilde, fein bewundernswerthes Talent in der ehrſam ges
treuen Ausmalerei der objectiven Außenwelt fowie feine
erfreuliche Rührigkeit ſammt dee faft immer frifchen, wenn
auch mitunter zäben Stimmung feiner Langmuth,.
aben wir nun im Allgemeinen das Weſen und bie
8
Bedeutſamkeit des Samilienromans anerlannt und feine
literarifhe Unterhaltung.
’
“
.
.
14. Zebruar 1833,
— — — — — _ —
Eigenthuͤmlichkeit eben darin nachgewieſen, daß der Dich⸗
* ſich als das Herz und der Mund ſeines Volkes
weiß, in der Darſtellung der heimiſchen Leiden und Freu⸗
den feine eignen Drangſale und feine eigne Erhebung ſchil⸗
dert, wie etwa in Goͤthe's —— ee
Imnanbergreifen ber eignen Geiſtesbeduͤrfniſſe mit Di
Anfobrrumgen der Zeit und Nation zu einer, giädlichen
Wechſelwirkung erſichtlich ift, To wird eine kurze Zuſam⸗
menftellung der Bulwer'fhen Productionen erſprießlich fein,
um zu fehen, tie bie Ströme des englifhen modernen
Lebens fich geiftig In ihnen abfpiegeln.
Im „Kalktand”, womit die Reihe von Bulwer's Kos
manen eröffnet wird *), iſt ein jugendlicher Stürmer bars
geftellt, ber mit dem ungeftümen Drange, einen Mens
feden zu finden, ber feinen Wünfchen, Neigungen und Leis
benſchaften fröhnen ſoll, fi ins Leben flürzt umd für feine
glähmbe, anmaßende Herzenseroberungsſucht nichts heim⸗
Bringt als eine erfchütterte, gebrochene Seele, bie nun am
Haſſe fi weiber, weil fie am bee Fuͤlle der Liebe nicht
fo uͤberſchwenglich zehren durfte, als der erſte Rauſch vers
hieß Goicye engliſche Charaktere, die ſich mit verſchloſ⸗
fenem Ingrimm aus dem Lebensgewühl zurückziehen, kom⸗
men auch in ſpaͤtern Werken unſers Dichters, mannichfach
modificirt, wieder vor: im „Verleugneten“) find ſolche
Nuinen weltmaͤnniſcher Erfahrungen ergreifend dargeſtellt,
und in „Morton Devereur” zeigt und Bulwer bie ganze
tragiſche Geneſis eines feurigen Geiſtes, den die Menſch⸗
heit fo lange martert, bis er da haſſen muß, wo er heiß
und innig, aber zu ſtuͤrmiſch lieben zu bürfen waͤhnte.
Und wenn es wicht bie ſchwarzen Karben des Haffes find,
fo ift es das Grau einer kahlen, abgeſtorbenen und uns
heitbaren Gleichguͤltigkeit, in das jene Gemuͤther ſich klei⸗
den, deren fieberhafte Sehnſucht, womit fle ein theueres
Lebensgut, eine Menſchenbruſt oder die Säule des Ruhmes
erfaffen wollten, in keiner Sphäre des Lebens einen Ans
Hang fand. Im „Falkland“ aber ift eine duͤſtere und vers
worrene Qudierei der Gefühle das recht eigentliche Thema,
und wer deu Fluch nicht Bennt, von dem Francis Bacon
einmal fpriche ***): „Kannibal feines eignen Herzens fein
zu müſſen“, kann ihn bier dargeſtelt finden. Falkland
ift ein englifcher, mithin mehr phyſiſcher, mehr materieller
Werther, der da genießt, ſchwelgt und verwuͤſtet, wo der
deutſche Sentimentaliſt fanft fhmärmend und tefignicend
ſich abzehrt. Emille ift in Bulwer's Roman eine in den
Strudel der Verirrung tiefer hineingerifjene Lotte; auch das
Apboriftifche umd Briefliche der Darftellung erinnert ebenfo
fehr als die Überfrömende Lava ber Gefuͤhlspein, hier nur
berber, fangutnifcher, mit den Elementen bes äußern Lebens
beſchmuzter und unreiner, an ben beutichen „Werther“.
So glühend und krampfhaft Falkland, ebenfo ftarr,
troden und kalt iſt „Pelham“, ein Werk, das weniger
fie einen Roman als eine im Memoirenſthl verfaßte Sa;
*) Die-Borzebe zum „Zallland” ift 1827 unterſchrieben.
*e) „The disowned’’, nad Sicharb’s deutſcher Ueberfegung :
„Der Berfkoßene‘.
er) „Essays or counsels civil and moral”‘; im zweiten Bande
feines Werte-(ondon 1819);
—. 82
tire auf bie engliſche Ariſtokratie gelien kann. Der Dich⸗
ter, der durch die auffladernde Exhigung, bie im „Kalk
Ind’ dominiert, fich vergebens zu verzehren drobte, fcheint
im „Pelham” mit einem plöglichen Umfchlagen in ein ents
gegengeſetztes Cetrem durch die Geißel des Spottes und
die Kälte des Hohnes die vergifteten Elemente bes vor⸗
nehmen Geſelligkeitslebens, durch die alle Bande des ine
nern Gluͤckes zerrifien werden, befiegen und überwinden zu
wollen. Henry Pelham, der einzige Sohn und verzärtelte
Dinfel zweier ariftofratifcher Narren, ein junger charakters
loſer Müßiggänger, nicht ohne Kopf und Talent, wodurch
rs ihm möglich wird, mit vieler Seelenkälte feine Mit⸗
menſchen zu überfehen und Ipöttelnd am Gewebe ihrer
Thorheiten ſich zu voeiden, reift nach Paris, um bie Welt
kennen zu lernen, den auffallenden Kafblonable dort zu
fptelen und in.dee Abſicht, fi einen Charakter zu mas
hen”. In dem eiteln Gewühl des lockern parifer Lebens
bewahrt er fich feine nüchterne Kälte und ein Gefühl von
Ueberlegenheit, das feine Anlage zuc wegwerfenden Witze⸗
lei volftändig in ihm entwidelt. Die Schwächen der
Menſchen ftehen uns nadt und kahl vor Augen, bie ganze
fitttiche Verwuͤſtung der raffinirten Geſelligkeit iſt ſcho⸗
nungslos aufgedeckt, und das negative Sittengemaͤlde vers
räch nur den Zweck, eine Menfchenkenntniß zu entwickeln,
die uns anmidert, weil fie das wirktiche Leben ſchon fels
ber liefert, und weil wir uns in der Kunft das befeligende
Gefühl, das Gefchlecht zu Lieben, ſelbſt wenn wir die er»
ſcheinenden Periöntichkeiten. abweifen, nicht vermüften und
derkimmern laſſen dürfen. Dem Verf. ergeht «6 wit
bee Wirkung auf das Publicum wie manchem, wenn nicht
jedem Satiriker; man fühlt ſich getroffen, aber freut ſich
gleichwol, daß man das Gluͤck bat, für fo merkwürdig zu
gelten, und mit Horaz fcheint er auch Das gemein zu has -
ben, baß er alle Moderhorheiten, uͤber die er bie Geißel
ſchwingt, mitturchgelebt und durchgefuͤhlt hat. Das merk⸗
würdige Buch liefert, trotz der Ironiſirung des Ariſtokra⸗
tenlebens, den Betheillgten die groͤßte Fuͤlle des beſtmoͤg⸗
lichſten Stoffes in die Haͤnde, mit dem fie ben fieberſiechen
Müsiggang überfirmniffen können; es tft ein wohl aſſortir⸗
tes Waarenlager von Anftanderegein für den eiteln Geutle⸗
man, und jeder Gourmant und Moue findet in ihm efne
reihe Auswahl von ſchlauen und belicaten Principien,
nad) denen er fein. Schmwelgerleben einzurichten hat; ſelbſt
wie die Gravate zu binden und die Manfchette zu falten
ſei, lehrt der fpöttelnde Pelham mit fupremer Fineffe und
gießt uͤber alle die taufend Beinen Nichtswürdigkeiten der
Satanterie die Lauge feines Wiges, defien Aufwand bei
ber Geringfuͤgigkeit des Gegenſtandes oft unbelohnt bleibt,
So geſchah es, daß Pelham teog aller bitten Satire das
Mufterbitd der jungen feinen Welt auch in Deutfchlaud
terden fonnte,- und mic find von gewifien Gurnifonen
gar viele ritterliche Gecken vorgelommen, bie, mit Aus⸗
nahme ihrer „honourable points of ignorance”, bie noble
Gleichguͤltigkeit, die volftändige Ataraxie gegen ale Gemuͤths⸗
affecte, den Modeteint der Wangen, kurz Alle und Jedes
bis auf das Eleinfte Faͤſerchen, dem Pelham nachaffectiren
(Die Fortſetunga folgt.) .
183
Gefpictfühe Darfleltung des Feldzags der Welten gegen
die nordamerikaniſchen Freiſtaaten in ben Sjahren 1814
“ und 1815 unter ben Generalen Rob, Pakenham und.
Lambert. Bon dem Verf. des „Subaltern”. Aus dem
Englifhen. rei -bearbeitet von Guſtav Nagel.
Gele, Schutze 1832. 8. 1 Thir. 21 Gr.
Nachdem alle Voͤlker Europas im Jahre 1814 fi tes
long erfehnten Friedens erfreuten, glaubte England die ihm ge:
mworbene Muße nicht fehönee anwenden zu können, als burdy
GEntfendung einer Flotte das unmiffende Amerika in benjenigen
feinern Künften des Kriegs zu unterrichten, welche im cultiver⸗
ten Suropa in der legten Zeit fo glänzenddMgortfchritte gemacht
hatten, naͤmlich im erlaubten, durch das Kriegsrecht geheiligten
Raub, Mord und Diebſtahl. Dieſer Raubzug, oder wenn man
will, dieſe Kriegserpedirion blieb damals in Deutſchland ziemlich
unbeachtet, da die Befreiung vom auswärtigen Despotismus
eine zu allgemeine, voltsthümliche Freude erweckte, ald daß uns
fere Blicke jenfeit bed Oceans verweilen mochten, und fpäter
verwifchten neuere Greigniffe das Andenken an diefe Begebenpeit.
Es verdient daher der Ueberfeger unfern Dank, eine englifche
Schrift, weiche jenen Reldzug näher betaillirt und‘, obfchon aus
parteiifher Feder gefloffen, den Stempel der Wahrheit in Ber
zug auf die Greigniffe ſelbſt trägt, wenn auch die fie leitenden
Motive etwas verfchönert ober wenigftens gemilbert bargeftellt
werten, in einer ſehr guten Uebertragung dem Yublicum bes
kannt gemacht zu haben.
Die zur Bedrohung ber amerikanifchen Freiſtaaten beſtimmte
Flotte unter Befehlen des Admirals Malcombe, welche ungefähr
26500 Mann, bie der General Roß befehligte, am Bord hatte,
lief am 2. Jun. 1814 von BWBordeaur aus, erreichte am 20.
Jun. die Azoren, von benen der Berfi eine kurze Schilderung
idt, welche zeigt, in welchem greilen Gontraft bie uncultivirte
enölkerung mit ber reizenden Natur fieht, fegte am 27. Zun.
feinen Weg fort und gelangte am 21. Zul. zu ben Bermuden,
deren Hauptftabt St.» Georg außer der unmäßigen Theurung
aller Bedürfniffe nebft großer Trägheit der Bewohner nichts
Mertwürbiges darbietet, wogegen bie wunderbaren daſelbſt bes
findlihen Zelfenbhhen als grandiofe Wunderwerke ber Natur
hoͤchſt intereffant erfcheinen, auch wol für den Geologen beleh⸗
cend fein bürften. Hier übernahm Sir Alerander Cochrane den
Dberbefebl über die Flotte, weiche, bie burch mehre zu ihr ge:
ſtoßene Iransporte bid auf 4500 Dann Truppen verſftaͤrkte
itionsarmee am Bord, in ber GShefapeafebai eintief, in
Exped
ber Mündung des Patukent eindrang, auf dieſem Strom ihren
Weg fortfepte, bis fie gehn englifche oder zwei beutfche Weiten
von der Bai entfernt die Anker auswarf, wo bei dem Dorfe
Benedict die Ausfchiffung ber Truppen am 19. Aug. bewirkt
wurde. Es wird ber künftigen Generation fabelhaft erfcheinen,
wenn fie vernimmt, daß 4500 Mann in Rorbamerifa zu lan
ben wagen und Giege erfechten konnten. Gine amerilanifche
Flottille von Kanonenböten auf dem Patukent, welche durch das
Sinlaufen ber englifchen Zlotte in der Muͤndung des Stroms
von dem Meere abgefihnitten war, wurde ber naͤchſte Begen:
Hand des Angriffe. Die Armee drang, dem Lauf des Patukent
Mromaufmärts folgend, nach ber Stabt Nottingham vor, welche
von den Einwohnern verlaffen war, erreichte Malborough, wähs
rend die amerikaniſche Flottille zuruͤckging, bis der fie befehlis
Commodore Baoney, nunmehr an ihrer Rettung verzwei⸗
‚ fie in bie duft fprengte, werauf die Engländer, welche bis⸗
ber nur einige amerilanifche Gavnterie erblickt Hatten, ben Weg
nach Waſhington einſchlugen. Nach einigen unbebeutenben Ges
fechten, aber fehr beſchwerlichem Marſch gelangte die Armee bis
gur kleinen Stadt Bladensburg, wo fie bie Amerikaner jenfeit
Des Fluſſes Potowmak aufgeſtellt fanden. Nach bem Verfaſſer
waren die Amerikaner 9000 Mann ſtark, beſaßen Gavalerie und
20 Kanonen, während die Engländer nur einige in ber Gile zu⸗
fammengebrachte Pfesde und wegen Mangel an Beſpamung
‚Nottingham ihrer Klotte nach Benedict
aur einen Wecöpfümber und zwei Dreipfünber hatten. Wie 8
möglid war, unter biefen Umftänben aus einer vortheilhaften,
mar durch Gritürmung der über den Potowmak führenden von
der amerifanifchen Artillerie deſtrichenen Bricke angreifbaren.
Pofition verdrängt und gefchlagen zu werden; noch mehr aber,
warum ber amerifanifche General, welcher doch die Unerfahrene
beit feines Armee kennen mußte, nicht durch kleine Angriffe, Be⸗
augung feiner Gavalerie und Scharfſchoͤtzen, Verhaue, Spren⸗
gen der Brüden, Bedrohung der Gommunicationslinie den Marſch
der Engländer fo lange aufpielt, bis er noch größere Verſtaͤrkun⸗
gen an ſich gezogen hatte, mag der Himmel willen; wenigftens
erkannte man, daß ber Geiſt von Wafhington nicht auf feinen
Nachfolger übergegangen war. Ungeachtet aller Ueberlegenheit,
und obfchon bie das Geſchuͤtz dedienenden amerifanifhen Matro⸗
fen gefickt und tapfer waren, wurden die Amerikaner vollſtaͤn⸗
dig gefhlagen und bes Weg nah Waſhington fland ben Cug⸗
ändern offen. nn
Da es unmdglid war, mit einer fo geringen Macht
bauernde Grobermfgen zu machen, fo beſchloß ber General Roß,
ber Stadt Waſhington eine Gontribution aufzuerlegen und ſich
dann zu ben Schiffen zurüdzugiehen. Als jedoch auf bie
Zruppe, welche den die Stadt auffobernben Parlamentair bes
gleitete, aus einem Haufe gefeuert und dem fich dabei befindens
ben General das Pferd getdbtet wurde, To glaubte derfelbe bas
dadurch verlegte Kriegsrecht rächen zu muͤſſen. Nicht zufrieden,
die ſaͤmmtlichen Bewohner bes Haufes, aus dem geſchoſſen war,
fowie das Haus felbft zu vernichten, wurde Alles, was einigess
maßen als Gigenthum ber Regierung betrachtet werben konnte,
der Rache geweiht. Der Palaſt dei Senats nebft dem bes
Präfidenten, Schiffswerften, Kafernen, Magazine, Schiffe, Puls
vervorrath wurden in bie Luft gefprengt, ja fogar eine große
Bibliotyet, Druckereien und Archive verbrannt. Lebteres findet
ber Verf. ſelbſt etwas zu weit gegangen; body behauptet ex, es ſei
alles Privateigenthum refpectirt worben. Gin furdhtbarer Sturm,
mit Gewitter verbunden, machte bie Zerſtoͤrungeſcene noch’ gräßs
licher· Bierauf zog bie englifche Armee in aller Stille über
zu, nachdem der General
die amerifanifhen Gefangenen auf ihr Ehrenwort freigegeben
und bie eignen Verwundeten, welche ex zuxrüdlaffen mußte, der
Großmuth ber Feinde überlaffen hatte, worin er auch nicht ges
taͤuſcht wurde. Pſychologiſch intereffant ift es, daß der Zerſtoͤ⸗
zer von Waſhington einen Gewiſſensſcrupel fühlte, ob es ihm
erlaubt fei, Negerſtlaven, weldhe ihn um Aufnahme in der Ars
mee zur Erlangung ihrer Freiheit baten, ihre Bitte zu erfüllens
er entſchied fich dahin, _diefe inglüdlichen als Privateigenthum
betrachten und in der Sklaverei laffen zu muͤſſen.
‚Während der erzähtten Exrpebition ber Armee war eine Abe
theilung.. der Flotte unter Gapitain Gordon in ben Fluß Po⸗
towmak eingelaufen, hatte bad von Truppen entblößte Alexan⸗
dria eingenommen, wo fie Schiffe und Vorräte fand, und kehrte
gluͤcklich in die Cheſapeakebai zuräd, indem fie durch ihre ge
[hit angewendete Artillerie die Amerikaner, welche ihre Ruͤck⸗
fahrt hindern wollten, zerfprengte. Ueberhaupt wurben alle
Küftenwerke ber Bai burch flete Landungen von Warinefoldas
ten geängftigt, weldye bie Magazine plünderten, Sontributionen
erhoben und Schiffe wegführten. Nachdem bie Truppen gu Ber
nedict ſich eingeſchifft hatten, fegelte die Flotte den Patukent
binab, in bie Ghefapeafebai zuräd, drang in dem Potowmak
bis gegen Alerandria vor, wo fie ber Mündung des Patapsco
zufteuerte und Baltimore bedrohte. Die burdy Marinefoldaten
und Matrofen auf 5000 Mann verftärkte Armee lanbete an einem
vom Patapsco auf ber einen Seite befpülten, auf der anbern von
ber Krümmung der Mai felbft gebildeten, ungefähr 15 eng⸗
liſche Meilen von Baltimore entlegenen Vorgebirge, marfcirte
gegen diefe Stadt, wobei ein Scharmuͤtzel vorfiel, in weldgem
der General Roß blieb, worauf ber Dberbefehl an, ben Ober⸗
fen Brook kam. Unter biefem neuen Anführer wurde gegen
eine ungefähr 6000 Mann ſtarke ameritanifche Zruppe am 12
Sept. 181% ein vollſtaͤndiger Gieg erfochten, aber bei dem
18%
weiten, durch Verhaue unb andere Hinderniffe erſchwerten Bor
dringen fliefen bie Engländer auf die in ſtarken Verſchanzun⸗
gen chende 20,000 Wann ſtarke amerikaniſche Armee, melde
anzugreifen wm fo nuglofer gewefen wäre, als wegen Seichtig⸗
keit des Waſſers feld nicht die kleinſten Kahrzeuge ber Flotte
den Angriff auf Baltimore unterflügen konnten. Daher wurde
der Kuͤckzug zur Flotte im Kriegsrath befchloffen, wo man bie
Truppen einfchifite, in die Cheſapeakebai zuruͤckkehrte, unb nach
einigen unbebeutenden Unternehmungen fegelte die Flotte auf
verfchiedenen Wiegen nach Jamaika, um daſelbſt Berftärkungen
an fig gu ziehen, weiche Sir Alexander Cochrane und ber Ads
miral Malcombe zuführen follten. Die in Port⸗Royal und
‚Kingfton gelandeten Schiffe verfammelten fi in der Regril⸗
bai, wo am 2. Nov. 1814 die Berſtaͤrkungen unter ben
erwähnten Admiralen eintrafen, worauf die Armee, zu ber Staͤrke
von 6000 Wann angewechfen, unter dem Befehle bed Generals
Keane geftellt wurbe.
- Die aus 80 Gegeln beftehende Escabre, reichliche Kriege
‚bebärfniffe und 6000 Wann Landungstruppen am Bord habend,
verließ am 28, Nov. Jamaica, fegelte bei Cuba vorbei
"und gelangte am 10. Dec. 181% ben Ghandeleurinfeln ges
genÄber zu der Einfahrt des See Borgne. Es war naͤmlich
der Zweck diefer neuen Grpebition NReuorieans zu bedrohen,
welche Statt von ungefähr 30,000 Cinwohnern am öoͤſtlichen
‚ufer bes Miffifippi im SO. Grabe nördlicher Breite liegt und
110 englifge oder 22 beutfhe Meilen vom Bolf von Mexito
entfernt ift. Der Befig diefes aͤußerſt wichtigen Orts, von wels
dem der ganze ‚Handel der vereinigten Staaten beberrfcht wers
‘den kann, — denn der Mifliflppi (in der Landesipradye Mechas
fippl, „Vater der Klöffe”, genannt), an deſſen Ufern bie Stadt
erbaut ift, nimmt in feinem majeftätifchen Laufe ben Miffouri,
Ohio und alle bedeutenden Blüfle Rorbamerikas auf — würde als
‚Jerdings für Gnglanb ven nit zu berechnendem Rugen gewes
fen fein, ſowie umgelehrt ber Verluſt biefes Plages und mithin
‘der Mündung des MWiffifippiftroms das aufblühende Leben Ame⸗
rikas gewaltfam unterbrochen hätte. Zum Heil von Amerika
tommandirte Jadfon auf diefem Punkt, und leicht erklaͤrlich muß
es dem Lefer werden, wie biefer Mann jeitbem eine ſolche Praͤ⸗
ponberany in der Republik erlangen Tonnte, ba jeber einzelne
Bürger dem Bertheidiger von Heuorleans, dem Grhalter ber
Unabhängigfeit des Handels der Vereinigten Staaten dankbar
:perpflichtet war. Die betaillirte Beſchreibung dieſer Unternebs
mung würde hier zu weit führen, ba eine genaue Befchreibung
des ungewöhnlidden Terrains, welches biefen zwiſchen Fluͤſſen,
Seen, Moräften v. ſ. w. liegenden Ort umgibt, vorhergehen
müßte, um bie militairiſchen Operationen zu erläutern. Rad
mehren blutigen Gefechten brach ſich ber englifche Muth an ben
Verſchanzungen, weiche ‚ber amerikanifche General Jadfon anges
legt Hatte, nachdem er früher durch flete naͤchtliche Angriffe,
dur den kleinen Krieg, wozu die Amerifaner als vorzügliche
‚Schügen ſich beſonders riguen, den Muth feiner Truppen erhöht
and fie an den Kampf gewöhnt hatte. Am 13. Dec. 1814
dranden die Engländer in ben See Borgne ein, fammelten ſich
auf der Infel Pine, nachdem der Gapitain Lodier die ben See
vertheidigenden amerifanifhen Kuttero mit den großen Bbten
und Barken ber Flotte, welche allein auf dem feidhten Waſſer
ſich bewegen tonnten, genommen hatte, überfielen von der Infel
Pine aus bie amerifanifchen Pikets, drangen durch unwegfame
Moräfte zu ber nad) Nemorleans führenden Straße, wo bie
Avantgarde, bei welcher ber General Keane ſich ſelbſt befand,
ein ungeregelte® heftige Nachtgefecht beftand. Am andern Tage
langte bee Beneral Pakenham ald neuer Oberbefehlstzaber an,
den man in London zu diefem Gommando nach bem Tode bes
Benerald Roß auserfeben hatte. Unter ihm wurde am 26.
Dec. ein Verſuch, die amerikaniſche Hauptarmee anzugreis
fen, gewagt, am 1. San, 1815 dad amerikaniſche Lager ber
fchoffen und (nachdem ber General Lambert eine unerwartete
Verſtaͤrkung von 1600 Mann herbeigeführt Hatte, auch Matro⸗
fi Geefolkaten ber e wit ber Armee verbunbin we
sen, fobaß biefe gegen Mann ftarl war) am 8. Im
eine ſehr geſchickt vorbereitete Beftürmung ber feindlichen Ber
ſchanzungen befchloffen, indem man durch einen mit großer An⸗
firengung über die ganze Landzunge von dem von Bajo de Satilene
gegrabenen Kanal von bem See Böte bis zum Bluffe-zu fühe
sen, Zruppen auf das jenfeitige Ufer zu fegen und den Zeind
auf zwei Geiten anzugreifen gebadhtr. Mehre Unfälle. walteten
jedoch bei diefem combinirten Angriff 06, indem theils der neue
gegrabene Kanal nicht die Hinlängliche Menge von Boͤten zu
affen vermochte, theils die zum unmittelbaren Angriff ber fein
lichen Verſchanzungen beflimmte Golonne ſich nicht mit Leitern
und Faſchinen verfspen Hatte; hierdurch fowie durch die ſtarke
Pofition und das Yutgerichtete Geſchuͤz ber Amerikaner wurbe
der Angriff abgefchlagen. Ueber 1000 Mann blieben auf dem
Pag, faft alle Generale, auch Pakenham und Keane wurden
getödtet ober verwundet, und ber General Lambert führte bie
Truppen .unter vielen Befchwerben duch unwegfame Moräfte
zur Flotte zurüd, welde am 20. San. 1815 bie ohne weitere
Störung nad) und nach überfchiffenden Mannſchaften aufnahm.
In ber von einer vorfpringenden Lanbfpige, Pont⸗Bajo, der
Inſel Dauphin gebildeten Mobilebai, wo bie Flotte nunmebe .
einlief und das von 400 Mann beſetzte Fort einnahm, langte
die Nachricht von dem zwiſchen England und ben Vereinigten
Staaten gefchloffenen Frieden an, worauf die Erpedition über
Gubg nad dem Vaterlande zurüdkehrte, um an bem durch Ras
poleons Ruͤckkehr aus Elba neuerregten Gontinentallrieg Ane
theil zu nehmen.
Mebrigens enthält bas angekündigte Buch außer ben mili⸗
tairifchen Greigniffen manche interefjante Nachrichten über eine
zeine Gegenden, 4.8. Jamaica, gibt ein anſchauliches Bild von
dem Leben ben Chaktawsindianer, zu welchen, ald einem bem
Sngländern befreundeten Stamm, eine Geſandtſchaft geſchickt
wurde, ertheilt Kunde von manchem Seeabenteuer und iſt in eo
nem angenehmen Styl geſchrieben. 86.
Tübinger Liedertafel. Herausgegeben von F. Silcher.
Erſtes Heft. Tuͤbingen, Laupp.
Der Herausgeber dieſer Sammlung tft d eine treffti
Bearbeitung alter und neuer Volkslieder für et Pr
fang befannt, und aud in biefen WBlättern find bie von ihm
herausgegebenen ſchwaͤbiſchen Boltsweifen empfohlen worden, wie
denn diefelben immer mehr in verſchiedenen Gegenden auch bes
nörblidhen Deutſchlands Cingang “finden und die muſſkaliſchen
Kreife beleben. Das vorliegende Heft einer neuen und anders
weitigen Lieberfammlung begreift vierfiimmige Sefänge von mehe
rerlei Art, doch ſaͤmmtlich der Gattung angehoͤrig, welche ſich
aus dem naiv ſchlichten Zone des Volkeliedes hervorgebildet hat
in die fünftlihere, wiewol immer noch einfach⸗wuͤrdige Form
ber mufllalifchen Gefelligkeit, welche dem Begriff und Charakter
der, wie es fcheint, nun aus bem Norden audy in den Güden
des deutſchen Baterlandes Übergemanderten Liebertafeln entſpricht.
Dem Titel zufolge iſt diefe Sammlung ber alademifcyen Lieber⸗
tafel zu Zübingen gewibmet, und find wol bie einzelnen Chöre
und Quartette aus dem Beduͤrfniß oder Wunfche diefer Geſell⸗
fhaft hervorgegangen. Die Weifen find nur zum Theil vom
dem Derausgeber; andere hat er von Mozart, Karl Maria vom
Weber, Konrabin Kreuzer, Friedrich Schneider, Bernharb Kleiw
entiehnt. Der vierfimmige Gas iſt jedoch dei allen 10 Geſaͤn⸗
gen bem Sgeber eigen. Diefer hat auch hier bie Gew
wandtheit und Innigkeit der Behandlung gezeigt, bie feine Be⸗
arteitung ber Volkslieder harakterifirt. Unter das Vorzäglichfie
gehört die für vier Männerflimmen gefehte Hornpartie aus
Seh Duverture bed „‚Breifchäg” mit untergelegtenr fanigen
Redigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagähandlung : 8. A. Brocdaus in Leipzig.
- Blätter
> “ 0, für
liferarifde U
— Ds
mE:
Interhaltung.
Freitag,
— N 46 —
15. Februar 1833.
Zur Charakteriſtik der neuern engliſchen Romanpoeſie,
mit beſonderer Rüdfiht auf Cooper's „Bravo“
und Bulwer's „Eugen Aram“.
Zweiter und, letter Artikel..
Zortſetzung aus Nr. 4.) a
Durch diefe Verfluͤchtigung ber Intereffen ben Regio⸗
nen der Poeſie ganz enthoben, greift Bulwer in ſeinen
„Verleugneten“ wieder tiefer in das verworrene Men⸗
ſchenherz und in das Unheil, das deſſen Leidenſchaft um
ſich her anſtiftet. Der genannte Roman iſt freilich noch
kein geſchloſſenes Kunſtwerk; es fehlt am Merus und an
dem leitenden Faden, noch weit mehr an Harmonie und
Berföhnung, aber bedeutfame Menſchenbilder find ih gro:
fen Zügen hirigeworfen, und die Teitende Grundidee, daß
andy die verworfenſte Menfchenferie nicht zu tief für den
Seraph der Tugend ſtehe, der in ihre Nacht hinabfteigen
und fie erleuchten muͤſſe, beginnt ſchon hier, zum bittern
GSegenfag gegen des Dichters Heimifche Wirklichkeit, fich
geltend zu machen. Unter die Seftalten, die einen groß:
artigen Eindrud machen, obfchon ihr Lebensfaden zu fehr
ifofiet ſich abfpinnt, gehört Talbot, ber verzogene Sohn
reicher aͤffiſcher Leute, dem das Ungethuͤm dee Citelkelt
ſchon fruͤh tm die junge Seele gepflanzt wurde und wie
ein böfer Dämon in Ihm erwaͤchſt, der alle feine Freuden,
feine Liebe umd feine. Freundſchaft vergiftet und zerftört,
bis fein Gemuͤth, durch das Unheil, das feine Setbftfucht
angerichtet, tief erichüttert, jenen Wanbel in ſich erfährt,
der ihn zur prubeflen Demuth, zum. entfchledenften Ge⸗
genſtuͤck gegen den verzehrenden Athen feines bisherigen
Lebens ummwandet. Warner, ber junge ruhmlüchtige
Maler, den der Kuͤnſtlereifer wie ein ſtilles, geheimes
Feuer langſam, aber rettungslos vernichtet, iſt nicht min⸗
der ergreifend, wie Sohn Wolf, der conifche, gluͤhende
Freiheitsſchwaͤrmer, der mit. biederer Ehrlichkeit’ uͤber das
Unglüd und das Elend ber Hefe des Volkes in England
bis zum Wahnfinn grübelt, wie Ihm abzubelfen fet.
Ueber Mordaunt's und Iſabel's refignicender Liebe, Die
durch aͤußere harte Umſtaͤnde herbeigeführt wird, fiegt ber
Mebel des heimlichen Klimas, der jene verfchloffenen Ge⸗
ftatten fo unheimlich büfter umzieht. Dem Werke, als eis
nem Ganzen, fehlt durchaus die zufammenfaffende Ein:
heit ber Kimſtform; es ift “ein Convolut von allſeitigſten
Reflexionen, eine magazinartige Niederlage von "Auen,
was Bulwer ald Menfh, Dichter, Philofoph, Kunſtkritj⸗
£er, Politiker und Juriſt erfahren, gedacht, äußerlich und
innerlich ducchlebt hat. Dee Verf. trägt ald Dichter den
faltenreichen, uͤberſchwenglichen Surtout feiner landsmaͤn⸗
1 niſchen Mode, wie man denn in der That an dem Zu⸗
ſchnitt der Kleidung nicht weniger als aus der Form der
Dichtwerke den Geiſt der Nationalität herausconftruiren
und in England den faloppen, aber inhaltsfchweren Chas
vater in beiden ebenfo wahrnehmen wie die knappe Dürfe
tigdeit des parifer Fracks und Redingots mit der Schnitt:
maare der franzöfifchen Vaudevilles und Thenterfarcen in
Einklang fegen koͤnnte.
Sm „Devereug” begegnen wir unter Bulwer's Wer⸗
Een zum erftenmal ber Form nach einem gefchloffenen
Roman; die Nebenpartien find: weniger fchlotternd wie
früher aneinander gereiht und ſchließen ſich fraffer an das
Hauptthema, das fih aus dem Misverhältniß, welches
das Recht der Erſtgeburt erzeugt, zu allen Schreden bes
wildeſten Familienhaſſes entwidel. Morton, ber erfges
borene Sohn des Haufes Devereug, entfaͤdelt von Anfang
an vor unfern Augen bie Gefchichte feines Werdens. In
fchnöder Lieblofigkeit von feinee Mutter zurüdgeftoßen, well
er, im Aeußern von der Natur ſtiefmuͤtterlich ausgeſtat⸗
tet, überall gegem feine Brüder der Ueberwundene ift, wo
es auf Reise und auf Anmuth einfchmeicheinder Perſoͤn⸗
lichkeit anfommt; von einem Sefuiten in feiner Jugend
geleitet, der ihn anfangs für feine Pläne erziehen zu ins
nen gemeint, ber ihn aber mit dem bitterften Haß zu
verfolgen beginnt, weil er fi von feinem Zoͤgling ent
larot fiehtz von Jedermann zurüdgefcheucht und nur von
einem alten fanft: und ſchwachmuͤthigen Oheim aus Mit:
leid gebuldet, ſetzt ſich gegen feine Mitmenſchen jene Kalte
Bitterfeit in ihm fell, die das Senkblei und die Sonde
zur Prüfung eines Jeden wird, ber fich ihm nähert. Sei⸗
nen Brüdern geiftig Überlegen, iſt er fortwährend ber Zus
ruͤckgeſezte, felbft die Neigung feiner Geliebten fucht ihm
der Nachgeborene abzugerrinnen, und duch bie Heuchelei
des jüngften Bruders lange Zeit hintergangen, buch die
Raͤnke des Jeſuiten um ben Vorrang in der Erbfchaft
„betrogen, verdüftert fich fein Gemüth, das von den Lockun⸗
gen des Ehrgeizes ſchon früh geflächeft wurde, in der ver
fchloffenen Tiefe feines racheduͤrſtenden Buſens, bis es
aus der ſchweigenden Stille ſich losreißt "und ſich kuͤftet.
186
So eröffnet ſich dies doppelte Nachtſtuͤck eine furchtba⸗
ren Leidenſchaft, die, anfaͤnglich in ſich ſelber feſtgebannt,
zur ſchroffſten Kaͤlte verknoͤchert und ſich dann in der
Außenwelt, die dunkle Nacht der vereinſamten und erſtarr⸗
ten Trauer abſchuͤttelnd, eine maßloſe Befriedigung ver⸗
ſchafft. Morton wirft die Bande der ſtummen Vexzweif⸗
fung von fi, die ſtarre Verachtung foll flüffig werden,
und nachdem er feine Geliebte durch die Greuel feiner
Mitmenfchen verloren und am Heiligſten irre wurde, flürzt
er mit jener krampfhaft Lächelnden Miene der kaͤlteſten
Steichgültigkeit in dag Leben der großen Sündenwelt und
eilt am der Seite eines geftürzten Staatsmannes, Gt.
Sohn Bolingbrofe, ber, obwol er feinem England Alles
geopfert, mit Hohn verftoßen iſt, nach Paris, dem Sam⸗
melorte Derer, die im Raufche bes eiteln und prunkvol⸗
"Ien Lebens irgend eine geheime Macht imBufen zu über:
täuben fuchen, welche in ber Stille der Einfamtelt gum
Befpenfte erwachſen möchte. Die prunfende Genußfucht
am Hofe Ludwig XV., die Ausſchweifungen bes raffi⸗
nirten Wüftlingg Orleans, ber ſchimmernde Spott und‘
der gfeißnerifche Hohn, ber fih an der Vernichtung des
Heiligen weidet, das ganze abſchreckende Gaukelſpiel ber
ſich vermwüftenden, ſich ſelbſt abitumpfenden Leidenfchaften
in dem parifer Goterieleben, deſſen Strom feine trügerifch-
glatten Fluten ſcheinbar heiter fortzieht: an all dieſen
Erfheinungen eines verirrten Außendafeins, das den ver:
düfterten Infulaner als Gegenſtuͤck feines Innern Zuſtan⸗
des reizt und feffele, übe Morton den Stachel feines
Witzes, bis er im Schauder vor dem verzehrenden Atheis⸗
mus, der ihm mit taufend Bildern der Lüge umfchwiret, -
und vom Echafchen bes Merthlofen uͤberſaͤttigt, bie alte
Herzens einſamkeit wieder in fich verfpürt, deren Sehn⸗
fucht nach einem Goͤttlichen In irdiſcher Geſtalt dem Be
wußtfein eines geficherten Friedens nahe führt. Er be
finnt fih auf die ihm inwohnende edlere Kraft, verläßt
Paris, ficht Rußland und die Schöpfungen des großen
Meter, gewinnt fih ben Glauben an die Möglichkeit ei:
nes gefunden Dafeins wieder, fieht in Itallen den von
Mahnfinn gefolterten jlingften feiner ' Brüder und kehrt
endlich nad dem beimifchen Sige feiner Väter zuruͤck,
wo fi) der Fluch, den man auf ihn warf, an den Der:
raͤthern ſelbſt vollzieht. Womit viele deutfche Dichter Ihre
Erzeugniffe oft überfluten — Gemuͤchlichkeit und ſtill
begnligliche Friedensliebe — das träufelt in Bulwer's Ro:
manen nur in Heinen Perlen vom Tropfſtein des harten
Schmerzes, und die Spuren eines feelenreinen Stilllebens,
die gegen die verwilderten Leldenfhaften contraſtiren, find
im „Devereup” nur fparfam zeeflreut. Richard Cromwell,
der tefignicende Sohn des Protectors, gehöet unter An:
dern zu ben Siguren, die der Zauber der gefättigten
Ruhe umſchwebt. Sonft iſt noch viel fpröde Härte in
den dunkeln Geftalten, die den Glauben an fie zerfiört,
und der junge Heuchler Aubrey, ber jüngfte Sohn bes
Haufes Devereug, iſt eine_völlig verfehlte Figur, deren
Widerſptuͤche ſich ſelbſt aufheben. Ein ſchwachnerviger
16jaͤhriger Juͤngling kann den Zahn der Eiferſucht, der
An ihm nagt, nicht fo vollklommen verbergen, noch uͤber⸗
Da
haupt Die Maske bes fanften und hinbruͤtenden Froͤmm⸗
lers ſo conſequent wie Aubrey ſich anheucheln. Um ſo
ſtoͤrender wirkt eine ſolche Geſtalt, welcher der Dichter
zu viel zutraut, wenn ſie zum Hebel des Stoffes dienen
ſoll, und dieſe Ruͤge verhindert mich, dieſen Roman fuͤr
ven bedeutendſten unter Bulwer's Werken gu halten, mie
dies von einer kritiſchen Stimme in England ſelbſt vers
lauten wollte. Die hiſtoriſchen Elemente, bie der „Deves
eur” in fih aufnimmt, find als bloße Träger der fubjec
tiven leitenden Idee zu wenig um ihrer ſelbſt willen bins
geftelt, um das Merk von der Sphäre des Familienro⸗
“mans ausſchließen zu dürfen, und es fragt ſich, vb des
Dichters gloomy enthusiasm, womit er die innern Ges
wirrniſſe des -Seelenlebens am beimifchen Geſtalten zu ent⸗
raͤthſeln ſtrebt, ſich klar und gluͤcklich in fremde, hiſtori⸗
ſche Objecte zu verſenken und dieſe aus ſich ſelber zu con⸗
ſtruiren im Stande iſt. Walter Scott's ganz eigenthuͤm⸗
liche Bedeutſamkeit, die eben in ber Kunſt beruht, das
Object ber Welt, ſelbſt wenn es der fernften Zeit und
ber fremdeſten Dertlichkeit angehört, in ſeinem freien, fich
ſelbſt bewegenden Leber plaſtiſch gerundet hinjuftellen, tritt
und hier recht in feiner gefunden und füfchen Schöpfers
kraft erfreulich entgegen, und. in Deutſchland, two dieſe
geſchichtliche Buldnerkraft unſern hiſtoriſch⸗roniantiſchen
Dichtern noch eine neue Äft, duͤrfen wir in dieſer Hinficht
| Witibatd Alexis „Cabanis“ zuverſichtlich begrüßen, .
| _. Sn „Paul Clifford‘ bemegt fi der Stoff ganz, um
| London ia, dieſe Amme des des und Mutter Dee
aufgefleilteffen Pracht, dies Reſiduum und dieſer Brenn⸗
punkt aller bis zum Wahnſinn aufgeſtachelten Contraſte
des Menſchenlebens iſt das eigentliche. Thema dieſes merk⸗
würdigen Romans. Wir erfahren den Zauber furchtba⸗
rer Gefahren in uns, der das Gewirre dieſes großen Ba⸗
bylons umſchwebt, und finden +6 begreiflich, wie. Lord
JBolingbroke *), der vielfach werjloßene, vielfach fich ſelbſt
verbannende Staatsmann. ſtets mit neuer, ebenfo ſchwer⸗
müthiger als inniger Sehnſucht nach der Themieftadt,
diefer zum Stein. geweinten Niobe, wieder hineilte, um
alle die herzzerdruͤckende Dual des großartig büftern Les
benß, mit ber fein Gemüth verwachſen war, nen Neuem
in ſich zu erfahren. Bulwer entfäbelt hier bald mit bit
term Sarkasmus, bald mit vergehrender Truͤbſal ‚ben ver
| Ihlungenen Knaͤul des heimifchen geſellſchaftlichen Buftane
bed, den Knechtsſinn und die Gewinnſucht, den Mober
ber Armuth und den Schauprunt der Vornehmen; ex
[pürt der Quelle des Unhells nad, das bie Macht ber
Beit fanctionicte, und indem er aus dem Keime die vollen⸗
dete Frucht erwachſen laͤßt, entfaltet er vor unſern Biden
ein erhabened Trauerſpiel. Der Roman ift. zugleich ein
tieued Bild des duch Eigennutz und Selbftfucht der hans
beinden Machthaber durchhöblten Gebäudes der englifchen
Gerichtsverfaſſung. Wo Armuth fuͤr Verbrechen gilt, da
witd der Arme zum Verbrecher, und fo tritt der junge
‚Paul, arm, freundios, ohne Heimat, ohne Namen, ſchlim⸗
| 4 olingbzofe's. Leben {n 'Gotbfmith’4 Mioos —* ne.
fugitive pieces’' (kondon 1774), Bd. Du, ©. 82 (9.
4187 -
mer noch als eine Waiſe, ber Sohn einer Dirne, bie der
unbekannte ‚Vater verleugnete, in bie feindliche Welt. Mit
dem Fluche eigenfüchtigen Strebens und der Sucht nach
raſtloſer, alles Wagniß freudig begrüßender Thätigkeit bes
haftet, erklärt er einer Gefeggebung, die ihn zuerft ans
-feindete, den Gegenkrieg. So lange zwifchen einen Morde
und einem Diebftahle, den der nagende Hunger der un:
gurechnungsfähigen Verzweiflung abnöthigt, kein Unter-
ſchied obwaltete, und die fehlende Weisheit des Geſetzes
durch Grauſamkeit erſetzt werden ſollte, ſo lange mußte
die Geſetzgebung durch den Hohn, den ſie gegen die Ver⸗
irrungen der Menſchheit übte, ſelbſt Verbrecher erzeugen.
Vielfach umhergetrieben in dem Schmuze der Armuth,
vielfach verſtoßen und gemartert, wird Paul Raͤuber, „ein
Hochtord, ein trotziger Abfoderer der Boͤrſen“, wie es in
der Kunſtſprache heißt, zum Gegenſtuͤck der liſtigen Beu⸗
telſchneider, die fih „Whigs“ nennen. Der Stufengang
feines Innern und dußern Werdens offenbart den vollen-
‚beten pfpchologifchen Dichter. „Paul Clifford“ ift aber kein
bloßer Raͤuberroman in modernem, nordifchem Elemente;
vielmehr ift die Parallele zwifchen den Anreizungen, ber
Geſinnung und der Laufbahn eines Raͤubers und der
ebenfalls langſam reifenden Entwidelung eines raffinirten
Diener der Gerechtigkeit, der durch Beſtechung ‚ins Par:
. umest kommt, durch Deuchelei ſich hebt und feinen In⸗
teiguen, durch die er, ohne die Popularität zu verlieren,
der Krone dient, Ruhm und Wichtigkeit ‚verdankt, die dia⸗
lektiſche, ebenſo ſcharfſinnig als ſchneidend durchgeführte
Tendenz des Werkes. Und dieſer Lord Dberrichter, Sir
William Brandon, iſt kein Anderer als Clifford's Vater.
In der Gerichtsſcene wird der gefangene . Räuberhaupt:
‚mann von feinem eignen Vater, der ihn zu Dem machte,
was er iſt, weil er ihn unter bie Hefe des Volkes ſtieß,
verurtheilt. Mitten in dee Verhandlung, wo Beide ans.
fange, ohne zu ahnen, welches Band der Natur fie um:
ſchlingt, anklagend und fich vertheidfgend gegeneinander
ſtuͤrmiſch eindringen, erfährt Brandon, daß er den Sohn
vor fidy fehe, der vergebens die Strenge des. Gefeges zu
überwinden verfucht. Hart wie des Geſetzes Buchſtabe
iſt Branden’s verfteintes Derz; das Urtheil wird gefällt,
der Richter zieht fiegreih von bannen, aber die flarre
Seele laͤßt auch den Koͤrper plöglich flare und tode Die
grauenvolle Bedeutſamkeit diefer Kataftrophe bei aller ins
nern und aͤußern Wahrheit der Darftellung- iſt bewun⸗
dernswürbig. (Der Beſchluß folgt.)
‚Briefe Über Erziehung von Elifabetb Hamilton,
Aus dem Engfifhen von Friedrich Kart Meier.
Zwei Theile. Jena, Scommann: 1832. 8. 2Xhle.
6 ©r.
ec. ift gewohnt, den Zitel jedes Buches genau gut leſen,
von allen Seiten zu beleuchten und ſich zu Tragen: Mas wüͤr⸗
deft und koͤnnteſt bu über diefen Gegenſtand ſprechen? In wels
&er Drbnung wuͤrdeſt du das Gehachte vortragen? In weis
dem Zone müßteft du fchreiben, wenn dem .Eefer ein deutliches
Bid vom Ganzen vorſchwe 7
Sqlußwort oder Beides kommen ma an bie Retihe. Hier
Richt einmal der Titel des
‚einfiimmen. Sn der am
ben Sollte? Die Vorrede oder das
fat er bie Ertiarung bes Verf. äber ben Zweck und Inhalt
bed Buches und freut ſich, wenn der Verf. feinen a
möglichft nahe gefommen, ober auf zweckmaͤßigere Weiſe feinen
Segenſtand behandelt. Gr lieſt fodann das Buch vom Anfange
bis zum Ende und beachtet die Treue, mit welcher der Verf.
an ſeinem Gegenſtande gehangen, die Tiefe, mit welcher er ihn
erſchoͤpft, das Gewand ber Sprache, das er ihm umgehangen.
Je nachdem er nun bad Alles mehr ober minder findet, motis
— *. fein Uctheil und legt es unpartelifch den Augen feiner
‚ @Rec. las ben oben angezeigten Titel und dachte: Er läßt
viel unheftimmt. Wird das Ganze fich in dem — —2—
ber Etziehung ergehen oder ſich ein beſonders abgegtenztes
Stuͤck deſſelben zum Anbau waͤhlen? Es ſind Briefe von einer
Dame in England; der Mann erzieht den Mann, das Weib
das Weib. Doch wahrſcheinlich uͤber weibliche Erziehung? Der
Rame Hamilton klingt englifh; aus dem Englifchen überfegt
ind Deutſche? worttreu ober frei? Wird und kann, was auf
engliſchem Boden gedeiht, auf deutfchem fortlommen und Srudt
tragen? Wäre es nicht beffer gewefen, diefe Briefe in einer
freien Bearbeitung den Deutſchen zu geben? ,
Run, eine Borrede wird fich über dies Alles ausfprechen.
Wo ift fie? wo ein Schlußwort? Nirgend. Welchen Grund
tann ber Ueberfegen haben, bavon ganz zu ſchweigen, ohne
Gruß in die Welt und ohne Abfchied aus berfelben zu treten?
englifhen Originals iſt irgendivo
angegeben. Rec. beſchleicht dee Gedanke, als wolle ung Herr
Meier feine Anfichten über Erziehung mittheilen. Dem fei
nun wie ihm wolle; wir halten uns an Das, was wir im
Buche finden. '
‚Der weiblichen Erziehungsfunde gehört das Buch wirklich;
es eignet ſich für wahrhaft gebildete, nicht blos fih fo nennenbe
und dünfende Mütter. ‚Schriften biefer Art zählt die Literatur
grade noch nicht gu viele, welche den Müttern ihre Pflichten
pfochelogifh und empieifh and Herz legen. Vollkommen eins
verftanden find wir mit der Verf. — wir haben uns überzeugt,
bag eine englifche Mutter die Briefe gefdjrieben bat, daß ber
Beruf. ber Mutter die erfte Erziehung ber Kinder, ganz vor⸗
zuͤglich der Töchter umfaffe, biefe fhon früh begonnen werben
und über bie Gindrüde wachen müffe, welche das Kind ems
fängt, daß fie bie Bildung bes Verſtandes und erzend mit
gleicher Sorgfalt fördern - und diefelbe von der Mioße völlig uns
abhängig fein muͤſſe. Der erfte Eindruck "bleibt; von . ihm
hängt bie richtige oder falſche Worftellung der Gegenftände und
von biefer mandye Eigenfchaft des weiblichen Charaktere, z. 8.
Schreckhaſtigkeit, Furcht, Schüchternpeit 2c., ab. Wenn aber
©. 31 die Furcht vor dem Tobe allein von dem erſten Gindrus
de, welchen ein unter fchredtidhen Umftänden Sterbenber ges
macht haben foll, abgeleitet wird, und daher das Wermeiben
der Grinnerung an ihn bie üble Gewohnheit, dad Seine nit
bei Zeiten gu ordnen, zur Kolge haben fol, ſo kann Rec. nit
hefien erwachenden und am fi
teten triöfchenden Liebe zum Leben, welche bie ewige Weisheit
dem Menfchen einhauchte, liegt ber Keim der Furcht vor dem
Scheiden vom Leden, das taufend Umftände erleichtern der
ſchweren, bie Hoffnung ‘ any
dem Chriften verfüßen kann. Ganz
laͤßt fie ſich dem Gemuͤthe nicht entwinden. Voͤrurtheile, Lei⸗
denſchaften, Haß ſind ebenfalls Kinder der erſten Eindruͤcke, und
Wachſamkeit der Muͤtter erſte Pflicht uͤber jene, bie fie erzeu⸗
‚gen. Daß vorzügtich Kinderftuben umb Muhmen die. Schu
‚tragen, iſt wahr; aber bie traurigen Folgen koͤnnen abgewehrt
werben, wenn ihnen ein ernſtes, feftes, verftändiges Betragen
bes Waters und der Butter gegen das Gefinde, das "eben durch
‚feinen Umgang jene Fehler foͤrdert, "entgegentritt, namentlich in
angefehenen Haͤuſern. Recht viel Gutes und Wahres enthält
ber fünfte Brief über die Nachgiebigkeit ber Aeltern gegen bie
‚Kinder und deren Gigenfinn ſowie über die Mittel, bas Kind
davor gu bewahren oder dagegen ficherzuftellen. Ungern vers
mißt Hier Rec. bie von der Erfahrung abgezogenen Mittel und
188 N
‚Wege, auf welchen ein krankes Kind von jenen fem gehalten
wird. Dies gehört in die paͤdagogiſche Gafuikik, für,beren Ans
bau Salzmann in feinem noch unübertroffenen „SKrebsbücdlein”
‚arbeitete, nur nicht zum Gebrauche für gebildete Mütter. Mo:
gen diefe „Malwina' von Dinter lefen und beberzigen! Treff
"ih und ganz aus ber Erfahrung geſchoͤpft ift im fiebenten
Briefe das Raifonnement über die Dinberniffe des Wohlwollens,
. bas Gefühl für Recht und Unrecht, Unterordnung bes weiblichen
Geſchlechts, die Würde beider Geſchlechter, das Zartgefühl, bie
Bewahrung der Reinheit des Herzens und die Beſcheidenheit.
Wir können bier Das, was uns weniger beflimmt und deutlich
ausgebrüdt fcheins, nicht bemerken, am wenigſten aber bie. Bor:
urtheile näher würbigen, welche aus ber Unterordnung bes weib⸗
lichen Gefchiechfes hervorgegangen fein follen. Hier ſcheint der
englifche Boden Dornen und Difteln zu tragen. Bemerkt man
wol in gebildeten beutfchen Familien aud nur die geringfte
Spur bavon? Die fittlihen Eigenfchaften beſtimmen ben Werth
des Menſchen. Sind diefe beim Manne und Weibe einander
gleich, fo ftehen beide auf Einer Linie der. Achtung. Gegenfei:
tige Liebe ift die Frucht fittlicher Gleichheit. Nur als Haus:
"frau dürfte das Weib aus mehr als einem Grunde unterge:
ordnet fein. Alle Mütter gedt ber neunte Brief an, der
vom guten Zone, Ehrgeize, dem Streben, Bewunderung zu er
zegen, der Putzſucht und Eitelkeit handelt. Der Urfprung und
‘die verderblichen Folgen biefer Beiteigenheiten ber weiblichen
Welt werben erfahrungsmäßig nadıgewiefen, die beiten Gegenmit:
tel angegeben und gelehrt, in wie weit mon bem Etrome ohne
Gefahr für Sittlicgkeit und Wohlſtand folgen könne und nad
veunünftigen Grundfägen folgen muͤſſe. Was in den zwei leg
ten Briefen bes erfien Theils über religidfen Unterricht gefagt
wird, unterfchreibt Rec. und bekennt, daß derſelbe früh begins
nen möffe, damit Religion Sache bes ‚Herzens und nicht bles
des Verſtandes werde. Das vom Kind unverflandene Wort
über Bott liegt vieleicht ange in feinem Kerzen, ebe es wur⸗
zeit und keimt und Frucht trägt; aber ed trägt gewiß Frucht,
wenn auch fpät.
Sn den Briefen bes zweiten Theil hat ſich bie Verf. zur
Aufgabe geftellt, die Kräfte und Anlagen des menſchlichen Geis
fies kennen zu lehren und anzugeben, wie fie auf dem von ber
Natur vorgezeichneten Wege gebildet werben Lönnen. Unſerer
Anfiht von einem Grziehungsbuche für Mütter zufolge hätte
es zuerit die Geiftesträfte in Betrachtung ziehen follen; fie
find ja die Baſis, auf welche das Erziehungsgebaͤude auferbaut
wird. Hiermit flimmt auch bie Verf. zufammen, wenn fie ©. 1
bes zweiten Theils fagt: Der wahre Zweck ber Erziehung
'fei, alle Kräfte und Anlagen unferer Natur zur böchitmögli-
hen Vollkommenheit zu bringen, und zwar, fegen wir hinzu,
vereint, wie erft ©. 5 erwähnt wird. Mit Recht ſteht hier
das Auffaffungsvermögen obenan. Bon feiner Schwaͤche oder
Staͤrke hängt die Mehr⸗ und Minderzahl, bie Deutlichkeit oder
Unklarheit ber Vorftelungen ab. Mas bdiefes Vermögen, iſt's
ſorglich gepflegt, leiften kann, beftimmt den Grab ber Bilbung.
"Raum glaublich aber iſt's uns unb vielleicht auch vielen Ans
bern, taß ein Kind von zwei Jahren eine ſchwarze und weiße
"Kugel voneinander unterfheiben koͤnnen fol. (S. 27.) on
ber Aufmerkſamkeit, bie wol eigentlich bie genauere Auffaffung
eines einzelnen Gegenſtandes bezweckt, alfo wol unter jenem
Auffäffungsvermögen begriffen werden konnte, fpricht die Verf.
umftänbli und weißt nach, wie fie geweckt und worauf fie ge:
richtet werben müfle, wenn fie als Grunbdfraft bie Bitbung der
übrigen befördern fol. Richtige Wegriffe find der bee Schat
für jeden gebilbeten Wenfhen. Sie werben durch gute Leitung
bes Auffaffungsvermögens, durch Richtung der Aufmerkfamteit
auf die das Kind umgebenden Gegenftände erzeugt. Gin Be⸗
griff umfaßt Zweierlei: die richtige Auffaffung und das ber
‚Wirklichkeit ganz dee Bild des Begenftandes. Einer weitern
"Ausführung bedarf's Hier nicht; wol aber barf bie Beſchreibung
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshanblung: F. A. Brodbaus ig Leipzig.
“ “ . [7 a N
eines Begrifft in ben brei ber Betrachtung dieſet Weimdgens
geweihten Briefen nicht fehlen. Oder fol diefe S. 60 zu lefen
fein? — Inder Anweifung zur Bildung der Urtheilstraft kommt
bie Verf. auch auf Dichtungen zu ſprechen, welche die Ginbils
dung nur befchäftigen und die Urtheilstraft hemmen oder gar
fhwächen. Ueber die jegt faft allein willfommenen Rovellen
fäus fie ein nicht günftiges Urteil: „Da fehen wir, wie bie
Einbildungskraft dieſer Schriftfteller die wenigen verworrenen
Begriffe, welche fie zufällig haben, auf das abgefchmadtefte an»
- einanderreiht; die Erfindungskraft wird auf bie Kolter ges
fpannt, um Wirkungen bervorrubringen, denen die gegebenen
Urſachen keineswegs gewachſen find, die Geſetze der Natur wer⸗
ben verlegt, bie Neigungen des Herzens zur Unnatur verkehrt,
bie Srundfäge ber Sittlichkeit verachtet und das Gange in ein
empfindſames Geſchwaͤt eingekleidet, weldyes dem gefunden Diens
fhenverftande umbegreiflich if. Dennoch ift das Verlangen nad
folgen Novellen bei allen Denen, beren Urtheilskraft nie gehbt .
worden iſt, fo wenig zu befriebigen, daß dieſe Bücher und zwar
nur dieſe fehr Häufig von jungen rauen gelefen werden, welche
in kurzer Zeit Mütter von hoffhungsvollen Familien zu werden
hoffen.” (S. 139.) Ginbildungstraft und Gefchmad werden bier
nebeneinander geftellt und find doch fo verfihieden in ihrem
Weſen und Aeußerungen. Der Geſchmack entfpringt aus ber
urtheilskraft und hat großen Einfluß auf das Leben des em⸗
pfindlihern Weibes. Ihn ſchon im Kinde fo zu begründen,
daß er mit den übrigen Kräften und burc deren Hülfe ein lies
ber Ecbensgefährte werde, follte Beine Murter verfäumen. Durch
Bildung und Wefriedigung des Ginnes für alles Große und
Schöne, dur Muſik und alle andern Küinfte Heiterkeit, leich⸗
ten und frohen Sinn ihm anzueignen, ift Recht; nur darf dies
fer Sinn nicht herrſchen wollen. Es kommen ſonſt leicht nach
feohen trübe Stunden, die da rauben und mehr rauben, als
jene gaben. Das Abftractionsvermögen und das Nachdenken
nehmen bier die feste Stelle ein. Die Vortheile beider Kräfte
find ebenfo unverkennbar als die Mittel, die ihre Vervollkomm⸗
nung befördern, anwendbar. Die Beſorgniß, daß durch eine
‚höhere Ausbildung des weiblichen Geſchlechts fein Blick anf
Haͤuslichkeit, Ordnungsliebe, kurz auf feinen hohen. muͤtterli⸗
den und hausmütterliden Beruf abgeſtumpft werbe, ift grunbs
los. Die wahrhaft gebildete Mutter, wie wir fie Uns denken
und ihr gleich viele in ihren Kamilien wirken fehen, wirb das
ne quid nimis allenthalben meiben und in ihren Toͤchtern ebenſo
feingebildete Frauen als forgliche Mütter und Hausfrauen erziehen.
Empfehlenswerth ift diefe Schrift allen Müttern von Bil
dung. Leſen fie diefelbe, manches Vorurtheil wird weichen, mans
den Irrweg wird fie verzäunen und die Erziehung nad) ber Natur
Iedren. Mir meinten im Gingange unferer Anzeige, eine freie
Bearbeitung würbe biefe Schrift genießbarer gemacht haben, unb
dachten daran vorzüglih ©. 80 u. 169. im erften Theile, wo
der Ueberfeger auf ben Unterfchieb zwiſchen England und Deuifäe
land fetbft aufmerffam macht.
Notiz.
Die Gewohnheit, mit dreimal brei zu trinken, bie heutzu⸗
tage wol nur in England und fodann in einem geheimen Orben
gebraͤuchtich iſt, ſtammt bereits aus alter Zeit her. Man trank
auf die Sefundheit der Geliebten, der anwefenben und abıwefens
ben &reunde, wobei ber Becher im Kreife von der Rechten zur
kinken berumging und nad der Zahl der Grazien und Muſen
geirent wurde. Aufonius druͤckt biefe Trinkregel folgendermas -
en aus: "
Ter bibe vel toties ternos, sic mystica lex est
Vel tria potandi, vel per tria multiplicandi,
Mehr findet man bei dem alten Stuckius in feinen „Baftmahls-
alterthmern“, &. 559. 160.
oo | Blätter
für
2.
Sonnabend,
1
lite rariſche Unter 5 altu ng.
Zur Charakteriftif ber neuern englifchen Romanpoeſie,
- mit befonderer Rüdfiht auf Cooper's „Bravo“
und Bulmer’s „Eugen Aram", |
Zweiter und letter Artikel.
Beſchluß ans Nr. 46.)
In „Eugen Acam” entruͤckt uns der Dichter anfaͤng⸗
Uch den Qumulte dee verwilderten, fich felbft verwüften:
ben Leidenſchaft. Während in feinen frühen Werken
zum pofitiven Gegenfage dee dunkeln Gewirre fi nur
fpurenweife vor unfeen Augen ein seines, finnig begrenz-
6 und friedliches Stillleben erfchließt, bei deſſen Anblick
dee anfgefieberte Stolz der Menſchenbruſt mit allem fel:
‚nem Prunke in Zerniefhung zufammenfintt, macht Buls
wer hier das freundliche Landleben einer Edelfamilie. in
einer abgelegenen Grafſchaft zum weiten, gefälligen Vor⸗
Dergrunde feines Gemaͤldes. Ein Squire mit feinen bei
den Töchtern in gemüthlicher Eintracht, drüben im ftillen
Waldhaͤuschen ein fhüchterner Gelehrter, der im Um⸗
gange mit Büchern die Schäge feiner einfamen Weisheit
‚bäuft, ein alter Corporal, der mit kühler Serle um Bache
figt und angelt, die Befchäftigungen der Dorfbewohner,
dem ruhigen Mandel der Natur ganz preisgegeben: über
"dem ganzen Thale liegt ber aumuthige Friede eines ſchaͤ⸗
ferlihen Lebens in der Form moderner Verhaͤltniſſe. Und
gleichwol nagt am ber ſtillen Blüte irgendwo ein verſteck⸗
tee Wurm. In dem einfamen Gelehrten, Eugen Aram,
verfündigt ſich bei feinem erften Erfcheinen ein menfchen:
Scheuer, bleiher, aber eblee und intereflanter Mann. Sein
vergangenes Leben fcheint, ahne einer Jugendthorheit Raum
‘gegeben zu haben, das ſich gleich bleibende Niveau eines
:fanft erregten Stromes und ein fortwährendes Opfer der
Wifſenſchaft gemefen zu fein. Bei alledem erregt feine
Scheu vor Geſellſchaft, Teine Haft, Menfchen zu fliehen,
amd das Merbergen feiner geheimſten Gedanken ein um:
heimliches Befremden, das ſich zur peinlichen Angſt ſtei⸗
gert, je mehr wir den Sonderling kennen lernen... Haft
allen Zweigen der Wiſſenſchaft hat er Bedeutendes abge:
wonnen, unb wenn er von dem Syſtem der Sternenwelt,
von den Meisen der Raturwiffenfchaften mit jener harm⸗
:Sofen Anmuth Tpricht, die wie ein Bunber feine leiden⸗
ſchaftsloſe Miene umfchwebt, "und der wißbegierigen Ma:
deline, des Squire Älterer Tochter, ein neues Wunder
=
‚fit begehen zu laſſen.
aus dem Gebiete des Natur⸗ und bes Geiſteslebens er⸗
öffnet, fo wirkt er. wie ein feiner Kraft bewußter Halb⸗
gest auf das ſtillſinnende Maͤdchenherz. Wenn nur feine
Seibſtgeſpraͤche nicht wären! „Hier offenbart ſich ein ganz
anderer Geift, dem Bodenfag feiner Seele entfliegen, eine
laͤhmende Melancyelie, die ihren giftigen Brodem immer
mehr von fih flrömt und eine Derzweiflung .an dem
Motten einer allmächtigen Liebe verräch. Jene edle Gleiche
maͤßigkeit, jene fanft umgrenzte und behaglich erwaͤrmte
Stimmung, die er vor den Menfchen zur Schau trägt,
ft nur eine Maske; hinter jener ruhigen Aleberlegenheig,
die er mit Zalent geltend mucht, niftet deu. ſtarrſte Glaube
an Prädeftination und Unentrinubarkeit eines Zufalls, der
ihm doch zugleich mit der Nothwendigkeit bes Geſchicks
identiſch daͤucht. Der Dichter verficht es meifterhaft, und
biefen rounderbaren Menſchen in feiner monologifchen Ein-
ſamkeit erſt fpärlich, damn immer näher und tiefer belau⸗
ſchen zu laſſen; die Angſt, die den Leſer um dieſen Geiſt
befaͤllt, wird zur nagenden Qual, je mehr ſich das Grab
ſeines Buſens oͤffnet, wo Glaube, Liebe, Hoffnung als
Leichen ſchlummern, und je mehr er die traͤumeriſch⸗lie⸗
bende Madeline in die Kreiſe feines Daſeins heruͤberzieht.
Es daͤmmert langſam heran; endlich wird es Mar, hier
muß, um dieſe Zerſtoͤrung moͤgtich zu finden, ein großes
Verbrechen zum Grunde liegen, Und fo if «8: Cugen
Aram bat. in feiner Jugend einen‘ Mord begangen. Der
Dichter hat: fig die fchwierige Aufgabe geftellt, einen fanfs
sen, traͤumeriſchen Süngling, der, mit all feinem Sinnen
in die. Tiefe wwiffenichaftlicher Forſchung verfenkt, nur
durch eine einzige Megung feines Gemuͤths, die Sucht
wach zufünftigem Ruhme, mit dee ihn umgebenden Melt
der Wirklichkeit zuſammenhing, diefe Unthat, nicht in der
Aufwallung des Zornes, ber Mache oder fonftiger Leibens
ſchaft, fondern in der Abirrung einer gruͤbelnden Sophi⸗
Bang verlosen ia bie Auſchauung
des Abſoluten, fühlt er fi ploͤtzlich von Mangel und
Elend auf eine peintiche. Meile umdroht, die ihm fein
finnendes Forſchen nad den Geheimniſſen der Wahrheit
verbietet. Zum erſten Male blickt ex voll Verwunderung
um fih und ſieht Tauſende uͤbermuͤthig die Güter ver:
praſſen, weit ber Zufall fie deberhäufte, während er, dem
das Auge Bottes mb das Ders des Welt fih zu er
oe
-
1%
ließen begann, aͤußerlich barben und innerlich entfagen
—8* Fa * ihm ein Wuͤſtling in den Weg, der, an
allen heiligen Intereſſen ein Verraͤther, nachdem er ein
junges Maͤdchen zum Selbſtmorde getrieben, mit erbotg⸗
ten Schägen das Land zu verlaſſen gedenkt. Eugen Aram's
ſittliche Empörung hilft ihm die Ueberzeugung befeſtigen,
mit dee Hinwegraͤumung dieſes Unholdes ſei der Menſch⸗
heit gedient — und nebenbei dem Moͤrder ſelbſt. Zum
innern Verſucher geſellt ſich ſchnell der aͤußere; mit Huͤlfe
eines wilden, kecken Burſchen ſchafft er den Boͤſewicht
bei Seite. Die Geſpenſter, die aber nun in Aram's
Seele aufſteigen, laſſen ſich mit den Kluͤgeleien des Ver⸗
ſtaͤndes nicht beſchwichtigen. Er wirft ſich in den Tu⸗
mult des Lebens, bald darauf in bie Einfamkeit jenes
Landhaufes in der Nähe von des Squire Edelfig. Die
tiebende Sorafalt der edeln Menfchen gewinnt ihn ber
Gefelifhaft wieder; das Grab feines Innern uͤberwaͤchſt
mit Blumen; Madeline wird feine Braut; bie unheim⸗
tihen Stunden, in denen fie keine ‚Gewalt über ihn zu
aben ſelbſt verfpürt, fcheuchen fie nicht zuruͤck; fie liebt
In ee nutfvaken nur um fo geheimnißvoll tiefer. Die
drohende Wolke des Unheils entladet fit) aber auf ihre
Haͤupter an demfelben Tage, an welchem ihe Bund ge:
fchloffen werden fol. Houfer, der Genoffe der Unthat,
umtreift den Unglüdtichen, von Eigennutz getrieben. . An
einer grauenhaften Nachtſcene überwindet Aram's Geiſtes⸗
‘größe bie rohe Wuth bee dringenden Mahnere, und «6
gelingt ihm, die Habgier deffelben fire immer zu befriedi⸗
gen, indem er ſich felbft gegen ihn fichert. Da bricht das
‚tödtende Licht über das Dunkel ber verſchwiegenen That
von einer andern Seite herein. Des Squire Bruder,
Godfrey Lefter, war feit vielen Jahren verſchwunden.
Sein Sohn folgt jetzt den Spuren des Verſchollenen;
Houſer wird betheilige gefunden; er gibt Kram für den
Mörder an. Madelinens Liebe iſt unerſchuͤtterlich, bes
Alten Freundſchaftsgefuͤhl unwanbeldar. In der merkwuͤr⸗
digen Gerichtsſcene entwickelt Aram, um die ſchwachen
Beweiſe zu entkraͤften, das ganze Gewebe ſophiſtiſcher Be⸗
redtſamkeit, weil der Schein fuͤr ihn iſt und von der
Aufrechthaltung des Scheins das Leben ſeiner Geliebten
abhängt. Mit den hartem des: Argwohns ringend, un
terfiegt ihre zarte Seele, und Aram offenbatt nun dem
Sohne des Ermordeten feine - Schuld. Auf all diefen
Situationen liege der Stempel ber innerften Wahrheit,
und das ganze Gemälde, am fo vielfachen plaflifd, gedies
genen Scenen reich, erweiſt eine durchdringende Spuͤr⸗
kraft der geheimſten Geneſis des fich vor ſich ſelbſt ver⸗
ſteckenden Menſchengemuͤths, die Bulwer einen bedeutſa⸗
men Platz unter den Dichtern ſichert, welche die Roman⸗
tie der Poeſie in der innern Ideenwelt ſuchen und finden.
Ich kann nicht dee Anficht fein, daß der Deutſche ſich
felbſt aufgibt, wenn er die ſubjective Indrunſt, die ſein
Eigenſtes iſt und bleibt, mit dem Reichthum der objecti⸗
ven Welt zuſammenſchließt: aber ein identiſches Zuſam⸗
menſchließen muß es doch eben ſein, kein Verfluͤchtigen
ſeiner tiefern Intereſſen und kein jaͤhes Umſchlagen feiner
guten Gedanken gehabt, aus dem Schri
Idee des Geiſtes abgefallenen, bios natuͤrlichen Außen
welt. Die Verſoͤhnung des Subjectiven und Objectiven, auf
welche die Philojophie unferer Tage feit Schelling bringt,
muß fi auch auf dem Zelde der Porfie vollziehen.
8. ©. Kühne.
Geſchichtliche Nachweiſungen uͤber die Sitten | und das
Betragen der tübinger Studirenden während bes 16.
Sahrhunderts, van Robert. Mohl, ord. Prof. der
Stautswiffenfhaften. Tuͤbingen, Sept. 1832.
Der Verf. diefer alabemifchen Gelegenheitsfchrift Hat ben
Frenvorratbe bes tübin»
ger lniverfitätsardivs ſowie ber Stadt und des Oberamts
Tübingen alles auf das oben angegebene Thema Bezügliche zu
iummeln und mit Treue und Genauigkeit zufammenzuftellen.
Er verfährt in rein chronologifcher Ordnung und läßt, ohne eine
eünftliche Verknüpfung zu ſuchen, nur die Thatſachen ſelbſt fpres
hen. Auf diefe Weife bleibt den Greigniffen der Zeit ihre uns
getrübte Färbung; der Hiſtoriker und ſelbſt ber nach Motiven
dürftende Romanfchreiber findet hier einen lautern und reichlich
fließenden Quell. Bis jener ihn ergrünbet, diefer ihn abſchoͤpft,
wolen wir dem Lefer mit Weglaffung bes Unweſentlichen einige
ber intereffanteften Zeitbilder, die er abfpiegelt, vorbalten.
Nach den Statuten von 1518 follte es zu Anfang des 16,
Jahrhunderts auf der Univerfität gang menſchlich und geſittet
zugeben. Die Decane aller Facultäten follen halbjährlich bem
Fleiß und bie Bitten fämmtlidher Stubirenden ihrer Zacultät
durchgehen, die Läffigen ermahnen, ganz Werborbene dem Ges
nate zur Entfernung anzeigen. Wer die Predigt nicht beſucht,
wer ſchwoͤrt, wer flucht, wirb vom Rector beliebig beftrafts
‚Berbalinjurien unter Stubenten koſten 15 Kreuzer, Degen zuͤ⸗
den 22 Kr., Gefecht ohne Wunde 1 Fl., mit leichter Wunde
2 Fl., Beleidigung ber Wächter wird mit 15 Zagen Carcern
beftraft. Nachtlärm, Abendgänge ohne Licht, nächtliche Spazier⸗
gänge in Scharen find verboten. Unzucht wird zuerft mit dfe
fentliher Rüge, im MWiberholungsfalle mit Relegation beftraft.
Wirthshausbeſuch und Würfelfpiel werden mit Geldbuße unb
Sarcerftrafe geahndet. Ueppigkeit in den Kleidern ift verboten,
befonders pilei illi oblongi, quibus Turcica barbaries delecta-
tur. Schmaͤhſchriften find verpoͤnt; Niemand foll ohne vorgäns
gige Senfur des Rectors und der Decane etwas bruden laffens
jeder Student foll feinen Privaticehrer, magister ober praecepton
genannt haben.
Diefe Geſetze Tauteten auf bem Papier ganz ſchoͤnz wie
fieht «8 aber mit der Anwendung aus? Gchon im 3. 15235
wirb geklagt, Lie Studenten feien gar zu lasciv und diſſolut.
Sn Gang und Anzug gleichen fie ben Landéeknechten, tragen kurze
Rödlein, die die Waden nicht erlangen, zerfchnittene und ges
theilte Dofen, zerichnittene, getdeilte, mit Federn geſchmuͤcte
Barete, nicht „wie fie Ehrlichen und Liebhabern ber Tugend‘
‚geziemen. Bon biefer Ehrlichkeit und Tugend find jedoch bes
greiftich dispenſirt „Freiherren, Grafen und Zürften, welche fie
ihrer Würden nad ber Hauptgezier, ber WBefleidung aber ‚Bere
kommens gebrauchen mögen”. Der junge Abel fcheint diefe Eis
.cenz in ziemlicher Außbehnung genommen gu haben. Da begeg⸗
nen wir (1532) einem Vitus Lung von Planef, ber eine Dirne
unterhält, Bürger und Fremde beunzuhigt, Feine Vorleſungen
befucht, ‚ungeläden zu einer Weingärtnershochzeit kommt, auf
dem Spitalkirchhof den Philiftern ein Gefecht liefert. Kaspar
Spät, Junker, bittet für ihn im Senat, und er wird „in ho-
norem nobilium” begnabigt. Wenige Sage barauf betsinkt er
ſich wieber mit dem edeln Schenk von Winterftetten (vielleicht
einem Abkoͤmmling des Minnefängers), will den Wirth erſtechen,
seht sub divo, auf bem Marktbrunnen figend. Wie fie hören,
angeborenen Innetrlichkeit in die Materie der von der baß in des„Wuͤrzkramers“ Haus Tanz ſei, wollen fie das Haus
41
frärmen. Yuf: den Hatferuf bee Sürzkeaͤmerin eilen- bie Nach⸗
73 mit Spießen und Hellebarden herbei und verjagen „die
ent⸗ —
Inzwiſchen gingen auch die Einwohner, beſonders auch die
Vornehmern nicht immer mif den Studenten um, wie fie ſollten.
Als Mogifter Bolland und Gonforten mit einem brennenden Eichte
bie Laute ſchlagend umhberziehen (Dec, 1549), flößt Einem von
ihnen der Untervogt mit tem Echweinfpieb ins Geſicht, ſchlaͤgt
den Andern mit dem Blechhandſchuh auf den Kopf. Derſelbe
kommt wieber mit Studenten in Streit (März; 1550), als biefe
auf Kübeln trommelnd auf die lange Bruͤcke ziehen. Später
(156%) beſiehit der - Untervogt ˖ den Waͤchtern, alle Studenten,
„weiche Unfuhr hätten, wie Saͤue über den Haufen zu ſtechen“.
Sm Mai.1564 .entfegt ſich der Senat Über die Edelleute,
Lie neuerlich angelommen, wegen ihrer „Brutalhofen und Bloß⸗
geſaͤß⸗ (nadtn H—). Sie haben „foldy unfläthig und kriege⸗
riſch Kleid’’ abzulegen, widrigenfalls fie nidyt angenommen werben.
Die Langweile erzeugte wie noch heutzutage allerlei Stu⸗
dentenunarten. Die einen flehlen Sänfe und werben bafür
bei Waffer und Brot ins Carcer geſchickt; biefelbe Strafe auf
10 Zage trifft (1557) den Zörg v. Hanau und ben Magifter
Kalt, weil „fie wölen einander bie Zinger abfchneiden und
darumb fpielen”. M. Roß gebt Nachts (Ian. 1559) mit
einem Schweinſpieße aus und will den ihm begeguenden M.
‚Heller damit fhlagen ; überhaupt Hält er fi „ungepürlich im
Zechen, liegt in allem Luder, fchreit und floßt manchmal bie
Fuͤß zum Fenſter aus”.
Im März 1559 wurde ein in Tübingen fiudirender Pole
erſchlagen, wie es fcheint, weil er eine ketzeriſche Abhandlung
über die Dreieinigkeit drucken laffen wollte. Die Übrigen Pos
len beffagen fich beim Herzog über bie Langfamteit der Unters
ſuchung und drohen, das „homicidium bombardis vindiciren zu
wollen”.
Aus ben gemeinfchaftlich mit ber Stadt Tübingen entworf⸗
nen neuen Statuten yon 1575 erfieht man, daß manche Buͤr⸗
ger heimliche Trinkſtuben für Studenten halten; Wirthe laſſen
” Zechfchulden auflommen, Apotheler verkaufen ben Stubdirenden
Marcipan, Eonfect und „anders Schleckwerk““. Welſche Geiger
und Gpielleute muficiren an ben Kofttifchen. In ber Mode
find kurze gewuͤrkte Roͤcke und Mäntel, baufchende und Pluber:
bofen, eiterfappen, gar breite oder fpigige Hüte, mit Bedern
und Gträußen beftedt. Heimliche Ehen find unter den jungen
Studenten nicht felten.
Um jenes neue Statut zu verhöhnen, das ihnen bie Filz
böte und die kurzen Mäntel verbot, tragen einige Stubenten
jegt „lange Babmäntel, fammetne Hafensbedeiin unb Bader-hüte”,
Die Freiherren und Grafen, bie. natärlidy ven ber Kleiderver⸗
srbnung ausgenommen find, nehmen ohne Weiteres auch ihre
Diener von’ dem Gefete aus, Am 8. Nov. 1575 zeigt ber
Kanzler dem Rector einen Studenten, ber „während der Pre:
digt .mit einem ſchandlichen kurzen Rödlin im Chor geflanben‘,
Gr wirb relegirt.
Auffallend kann es erfiheinen, daß bie Reformation in bies
fem ganzen Zahrhundert nicht ben mindeften Ginfluß auf bie
Sitten der Studirenden ausgeäbt zu haben ſcheint, wie aus
den trocdenen Actenauszügen, ohne daß ber Verf. ein Wort bar:
über verliert, von felbft hervorgeht. Dagegen wirken: bie ſtren⸗
gen Statuten von 1575 wie zu Athen Drako's Geſetzgebung:
Wöllereg und Unzucht, ja „Mord und Todſchlag nehmen auf eine
Schrecken erregende Weiſe überhand. Gin gottlos Welen, wie
in Sodom und Gomorrha” reißt ein, wie der Untervogt im
Senmer 1577 klagt. Der Senat jammert, baß „tes C. Puckers
Hure wieder angelommen und zu beforgen ſei, daß fie wieder
profticire”. Wald treiben bie Studenten in Faſtnachtstracht Un⸗
fug,, bald gehen fie im Hembe durch die Straßen. Einem Hafı
nergefellen wirb der Daumen aus ber Hand gehauen (1576);
ein Nniverfitätsverwandter wird ermarbet gefunden (Jul. 1578),
Mantel, But und Dot liegt bei dem Leihnam, und body ent:
deckt man ben Thaͤter nichts ein tübinger Bürgersfohn wird
von einem Gadyfen bei einer Sochzeit
Daß dies fo Leicht gefchehen Eonnte, begreift ſichz denn „die
studiosi fommen wie bie milites mit ihren Brarfpießen zu
Tiſche, bie fie immer unter dem Arm tragen, wie wenn fie
dreinfchlagen müßten‘. Dabei tranken fie entfeglich. Dex Witwe
Megelin wird bas Kofthalten gänzlich verboten, weil fie ein
Trinkgelage geftattet hatte, bei welchem 16 Gäfte 50 Maß
Wein getrunken, unb bei bem man den M. Konigſpach auf
dem Scieblarren heimführen mußte. Seine Kameraden aber
ſchuͤtteten iym unterwegs noch Wein ein (1534). Solche Schmäufe
hießen Kränglein. &ie werben ftreng- verboten. Die Studen⸗
ten entſchaͤdigen fih durch Zrinfgelage in Derendingen unb
Rottenburg, wo fie fi mit Katholiken und Pfaffen prügeln. —
Stud. Hügel fticht einen Andern fo, „baß bie Gebärm bie auf
ben Boden bangen” (1586). Jörg von Ehningen ift bie „P®-
stis studiosorum”. Trotz ber vielen Carcerſtrafen ift der Pedell
mit „feinem Basen Lochgeld’’, bei dem es die Herren vom Ges
nat bewenben laffen, nicht zufrieben., Einmal paſſirt es ihm
gar ſelbſt, daß er wegen Nachlaͤſſigkeit bei einem großen Studen⸗
tenaufruhr (1583) auf zweimal 24 Stunden ins Garcer Ecmmt.
Große Sorge macht dem Senat auch das Läfterliche Flu⸗
chen und andres ruchloſe Weſen ber Studenten. Abraham
Wolfskehl von Speier wird vom Hector ins Garcer gelegt,,
weil er um Mitternaht auf der Straße greulich Gott geläftert,
ald nämlich „hundert taufend Donner: Sacrament” und „das
Feuer foll vom Himmel fallen”. Zwei Studenten, melde (1587)
erfjlagen (Dec. 1579).
das Iractätlein vom Fauſt (eine Komäbie) gemadt, werden
auch ins Garcer geworfen. Vier antere trinken in des Henkers
Haus 22 Maß Wein, begehren fein Schwert zu (eben and eis
nen Strick von ihm zu erhalten. Sie werden, „weil ſie greu⸗
lich belinquirt‘, auf einige Wochen ins Carcer gelegt. Im Sen:
‚nee 1594 wagen es gar bie „Herren Grafen und Freiherren“,
bei Nacht Schlitten zu fahren, „res nova, nec sine periculo”.
Der Stud. —* iſt ‚„acorrigibilis”, bat auf dem Tanz⸗
hauſe Haͤndel ange angen und iſt die Treppe hinabgeworfen wor⸗
ben. „Auch babe er einen ungewöhnlich böſen Fluch gethan:
Stern e Sacrammt”. Ein Studioſus, Ramens Leipziger, vers
ſchreibt ſich, weil er 200 1. Schulden hat, gar dem Teufel;
bei ber Unterſuchung erftärt er: „er habe e8 nur auf 2 Zahre
mit bem Zeufel treiben wollen, und wäre er geflorben in dieſer
Beit, fo hätte er vorher ihm abgefagt und ihm erflärt, ex babe
einen andern ‚Helfer, Jeſum.“ Aber der Zeufel hatte biefen
Leipziger bob am Kragen: im an. 1597 wird angezeigt, daß
ee in Wirthshäufern brei fülberne Becher und drei Löffel geftohlen.
Run wird peinlich gegen ihn verfahren.
Mitten unter biefen Greueln begegnen wie zur Erholun
auch einer ſentimentalen Liebesgeſchichte. Des berühmten Puh.
Martin Crufius Töchterlein, Theodora, bat eine ehrbare Lieb⸗
ſchaft mit M. Heder und verſpricht ihn die She. Der Vater
wit aber nichts von ber Heirath willen. Der Liebhaber wird
vom Senate vorgefodert und erfiärt: „bie Dirne babe ihn erft
bewegt und angefprocdhen, ihr bie Ehe zu verfprechen, und ihm
eins darauf unb baraus getrunken; woll fie aber sub conditione
verlaffen, daß ihm kein Rachtheil daraus entſtehe. Geb's ihre
aufs Gewiſſen.“ Theodora erklaͤrt: „Sie koͤnne ihn gar wohl
laſſen; wolle es aber nicht auf ihr Gewiſſen nehmen, ſondern
ihrem Vater folgen.“ (8. Sept. 1599.) ‚Aber am 12. Sept.
wird das Pärchen doch wieder unter ber Hausthäre ertappt.
Cruſius beharrt dei feiner Weigerung.
Das Iente Factum, mit welchem bie Schrift ſchließt, iſt
ber Amazonenftreih eines Maͤdchens, bie, von ihrem Freunde
Eellius verleitet, einem Studenten, auf ben er eiferfüchtig war,
ein Mefler in ben Hals flicht. Gellins, der fich geflüchtet bat,
wird relegirt.
Der Sammler wendet fi) von ben „keineswegs immer ſehr
tobensiwertben Sitten einer Längft entſchwundenen Zeit” zum
Lobe der Gegenwart, wozu er als Verkuͤndiger des Eöniglichen
Geburtöfees gerufen war. 168.
—
392
J wollten, gu Umitken, fonbefti fi zur Wortiefung der
—Zur Geſchichte Polend.
Die Berhandlungen des polnifchen Reichſtages, von dem Tage
ber Beſtuͤrmung Warſchaus bis zu feiner legten Sitzung⸗
Aus den ungedrudten polnifhen Protokollen überfegt un
als em authentifher Weitrag zur Zeitgeſchichte mitgetheilt.-
Gtattgart, Gotta. 1832. Gr. 8. 18 Gr.
Ein intereffanter Beitrag zur neuern polnifchen Geſchichte,
der das bis auf ben lepten Augenblick würbige Benehmen der
Vertreter des durd die ſchaͤndliche Selbſtſucht Krulewiedi’s
verrathenen polnifchen Volkes in das Heufte Licht Het.
Voran geht eine Darfleilung bes Benehmens Krufowiedi'ä,
vorzüglich gegen ben Marfchau der Eanbbotenfammer, Wladis⸗
laus Oftroweli, gegen ben Jener bei ben leuten Unterhanblunes
gen mit dem ruſſiſchen General Berg deswegen fo wütend war,
weit alle feine felbftfückhtigen Bemühungen an deffen Patriotiss
mus ſcheiterten. Godann folgen bie Reicdystagepretofolle vom
—* in Warſchau. Fruͤh 10 Uhr machte General Prond⸗
4
I, Pläglihen Bericht von dem Zuſtande des polnifhen Verthei⸗
Vigungsmittel, daß ſchon im Reichetage die Anſicht laut wurde,
die Stabt capituiren zu laffen und durch Verlaſſen derſelben
die Ehre des Reichtags zu reiten. Da fi aber vorzäglich bie
Landboten Szaniedi, Niemojowsli, Swirski und Kochanoweli
gegen jene Maßregel als des Reichſtags unwuͤrdig erfiärten,
entfernte ſich Prondzinski, und die Landboten, ermuthigt durch
Roman Soltyk, der aus den Verſchanzungen gute Nachrichten
brachte, beſchloſſen Proclamationen an Heer und Volk abzu⸗
faſſen. In der Nachmittags 4 Uhr erneuerten Sitzung ſandte
Krukowiecki feine Dimiffion ein, ließ fie aber unbemerkt wieder
gurücnchnien und wurde auf einen erneuerten Klagbericht Pronds
zinsti's zur Ginleitung von Unterhandlungen befugt erklärt.
Endlich nach 10 Uhr durch Malachoweki von Krukowiecki's fei⸗
gem und ſchaͤndlichem Misbrauch jener Ermaͤchtigung benachrich⸗
tigt, trug ber Marſchall Oſtrowski auf ſeine Abſetzung und
— Niemojoweli's Ernennung zum Regierungspräfl-
n an.
In JFolge ber durch Krukowiecki herbeigeführten, zwiſchen
Malachoweti und General Berg abgefhhloffenen Militairconnen:
‚sion verließen die Reichstagsmitglieder mit bem Heere die den
‚Ruffen übergebene Hauptſtadt und verfammelten fi den 11.
12., 14. und 19 September in Zakroſzym bei Modlin in einem
Kapuzinerliofter. Krulowiedi’s Benehmen, der Wunſch, von
den neuen Miniftern Aufliärungen über die noch vorhandenen
"Hülfsgquellen der Nation zu erhalten, ber Beſchluß von bi:
plomatifhen Noten für die auswärtigen Höfe wit entfchiedener
DProteftation gegen Krulowiedi’s Verrath waren Dauptgegen:
Hände ber Didcuffion- der Reichetagsmitglieder, die auch in fols
em Unglücde noch groß genug badıten, ah ber Rettung bes
öterlandes nicht zu verzweifeln. Doch bie Bitte des Oberbes
fedlshabers ber Armee, Rybinsli, mit welchem General Berg aur
nach Entfernung bes Reichſstags unterhandeln wollte, bewog
Oſtrowsti, Zafrofzyen zu verlaffen und nad Ploc zu geben.
Da während biefer Zeit die Rufien, burdy den Mebertritt des
Ramorino’fchen Corps aach Deftreich bewogen, die zeitherige Ba-
ſis des Unterhandlungen mit Rybinski aufgegeben und völlige Uns '
terwerfung verlangt ‚hatten, worüber bie von Ref. früher an⸗
"gezeigten „Mewmoires ofücielles sur ia Pologne’‘' den beſten
"a Aluß geben, fo legte der Regierungspräfident Bonap. Nie:
mojowäli fein Amt nieter, um bem Reichötage in dieſer Gefahr
die Möglichkeit zu geben, bie ganze Militair⸗ und Givilgewalt
in Eines Hände zu legen. Died geſchah in der legzten Situng
ve Plod den 23. Gept., worauf Uminsi zum: Dbtefelb:
herrn erwählt und Niemojowski wieder zum Regierungspräfiden-
ten ernannt wurde, ba: Uminski die Civilgewalt ablehnte.
Die Hoffnung, durch Uminski'g beabfichtigten Zug uͤber bie
Veichſel mit ind Krakauſche zu kommen, bewog endlich "wach '
Tangen Debatten die Reihstagsmitglieder, ſich nicht, wie Sinige
Redigtrt unser Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: J. X. Brodbaus im Beipzig.
durch die Einnahme Wolas aller, Faſſung beraubt, einen .
lungen ia die
den befannten
möglig war.
»
ft Kuatau zu dageden, was aber bei
ſpaͤter eingetretenen Ungluckefaͤllen vicn, mie
Das Gpechalgeriche, ober Frankreich im Jahre 1815,
Ein Roman von &.$. von Bilderbed. Zwei Theile,
Aachen, Mayer. 183%. 8. 3 Xhle,
Der Verf. hat einen fehr guten Romanſtoff ſehr mitteluke
Sig bearbeitet, wofern ihm hie Gefindung bes Stoffs Aberhnupt
zufommt, was und nach triftigen, aus Gtyi und Darſtelung
entiehuten Zweifeln zu verbürgen bebantlicdy ſcheint. Die inner
Verhättniffe Frankreichs vach den gweiten Befamsation, der ep
fene und heimliche Kampf ber Parteien unter einem liberalen
König und einem verfoigungsfücgtigen Hofe, bie Kühnheit des
Sieger, ide Troh gegen bie Gefege, und die Srfturrung, die
Neſignation, die Muchlofigkeis iprer Wegner, die ſich befiegt fab
ben, ber Verſuch anf dee einen Geise, das rollende Weltrad
rüdwärts zu ſchieben, und das entmuthigte Beſtreben auf ber
andern, ſich Liefer Bewegung entgegenzuftemmen, des Zuſam⸗
menbrach einer ganzen gefelfchaftligen Ordnung, und bie Mes
‚mühung, die neusalten Geſeze derfeiben wieder zur Geltung zu
bringen, vor allen Dingen aber der wiedererwachende Papismus
und die exceptionnellen Gerichte: au Dies erhebt üvisfe Pe⸗
riode ber neuern Geſchichte Frankreichs zu einem fo frugtbaren
Gedier des Romans, als der hiſtoriſche Romantiker nur immer
begehien Bann. Die Gtemente diefer Zeit find zu Darflelungen
diefes Art fo auffobernd, haß wir uns mit Recht wundern, ſie
von den franzoͤſiſchen Romanſchreibern nicht häufiger und mache
beffer benugt zu fehen. Bielleicht iſt die Grinnerung für fie u
bitter, als daß jie zu einem @egenfland der Kunſtbildung werben
tönntes um fo mehr Auffoderung hätten aber bie deutfchen Ro⸗
mandichter, fi dieſes Gegenſtandes zu bemächtigen, der fin fie
gerade in der rechten Rahe und vechten gerne Uegt, um des
Wirkung verfichert zu fein. Es wäre ein Stoff für Spindler.
Der Verf. des „Sprecialgericht” mag dies erkannt habens
aber ihm bat die Kraft gemangelt, den far überreichen Stoff
känftlerifch zu geflalien. Was er uns ia fo außerorventlichen
Zeiten zeigt, find gewöhnliche und verbrauchte Romanverhättniffe
und Charaoktere: Tümpfende Liebe, verfolgte Unſchuid, bie nicht
einmal fo ganz unfduldig ift, Kerter, Urtheilsſpruch uw. dgl.
Wenige und nur Äußerft ſchwache Berſuche, uns die Denkweiſe
der Parteien und. Glaffen, die Höhen und die Ziefen der Geſell⸗
ſchaft, die Wahrheit und das Hecht in jeder der kriegführenden
Meinungen, Zielpunfte und Beflrebungen der eınzeinen ſtreiten⸗
ben Haufen zu zeigen, kurz, ein Bild der Zeit und ihrer ſittli⸗
Gen Geftalt zu entwerfen, werden gemadt; der Verf. begnägt
fih mit den Details des Romane, mit der Liebes: und Leidens
.gefchidgte feines Heiden, ohne dem höher liegenden Ziel des Sit⸗
tenmalerd, des Dichters, der, indem er ergögt, zupleich uniess
richtet ,. nachguftreden.. Statt daher ein Werk zu liefern, am
dem ſich ein gebiideter und gefczmadootier Leſer erfreuen fünner,
hat er germöhnlihes Fatter für den Eefeheißgunger gehefrt, und
Die Leihbibliotheken find es, für bie er gefchrieden bat.
Untere fotchen Umftänden haben d. WI. keinen Anlaß, m
eine nähere Anaiyfe feines Romans einzugehen, der ſich fein
Eefepublicum ſuchen mag. Wir feugam nicht, baf die Scenen,
wo Arfoıd vor feinen biulgierigen Richtern erfcheint, ein fo
tebhaftes Intereſſe erregen, als beſtrafter Leichtſiun aur immer
erregen kann; aber damit iſt auch Aues zum Lobe bes Buches
gefagt, was ſich ſagen laͤßt. Die Darſtellung ‚erhebt ſich nie
über das Triviale und Herkoͤmmliche, und der Styl mahnt alle
zuſehr un eine ungeſchickte Berdentſchung irgend eines frauzdfle
ſchen Drigiaals, als daß wir bie Theunahme der Leſer für dieſe
Eeiſtung aufrufen Könnten. 38
. Dlerzu Beilage Mr. %&
ö— — —
Beilage zu
ben Blättern für literariſche Unterhaltung.
Ba NR 16. Februar 1833.
- Antiken.
Unter dieſem Titel muß ich einige Bücher aufführen, bie
plöglich wie alte fteinerne Maffen unter bie lebendige Welt ges
Idobm werben. Bie gehösen einer lange vergangenen trauris
ge Zeit an und riechen nach Moder und Gruft, als ob fie in
Raͤbe der Todten gefegen. Es iſt wirklich bewunbernewerth,
vis zu welcher Hartnaͤckigkeit der Starrſinn alter Leute ſich flei⸗
Sera kann; denn alt müͤſſen namentlich die Verf. der beiden
Faerſt zu nennenden Buͤcher ſein; wie bie weinenden Kinder ers
wibern fie auf ale Ermahnung und Belehrung: ich will aber
nicht. Es kommt mid ein Grauen an, wenn ich die Büder
wieder öffnen foll; ich meine, fie find aus ber Santa casa ents
nommen, es ift ein erſchreckliches Maß yon Unmenfchlichkeit, von
Imwmoralitaͤt, von Geiſtesſchwaͤche darin, obgleich bie. Hahne der
Meorarttät in fhreienden Karben auf.ben Waften biefer Trans⸗
ʒortgine nah Botanpbap weht.
r
Binke für Regenten und Fe welche berufen find, Geſetze zu
geben und zu vollziehen. Sulzbach, Seidel. 1832. 8. 8 Gr,
Der Dann nennt ſich einen „Freund gefeglicher Freiheit“.
Es fehauert den Befer, wenn er diefe Freundſchaft und diefe ge:
fegliche Freiheit näher Tennen lernt. Es if ein chriſtlicher —
mas man fo chriſtlich nennt — Drako biefer Herrs Strafe
tigung, Kopf herunter‘. wenn das Volk nur mu! Die
enſchen finb blos der Gefeke wegen ba, unb man muß eigent:
feelenvergnuͤgt fein, fobald man fein letztes Stündlein her⸗
annaden fieht, daß man biefen zweifchneibigen Schwertern ents
ronnen ſei. Das Leben wird eine fortlaufende Ang und Ges
ahr; bie Terroriſten in Frankreich waren Schulbuben gegen
iefen winfenden Herrn. Wenn bie Regenten diefen „Winken”‘
folgen, fo wird’$ etwas Reelles zu thun geben. Dieſer Herr
meint dem auf, das fei eine Kleinigkeit geweſen, dieſe ganzen
neuem Revolutionswirthſchaften wie die Kage im Gade zu em
ſticken; er hätte das ganze Bischen neue Zeit ins Hundeloch
eworfen ober in ben polnifchen. Vock gefperrt, und wir hätten
ie nie gefehen, Es ift entfeglich, der Herrgott ſelbſt — follt’
ich meinen — müffe ſich fürchten, wenn ex ſolch einen Gefaͤng⸗
et das Quentchen Erde, Menfchheit und Zeit bers
a icht. “
Bei Gelegenheit. des polniſchen Kampfes unb des Mitge⸗
fühle, was gr in Deutſchland erweckt, ift der Verf. mehre Zeilen
lang außer ſich, wie tief das Chriſtenihum in Deutſchland ges
funken ſei. Und das Alles hennt der Dann „Winte” — er if
ſchlinnner Uhland's ſchwarzer Kitter, ber im- Kleibe von Ei⸗
fen ſchauerliche Weifen tanzt; wenn er einmal mehr ſchreibt
ats „Winke”, datın Gnade uns Gott; er koͤnnte für Gefege und
Politit Das werben, was Spieß, Cramer und Bulpius in ih:
rer ſchauerlichſten, unterirdifhen Epoche für den Roman murs
ben. Der Himmel möge diefen grimmigen, abgefchiedenen Geiſt
derfäßnen! . nn
Rr..2. Der Kirchenſtaat, bibliſch prophetiſch begränbet in. Mom,
vonWilhelm vn Schüs. Leipzig, Rein. 1852; Gr. 8. tr.
Bon traut feinen eignen Augen nicht, - wenn" man ben
erften Gap lieſt, ber .alfo lautet: „Zu ſchoͤnen Heffnungm bes
xechtigt die Erfcheinung, wie von fo vielen @eiten her Man vers
fucht, nachzuweiſen, daß ber hriftliche Oberhirte in Rom ımmits
tyibar durch den Heiland feldft, Eraft auf und gelommener Worte⸗
bes Deren, in bie höcfle Vefugniß eingefeht worden, deren ei
Dienfch theilhaft werden kann Ich wandte haſtig um,. die
Sahredzapl zu luchen, denn ich glaubte yuveufichklic :am rinen
JZahrhundertirrthum; aber main fah wich die Sahreigaht:: 1848:
an. Und fo bringt un Hr. v. Schoͤt eine ſehr glänbige
a
=
Noͤtiz von Ihnen ntıhmt *), daß
1 Erfiärumgsweife der Worte Shriſti: „Weide meine Schafe“,
und der neue Hirtenbrief Gregor XVI. für bie Schafe Euro⸗
pas iſt Kleinigkeit gegen biefe Art von Glaubensanfoberung,
Das WBüdhlein fpinnt fi nun in Wehmuth, Rührung, Zertules -
fung und Jaͤmmeriichkeit weiter, und dee Hr. v. Schuͤt cm
klart weinend, baß er erſt fromm fei, ſeit er dumm geworden
denn „denkende Geiſter muͤffen fich endlich entſchließen, die
Selbſtvernichtung ihrer Vernunft in jener heiligen Aufopferung ’
u begehen.” „Es hilft Alles nichts, daß mic, bie geſchickten
eute verſpottet haben — fie haben mid; nicht zum en
gebracht, ich werde viel fiegreicher über das hochwichtige Thema
zum zweiten Male auftreten, denn es bat mich ein prieſteruh
gerechter Katholik bamit aufgerichtet, daß er mie geſagt, ich
bätte infusas Ideas!” ,
..&o lalit das Büchlein 38 Geiten lang, ih mag nicht
„confaB" ſJagen; es ergreiſt mid ein Mitleid mit dieſen zitterne
ben alten Dingen — abet bruden follte man fie nicht mehr.
Hr. 3. Mit ihrem Domenkranze kommt denn auch wieder
eine zweite Sammlung ber ‚Blätter aus Prevorſt. Sriginalien
und Leſefruͤchte für Freunde bes innern Lebens, mitgetheilt von
dem Derausgeber ber Seherin von Prevorſt.“ (Karlerude, Braun.
1832, 12, 16 Gr.) Gie beffagen Mh, daS die Kritik fo wenig
‚man ſich ungebuͤbrlich viel mit
Äufßerer Freiheit beſchaftigt und ihre innere daruͤber zu Grunde
richte; Eſchenmayer mältraitirt "einen gewandten Geiſt weiter,
er T6ßt ihn die Engel und den Batan ſchauen; Juſtinug Kern
erhält Briefe, die außer fi find, daß die Miet ihre Herr *
keiten noch immer nicht giauben wolle, und ſchuͤttelt wien ne and
Menge Wundergeſchichten aus ber Taſche. Er if wie bilig
äuferft entrüftet hber einen Sec. im „Hermes, der ibm einx
ſchreckliche Geſchichte von einem tobten Yerummanbeinben Rod
Gürpi zu Dülfe gibt, wern fm etwa.der Ctoff ausgingt, un
bedauert hriftlich die arme Siele des frivolen ecenfenten. :
hätte ſich ader doch lieber bebenken fellen; denn der Geoff ae
den Leuten doch am Ende wirklich aus: einen großen ae
ſes Wüchleins Fällt bereitd ein 1725 erſchienenes Geſchwaͤtz üben
ben Hades.
Se ie fich min aber einmal dies Weib gedffnet, fo if kein
Ableben dieſes Dings: wenn fie nun erſt bie ganzen Moͤnchs
eſchichten und höher hinauf diefe und jene Racht ber Baer
Fefämerbe diefe® und . — drucken laſſen werden,
dann wird bie Freude 8 n. .
Es ift ER gar nicht leicht, Über biefe- ganze —“
etwas Genuͤgendes zu fagen. Wer möchte ſich vermeſſen, die
Grenzen des Diesfeits und Jenſeits. genau abzuſtecken, wer
möchte beftimmen, wie weit das Rervenſyſtem in aͤberreizter
Stimmung gehen Fhnne? Die Theologen befehlen, bie Poilofe,
phen bemweifen, bie Myſtiker ahnen, fühlen und ſchauen, vr
unter biefer irdiſchen Dede ruhen fol; fagt man: Ihr ha
Unrecht, die Sache fo und fo darzuſtellen, fe ——
denſelben Fehler, denn wer das unrecht kennt, will auch
Recht kennen; ſagt manı Es iſt untzios, Dingen —5 vu
außer unſerer Fahigkeit liegen, fo heißt das ber philofopt fen
tuansſtendenten Opeculation bad Terrqin vbſchneiden und Bruch
land fleinigt den Frevler. Gitirt mam den „Bauft’: „UN >
wir halt ‚nichts wiffen können”, fo rümpfen fie uͤder den pro
fanen Skeptiker bie Nafe und meinen, fie haben nad un
Kauft das Nöthige erfahren. Die flarren Yormph:tefophen wie
die Begelianer mit dem gefundenen Abfotuten treiben es ja doch
nur auf eine andere’ Weiſe: fie haden in auch das Roͤthige entdeckt
9) Mrehoden Abet dle erſte Samuatang in Br. ia t. —F 180g
beckhtet. - D. Med.
191
dlele debentſane nzeheiten, und .biefe nd durch bie Lelden⸗
* ® - . 1
ein mitleldig über bie blöde Welt, bie noch mit leeren
a nt 334 nur eine andere romanhaftere Kichtung
der dreift beweifenden und fingivenden Specutation, und ſpielte
fie nicht fo ſtark in den Kinderglauben hinein, fi würde leicht zu
Anfchen kommen; hätte fie ein anderes Höherts Prindip als das
zeratete dogmatiſch chriſtliche, wodurch fie ihre Jugend alt
macht und ſich in die Antiken reiht, kriebe fd die "alte Biſtons⸗
son:h ein wenig mäßiger und moderner, fie wuͤrde viel mehr
ck machen.
a an? kann ihr. nichts Beſſeres zu hören geben, als
“ Wolfgang Menzel gethan: ihre Bilder feien ja doch nichts und
Cönuten nichts Anderes fein als Reflere ober Ergebniſſe biefer
-isdifchen Thaͤtigkeit. Das rebucixt den Gewinn dieſes Schauend
aur den richtigen Yunlt. Unb nun laffen wir fle in ipren neu
* erfunden Bauberfpiegel guten, fo lange fie wollen, und foba.d
ie in die biesfeitigen Th I dene fin
wit ihrer gemweihten Hand ftörend eingreifen wollen, fo weiße
man fie als fiörende Phantaſten zurüd. Man gewähre ihnen bie
inmere Freiheit, die Jeder in Anfprud nehmen kann, aber feßle
bie von Nervenzuckungen bebenden Hände, fobald fie mit belieb—
ter frommer Dreiftigteit Das antaften wollen, was im Kreife
unferer irbifchen Thaͤtigkeit liegt.
Diefen drei ehrwürbigen Werken glaube ich am paflenbßen
gen? IJ
Rn —X aus und nach Abbera uͤber des Raturforſchers De⸗
mokritos angebliche Verruͤcktheit, gegen. die Veraͤchter und
Spoͤtter dee Speculation. Freie Ueberfegung aus bem Grie⸗
dqiſchen. Sulzdach, Seibel 1882. 8. 4 Gr.
: Das Buͤchlein entpält zwas nur 82 Geiten, aber ben Grund
feiner Eriſtenz wird die Seidel ſche Buchhandlung ſchwerlich ger
nägend angehen koͤnnen. Eo iſt ein vollkommen unintereſſantet
Blaͤtt, was auf dem abristifchen Meere heraufgeſchwommen, zu
Trieſt aus Pietät herautgeſiſcht, getrecknet, zu Sulzbach gläur
Big gedrudt iR. Die Abderiten glauben nämlich, Demokritos
fei verrät, weil er fpecutives deshalb laffen fie ben Hippokra⸗
tes holen, der ihnen denn ſagt, Demotrit fei geſchickter denn
fie Darüber gehen dann einige Briefe hin und her, und bamit
meint der ieberfeger den Keinden ber Gpeculation etwas ange:
than zu heben. Man muß geftehen, daß die Waffe fo groß und
lang ift, daß fie kein Menſch zegieren kann. In brei Worte
efaßt, Tonnte fie wenigftens eine Pritſche fein. Daß alte, vers
Fersen Leute die Meberfegung- folder Dinge für nüglich gefun⸗
n haben, bezweifte ich gar nicht; bean «6 gibt heut noch fo
alte Philologen, die da rufen würden, es fei der Welt groß
beit widerfagren, wenn fih ein Büchlein zum Beberfegen vors
ände, in weichem flänbe, wie fich ein Athener heute Abend um
und morgen Abend um 6 Uhr befunden, ob er Kopfſchmerʒ
oder keinen gehabt habe. Ich geſtehe aber, daß ich anfangs
eine viel feindlichere Abſicht, als eine Vertheidigung ber Specu⸗
Lotion iſt, mehe Hinterlift bei biefem Büchlein gefucht habe;
die gar zu große Simplicitaͤt machte mich irre, und je workihtis
ger und aufmerffamer ich Schritt für Schritt ging, um nicht
piöglih im Rüden ausgelacht zu werben, deſto Yerbrießlicher
war ich hinterher, daß ich mich felbft angeführt. Zu alledem
raucht man aber fein Feind ber Speculation zu fein. 118.
Geſchichte ber deutſchen Reformation, von Philipp Mar:
heineke. Zwelte verbefferte und vermehrte Auflage.
"Drei Theile. Berlin, Dunder und Humblot. 1831.
8 4 Ihe. 12 Sr.
Die durch Luther bewirkte Kirchenverbefferung iſt eine in
das Sechickſal und die Verhaͤltniſſe bed deutſchen Volkes fo tief
eingreifende Begebenheit, ‚baß bie Geſchichte derſelben den Haupt⸗
ꝓuutten nach feinem gebildeten Deutſchen, er. gehöre übrigens |
gu ihren Anhängern oder Gegnern, unbefannt fein barf. Gleich:
gleiten, zu denen wir deſtimmt find,
d 4
ſchaftlichkeit der Geſchichtſchreiber zum Theil fo entfteilt, daß
nur ein genauet Studium dei Quellen, die freilich im Uebere
fluß vorhanden, ‚eben deshalb aber auch ſchwer zu erſchopfen
find, dazu gehört, um biefe große Begebenheit mit ihren Urſa⸗
hen und Wirkungen nad allen ihren Richtungen ‚Elgr zu über
ſchauen. Die Geſchichte der deutſchen Reformation ift fo oft
und fo verſchiedenartig arbeitet worden, daß es fcheinen koͤnnte,
als ſei bereits für das Bebuͤrfniß aller Claſfen von Leſern bins
reichend geforgt. Wenn aber bennoch ein fo berühmter Gottes»
gelehrtev als Hr. M. eine neue Bearbeitung berfelben unternome
men hat, wmb wenn das von ihm herausgegebene und mit ent
ſchiedenem Beifall aufgenommene Werk binnen kurzer Zeit ik
Buchhandel vergriffen worden ift, fo LABE ſich daraus en —
daß er dem doͤchſt wichtigen, aber auch allgemein bekanuten un
ziemlich erſchoͤpften Gegenſtande einen neuen Gefichtöpuntg ab⸗
gewonnen haben müfle, von welchem aus neues Licht über jene
wichtige Begebenheit verbreitet wird. Und das ift denn auch in
der That der Ball. Der Berf. ift nämlich der Meinung,’ daß,
um jene großen Begebenheiten richtig aufzufaffen und ei Ph
seines Wild davon zu erhalten, ber Geſchichtſchreiber fi auf
den Standpunkt jener Zeit ſelbſt erheben und bie darin Bandelnd
auftretenden Zeitgenoflen ’fonde bie biftorifchen Documente ſelbft
reden laffen müfle. Dem gemäß bat er nicht nur aus dei
Quellen pie geſchoͤpft, fondern dieſe in ihrer. Urſpruͤnglichkeit
und im Weſentlichen umorränbert im bie Erzählung aufgenoms
men. Es ift dadurch gleihfam ein mufivifches Gemälde ent⸗
fanden, weiches eine ſichere, zuderläffige und ungetrübte Ane
fhauung des großen Werkes der Kirchenverbeſſerung und bex
Begebenheiten und Gefinnungen jener Zeit gibt. Die Aufgabe,
bie ſich Hr. M. geſetzt, iſt eine der ſchwierigſten; "denn zu übe
rer grädlichen Loͤſung gebe nice nur eine umfaffende Kennb⸗
niß der unzähligen in dem Zeifalter ber Reformation erſchiene⸗
nen Gtreitichriften, fondern auch ein fiherer, geübter Bid und
ein durch vielfeitiges Wiffen gebftbeter Gefhmad, um aus dem
ımermeßlichen Vorrath die richtige Auswahl zu treffen, ber uns
fäglihen Mühe, aus dem überfhmwenglichen Wortſchwall die ge⸗
eigneten Gtellen aufzuſuchen und paffenb aneinanderzureiben,
nicht zu gebenten. 2. M. hat unferer Anſicht nach dieſe Auf
gabe auf das gluͤcklichſte geldft und zur Literatur der deutfchen
Kirchengeſchichte ein Hauptwerk, geliefert, weldes fo hbefriebis
gend für den gelehrten Kenner als anſprechend für Lefer aller
Elaffen, die ſich eine genauere Kenntniß von dem hochwichtigen
Gegenſtande anzueignen wünfchen, fein wird, Gr ift bei Abfafe
fung des Werkes von bem Grundfag ausgegangen, ſich mit eis”
genen Betrachtungen und Urtheilen fo wenig als möglich in den
Gang ber Begebenpeiten ſelbſt einzumiſchen; doch ift er dadurch
keineswegs in ben Kalten farbentofen Indifferentismus gefallen,
welcher ‚den Lefer ohne Theilnahme läßt, indem dr ihm nur
ſchwankende formlofe Umriffe zeigt; vielmehr Hält er es fün
die Pflicht bes Darſtellers, ſich lebendig in die Zeit feiner Ge.
fhichte zu _verfegen und ein ungetheiltes Intereſſe baran zu
nehmen. Das thut es benn audy reblich und zeigt fi als ein
aufrichtiger Freund ber Reformation, ber ihren unausfprechlichen
Segen richtig zu fhägen weiß imd ſich beffen freut, body ohne
deshalb ungerecht gegen ihre Wiberfadher zu werben. - Die Dice
tion iſt dem GBegenftande angemeffen, Mar, concit und ebel ges
halten, mitunter etwas an das Alterthümliche fireifenb, um in
oͤckſicht ber aus Altern Schriften wörtlidj aufgenommenen Ause
zuͤge die Gleichfoͤrmigkeit bes Styls herzuftellen, doch if babei
jebe unnöge Atterthuͤmelei forgfältig verinfeden. Wie groß auch
bie Berfuchung if, einige der gelungenften: Stellen als Proben
der Darfellungstveife des würdigen Werf. mitzuteilen, fo wi⸗
berfichen wir ihr doch, um ben nöthigen Raum zur Mittheilung,
einee bebeutfamen Aeußerumg beffelben über die künftige Geftatt
der deutfchen Kirche zu gewinnen, bie als ein Dom einem com⸗
pebenten Beuttheiter dieſer Angelegenheit zu vechten Beit geſpro⸗
henes Wort ſicher viel zur Beruhigung ber Gemuͤther deitragen
wol hat dieſe wichtigſte aller Erſcheiungen der neuern Zeit fo |, wird und ner von den Dunkelmäenern, die gern aufs Reue bie
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Seiſter in Seffeln ſchlagen möchten, misbentet werden kann. Er
ſagt &. xıx fg. in der Vorrede:
⸗Was auf Kine Berbefferung ber . gemeinfamen deutſchen
Kicche eine gute Ausficht gibt, iſt befonders Dies, daß gegen:
waͤrtig, nad) Auftöfung aller Bande des mweftfälifchen Friedens,
bereits eine ſolche Diffolution aller Öffentlihen Verhäftniffe ber
Kirche, ſowol proteftautifchere ale römifcherfeits in Deutſch⸗
land vorhanden ift, daß man aus folder chaotifcher Verwirrung
felbſt Schon eine ſchoͤnere Zeit nicht undeutlich hervortreten fieht.
Es laͤßt fid) nicht wohl verkennen, daß felbft an der gegenwär⸗
tig hetrſchenden potitifchen Indifferenz gegen jede Glaubensform
in ber That nicht Nos Indifferentismus, ſondern auch die Ueher⸗
gugung von den gegenfeltigen Gebrechen und Mängeln aller
hren Antheil hat. Und fd verderblich auch jener Grunbfag für
den Augenblid auf das innere Leben der Staaten zuruͤckwirkt,
L ann er doch für die Zufunft von ken erſtaunlichſten und ers
reuficäften Kolgen werden. Man muß ed ruhig abwarten, wie
fih vie Politik mit ber Öffentlichen Religion auseinanderfegt,
und wie lange es gehen wird, die Kirche "ganz aus dem Spiel
zu laffen. Das kann die Meinung unmöglich fein, wie, Einige
ſich ſchon ſchmeicheln/ daß "irgend eine einfeitige Form nun bie
anbere mit Allen,. mas fie Herrlihes bat, allmälig verdraͤngen
unh wur ſich ag derſelben Stelle fegen folle. Auch ſchonen follte
man billig der Nebergeugung Derer, bie ſich in den neuen Grund⸗
ſag nicht fo gefhwind finden. Eönhen, weil fie freilich nur allzu
gut fehen, auf weldger Seite vor der Hahd der offenbäre Ge:
winn, auf welcher ber unfehibare Verluſt fein werde. Doch aber -
ſich freuen und Helfen muß man veblih, wenn man, wie ſich's
immer beutlicher entwidelt, bemerkt, bag von biefem Punkte
ans bie Zeit fh den Durchgang brechen will zu einem höhern
und urmfoflendern Leben im Chriſtenthum. Es iſt unleugbäar,
Laß Deutſchtand war, unb eins und groß, bevor ber hartnädige
Kampf gegen bie Kreigeit des Glaubens und Evangeliums eis
nen Religions » und werfälifchen Frieden nöthig machte. Seht,
ba wir von biefem auch ben letten Buchſtaben erlofchen fehen, ;
iſt wahrlich ſchon ein anfehnlicher Schritt gethan zu künftiger
neuer Geftaltung bes kirchlichen Lebens und zu einer Reformas
tion, ohne die man freifich nicht ablommen wird, deren Gang
und Richtung ſich ſchon jope höchft wahrſcheinlich bezeichnen laͤßt,
Lie auch unftreitig, ohne viel Auffehens zu machen, mehr inner
lich als Außeslich erfolgen wird, wozu aber unverfennbar Thon
Jegt bie weſentlichſten EClemente und nicht undentliche Zeichen
in der proteſtantiſchen fowol ats roͤmiſchen Kirche Deutfchlands
vorhanden find. Es laͤßt fi ſchon ohne große divinatoriſche
Kraft mit Zuverficht Behaupten, daß biefes Jahrhundert nicht
verlaufen wird, ohne daß ein zweiter Luther erſtehe, der, obwol
in anderer Art, body für feine Zeit werde, was der Erſtere für
bie feinige war, der, mit hohen und ausgezeichneten Gedanken
und Baden von Gott gerüftet, mit großen und heilen Blicken’
ofebendb von allen unweſcutlichen Dingen, aber dagegen
nit tiefer Erkenntniß des wahren Schadens, obne alle Anlage
ger Hierarchie und Pfafferei, deren Zeit für immer vorüber,
und vor ber fich auch jedt wirklich nur Kinder fürchten, viels
zeicht nicht einmal dem geiftlichen Stande angehdrend, aber ohne
Menſchenfurcht, erhaben und kuͤhn, fein Leben dem heiligen
Dienfte der Wahrheit und bes Chriſtenthums opfert, ber bie
lien Staaten mit ben inneren zeligibfen Reben, ohne wel:
fie doch nur leere und hohle Jormen find, new und Innig
wieder verbinden wird, und der dann dud bie getrennten Kir⸗
chen uf die Art wieber vereinigt, wie fie allein geeinigt fein
önnen und follen, und zwar durch ebenbaffelbe Maß eines
sunerfhöpftichen, Herzerhebenden und echtchriſtlichen Glaubens, als
der war, von welchen die Trennung vor nun drei Jahrhun⸗
derten die ganz unbegbfichtigte und auch von allen Redlichen
dazumal fhon tief beflagte Holge war. Denn was die Mens
ſchen trennt, if allein das Menſchliche; bas Göttliche, vereinigt
fie immerdar. Wie aber fo etwas zugleich nie das Werk eines
Gingigen war, fo gehört auch dazu noch eine etwas andere Reit
als die gegenwärtige, und muß ſich dazu befonhex& (wozu es
auch Bott fei Danl einen guten Aafcheln hat) bie Zahl Br
Geiftligen noch —* vermehren, bie in einer ae
ie chriſtlichen Ueberzeugung leben, die, durch bie Kiffen
ſchaft befeftigt im Glauben, nicht jebem Winde ber Lehre nude
hängen, oder gar noch kraͤnkein an den Rachwehes eines: glaws
benslofen und jammervollen Zeit. Denn wenn nun der einzige
und ewige Erldſer von Neuem zu uns kommt (er kommt aber
allein im Glauben), fo brauden wir auch keinen Luther mehr,
der als ein fündiger Menfh doc nur auf ihn hinweifen, uns
nur zu ihm zurüdführen konnte und wollte. Bis bahim.abes
muß vornehmlidy das Bewußtſein ber religiöfen Geſchichte une
fers Volkes im bitfem Immer lebendig erhalten werden, weil
ih nur baram anjchliegen Tann, was al& ein lebendiges
lied in bie. Zeit eintreten und wiederum aus. ihr heraus
Einfluß auf die Entwidelung bes religiäfen Geiftes der Nation
gewinnen fol.” .
Das Werk iſt in biefee neuen. und verbefferten Auflage
mit bem dritten Theile dis zum Jahr 1540 fortgeführt; möchte
uns body ber Hr. Berk recht bald mit der Berndignung deffel⸗
ben erfreuen. . gi‘
—8 * 2 v.
Itallenſſche Reiſe. Won Karl Frſedrich Schalten _
Zweiter Band. Auch unter dem Titel: Natur, Volks
leben, Kunft und Alterthum in Stalin. As neueftes
. allgemeines Handbuch für Reifende. Leipzig, Hartmann,
4832. Gr. 8, Preis für beide Bände 3 Thlr. 8 Gr.
Der erftt Band diefer neuew Reifebefchreibung von Italien,
welche unter dem gelehrten Sefihtspunkte bie Xufmerkfamleit
bed Ardyäologen und des Kunftfreundes verdient, if in d. BL.
nad) Verdienſt gewuͤrdigt und empfohlen worden. ) Wir ermaw-
teten den Verf. in Kom, um unfer Urtbeil über ihn und fein
Merk feflzuftellen. Der zweite Band, blos mit dieſer Gtabt
beſchaͤftigt, liefert nun das Waterial zw einem entfcheibenden
Ausſpruch. Rach ber Durkhficht diefer Bogen will es und je
doch fcheinen, daß der Verf., trefflich ald Sammler und Rad
weiſer Deffen, was über bie einzelnen archaͤologiſchen Streitpunkte
für und wider vorgetragen it, body besjenigen eignen Urtheils-
oder ber dazu befähigenden Forſchung entbehrt, die allein. zu bee
friedigenden Refultaten führen kann. Im Allgemeinen verläßt
er bie fireitigen Punkte, nach einem gründlichen und banfend»
werthen status causse, ben er davon gibt, in bemfelben Zu⸗
ftande dee Unentfchiedenheit, in dem er fie aufnahm. In ber
That iſt aber auch ein Aufenthalt von ein ober awei Monaten.
in Rom nicht geeignet, auf ben Standpunkt gu erheben, ben ein
Richter einnehmen ſoll; er. reicht faum aus, mit Dem bekannt
zu werben, was ſchon erforſcht, vorhanden, nachgemiefen und
vorgetragen worden iſt; wie viel minder aber, eine foldde Sach⸗
kunde zu erlangen, wie fie ein enticheibender Ausſpruch billigh
vorausfegen läͤßt. Wir fuchen alfo in biefem Werke giemlich
umfonft nach völlig befriedigenden Endurtheilen ober Refultaten,
eigner Forſchung; was e6 und bagegen gibt, iſt eine klare und
foßtiche Gegenüberftellung des Streitigen und des Grwiefenen,
und bed Für und Wider verfchiedener Meinungen über zwels
feipafte Yunkte ber Topographie, ber Archäologie und ber
Kunſtgeſchichte. Hin und wieder werben zwar eigne Urtheile,
ie z. B. über die fo flreitige Lage des Gapitoliums und ‚der
tr, angekündigt; fie lehnen ſich aber flets wieber an fremde.
Forſchungen und Urtheile an und find nicht mehr als ein logie
ſches Naifonnement über biefe. Die Kritil muß dadei aͤnerken⸗
nen, daß dem Berf. weber ber Blick fehlt, welcher das Falſche
‚vom Wahren fondert, noch daß ihm irgend etwas entgangen
fei, was auf das Urtheil darüber weſentlich einfließts allein im -
voͤllig felbftändiger Ermittelung bes Thatbeſtandes fehlt «ö ihm
näindeftens, wen nicht‘ an Willen, doch an Zeit. Geloͤrdert if
9 Bol, Nr. 9 5.BL f. 1831. ' D. Red.
⸗
der Suftanb bey amäelogifchen Wallenkhaft ober der ber vb:
wilden Topographie durch dies Buch Wehr, aber es ſtellt den
Kunſtfreund auf den richtigen Standpunkt, um ein eignes Ur⸗
cheil zu finden,
- Rah dem großen topographiſchen Werke von Bunſen,
Platuer, Gerharb zc. bebarf es jedoch ſolcher Datenfammlungen,
wie die vorliegende, eigentlich gar nicht weiter, und wir hoffen,
daß dies das Iepte Werk fein werde, das ſich die bloße Samm⸗
dang von Urtheildmaterialien zum Biel ſetzt. Was hilft es auch,
das ſchon Borhandene immer von Neuem wieder roh zufammen:
eden? Die Zeit der Enburtheile iſt für bisfen Zweig ber
enfhaft gefommen, und worüber fich jegt zu keinem fichern
Befultate konnnen läßt, das wird aller Wahrſcheinlichkeit nad
für immer zweifelhaft bleiben. "&o müßten wir denn auch nicht,
was ber Werf. und völlig Neues lehrt, und was, wiewol zers
freut, ſich nicht anderswo ſchon vorfände. Er geht freilich etwas
geyaure zu Werke als 5. B. Kephalides; aber Für den großen
Haufen der Heifenden reicht biefer aus, und die Erwaͤhlten und
n, wo fle weitere Runde zu ſuchen haben.
Race aiht Berüdfiätet, ein kan, Dn 5 Aber made
ace st, an _
und wicht wohl nachzuholen iſt. *
Der Zahalt. dieſes Bandes bildet has alte und bas neue
Kom in willkuͤrlicher, ungeordneter und darum flörender Zuſam⸗
menftelung. Wir haben alle Achtung für Zagebücer; allein
Die chrouologiſche Drbnung in Werken wie bas des Verf. tangt
durchaus nicht und muß einer fächlichen binig nachſtehen. Wei
Roterfuchungen fo ernſter Art, wie fie der Verf. eingeht, iR «6
nur flörend, wenn er vom Gapitol zum &t.:Peter, vom Pans
theon irgend einer Gemaͤldegalerie uͤberſpringt. Gr ſcheint
es felbft gefühlt zu haben; denn bie erften Gapitel, welche bie
Topographie behandeln, find ohne Unterbrechung fortgeführt und
eefäyöpfend. Erſt fpäter tritt eine tagebuchartige Behandlung
Wer Segenftände ein, bie bei einem flüchtigen Reiſeberichte lodb⸗
Hd, bei einem Werk ernfter Wiffenfchaft aber an unrechter
Stelle if. Die Erfhöpfung des Materials wird bei folcher
Dehandlung von feibft ausgefchloffen. Am meiften vertieft ſich
ver Bert. in hiſtoriſche Unterfuhhungen über das Sapitol, dad
Serum, nebft feinen Reften, und den Tempel des Agrippa, das
Pantheon. Wir Iaffen biefen Abfchnitten gern Gerechtigkeit
wiberfoheen, wiewoi fie eben nichts Unbelanntes darbringen.
Zoega hat allerdings über die Lage bes capitelinifchen Tempels
Sendgreiflidh Unrecht, wenn er biefen aufden norböftlicyen Bipfel,
- We Berg aber auf ben fuͤbweſtlichen verſegt. Des Dionyſios
Erzaͤhlung (T, 82.) vom Einfali bes Herdonius madıt bie
Sache Mar: bie Sabiner, fagt er, feien Nachts die Tiber
Anabgefahren, bis dahin, wo fie den capitolinifchen Hügel faſt
berüprt; hier fein fie gelandet, durch das offene earmentalifche
Aor gebrungen, auf das Saplolium gezogen un) hernach
weiter auf bie Burg gerädt, die dieſem nahe liege: eine Dar⸗
Mellung, die deutlich erweiſt, daß der Tempti dem Fluſſe näher
lag als bie Burg, und daß Araceli nicht der Platz des Capito⸗
Hums fein Eönne, wohl aber der ber Burg. Hiernach iſt Beoga
wie Kephalides allerdings zu berichtigen. Die Saͤulen bes Ju-
ter tonans will ber Verf. der Sräcoftafis vindiciren; aber feine
führung ift nicht Mar; überhaupt fehlt dem Buche ein Plan
vom Forum, von bem bie Phantafle bes Leſers feite Anknuͤ⸗
pfangspunftehernehmen fonnte. Weber das Pantheon aber verlierf
ee ſich in ein Iuftiges aͤſthetiſches Argumentiren, das, weil es feften
Grundes entbehrt, uns mindeftens höchft unnäg duͤnkt. Gr will
bie Schoͤnheiten und die Mängel dieſes Baues aus den Gefegen
von ber Kugel herleiten. Wie nun, wenn der Erbauer an gar
Feine Auart dachte! Dergleihen Raifennements haben einen zu
eingefchräntten Werth, als baß für die Förderung der Wiffen-
fchaft etwas von ihnen zu erwarten wäre. Unſere Zeit neigt
fi) dem Praktifchhebeutenden zu, uͤberall, felbft in der ſtren⸗
vn Viſſenſchaſt und in gewiſſer Meife ſelbſt in bee Runfls
4.
Zu Auszügen für d. Bl. gibt dies Buch keinen Stoff bag,
ba es, mit beinahe ausfchließlicher Beſchraͤnkung auf bie archäo⸗
logiſchen Intereffen, die Theile feines Titels, weiche Raturs unb
Bolkseleben angeben, faft a übergeht. Bielleicht werben
diefe Lücken durch den dritten Band, Per uns verfprochtn wirb
und welcher auch bie Inhaltsanzeigen nachbringen foll, erfüllt,
und wir behalten uns daher vor, biefen mit Rüdblid auf das
Ganze des Werks zur Kenntniß unferer Eefer zu bringen. Was
den vortjegenden zweiten Band Insbefoubere betrifft, fo if ex
uns alt Quellene und Datenfanmiung achtbar und bedeutend
und wird als folcher dem Neifenden, der mit bem Zweck exnfteres
Studien Rom betritt, wohl zu empfeblen und von wefentlihem
Rügen fein, da feine Citaten zuvertäffig und die Wiſſenſchaft
des Ber. umfoffend genug if, um ben ganzen Vorrath des
Materials auf einmal zu überbliden, " 84.
Friedrich von Matthiſſon's literariſcher Nachlaß,
nebſt einer Auswahl von Briefen feiner. Freunde. Ein
Supplement zu allen Ausgaben feiner Schriften. Dritter
und vierter Band. Berlin, Mylius 1832. Br. 12.
Preis für alle 4 Bände 2 Thlr. 16 Gr. *)
Gin liebenswürbiger Mann muß der Berſtorbene geweſen
fein, da fo viele Menfchen an ihn ſchreiben unb Freundliches
Schreiben (ihrer ſind 77), oft blos, weil fie mit ihm zuſammen⸗
getroffen auf Reifen oder ia einmal befudht. Inzwiſchen was
der Mann, aud) Derausgeber einer Igrifhen Blumeniefe, und
dies gab mancherlei Berbindung. Daß biefe Wriefe und Brief⸗
hen wenig Merkwuͤrdiges enthalten, außer die Mamichfaltigkeit
bee Kreundfchaftsbezeigungen — und was fragt darnach ein
Lefepublicum? — warb ſchon bemerkt dei ber Anzeige von deu
erften beiden Bänden und ift noch weit mehr der Ball bei dem
vorliegenden. Aus einen Öffentlichen Anzeige Hat Ref. gefehen, daß
ber Derausgeber ſich gegen Friederike Brun rechtfertigt t
ohne Erlaubniß druden gu laſſen, usb fi darauf beruft, fie
feiber babe Briefe in den Drud gegeben, unb Matthiſſon Hade
vor feinem Tode neh
Herausgabe beftimmt.
finder ein, ſolches Supplement 'zu den Schriften wunderlich.
Laut einem ungerifhen Almanach (180%) if die poetiſche
Wohlgeordneter Ideenreichtdum. Feierlich hinſchwebender Eruſt.
CEdle, ſehr correete, ſanftfließende Sp
Hang: bed getraͤngten Versbaues. Hoͤchſt lebendige Anmuth im
Schilderungen, beſonders aͤußerer Gegenſtaͤnde.“ Man wchte
hiezufegen: die Glanzliebe des Geſchmacks geht manchmel
er in geſuchten Prunk, umb ber Ideenreichthum aͤußert fi
:wenigftens nicht durch Verſchwendung, fontern eher dutch ſpar⸗
fame Haushaltung, ober auch Dusch einen innern Dany, gera
drucken zu laſſen. Um aber doch etwas aus den Mricfen zu
erzählen, ſtehe Hier eine Nachricht vom Herzog Auguſt von
Gotha. Er hinterließ «ine ungeheure Schudanmaſſe, viele
Kunſtſammlungen, Seltenheiten und Kleinodien, allein über
500 Ringe Geine Witz⸗ und Wortſpiele ſollten geſammelt
werden. Eine literariſche Geſellſchaft, die ſich zu Altenburg im
obern Stock des geweſenen: Schloßwaſchhauſes perſammelte, bat
den Herzog um eine Inſchrift ihres Verſammlungsſaals.
a leichter⸗, fagte dieſer, „man ſetze unten mailen, oben
") Wel. Über die deiden erſten Binde Nena BL.ERM
D Reb..
Nebigirt unter Merantwortiichteit der MWerfagsbaublung: 8. I. Beodhaus in Leipzig.
ee a un . ,
Bıarter
für
literarifhe Unterhaltung.
Songtag,
en ten
Ein SHE auf Friedrich Murhard's politifch sliterarifche
Thaͤtigkeit im Jahre 1832.
Bmweiter und legter Artikel. *)
3. Die Volksfouverainstät im Gegenfag ber ſogenannten
gegitimität. Bon Friedrich Murhard. Kaſſel,
Bohne. 1832. 8, 1 Thlr. 21 Sr.
Das unbebingte koͤnigliche Veto, welches den Gegens
ſtand der ‚vochergegangenen Schrift ausmachte, und bie
Idee der ſogenannten Legitimitaͤt find zwei Hauptſtuͤten
des rein monarchiſchen Princips und verdanken auch der⸗
ſelben Quelle, dem Beſtreben, das Anfehen der oberſten
Staatsgewalt durch außergewöhnliche Attribute zu befeſti⸗
gen, ihren Urſprung. Zwiſchen beiden beſteht indeß der
bedeutſame Unterſchied, daß die Ider der Logitimitaͤt bei⸗
weitem unſchaͤdlicher und von weniger unmittelbar ein⸗
greifenden Folgen iſt als bie conſequent durchgefuͤhrte Lehre
von dem unbedingten koͤniglichen Veto, welche zu gaͤnzli⸗
der Eudirung des conflitutionnellen . Principe und zur
SHankhabung des Abfelutismus unter der Maske conſti⸗
tutionneler Formen nur zu leicht gemisbraucht werben
tom. Wir find deshalb auch beiweitem geneigter, bie
Lehre von ber Legitimitaͤt mit milbem Auge zu betrach⸗
ten, und werben Gelegenheit finden, unfere Anfichten von
den abweichenden bes Verf. im weitern Verlaufe der Bes
trachtung feiner Schrift auseinanderzufegen.
Zunaͤchſt wollen mir ben Leſer mit bem: weſentli⸗
den Inhalte derſelben bekannt machen Der erfle Ab⸗
ſchnitt (8.182) führt die Ucberfiheift: Begriffebeſtim⸗
mung und Rechtfertigung der dee und Theorie.” Was
ber Verf. in diefer Beziehung vorbringt, iſt wenig geord⸗
net umb beftcht mehr in Behauptungen als Beweiſen,
mehr in ben Aeußerungen anderer Staatsrechtsichrer. als.
in einer eignen felöfländigen Beweisfuͤhrung. Letztere fins
ben wir nur ©. 8 fg., wo es heißt:
Die hoͤchſte Gewalt im Staate Tann, barf, fell und muß
aerbings ‚ner .eine fein; aber. daraus folgt noch keineswegs,
daß fie nur bei Ginem, bei einer, phoſiſchen Perfon,. bei
einem einzelnen einzigen Menfcen fei. Die Ultramonars
chiſten begehen offenbar einen Trupſchluß, inbem fie auf bem
Grunde jenes politifchen Grundſatzes von der Einheit ber Sour
verainetät. bie Behauptung auffiellen, die Monarchie fei nicht‘
nur bie allein Haltbare, fondern auch bie beſte Berfaffung, Wäre
BER. 13 u. 14. d. RÊ. OD. Red.
ihre Staatsanſicht bie richtige, dann müßte bie reise abfolute
Monardie bie vollfommenfle Beherrſchungeform fein, ba fig
doc von der Erfahrung grade als eine ber verderblidzften nach⸗
gewieſen wird. Weberdies ift ein Staateweſen, wo Einer Alles
in Allem, der Staat. felber fein fol, wo .biefer Eine, als Bow .
yerain, allein Rechte hat, alle Uebzigen hingegen nur fo viel vom
Rechten, als jenes Gnade ihnen bewilligt, . gar nicht einmal
mit dem Begriffe eines Gemeinweſens, der doch dem Staate
wefenttich ift, vereindarlich. Man hat aldtann ein bloßes Herr⸗
fhaftöwefen, das wol für sin Staatsweſen ſich ausgeben mag, .
letzteres aber in.der That nicht iſt. Iſt die fonveraine Macht
bei einer Minorität In der Staatsgeſellſchaft, wie in ber reinem
Ariftofratie, dann tritt biefe Minorität ganz und gar an bie
Gtelle des Einherrſchers in ber Monarchie und bie Idee eines
Gemeinwefens geht wieberum verloren. Entweder muß man
alfo biefe Idee aufgeben, ober es bleibt nichts übrig, als in ber
Gefammtheit fämmtlicher Staufögenofien bie Duelle. und ben
Grund ber oberfien Machtvollkommenheit im politifchen Vereine
zu erfennen.
Was nun bie Ankündigung dieſer Quelle nad aus
ßenhin beteiffe, ſo ſieht dee Verf. diefe äußere Darfte
als das künftliche Drgan am, ‚welches aufgeſtellt wird
um dem natürlichen Drgan, das bie Geſammtheit ber
Staatögenoffen bildet, zum Ausdruck zu dienen. Das Ver⸗
haͤltniß der Geſammtheit zu dem aufgeſtellten kuͤnſtlichen
Organ betrachtet er wie das ber Repraͤſontirten zu dem
Repraͤſentanten, das des Mandanten zu ſeinen Mans
datarien.
Zu gleicher Zeit aber (fährt er S. 14 fort) führt. die Walls
macht zug. Ausübung der hoͤchſten Gewalt nach der Natur ihs
res Zwecks die Kolge mit fi, daß bie einzelnen lieber jener
Gelammtheit, als Einzelne, fih zu den von der Geſammtheit
bevollmädtigten Subjecten wie gehorchende gu gebieten»
den, wie Unterthanen zu ihrem Oberhaupte verhal⸗
ten... Als integrixendes lieb der Geſammtheit ift demnach je⸗
der Staatsgenoffe Theilhaber des urſpruͤnglichen Rechts ber
Souverainetaͤt, als der im Staate beſtellten ſouve⸗
rainen Gewalt unterworfenes Individumm hinge⸗
gen Unterthan. Als von ber Geſammtheit zur Ausübung
ber oberſten Gewalt beiegirte Perfonen find alle Subiecte,
fie mögen nun für die Geſetzgebung ober für die Ballzichung,
ernannt fein, Hepräfentanten und Mandatarien; als
Geſetzgeber oder Vollzieher dagegen find fie Theilhaberber
durch fie perfonificirten einen Staatsgewalt, welche durdy
den Willen zum Behufe ihrer: Ausübung in ihre Hände nieder»
gelegt if. Dieſes zweifache Verhältniß wirb Jedem klar wer⸗
ben, wenn er erxwaͤgt, daß jeder Mandant an- bie Haudlungen
feines Mandatars, wozu er ibn bevollmäctigt hat, gebunden.
Mfei, daB aber auch hinwiekerum jeder Mandatar als folcher
von feinem Mandanten abhängig ſei. Gelbft die erblichen
>
Machtinhaber — Erbmonarchen, Erbariſtokraten — fichen zu
Ihren Boͤlkern in keinem andern Berhättniffe. In der urfpräng-
lichen Beſtimmung ihres Erbrechts iR nämlich bie vorläufige
Wahl und Bevollmaͤchtigung derfelben von Geiten ber Geſammt⸗
beit ber Staatöglieder enthalten, fowie die Befugniß, an Les.
Bolles Statt bie ſoureraine Staatsgewalt auszuüben, ve
eingige Döert ber Bererbußg ausmacht. Auch fie mögen da
als Repräfentanten und? Mandatarien der Geſammt⸗
beit ber Gtaatöglieder in einer und ald Staatsohberhäups>
ter in ber andern Hinſicht betrachtet werden. Immer aber
bleibt die Geſammtheit der Gtaatöglieber die einzige Quelle,
aus welcher die Befugniß zur Ausübung bee Staatsgewalt bes
flimmten Subjecten zuftrömen Tann, fobaß allezeit bios eine
Bevollmaͤchtigung zur Ausübung ber Öffentlichen Gewalt Nas
mens ber Sefammtheit, nie aber von Geiten biefer eine Ber:
‚ Außerung ihres urfprünglidden Rechts flattfindet.
Der zweite Abfchnitt (S. 83— 190) iſt vorzugkweiſe
den Anfihten, Meinungen und Lehren anderer Staats:
gelehrten gewidmet und gibt uns, ſich bei der Darſtellung
an die Ordnung der Zeit haltend, in welcher die aufge:
führten Schriftftelier lebten, gleichſam einen kurzen, nicht
unintereffanten und lehrreichen Abriß ber Gefchichte der
wifienfhaftlihen Behandlung der fraglichen Lehre. Im
dritten Abfchnitte (5. 191— 256) ſucht der Verf. man:
cherlei Gründe zu befeitigen, welche von ben Gegnern der
Volksſouverainetaͤt gegem biefelbe vorgebracht find.
Der vierte Abfchnist (S. 257 — 336) gibt uns eine
Geſchichte der Geſetzgebung und Gtaatsprarie über da6
von ihm behandelte Capitel des Staatsrechts und fucht
endlich im fünften und legten Abfchnitte (S. 337 bie
Ende) feinet Schrift die Verträglichkeit des Dogmas auch
mit dem Weſen des erbmonarhifhen Syſtems nachzu⸗
weiſen. Er beruft fi) zu diefem Ende zunaͤchſt auf das
Zeugniß der Geſchichte, auf das Königehum bei den
Römern, bei melden er in der Berufung auf bie allge:
meine Volksverſammlung in letzter Inſtanz die Anerken⸗
nung bed Principe der Volksſouverainetaͤt ſindet. Dann
führt er bad -claffiiche Altertum am, weiches die unum:
fchränfte Monarchie mit einer von ber Volksgemeinde un⸗
abhängigen individuellen Souverainetät im Sinne der
Neuern nur als ungefeglihe barbarifche Regierung, als
Despotie kannte, und die alten Griechen, beiewelchen
der Titel Fürft oder König nie den Begriff von einer der
Perſon oder Samilie inwohnenden eigenthuͤmlichen Gewalt
enthielt; endlich die roͤmiſchen Kaifer, welche nichts weiter
abs oberfte Leiter einer Republik fein voollten und ihre
Autorität ale vom Volke delegirt betrachteten. Durch ihr
Beifpiel, wie das Friedrich des Großen, Sofeph II, Gu⸗
ftav III. und ſelbſt Katharina I. und Napoleon’d, wo⸗
von die Erſtern ſich als Diener des Staats, und dir
Letzte als Repräfentant ber franzoͤfiſchen Nation öfter er⸗
klaͤrten, fuchl er zu bemeifen, daß neben dieſen Anfichten
hohes Anfehen und unumſchraͤnkte Machtvollkommenheit
befteben könne. Die dee ber Legitimitaͤt fucht. ee mit
- ber Lehre der Volksſouverainetaͤt auf die Welle in Eins
Hang zu bringen, daß er annimmt, das Volk habe feine
Souverainetätörechte nicht dem einzelnen Herrſcher wie
in Wahlreihen oder Republiten übertragen, fondern ber
* 08 9
lange ſortpflanze, als Gprößlinge zur Uebetnahme deſſel⸗
ben vorhanden und nicht Misbrauch der Gewalt —*
loͤſung des Vertrags oder Herkommens berechtige. Gmb:
lich ſucht er feiner Lehre für unſere repraͤſentativ⸗ monar⸗
Miche Staaten noch dadurch mehr Agwendung zu vers
‚Inden, daß er fie Imitkt und zianengich Fincäwegs im
der Ausdehnung verflanden wiſſen will, welche iht Roufs
feau, bie abfolute Demokcatie im Auge habend, beilegt.
In dem Maße und mit der Einfchräufung, wie ber Grund⸗
fa& ber Volksfouverainetät in Nordamerika aufrecht erhalten
wird, glaubt er denſelben ohne Gefahr auch in unſern con-
fitutionnellen Staaten Anwendung geftasten zu koͤnnen.
Werfen wir einen Rückblick auf bie" ganze Schrift
des Verf., fo laͤßt ſich nicht leugnen, daß -derfeibe Mans
ches zur Aufklärung der behandelten Frage beigetragen
und für feine Anficht manches trefflihe Wort anderer
Staatölehrer und manden gefunden Gedanken, in eig:
nem Kopfe entiprungen, angeführt bat. Allein aufs
Reine gebraht hat er das befandelte Thema noch
keineswegs. Seine fehr khapfodifhe Behandlungsart bes
Gegenſtandes dürfte auch dazu wol am wenigen geeig⸗
net fein. Die Sache hat offenbar mehre Seiten und ges
fattet verfchiedene Geſichtspunkte, aus weichen fie zu be:
trachten iff. Je nachdem man ben einen oder ben an⸗
dern Geſichtspunkt fefthält, wird man zu einem verfchies
denen Reſultate kommen. Um daher einigermaßen Orb:
nung in biefe Lehre zu bringen und zu einer richtigen
und sinfahen Anſchauung zu gelangen, war es unum:
gaͤnglich nöthig, die Geſichtspunkte, unter welchen ſich bie
Sache betrachten läßt, zu fondern.
Wir glauben drei verfapiebene Standpunkte annehmen
zu muͤſſen, um zu einer zichtigen Würdigung ber.zu Iöfen-
den Frage zu gelangen, den rationellen, den hifto-
rifhen und den politifchen. Bon dem Standpunkte
der Dernunftmäßigkeit, welchen man auch den ideellen
nennen kann, infofern er von allen Schranken abſtrahirt,
die und die Wirklichkeit zieht, kann man ben Anfichten
des Verf. nur beipflihten. Die Vernunft fodert, daß die
hoͤchſte Staatsgewalt, welche der Staatsverband befigt,
nicht ihren Urfprung außerhalb befielben habe, fondern
bei den Mitgliedern des Verbandes ruhe, und wenn bie
äußere Darftellung und Außlkbung derfelden auf. ein an⸗
deres Subject übergegangen if, dies nur vermoͤge Aufr
trags des Eigenthuͤmers gefchehen fein koͤnne. Die Ges
fhichte unferer monarchiſchen Staaten. im heutigen Eum.
ropa, von reichen bier, da der Verf. die Volksfouverab⸗
netät im Gegenfage eines erft in neneften Zeiten in Be
zug auf dieſe ausgefprochenen Princips nimmt, nur bie.
Rede fein kann, weit aber, wie der Verf. ſelbſt (S. 18)
zugeben muß, auf andere Entfichungsarten ber factifch
bei einzefnen Perfonen, welche diefelbe durch Erbgang auf
ihre Nachfolger Übertragen, vorhandenen Souverainetät hin.
Das Recht des Stärken oder bie freiwillige Unter⸗
werfung unter der Bedingung des Schuges find in. ber
Regel die Quellen, welchen unfere noch jegt regierenden
Häupter ihre Machtvollkommenheit verdanken. Bei fort:
Familie, in welcher ſich dies Recht durch Erbgang fo " fchreitender wiflenfchaftlicher Bildung und erwachtem Nach⸗
=
19
denken über eines ber bedeutſamſten Werhältniffe, in wel:
em wir leben, fuchte man aber auf der einem Seite bie
wenige Uebereinſtimmung eines folchen factiſchen Verhaͤlt⸗
niſſes mit den Grundfaͤtzen des philoſophiſchen Stat:
rechts nachzumellen, während man auf der andern Seite
für die Rechtmaͤßigkeit deſſelben die Geſchichte und
für die Zweckmaͤßigkeit die. Lehren ber Klugheit und
Erfahrung anzog. Die Iegtern fcheinen ums allerdings eis
ner befondern Beherzigung zu bedürfen. In der Staats:
lehre müffen, wie der Verf. felbft bei einer andern Gele:
genheit bemerkt, die Menfchen genommen werden, wie fie
find, und nicht, wie fie fein follen. Sehen wir uns
aber, vornehmlich in unferm Deutfchland, um, fo fleht
‘
Die Maſſe des Volkes immer noch, wir bürfen «8 uns
nicht verhehlen, auf einer Stufe der politiſchen Bildung,
welche es gefährlih und unraͤthlich erfcheinen laͤßt, ihr
das Bewußtſein zu verfchaffen, daß der Repräfentant der
Höchften Würde im Staate, diejenige Autorität, deren Be:
fehlen fie zu gehorfamen ſchuldig iſt, blos ihr Mandatar
und Infofern von ihnen abhängig iſt. Die abſtracte dee,
daß man in gewiſſem Sinne Here und in anderm Sinne
Diener einer und derfelben Perfon fein koͤnne, liegt dem
an Diflinctionen fo wenig gemöhnten Volke zu fern. Die
Erinnerung der hohen Stellung würde dafjelbe zum Ge:
haorſam gegen die nothwendige Autorität unbereitrillig ma:
chen und dadurch Leicht ein unheilvoller und yefeglofer
Zuſtand herbeigeführt werden Binnen.
Niemand überhebt fih feiner Stellung fo leicht ale
die Menge, welche von Jugend auf und vermöge der
ganzen Geſtaltung unferer bürgerlichen Verhaͤltniſſe an ei:
nen engen Geſichtskreis und eine abhängige Stellung ge:
wöhnt if. Mit weit weniger Gefahr des Misbrauche
Laßt fi die Souverainetät einem Individuum zutheilen,
welches, von Geburt an mit tem Gedanken der Macht
volllommenheit und feiner hohen Stellung vertraut, aus
Grunbfägen, fel es dee Moral oder der Klugheit, fich vor
Misbrauch hüten wird und überdem durch Staatsgrund⸗
- gefege fo eingefchränkt werden kann, daß ihm felbft, wenn
der boͤſe Wille dazu vorhanden, das Vollbringen unmög:
lich gemadyt wird. Man könnte zwar dem Bolke eben:
fans ſolche Feſſeln anlegen, allein, wer leiſtet Garantie
dafür, daß es, da Ihm die phyſiſche Macht zugleich inne:
wohnt, fie zu brechen, diefe nicht dazu gebraucht, während
der Einzelne, einem ganzen Wolle gegenüber, ſehr leicht
durch diefes zu Beobachtung der vorgezeichneten Schran⸗
ten genöthigt werden kann. Aber man hat noch einen
andern, wie uns fcheine, auf die menſchliche Natur fehr
wohlberechneten. Weg eingefchlagen, um den Regenten dem
Volke gegenüber eine würdige, das Anfehen der in ſei⸗
nem Namen gehandhabten Gefege fichernde Stellung an:
zuveifen, in feinen elgnen Augen aber ihn an feine Ends
lichkeit zu "erinnern. Durch die Sormel: Bon Gottes
naben, welche blinder Eifer in neueflen Zeiten mit
feinen Schmähungen nicht verfhont bat, hat man ihn
batan erinnert, daß auch über Ihn noch ein Döherer ſteht,
dem er dereinft Rechenſchaft abzulegen hat von dem Amte,
welches die Vorſehung feinen Händen anpertraut hat.
[4
Nicht kraft eignen Rechtes, ſondern keaft eines böhern
Macht, weiche von alles Erdenſoͤhnen grade ihn an feinen
wichtigen Poften berufen‘ bat, verwaltet ber Herrſchet iſein
Amt. Dies iſt die vohrdigfte Stellung, welche man ihm
anweifen konnte. |
man die Regentenwuͤrde zuruͤckfuͤhrt, exhoͤht ihr Anfehen
in den Augen der Gehorchenden, es entfernt die niedri⸗
gen menſchlichen Leidenſchaften, Neid und Eifetſucht, ver⸗
leiht der Perſon des Regenten die nothwendige Heiligkeit
und Unverlttzlichkeit beſſer als ein bloßer Ausſpruch auf
dem Papier und den Thronen denjenigen Glanz und die
aͤußere Wuͤrde, welche dieſelben noch zur Zeit bei der Bil⸗
Das Höhere, das Unſichtbare, worauf
dungsſtufe des größten Theils des Volks nicht entbehren -
dürfen. Bon ber Wahrheit der hier ausgefprachenen An⸗
ſicht ſind wir um fo mehr uͤberzeugt, je mehr une das
Bemußtfein befeelt, ein aufrichtiger Freund des Kortfchreis
tens im Staatsleben (deſſen Sache wir bei jeder Gele
genheit öffentlich, ohne Menſchenfurcht und mit Wärme
zu führen für Pfliht gehalten haben) und ein abgefagter
Feind aller Finſterlinge, Abſolutiſten, Stabilltaͤtsmaͤnner
und Reactionnairs zu ſein.
(Der Beſqluſß folat.
Poesies frangaises et italiennes de F. T. Kühne,
Marburg, Eimer. 1832. "12. 18 Gr.
Die deutſche Mufe liebt bekanntlich Greuzfe in bie poeti⸗
fen Wälder anderer Völker, aber gewöhnlich beguügt fie ſich,
alles Schöne, ıwaß ihr dort begegmet, „in ihr geliebtes Deutſch
zu übertragen”. Nur Profefforen ber claſſiſchen Literatur und
Schulmänner dürfen ihe zumuthen, bei feierlichen Selegenheiten,
fi lateinifh oder gar griechiſch vernehmen zu laffen; zu eis
nem modern auslänbdifigen Gefange noͤthigt fie hoͤchſtens ein
Erercitienmeifter ober ein Lehrling neuerer Spraden, ohne jes
doch dergleichen Exercitia gleich dracken zu laſſen. Dr. Profefs
for Kuhne in Marburg iſt anderer Meinung. Geine Uebungen
im Sranzdjifchen und Stalienifchen laͤßt er in einem 403 Geiten
flarten Bande in zwei Abtheiläwgen, ale ‚‚Mes vers frangain‘%k
und „I miei versi italiani’ erfdeinen. Der Zätel verfünbi
gar Poefien, wird aber ſchmaͤhlich durch den Inhalt Lügen ge:
ftraft. Proſaiſcheres Machwerk ift dem Ref. nicht Teiche vorger
fommen. Nach dem franzöfiihen und italienifhen Vorworte
ſollen diefe „vers de ma plume’'(!) der lieben Zugenb die Lec⸗
ture franzöfifcher, englifcher, italieiifcher und fpanifcher Meiſter⸗
werte erleichtern helfen; Hr. Kühne muß alfo doch feine vers
jenen Werken fehr verwantt glauben. Ach, er fcheint nicht zu
wiffen, quantum distant nera lupinis!
dem Erſcheinen diefes Buchs glauben wir der „Zeitung für bie
elegante Welt“ zuſchreiben zu müffen, welche ver etwa zehn
Jahren einige italieniſche Verſe des Verf. gelobt Haben fol.
Zur Strafe möchten wir den eleganten Rec. verurtheilen, bie
fen Bund „Poe&sies frangaises etc.” von Anfang bis zu Ende
durchzuleſen, und wir find fiker, daß er nad folder Buße ge⸗
wiß nicht wieder unbeiehens den Kodrebner maken wird. Was
nun die „„Po&sies’’ ſelbſt betrifft, fo find fie gereimt und unges
reimt lyriſch und nicht Iyrifh, correct und incorrect, kurz Alles
in der Welt, nur nicht poetiſch, nicht franzdfifch und nicht ita⸗
lienifdy; die Geifter eines Lafontaine umd Voltaire, und noch
mebr die eines Petrarca und Zaffo werten fi ‘von ihnen mit
Gntfegen abwenden. Um aber auch den Lebenden fein Aerger⸗
niß zu geben, wuͤnſchen wir innigſt, daß das Buch weder über
den Rhein noch über die Alpen feinen Weg finde, fondern tık
Laden des Dra. Siwert 1 Warburg den Huͤterpoſten als his
heplat erlange, weidden ihm dad Pult des Hrn. Kühne verwei⸗
Eine Hauptſchuld an
8
- | 00
gert hal. Und vor ben Leſern zu en ipnen
ylden, was Hr. K. Fdine und italierifge V
nennt, heben wir, uns ganz dem übwiaffenb, aus jeder
Atteilung ein Pröbchen aus, wie felgt: -
f Le commerce.
. Un homme respectable
Dans un pays quelcongque
Est de maschand qui fait un'grand trafic,
B6 qui #’y gonduit avec probißk,
Le u6gooe est le vrai moyen
Pour rendre un &tat opulent,
Voilä le grand lien
De la socidt# commune.
Mais l’ame du commerce
Consiste dans la banne foi
Et dans Ie don d’esprit.
Qui ces vertus poss2de,
. Reussit dans ses enfreprises,
Sil a beaucoup de bien.
Un tel est digne de l’estime
De tous les gens honnites.
Venise, Londres, Amsterdam
Et tent d’autres places marchandes
Ne seraient pas des villes
Si grandes et si florissantes,
Sans l'aide du commerce.
Encore le revendeur
Devient un homme utile,
Sl joint Nintegrite
Arec son industrie.
und
ı
Lo scatolino d’oro.
"Ecco uno scatolino d’oro,
Ch’a me vale ın tesoro,
Percht meguanima Princoessa (sic?),
Ch'& la clemenza steusa,
In segne d’alta graria me lo diede,
Di che’l rescritto ancor fa fede.
Avevo a lei con umiltä spedito
Un picciol libro, il quale fu gradito,
Siech’io l’inestimabil dono,
. Di cui tutt’ inveghito sono, .
Attentamente guardo in questa vesta,
’ Che mai non porto che nel di di festa.
Km: deim Apoll und ten Muſen! „Porfie, wie bie ſchwarze
upper", muß gegen dieſe noch ein Rektartrank fein, 102,
Minbetale over bet Longelige banfte Wibenflabernes Selſ⸗
kabs Praefes, hand Erc. Geheime Staatsminifter Dr.
Ernſt Heincih Greve af Schimmelmann, Ridder af
Elephanten o. f. v. Holden i Selſkabets Moͤde d.
14. Juli 1831 of dets Secretair, H. C. Derſted.
Kopenhagen.
Der am 9. Febr. 1831, als daͤniſcher Miniſter ber auswoͤr⸗
tigen Angelegenheiten, im 84. Jahre verflorbene Graf E. H.
von Schimmelmann ift auch in Deutfhland als Breund und
Beförderer der Wiſſenſchaft, als liberaler Unterftüigte von Ges
lehrten und Dichten befanpt. Giner unferer edelſten @eifter,
Schiller, ward durch ihn und den Herzog v. Auguftenburg ,
jahrelang ‚vor druͤckenden Sorgen geſchuͤgt; Baggeſen, ber ja
auch der beutichen Literatur angehört, erhielt in feinen frühern
Jahren von ihm fürftliche Unterflägung. Noch Eebende zu nens
"nen, fühlen wir uns um fo weniger berufen, da auch ber Prof.
Deftedt Tagt, daß died kaum paſſend fein würde. Dagegen wird
in kurzer Auszug aus ber von bemfelben vor ber koͤnigl. däni-
ihm Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zum Gedaͤchtniß ihres Prä:
fibenten, bed verewigsen Grafen Sch. gehaltenen Rebe manchem
unferer Lofer exwuͤnſchten Aufſchluß über das Wirken biefes wahr
haft ede
reichen
wickein und fo zu ſagen su af
ward 1747 geberem. areine Jagen ib schen
wi
Mannetjehus
geſellſchaftücher Werbefferungen, do —— —
* brauchte fi) jedoch an bem eignen @eifte zu vertrauen, um bie
füsenben . Bräßgeitig fon Rand
ber Beziehung zu den Weiten feiner Zeit und Imüpfte vertraute
Freund ſchaftsbuͤndniſſe mit Sünglingen, aus benen feitdem vers
diente und geachtete Männer geworden find. In biefer unb jes
nee Hinſicht verdienen Klopftock, Glaubius, Gerftenberg, Audr.
Peter Dernſtorff, Leopeid Stolberg genannt gu werben. . Bu
feinen Kenntniffen fammelte er ſich auf Heilen nach den aufges
Märteften Ländern Erfahrungen und trat nach feiner Kuͤckkehr,
taum 25 Jahr alt, als Deputirter beim Dekonomie- und Goms
merzcollegium in ben Gtaatedienfl. Da er ben Gtaattwiffenr
ſchaften längft zugethan geweien, erhoben ibn feine Talente
fhneil in die Nähe des Ihrend. Sqchon 1784 warb ee Han
beiöminifter, 1788 Finanzminiſter, 1884 Minifter ber answärs
tigen Angelegenheiten. Waͤhrend feines GOjährigen Wirkens
half er unter Anberm auch die Aufhebung der Leibeigenfchaft
vollenden und veranießte bie Werbot des Negerhandels, womit
Dänemark allen andern Gtaaten voranging. Den i
beförberte er auf alle Meile, ja fogar mit eignem Weriuft bei
Berfuchen, welche er in feinen Fabrikanlagen vornehmen lief.
Dänemark genieht noch jept die Früchte ber Werbefferungen,
welche Sch. ale Handelsminiſter herbeiführte. Die Gegenwart
wird kaum glauben, daß es noch vor 1788 ein Yrivilegium ber
dänifchen Gutöbefiger war, Bich zur Zusfabe zu maͤſten, und
daß damals nur die wenigften bänifchen Gtäbte mie dem Aus⸗
lande Handel treiben durften. Die Aufhebung eines alten, bie
Korneinfuhr in Dänemark und bem füblichen Rorwegen verhins '
beruden Geſetzes gehört ebenfalls in jene Zeit, ſowie viele ans
dere, die ramnbelngenbe des Handels unb Berkehrs bes
Breipeit
treffenbe Reformen. In gleichem Geifle wirkte er auch als Miinifter
des Xutwärtigen durch Abſchließung verfchiebener Handelttractate.
Im Hauſe des Minifters waren Künfller unb Gelehrte
immer willlemmen, und er felbft verfland in hohem Srade bie
Kunft, ber Unterhaltung Eeben gu geben. Baggefen trug hier
in feiner Bluͤtenzeit mit aller feiner Lebendigkeit und Heiter⸗
keit und in ber erften Wegeilterung bie Gedichte vor, welche
fi nachher vorzugsweife im Andenken alter Dänen verewigten.
Hier hörte man Dehlenfchläger feinen „Aladbin“, feine fchönften
Zragdbdien und gewaltigen norbifchen Bebichte mit ber ihm eignen
Kunft und Kraft recitiren. Bentzens Beredtſamkeit glängte
bier, leider beinahe kein öffentliches Werk Hinterlaffend, und auch
tie improvifirten geiftreiden phüofoppifchen Reden Steffens
mwurben bier mit Entzucken vernommen. Allein biefe ben Did:
tern und Rednern gebrachte Huldigung verfchloß die Ohren
‚ weder für bie einſichtsvollen Geſpraͤche Riebuhr's, die Niemand
mehr fchäste als Schimmelmann, noch ſchwaͤchte fie bie begeis
fterte Aufmertfamleit, mit der man Fichte's tieffinmigen Wor⸗
ten laufchte, als er während feiner Anweſenheit in Kopenhagen
im Haufe Schimmelmann's erfien. Kurz, jede Art ber Wiſ⸗
fenfhaft war hier willtontmen, tenn der Wirth felbft war ber
Meinung, daß eine jede genug don Dem beftite, was ber allges
meinen Birbung unentbehrlich Sei.
Schimmelmann war zweimal vermäßlt, Beine erfte Gattin,
Smilie Karoline Amalie v. Ranzau, ward ihm frühzeitig vom
Tod entriffen, und ein Denkmal, weiches der tief betrübte Gatte
ihr auf feinem Landfige errichtete, fowie Pram’s Gedicht: „Emi⸗
liens Quelle‘, bewahren ihr Andenken. Sch.'s zweite Gattin
hieß Charlotte v. Schubert. Beitraͤge zu ben) Schriften ber
bänifchen Geſellſchaft der Miffenfdpaften, deren Präfident er ein
Drüteljahrhundert war, hat Sch. nie geliefert. Seine bichteri«
ſchen Verſuche blieben ungedrudt. 3.
' Nedigirt unter Werantwortlichteit der Verlagähandlung: 3. A. Broddaus in Leipatg
nn
——
d
— 3 Pr
Blatter
für F .
literariſche Unterhaltung
Montag, on
.. Io...
Ein Blick auf Friedrih Murhard's politffch = Titerarifche
’ Thätigkeit im Jahre 1832. N
3peiter und legter Artifel,
" — (Veſchluß aus Nr. 48.)
4, Dos Recht der Nationen zur Erſtrebung zeitgemaͤßer,
ihrem Qulturgrade angemeffener Staatöverfafjungen. Von
Friedrich Murhard. Frankfurt a. M., Hermann.
1832. 8. 2 Thlr.
Mie wir von dem fteifinnigen Verf. erwarten koͤn⸗
nen, witd das Recht der Nationen zur Erftrebung
zeitgemäßer Staatsverfaffungen von ihm im vollften'
Umfange anerkannt, ' und wir koͤnnen darin nur mit,
ihm Übereinftimmen. Die Frage, welche er abhanbelt,.
berührt die Gegenwart unmittelbar. Mitt erneuter Leb⸗
haftigkeit war das Streben nach einer vernunftmäßigern
Geſtaltung der Staatsverhältniffe, nach Feſtſtellung der:
felben durch Staatsgrundgefege nach der legten franzöfi:
fhen Revolution erwacht. Mit ihm erwachte auch das
Gegenſtreben der Stabllicätsmäuner. Der Verf. deutet
ſelbſt in ſeiner Vorrede auf ein Unternehmen bin, welches
in Preußens Hauptftadt in neueften Zeiten in diefer Be:
ziehung in6 ‘Leben getreten iſt, auf das „Politiſche Wo:
henblatt”, herausgegeben vom Prof. Tarde in Berlin.
‚Das Wirken diefes als fcharffinnigen Eriminaliften befann-
ten, durch feinen Uebertritt zum Katholicismus aber in
ben Augen allee Derer, welche Convertiten an und für
fih fhon, und mol nicht mit Unrecht, mit mistrauifchen'
Augen anfehen, übel charakterifirtm Mannes ift von einem
dem Zortfehreiten der Givilifation nicht günftigen Staate
in neueften Zeiten durch die Uebernahme defjelben in feine
Dienfte genugfam anerkannt. Seine Freunde fegen das
glorreich begonnene Wert fort. Ob dadurch der emig
fortrollenden Zeit die gewünfchte Retarbation angelegt wer⸗
den wirb, haben wir von der Zukunft zu erwarten. Die
Berhältniffe find gänftig und mächtige Gerichte In leg:
tee Beit in bie Wagfchale ber Reactionnairs gelegt wor:
den. Doch tröftet den Freund ber guten Sache bie Er⸗
fahrung aller Zeiten, daß es unmoͤglich iſt, der Zeit im
ihrem unaufhaltfamen Laufe Feſſeln anzulegen. Wie fich
die kirchliche, fo wird fi) auch bie politifche Reformation
Bahn brechen. Nur muß ‚man wuͤnſchen, daß es auf ei⸗
nem weniger blutigen Wege geſchehe, und daß durch Ein⸗
gehen auf Das, was bie höhere Eulturſtufe erfodert, die
r—
Regierungen der Erploflon zuvorkommen mögen, zu wel⸗
cher der MWiderftreit der Principien im gegentheiligen Halle
früher oder fpäter führen muß. '
Wie wir es an ihm gewohnt find, Handelt der Verf. -
feine Stage an bee‘ Hand ber Geſchichte und der Weis:
heit ber Staatsmaͤnner ber Vergangenheit und "Gegenwart
ab. Er widerlegt die entgegenftehenden Anfichten mit fies
gendem Scharffinn, wobel ihm in gegenroärtigem Falle.
das gute Recht und die Einfachheit und Faßlichkeit der
Wahrheit, welche er vertheidigt, als treue Bundesgenoſſen
zur Seite fichen. Wer wird nicht gern bie Worte un
terſchreiben, womit er &. 369 feine. Lehre vertheidigt:
” Niemand wird beftreiten, daß dem Menſchen ein natürlis
ches Recht zufteht, eine gefellfchaftlidde Ordnung zu begebren,
worin er im Gtande fei, auf die möglichft vollkommene ‚Welle
feine Beflimmung zu erreichen, und dieſe iſt auf Erden feine
andere als die naturgemäße Entwickelung feiner Anlagen umd
Kräfte. So lange er noch nicht zu ber Ginficht der Mittel ges
langt ift, dieſen Zweck durch Ginrichtung ber Staatsorbnung zu
realifiven, Fann er freitih auch kein Verlangen nah Reformen
der beftehenden politifhen Ordnung haben; ein folches Verlan⸗
gen kann erft das Reſultat vorgefchrittener politifcher Aufklaͤ⸗
rung fein. Iſt diefe aber bei einer Nation vorhanden, dann
äußert ſich auch unvermeiblich diefes Verlangen, tas das Recht
auf feiner Seite hat. Unrecht handeln darum — wir kommen
immer wieber auf diefen Gas zurüd — Hegierungen, wenn fie
Boͤtkern, bie burdy ihre Bildung reif zum Genuſſe der Freiheit
find, freie Verfaflungen vertveigern, und berechtigen durch Richt⸗
erfüllung ihrer. Regentenpflichten bie Regierten zur Anmwenbung -
von Zwangsmitteln, zu welchen biefe nicht ihre Zuflucht genom⸗
men haben würben, wenn bie Regierenten weifer gewefen und
ihrer Beflimmung nadgelommen wären.
Ueberall wird der Verf. das Recht der Voͤlker zur
Erftrebung zeitgemäßer AInftitutionen anerkennen, auf den
Fall hingeführt, in welchem ber Widerftand ber Regie
rungen Empörung und Zwangsuͤbung hervorruft. Er hat
dieſem alle eine befondbere Schrift gewidmet, die unter
Nr. 5 ihre Beurtheilung finden mag. 132.
5. Ueber Widerſtand, Empoͤrung und Zwangsuͤbung der
Staatsbürger gegen die. beftehende Stantögewalt, in
fittficher und rechtlicher Beziehung. Allgemeine Revifion
der Lehren und Meinungen über dieſen Gegenſtand.
Bon Friedrich Murhard. Braunſchweig, Vieweg.
1832. Gr. 8 2 Thlr. nn.
Wenn der Verf. am Schluſſe feiner Schrift ſelbſt
ſagt, er bitte, dieſelbe nur als einen Vorläufer eines
202 ,
Werkes anzufehen, in bem er das Wiberflandss und
Zwangsrecht ber Regierten gegen ihre Regierer in eine
zweckmaͤßige rechtliche Korm zu bringen werfuchen werde,
fo wird man dadurch in ber Vermuthung noch mehr un:
terftügt,, Daß vorliegende im Weſentlichen nur eine etwas
verarbeitete Collectaneenſammlung fei. Rec. will bamit aber
keineswegs einen unbebingten Tadel ausgeſprochen haben;
ift ja doch das nicht gmug zu ſchaͤtzende Schriftchen bes
Tacitus über Deurfchland nach ber Meinung Mehrer auch
nichts Anderes! Und muß. es nicht auch Jedem, der für
die hochwichtige, vom Verf. abgehanbelte Frage Intereſe
hat, angenehm ſein, wenn er durch vorliegendes Buch
gleichſam den Bauſtoff, aus dem das wirklich noch zu
vellendende Gebäude hervorgehen fol, kennen lernt und
ſomit Gelegenheit erhaͤlt, den Verf. in ſeiner Werkſtaͤtte
zu belauſchen! |
Damit fei aber nicht gefagt, daB ber Verf. in biefer
Schhrift nichts Selbftändiges geliefert habe, oder daß fie
erſt nach Erfcheinung des angekündigten größern Werts gele⸗
“fen werden folle, vielmehr will Rec. damit nur den Verf.
‚erinnert haben, fein gegebenes Verſprechen, fobald er bie
örhige Zeit und Muße gefunden bat, zu erfüllen.
Der Verf. verbreitet ſich zuerſt in ber ausführlichen
Einleitung (S. 1— 99) über bie verfchlebenen bier ein:
ſchlagenden Begriffe, und man fieht daraus, welche Sprach⸗
verwirrung immer noch auf biefem Felde vorherrſcht. Es
Scheint dem Rec. dies feinen natürlichen Grund barin zu
Haben, ‚daß ein jedee Widerfiand von ben nerfchiedenen
MParteien aus einem andern Gefichtspunkte aufgefaft wird,
daher auch jede Partei für dieſelbe Sache ein anderes
Wort gebraucht, und fomit ebendiefelden Erfcheinungen
‚bald mit dem, bald mit jenem Ausdrucke belegt werben,
voraus dem wieder verfchiebene ober wenigftens fchiefe
Deutungen der hier gebrauchten Worte entfpringm. Gut
wird es daher in folchen Fällen immer fein, wenn man
fih an den einmal herrſchend gewordenen Sprachgebrauch,
wenn er nicht grabezu widerſinnig ift, anfchließt und zur
Bermeidung von dennoc möglichen Misverftändniffen ge:
nau angibt, was man unter den gebrauchten Ausdruͤcken
ſich denkt und wie man fie von andern unterfcheider.
Mit Vergnügen lieft man bann in jener Einleitung
weiter, wie ber Verf. die Revolutionen von verſchiede⸗
nen Seiten beleuchtet, und wie er ſich deſonders über
ihre Urfachen und Folgen verbreitet. Obwol auch bier
ben kundigern Lefer nicht viel Neues geboten wird, fo
bleibt es Immer verdienftlih, dad mehr oder weniger Zer⸗
ſtreute in ein Ganzes zu verflechten und mit der Spra⸗
he der Ueberzeugung auf Wahrheiten, bie man immer
noch von gewiſſen Seiten bee nicht als ſolche gelten laſſen
möchte, aufmerffam zu machen. Wenn bier der Verf.
ſagt, daß faſt alle Revolutionen mehr oder weniger gute
"Folgen gehabt haben, und wenn er fi dann bei ber
Schilderung der Greuel der Revolutionen weniger aufhält,
To koͤnnte er dadurch vieleicht bei Manchem in ben Vers
dacht kommen, 'als fei er ein Freund ber Revolutionen
und boffe, daß grade fie am beften zum Ziele führen.
Beruͤckſichtigt man aber, was er dann am Schluſſe diefer
J Ce
ba.
Schrift als Refultat nicberlegt, fo fieht man fehr wohl,
wie Die ihm Unrecht thun würden, die Ihn auf biefe Art
beurtheifen wollten. Denn bort baut er feft darauf, bag
bie Völker, bei ber Stufe ber heutigen Cultur, nicht leicht:
finnig und aus bioßer Reuenmasfucht 328 au⸗
fangen werden, da fie ia ſtets dabel ihr eisiies Gluͤf und
Wohl aufs Spiel fegen, und daß ebenfo auch bie Regie
rer zu dee Einſicht gelangt feien und immer mehr zu ihr
fommen werden, daß fie nur im einer Regierung nad) ben
Geboten der Sittlichkeit und Gerechtigkeit ihre Heil zu fu:
chen haben, und -gegründete Urfachen zu Revolutionen ih:
rer Völker zu geben vermeiden werben. Er ſchließt fi
daher an die Worte Flichte's an: ‚Wenn "niit" Aið
taͤuſcht, dann ift jegt der Moment der hereinbrechenden
Morgenröthe erſchienen, und der volle Tag wird ihr zu
feiner Zeit nachfolgen.“
Wenn Vieles von Dem, was der Verf. in biefer Ein-
feitung fagt, nur ein Beitreten oder Widerlegen ber Ans
ſichten Anderer ift, fo enthält, was fih auch fon aus.
dem Titel ergibt, der andere Theil bes Schrift die Zu-
fammenftelungen der Stimmen für unbedingten leidenden
Sehorfam der Staatsbürger und für die Rechtswidrigkeit
der Empörungen überhaupt (S. 108— 195), und die der
Stimmen für die Rechtmäßigkeit bes Widerftandes und
der Iwangsübung gegen die beſtehende Staatsgewalt in
befondern Fällen (8. 195 — 397), an bie fi dann Für:
zere und ausführliches Beleuchtungen des Verf. annüpfen.
Derſelbe beurkundet bier eine große Belefenheit und eine
gute Gabe, uns mit den Hauptgrundfägen, namentlich durch
gluͤckliche Aushebung der eignen Worte jener Männer be⸗
fannt zu machen. Es hätte hier vielleicht Der und Jener
noch hinzugefügt werden und ein Anberer dafür auch wol
binwegbleiben können; fo hätte z. B. Jarcke wol noch eis
nen Plag verdient. Sollte der Verf. dies etwa deshalb
unterlaffen haben, weil ohnedies Berlin die bebdeutendfte
Anzahl in diefe Reihen geftellt bat? Dagegen glauben
wir, baß in diefer Beziehung Hugo mit den Worten:
„Vater, vergib ihnen, denn fie wifien nicht, was fie thun!“
hinreichend abgefertigt gewefen wäre.
Immer wirb es nach ber Anficht bes Rec. elu ver
geblicher Verſuch bleiben, für alle Zeiten, Völker und Staa⸗
ten allgemein gültige und anwendbare Grundfäge Uber das
Widerſtandsrecht der Staatsbürger gegen die beflebende
Staatsgewalt aufzuftellen. Der Berf. macht ja ſelbſt
batauf aufmerkfam, wie vielen Einfluß auf eine Revolu-
tion materieller Nothftand, die Verſchiedenheit des Volks⸗
charakters und die Stufe der erreichten Bildung babe, und
alle biefe Umflände wirken natürlich bier auch auf das
Recht zuruͤck. Noch mehr wird es aber nöthig fein, zu
unterfcheiden, ob der Widerſtand gegen eine von außenher
aufgedrungene Staatögewalt, wenn bas Land z. B. dem
Sieger als Preis zufiel, gerichtet ift, oder gegen bad eigne
angeſtammte oder aus freier Wahl angenommene Fuͤrſten⸗
baus. In jenem Falle glaubt Rec., daß gar nicht ein⸗
mal eine tyranniſche Regierung nöthig If, um das Recht
zum Aufftande gu begründen; es wird deshalb nur an ,
ben ber Ziroler 1809 erinnert, forwie an bie einzelnen
IE m
BVerſuche, det Xbalg von fiat zu flärgen: .' dm letz
sem. Gabe, Soriat: wieber wie; Aurapf ari, pie. bie ilsatd;
g felbſtbeſchaffenaiſt.
verfüffe af
tisnheett' Monarchie ah) aan Ein: ur Den
* —— — :WADCR onnen Ind
einer andern rc. des Wldetſtandes ſchon
es nur Killſchweigend'geheillgt ſein ſolle, wie das roͤ⸗
miſche Recht, nur fteitih im umigekehrten Verhaͤltniſſe,
Leine Beſtimmung uͤber die Ermordung des Kaiſers ent⸗
haͤlt. * 169.
Vabagogiſche Blaͤttir. Herausgegeben von Wilhelm
Bernhard Moͤnnich. I. Nürnberg, Schrag. 1832.
&. 8. 18 Gr. “
Die im vorliegenden Buche enthaltenen vier erſten Abhand⸗
lungen find von ihrem Verfaffer, dem Director ber’ doͤhern Vuͤr⸗
gerſchule in Nürnberg, mil befonderer Beziehung auf die Bür:
203 Ä -
gers und Realfchulen der neuerm Zeit gefchrieben worden. Bon
verfihiedenen Seiten wird das Beduͤrfniß dieſer Anftalten (bie
am paffendften Realgymnaſien hießen) in feiner Unabweistichkeit
dargeſtellt, worüber wol nur eine große Kinfeitigkeit noch in
4
Zweifel fein Fann. Der Umſchwung neuer Ideen und Anfichten,
der freilich auch die proſaiſche Nüglichkelt einer liberalen Gel:
ſtesbildung vorzieht und aus unferer Jugend nur Induſtrie⸗
leute ſtatt tüchtiger Beamten und gründlicher Gelehrten mathen
möchte, hat auch jene Nealinflitute in das Leben gerufen, mehr
als eine Regierung hat diefelben begünftigt und ihnen neben ben
andern Lebranftalten des Landes eine Stelle eingeräumt; aber
doc finden biefelben noch viele Gegner, und nicht blc# unter den
altzläubigen Philologen, fondern ebenfo gut unter Kaufleuten,
Bürgern und Handwerkern. Um fd zeitgemäßer iſt das Beſtre⸗
ben des Hrn: Mönnich, zur Vermittelung des Streits zwiſchen
tem zhilolegifchen und dem technolögifchen Elemente (fo nennt
er poffend Das, was man fonft wol das philanthropiftifche Ele
ment nannte) beizutragen. Gr zeigt fig durchweg als einen
gemäßigten, einfidtigen Mann, feine Argumentation iſt Kar
und einfach, feine Sprache .ebel und gebildet: alles Gigen-
(haften, die ihn wol befähigen, ein Wort in dem großen Streite
mitzuſprechen, der in Deutſchland Thon feit Zahren gefochten
und in England und Frankreich (In beiden Kändern that es bes
Tonders Noth) neuerdings ausgebrochen iſt.
In der erften Abhandlung: „Ueber die zunehmende Etubit:
ſucht in Deutſchland“, verwirft der Verf. jede birecte und in:
directe Beſchraͤnkung der Beiftescultur Überhaupt und insbefod:
dere ber Gtudirfeeipeit und findet ben Hauptgrund ber Studir⸗
ſucht einmal in bem allgemein verbreiteten Streben, in ben
Staatöbienft zu kommen und alle andern ehrenwerthen Beſchaͤf⸗
gungen Dinsankufegen, und zweitens in ber zur Zeit noch herr:
ſchenden Beſchaffenheit bes Rationalunterrichtwefene. Die Wehr:
Ref. nur umterfhreiben. In bes andern Hinficht wird die An⸗
Aneit der Bemerkungen in Beziehung auf ben erſten Punkt Tann }-
für die €
füon fie ehfedung genug
ng: Ger, HAB der Staat
8 bleßen Slementaruns
am Habt, wenn er den u
' teneidit dekofgee ober Bent fei, @tantöbfenee di fhnen EN.
ben m wollen. fer Berf verlangt’ auch Monbere Anftalten
für: die Vrkvgtlutere ſin des bargerüchen Lebens, ferner eine
beffert · Methobe im —2* die Iebenbig Fei und nicht +
padagogifche Peincipien und Theoreme verfinte, und durch vel⸗
„Kenner“!, nicht drod, Koͤnner gebildet würden. In das Schluß:
vefultat auf S. 20 werben gewiß recht Viele mit bem Berf. ein:
flimmen: - „Mdchte einerſeſte immer mehr darauf bie Aufmerk.
famteit gertägtet werben, daß ein Jeder in jebem Geſchaͤft We:
friebigung, Nahrung; Wohlkabendeit,, perfönliche und Bürger:
kiche Ehre‘ zu finden hoffen bäcfte, anbererfeits aber barauf Bes
dacht gensmmen werben, daß ber geſanimte Nationalunterricht
ben Anfodetungen unſert Culturzuſtandes immer angemeffener
— einſeitig theoretiſtrender Methodik immer mehr befreit
werde.“
Die zweite Abhandlung: „Ueber hoͤhere Vuͤrgerſchulen ober
Healgnmnafien‘‘, halten wie für die vorzäglichkte ber ganzen
Sanmlung. Nach einleitenden Bemerkungen über allgemeine
und Berufsbildung und die Nothwendigkeit, durch Realgymna⸗
I fidn ebenſo gut als durch Lingualgymnafien bie verbeteitende
Bildung zu gewismen (mo ber Verf. auf S. 26 meint, daß drei⸗
mal : mehr Realgymnafien ats Eingualgymnafien vorhanden fein
müßten), fleilt Sr. DMönnic die Bebingungen auf, von bemen das
Sedeihen ber Realgynmafien abhängt. Als bie erſte dezeichnet
Swedes und hat ſich hierlber fo Far und befriebigend ausge:
ſprochen, baß wir ums nicht leicht erinnern fo etwas Verſtaͤndi⸗
geb in ber Kürze gelefen zu haben. Wir können hier zur Gin-
| seines andeuten. Als Gegenflände bes Unterrichts nennt er Ra:
turfunde, Mathematik, bie Mutterſprache als drei unerlaͤßliche,
allen andern vorhergehende Unterrichts zweige; ferner Geographie,
Antpropsisgie und Geſchichte, frauzoͤſtſche Sprache, Zeichnen
als nothwendige SErgängungen ber übrigens endlich als Neben:
unterridt andere neuere Sprachen und Latein, das neben bem
Franzdfiſchen gelernt werben barf. Der Religionsunterricht ver⸗
fieht ſich von ſelbſt, der Gchreibunterticht wird als beenbigt an-
geſehen, wo ber Gurfus der Bürgerichute anhebt. Wir finden
diefen Plan verftändig abgefaßt: bas Latein wit bee Merf. auf
©. 32 nur von Golden erlernt wiffen, bie Buchhändler, Gbis
zurgen, Apotheker u. dgl. werben wollen ober für irgend einen
Zweig bes mittlern Staatsdienſtes, für Werwaltungsftellen, bes
RKimmt find. Dieſer Punkt macht überall viel Schwierigkeiten
und kann wol erft durch eine längere Erfahrung ganz entſchie⸗
den werben. Wie⸗die Sachen jest liegen und wie bie Auf
fih nach ben Eocalitäten mobifiren, halten wir bie Ausfchlig:
Fung bes Lateins nicht für zuläffig, nur muß es ganz anders
als in Gpmnaften und mit vorhereſchenber Ruͤckſicht auf ben
Gebrauch der Lernenden bei andern Sprachen betrieben werben.
Wir erinnern uns dabei an fehr lebhafte Debatten bei- der
GSruͤndung einer hoͤhern Bürgerfhule in einer großen ‚Hanbels-
Habt am Rhein, wo ber Fatholifche Kaufmannsſtand fireng auf
Erlernung des Lateins beftanb, während bie proteftantifche Re:
gierung in Uebereinffimmung mit ber Staatsbehörde das Latein
ausgefchloffen wiffen wollte. Die Katholifchen fiegten doch am
Ende, — Die zweite Bebingung ift in ber Gewaͤhrleiſtung von
ſolchen @inrihtungen enthalten, die von den Regierungen ausgin>
gm. Dazu müßten ſich dieſelden thaͤtig biefer Anftalten anneh-
men und namentlich Maßregeln ergreifen, daß fie ſich zweckmaͤ⸗
Big entwickeln könnten. Zu biefen Maßregeln gehört nach un«
ferm Verfaſſer 1) das Feſthalten ber Schulzeit vom 12. his 18.
Jahre inclusive, 2) die Anerkennung der Abfolutorien (wir
behalten ber Kürze wegen bies Wort aus dem fübbeutichen Ges
[häceRyte bei) der Realgymnafien für weitere Berufsſchulbil⸗
ung und afademifche Bildung, dann Foderung berfelden behufs
ber WBahlfähigkeit bei bürgerlichen Xemtern. Dies würde ſich
namentii bei Wtabtverorbneten und Gommunalrepräfentanten
recht gut erreichen laſſen; bagegen bürfte die Zulaffung von
[4
Jer eine Mare, richtige Erkenntniß ihres wahren Weſens unb -
,
S
| aus Bealgymmafien auf Univerfisäten, * ben
Gun, noch mande in der Natux der. aa
Scqhwierigkeiten haben., lnfere. ——8 Spk
it ein ganz befen i
nd 8}
naſien mit ben möthigen Jonbs ausgefastet |
zu gründen. Unter deu Städten, welche bazu ald geeignet auf
©. 52 genannt werben, vermiffen wir in Preußen Gibezfeld,
diefe reiche unb gewerbfieilige GStabt, wo die Sommune zur
„Ausführung eines ſolchen Planes fehr erfolgreich mitwirken kann
und bie Lage fowie bie nähfte Umgebung «ine folge Anffalt
ſehr begünftigen würden. Sin Gymnaſinum neben der Bürger:
ie, wie es jest in Elberfeld befteht, wird inmer nur eine
krankhafte Erfcheinung fein, wie ſich Ref. überhaupt von biefen
gemifchten Anftalten, wie fie zu Duisburg am heine befteht
und wie fie ber Rector Daade in Stendal in einem Programme
vom 3. 1882 empfahl, Beinen fonderlihen Nutzen verſorechen
kann. Es find und bleiben Zwitteranftalten.
Die vierte Abhandlung enthält „Blicke auf bie geſchicht⸗
lie Entwidelung des Begriffe der Realgyamafien‘’.
Bon ben beiden übrigen Abhandlungen: zeugt die über ben
„Begriff des Gatzes“ von einer philofophifchen Ausbildung des
Hrn. Moͤnnich, wie fiein feinen Werhältniffen und in feiner Stel⸗
Iung nicht anders als fehr erfreulich fein kann.
Die „Aphorismen Über ben Unterricht in der Mutterfprache
laſſen in dem Verf. (wie auch zu erwarten ftanb) einen Freund
des Mutterſprachunterrichts erfennen, der in demfelben. die Aus
fihten der Philologen und Technologen bekaͤmpft. Geine Mei⸗
nung verbient beachtet zu werben, überzeugt hat er und aber
noch wicht. Auch findet feine Lehre, dem Unterrichte in ber
Mutterſprache die erfte Stelle in allem Gprachunterrichte an⸗
zumweifen, den meiften Wiberftand bei Denen, für bie sr fpricht,
nämlich bei ben zu erziehenden Schulen. Run Tann freilid
eine foldye Abneigung von Kindern unb Zünglingen nie zum
Maßſtabe für bie Ruͤtzlichkeit oder Unmüglichkeit eines Gegenftan-
des genommen werden; aber bie allgemeine Abneigung gegen
deutſche grammatifche Lehrſtunden und bie viel größere Neigung
für die Uinterweifung in griechifcher und in lateiniſcher Gramma⸗
tie find doch ein nicht ganz zu verwerfenbes Zeugniß, baß bie
gegemwärtige 'Lehrart in-beutfcher Grammatik noch wenig geeig>
net für jugendlihe Gemüther fei. Und an ben Lehrern liegt
es doch gewiß nicht überall, wenn freilich nicht geleugnet wer:
den Tann, daß bie meiften diefen Unterricht als eine crux paeda-
gogica anfehen. Vielleicht, baß bie mehr philologifche Begrändung
ber beuticyen Grammatik durch Jakob Grimm unb feine Schüler
bier die Fehler früheren Methoden verbefiern hilft. 89,
Figaro’6 Memoiren. Herausgegeben von F. Nork. Leip:
zig, Wigand. 1832. 8. 1 Thlr.
Es Tann kaum einen Titel geben, ber bie Neugier und
©pannung der Leſer mehr reizen bürfie als der obige. Der
Dec. geſteht, daß er, als er das Buch Abends fpät auf feinem
Ziſche fand, mit größter, Begier baffelbe aufzufchneiben an»
‚um fi, wie er an Winterabenden gern thut, dem ge:
fing
fährlichen Vergnügen hinzugeben, im Bette zu leſen. Weil
ihm aber nicht felten begegnet, baf er, durch bie Lockung
der geiftigen Speife verführt, Halbe Nächte mit eine foldyen
Lecture zubringt, fo befchloß er ſich ſelbſt einen Riegel vorzu:
ſchieben und nur 50 Seiten aufzufcgneiben. Mit welcher Leb⸗
haftigkeit wirft du, dachte ih, dann morgen das Buch wieder:
——
—— u
leg pi! bei: ben.
RL
uſcht
wech *
ber Jeltexa/ ꝓ u 1. aus der 4 Diägt, DEE
Baters nahm und meine Lefi e baran zu FAltigen Juchte,
Ich ſtieß dann auch auf — wie ſie vor 30 Fahren
gäng und gedk waren, Leute,‘ vie ſich groß duͤnkten «in 7
ty
etwa wie Vangbeı's, in ungeich peter „und. gemeinever
Veie men: reich Hehe id Inhalt. md Ticxi iener
Bücher längft vergeffen, allein eine bunkie Grinnerung bed Ton,
der barin Mt wislh gelten follte, war mir geblieben, Hr. Nork
Or mwohlgethan Haf, ſeinen Namen zu verfähleiech) Mei cht diefe
innerung in mir mänhtig wieder auf. Ich kann nicht leug⸗
nen, daß ich damalsals din 0 Snabeim
0
liche Gtunde bei biefen lechten 3
ren‘ auf meinen Dank Anſpruch. Dies
gilt aber nur für die erſten fünf Minuten; als er nachher mid)
durch fich ſelbſt - feffein follte, -fant ber Zaubernebel und Die
platte Geſtaite der Firklichkeit fan im rem Ianımer vor kiir.
Ich weiß zwar nicht, ob der 12jährige Schulknabe einen ‚befs
fern Geſchmack hatte als bie Eefer, für welche ber Verf. ſchreibt;
allein fo viel glaube ich behaupten zu dürfen, daß fein” Buch
noch tief unter ben genannten fleht. Wir wollen von der Ans
maßlichkeit des Werfe., von bem Herumdrehen auf Beaumar⸗
chais berüßmten Luftfpielen und auf Paefielo’s, Mozarts and
Roſſini's Opern, von bem gaͤnzlich unfitslichen und ungragidfen
Inhalt gar nicht einmal reden; aber bie Form der Ginfleidung,
die bei der Satire Alles ift, erſcheint fo erbarmungswärbig, fo
nüchtern, fo gemein, fo auf ber breitgetretenen Deerftraße ber
Semeinpläge verfehrend, daß uns das Lefen kiner eingigen Seite
fhon über ben Werth des Buchs ins Klare bringen Eonnte.
Blickten wir tiefer hinein, fo war es die reine Neugier, jener
Trieb im Menſchen, audy das Ende Tangweiliger, trivialer Er:
sählungen zu erfahren. Wir geben dem Kefer nur eine Styl⸗
probe, wie wir fie eben aufs Gerathewohl herausfifchen, und
Tonnen einen Cid leiften, daß fie das Ganze fo freu repräfens
tirt wie ein Glas Wein aus dem Faſſe diefes. „Der alte Mon⸗
tebro, weldyer gut wußte, daß er an Clara Maria einen Schap
beſaß, hatte dieſer zum Wächter einen Drachen in Geftalt eis
ner Duenna geftellt. Weil jedoch auch Dradgennaturen zu gols
benen XAepfein abſonderliches Attachement bezeigen, die bes
wachte Schöne aber außer ein paar bezaubernden Augen und
dito Liebesäpfeln(!) (letztere von vorzüglider Weiße) auch noch
einen erklecklichen Worrath von dieſer Fruchtgattung befaß, die
allenfalls durch den Fleiß des Don Wontebro gepfiegt und von
feiner jungen Ehehaͤlfte gegen Austaufd anderer Früchte fleißig:
gepfluͤckt wurde, fo mußte oberwähnter Drache nothwendig feine
Zähne fi an zu haͤufigem Genuß ber gebotenen goldenen Aepfel
fo ſehr abflumpfen, daß nichts von ihm für abenteuernde Gluͤces⸗
und Eiebesritter mehr zu befürdgten war, wenn fie um die holde
Dame hinter dem Rüden ihres Befigers zu minnen befchlofs
ſen.“!!! (Hilf Samiel!) Wenn bie Leſer nach diefer geiſthalti⸗
gen Probe noch Luft haben, ſich an bas Buch zu wagen, fo will
es der Rec. ihnen mit keinem Wort mehr verfümmern. 76.
Redigirt unter Werantwortli@delt des Berlogbbandlung: 8. 1. Bro@daus in Eeippig.
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Blaͤt ter.
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literariſche Unterh un
Dienſtag,
Gedichte von J. Chr. Freiherrn von Zedlitz. Stuit⸗
gart, Cotta. 1832. 8.2 Thlr.
Die “vorliegende Gefammtansgabe der Iyrifchen Poefien
eines Dichters, der auf dem deutſchen Parnaß bereits eine
feſte Stelle einnimmt, macht einen eigenthuͤmlichen Ein⸗
druck. Es iſt, als hätte der Verf. durch die Sammlung
und Aneinanderreihung feiner verſchiedenen Hervorbringun⸗
gen recht anfchaulid machen mollen, welch einen wunder:
baren, fchöpferifchen Zauber bie Korm in der Poeſie aus:
zuüben berufen ift, wie mächtig fie auf den Geiſt zurüd:
wirkt, wie fie einen Dichter, verſteht fih, einen Dichter,
bee den Funken bat, zu, heben und zu tragen vermag,
wie er fi aber auch nicht ungeſtraft ihrer entfchlagen
barf. Der Verf. der „Zobtenkränge” hat in dieſem cykli⸗
ſchen Gedichte Ausgezeichnetes geleiſtet, und er fuͤhlt es Daß
er es nicht geleiſtet Haben wuͤrde ohne die gluͤckliche Form,
deren Wahl ſelbſt jedoch ſchon ein Act echter Poeſie war,
konnte man zum voraus Kberzeugt fein; der Dichter hat
aber durch die reichliche Beigabe fliegemder Lieder, Balla⸗
den, Romanzen, Gelegenheitsgedichte u. ſ. w. baflır geforgt,
biefe Ueberzeugung bei dem Lefer zu beftärken und ihr Ge:
wißheit zu verleihen. Nicht als ob ſich unter diefen uͤbri⸗
gen Gedichten nicht auch mancherlei recht Schönes, der
„Todtenkraͤnze“ und „Mprologen”, die_beide auf gleicher Höhe
fiehen, Bürbiges fände; zufammengenemmen aber wiegen
fie doch viel leichter, and wir können den Mangel an Ge⸗
Saft, den wir bei vielen derſelben antreffeu, nichts -Anderm
zufchreiben als dem Mangel an Form. Der Verf. hat
auch ſeibſt das Verhaͤltniß diefer Lieder zu jenen gedrun⸗
genen Poeflen volllommen gefühlt und angegeben, wenn |
er im Vorworte zu den „Todtenkraͤnzen“ fagt:
Dft und viel hab’ ich gefungen
Barter Liebe Huldigungen,
Und es ward manch füßer Laut
Kleinen Liedern anvertraufz
Doch nun flimme mein Befang
Bollern Ton und heilen Klang,
Wie aus innerſtem Bemüthe
Ich ihn auszufprähn mid) ſehne!
Darum nennen möcht’ ich jene
Lieder meines Wipfels Blüte,
Diefe meines Stammes Marl.
Mm der‘ Shot verhalten fich bie beiden Haͤtften net
Sammlung nicht vofe Blüten und Fruͤchte zueinander; z3
denn jene Bluͤten haͤtten nimmermehr ſolche Fruͤchte er⸗
warten laſſen, und wir glauben daher dem Dichter gern,
wenn er in der angefuͤhrten Strophe andeutet, daß von
jenen fluͤchtigen Bluͤten ſeines Geiſtes zu dieſer gediege⸗
nen Fuͤlle kein vorſchreltender Uebergang zu finden iſt: wir
laben uns an dem Marke ſeines Stammes und hegen
uͤberdies die Zuverſicht, daß ein fo kraͤftiger Stamm auch
noch andere Blüten treiben Tann, fobald er will. Indeſ⸗
fen ift es Pflicht der Kritik, ihr Urtheil, zumal wo «6
ein tadelndes ift, durch Hinweiſung auf Einzelnes zu be
gründen, und fo wollen wir denn den „Fruͤhlingsroſen“
des Verf, wie er feine frühen Lieder nenne, näher treten.
Die einleitenden Strophen: „Dichterfehnfucht”, In gehalte:
nee Form, erinnern allerdings an den Dichter der „Tod⸗
tenkränge”, und obgleich es zu jener Gattung verſtuͤmmel⸗
ter Detaven gehört, an welchen die Poeſie vor einiger
Beit fo reich war, fo geht ed doc auch in dieſen unvolls
ftändigen Schranken feinen flrengen, gemeffenen Schritt.
Aber ſchon das zweite Gedicht: „Die Dorfliche” (©. 7),
ſchuͤttelt die Feſſeln der Form zur Hälfte ab, indem es —
wohlgemerkt, nicht ein ganz kurzzeiliges, fondern ein fuͤnf⸗
tehalb⸗ und vierfuͤßiges Jambenlied — nur zur Haͤlfte
reimt:
In einem Dorf am fruͤhen Morgen
Sah ich ein Kirchlein offen ſtehn,
Und waie's mir freundlich ſchien zu winken,
Trieb mich das Herz bineinzugebn.
In einem fo loſen Kleide machen es ſich denn bald aud
die Gedanken bequem, und das ſchoͤne Motiv (eine Glaͤu⸗
bige am Xifche des Derm, welche die Hoſtie mit ihrem
Säuglinge theilt) wird zum Xheil unter etwas trivialen
Dhrafen ausgeführt, wie 3. B. der Segenewunid iſt:
Bieh’, junge Frau, mit frommem Xrofle,
Und reicher Segen fei dein Theil!
Wie du vertraut, fo ſei erhöret,
Dem Kinde blühe Gluͤck und Beil.
Dem rafchen Liedchen: „Die Reife” &. 9, ſteht fein leich⸗
tes Gewand beffer, aber das nächfifolgende, „Wiederfehn”,
iſt gar in reimloſen Jamben gedichtet und ©. 32 — 38,
43 —52, 66fo., 70fa , 87 fo., 96 fg., 1119. ‚126,
139, 148 fg., 16% fo., 1760. begegnen wir lauter haib⸗
oder gar nicht gereimten Gedichten. Bei manchen der⸗
ſelben kann man es nur bedauern, daß es dem Dichter,
den man in den „Todtenktaͤnzen um feine Meiſterſchaft
-
| a? a
in ber Form beneiden muß, nicht gefallen bat, ben eben
Keim, der in dieſen Liedern liegt, auf gleiche Weiſe zu,
pflegen; in manchen aber hat fich die verfhmähte Form
an dem-Sänger bitter gerädht, indem fie ihn einem Xone
preiögegeben bat, in welchem man ben wlrhevoien Dich⸗
tee micht mehr zu eikennen vermag. Dber iR es Kähe
im „Blinden Geiger” der Fall, der recht fehnfüchtig ſchoͤn
anfängt: "
Es figt ein blinder Geiger
Am Markt und fpielet auf
Biel Leute gehn vorüber,
Doch Niemand Hörer drauf, · 2
Er ſpielt die ſchoͤnſten Weiſen
Recht aus des Herzens Grund,
Und gibt in Sehnſuchtstoͤnen
Sein tiefſtes Leben kund.
Aber in dieſem unſchuldigen, reinen Volkstone faͤhrt das
Lied. Leider nicht fort. Die Ironie bat mit dem bereite
willigen Metrum ſchon gar zu oft gebuhft, unwillkuͤrlich
bemaͤchtigt fih die Freche auch unter Zedlitz's edler Fe⸗
der deſſelben und fängt an zu handtieren:
Die Leute gehn und ſchauen
Hinauf am nädjften Haus:
Da fieht ein großer Affe
Bornehm zum Fenſter 'raus,
Gin junges Kind nur eingig
Bleibt bei dem Geiger ſtehn
Und gibt ihm einen Heller
Mild im Borübergehn.
. Die arme Dirn’ iſt thöricht,
Weil fie der Herzwurm plagt;
S'iſt eine boͤſe Krankheit,
Dem Himmel fei’6 geklagt.
Ich felder bin bee Geiger
Und fpiele mid in Schlaf;
Wer aber ift ber Affe?
Man fagt, es fei ein Graf!
Mit wahrem Schmerz empfindet man es oft, wie jme
Nonchalance in ber Korm die orbinairften Paffagen neben
innige, wahre, neue Gedanken forglos anreihen, ober ih:
nen gar voranflelen kann, wie ©. 88 in bem Gedichte:
„Bewußtloſe Neigung”: |
Mäbchen, fo nenne ben Zauber
Der mid gefangen hält;
Sage, was haft du benn eigen,
Das mir fo [ehr gefällt? —
Ab! 's iſt die Einblicke Seele,
Die noch gebankenlos träumt,
Während in jeglicher Aber
Leben und Jugend ihr ſchaͤumt. '
Wir wetten darauf: in ein firengeres Sylbenmaß häts
sen ſich jene erſten abgebrofchenen Redensarten gar nicht
bineingewagt, und ber zweite, ſchoͤne Vers hätte ſich in
einem engem Gewande noch reizender ausgenommen.
Doch wir wenden uns, um nicht sadelfüchtig und
nicht als Verkleinerer eines fo anerkannten Dichtergeiftes
zu. erfcheinen, den volllommenern Lieben zu, beren ſich
auch biefe erſte Hälfte der Sammlung erfreut. Dahin
find neben ber viel.geruhmssen „Naͤchtlichen Heerſchau“, In
deren Lob. wir einſtimmen, obgleich uns Gedanke und
4‘
20°
Ausführung nicht fo eriginel vorfommimn, ald man durch⸗
gaͤngig zu glauben ſcheint, noch weiter zu rechnen: „Der
Beduine” (S. 14), ein frifhes Naturlied vol Leben und,
was bei dem Gegenſtande hoch anzuſchlagen iſt, ‚ohne _
Manie: :, 1. 4 r „
* % ” nn. e } ® ot. j , 3
Mein Habe Hält Fein Zaun umfaft,
Ich bin mein Wirth und eigner Gaſt;
Mein naͤchſter Nachbar neben mir
BBohnt Hundert Meilen |
2.707 Prei, wie der Wind der Wäſte weft, -
ei, wie bie Antilope gebt, .
teg” Ich auf dem dar en,
&o weit die Ebne ausgefpannt.
Weib meine® Herzens, meiner Luft,
Du einzig liegſt an meiner Bruft,
Dein braunes Aug’ blickt mild und klar,
Wie Mofhus wallt Bein dunkles Haar. -
Nie werd’ ich deiner Sehnſucht fatt,
Nie werd’ ich deines Reizes matt;
Roch glüh” ich wie am erften Tag,
Wo id im deinen Armen lag.
Dentft du der wonnefel’gen Nacht,
Unter tes Sternenhimmels Pracht,
Wo ſuͤß gebuhlt die blaue Euft
Mit der Akazie Bluͤtenduft?
Sobald der Dichter: es dee Mühe werth findet, feine
Kunft nur einigermaßen anzuwenden, fene Worte, rem
wir fo fagen dürfen,’ zufammmzuhalten, fo werben auch
feine Gefühle ernſter und wahrer, wie 3. B. in „Gute
Macht” (©, 41), wo das arme, verlaffene Mädchen fo
rührend fragt, 0b es auch recht fei, daß ber Geſelle fie
wie feine Braut gekuͤßt, und watum er fe lieb und bo
fo fchlecht fel. Alsdann fingt bie ſchwarzlockige Marie
(S. 56 fg.) fo rührend bei ihrem Kind:
Nein, neim! wir roollen leben,
Mir Weide, du und id!
Deinem Water fei vergeben, —
Wie ſelig macht' er mid!
Schade ift es, daß auch in dieſem Liebe bie verzweifelte
Bequemlichkeit den Sänger übernommen bat und ihn von
zehn Strophen willkuͤrlich nur die erſte, zweite, fiebente und
(die angeführte) letzte hat durchreimen lafſen. In freiem,
hymnenartigem Metrum, aber doch in einem funflvollen
KRhythmus bewegt fih das „Lieb eines Wahnfinnigen‘‘,
welches ſehr ſinnvoll bie drei Geiſter des Ehrgeizes, des
Geizes und der Liebesleidenſchaft, von welchen er beſeſ⸗
fen iſt, ſchildert. Gut gehalten find auch „Der arme Saͤn⸗
ger” (&. 19) und „Der fremde Buhle” (&. 45), nur
erinnern fie zu fehr, jenes an ein Uhland'ſches, dieſes an
ein Heine’fches Vorbild, Durch feine Wahrheit und In⸗
nigfeit erfreut auch — obgleich es ſchon Dftgefagtes wie⸗
derholt — das Lied: „Troſtloſe Thraͤnen“ (S. 78). Eis
genthuͤmlicher und vortrefflich ift das Lieb: „Beruhigung“
(&. 91), in welchen dem Mädchen, das mit bem Tage
lichbäugelt, die wunderbare Seelennacht ber Liebe. geweifs
fagt wird, im welcher einft Ihe Auge, ſich umdüflert und
ihr Blick in Thraͤnen lat. Wenn fie fih dann mit
DM. _
allen Ranken an ben Trauten klammert, ben Ihre Innern
Augen ſchauten, dann ſol ber Liebe Macht fie ſchirmen:
And er denke dich nicht ſchlilmmer,
Weil in ungeahnten Shfingn
Jugend dich und Arglift fingen,
Und Fein Engel dich bewacht!
In „Srühlingsliebe” hat einem nicht eben neuen Ges
banken die Kunſt eine neue Geſtalt verliehen, und wie
freuen uns mit ben zufchauenden Sternen, tote an zwei
getrennt ffehenden Bluͤtenbaͤumen „In wonnefeliger Nacht die
zartefte der Chen geheimnißreich vollbracht wird” (S. 102).
In den Romanzen und Balladen erfcheint Zeblig durchs
aus nach Uhland gebildet; wir glauben nicht, daß dieſe
Sphaͤre ihm urſpruͤglich von feinem Talent angewieſen war.
Unter ber Rubrik „Gelegenheitsgedichte“ finden ſich
einige durchaus nicht unter dieſe Rubrik paſſende freie Lieder,
die wir zu den beſten der erſten Hälfte mit Freuden zaͤh⸗
len, z. B. „Thraͤnengrund“ (S. 148 — 151) und „Deut:
ſches Lied” (S. 155). Ein Gelegenheitsgedicht iſt das „An
den König Ludwig von Baiern“ (S. 157). Der Did:
ter, „der nie vor Fürften gekrümmt gekrochen bat und
nur Dem, der der Ehrfurcht werth ift, Ehrfurcht zollt“,
neigt fih vor ihm — denn Miguel und Ludwig gelten
ihm nicht gleich, — nur als vor dem hoben Menfchen
und vergleiht ihn mit Siegfried, ber den Zwerg flug,
und mit Arion, ber die Fluten zähmt. Die beiden
Gedichte auf Goͤthe's Tod hätten wir lieber zu einem
Todtenkranze fefter geflochten und jenem Cyklus einverleibt
gefehen, wiewol ber Zoaft, welchen dem großen Dichter
der Juͤnger in Tokaier zutrinkt, vecht fchön if. Unter
den finnvollen und der Form nach bucchaus zur zweiten
Hälfte der Sammlung gehörenden Sonetten zeichnen wir
das aus, das der Dichter „An die Tadler“, ohne Zwei⸗
fel an die adeligen Standesgenofien, richtet, und daß feis
ner wahrhaft edeln Sefinnung Ehre macht:
Ihr ſchmaͤht, Ihr ſeht mid Gure Zeichen tragen,
Unb dennoch fei ich Keiner von den Cuern!
Nie werd’ ich's fein, das kann ich euch betheuern,
Weit eher würd’ ich meinen Schild zerfchlagen !
Ich ſeh“ Euch nur nad Euerm Vortheil jagen,
Mich muß ein hoͤh'res Biel zum Kampf befeuern:
Der Menſchheit Adel, den allein mir theuern,
Möcht? ich erhalten fehn in Fünft’gen Tagen!
Wie Ihr befig’ ih, was ich nicht veradhte,
Doch auch nicht achte mehr als fich gebühret;
'S ift nit vom Fuchs die Kabel und der Trauben!
Ich will nicht ſchmaͤhn; doch laßt mir meinen Glauben:
Daß Gottes Hand zu jenem Ziele führt,
Bon dem Ihr flieder, und nach dem ich trade.
(Der Beſchluß folgt.)
Atlante geografico, fisico e storico del granducato di
Toscana, di A. Zuccagni-Orlandini. Florenz, In
ber großherzoglichen Buchdruckerei. 1832.
Das fleißige und verdienſtliche Werl bes Dr. Zuccagni zu
Blorenz, der „Geographiſch⸗phyſiſch⸗hiſtoriſche Atlas von Ich.
cana“, ift nun mit berjenigen Karte, welche bie Ueberſicht bes
gefammten Großherzogthums enthält, in 20 Großfolisblättern
vollendet worden, Wenn biefes Unternehmen auch fihen im All⸗
- N
⸗
J
gemeinen Anerkennung nerbient, fo. iſt dies noch mehr ber Jall
durch bie große Sorgfalt, womit es In allen feinen Theilen des
arbeitet ift, während ſich vermöge des Zuſammentretens verſchle⸗
dener Verpättniffe der Ausführung deffelben durch die beſchraͤnk⸗
ten Mittel eines Privatmannes Echmierigteiten aler Art dar⸗
bieten mußten. Der unermüdlidke Derausgeber verdient das
Lob, weder Zeit no Mühe und Koflen geipart zu haben, um
fein Werk fo brauchbar und volllommen als möglich zu machen.
Bis jest waren Targioni⸗Tozzetti's Reifen die einzige umfaf:
fende und gründliche Arbeit über das Großherzogtdum, obgleich
es an werthoollen Schriften über einzelne Theile und Gegen⸗
ftände nicht fehlte, unter denen Koffombroni’s, Siuli’s und Ma:
netti's Arbeiten über das Chianathal, mehre verbienflliche Ab⸗
handlungen in den Acten der thätigen Alademie ber Beorgofli,
botanifhe, chemiſche und mineratlogifche Werke von Gavi (Io
deffen fchöne toscaniſche Ornithologie in trei Bänden), Gazzeri,
Biuli, NRepetti u. A., ber neuern gefhichttichen und archäologis
fhen von Pignotti, Micali, Inghirami u. X. m. nicht zu geben:
fen, eine befondere Grmähnung verdienen. Aber Zargioni, ein
gewiffenhafter Beobachter und wiſſenſchaftlicher Forſcher, war
in mander Hinſicht veraltet, und die Uebrigen Eonnten und ſoll⸗
ten nichts Umfalfentes geben. Es wäre für das Kortfchreiten
ber geographiſchen und ftatiftifchen Wiffenfihaften im Großherzog⸗
thume fehr wünfchenswerth geweſen, wenn bie vor einigen Jah⸗
ren gegründete totcan'fhe Gefellfchaft Fur vaterländifche Erd⸗
und Boltsfunde, an deren Spitze mehre verdienſtvolle Männer
flanden, Fortgang gehabt Hätte; aber fie erregte, man weiß
niht wodurch, das Misfallen ber Regierung, welche fie unters
drädte. Zuccagni's Werk, um wieder auf daſſelbe zurüdzus
fonımen, vertient alfo die Anerkennung, die ihm bereitö allge
mein in Toscana zu Theil geworden ift. Jede Karte enthält
eines oder mehre Ihäler (die natürlicfte, und wegen ber Bers
fdyiedenheit der Verwaltungseinfheitungen des Großherzogthums
für eine ſolche Arbeit allein zutäfjige Anordnung) neo deren ges
brängfer aber voufländiger Befchreibung. welche in ber yhpfifchen
Chqrographie von der Autdehnung, ben Grenzen, dem Anblide
bed Landes, ben Erb rgen, Ebenen, Klüffen und Seen, ber
Orpftologie, Botanik und Naturgeſchichte der lebenden Geſchoͤ⸗
pfe, dem Klima und den Bewohnern Nachricht gibt. Die His
ſtoriſche Shorograpbie erzählt Lie Schickſale des Landes ober ber
Provina unter den Etruskein und Römern, während und nad
ber Völkerwanderung und fo fort biß auf unfere Tage, nebft
einer Aufzählung der berühmten Männer und intereſſanten topos
graphiſchen und geſchichtlichen Notizen Über alle einzelnen Drte
von einiger Bedeutung, deren 3abl man nicht nad dem Um⸗
fange des Landes, wol aber nach der Rolle, weiche fo viele dies
fer Orte in den Zahrbüchern verganaener Zeiten fp.elen, ſchaͤ⸗
gen muß. Der Abfchnitt uͤber die Induftrie endlich handelt von
bem Aderbau, den Manufaczuren und dem Handel, woran fid
endlich eine Ueberſicht der Gebietseintheilung in Gemeinden, dee
Flaͤchengehalts und ber Bendlterung anſchließt. Den Anger
ben feiner Vorgänger Bein blindes Zutrauen ſchenkend, bat ber
Verf. alle einzelnen Provinzen wieder burdreift, an Ort unb
Stelle nachgefeben und Erkundigungen eingezogen: ein Verfah⸗
ren, das namentlih bei ſolchen Gegenden, wo ſich feir wenig
Jahren Vieles geändert, wie in dem Chianathal und den Ma⸗
remmen, oder die noch weniger unterfukt waren, wie die In⸗
ein, für die Nichtigkeit und Woiftändigkeit der Arbeit ſehr er⸗
prießlich fein mußte.
Nachdem das Phyſiſche und Geſchichtliche und der Zuſtand
der Induſtrie der verſchiedenen Provinzen auf ben einzelnen
Karten dargeſtellt werden, enthält die zuleht erſchienene (der Ord⸗
nung nach die erſte) die Ueberſicht des Ganzen nebſt jener der
‚@ebietseincheilung, des Fiäcyenraums und ber Bevdikerung des
Großherzogthums. Es iſt intereffant, bem Verf. in ber Zus
fammenflellung der Bemerkungen über Aderbau und Manufactu⸗
xen zu folgen. Xoßcana, fagt er darin, verdient in mehr denn
einer Dinfiht ben Ramen des Wartend von Italiens hinſichtlich
feiner Bebauung indefien- fing ea erſt vor nicht vielen Jahren
208
und auch dann nur theilweile an, ih Anfprücde auf diefen Na⸗
men gu erwerben. Unter der forglofen Mediceiſchen Verwaltung
fhien der Boden bes Landes von dem Fluche der Unfrucktbar:
keit getroffen und zeigte feinen Reichthum erft, als Peter Ero:
pold die liegenden Gruͤnde in Fractionen theilte, und feine wohl⸗
ige Hand die harten Feſſeln Löfte, welche den Beldbau zu
den bdrüdten. Gegenwärtig ift der Aderbau wol in’ ganz
Zoscona in gutem Zuftande, aber nur im Bal bi Nievdle ei-
entlich blägenb zu nennen, weil dort allen Landbauern Indus
e eigenthümlich und erblich I, während man bies im Bal
v’Elfa nur dem Geifle und Gifer einiger Wenigen verbantt,
und In dem übrigen hellen bes Großherzogthums der Lands
bauer ſich zwar thätig, aber felten induſtrids zeige. Wahr iſt
es indeffen, baß die alten fehlerhaften Verfahrungsweiſen nad)
und nad beffern Ylag machen; und wenn dies Überall geſchiedt,
wird ber Reichthum des Bodens. in Toscana ſich mit dem des be:
nachbarten Luccheſiſchen meffen Fönnen. Dem Zostaner fehlt es
nicht an Neigung und Liebe zum Ackerbau: Beweis fei bie verhälts
nißmäßige Anzahl der Solonen. In nur zehn Gegenden über:
ſchreiten diefelden nicht die 20 auf 100 Ginwohner, und in 15
die 30 auf 100, wo nämlidy der Boden volkreiche Städte trägt,
in 21 Gemeinden befchränken fie fih auf 30 — 40, und in 30
auf 40 — 50: dies iſt waldiges und gebirgiges Land, wo nur
die Viehzucht fortlommt, oder ans Meer ftoßende Ebenen, wo
es ausgedehnte Befigungen unb wenige Einwohner gibt. Aber
in 36 Gemeinden belaufen ſich die Aderbauer auf 50—60, In
44 auf 60—70, in ebenfo vielen auf 70-80; endlich in 30 über:
ſchreiten fie die 80 und in 10 bie 90 Köpfe ter Bevdtterung.
Der Staat ift in 247 Gemeinden getheilt, die im San:
zen einen Flaͤchengehalt von 7957 Miglien (italieniſch) und
1,887,795 Ginwohner haben. In mehr denn 120 Gemeinden
überwiegt ber Ertrag an Getreide, Del und Wein ben Bebarf,
in mehren andern reicht er hin, und fehlt zum heil ober ganz
(namentti Del) nur in ben höchften Gebirgsftrichen. Das Rind:
vieh beläuft fih auf 353,380 Stüd, wozu 3000 Büffel zu rech⸗
nen; Pferde und Eſel auf 118,340 (ohne die Pferde in Yen großen
Städten), Schweine auf 194,220, Schafe auf 877,650, Ziegen
auf 191,150. Dazu kommen noch 150 Dromebare in ter Ebene
von Pifa (zu San⸗Roſſore, worüber u. A. Eullin de Chateau:
vieug in feinen von Hirzel Üüberfenten Briefen redet).
Nach Jahrhunderte langer Knechtſchaft, womit bie Barbas
ren Italien bebrüdten, waren bie frei gemorbenen Toscaner bie
Erſten, mittels der Induſtrie den Nationalwohlſtand wiederzu⸗
erlangen. Piſa warb mächtig durch feinen Seehandel, und ber
florentinifdhe Freiſtaat, die Künfte zum Stuͤtpunkte aller Wuͤr⸗
den und Ehren erhebend, machte einen Befchluß, daß foldye, die
zu Feiner Kunftgilde gehörten, an der Verwaltung nicht follten
theilnehmen können. Die bebeutendften Nationen Guropas wur:
den zu jener Zeit der toscanifchen Induſtrie zinsbar, bis Gngs
land, Brabant u. a. ſich davon loszumachen begannen, ſodann
in Bervollfommnung der Probucte den Sieg davontrugen und
damit endigten, Lehrer des Voikes zu werden, von bem fie Urs
fprung und Grundfäge der Kunft erhalten. Zum verberblichen
Einken ker toscanifhen Wanufacturen trug namentlid das Sy⸗
ſtem ber Privilegien bei, welches durch das Zunftweſen genährt
und von ber Webiceifchen Regierung mit Worliebe gepflegt
wurde. Diefe Einritung mochte den Manufacturen nüsgen, fo
Nlange fie nicht die Vergleichung mit ber austänbifchen Induſtrie
zu beftehen und zu fürditen hatten; aber als dieſe lettere aus
Berpolllommnung voranſchritt, erflidte in Toscana das Privis
legium den Wetteifer, fchügte bie Mittelmäsigkeit, erniedrigte
und feffelte den Geift. Die Leopolbinifche Befeggebung weckte
von Neuem den Benius ber Kunft, aber nunmehr erfreuten fi
frembe Nationen bes Oberrangs in. jedem Induſtriezweige, Dan
den in Stalien nicht anerkannten Vortheilen einer populair ge
morbenen wiſſenſchaftlichen Bildung, und Toecana, gleich jeder
amdern Provinz ber Halbinfel, blieb frembem Kunftfleiß unterles
gen. Kleidungsftoffe aller Art, @egenftände bes Luxus, Hausge⸗
raͤth im beſten Beihmad und viele nothwendigfien Dinge
tommien jeut, aus engılflben, 65 deutfden Jabriken;
alte Maͤrkte Arvgen von fremden und cu Maares.
toscanifhen Kuͤnſtler und Handwerker fehlt es wicht an Geiſt:
deshatb geben mandye von Beit zu Belt in biefem ober jenem
Kunftzweige Proben von Arbeiten, weldge bie fremden an Schoͤn⸗
heit übertreffen; aber ber Käufer gibt biefen legtern den Wors
— weil er ſie zu geringern Preiſen erhaͤlt. Dieſer Vorzug,
n der häuslichen Oekonomie fo beachtenswerth, laͤßt ſich von je:
nen Fabriken erlangen, in weichen Wafchinerie die Anbeiten ers
leichtert, verkuͤrzt, veroolllommnet ab wohlfeiier machts aber
der Zoscaner, ben Unloften einer langwierigen, Beit und Belb
raubenden Dandarbeit unterworfen, Tann in keiner Hinſicht die
fremde Concurrenz aushalten. "Hier und ba beginnt man ei⸗
nige Maſchinen einzuführen, aber es geſchieht Iangfam und mit
verderbtihen Zögern. Zu Stia im Gafentino hat man bei
Berfertigung von Wollenfioffen moderne Mechanismen ange⸗
wandt, in einer Papierfabrik zu Seravezza bie Walzen ſtatt der
Pumpftöde, im Val di Chiana, zu Pescte, zu Modigliana wird
die Seide mitteld Dampf gezogen; aber biefe BVeifpiele find zu
felten und werden zu wenig nachgeahmt. Man darf nicht ver»
ſchweigen, daß dann und wann von denkenden Köpfen bie Sins
führung irgend einer fremden Wanufactur verfucht wird, wie
die der Nankins, ber Kryftallgläfer, bes Leims u. f. w., aber
fetten rechtfertigt dee Erfolg bie Doffnungen. Deſſenungeachtet
fehlt es Toscana nit an vielen nützlichen Künften und Erzeug⸗
niffen. Die Wollenzeuchfabrifen find zahlreich, Liefern indeB
meift nur gewoͤhnliches Tuch. Prato bewahrt feine Manufactur
von levantinifchen Mügen und hat viele Mefjingfabrilen. In
Piſa und Livorno gibt es viele gute Kunfttifchier. Pescia und
Golle baben zahlreiche Papierfabriten. Sm Val di Chiana,
Bat v’Sifa, Val d'Orcia und Bal di Nievole gibt es viele Toͤ⸗
pfer⸗ und @lasdfen, bie aber nur Gegenflände von gewöhnlicher
Qualität liefern. In der Vorſtadt von Florenz gibt es Kry⸗
ſtallglas und Porzellan, Damaftleinwandb und feine Strohhuͤte,
und Florenz endlich bat zahlreiche Lebergerbereien, gute Kärbes
reien, Danufacturen von Luruswaaren unb feinen Arbeiten in
Marmor, Atabafter, Gypskryſtall und harten Steinen, enblidh
feine Strobhüte, bie vorgüglichfien biefer Gattung, und feine
ausgezeicneten Geidenfabrifen, die ſchon vor Jahrhunderten fo
allgemein berühmt waren,
Toscana ift bis jegt unter den Rändern Staliens das eins
zige, welches ein fo gründliche® unb umfaflendes und mit fo vier
ler Freimuͤthzigkeit gefchriebenes topographiſches Werk beſigt. Der
Verf. hat es in der Zeit von vier Jahren begonnen unb volls
endet: eine wirklich ſehr kurze Friſt, wenn man bie Schwierig:
keit ber Arbeit betradhtet. Den Karten feldft Liegt bie große
des Pater Inghirami gu Grunde, weldye, nach neuen trigonos
metrifhen Aufnahmen bearbeitet, an Nichtigkeit wol nichts zu
wünfden übrig läßt und an Schönheit der Ausführung mit den
beiten Werten dieſer Gattung bie Vergleichung aushalten kann.
Bor Kurzem erfhien eine Verkleinerung derfelben (in einem
arch Kolioblatte), von G. Gegato, dem man die prächtige Karte
Nordafrilas und mehre geographifche Arbeiten über Aegypten ver⸗
dankt. Die Anordnung feines neuen Werkes ift ebenfo finnreidg,
als man deſſen graphiſche Ausführung mufterhaft nennen Fann,
und es ift das ſchoͤnſte diefer Act, welches bis jest aus Florenz
hervorgegangen il. Kür den Fortgang der geographiſchen Wiſ⸗
fenfyaften find dies waere und bankenswerthe Beſtrebun⸗
gen, und es ift ein gutes Zeichen, daß das Yublicum es an
Aufmuntesung dazu nicht fehlen läßt. 144,
4
Notiz.
Die erſte Sefammtausgabe von ‚The plays and poems
of Shirley” if bei 3. Murray in London, beforgt von Wil
Ham @ifforb, in ſechs Octavbaͤnden erfchienen. Der verglichene
Text ift von Eritifden und andern Noten begleitet. 8.
Nedigirt unter Berantiwortligtelt der Wertagähandlung: BU. U. Brodhaud in Selpzisg-
— —— ——— — —
—3⁊
“”
- SU ui
W Blätter
für ”
Mittwod,
— Nr. 51. —
20. Februar 1833.
Gedichte von J. Chr. Freiherrn von Zedlitz.
(Beſchluß aus Nr. 50.)
Mit der zweiten Abtheilung feiner Sammlung, welche
bie „Todtenkraͤnze“ eröffnen, kommt eine ganz andere
Stimmung in die Poefie unfers Dichters; Gedanke und
Wort haben die Salbung vom Himmel erhalten und feine
Mufe erfcheine mit einem Mal als das Mädchen aus
der Fremde, deren Hoheit und Würde jede Vertraulichkeit
entfernt. Die Vollendung, die in diefen Dichtungen ver:
mittel® einer tüchtigen Selbftbefchränkung durch das Ge:
ſchmacksurtheil hervorgebracht, worden, contraftirt auffallend
gegen fo viele mislungene Beftrebungen des Tages. Wie
Anfufionsthiecchen entflehen und vergehen heutzutage in
der deutſchen Literatur Iyrifche Bedichte zu Tauſenden;
geroiß würden wir bei noch mäßigern Gaben der Dichter
Bleibenderes von ihnen erhalten, wenn, fie fich entichließen
tönnten, mit ihren Mitteln hauszuhalten und mit ihrem
Dfund auf Binfen zu wuchern. So aber ziehen fie «6
vor, das Capital auf Einmal zu verfchwenden. Ihr
Bischen Phantafie gewährt ihnen den Schein der Unend:
lichkeit, weil fie formlos ift; Regelzwang erfcheint ihnen
als verächtlihe Armuth, und nun vergeuben fie, unbe:
kuͤmmert um Einheit und Darmonie des Stoffes, unbe:
. müht ſelbſt um jene Spiegelklarheit der Sprache, die bei
den ˖ Dichten des Alterthums imerlaßliche Bedingung des
DProdbucirens war, in einem leichtfinnig behandelten Syl⸗
benmaße zehnerlei Gedanken und Bilder auf Einmal,
und begreifen es nicht, wenn das flumpfe Publicum nicht
mit Begierde nad) ihrem Reichthum greift. Ganz anders
it unfer Dichter in feinen „Todtenkraͤnzen“ verfahren.
Er hat ſich eine einfache Idee gewählt, welche die Gren⸗
zen des Stoffes fogleich genau beflimmte, und bat die:
fefbe in einer Form ausgearbeitet, welche ben Grundges
danken mit allem feinen Entwidelungen in großer Klar
heit, wir möchten fagen Durchfichtigkeit, darſtellt. Jene
|
Sie ſucht das Höchfte ſtets, wie ſie's erfennet!
Längft im Gemeinen wär’ bie Welt zerfallen,
Laͤngſt wären ohne fie zerfläubt die Hallen
Des Tempels, wo bie Himmelsflamme brennet ;
Sie ik der Born, der ew ges Leben quillet,
Vom Leben flammt, allein mit Leben füllet!
Grade weil diefe Idee, wie alle Wahrheiten, keine neue
ift, fo verdient es um fo mehr Bewunderung, wie ihr
der Dichter bucch die Anwendung und Ausführung eine
[4
wirklich neue Geſtalt zu geben gewußt und hier eine uns °
beftreitbare Erfindungsgabe beurkundet hat. Er läßt naͤm⸗
lich, nachdem er jenen Grundgedanken ausgeſprochen, eis
nen riefenhaften, grauenvollen Schatten zu fich treten, den
Geiſt des Grabes; er erbietet ſich, ihn dahin zu fühs
ven, wo die Xhoren modern, die fowie er einft Lichtge⸗
danken geträumt haben und die ihr eignes euer verzehrt
bat. Der Dichter hat ſich durch diefe Wendung auf eine
gefhichte Weife in feinem überreichen Stoffe befchräntt,
der ihn fonft durch feine Endloſigkeit hätte bang machen
Grundidee ift aber die, daß das Ideal, das unfere Bruſt
entzimdet, das allein Unfterbliche fei:
Ein Kern des Lichts fließt aus in Hundert Stralen,
Die gottentfiammte Abkunft zu bewähren,
Begeiftrung if die Sonne, bie das Leben
Befruchtet, tränkt und reift in allen Sphären! -
In welchem Spiegel fi ibe Bild mag malen,
Mag fie im Liebe kuͤhn bie Zügel heben,
Bag Herz su Herz fie fireben,
—
*
muͤſſen; denn wenn er alle Geiſter, welche in großartiger
Begeiſterung dem Ideale nachgeſtrebt, ſich aufzuzaͤhlen
vorgeſetzt haͤtte, welch eine Galerie haͤtte das gegeben;
mit Willkuͤr aber auszuwaͤhlen, waͤre ſehr unbefriedigend ge⸗
weſen. Dadurch aber, daß es der Erdgeiſt, der vernei⸗
nende iſt, welcher die Auswahl zu treffen bat, verengt ſich
bee Kreis ber DBegeifterten, welche Gegenfland des Liebes
werden Eönnen, auf der Stelle. Denn natürlich wird ber
Geiſt des Grabes zuvoͤrderſt alle Diejenigen bei Seite
laſſen, welche in vollee Selbftbeftiedigung für bas Ideal
gewirkt und entweder gluͤcklich geendet haben ober wenig:
ſtens erſt dann gefcheitert find, als ihr hoher Lebenszwedl
der Dauptfahe nad erreicht war. Dann aber wird er
auch von ’den Andern nur Diejenigen ausfuchen, welde
theils duch eigne Schuld, durch Werunteinigung des
Ideals mittels Beimiſchung irdiſcher Stoffe zu Grunde
gegangen, theils durch den Meid des Schickſals geflürzt
worden find, che ihre Begeiſterung das erſehnte Ziel hat
erreichen können, theil® nur das ewig Unerreichbare ers
fitebt haben. Diefen Kreis, der begreiflich immer noch
ſehr weit ift, lag dem Dichter noch ob auf kuͤnſileriſchem
Wege zu verengen, indem er für jene verfchiedenen Gat⸗
tungen innerlich ober aͤußerlich verunglüdter Begeifterung
nur bie Hauptrepräfentanten aus der Gefchichte des menſch⸗
lichen Geiſtes herauszufinden hatte. Aus dem oben Ges
8
4
v
Fiterarife Unterhaltung
Pd
‚210. '
fagten erklaͤrt fih nun zur Genüge, warum wir von Rd:
nigen und Sriegshelden feinen Alerander, Beinen Karl ben
Großen, keinen Guſtav Adolf hier gu ſuchen haben, wol
aber ein Waltenftein, ein Napoleon uns bekraͤnzt entge⸗
gentritt; warum von Dichtern kein Aeſchylus, kein So:
phokles, kein Shakſpeare, Dante, Göthe, Schiller mit
dem Kranze begabt wird, fondern nur Etlicher von ihnen
in der Schlußantwort des Dichters Erwähnung gefchieht,
bagegen ein Petrarca und Taſſo hier nicht fehlen burf:
ten; warum aus allen Liebenden nur Romeo und. Zulie
ausgewählt find; und vieleihr neben andern Beweggrün:
den auch hieraus, warum von begeifterten Staatsmännern
nur Canning und von Meformatoren kein Luther, fondern
nur Kaifer Joſeph auf der Scene erfcheint. Unbegreiflich
" Dagegen iſt es uns, warum auch in jenen felbftgefegten
Schranken die heiligſte aller Begeiflerungen, die relis
giöfe Begeiſterung, keinen Pag gefunden bat.
Da die „Todtenkraͤnze“, wenigſtens im Gabre, ſchon
ältere und durch eine frühere Publication hinlaͤnglich ge:
kannt find, fo bedarf es in biefer Anzeige keiner ausführ:
lichen Darlegung ihres Inhalte, und wir können uns
mit einzelnen Bemerkungen und Belegen dafür begnügen.
Die ſchoͤne Schilderung Wallenſtein's, welchek bie
Scene zuerft betritt, iſt in einiger Abhängigkeit von dem
Schiller'ſchen Bilde gehalten, welche fih zum Theil fo:
. gar bis auf den Ausdrud der Gedanken erſtreckt, wie in
den folgenden Worten?
Kaum angellagt, ift er auch ſchon gerichtet,
Und fo wie Einer, ber tie That vollbrachte
Wird er geftraft, weil er vielleicht fie —
. dachte.
Der Gedankenſtrich iſt hier vergebens, denn es weiß jeder
Leſer und nicht nur aus dem Reime, was hier kom⸗
men wird.
D Der dritte Todenkranz beginnt mit einer glänzenden
Beſchreibung der Geiſterreiſe:
Und ohne Ende daͤuchte mir bie Reife,
Und wechſelnd fah ich's dunfeln bald, bald tagen!
Bald z0g der Morgen her mit feinen Gluten,
Und nah’ bei mir fah ich den GSonnenwagen
Mit goldnen Rädern auf bemantnem Gleife,
Unüberfehbar ſchienen rings die Fluten
Des weiten Meers zu bluten,
Euftfiröme blendend mich zu überfließen;
Maid wieder bas Gewoͤlk ſich zu verdichten,
Die Nebel thürmend fih auf Nebelfchichten,
und Finfterniß ſich allwärts zu ergießen;
Bis ich bie Greife ſchnauben Hört’ am Zügel,
" Der Nacht Sefpann mit Mähn’ und Dracenflägel.
Die Fahrt führe ihn nah St. Helma. Hier war es
für den Dichter noch fchreieriger als in dem vorangehen:
den Abfchnitt, ein ungefprochenes® Wort zu ſagen; aber
auch bier zeigt der Zauber der Form uns das Bekannte
in einem neuen Lichte, wie Duft und Sonne uns bie
geroohntefte Gegend zu erneuen und zu verklaͤren im
Stande find. Was wir allein wimſchen möchten, ift,
daß der Dichter fein eignes hiſtoriſches Ich dem Titanen
gegenüber (DB. 30) aus dem Spidie gelafien hätte. Der
Scher ſehnt fich jetzt aus biefem „allzu thränenwerthen”
\ : v
!
-
-
Raume weg, fort von dem Schwerte zu: ben Palmen, zu
denen, bie mitten im Oetümmel einfam fichen und nur
nah einem füßen Sterne bliden, und ber Geiſt des
Srabes führt ihn nach Vaucluſe und zeigt ibm Pe⸗
trarca’8 Loos.
O felig Paar, wohl werth, deß man dich neibe!
ruft der Dichter aus; ber Geiſt aber erwibert:
und dennoch fag’ ich bir, daß mehr ber Thraͤnen
Sefichen find aus Laura's fühen Augen,
Mehr Vipern an Petrarca's Bruft gehangen, -
Die Ströme feines Blutes draus gu faugen, -
Ibn zu zerfleifhen mit ben gift'gen Zähnen,
Als je genetet zarte Rofenwangen,
Ze eine Bruſt umfchlangen !
Man folite meinen, fährt der Geiſt fort, ein foldhes
Band, in Luft und Schmerzen geftäble, könne nur mic
den Herzen brechen.
und body geſchah's viel eher, als fie flarben!
‚Bon jener Flamm' ift Aſche nur geblieben;
Es hat das kurze Sein nicht überbauert,
Was doch unfterblich, ewig ſchien, ihr Lieben!
Ein dittereres Argument konnte der Grabesgeiſt dem Ver⸗
theidiger ber Begeiſterung freilich nicht vorhalten als das
aus der Vergaͤnglichkeit der heiligſten Gefühle enggom:
mene. Die Behandlung dieſes Gedankens durch den Dich⸗
tee iſt vorteefflich. Der fünfte Todtenkranz befingt Ro⸗
meo's und Julia's Geſchick und zeigt, wie oft der Liebe
auch ein Außerlich klaͤgliches Loos auf Erden bereitet fei.
Uns daͤucht, eine auffteigende Klimar hätte hier mehr
Eindrud gemacht, d. h., Petrarca's Loos, welches, fo vom
Dichter aufgefaßt, offenbar das troftlofere ift, wäre beffer
erft nach dem Loofe Romeo's gefchitdert worden. Hoͤchſt
geiſtreich, gewiß aus den eignen Erfahrungen des Did:
ters ergänzt, ift Taſſo's Schidfal behandelt (S. 286 fg.),
befonders (S. 290 fg.) fein Leben am Hofe des Alfons.
Du meinft, fie ehren dich, weil fie erfuhren
Dub Walten deines Geifts im tiefften Eeben,
Himmliſcher Gaben angeborned Weben,
Den Zauberſtab begünftigter Naturen?
Du bätteft ihre Achtung fortgetragen,
Weit fie entzücdt in ihre Hände ſchlagen?
Unfel’ger Irrthum, ber dich hat geblenber!
Sin Gaukler biſt du, ihre Zeit zu würgen, 5
Um, vorgerufen nad dem üpp’gen Mable,
Den trägen Lauf der Stunden zu verkürzen!
Man fit dich fort, wenn du dein Lied geenbet!....
Der ſiebente Todtenkranz ift Lord Byron gewidmet. Wir
glauben, nirgehd eine treffendere Charakteriftik diefes großen,
aber unfeligen Genius gelefen zu haben als in den meifter-
baften Verſen S. 304 fg. Nur einige Proben) &. 306:
Sowie bie graufen Lieder ber Dämonen ‘
Zum Wahnfinn trieben durch die wilden Klänge,
So fühlen wir das tiefte Mark erbeben,
Bernimmt das Ohr die furchtbaren Geſaͤnge;
Und wie in den verbünnten Regionen -.
Des hoͤchſten Luftraums Denen, die brin ſchweben,
Oft Athem ſtockt und Echen,
Und Blut entquillet den gepreßten Lungen:
So ſtrebt die Seele angfivoll zu entrinnen
Dem Zanberliede mit betaͤubten Sinnen,
A|
MiS baf ber Dagwö, der ben Kreis gefälungen,
’s ibm genehm if, Eure zu enden,
Ungf
Hohnlachend bebs den Etab, den Bann zu wenden.
©. 308: |
ungluͤckliches Gemüth, deß träber Spiegel
So groß entftellt die Witber widerſtralet,
Die Leben und Ratur mis holden Zeichen
In hellen Karben liebiich bat gemalet! —
Wohl auf der Stirne glänzt das Meifterfiegel,
Dem Macht gegeben in den Geikerreichen,
Doch freut es didy, im bielchen,
Unfikern Schein bie Seele zu beirren! —
Richt mebr dich felbft vermag ich zu erfennen!
Prometheus’ Bild ſcheint vor dem Blick zu brennen,
Doc feltfam wechfelnd, feh’ ich's ſich verwirren!
Bift du, Prometheus, der bie Wunden fühlet,
Bit du der Geier, ber fein Herz durchwuͤhlet?
Ze eigenthuͤmlicher diefe Schilderung des Byron'ſchen
Geiſtes ift, um fo. ſtoͤrender iſt die offenbare Reminifcenz
aus Lamartine, welche den Dichter bei feinem Adlergleich:
niſſe befchlichen hat:
Blei dem einfamen Aar biſt
‘
Sn dder Wüfle Grauen u. f.
Grade fo, aber mit gründlicherer Durchführung des Gleich⸗
niſſes redet ber franzöfifhe Dichter den Helden an:
L’aigle roi des deserts dgdaigne ainsi la plaine
bu zu ſchauen
w.
Suspend aux flancs des monts son aire sur l’abime,
Et la seul entour6 de membres palpitans,
De rochers d’an sang noir sans cesse degoutans,
. Trouvant sa volupte dans les cris de sa proie,
Perc& par la tempete, il s’endort dans la joie.
Die letzten Kränze vertheilt der Dichter an die Staats:
lenkex Canning und Kaiſer Joſeph. So richtig ber Ers
fiere bezeichnet und gewürdigt fit, fo dürfte doch, nach:
dem feine Nachfolger duch die Parlamentsreform beinahe
das Unglaubliche durchgefept haben, unfer Dichter felbft
feine Worte für übertrieben und unwahr erklären, ob:
gleich fie ſehr fchön find:
Sieh', wie die Blätter, feinem Kranz entfallen,
Roh gnügen, um bie Erben zu befrängen
Mit Buͤrgerkronen! — Ihre Häupter glänzen
Bon Strahlen, die von feinem Antlis wallen !
Unldsbar ficht fein Zauber, denn fie haben
Das Siegel mit dem Wanderer begraben.
Aus der Kinalantwort bes Dichters an den Erdgeiſt
hätten wir bie voreilige Apotheofe eines Lebenden (S.346)
um bes Verfaſſers willen hinweggewuͤnſcht. Im Uebel:
gen ift fie genügend und voll herrlicher Verſe. Sie con:
centrirt ſich in folgender Strophe:
Doc Alle, die ben Flammentrank getrunlen,
Sind gluͤcklich, ja, fie find’s, ich will's beſchwoͤren;
Denn ihren Urfprung haben fie empfunden, .
Den göttlichen, unmoͤglich zu zerſtoͤren!
Die Helden, die fürs Baterland gefunten,
Siegjauchzend mit den tiefen Tobeswunden;
Die fi ein Herz verbunden,
Die einen hoben, himmliſchen Gedanken
Genaͤhret mit dem Marke ihres Lebens,
Die fi) ein würbig Biel gefent bes Gtrebeng,
In Wirken, Lieben, Leiden ohne Wanken,
Sie warm felig, felig zum Beneiben,
Unb ihre Schmerzen wogen taufenb Freuden!
4 241
Nach dieſer Mufterung ber „Tobtenkraͤnze“, bie ihrem
Verf. die Dichterunfterblichkeit ſichern, erwähnen wie noch
des Fragmente: „Das Kreuz in Hellas“, welches eigent⸗
li nur die Einleitung bildet zu einem verfprochenen Bes
dichte und erſt die Ueberſchrift zu feinen Gegenſtande
machen fol, das aber durch die Wuͤrde der Gefiunung.
und den hohen Grab von Freimuth, von welchem bafs
ſelbe beſeelt iſt, ſowie durch nicht geringe Vollendung ber
Form ſich fehr ruͤhmlich auszeichnet, obgleih es demer an
Phantafie und rhetoriſch⸗ dialektiſcher iſt als bie „Todten⸗
ränze”. Man ſieht es In unfern Zeiten gem, wenn
um der hoͤchſten, tebifchen Güter willen ſich bie Dichter
zumellen aud von dee Profa hinzeißen laſſen. Und fo
wird man auch nad) dene Atberlichen Kluge ins Reich ber
Geifter die Schupprebigt des Verf. für vernünftige Kreis
beit bee Preſſe u. ſ. w. (S. 368 fg.), zumal in fo Eräfs
tigen Verſen, willkommen heißen. 28.
4. Ueber bas Anlehn der Eönigl. preußiſchen Seehandlung,
von Friedrich Lewald. Hamburg, Hoffmann und
Campe. 1832. 12. 4 ©.
2. Das Prämiengefhäft des koͤniglichen Seehandlungsin⸗
flitute® in Berlin, verbunden mit ciner Nachweiſung
über den Stand beffelben und über den natüclicyen
Werth der Praͤmienſcheine in jedem Sabre befonders.
Don €. S. Unger. Gotha, Henninge. 1832. 12.
8 Br,
Die auf,25 Jahre berechnete unb in einer Emiſſton von
252,000 Prämienfdeinen zu 50 hir. beftehende Anleihe der
preußifchen Seehandlung vom 80. Zuli 1832 mußte Genfation
erregen, weil man weiß, daß eine Gabinetsorbre die Aufnahme
neuer Staatsſchulden bis zur Sinberufung ber Reichöflänbe aus⸗
zufegen verfprah, um dem Bolfe eine Gewähr ber Berfaffung
“zu geben. Man ſah diefe Anleihe der Geehanbiung als eine
mastirte Staatsanleipe an, um jene Gabinetsorbre anftändig
umgeben zu koͤnnen. . \
Die Schrift von Friedrich Lewald faßt offenbar bie
Sache von biefer Seite. Sie ifk daher mit feltener Bitterkeit
abgefaßt. Zuerſt wird mit ber größten Heftigkeit gegen bie
„Binanzgritter zu Felde gezogen, die ihren gebiegnen Silber⸗
baum an bie morſche Adelseiche anpflanzen und den Böllern
hoͤchſt gefährlich zu werden broben, indem fie den Goldatlas
ber Staatsſchulden zu vergrößern fich bemühen. Dann wirb
das Seehanbdiungsinftitut als ein bem Ganzen nachtheiliges, fruͤher
übel angewendetes bargeftelit. Der Präfident von Goͤrne ſoll
das Gapital der Geehandlung zum Anfaufe polnifcger Güter,
zur Verleihung an polnifhe Magnaten gemisbraudyt haben,
"um — bie polnifche Koͤnigtkrone durch feine Schuldner ſich aufs
fegen zu laffen! Hierauf wirb das gegenwärtige Anichn als ein
ſehr luͤgenhaftes bezeichnet. Einmal fou die Seehandlung, weiche
‚angebli ihr in dem Straßenbau fiedenbes Gapital flüffig ma⸗
hen wid, nicht, wie. fie ausfant und aufnimmt, 12, fondern
nur 7 Millionen Thaler in dem Straßenbau fiedten haben, dann
foU die Seehanblung das Anlehn zu 5 Proc. berechnen wollen
unb doch nur 4 Proc. wirklich berechnen. Alle birfe Ausflel-
Iungen find durch ftärfere oder ſchwaͤchere Brände geftügt, und
es ift feine Frage, daß bad Schriftchen viel zu reben unb
za denken gibt, wenn auch zu viel Galle in bie Tinte gera⸗
if.
Die Schrift des Herrn Unger geht bie Anleihe ganz rubig
durch. Es wird von der —— Bebratuns —** und
nur bas fe der Theilnehmer en. Au) er macht
die Wem ‚ bob im Plane der Bindfuß zu 5 Proc. ange»
nommen wirb, wähzenb er niebriger ausfalie, indem man das
Sapital, das man anleiht, um 600,000 Thir. ober um „'; über
das verſicherte und beredunete hinaus vergrößerte. Die Gerhand-
Iung fpricht naͤnclich in ber Zinsberechnung nur von 12 Mil⸗
lionen und nimmt body 12} Millionen auf. Indefien wird zu
elaſſen, dab aud in der gegenwärtigen Geſtalt die Anleihe
für bie Gapitaliften vortheilhaft fei, welche bios 45 mit ihren
Sapitalen gewinnen können. Die Anleihe fol zwar unter den
Staatsanleihen eben, weil biefe regelmäßigen Zinfengenuß ges
ben, aber dafür den Lotterieloofen ind felbft den Sparkaffen⸗
fcheinen weit vorzuziehen fein. Die arithmerifchen Meweife find
hoͤchſt flgäebar. .
In der That verdient bie Anleihe nidht die Anfechtungen
°des Hrern Lewald in dem angeivendeftin Maße. Heutzutage
find Gapitale genug vorhanden; wärum follte man nicht auf
moͤglichſt wohlfeile Anleihen denken? MWirb auf ein Letterieloos
die Summe von 36 Thlr. gefegt, warum foll man nicht Praͤ⸗
mienfcheine zu 50 Thlr. ausgeben * Gewinnt bie Regierung, fo
kommt es doch gewiß ben Gontribuenten zu Gute. Dagegen
muß man bie Meinung theilen, daß man den Beinen Kunftgriff
der 600,000 Thlr. Hätte vermeiden follen. 150.
Aus Italien.
In der Straße Prabella zu Mantua ſteht ber ehemalige
Palaſt der Marchefen Zorefli, fo von einer Yeuersbrunft bes
fſchaͤdigt, daß nur ein Zimmerden im Erdgeſchoſſe unberührt
übrig blieb. Aber grabe diefed Zimmerchen reicht hin, Breunde
der Kunft zu überzeugen , wieviel bei jenem Brande ihnen ver
loren ging, benn trefflidhe chtliche Bilder und Landfchaften,
nah Art der Miniaturen ausgeführt, find auf feinen Wänden,
die beweifen, daß Biulio Romano dem Schmude dieſes Haufes
fein Zalent weihte. Man beabfidytigt jeht, die Srämmer durch
ein ſchoͤnes Gebaͤude zu erfegen, und auch das befprodgene Zim⸗
mer wirb abgebrochen werben müflen; um jedoch Freunde ber
Kunſt nicht des Benuffes für immer zu berauben, ließ man ben
&ud von ben den unb von der Wölbung der Dede vor⸗
her abfägen, und burch bie Geſchicktichkeit Pietro Dovati’s, der
fi dem Gefcgäfte unterzog, find nicht allein alle Gemälde gerettet,
fondern mehre GSthde, die iffe früherhin Hatten, durch feine
geſchickten Vorkehrungen nger geſichert. Der Genius ber
Baufunft in einer Laube, über dem Kamine, Apollo's unb
Marfyas’ Wettlampf, Wariyas’ Strafe, durch ben Wort feibk
vollzogen, wie auf einem Bilde ber bresdner Galerie, das
Urtheil des Paris, Diana im Bade und Neptun in ber
Muſchel find die Gegenſtaͤnde der geſchichtlichen Darflellungen, unb
ſelbſt die Weife, wie die Aufgaben erfaßt find, verräth Giulio's
häufig muthwillige und Eräftigsfinnlihe Seiſe. Giner Pleinen
Schrift: „‚Dipiati nuovamente scoperti d’invenzione di Giulio
Romano, 1 quali servono di appendice ai Mmonumenti man-
tovani” (Mantua 1832, 4.), gibt auf ſechs Tafeln bie Umriffe
diefee Werke, und bie beigegebme ſchlichte Erklaͤrung ſtellt als
Bermutbung hin, daß Siulio, Bolbafare Galtiglione zu eh⸗
zen, beffen Gemahlin eine Zorelli war, wol grabe im Schmu⸗
te diefes Hauſes ſich gefallen haben möge.
Ein DOrbensgeiftticher zu Lucca, Johann Joſeoh Matroja
ik in ber Muße feines Berufs auf ben Gedanken gekom⸗
men, ein Syſtem von Zeichen aufzuftellen, durch deren Huͤlfe
man Leuten, bie leſen koͤnnen, in allen Sprachen der Welt le:
fertich wäre. Er hat ſonach bie Aufgabe gelöft, die ben verſtor⸗
denen Gavary fo viel befkäftigte, wenn rine Wethobe, wie Das
traja fie vorſchlaͤgt, für eine Löfung gelten kann; denn voraus
Hefent, daß Iemand den Muth habe, fh in fein ſchwieriges
212
Rebdetheile in der Schrift. Die 3a
nenten an die Buchſtaben angefügt, balb gehen fie, wie Multi⸗
plicatoren voraus ober folgen. Als Exponenten beigefeht, ber
zeichnen fie, welchem Redetheile das verſtandene angehoͤre;
als Multiplicatoren vorausgehend (wie algebraiſche Goefficien⸗
ten), geben fie bie grammatiſchen Zufaͤlligkeiten; als Muitipli⸗
catoren bem Buchſtaben nadıgefegt, beuten fie auf bie Einheit
oder die Bieiheit. A' z. B. ift ein Subflantivum ; weiches man
jedoch erſt durch des Werf. ſynoptiſches Wörterbuch erfährt,
das er feinem unten zu nennenben Werke beigegeben hat. Run
gibt es in ber italienifhen Sprache ſchon viele Gubftantive ;
daher bat Hr. Matraja oftmals das Alphabet wieder von vorm
anfangen muͤſſen. Diefes anzubeuten fest er die Ziffer, welche
diefe® angibt, unter den Grponenten auf bie Linie; das Wort
„corriere'’ ift aufbiefe Weife 8' 94 geworden. Wer Genaueres
zu wiffen verlangt, mag bie „Genigrafia italiana, o nuovo
metodo di scrivere quest’ idioma affıach® riesca identica-
mente leggibile in tutti gli altri del mondo, inventato e pub-
licato dal M. R. P. F, Gie. Gius. Maeireja, di Lucca,
Minor ÖOsservante della provincia di Toscana etc.” (Rucca
1831.) Iefen; und damit der glädticdde Gedanke auch andern
Ländern nicht verloren fei, fo dag der Verf. 1832 fein Wert im
Lucca in frangdfifcheer Sprache Herausgegeben unb beabfichtige,
es —— ſpaniſch, engliſch, deutſch und lateiniſch zu wie⸗
derholen. Die „Biblioteca ital.“ hat im Geptemberhefte 1832
dem Buͤchelchen eine Widerlegung gewidmet, die außer dem Verf.
Bielen zu gruͤndlich ſcheinen wird.
Wie lebhaft in dieſem Augenblicke bei ben Italienern das
Intereſſe für Werke der Baukunſt iſt, beweiſt der Umſtand, daß
der Buchdrucker Vinc. Ferrario gu Mailand eine, Raccolta dei
classici italiani di architettura civile da Leon. Batt. Alberts
fino al secolo XIX begonnen hat, bie außer Alberti’s Schrift
„Dell’ architettara”, Gerlio, Barozzi von Wignola, Yalladio,
Scamozzi, Sanmicheli, Gattaneo, Rusconi, Dfio und Galli, aus
ßerdem auch noch einzelne berühmtgeworbene Abhandlungen ents
halten fol. Als erfter Band iſt davon ein Werk Milizia's ers
ſchienen, ber begreiftich nicht fehlen burfte, herausgegeben von
@iov. 'Antolini („Principj di architettura civile di Fr. Ms-
Iizie. Prima ediz. milan. illustrata per cura del prof. archit.
@. Antelini", Mailand 1852, mit 56 Kupfern, 12 Lire;
auf Belinpapier nad) Boboni’fcyer Weiſe gebunten 20 Eire; bie
beigefügten Bemerkungen find wefentiiche WBereicherungen.
Die oft und viel befprodgene Frage, ob der Purpur ber Al⸗
ten bios ein prangendes Roth geweſen ober, wie Amati unb
1)
nad ihm Rofa und Viviani behauptet haben, viele andere Far⸗
ben, nicht bios Abflufungen von Both unter ibm verſtanden
worden feien, bat einen gelehrten itelienifchen Chemiker aufs
Neue angeregt, ter mit Berſuchen, die Herrlichkeit des altem
Yurpurs berzuftellen, feit Jahren beſchaͤftigt iſt. In einer klei⸗
ner Schrift: „La porpora rivocata entro i confini del pn.
Diss. critica del farmacista Bart. Bizio' (Venedig 1882.),
ſacht er nun barıuthun, daß der Name Purpur bei deu Atem
nur der rothen Farbe in ihren verfchiedenen Grabationen zu⸗
kam, unb madıt biefes durch befchriebene chemiſche Verſuche
glaublicher. Voß's Erklaͤrungen zu Birgil’s ländlichen Ge⸗
dichten (1V, 44) beſtaͤtigen feine Behauptung, wenn auch
Schneider in ben Anmerkungen zu Ulloa's, Rachrichten ven Ames
vita’ (II, 877) zweifelhaft machen koͤnnte. 2.
Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Veriagähanblung: F. A. Brodbaus in Leippig-
⸗
Blätter
.—... ——— x . oo für . . ‘ .
titerariſche
Donnerstag,
Unterhaltung
Zweites Buch. Erfte Fabel:
Sfengrim und Reinbart auf dem Hoftage.-
Mer König dee Thiere, der Lime Rufanus (oder nach
anderer Handſchrift beffer: Ruffanus, welches durch Aſſt⸗
milation für Rulfanus, d. h. Arnulfus ſteht) iſt krank
und beſchließt einen Hoftag zu halten, um durch Feſtlich⸗
keiten ſich zu zerfteeuen und aufzuheitern. Auf biefem
Tage erfcheinen Berfrid, der Wide, Grimmo, der Eber,
Rearidus, ber Hirſche, und Bruno, der Bären Vertreter.
Die Scyöpfe vertritt der Widder Joſeph, die Wölfe Iſen⸗
grim, die Füuͤchſe Reinhart.
im Ramen ber Ziegew, und Gutero im Namen ber Da:
fen. Alte fühlen fich furchtlos anfer dem Fuchs Reinhart,
der vieler argen Streiche fich fehuldig wußte, und der das
ber erſt auch ſaͤumt bei Hofe zu erſcheinen. Iſengrim bes
ſchloß den Fuchs. anzullagen und eilt daher den übrigen
Magnaten voraus an ben Hof. Zuerſt fpielt er den Arzt
und fühlt dem Könige an den Puls, welcher jedoch anfangs
Iſengrim's Wiſſenſchaft in Zweifel zieht; als er aber be:
merkt, daß dem Wolfe zum Theil ein neues Fell waͤchſt
(da die Widder ihm zuvor das alte zerlächert hatten),
fängt er an, an feine Kunft zu glauben und erſucht ihn,
auch ihm diefe Kunſt der Werjüngung zu lehren. Da
beginnt Iſengrim Reinharten anzuklagen. Diefer babe,
ſagt er, allein gewagt, des Könige Gebot zu verfigen;
das folle er beſtrafen. Uebrigens muͤſſe er, um zu genes
fen, beute den Schoͤps und morgen ben Bock verfpeifen;
dies befehle er als Arzt... Ja, er folle nur den Bock, wenn.
er ihn auch morgen erſt zu eſſen hätte, heute gleich toͤd⸗
ten, da frifch getödtetes Fleifch ohnehin ihm weniger gefund
ſei. Da merken Bold und Schöps, die während ber Zeit
mit ben andern Magnaten anfamen, was Sfengeim, in:
dem er mit dem Könige leife fpricht, ihnen bereite, und
heißen ihn des Königs Ohr verlafien, wobei fie ihm denn
zugleidy mit ben Hoͤrnern tüchtige Stöße verfegen. Grim⸗
mo und Bruno oben bie beiden Muthigen.
aber weicht nicht, bis er endlich von der Seite des Rd:
nigs herabgeworfen wird, worauf Schoͤps und Bock bem
*) Bol. Ar. 22 u, 23 d. BI. D. Red.
Bertiliana endlich erfcheine |
Iſengrim
Könige den Reinhart als Arzt empfehlen. Bruno ent:
ſchuldigt Reinhart's Abweſenheit und fendet den Hafen,
Butero, Reinharten berbeizubolen. Diefer kommt und-
dringt heilfame Kräuter mit, da er ſchon zuvor von bes
Königs Krankheit gehört und den Arzt zu fpielen fich vor:
genommen hatte.
König, erfreut durch den Wohlgeruch derfelben, befiehlt
Reinharten, näher zu ihm au figen. Da hebt ber Bod
an, den Iſengrim, der den Arzt unglüdtich fpielte, merk:
würbig zu verfpotten, er fagt:
— — — — Proceres, aliter, quam noscitis, actum est.
Artis adhuc medicae permanet ipse memor;
Sed desunt species, Transcendere sueverat Alpem,
Mercari species, more sagacis avi,
Nostra sed arva super Gallae commercia vocis
Perdidit; idcirco stat vacua olla domi. *)
Der Spott biefer Zeilen iſt bitter, ungewiß aber, ob er
mehr auf Kaifer Arnulf oder auf Zwentibolk gehe. Neh⸗
men wir legteres an, fo ſcheint der Dichter anzubeuten,
Zwentibolk felbft Habe einen Trank in Stalien erhalten,
gleich wie fein Water Arnulf einen erhielt, wovon fein
Haus Einderleer fei, und dann könnte in dem olla eine
Anfpielung auf Zwentibolk's Gemahlin Oda liegen, wo⸗
durch zugleich erklärt würde, wie Neinhart den Iſengrim
in biefem Punkte beleidigen konnte. Der avus ift na-
tuͤrlich Karlmann von VBalern. Ferner ſcheint ber Dich:
tee anzudeuten, Zwentibolk würde feinem Vater felbft ei⸗
nen ſolchen Trank beigebracht haben, hätte er die Spe⸗
cies. gehabt. In dem Karolingifchen Haufe darf man
ohnehin jedes Lafter zu finden erwarten, und Zwentibolk's
Herrfchbegierde und Habfucht wird überall im Gedichte
gefchilbert. Doch wir kehren zur Fabel zurüd.
Wie nun Reinhart neben dem Könige figt und feinen
Trank bereitet, wirft er einen. Bli auf feinen Oheim
Iſengrim und fagt: etwas fehle dem Könige noch, und
*) Anders, als ide wol meint, ihr Herzen ‚liegen bie Sachen.
Noch iR eingedent jener der ärstfihen Kunſt;
Aber ed fehlen bie Mittel. Gr ging zwar über die Alpen,
Daß er, wie einft fein Ohm, Taufe bie Mittel ſich ein.
Unfre Gefilde jedoch, im Betrieb der galliſchen Bunge,
Mocht' er nit baun; fo Rebt Leer ihm zu Haufe der Topf.
Mabvſchtinlich braucht der Dichter arva dier, wie Virgil arrum
genitale. Dann würde nostra arva auf Dda zu beziehen fein,
bie, wie bekannt, fräntifcher Abkunft war, und olla wäre nur eine '
zweite Dietapnber
L
Er breitet feine Kräuter aus, und bee
-
\
ohne dies helfe fein Trank nicht. Schwer aber, ober gar
nicht ſei es zu erhalten. Der König vergißt, daß er
erft Eürzlich eine Verfaſſung gegeben habe, und: „O rev:
ler”, ſagt er, „was magft du irgend in meinem Reiche
finden, das ich nicht fogleich haben könne? Reinhart er⸗
innert ihn jedoch an bie gegebene Verfaflung, aber nur‘
um ihn zu reizen, daß er fie brehe:
Nicht, wie bu wähneft, entgegnet ber Arzt, zu thun bir
.. ‚ erlaubt iſt;
Biel zwar kannſt bu, doch nicht Alles gehört bir allein.
Mas ich bedarf, bu ſiehſt's; doch wirft bu gnädig bedenken,
Was, da e6 gierige Klau' wahrt, bir es frommt, es gu
aun.
Heifche, gebiete, beſiehl, gib, bränge Aelcbe, bebrobe,
Immer ben Abweg ſucht Iener, er weigert es bir.
Huld nicht, noch Mitleid, noch rührt ihn ſelbſt die Ver⸗
wandtfchaft,
Nur ber Gewalt er es gibt, gibt er, o König, es je.
Da wird der König zornig und heiße Reinharten das
Nöthige nur befehlen; er wolle body fehen, wer Ihm es
weigern werde. Da fobert Reinhart eines dreijährigen
Wolfes Zeit, als worin der König fchreigen müffe Rul⸗
fanus Aimmt zwar Anſtand, doch auch Bruno ſowol als
Grimmo und die Andern rathen dazu, und ſo muß, trotz
der vielen Ausfluͤchte, die er macht, Iſengrim ſein Fell
hergeben, welches ihm Bruno abzieht.
Geſchichtliche Nachweiſung.
Daß in dieſer Fabel die Verhandlungen', welche auf
dem Tage zu Worms im Jahr 897 zwiſchen Zwentibolk
von Lotharingen und den Grafen Stephan, Gerhard und
Matfrid gepflogen wurden, dargeſtellt find, wird Jeder
leicht erkennen. Aber von dieſem Tage erwaͤhnen die An⸗
naliſten nichts weiter als eben dieſe Ausgleichung zwiſchen
den Großen und Zwentibolken durch Arnulf's Vermitte⸗
fung. Saxo ſagt nur: „Imperator Wormaciam venit.
Zwentibolh ad colloquium occurrit. Interventu imperato-
ri Stephanus, Gerhardus et Matfridus cum filio recon-
res fcheint uns gewiſſer, da Obacar im folgenden Fahre
bekannt; follte fie etwa Berta geheißen habe, fo twäre
ciliantar. Sie erhielten demnach ihre Lehen wieder, d. h.
Iſengrim, der im dritten Jahr regierte, daher dreijaͤh⸗
rig heißt, mußte ſein Fell hergeben. Wir erfahren nicht
einmal, ob der vierte Graf, der ſich mit den erwaͤhnten
dreien in gleichem Verhaͤltniſſe befand, der Graf Odacar,
in der Verſoͤhnung mit begriffen war oder nicht. Letzte⸗
zuerſt auf Reinhart's Seite tritt, als dieſer mit Zwenti⸗
bolk in offene Streitigkeiten verwickelt wird. Unſer Ge⸗
dicht ſagt uns gar nur von zweien Grafen, die auf die⸗
ſem Tage erſchienen ſeien, naͤmlich Stephan (der Widder
Joſeph) und Matfrid (dev Bock Berfrid, fruͤher hieß er:
der Widder Belin). Die Ziege Bertiliana, die auf die⸗
ſem Tage erſcheint, iſt die Abbatiſſin des Kloſters St.⸗
Petri, welches, wie wir oben ſahen, Zwentibolk bei der
Vertheilung der vier Grafſchaften fuͤr ſich behielt. Ber⸗
tiliana ſteht nach Mone fuͤr Petriliana. Dies iſt aller⸗
dings wahrſcheinlich. Der Name dieſer Abbatiſſin iſt nicht
der Name Bertiliana ſo gewaͤhlt, daß er nicht bezeichnen⸗
der gewählt werben konnte. Mone erwähnt jedoch einer
on
a — ———
— — Ge A ——⏑—
iſt dieſer Hatto
u;
Nonne biefes Kiofters, mit Namen Gelfa, welche ihrer
Heiligkeit wegen im 9. Jahrhundert berühmt war, und
biefes Geiſa ſchickt ſich wohl zur Ziege, als welche ge
Dichter die Nonne ſchildert. Unter dem Bär Bruno ber:
fieht Mone den Erzblfchof Hatto I. von Wainz (von 891
912). Hatte war von wederer Herkunft, aber [lau und
verſchlagen und bei Kaifer Arnulf fo in Bunft, daß er nur
cor regis (das Herz bes Könige) genannt ward. Er war
auch bei der Verfammlung gegenwärtig, welche zwilchen
Zwentibolk und ben Großen gotharingens zu St.⸗ Goar
am Rhein 899 flattfand, wo, nad) Rıgino’s Zeugniß bie
Verſchwoͤrung Legterer gegen Erftern zu Stande kam. E66
von Diatn; derſelbe, welcher den Graf
Albrecht von Babenberg verrieth, Heinrih von Sachſen
(fpäter Heinrich I.) verrathen wollte, aber von biefem, nach
Eberhard von Gandersheim, zur Antwort erhielt:
Hinrikes kals enist fan harderen senen nicht,
Denne Albrechtes were, den. he to deme töde brachte
lesterlich,
Er if ein Many der Gage .gervorben, denn er. Res
auch, ben die Mäufe in dem bekannten Thurme im Rhein
gefreffen haben follen. Anders erzählt Eberhard von Gan-
beröheim feinen Tod; er fagt: Nachdem Datto erfahren,
dag Heinrich von Sachſen ihn erkannt hatte:
Torsechtig möd begenäe sik an bischop. r
Unde *8 dödlike siuke faste —* mede, p rece,
De ſel dicke komd ſan torenlichem, sede,
Sö den liuden äres willen nicht inäg geschehen. _,
Und alsö- ik dat bek höre wärliken jehen, .
Deme bischope geschag fel. rechte aisamiike :
Med grimmegbe£d levede he harde torenlike,
Wande sin wille nicht was follengange
Nä dr&n dagen lag de arme med dem
* Unde seiden liude, dat et alsd queme,
Dat öme sin levend En donreslag n&me,
Soviel über Hatte. — Unter Grimmo, bem Eher, wi
Mone den Ratbodo, den Erzbiſchof von Trier erkennen,
weldher von 883—-915 Zwentibolk's Kanzler war. Das
gute Vernehmen zwiſchen Beiden bauerte nicht lange, denn
einft prügelte Zwentibolk den Erzbiſchof mit einem Stode,
und feit kder Zeit trat biefer zu feinen Feinden über.
Die Krankheit des Königs verfteht Done fo, daß durch
Zwentibolk's Unthaten große Verwirrung im Reiche an⸗
gerichtet worden fei, wodurch natürlich des Vaters Maje-
ftät und die Würde des Reichs verlegt ward. Später
erft fei Arnulf in Stalten vergiftet worden, und es fe
nicht glaublih, daß ber Dichter das fpÄter Erfolgte als
früher daſeiend gefchildert Habe. Allein Annalifla Saro
erzaͤhlt ſchon bei bem Fahr 996, alfo bei einem frühern
Sahre als dem, in welchem der Zag zu Worms gehalten
ward: „Arnulfus a Roma revertens .paralysi gravatus diu
languescit.” Er ſtimmt demnah mit unferm Gedichte
überein. Das Gift Toll Amulf von der Gemahlin Gui⸗
do's erhalten haben, bie er nah der Flucht ihres Ge⸗
mahls belagert... Nach unferer Meinung hat demnach
ber Dichter beides, bie Krankheit des Kaiſers und feinen
Unmuth über das Betragen feines Sohnes im Sinne
gehabt. ‚
N;
döde hefangen,
215
Drittes. Bud. Erſte Faber,
on Sfengeim’s Wallfahrt. . et
Nachdem bee König ben Trank genemmen und unten
Iſengrims Zelle geſchoitt hat, vorlaugt er, Reinhart -folke
durch anmuthige Erzählungen khm bie Zeit kürzen. "Er
verlangt von Iſengrim's Kloſterleben zu hoͤren, und role
er bei: der Ziege (Bertiliang) Gaſtfreund gewelen fei; fer:
nee wie ber Hahn Sprotin, ſetzt ex laͤchelnd Hinzu, Rein⸗
harten geprelit habe. Reinhart iſt ſchwierig, weil von
vielem Reden müde. Er erfucht daher Bruno'n, ber bieſe
Begebenheiten unlängft erft in Berfe gebracht habe, fit
vorzutragen. Diefer willigt. ER Der Inhalt feiner Er
zählung iſt folgender: Die Ziege Bertiliana begab fich
einft auf eine Betfahrt. Sieben Gefährten, Rearidas der
Hirſch, Berfeid der Bo, Joſeph der Schöps, Carcophas
der Efel, Reinhart der Fuchs, Gerard der Gänferih und
Speotin dee Hahn begleiten fie.
Nachtlager machen, konmt Iſengrim und verlangt. Ders
berge und bietet ſich zugleich zum Befellfchafter an. - Exit
abgewiefen, wird er fpäter doch zugelaffen. Als er Dun:
ger. klagt, werden ihm Köpfe von Mölfen vorgefegt, wo⸗
von ihm einige Kuccht ankommt. Später wird er ven Als
len gemishanbelt und verfpottet, daß er froh ift, endlich
fliehen zu duͤrfen. Im Freien aber fühle er über eine
ſolche Handlung großen Born, und verfammelt feine Freunde,
ch zu rächen. Jene vertheibigen aber ihren fleilen und
verfhanzten Berg, und er muß mit Schanben abziehen.
Den meifign Schaden fügt den Wölfen ber Eſel Catco⸗
phas zu; Indem er nämlich, da er ſich bei feiner Mahl:
zeit verfpätet hatte und die Mölfe fchon mit großem Ges
heul heranfpringen ſieht, auf die Burgmauer fpringen
will, kann er diefe nur mit ben Vorderpfoten erreichen
und flürzt demnach wieder hinab, mehre Wölfe mit fich
fortreißend. Reinhart, der dies bemerkt, weiß aber dies
Unglüd in Gluͤck zu verwandeln; er fendet ben Gaͤnſerich
» Gerhard dem Efel zum Beiftande, und da hiefey mit gro=
Ben Geraͤuſch ankommt, erſchrecken die Zeinde und fuchen
die Ferne.
Geſchichtliche Nachweiſung.
Bei der Nachweiſung der geſchichtlichen Grundlag
dieſer Fabel macht die meiſte Schwierigkeit, daß wir un⸗
gewiß bleiben, ob der Dichter ſeiner Angabe zufolge wirk⸗
Gh hier Begebenheiten fchildert, welche der Zeit nach dem
Tage zu Worms vorangehen, oder ob er die Geſchichte
fortfchreiten läßt und nur, um ber Anfoderung an Epi:
foden, die man in größern epifchen Gedichten macht, zu
genligen, fpäter Gefchehenes als früher gefchehen uns vor
Augen führt. Es laſſen ſich für beide Annahmen Gründe
anführen. Für erflere fpricht, daß der Dichter den Iſengrim
auf einer Fahrt nach Rom fo behandeln läßt, wobei man
jebody wohl bemerken muß, daß ber Dichter, entweder weil
er die Begebenheit vor dem Kaiſer erzählen laͤßt, oder um
vielleicht da8 damalige Ehrgefühl des deutfchen Volkes zu
ſchonen, die Heerfahrt nach Stalien in eine Betfahrt
verwandelt bat. Aus der Geſchichte aber ift bekannt, daß
Arnulf den Zwentibolk im Jahr 888 nach Italien ſandte
— nah Anden war er ſelbſt gegenwärtig — um din
Während fie einmal |
Rudolf von Burgund zu ſtuͤrzen. Annaliſta Gars fogt:
„in regao Lotharii Rudolfus coronam sibi imposuif.
Dico, Araulfo super eum cum exercitu irruente, arctis
Kikeribus in tuta rupiam loca praeoccupata fugit, inter
Jaram et Alpes Apenninas securus degens omnibus die-
bus vitae suae. - Arnulfus et Zwentibolkus filius ejus
kunc persequentes laedere non potuerunt, quia loca
imaceessibilia sequentes acies ab ingressu prohibebant.”
Wir Haben hier in ber Geſchichte, wie bort in ber Kabel,
unerfteigliche Berge, welche bie Angreifenden hindern.
Nur paffen die Perfonen nicht wohl zu biefer Annahme;
benn bie in der Zabel ben Iſengrim ſchlagen, flanden
ficher, meit Ausnahme des einzigen Carcophas, vielleicht bei
dem Streite, den die Geſchichte erwähnt, feiner Seite. _
Die Nonne Bertiliang kennen wie fchon aus ber vor:
bergehenden Zabel. Der Efel Carcophas iſt Baldemin II,
Saar zu Flandern, der Sohn Balbewin I. oder bes
Eifernen. - Er. und fein Vater flanden immer auf Sei⸗
ten Karls des Sinfältigen gegen Arnulf und feinen Ans
bang. Joſeph und Berfrid find uns fchon bekannt. Uns
ter dem Hahn Speotinus verficeht Mone den Strafen Oda⸗
car, den wir früher als den Widder Colvarian kennen
lernten. Da jedoch Reinhart bald darauf den Hahn Spro⸗
tin umbringen will, Odacar aber einer der treueften Freunde
Reinhart'6 war, fo Eönnen wir diefe ErElärung nicht mohl .
annehmen; denn wir fehen im ganzen Gedichte niemals,
daß Reinhart feine Freunde zu Schaden. ‚bringen weil. _
Wer aber unter Sprotinus eigentlich verborgen fei, vers
‚mögen wir nicht zu fagen, fowie wir auch den Hirſch
Rearldus, der gleichfalls früher ſchon vorkam, nicht zu
erklaͤren wiſſen. Den Gaͤnſerich Gerhard nimmt Done
für den Grafen Gerhard, welcher nach Zwentibolk's Tode
feine Witwe, Oda, ehlihte. Da nun faſt lauter lo⸗
tharingifche Grafen mit Iſengrim zu thun haben, fo Eönnte
; man auc annehmen, baß der Dichter eine fpätere Bege⸗
benheit bier fchildere,. und fuͤr folche die ſchon zur erften
Babel erwähnte Belagerung von Durfos durch Zwentibolf
| halten. Wir erinnern jedoch zugleich, daß fpäter zu be:
fprehende Fabeln die zweimalige Belagerung von Dur-
fo8 hoͤchſt wahrfcheinlih zum Gegenitande haben. Viel⸗
leicht daß eine umfihtige und forgfältige Dürchforfhung
ber gefchichtlichen Quellen künftig einmal ein helleres Licht
darüber verbreitet.
(Die Sortfegung folgt.)
Leben und Gchiclfale des Johann Gottlob Vogt, ehe
maligen kaiſerl. ruffifchen Rittmeiſters, nachherigen koͤnigl.
niederländifhen Dauptmanns. Don ihm felbft befchries
. ben und als Andenken für feine Freunde dem Drud
übergeben. Drei Theile. (Mit dem Bildniß des Ver⸗
Bo) Gotha, Stinzer. 18279 — 31. Gr. 8. 4 Thlr.
12 &r.
Der Berf., deſſen ziemlich wohlgetcoffenes Bildaiß dem .
Werke beigefügt if, wibmet bie Erzählung ber Begebniffe feines
Lebend dem Kreis. feiner nähern Freunde und WBelannten, für
welche die aufgeführten Particularituͤten nothwendig größeres
SIntereffe haben ats für das größere Yublicum. Dennoch kann
. feinem Wunſch
es
der erwaͤhnten Bio te eine zahlreiche Leſewelt nicht- fehlem
wenn alle —ã— — een. Im Eure feines’ Lebens
Gefälligkeiten ober wefentliche Dienſte erwies, ſich file dieſeibe
intereſſiren; benn bei ſehr guten Anlagen war. befenders der
frenndlich⸗ gutmhtbige Sinn fornie der gänzlide Mangel bin
gemöbnlichen‘, ‚vielleicht nothiwenbigen mercantiliſchen Eagherzige
teit das Hinderniß des Gelingens feiner Gpeculationen., ;
nun’ die Welt, wie Leffing im „Nathan“ fadt, nur Den füc
ält, wei einen Bortbeil gut bein
a heil gu ka
‚ Berf. von Bielen
Ref. glaubte, da ihm zufällig die Bekanntſchafſt des Autor®
biefe Bemerkung vorausſchicken zu müffen, um bas Werk
der Muße eines in manchen Hoffnungen getaͤuſchten Mannes
Bi * freundlichen Theilnahme als der ſtrengen Kritik zu
empfehlen. ⸗
Ber. Verf. im Jahr 1774 zu Mumburg geboren, wurde
von , Kinem nglih zum Studiren beftimmts aber
die heimliche Lecture einer Reifebefchreibung in ber Schule, als
ee den Gornelius Nepos erponicen folte, 308 ihm eine Ohr⸗
feige zu, welche bas Gi war, aus dem bie nunmehr fidy ganz ums
wandelnde Lebensbahn ih entwidelte, indem fein Bates nunmehr
‚, Kaufmann zu werden, nachgab. Rachdem es
feine Lehrjahre in Chemnitz zugebracht, dann unter bey Aufpis
cien feines Vaters als Kaufmann in Naumburg. fidg- etablixt,
als Lieutenant, fpäter Hauptmann ber Buͤrgerſchoͤhen viel. ‘Po:
putorität erworben hatte, reifte er nady bem Zode feines Vaters
and Holland, wo ihn ber Handel in. feiner großartigen Geftatt
.angog. In Folge angelnüpfter Handelsverdindungen ſchifft er
ed
im Jahr 1809 nad Amerika, kommt nad Philadelphia und
Neuyork, von welcher Reiſe er mandjes Intereffante berichtet
and praftifche Notizen Denen ertheilt, welche efne aͤhnliche Reife
machen wollen. In Amerika fah der Verf. Moreau, gegen
weichen eben ein nächtliches, fein Leben bebrohenbes Attentat
‚ uögeführt war, als beffen Urheber man den franzoͤſiſchen Ge⸗
fandten betrachtete: beobachtete die vielfachen Religionsfelten, von
denen ſich gegen 70 in ben Bereinigten Staaten gebildet haben,
mb erzählt mehre unterhaltende Particularitäten. Auf einem
eigens dazu: ausgeräfteten Schiffe reift er als Supercargo der
L2adung von. Amerika ab, um biefe nach Riga zu bringen, wirb
aber von den Gngländern, welche bie Waaren für frangöfifdgre
Eigenthum hielten, angehalten, und nach Portsmouth gebracht.
Nah einem langen Aufenthalt in England gelingt es ihm mif
feinem freigegebenen Schiffe unter: Bedeckung einer englifchen |
Flotte nah Raßland zu gelangen. Die Schwierigkeiten, welche
dee Dandel in jener "Zeit erlitt, waren unglaublich, da ein alls
gemeiner. Krieg auf ber See herrſchte, welche, ungefähr wie
Deutſchland zur Zeit bes breißigjährigen Krieges von räuberis
ſchen Kreibeutern, ebenfo von Kapern alle Rationen beunruhigt
wurde. Die Gerichtöähäfe, welche in ben Häfen, wo ein genom⸗
menes Schiff aufgebracht wurde, über beffen Schidfat entſchie⸗
den, waren meiflend mehr als parteüſch; fo verlor z. WB, ber
Berf. Waaren, welche von Amerifa nad Dänemark beftlimmt
waren, weil fie wider feinen Willen einen geziwungenen Aufents
halt in England gemacht hatten und das dänifche Prifengericht
fie ats feindliche Waare erklärte. In Petersburg war ber Verf.
während bes verhängnißvollen Kataftrophe bes Jahrs 1812, von
we er im Jahr 1813 in fein befreites Baterlarid zurückkehrte...
Der zweite heil befchreibt, wie ber Verf. ala Rittmeifter
bei der Tächfifchen Landwehrcavalerie angeſtellt wurde, welches
aus zwei Escadrons beftehende Corps, ben unter dem Namen
‚Banner: der freiwilligen Sachſen ausgerüfteten fächfifchen Kreis
willigen ‚beigefügt, mit biefer etwas langſam organiſirten Truppe,
welchee wegen ber uͤbertriebenem ber Zeit nicht angemefimen Sie
ganz von dem verflorbenen Herzog Auguſt von Gotha nicht übel |'
„die Prachtausgabe des Tächfifchen Patriotismus” genannt wurde,
gegen ben Rhein marfchirte, um post festum wie ein zierlich
decorirter Epilog anzulangen. Wegen einer kleinen Brouillerie
Nebigiet umer Berantinestiiigtett der Bertagbbänslung: %. A. Brockhaus in eopais.
Zu we , . —rtÛ —— —— —— — ! | 1 u.
“
216
mit ſeinem Bor n nahm ber. Darf. 5 draburg feinen
Abſchied, a na a —ãX eine —E
ach vielen. Hinderniſ⸗
| einer nach.
gli N Mxpadiclen exhialt/ , A
drei Elsinen Zahrzeugen und. 1600 Mann: Arıppen Aid
. Diele Expedltion "den
bie urſoruͤglich Holland ehörenden ‚3%. 1811 /wo bie
verbunden waren, von den Engläns
bern. — genommenen oſtindiſchen Beſigumgen, bear Artikein
"Part
men, medhalb ber Gouverneur, General van der Gapellen, und
er
fonders die Kameraden des Verf. in bee Capſtadt erjebten, for
wie einige Begebenheiten, in die er ſelbſt verwidelt wurde, ale
Wahrheit und Dichtung, oder vielleicht mehr als Dichtung und
Wahrheit gu betvachten fein dürften, Tann bei dem femen Schau⸗
pla& derfelben .nyz Gott und dem Merf, brfannt fein... :.
Der dritte Theil beginnt mis ber. Befipreibung ber Schönen
feuchtbaren Zafel Igua, welche von einer Art von Hirfe,. den —
man In der Landesſprache Djava nennt, biefen Ramen erhielt
und in Hier Provinzen gettreilt ift, von denen bie noͤrdliche Jakl⸗
katra⸗ den Hollaͤndern gehört, Me brei übrigen aber, Bantam,
Eheribon und Gamarang, von eignen Yürften, von benen ber
Beherrſcher ber legtern ſich Kaifer von Java nennt, regiert, den
Holändern tributair find. Die Infel hat ungefähr zwei Millioe
nen Eimvohner, aus Mälaten und Eingewenderten beftehenb.
| Die von: 150,000 Menſchen, zum großen Theil Shineſen, be
wohnte Hauptſtadt Batavia, an ber «Mündung des Jattatar,
iſt aus Uocalen Gruͤnden, auch wegen der in dag
fſer gepot⸗
fenen, bei dem heißen Klimg ſchnell verweſenden Mteinigkeiten
vielleicht der einzige üngefunde Drt der ganzen Inſel und im
3. 1629 von ben Hofländern auf ben Ruinen ber alten Stade
Jacatra erbaut. Des Verf. ergählt viet Intereffantes: von ben
Bitten und: Steligionsanfidgten des aus ihrem Vatertande ver⸗
triebenen, in Iava einheintiſch gewordenen Ghinefen, erwähnt
be& berüchtigten Giftbaums Bohan Upaë, über den fo viel ges
fabelt ift, ſowie des gefaͤhrlichen Sammelns der indianifhen
Bogelnefter,, deren es weiße, graue und bräunlicde gibt, von
denen die. erſtern als bie beften an Ort und ‚Stelle fehr thener,
das Pfund mit 80 ſpaniſchen Piaftern bezohlt wird, woraus
man ermeflen kann, baß bie zu ungleich mwohlfeilerm. Preis in
Paris verkauften Neſter nothwendig unecht fein müffen.
Die militoirifhen Expeditionen, an denen ber Verf. Theil
nahm, befäyräntim ſich auf die Unterbrüdung einzelner, größten:
theils durch Bedruͤckungen herbeigefuͤhrter Aufftande und Streife⸗
reien gegen Raͤuber, welche durch grüufgme Erecutionen hinge⸗
richtet wurden. Auch begleitete ber zum Hauptmann avancirte
Verf. ein nad den Moluften beftimmtes Corps, welches bes
ftimmt war, die dafelbft ausgebrochenen Unruhen zu dämpfen,
und dieſen Auſtrag auf des Infel Ambeina mit Leichtigkeit volle
führte, dagegen auf ben andern Inſeln mit vielen Schwierigkei⸗
ten zu kaͤmpfen hatte. Auf Ternate verwundet, kehrte derfeibe
nah Java zurüc, indem er. auf dem Ruͤckwege Borneo und das
von ben wegen ihrer Tapferkeit fo berühmten Makafſaren be⸗
wohnte Celebes berührte. Grabe biefer Theil ber Erzählung, -
weicher. ußerſt inteseffant fein und über: die Eigenthuͤmlichkei⸗
ten deu Bewohner ſowie beren Berhäliß zur holändifden Res
gierung Licht verbreiten Tönnte, ift übertrieben furg. _
.. Degen mehrer Miöverhältniffe mit feinen Vorgeſetzten
nimmt der Verf. feinen Abſchied und kehrt im Jahr 1823 in
ftin.: Vaterland zuruͤck. 86,
— Blätter Ä
für
iterarifhe Unterhaltung
Ueber Reinhart Fuchs in feinen verfchiedenen Geſtal⸗
tungen.
Zweiter Artilel
(Bortfegung aud Nr. 2.) -.
Drittes Bud. Zweite Fabel.
Reighart’s Abelsprobe,
Am Morgen nah der Nacht, in welcher Iſengrim's
Ueberfall ftattgehabt hatte, wundern fi bie fieben Ge:
führten, wie durch Reinhart's Lift fo viele Wölfe beftegt
worden waren. Da warnt Sprotin ber Hahn vor Rein:
“ harten und raͤth, daß man fi von ihm trenne, denn
er werde ihnen fpäter Das werden, was ber Wolf Iſen⸗
grim ihm fein wollte. Gerard der Gaͤnſerich ſtimmt ihm
bei und Beide trennen ſich von der Gefellfchaft. Wein:
bart befchließt, diefen Bundbruch zu ahnden, ergreift feinen
Stab und Pilgerranzen und geht ihnen nah. Mad) lan:
gem Suchen fieht er endlih den Hahn im Grafe figen,
und ſogleich verfucht er feine Lil. Erſt tadelt er feine
heimliche Abreife, dann aber bietet er fih ihm, wenn er
denn allein reifen wolle, zum Gefährten an; Sprotin je:
doch verwirft fein Anerbieten. Da hoͤhnt ihn Reinhart
und fagt, fein Vater fei kühner und beffer geroefen denn
ee. Jener habe 3. B. auf einem Beine ſtehend und ein
Auge fließend mwunderherrlich fingen innen. Aus Ehr⸗
geiz thut Sprotin fogleih Daffelde. Reinhart lobt ihn,
fagt aber, fein Vater habe auch trefilid gefungen, wenn |.
er auch beide Augen geſchloſſen gehabt habe. Gprotin zeigt
ihm fogleih, daß er die auch verſtehe. Da Reinhart
der Fuchs ihm aber noch nicht beigekommen war, fagt er,
er habe gar zu laut über gewiſſe Perfonen in Hinſicht
des Bundbruches geklagt; Dies fei gefährlich, er folle
mit ihm lieber in ben Wald geben, dort möge er ihm
Alles und fo laut Magen, ald er wolle, dort höre ihn
Niemand. Sprotin willigt ein und Beide gehen. eins
harten aber dauert ber Weg zu lange, er erfieht ſich da⸗
ber Gelegenheit, padt den Hahn und trägt ihn fort. Da
kommt eine Schar Bauern, welche Reinharten ſchimpfen.
Sprotin fängt ſogleich an zu Hagen, daß er eines fo uns
adeligen Mannes. Beute fei, und fodert ihn auf, das Wolf
eines Beſſern zu belehren, er wolle fich bie Zeit über rus
big im Graſe verhalten und gern dann flerben, wenn er
nur wiffe, daß er einem ehrenhaften adeligen Manne er:
läge. Reinhart läßt den Dahn gehen, um das ihn bes
ſchimpfende Volk mit Worten zu ſtrafen; ſogleich fliegt
dieſer auf einen Brombeerſtrauch und verſpottet von da
herab Reinharten. Der aber droht, er werde wol noch
einen Tag erleben, wo er ihm feinen Adel werde bewei⸗
fen können, und läuft fort.
die Sage weiter audgefponnen und eine neue Fabel hin:
zugedichtet. Er laͤßt Reinharten, wie ber Hahn oben auf
dem Strauche figt, feines Verluftes halber ſich beklagen
und feine Zähne verwuͤnſchen. ‚Sodann läßt er ihn zum
Hahne näher hingehen und ihm ben vom Koͤnig befoh:
Ienen allgemeinen Frieden verfündigen, wobei er ihm zu:
gleich die koͤnigliche Urkunde daruͤber vorzeigt. Allein der
Hahn glaube nicht und fagt, um die Wahrheit zu erfor:
ſchen, er fähe Hunde baherfommen, worauf der Fuchs
ſchleunig entflieht.
Die gefchichtlihe Grundlage diefer Kabel Finnen wir
nicht ficher nachroeifen. Vermuthlich fiel irgend ein Graf
von Reginard ab, ale Zwentibolk ihn befriegte, und Res
ginard fuchte deshalb fi an ihm zu rächen, was jedoch
mislang, wie die Babel lehrt. Ob aber diefe. Begeben-
beit in ben erften oder in den zweiten Feldzug Zwenti⸗
bolk's faͤllt, iſt unbeſtimmbar.
Drittes Buch. Dritte Fabel.
Iſengrim's Cinkleidung ale Moͤnch.
Von der Flucht ermuͤdet und hungrig, ſieht Reinhart
auf dem Felde den Koch eines Kloſters, deſſen Schafe er
einſt vor Iſengrim bewahrte und der Paſteten bei ſich
bat. Er gebt auf ihn zu, und Jener, Mitleid mit dem .
vor Müdigkeit und Hunger Zitternden fühlend, gibt ihm
einige Pafteten. Reinhart ißt, bewahrt aber mehre auf,
laͤßt fih darauf eine Platte fcheren und gebt weiter.
Sfengrim begegnet ihm, und von Weitem fchon kündigt
er Reinharten den Tad an. .Diefer jedoch wirft ihm die
aufbewahrten Pafteten zu und fagt, er ſei Moͤnch gewor⸗
den, befinde ſich wohl dabei und. rathe ihm, ein Gleiches
zu thun. Sfengrim ißt und fast, daß er bei folchen Ge⸗
richten auch Mönch fein wolle. Reinhart ſchneidet ihm
eine Platte und führe ihn ins Kiofter Blandinium, wo
Sfengrim eingekleidet und uͤber die Schafe gefegt wird.
Er findet ſich fchwer in die Gebraͤucht, bee Mönde, und
anftatt Dominus vobiscum fagt er ifimer nur: Comi-
nus ovis komm! Bald aber der gekochten Speiſen
Der erfte Ueberarheiter hat.
+
218
uͤberdruͤſſig, fchimpft er die Köche, indem er fagt, das rohe
Fleiſch fei beffer und gefünber.
Geſchichtliche Nachweiſung läßt ſich nicht beibringen.
Wahrſcheinlich bezieht fi die Kabel darauf, daß Iſen⸗
grim, als er die Länder der vier Grafen vertheilte, bie
beten Kaſter fhr ſich bthielt.
Drittes Buch. Vierte Fabel.
Reinhart's 3wiſchenſpiel.
Waͤhrend Iſengrim im Kloſter iſt, geht Reinhart in
die Wohnung deſſelben, hoͤhnt die Kinder Iſengrim's,
lockt dadurch Iſengrim's Welb in eine enge Felſenſchlucht,
wo fie weder vor noch ruͤckwaͤrts kann und ſchaͤndet fie.
Sie wird jedoch nicht welter” ungehalten darüber, ſondern
fagt nur:
HEHla jocum capiens: Reinarde, facetius, inquit,
Publica quam de te fama fatetur, agis..
Si tibi, qualis inest industria, robur inesset,
Verna penes doıninas asserere probus.
Vix egomet cogenda tuos intrare penates,
Janus si paulum latior esset, eram.
Geſchichtlich laͤßt fi hierbei nichts erläutern. Muthma⸗
Inngen haben wir oben (Buch IT, Zabel 1) gegeben.
Drittes Bud. Fünfte Fabel.
Iſengrim's Abſchied vom Klofter.
Iſengrim fol im Kfofter, als die Reihe an ihn kommt,
fingen, er aber verfteht das Beichen, das ihm die Brüder
geben, nicht, bricht das Stillſchweigen und fragt, was «8
gebe. Da echeben die Mönche großes Geziſche, und fen:
geim, der endlich begreift, ‚was es bedeute, fängt an zu
fingen, aber auf feine Weife, da er die Moten nicht vers
fteht.” "Davon entfteht allgemeiner Aufruhr, Indem die
Mönche Ihren unmufttaltfchen Bruder zum Schweigen brins
gen wollen. Endlich mächt der betrunfene Abt Ruhe, und
Iſengrim wird, ba er in bee Kirche nichts taugt, beim
Weinkeller angefteilt. Er fol Wein holen und beginnt
fein Geſchaͤft als ein guter Chrift mit dem Spruche:
„Pruͤfet Altes, und das Beſte behaftet!’ Dies thut er
denn auch, öffnet ein Faß nach dem andern, verichließt
jedoch keines wieder, ſodaß er bald im Weine ſchwimmt.
Den Moͤnchen dauert feine Abroefenheit etwas Lange, und
als Einer nachfieht, findet er zu feinem Leide den Wolf
in angegebener Lage. Erzuͤrnt, entfchließen ſich darauf die
Brüder, birfen überall unnuͤtzen Moͤnch aus dem Kofler
zu flogen, und dies gefchieht mit großen Schlägen und
Schimpfworten. Ifengrim läuft fort und befimmt ſich
erft wieder, als er bei feiner Frau ankommt, welche er
noch in ber Kfemme findet, worein fie Reinhart's Liſt
gebracht hatte, Er befreit fie, und ba fie nicht leugnen
kaun, zuft fie Rache über den Thaͤter, und fie und Iſen⸗
geim drohen ftrenge Ahndung. Doch, fage der Dichter,
ward Alles dies von Reinhart durch das Schwein vers
fühnt (Buch I, Kabel 1). Gefchichtliches laͤßt ſich bei dies
fee Kabel nicht nachweiſen. Auch fie wird mol nur auf
Zwentibolks Erweppuug ber oben. erwähnten beiden Kloͤ⸗
ſter Bezug haben. |
| Hiermit follte num eigentlich das driete. Buch fließen,
indem bie Begebenheit ber folgenden Zabel offenbar, ber
Zeit nach, nad) "dem Tage zu Worms fällt. Sie wird
jedoch, ungeriß buch weflen Schul, noch zu dem drits
ten Buche gerechnet, und mit ihr die Vorleſung Bruno’s
geſchloſſen. Durch Verſetzung einiger Verſe kann Et
Alles im’ Orbnung gebräghe werdetg, allein pir
e mit dem Gedichte an ſich ur than hd Nicht mie
itifcher Feſtſtellung des Textes.
Deittes Buch. Sechste Feabel.
Corvigar's Siegel.
Iſengrim war, wie wir oben ſahen, ain Hoftage ſei⸗
nee Haut verliſtig geworden. Er geht ˖ betruͤbt
und ſieht auf ſeinem Wege den Wallach Corvigar an ei⸗
nem ſumpfigen Orte auf der Weide. Sogleich fuͤhlt er
Trieb, ihn zu verzehren und ſein Fell ſtatt des verlorenen
eignen zu tragen. Er begrüßt ihn, und als ber Wallach
fih wundert, daß man ihn als einen Kuttenträger jegt
ohne Kutte fähe, und Ihn fragt, wer denn ihm diefe aus⸗
gezogen habe, fagt Iſengrim, der. kranke König habe ihn
um fein Fell gebeten, und fo habe er es ihm gegeben;
übrigens freue es ihn fehr, zu hören, daß er, der Walz
lach, folche Theilnahme für ihn hege, weil er daraus auf
feine Freundſchaft ſchließen koͤnne, und er hoffe daher, von
ihm einftweilen fein Fell zu erhalten, bis fein eignes wie⸗
der gewachfen fei. Gern rolle er ihm dafuͤr ben Gegen
dienft erwelfen und ihn von feinem übermäßigen Sette bes
freien, damit er in Zukunft leichter zu Fuß werde. Eben
fo höflich entgegnet Corvigar und nimmt Iſengrim's An⸗
erbieten an, nur wuͤnſcht er, daß Iſengrim ihn in dem
nahegelegenen Walde feines Kleides entfedige, weil es hier
in der Nähe gar zu viel Hunde gebe, welche Iſengrim
bei feinem Unternehmen hindern würden. Auch, meint
er, thue es Noth, daß Iſengrim's Zonfur etwas zuge=
[tust würde, und er wolle ſich im Walde diefer Mühe
gern unterziehen, denn er ſei in der Friſirkunſt wohlgenbt,
übe fie jedody nur im Verborgenen. Iſengrim geht dem
Vorfchlag ein, und als fie Beide nach dem Walde gehen,
nimmt das vorauseilende Roß die Belegenheit in Acht
und fchläge Iſengrim fo vor den Kopf, daß er halbtod
binfintt. ‘Darauf verfpottet Gorvigar den Geſchlagenen
fattfam. 0
' Geſchichtliche Nachweiſung.
Dieſe Zabel enthält fiher eine Begebenheit aus dem
erſten Kriege zwifchen Zwentibolk und Reginard, tweldyer
fi nebſt Odocar (hier Corvigar) in eine von Sumpf
umgebene Gegend zuruͤckgezogen und in feiner Burg Dur:
fos befeſtigt hate. Die Stelle des: Amnaliſta Saro
haben wir ſchon zu Buch I, Fabet 1 angeführt. Er:
wähnmg verdient noch, daß ber Dichter in der Kabel
ausdruͤcklich erwaͤhnt, Iſengrim habe Corvigar bis an ben
Hals im Waffer ſtehend angetroffen, da dies genau mit
der Nachricht des‘ Annaliften überemftimmt, nach welcher
Zwentibolk der Suͤmpfe halber dem Feinde nicht fchaben
kann. Uebrigens tft der Annaliſt nicht fo ausführlich,
daß wir die einzene Begebenheit aus dieſem Felbzuge,
weiche dee Dichter im Auge hatte, angeben könnten.
819 ’
Bierten Bach. Erſte Babel
Kofepb’s Rachenfprung.-
2. Als Iſengrim fo zerfchlagen baliege und vor Schmerz
mit den Zähnen knirſcht, geht. Reinhart von ungefähr
yorbei und hört das Geraͤuſch. Ex fpiele ben Forſtauf⸗
feher, und gleich als fähe er Iſengrim nicht, hebt: er am,
—** zu fragen: wer: fo frech ſei und im des Koͤnigs
l
de Baͤume faͤlle, ohne von ihm, dem Foͤrſter, Er⸗
laubniß zu haben. Wie er nun nahe bei Iſengrim
ſteht, entſchuldigt er ſich, daß er ihn fo hart angelaffen
babe, alkein er habe ihn nicht gefannt. Der zerfchfagene
Wolf firebt ſich zu rächen und thut, als ob er Reinharten
Altes vergebe und nur dem Könige feines Kelles wegen
zuͤrne. Er’ beißt ihn fi naͤhern; Reinhart aber vers
fagt die Annäherung, beklagt ihn jedoch und erkundigt
ſich, wie es gekommen ſei, daß er, der auf fo viele Freunde
am Hofe habe rechnen können, ba alle-feine Freunde auch
- bie feinigen wären, fein Fell dort habe laſſen müflen?
Alle Schuld ſchiebt Reinhart nun auf den Widder Jo⸗
feph. „Haft du noch Muth”, fagt er, „fo gehe mit mir;
er foll dir für bein verlorenes Fell das feinige geben.”
Der Wolf erhebt fih, durch die Verheißung geſtaͤrkt, und
gebt mit Reinhart zum Stalle Joſeph's, weichen diefer
jedoch zuvor unterrichtete, wie er Sfengrim anführen Eönne.
Reinhart rät dem Iſengrim, ſich freundlich zu ftellen,
und biefer folge ihm. Joſeph jeboch will nichts von Freund⸗
[haft wiffen. Da fagt Iſengrim, er muͤſſe ihm jegt bie
Ländereien, die er ihm jüngft zugemeffen (Bud) I, Kabel 3),
mit feinen zwölf Kindern bezahlen und ſich obendrein ge
ben. Joſeph aber entgegnet, er wolle lieber von Bauern
als von ihm verzehrt werden. Sa, wenn Iſengrim noch
ganz und auf einmal ihn verfchlingen koͤnnte; aber
dazu fei es jest zu fpdt, da fchon der Morgen anbraͤche
und Menfchen und Hunde bald Hierher kämen. Sfengrim
meint jedoch, dies noch vollbringen zu koͤnnen. Da heißt
Joſeph ihn die Vorderpfoten feſt in die Erde ſtemmen,
ſich auf die Hinterpfoten ſetzen und ihm den ſo weit als
moͤglich aufgeſperrten Rachen entgegenhalten; er wolle
dann ſo hineinſpringen, daß Iſengrim nichts von ihm
verliere. Iſengrim gehorcht, und Joſeph ſpringt mit vor⸗
geſtreckten Hoͤrnern auf ihn los, zerſtoͤßt ihm den Gau⸗
men, die Lippen, die Naſe und die Stirn, ſodaß er ohn⸗
maͤchtig niederſinkt, worauf Joſeph ſeiner ſpottet.
Geſchichtliche Rachweiſung.
Der Dichter folgt der Geſchichte genau, und wir
bürften in dieſer Fabel eine Begebenheit aus Zwentibolk's
zweiter Belagerung von Durfos vor uns baden. Nach⸗
bem Zwentibolk die erſte (898) aufzuheben genöthigt wor⸗
den- war, vereinigten ſich die vier Lotharingiihen Grafen
mit dem König Karl von Frankreich, welcher ihnen auch
zu Dülfe zog und dadurch den König Zwentibolk nd:
thigte, die Belagerung abermals aufzuheben. Man wird
demnach die Worte Joſeph's: „der Tag breche an, und
Menſchen und Hunde würden bald ſich nähern”, auf bie
Amaͤherung Karl's beziehen können. Zu einem Treffen
Übrigens zwifchen ben beiden Königen kam es nicht.
(Der Beſchluß felgt.)
Neiſen durch Deutfchland und bie Schweiz, mit beſon⸗
derer Ruͤckſicht auf dad Schul⸗, Erziehnugs⸗ und Ars
chenweſen, auf Schullehrenſeminarien⸗, Waiſen⸗, Armen⸗,
Blinden⸗, Taubſtummen- und andere Wohlthaͤtlgkeits⸗
anſtalten von 3, ©. Kröger. Erſtex Band. Leipzig,
Hartmann. 1893. Gr. 8. 2 Thlir.
Paͤdagogiſche Reiſen, mit Umſicht und Geſchmack angeftellt,
find unftreitig ein Gewinn für die Wiſſenſchaft und ein vortreff⸗
lies Mittel, bie Theorie mit ber Praris zu verbihben. Aus
diefem Grunde reifte auch ber Altmeifter ber beutfchen Päbas
gogit, der verewigte Niemeyer, To viel und fo gern. Gene
Keifen bienten nicht blos pädagogifcgen Zwecken, aber er mußte
feine päbagogifchen Bemerkungen fo gefickt den übrigen Thei⸗
len feiner Reifebefchreibung einzuflechten, "daß fie unftreitig mehr
Nutzen geftiftet haben, als wenn fie fi als rein pädagopif
Keifen angekündigt hätten ; denn ein Schulmann unferer Tage,
der felbft die Augen über das Leben nicht aufgethan bat, ver«
mag auch nicht fie Andern für ein Leben aufzufchließen, welches
in der ebeiften Anftrengung für bie gefammten Intereſſen der
Menichheit und in ber befonnenften Liebe zum Guten, Rechten
und Schönen beftehen fol. j
Ref. will nun gern glauben, daß Hr. Kröger, Katechet am
Waifenhaufe zu Hamburg, feinen pädagogifhhen Reifen dur
Beimifchung anderer Notizen einen groͤßern Reiz hat geben wol⸗
len. Aber feine hiftorifchen und flatiflifchen Bemerkungen haben
gar zu fehr das Anſehen, ald wären fie aus andern Reifebüchern
entlehnt; feine Schilderungen find nicht lebendig genug, und bes
große Gewinn, den wir beim Reifen durch bie Kenntniß berühms
ter Perfönlichkeiten erlangen, ift nur wenig fihtbar.. Wir er
innern uns feines einzigen berühmten Mannes, für. beflen In⸗
bioidualität wir aus diefen Briefen (die übrigens won Briefen
blos bie Form haben) etwas gelernt hätten. Denn felbft- was
er über Peftalogzi fagt, iſt nicht neu oder. unbelanat. So iſt
bei Straßburg, bei Zürich, Bern und andern Städten flets bie
Einmwohnerzapl . angegeben, bie Einnahme der Fabriken fowie
die Zahl der barin befchäftigten Kinder und Arbeiter wird forgs
fältig angeführt, ebenfo Preife der Lebensmittel, bie Zahl der
Geiſtlichen und Schullehrer in verſchiedenen fchweizerifchen Kan⸗
tonen — und dies Alles noch bazu aus dem Jahre-1816, wo
die Reifen gemacht find, und woraus alfo nicht einmal ein richtiger
Mapftab für das Jahr 1833 entlehnt wggrden kann. Die ſtaͤdtiſchen
Mertwürbigkeiten werden wol genannt, aber nur kurz unb
oberflählih: in den Bibliotheken der ſchweizeriſchen Städte
fheint Hr. Kröger nur einer der alltäglichen Befucher gemwefen
zu fein; über den Münfter zu Strasburg Iefen wir nur das
Gewoͤhnlichez Danneder’s Werkftätte wirb nur mit zwei Wor⸗
ten befchrieben, um fo ausführlicger dagegen die Eönigliche Mes
nagerie zu Stuttgart, den Züricherfee begrüßt Hr. Kröger
war mit Klopftod’s Worten, aber babei bleibt es auch, und
ür ben Rheinfall bei Schaffhaufen Hat er Feine Worte als
Reſchky's poetiſches Scmälde deſſelben; der Anblid der Alpen
(S. 230) ſcheint den Verf. allerdings zu begeiftern, aber auf
berfelben Geite darf die Befchreibung einer Seunhuͤtte fowie
bie Angabe, wie viel Mil eine fette Kuh täglich gibt und
wie viele Kaͤſe gemacht werben, nicht fehlen. „Sie verberben
uns die Imagination’, möchte man ba mit Aurelien im „Wilhelm _
Meifter” ausrufenz „weg mit Shrem fetten Hamlet.“ '
Uebrigend wollen wir auch nicht unerwähnt laffen, bag
manche Curioſa zur Grgöglichleit des Leſers fich in dem Buche
finden, wie &. 53 das Beifpiel von ber Kanzelberebtfamkeit ei⸗
nes katholiſchen Beiftlichen: in Strasburg, ber nach einer fuls
minanten Strafpredigt in bie Worte ausbrach: „Sage ich nicht
die Wahrheit? Wenn ich euch nicht die Wahrheit fage, fo reißt
mir bie Zunge aus dem Halſe.“ Und babei griff er ſich
feioft in ben Mund, daß ber Verf. ſich fchaubernd umwenden
mußte.
So viel von der aͤußern Einkleidung, auf die Br. Kröger
einer geriffen Werth zu legen fheint. Wenden wir uns nun
229
su dem Hauptinhalte bes Buches, * ber Deſchrelbung ber auf
dem Zitel angegebenen Anftalten, fo zeigt fi der Berf. Hier
als einen fehr forgfältigen Berichterſtatter und als einen Dann
von umfaffenden Kenntniffen in biefem Fache, den man ſchon
achten muß, weil er fein Leben ber Bervollkommnung biefer An⸗
Ralten des menſchlichen Elende widmet. Geine Befhreibungen
der verfchiebenen Zaubfiummen und Blindenanſtalten, ber Ars
men» und Walfenhäufer in Rheinbaiern, im Elſaß, in der
Schweiz und in Wärtemberg werben für den Dann von Bad
beichrend und intereffant fein. Nur ift zu bedauern, daß bie
Briefe dem Jahre 1816 und 1817 angehören und daß, da nur
felten Zufäge gegehen find, gewiß Vieles anders und beffer ges
worden it. Dies Beſſerwerden mag wol namentlid von bier
len fühmeizerifhen Santonen, namentlid von Unterwalden, Ap⸗
penzell, Bünden, Teſſin und Wallis gelten, wenn bie gefunde
Vernunft über eingewurzelte Vorurtheile und geiftlihen Hochmuth
den Sieg bavongetragen haben ſollte. Freilich iſt dies von
einem großen Theile der heutigen Schweizer nach den neueſten
Greigniffen kaum zu erwarten.
Die vom Verf. gegebenen hiftorifhen Nachrichten über den
Zaubftummenunterriht (S. 270 fg.), über die Btindenanftalten
(8. 868 fg.) und über die Schulen bes wechfelfeitigen Unter:
richts (S. 289 fa.) find gute Zufammenftellungen. Dod iſt
bie Literatur nicht überall bis auf die neuefte Zeit herabgeführt.
In Betreff der Bell-Lancafter’fhen Methode bat es uns ge:
freut, ten Verf. nicht auf ber Seite Derer zu finden, welche ſich
allen moͤglichen Wortheil von biefer Ginrichtung verfpreden.
Vielleicht zu ausführlich find bes Verf. Nachrichten über Peſta⸗
lozzi, Tein Leben, feine Anftalt und ben Geiſt feiner Methode
(8. 97 ot Die Sache ift doch im Elementarſchulweſen
nit mehr fo fremb, baß man eine fo weitläufige Auseinanbers
feßung jener Grundfäge und jenes Unterrichts für nothwendig
halten Tönnte. Dabei ift denn auch bie Nothwendigkeit der Er⸗
lernurig der alten Sprachen wieder befprocdyen worden (8. 173
—176), was bier wol einigermaßen ein hors d’oeuvre iſt.
Peſtalozzi dat — daran wirb Riemanb zweifeln — zu ſehr tuͤch⸗
tigen Reformen im Glementarfchulwefen und in ber häuslichen
Erziehung Beranlaffung gegeben, und daher wirb fein Rame
auch nicht vergeffen werden; aber wenn bie Peſtalozzianer von
der Methode des philologifchen Unterrichts oder von ben alten
Sprachen reden wollen, fo find fie ganz außer ihrer Sphäre
und brauchen nicht gehört zu werben.
Intereſſanter waren uns bie Dittheilungen des Verfafs
fers über Hofwyl und Fellenberg's Anftalten (&. 333 —343), fo:
wie über das Schulweſen bes wäürtembergifchen Rantes, wo wir
nur Nachrichten über bie Kiofterfchulen und bie diefem Lande
eigenthämlichen Präceptorenfcyulen, bie neuerdings burch Thierſch
(‚Ueber gelehrte Schulen‘, III, 229 fg.) zus Sprache gefommen
find, vermißt haben. Die Entſtehung ber Armenfchuliehrerans
ftalt in Bafel (©. 76 fg.), aus welcher fpäterhin die Miſſions⸗
efellfchaft und das „‚Wochenblatt‘’ von Beuggen hervorgegangen
d, bat Ref. hier zuerft kennen gelernt.
Wir wiederholen unfere Aeußerung, daß Hrn. Kröger’s
Eifer und guter Wille alle Anerkennung verdient, fönnen aber
doch unfere individuelle Anficht nicht bergen, baß auf ben 473
Seiten feines Buchs manches Ungehörige und ben Männern vom
Fach hinlaͤnglich Bekannte von ihm gefagt worten ifl. Wir ba:
ben noch einen zweiten Band zu erwarten, ber ſich über Raffau,
Heffen, Baden, Norbbaiern, die ſaͤchſiſchen Herzogthuͤmer, das
preußifche Herzogthum und das Königreih Sachſen, Branden⸗
burg, Mecklenburg, Bolftein, die vier freiem Städte des deut
ſchen Bundes u. f. w. ausbehnen wird. Aus diefen Ländern
wird hoffentlich viel Erfreuliches zu berichten fein, was von
Hrn. Kröger gewiß gern anerfannt werben wirb, ber feine echt
deutfche Geſinnung und feine Abneigung gegen allen franzoͤſi⸗
fen Kliugklang an mehren Gtellen feines Wuchs deutlich be:
thätigt bat. 3,
Ta U U}
Die Gruppe der Charitinnen. Ein Beitrag zur Philoſo⸗
phie des Schönen, in vier Gefpeuͤchen; nebſt einem
Anhange uͤber die Allegorie. Leipzig, Schaarſchmidt
und Volckmar. 1832. Br. 8. 1 he.
Manche Bücher verbienen, abgefehen von dem Werthe, den
fie an ſich haben, ſchon Hinſichtlͤch bes Ruthes, ber bei ihrem
Verf. dazu gehörte, um fie ſchreiben zu koͤnnen, unfere Bewun-
derung. Daß es noch immer Autoren in Deutfchland gibt, bie
folgen unerhörten Muth beſitzen, iſt nicht j leugnen, und der
Platonifcgedtalogifche Werf. bes oben angezeigten Buͤchleins tritt
ſelbſt beweifend dafür in die Schranken. In einem Augenbiid,
wo das. Intereffe des Yublicums ber Form, bie er fi zur Bes
handlung feiner Begenftände erwählt, laͤngſt entfrembet if, uns
ternimmt er «8 bennocy getroften Muthes, Platoniſche Dialoge
in ganz ſchalgerechter Rachbildung zu liefern und bie alte wohls
befannte Sokratifche Hebammenkunſt wieder herauf zu beſchwoͤren,
um in deren bialektifchem Frag⸗ und Antwortfpiel Bragen aus der
Philofophie des Schönen abzuhandeln. Es wäre vielleicht, übers
flüfjtg, den Verf. darauf aufmerffam zu machen, daß biefe Form
und Manier fo, wie er fie in ihrer ganzen antiken Kärbung.
beizubehalten geſucht bat, durchaus nicht mehr zeitgemäß ifk
und heutzutage ſelbſt bei einem bedeutenden Inhalt ohne Ans
fang vorübergeben muß. Gr bat dies ohne Zweifel felbft ges
wußt, und es ift auch kaum zu überfeben, ba felbft fein großer
Vorgänger in diefem Beſtreben, Solger, ber mit einem fo gros
den Aufwand von Kraft und Geift den Platonifchen Dialog
ftatt der abhandelnden Korm im Gebiete der Kunftphilofophie
einzuführen fuchte, daran fcheiterte und weder mit feinem „Er⸗
win” noch mit feinen andern Geſpraͤchen biefer Art durchzu⸗
dringen vermochte. Hätte Solger feine genialen Bebanfen über
bie Kunft, deren er obne Zweifel viele hatte, in einer einfadhern
und weniger gelehrten und gefünftelten Weife mitgetheilt, ex
würde unberedyenbar mehr gewirkt und feine Beftrebungen im
Yublicum geltend gemacht haben, ale es ihm fo gelang. Den
Berf. der „Bruppe ber Gharitinnen” fdyeint ein kuͤnſtleriſcher
Dilettantismus, ben man an ſich nicht zu Hart beurtheilen muß,
befonders angetrieben zu hoben, ſich an biefer Korm, bie für
ben Freund und Kenner bes Antiten allerdings einen vielfachen
Reiz hat, zu verfudgen, und er bat feinen Plato nicht nur mit
Geiſt gelefen, fondern fih auch in ber That mit Zalent und
Darftelungsfunft der Manier beffelben zu bemächtigen gewußt.
Aber er vermochte es nicht, biefelbe, wie Golger, mit eigens
himlichem Gedankenreichthum anzufüllen, und formelle Nachah⸗
mung bleibt dann immer formelle Nachahmung, ohne tiefer eins
greifende Gindrüde zu gewähren. Die ale Refultat gewonnene
Idee feiner Dialoge wiegt, tin ihrem Werth an fidy genommen,
oft bie großen Anftalten einer Fünftlichen Dialektit.und Sophi⸗
ftit nicht auf, die angewandt werden, um fie anſchaulich zu
machen. Der befondere Inhalt ber vier Geſpraͤche bezeichnet
fi in ihren Neberfchriften: 1) Theano: Ratur und Kunftz
2, Kleiton: die Kunft und der Künftler; 3) Chaͤrephon:
Vernunft und Verſtand, Geſchmack und Kennerei; 4) Mnes
fippos: die Kunft und der Menſch. Diefe Dialoge beziehen
ſich vornehmlich auf bie bildende Kunft, wie auch das ale Aus
bang binzugefügte Geſpraͤch über die Allegorie, das von der
Anwenbbarteit oder Nichtanwenbbarkeit derfeiben handelt. ef.
möchte jedoch die Befprähsform zur Ausführung folder, bie
Kunft und die philofophifche Reflerion berührender Fragen, kei⸗
neswegs befeinden, fie vielmehr recht oft, aber in einer, unferm
beimifen Sprachidiom natürlihern und mehr populairen Weife,
ftatt ber weniger lebensvollen Abhandblungsform, angewandt fe
ben, Warum ſoll auch bie beutfche Sprache und bie bialektifche
Bewegung des mobernen Geiſtes nicht ebenfalls eines eigenthuͤm⸗
lihen Ausdruds im Dialog fähig fein, ohne fi nad ben antis
' Ten alten umfehen zu muͤſſen?
Nedigirt unter Berantwortlikeit der Werlogähandlung: 8. X. Broddaus in Eeipsig
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litetrariſche Unterhaltung,
Bennabend,
8 Bebsuar 1833.
Ueber Reinhart Fuchs in feinen verfihiedenen Geſtab
tungen.
3weiter Artilel
(Deſchluß aus Nr. 53.)
Viertes Buch. Zweite Gabel.
Sfengrim’s Theilung.
Als Iſengrim wiederhergeſtellt iſt, befucht ihn Rein
hart in Begleitung des Königs und fodert ihn auf, ſei⸗
nem hohen Gaſte anitändige Speifen vorzufegen. Iſen⸗
grim hat Peinen Vorrath und Reinhart verfpottet ihn
„Es iſt nur gut”, beginnt er, „daß wir ſelbſt
deshalb.
dafür geforgt haben. weir wiffen ein feiftes Kalb; allein
der König ſhaͤmt ſich, es fortzutragen, ich aber "bin zu
ſchwach. So komme denn du, ber du nie die ſchaͤmſt,
wenn es etwas -fortzuttagen gibt, und trage bad Thier
in den Wald, wo wir es ficher verfpeifen mögen.” Als
fie im Made ankommen ; fol Iſengrim flugs auf ein:
hart's Beranftaltung die Beute theilen, und er laͤßt ſich
willig finden. Er erinnert ſich ſeiner fruͤhern Theilung
mit Reinhart; ba jedoch diesmal der König" zugegen iſt,
glaubt er ſchon gerecht theilen zu muͤfſſen. Er betvachtet
die drei Anwefenden ats gleich, macht drei gleiche Theile,
wevon er einen’ 'dem Könige, einen fich felbit und den
dritten Keinharten zufpricht, und glaubt feine Sache wohl
gemacht zu haben; ber König jedoch zuͤrnt über dieſe
Theilung und nennt fie ungefchidt. Iſengrim entgegnet
darauf, dee Koͤnlg mög? feine Ungeſchicktheit entſchuldigen,
er. fei mie gewohnt geweſene zu theilen, da er Immer Alles,
was -ce fange, allein behalte. Nun theilt Reinhart und
macht gleichfalls drei Theile Den größten ſpricht er dem
Könige zu; den nöchften der Königin und den dritten den
koͤniglichen Kindern, für ſich behält er nur ein Bein des
Kalbes. Diefe Thellung bilkigt der Loͤwe und fragt, wer
"denn ihn fo meiſterhaft vheilen ‚gelehrt habe? Da rühmt
Reinhart ſpoͤtctſch den Ifengrim als feinen Lehrer im die:
fer Kunſt; der König ader meint, es fei doch fonberbar,
daß Der, welcher Andere doch fo gut die Kunft ſchicklli⸗
der Theilung zu lehren wiffe, diefe Kunſt felbft fo unge: ,
ſchickt übe. Darauf gerubt der König, bie drei Theile
zu verzehren und dann fich wegzubegeben.
Geſchichtliche Rachweiſßung.
Die Begebenheit dieſer Fabel faͤllt in bie naͤchſte Zeit
nad) den Tode Kaiſer Arnulf's. Dee im dieſer Fabel er⸗
waͤhnte Koͤnig iſt Ludwig, Arnulfs ehelicher Sohn, Zwen⸗
tibolks Halbbruder. Es ſcheint dieſer Zabel nah, als
habe Zwentibolk mit Ludwig erſt unterhandelt und ihm
einen Theil Lotharingens (denn das Koͤnigreich Lotharin⸗
gen wird unter dem Kalbe hier verſtanden) gutwillig ab⸗
treten wollen. Die Geſchichte weiß von ſolcher Unterhand⸗
lung nichts. Annaliſta Saxo erzählt bei dem Jahre 900:
„Zwentibolk propter assiduas depraedationes et bella, quae
in zeguo fiebant, et quia cum mulieribus et ignobilibus
'regni negetia disponens honestos nobilesque dejiciebat
et digmifatibus spoliabat, odiosus omnibus eflcitur. Cer-
tatım igitur priores regni ejus Ludovicum introducunt, in
Theodonis villa, manibus datis, ejus dominationi se sub-
jiciunt.” Das Bein, das Reinhart behalten darf, dürfte
fein Lehen fein. Zuvor fchon war Ludwig zu Forcheim
von den verfammelten Fuͤrſten zum Könige erwählt worben.
Diertes Bud, Deitte Sabel,
Sfengrim’s Schwur.
Reinhart tröftet nach. dem Abgange des Könige den
Ifengrim über den Zorn deſſelben, trifft jedoch ſogleich
auch wieder Anſtalt, ihn - noch ärger auzufuͤhren. Er
raͤth ihm, von dem Eſel Carcophas die Haut zu verlan-
gen, da diefe ihm nach Recht gehöre. Iſengrim will ſich
erſt nicht dazu verfichen und fagt, er habe .nyn wohl «u:
fahren, daß alle Racthſchlaͤge, fo Reinhart ihm,gegeben,
ihm übel, ausgegangen fein; bennoch aber fügt er fi
‚auch jetzt, geht mit Meinhart zu dem Efel Carcophas und
thue ihm feinen. Willen kund. Carcophas leugnet Iſen⸗
grim's Mecht an feiner Haut, und Reinhart wird von
Beiden als Schiedsrichter angenommen. Als folcher
raͤth er dem Iſengrim, fein vermeintes Recht durch einen
Eid auf einen Reliquienkaſten zu beftätigen, ermahnt ihn
aber, keinen Meineid zu ſchwoͤren weil der Heilige ſonſt
dieſen ſogleich ahnden wuͤrde. Iſengrim aber entgegnet,
darnach frage er nicht viel, er ſolle ihm nur den Reli⸗
quienkaſten herbeiſchaffen. Da fuͤhrt ihn Reinhart zu ei⸗
ner Wolfsfalle, welche, ſobald Iſengrim ſein Bein darauf
legt, um den Eid zu leiſten, ſogleich ihn feſthaͤlt. Dar⸗
auf wird er verfpottet und erinnert, daB man ihm vor
einem Meineide gewarnt habe. Meinhart und Carcophas
‚begeben ſich hinweg, und Iſengrim muß fid, um fe zu
werben, die Pfote abbeigen.
& >
} »
Geſchichtliche Nachweiſung. *
Wir haben ſchon oben geſehen, daß unter dem Eſel
Carcophas der Graf Baldewin II. von Flandern darge⸗
ſtellt werde. Gleichfalls iſt erwaͤhnt worden, daß deſſen
Vater Baldepin I, der Eiſerne, zu Karl dem Einfaͤlti⸗
oe ve * mulf, und: von jenenf daher feine Ehen
Senomitien hätte. Baldewin der Eifetne war 879 Und
Kaifer Arnulf 899 geftorben, ohme daß die Sache ent:
fchieden worden wäre. In demſelben Werhaͤltniſſe war
Baldewin IM. Teinem Water gefolgt. Jetzt nun täth
Meginach dert Zwentibolk, ben Grafen feiner Lehen zu
berauben. Er verfucht es, allein zu feinem Nachtheile.
Be .: m davon, und Saxo er⸗
zaͤhlt nur im Allgemeinen: „Ludovico trans Rhenum eunte
-Zwentibolk, coadunatis quoscumque potuit, civitates regni
circnit, incendiis et rapinis omnia devastat, arbitratus hos,
qui propter inmanem ejus maliciam ab eo defecerant, in-
_ maniora faciens ad se revocare posse.’ Die Sache kann
“aber dennoch fehr wohl ihre Richtigkeit haben.
Biertes Bud. Vierte Fabel,
Das wilde Heer ber Salaura.
Endlich wollte das Schickſal Ifengrim’s Leiden endi⸗
gen, beginnt dee Dichter die legte feiner Fabeln; es warf
den Unglüͤcklichen in ben Rachen des Todes. Befreit aus
ber Woifsfalle, gerteth Iſengrim in den gierigen Rachen
der Safaura, ber gefräßigen Mutterfau des Papftes (papae
'scröpha). | .
Schon dur der Dinge Gebrauch, bie oefehn fie, befiegte
der Achte
Neun fie, was Ränke betraf, neun auch ber Päpfte zugleich.
Diefe Salaura nun will Iſengrim durch feine Schlauheit
überliften, wie er ſchon Andere (alias, d. h. Nonnen)
Arberliftete. „Friede fet mit die, theuerſte Mutter, Friede
mit dir!“ ruft er ihr ſchon von ferne zu; „ach, wie
lange iſt es ſchon, daß mic) bie Liebe zu dir quaͤlt!“
Sie jedoch verlacht den breifüßigen Wolf: „Was iſt denn
das, Bruder?“ fagt ſie; „als Vorfteher und Abt warft
du ja ſtets gewohnt, vorn zwei Lichtträger zu haben;
von einem fehle ja ein Theil; in weſſen Wohnung haft
du wol den eingelegt?”. Iſengrim erzählt ihr darauf
feine Schickſale, „und jetzt“, fagt er, „denke ih nur am
Frieden, ba ich num wohl fehe, nur ein kleiner Reſt des
Lebens fei mie uͤbrig. Doch gern möchte ich noch“, fährt
er fort, „bevor ich flerbe, dich geküßt haben!’ Damit
nähert er fich der Goktara mit zaͤrtlicher Miene. Dieſe
"aber entgegnef:
gleibe nur dort! Nichte, Bruder, vernahmſt tiaun unfere
e
"Du wär auch vielleicht wohl bie bie beine belannt.
Duldet' ich dies, du nähmft als Moͤnch bie Küffe der Nonne,
‚Welche zu geben dem Mann fcheut in der Meffe das Weib. *) -
Füge hinzu, daß noch nicht die @lode bie Prima verkuͤndet,
—2— das Sicht konmt erſt (eben erſchien erſt das Licht).
mer ber Meſſe der Ruß, doch nie dem Kuſſe bie Weſſe
—— fo gehe denn auch Hier ihm bie Mefle voraus.
"n) Der fopenannte Briedenbtuß nach ber Deffe (osculum pmcis) iſt
‚ bier gemeint. 2. ”.
222
1
—————— —— — — — — —
AN
Aber ich & ‚ mie webrt bas Geſetz, bie Meſſe zu fingen;
Anberer Prieſter uns fehlt; Tage, wer fänge fie wol? *)
Wer fie nun finge? — Bin nicht ber ſaͤuiſchen Religion ber
Abbatiffinnen oberfte Meifterin ih? **) _
Abbatifjin ich bin; dreihundert zaͤhl id; ber Nonnen;
8 gl
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Naht die gehörige Stunde, fo Ief ich im Walde die Meffe***),
Weiche mit Staunen fürwahr felber vernehmen du wirft.
Darauf entgegnet Iſengrim, er habe jetzt die Ordensregel
der hochwuͤrdigen Frau kennen gelernt; jetzt moͤge ſie ſeine
Fennen lernen: ",...uns®
Fleiſcherner Klang, nicht eherner mir verfändet bie ‚Dora,
Schlundes Leere beikiummmt mich,
Phoͤbus mir nicht, nur der Bauch Zen iſt mir Zeiger der
.5 en, — 8
— Lehrete mich's das Geſchick! — mahnet ber, ſolg' ich
| ſogleich.
Nimmer erkenntlicher war mir irgend der Glocke Geklingel,
Hätte gegoſſen auch fie ſchwoͤbiſcher Pfrfft voreinſt. ++)
Fange nur an, wie du kaunſt — Ackerlied, ob ein
aldlie
Du mir fingft, iſt mir gleich, wenn dir die Stunde gefaͤtlt.
Und fo fährt er fort, ihr zuzureben, daß fie feinen Frie⸗
denskuß empfangen folle, da fie ihn einmal nun empfan⸗
gen müffe. Er ermuthigt fie ferner, ſprechend:
" Gage, was fronmt's, bie dem’ Kuß dorgehenden Worte zu
en,
Wenn ber Geber ben Kuß —* zu geben'verfeht. u
Wär’ es erlaubt und ehrbar, ſich ruͤhmen feiner Geſchicktheit:
Traun, ich habe gelernt, ſchicklich zu geben den Kuß.
Da ſagt die Aebtiſſin: da er meine, ſo wolle ſie die
Meſſe beginnen; er ſolle nur hinkommen und ſie etwas
in das Ohr kneipen, weil ſie ſonſt keinen lauten Geſang
hervorbringen koͤnne; ſo aber werde ſie ganz gewiß ihre
Verwandten herbeirufen, denen allen er, wie er wuͤnſche,
den Friedenskuß zu gehoͤriger Zeit geben moͤge. Iſengrim
freut ſich der zu hoffenden Kuͤſſe und baelpt die Mutter⸗
ſau ſo kraͤftig, daß ſie mit hellem Tone aufſchreit. Und
es kommt das Heer der Wildſchweine heroͤngejagt:
Wie mit Sturm und Geraͤuſch, die zitternde Welt zu zertreten,
Stuͤrzt herbei bereinft Magog, gefolges von. Go. .
Sfengeim erfchridt darob und laͤßt das Ohr der Selaur
los, fie aber heißt ihn dagegen noch. etrrab derber kneipen,
denn finge ſie nicht welter, ‚fo kehre vielleicht ihre Sipp⸗
(haft ſaͤmmtlich zuruͤck; Iſengrim jedoch geſteht, durch
ihren Geſang genug erbant worden zu fein Da zuͤrnt
bie Aebtiſſin und meint, Iſengrim müͤſſe ſelten in bie
Meſſe geben, wenn er dies ſchon für vollſtimmigen Ge⸗
ſang halten koͤnne. Sm der Kirche gebe, lehrt fie, ſtille
Beichte der Meſſe voran, und dieſen Brauch befolgten fie
hier auf dem Felde auch. Jetzt legten fie zur ihr Suͤn⸗
*) Nach dem Geſetz der katholiſchen Kirche muß jeder Prieſter an
- - feinem Leibe unverffümmelt fein. “
) Quis celebraret eam? nisi summa magistra suillae
Abbatissarum relligionis ego?
ee) Silvestrem missam.
f) Carnea clanga mihi non aerea nuntiat horam.
tr Schwaͤbiſche ˖ Prieſter feinen In jener Beit die deruͤhmteſten
Biodengießrteien gehabt zu haben. 5.. —525—
®
223
vernähme.- aber Hatte die päpftlihe Mutterſau
— ab, weehalb er diefes dumpfe Semurmel
re Rede geenbet, fo beginnen die Schweine den lauten
Belang. und zugleich geben fie Iſengrim hie Friedenskuͤſſe
(pacem)... Am eifrigſten zeigen dabei fiy Kono uud Bal⸗
tero, beide kräftige Eber, und Beetca und Sonoche, zwei
gewaltige Saͤue. Iſengrim merkt alsbalb, daß es um
ihn geſchehen fei, er beflagt fen Schickſal und fagt, daf
Agemund ihn rächen werde. ı Darauf beginnen bie Wild:
fchroeine Iſengrim zu zerreißen, indem Salaura fagt, wenn
er denn ein Prophet fein wolle, fo möge er Jonas fein,
fie wolle bie Rolle des Haifiſches Über fich nehmen; fo
hätten fie Propheten genug, und als einem Freunde fage
fie ihm, er werde in ihrem Speiſebehaͤlter (mus-sak, nicht
min sak, wie Mone will) auf werden. Er follte
nur freudig eingehen, das Kintrittsgeld erlafle fie ihm:
Denn wir erkennen ˖es wohl, os Deitiger kommft du, bes
rein
Kürdig, und daß man dich ehre mit frommem. Gebet.
Wüßteft du nur, welch triftiger Grund mich beweget, bu
flehteft,
Daß ich es wolle, wenn ich weigerte, ſo dir zu thun.
Und ja gebietet die Schrift, die Feinde zu lieben, und Gottes
Liebe verdient, wer ſtets liebt den —
Ich nun folge dem Wort. — Ob * em Feinde bu forſcheſt,
Siehe, wer waͤre nun wol feindlicher mir als der Bauch?
Mich mit Streichen, mit Deopungen, oft mit Stoͤßen bes
er:
- Diefen nun lieb’ ich, daß nicht ſchuldig bes Todes ich fei.
Alles verfchwelget ex mir, was je mir diebiſche Muͤhe,
Was mir erwarb bie Gewalt, ober das Recht, er verzehrt’.
Ihm 'nun weib’ ich, je füßer es iſt, mit größerer Freude
Jegliches, daß mir das Herz Heilige Liebe nur full’.
Aber man w
. Sfengrimen verbergen ber Urnen eilfs es bezeugen
: Viele Gräber. des Herrn viele Verdienſte dem Bolt.
As man zählte der Monate ſechs feit Lenzes Gricheinung,
Starb bei Cluniac er, nahe beim Klofter Johanns.“
Nachdem Salaura dieſes gefprochen,, beginnen die Schweine
den Zerriffenen aufzufrefſen. Diefe ganze Handlung wird
als eine Meſſe dargeftellt, und dem legten Act berfelben,
die Dpferung, bildet Iſengrim's Zerreißung. Schließlich
fagt der Dichter, die Schweine hätten ihn fo rein aufge
freffen, daß auch nicht ein Achtel eines Flohes auf der
Erde liegen geblieben fei.
Der Ueberarbeiter hat noch eine fünfte Sabel hinzu:
| gedichtet, worin Iſengrim von Reinhart beklagt wird, und
worin mit großer Gelehrſamkeit auf viele Dinge ange:
fpielt wird, weiche in das 12. Jahrhundert gehören.
Seſchichtliche Rachweiſung.
Annaliſta Caro ſagt beim Jahr 900: „Ludovicus
iterum in .regaum (I,otharii) accersitur, et a comitibus
Stepkiano, Gerhardo et Matfrido in proelio circa Mosam
rer - — —
L =
Zwentibolk interfictur Idibus Aug.” ' Hier weicht nun d
Dichter von dem Annaliften ab. Mone fagt, Zwentibo
fei wahrfcheinlih von Lehnsleuten des Kloſters St. : Se:
bannis Augnfiobunenfis erfchlagen worden. Died Kiofter
fi ein: Nonnenkloſter geweſen, woven der Dichter Veran:
laffung genonmten, bie Abbatiffin Salaura dergeflaft ein:
zuführen. Die Grabfchrift lautet in der Urſprache:
Unum pontificem satis unum claudere marmor
Sueverat; ex merito quisque notändus erit.
Undecies senis jaset Isengrimus in wenis ;
. Virtatum turbam multa sepulcra notant.
Nono Idus Janjas ex ortu veris is inter
Cluniacum et sancti festa Johannis obit.
Das Nono Idus Junjas ex ortu veris erklaͤrt Mone fo, daß
man zum März (inclusive) ſechs Monate (Juni iſt der
fechete) binzuzählen muͤſſe, fo erhalte man ben Auguft,
in welchem Monat Zwentibolk farb. _
Wir haben Übrigens, um bier nicht allzu weitlaͤufig zu
werben, eine ziemliche Anzahl Anfpielungen des Dichters
unberücfichtigt gelaffen, welche darthun, daß er bie jedes:
mal won uns genannten gefchichtlichen Männer in feinen
Thieren erkannt haben wolle. Man wird nun, hoffen
lage nad) rein gefchichtlich fei, und dag Überhaupt, wie wie
oben fchon fagten, wenig mehr ald die Namen darin als
erdichtet angendmmen werden bürfe.. Wir fcheiden jegt
von dieſem ſchaͤtzbaren Vermaͤchtniß des 9. Jahrhunderts
und wetden in einem folgenden dritten Artikel zeigen, wie
dies hiſtoriſch⸗ epifche Gedicht fpäter misverftanden, alle:
gorifch aufgefaßt und als Allegorie mannichfaltig, aber immer
anziehend behandelt wugde. *) Ludwig Ertmäller.
Sino a qual punto le produzioni scientifiche e lettera-
rie seguano le leggi economiche della produzione in
generale. Dissertazione di Giuseppe Pecohio. Lu:
gano 1832.
Diefes Gchrifthen Hat einen Dann zum KBerfafler,
ber mit ebenfo tiefem poetifchen Gefühle begabt als in ber
Staatswirthſchaft exfahren ik. Es wäre zu wünfchen, daß
fi biefe beiden Cigenfchaften Yäufiger bei einem Wanne
aufammenfänben, bean dann würde bie gebilbete. .Laienwelt
vor ſtaatswirthſchaftlichen Schriften und beren Berfaffern nicht
wie vor Männern von trodener Berechnung und kaltem
*) Der dritte und Mbhte Artikel folgt im Raͤrz. D. Reb.
twir, ſich Überzeugt haben, daß dies Gedicht feiner Grund-
2
bee Wilffenfihäft, in bee Litergtur umb ber Kunſt wie bei bem
Aderbau, ben Fabriken und dem Danbel „dat Beduͤrfniß der Ur⸗
Toene Ar Acheit iR pH zn —— — ſtei m mm
Seo mehr ve en eugniffe der N uous
sitkt unb QDualiskt bes beiinpt die Quantität und
‚Qualität der Erzeugniſſe; großer Werbrauch und: Bedarf fühgt,
indem er bie ung beguͤnſtigt, zus Verbeſſerung und Ber:
volllommung.”’ (&. 1.)
a a ⏑
machen gu t, entgi innigen Verf.
nicht, und er fagt: „Man fuͤrchte indeß nicht, daß durch die, Un⸗
terwerfung der Erzeugniſſe des Geiſtes umter bie Gefete der
materiellen Probuctionen bie erſtern ihren Abel und ihre Gei⸗
ſtigkeit verlieren ſollen, ober daß ich das Gehirn zu einer Dampf:
maſchine ober einem Kartoffelfelbe machen wolle. Wenn id)
auch behaupee, die Duantität und Qualität fiche unter
diefen Gefegen, fo gebe ich doch recht gern zu, baß die Bor;
trefflichteit und Erhabenheit geiftiger Schöpfungen nicht
immer jenen Geſetzen folgen, vielmehr über allen Gefegen fit
hen; und fo wird unfer Geiſt, flatt durch biefe Forſchungen et»
was von feines unbegseiflichen, geheimnißvollen unb magiſchen
Gewalt, bie man ihm gewöhnlich zufchreibt, zu verlieren, noch
gerabe ers von feiner freien, eblen Natur behalten.” (Gin:
Dre Raum geftattet und nicht, dieſen Unterſuchmgen gu
folgen, bie mit oiafer Klarheit, bebeutender Geichefamteit und
einem großen Aufwanbe von Wis und Scharfſinn angefleilt find
und durchgeführt werben. Wir empfehlen die Schrift allen
Freunden der italienifchen Sprache, auch denen, die ſich nicht
grabe für ben eigentlichen Gegenftanb berfelben intereffiven, denn
Se werben darin fo viel Unterhaltung finden, als in zehn ſchwind⸗
Shchtigen Romanen. Slellen, wie die nachſtehende, könnten wie
in Menge aus dem geiftzeichen Werke des Grafen Pecchio aus:
heben: „Wollt Ihr die Genealogie des gewaltigen Satans Mils
ton's und feines Pandbämonions kennen? — Der Mönd Albe⸗
zico gab mit feiner Biſion oder Hölle, wie fie damals in ern
fin Opern auf ber fiosentiner Bühne bargekellt wurde, bem
unfterbliden Dante den Typus zu feinem Eucifer. Bald darauf
brachte Boccaccio in feinem „Filosofo’ einen Teufelsrath vor.
Biba, ein veſſerer Dichter als Baccaccio, erfinnt im feiner
„Christiade” einen beffern infernalifhen Congreß. Pulci erfaßt
denfelben Gedanken und bildet feine Aftaroth daraus; Michel
- Angelo malt ihn; Taſſo verbeffert diefen Teufelsrath noch mehr,
und endlich vervollftändigt Brilton das Gemälde in feinem grans
biofen Satan und feinem entfeglichen Pandaͤmonion.“ (S. 96.)
„gange vor uns hat es mehrmals GSchreibfreiheit gegeben
und vielleigt ausgebehntere als in unfern Sagen, aber ihr ging
die jegige Leichtigkeit, zu drucken und fi Bücher zu verfchaffen, |‘
fowie die jegige große Lefeluft ab. Fruͤher in Rom unb in
Athen, im 14. und 15. Jahthunderte in Florenz, in Frankreich
und in Neapel konnten die Leute mit größerer Freiheit fchreiben,
als fie es jegt in London, Paris oder Philadelphia können.
Aber ‘zur Zeit ber Griechen und Römer waren die Schreibma⸗
terialien theuer und die Erziehung befchräntte fich auf bie freien
Bürger, von welchen fih die größte Anzahl nur mit Politik
und dem Kriege befchäftigte. Damals waren aud bie
Breauen, welche bei uns die. Mehrzahl ber Lefer
von Romanen und andern unterhaltenben Schrif⸗
ten bilden, zum Waſchen und Spinnen verurteilt,
in bee Brauenwohnnng eingefhloffen und den Au⸗
gen ber Kremben entzogen, wie nodjegt die Mäns
ner im Driente ibre Srauen in ben Harems eins
gefhloffen Halten. Im Mittelalter waren bie Bücher in
Zolge dee Erfindung, Leinenpapter pi maden, wohlfeiler, aber
aller Seiſter wurden durch äußere Kriege, innere Yartelungen
und Fehden zerſtreuet. Dann kam bie glorreiche Erfindung
der Vuchdru ft, und bie Bücher wurden nun zahlseih und
wohlfeil. Die Großen und Beiden zeigten ſich freigebig, und
die Bildung wurde durch Bolfoſchulen allgemeiner. Die Leſer
-
4“
mäßen sieh gerocken fein, ben es gab wielt Giüwiifkuge.
Bon den E00000 —— welge im 17. Ichrhuns
derte gedbrudt Wurden, traten wol 40,000 i
lien ans Licht. Und doch wer bie Philoſoohie noch nicht
gehowen , bob Bolt aoch nicht gewohnt, Bäder’ zu Waufen, unb
‚Jg bus Bedarſ au, allgemeinee zu werten, altz die I
tion dazwiſchen trat Ges BRefosumkionskrigg, des ben Mich
ern im Rorben die Freiheit errang, brachte Gedankenknecht⸗
daft in den Suden, und daB tribentinifihe Goncilium (der Urs
fprung ber Genfur, ber Semmungen und Sinfchränfungen, welche
der Preffe im ganzen Satholifchen Curopa eutgegengeWtilt win
ben) verſdaͤrkie und uerboppeite die EElavenketten, fohaß
hunderte mad) bes Grfindung ber Buchd
grade das Gegenteil von ber erſtern Zeit gelgte, dermehrter
Bedarf und verminderte Breipeit. Der Bedarf und Verbrauch
glich indeß beiweitem nicht dem in unferer ‚Zeit, dem in bie
ſem Jahrhunderte esfihienen sur 60,008 Bude, während im
18. 80,000 herauslamen, und das 19., da "im Durchſchaitt
jährlih 3000 in Dautfchland, 1000 in Gngianb und 2009
in Frankreich erfcheinen, wahrſcheinlich wenigitene 700,000 —
800,000 Yervorbringt.” (©. 146.)
Einen Scriftftellee muß bei dem Gedanken an biefe Pyras
miden, an biefe Berge von Büchern ein wahres Grauen anınans
bein, Graf Pecchio fagt, nach ber Berechnung eines engliſchen
Schriftſtellers „Bon taufend jährlich in England erfcheinenden
Büchern find 650 im erften, 100 in zwei, 150 in brei Jahren
vergeffen, und nad 20 Jahren erinnert man fi) kaum an 10.
Bon den 50,000 im 17. Jahrhunderte erſchienenen Schriften
fiehen jest nicht über 50 noch in Anſehen; von den 80,000 bes
18. hält man kaum O0 bes Wiederabbruds wärbig, und nur
etwa 500 ziehen die Aufmerkſamkeit noch auf ſich. Won der
Zeit an, wo die Drenfchen zu fchreiben anfingen, bis auf unfere
Tage herab haben nur 500 Werke von allen Nationen dem nas
genden Zahne ber Zeit gänzlich wiberftanden. Ich weiß nicht,
inwieweit diefe Berechnung genau iſt; ficherlich iſt fie nicht
übertrieben, und es gebt doch wenigftens baraus hervor, daß nur
ein fehr geringer Theil geiftiger Erzeugniſſe dauert nnd bas
Sapital menſchlicher Kenniniffe und Bildung vermehrt.” (©. 142.)
D du Ruhm bei Beitgenoffen, bu-Grinnerung während 20 Zats
ren! — ein Ruhm, ber nicht länger lebt als ein Pferd Uber
ein Sfel! In Bergeffenheit finken bie liebften, sagfleanıken Er⸗
zeugniſſe unſers Geiftes, wenn kaum ber Körpek der Erde zu
rüdgegeben iſt. u .
129
"Notiz.
Nichte Neues unter ber Sonne -
Was im Weften Ludwig XIV. zuerſt Har ausfpradh „L/dtat
c’est moi”, wodurch der Staat, wie e8 Gans ımlängft fo geift:
reich entwidelt dat, zum eigenttihen Bewußtſein Feiner elbſt
gekommen, in feiner perſoͤntichen Ichheit und vdlligem Abſolutis⸗
mus auftrat, daes bat ſchon vor ihm rin indiſcher Rauavch it
denfelben Worten auögelprochen. Es if a eva
haraga, Stifter der Kafatigabynaftie von Warankul im
Sahrh,, der eigenhänbig ein Geſetzbuch, „Sarasvativlläfem”,
fprieb und darin bie Ahankara ober Ichmachung zum Grunts
principe aufftellte. Der Wille bes Wonaschen. if das arfle Ge⸗
ſet für den Unterthan, wab dieſer hat es ala einen Act der
Gnade anzufeben, wenn er vegetiren darf, ba aller Grundbefig
dem Fürften ift, Der letztere Grundſatz hat factiſch feit dem
Anbegirm ber indifhen Staaten beftanden; ſchon &trabo weiß
es (©. 1030: „Zar: d2 9 ywon Baaıdkızn aan); allenthalben
ift darauf das Feudalſyſtem gebaut, wie ed Malcolm, Briggs,
Gtirfing und Zob in mehren Provinzen Zabiens nadmweifens
um wenigften ift das Princip in dem Regulativ für die Grunds
euer fichtbar, und wenn der alte Manu (9, 44 und öfter) bem
Bürger Cigenthumerechte zutzfennt, fo bemeift er wur, daß bas
argenifie Staatsletzen hier, wie anderswo bie Theorie je nichte
ma te. Paar en ‘ .
Redigtrt unter Verantwortlichkeit der Verlagßhandlung: J. A. Brockhaus in Leipzigs.
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Blätter.
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literarifche Unterhalt.ung,
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Sonntag, -
Der Römerzug König Heinrichs von Luͤtzelburg. In
ſechs Büchern dargeftellt durch Friedrich Wil:
beim Barthold. Zwei Theile. Königsberg, Gebr.
Borntraͤger. 1830— 31. Gr. 8. 5 Thlr. 20 Gr.
Herr Dr. Barthold, durch feine heiter und klar gefchries
bene Biographie über Johann von Werth bereits vortheil:
baft bekannt, übergibt in Heinrich's Römerzuge den Freun⸗
den der Gefchichte ein Werk von größerer Bedeutung und
noch groͤßerm Umfange. Indem es fi) an von Raumer's
Hohenſtaufen, welche dem Verf. jedoch in ihrem ho⸗
hen Werthe nicht zum Muſterbilde der Darſtellungsweiſe
gedient haben, anſchließen ſoll und die Zeiten von dem
Untergange dieſer Herrfcherfamilie bis zum Tode Robert's
von Anjou darſtellt, ſcheint Hr. Barthold anfaͤnglich uͤber
die Benennung ſeines Buches in Zweifel geweſen zu ſein, ſich
aber doch fuͤr obige Aufſchrift entſchieden zu haben, weil die
Schickſale Kaiſers Heinrich, oder mit des Verf. Worten:
weil ber. durch Die Geſchichte Italiens und Deutſchlands
motivirte Verſuch eines toͤmiſchen Königs, die qußer Uebung
gekommenen Hoheitsrechte uͤber Italien wieder geltend zu
machen, die Hauptbeſtandtheile dieſer geſchichtlichen Arbeit
bilden. Um dies durchzufuͤhren, wird in dem zehn Capi⸗
tel ſtarken erſten Buche der ſittliche und politiſche Zuſtand
Italiens vom Untergange der Hohenſtaufen an bis zu
Heinrich's Wahl zum roͤmiſch⸗deutſchen Könige beſchrieben,
dann in fuͤnftehalh Büchern Heinrich’ Abkunft, Jugend,
Wahl zum Könige, Heerzug nad) Stalin und Tod ers
zählt, und bie legten Capitel des fechsten Buches ſchlie⸗
Ben das Werk mit Dorftellung des Eindrucks, welchen
des Kaifers ploͤtzlicher Tod auf die Gemüther der Welfen
und Ghibellinen fowie auf ganz.-Europa gemucht hatte,
fammt den Schickſalen Stalins bis zu Robert's Tode.
Diefed begrenzte Feld hat der Verf. mit Fleiß und Sorg⸗
fait dergeftalt bearbeitet, daß die Wißbegier des Leſers
volllommen befriedigt und der eigenthümliche Charakter
jener Zeit und der darin handelnden Perfonen beutlich er⸗
tannt werben kann. Stalien, ale Mittelpunkt der Hands
lungen, ift zwar umfaffender gefchilbert worden als Deutſch⸗
lands fittliche und politifche Befchaffenheit vor und waͤh⸗
rend Heinrich's Deerfahrt; indeß fieht man doch, daß hier
fih nad) Hrn. Barthold's Entdedungen die Lage der Dinge
zu Anfange des 14. Jahrhunderts ſehr verändert hatte.
Der abenteuerliche Drang nach dem Morgentande, heißt
44. Februar 1838.
mn nn u nn -.—
es, war verſchwunden; die Tampfbegierigen Ritter ſahen
lieber auf Preußen, auf die flavifhen» und Donaulaͤnder
als auf reichen Lehenerwerb in Stalien, vor welchem Lande
fie eine Art von Scheu, wie fie die Sittigung den Ban
baren einflößte, zuruͤckhielt. Und doch bewilligten, fügt
Mef. Hinzu, biefe rüftigen Reichsſtaͤnde und Ritter auf
dem Reichstage zu Speier 1309 Heinrich's Roͤmerzug.
Diefer Heinrich, als Graf von Lügelburg der Dritte, und
als roͤmiſch⸗ deutfcher König der Siebente feines Namens,
war wegen feiner ritterlichen Thaten, großen Gerechrigkeites
liebe und Frömmigkeit 1308 auf den deutihen Thron
gefegt worden. Durch feine Gemahlin Margarete von
Brabant zu anfehnlicher Genoſſenſchaft "gelangt, aber ohne:
bedeutende Hausinacht, war er eigentlich palitifch ohnmaͤch⸗
tig, und darum hatten ihn Lediglich die Tugenden. gehot
ben, bie er aber nicht zum Heile und Mugen Deutfchlands
anmwanbte, was der Verf. überfehen bat. Dafür: entſchul⸗
bigt er den ritterlichen König und fagt I, 350: -
Sn dem beruhigten Deutfchland. war Fein Raum für, Hein
rich's Sinnedart; bis auf die unbebeutenden Händel in Thuͤrin⸗
gen (bed Landgrafen Friedrich) mit ber gebiffenen Wange) und
in Echwaben (des Grafen Eberhard won Würtemberg) foterte
nichts des Könige Gegenwart; felbft bie Krone Böhmen konnte
dem Haufe ber Eüselburger (für Heinrich's bekannten "Sohn Io:
bann) obne fein perfänlidhes Mitwirken erworben werden; leine
andere Gelegenheit zur Vergrößerung ber Hausmacht bot ſich
dar, ohne daß der Verdacht der Ländergier erwachte, welche den
König Albrecht um Thron und eben gebracht. Aeußere Kriege
gab es nicht; was blieb in Deutſchland dem hochftrebenden Hein⸗
rih zu thun übrig? Dagegen ermunterte die Stimme des Pap⸗
ſtes ihn unzweideutig, das Kaiferkhum in Italien wieder aufs
zurichten u. |. w. a L
Alfo vernahm die Verfammlung zu Speier (S. 351)
mit großer Freude den hohen, befonders durch die Einla⸗
dungen der Berbannten und Unterdrücdten Italiens (haupt⸗
ſaͤchlich der Ghibellinen) rege gemachten Entfchluß des Koͤ⸗
nige, nach dem reizenden Lande jemfeit der Alpen zu. zies
hen. ‚Heinrich (heißt es S. 5), „mit den Welthändein
nicht gar vertraut” und (wie ſich aus mehren Stehen
des Verf. befonders S. 409 fg., ergibt) mit der Lage ber
Dinge in Stallen gaͤnzlich unbelannt, zumal ba feine voran⸗
geſchickten Kundſchafter durch die fchlauen Italiener getäufcht
worden waren, konnte daher auch (S. 393) den Gedan⸗
Een, in Italien mit Geringfhägung Deutſchlands den Sig
eines neuen Meiches aufzufchlagen, nicht mit aller „Klar
\
226
heit aufgefaßt haben; allein es fehlt nicht an fruͤhern Ans
deutungen fowie an Zeugniſſen in dem weitern Verlaufe
der Dinge, daß ihn Deutſchland nicht feſſelte, und daß
ihm weniger an einem maͤßigen Ehrentitel als an dem
Euch sines bleibenden, felbftämbigen Befigse gelegen
war
x dieſem unerfreulichen Lichte ſehen wir deu Koͤ⸗
nig e 410), mit ſehr mäßiger Nannſchaſt geruͤſtet, nad
Stalin ziehen, wo ber gefelerte Dante Atighieri feine
Ankunft duch einen Aufruf und buch die Schrift „De
monarchia” vorzubereiten und zu erleichtern ſich bemühte.
DR große Schonung, bie ber König anfangs gegen bie
Staliener bewies, und fein fefter Vorſatz, diefe durch fried⸗
Tiche Mittel zu geteinnen, half wenig; zwar fehte er ſich
zu Mailand eine neue lombardifche Krone auf — die alte
war verloren worden —, feine Foderung ber Krouſteuern
aber. vorbarb alte Zuneigung und regte Empoͤrungen auf.
Nachdem biefe gedämpft, bie Lombarden meiſtens einge:
Fhlichtert, Wicenza genommen, Gremona gebemüthigt und
der Ghibelinen Macht in ben Bezirken am untern Po
begründet werden war, galt «8, entweder Über Parma uns
gefäumt.nad Rem vorzubeingen, ober erſt die übrigen
ibelfen zu unterdruͤcken. Auf biefem Scheidewege em⸗
fing Henri von dem ihn aufmerfam beobachten
den Dante einen ſchwuͤlſtigen und myſtiſchen Mahnbrief
(S. 535 fg.), „von dem fruchtloſen Kampfe gegen bie
ftets wachſende lombardiſche Hydra abzulaffen und. fein
DSehwert nach dem verborgenen Kopfe des Lebens zu ze
en." Allein Heinrich fegte den Kampf mit den Welfm
fort: und zog erſt am 7. Mai 4312 in Rom ein, wo.
{H, 192) fein Neid, duch einem Kampf mit ben Neapo⸗
Htanern und dem Anhange dee Orſini gleihfam noch ein
Mal gewonnen werben mußte. Nach fat zweimonatlichen
‚ Anfttengungen wurde er nicht im Heiligthume be6 Pap⸗
fies, St.: Peter, wie es fein Wunſch war, fendern im
Zateran am 29. Juni mit Zuftimmung des abmefenden
Papftes gekrönt, wobutch aber im Mefentlichen nichts er:
teicht worden war, als etwa, duͤnkt bem Ref., bie Ge:
wißheit, daß die kaiſerliche Majeftät nicht auf Frankreich
übergetragen werden konnte. Das nun geichloffene Ehe⸗
buͤndniß zwifchen Beatrice und Pedro verfchaffte zroar dem
neuen Kaiſer einen bedeutenden Beiſtand durch König
Friedrich von Sicilien; allein der wichtige Robert von
Neapel biieb ihm feindfelig, ſelbſt nach Abſchluſſe des ein
jährigen Maffenftiliftandes, welchen Papft Clemens V. bem
Katfer geboten hatte.
In Arezzo angekommen, hielt nun Heinrich Gericht
über den Gegner, ließ Ihn, ber Felonie umb des Treu⸗
bruches angeklagt, vor fi) fodern, und ba biefee nad
mehrmaliger Auffoderung nicht erſchien, wurde endlich Die
Acht im Ausdruͤcken unechörter Strenge uͤber ihn ausger
forochen (S. 385 f3.). Dies gab Anlaß zu dem Ger
ſetze über die Majeſtaͤtsverbrecher und Rebellen, welches
im April 1313, nit 1312, wie die Ausgaben des Cor-
„pas juris” leſen, nad Befragung ber bolognefer Rechts⸗
gelehrten genannten: Rechtsbuche beigefügt wurde und den
Schiuß daſaben Bilder. | -
Merkwuͤrdig iſt, daß Heinrich, während feine Macht
‘ N ı
und fein Einfluß allmaͤlig fant, und Robert mit ben Wel⸗
fen in Vortheil kam, auf „einer veröbeten Stätte, ehema⸗
ligen langes”, dem Monte Imperiale, einen neuen Kaiſer⸗
fig erwählte und anbauen lief. Noth und zugleich feind⸗
felige Stellung gegen Florenz, Lucca und Gina ma
dazu mehr gewirkt heben als unbezwingliche Stanbhafs
tigkeit und romantifher Sinn, was gar zu abenteuerlich
erfcheinen würde; denn bie Noth trieb ihn ja wieber
nach dem getreuen Pifa zurüd. Deffenungeachtet ſollten
die vielen auf dem Kaifersberge erlaffenen und vom Verf.
gerechtfertigten Achtserklaͤrungen hauptſaͤchlich und zunaͤchſt
gegen den Neapolitanerkoͤnig vollſtreckt werden. Der Verf.
ſucht nun zu beweiſen, daß die Unternehmungen, welche
bin und wieder verkehrt genannt worden find, nicht uns
finnig in ihrer Zurüftung gemwefen feien; benn Heinrich
bereitete fih zu Piſa mächtig vor, ebenfo fein Bundes⸗
genoffe in Sicilien, König Friedrich, von Deutfchlanb war .
ein anfehnlicher Beiftand über bie Alpen ber Im Anzuge,
die Ghibellinen fiegeen wieder in ber Lombardei und brach:
ten bie drei Säupter der Gegner in ihre Gewalt, und
endlich proteſtirte der Kaiſer gegen bie buch Philipp dem
Schönen abgezwungene päpftlihe Drohbulle, vom Vorha⸗
ben gegen Robert abzuſtehen, in zahlreicher Geſandtſchaft
an den geängftigten Clemens V. zu Avignon. Sorge,
Laft der Geſchaͤfte, Kummer über den Papſt, meint ber
Verf. (&. 434), und gereizte Stimmung zehrten an des
Kalſers Leibe. Er brach, jedoch fchon keank, von Piſa
gegen den Neapolitaner auf und "farb auf dem Wege
nach Rom zu Buonconvento am 24. Auguft 1313, nach⸗
dem er (S. 41) ſchon bei Belagerung Breseias ben
Keim des Todes empfangen, aber zwei Jahre ſtill in ſei⸗
nem gefunden (?) Leibe umbergetuagen hatte. Da er aber
Eur; vor feinem SHintritte aus diefer Welt zu Buoncon⸗
vento das heiffge Abendmahl vom Dominicanermoͤnche Ber:
nardino von Montepulciano empfing (S. 439), „eifigee
Schauer gleich darauf feine Gebeine durchriefekte, und fein
Hinfheiden um die neunte Tagesſtunde welſcher Rechnung
voll Ergebung in ben Willen bes Himmels in ober nes -
ben der Kirche erfolgte”, fo wurde urploͤtzlich der Ver⸗
dacht einer Vergiftung in den Deuefhen rege. Der Glaube -
an bie gewaltfame Todesart murde nachmals in Italien
fo gut wie in Deutſchland herrfchend.
Hm. Barthold's Bermuthung (S. 440), baß ber Kais
fee vos feinem Ableben den ſchwarzen Verdacht ber Sei⸗
nen erfannt und dem Moͤnch, von deſſen Unſchuld über-
zeupt, zur Flucht gerathen habe, findet Ref. unwahrſchein⸗
ch, fowie ihm bie Behauptung (S. 444 fg.) von ber
Section des kaiſerlichen Leichnams vor dem Verbrennen
nicht genug begründet worden zu fein fcheint, zumal wenn
man auf-Bellage I, S: 42; binfieht. Dagegen hat Dr.
Barthold durch feine fcharffinnigen und befonnenen Unter:
fuchungen in genannter Beilage (&. 1 — 64) den Ref. voll⸗
| kommen Hberzeugt, daB die Vergiftung bes Kalfers, welche
anf bie Angabe zeitgenoſſiſcher, dem Schauplatze ber Bes
gebenheiten ober ber Perſon Heintich's nahe lebender Schrift⸗
ſteller in Italien und Deutſchland ſowie auf die ange⸗
fochtenen, von den Dominikanern ſpaͤter zur Freiſprechung
thres Drbenägkiebes bekannt gemachten Feugniffe gegtlindet · zu
227
werden —5 — nicht erwieſen ſei, vielmehr die Gewißheit von
dem natuͤrllchen Tode angenommen werden mülle. Die
Echtheit von vier Zeugniſſen für die Unſchuld des Moͤnches
vertheibigt Dr. Barthold, während. se au dem fünften noch
einige Bebenklichfeiten findet. Die zweite Beilage theilt ei:
nige Poefien über ben Tad des Kaifers mit; bie dritte ent:
Haft Minnelieber bed Grafen Wernher von Homberg (kai:
ferlichen Statthalters ber Lombardei) und einigen wenigen
Andern; die vierte Beilage verbreitet ſich über bie vor⸗
zuͤglichſten Quellen, Huͤlfsmittel und Vorarbeiten zur Ge⸗
ſchichte Heinrich VII.; die fünfte gibt diplomatiſche Nach⸗
weiſungen über bed Kaiſers Aufenthalt vom J. 1308 —
13, und die ſechste Liefert die Anfuͤhrung bee citirten
Schrifeſteller, 183*an der Zahl. Sieht man auf den Eins
druck, welchen Hm. Barthold's Darftellung von den Tha⸗
ten dieſes Kaiſers auf die Seele des aufmerkfamen Lefens
macht, fo läßt er fi etwa tn ‚folgende Betrachtungen zu>
fammenfaffen: Heinrich überließ undankbar oder leichtfins
mig das deutfche eich einer Innern Zerrättung, welche
nachmals fi) bei der neuen Königewahl fo offen barlegte;
vergaß bdafjelbe in dem hoch gepriefenen, aber vom Partei:
gewühl zerfleiſchten Italien; ſehnte ſich fo wenlg nad, der
Heimat zuruͤck, als er hier zurudigewimfcht wurde, und
man möchte faft vermuthen, daß die Deutfchen ihn, den |
Ohnmächtigen, zum Könige gewählt hatten, um ihn auf |
bequeme Weiſe wieder 108 zu werden, damit fie im Reiche
nah Gefallen wirthſchaften konnten. Die Theilnahme,
welche der Anblick eines fo einfachen, vedlihen und ehr⸗
lichen Charakters, wie ber Heinrich VIT., erregt, wenn
man ihn wie einen Feld unter den Nichtswuͤrdigkeiten ber
eäntefüchtigen, ſchlauen und betruͤgeriſchen Italiener ſtehen
ſieht, wird durch den Gedanken gemildert, daß ihn eigent⸗
Uch kein wahrhafter Beruf, ſondern die romantiſche Aben⸗
teuerlichkeit der Ritterzeit ſammt dem verfuͤhreriſchen Bei⸗
ſpiele der alten Kaiſer zu dem Heerzuge getrieben hatte.
Ob Heinrich, gleichwie Dante, einer idealen Welt, wie
4, 19, behauptet wird, angehört babe, laͤßt Ref. an ſei⸗
nen Ort geftellt fein; er findet aber das Beflreben, wenn
es ber Kaifer wirklich gehabt haben ſollte (II, 351), darch
Die fittliche Macht feines Berufs bie verborbeuen Bewoh⸗
ner Welfchlands zur Pflicht zuruckzufuͤhren, verkehrt und
der Zeit nicht angemeflen.
Ueber bie Anordnung und Vertheilung des reich
baltigen Stoffes in dem Werke Tann Ref. aus Bes
ſergniß, zu weitlänfig zu werden, bier nur fo viel
anbeuten, daß des Ken. Verf. „Divination eiguer Art‘,
welche ihm die Zeugniſſe orbnen und vereinen half,
ihn bisweilen verlaffen habe. Und was endlich den Styl
Diefes gehaltreichen, unterrichtenden Werkes belangt, fo
Hätte ber Verf. hier und da mehr, Sorgfalt auf denfelben
verwenden können, wodurch nicht nur bie Härten mancher
Wendungen, fondern auf manche umbeutfche Conftruction
fammt etlihen alltäglichen Ausbrüden vermieden worden
wäre. Ref. findet auch das Auslaflen ber Huͤlfszeitwoͤr⸗
ser fein und baden bei dem Particip ber Vergangen⸗
beit, wie Hr. Barthold häufig ſchreibt, ebenfo anſtoͤßig
\
“fi in kurze, wigige Geſpraͤche zwiſchen fünf jungen
Gennaro, ein junger Offiz
AR® den Gebrauch mancher ſeltſamen Morter, wie z. B.
ernuͤchtern, vernuͤchtert, adels frind, Genußling, verwunden
(für uͤberſtanden, verſchmerzt) auch lieſt ſich die Bezeich⸗
ung eines Kriegehelden duch Degen in einem Werkchen
wie über Johann von Werth vief anmuthiger als in einene
wuͤrdevoll gehaltenen Geſchichtswerke. 145,
Lucräce Borgia, drame en cing actes et_en prose, par
V. Huga
Nachdem wir goel Abende Yintereinanden das Thehire de
la porte St.-Martin belagert haften, und ber Angriff jebes⸗
mal war abgeriefen worden, verfwdhten wir unverbroffen einen
dritten Sturm, ermuthigt buch einen Talisman, mit dem
uns ber Verf. derfehen Hatte, naͤmlich mit einem Sintrittöbillete
fürs Orcheſter. Wir trafen am Gingange bes Theaters biefelbe
lärmende Menſchenmenge wie an ben vorherigen Tagenz es war
ein Summen, ein Brummen und Braufen wie am eines
ftürmifchen Meers. Die gewaltigen Volkemaſſen ſchoben unb
hoben fi Hin und Her mit einem Umgeſtuͤm, der uns tro& uns
ſers Talismans flugig machte. Inbeffen „faßten wir uns ein
Herz und gelangten endlich zu einem Municipalgarbiften zu
ferde, der uns an einen feiner Collegen wies, ber und einem
imieninfanteriften- überiwies, ber uns einem sergeant de ville
überlieferte. Dieter führte uns, einem MWilletcontroleur zu, auf
beffen Befehl fi ein Meiner mit hölzernen Gittern verfchlof:
fener Raum dffnete, in weldem wir ohne weitere Gefahr war:
ten Tonnten, bis bie Bureaur geöffnet würden. Endlich thaten
ſich die Pforten bes Heiligthume auf, mb durch alle Zugänge
drängten ſich bie Heißhungerigen Zuſchauer, um ben Lohn ber
langen Kämpfe zu genießen. Die Gtille, welche bis zum An⸗
fange des Sktuͤckes berrfchte, würbe und befremdet haben, hätten
wir nicht gewußt, daß der Dichter feinen Juͤngern Ruhe anem⸗
pfohlen hatte. Ber Lärm bei ber erſten Worftellung von „Le
roi s’amuse” war Hrn. B. Hugo theuer zu flchen gekommen ;
zubem tft das Schreien und Raſen nicht mehr nöthig, um bem
Dichter Anfehen zu verfchaffen. Die Romantiker werben wide
mehr als titerarifche Parlas behandelt; die Theaterlaffen haben
ben Gtreit entfchieden. .
Das Orchefter beginnt, ber Vorhang rot in bie Hoͤhe;
ein herrliches Schaufpiel entfaltet fi) wor unfern Augen. Wir
find zu Venedig; es it Rachts; auf beiben Geiten erhebt fi ein
praͤchtiger Porticus; die Paläfte find beleuchtet; im Hinter:
grunde ſchimmern bie Kadeln der vorbeiziehenden Gondeln. Die
Erpofition, anſtatt fich in der langen Erzählung eines Vertrau⸗
ten beutlich und ermübend allmaͤlig zu entwideln, zerfplittert
belleuten.
Indeſſen fpringe fie zu ſchnell vom Einen aufs Andere über;
man kann ihrem behenben, unftäten Gange um fo weniger fol
gen, ba das Publicum Mühe hat, ſich zu beruhigen, bie Logens
thüren fich dffnen und fchließen, und man ſich hier und ba um bie
Plaͤtze zankt; was uns aus der Unterhaltung der jungen Herren
Im Gebächtniffe geblieben, iſt die Grmorbung bes Zohan Bor⸗
gia, Herzogs von Balentinois, nebft einigen Verwuͤnſchungen ges
gen bie Lucretia Borgia, die Tochter bes Papftes Alexander VI.,
bie fih ihrer Liebhaber durch GSift und Dolch entiedigt und alle
Beinde und Nebenbuhler ihrer Bamilie zu Liebha nimmt.
Die reich gelleideten Zünglinge Eehren zum elle zurüd, das fie
einen Augenblick verlaffen hatten, um friſche Luft zu fchöpfen.
ier, dee während ihrer Erzählungen
auf einer Bank eingefchlafen, bleibt allein zurüd. Eine Dame
mit einer Larve vor dem Seſichte fleigt aus einer Gondel, es if
Lucretia Borgia. Aus ihrem Gefprädhe mit Gubetta, ihrem
Bertrauten, erfahren wir, daß fie nach Benebig gelommen, um
ihren Gennaro zu fehen und während ber Feſtlichkeiten des
Carnevals ungehindert zu ſprechen. Gubetta geht abs; Lucre
tia tritt zu bem noch immer-
mit Sntzüden, kuͤßt ihn auf die Stirn. In bemfelben Augen»
f&hlafenden Gennaro, betrachtet ihn °
n
228 u
biE erſcheint ihr. Gemehl Don Alfonfe d'Eſe, Dir fie qu
dee Berne ‚belaufcht; ex fieht in Gennaro einen neuen Liebhabez
feiner zögelisfen Gemahlin, und eilt, nach Sache dürften,
nach Ferrara zuruͤck; Gennaro erwacht. Gennaro if ber
Sohn Eurretiad; er kennt feine Aeltern nicht, aber er liebt
feine Mutter unausfprechlihs er -Heft Lucretia einen Brief ſei⸗
ner Mutter vor, erzählt ihe bie Geſchichte feiner Jugend;
er klagt, daß er feine Mutter nicht kenne, feine Mutter, bie,
wie er fagt, rein und tugenbhaft iſt. Lucretia wendet
fih ab und. weine Die raͤchende Remeſis beginnt ihr Amt: die
Idee, auf welcher das Drama ruht, bringt, Schaudern und
Mitleid erregend, in unfere Bruſt. Gennaro’s Freunde haben
Zucretia erfannts fie umringen bie verruchte Giftmiſcherin. &8
iſt Keiner‘ unter ihnen, bem fie nicht einen Brußge ober einen
Bater geraubt. Sie dringen auf fie ein, -überhäufen fie mit
Schmaͤhungen: „Ich bin Maffio Orfini, Sohn des Maffio Dr:
ini, den bu haſt erbolcyen Laffen”, ruft der Eine; „Ich bin Olo⸗
ferno Bitellio, Neffe des Vetellio, ben du vergiftet haft‘‘ u. f. w.
Trotz iger Bitten und Thraͤnen reißen fie ihre die Maske ab und
nennen Gennaro ihren Namen. Gennaro flucht ihr; fie ſinkt
ohnmaͤchtig nieder. Diefer Auftritt macht ungeheuere Senſation;
bie Unterrebung Gennaro’s mit feiner Mutter fcheint uns er
greifender und tiefer gedacht; wir zählen fie dem Schönften bei,
was V. Hugo gedichtet bat.
Nachdem ſich uns die Elemente ber Dramas nun entfaltet,
tönnen wir die Gntwidelung bee Handlung raſcher verfolgen.
Gennare und feine Freunde kommen im Gefolge des venetianis
chen Geſandten nach Berrara. Jeppo, einer von ihnen, entwirft
ein fchauberhaftes Gemälde von ben Wergiftungen ber Lucretia;
im Hintergrunde fieht man eins ihrer Schlachtopfer vorüber:
fchwanten. In feiner Entrüflung flürzt Gennaro auf den Palafl
ber Lucretia, loͤſcht mit feinem Schwerte den erften Buchſtaben
des Worte Borgia aus und macht Orgia daraus. Gennaro
wird feſtgenommen; Lucretia verlangt von ihrem Gemahle das
Leben des Boͤſewichts, ber ihr Wappen beſchimpft. Don Al⸗
fonfo gewährt ihr die Witte; Gennaro wird hereingeführt. Gine
erſchuͤtternde Scene; der Hauptgedanke bes Gedichts fleigt hier
neuerdings wie ein unverfähnliches Gefpenft an der Hand bes
Schickſals auf. Lucretia fucht vergebens den Liebling zu reiten
in einem langen, meifterhaft durchgeführten Auftritte; zulegt
findet fie fein anderes Mittel, ihn dem Tode zu entreißen, als
ihn zu vergiften. Gennaro wird wieber hereingerufen ; ber ‚Her.
309 verfündigt ihm, daß er ihn, auf ber Herzogin Bitte, begna-
dige, und bietet ihm mit teuflifcher Verftellung an, ihn in feine
Dienfte zu nehmen. Gr dringt ihm Geld auf, bas der Züngs
ling ſtolz zurüdweifts ba er im Dienfte der Republik Venedig
ſteht, ift ihm unterfagt, Geld von einem fremden Souverain
anzunehmen. Gin Glas Syrakufer fchlägt er nit aus;
nachdem er ben Giftbecher geleert, laͤßt ibn Alfonfo mit Eucres
tia allein; biefe gibt ihm Gegengift, das er nad) langem Gträu:
ben annimmt. Auf ihren Rath will ee noch in ber Naht Fer
rara verlaffen ; indeffen beredet ihn fein Freund und Waffenges
fährte Orfini, ihn zu einem Feſte bei ber Prinzefiin Negroni zu
begleiten. Die Bühne ftellt einen reich geihmüdten Saal im
Palaſte Negroni vos: an einem mit filbernen Vaſen, Blu:
mentörben und Speiſen belabenen Zifche figen junge üppige Weiber
mit halb entblößtem WBufen zwifchen den @äften, die, bad Haar
mit Rofer umwunden, zechen und ſchmauſen; ihre feflichen
Geſaͤnge werden piöplih durch einen bumpfen Grabgefang
unterbrochen. Die Iuftigen Geſellen flugen, doch ber Zaumel
des Genuſſes reißt fie bald wieder hin, fie fingen fort; bie Tod⸗
tenmelodie kommt näher und näher; ber Hintergrund Öffnet ſich;
die Vorhalle if ſchwarz ausgefchlagen; vor einem mächtigen
ilbernen Kreuze ftehen fünf Gärges Möndye, mit Wachskerzen
in der Hand, ftellen ſich rechts und links in zwei Reihen auf.
Lucretia erfcheint: „Ihr feid bei mir, meine Herren”, ruft fie
triumpbivend ; „Ihr hattet mir einen Ball zu Benebig gegeben,
ich gebe Euch ein Souper zu Ferrara; Ihr feib alle vergiftek,
hier ftehen fünf Saͤrge: Drfini gehe nun zu beinem SBater,
|
VWilela ya dein Puch” Gennace delagt af Lucreti⸗
um Pe —*8 zu raͤchen; nach Fe Re —
entſetentvollen Stene erſticht Gennaro die Luctetka, welche ihm
ſterbend zuruft: „Ich bin deine Mutter ⸗ Ri 148,
Anfangsgründe der Geographie, mit ausführlicher Bes
“ handlung der Geographie von Deutfchland und vors
nehmlich von’ Balern. Ein Lehrbuch für die latente
ſchen Schulen in Balen von I. B. Mannhart,
Zwei Theile. Sulzbach, Seibel. 1831. Gr. 8.
18 Gr. En Ze \
Wir wiffen nicht, ob dies Buch in Kolge ber doͤr zwei Jah⸗
ren eröffneten Goncursenz für Abfaffung guter Schulbuͤcher für
das Königreich Baiern geſchrieben worden iſt; aber das volffen
wir, daß es noch nicht allen Yoberungen entſpricht, die man
on eine folche Gchrift machen darf. Gind ihm bis "dahin
nicht andere. Bücher zuvorgelommen — und das fürchten wir —,
fo fönnte Bei ciner zweiten Auflage noch Vieles verbeffert und
dadurch dem Buche erft ein tüdtiger Birkungskreis gewonnen
werden. Der Verf. hat es in ber Einleitung mit Begriff, Eins
theilung und. Hölfsmitteln der Geographie, dann mit ber. mar
thematifchen, phyſiſchen und politifchen unb endli (aber ganz
kurz) mit den fünf Erbtheilen felbft zu thun. Der zweite Theil
behandelt nun Deutfchland und zulegt und am weitläufigften
Baiern. Als Zufäge zu den einzelnen Paragraphen, befonders .
des erfien Theilt, werden den Schülern Aufgaben aus der Geo⸗
graphie gegeben, zu deren Loͤſung fie an einige geographiſche
und naturhiftorifche Werke und vor Allem an das „Sonverfationds
Lexikon“ gewieſen werben. Wir haben keine Probe gemacht, ob
ſich 88 die Fragen S. 16: Warum faͤllt nicht alle 29 Tage
eine Sonnenfinſterniß vor? oder: Iſt eine Sonnenfinſterniß uͤber⸗
au gleich ſichtbar, d. i., wenn fie z. B. in Baiern als total er⸗
ſcheint, iſt fie dies auch in Konftantinopel? aus dem „Converſations⸗
Lexikon“ beantworten laffen. Wir fürdyten, mancher Lehrer wirb
mit Beantwortung folder und ähnlicher Punkte feine Noth Has
ben, wenn e8 zumal Gefen wäre, wie bei einer Akademie der
iſſenſchaften, wir wiſſen nicht gleich weicher, baß jede unbe»
antwortet gebliebene Preisfrage van einem ihrer Mitglieder ber
arbeitet werben muͤſſe. Uebrigens ift umfer Verf. (den wir hiers
mit zum erften Mat Eennen lernen, und bes fein Buch zu Pals
fau unterzeichnet hat) ein patriotifher Mann, der pflichtſchul⸗
bigft mit feinem Baiern durdy und durch zufrieden iſt, und wir
heben aus II, 116, folgende Stelle aus feinen Buche aus: „Die
Bildung iſt, vornehmlich Seit der Regierung Marimilian I,
bedeutend vorwärts gefcritten, fodaß nunmehr Baiern in Dins
ficht der allgemeinen unb wiffenfchaftlihen Bildung jebem an⸗
bern deutſchen Staate ſich unbedingt an die Geite ftellen Tann.
Künfte und Wiffenfchaften flehen in vorzuͤglicher Blüte unb er⸗
freuen ſich des Schutzes einer freifinnigen, alles Gute befärbernben
Regierung. Drei Univerfitäten find von ausgezeichneten Lehrern
befest. In München befinden fi eine Akademie der Wiſſen⸗
[haften und eine der bildenden Künfte, ferner eine Gentralves
terinairſchule und ein landwirthſchaftlicher Werein für ganz
Baiern. In den meiften Städten befiehen Künſtler⸗ und Ges
werbs s (potgtechnifche) Schulen, an mehren Orten bebeutende
Bibliotheken, unter denen’ ſich befonberd bie zu München autz⸗
eichnet.” Mehre Lyceen, einige .20 Gpmmafien und viele Ia=
einifhe Schulen forgen für bie gelehrte Sugenbbilbung aufs
Foͤrderlichſte. Zu Lantshut, Bamberg und rzburg find dire
urgifhe Schulen, zu Aſchaffenburg eine Borfliehranflatt unb
außerdem in vielen Städten Lehr: und Bilbungsanflalten vers
fehiedener Art. Zahlreiche Bürgers und Landſchulen wirken feit
Anfang diefes Jahrhunderts fo.eifrig, baß man gegenwärtig kaum
einen nicht fehr- alten Landmann treffen dürfte, welcher weber zu
leſen nody zu fchreiben verfteht. Gluͤckliches Baiern!“ 30, -
*, Mir kommen nod auf Hugo’s Drama zurbd. D. Red.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodhaus in Leipzis.
Blatter
für
litera tif e Unterha (tum g.
Allgemeine und ſpecielle Pathologie und Therapie.
ah J. 2. Schoͤnlein's (Profeſſors in Wuͤrz⸗
burg) Vorleſungen niedergeſchrieben und herausge⸗
geben von einem ſeiner Zuhoͤrer. Erſter Band. Zweite,
verbeſſerte Auflage. Würzburg, Etlinger. 1832. Gr.8.
2 Zhlr. 12 Gr.
Medicinifches paßt nicht für diefe Blaͤtter; aber was
ben Stand der Aerzte betrifft, intereffirt gewiß die meis
ſten unferer Lefer. Dahin zielende und noch etwas wei:
ter greifende Bemerkungen, die fih beim Lefen des ge:
nannten Buches aufgedrängt haben, bitte ich zu hören
und fich nicht durch die Meberfchrift abſchrecken zu Taffen,
. Das vorliegende Buch iſt nur zu betrachten wie ein
Holzſchnitt nady einem Oelgemaͤlde; ein ungebildeter Schuͤ⸗
ler bat fein Heft zuverläffig ohne Wiſſen und Willen
des Lehrers dem Druck Übergeben. Möge biefe Indiscre⸗
tion dem Verf., wenn auch nicht die erfreulichfte, doch
dringendfte Veranlaffung fein; fein Werk felbft herauszu⸗
geben, nicht nur in, vollendeter Form, fondern aud mit
Hinzufügung Deffen, was nicht fehlen darf, wenn der
ältere Arzt, der Lehrer der Heiltunft zu den Juͤngern
ſpricht. Ich meine die Worte, die aus nienfchenfreund:
lihem Derzen fommen, bie Mahnung an die Pflichten
des Arztes. Das fchnell eintretende Erfoderniß der zwei:
ten Auflage iſt ein Beweis der Begierde, womit bie
Worte eines Schönlein von den Aetzten Deutfchlande
aufgenommen, werben. Und in der Xhat’ verdient dies
Wert auch in feiner jegigen unvollommmen und ver
fülfchten Geſtalt fo aufgenommen zu werden, denn es ift
das Werk eines Mannes von Geiſt, ber neue, kühne
Sombinationen macht. Der Verf. fteht auf einem hohen
Standpunkt, was die äußere Natur betrifft, auf einem
fo hohen, daß er mit unparteilfhen Auge alles Menſch⸗
lihe und Thieriſche, alles Lebendige, Sefunde und Kranke
zu überfehen glaubt. In der feanzöfifchen und englifchen
Literatur iſt kein Ähnliches mediciniſches Werk vorhanden.
Genug des Lobes für hier, da hier doch keine Kritik des
Einzelnen flattfindet. Aber von einer andern Seite be
trachtet, hat das Buch einen hoͤchſt betrübenden Eindruck
auf mid gemacht, und es hat fi) eine Kette ernfihafter
Betrachtungen daran geknuͤpft.
Die Kraukheiten find dem Verf. nur ein hell dee
Naturerſcheinungen; das find fie allerdings, aber fie find
—— St.
U U 7 3
56.
blos Noſologie lernen, fonbern auch Pathologie, und rich
tig nennt Schönlein feine Verlefungen pathologifde. Die
nomene, ber thäte beffer, nicht nur für fein (Ergögen,
fondern für feine unfterbliche Seele, die kalcbluͤtigen Thiere,
Beophnten, Mooſe und Algen und Kryfialle zu fiudiren,
als die Krankheiten ber Menſchen. Aber von allem
Menſchlichen zu abſtrahiren In der Mediein, in der Thes⸗
logie und Jurieprudenz, das gilt heutzutage in Dertſch⸗
land für reinwiſſenſchaftlich. Die Einleitung, bie ganze
Einleitung bed vorliegenden Buches Imutet woͤrtlich
Die Medicin beſchaͤftigt fi) mit dem Beben überhaupt
und mit bem bes. Menfchen Insbefondere. Der Menſch eis rin
Theil des Sefammtorganiemus, bes AUS, ſucht wie alle anbere
Geſchoͤpfe fi vom Ganzen loszureißen, als ſelbſtaͤndiges Weſen
fih darzuftellen. Auf der andern Geite finden wir Kid: Be
möhen ber Ratur, das befondere Leben in das allgemeine hincin⸗
zugiehen und mit fi zu verbinden. So ensfticht ein Gagenſatz.
Spannung zwifchen dem egoiftifchen und planetarifchen Princip:
jedes ſtrebt zu ſiegen, und fo lange das egoiſtiſche uͤberwiegt
oder dem planetarifchen das Gleichgewicht Hält, wirb das Ge
ſchoͤpf feine Integrität (Seſundheit) erhalten; «6 muß dagegen
ju Srunde gehen, wenn das Grgentheil flattfindet, und das pie⸗
neteriſche das egoiſtiſche überwirgt. Der Gieg des planetaris
fen Principe ift nur ber Tod des befondern Lebens. Krank⸗
heit ift alfo der Kampf bed egoiftifhen Princips (des befonbern
Lebens) mit dem zerſtoͤrend auf daffelbe einwirkenden planetar
rifhen Principe, ber fchäblihen Potenz, bie es zu zerſtoͤren
ſucht. Dieſer Kampf ſtellt fi} verſchieden bar, weiche Verſchie⸗
denheit nur die Form der Krankheit gibt.
Von da an iſt gleich die Rede von den Krankheits⸗
formen u.ſ.w. Sapienti sat! Wie leicht kann dus „egoi⸗
ftifche Princip” von den Schülern misverſtanden werden! .
Gott Lob, ich hatte einen Lehrer der Medicin, der Würde
und Wohlwollen ausftraplte, deffen Gegenwart am Kran:
kenbette erquickend war wie dem Durfligen Waller; denn
ee war Menfchenfreund, er hatte den Drang und bie
Freude, den Kranken, ben Leidenden zu helfen, nicht bloß
Krankheiten zu curiren. Wer den Trieb nicht in ſich fühlt,
zu beifen, der widme fi der Medictn nicht. Was fol
werben aus ben Aerzten, wenn fie verleitet ober gar ans
geleitet werben, bie Krankenbetten zu betrachten wie Kaſten
230 u
in einem DMineraliencabinet oder in einer entomologifchen | der reinen Wiffenfchaften, was Ihr in ber Jugend wünfcht,
Sammlung, wo Alle® aufgefpießt ift zur Freude des Be:
fhauenden? Was foll ans den Kranken werden! Nach
wenigen Jahren elfrigen Studirens wird in ben allermeis
fin Aergten bie Wißbegierde erſtickt fein, die Schwere der
täglichen Praxis wird erdrüdend, und wenn auch nur els
ner oder ber andere Arzt fo handeln wird wie Dr. Gas
ftaing elenden Andenkeas, fo werben doch vielleicht Tau⸗
fende fo denken. Wahrhaftig, nicht bie reine Wiſſen⸗
ſchaftlichkeit allein, fondern die Dienfchentiebe, der Wille,
zu helfen, verbunden mit bem Bewußtſein, vedlich ſtudirt
haben, und fortwährend fi zu bemühen, Tann bie
Bürte des Arztes aufrecht erhalten und das ſchwere Ge:
ſchaͤft deſſelben erträglih machen. *)
| Ich bin weit davon entfernt, Herm Profeſſor Schön:
lein insbefondere anklagen zu wollen; aber allerdings will
ich lagen über die mehr und miehr ſich ausbreitende Herr:
fchaft eines böfen Geiftes, der umfagliches Webel der kom⸗
menden Gmeration in Deutfchland bereite. Wir küms
mean uns um bie St.s Simonianer in Paris, wir find
eifrig in Widerlegung ihrer Principin, in Prophezeihun⸗
gen der uͤbeln Folgen für Frankteich; aber was zu Haufe
ift, fehen wir nicht, weder den Propheten noch das fchon
gegenwärtige Uebel. Und dennoch iſts wahr, daß fich die
verberblichite Sekte bildet im deutſchen Vaterlande, tau⸗
ſendmal verbreiteter, eindringender als die Lächerlichen
&t.s Stmontaner und demgemäß gefährlih. Die Sekte,
die ich. meine und bie ich anklagend zu nennen. mich nicht
ſcheue, das iſt die Sekte der Reinwiffenfchaft:
lichen. n
Reinwiſſenſchaftlich, das iſt ſeit geraumer Zeit bie
Looſung auf dem Gebiet der beutfchen Hochſchulen. Wie
Napoleon die Schüler durch Trommelſchlag in die Lehr:
fäte rufen ließ, fo ſoll bei uns das Zauberwort gelten:
reinwiſſenſchaftlich. Toͤnend Erz und Schellenklang! Rein:
wiſſenſchaftlich, das ſoll fein iſolirt⸗intellectuelle Thaͤtig⸗
keit ohne Menſchenllebe, ohne Gefuͤhl, ohne Hinblick auf
ein hoͤheres Ziel. Aber die Mathematik ausgenommen,
haben alle Wiſſenſchaften Bezug auf den Menſchen, und
ſie auf unmenſchliche Weiſe behandeln wollen, iſt Verir⸗
rung, bie fi ſtraft. Wahrlich, ich ſage Euch, Foͤrderer
*) Als äußeres Mittel, bie Wuͤrde ter Aerzte vor drohen⸗
dem Verfall zu fhüsen, kann dienen: freie Affociation ber
beffern Aerzte, Bildung einer Art Ariftofratie unter den
Arrzten. In jedem konigl. preuß. Regierungsbezirk bilde
fih ein Golleglum der Aerzte. Nur Derjenige, der länger
als fieben Jahre ehrenvoll prafticirt hat, Tann aufgenom«
men ‚werben. Das- Collegium kann Gigenthbum haben,
nimmt Ginfchüfle an, um Leibrenten zu geben, die erſt mit
dem 60, Lebensjahre anfangen. Ein gewählter und wechfeln:
der Vorſtand Abt Cenſur aus in gewiffem Grade nach Art
der Advocatenvereine in Frankreich. Mas ift wahrlich befs
fer für Aerzte und Arzneiwiſſenſchaft, ald wenn einige ber
folbete Aerzte als Regierungsbevollmächtigte ihre Gollegen
und bie Mebisin mit geliebener Macht commandiren wol:
len, z. B. nit die Irrthuͤmer und Fehlgriffe wegen ber
Cholera geftehen,- fondern beczetisen, zum Zrog bed Xugen:
Teine, daß Eholera in Maß und Art anfteddend fei wie
altern. '
“
Ihr werdet's haben im Alter die Fuͤlle: reinwiſſenſchaft⸗
liche Theologen, fpig wie die Byzantiner, Kalt wie Reis
chenſteine. Haben wir nicht ſchon ein berühmtes Moral:
foftem, welches. der Meinung fpottet, daß dasjenige Mo⸗
ralſyſtem das befte ſei, weiches die Ausuͤbung der Tugend
fördere; das Moralſyſtem muͤſſe ſich felbft Zweck fein,
bürfe feinen Bwed nicht außer fih haben und bergleichen
Weſens mehr. Reinwiſſenſchaftliche Zuriften. Ei freilich,
geehrte Unterfuchungen über bie Gerichtöverfaffung in. ei:
ner entfernten Beinen Inſel vor 3000 Jahren, das ift
viel wichtiger, als ob am Sig ber juriftifchen Wiſſen⸗
[haft unter den Augen der Lehrer des Rechts fehretendes
Unrecht gefchieht oder nicht! Wo warb in Deutfchland
zulegt die Tortur abgeſchafft? Wo kehrt noch jegt bie
reine Wiſſenſchaft, daß Sklaverei rechtlich feit Man bil
det fih ein, die Pſychologie jedes Verbrechers haarklein
conftruiren zu koͤnnen — o der bobenfofen Kunft! Die
wiffenfhaftlichfte Rechtsfacultaͤt, hat fie in zehn Jahren
ein fo nuͤtliches Buch zu Tage gefördert wie das Heine
Wert der /Herrn von Binde über die Verwaltung in
Großbritannien? Reinwiſſenſchaftliche Medicin! da wird
der Arzt kalt ſein wie ein Cadaver und der Chirurg un⸗
empfindlicher als ſein Meſſer. Reinwiſſenſchaftliche Phi⸗
loſophie! da iſt die Wurzel des Uebels; und die Frucht?
Ihr werdet mit Eurer reinwifienfchaftlichen Bildung Prin⸗
ciplenmenfchen erzielen, und Ihr werbet erfchredien über
die Gefährlichkeit wie ber Zauberlehrling, wenn's zu ſpaͤt
it. Schwache Beifter werden fteden bleiben in hundert
Pfeudoprincipien, 5. B. in der Pfüge des Hahnemannla⸗
nismus. Aber ſtarke Geiſter, erzogen zu Principienmen-
ſchen, die werben eben Das, was Ahr um jeden Preis
vermeiden möchtet, " die werden die wahren Revolutions:
männer. Schonungslos werden fie auf ihr Ziel losgehen
wie die Reiter beim Steaple:Rennen, und das Blut, ſei's
der Feinde, ſei's der Freunde, wird fie nicht fchreden,
das Geknirſch der zerfchmetterten Knochen unter den Raͤ⸗
dern ihres Wagens wird ihren Lauf nicht hemmen. So
und nur fo iſt's möglih, in Deutfchland eine große tra⸗
gifhe Revolution zu bereiten, daß man kuͤnſtlich Men⸗
ſchen erzieht, genährt blos mit Wiſſenſchaftlichkeit und
gepanzert mit reiner Wiffenfhaft, von der alle Menfchen-
liebe abgleitet wie von der Bruft der Pallas der Pfeil
bes Eros. er bat bie franzoͤſiſche Revolution blutig
gemachte (abgerechnet den Kigenfinn der Ariſtokraten in
und außer Frankreich), den erflen Theil und den zweiten
Theil derfelben? Principienmenfhen: Sieyes, Robespierre,
Danton, Marat, darauf der reintoiffenfchaftliche Krieges
beid Napoleon. „Hundertauſend Köpfe müffen fliegen”,
fagte Marat, „um mein Syſtem zu Stande zu bringen.”
„gunderttaufend jährfih!” fagte Napoleon. Die reine
MWiffenfhaft des Kriege wird freilih den guten EI.
nicht zum menfhenverachtenden Eroberer machen. Aber
Mopoleon, ber Mann von Erz, der Eorfe, ward in Brien-
ne erzogen, wußte und lernte nichts von Familiengluͤck,
nichts von Freiheit, glaubte nicht daran. Man wollte eis
nn Militair aus ihm machen, dem der Krieg das Höchfte
‘
Pr Bu
waͤre; wohl, es geläig.: Ihm ‚war das Vaͤterland nichts
ober nur ein Scheel, für feine ‚Küße, nichts war ihm.
Me Menſchheit, er war veinwifienfchaftlicher Kriegemann,
er hatte reine Liebe zum Kriege. Geht da-Euer Werk,
Euer warnendes Muſter in allen Sichern! Ihr, die She
in Deutfhland durch Auffiht, Belohnung und Beſtra⸗
fung alle Hochſchulen in reinwiſſenſchaftliche Schulen vers
wandeln wollt! Das Aft, es ſoll ausgeichloften werben
alte- Liebe zum Vaterlande, alles politifche Streben, ber
brüberlicge Hang des Juͤnglings zum Juͤngling fol vers
pönt fein. Und warm das Alles? Weil Ihr fürchtet,
daß bie Jugend, wenn ihre Kräfte nicht abgeleitet. werben
auf die Zretmühle der reinen Wiffmfchafglichkeit, wenn
fie nicht geübt werden, leere Stroh zu dreſchen, gleich
den Mönchen in finflern Kiöftern, mit Wärme und Liebe
fü, werfen auf das Vaterlaͤndiſche. Und warum fürchtet
Ihr? Weil She ein boͤſes Gewiſſen babe, weil She nicht
bdas Vaterlaͤndiſche, nicht ealus populi wollt, auch nicht
ein zweckmaͤßiges Adelthum, fondern ein privilegirtes, bo⸗
denlofes, naturwidriges, verberbliches und gar nicht mehr
haltbares Junkerthum. Das iſt's, was Ihr, die Ihr
Eud mit Unrecht bie Mobiled oder Gonfervativen nennt,
mit Aufwand aller Künfte, mit gemietheter Philofophie
und Wiſſenſchaftlichkeit noch ein paar Jahre vertheidigen
wollt. Könnt She einen Augenblick aufrichtig fein, fo
geſteht, daß es nicht das alte Recht ift, was Ihr wollt,
uiht Kaiſer und Rei und Reichslammergericht und
Reichsadler, fondern alles Getreibe, alles Intriguiren, um
die edeln Kräfte der ftudirenden Jugend zu derivicen, geht
auf das Hägliche Ziel weniger Eigennügiger, ein Junker⸗
thum zu fshügen, welches den Thron und das Vaterland
weder in Berfailles noch bei Jena beſchuͤzte. Ehre, dem
Ehre gebührt, dem größeren Grundbefiger Ehre und Macht!
Wenn aber fieben Junker nad Berlin kommen von Med:
lenburg, Böhmen, Lithauen ober von ber chineſiſchen
Grenze, die allefammt fein einziges But befigen, fo praͤ⸗
tendiren fie doch, adelig zu fein; aber die Ritter des eifer:
nen Kreuzes Tollen nicht adelig fein. Jenen foll es ge:
ziemen, bie Eönigfiche Leibwache zu befehligen, nicht bie:
fen. Sieben Junker, bie zufammen nicht ein —7
Gut ihr nennen koͤnnen, wollen doch Jeber die Chre
haben, die dem Gutsbeſitzer zukommt. Dieſe Junker nen⸗
nen ſich Herren von A, B., C., D., &, F., G., d. h.
fie find Uſurpatoren. Will man ihnen ihren Adel neh⸗
men?. Keineswegs; man will ihnen nichts nehmen, kann
ihnen nicht nehmen, was fie nicht haben. Wir verlangen
nichts von ihnen; aber fie ſind's, die von uns verlangen,
wir follen ihnen Ehre geben und Brot dazu, denn ehr:
liche Arbeit ift unter ihrer Würde; das ſteht aber bei
uns wit ebenfo viel Recht und Macht, als wir haben
gegen Den, der und Almofen abfobert. Das Begehren
diefee Junker iſt gegen die Natur der Dinge, gegen das
Recht, iſt revolutionnair. — —
— —
11141
— — — Dieſe Junker ſind's, dle dem wahren Abel,
ben majoribus terrae Gefahr gebracht haben in Frank⸗
reih und Gefahr bringen in Deutſchland. Es kann duch
den Daß gegen- bie Junker das reinwiſſenſchaftliche Prin⸗
I F Herrſchaft gelangen: es ſoll reines Buͤrger⸗
um ſein.
Berlin, Anfang 1833. Independent.
Die Theater In Paris im Jahr 18383.
‚ , Pas Theätre frangais erleidet eine Kataſtrophe, welche
in ber Zukunft ohne Zweifel erwuͤnſchte Fruͤchte zu Tage för
dern wirb, einfiweilen aber einen für den Kunftgenuß und
bie Unternehmer hoͤchſt traurigen Anblid gewährt. Gin ewiges
meen, eine flete Ungewißheit in dem Charakter geben dies
fer Bühne den Anftrih eines proviſoriſchen Zuftandes wie
ber, welder auf bie Hinfälligkeit eines Trühern Syſtems folgt
und der anbrechenden, aber noch nicht firirten Neuerung vorans
geht. Unwillkuͤrlich wird man an bie frühere Spoche erinnert,
wo Zalma dieſes Theater verherrlichte und bie franzöfifche Tra⸗
gödle zu einer nie geahneten Größe erhoben hatte. Damals
fonnten bie Franzoſen in biefem großen Meifter die Widerle⸗
gung ber Behauptung barftellen, als feien fie zur Tragoͤdie
nieht geeignet; fie thaten es mit gerechtem Stolze, benn Kalma
ragte mit wahrer antiker Größe über alle feine Beitgenoffen
hervor. Allein, was fon während feines Lebens und feiner
Thaͤtigkeit angedeutet wurbe, das iſt heute in allgemein erkann⸗
tee Wahrheit hervorgetreten und läßt ben Kunſtkenner den Vers
luſt bes berriihen Schaufpielere um fo tiefer fühlen. Talma
ſtand allein, er war feine eigne Schule, für fih unabhängig von
der frühern franzoͤſiſchen; feine Vorbilder lagen im Alterthum
usb feine Gewaͤhr im eignen Genie. In dem Maße, als fein
Spiel 5— abweichend war von Dem, was man gewoͤhnlich
unter tragifhem Ernſt und Pathos verſteht, von Dem, was bie
franzoͤſiſche Tragödie charakteriſirt, eine unbändige, fratzenhafte
Ausichweifung der Leidenfchaften und Geberden — in dem
nämlichen Maße ift er bisher von feinen Schülern und Nach⸗
abmern unerreicht geblieben. Es gewährt einen wahrhaft ſchmerz⸗
lichen Gindrucd, wenn man fieht, wie die Schaufpieler ſich ab»
müben, irgend eine Miene, eine Wendung, einen Ausdrud Tal⸗
ma's nachzubildens es gelingt nicht, fie entkleiden fich dadurch
ber Originalität und verlieren ben legten Werth, ihren eignen,
ne ben Gegenſtand ihres Ringens zu erreichen. „Wie er ſich
räuspert und wie er fpudt u. f. w.!” .
Demoiſelle Mars iſt noch immer die Krone bes Luſtſpiels; die
Parifer find entzüdt, und Niemand, ſelbſt mit der ungemeſſen⸗
fien Strenge, Eann ihr ein ausgezeichnetes und glänzendes To⸗
lent abſprechen. Sie befigt die bohe und in ber Komdbie bei-
weitem mehr als im Zrauerfpiel fchiwierige Gabe der Ratürlich-
keit in aller Fuͤlle; ihre Bewegungen, (ihre Schere, ihr Laͤ⸗
Kein find das treuefte Wild ber Rasur, ohne die Widrigkeiten
ber Gewoͤhnlichkeit, und wer fie in ‚„‚Valsrie’' hat fpielen feben,
muͤſſe die Komödie gefpielt werben, um wahren Genuß zu bite
ten. Sie ik allgemein beliebt, und Niemand hat ihr bas uns
vermuthete Gluͤck eines reichen Erbſchaft, welche fie foeben
macht, misgönnt. Gin alter Marquis naͤmlich, ein früherer,
jedody nie erhörter Anbeter, welcher auf bie mannidhfaltigfte
Weife verſucht hatte, feinen zaͤrtlichen Gefühlen für die reizenbe
Schauſpielerin Gingang zu verfhoffen, farb vor kurzer Zeit
mit Hinterlaffung eines Teſtamentes, wodurch er bie Mile. Mars
zu feiner Univerfalerbin einſezte. Die Erbſchaft ſoll etliche
40,000. France Rente betragen. *) .
*) Nach einez andern Erzählung fol ber Teſtator Buſſiere de Cha⸗
labre beißen, erſt 42 Jahr alt und ebenfo Tunfliebend als mohlthäs
tig geweſen fen.
x
muß befennen, daß fie zu bem Urtheil biareißt, fo und nur fo -
232
groß nun auch- das — dieſer Kuͤnſtlerin iſt, fo
un eis d Umfand nicht zu Überfehen; welcher, ob san kunſt⸗
gerecht oder nicht, in die ale fan}. Sie iſt SO Jahre
6; dire IR etwas an Für: we 17:unb fB Sahsen, ‚anb
Ind Yubkcam ift uitmaiß entlörpert genug, um ſich über alle
materielie Erwägungen binauszufegen. Ich glaube, daß bie
Yarfer hierin noch nachfichtiger find als Fremde; fie eignen fich
gewiffermaßen das Verdienſt ihrer Talente an und vertheidigen
"6 gegen die geringfte Berunglimpfung. Aber jedem Unbefan⸗
enen, zumal wenn er etwas nahe an der Bühne fipt, muß bie
luft zwifchen ber Rolle der Schaufpielerin und ihren Zabren
auffallen, und ſolche Reflesionen machen feinen günfigen Gin:
druck: weit entfernt, zu. noch böherer Würdigung Tee Kunft der
Darftellerin ya vermögen, Taffen fie biefelbe in biäfferm Glanze
erfheinen. Daß die Mile. Mars heute noch in fo hoher Ans
erkennung ſteht, beweiſt, wie weit alle andere Schauſpielerin⸗
nem von der Auszeichnung entfernt find; laſſen Sie eine ſchoͤne,
junge, wenn auch nur halb fo gewandte Künftierin auftreten,
und das Poblicum wirb richten, —— vielleicht, ſicher aber
zum Bortheil der Jugend und Schoͤnheit
Bon dem tragiſchen Kokhorn des Thötre frangais inſon⸗
derheit kann in dieſem Augenblide geſagt werben: bas Alte
geht zu Grabe, ift der Zeit, ben neuern Ideen und dem ii
Ehritte verfallen ; aber etwas Renes, Beſtimmtes, Ganzes,
tiges hat fi) noch nicht an feine Stelle geſegt. Talma iſt tobt,
die Duchesnois, feine berufenſte und ruſtigſte Mitkaͤmpofſerin,
it von ber Buͤhne abgetreten; hiermit iſt die Perſonlichkeit
der altern Tragödie verfgwunden, und zuglefch befteht «in uns
verſohnticher Bruch, ein offener Kampf zwifihen ber alten umb
neuen Schule. Jene, gewoͤhnlich die claſſiſche genannt umb
durch mehre Mitglieder der Akademie vertreten und geftügt,
möchte die Breter des Théatre français ausſchließlich den Pros
ductionen aus bem Zeitalter Ludwig XIV. und XV. geöffnet und
dlfen neuen aus ber romantifchen Schule verſchloſſen ſehen.
Früher fen, unter Karl X., hatte nur am Hof intrinufet,
um ein ſolches Interdirt zu erwirken; ter Kbnig wies biefe
— von fi, und ber Verſuch mislang. Seitdem ſinb
mit der eingetretenen Kataſtrophe die damaligen einfachen KAm⸗
pfer einer Titerarifchen Partei politiſche Koryphaͤen der Juſte⸗
milieuregierung geworben, und ihrem ernenerten Aufinnen iſt
die Willfahrung nicht ferner verweigert werben. So erklaͤrt
ſich das Verbot des Drama von Bicktor Hugo: „Te zoi s’a-
muse”, und fo hat es auch B. Hugo in feiner gerichtlichen und
auhergerichtlichen Vertheidigung bezeidmet. Gine fernere Be⸗
ſtuͤtigung Yiervon muß in ber Schwachheit ber dem Berdete
wntergelegten Gruͤnde gefimben werben. Das Drama enthaite,
o gab man vor, eine Anfpielung 'auf den König und fei außen
em unmoraliſch; allein biefe hbermäige ei f&yon nad ber
erften Vorftellung, und ehe das Publicum, ehe bie Blätter über
bdie fragliche Anfpielung ſich ausgefprochen, mußte billig Beben
Ten erregen. Was die Moralftät ang A RL. ift zwar richtig, ı
daß der Gegruftand nicht zu den erbaulichſten gehört. Franz |,
von Liebesabenteuer Yu Liebesabenteuer IR rmend, verführt
en auch die Tochter feines Hofnarren; biefer, von Vater: ,
chmerz zerriffen, ſtellt fi in ben Hinterhalt umd dingt einen
Mörber gegen den König. Um die derabrebete Stunde wird
hm auch ein Leichnam überliefert, aber nicht der des Korigs,
fondeen der feiner Tochter, weiche, ihren Verfuͤhrer noch immer
liebend, flatt feiner fich dem Dolche des Mörbers preisgegeden
hatte. Wer nun aber bie Theater Hier der Heike nad befucht
und die an ter Porte St.-Martin, am Vaudeville u. f.'mw.
gedenen Stuͤcke aus den Regierungen Karl VI., kudwig XI L.
ubwig XIV., Lubwig XV. md Rail IX. mit ben vorlie
genden vergiekht, dee wird den Grund einer plöglichen, fo ſehr
empfindlichen Schamhaftigkeit ſchwerlich auf einfache Weiſe
rechtfertigen können. Warum fo Schr über Franz F. ent:
rüften, während man bie Begenbilber von Sfabella von Wuiern,
don Margaretha von Walois, von Anna von von Margarerha von Waloiß, von Anna von Defveiß, von es IT von der
an von. Pompado b ber Dubarry s von K IX,
> Wiegen ya ufwertfamtets dem *
in 35 Mar ter Pen
6 iſt ein x 2 — 5 ſich at
— nach Epo —*—* —* nicht beſtimmtes Bru
ſtuͤck, welches ri wunderfiönen Berfen niele Längen und Unna»
tuͤrkichkeiten in einzelnen Theilen darbietet; es hat won neu
den —— 3 — ob Pe brc iS Wytikir voctreſficch
besuuntiicen Gebiete jemals: Hüd machan werde. Made‘ —*
nem Verbote erhob Hugo sine Klage zufolge welder das Han⸗
delsgeriht in erſter SInfanz fich, —e erflärt hat
Dies wirb auch in zweiter an gefhehens bie Policei N
bie flärkere, und das Stuͤck barf nicht aufgeführe werden.
—— wird. die Leerheit und bie Langweibe mit Siem
licher Art außgefuͤlt. Reulich bei ber Be
—— iner Schauſpielerin, Mile. Dupont, fpielten
cteurs der verſchiedenen Vuͤhnen auf dem Theätre Fran-
unter Andern auch Mde. Dorval von‘ ber Porte St.
eine laͤngſt bekannte und. audgezeichnete Schauſpittecin.
Broßer "Streitund. Siweifel bei den hakktude hei Thedize Frag-
gais, diefer allein clelſiſchen Erde: wid fie auf den Bretern
biefer —8 — auch gehen koͤnnen? Wie wird ſie geſticuliren?
Weihe Mimik wird fie beobachten u.f.w.? und ſie ging, mo
culirte und fyielte zu allgemeinem Gntzüden, fobaß -felb
vorherigen gräßten Sweifler ihre Hulbigung darbtingen htm
Dier wie überall herrſczt Varurtheil und Achwaͤche neben den
glänzendften Vorzuͤgen.
An die Stelle des „Le roi s’amuse” jft nunmehr getre⸗
ten: „Le sophiste, ou Fhomme et sen &crits”, von Laverpit⸗
Here, eine Satire auf den „geiommmten dermalig -forialn Zu⸗
Hand. Dirfe Matur des Stuͤckes allein reichtt bin, 26 auffaitenb
aund ſomit intereffaut gu Ianchen. Die Noligei häte- ſehr gem
bie Aufführung — allein Leverpilliere iſt im Bit ei⸗
nes vechtsfräftigen Urtels, welches das Theätre ais Ders
urtbeitt dat, das Städt uwerſtuͤmmelt, forie es m Drlimt
beſteht, darzuſtelen. Natürlich kommt datin -eine -
wmpftnbiihen und derben Vahrheiten son ‚be ‚Stegkerimng; 8
Minifteriuen, das Boͤrſenſeiel u. £ w. dor, weile, trog des
Mangels an Handlung und bramatifchen. Ehrectt and — aller
heimlichen Kunſtgriffe der winiſteriellen Agenten, ſehr beklatſcht
werden. — Die Schaufpieker des Fhéatre frangais ſpielen 8
abwechſelnd in der Straße Richeceu unb ‚m Ddeon. Lkehtzteres
theut die Buen Pi —
n bee Porto St. Martin waren in.
wechfend „L’auberge des adrets” 3 „at Ag £
und ‚‚Perrinet le <lerc” an ber Ka eSorenund.
em tüde ‘Hat De. Weorges die Rolle der Sfabella Don
In ioeidme He von Km Yublipum ſehr oünftig auf
er Zee made:
3 und Mröße et⸗
—
Sr Georges in eingehen Stellm nicht ein at ii ausge
geicmetes Talont ‚rprabte, was gaben darch ihren mtl sEdhbs
men Kopf maͤchtig mnterfihst: wirds allein, dieſes unweibliche
"Beberbenfpiel, ‚biefe „epeentxifge Mimik zerſtoͤrt gumeilen alle
Ziefe des Eindrucks; ftatt ein Gefdjüttern des Gefühts, wish
ein Widerwillen und Ekel und oft ſelbſt das Gegentheil von
tragiſchem Effect, rin Laͤcheln der Ironie, erzeugt.
(Die Portfegung foist.)- -
Nedigirt unter —S 8. Tg eigtrt unter Berantworlikötett 3. A. Brodband ——— Brotbaus in Leipzig. N
— Blatter
für
Iiterarifhe Unterhaltung.
Dienftag,
mm m nn nn nn m pa Sn ER 0 ur Turn
Zur Kritit der Hegel'ſchen Philofophie.
1. Geor ilhelm Friedrich Hegel's Werke.
Vollſtaͤndige Ausgabe durch einen Verein von Freunden
des Verewigten: Ph. Marheineke, J. Schulze,
Ed. Gans, Lp. von Henning, H. Hotho,
8. Michelet, F. Foͤrſter. Erſte und zweite Liefe⸗
rung, Erſter, zweiter, elfter und zwoͤlfter Band. Berlin,
Dunder und Humblot. 1832. Gr. 8. Subferiptionsprels
6 Thlr. 16 Br. u
2. Einleitung in Hegel's philoſophiſche Abhandlungen. Von
8 8 Michelet. Ebd. 1832. Gr. 8. 4 Sr.
3. Hegel und feine Zeit. Mit Rückſicht auf Goͤthe. Zum
Antereichte- in dee gegenwaͤrtigen
Grundzuͤgen. Bin Kari Friedrich Goͤſchel. Ebend.
1832. &. 8. 18 Sr. |
4. Uber das Verhaͤltniß des Publicums zur Philoſophie
in bem Zeitpuntte von Hegel's Abſcheiden. NR ei⸗
ner karzen Darlegung melnee Anficht des Syſtems der
Ohiloſophie Won C. H. Weiße. Leipzig, Schaue:
fdymibt und Volſckmar. 1832, Gr. 8. 12 &. -
5. Ueber Gegenfatz, Wendepunkt ımb Biel heutiger Phi⸗
leſophie, vn J. H. Fichte. Erſter, kritiſcher Theil.
Heiidelberg, Mate. 1832. Gr. 8. 1 Thir. 12 Br.
Die Anzeige der raſch fortfchreitenden Geſammtaus⸗
gabe von Hegel's Werten, Die ohne Zweifel «ine bee bes
deutendſten Iiterarifchen Unternehmungen der Gegenwart ift,
verbinden wir bier mit den gleichzettig erfcheinenden Schtif⸗
ten einiger feiner geiftreichiten Ausleger, Commentatoren
d Widerfadyer, welche uns dazu dienen koͤnnen, die aͤn⸗
ere Geſchichte dieſes erſtaunenswuͤrdigen Denkſoſtems, wie
es an ſeiner Zeit und deren Anſpruͤchen fort⸗ und weiter⸗
geht, zu bezeichnen; und ſo bietet ſich nach dem Sinn
dieſer Zuſammenſtellung hier die Einſicht in die Schoͤpfung
rines unſerer groͤßten Denker dar, die ſich aber ſchon ſo⸗
gleich wieder, wie man aus den ſich kundgebenden Beſtre⸗
bungen von Fichte und Weiße erſehen witd, zu einer
Außficht auf eine Umgeſtaltung und Weiterfuͤhrung bes
Seleiſteten verwandelt, von der Beweglichkeit bes nie ſtill⸗
Toohendenr Geiftes det Zeit auf eine erhebende Weiſe zeugend.
Daß Hegeks Werke bier in einer gefammelten Aus:
gabe, alfo mit muen md, wie es ſcheint, verſtaͤrkten
— Nr. 32.
Philoſophie nach th⸗
ren Verhaͤttniffen zur Belt und mac) ihren weſentlichen
— 26. Februar 1833.
———— nn. -
Anſpruͤchen nuf Geltung und Anerkennung in ihrem Aus
fammenhange vor das Publicum bintreten Einnen, iſt
von den Anhängern des verewigten Philofophen neuerbin
zu einem ſcheinbar ſehr fihlagenden Argummt auch für
die äußere fiegreiche Herrſchaft biefer Philoſophie in ber
Zeit benugt worden, aber, wie uns duͤnkt, mit mehr gut⸗
gemeintem Eifer fuͤr ihre Sache, mit welcher der unſelb⸗
ſtaͤndige Anhang einer Partel immer ſteht und fällt, als
in Wahrhelt. Denn will man aud) m Anſchlag bringen,
wie man gethan bat, daß keinem der frühern beutfchen
Philoſophen diefe Gunft einer vollſtaͤndigen Sammlung fel-
ner Werke vwiderfahren fei (wo man boch ſchon Jacobi
ausmehmen müßte); will man auch anführen, daß Kant's
"Schriften zerſtreut umderliegen und vieleicht zum Theil
ſchon aus dem Buchhandel verſchwunden ſind, daß Schel⸗
linig eine Sammlung ſeiner Abhandlungen zwar begann,
aber aus Mangel an Theilnahme mit dem erſten Bande
klegen laſſen mußte, fo wuͤrde doch nur Der, welcher die
Begebenheiten und Schickſale in der Geſchichte der neues
ſten deutſchen Philoſophie abſichtllch verkennen will, daraus
folgern dürfen, daß Hegel eine derbreitetere und tiefer gtei⸗
fende Aufnahme bei feinen Zeitgenoſſen ‘gefunden ats feine
‘großen, die Bewegung der deatf_hen Sperufation anfühs
renden Vorgänger. Im Gegentheit liegt das deutliche Er= -
gebniß zu Tage, daß die gewaltige und allgemeine Auf⸗
regung der Gelfter, welche die Perloden von Kant, Fichte,
Schelling in Deutfchland als wahrhaft weltgefchichtliche
bezeichnete, das fo lange ſpurlos gebliebene Auftreten He⸗
gel's nicht bealeltete und auch der ruhlg banenben und
abſchließenden Eigenthuͤmlichkeit feiner Philoſophie gemäß
nicht begleiten konnte. Vielmehr hat wol feine Philoſo⸗
phie fo ſehr als die ſeinige, die ſich auf dem von ihr
nachgewieſenen Widerſpruch alles Selenden dialektiſch bes
geimdete, mit dem Widerſpruch der Zeitgenoſſen zu kaͤm⸗
pfen gehabt, und der truͤbe Eindruck, ja bie Erbitterung,
welthe dies Syſtem durch die dem unmittelbaren Leben
gegenuͤbertroetende Feindſeligkeit ſeiner Abſtractlonen nach
vielen Seiten bin 'ercegte, hat, kamm man wol fagen, nicht
wenig dazu beigetragen, eine Verſtimmung gegen alle Spe⸗
eulation uͤberhaupt bei Manchem hervorzurufen. Ebm dies
fon: Widerſpruch, ben es gegen ſich ‘erzeugte, verbanft es
aber auch erſt feine in die legten Lebensjahre feines Stif:
ters fallende Eeledritaͤt, waͤhrend es ſonſt nur. dei ‘den
V
2
ſehr Wenigen, die es halb oder ganz verſtanden und ihm
als dem erſten (und zugleich dem letzten) ſtrengwiſſenſchaft⸗
lich gegliederten und beſchloſſenen Syſtem der modernen
Philoſophie ſeine Bedeutſamkeit abzuſehen wußten, eine
wirkliche Aufgabe des Forſchens, Aneignens und melſten⸗
theils auch nur des Staunens war. Die Werke Hegel's
verdanken es jetzt auch den veraͤnderten Verhaͤltniſſen des
deutſchen Buchhandels, daß ſie geſammelt erſcheinen koͤn⸗
nen, waͤhrend in Bezug auf die Zeit von Kant, Fichte
oder Schelling die Theilnahme des Publicums fuͤr Veran⸗
ſtaltung von Geſammtausgaben eines Schrifſtellers damals
noch nicht wie jetzt zu einer herrſchenden Mode gewor⸗
den war. Auch lag dem aͤußern Kreiſe, mit welchem ſich
bie neueſte Philoſophie in den lezten Jahren, wo fie ſich
ſo dringend Verbreitung und Anerkennung erſtrebte, um⸗
gab, ein gewiſſes Coterieweſen nicht fern, das, wie an
dieſer Philoſophie Alles ſyſtematiſch war, ſo auch nach
außenhin in der Behauptung als Partei einen gewiſſer⸗
maßen ſyſtematiſchen Charakter annahm. Und das eifrige
Wirken der Anhaͤngerſchaft für die Verbreitung. ber Werke
ihres Meiſters felbft in den Kreiſen, wo fie kaum inner:
lich einen Anklang haben, aber doc Außerliche Sörderung
ihres Grfcheinens gewinnen, zeigt fih auch, wie aus dem
vorgebrudten anſehnlichen Subſcribentenverzeichniß erficht:
fih, von dem beften Erfolg für das nunmehrige Hervor⸗
treten der gefammelten Ausgabe derfelben. Alle biefe bes
‚günftigenden Umftände fehlten bei Hegel's Vorgängern,
"die nicht fo planmäßig umd ſyſtematiſch wie er und feine
‚Schüler barauf bedacht waren, fid Aubern Anhang und
Parteitang zu erwerben. |
Wir machen biefe Bemerkung bier nicht, als mis⸗
gönnten wir diefer Erſcheinung, die wir vielmehr In ih:
tem ganzen Werth zu würdigen wiſſen, ihr Dafein und
das Gluͤck der Wirkfamkeit, die fie ausüben koͤnnte; aber
es fchlen nötbig, auf das wahre Verhäftniß dee Sache
hinzuweiſen, ba ed zu irrigen Anſichten veranlaßt, wenn
Hegel’ 8 Schüler darauf ein inneres Bericht ber Idee
‚ nad) legen, daß Ihe Meifter der erfle und einzige Philos
foph in Deutfchland fel, defien Werke es zu einer Samm⸗
lung gebracht. . |
Was nun biefe Sammlung felbft anbetrifft, fo iſt fie
für das. vollkommene Verſtaͤndniß dieſer Phitofophie und
für Die, denen daran liegt, es fih anzueignen, ohne Zwei⸗
fel fehe wichtig. Hegel hatte zwar in feinem bisher ges
drudt gerefenen Schriften den yanzen Umfang feined Sp:
ſtems volfländig hingezeichnet und ausgebaut, und e6 mar
eben bei feiner Philoſophie die Lauptfache, ja bie eigent:
liche Bedingung derfelben, baß er mit ihrer Entwicklung
wirklich zu Ende fam und, ben logiſchen Abfchluß errei:
‚hend, bei dem abfolusen Geift anlangte, deſſen fich. ſelbſt
- zu fich big bewegende Conſtruction der muͤhſam confequente
Weg des Denkers war. Hegel, der Denker des fich ſelbſt
begründenden und findenden Begriffs, hatte bei feinem Ab:
ſcheiden die Aufgabe, die er fich gelegt, volllommen gelöft
binterlaflen, indem der Begriff in feinem Spftem zu fich
felbft gefommen war, und er hatte ſchon mit ber Abfaf:
fung feiner „Encyklopaͤbie“, die als wiſſenſchaftliches Lehr»
23.
buch wol einzig in ihrer Act zu nennen iſt, feinen Weg
als vollendet bezeichnet. Die völlige Unmoͤglichkeit, He⸗
gel's Philoſophie aus feinen gedruckten Schriften allein zu
verfichen, ift jedoch, wenn wie nicht irren, auch von ihm
feibft eingeräuimg worden, und feine akademiſ nt
gro, in denn er ſich wnaufbfrli und nät elfe
eharrlichkelt ˖ bemühte, den Inhalt feiner Lehre ſelbſt moͤg⸗
lichſt populair zu zerlegen und die wiſſenſchaftliche Strenge
feinee Methode durch mehrſeitiges Beſprechen, Aufzeigen
und Zuruͤckgehen zu mildern, haben deshalb einen großen
und unentbehrlihen Werth für die Geſammtauffaſſung
feines Syſtems. Sie find es baher, welche ber varlie
genden Ausgabe der Werke, in ber fie dem anzuerfennens
den Plane ber Derausgeber nach mitaufgenommen erfcheis
nen, ihre Wichtigkeit für das Verſtaͤndniß beilegen; und
fo erhalten wir in den bisherigen Lieferurfin bereite Die
„Vorleſungen Über die Religionsphilofophie” im elften und
zioölften Bande, welche zu den fputer abgefaßten Collegien
Hegel's gehören, nebft einer Heinen Schrift: „Ueber die Bes
weife vom Dafein Gottes”, die von Hegel feloft zum Eins
zelabdruck beftimmt, aber ebenfalls noch im ber legten Zeit
in einem afademifchen Bortrage von ihm mitgetheilt war.
Die Herausgeber find bei ber Zufammenftellung von Hegel’s
Heften für den Drud vornehmlich dem Grundſatz gefolgt,
von eigner Zuthat nichts beizufügen, fondern den Philos
ſophen meiſtentheils fo fprechen zu laffen, wie er auf dem
Katheder, in dem befondern Verhätiniß zu feinen Zuhoͤ⸗
rern zu fprechen pflegte. Diefe Eigenthuͤmlulchkeit des De:
gel'ſchen Kathedervortrags haben beſonders die Vorleſungen
über die Religionsphiloſophie in seinem faſt zu auffallen⸗
den Grade an ſich behalten. Dieſer Styl iſt wie ein
Spuk, als hoͤrte man den Verewigten noch einmal leib⸗
haftig huſten, ſich raͤuspern, die Saͤtze gliedweiſe foltern
und bald von vorn, bald von hinten in unbeholfenen Wie⸗
derholungen auseinanderzerren; und ſo ſcheint denn auch
dieſe Seite ſeiner irdiſchen Perſoͤnlichkeit in dieſer Weiſe
auf bie Nachwelt kommen zu ſollen. Der nur zu be
kannte Kathederftyl des Philofophen myıßte ſich aber grabe
in feinen Vorlefungen üper die Religionsphilofophle um
fo treuer wiederfpiegeln, da Degel zu diefen Vorträgen kein
ausgegrbeitetes Heft, fondern nur Umeifje und Andeutun=
gen niedergeſchrieben hatte, deren eigentliche Ausführung
er erſt muͤndlich unternahm. Später pflegte er ſich fogar
eines von einigen feiner Zuhörer ihm nachgefchriebenen
Heftes auf dem Katheder zu bedienen, das er wieder Mit
Bemerkungen und Berbefferungen verfah, und woraus bie
gegenvwoärtige Geſtalt diefer Vorleſungen für den Drud
entnommen ift.
Während fo der Abdruck dieſer Collegienhefte. für bie
im Detail ſich ergehende Erläuterung der Hegel'ſchen Phi⸗
loſophie, für die vertrautere Einſicht in ihren ganzen in⸗
nern Staatshaushalt, möchten wir fagen, weſentlich iſt,
gewährt dagegen die Zufammenftellung der verſchiedenen
philoſophiſchen Abhandlungen Hegel's, weiche den erften
Band diefer Sammlung ausmacht, gewiſſermaßen einen
Blick in die urfprünglichfte Entſtehungsgeſchichte des Sy⸗
ſtems. Den Bezug diefer Abhandlungen auf bie nach⸗
5
„Juanita, le grand seigueur et
\
meafige voftänbige Eittwickeling der Hegel ſchen Phiioſo⸗
phie nachgewleſen zu haben, iſt ein Verdienſt ber unter
Mr. 2 namhaft gemachten einleitenden Schrift des Hrn.
Michelet, obwol fonft.die Ausführung und der übrige In⸗
Yalt derſelben ſich nicht über den feichten und unſelbſtaͤn⸗
digen Eharakter hinaus erhebt, welcher die Arbeiten der bloß
nachſprechenden Schüler Hegel's fo oft bezeichnet. Die
wichtigfien dieſer Abhandlungen find: „Glauben und "Wil:
fen :oder die Reflexionephiloſophie ber Subjectivität, in der
Botftänbigkeit Mrer Kormen als Kant'ſche, Jacobi'ſche und
Fichte ſche Philofophie”, merkwuͤrdig theils durch die Beur⸗
theilung der genannten Philoſophien, theils durch die ſchon
damals im Denkprincip verſuchte Verſoͤhnung und Ber
wittelung von Wiſſen und Glauben, und durch. das Un⸗
ternehmen einer philofophifchen Auffafiung des Proteftan:
tiomus; „Differenz bes Fichte ſchen und Schelling’fchen
Soſtems der Philofophie in Beziehung auf Reinhold's
Beiträge zur leichtern Weberficht des Zuflandes ber Phi:
kofophie zu Anfang bes 19. Jahrhunderts“, die erfle Ab⸗
Handlung Hegel's, die ihn bekannt machte, und worin fich
Schon fehr deutliche Dinweifungen auf die Methode fin:
ben, deren fich Degel in ber nachherigen Conftruction ſei⸗
ned Spſftems fo eigenthuͤmlich bemachtigte; „Weber das
Berhaͤltniß der Naturphitofophie zur Philoſophie uͤberhaupt“,
gerolffermaßen eine Apologie der Naturphilofophie und zu
denjenigen Abhandlungen Hegel's gehoͤrend, welche fein
Herdergehen aus der Schelling'ſchen Philoſophie noch am
deutlichſten und unmittelbarſten belegen; „Ueber die wiſ⸗
ſenſchaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts, feine
"Stelle in der praktiſchen Philofophle und fein Verhaͤitniß
au den poſitiven Rechtswiſſenſchaften“, ebenfalls eine der
frühern Abhandlungen Hegel's, aus der viele Begriffsbes
ſimmungen faft unverändert in. feine fpätere Rechtsphite:
fophie übergegangen zu fein fcheinen.
(Die Sortfegung folgt.)
Die Theater in Paris im Jahre 1833.
(Fortſegung aus Nr. 66.)
Ein neues, an diefem Theater aufgeführtes Stüd iſt:
le majordome”, Drama in
zwei Acten von Paul Forcher und Paulin. Das Banze iſt
matt und in einem alten Rahmen dargeſtelt. Gin Graf Le:
mos laßt fh von bem Alcalden Ruüez vorerzählen, wie er,
der Graf, ehemals ein Maͤdchen, Zuani:a, unter Heirathsver⸗
fpredgungen verführt habe. Der Graf wird des Erzaͤhlers zu:
legt müde unb jagt ihn zum Zeufel, wie gang netürlidh. Nuft;
ſchwoͤrt, fi zu rächen. Da Lemos auf dem Punkt flieht, bie
© er des Minifters zu heirathen, fo beauftzagt er feinen
Majorbomus Henriques, Zuanita eine Eumme Geltes anzubie:
ten. bamit fie ſchweige, oder aber fie nach Frankreich zu bein:
en. Henriquez verweigert dies und nimmt feine Gntlaffung.
it Fecht fagt ein hieſiges Blatt, daß nichts fehlerhafter und
—— ſei, wie [ei ne afrupapeen mit
prebigten neben ihren an Derren uführen, welche
fiherih zur Thuͤre —2* würden, — geſchehe dies
doch ſogar von einem Miniſter lieber hundert als einmal! Sm:
bem Henriquez gehen will, kommt Juanita, um mit den Gras
gu fprechen; fie erkennt in Henriquez einen jungen ann,
weicher ihr fonft den Hof gemacht, ımb welchen fie geliebt, ehe
fe verfüprt war. Sie hat eine Zufammenfunft mit dem Grafen,
welcher the: verſpricht, fie om nimlicdhen Abend burch zinen Wer»
tret er zu heirathen. Dieſer Vertreter iſt Henriquez, welcher
ſich ploͤtzlich wieder vorfindet. Unterdeſſen gehen große Veraͤnde⸗
zungen vor; es zeigt ſich, daß Verwechslungen von Kindern ſtatt⸗
ehabt, und Juanita wird Graͤfin von Lemos, während ber dis⸗
Genf zum Sohn eines einfachen Bauers in Navarra her⸗
abfintt. Ratuͤrlich behält Henriquez Juanita und aus ber Hei
rath bes umgewandelten Grafen wird nichts.
Victor Hugo het für bie Porte St.-Martin ein neues Drama
gefhrieben: „Lucretia Borgia“, welches unverzüglich über die Bre⸗
ter geben wird. Die Ausgaben ber Scenerie, deren Anorbnung
ber Wille. Georges und Frederic überlaffen wurbe, belaufen ſich
auf 50,000 $rancs.*)
In einem Lande, wo Alles, was ben Ruhm und ben Ra:
men der Nation berührt, fo allfeitig mitempfunden wirb, mußte
die Einnahme der Sitabelle von Antıverpen nothwendig Stoff zu
neuen Theatervozflellungewgeben. Während ber Cirque Olym-
pique, welcher dermalen bald an feiner 120ften Vorſtellung von
„Bepablique, empire et cent jours“ ift, einige Künftler eigens
nach Belgien geſchickt Hat, um den Plan ber Feſtung und bes
ganzen WBelagerungttableaus aufzunehmen und baraus eine neue
Verherrlichung des franzöfiichen Kriegsxuhmes zu fchaffen, haben
mehre ber Eleinen Theater ähnliche Stüde gegeben. Unter aller
Kritik iſt die Vorſteliung der Ginnohme der Gitabelle auf dem
Theätre de Luxembourg, wo nur eine Gntfchulbigung beſteht,
die naͤmlich, daß alle andern Worftellungen, weile aus bem
Genre diefes Theaters heraustreten, gleich ſchlecht find. Man
darf Hier nicht vergefien, daß da das Parterre 6 Sous bezahlt und
der theuerfte Ph Theater nur 1 Franc koſtet. Auch fieht man
bie Arbeiter Staffen in aufgefchürgten Aermeln, kurzen
Jacken, Kappen, und bie Frauen im tiefften Roͤgligs, d. h. in
ihrem Alltugsarbeitslleide, das Amt der Kritiler üben; unb
wahrlich, wer biefe vollkommene Aehnlichkeit der Tracht auf unb
vor ben Bretern fieht, wer das loſe Lahn, WBeifalleufen oder
Kabeln und mitunter eine aus bem Parterre nach der Bühne ge
richtete Anrebe eines nzufriebenen oder Wißbegierigen mitanhört,
Cana leicht in den Irrthum gerathen, daß bie Bühne zumeilen
wechsle. Dem Ambigu-comique, wo geither eine ziemliche
Lauheit beftand, bar das Gtäl ‚Antwerpen‘ auf einige Zeit
neues Eeben gegeben. Gine Maſſe von Golbaten, Kanone,
Marketenderiunen, Bahnen, Bomben und Schuͤſſe, die Marfells
laiſe und ber Chant de depart, was braudt es mehr, um das
Haus in Sntzäden zu fegen? Doc if das Stuͤck nicht durch⸗
gehende mit gleihen Beifall aufgenommen werben. Die Er⸗
zaͤdiungen und Grinnerungen eines Gorporals ber alten Armee,
die Ehrenmeldung Rapoleon’s, das Lob der jungen Arme: und
bie Betheuerungen des Schutzes und ber Sicherheit, beren bas
Baterland unter dieſem doppelten Schilde fidy erfreum koͤnne,
wurben mit allgemeinem Jubel begrüßt. Ueber bie nicht unbeuts
lich perfiflirte Feigheit der Belgier und das Ungläd der Hollin
ber wurde gelacht; aber einige eingeflidte Lobgefänge auf dem
Kriegsruhm Louis PHilipp’s und feiner Söhne, uͤber bie guten
väterlichen Abfichten des Minikeriums wurden mit Kälte und
bier und ba mit Pfeifen angehört. Das Ganze ift eine Geburt
des Augenbiids und wirb mit ihm vergehen, ober {ft jchon
vergangen.
Auch tas 'Theätre de ia gatets, fehr uneigentlidh fo ge
nannt feit längerer Zeit, hat fein Reujahrsgeſchenk erhalten,
doch iſt das Arme fliefmätterlich besagt worden. „Ciöte, om
la fille d’une reine”, Melodram in brei Acten und fünf Ta⸗
bleaur, fpielt wie „Juanita” in Navarra. Cine Kongin im
16. Jahrhundert verzweifelt darüber, baß fie Feine Kinder er
halte, wallfahrtet zu der Kapelle der Wunder und begegnet auf
dem Miene dahin einem fadnen Mädchen, welchem fie vers
ſpricht, ſich feiner anzunehmen; bald darauf, abermals bei dem
Mädchen, einem Pilger. Dieſer lieſt in einer auf dem Tiſche
*, Bel. Mr. 85 d. BI. In eine ber naͤchſten Lieferungen kommen
wir darauf zuruͤck. D. Red.
2
llegenden Cheentk bie Begebeweiten werde ſih 15 |
N. in Navarra zugetrogen: daß bie —
ter niebergelommen, ch verſchwunden wmb u
son Rroent auf fehe myſteridſe Art geſtorben Alsbarb
in leitung des Mbchens 3 Diefer Rinig
IE: X —— * Bann, zitternd vor ſeinem
Mn einem Teſtamente Ravarra an m Bean
—ã
ſhwoͤrt, Ad zu dm — wer ta fuͤr —* — — — der
'Infpiration? — Am Tage ber Krönung ift Giotilde im praͤchti⸗
gen Zuge und in ihrer golbimen Kleidung fehr traurig, und im
Augmblid, wo fie, auf dem Throne ſich niederlaffend, das ihr
von Senodani gefchenfte reiche Gebetbuch öffnet, Rürzt fie tobt
w den Füßen des Volles nieder. Die Breube Genovani’s, der
in die Rache Gottes fehen will, bauert e; denn da
er gezwungen wird, das Buch zu öffnen, * er todt zu⸗
men — vergiftet. —* bleibt” nur ber franzoͤſiſche Ge⸗
= übrig, weldger in bie Bauft lacht, weil um Navarra an
ati kommen muß.
pastement”, Baubeviiie infünf Zableaur
berieben, und will er von ber zulegt unbantbaren Maſſe, w
des Trhhern Guten ich nicht mehr erinnert, nicht anbarmbergtg
‚verworfen werden, fo möge er ſich beeilen, noch etwas Ausges
*3* in Tage Sage A fördern und unter dem Schirme dieſes
aluͤcklichen Ginbruds fi von der Scaubühne guruͤckzuziehen.
Geine_fucosfiden Wiöglüde an dem Gymnase, an ber Porte
St.-Martin, on bem Ambigu, an ber Opera comique, bush
welche alle er wicht ohne einiges Pfeifen gulegt an die Verietds
gezogen ft, muͤffen ihm eine finftere Berpebeutung fein. „Die
Meife im Zimmer’ war nicht auserfehen, ihn von diefer Ungunſt
gzu retten. Gin Minifterlalfecretair, Guillois, wünfcht die Tochter
eines veichen Holzhaͤndlers zu beiratben. Die Krau diefes Letztern,
mit weldger er auf vertrautem Fuße fteht, läßt ihn wiſſen, daß
fein zukünftiger Schwiegervater ihn erſt prüfen wolle, und ba
er, ui, bee feinen Schwiegervater gar nicht kennt (?1!), bie
Perſon eines gewiflen be Girandele, Berfaffers einer kleinen
Schrift über die Kunft, fein Gläͤck zu machen, für dei Holz
Yandler amfleht, To empfängt ev Ienen ſehr gut. Unterdeſſen
aber war der wahre als Schreiber iin fein Haus gelommen
und hatte da Gelegenheit gehabt, alle die übeln Launen feines
zufänftigen Schwiegerſohnes zu erbalben. - Guilleis fpielt auf
der Börfe.unb verliert 100,000 Dufaten u. ſ. w. Der Herr Bar
ter iſt ſehr enttäufcht und gibt feine Tochter einem jungen
Manne, Better von Guilleis, und täßt biefen in ber Ausſicht auf
eine Abſezung. Der unglüdtiche Slädsfünftler Girandole muß
dies zunaͤchſt entgelten und wird bei dem naͤchſten Mefuche ais
unwilltommene Gaſt erpebiet, Trotz der ſchwachen Production
geht das Stuͤck noch gut in ber Aufführung und wird dem
Zulauf ber Varietss Teinen merklichen Abbruch thun. Dieſes
Theater befigt einige Anziehpunkte, welche fo leicht ihre Kraft
nicht verlieren werden. Die Varietes find die wahre Rational:
[
⏑ν⏑ ö— — —— — —
| fig „Püris-mlader, we Then Are Mitel
büe "des: Mcheriſte getreneſten
Kollsfitten und — an —X Ba
Fr —— ——— — von dem ſtange Ye
manden Yin us Dis ——
Kheeter
3 einige. gute fpieler
nen und in ber Regel eine gluckliche —
das Publicum herbei. "Ins Beſttze des Zula
wenn :ch im der. m
nicht gebtotht, zumalin Maris, deſſen res Aalent darin
beſteht, ‚jedem Er e feinen ——æ— 9 Fi bie 2
keit auf ben erften Blick abzugewinnen. — „La matson du com-
missaire”, Vaudeville in einem Act von Modhefort wib Ber:
thetenmy Aiment Ye Wolicek unten die Mathe und Mhilbere”nds
Quad ober Semniifieird wie vinen -Mienfammlungtort von;
Das Stüd hat keinen Ge⸗
fein, Beiglingen und Dummkoͤpfen.
balt und wenig gefallen.
Aber der Triumph aller kleinern Theater, der Liebling bes
lebrnstuftigen Publicums und bie Wtebebühne if dermalen Das
Vauderille in der Bu» de Glareees. Gs ik nicht mehr Du
Peivilegium der Kulienifgen Oper allein, daß man Stunden
ne dem Bing —5 baren muß, das Vaudeville iſt in dieſem Ay:
enblidde d agnet, weldyer die Zufchauer umwiberftehlich an
16 — und feine —*— die des Frohſinnes. Vor eis
e auch der, von dem allgeme
, aa Ki * g gu weten nd By
vonften, weinertichen m Dramen —
Bott ſeis —— was per rg amen find — Hinzugeben:
Momus im Kothurn, Sganarelle in der Toga Finnen Aut Tags
weilige Tragifomdbien werden. Jet hat der beffere Sinn unb
en Gehhmatt wie bar den Tinumgiellen Docthoil
A
niger Belt droht
VBDchwinudel ‚ergriffen
geteitetes
ck
—* Mae fremder, ungewohnter M
Revoin⸗
entſchaft und . alle jene
das 7
tin, die Erbſtuͤcke ber
@ittenauföhfung, bie — des Sebens,
der —— dem Volke, welches ſoeben jene ganze Maſſe dx
vornehmen Suͤndhaftigkeit zuſammengeſtuͤrzt hatte, vor die —*
gen geführt und ihm mit ſicherm Finger alle bie Racktheiten,
Sebrechen und Bloͤßen Derjenigen gezeigt, welche die Nation
bisher gewohnt war zu verehren. Diefer Roman, weldher eis
Fr ‚dee geiftreichften Mitglieder der ‚girondififchen "Partei zum
erfaffer hatte, lieferte in Dee Darſtelung ber ffandalöfen Sce⸗
nen bed geſellſchaftlichen und Bamitienlebens, in der Cathuͤllung
des Innerften der Frauengemaͤcher und Boudoirs, ber Gelage und
Drgien ein um ſo ergreifenderes lebenathmendes Bild jener Diener
und Sklaven, Gecken und Schweiger und ber. ganyen verkruͤppelten
Seneration, als ex wirkliche Scenen malte und die Wahrheit
barftellte. Jene Zeit iſt heute vorüber wie ein Traum, und bie
Srinnerung bavan, wie Alles, was ſich an eine conftatirte Wer:
gangenheit Inäpft, bat tängft das richtige Urtheil gereift.
(Der Veſchlouß folgt.)
Notiz.
Ueber ben RAoman ber Miß Irolloye:. „The refugeo In
America’ (dvei Wände, Eonbon 1882), verlautet nichts Vortheil⸗
haftes. Waller Wiederholungen aus ben '„Domestic manners
4 the Amerioans'' dexfeiben Kerfaſſeria, misfällt er auch durch
—— Breite und viele Unwagrf&einlißteisen ber Er
ng.
Nedigirt unter Berantwortiichteit der Berlagshenblung: & X. Brod daus in Leipzig.
| B At ter
für
liter a una Unterhalt ung,
LALSUFE Ä
r c«6
#7. 7 Bebenay 4838.
Bar critit ber Hegel ſchen Dpitofophie.
(Bertiehung aus Nr. 68.) -
Der zweit⸗ Baund der Sammlung ber Werke enthaͤtt
Die. „Dhänsmeneivgie des Geiſtes, die umnſtreitig eine Der
reiche n, und am weiſten . conaretes .- Erben habenden
Derfkeilungen Herels it, ja in der ſich Säge finden
die; wenn ee fie in feinem ſpaͤter methedifch conſtrairten
Soſtem ebenſo ˖ſehr ihrem wirklichen Inhalt nach darin
geltend gemacht hiltte, wie ex fie nur der logiſchen Form
nach, zu verreisklichen fu, demſelben offenbar Das ge
geben würden, was ihm jetzt fehlt und: ihm fo
wilfach ia. bie trube Schetaenfeite ſeiner Nhupfophie vor⸗
gehniten worden iſt, Nämlich ben wahren ‚concretam und
—3 Gehalt, das wahrhefte Reale, Ins zwar in
der prinzipienumäßigen Identitaͤt mit ber Form als Begriff
in dem Spſtem als. wirklich vorhanden behauptet wird,
aber ſchwerlich aus einem andern Grunde. alö dem bias
lettiſchen Scheingrunde, wonach bie. merunbufifehe Formal,
die au ſich ihrer ſAengſtan Wegsuftbung wicht ermangelt,
tunſuch an die Sttelle des Lehens gelegt und auf das
Leben damit als auf ein begriffenes und nun erſt zu ſei⸗
nen eigentlichen Rechte gekommenes hingewieſen wird. In
der Phaͤnomenologie⸗, wir koͤnnen es und nicht verheh⸗
len, herrſcht viel mehr innere Freiheit ber Gedankenent⸗
wickelung und eine — Umficht auf alle Sphaͤren
der Hervorbringung des: Geiſtes in at, Kunft ud
athiſchem Leben, die nach vielem Seiten. hin durch tieffins
nige Gedankenblicke eflenchtet‘ werden, als in der ſpaͤtern
abgefchloffenen Ausführung des Hegel'ſchen Spſtems. Seibft
binfichttich der abfoluten Idee, die als Aufang und Ende
diefer Philoſophie an die Spitze der ganzen großen Auf:
gabe tritt, wird man in ber „Phaͤnomenologie⸗ auf uͤber⸗
raſchende Ausdruͤde flogen, welche in der Faſſung derſel⸗
ben noch nicht auf das abſtract Allgemeine deuten, wie
«6 fih in dem methodiſchen & ale das legte und
hoͤchſte Endgiel herausfickit, ſondern die noch bie indivi⸗
duelle Idealitaͤt des Abſoluten feſtzuhalten ſcheinen und,
wenn in dem Abſoluten der Begriff der Gottheit gedacht
wird, zugleich damit auf die ewige Perſoͤnlichkeit des goͤtt⸗
lichen Weſens hinweiſen, welche in dem Syſtem ſelbſt ent⸗
weder wieder verloren gegangen, oder ſich zu ſehr in das
abſttact Allgemeine —— hat.
Es ſcheiat deumach, als man das Soſtemeuiſche mad
Methodiſche das an daers Phitofophie mais. Kecht--aid
ein fo wichtiger Fortſchritt der Wiffenfchaft bewundert und
anerkannt worden iſt, dennoch dens wahren Gehalt. deß
Realen in der dialektiſchen Conſtructjon des Lebegebaͤnde⸗
aber geſchadet. alt: genuͤzt, es cher sin feiner Lebensfiule
verkuͤmmert als zu - einer lebendigen Eutfaltung gebradf
habe. Nachdem Hegel die eigenthuͤmlichſten Ideen ſein⸗
Standypunktes in ſich zur Neffe: gefördert und ſie zum
in mehr vereinzeften Darflellungen und Prolsgenmn, wie
in feinen Abhandlungen, Keitilen und in dee „Mhängme
nologie”‘ "gegen bie. Stanbpunfte feiner naͤchſten Vorgaͤn⸗
ger im: Phllofophiren fcharf abzugrenyn oder aus denſel⸗
ben zu entwideln. verfucht hatte, wi er erkannt - zu
haben, daß das Eigenthuͤmlichſte [eines Standpunktes am
meiſten und vorzugsweiſe darin ſich begruͤnden wuͤrde, bie
Geſchichte des bisherigen Philoſophirens zu einem 3
menhaͤngenden Soſtem zu organiſiren und fo, waͤhrend
ſeine Vorgaͤnger aur immer -ihs Syſtem gegehen hatten,
jene ein allgemeines Syſtem ber Philoſophie
fetbft zu conſtruiren. Hinſichtlich des Inhalts ber Sye
culation mar er offenbar zu einem neuen Standyunkt ges
kommen, da das Princip der abfoluten Identitaͤt hexeits
in der Schelling'ſchen Philofophte entichieden genug zum
Srunde lag; aber das univerfelle Syſtematifiren, alſo die
Form war es, das ihn zu einer noch nie dagemeſenen
Schoͤpfung berufen zu haben ſchien und deſſen er ſich
nun mit jener von einge eiſernen Conſequenz getragenen
Methode bemächtigte, über das ganze biöher -zu Tage. ger
förderte Gebiet des menſchlichen Wiſſens zewiſſermaßen
feine Pflugſchar auswerfend. Dieſe Methode machte feine
Philoſophie vorzugsweiſe zu einer alademifchen, zu einer
Eehrpbitofophie, Die deshalb au beſtimmt war, frucht⸗
bringend felbft in die Behandiungsweiſe dee empiriſchen
Wiſſenſchaften hinübergugreifen. Kant. wur, möchten wir
fagen,. der Kritiker, Fichte der Redner, Schelling der 38
ter und Hegel der Gelehrte unser den Philoſophen.
ebers wegen dieſes vorhersfchend akademiſchen Fe
feiner Philoſophie mußte fie ſich wol vortrefflich als Weg⸗
weiſerin und Bildnerin fuͤr Studirende und —* a
Wegweiſerin guf dem Wege des Facultaͤtewiſſens, aber
nicht als ausroeichende Zührerin auf bem Wege de Le⸗
bens erzeigen. Hegel glaubte zwar die große Aufgabe zu
Stande gebracht und Som und ) Bil, Wiekliches und
\
238
Vernünftiges, Sein und Denken in einer concreten Gin:
beit in feinem Spftem bingeftelt zu haben; aber er be:
ging darin einen ebenfo ungeheuern Irrthum, als ber ift,
an dem feine ganze Philoſophie Eränkelt, daß er nämlich
in feinen metaphnflfchen Abſtractionen bie concrgte Wahr:
beit nicht nur begriffen, fondern auch mitfammt ihrer
ganzen Lebensfülle darin wirklich enthalten wähnte. Wenn
bei jeder Philofophie Das die wefentlichite und wichtigfle
Frage ift, die wir an fie richten: was ihr nämlich für
das Reale gilt? und wir bei Hegel darauf bie Antwort
erhalten: ber Begriff; die Idee, das Sein, welches das
Denken iſt — ſo koͤnnte uns bei dieſem abſoluten Lebens⸗
idelios, Her «ins ſehe vreita und ebenfalls zu bumbker
bende Seite der Wirklichkeit, die nicht Denken fein kann,
gänzlich) verneint, zwar ſchon glelch etwas bange werben,
aber wir befinden uns body immer noch in der Mitte bes
Lebens ſelbſt, und fein Inhalt iſt uns noch nis +At:
viihe, wenn amd) bereits kuͤnſtlich beleuchtet. - Sehen wir
aber, wie Degel von dieſem Standpunkt, den er an ſich
Thon: ausgeſprochen vorfand, weiterging, um ihn nach fel«
net Weiſe ſyſtematiſch zu begründen und zu entwideln
und int logiſchen Ausdruck darjuftellen, -fo finden wir,
wenn und das Sein, weiches das Denken tft, in feiner
Spitze als Begriff hier confirufet: wird, daß «6 fich uns
mich nur in einen dialektiſchen Inhalt, weicher iſt, indem
ve wicht iſt, in das Sein, welches der Schein iſt, - vers
wandeit und aufgelöft hat. Wir behaupten demnach, baf
das Reale in der. Hegel ſchen Philofopgie nur als For⸗
males vorhanden fei. Der viel beſprochene und viel ver
nommirte Sag: „was vernünftig iſt, iſt wirklich, und
was wirklich iſt, iſt vernünftig‘, ben wir einen Knallef⸗
fetfag der Vernunftarroganz nennen möchten, exicheint
deshalb nur als dialektiſche Formel bewieſen in dem Gy:
ſtem, denn dieſe Einheit von Sein und Denken iſt etwas
Uebermenſchliches, das nur in den formellen Demonſtra⸗
tionen eines Denkſyſtems eine bialektifche Scheinwirklich⸗
Bert behaupten kann. Go fehr abes auch unfere philoſo⸗
phifchen Syſteme in der That am Menſchlichen leiden
und nicht anders koͤnnen, fo ſehr haben fie ſich freillch
auch inmimer zu uͤbermenſchlichen Vermeſſenheiten empor⸗
zutreiben geſucht. Der abſtracte Gedankt ſteht in der
Hegel ſchen Philoſophie als das. reine und mit ſich ſelbſt
eine Lichte an dee Spitze. Iſt menſchlicher Gedanke aber
wol dem reinen Licht als ſolchem vergleichbar? Oder iſt
er nicht vielmehr nur gebrochener Lichtſtrahl, der, am menſch⸗
lichen Thun und Treiben ſich mannichfach truͤbend, erſt
am Ende der Tage zur Einheit mit der Sonne, von der
er ausgefloſſen, wieder eingeſammelt wird?
Aber Hegel's Syſtem will ſchon die verwirklich
Sonne fein; und dies iſt der alte menſchliche Irrthum,
welcher die Erde für ben Mittelpunkt bes Univerfums
unfieht, während fie doch nur die relative Richtung hat,
fi) ewig ruhelos um eine Sonne zu drehen. Und ba
wir einmal diefe Wilder hier gleichnißweife gebraucht ha⸗
den, fo liegt es nahe, ‚die bekannte Beſtimmung aus Des
gel's Naturphiloſophie hetbeizuziehen, wonach er in der
That durch die wunderlbchſte Anwendung feines logiſchen
Zauberſtabes ben Copernikaniſchen Sonnenfofkem eine Deu⸗
tung gibt, weiche dieſe große Entdeckung, die für das
Bewußtſein der Voͤlker von wahrhaft weltgefchichtlicher
Bedeutung iſt, eigentlich in ein fophiftifches Nichts zus
ruͤckwirft, indem er die Sonne nur als das abftzacte Gens
trum des Weltſyſtems befeichnet und gelten läßt, woge⸗
gen die Erde der wahre‘ concrete Mittelpunkt der Schoͤ⸗
pfung fei, dem die Sonne nur als ein untergeordneter
Körper diene, und zu dem fie fi) nur gleihfam wie eine
elementare ——— wie em, abſtractes Moment des
indieiduellen Erdkoͤrpers verhalte. Go rasit kann es bie
Anwendung ber Logik in der Schöpfung bringen! Wenn
Ye Some dadurch nur zume Latee wo der Mehe, ber
das Beleuchtungegefchäft derfelden bat, herabgewuͤrdigt
wird, fo koͤnnen md mögen wir dach kaum eine irechte
Berherrlihung ber Erde darin erblicken, obwol in ihr bee
Inbegriff alles Geiſtigen and Wahrhaften dadurch cons
tenteirt werden fell, da Die Erde, das Irdiſche die wahre
Verherrlichung nur In der Relatkoltaͤt, in der Beichung
gu einem Jenſelts mipfängt, welches: frei in ber Der
gel'ſchen Philoſophie, die Nein Jenſeits kennd, völlig fehlt.
Aber nicht nur in Hinſicht auf. die Natur; welche: in / dies
ſem Spftem nur als dee Abſall der Ider von ſich felbſt
und ſomit ale ‚das Schlechte“ — um einen ſehr gelaͤu⸗
figen Auſsdtuch Hegel's gu gebrauchen — gewußt wich,
zeigt ſich die Alles erklaͤren und vertreten ſellende logiſche
Gonfiruction von fo erſchreckenden Folgen; noch ſchneiden⸗
der und truͤgeriſcher tritt die Anwendung dieſer Methode
zu ſich ſelbſt zu kommen und Mh: in bee A
ſeines Begrifſes hervorzubringen! Die Momente der fi
ſtufenweiſe ſelbſt conftruicenden Gottheit entwickein ſich
aber dergeſtalt, daß nach dee Hegel'ſchen - Religiensphiler
ſophie Gott erſt in Chriſtus ass zu ſeinem„Selbſtbe⸗
wußtfein” gelangt gedacht wicd. Was iſt dies aber für
ein ohmmächtigen Gott, welcher ber proceffualifihen Selbſt⸗
verendlichung bedarf, um dadurch erft fein Selbſtbewußt⸗
fen zu erreichen? Heißt Dies nicht ‚Bert abhängig mas
% von der Welt? Unb die ganze Tiefe ber religioͤſen
dee von der Erſcheinung Chriſti wird, unſers Erachtens,
dadurch zu einer nüchternen, logiſchen Definition enthei⸗
fig! Aber Über das Logifche, über die metuphyſiſche Form
tommt Hegel nirgend hinaus, und indem er glaubt, da6
Hoͤchſte damit num erft wahrhaft ‚begründet zu haben, hat
er fi) doch nur eine Schranke daran gefegt, an der ihm
| after wirkliche Inhalt unter den Händen zerſchellt. So
ift die Begriffsbeſtirmung des Boͤſen eigentlich noch vom
feinem Philoſophen fo Flach gefaßt worden als von ihn.
Das Böfe bat nach der Degel’fchen Philofophie keine
Eriftenz, keine Wirklichkeit, fonderm ift nur die logiſche
Unangemefienheit des Seins gegen das Sollen, und Goͤ⸗
ſchel bemüht ſich in ‚feiner unter Re. 3
Schrift vergeblich, das Chriſtliche dieſer Anficht von der
Sünde zu retten; fie iſt und bleibt dennoch unchriflfich.
Aber dieſe Auſicht iſt nicht nur unchelfitich, ſondern, moͤch⸗
tem: mie fagen, auch -antiseltgefchiihtiäih. Ja der Melt:
und Volkergeſchichte ſehen wir das Wöfe als daͤmonlfches
Ingetdiens freigegeben; 6 iſt gewiſſermaßen der treibende
und draͤngende Gonflist ;in. der Beppegung; aber in bem
mechaniſchen Leben des Syſtenn . fleht ‚ber. Mephiſtophs
6 burſ eine tie gebunden: da, Do:er freilich
auch hier nicht anders als mit durchlaͤchelnder Teuſels⸗
frage trägt. " u '
&o glauben wir uns. benn deutlich genug- nach. meh⸗
zn. Seiten bin ausgeſprochen zu haben, daß wir ‚Degel’s
Phttofophie zwar- für ein uhgehmmres,- ti mühe
—F Begriffsſyſtein halten und ihm in dieſem Sinne
Arkſamkeit, welche es von hleraus zu üben vermag
und geuͤbt hat, gern anerbennend zugeſtehen, daß uns aber
dies Syſtematiſche zugleich nur als das iſche und
Verſteinernde darin entgegentritt. Wenn das Syſtema⸗
tiſiren hier für die hoͤchſte und leßte Blüte des Philoſo⸗
phitens überhaupt, ausgegeben wird, fo ſcheint ſich dage⸗
gen, wofern wir recht ſehen, in der, Zeit. bercits eins un:
wiMhrtiihe Ironie gegen biefe Richtung hervorgethan zu
Haben. Mies find die vielen: kleinen und Sy⸗
ſtemchen junger Gelehrten, bie man jetzt faft täglich‘ und
aller Orten in ber philoſophiſchen Literatur auftauchen
fieht, und es gibt kaum einen jungen Privatdocenten, der
micht, Inden ex fein Katheder aufichlägt, damit anfinge,
ein eignes Syſtem zum Beſten zu geben; und- er bat für
fein" Theil voilkommen Recht daran. Dieſe Syſtemſucht
verſifürt ſich alſo bereits ſelbſt und gibt ums. außerdem
woch, wie es ſcheint, bie: tiefere and hoͤchſt beachtenawerthe⸗
Lehre, daß ein univerſelles Autotitaͤtsſyſtem, das die Allein⸗
herrſchaft im Denken behaupten moͤchte, durchaus weder
mehr an der Zeit, noch uͤberhäupt dem Zuſtande der heu⸗
«gen r angewmeſſen und v ſei. Das
Palloſephiren fol fortan ein freies und individuelles rl
ſtedeigenthum der Gebildeten des Geſchlechts ſein, daB,
von feiner Schulform gefeffelt, nur Früchte des Bes
bens trägt. . (Der Weidius folgt.)
Die, Theater in Paris im Sabre 1833.
‚(Beiäiuß ans c. 97.)
Ecx war nichts Berichtes ; diefen Noman mit. getreuer Auf⸗
rechthaitung feines Gharakters und dennoch ohne Auſtoͤßigkeit
oder ohne Toͤdtung des ihn belebenden Intereſſes zu dramati⸗
Arm. Die Verſaſſer ber ueueri erſchienenen Romädie von
fünf Acten: „WFaublas”, haben diefe Aufgabe meifterhaft geiäft.
Nichte gleicht der Kräftigkelt, ber Lieblichkeit und Natürlichkeit
diefer Charakteriſtik; es iſt nicht Spiel, es ift nicht Taͤuſchung,
fondern es ift die Wahrheit ſelbſt. Sie leben tm jener Zeit, fie
fehen vor ſich die wirkliche Marquiſe, die Madame te Gigrolles
und den Brofen Rofambert, das Triebrad der ganzen Jntrigue.
las, ein junger. Ghenalier, welcher eben. im bie Melt einges
st. wird, wie er gleich beim erften Auftreten feine ſchoͤne, an⸗
gebstete Braut fammt allen väterlichen Ermahnungen und War-
nungen vergiät, feinen Freund verräth, anſtatt ihm zu bienen,
und beffen Geliebte ihm entzieht; wie er von Verkleidung zu
Berkleidung, von Intrigue zu Intrigue ſchwaͤrmt, vom Gluͤck
‚verfolgt and, raten wird, und die gutmüthigen Gpeherr
der gefälligen en ihm meift Tetbft alten erbenkuͤchen Vorſch
keiften, iſt mit ſoicher Grazie und ſolchein anmuthigeh Reize gr:
childert, daß das Publicum pgd-mit, ihm, biesRafie-ber. Kritiker
- m — vr
‚Ss fchlafend träumen unb
in eine ſtuͤrmiſche Hulbigung hingeriſſen wurben. Es gibt keinen
gluͤcklichern Abend alt ben, weichen N Bufchauer bes we
—e und bie Bortrefflichkeit des Spiels, bie richtige Auf⸗
aſſung der Charaktere haben daran ebenſo großen Antheil, als
fie. das Talent der Schauſpieler bewähren Moͤgen immerhin
unfere Brönmmier die Steine vach uns profanen Weitkindern wer⸗
fen and Ach und Weh Über Gittenverfall ausrufen, — gehen
Siein „Faublas‘, Hören und fehen Cie, und hinterher fagen Sie mie
Shre Meinung. Uebrigens überfehe man die Quelle ſolcher Klage
lieder nicht; Hier, 100 Alles zur Politik wird, hat auch bie
Sheaterkritit dieſe Barbe angenommen. Es find bie Karliften,
welche in ihren Blättern ba8 Anathem über dieſe Stücke nice
allein, fondern Über alle PYrobucte ber jehigen Literatur, Kunſt
und Theater ſchleudern — mit Ausnahme’ jeboch der Schopfum⸗
gen ihrer Parteimaͤnner. Das iſt ihr Eyftem, aber darum
nicht Wahrheit. Sobalb eimmat feftitebt, daß diefe Vorſtellun⸗
gen geſchicht liche Thatfachen zur Grundlage haben, fo wäre.
bie Wermeibung ihrer Reproduction um ber Bitten halber eine
laͤcherliche, zweckloſe Gleisnerei. Die Grfchichte in ihren Groͤßen
wie in ihrer Berworfenpeit iſt uͤberall ein Hebel des Fortſchrit⸗
tes, und ber a ber Zugenb und bes Laſters laſſen ſtete einen
der Moral zutraͤglichen Eindrud zuruͤck. Das Publicum ſieht
und urtheilt und macht fi felbft. feine Nutganwendung: riden
corrigo! Wenn bie Karlifien nach Herzensluſt ihre Entruͤßung
außgieben, fo vergeffen bie braven Leute, bag es die Kehrſeile
jener guten alten Zeit, das Bild ber Bourbonenherrſchaft, ber '
Kefler jener ritterlichen, «bein, großen Ariſtokratie ift, welche
wachend zuruckwuͤnſchen. Sie verleug⸗
nen ihren eignen Gott! Endlich iſt für sin vortreffliches en
gift geſorgt. Sonderbarerweiſe hat beinahe gleichzeitig das
Gymunase ein Stuͤck auf das Repertoire genommen, weldges eis
nen ähnlichen Begenftand bebanbelt: „Les malheurs d’un amant
henreux““, Vaubeville in zwei Acten von Scribe. Auch hier
fpielt eine Art von Faublas; aber er iſt nicht der frivole, lebens⸗
Iuftige und muntere Zunge ber Rue de Chartres, fonbern es iſt
ein, Bafbionable bes Jahres 1882 mit langem Ueberrock, abges
mübet, überbrößig und von feinem Liebeögläd erdruͤckt; mit.
dreißig Jahren fiebt ee mit wahrer Zerknirſchung auf feine Ver⸗
irrungen zuröd und thut Baße dadurch, baß er eine ber Uns
gtödtiigen, welche ihm unterlegen, heirathet. Das Stuͤck ik nicht
jchbecht, nur zu eng gefaßt, was ermübet, unb wird gut aufe
defuͤhrt. Den Moraliften ift zu rathen, daß fie das Vauderille
gum Mahle und dab Gymnase zur Verdauung nehmen: Erſter
und giveiter Theil — und bie Ethik ift befriedigt.
Neben ‚‚Faublas” wird ein anderes Stuͤck gegeben: „Les che-
miss en Tor’, weiches bie Werfaffer ein Vauderille-revue nen:
wen, weil es in ber pet am Schluß beö Jahres 1832 einen
stödbtid auf den Zuftand ber Givikifation, bes Öffentlichen Les
bene, ber Literatur, ber Miflenfchaften, plaftifchen und drama⸗
tiſchen Känfte u. ſ. w. wirft und allentpalben bie Auswuͤchſe
ohne beſondere Schonung ber Regierung geißelt. Gin Ingloman
unbd ſchwaͤrmeri
fi fer Anhänger der Ciſenbahnen wird im Traum
auf die retrograden Infeln verfent, mo er mit ber aeuern frage
söffgen Ginilifation in Dampfwagen anlangt und ſolche dem
Köntg der Infel vorfiellt. Unter Andern kommen zum Vorſchein
l’adultöre, als Königin des Dramas, und ein gewvappneter
Ritter „To moyen Age”, ald König ber Eiteratur, und verlaffen,
eine Galopabe tanzend, die Scene. Gobann als modele des
arts ein budiiter Wlayeup, der von dem König bie Erlaub⸗
aiß ſich ausbittet, die Runflausflelung , zu weicher voriges Jahr
kein Local verwilligt worben, auf ber Inſel halten zu duͤrfen,
wobei er ihm auf das einladenbfle alle Wertrefflichkeiten ſchüdert:
Oh verra, c'est convent,
Un poöte en gel&e de pomme,
En caramel un grand honmme,
Un peintre en sucre fondu;
En diablotin un artiste,
En compotte un journäliste,
‚ , Ba papiloite un pianiste,
Pai vu sans plus de fagens
En seindeowr, Dieu, quel Wiespktme!
Le ptte Enfantin Iul mäme
Entourt de cornieloßs . . . . '
Nach ihm erſcheint bie Preſſe, eine Jchöne junge Dame in Ge⸗
feufchaft Ihrer fleten Begleiter, der Gaution, ber Poſtgebuͤh⸗
zen undbe Stempels. Sie hat zierliche Halsketten und Hand»
ſchellen an und trägt ein Meines Gtrobbünbel in ‘ber Hand.
Auf die Zrage, was das für Geraͤth fei, erklärt fie ihm, fle
wiffe nie des Morgens, wo fie am Abend ſchlafen werde, und
fo bilde dies ihre Gefaͤngnißlager, bie Handzierden aber feien, ohne
eine Maſſe anderer kleiner Ketten, bie ex ihr an ben Hals ges
worfen, eine Artigleit des Gtaatöprocurators : ’
.. . Cest le procureur du roi
i Qui se charge de ma paruro.
Voila ses doens d’ameour & lui,
; J'en regois toutes les semsaines;
' M m’a donne, meme aujour-d’hui,
Ce collier la pour mes etreunes.
Bei dem Anblick diefer fatirifirenden erfolgten, die die Ketten
mit freubigem Muthe trägt, ſtets Kopf oben, im Gefängnis wie
in der Freiheit noch wirkt und bee Gewalt) welche fie zwaͤngt,
ide Stigma auf die Stirn heftet, noch in den Banden Königin
„de: Welt, wie fie ſich ſelbſt nennt, fielen mie ihre Leidensges |
äbrtinnen andermärts ein — Doc ſtill — bie Genfur möchte
drein mifchen !
Nach dem Auftreten bee France mit zwei Proflien, ein
altes und ‚ein junges in einer Perfon, weile im Zwieſpalt
liegen, nach einigen andern minder intereffanten, mehr localen
Spottchatakteren, worunter aud bie Wohtthätigkeitätheorien ohne
raktiſche Anwendung Ihre
Kart durlesfe Figure, Franconi , auf einem kleinen Pferdchen
von Pappe als „Mufeum bes franzdfifchen Auhmes, allgemeine
Niederlage von Gefechten, Kanonen, Fahnen, Kugeln, Elefan⸗
ten, Kamelen u. ſ. w.“ &tolzirend auf feinem Säulchen und voller
großer Redensarten und Btobomontaben:
Vaillance! Prance! guerriers! lauriers! Prangsis! succks:
j Poum! Poum!...
16Bt ihn dee Berf., in diefen treffenden Strichen das ganze Ge
maͤlde gebend, ausrufen und mit großen Sprungen abziehen,
nachdem er zuvor den König ber Wilder als Frangais. be
üßt mb ihm ohne Weiteres ein Ehrenkreuz auf die Weuft. ges
(edit bat. Le diable d’argent ‚ale Alles bebere-
ſchendes Printip, ſchließt bie Reihe und reißt Alles mit ſich fort!
Wer dieſe ungebunbene, Alles erreichende Ruthe des Spot⸗
tes und des Epigrammes gewahrt, darf nicht beſorgen, daß bie
Berierungen des Lebens wie ber Kunſt und ber Willenfhaften
in Frankreich die Oberhand erhaltens ſtete von eimem- aufmerf:
famen Wächter, ber äffentlihen Meinung, der Preffe und ben
Theatern, beobachtet und im Zaum gehalten, wachen unb ges
deihen WE Kräfte zu einer friſchen, vichtig ergreifenden und bem
Pedantiönius abholden Lebensfreude und Philoſophie, weiche der
Nation eine fo hohe Stellung und ums einen wmbeftrittenen
praktiſchen Sinn und Werth ertheiten.
Die komiſche Oper leidet an ber für eine Opernbuͤhne ge
faͤhrlichſten Krankheit, Wangel an Sängern und Sängerinnen,
zu weichem der neuerliche Verluſt ihres ruͤhmlichſt bekannten
Eomponlftien Herold Hinzugetretm iſt. Sie ift deshalb Haute ein
ſtand bes Diges und in deu „Chemins de fer‘ wird von
ihre gefagt, daß fie fi vorgenommen habe, nicht mehr gu fingen,
fondern fingen zu laſſen:
Nous voulons r&soudre un probl&me
Et prouver a nos spectateurs
Que l’opera comique mê᷑me
Peut &tre en vogue sans chanteurs.
‚Dies ift um fo mehr zu bedauern, als ihre nettefle Oper „Le
pr& aux cleres“ mit vielem Beifall aufgenemmen wurde.
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshandlung: F. W. Brodfiaus in Breiwzig. |
LE
Ladung erhalten, erfcheint eine wahr
ie fablenifge Kipde, wehlherieit-bet
ergsblih Eh zu zecrulicen,
wigtlich ‚Lunfifennend ift, ha,
alß eine angenommine |
beſv Ichwer für weililche K
ni ſterrs amiedar ebene: vm ne; Lordere
er eg
Bor Kurzem wurde „Don Juan‘ "aufgegriffen. Demolfelle
Sarl, eine Deutſche, ale Donna Anna, Madame Tabolinf als
Donna Elvira, and Mile. ’Zulie Grift als Zerline. Die Vor⸗
ſtellung, was deſonders bie Damen angeht, war nichte mi
—— "Die Gtimge Apr Bier —
jene und Schule, ermangelk aber der jugendlichen u
es Metalls und, uf br den Abſtuͤnd der Au g u:
der Hohen Idee be6 "Irten alle? To ler empfliben” OR
Bännerftinmen, Beubimi: ars Dabio, Tamburini. ie Dem
Sun — erwad Feifiim Gpiel.-— nid -Gantini. «if Eiyowile, .
waren vortrefflich. Behr intezeffant war mir, au dies dem
überall herrſchenden Bwiefpalt in der Beurtheilung des Holen
von £eporello und der Zerline zu beobaditen. Die Einen wollen
in Leporello einen charaktertoien, feruft imfättichen Helfershelfer
und Poffenweißer haben, wähsenb'nie. Amern im ihm nur einen
* a ft ——* ge u * *
u 0 exlich es We erbli
Venn ſicherlich der letztere der —326 en gr der Rolle
ift, fo hat auch Santini ſie nicht Höllig erfaßt, fonbern bad Bur⸗
Ieöfe allzu fehr vorherrfchen Laffen. Julie Erifi hat die Zerline
ws remes unſhuldiges Madchen dargettett, weiche ohre Akten
der Gefahr, die hinter den Lichlehmaig Qen ZDuan's Iqu Pr
in aller Wainpeit ben —5 Soingen, hab Ara
xiſchen Glanze des neuen Andetexg auf Turze Zeit kingfüt, b
fie am Rande des Verderbens zdr toahren Gekennmuig gelängt —
ganz verfchleben von dee ehr häufigen und ſehr ˖ gewohnlichen
art, in ihr ine gefhüfktige, Bokeiticchbt. junge. Biurrußicue
sorzußehen. inet Oper son Vellini, nad. Shakſpeares
„Romeo unb Julie”, weiche mit vielem. Theaterpomp auf
eführt wird, hal bisher Feine allgemeine Anerkennung ger
| ' | ten
eime neue Oper „Le bal, masqué“ einflubizt.
ſtoriſch und auß ber Ermordung Guſtav In
nden.
An der grohen Oper, wofeR Kingre Bit -„ieBunt kesdiabler
dem Goofy füpete, and Dia Maglioni' imo pi Eutin
sewandielt das. Gustzhslen des Plate ge Bun on
ujet i
€
wine von Schwe⸗
tefte Analogie darbietet, ie neue gtaͤßtiche Spottnieberlage ab«
wehrt. Darum Hat fig denn. bas Winiſterium in eine Reihe von
Unt ngen mit dee Dizection eingelaffen unb will alles
Mögliche gefintten, in Gottos Namen möge fie ber armen Gu⸗
ſtav III. mit Dolch ober Wift, mit Musketen, Kenonen oder
Bomben umb Leben briigen, — nur nicht mit einer Piſtole!
bas ift gar gu graͤßlich — und was liegt denn an der Ge⸗
ſchichte7! . 171.
rn | — — —
Rotiy.
Der Schach von Perfieh, weldjen eine ziemlich langtveilige
Mufe auf feinem einſamen Shronfige dann und warn zu bes
ſchleichen pflegt, Theilte vor zwei Jahren, denn bie petersbur⸗
ger Zeitung feine Ironie beabfichtigte, einen Lorberkranz vom
ganz neuer Erfindung aus: er ſchenkte einem Dichter von Te⸗
eran, der eine Ode auf ben Geburtätag Sr. Majrfkät gemacht,
in Paar Beinkleider von Hippopotamisieder ohne Nabe, mit
Knöpfen von Topafen. 280.
— — —
a
ð 4‘
Blätter
für
literariſche Unte de Itu ns
Bonnertrag,
Zur Kritik ber u Hegelfäen Dhitofonpie
WBeſchluß aus Nr. a.)
Das * pend und Bannende, das ein ſol⸗
ches abgeſchloſſenes Autoritaͤts ſyſtem als "daß Hegelſche
mi fi fi) bringt, fi f eht man nirgend jo deutlich ein wie an
a md unter feinen Einfluſſe arbeitenden Schülern u
Anh dieſes Philoſophen. Leider hat ſich auch
ſchel in ber neueſten Zeit völlig in die Schranken des
Sbpſtems einengen laſſen und baburch feinen felbftändigen
und geiftteichen. Charakter, der fic in feiner erflen Schrift:
„Aphorismen über Nichtwiſſen und abſolutes Wiſſenu. ſ.w.“,
fo viel verſprechend offenbarle, bedeutend geſchwaͤcht. Damals
bewegte er fi ich ſelbſt, der Hegel’fchen Philofophie gegenüber,
in eigenthuͤmlichen Betrachtungen und Forichungen, bie
zein und fref dem Wege ber geiftigen Mahrheit nachgin⸗
gen und ſi N nur durch ſich felbft und den Gedanken, aber
durch keine aͤngſtliche Beziehung auf ein gegebenes Sy⸗
ſtem bedingen ließen. Jetzt zeigt er fich in feiner oben
namhaft gemashten Schrift: „Hegel und feine Zeit, mit
Ruͤckſicht auf Göche”, in volllommener Identitaͤt mit der
Philoſophie, die er darin erlaͤuternd und apologetifch dar⸗
ſtellt und als das Univerſalſyſtem aller menſchlichen Spe⸗
qulation zu verherrlichen ſucht; und es iſt erſtaunlich zu
ſehen, wie abgefallen und gewiſſermaßen entkraͤftet ſich
jest bei dieſem abſichtlichen Streben, fein Denken überall
mit dem Princip des. Syitems in Einklang zu fegen, alle
feine Entwidel ausnehmen, die man fonft mit beis
weiten weche geifliger Friſche und Fülle gepaart bei ihm
anzutreffen gewohnt war. Dazu kommt, um biefe neuefte,
der Erklärung und Rechtfertigung feines Meiſters gewid⸗
mete Schrift voͤllig unleidlich zu machen, ein aͤſthetiſiren⸗
des Schoͤn⸗ und Wichtigthun mit Goͤthe, das er ſich
ebenfalls aus ber Hegel'ſchen Schule heruͤbergenommen
und angeeignet hat. Man konnte es oft mit Verwunde⸗
rung von Hegel's Anhängern vernehmen, wie fie bei jeder
nur erfichtlichen Gelegenheit beftrebt waren, Säge und
Paragrappen ihres. Meifters mit Ausfprüchen und poetl⸗
fhen Sentenzen Goͤthe's zu parallelifiten und fo eine
Scheineinheit —**— dem Dichter und Philoſophen be⸗
merklich zu machen, gleichſam als fuͤhlten ſie das Be⸗
bürfnis , dadurch nachzuweiſen, daß ihrer Philoſophie das
poetiſche Element, das ihr, unſers Erachtens, freilih fo
ſehr mangelt, keineswegs ein entgegengefetztes ſei. So bes
-
Ihe bean auch biefe „Rüdficht auf She”, | in welcher
Göfchel, dem Titel feiner Abhandlung zufolge, Hegel be:
trachten will, in nichts Anberm als in ziemlich gewaltfam
Herbeigszogenen Verſen und Citaten aus Goͤthe's Dich⸗
tungen, mie fie grade in den Kram ber Schule taugen,
namentlih aus dem „Kauft“, der in dieſer Weiſe oft
Parallelfiellen hergeben muß, obwol body am Tage liegt,
daß der Dichter grade dies Werk in einem andern Sinne
gefchaffen, als um der abſtracten Philofophie dadurch eine
Schutzwehr zu bereiten. Iſt nicht der „Fauſt“ "vielmehr
eine polemifche Tragoͤdie gegen die Verirrungen und Ans.
maßungen der Speculatien? Und iſt .es nicht bios: die
Sophiſtik der Eitelkeit und Selbſtverblendung, wenn die
Schule fih bemüht, Stellen aus biefem Gedicht, welches
in feinem ganzen Geiſte grade gegen fie zeugt, zu ihrer
eignen Verherrlichung zu deuten? Göthe hatte ſich dem
Urheber dieſer Philoſophie perſoͤnlich freundlich geäußert,
aber wir glauben ſchwerlich, daB er auch nur ein einziges
Bud Hegels zur Haͤlfte durchgeleſen oder ſich uͤberhaupt
mit der innern Natur ſeines Syſtems wirklich bekannt
gemacht hat. Eine Wahlverwandtſchaft zwiſchen der He⸗
—** Philoſophie und der Goͤthe'ſchen Poeſie duͤrfte
mindeſtens nur eine ſehr zufaͤllige und unweſentliche ſein.
Wenn ſie, um ſie an einem beſtimmten Gegenſtand an⸗
zuknuͤpfen, vornehmlich auch in der Naturbetrachtung Bei⸗
ber, die angeblich viel Gemeinſames darbieten ſoll, geſucht
wird, ſo hat es uns doch nie gelingen wollen, uns damit
einverflanden zu machen. Goͤthe's heiter spraftifche, finnigs
forfchende Anſicht ber Natur flcht mit der Hegel’ichen
trüben, die gewiffermaßen nur eine logiſche Verhoͤhnung
des natuͤrlichen Lebens iſt, unmoͤglich in einer tiefern Be⸗
ziehung als hoͤchſtens nur durch zufaͤllige Particularitaͤten
einzelner Ausſpruͤche. We aber faͤnden ſich nicht vers
wandte Einzelheiten feibft innerhalb der verfchiedenartigften
Sphären? So dürfte auch ber Nachweis der Wahlver:
wandtſchaft beider Geifter ein zu allgemeiner fein, daß
fie nämlih, wie Goͤſchel bemerklich gemacht, mit ihren
Beftrebungen Beide ganz nur id der & egenwart, im Dieſ⸗
ſeits lebten, und auch Goͤthe wie Hegel, dem nur dad
Wirkliche das Dernünftige und das Dernümftige das
Wirkliche war, von allen tranfcendentaln Verirrungen
frei geblieben fei. Doch genug von: diefer belachenswers
then‘ Affectation der Hegel'ſchen Schule, fih mit dem
größten Dichter Deutſchlands zw verbrüben! Wie fehr
übrigens jegt, Goͤſchel ganz zu den bios nachbetenden
Schülen Hegel's zu rechnen fei, bemeilen auch in feiner
‚ nmeften Schrift die Erörterungen Über Poefie, Ironie
und Humor, bie fo woörtlih mit Dem übereinflimmen,
wie fih Hegel felbft in feinen Collegien barüber zu Au:
Gern pflegte, daß fie uns wie ein Wiederhall gemahnen.
Die Behandlung und Auffaffung diefer Gegenftände war
bekanntlich die ſchwaͤchſte Seite Hegel's; aber doch von
ihm wegen ber Verhaͤltniſſe feine® Naturelld das nun
einmal nicht mit Kunſtſinn begabt war, wenigſtens zu
erdulden. Unerträglich wird es dagegen, von feinen Schü:
lern dies Geſchwaͤtz mit allen Einzelheiten immer wieder⸗
holt zu ſehen. Wie fchlecht ſteht ferner einem auf fo
untergeorbneter Stufe befindlichen Schriftfleller wie Goͤ⸗
fhel das fpöttifche Vornehmthun gegen Jean Paul und
deſſen „gefühlvollen” Standpunft (f. S. 28 feiner Schrift) ;
aber auch diefe Polemik iſt ihm nicht einmal eigenthuͤm⸗
lich, fondern es gehörte, mie Jeder weiß, zu ben Launen
des verewigten Degel, fi gegen Sean Paul, den er in
feinen Borlefungen über Aeſthetik als „trivial“ kurz abs
fertigte, etwas gehen zu laſſen. Was endlich ben apolo:
getifchen Theil dee Goͤſchel'ſchen Schrift anbetrifft, worin.
‚er es unternimmt, Hegel's Syſtem gegen bie Angriffe
ber Kritik zu vertheibigen, fo LAßt er dem von uns unter
Ne. 5 aufgeführten Buche von 3. H. Fichte, gegen das
er ſich vornehmlich wendet, wol eine zu flüchtige und
nichtachtende Würdigung widerfahren.
Unfers Erachtens iſt der Hegel'ſchen Philoſophie nie
eine geiftreichere und gründlichere Kritik zu Theil gewor⸗
den als in ben beiden genannten Schriften von C. 9.
Weiße und 3. H. Fichte, und wie bekennen dankbar, aus
denfelben für das Verſtaͤndniß bes gegenwärtigen Stand:
punktes des Philofophirens Vieles gelernt zu haben. Sie
ſcheinen Beide in den Refultaten ihrer Kritik darin über:
einsuftimmen, daß das buch Hegel Gewonnene nur die
gorm des Realen ift, und fomit haben fie ſich in ihrer
nknuͤpfung an das Hegel'ſche Syſtem ohne Zweifel, den
richtigften Geſichtspunkt eröffnet, um von hier aus, nach:
dem fie ben Anfang bes eignen Philofophirens gefunden,
auf dem Wege der Speculation felbftändig weiter zu ge:
hen und der Wiffenfhaft bie dem Zeitbeduͤrfniß nunmehr
angemefjenfte Stellung zu geben. Die Abhandlung von
Weiße iſt beimeitem klarer und anſchaulicher gefchrieben
als alle ſeine fruͤhern Schriften, die wir von ihm gele⸗
ſen, und in denen er, wenn wir nicht irren, ſich noch zu
ſehr durch das Beſtreben feſſeln ließ, die Strenge der
Hegel'ſchen Methode in ſeinen Entwickelungen durchzufuͤh⸗
ren. Seine bier gegebene Darſtellung von dem Verhaͤlt⸗
niß der allgemeinen Cultur und Bildung einer Zeit zur
Philoſophie, und namentli der Hegel’fchen in Vergleich
. mit den ihr vorbergegangenen, iſt reich an den ausgezeichz
netſten und tiefgreifendften Betrachtungen. Die Grund:
züge, bie er zum Schluß von feinem etgnen Syſtem ber
Philoſophie zufammenftellt, wageg wir nicht eher zu beur:
theilen, bis wir fie in vollftändiger Entfaltung aus:
geprägt erhalten werden; doch fo viel iſt jetzt ſchon er |
42°
-
ſichtlich, daß hier von einem beſtimmten und zeitgemäßen
Fortſchritt im Philoſophiren die Rede iſt.
Von Hauſe aus mit einem bedeutenden wiſſenſchaft⸗
lichen Darſtellungstalent ausgerüftet, tritt 3. H. Fichte
‘auf, und.fchog” der Beſitz diefes Talents, das der Philog
ſophie bisher W ſaten zu gute gekommen, erregt von ſeinen
Beſtrebungen eine erfreuliche Hoffnung. Auch er geht in
‚feiner ſcharfſinnigen und von wahrhaft fpeculativem Geift
duchdrungenen Schrift davon aus, daß von nun an von
keinem Autoritätöfpftem in der Wiffenfchaft mehr die Rede
fein koͤnne, föndern daß eine freiere Periode dei: Denkens
angebrochen ſei. Wie find Begierig, In dem verfprochenen
zweiten Theil feines Buches bie pofläioe"Beflalt, in’ wel⸗
her er fi in ber Philofophie darftellen wird, entwidelt zu
fehen, unb bie Bedeutſamkeit derfeiten kündigt fi uns
(don in den vorläufigen Bellimmungen an, bie Fichte
dem philoſophiſchen Erkennen überhaupt gbt, ‚indem er
daffelbe in das Anfhauen, das Erleben fest; und
wer möchte zweifetn, daß dies nicht fortan ber naͤchſte,
zeitgemaͤße umd lebensvollere Standpunkt in der Philoſo⸗
phie fein werde, da don allen Seiten in der Zeit auf ihn
bingewiefen wird. Dieſer Standpunkt beruht eigentlich
ſchon in Steffens und ber Perſoͤnlichkeitsphiloſophie deſ⸗
felben und wurde einmal in d. Dt. als ber Stande
punkt dee VBernunftanfhauung begeichriet. Er bes
darf aber ohne Zweifel noch einer ſtrengern wiſſenſchaft⸗
lichen Begruͤndung, als ihm bereits in Steffens zu Theil
geworden if. Durch ihn entwickelt ſich auch ber höhere
Sinn einer innern Erfahrung ber Zee, die an die
Stelle bes bisherigen dialektiſchen Conftrufrens der Be⸗
griffe treten muß, worauf wir ebenfalls bei Fichte ſchon
bingebeutet finden.
Wenn ſolche Maͤnner wie Fichte und Weiße an bie
Spige ber neun Bewegung treten, welche fidy in ber
Wiſſenſchaft wie im Gultur: und Kunſtleben unferer Zeit
in ber nächften Zukunft zu geftalten fcheint, ann man
derfelben nur mit ber Erwartung einer wirklichen Foͤrde⸗
rung in der Wahrheit und Erkenntniß entgegenfehen; und
es waͤre nur zu wuͤnſchen, daß fie auch in der Formges
ſtaltung ihrer Anfichten von einer zu fchulmäßigen, mes
thodifchen und fuftematifchen Strengwiſſenſchaftlichkeit mög
lichſt abjtrahirten und fi, ohne in die flache Populari⸗
tät auszulaufen, hinfichtlicy deren bei ihnen Beine Gefahr
wäre, doch der geiftigern und kunftmäßigern, wenn wir
fo fagen dürfen, befleißigten; benn daß die philofophifche
Wiffenfchaft in Ihrer Darftellung etwas von ber Kunft
borgt, kann ihr Nur zu ihrer Wirkſamkeit im Leben bien=
licher fein. 88.
Ueber Algier „
Sin Herr Aynard be la Zour bu Pin tadelt in ber „Revue
encyclopedique” das Berfahren ber franzoͤſiſchen Regierung bei
ber Golonifation Algiere mehrfah und, wie es ſcheint, mit
Sachkenntniß. Die weſentlichſte Befchuldigung trifft die Regie
zung freiiy in dem Aus der charakterloſen eusopätfchen j
überbgupt entfprungenen üben Umftande, daß fie nicht gleich
fagte: Algier ift uad bleibt eine franzöfifche Colonie. „Haͤtte
fie dies gethan unb nicht vom Anfange herein die neue Erobt⸗
ı gewiffermaßen in Belagerun
— iu — | — — EEE — —— — —
243
rung durch bie Ungewißheit, in ber fie ihr kuͤnftiges Schickſal Lich,
verfegt, fo würde fie ihr
die Aufmerffamteit Tpeculativer Gapitaliften zugewendet haben,
die immerbar entweder zu ängfllid ober zu verwegen find; fie
Hätte fo keine Bevdlkerung nach Algier gezogen, bie die Golonie
unmöglih in Aufnahme bringen- kann..... Deutfche Rheinlaͤn⸗
der unb Schweiger wanderten auf Treue und Glauben irgend
eined Zournalartitels aus ihrer Heimat nady Algier aus, fowie
früher ihre Landsleute nach Amerika, verzehrten unterwegs das
Wenige, was fie zu Daufe aus dem Verkauf ihrer Habſeligkei⸗
ten gelöft hatten, und ſuchten Arbeit, wo fie flatt deren nur
Almofen fanden. Unzaͤhligen Branzofen aus allen Departements,
Dandwerlern, Aderbauern, Tagloͤhnern, erging es nicht beſſer
als diefen Ungluͤcklichen. Gelb ohne die Mittel, ſich das nö«
shige Geräts zu Urbarmachung bes Bodens anzufcaffen, fielen
fie der Behörde zur Laſt, die fie ernähren und nothiwenigerweife
demoralifiren mußte, denn fie gewöhnte fie alfo an den Muͤßig⸗
gang und verfchuidete ſeibſt, daß dieſe Menfchen jegt Arbeiten
ſcheuen, bie fie vorher als eine Wohlthat würden angenommen
heben, ja daß fie ſchon anfangen, Bedingungen vorfchreiben zu
wollen. Man huͤte fih wohl, fi in ihnen eine Generation
Sazzaroni zu erziehen, benn unter einem fo glühenden Him⸗
mel, auf fo fruchtbarem, üppigem Erdboden iſt auch der Muͤßig⸗
gang, wohl zu bemerken, ein natürliches Erzeugniß.“
„Zu biefer erften Claſſe ber Bevölkerung Algiers kommt
leider eine andere noch verderblichere. Dan muß die afrikani⸗
fen Küften gefehen haben, um fidy von dem Gefindel aller Art
einen Begriff zu maden, das aus den franzöfifchen, ſpaniſchen,
italienifhen und griechiſchen Gechäfen in die aͤgyptiſchen, nach
Algier und Tunis hinübergelehrt ober ausgeipfen wird. Es
Hat fein Baterland , fpricht keine einzige Sprache, weil es alle
Tpricht,, hat kein Gewerbe, weil es ſich nach und nach in allen
verfuht haben will. Man muß, einen folchen Abenteurer. felbft
hören und ſehen, wie er feine Eiägliche Lebens: und Leidensges
ſchichte dorträgt, entweder von einem beutfchen Fuͤrſten, oder
von dem Paſcha von Aegypten, ober vom Papfle als ein Märs
tyrer der Freiheit und Gleichheit verfolgt und vertrieben fein
will und doc; Feinen feiner Mitbrüder anfichtig werben Tann,
ohne ihm in das Geſicht zu Lachen. Nimmt man zu biefer gro⸗
Ben, durch den ſtarken Willen, auf Anderer Koften zu leben,
innig verbundenen Nomadenſchar noch bie vielen ungluͤcklichen
Speculanten aller Welttheile, bie nach Aigier Ardmen, um ſich tort
abermals zu ruiniren, wie fie ſich ſchon allerwärts ruinirt has
ben, fo gewinnt man ein ziemlich getreues Bild ter Zuftände
ber Colonie.
„Die nächften Bolgen find, -baß bie Stadt unter einem
Heere Wucherer, Agioteurs, Intriguanten und Unterhänbier ers
feufzt, in deren Hänben jedes linternehmen verunglädt, weil es
ihnen an Drbnung, Redlichkeit und Öffentlihem Anfehen und
Grebit gebricht, und daß bie Felder wäft und unbebaut fichen.....
Dan erblidt zwar allerwärts, wohin das Auge von ben herr
lichen Heerſtraßen abſchweift, die durch den Fleiß der Soldaten
erſtanden ſind, die ſchoͤnſten Landſchaften, die reichſte Begetation,
hoͤchſt ſelten aber find die Spuren europaiſcher Cuitur. Nur
hier und ba ſieht man bei Landhaͤuſern, von Tuͤrken oder Mau⸗
sen auf Franzoſen vererbt, einige Stuͤcke Feld mit Korn befät
oder mit Kartoffeln bepflanzt. Oder es tritt mitten aus dem
Gebuͤſch eine auf europäifche Art neu erbaute, von einer Familie
in norbifger Kieitung bewohnte Hütte hervor, mit denen
freitig zuweilen, da foldye Nieberlaffungen gewöhnlich in ber
Nähe und unter em Schutz eines Lagers, eines Poftens, eines
Blodhaufes entftehen, der Fall eintritt, daß fie, wenn biefe etwa
- wo anders hin ober weiter vor verlegt werden, in kurzer Zeit
ein zerftörted bintbefprigtes Gemaͤuer geworben find, unter befs
fen Schutt die von bem Yatagan ber Beduinen gräßtich ver
ſtümmelten Leichname feiner ehemaligen Bewohner begraben lies
gen. Sogar bie von ber Regierung in loͤblicher Abſicht bes
wirkte aflzugroße Zerſtuͤckelung der Ländereien, die fie zu Spott⸗
preifen, gegen einen geringen Grundzins meiſtentheils weggab,
wirkt hier. nadıtheilig ein, well ber oft gang unbemittelte Eigen⸗
thümer nicht im Stande ift, dem Boden irgend einen Ertrag
abgewinnen und nur mit feinen uͤbertriebenen Foberungen zu
Abtretung feines Veligchums im Wege ſteht, wenn einmal ein
Kapitalift ein geofartipes Unternehmen beabfichtigt.‘‘
„Die Golonie würbe dennoch einen ganz andern Anblie,
barbieten, hätte, bie Regierung ihre Leitung nicht fo gänzlich
dem Zufall anheim geftellt. Es kam ihr zu, die Erzeugungs
kraft des Landes auf alle Weiſe im Intereffe Europas und ber
Gotoniften zu entwideln. Ginjge Kartoffel: und Kornpflanzun⸗
gen reihen allerdings nicht zu Erhaltung einer algierifchen Kies
berlaffung zu. Anſtatt ber Fruchtbarkeit des Bodens durch die
Unmifienheit ber Anbauer Gintrag thun zu laſſen, bie häufig
Weingärten anlegen, wo fich Getreidefelder hingehhren, und
Korn fäen, wo Zuderplantagen gebeihen würden, hätte fie felbft
vorher bie Gigenfhaften de Bodens überall unterfuchen und
ſtrenge Auffiht darnach über bie Anpflanzungen führen follen.
Ueberdied will bie Fruchtbarkeit des Bodens in manchen Stre⸗
dem unterfiügt und erft hervorgerufen werben, bald durch Ab»
— wo er zu fumpfig iſt, bald durch Waͤſſerungskanaͤle
ol er zu doppelten und dreifachen jaͤhrlichen Ernten ergiebig
werben. Aber die Regierung Hat biefe nothwendigen Worforgen
vernachlaͤſſigt und ber Anbau ber planlofen Willlär jedes Gin:
zelnen anheim geftellt. Ein anderer Grund, warum bie Anpflan«
zungen nicht gedeihen, liegt in bem feſt beflimmten Tagelohn,
ber fi im Begentheil bier nach der Arbeit richten follte, ums
zum Fleiße anzufpornen, wo die Ratur des Klimas ber Abs
fpannung und bem Nichtöthun fo förderlich if. Kür die Si⸗
cherheit ber Bevolkerung hätte man endlich dadurch mehr ſor⸗
gen Eönnen, daß man fie gewöhnt hätte, in großen Gebäuden
oder NRiederlaffungen beifammen zu wohnen und eine georbnete
Bewaffnung und gegenfeitige Vertheidigung zu Grfparung von
Truppen unter fi einzuführen.”
Dies find einige Züge von dem wirklichen Zuflande Algiers
unb der Befchaffenheit, in der ſich die Celonie befinden könnte
und follte. 153.
Neuere engliſche Literatur.
1. Lives of illustrious and distinguished Scotsmen, from the
earliest ‚period to the present time, arranged in alphabe-
tical ordre, and forming' a complete scottish biographi-
cal dictionary. By Robert Chambers, author of „Ihe
picture of Scotland” etc. Embellished with splendid and
an eaaatic portraits. Grfter Theil. Glaſsgow und Edinburg
Herr Shambers, ein ausgezeichneter Kenner der ſchottiſchen
(feiner vaterländifhen) Geſchichte und Werbältniffe, von dem
englifche Blätter fagen, daß vielleicht noch Riemand in feinem
Alter mit etwas Aehnlichem fo vertraut geweien fei, wie er
mit den Annalen Schottlande, bat ed» unternommen, ge⸗
drängte aber vollſtaͤndige Lebensbeichreibungen von benjenigen
feiner Landsleute zu liefern, bie fiy in irgend einem Wirkungs⸗
treife Ehre und Ruhm erworben haben. Zur Bequemlichkeit
ber Lefer wählte ex die alphabetifche Ordnung. Und biefem er-
ſten Banbe bes erwähnten Werkes nach zu urtheilen, fowie nad
Allem, was fon über ben Verf. verlautet, if er ganz ber
Mann darnach, um Wort zu halten. „Konnte Schottland je eis
nen Schriftſteller ausichliehlidh fein nennen, fo ift bies bet
Gran. Ehambers der Bau’, bemerkt der „D jes courier.’’
Auch diefes lehte feiner Werke ift durchaus national und vers
ſpricht gleichzeitig ein glänzendes Denkmal feines enthuſiaſtiſchen
und geiftreihen Ganımierfieißes zu werben. Die Ideen, das
GStreben und die Thaten glänzender Vorfahren find trefflich ge⸗
eignet, die Mit: und Nachweit zum Nadeifer anzufpornen und
mit der mannichfaltigften Belehrung zu bereichern. In Wer⸗
fen wie das obige wird biefer edle Stoff für Zahrhunderte
zur nimmer verfiegenden aber ſtets belebenben Quelle verwan⸗
deit, und bie Beichräntung berfelben auf einen beflimmten Ra:
246
. J
- , Siemeliikeid, Sqhettiand, = gewiſſermaben zu Mer-} teuflüd zu von Aulgge’ö cher deu mgang mit
Bar a Be | Baker ae ER ee Se ee
i i 8 es N
Pe enden, den Genius über die — Verhaͤltniſſe bes Gemälde uͤberblickt, wie fie auch
trinmppisen zw fehen, und bie fdpottifde {
fyielen der Art minbeftens nicht ärmer als irgend eine.
ner wie Knox, Wallace, Buchanan, Burns bat fie viele auf
Dieſer erfie Band geht von A 6i6 C (Abercremby —
Crosch). Die artiſtiſche Behandlung der Portraits iſt untas
delhaft, und man ficht fogieich, Daß fie authentiſch ind, fo fpres
end ift der Auöbrud der meiften.
2. The lives and explvits of banditti and rebbers in all
parts of the world, By C. Mac Farlane. Zwei Bänke.
Lonbon 1888.
Der Berf. von „Constantinople in 1889” unb „The ro-
mancoe of italian history’ hat es bei biefem feinem neueften
Werke offenbar mehr bie Unterhaltung der Leſer abgefehen
als auf bifkoxsifch treue Erzählung und Unterfuchumg bee Cat⸗
— ſtehung, Orgenifation und fonftigen Verhaͤltniſſe der Räuber
banden, weiche ehemals bie Öffentliche ichesheit fo vieler Laͤn⸗
der gefährdeten und noch jegt den Behoͤrben zum Trog am
manchen Orten ihr Weſen treiben. Obgleich er demnach vor
zugeweiſe kuͤhne Abenteuer, bie Aufmerkfanteit ſpannende Bege⸗
benheiten und Anekdoten, ohne ſonderlich auf ben Zuſammen⸗
hang zu achten, aus jener duͤſſern Sphaͤre des Lebens mittheilt,
hat er doch den Fehigriff vermieben, durch Verfaͤlſchung der
Wahrheit eine unwuͤrdige Sympathie für zwar bebaueruswertge,
aber zur Hefe und zu ben Winden der Menſchheit gehörende
Wefen erregen. Der Anziehungekraft, welde Raub» unb
mM n auf jebeö Alter ausüben, geſchieht dadurch kein
Abbruch. chieb liegt nur darin, daß auch der oben⸗
Der Unterf
bin Leſende, anftatt ſich ſchwankenden Gintrüden hinzugeben,
von ber ganzen Kraft der fdhaudererregenden Wahrheit erſchuͤt⸗
tert wird. 6 nur haben wir nodp zu bemerken. Die Bm
fammenftellung fo vieler einander oft ſehr ähnlichen Verbre⸗
dien ermuͤdet enblich ben Lefer, und zwar. bauptlächlich darum,
Das Leber auf dem Lande.
Das Beche, Herrliche und Schöne im Anblicke ber Naur
empfinden, ſich deſſen fo dentlich und Kar bewußt werben, daß,
was man empfindet, in Worte übergetragen werben und gleiche
Empfindungen weden Tann, fest ſchaͤrfere Sinne, empfänglis
dere Auffaſſungokraſt und ein Leichter beiwegliches Herz voraus,
als Biele befisen. Dem befreundeten, verwandten Geiſte unb
Herzen gleichfam nachblicken, mit ihm eine Empfindung theiten
it — und das ift wohlthaͤtige Binsitung — fa Allen mög:
lich. Lebhaftere, gewaltigere Gefühle Ieben im Berzen, bad, ver:
funten in ftille Betrachtung der Natur, unb gehoben
über die Lippen drängt und jebes andere zu beleben ſich ſehnt.
&o find alle die mehr und minder Empfaͤnglichen fähig, mit
telbar ober unmittelbar aus dem Labequell ber Natur zu ſchoͤ⸗
pfen Freude und Wonne, ſich zu erheben vom Sichtbaren zum
Unfihtbarn. Gin unſichtbarer Lehter fehlägt das große Much
auf and unterrichtet alle Erbbewohner. Gewiß werden bie Gb:
lern unfers Geſchlechts einer kleinen zum zweiten Mal erneueten
Schrift dee gefühlvollen Erneftine von Kroſigk unter bem
einfachen Titel: „Sänblige Stunden” (Berlin, Holb, 1882, 8.,
18 ®r.), in diefer Ruͤckſicht ihre Aufmerkfamteit ſchenken. ie
tennen fie ſchon als eine theilnehmende Freundin der Leidenden,
die nicht allein ſelbſt gelitten hat und fremde Leiden zu lindern
firebte, fondern auch Allen, die deö Lebens große Aufgabe,
- "Liebe zu ben an Unglüdlihen, Kranken, eine treue Lehrerin
durch ihre Schrift: „Ueber den Umgang mit Leidenden. Geis
dieſelben
&
—— ——
Ibm war die erſte Ausgabe dieſer Schrift geweiht, bi i
feinem Anbenfen. Die Gegenftände des Landlebens, welche hier
gleich zeig an Dem, was bem ‚Herzen
wohithut. Es iſt die Natur, ber Schöpfer, bie Blur, der
Hain, dad Yelb, der Garten, die Ernte, bie Weinleſe, die
Wohnung des Lanbmanns, der Ruhetag, der Kirchhof, bie hier
fo treu und wahr als lehrreich und anziehend geſchildert wer⸗
den. Mir wollen nicht richten über bie ausgewählten Gegen⸗
Rände, wicht prüfen, ob fe unter bem Samen „Ränblihe Gun
beu’' begeiffen werden Gönnen. Dürfen wir ber Berf. wegen ber
Aufeinanderfolge bes Brgenfilnke, wide den umfaflendern vor
ben befchränttern,, oder befiee umgelehrt, ben Vorrang onweißk,
Diefes und Jenes nicht. Nur bad Wahre und
Gutögerr oder Pächter v
ihren
ken Dien
Werth und ihre Nutbarkrit, die Arbeiter des Feldes, und was
er
| fo zufsioden zu leben
wie bie Menſchen Hier, fleigt unwilllärli aus bes Herzens
Beftätigte doch bie des Bildes Mahrheit!
zuruͤckruft, fo bat das kleine Landbuͤchlein,
wie billig es auch gelauft werden Tann, einen, unenblid hoben
innern unb äußern Werth. 19.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagäbandlung: J. A. Brodhaud in Leipzig.
TEE
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J
—
J
Blätter
für
literariſche Unterhaltung
Zrettag,
t . “ . ⸗
icht.
Bon dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für den
Jahrgan
12 Thlr. Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beſtellung darauf an; ebenſo
alle Poftämter, die fih an bie Eönigl. fähfifhe Beitungserpedition in Leipzig, das königl.
"preuß. Srenzpoftamt in Halle, ober bad fürftl. Thurn und Zarifche Poftamt in Altenburg
wenden. Die Verfendung findet wöchentlich zwei Mal, Dienflagd und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt.
Ueber bie Lage der Tuben in Preußen.
Sie fodern mich zu Berichten über Berlin auf, ver:
.eheter Freund, aber ich gehe nidyt ins Theater, unb au:
Ferhalb der Berter, die die. Welt bedeuten, geht bei uns
fo gut als gar nichts vor. Wir begleitet die Weltge⸗
fehichte mit ebligaten Wigen, und fo wären denn unſere
Wise faft. das Einzige, was in Berlin wirklich paſſirt.
Es iſt uͤberdies nicht ohne Gefahr, in auswärtigen Blaͤt⸗
sern Uber Berlin zu berichten, denn man riskirt, mit jenen
obfeuren Briefftellern verwechfelt zu werden, welche jegt die ge=
lefenften Beitblätter, namentlich bie „Allgemeine Zeitung” unb
die „Leipziger Zeitung”, faſt pofttäglic mit ihren Privat:
mitthellungen uͤberſchwemmen. As bie neuefte Nachricht
gebe ih Ihnen die Verficherung, daß diefe Briefe von
der öffentlichen Stimme, fofern ſich eine folche bei une
vernehmen laſſen darf, gemisbilligt und belacht werben.
Sie haben doch unfere diesjährige Thronrede gelefen?
Sc, meine die Rebe, die der Biſchof Eylert zur Feier bes
diesjährigen Drdenäfeftes gehalten Bat. In vollem Eenft,
die Drbenshierarchie, die wit jedem 18. Januar immer
fefter begründet wird, fcheine mir eine tiefere Wurzel zu
haben, als man gewoͤhnlich meint. Sie fol nämlich, wie
der Biſchof ausdruͤcklich gefagt bat, der Verſchmelzung der
Stände entgegemarbeiten und eine Scheidewand befefligen,
an deren Zerftörung die ganze Zeit arbeite. Denn der
Drden belohnt nicht allein ein Verdienſt, er bezeichnet. |
aud) einen Stand. Diefelbe Sucht, zu claſſificiren, foll
auch in.einem Gefegentwurfe, die bürgerliche Verfaſſung
der Juden in den preußiichen Staaten betreffend, hervor:
treten, dee in. ber letzten Zeit die Aufmerkfamteit des,
Publicums in hohem Grade auffichgezogen hat. _
Bei dieſer Gelegenheit nehme ih mir die Freiheit,
ber ſechs Brofhären *) über Emancipation ber Juden
*) 1. Geſuch ber Bekenner tes jübifchen Glaubens im Ber:
zogthum Braunſchweig an Ge. hochfürftliche Durchlaucht
zu erwähnen, die Sie mic vor einigen Monaten zu über:
fenden die Güte hatten. Was mir als das MWichtigfte
an ihnen erfheint, ift das numeriſche Verhaͤltniß, daß
fünf für und nur Eine gegen die Juden gefchrieben ift.
Ich möchte Sie namentlih auf bie fehr verdienftlichen
Schriften von Geitel und Cohen aufmerffam machen,
welche den Gegenftand gründlich erörtern und außerdem
auch dankenswerthe Nachrichten über die oͤrtlichen Ver⸗
hältniffe der Juden in Braunſchweig und Hanover mit:
theilen. Krug ſpricht in feiner bekannten Weiſe, wohl⸗
wollend und entichieden, und von ihm darf man mol mit
Recht erwarten, daß er in der fächfifchen Kammer bie
Sache ber Juden führen und, wenn auch nicht in diefem
Jahre, duchführen werde. Ludwig Schragge iſt zu ges
lehrt und beweiſt nichts. Weber den Hülferuf wider bie
RER
den regierenden Herrn Herzog Wilhelm von Braunfchweig-
Lüneburg um gnädigfte Werleihung voller bürgerlicher Rechte.
Verfaßt und mit erläuternden Zufägen verfeben von G. X.
Geitel. Braunſchweig, Bieweg u. Sohn. 1831. Er. 8.8 Gr.
2. Ueber die Lage der Juden nach gemeinem deutfchen Recht
und die Mittel, diefelbe zu verbefiern. Dit befonderer Be-
rüdfihtigung des Königreichs Hanover. Ein Verſuch von
Morig Gohen. Hanover, Hahn. 1882. Gr. 8. 10 Er.
8. Die Politik der Chriſten und bie Politit der Juden in -
mehr ald taufenbjährigem Kampfe. Gin Nadıtrag zum
Portrait von Guropa, gezeichnet von einem alten Staats⸗
mann außer Dienften, in Drucd gegeben von W. T. Krug.
Leipzig, Kollmann. 1832, Sr. 8. 12 Gr.
4. Wie verloren die Juden das Buͤrgerrecht im weſt⸗ und
oftrömifhen Reihe? Cine indirecte Beantwortung ber
Frage: „Sollen die Juden das Bürgerrecht erlangen 2‘
Beantwortet von Ludwig Schragge. Berlin, Froͤhlich
u. Comp. 1832. Gr. 8. 18 Sr. -
5. Börne und bie Juden. Gin Wort ber Erwiberung auf
die Flugſchrift des Herrn Dr. Eduard Meyer aegen Börne von
Gabrielfieffer. Altona, Hammerich. 1882. $r.8.4 Wr.
6. Zu.Hülfe witte die Juden! — Cin Nothruf und Beitrag
ur 5 rgarsung. Nürnberg, Riegel u. Wießner. 1832.
| . T.
«
—
Juden erlaſſen Sie mir etwas zu ſagen; ein reichsſtaͤdti⸗
ſcher Judenhaß hat ihn dictirt, aber die Stürme der Zeit
haben ihn Längft verweht. Rieſſer's Flugſchrift iſt mit
euer und Beredtſamkeit gefchrieben.. Wichtiger aber ale
diefe Heine Broſchuͤre ift die Zeitfchrift: „Der Jude‘, bie
Here «Dr. Rieſſer hemusgibt. Sie übt ei wachſame
Gontrole über die Angelegenheit der Juden' in Deutſch⸗
land, und es dürfte fortan nicht leicht ein Öffentlicher
Schritt in diefer- Beziehung. gethan werden, der fich ihrer
ſcharfen Kritik entzichen koͤnnte. Bereits erfreut fich diefe
Zeitſchtift, won der biöher 26 Nummern erſchienen find
S n ‚und der Der
nach die Erklärung abgegeben, er werbe fo lange mit Tel:
nen Mittheilungen fortfahren, al die Juden in Deutſch⸗
land noch unter dem alten Drude ſchmachten. Möchte
es ihm recht bald an Stoff gebrechen! Here Rieſſer ift
‚Doetor juris ‘und die Republik Hamburg bat ihm bie
Advocatur 'verfagt. Er hat das beffere Theil, erwaͤhlt, und
anftatt für Privatleute zu plaidiren, tft er der Advocat
eines _unterbriudten. Theils ber ganzen . Menichheit ge⸗
worden. .
Die „Reipziger Zeitung” vom 11. Kebruar, die mir
farben: zu Geſicht kommt, theilt endlich etwas Ausfuͤhrli⸗
ches Uber die geſetzlichen Beſtimmungen in Betreff der
Inden mit, von -denen’tih Ihnen vorher nur andeutend
gefchrieben habe. Sie ſetzt die "Grundlagen einer neuen
Judenordnung für die preußiſchen Staaten auseinander,
„die bereits bei allen Miniſterien Billigung gefunden ba:
- ben fol”. Einer unferer berühmteften Staatemänner hat,
als das freifinnige Edice vom 11. März 1812. berathen
wurde, fein Votum dahin: abgegeben: Ich flimme für Bein
»Geſetz über Juden, das mehr als vier Wörter enthält:
„Gleiche Rechte, gleihe Pflichten!” Jener Staatsmann
lebt gegenmwärtig im Ruheſtand, und ber vorliegende Ge:
ſetzentwurf befteht aus 64 Paragraphen. Sie haften ihn
»fuͤr untergefchoben, Tür die liebenswürdige Schwaͤrmerei
"irgend eined romantifchen Geiſtes? D Sie Glädlicher!
Wäre aber auch nicht, ein Jota wahr baran, fo ift er
dach gut erfunden, fo hat doch kein Vernuͤnftiger und
Einfihtsvoller daran gezweifelt, daß er wahr fein koͤnnte.
Aber er iſt nicht erbichtet diefer. Entwurf eines Gefeges,
das uns urplöglid in die Bevormundung bes. Mittelal⸗
ters zurhdführen- würde. Zwar bin ich feſt übergeugt,
und Seber, der das Verfahren unferer Regierung Eennt,
ift es mit mic, daß folh ein — — niemals zum Ge:
feg erhoben werden wird, benn von jeher ift die Scheu
vor — — —, befonders aber vor dem Lächerlichen
wirffamer geweſen als die Erkenntniß und freie Wahl des
Wahren und des Guten; daß aber dieſe Schüterarbeit
eines Anfängers im Jeſuitismus, der fchon mehre Jahre
mit diefer poſſirlichen Maus ſchwanger geht, Tänımtlichen,
Minifterien des intelligenten preußifchen Staats vorgelegt
werden durfte, daß fie die Angelegenheit der Juden noch
einmal um Jahre hingezögert und ihre oftmals getaͤuſchte
Hoffnung noch einmal getäufcht Hat, iſt dies nicht —
(der erfte Band), durch vielfeitige Zheilnahme eines felb:
Redacteur hat dem⸗
Provinz, Here Flottwell, als auch ber commandirende
|
—.. —
F. 246
auszuſchreiben, da ich ja im Voraus weiß, daß der Cen⸗
ſor ſtreichen wuͤrde, was mir der Unwille eingibt?
Es iſt in der Stadt von zwei Geſetzentwürfen bie
Mede, von einer „Judenordnung“ (sic!) für das Große
berzogthum Poſen and von einer andern für die gefammate
Monarchie. Der Verf. der letztern iſt, wenn. man dem
Gerüchte trauen darf, dr — — — — — — —
Das allgemein anerkannte Talent des ehren⸗
werthen Herrn — „denn Brutus iſt ein ehrenwerther
Mann” —, fich in den Glauben und bie Denkart des
Mittelalters zu verſetzen, hat ſich auch bei dieſer Arbeit
auf das Glaͤnzendſte bewährt, denn man darf ihr das
Zeugniß geben, daß fie nicht durch Die: geringfie Spus-den
leifeften Argwohn erwedt, als ob fie für die Gegenwart
den laffen. Anftatt feinem Nachbar, dem Juden, in die
Fenſter und, wo möglich, ins Herz zu gucken, bat er -bie
alten Balladen und’ Chroniken“ fleißig: ſtudict; anflatt feis
nen Nachbar, den‘ Zuden, im Dandel und Wandel Imb
feine hühfshen Toͤchter auf. dem Ball und im Theater zu
beobachten, ſchwebte dieſem trefflichen Geſetzgeber der teufe⸗
liſche Jude Gerautus von Venedig vor oder die Juden⸗
tochter, die in Mirrilandsſtadt ein Chriſtenkind ſchlachtet
und in den tiefen, tiefen Brunnen verſenkt. Moͤge er
Gerautus von Venedig oder die Judentochter aus Mirri⸗
land inhaftiren laſſen, wenn fie feine Geſetze uͤbertrecen!
Was gehen ſie ſeinen Nachbar ober. deſſen huͤbſche Taͤch⸗
ter an? Wie dem aber auch ſein mag, die Arbeit hat
ihren hiſtoriſchen Werth und in dieſer Eigenſchaft iſt fie
bereits dem Vernehmen nach vom Staatsrath ‚mit großer
Stimmenmehrheit verworfen. worden, indem bie glänzende
Correlation eines hohen Beamten bie eigentliche Bedeu:
tung bderfelben fiegreich ins Licht ſetzte.
. Mebee das Judengeſetz für die Provinz Polen war
bisher nech nichts Beſtimmtes im Publicum verlautet.
Man vermuthete nur, daß ſowol der Oberpraͤſedent dieſer
General derſelben, Herr von Grolmann, ſich zum Theil
in der Abſicht in Berlin aufhalten, um den Berathungen
über dies Geſetz beizumohnen — eine Vermuchung, bie
zur. Gewißheit wurde, als eine Deputation pofener Juden,
aus Vorſtehern der pofener und liſſaer Gemeinde befichend,
bier anlam, um die Angelegenheit ihrer - Mitbrüder zu
betreiben. Da uns noch keine auslaͤndiſche ‚Zeitung über
den Erfolg diefer Deputation unterrichtet hat, fo haben
wir, wie ſich's von ſeibſt verſteht, noch nichts Beſtimmtes
daruͤber erfahren. Nun gibt uns die „Leipziger Zeitung
ben oben befprocheuen Gefegentwurf, von dem in Frage
geftelle wird, ob ee für die neuen Provinzen oder für bie
ganze. Menardjie beflimmt fei. Diele fogenannte Ju⸗
denordnung, die uns von dem Correfpondenten der „Leip⸗
ziger Zeitung“ im Auszuge mitgetheilt wird, iſt aber, nach
Demjenigen zu urtheilen, was über die — — ſſche be⸗
veits „bekannt geworben ift, nichts Anderes ale eben
diefe vom Staatsrath bereits vermworfene
doch warum fol ih mir die Mühe geben, ‚meinen Sag; — — — [he Relation, . Sie. werden den rechten
®
⸗
⸗
Hann ze finden wiſſen, mit bem ein ſo unreblices
Verfahren gebrandmarkt twerben muß, bas offenbar unfere
‚Regierung zu verleumden beabfichtig. Denn iſt es mol
⸗enkbar, daß ein für die ganze Monarchie eben verworfe⸗
ner Antrag gleichwol für einen Theil derfelben in Auss
führung. gebracht werden fol, und tft «6 nicht offenkun⸗
dige Berleumbung, das Publleum überreden zu voollen,
daß unfere Regierung einer folhen Inconſequenz fähig
ſei? Welches iſt denn nun bie eigentliche Abſicht des
Einfenders? Er verraͤh fich ſelbſt in folgenden Worten:
„Bin ſolches Geſetz erſcheint eingreifend für alle hriftliche
Staaten. Daher (!) wollen wir auf das Ausführlichfte
Alles mittheilm, was wir’ von diefem Gefegentwurf ges
hört.” Da bie meiften Ständeverfammlungen fi) gegen:
toärtig mit der wichtigen Frage ber jüdifchen Emancipa-
tion befchäftigen, fo will er ihnen dies Geſetz zur Nach:
achtung vorlegen und fheut ‚nicht eine Lüge oder, was
baffelbe iſt, das Verhehlen der Wahrheit, um feinen Xefer
- glauben zu machen, es fei im Emft.die Rede davon, den
widerfinnigen, laͤngſt verworfenen — — (hen Entwurf
ins Werk zu ſetzen. Zu ſolchen Myſtificationen ift die
„Leipziger Zeitung” gemisbraucht worden.
e Kortfegung folgt.)
Meine Reifen und meine fünfjährige Gefangenfchaft in
Algier, von Simon Sriedrih Pfeiffer. Mitch
ner Vorrede vom Herrn Prof. Dr. Schmitthens
ner. Gießen, Rider. 1832. 8. 1Thlr. 4 Sr.
Obgleich die politifche Manie der neueften Zeit elle anbern
Iatereffen beinahe ausſchloß und das Unkraut der zahllos aus:
und übereinander hervorfchießenden und wuchernden Zeitungen
jebe Ausfaat von nahrhaftern und erquicklichern Geiſtesfruͤchten
hinderte und zu erfiidden drohte, fo fehlte es doch fortwährend
nit an einer Maffe werthlofer Ephemeyen jeber Art, bie ihr
Gluͤck verſuchen und oft genug finden in einer Refewelt, wo
eben die Ueberfülle und das wiberftreitende Getöfe das Urtheil
immer mehr verwirren und, wenigftens für einige Zeit, bie Auf:
nahme bes Guten wie bes Schlechten zufällig machen. Na:
mentlich liefert nicht felten Stoff zu dergleichen die verkehrte
Richtung vieler jungen Leute in unfern Tagen, weldye, anflatt
in den Anfodberungen ihres nächften. Lebensfreifes den Umfang
ihrer Pflichten zu erkennen und zu erfüllen, mit unbänbdiger
Ueberhebung jn die Weite hinaus zu wirken und zu irren un:
ternehmen und dann zulett durch den Drud dem Yublicum mit
ber mwindbeutelnügg Bekanntmachung. ihrer gleihgültigen Be⸗
grgniffe und AbcNeuer aufwarten. Es ift deswegen begreiftich
genug, warum man gegen Schriften wie die vorliegende, ſelbſt
dann, wenn fie unter dee Schusrebe eined vertrauenswerthen
Namens auftreten, ein nicht unbegründetes Vorurtheil mit:
bringt und von foldger Lecture fih um fo weniger Gewinn und
Vergnügen verfprechen mag, wenn man wie bier auf ben erfien
Seiten venachrichtigt wird, daß ber Verfaffer ein 23jähriger
Züngling ift, weicher eben zu Gießen ſich der Arzneiwiffenſchaft
wibmet und demnad bie“ mitgetheilten Begebenheiten in fehr
früher und unreifer Lebenszeit erfahren hat.
Indeſſen verfchwindet. die geringe Meinung, mit welcher
man allenfalls tas Büchlein zur Hanb nehmen mochte, bei nähe:
zer Belanntfchaft, und man fühlt ſich bald von einem lebhaften,
fowol fubjectiven als objectiven Intereffe angezogen. Zunaͤchſt
iR es bie-adtenss und liebentwerthe Perfönlichkeit des MWerf.,
ein lauterer unb milder Charakter, der ungefchminft in ber
ganzen Erzaͤhlung fi zu erkennen gibt, und der eine befondere
Ed
kunft zu Amftrdam, der Bemannung einer Fregatte
Tpeilnahme einflößt mit den außerorbentlichen, unverfchufbeten
Schictſalen eines Jüng'ings von. fo zartem Alter, babei ein ges
funder, offener Sinn, weicher, wenn auch ungebildet, mit jus
gendlich friſcher Empfaͤnglichkeit die begegnenden Erſcheinungen,
ſoweit ihnen ſeine Faſſungskraft gewachſen iſt, rein und richtig
anſchaut und ebenſo mit unbefangener Wahrhaftigkeit dem Leſer
das Wichtigere von Dem mittheuͤt, was ‚gr gefehen und erlebt
hat. Hierin finden fi wahrhaft poetifche Momente; es ift der
Berlauf biefer Begegniffe, fo einfach und natürlich fie ſich zu⸗
getragen, fo ſchlicht fie erzählt find, oft fo phantaftifh, dag
man an bie Älteften Geſchichten erinnert wirb,. wie namentlich
an bie Zofeph’s in Aegypten, und bie Vorftellung, wie bas
Geltfamfte, was man aus fernen Zeiten vernimmt, in unfern
Zagen dem eignen Landsmann wiberfährt, wie. er mit fanfter
Bottergebengeit, mit Muth und Geſchick in jede Lage fih zu
fügen, diefelbe immer zu eignem und Anderer Frommen mög»
lichft anzumenden weiß, aus ben fhhrediichften Erduldungen ſich
aufrichtend vertrauensvoll eine beffere Zukunft und Erloͤſung
hofft und endlich auch erreicht — biefe begründet oder erhöht
den erbaulidien Eindrud, weichen bie gegenwärtige Schrift im
Ganzen bervorbringt. Aber abgefehen von biefer Afthetifchen
Wirfung, ift fie auch durch die ethnographifche und hiftorifche
Bebeutung der Gegenſtaͤnde, tiber bie fie, beſonders in ber zwei⸗
ten größern Hälfte fih verbreitet, objestiv anziehend und Lehr:
reich, indem ſich über bie örtlichen, politifhen und ſittlichen
Berhaͤltniſſe Algiers und feiner Bewohner, namentlich über bie
Umftände feiner Croberung durd bie Franzoſen, welche ber
Berf. dort erlebte, viele intereflante Nachrichten darin finden.
Der Antheil der Zeitgenoffen an biefer Begebenheit mußte freis
ih in ben Hintergrund treten ober verfchwinden, fo lange die
Löfung ter näher uns angehenden ragen noch vorzugsweife
die Geiſter beſchaͤftigt; allein bie. Eroberung und Belegung von
Algier, fo viel auch die Partei es zu verfchreien und zu ver⸗
Eleinern ſich bemühte, ift immer ein welthiftorif—hes Ereigniß,
ober kann es werben und in glänzende Kolgen fich erweitern,
wenn die politifhen Verwickelungen und ber gewaltige 3ubrang
der nähern Intereſſen biefelben nicht paralyſiren. Jenen Ans
theil erneuert nun das Büchlein bes Verf. und lenkt den Blick
wieder nach, jener unheimlichen Küfte, deren reizende Landitriche
tünftig vielleicht ber Barbarei entriffen und einem fegensreichen,
menſchlichen Dafein wiedergegeben werben. Obgleich es an auss
führligern, zumal franzoͤſiſchen Berichten über bie Gegend und
über die Belegung von Algier nicht fehlt, der Werf. nach feir
nem Alter, feinen Kenntniffen und feiner Bildungsflufe übers
haupt nicht grade geeignet feinen mag, tief und umfaffend
einzubringen, fo find die Bemerkungen und Erfahrungen, zu
weichen feine eigenthümliche Lage ihm Gelegenheit verſchaffte,
dennoch von befonderm Werth und Intereſſe; wie fie in allen
Einzelheiten das Gepräge der Wahrheit anfichtragen, fo haben
fie, troz der Kürze und Unvoliftändigkeit, das Sichere und Les
bendige eines an Ort und Stelle Anweſenden, eines unbefanges
nen Augen⸗ unb Obrenzeugen, ruhigen und verfländigen Beobach⸗
terö, und vergegenwärtigen und beleuchten bergeflalt fehr ers
wuͤnſcht jene bedeutenden Momente.
Die folgende Ueberſicht foll ben Inhalt ber gegenwärtigen
Mittheilungen näher anzeigen. Der Verf., ein Rheinheſſe, nach⸗
dem 'er im fecheten Sabre feine Aeltern verloren, dann don
woblthätigen Menſchen unterftügt und erzogen worben, im drei⸗
zehnten Jahre ſich ber Chirurgie gewidmet, begibt ſich im funfs
zehnten zu Bekannten nah Amfterbam, wo er durch beren Em⸗
pfehlung auf einem Linienfchiff im Terel, einer Art Seecaſerne,
als Prakticant ber Chirurgie eine Unterkunft findet. Hier hat
er im Scifisfpital unter der Leitung bes Oberarztes ten Ver⸗
band und die Apotheke zu beforgen, madt fi inzwifchen mit
den Eigenthümlichfeiten des Schiffs: und Seelebens befannt und
wird im December 182%, noch in bemfelben Jahre feiner iur
eigeges
ben, weldye zum Schutz bes Handels im Mittelmeer zu kreuzen
angewiefen it. Das Schiff fährt ab, und unfer Verf. gelangt
As |
6. Juli erobert und unter enropälfdh schriftliches Befeh unb Deb⸗
nun untee den gewöhnlichen &turmesfcenen und andern Abens
teuern nach @ibraltar und weiter zu dem hollaͤndiſchen Depot
Yort Mahon auf Minorca, nach mehrmonatlichem Aufenthalt
daſelbſt nach Toulon, wo Schiffsbauholz an Bord genommen
wird, und dann um Sicilien nach Neapel, wohin ber Schiffs:
capitain dem MWerf. unbekannte Aufträge hatte; von da kreu⸗
zen fie fübwärts in ber See umher und ehren wegen erlittes
ner Befhädigung durch Sturm und Erkrankung ber Mann⸗
ſchaft wieder nach Port Mahon zuräd, wo das Schiff ausge:
beffert und zur Fahrt nach ber Levante beordert wirb. Unter
Zührung eines Lootſen, den fie in Malta mitnehmen, fegelt es
gun nah Milo und geleitet von da eine Anzahl Kauffahrer
durch die wegen der Piraten unſichern Gewäffer an Scio vors
bei — wo fie bie Spuren ber Verwuͤſtung noch fehen und fowol
dertürtifchen als griechifchen Fiotte begegnen, auch bald barauf den
Kanonendonner der Schlacht vernehmen —, nach kurzem Aufent⸗
halt auf dem reizenden Tino, in ben Hafen von Smyrna. Auch
dier verweilt es nicht lange, fondern begibt fih, um frifches
Waffer einzunehmen und die Kranken beffer zu verpflegen, nad
uwriah, einem wenige Meilen von Smyrna entfernten Orte,
wo ber Verf. unter Anberm’ einmal gefehen, wie eine Öftreichis
ſche Gorvette, trotz der Proteftation von Seiten feines Schiffe
capitains und eines franzoͤſiſchen, der mit einer Brigg zugleich
bier vor Anker lag, zwei griechifche Barken in ben Grund bohrte,
indem fie von ihrer Regierung ſich defugt erklärte, die griechi⸗
Shen „Rebellen“ alle wie Piraten zu behandeln. Der Kranken
wegen bringt ber Verf. zu Uwrlah bie meifte Zeit auf bem
Lande zu; bier macht er nun einft mit mehren Bekannten ge
gen Abend "einen Gpaziergang nach einem Wäldchen, als et
plöglih von einem Haufen bewaffneter Janitſcharen überfallen,
geplänbert und nah ar
myrna aus ein algierifches Kaperſchiff gefchleppt wird, das
ihn mit noch andern griechiſchen Sklaven nach Aigier überführt.
Dies gefchieht im Juli 1825, alfo ein halbes Jahr nad) des
Berf. Abreife von Europa; er war eben 16 Jahre alt. In
Algier angelommen, wird er ber Wohnung bes Haſſenatſchi⸗
Effendt, Juſtiz⸗ und Policeiminiſters, zugetheilt und als Sklave
zum Dienſt in der Küche beffelben angeftellt, wo ihm mit meh⸗
ren andern die Reinigung bes Gebäudes und ber Hausgeraͤth⸗
ſchaften, das Burichten der Nahrungsmittel u. f. w. unter dem
brutalen Oberbefehl ter Köche obliegt. Gin Verſuch, dieſem
drüäcenden Zuftand durch die Flucht zu entgehen, wird durch
den PVerrath eines boshaften Mitſtlaven, eines Savoyarden,
vereitelt und durch bie Baftonnabe ſchrecklich beftraft. Inzwiſchen
find zwei Jahre vorübergegangen und ber Ungluͤckliche hat die
Landesſprache ziemlich fertig gelernt, als ber Zufall einer pers
- fönlicden Unterredbung mit dem Minifter, die Erftärung, daß er
in Europa bie Wundarzneitunde gelernt, und eine zur erften
Probe wohlgelungene Sur bei einer Unpäßlichkeit des Herrn ſei⸗
nem Schickſal eine günftige Wendung gibt: er wird zum Leib:
arzt des Haffenatfchi: Effendi erhoben, aus ben ſchmuzigen
Schlafkammern der Küchenjungen in mehre Prachtzimmer des
Palaſtes einlogirt und mit Glanz und Weberfluß umgeben. In
diefer- äußerlich behaglichen, wenn auch langweiligen Lege zieht
ihm der Neid und die Tide eined Verwandten des Minifters
"no einmal eine graͤßliche Mishandlung zu, bie ihn an Leib
und Seele zu zerrütten droht. Da kommt ihm (1828), während
er auch dieſe glüdtich überfieht, das Gerücht von der Mishel:
Iigkeit des Dei mit dem franzoͤſiſchen Gefandten zu Ohren, über
beffen vieljährige Urfachen, wie fie von den Algierern ihn ers
zähtt wurden, uns der Verf. nähern Auffchluß gibt. eine
‚neubelebten Hoffnungen, bei einem bevorftehenden Kriege mit
"den Srangofen aus der Sklaverei gerettet zu werben, nähern
fi der Erfüllung; nah fruchtloſen Verhandlungen und mehr:
fältigen, gegenfeitig verübten Keinbfeligfeiten während ber fol
genden zwei Jahre, landet im Sommer 1830 ein franzöftfches
Heer an dem räuberifchen, chriftenfeindlichen Geſtade, die Scha⸗
ren ber Moslims werden gefäjlagen, die Hauptftabt wirb am
Mishandlungen zum Hafen von |
nung gebracht. Unſerm Verf., welchen in biefer Bedraͤngaiß
ber Algierer ſchon vorher die Freiheit gefchenkt worden, unb
welcher fi inzwifchen mit Gifer und Anftrengung ber Pflege
der in den Gafernen angehäuften Verwundeten unterzogen, wird
von @eiten der Sieger ein ehrenvoller Empfang’ zu Theil nd
bie Ausiict auf eine anfehnlihe Stelle in ber Berwaltung der
Gtabt; zu gleicher Zeit macht ihm ber Bei von Ziteri, bem er
aus feinen frühere Berhaͤltniſſen bekannt und empfohlen war,
ſehr ſchmeichelhafte Anerbietungen und will ihn unter glänzens
der Bedingungen zu feihem Schagmeifter, Arzt und Dolmets
ſcher einfegen ; aber biefe lockenden Ausfichten ebenforwel als ber
Reiz der intereſſanten Bekanntſchaften, bie er jegt anknuͤpfte,
werden non feiner Sehnſucht nach ber Heimat überwogen; uns
gern entlaffen und mit Baarſchaft und Empfehlungen freunds
lich derfehen, ſchiſft er als franzoͤſiſcher Offizier auf einer frans
zoͤſiſchen Gorvette im September 1830 ficy ein, Fandet in Mars
ſeille, ſeht umgehindert die Reife durch Frankrtich fort und ers
zeicht endlich wieder gluͤklich das lang entbehrte Vaterland.
In der Darftellung biefer Erlebniſſe ift der Verf. durchaus
befcheiden und anfprudyelos, und auch da, wo er fich veranlaßt
fieht, der Züchtigkeit und Verdienſtlichkeit ſeines Benehmens zu
erwähnen, immer frei fowol von Aufbinderei als unangenehmer
Seioſtgefuͤlligkeit. Ebenſo iſt der Ausdruck einfach, angemefs
ſen, und der Styl uͤberhaupt ſo gut und correct, daß wir zwei⸗
felten, ob der Verf. nach ſo langer Entfremdung und Entfer⸗
nung vom Vaterland und feiner Sprache ohne Beihuͤlfe feine
Erzaͤhlung fo habe abfaffen können, wenn man barin nicht eis
nen: übereinflinimenben Ion und. gleihmäßigen Charakter ges
wahr würde, welcher boch auch der Form nach hauptfächlich der
Perſoͤnlichbeit des Erzaͤhlenden anzugehören: fein: -
Wir vermißten Öfter eine größere Ausführlichfeit, befons
ders in ber Beſchreibung ber. Eocalitäten und Lebensverhältniffe,
und freuten uns daher um fo mehr, daß der Verf., der Vorrede
zufolge, „eine volftändige Darftellung feiner Erfahrungen unb
Anſichten“ fpäter noch zu liefern gebenkt, wenn ihm die Um⸗
fände hierzu mehr Buße geftatten. Es ift nur zu wuͤnſchen,
daß durch folchen nothgebrungenen Aufſchub jene Darftellung
niht am Lebendigkeit und Anſchaulichkeit verlieren möge, wie
es bei folcher Entfernung des Raumes und der Zeit und bem
großen unterſchied her Zuftände faſt unvermeidlich ift, wenn der
Verf. verfäumt, jene Bilder bis ins Ginzelne feſtzuhalten, bes
vor die Beihäftigungen und Grfcheinungen der umgebenden
Gegenwart fie in feiner @inbilbungsfraft verbrängen. Zugleich
wollen wir ihm hierbei nit unbenterkt laffen, baß uns ber
Stoff feiner Erzählung zur Bearbeitung für eine Zugendfchrift
vorzüglich geeignet fcheint, und daß diefelbe durch gelegentliche
Beruͤckſichtigung naheliegender Materien, z. B. bed Ser: und
Schifflebens, durch fpecielle Schilderung ber häuslichen, bürgers
lien, religidfen Gebräuche und. Einrichtungen der Orientalen,
die er kennen gelernt u. f. w., ein fehr lehrreiches, durch: daß
Zuntament der wahren WBegebenpeit toppgit intereffantes Leſe⸗
buch bdarbieten könnte.
Indem wir durch vorftehende Anzeige das gegenwärtige
Schriftchen ber freundlidden Theilnahme des Publicums ewpfeh⸗
len wollten, fchließen wir biefelbe- mit dem herzlichen Wunſche,
baß ber Verf. in feinem künftigen Lebensgange durdy recht hei⸗
tere und befriedigende Umftände ſich möge entfchädigt fchen für
die harten Webrängniffe, die einen großen Theil feiner frühen
Jugend verbittert und verfünmert haben. 165.
Notiz.
Leitch Ritchie gibt eine „Library of original romanco“⸗
heraus, welde in monatlichen Lieferungen erſcheinen wird. Der
erfte ftarke Band, am verwichenen Neujahretage ausgegeben,
enthält, „Ihe gbost -hunter and his family; by the O’Hara
amily’‘, .
Redigist unter Verantwortligkeit der Werlagshanblung: F. A. Brodhaus in Leipzig.
—
literarifhe
‚Blätter
| für
Unterhaltung,
Sonnabend,
(Bortfeßung aus Nr. 60.)
Erlauben Sie mir daher, um die ſchaͤdlichen Wirkun⸗
gen deffelben einigermaßen zu paralyfiren, einige Bemer⸗
tungen gegen ‚biefen Antrag. Sie behaupten zwar, daß
dergleihen Unfinn in unſern Tagen nur veröffentlicht
werden darf, um als Unfinn erkannt und verlacht zu wer⸗
den; aber mas wicd der freiberger Magiſtrat dazu fagen?
wird er nicht frohloden und jubeln und den Juden,
die feine Stadt befuchen, eine doppelte Ehrenwache mit
geben? wird er nicht die alte Inſchrift über feinem
Thore: „Sin Jude und eine Sau bezahlen gleihe Mau”,
In goldenen gothifchen Lettern erneuern laffen? Und glau:
ben EiE mir, der freiberger Magiſtrat erfindet's nicht, er
plaudert’8 aus; er hat Verwandte und Sreunde in allen
Deputirtenlammern und Gollegien Deutfchlande. Ans Licht
bes Tages freilich wagt fich diefe Maulwurfsanſicht fel-
ten, aber wir haben in neuern Zeiten fo oft den all er:
lebt, daß in den Ständeverfammlungen die wärmften Re:
den für "Smancipation der Juden gehalten worden find
und beim Abflimmen eine große Majorität ihr entgegen
war. Nur bie befiern Köpfe hatten «8 gewagt, fi öf:
fentlich vernehmen zu laffen, und bie beſſern Köpfe find
der Sache ber Juden geneigt; aber die größere Menge,
die bei der Discuffion gefchwiegen und gefchlafen hatte,
gab beim Abflimmen den Ausfchlag. Dieſen Herren alfo
fage ich noch einmal, denn fie könnten den Anfang
meines Briefs gleichfalls verfchlafen haben, daß fie das
Beifpiel der preußifchen Regierung nicht für ſich anführen
können, indem fie den — — 'ſchen Antrag bereits ver:
worfen hat und niemals im Sinne gehabt ‚haben kann,
ähntiche gefegliche Beflimmungen, die dem Geiſte des
Edicts vom 11. März 1812 fo durchaus zumider fihd,
für die gefammte "Monarchie eintreten zu laſſen. Die in
dDiefem Edict den Stuben zugeflandenen echte find von
Str. Majeftät dem König aus freier Wahl bewilligt und
durch das auf den Schlachtfeldern vergoffene Blut jüdi:
ſcher Bürger befiegelt voorden; es find wohlerworbene
Rechte, und wenn fie au in einzelnen Punkten ge:
ſchmaͤlert worden find, fo iſt Derjenige doch ein Feind
des preußifchen Staats, dee ihm bie Ungerechtigkeit an:
muthet, diefe Rechte von Grumd aus zu vernichten.
Sie erwarten vielleicht, daB ich verfuchen werde, bie
Sufinuationen der „Leipziger Zeitung” zu widerlegen? Dazu
ift nicht mehr die Zeit. Sie find bereits taufendfadh toi:
derlegt worden. Aber es ift die Weife der Verleumdung,
esoig wieber die alten Anklagen aufzutifchen. Es bleibt
doch etwas davon hängen, denkt fie, und der Zropfen,
wenn er beharrlich auf diefelbe Stelle troͤpfelt, höhlt zus
legt den Felfen aus. Das Vorurtheil ift eine Hydra:
baut man ihre das geifernde Haupt vom Naden und
frohlockt über ben vermeintlichen Sieg,, fo wachſen wäh:
rend des kindiſchen Siegesjubels hundert andere hervor
und züngeln giftig. In folhem Kampf ermattet auch
die herculiſche Kraft; denn es iſt der Kampf ber Lang:
weile. Und wenn es noch ein recht tüchtiges Vorurtheil
Gefeggebern ſpukt! aber nein, diefe Herren haben Längft
allem Glauben und allem Aberglauben- entfagt. „Nicht
find wir den Juden abgeneigt”, fagt ber Correfpondent
der „Leipziger Zeitung” in einem frühern Berichte, „weil
diefe Nation eine andere Religion hat als wir, ſondern eis
nen Staat im Staate bildet, weil fie_alle Reichthuͤmer
an fich zieht u. f. w.“ Alſo nicht religisfes Vorurtheil, das
felbft als Vorurtheil achtungswerth fein würde, ſondern
Brotz und Amtsneid und dergleichen Keine Eiferfüchte:
(fen find es, Die jenen Staatemännern Redensarten einge-
ben, an welche fie ſelbſt längft nicht mehr glauben. Stau:
ben follten fie wirklich an folhen Schnad? „Durd das
ganze Gefeg, welches man beabfichtigt, blickt ein Geift
der Milde und der Verſoͤhnung durch, vorzüglich aber
das Beltseben des Staats, die Juden wieder zu dem
alten Sag zurücdzufühgen: „Sm Schweiße deines Ange:
ſichts folft du dein Brot effen”, damit ihre Arbeitsfchen
vernichtet voerde, um fie wieder zue Bearbeitung des Bo⸗
dens zurückzufuͤhren; hierin, nicht aber in der ſteten Spe⸗
culation um Gewinn mögen fie das Erdengluͤck fuchen.
Ihrer Scheu gegen die Feldarbeit mag das Geheimniß
zum Grunde liegen, baß die Duden den europälfchen
Srund und Boden nicht als ihr Waterland betrachten,
fondern daß fie ihren Blick ftetd nach dem fernen, ihnen
unbekannten Lande ihrer Väter richten u. f. w.”’ Sie wuͤß⸗
ten etwa nicht, daB den Juden bis vor etwa zwanzig Jah⸗
ten jeder Befig des Grundeigenthums unterfagt war, daß
fie noch jest mit unzähligen Schwierigkeiten zu kämpfen
haben, und unter fo erſchwerenden Umftänden nicht wohl
von Steifh und ‚Blut wäre, das in diefen duͤnkelhaften
250
‘
erwartet werden kann, daß fie eine vielhundertjährige Ge:
wohnheit im Zeitraum weniger Jahre ablegen? daß fie
aber in freien Ländern, 3. B. in Holland, fich den ſchwer⸗
fien Arbeiten und Gewerben unterziehen, ja, daß biefe
vorzugsmweife von Juden betrieben merden? Wenn man
“fie aber am den Feldbau gewoͤhnen, wenn man ihnen den
Mangel diefer Beihäftigung zum Verbrechen machen will,
warum befchränkt fie derſelbe heuchlerifche Gefegentwurf
in einem andern Paragraphen, worin es heißt: „Neue
Miederlaffungen auf dem Lande werden den Schugjuben
nicht ferner bewilligt, ſelbſt wenn fie Kinder dort an:
fäffiger jüdifher Einwohner find” —? O über
den graͤßlichen Hohn! Man wende nicht ein, daß ja nur
die Schutziuden diefer Beſchraͤnkung unterworfen feien;
denn fie find es vorzüglich, bie der Erziehung durch den
Feldbau bedürfen. Das nennen fie nım Erfahrung und
praktiſche Staatsweisheit, und grade die Erfahrung Nord:
amerika, Frankreichs und Hollande, bes ehemaligen Kö:
nigreichs Weſtfalen und Großherzogthums Frankfurt, ja
felbft die Erfahrung Preußens hat das Gegentheil bewie⸗
fen. Die Erfahrung iſt der fiebenfach gehäutete rinds:
lederne Schild, den fie ſich gegen die glühenden Pfeile des
Zeitgeifte6 trogig vorhalten. Ihre Erfahrung freilich,
die Wahrnehmungen eines befchränkten Geiſtes und einer
Eeinlichen Eitelkeit, aber nicht die Erfahrung ber Welt:
gefchichte und einer großartigen Politik.
Doch was fagen Ste zu bem Styl unfers Correfpon:
denten? Was halten Sie von ber Berechtigung eines fol-
hen Menfhen, der nicht einmal beutich fchreiben kann,
über die Unbdeutfchheit der Juden zu entfcheiden? Ihm wäre
es freitich Lieber, wenn fie bei allem Schabernak, bey er
ihnen anthut, nicht mudfen dürften, und es verdrießt Ihn
fehr, wenn fie in einem fo urkräftigen und geijtreichen
Deutſch muckſen, daß felbft die weißblutigſten germanifchen
Herzen davon entzündet werden. Was ftemipelt den Deut:
fhen als feine Sprache? Fragen Ste Arndt, und Arndt
ift doc gewiß kein Sreund der Juden. ,
. Die Zuden follen aber auch, wie es im jenen Lügen»
briefen heißt, eine guten und aufrichtigen Bürger fein. Sch
behaupte vielmehr, daß fie befjere Bürger find als Die
Chriften, oder vielmehr, daß ihnen der Staat wider Wil:
ten Gelegenheit gibt, ſich als die Beſſern zu bewähren.
Tragen Ste nit mit mänmlichflarker Ergebung, einer
beffern Zukunft harrend, dieſelben Pflichten und Laften wie
Jene, ohne ihre Mechte zu genießen? Sa, nicht allein die
gleichen, fondern weit bedeutendere Laſten, Indem fie au:
Ber den gewoͤhnlichen Steuern auch noch fämmtlihhe Ko:
ften für ihe Spnagogen:, Schul: und Armenwefen auf:
zubringen haben. Das iſt wahrhafter und ehrender Bür-
gerfinn, und deshalb allein verdienen fie das aräßliche
Anathema des Liberalismus, das unfer Herr Correfpondent
über fie ausruft. Nun wahrhaftig! wen der Liberalismus
fo nahe gelegt. wird wie den Zuben, der müßte dreifach
vernagelt fein, wenn er ihm nicht huldigte. Erſt ſeitdem
fle, ihre wahrhafte Stellung erkennend, in die Reihen der
Dppofition getreten find, hat ihre Angelegenheit eine welt:
gefhichtliche Bedeutung gewonnen und geht Dand in Hand
mit ben Fortfchritteber Zeit. Denn bie jübifhe Frage
ift.überall grade fo weit gelöft, als es die cona
flitutionnelle überhaupt iſt. Vergeſſen Sie doch ja
nicht, biefen legten Sag mit 'gefperrten Lettern druden zu
laffen, wenn Sie meinen Brief überhappt ber Deffentli
keit übergeben wollen. Es müͤßte ald eine aͤffentliche C
Iamität betrachtet werben, wenn einer unferer abfolutiftl:
[hen Staaten ein gutes Judengeſetz zu Stande brachte;
denn conftitutionnelle Regierungsform und Emancipation- _
der Juden verhält fi wie Urfahe und Wirkung: eine
Anßcht, die in Ihrem „Converfationg- Lexikon für die
neuefte Zeit und Literatur” ih dem betreffenden Artikel
gleichfalls durchgefuͤhrt worden tft.
Was werden Sie aber dazu fagen, wenn ich Ihnen
bemweife, daß unfer Gefeggeber im Grunde ſelbſt ein vers
ſteckter Zudenfreund, ein Saint:Simonift, ja fogar ein Des
magog nach allerneueftem Schnitt ift? Geben Sie Acht,
denn ich muß vom Ei der Leba beginnen, um bis zum
dieſem trojanifhen Pferde zu ‚gelangen. .
Um die fpartanifcye Jugend, die, wie alle Jugend,
keine Zugend hatte, zur Mäßigkeit anzuhalten, erfann fich
Lykurgus einen feinen Kunftgriff. Er verordnete naͤmlich,
daß bei jedem oͤffentlichen Gaſtmahl einige Heloten abficht:
lich betrunken gemacht werden follten, um ben Juͤnglin⸗
gen als abſchreckendes Beifpiel diefes haͤßlichen Laſters vors
geführt zu werden. Dann erhob ſich wol ein alter Spar:
taner, ein ergrauter Lehrer ihrer Staatsweisheit, und hielt
folgende Anrede: „Seht die® fcheußlihe Bild! So kann
fi) der Menfh zum Vieh herabwärdigen. Und diefe fol
ten mit euch zu Tiſche figen, oder zu Mathe oder eure
Feinde mit euch bekämpfen? Nut zur Zeit ber höchften
Noth dürfen fie Waffen tragen gegen den gemeinſamen
Feind, und um fie anzufeuern, verfprecht ihnen bie Frei⸗
heitz .aber euer Wort zu halten feid ihr gegen diefe nicht
verpflichtet. Denn feht nur, fie geberden ſich wie biödes
Vieh, und wenn fie am Abend nad) Haufe gehen, fo
brecht hervor aus euerm Hinterhalt und ermordet fie, ihr
edeln Sünglinge von Sparta!” Und wenn fie nun am
Abend nüchtern nad) Haufe gingen, die Einen knirſchend
vor Wuth, die Andern abgeftumpft gegen germohnte Schande, .
da brachen die hochherzigen, zu Raub und Dieberei ge:
woͤhnten Sünglinge hervor und ermordeten die Wehrlofen
(Der Beſchluß folgt.) -
Topographie ber freien und Hanſeſtadt Hamburg, von F.
H. Nedbermeper. Hamburg, Hoffmann und Campe,
1832. Gr. 8.
Diefe mit ausgezeichnetem Kleiß, und zwar gebrängter, aber
hiſtoriſch glaubwürbiger Wouftändigkeit ausgefertigte Topographie
von Hamburg ift, ungeadytet der verdienſtvollen Vorarbeit bes
verftorbenen von Heß, nidyts Weniger ald.überflüffig, da fich, feit
der neueften Auflcge von 1810, unentli Vieles anders geftaltet
bat und Manches in ihr zu berichtigen war. Beſondere Erfennts
lichfeit ift man tem befcheitenen Verf. ſchuldig, daß er nicht nur
bie gedrudten und handfchriftächen Nachrichten beteutender Vor⸗
gänger und Zeitgenoffen forglich benugte, fonbern ſich auch die
Unterflügung des unabläfjig forfchenden Archivars, Dr. Lappens
berg, und des ſehr unterrichteten Stadtbuchſchreibers Peterfen
254 = e
zu erwerben fuchte; und wenn biefe Willfaͤhrigkeit Beiden zur Ehre
gereicht, fo erweckt fie zugleich ein günftige® Vorurtheil für Den,
welchen fo vollgiitige Richter ihrer würdig hielten. - Das Bu
will gekauft und gelefen ſein; und fo bet aͤnken wir und auf
Bie Anzeige Deffen, woräber ber Lefer fich dei ihm Rabhs erholen
kann. Literotur dee hamburgifgen Zopographie, ; Pros
fpecte und Grundriſſe. Geographiſche Lage und Größe. Nach
den neueiten Beobachtungen des Hrn. Profeffor Schumacher Tiegt
fie unter 27° 38° 21” 8. Länge, und 539 83" N. Breite.
Der Fläheninhalt der eigentlichen Stabt beträgt 344,784,909,
der Vorſtadt Sanct: Georg 632,238 hamburger Quadratfuß,
der bes Stadte Deichd und des Hamburgerberge iſt noch une
beſtimmt. Allgemeine Ueberficht bes Entſtehens "der Stabt und
ihrer Feſtungswerke, forwie des Berſchwindens der Igsten Eins
heilung der Stadt im Alt: und Neuſtadt, nach den Stabt:
bebüchern, .in Eirchticher Hinficht, nach der Bürgermache, nach
der Bürgergarde, nach ben Amtbezirfen und nach den Bawdiftrics
ten. Gewaͤſſer, Wafferleitungen, Mühlen, Löfchanftalten. Elbe
und Alfter, Häfen, Kandle und Fleete, Haſenmoore, Schleu⸗
fen und Siele, Brunnen und Wafferkünfte, oͤffentliche Pum⸗
pen und Rettungsanftalten. Erleuchtung ber Stadt und Vor⸗
ſtaͤdte. Gaſſen der Stadt und Vorſtaͤdte. Die Zahl fämmts
licher großen und Eleinen Wohnungen in der Stadt und ben Bors
ftäbten beträgt 52,157. Mit Recht hat ber Verf. bie Angabe
der franzoͤſiſchen Behoͤrben, ihrer Locale und Anftalten während
ber widerrechtlichen Beſitznahme von 1811 — 15 nicht übers
gangen. Deren bloße Angabe, bie fhlichte Atıgeige, zu welchem
zum Theil ſchmaͤligen Gebraudy fie Gebäude herabwuͤrdigten, zu
ganz andern Zwecken beflimmt, wie fie Kirchen und heilig gehal⸗
tene Stätten in Pferdeſtaͤlle und Magazine verwandelten und
nad ihrer eignen Ueberzeugung und Vorurtheit auf immer ent
weihten, iſt hinlaͤnglich, jeden menſchlichen Sinn empoͤren,
wie vielmehr den eines hamburger Buͤrgers, eines Deutfchen,
eines Ehriſten! Mögen Bewunderer des ſieggekroͤnten Despotis⸗
mus ber Tapferkeit feiner Diener huldigen, fo viel ihrem knech⸗
tifchen Sinne zuſagt; Menfchentenntnig und Staatsklugheit dürs
fen fie doch meder dem Gewaltraͤuber noch feinen Werkzeugen
zufchreiben, wenn ihnen nicht bie höchfte Weisheit ſcheint, jeden
Untergebenen wider feinen augenblicklichen Oberherrn zu erbittern.
Meigegeben find dem Buch vier Plane Steindrud: Hamburg
am Ende bes 13, nnd bes 16. Jahrhunderts; bie Dom:
kirche und ihre Beflgungen im Jahr 180%, und Hamburg mähs
rend ber Belagerung 1813 und 1814. Eine Karte von Ham⸗
Durg, wie eö jest iſt, fchien bei der Menge vorhandener brauch⸗
barer um fo mehr üuberflüfftz, da der Ingenieurcapitain Schwarz
und Lohfe befhäftigt find, eine neue auf die genauften Meffungen
begrüntete anzufertigen. Die Vianette des Buchs zeigt Ham⸗
Burg um 1071, der vordere Umſchlag das alte Steinthor vom
Jahre 1685, und deffen SKehrfeite das große Stadtfiegel des
18. Zahrhunderts, ein anderes nicht minder altes, bas jegige
Stadtfiegel, das bes Domcapitelö, der Kämmerei, der Ober:
a:ten und ber hoffentlich nie wieder zu befürchtenden Mairie
d’Hambourg. Selbſt der Ruͤcken bes Umfchlags bildet das Sie:
gel bes Johanniskloſters ab. Ein reichhaltiges Regifter vermehrt
die Brauchbarkeit tes Buche. \ 98.
De
Correſpondenzukchrichten.)
Pittsfield, den 8. November 18832,
— — — Sch. habe vor einiger Zeit nähere Belanntfchaft mit
einer ber fonderbarften Sekten gemacht, bie je.exüitirt; mit ber ber
Shaker, ber tanzenden Quaͤker, die hier in meiner Nähe mehre
Kiederlaffungen Haben; und ich Hoffe, ein kurzer Bericht über
fie wird Sie unterhalten. Ich bin in mehren ihrer Niederlaf:
fungen gewefen, habe mit ihren Xelteften lange. Dißputationen
*) Bol. die legten Berichte ded Verf. in Nr. 808, 309, 329 und. 330 d.
BL. f. 188. ’ — D Reb.
gehabt und wohnte nicht nur: Ihrem oͤffentlichen Gottesdienfie,
fondern durch befondere Begünſtigung auch ihren private mee-
tings bei, unb glaube deshalb ein competentes Urtheil in der
Sache zu haben. Was den Namen der Sekte betrifft, fo bat
er feinen Urfprung von dem Emftande, daß die Wäitglieder in
ihren Berfammiungen zuweilen, nachdem fie einige Beit in ſtil⸗
lem Mebitiren 'gefeffen, von beftigem Zittern ergriffen werben
und den Unwillen Gottes gegen Sünde jeder Art ausdrüden.
Zu andern Zeiten fingen, jauchzen und fpringen fie vor Freude
über die zweite Erfcheinung Chriſti. Stifterin diefer Sekte ift
Am Lee, eine Engländerin von niederer Herkunft. Nachdem
fie und ihre Anhänger wegen ber Ausfchiweifungen in ihren Ber:
fammlungen wieberhpit eingefperrt waren, wurbe ber ‚Mutter
Ann eine-fpecielle Offenbarung zu Theil, zufolge welcher fie mit
ihren Anhängern nad Amerifa ausmwanderte, wo fie im Jahre
1774 anlangten und ſich Burg nachher in der Nähe von Albany
niederließen. Seit jener Zeit ift bie Zahl der Gläubigen ges
wachfen bis zu 4000, bie in ungefähr 12 Nieberlaffungen in
verfchiedenen @egenden der Berrinigten Staaten wohnen. Der
Mittelpunkt für die fämmtlichen Shaker⸗Geſellſchaften in ben
Sereinigten Staaten ift gegenwärtig Neulibanon, etwa acht
engliſche Meilen von bier, wofelbft der Shakerpapſt refidirt.
Die Gefellfhaft in Neulibanon befist 6000 Acres Land, das
mmft bergig ift, weshalb fie vornehmlich Viehzucht treiben, doch
thun fle auch viel: für Gartenbau umd fabriciren eine Menge
nüglicher Dinge, bie ſich alte durch ihre Nettigkeit, zugleich aber
auch durch hohe Preife auszeichnen. Ihre Ochſen und Saͤme⸗
reien werden zu den beſten im Lande gerechnet. Sie wohnen
an der Seite eines Berges, einige hundert Fuß niedriger als die
Leute in Pittsfield, welches beiläufig 1050 Fuß über ber Mee⸗
vesfläche erbaben iſt. Die Geſellſchaft in Neulibanon ift in
ungefähr 12 Bamilien abgetheilt, in größerer ober geringerer
Entfernung von bem gemeinfchaftticdyen meeting-house (Kirche).
Zu jeber Familie gehört rin’ Wohnhaus und mehre Werkftätten ;
im erftern wird bie eine Bälfte vom männliden, bie andere
vom weiblichen Gefchlechte beroopnt. Allenthalben ift eine Reins _
lichkeit und eine Orbnung, wie fie ſchwerlich irgendwo anders
auf dem Erbboben gefunden werben bürfte.. Das weibliche Ge⸗
ſchlecht hat befondere weibliche Aelteften, unter deren Commando
es ſteht. Weiber und Männer find, obgleich fie in dbemfelben Haufe
wohnen, ſtreng gefondert, und felbft Eheleute, bie zum Beſuch kom:
men, haben fich für bie Zeit bes Aufenthalts beiden Shakern zu fe:
pariren; wenigftens wird ihnen durchaus nicht geftattet, in dem⸗
felben Zimmer zu ſchlafen. Beide Gefchledgter effen in demfel:
ben Zimmer, aber an befonbern Zifchen. Fremden wird ein be
fonderes Zimmer angemiefen, und ich wenigfiens war beftänbig
in Geftlfhaft der Aelteften, die e& mir unmöglich machten, midy
mit einem der Bruͤder oder einer ber Schweftern guunterhalten. Diefe
Aelteften waren wenigſtens — von ihrem Fundamentalirrthume
abgefehen — Leute von Berftand, Kenntniffen und Eifer, unb
fobald fie ausgemittelt, taß ich nicht zu ber gewöhnlichen Claſſe
der neugierigen Weltlinder gehöre, gaben fie fich alle erfinnliche
Mühe, ihre Sache von der beften Seite darzuftellen, und da ich
böftih genug war, eben nicht gewidhtige Einmwürfe gegen ihre
Argumente vorzubringen, unb andere Gründe ihnen wuͤnſchenswerth
machten, mich zu den Ihrigen zu zählen, namentlich der, daß
ich unverheirathet fei und ſchwerlich heirathen dürfte, fo Tuben
fie mich ein, Shaker zu werden. Unzähligemal wandten fie
übrigens das Gleichniß vom Baum und der guten Frucht auf
fi an; feibft ihre Feinde lobten fie wegen ihrer Moralität, bie
doch einzig Product-des Shakerism fei. Als ich wegging, gab
mir einer der Aelteften eine Probe von ihrem Benehmen gegen
die MWeltlinder. Nachdem er mir gefagt, daß ich immer ſehr
willtommen fein wiürbe, wenn ich länger bei ihnen bleiben
wollte, ließ er mich vier Dollars zahlen für meinen 24ftänbigen
Aufenthalt bei ihnen, was felbft in Amerifa ein unerhörter
Preis if. Alle andere chriſtliche Sekten nannten fie beftändig
Antichriften, die römifche Kirche die Hure, die enangelifchen Kirchen
die Züchter einde Hure. Sich ſelbſt halten fie für heilig und rein
)
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81 ätter Ä —
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literarifhe Unterhaltung.
1. Maͤrz 1833.
Freltag,
nn -- m...
0 | 3 u Na richt.
Bon dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für den
Jahrgang 12 Thle. Ale Buchhandlungen in und außer Deutfchland nehmen Beftellung darauf an; ebenfo
ale Poftämter, die fih an bie koͤnigl. fähfifhe BZeitungserpedition in Leipzig, bad koͤnigl.
:prenß. Grenzpoſtamt in Halle, ober bad fürſtl. Thurn und Taxiſche Poſtamt in Altenburg
wenden. Die Berfendung findet wöchentlich zwei Mal, Dienflagd und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt.
Ueber die Lage der Tuben in Preußen.
Sie fodern mich zu Berichten über Berlin auf, ver:
ehrter Freund, aber ich gehe nicht ins Theater, unb au:
ßerhalb der Breter, die die. Welt bedeuten, gebt bei uns
fo .gut als gar nichts vor. Wir begleiten die Weltge⸗
fegichte mit obligaten Wigen, und fo wären benn unfere
Wise faſt das Einzige, was in Berlin wirklich paffirt.
Es tft überdies nicht ohne Gefahr, in auswärtigen Blaͤt⸗
seen über Berlin zu berichten, denn man rislirt, mit jenen
obfeuren Btriefflellern verraechfelt zu werben, welche jegt die ge⸗
leſenſten Beitblätter, namentlich die ‚Allgemeine Zeitung” und
die „Leipziger Zeitung”, faft pofttäglich mit ihren Privat:
mittheilungen überfhwernmen. As bie neuefte Nachricht
gebe ich Ihnen die DBerficherung, daß diefe Briefe von
der Öffentlichen Stimme, fofern fi eine ſolche bei uns
vernehmen laſſen darf, gemisbilligt und belacht werden.
Sie haben doch unfere diesjährige Thronrede gelefen?
Sch meine die Rede, die der. Bifchof Eylert zur Feier des
diesjährigen Ordensfeſtes gehalten Hat. In vollem Ernſt,
die Drbenshierarchie, die wit jedem 48. Januar immer
fefter begründet wird, ſcheint mic eine tiefere Wurzel zu
haben, als man gewöhnlich meint. Sie foll nämlich, wie
der. Bifchof ausdruͤcklich gefagt hat, ber Verfchmelzung ber
Stände entgegenarbeiten und eine Scheidewand befeftigen,
an beren Zerflörung die ganze Zeit arbeitet. Denn ber
Orden belohnt nicht allein ein Verdienſt, er bezeichnet.
aud einen Stand. Diefelbe Sucht, zu claffificiren, foll
auch in einem Gefegentwurfe, die bürgerliche Verfaſſung
der Juden in den preußlfchen Staaten betreffend, hervor:
treten, dee im ber lebten Zeit die Aufmerkſamkeit des,
Yublicums in hohem Grade auffidhgezogen hat.
Bei diefer Gelegenheit nehme ih mir die Freiheit,
ber ſechs Broſchuͤren *) über Emankcipation der Juden
*) 1. Geſuch ber Bekenner des jübifchen Glaubens im Her⸗
zogthum Braunſchweig an Ge. hochfuͤrſtliche Durchlaucht
-
— — — — — — — — — —
| zu erwähnen, die Sie mir vor einigen Monaten zu über:
fenden die Güte hatten. Was. mir ald das Wichtigfte
an ihnen erfcheint, ift das numeriſche Verhaͤltniß, daß
fünf für und nur Eine gegen die Juden gefchrieben ift.
Ich möchte Sie namentlich auf die ſehr verdienftlichen
Schriften von Geitel und Cohen aufmerkfam machen,
‚ welche den Gegenſtand gründlich erörtern und außerdem
auch dankenswerthe Nachrichten ber die oͤrtlichen Der:
bältniffe der Juden in Braunfdweig und Hanover mit:
theilen. Krug ſpricht in feiner bekannten Weife, wohls
mwollend und entfchleden, und von ihm darf man wol mit
Recht erwarten, daß er in der fächfifchen Kammer bie
Sache der Juden führen und, wenn auch nicht in diefem
Sabre, durchführen werde. Ludwig Schragge iſt zu ges
(ehrt und beweiſt nichts. Weber den Hülferuf wider bie
LEE
den regierenden Herrn Herzog Wilhelm von Braunfchweig-
Lüneburg um gnädigite Verleihung voller bürgerlicher Rechte.
Verfaßt und mit erläuternden äufäsen verfehen von G. X.
Geitel. Braunſchweig, Vieweg u. Sohn. 1831. Er. 8. 8 Gr.
2. Ueber die Eage der Juden nach gemeinem deutfchen Recht
und die Mittel, diefelbe zu verbeffern. Mit befonderer Be⸗
ruͤckſichtigung des Königreiches Hanover. Gin Verſuch von
Morig Sohen. Banover, Bahn. 1832. Gr. 8. 10 Sr.
3. Die Politit der Ghriften und bie Politit ber Zuben in
mehr als taufendjährigem Kampfe. Gin Nachtrag zum
Portrait von Curopa, gezeichnet von einem alten Staats⸗
mann außer Dienften, in Drud gegeben von W. T. Krug.
Leipzig, Kollmann. 1832. Gr. 8. 12 Br.
4. Wie verloren die Juden das Bürgerrecht im wefl« unb
oftrömifhen Reiche? Gine indirecte Beantwortung ber
grage: „Sollen die Juden das Bürgerrecht erlangen 2
Beantwortet von Ludwig Schragge. Berlin, Froͤhlich
u. Comp. 1882. @r. 8. 18 Gr. -
5. Boͤrne und die Juden. Gin Wort ber Erwiberung auf
die Flugſchrift des Herrn Dr. Eduard Meyer gegen Börne von
Gabriel Rieſſer. Altona, Hammerich. 1832. Yr.8.4 Wr.
6. Zu Huͤlfe wibte die Juden! — Gin Nothruf und Beitrag
iur 5 rgortung. Nürnberg, Riegel u. Wießner. 1832,
r. 8. r.
⁊
—
Juden erlaſſen Sie mir etwas zu ſagen; ein reichsſtaͤdti⸗
ſcher Judenhaß hat ihn dictirt, aber die Stuͤrme der Zeit
haben ihn laͤngſt verweht. Rieſſer's Flugſchrift iſt mit
Feuer und Beredtſamkeit geſchrieben. Wichtiger aber als
dieſe kleine Broſchuͤre iſt die Zeitſchrift: „Dex Jude“, die
Here :Dr. Rieſſer heiausgibt. Sie übt eine wachſame
Gontrofe über die Angelegenheit der Juden' in Deutſch⸗
lond, und es dürfte fortan nicht. leicht ein öffentlicher
Schritt in diefer- Beziehung. gethan werden, ber fich ihrer
fcharfen Kritik entziehen koͤnnte. Wereit erfreut fich diefe
Beitfeheift, von deu bisher 26 Nummern erfchienen find
(der erfte Band), durch vielfeitige Theilnahme eines felb:
, und der Herr Redactenr hat dem:
nach die Erklaͤrung abgegeben, er werde ſo lange mit ſei⸗
nen Mittheilungen fortfahren, als die Juden in Deutſch⸗
fand noch unter dem alten Drucke ſchmachten. Möchte
es ihm recht bald an Stoff gebrechen! Here Rieffer if
Doetor juris ‘und ‚die Republik Hamburg bat ihm bie
Advocatur verſagt. Er hat das beffere Theil: erwählt, und
anftatt für Privatleute zu plaidiren, iſt er der Advocat
eines unterbreiten. heil der ganzen . Menichheit. ge:
worden. .
Die „Leipziger Zeitung” vom 11. Februar, die mir
‚foeben- zu Geſicht kommt, theilt endlich etwas Ausfuͤhrli⸗
ches über die geſetzlichen Beſtimmungen in Betreff der
Inden mit, von denen ich Ihnen vorher nur andeutenb
geſchrieben habe. Sie ſetzt die Grundlagen einer neuen
Iundbdenordnung für "die preußiſchen Staaten auseinander,
„die bereits bei allen Minifterien Biligung gefunden ba:
- ben fol”. Einer umferer berühmteiten Staatsmaͤnner bat,
als das freifinnige Ediet vom 11. März 18312. derathen
wurde, fein Botun dahin abgegeben: Sch ſtimme für Sein
»Geſetz über Juden, das mehr als vier Wörter: enthält:
„Gleiche Rechte, gleiche Pflichten!” Jener Staatsmann
-Iebt gegenwärtig im Ruheſtand, und ber vorliegende Ge:
-fegentwurf befteht aus 64 Paragraphen. Sie halten ihn
-für untergefchoben, für die liebenswuͤrdige Schwärmerel
"irgend eines romantifhen Geiſtes? O Sie Gluͤcklicher!
Waͤre aber auch nicht ein Jota wahr daran, ſo iſt er
doch gut erfunden, ſo hat doch kein Vernuͤnftiger und
Einſichtsvoller daran gezweifelt, daß er wahr ſein koͤnnte.
Aber er iſt nicht erdichtet dieſer Entwurf eines Geſetzes,
das uns urploͤtzlich in die Bevormundung des Mittelal⸗
ters zuruͤckkfuͤhren würde. Zwar bin ich feſt überzeugt,
und Jeder, der das Verfahren unſerer Regierung kennt,
ift es mit mir, daß foih ein — — niemals zum Ge
feg erhoben werben wird, denn von jeher ift die Scheu
vor — — —, beſonders aber vor dem Lächerlichen
wirffamer geweſen als die Erkenntniß und freie Wahl des
Wahren und des Guten; daß aber biefe Schiterarbeit
eines Anfängers im Sefuitismus, der fchon mehre Jahre
mit dieſer poffirlichen Maus ſchwanger geht, Tämmtlichen,
Minifterien des intelligenten preußifchen Staats vorgelegt
werden durfte, daß fie die Angelegenheit der Juden noch
einmas um Jahre hingezögert und ihre oftmals getäufchte
Hoffnung noch einmal getäufcht hat, iſt dies nicht — |
‘
[3
.
— — — —— ⸗ — —— — — — —— —— ——æ —
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auszuſchreiben, da ich ja im Voraus weiß, daß ber Gens
for ftreichen mwürbe, mas mir der Unwille eingibt?
Es iſt in der Stadt von zwei Gefegentwürfen bie
Mede, von einer „Zubenordnung” (sic!) für das Groß:
herzogthum Poſen md von einer andern für die geſammte
Monarchie. Der Verf. der Iegteen If, wenn. man bem
Gerüchte traum darf, de — — — — — — —
Das allgemein anerkannte Talent des ehren⸗
werthen Herrn — „denn Brutus iſt ein ehrenwerther
Mann” —, fich in den GSlauben und bie Denkart des
Mittelalters zu verſetzen, bat ſich auch hei dieſer Arbeit
auf das Glaͤnzendſte bewährt, denn man barf ihr das
Zeugniß geben, Daß fie nicht durch bie. gerimgfle Spur den
leiſeſten Argwohn erweckt, als ob ſie fuͤr die Gegenwart
und fuͤr gegenwaͤrtige Beduͤrfniſſe berechnet ſei. Der be⸗
ruͤhmte bat fich die Arbeit ſauer wer⸗
den laſſen. Anſtatt ſeinem Nachbar, dem Juden, in die
Fenſter und, wo moͤglich, ins Herz zu gucken, bat er die
alten Balladen und Chroniken: fleißig ftudirt; anſtatt ſei⸗
— [U 1 —⸗ U ——
nen Nachbar, den’ Juden, ini Handel und Wandel und
feine „hühfchen Toͤchter auf dem Ball und im Theater zu
beobachten, ſchwebte diefem trefflichen Geſetzgeber der teufes
lifhe Jude Gerautus von Venedig - vor oder die Juden⸗
tochter, die in Mirrilandeſtadt sin. Chriftenlind ſchlachtet
und in den tiefen, tiefen Brunnen verfenft. Möge. er
Serautus von Venedig oder bie. Fubentochter aus Mirri⸗
land inhaftiren laſſen, wenn fie feine Geſetze übertresen !
Was gehen. fie feinen Nachbar ober. deſſen hübſche Toͤch⸗
tee an? Wie dem aber auch fein mag, die Arbeit. hat
ihren bifterifchen Werth und in dieſer Cigenſchaft iſt fie
bereits dem Vernehmen nach vom Staatörath ‚mit großer
Stinmenmehrheit verworfen worben, indem bie. glänzende
Correlation. eines hohen Beamten bie eigentliche Vedeu⸗
tung berfelben fiegreich ins Licht fegte.
Ueber das Judengeſetz für die Provinz Pofen war
bisher nech nichts Beſtimmtes im Publicum vetlautet.
Man vermuthete nur, daß. ſowol der Oberpräfident dieſer
Provinz, Herr Flottwell, als auch ber commandirende
General derfelben, Here von Grolmann, fih zum Theil
in der Abſicht in Berlin aufhalten, um den Berashangen
über dies Geſetz beizuwohnen — eine Vermuchung, bie
zur Gewißheit wurde, als. eine Deputation pofener Juden,
aus Vorſtehern der pofener und liſſaer Gemeinde befichend,
bier antam, um die Angelegenheit ihrer Mitbrüder zu
betreiben. Da uns noch keine ausländifche Zeitung über
den Erfolg diefer Deputation untereichtet hat, fo haben
voir, wie ſich's von ſeibſt verfteht, noch nichts Beſtimmtes
daruͤber erfahren. - Run gibt uns die „Leipziger Zeitung’”
den oben befprochenen Gefegentwurf, von dem in Frage
geftelle wird,. ob ee für die neuen Provinzen oder für bie
ganze. Monarchie beflimmt ſei. Diefe fogenannte. Ju⸗
denordnung, bie uns von dem Gorrefponbenten ber „Leip⸗
ziger Zeitung“ im Auszuge mitgetheilt wird, iſt aber, nach
Demjenigen zu urtheilen, was über die — — 'ſche bes
seits bekannt geworden ift, nichts Anderes als eben
diefe vom Staatsrath bereits verworfene
doch warum foll ih mir die Mühe geben, meinen Sez — — — [he Relation. Sie werden den rechten
⸗
* \
Samen zu finden wiſſen, mit bem ein fo umneebliches
Berfahren gebrandmarft toerben muß, das offenbar unfere
‚Regierung zu verleumden beabfichtige. Dean ift es mol
denkbar, daß ein für die ganze Monarchie eben verworfe⸗
wer Antrag gleichwol für einen Theil derfelben in Aus⸗
fuͤhrung gebracht werden fol, und iſt es nicht offenkun⸗
dige Berleumdung, das Publleum überreden zu wollen,
daß unfere Regierung einer ſolchen Inconſequenz fähig
ſei? Welches ift denn nun bie eigentliche Abſicht des
Einſenders? Ef verraͤh fich ſelbſt in folgenden Worten:
„Ein foldyes Gefeg erſcheint eingreifend fire alle chriftliche
Staaten. Daher (!) wollen wir auf das Auffuͤhrlichſte
Alles mittheilm, was wie‘ von dieſem Gefegentwurf ges
hört.” Da die meiften Ständeverfammlungen ſich gegen:
waͤrtig mit der wichtigen Frage ber jldifchen Emancipa⸗
tion befchäftigen, fo will er ihnen dies Geſetz zur Nach:
achtung vorlegen und ſcheut ‚nicht eine Lüge oder, was
daſſelbe iſt, das Verhehlen der Wahrheit, um feinen Lefer
glauben zu machen, «6 fei im Ernft die Rede davon, den
widerfinnigen, längft verworfenen — — (hen Entwurf
ins Werk zu ſetzen. Zu ſolchen Myſtificationen ift die
„Leipziger Zeitung” geeiebraudt worden.
Bortfegung folgt.)
Meine Reifen und meine finfjährige Gefangenfchaft in
Algier, von Simon Friedrich Pfeiffer. Mit eh
ner Vorrede vom Herrn Prof. Dr. Schmitthen:
ner. Gießen, Rider. 1832. 8. 1Thlr. 4 Sr.
Obgleich bie politifche Manie der neueften Zeit alle anbern
Intereffen beinahe ausſchloß und das Unkraut der zahllos aus:
und übereinander hervorichießenden und wuchernden Zeitungen
jebe Ausfaat von nahrhaftern und erquicklichern Geifesfrädten
hinderte und zu erfiidden drohte, To fehlte es doch fortwährend
nit an einer Maffe werthlofer Ephemeyen jeber Art, die ihr
Gluͤck verſuchen und oft genug finden ın einer Lefewelt, wo
eben die Ueberfülle und das wiberflreitende Getoͤſe das Urtheil
immer mehr verwirren und, wenigftens für einige Zeit, die Auf:
nahme bed Guten wit des Schiechten zufällig machen. Na:
mentlich liefert nicht felten &toff zu dergleichen die verkehrte
Richtung vieler jungen Leute in unfern Tagen, weldye, anftatt
in den Anfoberungen ihres nächften. Lebenskreifes den Umfang
ihrer Pflichten zu erkennen und zu erfüllen, mit unbändiger
Uebeshebung jn bie Weite hinaus zu wirken und zu irren uns
ternehmen und bann zuiegt burch.den Drucd bem Yublicum mit
ber windbeutelntgg Bekanntmachung ihrer gleidhgültigen Be:
geoniffe und Abceuer aufwarten. Es ift deswegen begreiflich
- gmug, warum man gegen Schriften wie bie vorliegende, ſelbſt
dann, wenn fie unter der Schutzrede eines vertrauenswerthen
Namens auftreten, ein nicht unbegründetes Vorurtheil mit⸗
bringt und von ſolcher Lecture fi um fo weniger Gewinn und
Bergnügen verfprechen mag, wenn man wie bier auf ben erfien
Seiten denachrichtigt wird, daß der Verfaſſer ein 2Sjähriger
Züngling ift, welcher eben zu Gießen ſich der Arzneiwiffenfchaft
widmet und demnach bie“ mitgetheilten Begebenheiten in ſehr
früher und unreifer Lebenszeit erfahren hat. '
Indeffen verfchwindet. die geringe Meinung, mit welder
man allenfalls das Büchlein zur Hand nehmen mochte, bei naͤhe⸗
ser Belanntfchaft, und man fühlt fidy bald von einem lebhaften,
fowol fubjectiven als objectiven Intereſſe angezogen. Zunaͤchſt
iſt es bie-achtene s und liebenswerthe Perfdnlichkeit des Berf.,
ein lauterer unb milder Gharakter, ber ungefhminft in ber
ganzen Erzaͤhlung fi zu erfennen gibt, und der eine befondere
Theilnahme einflößt Mit den außerorbentlichen, unverſcheldeten
Schidfalen eines Juͤng'ings von fo zartem Alter, babei ein ges
funder, offener Sinn, weicher, wenn auch ungebildet, mit ju⸗
gendlich frifher Empfänglichleit die hegegnenben Erſcheinungen,
foweit ihnen feine Faſſungskraft gewachfen ift, rein und richtig
anfhaut und ebenfo mit unbefungener Wahrhaftigkeit dem Leſer
das Wichtigere von Dem mittheilt, was gr gefehen und erlebt
hat. Hierun finden ſich wahrhaft poetifche Momente; es ift ber
Berlauf diefer Begegniffe, fo einfach und natürlich fie ſich zu⸗
getragen, fo ſchlicht fie erzählt find, oft fo phantaſtiſch, ba
man an bie Alteften Geſchichten erinnert wirb, wie namentlich
an bie Zofeph’s in Aegypten, und bie Vorftellung, wie bas
Geltfamfte, was man aus fernen Zeiten vernimmt, in unfern
Hagen dem eignen Landsmann wiberfährt, wie er mit fanfter
Gottergebenheit, mit Muth und Geſchick in jede Rage fig zu
fügen, biefelbe immer zu eignem und Anderer Frommen mög»
lichft anzuwenden weiß, aus den ſchrecklichſten Erduldungen ſich
aufrichtend vertrauensvoll eine beffere Zufunft und Erloͤſung
hofft und enblid auch erreicht — biefe begründet oder erhöht
den erbaulidhen Eindrud, weichen bie gegenwärtige Schrift im
Ganzen hervorbringt. Aber abgefehen von biefer äfthetifchen
Wirfung, ift fie aud durch bie ethnogzaphifche und hiftorifche
Bebeutung der Begenflände, über bie fie, beſonders in der zweir
ten größern Hälfte ſich verbreitet, objestio anziehend und lehrs
reich, indem fich über bie drtiihen, politiſchen und ſittlichen
-Berkältniffe Algiers und feiner Bewohner, namentlich über bie
Umftände feiner Croberung durch bie Franzoſen, welche ber
Berf. dort erlebte, viele intereffante Nachrichten darin finden.
Der Antheil der Zeitgenoffen an biefer Begebenheit mußte freis
ih in den Hintergrund treten ober verfchwinden, fo lange die
edſung ter näher und angehenden Kragen noch vorzugsweife
die Geiſter befchäftigt; allein bie. Eroberung und Befegung von
Agier, fo viel auch bie Partei es zu verſchreien und zu ver⸗
kleinern ſich bemühte, ift immer ein weitbiflorifäce Ereigniß,
oder kann es werden und in glaͤnzende Folgen ſich erweitern,
wenn bie politiſchen Verwickelungen und ber gewaltige Zudrang
der nähern SIntereffen biefelben nicht paralpficen. Jenen An»
theil erneuert nun das Büchlein des Verf. und lenkt ben Blick
wieber nach, jener unheimlichen Küfte, deren reizende Landftriche
fünftig vielleicht der Barbarei entriffen und einem fegendreichen,
menſchlichen Dafein wiedergegeben werben. Obgleich es an auss
fuͤhrlichern, zumal franzöfifhen Berichten über bie Gegend und
über die Beſetzung von Algier nicht fehlt, der Verf. nach feir
nem Alter, feinen Kenntaniffen und feiner Bildungsflufe übers
haupt nicht grade geeignet fcheinen mag, tief und umfaffend
einzudringen, fo find die Bemerkungen und Grfahrungen, zu
welchen feine eigenthümliche Lage ihm Gelegenheit verfchaffte,
dennoch von befonderm Werth und Intereffe; wie fie in allen
Einzelheiten das Gepräge der Wahrheit anfihtragen, fo haben
fie, tro& der Kürze und Unvoliftändigkeit, das Sichere und Les
bendige eines an Ort unb Stelle Anmwefenden, eines unbefanges
nen Augen» und Obrenzeugen, ruhigen und verftändigen Beobach⸗
ter6, unb vergegenwärtigen und beleuchten bergeflalt fehr er
wuͤnſcht jene bedeutenden Momente.
Die folgende Ueberficht foll den Inhalt ber gegenwärtigen
Mittheilungen näher anzeigen. Der Verf., ein Rheinheſſe, nach⸗
dem er im fechheten Jahre feine Aeltern verloren, dann bon
woblthätigen Menſchen unterftügt und erzogen worben, im breis
zehnten Jahre fich der Chirurgie gewidmet, begibt fich im funfs
zehnten zu Bekannten nah Anıfterbam, wo er durch beren Ems
pfehlung auf einem Linienfhiff im Texel, einer Art Seecaſerne,
als Prakticant der Ghirurgie eine Unterkunft findet. Hier hat
ee im Schiffsſpital unter der Leitung bes Dberarztes den Ver⸗
band und die Apotheke zu beforgen, madt fi inzwifchen mit
den Eigenthümlichleiten des Schiffs: und Seelebens befannt und
wird im December 182%, noch in bemfelben Sabre feiner Ans»
kunft zu Amfterdam, ber Bemannung einer Fregatte beigege
ben, welche zum Schutz des Handels im Mittelmeer zu Exeuzen
angewiefen if. Das Schiff fährt ab, und unfer Verf. gelangt
. bier verweilt es nicht lange,
x
R4s
nun unter den gewöhnlichen Sturmesfcenen und andern Aben⸗
teuern nach Gibraltar und weiter zu bem hofländifchen Depot
Yort Mahon auf Minorca, nad) mehrmonatlichem Aufenthalt
bafelbft nach Tonion, wo Schiffsbauholz an Bord genommen
wird, und dann um Gicifien nad Neapel, wohin der Schiffe:
capitain dem Verf. unbefannte Aufträge hattes von da Ereus
zen fie fübwärts in ber See umher und Eehren wegen erlittes
ner Befchädigung buch Sturm und Grlrantung ber Mann»
ſchaft wieder nad Port Mahon zurüd, wo das Schiff ausge,
beffert und zur Fahrt nach der Levante beordert wird. Unter
Kührung eines Cootfen, den fie in Malta mitnehmen, fegelt es
nun nah Milo und geleitet von da eine Anzahl Kauffahrer
durch die wegen der Piraten unfichern Gewäfler an Scio vor
bei — wo fie bie Spuren der Berwüftung noch fehen und ſowol
der tuͤrkiſchen als griechifchen Flotte begegnen, auch bald darauf den
Kanonendonner der Schlacht vernehmen —, nach kurzem Aufent-
balt auf dem zeizenden Tino, in den Hafen von Gmyrna. Auch
fondern begibt fih, um frifches
Waffer einzunehmen und bie Kranken beffex zu verpflegen, nad
Uwrlah, einem wenige Meilen von Smyrna entfernten Drte
wo ber Verf. unter Anderm einmal gefehen, wie eine Öftreichi-
ſche Gorvette, trog der Proteflation von Seiten feines Schiffe
capitaine und eines franzoſiſchen, der mit einer Brigg zugleich
hier vor Anker lag, zwei griechiſche Barken in den Grund bohrte,
indem fie von ihrer Regierung ſich befugt erklärte, bie griechi⸗
ſchen „Rebellen” alle wie Piraten zu behandeln. De Kranten
wegen bringt ber Verf. zu Uwrlah bie meifte Zeit auf bem
Sande zu; hier macht er nun einft mit mehren Bekannten ges
gen Abend "einen Gpaziergang nad einem Wälbchen, ale et
plöglih von einem Haufen bewaffneter Janitſcharen uͤberfallen,
epländert und nach ar Mishandlungen zum Hafen von
Smprna auf ein algieriſches Kaperſchiff gefchleppt wird, das
ihn mit noch andern griechiſchen Sklaven nad) Algier überfährt.
Dies geſchieht im Juli 1825, alfo ein halbes Jahr nad) bes
Berf. Abreife von Europa; er war eben 16 Jahre alt. In
Algier angefommen, wird er ber Wohnung bes Haſſenatſchi⸗
Effendi, Juſtiz⸗ und Policeiminiſters, zugetheilt und als Sklave
zum Dienſt in ber Küche deſſelben angeſtellt, wo ihm mit meh⸗
ten andern die Reinigung des Gebäudes und der Hausgeraͤth⸗
fhaften, das Zurichten ber Nahrungsmittel u. f. w. unter dem
brutalen DOberbefehl der Köche obliegt. Ein Verſuch, dieſem
brödenden Zuftand burd die Rlukt zu entgehen, wird durch
den Verrath eines boshaften Mitſklaven, eines Savoyarden,
vereitelt und durch die Baſtonnade ſchrecklich beſtraft. Inzwiſchen
find zwei Jahre voruͤbergegangen und der Ungluͤckliche hat bie
Landesſprache ziemlich fertig gelernt, als ber Zufall einer pers
föntichen Unterredbung mit dem Minifter, die Erklaͤrung, daß er
in Europa die Wundarzneikunde gelernt, und eine zur erſten
Probe wohlgelungene Cur bei einer Unpaͤßlichkeit des Herrn ſei⸗
nem Schickſal eine guͤnſtige Wendung gibt: er wird zum Leib⸗
Ei des Baflenatfchi » Effendi erhoben, aus ben f ſchmuzigen
Schlafkammern der Kuͤchenjungen in mehre Prachtzimmer des
Palaſtes einlogirt und mit Glanz und Ueberfluß umgeben. In
diefer- aͤußerlich behaglichen, wenn auch langweiligen Lage zieht
ihm ber Neid und die Tücke eines Verwandten des Miniſters
noch einmal eine graͤßliche Mishandlung zu, die ibn an Leib
und Seele zu zerrätten droht. Da kommt ihm (1828), während
ee auch biefe gluͤcklich uͤberſteht, das Geruͤcht von der Mis er
ligkeit des Dei mit dem franzoͤſiſchen Gefandten zu Ohren,
beffen viefjährige Urfachen, wie fie von den Algierern ihm *
zähft wurden, uns ber Verf. nähern Aufſchluß gibt. Seine
Eehbelebren Hoffnungen, bei einem bedorfiehenden Kriege mit
"den Zranzofen aus der Sklaverei gerettet zu werben, nähern
ih der Erfüllung; nad fruchtloſen Verhandlungen und mehr:
ältigen, gegenfeitig verübten Reindfeligfeiten während ber fol:
genden zwei Jahre, landet im Sommer 1830 ein franzöfifches
Heer an dem räuberifchen, chriftenfeindlichen Geſtade, die Schar
ren ber Moslims werden en ber Moslims werben gefälagen, bie Dauptftadt wird am mil — die Hauptflaßt wird am
. nen: übereinftinimenden Ion und. gleichmäßigen
Perſoͤnlichkeit des Erzaͤhlenden ang
6. guti erobert und unter Mopand if Grfeh unb Deb⸗
nung gebracht. Unſerm Verf., welchem in dieſer Bebrängaiß
ber Algierer ſchon vorher die Freiheit geſchenkt worden, und
welcher ſich inzwifchen mit Gifer und Anftrengung der Pflege
der in den Gafernen angehäuften Berwundeten unterzogen, wird
von Seiten der Sieger ein ehrenvoller Empfang zu. Theil md
bie Autſicht auf eine anſehuliche Stelle in ber Berwaltung der
Stadt; zu gleicher Zeit macht ihm ber Bei von Titeri, bem er
aus feinen frühers Werhättniffen befannt und empfohlen war,
ſehr fchmeicheihafte Anerbietungen und will ihn unter glänzens
dem Bedingungen zu feihem Schagmeifter, Arzt und Dolmets
ſcher einfegen ; aber diefe lockenden Audſichten ebenfowel als ber
Reiz ber intereffanten Bekanntſchaften, bie er jegt anknüpfte,
werden von feiner Sehnſucht nach ber ‚Heimat überwogen; uns
gern entlaffen und mit Baarſchaft und Empfehl ngen freunds
lich verfeben, ſchifft er als franzöfifcher Ofiier auf einer fran⸗
dfifchen Gorvette im September 1850 fi ein, fandet in Mar:
ie eille, ſeht ungehindert bie Reife durch Frankreich fort und er⸗
zeicht endlich wieder gluͤklich das lang entbehrte Vaterland.
Sn der Darftellung dieſer Erlebniſſe ift der Verf. durchaus
befcheiden und anfpruchslos, und auch da, wo er fidy veranlaßt
fiept, der Tuͤchtigkeit und Verdienſtlichkeit ſeines Benehmens zu
erwähnen, immer frei fowol von Aufbinderri als unangenehmer
Serd ſtgefuͤlligkeit. Ebenſo ift dee Ausdruck einfach, angemefs
fen, und der Styl überhaupt. fo gut und correct, daß wir zweis
feiten, ob der Berf. nad fo langer Entfrembung und Entfer⸗
nung vom Baterland und feiner Sprache ohne Beihuͤlfe feine
Erzaͤhlung fo habe abfaffen können, wenn man barin nicht eis
Charafter ges
wahr würbe, welcher doch auch der Form nad & Hauptfäglid der
ugehören: ſcheint.
Wir vermißten, öfter eine 8* Ausfuͤhrlichkeit, beſon⸗
ders in der Beſchreibung der. Localitaͤten und Lebensverdaͤltniſſe,
"und freuten uns daher um fo mehr, daß der Verf., der Vorrede
zufolge, „eine volftändige Darftellung feiner Srfahrungen unb
Anſichten“ fpäter noch zu liefern gebenkt, wenn ihm die Um⸗
fände hierzu mehr Muße geftatten. Es ift nur zu wuͤnſchen,
daß durch folhen nothgebrungenen Aufichub jene Darftellung
nit an Lebendigkeit und Auſchaulichkeit verlieren möge, wie
es bei folder Gutfernung des Raumes und der Zeit und bem
großen Unterfchied her Zuftänbe faft unvermeidlich ifl, wenn ber
Verf. verfäumt, jene Bilder bis ins Einzelne feftzuhalten, bes
vor die Beichäftigungen und Grfheinungen bee umgebenden
Gegenwart fie in feiner Einbildungsfraft verbrängen. Zugleich
wollen wir ibm hierbei nicht unbenterkt laffen, daß und ber
Stoff feiner Erzählung zur Bearbeitung für eine Zugendfchrift
vorzüglich geeignet ſcheint, und daß biefelbe durch gelegentliche
Beruͤckſichtigung naheliegender Materien, 3. B. ded See⸗ und
Schifflebens, durch fpecielle Schilderung der häuslichen, bürger:
lichen, religiöfen @ebräude und Ginrihtungen der Drientalen,
En F kennen Bee uf. wi ein fehr lehrreiches, durch: At
undament der wahren Begebenheit to intereffantes Leſe⸗
buch barbieten Lönnte. ” Pr
Indem wir durch vorftehenbe Anzeige das gegenwärtige
Säriftchen ber freundlichen Theilnahme des Publicums ewmpfeh⸗
len wollten, ſchließen wir dieſeibe mit dem herzlichen Wunſche,
daß der Verf. in feinem kuͤnftigen Lebensgange durch recht hei⸗
tere und befriedigende Umſtaͤnde ſich moͤge entſchaͤdigt ſehen fuͤr
die harten Bedraͤngniſſe, die einen großen Theil ſeiner gylden
Jugend verbittert und verkuͤmmert haben.
Notiz.
Leitch Ritchie gibt «ine „Library of original romance”
heraus, welcke in monatlichen Lieferungen erſcheinen wird. Der
erfte ftarfe Band, am verwichenen Neujahretage ausgegeben,
enthätt „The ghost -hunter and his family; by the O'
family”, .
Rebigist unter ö—meblte unter Vreantwortlikelt ver Berlagshandlung: Ba. oda — der VBerlagähanblung: 8. A. Brockhaus in Leipzig.
Blätter
für j
literariſche Unterhaltung.
Sonnabend,
Ueber bie Lage ber Juden in Preußen.
(Bortfekung aus Nr. 60.)
Erlauben Sie mir daher, um bie [chädlihen Wirkun:
gen deffelben einigermaßen zu paralpfiren, einige Bemer⸗
tungen gegen ‚diefen Antrag. Sie behaupten zwar, daß
dergleihen Unfinn in unfern Tagen nur veröffentlicht
werden darf, um als Unfinn erkannt und verlacht zu wer:
den; aber was wird ber freiberger Magiftrat dazu fagen?
wird er nicht frohloden und jubeln und den Juden,
die feine Stadt beſuchen, eine doppelte Ehrenwache mit:
geben? wird er nicht die alte Inſchrift über feinem
Xhore: „Ein Jude und eine Sau bezahlen gleihe Mau”,
In goldenen gothifchen Lettern erneuern laflen? Und glau⸗
ben Sid mir, ber freiberger Magiſtrat erfindet's nicht, er
plaudert's aus; er hat Verwandte und Freunde in allen
Deputirtenlammern und Collegien Deutfchlande. Ans Licht
des Tages freilich wagt ſich diefe Maufwurfsanficht. ſel⸗
ten, aber wir haben in neuern Reiten fo oft den Fall er:
lebt, daß in den Ständeverfammlungen die wärmften Re:
den für Emancipation der Juden gehalten worden find
und beim Abftimmen eine große Majorität ihr entgegen
war. Nur die beffeen Köpfe hatten «6 gewagt, fich oͤf⸗
fentlicy vernehmen zu laffen, und die beſſern Köpfe find
der Sache der Juden geneigt; aber die größere Menge,
die bei der Discuffion geſchwiegen und gefchlafen hatte,
gab beim Abflimmen den Ausfchlag. Dieſen Herren alfo
fage ich noch einmal, denn fie könnten den Anfang
meines Briefs gleichfalls verfchlafen haben, daß fie das
Beifpiel der preußifchen Regierung nicht für fich anführen
£önnen, indem fie den — — [hen Antrag bereits ver
morfen hat und niemals im Sinne gehabt haben kann,
ähntiche gefeßlihe Bellimmungen, die dem Geiſte des
Edictd vom 11. März 1812 fo durchaus zumider find,
für die gefammte Monarchie eintreten zu laffen. Die in
diefem Edict den Juden zugeflandenen echte find von
Sr. Majeftät dem König aus freier Wahl bewilligt und
durch) das auf den Schlachtfeldern vergoffene Blut jüdt:
fer Bürger befiegelt worden; es find wohlerworbene
Rechte, und wenn fie auch in einzelnen Punkten ges
ſchmaͤlert worden find, fo ift Derjenige doch ein Feind
des preußifchen Staats, dee ihm die Ungerechtigkeit an:
muthet, diefe Rechte von Grund aus zu vernichten.
Sie erwarten vielleicht, daß ich verfuchen werde, bie
Sufinuationen der „Leipziger Zeitung” zu widerlegen? Dazu
ift nicht mehr die Zeit. Sie find bereitd taufendfach wi⸗
berlegt worben. Aber es ift die Weife der Verleumdung,
eig wieder die alten Anklagen aufzutifchen. Es bleibt
doch etwas davon hängen, denkt fie, unb der Zropfen,
wenn er beharrlich auf dieſelbe Stelle tröpfelt,, höhlt zu:
legt den Felfen aus. Das Norurtheil ift eine Hydra:
baut man ihr das geifernde Haupt vom Naden und
frohlockt über den vermeintlichen Sieg,, fo wachſen wäh-
vend des kindiſchen Siegesjubels hundert andere hervor
und züngeln giftig. In folhem Kampf ermattet aud
die berculifche Kraft; denn es ift ber Kampf der Lang:
weile. Und wenn es noch ein recht tüchtiges Vorurtheil
von Fleiſch und Blut wäre, das in biefen duͤnkelhaften
Gefeggebern fpuft! aber nein, diefe Herren haben laͤngſt
allem Glauben und allem Aberglauben- entfagt. „Nicht
find wir den Juden abgeneigt”, fagt ber Correfpondent
der „Keipziger Zeitung” in einem frühern Berichte, „weil
diefe Nation eine andere Religion hat als voir, fondern ei:
nen Staat im Staate bildet, weil‘ fie_alle Reichthämer
an fich zieht u. f. w.“ Alſo nicht religioͤfes Vorurtheil, das
ſelbſt als Vorurtheil achtungswerth fein würde, ſondern
Brotz und Amtsneid und dergleichen Keine Eiferſuͤchte⸗
leien find es, bie jenen Staatsmaͤnnern Redensarten enges
ben, an welche fie ſelbſt Längft nicht mehr glauben. Glau⸗
ben foliten fie wirklich an folhen Schnad? „Durch das
ganze Geſetz, welches man beabfichtigt, blidt ein Geiſt
der Milde und der Verſoͤhnung durch, vorzüglich aber
das Beſtreben des Staats, die Juden wieder zu dem
alten Sag zuruͤckzufuͤhren: „Im Schreiße deines Ange:
ſichts folft du dein Brot eſſen“, damit ihre Arbeitsſcheu
vernichtet werde, um fie wieder zur Bearbeitung ded Bo⸗
dens zuruückzufuͤhren; hierin, nicht aber in der fieten Spe:
culation um Gewinn mögen fie das Erdengläd ſuchen.
Ihrer Scheu gegen bie Feldarbeit mag das Geheimniß
zum Grunde liegen, daß die Juden den europälfchen
Grund und Boden nicht als ihr Vaterland betrachten,
fondern daß fie ihren Blick ſtets nach dem fernen, ihnen
unbelannten Lande ihrer Väter richten u. |. w.”’ Sie wuͤß⸗
ten etwa nicht, daß den Juden bis vor etwa zwanzig Jah⸗
ten jeder Befig des Grundeigenthums unterfagt war, daß
fie noch jegt mit unzähligen Schwierigkeiten zu kämpfen
haben, und, unter fo erfchwerenden Umftänden nicht wohl
Dan]
24% n
4
. ’knelleeld, —— ——— m Be
wahren des Gbeiften, was dem Rationalcharakter eines
eigen if. Grmuthigenb wirkt «6 «6 übrigens auf jebes
ende Gemöth, den Genius über die un
triumphiren zw fehen, unb bie ——
fyielen der Art mindeſtens nicht aͤrmer als irgend eine.
ner wie Knox, Wallace, Buchanan, Burns bat fe viele auf⸗
Diefer fie Band gebt von A bis C (Abercremby —
Oroech). Die artiſtiſche Behandlung der Portraits iſt untas
delhaft, und man fieht ei daß fie authentiſch find, fo ſpre⸗
chend iſt deu Ausdruck der meiſten.
2. The lives and explvits of banditti and robbers in all
arts of the world. By C. Mac Faerlane. Zwei Bänke.
nben 1888.
Der Berf. von „Constantinople in 1889” unb „The ro-
mance of italian history’ hat es bei biefem feinem neueflen
Werte offenbar mehr auf die Unterhaltung der Lefer *8
als auf hiſtoriſch freue Erzählung und Unterfuchung des
ſtehung, Drganifation und fonftigen Berhättniffe der uber:
banben, welche chemals bie Öffentliche Sicherheit fo vieler Laͤn⸗
Ver gefährbeten und noch jegt den Betzoͤrden zum Trog am
mandyen Orten ihr Wefen treiben. Obgleich ee demnach vor
zugsweife Bühne Abenteuer, bie Aufmerkfansteit ſpannende Weges
benpeiten und Anekdoten, 33 bei auf den Zuſammen⸗
Yang zu achten, aus jener bäfern Sphäre bes Lebens mittheilt
bat er doch den Fehigriff vermieden, durch Berfälfchung der
——— eine unwärdige Sympathie für zwar bebauernäwerthe,
ber zur Hefe und zu den Feinden der Menſchheit gehoͤrende
Bıfm erregen. Der Angiehungetzaft, welche Ka und
Abbruch. Der Unterſchieb liegt nur darin, baß audy ber obens
bin Leſende, anftatt fi ſchwankenden Eindruͤcken hinzugeben,
von der ganzen Kraft der ſchaudererregenden Wahrheit Et
tert wird. nur baden wir noch zu bemerten. Die 3m
fammenftellung fo vieler einander oft ehr ähnlichen Verbre⸗
den exrmuͤbet endlich den Leſer, und zwar hauptſaͤchlich darum,
weil ihr Hrn. Mac Farlane's oben angedeutete Meiſe der Dar⸗
Rellung jenes tiefere Intereffe benommen Yat, weiches allein im
Stande iſt, für diefe ſormigkeit zu entfchaͤdigen
Dos Leben auf dem Lande.
Das Berohe, Herrliche und Schöne im Anblide ber Nur
empfinden , ſich deffen fo deutlich und klar bewußt werben, daß,
was man empfindet, in Worte übergetragen werben und gleiche
ſchaͤrfere Giane, empfänglis
pe dv
voraus
beferunbeten, verwandten Geifte unb
Derzen gleichfam nachbtiden, mit iym eine Empfindung theiten
it — und das ift Ithätige — — — faſt Allen moͤg⸗
lich. Lebhaftere, gewaltigere Gefühle leben im Herzen, das, vers
als Biele beſitzen.
ſunken in ſtille Betrachtung der Natur, und gehoben —
über die Eippen draͤnge und jedes andere zu beleden ich febmt.
So find alle bie mehr und minder Gmpfänglicken fähig, mit:
teilbar ober unmittelbar aus dem Labequell ber Natur zu ſchoͤ⸗
pfen Freude und Wonne, fi) zu erheben vom Sichtbaren zum
Unfiäitbaren. Ein unſtchtbarer Echter ſchlaͤgt das große Bud
auf and unterrichtet alle Erdbewohner. Gewiß werden bie Ed⸗
lern unfers Geſchlechts einer Tleinen zum zweiten Mal erneueten
Shrift dee gefählvollen Erneftine von KrofigE unter bem
einfachen Titel: „Sänblidde Stunden” (Berlin, Hetb, 1832, 8.,
12 Gr.), in biefer Radriht ihre Aufmerffamteit ſchenken. Gi⸗
kennen fie ſchon als eine theilnebmende Freundin ber Letdenden,
die nicht allein ſelbſt gelitten hat und fremde Leiden zu lindern
firebte, ſondern auch Allen, die des Lebens große Aufgabe,
- "Liebe zu uͤben an Unglüdlidden, Kranlen, eine treue Schrerin
durch ihre Schrift:
nachgezeichnet und in das Der Deren, bie fie au
mertfem befchauen, Glaube, Eiche umd Sofnung ii *
uagen
ben Gedruüͤckten mit ber Erbe Wärben werföhnen, dem M
loſen Bertrauen einflößen, ben Unglücklichen erheitern, die Melt
mit ihren —— Die verkiären und das Auge nad Dben
. Raturbetradgrungen gern —*
eiche, bes Desfiellung
eines body aefeierten, num —— Kanzelreb⸗
ners, des net Hanfein, der man Gemuͤthlichkeit zuſchrieb,
Syn war bie erfte Ausgabe biefer Schrift geweiht, bie zweite
- feinem Andenken. Die Gegenflänbe des Landlebens, welche hier
von ihrer freundlichſten Seite beleuchtet worden, find nicht alle
gleich umfaſſend und
wohlthut. Es
‚do Jeld Sorten, die Ernte, die Weinleſe, bie
Bohrung be6 Leandmanns, der Ruhetag, der Kirchhof, bie hier
finde, wicht yeüfen, ob fie unter bem Kamen „Laͤndliche Stun
bew’' begeiffen werben koͤnnen. Dürfen wir ber Berf. wegen ber
Aufeinanderfolge des Gegenftände, weiche den wmfaffendten vos
ben beſchraͤnktern, oder beffer umgelchrt, den —— anweiſt,
gärnen? Dieſes und Jenes nicht. Nur das Wahre und
Schhoͤne im Gedanken und Ausdruck bemerklich zu machen, ziemt.
Die Wohnung des Landmanas (©. 53), unter welchem ber
Gutögter oder Pächter verſtanden wird, bad Leben in ihr und
ihren. Umgebungen, die Menſchen vom Haupte bis zum niebrig«
fen Dienftbeten, die Thiere in den Gtällen und AL op, ige
Werth und ihre Nusbarkit, die e Irbeites des Feldes, unb was
font dierder noch gezogen worden, umfaft die Betzachtung.-
Sie wird anziehenber eg in bie legten Arbeits⸗
Runden ber Woche verlegt
—* * ſchoͤnes, anſprechendes laͤnd⸗
liches Wild! Der Wunſch, fo zu wohnen, fo z leben
wie die Menſchen bier, Aeigt unwillkuͤrlich aus des 32
e. Bei rfahrung bes
cher Bater zum Erben großer ——* machte. Die alte
gute Dausfitte, woran biefes Bild erinnert, iſt —ES
—ã und Prunk hat die alten braunen Nußbaumgeräthe
in die Polterkammer verwiefens fremde Grbtheile haben mit ih⸗
zen Erzengniſſen den Gaumen verwöhnt, has Leben gefeigert;
die ſtille rege Thaͤtigkeit Hat das Wohlleben verbrängt; Gigennug
und Habſucht haben das Band innigen Vertrauens, das fonft
alle Dausgenofien an den Hausherrn Inüpfte, zerriffen. Wie
AR das Jetzt gang anders als das Gonft!i Wenn ber Reiz bie
fes Tönen Ländlichen Gemäldes auch nur Ginen ber vom
Prunfgeifte der Zeit Neberwältigten ergreift, nur Gines und das
Andere aus der alten Zeit in die neue — benn nicht alles Alte
iſt empfehlenswertg — verpflangt und Ginfachpeit in ber Le⸗
bensweife, Zufriedenheit im Herzen, Siebe und WBertraum Uns
ter bie Hansgenoflen zurüdkuft, fo bat das kleine Landbuͤchlein
wie billig es auch gekauft werden kann, einen, unendlich den
„Ueber den Umgang mit Leibenden. Geis innern und äußern
Redigirt unter Berantwortligkelt der Berlagäbandlung: J. A. Brodhaus in Leipzig.
über bie ansgewählsen Gegen _
!
Li
Blätter
für
27: eitag,
mer. r--
Zn an —
ur achricht.
literariſche Unterhaltung.
Von dieſer Zeitſchrift erſcheint außer den Beilagen taͤglich eine Nummer und iſt der Preis fuͤr den
Alle Buchhandlungen in und außer Deutſchland nehmen Beſtellung darauf an; ebenſo
Jahrgang 12 Thle
. alle Doflämter, die fih an bie Eönigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, das Fönigl.
preuß. Srenzpoftamt in Halle, ober dad fürftl. Thurn und Zarifche Poftamt in Altenburg
wenden. Die Verfendung findet wöchentlich zwei Mal, Dienflagd und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt.
Ueber die Lage der Juden in Preußen.
Sie fodern mich zu Berichten über Berlin auf, ver:
: ehetee Freund, aber ich gehe nicht ins Theater, unb au:
Berhalb der Breter, die die. Welt bedeuten, gebt .bei uns
fo .gut als gar nichts vor. Wir begleiten die Weltge⸗
ſchichte mit obligaten Wigen, und fo wären denn unfere
ige faſt das Einzige, was in Berlin wirklich paffirt. }.
Es ift Überdies nicht ohne Gefahr, in auswärtigen Blaͤt⸗
sen über Berlin zu berichten, denn man riskirt, mit jenen
obfeuren Briefſtellern verwechſelt zu werben, welche jegt die ge:
Lefenften Zeitblaͤtter, namentlich Die „Allgemeine Zeitung” und
bie „Leipziger Zeitung”, faſt pofttäglich mit Ihren Privat:
mittheilungen überfchwersmen. As bie neueſte Nachricht
gebe ich Ihnen die Verſicherung, daß biefe Briefe von
dee öffentlichen Stimme, fofern ſich eine folche bei uns
vernehmen Laffen darf, gemisbiligt und belacht werden.
Sie haben doch unfere diesjährige Thronrede gelefen?
Ich meine die Rede, bie der Biſchof Eylert zur Feier des
diesjährigen Ordensfeſtes gehalten Hat. In vollem Ernſt,
die Orbenshieracchie, die mit jedem 48. Januar immer
fefter begründete wird, ſcheint mir eine tiefere Wurzel zu
haben, als man gewöhnlich meint. Sie foll nämlich, wie
der. Bifchof ausdruͤcklich gefagt hat, der Werfchmelzung der
Stände entgegenacbeiten und eine Scheidewand befefligen,
an deren Zerſtoͤrung die ganze Zeit arbeitet. Denn ber
Orden belohnt nicht allein ein Verdienſt, er bezeichnet.
auch einen Stand. Diefelbe Sucht, zu claffificiten, fol
auch in einem Gefegentwurfe, die bürgerliche Verfaſſung
der Juden in den preußiſchen Staaten betteffend, hervor:
treten, ber in der Iehten Zeit die Aufmerkſamkeit des
Publicums in hohem Grade auffihgezogen hat. _
Bei dieſer Gelegenheit nehme ich mir bie Freiheit,
der ſechs Brofhären ”) uͤder Emahripation der Juden
*) 1. Beſuch ber Bekenner des jüdifchen Glaubens im Ber:
zogthum Braunſchweig an Ge. hochfuͤrſtliche Durchlaucht
-
a —— — —— — — — — —
zu erwaͤhnen, die Sie mir vor einigen Monaten zu uͤber⸗
ſenden die Güte hatten. Was mir als das Wichtigſte
an ihnen erfheint, tft das numeriſche Verhaͤltniß, daß
fünf für und nur Eine gegen die Juden gefchrieben ift.
Ih möchte Sie namentlih auf die ſehr verdienftlichen
Schriften von Beitel und Cohen aufmerkfam machen,
welche den Gegenſtand gründlich erörtern und außerbem
auch dankenswerthe Nachrichten über die oͤrtlichen Ver⸗
hältniffe der Juden in Braunſchweig und Hanover mit:
theifen. Krug ſpricht in feiner bekannten Weiſe, wohl:
mwollend und entfchieden, und von ihm darf man wol mit
Recht erwarten, daß er in der fächfifhen Kammer bie
Sache der Juden führen und, wenn aud nicht in diefem
Sabre, duchführen werde. Ludwig Schragge iſt zu ges
(ehrt und bemeift nichts. Weber den Hülferuf wider die
ITA
den regierenden Herrn Herzog Wilhelm von Braunſchweig⸗
Lüneburg um gnädigfte Verleihung voller bürgerlicher Rechte.
Verfaßt und mit erläuternden Zuſaͤtzen verfeben von G. X.
Geitel. Braunfäweig, Bieweg u. Sohn. 1881. Er. 8,8 Gr.
2. Ueber die Lage der Juden nach gemeinem deutfhen Recht
und die Mittel, diefelbe zu verbefiern. Mit befonderer Be:
rüdfihtigung bes Königreichs Hanover. Gin Berſuch von
Morig Cohen. Banover, Hahn. 1832. Gr. 8. 10 Gr.
8. Die Politit der Ghriften und bie Politit ber Zuden in -
mehr als Laufendjährigem Kampfe. Cin Nachtrag zum
Portrait von Guropa, gezeichnet von einem alten Staats⸗
mann außer Dienften, in Drud gegeben von W. T. Krug.
Leipzig, Kollmann. 1832. Sr. 8. 12 Gr.
4. Wie verloren die Juben das Buͤrgerrecht im weſt⸗ und
oftrömifhen Reihe? Cine inbirecte Beantwortung ber
Frage: „Sollen die Juden das Bürgerrecht erlangen 2
Beantwortet von Ludwig Schragge. Berlin, Froͤhlich
u. Comp. 1882. ®r. 8. 18 Gr. -
5. Boͤrne und bie Juden. Ein Wort der Ermiterung auf
bie Blugfchrift des Herrn Dr. Eduard Meyer gegen Börne von
Gabriel Rieſſer. Altona, Hammerich. 1832. &r.8.4 Gr.
6. Zu. Hülfe wider bie Juden! — Ein Notruf und Beitrag
iur Gefenartumg. Nürnberg, Riegel u. Wießner. 1832.
r. 8. r.
—
Juden erlaſſen Sie mir etwas zu ſagen; ein reichsſtaͤdti⸗
ſcher Judenhaß hat ihn dictirt, aber die Stuͤrme der Zeit
haben ihn laͤngſt verweht. Rieſſer's Flugſchrift iſt mit
Feuer und Beredtſamkeit geſchrieben. Wichtiger aber als
dieſe kleine Broſchuͤre iſt die Zeitfchrift: „Dee Jude“, die
Here Dr. Rieſſer hemusgibt. Ste. übt eine wachſame
Controle Über die Angelegenheit der Juden' in Deutſch⸗
land, und es dürfte fortan nicht leicht ein oͤffentlicher
Schritt in diefer Beziehung. gethan werben, der fich ihrer
fcharfen Kritik entziehen Tönnte. Bereits erfreut fich diefe
Beitfehrift, won deu bisher 26 Nummern exrfchieen ſind
(der erfte Band), durch vielfeitige Theilnahme eines felb:
gen Beſtehens, und der Herr Üebartenr hat dem⸗
nad) die Erklaͤrung abgegeben, er werbe fo lange mit fei:
nen Mittheilungen fortfahren, als die Juden in Deutſch⸗
tand noch unter dem alten Drucke ſchmachten. Möchte
es ihm recht bald an Stoff gebrehen! Herr, Riefler ift
'Doetor juris und die Republik Hamburg hat ihm bie
Advocatur verfügt. Er hat das beffere Theil, erwählt, und
anftatt für Privatleute zu pfaidiren, tft er der Advocat
eines „unterbrüukten. Theils _ber en. chheit _ge:
worden. .
Die ‚Leipziger Zeitung” vom 11. Februar, die mir
fſoeben zu Geſicht kommt, theitt endlich etwas Ausfuͤhrli⸗
ches Uber die geſetzüchen Beſtimmungen in Betreff der
Faden mit, "von denen ich Ihnen vorher nur andeutend
geſchtieben habe. Sie fegt die Grundlagen einer neuen
Indenordnung für die preußiſchen Staaten auseinander,
„die bereits bei allen Miniſterien Biltigung gefunden ba:
: ben fol”. Einer unſerer berühmteften Staatemänner bat,
als das freifinnige Ediet vom 11. März 1312 derathen
wurde, fein Votum dahin ubgegeben: Ich flimme für ein
Geſetz über Juden, das mehr als vier "Wörter enthält:
„Gleiche Rechte, gleiche Pflichten!” Jener Staatsmann
-1ebt gegenwaͤrtig im Nuheftand, und ber vorliegende Ge:
ſetzentwurf beſteht aus 64 Paragraphen. - Ste halten ihn
für untergefchoben, für die liebenswürdige Schwärmerei
irgend eines romantifchen Geiſtes? O Sie Gluͤcklicher!
Waͤre aber auch nicht, ein Jota wahr daran, fo ift er
bach gut erfunden, fo hat doc kein Vernuͤnftiger und
Einfichtsvoller daran gezweifelt, daß er wahr fein koͤnnte.
Aber er tft nicht erdichtet diefer. Entwurf eines Gefeges,
das uns urplöglich in die Bevormundung des Mittelal:
ters zurbdführen- würde. Zwar bin ich feſt uͤberzeugt,
und Jeder, der bas Verfahren unferer Regierung kennt,
iſt es mit mir, daß folh ein — — niemals zum Ge
feg erhoben werden wird, denn von jeher iſt die Scheu
vor — — —, befonderd aber vor dem Lächerlichen
wirfamer geweſen als die Erkenntniß und freie Wahl des
Mahren und des Guten; daß aber dieſe Schüterarbeit
eines Anfänger im SJeluitismus, der fchon mehre Jahre
mit dieſer pofficlichen Maus ſchwanger geht, ſaͤmmtlichen,
Minifterien des intelligenten preußifchen Staats vorgelegt '
werden durfte, daß fie die Angelegenheit der Juden nod)
einmas um Jahre hingezögert und ihre oftmals getaͤuſchte
Hoffnung noch einmal getäufcht hat, iſt dies nicht — |
doch warum fol id mir die Mühe geben, ‚meinen Satz
auszufchreiben, da ich ja im Voraus weiß, daß ber Cen⸗
for flreichen würde, was mir der Unwille eingibt?
Es ift in der Stadt von zwei Gefegentwärfen bie
Mede, von einer „Zubenordnung” (sic!) für das Groß:
berzogthum Pofen md von einer andern für die geſammte
Monarchie. Der Verf. der letztem If, wenn. man be
Gerüchte trauen darf, br — — — — — —
Das allgemein anerkannte Talent des ehren⸗
werthen Herrn — „denn Brutus iſt ein ehrenwerther
Mann” —, ſich in den Glauben und die Denkart des
Mittelalters zu verſetzen, bat ſich auch hei dieſer Arbeit
auf das Glaͤnzendſte bewaͤhrt, denn man darf ihr das
Zeugniß gehen, Daß fie nicht durch Dia geringfle Synr Den
leiſeſten Argwohn erweckt, als ob ſie fuͤr die Gegenwart
und fuͤr gegenwaͤrtige Beduͤrfniſſe berechnet ſei. Der be⸗
ruͤhmte bat fich ⸗ die Arbeit ſauer wer⸗
den laſſen. Anſtatt ſeinem Nachbar, dem Juden, in die
Fenſter und, wo möglich, ind Herz gu:guden, hat er die
alten Balladen und Chroniken.’ fleißig: ſtudirt; anſtatt feis
nen Nachbar, den’ Juden, im Handel und Wandel und
feine huͤbſchen Toͤchter auf dem Ball und im Theater zu
beobachten, ſchwebte dieſem trefflichen Geſetzgeber bes teufe⸗
liſche Jude Gerautus von Venedig vor oder die Juden⸗
tochter, die in Mirrilandsſtadt ein. Chriſtenkind ſchlachtet
und in den tiefen, tiefen Brunnen verſenkt. Möge. er
Serautus von Venedig oder die Judentochter aus Mirri⸗
land inhaftiren laſſen, wenn fie feine Geſetze übertregen!
Was gehen fie feinen Nachbar ober. deſſen hüͤbſche Toͤch⸗
tee an? Wie dem aber auch fein mag, bie Arbeit. hat
ihren hiſteriſchen Werth und in dieſer Sigenfhaft iſt fie
bereits dem Vernehmen nach vom Staatörath ‚mit großer
Stimmenmehrheit verworfen worden, indem bie glänzende
Correlation. eines hohen Beamten die eigentliche Bedeu⸗
tung derfelben fiegreich ins Licht ſetzte.
. Meber das Judengeſetz für die Provinz Pofen war
bisher nach niches Beſtimmtes im Publicum verlantet.
Man vermuthete nur, daß ſowol der Obespräfident biefer
Provinz, Derr Flottwell, als auch der commanbirende
General derfelben, Herr von Grolmann, fih zum Theil
in der Abfiht in Berlin aufhalten, um ben Berathungen
über dies Geſetz beizumohnen — eine Vermuchung, die
zur. Gewißheit wurde, als. eine Deputation pofener Juden,
aus Vorfichern der pofener und liſſaer Gemeinde beſtehend,
bier ankam, um die Angelegenheit ihrer Mitbrüder zu
betreiben. Da uns noch keine ausländifche Zeitung über
den Erfolg dieſer Deputation unterrichtet hat, fo haben
wir, wie ſich's von ſeibſt verſteht, noch nichts Beftimmtes
daruͤber erfahren. . Run gibt uns die „Leipziger Zeitung”
den oben befprochenen Gefegentwurf, von dem in Frage
geſtellt wird, ob «u für die neuen Provinzen oder für bie
ganze. Monarchie beflimmt fei. Diefe ‚fogenannte: Ju:
denordnung, die und von dem Gorrefpomdenten ber „keip⸗
ziger Zeitung” im Auszuge mitgetheilt wird, iſt aber, nad)
Demjenigen zu urtheilen, was über die — — 'ſche bes
seits „bekannt geworden ift, nichts Anderes ale eben
diefe vom GStaatsrath bereits verworfene
— — — ſche Relation. Bie werden ben rechten
—
381
‘ - ‘ IN
Samen zu finden wiſſen, mit bem ein fo aureblides
Berfahren gebranbmarkt werden muß, das offenbar unfere
‚Regierung zu verleumden beabfihtigt. Dan ift es wol
senkbar, daß ein für die ganze Monarchie eben verworfe⸗
mer Antrag gleichwol für. einen Theil derfelben in Aus⸗
führung. gebracht werden fol, und tft es nicht offenkun⸗
dige Berleumbung, das Publleum düberreben zu wollen,
daß unfere Regierung einer folhen Inconſequenz fähig
fei? Welches iſt denn nun bie eigentliche Abficht des
Einfenders? Er verraͤh fich ſelbſt in folgenden Worten:
‚Kin ſolches Geſetz erſcheint eingreifend für alle chriftliche
Staaten. Daher (!) wollen wir auf das Ausführliche
Alles mittheilen, was wir‘ von diefem Gefegentwurf ge:
bört.” Da bie meiften Ständeverfanmlungen ſich gegen:
waͤrtig mit der wichtigen Frage der jhdifchen Emaneipa:
tion befchäftigen, fo will er ihnen dies Geſetz zur Nach:
achtung vorlegen und ſcheut nicht eine Lüge oder, was
daſſelbe if, das Verhehlen der Wahrheit, um feinen Lefer
glauben zu machen, es fei im Emft die Rede davon, den
widerfinnigen, längft verworfenn — — (den Entwurf
ins Wert zu ſetzen. Zu folhen Myſtificationen iſt die
„Leipziger Zeitung” gemisbraucht worden.
e Bortfegung folgt.)
Meine Reifen und meine fünfjährige Gefangenfchaft in
Algier, von Simon Friedrich Pfeiffer. Mitch
ner DBorrede vom Herrn Prof. Dr. Schmitthens
ner. Gießen, Rider. 1832. 8. 1Xhlr. 4 Sr.
Obgleich die politifche Manie der neueften Zeit alle anbern
Intereſſen beinahe ausfchleß und das Unkraut der zahllos auss
und übereinander hbervoricießenden und wuchernden Zeitungen
jede Ausfaat von nabrhaftern und erquicklichern Geiftesfräckten
hinderte und zu erſticken drohte, fo fehlte es doc fortwährend
nicht an einer Maffe werthloſer Ephemeren jeber Art, bie ihr
Städ verfuchen und oft genug finden in einer Refewelt, wo
eben die Weberfülle und das wiberftzeitende Getoͤſe das Urtheil
immer mehr verwirren und, wenigftens für einige Zeit, die Auf:
nahme des Guten wie bes Schlechten zufällig machen. Ra:
mentlich Liefert nicht felten Stoff zu dergleichen die verkehrte
Richtung vieler jungen Leute in unfern Tagen, welche, anflatt
in den Anfoderungen ihres naͤchſten Lebenskreifes den Umfang
ihrer Pflichten zu ertennen und zu erfüllen, mit unbändiger
Ueberhebung in bie Weite hinaus zu wirken unb zu irren un:
ternehmen und dann zuiept durch.den Druck bem Publicum mit
ber — Bekanntmachung ihrer gleichguͤltigen Be⸗
gegniſſe und Abceuer aufwarten. Es iſt deswegen begreiflich
genug, warum man gegen Schriften wie die vorliegende, ſelbſt
dann, wenn fie unter der Schutzrede eines vertrauenswerthen
Ramens auftreten, ein nicht unbegründetes Worurtheil mit:
bringt und von folcher Lecture fi um fo weniger Gewinn unb
Vergnügen verfprechen mag, wenn man wie bier auf den erfien
Geiten denachrichtigt wird, daß ber Verfafler ein 2Sjähriger
Zöngling ift, welcher eben zu Gießen ſich der Arzneiwiffenſchaft
widmet und demnach die” mitgetheilten Begebenheiten in ſehr
früher und unreifer Rebenszeit erfahren bat.
Indeſſen verſchwindet die geringe Meinung, mit welder
man allenfalld das Büchlein zur Hand nehmen mochte, bei nähe:
zer Belanntfchaft, und man fühlt ſich bald von einem lebhaften,
fowol fubjectiven als objectiven Intexeffe angezogen. Zunaͤchſt
iR es die- achtens⸗ und Tiebenswerthe Verfönlichkeit des Verf,
ein lauterer unb milder Charakter, der ungefchminft ia der
ganzen Crzaͤhlung ſich zu erkennen gibt, und der eine befondere
Tbeilnahme einflößt mit den außerorbentlichen, unverſchulbeten
Schidfalen eines Füng!inge von fo zartem Alter, dabei ein ges
funder, offener Sinn, weicher, wenn auch ungebildet, mit jus
gendlich friſcher Empfaͤnglichkeit die begegnenden Erſcheinungen,
foweit innen feine Faſſungskraft gewachfen if, rein und richtig
anfhaut und ebenfo mit unbefungener Wahrhaftigkeit dem Leſer
das Michtigeie von Dem mittheilt, was gr gefehen und erlebt
hat. Hierin finden fi wahrhaft poetiſche Momente; es ift ber
Berlauf dieſer Begegniffe, fo einfach und natürlich fie fidy zus
getragen, fo ſchlicht fie erzähle find, oft fo phantaſtiſch, daß
man an bie aͤlteſten Geſchichten erinnert wird, wie namentlich
an die Joſeph's in Aegypten, und bie Vorftellung, wie bas
Geltfamfte, was man aus fernen Zeiten vernimmt, in unfern
Zagen bem eignen Landbemann wiberfährt, wie er mit fanfter
Gottergebengeit, mit Muth und Geſchick in jede Lage fig zu
fügen, diefelbe immer zu eignem und Anberer Frommen mög»
lichft anzuwenden weiß, aus den ſchrecklichſten Erduldungen fi
aufrichtend vertrauensuoll eine beffere Zukunft und Griöfung
hofft und endlich auch erreicht — dieſe begründet oder erhöht
den erbaulichen Eindruck, "welchen bie gegenwärtige Schrift im
Sanzen hervorbringt. Aber abgefehen von biefer aͤſthetiſchen
Wirfung, ift fie auch durch bie ethnographifche und biftorifche
Bedeutung der Gegenflände, über die fie, befonders in der zwei⸗
ten größern Hälfte ſich verbreitet, objestiv anzichend und Iehrs
reich, indem ſich über die oͤrtlichen, politiſchen und ſittlichen
Verhaoͤltniſſe Algiers und feiner Bewohner, namentlich über die
Umſtaͤnde ſeiner Eroberung durch die Franzoſen, welche der
Verf. dort erlebte, viele intereſſante Nachrichten darin finden.
Der Antheil bes Zeitgenoſſen an dieſer Begebenheit mußte freis
lid in ben Hintergrund treten ober verfchwinden, fo lange die
Löfung ter näher uns angehenen Fragen noch vorzugsweife
die @eifter beſchaͤftigt; allein die Eroberung und Befegung von
Algier, fo viel auch bie Partei es zu nerfchreien und zu vers
kleinern fich bemühte, ift immer ein weltbiforifähes Ereigniß,
oder Fann es werden und in glänzende Kolgen fich erweitern,
wenn bie politifhen Werwidelungen und ber gewaltige Zudrang
der nähern SIntereffen biefelben nicht paralyſiren. Jenen An«
theil erneuert nun das Büchlein bes Verf. und lenkt den Blick
wieber nach jener unheimlichen Küfte, deren reizende Landftriche
tünftig vielleicht der Barbarel entriffen unb einem fegensreichen,
menſchlichen Dafein wiedergegeben werden. Obgleich es an aus⸗
fuͤhrlichern, zumal franzoͤſiſchen Berichten über bie Gegend unb
über die Beſetzung von Algier nicht fehlt, ber Werf. nach feir
nem Alter, feinen Kenntniffen und feiner Bildungsſtufe übers
haupt nicht grade geeignet fcheinen mag, tief und umfaffend
einzubringen, fo find die Bemerkungen und Grfahrungen, zu
welchen feine eigenthümliche Tage ihm Gelegenheit verfcaffte,
dennoch von befonderm Werth und Intereffe;s wie fie in allen
Einzelheiten das Gepräge der Wahrheit anfidhtragen, fo haben
fie, trog der Kürze und Unvollſtaͤndigkeit, das Sichere und Les
bendige eines an Ort und Gtelle Anmwefenden, eines unbefanges
nen Augen: und Obrenzeugen, ruhigen und verftändigen Beobach⸗
terö, unb vergegenwärtigen unb beleuchten bergeftalt fehr ers
wuͤnſcht jene bedeutenden Momente.
Die folgenbe Ueberficht fol den Inhalt ber gegenwärtigen
Mittheilungen näher anzeigen. Der Verf., ein Rheinheſſe, nach
dem 'er im fecheten Jahre feine Aeltern verloren, dann don
woblthätigen Menſchen unterflügt und erzogen worben, im drei⸗
zehnten Jahre fi) ber Ghirurgie gewidmet, begibt ſich im funfs
zehnten zu Bekannten nach Amfterbam, wo er durch deren Ems
pfehlung auf einem Linienfchiff im Texel, einer Art Seecaſerne,
als Prakticant der Chirurgie eine Unterkunft findet. Bier hat
er im Schifisfpital unter der Leitung bes Dberarztes ten Ver⸗
band und die Apothefe zu beforgen, macht ſich inzwiſchen mit
den Gigenthümlichkeiten des Schiffs und Seelebens bekannt und
wird im December 182%, noch in bemfelben Zahre feiner An»
Zunft zu Amfterdam, der Bemannung einer Zregatte beigege⸗
ben, weiche zum Schutz des Handels im Mittelmeer zu kreuzen
angewiefen if. Das Schiff fährt ab, und unfer Verf. gelangt
‚As
nun unter den gewöhnlichen Gturmesfcenen und anbern Abens
teuern nach @ibraltar und weiter zu dem holländifchen Depot
Hort Mahon auf Minorca, nach mehrmonatlichem Aufenthalt
bafelbft nad) Toulon, wo Sciffsbauholz an Bord genommen
wird, und dann um Gicilien nach Neapel, wohin ber Schiffs:
sapitain dem Verf. unbelannte Aufträge hattes von ba kreu⸗
zen fie fübwärts in ber See umher und kehren wegen erlittes
ner Befchäbigung durch Sturm und Erkrankung ber Manns
ſchaft wieber nach Port Mahon zurüd, wo das Schiff ausge:
beffert und zur Fahrt nach der Levante beordert wird. Unter
Zührung eines Lootſen, ben fie in Malta mitnehmen, fegelt es
nun nad Milo und geleitet von da eine Anzahl Kauffahrer
durch die wegen der Piraten unſichern Gewäfler an Scio vor«
bei — wo fie bie Spuren ber Verwuͤſtung noch fehen und ſowol
der türkifchen als griechifchen Blotte begegnen, auch bald barauf den
Kanonendonner der Schlacht vernehmen —, nach kurzem Aufent⸗
halt auf dem reizenden Tino, in ben Hafen von Gmyrna. Aud)
‚ bier verweilt es nicht lange, fondern begibt fih, um frifches
\
Waffer einzunehmen und die Kranken beffer zu verpflegen, nad)
Uwrlah, einem wenige Meilen von Smyrna entfernten Orte
wo ber Berf. unter Anderm einmal gefehen, wie eine Öftreichis
ſche Gorvette, troß der Proteftation von Seiten feines Schiffe
capitains und eines franzöfifägen, der mit einer Brigg zugleich
bier vor Anker lag, zwei griechifche Barken in ben Grund bohrte,
indem fie von ihrer Regierung fich befugt erklärte, die griechi-
Shen „Rebellen“ alle wie Piraten zu behandeln. Der KAranten
wegen bringt ber Verf. zu Uwrlah bie meifte Zeit auf dem
Lande zu; bier macht er nun einft mit mehren Bekannten ges
gen Abend "einen Gpaziergang nach einem Waͤldchen, als er
plöglih von einem Haufen, bewaffneter Janitſcharen überfallen,
geplänbert tmd nad argeh Mishandlungen zum Hafen von
myrna auf ein algierifches Kaperſchiff gefchleppt wird, das
ihn mit noch andern griechiſchen Sklaven nach Algier überführt.
Dies gefhieht im Zuli 1825, alfo ein halbes Jahre nach des
Verf. Abdreife von Europa; er war eben 16 Jahre alt. Jn
Algier angelommen, wird er ber Wohnung des Haſſenatſchi⸗
Effendi, Juftiz: und -Policeiminffters, zugetheilt und ale Sklave
zum Dienft in der Küche deffelben angeftellt, wo ihm mit meh⸗
ren andern die Reinigung bes Gebäudes und ber Hausgeraͤth⸗
ſchaften, das Zurichten dee Nahrungsmittel u. f. w. unter dem
brutalen DOberbefehl ber Köche obliegt. Ein Verſuch, diefem
brücdenden Zuſtand durch bie Flucht gu entgehen, wirb durch
den Verrath eines boshaften Mitſklaven, eines Savoyarden,
vereitelt und durch bie Baftonnabe ſchrecklich beftraft. Inzwiſchen
find zwei Jahre vorübergegangen und ber Unglüdlidye hat bie
Landesfprache ziemlich fertig gelernt, als ber Zufall einer per:
fönlichen Unterredung mit dem Minifter, die Erflärung, daß er
in Europa die Wunbarzneifunde gelernt, und eine zur erften
Probe wohlgelungene Sur bei einer Unpäßlichkeit des Herrn ſei⸗
nem Schickſal eine günftige Wendung gibt: er wird zum Leibs
arzt des Haffenatfihis Effendi erhoben, aus ben ſchmuzigen
Schlafkammern der Kuͤchenjungen in mehre Prachtzimmer des _
Dalaftes einlogirt und mit Glanz und Ueberfluß umgeben. In
diefer- äußerlich behaglichen, wenn auch langweiligen Lage zieht
{fm der Reid und die Tuͤcke eines Verwandten des Miniftere
“no einmal eine gräßlihe Mishandlung zu, bie ihn an Leib
und Seele zu zerrütten brobt. Da kommt ihm (1828), während
ee auch diefe gluͤcklich überfteht, das Gerücht von der Mishel⸗
ligkeit des Dei mit bem franzoͤſiſchen Gefandten zu Ohren, über
deffen viefjährige Urfachen, wie fie von den XAlgierern ihm ers
zählt wurden, uns der Verf. nähern Aufſchluß gibt. Seine |
‚ neubelebten Hoffnungen, bet einem bevorficehenden Kriege mit
den Zrangofen aus der Sklaverei gerettet zu werben, nähern
ih ber Erfüllung; nad fruchtloſen Verhandlungen und mehr:
ältigen, gegenfeitig verübten Feindfeligfeiten während der fol:
genden zwei Zahre, landet im Sommer 1850 ein franzöfifches
Heer an dem räuberifchen, dhriftenfeindlidhen Geſtade, die Scha⸗
ren ber Moslims werben geſchlagen, die Hauptſtabt wirb am
Rebigist unter Verantwortlichkeit der Werlagshandlung: 8. A. Brodhaus in Leipzig.
6. Juli crobert und unter europaͤtſch⸗ chriſtliches Gefeh und Deb⸗
nung gebracht. Unſerm Berf., welchem in biefer Bedrängaif
der Algierer ſchon vorher bie Freiheit gefchenkt worden, und
welcher fi inzwifchen mit Gifer und Anftrengung ber Pflege
der in den Gafernen angehäuften Verwundeten unterzogen,
von Seiten der Sieger ein ehrenvoller Empfang zu Sheil md
bie Ansfie auf eine anſehnliche Stelle in der Berwaltung ber
Stadt; zu gleicher Zeit macht ihm der Bei von Ziteri, dem er
aus feinen frühera Werhättniffen bekannt und empfohlen-war,
ſehr fchmeichelhafte Anerbietungen und will ihn unter glänzens
der Bedingungen zu feihem Schagmeifter, Arzt und Dolmet⸗
ſcher einfegen; aber diefe lockenden Ausfichten ebenſowol als. ber
Reiz der intereffanten Bekanntſchaften, die er jegt antnäpfte,
werden von feiner Sehnſucht nach ber Heimat übertwogen; uns
gern entlaffen und mit Baarfchaft und Empfehlungen freunds
lich verſehen, ſchifft er als frangdfifcher Offizier auf einer frans
zöfffchen Gorvette im September 1830 ſich ein, kandet in Mar⸗
feile, fest ungehindert bie. Reife durch Frankreich fort und ers
zeicht endlich wieder gluͤklich das lang entbehrte Vaterland.
Sn der Darflellung biefer Erlebniſſe ift der Verf. durchaus
beſcheiden und anfpruchelos, und au ba, wo er fidy veranlaft
flieht, der Tuͤchtigkeit und Werdienfttichkeie feines WBenehmens zu
erwähnen, immer frei fowol von Aufbinderei alß unangenehmer
Seldſtgefuͤlligkeit. Ebenſo iſt der Ausdruck einfach, angemefs
ſen, und der Styl uͤberhaupt ſo gut und correct, daß wir zwei⸗
felten, ob der Verf. nach fo langer Entfremdung und Entfer⸗
nung vom Baterland und feinee Sprache ohne Beihuͤlfe feine
Erzählung fo habe abfaffen können, wenn man barin nicht eis
nen übereinflinimendben Ion und. gleihmäßigen Charakter ger
wahr würbe, welder doch auch ber Borm nad hauptfächlic der
Perſoͤnlichkeit bed Erzaͤhlenden anzugehoͤren ſcheint.
Wir vermißten oͤfter eine groͤbere Ausfuͤhrlichkeit, beſon⸗
ders in der Beſchreibung der. Localitaͤten und Lebensverdaͤltniſſe,
und freuten Uns daher um fo mehr, daß der Verf., der Vorrede
zufolge, „eine volftändige Darftellung feiner Erfahrungen unb
Anſichten“ fpäter noch zu liefern gedenkt, wenn ihm die Um⸗
ftände hierzu mehr Muße geftatten. Es ift nur zu wuͤnſchen,
daß durch folchen nothgebrungenen Aufſchub jene Darftelung
nit an Lebendigkeit und Anſchaulichkeit verlieren möge, wie
es bei ſolcher Entfernung bes Raumes und ber Zeit und dem
großen Unterfchieb her Zuftänbe faft unvermeidlich ift, wenn ber
Verf. verfäumt, jene Bilber bie ins Einzelne feſtzuhalten, bes
vor die Belhäftigungen und Erſcheinungen der umgebenden
Gegenwart fie in feiner Einbildungskraft verdrängen. Zugleich
wollen wie ihm hierbei nicht unbenferkt laffen, daß uns ber
Stoff feiner Erzaͤhlung zur Bearbeitung für eine Zugendichrift
vorzüglich geeignet fcheint, und daß diefelbe durch gelegentliche
Beruͤckſichtigung naheliegender Materien, 3. B. bes Ser: und
Schifflebens, durch fpecielle Schilderung ber häuslichen, buͤrger⸗
lichen, religiöfen Gebräude und Ginrihtungen der Drientalen,
bie er kennen gelernt u. f. w., ein ſehr lehrreiches, durch: bag
Sundament der wahren Begebenheit voppglt intereffantes Leſe⸗
buch barbieten könnte.
Indem wir durch vorfiehende Anzeige das gegenwärtige
Schriftchen der freundlichen Theilnahme des Yublicums empfehs
len wollten, fließen wir biefelbe- mit dem herzlichen Wunſche,
daß der Verf. in feinem künftigen Lebensgange durch recht bei:
tere und befriedigende Umftäude ſich möge entſchaͤdigt fehen für
bie harten Bedrängniffe, die einen großen Theil feiner frühen
Jugend verbittert und verfünmert haben. 165.
Notiz. |
Leit Ritchie gibt «eine „Library of original romance’’
heraus, welde in monatlichen Lieferungen erfcheinen wird. Der
erfte ftarfe Band, am verwichenen Neujahrstage ausgegeben,
entpäit „Ihe gbost-hunter and his family; by the O’Hara
amily‘, . \
literariſche
-
für
Unterhaltung.
Sonnabend,
Ueber die Lage der Juden in Preußen.
(Bortfeßung aus Nr. 60.)
Erlauben Sie mir daher, um die ſchaͤdlichen Wirkun⸗
gen deſſelben einigermaßen zu paralyfiren, einige Bemer⸗
tungen gegen ‚biefen Antrag. Sie behaupten zwar, daß
dergleichen Unfinn in unfern Tagen nur veröffentlicht
werden barf, um als Unfinn erlannt und verlacht zu wer:
den; aber was wird der freiberger Magiſtrat dazu fagen?
wird er nicht frohloden und jubeln und den Juden,
die feine Stadt befuhen, eine doppelte Ehrenwache mit:
geben? wird er nicht die alte Snfchrift über feinem
Zhore: „Ein Jude und eine Sau bezahlen gleiche Mau”,
In goldenen gothiſchen Lettern erneuern laflen? Und glau:
ben Ei! mir, der freibergeer Magiſtrat erfinder’s nicht, er
plaudert’8 aus; er hat Verwandte und Freunde in allen
Deputirtenlammern und Gollegien Deutſchlands. Ans Licht
des Tages freilich wagt fi) diefe Maufmurfsanficht. ſel⸗
ten, aber wir haben in neuern Zeiten fo oft den Fall er:
lebt, daß in den Ständeverfammiungen die waͤrmſten Re:
den für Emancipation der Juden gehalten worben find
und beim Abflimmen eine große Majorität ihre entgegen
war. Nur die beffeen Köpfe hatten «8 gewagt, ſich oͤf⸗
fentlich vernehmen zu laffen, und die beflern Köpfe find
der Sache der Juden geneigt; aber die größere Menge,
die bei der Discuffion geſchwiegen und gefchlafen hatte,
gab beim Abflimmen den Ausfchlag. - Diefen Herren alfo
fage ih noch einmal, denn fie könnten den Anfang
meines Briefs gleichfalls verfchlafen haben, daß fie das
Beifpiel der preußifhen Regierung nicht für ſich anführen
tönnen, indem fie den — — 'ſchen Antrag bereits ver:
worfen bat und niemals im Sinne gehabt haben kann,
ähnliche gefegliche Bellimmungen, die dem Geifte des
Ediets vom 11. März 1812 fo durchaus zuwider fihd,
für die gefammte Monarchie eintreten zu laffen. Die in
diefem Edict den Juden zugeftandenen echte find von
Sr. Majeftät dem König aus freier Mahl bewilligt und
durch) das auf den Schlachtfeldern vergoffene Blut juͤdi⸗
fer Bürger befiegelt worden; «8 find wohlerworbene
Rechte, und wenn fie auch im einzelnen Punkten ge:
fhmälert worden find, fo iſt Derjenige doch ein Feind
des preußifchen Staats, dee ihm die Ungerechtigkeit an:
muthet, diefe Rechte von Grund aus zu vernichten.
Sie erwarten vieleicht, daß ich verfuchen werde, bie
Inſinuationen der „Leipziger Zeitung“ zu widerlegen? Dazu
ift nicht mehr die Zeit. Sie find bereitd taufendfach wi⸗
berlegt worden. Aber es ift die Weife der Verleumdung,
eyoig wieder die alten Anklagen aufzutifchen. Es bleibt
doch etwas davon hängen, denkt fie, und der Tropfen,
wenn er beharrlich auf diefelbe Stelle tröpfelt,, Höhle zu⸗
legt den Felfen aus. Das Vorurtheil ift eine Hydra:
baut man ihr das geifernde Haupt vom Naden und
frohlockt über den vermeintlichen Sieg,, fo wachen wäh:
vend des Lindifchen Siegesjubels hundert andere hervor
und züngeln giftig. In folhem Kampf ermattet auch
die herculifche Kraft; denn es ift der Kampf ber Lang⸗
weile. Und wenn es noch ein recht tüchtiges Vorurtheil
von Kleifh und Blut wäre, das in biefen duͤnkelhaften
Gefeggebern ſpukt! aber nein, diefe Herren haben laͤngſt
allem Glauben und allem Aberglauben entfagt. „Nicht
find wir den Juden abgeneigt”, fagt dee Correſpondent
der „Leipziger Zeitung” in einem frühern Berichte, „weil
diefe Nation eine andere Religton hat als wir, fondern eis
nen Staat im Staate bildet, weil fie_alle Reichthuͤmer
an fich zieht u. f. w.” Alſo nicht religisfes Vorurtheil, das
ſelbſt als Vorurtheil achtungswerth fein würde, ſondern
Brot und Amtsneid und dergleichen Keine Fiferfüchte:
leien find es, die jenen Staatsmännern Redensarten einge:
ben, an welche fie felbft Längft nicht mehr glauben. Glau⸗
ben ſollten fie wirklich an folhen Schnad? „Durch das
ganze Gefeg, welches man beabfichtige, blidt ein Geiſt
dee Milde und der Verſoͤhnung durch, vorzüglich aber
das Beftseben des Staats, die Juden vwoleder zu dem
alten Satz zuruͤckzufuͤhren: „Sm Scheiße deines Ange:
fihts folft du dein Brot effen”, damit ihre Arbeitsſcheu
vernichtet werde, um fie wieder zur Bearbeitung des Bo⸗
dens zuruͤckzufuͤhren; hierin, nicht aber in der ſteten Spe:
eulation um Gewinn mögen fie das Erdenglüͤck fuchen.
Ihrer Scheu gegen die Feldarbeit mag das Geheimniß
zum Grunde liegen, baß bie Suben ben europäifchen
Grund und Boden nicht als ihr Waterland betrachten,
fondern daß fie ihren Blick ftets nach dem fernen, ihnen
unbefannten Lande ihrer Väter richten u. ſ. w.“ Sie wuͤß⸗
ten etwa nicht, daß den Juden bis vor etwa zwanzig Jah:
ten jeder Beſitz des Grundeigenthums unterfagt war, daß
fie noch jetzt mit unzähligen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen
haben, und unter fo erſchwerenden Umftänden nicht wohl
250
‘
eriwartet werben kann, daß fie eine vielhundertiährige Ge:
wohnheit im Zeitraum weniger Jahre ablegen? daß fie
aber in freien Ländern, 3. B. in Holland, fich ben fchwer:
ften Arbeiten und Gewerben unterziehen, ja, daß diefe
vorzugsmweife von Juden betrieben werden? Wenn man
“fie aber an den Feldbau geröhnen, wenn man ihnen den
Mangel diefer Beichäftigung zum Verbrechen machen will,
warum befchränkt fie derfelbe heuchleriſche Gefegentwurf
in einem andern Paragraphen, worin e8 heißt: „Neue
Miederlaffungen auf dem Lande werden ben Schugjuben
nicht ferner bewilligt, [elbft wenn fie Kinder dort an:
fäffiger jüdifher Einwohner find’ —? DO über
den oräßlihen Hohn! Man wende nicht ein, dag ja nur
die Schugiuden diefer Beſchraͤnkung unterworfen feien;
denn fie find es vorzüglich, die der Erziehung durch dem
Feldbau bedürfen. Das nennen fie nım Erfahrung und
praktifche Staatswelsheit, und grade die Erfahrung Mord:
amerikas, Frankreichs und Hollands, bes ehemaligen Koͤ⸗
nigreichs Weſtfalen und Großherzogthums Frankfurt, ja
felbft die Erfahrung Preußens hat das Gegentheil bewies
fen. Die Erfahrung tft der fiebenfach gehäutete rinds⸗
lederne Schild, den fie fih gegen die glühenben Pfeile des
Zeitgeifte6 trogig vorhalten. Ihre Erfahrung freilich,
die Mahrnehmungen eines befchränften Geiftes und einer
kleinlichen Eitelkeit, aber nicht die Erfahrung der Wett:
gefchichte und einer großartigen Politik.
Doc was fagen Sie zu bem Styl unfers Correfpon:
denten? Mas halten Ste von ber Berechtigung eines fol
chen Menfhen, ber nicht einmal deutſch fchreiben kann,
über die Undeutfchheit der Juden zu entfcheiden? Ihm wäre
es freifich lieber, wenn fie bei allem Schabernat, dep er
ihnen anthut, nicht mudfen dürften, und es verdrießt ihn
fehr, wenn fie in einem fo urkräftigen und geiftreichen
Deutſch mudfen, daß felbft die weißblutigften germanifchen
Herzen davon entzlndet werden. Was ſtempelt den Deut:
hen als feine Sprache? Fragen Ste Arndt, und Arndt
ift doc gewiß kein Freund der Juden. .
‚Die Juden follen aber auch, wie es in jenen Rügen»
briefen heißt, Beine guten'und aufrichtigen Bürger fein. Sch
behaupte vielmehr, daß fie befjere Bürger find als bie
Chriften, oder vielmehr, daß ihnen der Staat wider Mil:
len Gelegenheit gibt, ſich als die Beſſern zu bewähren.
Tragen Sie nicht mit maͤmlichſtarker Ergebung, einer
befiern Zukunft harrend, diefelben Pflichten und Laften wie
Jene, ohne ihre Nechte zu genießen? Fa, nicht allein die
gleichen, fondern weit bedeutendere Laften, indem fle au:
fer den gewöhnlichen Steuern aud noch fämmtliche Ko:
ften für ihe Spnagogen:, Schul: und Armenweſen auf:
zubringen haben. Das tft wahrhafter und ehrender Bür:
gerfinn, und deshalb allein verdienen fle das aräßliche
Anathema des Liberalismus, das unfer Here Correfpondent
über fie ausruft. Nun wahrhaftig! wen der Liberalismus
fo nahe gelegt. wird wie den Juden, der müßte dreifach
vernagelt fein, wenn er ihm nicht huldigte. Erſt feitdem
fle, ihre wahrhafte Stellung erkennend, in die Reihen der
Dppofition getreten find, hat ihre Angelegenheit eine welt:
geſchichtliche Bedeutung gewonnen und geht Hand in Hand
— — — — — — — En. EEG EEE EEE EEE EEE EEE EEE —
mit den Fortſchrittewmder Zeit. Denn bie jübifhe Frage
ift.überali grade fo weit gelöft, als es bie cons
fitutionnelle überhaupt iſt. Vergeſſen Sie doch ja
nicht, diefen legten Sag mit 'gefperrten Lettern druden zu
laffen, wenn Ste meinen Brief überhappt ber Deffentli
feit übergeben wollen. Es muͤßte als eine Hfengliche C
lamität betrachtet werben, wenn einer unferer abfolutiftt:
hen Staaten ein gutes Judengeſetz zu Stande brächtez
denn conftitutionnelle Regierungsform und Emancipation- _
der Juden verhält fih wie Urfahe und Wirkung: eine
Anſicht, die in Ihrem „Converſationg⸗ Lexikon für die
neuefte Zeit und Literatur” in dem betreffenden Artikel _
gleichfalls durchgeführt worden ft.
Was werden Sie aber dazu fagen, wenn ich Ihnen
bemweife, baß unfer Gefeggeber im Grunde felbft ein ver:
ſteckter Sudenfreund, ein Saint:Simonift, ja fogar ein De:
magog nach alferneueftem Schnitt iſt? Geben Sie Adıt,
denn ich muß vom Ei ber Leba -beginnen, um bis zu
dieſem trojanifhen Pferde zu ‚gelangen. .
Um die fpartanifche Sugend, die, wie alfe Jugend,
keine Tugend hatte, zuͤr Mäßigkeit anzuhalten, erfann fich
Lykurgus einen feinen Kunftgriff. Er verordnete nämlich,
daß bei jedem öffentlichen Gaſtmahl einige Heloten abficht:
lich betrunken gemacht werden follten, um den Sünglins
gen als abfchreddiendes Beiſpiel diefes haͤßlichen Laſters vor⸗
‚geführt zu werden. Dann erhob ſich wol ein after Spar:
taner, ein ergrauter Lehrer ihrer Staatsweisheit, und hielt
folgende Anrede: „Seht dies fcheußlihe Bild! So kann
ſich der Menfh zum Vieh herabmwürdigen. Und diefe foll:
ten mit euch zu Tiſche figen, oder zu Nathe oder eure
Feinde mit euch befämpfen? Nut zur Zeit der hoͤchſten
Moth dürfen fie Waffen tragen gegen den gemeinfamen
Feind, und um fie anzufeuern, verfprecht ihnen bie Frei⸗
heit; .aber euer Wort zu halten feid ihr gegen diefe nicht
verpflichtet. Denn feht nur, fie geberden ſich wie biödes
Vieh, und wenn fie am Abend nach Haufe gehen, fo
brecht hervor aus euerm Hinterhalt und ermordet fie, ihr
edeln Sünglinge von Sparta!” Und wenn fie nun am
Abend nüchtern nad) Haufe gingen, die Einen knirſchend
vor Wuth, die Andern abgeftumpft gegen gewohnte Schande, .
da brachen die hochherzigen, zu Raub und Dieberei ge:
wöhnten Sünglinge hervor und ermordeten die Wehrlofen.
(Der Beſchluß folgt.) -
Topographie ber freien und Hanſeſtadt Hamburg, von 5.
H. Neddermeyer. Hamburg, Hoffmann und Campe,
1832. Gr. 8.
Diefe mit ausgezeichnetem Fleiß, und zwar gebrängter, aber
biftorifch glaubwärbiger Vollſtaͤndigkeit ausgefertigte Topographie
von Hamburg ift, ungeachtet der verbienftoollen Vorarbeit bes
verftorbenen von Heß, nichts weniger als überflüffig, da fich, feit
der neueften Auficge von 1810, unentlich Vieles anders geflaltet
bat und Manches in ibe zu berichtigen war. Beſondere Erfennts
lichkeit ift man tem befcheitenen Verf. ſchuldig, daß er nicht nur
die gedruckten und handfchriftächen Nachrichten bedeutender Vor⸗
gänger und Beitgenofen forglich benugte, fonbern ſich auch bie
Unterftügung des unabläfjig forſchenden Archivars, Dr. Lappen⸗
berg, und des ſehr unterrichteten Stadtbuchſchreibers Peterſen
‘
251
zu erwerben fuchte; und wenn biefe Willfaͤhrigkeit Beiden zur Ehre
gereicht, fo erweckt fie zugleich ein günftiges Vorurtheil für Den,
weichen fo vollgisftige Richter ihrer würdig hielten. - Das Bundy
Wil gekauft ımd gelefen ſein; und ſo befäeänfen wir und auf
die Anzeige Beffen, woräber ber Lefer fich det ihm Habhs erholen
kann. Literatur der hamburgiſchen Topographie, Wächer, Pros
fpecte und Grundriſſe. Geographiſche Lage und Größe. Nach
den neueften Beobachtungen des Hrn. Profeffor Schumacher liegt
fie ‚unter 27° 38° 21” 8. Länge, und 53° 83° R. Breite,
Der Flaͤcheninhalt der eigentfihen Stadt beträgt 344,784,909,
der Vorftabt Sanct: Georg 692,238 hamburger Quadratfüß,
der bed Stadt: Deichd und bes Hamburgerbergs iſt noch une
beitimmt. Allgemeine Ueberficht des Entſtehens "der Stadt und
ihrer Feſtungswerke, fowie des Berfdinpindens der Igsten Ein,
Heilung ber Stabt m All: und Neuflabt, nach den Stadt:
Erbebähhern, .in Eirchticher Hinficht, nach der Vuͤrgerwache, nach
der Bürgergarbe, nach ben Amtbezirken und nach den Baudiſtric⸗
ten. Gewaͤfſer, Wafferleitungen, Mühlen, Löfchanftaften. Elbe
and Alfter, Häfen, Kandle und Fleete, Hafenmoore, Schleu⸗
fen und Siele, Brunnen und Wafferkünfte, oͤffentliche Pum⸗
pen und Mettungsanftalten. Erleuchtung ber Stadt und Vor⸗
ſtaͤdte. Gaſſen der Stadt und Borfäbte. Die Zahl ſaͤmmt⸗
licher großen und Heinen Wöhnungen in ber Stadt und ben Bors
ſtaͤdten beträgt 32,157. Mit Recht bat der Berf. bie Angabe
der franzoͤſtſchen Behoͤrben, ihrer Locale und Anftalten während
ber widerrechtlichen Beflgnahme von 1811 —15 nicht über
gangen. Deren bloße Angabe, bie fhlichte Anzeige, zu welchem
zum Theil ſchmaͤligen Gebrauch fie Gebäude herabmwürbigten, zu
ganz andern Zwecken beflimmt, wie fie Kirchen und heilig gehals
tene Gtätten in Pferbeftälle und Magazine verwandelten und
nady ihrer eignen Ueberzeusung und Vorurtheit auf immer ent«
weihten, iſt binlänglih, jeden menſchlichen Sinn sw empdren,
wie vielmehr den eines Hamburger Bürgers, eined Deutfchen,
eines Chriften! Mögen Bewunderer des fieggelrönten Despotis⸗
mus der Zapferkeit feiner Diener huldigen , fo viel ihrem knech⸗
tifhen Sinne zuſagt; Menſchenkenntniß und Staatskiugheit bürs
fen fie doch weder bem Gemwalträuber noch feinen Werkzeugen
zuſchreiben, wenn ihnen nicht bie Höchfte Weisheit fcheint, jeden
Antergebenen wider feinen augenblicklichen Oberherrn zu erbittern.
Beigegeben find dem Buch vier Plane Steindrud: Hamburg
am Ende bes 13. nnd des 16. Jahrhunderts; bie Dome
kirche und ihre Befigungen im Jahr 180%, und Hamburg mähs
rend ber Belagerung 1813 und 1814. ine Karte von Bam
durg, wie es jept iſt, fchien bei ber Menge vorhandener brauch⸗
barer um fo mehr überflüffiz, da der Ingenieurcapitain Schwarz
und Lohſe befchäftiat find, eine neue auf die genauften Meffungen
begrüntete anzufertigen. Die Vianette des Buchs zeigt Ham⸗
Burg um 1071, ber vorbere Umſchlag bad alte Steinthor vom
Jahre 1685, und deſſen Kehrſeite das große Stadtfiegel des
18. Jahrhunderts, ein anderes nicht minder altes, das jetzige
Stadtfiegel, das bes Domcapiteld, der Kaͤmmerei, der Ober:
a:ten und der hoffentlich nie wieder zu befürdhtenden Mairie
d’Hambourg. Selbft der Rücken des Umfchlags bildet das Gier
gel des Johanniskloſters ad. Ein reichhaltiges Regifter vermehrt
die Brauchbarfeit tes Buche. \ 98.
—
— — ———⏑
Correſpondenzukchrichten.“)
Pittsfielb, den 13. November 1882,
— — — Sh.habe vor einiger Zeit nähere Belanntfchaft mit
einer ber fonderbarften Sekten gemacht, die je erüitirt, mit ber ber
Shaker, der tanzenden Quaͤker, bie bier in meiner Nähe mehre
Nieberlaflungen haben; und ich hoffe, ein kurzer Vericht über
fie wird Sie unterhalten. Ih bin in mehren ihrer Niederlaf:
fungen gewefen, habe mit ihren Xelteften lange Disputationen
329 und. 830.2.
- De.
*, Dgl. die legten Berichte ded Verf. in Nr. 308,. 309,
BL. f. 1832, '
-
ebabt und wohnte nicht nur. Ihrem oͤffentlichen Gottesbienfte,
ondern durch befondere WBegünffigung aud) ihren private mee-
tings bei, unb glaube deshalb ein competentes Urteil in ber
Sache zu haben. Was den Ramen ber Sekte betrifft, fo Hat
er feinen Urfprung von dem Umftande, daß die Mitglieder im
ihren Berfammiungen zuweilen, nachdem fie einige Beit in flil-
lem Mebitiren gefeffen, von heftigem Zittern ergriffen werben
und den Unmillen Gottes gegen Sünde jeder Art aushrüden.
Zu andern Zeiten fingen, jauchzen und fpringen fie vor Freude
über die zweite Erfcheinung Chriſti. Stifterin diefer Gefte ift
Am Eee, eine Engländerin von niederer Herkunft. Nachdem
fie und ihre: Anhänger wegen ber Ausfchweifungen in ihren Berr
fammlungen wiederholt eingefperrt waren, wurbe ber Mutter
Um eine-fpecielle Offenbarung zu Theil, zufolge weldger fie mit
ihren Anhängern nad) Amerifa auswanderte, wo fie im Sahre
1774 anlangten und ſich kurz nachher in der Nähe von Albany
niederlichen. Seit jener Zeit ift bie Zahl der Gläubigen ges
wahren bi® zu 4000, bie in ungefähr 12 Niederlaffungen in
verfchiedenen Gegenden der Bereinigten Staaten wohnen. Der
Mittelpunkt für bie fämmtlihen Shaker⸗Geſellſchaften in den
Vereinigten Staaten ift gegenwärtig Neulibanon, eima acht
englifche Meilen von hier, wofelbft der Shakerpapſt refidirt.
Die Geſellſchaft in Neulibanon befist 6000 Xcres Land, das
bergig ift, weshalb fie vornehmlich Viehzucht treiben, doch
thun fie auch viel für Gartenbau und fabriciren eine Menge
nüglicher Dinge, bie ſich alle durch ihre Nettigteit, zugleich aber
auch durch hohe Preife auszeichnen. Ihre Ochſen und Saͤme⸗
reien werden zu den beſten im Lande gerechnet. Sie wohnen
an der Seite eines Berges, einige hundert Fuß niedriger als die
Leute in Pittsfield, welches beiläufig 1050 Fuß über der Mee⸗
reöfläche erhaben if. Die Gefellfchaft in Neulibanon ift in
ungefähr 12 Familien abgetheilt, in größerer ober geringerer
Entfernung von dem gemeinſchaftlichen meeting-house (Kirche).
Zu jeder Familie gehört ein’ Wohnhaus und mehre Werkftätten ;
im erſtern wird die eine Bälfte vom männlidhen, bie andere
vom weiblichen Gefchlechte bernohnt. Allenthalben ift eine Reine _
lichkeit und eine Ordnung, wie fie ſchwerlich irgendwo anders
auf dem Erdboden gefunden werden dürfte. Das weibliche Ge⸗
fhledt hat befondere weibliche Aeiteften, unter beren Gommando
es ſteht. Weiber und Dränner find, obgleich fie in demfelben Haufe,
wohnen, fireng gefondert, und felbft Eheleute, bie zum Befuch kom:
men, haben ſich für die Zeit des Aufenthalts bei den Shakern zu fer
pariren; wenigſtens wirb ihnen durchaus nicht geftattet, in dem⸗
felben Zimmer zu ſchlafen. Beide Geſchlechter effen in bemfels
ben Zimmer, aber an befondern Zifchen. Fremden wirb ein bes
fonderes Zimmer angewieſen, und ich wenigftens war beftändig
in Geftüfchaft der Aelteften, die es mir unmöglich machten, mid)
mit einem ber Brüder ober einer der Schweftern gu unterhalten. Diefe
Aelteften waren wenigſtens — von ihrem Bundamentalirrthume
abgefehen — Leute von Berftand, Kenntniffen und Eifer, und
fobald fie audgemittelt, daß ich nicht zu der gewöhnlichen Claffe
ber neugierigen Weltkinder gehöre, gaben fie fih alle erfinnlidhe
Mühe, ihre Sache von der beften Seite barzuftellen, unb ba idy
böflihd genug war, eben nicht gewichtige Einwuͤrfe gegen ihre
Argumente vorgubringen, und andere Gründe ihnen wuͤnſchenswerth
machten, mich zu den Ihrigen zu zählen, namentlich der, daß
ich unverheirathet fei und ſchwerlich heirathen dürfte, fo luden
fie mich ein, Shaker zu werden. Unzähligemal wandten fie
uͤbrigens das Gleichniß vom Baum und der guten Frucht auf
ſich an; felbft ihre Feinde lobten fie megen ihrer Moralität, die
doch einzig Probuct-des Shakerism fei. Als ich wegging, gab
mir einer ber Xelteften eine Probe von ihrem Benehmen gegen
die Weltlinder. Nachdem er mir gefagt, daß ih immer ſehr
willlommen fein würde, wenn ich länger bei ihnen bleiben
wollte, ließ er mich vier Dollars zahlen für meinen Laſtuͤndigen
Aufenthalt bei ihnen, was felbft in Amerifa ein unerbörter
Preis if. Alle andere hriftlihe Sekten nannten fie beftändig
Anrihriften, die römifche Kirche die Hure, die evangeliſchen Kirchen
bie Toͤchter einer Hure. Sich felbft halten fie für heilig und rein
. 252
LS
von Suͤnde und ſehen auf Alle, bie nicht zu ihrer Befekfchaft
gehören, mit Geringfchägung herab. \
Der öffentliche Bottesdienft am Sonntage beginnt um 10 Uhr,
und gewöhnlich ift der Welt nur bei diefer Gelegenheit erlaubt, als
Zuſchauer gegenwärtig zu fein. Die Brüder und Schweſtern langen
in einem Zuge zu Zwei und Zwei bei dem mceting- house an,
unter Anführung der Xelteften beider Geſchlechter. Während der
Proceffion wird das tieffie Stillſchweigen beobachtet und aufrecht
erhalten durch die deacons, welche ihren Plat im Nachzuge has
ben. Bei ihrer Ankunft degahen fi bie Brüder in bie Thür
zur linten Hand, die Schweftern gingen durch die Thür zur
Rechten in das Berfammiungshaus; durch die Thür in der Mitte
war den Weltkindern der Zutritt geftattet. Das Haus ſcheint
etwa 100 Fuß lang und 70 breit zu fein; bad Dad bildet einen
Bogen und ift mit Blei belegt, im Innern blau, auswendig
weiß, hat eine einfache Befriedigung und im Ganzen gefallendes
Aeußere. Im Saale find nur Bänke und, wie allenthalten in
Amerika, Defen. Ungefähr 200 Shaker waren verfammelt, in
gebührender Entfernung von den Weltlindern, die fi als Zu«
fyauer eingefunden, die Geſchlechter fireng gefondert. In ber
Dede bemerkte idy eine verfchloffene Deffnung, die nad dem
Zimmer über dem Gaale führte, welches die Wohnung des Bi:
ſchofs oder Papfis fein foll, ber fih nie bei den meetings ein;
findet, fondern in feinem Zimmer während bes Gottesbienfkes
den Horcher macht. Die Weiber hatten braune Roͤcke an, ein
weißes Halstud und Bauben, die Männer hellgraue Röde mit
kurzen Kragen, einer Reihe Andpfe und hinten zu, und braune
Dofen ; Mehre mit langem ſchlichten Haare, body Alle fehr reinlich.
Beide Geſchlechter faßen einander gegenüber, in mehren Reihen;
zwifchen beiten war ein leerer Raum gelaffen, mehre Gchritte
breit; in den vorbern Reihen waren bie Alteften Brüber und
Schweſtern aufgeftellt, wahrſcheinlich nicht ohne Abfiht, viel
leicht, damit die hintern Reihen, beftehenb aus. den jüngern Bruͤ⸗
dern und Gchweftern, nit im Gtande fein möchten, einander
zu ſehen. Brüder und Schweſtern fahen ausnehmend bleich
aus. Nachdem fie eine Zeit lang in tiefem Stillſchweigen da⸗
- gefeffen, wurden, wahrfheinlich auf ein von einem der Aelteften
gegebenes Zeichen, die Bänke bei Seite geſetzt, die Brüder und
Schweſtern rangirten fi in Reihe und Glied und fangen ein
Lieb nicht nah einer langſamen, feierlichen Melodie, fondern
ſchnell und eher luſtig, worin fie einander zum Tanz auffoders
ten. Darauf trat einer ber Aelteften vor und hielt eine Ans
rede an die Zufhauer, worin er ihnen anbeutete, daß Rachen,
Zlüftern und andere& ungebührliches Betragen verboten fei und
nicht gebuldet werde u. dgl. m. Nah einigem Schweigen fies
len Ale auf die Knie und beteten wahrfcheinlih (lautes Bes
ten halten fie für weltlich und undhriftlih). Dann erhoben fie
ſich und fangen ein Lieb zu Ehren der Mutter Ann. Darauf
traten nach und nach mehre Aelteflen in den leexen Raum zwi⸗
fhen ben Brüdern und Schweftern und hielten Anreben an
diefelben, worin fie bie Vorzüge auseinanderfesten, beren fie fich
vor den Weltlindern erfreuten. Darauf wieder ein Gtillfchweis
gen von einigen Minuten. Giner der Aelteſten rief nun aus:
„Now, my dear brethren and -sisters, let us travel”. Dies
war für die Maͤnner das Signal, die Röde, auszuziehen, und
für die Schweftern, . ihre Schnupftüder bei Seite zu legen.
Die Sänger ( vier Männer und ebenfo viel Weiber) traten vor die
Brüder und Schweftern, die fih in Reihe und Glied aufftellten,
fodaß fie den Zuſchauern ben Rüden zufehrten, und tann vors
wärts und rüdwärts hüpften, dabei ein luftiges Lieb zu Ehren
der Mutter Ann fingend. Nach etwa einer, Biertelftunde bildes
‚ten jie Reihen von Drei und Drei, und tanzten in die Runde;
fingend und beftänbig mit den Händen watfcheind — eine der kaͤ⸗
cherlichſten Seremonien. Sie halten nämlich ten Unterarm fleif
und wagerecht und bewegen bie ‚Hände beftändig wie ein ſchwim⸗
menber Hund ‚die Vorberpfote; als ich einen ber Aelteflen um
die Bebeutung der Geremonie fragte, erllärte er mir, es werde
| wie die mährifchen Brüder, bie Freunde zc.
mit berfelben Demüthigung bes menſchlichen Stolzes beabfichs
tigt. Dann, war ein Jntervall von einigen Minuten zu Er⸗
holung der Fänzer. Nachher tanzten fie in zwei Ringen um
bie Sänger und Matfchten von Zeit zu Zeit heftig mit den
Händen. Zulegt ſtellien fie ſich wieder in Reihen gegeneinander
über, und einer ber Aelteften hielt eine Burze Anrede an die Zus
börer, worin er den Wunfch ausbrüdte, baß fie erbaut fein
mödten. Man fang und ging dann auseinander. Die eldest
befuchten mich hierauf in meinem Zimmer, wo ber Xeltefte und
Hauptredner mich fragte, ob ich nicht während ihres Gottesdien⸗
fies von Geiſte bewegt fei? Aus einem Geſpraͤche mit ihnen
ging hervor, daß die Lehre von ber zweiten Erſcheinung Chriſti
in Ann Lee ihre Fundamentallehre ift. Sie glauben au, daß
Ann Lee bie Frau Chriſti und mit voller Gewalt bekleidet ſei,
den weiblihen Theil der Menfchheit zu bee Unfhuld und dem
Stande wieberherguftellen, welcher ber. Eva eigenthuͤmlich war
vor dem Falle. Chriftus, fagen fie, war der zweite Adam, und
Mutter Ann ift bie zweite Eva und Vollenderin bes Werkes,
weiches von Jeſu und ben Apofteln begonnen wurbe. Sie leuge
nen die -Auferftehung des Körpers, bie zweite Erſcheinung
Ehriſti fei bie Auferftehung, von ber in ber Schrift gefprochen
werde, Jettt fei ber Tag des Gerichts, fagen fie, unb Gott
richtet die Weit durd feine Tochter Ann Lee, ihren Geiſt und
ihr Evangelium. Beichte iſt nach ihnen bie einzige und allein wahre
Art des Gerichts der Welt. Die echten Gläubigen find Die,
auf welche Matth. 22. 30 angefpielt wird. Diejenigen, welde
im Gheftande leben, Eennen Chriſtum nicht und find nicht feinz
denn Diejenigen, welde Ghrifti find, haben die Welt und ihre
Lüfte gekreuzigt. Gölibat ift Lehre Chrifti, gelehrt unb geübt
von den Apofteln. Nach ihnen kann Mann und Weib nur im
Coͤlibat zum Stande chriftlicher Heiligkeit gelangen, ohne welche
Niemand den Herrn fehen kann, Tanzen folgt der zweiten Gr:
ſcheinung des Herrn in feinem Tempel. Wie der Bau des
erftien Tempels geringer ift, als der bed zweiten, fo ift dieſe
legte, welche Mutter Ann repraͤſentirt, größer denn bie, welche
Jeſus von Nazareth repräfentirt; Die Schrift ift in ihren Aus
gen feine genügende Regel für ein chriftliches Leben; Mutter
Ann's Evangelium und bie fogenannten Gaben der Aelteften
ſtehen über der Bibel; doch find viele Prophezeiungen der Bibel
in Wutter Ann, ihrem Leben und ben Schickſalen ihrer Anhänger
in Erfüllung gegangen. Fuͤr ihr Shaking, 'ihr Jauchzen, Sprin⸗
gen und andere ſonderbare Manoeuvers beim Gottesdienſte fuͤhren
fie verſchiedene Bibelſtellen an, namentlich Haggai 2, 6. 7. .
Jauchzen, fagen fie, zeigt an, daß der Geiſt Gottes in ihnen
wohnte. Jeſ. 12, 6; 18, 13. Zephanja 3, 14. Tochter Zions
und Tochter Zerufalems ift Ann Lee. Hüpfen und Springen, als
Zeichen großer Freude, pralticiren fie in ihren gottesdienſtlichen
Verfammlungen als ein Zeichen ihres Triumphs über die Sünde
ober ihre Geneigtheit, mit berfeiben zu ſtreiten. Krieg iſt ih⸗
ser Meinung nach unverträglicy mit bem chriſtlichen Charakter ;
ihre friedlichen Grundfäge vertheidigen fie auf ähnliche Weiſe
Sie leten in Güs
tergemeinfdaft.
(Der Beſchluß folgt.)
——
“ Notiz.
Bei den Braminen im Benares ift eine Handſchrift, ent»
baltend eine Befchreibung ber britifchen Inſel und aus den Zei⸗
ten vor Caͤſar herruͤhrend, aufgefunden worden. Britannien
wird darin mit einem Namen genannt, der gleichbedeutend mit
„gelobtes Land’ ift; die Themfe, Iſis und andere Fluͤſſe führen
ähnliche Benennungen, und Stonehenge wird als ein großer
Hindutempel gefhübdert. Die Asiatic society in Kalfutta
fol eine Ueberfegung Liefer Handfchrift umb die Herausgabe ders
felben vorbereiten. 160.
Redigirt unter Werantwortligsteit der Verlagsbandlung: 9. A. Brod haus in Leivzig.
Blätter
f
ur
literariſche Unterhaltung,
Beſchluß aus Nr. 61.)
Diefer Kunſtgriff behagte den Politikern anderer Zei⸗
ten und Länder ganz. ungemein und fie beſchloſſen, ihn
gegen die Juden ins Werd zu fegen. Sie machten bies
felben daher vor allen Dingen ganz rechtlos und druͤckten,
verfolgten und höhnten fie mt fcharfjinnig erbachter Quad,
Und als nun ber Jude hinlänglich gebemüthigt und mo:
raliſch entwürbigt war, führten fie ihn ihrer edein Ju⸗
als warnendes Beifpiel vor und fagten: „Seht dies
ſes ſcheußliche Bd! So kann fih der Menſch zum Vieh
herabwürdigen.. Und dieſe follten mit. euch zu Tiſche
figen oder eure Feinde mit euch befämpfen? Nur zur
- Zeit dee hoͤchſten Noch dürfen fie Waffen tragen gegen
den gemeinfamen Keind, und um fie anzufeuern, verfprecht
ihnen die Freiheit; aber euer Wort zu. halten, feid ihr
gegen diefe nicht verpflichtet. Denn feht nur, fie gebers
den fich wie biöbes Vieh, und wenn fie am Abend nad
Haufe gehen, dann bredit aus euerm Dinterhalte hervor
und ermordet fie, ihr edeln Juͤnglinge von Boratoria!”
Und wenn fie nun am Abend ausruhen wollten in ihren
vier Pfählen, bie armen Geplngten, um fi für die mor:
gende Plage Stärkung zu erfchlafen, dann wurden fie
eingefangen von den Dienern ber Gerechtigkeit, um zu
Nug und Frommen gemeiner Chriftenheit gefoltert, ges
fläupt, mit glühenden Zangen gezwickt, verbrannt, gehan⸗
gen, oder auch, doch nur aus befonderer Gnade, geköpft
ju werben.
Diefe Zeiten find: vorbei, Das hat auch der berühmte
eingefehen und daher jene Politik
aus dem Althöllifchen in eine moderne Hölle überfegen zu
müffen geglaubt. Sei e6 nun, daß ihm, wie jenem Bis
team, der Fluch, den er Über Israel verkünden wollte,
auf der Zunge zum Gegen ward, ober iſt er wirklich,
wie ich ſtark vermuthe, ein verſteckter Judenfreund — ges
nug, fein Geſetzentwurf ift eine wahre Apotheofe der Ju⸗
den. Er bat demgemäß bie Politil der Spartaner gras
bezu umgelehrt und will einen jüdifchen Muſterſtaat im
Staate bilden, ber allen Bürgern zum leuchtenden Vor⸗
bifd dienen fall.
Urtheilen Sie ſelbſt, ob die Bedingungen, die ein Jude
erfüllen muß, um Staatsbürger zu beißen, nicht das
Ideal eines Bürgers vollenden. „Die Juden werden in
——) (EEE (iu dem — v
3. Maͤrz 1833.
— m nn mm a nn u.
zwei Taaſſen, in Staatsbürger und Schutzjuden eingetheilt”;
nur von der zweiten Claſſe foll hier die Rede fein, weil
fie eben nur aus Muſtermenſchen beſteht. Denn um bie:
fer Claſſe anzugehoͤren, bebarf es zuvoͤrderſt eines unbes
ſcholtenen Rufes, der ſelbſt fo ftrenge geprüft werden fol,
daß, „wenn ein Zube dreimal wegen eines Vergehens in
Unterfuhung geweſen und nur von der Inſtanz freiges
fpeochen, er fchon nicht mehr umbefcholten bei diefer Ges
legenheit zu nenuen iſt“. Berner ein angemeffener Lebens
beruf, der alle diejenigen "Sefchäfte, 3. B. Klein= unb
Viehhandel, das Pfandleih⸗ und Maklergewerbe, Schenk:
>
und. Gaſtwirthſchaft u. dgl. ausſchließt, bei denen bie
Möglichkeit des Betrugs vorausgefegt zu: werben pflegt.
Diefe Hanbdtierungen, bie fomit wie die Schinderei für
unehrlich erftärt werden, find den Schutzjuden ebenfalls
nur unter befchräntenden Bedingungen, den cheiftlichen
Bürgern aber ohne alle Einſchraͤnkung freigegeben. Um
aber auch den Credit der Staats: oder Muſterjuden zu
fihern, dürfen fie auf SYubhaftation oder Sequeftration
eines Grundſtuͤcks nur dann antragen, wenn ihre Fode⸗
rungen innerhalb der erften Hälfte ded Kauf: oder Tar⸗
werthes hypothekariſch eingetragen find, wodurch fie augens
ſcheinlich veranlaßt werden, ihr Geld nur auf bie ſicherſten
Unterpfänder auszuleihen. . Und, da außerdem eine anbere
Verordnung befitimmt, daß ein von Juden erworbenes
Grundſtuͤck erſt zehn Jahre nach ber Erwerbung mit hy⸗
potbekarifchen Schulden belaftet werden kann, fo werden
fie mis wahrhaft vaͤterlicher Sorgfalt vor dem Anlauf
verfchuldeter Güter gewarnt, bie, wie man fagt, in nicht
geringer Anzahl vorhanden fein follen.
Hören Sie weiter, und erſtaunen Sie über bie tiefe
Moralität, die man den Juden anmuthet. Da man bad
Verderbliche der Rangs und Titelſucht erkannt hat, fo
werden fie von allen Staats: und Communalämtern mit
alleiniger Ausnahme des Kriegsdienfles befreit. Denn freis
lich wäre es entehrend für fie, auch da Zu fehlen, wo
Mühe und Tod der Einfag und das Bewußtſein, für das
Vaterland geblutet zu haben, der Gewinn if. Doc das
mit ihre Vaterfandeliebe rein und uneigennügig bleibe, fols
len fie nur bis zum Feldwebel avanciren, während jeber
ihrer chriftlichen Kameraden den Marfchallsitab in der Pas
trontafche trägt. Das Ehrenvolle in der Stellung eines
Staatsjuden wird aber noch dadurch erhöht, daß bie Vor⸗
⸗
0, 24 ot
theile jenes Seelenſchachers hinwegfallen, ber mit dem
Uebertritt zum Chriftenthum bisher getrieben worden iſt,
denn „getaufte Juden find auch nach ihrem UWebertritt in
Beziehung auf ihre Kinder und Enkel benfelben
Beſchraͤnkungen in der Wahl ihres Lebensberufes wie bie
Suden ſelbſt unterworfen”. Für alle diefe Begänftigun-
gen werden fie denn auch mit einem Naturalifationspa=
tent belohnt, für das fünf Thaler Gebühren entrichtet wer:
den, und ftehen auch infofern über ihren chriftlichen Mit:
bürgern, als ber preußifhe Staat, ber jeden fremden
Chriften ohne Weiteres bei fih aufnimmt, lediglich für
fie die Bedingungen einer Muturalifation feftgeftellt bat.
Nur dem Juden iſt das Staatsbürgerrecht zuerkannt wor:
den, während ber Chrift fid nur dann, wenn er ein aftäd:
tifches Gewerbe treiben will, uͤber ſein Staatsbuͤrgerrecht
auszuweiſen hat |
Nun glauben Sie vielleicht, daß man einen jüdifchen
Erbadel ftiften will? Weit gefehlt. „Das jüdifhe Staats:
bürgerrecht iſt rein perfönlih und geht auf Erben nicht
über; jeder jüdifche Unterthan muß zuvor ben vorgefchries
benen Bedingungen entfprochen haben.” Wittern Sie den
Saintfimoniften? Chacun selon sa capacite! ‚Uns fcheint
ed ſehr klug berechnet”, bemerkt bierzu unſer Gorrefpon:
dent, „daß allen jüdifchen Unterthanen freigeſtellt ift,
fi eine Stellung zum Staat zu geben, wodurch fie ih⸗
ten braven, reichfien und vornehmiten Glaubensgenoffen
gleich werden, deren Kinder ja auch nur als Schugjuden
zu betrachten find, bis fie fih duch perſoͤnliche Ver⸗
dienſtlichkeit zu den weit ausgedehnten Red:
ten eines Staatsbürgers (!) würdig gemacht ha⸗
ben”. D der ſchlaue Demagog! Unter dem Borgeben,
eine neue Ariftokratie zu begrüriden, gibt er fein zu ver-
ftehen, daß der alte Feudaladel auf dem Unrecht, well
nicht auf dem Verdienſte, begründet fei. Denn iſt «6
möglich, daß irgend eine Inſtitution einzeln in einem
Stoate daftehe? Wird nicht am Ende, wenn bei ben
Juden die Erwerbung des Bürgerrehts, d. i. der bürger:
lichen Eriftenz, von perfönfichem Verdienſte abhängig. ge:
macht worden ift, auch die Erblichkeit des Adels in ihren
Grundlagen erfchüttert werden? Den — — dien Staates
juden aber bleibt die Ehre vorbehalten, zuerft einen Ber:
. bienftadel darzuftellen, wie er noch in feinem europäi-
[hen Staate, nicht einmal in dem frei gefcholtenen Krank:
reich beſteht.
Veranſchaulichen Sie ſich nun noch einmal das Bild
eines Staatsjuden. Strenge Unbeſcholtenheit des Rufes,
ſtarker und uneigennuͤtziger Buͤrgerſinn, das Knopfloch frei
von Orden, unerſchuͤtterliche Grundſaͤtze, geſicherter Credit
— und all Dieſes durch die Anerkennung des eiguen Ver⸗
dienſtes erworben. Ums Himmelswillen! hoͤre ich Sie
ausrufen, fuͤrchtet denn der Mann gar nicht, daß alle
ſeine Chriſten unter die Juden gehen werden? Allerdings
fürchtet er, und im 64. Paragraph iſt dieſer Fall aus:
druͤcklich vorhergeſehen, Dort heißt es: „Getaufte Juden,
die zum moſaiſchen Glaubensbekenntniß zurucktreten, ſo⸗
wie Chriſten, welche dazu uͤbertreten, ſind wie
auslaͤndiſche Juden zu betrachten.“ Entſetzliche Strafe,
wenn der Apoſtat etwa verurtheilt wuͤrde, ein franzoͤſi⸗
ſcher oder hollaͤndiſcher Jude zu werden! In Defteeih
3. B. wuͤrde diefe Strafe das höchfte Privilegium fein,
da nah der Me. 25 ber Rieſſer'ſchen Zeitfchrift bie
tuͤrkiſchen Juden dort‘ die einzigen find, welche eine polls
tommene Freiheit genießen. Bun »
— Soeben erfahre ich aus den Zeitungen, daß Hof:
gerichtsrach Schenk in der dbarmftädtifchen Kammer einen
Antrag auf volllommenere Emancipation der Juden geftellt
bat. Er wird nicht durchgehen; aber das thut nichts,
er wird doch Öffentlich vertheidige und beftritten werden.
Mindeftens kann in einer Kammer, deren Verhandlungen
öffentlich -finb; ein fa Jädjerliches Mi ich vor⸗
tommen, als derjenige war, den bie weimarifchen Stände
neulich begingen » indem fie e8 dem Ermeſſen des Groß:
herzogs anheimftellten, den Sabbath auf den Sonntag zu
verlegen. Weit günftiger als irgendwo in Deutſchland
ſtellt ſich die Frage in England. Doch fprächen zwei Um:
fände für fie. - Erſtens, daB fie fchon einmal verworfen
worben ft; zweitens aber, daß fie ‚vor dinem britifchen
und reformirten Parlament, "Unter den Aufpicien eines li⸗
beralen Minifteriums und unterflügt von einer Öffentlichen
Stimme verhandelt wird, die fi ausfprechen darf und
auszufprechen gewohnt if. Cine Advocatengilde in Lin:
colns⸗ Inn hat unter dem Vorfig eines Tory, des Spre⸗
chers im Unterhaufe, einen juͤdiſchen Advocaten aufgenoms
men; unter den Juden felbft hat fich ein Verein gebilber,
der Petitionen zur Unterzeichnung für Jedermann auelegt,
um beim Haufe der Gemeinen und der Lords um Auf:
hebung dee bürgerlichen Unfähigkeiten (disabilities) der Su:
den anzuhalten; von allen Seiten, werden bie beiden Haͤu⸗
fer beftürmt, ja ſelbſt von chriftlichen Religionsgeſellſchaften,
und nur Sir Mobert Inglis bleibt feiner alten Oppoſi⸗
tion getreu, damit es während ber ermüdenden Debatten
doch auch nicht-an ergögfichen Dummheiten fehlen möge.
Stehen etwa die englihen Suden auf einer höhern
Stufe der Eultur als die deutfhen? Im Gegentheil. Es
ift der Geift des öffentlichen Lebens in England, der all
Diefes bewirkt und von dem bei-unds kaum eine Ahnung
erwacht iſt. Somie ein Bater feinen Sohn durch dab
Lob erziehen zu müffen glaubt, da6 er den Zugenden eis.
ned fremden Sinaben fpendet, ohne der Fehler deſſelben zu
gedenken, fo ift der Deutfche berufen, fein Vaterland durd)
das Lob bes Auslandes, wenn auch mit biutendem Der:
zen, heraufzufchelten.. O wann wird endlich die "Zeit kom:
men, wo der Deutfche die Confequenz einfehen wird, daß
ed in unfern Zagen keine deutſche Juden, daß
e8 fortan nur jüdifhe Deutfche gibt!
Bis dahin, werther Sreund, leben Sie wohl. . Oder
vielmehr, nicht. bis dahin, denn das könnte leicht eine
Trennung ad calendas Graecas fein; alfo Heber bis zur
nächften Dummheit in Betreff der Juden — body das
wäre zu bald, denn ich müßte Ihnen in der folgenden
Stunde wieder fchreiben — auf jeden Fall leben Sie
wohl und verzeihen Sie, daß ich Sie fo lange mit biefer
truͤbſeligen Angelegenheit unterhalten habe. 172.
pn — t —ñ 0077
4
Un spectacke dans un fauteuil , par M. Alfred de
Musset. Paris 1833.
Herr Alfreb de Muſſet iſt ein gang junger Mann, der ſich
zuerſt durch eine SGammlung Gedichte unter dem Titel: „„Com-
tes d’Bispagne et. d’Italie”‘, bekannt machte. Es befand fich
darin unter Anderm eine Ballade an den Mond, die durch eine
ausgelaſſene Verhoͤhnung des Versmaßes, durch die abſichtliche,
- aber von Vielen nicht verſtandene Tollheit ber Gedanken und
Bilder manchen Kritiker in Harniſch brachte. In den uͤbrigen
Gedichten offenbart ſich leidenſchaftliche Glut des Gefuͤhls, uͤp⸗
pige Phantaſie und vor Allem eine trotzige Individualitaͤt, die
fich ebenfo oft zum Seltſamen, Gräßlichen, Empörenben .ver-
irrt, als zum Schönen und NRührenden erhebt. In dem oben
angezeigten Bande finden wir zuerft eine Dedication an einen
Heren Alfred T., vol glängender Phraſen, voll -poetifchen
Schwungs, aber ohne Gedanken; wir haben vergebens verſucht,
in diefem farbigen, fchillernden Gewoͤlke eine fee Idee zu fafr
fm. Dann kommt ein Drama in fünf Acten, betitelt: „La
cpupe et les levres”. Wir begreifen dieſes Drama noch nicht
ganz, noch weniger ben Zitel; indeß freut es uns immer, auf
ein franzöfifches Product zu floßen, bas wir nicht auf ten er⸗
ſten Blick verfiehen. Der Held bes Stuͤckes iſt Krank, ein mus
thiger, gewanbter Jäger in Zirol, ben ein unbezähmbarer Stolz
beberrfcht 5; Alles, was über ihm ftebt, ift ihm verhaßt. Gr fon:
dert fih ab von ben fröhlichen Benoffen, um ſich einem finftern,
verzehrenden Brüten über fein Schickſal hinzugeben. In einem
Anfalle von Wuth ſteckt er feine väterliche Hütte in Brand und
buschziedt bie Welt. Auf feiner Wanderſchaft begegnet ihm im
einer engen Schlucht ein Ritter mit feinem Liebchen. Frank
erfiicht ihn und nimmt die Schöne, Belcolor genannt, mit ſich,
Deidamia’d, der Geliebten feiner Jugend, vergeffend. Bon nun
an führt er ein ausfchweifendes Leben; endlich müde bes Spiels
und der Wolluft, entreißt ex fich Belcolor's Armen und flürzt
fh in bie Gefahren der Schlacht. Auch biefe wirb er übers
druͤſſig; das Bild Deidamia’s erwacht in feiner Seele, er eilt
der Deimat zu und will fi mit der rein gebliebenen Qungs
frau vermählen; Belcolor erflicht ihre Rebenbuhlerin. Belcolor
fgeint eine allegorifche Kigur zu fein, das Symbol der Sinn:
lichleit s
Ah! malheur à celui qui laisse la d&bauche
Planter le premier clou sous la mamelle gauche!
Le coeur d'un homme vierge est un vase profond;
Lorsque la premitre eau qu’on y verse est impure, - '
La mer y passerait sans laver la souillure;
-» Car P’abime est immense et la tache est au fond.
Diefe Stelle enthält einigermaßen ben Schlüffel zum Dramas;
indeffen herricht der darin ausgefprochene Gedanke nicht ſichtbar
gerfüg über das Ganze, motivirt auch keineswegs bie Kataſtro⸗
phe, welche ein bloßes Ungefähr berbeiführt. Auch wirb Frank
im Eingange des Stuͤcks vorzugsweife als ſtolz, herriſch, von
unbändigem Ehr⸗ und Ruhmdurft getrieben bezeichnet, und alle
diefe Charakterzuͤge läßt der Dichter fpäter ganz aus den Aus
gen. Wir fönnen in „La coupe et les levres’‘ nichts fehen ale
Bragmente, aus denen der Dichter, wenn die Jahre feinen Vers
fand gefchärft und feine Phantafie geregelt, ein fehr beachtens⸗
werthes Drama aufbauen Tann. \
„A quoirävent les jeunes filles’ ift ein feltfames Durcheinan⸗
der, bem es weder an Wig noch mitunter an Grazie fehlt. „Namou-
na’ ift eine Erzählung in Strophen, bie feltfam genug beginnt. Haſ⸗
fan figt nackt auf einem mit Bärenfellen bekleibeten Sopha. Dierauf
faͤngt ber Dichter an, fich feiner Phantafie zu überlaffen, die ihn auf
die feltfam verfchlungenften Wege führt, bald nady oben, bald nach
unten, bald rechts, dald line. Godann kommen Betrachtungen
über Don Juan, oder vielmehr ein vollftändiges, mit feltener
Kraft ducchgeführtes Syſtem biefes Charakters, wenn wir fo
fagen koͤnnen. Die Erzaͤhlung geht, glauben wir, nicht zu Ende;
beftimmt Fönnen wir es nicht fagen, denn es war uns-unmög:
-
TAT) Je a Leo: — — — ——— — —— —ñ—— ————m—j———— — ——
205 N
—
Hch, den Faden wiederzuſinden; ehe man zum Gabe gelangt,
findet man ſich durch bie verzehrende Glut der Poeſie bes Hrn.
Muffet fo abgemattet, fo verwirrt und geblendet, baß man auf:
wacht wie aus einem Zraume. Wohlthuend ift übrigens ber
Sindrud, der zuruͤckbleibt, keineswegs; weder wirb der Verſtand
befriebigt, noch das Gemuͤth beruhigt; das Gedicht macht taufend
Zweifel rege und loͤſt keinen einzigen. Muffe ift ein Zünger By⸗
ron’6, aber ein unabhängiger. In mander BHinfiht erregen
feine Dichtungen, ale Werte eines 22jährigen Juͤnglings, Er⸗
flaunen. Der Styl ift nicht frei von Gpracfehlern; in man
hen Stellen fehlt es auch an Yinlänglicher Klarheit, was fi
aus ten noch ſchwankenden Anfichten des Dichters leicht erklaͤ⸗
ren läßt. - 148,
Correſpondenznachrichten.
Pittsfüeld, den 18. November 188,
(Beſchluß aus Nr. 61.)
Selbſterhebung findet man jedoch nicht allein bei ben Sha⸗
tern, fondern felbft bei ben im gewöhnlichen Sinne für orthos
dor Sehaltenen. Die amerifanifchen Lutheraner erklären die
Bewohner des Baterlandes ihrer Voraͤltern von den Kanzeln -
herab für Neologen und Erzketzer, die des Namens Ehrifti .
durchaus unmürbig find. Daftelbe thun Leute, die andern Gef:
ten angehören und einige Kenntniffe Deutfchlands haben. Man
überfegt dennoch, 3. B. in Andover bei Boſton, wo das befte
theologiſche Seminarium in ben Vereinigten Etaaten ift, viel
deutſche Bücher, insbefondere theologifche, ind Engliſche. Als
ich unter ben Büchern der hiefigen Gongregationalgeiftlichen eine
englifche Ueberfegung von Gefenius’ Jeſaias vorfand und dem
guten Manne ironiſch mein Erſtaunen zu erfenfen gab, unter |
feinen Büchern ein fo viele Kepereien enthaltende® Buch vorzus
finden, äußerte er: „Man ann felbft vom Teufel was lernen”.
Da ich mich natürlich den Sitten und Gebraͤuchen bes Landes
conformire, fo beobachte ich u. U. auf das Gtrengfte ben Sab⸗
bath, der am Sonnabend mit Sonnenuntergang beginnt, und
gebe an biefem Tage wenigftens dreimal zur Kirche, wo ich
dann unzähligemal hoͤren muß, nicht blos in ber Predigt,
fondern auch in den Gebeten, beren Güte mit ber Elle gemeſ⸗
fen wird, wie fi die Amerikaner allen übrigen Völkern der
Erde in Frömmigkeit und Tugend, in religiöfer und politifcher
Hinſicht als Mufter aufftellen. In Gefellfhaft gehe ich felten,
obaleich die Ladies gnaͤdig auf mich herabfehen. Die Leute find
mir zu langweilig. Sie find ohne alle Kröplichleit. Die Weis
ber find ſchoͤn, haben aber durchaus nichts Anziehendes; fie wer:
ten fehr artig behandelt; ich fahe oder hörte Außerft felten eine
Roheit oder Unhoͤflichkeit; ber Einfluß der Weiber ber alten
Welt im Deffentlihen und Häuslichen ift größer, und mit Recht;
das Urtheil der Weiber ift felten, wenn je, unrichtig, ihre Ge⸗
fühle und Srunbfäge nie, was nicht von denen ber Männer ges
fagt werden kann. Sie find ‘von Öffentlien Verſammlungen
ausgeſchloſſen; bei diefen ift fein. Schwagen, Lachen oder Froͤh⸗
lichkeit in Blicken und Geberden, die Männer figen wie bei ei-
nem Reichenbegängniß zufammen. Keine Weiber, keine lärmende
Jugend, denn die Zungen find beinahe ebenfo feierlih und nuͤch⸗
tern ale ihre Alten. |
Gegenwärtig ift bie Zeit, wo bie Präfibentenwahlen
vor fih geben. In Folge beffen werden allenthalben im
Lande unzählige Meetings gehalten von ben verfchiedenen
Parteien; natürlich) unterlaffe id zicht, bei möglichft vielen ge:
genwärtig zu fein. Sowol die Sadfons als die Clay-Men ma⸗
chiniren auf vielfache Weife. Jackſon, ber gegenwärtige Präfibent,
wird nur ber Sieger von Neuorleand genannt und von ten Ames
ritanern für den größten General der nceuern «Zeit gehalten,
weil er die Engländer gefhlagen, biefe bie Franzoſen und dieſe
alle übrigen Nationen der Erde. Unter feiner jegigen Abmini:
firation hat er durch feinen General neue Lordern gewonnen
über die unglädlichen Indianer am obern Miffifippi, namentlich
206
in einer bintigen Schlacht, „in der bie amerikawifche Armee,
29 Mann ſtark, unter Anführung bes Generald Dodge, das
feindliche Heer, beftehend aus 11 Indianern, vernichtete”’. In eis
ner andern Schlacht, beren Ausgang bie ganze Nation mit ges
fpannter Erwartung entgegenjab, wurde mit Bayonetten, Keulen,
Meflern, Zomapawis, Gpeeren u. dal gefochten und zwei Indianer
fcalpirt; nach dee Meinung ber Sieger möüffen noch einige
mebr gefallen fein ıc. Wegen Siege ähnlicher Art und ihrer
erftaunlichen Fortſchritte in Kuͤnſten und Wiſſenſchaften ſtyliſiren
ſich die Amerikaner die große Netion. Auf bie Deutſchen ſehen
. fie mit Gerinsfhägung herab und halten fie insbefondere für
äußert dumm. Gin amerikaniſcher Schriftſteller machte ſich vor
Kurzem uͤber deutſche Stupiditaͤt luſtig: ſie verſtaͤnden ihre eig⸗
nen Schriftſteller nicht. Heine und Boͤrne ſeien durchaus nicht,
wie ihre Landsleute glauben, Ultraliberale, ſondern Satiriker
der entgegengeſegten Partei.
General Jackſon hat das Verdienſt, neuerlich ben groͤßern
Theil der Indianer dieſſeit des Miſſiſippi durch ſogenannte Ver⸗
träge, wobei ein ſchaͤndlicher Misbrauch von der Leichtglaͤubig⸗
feit der Indianer gemacht fein foll, bewogen zu haben, ihren
Wohnfig in dem ungefunden Sande jenfeit des Miſſiſippi aufs
zuſchlagen. Wie vortrefflich die Regierung in biefem Lande ift,
gebt aus einem andern Umftande hervor. Georgien hat ohne
Weiteres fich bed Landes der Cherokees, einer bereits ziemtich
cultivirten indianifchen Nation bemädktigt, und zwar gegen alle
frühern Verträge der Vereinigten Staaten mit biefer Nation.
Die Cherofees wenden fi) an die Supreme court, deren geſetz⸗
liche Autorität fi über alle Staaten und felbft über den Praͤſi⸗
denten erſtreckt, unb dieſer Gerichtshof entfcheidet zu Gunſten
der Cherokees. Geſetzlich Hätten fich bie Beorgier diefem Aus:
fpruch unterwerfen müffen, was fie jedoch nicht gethan, vielmehr
haben fie die Entfheidung der Supreme court für nichtig erklaͤrt.
Anftatt nun die Widerfpenfligen mie Militairgewalt zum Ge—
horfam zu bringen, legte der Präfident die Hände in den Schoos
und äußerte ſich fogar zu @unften des Staats Georgien. Die
Ameritaner beweifen in ihrem Benehmen gegen die unglüdlichen
Indianer einen großen Mangel an Ehrgefuͤhl und Rechtlichkeit.
Dabei prahlen fie beftändig mit ihren Tugenden, insbefondere
mit ihrer Liebe zur Freiheit. Jeden Mann von gewöhnlicher
Rechtlichkeit muß der Widerfprudy zwiſchen den Grundfägen, bie
fie zur Schau tragen, unb ihrer Handlungsweife empören. Gie
ſchimpfen auf die europäifcdhen Regierungen, weil biefe, mie fie
. fagen, die Mächtigen begünftigen, die Schwachen hingegen uns
terdrüden. Hiergegen wirb beclamirt im Congreß, gebrällt in
Wirthehäufern, disputirt in jedem Gefellſchaftszimmer, fatirifirt
auf der Bühne, ja felbft von der Kanzel und das Anathema
gefprochen. Man höre dies unb fehe auf ihr Thun und Trei⸗
ben in ihrem eignen Lande; mit ber einen Hand fieht man fie
die Freiheitskappe ſchwingen, mit der andern ihre Sklaven geis
Bein. Dept prebigen fie über bie unveräußerlien Rechte des
Menſchen, und im nächften Augenblide treiben fie die Indianer |
vom Boden ihrer Bäter, obgleich fie fich durch feierliche Ver
träge anheiſchig gemacht haben, fie zu beſchuͤgen. Und nach
Principien ewiger Wahrheit und Gerechtigkeit haben fie durchaus
fein Recht auf das Land. Cie fagen, fie haben es gefauft.
Von wem? von ben armen 'zitternden @ingeborenen, welche
wußten, daß eine abfchlägliche Antwort vergeblich fein würde, und
beshalb aus der Roth eine Zugend machten. Sol cin Verfah⸗
zen mag das Gewiffen von Räubern und Amerikanern befriebis
gen, wird aber ficherlih verdammt vor einem hoͤhern Berichts:
bofe. Kein Wunder, daß fie ein unverföhnliches Rachgefuͤhl un:
terhalten gegen bie Meißen; fein Wunder, daß diefe Rachſucht
vererbt wird von Geſchlecht zu Geſchlecht; Fein Wunder, daß
fie fig weigern, ſich zu ihren ungeredhten Drängen zu gefellen,
und mit den Sertilgern ihre Raffe zu vermifchen; Fein Wunder,
daß fie einen unabläffigen Krieg führen gegen ihre Unterbrüder ;
daß fie triumphiren, wenn fi ihnen eine Gelegenheit zur Rache
bietet s daß fie tanzen, fingen und jauchzen, wenn bie Opfer ih⸗
ree Rache Röhnen, feufzen und jammern in-ben Klanımen. Die
Leute bier affectiven Verwunderung, daß die Indianer fo unems
pfänglich für Givilifation ind, ober mit andern Worten, baffie ſich
hartnaͤckig weigern, die Bitten und Gebraͤuche ber Amerikaner ans
zunehmen. Man wiſche aus ihrem Gedaͤchtniß bie Grinnerung bes
Urrechtte, das fie erlitten. Wan laffe fie vergefien, daß dies Band
WBöälbern
einft das ihrige war, daß über dieſe Zelder und in biefen
ihre Vorfahren einft in forglofer Froͤhlichkett fcherzten und jag⸗
ten, baß bies Alles mit der Ankunft ber Meißen aufhoͤrte, daß
fie feit jener Zeit gleich Hunden behandelt, ihr Leben, ihre Kreis
heiten unb Rechte muthwillig geftbrt, ihre Land und bie Gräs
ber ihrer Väter ihnen entriffen, und fie von Fluß zu Fluß, von
Wald zu Wald immer weiter nad Weſten getrieben unb im⸗
mer flüchtig unb fremb find in ihrem eignen Lande unb im
ftummer Bergweiflung dem melauchotifchen Zeitpunkt entgegens
fehen, wo ihre Rachtommen gänzlich verfchtwunden fein werben
vom Boden ihrer Väter, über das Kelfengebirg in ben weſtlichen
DOcean getrieben ober, was jammervoller, zu Sklaven gemacht.
Man. laffe fie alle diefe Erinnrungen und Befürchtungen vergeffen,
und man wird aufhören, über ihren Mangel an Empfaͤnglich⸗
teit für Binikifation zu lagen. Und die Urheber aller dieſer
Graufamteiten bekennen ſich zur Religion Jeſu Chrifli!
Die unglüdticyen Polen haben fi von Paris aus au ben
Präfidenten gewandt und angefragt, ob fie Wohnfige erhalten
tönnten, unb inwiefern man ihre Nationalität refpecticen wuͤrde,
falls fie fi in irgenb einem heile bes unbewohnten Rorbwe⸗
ſtens nieberlaffen dürften.
Laͤndereien anzuweifen, und kein Volk kann ihnen, wie ſich von
ſelbſt verftebt, geftatten, als felbftändige Nation in ihren Gren⸗
zen zu wohnen. Außerdem find biefe Ungluͤcklichen jedoch in ei⸗
nem großen Irrthum über die Leute in diefem Lande, wenn fie
glauben, daß Aufopferung für Sache der Freipeit eine Em⸗
pfeblung ‚in den Bereinigten Staaten iſt; fie find oolllommex
gleichgültig bie Grundſaͤhe und Handlungsweiſe bes Mannes im
diefer Ruͤckſicht anlangend, und intereffisen fih nur für ihre
eignen Angelegenheiten. Als die Polen noch im Kampfe bes
griffen waren, ſandte bie reiche amerikaniſche Nation für fie eis
nige Iumpige Zaufend Dollars nach Paris; und ftatt fi wegen
der Beringfügigkeit dieſes Betrags zu ſchaͤmen und zu ſchweigen, po⸗
faunte fie dies aus in allen Zeitungen.
baß ber Kampf in Polen fchon feit Monaten beendigt fein müffe,
fammelte man bier lädertidgerweife ein Freicorpo, um wenigs
ſtens prahlen zu koͤnnen, daß dies geſchehen.
Wilhelm Pirſcher.
Literariſche Anzeige. .
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten:
Sonverfations: Kerifon
der "
neueften Zeit und Literatur.
Zwölftes Beft.
" Ideler bis Kapodiſtrias.
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Leipzig, 12. Februar 1833.
3 A. Brodhauß,
Redigtet unter Berantwortiichtelt der Werlagshandlung: %. A. Brockhaus in Leipzig.
Der Praͤſident hat kein Recht, ihnen !
Als jeder Unbefamgene fah, «
a
f
Blätter
ur
literariſche rn
Ro Fontas,
4, A A Mir 1833.
Zur Gefchichte der öffentlichen Meinung in Deutfchland.
Erſter Artikel.
Voͤlker und Einzelne haben eine Geſchichte ihres Wachs⸗
thums an Koͤrper und an Geiſt, und bei Voͤlkern und
Einzelnen zeigen fi) in der Periode bes ſchnellern Wachs⸗
thums eigenthümliche Erfcheinungen, die man von einem
gewiffen Standpunkte aus als ein Uebel und als eine
Krankheit bezeichnen mag. Naht das Frühjahr heran
und fleigen die jungen Säfte ſchwellend in die Höhe, fo
muß die alte Rinde der Bäume berfien und bie —*
terten duͤrren Blaͤtter und Zweige werden abgeſtoßen.
Und hätten diefe Blätter und Zweige in ſolcher Fruͤh⸗
lingszeit eine Stimme, fie würden ſaͤmmtlich einen Häglis
Ken Chorus anſtimmen gegen die fchlimmen Folgen des
Fruͤhlings und gegen die empoͤreriſch in die Höhe fleigen:
den Säfte, die fie. von der lange behaupteten Stelle vers
brängen. Im Beiflesfrühlinge des Voͤlkerlebens gibt «6
aber folhe Stimmen, und fo wundern wir uns nicht,
wenn mannichfahe Klagen uͤber die gefährlich gährende
Zeit, über den Erankhaften Zuſtand der Öffentlihen Mei:
nung zum Vorſchein kommen. Es ift dies nichts Anderes,
als die alte chronifche Bölferkrantheit des ſchnellern Wache:
thums ber Erkenntniß, ein erbliches Uebel, das ſich forts
während wiederholt, feitdem die erflen Srüchte, von dem
Baume der Erkenntniß gepflüdt, das erfle Uebel in ber
Welt und unter den Menfchen verbreitet haben. Dage⸗
gen gibt es Bein befferes Mittel, als die freie, friſche Luft
der Deffentlichkeit ſowie die Beſeitigung aller Hinderniſſe,
welche das Wachsthum ſtoͤren koͤnnen, und es hilft hier
nichts Anderes, als eine homoͤopathiſche Curart, die nach
dem Seundfage: „Similia similibus“, durch die Gewährung
der Deffentlichkeit den Gefahren derfelben zu begegnen ſucht.
Altes im Leben flcht im innigen Zufammenhange,
und für jede nächte Erſcheinung, wie fie auch in anfcheis
nend zufälliger Abgeriffenheit dem Auge des oberflächlichen
DBeobadıters ſich darflelen mag, wird der weiter forfchende
Blick eine tief greifende Verkettung pbpfifcher und mora⸗
liſcher Urſachen zu entdecken wiſſen. Auch wer es unter⸗
nimmt, eine wahrhafte Naturgeſchichte der öffentlichen
Meinung, eine Pſychologie des Volksgeiſtes zu fchreiben,
darf ed nicht unterlaffen, auf die Befchaffenheit des Bo:
dens hinzumelfen, in welchem bie Quelle entfpringt, aus
welcher der Durſt nah Wahrheit gelöfcht werden foll..
Diefe Aufgabe iſt ſo ſchwierig als umfaſſend. Ihre völs
lig befriedigende Löfung kann hier nicht verfucht werden.
Immer bürfen role. es jedody unternehmen, in nicht ganz
unvolftändigen Umtiffen, zu deren Ausfüllung die lebens
bigen Farben jedem gebildeten Leſer Leicht zue Band fies
ben, den Bildungsgang ber Öffentlichen Meinung unfers
deutfchen Volkes, insbefondere während der juͤngſt verflofs
fenen Jahre, näher zu bezeichnen. Vielleicht trägt dies
zur Berichtigung einiger einfeitigen Anfichten bei, und «6
ift wol um fo mehr an ber Zeit, ald man gegentoärtig
von einer gemiffen Seite her fi) bemüht, der Öffentlichen
Meinung eine Deutung und eine Richtung zu geben,
welche diefelde nimmer anzuerkennen und nimmer zu ver:
folgen geneigt fein wird,
Schon der dreifigjährige Krieg hatte die (oder ver⸗
bundenen Glieder des bdeutfchen Reichskoͤrpers gewaltiam
auseinander geriffen, und ber weſtfaͤliſche Friede hatte auf
die tief Elaffenden Wunden nur fein papierenes Pflaſter
gelegt, um ſie zu bedecken, allein ohne ſie heilen zu koͤn⸗
nen. Der unheilbare Zwieſpalt kam hauptſaͤchlich im ſie⸗
benjaͤhtigen Kriege von Neuem zum Vorſchein. Wir ſa⸗
hen damals faſt allerwaͤrts in Deutſchland, wenn nicht
der That, doch der Geſinnung nach, lebhaft Partei ergrei⸗
fen für den einen oder. andern dee kriegfuͤhrenden Theile.
Waren es religiöfe Ideen und kirchliche Zerwuͤrfniſſe, die
im Berlaufe des dreißigjährigen Kriege den politifchen
Spaltungen zu Grunde lagen, fo ſchien dagegen zur Zeit
des fiebenjährigen Kriegs hauptſaͤchlich die Perſoͤnlichkeit
der betheiligten Monarchen fuͤr die eine oder andere An⸗
ſicht den Ausſchlag zu geben. Es war dies durchaus ent⸗
ſprechend der ſeit dem weſtfaͤliſchen Frieden ſo weit fort⸗
geſchrittenen Entwickelung des unumſchraͤnkten Monarchen⸗
thums, die in Frankreich — mehr oder minder aber auch
in dem größten Theile des übrigen Europa — den Grund:
fag: „L’etat c’est moi”, an die Spige bes öffentlichen
Rechts geftellt hatte.‘ Wenn indeſſen die überwiegende
Perſoͤnlichkeit eines Friedrich des Großen die Gefinnung
der großen Mehrheit des deutfhen Volkes in derſelben
Zeit für fih zu gewinnen mußte, in welcher er als
Reichefeind von Kaifer und Reid) belämpft wurde, fo
war bies ein defto fchlagenderer Beweis, daß bereits im
Geiſte des Volkes Leine Wurzel mehr hatte, was dieſes
Volk zur Einheit einer Nation verbinden follte,
In Mitte der politifhen Zerwürfniffe ſollte inzwifchen
von einer andern Seite her der verglimmende Funke ei:
nes deutſchen Nationalfinnes und deutfcher Nationalehre
wiederangefacht werden; ja, man kann die Wiedererwe⸗
dung, wenigftens theilweife, als die Folge jener Zermürf:
niffe feldft betrachten, weil jedes Volt, dab niht von
Grund aus verdorben tft, [bon durch bie Größe ber
Uebel, welche es belaften, auf die Mittel der Rettung ge:
feitet wird. Die beutfche Literatur, von Luther und fel:
nen Mitſtreitern zu einem felbfländigen Leben berufen,
haste, aufl die Dauer Ihre Selbſtaͤndigkeit nicht behaupten
Zönnen. Che unfer Volt unter die Gewalt ber Fremd⸗
hewefäiwft" fiet;. war ſchon der Gift deffetben in die Bande
.des Auslandes geſchlagen, und fo hatte ſchon in dem
Schickſale der deutſchen Literatur die politiſche Zukunft
unſers Vaterlandes prophetiſch fich abgeſpiegelt. Allein
ehe unſer Vaterland dieſer Fremdherrſchaft unterlag, hatte
auch ſchon die deutſche Literatur wieder ihre geiſtige Eman⸗
cipation fiegreich begonnen; und konnte hierdurch die Un⸗
terjochung nicht abgewehrt werden, ſo wurden doch bereits
Keime in den Geiſt der Nation gelegt, welche die ſpaͤtere
Befreiung vorbereiteten und erleichterten. Der ſcharfe
Verſtand eines Leſſing verbannte den hohlen franzoͤſiſchen
Geſchmaͤck und zerſchnitt die Bande, womit‘ fremdes Vor⸗
urtheil und fremde Mode und gefangen hielten. Klop⸗
ſtock fang feine „Hermannsſchlacht“ und feine Oben.
-Bürger, Claudius, Schubert u. A. dichteten ihre Wolke:
lieder, welche, die fchlummernden Grfühle ber Deutfchheit
anregend, allerwaͤrts wlederklangen. Immer war 06 je:
doc nur das Nationalgefuͤhl, das geweckt wurde, und
welches zundchft nur zum Schaffen und Wirken im Reiche
der Gedanken trieb, womit das der Wirklichkeit fortwaͤh⸗
rend in fchroffem Gegenfage ſtand. Auch firömte neben
dem erfrifchenden Bergquell, der von den Höhen der deuts
fchen- Kiteratun ſich ergoß, in der platten Ebene ein breis
tee und feichter Strom von Alltagsgeſchichten, von fentis
mentalen Familienromanen u. dgl., welcher die Kuͤmmer⸗
lichkeit unſers Volkslebens nur allzu treu abfplegelte und
derfelben neuen Vorſchub leiſtete. Denn in der Zerriſſen⸗
heit feines öffentlichen Lebens hatte ſich der Deutſche mehr
und mehr in den engen Kreis des Häuslichen zuruͤckzie⸗
hen müffen; und obwol ihn bie Tugenden des Familien⸗
lebens zierten, fo hatte er doch, in ein entnervendes Spieß⸗
bürgerthum verfunken, Beine Ahnung mehr von der Würde
des Staatsbürgers.
Die politiſche Kleingeiſterei, wie ſie unmittelbar vor
dem Ausbruche der franzoͤſiſchen Revolution in: Deutſch⸗
land herrſchte, fand auch in den damaligen materiellen
Verhättniffen eine breite Unterlage. Die ſtaatliche Zer:
fpfitterung bes deutſchen Landes hatte dazu beigetragen,
den Befig und den Erwerb nad alken Seiten hin gleich⸗
mäßiger zu vertheilen, ald anderswo der Yalk tar.
andern Staaten Europas, in welchen dad Centtaliſations⸗
ſyſtem feine Herrfchaft errungen hatte, beſaß Deutichland
einen zahlreihen, wohlhabenden und bebaglicd lebenden
Vor
353
— —— —— ——— Sa aa a ee eu
gere Gewohnheit leicht ertragen. Der freie Verkehr war
mindeflens nit in dem Maße wie in unferer Zeit ge:
bemmt und gehindert. In dem Landbau hatte ſich von
den Zeiten des Mittelalters ber die Gefchloffenheit größe:
rer Güter, und in dem Gewerbsieben hatte ſich das alte
Zunftweſen erhalten. Big und Erwerd waren hierdurch
in feſt beftimmte Schkanken gewiefen, in welchen man um
fo bequemer fich bewegte, als noch die Dichtigkeit der Bes
völterung geringer und hiernach der Antheit der Einzelnen
am Gefammteintommen verhältnikmäßig beträchtlicyer war.
Zone hatte ſchon damals die Gefeggebung fin Herbilfüh:
rung einer größern Theilung der Güter fowie für die
altmälige Loͤſimg des Zumfruewmges- Eiwettme- grrroſſin
Auch hatte bereits die Verdrängung- der einfachern Hand⸗
arbeit durch Fabriten und Mafchinenwefen der Anfang
genommen. Alten diefe hochwichtigen Thatſachen ber
neuern · Culturgeſchichte, von fo bebeutendem Eimfluffe auch
auf die politiſche Geſtaltung, haften- doch noch keineswegs
ihre nothwendigen Folgen in ihrem vollen Umfange ent“ -
wickeln Binnen. Vielmehr fchienen diefe Veränderungen
und Reformen — verbunden mit einigen andern Verbeſ⸗
ferungen in verfchledenen Zweigen des: Staattlebens, wo⸗
bin 3. B. die theilweife Aufhebung ber Leibeigenfchaft ge⸗
hörte — hellere Ausfichten für die nächte Zukunft zw
eröffnen, ohne mit der Gegenwart zu verfemden. Sie
trugen alfo dazu bei, die Zufriedenheit mit dem Beſtehen⸗
den wenigſtens infoweit zu befeſtigen und su erhalten, als
man biefes Beftehende gem ſich gefallen ließ, went mar
gleih nirgend fehr geneigt ſich fühlen mochte, für bie
Erhaltung deffelden irgend bedeutende Opfer zu bringen.
Don einer thätigen und wirkſamen Oppofition und Oppo⸗
fitionspartei konnte natürlich unter jenen Verhaͤltniffen
feine Rede fein. Kam eine foiche irgendwo zum Vot⸗
ſchein, wie unter Sofeph IT. in einigen Theilen der oͤſtrei⸗
hifhen Monarchte, fo war diefelbe mehr im Sime ber
Stabilität al6 der Bewegung. Das patriarchaliſche Vers
haͤltniß des Kandesvaters zu feinen Landeskindern war ba=
mals nody nicht durchaus ein finnleeres Gleichniß. Ohne
Widerſtand und im Gefühl feiner politiſchen Unmuͤndig⸗
keit unterwarf ſich das Volk den Launen feiner Machtha⸗
ber, welche durch Gewohnheit und in der Regel durch
einge den beutfchen Fuͤrſten eigenthuͤmliche Bonhommie
gemildert wurden; und wenn auch wol das eine oder an:
dere Mal ein geltebtes Landeskind unfchuldig die Ruthe
befam, fo war man body noch vorit entfernt, darin eine
Beleidigung der Gefammtheit und eine DBerlegung der
ſtaatsbuͤrgerlichen Ehre zu erblicken.
Bel diefer Lage der Dinge brady die "Revolution in
Frankreich aus. Die Erhebung eines großen Volkes ge:
gen den lange gefteigertn Druck, die auch in Deutſch⸗
land widerhallende Eroͤrterung der Mechte des Dienfchen:
und des Bärgers, die natürkiche Wirkung einer großartis
gen Begeiſterung, die im Sturm des Kriegs zur entftheiz
denden That und: zum Siege führte: dies Alles mußte
weithin in unferm Vaterlande den Anftoß für eine Um:
Mittelſtand. Die mannichfachen Gebrecyen der einzeinen | waͤlzung der Begriffe und Anfihten geben. Schon früher
Staateverfaffungen und Staatsverwaltungen ließ wine län= | hatte der Umabhänyigkeitstampf der Nordamerikaner ge:
-
—— 7
ſo eng verknuͤpft war.
259
gen ihr Mutterland — zum erſten Mate nach Jahrhunder⸗
ten, die nur eine Cabinetspolitik und Cabinetskriege kann⸗
temp. welche von Soͤldlingen ausgefochten rourden — ba6 größe
Betſpiel einer Volksſache und eines triumphirenden Volkes
gegeben. Hatte aber dieſes Ereigniß die Bemuͤther vorbe⸗
reitet und für neue Ideen empfänglic gemacht, fo muß:
ten fie jegt doppelt ergriffen werden, da mit dem Schid:
fale des franzoͤſiſchen Nachbarvolkes das eigne Schicfal
Die Flamme, welche In Krank:
reich auffoderte, beleuchtete jegt plöglich mit grellem Wi:
derfcheine alle feither unbeachteten Fehler und Gebrechen
des beutfchen Staatenkoͤrpers; fie ſchien zugleich eine gläns
zunde Ausfiht in bie Zukunft zu eröffnen, fobald man
erſt die naͤchſtllegenden Hemmniſſe befeitigt haben wuͤrde.
Mehr oder minder unumwunden ſprachen daher aller Or⸗
ten in Deutſchland die Freunde der franzoͤſiſchen Revolu⸗
sion fih aus. Es wurde hiermit der erſte Keim einer
im Wolke felbft wurzelnden Oppefition gegen bie bisher
befofgten Regierungsſyſteme gelegt, ein Keim, der ſeitdem
nad) allen Seiten hin Uppig fid) entfaltet hat. Von ih:
ver Seite fah man dagegen bie Regierungen ſchon damals
biefeibe Politik verfolgen, bie fpäter den karlsbader Be⸗
f(hlüffen zu Grunde lag und die Bundesbeſchluͤſſe vom
28. Zun. bes Jahres 1832 erzeugte. Statt den Geift
ber neuern Zeit befonnen zu lenken, indem man an bie
Spitze deſſelben fich flelite, glaubte man duch directen
Wiperftand Ihn uͤberwinden zu koͤmen. Man verfolgte
nicht nur die wahren, fondern auch die angebihen Ans
haͤnger der frangöfifchen Revolution; man vermehrte die
Zahl. feiner wirklichen Gegner, indem man bie Schar ber
eingebilbeten Feinde vergrößerte. Das wiberliche Geſchlecht
ber Belauerer und Angeber ‘drängte ſich hervor, und ſchon
während der franzöfifchen Revolution verlor man fi auf
jene unheilbringende Spur der Jakobinerriecherei, welche,
fpätee immer weiter verfolgt, vom rechten Wege fo weit
abführen mußte.
Mit vergeblihen Anftrengungen und Opfern war von
Seiten der deutfchen Regierungen der Kampf gegen Frank⸗
veich fortgefegt worden. Der fhlimme Ausgang beffelben
mußte die Uebeszeugung von ber Nichtigkeit des feither
Beitandenen noch allgemeiner verbreiten. Die Separats
verträge einzelner deutfcher Staaten, vom bafeler Frieden
an, zeigten wiederholt, daB fortan Deutfchland ein ge:
meinfomes Schickſal weder zu hoffen noch zu fürchten
habe; Der endliche Abfchluß des allgemeinen Friedens
unterwarf einen Theil unfers DVaterlandes der Herrſchaft
der Sieger, und die Territorialveränderungen im Sahre
1803 führten auch auf der rechten Mheinfeite vielfache
neue Machtverhältniffe herbei. Dahin und dorthin ver:
theilt, hatten die Bewohner bedeutender Laͤnderſtrecken ihre
Herren vertaufchen müffen. So wurde bie gewohnheits⸗
mäßige Treue und Anhängliykeit an die angeflammten
Sürftenhäufer vernichtet, die fo manche Fehler bededite und
fo mandye Gebrechen hatte verfchmerzen laſſen. Mit ges
fieigerten Soderungen und mit einem völlig neuen Maß:
flabe für die Rechte und Pflichten der Regierungen un:
terwarfen ſich die neuen Unterthanen ihren neuen Regenten.
t
et
Wie ſchon die frühen Ereigniſſe das Uebergewicht
des in ſich einigen Frankreichs über das gerriffene Deutſch⸗
land offenbar gemacht hatten, ſo vollendeten die weitern
Begebenheiten die gaͤnzliche Unterwerfung unter die Herr⸗
ſchaft der Fremden. Halb freiwillig und halb gezwungen
ließ ſich ein Theil der deutſchen Regierungen an den
Siegeswagen Napoleon's feſſeln. Ihr Abfall von dem
untssgehenden deutſchen Reicht, das nun auch in feinem
legten Schimmer erblid, wurde durch das Wort
„Souverainetaͤt“ belohnt, welches, dem Herrfcherwillen
Napoleon's gegenliber, fo ganz ohne Bedeutung blieb, fos
wie durch Ermeiterung einer Satrapenherrſchaft vermit»
tels neuer Mediatifirtungen. Hierdurch wurden in noch geös
Berm Umfange, als durch den Reichsdeputationshauptſchluß
von 1803 geſchehen war, fange beflandene Verbindungen
zwifchen Regierungen unb Unterthanen aufgelöft, ohne
daß fich im fortwährenden Schwanken der Begebenh eiten
neme und fefte Verbindungen fo bald wiederanfnüpfen
ließen. Mit dem Abſchluſſe des cheinifhen Bundes war
daher über die naͤchſte Zukunft unfers Vaterlandes ent
fchieden worden, und bie endliche Erfüllung eines lange
verdienten Schickſals mußte nun auch bis in die nenefte
Zeit hinein den fernern Bildungsgang der Anfichten und
Meinungen beflimmen, *) W. Schulz.
Ueber die belgiſchen Ackerbaucolonien.
Indem ber Miniſter des Handels und ber öffentlichen
Arbeiten neuerlih, nad dem Erſcheinen der Schrift des Hrn.
Huerne de Pommeufe: „Des colonies agrichles et de leurs
avantages’‘ **), ben Plan zu Anlegung von Aderbaucolonien
in Frankreich aufgenommen bat, bringt die „Revue encyclope-
dique’’ über den Zuftand der in Belgien vorhandenen einen
von bem Dberauffeher der Mefängniffe und Wohlthaͤtigkeitsan⸗
ftalten Belgiens, Herrn Ed. Ducpetiaur, in ber ausgefprodhenen
Abſicht abgefaßten umſtaͤndlichen Bericht, deren Grgebniffe rich⸗
tig abzuſchaͤzen und zu würdigen, wozu er durch amtliche Kennt«
niß mancher wenig oder nicht gekannten Thatſachen befähigt fei,
und vor ben Klippen, an denen die gewiffenhafteften und aus⸗
dbauerndften Bemühungen in Belgien gefcheitert wären, in Frank⸗
reich zu warnen.
Die, nah dem Mufter der in Holland 1818 geftifteten,
1822 in Belgien zufammengetretene Wohlthätigkeitögefellfchaft
begann ihre Operationen mit dem Anlaufe von 532 Morgen 26
Ruthen Haidelandes in der Gemeine Wortel, zu 14 Guld. den
Morgen, und mit der Erbauung von 129 kleinen Pachthoͤfen
zunaͤchſt vier großen Hauptgebaͤuden, bie die freien Golonien bil:
deten. Im Jahre 1823 vereinigte fich die Geſellſchaft mit der Regie:
rung zu@ründung einer neuen mit gefunden Leuten aus den Armene
anftalten zu bevöllernden „Aderbauanftalt zu Unterdrüdung der
Bettelei”, Eaufte zu dem Ende wieder 516 Morgen, 36 Ruthen
Eandes in den Gemeinen Merrplas und Ryckevoorſel, und ver:
pflichtete fih, vom Ablaufe des Zahres 1825 an 1000 Bettler
zurübernehmen, für beren Unterhalt fi die Regierung ihrers -
feits anbeifchig machte, 35,000 Guld. jährlich, wenn aud bie
Zahl dieſer Bettler inzwifden fi vermindere, 16 Jahre
lang zu zahlen, wo fie bann aber berechtigt fein folle, abermals
1000 Bettler an die Colonie abzuliefern, ohne weiter etwas zu
entrichten (sans ne plus rien devoir payer de ce chef).
Die Koften diefer Anftalten, als da find Ankauf der Län:
bereien, Bauden, Urbarmachen, Verwaltung, Unterhalt und Bes
*) Der zweite Artikel folgt in at Tagen. - D. Reb.
*.) Vgl. Nr. 335 d. BI. f. 18%. D. Rev.
t
2360.
Pieibung ber Goloniften, Ankauf der Baus: und Hofgeraͤthe, der
Thiere, Saaten, Affecurangen u. f. w., beftritt die Geſeilſchaft
feit jener Zeit bis heutiged Tages: 1) mit dem Grtrage der
zwifcdgen ihr und Gemeinden fowie Spitaͤlern abgeſchloſſenen
Gontracte, wegen Aufnahme von Bamilien oder Waifen in die
freien Colonien; 2) mit dem Belaufe freiwilliger Eubfcriptios
nen und Geſchenke; 3) mit dem jährlihen Regierungszufchuffe
von 35,000 Guld. und 2) mit dem Ertrage ber Kolonien, in
Ernten, Biehverfäufeniu. f. w., der fi wegen mangelnder
Angaben leider nicht genau genug zur überfihtlihen Beim»
mung bes künftigen Schickſals ter Anfalten erweift.
Es bleibt indeffen fo viel gewiß, daß die Geſellſchaft wäh:
rend ihres zehnjährigen Beſtehens 766,000 Guld. aufzeborgt
dat, von denen ſich nach Abzug des zu 511,000 angefchlagenen
ungefähren Werthes ihres Immobiliars und Mobiliarvermdgens,
ein reines Deficit oder eine Schulb von 255,000 Guld. offenbas
zen wird. Sonach iſt nicht nur an feinen Gewinn, fondern fos
gar nicht an bie Möglichkeit der Abzahlung biefer Schuld der
eſellſchaft zu denken, bie immermehe in ihrem Öffentlichen
Grebite finft unb, nachdem fie von 1823—29 einer jährlichen
Idurch GBubferiptionen zufammengebradten Unterflügung von eis
nigen und zwanzig bie einigen und breißigtaufend @ulben ges
noffen hatte, 1881 auf biefem Wege nur 6698 Guld. einnahm.
Die allmälige VBerbefferung ber Ernten, bis der Beben feine
Bebauer ausreichend ernährt, ift dabei Höchft ungemwiß und
weitausfehenb, fodaß bie immer zunehmenden Koften ter Anftalt
bis dahin nicht füglich aufzubringen fein möchten.
Die Negierung kann aber nicht wohl mehr thun, als fie
ſchon gethan hat, indem fie der Gefellfchaft ftatt 1000 Bettler
nur 500 überwies und ihr dennoch bie volle Summe von 35,000
Sum. jährlich auszahlte, wobei ihr ein folcher gefunder Armer
täglich auf 22 Sents, ein kranker, unthätiger aber in ihren eig⸗
nen Anftalten nur auf 16—17 Gents zu ftehen kommt.
Die frühere Regierung’ hatte auch die kritiſche Lage der Ges
fellfchaft richtig erkannt und ihr den Vorfchlag gethan, um fie
wenigſtens noch für eine gewiſſe Zeit folvent zu erhalten, alle
öffentlichen Armenhäufer in ben beigifchen Provinzen aufzuhe⸗
ben und deren gefunde fowie invalide Bevoͤlkerung von etwa
4500 Köpfen ben Golonien gegen einen jährlichen Zufchuß von
217,500 Guld. zu überlaffen; die Ausführung diefes Vorſchlags
unterblieb aber, weil die Geſellſchaft dazu eine neue Schuld von
300,000 Guld. Hätte eingehen muͤſſen. Das Unternehmen würbe
übrigens bderfelben nicht nur eine ungemeine Laſt geworben, fons
dern auch den Hauptabfichten dffentlicher Wohlthaͤtigkeitsanſtal⸗
ten mannichfach zuwidergelaufen fein.
Als Urfachen bes Nichtyebeihens ber Golonien gibt der Bes
richterftatter Kolgendes an: 1) Urfprünglidher Zuſchnitt der Un⸗
ternehbmung nach einem zu großen Maßftabe, wozu der anſchei⸗
nende Woblftand ber bolländifchen Golonien verführt haben
mochte. Wan hätte mit Vorficht und Bedacht nur Schritt vor
Schritt weiter geben follen. 2) Theilung des rundes und
Bodens mit allzu geometrifher Regelmäßigkeit ohne Ruͤckſicht
auf deffen Beſchaffenheit. Viertelhaib Morgen Landes erhielten
allemal cinen glei) geräumigen Pachthof, unbeacktet der Stärke
der darin aufzunehmenden Familie. 8) Mangel an Dünger,
unregelmäßiger Abfag ber Producte und Mangel an den noͤthi⸗
gen Zransport« und Verbindungsmitteln, beffen Folge war, daß
von 1072 Morgen Haitelandes nur 310 beadert, 289 mit
Tannen bepflanzt wurben und 488 wüft liegen blieben, viele
Pachthoͤfe aber, 49 von 125, wegen ber gänzlichen Unfruchtbar:
keit bes Bodens, worauf fie mit großen Koften gebaut mworben
, Waren, gar nicht bewohnt find und allmälig verfallen. 4) Auf:
nahme vieler Stäbter, die aus gänzlicher Unbekanntſchaft mit bem
Aderbau ihre Felder nicht zu beftellen verftanden, tas ihnen
anvertraute Vieh durch fehlerhafte und forglofe Behandlung und aus
Mangel angehöriger Nahrung umlommen ließen und fi burdy
die erhaltenen Vorfchüffe an Lebensmitteln, Kleidungsftüden und
Geraͤthſchaften nah und nah in Schulden fledten, bis bie
Geſellſchaft ſich gendt ſah, im Wiberfprudd mit bem ur⸗
ſpruͤnglich eblern Zweck der Anftalt, die Bewirthſchaftung ſetbſt
zu übernehmen und die Soloniſten als Tageldhner arbeiten zu
laffen, wodurch der wefentliche Unterfchied zwifchen ben fegien
Golonien und benen zu Unterdruͤckung ber Bettelei aufgehoben warb.
um biefen und manchen andern Mängeln ber Armencolos
nien alfo abzubelfen, madt nunmehr der Berichterftatter den Vor⸗
flag, die twefentlich nicht mehr voneinander verfchiebenen Co⸗
tonien zundrberfi zu vereinigen, die zum Ackerbau ungeſchickten
freien Coloniſten, gleich benen, deren Gemeinden nicht mehr zu
igrem Unterhalt beifteuern wollen, weil fie. nicht in ben prepins
zielen Armenhäufern, wohin fie gebörten, gelaffen worben find,
und ebenfo wie es ber Geſellſchaft contractmäßig frei fleht, bie
ein Siebentheil ber Bevolkerung ausmadyenden Invatiden in ihre
Heimat und an bie Behoͤrden zurädzufchiden, die ſonach und
an.und für fi ſchon (nachdem fie 1827 aus 1131 SInbivibuen
beftand, 1831 auf 982, gegenwärtig noch bebeutend mebe) bers
abgelommene Bevdlkerung folgendermaßen wieder zu verftärken,
um neue tuͤchtige Arbeiter zu erhalten: 1) durch gefunde Bett:
fer und Bagabunden aller Art, die nichts Fu verlieren und Alles
zu gewinnen haben; 2) durch freigelaffene Gefangene, bie von
ihren Verwandten und Gemeinden wegen ihrer frühern Berger
ben verftoßen wurden und febr oft den guten Willen, obwol
felten die Moͤglichkeit vor fiy haben, fidy auf redliche Art in
ber Welt fortzuhelfen;s 3) durch junge Verbrecher unter 18
Jahren, die man bäufig mittels georbneter Arbeit und milder
Behandlung. beſſern könnte, und endlich 4) durch Kindel« und
Waifenkinder. ,
Allerdings müßte aber auch eine andere Verwaltung und
Bewirthſchaftung eingeführt werden, um das Gebeiben bdiefer
belgiſchen Solonien möglih zu maden. Cine gewiffe Anzahl
Pachthoͤfe und Ländereien müßte immer ber befondern Aufficyt
erfahrener Landleute Äbergeben werben, bie bie newen Goloniften
in der Bewirthfchaftung anfaͤnglich unterzichteten, damit fie ſich
nad und nad zu felbftändigen Lanbleuten bildeten. Denn das
rößte den Wohlſtand der Kolonie hemmende Hindernig würbe
ederzeit das zulegt nothgebrungen befolgte Syſtem fein, die Co⸗
loniften ‘ale Tageloͤhner arbeiten zu laffen, weil dadurch alle
Betriebſamkeit und Arbeitsluft in ihnen vernichtet wird, wenn
fie nicht die Ausfiht haben, ihre Lage mit der Zeit zu verbefs
fern und fih ein unabhängiges Dafein zu erwerben. 159.
„Notice sur le comte Capodistrias.”
Abermals eine folde, aus ber Feder des Gtamati Bulgark,
ift im 3. 1832 in Paris, bereit in ziveiter Auflage, erfchienen.
Sie ift immer, auch wenn ſich nicht verkennen läßt, daß ber
Berf. dem Kapobiftrias etwas gar zu fehr das Wort rebet, als
ein Beitrag zu denjenigen Acten zu betrachten, aus deren ſorg⸗
fältigee und genauer Prüfung und unbefangenee Vergleichung
allein das richtige Urtheil über den fo verſchieden beurtheilten
Präfidenten von Griechenland gewonnen werden kann. Bulgari
reifte mit demfelben im Dec. 1827 von Ancona nach Griechen⸗
land und ift dort drei Zahre, bald mit Militairoperationen bes
ſchaͤftigt, bald in Givilangelegenpeiten, in vertrauterm Verhaͤlt⸗
niffe zu Kapodiſtrias geblieben. Er gibt in feiner „Notice”
theils Thatfachen, theils Urtheile; es bleibt aber immer, unb
grade bier, Schwierig, auf Thatfachen allein ein Urtheil zw
gründen, wenn man — bad Innere des Menfchen, fein Herz
und feine Abfichten nicht kennt. Und wer will ſich anmaßen,
biefen immer und uͤherall den Schlüffel zur bejigen? nach
u
Äugern. Thatſachen diefe Abfichten, das Wollen und innere Wirs
Een des Menſchen ermeffen zu wolen? Auch die hier nicht in
großer Anzahl mitgetheilten. Briefe an und von Kapobiftria®,
aus den Jahren 1828 und 1829, können, fo fehr fie zum Theil
für Kapodiſtrias fpredgen, doch nicht allein für ihn aeugen. -
Wo aber ift hier — ber Herzenslündiger ?
Nedigirt unter Berantwortiichteit der Verlagshandlung: 3. A. Brodbaus in Leipzig.
Blätter u
literarifche
Lacvetia Borgia, Drama in drei Acten von Victer
Hugo.*)
Der Name Böergia erinnert im Italien gleichzeitig an
"die größte Verworfenheit, an die raffinietefte Tiefe menſch⸗
ficher Laſter und am ausgezeichnete Talente, Feinheit,
Weltbildung, Liebe und Unterflägung ber Künfte und
Wiſſenſchaften. Während auf der einen Seite zur Zeit,
wo biefer Name in Flor war, zu Ausgang des 15. und
zu Anfang des 16. Jahrhunderts, in dem Webergange
"des Mittelafters zu einer neuen Belt, Die: Dichter umd
‘Sänger ihren: Mäcmaten ımb Patronen unſterbliche Kraͤnze
:wanden und fie zu den Helden ihrer Wergötterangen ſtem⸗
pelten, laſtete auf der andern Seite der Fluch, bie Verwiim⸗
fung und die Anklage bes Verraths, des Trenbruces,
‘der Ueberliſtung, des Mordes im allen Geſtalten und der
Slutſchande auf ihnen. Damals, wo das Recht keine
feſten Stügen, bie Gewalt und der glüdfiche Kampf Die
Oberhand befaßen, wo der Krieg und der vocchenfeltige
Raub das Element ber italleniſchen Edelleute bildeten,
‘waren jene Eigenſchaften die Mittel dee Auszeichmmg
-und die Buͤrgen des Siegs. Unter Allen tagten die Bor:
gia hervor, und wenn Greuel und Schredithaten hinreich⸗
ten zu einer Tragoͤdie, fo wäre zu vermundem, daß dieſe
reiche Vorrathskammer ‚noch nicht benutzt worden.
Alerander VI. war in Spanien geboren. Ehe er zur
paͤpſtlichen Würde gelangte — durch Beſtechung umd
Intrigue —, trug er den Namen Rodrigo Lenzuoli, wel⸗
hen er gegen den Samitiennanten feiner Mutter Borgia
vertanfhhte: Die Geſchichte hat uns uͤberliefert, weiche
"Art von Gianz und Erfindungsgeift dieſer heilige Vater
um ſich verbreitete, und unſere erſte deutſche Beſchreibuͤng
der Fahrten von Dr.-Zauft, wie er mit Mephiſtopheles
- zu’ Alexander VI. in Rom kommt, gibt ung ein ſeht pla:
ſtiſches Bild davon. Hier nur'fo viel, als zur Verſtaͤn⸗
digung des Artikels dienlich. Alexander VI. hatte mit
“einer Ihrer ausnehmenden Schoͤnheit wegen befannten
Dame, Rofa Vangzza, fünf Kinder erzeugt, worunter
eine Tochter, Eucretin, und die beiden Alteften Söhne, Jo⸗
hann und Caͤſar Borgia, befonders befannt find. Der Papft
fuchte durch feinen Einfluß und fein Anfehen diefe beiden
Ssdͤhne zu erheben. Der aͤlltere, Johann, war Derjog zu
*) Bel einen kurzen Bericht in Ar. 555.0 FD Bed,
Dienftag, — Nr. 64. —
für . | “ '
Unterhaltung,
5. Mär; 1833.
Gandla, der zweite Hergog zu. Valentinois. Won allen
Dreim, dem Vater und ben zwei Söhnen, erzählt die
Geſchichte, daß fie in blutſchaͤnderiſcher Verbindung mit
ber Tochter. und Schweſter Lucretia gelebt. Caͤſar Bors
gia, dee Ausbund aller bamaligen Heinen Tyhrannen, die
wie Vampyre an dem Marke der unglüdlichen italieni-
[gen Fürſtenthuͤmer fogen, beguͤnſtigt mit Naturanlagen,
Kenner und. Verehrer der Künfte, tapfer als Krieger, ohne
Zreue, ohne Wert, rachgierig, verſchmitzt und vor keinem
‚Zafter zurücbebend, ein würbiges Bild zu einer Charak⸗
terfhilderung, war der Ippus, welchen Macchiavell in fels
nem lange verfannten und gemisbeuteten „Principe” vor Aus
‚gen hatte. Als er. aus doppeltem Grunde, ſowol wegen
feines wachlenden Anſehens als wegen Jeines Umganges
mit Lucretia eiferfüchtig auf feinen Bruder Johann wurde,
ließ er ihn heimlich erdolchen und den Leichnam in bie
Ziber werfen. Es war zur fprichwörtlichen Redensart ge⸗
‚worden, zu fagen: Was gewöhnlidger Lift und Trug nicht
„erreichbar fei, das ſtehe Caͤſar Borgia zu Gebot; was er nicht
mehr koͤnne, das vermöge noch der Teufel, und als Dies
fier über diefem ſtehe Papſt Alerander VI. Diefem It:
‚tern wird bie Erfindung eines neuen Giftes zugefchrieben,
woduch er je nach dem ertheilten Maße die fernere Les
bensfähigkelt feiner Opfer auf Tag und Stunden zu bes
rechnen im Stande gewefen; ein gaſtfreundlich geweihter
Becher, ein Trunk im Palaft der Borgia war der Tod
ihrer Gegner, welche fie in Abgang anderer Mittel durch
Verſtellung und Deuchelei in ihr Neg zu locken wußten;
und ſelbſt die vergiftete Hoſtie mußte ber Machgier des
Nachfolgers Petrus zum Werkzeug dienen. Lucretia Bor:
gia war zuerſt mit einem aragonifchen Edelmann ver:
bunden, fodann an Johann Sforza, Der zu Peſaro, Ipds
tee an Afonfo, Herzog von Bifeglio, und zulegt an Als
fonfo, Herzog von Ferrara, verheiratet. Da die Ehe
mit Sforza und dem Herzog von Bifeglio dem Papfte
in feinen eignen Lüften hinderlich war, ließ er den Einem
für impotent erklären und. ben Andern ermorden. Zur
Geier der Dermählung feiner Tochter. mit dem. Herzog von
Ferrara erfand er jenes berüdhtigte Ballet, in weldem
50 — nad) Anden 80 — nadte Männer und. Weiber
tanzten und :die wollüfligften Stellungen und Bewegungen
mit Preifen belohnt wurden. So — fagt ein, parijer
Blatt — näherte fi der Batican dem Paradieſe Algran⸗
e.
*
ein Glas Wein, reiches er für einen Gardinat Corneto
bereitet hatte. Lucretia fol ihm in den Giftmifchungen
thätlich beigeftanden und bie Unnatur fo weit getrieben
haben, daß fie in einzelnen Fällen alle ihre Reize und
Schönheiten proftituirt habe, um einen entrorfenen Plan
auszuführen, da6 Schlachtopfer zu erreichen und das Gift,
welches bier und da von der fchönften Hand und mit
den eindringlichften Worftellungen als Gegengift und Wet:
tungsmittel eines unterflekten Mordanfchlage dargeboten
wurde, um ſo ſicherer anzubringen. Aus diefen Weberlies
ferungen, welche übrigens von den Geſchichtſchreibern jener
Epoche nicht uͤbereinſtimmend gegeben werben, bat Victor
. Hugo den Plan feines neuen Dramas gefhöpft, dabei aber
ferner unterftellt, daß aus ber Verbindung ber Lucretia mit
Johann Borgia ein Sohn entiproffen fel, welchen fie, um
ihn der Rache von Caͤſar Borgia zu entziehen, entfernt
"und armen Fifchern zur Erziehung anvertraut habe. Der
Dichter greift nun erzählungsmeife in die nähern Verhaͤlt⸗
niffe der Familie Borgia ein; er ſchildert nicht die Ju:
gend dee Lucretia, fondern fein Drama fällt in die ſchon
vorgeruͤckten Jahre derſelben, wo fie mit dem Herzog von
Serrara vermählt, ihre Sohn bereits 20 Sabre alt iſt
umd als‘ Hauptmann im venetianifhen Solde fleht. In
dem Herzm biefer Frau, welches für alle edein Gefühle
abgeftorben iſt, Lodert die mütterliche Liebe zum erheben;
den reinfgenden Feuer auf, und aus ber Hand Deſſen,
welcher einzig in der Welt berufen iſt, fie zu lieben, fol
fie den Tod empfangen; fie darf das Gluͤck der DRutters
liebe wicht genießen, und bis zum Augenblide des Todes
darf ſelbſt das Geheimniß nicht uͤber ihre Lippen gehen.
Waͤhrend eines Balles, zur Zeit des Carnevals in
Venedig, finden ſich auf der Terraſſe eines Palaſtes mehre
junge Edelleute ein und unterhalten ſich uͤber die Lage
Italiens, wo natuͤrlich der Name Borgia mit Schrecken
und Abſcheu genannt wird. Einer unter ihnen insbeſon⸗
dere erzaͤhlt eine myſterioͤſe Geſchichte, wie vor vielen
Jahren ein Vermummter zu Pferde, in einen großen Man⸗
tel gehuͤlt und von mehren Männern begleitet, ſich der
Ttiber genähert und, den Hintertheil feines Pferdes dem
Fluſſe zugewandt, unter dem weiten Mantel eine Leiche
. aufgebedt habe, welche alsbald feine Begleiter in einen
Nahen genommen und in ber Mitte des Fluſſes ins
Waſſer gefchleudert Hätten. Der Dann zu Pferde aber fei
unbeweglich flehen geblieben, und auf die erhaltene Ant:
wort, „es fei gefchehen”, habe er erſt ſich umgewandt und
nah dem Fluß gefehen. Dort ließ fich noch etwas Dre:
hendes auf dem Waflerfpiegel erbiiden. „Es ift, Monfig:
nor”, fagte einer der Helfer, „Ihe Mantel, er wirb bald
verſinken“, und er warf einen Stein darauf, daß die fegte
Spur verfchwand. Der Kühlgebettete war der Herzog von
Gandia, der Mann zu Pferde Caͤſar Borgia.
Dieſe Erzählung iſt ſchoͤn, ergreifend und romantiſch,
aber fie iſt nicht neu und Ihe Gewand nicht original;
Alexander Dumas in feinen „Chroniques de France”, da,
wo er die gräßliche Rache befchreibt, welche ber Herr von
Giac an ber fchönen Katharine, feiner Gemahlin, wegen
26?
der ftarb ſelbſt aus Verſehen den To ber Vergiftung durch
— — —— — — — —————— —— ——————————— —— — ——— — ———— — ———
N
ihres Ehebruches mit dem Herzog von Burgund nimmt,
mag ber Phantafie des Dichters als ein verführerifches
Bild vorgeſchwebt haben.
Unterdeffen war ein junger Dann, Gennaro ifl fein
Name, auf einer Bank eingefchlgfen. Die Edstleute keah⸗
sen zum Vergnuͤgen zuruͤck, da erfcheint in einer Gondel
eine maskirte Dame und nähert ſich dem Schlafenden;
fie blickt ihn lange und wehmüthig- freudig an, es ift
Lucretia Borgia, welche nach Venedig kommt, um fi
an dem Anblicke ihres geliedten Sohnes zu ergögen. Sie
drückt ihm einen Kuß auf die Stirn, und -Gennare er:
wacht; er erzähle ihr fein Geſchick, wie ex feiner Mutter
alle Liebe geweiht, wie er, weber Familie ‚noch Herkunft
kennend, nur allmonatlih Nachricht von ihr erhalte, und
das Herz der Mutter wird zu den weichſten Empfindun⸗
gen umgeftimmt; fie -möchte fortan nur Milde üben und
um der Liebe zu ihrem Sohne willen ihr verfleflenes
Leben duch Tugend fühnen. Sie kann fih ihm aber
niht enthuͤllen, denn fchon ber zufällig genannte Name
Lucretia Borgia entreift Sennaro einen Ausdrud bes Ab⸗
ſcheus. |
Diefer Auftritt war nicht ohne Beobachter geblie=
ben.” Während Lucretia fid) über den Schlafenden hin
neigte, war ber Herzog von Ferrara, der Gattin aus Ei-
ferfucht folgend, ausgeftiegen und hatte ben Kuß bemerkte, -
welhen er für ben flagranten Beweis feiner Entehrung
halten mußte. Er kehrt zuruͤck Rache bruͤtend. Außerdem "
hatte einer der jungen Edelleute von dem Balcon eines
Hauſes herab die Fremde, die er fruͤher ſchon geſehen,
erkannt, und beſorgt fuͤr das Leben des Freundes, wel⸗
chen er in den Liebesnetzen dieſes gefaͤhrlichen Weibes
waͤhnte, eilte er, alle Genoſſen und Gefaͤhrten herbeizuru⸗
fen. Ploͤtzlich ſieht fich Lucretia von einer Maſſe neugie⸗
riger, ergrimmter und ſchadenfroher Geſichter umgeben,
welche hoͤhnend mit Fingern auf fie zeigen. „Weißt du
auch, wer diefe Frau ift, mit welcher du gefprochen?” fragt
Einer unter ihnen ben beſtuͤrzten Gennaro. Lucretia, in
der Todesangft ber Verzweiftung und von Scham und Wuth
zerknirfcht, bittet und fleht vergebens, ihren Namen bier
nicht zu nennen, denn um allen Preis möchte fie fi) vor
den Augen Defien, den fie eben mit fo vieler Theilnahme
angehört, vor ihrem Sohne, nicht als bie furchtbarſte Frau
von ganz Italien bezeichnet hoͤren. Vergebens, die Edel⸗
leute umgeben fie, und fie ift den Foltern der Schreckens⸗
erinnerungen preisgegeben. „Kennſt du mich?” ruft ihr
ber Erfte zu, „ish- bin Oloferno Bitellofo, der Sohn von
Vitelofo Vitelli, Here zu Cittaͤ di Caſtello, welchen bu
buch Verrath in feinem Lager ergreifen und mit Doldy:
flichen ermorden ließeſt.“ — Ein Anderer: „Ich bin Apos
ſtolo Gafello, Neffe yon Jakob von Appiano, melden bu
in einem Feſtgelage vergiftet haft, um ihm feine güte
Velte von Piombino zu ftehlen.” — Ein Dritter: „Sc bin
Depzeo Dliveretto, Herr zu Fermo, welcher deinen Bru⸗
ber bei der Eroberung, von Sinigaglia unterflügte, und
welchen du vor deinen Augen in den Kellern des Vati⸗
cans erbolchen ließeſt.“ — „Ich bin Maffeo Orfini, Sohn
von Paul Orfini, welcher beinem Befehle gemäß auf der
863
"großen Treppe deines Palaſtes emmeubet teurbei Unb dies
ſes Weib, Gennaro, mit welcher du geſprochen, iſt Lucretia
Borgia!“ — Gennaro laͤßt fie, von den erſtarrendſten Ab-
ſchen durchſchuͤttert, zar Erde ſinken. So weit der erſte Act.
Der zweite Act ſpielt in Ferrara, wo ſich ploͤtlich bie
- fünf Edelleute nebſt Gemaro im Gefolge der venetiani⸗
Shen Geſandtſchaſt einfinden. Auf dem Plage vor dem
(die des Herzogs, welcher bie ‚Doppelte Juſchrift der
Eſte und Borgia trägt, ſetzen fie ihre Unterhaltung bes
erſten Actes uͤber bie Werbrechen ber: Famitie Borgia fort.
VBefonders getaͤth Gennaro, welchen feine Freunde wegen |
feines tete-A-tete mit Lucretia necken, in einen Zuſtand
von Syaltstion, in weichem er ſich in einen Strom von
Verwimſchungen gegen biefe ergleßt und- zuiegt als thats
-fächlichen Beweis feiner Verachtung und Verabſcheuung
an der Juſchrift: Borgia, das B herabreißt, und fo dem
Palaſt den Namen Drgia gibt. Diefer Vorfall warb ent:
deckt und reiste die Rachgier des Herzogs und feiner Ge:
mahlin. Diefe ſtuͤrmt — nad) dem Ausbrude des Dich
ters, comme une tempete — in das Gemach des Her
3088 und verlangt Rache gegen bie widerfahrene Beſchim⸗
pfung, und als fie vernimmt, daß ber Herzog den Thaͤter
bereite feſtgenommen babe und ihre binlängliche Genug⸗
thuung verfpreche, läßt fis ihn noch beſonders verheißen,
bag der Thaͤter, wer er auch fri, nicht lebend -den Palaſt
verlaffen Tolle. Es wird ihr zugefage. Der Gefangene
wird vorgeführt, und fie erblickt in ihm ihren Sohn Gen:
naro, welchen ber Derzog, von Eiferſucht getrieben, hatte
ergreifen Taften. Vergebens bemüht fie fich, denſelben zu
retten, allen ihren Inſinuationen und Ausreden und Deus
tungen fest Sennaro das unummundme Geftändniß ber
That entgegen, und es bleibt ihr nichts übrig, als bie.
Folgen ihres eignen Ausſpruches eintreten zu ſehen. Die
hefttgfte Leidenſchaft wecfelt nun im Ausbrud, Sie vor
Sucht die füßeflen Schmeichelmorte, Erinnerungen aus der
Zeit ihrer Vermählung und Erhebung der perfönlichen
WVorzuͤge des Herzogs, um biejem die Sreigebung des (Ges
fangenen zu ewtroinden. Je mehr fie. fich bemuht, deſto
mehr fleigt die Eiferfucht ihres Gemahls, und dieſer be:
ſteht auf dem Ausſpruch. Er entdedt Ihr, daß er in Be:
nedig ihre Zufammenkunft mit Sennarg belauert habe, und
bricht in eine Reihe von Aufdelungen aller Verbrechen
der Kamilie Borgia aus. Sie aber väth ibm, fi
zu hüten. Alles ohne Erfolg. Sie muß zwiſchen dem
"Schwerte ober dem Gifte wählen. Sie entfcheidet für
das letztere. Der Herzog, welcher fehon vorher feinem
vertrauten Henker die genauefte Unterweilung über bie To⸗
deswerkzeuge gegeben hatte, verlangt, Daß Lucretia ſelbſt
das Gift einſchenke. Er laͤßt Gennaro vortreten, erklärt
ihm, daß er auf Verwendung feiner Gattin ihm Gnabe
ertbeile, und Sabet ihn zu einem Glaſe Syrakuſer ein.
Gennaro erzählt nun, wie er einſt dem Water des Der:
zegs da6 Leben gerettet; dieſer ſteht von feinem Rache
vorhaben nicht ab und befiehlt der Herzogin, einzufchenten,
was fie auch thut. Kaum bat Gennaro bas Gift getrun:
tem, fo emtfernt fich der Derzog, um, wie er hoͤhnend bes
merkt, Die Sellebte allein mit ihm zu laffen. Lucretia reicht
Gegengiſe, was er lange nicht nehmen will, eine Wer
giftung fuͤrchtend; er entfchließt ſich endlich, es zu neh⸗
men, worauf Ihn Luctetia auffobert, unverzuͤglich Ferrara
zn verlaſſen. Gennaro, von bem rätbfelhaften Benehmen
biefer Frau ergriffen, verlangt von ihr, daß fie ſchwoͤre,
daß fie an dem Unglüd feiner Mutter in keiner Art be
theifige fei. Sie verweigert, er flucht ihr, fie aber fegnet ihn.
(Der Beſchluß folgt.)
Kritiſche Verſaͤunmiſſe F Beziehung auf Goͤthe und |
al.
en P
Unfere äfthetifchen Kritiker waren in den erſten Jahrzehn⸗
ben nach Kant's Grfceinung fo fehe mit neuen Theorien, deren
fie wenigfiens alle Monate Eine zu Tage foͤrderten, befchäftigt,
daß fie daruͤber mandyes anderweitig Löbliche verfäumten. Die
meiften Neuern dagegen find zwar viel zu ſtolz und verbrieklich,
um fi mit Syſtemen zu bemühen, haben bafür aber viel An:
beves zu than, das fie ſtets in Athem Hält. So muͤſſen fie z. B.
bie poetiſch⸗kritiſchen Ehren: und Prachtſtuͤhle für fidy und ihre
Breunde täglich mit neuem Purpurlammt deſchlagen, ba ber
alte fo leicht verfchießt ; fie muͤſſen für- Lorberbäume — Zweige
find zu unbebeutend — und Zriumphbbogen, fowie für Stein⸗
ſchieudern und Katenmuſiken forgen und enbli) wenigfiens alle
vierzehn Tage von Neuem ipre Feinde im Drud eumorben, kenn
einigen dieſer fhlimmen Leute ift nicht zu trauen, und hundert⸗
mal Getoͤdtete ſtehen mit bedenklichem Lächeln immer wieder le
bendig auf, fobaß ein räfiges Kritiker das Mordgeſchaͤft ſtets
von Neuem beginnen’muß. Darüber und über vieles Andere wirb
aber, wie gefagt, manches Rüglihe und Wichtige verfäumt,
worüber ſich seden. läßt.
&o Hat man 3. B. unferm geliebten Goͤthe nicht felten,
bald ernſthaft und wehmäthig, balb bitter und grimmig ben
Vorwurf gemacht, er achte das Yublicum gering, ex feile nicht
genug und denke immer, Alles, was er fehreibe, fei gut genug.
Diefen Zabel zu widerlegen. bebürfte es fa nur zwei geſunder
Augen unb des Aufzaͤhlens Deffen, was bie gefunden Augen ex:
forſchten. Dann ergibt ſich grade das Begentheil jenes Bor:
wurfe.. Es haben wol nus wenige Dichter felt Homer fo
forgfam und fireng, ja fogar zumeiien fo überfireng gefellt, ge:
befjert und umgearbeitet als Goͤthe an mehren feiner Werke.
Bei diefem Urtheile werten mid; manche Lefer ſtaunend anfehen,
denn fie haben nie davon gehoͤrt. Und body if es fo. Weiche
firenge Hand erfuhr der junge Werther von 1774, um 1786
wieder in einem neuen Leben gu wanbeln? und hat nicht „„Ippi:
gende faft wie Pamina in der „„Zauberflöte”, durch Feuer und
ſſer geben mäffen, ehe fie zu ihrer jegigen künftierifchen Ae⸗
therreinheit gelangte? war nicht „Glaudine von Billabella’‘ mit
dem genialiſch firogenden Bagabonden Rugantino von 1777 eine
ganz andere fihöne Waldnymphe als bie zartatelige Schäferin
mit lauter abeligen Verhaͤltniſſen, wie fie.aus Goͤſchen's Officin
1787 hervortrat? und find nicht „Erwin und Elmire“, nachdem
fie lange genug von plaubernden Nebenperfonen umringt und ge:
Rört worden waren, in ber neuen Auflage aus dem hemmenden
Buſchwerk berausgelaufen, und haben fie ſich nicht jest als
zeine Arkadier auch eine rein arkadiſche Welt erobert? Und nun
vofends „Stella“? Iſt nicht vor 55 Jahren vielen Leferinnen
bie Kaffeetaffe und vielen Leſern das Weinglas vor Schreck aus
der Hand gefallen, wenn fie am Schluſſe des Gtüdes fehen
mußten, daß bier eine Doppelehe etablirt wurbe, worein fie ſich
unmöglich finden konnten? Auch ich babe mich nie ganz bamit
vertragen können, denn, ganz abgefehen von anderweitigen Bes
denklichkeiten, iſt es völlig unmöglich, abzufehen, was Gecilie
und Gtella, biefe beiden wahrhaft lebendigen, liebefähigen und
liebebebärftigen Srauen, mit Fernando, ter wanbelnden Halb:
leiche, Grfprießlidges hätten anfangen wollen. Wit einer Todes-
wunde im Herzen — und eine ſolche hat Gtella wirklich em⸗
DR
| fe Bat dene
ar den aumzen, Tünten Yet feiner ie. umgeßaltet
t ſterben la as in fi n Zod trug.
3*8* Bun jr 8 for kein RE Gedicht, das
tendem Hand trüge, und wie Has
feit dam 8%, Yen. bber
— Mir
Dichter und — überaus nügliche Arbeit geweſen, wenn
man eine genaue Vergleichung der Böthe’fchen Werke nad) den
‚ werfchiebenften Ausgaben unternommen hätte? Mid bäntt, 1 ſelbſt
die in Ueberniuth erſtarrten und efrorenen Poeten, die ſich
von. vorn herein für ‚neue Jupiter und Apollo dalten,
das
werben wär
—** wußte, „was ger *
Jeicht iſt eine ſolche Arbeit nicht. Man mößte z. B. bie Gin
a
nei’ u. fi w. zuſammenſchleppen, und bergleicgen iſt immer
zeit einigen Unbequemlichleiten verbunden; lnbe leiten
aber fäyeut man ungemein. Auch iſt man viel zu vornehm zu
ſolcher Arbeit und fdhreibt Heber eine Raͤn hidyte u. dgl.,
und fo. ift Vie ganze GSache untecblieben.
Yfesbe geſchrieben zu fein, das Papier liegt auf dem: Gattel-
Inopf und die Bleifeder macht grimmige Striche; ja, wir: haben
fogar Krititen, von denen man fagen moͤchte, fie feien nicht von
den Seiteen, ſondern — ich erſchrecke ſelbſt über mein eignes
Wort — von ben galoppirenden Pferben verſertigt werben. Un⸗
fere Beit zeichnet ſich dadurch fehr merklich aus vor ber Mitte des
vorigen Jahrhunderts, wo manche Schafergedichte sicht von Schaͤ⸗
fern, fondern von den Schafen felbft ausgearbeitet zu fein fcheimen.
&o viel aber auch bei Göthe verfäumt. worden iſt, fo hat
‚mar dbdoch we
nicht ohne eine gewiffe kunſtleriſche Befonnenheit und rende
geweſen; aber freilich mit unferm herrlichen Jean Paul ſtand
es trotz feiner Herrlichkeit viel ſchlimmer. Wie urtheilt men
be ihn! Sch will es mit ben türzeften Morten anbeuten :
Sin Genie ik der Mona freilich, aber ein: horrendes, wildes,
man ben Athem verlieren muß; herzruͤhrend, aber ohne Maß,
und. mitunter foldhe Angft ervegend, baß einem das Herz möchte
im Leibe ſpringen; naturbefchreibend fo herrtich, daß man ſich
doppelt ärgert, wenn man gewahr wird, es fei draußen bach
lange nicht fo hübſch als im Buche u. f. wm. Ich mag dieſe
feiht und platt und hochmuͤthig plaubernben und doch nicht ſel⸗
ten als gerecht erachteten Stimmen nicht weiter fortplaubern
Iffen, fondern will ftatt deffen ein kurzes eignes Wort verfus
en
Genie, ımb wenn es nicht zu leugnen if, daß an manchem
deutfchen Meiſterſtuͤck Frankreich und Spanien, England unb
Italien mitgeholfen haben, ſo koͤnnt ihr, wenn ihr etwa nicht
ſolltet Luft haben weiter zu disputiren, ruhig auf die Werke
Yan Paul's zeigen und fagen: bier ifk eine rein deutſche
Senialität, ihm hat Niemand geholfen (fogar bie Briten, die
er felbft in uͤbergroßer Beſcheidenheit zuweilen ats feine Belfer
nennt, wenig ober gar wicht); aber ihm bat auch Niemand ges
— ſelbſt die beutfchen Kritiker nicht, denn es koſtete ihm
Ende doch nur ein großartiges Wigwort — er hatte deren
aber immer ein paar hundert vorraͤthig — und eine gewiſſe
Gattung von Berföhnung — ich möchte fie faſt eine chriflich-
beutfche, e pathis· —* nennen — kam immer wieder
raſch zu Stande.
Fine Eigenſchaft aber iſt, fo weit mir bekannt, bei Jean
Paul noch nie betrachtet worden, meine die große Strenge
gegen ſich ſelbſt und feine eignen Werke; wal aber bat man
3
- Manntkhfatti
ausgaben von 1774 und 1775, bie von 1778, die Jasobifdhe |: 5
verglichen? Hat'man gezeigt, wo die Keile am: gklüuͤcklichſten
waltet babe wab wo
‚ frattich. nie‘, umb- dee: Gebe Mann. hat feine Sache sanı uf
einne Hand teeiben müflen, bosh. ohne Zweifel in der.
. Soffnung, daß Ginzelne Ihn. im Stillen wol genießen "ürden.
"muß, fo wollen wir un® auch nicht ga
nigftens zumeilen im Allgemeinen verfichert, er fei 1: Paul
: neuen Auflagen bes „‚Deäpams” und der Anſicht aren Loge“ Fe
: AH26 ließ, wie es war), wobei. wir jeboch ruͤhmend hinzuſetzen,
‚dab er beide Werke mit vortrefflichen Vorkeden vermehrte, bie
“an innerm Gehatt und witzig tiefer Sruͤndlichkeit gar manche
“hundert und wieder hundert neuere Fe anfıntegen - und
geſchmackloſes; geiſtvoll eribaunlich. und. entfeglich kenntnißreich, rırlhte. : D
aber ohne kuͤnſtleriſche Begrenzung: witzig und bumaoriftifch, daß :in feiner Gelaffenhtit und machte. zu dem Allen
Diefee Jean Paul, ihr lieben Deutſchen, if, trog des |:
ſcherzhaft framzoͤſtrten Vornauiens, ein darch und durch beusfches |
Aamlich
Sache: wenn. in. De and. einmal Urtheil
(zumeilen and Au nur ein Titularurtheil) über einen Dichte gäng
und’ gebe geworden if, „D bleibt es” Tür Detennien dabei, «e
‚mag fig audy ſtellen/ wie eu will; hatto ibn 26 we 15
ones e eriebew ‚konnte s
k für ben Dichter eiafrat. fo fo
Sm an roh die Deere und ebeifte Weif:
ner
ee bad Megankbeit:bHi-ihen getabelt.. 7
er das ganze We baren Sorgfalt rn
a a — naar Ir jr
uftneten Senetiend, ud
‚an Klarhe ‚Anmush: beträcht 5*
| das Ku * ar —* * Hart eriſtiſche
Zuͤge dei Siedentäs, Leidgeber und’ dem Schutrath, die größere
gkeit der
Seenenreihe im zweiten "Shell u. fi w. m
und man- wi wie
Weßger: Serchruag und Liebe. fehen , wie
herrlich hier der Mann Sean Paul den Zen Paul
‚behandelt. hat. Gine. folge Aufgabe ift viel ſchwerer, als man
"gewöhnlich denken mag. und misglädt faft immer; denn’ der
"Mann s Dichter nimmt teider zu oft den Juͤmnglinge Dichter ein
wenig fchulmeiftetich in die Lehre, Ywobei:doig am Bnde- ner
Ich nik es sur
8 iele unferee heat Hecenfionen fiheinen zu |. ein wage:
Fr A Den w den, vell ewiger Wahrheit und Jugend. Iſt dad nun aber eis
„Salbes. heeamslemmit. Ans dem ;‚@iebeutäg” iſt ——
heftiaes Iänglings:, Manns und Greiſenduch
fannt worden? Hat man bie erfle und zweite Auflage genau
*
nicht? u. ſ. w. So viel ich weiß,
er echten
Da man jedoch das Menſchliche dem — immtr zugeben
ſehr wundern, daß Jean
über ſene Kälte etwas ungetzalten wurde end -bei ben
zum Spell im. Voraus ve ab beuticye Aublicker blleb
eine Miene,
P., bereits
als wolle es fagen:- Wir haben id, werther 3. 9
. 1795 und die nächfifolgendben Jahre nad ünferer Weiſe ges
"lobt; ein neues Lob kriegſt du nicht, du magſt auch machen,
"was du willſt. Ein wenig iromifiren kannſt hu -uns. inumer⸗
hin; machſt du aber: gar zu nik] Wis:
übte. uns, fo aimm- dich
in Acht, daß wir nieht auch. das alte Lob: zurädnchmen, bean
‚wenn man und. aus unſerer Bequemlichfeit und Gstaffenpeit
reißen will, fo Eönnen wir auch böfe werben:
Ich. will jedoch weder die günftigen Leſer noch mid zu
traurig machen, fondern mit der fröhlichen Anerkennung ſchlie⸗
Sen, daß wir allerbings auch mehre treffliche Kritiken über „88;
the und einige gute Ger Jean Paul befigen, ſowie auch. bie
aeueſte Zeit hier und da eine regere Verehrung und Liebe bes
fonber& für ben Letztern zeigt. In einigen frühern Momenten,
3. B. nach der Erſcheinung des „Titan“, der nur ſehr felten vers
ftanden wurde, zeigte man ſich kuͤhler und verbroffener. ' Doch
: eben , weil wir mit manchen Beiden ber Zeit in dieſer Ginfücht
zufeieden.fein duͤrfen iſt es beſendere Dflicht, auf frühere Merfäum-
niffe. hinzudeuten, damit fie endlich. vergütet werben. 8..
*) Indeflen fand der Plan, auch biefe Werte einmal von Reuem
durchzuarbeiten, feſt bet ihm, und es warb bei ber Morbereftung zur
Sammlung febser fämmtliden Wertemitber „Unfihtbagen Loge”
bereits ein trefflicher Anfang gemacht. Schließlich möge hier
auch nod) der, wie e8 Scheint, nur wenig bekannt geworbenen,
edelftrengen Umarbeitung der ‚Gebntändifen Proceſſe ardaqht
werden.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagsdandlung: F. A. Brodhaus iu Lelpzig.
(4
f
Blätter u
U
ur \
x
literarife, Unterhaltung.
Mittwod,
— Nr. 65.
6. Maͤrz 1833.
Lueretia Borgia, Drama in drei Acten von Victor
Hugo.
Beſchluß aus Nr. 64.)
Dem dritten Acte geht folgende Einfeitungsftene voraus.
Gennaro erzählt feinem Freunde Maffeo Orfini bie Bege:
benheit im berzoglichen Palafte, feine Gefahr, feine Ret:
tung und feinen Vorſatz, fogleich wegzureiſen. SMaffeo
dagegen erklärt die ganze Vergiftungsgeſchichte für eine
leere Drohung und die Hülfe der Lucretia als eine In:
trigue, um fich der Liebe Gennaro's zu verfichern; er vers
leitet diefen, feine Abreife zu verfchieben und den Abend
mit feinen Freunden, welche fämmtlidy bei der Gräfin
Negroni eingeladen feien, zuzubringen. Obſchon Gennaro
einen geheimen Widerwillen gegen biefes Feſt in dem Ne:
groni'ſchen Palafte, welcher an jenen des Herzogs ſtoͤßt,
empfindet, fo gibt er doch zulegt nach und verfpricht zu
bleiben. Als dee Herzog, welcher mit feinem Henker biefe
Unterhaltung angehört, diefen Entſchluß vernimmt, zieht
er fih in feinen Palaft zurüd.
Nun folgt das Feft und der Ball’ bei der Graͤfin
Negroni. In einem biendend heil erleuchteten, mit gro:
testen Nitterbildern und Wappen ausgemalten Saale figen
die Edelleute mit den Danien, Alle zufammen mit Blu:
men befränzt, an der Tafel und überlafien ſich dem aus:
gelaffenften Frohſinn. Ploͤtzlich, nachdem im Gefolge eis
nes Streites die Damen ſich entfernt hatten, und während
die Säfte Trinklieder fingen, erfchallt ein fremdartiger Tod⸗
tengefang in der Nähe des Saals. Die Thüren öffnen
fih, und herein treten zwei Reihen weiß und ſchwarz
gekleideter Mönche mit Wachskerzen in der Dand, ihren
Zobtengefang fortfegend. Auf die Frage: „Oü sommes
nous donc, sommes nous chez le diable?” antwortet Lu⸗
eretin, die heroortritt in ſchwarzer Kleidung: ' „Vous etes
chez moi, et je viens vous annoncer, que vous £tes
tous empoisonnes. Fete pour fete, Messeigneurs!” und
die Sprache der ihr in Venedig widerfahrenen Demuͤthi⸗
gung nachahmend, höhnt fle jeden einzelnen der Edelleute,
indem fie ihnen fagt: „Du Dioferno Vitelloſo, gehe nun
zu deinem Water, den ich erdolchen, bu Gaſello, zu bei:
nem beim, welchen ich vergiften Heß” u. f. w. „Est-
ce bien une vengeance, hein?” — In biefem fürdy:
terlihen Tone fügt fie bei: „Ich babe für Eure Körper
geforgt; ſeht, da fliehen Eure Särge”, und fie zeigt im
-
Hintergrunde fünf mit ſchwarz und weißen Kreuzen bes
dedte Särge. „Zaͤhlt wohl, es müfjen deren fünfe fein!”
Da erhebt fih Gennaro und fpricht: „Ihe tert Euch, es
fehlt ein fechster für mich!” Xucretia, wie vom Donner
gerührt. beim Anblick ihres Sohnes, welchen fie längft von
Ferrara entfernt glaubte, läßt Alle abtreten. und beſtuͤrmt
ihn, den Reſt des Gegengiftes zu nehmen. Gennaro fragt
fie, 06 es hinreihe, um fie alle ſechs zu retten, und ba
bie Antwort verneinend iſt, fehleubert er das Flaͤſchchen
weg und kuͤndigt der Herzogin an, daß fie ſterben muͤſſe.
In bee nun folgenden langen Unterredung, wo Lucretia
mehre Male auf dem Punkt ſteht, fich zu entdecken, er:
ähle fie ihm, daß Johann Borgia fein Water gewefen. '
ennaro glaubt, daß Lucretia feine Tante und bie Urs
fahe des. Unglüds feine Mutter ſei; able vermehrt
feine Erbitterung; dennoch war er duch das KBitten
und Flehen der Herzogin wankend geworden, als die
Stimme feines flerbenden Sreundes, ihn zur Rache auf:
fobernd, .ertönte. Er ergreift das Meſſer und ſtoͤßt es
ihr in die Bruſt; indem fie niederfinkt, find ihre leg
ten Worte: „Ich bin deine Mutter!” Nicht weniger als
fieben Leichen find die Ausbeute!
Wenn auh der Dichter in feinen Schöpfungen fich
nicht flavifh an die Gefchichte binden muß, fo iſt es
doch des Tragikers und Dramatiters Pflicht, fih ohne
Noch nicht von derfelben zu entfernen; alle Handlung ges
winnt das hauptſaͤchlichſte Intereſſe durch ihre thatfäch:
liche Natur, und die allerwege ſich aufdringende Reflexion
der geſchichtlichen Unwahrheit einer Darſtellung iſt dem
Eindrucke hoͤchſt gefaͤhrlich. Victor Hugo iſt auch hier
wieder fo wenig als in, feinem „Le roi s'amuse“ der Ges
ſchichte gefolgt. Diefe letztere laͤßt zweifelhaft, ob Lucretia
Borgia überhaupt In die Giftmifcherelen ihrer Familie ſich
eingelaffen habe, und weiß weder von einem Sohne, wel: -
her aus der Verbindung mit Sohann Borgia entfprun:
gen, etwas, noch von der an den Venetianern genommes
nen Race. Alfonfo von Ferrara dagegen, welcher hier
als ein herzlofer uͤberlegter Mörder, zugleich als ein Sbirxe
und Auflauerer bargefteltt wird, ift der Gefchichte als ein
vorzüglicher und ausgezeichneter Fuͤrſt bekannt.
Dee Grundgedanke, daß Lucretia, von ber Macht ber
Verhaͤltniſſe umſtrickt, niht nur fih ihrem Sohn nicht
entdecken Tann, fondern verdammt ift, das einzige Gefühl,
- 86 53
fuͤr welches ſie Alles hingeben moͤchte, nicht genießen zu
duͤrfen, weil es aus ihren Verbrechen entſtiegen, und end⸗
lich von der raͤchenden und ſtrafenden Hand ihres Sohnes
zu ſterben, iſt unleugbar tragiſch. Allein der Dichter hat
das Unnatuͤrliche und Boshafte des Charakters feiner Hel⸗
din ſo ſehr gehaͤuft und Leiche an Leiche gedraͤngt, daß
dee Endeindruck nicht ſowol eine erfchütternde und das
Gemüth tief ergreifende Senfation, als vielmehr eine an:
firengungsvolle und erflarrende Anregung von Abfcheu und
Widerwillen iſt. Der vorberefchende Fatalismus trägt
hierzu nicht wenig bei.
eine ertravagante Idee ergreift, befümmert fich nicht fon:
derlih um die nähere Verbindung und den Wahrſchein⸗
lichkeitszuſammenhang ber einzelnen Auftritte. Gewiß if
es nicht fehe natürlich, daß Gennaro einer weltfremden
Dame, welche er zum erflen Mate fieht, feine rärhfel:
hafte Geſchichte fogleich erzählt und iht die Briefe feiner
Mutter zeigt, und noch unwahrſcheinlicher iſt, daß im
zroeiten Acte alle fünf Ebdelleute und Gennaro fich plög:
ih in "Ferrara in der‘ Reſſidenz der fo fehr beleidigten
Victor Hugo, welcher mit Feuer
Herzogin befinden. Daß fie fich ſelbſt hierüber wundern,
töft den Fehler nicht, und ebenfo wenig die Bemerkung,
daß fie mit der venetianiſchen Geſandtſchaft angelangt,
foiglich durch das Voͤlkerrecht gegen jede Unbitbe gefchuͤtzt
felm. Das Voͤlkerrecht im Schr 1500 unter ben ttalie⸗
nifhen Zürften war ein ſchwaches Bullmert! Aber noch
auffallender ift, daß der Platz vor dem herzoglichen Pas
tafte zur Scene neuer Ausbrüde gegen bie Familie Bor:
gia gersähft Wird‘ und die Säfte ſich ummerhohlmer nody
ausbilden als in Venedig. Gemaro mochte den Namen
Borgia wegen feiner Verbrechen haffen, warum aber ift
grade er, weichem Lucretia bisher befonderes Intereffe be:
wieſen und in deſſen Bruſt eine innere Stimme: für fie
ſprechen follte, ercentrifcher in feiner Leidenſchaftlichkeit als
ſelbſt feine Gefährten? — Das Herabreißen des Anfangs:
buchſtabens ift ein Bleinlicher und unwuͤrdiger Scherz.
Das Lucretia Rache gegen ben Thaͤter verlangt und
fi diefe zufichern läßt, ohne Rüdficht der Perfon, ift voll:
ſtaͤndig angemeffen, um fo mehr als fie Auftrag gegeben
hatte, Gennaro zu iht zu rufen, und in dem Gefangenen
ihn nicht vermuthen konnte. Allein daß fie, bie Mutter,
fie, in allen Empfindungen aus dem Maße tretend, folg:
tich auch tm ihrer mütterlichen Liebe, daß fie, Lucretia,
dem geliebten Sohne das Gift reiche und ihn trinken laſſe,
da fie doch im mindeften nicht gewiß war, daß
Gemaro das Gegengift aus ihren furdtbaren Händen
nehmen werde — das iſt weder tragifch, noch ſchoͤn, noch
groß, fordern rein unnatärlich und‘ undenkbar; fie mußte
Altes opfern, ihre Schande und: die Wahrheit aufdecken,
aber den Giftbecher reihen — nimmermehr!
Die Unterredung zwifchen ihr und ihrem Gatten im
ztoelten Act iſt etwas lang, und jene’ zwifchen ihr und
Sennaro vor ihrem Tode im dritten Act erleidet ben
nämlichen Vorwurf; das: gezuͤckte Meffer bleibt zu Lange
in ber Luft, und die Senfationemerven des Zuſchauers
werben‘ zu oft in Anfpruch genommen. ’
Vietor Hugo Hat des Außerorbemtiichen und Bijzarten,
wie namentlich im legten Act, zu viel gegeben: bie fünf
Särge und der ganze anfchaulidhe Todesapparat find blos
Nahrung für das Auge und die Galerie; aber bie Tra⸗
gödie ſollte foiche mechanifhe Mittel verfhmähen; Die
Thatſache und bie Refleriom des Zuſchauers müflen deſſen
Seele ergreifen. Alles‘ Andere ift ohne Dauer und Jiefe.
Das Drama ift in Profa gefchrieben — eine Neuerung
in den Theaterflüden von Hugo — und mthält ein eignes
Gemiſch von poetifhen Schönheiten, Eräftigem und ner:
vigem Ausdrude neben ben trivialften-und platteften Aus:
fällen, role man fie im Vaudeville hört. So 5: er-
zähle der Vertraute der Lucretia, ein Spanier, welcher fi)
unter fremdem Namen an bie jungen Venctianer ange
ſchloſſen, um auszukundſchaften, auf die Frage, wie er
ihe Vertrauen erlangt, daß er Gelb- vor ihnen emtiehne
als echter caftilifcher Edefmann, und fügt bei: „Si FPon
ne tirait pas le diable par la queue, on ne passerait
jamais pour un gentilkomme castillan. A propos de’ cela
il me vient une reßexion: il faut que le diable' alt la
queue soude&e, chevillde et vissee à l’dchine' pour qu’elle
tfienne encore, tandis que tant de gens passent leur
vie à la tirer”, u. dgl. m.
Trog diefer Mängel befigt das Stud große Schoͤn⸗
heiten’ und Tiefe. Bon maͤchtigem Eindrucke ift die Er:
Eennungsfcene im erften Acte da, wo die Benetianer auf
Lucretia einftlrmen, ihr die Larve vom Geficyt reißen und
ihr die viel gräßlichere ihrer Schandthaten vorhalten. Schön
ift ferner im zweiten Att nicht ſowol der Verſuch der
Lucretia, durch füße Worte Ihren Gemahl zu gewinnen —
diefer ganze Auftritt grenzt zu ſehr ans Lärherliie und
bat in der That lautes Lachen erregt — als vielmehr ihr
Zorn und ber ſchrankenloſe Ausbruch ihrer Wurh, wenn
fie auf die Reihe von Vorwuͤrfen ihres Gemahls mit
fuͤrchterlicher Miene fpriht: „‚Prenez garde & vous,’ Al-
phonse de Ferrare, mon quatrieme mari!" — Im brit:
tem Act gefällt der Contraſt dis froͤhlichen Luftgefanges
mit den dumpfen, hohlen Stimmen der Mönche, und bie
ganze Äußere Ausfhmüdung des Feſtes bei der Gräfin
Negroni ift ausgezeichnet. .
Mile. Georges als Lucretia hat ihrer Stentorftimrae
und den bedrohlichen Bewegungen ihrer Glieder einigen
Zwang angelegt und dadurch ihrem Spiel mehr Annehm:
lichkelt verliehen als gewöhnlid, Frederic als Gennaro
fpiefe feine Rolle mit Wahrheit und Gefühl.
Im Ganzen, einige Misbiligungen der Späße und
Plattheiten abgerechnet, wurbe das Stud günflig aufge:
nommen, und die fieben erften Vorftellungen haben bereite
nahe an 27,000 France eingetragen. 171.
En u —
Neueſtes Gemaͤlbe von Auſtralien. Bon G. 4. Wims
mer. And. unter dem Til: Schuͤtz, Allgemeine
Erdkunde u. ſ. w. Drsißigfter Band. Mit ſechs Kupfern,
Wien, Doll. 1882. Gr. 8. 1 Thir. 12 Gr.
Unter ben verfchiebenen Arbeiten. aus welchen biefe umfafs
fende Unternehmung befteht, war vieleicht die Aufgabe zu einem
Gemälde. Auftraliens die ſchwierigſte, aber auch bie belohnentfle.
Es fehlt uns viel weniger an Nachrichten über dieſen jungen
Erdtheil, ald an einer Saunmnlung der vorhandenen , un⸗
tee einem fichtenden und das Werichiebenartige vereinigenden Ge⸗
ſichts punkte. Diefe Aufgabe bat fich ter Werf. geſtellt und ges
If. Er hat Alles durchlefen, was zu felnent Iweck vorlag, wand
aus voller‘ Sachkunde eine Darftellung getiefert, bie, indem fle
Harmonie unb — die widerſprechenden Berichte
bringt, das erſte befriedigende Bild tiefes Erdtheils aufſtellt, das
wir kennen. Sein Bortrag haͤlt eine gluͤckliche Mittelbahn zwi⸗
ſchen trockener Wiſſenſchaftlichkeit und belebter, unterhaltender
Sriöhtung, und dieſe ſcharfe
gewiſſe uͤberjoviale Heiterkeit des Styls verlegt, die wir doch lie⸗
ber unterdruͤckt geſehen hätten. Dagegen aber iſt dies Gemaͤlde
reich an ſehr dankenswerthen und ſcharfſinnigen Ueberblicken,
griſtteichen Zuſammenſtellungen und am allgemeinen Betrachtun⸗
gen über die Natur des Erdlörpers oder tes Menſchen, an de:
nen felbft Herder feine große Freude gehabt haben würbe. Das
größte Berdlenſt dieſes Gemaͤldes aber iſt das, alle wirklich zus
verläfftge und werthvolle Berichte über ‚Polgneflen zu umfaffen
und im Auszuge und in einer wiffenfhaftlihen Form Das zu
Hefern, was fonft eine ziemlich beträchtliche Bibliothek bildet.
Die Daffe der vom Werf. benugten Quellen hindert uns an ih»
zer Aufzählung; wir begnügen une, anzuführen, baß ber allges
meinen Ueberſicht beſonders Cook, Korfter, Duperrey, Humboldt,
D. d. Kogebue, Leffon, Chamiſſo zum Grunde gelegt fint.
Diefe allgemeine Ueberſicht ift durch höchft leſenswerthe Kuͤck⸗
blicke über die fo äußerft eigenthuͤmliche Bildung des Welttheils,
den wie wol am beften Polyneſien nennen, ausgezeichnet.
Die Ginleitung liefert zunaͤchſt eine kurze Geſchichte ber allmäs
je Entbedung dieſer Infelmelt von Magelhaens bis auf King,
ellinghaufen und Ehafe herab, weldye befonders burch eine chrono⸗
logiſche Zabelle dieſer Entdeckungen von 1521—1829 verdienſt⸗
Ad) iſt; die für dieſes Inſelreich vorgeſchlagenen, zum Theil
abenteuerlichen Namen: Forſtokoga, Magellania, Chasdia, Ocea⸗
nia, Notafia, Auſtralaſia charakteriſirt und verwirft ber Verf.
für ben von Cook gebrauchten Namen: Polyneſien, als ben paſ⸗
ſendſten und zweckmaͤßigſten, ba auch Neuholland durchaus kein
- Gontinent, fondern nur bie größte ber Inſeln if. Den Flaͤ⸗
chenraum beftimmt ber Verf. auf 170,000 geograph. Quadrat⸗
meilen (faft Europa gleich), die Zahl ber Bewohner auf 1,140,000
Auftralneger, 14 Mil. Auftralindier (Malaien) und 50,000 Eur
ropäer, wahrſcheinlich in allen Glaffen zu wenig, ba fchon auf
Reubolond allein gegen 50,000 Deportirte und Abkoͤmmlinge
Berfeiben fommen mögen. Sehr beachtenswerth und aͤußerſt ans
ziefend ift Das, was uns über die Entſtehung Polynefiens ſelbſt
gefagt wird, denn hier, wie nirgend anders, in diefer jungen,
friſchen Welt, deren einfige Beſtimmung noch im Schooße der
Vorſehung ruht, Hier wohnen wir gewiflermaßen felbft ber Welt⸗
ſchoͤpfuag bei, und bie Analogie en, was wir vor unfern Aus
gen vorgeben fehen, führt uns gu GSchläffen über den Urfprung
des Theils ter Erde, den wir die „alte Welt” nenne, ſicher
und zugleich mit Gritaunen zurüd. Bor unfern Blicken entfte:
hen neue Inſeln, Erdtheile aus ber Arbeit Heiner kaum fichtba⸗
rer Weichthiere heben fi über ben Waſſer hervor, befefligen,
befemen fih und werden von Menſchen in Beſig genommen,
fowie fie ſich zu menfhlichen Wohnplägen einrichten. Auf der
andern Seite ſchaffen und verändern über 100 mächtige Vulkane,
unter denen einz:Ine, wie der Mowna⸗Roa, acht Meilen weite Feuer⸗
Erater Öffnen, ohne Unterlaß biefe neuen Wohnpläge und lehren
uns bie Kosmogonie der Grbe in Meinen und großm Proben
formen. Alle hohen Infeln bes flillen Dceans find: vulkaniſchen
&, vereinzelt oder durch niedrige Korallenriffe verbunden.
Die flachen Infeln dagegen entfichen aus den Arbeiten jener
Myriaden Heiner Korallenthiere, welche gewoͤhnlich irgend eine
zucerhutförmige Erhöhung im Meereögrunde bi zur Oberfläche
des Deeres hinaufbauen unb fie dann verlaffen, um ihr Werk
anderswo wieder anzufangen. Dieſe Koralleninfeln zerfallen wies
der im drei Gloffen, die Leſſon, dieſer feharffinnige Beobachter
des flilen Dceans, Motous, Motous mit Lagunen und eigent⸗
liche Inſeln nennt. Die erſten, bloße Korallenriffr, umgeben
Grenze wird nur felten durch eine
en EEE DEE Er ET — — — —— — — — —— — — ——
20*
die hoͤhern Inſeln. Die Lagunenmotous ſtab wallſormige Kö:
rallenmauern um ein Binnenwaſſee her, das mit dem Meere ge⸗
woͤhnlich durch eine weitere oder engere Einfahrt in Werbintung
ſteht. Dieſer Bafen wird durch bie Arbeiten ber Weichthiere,
durch Seetang und ben Abfall von Wögelheeren allmälig gu ei»
nem Sumpf (ugune), der ſich gegen die Mitte zu ſenkt, am den
BVallkreiſen nach und nach abirocknet und feſtet Land wird. So⸗
fort findet ſich nun die Vegetation ein, Voͤgel und Meerfäug-
thiere find die erflen Bewohner diefer Infellreifes unverbaute
Samentörner fangen an zu keimen, eine uͤberhangende Palmen⸗
krone wirft ihre Nuͤſſe in-die Fluten, welche bie Wellen -an den
flachen Strand tragen. Mit der keimenden Kolospaime, mit der
Iproffenden Brotfrucht ift das Wohnhaus des Menfchen einge⸗
richtet, der nice Tange auf fich warten läßt, und der Korallenkreis
wird zur Inſel. Dies iſt die Witbungsgefchichte der Inſelwelt
im ſtillen Ocean. Altes in biefem’ Welttheil ift jung und im
Wachſen begriffen, ja es fteint oft, als wäre der Menſch ſelbſt
hier zu früh gefommen. Die Pflangenwelt hat bereits ihren
ausgebifbeten Eharakter; in ber Thierwelt haben ihn bie niebern
Drganifationen ; die höhern (die Bierfüßer) find aͤußerſt fparfam,
Hund und Schwein allein find Überall anzutreffen. Zahllos bar
gegen if dos eich dee Vögel, und Sturmvoͤgel in Scharen vor
vielen Millionen ziehen über Polynefien bin. Der Menſch in
Auftralien ſtammt von einer zwiefachen Kaffe, einer aflatifcher
(malaiifgen) und einer afritamifchen (Taffrifäyen), von denen bie
tegte die frübere, jest faft verträngte Bevölkerung, auf einer ge
ringern Stufe der Menfhenbiibung, die erfte die fpätere, fie
gende umb beffer gebilbete war. Zu jener gehören die Papuas,
dunfter gefärbt, bäßlich von Bildung, faft ohne alle Geiflesfähig>
keit; zu biefer gehören die beilern, ſchoͤner gebildeten, geiflig reg⸗
famern, aber auch verborbenern Stämme, größtentheild mit einer
feubaliſtiſch· monarchiſchen Berfaffung, ber von Java aͤhnlich, waͤh⸗
rend bie Popuas ohne alle Gultur, ohne Ackerbau, von Jagd
und im Krieg erbeuteten Menſchenfleiſch leben.
Humbolbt’s Hypotheſe, daß Aften einft ſeinen Continent
bis zum 50. rad &. B. bin ausgebehnt habe, und Neuholland,
Reuguinea und Reufeeland Truͤnmer diefes gemaltigen Gonti⸗
nents feien, bat, fo viel fie auch (namentlich die fpige Seſtalt bee
Weittheile nad, ©.) für ſich hat, doch Das gegen fich, daß bie
Natur Reuhollands ihr wiberfpricht. Das Land ſelbſt, die Thier⸗
und die Pflanzenwelt in Borm und Lebensweife, hat mehr Aehn⸗
lichkeit mit Afrika als mit Aften. IR daher hier ein Sontinent
verfunfen, fo türfte mehr bie zwifchen Reuguinea und Reufee:
land liegende Inſelkette feine Grenzen bezeichnen ale Reuhols
land; denn dort hat in ber That Alles einen aſiatiſchen Charak⸗
ter (Urgeftein und Vulkane am DOftrande der Infeln), renb
im ftillen Dcean biefe ben Mittelpunkt bee Inſeln bilden. In
Neuholland dagegen, diefer größten Infel von 188,875 geograpp.
Quadratmeiien Flaͤchenraum, erinnert nichts an Aſien; in biefem
ſchoͤnen, wohlbewäfferten, aber nicht leicht zuaänglichen ande,
das jept etwa zwei Menſchen auf ker Quadratmeile ernäbrt;
während es im Ganzen 200 Mill. nähren Tönnte, iſt es „Som⸗
mer, menn bei uns Winter-ift, bier fleigt das Barometer vor
ſchlechtem Wetter und fällt bei gutem, die Hütten find aus Ges
bernholg und bie Feldzaͤune von Mahagony; Myrten dienen
zur Feuerung, der Schwan ift ſchwarz und der Abler weiß; bier
büpft das feltfame Kängurub, ha'b eh, halb Cichhoͤrnchen, mit
Vogeikrallen an ben Hinterbeinen, legt ber Maulwurf Gier und
bat einen Entenſchnabel; bier gibt es Wögel, die halb Saͤug⸗
thiere, Fiſche, die halb Reiher finds hier hat bie Wine ihrem
Gtengel am breiten Ende und bie Kirfche den Stein auswendig”
und was dergleichen britifche Raunen der Natur mehr find. Die
Flora Neuhollands, die Mifhung der Gröbeftandtheile, die biefe
bedingen, iſt gänglidh eine andere als in der altın Welt, und
daher der ganze Anblick des Landes ein neuer, nie gefehener.
Thiere, wie der Ornithorinhus, das Schnchelihier und Pflanzen
wiberfprechen allen unfern Syſtemen. Der ſch ift afrikani⸗
ſcher (mabegaſſiſcher) Abkunft, dem Kaffer aͤhnlich, aber auf ei⸗
ner tiefern CGulturſtufe. Zwar paßt Callius' Schilderung nicht
208
auf bes Meupolländer; aber ex. it ſtumpf, ohne Meugierde, vers
&ummert von Geſtalt und wenig geſchickt, jemals unfere Begriffe
von Givilifation zu verwirktichen. Die Kargheit des Landes, ber
ewige Kampf mit Hunger und Bloͤße erlaubt ihm nie, Vorraͤthe
fammeln. Der Begriff des Gigenthums bleibt ihm fremd;
Ihe Roth welt, ganze erdruͤckt den Geift, bie Thierheit ge⸗
winnt die Oberhand. Man bat keine Spur des Gottesdienſtes
unter den Reuholländern eatdeckt.
Bei alledem. fcheint Neuholland beſtimmt zu fein, zum Mittels
puntte der Civiliſation für Polynefien gu werben. Die britifche Golos
nie von Neuſuͤbwales blüht fichtbar empor. Das Land der Eolonie ift
eines ber fihönften, das bie Phantafie nur bilden kann, reich an Als
lem. Im 3. 1787 brachte die Fregatte Sirius die erfte Verbrechers
fendung, 564 männliche, 192 weibliche, und 212 Geefolbaten ans
Land; 1800 zählte die Golonie bereits 6000 Einwohner, 7000 Acres
aultivirtes Land, 1200 Stuͤck Hornvieh und 6000 Schafe; jetzt
zählt fie an 70,000 Ginmohner. Das Klima iſt gemäßigt unb
überaus geſund. Das Land über jede Worftellung romantifch
und fruchtbar; eine Schafheerde von 300 Stüden gibt jegt ſchon
15,000 Guld. Reinertrag, und im 3.1840 wird Reuſuͤdwales an
England 80 Mil. Pfd. Wolle liefern können. Die Bevöllerung
wehrt fih durch die jährlichen Zransporte aus England, bie
1817 in einem Jahre 3300 Perfonen betrugen; man unterfähei«
det diefe Bevölkerung durch bie Scherznamen Gterling (gebos
zone Briten und reine Goloniften) und Currency, foldhe, in deren
Adern fhon Blut von Deportisten fließt. Dieſe ſelbſt heißen
Konarienvdgel, von ihrem gelben Anzuge, bei ihrer Ankunft,
fpätee Gouvernementsleute; Verurtheilte barf Niemand bei
Strafe fie nennen. Die Deportisten werben entweder von ber
Regierung befchäftigt ober an Anfiebier vertheilt; iſt die Straf⸗
zeit vorüber, fo werben fie. Emankipirte und gelten ben freiwilli⸗
gen Sinwanderern gleich, wiewol bdiefe mit firenger Etikette ſich
von ihnen entfernt zu halten pflegen. Bon Aemtern und Lands
befig meiftens ausgefchloffen, bilden fie die Handwerkerſtaͤnde ber
Golonie. Der freie Anftebier empfängt nah Maßgabe feines
baaren Vermögens von ber Megierung unentgelttih von 100—
2500 Acres Landes zu Lehn; bei einem Vermoͤgen von 500
Pfd. werden 640 Acres zugetheilt. Nach fieben Zahren erlangt
er das Gigenthumsreht, wenn er nachweiſt, daß er ein Viertel
feines Capitals auf die Verbefferung bes Landes verwendet hat;
von ba an zahlt er eine Abgabe von 5 Proc. bes Lanbwerthes,
bie jedoch abgelöfk werden kann, unb um fo leichter, als das
Acre etwa nur zu 3 Guld. Werth veranſchlagt wird. &o füdt ſich
die Solonie mit Grundeigenthuͤmern, deren anfängliche Hütten
von Flechtwerk in wenig Jahren zu zierlichen unb gemauerten
Lanbfigen werben. Bet ber fchonenden Behandlung, welche die
Deportirten erfahren, hört bie Deportation faſt auf, eine Strafe
zu fein; befonbers haben bie weiblichen Sträflinge es gutz fie
finden gewöhnlich ſchnell Männer und die Ghe befreit fie von
jeber Strafe. In der Nähe ber Haupiſtadt Sibney vergißt
man, baß Europa durch eine ganie Hemifphäre daven getrennt
fl. Dan genießt alle europaͤiſchen Ergoͤtlichkeiten, Theater,
Bälle, Soncerte, Wettrennen, Etikette, Saftmähler finden fi
hier wieder. Es geben Lanblutichen nach Paramata u. a. Orts
ten. Auch bie Geiftescultur wird nicht vernachläffiat. Die ca:
ledonifche Akademie, die lateiniſchen Freiſchulen in Sidney, die
Seeſchule, die Erziehungsanftalten find nach englifhem Mufter
eingerichtet. Es erfcheinen neun Zeitfchriften und bie englifchen
Dichter und Rovelliften finden bier ihr Publicum. Gibney felbfl
it eine ganz englifche Stadt mit 15,000 Einwohnern, fünf engl.
Meilen vom Hafen Port Jackſon entfernt, in einer entzüdenden
Gegend. Der alte König des Landes Boongaͤrry hat von allen
Borrechten nur das behalten, bie fremden Ankoͤmmlinge zuerft -
zu begrüßen. Man fieht, ber Engländer achtet die Legitimität!
Auf den Märkten herrſcht noch immer der Zaufchhantel. Regel⸗
mäßige Straßen führen nad Liverpool, Wintfor, Richmond,
Paramata, Eleinern Stäbten ron 2— 8000 Sinwohnern, bie ſicht⸗
“ bar emporblähen und von fehönen Dörfern umgeben find. In
bee Provinz Argple if Bathurk bie Hauptilabt, 120 engl. Web
len von Sidney entiegen. ‚Gobarttowm in Banbirmensiand
hat 1000 ‚Däufer und 10,000 Ginwopner, meift Deportirte. es.
brigens if diefe Art der Unterbringung der Gefangenen, wiewol
an ſich theuer, doch wohlfeiler als ihre Erhaltung in Gef
niffen. Gin Sefangener Loflet ber Regierung in England jäh
285 — 384 Sud. Die Zransportloften nach Reufübivales bes
tragm nur 200 Guld. Bon 1788— 1821 Hat bie Golonie
33,135 Verbrecher aufgenommen; bie ganze Golonie verbrauchte
5,501,025 Pfb. Sterl. während die Unterhaltung biefer Ver⸗
brecher in England faft acht Mill. gekoſtet haben wärbe. Die
Berfaffung iſt entiprehend, feitbem Neufüdwales 1329 eine
eigne Sonflitution erhalten und bem Gouverneur ein vollzichens
ber Rath zur Seite geftelit iſt. Die Mechtäpflege ift bie eng
liſche. Unermeßlich aber iſt der Gewinn, ben die Sittigung
Auftraliens aus ber Galonie entiehnt.
‚Den folgenden Abfchnitt des Gemaͤldes nehmen bie zu Veſtau⸗
firalien gehörenden Infeln, Neufeeland u. f. w-, von einem interefs
fanten Menfchenflamme bewohnt, welchen der Verf. mit ben Germas
nen bes Tacitus vergleicht, ein. Unter biefen Auftralgermanen, einem
Volke von reichen geiftigen Anlagen, herrſcht ein firenger feubatifti
ſcher Kaftengeift, der auf die Unterdrädung einer frühern Urbevöls
kerung hinweiſt. Die Arifis (dee Abel) find wahrſcheinlich Nachkom⸗
men eines fiegenden Stammes. Das Infellabyrinth von Oftaus
flralien, die Marianen, bie magellanifhen Inſeln, tie Karoline
(Perewinfeln), bie Mulgraves und Sandwichinſeln, welche legtere.
zum Sit der Givilifaticn für biefe Inſelwelt beflimmt zu fein
ſcheinen, find nad Chamiſſo's Berichten ſehr anziehend geſchildert.
Der Menfhenflamm ber Sandwichinſein ift bekanntlih ber
hönfte der Erbe, und der Verf. gibt Hinreißende Schilderungen
von dem paradieſiſchen Leben biefer Naturlinder zur Zeit bes ers
ſten Erſcheinent der Europäer, indem er ihre aeiflige Empfaͤng⸗
lichkeit — als außerordentlich beſchreibt. Leider ſcheint auch
dieſer ſchoͤne Menſchenſtamm dem Erloͤſchen nahe; von den
400,000 Bewohnern bes Sandwicharchipels ſollen kaum noch
100,000 übrig fein. Dtahiti und bie angiehenden Pitcairin-
feln machen den Befhluß, und ber Verf, endet mit einer Bes
trachtung, welde zu bem Refultate führt, daß der file Ocean
einft, wenn von Guropa kaum mehr bie Rebe fein wird, von
bem lauten Subelrufe glüdlicher Voͤlkerfamilien erfüllt fein werbe!
Hiermit entlaffen wir Sein anziehendes Gemälde, beffen Durchles
fung eine im der That lehrreiche und unterhaltende Lecture ge
währt. Ein tuͤchtiges Regiſter und fechs, meiſtens gute Kus
pfer gereichen feiner Arbeit zum Vortheil wie zur Zierde. 34.
Literariſch e Anzeige.
Allgemeine ——
der Wissenschaften und Künste
vn Ersch und Gruber.
Es iſt wieder von jeder der drei Sectionen, in be:
nen biefes Werk erfcheint, ein Theil fertig geworden
(Th. 23 der erften, Th. 9 der zweiten, Th. 3 der
dritten Section) und an alle Buchhandlungen und
Subſcribenten verfandt, und es find nun feit Ende 1831,
wo ih den Berlag der Encyklopaͤdie übernommen, im
Ganzen ſechs Theile geliefert worden. Den frübern
Abonnenten, denen eine, Reihe von Bänden
fehlt, und Denjenigen, die als Abonnenten
auf das ganze Werk neu eintreten wollen,
werben die billigfien Bedingungen geftelkt.
Leipzig, im Februar 1833.
d 4. Brockhaus.
Redigirt unter Werantwortlichtelt der Werlagbhanblung: F. A. Brodhaus in Leipzig.
literariſche
4
BSläͤtter
für
Unterhaltung.
Donnerstag,
—— nn
Er:
ſter Band, Praktiſche Erziehung. Von den diteften
Zeiten: bis auf das Chriftenthbum oder bis zum Her:
vortreten bed germanifchen Lebens. Elberfeld, Beder.
1832.. Gr. 8. Preis für zwei Bände 6 Thlir.
In dem vorliegenden Werke iſt uns die Erfüllung
eines vielfach ausgefprochenen Wunſches verheißen und zum
Theil auch bereitß gegeben worden. Ruhkopf ward durch
den Tod an ber Beendigung feines Werks verhindert,
Mangelddorf, Hochheimer, Goͤß haben nur einzelne Par:
tien des großen Feldes beleuchtet, Niemeyer endlich konnte
feinem Plane gemäß die Geſchichte der Erziehung nur
fragmentarifch und in einem kurzen Ueberblicke behandeln.
Aber felbft Hierin ift viel Geiftreiches und Nüsliches, das
unftreitig eine größere Anerkennung verdient, als Hr. Cra⸗
‚ mer bemfelben gleich am Anfange feines Vorworttes ges
gönnt hat. Hätte Niemeyer, der fih Th. II, S. 313,
mit einer fo ruͤckſichtsvollen Beſcheidenheit über das Ideal
einer Geſchichte ber Erziehung dußert, Zeit zur Abfaffung
einer folchen gewinnen können, fo würde dies Buch bei
der Weltkenntniß dieſes Verfaſſers, feiner vielfeitigen hi⸗
ſtoriſchen Kenntniß und bei ſeiner Milde im Urtheile ein
treffliches Handbuch für gebildete Leſer aller Stände ges
worden fein. Wer den verewigten Niemeyer aus feinen
Schriften und aus perfönlihem Umgange kannte, wird
dies Urtheil gewiß unterfchreiben. Ueber Schwarz iſt un:
fer Verf. Anſicht achtungsvoller und anerfennender aus:
gefprochen worden. Wir geben ihm darin Recht, daß
feine Erziehungsgeſchichte oft den Charakter einer gelegent:
lihen Sammlung trage.
Wenden wir uns num zu der Schrift des Hm. Cra⸗
mer (Subrector am Gpmnafium zu Stralfund) felbft, fo
mäflen wie im Allgemeinen urtheilen, daß in derfelben das
Große und Schwierige der geftellten Aufgabe keineswegs
verfannt ift, und daß ſich der Verf. über diefelbe mit ei:
ner Belcheidenheit, aber auch mit einem Ernſte ausge⸗
ſprochen hat, der gleich, vom Anfange herein für ihn eins
„nehme ß. In der Einleitung verbreitet ee fich über
ben Begriff, das Wefen und den Zwock einer Gefchichte
ber Erziehung und des Unterrichts. |
7. März 1833,
u...
ragen wir nam — fat er ©. A2xv — nah dem Nugen
einer_foihen Geſchichte, fo foll dieſelbe keineswegs rine bloße
Summe praktiſcher Rotizen für den unmittelbaren Gebrauch
und bie täglide Anwendung fein; diefer Geſichtspunkt hat dem
Berf. nie vorgefihwebt und wärbe ihn bei feiner Arbeit nur
gefört und -ermattet Yaben, fondern die Hauptſache ſoll ſein:
das Wiffen und das Erkennen ſelbſt, wie von ben aͤlteſten Zei⸗
ten bie Menſchheit erzogen bat und wie fle erzogen worben ifl,
welches die menſchlichen Beſtrebungen auf dem wichtigſten aller
Gebiete find, und wie ſich die göttliche Idee, das Menſchenge⸗
fihlecht dem Ziele der Vollendung immer näher zu bringen, ent:
widels und fortfchreitend geoffenbart hat. Mittelbar freilich
if die Sefchichte der Ergiehung ein weſentliches Erfoderniß für
bie Erziehung felbft, und wie es keine wahre und allfeitige Phi⸗
fofophie gibt, ohne eine Gefchichte der Philofophie, überhaupt
feine Wiſſenſchaft ohne eine Seſchichte berfeiben, fo kann es
audy ‚keine wahre Erziehungstbheorie ohne eine gründliche Binfidgt
in bie Gefdyichte ber Erziehung geben , fondern jebe kann hoͤch⸗
ſtens nur ein „‚verfhobenes Wild’ gewähren und in einzelnen
Strahlen, nit als die ganze Sonne, uns erfceinen.
Diefen Anfichten gemäß ft nun die Geſchichte ber
Erziehung als eine „Biographie der. Menſchheit“ betrach⸗
tt und in biefem erften Bande an den Völkern bes Als
terthums entwicelt worden. Auf den legten zehn Seiten
des Vorworts "hat ber Verf. diefe Gefchichte zu ſkizziren
unternommen, und feine Lefer werden mit Vergnügen ihm
folgen. Seine Anfihten find Mar und anfprechend, feine
Sprahe warm, herzlich) und gebildet und zeigt, wie leb⸗
haft ihn die Gegenftände bewegt haben, über bie er fchreibt.
Diefe gebildete Sprache gereicht dem Buche durchweg zue
Blerde und wird daſſelbe auch bei Solchen empfehlen, die
bei wiſſenſchaftlichen Werken fih vorzugsweife durch bie
Einkleidung angezogen fühlen.
Ref. kann, um nicht für den Raum d. Bl. zu weit:
Läufig zu werden, nur im Allgemeinen den Inhalt des
Buches angeben unb bafielbe nad feinen verfchiedenen
Richtungen mit befonderer Beziehung auf die Griechen und
Roͤmer, als die hervorragendften Völker des Alterthunne,
zu charakterificen fuhen. Da müflen wie nun zuvoͤrderſt
in Beziehung auf das Material bemerken, daß Hrn. Cras
mer nicht blos das Lob eines geifteichen, fondern auch
eines fleißigen Schriftfiellers gebührt. Alle ihm nur ir
gend zugänglihe Quellen in den alten Claſſikern ſowol
als in neuen Meifebefchreibungen hat er mit Aufmerkſam⸗
keit und Ausdauer fludirt und meiſtens auch richtig ges
würdigt. Wenn ihm nun auch in der Sammlung Der
⸗
i, »” .
Stellen, die fih auf Griechenland und om beziehen,
nur eine geringe Nachlefe zu halten übrig biieb, fo if
fein Verdienſt der Anordnung, der Verbindung und Ber:
ſchmelzung untereinander um fo größer. Aber hinſichtlich
der aus Meifebefchreibungen entiehmten Notizen gebührt.
Hm: Cramer der Auhm, bier zum erflen Male etwas
270 .
-». 6
vw...
. Cramer, ber jedoch nicht zu den unmäßigen Lobrebnern
bes indifhen Wefens gehört, bat hier die ihm zugänglis
- chen englifhen und deutſchen Ueberfegungen verfchiedener
Böltftändiges und Zuſammenhaͤngendes gegeben und ba: -
durch feinem Buche einen eigenthümlihen Werth verlies
hen zu haben, wodurch daffelbe zu einer nicht blos be:
Ichrenden, ſondern auch ergöstichen Lecture geworben ift.
Dieſe a Bemugung der Quellen und bes aus ihnen
zu entiehnenden Müglichen fcheint Hrn. Cramer meniger
aufmeckſam auf die Forſchungen der Neuern gemacht zu
haben. Es fehlt allerdings nicht an Verweilungen auf
Rule, Ottfr. Müller und Soft bei den Abſchnitten über
die Dorler, Etrusker, Juden und Römer; aber auffallend
ft es, daß man die Namen eines Heeren, Wachsmuth,
K. Fe. Hermann, Manfo, Leo gar nicht, ben Namen Böt:
ticher (sie) nur einmal (S. 309) und den Namen Sa:
cobs nur zweimal (S. 276, 279) findet. Und grade
die Schrift des Lehtern: ‚Weber die Erziehung der Helle:
nen zur Sittlichkeit”, die fo treffliche Erörterungen ent:
hält, fcheint Hr. Cramer nur in ber erſten Ausgabe, nicht
aber in ber zweiten („Berm. Schriften”, Th. III) zu fen:
nem. Hugo's „Rechtögefchichte” ift mehrmals angeführt
worden; aber wäre nicht die Verweiſung auf Zimmern’s
„Geſchichte des römifchen Rechts” pafjender und die Be⸗
nugung diefes Buches zweckdienlicher geweſen? Hinſichtlich
bee Monographien fcheint Hr. Cramer kein feſtes Spflem
befolgt zu haben. Denn es find ihrer nur wenige, wie
die von Rötfcher über Ariftophanes (S. 248) und von Ro:
dber „De scholastica Romanoram institut.” (&.433) ange:
führt worden, da doch Vollſtaͤndigkeit diefer Literatur grade
in emem folhen Werke würde am rechten Orte geweſen
fein, und die tleinen Schriften von Hegewiſch, Gedike,
x. A. Erneſti, J. G. Wald, 3. D. Schutze, Boͤttiger,
Be, Stäffe u. X. eine Anführung und Würdigung ebenfo
gut verdient häften, als die foeben genannten oder Die von
Philipp „De pentathlo” (&. 293).
Die Charakteriſtik der Erziehung und des Unterrichts
beginnt mit den rohen Naturvoͤlkern Afrikas und Ameri⸗
kas, geht dann zu dem Beginne der geiftigen Bildung: bei
ben Chinefen über, weiter zu den bnem von Ja⸗
pan, Pegu, Tibet und Ava und darauf zu den Indiern.
Schon die Mittheilungen uͤber China find interefiant, in
einem noch höhern Grade die über Indien (S. 42— 70).
Der Fortſchritt des Natürlichen zum Geiſtigen, die Ad:
fung ber Aeltern, Lehrer, des Alters Überhaupt, der Werth
Wer Kinder, befonders dr Söhne, die Foͤrmlichkeiten bed
Unterrichts, namentlich der Braminen, die Charakteriftit
- der indiſchen Schulm aus der frühern und fpdtern Zeit,
ber Mangel an Bildung beim weiblichen Geſchlecht, die
Kinderausfegung , der endliche Verfall des indifchen Volkes
— at Diefes bildet ein Gemälde, bei dem ber Lefer mit
Intereffe verweilt, und das befonders in jetiger Zeit, wo
foft alle Die für dumm gelten, bie das Sanskrit nicht
verſtehen, gewiſſen Lauten fehr erwähnfcht fein wird. Hr.
A — — —
— —— — — — — — — — ——— — EEE
theologiſcher, poetiſcher und myſtiſcher Schriften Indoſtans
ißig benutzt; um ſo mehr wundern wir uns, Bohlenis
hreeiche Scheift nid ehvähar zu finden. Au B OR
Unſittlichkelt des indiſchen Gottesdienſtes ihr An Ihrem
ganzen Umfange gewürdigt worden, wozu Ward's „View
of India”, Bd. 1, S.15, 117, 195 — 205, 257; Bb. IT,
173; Bd. II, 167, 288 — 295, te Nachrichten bes
Abbe Dubois, Bd. I, S. 370 fg, und Tytler's (kein
Geiſtlicher) in den „Considerations of the state of In-
dia”, Bd. 1, 243, 296, hinreichende Belege - zum Werdruß
aller Indomanen gegeben haben.
Auf die Indier folgen die SPerfer, bie Juden, bie Phoͤ⸗
niziee und die Karthager, hierauf die Aegypter. Paſſende
Bemerkungen über die Stellung Aegyptens in der Ge:
fhichte der Menſchheit machen den Uebergang, an deren
Schluffe (S. 121) Hr. Cramer alfo ſchreibt:
In der Entwickelungsgeſchichte der Menſchheit atfprechen
die Aegypter bem Standpunkte des Knaben, ber in ben Gles
menten unterrichtet wird, und in bem nach der gewöhnlichen
Weife des Treibens bie Einzelnheiten in einer ſolchen Menge,
wie Steine zu einem Denkmale aufgehäuft werben, daß das in:
nere Leben faft ganz zurüditreten muß, weil bie ganze Thaͤtig⸗
feit nur auf Befonderheiten und Einzelnheiten beſchroͤnkt wird.
Wie ber Knabe fih abmüht, um bie einzelnen Steine zu fei=
nem Gebäube ber Erkenntnis und Ginfiht zufammen zu bringen
und ineinander zu fügen, fo ber Argypter beim Bau der Pyra⸗
miden unb Obelisken. |
Der gelungenfte Theil des Buches. iſt nach unſerm
Dafürhaften die Darftellung ber griehifhen Erziehung
(S. 142 — 345). Eine tüchtige Belefenheit, ein geſchmack⸗
volles Urtheil und eine ausreichende Bekanntſchaft mit der
Gefchichte des Landes haben hier eine gelungene Darſtel⸗
fung Servorgebracht. Wir theilen gleich den Anfang mit,
der von des Verf. Anfiht und Liebe zum griechiſchen
Volle Zeuge fein wird:
Der Genius ter Menfchheit, der ſich bei ben Aegyptern
aus bem Zuftande der Kindheit herauszmmwinden ſuchte, aber nodh
nicht feinen Blick frei zu den Wollen emporheben konnte, fon
bern immer wieder zur Erbe gebeugt wurde, erfcheint in Gries
Genland als ein heiterer, lieblicher Anabe, dem im jugendlihen
Wohlgenuffe das eben erblüht, ber in ungetrübter Heiterkeit
fi feines Dofeins freut, mit harmlofem Sinne die Welt um-
faßt und mit Allen, felbft mit ben Wörtern in vertrautem Um⸗
gange lebt. Der Klaggefang, in bem ſich bad unendliche Weh
des Aegypters ausfprah und in tem er, nad einem beffern
Dafein ringend, ſeufzte, 1öfet fi in Griechenland auf in bie
reine Harmonie einer Mannidfaltigkeit von Zören, in welchen
des Lebens bunter Wechſel von Scymerzen zur Freubde und von
der Trauer zum Jubel wieberhalt. Die Kampfſpiele, welche
bei ben Aegpptern nur zur Verherrlichung der Todten bienten,
verflären. fi in Griechenland zu ten höchften Freuden bes Les
bens und werden bier, ftatt eine Zodtenfeier zu fein, eine heilige
Flamme, an ber fid) das ganze Volk erwärmte. Das Geſtein,
das in Aegypten durd fein Schweigen redete, wirb in Grie⸗
chenland beicht, bie todte Maſſe erwricht und befeelt. In Aegpp=,
ten war ed bie äußere Sonne, bie bisweilen den Memnonien
Töne entlocdte; in Griechenland ift e8 die innere, eruie Sonne,
bie beffändig aus der Tiefe der Steine hervortönt. Aegyp⸗
ten diente die Kunſt meiſt den ehrgeigigen Abſichten ber Herr⸗
fher, die fh durch ihre Gebäude, verewigen wollten und denen
..
bie jwillenlofe. Menge ſtlaniſch folgte, in Brischenlanb.aber war
die Kunf ein reiner Abdrud dee freien Geiſtigkeit, der die Gi-
genliebe und Gelbfifucht aufgeopfert wurbe.
Wir vermögen nicht der folgenden Darflellung, fe
gleichſam der Commentar zu biefen Eingangsworten iſt,
im Einzelnen zu folgen. Aber die verfchiedenen Stufen
und Zeitalter der griechifhen Erziehung, die heroiſche Zeit,
die doriſche Erziehung, bie fpartanifche Erziehung in ih:
ven einzelnen Theilen, mit befonberer Beruͤckſichtigung der
Knabenliebe, wo es auffallend ift, die claſſiſchen Unterfu:
Hungen von Jacobs („Verm. Schriften”, Th. IH, ©. 212
— 254) aud nicht mit einem Worte erwähnt zu finden,
die Wirkung der Muſik in der ſpartaniſchen Erziehung —
alle diefe find mit Benugung der vorhandenen Quellen aus:
führlich gefcjildert worden. Dann Uber Gymnaſtik, Dr:
cheſtik und die Erziehung, Tapferkeit und Verſtandesbil⸗
dung der fpartanifchen Frauen. Nach einer kurzen Be
trachtung über die Eretenfifche Erziehung folgt (S. 231 —
343) ein fehe ausführliher Abſchnitt über die tonifche,
vorzugsmeife bie athenifche Erziehung. In the werden drei
Dauptperioden unterfhieden: 1) die Zeit, wo die Erzie⸗
bung mehr im Staate wurzelte, undawo die perfönliche
Freiheit in der des Staats aufging, dies ift die. Erzie⸗
bung der Sreiheit; 2) die, mo fie fih von den Ge⸗
fegen des Staats losſsriß und als nothmwendige Folge in
freche Willkuͤr ausartete, dies ift die Erziehung der
Zügelloſigkeit; 3) die Erziehung in der macedonifchen
und in der fpäsern Zeit, wo ſchon Athen der Mittelpunkt
der gefammten griechifchen Bildung iſt, aber alles eigen⸗
thuͤmlichen Lebens ermangelt, und wo alle Beſchaͤftigung
mit den Wiffenfchaften mehr eine Richtung auf dußerliche
Zwecke, fei es das praßtifche Leben oder Gelehrſamkeit, er:
hätt, — biesift die Erziehung der Unfreiheit. Nach
diefer Eintheilung wird die ionifche Erziehung unter Dra⸗
fon, Solon und dem Areopagus in Förperlicher und geiz
fliger Hinficht gefchildert; dann ber. Anfang der neuen Er:
ztehung m Athen mit Sokrates und Ariſtophanes, die
Derfönlichkeit Beider dargeflellt, die mufifhen und gymna⸗
flifchen Uebungen befprochen und einzelne ausgezeichnete Per:
fönlichkeiten, wie die des Alcibiades, -herausgehoben. Die
Zeit nach Sokrates liebt vorzugsweiſe bie Rhetorik in den
Sophiftenfchulen, ihre Bildung iſt nur formell und auf
den Schein gerichtet, ihre Methode im Unterrichte bias
logiſch.
(Der Beſchluß folgt.)
Geſchichte des deutſchen Kirchenliedes bis auf Luthers
Zeit, Ein literar-hiſtoriſcher Werfuh von Heinrich
Hoffmann. Mit einer Muſikbeilage. Breslau, Graß,
Barth u. Comp. 1832. Gr. 8. 16 Br.
„Die Geſchichte des beutfchen Kirchenliedes bis auf Lu:
thers Zeit, ober fireng genommen, bis zum Jahr 1623,
war bis jest fo gut wie gar nicht vorhanden, weil man
einestheild von ber Anficht ausging, daß es vor Luther
Kein beutfches Kirchenlicd gegeben habe, ober anderntheils
glaubte, jedes geiftliche Lied müffe früher ein Kirchenlied ge:
wefen fein. (Vorr.) Glaubte man aber, Laß jedes geiftliche Lied
vor Luther ein Kirchentieb fei, fo könnte ja doch eine Geſchichte
des beutfhen Kirchenliedes vorhanden. fein, nur böfte ‚mau
mandes geiftliche Lieb füs ein Kirchenlied fälfclich gehalten.
Dieler Grund scheint unhaltbar, und bie Urſache, warum noch
keine Geſchichte des beutfchen Liebes vor ber des Herrn DH. da
war, iſt beine anbere, als weil's kein eigentliches Kirchenlied noch
geb. Dies geſteht ja Herr H. felbft ein: „Die roͤmiſch⸗ litur⸗
oiſche Sprache iſt die lateiniſche; ſo lange dieſe beſtand, konnte
ein beutfches Kirchenlied nicht gefunden werden. Deutfche Lies
der aber, wie fie die hriftlichen Stawen auf Kirchweihen, Bitt-
gängen, Wallfahrten, Deiligenfeften .u. f. w. fangen, find feine -
Kirchenlieder, fie können zur Ginführung derfelben bie Bahn -
gebrochen haben.” Im Widerſpruche ſteht alfo der Titel diefer
Schrift mit des Verf. eigaer Erklärung (S. 2): „Eine Ger
fgichte des beutfchen Kirchengefanges bis auf Luiher's Zeit
kana alfo nur eine Geſchichte derjenigen geiftlichen Lieder ent
halten, weiche bei jenen Gelegenheiten wirklich Öffentlich gefun- .
gen worden. find.” Darum iſt aber das Verdienſt des Verf.
nicht minder groß, ber aus vielen ältern und neuern Schriften
das Zerſtreute über den Geſang in ben Kirchen überhaupt und
aus den ber Reformation Luther’s zunäcft vorgegangenen Jahr⸗
hunderten die Spuren ber Uranfänge des deutſchen gefammelt
und möglichit miteinander verbunden hat. Dem Archäologen
und Hymnologen gilt weniger unfere aller Kritik ber hierherge⸗
börigen Angaben ausweichende Anzeige als dem Freunde alters
thümlicger Forſchungen.
In den erſten neun chriſtlichen Sahrhunderten nahm das
Bolt an dem Kirchengefange gar feinen Theil, fondern bei bes
fondeen Beierlichkeiten, 3. B. an Heiligenfeften, auf dem Wege
nach und aus ber Kirche, felbft auf dem Marfche gegen ben
Feind und in die Schlacht fang es Kyrie eleison, Christe olei-
son, das «6 auch nicht verſtand. Im ben folgenden zwei
Zahrhunderten machten dieſe wenigen Worte den Schluß
jedes Verſes eines bei ähnlichen Feierlichkeiten gebrauchten Lies
bei. Das 12, Jahrhundert, wichtig für deutſche, befonders re⸗
ligiöfe Dichtkunſt, zeichnete ſich vorzüglich durch Werbreitung
bes Shriftentpums, durch Begeifterung für welthiſtoriſche Tha⸗
ten, Kreuzzuͤge u. dgl. aus, und erweiterte für fromme Dichter
das Gebiet. Die Geſchichte des Alten und Neuen Teftaments,
dad Leben und Leiden Jeſu, die Schickſale der heiligen Familie
das jüngfte Gericht, die Thaten heiliger Maͤnner, gottesdienfte
liche Gebräuche u. dal. lieferten ben Stoff. Aus dieſer vielbe-
mwegten Zeit find nur wenige Lieder übrig, ein Lieb auf Maria,
ein Weihnachts⸗ und ein Dftergefang. Die Deutfchen gingen
fingend: „Shrift, der bu geboren bift u. f. w.”, 1167 in bie
Schlacht bei Zusculum. Es waren ihrer gegen 30,000, gegen
weiche fie fämpften. Der ältefte kurze Aufruf: Kyrie eleison,
wieberbolte ji noch immer unb gab jedem andern Liebe der
Art den Namen Leife (fo viel ald Melodie), Theilte auch das
13. Zahrhundert diefelbe zeligidfe Stimmung, wurde ſelbſt im
Volle der Drang nad beutfchen Liedern der Geiftlichkeit be:
merkbar, fo war biefe viel zu bequem im Beſitze und Genuffe
ihrer Zehnten und unterbrädte, unter bem mächtigen Beiſtande
der roͤmiſchen Curie, jeden Geiftesaufflug deö Volkes, jeden Vers
ſuch eines das Volk Liebenden Prieſters. Die Kämpfe unter
Heinrih IV, und V. unter den Hobenftaufen, bie Kreuzzüge
ſchwaͤchten die Macht des Klerus und bes Papſtes und riefen
in dem Volke einen ritterlien, größartigen Sinn hervor. Der
Handel bereicherte bie Städte, und in benfelben erhob. ſich ein
Stand, der rei und mächtig genug war, ſich gegen Fürften
und Herren zu behaupten. Mit dem Reichthume gediehen Kunfk
und Wilfenfchaft. Mit bem gehobenen weltlichen Liebe flieg
auch das geiftliche. Die ritterliche Poefie, ihre Dinnelieber reizs
ten geiftliche Dichter zu aͤhnlichen unb fchufen, wie der Verf.
(S. 50) fagt, „bie auf Erden und im Himmel ausfchließende,
zur ſchwaͤrmeriſchen Liebe gefleigerte Verehrung ber heiligen
Zungfrau Maria”. Nur wenige Priefter flimmten in biefen
Ton ein, und wenn es geſchah, fo Tonnten ihre Lieber wegen
ihrer Länge und ihres Rhythmus in bie Öffentliche und haͤus⸗
liche Andacht nicht übergehen. Doch gehörte das beutfche reli⸗
!
x
on 22
=
Keb: „Run bitten wir ben en
rbenfalls eines fo frühen Beſtandes. Die deutfchen Vilger er⸗
quickte auf ihren Wahrten das Lob und Danklied auf Gott,
und der Gchiffer beſtieg fingend fin Bohren „In —
r
Im 14. es
paͤpſtlichen Interdiet
den lateiniſchen Geſang bei.
ten ſich unter dem Volke deutſche Lieder, bie es bei feiner
häuslichen Andacht fang. Auch fing man an, lateinifche Pfals
men zu verdeutſchen. Zur Berbreitung bed deutfchen Befanges
trugen bie Flagellanten nicht wenig hei. Sie dichteten eigne
Gefänge, Hatten ihre befondern Borfänger und fangen auf ihren
Bußgängen zur Grbauung ber Zuſchauer. Vom Anfange des
15. Jahrhunderts bis in das erſte Viertel bed 16., der eigent:
lichen Wiege der Reformation, erhob ſich die religiöfe Dicht
kunſt freiee und Eräftiger. Die Kirchenverfammiung zu Koſt⸗
nig 1414 — 18, und Bafel 1481 —45, wedten zum ernften
Nachdenken über das Heitigfte im Menfchen und brachten reli⸗
gidfe, Meinungen und Lehren in Umlauf, an die man bisher
kaum zu denken wagte. Die meu gewonnene Kenntniß ber alten
Spradyen und die Buchdruderkunft halfen getreulich Gottes
‚ Wort verbeutfchen und verbreiten; denn fon im 15. Jahr
bunbert wurden 14 deutfche Bibeln und viele Erbauungsbuͤcher
gedrudt. Das erſte deutſche wirktiche Kirchentied, d. h. weiches
in der Kirche gelungen werben durfte, fällt in bie Jahre zwi:
fen 1414 und 1423. Ge ift ungewiß, ob es von Nifolaus
von Kofel Herrährt (S. 102 fg.). Leicht Hätten die deutſchen
Synoden deutfche Lieder einführen koͤnnen; das Bolt fehnte ſich
darnach; aber fie fürdhteten Rom. In einer ber letzten zu
Schwerin, 149%, wurbe verorbnet, ein beutfches Lieb nach der
Meffe anftatt des „Gloria in excelsis etc." ober des „Credo etc.’
auf der Orgel ober im Chore zu fingen. Es mußten alfo deut⸗
ſche Lieder ſchon früher in ber Kirche gefungen worden fein.
Bon 1480 an bis 1520 findet man auch in allen Agenden das
Lieb: „Ehriſt ift erftanden u. ſ. w.“ abgebrudt. Aus jenen Zei
ten ſtammen fiher noch: „Gelobet feift du, Zefus Ehriſt u. f. w.“;
„Alſo Heilig ift der Tag u. ſ. w.“; „Freu' dich, du werthe Chri⸗
ftendeit u. f.w.; „Gott fei gelobet und gebenebeiet u. f. w.“;
„Nun bitten wir den heil'gen Geiſt u. f. w.’’; „Ein Kinbelein
fo loͤbelich u.f.w.”; „Komm, heil'ger Geift, Derre Gott u. f. w.“;
„Gott, der Bater, wohn’ uns bei u. f.w.” Luther hat zum Theil
diefe Lieder in fein Geſangbuch 1524 aufgenommen und Bagte,
daß fo wenig religidfe Dichter bervorträten und der Kirche ihre
Gaben brädten. Ref. fiel es Auf, daß bie erften Lieder meift
nur aus Giner Strophe beftehen und fpäter dieſer mehre hinzu:
gefügt worden find. In ber Kürze lag Kraft, und biefe hob
die Andacht. Hat man mwohlgethan, ben Fraftvollen Gedanken,
bie eindringlihe Wahrheit zu vermäflern und die Andacht ab-
zulühlen? Weberfegungen lateinifchee Hymnen waren ſchon
im 14. Jahrhundert vorhanden und in die Kirche einfedrungen,
Ueberfeßimgen neben und ohne ben lateinifchen Zert, wie das
„Credo etc.’ ; „Wir glauben Al’ an einen Gott u. f. w.“;
„Der Zag, ber if fo freubenreih u.].w.’”; „Vater in —
keit u. few. Jenen Liedern, in welche ber lateiniſche Text theils
weiſe der deutſchen Ueberſezung eingewebt iſt, find die Lieder
ähnlich, worin lateiniſche Verfe mit deutſchen oder auch nur
lateinifche Wörter mit beutfchen willlürlidg abwechfeln, wie in '
u Prag ge
Bannte: „In lc jebile,
Fe He achah hbexf
mungen aberſegter
Hymnen an, deren Dicker ihre Selbſtaͤndigkeit verfuchen wol»
ten; anderer Meinung ift. bee Berf., welchem fie Moͤncheſpie⸗
Terei verrathen. Als Brüde, ben deutſchen Kirchengefong des
romiſchen Berbots ungeachtet, unbemerkt einzuführen, möchten
wir bie Lieber nicht betrachten. Rack ben angeführten Prabes
biefee Miſchpoefie ſcheint es, daß fie bald zur Erheiterung ges
bient, bald ernfk ermahnend war. Sie erloſch im 15. Jahr⸗
hundert. Auch an die Grabmäler verlor ſich biefe Dichterei.
Die kuͤrzeſte Grabſchrift, die wir finden, aus dee Kirche gu
Dobberan vom Jahre 1588, ftehe aud hier:
Herr Peter Bitte
Tumba requiescit in ista, -
God göwe dm ſpiſe
Coelestem. Quique legit, sta! etc,
Schon lange hatte: man weltliche Lieder nach bekannten
Melodien gefungen. Sie waren dem Volke befunnt. Gigne,
dem Grundtone bes Liebes entfprechende zu componiren und
fingen zu lehren, war mit großen Hinderniſſen verbunden. Zur
Beförderung des deutichen Kirchenliedes und Geſanges bichtete
man entiveber das weltliche Lieb in ein geiftlidhe® um und bes
nugte bie Melodie, ober man dichtete ein geiftliches und legte
es der Melodie eines weltlichen Liebes unter. Zur Zeit der
Reformation änderte man auch geiftliche Lieder, wenn fie nicht
mit ber evangelifchen Lehre übereinftiimmten. Gewoͤhnlicher war
es aber, geiftliche Lieder zu dichten und ben Anfang bes welte
lichen Liedes als Wezeichnang ber Melodie darüber zu fehreiben.
So weit der Verfaffer. Freunden ber. alten Ghoräle wirb
bie Muſikbeilage, welche bie waͤhrſcheinlich ältefle Melodie von
„Kriſt it exrftanden u. ſ. w.“ und „Nu bitten wir ben heil’gen
geift u. ſ. w.“ und eines Ofterliedes gibt, wilitommen fein. 19.
Notizen.
Das „New monthly magazine’ empfiehlt englifchen Les
fern in einer anonymen Notiz die Romane der: Madame
Dante als etwas Vorzuͤgliches. Wir geſtehen, daß uns biefe
Empfehlung in Deutfchland etwas befremdend klingt, wiewol _
wir bie eigentbümlichen Vorzüge der Arbeiten biefer achtbaren
Schriftſtellerin nicht vertennen, Wie kommt es aber, was wol
ſchon mandem Lefer ber englifchen Reviews aufgefallen fein
mag, daß diefe fo achtbaren literarifchen Inftitute ihre deutſchen
Gorrefpondenten und Mitarbeiter offenbar fo fchlecht zu wählen
verfiehen, daß in ihren Blättern oft nur bie obfcurften, bei ung
wenig ober gar nicht gefchägten und gefannten beatichen Schrifte
ſteller verfündigt und gepriefen werben?
Das naͤmliche Journal beurtheilt 20 biejährige enge
liſche Taſchenbuͤcher und erklärt, fteigere ſich deren jährlicher Zus
wachs ferner wie feither, fo würbe ihre Beurtheilung künftig
ein Review allein beſchaͤftigen. Wir koͤnnen uns hoffentlich
dazu Gluͤck wünfhen, die Zahl biefer Ephemeren bei uns im
Abnehmen begriffen zu fehen, wie aus den legtern Meßkatalo⸗
gen erhellt. Weberhaupt bleibt uns in der angebrodenen Zeit
ber Dürre unferer Eiteratur, ba wir unfere großen G@eifter und
beffern Köpfe allmälig abfterben und feine neuen dafür aufs
kommen feben, wenigftens ber beruhigende Zroft, daß wir uns
fern Nachbarvoͤlkern immer noch weit voramsgeeilt find, von
denen die Franzoſen 3. B. bie jüngfl erft ‚genoffene unverbaute
Hoffmann'ſche Koft in ben Rovellen ihrer neueften romantifchen
Schule wieder von fi) geben, und fi poch lange Zeit
quälen werben, ehe fie A la hauteur unfers @bthe gelangen.
*
Redigirt unter Berantwortuchkeit der Verlagſbandlung: 8. U. Brochaus in Eotpzig.
.-
ABlätter
’ a Ee für
fiterarife Unterhaltung,
Zroita
Geſchichte ber Erziehung und. des Unterricht3 in welt:
biftorifher Entwidelung. Bon 8, Cramer. Cs
ſter Band. | .
eu. |
Che ber Verf. zur dritten ber genannten Abtheilungen.
kommt, verfolgt. er die Geſchichte der. Erziehung in The⸗
ben (©. 307 — 315) nach den wenigen Nachrichten, die
von derfelben auf und gefommen find, dann in Mace⸗
donien, mo abet eigentlid nur von Alexander dem Großen.
die Rede fein kann (S. 315 — 329), Mas über ihn mit.
Benutzung der Quellen und ber. neuern Hülfsfchriften- von. |.
Zen und Stahr gefagt iſt, zeugt „von einer gerechten Wuͤr⸗
digung dieſes welthiftorifchen Charaktere.
- Ariftoteles — heißt. es S. 8319 — verwirklichte und realis
firte die Erziehung, die fein großer Worgänger, Plato, nur in
der unendlichen Welt deu Fhee.aufgebaut Hatte; Alerander war
ein Züngling des wirktichen Lebens, Achilles, fein Vorbilb, ein
Süngling einer frei gefchaffenen Dichterwelt. Beide ſind der
Triumph ber Erziehung in der Weltgeſchichte.
In dem dritten Abfchnitte iſt Gibbon und befondess
Schloſſer in einer Abhaudlung in ben von ihm und Bercht
Werauögegebenen „Archiv für Gefchichte und Literatur®, 1,
228 fg, der Führer des Verf. gewefen. Warum ift aber
des Jeſuiten Creſollius fleißige Compilation, „Theatrum
rketoricum” genannt, nicht benutzt worden? Zur Gefchichte
ber Sophiſten würde Hr. Cramer im beitten Buche mans
he brauchbare Notiz, und in Eichſtaͤdt's Rede: „De riti-
bus sophistaram in inaugurandis literarum studiosis”
(Sena 1826), gute Bemerkungen und Stoff zu Paralle:.
len mit der neuem Zeit und Literatur gefunden haben.
Andeutungen über den Unterricht in Kleinaſien machen
den Beſchiuß diefes Abfchnitge,
Hierauf wendet fi Here Cramer zu ben Römern
(S. 349). Die Einleitung ſtellt als Hauptgeſichtspunkte
auf, daß die Suhjectivität der ſpaͤtern Zeit Athens und
bie in der. Zeit nach Alexander vorwattende Dbjectivität
fi in der römifchen Welt: fortfegen, daß aber die Inner:
lichkeit der Römer fi) weniger im unmittelbaren Leben
des Volkes, als namentlich bei dem weiblichen Geſchlecht
und in ber Familie ausfpriht; daß ferner die Welt der
Mömer vorzugsweife eine Welt ber. Asußerlichkeie fei, ihr
Streben ein nad; Außen gerichtetes ; auf Erwerben und
Vertheilen, auf Krieg und Necht, mit einem Worte, daß
man im Römer den gereiften Juͤngling erblickt, dem im
8. Mär; 1833.
— Pas nr nen
will, Wenn dahar die griechifche Erziehung eine reine
menſchliche war, fo ift bie zömifche mehr eine. auf aͤußer⸗
liche Zwecke gerichtete, und es tritt mehr ein Stand ber
Gelehrten neben und im Molle hervor (S. 349 — 353),
Diele Andeutungen machen bie weitere Ausführung der⸗
felben wuͤnſchenswerth
In einer Überfichtlichen Darfisiiung iſt Das, was wie
von etrufrifches Exzichung wiſſen, abgehandelt worden. ‚Dex.
Abſchnitt über die Römer beginnt mit der Achtung der⸗
felben gegen das weibliche Sefdylecht, als einem. Sortfihritte
deso Geiſtes, und weiſt dies auf hiſtoriſchem Wege nad,
wie ſchon Mich. Habicht im J. 1792 in einer noch im⸗
mer leſenswerthen Schrift: „Ueber den Einfluß ber Frauen
in ber xoͤmiſchen Gerichte”, gethan hatte. Die Heiligkeit
der. Che, die Geburt der Kinder, die Namengebung, bie:
väterlihe Gewalt, Kinderbefig, Auslegung der Kindes finb
in den folgenden Seiten behandelt, bie fich dee Verf zur
erften Periode. wendet (S. 382), die bie Erziehung und
ben Unterricht von den aͤlteſten Zeiten bis auf Auguſtus
begeeift. In ihre ift die Erziehung mehr Privatſache. Was
hierauf über. die Einwirkung ber Cenſoren, die aͤußerlichen
Übzsichen ber Knaben und Juͤnglinge, bie Theilnahme der
Erſtern an den Senatsverfammiungen, den Einfluß der
Mütter, roͤmiſche Paͤdagogen und Lehzrer, Maͤdchenſchulen
und endlich über die Gegenſtaͤnde des Unterrichts und ihre
Verichiebenheit vom dem griechiſchen ſowie über die Bil⸗
dung junger Römer durch Rechtsgelehrte und ihre Theil⸗
nahe. amı Kriegsdienſte beigebracht wirb, kann natuͤrlich
nicht neu fein. , Aber Hr. Cramer bas dieſe Notizen bes
quem aneinander. gereiht und gut vorgetragen, ſodaß man aus:
wenige Stellen von Wichtigkeit vermiffen wird; Die gweite
Periode umfaßt die Zeit bis zum Untergange bes weſt⸗
roͤmiſchen Beides (S, 425). Der allgemeine Bildungs⸗
zuſtand, die Verſchiedenheit vom bes erſten Periode, bie
rammatiker und Rhetoren, der Unterriche im Leien und.
Schreiben, die höhere Unterrichtöftufe, bie Betreibung der
g jechifchen.. Sprache, ‚die Rhetoren, ihre Verbreitung und
egunftigung, ihre Machtheilige Einwichung auf die Cre:
ziehung find die ˖ hier exoͤrterten Gegenſtaͤnde. Bin. Linuzem
| 22 > %
5 i
denſelben unſer obiges Lob nicht verfagen, find auch von
dem fleißigen Quellenſtudium des Verf. überzeugt, muͤſſen.
aber doch urthetlen, daß er mitunter zu fparfam in An:
führung der Quellen gewefen und ben Forſchungen aͤlte⸗
cer und neuerer Phjlologen, wie eines Manfp
zer Abfchnitt (S. 449 — 452) verbreitet fich über den Un:
terricht in der Rechtswiſſenſchaft. Hinſichtlich der meitern
Erörterungen ift auf Hugo und Savigny vermwielen; aber
wie finden doc) das Gegebene zu dürftig, da es ſich hier
von der Nation handelt, auf welche bie Rechtögelehrfams
keit einen größern Einfluß gehabt hat als auf irgend eine
andere. Wir wuͤnſchen, daß He. Sramer.im zweiten helle
diefe juriftifche Erziehung, die recht eigentlich eine Natio⸗
nalangelegenheit war, ausführlicher würbigen möge. Recht
gut ift die Aufzählung Deſſen, mas von Seiten des Staats
und des Kaiſers - flır -Erziehung und Unterricht geſchah
vurch Befbrderung der Gymnaſtik, Errichtüng öffentlicher
Bibliotheken, Gruͤndung des Muſeums in Rom, des Athe⸗
naͤums, des Hadrianeums und aͤhnlicher Anflalten, durch
Befoldung öffentlicher Lehrer, die Gruͤndung der Univer:
fitäten zu Rom und Konftantinopel, und durch bie Ber:
breitung und Pflege dee Miffenfchaften in verfchiedenen
heilen bes Reihe (S. 452 — 472). Mandye Einzeln:
heiten koͤnnten, wofern es dev Raum vergoͤnnte, befprochen
erden, wie auf &. 470 fg. die Bemerkungen Üiber das.
. Studium ber Philofophle bei den Mömern, bie doch wol
nach den ‚verfchledenen Zeitaltern einige Mobification er:
leiden dürften. Ebenſo hat ed uns befrembdet, die Lucia⸗
nifchen Schriften nur fehr felten benugt zu fehen, die doch
für Erziehung und Unterricht viele interefiahte Notizen
enthalten. In der: Charakteriſtik dieſes Schriftftelers von
Jacod iſt daher auch dieſem Gegenftänbe eine hefondere
Würdigung (S. 27 — 49) zu Thell gerorden.
Auch auf die Provinzen Gallien, Hispanien und Bri⸗
tannien bat der Berf. feine Befchreibung ausgedehnt und
viele zerficeute Notizen vereinigt. Der Staat von Maf:
2ſilia iſt Hierbei beſonders beruͤckſichtigt worden, jedoch nicht
fo, daß alte Stellen uͤber denfelben, die unter: andern in.
Sohannfen’s Schrift: „De Massiline rebus et institut.”
(Kiel 1847), verzeichnet find, benugt wären. Den Ein⸗
flug Spaniens auf Rom und unftreitig auch auf die Er⸗
Rehung und Bildung römifcher Jugend hat Hr. Cramer
zu gering angefchlagen, da derfelbe unter der Kalferregies
rung bedeutend genug war, wo Gelehrte und Dichter,
Künftler und Muſiker, Sängerinnen und Gäsherfpielerinnen
in großer Menge nad) Rom ſtroͤmten. Einige gute Be:
mertungen hierüber hat Böttiger In den „Ideen zur Kunſt⸗
mythologie“, I, 412 fg. ;-der Gegenſtand verdiente wol eine.
ausführlichere Behandlung.
In der Vorrede wird im Laufe eines Jahres beftimmt
ein zweiter Band verfprochen, der die Theorie oder bie
Erziehungsfofteme der ausgezeichnetften Mänmer bes Alter:
thums darſtellen fol. Diefem Bande wird ſich fpäterhin
die Geſchichte des Unterrichts und ‚der Erziehung im Mit:
telalter und in ber neuem Belt anfchließen, "Allerdings
eine große und vielumfaffende Aufgabe: Aber Ref. glaͤubt
-
m
4
nach dem vorliegenden Bande, daß Hr. Cramer durch Geiſt
‚ynd Fleiß zu der Loͤſung derſelben befähigt iſt.
Wolf, Aſt,
Ellendt, zu wenig Aufmerkſamkeit geſchenkt habe. Ein kur⸗
"eingerichtet. Wozu immer das häßliche cf. oder conf. in
VEOrmiſch
J a
Fr Un
Papier und Drud find fehr gut. Wir können jedoch
hierbei die Bemerkung nicht zuruͤckhalten, daß die Citate
Blnfıig gleich er amde voßändiger Jein mögde Wi
find —2 f Druffe d auf Cilatichen ver
ſchiedener Ausgaben, wie des riſtoteles und Plutarchus,
faſt auf derſelben Seite geſtoßen. In den Augen philo⸗
logiſcher Beurtheiler wuͤrde dieg Org, Cramer nicht zum
Lobe angerechnet werden. Dann wuͤnſchen wir auch die
Abſaſſung der Anmerkungen gleichfoͤrmiger ‚für das Auge
deutfch· Gefchriebenen: Anmerkungen ẽ Oder-rin von
lateiniſchen und deutſchen Wörtern, role: „Cornel Vorrede“,
„Diogen. Laert. Lucian“, „Cic. Brut. 91. Plutatch, Cic. 4%,
ober Symmachus, Cuja Caecilia, Casaubonus, Paufler,
Athenaeus und andere Wörter, die fich in ber Mitte deut⸗
[her Anmerkungen ebenſo timzierlih ausnehmen, als die
‚vielen mit Lateinischen - Buchftaben gedrudtn Namen in
Preuß' trefflicher Geſchichte Friedrichs des Großen“. Es
iſt diefe Ausſtellung allerbings in Beziehung auf das Ganze
immer nur eine Kleinigkeit; aber ein deutſcher Schriftftet-
(er ſollte fich doc) weder den Gebrauch lateiniſcher Abkuͤr⸗
‚zungen noch cin fe buntartiges Gemiſch lateiniſcher und
deutſcher Buchſtaben geſtatten. In 'dieſer Beziehung koͤn⸗
nen wir und das Ansland zum Muſter nehmen.
>
39.
| Ueber Kometen.
.Baͤhrſcheinlich war es bas durch die Cholera und revolu⸗
tionnaire Erſcheinungen hervorgebrachte, mit der Zeit ftationnair
und zu einem dveſondern Beblirfniffe gewordene Angftgefühl,
weiches fh, nachdem die Cholera zu einer orbinairen Krankheit,
‘ bie, Mevolution: gar zu eihens juste milien herabgefunfen war, -
auf Sie Kometen warf und von biefen, aus Nebel und Dune
beſtehenden Körpern alles möglicdge Unheil erwarten ließ. Mehre
Schriftſteller beeilten fi zwar in mehr und weniger weitläus.
figen Schriften das. Publicum zu beruhigen, welches fehr 166-
lich war, bean mancher Geaͤngſtete geberdete fi fo verzweifelt,
daß man befärchten mußte bie Stelle im „Alarkos“ von F. v.
She, ©:
Aus Surcht, zu erben, iſt er gar geftorben,
auf ihn angewendet zu ſehen; aber unglüdticherweife uͤberſchaͤg⸗
ten bie meiften dieſer Autpren ihre Kräfte, verbreiteten Zrrthum
ſtatt Wahrheit, verwechfelten die einzelnen Kometen miteinander,
fobaß die Verwirrung ſich fleigerte. Indeſſen ermangeln wir
auch nicht fehr verdienftvoller iften, weiche jedoch, wie haͤu⸗
fig das @ute, erſt ziemlich fpät allgemein befannt wurden, bem-
nach hier in Bezug auf bie gebrohte Gefahr etwas moutarde
apres diner, aber zu einer nüglichen Belehrung noch immer zu
rechter Zeit angefünbigt werben. Zuerſt ift eines fehr interefs
fanten Auffates bes berühmten Geometers Arago zu erwähnen,
welcher, in ben „Annales du Bureau des longitudes 1832’
aufgenommen, unter bem Zitel: .
1. Betradjtungen über die Bewegung und bie Natur ber Kos
meten nebft ihrer Einwirkung auf unfere Erbe im Allgemei-
nen und inebeſondere über den Kometen, welcder im Jahre
1832 erfcheint und eine Umlaufszeit von 94 Zahren hat. Bon
Verego. Brünn, Rohrer. 1882. Gr. 8. 8 Or.
in beutfdger :Uebesfegung erſchien, wobei jebdoch der Ueberſe⸗
der, dieſem Aufſat angehängte geologiſche Discuffionen wegge⸗
Laffen hat, weil felbige in einem gleichzeitig erſchienenen Werke:
%
ſtem gehörten, ob
\ 275 F
9: deber ben gefürchteten Kometen bed gegenwärtigen Jahres
1832 und über Kometen überhaupt. Bon 3. 3. Littrow.
Mit he Uthograpfirten Tafel. Wien, Gerold. 1882.
&r. r. " “
bereits abgehandelt find, ſodaß beide Bücher auf gewife
Art zuſammengehoͤren. Was unfere Kenntniffe über Kometen
überhaupt betrifft, To war es feit Ianger Zeit die Aufgabe der
Aftronomie, zu unterſuchen, ob biefe Geſtirne, welche die Alten
für Meteore unferer Atmofphäre hielten, zu unferm Sonnenfy:
fie nämlich in der gefchloffenen Bahn
einer Ellipſe fi fortwährend gleich den Planeten um tie
Sonne bewegten, ober ob ihre nicht gefchloffene Bahn bie Korm
einer Parabel habe, wo ſich ber einmal erfchienene Komet im
unendlichen Raum verlieren und nie wieberfehren würbe. Diefe
Gtreitfrage war um fo wichtiger, al8 von ihrer Lbfung die rich:
tige Kenntniß unfers Sonnenſyſtems abhing, aber um fo ſchwie⸗
riger zu entfcheiden, als der Eleine Raum, innerhalb welchen
man einen Kometen beobachten Bann, «es im Zweifel läßt, ob
feine Bahn eine langgezogene Ellipſe ober «ine Parabel fei,
weshalb man auch die Beftimmung biefer Bahn in Bezug auf
ihre Lage und ihr Verhältniß zu der Bahn der Erde um bie
Eonne bie parabolifchen Slemente des Kometen nannte; denn'
bag einft eine Zelt kommen werbe, wo man Kometen entbeden
würbe, weldye in kurzer Umlaufszeit um die Eonne eine ſich
deutlich barftellende Ellipſe befchrieben, ahnete man früher
nit. Daher blieb nichts übrig, als die gefundenen Glemente
eines neu entbedten Kometen, welche ſtets im Sometenfatas
loge demerdt werben, mit den Elementen früher beobachteter
Kometen zu vergleichen, weil man mit faft völliger, aus aſtro⸗
nomiſchen Gründen hergeleiteter Sicherheit zwei Kometen, wel⸗
che gleiche oder ſehr ähnliche Elemente ter Bahn haben, als
identifh annehmen fann. So fand Halley, daß bie gefundenen
Elemente des im Jahre 1682 beobachteten Kometen biefen
als den naͤmlichen barfiellten, weicher bereite 1607 und
1531 erfhienen wer, weshalb er beffen Wiederkehr im Jahre
1758 ober 1759 verkündete. Da von ber Erfüllung biefer Pro:
phezeiung der wichtige Beweis abhing, daB die Kometen gleich
den Planeten zu unferm Sonnenfoften gehören, zugleich ‚aber
bei der Beſtimmung einer Kometenbahn auf die Störungen ober
Perturbationen Rüdfiht genommen werben muß, welde der.
feibe duch andere Planeten erleidet, wodurch fein Lauf verfpäs
tet, feine Bahn fogar umgeftaltet werden Tann, zur Zeit son
Hallen aber bie noch nicht hinlänglich ausgebildete arithmetifche
Kenntniß tiefe Berechnung nicht geftattete, fo unternahm fpäter
Clairot die Löfung dieſes Problems, und ber Halley'ſche Komet
beftätigte das Ergebniß ber Rechnung, indem er am 12. März
1759 in feine Sonnennäbe, das Perihelium, trat. Nachdem die
Periodicitaͤt dieſes Kometen außer allen Zweifel geftellt ıbar,
beredanete ber Baron Damoifeau, ein berühmtes Mitglied bes
Bureau des longitudes, alle Perturbationen, welde der Hals
ley'ſche Komet auf feiner neuen Bahn um die Sonne durch die
Planeten, benen er ſich nähert, namentlich ben früher unbe:
tannten Uranus erleiden wird, und wir verbanfen den Bemuͤ⸗
hungen biefes ausgezeichneten Galculators bie Gewißheit, daß
diefer Komet am 16. Rov. 1835 in fein Perihelium treten werde,
mo wir ihn wahrnehmen merben, doch fchwerlich in fo impofans
tem Glanze und mit fo majeftätifhem Schweif, als er früher
erſchien, denn dem Kometen fcheint es wie dem Menſchen zu
gehen, indem er auf feiner Bahn immer mehr an Schönheit
verliert. "
Später am 6. März 1815 entdeckte der berühmte Olbers in
Bremen einen Kometen, beflen Umlaufözeit 74 Jahre dauern und
welcher am 9. Yebr. 1887 durch” feine Sonnennäbe gehen fol.
Dass indeſſen früher nie beobadıtet war, auch bie Erfahrung bie
Rechnung noch nicht beftätigt Hat, fo kayn man feine Periodis
cität niit als erwiefen annehmen, weshalb Arago im angeführ:
ten Yuffag ihn auch nicht berüdfichtigt.
Dagegen entdeckte ber im ˖ Aufſuchen von Kometen uner⸗
müblicge Pons in Marſeille am 26. Rov. 181& einen Kometen
bers in Bezug auf die Etdrungen
beffen Elemente Bouvarb tem Bureau des longitudes am 13.
Zan. 1819 vorlegte, ‚mit welchem ber Profeffor Ende in Bir:
In ſich befhäftigte, die Abweichung. feiner Bahn von einer El
lipfe und feine kurze Umlaufsgeit von drei Jahren 115 Tagen
ertannte. Die Erfahrung hat biefe Berechnung beftätigt, und
diefer durch die Eigenthuͤmlichkeit, baß die Umlaufszeit immer
Eleiner wird und er mit immer wachſender Schnelligkeit um die
Sonne läuft, ausgezeichnete Komet iſt in den Jahren 1822,
1825 und 1828 beobachtet worten .und am 4. Mai 1882 in
feine Sonnennähe getreten. |
Hierauf entdeckte der öflreihifche Hauptmann v. Biela am
28. Febr. 1826 zu Joſephſtadt in Böhmen einen Kometen, bef:
fen Piriobicität er erfannte und die Umlaufszeit von 6 Jahren
.
270 Zagen feftftellte, wie ſolches Littrow im angeführten Buche
bemerkt, während Arago das Verbienft, die Umtaufezeit beftimmt,
nämlich’ aus den parabolifhen Elementen die elliptifchen berech⸗
net zu haben, den Herren Staufen und Gambart zu ‚Marfeille
zuſchreibt. “Diefen Kometen haben ber Baron Damoifeau und Ol⸗
weiche er erleiden Fönnte,
beredynet und gefanden, daß berfelbe am 29. Oct. 1882 bie
Ebene ber Bahn, in ber die Erde ſich beivegt, durchſchneiden
und am 27.Nov. 1832 in feinem Perihelium ftehen werde. Diefe
brei, ober wenn man will vier mit Sicherheit wiederkehrenden
Kometen umfaßt unfere ganze Kenntniß von ber Periobicität
berfelben, aber aus einer’ erlaubten Analogie fann man aus ih:
nen auf die Übrigen Kometen fchließen. \
Was nun die Gefahr betrifft, welche ein Komet der Erbe dro⸗
hen könnte, fo ift «6 Klar, daß dieſes nur in ben beiben Punkten
möglich fei, wo die Bahn des Kometen bie Ebene unferer Erb:
bahn ſchneidet, wenn nämlich einer diefer beideg Punkte in ber
Erdbahn felbft liegt, und Überdies bie Erde in bem gefährlichen
Augenbti fi in dem bebropten Punkte felbft befaͤnde. Olbers
in Bremen hat in einer fehr fhönen Rechnung die Probabilität
berechnet, mit weldyer ein Komet, deſſen Balbmefler der Hälfte
des Erdhalbmeſſers gleich ift und deffen Sonnennähe fich inner:
halb des Erbbahn befindet, mit ber Erde zufammenftoße, unb
gefunden, daß man 281 Millionen gegen 1 wetten könne, daß
diefer Fall nicht eintrete. Webrigens find bie Bahnen aller MP:
meten, welche man bisher beobachtete, ſowol unter ſich ald gegen
bie Bahnen der Planeten fo gerichtet, baß ein Zuſammentreffen un»
möglich iſt, unb nur ber Biela'ſche Komet macht eine Ausnahme,
denn am 29. Dct. 1832 durchſchnitt er die Ebene der Erd:
hahn ganz nahe an einer Gtelle der Erdbahn felbft und mwürbe
ber Erde bedrohlich gewefen fein, wenn fie fejbft zu diefer Zeit in
dem erwähnten Punkt ihrer Bahn ſich befunden hätte. Erſt am 30.
Nov. 1832 gelangte bie Erde an biefen Ort und war mithin, ba
die mittlere Geſchwindigkeit ber Erde täglih 674,000 franzoͤ⸗
fifche Weiten (eine franz. Meile zu 2000 Xoifen ober 5898
Meter gerechnet) beträgt, im verbängnißvollen Augenblid mehr,
als 20 Millionen Meilen von der Gefahr entfernt. Uebri⸗
gene ift es bei ber wahrfcheinlich fehr großen Zahl der Kometen,
bei ben häufigen Perturbationen, welche ihre Bahnen erlei-
ben, nicht unmoͤglich, baß einer berfeiben wirklich einft in die .
Nähe der Erde kommen könnte; aber felbft diefen Fall ange:
nommen, ift es böchft zweifelhaft, ob die Wirkung biefes Zuſam⸗
mentreffens wirklich fo gefährlich werben follte, benn bekannt⸗
lich ſteht die Anziehung, welche ein bimmlifcher Körper auzübt,
mit feiner Maſſe im Verbältniß,. und ber Komet zeigt fidh aus
fo dünner, flodiger, burdgfichtiger Subſtanz, weiche fih nur an
feinem Keen verbichtet, beſtehend, daß feine Maſſe nothwendig
ſehr unbebeutend fein muß. Auch ſah man einen im Jahre
1770 entbediten Kometen, beffen Bahn der Zupiter zweimal ſowol
bei dem Eintritt in feine Nähe als bem Ausgang aus berfel-
ben gänzlich ummanbelte, auch nie ten geringften Einfluß auf
bie kleinen Monde des Jupiters, duch deren Soſtem er ging,
ausüben, und überhaupt beruhen fämmtlicke aſtronomiſche Wer:
Fünbigungen auf ber Annahme, baß weber die Kirfierne noch
Kometen irgend eine Störung hervorbrädten, ſodaß das bis
auf die einzelne Secunde vichtige Eintreffen diefer aſtronomiſchen
-
⸗
®
216
— Mmeten Ich
figfeit der S liefern
Indem ich hiermit: ben
‚ was den Lauf ber Kometen mit
3 damit in Verbindung ſtehende Begenft
Iehrung wänfdgen, auf bie am Gingang erwähnten Bird
merkſam, welche fehr populair, geiftreich
die vielfachen über die Kometen verbreiteten Irrthümer, nament⸗
lich wos ihre illuſoriſche Cinwirkung auf bie Temperatur bes
trifft, aufzuktaͤren, denen überbies mehre fehr intereffante geolo:
gifche Beobachtungen beigefügt find, deren nähere Grörterung
hier zu weit führen würde.
Schließlich bemerke ich, daß unter bie Eingangt erwähnten
Schriften über Kometen ganz befenbers nachſtehende:
3. Der zu erwartende große. Roma nebſt Dasfkellung feiner Gi
genſchaften und: möglichen Wirkungen auf unfere. Gebe, beis
gleichen auch Betrachtungen über den Ginfluß bes Mondes
auf bie Beränderungen unferes Atmofphäre, und noch über.
dies ein Berzeichniß der fichtbaren Sonnenfinkerniffe und ber
meglichen Befitage von dem Jahre 1833-1900. Mit ver
Ihiebenen Zeichnungen. Meißen, Klinkicht u. Sohn. 183
r.
gehört, worin ein Aufſatz aus Rr. 176--178 bes „‚Breimüthigen‘'
. dom Jahre 1880, mithin ein fehr verfpätetes Iractätchen abge: .
druckt ift, aus dem hervorgeht, daß ber Halley'ſche Komet zwi⸗
fdgen den Jahren 1834 — 35 erfcgienen würde, bagegen bie con»
fufe Behauptung, aufgeflellt wird, diefeg Komet fei ber nämliche,
welcher ben fogenannten heiligen drei Koͤnigen erfchienen
weidge Reiſende übrigens, wenn man ber Mythe folgen will,
feine großen Sternkundigen gewefen fein müßten, weil fie fenfl.
nicht eine fo ganz unverhältnifmäßlge Zei bei ihrer Heimreiſe
gebraucht hätten, nachdem ber fie auf ber Hinreiſe leitende.
Stern erloſchen wer. 86.
Skizzen aus Polen. Aus der Brieftaſche eines polni⸗
ſchen Offiziere. Frankfurt a. M., Koͤrner. 1833.
Die Geſchichte ber polniſchen Revolution iſt bis jest
nur in dem Hauptgange ihrer Entwidelung und in den Perfos
nen Derjenigen belannt geworben, die an die Gpige ber Greig:
niffe gefteilt waren. Noch fehlte ed in biefem großen Bilde an
einzelnen treffenden Zügen, die uns das individuelle Leben, das
auch bie untergeordneten Glieder bes Ganzen befeelte, näher
vor Augen gerückt hätten. Gin erfreulidher Beitrag, um eine
ſolche Iebenbigere Anfchauung herbeizufuͤhren, ift in den vorlie⸗
genden „Skizzen aus Polen” gegeben. In einfacher Sprache
gefchrieben, tragen fie das unverkennbare Gepräge der Wahr:
“heit und genügen hiermit dem hauptfächlichfien Anſpruche, ben
wir an eine Schrift diefer Art zu machen haben. Nur bat
Cine möchte zu tabeln fein, daß mitunter das eigentlid Eha⸗
rafteriftifche auf dem allzu breiten Grund eines in Polen wie
ip Deutſchland ſtets nur unter denfelben Formen wiederkehren⸗
den afktäglichen Lebens aufgetragen if. Allein immer entbehrt
doch Feines diefer Bilder ſolcher Züge, die in irgend einer Weiſe
etwas eigenthümtich Polnifches hervorheben. Auch wird ber
Berfaffer in der Kortfegung berfelben, die wie wir hoffen
nicht ausbleiben wirb, ben gerügten Fehler leichte vermeiden,
da ihn mittlerweile ein längerer Aufenthalt in Deutſchland in
den Stand gefegt hat, bie feinern Unterſchiede bes potnifchen
und deutfchen Volkslebens fchärfer in das Auge zu faffen. |
Im Kampfe mit einem ſchweren Schidfal, eeroft im Unter:
liegen gewinnt bas in feinen Xiefen bewegte Bemüth einen
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: 3. A. Wrodhaus in Eelpzig.
$efren d. DI. Dosienige ia kurzer Deren
te vie. Fanme dei. Lichta auch
- Go vom
und in dem Gebicht: „Der Fluͤchtling““, weldes
ec aus bem Polnifdgen in das übsrtragen werben -
mußte — als. gelungen gelten Fann. Ei zliegens.
ban Skizzen beuten auf die Fehler und Mieg
chen bie Geſchichte der polniſchen Renolution nicht fegi. geblieben.
if. Unter Anberm wird eine Anelbote von Skrzynecki erzählt,
bie 08 deutlich genug macht, wie wenig biefer Mann das Wer«.
trauen feines Volkes zu rechtf und den Geiſt deſſelben
würbigen verftand. Es wird hiermit ein neuer Beteg
gegeben, daß. die Unternehmung ber Polen mit deghalb mislin-
gen mußte, weil man nicht bie Talente aus der Mitte ber Ras
tion an die Spitze geftellt, fondern ihr Schickſal den Händen.
Merjenigen anvertraut hatte, bie blos nach ihrer gefellichaftlie.
ben Rangftufe ald die Erſten erfdienen. Alle anbern Erzaͤh⸗
lungen, mit Ausnahme einiger. wenigen, fchildern ben Drud, ber
auf Polen Iaftet, geben aber zugleich Zeugniß von ber Volks⸗
Exaft, welche gegen dieſen Drud anzulämpfen nimmer ermübet.
Wie dunkel daher in ber Regel bie Karben find, mit welden
ber Verf. malt, fo wirb man body feine Schrift nicht aus ben.
Händen legen, ohne an dem Glauben: „Rod ift Polen nicht
verloren”, und an ber Hoffnung feflzuhalten, baß noch einmal
die Zufunft ben Vorhang ollen unb ba6 große Drama
fortfegen wirb, wo dann Manche ber bisherigen Falten Zus
— auch ſelbſt wider Willen ihre Rolle werben, ſplelen
muͤſſen. 156.
-
Literarifhe Notizen. |
Ein Hear Okey, Attache der britifchen Geſandtſchaft in
. Paris, hat zwei Schriften herausgegeben, zwar zunaͤchſt nur für
Engländer und Branzofen berechnet, allein auch für Jedermann
widtig, der England ober Frankreich beveifen will, oder wit
diefen Länden in Verkehr flieht. Die eine, in franzöflfcher
Sprache, führt den Titel: „Droits et obligations des 6tran-
gers dans la Grande-Bretagne”, die andere, in englifcher Sprache,
ift ein Sompenbium aller in Frankreich geltenden Geſete u. bgl.,
welche für reiſende ober ſich dafelbft aufhaltende Engländer und -
für le Handel mis Frankreich von irgend einem In⸗
tereije find.
Unter bem Titel „L’Europe litteraire'’ wirb in Paris eine
neue Zeitſchrift angekündigt, welche alle zwei Zage in Kolioformag
erſcheinen fol. Yauptredacteurs find die Herren Bohain und Royer,
zur Mitwirkung eingeladen alle ausgezeichnete Gelehrte, Dich⸗
ter, Künftter u. f. w., darunter auch viel Deutſche.
Mitder im December 1832 erfcgienenen fünften Monatsliefes
rung der, Contes arabes du.cheyk EilMohdy’’, weiche ber gelehrte
Drientalift I. 3. Marcel in Paris berausgibt, if der erfle Banb
berfelben vollendet. Charakteriſtiſcher noch als bie berühmten
en und eine Racht“, bilden fie die natürlichfte Zortfegung.
erfelben. .-
Bon Amoͤdée Pichot kündigt. man tin ‚Vie litteraire de
Sir Walter Scott’ an.
Mianet’s Geſchichte der Reformation ift der Vollendung
nahe. Seine Reife nah Genf fol ihm wichtige Materialien
dazu geliefert haben. ; ' 8.
8
— —2— * - 2.0
—
+
Blätter -
literarifide
für
Unterhaltung.
Sweiter Artilel.»)
Das deutſche Volt hatte die eiferne Zuchtruthe eines
Despoten fühlen muͤſſen, um künftig jede, von ſchwaͤche⸗
rer Hand ihm zugedachte Zuͤchtigung defto bitterer zu em⸗
pfinden. Alte, welche den Sturm der Revolution verfchlas
fen zu innen gewähnt hatten, wurden gewaltfam aufge
ſchuͤttelt. Wie tief der deutfche Spießbürgerfinn die ur:
großväterliche Schlafmüge über die Ohren zog, um fort
zuruben und fortzuträumen, fo zerriß doch die eiferne
Hand Napoleon’s, von einer höhern Hand geleitet, alle
Faͤden des engen Sefpinnftes, in welches die Selbfifucht
fi) eingefponnen hatte, bamis felbft wider ihren Willen
die neugeborene Pſyche eines deutſchen Volkslebens ihre
Schwingen entfalten könne. Der Mann des Schickſals
weckte wieder den Glauben an ein Schickſal, welches als
Vollſtrecker einer hoͤhern Gerechtigkeit die Voͤlker und
Einzelnen ftrafend trifft, wenn fie in egoiftifcher Abfondes
rung ihr eignes Intereffe und ihe eigne® Wohl auf an:
derm Wege ſuchen als in dem Intereſſe der Geſammtheit
und in der Wohlfahrt ihres Volkes. Aus der Merkftätte
und von der Pflugichar weg mußte der Bürger und
Bauer den Fahnen des Eroberer folgen; er mußte als’
dienende Glieb in die Kette fich fügen, wemit Napoleon
die Nationen belaftete; er mußte einem fremden Willen,
einem fremden Intereſſe geborchen, um vielleicht in einer
fpäteen Zukunft einem deutfchen Nationalwillen und ei:
nem deutfchen Gefammtintereffe gehorchen zu lernen.
Die fortmährenden Kriege, in welche Napoleon die
Deutſchen verwidelte, und das naͤchſte Mittel zur Fort:
fegung berfelben, bie Einführung einer allgemeinen Gon-
feription, brachten mit tiefer Wirkung eine mächtige, geiſt⸗
erfeifhende Bewegung in das fingnirende Leben. Die
Zaufenden und aber Tauſenden aufgedrungene militairis
ſche Lebensweife drang ihnen auch neue Anfichten und
neue Begriffe auf, die fchnel in die Maſſe des Volkes
übergingm. Ehe noch die Gefühle für den Ruhm unb
Die Ehre einer deutfchen Natien fich wiederbeleben konn⸗
ten, ermwachte doch wieder ein Iehendigerer Sinn für Erle:
gerifhen Ruhm und kriegerifche Ehre. Die Soldaten des
Rheinbundes nahmen Theil an Napoleon's Siegen und
*) Den erfien Artikel fiche in Kr. 68 d. BL. DD. Reb,.
Triumphen. Durch ihre zweifelloſe militairiſche Tapfer⸗
keit erzwangen ſich die Franzoſen die Achtung ihrer deut⸗
ſchen Mitſtreiter, und bei dem Donner dee Kanonen er:
wachte auf dem Schlachtfelde eine Sympathie, welche noch
jegt nicht ganz verklungen ifl.
Ueberbied verdbantte man, was das Mechanifche bes
Kriegsweſens betrifft, ber Vereinigung mit Frankreich aus
genfaͤllig zweckmaͤßigere Einrichtungen. Die mannichfachen
Derbefferungen in diefer Beziehung, in Verbindung mit
dem Geiſte, welcher die neuen Kormen beferlte, bewährten
fih in den Jahren 1805 und 1809 in zweimaligem Kriege
‚gegen Deflteih. Grade in Deſtreich bing man aber im
Militairwefen noch feft an veralteten Kormen und Vor—⸗
urtheilen, welche vielfach hemmenb ſich bewielen; und grade
in den Heeren Oeſtreichs fehlen ben Soldaten. des Rhein
bundes, welche die Bebeutung der militairiſchen Ehre in
höherm Maße hatten fchägen lernen, dieſes Princip min
der vorwaltend zu fein. Diervon war bie natürliche Folge,
daß fie, dem Kriegern ihres alten Külferhaufes gegenliber,
das Gefühl einer gewiſſen Ueberlegenheit in ſich aufnabs
mem. Mitunter mochte daſſelbe da6 Maß eines gerechten
Urtheils überfchreiten, allein es Lebt noch jest in der
Mafle fort und findet ſich nicht beſonders gefchmeichelt,
fobald irgendwo den Bewohnern bes jegigen conflitutions _
nellen Deutſchlands bei ihren Angelegenheiten in Krieg
oder Frieden die leitende Hand Deftreichs fichtbar wird.
In anderer Weife und mit anderer Wirkung war der
Geift des preußifhen Volkes den Sranzofen und ihren
beutfchen Bundesgenoſſen entgegengetreten. Seit ben Groß⸗
thaten eines Friedrich II. hatte ein eigenthümlicher preus
ßiſcher Nationalſtolz, der Stolz des fchnellen Emporkoͤmm⸗
lings, immer ſchaͤrfer und ſchneidender ſich ausgepraͤgt. In
der Zukunft konnte derſelbe neue Thaten erzeugen, aber
er mußte jo lange als, eitle Anmaßung erſcheinen, als er
nicht durch erfolgreiche Handlungen gerechtfertigt wurde,
Jedenfalls beleidigte er Diejenigen, voelchen er feindlich
begegnete. Was hier Einzelne gefehlt haben mochten,
wurde, wie dies in ber Megel gefchieht, ohne Wahl dem
ganzen Volke zur Lafl gelegt. Als daher Preußen vor
der Schlacht bei Jena mit kecker Herausfoderung ben
Sranzofen und den Truppen des Mheinbundes ben Band:
ſchuh bingeworfen hatte, mußte die gereiste Stimmung
biefer letztern um fo entfchiebener ſich äußern, je tiefer, -
J | | 213
im Gegenfage mit einer eingebilbeten Höhe, ber jählinge
Sturz des preußifhen Staats war. Wer ſich noch jener
Zeit erinnert, der erinnert fih auch, daß die Bewohner
Preußens von Seiten ber bdeutfchen Verbündeten Frank:
reichs faft noch eine fehlimmere Behandlung ald von ben
Franzoſen felbft erdulden mußten. Wlie ſehr det Freund
des Vaterlandes diefe Ausbrüche des Haſſes von Deut:
fhen gegen Deutſche beflagen mag, fo bleibt doch bie
Thatfache nicht minder richtig. Und wenn noch jest, haupt:
fächlich in den unteen der Bewohner der ehema⸗
ligen Rheinbundfiaaten, eine gewiſſe bittere, nicht" felten
bis zur Ungetechtigkelt gehende Stimmung gegen die Be:
wohner Preußens unverkennbar vorherrſcht, fo dürfte wol
‚ die hauptſaͤchlichſte Veranlaſſung hierzu in jener Zeit und
In ihren Begebenheiten zu fuchen fen. Wie dem auch
fi, fo frommt .e6 jedenfalls mehr, auf das Uebel und
auf feine Quelle Hinzumeifen, als fi) duch Bemaͤntelung
deffelben im Täufchungen über die berrichende Volksſtim⸗
mung einzumiegen.
Waͤhrend felbſt in Mitte bee Uebel, welche die Folgen
der franzoͤſiſchen Diititaicherrichaft Über die Bewohner der
Nheinbundſtanten verhängten, fo Manches gefhah, was
auf der andern Selte wieder die Maſſe de6 Volkes mit
Diefer Herrſchaft ausföhnte ober dieſe wenigftens in nicht
allzu gehäffigem Lichte erfcheinen ließ, hatte fich der neue
Buftend ber Dinge aud in ben gebildeten Claſſen zahl:
reiche Anhänget gewonnen. Es war zunaͤchſt die Macht
des jeder Beit von Gottes Gnaden herrſchenden Genies,
das ſich Anerkennung zu verihaffen wußte. Hierzu kamen
manche pofitive Einrichtungen, befonders fehr bemerkbare
Berbeflerungen in der Adminiſtration und Gefeggebung,
welche hauptſaͤchlich viele Mitglieder aus der Claſſe ber
Staatsdiener den neun Berhältniffen geneigt machten.
Es waren dies nidyt blos felle Seelen, die jeder Gewalt
ſchmeichein und an jede Gewalt ſich verfaufen, fondern
es fanden fi) unter denfelben ebenfowol viele Männer,
die im beiten Stauben und in gewiſſer Beziehung mit
vollem Rechte von der Herrſchaft Napoleon's die Wieder:
geburt eines einigen und kräftigen Deutfchlands erwarte:
ten, nicht minder achtbare Männer als zum großen Theile
jene fogenannten Perfer in Spanien, die ald Anhänger
Joſeph Napoleon's unter ber wiedereingeſetzten Dynaſtie
Berfolgungen und Verbannung erdulden mußten. Bei el:
nem andern Theile der gebildeten Glaffen, hauptſaͤchlich
bei der gebildeten Jugend, mußte jedoch durch die fremde
Anterdruͤckung das Gefühl beleidigter Volksehre immer
lebhafter erwachen. Auch bei der Mafle des Volles wur:
ben bdurdy die Fortdauer ber Fremdherrſchaft fo mannidy
Sache materielle Intereffen immer tiefer verlest, daß hier
gleichfaus der Wunſch der Weränderung, bie Schnfucht
der Befreiung nicht ausbleiben und nicht fänger durch den
teren Schinmer bes kriegeriſchen Ruhms niedergehaften
werben konnte,
Eine größere Stärke und einm welt algemeinern Um:
fang mußten dieſe Wünfche und diefe Sehnſucht in dem
. peeußifchen Staate gewinnen. Waͤhrend den Rheinbund⸗
ſtaaten die Fremd herrſchaft manche Vortheile brachte, hatte
-
l -
Preußen nur verloren. Es war zugleich ber materielle
Druck und das bittere Gefühl der in den Staub getrete:
nen Volksehre, die zur Befreiung und zur Rache antries
ben. Der plöglihe Sau Preußens fchien für immer die
folgenſchwere Wahrheit gelehrt zu haben, daß derfelbe nur
durch die vesberblihe Ayfondwung "von der gergeinfimen
Schickſale des großen deutfchen Vaterlandes verſchuldet
worden ſei; und ſo war es nicht blos der Geiſt des preu⸗
ßiſchen Volkes, ſondern derjenige einer deutſchen Na⸗
tion, den man zur Rettung anrief. Aus den Tiefen der
Wiſſenſchaft wurde er durch Fichte und feine gleichgefinns
tem Freunde befchworen, bafit er, unfichtbar Unter den
Baponneten der Feinde wandeind, die Jugend beschbeinge
und befeuere. In mehr pofitiver Weife wirkte zu demfe!s
ben Zroede dee neu gefliftete Tugendbund, der Mitglieder
des verfchiedenften Sinnes und der abweichendften Meis
nungen umfaßte, die aber damals duch den gemeinfchafts .
lichen Haß gegen den gemeinihaftlihen Feind an eine
und diefelbe Sache gefeflelt waren. Eine neue Wehrver⸗
faffung, weiche auf die Maffe des Volkes ſich flügte und,
wenigftens für eine Zeit lang, dem miltalrifchen Talente
ohne Ruͤckſicht auf Rang und Geburt den entſprechenden
Wirkungskreis verſprach, kam ordnend und fördernd dem
aufſtrebenden Unabhängigkeitögeifte des Volkes entgegen.
Selbft die Eimführung einer freifinnigern Städteordnung,
ſowie die Bemilhungen der Gefepgebung zur Erfhaffung
eines ‚zahlreichen und felbffändigen Bauernitandes können
als Gonceffionem gelten, die man in den Zeiten des Noth
der Mafle des Volkes machte, auf welcher, wie man wohl
einfehben mußte, bie endliche Abwerfung des fremden Jo⸗
ches hauptfächlich beruhte.
So mar denn‘ von Preußen aus der Sinn für deut.
ſche Unabhängigkeit, deutfche Freiheit, Einigkeit und Ein⸗
beit eifrig genährt worden, und derfelbe war bereits im
einzelnen Unternehmungen und Wagniffen, mie in denem
eines Schill, eines Herzogs von Braunſchweig, eines
Dörnberg zum Vorſchein gefommen. Inzwiſchen konnten
auch die Bewohner Deftreichs, obgleich ſich ihr Kaiſer⸗
baus dem Protector des Rheinbundes durch enge Bunde
befreundet hatte, die im Kampfe mit Frankreich erlitienen
Verluſte nicht verfchmerzen. Gemäß dem eigenthuͤmlichen
Charakter und der politiſchen Bildungsſtufe der großen
Mehrheit des Öftreichifchen Volkes, verhielt man fich je:
body hier weit mehr in leidender Erwartung der Ereig:
niffe, als daß man mit energifcher Thaͤtigkeit, wie im
Preußen geſchah, einen weltumfaffenden Plan verfolge
und ſchon jest verſucht hätte, das Eünftige Schickſal des
öftreichifchen Reichs an das Schidfal des übrigen Deutſch⸗
lands anzufnüpfen. Auch bei ber beidenmüthigen Inſur⸗
zection Tirols waren die hauptſaͤchlichſten Trlebfedern nur
der Haß gegen die aufgedeungene Herrſchaft und die Ans
hänglicgkeit an das alte angeflammte Megentenhaus, ohne
daß man, wie bei den Infursectionnellen Bewegungen ine
nördlichen Deutſchland, für eine eigentlich deutſche Sache
die Waffen ergriffen hätte.
Es lag in der Natur ber Verhättniffe, daß bie eifer⸗
ſuͤchtig bewachte und bevornumdete Riteratur während Mas
—
. 28
polesn's Herrſchaft nicht fehr bicect für die Sache ber Un⸗
abhängigkelt und Befreiung Deutfchlande wirken Eonnte.
Einzelne Berfyche wurden mit tyrannifher Willkuͤr geahn:
det. Sie trugen hauptfächlich nur dadurch, daß fie foldye
empörende Härte veranlaßten, mehr unb mehr dazu bei,
das Nationalgefühl zu reizen und zu erbittern. Vor Allem
war es die für die Bildung der Maſſen fo befonders
wichtige periodifche Literatur, die man in Feſſeln geſchla⸗
gen hatte. Auch andere Zweige derfelben, welche in wei⸗
term. Kreiſe ſich geltend zu machen pflegen, wie die Poeſie,
konnten nicht fowol eine befondere vaterländifche als nur
eine allgemeinere osmopolitifche Tendenz verfolgen. Goͤthe
hatte in biefer Zeit fowie in ben vorhergegangenen Zah:
sen bie reichen Schäge feines umfaflenden Geiſtes entfal⸗
#t. Wenn wir indeffen nach der unmittelbasen und eis
genthümlich vaterländifchen Bedeutung feiner Werke fras
gen, fo muͤſſen wir ung geftehen, daß fie weit mehr geeig:
net waren, eine gewiſſe Unterroürfigkeit und eine leidende
Ergebung unter das fremde Joch zu fördern, als Ges
fühle zu weden und zu nähren, die zum Kampf gegen
die Unterörücung begeiftern konnten. Nur in feinem
„Egmont“ und etwa in.feinem „Goͤtz von Berlichingen”
huldigte er den Ideen, welche duch den Sieg der fran:
zoͤſiſchen Revolution ihre Herrſchaft verbreiteten, und welche
fi) bald gegen die verräthesiihe Mutter wenden ſollten,
die fie geboren hatte. Entſchiedener und mit unmittelbas
zer Wirkung für die nächfte Zukunft ſchloß ſich der Ge:
nius Schiller's dem Geiſte des deutſchen Volkes an. Ob⸗
gleich es kein eigenthuͤmlich deutſcher Freiheitsſinn war,
der ihn begeiſterte, ſo war es doch Idee der Freiheit,
welche ihm, wenn nicht feine poetifh, doch feine ſittlich
bedeutendften Werke einhauchte. In verklaͤrtem Lichte ers
fhien die Sreiheit in feinem Pofa, feine „Sungfrau
von, Orleans”, und mit feinem „Wilhelm Zell’ hatte
er den Deutfchen für Lie Beit ihrer Erniedrigung ein koſt⸗
bares Vermaͤchtniß binterlaffen, das reihe Fruͤchte tragen
ſollte. Kaum irgendwo mag in Deutichland unter dem
gebildeten Claſſen ein Juͤngling gefunden werden, . ber
nicht einmal aus diefem Werke Begeifterung für Volks⸗
echte, Volksehre und Volksfreiheit ſchoͤpfte. Und was
auch die kalte und ſtrengere Kritik an dieſer Dichtung
ausſetzen mochte, es gibt wol keine Schrift im ganzen
Bereiche der neuern deutſchen Literatur, die in ſo weitem
Umfange gleich tiefe Spuren zuruͤckgelaſſen hätte. In klei⸗
nerm Kreiſe, aber mit: ähnlicher Wirkung förderten Sean
Paul und Andere die fittlih nationale Entwidelung eines
deutſchen Vo!:kslebens. Immer konnte jedoch der höbere
Geiſt, weicher die-deutfcye Literatur befzelte, zunaͤchſt nur
eine unbdeflimmte Nationalſehnſucht hervorrufen, die erft
fpäter im Denten und Thun eine beftimmtere Daltung
gewann, wo dann aber freilich auch die Elemente, welche
fehher ein Ganzes zu bilden fchienen, in mannichfache
Gruppen mit ſehr entgegengefegten Beſtrebungen fid) abs
fonderten.
Diefe Sehnſucht hatte zugleich eine religioͤſe Faͤrbung
annehmen müflen. Wenden wir uns ja doch immer mit
unfern Definungen und mit unferm Glauben am liebften
au den Himmel, ſobald eine druͤckenze Roth auf uns
faflet, gegen welche der Einzelne mit feiner ſchwachen
Kraft vergebens ankimpfen würde. Als nun im Sabre
181% die Stärke des Eroberers vielmehr duch die Ges
walt der Elemente ale durch die Macht feiner menſchli⸗
chen Feinde gebrochen wurde, glaubte man deutlicher noch
die Hand der Vorfehung zu erkeunen. So wurde es ein
politifch=religiöfer Kreuzzug, der von Deutfchland aus
gegen Frankreich begann, fowol mig der ganzen Kraft der
Liebe für das gemeinfame Vaterland als mit der ganzen
Kraft des Haſſes gegen den gemeinfamen Feind. Haupt⸗
ſaͤchlich im preußifhen Staate und im übrigen nördlichen
Deutfhland nahm der Krieg bdiefen Charakter an. In ges
singerm Grade war died im füdlihen Deutfchland, in
den ehemaligen Staaten des Rheinbundes ber Kal. Den⸗
noch nahm man auch hier nicht blos am ber Außerlichen
Erhebung Theil, fondern auch am ber innerlichen Erhe⸗
bung duch neue Hoffnungen für ein großes, mächtiges
und gluͤckliches Vaterland. Allein je unbeitimmter da und
dort diefe Hoffnungen waren, je weniger man noch dam
über klar geworden, worin ber emdliche. Preis des Sie
ges beftehen Ehnne und folle, um fo mehr mußte in ber
Folge die Wirklichkeit Hinter den geipannten Erwartungen
weit zurücbleiben. So folgte denn mit dem erften paris
fer Frieden eine Reihe von Zäufchungen, an welche ſich
eine noch lange nicht abgelaufene Kette von neuen Ans
fihten, Beſtrebungen und Ereigniffen anfnüpft. *)
W. Schulz.
Die Naturreligion. Ein philoſophiſch⸗-hiſtoriſcher Verſuch
von Karl Roſenkranz. Iſerlohn, Langewieſche. 1831.
Gr. 8. 1 Thir. 20 Gr.
Der Verf., deſſen Bietfeitigkeit der Bildung ebenſo merk⸗
würdig iſt wie die Fruchtbarkeit feines literariſchen Wirkens,
da man ihn bald bie theologiſchen Wiſſenſchaſten in beſondern
Schriften und ausfünrlichen Pritifden Abhandlungen, bald bie
Theorie un? Geſchichte der Kunft bearbeiten und binwiederum
mit eignen Dichtungen in die Neben der Kunftjünger treten
fieht, dat in dem vorliegenden Buche einen der intereffanteften
Zpe le auf dem Felde ver Philoſophie der Geſchichte behandelt.
Man ift dafür im Voraus inm fon deshalb Dank ſchuldig
und wird zur Leſung feiner Unterfuchungen eınyeladen, weil wir
arade in dieſem Gebiete Hiftoriiher Forſchung üverhaupt We⸗
niges und noch weniger Ausgezeichnetes, Gruͤndliches und Ge⸗
nügendes aufzumeifen haben. Wie groß bisher auch die Ans
firengungen unferer Archäologen, und wie reich ihre Ausbente
bei dem Geſchaͤfte fein mochte, die Naturrel’igion in ihren hoͤ⸗
dern Bildungsflufen, in den morgenländifchen Gulten, im aͤgyp⸗
tifden uno griechiſchen Mythenkreiſe und in dem des ſkandina⸗
viſchen Rordens erſchopfend darzuftellen, wohin Greuzer, Rode,
Baur, Müller, Mone u. A. mit mehr und wen’ger Gluͤck ge:
ſtrebt Haven, fo bat man birjenigen Völker, weiche wir die uns
cu tıvirten, die wilden nennen, und von welchen Roſenkranz in
der Vorrede fagt, fie leben, haben ihre Sitten und Gebräudhe,
mandıe Beweiſe von Kunft, führen Kriege untereinander wie
mit den allıgälig fie immer mehr bedrängenden Guropäern, al
tein es mangle ibrem Thun jene Gebundenheit, jenes unbes
wußte Verfolgen e'nes wirklich geiftigen Princip6, jener wie aus
Cinem Stack gegeffene Zuſammenhang, der die wahrhaft hiſto⸗
*) Der dritte Artikel folgt zu Ende bes Monats. D. Red.
*
riſchen Nationen Aflens und Guropas charakteriſtre, — uch
keiner folchen Yrüfung, ern“ Fi Goncentration ihres
geiftigen Lebens, ihrer religidfen elungen und Gebräuche
unterworfen. Im engen Sinne befaßt nun ber Nerf. unter
Raturreligion eben diejenige Religion, welche „dem Geifte da
angehört, wo er im erften Erwachen
im Geift als. foldhem oder im Bewußtſein feiner eignen Rattr,
vielmehr noch außer fi in der Natur feibft Iedt”, und bavon
unterfcheidet er diejenige Geite der alten, im Glemente ber Ras
tur befangenen Religionen, welche bereits fo weit entwickelt iſt,
daß IR die Natur nicht mehr identiſch mit bem @eifte und We⸗
fen des Böttlichen, ſondern entweder das zweibeutige Zeichen,
worin der Geift fein Weſen anzuſchauen bemüht ift, oder als
menfchliche Geſtalt fein wahrbaftes, von ihm ſelbſtbewußt durch⸗
drungened Abbild if; Jortbildungen, welche er mit Hegel bie
fymboliſche und plaftifhe Religion nennt. Ueber die Religion
der wilden Voͤlker findet fi nun zwar in ungäpligen Reiſebe⸗
fgreibungen ein unermeßliches Material. Aber von wiſſenſchaft⸗
licher Geite hatte der Werfaffer wenig oder keinen Vorgang.
Meiners in feiner „Allgemeinen tritifhen Gefchichte aller Reli⸗
gionen’‘ (Hanover 1806 — 7) bietet eine unendliche Menge von
Thatſachen darz aber die Kritik ift bier keine anbere als ein
vornebmes und lächerliches Abſprechen, als wenn Alles in
den Religionen der ungebilbeten Voͤlker Fetiſchismus und Aber
glaube wäre. Benjamin Gonftant, in feinem berühmten Werke
„Die Religion nad) ihrer Duelle, ihren Geſtalten und Gntwides
lungen”, verbindet mit einem offenern und billigern Sinne das
Beftreben nach genetifcher Entwidelung ber Erſcheinungen. Hier
aber ift dem Verf. fon der Begriff, den Gonftant von ber
Religion gibt, indem er ihre Wefen in die Empfindung fegt, zu
unbeftimmt und daher bie daraus entwidelte Darflelung unge⸗
nügend. Die neuere Sammlung von Gerlach unter dem Zitel:
„Fides“, ift eine zu wenig Eritifch genaue und zuverlaͤſſige Zuſam⸗
menftellung von Materialien, ald daß fie bem nach einem wiſſen⸗
fchaftlichen Einblick in das Wefen und bie Geftaltung der un:
terfien Gtufen der Raturreligion verlangenden Leſer Befriedi⸗
gung gewähren könnte, wiewol berfeiben das Verdienſt des Flei⸗
ſies und der Reichhaltigkeit nicht beftritten werben Tann.
In der allmäligen Entfaltung und Verdeutlichung des gei⸗
fligen Lebens am einzelnen menfchlidgen Individuum findet ſich
die Analogie der Geſchlechter⸗ und Voͤlkerindividuen, ein Bild
der Urgefchichte der Menſchheit. Nah ſolchen Analogien
- conftruirt benn ber Verf. philoſophiſch ohne Ruͤckſicht auf den
etbnograpbifchen Unterſchied ber Religionen die gemeinfame pris
mitive Geftalt der Naturreligion. Er fchildert zuerſt ten geifli:
gen Zuſtand der auf der Stufe der Naturreligion noch lebenden
Menfchen und Völker, geht fofort über zu dem Verhaͤltniß, in
welches auf jener Stufe fi der Menſch zu ben Kräften und Gr:
fyeinungen der Natur fest, und fchließt mit dem eigentlichen
Thema, mit der Entwidelung ber religiöfen Ahnungen und Be⸗
griffe, der gottesbienftlichen Ginrichtungen und Verhaͤltniſſe.
Diefe Darftellung von Leben, That und Religion ber Wilden,
ober, wie. bie Weberfchriften der drei Abtheilungen des Buches
lauten, dem religiöfen @efühl ale Grundlage ber Raturreligion,
ber Magie ald Aeußerung der Rreiheit und dem Eultus als Ins
begriff des religidfen Verhaͤltniſſes, ift in ihren einzelnen Aut:
führungen jedesmal von ben betreffenden geſchichtlichen Belegen
begleitet und gibt ein klares, anſchauliches und uͤberſichtliches
Bild von dem Ganzen. Es ift Hier nicht der Ort, mit bem
Berf. über feine Grundbegriffe, bie er bem Hegel'ſchen Syſtem
entnommen bat, über die Sin: und Abtheilung der vorliegenden
Schrift, über die Anwendung unb Ausbeutung einzelner Beis
fpiele zu rechten, worüber ſich Manches beibringen ließe. Gine
geiftreihe und fcharflinnige Darftellung muß es bach jedenfalls
genannt werden, die kein Eefer ohne Genuß aus dek Hand legen
wird, wenn ber Verf. die allmälige Gintfaltung bes geiftigen
Lebens vom bumpfen, in ba® Naturleben eingefentten Gefühle
zum Beroußtfein des Unterfchiebes von fich felbft, von ber Nas
zu fi ſeibſt noch nicht,
‘
.“ L
tue und von bem göttlichen Weſen beſchreibtz ferner, wmie bie
Freiheit des Geiſtes im Kampfe mit den Kräften und Hinder⸗
niffen der Natur ber Magie vertraut, um durch den, raum,
durch zufällige ober Tünftliye Zaubermittel, durch Todtenweihe
und Beſchwoͤrungen fi bie Erſcheinungen bes Lebens dienftbar,
die Schrecken des Todes unfhädlid zu machen; wie endlich der
religidſe Gult des Fetiſchismus auf dieſer Lebensſtufe bes menſch⸗
lichen Geiſtes vom Niedrigſten und Roheſten ſich emporbildet
an die Schwelle des ſymboliſchen Glaubens, wie die Idee des
Prieſters und der Prieſterſchaft an die Stelle der Zauberei und
des Zauberers tritt und aus dem religiöfen Geiſt der Gemeine ſich
bas Opfer in feinen primitiven Geitaltungen eutwidelt. Gine
fehr ſchoͤne, nur zu kurze vergleichende Darſtellung der ſymbo⸗
liſchen Religionen des Morgenlandes, mit einem fluͤchtigen Blick
auf die Vollendung der Naturreligion in dem plaſtiſchen Geiſt
und Gottesdienſte der Hellenen, gibt der Fark am Schlufſe.
Der Bortrag ift Mar, foweit es für die nicht in ben Kreis der
Hegel'ſchen Terminologien Gingeweihten möglich ift, und Eräftig,
in den biftorifchen Ausführungen nicht felten blühend und üppig,
fodaß, wenn man im Zuge fortlieft, die Temperatur ter Rede
nur zu ſchnell und fcharf wechſelt, wie die Waͤrmegrade der
Luft in den Gebirgöftrichen des mittlern Amerika. Dadurch
verliert der Sindrud des Ganzen an Ginheit, und wir hätten
gewuͤnſcht, der Verf. wäre bemüht geweien, auch den philo⸗
fophifhen Theil feiner Abhandlung in einer weniger in den
Schnürleib des Syſtenis gezwängten Form barzuftellen. um bem
Buche in möglichft vielen Kreifen Eingang und Beifall zu ver:
ſchaffen. Zu bedauern iſt auch, daß ber Verf. gegen den Schiuf
feiner Schrift mit einem Dale aus dem würdig gehaltenen Tone
wiffenfchaftlidhee Darftellung heraustritt, und wie er felbft es
nennt, in einer kritiſchen Improvifation Über ben berühmten be
Wette herfällt, deſſen Anfihten über ben ägyptifhen Gult mit
vermerfendem Bohne mittheilend. Es mag ihn dazu die bes
fannte Oppofition biefes berühmten Gelehrten gegen bie Hegel⸗
fe Philofophie gereizt Haben, und wir find allerbings der Mei⸗
nung, de Wette bärte die Ideen der neuen berliner Philofophie
unbefangener auffaffen und billiger beurtbeilen follen; aber bie
Widerlegung oder der Angriff, der ihm hier widerfährt, macht den
Riß größer und den Streit widerlicher, um fo wiberlicher,, als
auf Seiten des Verf. das Recht zu ftehen fcheint, das ſich am
beften durch ſich ſeldſt, in fchlichter Grörterung der Thatſachen
und Nachweifung der Wahrheit, Seltung verfcafft. 46.
Literarifhe Anzeige.
Soeben erfcheint bei mir und iſt in allen Buchhandlungen
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"Die |
europaͤiſchen Verfaſſungen
ſeit dem Jahre 1789
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Leipzig, im Bebruar 1833,
8. 4. Brockhaus.
[4
Redigirt unter Werantiwertlichtelt der Verlagshandlung: 8. A. Brodhbaus in Leipzig.
Blätter
littrariſche Unterhaltung,
Sonnta
m an onen
Rofini’s „Zorquato Taſſo“. )
Während die große Fruchtbarkeit der meiften dramati:
ſchen Dichter Italiens, 3. B. Nota’s, Federici's u. f. w.,
bei mannichfachem, unverkennbarem Talente ihren Erzeug⸗
niſſen dennoch nur untergeordneten Werth verleiht, iſt
kuͤrzlich ein neues Product auf der italieniſchen Bühne
erſchienen, das ſowol durch ſeinen innern Werth als durch
die literatiſche Stellung feines Verfaſſers, der bei vielen
Verdienſten diefen Zweig der Poeſie faft noch unberuͤhrt
gelaffen Hatte, vorzüglidye Aufmerkſamkeit verdimt. io:
vanni Rofini, der Herausgeber des Guicciardini, des
Machiavell u. f. w. und Verfaffer mehrer eigner, mit
vielem Beifall aufgenonmener Schriften, unter denen
„Die Nonne von Monza” in Deutſchland am bekannte
fien fein möchte, hat feit langen Jahren dem Dichter
des „Befreiten Jeruſalem“ ein ernſtes und forgfames
Stubium zugewandt. Der Schreiber diefer Zeilen erins
nert ſich noch jegt mit lebhaften Intereſſe, wie er vor
un 13 Jahren bei einer Rundreife durch die Hörfäte
von Pifa den wohlgewachſenen, faft athletiſch geform⸗
ten Mann einem zahlreichen, Hegeiftert aufmerkenden Aus
ditorium die Mufe Torquato's geiſtreich charakterifiren
hörte. Seit der Zeit hat Rofini die gewaltige Unternehs
mung begonnen und faft zu Ende geführt, Taffe’s fämmt:
liche Werke, vermehrt mit zahlreichen, bisher ungedrudten
Stüden, den Bedürfniffen jegiger Kritik angepaßt, neu
berauszugeben. Die Jahre lange Befchäftigung mit dem
Liebensrohrbigfien und beflagenswertheften unter Italiens
Dichtern hatte den empfänglihen Mann fo lebhaft auf:
geregt, daß ich mit Vergnügen der Geſpraͤche gedenke, in
denen er mir vor ſechs Jahren feine vielfach eigenthuͤmli⸗
chen Anfichten über Taſſo's Lebensumſtaͤnde entwickelte.
Wie es nun dichteriſchen Gemüthern zu gehen pflegt, fo
Hat Rofini nicht vermocht, die neu gewonnenen Ueberzeu:
gungen in einer eignen, vieleicht mit vieler Gelehrſamkelt
-außgeftatteten Lebensbefchreibung niederzulegen, fondern er
bat vorgezogen, feine ‚gefchichtlichen Anfchauungen in der
Form eines Kunſtwerkes auszufprühen. So entſtand ſein
„Torquato Taſſo“, ein Schaufpiel, deſſen erſter Entwurf,
Im Detober 1831 mehren Freunden mitgetheilt und fos
gar auf bie Bühne gebracht, einen Beifall und ein Ent:
— — — —
*) Bgl. hierüber auch Nr. 355 d. Bl. f. 1832. D. Reb.
\
3, — M.69, —
01. März 1833.
Yrs
I
züden erregte, von dem ich felber in Florenz und Pia
Augenzeuge war, und mit dem fich, was man in Deutſch⸗
fand bie begeifterte Aufnahme eines Kunſtwerkes zu nen:
nen pflegt, ſchwer vergleichen faffen wird. Diefer Beifall
ward indeß, nach dem Berichte öffentlicher Blätter, noch
um Vieles gefleigert, als der Verf. vor etwa zwei Mo—
naten fein neu bearbeitetes Werk nun al® ein vollendete
zugleich ber Preffe und der Bühne übergab, Berichte
über die Aufnahme, welche die vielfach wiederholte Vor—
ftelung in Piſa gefunden, und über den enthuftaftifchen
Beifall, den die Zuſchauer dem Dichter bewiefen, find,
obgkeich fie gedruckt vor mir liegen, von fo uͤberſchwaͤng⸗
licher Art, daß ich mich kaum getrauen würde, fie deut⸗
ſchen Leſern in der Ueberfegung mitzutheifen. Indeß dürfte
der feltene Eindrud, den dies Drama hervorgebracht, eben
durch feine Entitehung ſich leicht erklären laſſen: Seit
feinen erſten Anfängen, ſeit Triſſino und feinen Zeitgenof-
fen bat das höhere italieniſche Schaufpiel ſich niemals
und am tenigften bei Alfierl und feinen afuern Nach⸗
ahmern von gewiffen conventionnellen Formen und Gefüh;
fen losmachen koͤnnen. Selbſt das bürgerlihe Drama
eines Golbont blieb, feiner orbinairen Alltaͤglichkeit unge:
achtet, von dleſem Altherkoͤmmlichen nicht frei. Nun hat
Roſini, ſich felber vieleicht unbewußt, wie wenig Andere
vor ihm, einen großartigen, bie edeiften Seiten des menſch⸗
lichen Herzens anfprecyenden Stoff, weniger um in ber:
gebrachter Welfe ein auf den Beifall tfaltenifcher Kritiker
berechnetes Kunſtwerk zu ſchaffen, als um feine Anfichten
uͤber den wahren Hergang eines hiſtoriſchen, reinmenſch⸗
lichen Ereigniſſes in anſchaulicherer Form darzulegen, ais
Drama bearbeitet. Seine Vermuthungen über den ins
nern Iufammenhang der traurigen Schickſale Xorquato’8
flüsten ſich allein auf feine. Kenntniß des menfchlichen
Herzens, und fo tonnte er denn auch, wenn er dieſelben
Andern einleuchtend machen wollte, mit moͤglichſt geringei
Ruͤckſicht auf traditionnelle Kunſtregeln nur zum Herzen
feiner Zuhoͤrer reden. Die innere Wahrheit aber macht
fi, allen Vorurtheilen zum Trotz, immer Bahn und ers
regt um fo tiefer, je feltener fie gehört wird. Kein Wun⸗
der alfo, daß die Jtaliener von Roſini's fchmudiofer
Profa zehnmal mehr entzudt worden als von Niccoli:
niſs Funftreihen Verſen. Ich felber kam im vorigen
Spätherbft grade von einer glänzenden Darſtellung der
282
letztern, als ich auf flüchtiger Durchreiſe durch Pifa ben
mir feit fange befreundeten Verfaſſer des „Torquato Taſſo“
begrüßte und über ben eben gewonnenen Erfolg nad
mehrfachen Berichten Stud wuͤnſchte. Die mie kurz zu
gemeffenen Stunden machten mir es kaum möglich, mei⸗
nen Sefchäften die geringfte Zeit abjumüßigen, und ich
- will nicht leugnen, daß ich, fo viel die Höflichkeit es nur
irgend geftatten wollte, gegen den Autor proteflirte, ale
ee ein nicht unbeträchtlihes Manuſcript zur Hand nahm,
um, wie er fagte, ein paar einzelne Scenen mir zur
Probe mitzutheilen. Und dennoch fteigerte ſich nach we:
niger als einer Wiertelfiunde meine Aufmerkfamkeit fo
fehr, das ich, Campo Santo und Bibliotheken vergeffend,
ungebuldig die Kortfegung ber begonnenen Lecture ver:
fangte und nicht eher aufitand, bis ich den durch ver:
einzelte Mittheilung unterbrochenen Zuſammenhang nad:
traͤglich ergaͤnzt ſah.
Der Gedanke des Verf. iſt, in wenig Worten, auf
den Grund genauer Charakteriſtik der handelnden, durch⸗
aus hiſtoriſchen Perſonen und des ferrareſer Hofes jener
Zeit uͤberhaupt, anſchaulich zu machen, wie Alfonſo von
Eſte es für die gefährdete Ehre feines Hauſes unerlaͤßlich
halten konnte, den Glauben zu. verbreiten, daß Taſſo ges
wife, allerdings verfängliche Gedichte in einem Anfall von
GSeiftesabwefenheit verfaßt habe, und wie er bei Taſſo's
entfchiebenem Widerftreben fi) genöthige glaubte, die Vor⸗
ausfegung dieſer Verruͤcktheit felbft durch Zwangsmittel
aufrecht zu erhalten. Bekanntlich erwaͤhnen mehre gleich:
zeitige Berichte, daß Torquato's zahlreiche Widerfacher auch
zu den entehrendften Mitteln ihre Zuflucht nahmen, um
den vielfach beneldeten Dichter aus der Gunſt der fürft:
lihen Familie zu. verdrängen. Beim Beginn des Dra:
mas, der mit ben des Goͤthe'ſchen faſt zufammenfällt, ift
Taſſo zum Beſuch bei Alfonfo's Schwefter in Urbino,
Achtung und Keundfcaft, das Einzige, was Prinzeffin
Eleonore ihm gewährt, haben ſchon Längft feinen glühens
den Wuͤnſchen nicht- mehr genügt, und er iſt, eiferfüchtig
auf die, wie er glaubt, größere Gunft, die Andern zu
Theil geworden, ſchon vor Monaten von Ferrara gefchie:
den. Inzwiſchen haben Taſſo's Feinde durch die Beſtech⸗
lichkeit feines Dieners fih Eingang in fein Zimmer ver:
ſchafft und dort unter feinen Papieren einige (erſt Fürzlich
wieder aufgefundene und in dem „Giornale arcadico” ab:
gedruckte) Zellen gefunden, in denen die Prinzeffin unter
den zärtlichftn Wünfhen namhaft gemaht wird. Die
Höflinge haben die verfänglichen Verſe unter der Hand
verbreitet, und der ganze Hof ift aufgeregt über die Ver:
wegenbeit jener dichterifhen Wünfche. Da kehrt Zorquato,
don verliebte Ungeduld getrieben, nach Ferrara zurüd,
vernimmt das Gefchehene und fodert von dem Diebe ſei⸗
ner Schriften Rechenfhaft, und es erfolgt der auch von
Goͤthe erwähnte Zweikampf. Taſſo's Feinde hatten jedoch
bereit8 von andern Gedichten Kunde erhalten, die, von
Taſſo auf das ängftlichfle verwahrt, den Verdacht erwed:
ten, baß ihre Inhalt noch leidenfchaftlicher fein möge als
der jener zuerft entbedten Zeilen. Don Gherardo Gher:
ardini oͤffnet mittels eines Nachſchluͤſſels, unterfiügt von
ber Unerfahrenheit eined Bedienten Torquato's, bie Cha:
toulle des Legtern und entwendet eine Brieftafche, welche
vier von verliebte Glut überftrömende Gedichte enthält.
Obwol augenblicklich in ben Befig diefes gefährlichen Fun⸗
bes geſetzt, wul der tiefgekränkte Alfonfo den Dichter doch
nicht ungehört verurtheilen und verbirgt daher nicht nur
in einem Gefpräche des dritten Acts kunſtreich feinen
Zorn, fondern ladet Zorquato noch auf den andern Tag
freundlich nah Bel Riguardo. Hier erfolge alsdann
bie fogleih als Probe mitgggheilte Scene. Der Het:
zog befiehlt, daB Taſſo zu feinee Deilung in ein
Hospital gebracht werden fol. Won bier entronnen, er⸗
[heint er im fünften Acte noch sinmal im herzoglichen
Schloſſe vor der Prinzeffin und verföhnt uns hier durch
feinen männlichen Trotz mit ber frübern Weichheit vers
liebter Stenen.
' (Der Beſchluß folgt.)
Nachleſe zur Taſchenbuͤcherſchau fuͤr 1833. *)
1. Tipenrofen.
Aus dem wilb tobenden Gewirre der politifchen Drangfale,
beren Löfung bie Arbeit von Jahrhunderten iſt, flüchtet ſich oft
das Gemuͤth in den ftillen Schoos ber aus ber Welt des Wirt:
warrs verdbrängten Muſe. Was biefe in ihrem fehöchternen
Verſteck ausfpinnt, kann nicht der volle Baum bes vergeifigten
Lebens fein, aber eine verfühnende Bemüthsftille war oft ſchon
unter bem beutfchen Volle die Frucht dieſer Zuruͤckgezegenheit
aus ben bisharmonifchen Elementen der Zageshändel. Das
Aſyl neutraler Gemuͤtheruhe, das die Schweiz in ber Wirklich:
keit nicht mehr vorftellt, hat fiy in bem vorliegenden Almanach
erhalten, und in ben Stimmen unb Liedern ber Schweizerfäns
ger tönt noch der alte Klang heimiſcher NRatureinfamleit. Unter
ben profaifgen Gaben bed biesjährigen Saweizertaſchenbuchs
entſprechen der angebeuteten Richtung befonders die „Ratur:
eichnungen⸗ von Dr. Rudolf Meyer, ber ſchon in ben vorigen
—— Aehnliches lieferte und deſſen Schilderungen unter
ben Titeln: „Thierzeichnungen“', und „Geiſter der Natur“, bei
Drell und Fuͤßli geſammelt erſcheinen werden. Die ſanft er⸗
regte Phantaſie, die in dieſen Bildern vorherrſcht und an Hirſch⸗
feld'6 „Landleben“ erinnert, befähigt dieſelben beſonders zur kec⸗
ture für eine bildſame Jugend. Auch in der Erzaͤhlung, bie
derſelbe Verf. gu dieſem Jahrgange beiſtenerte, ſpricht ſich dies
ſelbe gemuͤthlich warme Auffaſſung ber dußern Natur aus.
Bagner von Laufenburg licfert zwei Gedichte in epifch:igris
ſcher Form, deren erfted eine kriegeriſche Scene aus der Schwei⸗
zeraefchichte ausmalt, während das andere in einer Art Bäns
telfängerton die wunderbare Rettung bes Luftigen Fiedlers im
Schwarzwald, Hans Keldmann, erzählt, der bei Schaffhaufen
in einem Nachen auf dem Rheine ben wilden Fluten preißgege:
ben war. Der gertrümmerte Nachen fchießt an den Zelfen im
Stromfall vorüber, und der Fiedler, der in ber Todesangſt zum
erften Mal feiner Beige Töne des Gebets enflocdt, wird ſeitdem
ein ernfter, gottgeweihter Muſiker. Weniger bedeutend an Form
unb Gehalt find die zahlreichen Gedichte von A. E. Froͤhlich;
dagegen wird das „Feſtlied zum Geburtstage eines Muſikers“,
von Schnyder von Wartenfee, in welchem alle Inftrumente
des Drcheſters jedes feinem Charakter gemäß perfonifllirt reden,
Sedermann erfreuen. Das Trefflichſte des Buͤchleins find einige
Gedankenkoͤrner in lyriſcher Form, von einem nieberbeutichen
Dichter, Wilhelm Wackernagel, been frifhe Sangesweife
ſich mit ber Freiheit der Alpenluft gern verbrüdert. Waldesflims
* Bol. Mr. 29 — 801, 319, 820, 886, 887 d. Bl. f. 1882 9 Nr. za
u. 25 f. 1883. 5 D. Red,
wen, Felſenecho, Humpenklang im heitern Meüberkerife, "alle
Toͤne, Pie in der Turnerzeit taufenb Kehten der dbeutſchen Ju⸗
genb entſtroͤmten, hat ſich W. Wadernagel in: foifihee kauterkeit
‚erhalten;. feine Sprache iſt ebenfo bieder mie gebrangen und:
keck. Mir geben einige von den Weuschen, bit der harmlofen ı
kanne des Dichters entſtroͤmten: a
.... Raum genug. ’
Raum if mie genug geblieben:
.. . Raum zu Schiöffern in ber Euft,
Dier im Herzen Raum zum Lieben, Y
In ver Erde Raum zur ruft.
. Epivemie. .
: Mer nur lefen Bann und ſchreiben,
Alles will jegt Berfe machen:
.. Ber wird endlich ‚übrig dleibon,
‚ Um bis Anbern außgnicchen?
Die Schäfer ihrer ſeldſt.
Der Geßner if doch nicht ſogar
Aus unfrer Literatur vertrieben :
Awar nehm’ ich Beine Schäfer wahr,
Doch Schafe Und genug geblieben. -
9 Die Maleriſchen.
„Wie definir ich ihren Styl ke⸗
Sie ſchreiben mit dem Pinſel
Und malen mit dem Federkiel.
Die Metriſchen.
Mögt ihr meinethalben fein
Fuchtge Fußſoldaten:
Mit den Fuͤßen ganz allein
Seid ihr ſchlecht berathen.
Denn Bier iſt ein Pegaſus,
Und ed gilt zu zeiten:
“ &uten Sig und feſten Schluß
Eernt darum dei Zeiten.
Nicht unerwähnt darf bleiben, baß ber Almanach mit einigen
treffiihen Stichen ans ber ſchweizer WBefreiungsgefchichte und
einigen komiſchen Ihiergruppen geziert ift.
2. Muſenalmanach, eine NReujahrögabe für 1833. Herauss
gegeben von Heinrich Küngel und Kriedrih Mes.
Bon den beiden Derausgebern, bie zum Frommen des gu:
ten Geſchmacks weniger reichlih das Büchlein hätten bedenken
und anſchwellen follen, ift der erſte ein Sänger von Heſſen⸗
Dormfadt, ber heimiſche Thaten in WBallabenform zu feiern
ſucht, während Hr. Mes als Gegenftüd zu febr für allgemeine
Sntereffen ſich empfänglich zeigt. Kür dergleichen Thema, wie:
„Der Liebe Luft”, „Der Liebe Schmerz”, ‚‚Krühlingsgruß”
un. f. w., find die Saiten ber beutfchen Lyra in ber That längft
ſchlaff und fchlotternd geworden, weil Jeder, ben ber poetifche
Zlaum auf feiner Wange kitzelt, fie anſchlug, und Hr. Mes
zieht fie nicht einmal firaff an. Dem Grftgenannten der Herren
Derausgeser wollen wir dagegen feinen Eocalpatriotismus nicht
verfümmern, koͤnnen uns aber nicht für feine kleinen Winkelhel⸗
den imtereffiren. Recht anmuthig find die ſcherzhaften Wechſel⸗
Tieder unter dem Gefammttitel: „Gros und Lyaios“, von X.
Rodnagel und. Wittich; Zeber gibt bem Andern immer ein
Gegenſtuͤckchen zum Beften. An 2. Bed ftein’s hier gelieferten
Gedichten ift die Diction zu loben, weniger erfüllt uns ter In⸗
Yalt; der Bau feiner Zerzinen ift gelungen, allein die Gedan⸗
ten proſaiſch. Unter Ruͤckert's Liedern, voll feifch wehender
Sandiuft, denen nur die neu gebackenen Ausdrudisweifen in ihrer
naiven Ginfalt einigen Abbruch thun, if „Mein Park“ befon«
ders fhön und finnreih. Won Fouqus, bem alten Sungeshels
den Niederdeutfchlande, empfangen wir dankbar zwei werthe
Shen. Seine nordifhe Ballade, bie ben Zon mit fidherm
Takte trifft, liefert Lein fertiges, anfchaubares Bild; in der
Elegie: „Zelter's Deimgang‘‘, athmet eine tiefbegabte Dichter:
feele und der wehmüthige Anhauch eines ahnenden: „Dahin,
dahin, ihm nad!”
8:."Sheilie, ein Taſchenbuch für Freünde Ser Konfunft, heraus:
gegeden von Lyſer. —
Dieſer erſte, mit acht Zeichnungen und vier Muſikbeilagen
von H. Dorn gefhmätte Jahrgang liefert bunte, leichte Waare.
Sklzzen, nichts als. Skizzen, fluͤchtige obwol mit Geſchick ent:
worfene unb radirto Stricheichen, auch in Betreff her poetiſchen
Prodactionen, faſt ſuͤmmtlich vom Heransgeber, nichts als Riſſe,
nichts als Skizzen — ein Königreich für einen gediegenen Fe
danken, für einen Einfall, der Stich hält! Indeſſen gutes Mu⸗
thes!? was Dpernterte in ‚ber dramatiſchen Literatur, das tft
Lofes’8 „‚Cäcitie” unter den Taſchenbuͤchern. Der Zweck des
Herausgebers, dem Muſiker als dienender Mufenbruder in bie
Dände gu arbeiten, if zeitgemäß, und fomit Tönnte fein zur
Dper umgearbeiteter: ,, Damilet’‘,: von welchem bier bie beiden er:
ften &cte mitgethettt And, einen tertfärhktigen Gomponiften wol
reizen. Kudem bat die genannte Dragoͤdie für den oberfiädhlis
hen Beſchauer in ben erften Scenen einen opernmäßigen An»
Rrich, den. Hr. Lyſer herausgehoben Hat, indem er den ſich aufs
fpreigenden Lärm, den des Könige Hoflager erregt, mit bes
Prinzen Schwermuth unb tem Erſcheinen bes Geiftes auf dber
| Nadtfätte gut contraftisen täßt. Rach einem pomphaften Chor⸗
gefang zu Ehren ber erborgten Majeftät, beginnt z. B. Dam:
let in ber beiten Scene ein Recitativ i
D drechet auf, ihr Wunden meines Herzens!
Stroͤm' hin, mein Blut! verinne Leben!
Umwebt (umſchwebt 7) mich, bleiche Todesengel!
Mit eurem Fittich.
‘ Kempo.)
Lost mi erden. —
. (&rie)
Umſonſt! — es trotzet mein Geſchick
Der Macht des Schmerzes, der Macht des Tobdes!
Zum Kampf! zur Rache!
Toͤntes fort in mir!
Dimmel oder Hölle) — gib mir gt!
kicht:!? — —
Und ich folge Dir.
Das Leben eines Muſikers, das den Stoff der erſten Er⸗
zaͤhlung im Buͤchlein ausmacht, iſt in friſchem Zone vorgetra⸗
gen, Aber ohne allen Werth der Neuheit. Gin größerer Neich-
ıhum mufitalifher Anekdoten und Beiträge von Fremden, die
eine firengere Auswahl erlaubten, wären bem Büchlein für das
nächfte Mal zu wünjden. f 152,
Der Papft und bie Freiheit. Bon einem Rheinlaͤnder.
Bweibrüden, Ritter. 1832. Gr. 8. 8 Gr.
Die chriftlihen Werbinbungen, welche zahlreich genug find
und eine hinlaͤnglich beſtimmte Form angenommen baben, um
mit dem Namen Kirche belegt zu werden, könnten gar nicht bes
ftehen, wenn fie einigen ihrer Mitglieder nicht das Vorrecht der
Anordnung und Aufficht einräumen wollten. Was biefe gewirkt,
mit welchen Innern unb äußern Schwierigkeiten und Bebnäng:
niffen,, verfländigen und unverfländigen Gegnern fie zu kämpfen
nebabt, welchen Einfluß fie gefunden und empfangen, lehrt bie
Kirchengeſchichte, die Leinen a ohne Theilnahme laͤßt,
vom jeher trefflich bearbeitet worde und bearbeitet zu werden
fortföhrt. Das Berhäutniß des pöpftlicden Stuhls zur roͤmiſch⸗
Eatholifchen Kirche, beffen Ausdehnung und Beſchraͤnkung, ift
von Fleury, Schrödb und Pland mit. einer Gerechtigkeit, Unbes
fangenpheit und Ausfuͤhrlichkeit entwidelt, die jedem Beſonnenen
in Stand fegt, eine Meinung in ſich auszubilden. Planck's „Be:
ſchichte der chriftlichen Geſellſchaftsverfaſſung“ ift ein unübertreff:
liches Meiſterſtuͤck Hiftorifcher Srjeit und ech philoſophiſchen Dul⸗
dungtgeiſtes, welcher eigner Ueberzeugung nichts vergibt, ohne
fi eine einzige Thatſache zu erlauben, bie fremde für unerwie⸗
fen erklären müßte. Gchriftfkeller, die ſich katholiſch nennen,
°
> 208
bleiden unter den Sproteßanten tief -zurkel. Ale Dberkluper', wacht
einee Verbindung, bie aus Menſchen befteht, befinden fidh in ber | Wir
ichen age, ſich zu gleicher Zeit ihrer Beinde und ihrer!) Anig fänden die Hin
eande erwehren zu wüffen, um durch bie weiſeſte, zuvorkem⸗Sruchttuͤcke mögen
mendfte und zeitgemäßefte Nachgiebigkeit bei jenen nur flägtigen
Sofiattih in Deitfäpiend nidt ergo
aufeflge qu beicbigen gläuden, Mam Air dor
bEB Dänzen de entwiken. .
gegen; ;(®. 3) Darf'der Mid
| daf
‚| Ablelutisums in conſtitutionnetten Staaten fortlieftehen? '
Dank, bei biefen bleibende Unzufriedenheit gu erwesben. Am | barf es nicht, weil dadurch ber heilige, aus Bilt Mari
Hhaͤrteſten trifft diefes Loos Den, welchem num griftiche Waffen zu'| Grundſat der Wollsoberperrichaft.in deuſelben nur halb hervor
bote ftehen. Die glänzen mehr als fie fein, dürfen nicht | treten Eınnz (S. 48) weis bie auf daB freleſte Voikeleben eins
feinen und gelten für verroftet, „wenn fie alt geworden flußreichften Ideen. nie verwirkticht 1Berbens (5. 9) weil bie
find; ihr Beſiher muß ſich nach weltlichen Bunbeögenoffen ums | Bölfer, ftetö tiefer ta religibe⸗ſittlicher Linficht fünkend, zu immer
fehen, und früher ober fpäter wird ber Schuͤtling zum Unters | größerm Berberben ihrcü flaattichen Seſammtlebens hineilen.
gebenen. Die Geſchichte der Päpfte iſt eine ununterbrochene | (©. 45) Es ift bie feftefte Ueberzeugung in ben wahren Water:
Kette folder Erfahrungen, und deu. Beweis urkundlich zu füh: | lands: und Menſchenfreusden, doß wicht eine Handvoil felbffüds
sen, daß beiweitem bie Mehrheit der von: ihnen ausgefertigten ‚| tiger Herrſcher, überhaupt.nicht ſawache Meitfchönkinder, fondern
Berfügungen, durch weiche Zwieſpalt unter den Genoſſen ber | ein freier, über alle Schickſaie und Werhänaniffe erhabener, le
Chriſtenheit entftand, befompere Giaubenstehten betreffend. möcht | benbiger Gott biefe gange Erds mit ibeer Menſchenwelt regiere.
von ihnen, ſondern von mächtigen weltlichen Schirmberren auss | (©. 60) Nicht minder als die Mörderhöhlen, die kirchlichen Kids
gegangen fei, beren Gigennup und Gigenfinn fie angeblich bes '| fer, müffen aud verbannt werben bie Kibſter unferer aufgeklaͤr⸗
ſchworen, und unter benen fich befonders ber fogenannte erfige: | ten Zeit, die Gafernen, bie Garnifonen, die flehenden Deere.
borene Sohn ber Kirche, der Beherrſcher des Frankenreichs, von (©. 64) Wenn einmal in freien Staaten freie Kirchen in Wohrs
jeher autzeichnete. on reinßaͤpftlichem Abfolutismus kann, fels :| heit deſtehen, fo werden ſich die Wölker in allen Ländern ber
tene kurz bauernde unb ſchwer gebüßte Ausnahmen abgerechnet, | Erde, durch gewählte Repräfentanten für Kirchen: und Maten⸗
nicht ohne Unbilligkeit die Rede fein. - War aber das obgedrum: | wohl, in irgend einer freien Stadt ihrer göttlich IhöndPBtaas
gene und nicht felten lange verweigerte Wort der höchften Birch: "| tenrepublif vereinen, um allen Gtreit, allen Krieg, allen Hader
lichen Entſchelbung einmal geſprochen, die Banction der Neue !| aus ihren Grenzen als eine gosteBiäfterliche Rebellion gegen
tung erzwungen, fo befahl allerdings ‚die Klugheit, es nicht zu | Vernunft, Freiheit, Gott und Menfchheit zu verbannenz; und
widerrufen, wenigſtens durch Beharrlidkeit die Ohnmacht zu bes ı fie werben dies auf graden, öffenen Wegen befferi zu vollbrine
möänteln, und durch Veraͤnderlichkeit des Einnes nicht auch den | gen vermögen ald jene Monarchen, jene Berricher und Herr⸗
Ueberreft des Anfehens zu verfcherzen. Diefe goun in den | Icherlinge aller Zeiten, auch unferer Zage, mit ihren Gefandten
Gtürmen ber Zeit, diefe Ungebeugtheit bei wiederholten Wertuft, '| auf den berüchtigten Gongreifen, Sonferenzen, Comitien, in Sons
1 venten bei verfchtoffenen Thüren, auf papierenem Glauben unb
pergamentener Zreue, verziert mit dem Giezel der — Politik}
Durch biefed große Beifpiel wird bie Chriftenpeit mehr als
durch gedruckte Bibeln und einzelne Miffipnare auf tie Maffe
der nichtchrifttichen, noch nicht wiebergeborenen Völker wirken,‘
Der Berf. Hat für gut gefunden, feiner Abhandlung noch fünfe
sehn Betradtungen und Bifionen im Geifte diefer frohen Bots
Haft hinzuzufügen, die wir der Beherzigung ſolcher Eefer übers
taffen, deren Wißbegierde durch das Angeführte nicht überfättige
it. Das erbauliche Ganze ſchließt mir ber Schitberung, bie
Samuel (B. 1, & 3) dem juͤdiſchen Voike, das bes Geizes, ber
Beſtechtichteit, der Ungerechtigkeit feiner Soͤhne mäbe geworben
war, welche re zu Richtern über fie beftellt hatte, von einem
Könige entwarf, imter“ beffen Oberherrfchaft fih bie umliegenden
Böker gluͤcklicher fühlten. Bär die Abſicht des Buches if dieſe
Auswahl einer Stelle bes Alten Teftaments überaus geeignet. 95.
Per damna, per caedes, ab ipso .
Ducens opes animumgtie ferro,
und fie allein hat ber römifchen Kirche moͤglich gemacht, ein ı
Ganzes, und fein unbebeutendes Ganzes zu bleiben, obgleich es
feit Jahrhunderten raſch zuſammengeſchmolzen ift und taͤglich
neue Schmaͤlerungen erduldet. Noch finden ſich unter ihren ges
wiffenhaften Belennern Anhänger, durch Sittlichkeit, Baterlande:
liebe, Gelehrſamkeit, Beredtfamkeit und Geift ausgezeignet, und
aufgek aͤrte michtkatholiſche Staatsbehdrben tragen Fein Bedenken,
ihnen bürgerliche Rechte eimuraͤumen, einige derſelben fogar,
3. 8. die nordamerifanifchen, fie den eine Zeit Yang mehr beguͤn⸗
ten Seligionsparteien gleichzuftellen. Das ift hoͤchſt fotge⸗
richtig, ba fie von dem allerdings erhabenen Grundſatz ausgehen,
Seroifensfreipeit fei das beſeligendſte aller Rechte, und felpft po
litiſche und perſoͤnliche Freiheit, fo viel ihr nachgeruͤhmt werde
mag, werde um den Verluſt der Gewiſſensfreiheit zu theuer er⸗
kauft, welche unerſetzliche Beruhigung im Leben und im Tode
gewaͤhrt. Gleichwol iſt nichts dagegen einzuwenden, daß Alles,
was von Vernunftgruͤnden gegen die Lehren und Ginrichtungen
der roͤmiſchen Stiche aufgeßoten werben mag, zur Sprache fomme.
Des ift von jeher und mehr oder weniger überall geichehen und
beſonders felt der großen Kirchentrennung des 16. Jahrhunderte
mit glänzendem und entfcheidendem Grfolge, ber fogar für bie
verlaffene Kirche nicht ohne weohlthätige und beilfame Wirkungen
geblieben if. Auch mag zeitgemäß fein, Gründe, welche ber Ue⸗
berzeugung hochverdienter Vorfahren einleuchteten, burch berebte
Wiederholung vor ber Bergeffenheit ihrer Nachkommen zu ſichern,
zu verflärten und Folg en, bie ſich logifch und einleuchtenb
ergeben, zu allgemeiner ' e zu bringen. Aber die Wahrheit
ewinnt nicht durch Ungerechtigkeit, Uebertreibung und nichtigen
ortſchwall, fondern wird vielmehr verkächtig in dem Munde
des Fanatikers; und bee befönnene unterrichtete Gegner eines bes
fiedenden und, gleich allen menfdhlichen Dingen, unvolllommenen
Berbaͤltniſſes, weiſe den unberufenen untauglichen Gehuͤlfen mit
unvillen zuräd. Dieſem Geſchick wird ber Verf. vorliegender
Literarifhe Notizen.
Bon ber Ueberfegung der ‚Briefe eines Verſtorbenen“
(„Memoires et voyages du prince Pückler Muskau. Lettres
posthumes sur l’Angleterre, P’Irlande, la France, la Hollande
et l’Allemagne”) ift in Paris der dritte Band erfcdhienen. In
der Borrebe if ein früher in verſchiedenen franzöfiichen Zeitun⸗
gen mitgetheilter Brief abgebrudt, worin ber Fuͤrſt Puͤckler bie
Autorſchaft ablehnt. Jene Vorrede fchreibt diefe Verleugnung
br Plate Lage des Färften zu und gibt einige Nachrichten
ee ihn.
Beéranger's neuefte Lieber erfchienen mit einer Widmung
an Lucian Bonaparte im Februar unter dem Titel: „Chansons
nouvelles et dernieres”. Der Dichter nimmt barin Abfchieb
vom Yublicum. Ginzelne Lieder erinnern an feine beften, aber
im Ganzen flieht han, wie wahr er felber gefagt bat, mit
Flugſchrift nicht entgehen. Nichts ift gur daran als Drud und | Karı X. Vertreibung habe feine Dichterſchaft geendigt. Die
Papier, und fo fhäsbare Baben an fie verſchwendet zu haben, | Verkehrtheiten und Lächerlichkeiten der Reſtauration erweckten
Tann ber Verleger nur durch Wegänftigung eines Yublitums | ihn zum Volksdichter. 9,
Nedigist unter Verantwortlichtelt der Verlagsbandlung: F. A. Brodbaus In Leipzig.
literariſche
—
Montag,
a nn
—
Roſini's „Torquato Taſſo“.
WWeſchluß aus Nr. 6.)
Antonio Montecatino, dieſe hervorſtechende Figur des
Goͤthe'ſchen Dramas, erſcheint nicht auf der Bühne; ſtatt
defien lernen wir den bereits erwaͤhnten Gherardo und den
Secretair Crispo kennen, die freilich der moralifhen Würde
jenes Goͤthe'ſchen Charakters ermangeln. Maddalö, ber
Räuber jener erften Verſe, wird mehrfach erwähnt, unb
on Ercole Rondinellt, ein Freund Taſſo's, fpielt eine
Roas untergeordnete Rolle. Defto wirkungsvoller iſt da:
gegen die Erfcheinung des Dichters Guarino, der, zwar
eiferfüchtig auf die vielen, Taſſo widerfahrenen Gunſtbe⸗
zelgungen und mit feinen Schwächen und Inconſequenzen
ebenfo bekannt als felber von ihnen frei, dennoch voll
würdiger Gefinnung an bem heimtädifchen Zreiben jener
gemeinen Neider Leinen Theil haben will. - Statt ber
Graͤfin von Scandiano (Leonore von Gan:Bitale) treffen
wir bei Roſini die gleichfalls gefchichtlihe- Gräfin Arco,
eine Vertraute der Prinzeffin, ziemlih im Sinn ber franz
zöfifchen Schaufpiele. Eleonore und Alfonfo endlich er:
ſcheinen beide ginde weich und poetifch, dafür aber ita⸗
Lienifcher und "Individueller ale in der Dichtung unfers
deutfhen Meifters. Karl Witte.
» Bierter ct.
Achte Scene.
Der Derzog kommt mit einem Buche unter dem Arm aus dem Schloffe
. unb tritt Taſſo entgegen. .
Herzog. Ich freue mih, Sud zu ‚begegnen, Zorquato,
denn ich befdäftige mid, wie Ihr feht, ſchon feit einiger Zeit
m.t Quern -Sedidhten. |
Zaffo. Eure Hoheit erzeigt mir zuviel Ehre. Für fi.)
Es iſt eine andere Abfchrift als die, melde ich der Prinzefjin
gegeben habe.
Herzog. Begleitet mich. Laßt uns die balfamifche Luft
gemeinſchaftlich einathmen, die Morgens durch dieſe Gebuͤſche
weht. Hier gleicht die Natur der Beſchreibung, die Ihr von
tem Gipfel det bezauberten Berges macht. Niemals betrete ich
dieſe Anlagen, ohne zu denken, daß Ihr nach ihrem Vorbilde
die reizenden Gaͤrten der Armida ſchildertet. Immitten das Schloß,
tieffeit tie Irrgaͤnge, jenſeit die Waſſerkuͤnſte, welche bie Leis
tungen des Po mit immer zeichlichem Zufluffe verfehen. Wenn
wir dereinft nicht mehr fein werden, wenn aber Quer ,Befreites-
Serufalem’’ im Wunde Aller leben wird, dann wird Niemand,
wenn er die Gchilterung des Bartens der Armida lieft, die An⸗
lagen von Bel Riguardo vergeffen Können.
— Nr. 70 ——
Schuld?
Blaͤtter
ur
Unterhaltung.
11. März 1833,
Zaffo. Die Breigebigkeit Ew. Hoheit bat diefe Anlagen
fo fehr verfhönert, daß man Euch ihren zweiten Begründer
' nennen Tann.
‚Derzog. Gewiß, Zorquato, ber fechzehnte Gefang Eures
Gebichtes if einer der kunſtreichſten und beivundernswertheften.
Niemand hat Cuch aber auf einen Umftand aufmerkſam gemacht,
weldger dennoch auch bem minder Grfahrenen in die Augen fällt.
Zaffo. Das wäre? —
Herzog. Dogleich Armida allein über ſich zu verfügen
hat, obgleich fie Heidin und Zaubrerin ift, fo find doch für ein
chriſtliches Gedicht der fchiäpfrigen Schiiderungen von ihren Um⸗
gebungen zu viele — und ich würde Cuch rathen, fie zu tikgen.
Saffo. Aber bie dichteriſche Nothwendigkeit —
Herzog. Bon der rede ich nichts dee Grund meines Vers
—* liegt aber tief, tief in Dem, was Euch und was mir
gez
Zaffo, Was Em. Hoheit geziemt? |
Derzog. Zorquato, bie Welt weiß, daß Ihr feit zwölf
Jahren zu dem nähern, faft mächte ich fagen vertraulichen Um⸗
gang meine Schmwefter zugelaffen werdet; was alfo fol fie ſa⸗
gen, wenn fie Gedanken und Schilderungen lieft, welche die
Scham verlegen? wie follte fie nicht von ben Gefühlen und Bes
ſchreibungen des Dichter auf Dasjenige fdhließen, was er taͤg⸗
ih vor Augen fieht und fo wen’g achtet? Sene Stellen alfo
müffen getilgt werben.
Taſſo (verlegen. Aber bie allzu verbreiteten Abfchriften ?
Herzog. Liegt in diefer Verbreitung nicht eine neue
Je größer ein Mann ift — unb gewiß Ihr ſeid es fo
fehr ale Wenige — deſto forgfamer muß er bedenken, ehe er dem
Papiere einen Gedanken anvertraut, mit deſto größerer Vorficht
muß er anftehen, Abfchriften zu geſtatten, durch weiche feine
Entwuͤrfe verbreitet werden.
Zaffo. Manchmal nöthigt die Ungeduld — — und bann
bie Gewohnheit, auf lofe Blätter zu ſchreiben — —
Herzog. Wie Ihr noch auf dem Herwege gethan habt.
Taſſo. So wißt Ihr fchon, gnäd’ger Herr?
Herzog. Ich weiß Alles. — Ihr verließt die Gondel.
Ihr ſetztet zu Fuß Cuern Weg fort und verfaßtet vermuthlich
ein neues Gedicht? |
Zaffo. Ja, mein Bürft, und fo eilig es entftanden ift,
kann ich die Hoffnung nicht aufgeben, daß Ew. Hoheit es huld⸗
reich aufnehmen werben. (Er nimmt eine Schrift aus ber Taſche
und überreicht fie dem Herzog.) **
Herzog. Und ber Gegenſtand? —
Taſſo. Die neue Verbindung Ew. Höbheit.
Herzog. Nun, id weiß nicht, mas der neugierige und
thoͤrichte Haufen von Liefer meiner dritten Heirath fagen wird,
In der That aber war der Wunſch, Nachkommen zu erzielen,
der einzige Grund meines Entſchluſſes. (Er burdfliegt die Schrift.)
Zaffo. Möge der Himmel biefen Wunſch des ganzen
Landes erbören.
Herzog. Das Gedicht hat meinen Beifall und möge bei
%
‚ 286
den übrigen feinen Plat finden. (Er Iegt ed in bad Bud, was
er no in den Händen bat.) Doc feben wir uns. Auf dem
Wege hierher habe ich einen Theil Eurer Poeſien gelefen und
will Euch über einige um Auskunft bitten. Ihr wißt, Zorquato,
wie fehr ich Euch liebe, und ich bin überzeugt, daß Ihr einft
meine Gefinnungen erwidert habt.
Zaffe (für ih). Einf — Bu
. Hergog. Auch weiß ich ferner, daß Ihe gefagt, ja felbit
geſchrieben habt, mein Intereffe an Euern Dichtungen und mein
Lob haben nicht felten zur Vermehrung Eures Ruhmes beige:
tragen; denn Ihr wißt wohl, daß Leine Eurer Arbeiten mir
gleichgültig ift. '
Zaffo. Zu viel Gnabe.
. Bergog Sagt'mir, die Laura, die hier fo oft genannt
wird, ift doch der Prinzeffin DHoffräulein ?
Zaffo. Ja, mein Kürfl.
Derzog. Ic errieth es ſchnell, und wie es ſcheint, war't
Str ihr fehr gewogen. Und nun die Gräfin Scandiano? Ich
babe die an fie gerichteten Gedichte mit Aufmerkfamfeit durchs
lefen ; aber fo fhön, fo zierlich fie audy find, fo habe ich dennoch
in Beinem berfelben diejenige Reidenfchaft, das tiefe Gefuͤhl ge:
funden, von denen der Munb überftrömt, wenn das Herz voll
davon ik, das Gefuͤhl, das nur fich in den Verſen auszuſpre⸗
chen Scheint, die ich geftern Abend Euch im Zimmer meiner
Schweſter nieberfchreiben ließ. (Taſſo macht eine Geberbe bed Er⸗
Raunend.) Darin indeß Bann ich wielleicht irren; laßt und jedoch
zu andern Gedichten übergeben, die der Ueberichrift ermangeln.
Bier, wo Ihr von funfzehnjährigen Qualen redet, hier, wo Ihr
Sud Sures langen Dienens rühmt, und hier, wo Ihr die hohe
Frau verherrlicht, die verkleidet bei emem Feſte erſchien —
Baffo Mr ihr. Himmel, was will er fagen?
- Serpog. Und endlich der in geheimmißvollen orten bin
und wieber verftreute Name Eleonore — fagt mir, ob dies Alles
wol aud den Kurzfichtigften in Zweifel laffen kann, von wel:
cher Cleonore Ihr redet.
Tafſo Mic duͤnkt, biefe Gedichte ermangeln weder ber
Ehrfurcht noch der Verehrung?
Herzog. Ehrfurcht? Verehrung? — So fagt mir benn,
ob Ihr es auch noch Ehrfurcht und Werehrung nennt, wenn
Fa an bie Gräfin don Arco, die Ehrendame meiner Schweſter,
Wenn Livia zu mir fpricht, mein Amor mid) durch ibren Mund
belehrt; .
und damit jeber Zweifel ſchwinde, fügt Ihr an einer andern
Gtelle Hinzu, fie fei:
Bon einer ſchoͤnern Gottheit hergeſendet.
Seid Ihe wahnſinnig oder tollkuͤhn, ober ſeid Ihr beides zu:
gleich. (Jaſſo will antworten.) Schweigt! Eure Rebe würde mich
aur aufbringen — — doch auch biefen Schritt will ich Euch
verzeiben, wie ich geſtern Euch großmäthig bie Verſe verzieh,
die Mabbald verbreitet hatte, und von benen Ihr, ja Ihr, Tor⸗
quato, am befien wißt, an wen fie gerichtet find.
Zaffo. Gmäbiger Her —
Herzog. Schweigt! Ich wiederhol es Euch, und hört
mich ſchweigend an. Aber wer? — doch was fage ich wer,
weldger bostyafte Geiſt ber Hölle kannte es Euch eingeben, daß
Fur Such ruͤhmt, mit Maren Worten ruͤhmt, Liebe in einer koͤ⸗
Beuft entzuͤndet zu haben?
Saffo Wie?
Herzog. Keine Deutung, Feine Erklaͤrung kann ben
®inn Eurer Worte verändern:
An deinen koͤniglichen Bruſt entbrannte
Bon meines Lobes Liedern helle Glut.
Benig Scharfſinn bedarf es, um zu erfennen, von wem bier
die Rede if, und foll ich nicht fo freche Verwegenheit beftra-
fen? Antwort.
— fo. Dieſe Berfe, gnaͤdigſter Herr, ſollten nicht bekannt
werden.
J
Herzog. Wie kamen fie denn in meine Hände? — In
ber Sammlung der Weorigen? j
Saffo., Breunde, bie ruͤckſichtslos —
Herzog. Warum verweigertet Ihr fie dem Freunde
nit? Gelten Ehrfurcht und Pflicht Euch weniger als die
Reugier der Freunde? Wohl weiß ich, dab Eure Sinbildungse
fraft allein Sud bie Sunft vorlog, deren She Euch ruͤhmt,
benn ſchon feit langen. Jahren thut Ihr nicht einen einzigen
Schritt, beffen Fubſtapfen mir undekannt blieben, geht kein
Wort über Eure Lippen, deffen Echo nicht in meinen Ohren
wiederklaͤnge; ich weiß alfo, baß bis jegt nur Eure Phantajie
fündigte. Wäre es anters, dann würde Euer Schickſal bekla⸗
genswerth fein. Dafür aber, daß Ihr nicht gewährter Gunſt
Bud rühmt, verbient Ihr Strafe, und Ihr follt fie haben.
Taſſo. So gebt fie mir.
Herzog. Rein, auch dies noch will ich dem Dichter
vergeben, ter mir ben Goffredo gewidmet hat. — Ihr habt
mich body geehrt, und ich weiß es zu fühlen; Ihr habt mich tief
gekraͤnkt, und ich verzeih Eu. Nun ader flehen wir uns mit glei⸗
hen Anſpruͤchen gegenüber, und unſere edimung iſt mehr als
aufgehoben.
Taſſo (sſteht auf). Mein Fuͤrſt, voll Dankbarkeit — —
Herzog. Set Euch, ich habe noch mehr zu fagen. Tor⸗
quatd, ben ich ehrenvoll bei mir aufgenommen, ben ich immer:
dar befchüst und geliebt Babe, was fol ich von ben Papieven
benten, welche dieſe Sthreibtafel verichließt‘? tie nimmt die Scheeils
bafel aus ber Seuentaſche und daͤlt fie dem Taſſo mit drohender Ges
erve vor. .
Zaffo. O ſchaͤndlicher Verrath!
Herzog. Die BVerräther lieb’ ich nicht, das ſagt' ich
Gar ſchon gettern. und das wißt Ihr. Derjenige alfo, durch
den biefe Brieftafche in meine Hände kam, wich mir Rebe dar⸗
über zu fliehen haben, wie er in ihren Befig gelangte. Die
Gedichte aber rühren darum nicht minder von Such ber; ohne
—* ade Amen fie ig meine Hände, und nun ae
e, Pflicht und verlegte Gaftfreun ft, daß ich Recherichufe
über ihren Inhalt von Euch ferne.
Taſſo. Mnäbiger Herr — — für einen Anden —
Herzog. Hüte Euch wohl, zu lügen; bie Lüge möchte
Euch theuer zu ſtehen kommen.
Taffo. Allerdings für einen Anbern, wie auch bie Ueber⸗
frift ergibt.
Derzog. Erhebt Bure Stirn und feht nie ins Geſicht;
mich foll doch verlangen, ob bie Zreulofigteit weit genug gebt,
mir Das in die Augen zu behaupten.
Taſſo. Mein Fü
Derzog. Bedenkt, daß die Schuld mich zu Zeiten firenge
machen Tann, daß ich aber gegen ben Lügner unerbittlidh bin.
Hofft alfo nur, wenn Ihr Euer Herz auffchließt, wenn Ihe
wahrhaftig ſeid.
Zalfo. Hoffen? _
Derzog. Wenn Ihr nicht luͤgt. — Was Eönnte bie Lüge
Euch aber auch helfen, wo biefe Papiere Gewißheit bigten ?
Welt Ihr Euerm Vergehen nun noch die Lüge, wol Ihre
bartnädiges Leugnen Gurer Verwegenheit hinzufügen?
Zaffo. Ahr veriangt es? .
Herzog. Ich verlange nichts, ich fodere Eu auf. _
Zaffo (hebt auf). Da Ihr mich denn auffobert, mein
Zürft, fo will ich mich ruͤckſichtslos Cuch vertrauen.
Herzog (feht edenfalls auf. (Br ih.) IE möglich?
Zaffo (verneigt ih mit Würde). Ich bekenne mich ſchuldig.
Herzog (für ih) Was hör’ ich?
Zaffo. Und fiehe um Gure Gnade.
Derzog. Ihr gedachtet alfo wiſſentlich zu fünbigen ?
Zaffo. Wer auf der Welt ift ohne Sünde?
Herzog. Ich am wenigften, body nidyt auf ſolche Art.
Zaffo. Darum flehe ich um Qure Vergebung.
Herzog. Und Ihr wagt au, zu glauben, daß Ihr fie
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yerbienen könnt, währen hier innen (zeigt auf die Schreibtafel)
nicht eine Zeile ſteht, die nicht Rüge ober Wahnwitz wäre?
Zaffo. Da innen ift aber aud alle meine bisherige
Schuid enthalten, und nur Worte find mein Verbrechen.
Herzog. Wäre «5 anders, würbet Ihr wol nod leben?
Zaffo: Was Ew. Hoheit verlegt," kann vertilgt werben.
Herzog. Um Eures eignen Ruhmes willen unmöglich.
Zaflo. Bedenkt, wenn die Feder fehlte, daß das Herz im⸗
mer voll Ghrerbietung war; wägt das Gute gegen das WBöfe
eb, und wenn das Lepte überwiegt, fo feib großmütbig.
Herzog (aͤuderſi heftigj. Großmuͤthig auf Koften meiner
ve?
- Kaffe. Mein Kürft, wenn ich reuevoll und zerknirſcht
bin, fo feid Ihr gnäbig und edeimüthig.
Herzog (gelaffen und- mis ſcheinbarer Rube). Schuldig, reue:
vol, Vergebung. Aber fagt mir nur, Torquato, weshalb denn?
Zaffe. Weshalb?
Herzog. Habt Ihr midy nicht verfianten, ober wollt
Ihr mich nicht verflehen?
Zaffo. Nicht verfiehen wollen ?
Herzog. Man kann ja nicht fehlen chne Urberiegung.
Zaffo. Ohne Ueberlegung ?
Herzog. Sich Feiner Vergehen ſchuldig machen ohne
i t
Taſſo. Was hoͤr' ih?
HOHerzog (mit Strenge). Und Einſicht und Ueberlegung vers
ließen Guc in dem Augenblicke, wo Ihr es wagtet, jene Ge⸗
dichte gu ſchreiben.
Taſſo. Ih?
Herzog. Ja, bie Wels foll es —37 — daß Ihr den
Verſtand verloret und dadurch Euch entſchutdigen; fie ſoll wiſ⸗
fen, daß ich bie Verirrung Eures Geiſtes erkannte und Gud
darum unbeftraft ließ. (Bu Crispo, der an der Ihär des Schloſſes
erſheint.) Weine Befehle follen ſogleich vollzogen werben.
Zaffo (außer fih). Sch verrädt?
Herzog (kehrt nod einmal um). Ja, das feib Ihr, das
müßt Ihr fein,. und wehe Euch, wenn die Welt jemals ahnet,
daß Ihr es nicht feib!
Anregungen. Erſte Nummer. Auch unter dem Titel:
War Shakſpeare ein Chriſt? Shakſpeare war nicht
ganz Shakſpeare. Oder über das chriftlihe Princip
in der romantiſch⸗ dramatifchen Poeſie. Bon Fritz
Fritzart. Heidelberg, Mohr. 1832. 8. 8 Er.
Die „Evangeliſche Kirchenzeitung,’ hat in ben Icgten Jahren
We Heroen unferer deutfchen Eiteratur : Schiller, Goethe, Herder,
Jean Paul, Jacobi und Windelmann vor ihr Tribunal gezogen
und ten freien Schwung ihres Geiſtes nach tem enghergigen
Maße einer todten Drthodorie als undriftli und Fegeriich
ei'en laſſen. Zu bdiefen Inguifitoren des 19. Jahrhun⸗
deris gefehlt ſich audy der Verf der vorliegenden SBrofchüre.
Er dringt zuvoͤrderſt dievon 3. H. Voß im, Sophronizon“ (Bd. 4,
H. 2, S. 95 fg.) beregte Frage, ob ſich Shakſpeare an den
römifhen Katholicismus angefchloffen habe, in Grinnerung lobt
darauf Giniges an Shakſpeare, vermißt aber gleidy auf der zwei⸗
ten Geite „unter ben koſtbaren Ddlsern feiner Apotheofe bas koſt⸗
barfte, das allen andern erft das Feuer ber Verunſterblichung
mittheilen kann, wir meinen das Holz vom Kreuze Chrifti.‘‘
Und nun wird an dem Gharalter Wolfey’s in „Heinrich VIII.“
gezeigt, daß die Darftellung, bie Geiſtes und Gharafterentfals
tung bei Shakſpeare falſch und unchriſtlich ſei. Wollen dient
nicht Gott und Ebriſto, fondern ben br.i Garbinalfü ben: Flei⸗
ſcheeluft, Augenluft und Hoffart, bei feinem Sturze weicht er
ganz vom Gvangelium und evangelifcher Erke ntniß ah, er weiß
nicht, daß der Menſch nur durch Defum Chriſtum Vergebung
ker Sünden hat, der Mörter und Todtſchlaͤger Wolſ.y kann
n
nicht in den Himmel kommen, mit einem Worte, ber bekehrte
Wolſey iſt noch immer ber alte Adam, er verkennt und verleug:
net das Ghriftentbum auf eine entichiedene Weile. Alle dieſe
Saͤtze find nun auf eine wirklich unangenehme Weile mit An⸗
führurgen aus Baader's, Ad. Müllers und Tauler's Merken,
aber auch mit Stellen aus ber beiligen Schrift angefüllt, mit
denen nad unferer Anficht ein freventiiches Spiel getrieben wirb,
ba Ihre Anführung hier ebenſo unmürbig als unpaflend iſt.
Aus Allem wird nun inbirect und birect gezeigt, daß Ehakſpeare
kein Chriſt war, denn er durfte ja einen folchen Charakter nicht
ſchildern. Dagegen würbe e8 ſehr erwecklich gewefen fein und ın:
nige Theilnahme erwedt haben, „wenn er ben Zuhörern das
Ringen und Kämpfen eines Menſchen mit fih feltft in feinen
“ Fe a — ß
7
Sünden, und mit dem Geſetz, das ihn verdammt, mit dm Er-
Iöfer in feiner Snabe, und mit ber Gnade, bie ihm bargeboten
ift zu feiner Seligkeir” (S. 56), gegeist Hätte. Denn „Berföh:
nung, nicht der Freiheit mit dein Schickſale, fondırn tes Suͤn⸗
dets mit Bott muß ber Zweck der Tragddie, ihr Geiſt und Ge⸗
halt muß vein religiös, d. i. chriſtlich idr Schauplatz nicht bios
bie Erde, die Hätte ber Thoren, ſondern auch das Paradies,
Himmel und Hölle fein’ (8. 59). Und nun beginnt ein myſti
fer Unfinn, wo man dem Verf. kaum folgen fann, bis end⸗
Ih S. 69 gefolgert' wird: „au in dem dhrifilicden Dichter
(db. h. Shakſpeare) hatte Chriſtus, wiewol er in ibm war, Peifte
Geſtalt gewonuen; der Dichter fland außer dem Chriſtenthum.“
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Riemand
tommt zum Bater denn durch mid. Joh. 1%, 6. In Chrifto
ift Ausgteihung und Ende alles Streites, ift Werföbnung und -
Kriede. Daraus folgt für die romantisch » bramatifche Poefle: fie
geht und führt einen unwahren Weg und hat das Leben nicht
in fi. Jeſus Ehriftus, als ber Berföhner in Ewigkeit, if von
ihe mit einem heidniſchen Schleier überhält. Und iſt Poeſie
überhaupt natürlicher Myfticiemus und der urfprüngliche Heyſti⸗
ciömus der Schrift die wahre Poeſie, To ift, wie Shaßfpeare’s
böchfte Poeſte von Profa inficirt erſcheint, die von ihm reprä-
fentizte Poefie dlos ein Poefie erkuͤnſtelnder Proſaiemus und,
ba bie wahre Begeiſterung nur vom heiligen Seiſt ausgeht, in
ihrer hoͤchtten Begeiſterung auswendig und nüchtern.’
ienti sat. Denn man wird fon aus biefen Proben
fehen, wie wenig ber Verf. geeignet ift, über einen Shakfpeare
zu urtheilen, und wie viele Urf man bat, zu glauben, daß er
"bald vergeffen fein wird, oder daß er, wie er von Shakſoeare
am Schluffe jagt, ‚ein Stern ift, der vom Himmel fallen wirb
ie ber legten Zeit““, d. h. in der allernächften Zutunft. Wäre
Hr. Frigart nicht fo gang incurabel, fo wuͤrden wir ihn für aͤhn⸗
Ihe Unterfuchungen auf Horn's Grläuterungen um Chal
fprare, Th. I, ©. 272 fg., verweilen, aber dies Buch würde
er auch ſchon aus dem Grunde verwerfen, weil Horn ein Pro:
teftant il. Denn Hr. Frigart iſt allem Anfcheine nad ein Kar
tholit, wie wir außer feiner myſtiſchen Tendenz auch aus bem
Iateinifchen, Gitate des Alten Teſt ments und einer @telle des So⸗
photl:6 (da8 Graeca non legantur gilt bekanntlich vorguasweife
von den Katholiken) fchließen. Auch feine Abneigung gegen Schil⸗
lee, Gorthe un» Ican Paul, die ein guter Katholik nicht leſen
und befonders nicht Lieben darf, fcheint für biefe Annahme zu
fprechen. .
Zum Schluß müflen wie noch bie Anmerkung auf ©. 67
mitteilen. Im Zerte ift der Teufel erwähnt. Dazu bemerkt
Hr. Zrigart: „Wie der Teufel (Satyr, Epötter) auf dem Bock
(zoayos. Zrua) in bie Tragydbire (Bocksgeſang, Krug: unb
Zeufe:stied) gefimmen ift, fann man ſchon in ber geſchichtlichen
Entſtehuna berfeiben finten, und wes Geiftes fie iſt, ſagt ihr
Name. Sie heißt heutzutage, in der romantiſchen Zeit, auch
Echauſpiel.“ Gin erbauliches Proͤbchen, wie weit es jegt mit
bem Stomologifiren und Gombiniren gefommen iſt. Goll des
auch eine „Anreguna” fein, fo kann fie nur zum KBerbruß und
zum Bebauern anregen. 89.
+,
268
Correſpondenznachrichten.
Berlin, Vebruar 198.
— — Unfere Zelegrapbenberichte, bie der bloßen Hebung we«
gen von hier nad Magdeburg und wieber rädwärts curficen,
geben bie Thatfachen, die gemelbet werben follen, nody oft in
fehr verftellter und verkehrter Wehe. Die Hieroglyphenkunſt
diefer unferer Luftſchreiber — benn es gibt bei uns audy eine
andere Art Luftſchreiberei — fcheint wenigftend unter den Gin:
geweihten ſelbſt noch manches Misverſtaͤndniß zu erzeugen.
Die beiden Elaler haben nun endlich hier das Feld geräumt,
wenn nicht mit klingendem Spiel, doch mit klingendem Beutel,
mit Benefiz, Brillantfhmud, einem prachtvollen Reifewagen,
den fie zum Geſchenk erhielten, und vielleicht auch mit taufend
brennenden Herzen, bie von den Küßen ber Anmuthigen umftridt
wurden. Unter die Anekdoten, die man fi von ihnen während
ihres hieſigen Aufenthalts erzählte, gehört au Fanny's Fur:
zes poetifches Glaubensbekenntniß. Auf bie Frage, was fie von
ſtets mit neuen Sinfälen amöflattet. Kemer und ee ur
beamatifchen Diufe fürdgten, die kurze Scene, anfänglich nur
ein junges, beſcheidenes Kalb, werde noch durch bie Zufäge zum
Bohn der edeln Seelen Br einem vierdeinigen Sktuͤck erwachſen.
Das Ecben der bertiner Bolläpefe iſt ja fo reich: wie kann ba
ein einziger Auftritt und Abtritt genügen!
Während ein Theil des berliner Publicums in ben mittlern
und ımtern ‚Ständen fich ben Bagatellen und den allzu lofen
Scherzen der Buͤhnenleiſtungen vollauf hingibt, Tann es nicht
fehlen, daß in denſelben Staͤnden auch eine zweite, jener ſchroff
entgegengeſetzte Richtung ſichh an einzelnen Erſcheinungen dekun⸗
bet, deren Extrem ebenfalls nichts weniger als geſundes Leben
und frifhe, dewußte Thatkraft offenbart. Ic meine die Ge⸗
meinſchaft ber fi vom Außenleben und feinen Spielen zuräd
siehenden Brommen, deren Gemuͤther an einem woͤchentlich eins
mal erfcheinenden religiöfen Blatte jegt neue Rahrung gu ges
winnen feinen. Diefer „Gonntagefreund”, der eine Achrenlefe
aus der Hengſtenberg'ſchen „Cvangeliſchen Kirchenzeitung““ zum
Beſten gibt, ſchmeicheit ſich, wie die engliſchen Yennyzeitungen,
der deutfchen Poeſie halte, und welchem Dichter fie ihre Reis }
gung aumeift ſchenke, erwibderte bie wigige Grazie, fie wiffe halt nit
viel davon, von manchen Poeten kenne fie blos den Namen,
von allen aber gefielen ihr Langbein und Stredfuß am
meiften. Auch an diefen mag fie wol nur die Namen lieben, benn
was nicht Bein und Fuß hat, gilt ihr nichts. Den Cham:
pagner liebte das naive Schweiternpaar in Gefellfchaft mit dem
biefigen Hofſchauſpieler Blume aus großen Gläfern mit hohem
Zuß zu trinken. Daß fie überhaupt auf einem hohen Fuß gern
leben, kann ihnen Niemand verdenten, der weiß, baß jede von
Beiden während bes halben Jahres, wo fie das biefige Ballet
leiteten, eine Summe von 8000 Ihalern zog. Gollte man nicht
meinen, wir lebten in der römifchen Kaiferzeit? SBefagter Herr
Blume, der fehr gut den Don Juan fpielt, hat fie nad Lon⸗
don begleitet, wo auch er an der bortigen deutſchen Bühne
Saftrollen zu geben gebentt. Wenn der Fama zu trauen, find
die Damen durch ein bauerndes Engagement ald Balletmeifte-
rinnen, an unfere Bühne gebunden, und ber Reifewagen ſcheint
ihnen nicht in der Abſicht, fie fchnell zu transportiren, fondern
um fie fehleunig hin: und .zurüdzuführen, verehrt zu fein.
Als die Kinder der Terpfihore abzogen, hofften wie fanfı
tern und reellen Mufen auf den Bretern begegnen zu können;
allein Dem: Taglioni, bie berühmte Tänzerin aus Paris, ga:
flirt bexeitd und fucht den Verluſt zu erfegen, den Berlin er:
litten. Bald aber benfen wir Dem. Bertha Earl, die in Ita⸗
lien, Spanien, Gngland, Frankreich und Belgien gefeierte
Sängerin, hier zu begrüßen, und bie dahin mag ſich die Tanz
manie ausrafen. Wenn wir bie Donna Anna, die Armida
und XAlcefle hören, werben die jeht verfihüchterten Enthuſiaſten
der Zonkunft wieder Haupt und Stimme„erheben, und eine Par:
tei der Garliften wird auch in Berlind Mauern aufftehen. Bon
diefen Garliften hat der Staat wahrlich nichts zu fürchten.
. Auch in tem königsjtäbter Theater brechen im Sonntags⸗
publicam mitunter heftige Parteiungen aus. Man läßt neue
Stüde nit zu Ende fpielen, trommelt, zifcht, Tchreit nad) dem
Borbange und verlangt einen beliebten Eckenſteherwitz, den das
Publicumchen ſich faft täglich vorlegen läßt. Dieſes Schauſtuͤck⸗
chen, eine kurze Scene, die einen numerirten Arbeitömann, der
an ben Gtraßeneden müßig dem Zreiben der Welt zufieht, als
Helden probucirt, hat den hiefigen Schauſpieler Beckmann zum
Madyinator, um nicht Verfoffer zu fagen, und um dem flürs
mifchen Andrange feiner Vergoͤtterer nicht zu erliegen, hat fich
diefer unſchuldige Bühnendichter fogar entſchließen müffen, fein
fingerlanges Werkchen im Druck herauszugeben. Die Wuth des
Beifalle iſt jedoch dadurch keineswegs geſchwaͤcht und abgeleitet;
man verlangt ben „Scenfteber Nante“ noch immer faſt täglich
:m Theater ſelbſt, wo ihn Hr. Bedmann mit feinem allerdings
ergöglichen trodenen Humor ald unverwuͤſtlicher Improviſator
auch durch feine Wohlfeilheit in taufend ftillen Werkeltagsfa⸗
milien ein. oo.
Eine dritte Richtung Berlins, der die hoͤhern Stände hul⸗
digen, iſt bie muſikaliſche. Je mehr das Slaſſiſche in diefer
Sphäre von ber Bühne verbrängt wird, deflo weiter unb tiefer
greift die Thaͤtigkeit ausgezeichneter Virtuofen in Soirées und
Eoncerten um ſich. Beethoven und Haydn find hier neben Dior
zart die. Heiden des Tages ober vielmehr bed Abends. Der
zweite Moͤſer'ſche Cykius wurde mit einer Duverture zum
„Dthello“ von einem jungen Somponiften eröffnet, dem ſchon früs
ber eine Operette,geglüdt war, und ber fi durch fein eifriges,
faft ftürmifches Klavierſpiel auch als ausübenber Künftier in der
muſikaliſchen Welt Berlins befannt gemacht hat. Bon feiner Du⸗
verture fagte ein Muſikkenner, er habe wol den wüthenden
Mohren, aber Feine Desbemona barin wahrgenommen. ' 148.
Literarifhe Notiz.
Le malheur d’un amant heureux, Com6&die-
vaudeville par M. Scribe.
Während die ffandatdfen Abenteuer des jungen Kaublas
im Waubdevilletheater die Wollüfllinge ergögen, gibt ihnen Dr.
Scribe im Gymnase eine berbe Lection. Das legte Stüd
des geiftreichen Dichters, der nicht immer ganz frei von aller
Yeppigkeit iſt, zeichnet ſich ebenfowol durch feine moraliſche
Zendenz als durch Wie und gluͤckliche dramatiſche Conbinatio⸗
nen aue. Hr. De Thémines iſt ein junger huͤbſcher Mann,
ſentimentol, leicht entzändbar und leicht entzuͤndend, dem wenig
Frauen widerſtehen. Indeſſen fängt er an zu fühlen, daß auch
die Myrten ihre Dornen haben. Seine Gefunbheit fängt an zu
leiden; er kommt aus bem Bade zurücd, das er befucht bat, um he
wieberherzuftelen, und lehrt in dem Baufe eines Jugendfreun:
des, bed Advocaten Bonneval, unmeit Macon ein. Unfer Dou
Zuan kat drei Liebfchaften: die eine mit einer Witwe, Mad.
Simian; bie andere mit Mad. Thorigny, der rau eines Ger
nerals ; feine dritte Gelichte ift Mademoifelle Bonneval. Diefe
dreifache Intrigue flürzt ten jungen Wann in fo viel Berles
genheiten, in ſolche Aengſten und Sefahren, daß man wirklich
mit feinem Glüde in ber Liebe Mitleid hat. Man weiß, wie
tünfih Hr. Scribe feine Scenen ineinander zu verfchlingen
verfteht, wie fein die Faͤden gefponnen find, an denen er feine
Derfonen lenkt. Es ift und nicht moͤglich in nähere Details eins
zugehen. Die Gtrafe des amant heureux befteht darin,
dag erder Mad. Simian, die er wirklich liebt, entfagen muß und
bie Schiwefter feines Freundet, Mabdemoifelle Bonneval, heirathet.
Dieſes Vaudeville des Hrn. Scribe rechnen wir unbedingt zu
feinen beſten Leiftungen. 143.
R Hierzu Beilage Nr. 8.
Redigtrt unter Berantwortlicgteit der Verlagäbendlung: F. A. Brochaus in Leipzig.
LEERE
N
Beilage zu den Blättern für Literarifche Unterhaltung.
Nr. 3.
»
IL Mär; 1833.
Hifterifche Denkwuͤrdigkeiten Sr. Eminenz des Cardinals
Bartholomäus Pacea über feinen Aufenthalt in
Deutfajland in den Jahren 1786—94, in de
Kigenfhaft eines apoſtoliſchen Nuntius in den Rhein:
landen, reſidirend zu Köln. Von ihm, felbft gefchrieben.
Dit einem Anhange über die Nuntien und gefchichts
lihen Documentn. Aus dem Italieniſchen nach dem
foeben in Rom erſchienenen Drigmal uͤberſetzt. Augs⸗
burg, Kolmann 1832. Gr. 8. 21 Gr, .
Der umfdteg bezeichnet biefe Schrift - als den vierten Banb
der Werke Pacca's. Diefe BI. (1852, Nr. 193) ſowie bie
„Zeitgenoſſen“ (dritte Reihe, Nr. 25 und 26) haben
ih angelegen ſein laffen, das deutſche Publicam auf bie
Wichtigkeit der Denkwuͤrdigkeiten Pacta’s aufmerffam zu
Nah mehren töpunften übertrifft vorliegende
Mittheilung die der vorkergegangenen Bände an intereffanten
Beziehungen für Deutſchlanb. Ein geiftvoller, menfchenfreund«
Uher Praͤlat redet hier als Sachwalter unb diplomatiſch⸗ hierar⸗
hiſcher Stellvertreter des roͤmiſchen Stuhles in Beziehung zur
deutſchen Nation und zu ber durch hochherzige Tatbotifche WB’
ſchoͤfe vertheibigten Tirchlichen Freiheit; er fpricht fih ale Koͤm⸗
fing mit fo würbevollee Unbefangenheit aus, daß man feinen
Graäblungen gern und mit wahrhafter Belehrung folgt.
Wie ansınfhig Ikitet Patca bieſes Werk ein, durch eine Zus
färrift an ben Garbinal Gceberas : Zeftaferzata, in welcher er
feine Ruͤcklehr von auswärtigen Nuntiasuren vergleicht mit ber
Heimkehr Eicero’s von ruhmboll verwalteter Quaͤſtur in Sici⸗
fin. Wie der eitle Quaͤſtor wähnte, er fei Roms Tagegefpraͤch,
wegen ber Betriebfamleit, mit weicher er bie Bauptflabt vor
Hungersnoth geſchuͤht, während er fand, daß man in Rom kaum
wußte, daß er Quaͤſtor in Sicilien geweſen fei, fo erfuhr auch
Yacca, dab bas neue Rom ben Thaten päpfllicher Botſchaf⸗
ter im Austande wenig Achtung beweift und mis Kälte davon
icht.
„So“'“, führt er fort, „bleibt das Verhalten ber Nuntien uns
bekannt; das Wenige ausgenommen, was man aus ihren Brie⸗
fen an Bekannte und durch fremde Zeitungen erfährt, welche
lestere gewöhnlich nur Kritiken und Zabel über fie enthalten,
weiß man nichts weiter von ihren apoftolifhen Minifterium, ba
ihre officielen Berichte in den Archiven niedergelegt werben.’
Die Belanntmahung ber Geſchichte feiner Nuntiatur in dem
Rheinlanden unternahm Pacca zum Rugen für bie Leitung der
Kircgenangelegenheiten und zur Hirchengefhichtiidyen Rechtferti⸗
gung des heiligen Stuhles, intem er fi) Cicero's Worte aneig⸗
net; „Jdefendi adolescens, non deseram senex”. Er benugte von
1827 an ben Eommeraufentbalt in Brascati, Raccarili und im
Palaſte Solonna zu Marino bis zum Herbſte 1831, um dieſes
Werk auszuarbeiten.
Büdfichtlich der Werbältniffe, unter denm Pacca ale Nun:
tius zu Kbin feinen Worgänger Belliſoni 1786 ablöfte, verwei⸗
fen wie auf die Biographie Paeca's in Nr. 25 der „Zeitge⸗
noffen‘‘, ©. 49 fa. Er ſelbſt entwickelt aus feinem Standpunkte
die vieldentige Thatſache, daß bei feiner Ankunft is ben Adein⸗
landen bie geiſtlichen Karfuͤrſten weber feine Perſon als Nun
sind empfangen, noch bie päpftlichen Wollmachten, bie er ihnen
kberbrachte, annehmen wollten (S. 4), welhes ihn unmittelbar
darauf Teitet, zur Rechtfertigung ber Breven „bes unflerblidyen
Yass VI. ſich gu wenden und die beutfchen Gerabifchöfe, weiche
bie Kutorität ihres Tirhlichen Hirtenamtes, ben Schutz des Kal
fer6 und bie Dedhtöfprhche ber hoͤchſten BReichögerichte für füch
hatten, der Ichämblichften Pflichtvergeſſenheit gnzuklagen. Beſon⸗
bers bie beiden legten Erzbiſchöfe von Mainf, Erthal und Dal⸗
berg, werben hart beurtheilt (&. 6 u. 7) 5 diefe Strenge ſcheltz⸗
bar entfchutbigenb, heißt es: „Der göttliche Exrtöfer, ber in feinem
Geſpraͤchen wit den Sünberinnen und Yublicanen die Ganftmuth
und Güte ſelbſt war, führte mit den treulofen Gchreibern (7)
und Gchriftgelehrten eine ganz andere Sprache“. dem
Zuſtande der katholiſchen Religion (Kirche) in Deutſchland wird
geſagt: „Nachdem bie Religlentkriege zwiſchen den Katholiken
und Proteflanten eine Mauer aufgerihtet halten und ſich beide
im geſellſchaftlichen Leben näherten, theilten ſich nugluͤcticher⸗
weife die Grunbfäge des Proteſtartiomut über die Rechte
und bie Autorität der Fuͤrſten im Kirchenſachen den katholiſchen
Univerfitäten und Schulen net, und jene Ehrfurcht, welche bie
gaten Deutihyen für ben kathot. Klerus, den heiligen Stuhl
und für bie Bisciplinargefege ber Kirche hegken, wurde immer
ſchwaͤcher. So lange als in Deutſchland die Geſellſchaft Jeſu
beſtand, welche viele Sollegien auf Univerſitaͤten und an mchren
Orten die bffentiidgen GSchulen unter ſich hatte, ſauden jene um
richtigen Grunbfäge ſtarkea Widerſtand; aber die Aufhebung Yie«
am bie Kivche To verdienten Geſellſchaft und die ng
unb Fortſchritte geheimer Werbindungen werınfachten ber kacho⸗
liſchen Heligion bie größten Rachtheile. Damals ſtürzte dee
kette Damm zufammen, und Deutfäjland murbe von gottlofem
und irreligidfen ‘Schriften überfiwemmt.’’ Werner heißt es vom
Kurfürften won Mainz: ‚Des Baron von Erthal, fit; und aufe
geblafen, daß er ein Merbänbeter des großen Kbniges von Preu⸗
fen, Fricbrich II, in dem berühmten Rürftenbunde geworden
war, hielt e8 feiner Größe unwuͤrdig, im geiftlichen Angelcgen⸗
heiten von einem Yrälsten des rbmiſchen Hofes abzuhaͤngen.
Dieſer Kurfuͤrſt führte ein durchaus meitliches Leben, indem er
gleich einem großen Bürften mit Pomp und Pracht Def hielt
und fi nur dann erinnexte, Biſchof gu Tein, wenn fich ihm
eine Gelegenheit barbot, bie Paͤpſte zu beunruhigen uber
bem heiligen Stuhle zu widerſegen.“ Der muthig edle Hont⸗
beim Heißt „der Verfaſſer bes infamen Werkes, das unter benz
Namen Suftinus Bebronius ( ‚Ueber ten Zuſtand ber Kirche und
bie gefegmäßige Bewalt des Papftes ’, 1763) erſchienen war’iz
wogegen bem angehenden Muntins ‚die Sache des heiligen Stube
les fo ſchoͤn und einteuchtenb iſt, daß man, um biefelbe anzugreis
fen, ober um fich ihe zu wiberfegen, oft dem gefunden Mens
ſchenverſtande entſagen muß”. Der Berweigerung der geifklidgen
Kurfürften, befonbers bes von Kbln, ihn aid Nuntius anzumeimen,
infofern er ſich nicht verpflichte, in deren Sprengel keine Acte
bee GerichtöbarBeit vorzunehmen, fegt er förmliche Proteſtationen
entgegen und erhätt bafür von Nom Belodungen und bei fei:
nem feierlichen Cinzuge in Köln vom MWagifirate ben Ehren⸗
wein. Pacca fommt in officielie Werbättwille au Dohm, ber bes
mals preußifcher Miniſter im "werfätifch « sheiniihen Kreiſe wen,
und vermittelt auf d Dunſcheſauußerung, daß men in Rom
dem Könige Fried Withelm 11. ben Kiömigstitel zugeſteht.
Daß bie fllihen Reſerven, wetihe, als die Kir ciplin
ſrend, bie d ‚ zufolge des emſer Gongreffes,
dem Papfte wicht
choſe
des Klerus Ihrer Eprengel reforwirt haben, ohne
dabei von ben Paͤpſten gehindert zu fein” (S. 29). Dann wen⸗
bet fit Para gegen die im Rovenber 1786 feieriih erbffurte
Univerſitaͤt zu Bonn, werüber rin Bericht der ‚Augemeinen beuts
ſchen Bibliothek‘. beigebracht und die Oppoſſtion wiber des Yapfl:
x
. ©
thum als Philofophie und Slluminatiemus bezeichnet wird; „in
Deutfhland Hat feit vielen Jahren Alles bie Wortfchritte ber
Srreligiofität begünftigt” (S. &1). Leffing, Semler und Zeller
werden namentlich angefchuldigt, das Chriſtenthum "beftritten zu
haben, indeß Nicolai „das Werk ber Gottlofigkeit vollendete”
durch Herausgabe ber „Allgemeinen beutfchen Bibliothel”’, „deren
Berfaffer die Abſicht hatten, alle chriftiihen Dogmen gu beftrei:
ten, indem fie die Sttliche Eingebung ber heiligen Buͤcher, die
göttliche Autorität der Bibel, bie Myſterien, befonders bie
Gottheit Jeſu, die Prophezeihungen,, die Wunder unb jede übers
natürliche Wirkung leugneten.” inter Herzaͤhlung mancher Nun⸗
tioturftreitigfeiten kommt Pacca auf Dalberg’® Mahl zum
Goatjutor des Kurfürften von Mainz, beren päpftliche Beätt
gung ‚von ber Großmuth und dem Kerträuen Pius VI.
binterliffigerweife erhalten‘ genannt wird. Der Marcheſe
Luccheſini warb 1787, nachdem bie Angelegenheit in Deutfchland
seosbnet war, zur Ginholung ber päpfllichen Beflätigung nad
Rom geſchickt *) mit Vollmachten vom Könige von Preußen und
vom Kurfürften von Mainz; als Agent tes Leptein verfprach
er, daß der Kurfürfi von Mainz als Grabifchof alle- feine
GSereitigkeiten mit dem roͤmiſchen Stuhle freundfchaftlich beilegen
wolle; als Agent bed Königs von Preußen fügte er hinzu: daß
fein Herr bie Bürgfchaft für den Kurfärften von Mainz und ben
. Baron von Dalberg übernehme, wie beide bie emfer Conven⸗
tion nicht begünftigen, fonbern ben status quo aufrecht erhalten
würben. Berhielt ſich die Sache wirklich, wie hier erzaͤhlt ift,
fo liegt etwas Unerhörtes barin, daß das Berfprechen eines ketze⸗
rifhen Könige beim Papſte mehr Glauben fand als bie Ber:
heißungen rechtgläubiger Biſchoͤſe. Do wird noch fichtbarer,
mit welcher Kiugheit fi der Papft des Könige von Preußen
bediente, um im Meſite alter Anmaßungen zu bleiben. Als
Friedrich Wilhelm II, 1788 feine weſtfaͤliſchen Staaten bereifte,
wurbe NRacca an. ibn gefandt, mußte ihn becomplimentiren
und. ein päpftliches Breve überreichen, worin es heißt: „lnfeg
Gefandte wird di in unferm Namen befchwören, daß bu
nicht erlauben möchteft, daß in den dir untergebenen Ländern wie
in andern Orten, bie zu feiner Nuntiatur gehören, rüdfichtlich
Diefer etwas erneuert, ober ben Rechten berfelben, wie anber
wärts geſchah, etwas entzogen würde, ſondegn, baf bu auf
alle Dem beftehen wolle, was feit den älteflen Zeiten beſtan⸗
ben bat. Dein Anfehen und beine Macht wirb gewiß in Allem
von großem Einfluſſe fein, unb bein koͤnigliches Beiſpiel unſe⸗
rer Sache großes Gerwicht geben.” Zur Aufflärung ber Hand⸗
ife des berliner Gabinets, welches jenem KBerlangen
bes Papſtes nachkam, hier folgende Stelle aus Bronau, „Dohm
nach feinem Handeln und Walten“ (Lemgo 1824), ©. 166:
„3m Gabinete zu Berlin begte man bie Beſorgniß, taß ber
dem Papite entzogene Einfluß in Deutſchland dem wiener ‚Hofe
zufollen und man alödann zu Wien einen furdhtbarern Papft
als den gu Rom, oder auch an ben vier Erzbiſchoͤfen ebenfo
siele Päpfte in Deutfchland haben möchte. Bei biefer Anficht,
die von Dohm bisher vergebens befämpft worden, war auf Fe⸗
ſtigkeit und ein burchgreifendes Verfahren ven preußifcher Seite
nicht zu rechnen.” Briebrih Wilhelm IE. ertheilte dem Nuns
tius Aubienz zu Wefel ben, 7. Juni 1788, welche zu gegenfeiti:
ger Zufriedenheit ausfiel. Pacca erwähnte in ber Unterrehung
mit dem Könige ber päpftlichen Gtreitigkeiten mit ben deutſchen
Grgbifchöfen nur im Allgemeinen, weil er es für unangemeflen
hielt, bei einem proteftantifchen Könige den Ankläger ber Ober:
birten ber deutlichen Kirche zu machen, und ter König empfahl
hinfichtlich derfelden ben Zeitumfländen entfprechente Maͤßigung
gu freundfchaftlicher Wereinbarung. Das von Pacca an meh:
zen Stellen ben beterodogen Regierungen gemachte Lob verhin:
dert ihn indeß nicht, über fie das Wehe aussurufen, „wenn fich
ihre Minifter und Agenten in die geiftlicden Angelegenteiten ber
Hieryach wäre die Angabe, daß L. zuerk in Warfchau als preu:
piſcher Diplomat wirkfam geweſen, zu berichtigen. ©. „Conv.⸗
Eeriton’‘, fiebente Aufloge, Bd. 6, S. 690,
Kattzoliken miſchen wollen, weil wir natärlidgertueife voramdfe:
gen möffen, tab Diejenigen mit MWiderwillen gegen und handeln,
die feit ihrer Kindheit in ihrem Katechismen gelelen haben, daß
wir Katholilen Bögendiewge find, und daß ber Papfi ein Anti⸗
chriſt feiz bie in ihren uf allen. Memalben. bis. co⸗
miſchen Päpfte mit gräßlichen Gefichtern und Bodsfüßen barge
Hell fehen und won ihren Lehrern und Poebigern bie alte Ans
klage gegen bie roͤmiſch⸗ katholiſche Kirche hoͤren.“ Bon ber
flöfung ber geiſtlichen Staaten bes deutſchen Reiche wird als
rſache der Ungehorſam der Erzbiſchoͤfe gegen den Papſt ange⸗
geben; denn „bie zwei einzigen Sewalthaber, weiche zu andern
Zeiten und unter günftigern Umftänden ein fo großes üebel haͤt⸗
ten verhindern können, waren der Papft und bas erhabene Dbers
haupt bes Reiche”.
Dod wir brechen hier ab, Mitteilungen aus einem Werke
zu machen, weldjes ben wahren Geift des roͤmiſch⸗ katholiſchen
Kirchenweſens fo charakteriftifch bezeichnet und befonders bes
weil, wie wenig die achfeltvägerifche Diplomatie ber -neue«
fien Zeiten der confequent feften Dialektik ber roͤmiſchen Gurie
gewachſen ſei.
als Anhang iſt dieſen Denkwuͤrdigkeiten eine Abhand⸗
lung uͤber die Nuntien beigefuͤgt, der noch mehre hierher
gehörige Urkunden folgen, 3. B. ein Bruf des Nauntius
Bellifoni an den Carbdinal⸗Staats ſecretair Buoncompagni,
richten u. f. w. über die Runtien, bie feit 1583 in ben Rheine
landen refidirt haben.
Die Ueberfegung ift nicht fehlerfrei, body laͤßt fe ſich
ee und gibt mehrentheild richtig den Ginn bei Dris
ginals.
Geſchichte der Regierung Ferdinand J. Aus gedruckten
und ungedruckten Quellen herausgegeben von F. B.
von Bucholtz. Dritter Band. Wien, Schaumburg
und Comp. 1832. Gr. 8. Pränumerationspreis für
den britten und vierten Theil 4 Thlr.
In Nr. 146 und 147 d. Bl. für 1882 ift über bie beiben
erfien heile diefes in mehr als einer Beziehung merkwürdigen
Werkes ausführlich berichtet worden, daß grir und bei biefem,
obwol über 700 Seiten haltenden Bande etwas kürzer faffen
muͤſſen. Auf die Frage, ob die Biographie Ferdinand's die eis
gentliche Aufgabe und der lepte Zweck des Werkes fei, oder ob
feine Regierung nur als leitender Kaben, und beren einzelne
Momente nur al Anknüpfungspunfte für die Geſchichte feiner.
Zeit dienen follen, wird in der Vorrede mehr für legtered ent⸗
f&ieden, obgleich „es einen Standpunft gebe, von mo aus geſe⸗
ben beide Arten ber Behandlung gewiffermaßen zufammenfallen
und das Berhältniß diefes Regenten zu feiner Zeit ats bie Ein⸗
heit des Werkes zu denken it’. Auch über das tiefere Einge⸗
hen in bie kirchliche Lebensfrage jener Zeit erklärt ſich der Verf.,
weil jene Zeit vielleicht weniger als jebe andere eine ftrenge
Scheidung der Frage: was gethan worden? von jener: was
geglaubt worden? zulaſſe. Damit ift Ref. völlig einverflanden,
wenn er eb auch über die Weiſe, in welcher, und über den
Standpunkt, ven welchem es gefhah, nicht ganz einverftanden
wat, da ber legtere offenbar nicht über beiden Yarteien, fondern
nur inmitten der eincn genommen tft. Doch muß man eingefles
ben, daB in biefem Bande ber Verf. fih mit ſcheinbar groͤ⸗
ßerer Unparteilichkeit und weniger abftoßend gegen die pro=
teftantifche Partei verhalten hat, ba in ben auf das Dogma
bezüglichen Abfchnitten (über bie augsburgifche Confeſſion)
das Für und Wider mehr beherzigt if. Aber latet anguis
sub herba! ine genaue Analyſe biefer Abſchnitte würbe deut:
li zeigen, daß es mit der oftendirten Gerechtigkeiteliede noch
ziemlich mittelatterlich ausfebe, d. h. mit bes Verf. eignen Wor⸗
ten: „Die vorherrſchende Doltrine des Mittelalters (über das
Berhaͤltniß bes Staats zur Kirche) war biefe: was an ben
291 “
Gtaat, wie an ven Ginzeimen als ber rechte Glaube aus einer
des Gtaets liegenden Quelle und Autorität gebracht
werben, babe biefer auch mit Auferlich zwingendem Gefege, fo
weit feine Wacht reicht, aufrecht zu erhalten. Könne zwar ber
weitlicde Arm nur die äußere Handlung erreichen, alſo fagte
men, fo folle doch, indem bad Geſetz von’ ber Aeußerung des
Unglaubens abfägrede und zum äußern Bekenntniß anhalfe und
gewoͤhne, hierdurch mittelbar auch Dem, was bes Geiſtes if,
gebient werben.” ef. Ieugnet es nicht, daß er, einmal bedenk⸗
lch über die Richtung und ben Zweck beö Berf., auch im viel:
leicht unbedenklichen und Aufrichtigen Scrupel findet. So aud)
bei folgender Stelle: „Eingedenk jenes nur allzu oft auch heut⸗
zutage der I von Schriften ungeachtet ſich bewaͤhren⸗
den Ausſpruchs: „an allem Dieſen iſt bei euch bie Unwiſſenheit
ſchuld⸗⸗, Hat der Berf. gewuͤnſcht, über diefe Begenftände ſich aus
echten Quellen etwas näher zu belehren, und möchte durch bie
unternommenen Mittfeilungen nach geringen Kräften beitragen,
dab man weniger getrennt fei, durch gründliche Ginficht in Das,
worum man getrennt geweſen.“ Geſteht auch der Berf. billis
fe ein, daß es nur auf Trennung von ben Dogmen eines
Seen Prieſterthums, keineswegs aber von jenen der Erlöfung
überhaupt abgefehen gewefen fei, fo macht er es body ben Pro⸗
teftanten zum Vorwurf, daß fie nicht neben ber alten Lehre,
an beren Stelle mit allen ihren Rechten und Anfprüs
den Hätten beftchen wollen, „etwa wie, wenn der Vergleich er:
laubt fei, in der Familie unter Mehren, die es zu fein dehaup⸗
teten, nur Eine die wahre Ehefrau fein Ebnne”. Lag dies aber
nicht in dem Weſen einmal gewonnener Uebergeugung und einer
fo ürmifch aufgeregten Polemik? Wahrlich, ohne diefe GSrelus
five wäre nichts errungen worden. Doch wir gerathen an ganz
unrechtem Orte in eine Discuffion, die uns von unferm Ziele
Pa und unferer Natur wie unferer Zeit glüdlicherweife
md ifl.
Was bie gewuͤnſchte vollkänbigere Rachweiſung ber Quel⸗
Ion betrifft, bemerft Hr. v. B., daß bie gedruckten Werke ob:
nebies mehrentheils befannt feien und bei den archivaliſchen
Duellen wol bie Natur der Sache eine ganz fpecielle Nachweis
fang ausſchließe. Doch follen in einem fpätern Berzeichniffe
die Hauptwerke und die Archive ſelbſt, aus denen gefchöpft
werben, und mit Bezeichnung aller aus ungebrudten Nachrich⸗
ten gezogenen Paragraphen, genannt werben.
Seichen ungemeinen Umfang bie Merk gewinnen werbe
„und möülfe, flieht man baraus, daß gegenwärtiger dicker Band
kaum fünf Zahre oder die Zeit von 1526 — 80 umfaßt. Doch
wiederholt Nef., dab er dies dem Buche durchaus nicht zum
Borwurf machen koͤnne, indem, die weitläufigen theologiichen
Discuffionen abgeredgnet, fa Alles aus guten, ja zum großen
eit aus fehr wichtigen und unbelannten Quellen entlehnt iſt.
Beſonders find die Auszüge aus ben Briefen zwifchen Kari und
Ferdinand u. A. von fo großer Me ng zur Aufbellung ber
geheimern Hebel der Dinge. und der Yeltftellung bes Charakters
der Dauptperfonen, daß das Buch für jene Zeit und jene Maͤn⸗
ner jebem Hiſtoriker unentbehrlich wird und dieſelbe Wichtigkeit
hat als Rommel's „Philipp der Großmüthige'‘ und Foͤrſter's
Wallenſtein“. Gelb die theologifche oder kirchengeſchichtliche
Partie wird, wie Ref. ſich ſchmeichelt, nicht ohne einen günftis
gen Ginfluß bleiben, indem durch fleißige Anführung von Gtels
en aus den Schriften der Reformatoren, die vielleicht in einem
Theile des katholiſchen Deutichiande noch fehr wenig bekannt
geworben find und werben dürften, das Nachdenken erwedt und
an das andiatdr et altera pars gewöhnt wird. Nun no in
Ser Kürze zum Inhalt im Ginzelnen.
Der erfte Abfcgnitt fhildert den Krieg gegen Frankreich
bis zum Frieben von Gambray (wie es auch S. 416 ftatt
Grespy heißen muß). Die intereffantefte Partie ift die Erſtuͤr⸗
mung Roms 1527, wo indeß auf die Vermuthung, daß Bours
bon burdy Benvenuto GeHini geblieben, nicht Ruͤckſicht genom⸗
men ift. Die deutſchen Lanz: (warum nicht Lands⸗2) knechte
fpielen dabei in Rom eine barbarifhe Rolle. Der zweite und
De a a dd
britte Abſchnitt find bee Gelangung ber Krone Ungarns und
‚ber Begründung habsburgifäger Herrſchaft daſelbſt gewidmet.
Der nierte Abſchnitt ſchidert Suleiman's fiegreichen Bug nad
Ungarn und die Belagerung Wiens 1529. Der fünfte Abſchnitt
iſt überfchrieben: „Sächſiſche Kirhenverfaffung”. Die vorges
drudten Stellen aus a > und Mengel, fo mitten aus bem
Gontert herausgerifien, fcheinen "freilich wie Waffen gegen ben
Proteſtantismus felbft auszufehen, allein auf aͤhnliche Art koͤnnte
man auch aus der Bibel gegen das Wort Gottes bemonftriren! Der
ſechſste und fiebente Abfchnitt handeln von ber Fürftenparteiung im -
Heiche zu Sunften ber Religionstrennung und, auf dem Grunde ber
getrennten Religion, von der Proteftation auf dem Reichetage
1529 und von den Buͤndniſſen. Ueber die Pack'ſchen Händel
wird natuͤrlich nur negativ abgeſprochen; indeß iſt nicht Alles
benust, was Rommel und vor ihm Pland barüber gefagt has
ben. Der Fürftenconvent zu Breslau wird für ein Kaufmanns
geruͤcht auögegeben. Der achte Abfchnitt erzählt die Königs:
und Kaiferfrönungen Karl V. zu Bologna. Der legte Abſchnitt
Schifdert den Reichstag zu Augsburg. ©. 465 heißt es: „Dem
Kurfürften von Sachſen hatten feine Theologen geftattet, an
der Frohnleichnameproceſſion Eraft feines Amtes, nicht aber ale
an einer Religionshandlung, Antheil zu nehmen.” Darüber
bleibt der Lefer hald im Dunkeln, ob es audy gefchehen fei, was
befanntlich nicht der Fall war. Welchen Gindrud die vorgele:
fene Apologie auf die Kürften gemacht habe, ift nicht angeführt.
Dagegen berührt der Verf. &. 494 zwei wichtige Punkte in
der Erklaͤrung ber geiftliden Kurfürften und Bürften über bie
zu Worms und Nürnberg übergebenen Beſchwerden der weltli:
hen Reicheftände und die zu ihrer Abhülfe gegebene wichtige
Neichsconftitution vom 19. Rov. 1530, welche beide unter ben
Urkunden Nr. IX (nit VIII) und X, ©. 622 — 661, mitge⸗
theitt find. Daß bei der Krönung Ferdinand's zum römifchen
König zu Aachen Pappenheim fein Erbmarſchallamt, trotz Sach⸗
De ausdruͤcklichen Verbote, doch verwaltet habe, war dem
ef. nen. 0
Bon ben Urkunden gehören 13 nod als Nachtrag zum er⸗
ften Theile, 18 zu dem vorliegenden. Merkwuͤrdig iſt in diplo⸗
matifcher und voͤlkerrechtlicher Hinſicht ber Friebensartitel mit
Venedig über die freie Schiffahrt auf dem Meere, Nr. XIII,
und die erfte Beilage aus dem Gefandtfchaftsberichte von Ha⸗
borbancz und Weichfelderger 1529, wie ber Auszug aus einem
Schreiben Pirkheimer's, welches Freilich Leine erbaulichen Aeube⸗
runger über die Reformation in Nürnberg enthält. Das ſchoͤne
Zitellupfer ftellt das Grabmal Ferdinand's, Teiner Gemaplin
und feines Gohnes, K. Marimilian II., in ber prager Schloß⸗
kirche vor. 20.
Meine Reifetage in Deutſchland, Frankreich, Italien und
dee Schweiz. Bon Woldemar Seyffarth. Drit:
ter und vierter Theil. Leipzig, Hartmann. 1832. 8.
3 Thlr.
Ueber den erſten und zmweiten Theil dieſes Reiſeberichts
bat ein anderer Mitarbeiter, wie uns fdheint, ein etwas
firenges Gericht gehalten. *) Der Verf. verfiebt es, nad
unferer Anficht, über an fich unbebeutende NReifeabenteuer -
den Reiz einer gewiffen milden Theilnahme auszubreiten
und, indem er uns befonders von Perfonen unb Charak⸗
teren unterhält, diefe unferer Reigung oder Abneigung nahe
zu bringen. eine kunſtloſe, zuweilen etwas breite Dar:
ftellung verfehlt nicht, uns an feine Graählung zu fefleln, de:
ren vorzüglichfter Reiz eben darin beſteht, daß ber Erzaͤhler
aus jeder Geſtalt, die ihm begegnet, etwas zu machen weiß.
Bei es nun Wahrheit oder Dichtung, genug an jedem feiner
Neifetage ſtoͤßt er auf irgend eine Bekanntſchaft, bie durch bie
Art, voie ex fie mit frühern in Verbindung bringt, Bedeutung
* Bel. Nr. 167 d. BI. für 1832. D. Red.
” 22
[}
Grund haben mag.
Der dritte Theil diefes Reifeberichts beginnt mit Mars
feile und endet mit Hola bella; ber vierte nimmt ben
Baden bier auf und fpinnt ihn buch tie Schweiz und
Deutfchland bis Dresden Hin fort. Wan bat keine Auf
foderung, WBtätter zu uͤberſchlagen. Wer dies dennoch thäte,
würde bald ben Baden in dem allerliebften Roman von
„Braneis und Diaria’‘ verlieren, bee fich faſt durch das gan
Buch Hinzieht, eine fehr wohlgebachte Zugabe zu dem Reiſe⸗
Ierichte, Den Stelien. lernt ber Verf. nur Das, was oben
ſchwimmt, kennen; bie Lombardei wird bald mehr öͤſtreichiſch
als italieniſch fein — bie Räuberbanden abgerechnet. Frank⸗
reich dagegen und bie Franzoſen kennt er trefflih und urs
theilt über die Dinge dort nah unferer Anſicht ſehr rich⸗
tig. Politit und Verwaltung ift nicht fein Bad,
dagegen bat er ein Maͤdchenherz, einen bebrängten Lieben:
den, eisen glädlidhen Bräutigam, einen gebeugten Gatten
auf jeder Geite. Sr ift ein sontimental traveller, allein eis
ner der echten Art, nämlich ohle es zu wiflen; und in ber
That fehle feinem Bude nichts als Auswahl und Verkürzung,
um allen Reiz ber Gterne'fchen ‚„‚Jourmey’' geltend zu machen.
Sharaktere und Situationen find bei ihm richt das Reſultat eis
ner muͤhſamen Zagd, fondern einer natürlichen, aber eigenthuͤm⸗
lihen Beobachtungsgabe. Was das materielle Intereffe feines
Buches, die eigentlichen Reiſenachrichten, — — von Na⸗
tur und Land detrifft, ſo ſind dieſe in hundert Buͤchern beſſer
anzutreffen, wiewol der Verf. und Tabrellen für Reifeunkoſten
und Wirthehausrechnungen großmuͤthig mittheilt. Gr Hätte
dieſe ebenſo gut weglaſſen koͤnnen und doch ein angenchmes und
leſenswerthes Buch geſchrieben. 34.
Geſchichte des Landes Glaris, mit theilweiſer Hinſicht
auf die Geſchichte ber geſammten Eidsgenoſſenſchaft,
von Joh. Peter Aebli. Erſter Theil. Zuͤrich,
Trachsler. 1831. 8. 1 Xhlr. .
Die fchweizerifche Literatur ber legten Jahrzehende gib
uns mandhen erfreulihen Beweis, baß ernfter Sinn für wahr:
bafte Geſchichteforſchung und Lebendige Iheilnahme für die Ver⸗
Bangenheit der Heimat nod in vielen Gantonen ber Gchweiz
seehanden And, und ber Wergang des unvergeßlichen Johenach
von Müller Rackfolges amuegt, weiche, zum wensghend,
ihres guaßen Worgängers nit unwürbig find. heil bat des
Weib der Gefchichtölundigen fi der Geſammtgeſchichte der
Schweiz zugewandt, theils Hat er ſich auf die Erfsckbung anb
eiung ber ale einzelner Theile beſchraͤnkt, im
bem er bald den Anfoberungen der Beleprien su entſprechen bes
mäht war, bald bie Bebhrfniffe eines wein Krriſes zu bes
feisdigen beabſichtigte. Fuͤr seinen ſolchen arbeitete auch vom
naͤmlich ber Verf. der vorkiegenden Geſchichte, welcher zur Abs
füffung berfelben theild dadurch bewogen wurde, daß den vielfach
belehrenden unb ermunteunden Schickſalen des Gantons Glaris
noch Feine beſondere Darſtellung gewidmet worben iſt, obgleich
das Bebuͤrfniß eines ſolchen ſchon feit Iapıen gefühlt warde;
theils durch die Abſicht, dem Uebelſtande zu helfen, vorzglich
das fogenannte freie Land Glaris an feine Abhängigkeit, am
feine Bedhte, am feine Pflichten zu erinnern, bamit bee Glan
ner ſich erhebe aus feinem gefährlichen, das Leben des Geiles
erfictenden politiſchen Schlafe und Das erfirebe, für Des lebe
und ſterbe, was bem ft freien Manne geziomt, damit
im Lande Blaris bie Freiheit nicht mehr als ein glängenbes
Aushängefhid an einem Bebäude hange, in welchem Arikolens _
ten, durch Bamilienbande enge verfnüpfte Dligarchen ihr ganzes
Leben binburch herrſchen, fondern bad jene Tochter des ‚Dimummels
und der Vernunft in That und Leben uͤbergehe, daß fir ſich
aus einer biendenden Lüge gu einer unumftößliden Wahrheit
umgeſtalte. Wir haben um fo cher diefe Stelle der Borrebe
bier mitgetheilt, als fie das pelitifige Glaubenbeklenntniß bes
Bere. in Beziehung auf ben gegenwärtigen Zuſtand des Can⸗
tons enthält und zugleich bie Art und Weiſe der praktiſchen
Zendenz , welche er feinem Buche’ zu geben beabfidytigse, deut⸗
lich genug ausſpricht. Wenn allerdings ein legtes Urtheil über
des Verfs. Anficht bis zum Erſcheinen des folgenden Theis,
welcher erſt zur naͤhern Entwickelung derſelben hinreichende Ge⸗
legenheit geben wird, verſchoben werden muß, warn berhaupet
ein ſolches ohne genauere Kenntniß des vorhandenen Zuſtandes
nicht gefällt werben kann, fo vermögen wir doch wenigſtens in
ben angeführten Morten nicht bie Stimme eines Mannes zu
vernehmen, weicher, unberührt von ben Wünfden und Koderum
gen einer Partei und ohne Gereiztheit, nur bus Wohl dex Ger
fammtheit und dies nue auf bem ruhigen und befonnenen Wiege
almäliger Reform erreiht willen will. Doch verkennen wir
nicht den Gehalt der Begeifterung, mit welcher ber Derf. Lie
großen Thaten der Vorfahren ſchilbert und den Zünglingen ſei⸗
ner Zeit ale Vorbild auffelit, mit welcher er auf Ginpeit durch
würbige Bande bringt. Berüdiicgtigen wir indeß die Herbei⸗
ſchaffung und Behandlung des hifterifchen Materials, fo erklaͤrt
ber Verf. ſelbſt in ber Vorrede, daß er ſich hauptſaͤchlich ſtreng
an Joh. von Muͤllers unſterbliches Werk gehalten und aus bie
fen Stellen wörtlich en t habe, weil er es nicht beffer zw
fagen gewußt unb weil «6 ihm an Quellen gefehlt babe; und
in ber That find bie von iym benutzten, nur in ber Vorrede
hrten Quellen nicht fo bebeutend, baß fie ihm eine ers
ſchoͤpfende und durchgehend Pritifche Behandlung feines Gegen⸗
ſtandes geftattet hätten. Die Beſtimmung des Buchs für einen
weitern Kreis von Lefern, bei welchen zum Theil nur eine fehr
geringe Kenntniß ber allgemeinen ſchweizeriſchen Geſchichte vors
ausgeſegt werben konnte, und überhaupt die Beſchafſenheit bes
Gegenſtandes, welcher feine Bedeutung vornehmlich durch feine
Begiehung auf jene erkätt, mag es rechtfertigen, wenn ſich bie
Geſchichte von Glaris biäweiten zur Geſchichte bee ſchweizeriſchen
Gidsgenoffenfchaft erweitert. Wit dem Jahre 1438 ſchließt dies
erfte Theil, in Beziehung nuf den zweiten wird im voraus
mitgeteilt, baß der Berf. für dieſen bisher völlig unbelannt geblier
bene hinterlaffene Papiere Tſchudi's bentigen werte. 16.
Nedigirt unter Werantwortlichteit der Werlagsbanblung: F. A. Wrodbaus in Leipzig.
uU ⏑⏑
x 31 at t r a 7
ft:
literariſcht
Dienſtag,
——
Gin Wort uber deutihe Brieiſteller, mit befonberer |
. Beziehung auf Gellert's, Forſter's, Baggeſen's Brief:
. fammlungen. M B
. Seit: emwa 30 Jahren bat eine Provinz unſerer
Literatur an Anferm Umf
desgeftalie gewonnen, daB wir biefeibe faſt als ein neu
eroberted Reich betrachten Einen. Bor 50 — 60 Jah⸗
ven klagten naͤmlich ſaͤmmtliche deutiche. Aeſthetiker über
den Mangel an deutſchen Briefſtellern, und da dergleichen
Klagen zufegt mechaniſch werben, fo wergaß man auch
die einzelnen Schaͤtze, die man bereite hatte, 3. B. die
überaus wichtigen” und herrlichen: Briefe unfers Luther,
mit denen mean allenfalls. ein paat hundert andere Bamm⸗
lungen fchlagen' Könnte.‘ Allein wie wollen fie eben ‚nicht
ſchlagen, fondern gern anerkennen, wie viel wir an Kennt
niß und Genuß ven neuen Briefſammlungen, ja ſelbſt
den minder bedeutenden, verbanfen. Wir werben zuwei⸗
len mit Recht uͤber die Leere mancher: Briefe von. Bod⸗
mer, Sulzer, Ricvlai, Gottſched u. ſ. w. Beſchwerde fuͤh⸗
ren koͤnnen, allein wir werden doch auch geſtehen miiſſen,
Daß wir ſelbſt aus dieſen Briefen manthes hiftorifch Mich:
tigcalernt haben, Trauriges zwar, doch nicht Unbedeutendes,
wäre es auch nur, um hinfort voerſichtiger zu fein im
Lobe der. guten. alten Zeit, die in manchen Verhaͤltniſſen
gar währt gut, ſondern armſelig und eng ‚zu-nentten iſt.
Greifen wir dann aber weiter nach andern Briefſammlun⸗
gen, : befonder® aus ſpaͤtern Zeiten, und fafjen: wir etwa
Hamann, Herder, Sean Paul u. ſ. w., fo ift uns, als
gehne und biähe es am uns her: im veinften Lichte und
ſchoͤner Farbenpracht, und wir forschen wieder gern von
der guten alten Zelt, die in Dem, worin ſie wirklich gut
war, auch nie ganz untergehen kann.
Ich behalte: mir vor, in einem eignen Auflage, viel⸗
leicht foger in einem .aignen Wächleln die wichtigſten und
Sezichungseeichften deutſchen Briefſteler, von Luther -an
dio heute, näher zu betrachten; : hier werde infenderheit
Ein Nutzen jmer Briefſammlungen ins Auge gefaßt, aus
dem jeboh — wena ich fe -fagen darf — bundert md
wieder handert MRobennugen fließen. Wir Deutſchen bes
faßen pwar vor: Joher einige vecht gute Chroniken (mir far
fen fie mur nicht cache), aber was wir nady dem gerech⸗
ten Maßſtabe der! Alten Gerichte nennen, bie fchrieben
*
Unterhaltung
12. Mär; 1833.
— — —E——
den noͤthigen Inhalt derſelben nur im traurigſten Grade
luͤckenhaft beſaßen. Wie konnten freilich die Namen
det deutſchen Kaiſer an den Fingern abzaͤhlen, wußten
genau, wie viel Schlachten, Belagerungen und Frie⸗
ange und innerm Reichthum densſchläſſe in Deueſchland vorgefallen waren, und was
dern Kaiſer und Reich iin ſchauerlich lang gegliederten, ine
einander gewickelten, ſchwerfaͤllig klappernden Perioden no⸗
tificirt worden war, konnten wir unbedenklich wiederab⸗
drucken laſſen; was aber dabei herausgekommen, iſt trau⸗
rig weltbekannt. Die Langweiligkeit unſerer hiſtoriſchen
Buͤcher uͤberſtieg alle Gebuͤhr, ſodaß ſelbſt die Verfaſſer
zuweilen dahinterkamen und auf Aushuͤlfe dachten. Dann
putzten ſie ihre Klio auf eine abenteuerliche Weiſe aus
und verwandelten fie in einen Theaterprinzen jener Zeit,
ber im fpanifchen Hut ober In ber Allongenperude umher⸗
ftofziet und mit vollen Händen erhabene Medendarten und
moralifhe Sprüche umherſtreut. Zuweilen brachte der
Prinz ach einen Hanswurſt mit, und das war noch da6
Beſte, denn aus dem Munde dieſes guten Geſellen ließen
ſich doch zuweilen etwas leidilcher Hausverſtand, Hauswit
und ein paar ertraͤgliche Anekdoten vernehmen, weshalb
ih auch, um es nur grade herauszufagen, den muntern
Schulreetor Johann Hübner für einen der beften Hiſtori⸗
fer jener Zeit halten zu dürfen glaube, ſchon um des eine
fachiten Umſtandes willen," weil er weit weniger langwei⸗
tig tft als die mellten ſeiner Mitarbeiter auf dem hiſtori⸗
fhen Felde. Das deutfche Pubficum wurde auch zuleht
wahrhaft verdriegfih und wollte von der ganzen beutfchen
Geſchichte nichts mehr wiſſen, benn es bekam doch immer
nur Daffelbe wieder zu lefen, was ſchon zum erfin Wake
zu lefen viel zu viel iſt, und was «8 eigentlich mit Recht
wollte: reine Menfchen: und Volksgeſchichte, lebendige
Darftellung ded Innern und aͤußern Volkslebens, das gab
man ihm nicht. Die armen Hiſtoriker waren dabei ſehr
zu bebauern, denn Niemand kann geben, road er nicht
bat, und die deutfche Geſchichte ging nun einmal in der
angegebenen Beziehung in dichten und dicken Schleiern,
die fie. nicht heben konnten. In Frankreich haben be⸗
kanntlich die unzähligen Memoiren fchon laͤngſt viele bie:
fer Schleier gehoben, ſodaß wir nicht felten faft bis zum
Erſchrecken deutlich fehen können; bei und haben jene
Brieffammlungen angefangen, Aehnliches zu thun. Auch
wir nicht amb bennten fie auch wicht Schreiben, weil wir I wir haben dabei nicht felten erſchrechen muͤſſen, dafur
.-
—
. 294
aber auch manche neue Anſicht gewonnen, und einiger
guter Troft ift immer mitımtergelaufen. Manche unferer
Briefe übertreffen an Gediegenheit und Tiefe die meiften
jener Memoiren weit; auch finden wir bier eine theils
Lächerliche und abenteuerlich bunte, theils wahrhaft intereſ⸗
fante und wunderbare Mannichfaltigkeit, bie bei ber be⸗
kannten allgemeinen Normalbildung der Franzoſen nicht
erwartet werden kann. Greifen wir nun einmal felbft
aufs Gerathewohl in ben Theil unferer Bibliothek hinein,
weiche die Btieffammiungen enthaͤlt, -und und etwa
in die Hände: Gellert, Forſter, Baggeſen, fo Öffnen ſich
uns bier drei Welten, ' die im fich felbft fo verſchieden
find, daß ein mit den deutfhen Verhaͤltniſſen unbekannter
Fremder vermutben möchte, Gellert habe einige Jahrhuns
derte vor Korfter, und dieſer — die Abweichung der Zeit
laſſen wir unbeſtimmt — etwa 2000 Meilen weit von
Baggefen gelebt. — Betrachten wir bie Sache genauer,
wie fie es wol verdient.
In einer in jeder Hinficht trüben, dumpfen und oͤden
Zeit trat Gellert mit feinen Fabeln und Erzählungen auf,
die theils durch ihre einfachen Lehren, theils Durch Scherz,
Wis und ehrlich behagliche Drolligkeit erfreuten. Go et:
was batte man ben Deutfchen feit vielen Jahrzehnden
nicht geboten, und fie zeigten fi) dankbar durch Liche für
den befcheidenen jungen Mann, ber fo angenehm erzählen
und fo beifpielloß Leicht reimen Eonnte. Seine Luftfpiele,
befonders „Das Loos in der Lofterie” und „Die Eranke
Frau“, vermehrten duch ihre harmloſe Scherzbaftigkeit
den Beifall nicht wenig, und „Die zärtlichen Schweftern”
preßten den gefühlvollen Leferinnen die füßeften Thraͤnen
aus, wie man feit 50 Sahren gar nicht Gelegenheit ge:
habt hatte, dergleichen bei irgend einer deutichen Lecture
zu weinen. Seine Mufterbriefe (1751) erregtem eine- faft
ftarrende Bewunderung; denn daß ein deutſcher Magiſter
voͤllig wie ein junger Parifee — freilich nur wie ein von
beutfcher Gelehrtenphantafie geborener — leicht und zier⸗
lich, ja überleicht und überzierlich fchreiben könne, war
doc auch ganz unerhört; als aber vollends bald darauf
feine milden, fanften, geiſtlichen Lieder nebft den fleißig
ausgearbeiteten chriftlichen Lehrgedichten . erfchienen, da
war bie Freude vollftändig und allgemein. Bier war
doch einmal ein Mann, wie man fid ihn nur irgend
wuͤnſchen mochte: fromm und ſcherzhaft, gravitaͤtiſch und
muthwillig, gelehrt und galant, und ſo duͤrfen wir mit
Recht ſagen, daß er grade ſo viel Leſer hatte, als Deutſch⸗
land überhaupt Männer und Frauen aufzeigte, welche le:
fen konnten. Die Großen und Vornehmen mochten ihn
wohl leiden, denn dieſer flile Mann hatte einen mädhti:
gen Refpect für fie und alle ihre bergebrachten Privile⸗
gien. Manche feinere deutfhe Politiker (von 1760), die
ihre Wiſſenſchaft an der Quelle felbft, d. h. in parififchen
Kaffeehäufern bei dem kühnften Marqueurs und Friſeurs
ſtudirt hatten, lachten zwar Ins Fäuftchen und fagten das
befannte Wort: „Laissez le faire, il nous forme des
dupes” ; aber feinen Ruhm gönnten fie ihm doch. ‚Die
. fer war auch wirklich unerfchütterlic,, und man fand feine
Schriften überall in jedem anftändigen Buͤrgerhauſe, ja
I
in vielen Bauerhütten, denn auch dort hatte ſich ber Verf.
eine große Anzahl von Freunden erworben. Aber ady!
dieſer vortrefflide Mann konnte feines Ruhmes wenig
froh werden, denn die Kraͤnklichkeit, an der er ſchon als
SFüngling gelitten, wurde in feinen fpdtern Lebensjahren
habituel, und es ift nur zu bekannt, daß er in den legten
15—18 Fahren kaum noch einem gefunden Tag hatte.
Zu den Auszeichnungen, bie ihm zu Theil wurden,
gehört nun auch die, daß eine mohlmeinende und fein ge:
- bildete Dame, Demoiſelle Lucius in Dresden, ohne feine.
peefönliche Belanntfchaft zu befigen, im Sahre 1760 an
ihn fehrieb, Lediglich in der Abfiche, Ihn wiſſen zu laſſen,
wie ſehr ihre Aeltern, Geſchwiſter und fie ſelbſt ihn ſchaͤt⸗
ten und liebten. Man ſollte freilich glauben, dergleichen
Hätte gar oft an Gellert gelangen mäflen, und ˖allerdings
harte er Lobeserhebungen; genug von allen Selten gedruckt,
gefchrieben und gefprochen empfangen; aber-da6 Alles hatte
doch ein etwas officielles Anfehen. Hiet war es andere,
bier zeigte ſich aus ber Ferne eine liebenswündige, ange
nehme und zarte Jungfer, die fo allerliebſt naingfchreiben
Eonnte, wie er nur immer gewünfcht hatte, dag man
fehreiben moͤchte. Gellert war damals freilich erft im
45. Lebensjahre, hatte ſich aber laͤngſt ſchon als einen
alten Mann angefehen, amd weil er ſich fo betrachtet
hatte, fo war er es wirklich auch Leider Biel zu früh ges
worden. Traurig für ihn, aber für. das neue Verhaͤltniß
zu feiner Correſpondentin fehr günftig, da hiefe, wohl wif:
fend, wie es mit ihm fland, ihn gleidy von varn herein
wie einen edein Vater, Großonter oder Großoheim bes
trachten durfte. Ein folcher Umſtand war aber auch nd:
thig, denn der gute Profeſſor erfcheint gleich in feiner er-
fien Antwort nahe daran, die ganze ſchoͤne Unbefangenheit
ber jungen Freundin zu ftören, obwol mit dem beiten
Willen, ihr Freude zu. machen. Wie nämlich früher
Sottfhed, in unmaͤßig patriotifhen Flammen brennmb,
nichts fo fehr gewuͤnſcht hatte, als bie fogenannten Bien
in unferer Literatur zu füllen, und wie er deshalb ordent-
liche Hirten: und Girkelbriefe an feine Jünger erlaffen
hatte mit- dem Anfuchen, Baron X. folle bis zur Aachſten
Dftermefle ein treffliches Trauerſpiel, Regierungsrarh Y.-
ein erhabenes Heldengedicht und Secretair 3. ein claſſi⸗
ſches Luſtſpiel fchreiben, damit man mit einem Male ben
hochmäthigewe-Sranzofen, bie immer mit ihrem Corneille,
Racine, Moliere, Voltaire u. f. w. fich brüfteten, Die
Spige bieten inne — fo hatte fidy der mäßiger gefinnte
fanfte Gellert nur nach einem guten deutſchen Briefſteller
gefehnt, ſodaß ihm das Briefſtellen faſt nur um bes
Briefftellens wien am Herzen lag. Kaum hatte er da⸗
ber ben Brief der Lucius empfangen, fo fielen’ ihm auch
gleich bie franzoͤſiſchen Briefftellerinnen ein, und er begrüßte
feine Gorrefpondentin als eine Babet, Beaumont u. f. w.,
ermahnte fie, immer fo huͤbſche Briefe zu fchreiben,
und lobte überaus ihre Naiyetaͤt. Nim iſt es befannts
lich eine eigne Sache um die Neivetaͤt, da fie, fo
bald ſie zum Bewußtſein berfelden kommt, auch ſogleich
aufhört zu exiſtiren, und wir kboͤnnen deshalb bie robuſte
Natur der Naivetaͤt der Jungfrau Lucins nicht genug
. | 296
ruͤhmen, daß fie fi doch nicht vernichten ließ, ſondern
nur mie geringem Schaden dadonkam. Sie erfuhr zwar
nunmehr durch ihren verehrten Lehrer, daß ſie naiv ſei,
aber ſie nahm gewiſſermaßen nur hiſtoriſch Notiz davon.
In ſchwaͤchern Augenblicken ließ ſie ſich freilich dieſes Lob
gefallen, haſchte auch mol nach Witz, Laune und foge-
nannter Naivetaͤt, ſodaß manche ihrer Briefe leider nur
als exercitia styli oder gradezu als Uebungen im Brief⸗
ſchreiben erſcheinen; meiſtens aber ſiegt doch ihre gute
und ſchoͤne Natur und die alte Unbefangenheit bricht
immer wieder hervor. Fa, ſogar die bekannt gewordene
Anordnung Gellert's, daß dieſe Briefe nach ſeinem Tode
gedruckt werden ſollten, wirkte nur ſelten nachtheilig auf
die Epiſteln ſelbſt, da die froͤhlich jugendliche Verfaſſerin
den Moment erfaßte und ohne Kummer rein genoß.
Und was enthalten nun dieſe Briefe? Fuͤr Den, der
nur obenhin lieſt, wenig Ausbeute, und es iſt nichts leich⸗
ter, als über die ſteten Geſundheitsbulletins, den zu haͤu⸗
fig complimentirenden Ton, ſowie über den geſchweiften,
gefirmißten Styl zu fcherzen, wir brauchen uns aber nur
auf den biflorifhen Standpunkt zu flellen, wie wir ja
bier follen, fo wird uns auch diefer Uebelftand als eine
beſtimmte und nothwendige Richtung und Aeußerung der
Zeit wichtig. Diele Zeit lernen wir nun bier in man-
hen Beziehungen auf eine theils traurige: theild erfreu⸗
fiche Weife Eennen. Der Krieg hatte bereits fuͤnftehalb
Jahre gebauert, aber über biefen erfahren wir gar nichte.
Darüber zu fchreiben ift Geller viel zu beſcheiden und
fheu, und als er erfährt, daß der bekannte treffliche
Rabner'ſche Brief, den Freund und Zeind mit Vergnügen
Iefen mußte, fomwie feine Antwort in den Drud gefommen
fet, Tann er nicht ſchlafen vor Beforgniß, daB irgendein
hohes Haupt dadurch verlegt worden fei, was ohne ein
Wunder durchaus nicht möglih war. Man könnte mes
nigftens einige Nachrichten über das Maß der Contribu:
tionen, Einquartirungen, Anekdoten, Gerlichte von Tref⸗
fen u. f. w. erwarten, aber davon ift nie die Rebe. Es
ziemt fich niche und iſt gefährlih, über fo etwas zu
fchreiben. Man hält feine Vorlefungen, ermahnt zur Ge:
duld, geht in die Kirche, Tieft ein gutes Buch, reitet auf
einem zahm gemachten Schimmel fpaziern, betet viel und
fhläft wenig. Weit glüuͤcklicher ift die Lucius. Sie be:
findet fich, ſelbſt liebevoll, in ihrer liebevollen Familie fehr
wohl, freut ſich, dag fie fo huͤbſche Briefe fchreiben kann,
und wenn fie auch mit Recht zlmen könnte, daß ihr ver:
ehrter Lehrer fogar einen ihrer Briefe im Collegium vor
vielen hundert Studenten vorgelefen bat, wobei fogar ihr
Name an den Tag gelommen ift, fo bedimt fie fid) doch
dieſes Mechtes nur fehr mäßig, denn wer könnte gegen
einen Dann, vote Gellert, lange zlirnen, befonders wenn
er felbft fein Unrecht fogleich eingefteht? Auch hat doc)
das Bekanntwerden duch einen folhen Mann manche
Vortheile, man wird felbft bei den vornehmflen Leuten
beliebt, die ſich wol gar Abfcheiften der Briefe erbitten,
man wird ein wohlgezogenes, artiges Kind genannt, man
darf wuͤnſchen, Gräfinnen und Freifrauen die Hand zu
küffen, und «6 wird wirklich verſtattet. Es iſt auch ſonſt
⸗
noch viel Huͤbſches in ihrem Leben. Dan geht zuweilen
um vier Uhr Nachmittags in einen wunderſchoͤnen Gar⸗
ten, deſſen Beſitzer das Spazierengehen in demſelben er⸗
laubt bat, und wenn man nach einer Stunde zurüd:
kommt, iſt man für die neue Arbeit fehe erfriſcht, und
Abends kommen dann einige mwohlgefinnte und gebildete
Dausfreunde. Iſt man ernfihaft geftimmt, fo fingt man
wol Gellert's gefftliche Lieder am Klavier, und tft man
fcherghaft gelaunt, fo läßt man Witzfunken fliegen, aber
ftets auf die moralifchfle und anmuthigfle Weiſe. Dabei
tft die Anhänglichkeit an Kürft und Vaterland durchaus
unerf&hütterlich und wahrhaft erhebend, und das herrliche
alte Sprühmwort: ‚Krieg und Brand fegnet Gott mit
milder Dand”, bewährt fih hier auf die erfreulichſte
Weile. Im fpätern Beiten bielten ſich die deutfchen
Schriftitelfer in ihrem Unmuth, der denn body nicht ganz
ausbleiben Eonnte, befonders an die Minifter, und unfere '
beutfhe Schaubühne hat befanntli einen großen Ueber:
fluß an übelgefinnten Staatemännern und Kammerherren
aufzuweifen; aber in der damaligen Zeit bachte Niemand
an ſolche Ungebühr, und wenn es auch verflattet mar,
in ftillee Stube zu fingen, daß Fein Rittergut, Stem
und Drdensband wahrhaft gluͤcklich mache, fo Eonnte. doch
die Verbeugung vor einem Manne, der wirklich und
wahrhaftig ein Rittergut, Ordensband und Minifterftern
hatte, nie tief genug ausfallen.” Es war freilich nicht zu
leugnen, daß felbft ein Premierminifter gar viele politifche
Misgriffe machen könne, aber man verbot -ficd, in tugend⸗
bafter Angft, dergleihen auch nur zu denken, und wenn
er Trank wurde, fo bedauerte man das wie ein großes
Staatsunglüd; doch wenn er dann einmal wieber in ei⸗
nem erleichterten Augenblide fih ein Glas Tokayer rei⸗
hen ließ, im welches der bobe Herr — ganz fo idylliſch
wie unfer eins — fogar ein Zuderplägchen eintunkte, fo
tar bdiefer Umſtand voichtig genug, um ihn mit umgehen-
der Poft dem leipziger Freunde mitzutheilen. Mit Einem
Worte: Alles, was draußen im Staate und in ben euro:
paͤiſchen Staatöverhältnifien vorgeht, vernimmt man nur,
infoweit die doppelt und dreifach cenfirten Zeitungen ba-
von Kunde geben; jedes Urtheil dariiber iſt jeboch verbo⸗
ten, und man verfagt es fich ſelbſt als ungeziemende
Vermeffenheit.
n (Die Fortfegung folgt.)
nn — ——
Statiſtik der Buchdruckereien und Buchhaͤndler in
Frankreich.
Die Buchdruckerkunſt wurde etwa 20 Jahre nach ihrer Er⸗
findung nach Frankreich verpflanzt. Paris war die zehnte
Stadt Europas, die erſte Frankreichs, welche dieſe herrliche
Kunſt, dieſes großartige Geſchenk des deutſchen Erfindungsgei⸗
ſtes an die Nationen, in ihre Mauern aufnahm. Ulrich Gering,
mit feinen zwei Gehülfen Michael Friburger und Martin rang,
war es, ber die erfie Buchbruderei im Hauſe ber Sorbonne zu
Paris im Jahre 1469 gründete. Gering war zu Beromünfter
im Ganton Luzern in der Schweiz geboren und erlangte hier
bie erften Begriffe vom Buͤcherdrucke. Es lebte naͤmlich zu
Münfter, als Kanonikus des Stift zu St.: Michael, Elias
Helie von Lauffen, an Zahren fchon ein Greis, aber noch voll
%
” ®
*
296
„|
zatofen Eifere für bie Miffenſchaften, der bei ber erfien Runde
von der in Deutſchland erfundenen Kunſt, Bäder zu drucken,
ſelbſt Berfuche machte und die erſte Buchdruckerei in ber Schweiz
ersichtete, aus welcher im Sabre 1470 Marchefini’s bibiifches
Wörterbudg: „Maiotrectus sive primicerius”, und im 3.1478
Noderiche von Zamora ‚‚Bpeculum vitae haumanse‘' ingen.
Gering erlernte bei diefem alten Kanonikus, der in feinem 76.
Sebensjahre den 20. März 1475 zu Wünfter ftarb, bie Kunſt
des Bücherdruds und begab fi) auf den Rath des Kanonilus
und Profeffors Johannes a Lapide zu Bafel, welcher ihm Em⸗
pfeblungsbriefe an ben Prior der Sorbonne Johann be la
pierre mitgab, nad) Yard. Das erfie Werk, weiches aus ſei⸗
ner Dfficin hervorginz, wer: „Epistolae Gasparini Pergamen-
sis" (%., 1470). @ering übte feine Kunft bie zum Jahre 1508
aus und flarb den 23, Xuguft 1510; er hinterließ fein fehr be:
trächtliches Vermögen der fiudirenden Jugend unb den Armen
von Paris; deswegen wurde von ber Sorbonne, welche zu ihrem
Antheile 850D Livres erhalten hatte, fein Gedaͤchtniß jaͤhrlich
aufs feierlichfte begangen. Außer zu Paris wurden in Stras⸗
burg im 3. 1871, in &yon 1478, in Angers 1477, in Chablis
1478, in Poitiers 1479, in Caen und Baint: Alban 1480, in
Bienne 1481, in Meg 1482, in Troyes 1483, in Rennes und
Broéͤand⸗ Loudahac 1484, in Abbeville 1486, in Beſangon und
Rouen 1487, in Gluny und Orleans 1490, in Dijon und An⸗
goul&me 1491, in Döte 1492, in Nantes 1493, in Limoges
1495, in Provine und Tours 1496, in Avignon 1497, in Tre:
guier 1499 und in Yerpignan im Jahre 1500 Buchdruckereien
errichtet, fotaß zu Anfang des 16. Jahrhunderts dieſe Kunſt
beinahe über alle Theile Frankreichs verbreitet war.
Im Zahre 1830 Hatte Frankreich in 283 Gtädten 620
Buchdruckereien und in 259 Städten 1142 Buchhändler. Gie
waren auf folgende Weife vertheile: 1) Die 21 nördlihen Des
partements, beren Bevdikerung (nady einer Zählung v. 3. 1826
im „Almanch royal et national” v. J. 1831) fi) auf 9,982,677
Seelen beläuft, und deren birecte Staatsabgaben 75,691,909
Branch betragen, haben in 105 Städten 263 Buchdrudereien
und in 99 Städten 759 Buchhaͤndler, oder auf 33,964 Einw.
eine Druckerei und auf 18,112 Ginw. einen Buchhaͤndler. Pa:
ris allein befigt 80 Drudereien und 506 Buchhändler, Rouen
9 Buchdr. md 7 Buchh., Lille 7 Bucher. und 10 Buch,.,
Rancy 6 Buchdr. unb 8 Buchh, Gaen 6 Buchdr. und 6 Buchb.,
Mes, Amiens und Arras jede 5 Buchdr. und erſtetes 14 Buchs
händler. 2) Die 18 meftlichen Departements, mit 5,438,408
GEinw. und 29,770,246 Franc birecter Abgaben, brefigen in 34
GStaͤdten 67 Drudereien und in 36 Staͤdten 86 Buchhändler
oder eine Buchdrackerei auf 81,170 Binw. und einen Vuchhaͤnd⸗
ter auf 69,287 Ginw. Unter ben Gtäbten, die Drudereien be
Aigen, hat Nantes 6, Rennes und Angouleme jedes 4, erſteres
10, legteres 3 Buchhändler. 8) Die 13 mittlern Departements,
mit 3,789,316 Einw. und 22,915,613 Francs directer Steuern,
haben in 32 Gtädten 55 Buchdruckereien und 57 Buchhändler,
ober eine Druckerei auf 68,896 Einw. Die Stadt Drleans hat
5 Buchdr. und 6 Buchh., Nevers 3, Ghartres, Tours und
Blois, jede 2 Buchdr. 4) Die 11 öftlihen Departements, von
- 4,199,199 Ginw. bevoͤlkert, mit jährlich 25,380,148 Francs
directer Steuern, haben in 44 Btäbten 8O Buchdruckereien unb
in 88 Gtädten 106 Buchhändler, alfe eine Druderei auf 52,490
Einw. und einen Bachhhändier auf 39,615 Einw. Won, die
zweite Stadt des Reichs, hat 12 Drudereien und 24 Buchhand⸗
lungen, Strasburg unb Befancon jedes 6, Diion 4, Golmar 2
Buchdr., und Gtratburg und Diion jebes 11 Buchhändler, Ber
ſançon 6 und Golmar 5. 5) Die 28 füblihen Departements
endiich, mit einer Bevölkerung von 8,463,320 Einw und einer
directen Gteuerquote von 50,014,531
Städten 155 Drudereien und in 59 Gtäbten 134 Buchhaͤndler,
ober eine Druderei auf 54,602 Sinw. und einen Buch. auf
638,159 Cinw. Warfeille befigt 10, Avignon 9, Kir 5, Tou⸗
louſe 14 und Borbeaur 12 Buchdrudereien. — Es kommt alfo
Redigist unter Berantwortlichleit der Berlagäbandlung: 8. A. Brodbaus in Leipzos. .
rancd, befigen in 68.
im Durchſchaitt in Jrankreich eine Muchbruderei. auf SEARF
Giaw. und ein Buchhändler auf 27,768 Finw.
Zur. Bergleihung führen wir nach folgende Tatiftifche Ber⸗
hältniffe der Buchdruckereien zur Bedoblkerung anderer Staaten
an. a muhen bat nad) einer: officiellen Zählung vom 3. 1888
12,989,877 Cinm. und nad einer Angabe vom Sahre 138%,
280 Buchbrudereien mit 693 Preffen, von denen bie meiſten in
Berlin, Halle, Köln und Breslau, es kommt allo in Preußen
fhon auf 45,213 Einw. eine Buchdruckerei. Im Konigreiche
Sachſen muß bas Berhättniß durch Leipzig, den Hauptflapelplag
des ganzen deutſchen wohlerganifirten Buchhandels, das allein
über 120 Preffen beſchaͤftigt, noch beſſer fein. . Im Großherzogthume
Weimar, welches in 5 Staͤdten (Ima mit 6, Weimar mit 8)
12 Drudereien und im Ganzen 280,000 GEinw. hat, kommt
fon auf 19,166 Einw. eine Druderei. Die Schweiz mit 2
Mill. Bevdtterung hat 46 Druderrien mit 145 — 150 Preffen,
von benen aber wol ein I den größten Theil des Jahres
durch unthaͤtig if, alfo auf 43,913 Einw. eine Drudere. AB,
u ——e —— — — nun
Martha. Andenken an eine einzige und geliebte Schweſter
Von Andreas Reed. Aus dem Englifchen frei Abers
tragen. In befonderer Beziehung auf die Bildung des
en Geſchlechts. Eſſen, Baͤdeker. 1832. 8,
1 Thlr.
Biographie, Erziehungs» und Erbauungsſchrift, ſehr an⸗
wenddar fuͤr junge Maͤbchen, deren Religioſitaͤt ſich zu dem
ſtrengen, abſondernden Sektengeiſt neigt. Sie werben barans
lernen, daß wahre Froͤmmigkeit ſich mit Duldung, Guͤte, Werk⸗
thaͤtigkeit, ja ſelbſt Heiterkeit des Gemuͤthe wohl verträgt und
auf das bloße Formen⸗ und Formelnweſen keinen fonderlichen
Werth legt. Für Perfonen, deren frommer Glaube von minder
ſtrenger Aeunßerlichkeit iſt, trägt. bas Buch ein zu puritanifches
Gepräge, ſie dürften um des Anftriche willen ben trefflihen Kern
mitlennen und unempfaͤnglich für das viele Bute bleiben, bas
ibngn in frembartiger, vielleicht ungefälliger Schale gereicht
wirb. 18.
Literariſche Notizen.
In London iſt 1832 in zwei Theilen hetausgekommen:
„Memoir and correspondence of the late Sir James Edwa
Smith. Edited by Lady Baith”. 3. €. Smith war 1759
geb., Hand mit den beruͤhmteſten Gelehrten, befonders Philo⸗
fophen und Botanikern in Briefwechfel, gründete im April 1788
bie Linné'ſche Geſellſchaft in London und ſchrieb ſelbſt mehre
botaniſche Werte. Gr flarb am 17. Maͤrz 1828 ,
Der erfte Band der „Works by the author ol Corn law
shymes‘‘, mit einem Bildniß des Berf., ift in Dec. 1832 gem
autgelonmen.
In England erfchrint eine Zeitfchrift, welche Erzählungen,
Sagen u. dgl., theils befanmt aber feiten, theils neu, aus
dem Rachlaſſe beliebter Dichter oder yon Beitgenoffen enthält
und ben angemeffenen Titel „Story -teiler“ führt. In Frank⸗
reich wurde im-Gept. 1832 ein ähnliches Unternehmen begonnen
und ihm nad langer Beratung ber — milb ausgebrüädt —
wunberliche Name „Salmigondis“ ertheilt, was in der KNüchenter⸗
minglogie ein Ragout von uͤbrig gebliebenem Fleiſche, oder wenn
man die Etymologie zu Hülfe nimmt, eingemachte Yrüchte bes
beutet (salgama). Duutfdge Ueberſeger, denen der Titel aus
bee Küche gefiel, verpflaugten die franyöfifche Monatſchrift un«
ter demfelben Namen nad Deutichland. 8.
»
—
—
Blätter
für —
literariſche Unterhaltung.
Mittwoch,
Ein Wort über deutſche Brieſſteller, mit beſonderer
Beziehung auf Gellert's, Forſter's, Baggefen’s
Brieffammlungen. u
(Sortfeßung aus Nr. 71.)
Die Wiſſenſchaft, welcher Chriftian Wolf eine etwas
ermüdende fogenannte mathematifche Form gegeben hat,
ſchuͤtzt durch das wohlgezimmerte Geländer vor großen
Irrthuͤmern, gewaͤhrt aber wenig neue Ausbeute. In
der Theologie wie im praktiſchen Leben ſteht noch immer
im Allgemeinen die Dogmatik der Formula concordiae
feft, und felbft Gellert ift den firengern Orthodoxen fo:
wie den füßlichen Pietiften nicht mehr ganz recht. In
der Geſellſchaft fängt man an, mit einigem Ölüde ga:
Tant zu thun; Diele können jedoch die alte Gelahrtheit
und Pedanterie nicht losroerden, bie felbft, indem man
über fie fpottet, fehr häufig durch eins Hinterthür wieder
einfchleiht und’ ſich am liebften in den Spott felbft
milht. Dan. lächelt und lacht und zuͤrnt wol gar über
die ewige Nachahmungsſucht der Deutfchen, aber felbft
una Zn
im Lächeln und Scherzen ahmt man voch oft nad).
Dennoch zeigen ſich auch jetzt fhon Spuren, daß es
mit dieſer Zeit bald werde zu Ende gehen, denn was ſie
bildete und jetzt noch ſtuͤtzt, wird von geiſtreichen und
hochberühmten Männern angetaftst. Manche berfelben wers
den zwar ignosirt, und man darf annehmen, daß die reli:
gioͤs und Afthetifch revolutionnairen Schriftftellee der Fran⸗
zofen unter Philipp's Regentfchaft, ſowie ſelbſt Voltaire,
zu jener Zeit in ber größern deutfchen Geſellſchaft (3. B. ber
des hoͤhern WBürgerftandes) noch nicht entſcheidend
wirkten, denn mit moralifhem Stolze fertigte man fie —
oft zu raſch — als .unmoralifhe und ungediegene Leute
ab. Beimeitem mehr wirkte Rouffeau, der ohne allen
Leichtfinn, mit großem Ernſte und feuriger Beredtſamkeit
eine neue Zeit hervorrufen zu wollen ſchien. Er ließ fi
von feiner gebildeten Geſellſchaft ignoriren, und fein „Emil“
macht felbft in den flillen Kreifen der Lucius ein ſolches
Auffehen, daß fie den erſten Theil mit wahrer Begierde
durchlieſt. Ein neues Licht ſchwebt vor ihren Augen,
aber es erfcheint ihr fo. biendend, daß ihr bange wird und
daß fie augenbliclich den Lehrer fragt, wie fie es damit
zu halten habe. Der gute Gellert, ber, wie er ſelbſt ges
fieht, Rouffeau nur wenig kennt und nur weiß, daß er
zuweilen gegen den gefchtiebenen Buchftaben der chriſtli—
13. März; 1833.
hen Dogmatik ankaͤmpft, erfchricdt heftig bei diefer Nach⸗
richt, und er, der fo felten fchreibt, weil ihm auch ber
Beinfle Brief fehr fauer wich, fchreibt jegt alle Pofttage,
um fie vor_diefem in mancher Hidficht leider ſehr loͤbli⸗
hen, aber defto gefährlichern Verführer zu warnen. Die
Freundin dankt mit Innigkeit für feine väterlihe Sorge
falt, doch fucht fie Rouffeau nad) Möglichkeit zu verthei⸗
digen und fchreibt ein paar fchöne Stellen aus dem
„Emil“ ab, um Gellert einige Neigung für das gefchols
tene Buch beizubringen. Das hilft aber Alles nichts,
auch jene Stellen gefallen ihm nicht fonderlih, und es
bleibt dabei: fie fol den zweiten Theil nicht anrühren *);
fie muß ihr Wort geben, gibt es und hält es wie eine
rein gehorſame Schülerin. Bald nachher wird ihm auch
vertraut, daß unter den nähern Kreunden des Lucius'ſchen
Hauſes fih ein fonft fehr wackerer Süngling finde, der
einige gefährliche Zweifel in Dinficht der Dogmatik hege.
Meue große Sorge für Gellert, welcher gefragt wird,
was dabei zu thun fett Er ſchreibt abermals Briefe über
Briefe, citirt eine herrliche Stelle ans den Spruͤchwoͤrtern
Salomonis, empfiehlt Cruſius, Leland, Ganz, Reinbed,
Pontoppidan, Samuel Squire und andere im GChriftens
thum voohlgeficherte Autoren; als aber dies Alles nicht
gleich) heifen will, wird er etwas verdrießlich und bitter
gegen den unglüdlichen Juͤngling. Er koͤnne, folle und
müffe fih beruhigen bei Dem, was fo viele treffliche Men⸗
fhen fchon beruhigt habe; vielleicht wolle er aber auch
nur widerfprehen, und man reize ihn zu neuem Wider⸗
ſpruch, wenn man mit ihm bißputire u. f. w. Auf eine -
eigentliche Widerlegung jener Zweifel läßt G. ſich nie ein,
und in diefem Sich⸗nicht⸗einlaſſen, was bei weniger edein
Gemüthern als Gellert in ein gänzliches Ignoriren aus⸗
artete, finden wir abermals ein fehr bebeutendes Zeichen
jener Zeit, die eben, weil fie fih im bequemen Ablehnen,
Eich=nicht=einlafien und Ignoriren bed Neuen gefiel, eis
nige Unficherheit verräth. Noch auffallender wird biefes
Ablehnen in Beziehung auf die beutfche Literatur. Was
fie, die damals mit Riefenfchritten weiter eilte, feit etwa
1755 Großes theils geleiftet hatte, theils verfprach, ift
nicht mehr nach Gellert's Sinn, es erfcheint ihm zu kühn
*) Sm 56. Briefe entichlüpft Gellert fogar der unmuthig
harte Audruf: „Was gebt uns Rouffeau weiter an? Richte
mehr von ihm.’ (!!) j
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und deshalb gefährlich. Die Freundin fragt ihn nad Us
- und Wieland, bekommt aber eine ſehr ungenügende Ant:
wort. Er ift mit den Wieland’fhen Schriften nicht weis
ter gelommen als bis zu deffen „Sympathien“, bedauert
den Streit zmwifchen ihm und U; und weiß nichts yon
dee großen Veränderung, die ſich etwa feit 1760 in Wie⸗
land's ſchriftſtelleriſcher Thaͤtigkeit gezeigt hat. Er lobt
beide Dichter, bedauert die „freien Stellen” in Uz's Poe:
ſien, freut ſich aber herzlich, daß er dennoch ein fehr gu:
ter Mann fei, was Ihm fein feliger Freund, der vortreff:
liche Freiherr von Cronegk, ber jenen genau gekannt, oft
verfichert habe. Won Klopſtock ift nie die Rede und —
wer vohebe es glauben? — auch von Leffing nicht. Es
gibt viele Stellen in dieſen Briefen, wo wir ermarten
dürfen, es werde Leſſing genannt werden müflen, aber
unfere Erwartung teifft nie ein. Es iſt nicht zu zwei⸗
fein, daß er in dem Lucius’fchen Kreiſe gefannt war, denn
wie hätte der geiftreichfte aller deutſchen Schriftfteller jener
Zeit den Mitgliedern defielben verborgen bleiben koͤnnen?
Über man wagt noch nicht echt, von ihm zu reden, am
wenigften aber Gellert gegenüber, und da die Lucius
nichts mehr lieſt, ohne ihres Lehrers Urtheil vorher zu
befragen, fo iſt zu vermuthen, baß fie Leſſing kaum den
Namen nah kannte. Wahrlich auch dieſes gänzliche
Schweigen von Leffing HI uͤberaus beredt.
Lefen wir nun diefe Briefſammlung auf bie angedeu⸗
tete Meife, fo haben wir in ihr nicht blos die ausführs
liche Darftelung eines individuell Intereffanten Verhaͤlt⸗
niſſes mit den anmuthigften Detalts, fendern auch ein
in hiſtoriſcher Hinſicht hoͤchſt wichtiges und anziehen:
des, das Buͤrgerleben jener Zeit uns vor Augen
ſtellendes Werk, und wir ſind dem Bibliothekar Ebert
in Dresden wahrhaft großen Dank ſchuldig, daß er uns
endlich einmal dieſen Briefwechſel, der bis dahin nur
verſtuͤmmelt und mangelhaft (und mithin voͤllig uner⸗
ſprießlich) mitgetheilt worden war, unverkuͤmmert und ge⸗
nau in einer neuen, auch aͤußerlich erfreulichen Geſtalt
gegeben hat (Leipzig, Brockhaus, 1823). Ich bin doch gewiß
nicht der Einzige, der gern einmal zur Abwechſelung auch nach
fanften, milden und doch wieder einer gewiffen Gattung
von gelinder Ironie den trefflichflen Stoff bietenden Bü:
hen greift, unb darum rufe ich befonders den Zefern,
welche die Löbliche Eigenfchaft haben, nicht blos die Bi:
her von 1832 zu lefen, mit gutem Muthe gu: Hier ift
eins, das, in den Jahren 1760 — 69 gefchrieben und
1823 gedruckt, wert intereffanter iſt ats fehr viele Schrif:
ten von 1832.
Legen wir nun den Gellert:2ucius bei Seite und
greifen (wie oben ausgemacht wurde) zu ben Forſter'ſchen
Briefen (Leipzig, Brodhaus, 1829, zwei ehr ftarke Bände), fe
iſt mit einem Male die ganze Scene In allen nur irgend
denkbaren Bezlehungen verwandelt. Die Zeit ift anders
geworden‘, fie will überalf meiter, iſt aber nur zu einer
halben und deshalb ımerquidlichen Aufklaͤrung gekommen,
und zumeilen mifcht fi die armfeligfte Seichtigkeit ein.
Man ift unmuthig in den alten Formen, die noch immer
ſtarr daftehen, und die neue beffere Zeit will fich weder
Wirthen und fämmtlichen Gäften, indem fie fi
ee a na ve —— ——— — ——
*
298
innerlih noch dußerlih recht geftalten. Forſter Water
und Sohn fühlen große Langweile in Deutfchland, aber
die Liebe für die Wiſſenſchaft erhält fie friſch und fie
(hiffen muthig um die Welt. Mit den trefflichfien
Renntnifien bereichert, Lehren „fie zuruͤck, und Die Deutfchen
jauchzen ihnen entgegen. Beſonderß ifE der junge Georg
Sorfter ein wahres Wunder in ihren Algen; wo er fi
nur fehen läßt, bittet man ihn zu Zifh, und er muß
hundert und wieder hundert Mat die ſchoͤnen Geſchichten
von den Sübfeeinfeln und ihren wunberlihen Bewohnern
und Bewohnerinnen erzählen, wobei es den: F— n
uͤber
ihre eigne Bildung und Aufklaͤrung freuen, uch einmal
ſo gut ſchmeckt als ſonſt. Kann man wol mehr fuͤr ihn
thun? Georg ſcheint es zu verlangen, dem er will ein
Amt. Recht ſchoͤn und wacker, und er verdient es gewiß;
indeſſen hat es nun einmal in Deutſchland mit ben Aem⸗
tern, fowie überhaupt mit Allem, was in das äußere
VBürgerleben gehört, feine „gewiefenen Wege”. Seine
„geroiefenen” Wege rotederhote ich. und fühle dabei ganz,
welch ein charakteriftifch "Deutfches,; nır von Deutfchen er:
fundenes Wort das ift! Es find nicht gleich Stellen da,
er fol warten, und in diefer in Deutfchland fo hochnoͤthi⸗
gen Zugend hat er ed — trog feines Kreuzens auf dem
ſtillen und nicht ſtillen Meere — nicht weit gebracht.
Er geht nach Kaffee, finder dort eine Anftellung — ich
glaube gar als Profeffor — aber die Beſolbung iſt ge:
ring, und er liebt nun einmal — ein ungebührlicher und
entfeglicher Gebanfe für einen deutſchen Gelehrten — auch
das Äußere Wohlkeben. Ihn ergräift won Meuem Die
Langweile, er hofft Zerſtreuung in geheimen Geſellſchaf⸗
ten, findet dort aber nichts als jene traurige Gattung
von Myſtik, die anfangs imponlrend, hinterher nichts bie⸗
tet als troſtloſe Duͤrre. Dig Zeit Hatte nun einmal
Doefte und Religion hinweggeſtoßen und muß 14 dee:
halb — da doch nun einmal der Dang zum Wunderba⸗
ren nicht ganz zu befeitigen iſt — größtentheild mit geifts
fofer Geifterfeherei begnügen. Die realen Sorgen ver:
größeren fih, denn mit ein paar hundert Thalern, die ein
beutfcher Profeflor im Anfang der achtziger Fahre erhielt,
laͤßt fich, den ſicherſten Nachrichten zufolge, wenig anfan⸗
gen. Er geht nah Wilna. Wie es ihm dort gefiel und
ob er an feiner Stelle war, beantworten wir ums leicht,
wenn wir bios die beiden. Namen: Korfter und Wilna,
ausfprehen. Er verheirarhet fih und iſt nicht gluͤcklich
in der Ehe. Gem folgt er einem’ Rufe nah Mainz,
und man hofft, nun werde er endlich, wenn auch nicht
Sul, doch Ruhe finden. Er findet fie aber nirgend
weniger als bort, und die Langweile, die ihn ſchon fo
oft ergriffen, fcheint immer peinlicher zu werden. Da
bricht die franzöfifche Nevolution aus, es locken verführe:
rifche Stimmen von Frankreich aus, und während fie los
cken, erfcheint die ohnehin faft immer unzärtlihe Mutter
Germania noch härter, fpröder, oder gar widerwärtiger als
je. Er vergißt, daß auch eine unzärtliche Mutter noch
immer eine Mutter Bleibe, und die Revolution reißt ihn
in ihre Wirbel, Mainz fällt in die Hände der Franzo⸗
— —— — —
— —
wicht mitaufgenommen.
ſen, und er hoͤrt auf ein Deutſcher zu fen. Aber 8und fo hat ſich jener Brief miteingefhlichen. Der Grund
wohnt in ihm ein Gemüth, welches trog allen Jerthuͤ⸗
mern doch ein tieferes iſt, ald daß ihm fo bald in feinem
neuen Halbvaterlande Befriedigung gewährt werben koͤnnte.
Die Wellm, die ihn umgeben, werden Immer ranfchender,
wirbliger, blutiger, bis fie ihn zuletzt verfchlingen, und als
er flicht, erhalten wir nur die traurige Ueberzengung, daß
feine Kraft wirklich aufgerieben iſt, aufgerieben ſchon im
39. Lebensjahre. Seit 1792 war er ohne ein inneres
Wunder nicht mehr irdiſch zu retten, und fo kam nur,
was kommen mußte.
Aber, fragen wir mit Recht, waren denn keine Freunde,
“ ober vielmehr, war benn Bein Freund vorhanden, um ihn
mie ſtarkem Arm zu retten? Auf die Freundſchaft verfte:
hen wir uns doch wahrlich recht gut, und ſelbſt zu der
vollendetſten Schilderung bdeutfcher Freundſchaft (zwifchen
Siebenkaͤs und Leibgeber) finden ſich in unferm deutfchen
Baterlande nicht wenige Abbilder. Aber Forſter hatte
nur Belannte, viele gute und geiſtreiche, halbe und drei⸗
viertel Freunde, und die können ihm freilich nicht helfen.
Er felbft Hatte das höhere Talent, welches, um einen voll
endeten Freund zu finden, nöthig ift, nicht im vollen
Maße, ich meine jenes der reinen Poefle des Lebens, In
welcher Freiheit und Nothwendigkeit verföhnt und eine
geworden find, wodurch wir allein das Vermögen gewin⸗
nen, und unbedingt, und doch mit Bewahrung unferer
edlern Individualität, hinzugeben. Aber freilich der kühle,
kranke Lichtenberg und der zierliche Johannes von Miller (fo
zeigt- ec fich bier in feinen franzöflihen Briefen) *) eig⸗
nen ſich nicht fir Forſter, um fi ihnen ‚ganz hinzuge⸗
ben. Lichtenberg freut ſich ungemein über das zu große
Lob, das ihm Korfter in feinen „Anſichten vom Nieder:
rhein“ gebracht hat; ſonſt aber ift ihm der Mann fon
lange etwas unbequem, deſſen tiefen Sinn er ohnehin
nie verflanden. Müller may ihn wol verftanden haben,
ober er rettet nur fich und fhläge dann in Wien jam:
mernd in die Hände, daß es mit dem Freunde fo weit
gekommen iſt, mit einem Manne, der, wenn auch nicht
dor Jahr und Tag, doch vor Jahren und Tagen ein
guter Chriſt geweſen ſei und Johann Arnd's fromme
Werke faſt taͤglich geleſen habe. Wenn er das wußte,
warum rettete et ihn nicht damals, als es noch Zeit
war? Dennoch ſind beide Maͤnner zu entſchuldigen, eben
‚weit fie Forſter nicht genügen konnten. Friedrich Jacebi
hätte ihm genuͤgen können und gemlgen follen; aber es
iſt traurig, zu fagen, daß er grade dieſen ebenfo tiefjin:
nigen als edeln Mann am wenigften erkannte, und nicht
minder traurig, daß Jacobi das meiſtens nur exoteriſch
artige und angenehme Verhaͤltniß nicht zu erhöhen, ober
beffer,, zu vertiefen ſuchte. Auch findet ſich hier ein fo
ganz über alle Maßen heftiger Brief von ihm (vom Jahre
1781), daß wir wünfchen, ein folder Zorneserguß wäre
Allein die Herausgeberin vers
kennt Jacobi wo möglih nach mehr als Forſter feldft,
*) Ganz zu erkennen ift 3. v. M. nur aus ben Briefen an
feinen Bruder, bie, wie es fcheint, nody nicht genagſam ge:
lefen und betrachtet worden find.
biefer Heftigkeit (die rohe Feindſchaft der, Deutſchen Biblio:
thek“ gegen Voß) iſt ohne Zweifel ein guter; Aber der Zorn
wird zur- Muth, und zwar zu einer folhen, die ſich Ja⸗
cobi fonft Immer ſelbſt verboten hat. Arch der Schwie-
gervater Heyne kann Forfter wenig helfen, ee hat ſich
tängit an die Formen des Außern Lebens gewöhnt, ſtudirt
mit Setaffenheit fortwährend die alten Elaffiter und wohnt
in ihnen beimeitem mehr als in der Gegenwart, tieft
zahlreich beſuchte, mit gewaältigem Beifall felbft von Prin- -
zen und Grafen beehrte Collegien, gibt den Virgil heraus
und findet feldft in London einen Verleger u. f. w.
Biel mehr verlangt er von der Gegenwart nicht, und
wenn ihn auch in feltenen Stunden ein Mismuth über
manche deutfche Verhäftmiffe beſchleicht, fo begreift er doch
fchwerlich die Flammen in Forſter's Bruſt, und weil er.
fie nicht begreift, kann er fie auch nicht befchwären. Hu:
ber’8 Verhaͤltniß zu Forſter ift ein zu geheimnißvoll com:
plicirtes, al& daB wir genau Über daſſelbe urtheilen koͤnn⸗
ten. Er theilt jedoch manchen biftorifch = politifchen Str:
thum mit Forfter und kann ihm deshalb in bdiefer Hin:
fiht wenig ’nügen. Er ift, wie es fcheint, gemäßigter
und fanfter, gefunder und häuslicher, aber er bat Forſter
nicht genugfam imponiren Eönnen oder wollen. Soll ich
mit zwei Worten fügen, wer Forſter bitte fichee retten
tönnen, fo nenne ich unter ben edein Zodten, ohne alle
Sucht, misverfianden zu werden, befonders dieſe drei:
Thucndides, Tacitus und — Luther.
Pharifätfehes Urtheilen fei jederzeit fern von und, am
widerlichften und greulichſten aber wird der Phariſaͤismus,
wenn ee ſich in das Urtheil über Männer mifcht, bie,
ihre Zeit nicht ganz verftehend und fie bald zu hoch, bald
zu gering anfchlagend, fobann von ihr misverflanden, ſich
ſelbſt tragifch aufreiben. Forſter ift ein Ungluͤcklicher, der feine
Jerthuͤmer ſehr theuer bezahle bat. Wir brauchen nur
die einzige einfache Frage zu thun: wie befand fih denn
nun Forfter feit dem Herbſt 17922 in ben neuen Ber:
bäftniffen in Frankreich? und dann bie Antwort aus feis
nen Briefen zu vernehmen, ſowol in ben Zeilen ſelbſt,
als „zwiſchen den Zeilen”. Wahrlich, wie haben hier ein
böchft lehr: und warnungsreiches Buch vor uns; es muß
aber — recht gelsfen werden. .
Vergleihen wir nun diefe Brieffammlung mit ber
Gellert⸗Lucius ſchen, fo wiſſen wir kaum einen Anknüp:
fungspunft zu einer Vergleihung zu finden. Zu Gellert's
Zeit war Alles beruhigt oder doch befchwichtigt; Das Un-
angenehme ber irdiſchen Werhältniffe wurbe mit einem
halb religiöfen, halb metaphyufifchen: „Es ift nun einmal
fo’, abgefertigt. In guten Stunden verfaßte man fanfte
Klaggedichte, ober betrachtete überhaupt dieſe Welt als
eine Art von jleinigem Vorhof, auf dem ſich nicht viel
Blumen und Früchte erzielen laffen. Won einem Staats:
feben war in der bürgerlichen Geſellſchaft kaum oder doch
nur felten die Mede, man war größtentheil® zufrieden,
wenn man für ſich nebft Srau und Kindern Obdach,
Nahrung und Kleider hatte. Dreißig Jahre fpäter war
I fehe Vieles verwandelt. Manche fanden bie alte, oft bes
fahrene und an vielen Stellen etwas langweilige Kunfts
ſtraße, auf der man fo lange gewandelt hatte, allzu un:
angenehm und verließen fie; aber der Weg, den man eins
flug, war nicht immer ber beffkre, und Manche geriethen
fetöft auf einen unfichern Naphtaboden. Bei jedem flär:
tern Fußtritte firdmten Flammen aus demfelben heraus,
Flammen, mit denen man nicht fpielen kann. Nur fehr
Wenige erinnern dabei an — Hercules' Selbflverbrennung ;
dazu fehle auch Forſter fehr viel und vor Allem die ſtete
Bewahrung rellgioͤſer Handlungs: und Duldungskraft.
In jedem Falle aber gelte auch hier das herrliche Wort
Bürgers: - |
Was Yleden war — vermobert;
Rur ber Himmelsfunfe lodert
Einft geläutert zur Verherrlichung.
(Die Fortſetzung folgt.)
Annuaire du Bureau des longitudes pour Pannée 1833.
Diefes „Annuaire ift ein fehr nüsliches Buch und baher
wird es in Parts wenig gelefen. In der Hauptſtadt der gebilbeten
Welt, in dem Mittelpuntte ber europäifchen Givilifation, wie
die franzöfifhen Journaliſten wenigfiens ſich ausbrüden, vwill
man amufirt fein; wer dieſes genußfüchtige Lefevolf unter:
richten will, ift ein Pebant, eine langweilige Perfonage, bie
man mit ihrer Wiſſenſchaft an die Schuliungen und an bie
Stubenten verweif. Woher bie Zeit nehmen das „An-
nuaire‘‘ zu leſen? Sind nicht neulih 22 Bönde Ro⸗
mane, Schauder⸗, Mord⸗, Ehebruchſs⸗, Rothzudhtgefchichten
an einem einzigen Tage erſchienen? Iſt nicht der liederlichſte
aller Romane, „Faublas’, ben fonft ein Libertin nur bei verſchloſ⸗
fenen Ihüren las, aufs Theater gebracht worben? In Feiner
Stadt wird vielleicht fo viel, fo allgemein gelefeh ala in Pas
ris, nirgend gibt es fo viele unwiffende Menichen und felbft
unter ben gelehrten Ständen. Keep-sa-kes, Muſenalmanache,
den „Matthieu Laensberg” finder man in allen Lefezirkein,
bei Aerzten, Abvocaten, Eiteraten u. |. w. Das „Annuaire”
haben wie nirgendb auftreiben koͤnnen als in ber Biblio-
theque du roi, wofelbft wir gegenwärtig, den 31. Ja:
nuar, figen und mit flarrenden, eifigen Fingern dieſe Zeilen nie:
berfchreiben. Wenn viel gelefen wird in ber capitale du
monde, fo werden die materiellen Gapacitäten der Menfchheit
nicht weniger beachtet als die geiſtigen. Im Jahre 1831 wur:
den hier gebraucht: 776,784 Hectoliter Wein, 28,573 Hectoli⸗
ter Brantwein, 112,859 Hectoliter Bier._ Nebſtdem wurden
verzehrt: 1,161,136 Pfd. Trauben, 61,670 Ochſen, 14,389 Kühe,
62,867 Kälber, 288,208 Hammel, 76,741 Schweine und Wilds
fyweine, 996,369 trodene Käfe. Es find ferner bier gegeffen
worden für 702,180 Francs Auftern, für 477,610 Fr. Fluß⸗
ſiſche, für 3,415,159 Fr. Seefiſche, für 6,426,648 Fr. Geflügel
und Wilbpret, für 9,117,091 Fr. Butter, für 3,904,987 Fr.
@ier. .
Im Lanfe 'beffelben Jahres find geboren: 15,116 Knaben
und 14,414 Mäbdyen, zufammen 29.540 Kinder, von benen
10,878 uneheli find. Es wurden 6654 Ehen geſchloſſen; bie
Bahl ber Geſtorbenen betrug 25,996. Faſt der vierte Theil
der Kinder flirbt im erſten Jahre, ein Drittheil erreicht das
zweite Jahr, die Hälfte lebt bi zum 20., ein Drittheil bis zum
40. Jahre. Die Sefammtbevölfesung von Frankreich betrug im
Sabre 1881: 32,560,934 Gedlen.
Außer biefen und vielen anbern wichtigen ſtatiſtiſchen No⸗
tigen enthält bad „Annusire” einen fehr intereffanten Auffag
bes Seren Arago über den Ginfluß des Mondes auf unfere
Atmofphäre. Wir koͤnnen dem gelehrten Afteonomen in feinen Rai:
fonnements nicht folgen und beſchraͤnken uns, die wichtigften Res
N *
⸗
300
ſultate ſeiner Beobachtungen und Berechnungen mitzutheilen.
In Folge des Einfluſſet des Mondes auf unſere Atmofphäre
regnet es häufiger und ftärker gwifchen dem Neulichte und dem
Bollmonde ala in dem legten Dctante; dieſes wird beftätigt
durch Zoalbo’6 Beobachtungen, denen zufolge won 760
tagen nur 114 unabhängig von bem Ginfluffe des Mondes waren.
Im Ganzen genommen wirft unfer Gatelit nur ſchwach auf
ben Dunftkreis der Erbe. Der Wechfel der Witterung flieht mit
ben Wondöphafen nicht im feruften Bufammenhange; bies Get
Herr Aragso mit unumftößlichen Beweiſen bargethan. Schließ⸗
lich bemerken wir bier für bie Leſerinnen, bie gern im Mond⸗
fein wandeln, daß das Mondligt nicht ſchwarz macht, wie
mitunter behauptet wird. 143.
Eine Revenante aus dem Criminalrecht.
. In Berlin leben noch Manche, welche die ihrer Zeit viel
befprochene Urfinus von Perfon gefannt, und noch jüngft wurbe
ihrer bei Belegenheit der färchterlichen Sefina Zimm wieder ge:
dacht. Die Acten ber Urfinus find zum Theil gebrudt, es exi⸗
flirt eine Biographie, ihre Perfon gehört alfo der Deffentiich
keit, und es ift fein Verſehen gegen die Schicklichkeit, an fie zu
erinnern. Roch Lebt fie, eine hochbejahrte Matrone, unb wer
bie rüflige, große, ned von Lebensluft durchdrungene Dante
fieht, mag in ihr nicht fogleicdh die Krau vermuten, welche vor
30 Jahren beinahe das Auffehen einer Brinvillier mahte.
Die Zeiten aber find feitdem tragifcher, wenigftend melobrames
tifcher geworden. Die Thaten unb Attentate ter Urfinus find
durch bie zahliofen Verbrechen der bremer Giftmifcherin in
Schatten geftellt, aber in einer Epoche moralifcher Grfchlaffung
und ſittlicher Gleichguͤltigkeit, aus ber fie Herborgingen, waren
fie ganz geeignet das ſchaudernde Entſetzen burch Deutſchland gu
erregen. Mit ber Laft ihres ſchuldvollen Bemwußtfeins ging fie
nah lag und. hat dort durch SO "Jahre die ungeheure "küge,
daß fie ſchuldlos leide, feftgehalten, für den Pfychologen fein
geringeres Wunder, wiewol es häufiger vorkommt als ber wol⸗
lüftige Irrfinn der Gefina Timm. Wäre bie Urfinus nicht. bie
verflandesfluge Frau, bie jebe ihrer Sandlungen und Worte bes
rechnet, fo ließe fih glauben, was bei weichern Gemüthern nicht
felten vorkommt, baß fie fi vor fich felbft rein gelogen. Denn
fie vermeidet es nicht, von den auf ihr Taftenden Beſchuldigungen
zu ſprechen, fie konnte mit Elagendem Ion baran erinnern , fie
konnte feufzend bie Hoffnung. ausdrüden, einft werde ihre Um
ſchuld an den Zag fommen. Sie konnte auch ſcherzen. Einem
jungen Faͤhnrich fchenkte ſie vor fangen Sahren für eine Gefaͤl⸗
ligfeit eine Zafel Ehocolade und ſagte Tächelnd, als er zauderte:
„Fuͤrchten Sie ſich nicht, fie iſt nicht vergiftet.” As man
jüngft in ihrer Gegenwart das Geſpraͤch auf die Timm brachte,
hörte fie aufmerkſam, mit völliges Unbefangenheit zu, äußerte
ihr Entfegen über bie unbegreiflichen Frevel und erklärte, das
Buch davon leſen zu mollen. Nachdem ihre eigentlidhe Straf⸗
zeit auf ber Gitabelle vorüber, lebt fie nur noch unter policek
licher Aufſicht in der untern Stadt Glatz. Ein reichlicdes Ein
kommen aus ihrem vormundſchaftlich verwalteten Vermögen ſett
fie in ben Stand, ein Haus zu machen. Sie gibt ‚befuchte Ge⸗
ſellſchaften und macht Anfpruch auf Aufmerkſamkeit, fehr empfinb: .
lich gegen gefellfchaftliche Verſtoͤße. Ja, fo wenig hat langes
Leiden, bie Laft, die ihre Bruft trägt, und die Annäherung ber
Swigteit den eiteln Welkfinn ber @iebzigerin gebeugt, daß das
ihr einziger Lebensgedante fcheint, bie erſte und befle Geſellſchaft
bei fich zu ſehen. Wer brieftidh mit ihr verkehrt, ſoll oft geneigt
fein an ihre Unfchulb zu glauben; allein wer ihr Zuge ins Auge
fah und mit ihr ſprach, fommt davon zurüd. Dem Tode ſcheint
bie Eräftige Greiſin noch Tange trogen gu wollen; auch bie Gho⸗
lera, als fie in Glag mwüthete, wagte nicht an bie Thuͤr ber
Frau zu pocden, die felbft den MWürgeengel gerufen und. ihm
ins Gefi£t geblicdt, regungslos wie eine Larve. 26.
Nedighrt unter Berantwortlichkeit der Verlagshanblung: F. 4. Brodbaus in Leipzig.
. x
[)
— —
Blätter
für
literarifhe Unterhaltung
Donnerdtag,
-
Brieffammlungen.
(Bortfekung aus Ar. 72.)
Wie anders, wie fo ganz und gar anders iſt bie Welt,
die fih uns in der Baggeſen'ſchen Briefſammlung eroͤff⸗
net! *) Baggefen ift raftreih wie Forſter, aber aud
gefunder, frifcher und bei aller temporairen Hinneigung
zue melancholifhen Betrachtung doch fanguinifh. Das
Leben ſelbſt mache ihm mehr Vergnügen, er hat ed gern,
wenn Prinzen und Prinzeffinnen, oder überhaupt einflußs
reihe Männer und Frauen ihm gewogen find; er reift
gern, lieſt gern vor u. f. w. Das Alles ift nicht bios
unfchuldig, fondern Iöblich. Alles Meittelmäßige, obwol er,
wenn es ihm im Leben begegnet, baffelbe mit Laune erträgt, iſt
ihm, fobald es fich ihm felbft als Eigenthum aufbrängen
will, hoͤchlich zuwider, und er fieht fich deshalb eifrig um
nach dem Hoͤchſten und Herrlichiten, was die Poefie und
Philoſophie aufzuzeigen hat. Er will, um «8 mit einem
Worte zu fagen, durchaus in das Reine kommen über
das Raͤthſel der Welt und des Bewußtſeins; doch das
Schoͤne ſoll dieſe Erkenntniß vermitteln. Da bietet ſich
ihm zuerſt Kant, theils als großartig zermalmender, theils
als ein neue Welten enthuͤllender Lehrer an; aber der
Mann iſt faſt gar zu groß, und vielleicht eben weil B.
ihn grenzenlos verehrt, begegnet er ihm im Leben nie.
Es bedarf eines Vermittlers, und bdiefen findet er zuerft
in Reinhold, jenem reinen und holden Damme, der als
rühmlicher Anti: Egoift immer nur die dee wollte, nie
ſich ſelbſt allein als Philofophen. Er, „der Exfte der Ler:
nenden”, wird Baggeſen's Freund, der nun mit ihm ges
meinfchaftlih Iermt und in bes Freundes „Briefen über
die Kant'ſche Phitofophie”, ſowie in deſſen „Elementar⸗
Ichre” einen wuͤrdigen Stoff für fein höheres Denkver⸗
mögen findet, das ſich bei ihm auf eine geniale Weiſe
ausbildet. Uber eben um dieſer genialen Weiſe willen
bebarf er eines Mannes, ber großartig zu denken und zu
dichten zugleich verſteht, und diefen findet er nicht in Rein;
Hold, fondern in Schiller. Der herrliche freigefiante Pofa hat
ihn bezaubert, ber „Abfall der Niederlande” hat ihn auf die
2) Aus Jens Baggefen’s Briefwechfel mit Karl Leonhard Rein:
hold und Friedrich Heinrich Zacobi. Mit 28 Beilagen. Zwei
Theile. Leipzig, Brodhaus, 1851. Gr. 8, 5 Ihlx.
u ee ——————————
14. Maͤrz 1833,
erfreulichſte Weiſe belehrt; er vergättert „Die Goͤtter Grie⸗
chenlands”, und das tiefſinnige Gedicht: „Die Kuͤnſtler“, ent⸗
zuͤckt ihn in einem Maße, wie ſonſt keinem Werke gelungen iſt.
-Da kommt 1791 ihm die Nachricht, ber treffliche
Dichter, der ſchon eine geraume Zeit gekraͤnkelt habe, ſei
geſtorben, die Nachricht verbreitet ſich ſchnell und ein all⸗
gemeiner Schmerz erfuͤllt jeden Hoͤrer. Sollte dir, lieber
Leſer, die Gegenwart zuweilen ein wenig kuͤhl, wenn nicht
gar kalt, ein wenig liebearm, wenn nicht gar liebelos vor⸗
kommen, und bu moͤchteſt bir einmal eine Zeit verge
genwärtigen, in der es anders war, fo lied in den damas
ligen Zeitungen und Briefen, befonders aber in diefer
Baggefen’fchen Sammlung nad, wie bie Deutichen und
bie deutfchen Sprachgenofien einft zu lieben verflanden.
Die Römer Eönnen kaum den Tod des Germanicus und
Drufus tiefer beklagt haben, als wir damals Schiller's
Tod; und wol dürfen wie biefes fonderbare Gleichniß
wagen, benn das iſt eben das Bedeutende, daß bie Deut⸗
fhen diesmal gar nicht nah Rang und Titel fragten,
fondern den Verluſt Friedrich Schillers, außerordentlichen
Drofeffors in Jena, eines armen, kranken, jungen Man⸗
ned, als ein entfchiedene® oͤffentliches Ungluͤck (publica
calamitas) betrachteten. Schiller'6 Leben ſchwebte damals
allerdings in der höchften Gefahr; als er ſich aber wieder
gerettet fah, ward ihm dafür auch die große Freude, zu
fehen, wie man ihn überall geliebt und feine Erequien
gefeiert hatte. Die Freude über feine Genefung war
nunmehr aligemein, indeſſen fehlte ihe doch meiſtens jene
Begeifterung, die fich bei den Meiften im Schmerze gläns
zender zeigt, wenigftens befumbete fie fi micht veei.
Hätte man näher nachgefragt, fo würbe man erfahren
haben, dag Schiller's Geneſung nur eine fehe kuͤmmer⸗
liche war, daB er das Leben nur dem Tode abringe, was
deshalb Immer auf die zartefte Weiſe behütet werden
müfle. Man wuͤrde vernommen haben, daß Schiller arm
fei und nur 200 Thaler Befoldung genieße, daß ber Arzt
eine Reife nach Karlsbad für unerläßlih halte, und er-
fahrene Leute hätten hinzugefügt, daß eine folhe Cur
nebft gehöriger Erholung füch nicht wohl von dem Gehalte
eines außerorbentlichen Profeffors beftreiten laſſe u. ſ. w.
Was würde aus unferm Schiller geworden fein, wenn
fi) nicht der Herzog von Auguftenburg und ber Graf
Schimmelmann auf die edelſte Weiſe für ihn huͤlfreich
-
02
gezeigt hatten? Daß fie fich aber fo zeigten, davon war
ohne Zweifel Baggeſen die Urfache, der zuerſt jene vor:
teefflichen Männer mit den Schriften bes großen Deut:
ſchen bekannt machte. Wahrlich, es iſt gut, es if ſehr
nöthig, auf dergleichen bedeutende. Facta das vergefliche
Publicum von Zeit zu Beit aufmerkſam zu machen, da⸗
mit es nicht in Setbftzufriedenheit allzufanft einſchlummre.
Außerdem aber finden wir bier einen abermaligen Be⸗
- Seg für einen merfwürdigen Moment in unferer Literar:
gefhichte. Manche unferee jungen Dichter und Kritiker
denken ſich das Verhaͤltniß Schillers und Goͤthe's ganz
anders, als‘ «6 war, weil fie, meiſtens nur in der neuen
und neurften Zeit lebend, gänzlich ignoriren, daß, als bas
Verhältniß der beiden großen Männer begann, Schillers
Berühmtheit die briweitem größere war. Goͤthe's Gele
britaͤt durch „Big vom Berlichingen” und „Werther war
allerdings eine ungeheuere, aber auch raſch vorübergehende,
und eine Menge von Moderantiſten und Philiſtern be⸗
muͤhten ſich (leider nicht vergeblich ), ihn als ein gefaͤhr⸗
lches Genie vwerbächtig zu machen. Auch das größere
Publicum, deſſen Beifall ohnehin nur durch bie glänzende
Schabe jener beiden vortrefflichen Werke erregt worden
war, wurde bald wieber nuͤchtern. Es ließ ſich auf „Jphl⸗
genie und „Taſſo“ nicht ein, und weit entfemt, fich bei
dem Michtoreftiehen des Groß⸗ Kophen” zu befcheiden, ers
Härte es denſelben gradezu fin langweilig und ſchlecht,
‚ja es wollte non beffen Keinele Fuchs” kaum etwas: wiſ⸗
fan, Mit Schiller ſtand es ganz anders. Unter hundert
Jangliugen waren gewiß neunzig,. welche „Die Räuber”
v en, und als er vollends In ber hoͤchſt beſcheidenen
Ankuͤnbigung der „Thalia“ (1784) bie Mängel feiner fruͤ⸗
hern Werke ſelbſt laut verkündete, erwarb ex ſich auch den
Deifall ber aͤltern Eritiichen Welt in einem Grade, wie ihn
dee Juͤngling Goͤthe nie gehabt hatte. Fragt wur, liebe
Juͤnglinge von. 1832, bei Altern Maͤnnern nad), rote einfl
ein nes Bruchſtuͤck aus „Don Carlos”, ein Deft ber
„Thalla“, ja ſelbſt nur ein einzelnes Schiller'ſches Gedicht in
Deutfctand begruͤßt wurde, und ihr werdet erfahren, daß
man das Alles mit endlos trunkenem Freudejauchzen auf⸗
nahm, während von Goͤthe nur bei dem ſeltenſten und ge⸗
biibetſten Maͤnnern die Rebe war. Wenn dethalb Schil⸗
ler 1794 Goͤthe zuerſt die Hand reichte, ſo geſchah es
nicht, um ſich an den Maͤchtigern anzuſchließen, denn: der
Maͤchtigere war er, ſondern weil ex weit Über ber Mei:
sung des größeen Publikums ſtand, und mit tiefem Geiſte
Goͤthe's hoͤheres Genie freudig und uneigennuͤtzig aner⸗
kannte.“) Goͤthe ſelbſt bat dies Abbrali genau erſchaut
*) Selbſt im Jahre 1795. fg. dauerte bie Kälte ober gar das
Miswollen gegen Goͤthe noch fort, und wenn wir bie Krage
aufwerfen: Warum gingen bie in mancher Hinſicht fo vor:
trefflichen „Horen“ fo bald ein? fo tft die jaͤmmerliche, aber
wahre Antwort zu geben: Größtentheild wegen bee vielen
Gdtheſchen Beiträge, Noch einmal: fragt nur nad, ihr
jungen Eefer, wie man bamals bie „Unterhaltungen beuts
fer Ausgewanderten”, den „Benvenuto Gellini’ u. A. aufs
nahm, und ihr werbet erfahren, daß man fie faft allgemein
„hbchſt langweilig” fand. Es fehlte ſelbſt jene Löbliche
Scheu, bie.man in fpätern Jahren übte, ein ſolches eien-
und ganz beſonders in ben legten Xheilen ber — mehr
befprochenen als gründlich gelefenen — Briefſammlung
bie unſchaͤtzbare Kritik und innige Erquickung gerühmt,
bie er durch des Freundes Mittheilungen forwie durch das
ganze Verhaͤltuiß emmfangen.
Kehren wir zuruͤck zu Baggeſen, fo finden mir Wider,
daß er ſich Goͤthe nie näherte, ja fügar, daß er fich
ihm nie nähern wollte. In fruͤhern Zeiten verfannte er
ihn ganz, und erft fpäter als dieſe Briefe reichen ſcheint
ihm einiges Licht über ihn aufgegangen zu fein. Aber
auch mit Schiller entitand ein näheres Freundſchaftsver⸗
haͤltniß. Baggeſen konnte beiten ruhige Kraft und — faſt
möchte ich fagen — „felfige Foſtigkeit· dem Merſchen im
Leben gegenüber zwar als hoͤchſt bebeutfam ‚anerkennen,
aber ‚nicht Lieben, umd auch Weinhold klagt, das es ihm
unmöglih fei, Schiller als Freund mäher zu treten.
Baggeſen gehört zu der Gattung von geifteeichen Men⸗
chen, die, um in ihree anziehenden Eigenthümlichkeit zu
sıfcheinen, dee ausführlichen, gänzlich, unbefangenen, nach
alten Selten. hinfchweifenden Rede beblrfen, und bazu
fand er bei Schiller nie Gelegenheit. Dafür iſt fen Ver
haͤltniß zu Reinhold ein Im höchften Grabe intereffante®:
Es kann uns fogar ein Lächeln anmwandeln, daß dieſes
Verhaͤltniß fich zuweilen faft wie ein Liebesverhaͤltniß ges
ſtaltet, wobei es niche bios an @iferfucht, ſondern fogae
an Eiferflchtelet und an depit ameuremz nicht fehlt; aBer
bei näherer Betrachtung werben mir doch immer finden;
baß der Grund jenen Ueberzartheiten ein edler ſei. Ver⸗
zeihen wir dev Liebe die Eiferſucht, warum nicht auch ber
Freundſchaft? und ift jene Abſchweifung zum Eiferflichtetet
wirklich nicht abzulzugnen (was noch bie Frage wäre), fo
möüffen wir doch einrdumen, daß beide Maͤmnner ihre
nen Schwächen gegen einamber ftets auf bie liebenswuͤr⸗
digfte Weiſe wieder gutmachen.
Dennoch follte auch dies fchöne Verhaͤltniß nicht ganz
umgetrhbe bleiben, obwol nur in phildſophiſcher Hfnftcht.
In beiden Männern war das hoͤchſte Streben nach gei⸗
fliger Befriedigung, und nur dieſes kann erklaͤren, daß
der fanftere Reinhold von Kant zu Fichte, vom Fichte zu
Bardili m. f. w. überfrat. Bon jest an konnte Baggeſen
nicht mehr mit ihm feine phitofophifchen Spaziergänge ge:
meinfchaftlih umternehmen, und es iſt auch überhaupt mit
diefem philofophifchen Luftwandeln eine eigne Sache. Hoͤch⸗
ter Enthuſiasmus, flammende Verehrung für irgend eis
nen ber deutfchen Philofophen wechfelt mit Käfte und Bit⸗
terfeit, und die Götter und Gögen, bie er anbetet, find
nie fiher, gelegentlich auch wieder verworfen zu werben.
Baggeſen hat nicht Reinhold’ große Selbſtverleugnung,
und fehr philoſophiſcher Wig bildet uͤberſprudelnd oft eine
Oppoſitlon ſelbſt zur Philoſophie. Diefe Bemerkung foll
keinen Schatten auf Baggefen’s Stubim werfen. Es fol
bes- Möurtheit auszufprechen. Man fage nicht, daß auch
Schiller's dunklede philofophifche Auffäge in den „Horen“
an dem ſchnellen Verbluͤhen biefer Beitfchrift ſchuld geweſen.
Sie fanden freifidy viele Widerfacher ; aber für langweilig
erktärte fie doc Niemand, und die Gedichte welche Schil⸗
leg gab, machten Alles wieder gut.
nur auf die teidenfaftliche Heftigkeit
der Jlingling überall in Liebe und Haf mehr oder weniger
watermorfen IR, zugleich aber möge 06 ia Oagmutpeil für
den Haben, eine Rahnung fein, dech nunmehr ja nicht zu
gauben, Feierabend machen und fid gleichſam ab: und
verficlleßen zu blrfen. .
Nur unter gewiſſe, nie erfuͤlbare Wünfee follen wir
einen raſchen Sirich machen; unter unſer philoſophiſche⸗
Streben nie. Die Sache iſt wahrlich fehr wichtig, denn
nur zu häufig begegnen wir jegt Maͤnnern, die ehedem
als Juͤnglinge nit ohne gute Anlage die Kunft zu
philofophiren trieben, jest aber — menn ich das berbe
Bild gebrauchen darf — bie metaphpfliche Pfeife audklo⸗
pfen, bie Nachtmuͤtze auffegen und fid zur Ruhe begeben,
bei welchen Anblid die echten Philiſter, bie nie aus ber
VNachtmuͤtze herausgelommen find, fröhlich in die Hände
Hatfchen und fagen: „Bott Lob! num wird der liche Mann
doch endlich auch einmal vernimftig, und wenn er ſich im
unſer Kränzhen aufnehmen laſſen wi, meine Stimme
kriegt er.” ‚
Während aber Baggeſen's Stellung zur Philofophie
eine gefährliche wird, führt ihn fein guter Stern in die
nähere Bekanntſchaft mit Frledrich Heinrich Jacobi, den
er früherhin nur obenhin gekannt Bat. Ich habe: über
dieſen vortrefflihen Mann fo viel auf dem Kerzen, daf
ich kaum anfangen mag, Über ihn zu seben, weshalb ich
mic; bier nur begnögen will, amuführen, daß er unter
den Philsfophen des 18. Yahrhumderns bis etwa 1795
ganz ‘allen und wmbegriffen daſtand. Er trieb Die Phi⸗
Iofophie und die Phlofophien im häcften Grade gränd:
U — über Spinoga hat er vielleicht das erſte entfceis
ende Wort geſprochen — aber ſtets, wie mid, bimkt, ohne
Hoffnung, auf irgend einem philofophifhen Wege Beftie-
digung zu finden. Friedrich Schlegel's Aeußerung, daß
«8 Jacobi an logiſchem Enthuſiasmus fehle, und daß er
gleich fam ein philofophifcer dtomeo fei, der von der Phls
Iofophie verlange, daß fie eine Julie machen folle, if
wigig, bat aber einen weit tiefem Ginn als Schlegel
ſelbſt in dem mutgeitigen Augenblide der Wigproduction
geahnt Haben mag. kommt am Ende doch bei uns
Auen afen darauf an, ob wir jene Julla finden; ımb
wahrllch, Jacobi hat, wenn auch nicht die Julia, doch
eine Zulia gefunden: jene grumdliche Wereblung der Seele
weine ich, melde unabläflig nach dem Verein mit ber
Schoͤnheit ringe. Was dabei in einzelnen Ja⸗
cobi’fhen Urtheilen Einſeltiges und Irriges mitunterldäuft
— befonders in feinen fpätern Lebensjahren — werde dem
ſchwaͤchern Moment angerechnet. Diefen Mann nun fand
BVaggefen, umd in ihm und durch ihm glaubte er ſich bes
feledigt, denn durch bie Jacobi’fche Philofophie erfchien hm
die Phitofophie felbft — entbehrlich, gleichfam als beftche
der genialſie Gebrauch der Philoſophie darin, die Philos
ſophie überflüffig zu machen. Auf diefem Standpunkte
biegt Alles, was wir Myſtik im hoͤhern und mindern Sinn
nermen, nahe genug, und Baggeſen ſtüuͤrzte ſich mitten in
ihre Wogen. An Unterfinken dachte er nicht, und wohl
durfte er auch bis zu einem ge m Grade: feiner
Sqhwimmkunſt vertrauen. Die DE feiner My:
iſt von fo feltener Bedsutfamkeit, fo vereint mit Kıaft
Helle, baf wir ein wenig bei ihr verweilen möäflen.
je thun am beſten, wenn wir ihm barlber ſeiber reden
taffen, da wir ohnehin in biefer langen Recenfion auf
wegen meiner Schwaͤche und bemütpig wegen meines Kraft. Hier
Spa, un i ——
D Jacobi! wir a aa genus!"
Topo⸗ geogtaphiſch⸗ ſtatiſtiſches Lexikon vom Königreiche
Valern, oder alphabetiſche Beſchteibung aller im Königs
veiche Baiern enthaltenen reife, Gtäbte, Märkte,
Dörfer, Weiter, Höfe, Schiöffer, Emsden, Gebirge,
vorzüglichen Berge und Waldungen, Geroäffer u. f. w.,
von 3.4. Eifenmann und G. Fr. Hohn. Zwei
Bände. Erlangen, Fein und Enke. 1831 — 32.
Wenn wir von biefem ausgezeichneten, aus den beften, meiſt
amtfiien Quellen gefhöpften Werke hier minder ausführlich
berichten, fo liegt e& in der Natur des Gegenftandes, der aller-
ding6 zunähkt mehr ein auf Baiern befhränktes Intereffe zu
-
30% 2
haben ſchelat. Der Gelehrte freilich, der ſich mit Geographie,
a Gtatiftit beſchaͤftigt, oder Poſtbehoͤrden des Aus⸗
Landes werben es wegen ber genauen Nachweiſungen gar nicht
entbebren koͤnnen; inbeß iſt dies der kleinſte Theil der Lefer bie
fee Blätter. Ohne alfo in bie Einzelnheiten einzugehen, geben
wir nur eine Schilderung dieſer literacifdgen deinung im
Allgemeinen, zufeieden, auf bie. Verbienfte und NRachahmunge⸗
wärbigkeit der Unternehmung aufmerffam gemacht zu haben.
Hoffentlich wird es keinem gebildeten Baier in: biefen Blaͤttern
zum erften Male genannt und befannt; denn in Baiern wird
doch wol bald Leine Dberbehörbe, kein Amt, Teine Stadt⸗ ober
Schulbibliothek und keine Poftanftalt fein, von welcher ein ſolches
Werk nicht angeſchafft würde. Aber der Preis von 8 Thlr. 20 Er.
oder 14 It.! Scheinbar allerdings viel, aber nur fcheinbar ; benn
das Buch hat 148 Bogen oder gegen 2400 Seiten groß Lexi⸗
konoctavs und engen Drudes auf fhönem Papier, ſodaß doch
der Bogen faum 6 Kr. ober 16 Pf. koſtet. g
Died Lerilon enthält nun feinem Titel zufolge eine alpha
betiſche Beſchreibung aller im Königreidhe enthaltenen Kreife,
Städte, Märkte, Dörfer, Weiler, Höfe, Schloͤſſer, Einoͤden
(einzelne Häufer), Gebirge, vorzügliche Berge und Walbungen,
Gewäffer u, f. w. Dies „u. f. w.’ tft indeß kein gewöhnlicher
Titelpleonasmus, fondern es find darunter noch die Befchreibung
und Aufführung anderer Gegenſtaͤnde gemeint, die man auf ben
erſten Blick bier nicht fuchen würbe: wie z. B. der wichtigften
abeligen Befchlechter, bie Analyfe mehrer Mineralwaſſer (ob⸗
gleich nicht aller), Leberbleibfel des Alterthums, Höhlen, wichti⸗
ger neuerer Inſtitute (z. B. das Walhalla), des Umfangs ber
alten Bauen bes Landes, der alten Rocalfagen, ber Gelehrten,
die bier und bort geboren find ober gelebt haben (feibft Jean
Yaul’s Lieblingswirthehaus bei Baireuth ift nicht vergeflen).
Auch das Quirinsdl bei Zegernfee hat feinen eignen Artikel.
Mit welcher Gewiſſenhaftigkeit nach Vollſtaͤndigkeit geftrebt wors
den iſt, bezeichnen die Tauſende von Auffuͤhrungen einzelner
Muͤhlen, unter ihren beſondern Namen und Lagen, und die ge⸗
naue Nachweiſung gleichnamiger Orte. So kommt die bloße
Begeihnung Müple 84 mal, Aumühle 52, Neumuͤhle 103, Au
115, Grub 116, Buch 80, Thal 79, Ziegelhütte 190 und Zie⸗
gelftadel wol 100 mal, Ried 101 Mal vor.
Die größten Artikel find: Baiern ſelbſt (momit wol ber
befondere: Verfaſſung, gleich hätte verbunden werden koͤnnen),
dann bie einzelnen Kreife, Hauptgebirge unb die wichtigern
Staͤbte. Ueberall ift nicht blos Häufers und Seelenzahl, ſondern
auch Zahl der Gewerbe, der geiſtlichen und weltlichen Behoͤrden,
und bei jebem Orte Kreis⸗, Lande oder Herrfchaftsgerichte und
Entfernung von ben nächften bedeutenden Orten, befonders ven
Poſtſtationen, angegeben. Sehr banktenswerth find bie befonbers
in den fpätern Buchſtaben noch häufiger angehrachten hiſtori⸗
ſchen Heminiscenzen, wenngleich Hin und wieder noch einige
geleprte Zweifel zu erheben wären. Manche ber Localfagen has
ein großes poetiſches Intereffe und erinnern an —**
anderer Länder. Es ſei erlaubt bie ſchoͤne Sage vom Untere⸗
berg in ber Nähe Salzburgs Hier aus dieſem Artikel mitzuthei⸗
len, wobei der Tächfifche Lefer in Gottes Namen an feinen thuͤ⸗
ringiſchen Kiffhäufer benlen mag: „Von biefem Berge gebt das
in Baiern wie in Deftreich befannte Märchen, Kaifer Friebrich
ber Rothbart, welcher wegen der Wahl misfälliger Individuen
zu Erzbiſchoͤfen von Salzburg biefes Land in ber zweiten Hälfte
des 1%. Jahrhundert verheerend mit Krieg überzogen, fei mit
feinem Hoflager und feinen Kriegöfcharen in das Innere bes
Berges eingefchloffen. Kriegeriihe Muſik und Waffengeklirr
follen, befonders bei berannahenden Kriegen, aus den Höhlen
des Berges fchallen, wilde Ritter und Knappen auf feurigen
Hoffen, in glühenden Panzern und mit flammenden Waffen um
Mitternacht die benachbarte Gegend burdhfürmen und mit
ſcheidender Nacht wieber in den Berg, deſſen eherne Pforte
zwifchen den emporragenden, durchkluͤfteten Felſenſtuͤcken (Defen)
beim Hallthurme hinter den Zrümmern ber Burg Plain dem
Wanderer nur felten und licklich (auf Augenblide) dat
bor wird, rideilen. Hier follen die Gebannten in 28
uter e jenes furchtbaren Tages harren, wo Unglaube u
—** errſchſucht den hoͤchſten Grad erreichen und die Bol⸗
ker ſich wie im Wirbelwinde antinander drängen, um auf ber
weiten Ebene von Wals eine Boͤlkerſchlacht & lagen, in weis
der Kaifer Friebrich mit feinem Heere den Sieg erringen wirb.‘'
Bei dem Pfarrdorfe Waltershaufen an ber Milz if fogar der
Kaufpreis, ben ber Profeffor Sartorius in Göttingen bafkr
bezahlte (56,000 Il.) und mit beffiin Ramen er Tih in ben
Sreiherruftand erheben ließ, angeführt. Won dem Balhalla,
dem prädtigen Tempel aus weißem Wlarmor, beißt es u. &.:
„Den Buß bes Berges umgeben mädtige Mauern; zwei breite
Treppen führen hinauf, unb in ihre Witte kommt die Halle
ber Srwartung zu ſtehen, worin bie Bruſtbilder ber noch Le⸗
benden ſich befinden. In ber Walhalla felbft werben, wie is
einem Tempel ber Berflärten, bie Bruſtbilder aller großen
Deutichen von faft zwei Jahrtauſenden prangen: Fuͤrſten von ben
Pipinen an bis zur großen Maria Thereſia, Friedrich dem Gro⸗
fen u. ſ. w., Helden von Arminius bis auf Bluͤcher, Glaubens⸗
männer, Waife, Dichter, Känftler. Die meiften Bäften und
Vorarbeiten find fon vollendet u. ſ. w.“ Möge niemals Giner
vorüdergehen, der ba hungernd bete: Herr, gib, daß biefe
&teine Brot werben! 118,
Notizen.
Ein franzöftfcher Journaliſt bemerkt: „Welch anderes Schick⸗
fat fände gegenwärtig Frankreich und den übrigen Kationen
Europas bevor, wenn alles Geld, das man feit zwei Jahren auf
jo unfruchtbare Weiſe in Kriegsrüftungen aufgewendet hat, je
nüglichen Arbeiten wäre ausgegeben worbens wenn ſich bie Voͤl⸗
fer damit beſchaͤftigt hätten, ihre bürgerlichen unb politifchen
Einrichtungen zu verbeflern und bie Schäge der modernen Gis
vllifation auszubeuten, anflatt ſich einander wechlelfeitig zu
fürdten zu machen!’ Auf einer Seite ift das allerdings wahr,
auf der andern hat es fih aber doch immerbar bewährt, daß
nur die Erfahrung Groß und Klein in ber Welt erzieht. Die
Lehre, welche die Regierenden unb Regierten aus ber Spannung
und den Irübfalen ber legten zwei Jahre gezogen haben, wear
beiden unerlaßlich!
Das Decemberheft ber „Bevuc encyclopedique‘ enthält
einen in Auftrag ber parifer Alabemie der Wiſſenſchaften von
eren Augufte de Gaints Hilaire gelieferten Bericht über das
von dem brafllifhen Staatsminifter Joſe Keliciano Fernandes
Pinheiro verfaßte Werk: „Annaes da provincia de 8. Pedro‘.
Rachdem Herr von St.⸗Hilaire bie Irrthüͤmer bed John
Mawe in feinen „Travels in the interior of Brazil 1815 ans
gebeutet bat, weldger Reiſende in Curopa bas erfte Licht über
das vor ber Ankunft bes Könige Johann VI. allen Fremden
forgfam verfägloffene Reich verbreitete, gebenkt er ber Berbienfte
des Abtes Manoel Apres de Gazal, des Baters ber brafili:
fen Geographie, in feiner „„Corografia brazilica”, und geßt
fo zu D. Yofe Feliciano über, zu beffen Werte in topographi⸗
ſcher Hinſicht eigne Unterſuchungen fowol als lange Nachfor⸗
fhungen in ben Ardiven des Landes, in hiſtoriſcher Hinſicht
Unterredungen mit Perfonen, bie ben Gang ber Greigniffe ge>
nau Fannten, Daterialien geliefert haben. Der Verf. burdhs
fteich felbft die Provinz Mio grande auf feinem. Poften als Feld⸗
sichter in bem Felbzuge von 1812 und lebte altdann ſechs Jahre
ruhig in ber Hauptflabt, wodurch ihm genügende Zeit und Ge⸗
legenheit zu feinen Studien geboten warb. Herr von St. : His
laire gibt nach diefen Annalen einen kurzen Abriß der Geſchichte
und Geographie bed Landes, beffen Mittheilung wir uns bier
verfagen, wo cd genügen kann, auf das Werk im Allgemeinen
aufmerffam zu machen. 153.
— — —
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagäbandlung: F. U. Bro@hans in Leipzig.
a —.———— swWWe— .
\ =
U . n
* Me
4J.
—
FE) eh Zu Be —
literarifhe Unterhaltung
Breite
d4
Ein ort über deutſche Brieffteller, mit befonderer
Beriehung auf Gellert's, Forſter's, Baagefen’s
Brie J — aus Nr. 73.)
Baggeſen redet S. 293 Jacobi an: „Du wahres
Kolb, mit dem die Philiſter alle heimlich pflügen”. Kin
derbes treffendes Wort, deutlich für Alle, bie unfere fruͤ⸗
bere philofophifche Literatur, befondere die von 1783 bie
‚etwa 1810 kennen.
©. 333: Geſchichte ift grade — was nidt iſt. Was ift,
1äßt ſich To wenig erzählen wie ermelfen. Es laͤßt ſich biswei:
"Im datftetlen; aber, großer Gott! wie verfähieden it rin jeder
ſother Gonnenblick von Ser hiſtoriſchen und philefophifchen Klar⸗
dit! Er Gtembet aile bidden Augen, denn er burchdringt. DO Ja:
cobi! tiefer und tiefer biß in die tieffte Tiefe meines Gefühle
bin ich nam ber Ueberzeugung durchdrungen: Nur in. ber Dich:
tang liegt das Wahre, und ber Menſch wacht nirgend als im
Eraum. Richt was er greift, fonbern was ihn ergreift, iſt hei⸗
Ug; md ie wenn 'er nicht weiß, was ev ſpricht, ſpticht er
werke. : Die Keftrion verderbt jede Anfihntiung und dad beut:
liche: Broußtfein.zernichtet dad Wiffen. Ob ich fühle, was ich
gefagt ?. iſt meine. einzige Probe; und Tamit ich darin befiche,
fage ich nur, was ich führe. " Etwaͤrme mich, o Phiſoſoph! vdtr
Dein Licht if wicht vom Himmel.
Wie nun ein Mann, der folche Wiſſens, und
Glaubrusſaͤtze 408 den höchſten Gewinn der ernſteſten Stu:
Dben ſehnes -gangen :Zubens betrachtet, lieben müͤſſe, iſt m
MBezühmng auf die Korm der Neigung in der Freundſchaft
ſchon angedeutet worden; wie er aber bie Liebe ſelbſt tiber,
jome Lirbe, ‘anf ie wir Deutſchen uns ſchen ſeit Her:
rardan's Briten vecht wohl verſtauden, und die wir eines⸗
wegs dudch „Romeo“ uud „Werthet“ erft kennen · kerrren
wur, daruber iſt kaum eine Andeutung henreichend,
ſondern mir koͤnnen nur auf die Briefe ſelbſt Hinzeigen,
die mit dam Feuerſtrom ihrer Verechtſamkeit auch bie kaͤl⸗
teſten Leſer hlureißen und entzinchen weroen. Doppelt
und dreifach aber merkwmuͤrdig und anziehend iſt es, daß
ſth die Liebe hier im Verhaͤltuiſſe der Ehe zeigt. Au
das iſt nicht neu in Deutfchland, und ich könnte nur an
den berühmten officiellen Prachtdichter und Oberceremo⸗
nienmeifter Johann won Beſſer (gef. 1729), der gleiche
falls feine Gattin mit ſtets ſich gleichbleibender Leiden:
ſchaft liebte, erinnern; aber gefchildert iſt ein folches Ver⸗
haͤltniß ſelten oder nie. Hier iſt ein ſolches Gemaͤlde, ein
großgttiges, herrliches, mannichfaltiges wenigſtens ſtizzirt
vorhanden, und der Himmel ſoll mich bewahren, ein ſol⸗
—— — —— ——— ꝰ õ õ õ õ ä ä ä ä ä ää — —— — —— — —, —— —
ches vecenſiren () zu wollen, da ehnehin das Beſte, was
ſich daruͤber ſagen ließe, wicht gebdruckt werden kann... Hier
genuͤge es, Alle, die, was wir im gewoͤhnlichen Leben
„das Menfchenherz” nenwen, im. ungemöhnlichen Leben, in
Liebe, Schmerz, Todestrunkenheit und Kraftaufraffung
ſchaurn wollen, dringend gu bitten: fchaut dies .nenße
Gemälde an.
Wenn nun ein Buch nichts weiter enthielte, :ald was
ich bisher angeführt. habe, fo wäre es gewiß ſchon ein
hoͤchſt anziehendes, .und dadı mthält das vorliegende noch
weit «mehr, ſobald wir uns auf den welthiſtoriſchen ober
vaterlandeſch⸗ hiſtoriſchen Standpunkt verſetzen. Dieſer Knat
und Fichte, dieſer Schiller und Reinhold, diefer Wi
und Jacobi, dieſe Literaturzeitung u. ſ. w. bildeten jenas
deutſche Deeennium, und Baggeſen gebt in feinen ‚philes
fonhifchen Freuden und Leiden einen beftinmiten -EBihet-
ſchein jener Belt. Es MR deshalb unſtatthaft, don Bag⸗
gefen zu verlangen, daß er jedesmal das Richtige nder
das Genehme ausſprechen ſolle; gemig , daß er bie hiſto⸗
riſche Aufgabe erfuͤllt und als bedeutſame Aeußerung jener
Zeit betrachtet werden darf. So geſteht Kec., daß er in
manchen phlloſophiſchen und noch mehr in aͤſthetiſchen Ur⸗
Heilen mit Baggeſen durchaus nicht ſympachiſiren koͤnne,
z. B. in dem maßloſen Lobe ber „Aeneide“, ſowie ihm auch
weder bie Jacobl'ſche noch Baggeſen'ſche Anficht ven Jean
Paul genügen Bann, der moch weit höher ſteht, als Beide
:anmthewen. *) Ex beſotgt, daß⸗dieſe Differenz immer und:
‚ee werden. -anlınde, wenn wir den ſpaͤtern Briefwechſel von
1601 fg. befämen; ein auf jeurm amgebeuteten hiffo⸗
riſchen Standyunkte ‚weiß er jene Verſchiedenheiten Leicht
zu ſtellen uud ihre bezichungsreiche Bedeutung zu erken⸗
am, ohne daß ihn dethatb irgend vin befonberer Gram
über die Differenz; anwandeln / ſollte. :
Wir fehen: hier ferner, wie. jene Zeit, die auf dan
praktifchen Forſter fo praktiſch wirkte, für die Mehrheit
ber Deutſchen, die im hoͤhern oder geringern Sinne das
mals monolsgifch = meditirende, analpfirend⸗ metaphufifche
als
Naturen waren, fürd erſte wicht viel mehr wurde
Gegenſtand des Befprähe und der freundichaftlidien Ger:
*), B.'s großer Entheafiasurus für Jean Yanl war nad) dem
»,,Heöperus” und „Siebenkäs’' faſt erſchoͤpft, und der herr:
liche „Aitan‘ werd mit träber Bitterkeit beurtheilt, oder
vielmehr ganz verkannt.
J
—
reſpondeng. Das Schauſpiel, weiches Feackreich ſeit 1786
den Deutſchen gab, blieb ihnen ein Schauſpiel, deſſen
Scenen ſie theils beklatſchten, theils auspochten.
und recht lange Auftritte wurden mit unendlichem Jubel
begruͤßt, aber unter die Schauſpieler, die das große Welt⸗
drama auffuͤhrten, ſelbſt ſich miteinzumiſchen, fiel nicht |
leicht Jemanden ein; denn gefaͤhrlich war das Spiel doch
immer, und man befand ſich im Parterre und in den
Logen blos zuſchauend ungleich behaglicher. Als aber im
Jahr 1793 die eigentliche Schreckensperiode in Frankreich
begann, da wandten ˖ſich die Blicke faſt ſaͤmmlicher deut⸗
ſchen Schriftſteller und Nichtſchriftſteller von dem blutigen
Schauſpiele unwillig weg, ber hiſtoriſch⸗ politiſche Enthu⸗
ſiasmus nahm von Tage zu Tage mehr ab, und ſelbſt die
Feldzuͤge Napoleon's in Italien und Aegypten erregten in
ben meiſten Kreiſen Norddeutſchlands nur ein bedingtes
Intereſſe, wie wir etwa fuͤr eine laͤngſt voruͤbergegangene
große Zeit, z. B. fuͤr den zweiten puniſchen Krieg, em⸗
pfinden. Auch dieſer Umſtand muß der heutigen juͤngern
Welt faſt unbegreiflich erſcheinen; dennoch hat es ſich
wirklich ſo zugetragen. In einer Zeit, wo man ſelbſt in
Weimar das Herannahen franzoͤfiſcher Truppen fuͤrchtete
(1794, vgl. bie. erſten Theile der Schiller-⸗Goͤthe ſchen
Briefſammlung), two man jedoch bald darauf ſich hecz⸗
lich freute, daß doch Norddeutſchland geſichert fei, in einer
ſolchen Zelt und unter foschen Umſtaͤnden begann bie neue
Periode unferer aͤſthetiſchen Literatur, die ſich unmittelbar
an .jenen Verein der beiden größten Dichter fchloß, wo⸗
durch denn auch. bald die Schlegel, Tieck, Novalis u. 4.
‚:fie ihre Poeſie und Kritit Raum gewannen. Es mar
wicklich Großes und Neues, was bier zur Sprache kam;
und wenn fi auch ‚manche Unberufene mit in den Kampf
miſchten, die Wichtigkeit des Kampfes felbft iſt nicht in
Abrede zu ftellen. Faſſen mir nur ben einzigen Umftand
ins Auge, daß Schilder, als Water des neuen deutichen
Trauerſpiels nach und nach einen großen Einfluß felbft
über ſaͤmmtliche Bühnen Europas gewonnen hat, fo ift
die uͤberſchwengliche Wichtigkeit jener Zeit ſchon erwieſen.
- Wie Baggeſen biefen Kampf betrachtete, iſt nicht ge:
nan zu erfehen, da die Acten nur, wie gelagt, bis 1801
vor und. liegen; einzelne Aeußerungen des Unmuths Laflen:
jedoch vermuthen, daß er ihn keineswegs von der rechten
Seite betrachtete, eine Vermuthung, bie durch fpäter ge:
druckte Schriften zur Gewißheit ward. Sch zweifle nicht,
daß Baggefen fähig geweſen wäre, jene, nur felten recht
gewuͤrdigte Zeit zu wuͤrdigen und ben neum Frühling mit:
zugenießen; nber infowelt wir nach. feinen gedruckten Schrif⸗
ten urtheilen duͤrfen, wuͤrdigte ex ihn leider nicht bin:
laͤnglich und genoß ihn. faft. gar: niht.*) Er hatte den
Plan, von Parid aus lediglich für Deutfchland und Nord-
fand. ſchriftſtelleriſch thätig .zu fein; wenn wie aber auch
in Manchem, was er feit jenem Jahre (1801) gegeben
bat, ein fchägbares Talent gern amerbennen, fo war es
*) Nicht blos „nicht Hinlängkicy” und nicht bies. „‚faft gar
nidht”', fonbern „durchaus nicht” müffen wir fagen, wenn
wie Depping’6 „Srinnerungen eines Deutichen in Paris’
(&. 155 fg.) als entfcgeidend annehmen.
Einzelne
doch nicht dinreichend, um auf eine entſcheidenbe Weiſe in
die Zeit einzugreifen. Keines feiner Werke hat Epoche
gemacht, keinem iſt auch nur ein bauerndes Leben von
dem Publicum zugeflanden worden. Wer auf die Deut:
ſchen beſtimmt und. beflimmend wirken will, wirb «6 frei⸗
lid) bequemer haben, wenn er anmal in Parit, Bonbon
und Rom geivefen iſt, dann aber wird er wohl ch,
nad Deutſchland zuruͤckzukehren und bie eigentliche Woh⸗
nung dafelbft aufzuſchlagen umd ihnen ſtets nahe zu bfeis
ben. Auch verlangen die Deutfchen ihre Schriftſteller zu⸗
weilen von Angeſicht zu Angefiht zu fehen und haben
6 gern, wenn fie beſonders bie Leipziger Oſtetmeſſe wohl
in Acht nehmen. —
Moͤgen indeſſen auch dieſe und aͤhnliche Umſtaͤnde un⸗
guͤnſtig mitgewirkt haben, die Hauptſache bleibt immer,
daß keine feiner für das Publicum beſtimmten Schriften,
infowelt fie mir befannt gemworben find, ſich am Kraft und
Feuer, Wis und Humor, mit Einem Worte: an Lebens
fülle, mit diefen Briefen meſſen könne: ‘Der Gewalt
folcher Briefe würde das deutfche Publicum nicht haben
widerfiehen können, denn felbft da, wo teir von Bagge⸗
ſen's Anfihten völlig abweichen, regen fie uns doch be=
beutfam an, und es iſt eine erfreuliche Oppofition, in bie
wir uns verfegt finden, mährend wir bei andern gedrud-
ten Baggefen’fchen Schriften nicht felten blos die üble Laune
zu beflagen haben, in welcher der Verf. manches noch
im Gähren Begriffne viel zu träbe, und mandyes Helle
und Herrliche gar nicht fieht. |
Hier nun bieten fi uns wieder manche Betrachtun⸗
gen, die wir jeboch nur im Fluge berühren wollen, Wir
baben (und hatten) geiftteihe Männer, die im Freundes⸗
Ereife, das Glas in der Linken, und bie Rechte bedeutfanz
bewegend, vortrefflich, leicht und argenchm reden, umd vom
denen man glauben follte, fie würden, wenn ſie das Pus
blicum im Auge hätten, als vorzugsweife begeifterge Schrift-
flellee auftreten. Dem ift aber leider nicht alfo. Sobalb
fie fih an den Schreibtiſch fegen, erſcheinen fie wie ganz
andere Menfchen. Sie werfen fich in die Pentificalia, und
in Pontificalibus. ift man num einmal etwas ſteif ımb
felten liebenswürbig. *) .
Was in gefellfchaftlicher Unterhaltung Feuerſtrom mar,
gefriart bier, und was friſch flatternder, durch den echöhten
Moment erzeugter Wig mar, zeigt fich hier als vorberei=
teter Einfall, der, vor acht eder vierzehn Tagen geboren,
jegt nothdürftig untergebracht wird, . Ä
Andere, noch reicher begabt, gebieten Aber das zu
ſprechende und über das zu fcheeibende Wort; aber uͤber
das legtere nur, wenn es an einen beftimmten, fehr ge⸗
liebten und verehrten Menſchen apart: gerichtet iſt. So—⸗
*) Rec. bat einen ſehr geiſtreichen Wann gekannt, ber bei
einem Glaſe Champagner nach Mitternacht fo finnvoll, ſchla⸗
gend. wigig und lebenswarm ſprach, daß, wenn er ſo ge⸗
ſchrieben Hätte, wir in ihm einen ber größten beutfchen
Autoren befigen würden. Leider aber ſchrieb er Vormittags
und Nachmittags für den Drud faft immer nur in zwaͤn⸗
gender Steifleinwand und‘ Schnürbruft, und fo iſt er halb
und halb vergeffen worden, ohne daß man ſich ſomerlich
darüber wundern dürfte.
Pd
Dofe und feibft
- Das Gefuch
3
807 -
beib fie aber fi rpreh. binfegen, um für bie Preſſe
und durch dieſelbe für das Publicum zu arbeiten, fo
werden fie matt und froſtig, ober hochmuͤthig und ver
drießlich, wozu infonderheit ber traurige Gedanke beiträgt:
ber große Haufe iſt doch keines wahren Verſtaͤndniſſes
und keiner rechten Liebe faͤhig. Baggefen erſcheint in
feinen gedruckten Schriften meiſtens nur exroteriſch, wes⸗
halb auch Jeder, der ihn nur aus dieſen kennt, in hohem
Grade uͤberraſcht werden muß, wenn er dieſe Briefe zur
Hand nimmt. Welch ein Leben athmen dieſe Briefe an
Reinhold und Jacobi! wie ſpricht bier der Geiſt zum
Geiſte, das Herz zum Herzen! wie gehorcht hier bie
Sprache, und wie frei bleibt fie im Gehorchen!
Ich drehe ab, um nur noch zu erinnem, daß ich
Baggeſen bier lediglich als einen deutſchen Schriftſteller
betrachtet habe. Er ſelbſt betrachtet ſich ausdruͤcklich fo,
und in ber That iſt jede geiſtige Revolution in ihm —
ich wiederhole; daß ich nur von feinem Leben, wie e6 hier
vorliegt, bis zum Jahr 1801 ſpreche — von Deutfchland
ausgegangen; auch ift das Deutfch, welches er bier fchreibt,
keineswegs ein blos erlerntes, fondern nothmendiges und
größtentheils vortreffliches. |
Da biefe Recenfion viel Ernfihaftes enthält, fo fri es
am Schluß verflattet, zur Semüthsergöglichkeit auf einen
koͤſtlichen Druck⸗ ober Schreibfehler aufmerlffam zu ma:
hen, der fich in dieles fonft fo forgfältig und fchön ges
druckte Werk eingefchlichen hat. Es tft nämlich der viel:
berühmte Polonius, den alle Welt aus dem „Hamlet“
kennt, mit feiner löblichen 2ehre: „To thine ownself be
true etc.” (Theil II, S. 233) in einen Apollonius ver
wanbelt worden. Mec. bat felt mehren Decennien gar
viel über den Polonius nachgedacht, bald im Ernſt, bad
im Scherz, aber Apollonius (von Xyana?) iſt ihm noch
nie dabei eingefallen. Moͤge indeſſen diefe kuͤhne Iro⸗
nie des Zufalls nicht verloren gehen. Es wäre fo übel
nicht, wenn einmal in eier guten Stumde eine Parallele
zwiſchen dem Polonius und Apollonius verfucht würde.
Franz Horn.
Correſpondenznachrichten.
Paris, 3. Februar 1888.
Seit langer Zeit hat nichts die oͤffentliche Meinung ſo ſehr
beſchaͤftigt als die neuerlich ergangene Entſcheidung des Cafſſa⸗
tionshofes über bie Frage der Prieſterehen. Gin junger Abbe,
Namens Dumonttil, hatte ben geiftlichen Stand, in welchem er
die Ordination erhalten, wieber verlaffen und wollte in bas
bürgerliche Leben zuruͤcktreten und ſich verehelihen. Da legten
feine Aeltern, obne Zweifel von den Prieſtern dazu verleitet,
Ginfpruch gegen feine Verheirathung ein, und die Sache mußte
der Entſcheidung ber Gerichte unterworfen werben. Dieſer
Proceß war bereits längere Zeit vor ber Julirevolution anhaͤn⸗
gig, und bie Ungunft, welche er bamals in ber Prieflerwelt, bei
bei Gerichte erfuhr, war ziemlich natürlich.
des Abbe Dumonteil warb zulegzt durch das Ap⸗
pellationsgeriht zu Varis verworfen. Da ber Implorant ebenfo
wenig von ber Gtatthaftigleit biefer Gntfcheidbung , welche feine
koſtbarſte Freiheit zerftörte, ſich überzeugen als auf fein Recht
verzichten wollte, wandte er fi) an das hoͤchſte Gericht, an den
Goffationähef, unb verlangte von dieſem bie Aufbebung bes an⸗
geseiffenen Gpruches
Sa ber Gigung vom 21. db. M. fand bie Verhandlung
flatt. Des Gaflationsgerichtsrath Bernard be Rennes machte
ben Bericht und ſprach unzweibeutig feine. Anſicht für Zu⸗
laſſung des Begehrens aus, welches er durch ſachgemaͤße
und ſehr klare Gründe unterſtͤgte. Hierauf nahm der Ge⸗
neralprocurator Dupin ſeinen Antrag und entwickelte in
einem ausgezeichneten und ebenſo hiſtoriſch belegten und gelehr⸗
ten als einleuchtenden Vortrag bie Guͤltigkeit der von Dumon⸗
teil verlangten Ehe. : Er ging auf die geſchichtliche Entſtehung
des Berbots ber Prieſterehen ein, weld;e er fämmtlich als aus
politifchen Gruͤnden hervorgegangen bezeichnete; er wies nad,
daß die Gebote bes Ghriftentbums und der Moral bie She den
Prieſtern nicht unterfagten, und daß, wenn bas kanoniſche Recht
und bie Vorſchriften der Goncilien überhaupt jemals volle Kraft
in Frankreich erlangt Hätten, jie doch nur auf wirkliche Priefter,
nicht aber auf ſolche Individuen anwendbar feien, welche dem
geiftlihen Stande förmlich zu entfagen ſich erklaͤrt. Beſonders
ſtehe das Princip des Geſetzes von 1791, weldyes das religidfe
und bürgerliche Geſetz unterfceitet, und jenes höhere der Frei:
heit bes Menfchen und des Bürgers dem Kläger Dumonteil zur
Geite, während das angefochtene Urtheil biefelbe auf eine
flandaldfe Weife verlege und bie Anmafungen deö Klerus un:
terftüße.
Es war augenfällig, daß biefe kräftige Sprache der Wahr:
Jheit dem Gaffationshof nicht angenehm war. Nach einer brei:
Ründigen Beratbung warb das Geſuch aus bem Grunde ver:
worfen, weil bie kanoniſchen Gefege als Gefege des Landes zu _
betrachten und barin bie Prieftereben unterfagt feien.
Dur diefen Ausſpruch bat der Klerus eine neue Conceſ⸗
fion erhalten, und der Erzbiſchof von Paris mochte benfelben
als eine kleine Vergeltung ber ihm im Februar 1831 widerfah⸗
renen lnbilden, ber Zerſtoͤrung feines Palaſtes und ber in der
Deputirtenlammer jüngft beſchloſſenen ſehr bebeutenben Vermin⸗
derung feines Gehaltes, anfehen. Allein biefer Iriumpb wird
fhwerlid von Dauer und Beſtand fein. In Paris iſt nicht
ſchwer zu beurtheilen, ob etwas, was fo fehr in das Leben und
die bürgerliche Griftenz ber Gtaatsangehörigen eingreift, ger
u
der Gewalt der Bollsmeinung beſtehen werde ober
dee Bühne des Théatre francais iſt die Discuffion auf bie
Kanzel übergegangen, unb es Tonnte ber bier beftebenden fran- '
zoͤſiſchen Kirche, weiche fi) vom päpftlicden Stuhle losgeſagt
bat, nicht entgehen, baß es ganz befonders in ihrem Berufe
liege, bie Behauptungen des Abb6 Dumonteil zu unterflügen.
Bekanntlich Hat ſich diefe franzöfifche Kirche in zwei Hauptpar⸗
teien getbeilt, bie eine unter Abbs Ghatel, dem eigentlichen
Stifter berfelben, bie andere unter Abbs Auzou, feinem fruͤhern
Zänger und Genoffen, welcher: vor einiger Zeit bie Gewaltſce⸗
nen in Sticky veranlaßt hat.
@iner ſolchen Prebigt, welche ber Abbs Auzou in ber Nähe
der Porte St.- Denis in einem proviforifh zur Kirche eingerich-
teten Locale hielt, wohnte ich heute bei. Der Prebigt ging ein
katechetiſcher Kinderunterriht unb eine Meſſe mit Muſik und
Gefang voraus.
Der Redner ging in feinem Wortrage, in welchem er ſich
zum Gegenftande gefekt hatte, bie Guͤltigkeit der Priefterehen
und die Nichtigkeit der tagegen eingewandten Verbote nachzu⸗
weifen, von ber Vorfchrift tes 1. Wuchs Mofis aus: „Wachſet und
mehrer euch. Be if niqcht zat, daß der Menſch allein Aal.’ Nas -
dann von ben Gpifteln des Apoftel Paulus an die ,
worin es Heißt, daß der Mann nicht ohne bie „mind bie
a nicht ohne den Mann fein follen. Gr ging die deei
uptperioden der Geſchichte, jene der Erſchaffung der MBit
und des damaligen Zuſtandes, jene der Geburt Shriſti and ſei⸗
wen kLehren und jene der heutigen Zeit. Indem er bie Weit
und die Menſchen in jenem erſten Zeitabſchnitte, dem golbenen
Ater, mit den glaͤnzendſten Farben ausmalte, zeigte er, daß
nicht Alles volkommen geweſen, daß namenttich bem erſten Men⸗
ſchen etwas fehlte, was Gott ſelbſt als zu ſeinem vollſtaͤndigen
Sluͤcke und naturgemäßen Zuſtande mentbehrlich erachtete —
ein Weib. Darum habe er das letztere erfchaffen und dem er⸗
ften Menfchenpaare zugerufen: „Wachfet und mehret euch!“
Was aber damals Bott gewollt und ala feinen Willen verkuͤn⸗
det, warum follte er es heute nicht mehr wollen ?
Die Sündflut brach ein, und Noah warb: beftimmt, bie
Erde zum zweiten Dale — bevolkern. Bon ibm ſtammten ab:
Abraham, das Muſter aller patriarchafififen Tugenden und Le:
benämweife. Gr war verbeirathet, besgleichen Mofes, welchen
doch Bott die große Bnabe verliehen, ihn zum unmittelbaren
Bollzieher feiner Vorſchriften, zu feinem naͤchſten Priefter zu
machen, teögleidyen Aaron, zu welchem Bott ſprach, daß bie
Prieſter keine vermorfenen Weiber, ſondern Zungfrauen eheli:
den follen: Beweis, daß deren Ehe an und für fid als eine
erlaubte und natürliche Sache betrachtet wurde. Diefe Satzun⸗
gen aber felen nicht geändert.
Das Evangelium enthalte Feine Sylbe von Berbot gegen
die She der Priefter und die legitime Paternität, was auch um
——— wäre, als ein Vorbild von patriarchaliſchon
zügen, d. b. ein guter Batte und Vater, doppett befähigt
iR, Priefter zu feht, weil ex in feinem Sohne feine Tugenden
von Reuem hervorbringe. Diefe evangelifchen Lehren und Grund⸗
füge ftanden über ber Intoleranz und dem Egoismus jener Prie:
fer, welche ſich bemuͤhten, fie zu verfennen. Nenn nach bem
Willen der Heiligen Schrift ein verfiämmelter Menſch ferne
von der Ehe bteiben folle, fo fei die durch bus Gölfbat erzwun⸗
gene und unveränderliche moraliſche Mutilation viel ſchlimmer
als jede andere, weil feine Bebote gegen die Natur ergingen,
Mr Jeiten würden und daher gu Aergerniß and Spott An⸗
taß gaͤben.
Der Stifter bes roͤmiſchen Stuhles, Petrus ſeidſt, ſei ver:
heirathet geweſen, und ats Chriſtus zu ihm gefagt: „Verlaffe
deine Huͤtte und Netze, habe er nicht deigeſegt: „und beine Frau
und Kinder“, fondern er ſei ſelbſt in die Wohnung des Petrus
gegangen und habe duſelbſt Wunder geübt.
Wem man zur Befeitigung ber WPriefterehen ſich auf die
Goncitien, das kanoniſche Recht, uf die Borfähriften der Kirche
und des Pontificats berufe, fo mbge man nicht überfehen: bie
Mrche, die Mutter und WBelchägerin aller Menſchen, fei nicht
"die Bereinigung einiger Yriefter und Biſchofe, fondern bie Wer:
einigung ber ganzen Ghriftenbeit und aller Glaͤnbjgen und Zu:
gendhaften. Bier wie überall muͤſſe die Regel enticheiben: Die
Stimme bed Bolkes iſt die Stimme Gottes. Wenn alfo bie
Soncitien Kraft haben, fo müßte um fo mehr die Maſſe des
Bockes und fein ausgefprochener Wille ale‘ Rorm angefehen
werben. Die Gontitien hatten für und dagegen entſchieden, fo
namen ein Goncilium im 8. Jabrhunderte zu Gunften ber
Prieſterehen, während das fpättre von Trient biefeiden ver:
werfe; welchem fei nun ber größere Glaube beizumeffen? Die
Autorität der Paͤpſte könne von einem entſcheidenden Gewichte
nicht fein, da man unter fhnen einen Alexander Borgia, ben
Inbegriff aller erfinnlicgen Eafter, des Mordes, ber Vergiftung
und der Blutſchande, zähle, ımd einm Eregerius, unter welchem
jener berüchtigte Jeſuitenorden entfianden, fähig aller Later,
felb derjenigen, weiche er nit begangen, — wenn es über
haupt deren noch näbe u. f. w.
Das oberfie Befes, die Vernunft, beftätige die Freiheit ber
—
‚ und was "eine Majenitat beſchioſſen e
nacıfelgenbe abändern, Gott fei ſtete ant dar Mehrheit. - Mei
ſehr ſchwankenden Anfichten der Bollegien und fo ſchwacher S
Menmrdrpelt In denſelden MWer "He wichtigſten Lebendftagen-
die oðffentliche Melnung Über ders Recht ber Majorirät ober WE _
it in leſzter Juſtanz zu wrfiheiten, alfo auch Uber Bus uns
sgeriftüe Erkenntnis des Guffationshofes, weiches darch Aie
Stimme des Volles getabelt und gerichtet, ja felbit auf der
Zribune bee Ständelammer angegriffen werde. Frankreich pro⸗
teſtire gegen diefen prieftertihen Ahrachronism, vas Wold tes
tene die Begehren des Waticatıs nicht ars Wefeg, es Tehe in
ider Prieſterehe nichts gegen bie Matur ib die Moral,
nichts gegen das wahre Sheiftensgum mb dad Gluͤck dep: Mus
tionen, es tönne alfo eine Gentenz nicht ehren, welche den Frau⸗
zofen zum Paria erniedrige, indem es ihm verbiete, Bürger Zu
fein, nachdem er erfärt, nicht mehr Priefter fein zu Ebrmen.-
Der Ranzier Hepital habe ſchon im Zahre 1564 der Frei⸗
beit des Menſchen gehuldigt und bie Decretelen und Anterbiete
des kanoniſchen Rechts hätten niemals in Kranfreich feſten Bo⸗
den faffen koͤnten, die meiſten Parlamente feien fortwährend das
gegen geweſen, mb bie Priefter Hätten ſich ſtets verheirathen
Üdanen. Der heilige Kuguftinus ſeibſt ſpreche für die Che ders
ſelden und eine Kirchenverfammiung su Ehalcedon im Jahre
451 beftätige biefe Zreibeit. Ueber Alles aber flehe der Wille .
Gottes: „Wachſet und mehret euch!" 171.
Literarifipe, Notizen.
Henrion, Abvocat bei dem koͤnigl. Gerichtshofe in Paris,
bat ein „‚Annualre biographigque” üngeflmbigt, vas ‘ale Fort⸗
fegung ‚diler biographifcken Werke umd hiſtoriſchen Wörterbacher
dienen und bie Lebensgefchichten der ien Baufe. jedes Jahres ge⸗
ſtorbenen beruͤhmten oder berücdktigten Menſchen mthalten ſoll.
Der erſte Band umfaßt bie Jahre 1828 32 in zwei Abthei⸗
lungen. Zn ber Kolge wird jedem Jahre ein Band gewidmet.
Batchon de Penhoſsn Hat Fichte's Beſtininang der Men⸗
ſchen“ in das Franzoͤſiſche üderfegt .
„Lai d’Haveloll fe Astrois”‘,; rin Gedicht in 1105 Berfen
fl in Paris nur in 100 Grenrpiaren auf dyinefiikiyem, yELANBE-
ſchem ˖ und Deliapapier abgedrackt worden. Die erſte Agube,
‚gleichfaltö nar in wehlger Gremplaren, exſchien 1828 in -Eoms
don: „The ancient english romance of Haveloll the dane‘’,
mit dem frarizöfifchen Text und Anmerkungen von Madden.
Die framzöntde Ausgabe hat einige biefer Anmerkungen bei:
ebalten.
Bon ber neuen Ausgabe ber fämmtlichen Werke Buffon's
von Richard, Profeſſor ber Mebicinzu Paris, finb jegt zwei Bände
mit Kupferbeften erfchlenen. Die ganze Sanimlung fol aus
20 Bänden beftehen und in Januar 1834 vollendet fein.
Bon bem „Recueil des historiens des Gauftes et de ta
France’, urſpruͤnglich von dem gelehrten Benedictiner Brial bes
gonnen und von Raubet und Daunon fortgefegt, IE der 19.80.
erfchienen, ber biß zum Jahr 1226 geht.
Bon Mennedet’s „Seize ans sous les Bourbons“ ift der
zweite Band herausgekommen, ber bis 1820 geht.
Douville Hat eine SRechtfertigungsihrift gegen die, befon-
ders von England ausgegangenen Wefchuldigungen heramsgeges
Ben: „Treate mois de ma vie, quinze mois avant et quäise
mreis apres mon voyage à Congo, ou ma fustification des
infamies debit6es comtre moi”, mit einem Rachtrage -Beuse
Bernerlungen über bie Sitten und Gebräude der Bewuimer
von Brafilien und Buenos Ayred. - '
Redigtet unter Verantwortlichkeit der Verlagsbandlung: J. X. Bro@baus in Leipzig.
| B Latte:
für
literariſche Unterhaltung.
Sonnabend,
Geſchichte Europas ſeit dem Ende des 15. Jahrhunderts
von Friedrich von Raumer. Erſter Band.
Leipzig, Brockhaus. 1832. Gr. 8. Subferiptions:
preis 3 Thlr. 4 Gr. |
Nachdem Hr. von Raumer feine Literarifche Thaͤtig⸗
feit zuerft der alten und dann ber mittlern Geſchichte zu:
gewandt hatte, iſt er jegt im folgerechtem Fortſchritt zu
der neuern gelommen. Der erfien waren Borlefungen,
welche bis auf die unmittelbaren Nachfolger Alexander's des
Großen reichten, gewidmet, aus der zweiten bob er die
Blüte aus, die Geſchichte der hohenftaufifchen Zeit. Um⸗
faſſender fol das ber legten jener großen hiſtoriſchen Haupt:
maflen angehörende Werk werden, deſſen erflen Band wir
vor und haben. Denn «8 liegt im Plane, es bis auf
unfere Zeiten zu führen, und wir wiflen die Anzeige des
erfchienenen erften Bandes nicht beffer anzufangen, als mit
dem Wunfche, daB es dem verehrten Verf. nicht an Muße
und Kräften fehlen möge, es zu vollenden.
Beginnen wir, wie es fi gebührt, mit dem Funda⸗
ment, fo haben wir zu bemerken, daß dieſes ſich überall
als ein auf eignem Grund und Boden, mit eignem Baus
ſtoff errichtetes darſtellt. Wenn es freilich bei dem ders
-maligen Zuftande der Wiffenfhaft und den allgemein ge:
flellten Foderungen einer hiſtoriſchen Schrift geringern
Umfangs und befchränktern Zieles kaum noch als etwas
Beſonderes angerechnet werden kann, daß fie nur- aus
Quellen gefhöpft ift: fo bedeutet diefe DVerficherung von
einem Werke fo umfaffender Art ſchon etwas mehr. Auch
kann ein biftorifches Buch blos aus Quellen gefchrieben
und body fehr einfeitig und unzureichend fein, wenn naͤm⸗
lich nur einige Hauptſchriftſteller zu Rathe gezogen, die
übrigen aber vernachläffige worden find.
dieſer Verfäumniß nicht anzuflagen ift, wird der Kun⸗
dige ſehr leicht bemerken; auch wiſſen wir ja aus feinen
gefchichtlichen parifer Briefen, wie emfig er. auch unge
druckte Nachrichten befragt hat. Viele haben ferner Quel⸗
fen von mancherlei Art gelefen, ſich aber begnügt, Einzel⸗
nes zu berichtigen, und find in den Dauptfachen auf ber
von geiftreihen und berühmten Vorgaͤngern gebahnten
Heerſtraße geblieben. Unfer Verf. hat fich auch von ben
Borzüglichften unter denfelben faft nirgend einnehmen und
beftimmen laſſen, fondern, einem freien und felbfländigen
Urtheile folgend, Vieles in einem neuen, von den gewöhn:
—7 Nr. 75. nn
Daß unfer Verf.
16. März 1833.
mn u un
— an —— ——— — nn — — — — [nn
lichen Darſtellungen ganz abweichenden Lichte erſcheinen
laſſen, ohne daß er irgend darauf ausgeht, das Intereſſe
in dem Neuen und Ungewoͤhnlichen zu ſuchen. Auch liegt
dieſes Neue und Eigenthuͤmliche ſeiner Anſichten keines⸗
wegs blos in beſtimmten Ausſpruͤchen, ſondern — und
dies freilich nur fuͤr den Kenner — es geht an manchen
Orten blos aus der Verbindung der Thatſachen, oder aus
dem Gewichte hervor, welches auf eine unbeachtet geblie⸗
bene gelegt if. Prunk bat er nicht damit treiben wol⸗
len, fonft hätte ee auf die abweichenden Darftellungen
weit öfter und beflimmter hinweiſen koͤnnen; er hat es
aber felten und faft immer nur im Allgemeinen ‚gethan,
wo die Abweichungen gleichfam maſſenhaft in, Bezug auf
die Beurtheilung großer Männer und ganzer Dauptbeges
benheiten bervortretn. Ja, wie müffen Magen, daß er
hierin zu wenig gethan hat, denn gar fehr mwünfchen wir,
Hr. von Raumer hätte fih entfchloffen, zureilen auch mehr
kritiſch auf das Einzelne einzugeben, die Werfchiedenheit
der Berichte zu bezeichnen und die Momente des Urtheils
gegeneinander abzuwaͤgen. Jetzt wird der Korfcher ihm
oft von Neuem nachforfhen müffen, und die Wiflenfchaft
wähft durch die in immer größerer Progreffion zuſtroͤmen⸗
den .dußern und innern Bereicherungen ſchon ohnehin fo
an, daß man ficy folcher Arbeit gern überhoben fieht.
Erſchwert wird dieſes Nachgehen und Nachforſchen noch
durch des Verf. ungemein kurze und zuwellin räthfelhafte
Art zu citiren. Xheils find die Ausgaben ber Schrifts
fiellee nicht genannt, theils nicht einmal die einzelnen
Werke bezeichnet und unterſchieden, ſodaß man zumeilen
in Zweifel fein kann, welches Werk eines Schriftftelere
gemeint iſt. Berner fiehen im Xerte die Zahlen, welche
auf die Noten verweifen, oft an Orten, wo fie unmöglich
bingehören können, oder es find in der Note Eitate zus
ſammengenommen, bie ſich auf ganz Verſchiedenes besies
ben. Nun find aber die Anführungen doch nicht Derje⸗
nigen wegen da, welchen fchon die Berufung auf fo viele
Schriftfteller, deren Namen fie bisher auch nicht im Zraus
me gehört, genlgt, um den Verf. für einen tiefgelehrten
Mann, dem fie blindlings trauen können, zu halten, fon=
dern theils um Solcher willen, welche einen ihnen neuen
Umftand weiter zu verfolgen wuͤnſchen, theil$ wegen Des
ver, welche lernen und angelodt werden follen, felbft Quel-
ten zu gebrauchen. Wir mwünfhen, daß der Verf. ſich
entfchlöffe, für biefe beiden Clafien in ber Folge etwas
beffer zu forgen. Mit welchem Vergnügen und mit
weicher Belehrung würde man nicht auch von Hrn. von
Raumer eine allgemeine Eritifche Würbigung ber vorzüg:
hen Duellenfchrißsftellee lefen, unt fo mehr, ba das Ur:
FR uber einige derfech ſeit Kutzem etwas Ins Schwan:
n gerathen iſt. Es waͤre eine Arbeit, zu welcher bie
Materialien dem Verf. bei ſeinem Werke ganz von ſelbſt
in die Haͤnde gekommen ſind, und deren Ausfuͤhrung ihm
wenig Zeit und Mühe koſten wuͤrde.
Wer die fruͤhern Arbeiten des Verf. kennt, weiß, daß
in ſeiner Darſtellung die Thatſachen ſcharf umriſſen und
anſchaulich hervortreten, aber taſch gleichſam fiber bie
Schaubuͤhne gehen, um andern Geſtalten, die ihnen nach⸗
eilen, ſchnell Pag zu machen. Noch mehr als in jenen
Werken berefcht hier eine große Gedraͤngtheit dee Erzaͤh⸗
‘tung, und in verhäftnißmäßig geringem Raume ein uns
gemeiner Reichthum biftorifchen Stoffe. Schr fetten hat
ſich der Verf. die Fuͤlle der behaglich ausführenden Schil⸗
derung geftattet, aber ebenfo menig find bie Thatſachen
irgendwo von ber Betrachtung zurudgedrängt, oder von
der ſubjectiven Auffafſungsweiſe des Erzählers verſchlun⸗
gen. In dieſer doppelten Enthaltſamkeit müfjen wir des
Verf. hiſtoriſche Mufe eine wahrhaft keuſche nennen, koͤn⸗
nen jedoch nicht bergen, daß fre in dieſer Verſchmaͤhung
oft zu weit geht, und daß fie ihrer Würde und Haltung
nichts vergeben wuͤrde, wenn fie zumeilen durch tebhaftere
and umſtaͤndlichere Ausmalung die Sinne und durch eine
Bergleihung, einen Ruͤckblick den Verſtand mehr befchäf:
tigte. Aber ſelbſt Kaiſer Karl's Eibübergang vor der
Schlacht -bei Mühlbers, feine nächtliche Sucht von Inne:
bruck Haben dieſe fpröde Strenge nicht erweicht, ihr zu
feiner Art von rhetoriſchem Schmuck Reiz und Anlaß ges
geben. Aehnlicher Fälle koͤnnten wir noch gar manche
nennen. Mur zuweilen erlaubt fi der Verf., den unauf:
haltſam dahineilenden Strom feiner Erzählung durch ein
Wetheit, eine Neflerion, eine Lehre zu umterbrehen. Dies
find dann aber auch deſto gediegenere. Es find Beine lee:
ten, unpraktiſchen Abftractionen, vor denen er vielmehr an
mehren Orten fo dringend als ernft warnt, nicht jene
bunten Feuerwerke olänzender, aber kaum aufgeftiegener
auch ſchon wieder geftorbener Luftgeſtalten. Sie enthal⸗
ten vielmehr dad wirkſamſte Gegengift gegen bie verſchie⸗
denen politiſchen Extreme unſerer Tage, deren Helden und
Berkuͤnder, Lüge und Wahrheit frech vermifchend, mit
allerlei Blendwerk eine biftorifche Geiſtesbannerei treiben
md Zerebilder der ehrwuͤrdigſten Schatten heraufbeſchwoͤ⸗
ren, damit fie ihrem Frevel Zeuge ſeien.
Der geſchilderten Darftellungsweife iſt auch die Schreib:
art angemeſſen. Sie ift ohne alles Streben nach Effect,
ohne Manier, keinem Mufter aͤngſtlich nachgebildet, fon:
dern aus jener Auffaffung und Behandlung des hiftori:
fen Stoffe ganz naturgemäß hervorgewachſen. Oft, wo
Gegenſtand und Gedanken ineinander volllommen aufgin:
gen, warm, fließend und gefligig, gebt fie dann wieder
an andern Drten in der Verſchmaͤhung des Rhetoriſchen
bis am die Außerfte Grenze und ſtreift in der freilich un»
gefuchten Simplicität an das Eintönige, faft Herbe. Be:
jonders laͤßt fih ein Mangel an gefälligen, Dinge, Ges
anken und Perioden miteinander verbindenden Uebergaͤn⸗
gen fpüren. Zuweilen will e6 ba dem Beobachter ſcheinen,
‘ habe der WAR in dent Baſtreben, deu Bau xaſh zu
dern, nık den Algemeinen acchitckloniſhen ı Hach⸗
tet und es verſaͤumt, bie Fugen der einzelnen Werkſtuͤcke,
aus denen er feine Mauern aufgeführt, zu verkleiden und
dem Auge zu entziehen. Im Einzelnen hat Hr. von Rau:
mer auf bie Gorrectheit des Styls große Sorgfalt verwen:
det; eine Periode, wie die S. 61 yuhten, die mit den
Morten: „Eine für die Größe ıc.”, anfängt, ift ihm unfers
Wiffens nicht zum zweiten Date entſchluͤpft. Stoͤrend für
den Ref. find einzelne grammatifche und orthographiſche
Sonderbarkeiten. Schwerlih kann es hierin eine beffere
Pegel geben als die, alles Auffallende und Abweichende
zu vermeiden. Grammatiker von Profeffion haben befon-
dere Zwecke und mögen fie verfolgen.
Der vorliegende erfte Band umfaßt die Geſchichte von
Std: und Mitteleuropa bis zum Tode Karl V., und
deſſen erſtes Hauptſtuͤck: „Die italieniſchen Angekegenheiten
vom Einbruche Katl VIII. bis zur Schlacht von Mari⸗
nano.” Weniges über den Zuſtand von Stalin am Ende
es 15. Jahrhunderts vorausſchickend, eilt der Verf. zu
feinem Gegenftande. Er bat die Gefahr gefücchtet, fich
in allgemeine Schilberungn, die nur zu verführetifch lo⸗
den, zu weit zu verlieren. Weber die Folgen jenes fran=
zöffihen Zuges wird bemerkt, daß fich von da in Frank⸗
reich allmaͤlig bei Königen, Adel und Vote eine hefllofe
Vorliebe für Eroberungskriege entwickelte, weiche mehr
Ruhm darin geſetzt, zu zerfldren als aufzubauen, und ne⸗
ben verſteckter, liſtiger Staatskunſt die Herrſchaft der blo⸗
ßen Gewalt befoͤrdert hat. — Bei Savonarola bemerkt
der Verf. ſehr richtig, daß dieſer nur eine entfernte Aehrt⸗
lichkeit mit Luther hat; denn, ſagt er, der deutſche Re⸗
formator enthielt ſich jeder leidenſchaftlichen Einmiſchung
in ſtaatsrechtliche Verhaͤltniſſe, faßte die Religion ohne
Vergleich tiefer und reiner auf und unterwarf insbeſon⸗
dere das dogmatiſche Spftem der Kirche einer ſtrengen
Prüfung, während es Savonarola nicht bios in voller
Ausdehnung annahm, fondern auch burth feine Weiſſagun⸗
gen und Wunder zu beftätigen meinte. "
Je unverftedter und roher in jenen Kämpfen bie ge=
meine Habgier der Mächte hervortrat, je ſchneller wuchſen
Schamtofigkeit und Schlechtigkelt ber Grundfäge Stark,
aber wahr fagt unfer Verf. von der Ligue von Cambrai:
Wohin jene alle echten Grundfäge entbehrende Staatskurrft
führen konne, bavon- follte bie Welt ein Beiſpiel ſehen, was
felbft nach den argen Erfahrungen brrmaliger Zeit noch übews
rafhen und duch feine Dummheit und Rihtswürdige
keit gleihmäßig in Erftaunen fegen mußte.
Wir wollen mit dem Verf. nicht darüber rechten, bag
er, feiner Erklärung in ber Vorrede zufolge, bie türkifchen
und außereuropaͤiſchen Geſchichten nur flüchtig berührt; in
diefem Abfchnitte vermiffen wir aber auch die Beachtung
und Schilderung ber deutfchen Verhaͤltniſſe. Was Hr.
don Raumer in einem ber folgenden Abfchnitte über Mariz
millan und bie deutfche Verfaſſung in jener Zeit beibringe,
st
feine und chells zu kurz, theild nicht an feiner Stelle.
enn in der neuern Befchichte muß eine ausführliche Dars
ſtellung ber Entwickelung Deutſchlands mit dem allgemeinen
Landfrieden beginnen, und fe darf nicht nach der Er:
zählung der italienifchen Händel eingefchaltet werden, weil
Maximilian's geringe, mit feinen Plänen und feiner Stel:
lung in fo greilem Widerſpruch firhende Einwirkung auf
biefelben zum Theil eine Folge jener Berhaͤltnifſe war.
Der ſchweizeriſche Schwabenkrieg, welcher die Verhaͤltniſſe
Deutſchlands zur Eidgenoſſenſchaft ſo ſcharf bezeichnet, daß
6
- für einen Geſchichtſchreiber, der mit dem Ende be
15. Jahrhunderts beginnt, kaum In einen gelegnern Mo⸗
mente ſich hätte ereignen koͤnnen, hätte dann auch feine
Stelle gefunden. Und wenn Maximilian mehr in den
Vordergrund getreten wäre, wuͤrde auch wol fein hoͤchſt
charakteriſtiſcher Plan, Papft zu werden, nicht mit einer
ganz kurzen Erwähnung in einer Rote abgefertigt fein.
Wir könnten aus den folgenden Abfchnitten noch manches
Aehnliche bemerken, was wir fehr ungern vermißt haben,
und was ber Verf. ſehr mit Unrecht zu Dem rechnen
würde, was er in der Vorrede, mit einem Ausbrude Men⸗
zes, den Ballaſt der Weltgefhichte nennt, den er in die
befondern Staats: und Kriegsgefehichten oder in die Fahr:
bücher der Städte und Landſchaften verwielen wiſſen will.
Sollten bie Refer diefe Dinge etwa darum entbehren müfs
fen, weil ber Verf. feinem Werke bei dem außerordentlis
Hm Reichthume des Stoffe eine laͤſtige Ausfährlichkeit
zu geben fürdter? Dann wuͤnſchen wir und bitten Ihn
im Namen ber ohne Zrorifel zahlreichen Lefer, die fein
Werk ebenfo anziehend als belehrend finden werben, drin⸗
gend, dieſe Ruͤckſicht doch ja fahren zu laffen. Iſt das
Wert unbebeutend und überfläffig, fo iſt jeder Bogen zu |
viel; füllt es aber feine Stelle auf wuͤrdige Welfe aus,
welch ein Lefer wäre das, der fein Intereſſe daran nach
der Zahl der Bogen oder Bände abmeflen wollte!
(Die Bortfegung folgt.)
Romanenliteratur.
1. Der Ultea und ber Liberale, und Die weiße Frau. Ausge⸗
wählte Erzaͤhlungen von Karoline von Woltmann.
Hamburg, Hoffmann und Campe. 1832. 8. 1 Thlr. 12 Er.
Wo Behalt und treffliche GSchreibart, Kräftiges und Bars
tes ſich eint, durdbringt, gemeinfam wirkt, ba gibt es einen
guten Klang. So auch hier. An dem ganzen Buche iſt nichts
zu rügen alö der mislautende Titel. Politiſcher Meinungsftreit
it nicht der Inhalt, nur die bedingende Urſache ber Erzaͤhlung,
der mächtige Beweggrund, welcher einen weder wilb leidenſchaft⸗
lichen noch tauben Mann gegen das Gebot ber Vernunft babin
treibt, fih an dem Leben feines Deitmenfchen zu vergreifen,
weil er den Königsmorb vertbeibigt, ben jener verabfchent.
Die politiſche Discuſſion ift mit vielem Geil, Menſchen⸗, Sach⸗
und Zeitkenntniß (eb ift von ber Mevolution von 1789 bie Rebe)
geführt, ſodaß man betauert, fie nicht weiter ausgedehnt zu
wiffen. Rirgend bört man bie Berfafferin, immer begeifterte,
wenn auch einfeitig befangene Männer ſprechen. Die ganze Gr:
zählung überzeugt von der Möglichkeit feltfamer Verfhlingun:
gen, pfochologifcher Ausbeugungen von ber Regel, Alles iſt na⸗
türliy, auch die fortdauernde Neigung beö wahrhaft holbfeligen
Maͤdchens zu dem unfrelwilligen Moͤrder Ihres Bruders fowie
bie Trennung von ihm. Auch der übetrafchende gtädtiche Aus:
gang der Geſchichte Hat nichts befremdend Erzwungenes.
„Die weiße Frau“ behandelt ſeibſt das Uebernatuͤrliche na⸗
tärtich und dadurch überzeugend. Wir glauben, fo lange wir
leſen, ſicherlich an die Exiſtenz biefes Geiftes und banken ber
Verf., daß fie in ihm nicht bie Lafterhafte, Gräfin von Orlas
münde, fonbern eine böhmifche unbefcholtene Edelfrau fehen wol⸗
len. Es ſcheint, als habe eine und diefelbe Gage der Frau von
Woltmann und Benedicte Naubert in den gleichnamigen Erzaͤh⸗
lungen Borg neh; aber war bie Duelle diefelbe, die Anwen:
bung des Geſchoͤpften war fehr verſchieden, lodenswerth, folge
seht, das Sagenhafte im Weſentlichen, nicht in leeren Bei⸗
worten webergebend. Vielleicht iſt es bei ber Bearbei⸗
tung der Raubert als ein Vorzug anzuerkennen, baß fie bie
Erſcheinung ber. weißen Frau nit mit der Erzählung ihrer
Gefchichte endigen, wenigftens ungewiß läßt, ob fie noch eriftire.
2. Wittelind. Gin Gemälde altdeutfcher Heldenzeit. Bon Lud⸗
wig 2 urklot Bier Theile. Mainz, Kupferberg. 1832.
r.
8. Helgoland. Ein Seemärdyen von Demſelben. Hamburg,
Hoffmann und Gampe. 1832. 8. 20 Gr.
Sovpol in ber längern, Studien erfodernden Geſchichte als
in ber wunderlichen Arabesfe, wie es fcheint, ber Wurf eines
Augenblids, zeigt fi der Verf. ald Mann von Geiſt, Urtheil
und vielfeitigen Kenntniffen. In ,„Wittefind‘‘ find bie mannichfa⸗
hen Beftandtheile vermifcht, aber zugleich gefondert, bie Gigen⸗
thuͤmlichkeit nirgend verwifcht und genau angebeutet, wo flüdgtige
Skizze, wo [harfe Zeichnung das Rechte iſt. Die Seelönige, bie Daͤ⸗
nenfürften und Häuptlinge, halb ber Sage; halb der Wirklichkeit
angehörend, find mit gutem Vorbedacht in ein gewiſſes Dämmer-
licht geſchoben; ohne, wie viele ihres Gleichen bei andern
Dichtern, zu einem gehaltlofen, bunt aufgeflitterten Nichte zu
serfahren, können fig nun diefe Nordlanderecken ber Form und
Gehalt rühmen. In wie viel höherm Grad gilt dies von ben
fireng gefchichtlichen Perfonen, von Wittelind und feinen Sach⸗
fen, Kart dem Großen und feinen Franken; ‚nichts Fabelhaf⸗
tes, Faſeliges, im Guten und. im Gchlimmen Webertries
bened. Bittekind if kein roher Bär, noch declamiren⸗
ber, phraſenreicher Deputirter unferee Tage, fein Scharf:
blick erhebt ihn über viele Vorurtheile feiner Zeit, abes er
macht ihn nicht zu einem Fremdling feiner Landsleute und Zeife
genoffen. Daß er bei feiner Belehrung das Pfaffentbum ale
einen ſchlechten, bie Saͤfte verzehrenden Auswuchs bes Chriſten⸗
thums ober vielmehr des Cultus jeber Religion anfehen konnte,
iſt bei einem Manne von feiner geifligen Kraft und Grfabrang
auch kein Wunder. Wer gewohnt ift, überall politifche Bezie⸗
bungen zu wittern, fann fie benn wol auch in ben Unterrebuns-
gen Wittekind's mit feinen Getreuen und Gegnern, in bem
Verhaͤltniß der Beſiegten zu bem fiegenden Frankenkoͤnig fin
ben; allein auch ohne alle Deutelei find biefe Geſpraͤche und
Ueberſichten werths und finnvoll, fie vollenden ein ebenfo tremes
als tief und klar gedachtes Gemälde ber Zuftänbe, ber Lebens»
und Dandelöweife, ber Volksthuͤmlichkeit unſerer Vorvordern in
den teutoburger Wäldern zur Zeit bes großen Wendepunkts im
ihrer Geſchichte. Auch Karl ber Große erhält geziemende Wuͤr⸗
digung, er ift kein uͤbermenſchlicher Halbgott, Eein polternber Prah⸗
ker, kein von feinen Paladinen gefoppter, bärenhafter Murrkopf,
fondern ein erhabenes Wefen, weit überragend fein Jahrhun⸗
dert, aber nicht frei.von menfchlichen und fürftlichen Schwächen,
kurz eine Geſtalt, unter ber man fich diefen mächtigen Carolus
vorftellen mag und foll.
„Helgoland“, eine Satire auf unfere Zage, vor Allem auf bie
Lenker der Berfaffungen und Begebenheiten, ift theils zu ſehr
auf Dertlichkeit gegründet, theild zu wenig heiter, als daß fie,
bei allem Gatlot s Hoffmann’fchen Humor, mandem guten Wig-
wort und koͤſtlichen Einfall‘, recht behagen follte. Die Abfiche
macht fi) überall au breit, und ba heißt es benn mit ber Eenore im
„Taſſo“: „Wan fühlt die Abficht, und. man iſt verftimmt.
4. Der Grof von PVillamajor, ober Gpanien unter Karl IV.
+,
‘ 4
| _ 312
i
J
Bon Mortonval, Aus dem Brensötfäen von L. Kruſe.
Vier Theile. Leipzig, Kolmann. 1852. 8.. 4 Thlr. 12 Er.
But durchgeführte Sharaktere, eine finnreidh vers und ent:
wickelte Intrigue halten die Aufmerkſamkeit bis zum legten Aus
genbli,in Spannung, auch dann noch, als der Ausgang nicht F
länger zweifelhaft fein ann. Beſonders anziehenb wird die Gr:
zählurig durdy den Umftand, daß ber boshafte, räuberifche, raͤn⸗
Befüchtige Schleichhändler unfhulbig an Dem ifl, worüber man
ihn anklagt, und gewiffermaßen felbft feine Schuld eingeftehen
muß, fich fälfchlicherweife für einen Verfchoflenen von hoher Ab⸗
Zunft auszugeben, um fidy dem angebrohten Tode zu entziehen.
Politiſche Umtriebe, mit in den Rechtsfall verwidelt, erhöhen
feine Bedeutſamkeit, fowie die fonderbare Lage des Richters,
der in mancher Hinfit zugleicdy der Schuldige und ber in feis
nen Rechten Gekraͤnkte, der Beraubte iſt, das Anziehende ber
Griminalfadhe fleigert. Der erfte Liebhaber ift ſehr Leichtgläus
big und zu fehr Werkzeug, als daß er uns fo recht um feiner
ſelbſt willen intereffiren koͤnnte; indeß ift es bereitö Herkommen,
daß die jugendlichen Verliebten des Romans ein wenig fad und
noch mehr untergeordnet find, als daß es uns hier ſonderlich
auffallen koͤnnte.
Der Ueberfeger bat kluͤglich den legten Theil, der eine in
fi geſchloſſene Novelle enthält, zum erften gemacht, nicht ats
lein chronologiſch richtig, fondern auch für eine im Dunkel ges
haltene, mehr leidende als handelnde Hauptperfon wichtig, die
uns durch ihre Jugendſchickfale intereffirt, was umgekehrt nicht
der Fall fein würde, wenn wir erft hinterher erführen, daß ber
mwunderliche, ehrgeizige alte Derr ein fehr liebenswürdiger, vom
Schickſal unfreundlich behandelter Juͤngling war.
5. Die Koͤnigsbraut. Hiſtoriſcher Roman aus der erſten Haͤlfte
bes 17. Jahrhunderts. Von Ludwig Storch. Zwei Baͤnde.
Mainz, Kupferberg. 1832. 8. 2 Thir. 20 Sr.
Des großen Guſtav Adolf von Schweden erfte Jugend⸗
liebe, unglüdtich durdy die Raͤnke feiner herrſchſuͤchtigen Mut⸗
ter und ihrer Berbünbeten, macht ben Inhalt eines Romans
aus, der zu den beffern gebört, wenngleih er gu viel fentis
mentalifirt, mit Worten muficirt und überhaupt zu wortreich iſt.
6. Novellen von Henriette Wilke. Zweiter und britter
Band. Auch unter dem Titel: Die Vermählung zu Mabrid
und des Günftlings Glanz und Ball. Hiftorifche Doppelnos
velle aus dem Ichten Viertel des 18. und dem erſten Viertel
des 19. Jahrhunderts. Zwei Theile. Braunfhweig, Meyer.
18382. 8. 2 Thir. 12 Er.
Laut den Romanen von Walter &cott hätten bie frühern
f&ottifhen Wegelagerer und Preibeuter bei ihren Verhoͤren und
au im Umgang mit Denen, bie nidyt zu ihnen gehörten, die
entf&iebenfte Abneigung, Ort und Namen zu nennen, eine Ma:
zime, bie unfere Verf. bei biefem fehr gut gefchriebenen Buche
zu ihrem eignen Vortheil ſich hätte aneignen follen. Erlebte ir
gend ein fpanifher Don alle dieſe Abenteuer unter Bigeunern
mit fhönen Damen und eiferfüchtigen Rittern, bieße der Mo⸗
narch nur der König, ohne weiteres Abzeichen, koͤnnte man fich
unter dem fremden Ufurpator etwa einen mauriſchen Kürften
denfen, wir würden mit Vergnügen den feurigen Juͤngling auf
feinen Irr⸗ und Wegfahrten begleiten, uns freuen, daß er die
Schwärmerei, das innige Gefühl feiner Jugend, mit in das
reife Mannesalter, in feine ehrgeizigen, bad Wohl ber Menſch⸗
heit beachtenden Pläne mit übernahm. Aber unter biefem Bilde
uns den Friebensfürften vorzuftellen, ift eine baare Unmoͤglich⸗
keit. Alles in diefem Roman, von ben Charakteren bis zu der
Kleidertracht, ift Unwahrbeit, entiweber ganz falſch, ober halb⸗
fhärig, ober durch bie fchiefe Stellung erlegen; bei einer fo
gut erzählten, verwidelten und entwidelten @efcichte in ber
That zu bedauern. Entweder rüde die Verf. ihren biftorifchen
Roman in ferne Zeiten hinaus, wo es nidhr fo leicht ift, fie
des Irrthums zu zeiben, oder fie gebe ernfihafter zu Werte, bes
kuͤmmere fih um Thatſachen, ihre Urfachen und Wirkungen,
Perſoͤnlichkeiten u. f. w., und wolle, was fie ſicherlich vermag,
x
nicht nur ein artiges Bild in die Wolken pinfeln, fondern ein
Gemälde, das mit Schönheit auch Wahrheit verbindet, wit
Liebe ausführen. 18.
Flugſchriften.
1. Volks- und Boͤlkermoral. Politiſches Glaubensbekenntniß
von J. J. Buß, der Philoſophie, Medicin, Chirurgie, Geburts⸗
huͤlfe, beider Rechte Doctor (7), Rechtslehrer an der Univerſitaͤt
Freiburg. Freiburg, Groos. 1882. Gr. 8. 8 Wr.
2. Verſuche zu Gehen oder Blicke auf die Vergangenheit, Ge⸗
genwart und in die Zukunft. Won 3. ©. Diftling. Frank
furt a. M., Bofelli. 1882. 8. 15 Sr. .
8, Ueber bie She. Gin Wort in Laune und Ernfl. St :@als
fen, Huber u, Gomp. 1882. 16. 4 Br.
Wir würben uns an der Geduld unferer Lefer zu verfün-
digen glauben, wenn wir ber Schrift unter Nr. 1 eine längere
Betrachtung wibmeten. Gin foldyes Glaubensbekenntniß mit ſei⸗
nen hochtrabenden Rebensarten, feinem Hin- und Herfahren über
befannte und unbelannte Gegenftände, feinem Schimpfen auf
Bürften und Obrigleiten hätte etwa für das hambacher Feſt ge
paßt, nur baß bie dortigen Redner fich wol eines beflern beut-
fen Ausdruds befleißigt haben als Herr Buß. Wir wollen
übrigens zur Ehre bed Hrn. Doctors glauben, daß, wenn ee
erft eine Zeit lang die echte Philofophie bes Lebens kennen ge»
leent, die Rechte gründlich Fudirt und tie Mebicin, Chirurgie
und Geburts huͤlfe praktifch ausgehbt Haben wird, ihm feine Ti⸗
raden als laͤcherlich erfcheinen werben, und er wünfchen wirb,
dergleichen nicht in die Welt gefickt zu haben.
Weit beffer iſt die Schrift unter Nr. 2. Ihr Berfaffer
it ein wohlgefinnter Dann, beflen größter Wunſch ift, daß
—
Alles im Hauſe und im Staate gut ſtehen moͤge, weil davon
das Heil des jetzt lebenden Geſchlechts abhängt. Deshalb ent⸗
widelt ex zuvoͤrderſt bie großen Folgen ber drei wichtigſten Bege⸗
benheiten bes 18. Zahrhunderts, bes fiebenjährigen Krieges, der
Befreiung Amerikas und ber franzoͤſiſchen Revolution, verbrei=
tet fich in einer recht angemeffenen Sprache über Friedrich II,
Joſeph II. und Napoleon, irrt jeboh, wenn er S. 95 bie
Halsbandgefchichte als dasjenige Sreigniß bezeichnet, durch wels
ches die Revolution in Frankreich herbeigeführt fe. Dann
fhildert er bie Gegenwart nad ihren wichtigſten Zuftänden, die
Acte des heiligen Bundes, die Prebfreiheit,‘ der gefteigerte Werth
des Geldes, die echte und falſche Demagogie, die übertriebene
Liebe zu Muſikern und Sängerinnen, die politiſche Schriftftelles
rei und ber zu wenig wirkſame Ginfluß ber Schriftiteller auf
wahre begluͤckende Vollsbildung, bad neuere Finanzweſen, die
Iandftändifhen Berfaffungen, der Lurus und Ggoismus vieler
Beitgenoffen, der Myſticismus und Verketzerungsſucht — alle
diefe, freilich nicht immer erfreulichen Gegenflände werben ernft
und ruhig befprodhen. Fuͤr eine beffere Zukunft, als fie fi
ben Erwartungen Vieler darftellt, will der Verf. deſonders durch
die Erziehung ber Jugend zum Gehorſam, zum Fleiße unb zur
Geduld gewirkt wiffen, durch Gntfernung aller Altklugheit und
— fo möchte Nef. binzufegen — ber eiteln Genußfucht der
Jugend. Alle bdiefe Grörterungen find fo vorgetragen, daß
Niemand den Verf. für einen menfchenfeindiihen Dann halten
wirb, fonbern für einen Dann, der überall treue Pflichterfuͤl⸗
(ung wuͤnſcht, als die Bedingungen der Ruhe, des Gluͤcks unb
der Freiheit.
Bon Nr. 8 laͤßt fih wenig mehr fagen als — daß es
nun einmal ba iſt. Soll «8 ein Zoilettengefhen? für Damen
fein, fo taugen bie fremdartigen Wörter, ale Spermologe, Rect⸗
afcenfionen u. a. nicht in daſſelbe, auch dürfte bie Erwähnung
der bekannten spelunca in Virgil's „Aeneide“, fowie der Venum
vulgivaga unb das Öftere „laßt uns Menſchen maden” bie
etwa gefoderte Erklaͤrung ſehr erſchweren. Soll dagegen Laune
in dem Büchlein fein, fo geſtehen wir, darin nur einen „gekniffe⸗
nen Humor“ gefunden zu haben. _
Nedigirt unter Verant aertlicheeit der Verlagshandlung: F. A. Brodhbaus in Seipzig.
N
Blätter
für
literariſche Unterhaltung,
Sonntag,
— Nr. 76. —
17. Mir; 1833.
Geſchichte Europas feit Dem Ende bes 15. Jahrhunderts
von 3. v. Raumer. Erſter Band.
(Bortfegung aus Nr. 75.)
Im zweiten Dauptflüd werden und zuerſt Portugald
Glanz, feine Könige Joham II. und Emanuel der Große
vorgeführt. Won dem Legtern konnte in dem vorigen Ab:
ſchnitte nicht die Rebe fein, da er zu feiner großen Ehre
alle Anträge, ſich in die Streitigkeiten der füdeuropäifchen
Staaten zu mifchen, fo weile als ftandhaft ablehnte. Ans
derö Leider bei Spanien, auf welches die Erzählung zus
naͤchſt übergeht, da wir Ferdinand den Katholifchen in der
Geſchichte jener Händel bereits nur zu gut Eennen gelernt
haben. - Freilich treffen die Vorwürfe der Deuchelel und
Zreulofigkeit, die er fo fehr verdient, nicht ihn allein, ſon⸗
dern wie viele andere Fuͤrſten und Große jener Tage. Aber
nicht ganz richtig bezieht der Verf. hierauf eine Stelle Me:
zeray's im „Abrege chronologique de l’hist. de France”,
wo dieſer von allen Fürften jener Zeit fagen foll, daß
fie durch ihre Reben und Handlungen einen nichtswürbi-
gen und thierifcher Atheismus barlegten. Denn Mezeray
bat in dieſer Stelle zulegt mehre Fürften namentlich auf:
geführt, auf weſche ſich fein „tous ces potentats” allein
beziehen kann, und zwar Ludwig Moro, Alerander VI.,
Cäfar Borgia und die Aragonefen von Neapel. Noch
wollen wir bemerken, daß Llorente der Meinung, die Ins
guifition fei in Spanien gegen ben Wunſch Sirtus IV.
errichtet oder vielmehr erneuert worden, entfchieden wider:
ſpricht, und daß die Echtheit des befannten aragonifchen
Huldigungseides nad) neuern Forfchungen großem Zweifel
unterliegt. Den größten Theil dleſes Abfchnitts nimmt
die Gefchichte der Unruhen in Spanien während der er:
ften Regierungszeit Karl's ein, welche ſchon vor acht Jah:
ten in d. Bl. ald erfle "Probe des Werkes mitgetheilt
wurde. Us naͤchſter Vergleichungspunkt für die Be:
handlung diefes merkwürdigen, politifh ungemein lehrrei⸗
hen Aufitandes bietet ſich NRobertfon dar, und Niemand
wird anftehen, die Darftellung unfer& Verf. für die un:
gleich reichere und lebendigere zu erklären.
Im dritten bis fiebenten Hauptſtuͤck ift die Gefchichte
der deutſchen Meformation bis zum augsburger Religion:
frieden ſowie Karl V. und Stanz I. enthalten... Ueber.
feine Behandlung ber Reformationsgefdjichte aͤußert der
Verf, in der Vorrede: daß er nach den Ergebniffen ſei⸗
—
ner Forſchungen weder den Katholiken noch den Prote⸗
ſtanten die ganze Wahrheit und das volle Recht habe zu⸗
ſprechen koͤnnen. Ein Schriftſteller, der fo ſpricht und
verführt, wird ſich auf Misdeutung und Tadel gefaßt ge⸗
macht haben. Den Katholilen wird ſchwerlich mit einer
Darftellung gedient fein, die das Mecht der Meformatoren
nit in bee Wurzel vernichtet, und die Proteftanten find _
es von fo lange ber gewohnt, die Entftehung ihrer Kirche
in den Werken ihrer Schriftfteller von einem rein theolo:
gifchen und fort apologetifhen Standpunkt behandelt zu
fehen, daß jede Darftellung, die ihnen ihre volles, unbes
dingted Recht nur einigermaßen zu ſchmaͤlern fcheint, fie
fhon ſtutzig macht. Ein befonderer geheimer Hintergrund
von Gedanken, ja von Abfichten wird vermuthet und auf:
gefuht. Da die allermeiften Menfchen überhaupt weit
mehr Iefen, um die Anfiht, die fie fchon fertig haben
und zum Buche mitbringen, beftätigt .zu fehen, als um
belehrt und zu neuer Unterfuchung angeregt zu werden,
fo fegen fie auch von dem Schriftftellee voraus, er müffe
von den entfchieden ausgebildeten Lehren irgend eines Sy⸗
ftems ausgehend fchreiben; dies allein beflimme ihn zum
Lobe, dies allein zum Tadel. Sa, fie meinen, aud) der
Geſchichtſcheeiber werde in ber ganzen Vergangenheit nur .
loben und tadeln, mas der Partei, der er angehört, in
der Gegenwart nuͤblich oder ſchaͤdlich ſcheint. Mit diefer
Gefinnung wird ihnen grade die Unbefangenheit am ver
dächtigften, ja, wenn fie ſich nicht blos als Leſer, fondern
zugleich als Richter und Lenker des öffentlichen Urtheils
betrachten, fo halten fie es fogar für Pflicht, dieſe Uns
befangenheit auch bei Andern verdächtig zu machen; benn
fie haben in ihrer Weisheit jene geheime Abficht ausges
wittert und meinen dafür forgen zu müffen, daß unfchuls
dige Gemüther fich nicht verbienden laffen und in Falls
ſtricke gerathen. Was ift auch natürlicher, als daß Je⸗
mand, der 3. B. das Papftthum des 11. Jahrhunderts
lobt, damit nur verjledt den Wunſch ausfpricht, daB ſich
im 19. die Protefianten ihm wieder unterwerfen mögen!
So laͤcheruch died klingen mag, die Erfahrung ſpricht
nur zu fehr dafür, daß ähnliche Schlüffe noch täglich, -
bald mehr bald weniger laut, gemgcht werden. ine
Gefinnung und ein Beftreben, welche unferm ſich feiner
Zoleranz fo fehr rühmenden Zeitalter nicht ſonderlich zur
Ehre gereihen! Mir wollen hier die Frage nicht unters
.-
. s14 Ä
fuchen, ob die Mehrheit ber Geſchichtſchreider es ſelbſt
verſchuldet hat, wenn ſich die Leſer von einem nach Ge⸗
rechtigkeit für mehr ale Eine Partei ſtrebenden Urtheile
fo entwöhnt haben; daß aber Hr. von Raumer ebenfo
wenig zu bdiefer Zahl gehört, als ſich durch Furcht vor
Verketzerung zuruͤckſchreckm laͤßt, hat er bucch feine „Ho⸗
henſtaufen“ hinlaͤnglich bewieſen
Ueber das formale Grundprincip beider Richtungen in
ihrer volllommenen Divergenz ſpricht ſich der Verf. bei
Gelegenheit von Huß' Lehren und Schickſal aus, in⸗
- dem er ſagt: daß die Ueberzeugung von der unausweich⸗
chen Nothwendigkeit einer allgemeinen Gefeggebung, ſowie
Zurcht vor der Altes aufloͤſenden Willkür der Einzelnen
eine Partei fo weit getrieben bat, daß fie unbedingte
Uebereinſtimmung aud in Dingen verlangte, wo fie we⸗
der möglich noch nuͤtzlich iſt, und die Perfönlichkeit um
des allgemeinen Begriffs wegen mishandelte, ja vernichten
‚wollte; während umgekehrt Anbere in ihrer perſoͤnlichen
Heberzeugung die alleinige Regel fahen und jede aus all:
gemeinen Gefegen an fie gerichtete Foderung eine Ver:
legung ihres Gewiſſens nannten. Der Standpunkt, auf
den fich der Verf. fomit gefteflt hat, wird ihm %on beis
den Seiten eingerdumt werden müffen; degn der Katholif
kann wenigftens nicht leugnen, daß die ımbedingte Durch:
führımg jener Uebereinſtimmung ohne Gewiſſenszwang, ja
ohne Grauſamkelt nicht möglich fei, der Proteftant nicht,
dag die leicht mögliche Verwechfelung bes, fei es Schrift
and Offenbarungs: oder Vernunftglaubens mit einer bios
fubjectiven Weberzeugung zu den verderblichften Sreehlimern
führen koͤnne und geführt habe. Won bier aus wird man
fich verfucht fühlen, auf die Quelle zuruͤckzugehen, und
es wird Gemuͤther geben, die in der allzu ſcharfen und
einfeitigen Auffaffung und Aufftellung fehon ber Srund-
fäge den Keim zu diefen Ertremen fuchen werden und
fomit in der möglichen Loͤſung jene® Gegenfages auch die
Möglichkeit einer chriſtlichen Kirche,, welcher bie Einſeitig⸗
* Leiten der gegenwärtig flreitenden nicht mn antleben mer:
den, deren Erfcheinung in der mweiterg Entwickelung des
Chriſtenthums zu erwarten fteht, wenn nicht bride Weber:
zeugungen im irbifchen Leben als nothwendige Spaltuns
gen ber Einen unheitbaren Idee fortdauern müffen. We⸗
nigſtens wird man zugeben, daß diefe Betrachtungsweiſe
für die Erkenntmiß der hiftorifchen Entwickelung weder un:
geſchickt noch unfruchtbar fein wird. So bemerkt der
Verf. 3.3. bei Gelegenheit der augsburgifchen Confeffion
über den großen, ja tiefſten Gegenſatz von der Frucht des
Gkaubens und der Werke, daB fich eigentlich beide Par:
teien Unrecht gethan und fih, wo nicht ganz verföhnen,
doch beſſer hätten verftändigen koͤnnen. Denn die Katho:
liken hätten ja nirgend behauptet, daß man für das
Verdienft der Werke, ohne Erlöfung und Gnade felig
werde. Beide Partelen, fährt er fort, glaubten’ an Chrifti
Verdienſt und verlangten einen gottfeligen Wandel; umd
lag nicht das echte Chriftentyum mehr in diefem Mittel:
punkte als in dem Aeußerfien und ben übertriebenen
Sormeln, welche man allmaͤlig immer feindlicher einander
gegenuͤberſtellte ? 7
nur von Einer
|
Nun wird man freilich Demjenigen, ‚der fo denkt und
urtheilt, das Recht nicht verfümmern können, feine Dar⸗
ftellung nach diefen Principien zu bilden. Wir gehen ins
deß noch einen Schritt weiter und behaupten, daß auch
bee Hiſtoriker, der fich mit feinem Glauben an die ey
oder die andere Kirchenpartei auf das feſteſte anſchließt,
in feiner geſchichtlichen Darftelung von dieſer Ueberzeu:
gung nicht ausgehen darf, fondern möglichft trachten muß,
jenen Standpunft zu gerinnen. Hat der Proteflant
hierin unleugbare Vortheile vor dem Katholiken, fo ſoll
es fi auch diefer nur in dem ungetrübten Streben auf
jenes Ziel bin bedienen. Der Geſchichtſchreiber darf ſich
Dabei nicht von der Einrede verwiesen laflen, die men
freitich oft genug hört, daß er feinem Werke den Stem:
pel feiner Ueberzeugung aufbeüeen und es mit derſelben
ganz durchdringen müfle, weil die Wahrheit doch nur Eine
fei, der man offen ins Geſicht zu ſchauen den Muth ha⸗
‚sen mühe, ja wer fie andy nicht gradesu verfeugne,
wenn er fich nicht ganz entichteben für fie erfilire, würde,
wie fein Werk, die Farbe der Lauheit und des Indiffe⸗
rentismus tragen. Aber wer fo fpricht, hat das Weſen
und die Aufgabe der Gefchichte ſchwerlich richtig erkannt.
Denn diefe hat es uͤberall weit mewiger mit dem Vollen⸗
beten und Erreichten zu thun, als mit dem Streben da⸗
nad; ihre Richtmaß darf daher auch nicht die Wahrheit
bee Idee fein, die erfirebt wird, fondem das Edle und
Tuͤchtige der Geſinnung, von ber die Beſtrebung ausgeht.
Wer fih von dem Gemeinen, Niedrigen, Geringen ab⸗
wendet und fein Leben mit der Kraft der Begeifterung
an Das fest, was ihm als das Große, Erhabene, Gute,
Heilſame erfcheint, dem reicht fie die Palme, auch wem
er irrt, auch wenn das heiß erfehnte Ziel noch nicht das
rechte if. Wenn diefer Standpunkt fefigehalten wirb,
ift nicht zu begreifen, wie ein chriftlicher Geſchichtfchrek⸗
ber das Alterthum behamdeln tönnte, ohne eine ftete Ver⸗
dammung befjelben auszufprechen und durchblicken zu lafs
fen. Immer mehr kommt man davon zurüd, die Ent⸗
widelung des Staats: und Bölkerlebene, der Eultur, dee -
Miffenfchaft, der Kunſt in frgend einer Periode, mit ei=
nem andern Maßſtabe zu meffen als mit einem aus ihr
ſelbſt hergenommenen; follten die kirchlichen Verhaͤltniſſe
allein auf eime folche Unbefangenheit nicht Anſpruch ma:
hen dürfen? Sole es hier allen für erfchöpfend gelten,
ite auszugehen? Es kann hier nit
der Ort fein, weiter auf diefen wichtigen Gegenſtand ein=
zugeben; doc haben wir die gegebrnen Andeutungen nicht
für uͤberflüſſig gehalten, weil fie. fi) auf einen Stand⸗
punkt beziehen, der dem bed Verf. fehr nahe kommt.
Neigt fi) nun aber in einer folchen Darftekung die
Mage fichtbar auf die eine Seite, fo halten wir einen
fothen Sieg derfelben für einen um fo entfchtedenern und
teinern, weil der lobrednerifche Ton des Sachwalters nirs
gend herrſcht, und die Schwächen derfelben ebenfo wenig
verdeckt werben ald das Mecht des Gegners in den Schat=
ten gefteltt. Nicht aus den Worten unſers Berf., wol
aber aus dem Ergebniß feiner gefammten Darftellung gebe
ein ſolches Webergewicht für ben Proteftanttemus hervor.
Ed
Ben der begeifterte · Freund bee Reformation — becfel⸗
de Enthuflasmus vermißt, fo wirde er geſtehen müſſen,
daß ſelbſt dieſer Mangel den ruhigen Erwaͤgungen des
⸗
bel, Zſchokte m: X. aur fo oberflaͤctich und meiſt mit fo nichts⸗
. fagenbem Urtheit
kenten zu flatten kommt. Die große Ruhe, mit. |.
weicher 5 B.:die Eimvendimgen. ber ˖ atheliſchen Eixcyrifts
Ritter gegen kLuther's Angriffe auf den Ablaß zuruͤckgewie⸗
fen werden, wirkt uͤberzeugender als eine bittere, heftige
Holemik. Ein würbiger. Ton iſt fellgehalten, und nur
am einigen fehr wenigen Stellen bat ch uns geichienen,
abs ob ber Verf. darin felsigegeiffen habe, wo er naͤmlich
eittem : ganz ſchroffen katholifchen Urtheile gegenüber das
Rinige mit einer allzu hoͤflichen Wendung einleitet. Wie
wenn er verfichert, daß er dee von dem befangenfien Pars
teigsifte eingegebenen Gchilberung , welche Palnpicini von
Luther entwirft, „nach gewiſſenhaftem Prüfen aller That⸗
ſachen“ nicht beitreten. könne? Wenigſtens können diefe
Worte nur auf Katholilen berechnet fein, oder auf Solche,
bie Luſt haben, es zu werben. .
ie Bertfonung feigs.) nt
Geſchichte der neuern deutſchen Poefie. Vorleſungen von
Auguſt Wilhelm Bohtz. Goͤttingen, Kuͤbler. 1832.
3 1Thlre. 12 Gr.
Unter der großen Anzahl literarhiſtoriſcher Darſtellungen
und Verſuche, Die ſich in neueſter Zeit bei uns faſt gedrängt
haben , zeichnen fidy. diefe Worlefungen eines uns. bisher undes
faunt geweienen Kritikers zwar nicht durch beſonders hervorra⸗
Much eine überall wohlmeinende Anficht, vuhige eble Wärme
der Auffaffung und mandye treffende Bemerkung aus, die im
Ginzeinen über biefen oder jenen unferer Schriftſteller gemacht
wird. Du es bem Berfaffer in feinen Vorlefungen nur um Her⸗
verhebung der allgemeinen Refultate feiner Literatunbetrachtung
ya thun iſt, ober, wie er es ausbrädt, um Darlegung „ber
jenigen Momente der poetifdyen Riteratur Deutſchlands, buch
die ein eigentlider Umfchwung in der Sefühls: und Denkungs⸗
weife des gahzen Volks herbeigeführt wurbe”, fo darf man an
feine Darftellung nicht die Anfprüche einer eigentlichen Litera⸗
turgeſchichte knuͤpfen. Dazu ift fein Buch beimeitem zu uns
volftändig unb im Ganzen wie im Einzelnen zu unansgeführt
geblisben. _ Es berrfcht in deu Verfaſſers Weite überhaupt mehr
aͤſt hetiſches Raifonnement als Hifterifhe Entwickeiung vor; um
Ingtere zu geben, hätte es einer zufammenhängenbern und grünbs
lichern Darftellung der Literaturperioden wie ber fie beberrfchens
ben Individuen bedurft. Der Verf. befchäftigt ſich, feinem Plan
gemäß, nur mit ben Hauptcharafteren ber Riteratur einigermaßen
ausführlich, und wenn man benfen follte, daß dies grade aus⸗
reichend araͤre, eine Zeit zu charalterifiren, indem man nur bie
Heroen berfelben hervorhebt unb bie andern feheinbar unweſent⸗
lichern Ceſtalten tarin kaum berührt ober ganz übergebt, fo
. ann «6 doch unferer Meinung nad kaum eine falfchere unb
anzulänglichere Eiteraturentwidelung geben, denn grabe jene
für umwefentliger angefehenen Geſtaltungen einer Zeit find bie
vermittelnden Glieder berfelben, die, al® zur Erklaͤrung und
Borbereitung ber großen, Alles comcentrirenden Erſcheinungen
dienend, ihrerfeits ebenfalls ihre Nothwendigkeit behaupten. Un:
fer Berf., der 3. B. von bem an die Spige gefteliten Grund⸗
Tag ausgeht, das Goͤthe Anfang, Duelle und Mittelpunft ber
meuern Poefie fei, glaubte demgemaͤß nichts Hauptſaͤchlicheres
aa thun zu haben, als einen großen heil feines Buches ben
felten neu ausfallenden Reflexionen über biefen Dichter zu wibs
men. Dagegen werden ſolche Schriftftellee wie Lenz, Dippel,
3. 9. Jacobi, Thuͤmmei, Wilpelm Heinfe, Klinger, Zr. Nico:
eswhhnt, daß er beffer geweſen wärs, fie
wwgenannt zu.iaffen. Die Unzichtigleit biefes Nerfahrene -
€ aber auf ben Gegenſtand ber ausgezeichneten Borliebe ſelbſt
sub, beun obme ‚Zneifel kann bis Charakteriſtik eines Dich⸗
ters wie Böthe nur babmech tiefer, wahrer und bifterifch ber
gehnbeter werden, dab man nicht bios ihn felbft in dem abger
ſchloſſenen Kreiſe feiner Dichtung auffucht. und beleuchtet, ſon⸗
dern ihn auch in den ebenfalls genau auseinanbergefehten Gi:
genthuͤmlichkeiten ſeiner Vorgaͤnger und Zeitgenoffen, je nad
. ven biefe auf ihn zurädigewickt ober ihn angeregt haben, ſich
ſpiegeln läßt. Am meiften haben uns bie Aofchnitte über Wie |
ı Ind, Leſſing und Windeimann befriedigt. . Großes Unrecht aber
. weh Konebue von bem’ Verf. e
tfadren. Eine fo wegwerfende
Kritik Aber dieſen Schiftſteller ift Längft nicht mehr an ber
Zeit, ober wenigftens ſehr wohlfeit, und man hat bereits vom
. andern @elten her angefangen, Kotzebue's Talent für das Luſt⸗
dahin bezuͤgliche Gabinetsordres mit.
‘an den Gmeralmajor Prinz Georg Ludwig von Holſtein⸗Got⸗
torp (Nr. 31):
fpiel geredgter zu würdigen. Des Bert. Duch ſchließt mit eis
ner cbeufälld wenig Neues bietenden Sharakteriftit der ſogenann⸗
ten vomantifgen Schule unb erwähnt die ihr folgenden Er
fheinungen und Verhaͤltniſſe der deutſchen Literatur gar nicht.
Ob der Verf. mehr zw geben vermag, als er in biefen Vorle⸗
fungen that, würbe- an ihm liegen, zu beweiſen. Jedenfaus
bat ex hdier gu wenig gegeben. 38.
Miscellen
‚. Keledrig der Broße und bie Kleinen deutſchen
Reihsfürften.
So warm und feft Friedrich II. bie Rechte ber beutfchen
Keichöfürften vom Anfang feiner Regierung an bis zum Ende
genbes Zatent oder Eigenthämlickeit des Urtheils, aber bob. | un men aerrneidigt hat, fo kurz und beftimme erffärte er fidh
über Fehler und Wergehungen berfelben, wenn die Fuͤrſten in
feiner Armee dienten. Preuß theilt im erften Theile des, Urkun⸗
denduche® zur Lebensgeſchichte Kriedriche des SGroßen“”) mehre
So ſchreibt bee König
„Durchlauchtiger Fuͤrſt. Ich Habe Em. Liebben Schreiben
vom 14. diefes nebft der Copey Dero Briefes an bes Großfürften
‚ Baifert. Hoheit wohl erhalten und dagegen gar nichts zu fagen,
weil foldyes Alles recht gut und billig if. Mas Ich aber Ew.
Liebben aus rechter Wohlmelnung zu erfennen geben wollen, ift
diefes, daß Ich weiß, wie diefelbe fich oft bei Dero Regiment
den übermäßigen Trunk übernehmen laffen, woraus nothwendig
eine wüfte und nachtheilige Haushaltung, fo gewiß wegen Dero
(häblihen exemples und suites nichts taugt, entſtehen müflen.
Wiewol IH von Ew. Liebden guter Gemuͤthsart überzeugt bin,
Sie werden diefe meine wohlgemeinte Erinnerung ſich zu dero
eignem wahren Beſten bienen laſſen. Ih bin Ew. Liebden
freundwilliger Vetter. Potsdam, den 16. Nov. 1746.
Als der Fürft ven Thurn und Zaris den ſchwarzen Ablers
orden zu haben wünfchte, Friedrich ihm aber denfelben nicht er:
theilen wollte, gab er feinem Gtaatsminifter von Podewils auf:
„Vous ferez expédiqr une reponse aussi obligeante que va-
gue, remplie de grands complimens dans le goüt Ju style
imp@rial, sans toucher trop clairement ce refus’’ (Wr. 118).
Markyraf Friedrich, ein Neffe bes Könige, hatte in einen
Gtreitfahe mit ders Zuben Ephraim die Vermittelung bed Koͤ⸗
nigd nachgefucht. Diefer aber antwortete ibm, daß „bie® eine
pure Juſtizſache fei, in welche er nicht entrirt: er babe da⸗
ber die Sache an die Zuftizminifters geſchickt, welche verpflich⸗
tet find, eınem Jeden obne Anfehen der Perfon wahres Recht
zu abminiftrieen” (Nr. 182). Gbenfo wenig will fi ber König
des. Grafen von Schaumburg: Lippe in einer gegen ihn ange
brachten Schuldliage annehnuen,, weil er fid mit dem Finanz⸗
*) Wir berichten naͤchſtens über dad Werk von Preul. D. Red.
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weſen nicht abgibt (Mr. 211), and verweigert er den natuͤrli⸗
ar Kindern dei Markgrafen Karl bie Sourſaͤhigkeit (Rr. 272)
mb erinnert ben Prinzen auf eine fehr artige Weife an
‚ bie ex unerfüllt gelaffen Habe (Mr. 290). Dem
oben erwähnten Herzog von Holftein räsh er von einer Deiwath
ab; ba fie für ihn gar nicht vortheilgaft fei (Mr. 439). ebenfo
dem n von Köthen, feinem. jüngften Prinzen zu ben ihm
bewwilligten 2000 Thlr. noch 50 Thlr. monatlich zuzulegen, weil
„erwaͤhnter Prinz nach feinen jegigen Umftänben mit 2000 Ihlrn.
fehe wohl zufrieden fein und reichlich austommen köonne“ (Wr.
80), ımd dem alten Kürften Leopolb von Deffau verweifet ex.
feine Haͤrte in Werbungsfachen ſehr nachdruͤcklich (Kr. 51):
‚ao muß ih Ew. Liebden aus wahrer Affection zu erfennen
geben, wie fehr nachtheilig Mir bergieichen higiges und gewalte
farhes Verfahren bei den jegigen Conjeaöturen im Beide fel,
als wodurch die fürftlichen Höfe nothwerdig von mir und mei
nem Interesse eloigniret und zu vielem fchäblichen Geſchrei bes
wegt werden müffen. Ich habe diefem nach zu Ew. Liebden
Ginficht und aequanimität und Consideration vor Mir das fefte
Bertrauen, Sie werben alle Verdrießlichkeit coupiren, Dero Bet
tern den Kürften von Köthen (ed war ein koͤthenſches Dorf, in
weichem bie Gewaltthätigkeit vorgefallen war) zufrieden ftellen
und dus hach deffen Refidenz geſchickte Sommanbo, welches ich
nicht avoniren fann, ſogleich und ſonder die geringſte Desordre
zurüdziehen, übrigens aber ſich damit begnügen, wofern biefels
ben Ihre praetension erweislich machen wollen, bad Ich die
Sache rechtlich und unparteiifch unterfuchen laſſe.“ (Vom 24. Oct.
1746.) Noch nachdruͤcklicher iſt die Cabinetsordre an denſelben
Fuͤrſten vom 5. Nov. d. J. (Nr. 64), wegen ber Vntlaſſung
des Musketiere Joh. Chriſt. Günther: „Ich febe nicht gern,
daß diefelben Contradictiones machen, wann Ich einmal Orbres
gegeben habe, und ba Ich in dieſe Sache Ordre gegeben habe,
fo muß es babei fein Bewenden haben. Sch verfiche darunter
Seinen Scherz, und mögen Ew. Liebdben Mich nicht vor einen
Fuͤrſten von Zerbſt oder Köthen nehmen, fondern meinen Orts
dres eine Genuͤge thun, fonften es nichts anders wie Verdruß
machen kann.” An Beziehung auf bie Werbeangelegenheiten —
unftreitig eine Schattenfeite des damaligen preußifhen Militairs .
weſens — ift es erfreulich, in biefe Sammlung auch Gabinets:
orbres zu finden, in tenen bie Härte und Strenge bei diefem
Befchäfte ernftlich gerügt wird. Es werben unter Anderm bie
Bürger in Prenzlau (Nr. 414) und in Ruppin (Nr. 437),
ale auch einzelne Perfonen, wie ein Bürger in Halle (Nr. 28),
gegen Anmaßungen höherer Militairs vom Könige lebhaft in
Schug genommen.
Friedrich IT. in Heirathsangelegenheiten.
Man weiß, daß es der große König nicht gern fah, wenn
fih feine Offiziere verheiratheten. Daber ergingen firenge Ber:
orbnungen, um die Heirathen der Offiziere zu verhindern und
die. Deirathelufligen mußten ſich ſtets an den König felbft wen⸗
den, wie es auch jegt noch in Preußen gefchieht. Aber ſchwer⸗
lich erfolgen wol jegt foldye Refolutionen, wie die aus dem
Gabinet Friedrich II. waren. &o ſchrieb er an den Oberſt von
Natzmer wegen eines Lieutenants, für den biefer um ben Con:
ſens nachgeſucht hatte: „Ich fehe nicht gern, wenn bie Hufa-
renoffizierd fich fo viel verheirathen, welches nicht taugt, denn
‚wenn fie alsdann marfciren follen, fo ift ein Haufen Lärm
der Weiber halben.” (Preuß, „Urkundenbuch“, Ih. I, Nr.
39). In einer andern Gabinetsorbre (Nr. 40) heißt ed, daß
„die Huſaren Kit durch die Scheide, fondern durch den
Saͤbel ihr Gluͤck machen muͤfſen“. Als ein Faͤhnrich heira⸗
then woilte, reſcribirte der König: „Die Faͤhndrichs bekom⸗
men feine Permission zu heirathen“ (Nr. 43). An ben Gene:
ral von Lexs erging folgende DOrbre: „Wegen bes Lieut.
von Schwenſitzky vorkabender Heirath mit einer Doctorswitwe
gebe ich urch in Antwort, daß es mir fehz unangenchw ik,
wenn Subaltern: Offiziers deirathen und zumal ſich iren
wollen, Ihr habet alfo die Eurigen vielmehr auf alle Weiſe
davon abzuhalten, als Euch für fie wegen foldjer marisgen Ri
intere ſſiren, deum Ihr Fonft dald bauter Bürget gaMffiliere
gen werdet” (Nr. 45). „Ich will es zwar wohl geſchehen laſ⸗
ſen“, verfügt der König, „daß ber Lieut. von Miskowski Cure
(des Oberſten von Natzmer) Schweſter heirathe; wann aber hier⸗
naͤchſt Hunger und Durſt zuſammen kommen, ſo werdet Ihr
ſolches Cuch ſelbſt zu imputiren haben.” (Kr. 242.) -An den
Major von Affeburg, der mit ſeiner Ehefrau :in Sirrit bebte,
fgreibt ber König, deſſen Bermittelung oher Machtſoruch deze.
felbe wahrſcheinlich nachgeſucht Hatte: „es thus mir Cuer Ches
kreuz vecht leid, indefjen kann «6 nicht anders fein, als baß
be die Sache ordentlich dei’ dem Kriegsconfiftorio ausmachen
mößt‘ (Wr. 236). A der Major TIydaͤus fidh verheirathen
will, fo begehrt der König weft zu wiffen, „was für eine. Per⸗
fon er heirathen wolle, ob fie Vermögen hat unb wie ihre Ums
ftände fonften fein’ (Nr. 256). Dem Lieutenant von Plotho
ſchlaͤgt er es rund ab, ſich verheirathen zu dürfen: „Ich gebe
nicht zu, daß Offiziere fi mit Kaufmanns Töchtern heirathen,
und alfo wird von @urer intendirten Heirath um fo weniger
was werben, als benen Gubalternen foldyes ohnehin nicht ges
bührt”” (Nr. 29%). Auf aͤhnliche Weile antwortet er dem Ca⸗
pifain von der Albe auf fein wieberholtes Anfuchen und räth
ihm, fi) die Heirathsgedanken nur ganz vergeben zu laffen:
(Nr. 435). Ja felbft, wenn die Frau einiges Geld hat, vers
weigert der König die Erlaubniß, „‚denn’‘, wie es in einem fols
hen Kalle heißt, „mit 300 Thir. Intereffen (von 6000 Thir.)
kann ein Lieutenant benebfl einer Frau nicht leben” (Nr. 389).
Daher war es dem Könige eine große Zreube, daß bei bem
berühmten baireuthifchen BDregonerregimente, ale dies am
5. April 177% aus Pafewalf in das Feld rüdte, von allen
74 Dffigieren, vom General an bis auf ben jüngften Faͤhnrich,
nicht ein einziger verheirathet war (Preuß, I, 426). Die neuere _
Kriegsgefchichte dürfte Hierzu wol fein Beiſpiel liefen. Ende
lich zeigt ſich aber in foldyen Deirathsangelegenheiten die Ges
rechtigkeit Friedrich's in einem ſehr fchönen Lichte, wie in. ber
Gabinetsorbre an feinen vortrefflihen General, den Grafen GSet⸗
ler (Nr. 88), über die „‚gottlofe That feines Sohnes, bes Lieu⸗
tenants, ber bed Rathes von Rothkirch Tochter. unter Berfpre=
dung der She durch Lift verfuͤhtet und detleuriret, folglih im
den elendeften und verachtetfien Stand gefegt bat’. Der Kds
nig erflärt nun zwar, in bie Ehe Beider nicht willigen zu wols
len, doch foll „bie arme, verlaffene Tochter gehörige Satisfac-
tion und Xbtrag durch Grtbeilung eines raisonnablen dotis
erhalten”. Dem Bater des Maͤdchens verweifet er dagegen (Nr.
, 89) die wenige Aufmerkſamkeit, welche er auf das Zuſammen⸗
- fein der jungen Leute gehabt habe, „dont l’amour ne pouvait
' promettre rien de hon’.
WBie oft iſt Friedrich II. in die Kirche gegangen?
Die Hengſtenbergianer und die Freunde und. Mitarbeiter
. ber „Evangeliſchen Kirchenzeitung” werben nun erft recht Zeter
über Friedrich II. fchreien, wenn fie aus Preuß’ „‚Lebensgefchichte“
bes großen Königs (Th. I, &. 87) erfahren, daß Friedrich II.
ald König wenig mehr als neun Predigten (in den Jahren
1740 — 57) gehört haben mag. Ald Kronprinz hatte er des
ren um fo mehr hören müffen.. Unter diefen Predigten iſt auch
| die, welde er zu Dresden am 21. Nov. 1756 von tem Eu=
perintendenten Am (Ende hörte und bie zu Merfeburg im 3.
1831 wieder gebrudt il. Das Thema derfelben war: Suum
cuique, Jedem das Seine, und ziwar 1) Gott das Geine, 2)
dem Kaifer bas Seine, 3) tem Naͤchſten das Beine, 4) ber
Weit das Ihre, 5) dem Tode das Seine, 6) ber Ewigkeit
das Ihre. 39.
Redigirt unter Berantwortlichteit der Verlagshandlung: J. A. Brockhaus in Leipzig.
> age *
Blätter
ZZ für
literarifhe Unterhaltung,
Montag, | — Nr. 11. — 18. Mär; 1833.
Auch über die Formen der Kirchenverfaffung fpricht
5. v. Raumer. Erſter Band. fih der Verf. vollkommen als Hiſtoriker aus, welcher den
(Bortfegung aus Nr. 76.) Werth der Verfaffungen nicht nach einern in concreten _
Jene Hinnelgung, nicht zum Syſtem, fondern zum | Zuftänden nirgend vorhandenen abfoluten Werthe, ſon⸗
Princip des Proteſtantismus, aus weichem gemiß verſchie⸗ dern nad ihrem Verhaͤltniß zu der Entwidelung, aus
denartige Spfteme hervorwachfen können, erklärt fi) ſchon | welcher fie hervorgegangen, ber fie dienen, die fie tragen
daraus, daß die Geſchichte felbft dieſes Princip gar nicht | und umfaflen follen, beurtheilt.
entbehren kann, vielmehr ihre eigenthümlichftes Leben in : Wer (fagt er) dem Epfteme einer allgemeinen chriftlidyen
demfelben erkennt, in der fortfchreitenden nttoidelung | Kirche (sufammengehalten durch die Gtufenfolge der Geiſtlichen
nämlich, welche revolutionnairer Ausartung nicht minder | Und in legter Stelle durch den Statthalter Chriſti auf Erden,
/ or | durch den Papft) alle Wefenheit und Würde abfpricht, möchte
fremd iſt als erſtarrendem Beharren. Der Berf. will | yon einer ondern blo8 zeitlichen Anfiht und Korm ebenfo bes
zwar einen Unterſchied zwiſchen Charakter und Princip fangen fein wie Derjenige, welder leugnet, daß jenes Soſtem
machen, indem er fagt: ‚1 von Ausartung ergriffen warb und fid in der Wirklichkeit ganz
Es iſt merkwürdig, daß die Katboliten, welche neben der | anders geftaltete, als es ber Verſtand dezweckte und die fromme
Bibel auch ne en vun Garifeen * —— Begeiſterung lange glaubte.
vaͤter hervorhoben, welche im Papſtthum ein aͤußerliches Mittel
der fortbildenden Gejesgebung beſaßen, für bie Unveraͤnderlich⸗ di Waum nun aber die. Kicchenverfammiungen, welche
feit alles Beftehenden fämpften, während ihre Gegner, welche efer Ausartung entgegentreten umd alle bie Uebel und
neben dem Goangelium keine Quelle der Entfcheibung und Ges | Mängel heilen follten, die vom Ende des 14. Jahrhun⸗
feggebung dulden wollten, die größten Neuerungen veranlaßs | dertö ein fo lautes und dringendes Gefchrei um Beſſe⸗
ten. — — Indeß bat der Proteſtantismus von jener Bewegung | zung veranlaßten, dieſer Erwartung fo wenig entſprachen,
er ben bildfamen, der Katholicismus, durch jenes Streben vers .
Vase. deis beharrlichen Charakter fo fehr angenommen, baß gibe der Verf. kurz und [hlagend an, indem er zugleich
Viele das Hauptunterfcheibungszeichen jeder Partei in Dem fin, | bemerkt, daß fi in ben Concilien ein Kampf ber katho⸗
den, was vielmehr der entgegengefegten angehören dürfte. liſchen Kicche gegen den Papft darftellte, und daß daher
Dhne dem Katholicismus eine in ihm felbft liegende | Dipjenigen ſehr ungefchichtlich verfahren, welche beide als
Möglichkeit der Entwidelung abftreiten zu wollen, müffen | immerbar einig darftellen. Es fcheint ihm aus der Ge
wir behaupten, daß fie für den SProteflanten auf eine | fehichte diefes Kampfes zu folgen, ‚daß, wenn es ſchon
volllommen genügende Weiſe in der Schrift liegt, infos | große Schwierigkeiten hat, für ein einzelnes Reich eine
fern diefe nur nicht als Menfchenwerk, fondern ald das | angemefjene Form der weltlichen Verfaſſung aufzufinden,
lebendige Wort Gottes betrachtet wird. So angefehen, ift | diefe Schwierigkeiten für die gefammte chriftliche Kirche
fie ein Boden, aus dem mit immer neuer Zrifche eine | noch, ohne Vergleich größer, ja faft unüberfteigli waren,
unerfchöpfliche Lebenskraft hervorquilit, die, wo es Noth | und Vielen der Glaube an die göttliche Einfegung eines
thut, ſtets neue Seftaltungen entſtehen läßt, welche die | Statthalters Chrifti natürlicher und beſſer begründet fchien
Idee des Chriftenthums auf neue Weife verherrlichen, | als an’ eine vieltöpfige, vermeintlich vom heiligen Geift
während auf der andern Geite, wenn man bie in gehös | geleitete Kirchenverfammlung”. Nur fehlte, um biefen
tiger Form gefaßten Kircchenfchlüffe zu unmandelbaren | Glauben zu unterflügen und wieder neu zu beleben, eine
Satzungen erſtarren läßt, jene Schöpfungskraft gehemmt | Reihe schtchrijtlicher Päpfte, welche, wie der Verf. an ei
und gelähmt wird. Laſſen fi die Proteftanten aus | nem andern Drte fagt, allein den tiefen Spaltungen,
Surcht vor Anarchie zu Ähnlichen Dingen treiben, flellen | Webertreibungen und graufamen Verfolgungen hätten zu⸗
fie Concordienformeln auf und faffen fie dordrechter Bes | vortommen können. Nichts, fügt er hinzu, beweift mehr
fhtüffe, fo fehen mir hierin ebenfo wenig echten Prote: ) die Notbwendigkeit einer Reformation, als daß Ha⸗
ftantismus, als wenn die misverflandene Freiheit der Ents | drian VI, weicher nicht durch italienifche Politik die Zeit
wickelung im reinen Nationalismus zum Goͤtzendienſt mit | bindigen, fondern ſich felbft an bie Spite einer (freilich
fubjecriven Ueberzeugungen führt. einfeitigen und nicht ausreichenden) Kirchenverbeſſerung
Sefchichte Europas feit dem Ende bes 15. Jahrhunderts
| von
318
‚ ftellen wollte, von ber roͤmiſchen Curie verkegert ward,
weil’er mehr chriftlich war als roͤmiſch.
Das Hinübergreifen des Politifchen In - das Religiöfe
und Kirchliche, mie es in Deutfchland im Bauernkriege
hervortrat, iſt für den Hiſtoriker ein Punkt vom ganz be:
fonderer Wichtigkeit. Als bie empörten Bauen ſich an
kLuther's Ermahnungen nicht Eehrten und diefer nun auf
das bitterfte fchalt und zur Erwürgung der Aufruͤhrer
auffoderte, da hätten biefe, meint der Verf, wol erwidern
tönnen: was er fich in ber Kirche gegen die beftehenke
Ordnung erlaube, das perfuchten nun Andere In Staage,
und die weltlichen Uebel mären- für den Landmann weit
druͤckender als die kirchlichen. Aber bem Reformator ge:
genüber wäre dieſes doch wol fchwerlich mit Recht bes
bauptet worden, denn dieſer drang ja nach Kräften auf
Abſtellung der Höchft gerechten und billigen Beſchwerden
‚der Bauern, nur wollte er nicht, daß fie mit Gewalt er:
zwungtn wuͤrde. Und hierin machte er keineswegs, wie
es der Derf. anzudeuten fcheint, einen Unterfchieb zwiſchen
kirchlichen und weltlichen Verhältniffen, da er ja aud für
die erfteen die Anwendung aller Gewalt verdammt, nicht
nur zum Angriff, ſondern auch zur Vertheidigung, und
ſich in bie Zulafjung ber legtern erſt weit ſpaͤter und
zwar nur darum ergab, weil man ihm bewies, baß ben
kaiſerlichen Rechten gegenüber die ftändiichen gewahrt wer:
den müßten. Der Unterfchieb Liegt alfo in der That nur
in dem Berhältniffe der Dinge felbft, weil der Menſch
feinen bürgerlichen Zuflend nicht ohne Zuthun und Eins
willigung Anderer ‚verbeffern kann, feinen veligiöfen aber
allein duch ſich felbft von innen heraus, ohne daß irgend
eine äußere Gewalt ihn jemals überwättigen koͤnnte.
Noch mag als beſonders charalteriſtiſch für des Werf.
Beurtheilung der Reformation und der Reformatoren ſeine
Schlußrede uͤber Luther hier ſtehen, welche er jenen ſchon
erwaͤhnten Schmaͤhungen Palavicini's entgegenſetzt:
Gin fruchtbarer Geiſt, deſſen Früchte aber nicht alle zur
milden Reife Eommen konnten, weil Stürme fie vorzeitig herab:
ſchuͤttelten. Gin ſtarker Geiſt, der diefe Stürme miterzeugen
half, allein wäre bee Bau ber Kirche nicht durch ungeheuere
Misbraͤuche ſchon unsergraben geweſen, würde eine Reinigung
ohne Umſturz eingetreten fein. Nur weil bie dazu berufenen
Bauleute bie Mängel nicht abftellten, ſondern vergrößerten,
‚ward er ihrer Meifter, und mit dem Grfolge wuchs feine Kühn:
heit, der Glaube an feinen göttlichen Beruf und der Zorn über
feinen Gegner. Beim Befreiten bes Papſtthums flelt er die
evangelifche Blaubensfreieit an die Spite, und das ift ber
Brunnquell bed Proteftantismus; bei bem Gründen feiner Kirche
wollte er oft feffeln und ward felbft unklar, ja, unbuldfam. |
Allein, bie härtefien und ungebührlichften Worte erfcheinen milde
im Vergleiche mit der blutigen Unduldſamkeit feiner Gegner, im
Bergleihe mit dem Henkerbeile und dem Holzſtoße. An bie
Stelle unverftändliden Schulgeſchwätzes trat eine höhere Be⸗
redtfamkeit; durch ihn lernte Deutfchlanb. wieher reben, das beut:
ſche Volk wieder hören, und wer mit den Wendungen, ja, mit
bem Inhalte feiner Schriften unzufrieden ift, muß doch einge:
"eben, daß ſich Überall ein von Gottesfurdt und Glaubenskraft
begeifterte® Gemuͤth offenbart. Nie hat Luther geheuchelt, nie
vermochten Bitten, Schmeicheleien, Verſprechen, Drohungen |
etwas über feinen felfenfeften Willen, feinen unbezwinglichen
Muth. Kein einzelner Menſch hat oder exgreift. die Wahrheit
volftändig und ungetrübt; Wenige aber haben ernftlicher darnach
geſtrebt und fie ruͤckſichtsloſer bekannt als Luther; Niemand un:
tee feinen Gegnern kann ihm perfönlich. gleichgeftellt werben,
er bleibt bei allen Fehlern der größte und denkwuͤrbigſte Mann
feiner Zeit, an den ſich eine ganze Welt von Anfichten, Beſtre⸗
bungen und Thgten anreiht.
Wir —*8 nun zu derjenigen hiſtoxiſchen Gruppe
dieſes Bandes, deren, Dasftellung uns als bie glänzendfle
ericheint, zur Geſchichte Karl V. und Franz I. und ihres
gegenfeltigen Verhaͤltniſſes. Es gibt wol fehr wenige ber: -
vorragende Geſtalten in der Gefchichte aller Jahrhunderte,
über welche die Nachwelt ſich fo ſehr In einem parteiifch
abgeneigten und ungünftigen Urtheile gefalken hat, als
Kaiſer Kart V. Seine trefflihen Eigenfhaften hat man
in den Schatten geſtellt, feine Fehler übertrieben, ſeine
Handlungen auf unlautere, felbftfüchtige Triebfedern zu⸗
rüdgeführt. Zu verwundern iſt dies feeilih nicht, da
man fein Leben und feine Thaten faft immer einfeitig
nach den Darftellungen der Franzofen und der Proteflan-
ten beurtheilt hat. Die Erſtern konnten es ihm nice
vergeben, daß er dem Ehrgeiz Franz I. Schranken fegte;
ben Zmeiten iſt e8 fo fehr nicht zu verargen, wenn fie in
der Hige des Streits nicht eben geneigte waren, ihrem
Gegner Gerechtigkeit widerfahren zu Laffen, und dieſer
Streit verſchlang noch lange alle andern Intereſſen, diefe
Hige glühte noch lange fort, die einmal angegebenen Töne
Eonnten nicht ſchnell verhalten. Nun ift es aber fchon
eine geraume Zeit, feit welcher man eine vorurtheilsfreie
und parteilofe Darftellung hätte erwarten können, und daß
den nur zu ſehr vernachlaͤſſigten und als Iobrednerifch ver⸗
worfenen fpaniihen Quellen ihe Recht widerführe. Ver⸗
gebens fucht man aber dergleichen bei Mobertfon, der fich
in feinem berühmten Werke noch fehr von franzöfifchen
Berichten und Urtheilen ‚bat imponiren laffen und dem
Bilde des Kaifers viel zu viel Schatten, dem feines Ne⸗
benbublers zu viel Licht gegeben hat. Einzelne Stimmen,
bie ſich fpäterhin von oͤſtreichiſchen oder in Oeſtreich ein
gebürgerten Schriftftelleen zu Gunſten des hart angeklag⸗
ten Kaifers haben vernehmen laſſen, find unbeachtet ge=
blieben, weil man fie, freilich nicht mit Unrecht, ihrerfeits
für parteüſch Hielt, aber doch darum keineswegs ganz
hätte verwerfen folln. Und fo fcheint benn das allge:
meine Urtheil etwa auf Robertfon’s Linie ſtehen geblies
ben zu fein, melcher Karl als einen von unerſaͤttlichem
Ehrgeiz und der Sucht, als Eroberer zu glänzen, getriebes
nen Sürften darſtellt, der zur Erreichung feiner Zwecke oft
zu niedrigen Kunſtgriffen feine Zufludt genommen, und
deſſen argliſtige und trügerifche Staatstunft um fo mehr
bervortzete und zugleih um fo gehäffiger erfcheine, weit
fie im Gegenfag be mit den offenen und arglofen Ge⸗
müthern feiner Zeitgenoffen Kranz I. und Heinrich VIII.
Thut es nun unfer Verf. dem gefeierten Schotten in der
Rundung, dem Fluß, der Anmuth der Darftellung nicht
gleich, fo fteht er hier in ber. Schärfe bes Blicks und der
Unbeflechlichkeit des Urtheils weit über ibm. Dan werde,
fagt er in ber Vorrede, ‚gegen feine Anficht und Charak⸗
teriſtik jener beiden Monarchen die meiften Einwendungen
erheben, fie werden ſich aber, ungeachtet anfänglichen Wi⸗
derſpruchs, mit ber Zeit immer mehr Bahn brechen und
als ‘bie richtigen erwelſen. Cine Vorherfagung, ber wir
‚volltommen beitreten.
Tarl's Rate (ſagt ber Verf.) gehodete nicht zu denen,
mwelche ſchnell Cindruͤcke auffaſſen und ſchnell wiederum verlie⸗
zen, ſondern zu den gediegenen, welche langfam von innen her⸗
ans ſich entwickeln, das Aeußere vorficktig prüfen, dann aber
nach gruͤndlicher Erforſchung und völliger Aneignung fefler und
Schewer baftehen als Jene, weldye (mie Franz I.) bei glänzen
berm Echein bes innern Haltung in Wahrheit entbehren.
Die Schattenfelte von Karl's Regierung fegeint auch
am ſtaͤrkſten in den erften Jahren feiner Regierung her⸗
vorzutreten: unzwedmäßige Behandlung der Spanier und
die undulbfame, hoͤchſt ungerechte und unweiſe Verfolgung
der Mauren, welche der Verf. ausfuͤhrlich fchlidert, von
der der Kaifer fpäter auch zuruͤckkkam. Uber es find brei
Höchft fchroierige Aufgaben, deren Loͤſung Ihm als Kaifer
und König von Spanien oblag, an die er ben beften
Theil feines Lebens und feiner Kräfte gefegt hat, und. die
ber Beobachter am meiften ins Auge zu faflen bat, bie
Berhaͤltniſſe zu den Franzoſen, zu den deutſchen Prote⸗
ſtanten und zu den Türken. Ueber die beiden erſtern
hat man aber felten ein gerechtes, billiges Urtheil gefällt.
Kranz I. Ruhmbegierbe fand nie das echte Maß oder
Die gehörige Richtung ; ber Gieg von Marignano, bie günftigen
Werträge mit Karl und dem Papfte verbreiteten einen täufchen:
den Glanz und verftärkten immer mehr bes Könige Grobe:
sun ‚ während bas Innere vernadhläffigt ober bald biefer,
bald jener Plan mit einer Gewaltſamkeit burchgefegt ward, wie
fie Kaiſer Karl V. ſelbſt nach Beſiegung ber ſpaniſchen Rebel⸗
len niemals uͤbte.
De Beſchluß folgt.)
Neuefte franzöfifhe Romane.
1. Les deux anges par Arnould Fremy. Yaris 1883.
Weldy ein Lieblicher Titel! Welche entzüdente Bilder unb
Ahnungen erwedt er nicht! Zwei Engel: zwei jener G@enien,
weldge bie Lücke zwiſchen Menſch und Bott ausfüllen; ſchnee⸗
weiß, mit goldenen Flügeln, im Mondlicht auf bie Erde herab:
fleigend, um die Liebe einer irbifdgen Schönen flehend! Der
Berfaffer diefer beiden Engel if ein Teufel, ber Zitel ſei⸗
ned Buchs eine Höllifche Ironie. Hören Sie, wer biefe Engel find!
In einem Dorfe wohnen George, ber Sohn verarmter Bauers⸗
leute, und Moyrtil, deffen Mutter eine gemeine Dirne war, in
innigfter Freundſchaft zufammen. Ploͤtlich wandelt unfere beis
den Gngel die Luft an, das Land zu verlaffen und in der
Stadt ihr Sluͤck zu verfudden. Geſagt, gethan; fie laben ihre
leichte Habe auf einen Karren und treten bie Wanderſchaft an.
Beide ohne Bermögen, wiffen fie nicht, was fie treiben ſollen;
»er Eine flägt vor, das Ouelliſtenhandwerk gu treiben, ber
Andere, pubelnadt auf Öffentlihem Markt herumzuſpaziren;
George meint, es fei beffer, Jemanden zu ermorben, Myrtil
will Dichter werden. Gegen alle ihre Projecte laͤßt fich indeſ⸗
fen fo viel einwenden, baß fie fih zu nichts entſchließen; bier:
auf theilen fie einander ihre Liebſchaften mit, deren Erzaͤhlung
hier wieberzugeben oder nur, wie bisher, ben weitern Inhalt
anzubeuten, die Achtung gefitteter Lefer auf das groͤblichſte
verlegen Hieße. Die beiden Helben führen in ber größten Un:
i und Bermworfenbeit ihr Leben fort; Wtasphemien ber
verobfcheuenswertheften Art, Kuppelei unb Blutſchande — ohne
die es biefe neue Schule bes franzöfliden Romans gar nicht
thun zu koͤnnen fcheint — follen Das ſtuͤhen was in ſich ſelbſt und
Durch bie Kunft keinen Dalt hat. Die Freunde enden nach Gebühr.
Wie Haben fih in ihrem Alter dem Trunke ergeben und ſter⸗
’
2 ⸗
ben in einer Weinſchenke. Die pariſer Kunſtrichter
Herr Iromy habe ein eignes Genre erfunden: le roman ko-
nique; wir möflen noch bemerken, daß bie Darftellung fein,
nett und ziertich iR. Diefer brillante Styl auf ſolchen Greuel
macht ungefähr bie Wirkung wie Blumen auf einer faulenden
Leiche, wie ein mit Boldfpigen verziertes Tohtenhemd, das man
emem Batermoͤrder überhängt, wenn man ihn zum Sicht:
plage führt. . |
2. Le livre des conteurs. Paris 1883.
Eine Sammlung Erzählungen von’ verſchiedenen ruͤhmlichft
befannten Schriftfiellern. Wir haben darunter ein Fragment
von Sue bemerkt: „Das Opfer”, weldes fo anhebt: „Ich
hatte einen zweijährigen Zeldzug in Indien gemacht. Bei mei:
ner Ruͤckkehr na Paris Iebte ich mit der Frau meines Ju⸗
genbfreundes.” Diefer Maitreffe erzuͤhlt aun Derr Sue, in In:
dien babe er eine Geliebte gehabt, die ſich, da fie ihn für tobt
gehalten, in einen bsennenden Scheiterhaufen geſtuͤrzt. Nach⸗
dem bie übrigens meifterhafte und erfchätternde Crzaͤhlung vollen⸗
det if, bittet er bie Gräfin, Ihm ben Abend zu opfern und bri
ihm zu bleiben, flatt auf ten Ba zu geben. „Vous dtes un
enfant‘’, erwibert die Graͤſin und befiehlt ihrer Kammerfrau
Qulie: „Ma veiture‘', eine bittere Perſiflage auf bie Yariferinnen.
Sn „Generosa‘', Herrn Sat, verführt ein Sciffecapitain
ein unſchuldiges Mädchen und verfpricht ihr die Ehe, bricht
aber fein Verſprechen, weit er fie nicht mitnehmen darf, inbem
es verboten ift, Weiber an Bord zu nehmen. Die Ungiädliche
erfäuft fi) vor feinen Augen. Kläger wäre es geweien, fie
wäre in einem Dampfboote nadgefahren, woran fie nichts in.
der Welt hinderte. Uebrigens fehle es ber Erzaͤhlung nicht an
poetifher Kraft und ergreifenden ScKilderungen. Den Inhalt
von „‚Riche et pauvre’’ und „La demoiselle de co je"
fann man ſchon aus bem Zitel entnehmen; erftere Erzählung iſt
von Herrn Saintine, ieptere bet Hera Ancelot sum Verfaſſer.
8. La laide par Eugönie Foa. Paris 1838.
Bertha y ßlich; und wenn «6 ü upt für eine Frau
Gefahr bat, zu lieben, fo ift es doppelt gefaͤhrlich für eine Häß-
liche. Bertha liebt Gugene, Sugene liebt das Gelb und heira⸗
thet Bertha’s Bermoͤgen. Zu fpät fieht Bertha ein, daß ihr
Wann fie nicht liebt. ie vergiftet fi), damit er frei werbe
und feine Geliebte beirathen könne. Im Ganıen : matt umd
feicht ; bier und da fühlt man für die Häßlihe Mitleiden; Eus
gene iſt ein ganz gewoͤhnlicher Menfch, wie die Romane ber
Mile. Goa ganz gewöhnlidde Romane find.
4. Indienne par Mile. Hortense Allart de Therise. Pa⸗
vis 188.
Seitdem die „Indiana” bes Herren Ganb fo viel Auffehen
gemacht, find die Romandichter in Alarm gerathen. ‚Herr B. Du⸗
cange hat fogleich eine „Indiana”‘ gefchrieben; Mile. Altart kommt
nun mit einer „Indienne” auf den Markt. Es ift im Grunte
vielleicht eine WBuchbänbierfpeculation; das große Lefepublicum,
das nicht fo genau Beſcheid weiß in der Literatur, kauft leicht
Eins fürs Andere. Anna, fo heißt bie Inbianerin, ift mit einem
Schwachkopfe verheirathet, der fie vernachloͤſſigt; fie wählt fi
einen Tröfter, Namens Julien, mit dem fie fih auf: und davon⸗
macht. Sie kommen in England an. Das feuchte Falte Klima
Großbritanniens fagt der Indianerin nicht zus fie will in ihr
Vaterland zuruͤck. Julien ift Mitglied des Parlaments gewor⸗
den und weigert fi, Gngland zu verlaffen. Seine politifcgen
Arbeiten zerruͤtten feine Geſundheit; er flirbt als Opfer feines
Patriotismus. Man kann ſich wohl tenfen, daß bie Indianerin
ihn nicht überlebt.
5. La strega par E, Fouinet. Paris 1883.
Strega heißt auf Deutfch eine Here. Dies fei für diejeni⸗
gen Lefer gefagt, die kein Italienifch verflehen wie Ref. der es
aber aus dem Buche weiß. Diele Strega ift ein bosbaftes
Geſchoͤpf, welches durch das Kamin zu den Leuten ins Zimmer
fteigt, um ihnen den Tod zu verlünden, und ein armes junges
Maͤdchen mit unerbittliher Wuth verfolgt. Paula Wirbiana,
x
+
fo heiße ihr unfchuldiges Opfer, heirathet einen alten abgeleb⸗
tn Mann, einen n Herrn; bes if nichts Neues. Der
alte Herr vernadhläffige die junge Frau, das wäre allenfalls
etwas Neues, aber nicht glaublich; bie junge Frau tröftet ſich
mit einem jungen Wranzofen, das iſt wieder nicht neu, aber fehr
glaublich. Die junge Dame, nachdem fie getröftet if, fühle ſich
unglüdlich, der Troſt war, fcheint es, noch ärger als das Nebel.
Sie ſtirbt an Gift, ihr Dann ift der Mörder. Was nun bie
Ströga bei alledem zu thun, bitte ich im Buche felbft zu leſen
ober in der Ueberfegungs; eine Hexengeſchichte kann unmöglich
unüberfegt fierben. Im Uebrigen hat bie Darftellung poetifche
Krafts es ift dies bie glänzende Seite des neuen Probucts bes
Herrn Koulnet, der, um Vortreffliches zu liefern, ſich nur fürs
erſte einen Zweck ſtellen, eine Grundidee erfaffen muß.
6. Therese par Claudon. Paris 1838.
Sind Gie Liebhaber vom Auffnüpfen, Würgen u. bgl.,
in Romanen nämlih? Herr Glaubon wird Sie vollloms
men befriedigen. Auf den erfien Geiten wird unfer Held von
feinem Vater erfucht, ihn zu hängen. Der Herr Sohn if
viel zu wohlerzogen, um nicht ben väterlidden Wünfchen zu ent:
ſprechen. Dann folgt eine allerliebfte Liebesgefchichte zwiſchen
unferm Baterauffnüpfer und feiner Frau Mutter. Indeſſen
möffen wir ibm body zu Ehren nadfagen, daß er fie nicht
Tannte. Daffetbe begegnet ihm mit feine® Schweftern ; er wird
noch zur rechten Zeit gewarnt und entrinnt der Blutſchande.
Es hilft ihm aber nicht viel; der Henker fchneibet ihm body
zulegt den Kopf ab. Warum? das wiflen wir nit. Wir hat:
sen das Vorgefuͤhl, daß ein ſolches Subject nur auf dem Schaf⸗
fot umkommen koͤnne, und da wir uns eines wahren Ingrimms
gegen den Helden, deſſen Ramen wir nicht mehr wiſſen, nicht
erwehren konnten, ſo ſind wir dem Ende zugeeilt. Gott ſei
Dank, daß der Hund tobt iſt! Avis aux traducteurs.
7. Calomaie Hippolyte Bonnelier. Paris, 1833.
George Max wird in fruͤheſter Jugend aus der Schule
gejagt in Folge verleumderiſcher Berichte. Bei ſeinem Pflege⸗
vater, Herrn Marigieur, findet er ein junges Maͤdchen, das ſich
in ihn verliebt; auch diefes Berhältnig wird durch Verleum⸗
dung vergiftet; dieſe verfolgt ben Helden durchs ganze Leben
und treibt ihn endli zum Gelbftmord. Gine gar-berzbredhente
Erzaͤhlung, dabei hoͤchſt einförmig; man fieht beinahe Alles
voraus. Die Verleumdung erfcheint in dem Romane des Herrn
Bonnelier wie Don Juan im Puppenfpiele, ber fchon im erften
Aufzuge ben Degen an die Hand gebunden bat, mit weldyem
er feine Feinde erſtechen wil.
8. Deux mois de sacerdoce par Læbutte. Paris 1888.
Ein junger Mann liebt ein junges Maͤdchen und will fie
beirathen. Gin Nebenbuhler zeigt ihm einen Brief feiner &e:
liebten vor, in weldem er, der Nebenbuhler, bes Maͤbdchens Hand
nachgemacht. Der junge Mann geht in bie Kalle; er verläßt
die Untreue und wird Prieſter; das junge Mäbchen hHeirathet
einen Andern. Indeß entdedt ſich ber Betrug; die jungen ie:
benden nähern ſich wieber und ermorben ſich zulept.
9. Les pilotes de !’Iroise, roman maritime, par E, de Cor-
biere. Yaris 1838.
Herr Gue Hat die Ehre, das Talent bed Herm Gorbiere
uerft erweckt zu haben. Er fdyeint das Seeweſen genau zu
nnen, genauer vielleicht al8 Herr Sue, von deffen poetifchen
Zalenten er hingegen wenig befigt. Seine Helden reden übri:
gene eine ganz eigne Sprache, bie wir" nicht verftehen. Auf
langen Reifen mögen fie Geeleuten Unterhaltung gewähren.
10. Les ecorcheurs ou l’usurpateur et la peste, par
@Arlincourt. Paris 1833.
Here d'Arlincourt ift nichts weniger als ein Dann von
ausgezeichneten Talenten, und dennoch haben feine Werke uns
geheueres Gluͤck gemacht. Beine erften Verſuche waren ein
ſchwacher Widerſchein bes poetifchen Keuers, das hier und ba
in dem literariſchen Frankreich aufzulodern anfing ; fie verkuͤn⸗
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagsbandlung: F. A. Broddaus in Leipzig.
beten bie „Meditations” von Samartine und B. Hugo’s „Odes‘,
obngefähr wie eine trübe Morgenroͤthe bie Gonne .
Indeffen ertönten in „Le solitaire”, „Ipsibos” u. f. w. bie
erften Anklänge des Romantiemus; und bies, verbunden mit
ben @elbfpenden bes reihen Deren Bicomte machten bald feinen
Ramen zu einem ber berühmteften der Zeit. Nach ber Julire⸗
volution fchrieb er einen politifyen Roman: „Les r&belles sows
Charles V', ein bitteres Pamphlet gegen die Zulirevolution,
das bie Karliſten verfchlangen. Da biefer Werfuch fo gut ge
lungen, fo bat fid der Herr Wicomte an «in zweites Libell
gleichen Inhalts gemacht, das unter bem oben angezeigten Ti⸗
tel gegenwärtig von ben Legitimiften wie ein wahres Eabfal ein,
gefhlärft wird. Gtatt unfer Urtheil darüber zu hören, wird
es dem Leſer vielleicht willlommen fein zu vernehmen, wie
die Karlifien fi über die ‚„„Kcorcheurs‘ auslaflen. ‚Man
hat die „‚Ecorcheurs”” mit berfelben hafligen Neugierde ges
iefen wie bie intereffantefle Kagesbrofchüre”, fagt die „Quo-
tidienne”, „und dennoch find Karl VII., Jeanne b’Xrc.
ber Herzog von Burgund unb Lancafter, biefe Maihelden
bes Jahres 1418, längft tobt, wie man weiß. Die ganze Bes
ſchichte Tpieit in dem 15. Jahrhundert. Der redhtmäßige Throns
erbe wird aus dem Reiche feiner Väter verfioßen, in welches
ihn die Wünfche feiner treuen Unterthanen zurüdrufen: Die
Ufurpation paradirt auf ihrem vorübergehenden Throne und bes
nugt bie kurze Herrſchaft, um das Bold Frankreichs zuſammen⸗
zuſcharren, welches von Peft und Elend heimgefucdht wird. Eine
Frau erhebt fi, um das Grbe bes heil. Ludwig zu retten.
Wenn die „Kcorcheurs’ einige Srinnerungen erweden, wenn
fie einige Vergleichungen veranlaffen, fo liegt die Schuld nicht
am Berfaffer. Gr dat eine Geſchichte gefchrieben; er hat das
15. Jahrhundert wieder erſtehen laffen mit feinem Ruhme und
feiner Kataſtrophe u. f. mw.’
11. Le marquis de Kernotriou, soirdes d’un vieux manoir
breton, par Paul Buessard. Paris 18383.
Es find in allen 40 soirdes. Der Herr Marquls de
Kernotriou hat fi eine bunte Geſellſchaft zuſammengemacht,
beftehend aus Karliften, Republilanern, Philippiften u. f. w.,
bie fich efnander allerlei wunderliche Geſchichten erzählen. Mit:
unter tritt audy ber Berf. felbft auf. Durch alle diefe Erzaͤh⸗
lungen, Spruͤchwoͤrter und Vorleſungen ſchlingt fi eine bix-
tige, ſchauderhafte Geſchichte, bie ſich ganz befonders dadurch
auszeichnet, daß ber Verf. feinen Perfonen mehre Ramen zus
gleich gibt, ſodaß fie der Leſer befländig mit einander verwech⸗
felt. Die Heldin der Geſchichte wird Lebendig in den Sarg ger
legt ; ihr Ge:iebter Reinhold — er heißt auch Leonhard — reißt fie
heraus, aber zu fpät: fie ftirbt in feinen Armen. 143,
Literarifhe Notizen.
Bon Joſeph König’s „Geiſt der Kochkunſt, überarbeitet und
herausgegeben von C. J. v. Rumobr”, ift 1832 eine dänifche
Ueberfegung vom Dr. Manſa in Kopenhagen erfchienen.
An bie Gefommtausgabe ber „Waverley novels’ ſchlieſßt
fi, laut dem zu Neujahr außgegebenen Profpectus, eine gleich:
förmige Ausgabe ber „Poetical works” Walter Scottis an,
die auf 12 Bände berechnet ift, von denen, vom 3. Mai b. J.
an, monatli einer a 5 Schilling erfcheinen wird. Yeder-Banb -
erhält ein Titelkupfer und eine Signette, Anfichten aus Schott:
Iand vorfiellend, melde in ben Didytungen vorfommen, und die
Her I M. W. Zurner im Herbſt 1881 an Ort und Gtelle
zu biefem Zwecke aufaahm. Angabe der verfchiebenen Lefears
ten, kritiſche Bemerkungen ber Beitgenoffen und ber Briefwech⸗
fet bes Dichters mit einigen ber außgezeichnetften Perfonen zur
Zeit der erften Herausgabe feiner Dichtungen zeichnen biefe
Ausgabe vor allen frühern aus. 3.
—e uw
Blatter
fur
4
literariſche Unterhaltung
Dienftag,
Geſchichte Europas feit dem Ende des 15. Jahrhunderts
von 5. v. Raumer. Erfter Band.
(Beſchluß aus Rr. 77.)
Steih nad) der Schlacht bei Marignano ſchloß Fran
mit dem Papfte ein durchaus verwerfliches, für Frank⸗
teich und deſſen Kirchenverhältniffe hoͤchſt ſchaͤdliches Con:
cordat und wies den gerechten Widerſpruch des Parla⸗
ments mit tyranniich: übermüthigen und -lächerlichen Re:
den’ zuruͤck. In ähnlicher Art erwiderte er die Einreden
derfelben Behörde wider eine von ihm erlaffene. harte und
willtürliche Forſt⸗ und Sagdordnung mit den Worten:
er fei Here und bie Parlamentöräthe müßten gehorchen,
oder er würde fie wie Rebellen, gleich den geringfien Un:
terthanen, firafen. Ald er, um feinen Sinanzverlegenhei:
ten abzuhelfen, eine große Zahl neuer Parlamentsrathe:
flelen zu gründen und biefelben zu verkaufen befchloß, und
die Raͤthe auch hiergegen, wie natürlich, die dringenbften
Borftellungen machten, ſchrieb der König: wenn fie nicht bie
zu einem gefegten Tage die gehörige Zahl Käufer herbeifchaff:
ten, werde er fih an ihre Perfonen und Güter halten. .
Mas die gegenfeitigen Anfoberungen ber beiden Monar:
hen aneinander vor ihrem erften Kriege betrifft, fo wird
man hoͤchſtens fagen können, daß die Wage ziemlich
gleich fland, keineswegs aber ben Könige von Frankreich
das größere Mecht einzuräumen haben. Die. Berwidelung
der Verhältniffe, das Unbeftimmte, ZIweifelhafte der An-
fprüde war von der Art, daß fie fih ohne Waffen:
kampf ſchwerlich Löfen ließen. Karl's beſſere Feldherren
und Anſtalten ſowie ſein Gluͤck gaben ihm den Sieg,
ſein ſtolzer Gegner wurde ſein Gefangener. Wir haben
es ſtets ſeltſam gefunden, daß man es dem Kaiſer ſo ſehr
uͤbel genommen, daß er von dieſer Gunſt des Schickſals
auch Nutzen ziehen wollte und dem Koͤnige Franz im
madrider Vertrag Bedingungen auflegte, die allerdings
nicht milde waren, aber doch Das nicht uͤberſchritten, was
Karl ſchon vor dem Kriege und vor ſeinem Waffengluͤcke
verlangt hatte. In ähnlicher Weile urtheilt der Verf.;
er bemirkt, daß Karl außer dem Herzogthum Burgund
ja Alles ſchon beſaß, was Franz in dem Vertrage abtrat,
und außert fi) mit gerechtem Unmillen über deſſen heim⸗
lich und hinterruͤcks gemachte Proteflation, welche indeß
dieſer ehrliche, offene, arglofe König -drei Jahre nachher beim
Vertrage von Cambrai fi nicht entblödete zu wiederholen.
—
m Nr. 78,
As ber Kaifer ſich durch feinen fiegreihen Zug nad
Zunis ein cbenfo großes Verdienſt um die Chriftenheit
als Ruhm erwarb und den Franzoſen die dort befreiten
Gefangenen ihrer Nation überlieferte, reiste Kranz Dies
nur zu Zorn und Meid. Ex bereitete einen neuen Krieg
vor, regte bie deutfchen Proteftanten auf, ließ ihnen vor:
lügen, daß er nad) einem genauen Studium der augsbur:
gifhen Gonfeffion ihren Anfichten weit näher ſtehe als
man glaube, und in Rom fein graufames Keserfoltern
und Verbrennen als eine „preuve Eclatante d’attachement
a J’ancienne doctrine” geltend machen; [chloß um biefelbe
Zeit nach Langen geheimen Verbindungen ein Öffentliches
Schug: und Trutzbuͤndniß mit ben Türken und ließ den
Proteftanten verfichern, daß er Lelb und Vermögen daran:
fegen wolle, Deutfchland gegen diefe zu vertheidigen, daß
er aber einen Verbündeten leichter zuruͤckhalten könne als
einen Feind. So blieb der Kaifer nicht nur allein ftehen
in jenem Unternehmen, woran er fo gern die befte Kraft
feines Lebens und alle ihm zu Gebote ftehende Macht
gefegt hätte, der Türken Gewalt zuruͤckzutreiben, der Chris
ſtenheit Ehre zu rächen und dieſe wieder in den Beſitz
der verlorenen Länder zu fegen, fondern er wurde in Die:
fen großartigen Abfichten nod) von den Franzoſen auf alle
eife gehemmt und geftört. Außer ber Berechnung der
bloßen materiellen Kraft und des naͤchſten Vortheils Keine
höhere Ruͤckſicht anerkennend und beachtend, glaubte Frank⸗
reich die Zürken zu Hülfe rufen und unterftügen zu muͤſ⸗
fen, weil die öftreichifch = fpanifhe Macht ihnen entgegen:
ftrebte. Lange ſtand dieſer Feindfchaft jenes Buͤndniß
gegenüber; im unfern Tagen aber bat diefe Spaltung un:
tee den cheiftlich = europäifchen Mächten aufgehört, und
man ift Eines Sinnes geworben, aber nicht wider, fon=
dern — für die Tuͤrken. Der Oſten und der Welten,
der Abfolutismus und der Liberalismus, fonft überall ha⸗
bernd und im Principienkampf begriffen, find hier auf
wunderbare Weife enig, wenn auch nicht über vie Mite
tel, doch indem Beſtreben, der tuͤrkiſchen Barbarei, der
Erbfeindſchaft gegen Chriftenthbum und Givitifation in Eu-
ropa, Fortdauer und Beſitz zu erhalten. Db unfere Zeit
in diefem fchroffen Gegenfage zu den angeftrengten Be:
ftrebungen Kaiſer Karl V. einem Fortfchritt gemacht hat,
darüber wird die Nachwelt richten.
Nur ungern enthalten wir und, in Betracht der Gren⸗
wie Diefer Anzeige ſtecken müffen, noch Mehe
welche
2 die Verhaͤltniſſe der beiden Monarchen anzufuͤh⸗
ren, um auch aus den Anſichten und Urtheilen des Verf.
uͤber die Stellung des Kaiſers zu den deutſchen Prote⸗
ſtanten Einiges herauszuheben. Hier bemerken wir zuvoͤr⸗
derſt, daß dieſes Verhaͤlmiß beſonders wichtig wird von
der Zeit an, wo die Proteſtanten als Partei ſo erſtarkt
waren und Viele ſich buch die Dauer des neuen Kir:
chenweſens in baffelde fo hineingelebt hatten, daß eine
beiderfeits befriedigende Löfung immer ſchwieriger, Anwen⸗
dung der Gewalt immer bedenklicher erfcheinen — —
Daher machte der Kaiſer auf dem regensburger Reſchs⸗
tage von 154 dem von dem Verf. mit Recht preiswuͤr⸗
dig genannten Vorfchlag, gegenfeitige Duldung zu
zugeftehen, weil das Uebel fonft noch größer und allge:
meiner werde, erhielt aber von dem päpftlichen Legaten
die Antroort, daß er Heber den Tod leiden wolle als In
Dutdung falfcher Glaubenslehren willigen. Bel dem Reiche:
tag zu Speier von 1544 deutet der Verf. auf die ſchwie⸗
tige Stellung Karls zwifchen den Proteflanten, die immer
mehr verlangten, und den Katholiken, die gac nichts be:
willigen wollten, bin und lobt mit vollem Rechte bie
Kiugheit, Maͤßigung, Ruhe und Gebuld, mit melden je:
ner die Pflichten eines wahren Kaiſers erfüllte, die Leis
denfchaftlichen befchwichtigte, die Läffigen ermunterte. Diefe
“Herrliche Haltung Karls iſt erſt fpäter Überfehen und in
Dergeffenheit geftellt worden; unter ben Bettgenofjen vers
kannten fie auch die gemäßigten Proteftanten fo wenig,
daß Melanchthon ſchon 1530 von ihm fchreibt: „Die
Maͤßlgung feines Gemuͤths ift fo groß, daß keines feiner
Worte, keine That als anmaßlich gerügt werden kann.
Es zeigt fih am ihm weder Begier, noch Stolz, noch
Härte; fein Leben ift vol der preiswuͤrdigſten Beifpiele
von Selbſtbeherrſchung und Enthaltſamkeit.“ Karl ermü⸗
dete nicht in immer neuen DVerfuchen der Sühne, aber
feiner Mäßigung, feinem Wunfche nach Frieden gegenüber
erhigten fich die Parteien immer mehr, zulegt mußte er
die tiefe Kränkung erleben, daß feine dringenden Bitten
an die Zürften, den Reichstag, den er für 1546 nad)
Regensburg ausgefchrieben hatte, zu befuchen, fruchtlos
blieben. |
Der Kaifer (fagt der Verf. Hier) war ebenfo fehr außer
Stande, bie Parteien auszuföhnen, als gegen eine von beiden
in biefem Augenblidde Gewalt zu brauchen, wie denn überhaupt
jebe entfcheldende Maßregel mit den größten Schwierigkeiten
und Gefahren verbunden war. Jeder Krieg gajt dem Kaifer
mit Recht für ein ungemein großes Uebel, auch war beffen Aus⸗
gang bei ben befchränkten Mitteln fehr ungewiß; wiederum
konnte man den jetzigen Zuftand kaum einen Frieden nennen,
da bie kirchliche Spaltung in eine bürgerlidhe überging und
allen Gehorfam gegen Geſetze und Beſchluͤſſe anfloͤſfte. Kein
Wunder alſo, daß Karl endlich über feine wirkungsloſe Stellung
ungebuldig warb und’ die Ueberzeugung hegte, das Kaiferthum
gebe ihm andere Rechte, welche für Deutfchlande wahren Bor:
theil geltend zu machen, feine .unerlaßliche Pflicht fei. Erft nach
Herſtellung des bürgerlichen Gehorſams werde fich in Rückficht
ber Religion bie billige Mitte finden und burchfegen affen.
Aus biefer Stimmung bes Kaiſers ging ber fehmal:
kaldiſche Krieg hervor, der mit feinem fo glänzenden als
unerwarteten Siege endigte. Nach diefem Erfolge hoffte
ber Papft Wernichtung bes Proteftantismus und Erhal⸗
tung alles Beftehbenden, der Kaifer bagegen eine Kirchen:
verbefferung und Ausföhnung mit den Proteftanten; doch
darf man nicht leugnen, dag auch Karl im Gluͤck feine
treffliche Halıng nit mehr bewährte, ſondern ſich in
der Abfiht, das Interim durchzufegen, und in der Be⸗
handlung des Landgrafen Eurzfichtigee und härter zeigte,
ald man von ihm zu erwarten berechtigt geweſen waͤre.
Dies gibt auch der Verf. in Bezug auf den letztern
Punkt zu, 'indem sr fagt, daß der Kaifer Hier weder Hug
noch großmüthig gehandelt habe. Beide Dinge raͤchten
fih aber auch fchwer genug an ihm, dem ohne biefen
gegründeten Anlaß zur Klage hätte fih Morig ſchwerlich
jemals wider ihn erhoben. Leider hatte diefer einen ans
den „Beſchuͤtzer der bdeutfchen Freiheit und der gefanges
nen Sürften”, wie er ſich nannte, zu Hülfe gerufen, Hein⸗
rich IL. von Frankreich. Hier trat wieder der Fluch un=
ſerer Gefchichte ein, daß unfere Zwietracht den nach Raub
lüfternen Fremden das Unfere als Beute dinwirſt. In⸗
dem Heinrich in feiner Erklärung heuchelte, daß er aus
dieſem Vorhaben Leinen Mugen ſuche, fondern nur aus
koͤniglichem Gemüthe die Freiheit des trefflichen deutſchen
Volkes und des heit. Reiches gegen die Bedruckungen des
Kaiſers ſchuͤtzen wolle, fuͤgte er hinzu, daß er ſich dadurch
einen unfterblichen Namen zu erwerben hoffe mie vor Zei⸗
ten — Flamininus in Griechenland. Oberflaͤchliche Gelehr⸗
famteit, fagt ber Verf., hatte zu diefem bedenklichen Ber⸗
gleiche geführt; Ref. bat ſchon an einem andern Orte
erinnert, daß man die Anfpielung ebenfo gut für einen
verſteckten Hohn halten kann, mit welchem fich ein: über:
kluger Franzoſe über bie ehrlichen Deutfchen Iuflig mas
chen wollte. Mes, Toul und Verdun waren und bfleben
verloren und find leider in ben Händen Frankreichs ges
blieben bis auf ben heutigen Tag. Daß diefes, wie ein
franzoͤſiſcher Schriftfteller unter Zuftimmung des Verf.
fagt, den Werth berfelben hundertfach bezahlt habe durch
Anwachſen der Öffentlichen Schuld, Verwuͤſtung mehrer
Zandfchaften und Blutſtroͤme, mag für Frankreich wahr
fein, weil eine ungerechte Vergrößerung immer zu theuer
erfauft wird; auf und Deutfche bezogen, wenn es Mies
dererlangung gälte, wäre e6 umgegründet, denn Schulden,
Verwuͤſtungen, — verſchmerzen und erſetzen
ſich doch zuletzt, waͤhrend die Entbehrung eines zur Ver⸗
theidigung gegen einen ehrgeizigen, eroberungsſuͤchtigen
Feind wohlgelegenen, ja, in gewiſſem Betracht nothwen⸗
digen Landſtrichs immer gefuͤhlt wird.
Karl's Entſchluß, der Herrſchaft zu entſagen, kam Vielen
unerwartet und iſt Ginigen big auf ben heutigen Tag fo uns
begreiftich vorgefommen, daß fie nach Srüuden wundesticher Art
umberfuchten. Uns bagegen fcheint «6 überaus matärlich unb
würdig, daß ein Dann, der die Angelegenheiten vieler Voͤlker
faft 40 Jahre Iang im größten Sinne geleitet und auf Wil
bung und Geftaltung eines Welttheils fo entf&iebenen Einfluß
gehabt Hatte, jept, im S6. Jahre feines Lebens, dem unruhigen,
anftrengenden Bernfe entfagte, nicht etwa mit kalter Menſchen⸗
beratung ober in abgedrungener Verzweiflung , fondern aus
Achtung für die Größe der ihm obliegenben Pflichten, welchen
vollfommen zu genügen er ſich nicht mehr im Stande fühlte,
!
wit in der Sibergrupumg, daß dio Mohilekung,‘ wecher ce ten bei
frehwiiig mlgegemgeie, am Abeas besi-Eubens nicht minder
reiche Befriebigung barbirten und zu‘ einem audern' Dafein am:
vorbueriten re. ° " '
Endlich, nachdem wir den Werf. fo bie zum Ende
der Laufbahn des Kaiſers begleltet, ſchlleßen wir dieſe
Anzeige mit dem ebenfo ſchoͤn gedachten ald- ausgebuiidten.
Urtheile- über deffen noch bei feinem Laben gehelertes Leis.
henbegängniß, daß er es keineswogs in thoͤrichter Geiſtes⸗
ſchwaͤche angeosbnet ‘(mit Anfpietung wahrſcheinlich auf
Hobertfon’s: The act was as wild and uncommon as any
that superstition ever suggested to a weak amd disorde-,
rod faney”), ſondern dem Tode mit begeiſterter Kuͤhnheit
ober wehmuͤthiger Sehnfucht Ins. Auge ſchauend. Nicht
‚ohne Wehmuth wird ſich auch ber denkende Betrachter
an dieſen Sarg verfegen, und wenn er das großartige
Leben, das hier fein Ende fand, überfchaut, dem Verf.
Dank wiſſen für feine ehrenwerthe Muͤhe, es wieder in
ſeine Rechte einzuſetzen. 71.
ee —— —
Ueber Dampfwagen und Eiſenbahnen in England.
Wir machen unſere Leſer auf einen intereſſanten Artikel
in Nr. 11 des —— Yon resiew'' — —**
Selegenheit der kritiſchen Anzeige mehrer desfallſigen i
einen‘ umfaſſenden Bericht über den Zuſtand bei: engliſchen
Dampfmaſchinenweſens und deſſen unabſehbare, bereits einge
tretene wie zu erwartende Jolgen gibt.
Mir heben das Allgemeinere heraus: '
„Durch Geſchicklichkeit und Gapitalien hat man in ben letz⸗
teen Jahren die inlänbifchen Transportmittel, diefe wichtigen
Hebel des Nationalwohlftandes und ber Kipikifation, auf uns
glaubliche Art vervollkoͤnmnet. Wer hätte vor wenigen Jah⸗
rm wos! an bie Möglichkeit einer ungeheuren eiſernru Mafchine
geglaubt, bie eine Reihe mit mehren Hundert Petſonen belades
ner Wagen durch eine Quantitaͤt Waſſer und Kohlen in Ben
wegung feat und mit ihnen bie 30. Meilen von Mancheſter
nach Liverpool in wenig mehr als eines Stunde Zeit-buschaißt.:
und doch unternimmt man :jegt tagtäglich mehre Male diefe
Hope, ter noch überdies ber zuruͤckzulegende Weg durch feine.
K ngen und Beugungen fie ungünftig iſt. Ebenſo wuns
derdar wies die Schnelligkeit dieſer Maſchine iſt die Groͤße
der von ihr in Bewegung gefetzten Laſt, und es überſteigt,
was ſie in dieſer Hinſicht leiſten kann, beiweitem das Be⸗
duͤrfniß ber zwei größten Handelsmaͤrkte Großbritanniens.
25 — 30 Raften bringt fie durchſchnittsweiſe in einer Stunde
15 Meilen. weit, ja neuerlich haben wir fie Waaren, ar
Bruttogewicht 115 Laſten ſchwer, auf Wagen von biverpool nach
Mancheſter in zwei ‚und einer halben Stunde führen ſehen J.
Und doch iſt die Kunſt, durch Dampf auf Eiſenbahnen zu fah⸗
ren, ſolche Fahrmaſchinen zu bauen, noch in ihrer Kindheit, un⸗
endlich weit von ihrer Vollkommenheit entfernt. So gänzlich
unbefannt war man mit ber entdeckten Kraft, daß jenes Unter:
nehmen nur zu ber Fortſchaffung ſchwerer Güter überhaupt
hatte dienen follen, unb daB man über die böchft unerwartet
bewirkte Schnelligkeit dieſer Jortſchaffung im Yublicum, ja in!
ber ganzen Weit, bei ben erften Verſuchen im Jahre 1880 wie
Über ein Phaͤnomen in Staunen verfant. Iſt num jest fchon
folder Erfolg einer Erfindung zu Theil gemorden, die noch an
den fihtbarfien, durch Grfahrung und Zeig erft zu heilenden
Mängeln leidet, die ſich erſt durch Einen Verſuch, an Giner,
nicht cben nach den weifeften Grunbfägen erbauten Maſchine
bewährt bat: was laͤßt fih nicht in der Folge von ihr erwar«
ten, wenn 3eit, Erfahrung, Gelb.und Grfindungegeift fie ſoͤr⸗
derten! Gifenbahnen werden zwiſchen den bebeutendflen Punk:
x
igeerichest ſovtiahreus angelegt, Dampfi
gewohntichen Sheufften verfertiati '
Die. sonımeschilen: und pontifchen erhög
ter Leichtigkeit und Schnelle in Perfonens und Waarenfortfchefe
fung find gu augenfällig, um einer. befonbern Auseinanderfegung
Yes: zu bebhrfen. Gin cheiivbes: Prrifes, und zwar dftere ein
bebentenbur' jedes Artifeis des Luxus oder. bes unmittelbarern
Beduͤrfniffes Lommt- auf deſſen Zransportkoſten "Son .bem Drte'
ber Hervorbringuag zu dem deb: Verdrauchs. Alſo muß jede
Erſparniz an’ ſoichen Kaften ihn vertingern, und zum Bebürfs
niffe des Armen ebenſowol beitragen wie zu des Reichen Ge⸗
nuß. Der Wortheil kommt ben Srieugern nicht minder wie,
deu Derbrauchern zu gut, und zwar unter erfiern mehr ben
Lanbbanenden ald den WRonufacturiften, weil ihre Probutte in
Berhaͤltuiß theurer zu transportiren find.” J
‚Mebarf. der Landmann 200 Malter Korn um 400 zu er⸗
bauen, und gehen ihm 100 -buwauf, wenn er biefe 490 zu Markte
bringt, fo- ſind nem 100 fein reiner Gewinn. Kührt er nun
mittels der Dampfmaſchinen dieſelbe Quantität für 50 Ralter
zu Markte, fo erhoͤht ſich um ebenfo viele fein Gewinn, den er
ehe auf ——— noch —— oder auf
eſſerung bes n beſtellten zu tauſendfaͤltiger Fruchtbar⸗
keit verwenden wird.“ ſendfattiger Fruch
„Man hat angenommen, daß in Großbritannien über eine
Million Pferde mit dem Transporte von Menſchen und Waa⸗
‚ren befgäftigt And, und baß des Unterhalt eines einzigen Pfers
des ein Stuͤck Land erheifcht, von dem ungefähr acht Menſchen
fi naͤhren koͤnnten. Wärde nun diefes Quantum thietiſcher
Kroft durch Dampfmafdhinen erfest und die Transportmittel
aus bem Junern dee Erde gezogen, anftatt auf: ihrer Oberflaͤche
ernaͤhrt, fo erſparte man, wofern obige Annahme richtig iſt, fo
viel an Sand zu CErnaͤhrung menfchlicher Weſen, daß bie Be⸗
vdikerung einen Zuwache von act Millionen vertrüge. Man
ı web nit ein, daß es Strecken Landes gibt, die nur Pferber
futter herdordringen; denn welcher Moden, ber dies erzeugt, er»:
zeugte nice Zutter fuͤr Kühe und Schafe ober Nahrung für
Menſchen ebenfaus? Auch bedenke man, daß ie Abdſchaffung
ber Pferde in großer Menge ihren: Preis ermäßigte und fie da⸗
durch zu andern Dingen brauchbar machte.” "
„Ermuaͤbigte Transportkoſten ber Mannfacturwaaren bes
: wirten durch Erniedrigung der Marktpreiſe größern Abfag im
In« und Auslande und wirken mittels deſſen auf den Lands
‚mann günflig ein, indem der Bedarf mehrer Mubeiter die Bes
‚ völferung erhöht, bie alfo mehr Mahrungsmittel verbrauchen
wird, So verflodhten ift das Gewebe der bacheivilifirten, kuͤnſt⸗
lichen Gemeinſchaft, in der wir leben, baß rine auf einem ein:
zigen Punkt entftandene Wirkung ſich augenblidtich ben entfern:
teen und ſcheinbar unuerbundenen bes gangen Syſtenn mit:
theilt! Die große Schnelle und Wohlfeilheit des Trandpartes
muß vielen Artikein neue Märkte und zwiſchen den ent s
fin Theilen des Landes einen bisher deshalb nicht beftehenden
Berkehr eröffnen, weil die Natur ber an dem einen erzeugten
Gegenſtaͤnde, wie die mancher 'thierifchen und vegetabilifchen
Rahrungsmittet Leine lange Aufbewahrung verträgt, und bie
an bem andern Theile beftehende Armuth bie Anfhaffung ber
gegenfeitigen, nun zum Austaufch einzuführenden Kunſterzeug⸗
niſſe nicht geftattete. Die Wahrheit biefer Vermuthung befth-
tigten bereits bie Ergedniſſe der auf dem iriſchen Kanal ers
öffneten Dampfſchifffahrt, bie die weſtlichen Städte Englande
zu Märkten einer ungeheuern Maffe irifcher Probucte gemadht
hat, deren Ausfuhr feither unmöglich war. Der Zransport ler
ı bendiger, zur menfhlichen Nahrung bienenter Thiere befchränfte
ſich jegt wegen feiner Koſtbarkeit auf einen fehr geringen Um:
reis, und überhaupt laffen nur einige Ihierauten den Trans⸗
port auf gewöhnliden Wagen ımd Wegen zu. Das Gigen:
thömliche der @ifenbahnen aber, ber Umfang: ber fahrenden
Dampfmaldinen befonders, fowie bie wmerbörte Schnelle tes
Trausportes machen ihn bei jeder Art von Thieren nach jebwe⸗
der Entfernung leicht, wohlfeil und anwendbar. Im Berlaufe
wegen allerwärte. für
ber Beil, wenn bes Gi voelen pebatitantn. Ui , wen
hen Yabıc vie Qüuptfakt und * —— —
bi sv .ipre Umgegend, fonbern f bes. gone Sand. Märkte
Bu „Die moralifcden und politifchen Folgen einer fo geoken Ver:
anherung in ben Mitteln, Perſonen von Ort zu Ort zu Achaffen und
Kenntniffe und Nachrichten zu. verbreiten, find fihweziich zu überfes
ben. Die in einer großen Haupt: und Weltſtadt immer zuſammen⸗
gedraͤngke Maſſe von Geiſt und: Fähigkeiten wird in cinem bes
traͤchtlichen Maße über das ganze eich auägebehnt, 6 wich
tiefelbe Wirkung hervorgebracht, als wären alle intfernungen
in dem Verhaͤltniſſe verkürzt, in dem ber Transport fihneller und
wohlfeiler geworden ift. : Städte, die jegt einige Poflen von ber
Hauptſtadt entfernt liegen, merben ihre Vorſtaͤdte; andere, eine
Tagreife entfernte, rüden in ihre unmittelbare Nähe unb Eön:
nen nun mit ihr in Geſchaͤfte treten, wie in ihr ſelbſt in ent-
ferntes Viertel mit dem andern verfehrt. Die Wohnungen ber
verschiedenen :in den Staͤdten gewerbthätigen Arbeiter werben.
dann won ihren Werkftätten in einer Entfernung lingen koͤnnen,
die man jest eine beträchtliche Lanbesftredde nennt, und. der Ge
fundheitszuftand großer Städte wird infofern beträchtlich erhöht:
Eglacta, doqh wei falſen
— — —
Er ſchließt mit‘ den
Suunhiägen cohens wuioın. - Wil:
wei es uns nun unmdglids fallen muß, einen uns fuumben des
genſtand mach fo verfchieben baräüber werlautenden Berichten ges -
börig zu würdigen, fo geftehen wir doch, daß wir die Wahrheit
eher. auf Geiten der. ihm beifaͤlligen Beurtheilung finden mögen,
als in der abſprechenden, benn feine Rechtfertigung durch bie
vom Parlament angeftellte ‘amtliche Unterfuhung ift nothwen⸗
dig eine entfcheibende. Ueberdies widerſpricht ſich der miöfällige
Beurtheiler: im Verlaufe feines Aufſatzes ſelbſt, Indem er. trotz⸗
dem daß: er im Anfange uͤber bie Schwerfaͤlligkeit der Liver⸗
pool. Mancheſter⸗Maſchine geſpottet hat, zugibt, fie bewege ſich
mit einer Schnelligkeit, eher einem Flug durch die Luͤfte als
einer Fahrt uͤber die Erde gleich. Er ſchildert und beurtheilt
naͤchſt dieſer Maſchine noch drei andere Dampfwagen, die auf
Chauſſeen im Gange find, macht auf die Maͤngel der engliſchen;
Eiſendahnen aufmerkſam und beantwortet außer ber alſo durch⸗
gegangenen Frage: was gethan worden ſei? noch die anderes
was, in Bezug auf die Dampffahrt zu Lande, eigentlich zu thun?
Worten: „Wenn wir audy nit fo fans
guiniſch in unferm Erwartungen von ber Erfindung find, taß:
wir durch fie einer unfehlbaren Abhülfe- ber Meberfülleunferriz.
werden, als die Menfchen ber Rothwenbigkeit enthoben find, |: BWevöällerung, ein Gegengift gegen den Hunger bes Volles, ein.
aufeinander gehäuft zu wohnen, und als die Bevoͤlkerung einer
Mittel gegen die Leiden Irlands, Vernichtung ber Korngefehe
Stadt ſich, ohne durch die Unbequemiichleit ber (Entfernung zu |: und Tilgung ber Nationalſchuld gewärtigen, fo erkennen wir
leiden, auf einem weiten ‚Imlreife ausbreiten kann.“ ;
„Wer Speculationen diefer Art als ausfchweifende Uns
wahrfcheinlichkeiten tadeln und vermerfen will, ber denke. fidh
nur in ben Stand der Öffentlichen Meinung über Dampfihifl:
fahrt gar nicht lange Zeit zuruͤck. Menſchen, noch nicht über
den Mittagsfreis ihres Lebens hinaus, werben ſich erinnern,
wie man noch bie Möglichkeit, Kandle und Seen, bie unfer Zus
ſelreich burchfchneiben und umgeben, mit Dampfmafchinen zu
befahren, als enthuſiaſtiſche Hirngeſpinnſte verfpottete. Gew
männer und Gelehrte verwarfen den Gedanken mit gleicher Mur
gläubigkeit und felbft mit Unwillen über die Berfiamdesfchwäde; |
Derer, die fi damit befchäftigten. Dennoch haben wi: Dampf:
ſchiffe nicht blos unfere Kanaͤle unb @een, fondern chen das:
große Weltmeer durchſtreichen gefehen! :Unb wenn ber Dampf
nicht ſchon jept ale das einzige Berdindungsmittel der entfern-
teften Theile unfers Planeten angewendet wirb, fo gebricht die
große Erfindung nicht etwa dazu der inneen Faͤhigkeit, fonbern
es befchräntt fie noch ber durch Dertligpleit und Aufälle bedingte
Bedarf an gegygmwärtig zu Erzeugung des Dampfes nothmwenz.
digem Material.” a
. + Der Referent bed ‚‚Ediaburgh review'' fommt von biefen
Vorbemerkungen ‚auf Ginzelheiten, beren Mittheitung hier nicht
am rechten Drte fein würde. Wir nennen als die wichtigſten,
eine umftändliche Vergleihung der ſich auf Kanaͤlen, Eiſenbah⸗
nen und Chauſſeen bereits entwidelnden Kräfte des Dampfes,
eineenaue Befchreibung einiger Dampfiwägen und. namentlich
der großen Fahrmaſchine zwiſchen Mancheſter und Liverpool,
und endlich die Darlegung mannichfacher Verſuche, die Entwi⸗
ckelung und Anwendung ber großen Erfindung zum ftören, deren
oollftändige Rechtfertigung durch ben Bericht eines desfallſigen
Unterfuhungsausfchuffes des Unterhaufes bewirkt worden ift.
&o weit gefchrieben, erhalten wir Nr. 20 tes Foreign,
quarterly review’, worin ein anderweitiger Artikel über die
Ortveränderungsmafdinen den hohen Erwartungen des vorſte⸗
henden ein wenig bie Wage hält. Der Verf. bezweifelt Feines:
wege bie Möglichkeit, daß die neue Srfindung einmal allen ſol⸗
den GSrwartungen entfpreden kann; wol aber ben glänzenden:
Stfolg der biß daher angefteilten Berfuche, indem er behauptet,
es beilände weber in England noch anderswo eine regelmäßige
Lantcommunicafien durch Dampf, beren Erfolge die linterneb:
mer befriebigten. . Er greift befondere Dampfwagen auf Chauf⸗
feen und bie große Maſchine zwifchen Liverpool und Manche⸗
ftee an, bie nur durch ungeheuere Geldopfer im Gange erhal:
ten würden, weil fie, obgleich von den einfichtigften Mechanikern
doch die mit ihr wahrfcheinlid eintretenden Veränderungen füx
fehr heilfame, unter denen eben tie beträchtliche Zeiterfparniß unb
Genernirirung ber Kräfte des Landes, Gröffuung neuer Quellen
‚bes Wohlſtandes für die entfernteften Theile des Königreihes
und Verminderung ber Thierquaͤlerei zu bebenten find. Denn
es gelingt jetzt hoffentlich auch, bie Pferbe, wie früher die Diems-
fen, durch Mafchinen von vielen Arbeiten zu befreien und alfe
ibebeutende Getreidemaffen an ihrer Fuͤtterung zu erfparen,. bie
‚man dem Bedarfe ber Menſchen zumenden kann:“ 158.
4
— — — gan
, Kiterärifge Notizen.
Alerander Dumas iſt eifrig mit einem hiftorifchen Werkt
befchäftigt, beffen erfte zwei Baͤnde unter dem Zitel: „Chros-
ques de V’histeire de France”, näcftens ericheinen werben; er
wird jedoch ber Bühne feine literariſche Thaͤtigkeit keineswegs
' entziehen; Die angekündigte Ausgabe feiner „Osuvres melden“
wird ſechs Bände umfaffen, wongn. vier dramatifihe Dichtungen,
‚dabei zwei noch ungebrudkte Stuͤcke, ein.Band Gedichte und. ein
Band Melanges en prose .enthälten werden: "
— — 0
In Paris werden Memoiren des Marſchalls Ney ans
gekuͤndigt.
Von Louis Viardot erſchlen jn zwei Baͤnden: „Essai sur
lhistoĩre des Arabes et des Mores d'Espagne“ (Paris 1883).
Der Verf. bat feinen Gegenfland getpeitt und die Invaſion
und Herrſchaft der Araber in Spanien fowie die Geſchichte ih⸗
rer Regierung, Geſetzgebung, der Urfachen ber Blüte und bes Ver⸗
falles ihres Reiches getrennt behandelt.
Von Galvandy wirb eine Geſchichte Cromwell'ts erwartet.
Ein Anhang zu Lorb Mahon’s „Geſchichte des fpanifchen
Erbfolgefriegs” ift umter dem Titel: „„Appendix to Lord Ma-
hon’s war of saccession in Spain’ (onden 1838), in ben
Buchhandel: gefommen. Die 131 Seiten ſtarke Schrift enthält
Auszige aus dem bandfcriftlichen. -Nachlaffe des Generals
Stanbope.
Eine neue Geſchichte Gregor VII. wird von ber Feder des
Herrn Villemain erwartet. Das Erſcheinen eines gleichen Wer⸗
kes von Sir Roger Grietley wurde kuͤrzlich in d. Bl. ans
gezeigt. 8.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagöhandlung: F. A. Brod haus in Leipzig.
os Blätter
für
literariſche Unterhaltung.
Mittwoch,
Cabanis. Roman in ſechs Buͤchern von W. Alexis.
Sechs Bände. Berlin, Fincke 1832. 8. 8 Thlr.
Da das Epifche überhaupt ebjective Darftellung bes
flimmter Begebenheiten und individualifictee Perfonen ift,
fo kann der Roman, als das moderne Epos, gar nicht
anders als auf irgend einem beftimmten Schauplag und
‘zu einer beflimmten Zeit vorgehend gedacht werden, und
einer der Grundfehler der vielen fchlechten Romane, mo:
mit die Welt feit Jahrhunderten uͤberſchwemmt worden,
- befteht eben darin, daß Raum und Zeit, in welchen die
Handlung vorgeht, entweder völlig unbeftimmt gelaffen
-oder nicht deutlich und wahre gezeichnet find. Hiernach
-wäre eigentlich jeder Roman ein hiftorifcher, oder follte es
fein, und in der That ruhen „Wilhelm Meifter” umb
die „Wahlverwandtſchaften“ ebenfo feft auf einer yenau
abgegrenzten hiſtoriſchen Baſis als „Waverley“ und ber
„Krieg in den Cevennen“. Der Unterſchied beider Dar⸗
ftellungsweiſen beſteht nur darin, daB Goͤthe ſich aus dem
allgemeinen Leben gewiſſe Gebiete und geſellige Verhaͤlt⸗
niſſe zur beſondern Darſtellung herausgehoben und dieſe
in ihren feinſten Verzweigungen und Gliederungen ohne
Hinblick auf ihre Verbindung mit jenem allgemeinern Le⸗
ben zur Anſchauung gebracht hat, wie es denn feine Lieb⸗
lingsneigung war, fich in enggezogenen Grenzen mit Frei⸗
"Heit, Kraft und Anmurh zu bewegen, wogegen Walter
Scott fi bie Darftellung bes allgemeinen Volkslebens,
alfo des Geſchichtlichen, zur Aufgabe macht, jedody fo,
daß er es in dem Spiegel bes individuellen Lebens zur
Anfhauung. bringt. Jedes Werk des englifchen Dichters
ift ein treffliches, vollkommen rein ausgeprägtes Wild der
Zeit, die er eben barftellen will, wogegen er feine Perfonen
viel weniger genau und rein zu individualiſiren vermag,
wo ihm nicht in der Geſchichte ſchon vorhandene Züge
zu Hülfe tommen und er alfo im Sinne des Gegebenen
nur fortzudichten braucht. Walter Scott ftellt uns mehr
äußeres, Goͤthe dagegen mehr inneres Leben vor Augen,
"weshalb. denn auch ein Vergleich ihres beiderfeitigen Kunft-
werthes nur zum Vortheil des Legtern ausfallen kann.
Diefe beiden einander entgegengefegten Methoden der Ro:
manendichtung hat der Verf. des vorliegenden Werkes zu
vereinigen gefucht, indem er wie W. Scott Perfonen
auftreten: laͤßt, deren Schidfale mit den Weltbegebenheiten
ihrer Zeit fo eng verbunden find, bag fit nur im Zuſam⸗
menbange mit diefen bargeftellt werden koͤnnen, zugleich -
aber fie uns in ihrer ganzen Charakterentwidelung zeigt,
alfo nicht blos als Elemente und Mepräfentanten, fondern
als organifche Producte ihrer Zeit, wie fie nur aus ihr
hervorgehen konnten und duch ihre Einwirkung fich noths
wendig Individuell geftalten mußten. Sein Beftreben ging
dahin, fowol das hiſtoriſche als das pfinchologifche Ele:
ment des Romans in vollftändiger Ausbildung in feinem
Kunſtwerke harmoniſch zu verfchmelzen: eine Aufgabe,
welche nur übernommen zu haben ſchon des größten Bei⸗
falls würdig, in fo hohem Grade gelungen, wie fie hier
erfcheint, aber des ſchoͤnſten Kranzes werth iſt. Wir ha⸗
ben in unſerer Literatur hiſtoriſche Novellen und Romane
in großer Anzahl und beſitzen darunter auch einige gute
und ſelbſt vortreffliche; an einem echt nationalen Werke
aber fehlte es uns bis jegt, worin ein in Raum und
Zeit uns näher liegender Kreis deutſchen Lebens ausführ:
licher dargeftellt würde, fodaß wir das Deimatliche, das -
mit uns felbft Sdentifche, unfere eignen früheren Zuftände,
aus welchen die gegenwärtigen ſich entwidelten, ald wahr
darin erkennen und mitfühlen möchten. Bill aber bei
uns ein Dichter ein folches volksthuͤmliches Kunſtwerk
ſchaffen, fo fleht ihm zunächft die große Schwierigkeit ent⸗
gegen, daß es in Deutfchland immer an einer allgemelz
nen, überall als ſolche gleichmäßig erkennbaren Natlona⸗
lität gefehlt bat, dieſe fi) vielmehr nach Stämmen und
Landfchaften in vielfach verfchiedene Geftaltungen fpaltet.
Sol fein Werk alfo für ganz Deutfchland ein volksthuͤm⸗
liches Interefje gewinnen, fo muß er eine Stroͤmung der
Geſchichte, die unfer Vaterland in feinem ganzen Um:
fange durchzogen, es geiftig und phyſiſch in feinem inner:
fin Leben ergriffen hat, zum Gegenftande der Darftellung
wählen, und dieſes zwar aus einer Zeit, die entweder mit
der unferigen zufammenfällt oder ihr doch moͤglichſt nahe
liegt, weil die feinere Ausführung des pſychologiſchen
Theils in einer zu weit zurüdliegenden Zeit nicht mehr
möglich - if. Denn in einer zu fernliegenden Periode.
würde dee Dichter die Gefahr nicht vermeiden koͤnnen,
durch Einimpfung moderner Gefühle, Anfichten und Ge:
finnungen fein Bild unwahr und willkuͤrlich zu geftalten.
In allen diefen Beziehungen hat der Verf. des „Caba⸗
nis” die glüctichfte Wahl getroffen, indem .er es unters
nahm, in dieſer Dichtung die Zeit Friedrich's des Großen
326 ” .
darzuftellen, wie fie im Volks: und Familien⸗, ja im Leben I echt kuͤnſtleriſchen Darftellung, indem er fie mit den Erin⸗
einzelner aus ihr hervorgegangener Individuen höherer und
niederer Natur ſich abfpiegelte. Freilich iſt es reinpreußi⸗
ſches Leben, was hier zur Anſchauung kommt, aber es
iſt zugleich ganz deutſches, denn die deutſche Geſchichte
war damals durch und durch preußlſch, was fie worher
nie geweſen ift, ſpaͤter aber einmal In der Art gewiſſer⸗
maßen wurde, als ein von Preußen ausgegangener Ge:
fühlsimpuls das geiftige Blut des deutſchen Volks in
eine heilſame Wallung brachte.
Der Marquis von Cabanis gehörte zu den protefien-
tiſchen Refugles, die, aus Frankreich fliehend, in der
Marl Brandenburg Schug, gaſtliche Aufnahme und eis
nen neum Wohlftand gefunden, durch ihre Bildung und
ie aber fo viel zur fortfcheeitenden Cultur und
Wohlfahrt des Landes beigetragen hatten. Gr war aus
Samitienrudfihten und um fein großes Vermoͤgen in
Frankreich wieder zu erlangen zur Bathollihen Weligion
übergetzeten und ftellte fi), von dort zurüdkehrend, dem
Könige Friedrich Wilhelm I. vor. Diefer, ein firenggläus
biger Proteftant, fuhr ihn heftig an und ließ fih, als
ee ſich wol zu wenig befcheiden verantwortete, durch feine
Dige zu den bärteften perfönlichen Mishandlungen gegen
ihn hinreißen. Der Marquis fah ſich entehrt, entabelt,
der Verzweiflung preisgegeben. Er ließ fi von feiner
ſchwangern Gattin, um fie und die erwartete Nachkom⸗
menſchaft von jeder Theilnahme an der ihm anklebenden
Schmach zu befreien, ſcheiden, verheicathete fie mit einem
Bürgerlichen und verließ Berlin. Der Sohn, ben fie
bald darauf gebar, Etienne Cabanis, ift der Held des
vorliegenden Romans. Wir finden ihn neben einem äl
teen Stiefbruder. in der Kamille feines Stiefvaterd, des
Snfpectors Bohne, die auf folhe Meife auf der einen
Seite dem deutſchen Buͤrgerſtande, auf ber andern der
ſaogenannten franzöfifhen Colonie angehört. Der Held ſelbſt
entwirft uns eine Schilderung feines Kinderlebens von
feinem neunten jahre an, welches mit dem Regierungs⸗
anteitt Friedrich's des Großen zufammenfält, und dieſe
Schilderung füllt das erfte Buch des Romans. Wenn:
gleich es nun Kinder find, die in diefem bedeutenden Ab:
feanitt des Werks als bie Hauptperſonen der Dandlung
auftreten, fo iſt dieſes dem Intereſſe derfelben doch kei⸗
neswegs nachtheilig, und Mef. haͤlt gerade dieſen Theil
für eine der gelungenſten Partien des Romans. Die Ein:
druͤcke der Kindheit prägen fi mit fcharfen Zügen in
das unbefangene, Leicht emipfängliche jugendliche Gemüth
«in, und aus den Erinnerungen derfelben laſſen fich die
fchönften Familien: und Sittengemälde biiden. Das Ge:
mälde Berlins aus jener Zeit iſt mit der lebendigſten
Wahrheit entworfen; wir finden uns mitten in eine Be⸗
voͤlkerung, auf Straßen und Plaͤtze, in die Spiele einer
muthwilligen Sugenb, in die wunderlichen Sitten, For:
men und MWorustheile eines öffentlichen und häuslichen
Lebens verfegt, das bis auf wenige Spuren ſchon voͤllig
verihwunden iſt und uns ‚dennoch fo nabe liegt und To
bekannt erſcheint. Mef,, der zu ben Altern und «ingebo:
renen Bewohnern jener Hauptſtadt ‚gehört, bat in dieſer
nerungen feiner eignen Kindheit verglich, die tieflte Wahr:
beit erfannt, deren Reiz durch die anmuthigfte Behand: -
lung erhöht voird. Aber auch für Denjenigen, der diefen
Schauplag nicht keunt, muß das Bild eben bucch diefe
Eigmfhaften von ber anziehendſten Wirkung fein, bemm
es find nicht 5106 Außere Erfcheimungen, die hier abgebil⸗
det werden, fondern aus Allem tritt uns der Geift des
Volle, der Kamilie und des Individuums wahr und
eräftig entgegen. Das firenge Regiment Friedrich Wil⸗
beim I. und feine Wunderlichleiten voerden und in den
öffentlichen Einrichtungen, der ebenfo ſtrenge Gehorſam
der berlinifchen Benäiterung aber nur in ihren Handlun⸗
gen, keineswegs in ihren Worten offenbar, denn in biefen
ließen fie fi damals wie jegt noch feinen Zügel anle⸗
gen. Streit, Pafteiung und Aufläufe unter Jung und
At, leicht gedämpft durch die Erſcheinung der folgen und
müßigen Riefengarde oder durch einen einzigen Policeidie⸗
ner, erieben wir auf den Straßen, wobei denn die vor:
laute freche Jugend Berlins keine unwichtige Rolle fpielt.
Auch unfer Held und fein Stiefbruder treten hierbei ale
Dauptperfonen mit auf, wodurch wir denn, ald Zeugen
der ergebenden Strafgerichte in ihre Familie eingeführt,
deren Verhältniffe und Gefinnungen näher kennen lernen.
Bei der Mutter zeigt fich die Liebe in frommer, fill
duldender Refignation ; der Vater gibt ihr, aus Grundſatz
bie Form unerbittlicher Strenge und glaubt feine Kinder
mit böchfter Selbftüberrwindung durch das härtefle Straf:
fpftem ihrem Heile zuzuführen. An Allem, was hierin .
gefchieht, nimmt die beiderfeitige Verwandtſchaft mehr oder
weniger thätigen oder berathenben Antheil, und fo lernen
wir denn auf diefem Wege einerfeit6 ben echt berlinifchen
Bürgerftand und andererfeits die fogenannte franzoͤſiſche
Colonie Eennen, diefes mitten in der deutſchen Dauptfabt
in fremder Sitte und Bildung fortlebende gefchlofiene
Corps der Refugies, das, eine der intereffantefien Erſchei⸗
nungen Berlins, für feine Bildung und feinen Wohlfiand
fo wichtig geworben, zugfeih aber ein Beweis iſt, daß
duch das engſte Bufammenhalten, durch die ſtreugſte Abe.
fonderung nicht verhindert werben kann, daß eine ſeilbſt
zahlreiche Golonie von fremden Eingewanderten nit nad)
wenigen Menfchenaltern in ber Maſſe des Volkes ver:
fchwindet, indem heutzutage von biefer Colonie ale ſolcher
faft durchaus eine Spur mehr vorhanden ift und fi
die Nefugies von den übrigen Einwohnern nur noch durch
ihre franzöfiihen Namen unterfcheiden, Jene, der dama⸗
ligen Zeit und Bitte gemäße, überfienge Kinderzucht
beingt denn bei deu beiden Knaben die verfchiedenfle Wir⸗
tung hervor. Der ältere, Gottlieb, von roher, aber guts
muͤthiger Natur, verbärtet fi in unbeugfamer Verſtockt⸗
hit und Trotz, er Hamamert fih, um dem tpranniſchen
Bwange gegenuͤber feine Willensfreiheit zu behaupten, um
fo feſter an das Lafter, je mehr die ſchonungsloſeſte Haͤrte
ihn von feinem Water entfernt, der feine Liebe aus Liebe
verhuͤlt. Zuletzt kommt es fo weit, baf Gottlieb, durch
ein Familiengericht verurtheilt, unter die Soldaten geſteckt
wird, eine Werſtoßung, die damals eine Art von buͤrger⸗
— TE TED — — —
— — ———— ——— — — u
⸗
30
lichem Tode war und iches Famllieuband aufiöfle. Wir.
finden ihn foßter bei mehren Gelegerheiten in hoͤchſt in⸗
tereffanten Verhaͤltniſſen zu feinem ruder wiedee,
tief verſunken in Laſter, Verbrechen und Elend, dennoch
einen nicht aufzureibenden Kern von Edelmuth, Treue
und loͤwenmuͤthiger Tapferkeit im Imerſten bewahrend,
einen herrlichen, echt preußiſchen Trotkkopf, deſſen Charak⸗
terzeichnung allein ſchon unſern Verf. den Erſten in bie:
ſem Gebtete gleichſtellt. Der Knabe Cabanis dagegen,
hoͤchſt lebhaft, doch von zartem Sinn und reizbarem Ehr⸗
gefluhl, Wilder ſich feiner heran unter dem Schutz ber
Mutter. Er lernt mit Erfolg und gewinnt eine Neigung
zum Ritterlichen und Romanhaften, wodurch ihm ſeine
alltaͤgliche, pedantiſch ſtrenge Umgebung, ja ſein Geburts⸗
land im tiefſten Sinn verleidet wird. Der Krieg gegen
Maria Thereſia bricht aus, und auch dies erſcheint dem
Kaben als eine Verletzung ber ritterlfchen Sitte. Er
nimmt für die Angegriffene Partei, wodurch er ſich eine
ſchmerzhafte Lection von feinem Stiefvater zuzieht und
auf foihe Weife in feinem Gemuͤth immer weiter ent
fernt wird von Allem, was die Natur ihm zunaͤchſt ge:
ſtellt. Trefflich Hat der Dichter die innerften Regungen
des kindlichen Gemuͤths, fein Zittern und feinn Muth,
feinen Schmerz und feine Luft, feinen Muthwillen, feine
Liebe und feinen Trog Hier vor uns aufgefchloffen, und
wir müflen es ihm Dank willen, daß er, ein längeres
Meilen bei folchen Gegenitänden fcheuend, dies Gemälde
in feinfter Ausführung des Einzelnen mit zubiger und
figerer Hand vollendete. Der junge Cabanis, fchom lange
fih binausfehnend, durch eine neue Kränkung feines Ehr⸗
gefühls verlegt und einem angebrohten Strafgericht mit
Angft und Trotz entgegenfehend, entzieht ſich dieſem durch
die Flucht aus dem älterlihen Haufe, wird durch einen
Zufall dem Marquis von Cabanis zugeführt, ben er zwar
Schon perfönlich kannte, doch nicht als feinen Vater, und
der fi) ihm als ſolcher auch nicht zu erkennen gibt, viel
mehr nur als Wohlthaͤter fi feiner annimmt und ibm
als einem angenommenen Sobne eine forgfältige militai⸗
riſche Erziehung gebm laͤßt. Was in dieſen Jahren mit
dem Helden vorgeht, laͤßt der Dichter uns nicht näher
betrachten, führt uns uielmehe mit dem Anfange des zwei⸗
ten Buches ſogleich mitten auf den Schauplag des fieben>
jährigen Krieges. Es ift nah Hochkirch in das Schloß
des Grafen Meroni, wohin uns ber Dichter, einen Zeit:
raum von 18 Jahren überfpringend, verſetzt, wo wir bean
fogleich deſſen Tochter Eugenie und eine Nichte, Fraͤulein
Amelie, tamen lernen, auch in die wildluſtige Kriegsgeſel⸗
ligkeit der einquartirten preußiſchen Offiziere eingeführt
werden. Dieſe beiden Damen find die einzigen weiblichen
Charaktere, die der Verf. ausfuͤhrlich ſchildert oder viel⸗
mehr deren inneres Leben er uns mitleben laͤßt, denn es
iſt ſeine Weiſe und ſeine Staͤrke, alles Pſychologiſche dia⸗
logiſch und dramatiſch dergeſtalt zu emtwidein, daß das
bewegte Leben der Seele in feinem fanfteften Wellen⸗
ſchlage wie im.ftürmifchften Auftoben in der Wahrheit
des Seibfiuernommenen feinem Lefer in das geiſtige Ohr
tönt. Beide einander fo vollkommen mitgegengefehte Ehe
13 .
raktere entfalten fih in ihrer ganzen ſchoͤnen Naturwahr-
beit und laſſen uns durch ihre vertrauten Geſpraͤche wie
durch Maren Kryſtall in die Tiefen ihres Herzens ſchauen,
fobag wir uns ſchwer entfcheiden koͤmen, welcher von
Beiden der Preis der Liebenswuͤrdigkeit gebühre. Denn.
wenngleich Eugenie in ihrer feften, entfchlofienen Gefuͤhls⸗
ſicherheit als ber veinere Charakter dem Ideale weiblicher
Vollkommenheit näher tritt, fo hat doch Amelie in ihrer
bewußten reatififchen Lebensklugheit fo viel feine Gewandt⸗
beit und Grazie, daß wir felbft mit ihrer egoiftifchen
Planmäfigkeit nicht in Feindſchaft treten, vielmehr ben
Schwachkopf, der ihrem feinen Spiel zur WBente wird,
wol noch beneiden können.
(Der Beſchlus Folgt.)
Athene. Eine Beitfhrift für die philoſophiſchen und hifte-
riſchen Wiſſenſchaften. Herausgegeben von einem Ber:
eine von Gelehrten. Medigirt von Chn. Kapp in
Erlangen. Erſtes umd zweites Heft. Kempten, Dann:
beimer Gr. 8. 1832. Preis für ſechs Hefte 4 Thir,
12 ©t.*)
Bor Allem, Lieber Leſer, wuͤnſcht dir die unterzeichnete Rum:
mer heute am Neujahrstage, was Der, beffen Namen fie vertritt, fich
ſelber zu wuͤnſchen nicht zu fühtecht gefunden hat: nämlich ein Jahr
aus dem dreimal geftrichenen F, d.h. ein frommes, fleißiges und ein
frohes ; was druͤber ift, tft vom Uebel oder erinnert an meinen alten
ehrlichen Rachtwaͤchter in einem Städtchen des Thuͤringerwaldes,
der als Neujahrsgratulant nicht felten etwas bemebeit mit feinem
von Natur krummen und dann noch viel kruͤmmern Munde ein
„Freude, Süd, Gefunbheit, Liebliches Weſen, zeitlichen Tod
und ewige Verdammniß“ zu gratuliren pfleste.e Wann mein
Munf dem Lefer vor Augen kommen wird, ift am Ende ganz
leichguͤltig, wenn nur erwieſen ift, daß der Wunſch am Neu
jahrötage wirklich gewünfcht worten if. Aber auch ihrem Pfleg:
befohlenen, gegenwärtiger meuen Zeitſchrift, wünfcht bie Unter:
zeichnete was bei Beitfchriften eine Hauptſache iſt, Sanges Erben,
viele Leſer, Zräftige Geſundheit, damit fie Ihrem Water und Urs
heber Freube und nach Art dankbarer Kinder, wäre es noͤthig,
Pflege bereite. '
Bei der Unzahl neu entſtehender Zeitfchriften ift man etwas
mistrauifch , wenigftens Tchüchtern geworden. Selbſt die Probe:
hefte in ihrem Sonntagsſtaate und reichlihen Werfprechungen
machen nicht mehr kirr, obgleich eine ganze Sammlung aller in -
Einem Jahre erfcheinender Probeblätter, zumal unentgeltiicher,
eine Quinteffenz fchriftflellerifdder Anftrengungen germähren würde,
Wir haben alfo uns weder durch bie bairiſche Farbe bed Um:
ſchlages, noch durch den vielverfprechenden Titel ‚‚Athene” (beren
neuefte politifche WBeziehumg zueinander bei Gründung ber Zeit:
ſchrift wol noch undenkbar war), ja nicht einmal durch das gan«
ge erite Heft beſtechen Laffen, fondern ganz ruhig das ziveite Heft
abgewartet, ehe wir barüber zu berichten unternahmen. Run
tönnen wir es mit gutem Gewiſſen thun.
Die Zeitſchrift if von ben Herausgebern (von denen zur
Beit nur der obengenannte Redacteur mit Gewißheit befannt
worben ift) ben philefophifchen und hiſtoriſchen Biffenfchaften im
wetteflen inne gewidmet morben. Mit Auffüpen aus dem
Gebiete der reinen Mathematik, der engern Sprach⸗, Arznei,
Rechtswiſſenſchaft u. f. w. follen die Lefer verfchont bleiben, für
wie mit allem Geiſt der Partelung und Sekte. Dem größern
Publieum geboten, fol nur aufgenommen werben, wofür ſich ein
allgemeineres Intereffe vorausfegen läßt. Ob nun aber bahin
") Bol. die Anzeige bed erfien Hefts von einem andern Mitarbeiter
in Nr 186 d. BI. f. 1088, D. Red.
die philoſophifchen Diffenſchaften im engern Ginne, 3. 8.
Metaphyſte, Ethik u. |. w., auch gehören bärfen, wie es gleich
darauf auf bem Umſchlage ‚ wich ſich vorkommenden Falles
ans der Behanblungsweife tworten laſſen. Es fol die Wifs
ſenſchaft mit dem Leben mehr verſoͤhnt werben, aber der Pöbel,
. dem, ſchon einem griechiſchen Weiſen zufolge, die Wiſſenſchaft
ewig fremd bleiben wird, fol un t bleiben. Leſen wir,
welcher Spiegel biefem Hd hel vorgehalten wirb: „Inter Podel
werden bier diejenigen Glieder bes Volles verfionden, die aus
Theilnahinloſigkeit, Leichtfinn ober ſchlimmen Abſichten, kurz aus
bloßen Gründen der Selbſtſucht und des Eigenwillene die geiſti⸗
gen Gigenfchaften, die das befte Gluͤck und die hoͤchſte Freude
der Menfchheit ausmachen , ſich nicht erwerben, ja fle wol gar
in den Augen Leichtgläubiger und Unwiffender zu verbäctigen
ſuchen. Zu diefem Pöbel gehören alfo ebenfo gut, ja in der
That noch weit mehr Leute, die ein feines, als folde, bie ein
grobes Kleid tragen. Diefer, hoͤchſtens dlos äußerlich, oberflaͤch⸗
lich und nur ſcheinbar gebildete Pöbel wird immer- mehr in Miss
achtung finfen, je mehr die wahre Bildung ſich unter den Voͤl⸗
tern ausbreitet.“ Wiffenfchaftliche Sründlichleit und Wöürbe foll
niemals aus ben Augen gefegt werden, Gemeinverflänblichkeit
nie in Plattheit ausarten. Die behandelten Gegenftände follen
das allgemeine Intereſſe ter Gebilbeten unſerer Zeit berühren
und die Betrachtung dem Gange ber MWeltereigniffe folgen.
Jetzt vom Verſprochenen zum Geleifteten! Der erſte Auffag ift
eine Vorlefung des Redacteurs: „Ueber ben Anfang der Geſchichte
und ber religiöfen Sagenkreiſe der Alten. ie wefentliche
Verbindung der Mythologie und Urgefchichte im früheften Alter:
thum wird entwicelt, und wie in den Mythologien Urgefchichte
enthalten iſt. Ein auffallendes Ereigniß wurde von der Phan⸗
tafie ergriffen und weiter gebildet. Die Zamilie trug es dem
Stamme, diefer ben Stämmen zu und fo wurde Eine Ueberliefe⸗
zung nachher Eigentyum fehr verfhiedener Voͤlker; aber nad)
dem Charakter derſelben bildete fie fich verfchieben aus und blieb
nur ihren Grundzügen nach ſich treu. Daher könne man bei
den mofaifchen Jubal und Thubalkain an bie griechifchen Apollo,
Abalos und Vulkan, bei Jehovah an Jao oder Jovis erinnert
werden. So entftanden die verfchiebenen Mythologien. Hierauf
werben bie verfchiebenen Methoden, bie Mythologien entweder
biftorifch, oder allegoriſch myftifch, oder fombolifch zu erflären
und die um die Mythologie verbienteflen Männer aufgeführt.
— Ron bes Herausgebers Heifebegleiter nach Italien, dem
. Herrn 8. Br. Scholler (Verf. einer mit Beifall gufgenomme⸗
nen italienifchen Heife *) find zwei Auffäge über bie Grab:
legung Shriftt von Rafael und den capitolinifchen Jupitertems
pel in Rom dem erften Hefte einverleibt. Für das Fach der
Länders und Voͤlkerkunde ſteht hier ein Aufſat über Geſchichte
von Suiana nad) Ferdinand Denis von Werner. (?) Da
nun Böttin Athene bekanntlich gleich getwaffnet dem Haupte bes
olympifchen Vaters entfprang, fo hat auch die unferige das Gleiche
gethan, indem fie wenigftens fogleich mit ben Waffen der Kritif
oder als Recenfentin auftritt und Brogniart's Werk über Gebirgs⸗
formationen und Heinrich Sufo’s, des Myſtikers Leben, fowie
‚im folgenden Hefte ein W. Lindemann ben britten Jahrgang von
Raumer’s „Hiſtoriſches Taſchenbuch“ befpricht. Keiner der Bruns
theilten wird fig fehr zu beflagen haben.
Das zweite Heft eröffnet ein Auffag: „Die Rheinbaiern,
geſchildert von einem Diplomaten”, der grabe wegen ber Aufı
. tritte im Jahre 1832, obgleih er vor benfelben gefchrieben zu
fein fcheint, doppeltes Intereffe haben wird. Der Verf. ift mit
dem gefchilberten Gegenflande wohl vertraut, unb verſchweigt
auch bie Mängel ber Rheinbaiern nicht, wenngleich fie mit
großer Vorſicht — nun, bas iſt ja Weife ber Diplomaten! —
angedeutet werben (Kleben am Dtateriellen, beſonders Bier nach
Geld, Ungebunbenheit ber Meinung, Herrſchſucht, wo nur ein
- — — —— — —
*) Bgl. Nr. as 8.81. .f. 1888 und Beilage Nr.2 v. d. J. D. Red.
23 p
Ginzelnee an die Spige treten Tann); bagegen wird verficeet,
daß Schwindeleien und Gpiegelfechtereien am Kheinbaier ſpurlos
voruͤbergehen, daß der Sinn für Geſetzlichkeit und Ordnung in
ſeiner Natur fo feſt gewurzelt ſei, daß nur ein gewaltſamer
Streich dieſe Heiligen Bande brechen könne, aber auch fo feſt
und eiferſuͤchtig auf die gewonnenen Rechte gehalten werde, daß
Schein einer Antaſtung berfelben bie reizbaren Ges
. wird ber Charakter bes Rheinbaiern
in Begiehung auf Steligion, Kunft und Wiſſenſchaft durchgegan⸗
gen. Wed ber e Diplomat bem Lefer zu errathen
berlaͤßt, wie viel ober wenig bes Sheindaier zum Altdaier
und deſſen SInfitutionen paffe, wollen wir auch nicht verre⸗
then, vielmehr jeder Ginrebe und Discuffion in jegigen ſchue⸗
ren Argusgeiten durch fchleunigen Portgang zum naͤchſten Aufe
fa vorbeugm. Dieſer handelt von „Rußlands Militaircolee
nien“ unb ift von A. Freitag. Wir verbürgen in ihm das
Intereffe, welches auch ſetzt noch, wo das Snflitut dem Ver⸗
nehmen nach wieder befchräntt, flatt ausgedehnt werben foll, das
Gefagte hat. Giner fehr anziebenden Discuffion ift der folgende
Auffag: „Stammt das Menfchengefhleht von Ginem Paare
ab?” (vom Prof. Kapp) gewidmet. Es wird zuerfi die Bus
fhrift eines großen deutſchen Staatsmanns (Humboldt?) mitge⸗
theilt, welche fich gegen biefe im erften Hefte ausgeſprochene
Annahme erktärt, und mit Scharffinn und Belefenheit zwar diefe
Anſicht vertheibigt, aber doch zugegeben, daß in der langen
Kataftrophe einer allgemeinen Weltflut, in welcher auch bie
große allgemeine Veränderung der Temperatur vor ſich ging, bie
Polarlaͤnder ihr früberes Palmenklima verloren, ſich erft bie
Roffentupen bes Menfchengefchlechts ausprägten, wie fi auch
neue Pflanzens und Thierarten erzeugten. So Tönnen trog ber
Einheit be6 Menſchenpaars bennoch die bebeutendflen Voͤlker
als fotche auf eignem Grund und Boden entftanden, alfo Aus
tochthonen geweſen fein. Gine weitere Frucht her italienifchen
Reife bes Derausgebers iſt ein Auffag über „Die Ratur Ober⸗
italiens“, eigentlich eine der Vorleſungen, welche der Verf.
über diefe Reife in Erlangen mit Befall gehalten Hat.
Nach dem Geſagten verdient alfo biefe Zeitfchrift gewiß die Ems
pfehlung, die wir oben ausſprachen. Cine größere Verbreitung
wirb ihr auch noch mehr Mitarbeiter anzuwerben erlauben, und fo
möge „Athene““ bald den ihr gebührenden Play im Diymp —
der Zeitfihriften einnehmen. 11.
pöre
Notizen.
Die hollaͤndiſche Dandelsmarine zählte 1826 1176 Hafenfchiffe
von 74,117 Laften, Ende 1828 dagegen 1808 mit 82,652 Lafl.
Die Häfen, worin Schiffe gebaut wurden, waren Amſterdam,
Antwerpen, Rotterbam, Dortredht, Harlingen, Kapellen, Mid⸗
beiburg, Vlaardingen. Bon 1813—28 waren in Amfterdam $1,
in Antwerpen 25, in Rotterdam 17 Schiffe gebaut worben.
Die „Revue encyclop6dique” fhreitet in ihrer neuerlich
eingefchlagenen, praktiſch⸗politiſchen Richtung immer weiter vor.
In Nr. 856 und 357 vor. 3. theilten biefe Blätter baraus einen Auf⸗
fag über ben Journalismus mit. Gewiffermaßen als Fortfegung
deffelben enthält das Novemberheft der ‚ Revue” einen Artikel:
„Le tiers-dtat et les proldtaires”, werin fie unter Drohungen
gegen das Bürgerthum verlangt, das politifche Intereſſe der
Proletarier oder arbeitenden unterfien Volksclaſſen ebenſo wol
vertreten zu fehen als das Intereffe des Beſizthums. Auf jes
den Ball geht aus bem gegenwärtigen Schwanken der europäi:
fhen &taaten zwifchen Krieg und Frieden ber wefentliche Ge⸗
winn hervor, daß auch die innern Parteien in Folge ihrer ge
genfeitigen Manoeuvres vor ber Schlacht geztvungen werben,
allmälig ihre Hinterhalte und Verſtecke aufzugeben und fig ein
ander mit ihren wahren Abfichten offen und felbftbewußt unter
die Augen zu treten! 159.
Redigiet unter Verantwortlichkeit der Beriagähanblung: 3. X. Brodhaus in Leipzig.
RER
Blätter WB
fuͤr
literariſche Unterhaltung.
Donnerstag,
Cabanis. Roman in ſechs Buͤchern von W. Alexis.
Beſchluß aus Rr. 79.)
Kurz vor dem Ueberfall bei Hochkirch hatten Fried⸗
rich's Feinde den Plan gemacht, ihn aufzuheben und ge⸗
fangen zu nehmen. In dieſe fein geſponnene Intrigue,
in welcher der Marquis von Cabanis, dieſer nie ruhende,
immer neue Plane ſchmiedende, erbitterte Feind des Koͤ⸗
nigs eine Hauptrolle ſpielt, war auch der Graf Meroni
verwickelt, und faſt waͤre die Unternehmung gelungen,
aber ein ungariſcher Huſarenoffizier, der im Augenblick
der Ausfuͤhrung zu den Preußen uͤbergeht, warnt ben
König und vereitelt ben Plan, indem er Friedrich mitten
duch feine Verfolger ficher nach dem Schloffe. führt.
Diefer Metter des Könige ift Bein Anderer als der Held
des Romans, ber junge Cabanis, den wir zum Manne
gereift bier wieber erblicken. Derfelbe ſchwaͤrmeriſche Zrieb,
dee ihn früher für die gewaltfam angegriffene Maria Ihe:
reſia begeifterte, bat ihn jegt für den von allen Seiten
verfolgten, im hoͤchſten Glanze feiner Heldenthaten pran⸗
genden König ergriffen. Nachdem er gegen den Willen
Feines Pflegevaters, des Marquis, dreimal den Abfchied
aus den oͤſtreichiſchen Dienſten vergebens gefobert,
hat er enblih der Kaiferin förmlih den Dienft ge:
kuͤndigt und hält fih nun, als der Termin, den er zum
Empfang ber Antwort geſetzt, ſchon laͤngſt verfirichen ift,
für berechtigt, das öÖftreichifche Heer zu verlaffen und in
den Reihen feiner Landsleute zu kämpfen. In dem Au
enblick ded Abganges erhält er von dem Plane gegen
—*8*— Freiheit Kunde und glaubt ſich, empoͤrt durch
den Gedanken, daß der Held, der durch ſeine Kraft die
‚Welt erſchuͤttert, durch feige Hinterliſt in verraͤtheriſche
Netze fallen fol, verpflichtet, dies zu verhindern. Als
Friedrich's Netter tritt er auf; doc keineswegs fehen wir
ihn das ſchwer erfaufte Gluͤck erringen, denn Friedrich,
durch vielfache Erfahrungen im Urtheil über Menſchen
vorfichtig gemacht, behandelt ihn, obgleich er in den Dienft
genommen wird, mit entfchledener Kälte, und ber Juͤng⸗
ling, dem ber gefuchte Preis feiner fchönen begeifterten
Dingebung für den: Helden entzogen wird, erringt dafuͤr
den ungefuchten Preis der Liebe Eugeniens, die er zu
befigen niemals hoffen darf. Dier tritt nun fogleich die
Verhältniffe anknüpfen und eine uͤberraſchende Scene fich
der andern anteiht. Das kaum aufgekeimte Liebesver⸗
haͤltniß, das Wicberantreffen bes in das tieffte Leibliche
und fittliche Elend verfuntenen Bruders, die Intriguen
der ſaͤchſiſchen Hofleute gegen Friedrich, der Beginn einer
neuen, mit Enthuſiasmus angetretenen Laufbahn, zwei
Duelle, die ausgefochten werden follen, die lebhaft vorbereis
tete und’ erwartete Schlacht, alle diefe Fäden werden plöß-
lich zerriffen duch den unglüdlichen Ueberfall bei Hochs
ich. Der Dichter macht uns duch die Kunft feiner
meifterhaften Darſtellung zu Zeugen dieſes merkwürdigen
Ereigniffes, indem er uns die Einzelheiten deſſelben als
Begleiter feines Helden, wie in einem Drama, in einer
Reihe von Ecenen miterleben laͤßt. Mit ihm führt er
und zu den dAußerften Vorpoften, wo mir die Panduren
als verflellte Ueberläufer in Scharen anlommen fehen,
bann in Biethen’s Begleitung in das Dimmer des Koͤ⸗
nigs, dee fich weder durch bes jungen Cabanis Meldung
noch durch Ziethen’s Rath warnen laffen will, und ſtuͤrzt
uns endlich mitten in das Getümmel der tobenden Schlacht,
die ſich wild dahinwaͤlzt über das brennende Dorf, bis
unfer Cabanis, im Kampfe ſchwer verwundet, blutend
in das Schloß gebracht und gerettet wird durch Eugenie,
die ihre Liebe jetzt noch zu verhuͤllen nicht mehr im Stande
iſt. Hiermit ſchließt das zweite Buch. Cabanis wird als
Kranker von der Familie des Grafen Meroni mit nach
Dresden gefuͤhrt, in deſſen Hauſe verborgen gehalten und
von Eugenie gepflegt, nachdem die Preußen unter Schmet⸗
tau ſchon von dort abgezogen ſind. Hier werden wir denn
auch mit dieſer Stadt und vornehmlich mit der klatſchen⸗
den, ſtandalſuͤchtigen Hof⸗ und Stadtgeſellſchaft Dres⸗
dens aus jener Zeit durch einige charakteriſtiſche Scenen
bekannt. Einige Damen aus dieſem Kreiſe entdecken
durch eine Unvorſichtigkeit Eugeniens, daß ein junger
preußiſcher Offizier im Hauſe des Grafen verborgen wird,
und ſchon droht dieſe Entdeckung mit den gefaͤhrlichſten
Folgen, als zum Gluͤck der Marquis von Cabanis er⸗
ſcheint und durch die Eroͤffnung, daß der verborgen Ge⸗
haltene fein Sohn ſei, den Sturm für den Augenblick
beſchwichtigt. Nichtsdeſtoweniger muß ber Verſteckte vor
bee Gefahr, den Deſtreichern in die Hände zu fallen,
ſchleunigſt gerettet werden, weshalb die Kamille denn fo:
Iebensvolfte Handlung ein, wo fi die interefianteften } gleich mir ihm wieder nach ihrem Gute zurüdellt. Der
330
Marguis, der in biefem Theile die Handlung am thätig:
fien fortbemegt, ift einer ber eigenthuͤmlichſten Charaktere,
. die in der Dichtung auftreten, und gehört bis auf einige
etwas zu grelle Züge zu den gelungenften Geflaltungen
des Verf. Sein tief gemwurzelter Daß gegen Preußen, der
in Immer neuen, wenngleih abenteuerlichen, doc mit
Scharffinn enttorfenen Planen Befriebigung fucht, feine
lebhafte Phantaſie, unterflügt von umfafjenden Kenntnif:
fen, reichen Erfahrungen und einem trefflihen Gedaͤcht⸗
niß, feine gewandte Perfönlichkeit, feine Gegenwart des
Geiſtes umd der unerfchütterlihe Muth, mit dem er, für
jedes Mislingen gleihfam geftärkt, in einer neuen Unter:
Troſt fucht: alles Diefes tritt in einer fo ſchar⸗
fen, forgfältig ausgemalten, beflimmten Form bervor, daß
man den ganzen Tiebenswärbigen, hoͤchſt wunderlichen und
doch genialm Mann lebendig vor fich fieht. Der Mar:
quis verfucht Altes, um feinen Sohn von Friedrich und
von Preußen abzuziehen; er ſtellt ihm die Unfälle vor,
die damals in Maſſen auf den König eindrangen und
feinen nahen Untergang faft unzweifelhaft machten. „Was
ift Die Friedrich?“ fragt er den Sohn. „Was mir
Friedrich!“ antwortet diefer. „D mein Vater, fragen Sie
jenen gemeinen oͤſtreichiſchen Soldaten, einen guten Pa⸗
trioten für feine Kalferin, ber in die Hände klatſchte, al6
der Gefchlagene, Verfolgte, Umringte wie ein Blitz durch
feine Seinde fuhr und gerettet war. Was war ihm
Friedrich? Was Mt Friedrich ganz Europa, das mit ihm
jubelt, wenn er ſiegt, zittert, woenm er verliert? Gellt Ih:
nen nicht der Jubelruf der Freude noch ins Ohr von bem
fabelhaften Roßbach? Warum, fragte ich mich oft, als
ich noch für Thereſiens Sache glühte, warum zwingt er
auch feine Feinde zur Bewunderung? Warum hängen fich
grade am ihn bie Gewaltigen wie ein Horniſſenſtock?
Warum biidt jeder freie Sinn hoffend und wünfchend auf
den Einen? Weil es nur dee Eine ift, weil er fo hoch
fliegt, weil er fo kuͤhn will, weil er fo Mar ſieht, daß fie
Alle zu Schanden werden und in Meid und Furcht zu:
ſammenſchrumpfen vor dem Helden des Lichtes.” Und
auf die Frage: „Was iſt dir Preußen?” erwidert er:
„Tauſend Stimmen der Weltgefchichte rufen mich bin
und rufen mir zu: Preußen in Europa! In dem altge:
werbenen Welttheil, wo das reiche, uͤppige Stalin, das
hechherzige Spanien, der fchroedifche Norden untergingen,
in fich ſelbſt zerfallend, da ſtampfte auf angeſchwemmtem
Sande, am duͤrftigen, kalten Meere, zwiſchen duͤſtern Kie⸗
ferwaͤldern, trägen Fluͤſſen und monotonen Seen der Fuß
eines Koͤnigs ein Volk aus dem Boden, deſſen Namen
man kaum gehört, und auf Sandſchollen gründete Fried⸗
rich einen Staat, der der Welt in feinem Juͤnglingsalter
fihon Geſehe gab.’ Der Water gibt endlich nach und
laͤßt den Sohn, feine Entſchiedenheit und feinen Much
ehrend, der innen Uebergeugung folgen. Auch bier wie
der findet ein BZufammentreffen mit feinem Stiefbruder
Gottlieb flatt, der, Immer tiefer in Schlechtigkeit verfun-
ten, ſich einer Raͤuberbande angereiht hat, das graͤfliche
Schloß anzuͤndet und eben feinen Frechen Arm an bie
Gräfin legen will, als Cabanis ihn packt, niederwirft und
u EEE)
—— — — — — — — — — — — — — — ——— —
uͤber den Unerkannten den Saͤbel ſchwingt, doch durch
deſſen Hund gehindert wird, ihn zu toͤdten, als eben preu⸗
ßiſche Küraffiere eindringen und die Niederlage ber Raͤu⸗
ber entſcheiden. Er ſieht feinen Bruber im Gefaͤngniſſe
wieder, wo er ihn erft erkennt, dann feine Rettung ber
Gräfin empfiehlt und mit den Küraffieren zur Armee des
Königs abgeht. Alles Diefes geht in ergreifenden lebens⸗
vollen Scenen vorüber und erhält den Lefer, obgleich bie
Handlung immer forgfältig ausgemalt und ruhig fort:
fhreitet, in ſteter Spannmg. Im Anfange des vierten
Buches finden wir unfern Helden mit einem Kamera:
den auf dem Marfh nach dem von Ruflen und Det:
reichern bedrohten Berlin, wohin er Depechen eb Sie
nigs zu bringen hat, die deffen nahe Ankunft und Hülfe
verfündigen follen, um wo möglicy die Hauptſtadt noch
zu retten. Dies mislingt, da die Gegend fchon von dem
Ruſſen durchftreift, fein Kamerad von dieſen überfallen
und getödtet wird, er ſelbſt aber, dem Tode nur durch
einen Zufall entronnen, in Zottleben’s Gefangenfchaft ge⸗
raͤth. Die edle Erfcheinung diefes milden, wohlwollenden
Feldherrn wird hoͤchſt erfreulich dargeſtellt.
ſeinen Gefangenen, der ſich, in buͤrgerlicher Tracht verklei⸗
bet nad) Berlin ſchleichen wollte, wohl erkennt, bätet er
fih doch aus Schonung, ihm fein Geheimmiß abzubrin-
gen, und begnügt fi, feinen Plan daburch zu vereiteln,
daß er ihn bis zu feines weitern Vorruͤcken nach Berlin
bei fih in Koͤpnick feſthaͤlt. Muffen und Deſtreicher zies
ben in Berlin ein, und Cabanis kann nun ohne Hinder:
niß in feine Vaterſtadt zuruͤckkehren. Die Zuflände Ber
ins während dieſer kurzen Invaſion und mannichfache |
Abenteuer, die unfer Held bier erlebt, erfüllen auch dieſen
Theil des Werks in anmuthiger Abroechfelung mit Ges
genfländen vom lebhafteften Intereſſe. Das Wiederfehen
feines Stiefoaters und feines Bruders Gottlieb, den er
ſterben fieht, gehört zu den ergreifendften Sconen, und
dee Beſuch bei Ramler iſt eine Höchit erfreuliche Epifobe.
Es muß hierbei ruͤhmlich anerkannt werden, daß der Verf.
bier wie überall mit der gewifienhafteften Genauigkeit und
unermuͤdlichem Fleiß nicht wur die vorhandenen gefchicht:
lien Quellen, fondern auch felbft die Anekdoten und Er-
zaͤhlungen benugt bat, bie fi nur durch mündliche Ueber:
kkeferung bis zu unfern Tagen noch erhalten Eonnten, umd
die Kunfl, mit weicher er diefe Elemente als Lebendige
Glieder feiner Dichtung einzuverlefben mußte, verbient das
böchfte Lob. Das fünfte Bud, verfegt und mieber In
das Schloß des Grafen Meroni, mo es, mie gewöhnlich,
an preußifdyer Einquartirung nicht fehle. Während fich
nun bier die Schloßbewohner mit den preußifchen Offizie⸗
ven durch gegenfeltige Erzählung von Gefpenftergefchichten .
unterhalten, muß der arme Cabanis die mislungene Aus:
richtung des ihm eetheilten Auftrags mit Feſtungsarreft
büßen. Ueberhaupt verkennt Friebrich gleichſam abficht⸗
lich und eigenfinnig die Derdienfte, den Eifer und bie oft
gluͤcklichen Kriegsleiſtungen des jungen Mamnes und weicht
jebem Antsage wohlwollender Worgefegten zu feiner Be⸗
lohnung und Befoͤrberung ſtillſchweigend ans. Um fo groͤ⸗
Ber erſcheint die uneigennügige Dingebung, mit welcher
Obgleich ex -
TE — — —
y
gie Schöpfung in tueffender
331
Gabanie: dem Helben fein Leben und ſeine Ardfte warht,
zufrieden mit dem Gekbftbewußefein, zu dem Erfolg ber
großen Sache beigetragen zu: haben. Auch jetzt kehtt .er
son ‚einem glänzenden, -glüdlih audgefühgten. Kriegszug⸗
auf das Schinß zuruͤck; die Braut. iſt ihm errungen; er
wird mit ihr verlobt, aber Friedrich hoͤrt den Rapport
von feiner That mit angenemmener Geringſchaͤtung an
und will von ber vorgefhlagenen Beförderung, nichts wit
fen. Dieſes fcheindare Verkennen des Verdienſtes, Die |
Richtachtumg geleifteter Dienſte, beſonders dieſes abſicht⸗
Ehe Nichteingehen auf fremde Vorſchlaͤge, waren beſon⸗
dere Eigenheiten des großen Koͤnigs, die ihm oft genug
vorgeworfen worben ſind und doch mis feinen vorzüglich
fin Eigenfchaften, mit feiner Selbſtaͤndigkeit, feiner Vor:
ficht, feiner unerſchuͤtterlichen Feſtigkeit unzertrennlich zu:
ſammenhingen. Alles, was geſchah, ſollte nur ans ihm
ſelbſt hervorgehen, ſollte ein ungetruͤhter Ausfluß feiner
gignen Geiſtesgroͤße fein, und ebanſowol wußte: fein Scharf:
blick das unfcheinbarfte, von Niemand bemerkte Verbienft
Yerverzugichen und ohne fremde Empfehlung anertennend
zu belohnen. Jedem, der fi mit ber Geſchichte Fried:
rich's einigetmaßen hefchäftigt bat, wird gewiß ein ganz
beftimtes Bild feines Weſens vor Augen ſchweben, denn
es gibt in, dem „unendlichen Gebiet ber Gefcyichte ‚nicht |
tt fo wie ee mit feinem Bilde
erfüht umd fie fo ganz zu ſeiner eignen Schöpfung, zur Träges |
sin und Verkuͤndigerin feines Ruhmes gemacht hätte, dei: :
fen wunderbare Perfönlichkeit fo offen dageſtanden, fo vom
einen Mann, ber fehte
Freund und Feind beiaufcht, erforfcht, befchrieben und der
wundert worden wäre. Selbſt die Arußerlichkelten feiner
Erſcheinung, feine Lebensweiſe, feine Worte und Aus:
fprüche haben ſich bis jegt und werben fich noch lange |
erhalten in der Pbantafie eines Jeden, der der .cioilifirten
Wett angehört. Um fo ſchwerer iſt es aber, eine fo all:
bekannte, ſcharf beſtimmte Geſtalt in die Gruppirung ef:
nes epiſchen Dichtwerks dergeſtalt einzureihen, daß fie
nicht entweder bie übrigen Figuren durch ihre Größe er⸗
druͤckt oder, ihrer ſelbſt unwerth, zum bloßen Mittel herab⸗
gewuͤrdigt, zu ſehr in den Hintergeund tritt. Auch das hat
der Dichter zu vermeiden, daß er nicht durch zu aͤngſt⸗
liches Nachbilden der Wirklichkeit dem Ideal, dieſer Seele
des poetiſchen Kunſtwerks, zum Sthaden wirke. Denn iſt
ſchon das bloße Porttait nicht die geringſte Aufgabe des
Malers, ſo wird dieſe Aufgabe noch ſchwieriger, wenn er
es mit rein erfundenen idealen Geſtalten in barmanifche
Verbindung zu bringen bat. An allen biefen Klippen iſt
der Dichter des „Cabanid”, während Begeifterung feine
Segel ſchwellte, mit beſonnener Fuͤhrung bes Steuers
voruͤbergeſchifft und hat uns ben großen Koͤnig in dieſer
Ä Bahıfri und doch im
anz ‚des Ideais fo dargeſtellt, daß Friedrich gleichſfam
als das Licht enfcheint, von deſſen Strahlen die Feſtalten
feine Gemaͤldes beleuchtet um fo ‚heller und: ſchoͤner her
vortreten. Grade bei einer Kriegathat, bie u eine von
Cabanis begangene Uebereilung vor des Koͤnigtß Augen
foft rmisggade und dieſem in ungünftigem Lichte darge:
ſtellt wird, erkennt Friedrich mehr den Willen und den
Muth unſens Heien als ben: Erfolg an und wuͤrbigt ihn
einer oͤffentlichen Auczeicheuunge "Im ſechsten Wach ſehen
sie beniuhiidenneittich. an dem ſchoͤnm Ziele fees Stre⸗
bens angelangt. Der Friebed iſt goſchlofſen, Cabauis hat
bie Anerkennung feines Kaͤnlgs erlangt und darf einem
fchoͤnm Zube in -hefien Mühe entgegenſehen; die Lieben⸗
den ziehen nach dem jubelnden Berlin, um mitten in den
Frendenwogen deB allgemeinen Feſtes ihre Bermählung zu
Riem Selbſt der Marquis von Cabanis erlangt zu fel:
nes hoͤchſten Befeligung von Friedrich's Großmuth eine
Eheenherftelung,, die ganz daB. Gepräge. feines originellen
Geiſtes trägt, und das Ganze ſchließt mir einer Befriedi⸗
gühg des Lefers, wie fie nur wenige Dichtungen diefer
Sättung gewähren. E
Ref. hat dem Drange .nicht widerſtehen koͤnnen, bie
Dichtung in ihren Hauptzuͤgen an ſich voräberzuführen
und zugleich den Eindruck, den fie beim Leſen auf ihn
emnacht, an, bigfe Vergegenwärtigung des Inhalts an:
chließend auszuſprechen. So mag denn freilich mehr
eine Schilderung dieſes Eindrucks als eine eigentliche kri⸗
tiſche Würdigung entſtanden fen. Er darf indeſſen mit
| Zuverficht hoffen, mie er es ſehnlich wuͤnſcht, daß bie
roße Zahl der Lefer, die das Bud) verdient, denfelben
indruck und benfelben hohen Genuß dabei empfinden
suöge. Dos merkwärdige und wahrhaft nationale Werk
wird gewiß die -allgemeine Anerkennung finden, oft noch
von vielen Seiten beiprochen unb beleuchtet und auch ber
gruͤndlichſtan wiflenfhaftlichen Erörterung. gewürdigt wer:
den. Vor Allem aber ift zu wünfchen, daß ber um:
felige politiſche Parteigeift, der feit einiger Zeit mit täp-
pifcher Verblendung feine unreinen Hände auch an bie
freien Geftaltungen der Kunft zu legen wagt, fi nicht
auch diefes Gegenſtandes bemächtigen und feine Wirkun:
gen zu hemmen füuchen möge. Moͤgan Diejenigen, bie
um fo viel mehr von Freiheit ſchwatzen, je weniger fie
davon verſtehen, wenigſtens dfefe, die hoͤchſte, unverletz⸗
barſte Freiheit, die der Kunſt, nicht misachten. Das Werk
wird leben, denn es it aus der Wahrheit und aus ber
Begeiſterung für fie geboren. Die Anfeindungen ber Pars
teifucht gehöten nur der Zeit an und verfchwinden mit
ihr. Gewiß könnten fle den Wirkungen diefer Dichtung
nur tetardirend entgegentreten. Aber aud) die Gegenwart
bat ihre Mechte, und wir wollen hoffen und ſtreben, daß
dem beutfchen Volke der Genuß einee Dichtung, die ihm
angehört, und dem Dichter der Kohn verbienter Anerken-
nung, bie in. Deutſchland fo felten iſt, nicht durch ylumpe
Polka und Misgunft verkuͤmmert werde.
. Mexis hat im der meueflen Zeit von den uns
fauberften Lippen eine Schmähung hören müflen, bie
das wohlgefinnte Deutfchland im innerften Herzen empört
Hat. Er iſt gluͤcklich; denn wer der gemeinen Verleum⸗
dung ein ſolches Werk entgegenzuſtellen vermag, kann fie
verachten, und wir wollen ihm wuͤnſchen, daß er fuͤr
jede aͤhnliche Anfechtung eine ſolche Antwort bereit ha⸗
ben moͤge. ı 19.
74 Fu zur ’ . . . hi
J
832
Der Moſticismus, nad feinem Begriffe, Uxfprunge umb
Unmertbe; für alle Hoͤhergebildeten zuerſt ſtreng wiſ⸗
ſenſchaftlich dargeſtellt und geſchichtlich erläutert: von
Georg ‚Chriftian Rudolf Matthaͤi. Goͤttin⸗
gen, Vandenhoeck und Ruprecht. 1832. 8. 18 Gr.
Dieſem anſpruchsvollen Titel folgt eine Heine Schrift von
| 195 Geiten, auf denen der Verf. zwar Raum genug gehebt
hätte, des Trefflichen und Geiſtreichen Mancherlei zu fagen, wo
man ſich aber vergeblidy nach einer Befriedigung ber im Bor
aus eriegten Erwartung umfieht. Dee Berf. ruͤhmt feinem
aus alademifchen Worlefungen entflandenen Buche nad, daß
darin der Myfticidmus „zuerf ſtreng wiſſenſchaftlich butgefttiit
und gefchichtlich erläurent‘‘ werde. . Sieht man aber, wie ſich
darin faft nur das Gewoͤhnliche und Bekannte findet, und wie
in ber Behandlung außer einer fhulmäßigen Begriffsclaſſifica⸗
tion — wie z. B. bie wunderliche Gintheilung des Myfticiemus
in die „„gröbern und feinern”, „allgemeinern und beftimmtern‘’,
„ſchlechthin praktiſchen“ und „‚ſchlechthin theoretifchen‘ u. f. w.
„Potenzen“, worin ber Vexf. aber wahrſcheinlich etwas echt Syſte⸗
matiſches und „ſtreng Wiſſenſchaftlichez“ ſucht — es ſchwerlich zu
. etwas auch nur dem Schein des wahrhaft Wiſſenſchaftlichen ſich Raͤ⸗
heruben kommt, das die Sache foͤrdern und in ein klareres Licht ſtellen
Ebnnte, fo muB man ſich wundern, daß der Verf. fesbft mit fo zuver⸗
figtliher Miene auf fein GBeleiftetes hinweiſt. Die allgemeine
Begriffsentwidelung des Myſticismus, bie er gibt und haupt
fehlih in den Worten zufammenfaßt: „Der Myſticiſsmus ift
der aus einem phantaftifchen Gefühle hervorgehende und von
ihm geleitete Glaube an eine offenbarungsreihe Gemeinſchaft
einzelner Geweihter mit Gott, weldger zugleich gewiſſe Lehren
als hoͤchſt weſentliche betrachtet und auf Beheimiehren ſich gruͤn⸗
bet‘, iſt weder neu noch erfchöpfend; ebenfo erfcheint das Hi⸗
ftorifche, das aus ber factifhen Geſchichte des Myſticismus her:
beigezogen wird, nur in fehr flüchtigen und oberflaͤchlichen Skiz⸗
zen. Hierin bat das bekannte Buch von Heinroth -Aber ben
Myfticismus, fon burdy feine Ausführlichkeit beimeitem mehr
Wertp, wenn ed au fonft nur bie mofailartige Compi⸗
lation einer Geſchichte des Myſticismus ift, und unfer Berf. da:
gegen für feine Entwickelungen Neuheit, fuftematifhe Beziehun⸗
gen und Wiffenfchaftlicykeit in Anfpruch nimmt. Ungeachtet: fei:
nes behaupteten wiſſenſchaftlichen Stanbpunftes faßt er aber
au ben Begriff des Moftidamus nicht tiefer auf als fein
Vorgänger Deinroth, dem man mit Recht die blos negative Ans
fiht feines Begenftandes zum Vorwurf gemadht hat. Hrn.
Mattpät if ber Myſticismus nichts als „eine in allen Hinſich⸗
ten verkehrte Denkart⸗ (Vorwort S. ıv)3 auch macht er, wie
“Andere wol gethan haben, Leinen Unterſchied zwiſchen Mipflicie:
mus und Myſtik, ober zwifchen echter und falfcher Myſtik. Gr
erkennt vielmehr keine echte Myſtik, weder in Wiflenfchaft noch
Religion an’ und wirft deshalb in feiner, in dieſer einfeitigen
Richtung befangenen Darftellung alle Erſcheinungen unterſchied⸗
106 burdeinander. 36.
Anſchauungen aus der Schweiz mit einem Anhange uͤber
den ſtrasburger Muͤnſter, herausgegeben von W. A.
Klütz. Koͤßlin, Hendeß. 1832. 12. 22 Gr.
Das Büchelchen, durch zahlreiche Unterzeichner beguͤnſtigt,
entſpricht feiner , beim Abfchiede von dev Schweiz S. 127 a
gegebenen Behimmung, „MWittheilungen hoher und
Art mit dem Bogen vor ihrer GEntwhrbigung in das Gefühl
beutfher Zöne zu leiten, um fie ber deutfchen Bruft zu bieten,
unverfümmert, und wie fie empfangen und gedeutet worben‘‘.
Der Berf. rebet, wie ſich ſchon aus biefen wenigen Zeilen er⸗
bt, die Sprache eines Begeiſterten; aber biefe Begeifterung
ſt nicht erheuchelt, und wird von zu Wielen getheilt, um nach:
ns
herrlichfter
far Aufnahme‘ zu. verfehlen. An eine Bewillkeumnung
iz reihen nd: ber Rheinfall bei Laufen, Zürich und
ber Zuͤrcherſee, Ausfiht vom Rigi, der Bierwalpfläbterfee,
bie neue Gotthardeſtraße, Grimſelhoͤhe, Meiringen, Thal Grins
delwald, Thal Bauterbrunnen, Bern und bag Denkmal fdyroris
zeriſcher Treue in Luzern. Die Folge diefee Ramen feigt den
Weg, den ber Wanderer genommen, welcher bei keinem Gegen⸗
flande verweilt, der die Anfchauung nicht belohnt. Wem fie
gleichfalls zu Theil warb, wird ſich angenehme GSrinnerungen
zuräcdtufen und ber Treue und Empfaͤnglichkeit bes Darftellers
Dank wiffen. Wer die Schweiz zu befucdhen anſchickt, wird
nicht bereuen, dies Taſchenbuch, das fein Gepaͤck nicht erſchwert,
an Ort und Stelle zu Rath zu ziehn, und ſich badurch vor
der Reue ſichern, eine maleriſche Eädnbeit überfehen zu haben.
Wem das vielbegabte Land aus eigner Anſicht fremd bleibt,
für deſſen Theilnahme würde der Verf: genügender geforgt dar
ben, wenn er etwas mehr Kuͤckſicht auf die willkdmmene Staf⸗
fage feines Landfchaften, auf die Stimmung, Sitten, Gebräuche,
Sagen, auf Dies und Das genommen hätte, was bie Bewoh⸗
ner auszeichnet und unterfcheibet, wofür es ihm, mie aus einie
gem fluͤchtigen Zuͤgen erhellt, an Sinn und Geſchick keineswegs
gedricht. unſtreitig fehlt es nicht a Gchriften, welche biefe®
Bebürfnid hinlaͤnglich befriebigen, aber. wenige keſer find ges
ſtimmt, tie Beihäftigung mu einem Buche wisberbolt zu nu
ternehmen, um aufmertfamern oder belehrendern Antheil dafür zu
gewinnen. Haben fon die Meiſter zeichnender Künfte den
Vortheil erkannt, ihren Darftellungen erhabener und Tieblicher
Naturſchoͤnheiten, bie nur des Anfchauens bedürfen, um Stau⸗
nen unb Bewunderung zu erregen, durch .Dingufüguung: menſch⸗
licher und thieriſcher Geſtalten und Handlutngen Abwechſelung
und Bedeutung zu ertheilen, fo find Zugaben biefer Art eine
Erzähler, ber auf Worte und Redensarten beſchraͤnkt iſt un
der thätigen Mitwirkung ber Einbildungsfraft feiner Hörer‘ nicht
sotbehren kann, nod mehr zu empfehlen. Denn je angeſtreng⸗
ser und Iehhafter biefe ift, deſto leichter ermattet fie auch und
bedarf von Zeit zu Zeit ber Erholung und Ruhe, um mit neuer
Kraft zu erftehen. Die kann fich der Lefer freilich aus eigner
Machtvollkommenheit geben, wenn er mit der Bufammenftellung
menfchenleerer Schilderungen verfährt wie mit einer Samm⸗
lung lyriſcher Gedichte und nur eine zur Zeit feiner Anſicht
unterwirft, die übrigen aber der Zukunft vorbehaͤlt. Doch Lie
F zu leſen iſt freilich ungleich leichter ald die Kunſt a
reiben, nur leider faft ebenfo felten, und einem armen Ans
zeiger literariſcher Neuigkeiten nicht immer verflattet, fie zu
üben. Der Anhang Über den Rrasburger Muͤnſter ift mit Liebe
und Kennerfchaft geſchrieben und ‚zeugt von ber Gmpfindung
und bem Geſchmack des Werfaflers. 9.
Riterarifhe Anzeige.
Soeben erſcheint bei mir und. ift in allen Buchhandlungen
des Ins und Auslandes zu erhalten:
Brancesco Petrarca’s fämmtliche Ganzonen, So⸗
nette, Ballaten und Triumphe, überfegt und mit er
läuternden Anmerkungen begleitet von Karl Foͤrſter.
Zweite verbefferte Auflage Br. 8. 344 Bogen auf
feinem Drudpapier. 2 Thlr. 6 Gr, |
@ine gute Zugabe hierzu bildet:
Francesco Petrarca, dargeftellt von C. &. Kernom.
Nebhbſt dem Leben des Dichters und ausführlichen Aus:
gabenverzeichnifien herausgegebm von Ludwig Hain.
1818. 8. 2243 Bogen auf Schreibpapier. Fruͤherer
Preis 1 Thlr. 12 Gr. Segt für 12 Gr.
Leipgig, im Mär, 1888,
—— F. A. Brockhaus.
Nedigirt unter Werantwortlihteit der Berlagädandlung: F. A. Broddaud in Leipig.
en FT —
.. - Blätter
für
literariſche Unterhaltung.
Das deutfche Wort: Goldmacherkunſt, erſchoͤpft ben
Begriff nit, den Die damit verbinden, welche fidy des
Namens Alchemie mir Bewußtſein bedienen. Ste wollen
dadurch die Veredelung geringerer Metalle nicht bios in
So, fondern auch in Silber, und die Hervorbringung
eines in homoͤopathiſcher Verdünnung wunderthätigen Heil:
mittels bezeichnen, und nermen dad Kunfterzeugniß, dem
fie diefe Wirkſamkeit zufchreiben, Stein der Wellen, Elirir,
Magiſterium oder Tinctur. Es liegt am Tage, daß fo=
nad Alchemie angewandte Chemie iſt; bie arabifche Sylbe:
al, bedeutet auch nichts weiter als die, und Luther ver
fland fie fo, da er ihrer in Ehren erwähnte; doch if,
wie in manchen aͤhnlichen Fällen, mit dem umfaffendern
Sprachgebrauh nicht zu rechten. Was auf dem gegens
wärtigen Standpunkte unfers Willens über die Moͤglich⸗
keit einer ſolchen Kunft bem gebildeten Laien nicht unbe
kannt bleiben darf, ift im „Converſations⸗Lexikon“ gedie⸗
gen und billig zuſammengedraͤngt. Würde fie jemals Ges
meingut, was feine nicht bios vorgeblihe Wiſſenſchaft
ober Kunft auf bie Länge vermeiden kann, fo ließe fich
in unzähligen Rüdfichten kaum ein verberblicheres Ereigs
niß denken. Der plögliche Zufluß edler Metalle hat nie
vortheilhaft auf ein Land gewirkt, Reichthum in Armuth
verwandelt, Betriebſamkeit erſtickt und Sittlichkeit unter:
graben. Was wäre unvermeidlih, wenn unverfiegbare
Quellen folder Art von der ungezügelten Willkür des
Kundigen abhingen? Geld iſt Waare und Xaufchmittel,
deren Werth verringert oder ganz vernichtet wird, wo «6
an Gültigkeit verliert. Eine Zerrättung aller beftehenden
Verhaͤltniſſe, eine Suͤndflut von Uebeln braͤche herein;
Niemand wuͤrde mehr arbeiten wollen und ſelbſt der Ver⸗
moͤgendſte nicht wiſſen, womit er fremde Arbeit bezahlen
koͤnne. Es iſt erlaubt, zu zweifeln, ob ein ſolcher Zuſtand
der Dinge ſogar den Saint⸗Simoniſten behagen wuͤrde.
as jedoch Menſchen, denen Scharffinn, Geſchick und
Fleiß nicht abgeſprochen werben. kann, unablaͤſſig geſucht
und gefunden haben, gehört der Geſchichte, und wol
ziemt ihrem Freunde, feine Aufmerkſamkeit darauf zu rich
ten. Sie haben in der That Vieles und Schägbares
gefunden was fie nicht gefucht, und ein Recht auf bie
fuͤhrt, tft nichts einzumenben.
Dankbarkeit der Nachwelt, der auch ihre Verirrungen und
Fehlgriffe beiehrend find. Der Verf. des vorliegenden un:
terrichtenden und unterhaltenden Buches ift nicht abgeneigt,
anzunehmen, daß unter mehr als 500 namentlich von ihm aufs
geführten Kunftbefliffenen fünf wirkliche Adepten das Biel ih:
res Strebens erreicht hätten, und erinnert dadurch an den
gefelesten Emir Arabiens, der um zehn gerechter Einwoh⸗
nee willen zwei bem lUntergange gemwibmete Städte vers
ſchont wiffen wollte. Gegen die Gewiſſenhaftigkeit und
Befonnenheit der ehrenwerthen und undigen Beitgenoffen,
deren Zeugniß für die Wahrheit der Thatfachen er an:
Aber Kortfchritte der Wiſ⸗
fenfchaft berechtigen zu einer Abweichung -von Kenner:
anfichten, und, die Naturlehre im Ganzen, die Chemie
im. Befondern hat felt den Zeiten Boyle's und Boerha⸗
ve's fo flaunenswürdige und überrafchende Fortfchritte ges
macht, daß es kein Verbrechen gegen die Menfchheit, eine
Undankbarkeit gegen die unfterblihen wiſſenſchaftlichen
und fittlicyen WVerdienfte ihrer Vorgänger ift, wenn man
nicht verbürgen möchte, ob Lavoiſier, Sourcrop und Davy
ihre Ueberzeugung getheitt haben würden. Fuͤgt man
hinzu, daß ein Taſchenſpieler feitener Vollkommenheit die
fcharffichtigften Beobachter felbft alsdann noch zu hinter:
geben weiß, menn er ihnen vorhergefagt hat, er bezwecke
nichtd Anderes; und vergißt man nicht, daß ein angebs
licher Adept wenigftens den Verdacht gegen fid) hat, täus
fhen zu wollen: fo laͤßt fi die Möglichkeit nicht abs
leugnen, ber bewunderte Meifter fei ein meifterhafter
Gaukler geweſen. Daß ein folcher die Zeugen und Ges
bülfen feines gelungenen Strebend zum Theil freiwillig
befchentt; daß er Einigen fogar, indem er fi von ihnen
getrennt, einen geringen Vorrath des Stoffes mitgetheilt
babe, befien er ſich zur Veredlung ber Metalle bediente,
wird erzählt und fcheint unleugbar. Doch unterläßt bie
nämliche Erzählung nicht, zu bemerken: Keiner von Des
nen, weldye fich diefes Vorraths rühmten und Aufſehen
damit erregten, fei haushaͤlteriſch damit umgegangen, und
nie fei einem unter ihnen gelungen, buch Befolgung eis
nes ihrem Herrn und Meiſter abgelaufchten oder abges
ftohlenen Verfahrens eine Mifchung gleicher Wirkſamkeit
hervorzubringen. Warum ber wirkliche Befiger einer Wun⸗
dergabe, ber keiner fremden Beihuͤlfe bedarf, um alle ers
reichbaren Beduͤrfniſſe eines Sterblichen zu befriedigen und
—
3
\ J
den Aufwallungen verſchwenderiſcher Großmuth und Vor⸗
liebe zu genuͤgen, durch unweiſe Entdeckung derſelben ſeine
Sicherheit gefährden ſollte, iſt unbegreiflich und kann we: :
nigſtens nicht ohne Zwang aus Anregung kleinlicher Eitel⸗
keit erklaͤrt werden, wo ſo viel Vermuthungsgruͤnde ab⸗
ſichtlichen Betrugs näher liegen. Indeffen h es ein ſehr
gkucklicher und willkommener Zufall, daß ber kenntnißreiche
und unbefangene Geſchichtſchreiber nicht, gleich wohlmei⸗
nenden, aber leidenſchaftlichen Unglaͤubigen, ſich hat hinreißen
laſſen, beglaubigte Thatfachen und Zeugniffe
zu entſtellen ober mit. unerweislichen Einwuͤrfen abzufer⸗
tigen, die den mildern Selbſtdenker gegen den. Wottfuͤh⸗
rer eimehmen. Indem Herr ©. fein Urtheil über einige
räthfelhafte Erſcheinungen zurudhält, verfehlt ex dennoch
nie, jeden verführerifhen Schein der Wahrheit aufzu:
beiden, ſoweit die gegenwärtige Kunde der Wiflenfchaft
dazu binreicht. Denn es ift keinem Zweifel ausgeſetzt,
daß mancher wahrheitsliebende Chemiker der Vorzeit da
an wirkliche Metallveraͤnderung glauben durfte, wo der beſſer
unterrichtete Scheidekuͤnſtler unſerer Tage zwar vorhande⸗
nes, aber verſchleiertes edleres Metall entdeckt haben
wuͤrde. Eben das laͤßt ſich von uͤberaus gelaͤutertem Gold oder
Silber ſagen. In dieſer Feinheit und Laͤuterung bietet
es der Schacht und die alltägliche Schmelzhuͤtte vielleicht
nicht ; gleichwol ſchafft die Kunft nicht erſt, was nur zu
verfeinern die Natur ihr geſtattet. Deindererfahrene wa:
ten felbft durch geringhaftiged und blos glänzendes Me:
tal, das nicht jede Probe aushielt, Leicht zu bintergehen,
und wahrfcheinlihh haben die meiften Alchemiften, welche
einigen Glauben gefunden, ſich felbft volllommen getäufcht,
ehe fie Andere verbiendeten. Herr S. hält ſich fireng an
die Geſchichte der Wiſſenſchaft und erwähnt der uͤbri⸗
gen Bemühungen, Thaten oder Meinungen ihrer Befliffes
nen nicht, daher ihm gelungen ift, die bedeutende Litern:
tur derfelben aufzufaffen und den Gegenftand nicht über
einen mäßigen Band aus;udehnen, dem ein treffliches Re:
gifter zu flatten kommt, ſodaß frin Werk das brauch
barfte feiner Art wird. Dem Chemiker wird dieſe Leber:
fiht, die auch die gelehrten Gegner der Alchemie nicht
unbemerkt läßt, willfommen fein; aber ihn allein kann fie
auch nur in Anfpruch nehmen. Sogenannte Trimateria⸗
lüften, die aus drei Beftandeheilen, Metallſtoff, Sauerftoff
und Entfäuerung, welchen fie die Färbung zufchreiben,
ihr Kunftwert zufammenfegen wollten, nannten diefe zwar
mit befannten Namen Quedfilber, Salz und Schwefel,
verftanden aber beiweitem etwas Hoͤheres, Tieferliegendes
und Umfaſſenderes darunter als der gemeine Sprachge:
brauch. Myſtiker redeten von der Seele, dem Samen,
der Faͤulniß des Golbes und bildeten Kunftwörter, Denen
zuweilen eine biendende Analogie das Wort ſpricht. Es
bedarf eines Eingeweihten, um zu unterfcheiden, was das
von nicht ganz vermerflich ift.
Defto unterhaftender und anziehender ift die Gefchichte
der Ueberlieferungen und Sagen. Schon ben älteften
Bölkern, Aegyptern, Perfern, Istaeliten und Griechen har
man Schriften und Dentmai⸗ untergeſchoben; doch laͤßt
ſich keine einzige Thatſache nachweiſen, daß ſelbſt die Letz⸗
teren, die es doch am weiteſten in der Chemie gebracht,
jemals unedles Metall in Gold und Silber verwandelt
haͤtten, und erſt im 4. chriſtlichen Jahrhundert fingen
ſie an, ſich darum zu bewerben. Nachdem die bis dahin
.unoiffenden Araber im Jahr 640 XAlerandrien: erabert
hatten, wurden fie leidenſchaftliche Frainde dk Sternbeu⸗
teeri und Alchemie, blieben es bis auf ben hritigen Tag,
gaben der legtern! ihren Namen, trieben fie, wenn aud
des Geſetzes wegen Jahrhunderte lang verflohlen, mit
ifer und verbreiteten Ferne. Der
Beruͤhmteſte und Wohlredendſte, Geber in Sevilla, aus der
ymweitn Hälfte des 8. Jahrhunderts, ward Stifter eis
ner angefehenen philoſo Schule, befaß umfaſſende
Kenntniſſe und erwarb ſich hohe praktiſche Verdienſte um
die Chemie. Daß er Gold zu machen verſtanden und in
ſeinen Schriften auf verſteckte Weiſe gelehtt habe, iſt
unerweislich, vielmehr erhellt aus ihnen, daß der ehren⸗
werthe Lehrer Alles auftichtig mittheilte, was er wußte
oder zu wiſſen glaubte. Der Angelſachſe Haimo, Beda's
Verwandter, Alcuin's Schüler, 853 als Biſchof zu Hals
beritadt geftorben, fuchte den Stein der Weifen zuerſt in
Dem, was Andere gern hinter ſich fäflen: „Geht zur
Hinterthür der Welt (nämlich der Leinen, des Menfchen).
und ihr werdet es donnern hören und des Windes
Braufen vernehmen; Hagel und Plagregen wird fallen.
Das iſt die Sache, die Ihr fucht, und fie ift koͤſtlicher
für da6 Werk der Alchemie als alle Steine in ben Ge
birgen.” \
Mit dem 13. Jahrhundert Hört die Reihe alchemi⸗
ftifcher Schriftftellee bei den Arabern auf, was fih aus
den Niederlagen bes Volkes und der Unterbrechung jebes
friedlichen Verkehrs erklärt. Der Zauberer Merlin um
den Anfang des 6. Jahrhunderts gilt für einen Adep⸗
ten. Mit Anbeginn des 10. Jahrhunderts tauchen nach
und nad Alchemiften aus der griechifchen und arabifcyen
Schule unter den Lateinen auf. ‚Gegen Ende bes 12.
machte Die apokryphiſche Turba bei ihnen großes Aufs
fehben und ward fleißig erläutert. Seit dem 13. Jahr⸗
hundert, in welchem die Univerfitäten entflanden, verein-
zeiten ſich die Völker nicht mehr zu alchemiftifchen Zwecken,
fondern unterftügten und beiehrten fid) gegenfeitig, und
die fchriftftellerifche , Oeffentlichkeit entſtand. Albert: ber
Große trat auf, fein Schüler, Thomas von Aquino, folgte
ihm wenigſtens in der Speculation, Michael Scotus
fchrieb von der Alchemie, Roger Bacon glaubte an Me⸗
tallverwandlung, aber feine größtentheils ungebrudten Ab:
handlungen finden fi nur in britifhen Sammlungen.
Armoldus de Villanova war gegen Ende bed Jahrhun⸗
dert das Orakel feiner Zeitgenoffen, und Sohn Duns
Scotus gilt für den erften Alchemiſten feines Landes.
Die Kunfigenoffen wollen zwar Papft Johann XXIL fir
ihren Mitbreuder erklären, können aber die Thatfache nicht
ungefchehen machen, daß er bald nach feinem Regierungss
anteitt 1317 eine firenge Strafbulle gegen die Alchemie
erließ und bis an feinen 1334 erfolgten Tod nicht zu:
ruͤcknahm, in welcher er fie für eine verächtlidhe Betruͤ⸗
gerei erklärte und Geifllichen deren Ausübung bei Ber-
335
luft ihrer Wuͤrde unterfagte, In -Deutichland ward biefe
Bulle mit- unerbittlicher- Schärfe befolgt umd zwang bes
ſonders geiftliche Alchemiſten, ſich verborgen zu halten.
Sn Frankreich erlaubte ſich Sean de Meun, Glopinel,
Umarbeiter des ‚Roman de Ja rose“, bereit 1320, ihrer
zu fpotten. Raimund Lullus, Arnold's berühmter Schüs
ter, fällt in diefe Zeil. Nicolas Flamel erfand die Sitte, al:
chemiſtiſche Schriften mit allegorifchen Bildern zu [hmüden,
die dem mwahnfinnigen König Karl VI. wohlgefielen. Mit
dem Anfange des 15. Jahrhunderts trat Bafilius Va⸗
Imtinus auf, Moͤnch des erfurter Benedictinerkloſters,
deffen „Triumphwagen des Antimonii” zu feinem eignen.
Triumphwagen geworden ifl. Er befaß wirklich große
hemifche Kenntniffe, denen auch die Nachwelt Gerechtig⸗
keit widerfahren laffen. Die Niederländer Holland, Ya:
ter und Sohn, waren ausgezeichnete Chemiker und be:
- warben fi vorzüglid um die Heilkraft der Tinctur.
Heinrich IV. Lancafter erließ 1404 ein parlamentarifches
Sefeg gegen alchemiftifche Arbeiten und erklärte fie für
Felonie. Heinrich VI., allen Geheimniffen gewogen, er:
munterte vielmehr feine Unterthanen dazu und vertraute
befonder6 den Geiftlihen, daß fie ihnen gelingen müßten,
da fie fo glüdlich wären, Brot und Wein in Chrifti Leib
und Blut zu verwandeln. Aber die Geiftlihen nahmen
bie Vergleichung übel, und MWeltliche legten ſich auf Falſch⸗
münzerei. Das fand in Frankreich Nachahmer. Kaiſer
Stegmund’3 zweite Gemahlin, Barbara, ward nah Maria
Prophetiſſa die erfte Alchemiſtin. Markgraf Johann von
Brandenburg erhielt feiner Beichäftigung wegen den Zu:
namen Alchemiſt; auch deſſen Bruder, Albrecht Achill,
war thätig dafür. In der zweiten Hälfte des 15. Jahr:
hunderts glänzt Graf Bernhard aus ZTrevifo, der, 1416
geboren, 1490 auf Rhodos farb, wo er zehn Jahre vor
feinem Ende den Stein ber Weifen gefunden haben
"wollte. Marſilius Ficinus glaubte feſt an fremde Golb-
macherei. Johann Trithemius redete ihr das Wort.
Seit ihrer Zeit beginnt die Reihe der fahrenden Alchemi:
ften, welche die Kunft ſtinkend gemacht haben. Leo X.
benahm ſich wie ein Medici, machte-die Bannbulle ſei⸗
nes Vorfahren nicht geltend, als der gefrönte Dichter
Augureli ihm im Sahre 1514 ein Lehrgedicht, „Chry-
sopoeia”, widmete, fondern empfing ed lächelnd und be:
ſchenkte ihn dagegen mit. einem leeren Beutel, woran es
einem folchen Kunftbefiger allein fehlen tönmte Es ift
. oft gedruckt und überfegt. Heinrich Cornelius XAgrippa
von Nettesheim blieb auch den Xäufchungen der Alchemie
nicht fremd. Blendenderes Auflehen machte der talent:
volle und geiftreihe Marktſchreier Philtppus Aureolus
Paracelfus Xheophraftus Bombaſtus von Hohenheim,
Seine offenbaren Prahlereien und een erwarden
und verdienten ihm, nachdem die-erite Ueberrafhung des
Beifalls verfhwunden war, das Misgefhid, daB feine
ausgezeichneten und 'bleibenden Verdienſte um praktiſche
Chemie und Pharmaceutit nur von erfahrenen und prüs
fenden Richtern hervorgehoben wurden. Der trefflihe Me:
tallurg Georg Agricola bewarb fih um Alchemie, ohne
Befriedigung zu finden. Leonhard Thurnepfer aus Baſel
lebt in Moͤhſen's meiſterhafter Biographie.
dolf TI. war gegen Ende des 16. Jahrhunderts der Fuͤrſt
der Alchemiſten und Prag der Sonnenpunkt der Alchemie.
Es war nicht gut fuͤr ihn arbeiten, denn er belohnte
zwar anfangs ſehr freigebig mit Titeln und Wuͤrden, aber
er zwang auch Unwillige und Zuruͤckhaltende, ſich in ſeine
Naͤhe zu verfuͤgen, ließ ſie nicht wieder los und beſtrafte
ſie bis zum Tode, nicht blos wegen Deſſen, was ſie zu
wiſſen vorgegeben hatten, ſondern auch wegen Deſſen,
was ſie nicht zu wiſſen behaupteten. Andere deutſche Fuͤr⸗
ſten, ſaͤchſiſche beſonders, folgten dieſem Beiſpiel. Beuther,
dem, wie es ſcheint, Kenntniſſe nicht abgingen, vergiftete
ſich im Gefaͤngniſſe, um der Hudelei zu entgehen. Wie
vortheilhaft unterſcheidet ſich auch hier, freilich um zwei
Jahrhunderte ſpaͤter, das Benehmen Friedrich's des Gro⸗
ßen, der es nicht unter ſeiner Wuͤrde hielt, zur Befrie⸗
digung ſeiner Wißbegier eine beſtimmte Summe auszu⸗
werfen, um einen geſchickten Laboranten unter gehoͤriger
Aufſicht Verſuche anſtellen zu laſſen, die den Regeln der
Kunſt nicht widerſprachen, und, da dieſe den Erwartungen
nicht zuſagten und der feſtgeſetzte Aufwand erſchoͤpft war,
den treuen Arbeiter in Stand ſetzte, in einer entfernten
Stadt eine gute Apotheke anzulegen.
(‚Der Beſchlul elgt.)
\
Das Habsburglied, von Ludwig Auguft Frank,
Wien, Bed. 1832. Lexikonoctav. 1 The. 12 Gr.
In Deutfhland it mancherlei von einer Weltliteratur ge:
fprodden und in feinem Lande berrfcht mehr partieller Localpa⸗
triotismus, der ein allgemeineres Sneinandergreifen ber Geifter
baben jest wie viele Poeten, die nicht dem Gefammtvater:
lande, 'fondern den Meinen Vaterlaͤndern, oder boch befondern
Stammeigenthuͤmlichkeiten angehören. Es finden fi in ber Li⸗
teratur jetzt wieder hanoͤveriſche Patrioten, heffen-barmftäbtifche
Sänger u. f. w., und bie abgelegenen Winkelintereffen ftören
das Streben der arößern Köpfe unferer Zeit. Weniger auffals
lend und weniger inhaltsleer ift ein preußifcher Enthuſiasmus,
denn Preußen vertritt eine geſchichtliche Idee; auch Deftreiche
eigenthümliche Würde verlangt feine Vertreter, und gibt man
dies preis, fo möchte bie Inrifche Poefie am naturgemäßeften ſich
zur eier partieller Deimateintereffen ergeben. An Grillpar:
zer's Dramen it ber befchräntte Eifer ftörend genug; in lyri⸗
ſcher Ergiefung kann er, wenn er den Ton naiver Ummittelbar:
keit trifft, Anmutbhiges und Werthvolles fördern. Der obenge⸗
nannte Dichter des Habsburgliedes“, der die Kürften feines Herr:
fherhaufes in gefhichtlicher Reihenfolge durch trefflihe Roman:
zen feiert, liefert den fchönen Beweis, daß ſich mit bem Local:
patriotismus keineswegs nothwendig Verftöße gegen mwelthiftoris
fe allgemein anerkannte Wahrheiten zufammenfinden; in vie:
ien Stoffen, :z. B. dem Liede von ber Schlacht bei Zügen S.
en Eormte, hat er feine Aufgabe voliftändig geidft: kindliche
Feier bes heimifchen Fuͤrſten, ohne bie hiſtoriſche Wahrheit, die
einen hoͤhern Standpunft verlangt, zu verlegen. Er läßt in
bem genannten Liede Ferdinand II. eine Thraͤne über ben hel⸗
denmüthig geſunkenen Schwebenkönig weinen, und mit biefem
Zuge feiert er den gutmüthigen Deftreicher und hebt ben Feind
feines Haufes gleihwol umendlih höher. Der warmen, freund:
lich tiefen Begeiſterung des Lyrikers, den das heimifcke Gefuͤhl
der Liebe fo wahr und voll durchdringt, würbe man fogar bei
Kaifer Rus
unferer 3eit, wie man es audgefproden Bat, behindert. Wir '
8
dem Herausheben feiner pastiellen Helden manchen Verftch ges
.
158, wo ſich ein befchränfter oͤſtreichiſcher Eifer leicht verfündi: -
336
en das aßgemeinere Bewußtſein verzeipen. Gine anmuthige
e
lvignette gibt uns ben Anblick der alten Habeburg, von
welcher ein Herrſcher Deftreihs fo naiv fagt: „Wir haben
halt Mein angefangen‘. In folgenden Strophen fpricht der Dich⸗
tee "feine Liebe zum heimatlidyen Bande am fchönften aus:
Wie liegt ed audgegoflen im Abendfonnenglanz,
Um demantbelle Waſſer, fmaragpner Wälder Kranz.
Wie gleiten auf ben Strömen, die vol und rauſchend ziehn,
So wie Gedanken flüchtig, die Kähne ber und bin.
Um fegenöreiche Triften der Hätten weited Meer,
’ Dazwiſchen dobe Städte, mit Binten blank und bebr.
Auf Städten ruht der Friede, und in den Hätten SIäd
und in den Herzen Treue und Schlachtenmutb im Blick.
Doch glänzt der weiße Löwe in rothen Feldes Brand, ’
Du biß es, was ich abnte, mein ſchoͤnes Vaterland!
Gegruͤßt du theurer Boden, der mir bie Mutter trägt,
Der mir im tiefen Grunde den todten Water hegt,
Und wo zuerfl die Liebe mir durch die Seele klang,
Der Wehmutb und der Sehnſucht melodifcher Geſang,
Gegräßt, wo Gold in Strömen, im Fels Sronatenbiut,
Im Beil Iebend’ge Yülle, im ‚Herzen Treue rubt.
Trefflich ift auch in folgender Stelle aus tem Gingangsgebicht
zu den Romanzen, bie Karl V. feiern, das Bewußtfein des Deſt⸗
reichers mit aller Biederkeit ter Befinnung ausgeſprochen:
Wohin ich blicke, Leben, fein Schatten doch iſt Tod,
Durch näht’ger Wollen Weben ein belled Morgenrotb.
Und über der Wetterwolke fchwebt Aether, bel und Mar,
Und überm bjinden Volle Vernunft, ber Gonnenaar.
Der Gottheit Yinger braufet hell durch die Harfe Zeit,
Wie ferner Sturmmwind faufet Shoral der Ewigkeit.
Wer wagt ed nachzuhallen ber Harfe Riefenlieb,
" Das wie des Bergſtroms Fallen, wie Donner klingend zieht?
Und doch will ihm Taufchen, und was mein Geiſt erlauſcht,
In meine Darfe raufhen, wenn's auch nur fäufelnd rauſcht.
Wie in dem Liede von ber Schlacht bei Lügen, fo fucht
ſich der Sänger auch in andern Partien der Gefchichte des
Daufes Deſtreich, wo der Glanz äußerer Thaten fehlt oder body
einen falſchen Schimmer mit fidy führt, feine ‚Helden im Kreife
der Häuslichleit, und wo er nicht Größe befingen kann, ba
feiert er die gemüthlichen Seiten ber öftreichifhen Kürften. Die
Kaifer während des fpanifchen Erbfolgelriegs gaben wenig Gtoff,
in Maria Therefia erhebt er das Weib befonders, und ber Reiches
tag zu Prefburg, wo fie mit dem Säugling auf bem Arme
erſcheint, wirft eine Blorie um ihr Haupt. Joſeph II. wird
zu oberflählih als ein Herrſcher hingeftellt, der bas Gute
wollte, aber nicht erlangtes auf echt Öftreichifchem Standpunkte
war er vielmehr als ein folder zu fchildern, ber daran ſchei⸗
terte, ein fremdes Princip der bisherigen Sntwidelung bee hei⸗
matlichen Berbältniffe einzuflößen. Das Nichtdſtreichiſche feis
- ner Natur mußte mehr als ein tragifcher Zwiefpalt, ben er
zwifchen ſich und feiner heimifchen Welt felbft erzeugte, heraus
gehoben werben. Kaifer Franz ift mit Rührung gefeiert; bie
Begeifterung für den jegigen Kronprinzen, Xerbinand V. von
Ungarn, bem bad ganze Werk bebicirt iſt, erfcheint, als nicht
frei und naturgemäß, weniger poetiſch. 152,
— ie
Dee Menſch in allm Zonen der Erde. Bon 3. 9.
gofgban er, Leipzig, Engelmann. 1832. 12.
12 ©r.
Der Menſch ift und bleibt mit Recht ber erfte und wär:
digſte Gegenſtand menfchlicher Forſchung, und es gehört nur zu
den vielen und mannicfaltigen Sonderbarkeiten der Menſchen,
daß fie demnoch alle andere Raturgegenſtaͤnde weit mehr als ſich
ſelbſt erforfcht haben, fo viele treffliche Schriften über den Mens
ſchen auch erſchienen find: Daher if ſelbſt bie Naturgelchichte
des Menſchen noch in ber Kindheit. Denn auch bie Steifebes
ſchreiber richten gewöhnlich mehr ihr Augenmerk auf bie Ber
fhaffenheit der Gegend und deren Erzeugniſſe ala auf den Cha⸗
rakter des Volks und deſſen @itten und Gebraͤuche. Das Lebs
tere if freilich viel ſchwieriger, und fehe wahre fagt Wonftetten,
deffen hierher gehörige Werte (.‚Etudes de l’bomme” urb
„L’homme du midi et du nord ou sur l’infiuence du cli-
mat’) zu den neueften und beften gerechnet werden, barüber
Folgendes: „Die Kunft, den Menſchen zu beobachten, if von
der Kunft der Betrachtung materieller Erfcheinungen ſehr ver⸗
ſchieden. In der Phyſik, in der Ghemie, in der Aftronomie und
in der Mechanik wird man durch Grundfäge geleitet, man darf
fi nur dem Strome überlaffen; das Studium des menſchlichen
Geiſtes aber, von allen Grundfägen noch gänzlich entblößt, gleicht
einem Waſſer, bas Fein bereits unterfuchtes Bett, eine gleiche
Strömung hat.’
Der Verf. des obengenannten Werkchens hat feinen Ge⸗
genftand unter folgende Rubriken gebracht: 1) Polarvoͤlker, 2)
ſchoͤngebildete Bolker (Araber, Perfer, Hindus), 8) mongolis
fhe Völker, 4) Neger von Afrika, 5) die Urvdlfer von Ames
rita, 6) die malatifhen Voͤlker. Da nun ber Zitel bes Bus
ches lautet: „Der Menſch in allen Bonn”, fo ift es auffals
iend, baß bie Europäer und ihre Abkoͤmmlinge in ben anbern
Erdtheilen, und zwar ohne andern Aufſchluß darüber als der zu
fwierigen Unternehmung, fo ganz mit Stillſchweigen übergans
gen worden find, da befonders ber Verf. auch den Ginfluß bes
Klimas aufden Menfchen zeigen wollte. ‚Denn weit entfernt”,
fagt er, „alle Verfchiedengeiten unter ben Menſchen vom Klima
perquleiten, möchte ich doch auch nicht feinen großen Einfluß bes
ftreiten. Gin anderer Mangel biefer Schrift ii, daß bie
Quellen, aus benen ber Verf. feine Voͤlkerkunde fchöpfte, von
ihm nicht angegeben worben finds benn es ift befannt genug,
daß frühere Keifebefchreiber fih.unb ihre Leſer mit ihren Rad
sichten oft getäufcht, daß fie ihre Voͤlker oft beſſer, oft ſchlech⸗
ter, als fie waren, befchrieben haben. Auch kann nur auf kri⸗
tifche Weife bie Menfchens und Völkerkunde wahrhaft bereichert
werben. Da ber Verf. nicht wagte, Europas hochgebilbete Ras
tionen zu ſchildern, fo hätte er wenigſtens Bonftetten’s „Men⸗
fen im Rorden und Süden” im Auszuge geben können, wiewol
ev zu einer eigden Schilderung auch Stoff und Anweifung in
den gebaltreichen Werfen von Jeniſch, ‚Derber, Zfelin, Kant,
Zimmermann, Malte Brun, u. X. gefunden haben würde. End⸗
lich hat der Verf. die Refuitate feiner Schrift dadurch erſchwert,
daß er bie verfchiedenen Gegenftänbe feiner Schilderungen nicht
wie Bonftetten u. A. wiſſenſchaftlich gefchieden und georbnet
bat. Auch möchte wol nidyt Jeder Urtheile, wie bie nachſtehen⸗
den, unterfchreiben: „Die Pferde in Arabien lernen ben Mens
fhen verftehen und ihn lieben, unb es entwideln ſich bei ihnen
Fähigkeiten und Neigungen, von benen weder das wilbe, noch
das von Menſchen mishandelte Pferd etwas weiß‘; „Schöne
und unvergängliche Züge liegen in bes MWraminen moraliſchem
Charakter; bie meiften Leidenfchaften find ibm fremd”; „In
Afrifa finden wir grobe Zetifchdiener neben Anhängern ber edel⸗
ften Religionen”. > 122.
Literarifhe Notizen.
Der vor Kurzem erfchienene „Chansonnier Saint - Simo-
nien” beginnt mit bem Liebe: „La sainte canaille”, und ſchließt
mir Béranger's Lied: „Les fous’.
Der Arzt Brierre de Baismont hat eine intereffante Kleine
Schrift: „Des «tablissemens d’alienes em Italie’‘, aus dem
„Journal compi&mentaire des sciences me&dicales’ einzeln abs
drucken laſſen.
Eliſe Voiart bat k. Kruſe's Roman: „Der Ring”, ins
Franzoͤſiſche überfegt. 9.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshaudlung: FJ. 4. Brodbaus’in Leipzig
—e — ——— ————
— —
\
-
Blätter
für
literariſche Unterhaltung.
Sonnabend,
Geſchichte der Alchemie, von K. Chr. Schmieder.
Beſchluß aus Nr. 81.)
Gegen Anfang des 17. Jahrhunderts war es in
München Gitte, einen trüglichen Goldmacher in vergolde
tem Kleide an einen eifernen, mit Flittergold geſchmuͤckten Gal⸗
gem aufzuhängen, was nachgeahmt ward. Seit diefem Zeit:
raum werden Adepten und Bürgen aufgeführt, die den Un=
glauben ſtutzig machen Eönnen, aber ihre zum Theil fehr ans
ziebende Geſchichte muß im Buche felbit nachgeleſen wer-
den, um dem Ergzaͤhler nicht Unrecht zu thun und die
Veberzeugung des Lefers nicht zu erfchleihen. Da Herr ©.
in feinen ung nicht zu Geficht gekommenen „Allotrien’’ bie
Gefchichte der Rofenkreuzer, deren er hier nur beildufig
und mit Verachtung erwähng umfländlich erörtert haben
wi, fo wiſſen wir nicht, inwiefern ibm gelingen bürfe,
den Vorwurf zu erweifen, dieſe Verbindung fei- ein bios
ßes Poflenfpiel zu muthwiligen Zwecken gewefen. Nico:
lai von ber politifhen, Gmelin von ber wiſſenſchaftlichen
Seite haben diefer fehnell und weit verbreiteten Gefell:
ſchaft ungleich wichtigere Abfichten und Einzelnen ihrer.
Mitglieder ſchaͤtzbare Kenntniſſe und wmübertroffene Fer⸗
tigkeiten zügefchrieben. Kaffen ſich, wie wir glauben, bie
Forſchungen fo ehrenwerther und umterrichteter Männer
nicht umfießen, fo trifft die Roſenkreuzer jener Zeit kein
gerechter Tadel ale ber, daß fie die Bedingungen geiftiger
Ausbildung verfannt und ſich überredet haben, Wiflen:
haft und Wahrheit, die nur durch Deffentlichkeit und
Aufrichtigkeit vor Misverftändniffen und Irrungen ges
fichert werden, auf verborgenem Wege und durch eine
Zifferfprache befördern zu koͤmen, welche von Unwiſſenden
sder Betruͤgern gemisbrämcht wird, wie die angeblichen
Roſenkreuzer eines fpätern Jahrhunderts bewähren.
Der große Conring erwarb ſich um die Mitte des 17. Jahr⸗
hunderts das Verdienſt, die Geſthichte der Alchemie von
ihrem unhaltbaren Wuſt zu reinigen und ihre Anfprüche
auf ein hohes Alterthum kritiſch abzuweiſen. Kaifer Fer⸗
dinand III. ließ eine ungehenere, 300 Dukaten ſchwers
Denkmuͤnze kuͤnſtlichen Goldes praͤgen, das durch einen
eizigen Sean rothen Pulvers hervorgebracht ſein ſollte,
ernanute den Ueberbringer deſſelben, Richthauſen, zum
Freiherrn von Chaos und ungariſchen Kammergrafen und
verſprach dem Verfertiger eine Tonne Goldes, wenn er
ſich kundgeben wolle; aber der war verſtorben oder be⸗
niß man ihm vorgelegt.
durfte fremden Geldes nicht. Um dieſe Zeit mehren ſich
‚die befremdlichen Erzählungen und gewinnen einen Ans
ſtrich der Wahrheit. Der wadere Techniker Glauber
fachte den Stein der Weifen, fand ihr nicht umd fuhr
| fort, deffen Möglichkeit erweifen zu wollen. Werner Rol⸗
fine, Athanaſius Kircher waren ertfchiedene und heftige
Gegner der ÄAlchemie, der Letzte aus dem ihm eigenihlems
lichen Grunde, daß es zwar wirkliche Metallverwandlun⸗
gen gegeben, daß’aber der Teufel folches Blendwerk her⸗
vorgebracht habe, um bie Seelen zu verführen. Der große
Zeibnig ward auf Empfehlung feines Oheims, Pfarrers
in Nürnberg, dort im Jahr 1666 Geheimfchreiber einer
alchemiſchen Gefellſchaft, fand großen Beifall bei ihr, gab
aber dies Gefchäfe Schon nad) Jahresfriſt wieder auf.
Beides ziemte dem hochbegabten Geiſte, der aus jedem
Kieſel Funken zu ziehen verftand. Der erfinderifche Becher
kaborirte ohne Erfolg; Mochof glaubte und erzählte; bee
noch gläubigere Olaus Borrich ftrebte vergebens, durch
Aufwand großer Gelehrſamkeit Conring's gefchichtliche
Gründe zu erfhütten. Spinoza erwähnt einer Metall:
verwandlung im Hung 1666, deren beglaubigtes: Ergebs
Sn Liefem Zeitraum kam die
Kunft zw den Türken, und der audgezeichnete Feldherr
und Staatsmann, Grofmweffie Mohammed Kiuprili, ber
fchäftigte fi mit ihre. Im Tanger gab es eine Menge
eifeiger Alchemiſten. Johann Kunkel von Löwenftern, ein
fehr redlicher und geſchickter Arbeiter, unrechtmäßig vers
folgt und angefeindet, fand den Stein der Weiſen nicht,
ben. er bis im fein 72. Jahr ſuchte, aber die Verferti⸗
gung des Harnphesphors, des Mubingiafes umd manche.
wichtige Entdedungen und ftarb, mit Recht geachtet und
gefhägt, 1702 als Bergrath in Stockhoim. Der große
Boyle glaube, ein ihm won einem Fremden mitgetheiltes
Pulver babe die Kraft bewährt, Gelb zu verunedeiny
Herr ©, beweift aus wiſſenſchaftlichen Geinden, das
Gold fei dadurch nur legirt worden, wenngleich ein böchft
geringer Theil des Pulvers diefe Beränderung bewirkt habe,
Der Freidenker und Geifterfeher Borti fand als Alchemiſt in
Dienften Friedrich III. von Dänemark, warb nach beflen
Tode verabfchiedet und ſtarb 1695 als Sefangener auf der
Engelöburg. Federico Gualdo, räthfelhapt im Leben und im
Tode, hat auch als Alchemift von fich reden gemacht. Paul
Lucas berichtet Unglaubliches aus dem Morgenlande.
l
338
Im 18. Jahrhundert weiß man’ viel von Adepten zu
erzählen, aber fie entziehen fi anhaltender Beobachtung
fo fchlau und bebende, daß felbft der Gerngläubige nie
gewiß tft, ob von Einem oder von Verſchiedenem geredet
wird. Der bekannte Bötticher, dem ein angeblich griechi=
ſcher Bettelmoͤnch, Laskaris, — *X Goldtinctur ge⸗
ſchenkt hatte, machte gluͤckliche Verſuche damit, derent⸗
wegen man ihn in Berlin einſperren wollte und zwei
Jahre hernach, als ſein Vorrath in Dresden erſchoͤpft
war, auf dem Sonnenſtein verhaftete, weil man ihn da⸗
durch zu zwingen hoffte, eine Geſchicklichkeit zu beweiſen,
die er nicht beſaß. Dort war er fo gluͤcklich, 170* das
braune SSaspisporzellan, 1709 das weiße Porzellan zu
erfinden, erhielt zwar des Sabrikgeheimniffes wegen die
Freiheit nicht zurüd, burfte jedoch wieder die ihm fehr
angelegenen Freuden ber gefelligen Tafel genießen, Und
flarb unangefochten und nicht ungeehrt 1719. Andere fol:
ten durch das Ähnliche Geſchenk eines Unbekannten auf
kurze Zeit bereichert worden fein; doch erfegte keines von
ihnen den verfchmendeten Vorrath durch eine gluͤckliche Ent:
deckung. Der berüchtigte Gaetano . Graf Ruggieri hin:
tersing Jahre hindurch Fuͤrſten und Könige und enbigte
zuletzt 1709 im herkoͤmmlichen Flittergold am Galgen zu
Küften. Die Juriſtenfacultaͤt in Leipzig ertheilte 1725
ein Gutachten, das Silbergefchier der gefchiedenen Reiche:
oräfin von Erbach, welches ein ungenannter Adept in
‚Sold verwandelt haben folle, dürfe von ihrem vormaligen
Gatten nicht in Anfprud) genommen, werden. Der große
Stahl begann feine Laufbahn im Glauben an Alchemie
und emdigte fie im Unglauben. Homberg, ber rebliche
Laborant des Herzogs Megenten von Orleans, glaubte,
vermuthete, erhafchte nicht. ‚Der freidenkerifche Xheofoph
Dippel fchroärmte für Alchemie, obgleich ihm eine, nad)
Faber's Schriften, nicht ohne Schein bes Gluͤcks verfer:
tigte Tinctur nie zum zweiten Mal gelingen wollte. Ge⸗
gen bie Mitte des 18. Jahrhunderts erregten einige Franz
zofen großes Aufſehen, was wahrfcheinlich ihren. geiftreis
hen Landsmann, Lenglet du Fresnoy veranlaßte, feine
hoͤchſt unterhaltende und bis dahin umfaflendfte Gefchichte
und Literatur ihrer Kunft zu fchreiben. in 8Sjähriger,
unbeachteter hamburgifcher Sude, Benjamin Jeße, ward
erſt nad) feinem Tode durch feinen chriſtlichen Erben ale
Adept bekannt. Sehfeld, dem Juſti das Wort redet und
der wenigſtens über den Verdacht habfüchtiger Betruͤgerei
erhaben ft, gewann 1748 die Achtung des Kaiſers Kranz,
“der ihn ber firengen Behandlung feiner Gemahlin entzog
und einer ungleich fchonendern unterwarf; aber er wußte‘
auch diefer zu entfliehen und fogar feine Wächter, zwei
bis dahin treue kaiſerliche Diener und Landsleute, als
Begleiter mitzunehmen, ohne daß es möglich geweſen
wäre, die Spur der Fluͤchtlinge aufzufinden. Nicht un:
möglich ift jedoch, daß er der Durchreifende geweſen, wel⸗
cher dem Gehüffen ber halliſchen Waifenhausofficin, Reu⸗
Sing, eine Probe feiner Meifterfchaft gezeigt. Reußing war
deſſen Herr S. mit bankbarer Verehrung erwähnt.
der Schwiegervater des Berg: und Salinenbirectors von
Leyßer, ber biefen Vorfall 1774 zuerft bekannt machte, aus
in
ı
Bud, dem fein Lächerlicher. Titel geſchadet: „Edelgeborene
Jungfrau Alchymie“ (Zübingen 1730), vielleicht vom
Profeffor Kreiling, enthält ſchaͤtzbare Materialien und ift
kritiſchen Gebrauchs. nicht unwuͤrdig Seit 1751 treten
wieder Damen, fogar junge und ſchoͤne, als Adepten auf,
aber ihre Schäfer gewannen nichts dabei.‘ Ein 20jähs
tiger Betrüger, Sohann Georg Stahl, dem es nicht an
wirklichen Kenntniffen, wol aber an Sittlichleit des Be⸗
tragen® gefehlt zu haben fcheint, trieb ſich ſeit 1755 un:
ter verſchiedenen Namen in den Rheingegenden umber,
ward 1761 zweimal in Koblenz verhaftet,. war aber fo
gluͤcklich, zum dritten Mat zu entwifhen, und fo klug,
ſich nicht wieder ertappen zu Laflen. Vielleicht war er nur
das Werkzeug in der Hand abfichtsvoller Raͤnkeſchmiede,
die auch feine in größter Armuth zurüdgebliebene Frau
und Kinder verfchrinden ließen, nachdem fie alle ihre.
Schulden bezahlt hatten. Profeffor Schröder in Marburg
gehört zu den neueren Roſenkreuzern, hat reblich geſam⸗
melt und gefchrieben, aber nichts gefördert. James Price,
Arzt in Guilford, hatte nad) langer Anſtrengung endlich
eine Zinctur des Goldes und Silbers erfunden, aber von
ſchwacher Wirkſamkeit und in ihrer Anfertigung fo nach⸗
teilig für die Gefundheit, daß er davon abfland. Wiß⸗
begierige Freunde vermochten. ihn jedoch, im Krühjahr 1782
zehn Verſuche anzuftellen, die den Vorrath erfchöpften,
den’ er weder erneuern konnte noch wollte. Aber Sir
Joſeph Banks, Kirman, ‚Higgins und andere bedeutende
Chemiter Englands drangemgbeshalb fo heftig und zuletzt
fo ehrenrührig in ihn, daß fein ehrlicher Name dadurdy
gefährdet ward und fogar feine bisherigen Gönner mit
ihm unzufrieden wurden. Als er biefe Zeugen vormali=
ger Ergebniffe im Auguft 1783 zu fich eingeladen hatte
und alle es abfchlugen, ging er durch einen Schlud! Kirſch⸗
lorberwaſſer freitilligen Todes aus der Welt. Er hinter
ließ ein Vermögen von 70,000 und befaß ein jährliches
Einkommen von 800 Thalen. Ein Märtyrer der Eitel⸗
keit ward Price gewiß, aber nicht fowol eigner als frem⸗
der, ded Zunftzwanges, der. nach jedem Aufſchwunge einer
neuen Schulanficht doppelt fühlbar wird. Man glaubte
damals mit der chemiſchen Theorie völlig im Meinen zu
fein, man verzieh keinem Denker, bagegen zu verftoßen;
man belegte Den mit Spott und Beratung, der das
Recht nicht aufgeben mollte, eine abweichende Ueberzeu⸗
gung geltend zu machen, und ber Tiefgekraͤnkte warb fols _
her Zeitgenoſſen uͤberdruͤſig. Was menfchlicher Verſtand
darbietet, fol und darf mit allen ehrenwerthen Waffen
bekaͤmpft werden, welche die Vernunft des Zweiflers aufs
zubieten vermag; iſt aber unwillfürlich. verfchuldeter Irr⸗
thum hinreichend, einen Menfchen feines ehrlichen Na⸗
mens zu berauben, fo hat ihn’ kein Sterblicher je verdient,
noch wird ein folcher ihn jemals verdienen. Es liegt niche
an den fehdelufligen Parteigängern jeglicher Farbe, daß
ihre ſchonungsloſe Unduldſamkeit nicht täglich ſolche Schlachts
opfer hinrafft, und fie fich einftweilen begnügen müflen,
achtungswerthen Leuten das Leben zu verbittern. Sem⸗
ler's alchemiftifche Misgriffe find bekannt. Man behan⸗
beite ben bochverdienten Greis mit zuvortommenber Scho⸗
—
— > — EEE —— —
.
ſcheint unheilbar geblieben zu fein. Hoftath Beireis, der
viel wußte und befaß, und noch mehr zu befigen fcheinen
wollte, fah ed gern, wenn man ihn für einen Adepten
bielt. Unftreitig verdankte er feinen felbft erworbenen Reich»
thum dem Mineralkarmin, welchen er vorzuͤglich fchön
darzuftellen wußte. Wiegleb's „Hiſtoriſch⸗kritiſche Unter:
fuhung der Alchemie” (Weimar 1777, neu aufgelegt 1793)
iſt freilich Beine unbefangene Prüfung, fendern einfeitige
und Seidenfchaftliche Widerlegung des Gegenftandes. Aber
fie erwarb fih das unfchägbare und bleibende Verdienſt,
duch ihre Anfchaulicykeit und unverkennbar herzliche Ueber:
jeugung Unberufene abzuſchrecken und Berufene behut:
fam zu machen. Das gefhah vorzuͤglich damals zur rech⸗
ten Zeit, wo geheime Gefellichaften, die wenigftens dem
Rufe nach nicht geheim bleiben wollten, fehr gef&häftig
waren, fih und Andere zu thörihten Hoffnungen und
gefährlichen Verſuchen zu verführen. Es ift ja nicht zu
beforgen, daß der geiftreiche und unterrichtete Naturfor:
ſcher jemals aufhören ſollte, Erſcheinungen der unerfchöpf:
lichen Natur und Kunft mit aufmerkfamen Augen zu
‚ beobachten, Erfahrungen feiner Vorgänger mit den feini:
gen zu vergleichen, zu berichtigen ober zu beflätigen, und
fogar, wenn «6 fein DBermögen erlaubt, oft mislungene
und verfchriene Arbeiten neuer Prüfung zu unterer:
fen; aber daran ift allerdings gelegen, daB Ungemeihte
fi) und Andere feltener zu Grunde richten. Dazu hat
Wiegleb ohne Zweifel weſentlich beigetragen und das rein
wiffenfchaftliche Anfehen ‚gleichgefinnter Männer feit dem
Ende des 18. Jahrhunderts die alchemiſtiſche Schriftftel-
lerei vom Öffentlihen Buͤchermarkt verſcheucht. Von 1796
— 98 trat freilich fogar im „Reichsanzeiger” eine her:
metifche Geſellſchaft von Zeit zu Zeit mit Fragen hervor,
aber fie hörte zu. fragen auf, als Niemand nach ihr
fragte. Am Schluſſe ftellt der Verf. mit kurzen Worten
die Ergebniſſe feiner Ueberzeugung zufammen. Wir ges
trauen und nicht, fie zu unterfchreiben, aber wir wieder:
boten unfere Erkenntlichkeit für bie Belehrung und Un:
terhaltung feines Iefenswürbigen Werke. 95.
Was darf das deutfche Volk von feinen Landſtaͤnden er:
warten? Bon Wilhelm Schulz. Frankfurt a. M.,
Körner. 1833. 8. 6 Sr.
Herr Dr. Wilhelm Schutz ift als ein rüftiger Vorkaͤmpfer
in den Reihen der Gonftitutionnellen ruͤhmlich befannt. „ MWäh:
rend noch eine Sriminalunterfuhung wegen feiner Schrift:
„Deutſchlands Ginheit durch Nationaltepräfentation”, wie das
Schwert des Damofled über feinem Haupte ſchwebt und nur
deshalb noch nicht herabſank, weil auf die erfolgte Denunciation
deö GSriminalfenats zu Ghlingen in Würtemberg die Behörben
in Darmfladt um tie Frage ber Gompetenz ftreiten und jede
fie von fi abzulehnen ſucht — ein Eonflict, den wahrſcheinlich
der Staatsrath entfcheibet —; während biefer Zeit nimmt er
abermals furdyelos fein tbnendbes Geſchoß zur Hand, aber nicht,
um wie weilend Apollo die medicinifche Peſt in, den Reihen
der Gegner damit einzubürgern,, fondern die moralifche und po:
litifhe daraus zu verfcheuchen.
Alerdings ift die obige Frage jept rine gewidhtige. Denn
339 J
nung, aber die tiefe Verwundung feines Selbſtgefuͤhls
vielleicht noch nie waren ber Gtänbe in Deutſchland gleichzeltig
fo viele verfammelt als grabe jetzt; vielleicht noch nie zählten
fie fo treffliche, wohlbelannte Namen. In Bürtemberg, Kös
. nigreih Sachſen, Hanover und den beiden Helfen tagen fie;
in Baden und Naſſau röthelt bereits ihr junger Tag. Dabei
firalen Namen wie Ubland, Pfizer, Schott, Menzel, Jordan,
Pfeifer, Höpfner, Iaup, von Gagern und viele Andere. Solche
Goufellstionen treffen ‚felten wieder zufausmen, und bie Zeit tft
darnach, ihren Kräften einen Gegenftand, ein Biel zu geben,
Ded Schweißes ber Ebein werth!
Hear Dr. Schulz beginnt feine Schrift mit ben Worten:
„Einfach und Har, wie alles Bedeutende im menfchlichen Leben,
find die Foderungen ter Pflicht und Ehre. Mögen immer in
unferm zerriffenen Vaterlande die SIntereffen taufendfach fich
durchkreuzen; mögen die Anſichten und Wuͤnſche dahin und dort:
pin ſchwanken, ber unverbildete Verftand, der reine Sinn und
a8 zaglofe Herz finden leicht fich zurecht, wenn es barum gilt,
- die naͤchſten Gebote der Pflicht zu erfüllen. Klar und deutlich
liegt auch der Weg vor Augen, welchen die Abgeordneten deut:
flyer Volleftämme unerfchütterlich zu verfolgen haben. Er ift
mit den wenigen inhaltefdyiveren Worten bezeichnet: Thut
Recht und ſcheut Niemand!’
Herr Schulz zeigt ſchann, daß bie firengftie Bewah—
rung und die vollfte Anwendung bes Rechts der Volksvertreter
zugleich bie unverbrüdliche Pflicht berfelben fei. Wohl möge
in ben engern Kreifen des Privatlebens, wenn es um Mein
und. Dein ſich handle, bie Willigkeit walten und alleg Etrenge
zu mildern, alles GSchroffe zu ebenen fuchen; „aber in dem
Bereiche bes, Öffentlichen Lebens ift ben Abgeordneten der Na:
tion zur Vertheidigung gegen jeden verlegenden Angriff ein
fremdes heiliges Gut vertraut.’‘ ,
Der Berf. zeigt nun, wie theilß durch die nach und nach
zerfallenden Formen des Feudalweſens, insbefonbere den mehr vers
einzelten Güter: und Vermoͤgensbeſitz, theild durch die allmä-
lige Berbrängung ber einfachen Handarbeiten durch das Fabrik:
und Manufacturwefen und die fo fchnelle Vervolllommpung des
Maſchinenweſens, theils durch die ftetg zunehmende Bevdlkerung
auch alle Berhältniffe, welche den bürgerlichen Erwerb beruͤh⸗
ren, im Buftande der Auftöfung fi befinden. Aber nicht durch
neue Mojorate, buch Zunftzwang in Gewerben und Handel,
duch Mafchinenzerftörung will er bem gefteuert haben. Das
Medium ber Hülfe findet er bier in ben Ständen. Mehr ald je be:
firitten fich die Intereffen des Landbbaus, ber Gewerbe und bes
Handels. „In der ſtets allgemeiner werbenden Verwirrung ber
Meinungen und Begriffe gibt es faft kein anderes Bindungs⸗
mittel mehr als eine Vollsftimmung, welde von bem frühern
gewohnbeitsmäßigen Bertrauen auf die Weisheit und ben guten
Willen ber Gewalthaber zuerft in bumpfe Bleichgültigfeit und
dann in entfchiebene Unzufriedenheit mit einem Beſtehenden
übergebt,, das in ſich felbft fo geringe Bürgfchaften des Beſtan⸗
bes trägt.” Die Selbſtſucht ber Individuen, überhaupt alle
Sonberinterefien im Intereſſe ber Geſammtheit zu vereinigen,
hält der Verf. für „die hoͤchſte Aufgabe ber Regierungen“ An:
zeichen, daß ſich das äffentliche Mebürfniß mit der öffentlichen
Meinung bereits dahin richte, findet er in ben in- der neueften
Zeit fo zahlreich entftandenen Affociationen für Erreichung ber
mannidhfaltioften Zwecke des menſchlichen Lebens. Nachdem
dann der Berf. in kurzen ſcharfen Zügen entwidelte, was das
deutfche Volk feit 17 Jahren erwarten konnte und nicht erhielt,
nachdem er namentlich im 19. Artikel der Bundesacte „redlich
interpretict das Verſprechen des freien innern Verkehrs” durch
ganz Deutſchland fand, zeigt er, bad dies Verſprechen nidyt er:
fuͤllt ſei, „welcher Art auch die Handelspertraͤge und Handels⸗
vereine zwifden einzelnen Bundesſtaaten find, deren zweibeuti«
gen VWortheil uns vorzurechnen man fo fruchtloſe Mühe ſich
gibt”. Nur in einer von Anfang an gegrünbeten deutſchen
Rationalvertretung,, entgegen den Yürftengefandten, findet ber
Berf. Hier Heil, und dabei gibt er Winke, mie die jegigen
+
x
340
Gtändeverfammlungen auf deren Realrung, namentlich zur
‚Berwirkiihung des erwähnten 19. Artikeis, hinzuwitken ver»
mögen. =
a Gin anderer Abfchnitt zeigt, daß der Sturm ber Ereigniſſe
in den legzten Jahrzehnten, biß zu ben aͤrmſten Staatöbürgern
hinab, taufend Anſichten, Doffnungen, Befuͤrchtungen und Er⸗
wärtungen erzeugt habe, welche fi nur der Par erkannten
Nothwendigkeit; den Geboten einer ſtrengen Gerechtigkeit. unters
werfen. Hierzu komme die Ungleichheit in der Vertheilung der
Abgaben und ber Staatstinnahmen. Alles Dies dringe auf
möglichfle Erſparniß in allen Zweigen des Staatshauchalts.
Mittel hierzu Iägen in ber Herabfeaung ber hoͤhern Befolduns
gen, aldbald ober doch im Fall der Wacanz F einer unvermweilten
VBefoldungsfteuer und üserhaupt einer Beſteuerung aller Derer,
welche feither nit unmittelbar zu ben Staatslaſten beigegogen
worden find. |
Gin. dritter Abfchnitt zeigt, daß es zur höchften Aufgabe
einer gerechten Politit wurde, ben ganzen Staat und alles
Gtaatdleben auf das Vertrauen bes Volles zu gründen. Unums
gängliches Mittel ſei hier möglichfte Deffentlichkeit und diefe
wieder bedingt durch „unverfümmerte Preßfreiheit”. Die Geg⸗
ner biefer Freiheit hätten Wirth, Siebenpfeiffer u. A. felbfk zu
immer entfdiebenerm und heftigerm Kampfe durch ihre Verfol⸗
gungen getrieben "u. ſ. w.
Ein vierter Abfihnitt behandelt bie verſchiedenen Bundet⸗
befchlüffe des vorigen Jahres, infomweit fie die politifdhen reis
heiten bes beutfchen Volles betreffen, alfo namentlich die Mer
ſchluͤſſe des 28. Suni. Bauptfächlih der Wunſch, daß ber Lefer
nicht glaube, mit einem magern Auszuge des hier vollftirömend
Gntwidelten, durch alle gefprengten und gegrabenen Kluͤfte ber
Genſurluͤcken Braufenden habe er genug, daß er vielmehr zum Werts
hen ſelbſt greife, veranlaßt uns, weniger ausführlicher hierüber zu
fein. Das ftändifche Recht der Steuerverweigerung und bie
Bedeutung biefes Rechtes was von ber Zuflimmung ber confli:
tationnellen Bunbestagsgefandten zu ben Bunbestagsdefchläffen
zu balten ſei, befonders bie Gregefe beö zweiten Artitels ber
Beſchluͤſſe (8. 77 — 31); bie Natur bes Unrechts, welches bie
zuſtimmenden conftitutionnellen Minifter begangen (dev in ber
Rote citirte S. 1763 fa. von Feuerbach's „Lehrbuch bes peins
lichen Rechts‘ läßt keinen Zweifel barüber) ; was die Gtände
beshaib gegen fie einzuleiten haben (Berſegung in den Anklage⸗
fand), und daß keinerlei Kuͤckſicht, Leine Bedenklichkeit fie das
von abhalten hürfen, — findet hier feine überzeugenbe und feurige
Begründung. „Mit diefem Gebote des Rechts und der Ehre
flimmt zugleichh das Gebot einer hoͤhern politifcken Klugheit
"überein. Vor allem Andern it es jest, ba es um conflitutions
nelles Sein ober Nichtjein fidy Handelt, die naͤchſte und wich
tigfte Aufgabe der Staͤnde, fi in dem Kampf für die echte
des Wolle der lebendigen und allgemeinen Sheilnahme beffelben
zu verfihdern. Kalt und theilnahmlos aber würbe das Vol zus
fehen, wenn ſich die Stände nur auf langweilig fpigfinbige Er⸗
rungen und Gegenerklaͤrungen über bie Bebeutung ber Bundes»
beſchluͤſſe einlaffen, wenn fie das Unrecht, ſtatt es offen anzu⸗
reifen, nur beſchoͤnigen und bemänteln wollten. Gleichwol bürs
en fie verfichert fein, daß eine halbe Dppofltion nicht weniger
als eine entſchiedene und ganze Oppofltion ihre Auftöfung zur
Kolge haben wird; daß fie in jenem Kalle um fo weniger ihres
eignen Wieberberufung entgegenſehen innen ; und daß es um
fo leichter fallen wird, eine völlig ſervile Kammer zu berufen,
je mehr fie von Anfang an durch ein zweibeutiges unb kraft⸗
lofed Benehmen ihre Popularität verſcherzt haben.’ (S. 84,85.)
Ein fünftere Abfchnitt dringt darauf, daß die conftitutions
nellen Staaten Deutf&lands und in biefen bie Abgeorbneten
felbft die „redliche Bollziehung” bes 13. Artikels der deutfchen
Bundesacte von ben beutfihen abfoluten Staaten verlangen und
bis dahin mit der Einrede bes nicht erfüllten Wertrags alle Jo⸗
berungen derſe!ben zuruͤckweiſen follen. Mittel, bier tächtig unb
eraifttich aufzutreten, finbet fobamın bee Vorf. in bee Errficliuhg
mr allgemein Wollt ung, wilde zugleich noch andere
Bortheile bringe. (S. 37— 88). ot
Der legte Abfchnitt muntert die Stände auf zu feſtem,
ſchwanktvſem Stehen, beſonders in Beruͤckſichtigung ber noch in
ben letzten Yahren gemachten Erfahrung, wie unheildell Gchwan⸗
Ben fei und mit genautser Wezeidnung jener Brfahrungen zus
Bäche von bee legten buisifchen Staͤnbeverſammlung abgeleitets
Der Berf. erwartet, daß bie Foberumgen ber Prehifreibeit und
Bürgergarden oder die Berweigerung des Budgets die Alter:
native der deutſchen Abgeordneten fei. Die rechtlichen Folgen
hiervon feien Bar. Jede Beitvelbung mb Erhebung nicht vers
willigtee Steuern „würde ein wiederholtes Unrecht, ein fortger
fegtex Verfaſſungsbruch“ fein. Aber feib im Falle bes Erhe⸗
bung würden fi Wortheile zeigen; bie Regierungen würben
auf materielle Erleichterungen deuten, bie Staͤnde dem Volke
nicht mehr ats unnuͤte Laſt erfcheinen und, faͤnden Beine mates
riellen Brleichterungen ftett, auch dann fidh newer, ben Volks⸗
freieiten günftige Verhaͤltniſſe ſchuͤrzen. Bei der MWerfchiebene
artigkeit ber Anfichten, bie jest unter ben Sreigefinnten des
Volks herrſchen, könne nur Eins Allen dienen und bie Sache
Allee fördern: „zwar um fein Haarbreit die Linie ihrer Wer
fugniffe zu uͤberſchreiten, aber auch auf ber vollen Behauptung
und Gewährung bes Rechts feft zu beharren, ſelbſt wenn fie
gewiß find, daß bie Aufıöfung der Kammern und ſelbſt die mo⸗
mentane Vernichtung des lesten Scheins ber Berfaflungen bie
unmittelbare Folge iſt“ (&/ 43, 44),
Gewiß fprit dieſe Schrift Viele uͤberzeugend an; aber
felbft die Segner, wenn fie nur einigermaßen vernünftige Geg⸗
ner find, werden der einfachen Großbeit und Wuͤrde ber barin
entwidelten Gedanken und befonterö dem SBeftreben Ehre wis
derfahren Iaffen, ben Faden bed Gewebes ber Zukunft an bie
.
Orgenwart zu verzerren und daran gu reißen.
Begenwart zu fügen, ohne abſichtlich und mit eirbpaberel biefe .
Miscellen.
Staupitz; es fei wahrſcheinlich, daß er in ſeinen letzten Le⸗
dentjahren Siſchof zu Chiemſee geweſen. („Allgemeine Litera⸗
turzeit.“, 1882, ©. 360.) Daß er es aber niemals war, iſt
ewiß, ſ. Hansiz Germ. sacra, Il, 587. Pauli Fisehert
—
heatrum viror. illustrium. Novissimum- Chronicon antiqui
Monasterii ad 8. Petrum Salisburgi. Augustae, 1772, S. 448,
Joannes IV. Stanpitzias abbas 1522, fi. den 28. Dec. 1521
abs Abk.
In Nr. 25 der „Zahrbücher für wiffenfchaftliche Kritik‘ für
1888 wird als ein befonders merkwuͤrdiger Umſtand
die gemütherhebende Art, womit felbft Batholifche Schriftfieller bie
Geſchichte deu Reformation behandelten, 3. B. Wolf, Breyer, We⸗
—— jetbft Zſchokke. Letzterer iſt notoriſcherweiſe ein aus Mag:
eburg gebuͤrtiger Proteſtant, ſowie Breyer, der geborene Wuͤr⸗
temberger; ich habe alle genau und perſoͤnlich gekannt. Wolf, Ver⸗
faſſer der „Geſchichte der Jeſuiten“ und Antijefuit, konnte doch
mol ohne Inconſequenz kein Feind ber Reformation fein. Was
aber von dem Weſtenrleder'ſchen Liberalismus zu halten, daruͤ⸗
ber beliebe man nur feine „Centum theses“ unb überhaupt
fein Stillſtehen oder vielmehr Zurüdtfchreiten feit 25 Jahren zu
betrachten, was auch darüber bie neuelte Eobfchrift des Herrn
Dperconfiftorialpräfldenten von Roth ſagen mag.
Kaspar Eturm befleibete das Amt eines Keichsheroldes ;
wie er aber zu bem Beinamen Zeutichland gekommen, ſei unge
wiß; 8. „Allgemeine Literaturzgeit., 1832, ©. 2351. Ant«
wort: als Reichäherolb, weil alle Herolde Amtsnamen von Lan⸗
dern trugen: 3. B. Ungestand, Dolland, Engelland. 35.
Revdigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagsbandlung: U. A. Brodhaus in Leipzig.
Blätter
für
fiterarifg e Anterpaitn tung,
Sonntag - °
Yeber Reinhart Fuchs im feinen verfchiedenen Geſtal⸗
tungen. :
Dritter und Tegter Artikel. *)
Mit dem 12. Jahrhundert erfchienen verfchiebene neue
Bearbeitungen der alten Maͤhr von bem Fuchs Reinhart.
Eine berfelben haben wir in ben vorhergehenden Artikeln
fhon angeführt und inſoweit, als es bier vergönnt war,
harakterifiet. Dies konnte auch um fo eher gefchehen,
als diefe Ueberarbeitung mit dem Originalgedicht gleiche
Sprache hat. Anders aber flieht e8 mit den andern Bear:
beitungen, welche in die angegebene Zeit fallen. Diefe
find nit nur in verfehledenen Sprachen abgefaßt, fonbern
auh Sinn und Debeutung Mi fi ein anderer. In Lothes
ringen, ber Deimat d ebichtes, war es hinreichend,
wenn die ein perfönliche Satire des alten Gedichtes ver:
alfgemeinert und dies. oder jenes Ereigniß des 12. Jahr⸗
hunderts eingeflochten ward; denn dort mochte ſich die
urfprüngliche Bedeutung des Gedichtes am lebendigſten er:
halten haben. Sin Deutfchland jedoch, wie auch in Frank:
zeih, war zu dieſer Zeit nicht nur Zwentibolk's wuͤſtes
Treiben. gänzlich der Erinnerung des Volkes entſchwunden,
auch ganz anbere Intereſſen waren daſelbſt erregt worden.
So konnte demnach das Gedicht. in feiner alten Bedeu⸗
tung nicht wohl Eingang und Theilnahme finden; dies
war nur möglich, wenn daſſelbe allegorifch, —— wurde.
Dies geſchah, und wie dies in Deutſchland zunaͤchſt &
ſchah, nr in dieſem Artikel der Gegenſtand unferer-
trachtung fein |
Die alsfeanghfifhsen. Bearkeitungen dieſes Staffta moͤ⸗
gen. wir: um fo leichter hier unbeachtet laſſen, als en
raid ein: antführlicker Auszug in dem „Dorgenblatt‘
—— 1081) mitgetheilt ward, Wir fahen, mie non
den. Granzefmn De Fabel yom. Reinhart dazu benugs ward,
der. Damaligen —* tm Leſelben ihr eignes Bildniß gleich⸗
wia im einem Spiegel zu zeigen. Sie brauchten hie Be
ſchichten Reinhart's als Eimfafiwng „Sir. bis —* wel⸗
romans daſelbſt allbekannt geweſen fein, wie aus bes
Anſpielungen Gautier's ven Toinſt hervorgeht, de Mom
mittheilte. Wir wollen hier nun eine Stelle anführen,
weil fie die Geiſtlichen jener Zeit zugleich wit ſchildert.
Gautier fagt part, I, cap. 29 d'un Sarrazia, v. 156:
Lor mostiers tienent ois et sales,
Et ler chambres et lor grant salıs
un Font | lanbroissier, poindre ot portrairg;.
En lor mostiera ne font pas faire
Si tost l’image Notre- Dame,
‘ Com font Isengrim et sa fame,
Les gelines, qui la mort ponent «te.
: „Shre Münfter enthalten Speifefammern ımd Uns
PR und ihre Zimmer und großen Säte laſſen fie
täfein, malen und mit Abbildungen fchmüden; in ih:
ren Muͤnſtern laſſen fie nicht fo oft malen das Bildniß
Unfrer lieben Frau als Iſengrimen und feinen Yunger,
die Hühner, welche die todte (von Reinhart erbiſſene Henne)
begraben.” Die andern Stellen mag man in Mone's
Ausgabe felbft nachlefen, wir wenden uns zu dem mittels
hochdeutſchen Gedicht von dem Fuchs Meinhart aus dem
12. Jahrhundert.
Da wie dies Gedicht aber nur in einer Ueberar⸗
beitung bes 13. Sahrhunderts- befigen, fo haben wir zu
unterfuchen, ob und inwiefern ber Ueberarbeiter dus über:
fommene Werk abaͤnderte. Dürften wir ber Verficherung
dieſes Mannes trauen, fo hätte die Gabel felbft Feine Vers
änderung erfahren, denn te fage am Ende:
.Hie endet dis mawe. Dar bit der Glichsenssre
Er Heiusich getiktet, und lie die reime ihtet ;
Dis ribte sider ein ander man, der ec ein- teil getihr
kan,
Und hät ouch das alsö getän, daz er daz mere hät verlm
Gans rehte, als e2 ouch was.6; an sumeliche rime. sprach
er mb,
den &r dar an. wage gesprochen; ouch hat er abgebrochen
“ein teil, dö der worte was ze vil etc,
Doc dies Geſtaͤndniß verkürge uns faſt ebenfo ſehr,
de man. den Zeitgenoſſen von ihrem Teeiben und * ba der Ueberarbeiter die Zabel feibft zum Theil änderte,
bergıbeiten fuͤr gut. befand, und davon allein bisfte mol
We aflgemseine. omas du remand fm
Frankreich herzuleiten fein, So um 1219. muſſen deſe
nn]
+) Bel. Ar. 22, 28, 52— 54 d. Bi. D. Bed,
’
derm ex. geſteht fowel hinweg als hinzu gethan zu haben.
, feiner Worte zufolge, ein Gedicht von
Heinrich hatte uns
— Grhei 8. 1864). gedichte, und biefe ſcheir
daß fen Man bem des erſten Dichters
* war, eier, wie wir faben, Iſengrim's Unter⸗
a -
gang als Hauptvorwurf fi) genommen hatte. Diefen fins | und ſchließt mit ihm Geſellenſchaft. Ba aber ſucht er
den wir aber in dem Gedichte, wie es jetzt vor uns liegt,
nicht gefchitbert, vielmehr iſt Reinhart's Treuloſigkeit und
Lift die Hauptſache jetzt, und offenbar will das Gedicht
allen Fürften die Lehre geben, daß Munddienern und Ohr⸗
ſchmeichlern nie zu trauen fe. Es bleibe alfo die Frage
umerlediat, ob Heinrich das Gedicht, wie es jegt iſt, dich⸗
tete, oder ob der Ueberarbeiter nicht nur bie Sprache,
fondern auch die Bedeutung und dm Sinn des Gedichtes
änderte. Als einen Beweis, daß ber Weberarbeiter nur
bie Sprache. änderte, dürften wir anfehen, wenn erwieſen
würde, daß folgende im Bebicht vorkommende Mamen
Derfonen bed 12. Jahrhunderts angehörten. Erwaͤhnt
wird 3.8. ein ber Walter von Horburg, einer von Wern⸗
burg, Meifter Bendin vom Salerno, ein Arzt. Richt
minder wäre e8 von Belang, wenn wir wüßten, baf bie
im Gedichte erwaͤhnte Belehnung des Elefanten mit Boͤh⸗
men von dem Dichter ſelbſt herrührte, denn dann wuͤrde
wahrfcheinlih auf die Belehnung Wladislaus II. durch
Friedrich Barbaroſſa angefpielt fein. Da bie aber kaum
zu entfcheiden iſt, bevor nicht bes Dichters Werk in fel:
ner Reinheit aufgefunden wird, fo laſſen wir alle weitere
Unterfuhung bier fallen, und wenden uns zu dem nur
wenig befannten Inhalte des Gedichtes felbft.
Das Gedicht zerfällt eigentlich in zwei Abtheilungen,
beren erfte die Thaten Reinhart's vor dem Hoftage, und
deren andere Reinhart's Aufführung auf dem Hoftage ſchil⸗
dest. Mir wählen zugleih auch die Eintheilung in Fa:
bein, weil bied die Vergleihung mit dem urfprünglichen
- Gedichte erleichtert.
Erfter Theil. Reinhart's Thaten vor bem
Hoftage.
Die erften vier Fabeln geben und mehr einen Begriff
von Reinhart's Xreulofigkeit als von feiner Lift, weil er
in ihnen immer überliftet wird. ° Der Inhalt derfelben ift
folgender. Zabel 1. Reinhart fucht den Hahn Schante-
Mär (chanteclair) umzubringen, es mislingt jedoch, unb
er geht weiter. Zabel 2. Reinhart ficht eine Meiſe und
trachtet fie zu erhafchen, indem er ihr, als feiner Gevat⸗
terin, einen Kuß bietetz allein bie Meife wirft ihm ein
bischen Miſt an ben Rachen, nachdem fie ihm zuvor die
Augen ſchließen ließ. Zabel 3 ift die befannte von dem
Raben mit dem Käfe, jedoch inſofern abgeändert, daß
Reinhart ihm den Kaͤſe nur entlockt, um ihn, da der
Rabe denſelben wieder holen ſoll, ſelbſt zu fangen; es
mislingt jedoch gleichfalls, und Reinhart muß vor den
Hunden die Flucht ergreifen. Dieſe drei Fabeln ſtehen
demnach für bie zweite Fabel des dritten Buches im ur⸗
ſpruͤnglichen Gedichte. — Fabel 4. Darauf kommt Nein:
hart zu feinem Neffen, dem Kater Dieprecht und fucht
biefen in einem Wettlaufe in eine Kalle zu jagen, wird
aber felbft von Dieprecht hineingefloßen. Der bazu kom⸗
mende Jäger will Reinharten todtſchlagen, zerſchlaͤgt jedoch
Die Falle, ſodaß Reinhart entkommt. Diele Zabel iſt
fihtbar eine Veränderung von Zabel 3, Buch 4: Iſen⸗
grim's Schwur, wo Reinhart den Iſengrim In die Halle
being. — Babet 5. Meinhert findet dem MBolf Hengeim
Iſengrim's Weib, Herfante, zu verführen, während ihr
Gemahl abweiend if. Diefe Fabel kennt ber urſpruͤng⸗
liche Reinhart Fuchs gar nicht, Ob ſich aber nicht viel⸗
leicht das Verhaͤltniß Reginard's zu Dda, welches wie
früher andeuteten, in andern Sagen fortgepflanzgt haben
könnte? — Kabel 6. Iſengrim kommt ohne Beute nad -
Haufe und klagt über Hunger. Reinhart verfchafft ihm
und feiner Familie durch Lift eine fette Wache; weil aber
Hengrim ihm davon nichts übrig läßt, zieht er bemfelben,
defien Weibe und Kindern Schläge zu, Indem er fie Alte
in ein Klofter führt und ihnen dafelbfi Wein zu trinken
verſchafft. Der Inhalt dieſer Fabel ſtimmt im Ban:
gen mit Buch 1, Zabel 1: Reinhart's Gefahr und Rets
tung, und mit Bud 3, Zabel 5: Iſengrim's Abſchied
vom Klofter, überein. Reinhart verfhaffte Hier jedoch die
Bache nicht, um Verzeihung zu erhalten, auch ift bier
von Iſengrim's Moͤncherei keine Rede. — Gabel 7. Der
‚gefchlagene Iſengrim beklagt fih und fein Weib und
feine Kinder. Da kommt Kunin (Kaninchen?) und. fagt .
ihm von feines Weibes Untreue, wodurch ein Zwift zwi:
fhen Wolf und Wölfin entfieht. Herſante leugnet aber
allen Umgang mit Reinhart. Das urfprüngliche Gedicht
kennt diefe Fabel nicht. — Zabel 8. Heinhart hat fich
in .feine Burg zurückgezogen, weil er Iſengrim's Zorn
fürchtet, Ddiefer kommt hungrig zu ihm, und Reinhart
betirthet ihn mit gebratenen Aalen und macht ihn zum
Mönche, wodurch fie verfähnt werden. Drauf folgt Iſen⸗
grim's Fiſchfang, model er feinen Schwanz verliert, den
ihm em Ritter, Birtin, abhaut. Während Iſengrim
Siehe fängt, geht Reinhart in einen Kiofterhof, fieht in
einem Brunnen fein Bild, und dies für feine Frau hal⸗
tend, fpringt er hinein. Bald darauf kommt Iſengrim,
den Reinhart bewegt, in den andern Eimer zu fleigm.
Dadurch kommt Reinhart aus der Haft und geht fort,
den Wolf verhoͤhnend. Da nun bie Mönche kommen,
Waſſer zu Holm, finden fie den Molf und zerfchlagen
ihn tüchtig, bedauern aber darauf, einen Mönch geſchla⸗
gen zu haben. Diefe Fabel entſpricht hauptfählih Buch
3, Babel 3: Iſengrim's Einkleidung ale Minh, und
Bub 1, Fabel 2: Iſengrim's Fiſchfang. Der letztere
Theil iſt jedoch dem alten Gedicht fremd. — Zabel 9.
Iſengrim entlommt und klagt dem Luchſe fein Schickſal
und Reinhart's Kalfchheit, droht Meinharten und will ſo⸗
glei ihn belagern. Der Luchs raͤth jedoch zum Frieden
und Iſengrim willigt in einen Tag, worauf Reinhart
feine Unſchuld auf die Zähne bes Hundes Reize beſchwoͤ⸗
ven fol. Reinhart aber merkt die Halle und entfliche
von dem Tage. Iſengrim und SDerfante fanımt ihrem
Kindern verfolgen ihn, Allen voraus aber eilt Herſante.
Da lodt fie Reinhart in feine Höhle und fchändet fie
vor Iſengrim's Augen. Diefe Gabel entfpricht im Aus⸗
gange ber vierten bes dritten Buches, Reinhart's Zwi⸗
——ã Alles Vorhergehende jedoch findet man nicht in
m
Dies find bie Thaten Reinhart's vor bem Hoftage.
Wir kommen jegt zum
U
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- ‚
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BZweiten Thell. Reinhart's Thaten auf bem
Hoftage.
Alles bis jetzt Erzählte war in einem allgemeinen
Landfrieden gefchehen. Der König ber Thiere, Ber Loͤwe
VWrevel, beginnt die zehnte Fabel, kam einft zu einem
Ameifenhaufen, weicher ihn nicht als Herrn erfennen
wollte. Im Born verwäftet er ihn. Um dies zu rächen,
fuchte ber Ameiſenkoͤnig ben Löwen auf unb [prang ihm
ins Ohr, wovon biefer fehr erkrankte und aus Furcht
vor des Himmels Strafe einen Lanbfrieven verkündete.
Bald darauf hält Vrevel Hoflager und Gericht, wobei
die Thiere ſich verfammeln. Iſengrim klagt Reinharten
an, gegen welchen auch der Baͤr und der Hirſch ſpre⸗
chen. Reinhart war nicht zugegen; Olbente von Tuſche⸗
lan wendet deshalb ein, man Lönne ihn nicht verurthei⸗
Ien, und fo wird ein zweiter Gerichtötag beflimmt. Indeß
kommen Schantellär und Frau Pinte mit der Leiche ih
ver Tochter, welche Reinhart erbiffen und bringen ihre
Klage an. Der König iſt fehr erzuͤrnt und laͤßt die
Todte feierlih begraben. Der alte Reinhart kennt
diefe Zabel nit. — Kabel 11. Der Hoflaplan, Brun
der Bär, wird geſchikt, Meinharten vorzuladen. Rein⸗
hart aber führt ihn zu dem bekannten Honigbaum.
Darauf wird Dieprecht, ber Kater, gefenbet, welchen
jedoch Reinhart in eine für ihn felbft gelegte Falle bringt.
Endlidy geht Krimel, der Dachs, und biefem folgt Rein:
hart nady Hofe. Alte diefe Vorladungen und Abfertiguns
gen der Boten kennt das alte Lateinifche Gedicht nicht.
— Fabel 12. Reinhart hatte den Ameiſenkoͤnig belauſcht
und kannte demnach des Löwen Krankheit. Er geht als
Arzt näch Hofe, und obgleich ſich die meiflen Anmefenden
gegen ihn erheben, gewinnt er doch des Königs Huld, in⸗
dem er verfpricht, feine Krankheit zu heilen. Als Arznei:
mittel raͤth er dem Könige Körpertheile feiner Feinde,
und der König befolgt diefen Rath auf das genaufte.
"Darauf treibt Reinhart die Amelfe aus dem Ohr bes Koͤ⸗
nige und ftellt ihn ber. Der König ſchenkt ihm. feine
Onabe, und auf Reinhart’s Bitte, defien Freunden, dem
Elefanten ein Königreich und ber Olbente eine Abtei.
Beiden aber fchlägt die Befignahme fehl; auch fie hatte
Reinhart gehöhnt. Endlich braut Reinhart den? Könige
einen Gifttrant, woran biefer flirbt. Reinhart war aber
entflohen und hatte Krimel’n, feinen Neffen, mitgenommen,
fobatd. der König getrunken hatte, und vergeblich bereute
dieſer, dem Falſchen getraut zu haben. Der Inhalt
diefee Fabel findet fih auch nur zum Theil im alten Ge:
dichte, Buch 2, Zabel 1. — Dies iſt ber Inhalt bes
mittelhochbeutfchen Gedichts von Reinhart Fuchs.
So ſehr bie bis jegt ihrem Inhalte nach angeführten
Gedichte voneinander abweichen, darin ftimmen fie doch
überein, daß in beiden buch Reinhart's Schlauheit ein
König umlommt; fie haben demnach, tragifchen Ausgang.
Wie verfchieden übrigens bie Art und ber Zweck ber beis
ben Gedichte ſei, wird durch Wergleichung miteinander jest
leicht gefunden werben. Ein ganz anderer Reinhart hans
beit in dem mittelhochbeutfchen Bebichte als in dem la⸗
teiniſchen. Im erſtern iſt er ein wahrer Fuchs, deffen
Hauptcharakter Liſt und —ã iſt. Er handelt
überall faſt wie dee ungetreue Slidiche der deutſchen Hel⸗
denſage, welcher ſich gegen Ermenrich nur getreu ſtellt, m
deſto ſicherer ihn zu verderben. Aber er iſt noch ſchlim⸗
mer, denn er iſt nicht wie Sibiche beleidigt und verbrei⸗
tet Tod und Verderben gleichſam nur, weil es ſeiner Na⸗
tur angemeſſen iſt. Gleichguͤltig iſt ihm, wen er trifft,
denn er betrachtet ſich als Aller Feind, daher er auch Alle,
bie für ihn ſprachen, undankbar behandelt und zu Scha⸗
ben bringt. Das mittelhochdeutfche Gedicht iſt demnach
gleihfam eine Warnungstafel an alle Fürften, wohl auf:
zumerfen, wen fie trauen. Deshalb ift e8 auch ducchaus
ernft gehalten, und man findet nirgend bie feine Satire,
die mit Seide ummidelte Geißel, welche im lateinifchen
Sedichte fcheinbar nur zum Scherz, aber doch treffend
geſchwungen wird. ®
Von dem mittelhochbeutfhen wie von bem lateinis
[hen Gedichte weicht des hollaͤndiſche Reinhart und ſaſſi⸗
[he Reineke ab. Letzterer verhält fich zu erflerm etwa
wie das Wert bes erften Weberarbeiters zur Lateinifchen
Urſchrift. Es iſt bald wörtlich uͤberſetzt, bald. aber auch
durch ſcharfe Satire und froͤhlichen Spott erweitert. Hier
träge die Fabel mehr das Anſehen eines Luſtſpiels, umb
Reinhart erhebt fi duch Lift und Trug endlich zum
Kanzler des Reiche. Augenſcheinlich iſt diefes Gedicht ein
getreues Bild der Welt im 14. und 15. Jahrhundert, faft
in bdemfelben Verhaͤltniſſe, wie bie romans du renard.
In diefem ‚Zeitraum mar die Macht des Kaifers und bie
Obergewalt des Papftes fo dahingefchwunden, baf die groͤ⸗
Bern Lehnsträger des Meiches als felbitändige Fürften im:
mer mehr und mehr fich entwideln konnten, Das früher
Altes beftimmende Feudalweſen, die frühere Alles leitende
Hierarchie war gealtert und bem Kalfer wie dem Papſte
nur dee Schein einer Macht nachgelafien worden Da:
ber iſt die Unterwerfung ber Thiere unter ihren König,
ben Löwen, im Gebichte nur eine feheinbare, umb indem
jebes dem Könige Gehorſam gelobt, verfpricht jebes auch
ſich ſelbſt, das gegebene DVerfprechen bei dem erften Reize
bazu ohne Weiteres zu brechen... Ein gleiches Verhaͤltniß
findet zwifchen dem Papfte und feinen Gardindien ftatt,
wie das Gericht ausführlich ſchildert. Es iſt nicht zu
leugnen, daß dieſer „Reineke Fuchs“, ungeachtet er ſeinen
einzelnen Fabeln nach dem mittelhochdeutſchen beiwei⸗
tem naͤher ſteht, mit dem urſpruͤnglich lateiniſchen Rein⸗
hart darin eine große Aehnlichkeit hat, daß in beiden die
Vaſallen willkuͤrlich handeln und ihr Gehorſam gegen die
Krone nur ein vorgefpiegelter iſt. Allein der Unterſchied
findet dabei flatt und iſt fehe zu beachten, daß die
Schwäche des Könige im alten Gedichte dadurch bedingt
wird, daß es dem König nur noch nicht gelungen iſt, bie
von Alters ber freien Großen feiner Macht zu unterwers
fen, und daß denmach die Eigenmächtigkeit "und der Wi⸗
derſtand der Großen gewiffermaßen als rechtlich begruͤndet
erfheint. Das Gegentheil von biefem aber liegt im Rei:
nefe. Hier fehen vote bie Abſicht der Kürften, ſich frei
von ben bisher getragenen Banden zu machen, daher alle
ſcheinbare Unterwerfung nur komiſche Wirkung hervorbringt.
)
f
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J
e
N
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gi
H
f
EIER
Pi
|
!
Merlwuͤrdtg bleibe e6 aber, daß bi
feibfkindige Bearbeitung des Stoffes wiederum bie
GEintheitung in vier Bücher zeigt, weiche. nur an dem als
duchs hawen
Seellen wir hier nun ſch das Ergebniß unſerer
Bergleichung zuſammm, ſo ſehen wir im aͤlteſten Gedichte
den Karftpf des Königs gefchlidert, den er mit feinem Va⸗
fallen führt, um feine Macht zu begründen. Dee Dichs
ter ſteht auf Selten bee Wafalln. Im mittelhochdeutſchen
Gedichte ſehen wir den im Beſitz der Macht geiftig = ſchwa⸗
chen Rönig, welcher durch die Schlauheit treulofer Raͤthe
feinen Unteogang findet. Der Dichter flieht auf Seiten
des Könige. Im faflifchen Reineke endlich erkennen wie
das Streben der einzelnen Vaſallen zur Selbſtaͤndigkeit
und, da jeder nur für fich ſelbſt folgt, die Feindſchaft eis
nes jeden gegen alle. Geiflige Regſamkeit und Gchlaus
heit Bringt es natürlich babei am weiteften und ber Koͤ⸗
nig muß, um nur noch den Schein ber Macht zu vetten,
fi) unbedingt in bie Hände der Verfchlagenheit geben,
&
&
i
Is
J
*
"welche ſich uͤberall als Sieter zeigte. Der Dichter ſteht
Aber beiden Parteien. Laͤßt ſich der Bang der deutſchen
— bis zum Jahr 1500 kuͤrzer und treffender dar⸗
ſtellen
FR jeboch nur theilweis —— Fortſetung des
„Reineke“ iſt dee „Froſchmaͤufeler“ von: Rollenhagen; ein
dickes Buch fhe ben Beinen Zeitraum bee Reformation.
Wer jegt den „Reinhart Fuchs⸗ forefegen wollte, wuͤrde ei⸗
nen andern Weg einzuſchlagen haben, dann aber auch
des Beifaus ber Welt verfichert fein dürfen:
Ludwig Ettmätten.
Romanenliteratur
1. Rovellenkeanz beutfiger Schriſtſteller. GErſter Bomb, Das
Hans Eoligny. Hiſtoriſche Novelle aus ber. zweiten Hälfte des
6. Jahrhunderts von Ir. Klusmann ABweiter Bank.
Die Wahrfagerin. Novelle, aus dem Leben gegriffen vom
Kr. Klusmann — und: Maria Kulm. oorifhe de Ergählung
a egensburg, Reitmayr. 188
Ir,
ne erſten Novelle gebätrt der Name mit Unrecht, ber
ber n Mebiei noch etwas Nenes zu
erfahren, it kaum —— m feine vielen Vorgaͤnger nicht
auszufchreiben, hat unfer Verf, den Ausweg. getroffen, weder
ein Charakters noch ein Zeit 8 — Bar den, ſondern bios
die Thatfachen mit einigem ſchwachen — — Er⸗
findung genannt, und den nöthigen- 2 unnöthig rtem in
Erzaͤhlungs⸗ und Geſpraͤ — *113 ühse
Redigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagähandlung : F. A. Brodpaus in Reipzig.
bie Sulvialität bee a is den ſogenancten B
5* a Hart mi einer. Kritiker —— *
* ausbehuen und bie ganze zufasnt dee Bayer
fogırin, nach ber fie ſich venad, Ai meet dahin verwuͤnſchen,
wo ſie damals war — auf ben Blockkbberg. — Das beſungene
und gefungene „Maria Kulm’ hätte der Berf. ruhen taffen
Pre —— einem wahrhaften Ecken gelangt es dutch dieſe Dar
Die graue Nonne au Giemescca Grah. Ben Shazs
Iotte von Blümer, Zweitruͤcken, Mitt... 1282. 14,
3. Die Fehde ber Gegenkoͤnige (kudwig's von Baiern und Frieb⸗
ride 8 hs von Sn Bon Derfelben. Zweibruͤcken, Ritter.
* graue Nonne am Grabe der bekannten Dreisfüfterin
Stemence Ifaure von Zouloufe ift Saligmy's Eufeltochter, die
katholiſch wird und ihre Vebenbuhlerin mit. dem Geliebten ver⸗
eint. Die hiſtoriſchen Geſtalten haben mehr Portraitaͤhnlichkeit,
uͤberhaupt beſtimmtere Umriſſe als in der Novelle, welche Co⸗
ligny's Namen an der Stirn trägt. Bei alledem find fie hier
bios binbende Glieder, welche den Schickſalsgang ber Liebenden
bebingen, fördern, hemmen, bis biefe. vielen Faͤhrlichkeiten
in. den Hafen ehelichen Gluͤcks einlaufen,
Undeutliher find bie Züge ber Könige und ihrer Gewalti⸗
gen in der zweiten Erzaͤhlung berfelben ef. » bie nicht ohne
Zalent und Beruf ſich ben fchriftffellernden u raum anreiht. Die
„Romme” gibt uns ein Tlares Bird von den fanatifchen Umtrie⸗
ben jener Zeit in ich, den Werfolgungen ber Hugenotten,
umb floͤßt uns Achtung für Goligay’s großartige Erſcheinung
ein. Die vaterlänbifchen Helden dagegen find nur in einem
ſchwachen Rebelbilbe ab Wr Be das uns für fie und bie Ges
ſchichte ihrer Sage ee Itig läßt, unb bie Hanze Aufmerb
ſamkeit auf das kuͤn —52 und geloͤſte Geſchick., ber
reiz enden — — teen De Landshut lenkt, die fie
ſammt Stamm⸗ und Wahlverwanbten. uns Lieb und werth
macht und Spannung und. Theilnahme bis zum letzten Blatt
bes Buchs thaͤtig in und erhaͤlt.
4 Bilder aus bem Leben. Bon Iheobor. Rein. Meißen,
Klinkicht und Sohn. 1838. 8. 1 Thlr.
Vier Erzählungen mit biverfen Rutanorabungen. In Rel
und 2 wich das ſtille Verdienſt anerkannt u an te weis
ches ſtille Berbienft wicht aus: ber Art Miaͤgt,
aber fehr langweilig ifl. Nx..&: empfiehlt dns; Bisbenden, 53
eher ſich. mit einem Andern zu verheirathen, beper fie auch w
lich den Todtenſchein vom fernen Geliebten bat; „iieigenfals
droht ie 2 „ja der bittere Tod. Nr. 4 legt augen⸗
Augen des Wartens darz weil deu Held dies lernte,
—— — Schoͤne als Witwe, reichen Erſat in ihren
Beſit fuͤr die wenigen Jahre der ntbehrung finde. 12.
Biterarifge Anzeige,
- Bei mir iſt foeben erſchienen unb durch alfe Buhgendlups
am zu. beziehen:
2 (Sohannet), Dias: Leben bed. koaͤnigl. preufi
Stantsmminiflech. Frieder ich Ferdinand en
der Reichs⸗Burggrafen. und —— ie Do hua⸗
a a Dis, 5 Geh. 4
etpuig,
XXX
Blätter
für
literarifhe Unterhaltung
Montag,
nn —
mn en nn nn
Holitifhe und literarifhe Gegenwart.
Faſt bin ich auf die Meinung gelommen, als ob ber
Grundſatz ber Homdopathie, daß homogen wirkende Mits
tel am leichteften den Erfolg herbeiführten, welchen man
fonft nur den dem Uebel direct entgegenwirkenden Arzneien
zufchrieb, ſich in unfern Zeiten auch auf politifhe Schrifz
ten ausdehnen laffe; denn ich kann nicht leugnen, daß
ih nad Leſung diverfer deutfcher liberaler Schriften, .geärs
gert durch die barin herrfchende Taktloſigkeit und den
Mangel an Kenntniß der praktiſchen Berhältniffe und,
was noch ſchlimmer ift, gelangweilt durch den fchleppen-
den Styl und affectirte Phrafen, öfters eine ganz unges
wöhnliche Neigung für das abfolute Princip empfand,
wie denn überhaupt das Erleiden von großem Ungemach,
3. B. Hungersnoth in phofifcher, Langweile in pfpchifcher
Dinfiht, wol den beften Menfhen vom Pfab der Tugend
zu verloden vermag. Indeſſen bedurfte es alsdann nur
eines Blicks in irgend ein beliebiges, die Sache des Ab:
folutismus vertheibigende® Blatt, um die liberale Idee
in dem vollen Glanz und aller Herrlichkeit ihrer Erfcheis
nunz aus dem Mebel emportauchen zu ſehen, mit dem
ihre ungeſchickten Vertheidiger fie umgeben hatten; von
allen dergleichen Werken kam jeboch keines dem bisher
vom Dr. Zarde in Berlin verfaßten, gegenwärtig vom
Major von Streit fortgefegten „Wochenblatt an Effect
gleih, und. ich möchte diefem Blatt unter allen gegen
den Despetismus und die Ariftofgatie gerichteten Schrifs
ten in Bezug auf Wirkſamkeit den erften Play einräus
men, denn jeder nur einigermaßen Unbefangene muß fübs
len, wie unendlich tief ein Princip gefunten fet, wenn es
auf ſolche Art ſich vertheibigen läßt. Webrigens wirb «6
für diejenigen Liberalen, deren Rechtsphiloſophie die Steafe
nicht als die Ausgleichung vor dem Mechtöprincip anfieht,
fondern als ein Mittel zur Abſchreckung betrachtet, nicht
unerfrenlich fein, zu erfahren, daß der bisherige Verfaſſer
jenes berüchtigten Blatts, der Dr. erde, nachdem er
Alles, was Hohes und Edles in dem Menſchen lebt, pro:
fanirt, nachdem er jedes fchöne, dem Licht zugewendete
Streben angefeindet, dagegen Die Grauſamkeiten, weiche bie
Regenten von Liffaben und‘ Modena verübten, belobt, bie
Selbſtſucht der englifchen Ariſtokratie erhoben u. f. w., ger
genwärtig wach: Abſchwoͤrung feiner Religien in die durch
den Ted Yon Adam Müller — nicht des ehrlichen alber⸗
25. März 1833.
nen Propheten, fonbern des argliftigen, verfchmigten Hof⸗
raths und verfappten Jeſuiten — erledigte, bisher unbes
fegt gebliebene Renegatenftelle foͤrmlich eingefegt fei. Gin
ſolcher Lohn, eine ſolche ethifhe Entwürdigung kann wol
ihres Eindruds auf die große Maffe der fervilen Partei,
d. b. auf Diejenigen, welche ohne eigne Ueberzeugung auß
angeborener Apathie und angelerntem leibenden Gehosfam
ed bequem fanden, einem Führer zu folgen, welcher ges
dankenloſe Paffivität als die ber Gottheit befonderg wohls
gefällige Eigenfchaft prieß, nicht ganz verfehlen, denn felbft
biefe werben doch etwas überrafcht fein und flugen, wenn
fle den finftern Abgrund fich öffnen fehen, in ben ihr
Korpphäus ploͤtzlich hinabſank. Daher glaube ich ſowol
das Avancement des Dr. Zarde als die Fortfegung bes
bisher von ihm verfaßten „Wochenblatts” mit Beibehals
tung ber bisherigen Tendenz unter die erfreulichen Ereig⸗
niffe in politifcher und Literarifcher Dinfiht rechnen zu
bürfen.
Da unfere Blicke jegt nothwendig häufig auf Frank⸗
reich gerichtet find, fo muß es um fo mehr auffallen, daß
viele deutfche Liberale Schriftfteller fo wenig den innerm
Geiſt diefes Landes ſtudirt haben, die enorme Verfchiebens
beit der franzöfifchen und beutfhen Nationalität oft
fo ganz verkennen, Frankreich haͤufig als ein ins Franzoͤ⸗
ſiſche überfegtes Deutfchland betrachten und dadurch nicht
felten zu Behauptungen über dieſes Land veranlaßt wer:
den, welche der dort berrichenden Anficht ganz zuwider
find. Hierdurch wird um fo mache Unklarheit verbreitet, als
die fervilen Blätter fich alle mögliche Mühe geben, Frank⸗
reich als ein wegen Abſetzung des Iegitimen Karl X,
durch göttlichen Zorn zu zeitlichem Elend und ewiger Ver⸗
bammmiß geweihtes, gleich Aegypten buch alle erbenkliche
Zandplagen, wie fie die Phantafie der juͤdiſchen Mythe
erdachte, gemarterte® Land zu fchildern. Es ſcheint mir
daher der gegemmärtige Moment, wo zwar fowol in Eng:
land als im Dften Europas viel Großes fich vorbersitet,
body aber für uns eine augenblidiiche Ruhe berrfcht, mit:
bin Zeit zur leidenfchaftslofen Contemplation gegeben ift,
vorzugsweiſe geeignet, das Zerrain zu flubiren, wo kuͤnf⸗
tige Bewegungen unfere Aufmerſamkeit befchäftigen mer
ben, und befonders die ‚Anfichten über Frankreich zu bes
richtigen, um in biefem Lande weder die Anakchie und
Verworrenheit zu fehen, in der es die Servilen uns fehl
[4
dern, noch daſſelbe als ein zu hoffendes Eldorado der Frei⸗
heit zu betrachten, als welches es die Phantaſie der Li⸗
beralen ausmalt. In dieſer und mehrfacher Hinſicht moͤchte
ic eine neuerlich erſchienene Schrift:
1. Sranzöfifche Zuflände von H. Heine. Hambutg, Hoff:
mann und Campe. 1833. 8. 2 Xhlr.
befonders empfehlen, deren DBerfaffer zu bekannt’ ift, ale
daß über feine liberalen Anfichten, fogar ziemlich revolu⸗
tionnatren Wünfche der geringfle Zweifel obmwalten koͤnnte.
Obgleich derfelbe, in Paris lebend und Umgeſtaltungen
in Deutfchland erhartend, offenbar mehr geneigt fein
mußte, Frankreich zu idealiſiren als zu verkleinern, fo faßt
derfelbe das innere Leben Frankreich doch mit einer Rich:
tigkeit auf, daß man feine Darftellungen als ein geiftiges
Panorama bed franzöfifhen Lebens betrachten kann. Es
find einzelne Briefe, hervorgerufen durch ben Eindrud dee
Moments, verfaßt mie Geiſt, Humor und oft tiefer Iro⸗
nie, roelche das tändelnde, aufbraufende, fnconfequente, zu:
gleich aber duch eine Art von praktiſchem Inſtinkt auf
heftimmte. Punkte mit überrafchender Befonnenheit gerich:
tete” franzoͤſiſche Leben, verfchiedenartig modificirt in den
Salons, auf der Boͤrſe, im gewoͤhnlichen Verkehr, mit
kecken Pinfelftrichen abbilden und, einzelne zu polemifche
Stellen abgerechnet, einen erfreulichen Eindruck zuruͤcklaſ⸗
fen. Einem Frescogemaͤlde möchte ich biefe Briefe ver:
gleichen, welches ber ‚talentvolle Kuͤnſtler unter den ge:
mifchten Gefühlen von mwehmüthiger Täufhung und iro⸗
nifhem Hohn verfaßte;z fie erinnerten mich an ein altes
Phantafiegemälde, welches neckende Gnomen und fehaden:
frohe Alraͤunchen im Vordergrund umgeben, während ernſt⸗
mahnende Genien aus dem Hintergrund emporflcigen.
Die etwas zu revolutionnafre, daher aud) wegen ber
vielen Cenſurlucken einem ſchwarz in weiß geftreiften Zebra
nicht unaͤhnliche Vorrede fhildert die Werfchiedenheit bes
Verhättniffes der liberalen Idee gegen Deflreich, welches
ftetg ihr offener, aber ehrlicher Feind mar, und gegen
Preußen, welches ihr eine dem Gefühl gebrochener Freund:
fchaft ähnliche Empfindung einflöße. Leider iſt viel Wah⸗
es an biefer traurigen Bemerkung.
Oeſtreich, ein Bild des verfleinerten Mittelalters, ift
weder in religiöfer noch politifcher Hinfiche irgend einer
Reformation zugänglich gewefen: nie wich es von dem
firengen Katholicismus; nie milberte es die Formen der
flarren Ariflofratie; nie, die kurze Zeit von Joſeph II.,
der eben deshalb Frembling im eignen Lande blieb, abges
rechnet, buldigte e8 nur fcheinbar einer emporftrebenden
Idee; ja, beim Andringen feindlicher Deere ließ es lieber
feine materiellen Kräfte vernichten, als daß es ben Geiſt
‚der Bölker zu feiner Rettung heraufbeſchworen hätte.
Anders Preußen, welches an bie Sache der Reformation
fich anfchloß, durch Aufhebung des Lehnsnexus zwiſchen
dem Megenten und den Vaſallen das Feudalſyſtem factifch
aufhob, indem daſſelbe in eine freiwillige Familienuͤberein⸗
unft verwandelt wurde, unter Friedrich II. frei und offen
das Panier gegen den infamften, aber furchtbarſten Feind
aller Aufklärung, gegen bie Bigoterie, erhob, durch anges
meflene Einrichtungen in juriflifcher und adminiftrativer
Hinſicht von dem Wuſt der Inſtitutionen des Mittel⸗
alters ſich losriß, in neueſter Zeit im Jahr 1813 die ju⸗
gendliche Begeiſterung des erwachten Deutſchlands hervor⸗
rief mit lebendig verheißendem Wort — und ſo iſt es wol
natuͤrlich, daß die fteiſinnigſfen Gemuͤther grade am eme
pfindlichſten die bittere Taͤuſchung fuͤhlen, wenn ſie im
heutigen Preußen ein kaltes Nordllcht, eine waͤrmeloſe
aurora borealis erblicken, wo ſie die wahre, die maieſtaͤ⸗
tiſche Erſcheinung der den Sonnengott verheißenden Aurora
aufgehen zu ſehen glaubten.
Von dieſem truͤben Bild wende ich mich zu dem pa⸗
riſer Volksleben, welches der Verfaſſer vom Anfang des
Jahres 1832 an betrachtete, als die franzoͤſtſche Pairie
das gegen fie aufgebrachte Volt dadurch vollkommen zus
ftieden ftellte, daß fie daffelbe durch eine wunderliche Farce
amufirte. Wie Arlemin im komifchen Ballet fi) todt
fielt, um dem Grimm des Pantalon und Gonforten zu
entgehen, ebenfo fingirte die Pairie auf den Rath von
Caſimir Perier einen zeitgemäßen Scheintod und erklärte
ſich felbft für moraliſch todt, um nicht phyſiſch todtges
ſchlagen zu werden. Hieruͤber wurde fo viel gelacht, bie
der ganze Haß gegen die Pairie vergeſſen war. Ein Deut⸗
ſcher glaubt uͤberhaupt nicht, wie allgewaltig der Eindruck
des Laͤcherlichen in Paris iſt, und macht ſich keinen Be⸗
griff davon, welch ein reelles Misgeſchick es ſei, ridicul
zu werden. Es iſt daher kein kleines Ungluͤck fuͤr den
conſtitutionnellen Thron, daß der jetzige Koͤnig der Fran⸗
zofert das Ungluͤck bat, perſoͤnlich die Zielſcheibe aller Ar⸗
ten von Spoͤttereien zu fein, welché durch richterliches
Einſchreiten ſtets nur noch ſchlimmer und laͤcherlicher wuͤr⸗
den. So war z. B. Philippon, der Herausgeber eines
Caricaturjournals, wegen einer das Geſicht des Koͤnigs
zum Gegenſtand der Caricatur machenden Zeichnung vor
dee Jury angeklagt und ſuchte ſich durch die Bemerkung
zu vertheidigen, daß man, wenn man bei Caricaturen
Aehnlichkeiten aufſuchen wolle, ſolche ſtets auch in den
allerheterogenſten Dingen finden koͤnne. Um dieſen Satz
zu beweiſen, zeichnete der talentvolle Kuͤnſtler vor der
Jury mehre Caricaturgeſichter auf ein Stuͤck Papier, von
denen das erſte dem Koͤnig frappant aͤhnlich war, das
zweite dem erſten glich, ohne die Aehnlichkeit mit dem
Koͤnig allzu ſehr hervorzuheben; auf die naͤmliche Art glich
das dritte Geſicht dem zweiten und das vierte dem drit⸗
ten, ſodaß dieſes vierte die vollſtaͤndige Form einer Birne
und dennoch eine entfernte, aber deſto ſcurrilere Aehnlich⸗
keit mit dem König felbft hatte. Won der Jury dem⸗
ungeachtet verurtheilt, ließ Philippon feine Vertheidigung
druden und gab zu ben Beweisſtuͤcken das mit den vier
Caricaturgeſichtern lithogeaphirte Blatt. Wegen diefes litho⸗
graphirten Blattes, weiches unter dem Namen der Birne
aligemeinen Belfall und veißenden Abfag fand, wurde ber
Künftler abermals belangt, dadurch aber die Birne noch
berühmter, welche man zu taufend Garicaturen benugt und
ausgehängt findet; man fieht 3. B. die Birne unter
ber Guillotine, von Heinrich V. verfpeift, von Perler und
Sebaftiani, die als Arleguin und Pierrot kirt find,
durch den Koch getragen, von Perier der Depltirtenlams
—— — ——*
387
mer für 18 Mimonen zum Kauf angepriefenu.f.w. Der
aligemeine Unwille, weil man felt den Sulitagen bie res
publitaniſchen Sinftitutienen, welche den conflitutionnellen
Khron umgeben follten, vergebens. erwartet, wol auch bie
gekraͤnkte Nationaleitelleit, welche aus ber Julirevolution
eine neue Zeit des Glanzes und der Triumphe erwartete,
macht ſich Luft duch bitten Spott, zu dem das juste
milieu nur zu viel Anlaß gibt. Es war fo weit gekom⸗
men, daß das „Journal des debats” die andern Sour:
nale auffodeite, „mit dem Könige Mitleid zu haben“, wor:
auf die „Tribune”, das Organ der Republikaner, antwortete:
„Mitleid mit Ludwig Philipp! Diefer Mann verlangt
15 Millionen und unfer Mitleid! Hatte er Mitleid mit
Polen, mit Italien u. ſ. w.“, während ber neckende „Fi-
garo” unerfhöpflih in Wigen über „die befte Republik”
it, welchen Ausdruck befanntlidy Zafayette brauchte, als
er vor dem Hötel de Ville, den König umarmend, aus:
rief: „Vous &tes la meilleure r&publique”. Der „Fi-
garo” fagt: „La meilleure republique coute quinze mil-
lions!” fügt auch hinzu, „daß er nad Feiner Republik
mehr verlange, feit er bie befte gefehen habe u. f. w.”
Die Sucht, die wichtigften Angelegenheiten mit fpöt:
tiſchem Leichtfinn zu behandeln, zeigt ſich aud bei Beur:
$heilung der einzelnen Emeuten, welche übrigens gewöhn-
lich Beinen ernften Zweck haben, fondern häufig nur dazu
dienen follen, einzelne Perfonen oder Parteien zu compro:
mittiren. So ſcheint die in der Kirche von Notre: Dame
entflandene Unruhe ein von der Policei bereiteter Fallſtrick
gewefen zu fein. Dan äußerte ſcherzend: es feien Claſ⸗
ſiker gewefen, bie aus Daß gegen Victor Hugo’s „Notre-
Dame de Paris” die Kirche felbft hätten in Brand ſtecken
“ wollen. Der befannte Scherz: „Si on m’accuserait d’avoir
vole les cloches de Notre-Dame, je commencerais par
prendre la fuite”, wurde ‚erneuert, als einige Karliſten
in Folge jener Begebenheit die Flucht ergriffen. Auch die
Confpiration vom 2. Februar 1832, welche fowol den
Karliften als Republikanern Schuld gegeben, wahrſchein⸗
ich aber von gefchäftigen Policeiagenten angezettelt wurde,
gab zu vielen Spöttereien Anlaß. Man fagte, „die Po:
ficei habe in effier Reſtauration der Rue des prouvaires
eine fplendide Verſchwoͤrung zu 200 Couverts beftellt und
einige bloͤdſinnige Karliften zu Gafte gebeten, die natür:
lich die Zeche bezahlen mußten“.
Der Verf. der erwähnten Schrift erzählt, daß er
fetbft an jenem Abend forwol einer Verſammlung des res
publikaniſchen Clubs der Amis du peuple als einem Ball
in einem karliſtiſchen Salon beigemohnt habe. Demmach
wäre in der Geſellſchaſt der Republikaner zwar der Koͤ⸗
nig keineswegs gefchont, vielmehr nur „la boutique in-
carnde” genannt, aber nicht das geringfte Zeichen einer
offenfiven Bewegung bemerkbar geworden, während bie
Karliften eine triumphirende Sprache annahmen und viel
Werth barauf legten, „baß grade am nämlichen Tage Hein⸗
rich V. als Duc de Bordeaur zuerft communiciet habe”. |
(Die Fortfegung folgt.)
—— — —— — *
citirt ein zu Warſchau erſchienenes, Mémoire
Neue Romane von Georg Döring.
1. Das Opfer von Oſtrolenka, ober bie Familie Kolesko. Nor
velle in drei Theilen von Beorg Döring Frankfurt
a. M., Gauerlänber. 1832. 12. 4 Thlr. 20 Er.
2. Roland von Bremen. Rovelle in brei Thellen von Georg
Döring. Ebend. 1832. 12. 4 hir. 20 Gr.
Die hiftorifch -romantifgen Dichter Deutſchlande haben
Walter Scott's eigenthuͤmliche Groͤße noch immer nicht begrife
fen, und während die beutfche Kritik mit ihm fertig geworben
ift, ragt er doch immer noch unter feines Gleichen als ber Erſte
feiner Gattung empor. Die deutfche Probuctivität hat ſich noch
nicht über ihn hinweggeſchwungen; der Gedanke ift unter und
ſchnellfertiger als bie Thatkraft. Georg Döring gehört nicht
zu ben untergeordneten Arbeitern im Belde der Hiftorifchen Ro:
mandichtung; er nimmt nicht, wie Zromlig pflegt, ein empfind«
fames Liebeöpaar mit moderner Neflerionsmanier und fest es
gleichermweife in jebe Zone und jebe Zeit, aus deren hiſtoriſcher
Dertlichkeit fi dann um bie Hauptgruppe Nebengeftalten und
Geitenpartien gruppirtn. Georg Döring ſucht das geſchichtliche
Thema, das er fich fiellt, zu umfaffen und aus bem vorhandes
nen unb gegebenen Objecte Geflalten heraus zu conflruiren. Er
firebt wenigftens darnach, oft mit fiherm, glüdlichem Takt, oft
freilich auch ohne fein Ziel zu erreichen. Eine gewiffe Weichheit
der Stimmung behindert bei ihm oft, die allzu fpröbe und
herbe Thatſaͤchlichkeit, die ber Eigenthuͤmlichkeit fernliegender,
abnormer Verhaͤltniſſe angehört, ganz in ihrer gefchloffenen
Weſenheit binzuftellen ; er ſucht das Finſtere abſichtlich zu mil:
been, das .Schroffe zu ebnen, bie großartige Keckheit eines Urs
natürlichen abzufladhen. In ber erften ber beiden obgenannten
Novellen hat er in vielen Gruppen und Figuren die Polennatur
geſchildert. Meifterhaft ift bie Darftellung des Aufenthalte in
den lithauifhen Wäldern, bie Schilderung der Kurpen, eines
merkwürdigen Waldvoltes, das, im Kampf mit ben Ungethümen
| ber Wilbniffe und von ber gefellfchaftlichen Welt ausgefchloffen,
die gefunde Roheit feiner Väter fi) bewahrt bat. Der Verf.
escriptif”’ vom
Baron von Brinden, aus welchem Manches und Vieles entlehnt
fein mag ; allein bie Darftellung ber örtlichen Natur ift dichte
riſch in einzelnen, felbft gefchaffenen Bildern culminirt, und wir
‚möchten auf die mit trefflicher Wärme und Lebendigkeit gefchil-
berte Scene befonders aufmerkſam machen, wo ein ppinifcher
Staroſt in Begleitung eines Dienerd und feiner garten Schwe⸗
fter in der oͤden Wilbniß von einer Schar bungriger Wölfe vers
folgt und ſchon im Begriff if, bas geliebte Maͤdchen zu erfchies
Ben, um ihr, weil die Ungeheuer nach ihrer Beute lechzen, eis
nen mildern Zob zu bereiten. Enblich enttommt bie Geſellſchaft
in eine Meine Hüttes man bringt aber noch eine grauenvolle.
Nacht zu, weil die Ungethüme das Häuschen umlagern und fos
gar ba6 Dach befleigen und von oben herab und durch ben
Schornftein ihrer Beute babhaft zu werben fuchen. Am nädhs
flen Tage werben bie Geängfteten erft durch ein Heer von Jaͤ⸗
gern befreit. Auch bie Darftellung einer Bärenjagb und ein
Kampf zwiſchen Kofaden und Bifonten, einer eigenthuͤmlichen
gehörnten Walbthiergattung , ift als hoͤchſt gelungen und dichte⸗
riſch inbividualifirt zu bezeichnen. Die Menſchennatur, deren
Schilderung ber Poet als eine höhere Aufgabe zu erachten hat,
ift in manden Zügen gloͤcklich aufgefaßt. Einige Individuen
polniſcher Juden find in der That fchlagende Beweiſe von Dis
ring's ficherer Auffaffung menſchlicher Larven; befonders wird
ber Schenkwirth Laban, ber bald ben großen Gobiesli, batb
ben großen Sumoroff zum Aushängefchild zu benuten weiß,
fowie auch der Lüfterne, mit feiner Bildung renommirende Mars
dochai den Lefern zum mannichfachen Ergoͤten gereichen. Das
ruſſiſch⸗ polniſche Spionweſen hat Lewalb in feinem „Praebradi”
ſchon lebendiger, und origineller aufgefaßt. Der geneigte Kefer
wird sürnen, baß wir bei ber Beſprechung eines brei Bände
umfaflenden Romans, ber, wie ber Zitel anbeutet, bie furcht⸗
barfte Tragoͤdie unferer kurz verlebten Vergangenheit umfaßt,
von Anfang: an das betaillirte Beiwerk des Werkes lobend her:
vorheben und die Baußtabern des Stoffes zu ignoriren fcheinen.
Allein die fpecislifirten Ginzelheiten, die wir vorfägrten, find
am Werke in der That das Gelungenſte; dad Haupt⸗ und ei-
gentliche Thema des Romans ift bei aller lebendig biäfenben
Diction und aller Anmuth des Erzählungstoned unerfaßt geblie
ben und in feinen Hauptzügen keineswegs von ber großen Wirk:
lichkeit ein würbiges Abbild. Die polnifche Inſurrection ift als
hiftorifche Thatſache poeſtereicher als Georg Döring’s Roman,
der fie in Form dichteriſcher Wiedergeburt hinftellen ſollte. Die
größeren Geftalten des Werkes, das Brüberpaar Koleslo, von
welchem Kafimir ein Anhänger ber Idee Kosciuszko's, Ferdinand
ein Rapoleonift feiner Gefinnung nad ift, find nur Schatten
von Polen, well ihr Welen ſich durch Reflerionsentfaltung in
unmäßiger Breite abſchwaͤcht. Den Charakter ſich Tediglich in
feinen eignen Reben erpliciren zu Laffen, ift eine zu wohlfeile
Manier der Darftellung, die zu leicht der Gefahr entgegenführt,
das unbemußte Dafein ber Ziguren in eine abfichtliche Gedan⸗
Tenmäßtgfeit ihrer eignen wnmittelbaren Gefuͤhle übergehen zu
laſſen und die abgerundete, plaftifch fertige Erfcheinung, die mes
niger von fich felber weiß ats ihr Schöpfer, zu flören. Kafl:
mir und Ferdinand haben in ihren Perſoͤnlichkeiten weiter nichts
Eigenthuͤmliches, ale daß fie Organe der oben angegebenen Rich⸗
tungen ber Gefinnung find, und diefe Grundlage ihrer Wefen:
beit, auf weicher fie noch befondere Individuen fein könnten,
zerbehnen fie durch breite Reflerionen, die fie eben zu weiter
nicht8 als zu abftracteh Trägern ihrer Ideen machen.
In anderer Hinfiht muß man bem Berfaffer vorwerfen, daß er
in feinen Gemälden, felbf wenn er ein hiſtoriſches Ergebniß ge:
rabezu zum eigentlichen Schema berfelben macht, die wichtigſten
Kataftrophen umgeht, mit der ohnmaͤchtigen Entfchuldigung, fie
lägen als rein gefchichklich nicht in feinem Plane. &o fpielt er
in dem „Dpfer von Oftrolenfa” um bie polniſche Revolution
bin und wieder herum und offenbart, indem er daß Intereffan:
tefte ber Hiſtorie nicht in fein Bereich zieht, bie merkwürdige
Zaghaftigkeit, die den Deutſchen anklebt, fi mit der Materie
des Thatſaͤchlichen und vermeintlich Empiriſchen einzulaffen.
Sin Erfag etwaiger tiefer ergriffener, allgemein menſchlicher
Charakfterbilbung wirb dabei in Doͤring's Gemälden, abgefehen,
daß fi immer ein Zwieſpalt dadurdy mit dem heimiſchen Boben
erzeugen würde, keineswegs geboten; bie Kigween im vorliegen:
den Romane find ſaͤmmtlich nur Repräfentanten ber Zeitpar⸗
teiungen auf polnifchem Zerrain, nur daß ber Dichter, bei dem
Mangel an biftorifhen Vorſtudien und kuͤhner Durchdringung
des Vorbanbenen, ſtatt der geſchichtlichen Perſoͤnlichkeiten ſelbſt⸗
geſchaffene unterſchiebt, die an jene nur als ſchwache Nachbilder
erinnern, und ſtatt einer Graͤfin Plater 3. B. ein anderes ihr
entfpredgendes Beldenmäbdchen ſchildert, was Leichter und ſchnel⸗
ler ſich vollziehen mag, aber einen Mangel feſter Auffaſſung der
Wirklichkeit bekundet. Zweimal ſpricht es der Dichter ſelbſt,
gewiſſermaßen als captatio benevolentiae, mit ſchuüchterner
Aengſtlichkeit aus, es ſei nicht ſein Plan, ein Bild der polni⸗
ſchen Inſurrection zu geben; aber was iſt nun feine Abſicht,
feine poetifche Intention, da alle Werhältniffe des Romans ſich
um bie &cenen ber Hiftorifhen Ergebniſſe herumfchlingen
.und von biefen nur getragen werben? 8 verräth dies Aus:
weichen von ber Wahrheit und Wirklichkeit, neben ber die Poe⸗
fie, wenn fie biefelben nicht mit Weberlegenheit durdhbringt und
in ſich aufnimmt, nur als eine ſchwache, matte Fiction erſcheint,
nichts Anderes als bie verkehrte Manier, nahe liegende, der deuts
ſchen Semüthlichleit lediglich angebörige Familienſcenen in einen
hiftorifhen Rahmen Hineinzufegen. Darin liegt das ohnmaͤch⸗
tige Vegetiren ber Poefte der Gegenwart, baß fie Anhängfel
fein fol, flatt ein Abbild der Wirklichkeit und Wahrheit im
lichten Scheine höherer Verklaͤrung, die der geweihte Dichter
im Object der Welt findet und wiedergibt mit ber überrafchen:
den Kraft feines Wunderpinſels. Ginen böhern Plan Tonnte
Döring in feinem Werke gar nicht fallen, als in Familiengrup⸗
8
v
—— —— ————————— ——————————————————————————— — ————— — — — e e e
pen und Gcenen des bewegten öffentlichen Lebens bie: ei id
Veſenheit der Poleanatur, wie fie fl Im Jubel ber Eeeip:
fuft und in der Verzweiflung des Untergangs entfültet bat, feſt
und ſicher Hinzuflellen, zumal ba bas@djlachtfeib won Ditrolenka
der Zielpunkt aller feiner Romanverbältnäffe fein follte, wo.
bie vielfach in Liebe und. Daß gegenfeitig entbranaten Gemuͤther
der Familien Koleſsko und Olinski den eignen Untergang bereh
ten, mit Ausnahme Kafimir's und eines alten Kriegert, die auf
den. Ruinen ihres heimiſchen Wohnplatzes und mir dem Scheibe:
blid der Trauer auf das unterjochte Vaterland den Plan fafı
fen, nach Amerika zu wandern, "
Auch in bem zweiten Romane: „Rolanb von Bremen”,
beffen Stoff In die Gerichte der Befreiung Schwedeng vom
Joche des dänifchen Tyrannen —— fänt, leitet ben Dichter
daffelbe bequeme Princip, Familienbi in den angebeuteten
biftorifdgen Ruhmen fruͤckweiſe hineinzufegen, und Th. 3, Gap. 5
beißt es ebenfalls, es läge nicht im Intereſſe diefer Erzählung,
eine „genaue Darftellung jener Eriegerifchen Thaten zu liefern,
welche Guſtav Wafa in kurzer Zeit zum Herrn bed größten
Theil von Schweden machten”. Der bhiftorifche Faden wird
daun durch hoͤchſt oberflächliche Raiſonnements angeknuͤpft, ja,
ber Verf. macht es ſich ſogar in dem Maße bequem, daß er
eine Stelle aus —e bineinflidt, um das Verſtaͤndniß
über den Fortgang ber gefhichtlihen Greigniffe möglich zu ma⸗
hen. Georg Döring’s ſchoͤnes Talent zerfplittert fih durch
diefe Verflüchtigung und biefe loſe Manier in der Behandlung
eines biftorifhen Themas. Nie wurde die Poefie fo entwuͤrdigt
als heutzutage durch die hiftorifch-romantifchen Grpöhler Deu
Iands, denen fie nur ein Appendir und ein Lüdenbüßer iſt, ins
dem fie an der Thatſache einer gefchichtlidhen Wirklichkeit fb
leichtſinnig nur beiherfpielen, ſtatt diefelbe in dem vollen Werthe
ihrer Eigenthuͤmlichkeit zu erfaflen und aus ihrem eignen in-
nern Principe heraus als eine zweite Schöpfung des Geiftes zu
entwideln. Mer wollte fonft leugnen, daß das vorliegende Werk
im Gingelnen hier und bort Treffliches, an vielen Stellen aber
wenigftens Anmuthiges bietet. Unter den Geſtalten, bie dem
ftandinavifgen Boden angehören, iſt befonders bie mehr als
bundertjährige Helle fehr gelungen. Die Alte verlor in hen
Zeiten ihrer Jugend ben Bräutigam, ber in eine Schlucht bes
Bergwerks zu Danemora ploͤtzlich verſank, ohne daß man feis
nem Leichnam auf die Spur kommen Eonnte. Wine ahnende
Stimme fagt ber trauernden Braut, fie werde nicht eher fer
ben, als bis fie den Geliebten im Glanz ber jugendlichen Schön:
heit, fowie er war in ben Tagen feiner Blüte, würbe wieberen
blickt haben. Diefe fire Idee, die ſich ihrer Geele bemächti
friftet ihr Leben auf ungewöhnliche Weife, und die hundertj
rige Greiftn hofft noch immer auf bie Erfüllung der wunderba⸗
ten Prophezeifung, bie ihren Mitmenfdyen Wahnſinn gi.
Aber fie traf ein; ber Zufall bringt bei einet Nachgrabung bru
Körper des Verſunkenen and Tageslicht. Ga
von ber eigenthümlichen Oasluft in ber Schlucht frifch erhalten
in dee anmuthigen Schönheit feines jugendlichen Lebens, bringt
man die Leiche hervor, und Helle's Lebensfaben ift abgelaufen,
denn nun kann fie flerden. Der Hauptbeib des Ganzen, os
land von Bremen, der im Dienſte Waſa's fich unter ben hal:
leuten in Schweden aufhält, gibt bei feinem erfien Erſcheinen
mehr Doffnung zu einer humoriſtiſchen Durchführung. Gr kuͤn⸗
digt fich als ein kecker Natarmenfch
gefunbes Ueberkraft fein Leben in di ange fchlägt; er nennt
fi felbft ein lebendiges Abbild bes fleinernen Roland. in Bra
men, benn feine Mutter wohnte, als fie ihn-unter dem Herzen
trug, auf dem Markte der Statue gegenüber unb hatte fich an
dem ungefchtachten Rieſen verfehen. Der Ton, in welchem
die Figur anfangs gehalten iR, finkt jeboch, und bie fehwache
Durchfuͤhrung beffelben madt ben Helden zu einem gewoͤhmli⸗
hen Kämpen. An den Raturfhilberungen ber norwegiſchen Kos
calität wird ſich der Lefer, Telbft -wenn er Steffens’ geift:
vollere Darftellung kennt, gewiß mannichfach ergögen. 86.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodbaus in Leipzig.
„ ber mit Hmmor mb
Blätter,
für
literariſche unt erhaltung.
Politiſche und literariſche Gegenwart.
(Bortfegung aus Nr. 82..
In diefen halb erniten, halb komiſchen Infurrectionsver-
fuchen machte die am 29. März auäbrechende Cholera
eine plößliche Unterbredhung. Der gewohnte parifer Leicht
finn benugte biefen Tag des demi-car&me zu brillanten
Mebonten, auf benen die Cholera felbft in verfchledenen
Caricaturmasken perfiflict und von luſtigen Arlequins ver-
hoͤhnt wurde; als aber plöglich einer der Arlequins, ſich
unwohl fühlend, bie Maske abnahm und ein veilchen-
blaues Geſicht zeigte, zugleih Mehre der Tanzenden nie
berfanten, eilten Wagen voll erfrankter Masten nad, dem
Hötel: Dieu, dem Gentralhoßpitale, wo man, nach ges
wohnter franzöfifcher Manier in die entgegengefegte Em:
pfindung uͤbergehend, die Furcht vor Anſteckung uͤbertrieb
und mit uͤbertriebener Haſt die eben Geſtorbenen in ihren
bunten Redoutenkleidern beerdigte. Die in Paris herr:
[chende Verwirrung, die übereilte Flucht der Reichen, bie
ſtets wachfende Zahl ber Todten bildete eine Scene eig:
ner Art, welche um fo affteufer ward, als das vielleicht
mit Abficht ausgeſtreute Gerücht, es wären die Lebens⸗
mittel vergiftet, da8 Volk in Wuth feste. Anftatt biefer
itrrigen Meinung zu widerfprechen, verficherte bie Policei,
ben Giftmifhern auf des Spur zu fein, welches Be:
nehmen nur durch volllommene Kopflofigkeit und einen
durch Ueberraſchung hervorgebrachten Wahnſinn erklärt
werden kann, wovon aber natürlich Mordſcenen die un⸗
ausbleibliche Folge waren.
Charakteriſtiſch iſt es, daß es, trotz der unglaublichen
Verwirrtheit der Policei, Niemand einfiel, die nicht be⸗
liebte Regierung oder eine ſonſtige Aſſociation dieſes vers
meinten Verbrechens zu beſchuldigen, ſondern daß der
Verdacht nur die Prieſter und Karliſten traf, denn nur
Denen, die früher Mordbrenner gedungen hatten, konnte
eine ſolche Abſcheulichkeit zuſchreiben. Eine Emeute
ganz eigner Art ward ebenfalls durch die Cholera hervor⸗
gerufen. Die eingefente Gefundheitscommiffion wollte eine
ſchnellere Reinigung dee Straßen einführen, wodurch bie
fogenannten Chiffonniers, welche mit langen Stöden aus
dem Straßenkoth und Kehricht allerlei noch brauchbare
Dinge aufzufinden wiffen, ihren Erwerb verloren. Diefe
ſehr zahlreiche Claſſe fah den Straßenkoth von Paris als
ihr Eigenthum an, befien Durchfuchung fie als ein Mo:
26. März 1833.“
nopol betrachtete, und widerfegte fid) getwaltfam der Weg⸗
ſchaffung deſſelben. Unterftügt von den Redeveuſes, alten
Weibern, denen verboten war, das von den Chiffonniers
erhandelte übel riechende Zeug vwieber zum Verlauf länge
den Kals auszubieten, barrikadirten ſich die Chiffonniers
bei der Porte St. Denis, brachten ganz Paris in Unordz
nung und die Rente zum Sinken. Intereſſant ift es, dag
bie Chiffonnierd und Redeveuſes bei Vertheidigung ihres
Anrechts auf den Straßenkoth und die längft durch Ders
jährung erworbene Befugniß, ihn zu durchwuͤhlen, fafl -
wörtlich die naͤmlichen Argumente und Beweisgruͤnde vors
bradıten, womit die Artftofratie und die Zünfte ihre wohls
erworbenen Rechte vertheidigen und fich der Hinwegſchaf⸗
fung des ſeit dem. Mittelalter aufgehäuften Moders wi⸗
derfegen. Eins der legten Opfer, welche die Cholera weg⸗
riß, war Caſimir Perier, deflen die Sonne der Julitage
verdunkelndes Spftem Frankreich erniedrigte, um die Boͤr⸗
fencurfe zu heben. Sein Tod machte gar keine Senfas
tion, nicht einmal auf der Börfe, die doch Anſtands hal
ber wenigftend duch ein Kleines Sinken der Fonds ihre
Betrübniß wie durch eine Art von Hoftrauer” hätte an
den Tag legen müffen. Es ift übrigens wirklich ſchwer,
über Gafimir Perter ein richtiges Urtheil zu fällen; denn
obgleich faſt Niemand der Freiheit fo nachtheilig war ale
er, obgleich fein Syſtem die unebelften Leidenfchaften, Ge⸗
winnſucht, Wucher, Agiotage begünfligte, fo war ee doch
bei der Kraft feines Geiftes und Charakters einer Rieſen⸗
eiche zu vergleichen, an welcher jme Schmarogerpflangen
fi) emporfchlängelten, und .oft war der Zufchauer unge:
wiß, ob es eine Krämerelle, ob es ein glänzendes Helden⸗
ſchwert ſei, welches Périer ineder Hand führte. |
Die traurigſte Kataftrophe des Sommers 1832. was
rn die Zage des 5. und 6. Juni, wo bei der Leichen»
‚feier vom General Lamarque eine unfinnige, unvorberei;
tete, wie es fcheint, rein improvifirte republilanifche In:
furreetion ausbrach. Nicht der Pöbel, ſondern junge
Leute, Studenten aus der Ecole d’Alfort, Künftler, Jour⸗
naliften u. dgl., eraltirt durch den Augenblid, ihre eignen
phantaftifhen Wuͤnſche vom Wolke getheilt wähnend, un:
ternahmen in geringer Zahl, kaum einige hundert Köpfe
ſtark, den Kampf auf der Rue St.-Martin und flarben
im Gefecht gegen 60,000 Mann Nationalgarden und Liz
nientruppen den Heldentod. Weder die Geſellſchaft ber
20.
Amis du peuple, noch der Aide toi, et.le ciel t’aidera,
noch ſonſt Republikaner von befanriten Ramen vereinigs
tem ſich mit ihnen; nur einige ganz alte Leute, in denen
der Ruf: Vive la republique! die Träume und Phanta:
fin ber Jugend wie durch einen Zauber hervorrisf, vers
gaßen, gleich, dem beim brennenden Troja ſich waffnenden
alten Priamus, ihre Kraftlofigkeit und verbanden fidy mit
der kaͤmpfenden Jugend.
Die beunruhigenden Folgen biefer Begebenheit, bie
Erklärung des Blockadezuſtandes von Paris, wodurch
Kriegsgerichte eingefegt wurden und Gerüchte von Fuſilla⸗
den die erfchrodene Menge beunrubigten, verwandelten ſich
bald in den gewohnten Gang der Dinge, d. h. in bittern
Spott gegen die Regierung und in Lachen, als ein Ur:
theit des Gaffationshofes bie ganzen Beſchluͤſſe des Mint:
ſtertums caffirte. '
Rechnen wir zu ben bier kuͤrzlich aufgeflihrten Er:
fheinungen des Jahres 1332 noch den vermirrten Ama:
zonenzug der Herzogin von Berri, deren fonft nicht um:
Itebensroärdige Frivplität durch die truͤbe Einwirkung des
Schickſals in finftere Bigotetie verwandelt, und deren
weitfichen Freuden zugewandter Sinn ben tüdifchen Ein:
flöfterungen der Bürgerkrieg predigenden Geiſtlichkelt geöff:
net zu fein ſcheint, fo wird man eingeftehen miffen, daß
äußere Begebenheiten in hinlaͤnglicher Menge vorliegen,
um aus thnen das innere Leben Frankteichs zu ſtudiren.
Dos angekündigte Buch wird daher jeden unbefmgenen
Lofer auf eine belehrende und ergögende Art in das fran⸗
oͤſiſche Volksleben einführen. Uebrigens will ich gern ge⸗
Sehen, daß ber Wis bes MWerf. mid) beftochen hat, ſodaß
id) ungern nur ber Unparteilichkeit wegen zu der Schat⸗
tenfelte des Werks mich wende. |
Abgefehen davon, daß der Verf. in ber Polemik gegen
mehre beſtzhende Inflitutionen Deutfchlande zu meit gebt
and vergißt, wie leidenfchaftliche Erbitterung ' nothwendig
gehaͤſſige Leidenfchaften als Gegenfag aufruft, fo verun⸗
glimpft er unter Anderm mit beißendent Spott einem in vie:
fer Hinficht ſehr achtungswerthen Gelehrten, A. W. v. Schle⸗
get, deſſen kleine Schwächen mol überhaupt nicht, am
wenigſten aber auf fo gehäffige Art am das Licht gezogen
werden follten, wirklich fchon um deswillen nicht, weil
Min dadurch auf gewiffe Art eine nachträgliche Alllanız
mit defien unwuͤrbigem Gegner Kotzebue einzugehen fcheint.
Hoch: umpaffender und wirklich unwuͤrdig aber iſt die Art,
mit welcher der Verf. (S 250) von dem Befretungs:
krieg 1813 und 1814 fpricht, den er als einen Kampf der
Dummmelt mit dem Licht zu betrachten ſcheint, indem er
die zu dieſem Krieg fih ruͤſtenden Scharen als ſervile,
aus anerzogenem Gehorſam den Sürften willenlos folgende
Soͤldner betrachtet. Wohl weiß ich, daß ber Verf: nicht
anter Diejenigen gehört, welche, als 0b fie aus Lerhes
Becher getrunken hätten, in jener Zeit der tiefften Ernte:
drigung, wo Deutfchland unter dem mfamften, unfer Va:
terland selig, moraltf und politiſch nieberdruͤckenden
Koch‘ eines Despoten ſchmachtete, jegt einen Nüfengatten
ſehen wollen, den man damals faͤlſchlich fur einen Dor:
nenſtrauch gehalten habe; auch iſt mir klar, daß ber Verf.
jene Aeußerung nicht im grellen Sinn verſtanden haben
wolle, fie auch mehr im Unmuth über die nicht befriedi⸗
gende Gegenwart als in ernfler Meinung ausfprady. Den:
noch aber hätte er nicht vergefien follen, daß ein Mis-
muth, felbft wenn er gererht iſt, nie zur Unbilligfeit‘ fühe
ven darf, und daß Handlungen, Kb mögen dem weiten
Gebiet der Mieltgefchichte oder den? engen Raum des Pri⸗
vatlebens angehoͤren, nie nach dem zufälligen, außer bem
Bereich der menfhlichen Divination liegenden Erfolg, fon:
dern nad dem Gefühl unb dem Geiſt des Handelnden
im Augenblick der That beurtheilt werden muͤſſen. Webri:
gens gibt es im Leben der Völker und der einzelnen In:
dividuen fchöne, A ber flachen Alltaͤglichkrit -
zende Lichtmomente, Silberblide im einförmigen Dafeln,
welche die fpäter eintretende Dunkelheit mit Lieblichem
Stanz erhellen, deren Verſpottung das innere Gefühl tief
verlegt. Berhoͤhnt kann Altes wetden, aber es gibt Be:
gebenheiten‘, die zu hoch ſtehen, als daß der Spare’ bar:
über ein anderes Gefühl als das des Unwillens hervor:
bringen koͤnnte. So mag Mandyer mit der Geſtaltung
ber potitffchen Verhaͤltniſſe In Nordamerika und der Schweiz
unzufrieden fein, aber empören würde es, wenn Jemand
deshalb die erhadenen Manen von Wafhington oder Arnold
von Winkelried Tpottend in den genminen Staub wälzen
und den Ausſpruch Schillers:
Krieg: führt der Wis auf ewig mit dem Shönm,;
auf traurige Art bewähren wollte. Der vaterländifche,
wahrhaft heilige Krieg vom 1813 maß jedem Deutfchen
eine ehrmmhrbige Erinnerung bleiben; und ſelbſt im Schmerz
einer viele fhöne Erwartungen täufhenden Gegenwart kann
nur ber Gedanke, bag ein Volk, welches folcher fihönen
Begeifterung, folch edler Entrüftung fählg war, ber Stel:
heit würdig ſei, tröftend aufrichten. on
Zu germ aber beim Lobe des in Rede flehenden Buche
verweilend, bebe ich zum Belege meines frühern Urtheils
die intereſſante Stelle aus, wo der Verf. London’ in jenem
Augenblick fchildert, als der König Großbritimntens, im
einer Racht wahrhaft naͤchtlich amgeſtimmt, von der frei⸗
ſinnigen Reform des Lord Grey zu dem finſtern Abſolu⸗
tismus Wellington's überzugehen den unfeligen, glädii:
chetweiſe mislungenen Plan machte, mir ben Worten, wie
fit S. 226 enthalten ift: j
Es find wunderliche Kaͤuze, dieſe Engländer! Ich Tann fie
nicht leiden: Sie find erftenß langweilig, und dann find fie fö
ungefälig ,. eigenfüchtig,, ſte quälen wie die Froͤſche, fie find ge:
borene Beinbe alleg guten Muſik, fie gehen in: die Kirde mit
vergoldeten Gebetbuͤchern, und fie verachten uns Deutfche, weil
wir Gauerfraus effen. g er als es ber englifchen Ariltofratie
gelang, - — — the nasty geralan fröow_—
u inm ihr Intereffe zu ziehen; als König iR:
beim, ber. nöd’ bes Abends am Lord Grey verſprach, fo viel
nee Paird zu ernennen, alg zum Durchſegen der Reformbill
noͤthig fei,. umgeflinnme durch die Königin — — — des ans
bern Morgens fein Work bradi; als Wellington und feine To⸗
ries mit ihren tiderticiden Händen bie Skaatsgewalt ergriffen:
ba. waren: jene Englaͤnder ptöglih gar nicht mehr langmeilig,
fondern fehr intereffanez fle waren gar nicht mehr ungefellig,
fondern fe. vereinigten ſich Hunderttaufendweis s; fie wurden fehr
emeinfinnig;. ihre Worte waren gar nicht mehr fo quälend,
Oondern voll des Lühnften Wohllauis; fie ſprachen Dinge, die
“an mn ni
35
hinzefiimder. Magen at® Die Melodlen vor -Roffini und Meyers
a ‚und fie a —— rd ee
n ber e, ern fie beriethen ſich ganz freig 2
ee ft die Biſbfe zum̃ Henket — Kodnig Wil⸗
heim mit famınt feiner & — —5* nu Honebetgu⸗
raͤckſchicken ſollten⸗Iqh habe, als —5* in Viglaud war
über Bieles gelacht, abet am hetztichſten uͤber Yet’ Leordmaybr
den eigentlichen Bürgereifter des Wekchbilds von Loͤndon, bet,
als eine Ruine des mittelalterlichen Communweſens, ſich in all
ſeiner Peruͤckenmajeſtaͤt md breiken Zunftwurde erhalten- bat.
fah ihn In der Geſellſchaft ſeiner Kiberränner, das ſins
gtavitatiſchen Vorſtaͤnbe der Buͤrgerſchaſt, Gevatter Schneb
ber und Gandigkihmadier , meiſtens dicke Keainer, rothe Beef⸗
ſteakgeſichter, Rindige Porterktuͤge, aber nuͤchtern und ſehr
reich durch Fleiß und Sparſamkeit, ſodaß Viele darunter, wie
man mir verſichert, über eine Million Pf. St. in dir engli«
ſchen Ban liegen haben. Die englifeie Bank iſt gin großes
SGebqaͤude in Thread: needle: Street, und mürbe in and eine
Revolution ausbrechen, fo kann die Bank in die größte Gefahr
gernthen, und bie reichen Würger don London könnten ihr Ver:
mögen verlieren und in einer Stunde gu MWettlern werten.
Richtsdeſtoweniger, als König Wühelm ſein Wort brady und
die Xreiheit von England gefährdet ftand, da hat der Lords
mayor von London feine große Perude aufgefest, und mit ſei⸗
nen dicken Aldermännern machte ex fi auf ben Weg, und fie |
fahen dabei fo ficher, muthig, fo amtsruhig aus, als gingen fie
zu einem feierlichen Gaſtmahl in Guildhall; fie gingen aber
nach dem Haufe ber Gemeinen und proteftirten dort aufs ent⸗
fhtoffenfte gegen das neue Regiment und nberfagten dem
König, im Fall er nicht widerriefe, und wollten lieber durch eine
Kevolution Leib und Gut aufs Spiel fegen, als den Untergang
der englifchen Freiheit geftatten. Es find wunderlihe Käuze
€ Engländer!
dieſ 8 {Der Beſchluß folgt.)
Prometheus, Fuͤr Licht und Recht. Eine Zeitſchrift in
zwangloſen Heften, herausgegeben von Heinrich
Z3ſchokke und feinen Freunden. Zweiter Theil. Aaran,
Sauerlaͤnder. 1832. Lexikonoctav. 2 Zhle.*)
Dem reichhaltigen erften Theile diefer Zeitfchrift, ber ſich
durch hoͤchſt intereffante und in vieler Hinficht neue Mittheilun:
gen von und über Jochmann, Delöner, Peſtalozzi und den Grafen
Schlabrendorf auszeichnete, folgt jegt ber zweite in berfeiben
Tendenz des Inhalts, indem er fich ebenfalld vorherrfchend, oder
vielmehr diesmal faſt ganz allein aus ben in perfönliden Ber:
bättnifien. des ‚Herausgeber erwachſenen Materialien zufammens
fell. Diefe Art der Mittheilungen Hat in der That einen
eignen Reiz ſchon durch die Unapfichtlichfeit, mit ber uns ein
feier Inhait unterhält, indem er uns in ben unwillkuͤrlichen
erkehr verwandter Geiſter einführt, wie fit waren und dach⸗
ten, frei von aller Koletterie bed Preßbengele. In unfern Tas
gen aber, wo man auf die meiften literariſchen, überfünftelten
Mitteilungen dit Worte bed Dichters anwenden koͤnnte:
Man merkt die Abſicht und man If verſtimmt! ⸗
ſind ſolche ganz unabſichtliche, urſpruͤnglich gar nicht dem Druck
beſtimmt geweſene, ſondern lediglich aus unbefangener Gelbfters
ſchließung reicher Gemuͤther hervorgegangene Schaͤte, wie fie
Iſchottke aus dem vertrauten Verkehr und Nachlaß feiner Freunde
in den bisherigen Heften bes „Prometheus veröffentlicht hat,
deshalb um fo dankenswerther und werden hoffentlih mit all«
gemeinem ntereffe aufgenommen. werden.
Diefer zweite Theu enthätt des Herausgebers Briefwechfel
mit Karl von Bonftetten, feit dem Jahre 1822 — 32, dem To⸗
desjahre des berner Philofophen. Um Bonſtetten in feiner. lies
benswärdigen Eigenthuͤmlichkeit kennen zu lernen, find feine
mit Freunden geführten zahlreichen Briefwechfel beimeitem ges
*) Vgl. über den erfien Theil Ne. 30 d. BI. f. 188. D. Red.
giemlich feihtr®
nur eins find.
eigneter ale Das, was er ſonſt Sebſtändigts geſchrieden und
rersgegeren hat. Im Kreiſe ſeiner te, vote er mir
m weichen Mattätffon gefühloot plaubert, mit der Wrun
Bie-eihi wätertiäitr @tuper tändelt, hört: unb fiehe Anaet- ber
alten Reſtor WEI gern, weil er in dieſet ward ichihet
noch “der Kmiehenbffe mb Gehaltvollſte iſt, ber in der That
einem reichen Schatz ber feltenften Lebenserfahrungen mit einer
imverwoͤſt lich guten Laune und immer anmuthig bfeißenben Geloſt⸗
gefäutgkett zur Schau zu fragen weiß. Aber als Philbvſoph —
was er doch vbrherrſchend fein wollte unb isorgäf er fi im:
mer diel ziu Ihe — war Bonſtetten doch eigentlich ein
‚und vielleicht iſt er eben deshalb in ſte⸗
tee Heiterkeit fo alt geidorben und in feinem Alker ſo jung und
Kuftig geblieben, weil er mit‘ feiner Speculation fo leicht und
ohne allzu tiefe Sorgen fertig zu werden verftand. Gene Phi⸗
fofophie gelangte immer ohne große und mühfame Umtege am
dem bequemen Ziele an, daß es nicht möglich fe, etwas zu
twiffen, aber flatt darüber in Verzweiflung zu gerathen, nm:
kraͤnzte er. fih, gieich nachdem er dies profunde Refultat ſei⸗
ner Meditationen zu Tage gefürbert, wie ein mohlausgelernter
. Schhter Epikur's, die Stirn tändelnd mit Weinlaub und lachte
Alle aus, bie ſich über das Nichtwiffen den Kopf zerbrachen.
So fchreibs er an einer Stelle feines Briefwechſels mit Zſchokke
; an diefen: ‚‚Ueber Bott kann ich nichts denken, das zwei Mi:
nuten Stih hält, und toch kommt ber Gedanke immer wies
der. Ze mehr man unferm Weſen nachdenkt, je weiter trens
nen fi die beiben Welten, bie vielleicht in der Wirklichkeit
Aber unfere Doppelnatur muß auch doppelt fes
ben. Was fehen? — Das meiß Keiner. Wie koͤnnen wir jen⸗
feits unferer Vorftelltungen fehen? — on ber Seelenwelt weiß
ih fo viel, wie von Gott. Es iſt dba was Mofteriofes, was
nbefanntes, das immer da ift, um und in uns wirft, das uns
te Selbft bildet, bas aber immer bededit und unerforfcht fich
bewegt. Das Beiftige wirkt auf das Geiftige; es baut Welten,
es beivegt Welten, e8 zeugt Ordnung; und Orbnung iſt Leben.
Die Materie wirkt, To zu fagen, von unten auf, die Seele von
oben herab. Die Materie erzeugt, die Seele orimet. Nur die
Theologen wiffen Alles bi6 auf maculata ober immaculara, und
bis aufs Kindlein Gottes.” .
Unter allen Bonftetten’fhen Briefwechſeln erfchein®® "ung,
naͤchſt dem mit Sohannes von Müller, der vorliegende mit dem
trefflichen Zſchokke als der werthvollſte und inhaltreidifie. Die
mitintereffirte Perſoͤnlichkeit eines ſolchen Kernmanned wie
Zſchokke trägt dazu bei, alle Weichlichkeiten zu verbannen, wie
fie in dem Verkehr mit der Brun und Matthiffon nur allzu
oft und allzu empfindfam mitunterlaufen. Cine nicht unbedeu⸗
tende Stelle in den Mittheilangen zwiſchen Bonftetten und
Zſchokke nimmt auch das oͤffentliche Leben und die Politik der
Gegenwart, namentlich binfichtli der neueſten Berhältniffe det
Schweiz ein; und obwol' man beide Briefſteller m Wezug auf
die Greigniffe und Umggeftattungen ber hochländifchen Eidge⸗
noſſenſchaft ſtets von freifinnigen Ideen in ihren Urtheilen ımb
Betrachtungen ausgehen fieht, To ſchaut doch WBonftetten, fdyon
vermöge feines vorgerüdtern Alters, die in Bewegung gerathe-
nen Zuftände nicht felten mit trüberm Auge an als der heile
Zſchoͤke, der immer in allen Bewegungen ein Pofitives aufzu⸗
finden und daran feftzuhalten weiß. So fegt Zſchokke in dem
177. Briefe an Bonftetten (vom 8. Febr. 1831), der aͤußerſt
lefenswerth und den wir bierher ftelfen würden, wenn’er
nicht zu ausführlich waͤre, bie Princtpien des gegehmwärtigen
Regens und Bervegend in der Schweiz trefflich und klar aus,
einander; es Tcheint ihm, daß, wie er fi im Allgemeinen außer
drfict, „die Menfibheit in dee. Schweiz, um fi zu enttnoßpen,
nur bie beengende Hülfe gefprengt: habe’. Obwol Zſchokke ber
Volksſache Gerechtigkeit widerfahren laͤßt, bat er doch nie zu
den Ultraliberalen der Schweiz gehoͤrt; ja, er faßte fchon im
J. 1824 den Entſchluß, feine Zeitfchrift: „‚Ueberlieferingen‘, Eins
gehen zu laffen, um, wie er ſich in einem Briefe an Bonſtetten
ausdrücdt, „nur nicht mehr von fi reten zu machen‘, weil er
.
—
352
vom einer gewiffen Geile her Dabundh in Den -Berbadit bed UL:
ie man wer.
Die Intion verfehlt nicht, beide Freunde bebeutfam
tſ
anzuregen. Iſchott ter ſaſt ber Sat ifche i
feiner Yu , * . ine a Mer 5 Yu
guft 1850: „ bez ganzen ſechttauſendjaͤhrigen Geſchichte
in
der Menſchheit findet man etwas jener großen Wunder:
wode von Frankreich Aehnliches? Wo ein Volk von 80 Mil
lionen, bas binnen 24 Stunden vom alten Königäftemme wie
ein berbfiliches Laub vom Baume abfällt? Und wahrlid, grabe
bie Franzoſen Haben mir bie wenigfte Hoffnung, wenn id an
die verfhiebenen Gpoden iprer Neder, Hobetpierre, Directos
‘ ziums,. Rapoleon, bie hundert Zage u. f. w. dachte. Nun
aber, ja nun fang’ ich an, jedesmal, wenn man bie franzoͤſiſche
Ration nennt, meine normanbifchhe Jagdkappe ehrerbietig abzus
ziehn; wenn auch — werben Sie doch ja nicht böfe! — mit
heimlicher Furcht vor einem NRüdfall in die alten Sünden ber
felben.” Und in einem andern, vom März 1831 batirten
Briefe: „Es ift heutiges Tages der Mühe werth, gefund zu
fein und dem ungeheuern Gcaufpiel, welches bie europäifche
Voͤlkergeſellſchaft aufführt, zuzuſchaun. Die Zageblätter haben
das Intereffe einer ganzen Welthiſtorie empfangen. Die end»
lich trot alles Gträubens der Machthaber zum Durchbruche
gelommene Freiheit ber Gedankenmittheilung macht Alles durdy
fihtig unb bie Nationen allwiffend in ihrer Gegenwart. Es
iR wunderbar, den Mechanismus, das Materielle dere Armeen,
Gerichtshoͤfe, GSenfurämter, Diplomatenprotololle u. dgl. der
Macht des Geiſtes und feiner Gedanken gegenüberzufehn.‘‘
Die trefflichfie Bemerkung aber macht bier Bonſtetten:
„Man bat fi taufend und taufend Jahre geſchlagen, um Kös
nig zu werben; nun wird man ſich bald nur fchlagen, um es
nicht zu fein.”.
Benfetten lebt in Genf, dem beffändigen Sammelplat
vornehmer und geiftreicher Fremden, fortwährend in einem Kreife
feinſter Gefelligleit, in bem ſich bee Achtzigjaͤhrige mit jugend»
licher Friſche und Heiterm Antheil zu bewegen weiß. Was er in
diefen reichen Umgebungen erfährt und fieht, theilt er Alles ge:
treulich feinem Freunde 3ſchokke mit und vergißt au nie zu
erzählen, wie er überall ber Gegenftand ber ausgefuchteften Liebs
tofungen, befonbers audy bei ben Zrauen if. Wenn uns biefe
kleine Koketterie des lebensfrohen Alten bei der großen Behag⸗
lichkeit und Butmüthigkeit, mit der fie auftritt, nie wiber ibn
einnehmen kann, fo findet ſich doch unfer Gefuͤhl mit entſchied⸗
neree Theilnahme zu dem unermüblich firebfamen und wiffen-
ſchaftlichthaͤtigen Zſchokke hingezogen, ber, obwol von vielfas
hen dffentlihen Aemtern in Anfprud genommen, in feinem ab:
gefchiebenern Aargau zugleich den mannichfachſten Studien ſich
Bingibt, während feiner Mußeſtunden ſich mit Optik beichäftigt
und eine umfaflenbere philofophifche Arbeit: „Ueber das Al” (vgl.
ben erfien Theil des „Prometheus“), unternimmt, in ber er
. fi auf bem Wege einer zufammenhäggenden Forſchung und
Dorftellung bie Elarfte Erkenntniß der hoͤchſten Dinge begrüns
den will, und woran Bonfletten auf bie ihm gemachten Mits
theilungen davon weniger Antheil zu nehmen fcheint als ber
Freund wol wänfdt. Bonſtetten will überhaupt ben fpeculatis
ven Unterfuchhungen feines Freundes Feine fonberlidye Aufmerk⸗
famteit ſchenken; fo mag er z. B. den erften, philoſophiſch zes
ctirenden Theil des „Alamontabe” gar nicht haben, obwol er
en zweiten mit vieler Wärme anerkennt, unb daran tbut er
vielleicht nicht Unrecht. Auch Zſchokke feinerfeits fcheint in bie:
fen Briefen von ber Philofophie feines Freundes Bonftetten nicht
eben erbaut und befriedigt; und fo haben Weide ohne Zweifel
mit Recht ihre ſchwachen Seiten an ſich erfauat. Die Urtheile,
weiche Bonftetten fonft in manchen feiner Briefe über anders
weitige Arbeiten Zſchokke's, namentlich über deſſen poetiſche Er»
zeugniffe, Romane und Graählungen ausfpricht, find nicht felten
ſehr fi und treffend und immer in ber befien, munterften
Laune dargethan. Zfcokle aber will in feinen Antworten nichts
ser jeiR willen, Im Mrpagen 8 Kugenbiilt, 1 Befrieigeng
Bez ‚im en ‚zur
feiner. eignen Stimmung , geſchrieben; ex bat nie, auch
nen andern deiſtungen nicht, an die Nachwelt gedacht; er bes
greift nicht, wie ſich fein Buchhändler von ber Theilnahme an
feinen gefammelten Schriften fo viel verfpricht, daß ex mehre
mplare bavom abziehen läßt. Diefe Aeußerungen be
treffliden Mannes können jeboch nur ben Ginbrud machen, ba
Beſcheidenheit jedes Verdienſt in verſchoͤnter Glorie bervorhebt.
In dieſer Weiſe offenſter und vielſeitig bewegter Selbſt⸗
mittheilungen kann dieſer Briefwechſel wol nicht verfehlen, In⸗
tereſſe zu erregen und geiſtvoll zu unterhalten. Mir hätten
aber dennoch gewuͤnſcht, daß bez Herausgeber biefen zweiten
Theil feiner Zeitfchrift, eben weil fie den Charckter einer Zeit⸗
ſchrift Haben fol, nicht allein bamit angefüllt, fondern bie Briefe
in mehre Hefte vertheilt hätte. Wenn wir, wie zu erwarten
unb zu wünfchen ſteht, mit einer baldigen Kortfegung des „Pro⸗
metbeus" wefreut werben, fo möchten wir ver Allem bie Bitte
ausfprechen, daß uns barin ber Derausgeber aus ben binterlafs
fenen Papieren Jochmann's, deſſen werthvolle Belanntichaft wie
ihm zuerft verdanken, und die, wenn wie nicht irren, ih in
feinen Händen befinden, noch mit mandyen Mittheilungen bee
ſchenken moͤchte. 88.
Notiz.
Aleranber Duval und Victor Hugo.
Herr Alerander Duval hat neuerdings eine Brofchüre gegen
das Haupt der Romantiker erfcheinen laffen. Er nennt fi barin
den fruchtbarſten franzoͤſiſchen Theaterdichter; fobann erklärt er, er
Mar es als folder für feine Pflicht, bie dramatiſche Kunft, bie
Höne dramatiſche Kunft nämlich, und bie ehrwürbigen Greife,
bie man fo gottesläfterlih ganaches de l’empire geheißen, in
Schut zu nehmen. Hr. Duval zeiht feinen Gegner oͤffentlich
bes Boverraths an der bram Kunft und tbut dar,
oder fucht darzuthan, wie bes verruchte Dichter durch arge Leh⸗
zen und noch ärgere Mittel bie ſchoͤne dramatiſche Kunft auf
ewig zu Grunde gerichtet und bas Theätre francais dazu nebſt
dem ebrwärdigen ganaches,
„Sie haben‘‘, fpricht der Claſſiker zum Romantiker, „jene
großen literariſchen Monumente zerftören wollen, an welche wir
Dichter aus ber Kaiferzeit unfern Ruhm gelnüpft hatten. Gie
haben fich ferner eine praͤtorianiſche Garde geichaffen, bie uns
arme, verhöhnte, verlaffene Dichter wie hoͤlliſche Geiſter vers
folgt; es find wahre Satans, die uns mit ihren Krallen zer⸗
fleifden, wo fie nur koͤnnen. Ich bin Jeet no nicht gefragt
worden; allein man hat mich eine Perüde, einen spicier unb
ein fossile genannt.” Nachdem er fo nun bie perſoͤnlichen Ans
griffe, bie ihm ſchwer aufbem Herzen zu liegen feinen, gerädht,
gebt Hr. Duval zur literarifcgen Kritik über. Hr. Duval fins
det, daß das Gift, welches in den neuen Dramas fo beliebt iſt,
ein ſchlechtes Surrogat für den claſſiſchen Dolch feiz es ift weit
unmoralifcher und duldet weit weniger Wariationen in der Ans
wendungsart. Sodann erfiä Hr. Duval, mie man zu feiner
Zeit ein tüchtiges, verflänbiges Trauerfpiel anlegte. Der erſte
Zweck, den man ſich vorſteckte, war, eine moraliſche Folgerung
mit dem Sujet zu ziehen; der zweite, fuͤr einen Helden zu in⸗
tereſſtren; ber dritte, ihn mit Nebenperſonen zu umgeben, durch
die feine Tugenden und Vorzuͤge gehoben wurden; ber vierte, bie
Yerfonen endlich nady ihrem Charakter, Range, nach ben Zeit:
und Gittenverhältniffen reden zu laſſen; der fünfte endlich war,
den ‚Helden allmälig zu einer nicht allzu gräßliden Katar
ſtrophe zu führen, man begnügte ſich mit einem raifonnablen
Entfegen, mit einem becenten Schreck; übrigens labet er die
Herren Romantiler ein, ihn zu befuchen, und macht fi) anbeie
fig, ihnen in kurzer Zeit begreiflich zu madhen, wie ein Drama
aufzubauen fei. Gehe artig, fehr bienftwillig und beſonders
ſehr befcheiben ! 148,
Kedigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagäbandlung: $. 4. Bro@daus in Leivzig.
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7
00. Blätter - | Ä
I für |
—
literariſche Unterhaltung.
Mittwoch,
— Nr.86. —
27. Maͤrz 1833.
Politiſche und literariſche Gegenwart.
Geſchluß aus Nr. 86.)
Um jedoch auf Frankreich zuruͤckzukommen, fo dürfte
für Diejenigen, welche bdaffelbe nicht ununterbrochen feit
den Julitagen im Auge hatten, denen es mithin unbegreif:
ih fein muß, wie ber fchöne Enthuſiasmus jener glorreis
chen Tage ſich fobald in allgemeines Misbehagen vertan:
dein konnte, ein anderes mit ruhigem, wenn auch offenbar
dem Syſtem von Perier zugewandtem Sinn verfaßtes Werk:
2. Briefe aus Paris über Frankreich im erften Jahre
feiner Yuliusrevolution, als Fortfegung des Ausführlis
hen Berichts eined Augenzeugen über die legten Auf:
tritte dee frängöfifchen Revolution, von Johann Hein:
rich Schnigler. Stuttgart, Eotta. 1832. Sr. 8.
1 Thle. 12 Gr. |
recht nüglich fein, welches die WBegebenheiten in Paris
feit der Sulirevolution in chronologifcher Reihenſolge bis
zu dem Miniflerium vom 13. März 1831, welchem Gas
ſimir Périer präfidiete, darſtellt. Diefe Schrift, erktärt,
wie dieſeß, das Princip des juste milieu aufrecht erhal:
tende Miniſterium an die Reihe kommen konnte. Man
fieht, wie die große Revue der Nationalgarde, welche ber
neu erwählte König der Franzoſen am 29. Auguſt 1830
auf dem berühmten Marsfelde hielt, wo am 14. Juli
1790 Ludwig XVI. die Gonftitution beſchwor, der Cul⸗
mingtionspunft feinee Popuſitaͤt war, wie das Recht
der Deputirtenlammer, nad) DBerjagung der verhaßten Dys
naſtie einen neuen König zu wählen, nicht mit Unrecht
in Zweifel gezogen wurde, benn offenbar waren die Des
putirten von ihren Departements nicht mit Verhaltungs⸗
regeln für einen fo ganz unerwarteten Fall verfehen, wie
das bei jeder großen Ummälzung unvermeibliche momen>
tane Sinten bes Credits und Hemmung des Verkehrs
um fo größere Unzufriedenheit erregte, als das Wolf,
welches fo tapfer und fo edel geftritten hatte, uns
mittelbar folgende goldene Tage erwartete, zugleich. aber
theils” durch republilanifhe Declamationen, theild durch
kriegeriſche Gerüchte, theild durch die Raͤnke ber Geift:
lichkeit aufgeregt wurde. Dem der Natur der Sache
nad) . aufgeregten Geift der Nation Begenüber erbli⸗
den mit eine ſchwache Regierung, bie zwar durch Aus
merzung der von Karl X. ernannten hundert Pairs die,
Pairskammer decimirt, aber fie nicht aufhebt, durch ‚offers
a A — — ERREGER
⁊
tirte Buͤrgerlichkeit laͤcherlich wird, indem z. B. der Herzog
von Orleans Oberſt und zugleich Kanonier der Buͤrger⸗
garde wird, deren Miniſter einen Nepotismus bei Beſetzung
der Stellen ausuͤbte, wie er nur jemals ſtattfand — die
mit einem Worte alle Fehler eines legitimen Throns mit
denen eines von des Volkslaune abhaͤngigen Regiments
verbindet. Weder das ſogenannte doctrinaire Miniſterlum
von Guizot, Broglie, Bignon, Dupin, Mole, noch das
liberale von Laffitte, Gerard, Sébaſtiani, Montalivet, Mais
fon, zu welchem bald Soult und d'Argout an bie Stelle
von Gerard und Maiſon gerufen wurden, am wenigſten
aber der König felbft vermochte einen geregelten feſten
Plan aufzufaffen. Guizot begriff nicht, daß die Julitage
eine neue Periode herbeigeführt hätten, und wollte eine
Quafilegitimität retten; Laffitte ſchwankte zwifchen den li:
beralen Anfichten der Vergangenheit, die auf die Gegen⸗
wart nicht paßten; bie Deputictenlammer deliberirte uͤber
Kleinigkeiten, zu ertheilende Decsrationen und architektoni⸗
fhe Verzierungen, und eigentli war es nur die Natio⸗
nalgarde, weiche waͤhrend ber vielen einzelnen Aufftände
bie Ruhe erhielt. Es war wegen der gänzlichen Gefahrs
kofigkeit bald nicht einmal Ehre dabei, der Regierung zu
trogen, wie ed Hubert, der Präfident der Amis du peuple,.
und der Graf Kergorley offen und ungefcheut thaten; bie
Emeuten während des Procefies der Erminifter, der Auf:
ftand bei dem unfinnigen, von den Karliſten gefeierten
Todtenamt des Herzogs von Berti, wobei ber erzbifchöf:
liche Palaft verwuͤſtet wurde, machten endlich fogar bie
Nationalgarde wegen ber fteten Belaͤſtigung verdrießlich.
Der Lefer des zufegt erwähnten Buches wird dem Laufe
des franzöfifchen Volkslebens gleich dem eines Stroms fols
gen Eönnen, welcher ſich zulegt in das Becken des juste
milieu ergießt, welches Gafimir Perier präfenticte.
Derf. verfpricht eine befondere Darſtellung der Vorfälle
unter dem Minijterium Peérier.
Weniger in politifcher als vielmehr in pfuchologifcher
Hinficht iſt es Intereffont, zu betrachten, welche wunder:
bare Spfleme große Begebenheiten auch in religiöfer Be⸗
ziehung hervorbringen, die mit dem durch die Zeitereignifie
erzeugten Enthuſiasmus vertheidigt werden. So fehen wir
in der Mevolution von 1789 nad und nach bie entge:
gengefesteften religiöfen Sekten auftreten; ber ftarre Ka⸗
tholicismus der nicht vereidigten Priefter rief als Gegenſatz
Sn
Der.
die atheiftifhe Sekte
3 : > .
. ‘ ’
hervor; ſelbſt bie einfache natürliche Religion, der reine
Deismus, wie Mn Rouſſeau lehrte, fand in Mobespierre
einen fo fatanifchen Anhänger, daß er in. blutige Verfol⸗
gung ausartete, bis fpdter Lareveillere unter kom Ma:
men der Theoͤphiianthropie ihn auf mildere Art zu grän:
den ſuchte. Ebenſo find in unfern Tagen die verwirrten
Sekten der Myſtiker, Poͤſchelianer und Froͤmmler diverfer
Art entftanden, welche Erfcheinungen auf das leider bei
Vielen geftörte Gleichgewicht zwiſchen dem Verſtande und
der Phantaſie deuten. In Frankreich breitete ſeit der
Julirevolution die pofttifchreligiäfe Sekte der St.⸗Simo⸗
nianer fih immer mehr aus, welche außer einigen phan⸗
taftifhen Sägen über das DVerhältniß der Frauen und
myſtiſchen Abfurditäten ein patriarchaliſches Verhaͤltniß
gruͤnden will, ſodaß eine Art von Papſt von dem allge⸗
meinen Staatselgentyum einem Jeden fo viel zutheilt, als
er in Bezug auf feine intellectuellen und phyſiſchen Eigen:
fchaften verdient, welche Einrichtung praktifch wäre, inſo⸗
fen fie ſich auf .eine einem Patriarchen mit Liebe und
Butrauen ımterworfene Samilte bezöge, rein unfinnig aber
fe einen Staat iſt; denn man denke fih z. B. einen
Patriarchen, in deſſen Sände die Revenuen von ganz Frank:
reich flöffen, und von dem dagegen verlangt würde, von
33 Minionen Individuen jedem Einzelnen die Summe
guzumefien, weiche ex nad feinen Fähigkeiten werth wäre.
Indeſſen iſt über dieſe Sekte ſchon zu viel gefprochen, um
mic) dabei zu verweilm. Intereſſant aber ift die Entites
bung einer andern, ‚meniger befannten Sekte, welche der
Abbe Lamennais, bekannt durch dad Werk: „Sommaire
diun systeme des connaissances humaines”, zu gründen
ſtrebt, dem fi) ein junger, vom Advocaten zum Geiſtli⸗
hen Übergegangener Sanatiker, der Abbe Lacordaire, der
Mriefter Gerbet, Verfafler des Buche: „Coup d’oeil sur
la controverse chretienne, depuis les premiers siecles
jusqu'à nos jours” (Paris 1831), ein Priefter aus dem
Eifaß, Rohrbacher, der Conforte von de Potter, Bartels,
und mehre Andere anfchloffen, worunter auch Harel bu
Tancret, ein Schüler des bekannten: ftrasburger Profef:
ford Bautain, welcher aus dem eraltirteften Liberalis:
mus zum ſtrengſten Katholicismus überging, fich befand.
Wie fonft. die Geifttichen dem Abfolutismus huldigten, fo
will diefe Sekte ſich mit der Freiheit verbinden, und in
dem Journal „L’avenir”, welches ihr Organ iſt, ſtellt fie
ihre Anfichten dahin auf:
Freiheit ift von Gott allen Menfcken gegeben, und unge:
hindert muß jedes Bolt feinen Entwictelungsgang geben; alle
Schranken müffen fallen, nichts Befonderes den DRenfchen hir:
bern, zu Gott zu gelangen. . Aber mitten unter Reformen unb
Neuerungen loͤſen fih die alten Bande, welche den Staat zu:
fammenpielten, die hiftorifchen Weberlieferungen werben vergeflen
oder verſchmaͤht, die Geſetze altern, feſſellos fteht bie Menge
da, verlangend nach Gleichheit, nad einem Wohlſtande, der bie
Frucht der Arbeit fein fol, in ihrer Armuth fi) waffnend ges
gen bie Minberzapl der Reichen, bereit, von Umwälzungen zu
Ummwälzungen fi zu ftürgen. Freiheit kann bemnady Allen vers
derblih werden; aber «8 gibt eine Bedingung, unter welcher
fie nicht nur unſchaͤdlich, fondern wohlthätig und ficher begruͤn⸗
det wird. Diefe Bedingung heißt Glauben, Fefttalten an den
von Hebert und Anacharfis Cloog ı religiöfen Lehren, an bin Weberlieferungen, welche die Kirche
bewahrt, die bad Ungereimte in ber Weltordnung erklären unb
de MWiderfpräche der einander beftreitenden Elemente außglei:
hen. Nur für den wahren Katholiten ift Kreiheit möglich, weil
fie für ihn ohne Gefahr if. Freiheit ift der Geift des Katho⸗
licismus. zr nde mit ten Maͤchtigen ber Erde bat fich
legterer feld gachadet, dadurch, daß er bin Achgwohn verans
laßte, als begünftige er linterdrüdungs diefem argen Wahne zu
fteuern, ift hohe Zeit. Die Völker haben von der Kirche ſich
abgewandt, weil fie dem Staate Tröhnte, weil fie dem Throne
fid) dienſtbar machte, weil fie mit den Königen verfuchte, bie
Seit rückgängig zu machen; durch Licht und Freiheit follen Lie
Voͤlker zu ihr geführt werden. Der Staat hat das Recht nid.
in das Gebiet bes ‘Glaubens einzugreifen, die Bebürfniffe des
Ghriften haben nichts gemein mit denen bes Bürgers; biefer
gehorcht dem Wefege, jener dem ichenbigen Drange in feinem
Innern. An der Spitze der Kirche, flieht der Papft, ein Ver:
einigungspunft für alle Graͤubigen: ohne Papft Feine Kirche.
Ihm allein ſteht das Necht zu, die Hirten ber Heerden zu er=
nennen, bie feiner Entſcheidung vertrauen und als den Bewah⸗
rer ber geheiligten Traditionen ibn verehren. So fei denn Feine
Nede mehr von nationalen Abfonterungen, von gallicaniſchen
Artikein, fo enthalte ſich bie Krone Feier Einmiſchung in gas
liche Angelegenheiten, fo erlaube fie ſich nicht, Buichöfe zu er=
nennen unb für ſich oter ihre Zwecke Gebete zu fodern. Von
ihrer Seite begehre die Kirche Peine Unterflüsung, fondern un:
terhalte aus eignen Mittelh ober durch die Beiträge der Glaͤu⸗
bigen die Diener bed Altars; fie Ichre frei und ummunden, und
erbebe fi au ber ihr eigenthuͤmlichen angeflammten Würde.
Der Beifafl der Völker kaun ihr dann nicht abgeben, ran das
Bedürfniß des Glaubens, weit entfernt, ausgegangen zu fein,
wird allenthalben laut, und fo wird es zulegt wahr werben, was
Chriftus fprach: „Es wird eine Heerde und ein Hirte fein‘.
Gern: überlaffe ich es dem Lefer, die Logik ‚und ben
Ideengang dieſer Religionsanfiht nach feinem Ermeſſen
zu würdigen, denn in Bezug auf dasjenige Gonvofut von
Schmwärmerel, Betrug, Abfurbität und Unmöglichkeit, was
man mit dem Gollectiowort: Glauben, bezeichnet, läßt
ſich in der Regel mit gleichem Rechte alles Mägliche be:
haupten, und ich erinnere mich dabei ſtets an den Aus⸗
fprudy des heiligen Auguftinus, welcher feinem Metier als
Heiligen zufolge doch in Glaubensſachen einige Autorität
haben muß und fi begnuͤgte, zu fagen: „‚credo, quia
absurdum est”, obfchon für mich die Abfurditdt, bie ich
übrigen® keineswegs abftreite, keine ſolche Beweiskraft ha⸗
ben würde. Was mic abet an dem Glaubensbekenntniß
des Abbe Lamennais auffiel, war, daß baffelbe mir als
ein bekannter, wenn auch nicht vertrauter Ton erfchien
md in meinem Andenken bie laͤngſt vergeffenen, confufen,
durch einzelne geiftreiche Stellen ausgezeichneten Schriften
bed phantaftifchen Goͤrres, namentlich defien Werk: „Eu:
ropa und die Revolution“, hervorrief, wo ebenfalls bie
Infallibilitaͤt des Papſtes und Annahme verwirrter Dog⸗
men mit hoͤchſt liberalen Ideen in wunderlichem Conner
ſtand. Es war mir daher ſehr intereſſant, in den zuletzt
erwähnten „Briefen aus Paris” zu erſehen, daß man
erwarte, der bekannte Verfafſer des „Catholique”, Bason
Eckſtein, ein muͤnchner Profeffor Dillinger und Börres
wuͤrden fich bigfer Sekte anfchließen. Od übrigens bie,
vieleicht geheimen Obern diefer Sekte fo ehrlich find als
die ſich ‚ihnen anſchließenden Schwaͤrmer, bürfte jegt, wo
fo viele Menfhen in Frankteich Masten tragen und mit
heuchleriſchem Schein fi an Die anfchließen, welche fie
.
. 355 B
toͤdtlich haſſen, wo die dem Abſolutismus und den Jeſui⸗
ten verkauften Journale, die Gazette“ und „Quotidienne“,
republikaniſche Inftitutionen fodern, ſchwer fein. Die ſchon in
der erſten Revolution, wenn aud) zum eignen Nachtheil ange⸗
wandte Kriegsliſt der Royaliften, durch Machinationen den res
publikaniſchen Enthuſiasmus bis zum Wahnfinm zu fleigern,
um bei ber der Weberreizung folgenden Apathie ſich abermals
der Gewalt zu bemächtigen, iſt jegt wieber an her Tages⸗
ordnung. Die vom Sefuiten und Prieitern geleitete ſervile
Partei fürchtet, daß ein conftitutionnelfee Thron fich dau:
ernd "befeftigen Eönne, hofft aber, daß eraftirte Freiheite:
ideen zu einer Republik ald einer Zwifchenerfcheinung fuͤh⸗
ren möchten, aus welchem für Frankreich auf dauernde
Art unmoͤglichen Berhältniß zu Gunften der Legitimirät
ein 18. Brumaire ſich berbeibeten und intriguiren ließe.
Dh, die erwähnte Sekte mit „ihren liberal theofophifchen
Ideen gleiche trügerifche Abfichten babe, muß die Zukunft
lehren; jedenfalls ift es verdächtig, daß fie mit ihrer Lehre
von Sreiheit und Uneigennüugigkeit der Kirche erfl dann
hervortrat, als der Staat feine Verbindung mit der Kir:
che gelöft hatte, und Niemand daran denkt, fie zu be:
reichern.
Uebrigens ift dergleichen Sektirerei in Frankreich nicht
ſonderlich, befonders nicht dauernd gefährlich, denn unter
die vortrefflichen, nicht genug zu rühmenden igenfchaften
dee Franzoſen gehört es, daß fie im Ganzen für Pfaffen:
trug und religisfe Superftition Außerft wenig empfänglich
find, weshalb ich die Erfcheinung diefer Sekte auch nur
als eine originelle Phantafterei dargeſtellt habe. 86.
FR Friedrich der Zweite, König von Preußen, irreligioͤs
gewelen? Eine gefchichtlihe Abhandlung von J. D.
€. Preuß. Zweite, vermehrte und verbefferte Auflage.
Berlin, Naud, 1832. 12. 8 Gr.
Es ift nah unferm Dafürhalten traurig, daß in Beziehung
auf den größten König und berühmteften Mann bes 18. Jahrh.
eine ſolche Abhandlung wie die vorliegende nöthig geworden ift,
aber ba fie nun einmal gefchrieben werben mußte, fo muß man
fi) freuen, daß fie in der vorliegenden Art und Weiſe ge:
fhrieben ift.. Herr Preuß, der ſich durch feine „Geſchichte
Friedrich's des Großen’ ein vollgoͤltiges Recht erworben hat,
in dieſer Angelegenheit: mitzufpredien, gibt bier ein Bruch⸗
fü aus dem britten Bande feines größeern Werkes, für
weiches ihn Jeder, der nach gründlicyer Belehrung ſtrebt,
dankbar fein muß. Nach dem Eingange, in welchem er ben
ſchiefen Urtheilen Büfching’s und Anderer (warum nannte er bier
nicht die Namen: Arndt, Ad. Müller und Steffens, von benen
der Leptere wieder in „Walſeth und Reith”, III, 62 fg., fi
Höchft einfeitig äußerte 2) die Worte Joh. Muͤller's und Riemeyer’s
aus bed Leptern treffliher Gedaͤchtnißpredigt auf Friedrich II.
gegenüberftellt, ftellt ee vier Punkte auf, bie fih in Beziehung
auf Glauben und Begriff bei Friedrich II. gefchichtlich nachwei⸗
fen laffen. Zuvoͤrderſt hat Friedrich feit dem Jahre 1736, wo
ee ſich zuerft mit Suhm und mit Boltaire ſchriftlich, dann mit
den Predigern Achard und WBeaufobre muͤndlich über religiöfe
Gegenſtaͤnde unterhielt, bi8 an das Ende feines Lebens diefe Un:
serfuchungen fortgefegt.. Nur eine Beweisſtelle hierzu aus dem
81. Briefe an Samps vom 3. 1739: „La foi vivifiante n’est
point mon mérite éminent, mais la morale chretienne n’en
est pas moins la regle de ma vie’ (8.9). Zmeitens hat Fried:
⁊
rich das Daſein Gottes als eines geiſtigen unb vollkommenen
Uchebers der Welt flets mit inniger Uebergeugung geglaubt und
mit Eifer vertheidigt (&. 9— 20). Zum Beweiſe werden eine
Reihe von Stellen aus feinen Gedichten und Briefen angeführt.
„Das Endliche“, heißt ed unter Anderm in einer Stelle aus dem
‚Bssai sur l’amour propre’’, „kann das unendliche nicht begreis
fen; folglich find wir nicht im Stande, uns eine genaue Idee
von der Gostheit gu machen; wir Finnen uns bios don ihrem
Dofein überzeugen, und das ift Alles. Wie kann man von einer
voben Seele verlangen, daß fie ein Weſen, welches fie auf keine
st und Weiſe erfennen kann, kieben foll? Es fei uns genug,
in dee Stille anzubeten und unferm Herzen Feine andern Bewe⸗
gungen zu geftatten als die Gmpfindungen ber allerdemäthigften
Srtenntlichleit gegen das Weſen aller Wefen, in welchem und
durch welches alle andere Wefen ihre Wirktichkeit erhalten ha⸗
ben.’ Auch die merkwürdige Verordnung, durch welde ben
gemeinen Leuten bei Uebergabe von Bittſchriften bas Riederfals
ten (denn das können fie wol vor Gott thun) unterfagt wird,
findet fih hier S. 16 angeführt. Diefe Verfügung iſt vom
30. Aug. 1788, in Frankreich aber burfte, wie Dr. Preuß tref:
fend bemerkt hat, der dritte Stand bie 1789 den Monarchen
nur kniend onreden. Gndli wird auch gezeigt, daß tie dem
Könige ſchuldgegebene Nachbeterei in religiöfen Gallen und
biinde Andaͤnglichkeit an feine franzoͤſiſche Umgebung urkundlich
nicht nachgewiefen werden koͤnne. Es wirb vielmehr durch Gtel:
len aus dem Briefwechfel des Königs. die Selbſtaͤndigkeit deſſel⸗
ben nud in biefer Beziehung gezeigt und dargethan, daß in
des Königs Abendgefellfchaften nur ber Aberglaube und bie
Prieſterherrſchaft, nicht aber die Religion ein Gegenfland des
Spottes gewefen fei.
Die dritte Befchuldigung ber Priefter ift gemwelen, daß
Friedrih an bie Fortdauer nad) dem Tode nicht geglaubt habe.
Bon ©. 20— 31 hat ber Verf. gegen diefe Anſicht mit Fried:
richs eignen Worten gekämpft, bie wir aber jegt nicht herſetzen
wollen, da der dem großen Könige gemachte Vorwurf gar zu abges
ſchmackt ift. Nicht minder läppifch ift der Wormurf, daß er das
Chriſtenthum gehaßt und veracdhtet habe. Auch dies Eonnte ſich
nur in den Köpfen glaubensflarrer und hoffärtiger Theologen
feftfegen, die fi vom Könige nicht genug geachtet glaubten, ba
ihm (und das von Rechtswegen) aller Priefterftolz verhaßt war.
Darum nannte er auch wol bie Geiftlichen „Chekers“ und
„Muckerpack“ und fpottete ihrer häufig, daß Buͤſching ſelbſt
darüber Klage führt, obſchon er fonft für feinen König fehr
eingenommen ift. Ueber das Chriftenthyum®&hber hat er nur mit
ber größten Hochachtung gefprochen und ift gegen Holbach und
tu Marfais fogar als Vertheidiger deſſelben aufgetreten (S. 31
— 84), befonders aber ift er des Proteſtantismus GSchug: und
Schirmvogt während feines ganzen, Lebens gewefen. "Schon aus
diefer Urſache hätten proteftantifche Theologen und Profefforen
ben König nicht verfegern follen. Seine Urtheile über die Ne:
formation, feine Abneigung gegen alle Religionsveränderungen
in feinee Familie, feine Sorge für bie Erhaltung tes Wange⸗
liſchen Glaubens in feinen eignen und in andern Landen, wie in
Würtemberg und in Heffen, fein eifriges Beſtreben, die bürger:
liche Stellung ber Proteftanten in Ungarn, Mähren und an?
bern Öftreichifchen Ländern zu verbeffern: al Dieſts (8. 34 —
45) zeigt zur Gnuͤge, ein wie guter Lutheraner Friedrich II.
geweſen iſt, —— er nicht in einem beſondern Vuͤchlein, wie Herr
Steffens, dieſes der Welt hat zeigen wollen; denn der Koͤnig hat dies
durch ſein Leben gezeigt. Beſonders intereſſant iſt das Schrei⸗
ben an den Reichstag zu Regensburg vom 1. März 1755 (auf
S. 83 ſteht faͤlſchlich 1775), durch weiches der König feinen
Gefanbdten, den ‚Breiheren von Plotho, amtlich bevolmädtigt, .
dem Gerüchte zu vwiberfprechen, ald wäre ter Marfgraf von
Baireuth (Friedrich's Schwager) und deffen Gemahlin in Frank⸗
reich Fatholifch geworden. Dies Schreiben erinnert in mebr ale
einer Beziehung an den würbdevollen Brief bes jegigen Königs
von Preußen (man ſehe die Beilage zur ‚Allgemeinen Zeitung‘,
1826, Ar. 30,, als die Herzogin ven Anhalt: Köthen im Dct, 1825
%
356
zur katholifchen Religion übergeireten war; denn es hatte fi
leider im koͤnigl. Haufe dies ereignet, wogegen „baffelbe zu bes
—— Friedrich „die göttliche Providenz inbruͤnſtig angefleht
atte”.
Hierbei verſchweigt Hr. Preuß auch nicht, daß der König
abgeneigt gerwefen fei, katholiſche Unterthanen. in ben Staates
dienſt zuzulaſſen (S. 45— 47), ſowie er auch die Berwerfung
Moſes Mendelſohn's aus ber Lifte der Akademiker zu Berlin
angeführt hat. Wenn das Erſtere als ein irreligiäfes Verfah⸗
sen bezeichnet wird, fo entfchuldigen der Geift der Zeit und auch
wol politiſche Ruͤckſichten ein folches Verfahren weit mehr, al
wenn im dritten Decennium des 19. Jahrh. bie Keflacte in
England mit fo beharrlicher Hartnädigkeit aufrecht gehalten
wurde. \
Zum Schluß bemerkt ber Verf. fehr richtig, daß bie uner:
wartete Sheilnahme, mit welcher unter riebri II. die Er⸗
bauungsſchriften eines Sad, Nöffelt, Spalding, Serufalem u.
%. aufgenommen, gelefen und in vielen Auflagen verbreitet wors
den find, doch auch für bie Kirchlichleit des Beitalters fprechen.
Friedrich übte aber einen fo gewaltigen Ginfluß auf feine Uns
tertbanen und auf feine Zeit, daß auch feine Zrreligiofität bies
felben gewiß ergriffen haben würde, wenn fie fo groß geweſen
wäre, a manche Theologen wollen.
Herr Preuß hat, vielleiht um nicht zu ausführlich zu wers
den, der hierher gehörigen Abhandlung Garve's in feinen „Frag⸗
menten über Friedrich den Großen‘, Bd. 2, ©. 1— 11, nicht
gedacht, die bei aller Anhänglichleit ihres Verfs. an feinen be-
wunderten Landesherrn, doch nicht frei von Irrthuͤmern iſt. Richti⸗
ger urtheilte Buchholz im „Berliner Kalender“, 1827, &. 80 fg.
Die in Thiebault's ‚Erinnerungen an Friedrich ben Gros
Ben’ zerftreuten Aeußerungen des Königs würden nur zur Be:
ftätigung ber Säge des Hrn. Preuß gebient haben. Sagte doch
felbft Gafanova (IX, 451 der deutfchen Bearbeit.): „ber König
war nie Atheift”. Uebrigens wuͤnſcht Ref. ber Schrift bes Hrn.
Preuß recht viele Lefer, weil alle Behauptungen in berfelben hi-
ftorifch erhärtet und erwiefen find, und folche Unterfudhungen es
gerabe find, welche den großen König recht hoch fiellen und ben
Snthufiasmus volllommen rechtfertigen, mit bem fein Name
in Preußen fowol als in andern Ländern fortwährend aefeient
wird. .
wandten Mytholegien. Für höhere Lehranflalten, für
Studirende und Künftler bearbeitet von G. P. Rauch
nid. Leipzig, Hinrichs. 1832. Gr. 8. 2 The.
6 Gr. |
Untee ben verſchiebenen Zweigen der Wiſſenſchaft fand in
bee neuern Zeit bie Mythologie unter ben Gelehrten eine leb⸗
hafte Theilnahme und Aufmerkſamkeit. Nicht bios vom philo⸗
logifhen Ständpunlte aus, fonbern auch vom philofophifchen
und gefchichtlichen, beſonders ſeit man zu der Ueberzeugung
kam, daß Erläuterungen zur Gefchichte jener Zeiten, bie früher
als alle Geſchichte find, daraus gefchöpft werben können, wurbe
die Mythologie beachtet und behandelt. So entflanden bie my:
thologifchen Werke eines Greuzer, Voß, Görres, W. v. Schlegel,
Hug, Mone, D. Müller und vieler Anderer, bie größentheils
mit einem Aufwande von Gelehrſamkeit, Sprachkenntniß unb
Shyarffinn gefchrieben find. Der Verf. biefes mythologiſchen
Handbuchs hat feine ſchon anderwärts gezeigte Kunſt verſtaͤn⸗
diger Sompilation bei biefer Arbeit aufs Reue bewährt; es ift
eine fleißige, größtentheild gelungene Zufammenftellung ber durch
die neuern und neueften Korfchungen auf bem Gebiete ber My:
thologie gewonnenen Rejultate. Der Plan iſt im Ganzen gut
angelegt und bas Buch zerfällt, außer ber Ginleitung, welche
ben Begriff der Mythologie entwidelt, in folgende Hauptab⸗
ſchnitte: 1) Einiges aus der indifchen Mythologie. Dg Verf.
folgt in ber Darſtellung vorzuͤglich Goͤrres und Schlegel
und gibt zur Vervollſtaͤndigung der Steligionsiehre ber Inbier
eine kurze Darfiellung der WBerhältniffe und ber Einrichtungen
der Bramanen. 2) Mythologie der alten Parfen. 8) Abriß
der aͤgyptiſchen Mythologie. Wei dieſem Abriffe hat, unferer
Anſicht nad, ber Verf. zu wenig Ruͤckſicht auf die aftronomis
fe unb agronomifche Bedeutung ber ägpptifhen Gottheiten
genommen, obſchon ex auf biefes Verhaͤltniß im Allgemeinen
bindeutet. 4) Giniges aus der phoͤniziſchen und chalbäifchen
Mythologie. 5) Griechiſche Mythologie. Am ausführlicdhften
und gründlichfien ift biefer Abfchnitt behambelt; es lagen frei
li bier auch bie meiften und grünblichften Arbeiten vor, und
bes Verf. Verdienſt befteht durchgaͤngig nur in ber guten Ans
orbnung bes Stoffes unb einer fließenden angenehmen Darftels
lung. @ine Bemerkung tönnen wir nicht unterbrüden; wir
glauben nämlich, daß ber Gruͤndlichkeit bes Banzen Eein Eintrag
gefhehen wäre, wenn bie Goͤtterliebſchaften, zumal bie ganz
ifolirten, welche auf Suben und Thaten ber Götter weiter feinen
Einfluß üben, nicht fo genau aufgezählt worben wären. Wenn
man 3. B. bie 42 Namen der Weiber lief, mit welchen Apollo
Kinder erzeugt bat, fo wirb man unwillkuͤrlich an einen orientas
lifchen Harem ober an Don Inan's Eebenslauf erinnert, und ba
das Bud für Lehranftaiten mit beftimmt ift, fo bürfte eine fols
he Auslaffung um fo mehr zu redhtfertigen fein; denn fo wenig
ald die chronique scandaleuse eines ruflifchen oder franzds
ſiſchen Hofes der Phantafie der Jugend zuträglich ift, möchte
die des olympifchen Hofes für ihre Bildung vortheilhaft fein.
Der fechöte und ſiebente Abfchnitt enthält Einiges aus ber My: _
thologie bee Etrusker und ber übrigen italienifchen Völker, die
freilich fehr im Dunkel liegt, um mehr barüber geben zu koͤn⸗
nen. 9) Rorbifch:germanifche Mythologie. Diefes große, ziem=
lich verworrene Gebiet ift von bem Verf. recht gut bearbeitet
und gewährt felbft eine angenehme Lecture, wie x. B. ©. 414
Thor's und Locke's Zug auf Abenteuer, &. 424 Balbur's obs
tenfeier ꝛc. 10) Bon ber alten Preußen Goͤtterdienſt und Glau⸗
ben. 11) Die Götter: und Glaubenslehre ber alten Deutfchen.
12) Gultus und Mythologie der Wendenſlawen im norböft
lihen Deutfchland. Der achte Abſchnitt gibt einige Erlaͤnte⸗
rungen über bie orientalifhe und griechifchrömifche Mythologie.
Ein vollftänbiges Regifter erleichtert ben Gebraudy dieſes zweck⸗
ö— — —ñ — — mäßigen, alle aͤhnlichen Arbeiten und Handbücher weit, binter
Handbuch der claſſiſchen, germaniſchen und ber damit vers | .
ih laſſenden Wertes.
Literarifhe Notizen.
— Zur Gefchichte bes Herzogin von Berri erfchienen: „Quatre
epoques de la vie de S. A. Madame, la duchesse de Berry”,
mit ben Proteftationen und Adreſſen zu ihren Gunften (oite
Auflage, Paris 1838), unb: „Almanach de la bonne duchesse,
ur l’annde 1833, contenant un precis de la vie de Madame”
Marfeille 1883). — —
Bon ben „Oenvres complètes d'Horace“ in ſechs Spra⸗
den (Urtert, italieniſch, ſpaniſch, engliſch, deutſch, faͤmmtlich
in Verſen, und franzoͤſiſch in Proſa) iſt die zweite Lieferung
zu Lyon erſchienen. Das Ganze ſoll aus ſechs Lieferungen beſtehen.
Zu Molièere's Andenken am Gedaͤchtnißtage feines Todes
hielt der Abbe Chatel, „vom Volke und ber Geiſtlichkeit erwaͤhl⸗
ter Bifchof”‘, eine Predigt gegen die Excommunicationen, die in
Drud erfdienen ift.
Lerminier’8 „Lettres philosophiques adressses A un Ber-
linois” (Paris 1832) enthalten einige intereffante Auffäge,
3. B.: De la philosophie de la restauration ($toyer s Gols
lard); De l’eclecticisme (Coufin); De l'éghe et de la phi-
losophie catholique (Lamennais); De l’opinion legitimiste
(Shateaubriand ; De 'la democratie frangaise (Lafayette);
rapports de la France avec l’Allemagne. 9,
—. —
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: J. A. Brodhaus in Leipzig.
e sfgusäg äç ä ¶ssisisisses IIeI
Blätter
für
literarifhe Unterhaltung.
Donnerdtag,
. Dritter Artikel.?)
Es war eine fo wunderbare als wunderliche Zeit in
| unferm deutſchen Waterlande, ale ploͤtzlich das Schwert
| wieder dem Volke die Zunge löfte zum Sprechen, und bie
Hände zum Fechten und zum Schreiben. Bon den ges
waltigen Ereigniffen getragen, bob ſich auch. der poetifche
Genius mit kraͤftigem Schwunge em Morgenroth der
neuen Sreiheit entgegen. Ein reicher, erfrifchender Quell
vaterländifcher Lieder entftrömte der Bruft unferer Saͤn⸗
ger, eines Körner, Schenkendorf, Arndt, Uhland, Ruͤckert u. A.
Selbſt einem Kouque konnte man damals
ſeine ritterthuͤmlichen Schwaͤchen um ſeines deutſchthuͤm⸗
lichen Enthuſiasmus willen verzeihen. Es waren jetzt
nicht blos Einzelne, ſondern Millionen, die aus dieſer
deutfch = kaſtaliſchen Quelle Begeiſterung ſchoͤpften. Noch
andere Maͤnner, ein Jahn, Fries, Luden u. ſ. w., riefen
mit maͤchtig anklingenden Worten in die Schranken fuͤr
Ehre, —*2— und Einigkeit einer deutſchen Nation, in⸗
dem ſie zugleich das Feuer des Franzoſenhaſſes ſchuͤrten.
Micht wenige unſerer Schriftſteller ſuchten gar den Fana⸗
tismus der Zerſtoͤrung bis zu einem Punkte zu ſteigern,
welcher dem neuen Kampfe, wie in den alten barbariſchen
| Zeiten, den Charakter ‚eines Vertilgungskrieges aufprägen
| ſollte. Wenigſtens war es nicht ihre Schuld, wenn nicht
Die vernichtende Flamme, melche fie mit Papier zu naͤh⸗
ten nimmer ermübdeten, das neue Babylon ergriff, um
feinen Stein auf dem andern zu laffen. Allen die hohe
Diplomatie, welche gegen Frankreich vereinigt war, wärmte
fi einftweilen behaglich die Hände an biefer Flamme, um
fpäter, mit geläufigerm Finger ihre Noten und ihre Tracz
tote zu fchreiben.
Der erfte parifer Friede fam zu Stande. Wer das
mals Gelegenheit hatte, den Eindrud zu beobachten, wel:
chen der Abfchluß beffelben insbefonbere auf die Stimmung
der deutfchen Truppen dußerte, mußte fi) wol üderzeu:
gen, daß derſelbe kein befriedigender war, und daß man
| den Gewinn, ben er Deutfchland brachte, keineswegs als
genügend anfah. Dan hatte gehofft, daß Elſaß und das
| deutſche Lothringen von Neuem Beflandtheile unfers Bas
Ä terlandes bilden würden. Dies gefchah nicht, und-fo kehr⸗
*) Den esften und zweiten Artikel fiche in Ar. 63 und 68
b. Bi. D. Red.
ten nicht nur das preußifche Heer, fondern aud) die Trup⸗
pen der ehemaligen Rheinbundflaaten mit dem Gefühl ges
täufchter Erwartung aus Frankreich zuräd; denn auch
diefe Letztem — nachdem einmal ber Bund mit Frank⸗
reich zerriffen war, nachdem fie wieder die erfle Gelegen:
heit gefunden hatten, für eine gemeinfame beutfche Sache
zu fechten — hatten dem vollftändigen Zriumphe berfelben
ihre heißen Wünfche zugewenbet.
Die Wuͤnſche und Hoffnungen richteten fi) nunmehr
auf die innere Seflaltung des Vaterlandes. Seit ber
Procfamation von Kaliſch waren diefelben von obenher ges
nährt worden, und je mehr man ben Bogen gefpannt
hatte, fo lange man noch gegen den dußern Feind Pfeile
ſchleudern wollte, um fo weniger konnte man ihn jegt
ohne Weiteres wieder abfpannen, um ihn zu allenfalfi>
gem Eünftigen Gebrauche unter dem alten Rüflzeuge aufs
zubängen. Auch hielt die Spannung des Volksgeiftes noch
für die nächfte Zeit aus. Zwar hatte es Denjenigen, wel⸗
che mit fchärferm Auge die feinen und fchon darum nicht
immer fehr ſtarken Fäden des neuen diplomatifchen Ges
fpinnfles verfolgten, keineswegs entgehen können, was man
von dem wiener Congrefle zu erwarten, und noch weniger
Das, was von bemfelben nicht zu erwarten hatte. Allein
bie größere Menge hörte nur auf die volltoͤnendſten Ber:
fprechungen und Verheißungen, welche von dorther erklan⸗
gen, wie z. B. auf das Verfprechen, daß die neue Ber:
faffung Deutfchlande aus dem ureignen Geiſte einer beut:
[hen Nation in fcharfen Umriſſen hervorgehen folle u. dal,
Muß es doch fchon weit gekommen fein, wenn folche
Verheißungen nicht mehr glaͤubig aufgenommen werden,
und wenn das Volk auf andere Weife als durch die fpd>
teen Folgen fich überzeugen fol, daß es von Anfang an
feine Urfache hatte, fich der Erfüllung feiner Wünfche vers
fihert zu halten. Es war daher nicht fehr zu verwun⸗
dern, daß man mit nicht geringerm Eifer in den zweiten
Krieg gegen Frankreich zog, ald man in dem erflen gezo⸗
gen war. Um fo mehr war dies der Kal, da man ſich
getröftete, daß jegt nachgeholt werden Bönne, was man
früher verfäumt hatte. Allein das Refultat diefes zweiten
Krieges befchräntte ſich auf die Befeitigung Napoleon’s
und fonft im Wefentlichen auf eine nochmalige Reftauras
tion der. teflaurirten Bourbonenfamilie. Auch dies ver-
mochte jedoch die Hoffnungen auf gründliche Verbeſſerung
I}
358
des inneren Zuftandes von Deutfchland nicht ganz herab:
zuflimmen. Zwar hatten bie Mitglieder des Congreſſes,
als Napeleon's Schwert den Faden ihrer Unterhandlungen
zerhauen hatte, und als fie nod in aller Eile mit dem
Abfchluffe der deutſchen Bundesacte von Wien Adfchied
nahmen, dieſe letztere ſelbſt für ein unvollkonimenes Wert
erklaͤrt, welches die -gereihten Wünfche des beutichen Vol⸗
kes nicht zu befriedigen im Stande fei. Allein grade in
diefer offenen Erklaͤrung ſchien eine Bürgfchaft zu liegen,
daß man nad) hergeftetftem Frieden um fo darauf
Bedacht nehmen werde, diefe Mängel zu heilen und das
- deutfches Staatengebäude im Sinne der öffentlicher Mei:
ung zu vollenden,
Ein Volt in Maffe iſt keiner lang anhaltenden An⸗
firengungen fähig, wenn es nicht durch unmittelbar draͤn⸗
ende Umftände in fortwährender Thaͤtigkeit schalten wird,
ft immer baben daher bie Rationem ihre wichtigſten
Rechte und Freiheiten nur im Sturme erringen koͤnnen;
und was nicht fchnelf erreicht und errungen worden iſt,
blieb in ber Megel, wenn es nicht gänzlich vormthalten
wurde, fo lange vertagt, bis neue Umſtaͤnde neue Bewe⸗
gungen herbeiführten. Kein Wunder alfo, daß zwar bie
Mehrheit des deutſchen Volkes die einmal entitandenen
Hoffnungen Hoch. fefthielt, daß fie aber — mit dem Kind:
kein ihrer Phantafie im Arme — einſtweilen ſich fchlafen
legte, um von ber ‚Erfüllung zu träumen und fi im
Vebrigen von den Mühfeligleiten des Vefreiungsékriegs zu
erholen. Eine Ausnahme machte nur die nicht unbeträcht:
liche Schar von Schriftſtellern, welche ſich berufen fühlte,
das Ziel eines freien und eimigen Deutichlands, das ihr
in noch ziemlich unklaren Umriſſen vorgeſchwebt hatte, mit
den Waffen bes Geiftes zu ‚verfolgen; forie ein heil der
gebildetern Jugend, welche‘ die allgemeine Begeiſterung le:
bendiger, inniger und reiner in fich aufgenommen, und
welche nun — noch zur Zeit von den Sorgen des ge:
woͤhnlichen Lebens nicht angezogen und abgezogen — iht
ganzes Sinnen und Streben darauf richtete, die Ideale,
die ihr das trunfene Herz geichwellt, aud) außer fi zu
ſchauen.
Der Enthuſiasmus für bie Herſtellung eines beſſern
Zuſtandes entzuͤndet ſich in der Regel erſt an dem Feuer
des Hafſes, der uns gegen die vorhandenen Verhaͤltnifſe
und gegen Alles erfüllt, was uns als gemeinfchädlicher
Misbrauch, Vorurtheil ober Verkehrtheit erſchejnt.
iſt ſehr natuͤrlich! Im gefellfchmftlichen Verkehr, an jedem
oͤffentlichen Orte, ſelbſt in jedem Familienkreiſe iſt zumeiſt
und zunaͤchſt nur von Denmmbie Rede, was uns im oͤf⸗
fentlichen Leben misfaͤllig aufſtoͤßt. Das Gute läßt man
ſich ſelbſt loben, dem Tadelnswerthen aber pflegt der Ta⸗
dei In vollem Maße, mitunter über das gebuͤhrende Maß
binans, zu Theil zu werben. Davon iſt es mit eine
Folge, daß die Mehrheit eines Volkes ſtets weis früher
und richtiger die Fehler und Gebrechen des Beftehenden
beurtheilen lernt, als fie mit ud Klarheit einficht, was
zweckmaͤßig an bie Stelle des Beſtehenden treten könnte.
Zugleich erklärt fi daraus, warum faſt allermärts die
Dppofitionsblätter in uͤberwiegender Anzahl vorhanden find
tm
Dies .
er .n
und zahlreichere Leſer finden, und warum regelmäßig eine
größere Menge der Oppofition angehört, fobald nur über:
haupt einmal eine Theilnahme am Öffentlichen Leben er-
wacht if. Kommen dann zuweilen, durch bifondern An:
a8, die in jedem a vorhandenen Elemente .der Uns
zufrtedenheit zu einem Mudbrude, fo fodert dee Trieb beb
Derſtoͤrens Feine Befriebigung, ehe der Trieb bes Schaft
fens fich geltend zu machen weiß, Man mag es beklagen,
daß es nicht anders ift; aber es iſt nicht anders. Wenn
Allerikumer unfiedein will, fo
brennt er erſt die Bäume nieder, um in „die Aſche der
"früheren Gewähfe den Samen für neue Gewaͤchſe zu
rar Seiner Staaten
gegründet werden, werden die alten Staaten -verjüngt.
Dies Altes hatte fich bei der erregbaren Jugend, umb
bei diefer in befonderm Maße bewähren muͤſſen. Die
meiften Juͤnglinge auf Umtverfitäten, namentlich bie gei:
fig: Eräftigeen, gehörten naturgemäß der Oppofitien an.
Wenigſtens war dies fo lange der Fall, bis fie, wie die
wilden Thiere in Tiecks „Verkehrter Welt” — die fans
gen Haase fi abfchnitten. und nach ‘einer guten Be⸗
foldung lüftern wurden: eine kritiſche Prüfungszeit Für
ben jugendlichen Freiheitsſinn, die mitunter ſchlecht genug
beftanden worden iſt und noch jest beftanden wird. Der
erſte Haß gegen ben befiehenden Zuftand, weichen die Ju⸗
gemd mit vollen Zügen in fi gefogen hatte, galt der
franzoͤſiſchen Herrſchaft. Darum war auch dad Ideal ih:
res Deutſchthums im Grunde nichts Anderes ats ein um:
gekehrtes Sranzofenthum. Wenn der Seanzofe frivol und
leichtfinnig war, fo glaubte der deutſche Süngling ein um
fo ernſteres Geſicht machen und mit einem gewiſſen Pe⸗
dantismus ber Sittlichkeit ſelbſt unfchuldige Aeußerungen
ber Froͤhlichkeit' niederdruͤcken zu müflen. Wenn der Kranz
zofe von Mode zu Mode flaftert, fo meinten unfere Juͤng⸗
linge in ihrem altdeutfchen Rode ſich gegen jeden Wechſel
des Mode gefihert zu haben. Wenn der Kranzofe fein
im gefeltigen Benehmen war, fo glaubte ber deutfche Juͤng⸗
ling feine Biederkeit und Gradheit wol felbft bis zur
Derbheit und Grobheit fleigern zu dürfen. Wenn die
Sranzofen anftellig waren und für die Löfung der Aufga⸗
ben gewöhnlichen Lebens einen praftifchen Sinn be:
waͤhrten, fo nahm es ſich mancher -unferer Sünglinge
nicht fehr ‚übel, wenn von: ihm nicht das Gleiche gelten
konnte, voraudgefegt nur, daß er fehr gemuͤthlich blieb.
(Der Beſchiuß folgt.)
Mürnberger Jahrbuͤcher, auß den bis jest bekannten aͤlte⸗
fin DMonumenten der deutichen Geſchichte, aus ben
Annaten des Rathfchreibers Johann Muͤllner und aus
den noch weiter eröffneten Quellen bes nuͤrnberger Ar:
chivs mittels alerhöchfter Vergünftigung und Unter:
flügımg, bearbeitet und herausgegeben von- Georg
Wolfgang Karl Lochner. Erſtes Heft. Bon der
“ älteften Belt 618 zum Sabre 1219. Nürnberg, Riegel
u, Wießner. 1833. 4. 18 Gr.
Man hat behauptet, daB fi Staaten gemeiniglich erft
dann vorzugsweife mit Aufftellung und Sichtung ihrer Ge:
—
chte befchkftigen, wenn bie Zeit ihrer eigentlichen politifchen
84 vor&ber ſei. So eingefieifdht nuͤrnbergiſch iſt wei Nie:
mand, jegt nech von politifcher Bluͤte zu ſprechen; und inſofern
ante etwas Wahres an der Sache fein. Aber ein ehemaliger
Deichsbuͤrger hat mehr als einen Magen, er babauch einen
zum MWiederfäuen des ehemaligen Ruhmes feines Gemeinweſens.
Rund wahrlich Nürnberg hat große Grinnerungen aufzumweifen
in Eriegerifcher mannhafter That wie im Handel und Werkebr,
in feiner Kunſt wie in feinem Wiffen. Es Hat ein Hecht, fich
noch heute zu fühlen, benn es ift Nrägerin und Grbin einer
fen Borzeit, die oft für die Nachzeit entfehäbigen mag.
as Gluͤck, dem Königreiche Baiern einverleibt worden zu
fein, ſoll es nicht am feine Geſchichte bringen. In biefem Sinne
hatte bereits Profeſſor Wöttiger in feiner 1832 erſchienenen
Seſchichte Baierns nach feinen alten und neuen Beſtandthei⸗
ten‘, wie bie Geſchichte Augeburgs, Negensburgs und anderer
jegt bairifcher Städte, fo auch die von Nürnberg, natürlich
nur in ihren Hauptmomenten, mit aufgenommen unb bie fo
merkwürdige Entwidelung innerer und dußerer Blüte (wo war
eine Neichöftebt, die fogar eine Univerfität in ihrem Gebiete
und doch außerhalb ihrer Mauern aufzuweiſen hatte?) nicht
obne Bewunderung fo vielartiger Leiſtungen nachgewiefen. Je⸗
dem aber, der fih-irgend einmal mit: der Gefchichte Näürnbergs
befchäftigt Hat, wird es nicht entgangen fein, auf wie ſchwachem
Grunde, auf welchem hohlen Boden bie Ältere Gedichte der
Stadt ruhe, und wie er, ehe man biftorifdyen Boden zu fehen
belomme, ein wahrer Auglasftal von Sagen und unhalt⸗
baren Traditionen ausgemiftet werben müfle. Weber Anfang
und Alter der Stadt noch felbft der Name war mit Sicherheit
nachzumeifen und zu erklaͤren, und es mag feüher auch nicht
immer räthlich gewefen fein, an ber einmal beliebten Meinung,
die ihren Urfprung etwa von Nero und den Rötnern (Reros⸗
berg, Neuromberg), ober von ben Norikern oder" Bott weiß von
‚welchen „grimmen Heiden” ableitete, viel zu zweifeln.
Es war alfo ein fehr glüdlicher Gedanke ber Fönigl. Kreis⸗
zegierung zu Anſpach, beren zwei legte Präfitenten zugleich
ebenſo einfichtsvolle als thätige Mitglieder und Vorſtaͤnde bes
hiſtoriſchen Vereins im Rezatkreiſe waren, befonders die Ges
dichte Nürnbergs endlich einmal kritiſch beleuchten zu Laffen,
und ein ebenfo glüdlicher Gedanke, diefe Arbeit einem durch
mehre gelungene biftorifhe Schriften *) rühmlich bekannten Se:
lehrten, der zugleih am koͤnigl. Archioconfervatorium zu Nürne
berg angeftellt ift, gu übertragen. Großen Antheil an der Ein⸗
leitung des ganzen Geſchaͤfts und ber Wezeichnung des einzu:
ſchlagenden Weges hatte, wie e6 zuerwarten und zu hoffen ſtand,
der ehemalige Director bes koͤnigl. Reichsarchivs, der Geheim⸗
rath Ritter vonLang, Herausgeber ber „„Regesta Bav.“ und vieler
bie bairifche und fränkifche Gefchichte betreffenden Werke. Die
* Grundlage des beabfidhtigten Werkes ſoll nun bie zeitgemäße
Bearbeitung der bekannten Annalen des nürnbergifchen Rathes
ſchreibers Johann Muͤllner, geft. 1634, abgeben, ber felbfi wies
der auf eine Ältere, vom Pfarrer Siegmund Meifterlein 1480
verfaßte und bis 1419 fortgeführte lateiniſche Erzählung fußte.
Muͤllner benugte biefen und andere Vorgänger nicht ohne Kris
tik, ohne aber ſich feiner Zeit und beren WRängeln in der Ges
ſchichts ſchreibung ganz entwinben zu koͤnnen. Gr fchrieb in eis
ner Zeit kirchlicher und politifher Parteiung, mußte auch viele
jest gang antiquirte, damals aber wichtige Gtreitfragen, z. B.
über die Reichevogtei, das Burggrafthumu. f. w., von deren Be:
jahung oder Berneinung Gerechtſame ber Stadt abhingen, mit:
aufnehmen und ſich dennoch gefallen Lafien, daß fein Manufeript
oon dem auf fein Anſehen und feine Privilegien eiferfüchtigen
Stadtrath geheim gehalten wurde. Ref. wundert ſich barüber
e) ;. 8, bie beiben von der SJablonowäli’ihen Geſellſchaft zu
Leipzig gekrönten Pretöfchriften ‚‚Ueber den Antheil Johann III.
Sobieskies ıc. am Gntfage Wiens’ (Nürnberg 1881) und:
„Entftehung und erfie Schiäfale der Brübergemeinde in Böhmen
umd Mähren ıc. (Rärnberg 1859.
.
\
um fo weniger, als auch ihm ein Magiſtrat befannt war, der
eine gewiſſe mitten im Drud gehemmte Chronik überall, wo
fie in XAuctionen u. f. w. vorfam, mit ungemeffenen Geboten
auflaufen ließ. Geft fpäter ließ diefe Geheimnißkraͤmerei nach;
einzeine Theile der Chronik wurben gebrudt, andere ober auf)
das Banze abgefchrieben und damit wol audy entfiellt. Es war
alfo zeitgemäß, jept an das Ganze eine kritiſche Herausgeder⸗
band zu legen und dabei die Ergebniſſe ber vielen neuern For⸗
Iopungen fowie des koͤnigl. Archivs in Beziehung auf Rürns
g zu benuten.
S6s ſind auf biefe Weife, wie es fheint, ‚zwei Zweckt vers
einigt worden, zeitgemäße Herausgabe der Müllner’fhen Jahr⸗
bücher mit Weglaffung alles Minderbrauchbaren und Derftels
tung einer tritifchen Geſchichte Nuͤrnbergs, wiewol über ben
lestern Zweck noch Dunkelheiten vormwalten. Denn es if nicht
beftimmt ausgeſprochen, ob diefe Geſchichte über Muͤllner's
Annalen Hinaus fortgefegt werben foll oder nicht, Grweitert
follen die Annalen nach der bem Herausgeber ertheilten In⸗
firuction allerdings werben, „indem alles durch neuere Kor:
5 Erworbene ben Muͤllner'ſchen Annalen beizufügen, be:
ändige Blicke auf bie Lage des gefammten Drutfchlande und
befonders Frankens, als derjenigen Provinz, welcher Nürnberg
angehört, damit zu verbinden und das Bild ber Stabt als fol:
Ger, d. h. als eines wohlgeorbneten, rührig thätigen @emein:
weſens deutlich hervorzuheben fei”. &o wenig es dem Ruͤrn⸗
berger zu verbenten ift, ben erſten Zweck voͤllig erreicht zu wuͤn⸗
fhen, fo möchte body ber Freund der beutfchen Geſchichte eine
Vorbitte um Beruͤckſichtigung bes zweiten einlegen, wenn nicht,
was Ref. im Stillen hofft, durch biefes Werk felbft in dem
Herausgeber der Wunfch und das Beduͤrfniß fich offenbart, nach
Vollendung gegenwärtiger, ihm aufgetragener Arbeit eine ganz
ſelbſtaͤndige Eritifche Geſchichte Nürnbergs zu fchreiben unb das
erftere Wert dann wieder blos als Vorarbeit zum leptern zu
betrachten.
Was nun in biefem gr die Geſchichte von ber Älteften
Zeit bis 1219 fortführenftn ‚Hefte geleiftet worden, iſt gewiß
nicht wenig, wenngleich es auch nicht Allen, die am Alten Ele:
ben, gleich fehr behagen möchte. Schon die Einleitung (1—1#)
über Lage, Mer, Namen und Entftehung der Stabt bricht ben
Stab uͤder das geträumte hohe Alter, flürzt den alten Heiden»
thurm, verwirft die alten Bilder, die den Hercules und Noricus
barftellen, und zertrümmert den alten Dianentempel. Gelbft bes
alten fünfedigen Nerosthurms Alter wird nur gleichfam mit
Widerwillen und mit großen Verwahrungen kaum dem Sabre
1000 zugefchrieben. Rürnbergs. Name wird aus bem Slawi⸗
fhen Norje, Berg, ober Na-hora, auf dem Berge, abgeleitet
und damit nicht undeutlich auf Slawen als erfle Anfiedler der
Gegend, wo nicht gar Gründer ber Stadt hingebeutet. Aber
ber Verf. gebt in feinen Kegereien noch weiter und wird fi
nun nicht blos hie nürnberger alten Weiber utriusque generis, .
fondern auch Papſt und Heilige auf den Hals ziehen, indem pr
ben heil. Sebalb, biefen von Papſt Martin 1424 fanonifirten
Punzen aus Dänemark, für eine durchaus fabelhafte Perfon
erftärt. Kürchtet denn Herr 8. das „si quis autem haec atten-,
tare praesumserit’ ber Bulle eines untrüglichen Papftes nicht?!
Die erfte Abtheilung ber Chronik gebt von 752—1060, in wels
chem lestern Jahre NRürnderg urkundlich zuerft vorkommt; doch
wird als nicht unmahrfcheinlid angenommen, bag Nürnberg
ſchon im 10, Jahrhundert entftanden fei, nur bleibt unbeftimmt,
ob Burg ober Stadt Älter fei. Gine zuerft vom Ritter von Lang
nachgewiefene Urkunde von 1050 erwähnt Nürnberg unzweibeutig.
Die naͤchſten 170 Jahre vor 1050— 1219 find nun in der
zweiten Abthellung (S. 19— 112) behandelt. Da die Drigi«
nalworte Müllner's mit einem M. bezeichnet find, fo fieht man
leicht, wie reichhaltig die Buthaten bes Derausgebers find, die
für dieſe Zeit zwar noch weniger aus dem Archive, wohl aber
aus andern Quellen geſchoͤpft find. Muͤllner's Schreibart, wo
fie charakteriſtiſch erfcheint, ift beibehalten worden, fo auch was
ber fleißige Mann über die Witterung ber meiſten Jahre aus
S
360 .
den GShroniften zufammengetragen hat. Den Schluß biefer Ab:
theilung macht der wichtige Preipeitsbrief Kaifer Friedrich LI.
von 1219, die ältefte Urkunde der Stadt, bie allerdings laͤngſt
gedruckt und, aus bem Latein Überfegt, hier einen Wisderabdrud,
eine paffendere Ueberfegung und einen tüchtigen Gommentar ges
funden hat. Was wir fonft nody auf dem ‚Herzen und auf un»
ferm Notatemblättlein haben, behalten wir als für d. Bi. mins
der geeignet zuruͤck. Das Aeußere iſt würbig und paffend, und
das vollendete Werk wirb gewiß feinen Meifter loben. 11.
Die Cartons Rafael's und bie damach gewirkten Tapeten.
Es ift vor ungefähr zwei Jahren eine ausführlicye Schrift
über jene Kunſtwerke erfchienens „Cartonensia: or an histo-
rical and critical account of the tapestries in the Vatican,
copied from designs of Rafael of Urbind and ‘of such of
the cartoune whence they were woven, as are now in pre-
servation. With notes and illustrations.. To which are sub-
joined remarks on the causes which retard the progress of
the higher departments of the art of painting in this cous-
try. By W. Gunn' (Lonton 1831). Die Reihe biefer Car⸗
tons (heißt «6 dort) ift für den Zeichner, was das Parthenon
und Et.:Peters Dom für den Baukuͤnſtler, Canova's und Thor:
walbſen's Werke für den Bildhauer und Homer, Arioft u. f. w.
für den Dichter find. Es foll hiermit nicht behauptet werden,
daß ſaͤmmtliche Figuren, welche wir auf den Cartons erbliden, .
uns Köpfe und Glieder von ber Schönheit und Rundung, wie.
Correggio fie barftellt, zeigen. Aber ber allgemeine Ausbrud,
die Harmonie, das Zufämmenflimmen jeder auch der gerinaften
Einzelheit zu einem Zwede find von unbefchreiblichen Reiz für
ben Geiſt. Man hat hier das zalov ber Griechen, das pul-
chrum ber Römer. ,
Wir verdanken biefe Gartons ber in katholiſchen Ländern,
befonders in Italien und Spanien, vorherrfchenden Gewohnheit,
an feftlichen Tagen bie Balcons mit Tapeten zu behängen, be:
fonders in den Straßen, durch welche Proceffionen sieben. Ans
faͤnglich ſchmuͤckte man auf dieſe Weife nur die Kirchen und Kid:
fter, dehnte biefes nachher auf die nächfte Umgegend aus; jetzt
aber prangen ganze Straßen und Plaͤtze. Leo beffen Ges
ſchmack auch in Heinen Dingen bas Hohe liebte, foberte Rafael
auf, eine Reihe neuteflamentliher Scenen zu zeichnen. Diefe
Zeichnungen wurben für ben obigen Zweck zuerft auf Cartons
(breites, ſtarkes Papier) gebracht unb danach von niederlaͤndi⸗
fchen Zeppichwebern ausgeführt, um bann bei großen Feſten
auf bie oben erwähnte Weife gebraucht zu werden. Aber weber
Leo noch Rafael haben diefe Teppiche jemals erblidt. Zwei
vorzägliche Reihen wurden zu Arras unter Leitung Bernharb’s
von Orlay und Mid. Soris’ meifterlich ausgeführt. Auf dem
Wege nad Rom fielen bie dahin beflimmten bei ben damaligen
Kriegen in Italien (1526) den Feinden in bie Hände, wurden
aber nachmals unbeſchaͤdigt zuruͤckgegeben. Im Jahre 1798 find
fie zum zweiten Mal geraubt worden, zwar in der Folge (1814)
auch wieber heimgekehrt; jedoch ein Gtüd iſt ausgebtiehgp,
nämlich die Höllenfahrt Chrifli. Ein Jude, der dem Reiz Bes
Goldes, womit grade diefe Zapete reich durchwirkt war, nicht
„widerftehen Eonnte, hat fir, um das Gold auszufcheiden, ver:
brannt. &o ift fie benn feit 1814 verſchwunden.
Ueber die urfprüngliche Zahl ber Zapeten ift man nicht eis
nig. Bafart zählt deren 25; Garlo Bea nur 22. Diefe fchein-
bare DVerfchiebenheit rührt aber daher, daß Fea ein Stuͤck, das
aus drei Abtheilungen befteht, nur für eins rechnet. Als Wright
1720 nach Stalien reifte, fand ee nur noch 19 vor. Man be:
wahrte fie zu Rom im Batican. Sie wurden bei ber großen Er
leihnamspreceffion in einem ber Klöfter am Wege nach ber De: '
terskirche für drei Zage ausgehängt, bann noch einige Tage in
einem der päpftlichen Säle gezeigt und zulegt wieber unter Ver:
fhluß genommen. Heutige Tages Tann man fie in bem Zim⸗
mer Pius V. zu ſehen befommen.
Rebigirt unter Berantwortlicteit der Werlagsbandlung: 3. X. Brodbaus in Leipzig.
— — — — ———— — —
Die Cartons ſcheinen nicht wieder mit ben Tapeten nach
Rom zuruͤckgekommen zu ſein. Sie waren in den Manufacturen,
bis die nieberländifche Revolution gegen Spanien ausbrach, lies
gen geblieben. Zu der Zeit aber Faufte König Karl I. von Eng⸗
land auf Mubens’ Empfehlung bie fieben der Zerftörung entgans
genen Cartons, nach welchen ber König, unter Auffibt. Cleen's,
zu Mortlale in Surrey die berühmten Tapeten ausführen ließ,
weiche noch heute in Windſor aufbervahrt werben.
Die zweite Reihe der in Flandern gervobenen Tapeten Eaufte
König Heinrich VIII. von England von ben Venetianern ober er:
hielt, wie Andere ec von Leo X. zum Geſchenk. Nach
Karl I. Hinrihtung wurden ſie in einer Auction vom fpanifchen -
Geſandten Don Alonfo de Garbaner erflanben, famen nach beffen
Tode an bas Haus Alba, und ber englifche Conſul Zupper zu
Barcelona erkaufte fie von dem jegigen Herzoge von Alba. Es
waren neun Stüde. Tupper ſchickte fie nad) England, wo fie
mehre Monate lang in Bullock's aͤgyptiſchem Baal zum Ber:
uf ausgeftellt waren und zulegt einen auswärtigen Käufer
anben.
Andere Reiben der Cartons wurben zu Arras ausgeführt.
Sieben Stüde ſchenkte Leo X. dem Kurfürft von Sachſen. Dort
baben fie bis zum Jahre 181% unbeachtet aufgerollt gelegen, bis
endlich ſechs berfelben, in Kolge eines vom Garbinal Albant ges
gebenen Winkes, ans Licht hervorgezogen und, machbem fie ges
reinigt worden, wie neu anzufeben find.
Fünf Stüde hat ber wiener Hof zum Gefchenl erhalten,
unb mit verfchiedenen andern find andere Gouverains beſchenkt
worden. 0
Von den in England befindlichen fieben Cartons hat man
mehre gemalte Sopien. Die beften find von James Thornhill,
ber drei Jahre daran gearbeitet hat. Sie befinden ſich in ber
Tönigl. Akademie. Die ganze Sammlung bat Louis Somme⸗
reau, aber nicht meifterlih, im Kupfer geflohen. Auch Hallos
way, ein tücdhtiger Künftler, hatte ſich an biefes Wert gemacht,
farb aber barüber hin. Nun haben feine Enkel die Vollendung
übernommen. Cinige gute Gopien, bie Gngelmann’s litho⸗
he Preſſe geliefert Hat, verbienen eine rühmlihe Er⸗
wähnung.
Die Gegenftänbe ber 25 Zapeten nad) Rafael's Gartons
find folgende: 1) Die Geburt Jeſu oder die Anbetung burch bie
Hirten. 2) Die heiligen drei Könige verchren das Kinblein. 3),
4), 5) Der Kindermorb gu Bethlehem (diefes Stuͤck beftcht aus
brei Abtheilungen). 6) Chriflus als Knabe im Tempel.
Petri Fiſchzug. 8) St.⸗Petrus empfängt von Chriſto die Schläfs
fel.. 9) Die Höllenfahrt. (Diefe Tapete bat der Jude audges
brannt und vernichtet.) 10) Die Auferftehung. 11) Noli me
tangere. 12) Ghriftus erfcheint ben Züngern von Emmaus.
13) Die Himmelfahrt. 14) Die Ausgiefung des heil. Geiſtes.
15) Das Martyrthum bes heil. Stephanus. 16) &t.: Pauls
Belehrung. 17) St.⸗Paul und Barnabas zu Lyſtra. 18) St.⸗
Paul zu Athen. 19) Der Tod des Ananias. 20) Elimas. 21)
. Das Erbbeben. 22) St.⸗Peter heilt ben Lahmen. 23) u. 24)
Knaben fpielen und verforgen Kleine Vögel. 25) Ein emblema⸗
tifhes Stuͤck. Man erblickt über dem päpftlihen Wappen bie
Religion, die Liebe und bie Gerechtigkeit.
Vor Kurzem hat man in England noch vier Tapeten, nach
Rafael's Cartons gewoben, entbedt. Sie befanden fi früher
in Forde⸗Abbey in Devonfhire und ftellten von ben ebengenann»
ten Nummern bar: 8, 17, 19 u. 22. König Karl I. fol fie
vom Könige von Spanien zum Geſchenk erhalten haben. Wähs
rend des Cromwell'ſchen Aufftandes kamen fie in bie Hände bes
Anwalts Prideaur, ber jene Abtei an ſich brachte. Ders
felbe ließ durch Inigo Jones einen eignen Saal bauen, um
bie herrlichen Tapeten barin aufhängen zu fönnen. Sept find
aber nur noch brei berfelben vorhanden, nämlich Nr. 17, 19 u.
22. Gie befinden fi im Befig bes Marquis von Greter in
Burleigh⸗Houſe. 72.
Ten ⸗ - ——
Blätter
. “
D ’ .r
- _ .. . 4 f r
lite var iſche Unterhaltung.
(Beſchluß aus Nr. 87.)
Ald man mun aber den dußern Feind ſich vom Halfe
gefhafft und hiermit das nächfle ‚Ziel aus den Augen
verloren hatte, auf welches die gemeinfamen Anſtrengun⸗
‚gen aller Deutfchen gerichtet waren, fah man fih nad
einer anderweiten Sphäre der vaterländifchen Thaͤtigkeit um.
Die Zugend ſteht nicht auf dem Standpunkte, um uns
mittelbar in das Öffentliche Leben einzugreifen und im
Kampfe mit den Schroierigfeiten, bie fi) ihren Abfichten
entgegenftelem, ihre Anfichten zu berichtigen, ihre Kräfte
zu verſuchen und hierdurch ihren Eifer beherrſchen zu ler»
nen, in der Weife, wie der kluge Steuermann das Schiff
beherrſcht, deffen Führung er Übernommen hat. Es war
nur Weniges, was dieſelbe aus fich ſelbſt geſtalten konnte.
Um fo mehr bing man fih an -unmwefentliche Aeußerlichs
keiten fefl. Zwar fing man eifrig. an, fich über das Bild
eines vollkommenen Öffentlichen Lebens in Deutſchlaud zu
verftändigen. Allein die Bilder, welche die Einzelnen fich
entwärfen, liefen nicht nur bloß unter fich felbft weithin
auseinander, fondern mußten ſich — wie dies nicht anders
fein konnte — noch weit mehr von den in ber Maſſe des
Volkes herrfchenden Anfichten entfernen. Das Kinzige,
was man zu Stande brachte, weil es in ben. Bereich der
jugendlichen Thätigfeit fiel, und was auch der Form nach
wenigſtens nicht ganz mislang, war die Gründung von
Zurngemeinden; die Verbrüberung der Studirenden dur
eine allgemeine Burfchenfchaft; die Verſinnlichung der Eis
- nigeelt und Einheit der beutfchen Stammgenoffen duch
die Schauftellung der drei ehemaligen NReichsfarben, was
fpäter aud) in groͤßerm Kreife Anerkennung fand, und was
wol überhaupt wichtiger geworden ift, als man früher ab:
nen mochfe. j F atr
Obwol nun die Juͤnglinge, die unmittelbar nach den
iegen eine politiſche Tendenz -fefls
fogenannten Befreiungskriegen |
hielten, über ihr eignes Thun und Wollen nicht fehr Bar
wurden, waren doch Alle darin einverfianden, daß Das,
was wirklich gefhab, dem Bilde Defien nicht entſprach,
was nach eines Jeden Meinung hätte geſchehen follen.
So mufte die früher nur gegen den dußern. Feind: gerich-
tete Oppofition nothwendig eine innere werden. Died um
fo mehr, je auffallender die deutſchen Regkerungen jenen
Beſtrebungen entgegentraten und hierdurch bei ben Ein⸗
zelnen ein Gefühl von Wichtigkeit fteigerten. Immer pflegt
aber das jugendliche Gemuͤth ſowol bie ganze Kraft ſei⸗
nes Hafles als feiner Liebe auf Einen Gegenftand zu.
richten. In dem Maße, wie die Beſtrebungen den (has.
rakter einer innern Oppofition annahmen, war es baber
natürlich, daß der alte Franzoſenhaß abnahm, und baß
man fih mit derjenigen Partei in Frankreich, die mins
deſtens anfcheinend ähnliche Zwecke verfolgte, wenn nicht
befreundete, doch verföhnte. Daher kaͤßt fi) mit Recht
behaupten, daß die Schritte der Megierungen gegen bie
politifche Tendenz eines Theils der beutfchen Jugend nicht
wenig dazu beittugen, einen Nationalhaß zu vertilgen, den
man, vieleicht unter den jegigen Verhältmiffen nicht fehr
ungern wieder auflobern fähe.
Uebrigens war und blieb die Art dieſer Oppofition ,
unenbdlidy weit von berjenigen verfchieden, welche der Mehr:
beit des Volles und deſſen herrſchenden Anfichten bätte
zufagen innen. Das Charakteriftifche jener jugendlichen
Beftrebungen befland vielmehr grade darin, daß man fich
außerlih und innerlich in einen vom Volksleben völlig
abgefonderten Kreis gebmnt und viel zu weit von ber
wahren öffentlichen Meinung entfernt hatte, um mit ihe
Schritt halten, oder gar um fie lenken und leiten zu Eins
nen. Gleichwol ift auch die eigenthäümliche Art des Auf:
tretens von Seiten einer verhaͤltnißmaͤßig Beinen Anzahl
von Juͤnglingen nicht ganz ohne Einfluß felbft auf bie
Maffe des Volkes geblieben. Grade jene augenfällig fchroffe
Abfonderung, jenes plögliche und kecke Heraustreten aus
dem lange gewohnten Geleife mußte — wie fehr dies mit:
unter bee Menge Spott werden mochte — wenigſtens bie
Augen ber Menge auf fich ziehen. Es wurde hierdurch
das Gefühl wach erhalten, daß — wie jene Erfceinung .
feibft etrend Neues und Unerhörtes in Deutfchland ſei —
fo auch an die jüngften Ereigniffe eine Reihe. burchgreifen:
| der Veränderungen fih anknüpfen -folle und mäfle. Man
lachte über die jugendlichen Träume, aber man konnte ſich
des Glaubens nicht erwehren, daß etwas Prophetifches in
biefen Traͤumen liegen koͤnne.
. Nicht ganz ohne biefen Einfluß gemann ber Kanıpf
für die Geftaltung eines neuen öffentlichen Lebens da und
dort, einen größern Umfang. und eine unmittelbar prakti⸗
[che Bedeutung. Unter den mehren Verheißungen ber Bun⸗
| °
desacte befand fih auch diejenige landſtaͤndiſcher Verfaſ⸗ die in der Folge, als bie Politik mehr und mehr bie
ſungen. Die
bein ſtaͤndiſchen Koͤrperſchaften in Deutfch: _| .nraktifchen Lebensfragen beruͤhrte, nach allen Seiten aus⸗
land waren feit längerer Zelt völlig abgeftorben, und es 'einanderftoben, damals noch für eine und biefelbe Sache
konnte nicht fehr auffallen, daß man endlich zur Beerdi⸗
gung bed Leichnams gefdwitten war. Uebrigens
legte Gnadenſtoß für das alte ſtaͤndiſche Weſen hur Zeit
ber Fremdherrſchaft erfolgt, gegen welche der gemeinſame
Daß des Volkes ſich gewendet hatte. Schon bies war
genug, um bie Sehnſucht nach einer Auferſtehung deſſel⸗
ben, wenngleich in einer dem Geiſte der Zeit entſprechen⸗
ben Span, ——5 zu erwecken. Die Sehnſucht ſteigerta
laͤn
en
ſich durch d gern Verzug in Erfüllung des Art. 13
dee Bandesaete. Da überbied noch andere das Eid
und die Wohlfahrt des beutfchen Volkes wefentlich be:
tieffende Verfprechungen und vielfache, auf den Abfchluß
bes Weltfriedens gegründete Hoffnungen unerfülit gebfie:
- ben waren, fo glaubte man jest um fo mehr mir ber
Perftellung vepräfentativer Verfofjung in den einzelnen
Gliederſtaaten das naͤchſte Mittel zu finden, um fich ber
Befriedigung auch aller andern Nationalbeduͤrfniſſe verfi:
hern zu können. In einigen deutſchen Staaten, wie na:
mentlich im Königreihe MWürtemberg und im Großher⸗
zogthum Heflen, wurde bie Bewegung nad) biefem Ziele
ziemlich lebhaft und allgemein, umd je größer die Schwie⸗
eigkeiten waren, welche das Bolt bis dahin überwinden
mußte, um fo mehr verminderte ſich der Dank beffelben
gegen feine Regierungen. Wäre man demfelben ohne Zoͤ⸗
gern mit deni Anerbieten freifinmiger Berfaffungen entgegen:
gekommen, fo würde es dieſelben ats ein Geſchenk hinge⸗
aommen haben, während es nunmehr als einen Glaͤubiger
ſich betrachten mußte, der ſich endlich felbft zu feinem
Mechte verholfen und noch Lange nicht alle feine Koberum:
gen geltendgemacht hatte.
Der Kampf für Emführung repräfentativer Verfaſſun⸗
gen erhielt noch durch zahleeiche politifche Schriften, die
hierdurch hervorgerufen wurden, größere Lebhaftigkeit und
zahteeichere Theilnehmer. Zugleich verfehlte nicht die große
Menge unferer politifcher Schriftfleler, namentlich in den
ſchon ſehr zahlreich gewordenen periodiſchen Blättern, bie
Verhaͤlenifſe des Gefanmmtvaterlandes in das Auge zu faſ⸗
fen und daran ihre ziemlich ſich durchkreuzenden Anſich⸗
ten und Wünfche zu knuͤpfen. BDiefer vielfachen Abwei⸗
chungen ungeachtet, Iteßen fie als Totaleindruck zuruͤck, daß
die Wirklichkeit hinter den im ber jüngften Zeit erregten
und mitunter nicht fehr unbefcheibenen Erwartungen weit
zurhdgeblieben fei. Auch waren mehre dieſer Schriften
in fo ſcharfem und bitterm Rome verfaßt, daß fie als et-
was Unerhörtes in Deutfchland gelten konnten. Der Ein:
druck derfefben ‚mußte um fo bedeutender und allgemeiner
werden, als ſich nicht leugnen ließ, daß ſowol ba® geiflige
Usbergeroicht,, als die größere Menge und Maffe, was
auch in ber Literatur nicht ohne Bedeutung Hi, entſchie⸗
den auf Seiten des Liberalismus warm. Unter
offenbarte ſich Solches deutlich genug in bem bekannten.
Streite eines Schmalz und anderer Gegner ded Tu:
gendbundes wider die ebefflen: Liberalen. Auch fchie⸗
nn die nach Art und Streben verfhiedenften Geifier,
ar der .reo, einen BrieR und einen
Anderm
vereinigt zu ſein. Man ſah einen Rotteck und einen Goͤr⸗
n „einen, Weiden. und eis
nm de tte ia f. w. ohme Wahl Für biidarifd) vecbms
den an, aus beim einzigen Grunde, weil Alle durch einen -
Zufammenfluß von Umfländen und mitunter wie durch eine
Ironie des Schickſals nach Außen hin als eine gemein-
ſame Oppoſition erſchienen. Im neuerer Zeit bat man eis
nigen dieſer Männer, namentlich, Görres, den Abſon Ron
fruͤhern Anfihten zum Vorwurfe gemacht; allein Mehren
mit Unrecht: und einzig darmr, "weil man bie ſchon ans’
fengtid vorhandene Grundverſchiedenheit dee Anfichten nicht
gehörig zu-mwürbigen wußte.
Mittlerweile gaben die Feier des Wartburgsfeſtes ſo⸗
wie die Thaten von Sand und. Löning der Renetions-
oder Stabilitätspartei in Deutſtyſſcuid "einen nicht unwill⸗
kommenen Vorwand zu entſchiedenirn Schtitten gegen die
bamalige Partei ber Bewegung. Die Beſchluͤſſe des karls⸗
bader Congteſſes wurden zu Bundesbefchlüffen erhoben, un
die anerfantite Unvokftändigkelt und Unvollkommenheit der
Bundesacte verfchaffte überdies den deutſchen Diplomaten
Gelegenheit, dieſes Grundgeſetz durch die wiener Schluß—
acte, wenn nicht zu vervofffommen, doch zu vervollſtaͤn⸗
digen, und zwar in einem Geiſte, welcher von demjenigen,
der die Verheißungen ber Bundesacte eingegebeit, weit ges
nug abwich. Die Eartsbader Beſchluͤfſe brachten ziemüch
allgemein einen unguͤnſtigen Eindtuck in Deutſchland her
vor. Allein man hatte ſich allerwaͤtts fa weit in das
Gebiet der Theorim verirrt und das pofltive Staatsrecht
fo fehr außer Acht gelaffen, ‘daß man damals — wären
auch durch die Beſchraͤnkung oder Bermihhtung der Preß⸗
freiheit die Mittel. hierzu ohnehin nidjt entzogen worden —
(hwerlih im Stande gewefen wäre, die Frage nad) dem
poſttiven Recht dder Unrecht jener Beſchluͤſſe auf allge:
mein genuͤgende Weiſe zu Idfen. Selbſt in Mitte der
deutfchen Staͤndeverſammlungen, die hierzu zunaͤchſt beru⸗
fen waren, fah man diefelben fo ſehr als eine höhere Ge⸗
walt an, ber Man ‚unbedingt fi unterwerfen müuͤſſe, daß
man kaum wagte, gegen’ ihre rechtliche Gültigkeit nur
eitten Zweifet zu erheben. Erſt nach. den, Julitagen des.
Jahres 1830 konnte jene Stage auf eine, auch dem groͤ⸗
Ben Publikum zugängliche Weiſe beantwortet werden. Und
erft nad den Julitagen des Jahres 1830 konnte man
zugleih den ganzen Umfang der Folgen ermeſſen, den jene
Beſchtuͤſſe anf die Volksſtimmung und auf die öffentliche
Meinung geäußert hatten. *) W. Schulz.
Tr Hermes. |
Zweimal macht Jeder, auch ber Unbedeutendſte der Diens
ſchen, im der Welt Auffehen; wenn’ er in ſie, und wenn er aus
ihr tritt; den laͤngern · Zwiſchenweg legt er meift in der Stille
uch, < Wie Lebeneheſchreivung eines MWannes. umfaßt alle Er⸗
. * —W 22 . 0.
» 9). Dig beiten legen Artilel werden im April Sitzenut.
° 4
363
eigniffe feines Erbind aus jeber Periode und gibt ein vollende⸗
te6 Gemälde, wenn es eine fremde Hand mit Treue ber Wirk
lichkeit nachzeichnete. Was ber Dann feinen Zeitgenoſſen war
und wie er e& wurde, ift die Aufgabe bed Biographen. Welche
Spuren feines Geiftes er hinterließ und durch fie feines Ras
mens Sedaͤchtniß ftiftete, geht aus bem Kleinen Kreife der Gei-
nen in die großen der Welt über. Weiß kraͤftig und wahr bie
Freundſchaft und Verehrung jene zu preifen, fo liegt barin
eine Kraft, welche die leſende Nachwelt hebt, daß fie feine An⸗
firengung ſcheut und unermüdlich ihm nadeifert. Umfaffenber
und lebenvoller it das Kamiliengemälde, ergreifender und allges
meiner fin Gindrud auf die Beſchauer. Das Einfache, Unver:
zweigte im Leben eines vom Weibe Geborenen und ohne Weib
und Kinder Berflorbenen läßt Viele kalt und zieht, war's ein
Selehrter, den Gelehrten an. Der gelehrte katholiſche Geiſtliche
tann nur in den von ihm vollendeten, ber Nachwelt binterlaffe:
nen Werken fortieben. Und diefe ſichern ibm oft ein monu-
mentum aere perennius. Man denke an ben 1827 verflor-
benen ©. 8. ar Pfaffenhoſfen, ben Werf. ber „Stunden
der Ändadgt”. Einen bes preifet der Nachwelt Würdigen nennt
die Schrift von Wil helm Effer: „VDenkſchrift auf Georg
Hermes, gewefenen Doctor der Theologie 16.” von (Kdln, Dus
Meat: Schauberg. 1832. Wr. 8. 18 Er.) Sie tritt in ben
reis der Gelehrten, denen er angehörte, und findet auch unter
den Proteſtanten ihrr Lefer. Diefe Anzeige umfafle die bent:
würbigften Greignife ſeines äußern Lebens und berädve bie
Früchte feines Geiſtes, bie der Mite und Nachwelt geblieben find.
H. geboren am 22, Apsil 1775 zu Dreierwalde, genauer
in ber biefem Dorfe wicht gar fernen Bauerfaft Kablenborg,
ins Amste 2*27 bes Fuͤrſtenthume Wünfter, batfe König
Dermann zum Bater. Won ber alten hollaͤndiſchen Grenze ges
wandert, hatte biefer fich hler mit vielen Anbern angeflebeit und
hieß, weil alle Anbauer bi8 zur franzöfifien Herrſchaft ſteuerfrei
woren, König Hermann. Die Religiofität ber eltern inipfte ins
jugendliche Herz fronunen Sinun. Der Ortspfarrer Baurichter
annte bed: Knaben reichen Geiſt und bisbete ihn durch Sprach⸗
unterricht, vornechmlich für das Gymnaſium gu Rheine in ber
Nachbarſchaft, dem au Overberg und Kiſtemaker, zwei nicht
umbelannte Schriftſteller, ihre Schulbildung verdanken. Diefe
von Franzistaneen geleitete Schulanftatt bezog H. Oſtern 1788.
Rab) vier Jahren ging we mit dem Lobe ausgezeichneten Flei⸗
» Bes, alabemifger Tuͤchtigkeit und eines ſittlichen Wetragen® zur
Hodzfcäute gu Wünfter Über, die unter bes Miniſters von Für:
flenberg Aufſicht herrlich emporblübte. Im ben zwei erftern Jah⸗
ren weihte er ſich ganz ber Philoſophie, deren ältere und neuere
Syſteme, namentlid Kant's, er in Prof. Ueberwaffer's Vorle⸗
fungen kennen und fpäter ald Gymnaſiallehrer richtiger würbi-
gen lernte. In ben Toigenden Jahren wählte er bie Theologie
als Berufsfludbium und hörte vom Prof. Kiftemaker die heiligen
uurtunden erfiären. Was ſich von einem phitofophifch-gebitbeten
Geiſte denken laͤßt, begegnete auch 2: er ſchwamm in einem
Deere von Zweifeln, kaͤmpfte mit ſich feloft, bis im ſelbſtge⸗
ſchaffenen Lichte Bott, Offenbarung und Ewigkeit in ihrer Glo⸗
rie vor ihm ſtanden. Ruhmvoll befand er bie gelrämäbigen
‚ welche den Eintritt in den geiſtlichen Stand bedin-
gen. ef. rühmt freudig dem Biograpben nach (©. 17), daß
D. Yen Ginn der heil. Schriftſteller nicht allein aus dem innern
Zufammenbange ber Worte, fondern aus bem ganzen Gedanken⸗
gange bei eiftfleller® genommen wiffen wollte, ımb ſieht in
diefem einzigen Grundfage einen Theologen in H. gezeichnet,
welcher über bie engen und feiten Grenzen ber katholiſchen Gre
gefe hinausgeht und Freiheit für feine theologiſchen Anfichten
als unveräußerliches Recht für den Gelehrten fobert. Geine
Einfichten wie fein von Anmaßung ebenfo weit ald von Abge⸗
ſchloſſenheit entferntes Benehmen erwarben ihm allgemeine Achs
tung und riefen ihn in den Sehrerverein am Gnmnafium zu
Muͤnſter. erſtieg bald die unter ben Katholiken gewoͤhnli⸗
chen Gtufen ber Weihe: Tonſur, bie quotnor minores, ben
Subdiakonat, Diakonat (1798) und endlich den Presbyteriat
————— — ——— —— ——— — — —— —— — — — —— —— ô —— ——— —
(1799) und verwaltete fein Lehramt mit ſeltener Hingebung bis
1807. Die Berbindung des Gtudiums der Philoſophie mit der
Sheologie, bie Prüfung des Kant'ſchen, Schelling'ſchen und
Fichte ſchen Syſtems und der nach diefen geborenen und bereits
wieder geftorbenen Spfteme hielt ex für ben Theologen unerlaßlich.
Sr arbeitete eine Moralphisofophie vollſtaͤndig aus, bern Hande
ſchrift aber das eigne Loos hatte, von feinem Webienten blatt:
weis zu Kaffeebäten bis auf drei Bogen gerriffen zu werben,
ehe D. es bemerkte. Es war vernichtet zu feinem großen Ver⸗
trug, und mit ihm ward auch feine Hoffuung, die Profeffar der
Moratppilofophie an der Hochſchule Wänfter zu erhalten, ver
eitelt. Im Sabre 1804 und 1805
Preußen kam, arbeitete früher ber Miniſter von. Fuͤrſten⸗
berg, fpäter nach deſſen ruͤhmlicher Gntiaffimg der Oberpräfis
dent zu Münfter von Stein, an ber Erwei
ſteriſchen Hochſchule duch Vereinigung ber Hochſchulen gu
Duisburg, Paderborn und Erfurt, welche eingeben ſollten, und
eine Univerſitaͤtseinrichtungscommiſſion berief mehre der aͤltern
Profefforen und nach mandyem Hin⸗ und Herſchwanken auch H.
für die dogmatiſche Theologie (29. Maͤrz 1807). Des verſtorbe⸗
nen Kanzlers Niemeyer beifälliges Urtheil über K., wie er «6
in einer anfehnlichen Geſellſchaft zu Muͤnſter auf feiner Reife
duch Weftfalen ausſprach, entſchied für ihn. Nach Oberthär
folte er feine Vorleſungen Eee aber fein freier (heftlofer)
Vortrag band ſich nicht knechtiſch an ihn. Das Bebürfniß eigs
ner Unterfugung und Ueberzeugung nachte er feine Zuhörern
zus Pflicht. Auf doppelte Weife beförberte ex bei biefen den
Fleiß und das Eindringen in den Geift ber Theologie, inbem
er ihnen zu jeder Stunde Rath und Auffehluß gewährte und in
den Borlefungen felbft Ginen oder den Andern aufrief, Rechen⸗
[daft von dem Gehdrten zu geben. Gin Verfahren, dem Beifte
unferes Zeit grabe nicht zufagend, aber ben Zweck ber alades
mifgen Zeit ernſtfoͤrdernd und nacyapmenswertg. eine akade⸗
miſche Thaͤtigkeit ermüdete auch da nicht, als barıy Arronbis
zung des Großherzogthums Big unter franzöfifcher Gewalt bie
von mehren Orten in demſelben biöher bezogenen Einkünfte viete
Jahre zurüdgehalten wurden und er wirklich fo großen Mans
gel litt, daß er einige Hunbert Thaler, von dankbaren Schülern
gefammelt, annehmen mußte. Unbeſchraͤnkter wurde feine Aus
Bere Lage, als ber preuf. Oberpröfident von Binde nad 1813
die Auszahlung bed ruͤckſtaͤndigen Gehalts zuerft bewirkte. Gi⸗
nen Ruf nad Breslau Iehnte er aus Anbänglichkeit an feine
Heimat und feine Bildungtanſtalt ab, forwie er aus Liebe gm
feinem Amte ben @intritt in das koͤnigl. Gonfiftorium zu Muͤu⸗
flex, weicher fein Ginlommen nach Wunſch vermehrt hätte, ver:
‚weigerte. Das theologifhe Decanat, weldyes als das erſte der
vier Decanate mit den meiften Beſchwerden verbuaden war, weil
baffelbe bie Rectoratsgeſchäfte beforgen mußte, verwaltete er
dreimal und geichnete ed 1819 durch ein vom Minifteriunr
des Innern gefodertes Gutachten über bie Ginfährung der von
Eß'ſchen Neberfegung des Neuen Teſtaments in Schule und Kir⸗
che aus. Gin aͤhnliches war von ber Univerſitaͤt Breslau ge:
fobert worden. sDiefes entfchieb dafür, jenes bagegen. Das Ur:
theil ift vielleicht Manchen nicht unwichtig. Es fiel, wegen „fo
mannichfacdhen Verſtoßes gegen den für Heberfegung ber heil.
Schriften ſchicklichen Kon, gegen bie von Katholiken angenommes
nen Erklaͤrungen ber kathaliſchen Kirche felbft und gegen die von
ber Kirchenverſammlung zu Zrient über ben Gebrauch der BVul⸗
gate gegebenen Verordnungen‘, ungänftig aus. Mehre Gtellen
feiner Ueberfegung änderte von Eß nad den muͤndlichen Beleh⸗
rungen von Hermes. Gin Studienplan, wie er ihn gab, wurbe zur
feenem Benugung zurüdbehalten, und eine Einrichtung des
Religionsunterrichts auf Gymnafien, im Ramen der theologifchen
Univerfität Bonn ausgearbeitet, fand ben verdienten Beifall.
Von dem Gutachten, welches H. nothgebrungeh über das Doms
capitel gu Münfter, deffen Rechte, Ginktünfte und WBieberher-
ſtelluag veröffentlichte, Tann hier als von einer nicht allgemei⸗
nes Intereſſe habenden Sache nicht die Rede fein. Dem- Fünf:
tigen Hifteriögeaphen Wiürnflers wirt das Hier Geſagte S. 63—87
‚wo Münfter an bie Krone '
iterung ber müne
364
wi in. H.s wichtigſte Schrift: „Philoſophiſche Cinlei⸗
u —* Io) oe — ee im Jahre 1818 unter
großen Anftrengungen und Nachtwachten, bie feine Befunbheit
fo angegriffen hatten, daß er auf fein Anfudyen bie Erlaubniß
erhielt, täglich nur eine Worlefung halten zu dürfen. Preußen
nahm Beſit vom Fuͤrſtenthume Münfter und gebacdhte feinen
Rheintanden eine eigne Univerfität zu geben (1818). H. und
mehre ausgezeichnete Männer wurden berufen zur ——
derſelben. 9.’ Liebe zur Heimat, feine merfiich gefhwädhten
Sefundheitsumftänden machten ihm felbft bie Annahme biefes
Rufes zweifelhaft. Gin koͤnigliches Geſchenk von 800 Ahlen.
fegte ihn in Gtand, das Bad Wisbaden zu befuchen. Diefes
foßte ihn wieberherftellen und feine Entſcheidung befchleunigen.
Die Reife, der Aufenthalt in Bonn unb Heidelberg, bie Be:
kanntſchaft mit mehren Profefforen an beiden Drten erheiterten
feinen Geift und ftärkten feine Kraft. Manche Verdrießlichkeit
von Geiten ber geiftlichen Behörde wegen Herausgabe der „Phir
loſophiſchen Ginleitung’ und das abermalige Dringen des geiſt⸗
lichen Minifteriums auf Entfcheibung beflimmten ihn im Dec.
1819 den Ruf nad) Bonn anzunehmen. Noch las er bis Dftern
1820 zu Wünfter und empfing manchen Beweis dankbarer Liebe
von feinen Zubdrern. Kurz vor feiner Abreife weihten fie ihm
einen Shrenbecher. Die flubirenden Ausländer folgten ihm nach
Bonn, und alle begleiteten ihn unter Thraͤnen ficben Stunden
weit. Geine Vorleſungen fanden großen Beifall. &r- würde
an eine Veränderung feinen, Lage nie gedacht, nod weniger um
fie gebeten haben, wenn nicht ber ein Zahr früher zu Bonn
wirffame Prof. Seber den Samen ber Zwietracht ausgeftreut
hätte. Diefer erhielt den Antrag zu einer Domherrnſtelle,
flug ihn aber aus und ging als Profeffer nach Lbwen, wo
ee vor einigen Jahren farb. Der Friede war hergeftellt. 20
der Belegung des erzbifhöflihen Stuhles zu Köln (1825
wurde H. Domcapitular der Metropolitankirche dafelbft. Beine
„Ginleitung in bie chriſtkatholiſche Theologie”, zweiter heil
(Dünfter 1829), if bie Frucht feines nächtlichen Fleißes. H.
empfing früher das Diplom eines Docters ber Theologie von
ber Univerfität Breslau, fpäter das eines Doctor6 ber Philofos
phie von ber Univerfität Bonn. Was und wie ein Profeffor
fein fol gegen bie Afademie, bie Kacultät, ber er angehört, bie
Profeſſoren, feine Gollegen, die Zuhörer; wie viel ein Profeflor
duch feine Bemuͤhungen zum Klor einer Hochſchule beitragen
kann, bat 9. gelehrt. Erwaͤhnen wollen wir feine kurze, zeit:
gemäße, treffende Antwort, die er einem Gtubenten auf bie
Frage gab: ob er feine Schrift bruden laffen folle? „Diefe
Frage ift einerlei mit der Trage eines Maͤbchens, ob es heiras
then folles fagt man ibm, es folle nicht heiratben, fo —
heirathet es doch.“
Sn feinen Paͤtern Aemtern ſorgte er für fein Geburtsdoͤrf⸗
den väterlih. Die dafigen fpärliden Pfarreinkünfte vermehrte
er durch ein Capital von 2000 Thirn., weldyes einer frommen,
eingegangenen Gtiftung gehörte, und durch ein Legat von
500 Shlen., von welchen die Zinſen bem Pfarrer zukommen; der da⸗
figen Kirche ſchenkte er zwei filberne Becher zu heiligem Zweck
unter Bedingung, baß fie nit umgeformt werben follten.
Bis zum 3. 1824 Iebte er ziemlich heiter und gefund. Der
Beſuch des Babes Norderney follte die Bichtanfälle dämpfen.
Es ſchien viel zu wirken, er kehrte hoffnungsvoll zurüd. Auf
ber Ruͤckreiſe fühlte er in ber Nähe Seines Geburtsdorfes die
drüdende Tageshige. Er wollte fi abkühlen und erkrankte
ſchwer und fühlte feine Auflöfung nad. Er genas, kehrte nach
Bonn zuräd, und dankbare Schüler überreichten ihm einen Bes
er mit paffender Inſchrift. Noch einmal befuchte er 1829
Ems, kehrte geſtaͤrkt zuruͤck, ward aber von ber Gicht heftiger
ergriffen. Gr litt lang und entichlief am 26. Mai 1381. _
Died ber Umtiß eines ftillen Lebens, das feinen Einfluß
auf die Bildung Fatholifcher Seelforger, auf bie Blüte neuer
Bildungsanftalten Eräftig äußerte und die Nachwelt fegnen wirb.
Dem Berf. Dank für das fchöne Bild, welches er ſich heran:
enthält „die „Voyage
bildenden katholiſchen Beiftlichen zunäch , aber auch preteftanti-
fen vor Augen ſtellt. oͤge es recht Bielen gefallen und zur.
aceiferung entflanmen ; weld ein Licht würde in ber Kirche
unb unter Geiſtlichen ſich entzünden! Vor Allem verdient
d. treue Nachfolge in ber Feſthaltung feiner hermeneutifchen
Grundfäge umd in ber Behandlung ber Glaubens⸗ und Bitten:
Ichre (©. 24 fg., ©. 185—173), in bem Streben, durch phis
loſophiſche Borübungen in den Geiſt der Theologie einzubringen.
Und dazu fodert auch ber Verf. an ben bemerkten Stellen auf,
aber wol mit zu großem Wortaufwande. Kieinliches hätten
wir nicht vermißt, wie &.5u.22 das aus H.'8 Kindheit Mitges
theilte. Verfehlt ift wol der Ausbrud S. 125: „er verfehlte
fih (ftatt fehlte) ger bie Pflicht der Gerechtigkeit nie‘, unb
neugebildet ©. u. 5% das Wort: Doction, db. h. Lehr⸗
a Die ſchoͤne Einfaſſung und Ausftattung iſt des Wil
des würdig. 19,
Mofa’ Gardinenſeufzer; nachgehaucht von Fried. Wilh.
Bruckbraͤu. Zwei Theile. Stuttgart, Brodhag.
1832. 8. 2 Thlr. 6 Gr.
Wenn man aud bei ber Lecture biefes ſchmuzigen Buͤch⸗
leins an bie intereffanten Schimpfnamen denkt, mit welchen Aus
guſtus in jocofen Stunden feinen Horaz beehrte, indem er ih⸗
nen feinen putissimum penem und homuncionem lepidissimum
nanate, fo verbient Hr. Brudbräu doch keineswegs mit dieſen
clafiifhen Ziteln belegt zu werben. Der. Deutfdye Kat ſchon
feinen Althing, und gegen biefen iſt ber genännte Berf. der „Die
moiren einer deutfchen Sängerin‘ und fonftiger obfamen Galan⸗
teriefündengefchichten ein «lender Stuͤmper. Geine Biehſtuͤcke
menfchlicher Leibenfchaftsmalereien entbehren aller Driginalität,
und feine Iüfternen Garbinenfituationen find durchaus wiglefe
Geburten einer ohnmaͤchtigen Suͤndenbegier. Es foll uns in
obgenanntem Gemälbe angeblich das Leben einer deutſchen Saͤn⸗
Dr Rofa in Paris bargeftellt werden. Jung unb Alt vers
olgt fie mit Anträgen. Sie benupt jebe Gelegenheit, um Gelb
zu ziehen, unb beträgt bann bie von Leidenſchaft Berbienbeten,
indem fie, bei naͤchtlicher Dämmerung ſich ihren Armen entwins
dend, eine andere Dirne unterfhiebt. Dem Verf. fehlt nichts
weiter al6 Alles, um mit franzöfiicher Grazie zu malen. Ee
gebt ihm Zalent ab, aber auch Fleiß unb Kenntnis, ein bloßer
Gopift aus dem „Oeil de boeuf” führt glüdlicher die Inten⸗
tion burg. Won Caſanova's attifcher Feinheit, von Bocca ccioa
pſychologiſchem Witz hat er keine Ahnung.
Literariſche Notizen.
Ueber macebonifche Geſchichte, Geographie, Antiquitäten u. ſ. w.
ans cedoine, par M. E. M.
Cousinery, ancien consul general de France à Salonique”
(2 Bände, Paris) viel Neues und ältere Anſichten Berich⸗
tigenbes. Der Berf. lebte 80 Zahre in jenen Gegenden, madhte
während biefer Zeit Ausflüge nach allen Richtungen, fammelte
Münzen, Infchriften, Zeichnungen von wichtigen Gegenden und
Drten, ftellte mannichfache Beobachtungen über die jegigen Ber
wohner an und bemühte fih, die Lage und bie Ruinen vers
fallener und verfchollener Städte mwieberzufinden ober zu bes
flimmen.
Her Dr. Rigardb, der im vorigen Sommer das füädliche
Frankreich wegen literarifcher Zwecke bereifte, wirb „Etudes de
moeurs et de critique sur les pretes latins de la troisicme
Epoque” in zwei Bänden herausgeben.
Bon ber neuen franzöfifchen Wibelüberfegung von &. Gas
ben ift der dritte Band erfdhienen. $,
Nedigirt unter Bexantwortligkeit der Werlagbhandlung: U. A. Brodhaus in Leipzig.
I
literariſche
Blatter
J gür
Unterhaltung.
Sonnabend,
ö— — Nr. 89. ee
30. März 1833.
Poeſie und Kritik,
Eine Beitfchrift, die Arena kurzathmiger Läufer, bat
das Gute, daß auch ſchwaͤchliche Sehnen dabei ihre Rech⸗
nung finden. Dem feichten Baͤchlein gibt ein ſchmales
Bert eine gewiffe Tiefe. Wenn daher auch mit ber Auf:
fehrift Mittelpunkt und Halbkreis eines gewaltigen Ums
meſſers gegeben wäre, hoffen wir dennoch — abgefehen da:
von, daß in Eleinften Kreifen, wie in Thaupunkten, fi
der größte fpiegle — daß wir gleich andern Strandgewaͤch⸗
fen dünne thun und wie fonftiges fchlechtes Moos in den
Spalten einer Zeitfchrift wachfen innen. Unmöglich ift
es übrigens einer geiftig fo gefräßigen Zeit wie der unſe⸗
rigen, den Hafer hedächtig zu fondern und vorzufieben.
Sie verfchlingt das Grobgefchrotene mit Begierde; Pfla⸗
fterfteine und Stüdkugeln, die man in Zeitungeblätter
widelt, verfchludt fie mit Vergnügen; fie leckt mit Heiß⸗
hunger wider den Stachel der Principe; Scherben von
Dynaſtien zerreibe ihre harter Magen; fie Enuppert an
Barritaden wie an Krautftrünten die Ziege; und alle
Blätter genügen ihrem Appetit nicht, denn wir fehen, daß
fie, glei Raupen, ganze Pflanzungen verwuͤſtet und ab:
frißt. Ebenſo heftig und unerfättlih ift ihe Durft; um
ihn zu löfchen, faugt fie an Ihrer Schreibtage, ſchlitzt ſich
die Bruft auf, zeritöße fi an Theorien den Kopf, ſchluͤrft
an ihrem Lebensblut, bis fie, Ihe eigner Vampyr, ſich
hohl faugend erfchöpft hinſinkt und von allen den Wun⸗
den nichts als eben die Scharte behält. In einer fo
haftigen Zeit kann die Poefie, die eine ſtille Empfängniß
will, kaum zu Athen kommen. Noch ift unter uns die
Brandung zu heftig, bie Zuftände find noch im Werden,
. die Zertrümmerungen orbnen ſich erft zu neuen Typen.
Wir müffen daher, wiewol überzeugt, daß dieſem unru⸗
bigen und bewegten Schaume das Schöne entileigen wird,
daß aber einem fpätern Moment die verföhnende Beſpre⸗
dung vorbehalten, und anderswohin wenden, um teinere
Luft zu athmen. Nach dem Hesperien der Poeſie wollen
wir binbliden, nicht um darin zu luſtwandeln und uns
in reichen Erinnerungen zu ergehen, oder auch nur das Ei:
genthuͤmliche jener Dichtungen prüfend, uns in ihr Inneres
vertiefen — eine Aufgabe, die über unfere Kräfte geht — ;
mir wollen uns damit begnügen, einen einzigen Punkt zu
gewinnen, auf den wir unfere Anficht über das Verhaͤlt⸗
niß des Dichters zur Zeit hinftellen möchten und an ben
Griechen unfere Meinung erproben, bei welchem gluͤckli⸗
chen Volke alle Samen ſich reih und frei und golden
entroideln konnten. Das herrliche und geiftreiche Volk der
Griechen naͤmlich, deſſen Bedeutung und Leben Poeſie war,
das ſchon in ſeiner urſpruͤnglichen Anlage und vorhomeri⸗
ſchen Entfaltung einer idealen Bildunz zuſtrebte, deren
Blume in Homer ſelbſt wie in ihrem Kelche ausbrach,
entwickelte aus dieſem genialen Triebe das ſchoͤnſchoͤpferi⸗
ſche Kunſtleben, an dem ſich jede Nachbildung umſonſt
verſucht, das uns in ſeiner eigenſten und genetiſchen Le⸗
bendigkeit fremd bleibt, weil der friſche Quell verſiegt iſt,
der feine Wurzeln naͤhrte. Denn kein Volk der Erde
wog im Ganzen genommen und ald Volk fo ideal als
das griechifche, es war felbft die lieblichfte Dichtung ber
Geſchichte, und Feine Poefie ift je fo unmittelbar aus dem
Schooße ded Volke: und Staatenlebend erwachfen als die
griechiſche. Ihre Dichter nämlich waren nur die Herolde
des hellenifchen Lebens, die Faſſung, aus welcher. ber Na=
tionalgeift hervorleuchtete; ganz Hellas trug den Quell in
fih, der in großen Künfttern einzeln hervorbrah. Wo
wir binbliden nad) griechiſcher Regung, in haͤuslichem und
öffentlihen Wirken, in Gefeggebung und Berfaflung, in
Thatbewährung und Genuß, in Spiel und großartiger
-Opferung, überall diefelbe Bildſamkeit, diefelbe Schönheite:
fülle, daflelbe Maß. Nirgend hat fi) felbft das Demo:
Eratifche fo rein offenbart, ‚ja es ift mit bem Griechen:
volle ganz und gar verſchwunden, denn das Schöne und
Ideale war ihr Staatsverband, womit fie ſich begrüßten,
was fie zu Griechen, zu Helden, zu Dem machte, wo
fie fich allein von den Barbaren unnachahmlich unterfchie:
den. Der Grieche fiel und ftarb anmuthiger und [chöner
als jeder Andere bei ähnlichen Antrieben. Unabhängigkeit,
Vaterlandsliebe, Begeiſterung, hohe Gefinnung bat fich
überall und in jedem Volke kundgegeben; allein, was den
Griechen auszeichnet und worin er unerreichbar tft, iſt ber
hohe Stern, zu dem die wahre Sreiheit, unbehaftet von
dunkeln Gewohnheitstrieben, wie fie die Wurzel jedes ans
dern Volkes mehr oder weniger fefthalten, hinftrebt; es ift
das Schöne und Ideale, das nicht nur Begabtere fortiiß,
fondern der griechifchen Natur überhaupt eigen, Allem, was
fie thaten und lebten, den hohen Stempel aufdrüdte, ber
ihre Werke verherrlicht, denfelben Geift der Verklärung und
bildneriſchen Ruhe einhauchte, der ihre Gebilde umfchmwebt.
\
.
%
-
Ä 36
So: lange diefer Stern über dem Haupte des griechi⸗
[hen Volles glänzte, ſchimmert fein Abglanz auch in ih⸗
ven Werken der Kunft und des Gedankens. Ein Jeder
fühlte fein Weſen in jedem Kunft: und Dichtergebilde.
Die Poeſie lebte damals Ihre goldene Zeit, fie hatte fich
noch nicht von der Sefammtheit losgeloͤſt, fie wandelte
mittn unter dem Volke, kindliche Innigkeit und finnliche
Unſchuld bdeuteten noch auf ihren unentzweiten Urfprung.
Als aber biefer große Kreis fich in kleinere ſchied, das
fhöne Gewaͤchs, wie alles Geſchichtliche, neue Elemente
zu neuen Verknuͤpfungen abgeben mußte, ein anderes Prin:
cip in bie Entwidelung kam, das Materiale und Bar:
barifche jenes zarte Weſen in fih aufnahm und feine
rohen Beſtandtheile damit geiftigte umd beiebte, fehen wir
auch den reinen griechifchen Kern vom Mebel fremder Ei:
genthuͤmlichkeit getrübt; die heitere Volksſeele war ver
ſchwunden ober in Nachbildungen gebrochen, das Bolt
hatte ein dichterifcheß zu fein aufgehört, die Poefle zerfiel
M Vereinzelung und befiegefte den Verfall. So murbe
mit ber Freiheit, dem helleniſchen Gefammtfinn für das
Schöne, die Poeſie als Schauftüd roͤmiſchen Siegesge⸗
pränges fortgeführt. Won da ab zeigt fi) ein ganz ans
deres Weſen berfelben. Ste iſt gleichfam vornehm ges
worden, ein Einzefguf weniger Vegabten. Die Mächtigen
erlaubten Ihre Huldigung und tändelten als Genuͤßlinge
mit ihre. Die Poeſie iſt aber die Blüte der Nationen,
fie lebt von ber Wurzel des Volkes, und es gibt Mine
andere, als die Symbol tft bes gefchichtlichen Lebens. So
war, mas in Griechenland Eins, was als Seele und Ge
flaft vermählt gewefen war, zerfalten. Die materiellen
Kräfte regten ſich außerhalb jenes Idealen, bis fie, zu Un:
geheuerm erwachſen, in ihrer eignen Maßloſigkeit zufam:
menftürzten, bis ein neues geiftiges Princip, das in der
tiefften und hellſten Innerlichkeit entfprang, fic jener fo:
toffaten‘ Maſſen bemädtigte.e Die griehifche Harmonie
und Einheit war für die Gefchichte verloren, die Geftalt
hatte ſich in Reflexion und Stoffige® gefpalten; beide Ele⸗
mente Fonnten zur urfprünglihen Berfhmelzung nicht ver⸗
einigt werben; ein unruhiger Schatten irrte bie Seele fe
ner HDingefchiedenen und verlangte nad) Sühnung, bis
Der die Hände dem Zwieſpalt auflegte, der, ein Allver⸗
ner, das Fleiſch zur Verzehrung dem Beiftigen hingab
hd bie zerfallenen Truͤmmer als Zündreifer einer tiefſin⸗
nigen Opferung in Flammen fegte. Fortan behielt dies
Streben die Oberhand. "Das Griechifch: Schöne, als Sort:
ches umtergegangen, iſt em reineres Feuer in ber Schale
bes neuen Prometheus geworben. Die Eriegerifchen Maſ⸗
fen, die fich gleichſam jenfeit jener Glut als Material
und Aliment bewegten, bie wie ein Chaos hereingebrocdyen
waren, den Reſt ber heilenifchen Bildung verſchlungen und
ihre Hetrſchaft auf die Pfeifer roher Geltung aufgerichtet
hatten, wurden mit in bie Läuterung ergriffen. Go hatte
ſich der forifche Neftorianismns, der mit der Schule von
Edefia zu Grunde gegangen war, dem Islam als chrift:
liches Bild- und Entwickelungsferment einverleibt, und
es ift nachzumelfen, wie ſyriſch-chriſtliche Doctrinen bis
unter die Mongolen und Igurier drangen. Denn fein an:
beres Heil gwar für jene Entzwelung zu finden, kelne an-
ve Ausfiht der Wiederdurchdringung al6 das Freiwerden
d das flammengleiche Durchbrechen bes Geiftigen aus
den Feſſeln der Maffe, als die aneignende Verflüffigung
des Spröden buch und in das Lebendige. Wie denn
auch mit diefee Erfhelnug ein wahres gefshichtliches Les
ben und .eine Porfie wieder begann; allein eine Poeſie,
die wiederum nichts Anderes war ald ber Ausdruck diefes
tiefen Kampfes. Wir erlaubten uns einge mweltgefchicht-
liche Punkte aufzunehmen, um die Anfiht zu begründen,
daß Dichtung, duch alle Geſchichtsmomente verfolgt, nichts
Anderes ift noch fein kann als der große Gedanke der
Zeit, wie er fi in Gebilden ausprägt, und daß uns
Derjenige nur als Dichter gelte, in dem feine Zeit nicht
etwa nur unwillkuͤtlich, mie fe ſich auch den Schwaͤchli⸗
hen aufdruͤckt, fondern ganz und uͤberwaͤltigend aufgeht.
Man würde uns aber misverſtehen, wenn man ben Um⸗
mefler jenes Zeitgedankens mit den dußern Zügen ver
zeichnete, wenn man und biefen oder jenen gtoßen Bild⸗
ner entgegenftellte, dee ganz im entgegengefeuten Verſtande,
feiner Zeit glefhfam den Rüden kehrend und mit ibe
als einer undichteriſchen brechend, nad) verfehhtteten Quel⸗
len gräbt oder verſunkene Todtengewoͤlbe beleuchtet. Wen
man auch von ſolchen Dichtern nennen und ald greß be
zeichnen mag — denn wahrlich ihrer find wenige, und wir
geftehen, vor kennen nur einen einzigen —, wen man
auch anführen mag, er dürfte wol mehr für als reibee
und zeugen. Denn felbft jener Eine gehört fürs erfle
sanz und gar feinem Volke, und was er geflaltet, iſt nicht
etwa eine untergegangene erlofchene Zeit, es ift ja derfelbe
Saft, der fein Volk nocd immer durchdringt, es bezeich⸗
net eine ganze Seite von befjen Gegenwart. Jenes Bolt
nämlich ift mehr als irgend ein gleichzeitiges mit feinem
gefhichtlichen Fruchtboben verwachfen, und indem es duch
Betriebſamkeit, Verkehr und allfeitige Anknuͤpfung -mur dem
Zunächfibetreffenden ſich hinzugeben und es allein zu be
rechnen fcheint, gleicht es andererſeits den Nilgeſchoͤpfen,
die, nach Aelian, halb entwidelt, zur Hälfte aber noch als
Schlammrudiment ihren Urfprung mit fih führen; ein
zioielebiges Volk auch darin, daß es einen Theil feines
Weſens wie einm Strom nach Außen fendet, während es
mit feiner Quelle im mütterlichen Berge pulfitt. In den
alterthuͤmlichen Draperien, Ausſchmuͤckungen und Anzügen
enthäüstt jener Darſteller nur diefe Volksſeite; er entblößt
nur eine verborgene Wurzel. Denn eine ausgelebte Zeit
kann nie und nimmer nachgelebt und bichterifch wiederer⸗
weckt werden. Die Fülle des Dafeins und bes Unmit⸗
telbaren bat uns zu eigen, an ihr zehrt jeber einzelne Le:
benspunkt. Das Dageweſene empfinden und genießen wir
nur inſoweit, als wir feine Truͤmmer als Blldeleniente
in unſet Sein und Leben aufgenommen. Und mo märe
das HDingegangene zu ſuchen? Wo anders ald in den
Merken feiner Dichter, in melde ſich fein Wefen ger
flüchtet, mit welchen es Eins geworben, außer welchen «6
ein Geheimniß, eine ſtumme Hieroglyphe bleibt und wie
ein Grablicht, heraufgehott, verlifht, Die Vergangenheit
wird in ben Kreis der unmittelbaren Gefchichtlichkeit ges
!
— — — ———
367
"zogen und wich’ ſelbſt dadurch in ein Gegenwaͤrtiges und
Mitiebendes verwandelt. Begreifen wir ja die Geſchichte
wer, warm fie fi im unfere Selbſtentwickelung hinein⸗
ſpinnt und in unſer zeitiges Beduͤrfniß auflöft.
Wenn alſo das Aeußetliche, der Moder ſelbſt ſich
in ein unmittelbar Lebendiges umwandeln muß, um wie
vielmehr wird die ganze Tiefe des innern Bildens als ein
Mitergebniß der Gegenwart betrachtet werben : müflen.
Der Geiſt diefer Volksverewigung, wie er ſich in Kimſt⸗
kin offenbart, naͤhrt fih im eigentlichen Sinne von ber
Bedeutung und gefchichtlichen Exiſtenz des Volkes, er ums
fihlingt. es und faugt an feiner Ider. Deshalb fehen wir
auch, wie mit jedem großen Geiſt⸗ und Kunſtwerke eine
Volksfeite abſtirbt, zugleich aber, gleichfam die Grabge⸗
wänder in jenen Denkmalen laffend, ſich geiftig und de“
Verklärung erhebt. Merkwuͤrdig iſt es, daß große Ge⸗
ſchichtskuͤmſtier die legte Kataſtrophe bezeichnen und, an
den legten Pfeilern das Gebäude erfaflend, "es wie Taci⸗
tu6 und Thucydides riefenkräftig über fi) zufammenbre:
hen. Und fowie Manche glauben, daß das unheimliche
Erbliden ihrer eignen Perfon ober ein zufaͤlliges Entge
gentreten derfelben als Spiegelbilb ihren nahen Tod be:
beute, fo, koͤnnte man fagen, begegne die Zeit fich ſelbſt
in einem großen Werke und müfle fih zum Tode vorbe:
reiten. Ein großer Dichter ift ihr Schwanenlied, jede
bedeutende Kunſterſcheinung, jedes fchöne Lieb fpielt ein
Auge nad) dem andern in füßen Schlaf; und fo finden
mir durchweg, daß fie in großen Geftaltungen fi) noch
einmal zufammenfaßt, abfchließt und befiegelt.
. (Der Beſchluß folgt.)
Sohann Sanfen Straußens Nelfe durch Stalien,
Griechenland, Liefland, Moskau, bie Tatarei, Medien,
Derfien, die Türkei, Sapan und Oſtindien. Worin,
außer ben Schickſalen des Verf., die Merkwürdigkeiten,
Lebensarten, Sitten und Gebräuche ber durchreiften
Länder befrieben werden. Angefangen im Jahre 1647
und beendigt 1673. Aus dem Holländifchen uͤberſetzt
und mit’ besichtigenden Anmerkungen aus neuern Rei:
fen verfehen. Gotha, Hennings. 1832. Gr. 8.
1 The, 12 Gr. j
Jan Janſon Struys, beffen Hölländifhen Namen ber Her:
ausgeber nicht hätte verdeutfchen folten, gab feine überaus leſens⸗
würdige, unterhaltende und das Bepräge der Wahrheit in keinem
Zuge verleugnende Reiſebeſchreibung bereits 1676 zu Amflerdam
heraus, wovon bei den Verlegern berfelben 1678 «eine beutfche,
1681 eine franzöfifche Ueberſezung erfchien. Zu Duͤrgerbam
1630 geboren und dem Segelmacherhandwerle gewidmet, ließ er
fi im 17. Jahre feines Alters bereden als Unterfegelmacher zu
Schiffe zu geben, erfuhr viel Ungemach auf Reifen, kehrte zweis
mal in fein Vaterland zuräd, fühlte ſich gluͤcklich, es wieder zu
finden, und verlich es doch mach Pürzerer ober längerer Haft,
bis endlich der Sechsundfunfziger die Luft binlänglich gebuͤßt
batte, den Krug zu Waffer gehen zu laffen und für Ruhe ber
figern Heimat. Sinn- gewann. Er war ein fdlidhter Band»
werfer, aber derben, gefunden Verſtandes, ber ihn in Stand
feßte, richtig zu fehen und zu urtheilen, babei ungeheuchelt,
prunflos, fromm und recktlich, ſodaß man nicht umbin kann, ihn
liebzugewinnen, zuweilen fogar zu ehren, und dem Schidfäl
Dant weiß, das ihm einen Landemann zuführte, der feine Aus⸗
N
fage lesbar zu machen verfland, ohne ihre Treuherzigkeit zu bes
einträdtigen. Charakter und Sitte’ ber Lander, in benen er
am längften verweitte, finb unverändert geblieben, und die nice
überflüffigen Werichtigungen bed Ueberfehers betreffen mehr:
theild genauere Beitimmungen der Längen» und Sreitengrade
oder flatiftifche Angaben; aber die Schidfale bes Verf., niemals
umatuͤrlich oder unerklaͤrlich, find nicht ſelten fo außerordentlich,
daß die fpätere Rachwelt fie nie ohne Theilnahme hören und
Dem, welcher fie beftand, dei Namen eines hollandiſchen GE
blas beifegen därfte, wenn reine Sittlichkeit ihm nicht zu vors
theildaft von dem fpanifchen Abenteurer unterſchiede. Der erſte
Ausflug führte den Erzähler, unter einem duͤnkirchener Befehls
haber über zwei Schiffe von 25 Kanonen, nach @enua, wo bier
fer die Schiffe dem Dogen verkaufte und, auf drei Zahre mit
Kriegsbedürfniffen verfehen, mit ihnen in See ging, um im ins
difhen Meere Geeräubrrei zu treiben. Struys ahnte biefe
Beſtimmung nicht und ließ fig mit einigen Hunderten feiner
Landsleute für eimen monatlichen Sold von 18 Gulden ale
Oberfegelmaher von Reuem anwerben. Sie vermweilten auf
Boavifta, Sierra Leone, Matagaskar und Sumatra. In befe
fen Sunde wurden fie von holländifhen Schiffen genommen
und nad Batavia gebradht, wo Struys mit dem naͤmlichen
Gehalt in die ehrlichen Dienfte feiner vaterländifchen oftinbi:
fen Compagnie trat. Als Oberſegelmacher begab er ſich auf
einem ihrer Schiffe nach Siam, Kormofa und Japan, ward ehr
rendoll entlaffen und Iangte am 1. September 1651 wohlbes
halten in feiner Heimat an. Vier Zahre fpäter ließ er fi
doch wieder Überliften, eine Fahrt nach Livorno "mitzumachen,
pilgerte von dort nah Piſa, Florenz, Bologna und Wenebig,
nahm unter den gewohnten WBebingungen, welche damals überall
herkoͤmmlich gewefen zu fein fcheinen, Dienfte auf deffen gegen
bie Türken ausgerüfteter Kriegsflotte unter dem Oberbefehl des
großen und fiegreichen Generals Lorenzo Marcello, auf welcher
fi) auch der in der Folge fo berähmte Kurt Adeler al& Haupt⸗
mann befand, litt bei Argentera Schifforuch, befuchte Candia
und Mytilene, gerieth in der Nähe von Troja, als er ans Lanb
beordert war, um Trinkwaſſer einzunehmen, auf ſechs Wochen
in tärfifche Gefangenſchaft, war fo hluͤcklich ans ihr zu entflie⸗
ben, die venetianifhe Armada wieder zu erreichen und dem gro«
Bett Siege beizumohnen, den biefe am 27. Juli 1656 im Ange⸗
fiht der Dardanellen über die türkifche davontrug, aber frei:
Rh auch mit dem Tode ihres tapfern Oberhauptes unb des
töftlichften Blutes von Venedig erkaufte. Darauf ging bie
Blotte nach Tenedos, Lemnos, Pathmos unb Keos, wo Gtruys
abermals gefangen, aber bald wieder losſsgekauft ward, nach ſei⸗
ner Rücdkehr in Venedig von Neuem in Dienfte trat; Korfu,
Gefalonien, Kandia und Stanchio beſuchte und? am 30. Juli
1657 im Kanal der Darbdanellen unter dem fierbenden Mece⸗
nigo ein gluͤckliches Treffen gegen bie fiegreiche Flotte beſtand.
Nach einem Beſuche verfchiebener griechifcher Infeln, von denen -
Gontribution eingefammtelt wurbe, verdang ſich Struys auf ein
venetianiſches Schiff, das er aber in Livorno verließ, weil er
beffen Hauptmann für einen Kaper erfannte, der brei verſchiede⸗
ne Päffe bei fidy führte, und daher 1658 fein lang erfehntes
Vaterland wieder ſuchte. Dort verheirathete er ſich, zeugte Kine
der und trieb zehn Jahre hindurch Segelmacherei im Dürger: -
bam. Aber der Anwuchs feiner Kamilie machte ihm Nahrungs
forgen, und fo ließ er fi 1668 von Bevollmächtigten des mos⸗
kowitifhen Bars Alerius Michailowitſch anwerben, für- einen
Monatsſold von 57 hollaͤndiſchen Gulden Segelmacher auf ei
ner in Moskau erbauten Jacht zu werden, bie beflimmt war
über die Lafpifche See nach Perfien zu fchiffen und bort Handel
zu treiben. Ihre Reife ging zur See über Riga, wo fie am
3. October eintrafen und, durdy Lieflandb und über Nowgorod,
am 12. Dec. Moskau erreidhten. Am 16. Mai 1669 beftiegen
fie, etwa 10 Meilen jenfeit, bei einem Dorfe Debinoff bie für
fie erbaute Jacht und gelangten auf der Oka und Wolga nad
Kafan und am 24. Auguft nach Aſtrachan. Vom Anfange bed
Septembers reiht fi für den harmleſen Struys ein umftand
®
-
Sklaven zum Geſchenk überfandte.
30o08 —
an den andern; benn grade in biefe Tage fiel bir Aufruhr
der benifchen Kofadden unter Stenko Radzin, ber fowol ben
vorgeblichen Demetrius als Pugatſchew an echtem Feldherrnta⸗
Ient, Entſchloſſenheit und Umſicht übertraf und anfangs vom Gluͤck
ſehr begänftigt ward; Weranlaffung und Berlauf der Empörung
werden anfchaulich erzählte. Aftsachan und deſſen Umgegend
erklaͤrte fi für die Aufrührer, die zuffifche Flotte diefer Ge:
wäfler ergab ſich ihnen, und,mit großer Noth entwifhte Struys
ngbft einigen feiner Lanbeleute der koſackiſchen Grauſamkeit
und erreichte auf einer Schaluppe nach beſchwerlicher Irrfahrt
das kaſpiſche Meer. Unfern Derbent wurden fie im Juni 1670
von dagbeftaniihen Tataren zu Gefangenen gemadt, deren
Prinz Osmin fie für Kundfchafter der räuberifhen Kofaden hielt
und feinem Bohne, dem Sultan Mohammed in Erwan, als
\ Dem Sultan gefiel ed, aus
hoher Machtvollkommenheit Struys zum Arzt wider Willen zu
fördern und ihn auf das Gebirge Ararat zu verſchicken, um eis
nen chriftlatholifchen Einfiedler von feinem Bruchſchaden zu heilen
und feinem fürftlihen Herrn dadurch SO Thaler zu erwer⸗
ben, wofür biefer ihm bie Freiheit verſprach. Es ftand oben
gefchrieben, daß der Bruch des Cinfiedlers, wie ein Huͤhnerei
groß, aber nicht über einen Monat alt, mit flüffigem Gibotter
befirichen und einer leinenen Binde belegt, unter ben ungeübten
aber forgfamen Händen eines anfprudlofen Segelmachers nach
14 Zagen völlig zurüdtreten follte und dem Ginfiedler erlaubte
fi ſchmerzenlos zu bewegen, bem fein‘ Helfer empfahl, Binde
und Galbung ivenigſtens ein Jahr beizubehalten. Der Genes
nefende, Domingo Xlerander, Sohn eines begüterten Roͤmers,
beffen frommer Vater fein Vermögen der Peterskirche, ten ein
zigen Sohn als"Einfiedler. dem Gebirge Ararat vermacht hatte,
lebte num ſchon 25 Jahre bafelbft und fühlte fich viel glüdlis
Kir dort als in Rom. Gr bezaplte nicht nur feinem Helfer
die zugefagten 50 Thaler, fonbern one ihm auch ein braunes
Kreuz an filberner Kette um den Hals, das er von dem feini-
gen nahm und aus einem Gtüde ‚Holz von ber Arche verfer:
Figt, dem er einen Stein binzufügte, welchen er unter der Arche
abgelöft haben wollte. Weber beide heilige Reliquien fertigte er
ihm ein Tüchenlateinifches Zeugniß dus, damit fie ihm in Rom
viel Geld einbringen möchten. Sultan Mohammed feckelte ben
Lohn des Arztes feiner Fabrik mit Vergnügen ein, brach aber
fein Fuͤrſtenwort und mollte ben Shriften nicht frei geben, wenn
er fih nicht zum Islam befehrte; und als bie glaͤnzendſten Au
fihten der Zukunft, bie Verlockungen reizender Jungfrauen a
dem fchlichten frommen Sinne bes Sklaven verloren gingen,
verkaufte er ihn einem Perfer für 150 Abes (etwa 1000 hol
ländifhe Gulden). -Mit diefem neuen Herrn befdiffte Struys
das kaſpiſche Meer und warb von ihm. in Derbent einem rei⸗
hen Zuwelier, Hadſchi Biram Ali, überlaffen. Diefem, einem
Mosiem im ehrenwertheiten Sinne des Worts, rettete er bei
einem Bade im See das Leben, mit großer Gefahr bed eignen
und erwarb befjen Zuneigung und das Verſprechen entfernter
Zreiheit. Aber bie vornehmfte, ſchoͤnſte und jugendliche Gemah⸗
lin feines Herrn, Altyn, hollaͤndiſcher Abkunft, ale zwoͤlfjaͤhri⸗
ges Mädchen von Zataren aus Polen geraubt, die ſich nicht
darein finden konnte, bie Lieblofungen ihres Batten mit fieben
andern Frauen und verfchiedenen Sklavinnen theilen zu möflen,
that ihm den Vorfchlag, fie mit großen Schägen nach Rußland
u entführen, beflen Grenze fie in acht Tagen erreichen Tonnten.
iedmal, dies einzige Mal wankte Struys wirklich, für den ein
kuͤhnes Wagftüd wenig Abſchreckendes, ein unfreie® Leben keinen
Reiz hatte, und wer weiß, was geſchehen fein möchte, hätte ſich
Aſtrachan damals nice noch im Bells der Koſacken befunden.
So aber fiegte nicht nur fein Gewiſſen, fondern ein größeres
Wunder gefhah: Altyn war fo unechört gutmütbig, ihm bes:
balb nicht zu zürnen und feine gnädige Herrſchaft zu bleiben.
Er begleitete feinen Herrn nah Schamachie, wo er fi von
einigen Franziskanermoͤnchen bereden ließ, aus bem Sklaven
eines Moslem der Sklav bed chriſtlichen polnifchen Geſandten,
|
|
Niedertr
eines Beorgianers Bochdan zu werden. Der rebliche Perſer
warnte ihn davor, Sonnte aber feiner Bitte nicht wiberftchen,
unb überließ ihn für ben Kaufpreis dem Chriften. - Bidfchi's
BBarnungen ‚gingen nur zu fehr in Erfältung. Bochdan war ein
tiger in jeder Bedeutung des Ausdruds, "yeizig, aus⸗
fhweifend, graufam und bot fogar feine Religion zum Verkauf
aus, die der perfifche Hof feiner Annahme unwuͤrdig fand, Obne
das Gnadenbrot, welches ber edle Hadſchi Biram dem Gefanb-
tenftlaven in feinem Hauſe reihen ließ und das biefer nur ver:
ſtohlen genteßen burfte, würde Gtruys dem Hungertode zum
Opfer gefallen fein. Endlich gelang ihm durch ben Vorſchuß
einiger Landsleute, ſich mittels Grflattung bes Kaufpreifes und
eines ſchoͤnen arabifchen Pferdes aus der Sklaverei Ioszufaufen
und als Freigelaſſener von Altyn zu beurlauben. Beide blieben
isrem Gharalter bis ans Ende treu. Noch einmal beſchwor ihn
die Chriſtin, mit ihr nach Aſtrachan zu entfliehen, bas bie Rufe
fen wiebererobert hatten, noch einmal weigerte ſich Struys, und
Altyn ließ ſich dadurch nicht abhalten, ihm einige ungefchliffene
Diamanten, von denen ber geringfte taufenb hollänbifche Gulden
werth war, und viel mehr Geld zu ſchenken, als er für feine
Losfaufung verkbutbet batte, und rieth ihm, ihren Mann, ber
Tages darauf Rad Ispahan reifen wollte, zu begleiten. Den
Rath befolgte Struys, und Hadſchi Biram hielt ihn Eoftenfrei.
Ihre Reife ging über den Ararat, wo ihre Karawane Plünderung
erlitt, Artebil, den Taurus, Gultanie, Coswin und Gaba.
Beim Abſchiede von Hadfhi Biram zu Ispahan, im Februar
1672, beſchenkte ihn diefer, der von ber Freigebigkeit feiner Ge⸗
mahlin nichts wußte, noch einmal mit der Summe, bie er für
feine Kreilaffung an Bochdan bezahlt hatte, und Struys brady
mit ber Karawane der oftindifcken Geſellfchaft nad) Ganteron
auf. Ihre Weg ging unter manderlei Kahrlichkeiten und Ans
griffen an dem Grabe ber Mutter Soliman's und Noah's und
ben Ruinen von Perfepolis vorbei, über Schiras, Skarym und
Laar, nad Gameron ober Bender, und Struys, von einer hef⸗
tigen Krankheit kaum genefen, fchiffte nach Batavia und nahm
bort wieber Dienfle auf einem Kaperſchiffe, bas nah Bantam
fegelte. Aber Kaperdienfte taugten nicht für ihn, und fo fchidte
er fi endlich an, in fein Vaterland zurädzulehren, landete auf
dem Gap, auf St.⸗Helena, wo das Schiff von Engländern ges
nommen warb, bie damals mit Holland Krieg führten und ben
armen Struys auch ber Diamanten beraubten, bie er von feiner
perſiſchen Wohithäterin erhalten hatte, fobaß ihm nichts von ihr
übrigblieb als das Gedaͤchtniß ihrer Tugenden. Die Engländer ſetz⸗
ten, nach einer glüdtichen Fahrt, ihre Gefangenen im Hafen Baltis
mor in Irland ans Land und in Freihett. Struys und einige feiner
Landsleute gingen und ſchifften über Kinfale, York, Breft, London
und Harwich, von wannen Grfirer, am 7. Oct. 1673, feine Frau
und Kinder wieber zu umarmen bag Gluͤck hatte und fid nicht mehr
von ihnen trennte. Schreckt biefe bürre Anzeige ben Lefer nicht
ab, den Neifenden felbft zu vernehmen, fo wird er ſich ungleich
belohnter finden, als fie zu erwarten berechtigt. 95.
Notizen.
W. Gcott war faft einen Monat in Rom, erzählt ein
englifches Blatt, bat aber nie den Vatican betreten. Dagegen
begab er fich nach dem mehre Stunden entfernten Dorfe Frae⸗
coli, wo Garbinal York feine legten Sage zubrachte, unb
forfchte eifrig nad Allem, was ſich auf denfelben bezog. Er
befuchte auch ein aus dem Mittelalter herrührendes Schloß in
Bracciano, deſſen einzelne heile er mit der größten Aufmerk⸗
ſamkeit unterfuchte. — —
Bon den franzöfifchen Ueberſegungen ber Werke W. Scott's
wurden durch den Buchhaͤndler Goſſelin über 1,400,000 Bände
verkauft.
Die Franzoſen meinen, der Verfaſſer des bei ihnen „Voya-
ges du prince Muskau’ getauften deutſchen Buches fei in der
That „un fat tr&s- amusant’’. 9.
j etistrt unter Berantwortlicgteit der Verlagäbandlung: J. X. Brodbaus in Reipzig.
|
|
bm— an
R
für
Titerarifge Unterhaltung.
Blätter. .
Sonntag,
Doefie und Kritik
(Beſchluß aus Nr. 89.)
Wurde nun der Umkreis des bdichterifchen Bildens
flüchtig befchrieben, möge aud) von dem Standpunkt ber
Kritik zu demfelben Einiges vorgebradht werden: ein epi⸗
neufer Punkt, der zu weitläufigen Betrachtungen führen
und ben gegönnten Raum leicht überflügeln Eönnte. Sich
muß mid daher auf Weniges befchränten. Auch bier
muͤſſen die Griechen als Mufter gelten, denn gluͤcklich
find fie zu preifen, daß fie Beine Kritiker hatten, Kritiker
nämlih, Afterwefen von unvermögendem Bildtrieb und
parafitiihem Geiſte. Bei ihnen lebte der Künftler mit
und in dem Volke, panegyrifch wurbe er gefert; geiftige
wie Eörperliche Uebungen und Wettlämpfe entwidelten fich
unter Öffentlicher Würdigung. Eine ſolche Kritit war die
einzig mögliche in Griechenland, wo Erzeugniß und Kritik
im Öffentlichen Leben fi) begrüßten. Und fürwahr bas
bildende Genie iſt die echte und tiefite Krifis, eine Selbſt⸗
durchſchauung und Lebensfihtung, aus der fie das Ideale
und die Geſtalt erringt, indem fie bie berechnende Um⸗
fpinnung mit glänzenden Flügeln durchbricht. Die jen:
feit des Bildens liegende Kritik aber iſt nur der abge
wickelte Faden, ein Gewebe, das felbft der Pſyche ange:
Hört, das fie aus ihrem innern Leben herausgeſponnen
Hatte, aber nach einer geiftigen Erhebung binftrebend ab:
wirft. Jene außer dem Schaffen fi abmühende Be:
trachtung vermißt fich, aus dem Gefpinnfte nicht nur das
Geſchoͤpf ſelbſt deuten und begreifen zu wollen, fie glaubt
auch thörichterweife die Seele baran verrechnen zu bürfen.
Erwacht in ihe die Ahnung des Bildenden, hat fie fofort
Kritit zu fein aufgehört. Mit der Erweckung jenes ins
nern Lichtes ift fie felbft eine bildende geworden; es ift
der Tropfen aus Minerva's Schale, an dem die Spinne
ierig ſaugt. Freilich iſt die Ahnung nicht genug, der
eflex ift nicht Die Sache ſelbſt; aber fo viel bewirkt fie,
daß das freche Wort in Bewunderung erfticht. Denn wie
Platon die Bewunderung als die Mutter ber Philofophie
betrachtet, fo iſt es Ear, daß wir dieſer Bewunderung
unfere berrlichften Krititen zu verdanken haben, die aber
als folche keine Kritiken mehr find, fondern mit Weib:
rauch und Bold yor dem Schönen Enien. Die Beurthei:
lungen in dem Sinne ſchrieben, hatten einen Liebesbund
mit dem Schaffenden geknüpft; wie weibliche Seelen ge:
ben fie fih hin, trunken fehen fie in fein Auge, mit
Zärtlichkeit hängen fie an ihm; es ift ein Eindliches Hin⸗
horchen, ein gläubiges Mitbeben. “Die widerfegliche Wild:
beit, die gewöhnlich dem. Ebeln entgegenftrebt, iſt gebro:
hen; des Kuͤnſtlers überlegene Kraft hat Brunhildens
Gürtel. ae und überwältigt fügt ſich das Starte
dem Genuß. So hat Leffing beurtheilt, ein bewunderns⸗
würdiger Geift, befien Scharffinn die Scheidelinie zweier
Zeiten war. Mit unerreichter dialektiſcher Schärfe vers
nichtete er die falfche Poefie feines Jahrhunderte. Kin
corrofives Gift, befreite er es einerfeits von dem kraͤnk⸗
lichen Stoff, reinigte es zu neuem Leben und erquicte es
zugleich, In keinem Schriftftellee haben fich je gefährs
lichere Kräfte, eine zerfegendbere Analyſe, ein fo gruͤndli⸗
ches und allfeitiges Willen, das feineg fcharfen Klinge
wie damafcenifche Züge zu größerer Echtheit golden einge:
brannt war, mit fo ‚großer Befcheidenheit, lauterer Gefins
nung, ja, mit fo tiefere Demuth vereinigte. Es ift, wenn
man feine Keititen lieſt — Laͤuterungen, in deren Unruhe
und Lebendigkeit er den Lefer hineinreißt, bie wie Sites
nengefang unwiderſtehlich ergreifen — als ob die biafektifche
Raſtloſigkeit forteite, fich felbft mit der Verwirrung, beren
fie fi bemäcdhtigt, die fie an allen Punkten angreift und
wie Feuer dahin trifft, wo fie ihres Raubes gewiß ift, als
ob biefe vernichtende Heftigkeit fih in ihrem Gegenflande
zu verzehren firebe, um, mit ihm zu Grunde gehend, zur
Ruhe zu gelangen. Er fehnt fich gleichfam, diefe dialek⸗
tifche Wildheit loszuwerden, befeelt, wie er war, von dem
Bewußtfein, daß dies nicht das Ziel der Kritik oder viel:
mehr, daß es ihr letztes ſei. Er fühlte, daß fie die Split:
ter und Späne zufammenteägt und ihr Küchenfeuer muͤh⸗
fam anbiäft, während die Poeſie, ein flillee Stern, vom
Himmel hernieder die Riſſe und Berftungen bes Lebens
[haut und prüft; daß ber Brennpunkt der Kritik kein
Stern ift, und daß fie ſich freventlich vermißt, weil fie
dem heiligen Licht das Verflüchtigende entreißt, es felbft
zerlegen zu wollen. Diefes fchöne Gefühl, das, wenn es
die Poefie nicht ſelbſt, doch die geiftvollfte Klage um bie:
felbe ift, dieſes Gefühl ſtimmte ihn zu jener rührenden
Trauer, daß ihm, an die Grenze gelangt, das gelobte
Land der Dichtung nur von dem Gipfel des Scharffinns
zu fehen vergönnt war. Großer, wunderbarer Ringer,
wie einfam ftehft du im beutfches Literatur! Schöne und
N
' behauptet.
Bi 370
glaͤnzende Talente haben ſich unſtreitig nach ihm geltend ge⸗
macht. Wenn man aber bedenkt, wie dieſe inmitten der uͤp⸗
pigen geiſtigen Fuͤlle ſich befanden, die ihren Samen verſchwen⸗
deriſch nach allen Richtungen verſtreute, wie ſie um ſich
herum alles Treffliche und Schöne Im reichſten Maße ſich
aneignen durften; rote fie. felbft aber nur die glaͤnzenden
Spuren, das befriebdigte Behagen fehrelgenden Senuffes
und geiftiger Sättigung darboten; wie fie, im Ton eben-
fo fchneidend als in ber Kraft, ben Gedanken bis zur du:
Berften DVerbünnung treibend, ihre mühfam und un:
kuͤnſleriſch gewonnene Betrachtung als Geſetztafel in bie
Höhe hielten, wenn man fich ferner nicht verhehlt, daß
fie wol -im Ganzen ein tiefere 8
daß fie die Erften waren, bie in der Kritik von den hoͤch⸗
ften Gipfeln der Vergleichung vormals ungeahnte Ver:
knuͤpfungspunkte entdedten und in überfihtlicher Wuͤrdi⸗
gung geiftreihe Umriſſe entwarfen; daß fie in Dem, was
man Claſſiſches nennt, zuetft mit mächtiger Schwinge
Spreu von Kom fonderten, bie Nebelfleden ber Piteratur
zuerſt teleſkopifch entwirrten ımd fin große und: kleine Lich⸗
ter ſchieden, wie nicht minder, baß fie mit feinem, tiefſin⸗
nigem Ohr hinhorchten auf den geheimften Laut ber Poefie,
fi zu ihre wie Pfpche mit: zitternder Lampe fchlichen, oft
aber auch frevelnd und verwegen ihre Myſterien durch
Bezeichnung entweihten und, wenn ich ſo fagen darf, ver⸗
riethen; daß ſie den Ausdruck mit einem gewiſſen Adel
ſtempelten, und ber Eine insbeſondere einen zarten, geiſti⸗
gen Schleier dern Gedanken uͤberwarf; wenn man deſſen⸗
ungeachtet ihre Stellung, ihren Einfluß, ihre Schule, das
bedenkliche Beiſpiel der ummälzenden Form, bie ohne bie
beherefchende Gewalt frech, duͤnkelhaft und anarchiſch wird,
wie wie denn auch erfahren haben, daß hohle Schwaͤch⸗
linge, die ihren Scepter, den’ äußern naͤmlich, den Styl,
fi) angemaßt ober überfommen hatten, aufs Heilloſeſte
und Berberblichfte in einem Gebiete fchalteten, wo es Mei:
nigkeit und Sichtung gilt: wenn man, fagen wir, dies
Alles genau erwägt und zu bem ihren eignen Misklang
in Wort und Bewaͤhrung, ihre Unerquicklichkeit bei aller
Tiefthuerei, die innere Duͤrre bei allem «Glan; äußerer
Fuͤlle gegen den wunderbaren Reichthum ihrer Zeit und
die Dürftigkeit der Leffing’fchen Zeit haͤlt, wird man ge:
wiß mit und geftehen muͤſſen, daß Leffing, auch abgefehen
von Größe und Reinheit der Gefinnung, keine Berbunte:
kung durch jene glänzenden Erfcheinungen befuͤrchten darf,
und daß er in feinem Gebiete einfam und einzig ſich
Merfen wir nun einen Bid auf ben Zuſtand ber
Kritik in unfen Tagen. Genau betenchtet kann es gar
keine geben, benn bie Kritik vollzieht das Urtheil ber Zeit
und fhließt es ab; noch aber gravitiren wir geiftig zu
dem Vergangenen, das feine Kritik, die da, wo fie durch⸗
greifend und bleibend wirkte, immer nur das Schöne be:
gleitete und fich zu ihm hielt *), bereits erfebt hat. Wir
haben eben nur unter dem Einfluß einer mächtigen ges
ftanden, noch arbeitet in ber Literatur jener gährende
*) — — 9 dio züvss doyal &noxzo, .os 19 Tnisudym
Ixxinoraborze.
Tropfen. Und. wenn e6 wirklich nothwendig wäre, eine
Reviſion des Dageweſenen und Gefeierten zu halten, was
wir aus dem Grunde als unthunlic erachten, weil ir
Geiſt und Erinnerung bie Herrlichkeit des zunächflabge:
laufenen Wirkens al goldene Moallakat unzugänglich bee
Kritik aufbewahrt, und in dem Ergabniß unferer Bildung
glänzt, wenn es, angenommen, von Nöthen wäre, befen-
nen wir offen, daß wir uns vergebens überall hin umſe⸗
ben, wo denn jener Ausgeftattete zu finden, bee einer fols
hen Prüfung .gervachfen wäre. Denn wenn eine Stelle
jur Gnadenort geweiht und geheiligt, vor dem Andrang
er frommen Andacht felbft durch Gitter abgefchieden und
eingefriebigt worden, muß Derjenige, der Die
fromme Scheidewand nicht achtend in den geheimnißvollen
Ort einbricht, als frei) und profan verrufen werden.
Und wir haben es kein Hehl, eine Kritil, die damit be=
ginnt, ohne Scheu und Scham das Jahrhunderten An=
gehörige, mithin im tiefer Religion zu Verwahrende, zu
entweihen, das fille Luſtwandeln des Herrn im Paradiefe
fhöpferifcher Gedanken zu verfennen, was Dateriand und
Mitwelt zur Verehrung und Erbauung als ein Unantaſt⸗
bares in die Nifche des Jahrhunderts hingeſtellt, hoͤhnend
zu befleden; damit beginnt, vons ein Eigenthum und Ge-
meingut der Nationen gervorben, was Nachbar und Frem⸗
der mit Bewunderung nermen, deſſen himmlifcher Gkanz
all den Unfug, wie Aeneas' Schwert die Larven zerſtreut
das weithin Dtrahlende und Große, den fchönften under⸗
aͤußerlichen Juwel des Volkes, die Seele felbft der Zelt
mit Affenzähnen zu befletfchen, die Perle der Nation in
gemeinen Eſſig aufzulöfen, um fie dem frechen Buhler,
dem Literarifchen Poͤbel zuzutrinten: eine Kritik, die fo
aufzutreten wagt, läßt gewiß nicht zweifelhaft, wofür fie
zu nehmen; Verwunderung aber erregt es allerdings, wie
ſchlecht es mit dem Urtheil bei uns beftellt fein nmıf,
wenn eine ſolche irgend ein Gericht auf deutſcher Wag⸗
fchale hat. Und ob es denn wirklich fo Thlimm um das
Talent in unfern Tagen fteht, daß mittelmäßige Kräfte es ers
drüden bürfen? Wir fagen mittelmäßig, denn fürwahr, bei
fo großen Erfcheinungen, toie wir erlebten, wie fie noch unter
uns leuchten, tft Das, was man Geiſt nennt, rin von dem
Ueberſchwange bes‘ Vorausgegangenen und bis im bie ent:
legenften Punkte Dürcchgedrungenen, det ganzen heutigen
Intelligenz aufgedruͤcktes Gepräge, heiweitem nicht genuͤ⸗
gend Deutſchlands Ohr zu belaͤſtigen. Dem wie im
rper dee ganze Menſch dem Blute verflüͤſſigt zuge⸗
führt wich, geiſtige und flüchtige Stoffe aber in ben nie⸗
dern untergeorbneten Apparaten verbraucht und zerftört
werden, fodaß die bdienftbaren und zinspflichtigen. Saug:
gefäße nur Altmentarftoffe ins Heiligthum der Aneignung
und des Lebens gelangen laſſen, Niemand aber destvegen
behaupten mag, daß das Geiſtige nicht durchaus und al:
lein im bildenden Leben fich bewege und mit ihm ei:
gentlich gegeben fei: fo tft Das, was fi in der Literatur
als Geiſt aufwirft,. wiefern es fi in feinem Innerſten
nicht als Friſchlebendiges und Geſtaltendes bewährt, Raub
und Befriedigung ' fuborbinirter Kräfte. Von Wahrheit
beften kann man fih am beften Überzeugen, wenn man
u
mr
31
fein eignes Werfen mit dem Bilbendgeiftreichen durch ſtkl⸗
les Nehmen und Geben gleihfam in Verkehr bringt,
bie Seele. in, deſſen Faͤden verfließen laͤßt und fo, indem
man Nahrung gemerben, genießt; ba emepfindet man das
Erquicklichlebendige, ein wohlthuendes Lichte durchdringt
und geiſtigt uns, nicht in einzelnen Funken verwirrt es,
der Rig ſelbſt iſt ein geſtaltender und vegt fih in fürs
mender Zülle. Anders ift es mit den duͤrren Geiſtern,
bie haͤmmeen muͤſſen um gu ſpruͤhen, bei denen jeber Funke
ein durch Schlag und Friction erglähter Splitter iſt.
Solche zeigen wie geiſtige Gaͤhrung eine im Werben be:
griffene Reinigung, bie oft umfchlägt und verdirbt, deren
Ferment ſich oft in eine fremdartige Maſſe wirft, wo es
fih laut maden und feine träbe Unruhe vertoben will,
In Deutfegand gibt es viel fire Luft der Art, die frei
zu werben jucht; allein, wenn hie und da ein Korkftöp:
fel auffliegt, oder ein Bierfaͤßchen plagt, wird man nur
erimmert, den Mund ber Flaſche beffer zu verpichen und
zu verfiegein und das Gefäß mit fhärkern Reifen zu ver:
fehn. Hoͤchſt übel nimmt es fich aber aus, wenn fo ets
was auch in Kritik und Literatur rumort 'und unfern
Anſpruͤchen zu genügen glaubt.
wenig gewonnen, wenn unſer jegiger Fortſchritt nicht darin
beftinde, daß viel und tief und afffeitig gedacht und ge-
flrebt werde. Der Starte muß wie Simfon das. Haar
aus dem ſchwaͤchlichen Gewebe reißen, den Gedanken bän-
digen und nicht in deffen Trümmern als Eritifche Wespe
Honig fuhen. Wohl wifen wir die rechte auf Wahrheit
und Sichtung gegründete Kritik zu würbigen, wir wiſſen,
daß Gögendienft: überall und auch in ihr ebenſo ſchaͤdlich
als verwerflih ift. Jede Reformation, jede Umwaͤlzung
iſt eine Kritikz aber Johannes der beydener Baͤckergeſelle
iſt nice Johannes Pres: Tadfchani. -Umd zeige denn die
Heutige Kritik wirklich eine folhe Scheu gegen ibolatris
fhen Unfug? Wer treibt. drgen als fie? Den Erften
Beſten, gefalbt oder umgefalbt, Läßt fie auffigen, führt
ton als Propheten herum und will ums noch obenein
überreden, daß der Efel des Propheten auch ein Pro:
phet fei.
Unfere Tage haben fo große Begebenheltm ans Licht
gebracht, daß wir zu hoffen’ berechtigt find, es fei unie-
zer Zeit vorbehalten, die politifche -umb hiſtoriſche Seite
Eünftierifch herauszuſtellen. Was kann ed uns anhaben,
ſelbſt Denjenigen, die in ſtiller Wirkſamkeit ihre Aufgabe
innerlich fortführen, wenn in dem oder jmem Winkel
eined alten Gemaͤuers eine kritiſche Spinne ihe Werfen
treibt, Infectchen und kleine Fluͤgelthierchen einfänge, als
ob ſie nicht auch zu den Kerbthieren gehoͤrte, wenn ſie
gleich in eine andere Abtheilung faͤllt, in die naͤmlich,
wo Kopf und Bauch verſchmolzen — wenn fo eine kriti⸗
ſthe Spinne ind Blaue hinein ihr Gewebe zieht, es ges
gen die Sonne, fie zu umfpinnen vermeinend, ausbreitet,
ohne die fie doch kuͤmmerlich zuſammenſchrumpft und ver
dirbt, ohne welches himmlische Geſtirn ihr Geſpinnſt nicht
einmal die Farben fpielen wärbe, bie fie einfältig genug
für ihr Eigenthum haͤlt, als babe fie ſelbe mit ben Faͤden
den Hintertheil abgeroonnen und tie biefe mit dem gifs
tigen fcharfen Saft erzeugt. Trifft e6 ſich auch manch
mal, baß eine größere einen zarten Kolibri ankriecht, und
das über Staubfäden, felbfi ein fehimmernder Blumen .
faben, fich wiegende, an Blüten glei) einem buntgoldenen
Tropfen hangende, wie ein fpielenber Gedanke mit Düften
timdeinde Weſen umgamt, ausſaugt und erdruͤckt, fo
zehrt ſie doch vergebens an ſeiner zarten Seele, ſeinem
unvergaͤnglichen Farbenglanz; fie iſt die Alche auf dem
ſchoͤnen Funken, fie ſelbſt bleibe haͤßlich wie zuvor, ehn⸗
Sinn und Ahnung des geiſtigen Blumenlebens, in wel⸗
chem jenes ſchwelgte. Man zieht ſich nur inniger und
froher in ſich ſelbſt zuruͤck und. beſpricht ſich mit ſeinem
Sleiße traulicher, wenn draußen der graue Regen gegen
Wir haͤtten in der That
die Fenſter ficht.
kein Gewebe zu Stande, das ſtille arbeitſame Wirken
dagegen webt das Lebendige. Wir wollen Herder's Wort
im Auge behalten: die Blaͤtter des
aben die Frucht gedeiht. J. 8 Klein.
Dymocritos, ober hinterlaſſene Papiere eines lachenden
Philoſophen. (Von dem Verfaſſer der Briefe eines
in Deutſchland reiſenden Deutfchen.) Zweiter Band.
Stuttgart, Brodhag. 1832. Gr. 8. 2Thlr, 18 6r.*
Das im erſten Bande ſtatt einer Vorrede verſoprochene
Fragment einer Autobiographie des verſtorbenen Verfaſſers wird
den Leſern Hiermit als einleitendes Capitel in der That mitge⸗
thheilt. Daſſelbe umfaßt aus Weber's Leben — denn Weber
war, wenn uns recht ift, der Name bes fühbeutfchen Demolrit —
bie Sabre 1802 —4 und erzählt bie Leiden feiner Hofmei⸗
ſtercarrière. Schon in ben Dreißigern vorgeruͤckt, gab ber Bie⸗
dermann ein harmlofes Aemtchen, das er bis bahin bekleidet,
auf und ließ fich theils durch die Lu, fih in der Weit und in
böbern Zirkeln umzuſchauen, theils durch vorgefpiegelte gläns
zende Verſprechungen verleiten, mit einem jungen Toͤlpel von
Reichsgrafen auf Reiſen zu gehen. Dem verzogenen Knaben,
der kuͤnftig einmal gebieten ſollte, that es allerdinge ſehn
noth, ſich im Umgange mit Fremden etwas abzuſchleifen und
die leere, rohe Seele, die von Innen heraus nichts gewinnen
wollte, durch Bilder und Formen der Außenwelt zu fuͤllen und
zu geſtalten; allein ein aͤngſtliches Heimweh bemaͤchtigte ſich
alsbald in bee fremden Umgebung bed Armen, die Sehnſucht
nah dem heimiſchen Mifte warb immer peinlidder, und er ent-
lief plöglich ‚in aller Stille feinem Mentor, ber ihm vergebens
GSteckbriefe nachſandte und fich gezwungen fah, allein zurüde
ehren. Die Ungezogenbeit bes Mutterſoͤhnchens . hieß - zu
Das Saufen dieſer Wafferfäden bringt
Truges fallen’ ab,
EG
Haufe ein Genieſtreich, und obſchon der unfchuldige Hofmeiſter
über bie plögliche Entfaltung bes reichsgraͤflichen Genies nicht
weiter zur Mechenfchaft gezogen wurbe, ließ man fich feinexfeits
doch auch mit ihm nicht weiter in Rechnung ein, behandelte
ihn wie einen Abgeſetzten, Unbrauchbaren, kraͤnkte ihn auf hoͤchſt
vornehm empoͤrende Weife und hielt ſich aller Berfprechungen
in Betreff einer anfländigen Berforgung für entledigt. So trat
der arme Weber verwundet und erbittert aus feinen kaum am
gefnüpften -glämzenden Werhältniffen ia bie Stile zuräd; in
feinem Gemäthe ſaß ber Grundſtein zum lachenden Philofophen,
zum Humoriſten, feft und ficher. Dies fcheint uns das Hefte
argumentum ad homigem in Hinſicht auf feine Theorie be
Humors, bie er im vorliegenden Bande bes angezeigten Werkes
aufſtellt. Es ift nicht leicht, den: Wegriff bes Humors in feis
nem Wnterfchiede von Wig. und von Laune mit Ernſt feftguftel«
len, weil das Fluidum feines Weſens, will man «8 mit Haͤn⸗
den greifen, alabald. zeexinnt. ran Paul's Erklärung: „Hu⸗
*) Mol. Über den erften Band Nr. 229 d. Bi. f. 1832. D. Rev.
” . 372 .
mer: fei das umgekehrt Erhabene“, iſt neb ber folgenden De
buction zu dunkel und feine Gintheilung beffelben in epiſchen, dra⸗
matifhen und lyriſchen gibt bie dreifache Art und Weiſe, wie
der Humor bes dichterifchen Wenins ſich entfaltet und verwirk⸗
fickt. Sean Paul 1äft den ‚Humor, der fich im wirklichen Eer
ben ergibt, außer Acht; die praktifchen Humoriften find aber
eft die fchäsbarften, weil fie die unbewußteſten find. Mitunter
fudht Jean Paul in feinen Werken fo fehr nach Humor, als
hätte er keinen, was body nicht der Fall if; aber das Unbe⸗
wußte, bas Harmloſe tft und bleibt das göttliche Erbtheil des
Sumoriften, mithin iM .Naivetät die Grundbebingung feines
Sefend. Doch auch der Wigige — nicht ber Witzling — ifl
naiv, und ein Wigiger ift noch kein Humorift, obwol in ben
olbfehimmernden Körnern, die Weide ftreuen, die Unmittelbar:
eit' des Einfalls Hauptſache iſt. Der Verf. poſtulirt ©. 60:
„We Phantafie und Urtheilskraft ſich berühren, entſteht Wie,
wo. ſich Bernunft und Willlür paren, Humor, und das Will
kaͤrliche macht eigentlich das Pilante des Humor.’ An einer
andern Stelle heißt es: „Wit ift malerifch, Humor pathetiſch“,
und: „Dumor ift die Verſchmelzung des Komiſchen und des
Ernften‘. Das ftreift nur Alles nebenhin und erklärt nicht im
mindtften, warum 3. B. Voltaire wisig, Sean Pant humori⸗
ſtiſch if. ©. 118 fagt unfer Werfaffer: „Franzoſen halten. fi
lieber an witzige Einfaͤlle, ihre beinahe nationelle Wigigkeit
ſcheint - fie am Ziefften zu hindern, fie halten fidh, wie ihre
Damen, an bad Schickliche, Mobifche und an gefelige Scherze,
daher haben ſie keinen wahren Humoriſten, wie Briten und
Deutſche. Sie werfen Sols aus in Menge und zu jeder Zeit;
der Brite und fein bdeutfcher Halbbruder ift fparfamer, gibt
aber auch Guineen und Dulaten.” Ganz ridtig, aber der
Grund? Boltaire ift nur wißig, weil feine Einfälle nur Irr⸗
lichter, Thallichter, oft Sumpflichter find, die nur zufällig, nur
für kurze Beit, oft nur fcheinbar einen Lleinen Play erleuchten.
Sterne und Zean Paul find Humoriften, weil ihre Einfälle
Sternfäänuppen gleichen, hinter denen der tiefblaue heilige Him⸗
mel- fih hinbreitet. Ohne biefe tiefbuntle Himmelsblaͤue ber
Gemüthlichleit gibt es feinen Humor; ber Wis ift um fein
felber willen da, der Humor fördert die Wahrheit, ohne heilis
gen Ernft ift der Wis nie Humor. Darum kann ber letztere
nie beißend, nie Hämifch fein, nie zerftörenb wirken, wol aber
jener. Wigig kann aud ein böfer Menfch, oder ein Menſch in
böfer Laune fein; ein Humoriſt ift der edelſte der Sterblichen,
denn das Bewußtſein heiliger Wahrheit flieht — nicht verftändig
Har — fondern träumerifdh winkend hinter Allem, was er [pricht.
Saphir tft nur witig und Wigling, nie echter Humorift, Deine,
ber bie Myſterien des Heiligthums befchmuzt, desgleichen;
Boͤrne ift bald dies bald jenes nur, eine geniale Harmonie fehlt
ihm, darum fehlt ihm zum tiefern Bumoriften, beffen ganzes
Weſen ein Einklang iſt, die Liebe zum Poſitiven in irgend ei»
ner Sphäre des äußern oder innern Lebens; oft ift er blos
Satiriker. Wis bringt es nicht zur Harmonie im Daſein; wie
er zerflattert, fo Tann er auch verwüften und die Seele zer
trömmern. Gin echter Humorift kann nie enden — wie Leß⸗
mann. Hippel's Wie wirb getragen von einer tiefen Religio⸗
fität; Sterne und Jean Paul ſchiffen, wie Iuftig auch ihre Wim⸗
pel wehen, auf einem Deere, über welchem ein Gottesfrieben
ruht; durch Tieck's feltfamfte Larven blickt meiftens noch eine
pſychologiſche Wahrheit hindurch, bie ber Maske bes Witzes die
Seele des Humors verleiht.
Bleiben wir jedoch bei unferm Autor und feinen mit fleißi
zufammengefuchten Beifpielen unb Anekdoten gefpichten, an ſich o
trockenen Lehrfägen. „Laune“, fagt ex richtig, „iſt eigentlich bie phy⸗
fie Stimmung zum Humor, ber der Geiſt ift, und bie lebendige
Alles durchdringende, freiwaltende, über Alles erhaben ſchwebende
Idee.“ Deshalb ibealifirt jedoch der Humor nicht immer, wie es
vom Verf. anderweitig behauptet wird. Sterne's Onkel Toby und
Gorporal Zrim find nichts weniger als Ideale und doch die ger
müthfeligfien Humoriften. In dem Gapitel über „Die Gom
terlinge und Hageſtolzen“ ift viel Zreffliches zu finden, .was in
verfümmert bat.
dem Berf. ben MWichermann von altem rot and Korn er⸗
kennen läßt. „Willlommen, Gonberlinge!” beginnt er feine
Demonftrationens „ihre trogt dem Laͤcherlichen, dem Alltags:
menfchen unterliegen, ihr fucht euer With, dem jene ausweichen,
wer U iſt lehrreicher als ber fabe Umgang mit ben sale
glatten laͤcheinden. Allgefälligen, die barum fo glatt, weil fie
bart find, wie ber glatte Ealte Marmor, und fo gefellig find,
weil fie fo wenig von der Seelenheirath, genannt Freundſchaft,
verftehen als die Großen und die Damen, die nur Unterhaltung
ſuchen. Gelb gegrüßt, ihr wahre, offene, unverftellte, freilich
mitunter zu lebhafte, unfanfte, bisweilen fogar grobe, cyniſche
Menſchen!“ u. ſ. w. Nach Sriedigung dieſes Gapiteld, wo
Geume nicht hätte vergeſſen werben müflen, folgt sin anderes
mit dem Titel: „Humor in Schriften”, und dann: „Deutſche
Humoriften”, unter denen Thuͤmmel etwas Über Verdienſt ges
fhägt wird. Driginell, aber zu fchröf hebt er Jean Paul’s
Schwächen hervor. ;,D Friedrich Richter — nicht kindiſch Frans
zoͤſiſch Jean Paul“, ſagt gutmuͤthig der Verfaſſer, deine
Genieſucht und ewiges Hamflern nach Materialien Atcht fo arg
wie beine Sprünge und Digreffionen, wäre bein Styl nie
fo geziert, verleitete dich deine Gollectaneenbächfe nicht zu ewi⸗
gen, dunkeln Anfpielungen, wie deine Ortiginalitätfucht zu: Paz
zoborn und zur MBinkleibung ganz gemebies matter Dinge im
hochtönende Phrafen u. f. m. — wir nennten vielleicht nice
mehr Sterne, fondern dich, Friedrich Richter.“ Der merkwuͤr⸗
dige Hamann wird „ein fonderbarer Querkopf“ gefcholten, und
fo findet fi unter den Anfichten viel Weraltetes, was heutzu⸗
tage für Beſchraͤnktheit gelten möchte. Sluͤcklich zu preifen aber
iſt der Gelige, daß er nicht mehr eriebte, wit welchen Beich-
thum von Drudfehlern bie Brobhag'fche Buchhandlung auch bem
iioeiten Theil feines „Dymocritos” ausgeftattet und feinen Fleif
in den’ zufammengeftellten Belegſtellen, felbft ben franiöptihen, "
!
Notizen.
Das „Journal des travaux de la societ& francaise de
statistique universche’’ gibt nach englifcyen Berichten bie GSunme
ber Beriufte, weiche Europa in Kolge der franzöfifgen Revolution
erlitten hat, auf 42,293,984,347 Ir. ag, was. wei ame, ſehr
precaise Berechnung geweſen fein .mag. u
Der berühmte Bildhauer David hat nach Dresden geſchrie⸗
ben, baß er im Laufe dieſes Jahres mit ‚ber ausſchließlichen
Abſicht dahin kommen werde, Tieck's Vuͤſte zu vesfertigen, um
3 „often feine hohe Verehrung durch diefe Arbeit kunb⸗
6 —— 1 ‘.
Das neu erfchienene Werk eines ber ‚Mitarbeiter bes ditern
„Globe”, des Herrn&. Biarbot: ‚„„Essai sur T’histoire desAra-
bes et des Mores d’Espagne”' (2®bde.), eine Abhandlung über Die
Giviffation deu Arader und deren Ginfluß auf die Stoilifation Eu⸗
ropas, wird von ber: „Revue encyclop&dique” als ein willkom⸗
menes Gegengewicht gegen bie jegt vielfach verfuchte Reaction gu
Bunften bes chriſtlichen Mittelalters gepriefen, die nur in ber
Apotheofe des Katholicismus und Papſtthums ausgehen wolle.
Es if in mandien Gtimmungen ein wahrer Genuß, ben
Kreug: und Querfprüngen ber franzöfifchen Romantiker und ih⸗
ver nit viel weniger tollen unb unmwiffenden Gegner, der Siafs
fiter, zuzuſehen Diefen Doppelgeruß’gewährt namentlich: „La
conversion a nantiqwe, —— 1880) Jagües meh
publi6 par . Jay etc." ‚ worin anfängli
die Schwächen und Bidßen der Romantifer, vorzüglich En
Dugo:8 bargeftellt und mit vielem Witz und Geiſt verfpottet
werden, zulett aber bie Balconfcene aus „Romeo und Julie’
als Beiſpiel ber Albernheiten Shakſoear's dienen muß! Dan
mache fich einen Begriff von der Fähigkeit: und Bildung frans
zoͤſtſcher Autoritaͤten, wenn bexen eine, X. Bay, fa etwos drus
den läptt 488.
Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: J. A. Broddaus in geipzig.
Blätter
für
literarifhe Unterhaltung
zur Nachricht.
Bon diefer Zeitfchrift erfcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für ben
Fahrgang 12 Thle. Alle Buchhandlungen in und außer Deutfchland nehmen Beflellung darauf an; ebenfo
alle Poftämter, die fih an die koͤnigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, dad koͤnigl.
preuß. Srenzpoflamt n H
alle, oder dad fürftl. Thurn und Zarifhe Poſtamt in Altenburg
wenden. Die Berfendung findet wöchentlich zweiMal, Dienflags und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt.
Merlin. Eine Mythe von Karl Immermann.
Düffeldorf, Schaub. 1832. 8. 1 Thlr. 12 Er.
Lohengein fingt zum Schluß:
Was nur volllommen, herrlich, ohne Gleichen
Ging in die gräßliche Verweſung über:
Wem, o mein Gott, fol ich noch Beiſtand reichen?
Mid dünkt, die Erd' it nur ein leerer, trüber
Baumlofer Anger, mit Sebein befät,
Kahl, unabſehlich, unfruchtbar, worüber
Die ſchwarze Fahne ber Vernichtung weht!
Waͤre dies das Motto zum Gedicht? dann wäre bies
großartigfte, tieffinnigfle, das erfchütternd anregen will
alles Heilige in uns, chaotiſch herauskehtend Pro und
Contra für Glaube und Hoffnung, das uns hinmalen
fol den zerreißenden Kampf eines Dichtergeiftes, welcher
Leine Aufgabe fcheut, um mit fi felbft Ind Klare zu
fommen, nicht mehr umd nicht minder, al& was berfelbe
Dieter eben in feiner ruffifchen Trilogle vom Gare:
witſch Aleris fang. Ein Gedicht von der ruffifchen
Grenze! Der alte Pole, mit Narben von einundneunzig,
zwölf und den noch nicht verharrfchten Wunden von drei:
fig, mag, menn ihm die Knie einfinten an der fibiri-
fchen Steppe und die Wolken ſich fpiegeln auf den Eis:
feldern, zu dem Refultat kommen. Baterland, Sreiheit,
Stud werden ihm Phantome, Wolkengebilde; er kann
ihnen nachjagen; aber wenn er fie hafchen will, ift es
Luft. Er mag dann denken, es war auch nur Luft, und
dee Dichter flraft ihn darum nicht. Aber Merlin und
König Artus, die zwar durch alle Länder und Königreiche
zogen abenteuernd, waren doch nie an ber ruffifchen
Grenze, und wenn Lohengrin das fingt von der Vernich⸗
tung, fo mögen es Lohengrin's echte Worte, fein Unmuth
fein; aber Lohengrin blieb noch auf den Stufen zum Gral
ftehen, ohne ins tieffle Heiligthum zu bringen. Darüber
ift er mismuthig; aber das reiche Leben hinter ihm ift
ſchon um deshalb auch ohne Außeres Mefultat kein ver:
fehltes, weil es die Reihe des Erlebten um Figuren wie
Artus, Sinievra, Merlin bereichert, und biefe, ob ſie
den Gral gefunden oder nicht, Haben poetifch gelebt für
ewige Zeiten.
Smmermann bat in diefem „Merlin auch nicht den
Gral der Poefie gefunden, d. h. bas wahrhaftige,. leben:
dbigmachende Blut, das Blut der Erlöfung; es iſt kein
Gedicht der Befriedigung, nur eines der außerfien, tiefiten
Aufregung geworden, das mit einem Fragezeichen fchließt,
und dennod) ein Gedicht, das, anerkannt oder nicht, leben
wird und ihn felbft zu Denen verfegt, welche, geſchmaͤht,
geläftert, verfpottet, befriegt, misverftanden und misgeach⸗
tet, nicht aus der Reihe der Dichter geftrichen werden
koͤnnen. Auch wir, hätten ſehr viel auszufegen, ihn zu
bekriegen, jedenfalld ihm zu zuͤrnen; und doch hebt ihn
fein „Merlin“ in unfern Augen hody über Alles, was er
bisher fhuf und verfuchte. ü
Einen Begriff davon zu geben, ift faft jo ſchwer,
als das Gedicht felbft dichten. Eine ſchwierigere Aufgabe
bat fih noch Fein Dichter geftellt, der den Kampf des
Goͤttlichen und Menfchlichen, des Endlichen und Unenb-
lichen zum Gegenſtand hatte. Bis Milton und Klopſtock
blieb e8 ein Kampf um den Befig, jet iſt es ein Advo⸗
katenkampf geworden um das Recht. Aber was Göthe
im „Fauſt“ anregte, ift Spiel gegen Das, was Immer:
mann im „Merlin” verfuchte, und doc) mehr als Spiel,
indem jener fertig wurde mit feinem Stoff, wie er ihn
anfaßte („Fauſt“, mit ober ohne Schluß, bat ein Reiul:
tat in jeder Scene), Immermann dagegen in das Meer
aller religiös: chriftlichen und philofophifhen Zweifel ſich
verfenkte. Da ftreiten Gott und Satan katholiſch, gro:
ſtiſch, ſinnlich, geiftig, philoſophiſch, chaldaͤiſch, in Ver:
nunft und Offenbarung. Die Traditionen, die ſuͤßen und
grauenvollen Maͤrchen aller Voͤlker, die Erlebniſſe, die
374
Kenntniffe, bie Wiffenichaft der legten Gegenwart, Alles
bietet Waffen zu einem endlofen Streite, Mauerfteine zu
einem Thurm von Babel. Angeregt wird der innerfte
Funke; mas wir bisher entdeckt von Lebenskeimen in uns,
es ſchlaͤgt zu lichterlohen Flammen auf, den Magus er⸗
Tonnen wir, der bei Weltbrandfchein die Natur uns zeigt;
aber der Magus hat nicht Kraft genug, bdiefe Slammen
zu einee Sonne zu verdichten. Es bleibt-nichte, ed wird
vorige Nacht. Iſt das neue Aufgabe des Dichters, die
Zweifel fo zu loͤſen von ihren Ketten, daß fie wild auf:
fahren aus ihrem tiefen Grunde, die Arme über die Le
bensatmofphäre hinaus nad) den ewigen Geſtirnen ſtrecken?
Wer Satan ift, darum ftreitet es fih. Was Gott,
ift die zweite Frage, und was der arme Menſch, der zwi⸗
fhen beiden ſchwankt, zerriffen zrifchen Luft und Sehn:
fucht, Glauben und Zweifel, Offenbarung und Vernunft,
eine uralte dritte.” Aber über den Menſchen find wir bei
jedem Schritt hinaus. Es hat der Dichter den Befis
aufgegeben, den die Dichter vor ihm fefthielten, eingedent
des Satzes: beati possidentes, und flreitet um das
Eigentbumsreht. Es klingt zu plebej nach dem er:
fchütternden Genuß, den Merlin bereitet, an den ſchwim⸗
menden Hund zu erinnen, der um den Schatten das
Fleiſch fallen ließ; aber überfcheitt er nicht die Aufgabe,
welche irdiſcher Poefie gefegt ift, wenn er über die Außer:
fien Grenzen der Dämonologie hinaus in Gebiete ung
trägt, wo aller Boden weicht, ein Theater bauend, two
Kräfte als dramatis personae auftreten, die noch bis ba
uns an Drahtfäden bielten, und wir waren fchon froh,
wenn wir nur ihre Hand ahneten?
Mie weit dem Dichter das Recht zufteht, von dem
Endlichen fih zu entfernen, fei bier unbeurtheilt. Der
befte Erlaubnißſchein ift immer der, wenn er in diefen
Wolkenhoͤhen in ſich ficher bleibt. Diefe Kraft beroährt
Immermann im „Merlin“ bis zum legten Augenblide;
er hebt uns mit, wohin er will, Gründe und Worte gehen
ihm nicht aus, wir fühlen überall nach Boden, wo er
uns binführt, und nirgend iſt im Nebel: und Dunftkleide
von Ziraden und Declamation eigner Anſchauungs⸗ und
Darftellungsmangel verhält. Dies führt uns zur Aner⸗
kennung von Etwas, was bie Kritit, wo fie mangelnden
Kunſtwerth rügen mollte, in ihre Grenzen zuruͤckweiſt.
Nicht um etwas dem Publicum Gefaͤlliges zu bringen,
fondern um fich felbft zu genügen, ift augenfcheinlich die:
fer „Merlin“ gegeugt. Den innern, furchtbar erfchütternden
Gaͤhrungsproceß und Kampf darf man vielleicht da am
meiften wahrnehmen, wo die Kunflform am menigften be:
ruͤckſichtigt iſt, er bligt aber durch dem ganzen Körper, und
eben in Dem, daß es bichterifch doch nichts Ganzes ge:
worden, nichts Vollendetes, verräth es, wie, was er gibt,
nichts vom Dichter Bewaͤltigtes, fondern ihn noch Be:
wältigendes war. Göthe war mit fi ins Reine gekom⸗
men, als er „Werther's Leiden‘ fchrieb; er mußte, wie
ee mit Wiſſensluſt und Lebensluſt fland, als er ben
„Fauſt“ gebar, und bis wie weit der Teufel ein Recht an
ihm hatte, und wo er ihm ein Schnippchen ſchlagen
konnte, ald er ben Mephiftopheles citirte. Gang anders,
«er fagen wollte, muͤßte
fubjectiv befangen, ringend mit ſich bichtete Immermann
feinen „Merlin. Er iſt noch ein poetifcher Sanct Michael
und Sanct Georg, er kann keine Kapelle bauen und fein
Schwert nicht niederlegen zu Stufen bes Tempels; ges
hört hat er mie Perillus füß Beton, das aus des Him⸗
mels Höhen Hang, aber felbft deang er noch nicht zur
Salva Terra, um auf Montfalwarfch den Trunk der
eroigen Befriedigung einzufchlürfen.
Died wäre vielleicht die frengfte Verdammung, die
ein rein Eünftlerifcher Areopag über ihn ausſprechen Eönnte ;
da aber die Macht der Areopagiten gebrochen if, und kein
Scherbengericht, Alles was lebt ein Recht hat, mitzufpre:
chen auf dem Markte, fo treten fachmwaltend für ihn fo
viel Stimmen auf, daß er ſich dreift dem Volksgerichte
flellen darf. Immermann iſt nie zu ber objectiven Höhe
durchgebrungen, in der feine fubjective Kraft ihre ſubor⸗
dinirte Stelle gefunden hätte; immer fputt etwas Star:
res, Wiltkürliches in feinen Schoͤpfungen, auch ben min
der anfpruchevollen, was, ſei's auch nur um ein Etwas,
nicht Maß Hält für das Geltende. Um wie viel weniger
darf biefe 1 in einem erwartet wer⸗
den, dad auf Wurzeln eines Rieſendaumes Altes über:
wächft und überflügelt, was die Porfie bis da zu denken
und auszuſprechen wagte. Sachwaltend fpricht für ihn
der tief ernfte Gedanke, die ernſt gedrungene, nicht bilder:
reiche, aber bildlichkraͤftige Durchführung, die kuͤhne Phan⸗
tafie, eine Kraft des Ausdrucks, wie fie vor ihm noch
Niemand voagte, ohne lächerlich zu werden, und die man:
cherlei Partien voll, was man fo im gewöhnlichen Leben-
Poefie ‚nennt, die Mufit dem Ohr find und das Gemüth
anfächeln. Und Werth, dichterifchen, gibt dieſem Torſo
wie dem Stonehengebau nicht feine Schönheit, fondern die
Vorſtellung der angewandten Kraft in Aufthürmung ber
Maſſen, die magnetifche Erwedung fubjectiver Denk: und
Daritellungstraft, wie fie, überhaupt felten, bei ihm noch
nicht zu Zage fam. Um deshalb muß feinem ‚„‚Derlin‘
ein Werth bleiben, wenn auch einer, der von der ges
woͤhnlichen Werthſchaͤtzung eines Kunſtwerks fehr verſchie⸗
den iſt.
Um nur einigermaßen 7 zu fagen, was. ber Dich:
ie Kritik. faft immer bei ihm
feibft Worte borgen, benn fo befonder& erfindet oder be=
nugt er fie flr den Gedanken; allein um genau zu fein,
müßte dann das halbe Gedicht abgefchrieben werben. Wir
verfuchen, mit wie möglichft wenigen Auszügen der Auf:
gabe genügt wird. Das Gedicht iſt keinesmegs umfang:
reih,, und doch, um den Inhalt zu geben, find wir ver:
legen, wo anfangen: im Dimmel ober auf Erden, beim
Zeufel oder feinem Sahne, oder deffen Mutter, bei Chri:
ſtus oder beim Gral, oder beim Artushofe, oder bei Göthe,
und was er war und bedeutet, zur Schöpfung? So viel
Ideen- und mythiſche Kreife, traditionelle und rationelle
umfängt die eine Mythe. Da ift zum Grunde die alte
gnoftifch= perfifche Xradition von den beiden SPrincipen,
die um die Weiltherrſchaft ringen, da bie juridiſch⸗-chriſt⸗
liche von dem gefallenen Engel, da kommen bie mittel:
alterlich = walififchen Zraditionen vom Blut Chrifti im
\
—
375
Gral, von Artus’ Tafelrunde, die rohern Gigantenhiſtoͤr⸗
den vom Merlin, und mitten hinein zwifchen alle durch
drängt fi) ber noch Lebendige Mythus unſerer Poeſie,
ber fpeculatin:egoiftifchen im Klingsor. Gtaubensfäge,
portifche Tradition, Philofophie, Altes arbeitet, ſchafft un:
tereinanber; bier find nur obligate Denkkraft und Phan⸗
tafie nöthig, um zu folgen, dort genaue Kenntniß mittels
alterlicher Literasur. "
An was fuͤr Lefer dachte Immermann? muß grade
bierbei gefragt werden. Men erwartete er, fo in ben
Sagen und Liedern von Titurel, Triſtan und Parcival
bewandert, um ihm zu folgen? As müfle Jedem biefe
vielverzweigte Wunderwelt aus dem Artuskreife vor Au:
gen liegen, bringt er deren Geſtalten vor, nicht wie Daupt:
ftüde, verftändfih in ſich felbft durch ihren ausgeführten
Drganiemus, fondern wie einen Rahmen zu den rein aus
ihm felbft entfprungenen Weſen. Er tippt an, er nennt
beiläufig Kiguren, ihm als Spmbole für Gedanken zu‘
dienen, welche er nicht ausführen mag, und diefe Siguren
find ſelbſt der Tagesanſchauung fo fremd, daß es befon-
dered Studium bedarf, ihre mittelalterliche Bedeutung zu
faffen, gefchtweige die, welche ihnen der Dichter nach dem
oder jenem Mythus befonders beilest. Eine Vernachlaͤſ⸗
figung, welche, nicht fremd Immermann's Wefen, gar
nicht geruͤgt werden dürfte in einer Didjtung, wo er nur
an ſich dadıte, deren Eingang und Wirkung aber um
deshalb noch precaiter wird. Geheimnißvolles Gewand
zu ſuchen, brauchte er hier am wentgften, mo die ganze
Aufgabe an fi fhon ein dunkles Geäder war. Indem
wir den Hauptmpthus zu verfolgen fuchen, barf es uns
um deshalb erlaubt fein, biefe Nebengeſtalten in ihrer
Einzelbedeutung bei Seite liegen zu laſſen.
a (Die Fortſetung folgt.)
Das Leben des koͤnigl. preußifchen Staatsminiſters Kriedrich
Ferdinand Alerander Reichs⸗Burggrafen und Grafen zu
Dobna=-Schlobitten, General: Lanbichafts » Direc:
tor von Oftpreußen, Ritter bes großen rothen Adlerors
dene und bes eifernen Kreuzes, bargeftellt von Johan:
nes Voigt. Leipzig, Brodhaus. 1833. Gr. 8. 4 Gr.
Der Name des auf dem Titel diefer kleinen Schrift ge:
nannten Staatsmannes, deſſen echt vaterländifches Wirken in
eine verhängnißvolle Uebergangsperiode ber preußifchen Staats:
entwidelung fiel, ſteht zwar in ben Jahrbuͤchern des Ruhmes
mit einer weniger leuchtenden Prunkfchrift eingezeichnet, und
Manchem find feine Verdienfte, die nichts mehr vermieden, ale
fi) mit geraͤuſchvollem Glanz; zu äußern, vielleidht unbefannter
geblieben, als billig if; aber er hat bennod in feinem Kreife
Mebeutenbes und Dauernbes vollbracht, und-wenn ihn auch Fein
Lauter Nachruhm feiert, fo gehört ex doch zu Denm, welche in
Dem, was fie gegründet: haben, ſtets geehrt fortleben werben.
Der am 21. März 1831 verfiorbene Graf Dobna : Schlobitten,
welder dem Minifter Stein, als berfelbe im Jahre 1808 aus⸗
ſcheiden mußte, im Minifterium des Innern folgte, war freilich
keines von jenen [höpferifchen Talenten, die aus der Idee heraus
etwas Gigenthümlicyes bilden und großartig umigeflaltend auf
ihre Zeit einwirken; er hat vielmehr, kann man wol fagen,
immer nur nad) Borbildern- gefchaffen, und bie Gedanken Anbes
ser, den befondern Beitumftänden gemäß, mit befonuener Begei⸗
flerung auszuführen gewußt; aber es war, wenn auch nicht das
Talent, doch bie edle moralifhe Kraft, bie probuctiv in ihm
wirkte, es war die Gharakterftärke einer tief fittlih und reli-
gidß gebildeten, milden und doch energifchen Perfönlichleit, mit
der er in fihwierigen und mannichfach bedrohten Verhaͤltniſſen
des Staatd orbnend, audgleichend, fordernd, erhaltend und im:
mer wohlthätig eingreifend auftrat, es war die feltenfte Anhaͤng⸗
lichkeit an das Koͤnighaus und das Vaterland, welche, mit der
innigſten Religioſitaͤt verſchwiſtert, das wahre Normalbild eines
preußiſchen Staatsbeamten in ihm darſtellte. Aus einer aiten
geachteten Familie abſtammend, welche ſich dem vaterlaͤndiſchen
Regentenhauſe immer beſonders anhaͤnglich erwieſen (denn die
Grafen Dohna waren es, die es vornehmlich mit bewirkt hat⸗
ten, daß nach dem Erloͤſchen der anſpachiſchen Dynaftie Preu-
gen an Kurbrandenburg fiel; f. &. 20 der obigen Schrift),
war Graf Friedrich Ferdinand Alerander von Dohna (geboren -
am 29. Mär; 1771 auf dem Schloffe Finkenftein in Preußen)
urfprünglid zum Kriegerftande gebildet worben; aber zu der
Hinderniſſen, welche ſich ihm bei dem wirklichen Ergreifen biefer
Laufbahn entgegenftellten, gehörte auch bie Abneigung Friedrichs
des Großen, der nicht gern Grafen in feinem Heere fah (©. 8).
Dobna begann beshalb mit wahrhaft wiſſenſchaftlichem Gifer
eine umfafjendere Entwickelung und Ergaͤnzung feiner Bildung
auf den Umiverfitäten Frankfurt a. d. O. und Göttingen und
der Handlungsſchule in Hamburg, um ſich für ben kameraliſti⸗
fen Staatsdienft vorzubereiten. Nachdem er im Zahre 1790
bei der koͤnigl. kurmaͤrkiſchen Kriegs: und Domainentammer in
Berlin ald Referendarius angeftellt worten, wurde er 1794 zum
Kriegs: und Domainenrath bei biefem Collegium ernannt. Als
Anertennung feines Wirkungseifers fah er ſich bald in immer
erweiterte Kreife ber Thaͤtigkeit verfegt. Es erfolgte feine
Anftellung als Geheimer Kriegs: und Domainenrath bei bem
neu s oftpreußifchen Departement bes koͤnigl. Generaldirectoriums,
und barauf 1801 feine Ernennung zum erften Director der
Krieg: und Domainenlammer zu Marienwerder, in welder
Stellung er, befonders zur Zeit ber unglüdlichen Verhaͤltniſſe tes
Jahres 1806, Gelegenheit hatte, bie ganze Groͤße feines patrio-
tifhen Charakters im ebelften Lichte zu zeigen, da von ber Seite
ber, auf welcher er ſich befand, die erfte gewaltfame Dröhnung
durch den vaterländifchen Staatslörper ausging. Nachdem ber
in jener Provinz vorfchreitende Feind fih auch bes Sitzes ber
Regierung , der Stabt Marienwerder, bemächtigt und vor Al⸗
lem von ben Landesbehörden bie Eidesleiſtung verlangt hatte,
war es Graf Dobna, der damals am entfchiedenften dazu bei:
trug, daß biefelbe verweigert wurbe, . Sein ftartmüthiges Be⸗
nehmen in jenen Verhaͤltniſſen flößte felbft dem Feinde Achtung
ein, wie fi aus dem merkwürdigen Geſpraͤch, das Dohna batb
darauf mit Napoleon hatte, welcher ſich damals das der Doh⸗
na'ſchen Bamilie zugehörige Schloß Finkenftein zum Hauptquar⸗
tier auserwählt, ſehr hervorftechend ergibt. Dies Gefpräd wirb "
in ber vorliegenden Schrift von Hrn. Prof. Voigt (&. 15 fg.)
hoͤchſt intereffant erzählt, und obwol ein zweibdeutiger Antrag
Napoleons zur Vermittelung des Friedens von Dobna, ber fich
zu ber ihm aufgetragenen Sendung nach Memel nicht brauchen
laſſen wollte, freimüthig und entſchieden abgelehnt wurbe, fo
hatte Dohna's Verwenden body ben fegensreihen Erfolg, daß
bie Provinz Weftpreußen vor einer Contribution gefchügt blieb.
Eine fhöne Wirkſamkeit gewann Dohna bald darauf als
Nachfolger Stein's, wenn auch nur auf wenige Jahre. Gtein,
der auf Napoleons Verlangen bekanntlich aus dem GStaatsdienkt
entlaffen werden mußte, hatte Dohna, deſſen Talent er als das
geeignetfte zur Ausführung feiner Ideen erlannte, zum Mini⸗
fier des Innern empfohlen, und fo wurbe ihm ber lohnende
Beruf zu Theil, namentlidy die von Stein entworfene Gtäbtes
orbnung ins Leben zu führen. Es begann damals ein eigen:
thuͤmliches Regen und Bewegen in allen Theilen des Staats,
und Preußen ſchien ſich in jener Zeit zuerft am entfchiedenften
in dem Bewußtfein zufammenzunehmen, baß es das Princip ber
Snteligenz fei, auf bem «6 am fräftigftien ruhe und das es
370
daher vorzugämeife in ſich auszubilden habe. So erfolgte die
Gründung ber Univerfität in der preußiſchen Hauptſtadt, deren
Han au von Dohna gefördert und unterflügt ward, obmwol
die Ausführung deſſelben nicht eigentlich unter feiner Leitung,
fondern unter der Wilhelm von Humboldt's ins Leben trat.
Unter den einflußreichen Schöpfungen, bie während Dohna's
Minifterium hervorgingen, f auch vornehmlich das neue Re:
trutirungsfoftem zu nennen, das er gemeinfchaftlich mit Scharn⸗
horſt audarbeitete (f. &. 19), und das am meiften bazu beitrug,
bie überrafchende Kraftentwidelung ber vaterländifchen Heeres:
verfaffung herbeizuführen. Im Jahre 1810 ſchied jedoch Dohna
wieder aus feinem Minifterium aus, indem er bei dem eintre:
tenden Minifterwedhfel feine Entlaffung nahm und ſich auf feine
Güter in Preußen, in ein ben Wiffenfchaften gewibmetes Still:
leben zurüdzog. Das Jahr 1813 berief ihn indeß wieder in
die Kreife öffentlichen Wirken. York’s entfcheidender Schritt
war geſchehen; das Beduͤrfniß brängte zu einer allgemeinen Lan⸗
besbewaffnung Hin, um ben Augenblick des Heild wahrzunehmen.
um die Verwirklichung bes jeht ins Leben tretenden Landwehr:
und Landfturmplanes in Preußen hatte Dohna kein geringes
Verdienſt. Er arbeitete bdenfelben mit Hülfe feines Freundes,
des Dberften Glaufewig, aus uAd ließ fidy felbft als Giner ber
Grften unter den Landwehrmaͤnnern bes mohrungenfchen Kreifes,
zu dem fein Familienſchloß Schlobitten gehörte, einfchreiben.
Nachdem Dohna’s Entwurf die höhere Genehmigung erhalten,
wurde er ſelbſt kurz darauf zum Givilgouverneur bee Provinz
Preußen ernannt und ihm in Verbindung mit bem Militairgou⸗
verneur bie Ausführung bed vorgelegten Bewaffnungsſyſtems über:
‚tragen. — Auch in feinen lebten Lebensjahren blieb Dohna nie
ohnt Antheil an ben öffentlichen vaterlänbifchen Angelegenheiten
und zeichnete fich namentlich auf den Landtagen der Provinzial:
ftände als begeifterter patriotifdher Redner aus. 140,
Romanenliteratur.
1. Zante und Nichte. Und: Die dritte Frau. Zwei Erzählun:
gm von Henriette Hanke. Liegnig, Kuhlmey. 1832.
12. 1 Thir. 14 Gr.
Es war einmal Mobe, in ber Türkei ift es vielleicht nodh,
fogar wohlriechende Blumen zu parfumiren und baburch den
eignen füßen, wenn auch ſchwachen Duft diefer zu verdrängen,
mindeftens ihnen ein fremdes Aroma beizumiſchen, das durch
fein Uebermaß abſtoßend wird. Gine ſolche parfumirte Blume
ift auch „Tante und Nichte”. Das huͤbſche Kind Lönnte den
angeblichen Stiefſohn ber verdrießlichen Tante heirathen, bie,
beiläufig gefagt, am ungezwungenften fpricht und dadurch uns
serviffermaßen lieb wird; Nichtchen alfo koͤnnte ſich verlieben
und vermählen, ohne daß feine Aeltern fo viel Abenteuerliches
erführen, und daß bie felige Tante fidy als Geiſt in das Gabi»
net ihres Schloſſes bemühen müßte, um Papiere in bas ferne
Bad zu holen, welche des Neffen Eegitimität und Erbfaͤhigkeit
beweifen. Indeß betreffen biefe Dinge doch mehr bie überreidh
verzierte Geftalt, den Duft beforgen Phrafen wie: „Kein röthe
licher Kreis umichrieb den Bezirk, wo bie Opfer, dem Bacchus
dargebracdht, in wilden Flammen verglüht waren”.
In der „Dritten Frau‘ gebt Alles weit einfacher, unge:
ſchminkter zu. Zwei Freunde treffen fich und erzählen fi ihre
Schickſale. Der eine, der dreimal das große Loos, eine treff-
liche Brau, gewann, ift mit Bug und Recht ein Meiberfreund;
der zweite, welcher in der Sheftanbslotterie in der einen Zie⸗
bung mit einer häßlichen Niete herauslam, wirb zum Weiber:
und gelegentlich zum Wenfchenfeind, verftößt die ſchuldige Gat⸗
tin und mit ihr dad unſchuldige Toͤchterchen, das er erſt wies
derfieht, ale es Witwe geworden, zum Gluͤck noch bald genug,
um nit zu alt für des jovialen Freundes Stiefſohn
zu werden, ber durch die She mit ihr zu einem vernünfs
tigen Manne wirb und ber thörichten Einbilbung entfagt, ex
ERS
ſei zum Dichter berufen. Daß es mit dem poetiſchen Genius
lauter Dunſt und Schaum geweſen, glauben wir bem Bater
aufs Wort, obgleich uns bie Berf. mit den Producten des nuͤch⸗
ternen Schwaͤrmers verſchonte.
2. Erzaͤhlungen und Novellen von Eduard Bangßel. Er
fies Bändchen. Zweite Auflage. Mit einer lithographirten
Zeichnung. Danzig, Gerhard. 1832. 8. 16 Er.
Schriften, zu wohlthätigen Zwecken befiimmt, find häufig
abgepreßte Almofen, wozu man bie ſchlechteſten Muͤnzſorten
gut genug erachtet. ine ehrenwerthe Ausnahme macht unfer
erf., ber Vorfälle bes Lebens, bie theild als Warnung unb
Srmunterung bienen, theild heitre Anekdoten erzählt, verfläns
dig und fließend, ohne Mithälfe der Ginbilbungslraft, aber
auch ohne Schwulft und Manier.
8. Spuößlinge, herausgegeben von Auguft Havard und Kart
mi 2 H I. Erſtes Bändchen. Breslau, Wuchheifter. 1832.
. r.
Keine Ausnahme wäre es, wenn dieſe Sproͤßlinge, bie ben
Keim des Todes in fi) tragen, der Armuth von ber Armuth
gereicht würden. Ob Gehalt, ob Gepräge bas Gchiechtere am
diefen ofen Pfennigen fei, bleibt zweifelhaft, gewiß aber ift es,
baf be duͤnne Zaille das Lobenswerthefte an dem ganzen Buͤch⸗
ein if.
4. Blide aus meinem Geftübchen ins Menfchenleben von
G. Werner. Stettin, Heffenland. 1882. 8. 20 Gr.
Nicht ganz frei von Manier, dem Streben nach Humor
und von Gemeinplägen, wie 3. 3. bie abgenusten Sticheleien
über Hageflolgen und alte Zungfern barthun; allein weit finb
diefe Mängel durch treffliche Beobachtungen, fcharffinnige Schlüffe
des Laufchers im Eckſtübchen aufgewogen, deſſen Blicke von feis
ner Denklraft, feinem Urtheildvermögen und Menfchenkenntnig
ein gar vortheilhaftes Zeugniß ablegen. .
5. Abendbunterhaltungen von Karoline Stille.
Schünemann. 1882. 12. 1 Thir. 12 Sr.
Meiftens fremden Schöpfungen mit Sinn nachgebildet, auch
in ber Wahl ein gutes Urtheil bewiefen. Daß in ben Erzaͤh⸗
lungen, die wenig verwidelte Erfindung haben, das Unrecht ftets
aufder Männer Seite if, kann man der Schriftftellerin ſchon zu
Bute halten, auch daß fie, ihrem wahren ober Pfeubonamen zu
lieb, den ftillen Gigenfchaften auf Koften der activen, glänzens
den allzu ſehr huldigt, ift verzeiblich, wenngleich das Bud nidyt
an Intereſſe badurdy gewinnt. 18.
Bremen,
Literarifhe Motizen.
Der 35. Band ber „Family library‘ enthält bas Leben
Peter's des Großen von I. Barrow. Der Verf. bringt Vol⸗
taire's in Zweifel gezogene Autorität wieder zu Ehren, fcheint
aber der Waffe des Stoffes nicht Herz geweſen zu fein, daher
die Darftellung etwas verwirrt ausgefallen ift.
In London wird angekündigt: „The works of John Skel-
ton’, Hofpoet Heinrich VIII., zum erfien Mal gefammelt und
viele bisher ungedruckte Gedichte enthaltend, mit Grläuterungen
von Alerander Dyce.
Achtzehn Jahre nad) dem 1814 erfolgten Tode bed Dr.
Burney erfchien unlängft feine Biographie: „Memoirs of Dr.
Burney, arranged from his own manuscripts, from family
papers, and from personal recollectione. By his daughter,
adame d’Arblay'' (London 1882), in drei ſtarken Octavbäns
den. Gr felbft fammelte bazu feit 1782 Materialien, allein
die Derausgeberin bar, durch gute Freunde und von ihrem eig⸗
nen Gedaͤchtniß unterftügt, biefen Vorrath auf eine fehr unans
gemeffene Weife bis zu 1200 Druckfeiten vermehrt. Biogra⸗
pbien weltgefchichtlicher Perfonen gewinnen durch gebaltreicdhe
Kürze, unmäßige Weitläufigkeit in benen weit weniger wichtiger
Individuen iſt baher um fo tabeinswerther. 8.
Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Verlags handlung: 8. A. Brodbaus in Lefpzig.
— — —— ——
———— 175- mem En ARE - re
Blätter
für
kiterarifhe Unterhaltung,
Dienftag,
3. "April 1833.
Merlin. Eine Mythe von 8. Immermann.
(qortſetuag aus Rx. 91.)
Choſtus iſt gehorem, die mens Lehre has geßegt auf
Die Paste vedti ſich auf al Beogengeng.
Um droben zu vernehmen hold. te.
Die kurze Gaͤnle wäh zum Dfeiler, fchlank,
Und trägt, ein Baum, gragitne Btumen, Brüchte!
Shen. Die Menſchen, geplagt von den eiflern des Up | Aber Satan dat ſogleich erfgant, mas es bedeute
gluͤcks, werfen ſich nicht mehr denen der Verdummmif “
die Arme, fie fingen Lob: und Dankeslieder:
Der Herr hat ed pegeben, nahm es wieber.
Satan hat em geimmig Leid gefaßt, als bei bes Ster⸗ |
ned Helligkeit die Könige aus Morgeniand vor der Krippe
gekniet:
Der Stern, der Huͤttendampf, die Lichter,
Gelrönte Stirnen, Ghäfergefiäter,
Die ſchoͤne Mutter bien und roth,
Das Gold, das Strobh, ber Glanz, bie Ro
Es gab ein wunderlich Gemeng',
Die Farbe kam ſaſt ins Gedraͤng',
Ban merkt, hier war etwas geſchehn,
Was alle Tage nike zu ſehn.
Die kleinen Teufel ſchauten kachend zu, ber moße zer⸗
ſchlug die Bruſt und ſtieß einen Seufzer aus, der ihren
Scherz in Graus verkehrte. Er wandelt durch die Wuͤ⸗
ſten, unterm Samum, grollt dem Tyrannen, ber
ſein Wort nicht hielt, denn er hat dm die Welt über:
geben und mun den Eid gebrochen. Er ruft:
D Erbe, Fochter meiner Blammen,
Muſa du in Gtoͤhren rinnen zufammen ?
froh Metall, meine lichten Stein,
In — ges, —2458
Fr fein Vaſall, der Die —* an der Krippe nur
für eine Poſſe, für eines Greifen Grillenſpiel gehalten,
muß fstbft bekennen:
. — es geht ein ein
Auftäfent übers Grbenrund ‚sic
füßem, feifchem, mildern Lächeln
efhwören fie den veuen Bund.
Die alten Yubelflänge dehnen
Sich aus in feierliche Veiſen,
Die Steine ſelbſt ergreift ein Sehnen,
Zum Simmel leicht emporzureifen,
Dex beoben fland ber Melt zu weit,
Er konnt’ fie mit dem Arm nicht langen,
Die unergründte Schtauigkeit
IR aben jeht ins Feiſch gegangen;
und mas jest wie ein duͤſtrer Rauch vos ſeinem greßen
ſtralenden Auge ſchwebt, iſt der Ingrimm, daß ihm im
Kampfe mit Dem, dem er nie ausſpricht, nichts bleibt
als — nachzuaͤffen:
Sr hat das Erfinden, dat bet Areflen.
Doch was ihm glädt, kann on „gelingen,
Wir wollen uns, wie Er, ver
Er war zu *85 fie a N 7* ziehn.
Da ſchuf er des Wehn, jest kenpen fle ihn.
Der Denih hat mit ihnen gelebt und gelitten,
In die Goͤttlichkeit ift “ zurüd dann gifpritten.
Der Weg ift gewiefen, d ezeichnet die Bahn,
Und Alle vermögen, was Einer gethan
So wollen wir gleichfalls uns zeugen ben Erben.
Der. Meni if nur durch den Menſchen zu werben.
Sp zaugt fi Satan einen Sohn mit eimer veinen
Zungfsau, Candida wird von ihm üuͤberwaͤltigt, weil fie,
fcomelgend und trunken von ihres. GBotsfeligkeit und Rein:
beit, bie Dewuth verlugmt und fi fuͤr unangzeif
t:
bar
Mit Fehlern man mix zu fkafien viel,
Do Gate zu iſt mir Aut a.
Der Fürſt der Finſterniß erfcheint ihr in feiner Grauen:
geſtalt, und fi Ah mußte in Abfchey empfaugen, denn qus
a6 und Gut ging Pets Die Höchfts Kraft, das reich:
fe Vermögen hervor. Der Wahnſinn ergreift die veine
Mad, fie raſt hellſehend, das urſpruͤnglich Boͤſe iſt zu
lichter Flamme und Kraft herausgeſchoſſen. Dem Pfleger
ihrer Kindheit und ihrer frommen Gefühle, dem heiligen
Eremiten, ruft ſie zu:
af fe Das:
Diefe Erd' iſt nicht von Erde! Diefer Boden iR von Glas;
d ich ſchaue buch zum Abgrund! Und dba fitzt «in
tapfrer Rieſ⸗
Auf dem Thron, erbaut von Schwmerzen, in der ew'gen
Qualenwieſe,
und die duͤſtern Helden ſigen ringeumher auf Stupi und Mant,
Und die Hölle finge dem Kin’ge einen fchönen Lobgefang
.
- — — —
& 1
Und die Mauer ſeh ich ragen von jahrtauſendalten Sünben,
Und zahliofe Seufzer weben, die, nicht konnten Ruhe finden.
Diefes herrliche Gebiete fchließet ein ber Strom der Graͤu'l,
Im Unendlichen dann ball'n ſich ungeborne Sündenfnäul.
Deine Frevel, alter Heuchler, mehren auh der Ziefe
de,
Denn ich ſeh fie, und tu glaub' es, denn bir ſagt es eine
Mege.
Dies das Vorſpiel. Das Drama fuͤhrt den Namen
des Gral. Merlin iſt geboren, Sohn des Satans und
einer reinen Jungfrau, ein Wunderthaͤter, ein Wunder:
wiſſender. Nach Britannien ift der Eremit mit dem
Kinde geflohen, das, kaum geboren, fchon ‚feine Außeror:
dentlichkeit bekundet, indem es die Mutter gerettet, melche
die Scommen fleinigen wollen. Es thürmt ihr in Bri⸗
tanniens Schluchten zum Gedaͤchtniß ein Rieſendenkmal
von Steinbiöden auf (Stonehenge) und bictirt dem ehr:
erbietig vor feiner Goͤttlichkeit ſich neigenden Erzieher die
wahrhaftige Gefchichte der Welt bis zu der vom Gral,
dem „wahrhaftigen Blute“ Chrifti (sanguis realis), das
Kofeph von Artmathia aufgefangen in einem Kelche, ale
der Lanzenknecht dem Dulder am Kreuze den Speer in
die Seite geftoßen. Mit diefem Blute barg fich Joſeph
"vierzig Jahre in einer Höhle:
Richt bleichen ihm die Heare,
Ihn ſpeiſet, traͤnket, waͤrmt des Kelches Funkeln,
Deß bis zum Rande ſchwell'nde, wall'nde Welle,
Kraftgluͤhend, gleich Karfunlen,
Die finftern Wände machte lieblich heile.
Beerbt und vergefien droben, thürmte fih, nachdem Ti⸗
tus Jeruſalem geftürmt, der Schutt berghod, über ihm.
Als ihn. aber des Todes Finger fanft berührte, ſchwebte
das große Heiligtum zum Himmel auf, um darauf von
Neuem duch vier Engel zu Thal getragen zu werden,
wo es, woie das fpätere Lied des Minftrel befage, feinen
Hüter fand im Xiturel, feinen Tempel auf Montfal:
watſch und feinen König im Parcival.
Da wir Pacidbus, den Eremiten, bier verlaffen, in-
dem er erſt am Schluß zur Klage wiedererſcheint, iſt
ihm an diefer Stelle noch ein Abfchiedswort zu gönnen.
Menſchlich der einzige durchgeführte Charakter, für den
wir und menſchlich intereffiren, vepräfentirt er allein bie
gläubige Einfalt und chriftliche u s tief ſubordinirt
den übrigen balbdämonifchen Wefen, i
tommen, abgefchloffen und befriedigt. Seine Zweifel gehen
nicht weiter, als marum der Schöpfer das Geſicht nicht
zum Spiegel der Seele machte. Seit das Maͤgdlein, die
ein Bild der füßen Unfchuld gewefen, ihm das zu Leibe
gethan, hat er an Keinem Freude, der treuefte Blick ſtralt
ihm wie eines Kupplers und Fälfchere:
Gott felber dem Menſchen ganz verfchwindet,
Wenn Einer fi) im Anbern nicht findet.
In ihm iſt durch und durch der mwohlgelungene Märchen:
typus eines altkatholifch Gläubigen, um fo erquidlicher
für das Gefühl, als eine folche poſitivfaßliche Geftalt nach⸗
her ganz vermißt wird.
Merlin, von Placidus gefragt, wer er felbft fei, ant⸗
wortet: '
er in fih voll:
—
8
—
Sterbliche Huͤlle vaterloſen Kindes,
Die arme Waife Himmels und der Erden,
Unfel’ges Kertigfein und Nimmerwerden,
Vom weichen Del der Schwäche nie gelinbert,
Bon Liebe nicht befeuert, vom Haſſe nicht gehindert.‘
Er verwandelt fih nach elgnem Willen aus einem Ann:
ben in einen Mann und erkläre felbft feine Aufgabe da⸗
bin: das ewige Geheimniß, den fanften Sott, der fih in
Erdenſchmach gewunden, den Fiſchern und Zoͤllnern ſich
hingegeben und nun von Neuem durch eigne Willenskraft
auf Montſalwatſch gefangen ſitze, vom bloͤden Titurel und
ſeiner bangen, eingeengten Zunft bewacht,
— heimzufuͤhren auf der Bahn des Geiſtes!
und dem hehren Gral die echten Hüter in König Artus’
fürftlihen Rittern zu fchaffen. Sm Monbenfchein, am
Grabe der Mutter, zur Stunde, die er felbft beitimmt,
naht ihm nunmehr fein Vater, der Verfucher, nicht in
der Misgeftalt, die ihm nur eigen ift in ber Plebejer
Phantafie, fondern wie er fi Adeligen immer zeigen
wird und der Sohn ihn fchildert:
Du. fommft, auf deiner Schulter Nachtigallen,
Ein Fruͤhlingsgott durch Frühlingehallen,
Du bringft des neuen Gegens vollen Strauß;
Und in ber Kalte, die ſich wehmuthweich
um beine Rippen winbet, prangt zugleich
Des fatten Herbſtes überreicher Schmauß.
Anmuth und Hoheit fpielen da gefellt,.
IH grüße dich, du ſchoͤner Fuͤrſt der Welt.
Ihr Zwiegeſpraͤch enthält das Salz des Gedichte. Satan
erflärt dem Sohne, wozu er ihn gezeugt, fein Werkzeug
in irdiſchen Banden zu fein, aus dem Bade bed entner:
venden Schweißes zu heben, was an der neuen Seuche
Beucht, ihnen Sefundheit wiederzugeben, das Abgeflanbene
zu würzen, morfchende Tempel umzuftürzen und weibifche,
dumpfe, verworrene Sagung zu vernichten. "
(Die Fortfegung folgt.)
⸗
Mittheilungen über Griechenland. *)
Athen, Fe 1832.
— — — Inzwiſchen find wir Zeugen einer Begebenheit der
ſcheußlichſten Art gewefen. Der Selittär ließ vorgeftern Abende
den Vorſteher des Bazars zu fich rufen, um ibm zu fügen, daß
er Bohnen aus feinen Gärten verlaufen wolle; baß er (der
Vorfteher) diefelben an die Gemuͤſehaͤndler vertheilen und ihm
20 Park für die Okka liefern folle. Der Grieche erwiberte,
man werbe biefem Befehle, wenn er von ihm gegeben werde,
nicht Folge leiften, und er koͤnne bem Bei daher nur ben ges
wöhnlichen Preis (15— 16 Parä) verfprerhen; wenn er mehr
baben wolle, thue er befler, den Händlern felbit den Preis vor«
zufchreiben. Auf biefe gerechte Vorftellung ftürzte fidh der trun⸗
Tene Bei auf den armen Dann, ließ ihn von feinen Leuten zu
Boden werfen und zerfchlug ihm mit einer Art Art Rüden,
Kopf, Bruſt und Bauch auf bas Schrecklichſte; dann ließ er ihn .
bon einigen Zürfen in feine Wohnung tragen. Vergebens ver:
fuchte die verzweiflungsvolle Familie alles Mögliche, um dem
Ungluͤcklichen das Leben zu retten; die Mishandlungen waren
toͤdtlich geweſen. Die Nachricht von biefer Unthat des Gou⸗
verneurs verbreitete fidy geftern bald durch bie Stadt und rief
die hoͤchſte Srbitterung bei Allen hervor. Der ruſſiſche Conſul
*) Vgl. Nr. 86 v9. BT. D. Keb.
379
⁊
(ein geborner Grieche) Hat dabei eine wuͤrdige Feſtigkeit gezeigt.
Er hatte ben Bei zum Mittagseffen eingeladen; fowie er aber
das Gefchebene erfupr, ließ er ihm fagen, er könne ihn nicht
allein nicht an feinem Tiſche empfangen, fondern er müffe auch
allen freundfchaftlichen Verkehr mit einem Mörber abbredgen.
Der Bei gab zur Antwort, er fei fchon unterwegs, ben Conſul
zu beſuchen; als er aber vor das Haus geritten kam, ging ber
Sonful aus demfelben, ibm ben Rücken zumendend, unb jener
mußte umlchren. Mit Mühe wurde Do im böcften Grabe
entrüftete Bolt gefteen Abend und noch mehr heute Morgen von
Gewaltthätigleiten abgehalten, bie es nicht blos gegen den Se⸗
Uktär, fondern auch gegen die Primaten (apyorres). richten
mollte, welche es beſchuidigt, bei den verſchiedenen Bebrüdungen,
die ber Bei ausübt, zu viel Nachgiebigleit zu beweifen. Jett
bat ſich die Währung ziemlich gelegt, und es wird fchwerlich
no zu Gewaltthätigkeiten kommen, welche, fo leicht es aud
wäre, die Handvoll Türken zu verjagen, nur noch zu größern
Uebeln führen würben, da Athen dann wahrſcheinlich eine Beute
der bei Menidi gelagerten zügellofen Horden des Generals
Waffe würde. Go beruht die Sache vorläufig auf fih. Die
GSonfuln haben indeß einen Sourrier mit einer Beſchwerde gegen
den Bei an den Paſchah nach Regroponte, und einen zweiten
nach Navplion geſchickt. Die Türken ſelbſt find hoͤchſt bekuͤm⸗
mert- über das Vorgegangene, tadeln ben Bei unverhohlen und
ſprechen die Hoffnung aus, daß er nicht unbeſtraft bleiben
werde.
©. December.
Später, ald ich erwartet hatte, lieber F., gelange ich bazü,
dieſen Brief fortzuſetzen. Mittlerweile iſt ver länger als 8 Tas
gen die Antwort des Paſchas eingetroffen, der den Bei abge⸗
rufen und ben bisherigen Delibaſchi an feine Stelle zum Gou⸗
verneur ernannt hat. Saͤhen wir blos auf ben Titel des Gou⸗
verneurs, fo müßten wir fürdyten, aus dem Regen unter bie
Zraufe gerathen zu fein; benn Delibafchi heißt wörtli Narr
renoberft, da die Türken ihre Reuter Delis*) (Narren oder
Begeifterte) nennen. " Allein ber Delibafcht iſt ein von allen
anfen und Wriedhen wegen feiner Rechtlichkeit and Menſchen⸗
liebe gefchägter Dann, den Alle auf feinem neuen Poften zu
ſehen gewänfcht hatten. Einen Zug von biefem Aſiaten (er ift
ein Kurde von Geburt) zum Belege des Gefagten. Bor einis
ger 3eit’erfuhr er, daß eine arme Briechin in feiner Nähe die
größte Noth leide und Fein Brot für ihre Kinder habe. Des
Ubafchi befaß nur noch einige Goldſtuͤcke, und fein monatlicher
&old war erſt in einigen Zagen wieder fällig. Aber unbedents
lich gibt er das Bold ber Radybarin umd reitet, um das Mit:
tagseſſen zu vermeiden, mit feinen Leuten und Hunden auf bie
Jagd, bis er am Abende mit einem hinlänglichen Borrathe an
Dafen zurädtehrt. Unter der Regierung diefes Mannes fieht
Athen jegt mit Ruhe dem Zeitpunkt entgegen, wo das nedifche
Geſpenſt, die Regentſchaft, bie Gott weiß wo über Land ober
Meer umherirrt, endlich fich einftellen wird.
Ein anderer Gaſt hat fi) bagegen wider Erwarten früh
eingeftellt: der Winter. Geit 14 Zagen find ber Parnes,
das Penteliton und felbft der Hymettos, fowie die ganze Berg:
fette von Argolis, Korinth und dem Iſthmos ſtark mit Schnee
bedeckt, und feit 8 Tagen haben wir jede Nat 1— 2° Kälte.
Alle Pfügen find bes Morgens mit Gis überbedit, das kaum
der Mittagsfonne weicht, und eines Morgens machte es fogar
Miene, in der Ebene zu fehneien. Die Athener find Höchft
froh; der reichliche Regen im November und ber jegige gelinde
Zroft, der den Delbäumen fehr zutraͤglich ift, verſprechen ein
ausgezeichnet gefegnetes Jahr. Wenn fpäter noch Schnee in
der Ebene fallen ſollte, fo find fie auf dem Gipfel ihrer Hoff⸗
», Mithin heißt auch der Hpmettos ober Delidag auf Deutfh Rar:
renberg (wie im Griechifchen Toelovowr: oder Toelos), und
nicht Mäpchenberg, wie Krufe überfegt, der im irgend einer englis
Shen Reifebefchreibung einen Drudfehler, maid mountain flatt
mad mountain, gefunden zu haben ſcheint. .
nungen. Diefe Kätte ift in den Häufern fehr laͤſtig; man fin:
bet in gang Athen kaum ein Halbes Dugenb warmer Zimmer.
Draußen haben wir das fhönfte Wetter, heilen warmen Son:
nenf&yein, der zu Spaziergängen und die Jagdfreunde zur -
Schnepfeniagd längs dem Jliſſos, Kephiſſos und in\den phale-
riſchen Stmpfen einlabet; denn ber Schnee hat das Bogelwild
von ben Bergen in bie Ebene getrieben. Die Umgegend ift
nicht mehr fo unficher wie vor 4— 6 Wochen, und wir machen
wieder weitere Excurſionen. Kuͤrzlich waren wir mit bem Pro:
feffoe Benthylos einige Tage auf feinem Guͤtchen in Chalandri
(Xalaydoıor), einem Dorfe zwiſchen dem Penteliton und ber
Stadt, wurben aber durch ſchlechtes Wetter verhindert, bie
Marmorbrüche bei Pentele zu beſuchen. Bon bort nahm ich
allein den Weg norbweitlich um bie kleine Bergkette, welche bie
Neuern für ben Brileſſos halten, zur Stadt zuräd, durch bie
Doͤrfer Marufi, Poélikas, Arakli, Kulubäones und Patiſſia.
Der Oelwald um Maruſi iſt der ſchoͤnſte, den ich bisher ge:
fehen, und durch fein Alter und feine dunkeln Schatten würbig,
noch für denſelben heiligen Hain zu gelten, ber das Temenos
der Artemis Amarpfia bildete. Diefe ganze Gegend iſt von
Natur fehr ſchoͤn und wirb es noch mehr werben, wenn bie
Cultur alle nadten Flächen in Aecker und Gärten verwantelt
haben wird. Ich fand in den Kirchen viele maflive Marmor⸗
vafen und andere alte Hefte, und in einem Kirdhlein am Buße
bes Dügeld von Pélikas die befannte Iufchrift, .den Grenzſtein
bes Temenos ber Artemis. Von bier gebt ber Weg über nadte
Högel na Arakli. Aber wie ift das arme Attila durch den
Krieg verheert worden! Dies ganze Doͤrſchen, von wenigſtens
20 Häufeen (vermuthlih auf der Stelle des Heralteion ber Der
phaͤſtiadaͤ gelegen), fleht völlig verlaſſen ba; bie Kirche bat
nur unbedeutende Marmorreſte. Bon Kukubsones aus (Kov-
xoußaia heißt eine Eule) Hätte ich gern noch die kleine bene
von Acharnaͤ aufgeſucht; allein ba ber Tag fih zum Ende
neigte, mußte ich über Patiffia nach Haufe eilen. Von kleinern
Ausflügen, auf einen Tag in bie nächfle Umgegend unternom⸗
men, läßt ſich noch weniger erzählen, obgleich fie immer irgend
eine Eleine Ausbeute, duch Findung von Inſchriften ober ans
been Reſten bes Alterthums, zumal in ben Kirchen, gewähren.
Wahrlich, wenn man fieht, wie hier mit den Alterthümern
umgegangen worden ift und noch umgegangen wird, fo möchte
man ſich wundern, daß noch auch nur das Geringfte vorhanden
if. Obgleich felbft die untern Glaffen des Volles in ber neuern
Zeit durch den häufigern Verkehr mit Franken und durdy bie im
ber Revolution gewedte Erinnerung an ihre Vorfahren mehr
Achtung vor der Binterlaffenfchaft ber „„Dellenen” befommen
haben, geht bie Zerftörung doch unter unfern Augen gelegentlid)
ihren Gang fort. So war z. B. an ber peiraͤiſchen Straße
vor dem Delwalde Über dinem Wafferbebälter, in welchen das
Wafler der Kallirrhoe durch einen unterirbifchen Kanal geführt
wird, ein fehr wohl erhaltener Grabſtein aus pentelifhem Wars
mor, mit zierlihen Rofetten und einer Infchrift, eingemauert.
Als ich vor wenigen Tagen wieder bes Weges kam, fand ich,
daß der Stein inzwifchen einigen Pallikaren oder andern Tau⸗
genichtfen zur Bielfcheibe gebient hatte. Mehr ale SO Kugeln
hatten ihn getroffen, jebe hatte ein. thalergroßes Grübchen in
den Marmor gemacht, und bie Rofetten wie die Infchrift wa⸗
ven faft ganz gerflört. Den Säulen, befonbers ben Kleinen
Grabfäulen, find die Delmählen vorzüglich gefährlich; in jeber
Delmühle findet man einige berfelben angebradht. Die fchönen
maffiven, marmornen Bafen und Sraburnen haben zwei Haupt⸗
feinde, ben Kaffee und das Salz; man hoͤhlt fie entweder zu
Mörfern aus, um ben Kaffee darin zu zerftoßen, oder man bes
dient fih ihrer, um auf einer Marmorplatte bas grobförnige
Seeſalz für den Gebrauch bei Tiſche zu zerreiben, wodurch benn
natärlich ihre Snfchriften, Basreliefs ober anbere Ornamente
bald verichliffen werben. Faſt in jedem Bauerhauſe findet man
eine folche Borkehrung; und wer weiß, wie bald den ſchoͤnen
Bafen diefer Art, die ich in den Kirchen bei Maruſi fand, ein
ähnliches Loos faͤlt. Ale geradfeitigen Marmorreſte, alfo auch
7 inem Ende dad Zimmers buuchläßt
— 308
die meiften Jaſchriften, find durch ben Haͤuſerbas und beſonders
. hardy die Zueppen, bie gewoöhnlich son Außen ins erſte Gtodk
wert führen, mit bem limtergange bebroht. Aus ben Garko⸗
phagen werden Waſchtroͤge ober Michtränlen; aus ben Arxchi⸗
teaven Ihürpfoften der Kirchen, man zunor bie ſchoͤnen
Drnamente buch Cinmelßelung dueiftliger Kreus verhunzt
Hat u. ſ. w. Rechnen Sie dazu ned die Kalköfen, die befonbers
früher, alö dee Marmor noch seichlidgen vorhanden war, gange
Tempel und unter Anderm ben größten Theil ber Marmorſttze
des panathenaifchen Stadions veufchlungen haben! So war unb
iR zum Theil noch das Loos bee Aiterthümer in Griechenland.
Bon zwei andern Haupturſachen der Zerflörung ber athenifchen
Monumente in neuerer Zeit möchte ich lieber ſchweigen. Unend⸗
li Vieles bat, na dem einfiimmigen Zeugniß glaubwuͤrdiger
Athener, wähzenb der Sevelution der Muthwille une Unver⸗
ftanb der griechiſchen Krieger ſeibſt verflümmelt ober vernichtet,
3. B. bie hübfchen kleinen Sammlungen in den Häufern der
Witwen Rogue umd Logothetes, wen denen nur noch Trümmer
übrig find. Zweitent bemerken wir faſt jebes Mal, wenm eine
engliſche ober franzöflfche Fregatte mit einem halben ‚Hundert
junger milshipmem ober aspirams de ınarine an Mord hier
geween if, neue VBerftümmelungen an den Monumenten der
Alropolis, namentlich an ben Gapitälern und Architraven ber
fo Teiche zugänglichen Stoen ber drei Meinen Tempel, von denen
die Mutterſoͤhnchen die Blaͤtter, Cier und andere Ornamente in
Steinen Gplittern herabfchlagen, um Papa und Mamma ein
Steinchen aus Athen mitzubringen. Wir haben «6 bis jegt
nicht möglich machen koͤnnen, dies zu verhindern.
Reue Funde von Bedeutung, durch Ausgrabungen beim
Häufesbauen, find feit meinem voriegten Briefe nicht vorgekom⸗
men. Inzwiſchen ift der Plan zur neuen Stadt, von bem |
Ihnen damals fchrieb, fertig geworben und harrt ber bis I
gung. Auch die Thebaier find jegt befchäftigt, ihre Stadt wie:
deraufzubauen, und haben ſich an bie Regierungsarchitekten ge⸗
wandt, um fie um einen Plan zu bitten. Diefe find abex leider
hier zw ſehr beſchaͤftigt, als baß fie ben Thebaiern helfen koͤnn⸗
ten. Hoffentlich kommen baib mehr Architekten aus Deutid:
land, damit jeber bebeutendern Stadt Giner zugethesit werben
Tann ; fonft geht bie ſchoͤne Gelegenheit verloren, die vielen neu:
zuerbawenden Gtädte beffer, mit gezablinigen, breiten Straßen
und mit Muͤckſicht auf verflänbige Benusung ber Dertlidhleiten,
anzulegen. Auch Handwerker aller Art können nicht leicht zu
ı viele kommen. Die griechifchen Handwerker arbeiten, mit we:
nigm Ausnahmen, ungemein ſchlecht: weil fie es nicht beſſer
gelesnt haben, weil fie kein gutes Hanbwerkägeräthe befigen,
und weil +8 ihmen meiſtens an gutem Material jeber Ast fehlt.
Eine Yolge davon ift, daB faft Alles, was fih auf Be
quemlidylelt des Lebens bezieht, hoͤchſt unvollkommen iſt, 3. B.
. die Haͤuſer. Während bes größern Theils des Jahres kommst
dies nicht ſonderlich in Betracht; man wohnt und ſchlaͤft, wie
man eben kann, und freut fi auch wol des undichten Hauſes,
das bem kuͤhtenden dußaıns (Geewind) fo viele Zugänge bietet.
Aber fowie die Regenzeit und mit ihre einzelne kalte age usb
Wochen beraxiommen, wird ein warmes Zimmer für bie Fran
ten, weldge zeichnen, malen, fubiren wollen, ein wefentliches
Bedärfuit. Wohl Dem, ber ein kleines Stuͤbchen aufgefunden
hat mit einem Kamin, weicher nicht raucht, mit Gicdfenflern,
flatt der gewöhnlidgen bloßen Jalouſien ober hölzernen Lader,
mit Thüren, deren Riſſe unb Spalten nicht über fingesäbzeit
finb, und mit einem Dache, weliches den Regen hoͤchſtens an
! Ihn preift be Mund feis
oder Kaufläben den Reſt des Tages, in ihre
Pelze gehuͤllt, mit ımtergefihlagenen Beinen um ein Kohlenbechen
— il — —
Nedigirt unter Werantivonlichheit des Berlogsbandlung: $. &. Br
figend, müßig landern. Go ie i
ihre —— ab he Fir ** ee
bürfnifie. Nie find jetzt mitten im von viergigtägigen. Yelten,
bas ganze Jahr viei Anderes zu effen und beſin⸗
haben gewöhnlich ni
* —— wohl dabei, Bu Gupulansgaben findet ſelbſt der Reiche Seine
&a der Abends in den 8 — — ZRä
a —
und bie Uebrigen beginnen, einantes an den Handen fafſend,
ihre ze.
Die vielen Fefttage (faſt in jeder Wache einer, manchmai
zwei umb felbft drei) müßten bie Griechen durch Langeweile
tödten, wenn nicht auch für fie eine Befchäftigung erfunden
wäre. Dies ifi die, wie eö ſcheint, ſchon im Alterthum (Aristoph.
Av. 494 cum schol.) wurzolnde Gitte der Brglüdwänfchungen
an den Ramenstagen. Der Grieche hat die Zaufnamen (ouxoumc)
aller feiner Freunde im Gedaͤchtniß, ba er fie gewöhnlich nus
bei bdiefen, felten bei ihrem Kamiliennamen (kalſerov) nennt.
Mon beginnt die Runde bei allen Namensvettern des Heiligen
nach der Kirdye und hat oft fadt am Nachmittage noch nicht
geendigt. In jedem Haufe wirb ber Gluͤckwuͤnſchende mit einem -
ylızar (einem Wheelöffel voll Güßigkeit) ober einem dass (eis
nem Bläschen Liqueur) und einer Kafle Kaffee bewirchet. Gr.
wünfht dagegen viele Jahre und fest feine Wanderung fort.
Wer viele Bekannte hat, kann es an ben Tagen ber vornehm⸗
ſten Heiligen, wie des Demetrioe, bed Georgios, bes Panhagia,
leicht auf 20 — 30 yirza und Kaffees bringen. Da feit ben
Tagen der Revolution viele Knaben Ramen alt hellenifches Hels
ben befommen haben, die fi) in bem nuspodoywr ober Heili⸗
genkalender nicht finden, fo hat man diefe auf einen Aus⸗
weg bebacht fein müflen. Dan feiert ihr Feſt (Sreus obes
&eory) an dem ihrer Geburt nächften Feſttage, oder an dem
e eines Heiligen, deflm Namen mit dem ihrigen einige
Aehnlichkeit zu haben ſcheint. So gratulirte man im unferm
Daufe einem Kuaben Miltiades am Tage bes Erzengeld Michael.
Die Geiftligkeit, bie man mit Unrecht häufig als fanatiſch
ſchildert, nimmt an dieſen neuen Deiligen keinen Anſtoß. An
Zolesanz fteht fie hoch über den Katholiken und ſelbſt dem
manden Proteſtanten. Ich babe nicht blos in Napplion frame
zoͤſiſche Soldaten durch guiedgifche Prieſter beſtatten fehen, ſon⸗
dern auch hier neulich ber Veſtattung eines Katholiken heige⸗
wohnt, den der Wifchof und feine Prieſter zu Geabe begleiteten.
Die Leiche wurbe in bie Kirche gebracht und alte Gevemenien
der griechiſchen Kirche über ihr nollgegen; mit dem einzigen
unterſchiede, daß das Geſicht ded Todten während der Biksugie
mit einem Tuche bedeckt war, waͤhrend «6 bei den griechifchen
iſten unveshült if. Nach beendigter Feierlichkeit treten die
n n Angehoͤrigen und Freunde des Verſtorbenen an bie
Bahre, fpsechen bie Worte: „Gmpfange bie lezte Umarmung“
(10v zeisusaion a or), und küffen die Ealten Lippen.
Hoͤchſt ergreifend if biehe Scene neulich bei der Beerdigung des
Mannes geweſen, ben ber @eliktär erfchlagen hatte, Au umh
Jung, Freund und Feind drängte fich weinenb hinzu, um bem
Umglüdticden ken legten Kuß bp geben und haͤtte nicht Das
wärdige Biſchof (Keophytos, fwüher Biſchof von- Taulantion,
eines der Dänpter ber Revolution) bie aufgeregten Gamuͤther
durch eine verſtaͤndige Rebe befchwicktigt, fo wäre es aus
bee Kirche gleich zum Sturm auf bad Haus des Mörbers
gegangen. *) ' 125,
°) Eine weitere Mittheilung, his und mil dieſer zugleich sugelammen,
laffen wär in einer der naͤchſten Lisferungen abdrucken D. Red.
o@daus in Reipsig.
— u — — —
L 3
Stätte r
für
1 J
literaäriſche Unterhaltung.
3. April 1833. |
Merlin. Eine Mythe von 8. Immermann.
(Fortfegung aus Nr. %.)
Merlin aber erklaͤrt Ihm, daß er nicht allein fein,
fondern auch der Mutter Sohn fei, alfo zwei mit einan⸗
der ringende Principe in ihm lebten:
Deiner im Wiffen, vielleicht im Waͤhnen,
Shree im Gebet, in Demuth und Thraͤnen,
er nennt ihn. den mächtigen Regierer der Sterblichkeit,
aber Dämon, müffe er den Dämon in ihm wiwdigen;
wie des Malers Bid erft im Auge auflebe, der Schrift:
zug im tieffinnigen Buche erft von bem Lefenden feine
Seele gewinne, habe er, ein unglüdtiches Doppel:
tind, fi erſt gewonnen -
im Gchoofe des Armen,
Und Merlin ift des Satan Sohn
In ber Gnade der Mutter durch Gottes Erbarmen.
Darum fei ihm, Satan, bie Beute entflaben. Diefer preift
denn dod, den Stolz des Sohnes, denn diefer Worte
„kraftſtrotzendes Wehen” bewege fih in feinen Kreifen;
er wolle ihn nicht führen wie Jenen auf des Berges Höh’,
noch ihn locken mit Kronen, ewiger Jugend und den
Wonnen geftürzter Götter
(Dergleichen Schüffel, fauer, füß und bunt,
SR nur für eines Klingsor Mund);
aber fein heiliges Recht ihm zu fchaffen, wende er fich an
feine Tugend. Merlin erwidert, wer ihn darin flöre, ob
ihn der Wahn der Laffen flöre? In den Augen der
Wiſſenden (Gnoftiker) fei er der Demiurgos, Schöpfer,
wud Alles ſtehe ja noch, wie er es gebildet. Dies leugnet
Satan, denn es verwildere, und vertieft fi) nun in einer
meifterhaften Schilderung von der Bolltommenheit der von
ihm gefchaffenen Welt (der Naturgefege), eine bidaktifche
Epifode, von ber wir bedauern, -bier nur einen Meinen
Theil mittheilen zu bürfen. .
As Gott die Welt gefchaffen, habe er gebebt in des
Abgrunds Tiefen und zitternd bes Chaos Schichtung ein= |
gefegt, die todte, dumme, farbenlofe Maſſe als eine Schranke
gegen die Vernichtung, und leblos follte fie „den Despo⸗
ten” ummallen. Da habe er, Satan, fi) hinabgeſchwun⸗
gen voll brünftigem Mitleid, der Erde Hefte vom Himmel
geſchieden, Land und Stuten, die Sterne entzündet und
der Creaturen Vollgewimmel geweckt. Das fei die Wahr:
heit von ber Engel Falke.
Da ſtands unb regte ſich, wie meine Liebe
Sein Fleines Leben jeglichem gegönnet,
Es fpringt, zennt, jauchzt und feine Speiſ' ertennet
Jedwedes nach dem eingefentten Zriebe.
Bollendet war's am fechäten Tag, ba ging ich,
Den Duft der Schöpfung ſchluͤrfend, durch den Garten,
Und von der jungen Heerde taufend Arten
Den unfchulbvollen Säuglingsbant empfing id.
Kennft du Volllommneres ale mein Gebäude?
Ein flät’res Gleichniß bu von Blähn und Gterben ?
Den reineen Tauſch von Zeugen und Verderben? ®:)
Kennft du in zärt'rer Mifchung, Schmerz und Freude?
Kennſt du nothwend’gere Nothwendigkeit?
Kennft du den rundern Kreis 'gefchloffner Pflichten?
Kennft bu der Schuld gerechteres Zernichten ?
Kennft bu die treuere Beſtaͤndigkeit? =
Den Reichen ftraft, wornach ihn heiß gelüftet,
Es fiegt der Held durch Ueberkraft und ſinke,
Der König, gleich den Andern, Lethe trinket,
Das Volk bleibt in dem Dunkel unverwüftet.
Eine poetifhe Deduction bes Gottes in der Natur, bie,
alt in ihren Doctrinen, in der Auffaffung an eine jüngft
gelefene in ben ‚Briefen eines Verſtorbenen“ erinnert, nur
daß bei diefem das Gegenbild der Natur in Gott niche
nachkommt! „Er“ grollte drei Zahrtaufende, daB Sa⸗
tan zum Sein gerufen, was er zum ewigen Schlum⸗
mer verdammt, und goß dafür bie Gaͤhrung uͤber die
Melt aus, h
Seit er auf Golgatha geaͤchzt, gezittat,
Durchſchleicht der Wurm bes großen Baumes Früchte,
Loͤſt auf die Peſt das Innerlichfigefügte,
Iſt mein unſterblich Wohlfein mir verbittert.
Denn meiner Menſchen Augen find die Becher,
Zu been Alles, was da lebt und mebet,
Sich zu erfriſchen, durſt'ge Lippen hebet,
Dahin verwies ich alle meine Zecher.
Er, der ntfeglich : Unergründliche,
Umfdhleierte die holden, frohen Blicke "
Und trieb die Armen mit ber feinften Züde \
Ins Weſenloſ' und Unausfinbliche.: i
Wozu ber Saumen, darf er fick nicht legen? ‘
Wozu ein Ohr in ber Verſtummung Faften ?
Was nügen Hand und Fuß bei trägem Raften?
Was frommt ein Aug’, das Barben nicht ergögen? _
Mit Sinnen, Nerven, Blut und Geift durchfchättet,
Bemühn fie ſich die Gaben zu verachten; |
= D greuelvolf fehbfimdrberifches Trachten !
D Wuth, die ihres Urfprungs Quell zerrüttet!
Blätter
für
literarifhe Unterhaltung.
Montag,
all mm nn m a a
zur Nachricht.
Bon diefer Zeitfchrift erfcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und iſt der Preis für den
Jahrgang 12 Thle. Alle Buchhandlungen in und außer Deutfchland nehmen Beftellung darauf an; ebenfo
alle Poflämter, die ſich an die koͤnigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, das koͤnigl.
preuß. Grenzpoſtamt in Halle, oder dad fürfll. Thurn und Zarifhe Poſtamt in Altenburg
wenden. Die Verfendung findet wöchentlich zweiMal, Dienflags und Freitags, aber auch in Monatsheften flatt.
Merlin. Eine Mythe von Karl Immermann.
‚Düffeldorf, Schaub. 1832. 8. 1 Thlr. 12 Sr.
Lohengrin fingt zum Schluß:
Was nur volllommen, herrlich, ohne Gleichen
Ging in die gräßtiche Verweſung über:
Wem, o mein Gott, foll ich noch Beiſtand reichen?
Mid dünkt, die Erd' ift nur ein leerer, trüber
Baumlofer Anger, mit Gebein befät, _
Kahl, unabſehlich, unfruchtbar, worüber
Die ſchwarze Fahne der Vernichtung weht!
Wäre dies das Motto zum Gebiht? dann wäre dies
großartigfte, tieffinnigfle, das erfhütternd anregen will
alles Heilige in und, chaotifch herauskehrend Pro und
Contra für Glaube und Hoffnung, das uns hinmalen
fo den zerreißenden Kampf eines Dichtergeiftes, welcher
feine Aufgabe fcheut, um mit fich felbft ind Klare zu
tommen, nicht mehr und nicht minder, ald was berfelbe
Dichter eben in feiner rufliihen Trilogie vom Cqare⸗
witſch Aleris fang. Ein Gedicht von ber ruffifchen
Grenze! Der alte Pole, mit Narben von einundneungzig,
zwölf und den noch nicht verharrfchten Wunden von drei⸗
fig, mag, wenn ihm bie Knie einfinken an der fibiri:
ſchen Stippe und die Wolken fich fpiegeln auf den Eis-
feldern, zu dem Refultat fommen. Baterland, Freiheit,
Gluͤck werden ihm Phantome, Wolkengebilde; er Bann
ihnen nachjagen; aber wenn er fie haſchen will, ift es
Luft. Er mag dann denken, e8 war auch nur Luft, und
der Dichter ſtraft ihn darum nicht. Aber Merlin und
König Artus, bie zwar durch alle Länder und Königreiche
zogen abenteuernd, waren doch nie an der ruſſiſchen
Grenze, und wenn Lohengrin das fingt von der Vernich⸗
tung, fo mögen es Lohengrin’d echte Worte, fein Unmuth
fein; aber Lohengrin blieb noch auf den Stufen zum Grat
ſtehen, ohne ins tieffle Heiligehum zu dringen. Darüber
ift er mismuthig; aber das reiche Leben hinter ihm ift
' können.
ſchon um deshalb aud) ohne aͤußeres Reſultat kein ver:
febltes, weil es bie Reihe des Erlebten um Siguren wie
Artus, Ginievra, Merlin bereichert, und biefe, ob fie
den Gral gefunden oder nicht, Haben poetifch gelebt für
ewige Zeiten.
Immermann bat in biefem „Merlin auch nicht ben
Grat der Poeſie gefunden, d. b. das wahrhaftige, leben:
digmachende Blut, das Blut der Erlöfung; es ift kein
Gedicht der Befriedigung, nur eines der außerften, tiefiten
Aufregung geroorden, das mit einem Fragezeichen fchließt,
und dennoc, ein Gedicht, das, anerkannt oder nicht, leben
wird und ihn felbft zu Denen verfegt, welche, gefchmäht,
geläftert, verfpottet, befriegt, misverftanden und misgeach⸗
tet, nicht aus der Reihe der Dichter geftrichen werden
Auch wir, hätten ſehr viel auszufegen, ihn zu
befriegen, jedenfalls ihm zu zürnen; und doch hebt ihn
fein „Merlin“ in unfern Augen hoch uber Alles, was er
bisher fhuf und verfuchte. _
Einen Begriff davon zu geben, ift faft fo ſchwer,
als das Gedicht felbft dichten. ine fehwierigere Aufgabe
bat fih noch fein Dichter geftellt, der den Kampf des
Goͤttlichen und Menfchlichen, des Endlihen und Unend:
lichen zum Gegenftand hatte. Bis Milton und Klopſtock
blieb e8 ein Kampf um den Beſitz, jest iſt es ein Advo⸗
katenkampf geworden um das Recht. Aber was Göthe
im „Fauſt“ anregte, ift Spiel gegen Das, was Immer⸗
mann im „Merlin verfuchte, und doch mehr als Spiel,
indem jener fertig wurde mit feinem Stoff, wie er ihn
anfaßte („Fauſt“, mit oder ohne Schluß, hat ein Reſul⸗
tat in jeder Scene), Immermann dagegen, in das Meer
aller religiös: chriftlichen und philoſophiſchen Zweifel ſich
verfenkte. Da ftreiten Gott und Satan katholiſch, ano:
ſtiſch, ſinnlich, geiftig, philoſophiſch, chaldaͤiſch, in Ver⸗
nunft und Offenbarung. Die Traditionen, die ſuͤßen und
grauenvollen Maͤrchen aller Voͤlker, die Erlebniſſe, die
art
" Aug. Wolf in jenem Winter hielt.
384 |
. Leider aber alle Huͤlſequellen des | bezeugt feitbem ein gluͤckliches biefer Gtubien. P.«
—— art ben Krieg erfchäpft, unb ie ku Yafana dei Berttöge umfaßten 35 een griechiſchen Dichter a
Jahres 1814 die Stadt‘ von ihren Zwingherren befreit wurde, %
m die Anftait auf unbeflimmte Zeit aufgelöft werben. Leh⸗
nk Schuͤler zerſtreuten fih. Paſſow ſchied mit bem her:
ben Gefühl, einige Jahre vergebens gearbeitet zu haben; für ſich
hatte er unfhägbare —— ewonnen,
und das he —— — ee mußte ihn
als Einen ſchmerzli rluſt tröften. .
Zu literarifhen Arbeiten war in Jenkau er Muße geive:
fen; ein „Archiv deutfcher NRationalbildung”‘, mit Jachmann un:
ternommen, in welchem bas praktiſch Begonnene wiſſenſchaftlich
begründet werben follte, brachen die Beitnerhättniffe mit bem
vierten Deft ab. Gine Schrift: „Ueber Zweck, Anlage und Ergän:
zung griechifcher Wörterbücher” (1812) aber bereitete Manches
vor, was in der Folge zu einem bedeutenden Werke führen
follte. Auch riefen die Greigniffe des Jahres 1813 wieder dich
terifche Anklänge hervor, die natürlidd mit bem Moment vers
ollen.
a Paſſow ging im Frühjahr 1814 nah Berlin, um als Frei⸗
williger nach Frankreich zu eilen. Die inzwifchen erfolgte Ein:
nahme von Paris vereitelte bie Vorhaben. Nachdem er nun
wegen feiner Wieberanftellung im Preußifchen erwuͤnſchte Zuſi⸗
derungen empfangen hatte, Hefuchte er feine lange nicht gefehene
Heimat wieder, begab fi) dann an ben Rhein, dem er von
Köln bis Schafhaufen folgte, Tah alte Freunde wieder, gewann
fidy neue, lebte befonders in Heidelberg im Voß'ſchen Hauſe unver:
geßliche lehrreiche Wochen, beſuchte die Schweiz und kehrte durch
Bicnnaben, Franken und Sachſen im November nach Berlin
urüd.
’ Die ihm hier noch eine Weile vergöante Muße konnte er
- nicht ſchoͤner benugen als zum Beſuch der Vorleſungen, die Fr.
&o gelang es ihm im reis
mehr
fern Alter noch, was er lange gewuͤnſcht hatte, dieſes außer:
ordentlichen Mannes Schüler zu werden und fich feines anre:
genden Umgangs vielfach zu erfreuen. Außerdem wurde ihm
durch nähere oder entferntere Verbindungen mit trefflichen Maͤn⸗
nen wie Niebuhr, Suͤvern, Buttmann, Solger, Bernbardi,
Ruͤhs, Woltmann, Hirt, Schleiermacher, Boͤckh, Zdeler, Bel:
ter, Koͤpke, Zumpt, Wald, Döderlein u. X. fowie burdy das
Wiederzufammentreffen mit ben mweimarer Freunden Goͤttling
und Oſann biefer Aufenthalt in Berlin zu einem feiner anzie
hendſten Lebensabfchnitte.
Indeß wurde ihm im Fruͤhjahr 1815 bie orbentlidde Pro:
feffur der alten Literatur an ber Univerfität Breslau übertra:
gen, ganz gegen fein Erwarten, ba er nie über das Gchulleben
hinausgedacht hatte, ja, felbft gegen feine Wuͤnſche, ba er biefen
Beruf von Weimar her fehr lieb gewonnen hatte, und er fi
die zum alademifchen Lehrer erfoberlichen Cigenfchaften nicht
zutraute.
In Breslau, ber jungen, durch bie Greigniffe ber letzten
Kriegsjahre in ihrer Wirkſamkeit mehrfach unterbrochenen Boch:
fchule, Tagen die philologiſchen Studien gänzlich banieder; dazu
fam Heindorf’s fletes Siechthum, des Beteranen Schneider Alter,
noch mehr fein völliger -Widerwille gegen alles alademifche Leh⸗
ren. P. trat darum feinen neuen Beruf nicht ohne Bedenklich⸗
keit ans doch hatte er bald die Freude, ſich zu überzeugen, daß
es nit an Gifer für bie Sache fehle. Auch das philologifche
Orminarium, das zwar ſchon 1813 gegründet, aber feitbem
wieder gänzlich in Stocken gerathen war, begann er 1815 von
‚Neuem. Karl Dttf. Müller war der Erſte, ber ſich zur Mit⸗
« gliedfchaft meldete, bann in bemfelben Halbjahr Wellauer,
Dronke, Kloßmann.
Heindorf hatte indeß Breslau verlaffen, Schneider fid ganz
vom Lehramt zurücdgezogen. Dagegen wurde nun in
Schneider ein erwünfchter zweiter philologifdyer Lehrer aus Leipzig
berufen (1816), der gleichfalld an der Leitung des Seminars
Theil nahm. Gine bedeutende Zahl wackerer junger Philologen
Homer dis Theokrit, Herodot, Zenopben, Demoftbenes, kykurg;
von Römern Terenz, Einiges.
Wisgil, ‚Goran Perfih, Zacitub; bann phtielsgifcht Gach
Bväni, — 2 aus den griehifcen 8* ehmifcrn
— —— in alte Kunſtgeſchichte.
.Auch war er mehre Jahre durch
ꝓhilologiſches Mitglied der wiſſenſchaftlichen Prüfungscommiffien.
Nach Buͤſching's Tode aber wurde ihm die Direction des Mu⸗
ſeums fuͤr Alterthum und Kunſt anvertraut.
Seine erſte literariſche Arbeit in Breslau waren bie „Brunb-
ine der griechifchen und roͤmiſchen Literaturgefchichte”, zunoͤcht
ür feine Borlefungen ausgearbeitet (1816), in benen er ben
Gedanken durchgeführt hat, bas Schriftweſen beider Voͤlker in
beftändigem Synchronismus barzuftellen. Gie wurden auf meh⸗
ven Hochſchulen bei Vorleſungen zum Brunde gelegt, ſodaß 1829
eine neue Auflage nöthig wurde; in biefer ift ber Geſchichte
ber Literatur die ber Kunft beigefügt. — Es folgte die Aus«
gabe von Zacitus’ „„Bermania‘’ (1817), die vor Allem nach kriti⸗
fher Sicherfiellung und Beglaubigung bes Textes geftrebt bat
und von ber nächftens eine neue Bearbeitung ericheint. — Non
dem mit K. Gchneiber angefangenen „Museum criticum Vratis-
lav.” (1820) kam nur ein Band; zu ber Teubner’fhen Samm⸗
lung griechiſcher Gchriftftellee hat er den Parthenios (1824)
und ben Dionyfios Periegetes (1825) geliefert. Zahlreiche
Beiträge hat er zu mehren Eritifchen Wlättern und manden
Sammelwerten, wie Wachler’s „Philomathie”, WBöstiger’s „Ars
—— und Kunſt, Raumer's „Diftorifches Taſchenduch“, beis
gefeuert.
Seine literarifche Hauptbefchäftigung während ber legten
zwölf Jahre war jedoch das „Handwoͤrterbuch der griechifchen
Sprache“, von bem vier Ausgaben ſchnell auf einander folgten
(1819 — 81). In ber Beobachtung eines fireng geſchichtlichen
Ganges liegt bas Ziel, dem er nachftrebt. Nenn er mandger
en Stimme unb dem durch rafche Verbreitung verbärgten
Beifall trauen darf, fo möchte biefe Arbeit bei allen Mängeln
im Singelnen wol dauernden Nugen fliften und, was ber Verf.
zu wänfihen gern gefteht, fein Andenken über fein Leben hinaus
erhalten.
Höher ala Alles gilt es ihm aber, dur münblidhe Lehre
einem und bem andern Süngling zur Erkenntniß des Wahren,
Buten und Schönen förderlich gu werben.
Nedigirt untes Verantwortiſchkeit der Werkagähaublung: 8. X. Brodbaus in Beipzig.
vedeihe nichts. darauf als Wahn,
Blätter
—
—
ur
literariſche unterh altu ng.
Merlin. Cine Mythe von 8. Immermann.
Beſchluß aus Nr. 3.)
Merlin's Ruf dringt auch in Caſtel Merveil ein,
Klingsor ſelbſt hat ihn durch übermüthiges Spiel citirt
und fich in der eignen Schlinge gefangen.
Zwar iſt der Menfchenpad mir längft zuwider,
Doch follen meine Spruͤch' unb Lieder
Beherrſchen fie, To lang’ ih bin,
Dann fahr der Kram ind Ghaos Hin;
Denn durch den neuen Bögen foll es nicht noch einmal
auf andere Weiſe toll werden. Allein Klingeor Hat feine
Kräfte verrechnet, der neue Gaukler, ber ſchon das Volk
für fi) hat, überwältigt den Alten, in welcher Geſtalt
er ihm auch esfcheint. Merlin weißt ihn von fih. Wenn
er auch an den edeln Kern bes dunflumhällten Jrrſterns
glaube, fei bie Kluft zwifchen ihnen doch zu groß. -
Dir galt die Erde, See, das Firmament
Zür eine. Leiter einzig, dich zu fleigern;
Da beißt ed, was man Demuth nennt,
Bolllommen und ensfdhieden zu verweigern.
Die Menfchen halb und Schwach zu finden
Erhielt dich felber flark und ganz;
Geteoft zerpftüdteft du nad allen Winten
Der Andacht, Eich’ und Ehre vollen Kranz.
. Du thatft das wie ein Mann, du thatft das wie ein Held,
Und bir gehört ein großes Stüd ber Welt.
Diefes Stud, meint Merlin, fei ziemlich wuͤſt und es
Betrug, Lüfte und bie
Heine Klugheit des Wichtes; darum verweift er ihn zur
Hflege an Den, den er allein verfiehe zu begreifen. Al:
fein. der erfcheinende Demiurgos, flatt ben wellen Alten
zu erfeifchen, iſt gegen ihn nicht hülfreicher als der Erd⸗
geift gegen Fauſt. Er verkuͤndet Klingsor, daß er nicht
ihn, fondern den Keinften feiner Kleinen als den Unge⸗
meinften verehre, und wirft ihn zerfchmettert zu ‘Boden.
- Doch rafft er ſich wieder auf, um feiner würdig zu ſter⸗
ben. Er fingt fich felbft den Tod und flicht vor Selig:
keit, daß ein Groͤßerer als er ihn befiegt. Alfo fterbend
huldigt er der hHöhern Weihe eines Merlin. (2)
Merveil ftürzt ein.
Was an Artus’ Hofe fich zuträgt, übergehen wir füg-
ih nach dem oben Geſagten. Es find nur Marginals
noten zu dem großen daͤmonologiſchen Gedichte, doch mit
ſehr poetifhen Einzelheiten. Diefe fchöne Unſchuldswelt,
Donnerdtag, .
Caſtel
bie ſich vergnüͤgt am Spiel auf blumenreicher Wieſe, uns
ter anmuthiger Galanterie, wigigen Disputen, trägt body.
ben Wurm in fih und bie Ahnung des Unterganges.
Merlin erfcheint, ee verfpricht fie zum Dort des Ziturel
zu führen, der fein Lieberfcherz fei, fondern eine hohe, bes
feligende Wahrheit. Aber auf dem Wege dahin finkt der
Halbgott. Er verliebt fi in bie Albernheit, in ben per⸗
fonificieten Leichtfinn ; der Zitan Merlin, ausgeflattet mit
Gottes Weisheit, in das flatternde Gänschen, die Fee
Niniana. Sie entlodt ihm in der Schäferflunde das eine
‚einzige Wort, das ihn bindet, unlösbar fefjeft und feiner .
Stärke beraubt, und Merlin wird im eignen Zauber ver
firit, gefangen, wahnfinnig, bloͤdſinnig. Der König und
die Königin und die Tafelrunde rufen ihn vergeblich, fie
verfchmachten auf dem Wege zum Gral in der Wüfle,
und ber Gral felbft befichit feinen Waͤrtern, weil das
völlig. Schlimme ihm bezwungen, ihn fortzutragen nad)
Indien.
Im Nachſpiel ſehen wir die Welt in Trauer, die
ſchoͤnen Menſchen ſind verſchmachtet, der Gral verſchwun⸗
den, Merlin verſchollen, der Minſtrel zerbricht ſeine Harfe,
Placidus zerreißt das Pergament, worauf er die Kunde
von der wahrhaftigen Weltgeſchichte, die ihn Merlin dic⸗
tirte, niedergeſchrieben, und Lohengrin, der Letzte, der die
Stufen von Montſalwatſch betreten, fingt die Worte, mit
denen wir anhuben. : Zu Merlin, dem thierifch: blöden,
der nach nichts fich fehnt, als dab Ninianens Hand ihn
ftreichle, tritt Satan in feiner grauenerregmben Geftalt
und reißt ihm die Binde des Wahns vom Auge, er fo
dert ihn auf, Ihn zu. verleugnen und an ihn (Satan)
u glauben. Alle Freunde Merlin’s, Artus und die Ta⸗
—** ſeien bei ihm unten im Hades, nicht in Schwe⸗
felflammen geroͤſtet, nicht zu Qualenbrei geſtoßen, wie die
Dümmlinge meinen, aber das fei unbeugfam wahr:
Ste wollten zu Ihm unb find bei mir. -
Er habe es auf ewig mit Dem oben verborben,
Und nicht etwa durch Schiechtigkeit und Lafter,
Nein, weil zu feurig bu um ihn geworben,
Deshalb Liegft bu verfomumend auf bem Pflaſter.
As er ihm das Raͤderwerk der Schöpfung bei Stone:
benge gezeigt, babe Der oben ihn auf ewig weggefloßen.
Wenn Giner ihn ſachwalteriſch vertheibigt,
Dann zudt er, in dem Innerſten beleidigt.
386
Er will, von eigner Majefkät umfloffen,
Unfaßtich ſchweben, dem Verftand zum Trutz.
Der Läftrung Hiobs hat er nicht vergolten,
Bildads, Zophars, Eliphas Lob geſcholten,
&o war’s, fo ift es, feit dem Mann von U}.
Er fragt ihn, ob er etwa andern Fehl begangen, ob ein
frwentlich Verlangen, unfaubre Luft in ihm verſteckt, dann
möchte Der, wenn er ihn von Bußeglut verzehrt erblice,
ihm vielleicht den Singer reichen, aber Merlin entgegnet:
Ich hab nichts abzubüßen!
Meine Seele ein weinen Do
Wallend empor wie reinigen Opfers Rauch
Stade zu ihm, ihn wonnedurdyfchauert zu grüßen.
„Und ließ bich fallen umter das Vieh” erwibert Satan;
. und die Andern, was hatten fie verbrochen, als daß fie
nach ihm ſuchten.
— — Se hinten,
an Geſe zu. binde
umb über Heffnung, Zuverſicht, Corpfinden,
Erhahen, dunkel, einzig hinzuwendeln.
und body ruft Merlin, „geloͤſcht im Buch ber Gnaden:“
„ich dann nicht von ihm laſſen“. Dez zornſchnaubende Va⸗
te% rührt ihn an, und er flirbt mit dem Geber im Munde:
Geheiligt werde dein Name. |
Eine Theodicee iſt das: Gedicht nicht, ober eine, bie
war der Dichter verſtand. Was Gott ift, daruͤber hat
deu. Teufel zum Schluß. befonbere Gedanken, bie er aber
fuͤr ſich behaͤlt. Er meine, wen er fie. ausſproͤche, fei
damit das Ende aller Dinge ausgeſprochen. Alle Usbrige
baben auch Gedanken, bie fir ausiprechen; es reicht aber
Seiner bis zu Gott. Einer ift immer Plüger, immer mädy
tiger als der Andere, Artus überficht den Kay, Klingsor
ben Artus, Merlin den Klingsor, Merlin und Satam rau;
fen fich lange, und man weiß nicht, wer Recht hat, denn
Jener ſtirbt im Gefuͤhl, daß die Ewigkeit zwilchen ihm
und Gottes Gnade liegt; dieſer fährt zornſchnaubend in
ſein Reich, denn er bat nicht erreicht, was er wollte.
Zwar wish von ber Gnadenwahl vos dem Tempel von
Montfalwatſch viel geſprochen, daß Niemand um den Pfen⸗
ng Tugend bie Himmelsſeligkeit erhandele, und Gott als
lein die Berufenen dergeſtalt erwählt, daß ſelbſt ruchloſe
Sünder ſfich darunter finden; es ſcheint doch aber, als bes
handele der Dichter dieſe in Gottesglut ſchwelgenden Tem⸗
pelweiſen als eine beſondere Mace apart und für ſich, wie
eine file Kirche, die mit feiner übrigen. Welt nicht in
Mapport ſteht. Merlin; ber einmal ihren ſtrengen Zunft
zwang tügt, kommt nie mit ihnen zufamemen, daß’ wir
amd dieſer Controverſe als. Ausbeute getvännen: was ber
legte Weg: zums Heile ſei.
Mas Gott ift? bleibt im Dunkel, wenngleih Merlin
bei Stonehemge die Wolkengardinen fortzieht,. daß ſein Erz
zeuger bie Himmelsherrlichkeit erblicken fol. Aber nur
Satan fieht fie, nit wir, und bfefer felbit ſtuͤrzt geblendet
zufanmen, nur vermögend, Worte zu flammeln, Weit
beutlicher wird Satan ſelbſt. Im Verlauf unfers Bes
richts ift Alles beramsgehoben, was er üher fig, und
Merlin über feine Stellung. zu Bott ſagt Sei er ber
Sort in der Natur, fo wird es doch nur eine Partikel in
Gott. Zu biefer Ueberzeugung arbeitet ſich das Gedicht
hindurch. Es iſt dab einzige Reſultat; krampfhaft mit -
letzter Anſtrengung haͤlt es der Dichter feſt. Wer aber iſt
Merlin? Dies moͤchte die unklarſte Partie im Buche ſein.
Iſt Merlin der Repraͤſentant im allgemeinen ber eis
ern Krafſt im Menſchen? Gteit er ſymboliſch dar das
Ringen zwiſchen dem Guten und Boͤſen, zwifchen dem
finnlichen und geiftigen Pypcip, freilih auf einer höhern
Stufe als im Mythus vom Herkules? Wir meinen, mit
nihten. Auch nicht den Wiffensdrang des Kauft, ber an
den: gewoͤhnlichen Klippen fcheitert. Merlin, Sohn Got:
tes und des Teufels, iſt eine Ueberhebung menſchlicher
Kraft. Wenn er ſagt:
Alles, was da lebt und regt
Und ſich in eigner Formetion Bewegt,
Steht naͤher mir, als ich mir bin.
Des Koͤnigs hoher Fuͤrſtenſinn,
Dee Frauen e Beittgentreue,
Dea Rittexs Weogen und dar Jungkrami Schene,
Des kleinſten Buͤrgers armer Werke
Des lepten Bauern Fleiß und Ungemach,
Das Altes ift mir werth unb wichtig,
Viel wicht'ger ats mein Ih, fo ſchwach und nichtig.
Weil id. denn ganz in an bae ALL ver:
enkt
Dat ſich das All it mid zurück Alenkt
Und: in min wachfen, weiten, ruhn und ſchwanken,
Nicht meine, nein bie großen. Weltgedanken.
Sie zighen. feierlich big einte Wahn,
Ich flieg, 'ne Feder, mit zum Ocean.
In deſſen Schoos gebadet, fie, die Behrens
Mit heil'ger Graufamkeit mein Ich verzehren.
Eine derlei donatio omnium bonorum au bas Au, juft
das Contraire der Klingsor’fchen Delonomie, ift Etwas,
was über ale Schranken der Menfchlichleit hinausgeht
und darum das Verderben in ſich bedingt. Wie viel vom
Dichter in feinen Merlin übergegangen, bleibt eine Frage,
die der Dichter felbft nicht, am menigften die Kritik zu
entfcheiden berufen if. Merlin geht unter, das lefen wir
heraus, weil bie Demuth, die er an ben Tag legt, keine
mitgebrachte ift, fondern ein Reſultat des Verſtandes. Er
will durch Kraft bas Himmelreich erebern, fFeeifich durch
bie Kraft ber Tugend, der Menſchenliebe, der Dingebung,
bed Glaubend, aber es bleibt eine: tropige Kaft So
weit ruckt en vor, ex erfunt, daß nur Gnade die Pforten
aufſchließft, Gnade, die ſich nicht esbettein, erſtuͤrmen, er⸗
hanbeln laͤßt; aber mit bee Erkenntuiß iſt es nicht ge⸗
than, und: neuer Zueiſel muß am der gewonnenen ruͤttein,
tum co auf ber: Wagſchale des Werthes Sich und die
Erwaͤhlten abwaͤgt:
Ein endloſes Gediche, weiter vokgeruͤckt als eines in
die Grenzen des Unendlichen, und doch um keinen Schritt
naͤher dem Ziele; eines, das alle Zweifel weckt und doch
Waſſen an bie Hand gibt, fie zu beſtreiten, wie jeder
ernſt ducchgeführte Angriff auch die Mittel der Verthei⸗
digung vom ſelbſt anzeigt. Ein ſolcher, durchaus erniter,
Immerer: Drang: abet das Gedicht, ſtaͤrkt die Achtung fuͤr
ben Dichter und läßt: jene® kein verfehltes fein, wie denn
das niemals dad Reſultat eines aufrichtigen Selbſtkampfes
J *
—
37
fein wird. Aur über die Warte bes Klingsor ließe ſich
viel ſprechen, ein Buch dafaͤr und dagegen. Und wäre
bas Alles fo, flände der Große, ben er meint, fo niedrig
unter ben dem Erdgeiſt Dienenden, was trieb Immermann
gende an, ſich nuter bie Keaͤhen mb Froͤſche zu reihen,
bie ſchreien, daß er nicht der Adler und Lörve war, ben
wir Anden meinten, fondern ihnen näher ſtehe? Mein
Gott, des Kraͤhengekraͤchzes und Froſchgequaͤkes iſt in ge
nug, daß, bie es hoͤren wollen, es auf allen Heer⸗ und
Querſtraßen hören, ohne daß eine fo fonore Stimme wie
die eines Immermann fich unter die Saphirs, und wie
die Bellen oder obſcuren Mehren heißen, zu mengen
braucha. Und war Klingsor nur Klingsor, wo ift denn
fon Merlin geboren, ber ihn aus dem Sanctuar vers
jagt? Mir antworten und fchließen mit dem Minftrel:
Das Weltgeheimniß iſt nirgendwo; * iſt nicht hier und
ni ort
dorten,
Ga ſchankelt ſich wie ein unſchuldiges Kind in bes Saͤngers
biügenden Worten.
W. Alexis.
Geſchichtliche Beleuchtung des deutſchen Staatsrechts J.
Auch unter dem Titel: Das Zollweſen in Deutſchland
geſchichtlich beleuchtet. Frankfurt a. M., Schmerber.
1832. Gr. 8. 12 Gr.
Das vorliegende mit vieler Beleſenheit verfaßte und ſeine
Darſtellung durch literariſche Eitate unterftägende Buch enthält
vie Geſchichte der ſtaaterechtlichen Ausbildung oder vielmehr bie
4’ des immer willkuͤrlicher und druͤckender gewordenen
Zollſyſtems. Da tas im Jahre 1806: untergegangene deutſche
Reich eine Fortfegung bes fränkifchen Reichs war, während das
legtere an die Stelle ber römifchen Herrfchaft trat, fo beginnt
der Verf. mit einigen Notizen über bie Bollabgaben (vectigalia),
wie ſolche im &. Jahrhundert unter den Kaifern Gratian, Var
Ientinian und Theodoſius beftanden, wo von jeder zum Verhan⸗
. Wen eingeführten Waare ein Achtel bes Werthes abgegeben
wurde, Alles jebody, was Jemand zum eignen Gebrauch kommen
Heß, frei von Abgaben war, wie ſolches L. 7 und 5 Codicis
de vectigalibus: enthalten if, wobei jedoch vorzugsweife auf
das Herkonnnen HAdfiht genommen wurde. Diefe Beftimmungen
bes römifhen Rechts (L. 4, $. 2 Digest. de poblicanis
KAXXIX, 4.) gingen auf bie Eapitularien der fränfifchen Herr⸗
fher über und find in ber Lex salica enthalten. Im fraͤn⸗
kiſchen Reich erwähnt ein Ediet bes Koͤnigs Clotar II. vom
Jahr 615 der Zoͤlle als einer ſchon unter Suntram, Chilperich
und Siegbert flattgehabten Inſtitution. Die Ertheilung der
Erlaubniß, einen Markt zu halten (mercatus), verbunden mit der
Erhebung eined Marktzolls (teloneum) und einer obrigkeitlicyen
Münzftätte oder Wechfeiban? (moneta), wurde ſchon in den At:
teften Zeiten als ein koͤnigliches Alleinrecht betrachtet. Die Reis
ſezoͤle weren vor ber Ausbildung der eigentlicdgen Zerritorial:
hoheit mehr eigentliche Weggelber , deshalb keineswegs den jetzi⸗
gen Zranfitozöllen vergleichbar, fonbern hingen lediglich von ber
Art und WBeife ab, wie ber von dem Zoöllerheber in Stand zu
baltende Weg benutzt wurbe, fowie von ber Beſchaffenheit bes
Begs. Daher flammen die verfcdhiebenen Benermungen, welde
der zu entrichtende Zoll hatte, ben man somaticum, rota-
tieam und temonaticum nannte, je nachdem er von Saum⸗
thieren, Karren oder Deichfellarren entrichtet wurde, welcher zu:
glei; aber andy rivaticum, pontanieum, cespaticum und
salvaticam hieß, infofern der Weg am Ufer eines Fluſſes,
üser Brüden, zwifchen Hecken ober auf Walbwegen weglief.
— — — —— — — — — — — — —————
Ueberhaupt ſehen wir aus den Bapitularien vom Jahre 865 an,
daß nur die wirkliche Benutzung eine Weye oder einer Bruͤcke gr
Orlegung eines Zous verband, daß mithin Detjenige, welcher ei:
nen Fluß durch eine Furth pafſirte, vom Bruͤckenzoͤll fer war,
ſowle daß die ganze Zolleintſchtung ſich nur auf Handelégegen⸗
fände und Kaufleute, nicht ader auf fonfttge Reiſende bezog.
Inſoſern dee gu ehtrichteirde Zoll zugleich ben Zweck Hatte, ſich
Schut zu verſchaffen, namte man ihn Geleit (conductus), wel⸗
de Abgabe in mehren Staaten bis auf ben heutigen Tag bei⸗
begaiten iſt, obſchon igr urſprunglicher Sim gang verloren
ging. Dos damalige, den jeht herrſchenden Anſthten gang he:
terogene &teuerprincip beftand wefentlich darin, dab Niemand
zur Eutrichtung eines Zolls gezwungen werden konnte, ſondern
daß ſetdiget als die Folge einer freiwillig gefchloffeneh Ueberein⸗
kunſt betrachtet wurde: Gang beutlih fagt in diefer Hinſicht
bes Sachfenſpiegel Buch 2, Art. 27, 8. 2: „Ein jeglider
Mann ſoll auch zolfrei fein, er fahre oder reite oder gehe, wenn
er bed Schiffes ober der Brücke nitht bedarf. Und mit Recht
fei er Geleites frei, wo er fein Gut oder feinen Leib wagen
will. Wem er aber Geleit gibt, ber fol ihn vor Schaden be:
wahren binnen feines Geleitbezirks. Miberfährt ihm dennoch
Schaden, fo foll der Geleitserheber ihm. benfelben exrfegen”, und .
bierzu bemertt die uns jest fat als eine Gatire erſcheinende
Stoffe: „Hiertaus verflehft bu mn, daß Boll und @eleit um
ber Rothdurft willen und nicht aus Geiz aufgefommen find.”
Wenn wir auf der einen Geite den Geift der Milde nicht
verfennen koͤnnen, welcher in bem fränkifchen Reich bie Geſete
über Zoͤlle bietirte, fo dürfen wir auf ber andern Seite nicht
ableugnen, dag Theorie und Praxis in jener Seit hoͤchſt felten
gleichbedeutend waren. Maͤchtige Vafallen, zuerft eine Ariftos
kratie bildend, welche zwifchen bem König und ben andern freien
Männern ftand, gehorchten den Gefegen nur, infofern bie Ge⸗
walt fie nöthigte, welches bei der Ohnmacht ber Fuͤrſten fetten
der Ball war, und wir finden in den vielfachen Reichscapitula⸗
rien und Abſchieden, welche der Verf. mit großer Sorgfamkeit
geſammelt hat, ſtete @rneuerungen ber alten Geſete und Be⸗
brodmg ber Uebertreter derſelben, woraus man fieht, wie we:
nig bie kaiſerlichen Berfügungen geachtet wurben. Beſonders
fehlte den Gefegen aller Nakdrud, als das Haus der Hohen:
flaufen unterlag und die Wahlfürften vorzugsweſſe Kaifer er:
wählten, welche außer Stand waren, ben Anmaßungen bee Ba:
fallen zu wibderfireben, bis es fo weit kam, daß mehre Kaifer,
namentlih Karl IV. einzelnen Fuͤrſten als Belohnung für ihre
Bahlſtimme Bollconceffionen einränamten. Dennoch aber be:
trachtete die Reichegefeagebung und die Stimme des Volks bie
Auferlegung ungerechter Zölle (injusta telonea) als einen Bruch
des Landfriedens, weshalb ber Bund der Städte zur Abweh:
rung ‚berfelben eine rechtmäßige und erlaubte Vertheidigung war.
Es wird dem Lefer intereffant fein, den Mopificationen zu fol:
gem, welche das Zollmwefen, welches feit 1519 in den Wahlcapi:
tulationen der Kaifer feinen weſentlichen Grundzuͤgen nad) abge:
handelt wurde, bis zur neueften Wahlcapitulation von Kranz IT.
im Sabre 1792 ertitt, weshalb der Werf. den achten - Artikel
berfeiben barftellt, um zu zeigen, wie die alte germanifdhe An:
fiche im Geift der Berfaffung ſich ſtets erhalten hatte. Dit po⸗
litiſchen Weränberungen, denen Deutfchland unterworfen war,
ließen ein neues Zollweſen entftchen, welches, von dem bes ebes
maligen fraͤnkiſchen Reichs in jegucher Hinſicht verſchieden, viel⸗
leicht für einzelne Staaten partielle Vortheile ſchuf, dem Ges
meinmwefen aber hoͤchſt narhtheilig war. Nachdem’ Friedrich II.
den Kaifer und das Reich fiegreich bekämpft Hatte, gab es
einen großen Theil Deutfchlande, in welchem das kaiſerliche An⸗
fehen nicht nur factifh, fondern auch ber Borm nach vernichtet
war, und fo war es natürlich, daß das preußiſche Accis: und
Monopolfpftem, zwar anfangs von Kranzofen adminiſtrirt, vom
fräntiihen Gefeg Feine Spur anfihtrug. As nun aber
bie in Frankreich erwachten Breiheitsibeen ber Revolution für
Deutſchland das wunderliche, faft fcurrile Refultat hatten, daß
die fammtlichen deutſchen Fuͤrſten, durch die Gonföberationsacte
%
s
.
.
bes Rheinbundes für ſouverain erklärt, ihre Länder und Untertha⸗
nen en toute souverainet# et propriets befaßen, entflanden Zoll⸗
fofteme diverfer Art. Wie. nun unfer Vaterland durch Napo⸗
leons Sontinentalfpftem, die Verhandlungen am wiener Bong
und Bundestage bins und hergeſchaukelt wurde, zeigt ber Verf.
mit ber im Gingange gerühmten Belefenheit. ebenfalls gehö«
zen bie verſchledenen Anfichten, bie heterogenen Syſteme, welche
fi über das Zoll⸗ und Merkantilſyſtem verbreitet haben, zu ben
vielfachen Sonderbarkeiten unferer Zeitz befonbers befinden ſich
die Staatsmaͤnner ber kleinern Staaten in ber Lage eines zwi⸗
ſchen der Scylla und Charybdis fegelnden Schiffer unb wär:
den in einige Differenzen mit ihren mächtigern Nachbarn geras
then, wenn fie den $. 16 des achten Artikels der legten Wahl⸗
capitulation, wo vom Misbrauch der Befugniß, Zölle zu erhes
ben, die Rebe ift, weldyer wörtlich heißt: „Und Toll baneben eis
nem jeden Ghurfürften, Fürften und Stande (bie freie Reiche:
- sitterfhaft mitbegriffen) erlaubt fein, ſich und die einigen fol«
cher Beſchwerden felbft, fo gut er ann, zu erledigen unb zu
befreien‘, nur einigermaßen ftrict interpretiren wollten. 36.
Kleine Schriften, Polen betreffend.
1. Polniſche Miscellen. Herausgegeben von Zaver Broni⸗
kowski. Ne 1. Nürnberg, Campe. 1852. 8. 1 Thlr.
Der in ber legten polnifchen Revolution oͤfters genannte -
Rechtsgelehrte Bronikowski beabfichtigt in zwanglofen Heften
Mittbeilungen über Polen in beutfcher Sprache herauszugeben.
Das erfte Heft liegt vor uns, enthält aber in der That nicht
viel Neues und Mertwürbiges, was man body bei ber frühern
©tellung des Herausgebers erwarten follte.
Zuerſt gibt 8. eine biplomatifche Klage wider das peterss
burger Gabinet in Hinſicht Polens. Er glaubt auf eine neue
Art das Unrecht Rußlands gegen Polen zu beleuchten, indem
ee zwar bad Recht jener Regierung, die biefem 1815 verlichene
Eonftitution wieder gurüdzunehmen, zugibt, jeboch in Verleihung
ebenerwähnter Sonftitution eine Verlezung bes erſten Artikels
- des wiener Gongreffes fiebt, nad welchem in ben Worten:
„Le duch& de Varsovie sera lie irrevocablement par sa con-
stitution & P’empire de Russie”, die alte Berfaflung des ſaͤch⸗
ſiſchen Herzogtums Warfchau von 1807 den Polen bätte ges
laſſen werden müffen. Zugegeben, daß diplomatiſch über biefe
Phrafe: ‚par sa constitution”, gerechtet werben könne, fo Tann
doch Ref. nicht begreifen, wie der Herausgeber die Conſtitution
von 1807, deren Grundzüge er mittheilt, der anerkannt liberas
len Verfaſſung von 1815 vorziehen kann, und noch wenis
ger einfehen, was folche rechtliche Klagen nüsen follen, wo bes
reits bie Kriegsgewalt fo lange entſchieden hat, bis ebenbies
felbe wieber einen andern Zuſtand herbeiführt. Was der Der:
ausgeber über bas den Gongreßbeftimmungen zuwiderlaufende Bes
nehmen ber ruffifchen Regierung gegen bie früher Rußlanb einver:
leibten Provinzen fagt, tft bereits hinlänglich bekannt.
Hierauf folgt eine kurze Befchreibung bed Felbzugs Diver:
nidi’s nad) Volhynien, bie nichts Neues enthält. Dieran fchließt
fih die Beichreibung ber erften parifer Sahresfeier des Aus:
bruchs der polnifchen Revolution nebft den dabei vom General
Lafayette, dem Amerifaner Howe und Lelewel gehaltenen Res
den. Endlich folgt ein aus den Eaiferlichen Verordnungen und
Privatmittheilungen gezogener Ueberblid über ben jegigen Zus
ftanb Polens. Kann man fi) au auf die Wahrheit der Pri-
vatmittheilungen nicht verlaffen, fo geben doch fchon die aus
den Beitungen befannten und bier wiederholten Faiferlichen Ver⸗
ordnungen vom Aufgreifen und Ausführen ber Waifen und mits
tellofen Kinder zwiſchen 6—17 Jahren nad) Rußland, von bem
Einzwingen ter polnifhen Soldaten unter bie ruffifchen Armees
‚corps, vom Fortführen ber wiſſenſchaftlichen und Kunſtſchaͤtze
in das Gzarenzeich y. f. w. ein hinreichend ſchmerzliches Wild von
bem Eule bes — Bandes, In durch bie Darftel:
lang des Serausgebers nur wenig friſche Kärbung gewinnt. —
Möge uns ber geehrte Herausgeber balb mit einem zweiten
Hefte und interefiantern Mittheilungen erfreuen. -
2, Coup d’oeil sur la revolution de Pologne en 1830 — 31.
Avignon, 1882. ’
Der Lefer erwarte in biefem 28 Geiten enthaltenden
Gchriftchen eines verbannten Polen weber eine gebrängte Ueber⸗
ficht des polnifchen Freiheitekampfes, noch neue Aufklärungen,
fonbern blos die Aufzählung dee jebem Beobachter be bes
le bie riffe und fehler Ghlopidi’s und med,
welche bie
lähmten unb feinen Untergang herbeiführten. Das Schriftchen
fchließt mit frommen Wünfdgen und froben Hoffnungen bes vers
bannten Patrioten. 93,
Notiz.
Borfhlag zu einer großen literarifhen Union.
Das „New monthiy magazine‘' enthält in Nr 143 ben
Entwurf zu einer vorläufigen Union aller Schriftfteller in Eng:
land, von wo biefelbe dann über bie ganze civllifirte Welt weis
ter verbreitet werben koͤnne. Natuͤrlich muß bas Unternehmen
von feflen Principien ausgehen, zu welchem Zwed eine Art von
politiſchem Glaubensbelenntniß vorgefählagen wird, bem alle
Theilnehmer hulbigen follen. Abfchaffung aller taxes on know-
ledge, Anerkennung der Rothwendigkeit allgemeiner Aufliärung
muͤſſen die erften Artikel beffelben fein. Alle Sheilnehmer waͤh⸗
ne Kraftentwickelung bes aufgeflandenen Volles.
Ien einen Ausfchuß, der Vorſchlaͤge zu machen und Belhlüffe
zu faffen bat, welche als allgemeines Geſet gelten, und alle
Jahre eriäßt berfelbe nach feiner Erneuerung ein Manifeft.
Jeder Schriftfteller, ber ein’ Werk über 10 Bogen verfaßt hat
oder mit ber periobifchen Prefle in irgend einer Verbindung
ſteht, Tann beitreten und bat fih dann zu einem beliebigen,
in beſtimmten Terminen zahlbaren Beitrag zur Beftreitung ber
Koften bes Vereins verbindlich zu machen. Diefe werben haupt⸗
ſaͤchlich deſtehen: in ber Unterflügung jedes hülfsbebürftigen:
Mitgliedes und, fo lange bie Preffe noch bebrüdt wird, allex
wegen Preßvergehen, Drud ober Vertrieb verbotener Schriften
und mit Strafen belegten Perfonen. Die Verwaltung ber Fonds
beforgt ein befonberes Gomite. In allen Theilen des Landes
werden Nebenausfchüffe unter .ber Leitung bes allgemeinen er»
richtet. Ein literarifcher Ausfchuß beforgt die Herausgabe von
folhen Werken — gleichviel ob anonym, in periodiſcher oder
in anderer Form — , weldge er bazu geeignet hält, und der
(wahrſcheinlich anfehnliche) Gewinn wirb zwiſchen dem Berf.
und der Gefellfchaftscaffe getheilt. Das Motto des Vereins ift:
„Das Volk!" Literarifch noch fo berühmte Männer, welche ſich
nicht für das Intereſſe des Volkes verwenden, bleiben ausges
fhloffen u.f.w. Wenn je eine ſolche Union zu Stande kommt,
tann fi gewiß England, Guropa und bie ganze Welt nur
Gluͤck dazu wünfhen. Widerſpruch würbe fie wol ſchwerlich
finden; denn wer möchte gegen eine Affociation auftreten, wels
de die Ausbreitung ber Givilifation zum Zweck hat? Nur
was biefelbe hemmt, was bie Geifter in Beffeln legt und ber
Verbreitung der Wiffenfchaft, ber allgemeinen Aufklärung der
Völker Grenzen feat, nur die Sreunde ber Dunkelheit können
vernänftigerweife Gegner baben. Unberechenbar ift übrigens
ber Einfluß, welchen ein folcher Berein ausüben würde. Die
Macht aller Dunfelmänner wäre mit einem Wale gebrochen,
und der benfende Theil bed Menfchengefchlehts würde auf die
handelnden bald eine Wirkung ausüben, jener fehr aͤhnlich, von
der ein griechifcher Philofoph die Entſtehung einer vollkomme⸗
nen Regierung eewartet. 0 8,
Nedigirt unter Werantwortlichteit der Verlagshandlung: 3. A. Brodbaus in Leipzig.
a >
[4
+
x
Blätter
für.
fiterarifhe Unterhaltung.
Ed
Freitag,
AT Nr. 95. —
5. April 1833.
\
«
Converſations⸗Lexikon der neueflen Zeit und Literatur.
Dritter Artikel.*)
— Achtes bie zwölftes Heft.
In einer muntern Geſellſchaft junger, meiſt literarifch:
gebildeter oder zu bilbender Männer und junger Damen
(doch Damen find immer jung!), welchen natuͤrlich auch
äftherifches Colorit nicht fehlte, gebrady e8 eben an einem
neuen unterhaftenden Spiele. Man proponirte, opponirte,
eines war recht. Da meinte Einer, man folle das
neuefte „Converſations⸗Lexikon““ auffchlagen, mo gemiß
ein Artikel: neuefte Sefeltfchaftsfpiele oder Unterhaltungen,
zu finden fein muͤſſe. Denn erſtlich brauche man Con⸗
verfation, dann für bie neuefte, d. i. die eben hinzubrin-
gende Zeit, und Literatur wäre ja ohnehin ihre Sache.
So haben wir wol fonft bei vornehmen genealogifchen
Unterfuhungen nah dem Varrentrapp (fo bieß kurz⸗
weg das neue genenlogifche Reichs⸗ und Staatshand⸗
buch, welches bis 1811 in Frankfurt a. DM. bei Warren:
trapp erfchien) rufen hören, wenn ein Streit entftand,
wie alt diefe und jene Gräfin oder Kürftin fei, bei mel:
chen Angaben aber mitunter ein nicht uneinträglicher Ver:
jüngungsproceß vorgegangen fein fol. Nun war es allers
dings mit dem fraglichen Artikel im neueften „Converſa⸗
tions =Leriton” nichts, aber es follte doch als ein tüchtiges
Vademecum auch hier feine Dienſte thun, denn «8 er:
weckte bei einem jungen Literatus, der zwar durchs Eras
men gefallen, aber dann vermuthlid am Hofe des Mon⸗
des Hoftath geworden war, die dee, ob man nicht jedes
” Heft diefes wohlbelanntn Werkes als ein Zimmer eines
ungeheuern Wachsfigurencabinets betrachten und fo dar⸗
aus einen Begenftand der Unterhaltung machen fönne.
Scheine auch das Entrée von 6 Brofchen für jeden Saat
groß, fo ſei es doch eigentlich das wohlfeilfte von der
Melt, denn man tinne ja daflır ganz darin bleiben oder
‚vielmehr es ganz behalten. Die Vermummung ging vor
fi, und fo ſah man denn eine Reihe Scenen, vor denen
man freilih auf den Boden des Saales die Pagina des
„Converſations⸗Lexikons“ zum Nachſchlagen hätte fchrei:
ben follen. Da ſah man zuerſt den Dictator von Para=
guay Francia, ben Doctor ber Theologie, wie er
fih in den Stuhl des Caͤſar fest. Man wollte nämlich
2) Bol. Nur 181, 182 u. 817 d. Bl. f. 1882. D. Red.
nach ber Losreißung bes Landes vom fpanifchen Joche
1811 eine Republik errichten und ſich aus Rollin's Ge:
[hichte der alten Welt mit republikaniſchen Einrichtun⸗
gen befanntmahen. Man begeifterte fih für eine Regie⸗
rung von zwei Gonfuln und fegte für Francia und Ful⸗
genzio Yegros zwei Seffel mit den Namen Eäfar’s- und
Pompejus' hin. Zur Alleinregierung und lebenslänglichen
Dictatur gelangt, warf er die Maske der Mäßigung ab
und ritt nie ohne einige Weiter aus, die eben nieder:
bauen mußten, der fi) auf feinem Wege fehen ließ. Einft
ertheilte er den Befehl, Jeden, der an feine Fenſter hin:
anfehen würde, zu erfchießen. Als Unterfchrift zu feinem
Portrait könnten die Worte dienen, die er einem Offizier
fagte, welcher von ihm ein Heiligenbild verlangte, um es
in der-Seftung aufzuſtellen: „Volk von, Paraguay, wann
wirft du aufhören, blind zu fein! Als ich noch Katholit
war, dachte ich wie du, jetzt aber weiß ich, daß die_beften
Heiligen eine Reihe von Gefchügen längs der Grenze
find.” In der Lage, in weiche Francia ſich verfegt hat,
bleibe ihm, heißt e8 S. 37, nichts übrig, als unter den
Trümmern des unnatürlichen Gebäudes, das er errichtet
bat, zu fallen.
Die zweite Gruppe, eine Barricadenvertheidigung, gehört
den fhönen Artikeln: Frankreich feit dem Sabre
1829 und Juliusrevolution, an, bei denen wir bloß
zu bemerken haben, baf die Emigranten mit einer Million,
wie ©. 43 fteht, ſchwerlich als Entſchaͤdigung zufrieden.
gewefen fein dürften, denn baß es fo viel an Renten ge:
weſen, wird nicht ausdruͤcklich bemerkt. Intereſſant ift die
(S. 609) nachgetragene Berechnung, daß die Franzoſen
in den 4055 Barricaden 3,125,000 Steine, und jeden
zu 50 Pfund gerechnet (?), in 24 Stunden eine Laſt
von 156,250,000 Pfund bewegt haben. Die Revolution -
von 1830 in Paris Eoftete blos an Pflafterfteinen und
Laternen 270,000 Francs. Ueber das (S. 49) ange:
führte Programm des Stadthaufes wird (&. 614) aus:
führlicher berichtet, aber noch wird es zweifelhaft gelaſſen,
06 es wirklich exiſtirt habe. Allein gewiß iſt jedenfalls,
daß man auf dem Gtadthaufe fchon angefangen hatte,
die Republik zu proelamiren, deren Präfldent Lafayette
werden ſollte. Solche Artikel und die damit verwandten
über Sranzöfifhe Geſetzgebung und Franzoͤſiſche
Literatur der neueften Zeit, Guizot und die Doctri=
3%
nairs u. f. w. find darum ſehr ſchaͤtzbar, weil fie mit
zwei Eigenfchaften gearbeitet find, die felten vereinigt ge:
funden werden, mit Unparteilichkeit oder Objectivität, und
fodann mit umfichtiger Kenntniß der neuern Literatur über ihre
Gegenftände. Wie Viele vermögen fid aus dem Labyrinth
von 1000 Schriften und 10,900 Zeitungsartiteln bar:
über- zurecht zu finden! Und mie Vieles wuͤrde bald wie⸗
der vergeflen fein in diefem Sturmfchritte der Begeben⸗
heiten, wenn es nicht auch hier feftgehalten würde. So
die Empörung der Chiffoniers, bie vom Kehrichtſammeln
Ieben, gegen die Reinigungsfarrenanftalt, die ftrasburger,
Iponer u. a. Händel. Hoffentlich wird fich noch bei ben
legten Heften des Werkes bei irgend einem bezüglichen
Artikel die Gelegenheit ergeben, die Geſchichte Frankreichs
moch weiter fortzufuͤhren. Vielleicht wiſſen mir bis bahin,
wer bei der Herzogin von Berry Gevatter geſtanden hat!
Unſer europaͤiſcher Francia, ber S. 79 genannte
Fuͤrſt, der das Haus feines Unterthanen mit Kanonen
Sefchteßen ließ und in feinem Schloffe wie Ludwig XI.
im Dieffis led Tours hauſt, iſt mit ruͤhmlicher Freimuͤ⸗
thigkeit gezeichnet. Es waͤre in ber That ber Mühe werth,
eine Portraitfammlung auch zu biefem „Converfatione-
Zeriton” zu unternehmen, nur nicht in der Art und Un-
bebeutendheit, wie wir neulich zu einem namendverwand-
ten Werke die Bilder von Rotteck und Benjamin Con:
ſtant gefehen Haben, baun mürben bie in befondern Arti⸗
fein cum grano salis gefchilderten Fürften: Friedrich von
Altenburg, Friedrich Auguſt von Sachfen (fein Bruder
Kohann fpäter), die beiden Friedrich non Hohenzollern: Hechin>
gen und von Sigmaringen, Friedrich Wilhelm der Mitregent
von Hefien, Friedrich Wilhelm der Kronprinz von Preußen,
dann Stiebrich, Prinz der Niederlande, auch eine fchöne Suite
Bilder darbieten. Daß alle, auch die gefchriebenen Por:
teaitd etwas fchmeicheln, weiß dann “der Beſchauer fchon
voraus. Doch zu unfern Saͤlen mit Zableaur zurüd!
Barocker kann ber Zufall nicht zwei Perfonen neben:
einander ſtellen, als es die alphabetifche Meihenfolge mit
den Artikeln: Goͤthe und ber bekannten Giftmörde:
sin Gottfried aus Bremen, gethan hat. Aber Den:
Shen fo eminenter Individualität auch nur im Aeußern
nachzuahmen, ift eine mislihe Sache. Darum errieth aud)
Miemand an der Statue mit ber Blume in der Hand
und der Unterfchrift: „Metamorphoſe der Pflanzen“, daB dies
Böthe fein follte. In unferm Lexikon tritt biefer Stern
erfter Größe mit einem Sternden auf, anzubeuten, daß
er ſchon im frühen Werke beiprochen worben fei. Jetzt
wird ber Todte, und was über den Todten von Lebenden gefagt
worden, befprochen. Die Vergleihungen zwiſchen Schi:
fee und Goͤthe, die einmal einen jungen genialen Dichter
fo .entehfleten, daß er aus der Gtube der Freunde hinaus:
‚ef, bald aber verſoͤhnt wieder zum Fenſter hereinſtieg,
hören doch nun für immer auf. Die Uinvergksichlichen
find nicht zu vergleichen als etwa, wie e8 ©. 180 ge:
ſchieht: „Als Schiller ſtarb, plöglich abfcheibend aus ber
biühendfim Periode feines Lebens und Streben, ging
‚eine Trauer, die faſt an Leidenfchaft grenzen mußte, zer:
veißend durch Das Derz von ganz Deutichland dahin, denn
⸗ ⸗
Jedem war eine Hoffnung mit ihm geſtorben. Aber Goͤthe
hat ſeiner Zeit Alles gegeben, was er hatte und war, und
ſo, nachdem er vollendet wie Wenige, gelebt, auf der Hoͤhe
des Menſchlichen ſtehend, erfuͤllte ſich nun auch an ihm
menſchliches Schickſal in naturgemaͤßer Loͤſung des Da⸗
ſeins.“ Und nun dicht daneben, mit den Leichen ihrer
Maͤnner und unſchuldigen Kinder um ſich, die verruchte
Giftmiſcherin und vierzehnfache Moͤrderin aus Bremen,
deren Lebensabriß man mit unausgeſetztem Schauder lieſt.
Allein wie ihr Koͤrper wahrſcheinlich dem Anatomen an⸗
heimgefallen, ſo mag ihre Seele dem geiſtigen Anatomen,
dem Pſychologen, Stoff genug zur Unterſuchung geben.
Der Artikel: Göttingen im Jahr 1831 (mit
welchem nothmendig der Artikel Hanover verbunden wer:
ben muß, welches Land das. Land des Herlommens ges
nannt wird), wollte ſich in keinerlei Weiſe zu einer Gruppe
fügen, wenn auch bie calenbergifhe Cocarde fogleich auf:
zutreiben getoefen wäre. Weber das Verhältniß der Be:
börden und ber Profefferen zu den Stubdirenden in Böt:
tingen werden (S. 200) einige unangenehme Dinge ge:
fagt. War es aber fo, fo ift es begreiflich, daß fich die
Studenten mehr an bie dü minorum gentium, die Pri-
vatdocenten, anjchloffen. ef. kannte aber Göttingen vor
mehren Decennien auch und bedauert, daß das Verhaͤlt⸗
niß ſich demnach fo fehr geändert haben fol, Auch fag
wol das Uebel weit tiefer und kam nur grade in Gät-
tingen, wo leicht die beweglichfte Bevölkerung neben man:
chem localen⸗ Misverhältnig war, am lebkafteften zur
Sprache.
Variatio delectat. Wir fehen einen völlig angeklei⸗
beten Todten, der durch zwei in Form eines Andreaskreu⸗
zes befeftigte Stäbe aufrecht auf einem Pferde figt und
eben zum entfernten Pfarrer reitet, um dort in heiliger
Erde begraben zu werden. Er gehört den Gauchos
oder ber in den Pampas der argentinifchen Republik Ame⸗
rikas zerftreuten Hirtenbevoͤlkerung an. Dort erfcheint noch
die Viehzucht in ihrer primitiven -Geftalt. Auf bem Pferde
bören dieſe Menfchen die Meſſe vor den geöffneten Thuͤ⸗
ven der Kapelle an, und auf dem Pferde zechen fie vor
den Zhüren der Mirtheshäufer, wenn fie in Städte kom⸗
men. Häufig taufen fie ihre Kinder felbft oder fchieben
bie heilige Handlung bis zur Verheirathung des Taͤuf—
lings auf. .
Doch kehren wir nah Europa zuruͤck, und menden
wir und fogleih zu dem Papfte Gregor XVI. Wir
wetten, menige Zeitgenoſſen haben fid) noch ein feſtes Ur⸗
theil über diefen Nachfolger Pius’ VIII. gebildet. Aber
man muß nothwendig den tüchtigen Artikel Stalien 1831,
1832 (8.529 — 547) dazu nehmen, um eine $olie für
dies Portrait des jegigen Papftes zu haben. Wenn aud)
Snquifition und Jeſuiten nicht feine SHeldenthaten. find,
fo zeigen ſich doch Grundſaͤtze, bie dem Geiſte der Nacht:
mahlsbulle nur zu fehr verwandt find. Was dort sana
. dottrina beißt, iſt alfo verftändlik genug. Italien ift ein
Vulkan, in deilen Innerm ed noch ‚immer brennt, und
deſſen Eruptionen wie 1321 und 1831 ſich nicht einmal
immer ‚an zehnjaͤhrige Intervallen binden werden. Und
find Dies lusida intervalla? Es ift ein gräßfiches Ge
mälde, wenn Paradies und Hoͤlle fo nahe an einander
ſtehen und ber Menfch die herrliche Natur fo verpfufcht.
. Doc man Iefe ſelbſt und bis zum Schluß, und nur bie:
fen wollen wir mittheilen: „Aber endlich wird die Stunde
fhlagen, wo das morſche Gebaͤude um Wohle der Menfch:
heit zufammenftürzen muß, und ber jest noch nicht Ent
täufchte flaunen wird, daß es ſich in feiner Nichtigkeit
fo lange zu halten vermochte hat. Die Religion, von
Denen, welche ‘ihre Priefter und Vertheidiger fein follten,
zu ihren eignen, niedrigen Zwecken ſchaͤndlich gemisbraucht,
wird diefen Trümmern und biefer Vernichtung des Fal⸗
f[hen und Irdiſchen ein neugeborener Phönir entfleigen,
und ber Ruhm und die Freiheit des Landes, das Europa
fo manches große und edle Beilpiel gegeben, wird dann
nicht mehr ein bloßer ſchoͤner Zraum fein.” Fiat! —
Der folgende Artikel: Stalienifhe Literatur der
neueften Zeit, erinnert daran, daß die Deutfchen ein-
mal die Sroßhändfer der Gelehrfamkeit genannt wurden;
fo gedrängt und in einen tüchtigen Ballen zufammenge-
ſchnuͤrt ift dieſe Ueberſicht. Aber wie im politifchen Le⸗
ben fo find auch in der Literatur fchroffe Gegenfäge.
Wenn zur Belebung bes philofophiihen Studiums des
Deutfhen A. Matthid „Manuale di filosofia” (Lugano,
1829) erfchien, fo blieben auch des munderthätigen Prin-
zen von Sohenlohe „Meditazioni ed istruzioni divotis-
sime’ (Maifaud, 1830) nicht aus. Uebrigens fcheint der
Verf. des Auflages zu glauben, daß die in einzelnen
Theilen ſehr geförderte Ausbildung der Maſſe noch fehr
fremd bleibe.
(Der Beſchluß folgt.)
Gedichte Malthers von der Vogelweide, überfegt von
Karl Simrod und erläutert von 8. Simrod
und Wilhelm Wadernagel. Zwei Theile, mit
einem Titelkupfer. Berlin, Vereinsbuchhandlung. 1833.
8 2 Thlr.
Seitdem man die Kenntniß der mittelhochdeutſchen Poefie
in Deutſchland wiebererwedt bat, ift noch immer wenig ges
fcheben, um das Berftändniß ber Dichter jener Zeit auch tem
größern Publicum zugänglich zu machen. Zum Zheil bielten
ſich die Ueberſetzer nicht an bie urſproͤngliche Form, ober fie ga:
ben nur Einzelnes als Bruchſtuͤck, wodurch weder ein vollſtaͤndi⸗
ges Bild von der Art der Darſtellung noch von dem Geiſte der
Poeſie und den Seiten des Lebens, welche fie behandelt, noch
auch von dem beſondern Charakter der Einzelnen konnte gefaßt
werben. Ebenfalls fehlte bis jegt eine gu demſelden Zwecke ae:
gedene ailgemeine Ueberfiht der Korm und überhaupt eine folce
Erläuterung, welde dem Laien das Berftändniß zugänglich
auuchte und zugleich als Einleitung zum eignen Etutium ber
mittelhochdeutfchen Dichter hätte dienen können. Wegen Erfuͤl⸗
lung beider Srfoderniffe if vorliegende Ueberfegung empfchlend-
werth, deren Verſ. fich ſchon früher dadurch bekanntmachte, daß
er einzelne Zweige der epiſchen mittelhochdeutſchen Poeſie in der
Art wiedergab, wie es die beſſern Ueberſetzer romaniſcher Poe⸗
fien mit Erfolg verſuchten, indem er naͤmlich an die urſpruͤng⸗
liche Form und den Gedanken fi fireng hielt, aber diefen
nicht fo wörtlich wiedergab, daß ber Bau ber Sprade in ir:
gend einer Dinficht Kätte gezwungen erfcheinen Tönnen. Indem
ter Ueberfeger durch vorliegendes Werk auch die deutfche Lyrik
a — — — gr ‚U ——— ————
bes Mittelalters dem groͤßern Publicum zugaͤnglich machte, bat
er in Walther von ber Vogelweide die zichtige Wahl getroffen,
weil mit diefem Dichter etwas Ganzes gegeben ift, welches alle
Geiten bes damaligen Lebens fo umfaßt, wie es bei feinem
andern in jener Zeit ber Fall ift, und weil unter allen Lyrikern
ber Periode ſowol megen Kunſt als aud) wegen der Gefinnung
Walthern ber erſte Preis gebürt. — Der Charakter feiner Poe-
fie wird fomol durch feine Zeit ald bush den Stand, dem er
angehörte, beftimmt. Bekanntlich entwidelt fih und zwar be-
ſonders in lyriſcher Poeſie, ſobald ſich ein Theil der Geſellſchaft
durch aͤußerliche Verhaͤliniſſe und bie damit zuſammenhaͤngende
Bildung vor einem andern emporgehoben hat, eine Gattung,
welche dem einfachen und ſchlichten Wolkögefange die Künfilich:
keit entgegenfegt und fi; dadurch fowol in größerer Vollen⸗
bung ber Korm und der Sprache als auch in Präcifion ber
Gedanken, tieferer Lebensanfiht und reicherm Sioffe von er:
fterm unterfcpeidet. Walther mußte natürlich diefem Kreife
angehören, ba er ben größern Theil feines Lebens unter be
Adel an benjenigen Höfen Deutfchlande zubrachte, welche bie
feine und ritterlige Sitte burchtrungen hatte, im Gegenfage
des untern Theiles der Nation, welcher, in Hoheit verfunken,
dem Dichter nur eine gerechte Verachtung einflößen Eonnte, bie
er in einigen Liedern auch unumwunden auöfpricht. Zugleich
mit der Blüte des ritterlichen Lebens fiel auch feine ſchoͤnere
Zeit in die Periode, worin der Glanz und die Macht der deut:
ſchen Krone vor allen antern hervorragte, wo fie aber mit den
Buelfen in Deutſchland und Italien in einem heftigen Kampfe
begriffen war. Auch biefe Seite feiner Zeit fapte Walther mit
tiefem Gefühle auf und verdient daher um fo mehr unfere Auf:
merkſamkeit, ba er ter Ginzige unter ten mittelhochdeutfcyen
Dichtern iſt, welcher an jenem Parteifampfe einen fo unmittels
baren Anteil nahm. — Im Uebrigen berührt feine Poefie
auf gleiche Weiſe alle Seiten bes Lebens: das Verhältniß gu
ben Frauen, bie ‚Höfe, die Religion und die Richtung. der Zeit
nach Paläftine, umfaßt alfo gefellige, politifhe und religiöfe
Verhältniffe. Der Ueberfeger hat daher eine paſſende Ginthei-
lung in Srauen=, Gottes⸗ und Herrendienft getroffen, obgleich "
ſich Feine Gattung von ber andern durchaus ftreng fcheiden läßt;
benn fowie auch jene Verhältniffe des Lebens ſich unter einan«
der wechſelſeitig berühren, fo geben fie auch in der Poeſie in
einander über.. Der Dichter. feiert z. B. ben Ruhm der Ra-
tion in dem der beutfhen Frauen; ba das Verhältniß zu den
felben ferner am Hofleben feinen Play findet, fehlt ber Frauen⸗
dienſt auch nicht im dritten Theile und wird ſogar im zweiten
Theile behandelt, da himmliſche und irdiſche Minne verwandt
find u. |. w. Die erſte Abtheilung, welche ſich in dem Ver⸗
haͤltniſſe bewegt, welches zur Verſchoͤnerung bes damaligen Lee
bens diente‘, bat zum Gegenſtande den allgemeinen Preis ber
Grauen, den befondern der Herrin, Liebesbewerbung und Ge⸗
nuß (legtern in einem Tageliede) und Betrachtung über bie
Minne. Der Charakter des Ganzen ift einfach edler, oft naie
ver Ausdruck des Wefühles ; doch wird einige Ginförmigfeit da⸗
durch hervorgebracht, daß ber Dichter, der Sitte gemäß, bie
Bewerbung zu feinem Dauptaefchäfte machen mußte. Das ju⸗
gendliche und reifere Alter tes Dichters läßt fic hier leicht erfen-
nen, erfleres durch den unmittelbaren Ausdrud bes Gefühle,
legteres dadurch, dab eine Reihe von Gedichten einen elegifchen
Charakter darbietet, da die Gontemplaticnin ihnen vorberrfcht. In
biefe legtere Periode Walthers ſcheint hauptſaͤchlich der zweıte
Theil, der Gottesdienft, zu gehören. Hier gewährt e8 Intereſſe,
den Dichter und die Art feiner Auffaffung mit den Spaniern zus
fammenzuftellen. Bei legtern ift die heilige Poefie unmittelbarer
Erguß des Gefühle, glühend in Andacht, reich an Bildern, kühn
und großartig in der Sprades bei Walther herrſcht moralifch
religidfe Reflexion vor, auch erfennt man tadurd in ihm ben
ruhigern Charakter des Deutichen, daß ihm bie Wirklichkeit
der Kirche und des geiftlidhen Standes im traurigen Wider:
ſpruche mit dem echte flieht, ebenfalld im Gegenfage zu ben
Spaniern, welde, bie Heiligkeit der Myſterien verehrend, über
392
bie unreinen Bände, denen fie anvertrauf find, ſtets hinwegſe⸗
den. Die zweite, ebenerwaͤhnte Periode Walthers erkennt man
noch an einem andern Umflande, welcher mit ben Berbättniffen
jenes Zeitalter zufammenhängt., Des Dichters Jugend fällt
in die Zeit einer höheren Blüte des ritterlichen Lebens und bes
beutfchen Reichs; beides verfiel zugleich, und obgleich der Did)
ter bas Interregnum nicht mehr erlebte, fo erblickte er doch dies
jenige Auflöfung der Bitten des Adels, welche jenem vorher:
ging. Indem er alfo ben Anfang bes Verfalles im gefelligen
Leben, in Staat und Kirche ſchaute, zeigt feine trübere Anficht
einen tiefern Grund als die gewöhnliche alltägliche Klage über
den Verfall der Bitten. — Was den dritten Theil betrifft, fo
zeigt diefer drei Geiten: das Hofleben und bes Dichters Verhaͤlt⸗
niffe zu demfelben, das deutſche Reich mit feinen Parteiungen,
und endlich diejenige Richtung, welche auch bei ben Provenzalen
einen Haupttheil der politifhen Gedichte ausmacht, das Gtre:
ben nach der Eroberung des heiligen Landes. Was das Ganze
hetrifft, To erfcheint auch hier der Vorzug Walthers vor den
legtgenannten und ben fpätern Deutfchen. Während bei diefen
das perfönliche Verhaͤltniß vorherrſcht, indem Keindfchaft ober
Neigung gegen Einzelne ausgefprochen, oder Sreigebigkeit und
Kargheit gelobt und befchimpft wird; während ferner bei ben
Provenzalen nur eine allgemeine Seite, bie Kirche, das Gefühl
anregt: tritt bei Walthern das perfönliche Verhaͤltniß vollkom⸗
men in ben Dintergrund, und bie Ideen ber Kirche fowie bes
Staates nehmen auf gleiche Weife fein Gemüth in Anfprud.
Mährenb er fo in ben Kampf ber Quelfen und Ghibellinen bins
eingezogen wurde, war feine @efinnung echt teutfch, im Gegen:
fage der Welfhen und der Fürften, mwelde, auf den Papft jich
flügend, ihre eigne Gewalt durch Untergrabung ber Faiferlichen
Macht zu vergrößern firebten. Bein Yatriotiemus bewirkt
“deshalb eine reinmonardifche Befinnung, weldhe er in einem
Gedichte deutlich ausfpricht. In bem Sinne gilt ihm die Per:
ſoͤnlichkeit nichts; das Princip ift ihm bie Urfacdhe feiner Ans
bänglichkeit an ben einen oder anbern Kaifer, je nachdem ber:
felbe den Glanz und bie Würde feiner Krone mehr ober weni:
ger wahrnimmt. &o ift er zuerfi Anhänger Philipps und fos
dert die Fürften auf, ihn zu wählen; dann fchließt er ſich dem
Dtto an, als bdiefer gewählt und mit dem Papfte zerfallen ift.
Später aber findet er ſich in Otto getäufcht und wirft ihm feine
Schwaͤche und Kargheit vor. Daher, als Friebrih II. nad
Deutſchland gefommen war, wandte er fich diefem entfdhieben
zu, da der Glanz feines Hauſes und feine Perfönlichfeit bem
©thne ber Partei. Walthers volllommen entifprad. Mit Uns
recht würbe bem Dichter hier Inconfequenz vorgeworfen werben;
' denn ba er das Princip im Auge har, fieht er von ben Perfos
nen weg. Friedrich II., melcher befanntlich die höhere italient:
fe Bildung durchaus in fih aufgenommen und in Stalien bie
Dichtkunſt liebte und deſchuͤtzte, fogar felbit ausübte, erkannte
auch den Werth Walthers; wie wir aus einzelnen Liedern uns
ſers Dichters fehen, ſchenkte er ihm ein Leben und gab ihm da⸗
durch eine unabhängige Stellung. Wie fehr inbeffen Walther
aus dem Gefühle feiner Partei ſprach, flieht man aus bem Um:
ftande, daß ein gleichzeitiger friaulifcher Dichter, Tommaſino, ein
politifches Lied Walthers anführt und zugleich ben Ginbrud ers
wähnt, welchen baffelbe ſogar in Italien bervorgebradht habe.
In Hinſicht des perföntihen Charakters bemerkten wir oben,
taß fich derfelbe in bem dritten Theile zum Bortheile Walthers
tarftellt im Begenfage mit ben übrigen Deutfchen und den Pros
venzaten feiner Zeit. Er macht nämlich Kreigebiglelt und Karg⸗
heit nie zum alleinigen Maßſtabe feines Lobes; in erfterer räth
ee Maß und Klugheit, und bittet er um ein Geſchenk, fo vers
gibt er nie feiner Würde. Was endlich die Form anbetrifft, fo
zeigt fi bei Walther eine Mannichfaltigkeit im Versbau, wie
man fie zwar in jener Zeit bei Deutfchen und Provenzalen alls
gemein findet, wogegen aber bie Armuth der neuern Lyrik ab:
Redigirt unter Verantwortlichkeit ber Berlagähandlung: F. A. Brodhaus in Leipzig.
Tr ——————————————⏑
ſtechend in bie Xugen fällt. Durch Abwechſelung ber längern
und kuͤrzern Zeilen, durch @tellung und Öftere oder ſeltnere
Wieberholung der Heime, durch Ginfchiebung nicht gereimter
Verſe wird ein ſolcher Reichtum hervorgebracht, daß Thon aus
biefem runde ber Dichter, welcher ſich auch hierin dor feinen
Beitgenoffen auszeichnet, Aufmerkfamteit verdienen würde. Wir
tönnen im Gingelnen bei den Formen nicht verweilen; doch be⸗
fonbers auffallend ift ein Versmaß, weldes ber ſpaniſchen Des
cime fehe ähnlich ift, indem nämlich zwei Quartette von vier⸗
füßigen Trochaͤen durch zwei gereimte Zeilen mit fremdem Reim
mit einander verbunden find. Als allgemeines Geſet hat ber
Ueberfeher nad Jak. Grimm das ber Dreitheiligleit dargethan,
wo nämlich zwei gleichartige Theile durch einen dritten ungleich⸗
artigen verknuͤpft ober beſchloſſen werben; welches ebenfalls in
allen größern zufammengefegten Versmaßen antiker und moder⸗
ner Lyrik bort fcharffinnig nachgemwiefen ift. Die Anmerkungen
zum britten politifhen Theile haben Wilh. Wadernagel zum
Verfaffer, ber fi auch um altbeutfcher Literaturgefchichte und
Sprache verdient gemacht hat. 100.
1
Notice sur le comte Jean Capodistrias, president de la
'Grece, suivie d’un extrait de sa correspondance, par
Stamati Bulgari, chef de bataillon au corps royal
d’etat major. Zweite Ausgabe. Paris 1832.
Daß ‚diefe Schrift eine Lobrede auf den fo Täglich umges
fommenen Präftdenten fei, ertennt man fogleich auf der erften
Seite. Der Berf. ftand als Ingenieur mit Kapobiftrias in
amtlichen Berhältniffen und wechfelte Briefe mit ihm, bie er
auch am Ende feiner Schrift hat abbruden Iaffen. In jenen
Verhaͤltniſſen fteilt fih ihm der Präfident als ein wohlwollender
Mann bar, welcher nur das Gute wollte unb bem bie Wohl
fahrt Griechenlands fehr am Herzen lag. Der Verf. erzählt,
wie er ben Grafen, welcher, feiner Verfiherung nad, auf alle
Annehmlichkeiten feiner Lage in Rußland verzichtete, um feinen -
Sandsleuten, ben Griechen, nuͤtzlich zu fein, von Ancona aus nach
Griechenland begleitete, wie dort Alles im Elende ſchmachtete und
in Verwirrung log, wie die Verzweifelung und bie Unordnung
bald nad dem inen bes Praͤſidenten aufhörte, wie gute
Geſetze das Land beruhigten, ben Aderbau unb ben Gewerbfleiß
wieber in Flor brachten, wie auf ben Trümmern der Städte und
Dörfer neue Städte und Dörfer entftanden, mie das Land von
Demogeronten, die bas Volk erwählt hatte, regiert wurde, u. f. w.
Wenig fehlt, fo ift das Gemälde dasjenige des goldnen Zeitalter.
Stamati Bulgari kann fi) nicht verhehlen, daß gewicdhtige
Stimmen, als diejenige des achtungewerthen Korais, des Abmirals
Miaulis u. A. ſich gegen das Regierungsfpftem bes Präfidenten außs .
gefprochen haben, und daß man es ihm befonders zum Vorwurf ge=
macht hat, daß er nicht verfaffungsmäßig regierte. Gegen biefe Ein⸗
würfe hat ber Verf. die Antwort bereit, bie man in ähnlicdyen Faͤl⸗
len ftetö gebraucht. Nämlich, ein aus ber @flaverei eben entron»
nenes, von Factionen zerriffenes unaufgektärtes Volk könne noch
feine freie Berfaffung haben; bie Preßfreiheit fei ihm gefährlich 2c.
Er verfichert, Kapobiftrias habe keineswegs uneingefchränft re=
gieren, fondern nur Zeit gewinnen wollen, um den Charakter unb
bie Bitten des Volks gehörig kennen zu lernen. Diefer Gin
wurf ließe ſich allenfalls hören, wenn ber Präfident bei feiner An⸗
?unft keine Verfaſſung vorgefunden hätte. Der Verf. fucht fernee
den Praͤſidenten gegen andere Vorwoͤrfe zu vertheitigen, 3. B.
daß er nur im Intereffe Rußlands gehandelt, ſich mit unterwuͤrfi⸗
gen Menfchen umgeben babe u. f. w. Stamati Bulgari zähle
eine Menge Woblthaten auf, womit er Griechenland foll übers
häuft haben. ebenfalls verdient der Verf. ale Augenzeuge
Beadhtung, wiewol er feiner Rage halber nicht unpartehiä fein
ann. . .
—— — —
— —— gg — — —
TU
— — mern m
v
BI
tter
für
literariſche Unterhaltung.
Sonnabenb,
6. April 1833.
Gonverfationd- Lexikon der neueften Zeit und Literatur.
Dritter Artikel.
Achtes bis zwoͤlftes Heft.
(Beichluß and Nr. 96.)
„Wenngleich der rlftige bamberger Bibliothekar Kid
ben olphabetifhen Platz vor dem nordamerikanifchen Praͤ⸗
fidenten Jackſon angewiefen befommen hat, fo wird doch,
und bied wird Erfterer wol nicht, übelnehmen, grade
jegt mancher Lefer der Zeitungen bei der großen Lebens:
frage über das politifihe Schiema in den Bereinigten
Staaten fih um fo mehr an den Artikel: Sadfon, halten
muͤſſen, als ber Artikel: Wereinigte Staaten, noch nicht
an ber Reihe iſt. Man fieht aber fchon hier, was Schul:
den für eine fchöne Sache, für ein dauerhaftese Band
um ein Land herum find. Kaum find die Schulden der
Bereinigten Staaten gluͤcklich abgeftoßen, fo wollen fie
auch ſchon auseinander wie die Adminiſtration eines sin-
king fond, bie nach getilgter Schuld nichts mehr zu thun
. bat. - Die europäifchen Völker müffen ihren Fürften bef:
fer gehorchen, denn dieſe haben ſie ſchon durch ihre Staats⸗
papiere halb in der Taſche.
Schnell eilen wir an der folgenden Scene, der Ermor⸗
dung des ruſſiſchen Geſandten, des edeln Dichters, Staats:
raths von Gribojedow, zu Teheran am 12. Febr. 1829
vorüber (über die Urfachen werden theils ruflifche, theils
englifhe Nachrichten mitgetheilt; wer aber eigentlich hin⸗
tee der Dede fpielte, ift nicht verrathen), um zu den
Griehen überzugehen. Ihnen und ihrem Lande ift ein
wahrer Miefenartitel, der trotz des engen Drudes faft
60 Seiten einnimmt, alfo, nad) Art von Göthe’s „Divan”
gedruckt, einen anfehnlichen Dctavband bilden würde, ge:
widmet. Wie die münchner Glyptothek (und da bemer:
fen wie erft, baß dieſe auch mol feit ihrer Vollendung ei⸗
nen eignen Artikel haben follte) einen eignen Saat für
die vesfchiedenn Mythencyhklen oder Kunftkreife hat, .fo
hätte auch unfer hiftorifcher Salon noch viel mehr Sce:
nen aus der Griechenmwelt als den branderbefteigenden
Konftantin Kanaris, oder den vor ber Kirche er:
mordeten Kapodiſtrias, oder den in den Beſitzungen
des Königs von Baiern auf der Inſel Milos Nachgra:
bungen anftellenden Heidegger u. f. w. auswählen koͤn⸗
nen. Es wird diefer von einer kundigen Hand gearbei:
tete Artikel grade jet von fehr großem Intereſſe fein, wo
>
\
man dem Erfolge der bairiſchen Erpedition nad) Gries
henland mit Sehnſucht entgegenficeht. Dean muß bamit
den Artikel: Kanaris, und den im zwölften Hefte noch
unvollendet gelaffenen Artikel : Kapodiſtrias (Familie),
und einige andere verbinden. Der erftere Artikel führt
fehr planmäßig die neueſte Gefchichte Griechenlands bis
zur Ermordung des Präfidenten, welche der zweite Artis
tel (Kapodiftrias) nach ihren nähern Umftänden fchildert,
worauf er die durch den Tod jenes Mannes herbeigeführ:
ten Veränderungen angibt. Dagegen follen die neueften
Ereigniffe, welche die Gründung des griechiſchen Throns
einleiteten und begleiteten; unter dem Artikel: Dtto, Kb:
nig von Griechenland, zuſammengefaßt toerben.
nicht moͤglich, in das Einzelne einzugehen; aber dies Re⸗
ſultat wird man leicht daraus ziehen koͤnnen, daß eine
Es iſt
x
völlige Beruhigung, eine Herftellung von Gefeglichkeit und -
Staatsordnung bei dieſen Parteiungen, bei zum Xheil
unbandigen Leidenfchaften Einzelner, bei diefem Mangel
an Subordination und Finanzen nicht das Merk des Au:
genblicks fein Eönne. Die Erfcheinung des neuen Staats:
oberhauptes mit einer Negentfchaft und einem Truppen⸗
corps kann Leicht erſt noch neue Leidenfchaften aufregen,
und leicht möglich, daß nur erft das divide der Parteien
das imperabis herbeiführt.
ned Theiles der Willensfreiheit gehöre, um einen Ges
fammtwillen zu conftruiren, fcheinen viele Griechen noch
gar nicht begriffen zu haben. Die auch hier gerügten
Fehler Kapodiſtrias' können aber auch fehr Ighrreich wer:
den. Ueber den älteflen Bruder des ehemaligen Präftdens
ten, Viaro K. (Auguftin, der jüngere Bruder, ift bekann⸗
ter) erfährt man bier erft etwas, aber keineswegs Ruͤhm⸗
liches. Der Artitel über Guilford, dritten Sohn des
Lord North, gibt Bericht über den Zuſtand der Univer:
fität Korfu, deren Stifter, Kanzler und Wohlthäter er
war. Dies führt uns auf den Artikel Aymnafial:
wefen, ber mit der alten Wiege der Wiſſenſchaft, mit
Griechenland, ſchließt. DaB Lob, welches Couſin dem
Zuftand des Öffentlichen Unterrichts in einigen Ländern
Deutichlands in feinem bekannten Berichte ertheilt, möge
doch ja den Deutſchen nicht ſtolz machen; wir find lei⸗
der noch über Dauptfachen im Unklaren oder im wment:
fchiedenen Streite, und das Erperimentiren mit mancher
Daß zum Staate, diefer Ver: '
nunftform der menfchlichen Gefellfchaft, ein Aufopfern ei⸗
394
Schufjugend gleicht oft dem Zahnausreißen” auf Probe
oder zur Uebung. Man kann ben Artikel Handels:
fhulen gleich dazu leſen.
Doc mir find mit unfern Tableaur noch nicht fertig.
Da ſteigt eine fingende Proceſſion von Männern und,
Frauen, Zünglingen und Maͤdchen, mit ſchwarz, roth
und goldenen Baͤndern geſchmuͤckt, gleiche Fahnen tragend,
zu einer Burgruine empor. Hier ſpricht Einer begeiſtert
von einer Buͤhne, dort von einem Tiſche; hier ſingt ein
Zirkel: „Was iſt des Deutſchen Vaterland“, dort ein
Franzoſe: „Allons enfans“; dort ſchimpft Einer auf
Frankreich, und hier preiſt ein Pole den erſten Act ber
| Muͤndigkeit. Wer ben Namen zum Bilbagucht,
fchlage den Artikel: Hambacher Feſt, auf. Auf das fo:
genannte Nationalfeſt der Deutſchen folgte bekanntlich bald
: der Bundesdonnerkeil. Die Artilel: Siebenpfeiffer und
Wirth, werden davon zu reden haben. Weiterhin fehen
wie einen wohlgebildeten Knaben gar treuherzigen Ange⸗
fihts in einem engen dunkeln Loche Enien und fich mit
einem bölzemen Pferdchen kindiſch unterhalten, Wafler
und Brot neben ibm. Wir ratben auf Kaspar Hau⸗
fer und haben's erratben. Das pipchologifhe und rein
menſchliche Intereſſe an dem. Anaben hat ſich bei Denen,
bie ihm näher ftanden, etwas verloren. Es wird. ihm
Gteidggüftigkeit gegen frühere Wohlthäter vorgeworfen,
und auf Entdeckung feiner Gefchichte wird mwahrfcheinlich
ganz zu verzichten fein. Nur Eins werben wir niemals
glauben, daß der Knabe ein wiſſentlicher Betrüger war.
Bei einer folchen Berftellungekunft würde er fchon ganz
andere Zwecke haben erreichen wollen:
Traurig fieht auf andere MWeife ein anderes Bild, von
&. 398 entlehnt, aus. Ein Detachement Soldaten feuert
auf einen Haufen Bauern, von benen ſchon eine Anzahl
getödtet daliegen, andere ſchwer verwundet find. Darunter
ſteht: Harra, 2. October 18236. Ed wird auch im
Buch der Geſchichte ſtehen bleiben. Gut iſt übrigens,
daß die vermidelte- Territorial⸗ und Liniengefchichte des
Hauſes Reuß und die eigenthümliche Art ſich zu zählen
(bei der Altern Linie von 1L— 100 und bei ber jüngern
Linie in jedem Jahrhundert mit 1 anfangend) bier aus:
einandergefegt worden ift. Eine ähnlihe Schlachtfcene
bietet der 1. October 1830 in dem heffifchen Dorfe Soͤ⸗
det dar (S. 437). Die ftänbifhen Verhandlungen find
auch bier wie bei Hanover, Baden und andern Ländern
weitläufiger befpsochen. Sie gewähren ſaͤmmtlich barum
ein größeres Intereſſe, weil fie wahrſcheinlich die legten
Kämpfe der Völker um ihre ehrwuͤrdigen und zugeficher:
. ten echte geweſen find. Nah der Beſchraͤnkung der
"Dreßfreiheit und der Bewältigung der. öffentlichen Mei:
nuug wird es ein Troſt fein, Lefen zu können, daß es
bis 1832 Männer gab, welche für das Volk redlich und
muthig gefprochen haben. Darum find auch Artikel, wie:
€. ©. Hoffmann, Sordan u. %., jetzt von doppel⸗
ten Wichtigkeit. Werden aber ſolche Intereſſen für im;
mer zur Ruhe protokollirt fein Binnen? Das Kurfuͤrſten⸗
thum Heſſen tft auf Kurheſſen veswiefen. Bis biefer Ar
tikel gedruckt iſt, wird fich wol, wohin es bort hinaus⸗
-_
fhichte ein Roman, den man glaubt, und
till oder Hinausfoll, reiner ausgefprochen haben. Wem
es unheimlich im folcher Gegenwart werden follte, fllichte
fh in einige der naͤchſten Artikel und gebe von
ber Dierogipphe unferer Zeit zu den aͤgyptiſchen Dies
roglyphen zurüd, über welche ein lichtooller Auffag
(S. 445 fg.) zu finden if, reicher nachweiſt, auf melchen
Wegen man dieſe brittehalbtaufenbjährigen Näthfel zu
löfen gefucht bat, und wie weit dies bis jegt gelungen ift,
oder er wandere in das Meich jener Zroitter aus Phan⸗
tafie und Geſchichte, welche man Hiftorifhe Romane
nennt. Iſt nach der Definition eines Sranpofen die Ge⸗
er Roman
eine Gefchichte, die man nicht glaubt, fa wird, nach bes
Ref. Dafürhalten, ber hiftoriihe Roman etwas „glaub:
lich Unglaubliches“ (aber ja nicht umgekehrt) fein. Hält
man es aber mehr mit wirklicher Gefchichte, fo wird
man den Auffsg: Hifforifche Vereine, mit Intereſſe
lefen. Des Verf. Dinte muß gewaltig viel Gallaͤpfel
enthalten, Denn es werben nad) verfchiedenen Seiten hin
Wahrheiten ausgetheilt, welche nicht Allen munden wen
den, bie doch ihre Vereinsbeitraͤge richtig abführen oder
fonft etwas in bdiefem Felde geleiftet .zu haben meinen,
Die Vereine find nach den verfchiedenen deutfchen Lanz
bern durchgegangen; bei dem bresbner kommt eine völlige
Steuerverweigerung und eine faft totale Lähmung feit
1831 vor. Was die acht bairifchen Kreisvereine gewinft
baben oder wirken wollen, macht den Schluß.
Es gab fonft kein Wachsfigurencabinet, wo nicht „Dee
alte Kris” zu fehen gewefen wäre. Auch uns durfte ex
nicht fehlen (f. den Art. Hjortsberg); er gilt Mans
chem für eine Hieroglyphe ber fogenannten alten gutem
Zeit, und wenn wir einmal wegen ber Genfur, welche in
Hierogipphen zu malen noc nicht verhoten hat, ober
aus andern Gründen dieſe Schreibkunft wiederaufneh⸗
men follten, fo würden bie Heinen Standbildeechen Frieda
richs des Großen und Napoleon's nicht fehlen dürfen.
Uebrigens erinnert fi) Mef. bei der Kunſt, den alten Preu⸗
Benkönig in Blick und Stellung nachzughmen, gern feines
nun auch laͤngſt entfchlafenen Freundes Chrift, des koͤnmigl.
ſaͤchſ. Hofſchauſpielers. |
Unfer naͤchſtes Bild flellt einen englifchen General
vor, welchen ein junger Franzoſe auf ber Straße belei⸗
digt. Man hatte eine Meitgerte dazu genommen. Wäre
der Beleidigende ein Fiacre, fo wuͤrde man auf eine in
Wien mit Stwart vorgefallene Scene rathen können, ſo
aber iſt 08. ber junge Graf Las Cafes, und nun iſt fein
Gegner, der bie Ausfoderung zum Zweikampf nicht an⸗
nimmt (S. 500, ber Heroftent mag ſich felbft nennen),
leicht errathen. Ein vecht undankbares Bild war ein Zug
verfchleierter Damen, einen gewaltigen Tuͤrken voran.
Es iſt das Darem bes Erdeis von Algier, Huffein,
bee fich eben nad) Livorno einzuſchiffen im Begriffe ſteht.
Die näcfte Figur, ein jumger declamirender Mann, hat
wahrſcheinlich die Aufgabe bekommen, über diefe umfrei-
willige Erpatriation zu improviſiren. Da werben wir ben
Artikel Improvifasoren nachſchlagen muͤſſen und er⸗
innern uns, daß Herr Langenſchwarz grade fo ausgeſehen
bat. Wäre eine gewiſſſe berliner Edimficheranekbore ſchon
bekannt geweſen, fo tairbe wahrſcheinlich auch ber gelehrte
Artikel: Intervention, feine Traveſtirung gefunden ha⸗
ben. Go warden unſere Leſer gut thun, ihm ſelbſt nach⸗
zuleſen. Wer aber der duͤrre, hungrige Dann fein mag,
der neun Toͤpfchen Milch vor ſich ftehen Hat und mit
finflerer Miene das zehnte von einem wohlgenaͤhrten
Geiſtlichen ſich weguehmen fieht? Armer Irlaͤnder, auf
welchen Schiller's Kapuziner Duͤrtlaͤnder reimen wuͤr⸗
de Man hat ein Buch: „Ein Jeſuit für jeden Tag”.
Unfer Eabinet iſt beſcheldener, es bat nur einen hinge⸗
ſtellt, der mit der einen Hand ſegnet, in der andern hin⸗
ter dem Ruͤcken Heine, in Geſtalt von Puͤlverchen zuſam⸗
mengelegte Papiere hat... Da die Leute ſich nicht immer
ertennen laften, fo hat eine böfe Hand Le Telller's Worte
dazu gefchrieben: „Die Sefuiten find ehrliche Leute, aber
es bat keine Schurkerei gegeben, wo fie nicht dabei ge
weſen wären.” — Doch wis Schließen heuts unfere Ga⸗
-Ierie; wir haben natürlich nun das Wenigfte befprechen
Binnen. Mögen: bie Verfaſſer fo vieler anderer trefflicher
Artikel, z. B. Friedensgerichte, Gewerbs⸗, Gar:
ten⸗-⸗, Blumenvereine, Gefaͤngnißweſen, Se:
birgserhebung, Geognoſie oder Humboldt, Grey,
Huskiſſon, Frege u. ſ. w. nicht auf uns zümen!
Wir wollten im Humor und in der Ausfuͤhrlichkeit die rechte
Mitte, die bier unter Juste milieu auch repraͤſentirt
iſt, haften; mögen wie nur nicht über die gerathen fein,
von ber Lafayette am 20. Februar 1831 fagte: „Wenn
ber Eine fagt, 2 Mal 4 iſt 8, ein Überfpannter Kopf
aber behauptete, 2 Mal 4 fet 10, wird man denn glau⸗
ben, in der Mitte das Rechte zu treffen, Indem man an:
nehme, es fei 927 118.
Die Zanzmuth, eine Volkskrankheit im Mittelalter, nad)
den Quellen für Aerzte und gebildete Michtärzte bear:
beitet von Dr. 3. F. C. Heder. Berlin, Enslin.
1832. Gr. 8. 12 Gr.
Der gelehrte Berf. bat fchon mehrfach feinen Beruf zu
hiftorifch « mebicinifchen Arbeiten auf eine glänzende Weife bekun⸗
det und hoͤchſt intereffante Erfcheinungen, die unter dem Staub
und Schutt der Jahrhunderte verborgen lagen, mit forfdhenber
Hand wieder and Tageslicht gezogen. Wir erinnern zunaͤchſt
sur an feine unlängft erfchienene Brofchüre: „Der ſchwarze Zob”,
worin er bie phyſiſchen und moralifchen Berheerungen, welche
diefes entſegliche Uebel im Mittelalter anrichtete, mit ebenfo
tühnen Farben als tiefer Forſchung bargeftellt hat. In dem
vorliegenden Werkchen wählt er ſich eine ähnlidye Aufgabe. Dafs
feibe behandelt nämlich nicht, wie eine oberflächliche Anficht des
Titels: vermuthen laſſen koͤnnte, bie ſchaͤdlichen Kolgen bes zu
weit getriebenen Tanzens, tweldis allerdings auch oftmals einer
mebicinifchen Beleuchtung werth gefunden worden find, fondern
es beichäftigt fig mit jenen unheimlichen Krankheiten, bie uns
unter bem Ramen: St.» Zohannistan;, St.-Veitſtanz, Taran⸗
tiemus u. f. w., befannt find, ober beffer durch bes Verf. Ars
keit befannt werben. Wit großer Gviden, unb zugleich mit
einem tiefen Bid in die Natur ber menſchlichen Seele zeigt
der Verf., daß religiöfe Ueberfpannung ungleich mehr als irgenb
eine fürperliche Weranlaffung biefe Uebel erzeugte, wenigftens
fie in einem folchen Grade verflärkte und verbreitete, ober body
eilige Xuffaffung einigermaßen zur Erklaͤrung dieſer grawen:
haften Geheimniſſe führen fann. Der Berf. brüdt fi ſelbſt
folgendermafien über die Krankheit aus, und wir führen feine
Sorte um fo lieber an, als fie zugleich ben Beweis lieften,
wie ex neben ben Werbienflen der Wiffenfchaft und Cinſicht auch
das eines autgszrichneten, in bebeutfamer Ylaftit ich heraus
bildenden Styls befigt. Gr begimt: „Rod waren die Radhe
wehen des ——A Todes nicht verwunden und bie Graͤber fo
vieler Millionen kaum eingeſunken, ats in Deutſchland ein ſeit⸗
famer Bahn die Gemuͤther ergriff und, der göttlichen Natur
bes Menſchen hohnſprechend, Leib und Seele in Zauberkreit
böllifchen Abeuglaubens fortriß. Es war eine Vorzuͤckung, wel⸗
che den Körper wunderbar durchraſte und länger als zweihun⸗
dert Jahre das Staunen der Zeitgenoffen erregte, ſtitdem aber
nicht wieborgefehen worden ik. Man nannte fie ben Tanz des
heit. Johannes ober des heil. Weit, bacchantiſcher Sprünge we⸗
gen, mit denen bie Kranken im wilden Reigen fchreiend und
wuthfchäumend ben Anblid von Befeffenen darboten. Sie blieb
nicht auf eingelüe Orte befchräntt, ſondern ‚verbreitete ſich, vors
bereitet durch die herrſchende Sinnesart über ganz Deutfchland
und die nordweftlidh angrengenden Länder durch den Anblick
ber Leidenden wie. eine bämonifche Volkekrankheit.“ So weit
unfer Verfaffer. Gr zeigt Hierauf und entwidelt dabei einen er«
ftaunenswürdigen gelehrten Fleiß, wie die Krankheit fi im
3. 187% zuerft in Aachen zeigt, dahin aber doch fon durch
rafende Auswanderer beiderlei Geſchlechts aus dem tiefen Deutfchs
land gekommen fein muß. Diefe, durch gemeinfamen Wahn vers
eint, zeigten bem Bolt in Kirchen und auf Straßen bas ents
fegliche Schaufpiel ihrer Tänze. Hand in Hand fchloffen fie
Kreife, und ihrer Sinne anfcheinend nicht mächtig, tanzten fie
ftundenlang in wilder Raferei ohne Scheu vor den Umſtehenden,
bis fie erfhöpft niederfielen. Dann aͤchzten und Elagten fie auf
erbarmungswürbige Weife, bis man ihnen ben Unterleib zuſam⸗
menfchnürte, worauf te fih wieder erbholten und frei blieben,
bis das Uebel von Neuem eintrat. Diefes Zufammenfchnüren,
welches auch oft durch Fußtritte erfegt wurde, geſchah wegen
ber Trommelfuht, bie fi nach dem krampfhaften Toben eins
suftellen pflegte. Der Verf. fchildert num bie wechfelnden
Symptome bes Uebeld, von feiner erften Erſcheinung an bis zu
feinen Nachwehen. Bon Aalen verpflangte ſich das Unheil weis
ter nad Luͤttich, Utrecht, Tongern und andern nieberländifchen
Städten. Die Tänzer, wie von einer Furie getrieben, zogen
yon Ort zu Ort, und wo fie ſich zeigten, lief das Volk ſcha⸗
zenweife zufammen und weibete fidy mit begierigen Blicken an
dem Schauſpiel, bis, gleichfam wie durch Zauberbande in ben
Wirbel Hineingeriffen, zuerfi Ginzelne an ben Zänzen Theil
nahmen, dann größere Scharen in dies bämonifche Treiben ver:
widelt wurden.
Ganz ähntid wie biefes unter dem Ramen Johannistanz
burch die Ehronikanten begeichnete Uebel geftaltete fidh der St.⸗
Veitötanz, den unfer Verf. zuerft in Strasburg un bas Jahr
1418 fest; Kein Zweifel, daß bie Krankheit fchon früher eriftirt
babe, allein von da an finden fich erft beflimmte hiftorifche Er⸗
wähnungen. Beide Krankheiten find im Wefentlichen wol bies
felben; über ihre verſchiedenen Namen ftellt der Verf. bie ein«
leuchtendſten Urfachen bar. Einzelne Spuren älterer Tanzplagen,
bie jeboch nicht fo allgemein wurden, weift der Verf. nady; doch
geſteht er felbft, daß hiſtoriſcher Zuſammenhang fih in biefe
Bruchflüde ans dem Reiche der Myſtik und des Aberglaubens
nicht bringen laffe. Als Vermuthung ſtellt er indeſſen auf, daß,
was den Johannistanz anlangt, bie wilde Beier bes Johannis⸗
tages im J. 1374 hauptſaͤchlich die Beranlaffung zu der geis
figen Seuche gegeben habe, bie bald fo viele Zaufende ergriff.
Merkwuͤrdig iſt es, daß bis auf ben heutigen Tag in Abyffinten,
einem Lande, wo das Shriftenthbum in uranfängticdher Einfadh-
heit ſich gegen ben Islam bewahrt hat, Zohannes als Schutz⸗
heiliger der von krankhaftet Tanzſucht Befallenen gefeiert wird.
Im Berfolg des Buches führt der Verf. die Meinungen ber
ben Körper empfänglich dazu machte, daß burı„us nur eine ' damaligen Aerzte über die Krankheit an, und wie er ihre ans
und Befonnenheit, und namentlich iſt es erfreulich, baß er ba6
Urtheil der damaligen Aerzte nicht abftract verwirft, fondern im
verftänbigen Zufammenbange mit ber Zeit unb ihrer Bildungs:
höhe auffaßt, wie. ex denn zumal bem Paracelfus, ber von Bie⸗
len wol zu einfeitig für einen bloßen Sharlatan gehalten wird,
anerkennende Gerechtigkeit widerfahren läßt.
Aus Deutſchland verfolgt der Verf. die geheimen Bande ber
Verwandtſchaft des beſprochenen Uebels mit jener italienifchen
Krankheit, die, von ihm Tarantismus genannt, uns noch die meis
flen Spuren ißrer ehemaligen Bedeutfamkeit in den Sitten ber
Staliener erhalten hat. Daß der Stich ber Zarantel ben mins
deftbebeutenden Einfluß bei ber Krankheit Hatte, unb baß viels
mehr dort wie überall myſtiſche und fanatifche Auffaffung relis
gidfer Berhältniffe den Funken zur weit umberrafenden Flamme
anfachten, bleibt nad) ben vielfachen unwiberlegbaren hiftorifchen
wie intellectuellen Beweiſen, tie ber Verf. anführt, wol uns
zweifelhaft. Gr hebt es befonders heraus, wie mädtig bie
Muſik auf bie Heilung bes Uebels einwirkte und hat uns auch
in biefer Beziehung einige fhäybare Documente, unter Anbeem
verfchiebene Weifen mitgetheilt, die gegen bie Zarantella ſich
vorzüglich wirffam gezeigt haben follen. Bon ber Korm ber
Krankheit, wie fie ſich in Stalien gezeigt hat, gebt ber Verf.
nach Abyffinien hinüber, wo das Uebel noch Heute exiftirts bes
gleichen erwähnt er beiläufig aͤhnlicher Grfcheinungen, bie ſich
bei ben großen religiöfen Verſammlungen in Nordamerika zeis
gen. Ueberall, wo wir bie Krankheit auch antreffen, if Reli
gionsſchwaͤrmerei im Spiele. Die räthfelhaften Einwirkungen
- berfelben mit Beſtimmtheit zu erklären, möchte wol, wie fo vie:
les Andere, unmöglich bleiben; wenigftene würben wir immer
nur bis auf einen gewiffen Grad eindringen koͤnnen und uns
zuleg£ gegen das Wunderbare der Erfcheinungen doch nur durch
wiederholte Betrachtungen analoger Fälle abgeftumpft haben,
ohne dem Wefen derfeiben näher gekommen zu fein. Freilich
eine Art und Weife ber Erklärung, mit ber wir uns in ben
meiften Kühlen begnügen müffen. Indeſſen faßt ber Autor un:
ſers Erachtens das Uebel am allgemeiniten und in feiner tief:
ſten Wurzel doh in dem „Sympathie“ überfchriebenen Abs
ſchnitte auf. Was er über die Wirklichkeit diefee Erankhaften
Regung im Menfhen-fagt, und noch mehr Das, was er über
die Feſtigkeit der Willenskraft als jicherftes Gegengift gegen
. das Uebel denkt, ift und aus der Seele genommen. |
Das ganze Buch, obwol es einen Arzt zum Verf. und eine
Krankheitsgattung zum Gegenſtande hat, iſt übrigens durchaus
nicht für den engern Kreis Derjenigen gefchrieben, bie ſich den
mediciniſchen Wiffenfyaften gewidmet haben, fondern es bietet
bei Weitem überwiegend theils ein hiſtoriſches, theils ein allge:
mein » geifliges Intereffe dar. Deshalb hat es audy ein Laie in
ber ärztlichen Kunde übernehmen dürfen, dem literarifchen Pu⸗
blicum ben gegenwärtigen Bericht barüber abzuftatten, ben er
mit der Verfiherung fließen barf, daß Niemand biefes Buch
in die Hand nehmen wird, ohne mit dem gefpannteften Suter
effe dabei gefeffelt zu werben. 76.
Borlefungen bed Herrn Orioli über bie Alterthlimer ber
Etrusker.
Hr. Orioli, früher Profeſſor der Phyſik an ber Univer⸗
fität Bologna, gehört zu ben zahlreihen Meinungsmärtyrern
welche von Norden und Süden und Oſten und Weften bie pos-
litifchen Stürme nach Paris verfchlagen. Unterfüst von ben
biefigen Archäologen, hat Hr. Drioli kürzlich einen Lehreurſus
über bie Alterthuͤmer der Etrusker eröffnet, welcher wiber al:
led Bermuthen zahlreiche Beſucher gefunden, indem fonft ars
chaͤologiſche Studien das unzuhige, bewegliche, durch intellec⸗
tnelle Schwelgereien erfchlaffte parifer Publicum nicht leicht an⸗
ziehen und noch weniger feſſeln. Bis jeat bat Hr. Drioti ſecht
Vorleſungen gehalten. In ber erſten wurde im Xilgemeinen an:
\ t bat, t re entflichenden
—— —— entw , en
Beet, a. und, wir vie wi * :bie ——53 Alters
thümer wiflen Bis zum 6. Jahrhundert nad Chriſti Geburt
hatten ſich die Bücher ber SPriefter moi Volles. erhalten; bas
zumal wurde bie Sprache, in welcher fie geſchrieben waren, nod
von Vielen gefprocdyen. Als eine der ihtereffanteiten Autorito
ten führt Hr. Drioli eine, Infchrift in der; Kirche: von Jepell⸗
an, welche erweiſt, daß ‚die: Einwohger diefer alten wubrb
hen Stadt den Kaifer Konftantin um die Befugniß erfuchten,
zu Hauſe und abgefondert ein Opfer zu feiern, welches fie bis«
ber mit den benachbarten Ctruskern gemeinſchaftlich verrichteten.
Sodann gab ‚Hr. Drisli-eine Ueberſicht der Hichergehörigen wife
ſenſchaftlichen Arbeiten und Unterſuchungen von den eriten Go—
pien der Inſchriften bis zu dem allerbingg unvaliftäyhigen
Werke, von Lanzi, in welchem jedoch bie einzigen, unbezweifels
baren Refultate, die mir über die Schrift und Sprache ber al:
ten Einwohnet von Toskana befigen, enthalten find. Sei biefer
Ueberficdht wurden natürlich die Deutfchen nicht vergeffen, nas
mentlich Niebuhr und Dttfried Müller. Erſterer wurde mit ade
tungsooller und fcharfiinniger Beſcheidenheit, Hr. Müller mit
einiger Parteilichleit behandelt. In der ziveiten und dritten
Borlefung befchäftigte fih Hr. Orioli mit dem Urfprung der
Etruster. Um das Dunkel, das über die Wiege bieſes Volkes
verbreitet ift, einigermaßen wenigfiens zu lichten, hat bee Dr.
Profeſſor darzuthun geſucht, dag man in em Ganzen fowel
als in ber GEintheilung bes etruskiſchen Volksſtammes (nomen
Etruscum) ftetö drei verſchiedene Elemente vorfindet. Er ber
zieht ſich dabei auf felgende Stelle ber „Aeneis” (tib. 10):
Mantua dives avis, sed non genus omnibus unnm;
Gens illi triplex, populi sub gente quaterni.
Ipsa caput populi; Tusoo de sanguime vires.
„Mantua rei an Ahnen, bad. haben nicht ale benfelben Urs
ſprung; aus drei Stämmen Meeht es, jeder Stamm aus vier
Völkern. Mantua ift die Hauptftadt, feine Stärke in tusci⸗
ſchem Gebluͤte.“ Diefe Stelle, verglichen mit Dem, was die Ge⸗
ſchichtſchreiber berichten, und mit ben einzelnen Dentmälen der
Städte Toscana, gewährt, Sen. D. zufolge, die Ueberzeugung,
daß diefe Gintheilung in drei Stämme fi) auf das Borhandens
fein bes umbrifchen, pelasgifhen Glements (von welchem das
beilenifche nur eine Mobification iſt) und des tuscifchen gründet.
Die Zuscier ober ‚Hetrurier flammen, Hrn. Orioli zufolge, aus
Lydien. Niebupr laͤßt fie befanntlich von ben Bergen Rhätiens
herabfteigen. Nachdem in ber vierten Vorlefung die Grändung "
einer tuscifhen Stadt befchrieben, bie Auguralformein, welde
in Varro vorkommen, erklaͤrt worden, ging ber gelehrte
und berebte Staliener zur näheren Erklaͤrung und Wuͤrdigung
der etruskiſchen Baukunſt über, wobei berfetbe eine hoͤchſt ans
ziebende Beſchreibung ber Grabmäler von Notchia und Caſtel⸗
d’afjo gab, bie ex vor etlichen zwanzig Jahren entdeckt. Diefe
Grabmäler gewähren, wo nicht das einzige, doch das wichtigfte
Denkmal ber betrurifchen Baukunſt in ihrer ganzen Reinheit,
wie fie von Varro befchrieben worden. In ber fechöten Bors
lefung bat Hr. Drioli ſich befonbers mit ben cyclopifchen Mauern
befhäftigt, die fi) auf einige ber wichtigfien hiftorifchen Pros
bleme beziehen. Der Raum erlaubt uns nicht, dem gelehrten
Profeffor in feinen Grörterungen zu folgen. Eine Ueberficht ber
Maler: und Bildhauerwerke der Etrusker hat dieſe ſechſste Vorle⸗
fung gefchloffen. Wir werben über bie. folgenden weiter bes
richten. ’ 149,
nennen — —
Literariſche Notizen.
Herr Upham wird die engliſche Ueberſezung ber von Alexan⸗
ber Johnſtone erhaltenen fingalefifchen Schriſten, welche die merk⸗
würbigften Auffchlüffe über geſchichtliche und refigidfe Verhaͤlt⸗
niffe enthalten, binnen Kurzem durch Sen Drud bekanntmachen.
Burney’s „Geſchichte der Muſik“ erſcheint in einer neuen
ausgabe, fortgeführt biß auf unfere Tage von G. Gowben
e.
Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodbaus in Leipzig.
— — — —— — —
— —— 0.000:
⸗
—
v
Blaͤtte
für '
geacben von Iofeph Freiherrn von H
.. Der ‚beruhmte Herausgeber biefes hiſtoriſchen Taſchen⸗
buchs führt unermuͤdet fort, den Framden vaterlänbifcher
Geſchichten, aus archivaliichen Urkunden oder ſeltengewor⸗
denen Drudfchriften die Ausbeute feines Fleißes und ſei⸗
nee Forſchung vorzulegen. Es find ſprechende Denkmale,
in welden fi) das Leben und der Geift oder Ungeiſt uns
foren Vorzeit offenbart — in allen Eigenheiten und Ins
dtoiduafitäten, die man kennen, in die man eingewetht fein
muß, um das unter fieben Stegen verwahrte Buch ber
Vergangenheit leſen und verflehen zu können. Die Auf:
fofung und Beurtheilung ſolcher charakteriftifchen Einzel:
beiten des Zeitgeiftes ſind nicht bios nothwendig für dem
eigentlichen Hiſtoriker, ber nur mit ihrer Hülfe die ver⸗
ſchiedenen Entwickelungsſtufen der buͤrgerlichen Geſellſchaft
unterſcheiden und bezeichnen kann; auch dem Dichter und
Künftier find fie unentbehrlich, der feinen Stoff aus der
Vergangenheit ninnmt unb ihm frifches Leben und vedende
Geſtalt geben fol.
Auf diefen doppelten Iwed und Gebtauch bat Frei:
herr von Hormapyr jeberzeit bei feinen hijlorifchen Samm⸗
lungen aufmerkſame Rüdficht genommen. An Charakter:
zuͤgen aus dem Leben unferer beutfchen Verfahren ift aber
dab diesjaͤhrige Taſchenbuch vorzuͤglich reich, und um fo
belchreuder, ats. die bei ben Veraͤltern in voller Bluͤte
ſichende Barbarei anfehaulich aus: allen ihren Poren dringt,
fobald fie, wie bier, in der Naͤhe und im ihren Beſtand⸗
theilen betrachtet wird. Dia offenbart fh dann das nichts⸗
wuͤrdige Verfahren Derjenigen, wede und im jene gute
alte Zeit zurückführen. möchten, gleich ats felltew die Ste
geljahre der Nation ihr ewiger Mormalzuſtand fein, dem
fiy alle weitere Bildung knechtiſch zu unterwerfen Hätte.
Eigne Dorteinen wurden erfonnen zur Recjffertigung bir
ruͤckſchreitenden Bewegung; eine elgne Sekte that ſich
zuſammen, die mit myſtiſchem Bilderkram und fafelnder
Froͤmmelet das Ther einer heilern Zukunft fire immer ver⸗
fäytießen umd ale folgenden in die Seatte
einzwängen‘ wollte, welche das Feubdalſyſtem und dns
m) Bol Nr. 279 und 82 d. BE. 183232.. D. Red.
literariſche Unterhaltung
| —— zur Luſt und zum Nutzen Ihrer Anhaͤnger
ch erbaut Hatten. Diefe dem Getfle der flets fortſchret⸗
tenden Gefchichte im Inmerften Weſen fremde Sekte wird
vielleicht mit lächerlich) vornehmer Mlene auf die Bemuͤ⸗
hungen des Freiherrn vom Hormayr herabblicken, weil
dieſer mit feiner, nicht der Finſterniß, ſondern dem Lichte
zugewandten Anſicht ihre Bemuͤhungen unter die Life
tritt und die Traͤume hohler Schädel micht achtet. |
gen aber die Alt: und Junggefellen der Sekte in tobrye
borenen Journalen oder unter dem Schirm btöbfinniger
Mrotectoren ſchmuzigen Schimpf gegen alles befjere Stre⸗
ben zu Markte bringen, fie finden Peine betrogenen Kaͤufer
mehr, — ihre Zeit iſt wie eine Sternfchnuppe erlofcheny
ſelbſt der muͤßige Poͤbel laͤßt fich durch ihre Pauker und
Trompeter nicht herbeilocken, eine marktſchreieriſche lang⸗
weilige Predigt mitanzuhoͤren. — Wären fie ſelbſt zu beie
feen und zu beiehren, fo mochten wie ihnen rathen, bie
Schriften des Freiherrn von Hormayr zu flubiren: fie
koͤnnten viel daraus lernen. — Doch, wie haben es nicht
mit den Todten zu thun; darum bitten wir den £efer um
Verzeihung für diefe kurze Leichenrede und fchreiten ſogleich
zur Angabe des Inhalts des diesjährigen Taſchenbuchs.
Zuerſt wird die Kriegsgalerie der Balern“ fortgefegt
in kurzen Biographien der Generale B. E. von
Déroy, 8. 3. J. Freihers von Härtling, 8 Th. F. ruf
und Herr zu Pappenheim und Fuͤrſt Konftantin Loͤwen⸗
fein, mit ihren wohlgetroffenen Portraits in Stiehlſtich
von Fr. Fleiſchmann. Es find edle, charaktervolle, durch
perfoͤnliche Verdienſte ausgezeichnete Generaleffiziere, . bie
Baiern mit Stolz die Seinigen nenat; gehören fie auch
nicht zu den ſogenannten Altbaiern, fe haben fie doch mit
ihrem Blute bie Anhaͤnglichkeit an das Vaterland betbde
tiget — an das Vaterland, wie es ſich meugeſtaltete mit
Huͤlfe Rapoleons, unter deſſen Oberbefehl «ben dieſe Of⸗
ſtziere den Rum ber bairiſchen Waffen erhielten und er⸗
neuerten. Ihre Biographien: gewinnen dadurch noch einem
Reiz mehr, daß der Verf. überall. am bie großen Mo⸗
mente dei Zeit, im welcher fie lebten und wirkten, erin-
nert, wobei Iehrreiche Bemerkungen dem Nachdenken ber
Leſer empfohlen werden. So heißt «8 bei Derop, baf J
er im Jahre 1743 geboren wurde, „waͤhrend des ungluüͤck⸗
lichen Kampfes Karl's VII. gegen Maria Therefio um das
Erbe des erfofchenen beutfchen Hauſes Habsburg. Uster
— — —— — —— — — — — — — — — —
⁊ ®
befiern Fuͤhrern und treuerm, kraͤftigerm Zuſammenwirken
wuͤrde dieſer Kampf einen herrlichen Stamm deutſchen
Urvolkes, von Ungarns Marken bis an den Lech und bis
an den Boͤhmerwald vereinigt haben.“ — In dieſen un⸗
ſchuldigen wenigen Zeilen läßt ſich die Quinteſſenz der deut⸗
ſchen Geſchichte wiederfinden. Mangelan einheimiſchen
Führen und an kraͤftigem Zuſammenwirken grade in ent⸗
fcheidenden Momenten war bie Urſache, warum bie Gele
genheit zur Conſolidirung verloren ging und Fremden das
Erbe der Deutfchen zu Gute kam. Wenn aber das fran:
zoͤfiſche Haus Lothringen an bie Stelle der Habsburger
trat und jest mit allgemeinem Beifall aller beutfchen
Zürften die Guprematie ausübt, wie foll man babel el:
nm Sinn finden — in bem Franzoſenhaſſe, ben ſelbſt
Verehrer dieſes franzoͤſiſchen Haufes als das Fundament
jedes deutſchen Patriotismus anpreiſen? Sollen, koͤnnen
wir vergeſſen, daß dem Bunde mit Frankreich Baiern feine
Vergrößerung verdankt, waͤhrend der Vertrag von Rieb
nur Verklirzung zur Folge hatte und bie Ausgleihung
noch immer vergebens erwartet wird? — In der Biogra-
phie des Grafen Pappenheim findet ſich eine andere merk:
würdige Stelle, die wie indeß ohne weitern Commentar
nur anführen. Sm J. 1793 bei dem Gefechte hinter
Chateau: Cambreſis hatte Graf Pappenbeim nach dem
Zeugniß ber oͤſtreichiſchen Offiziere ben Thereſienorden red⸗
lich verbient.
Er vernahm, ber Drben fei ihm geweigert. Sein Unwille
war oßne Grenzen. Gr verlangte bie Entlaſſung (aus dftreichis
ſchem Dienft) und erhielt fie. In bem mächtigen Deftreich ſchien
mon gar oft nicht zu wiflen, was ber rechte Dann im rechten
Augenblide werth fein könne. Dort war nicht felten Alles nur
Gnade, und kaum gefland man ein Recht. — An bemfelben‘
80. Dctober, an welchem Pappenheim vor 20 Zahren bei Cha:
teau s Sambrefis ben Thereſtenorden verdient, aber nicht erhälten
hatte, errang er ihn bei Hanau, felbft verwundet und zwei
Pferde unter bem Leibe verlierenb.
Leber Bemerkung über dieſe Stellen uns enthaltend,
wimſchen wie darauf aufmerffam zu malhen, daß in dies
fen Biographien, ſowie in andern Artikeln bes Taſchen⸗
buche ſich echt baicifher Stan und Geiſt ausfprechen,
und fo auch hier Inbividualitäten geltendmachen, welche
der Fremde nicht flüchtig uͤberſehen und oberflächlich beur⸗
theilen, fonden in ihren inneen Kern zu dringen fuchen
fol. Vieles, was das Taſchenbuch enthaͤlt, muß mit
bairiſchem Geifte gelefen werden.
Der zroeite Artikel gibt eine Weberficht der bisherigen
Leiftungen des Herausgebers. Der fehr reiche Inhalt ber
hiſtoriſchen Taſchenbuͤcher ift bier mit Ausführlichkeit ans
gegeben. Wie bedauern, daß ber befchränkte Raum d. BI.
uns nur ein paar kurze Auszüge und bie ſummariſche
Angabe der Rubriken geftattet.
Abgefehen von Quellenſtudium und Kritik, von ber Zahl
und von der Bedeutendheit der durch ihn entdeckten und herauss
gegebenen Urkunden, Archivalacten, biplomatifhen Gorrefpondens
zen, Memoiren und Chroniken (die in einem eignen Directorium
zufammengeftellt find) hat ber Herausgeber biefes hiſtoriſchen
ſchenbuchs in demfelben wie in feinem durch 19 Jahre (1810
— 29) in Wien erſchienenen „Archiv für Geſchichte, Stati⸗
Kit, Literatur und Kunſt““ ben’ Zweck beharrlich verfolgt, bie
Baterlandsgefhichte durch bie redende umb bildende Kunft mehr
und mehr zu populafteen und gu nationalifiren —, MR dem Ge
doaͤchtniß in bie Derzen zu verpflungen, auf ben ten nicht
minder ale auf ten Studirpulten einheimifch zu machen, durch
bie rauen auch ber Zugenb einzuflößen und vorzugsweiſe vater
ländifche Begegniſſe, Großthaten und hervorragende Männer bu
bie Ballade, Gegende
und Stomanze, in epiſcher und a byam
fiyer Form, in der Hiftorienmalerei und im Barellef u vers
ewigen. — Diefe Zafcgenbüder , eben jenes Archiv und bie wies
ner Kunftausftellungen (1820 — 28) erprobten durch zahlreiche
Hervorbringungen, baß jenes Streben nicht umfonft geweſen ſei,
und lebhaften Aullang in vielen heilen Köpfen, in vielen wars
men Gemäthern gefunten babe.
Die erfte Form, unter welcher biefe hiſtoriſchen Taſchenbü⸗
her erfchienen, waren die einft durch Sohannes Muͤller fo wohl⸗
wollend gewürbigten „Tiroler⸗Almanache“ (1802 — 5) Dielen
folgte (1810— 14) eine zweite Serie, den ganzen öftreichifchen
Kalſerſtaat umfaflend und neben mandyen populaiven, auf eim
großes und gemifchtes Yublicam berechneten ögen, aud Erb
tifhe Abhandlungen, tInfonderheit über die Geographie bes Mit⸗
telalter& enthaltend —, Beiträge zur Preisfrage des durchlauchtig⸗
ſten Erzherzogt Johann über mehre Hauptpunkte ber geſchicht⸗
lichen und ſtaatsrechtlichen Verhaͤltniſſe Inneroͤſtreichs von Karl
dem Großen bis zur Aechtung Heinrich“ des Löwen u. f. w. —
Aber es fehlten audgenicht jenen beiden frühen Reihenfolgen
vaterlaͤndiſch⸗ gefchichtlicdye Balladen und Romanzen von Karoline
Pichler , von Weiſſenbach, Collin, Ruppredyt u. f. w.
Des Herausgebers vieljährige Freundſchaft mit ben ebela _
Brüdern Gollin förderte den gleichen Zweck nicht wenig. — Hein⸗
von Eollin, der Dichter bed „Regulus“, hatte ‚‚Kalfer Als
brechts Dunb“, Herzog Leupold vor Golothum‘‘, ‚„Kaifer Mar
auf ber Martinswand”, in Hormayr's, Archib niedergelegt. Sei⸗
ner Trilogie aus bem Leben Labislaus Poſthumus und der Hunny-
aben entriß ihn ein allzu früher Tod. Matthäus von Gollia
(Srzieher bes Herzogs von Reichflabt und durch geraume Zeit
rebacteue der „Wiener Zahrbüder befprach biefelbe Richtung
im ‚Archive: „Ueber bie nationale Weſenheit ber Kunſt, — und
„Ueber die Beziehungen ber Kunſt zum Gtaate”. Im J. 1819
verband fi dem Freiherrn von Hormayr einer ber edelſten Uns
gar, ein fruchtbarer Sammler und Schriftfieller des Hiftorifchen,
naturbiftorifchen, Tanbwirthfchaftlichen und ftatiftifchen Baches, ber
Freiherr Ludwig von Mednyanszky, zur Wiederaufnahme der hi⸗
ftorifchen Zafchenbächer, wie Beide im „Archiv“ ſchon jahrelang
eine eigne ſtehende Rubrik fortgefeht hatten: „ob beun De
Geſchichte fo arm an wahrhaft bichterifchen Stoffen ſei?“ — Zehn
Sahrgänge gaben die beiden Freunde ununterbrochen mil einans
ber heraus (1820— 29). GHt Hormayr's Mebertritt in ben
bairifchen Staatsdienſt find von ihm allein vier Jahrgaͤnge ers
fihienen , in allen vier Gerien zweinndzwanzig.
Aus der eigentlichen „Ueberficht des Inhalts der Ta⸗
ſchenbuͤcher“ bemerken wir, daß bie Rubrik dee Gedichte
Beiträge lieferte von Karoline Pichler, Thereſe Artner
(Theone), Matthäus von Collin, Zacharias Werner, bem
Steiheren von Zeblig, dem General Freiheren von Roth
Eich, Eduard von Schenk, dem Prof. Sendiner in Mün-
hen, dem Brafen A. A. Auersberg, C. F. Ebert in Prag,
Guſtav Schwab, Caſtelli, Eduard Duller u. A.
Ahnentafeln und Burgen, — GSagen und Legenden, Zeichen
und Wunder als Sammelpunkte romantifcher, tragifcher, epifcher
und malerifher Stoffe, bilteten vom Anbeginn eine flehende Hu:
brit bes Taſchenbuches, nicht minder Biograpien hoher Frauen
und in Krieg ober Frieden, im Cabinet oder in Kunſt und WBil-
fenfhaft hervorragender Maͤnner, — Monographien einzelner Er⸗
eigniffe, Inſtitute, Sommunitäten, Volko⸗ und Gpottlieber aus
verfchiebenen Epochen vom 15. bis zum Beginn bes 18. Jahr⸗
hunderte. — Bon Biograpbien waren mehre bem Gebächtniffe
edler Königstöchter Ungarns gewidmet, ber heiligen Sliſabeth;
Margareten, ber Wenigen bekannten Tochter Bela's IV., beren
*
U
u_. dhünm -
.
⸗
— . —
m ,
noch in ben Haͤnden Die Batthiang vorhandene Haus-
2 ein liches — ————— nft iſt — und der
iben er Ludwig's des Großen, ber polnifchen Hedwig und
ke ungarifden Maria, deren Welhice allein daB ‚halbe Eeben
lee Scoff’s hätten befäftigen Kine, ſowie bie Beiden. noch
einer polnifchen. Hedwig, dem Haierherzog Georg dem Reichen
von Landehut vermaͤhl.. 335. ...
An die biographiſchen Skizzen reihen ſich berühmte Rei⸗
dem
ſende und Abenteurer; unter welchen ein Wrih Schmibi
von Gtraubing, einer der Erbauer von. Buenos : Apres,
m diesjährigen Zaſchenbuche. — Aus Böhmen und feinen
Nebenreichen ſowie aus dem deutſchen Deſtreich und def
Ten Provinzen wurde in bie Taſchenbuͤcher eine fehr reiche
Sammlung von Sagen und Legenden geliefert, bie den
Freunden romantiſchet Dichtung reichen Stoff zu Balla⸗
den und Romanen liefern können; auch dem Hiſtoriker
werden ſie als charakteriſtiſche Geburten der Vorzeit in⸗
tereſſant und willkommen ſein.
a Der Verf. ſchließt feine Weberfiche nit fosgender Er⸗
rung:
* vaterlaͤndiſche Sinn, ben dieſes hiſtoriſche Taſchenbuch
ih engem Bunde mit dem ihm treu zur Seite ftehenden „Ars
chive⸗ geweckt, das viele Frivole und ntwürbigenbe, mas es
derdraͤngt, ber Anklang, den es auch in ebeln Frauen, auch bei
der Zugend und im Wolle gefunden, die ſchoͤnen Früchte reden:
der und bilbender Kunft, bie es hervorgebracht hat, ber thätige
Antheil fo vieler edeln Männer von Hermannſtadt und Peſth bis
Münden, Augsburg und Stuttgart und aus ben Alpen Tirols
bis in die Sudeten und in ben Gpeffart flößten.bem Heraus⸗
geber den feften Entſchluß ein, biefes fein volksthuͤmlich gemein:
tes Unternehmen nur mit feinem Beben aufzugeben. — Didge fich
ihm andy das alte Wohlwollen unverfänmert erhalten !!
. Wir glauben, als verbürge ben legten Wunſch bes
beruͤhmten Verf. anfehen zu können.
(Der Beſchlus folgt.)
Correſpondenznachrichten.
Prise, März 1088.
Daß ber Herzog von Braunfchweig wieber hier ift und fi
ein Haus in den Champs elysses gekauft hat, wirb Ihnen
befannt fein. Manche behaupten, er fei nie von Paris forts
geweien. No immer ift fein Proceß gegen das Minifterium
unentſchieden; unterbeffen circulirt ein in feinem Namen gefer:
tigte® Me&moire, welches In mancher Beziehung leſenswerth iſt.
Der derio erzählt darin feine ganze Sugendgefhichte, feine
Misverhältniffe mit feinem Vormunde und ber Ariftofratie,
Wie gegen ihn während feiner Abmwefenheit gefchmiebeten Plane
und feine eignen populairen Abfichten binfichtlich des Herzog»
ums Braunfhmweig. Gr führt an, wie er von frühe ber die
Quaͤlereien feines Vormundes, bes Königs von England, und
defien Stellvertreters, des Brafen von Münfter, zu erdulden
ehabt, wie das Intereffe der jängern Linie (Banover und
gland) jenem ber Altern (Braunfchweig) feindlih und bas
her die Abfiht bes Königs von England auf längere Benu⸗
gung ber Vormundſchaft gerichtet gewefen ſei. Geine, des
jungen Herzogs, Antipatbie gegen die Ariftofratie, bie Ber:
weigerung eines vorgelegten Gonftitutionsprojectes und ber
darüber in ber beutfhen Bunbesverfammlung geführte Streit
gabe ihm die Beindfchaft der Ariftokratie zugezogen, und als er
Jahr 1830 von Paris, wo er der Sulirenolution ati A
und fi fogar fehr nahe beim Kampfplage befunden, in fein
Baterland zurüdgetchrt fei, babe ex alsbald die in Braun:
fhweig gegen ihn geſchmiedeten Plane bemerkt. Geines Bru-
ders Wilhelm gebenkt der Herzog nicht lobend, und wenn ſein
fpäterer Verſuch, nach Braunſchweig —— — und dem
Lande eine neue Gonftitution mit populairen Verbdefſſerungen zu
—
m
chen, misgluͤckt jet, fo liege ber Grund hiervon In dem an:
Anglich verfchleierten, fpäter offen feinblichen Benehmen fer
nes Bruders, weldger den beutfhen Bund auf feiner Seite
abe. Beſonders bemüht fih der Herzog die in dem parifer
idell gegen ihn ausgebreiteten Werleumdungen zu wiberlegen,
wie namentlich: daß er feinen Hofmeifter Einfingen in Lauſanne
‚habe tödten wollen, weshalb biefer fih zum Fenſter hinausge⸗
ſtuͤrzt; daß er Chemie ftubirt habe, um die Gifte zu kennen;
baß er, was man befonders unter ben Bauern verbreitete, ber
Dererei fich ergeben, und baß man unter ben Ruinen feines
Schioffes Giftfläfchchen und Liſten der Freunde und Feinde des
Herzogs gefunden habe. Außerbem verwahrt er ſich gegen ans
dere Befchuldigungen, wie 3. B. ber. Steuervermehrung, bes
en niemals BVefehl gegeben zu haben, auf das Boll zu
hießen, leugnet, in Nizza ober ın der Schweiz Verbindungen
mit der Herzogin von Berri unterhalten zu Baden, Lagegen
-
babe man ihm, als er im Jahre 1832 von Spanien über Menge nad
o
Paris zuruͤckgekehrt ſei, Hoffnung gemacht, daß das Gouver⸗
nement ihm die Ermaͤchtigung ertheilen werde, Waffen zu kau⸗
fen und Soldaten zu werben; ein Offizier gabe ihm garans
tirt, mit 2000 Dann nad) Braunfchweig zurüdzufehren. Die
egen ihn ausgebreiteten Beſchuldigungen hätten keinen andern
Zar als feine Popularität au zerftören, damit er nicht an einem
ſchoͤnen Tag fih an die Spige einer Volksbewegung in Deutfch-
Land ftelle, und einftweilen wolle man ihm jebes Afyl entzie-
ben, nahben man ihn beinahe um fein. ganzes Vermögen
edracht.
Die Geſellſchaft für die iIntellectuelle Emancipation hat
ben erften Schritt zu einem linternehmen gemacht, welches,
bei zweckmaͤßiger Leitung, großen Erfolg haben kann. In Frank⸗
reih wie in Deutſchland befteht feit Langer Zeit ber beinahe
"privilegirte Unfug, aus dem einzigen Buche, welches der Land:
mann unb Handwerker in feinen Feierſtunden lieſt, ein Muſter
von Abgeſchmacktheit und Albernheit zu machen. Dort wie hier
las der Bauer, flatt vernünftiger Anleitungen für fein Haus⸗
und Bauwefen, flatt Unterweifung in feinen Rechten und Pflich:
ten u. dal., Schnurren und Schwaͤnke, abenteuerliche Lügen
und noch verflandlofere Wetterpropbezeihungen, aber in einem
Kalender, welcher ihm meift aus dem Auslande gebracht wurbe.
um biefem Unfug zu fleuern, bat bie genannte Gefellfchaft,
welche auch das „Journal ber nüglichen Kenntniffe” herausgibt,
den Anfang mit einem neuen Kalender gemacht und verfprochen,
im nädıften Jahr für jedes der 86 Departements einen eignen,
nach feinem Klima, feiner Lage, feinen Bebürfniffen und Erwerbs
qui berechneten Kalender herauszugeben. Der Plan, welchen bie
eſellſchaft dabei im Auge bat, ift, nebft ber Beſeitigung bes
Nachtheils der bisherigen Kalender, jebem Franzoſen, welcher
Iefen Eann, feine Pflichten, Rechte und Intereffen in ben vers
fyiedenen Eigenfchaften bes Hausvaters, bes Rationalgarbiften,
des Geſchworenen, bed Soldaten, bes Steuerpflichtigen, des
Wahlmannes, des Gemeinderathes, bes Maire und Adjuncten,
des Sonfumenten, bes Ackerers, bes Handelsmannes unb des
Handwerkers zu zeigen. Der diesjährige Kalender bildet einen
Duobezband von 224 enggedrudten Seiten, in welchem ents
halten iſt: Die Erklaͤrung, die Zeichen und Inbicien bes Wet:
ters, das alte und neue Gewicht und deſſen Berechnung unb
uction, 3instabellen, ein Kalender für Aderbau und Gaͤrt⸗
nerel, Unterricht und Anwelfungen in ber Hauswirthichaft, eine
Statiſtik von Frankreich, welche fig mit ber Ueberficht ber
Sahrmärkte und mit einer Biographie ber im Sabre 1852 ge:
ftorbenen berühmten Männer enbigf, nebft 44 erfiärenden *
uren. Dieſer Kalender tft zu 1,300,000 Exemplaren gebrudt
und koſtet zehn Sous. Ich gebe Ihnen bier, zur been Bes
urtheilung feiner Nüglichkeit, eine Ueberſicht feines Inhaltes:
1) Anleitung zur Aftronomie: Erklaͤ
der Sterne; der Sonne; ber Planeten; ber Erbe; bed Mons
bes; der Kometen; Wetter; Jahreszeiten; Sonn: und Montfins-
fterniffe; Erklaͤrung ber verfhiebenen Kalender und Zeitrech⸗
nungen; Vergleichung des republilanifchen und gregortanifchen
Kalenders. 2) Naturlehre und Meteorologie: bie Erbe; bas
-
rung ber Weltkoͤrper;
En
- tionen;
‚In einem Zeitraum von weniger als 3 Jahren fi
:
-
ARP
.
Daſſer; die Luft und die Atmpfphäre;: bie unmiegbaren Ztäf-
ſigkeiten; die Hite; bes Bar) 496 Licht; de
und deren inungens die Semperatur. in ihren mannich⸗
faltigen Aeußerungen und Verſchiedenheiten; die Winde; Irr⸗
lichter; Wollen. und Rebel; ber Hegens ber Schnee und ber
Hagel; ber Thau und ber Keif; das Bis; Anzeigen und Bor:
bedeutungen des Wetters und außerordentlicher Naturerſcheinun⸗
gens Barometer. 3) Gefegestunde: hauptfächliche Geſete der
Kammerfigung von 1831 und 32; über die franzoͤſiſchen Ge⸗
ſetzbuͤcher; echte des franzöfifchen Bürgers in feinen verfchle:
denen Stellungen; Rechte und Pflichten ber Kinder und Altern
wechfelfeitss über Erbſchaften und Schenkungen, Kauf unb
Tauſch, Fa und Miethe, -Gefellfhaftsvertrag und Obliga⸗
ber Feldpolizei und Polizei ber Handwerker, eine
Anleitung, welche im Höchften Grade nüglih und wiffenswerth
tft, um den Sandmann und Handwerker in feinen gemöhnlichften
Borkommenheiten zu leiten; Reclamation im Fall von Ueber:
fleuerung; über das Bettels und Vagabundenweſen; Modell
der gemöhnlichften Acte und Verträge im bürgerlichen Leben;
neues Maß und Gewicht; franzöflfcher und fremder Muͤnzfuß;
Zinsberechnungstarif der Erfindungs⸗ und Vervollkommnungs⸗
brevets; Stempel⸗ umd Regiftrirungsbücder. 4) Gtatiftiiche
meine Austrocknungsgeſellſchaft. 5) Häuslihe Geſundheitslehre
und Mittel: unter biefer Weberfchrift wird ber menſchliche Kör:
per anatomifch befchrieben, Borfchriften der Diät gegeben, Re
gein über bad Anlegen und Gintheilen der Wohnungen ertheilt,
fobann über die Kleidung, über bie Speiſe u. f.w. — Wenn
hier das Tabackrauchen mit einer Art von Abfcheu verworfen
- Notizen; Affecuranzens Vorfichtsbant; Hypochekencaſſe; fe
und als den Zähnen hoͤchſt fchädlich bezeichnet wird, fo wird !
ber Deutfche dies kaum glauben wollen, und es iſt wefentlich,
rau
mit befonberer Hinmweifung auf Nordamerika über Maͤßigke
ſich zu erinnern, daß der Franzoſe einen viel ſchlechtern Tabad :
dt und viel unmäßiger in deffen Genuß if. Was bagsgen ;
gefellfchaften gefagt wird, ‚gar intereffant und zu deher⸗
zigen: „Vor bem Jahre reichten 72 Millionen Gallons
(2,592,000 Heßtoliter) geiftiger Getraͤnke (Brantwein) kaum
in zum de Bedarf einer Bevoͤlkerung von 12 Milllonen.
ie amerikaniſche Maͤßigkeitsgeſellſchaft, welche fih im Sabre
1826 bildete, fing damit an zu beweifen, baß alljährlidy mehr
als 40,000 Einwohner In ben vereinigten Staaten an uͤbermaͤ⸗
Bigem Genuß geiftiger Setränke fterben, und daß diefer Mis⸗
brauch außerdem einen außerorbentlichen Gapitalwerth vernich⸗
tet, welcher eine beffere Verwendung erhalten koͤnnte, unb
verfolgte den vorgefegten Zweck mit Thaͤtigkeit, indem fie als
lenthalben hin Agenten ſchickte, um die Bevölkerung auf die
nachtheiligen Kolgen dieſes Genuſſes aufmerffam zu ma—⸗
chen. Dieſes verdienſtliche Werk wird taͤglich mehr mit Erfolg
belohnt und im Monat Augufl 1830 waren in ben verfchiebenen
©taaten bereits mehr als 1600 Geſellſchaften auf die naͤmlichen
Srundfäge gebaut, welche ntindeftens 160,000 Mitglieder zähl:
ten. Dieſe Sefellfchaften wurben durch Pächter, Handwerker,
Weider, Erhrlinge, Barbige, Matroſen u. f. w. gebildet. Das
Ergebniß ift, daß eine große Zahl Brantweinbrenner und
Verkäufer ſich genoͤthigt fahen, ihr Gefchäft aufzugeben, daß bie
Confumtion diefer Fluͤſſigkeit um mehr ale 603 vermindert I,
was eine jährliche Erfparnif von 2,000,000 Dollar (10,840,000
Br.) abwirft, und daß mehr als 700 Perfonm, . welche dich
mit Uebermaße dieſem ſchaͤdiichen Genuſſe bingegeden hatten,
davon los⸗
agt und baburdy eine namhafte Verbefferung ihres moralt:
Gen und phyſiſchen Wohlſeins empfunden haben. Aehnliche
Geſellſchaften haben ſich auch in Irland und Schottland gebik:
det und ben nämlichen Erfolg gehabt.” — Geſandheitslehre der
“ Kinder mb Entwöhnung; häusliche Arzneis Vorſichtsmaßregeln
ankhei
beim Anfang der ten, bei, Srtruntenen und Erſtickten,
bei ſchwangern Weibern, Cholera und Epidemien; Behand»
lungsweiſe bei Vergiftungen, ber WBafferfcheu und Schlangen⸗
big. 6) Thierarzneikunde: Regeln bei aumg ber &tälle
"MER, über. bie. Art umb:
und ber Fuͤtterun —— der &bauer d
Hausthlere, ihre —* und Krankheiten, Vorſichtsmaßreg
und Heilmittel dagegen. 7) Regelin des Ackerbaͤnes. Wenn
auch der deutſche Landbau ben. franzofiſchen weit zuruͤcklaͤßt, ß
find doch einige intertffante Anleitungen und Btrechnungen
Mefen Capitel enthalten. ' Die Berechnung ber Cultur und ber
Wohnung und des jährlidien Ertrags ſcheint einigermaßen ges
wagt gu Tein ynd einer. Berich zu kebfirfen. 8) Kalender
ves Adermannes und Gaͤrtners dr werbeir allgemeine Be⸗
merkungen vorautgeſchickt und ſobaua Mimat für Monat derch
gegangen mit Angabe ber Laub: unb Gartenarbeiten. 9)
Be
banplung. und Benugung des Holzes. Tabelle fuͤr
—* Auen Tu Ba fen 10) Anleitung in br Smsnerunfung
ſchi⸗
11) Rotizen uͤber Indufttie“ und haͤusliche Dekonomte.‘ 9
werden eine Menge Aber dert Vorthell ber Ma
| e, bie Mehnungen, Aillbunger,
pa) ra Aka inrfertigen und zr hewahren, aeasben,
ſowie uͤber Aufbpwahrung. von Rahrungsgegenfländen u. dgl.s
Mittel, um in zwei Stunben feine Unterfchrift. machen — ⸗
nen; RNuͤtztichkeit ber Unterhaltung ber Vicinalwege und Mittel,
die Winterabenbe und die Feiertage durch verfchiebene Arbeiten
nuͤtlich auögufiich. Su dieſer Beziehung tft ein Soncure eröffs
net, um bie zwedimäßigften Vorfchläge zu vernehmen. 12) ie
efn ber weligidfen und praktifchen Moral: Pflichten des Pries
rs; Anweiſung über‘ den Monthyon'ſchen Tugenbpreis; A
munterungsmebaille, um unter. ben Arbeitern in ben Inbuftries
werkflätten. die Liebe zur Arbeit und zur Orbnung und bem
Eifer in Erfüllung ihrer Obliegenheiten anzuregen; Wahl ei-
nes Standes; Moralprincipien und Sprühwörter, und Mittel,
Beit und Vermögen zu erfparen und güglid zu verwenden,
13) Gtatiftit von Frankreich; Golonien; Douane; Wälber und
Jorſtweſen; Straßen: und Brüdenbau; Bergweſen; Gerichts ein⸗
theilung; Militairorganiſation; Marine; Kirchenweſen; Budget;
Kenten⸗ und Staatspapiere u. ſ. w. Einige Druckfehler, uns
reiner Druck, Unrichtigkeiten in einzelnen Berechnungen ſin
d .
eben fo Ihr durch die Wohlfeilheit des Buches als duch bie
Eile und Maffe der Grgenftände zu erffären und zu entihul-
bigen, aud) Bon. weniger Belang. In Angabe ber Sen
und bes Berufes der Pfarrer find bie Berausgeber etwas in
ben Myfticismus und religidfe Kopfhängeret verfallen, und has
ben von ben proteſtantiſſchen Geiſtlihen gar nichts gefagt. Bei
ber Standeswahl wirb dem Gohne angerathen, durchgaͤngig
ſtets die Profeffion bes Waters gu ergreifen. Diefe Lchre
ift ebenfp wenig bem Streben nad Kortfchritten unb Per⸗
fectibitität des menſchlichen Geiſtes angemeflen ala buch
die entwidelten Gründe gerechtfertigt. Die Gründe ber Mahl
eines Standes gehören dem einzelnen Kalle an, aber bie
ungemefienfte Auswahl und Freiheit iſt die einzige Rorm, welche
der Menſchheit würbig tft. In flaatsbürgerlicher und politifcher
Beziehung find die Lehren und Untermweifungen nicht mit ver
Freiheit und Unabhängigkeit gagelch, wie es zu wünfchen ge
wefen und wie es dem bermaligen Juflande. Frankreichs und. der
Civilifation angemeffen wäre, was man befonders dem Ein⸗
uffe der Regierung, welche das „„Journal” und den, Almanach
egünfligt und empfiehlt, zufchreibt. Dagegen tft die Auswahl
der Moralprincipien, ber Regeln der Hauswirthfchaft, der E⸗
Iparnis und bed Geſchaͤftaweſens vortrefflih und lobenswer
ie Namen von Spiktet, Pythagoras, Lafontaine, indif
Spruͤchwoͤrter, Pascal, Franklin, en, Ariftoteles, Labruyere,
Apoftel Paulus, Bacon, Seneca, St. : Auguflinus gewähren
‚dafür hinlaͤngliche Bürgfhaft
Das „Sournal ber nüglichen Kenntniffe” ift in manchem
Betradht. in Kleinigkeitskraͤmerei und dadurch ins Lächerliche
verfallen. Demungeachtet iſt nicht zu verfeunen, baß bied Uns
ternehmen der Geſellſch. f. Emancipat. berufen ift, ben wahlthä-
tigſten Einfluß auf die Volkebildung und Aufllärung auszuhben,
und ber erſte von ihr herausgegebene Almanach verheift bie
been. Fruͤchte.
(Der Beſchlus felgt.)
Nedigirt unter Berantwortlichteit ver Berlagshandiung: ©: A. Bro@hams In Leftpzrig.
ä
Blätter
4‘
fär -
Titerarifhe Unterhaltung
' eden von J. von H
—* Jahrgang.
| Beſchluß aus NT. 97) 2.
Nun folgen im diesjährigen Taſchenbuche
1. Die Hohenftaufen, zwel Gedichte von J. J Sendt⸗
ner. — Wie find weit entferne, den poetlſchen Werth die⸗
fee Balladen verkleinetn zu wollen, und benterken dahrt
nur ale hiftortfche Nach, daß Hier Kaifer ’Heimich IV.
und Ftiedrich der Rothbart mit einander tedend eingeführt
werden, da doch Letzteret erft lange nach dem Tode des
Erftern geboren wurde. Solche
machte Virgil den Aeneas zum Zeitgenoffen der Dibo,
' 1. Baitiſche Reiſende aus der Vorzeit: —
bes erwähnten Ultich Schmidl's von Straubihg fuͤdame⸗
rikaniſcher Reiſe in den Jahren 1534— 54 gidt das dies:
jährige Taſchenbuch Nachticht von Albrecht's Grafen zu
Loͤwenſtein Pilgerfahrt in das heilige Land, in den’ Ich:
ten 1561 und 1362,*von ihn ferbft deſchrieben. Diefe
eifebefchtetbung it, in Abſicht auf Geographle und Wil:
Lerkünde, ziemlich unbedeultend; body gewaͤhet fie Intereffe
in Bezlehung auf Geift und Sitte’ des hohen Adels im
46, Jahrhundert. — P. kadislaus Mayt, Franziskaner der
Bafrifchen Provinz, aus Eggenfelden, reffte im %. 1748
nah Jetuſalem, mo er ſodann Über 30 Jahre ſich auf:
hielt. Er hat dteimal feine Netfedefciteibung zu Papter
gebracht; das letzte 1779— 82 verfertigte Manuſcript be:
findet fi) ‘in der Staatsbibllothek zu Muͤnchen. Ueber
Jerufalem und Bethlehem äußert ſich der fromme Pater:
„Als Heilige Staͤdtẽ vershre er fie mit fchuldigee Ehrfurcht,
Übrigens aber feien fie — miferadte Ratzenneſter.“
MI. Die Grafen von Wittelsbach za Grag. — Die
Soͤhne bes unglüdlichen Kurfürften von Balern Maximi⸗
tian Emannel wurden auf Befehl des Kalfers Joſeph 1.
von Muͤnchen nach Oeſtreich geführe, nachdem der Kat:
- fer, der nach dem Recht des Staͤrkern Balern in Bells
genommen, die Acht Über den Kurflitſten und deſſen Bru-
"ber, den Kurfürften von Koͤln, ausgeſprochen hatte, und
nachdem dieſe Acht von den andern gehorſamen Kurfüt-
ftm (dte andern Relchsſtaͤnde wurden nicht gefragt) ar
genehmigt worden. Zu biefer Dätte, die oft In Grau⸗
famteit ausattete, hlelt fi der‘ Kalfer berechtigt, weil
achronismen aber hir '
ben ſich die größten Dichter wol erlaubt. Bekanntlich
Baiern in dem ſpaniſchen Erbfolgekriege gewagt, zur Ver⸗
theidigung ſeiner Anſpruͤche eine ſelbſtaͤndige Politik zu be⸗
folgen und ſich an Frankreich anzuſchließen. Zur Zuͤchti⸗
Pgung für ſolchen angeblichen Frevel ward Baiern mit
oͤſtreichiſchen Truppen befegt, in oͤſtreichifche Adminiſtration
genommen und durch den furchtbarſten Druck unter den
dort bingefendeten fremden Beamten gepeinigt. Dim zur
Verzweiflung gebrachten Einwohnern wurde zum Troſt die
Ausfiht eröffnet, ihr Vaterland nächftens im eine oͤſtreicht⸗
fhe Provinz verwandelt zu fehen. Und weil die Balern
fo thoͤricht waren, für ſolche Wohlthaten nicht dankbar
zu fein, weil die baltischen Bauern gewagt hatten, aus
Anhänglichkeit au ihr angsflammtes Fuͤrſtenhaus die Waf⸗
aber von I fen zu ergreifen, wofuͤr die frande Herefchaft mit gewohn⸗
ter Milde die bet Sendlingen und Aldenbach geſchlagenen
Bauern nur zu Zaufenden hatte niedermegen laſſen; —
darum mußten die in München biöher bewachten bairi:
ſchen Prinzen nach Deſtreich geführt und dort im firenger
Haft gehalten werden. Dies geſchah, nachbenut der —
— Aufftand der Bauern mit biutigem Nachdrud ge
dämpft — jusque datum sceleri — und die Ruhe durdy
Teuer und Schwert gefüchert war. Nur-die Bayern mas
ven fo flrafbar patristifh, der Adel war gehorfam geroefen,
daher ihm auch von Wien vor der Geichichte dag Zeugs
niß ausgefteltt wurde: „daß ber Kaifer ſich gegen ben
Stand des Adels ber beitändigen Treue allergnäbigft vet:
fihert Halte, diefer auch ſich bisher in feiner Devotion zu
allorgnaͤdigſtem Gefallen aufgeführt.” — Nicht das Ta⸗
ſchenbuch ijt es, welches dieſe Verhaͤltniſſe in Erinnerung
bringt: wir allein tragen die Schuld davon, um dem Ge⸗
daͤchtniß des Leſers zu Huͤlfe zu kommen, der uͤbrigens in
des Jeſuiten Daniel Stadler's und in Zſchokke's Bairi⸗
ſcher Geſchichte“, ſowie ſchon in Milbiller's Fortſetzung von
Schmidt's „Geſchichte bee Deutſchen“ hinreichenden Stoff
finden wird, das gegen Baiern von Joſeph J. beobachtete
Verfahren gu beurtheilen und die Seite zu bemerken, won
welcher Baiern von jeger am, empfindlichſten verlegt wurde.
Freiherr von Hormapr fegt djefe Dinge als befannt vor:
aus, was fie auch find, wiewol fie nichtsdeſtoweniger auch
zu ben vergeffenen zu gehören feinen. Er fagt:
Bekaunt ift, mit weicher tiefen Erniedrigung Zofeph I.. durch
ten Xufftand (d. i. die legitime Nothwehr) des bairikchen Volkes
noch meht erbittert, die Kinder des ungluͤcktichen Kurfärften Mas
zimilian Emanuel bekanbeln ließ, und baß die Prinzen nur als
Grafen von Wittelsbach erzogen wurden. Der Bruder unb
Rachfoiger, Karl VL, war ungemein milber in Wort und That,
wie die nachfolgenden Urkunden bemeifen, welche zugleich einen
nicht unintereffanten Beitrag zur Jugendgeſchichte Kaifer Karl’ VII.
l
A um? a
Der nachmalige Kpifer Karl VIE. war nämliß, der
äftere dee fünf baicifchen Prinzen, die in öftreichifcher Ge:
fangenfchaft erzogen wurden. — Die eine diefer Urkünden
ift ein Schreiben Karl's VI. d. d. April 1712 an den
Strafen von VBreuner, ber die Aufſicht Über die Prinzen
erhielt, und worin «6 unter Anderm heißt: ,
Ich habe euch hiemit gnädigft bedeuten wollen, was maflen
die Dberbirection und Auffehen nicht allein über die
fünf bairifhen Prinzen, fondern auch Dero ganze Hofitaat hie:
mit guädigfi aufgetragen, und bahin inſtruirt haben will, daß
ihr auf alle ihre Verrichtungen, fonderlich aber die Perfonen ber
Auf Prinzen ein aufmerffames Xug haben, oͤfters um fie und
dei ihnen feyn, ihnen nichts ermangeln Laffen, alle etwa wahr:
nehmende Ungebühr mittels bero Oberhofmeiſters, Beichtvaͤter
‚and Inſtruktoren mit guter Art abftellen, hingegen bas Beſte
und Nüglichfte anorbnen, fie vorderft zur Andacht und Furcht
Gottes, fodbann aber zu recht und orbentlihen Stunden mittels
ihrer Theils wirklich habenden, und Theils noch barüber aufzu:
nehmen nöthigen Lehr⸗ und Grerzitien: Meifter ad literas et
Scientias, zu den Sprachen und äbrigen dem fürftlichen Stand
wohl anftehenben Grezzitien, als Heiten, Fechten, Tanzen, und
etwa einer beliebigen Muſik, fo weit es bie Zeit, ihre Befund:
- heit, Jahre und Kräften zulaffen, anhalten; fie auch zuweilen :
u. dal. in meinen Forſt⸗ und
Waldungen ergögen und umterhalten zu laſſen, jedoch daß hie⸗
mit einer Bad, Jagd, P
Aurch ihre andern Studia und Crerzitien nicht zurüdgefegt oder
‚wernachläffigt werden, mithin ihr, daß fie außer Muͤßiggang ge
fegt, et ne libidini iudulgeant, fundern fo chriſtlich als ſittlich
und in allem fürftlicden Wohlftand und Zugenben, wie zuma:
‘ten in ber Lieb und Tchulbigften unterthänigften Devotion auch
Grienntiilait gegen Mi und Mein ganzes loͤbliches Erzhaus
von Deftreidg, von ihrer dermaligen Jugend an gebührlich auf:
erzogen und geflärkt werben, auf alle Weis Borg tragen, unb
mir-enblih von Ihrem Progreß, Belchaffenheit und Nothwen⸗
bigfeiten wochentliche Relation erftatten follet.
Die zweite Urkunde iſt ein Bericht bes Grafen Breu:
'ner an ben Kaifer, morin die Geſchicklichkeit des balri⸗
[hen Prinzen Kart gelobt wird, die derfelbe bei Gelegen⸗
"heit feiner Sffentfichen Defenfion ber gefammten peripate:
tifchen Philoſophie mit großem Ruhme erprobt habe.
"Angehängte ift: „Extractus literarum ad P. Rectorem
Monacensem Soc. Jesu. Graecii 25. Aprilis 1714.”
Darin wird ebenfalls. des Prinzen Geſchicklichkeit gelobt
"und dabei ‘angeführt, wie gut er bie Argumente ber
"Atheiften widerlegt habe. Diefe Urkunden find allerdings
‚nicht ohne Intereſſe.
IV. „Heinrich III. von Srankreih auf dem Hin⸗ und
Herweg aus Polen beim Pfolzgrafen und Kurfürften
Friedrich und in Wien”. Auszüge aus einer alten Chro:
nik und aus dem Tagebuch eines Ungenannten, welches
im Drud erſchienen iſt. Die Sitten der ‘guten alten
Zeit find aus diefen Bruchftüden ganz deutlich zu erfehen.
—V. „Burgen“. Unter biefem Xitel findet ſich, wie be:
reits angeführt, eine ftehende Rubrik im Taſchenbuche.
Daß diesjährige enthält: „Bürglig, Jagdſchloß und Staats:
gefängniß der böhmifchen Könige. Geſchildert in Mitthei⸗
lungen an Friedrich Heinrich von ber Hagen.” Die Schil⸗
92 3 ZT
berung bes Schlofſes hat einen Anſtrich von Sentimen⸗
talität, die fich jedoch nicht übel ausnimmt, da an die
Qualen einiger Staatögefangenen erinnert wird, welche
in bem in Waldesnacht vergeabenen Schloffe Gelegenheit
hatten, zu erfaßken, nůelch; ——
in di
„menfhenfreundlichften Religion von —* mueln
den — — — geübt wurden, bie, ba fie die Macht in
Händen hatten, eben, der nicht nach ihrer Vorſchrift
denfen wollte, gleich dem aͤrgſten WBerbrecher verfolgten,
Schauderhaft ift die Erzählung der Schidfale „des Jos
J.hannes Auguſta, Biſchofs ber böhmifdyen.. Bräber.,' den
Kalfer Ferdinand I. in Verdacht hatte, die 1547 gegen
ihn im Böhmen ausgebrochene Verſchwoͤrung angefacht
und genährt zu haben. Ferdinand ließ ihm, durch Lift ges
fangen nehmen und in Prag drei Mal auf die Folter
fpannm. Darauf wurde ber unglüdtiche Biſchof nad
Bürglig gebracht und in bie Erdgewoͤlbe bes großen Thur⸗
mes geworfen.” Bierzehn Lage lang wurde Augufla in
diefem Keller feinem Schmerze ‚überlofien; die von der
Folter verurſachten Wunden wurden nicht verbunden. Ueber
ein Jahr Lebte der Unglüdliche ohne Licht, auf ſchlechtem
Lager und bei ſchlechter Koft in diefem Kerker, ale der
Kaifer neue Henker fendete und den Biſchof abermals auf
die Folter fpannen ließ, um von ihm Geftändniffe zu er⸗
preflen. Unter mancherfei teaurigem MWechfel, den wig
hier aus Mangel an Raum nicht näher angeben koͤnnen,
brachte der Biſchof gegen breisehn Jahre in diefen Mar:
terfammern zu, als auf die Kürbitte des edeln Ladislaw
von Sternberg und der Thönen Philippine Welfer, Ges
mahlin bes Erzherzogs Ferdinand, ihm einige Erleichte⸗
ung verſchafft wurde, bis Marimilian II. ihn emdlich im
Jahre 1564 von feinem Vater mit großer Mühe losbat.
Nicht zu vergeffen ift, daB alle Qualen, denen ber Bi:
ſchof preißgegeben wurde, den ausdrüdlidhen Befehlen des
grauſamen Kaiſers gemäß waren; die Inſtruction an ſei⸗
nen Sohn, worin "der Tyrann feine Kunft im Martern
zeigt, ift nocy vorhanden und im Taſchenbuche abgedrudt.
Wie finneeih waren die Qualen ausgefonnn! Es war
vorgefhrieben: „daß ihm in der Gefängnig mit Effen
und Trinken kein, Abgang gelaffen, aber ihme, in die
fünf ober ſechs Tage aneinander unaufhoͤrlich bei Tag
und Nacht kein Augenblid zum Schlaf einige Ruh nody
Stund ober Zeit gegeben werde. der zum andern ihne
ruͤckling auf ein truden Bret ober Laden zu binden, da:
mit er fih nicht umkehren möge oder kuͤnnte und ber
Kopf nit darauf ruhet, fondern von bem Bret hinab:
bange und Fein andere Hab oder Hilf einiges Aufhaltens,
außer feiner natürlichen Törperlichen Hilf gehaben müge;
zu Zeiten etlich Tropfen eg umb die Nasloͤcher ge:
ſtrichen; deshalb alfo einen Zag ober zween Tag und
Macht unaufgelöft mit ihme getrieben. Zudem wäre auch
der Sach zuträglih, wann er alfo auf dem Rüden läge,
daß ihme ein lebendiger Käfer, fo in dens Roßzirk machen
thuet, der geößern einer auf den Nabel gelegt und- folcher
Käfer mit einer halben Nußſchall zugededt und darauf
‚gebunden würde, alfo ein Weil darob gelaffen.”
„Dder zum dritten ihme etlich Tag truden und wohl:
‚nale und Zeisfchriften, „Journal des
- mes‘, „Journal des demoiselles‘ u. f. w. bleiben mir nur ıvenige
abgewuͤrzte allerlei Species ohne Suppen zu effen, aber
kainerlei Trank ihme dazu gereicht, gelaffen und gegeben
werde. Doch in dieſen dreien Artikeln ſeynd die zween
erſten bie forberifien und beſchweriſten.“
Der Verf. meint, dieſe Geſchichte würde einem Wal⸗
tee Scott reichen Stoff geben, und ruft aus: „Aus dieſer
voͤllig nach den Acten erzählten Geſchichte laͤßt fich, beim
Dimmel! gar Vieles lernen.” Allerdings! darum aber
{ft zu wuͤnſchen, micht ſowol daß ein Romanſchreiber, ſon⸗
dern ein Geſchichtſchreiber von ber Staͤrke eines Gibbon
oder Hume ſich des Stoffes bemaͤchtige, um fanatiſchen,
den Geiſt des Lichts verfolgenden Despoten einen Spie⸗
gel vorzuhalten und ſie vor ihrem eignen Bilde zittern
zu machen.
VI. „Die Wallfahrer und Deiſten in Boͤhmen.“ Eine
hoͤchſt intereſſante Schilderung einer merkwürdigen Sekte
in dem noch lange nicht hinreichend bekannten und ge⸗
würbigten Lande. Wir hatten mehre Stellen in dieſem
Artikel angeftrichen, um fie dem Leſer vorzulegen; da aber
unſer Bericht bereitö lang geworben, fo mäflen wir bar
auf verzichten und uns mit ber Hoffnung tröften, daß
das Tafchenbuch bald in Jedermanns Händen fein wird.
Wir haben von den dreißig Artikeln in dieſem Jahrgange
nur ſechs namhaft gemacht; da wir die andern nur dem
Titel nad) anzeigen könnten, ohne fie näher zu charakte⸗
siftten, fo würde dem Leſer wenig „bamit gedient fein.
Natuͤrlich können nicht alle Nummern von gleichem Wer⸗
the fein. In einer Sammlung, wie biefe, möüffen fich
vie in einer Mineralienfammlung bie verfchiebenartigften
Stüde finden, und nicht alle Stufen können gleiches und
gleichviel gebiegenes Metal enthalten. Kür den Kenner
aber find fie alle beichrend, und was dem Laien als nur
bunt, locker und Lofe erfcheint, erkennt jener im Zufam:
menhange feiner- Wiſſenſchaft. 41.
Correſpondenznachrichten aus Paris.
(Beſchluß aus Ar. 9.)
Unter bee Waffe der fortwährend erfcheinenben neuen Jour⸗
onfans‘', „Journal des fem-
zu erwähnen. Alle Blaͤtter haben bie Anzeige bes „Kurope
litteraire” verkuͤndet. Der in dem Profpectus ausgefprodgene
Pan und das Ziel biefer Zeitſchrift find: der Kunft und
‚der Literatur aller Länder und Voͤlker Gurepas einen eigmen
directen Repräfentanten zu geben, die Stralen aller jeeftreuten
Lichter in einem einzigen gemeinfchaftlichen Mittelpunkt zu ſam⸗
mein und von dert aus zu verbreiten. Wan wandte ſich bes:
halb an Lie entfchiedenfien Anhänger der verfdiebenen, ſich
beftreitenden politifhen Meinungen und erfuchte fie um Mit:
arbeit. So kam es, dab in diefem Profpectus die Häupter
der karliſtiſchen Partei, die Pfeiler des Juste-milten und bie
Vorlämpfer der Republik ſich nebeneinanbergebrudt fahen.
Die Politik fol gaͤnzlich ausgefchloffen fein, und bamit biefer
Grundfag firenger beobachtet werde, foll eine Commiſſion mit
der Aufficht hierüber beauftragt bleiben. Der Profpectus theilt
nebft den Zufchriften ber acceptirenben Witarbeiter und ben Abs
bäfionen ber Departementsjournale auch die Adreſſen ber dreis
hundert Stifter des Journals mit. Darunter war ich fehr er:
ſtaunt neben bem Bitomte d’Arlinceurt, Graf Lanjuinals, Berry⸗
ee (Sohn), Alerandre Detaborde, Duc be Roailies u. X. m. ben
Baron von Rothſchilb zu finden. Diefer große Literator bat,
wie es dem echten Verbienft geziemt, feinen Beitritt durch fols
genbe befcheibene Zeilen zu erfennen gegeben und alsbald feine
befondere Aufmertfamfeit auf ben entſcheidendſten Punkt ber
Sache, bie Nichtpolitik, gerichtet. Herr v. Rotſchild liebt bie
Yolitit nicht: „‚Messiours, c’ost avec le plus grand plaisir
que je c6de au vödeu, que vous voulez bien m’exprimer; je
m’associe de grand coeur & la belle et louable en i
que vous avez formde. J’accepte d’ätre l'un des trois cents
fondateurs de l’Europe litteraire, et de me joindre aux il-
lustrations chargees de veiller A ce que le journal ne s’öoarte
pas de la ligne non politigue qu’if s’est tracde.' Wie kommt
Saul unter die Propheten? — Gonberbar genug bat bie Dis
rection ale Emblem einer nicht politifchen Zeitfchrift die chaoti⸗
ſche Vereinigung der Wappen und heralbifchen Abzeichen aller
politifhen Körperfchaften ECuropas auf ben Profpectus geſett,
was fo großen Beifall fand, daB bie Gtiquette feither nicht
mehr erfchienen iſt. Die Berfprechungen der Anzeige find außer:
ordentlich glänzend und follen alle andern Hülfsquellen, Zournale
und 3eitfhriften, überflüffig machen, unb es ift fein Zweifel, daß
das Unternehmen, wenn es, wie es den Anfchein hat, auf fehr reis
hen und nachhaltigen Unterlagen ruht, fehr viel Ausgezeichnetes
und Schönes liefern kann. Allein mandherlei feindlich Unverein⸗
bares fcheint ſchon in feiner erften Geburt zu liegen. Die Gr:
clufivität, welche das Journal ſich aneignen will, wird unaus⸗
bleiblich die Ciferſucht und bie Feindſchaft aller befiehenben Un⸗
ternehmen analoger Art und hiermit bas Bemühen, baflelbe zu
biscrebitiren unb zu untergraben, bervorsufen. Eine Bereinigung
von Männern, welche ſich überall auf das entſchiedenſte gegen:
überftehen, ſich öffentlich bekriegen und fehr häufig wirklich
affen, ift an fich unnatuͤrlich und Tann nicht von Dauer fein. Bor
Hem aber broht ber Ausfchluß aller Politik dem Blatte ber Inter
gang. Wan verhehle ſich nicht, bie Politik laͤßt ſich in Frankreich nir⸗
ende verbannen, und eine Zeitfchrift, deren normal ausge
prochener Charakter darin befteht, nicht politifch fein zu bürfen,
wird kaum dem Norwurf ber Langweile entgehen koͤnnen.
Die Stifter bes Blattes haben bie innige Verbindung ber Kun
und Literatur mit Politik und foclalem Reben. vornherein ſelbſt
aufgeftellt und darin gerade einen Grund ber Nothwendigkeit
erkannt, biefem Hohen ‘Impuls aller Givilifation eine neue.
Garantie und Stüge zu geben; wie kommt es, baß fie ſich ſchmei⸗
, ng zu ernten, nachdem fie ben Cauſalnexus
zerftört? Erſter Sag: „Ceux la n’ont jamais compris l’art,
qui n’ont pas su decouvrir la marche cachde de son pro-
res & travers les siöcles, ses &ternels combats pour la civi-
sation du monde, et la chaine morale qui l’anit si etroite-
ment & tous les di&mens politiques et sociaux. Nous esp&-
rons prourver plus tard que la question de l’art fut toujours
une question sociale et universelle, comme celle de la reli-
gion et de la philosophie.’ Zweiter Say: „La politique sera
complötement exclue de l’Europe littoraire!“ Nichts ift hier
der Politik fremb; man fehe fih um, im Theater, in ben Ge⸗
mäldefälen, in ben’ Statuen und WBäften, in der Muſik, in ber
Zeichnung, in der Literatur und Allem, was fi) daran fchließt,
lebt bie Politik, fie dat fich mit dem Geiſt ber jegigen Genera⸗
tion verfchmolgen und verwebt fi) mit allen ihren Ideen bes
Fortſchrittes. Die erften Blaͤtter find erfchienen. Es befindet
fih darin eine Eritifche Ueberficht ber deutfchen Literatur, Poefle
und Kunft von Heine: eine ſchwierige Aufgabe, welche durch
das Beleiftete weber nach Umfang noch Tiefe als geldft erfcheis
Es iſt zu befuͤrchten, daß ber Verfaſſer ſich in
ein neues Feld gewagt, fuͤr welches er nicht berufen iſt,
und mehren anerkannten deutſchen Kritikern gegenuͤber den
Handſchuh zu einer Fehde hingeworfen habe, welche fuͤr ihn ver⸗
haͤngnißvoll und unguͤnſtig endigen kann. Ich war ſehr erſtaunt
in einem Ueberblick deutſcher Poeſie und Literatur Schiller's
nicht gedenken zu ſehen. Daß dies irgendwie möglich fei, iſt
nen moͤchte.
—⸗
I
mir erſt jegt bewirken worden. Doer gehört etwa Schiller
nicht mehr zum deuten Yard?
Die feindliche — ber übrigen Titerarifihen Journale
und Blätter, von weicher bie Xede war, fängt bereite am,
ſich zu äußern. Soeben leſe ich im „‚Corsaird” ‚Kolgendes, ob:
gleich deffen Hedacteur, Briffault, der erfteingefchriebene unter
den Mitarbeitern bes „Europe littdraire” ifi: „Hm ber Li⸗
‚ teratur, welche in den legten Zügen liegt, beizufpringen und
ben hinfkerbenden Buchhandel aufzurichten, laßt bad „Hurepe
Nitteraire" beſcheidentlich anzeigen, daß es berufen fei, alle Buͤ⸗
der zu erfepen und jede andere Ausgabe als bie für fein Aben-
nement überfiäffig zu machen. „Encore un ours qui lance
un pavé & la face de son amil"
Ein ganz neuerlich efrichtetes Blatt verbient ebenfo fehr
wegen feiner Wohlfeilheit als wegen bed bisher Geleifteten
ausgezeichnet zu werben. Ese ift ba® „Magazin pittoresque‘',
weiches den Gegenftand feiner Thaͤtigkeit folgendermaßen an:
Fandigt: „Wie wollen ein wahres Magazin eröffnen von
Dentwärbigen aller Art und Zebem wegen feiner Wohlfeil⸗
heit zugaͤnglich. Es foll enthalten: alte Sachen, neue Gar
hen, lebendige, lebloſe, denkwuͤrbige, natürliche, civilifirte,
wilde, der Erbe, dem Meer, dem Himmel und allen Zeis
ten angehörig, berfommend aus allen Ländern, aus Hindo⸗
#an und aus China ebenfo wol als aus Seland, Lappland,
Timbuktu, Rom ober Paris: wir wollen, mit einem Worte, in
unfern Kupferftichen abbilden und in unfern Auffägen beſchrei⸗
ben, Alles, was wärbig ift, bie Aufmerkſamkeit und bie Blicke
zu feffein, Alles, was einen intereffanten Gegenſtand des Nach:
benkens, der Unterhaltung und bes Studiums darbietet.“ Je⸗
den Sonnabend erfheint eine-Rummer, einen Bogen flark, zu
8 Sous, anfänglih zu 2 Sons, ehe die Abminifiration bie
Gtempeltare darauf gelegt hatte. Die bisher erfchienenen Rum:
mern haben dem Verſprechen genügt. Sie enthalten ſehr
anziebende Details über einzelne Wonumente, Anlagen und
Gebäube und deren Abbildungen, fobann biographiſche No⸗
tigen beruͤhmter Männer, Hiftorifhe und naturgeſchichtliche
Data u. oͤgl. "
Ein anderes Unternehmen ift: „L’observateur des tribu-
naux,, pour servir a l’&tude des passions, des moeurs et de |
‘ Vhistoire. Par Eugene Boch.” Der Inhalt des Blattes fol
folgendermaßen daffificirt fein: Leibenfcaften und Verbrechen. —
Gitten: mannichfaltige Züge. — Politik, Geſchichte und Bio⸗
graphie. — Religion. — Civiltrechtliche Fragen. — Eiteratun,
Töne Künfte und Inbuftrie. — Geltfame Thatſachen, roman:
Mfche Detattö und Abenteuer. — Miscellen. — Auslaͤndiſche Ge⸗
richte: — Der Derausgeber fagt mit vielem Recht, daß die Mo⸗
ralitaͤt eines Volkes, der Zuſtand feiner Aufllärung, der Grab
feiner Eivilifation, bie MWBefonberbeit feiner Anlagen und feis
er Sitten, die Lafer und bie Fortſchritte feiner focialen Kin:
richtung, das Uebermaß feines Lurus und feiner Roth, ber
Stand der Parteien, in welche es ſich theilt, die Staͤrke und
Ghwähe, die Weisheit -oder ber Zwang ber Gewalt, welche es
regiert — daß Alles dire ih in ben Gerichtäfälen entfaltet und
als pofitive Thatſache darftellt. Kein Zweifel hiernach, daß
dieſer Beobachter Gelegenheit finden mag, uns die pſychologiſch⸗
intereffanteken Wahrnehmungen und Wetrachtungen zu lie:
fen und aus den Gerichtöverbandlungen Gtoff für ein
an Yarbe und Mannichfaltigkeit reiches Lebensgemälte zu-gie:
gen. Ich werde Ihnen fpäter über die wirklichen Leiſtungen
sicht erflatten. 171.
— — an 0 — — — — — — — — —
Notizen.
MNachdem die Engländer fo viele Entbedungsreifen in ben
entfernteften Weltgegenden unternommen, iſt es den Lieutenants
Redigirt unter Berantwortlichleit der Verlagöhendlung: &. A. Brodbaud in Eeipzig. -
Denen Sabre arianein, Kap
enen Jahre ge ‚ ganz in ber Kühe ber en
wichtige —X wohn, Wi Tufnahnie bes Beiſtit
Fanates beſchaftigt, fanben fie, daß Die in ’denifeiben Legende
Inſel Lundy eine gute, Vinvſtoße aus VWeſten ſichere
Ruebe „wo eine detraͤchtliche Flotte Gchug finden: kann.
Si, wei F in den — ii Ten von wi Degen Win
n allen Eden, br en a r
Fhrlichen Möfte von Wales ober Über die gefuͤ Bar 8
Bibdeford und Darnftaple zutuͤckzubehren. Rod mehe Mich⸗
tigkeit wird die ee nur von den Waäͤchtern der unlaͤugſt bar»
auf errichteten Leuchtthürme und den Bewohnern eines Pächter
hofs bevoͤlkerte Inſel durch bie heran einer reihen Sil⸗
n
ders und Kupfermine erhalten. Doͤgle engliſche Mellen
lang und zwei Meilen breit, legte um Ik bieher wenig Kath
hei, und fie kam nach. öfterm. Wechſel ihrer Befiger für win
Spottgelb an bie jegigen Gigenthümer, die nun aus den Berge
werten allein 12,000 Pf. jährlich einzunehmen gedenken.
Die „Bochety for promoting christian kaowledge” zählte
v. 3.1852 gegen 15,000 Mitglieder und beſaß u r 66,000
Hf. Et. Sinkünfte, machte aber auch einen faft gleich großen Aufs
wand, indem fie während dieſes Jahres 1,715,300 Bücher unb
kleine Schriften (Tractätdyen) verbreitete (dabei 129,756 Bibeln
und Reue Zefldmente und 165,818 Gebetbücher und Pfalter)
und in 900 Ortſchaften 10,965 Schnlen unteeflügte, in bes
nen über 740,000 Kinber unterrichtet werden. - J
Herr Matter, welcher unlängft den 1827 von ber Acadé-
mie frangaise ausgefegten Preis von 10,000 Frs. für bie defte
Abhandlung Über den Einfluß der Bitten auf die Geſetze unb
ber Geſetze auf bie Sitten echeiten bat, erwarb ſchon 1817
burch eine hiſtoriſche Abhandlung über die alexandriuiſche Ochute,
und 1826 durch eine kritiſche Geſchichte bes Gnoficidmus zwei
peeife der Academie des inscriptions. Au find feit 1829
e
Bände einer Univerſalgeſchichte ber chriſtlichen Kirche von ihm
richienen.
Die Anzahl ber von ſogenannten chriftlichen Mächten im
Sklaverei erhaltenen Individuen wird auf 5,225,000 geichästs
davon kommen 800,000 auf die britifhen Solonien, 200,000 auf
die franzöfifhen, auf Kuba und Portorieo 500,000, auf ae
übrigen Golonien 75,000, auf die Vereinigten Staaten 1,650,000,
auf Brafttien 2,000,000. ie viele Millionen Leibeigene gehd⸗
ven aber noch hierher ? . 8
— —— — —— — — —
Literariſche Anzeige.
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhaften:
Sonverfi ationd ⸗Lexikon
neueften Zeit und Literatur.
Dreizehntes Weft.
Karaiskakis bie Kvogb.
Jedes Heft koſtet
auf weißem Druckpapier 6 Gr.,
auf gutem Schreibpapier 8 Gr.,
auf extrafeinem Belinpapiee 15 Ge.
Leipzig, im März 1833. |
F. A. Brockhaus.
-.. Blätter
fe," %
- . ;
’, “.
@ *
tr
lerne ls
literarifch
| Dienflag,
Zur Geſchichte der öffentlichen Meinung in Deutfihland.
Vierter Aztilel*’) .
Die karlöbader Bekchtäffe waren volgegen werden Eine
tiefe Ruhe, auf die hiee und da wieder lebhaft gewordene
Bewegung trat ein, und eine tange Reihe rwolitiicher
Schtummerjabre ſchien zu beginnen. : Einige Juanglinge auf
Aniverfitäten, die nicht meht mit. ber gewohnten. Dffenheit
und Ruͤckſichteloſigkeit auftreten konnten, fuchten ſich felbft
unter der Form einer geheimen Verbindung über die That⸗
- fadye zu täufchen, daß ihre Beſtrebungen von keinem na⸗
hen Erfolge gekrönt fein koͤnnten. Weit die Mehrhätt der
jungen Maͤnner aber, welchen die Wiebergeburt eines dat
[den Vaurlandes unter dieſer "oder jener Form der Ger
danke ihres Lebens geworden war, mußte allmaͤlig erken⸗
nen, wie wenig fie um die Beſchaffenheit des Bodens ſich
bekuͤmmert hatten, auf dem fie ihre peojectirten Staats⸗
‚gebäube aufzuführen gedachten, ‚forte um bie Mittel, bie
ihnen zur Hand waren. Mauchen uam rihnen, welche —
ohne innern Kern und Nachbait — ne eine Art politis
ſcher Dreſſut empfangen hatten, gingen im Verkaufe sind
ſpießbuͤrgerlichen Sefchäftstebens ihre frühen Ideale völlig
unter. Andere dagegen blieben fid) nicht bias ihres gu⸗
ten Willens beroußt, fondern bewahrten ſich auch. das Ges
fühl einer ausdauernden Kraft, die unter allen Verhälts
niffen nicht ablaͤßt, nach einem erhabenen Ziele zu fireben,
das früher nur undeutlich vorgeſchwebt hatte, das aber
mit jedem weitern Schritte heller entgegentreten mußte,
Allein fie glaubten daſſelbe nicht mehr wie frühse im
Fluge der Phantafie erreihen zu Tonnen, welche die in
ber Mitte liegenden Hinderniſſe verkennt und unbeachtet
laͤßt; fondern fie verfhmähten «6 nicht mehr, auch ben
kleinern Schritt vorwärts zu thun, den bie Befchaffenheis
Des Weges erlaubte, und die Klippen zu umgeben, bie
nicht Überftiegen oder Kberfprungen werden konnten. Go
wendeten ſich die Beſtrebungen diefer zu Männern gereif:
ten Simglinge mehr und mehr auf. die genauere Erfor⸗
fung und Würdigung der pofitiven Verhaͤltniſſe, und
mit richtigeem praktifhen Sinne gewannen fie größere prak⸗
tifhe Bedeutung. Diefer pſychologiſch⸗ nothwendige ·Bil⸗
-Dungsgang , dieſe faft aufgedrungene Abwendung von bar
inhaltieeren Allgemeinheit des Xhenretifirens und Phanta⸗
*) Den erften; „jreiten und dritten Artikel fiche im Nr. 69,
68, 87 und d. Bi. OD. Red.
°
nterhattung
ſirens wurde :nicht blos dadurch beſchleunigt, daß die Bes
1 euföchätigkeit der Einzelnen benfelben einen neuen und
richtigern Maßſtab für Beurtheilung der Menſchen und
Derhältniffe an die Hand gab, ſondern auch durch bedeu⸗
tende ‚weltgefchiggtliche Ereigniſſe. Die Erhebung eines
Theils des fpanifhen Volkes für die Conftitution der Cor⸗
wm...
fein mochte, daß vieleicht noch ein fruchtbares Gewitter vors
angehen müfle, ehe diefelben wachſen und gedeihen Eönnten.
Die Vollſtreckung der karlsbader Beichlüffe konnte nicht
verfehlen, der deutichen Literatur einen Charakter aufzu⸗
nöchigen, der weſentlich von bdemienigen verfchieden war,
ben fie unmittelbar nach den fogenannten Befreiungskries
gen ‚behauptet hatte. Schon in der ungehinderten Voll:
firedung jener Beſchluͤſſe fehlen gewiffermaßen ein Ber:
dammungsurtheil für die verfuchten Neuerungen zu liegen,
Es war alfo natürlich, daß die Literatur dieſer Thatſache
fi) bemächtigte. In diefe Periode fiel die Bedeutung,
weiche Degel und feine Schule gewannen. Man hat Des
gel einen koͤniglich preußiichen Staatöphilofophen ‚genannt,
und dieſer Ausdruck iſt treffend genug. Zugleich wird
man ‚durch die Beſtrebungen dieſes Philofophen und durch
defien Stellung zu feiner Zeit an Goͤthe's Worte erinnert :
Dann kommt ber Philofoph herein |
, Und beweift Cuch, ed müßte’ fo fein.
Immer waren jedoch Degel und feine Anhänger, inſoweit
fie das Gebiet der Politit in ben Kreis ihrer Korfchuns
gen zogen, die. tiefiinnigften und fiharflinnigften Verthei⸗
diger der Stabilität, welchen gegeriüber die Seichtigkeit
vieler ihrer Gegner aus der großen Schar ber geiftig fo
=
/
406: x.
Y
bequemen Altagsphilofophen um fo greilee herbortreten
mußte. Gleichwol vermochte ſelbſt die Hegel'ſche Dialek⸗
tik nicht wegzuraiſonniren, was man ſo gern in das Ge⸗
biet der leeren Abſtractionen verwieſen haͤtte. Trotz allem
Raiſonnement blieb die a Geſchichte beftchen,
uf fi we Dgenammnten libsrplen: Ideen, die jegt vor Ver
Auſſtokratte der Geburt fie von einigen ſtterartſchen Gofden
verfolgt und geächtet wurden, Taufende und Millionen ge:
firebt und gelitten, gehandelt und geopfert hatten. Was
daher Einzelne 7 | ABER mochten, vie er:
ſcheinung ſelbſt mit ihren unvertifgbaren Spuren war allzu
eiefengtoß, als’ daß der Glaube ber, Völker an efne 0:
um Beften, wei: Va _KUNE De
hätte erfchüttert werben können.
It) U ⁊ Ü
gedrungen fühlte, den unverwuͤſtlichen Keim und Kern der
pofitifchen Erſcheinungen der Tngfteri Zeit Über ihre Schafe
hinaus und bi zu ihren tlefern Wurzeln zu ergründen.
Aber auch der Maffe nah, blieb die deutfche Literatur
sum größern Theile den einmal herrfchend -geroordenten "It:
deralen Anfichten Agewendet, umgeachtet des Drud der
Genfur, mweldher auf ihr laſtete, der jedoch nach einiger
Zeit —-wie dies zu gefchehen pflegt — meritgftens da
md dert von feiner erflen Strenge nechlich. Und biefe
vorherefchende politiſche Richtung, theilte ſich faſt allen heiten
der Literatur mit: ſelbſt ſchoͤngeiſtige Tagblaͤtter oder kriliſche
Inſtitute waren derſelben mehr oder mindet gefolgt.
immer waren jedoch der politiſchen Literatur die Sid
gel fo weit gefchnitten, daß fie — wenn fie auch nicht
Eriechen mußte — doch nur mit den naͤchſtliegenden und
unmittelbar praktifhen Fragen ſich beichäftigen konnte.
Mon erhob fich nicht leicht mehr bis zu den Höhen der
Politik, fondern fucjte lieber in der Ebene jeden Frußbreit
freien Raumes zu benutzen. Was das WVerhäteniß der
deutfchen Gtiederftanten zur Geſammtheit derfelben betrifft,
fo fehlen ſich einmal Hierin nichts ändern zu laſſen. Ohne
daron zu ſchuͤtteln, oder auch nur die praltifche Bedru⸗
tung dieſes Verhättuifles für kuͤnftige mögliche Bälle im vor:
aus beſtimmen zu wollen, ließ man bie Sache fliehen, auf fo
ftarten oder ſchwachen Süßen fie grade fliehen mochte.
- Ein Theil ber bdeutfchen Bunbesftaaten. war zu con⸗
flitutionneten Monarchien geroorben. Hiermit ſchien auch
für die eimelnen Gliederſtaaten das Princip zur Beur⸗
theitung der Erſcheinungen des oͤffentlichen Lebens feſtge⸗
ſtellt zu ſein. Man nahm es fuͤr eine ausgemachte Sache
an, daß die conſtitutionnelle Monarchie, roentgftene unter
"den gegebenen Umftänden, die beſte allet Verfaſſungsfor⸗
men fe. Man wiederholte ſich fo oft die Lehre von dem
heilfamen Gleichgewicht der Staatsgewalten, daß man end⸗
lich an diefe- abfolute Heilſamkeit nit minder fell zu
glauben ſchien, als man in dan Zeiten vor ber Reforma:
tion am die Untrüglichleit bes Papftes glauben mochte.
Alten während man das Prindp .bex Fürfimfonverainetät
fetbft von ferne immer -amzutaflen verfüchte, vertheidigte
man gleichwol alle Gonfequenzen, die aus der Vorausſe⸗
ne
Die ganze Dppoſition Hegel's und feiner Anhaͤnger Hatte
nur die Kolge, daß jetzt auch ein Theil ſeiner Gegner fich
ſatze entſpringen, daß man jedem zum Gefuͤhl ſeiner Selb⸗
ſtaͤndigkeit gekommenen Volke eine entſcheidende Theil⸗
nahme an der Geſtaltung bes oͤffentlichen Lebens nicht
ferner verweigern dürfe. Wer auf unſere politiſche Lites
kur sr
dan Juliercig růdblidt Kank
ch Leicht überzeuhen, wikt zahlreiih, im Vergleiche mit
Denjenigen, welche entgegengeſetzte Anſichten vertheidigten,
die Stimmen waren, die ſich fuͤr Oeffentlichkeit des ge⸗
Srerſchrene acsſpracher; Tür bie Emführung _
vn db ia 3 karls der Bi
n
Beſchworenengerichten, wenigſtens bei politiſchen und
eßvergehen; für freiere Wahlgefege im Sinn des bemo:
unferer erſten Kammern, welche ber. Derrfchaft eines wahr:
Haften Volkswillens fo laͤhmend entdegentraten; für bie
weitere Emancipation der Gemeiden; für populalte Wehr:
verfaſſeng m; |. m; Dies Alles kotinte um fe weniger
verfehten, An der öffentlicgen Meinungeſich Eingang mr
verſchaffen, dals zugteich die Maſſe der Literatur, narkente
U der periodiſch⸗ politiſchen, an Umfang bedeutend zu⸗
nahm, und als bei dem groͤßern Theile des Publieumé
fchon die fortwährende Wiederholung derfelben Anfichten
zu genügen.pflegt, um diefesben zu einem unbezpeifelten
Dogmm zu oerheben.
Schon oben wurde darauf hingewieſen, daß ber Kampf
des Dentſchen Volkes gegen was Ausland zugleich eine ver
ligioͤſe Richtung genommun hatie. Darum ergoß ſich Am
Theil der aufgeregten geſtäͤgen Elemende Tr das Andy
lich⸗ religioͤſe Gebiet; um fo meht, als man daſelbſt eis
nen Kampfplatz vor ſich ſah, wornuf man weniger bes
fürchten mußte, burch die Schranken der Cenſur beengt
zu werden. Man ummelte fich hier mit zahlloſen Schrift
ten und. Gegenſchtiſten heramm, amd nicht nur die Theo⸗
logen vom Handwerk, ſondern auch fonft ein zabiceiches
Publicum nahm Theil an doen kirchlichen Streitigkeiten.
Um ſich zum Ritter zu machen, verſchmaͤhte man es wol
nicht, ſelbſt gegen eingeblidete Feinde bie Lanze einzule⸗
‚gen. Dan wußte ſich Jeſuiten und Jeſuitismus zu er⸗
finden, fo viel man grade brauchte, wm gegen fie zu Felde
zu ziehen. Mehten unſer Kathedethelden gelang «8 auf
dieſe Weiſe, ſich ohne Gefahr und fehr wohlfeilm Preifes
für eine Beittang dem Ruhm eines Überatiimus zu ers
werben, der freilich während der betzten Jahre im Gurfe
ſtark gefallen Hi. Immer trug indeſſen auch die theolo⸗
giſche Mopffecheerei dazu bei; daB man den Stauden an
das Daſein inwerer Feinde nicht verlor, und bag bie Luft
an Kampfe mit ben Waffen des Geiſtes forwie der Stimm
für Oppoſitton in Thaͤtigkeit erhalten wurden. -
Noch ein anderer Zweig unſerot Literatur, zur heils
ſamen Ruthe für das demtſche Volk beſtimmt, hatte bie
Wirkung, daß es auf ben Lorberen ſeines Befreiungskrie⸗
ges nicht einſchlafen konnte, daß es wenigſtens fortwaͤh⸗
rend von unruhigen Traͤumen heimgeſucht wurde, die fein
endliches Etwachen beſchleunigten. Die erſten hochgeſpann⸗
ten Erwartungen waren getaͤuſcht worden. Die Waffen,
womit man Diejenigen, welche für die. Urſache ber Taͤu⸗
yung der Muͤndigkeit der Voͤlker und aus dem Gmunds | ſchung galten, gradezu hätte angreifen können, waren aus
\
den Händen gefchlagn. Man griff alfo zu, der verſteckten
Maffe der Ironie; man fpottete Über fi) ſelbſt, um auch
über Andere fpotten zu koͤnnen; man lachte und drgerte
fich zu gieicher Bei, As Vorkaͤmpfer auf. diefem Felde
fahen wir einen Menzel, der vor Anbeen in das faule
Fleiſch oft fo tief einzufchnelben verftand, einen Seine,
Boͤrne, den Verf. von „Welt und Zeit”, ben bitter = fars
kaſtiſchen Sepbold, den frühen Redacteur der damals weits
verbreiteten „‚Nedarzeitung” u. A. Iſt aber ein Schlafender
eine Seitlang mit Stedinadeln gefigelt worden, fo mag es ge:
ſchehen, daß er endlich auch mit den Käuften um ſich fchlägt.
Schn wir vom Gebiete der Literatur zur Betrach⸗
tung der meitern Thatfachen bes Öffentfichen Lebens über,
fo haben mir bie zunaͤchſt de Entwickelung und den
Einfluß des landftaͤnbifchen Weſens müher zu betrachten.
Mehre Eonftitutionen waren in das Leben getreten, che
die Partei der Reaction ihre Kräfte zu gemeinſamer hem⸗
mender Thaͤtigkeit vereinigt hatte. Inöbefondere war man
noch. mit der würtembergifchen Verfaffung faft gleichzeitig
mit den karlsbader Befchlüffen zu Ende gekommen. In
der conftituicenden Werfammlung in Würtemberg waren
damals Mehrre er Meinung, daß man auf eine unver:
zuͤgliche Ausdehnung der Volksrechte beftehen folle, ſelbſt
auf die Gefahr hin, daß das ganze Verfaffungswert nicht
zu Stande käme. Sie hielten dafür, daß man ben et
woigen Gerwirm des Augenblicks auf das Spiel ſetzen
möffe, und daß man dann in der Folge um fo größerer
Bortheife und einer mehr geficherten Freiheit ſich gewaͤr⸗
‚tigen dürfe. Wenn ſolche Anfiht in der Mitte unferer
ftändifchen Verfammlung jest fi geltendmacht, nachdem
die politifche Aufklärung des Volkes und deſſen Theilnah⸗
me am Deffentlihen an Umfang bedeutend gewonnen has
ben, fo -Iäßt fich derfelben, von einem höhern politifchen
Standpunkte aus, durchaus nur Beifall zollen. Allein
um bdiefe politifche Aufllärung -zu verbreiten und eine ce
gere Theilnahme zu weder, war doch immer vorerft sine
Uebergangsftufe nothwendig, die wicht Üuberfprungen werben
fonnte. Auch liegt wol in ber Thatſache, daß es haupt:
fächlich die Bewohner der conftieutionnellen Staaten Deutſch⸗
lands find, bei welchen ein lebhaftere® politifches Intereſſe
ſich zeigt, ein genlgender Beweis, daß das Juſtitut ber
- Xandftände, als eine Schule des öffentlichen Lebens, nicht
ganz ohne Feuͤchte geblieben iſt. Durch bie Verhandlung
der das Gemeinwohl betreffenden Fragen wurden Anfich:
ten und Begriffe verbreitet, die früher entweder gar nicht
vorhanden, oder hur das Eigenthum einer verhältnißmäßig
Heinen Anzahl von Geblldeten waren. Gleichwol laͤßt ſich
nicht leugnen, daß der befonders augenfällige Umſtand, daß
während einer langen Reihe von Friedensjahren der Staates
aufwand gar nicht, oder nur unbedeutend verringert wurde,
Ki der geößern Menge der Bürger und Bauern das ganze
Inſtitut der Landflände etwas in Miscredit brachte. Als
Lein. fie mußten es wenigftens.ins Auge fallen, und fie
waren hierdurch genöthigt, auch einigermaßen auf bie
Gründe einzugehen, warum die eine Zeitlang gehofften
Früchte nicht geerntet wurden. So mußte felbft die Auf:
findung der Mängel und Gebredhen an den verfchiebemen
——————— en
407 ,
Eonflitutionen zum Mittel dienen, das Volk geiflig zu
üben umd feinen Blick über den engen Kreis bes. buͤrger⸗
lichen Lebens auf ein Höheres zu richten. Auch brauchte
man nicht grabe ein fcharffichtiger Beobachter zu fein,
um tin ber Maſſe des Volks die weit verbrfftete Mebers
zeugung zu entdecken, daß durchaus in keiner Ruͤckkehr zu
dem Zuſtande der abſoluten Fürftenherrfchaft das Heil zu
ſuchen fei, fondern daß einzig ein beharrliches Vorwärts:
fhreiten, und hiernach die Ausbildung und Vervollbomm⸗
nung des vepräfentativen Syſtems, zum WBeffern führen
koͤnne. Die Ueberzeugung mußte um fo mehr Eingang
gewinnen, als bie Mehrzahl der Gebildeten, alfo Derje:
nigen, welche dem Volke gegenüber das Wort führen und
ſtets die Leiter der Öffentlichen Meinung find, nimmer er:
mübete, die Vorzüge und Bortheile der Repraͤſentativver⸗
faſſung in das Licht zu fegen, ohne die Mängel und Feh⸗
ler der jüngft entfiandenen Verfaffungen verdecken zu wollen.
Bon unermeßlich größerer Wichtigkeit als dies Alles
waren jene Zhatfachen ber neueften Gufturgefchichte, die
zunaͤchſt nur die materiellen Intereſſen zu berühren fcheis
nen, bie aber zugleich auf die Volksſtimmung und die
öffentliche Meinung von dem entfchiedenften Einfluffe find.
Gleichwol pflegen diefelben viel zu wenig beruͤckſichtigt zu
werden, weil ihre Wirkungen nur allmälig fich entwi⸗
dein, bis endlich die Summe berfelben bei irgend einer be
fondern Veranlaſſung in einem großen Gefammtrefultate
zum Vorſchein kommt. Unter dieſe Schotfachen” gehört
vorerft die während der Friedensjahre fo beträchtliche Wer
mehrung ber Bevoͤlkerung. Nicht nur dewirkt die Zu-
nahme ber Bevölkerung eine größere Concurrenz in allen
Zweigen des Erwerbs, eine gegenfeitige Beſchraͤnkung deſ⸗
felben und hiernach vielfache Kingen über Nahrungsloſig⸗
keit, fondern es wird hierdurch auch bie Maſſe des Volks
reizbarer gegen alle von der Staatsgewalt ausfließenden
Maßregeln; denn fobald in einem Bezirke die Bevoͤlke⸗
rung fich verboppelt hat, fe werden auch alle Maßregeln
der Staatsgewalt doppelt empfunden. Gleichmaͤßig belebt
fi) der geiſtige Verkehr, und der Austaufch der Anſich⸗
ten über alle Schritte und Fehftritte der Regierungen
geht rafcher von flatten, während überdies das Bolt, in
größerer Menge zufammengebrängt, feine größere Bedeu⸗
tung fühlen lemt. Schon biefee einzige Umſtand erklärt
ed, warum bie Öffentlihe Meinung fortfchreitend an
Stärke gewinnen muß, und warum e8 von Tag zu Tag
eine dringendere Aufgabe für die Regierungen Europas
wird, nur im Sinne ber öffentlihen Meinung zu regieren.
(Der Beſchluß folgt.) . .
Aeſthetiſche Schriften von Gottfried Auguft Bür:
ger. Herausgegeben von Karl von Reinhard.
Ein Supplement zu allen Ausgaben von Bürger’s
Merken. Berlin, Bechtold und Hartje. 1832. 8,
18 Gr.
Einige äftpetifche Auffäge Buͤrger's, aus einer Zeit, wo bie
Aeſthetik als Wiffenfchaft noch fehr im Argen lag, koͤnnen, in
biefem Büchlein mitgetheilt, heutzutage nicht mehr -bebeutend
genug erfcheinen, um ihsen Abtrud, aus mie wohlmeinenden
beffeen Fuͤhrern und treueim, kraͤftigerm Zuſammenwirken
würde diefee Kampf einen berrlihen Stamm beutfchen
Urvolkes, von Ungarns Marten bis an den Lech und bis
an ben Boͤhmerwald vereinigt haben.” — In biefen un:
ſchuldigen wenigen Zeilen läßt fich bie Quinteſſenz der deut
ſchen Geſchichte wiederfinden. MWangel-an einheimifchen
Führern und an Eräftigem Zuſammenwirken grade in ent-
fcheidenden Momenten war die Urfache, warum bie Gele
genheit zur Conſolidirung verloren ging und Fremden das
Erbe der Deutfchen zu Gute kam. Wenn aber bas fran:
zöfifche Haus Lothringen an bie Stelle der Habsburger
trat und jegt mit allgemeinem Beifall aller beutfchen
Sürften die. Suprematie ausüht, wie foll man babei ei⸗
nm Sinn finden — in bem Franzoſenhaſſe, den ſelbſt
Verehrer dieſes franzoͤſiſchen Daufes als das Fundament
jedes deutſchen Patriotismus anpreifen? Sollen, können
wir vergefien, daß dem Bunde mit Frankreich Baiern feine
Vergrößerung verdankt, während der Wertrag von Wied
nur Verklirzung zur Folge hatte und bie Ausgleihung
noch immer vergebens erwartet wird? — In der Biogra:
phie des Grafen Pappenheim findet fi eine andere merk:
würdige Stelle, die wir indeß ohne weiten Commentar
nur anführen. Im J. 1793 bei dem Gefechte hinter
Chateau: Sambrefid hatte Graf Pappenbeim nah dem
Zeugniß ber oͤſtreichiſchen Dffiziere ben Thereſienorden red⸗
lich verdient.
Er vernahm, ber Orden ſei ihm geweigert. Sein Unwille
war ohne Grenzen. Er verlangte bie Entlaſſung (aus dftreichir
ſchem Dienft) und erhielt fie. In bem mächtigen Deftreich ſchien
man gar oft nicht zu willen, was ber rechte Dann im rechten
Augenblicke werth fein koͤnne. Dort war nicht felten Alles nur
Gnabe, unb kaum geſtand mun ein echt. — An bemfelben‘
80. Dctober , an welchem Pappenheim vor 20 Zabren bei Cha:
teau = Sambrefis den Thereſtenorben verdient, aber nicht erhalten
hatte, errang er ihn bei Hanau, felbft verwunbet und zwei
Pferde unter dem Leibe verlieren.
Leber Bemerkung über dieſe Stellen uns enthaltend,
wünfden wie darauf aufmerkſam zu malhen, daß in dies
fen Biographien, fowie in andern Artikeln bes Taſchen⸗
buche ſich echt bairiſcher Sinn und Geift ausfpredyen,
und fo auch hier Imbividualitäten geltendmachen, weldye
der Fremde nit flüchtig uͤberſehen und oberflächlich beur:
theiten, ſondern in ihren innern Kern zu bringen fuchen
fol. Vieles, was das Taſchenbuch enthält, muß mit
bairiſchem Geiſte gelefen werben.
Der zweite Artikel gibt eine Weberficht dee bisherigen
Leifiungen bes Herausgebers. Der fehr reiche inhalt ber
hiſtoriſchen Taſchenbuͤcher ift Hier mit Ausführlichkeit ans
gegeben. Wir bedauern, daß ber befchränkte Raum d. Bl.
uns nur ein paar kurze Auszüge und die fummarifche
Angabe der Rubrtiken geftattet.
Abgefehen von Quellenſtudium und Kritil, von ber Zahl
und von der Bebeutenbheit der durch ihn entdeckten und herauss
gegebenen Urkunden, Arcdivalacten, diplomatifhen Correfpondens
zen, Memoiren und Chroniken (bie in einem eignen Directorium
zufammengeftellt find) bat ber Herausgeber biefes hiſtoriſchen
Taſchenbuchs in demfelben wie in feinem burch 19 Jahre (1810
— 29) in Wien erſchienenen „Archiv für Geſchichte, Stati⸗
Kit, Literatur und Kunſt“ ben’ Zweck beharrlich verfolgt, bie
Baterlandegeſchichte durch bie rebende und bildende Kunft mehr
und „mbr zu populaficen und gu nationalifiren —, MR dem Ge
iS in bie Herzen zu verpflangen, auf ben ten nicht
minder als auf ten Studirpulten einheimiſch zu machen, durch
bie Frauen auch der Jugend einzuflögen und vorzugsweiſe vater
ländifche Begeguiffe, Großthaten unb hervorragende Männer bu
bie Ballabe, Legende unb
ſcher Form, In der Hiſtorienmalerei und im Beöreihf zu ver
ervigen. — Diefe Taſchenbuͤcher, eben jenes Ardyiv und bie wies
ner Kunftausftellungen (1820 — 28) erprobten burdy gahlreidye
Hervorbringungen, daß jenes Streben nicht umfonft geweſen fei,
und lebhaften Anklang in vielen hellen Köpfen, in vielen wars
men Gemäthern gefunten babe.
Die erfie Form, unter weldyer biefe hiſtoriſchen Taſchenbuͤ⸗
her erfchienen, waren die einft durch Johannes Dlüller fo wohls
wollenb gewürbigten Tiroler⸗ Nimanadpe‘‘ (1802 — 5), Diefen
folgte (1810— 14) eine zweite Serie, ben ganzen Öftreichiichen
Kalferfiaat umfaflend und neben manchen populairen, auf eim
großes und gemiſchtes Publicum berechneten Yuffägen, auch Fri
tiſche Abhandlungen, infonderheit über die Geographie bes Mits
telalters enthaltend —, Beiträge zur Preisfrage bes durchlauchtig⸗
ften Erzherzogs Johann über mehre Hauptpunkte der geſchicht⸗
lichen und ſtaatsrechtlichen Verhaͤltniſſe Inneroͤſtreichs von Karl
dem Großen bis zur Aechtung Heinrich‘s des Löten u. f. w. —
Aber es fehlten auch »nicht jenen beiden früͤhten Reihenfolgen
vaterlaͤndiſch· geſchichtliche Bolladen und Romanzen von Karoline
Pichler, von Weiſſenbach, Collin, Rupprecht u. ſ. w
Des Herausgebers vieljährige Freundſchaft mit den ebein
Brüdern Sollin förderte den gleichen Zweck nicht wenig. — Hein⸗
rich von Collin, der Dichter des „Regulus“, hatte „„Kalfer Als
breht's Hund, „„Dersog Leupold vor Bolotharn‘‘, ‚„Kaifer Mar
auf der Martinswand‘‘, in Dormaye’s ‚Archiv‘ niedergelegt. Geis
ner Trilogie aus bem Leben Labislans Poſthumus unb ber Hunnp⸗
aben entriß ihn ein allzu früher Tod. Matthäus von Collia
(Erzieher des Herzogs von Reichftabt und durch geraume Zeit
Brebacteur ber „Wiener Jahrbuͤcher befprady diefelde Kichtung
im Archive⸗: „Ueber bie nationale Weſenheit der Kunſt“, — und
„Meber die Beziehungen ber Kunft zum Gtaate”. Im 3. 1819
verband fidh dem Freiherrn von Hormayr einer ber vdelften Uns
garn, ein fruchtbarer Sammler und Schriftfteller des Hiftorifchen,
naturbiftorifhhen, landwirthſchaftlichen und ftatiftifchen Faches, ber
Freiherr Ludwig von Mednyanszky, zur Wiederaufnahme ber His
ſtoriſchen Taſchenduͤcher, wie Beide im „Archiv ſchon jahrelang
eine eigne fiehende Rubrik fortgefeht hatten: „ob denn Oeſtreichs
Geſchichte fo arm an wahrhaft bdichteriſchen Stoffen fei?” — Zehn
Sahrgänge gaben die beiden Freunde ununterbrochen mit einans
ber heraus (1820 — 29). t Hormayr's Mebertritt in dem
bairiſchen Gtaatsbienft find von ihm allein vier Sahrgänge er⸗
ſchienen, in allın vier Serien zweiundzwanzig.
Aus der eigentlichen „Ueberficht des Inhalts ber Tas
fhyenbüdyer” bemerken wir, daf die Rubrik bee Gebichte
Beiträge lieferte von Karoline Pichler, Thereſe Artuse
(Theone), Matthäus von Gollin, Zacharias Werner, dem
Freiherrn von Zeblig, dem General Freiherrn von Roth
Eich, Eduard von Schenk, dem Prof. Sendtner in Muͤn⸗
den, dem Grafen A. X. Auersberg, ©. 5. Ebert in Prag,
Guſtav Schwab, Gaftelli, Eduard Duller u. A.
Ahnentafeln und Burgen, — Sagen und Legenden, Zeichen
und Wundersals Sammelpunkte romantifcher, tragiicher, epiſcher
unb malerifher Stoffe, bilteten vom Anbeginn eine fiehende Ru⸗
brit des Taſchenbuches, nicht minder Biograpien hoher Frauen
unb in Krieg ober Frieden, im Sabinet ober in Kunſt mb Wil:
ſenſchaft hervorragender Maͤnner, — Monographien einzelner Er⸗
eigniffe, Inftinite, Communitäten, Wolle s und Gpottlieber aus
verfchiebenen Epochen vom 15. bis zum Beginn bes 18. Jahr⸗
hunderte. — Bon Biograpbien waren mehre bem ſſe
ebler Koͤnigetoͤchter Ungarns gewibmet, der heiligen Sliſabeth;
Margareten, der Wenigen nten Tochter Bela'e IV., deren
*
Nomanze, in epiſcher und dramaſ⸗
M—
w
n
in b Händen % amilie B v nden
ae en reis dee olteiblenlicher Kun R m ur der
+ x Eubiwig’s bes. G ber potnifigen Hebwig und
ungarifchen Maria, beren Geſchicke allein bai Erben
ter Scott’3 hätten Serhäftigen Eöunen, fowie bie Beiben noch
einer 'polnifden Debtoig , dem Baierherzog Georg bem Reichen
von Landshut vermäplt.
An die biographifchen Skizzen reiben. fich berühmte Rei⸗
Sende und Abentenrer; unter welchen ein Ulrich Schmidl
von Straubing, einer dee Erbauer von. Buenos : Apres,
im diesjährigen Zaſchenbuche. — Aus Böhmen und feinen
Mebenreichen ſowie aus dem deutſchen Deſtreich und bef
fen Provinzen wurde in bie Taſchenbuͤcher eine fehr reiche
Sammlung von Sagen und Begenden geliefert, bie ben
Freunden vomantifcher Dichtung reichen Stoff zu Balla⸗
den und Romanen liefern koͤnnen; auch dem Hiſtoriker
werben fie als charakteriftifche Geburten bee Vorzeit. in
gerefiant und willkommen fein.
Pr Der Verf. ſchließt feine Ueberſicht mit fosgender Er⸗
rung:
* vaterlaͤndiſche Sinn, den dieſes hiſtoriſche Taſchenbuch
ih engem Bunde mt dem ihm treu zur Seite fichenden „Ars
chive⸗ geweckt, das viele Frivole und Entwuͤrdigende, was «6
verdrängt, der Anklang, ben es auch in ebeln Frauen, auch bei
der Jugend und im Volke gefunden, bie ſchoͤnen Früchte reden⸗
der und’ bilbenber Kunſt, bie es hervorgebracht hat, der thätige
Antheil fo vieler edeln Männer von Hermannftadt und Peſth bis
Münden, Augsburg und Gtuttgart und aus den Alpen Tirols
Bis in die Subeten und in ben GSpeſſart flößten bem Heraus⸗
geber den feften Entſchluß ein, biefes fein volkathuͤmlich gemein:
tes Unternehmen nur mit feinem Leben aufzugeben. — Moͤge ſich
ihm auch das alte WBohlwollen unverfämmert erhalten !! '
. Die glauben, als verbuͤrgt ben letzten Wunſch des
berühmten Berf. anfehen zu Finnen.
Der Beſchluß folgt.)
Correſpondenznachrichten.
Pris, März 1088.
Daß ber Herzog von Braunſchweig wieder hier iſt und ſich
ein Haus in den namps &lysses gekauft bat, wird Ihnen
bekannt fein. Manche behaupten, er fei nie von Paris fort:
ewefen. Rod immer ift fein Proceß gegen das Minifterium
unentſchieden; unterbeffen circulirt ein in feinem Namen gefer
tigtes Me&moire, welches in mandyer Beziehung Iefenswerth iſt.
Der og erzählt darin feine ganze Zugendgefchichte, feine
Misverhältniffe mit feinem Vormunde und der Ariftokratie,
die gegen ihn während feiner Abweſenheit gefchmicbeten Plane
und feine eignen populairen Abfichten binfichtlich des Herzog⸗
thums Braunfhweig. Gr führt an, wie er von frühe her De
Dudlereien feines Vormundes, des Königs von England, und
deffen Stellvertreter, des Brafen von Münfter, zu erbulben
gehabt, wie das Intereffe ber jängern Linie (Hanover unb
nglanb) jenem ber Altern (Braunfchweig) feindlih und ba-
her die Abfiht des Königs von England auf längere Benu⸗
gung ber Bormundfchaft gerichtet gewefen ſei. eine, des
jungen Herzogs, Antipatbie gegen die Ariftokratie, bie Wer:
weigerung eines vorgelegten Gonftitutionsprojectes und ber
barüber in ber beutfchen Bundesverfammlung geführte Streit
abe ihm bie Beindfchaft der Ariftokratie zugezogen, und als er
— —* Bari 3 j der —— on beigewopnt
u ogar ſehr nahe be ampfplage befunden,, in
Vaterland zuruͤckgekehrt fei, habe er alsbald bie in Braun:
faweig gegen ihn gefchmiebeten Plane bemerkt. Seines Bru-
bers Wilhelm gebentt bee Herzog nicht lobend, und wenn ſeit
fpäterer Verſuch, nach Braunſchweig —— ren und dem
kande eine neue Conſtitution mit populairen Verbeſſerungen zu
eben, misgluͤckt ſei, fo liege der Grund hiervon in dem an:
uglich verſchleierten, ſpaͤter offen ſeindlichen Benehmen ſei⸗
nes Bruders, welcher den deutſchen Bund auf ſeiner Seite
habe. Beſonders bemuͤht ſich der Herzog die in dem pariſer
Libell gegen ihn ausgebreiteten Berleumdungen zu wiberlegen,
wie namentlich: daß er feinen Hofmelfter Einfingen in Lauſanne
habe töbten wollen, weshalb dieſer fi zum Fenſter hinausge⸗
ſtuͤrzt; daß er Chemie ftubirt habe, um die Gifte zu kennen;
daß er, was man befonders unter den Bauern verbreitete, ber
Hexerei fi ergeben, und daß man unter ben Ruinen feines
Schloſſes Giftflaͤſchchen und Eiften der Freunde und Feinde des
Herzogs gefunden habe. Außerbem verwahrt er ſich gegen ans
bere ddutigunge, wie 3. B. ber. Steuervermehrung, bes
bauptet niemals Befehl gegeben zu haben, auf bad Volk gu
hießen, leugnet, in Nizza ober ın der Schweiz Verbindungen
mit der Herzogin von Berri unterhalten zu haben, dagegen
babe man ihm, als er im Zahre 1832 von Spanien über Nizza nad
Paris zuruͤckgekehrt fei, Hoffnung gemacht, daß das Gouvers
nement ihm bie
fen und Soldaten zu werben; ein Offizier pabe ihm garan⸗
tirt, mit 2000 Mann nach Braunſchweig zuruͤckzukehren. Die
gegen ihn ausgebreiteten Beſchuldigungen hätten keinen andern
Zweck als feine Popularität zu zerftören, bamit er nicht an einem
fhönen Tag ſich an bie Spige einer Volksbewegung in Deutfch-
land ftelle, unb einftmeilen wolle man ihm jedes Aſyl entzie⸗
ben, em man ihn beinahe um fein ganzes Vermögen
gebracht.
Die Geſellſchaft fuͤr die intellectuelle Emancipation hat
ben erſten Schritt zu einem Unternehmen gemacht, welches,
bei zwedtmäßiger Leitung, großen Erfolg haben kann. In Frank:
reih wie in Deutſchland befteht feit Langer Zeit ber beinape
privilezirte Unfug, aus bem einzigen Buche, welches der Land:
mann und Handwerker in feinen Beierftunden Lieft, ein Dufter
von Abgeſchmacktheit und Albernheit zu machen. Dort wie hier
las der Bauer, flatt vernünftiger Anleitungen für fein Haus⸗
und Bauweſen, ftatt Unterweifung in feinen Rechten und Pflich:
ten u. dgl., Schnurren und Schwaͤnke, abenteuerliche Lügen
und noch verftanblofere Wetterpropbezeibungen, aber in einem
Kalender, welcher ihm meift aus bem Auslande gebracht wurbe.
um biefem Unfug gu fleuern, bat bie genannte Geſellſchaft,
welche auch das „Journal der nüglichen Kenntniffe” berausgibt,
den Anfang mit einem neuen Kalender gemacht und verſprochen,
im nädften Jahr für jedes der 86 Departements einen eignen,
nady feinem Klima, feiner Lage, feinen Bebürfniffen und Erwerbs⸗
uellen bereihneten Kalender herauszugeben. Der Plan, welchen bie
Gefenihaft dabei im Auge hat, ift, nebft ber Befeitigung bes
_NRacıtheils der bisherigen Kalender, jebem Franzoſen, welcher
Iefen Tann, feine Pflichten, Rechte und Intereffen in ben vers
fiedenen Sigenfchaften des Hausvaters, des Nationalgarbiften,
des Befchworenen, bes Soldaten, bed Steuerpflichtigen, bes
Wahlmannes, des Gemeinderathes, des Maire und Abdjuncten,
des GSonfumenten, bes Aderers, bes Handeldmannes und des
Handwerkers zu zeigen. Der diesjährige Kalender bildet einen
Duobezband von 224 enggedrudten Seiten, in welchem ent»
halten tft: Die Erklaͤrung, bie Seichen und Inbicien bes Wet»
ters, das alte und neue Gewicht und beffen Berechnung unb
Reduction, Zinstabellen, ein Kalender für Aderbau und Gaͤrt⸗
nerel, Unterricht und Anwelfungen in ber Hauswirthſchaft, eine
Statiſtik von Frankreich, welche fi mit ber Ueberſicht ber
Sahrmärkte und mit einer Biographie ber im Jahre 1832 ger
ftorbenen berüßmten Männer enbigt, nebft 44 erfiärenden &
guren. Dieſer Kalender ift zu 1,300,000 Exemplaren gebrudt
und Eoftet zehn Sous. Ich gebe Ihnen bie, zur beffern Bes
urtheilung feiner Nüglichkeit, eine Weberficht feines Inhaltes:
1) Anleitung zur Aftronomie: Erklaͤrung ber Weltlörpers
der Sterne; der Sonne; ber Planeten; ber Erbe; bed Mons
bes; der Kometen; Wetters Jahreszeiten; Sonn: und Montfins
fterniffe; Erklaͤrung der verfhiedenen Kalender unb Zeitrech⸗
nungen; Vergleichung bes republikaniſchen und gregorianifchen
Kalenders. 2) Naturlchre unb Meteorologie: bie Erde; bas
-
Ermaͤchtigung ertheilen werde, Waffen zu kau⸗
-
—2
Rotjzen; Aſſecuranzen; Borfihtsbant; Hypochekencaſſe; fe
past und dadurch eine namhafte VBerbeflerung ihres moralt⸗
" Kinder und Entwöhn
ARD
Bun vi eu 3 de Kimpiphärs bie umpeie:
n 1 By das Eeuers dae Lichts —* —
und deren Kin Tem
nungen; eratur in Ihren —
faltigen 3 und —— Windes Irr⸗
tichter; Wolken und Rebel; der Regen; der en und ber
Dagel; ber Thau und ber Reifz das Bis; Anzeigen und Nor:
bebeutungen bes Wetters und außerordentlicher Naturerſcheinun⸗
en; Barometer. 3) Gefegestunde: hauptſaͤchliche Geſetze ber
ammerfigung von las a a2 82; or hie —** Ge⸗
ſetzbuͤcher; echte des franzoͤſiſchen Bürgers in feinen verſchle⸗
denen Stellungen; echte und Pflichten ber Kinder und Altern
wechſelſeits; über Gröfchaften und Schenkungen, Kauf und
Taufe) gest und ‘Diethe, "Sefenfchaftevertrag und Obliga⸗
tionen; eldpolizei und Polizei der Handwerker, eine
Amnieltung, welche im Höchflen Grade nügli und wiffenswertp
ft, um den „gnbmann und Handwerker in feinen gewöhnliähften
—e— ten zu leiten; Reclamation im Fall von Ueber:
Reuerung; über das Bettels und Bagabundenwefen; Modell
der gemöhnlichften Acte und Verträge im bürgerlichen Leben;
neues Maß und Gewicht; franzöflfcher und fremder Münzfuß;
Binsberechnungstarif der Erfindungs⸗ und Vervollkommnungs⸗
brevets; Stempel: und Regiſtrirungebuoͤcher. 4) Gtatiftifche
meine Austrocknungsgeſellſchaft. 5) Häusliche Gefundheitsichre
und Mittel: unter biefer Weberfchrift wird der menſchliche Koͤr⸗
per anatomifch befchrieben, Vorſchriften der Diät gegeben, Re
gein über bad Anlegen und Gintheilen der Wohnungen ertheilt,
fobann über die Kleidung, über die Speiſe u. f.w. — Wenn
hier das Tabackrauchen mit einer Art von Abfcheu verworfen
und als den Zähnen hoͤchſt Ichädlich bezeichnet wirb, fo wird
er Deutſche dies kaum glauben wollen, und es ifl weſentlich,
u erinnern, daß ber Franzoſe einen viel ſchlechtern Taback
7 und viel unmäßiger in beffen Genuß if. Was dagegen
mit befonberer Hinweifung auf Nordamerika über Möhigkits:
gefellfchaften gefagt ai, a HOSR intereffant und zu beber:
zigen: „Vor dem Jahre reichten 72 Millionen Gallons
(2,592,000 halle) geiſtiger Getraͤnke (Brantwein) kaum
pin zum — Bedarf einer Bevoͤlkerung von 12 Milllonen.
Die amerikaniſche Maͤßigkeitsgeſellſchaft, welche fi im Sabre
1826 bildete, fing damit an zu beweifen, baß alljährlich mehr
ots 40,000 Einwohner in den vereinigten Staaten an übermäs
Bigem Senuf geifliger Getraͤnke ſterben, und daß bdiefer Miss
brauch außerdem einen außerorbentlichen Gapitalwerth vernich⸗
tet, welcher eine beffere Berwendung erhalten koͤnnte, und
verfolgte ben vorgefegten Zweck mit Ichätigkeit, indem fie als
temtbalben bin Agenten ſchickte, um bie Bevölkerung auf bie
nachtheiligen Kolgen dieſes Genuſſes aufmerffam zu mas
chen. Dieſes verdienſtliche Werk wird täglich mehr mit Erfolg
belohnt und im Monat Auguft 1880 waren in den verſchiedenen
©taaten bereits mehr ale 1600 Gefellfchaften auf die nämlichen
Orundfäge gebaut, welche minbeftens 160,000 Mitglieder zaͤhl⸗
ten. Dieſe Geſellſchaften wurben durch Pächter, ondweter,
Weiber, Erhrlinge, Farbige, Fra u. f. w. gebildet. Das
Ergebniß ift, daß eine große Zahl Brantweinbrenner und
Verkäufer ſich gendtht Br (aben, ihre Gefchäft aufzugeben, daß bi
Gonfamtion diefer Fluͤſſigkeit um mehr ale 608 vermindert
was eine jährliche Erfparnif von 2,000,000 Dollar (10, 840,000
re.) abmwirft, und daß mehr olß 700 Perſonen, weiche fi
mit Uebermaße dieſem ſchaͤdiichen Genuſſe bingegeden batten,
in einem Beitraum von weniger als 9 — ſich davon los⸗
en und phyſiſchen oe empfunden haben. Achnlice
Sefelfchaften haben ſich auch in Irland und Schottland gebik
det und ben naͤmllchen Erfolg gehabt,” — Geſundheitslehre der
5 pauslice gun Vorſi tem apregein
beim Anfang der Krankheiten, bei, Ertrunkenen und Erſtickten,
bei (dmangern Weibern, Cholera und Epidemien; Behand:
lungsieife bei Bergiftungen, er Waſſerſcheu und Schlangen:
big. 6) Ihierarzneflunde: Regeln bei Erbauung der Etälle
—æã— — ten * —— — —E —— —
und Heilmittei dagegen. 7) Regeln des Benn
auch der deutſche Landbau den franjöftfäpen weit zuruͤcklaͤßt, ß
fin do einige intereffante Arleltungen und Btrechnungen
bieſem Gapitel enthalten. ' Die Berechiiung der Gultur und der
Wohnung und des jaͤhrlichen Ertrags feint einigermaßen ges
wagf fein ynd einer Berich Haan zu bebfirfen. 8) Kalender
dermanned' und‘ @ärtn 5 werben allgemeine Be
2 ra und — Monet für Monat derch
en In) Bam Leu: vnd —— * 9) 8*
am
ns des dal 8. Sale für
der Bilme ri en 10) Anleitung in ber — *
11) Rotizen über Imdüftefe‘ und Häusliche Dekonomte.‘ ne
werben eine Menge — über den Vortheil ber M 52
men, über. die Art und e, die Mehnungen,
— Hab A N unb * aan 555
ſowie u fwahrung von
Mittel, um in —* Stunden ſeine ———— chrift een au x
nen; Raͤtlichkeit der Unterhaltung der Wichnaltoege und
bie Winterabende und die Feiertage durch verſchiedene Yeleiten
nöglich anszufülleh. In biefer Begichung iſt ein Eoncurs eroff⸗
net, um bie zweckmaͤßigſten Vorfchläge zu vernehmen. . 12) ig
ein der seligidfen und praktifchen Moral: Pflichten des Pries
ars; Anweilung über den Monthyon'ſchen Tugenbpreis; Auf
munterungsmebaflle, um unter. ben Arbeitern in ben Induſtrie⸗
werkflätten. die Liebe zur Arbeit und zur Ordnung und bem
Eifer in Erfüllung ihrer Obliegenheiten anzuregen; W lei⸗
nes Standes; Moralprincipien und Spruͤchwoͤrter, und
Zeit und Bermoͤgen zu erſparen und vwuͤtlich zu verwenden.
13) Statiſtik von Frankreich; Colonien; Douane; Waͤlder und
Forſtweſen; Straßen: und Bruͤckenbau; Bergweſen; Gerichtsein⸗
theilung; Rilitairorganiſation; Marine; Kirchenweſen; Budget;
Renten⸗ und Staatspapiere u. ſ. w. Einige Drudfehler, uns
reiner Druck, Unrichtigkeiten in einzelnen Serechnungen finb
eben fo nt die Wohlfeilheit des Buches als buch bie
Eile und Maffe der Grgenftände zu erlären und zu ER
digen, auch von- wenigem Belang. Im Angabe ber
und des Berufes der Pfarrer find bie Herausgeber etwas in
ben Myſticismus und religidfe Kopfhaͤngerei verfallen, und
ben von ben pwatrflantifchen Geiſtzichen gar nichts gefagt.
ber Standeswahl wirb dem Sohne angerathen, durchgaͤngig
ſtets die Profeſſion des Vaters zu ergreifen. Dieſe Echre
ebenſo wenig dem Streben nach Fortſchritten und Per⸗
fectibilitöt des menſchlichen Geiſtes en als buch
die entwickelten Gründe gerechtfextigt. Die Gründe ber Mahl
eines Standes gehören dem einzelnen Zalle an, aber die
ungemeflenfle Auswahl und ift die einzige Rorm, welche
der Menſchheit würbig fl. atsbuͤrgerlicher und politischer
Beziehung find die Eehren und Untermweifungen nicht mit der
Breigeit und Unabhängigkeit gegeben, wie es zu wuͤnſchen ge
wefen und wie es bem bermaligen Zuſtande Frankreichs: und. ber
Eivilifation angemeffen wäre, was man befonders dem Gin
ff der Regierung, welche das „Journal“ und den Almangach:
eguͤnſtigt und empfiehlt, zuſchreibt. Dagegen tft die Auswahl
ber Moralprincipien, der Regeln ber Hauswirthſchaft, ber *
Ipornis und bes Geſchaͤftsweſens vortrefflih und lobenswer
ie. Ramen von Epiltet, Pythagoras, Lafontaine, indifi
Spruͤchwoͤrter, Pascal, Franklin, Say, Ariftoteles, Labruyere,
Apoftel Paulus, Bacon, Sensca, et. s Auguflinus gewähren
‚dafür hinlänglidhe Buͤrgſchaft.
Das — der noͤtzlichen Kenntniffe” iſt in mandem
Betracht. in Kleinigkeitsfrämerei und dadurch ins erliche
verfallen. Demungeachtet iſt nicht zu verkennen, daß bies Uns
tesnehmen der Geſellſch. f. Emanripat. berufen iſt, den wohlthaͤ⸗
tigfien Einfluß auf die Volkebildung und Aufklärung ausgulben,
und ber gehe von ihr herausgegebene Almanach verheißt bie
beten Fruͤchte.
Der Beaſchluß n. 5) Anisrargneitunde: Zegeln bei Erdauung ber EMEE [U Built —
ö— iger ander Berautiwortihßteit ber Berlogäbemhlung: BE. zz unter Berantwortlichteit der Beriagähanbltng: 8. I. Bre@hbaut in Priyıtg
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Loſchenbuch für' pie varerländifche Geſchichte. Heraus:
findet
. “ ..0'
’
Blätter
«
für
Titerarifhe Unterhaltung
eden von 'J. von
terter Jahrgang.
zu Beſchluß au Ar.)
Nun folgen im diesjährigen Taſchenbuche:
Hormapyr. Neue Folge.
1. Die Hohenſtaufen, zwei Gedichte von J. J. Sendt⸗
ner. — Wir find weit entfernt, ben poetiſchen Werth die:
ſer Balladen —* zu wollen, und bemereen bar
nur als hiſtortſche Notig, daß hier Kaiſer Heinrich IV.
und Ftiedrich der Rothbart mit einander redend eingeführt
werden, da doch Letzteret ect, lange nad) dem Tode des
Erftern geboren wurde. Solche
ben fih die. größten Dichter wol erlaubt! Bekanntlich
machte Virgil den Aeneas zum Zeitgenoffen der Dido.
11. Baitiſche Reifende aus der Vorzeit‘ — Außer von
des erwähnten Ulrich Schmidl's von Straubihg fuͤdame⸗
rikaniſcher Reife in den Jahren 1534 — 54 gibt das dies:
jährige Taſchenbuch Nachricht von Albrecht's Grafen zu
Liwenitem Pitgerfahrt in das.hellige Band, in den’ Jah⸗
tem 1561 und 1362, "von ihm ferbft deſchrieben. Diefe
Keiſebeſchreibung iſt, in Abſicht atıf Geographle und Voͤl⸗
etkande, ziemlich unbedeutend; doch gewaͤhet fie" Interteffe
in Bezlehung auf Geiſt und Sitte des hohen Adels‘ im
46. Jahrhundert. — P. Ladislaus Mayt, Franziskaner der
dalriſchen Provinz, aus Eggenfelden, reffte im J. 1748
nad; Jetuſalem, wo er ſobann Über 30 Jahre fih auf:
hielt: Er hat dteimal feine Reiſebeſchteibung zu Papter
nn das letzte 1779— 82 verfertigte Mamufeript be:
& in der Staatsbibltothek zu Münden. ° Ueber
Jerufalem und Bethlehem äußert ſich der Fromme Pater:
„Als heilige Staͤdtẽ verehre er fie mit ſchuldiger Ehrfurcht,
Übrigens aber feten fie — miferable Ratzenneſter.“
HI. Die Grafen von Wittelsbach zu Gratz. — Die
Soͤhne bes unglüdlichen Kurfürften von Balern Maximi⸗
tim Emannel wurden auf Befehl des Kaiſers Joſeph 1.
von: Wehrchen nach Deſtreich geflher, nachdem der Kat:
- fer, der nach dem Recht des Staͤrkern Balern in Bells
genommen, die Acht Über. den Kurflicften und deſſen Bru⸗
‘der, den Rurfüriten von Koͤln, ausgeſprocheri hatte, und: !
nachdem dieſe Acht von den andern gehorſamen Kurfüit-
ſten (die andern Reichsſtaͤnde wurden nicht geftagt) war
genehmigt worden. Zu dleſer Haͤtte, die oft in Grau⸗
ſamkeit aubattete, hlelt ſich der Kalfer berechtigt, weil
. ”
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U 00 7
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ar er EEE ein
achronismen aber ha '
noch mehs erbittert, die Kinder des unglü
Batern in dem fpanifchen Erbfolgekriege gewagt, zue Ver⸗
theldigung feiner Anfprüche eine felbftändige ‚Politik zu be:
folgen und fih an Frankreich anzufchliegen. Zur Zuͤchti⸗
gung für ſolchen angeblichen Frevel ward Baiern malt
Öftreichifchen Truppen befegt, in oͤſtreichiſche Adminiſtration
genommen und durch den furchtbarften Drud unter den
dort hingefendeten fremden Beamten gepeinigt. Den zur
Verzweiflung gebrachten Einwohnern wurde zum Troſt die
Ausficht eröffnet, ihr Waterland nächftene in eine oͤſtreicht⸗
Ihe Provinz verwandelt zu fehen. Und weil die Baiern
fo thoͤricht waren, für ſolche Wohlthaten nicht dankbar
zu fein, weil die bairifchen Bauern gewagt hatten, aus
Anhänglichkeit au ihr angeflammtes Fuͤrſtenhaus die Waf⸗
| fen zu ergreifen, wofuͤr bie fremde Herrſchaft mit gewohn⸗
ter Milde die bei Sendlingen und Aldenbach gefchlagenen
Bauen nur zu Zaufenden hatte niedermegeln laſſen; -
darum mußten bie In München bisher bewachten bairi⸗
fhen Prinzen nah Deſtreich geführt und dort in ftrenger
Haft gehalten werden. Dies geſchah, nachdent ber —
— Aufftand der Bauern mit biutigem Nachdrud ges
dämpft — jusque datum sceleri — und die Ruhe durch
Heuer und Schwert gefüchert mar. Nur-die Bayern mas
ren fo ftrafbar patristifh, der Adel war gehorfam gewefen,
daher ihm aud von Wien vor der Geſchichte dag Zeug:
niß ausgeſtellt wurde: „daß der Kaiſer ſich gegen den
Stand des Adels der beſtaͤndigen Treue alergnäbigft vet⸗
ſichert halte, Diele auch fidy bisher in feiner Devotion zu
allergnaͤdigſtem Sefallen aufgeführt.” — Nicht das Ta⸗
ſchenbuch iſt es, welches dieſe Verhaͤltniſſe in Erinnerung
bringt: wir allein tragen die Schuld davon, um dem Ge⸗
daͤchtniß des Leſers zu Huͤlfe zu kommen, der uͤbrigens in
des Jeſuiten Daniel Stadler's und in Zſchokke's Bairi⸗
ſcher Geſchichte“, ſowie ſchon in Milbiller's Fortſezung von
Schmidt's „Geſchichte bee Deutſchen“ hinreichenden Stoff
finden wird, das gegen Baiern von Joſeph J. beobachtete
Verfahren zu beurtheilen und die Seite zu bemerken, von
weicher Baiern von jeher am, empfindlichiten verlegt vourde.
Freiherr von Hormayr fegt djele Dinge als bekannt vor:
aus, was fie auch find, wiewol fie nichtsdeſtoweniger auch
zu den vergeſſenen zu gehoͤren ſcheinen. Er ſagt:
Bekannt iſt, mit welcher tiefen Erniedrigung Joſexh I.. burch
ten Aufftand (d. i. die legitime —— hairiſchen Volkes
ichen Kurfuͤrſten Mas
er fnnzöfifchen Staattumwaͤlzung begannen, nicht ültig.
Be —X waͤlzte ſich in deniſe re gegen die ĩ,
als uferi in ben gefetzgebenden guoßen Kath von Zuͤrich erwaͤhlt
worden war; von dieſem Augenblid_an warb bas Schickſal
feines tiefbewegten Vaterlandes die theuerfte feiner Sorgen, und
fein Leben ward mit bem ber Sibgenoffenfchaft innig verflochten.
In allen bedeutenden Greigniffen derfeiben fpielte er eine ber er⸗
Ren Rollen, und dennoch blieb er auch als Staatemann noch Gelehr⸗
ter, Schriftſteller, Raturforfcher, Kritiker ; blieb ununterbrochen mit
dem Fortſchritte der Literatur in ber Arzneitunde, Botanik, Ge⸗
fchichte, Stantswiffenfchaft, felbft der Poeſie vertraut und un:
terhielt einen ausgedehnten Briefwechfel durch Europa mit aus⸗
gezeichneten Gelehrten in verfchiebenen Faͤchern und mit Staats
männern in verſchiedenen Reichen.
Die Gebrechen und bie innere Haltungsloſigkeit des eib⸗
gendffifchen Staatenbundes durchſchaute ex ſchon im Jahr 1796,
bütete ſich aber mit ehrfurchtsvoller Scheu, das morſche, alternde
Gebäu anzurühren. Als es jeboch 1798 ohne fein Zuthun zus
fammenbrady, wurbe er von feinen Mitbürgern in ben Senat
ber helvetifchen Republil, barauf in deren Bollziehungsrath, dann
in bie Gonfulta nach Paris, endlich wieber in bie Regierung
feine® Gantons gewählt. Von ben Parteien oft geläftert, war
und blieb er ein Staatsmann im großen Sinne diefes Wortes.
Sr wollte die Freiheit und möglichfte Ausbildung der Schwei⸗
yernation, bie man bisher .unfrei und bildungslos gelaflen hatte;
ee wollte Erftärtung ber Schweiz durch Schöpfung eines fes
fern, den Bebärfniffen ihrer felbft wie der europäifchen Mächte
entfprechenbern Bundesvertrags, dem feit 1814 bie ehemalige
Unbaltbarfeit zurücdgegeben worden war. Aber er wollte es mit
Schonung der Umftände und Zeitverhäteniffe. Die meiften übris
gen Magiftrate der Schweiz ftanden übrigens zu Ufteri in eis
nem feltfamen, oft ans Lächerliche fireifenden Verhaͤltniſſe: fie
hielten ihn, weil er bie Öffentlichen Angelegenheiten nicht gleich
ihnen handwerksmaͤßig betrieb, wol für einen Gelehrten, aber
Teineswegs für einen Staatsmann. Dazu fehlte ihm die Amts»
miene unb bie würbevolle Abfondberung von ber nichtregierenden
Welt. Nur feine ftattliche Beftalt und Haltung, feine Unerſchrocken⸗
heit, fein beftimmtes Hervortreten ſchien ihnen zu imponiren.
ufteri wirkte, wo er konnte, auf öffentliche Bildung,” auf
Verbefferung deu NRationalerziehungs für die zwei Hauptmittel
hierzu galten ihm das Schulweſen und bie freie Preſſe. Und
biefe wußte er zu Aengſten und Verdruß feiner Amtögenoffen
in den übrigen Cantonen mächtig zu handhaben; aber fie war
in feinen Händen nie das Werkzeug frecher Läfterung, rohen
Anftürmens oder perfänlicher Rache, fondern der Wahrheit, des
Lichts der Belehrung, ber Vernichtung jener Geheimnißkraͤmerei,
mit welcher bie Häupter Eleiner Republilen gern die Wichtigkeit
ihres Daftehens zu fleigern lieben, indem fie bem Bürger das
Vaterland entfremben.
Ufteri hat den Tag der Volßserlöfung in ber Schweiz noch
erlebt. Das Jahr 1830 richtete wieder ben ganzen Muth feis
ner Seele auf. Gr arbeitete jest mit folcher Raftlofigleit, mit
fo maßlofer Anftrengung, baß feine bisherige Vielthaͤtigkeit da⸗
‚neben faft einem Müßiggange ähnli zu werben fchien. Am
Morgen des 30. März 1831 mußte man ihn, von Zieberfroft
"und Bruſtkrampf ergriffen, aus ber Sitzung bes großen Rathes
€
nad Haufe tragen laffen. Gr flarb den Tod fürs Baterland;
aber er farb ihn ale Bieger.
Da ‚Heinrich Zſchokke's geiſtreiche Vorrede hauptſaͤchlich für
die Leſer Uſteri's in Deutſchland berechnet ik, fo verdiente fie
wol dieſen gedrungenen Auszug.
Die Sammlung ſeldſt eröffnet ſich mit einer intereſſanten
Biographie Leonhard Uſteri's, welche ber Sohn nicht noͤthig ger
habt Hätte, mit ben aus Tacitus Äbergetragenen, fyönen Wor⸗
.ten zu entfchulbigen: „„Hic libellus, honori patris mei destina-
‚tus, professione pietatis aut laudatus erit aut excnsatus.’
ER ne EEE)
in dieſer Biographie Tpiegelt
t Paul uſterie (def. ©. 7 fe.,
d ——ã— — ——— über 3
as { en ‚ en
bes weibliden ‚ aud Beranisffung ber von Seonbert
uſteri gegründeten Toͤchterſchule (&. 27— 40).
Hierauf folgen einige in dem mebdicinifdg » chirurgifchen In⸗
ftitute zu Zürich gehaltene Reden (@-— 6), welche ſich eheils über
bie Gefchichte ber Anftalt, die Verdienſte ihres MWegränders,
3. H. Raha’s, theils über die Behimmung und Leiſtungen bers
felben verbreiten und fobann auf verfchiedene, wiffenfchaftliche Ma⸗
terien übergeben. Ausgezeichnet find die Gedanken über Bufam-
menbang von Theorie und Grfahrung in der Heilkunſt (©. 48),
über die Grfoberniffe ärztlicher Beobachtungstunft (&. 51),
die Wichtigkeit eines guten Beityaushaltes (S. 60 — 64), zu
welchem (©. 62) folgende gar einfade und finnreiche Anleitung _
gegeben wird: „Jeder Tag beficht aus 24 Stunden. Man
nehme ſich vor, eine tägliche Rechnung über die Verwendung
biefeg 24 Stunden zu führen. Die Arbeit iſt Hein und leicht.
Ein Dctavblatt reicht für die Woche bin, oder ein Quartblatt
taan fo eingerichtet werben, daß es für einen ganzen Monat
ausreicht, und ‚jeden Tag darf man nus einige Zahlen im ba6
gehörig zubricirte NRechnungsregifiee eintragen. Die Beſchaͤfti⸗
gungen, welche auf die 24 Stunden unferes Tagetzeit mehr und
minder Anfprudp machen, müflen zuerft unter gehörige Rubris
ten gebradht werben. Dabei zeigen fi vor Allem phyſiſche Ber
bürfniffe, weiche befriedigt fein wollen; ber Schlaf erheifcht 6,
7 oder 8 Stunden; Nahrung, Beſorgung umd BReinlichleit des
Körpers machen binmwieder auf einen geiffen Theil jedes Ta⸗
ges Anſpruch; dann folgen Beruftgeſchaͤfte für Den, dem ſolche
obliegen; hernach die verſchiedenen Studienfaͤcher, mit denen
man fich zugleich befchäftigts mach dieſen vermiſchte Studien
und Lecture; dann bie Leibesübungen, gefellfchaftlidger Umgang
und Erholungen. Das „gibt ungefähr zehn Rubriken ober Co⸗
lonnen, in bie das Rechnungsblatt durch ſenkrechte Striche ein⸗
etheilt wird. Jede Colonne erhaͤlt eine Ueberſchrift. Ihnen
ann noch eine legte, mit der Aufſchrift: verlorene Zeit, bei⸗
gefuͤgt werden. Jeden Abend unmittelbar vor Schlafengehen
oder fruͤhmorgens gleich beim Auffichen wird auf einer, alle
jene Rubriken buwchlaufenden Horizontallinie mit einfachen Zah⸗
Ien bie Verwendung ber 24 Stunden bes zurüdgelegten Tages
bemerkt und eingetragen. Alfo 3. B. Schlaf fieden Stunden;
Effen und Leibespflege zwei Stunden; Berufsgeihäfte fünf Stun⸗
den 5 lateinifhe Sprache eine Stunde; Mathematik zwei Stun
ben; Naturlehre eine Stunde: Anatomie drei Stunden; Botanik
eine Stunde; Erholung und gefelliger Umgang zwei Stunden:
zufammen bie volle Zahl der 24 Stunden; man barf alfo in
die legte Rubrik dee verlorenen Zeit, keine Zahl eintragen; wels
des hingegen erfoberlich wird, fo oft man in trägem Michts⸗
tbun und Müßiggang einen Theil feines Tages verloren hätte. —
Bei der Ueberfiht entdeckt man ſogleich, welches Studienfach
vernachlaͤſſigt, welches andere auf Koſten der uͤbrigen zu reich⸗
lich iſt bedacht worden; es ergibt ſich daraus die Nothwendig⸗
keit, das Verſaͤumte nachzuholen und hinwieder dem Uebermaße,
wozu Vorliebe und Neigung ober zufällige Veranlaſſungen füͤhr⸗
ten, ESchranken zu ſeden. Sind es aber bie Rubriken bes Schla⸗
fes, der Leibespflege, der Crholungen, bie mit zu großen Zahlen
ausgerüftet erfcheinen,, fo wird man beim Schluſſe der Wochen⸗
rechaung ernſtlich daran erinnert, man faßt den Entſchluß, ib:
nen abzubrechen, um bei ber naͤchſten Rechnung beffer zu befte:
ben.” uſteri fegt bierbei voraus, daß treu und gewiflenhaft
gerechnet werde; denn wer aus Prahlerei, Eitelkeit ober Leicht⸗
finn und Muthwillen unrichtige oder verfälfchte Angaben in feine
Blätter einzeichnen wollte, der würde ein veraͤchtliches Spiel
treiben, das nur ihm felbft Schaden und Schante brädhte.
(Der Beſchluß folgt.)
Nedigert unter Berantwortlichkeit der Verlagsbandlung: J. A. Brockhaus in Leipzig.
|
|
nn ‚Be
literariſche
Donnerstag, — Ar. 101. —
Blätter
für
Unterhaltung,
-11..Xprit 1833.
Die drei letzten Feldzuͤge gegen Napoleon ta hiftos
riſch dargelellt von P. F. Stuhr. Erfter Band.
Lemgo, Meyer. 1832. Gr. .8. 2 hl.
Dieſer vorliegende erſte Band zerfälls, in zwei weſent⸗
lich noneinamber verſchiedene Theile, indem er zuerſt eine
allgemeine Einleitung und Ueberſicht der geſchichtlichen
Entwidelung der politiſchen Verhältnäffe big zum Aus⸗
heuch der Ssinbdfeligkeiten im Jahr 1813 und dann ben
Unfang ber Kriegsbegebenheiten bis zu Rapolson’s Ruͤck⸗
zug von ber Elbe enthält. Wenn die Gefchichte des
Kriegs natärlich aus eine mit kritiſchem Sinn unternom⸗
mene Bufammentragung der vorhandenen Materialien fein
kann, fo ſtellt die erwähnte Einleitung dagegen die eigen-
thuͤmliche Anfiche des Verf. über die innere Ausbildung
Deutfchlande, namentlich über die Art und Weife, wie
die Formen des Mittelalterd den Foderungen ber neuern
Zeit weichen mußten, dar. Der unglädlidhe Fehler vie
ker deutſchen Schriftfteler, welcher in neuerer Zeit. fich
immer mehr verbreitet und um fo mwidriger berührt, als
er unferm Nationalcharakter eigentlih ganz entgegen ift,
die Neigumg naͤmlich, tönende Phrafen und Tiraden als
das Ergebniß tiefer Betrachtung binzuflellen und bei Be:
trachtungen, wo ber Elare nüchterne Verſtand allein herr:
fhen follte, eine forcirte Poeſie einzumifchen, tritt in dies
fer Abhandlung recht fidrend entgegen. Der Verf. be:
muͤht fih, den naturgemäßen Fortfchritt aus den flarren,
immer unpaffender gewordenen Formen bed Mittelalters
zu einer individuell und politiſch feiern Entwidelung als
einen confequenten Uebergang aus der Herrſchaft des Ge⸗
muͤths zu der Dbergewalt des Verſtandes darzuftellen, und
fhildert die doch gewiß nicht zofenfarbenen Verhaͤltniſſe
des Mittelalters als hervorgegangen aus gemüthlichen Ges
fühlen, welche deshalb kein laͤngeres Beftehen haben konn⸗
ten, weil bes orbnende Verſtand gefehlt hätte. Nachdem
in den Seelen der Menfchen die zarten Keime einer from:
men, echt fittlichen Geſinnung, welche im Mittelalter bie
Gemuͤcher erfüllt hätte, immer mehr untergegangen waͤ⸗
zen, fol fi, nad des Derf. Meinung, das deutſche Volk
in dem Zuſtand befunden‘ haben, welchen Goͤthe im
„Fauſt“ ſchildert. Faſt wundert es mich, daß bie Here
und die Meerkatzen aus jenem Gedicht nicht auch zu ei:
ner Gaſtrolle berufen find, aber jedenfalls wird man bei
ſolchen Darflellungen an das Einwirken eines Mephifto:
a Te Je
s
pheles gemahnt; denn was ift diefes feindliche Princip eis
gentlich anders, als Verhällung der Wahrheit durch nebels
haften Dunft? Das einfache hiftorifche Factum, daß auf
den kraͤftigen, in vielfacher Hinſicht ausgezeichneten Fried⸗
rich II. ein weichticher, der. Wolluſt ergebener Regent
folgte, deſſen Hang zum Aberglauben von Betruͤgern be⸗
nutzt wurde, ſtellt der Verf. (10) woͤrtlich fo vor, als
ob „ein heidniſcher Drang mit dem Bewußtſein, ſich zu
ergießen in das Weltall und im daſſelbe aufzugehen, in
weihe Richtung das Bewußtſein Friedrich 11. bereits
hineingezogen war, nad) deſſen Tode hervorgebrochen fei,
alle Schranken verſtaͤndiger Ordnung durchbrochen habe,
ſodaß ein ungeſtuͤmes Trachten theils nach freiem Verkehr
mit ber Geifterwelt, theild danach, fich im. Geifte des
Befiges des ganzen reichen Lebens zu erfreuen, die Ge:
müuͤthskraͤfte ſturmiſch bewegt verdrängt, welcher Bewe⸗
gung ſich der König Friedrich Wilhelm II. bingab, dakin
ſich verlor, wodurch es denn geſchehen ſei, daß, je mehr
die Gemuͤthskraͤfte frei ſich zu regen und zu bewegen an⸗
huͤben, um ſo weniger die alten Formen des ſtaatsbuͤr⸗
gerlichen Lebens in ihrer Erſtarrung genuͤgen konnten“.
Kann ein Schuͤler, dem ſolcher Galimathias vorgetragen
wird, wol anders ſprechen als fein Commilitone im „Fauſt“
nach der Converſation mit Mephiſtopheles:
Mir wird von alle dem ſo dumm,
Als ging mir ein Muͤhlrad im Hopf herum.
Nachdem der Verf. auf ſolche Art das Bebürfniß der
neuern Zeit, veraltete Inſtitutionen mit neuern Einrich⸗
tungen zu vertaufchen, dargethan hat, fährt er fort, aus
allgemeinen Sägen und Hypotheſen fpecielle Erſcheinungen
als nothwendige Ergebniffe zu. folgen und, Ariome vor;
ausfegend, die politifche Entwidelung gleich mechanifchen,
durch berechnete Ztiebfedern getriebenen Werken zu be:
flimmen, wie folche® Leider mehre neuere Schriftfteller fich
angeroöhnt haben, denen es viel zu proſaiſch erſcheint, ein
hiſtoriſches Ergebniß aus der unmittelbaren Urſache, z. B.
eine verlorene Schlacht durch eine zu ſpaͤt eingetroffen:
Colonne zu erklären, fondern es vorziehen, im weiten
Reiche phantaftifcher Speculation ein pſychiſches Princip
aufzufinden, von deſſen Einwirkung fie mit muftifchen
Worten das Gefchehene herleiten. Deryleichen abflracten
Theoremen folgend, fieht der Verf. den Grund bes Mis⸗
lingens des Feldzugs vom Jahr 1792 nicht in der zu
—V
414
Pr
*.
®
einen Zahl und der fehlerhaften Sufammenfesung der | Blüte weltgefhichtlicher Richtungen hervortrat“. Dieſe
Snvafionsarmer, nicht in der Vereitelung der von den,
Emigranten angeregten Hoffnungen auf eine royaliſtiſche
Snfurrection im Innern Frankreichs, nicht in der einen
Volkskrieg bereitenden Eraltation der Franzoſen, nicht in
Kellermann’s und Beurnonville's raſtloſem Sifer, fih mit
Dumouriez zu verbinden, noch viel weniger in ber unge:
woͤhnlich ungünftigen Witterung, fondern (S. 14) darin,
„daß der König Friedrich Wilhelm II. in feinem Kampfe
gegen die jakobinifche Gewaltthat im Jahr 1792 nur
deghalb nicht, fiegueich geweſen fei, weil in dem Geiſte ſei⸗
nes Volkes, feines’ Heers, ja feiner nächften Umgebungen’
und Rathgeber die revolutionnairen Ideen dergeſtalt maͤch⸗
tig geweſen wären, daß e8 dem Herzog von Braunſchweig
gelingen konnte, wenigſtens inſofern Verrath zu üben, daß
die Unternehmung ſcheitern mußte”. Wer den Herzog von
Braunſchweig nicht ald Regenten feines Landes, wo er
‚In vieler Hinficht ausgezeichnet und freifinniger Ideen
fähig war, fondern als preußffhen General kannte, wie
er, um fein in Halberſtadt garnifonicendes Regiment mit
phyſiſch großen Leuten zu verfehen, jeden Werbebetrug 'bil:
ligte und jeden Tanggetvachfenen Menfchen mit ſehnſuͤchti⸗
gem Verlangen anjah, tvie er während der ganzen Zeit
feines Einfluffes nie bie. monfteöfe Zufammenfegung der
preußifhen Armee, wo aus Furt vor Defertion fein
Soldat feine Garniſon vertaffen durfte, der Inländer den
Ausländer bewachen mußte, der Stock das einzige exalti⸗
tende Princip, die Spisruthen der dad Ehrgefühl weckende
Hebel, Hunger die Lofung war, auch im entfernteften er⸗
te und zu mildern fuchte; wer Überhaupt von der
durch Raͤnke der Werber zufammengebrachten, durch Prü:
gel zufammengehaltenen, in der groͤbſten, durch Habſucht
der Chefs auf das engſte Maß befchränkten Kleidung ein:
bergehenden, das Mitleid jedes Voruͤbergehenden erregen:
den damaligen preußifchen Armee einen Begriff hat; wer
weiß, wie damals eine ebenfo anmaßende als umwiffende
Ariſtokratie für eine paflende Pflanzſchule für Offiziere
gehalten wurde; wer im Allgemeinen nur das dunkelſte
Bild jener Zeit vor Augen hat — der muß wol mehr als
erflaunen, wenn er den Herzog von Braunſchweig, den
Verfertiger jenes bekannten Manifeftee und das ihn um:
ebende Offiziercorps als Partifans der Revolution auf:
ellen fieht. . R
Mir kommt diefe Behauptung des Verf. grade fo
vor, als ob Jemand die jegigen Werwirrungen im Kir:
chenſtaat durch die übertriebene Hinneigung des Papftes
zum Proteſtantismus erklaͤren wollte. Verbunden mit
einer Kleinen Abſchweifung Uber die Voͤlkerwanderungen,
bies Sefchichte Afiens, die Entftehung aller Religionsfekten
des Drients und Deecidents wird die Allianz zwiſchen
Preußen und Rußland berührt, „aus welcher (nad) dem
Verf., S. 18) die Herrlichiten Fruͤchte herborgingen, wel⸗
che von der tiefften weltgeſchichtlichen Bedeutung war, in:
dem fie nicht nur für den Gang der gefcichtlichen Ent: |
widelungen wirkſam, fondern aud) in ihren Keimen laͤngſt
angedeutet war im der Gefchichte der Wergangenheit und
nur als "die eine Herrliche Frucht verheißende entfaltende
einfache Allianz zweier Staaten, welche hier ‚mit fo pomp⸗
haften Worten verkündet wird, erklärt der Verf. nicht
aus ben einfachen Gründen gegenfeitiger Sicherflellung
nd gemeinfargen Widerſtandes gegen, das. Pecip def
— ſi bein nach jeiner anſchaulichen Be S. 18)
dadurch, „daß im Süden am mittellaͤndiſchen Meere das
Land an der Grenze zwiſchen dem Weſten und Often
durch —— und Meere auseinander geriſſen ſei, hin⸗
gegen im Norden von der Nordſee her, ber Oſtſee ent:
lang Kid weiterhin an die Wolga und das kaspiſche Meer,
eine Mr fid) zufammenhängende, nicht durd) FAN Son⸗
derung SSremſcheidatezen Succhheriene ehene
Landſtrecke ſich ausdehne, in welchem Naturverhaͤltniſſe
die Andeutung gefunden werden 'möge ‘auf das geſchicht⸗
liche Verhaͤltniß, nach welchem eben im Norden an ber
Dftfee der Weiten und Oſten in neuem Zeiten ſich in
Iteundſchaft zageneigt haben”. 1. 1.0 2 3.
Eine ſolche ogik, wotche allerdings Swan ertegen
muß, führt die prechiſchen Verhaͤltniſſe bie zu don Be⸗
ginnen Des Feldzuges von 1543, md‘ unmöglich bann es
ber Raum d: BI. erlauben, einer Dapflellung voeiter zu -
folgen, welche der genaue: Gegenfatz deftams Irtgaͤngen
leitenden Fadens der Ariadne iſt und⸗den ducch leere
Klaͤnge betaͤubten Leſer in ein Labyriuch der Berwirrung
führen muß. Werm der. Verf. wirklich geſonnen iſt, als
akademiſcher Lehter auf. ſolche Art Die ⸗Geſchichte und be⸗
ſonders ihren philoſophiſchen Theil ſeinen Duhoͤrern vor⸗
zutragen, fo ſollte man faſt glauben, ee habe feine Lehr⸗
methode einem Falkonier abgelaufcht, welcher feine abzu⸗
eichtenden Falken fo lange auf einem Reif hin: und ber
ſchaukelt, bi6 die Eleven völlig confus und wirblig, hier
durch aber zum Aufnehmen des neuen Unterrichts geeg⸗
net find. Ä i
Was nunmehr den zweiten Theil, die Erzählung dee
Besinnens der Feindfeligkeiten ſeibſt, betrifft, fo beabjich-
tigt der Verf. aus den verfchiedenen, jene großen Wege:
benbeiten darſtellenden Schriften mit Eritiichem Sinn ein
geordnete Ganzes zu liefern. Vorzugéweiſe find dabei
die Werke von C. von W. (General von Müffling), So:
mini, -Pellet, Vaudoncourt, Wagner, Butturlin, Odeleben
u. f. w. benutzt; auch bat der Verf. auf die Bemerkun⸗
gen von Fain and, In Bezug auf diplomatifche Berhand⸗
lungen, auf die von KHlüber gegebenen Nachrichten Ruͤck⸗
fit genommen. Zuerſt flelft der Verf. die Stellung der
beiderfeitigen Heere im April 1813 dar, wobei die Eigen
thuͤmlichkeit obwaltete, daB wol nicht Leicht ein Kampf,
welcher über das Schickſal mächtiger Reiche entſchei⸗
den ſollte, mit fo geringer Truppenzahl begonnen wur:
de, wodurch größere Operationen anfangs ummöglich wa⸗
ven, weshalb der Verf. fehr richtig die Gründe für und
gegen ein weiteres Vorruͤcken von Seiten der Alliirten
abroägt. "
Es war überhaupt eine ganz ungewöhnliche Stellung,
von welcher dus das verbimdete- Heer den Angriff begin:
nen mußte; denn wenn man nad) den gewöhnlichen Me:
geln annimmt; daB der ducch zwei von den beiden Enden
-
“
ua Sie ee en mn EEE — — EEE .
410°
dit Bafis’ der Opsrationglinie nad) dem firategifchen Ob:
ject gezogene Linien gebildete Winkel nie Eleiner als
45° fein bürfe, welcher Sag ſich übrigens im Kriege
Napoleon's gegen Rußland aufs Neue bewährte, jo wa⸗
ven die Verbuͤndeten dagegen ohne alle Bafis der Opern:
tionslinie, denn die Feſtungen an der Elbe waren in
feindlichen Händen, fodaß ſchon der Uebergang über bie
Eibe fie in Gefahr fegte. Auf einen allgemeinen Auf:
fand in Deutfchland, aͤhnlich ber enormen Volksbewaff⸗
zung, melche der Convent früher in ber franzöfffchen Re⸗
publik hervorrief, war nicht zu rechnen bei ber Zerſtuͤcke⸗
lung unfers Paterlandes und ſomit war Lügen gewiß
ber aͤußerſte Punkt, bis zu welchem die Heerführer der
Alftteten vordeingen konnten, und felbft dieſes Vorruͤcken
war offenbar nicht den militafrifchen Regeln gemäß, ſon⸗
dern nur ducch die unumgängliche Nothwendigkeit hervor:
gebracht; benn ein Rüdzug bis an bie eine Art yon
Bafis der Operatienslinie bitbende Oder hätte nicht nur
die new gebildeten Truppen enfmuthigt, fondern bie Län:
der, aus denen alle Mittel zur Fortfegung bed Krieges
gezogen, namentlih die Landwehr gebildet werden folkte,
: in feindlichen Befitz gegeben. Wenn baher die Schladht
bei Lügen, offenbar gegen die gewöhnlichen Megeln der
Kriesskunft unternommen, mehr ein abenteuerlicher als
wohlberechneter und durch die gebieterifche Nothwendigkeit
herbeigeführter Kampf war, fo konnte ber Sieg nur duch
ungeftume Kühnbeit und bie moraltiche Weberlegenheit eis
ner von Vaterlandsliebe und Feindeshaß befeelten Armee
errungen werben. Bon biefer Seite faßte Scharnhorſt
den Schlachtplan auf, und Napelson, welcher in allen,
feinen Feldzuͤgen den Feind unerwartet angegriffen hatte,
wurde bier auf dem Marſch überfallen. Hätte Blücher
den Oberbefehl gehabt, fo wuͤrde der ungeftlime Angriff
andere Mefultate hervorgebracht haben; aber der Graf
MWittgenflein war viel zu vornehm, befonders zu fehr in
Rußland akklimatiſirt, als daß er deutſchen Nationalenthu⸗
ſiasmus begreifen konnte, weshalb er das Verlangen der
- Preußen, auf Tod und Leben mit dem Feind zu kaͤm⸗
pfen, als eine jugendjihe Aufwallung betrachtet zu haben
fcheint, welche er ausbraufen laffen wollte, ohne die ihm.
anvertrauten Ruſſen in gleiche: Gefahr zu fegen. Das
Corps von Miloradorwitfh mar aus einem mir menig-
ſtens durch eine ber vielen militafrifchen Schriften er⸗
Härten Grunde entſendet, das ruffiihe Hauptheer und
die Garden nahmen keinen Antheil am Gefecht, und fo
erlangten die neu gebildeten preußifchen Krieger zwar ſchnell
einen Waffenruhm, welcher den Franzoſen imponirte, aber
ver Zweck des kuͤhnen Angriffs, die franzoͤſiſche Armee
fi nicht der Elbe nähern und in eine fehr befeftigte,
Berlin und Breslau bedrohende Baſis der neuen Ope⸗
rationslinie einchden zu laſſen, wurde verfehlt. Mitt:
genftein war wieder in ‘feiner Sphäre, als er das ihm
wohlbekannte Defenfiofpftem beginnen konnte, und Scharn-
horſt fiel.
(Der Beſchluß Folgt.)
‚Weg ftellt.
nen innern Trieb nach Bildung und Wiflen befäße, welcher ohne ,_
Kleine gefanimelte Schriften von Paul Uſteri.
(Beſchlus aus Nr. 10.)
Ref. muß gefteben, daß ihm dieſes nicht die einzige Gefaur
daͤucht, die ber glürklichen Ausführung eines ſolchen Vorſchlags —
die im Ernſte doch nur der Jugend zuzumuthen ift — ſich in den,
Nur allzu leicht Fönnte ein Rechner, ter nicht je:
Zabellenwefen am beften zum Fleiß und zur Anftrengung ei—
muntert, ſich vor ſich felbft damit zufrieden ftellen, wenn er bei
jebesmaliger Abrechnung fände, daß bie Stunden alle auf bie
angegebene Weife ausgefüllt worden find; er: könnte alsdann
um fo gleichgültiger werben über bas wie? und wie viel? in
jeder Stunde. Auch glauben wir, daß, je beffer dev Kopf, ie
peinlicder und vielleicht hemmender ſolche felbitgefeste Schrau⸗
fen werden müßten. Wer von der Natur zum Mathematiker '
geſchaffen ift, ber würde gewiß verfräppeln, wenn er feinen
Thaͤtigkeitstrieb freiwillig auf ein paar Stunden bes Tages be:
ſchraͤnkte, und der Künftler und Dichter, der feinen Heißhunger
nach dem Schönen nicht nach Herzensluſt befriedigen dürfte,
muͤrde geiftfig gar bald ausmergeln. Ja, wir möchten wol mit
Recht bezweifeln,, ob ber geiſt⸗ und Eraftuolle Uſteri perföntic
ſich als Züngling in dieſe Ppilifteenormen gefügt habe. Man
wird uns biefe Abfchweifung wol.verzeihen, wenn man bebenft,
wie gierig foldye Vorfchläge gewöhnlich von praftifchen Paͤda⸗
gogen aufgegriffen, und wie leicht ein ganzes Juſtitut oder eine
Schule in eine foldhe vermeintlich alleinfeligmadhende Methode
des Weiſe⸗ und Vortrefflichwerdens hineingehetzt wirb.
Sonft enthalten diefe Reden noch fehr beberzigenswerthe
Winfe über den Moflicismus in der Heiltunde (©. 67 fg.), über
bie ärztlichen Stubien überhaupt (S. 79— 84, 87— 91) und
die Vorkenntniſſe zu denfelden (8. 84 — 87) und manches An:
dere. An diefe Vorträge fließen ſich Dentreben auf ausge:
zeichnete Lehrer des genannten Jaſtituts: 3. H. Rahn und
d. S. Meyer, welche Mufter von Biographien genannt zu wer:
den verdienen, Denn nicht nur ftellt ſich aus einzelnen, leben:
bigen Zügen, aus briefligen Wittheilungen, aus andern fchrift:
lien Defllmalen ein volftändiges Charakterbild des abzufchite
bernden Menſchen heraus; es erhält auch dieſes Wild ben
nöthigen Hintergrund durch bie bargeftellten Umgebungen des
Mannes und bie Andeutung feines Verhaͤltniſſes zum Vater⸗
lande, zur geiftigen Bilbung beffelben und zum Stande und
PBebürfniffe der Wiſſenſchaft, für welche ein ſolcher vermöge
Berufs oder Neigung thätig war; endlich beftrebt fich der Bio⸗
graph, nach dem Grumbfage: „an ihren Krüchten ſollt ihr fie
ertennen’‘, die Leiftungen der Gefchilderten in das Hellfte Licht
zu fegen. So find benn in der Lebensbefhhreibung Rahn's fei:
nem Antheil an der Gründung bes mebicinifch rchirurgifchen In:
fittut8 und Seminariums und bdeffen blühendem und fegensrei:
dem Kortbeftand (&. 115 — 125), dann ber demfelben verbant:
ten Stiftung ber helvetiſchen Geſellſchaft correfpondirenber Aerzte
und Wundaͤrzte (©. 128 — 132 fg.) bedeutende Abſchnitte ge:
widmet; bei H. C. Meyer werden die zahlreichen Bände feiner
chirurgiſchen Tagebuͤcher gleichſam vorgemiefen (&. 168 fg.).
Ueber den früh verflorbenen Bezirksarzt Hirzel in Zürich (S. 172 fg. )
war freilich nicht viel Erhebliches zu fagen, doch weiß er auch
dieſer Aufgabe durch Miteheilung anſpruchsloſer Briefftellen aus
Dalle und Tübingen, "in welchen angefehene Lehrer, unter An:
dern Dr. Bau, Kielmeyer, Autenrieth geſchildert werben, eini:
ges Intereffe abzugemwinnen. “
Diefe Neben und Abhandlungen Uſteri's, bie afabemifche
genannt zu werben verdienen, unterbrechen zwei fchriftliche Ueber:
bleibfel aus ber politifhen Wirkſamkeit Ufteri’s: eine Zuſchrift
an die MWahlmänner des Gantons Zürich nach ber Ruͤckkunft
vom helvetiſchen Congreſſe in Paris (3. März 1803), und eine
Nebe am Tage ber Einfegung der Dberamtsbehörben und Ge
meindammänner des Bezirks Winterthur, gehalten den 4. Brad: .
monat 1816 auf dem Rathhauſe in Winterthur. Das erſte
Actenflüd hat uns die mündliche Anrede Bonaparte's aufb::
0
“
-
wahrt, mit weder er, „der erhabene Held, welchen im Gefühl
ihrer eignen Ohnmacht und in demjenigen feiner Allgewalt über
die Schickſale Heivetiens alle Parteien wechfelsweife anriefen“,
als erſter Gonful ben Gantonsdeputirten bie neue Berfaffung
der Schweiz übergab. Wir wollen fie dem Leſer nicht vorent-
halten: „Die Mediationsacte, bie ie empfangen, ift ein Ret⸗
tungsbalten, der ben Schiffbruchleidenden dargeboten wird. Wol⸗
ten die Schweizer daran feſthalten, fo find fie gerettet; fie werben
wieder ein Voik werden, frei und unabhängig und geachtet, wie
ihre Altoäter es gewefen find. Würden fie hingegen bes Buches
Blätter zerreißen, dann wären die ungluͤcklichen Zolgen, die fit
fig dadurch zuziehen werben, nicht zu berechnen. Sie wür-
den Ihre Unabhängigkeit verlieren; von allem Unglüd, das eis
nem Bolke wiberfahren kann, ift diefes das größte. Ich
habe mit Vergnuͤgen die Deputirten der Schweiz dei mir geſe⸗
ben. Ich wiederhole Ihnen, daß ich nichts als das ‚Heil
und bas Wohl Ihres Landes wünfcde, und daß ich mic, gluͤck⸗
lich fhägen werde, wenn meine Vermittelung dazu wird beige:
tragen haben. Ich vechne auf ben guten @eift, weldyen bie
Deputirten in ihr Vaterland zuruͤcknehmen; ihr Ginfluß und
ihr Beifpiel werten groß und fegenbringend fein, wenn fie von
Geſinnungen der gegenfeitigen Annäherung, der Ausföhnung, des
Vereins und bes Vergeſſens bed Vergangenen burchdrungen find;
fie müßten verderblich und zerftörend wirken, wenn fie die Lei:
denfchaften des Haſſes, des Neides und ber Rachſucht nach Haufe
‚ bringen würden. &o wenig ich zugeben Tonnte, daß eine von
den Feinden Frankreichs unterflügte Baction in Helvetien herr
fe, fo wenig werbe ich Anarchie und die Herrſchaft gefeglofer
Willlür in biefem Lande geſtatten. Gin Zerfallen in die let⸗
tere würde mich nöthigen, die Schweizer durch Gewalt und
durch Vernichtung ihrer Unabhängigkeit zur Ordnung zurüdzus
bringen. Allein ich hege zu ben Bewohnern Helvetiens das
Vertrauen, fie werben, indem fie zu den Tugenden ihrer Väter
zuruͤckkehren, ſich des Ruhmes und bes Gluͤckes derſelben neuer
dinge werth zu machen wiſſen.“
Die Rede von 1816 enthält- eine Darftellung und theilmeife
Apologie bed Betragens ber Schweiz feit der dortigen Revolus
tion und bemüht fih, bie milden Fügungen der Vorſehung er:
Tennen zu laflen, bie feit Gründung des Bundes der Eidgenoſ⸗
fen gütig und fegnend über ihm gewaltet haben ; fie warnt aber
au, nicht in träger Unthätigleit von außen ber und durch
Wunder zu erwarten, was Gott nur thätiger Tugend verleiht.
Auf diefe zwei kleinen politiſchen Auffäge folgen fünf Er⸗
öffnungsreben, zwei in ber Zahresverfammlung ber allgemeinen
fchweizerifchen Seſellſchaft Aber die gefammten Raturwiffenfchafs
ten (1817 u. 1827), drei in ber fchweigerifchen gemeinnüsigen
Geſellſchaft (1824, 1826 u. 1828) gehalten. In ber erften
Rede ift hauptſaͤchlich die Ueberſicht über die (damals) neueften
£eiftungen für die Naturwiffenfchaften in ben verfchiebenen Gans
sonen bemerktenswerth (&. 213 — 237); die zweite (1827) ent»
hält Anfichten vom ange ber Naturwiffenfchaft im verfloffe
nen Zahrzebend (©. 257 fg.) und verbreitet ſich mit befonderm
Sntereffe über die naturwifſenſchaftlichen Reiſen der neueften
Zeit, mit näherer Rüdfiht auf die Berg: unb Alpenreifen und
geologifchen Gebirgewanderungen fchweizerifcher Raturforſcher.
Diefeibe Rede enthält eine berebte Warnung gegen alles Hypo⸗
thefen= und Theorienweſen in der Wiffenfchaft: „Die Gefchichte
der Wiffenfchaft beftätigt, daß biefe Schöpfungen unfers Ber:
ſtandes, denen Scharffinn und Phantafie ihren Glanz verliehen,
doch immerhin nur Formeln zum Behufe ber Ueberfiht wahr⸗
genommener Thatſachen find, bie mit bem erweiterten Kreife
der legtern nicht mehr genügen, ſondern in ſich felbft zerfallen
und der Vergeffenpeit übergeben werben muͤſſen; dieſes legtere
aber bann um fo fchneller, je befcyleunigter unfere Kenntniffe
der Thatſachen ſich erweitern. Davon mag uns ber Gang der
Wiffenfhaft in der jüngften Zeit überzeugen. Jene Verirrun⸗
Redigirt unter Werantwortlichteit der Werlagähandlung: F. A. Brodhaus in Leipzig.
SERIES -
. 416 | | J
sen einer anmaßlichen Speculation, die, unter dem oft mise
brauchten Namen der Naturphilofophie, der Wiffenfchaft eine
turge Zeit Rachtheil und Unehre brachten, unb gegen deren Ver⸗
führungen jugenbliche
Urfadje gefunden werben mochte, find nun beinahe überall ver⸗
ſchwunden, und ber Ruhm einiger auögegeichneter Namen, bie
ihnen Anſehen verliehen hatten, beruht jegt nur noch, aber um.
fo figerer und befriedigender auf dem anderweitigm Berdienfte,
das eben biefe Männer ſich durch treue Raturbeobadytung bes
reits erworben hatten.“
Inzwiſchen verachtet der Redner jene rationnelle Erkenntniß
keineswegs, er haͤlt ſie vielmehr in großen Ehren, „wofern ſie,
ſtatt dem blendenden und eiteln Ziele nachzuſtreben, fuͤr das Bild
unſerer Phantaſie, das uns Ginhelt in ber Natur heißt, bie
waltenden Gefege vollends zu ergründen, — ſich vielmehr bas-
andere, jeberzeit erreichbarg Biel fegt, mittels ber fen
unb Theorien das Bebärfniß neuer und zuvor unterlaffener Beob⸗
achtungen einleuchtend zu machen, aus dem allemal unfehlbarer
Gewinn erwädft, entweber, baß fie die Hypotheſe, durch bie fie
veranlaät wurden, einftiweilen zu ‚beftätigen fcheinen, oder daß
fie den Ungrumd berfelden nadhmweifen. „Mit Einem Worte‘, fagt
er, „wir ehren bie Naturphiloſcphie, wenn ie, wie ihr Begrün«
der und ber ihr ben Ramen gab, ber britifche Weltweife Baco,
gefodert hat, eine interpretatio naturae, nicht aber eine anti-
cipatio naturae, ober — wie ein neuerer und echter Naturfor⸗
fher, Treviranus in ber „Biologie“ fich ausdrüdt — der Weg
ber zum Nachdenken geleiteten Grfahrung iſt.“
Sin ſchaͤtzenswerther Nachtrag zu biefer Nebe iſt au ber
Nekrolog zweier Mitglieder der Geſellſchaft, 3. R. Guter’s,
. Doctors der Arzneitunde und Profeffors der griech. Literatur zu’
‘Bonn, und Heinr. Struve's, Prof. der Chemie an ber Akade⸗
mio zu Laufanne. In biefem Nekrolog, wie aud in andern,
im erfolge der Sammlung noch weiter mitgetheilten -Lebense
abriffen beurkundet der Verf. fein bewährtes Biographentalent
aufs Neue. Bon Suter werben gar angiehende Details geges
ben. Gr befand ſich 1791 in Mainz, als eben damals von Frank:
veih ber mit allen Stürmen ber —— und allen Mit⸗
teln ber Propaganda bie Staatsumwaͤlzung nach Deutſchland
überzutragen verſucht wurde und Mainz zu einem Stapelplatz
für den großen Voͤlkerverkehr gewählt war. Suter war Volles
sebner und Dichter und ein enthufiaftifcher Lobrebner der Wie⸗
berbringung einer fchönen Borzeit,-wie feine Eindildungskraft
biefeibe mit glänzenden Karben ausmalte. Wo dieſe legten mit
ber Wirklichkeit in Berührung kamen, ba gab es mitunter felt«
fame GStöße. „Quel est l’aristocrate qui parle ainsi?” rief
der Conventscommi ſſair Merlin, ald er den "ihm unbelannten
Suter zum erften Male vom Rebnerftuhl in ber patriotiſchen
Gefellſchaft fprechen hörte. „C'est um Suisse qui etait libre
devant toi!’ war bes Rebners befonnene und fchnelle Erwi⸗
6.
Bon ben übrigen Arbeiten ift die zweite Gröffnungsrebe
ber gemeinnügigen Sefellfchaft (1826) vom allgemeinften Inter⸗
effe, und wie würben gern aus ihr einige Auszüge über bie
Bildung der Staatsbürger (S. 325 — 328), bie für die Schweiz
fo wichtige Angelegenheit der Heimatlofen (8. 329) und das
Armenwefen in einzelnen Cantons (&. 33% fg.) geben, wenn
bie Anzeige biefer Sammlung nit fon fo ausfünrlidy gewor⸗
den wäre.” Aus der Vorrede erhellt, daß wir in diefem Buche
nur den geringfien Theil der geiftigen Wirkſamkeit Uſters ans
fihtig werden; auch Läßt ſich nicht leugnen, daß bem Style bie
Pflege bier und da abgeht und bie legte Feile, die der Berf.
obne Zweifel vor dem Drude angelegt haben würde, vermißt
wird. Aber Feiner der Auffäge firaft das edle Charakterbild
Lügen, das die Hand des Freundes von tem echten Schweizer,
von dem Freunde der Wahrheit, ber Freihcit, ber ailfeitigen
Menfchenbildung mit fo fihern Zügen entworfen bat. 23.
Geifter zu warnen vor zehn Jahren noch
Blätter
literariſche Unterhaltung
Freitag — Kr. 102, — 12. April 1833.
m—hn [08-000 nn m ne nn en u et nm en, Ve En ar ne 0 rn Er ee, Vie TE en ge an re gg ag eg ——
u — — — — — — — — — — — — — — — — — EEE — — — — — — — — — — — — —
Die drei letzten Feldzuͤge gegen Napoleon kritiſch⸗hiſto⸗geblieben, das ruſſiſche Huͤlfheer in feine Heimat zu⸗
riſch dargeſtellt von P. F. Stuhr. Erſter Band. rüuckmarſchirt, der Nationalenthuſiasmus verflogen, Oeft⸗
Beſchluß aus Nr. 101.) reichs kaum mit Mühe angefachte Theilnahme verfchwurs-
Hierauf ſchildert der Werf., welcher überhaupt bei |. den wäre, fo bedurfte es gewiß nur geririger politiſcher
Darſtetlung von Ihatfachen eine viel größere arbeit bes | Geſchicklichkeit, um im Lauf einiger ‚Zeit Preußen in 'e&
Ausdrucks Hat als bei allgemeinen Raifonnementd, den | nen neuen Krieg zu verwiceln, in dem es untergegangen
Rüdzug der Verbündeten über die Elbe ſowie befonders | wäre. Napoleon dagegen hatte Frankreich alle Träume
die Schlacht bei Baugen aͤußerſt anfchaulich, erzählt ben | der Revolution entriſſen, alle Freiheit, alle Ratiomalveprä -
Ueberfall bei Haynau, weldyer, obfhon die Divifion Dat: | fentation- war den Franzofen entnommen und dagegen
ſon bedeutende Verluſte erlitt, doc weniger in rein milis | ihnen Üriegerifcher Ruhm gegeben. Die Lorbern, welche
tafeifcher ale in moralifcher Hinfiche wichtig war, indem | Napoleon den: Sranzofen darbot, folften fie entſchaͤdigen
biefes fiegueiche Treffen des Muth neu belebte, und ftelkt | für den Verluſt von allen Ideen, weldye ſie in der
die eimelnen Vorfälle bis zum Abſchluß des Waffemtill: | Sugend begeiftere und fire welche Millionen geblutet
ſtandes dar. Bemerken möchte ich, dag mir bei Verglei⸗ hatten. Sieglos konnte Napoleon nicht heimkehren, ohne
hung der Feldzüge der Jahre 1812 u. 1813 öfters die | feinen milltatrifchen Thron von Allem entblößt zu ſehen,
Idee erregt worden if, ob, wenn Napoleon 1812 von | was ihm Glanz gab, und ohne den Syerzen aller Franzo⸗
Smotenst nad) Petersburg flatt mach Moskau, und 1813 | fen das Mare Gefuͤhl zu geben, daß fie die ganzen Feüchte
nach der Schlacht bei Lügen gegm Berlin flatt gegen | ber Revolution gegen ein Phantom vertdufcht und ferbft
Breslau gezogen waͤre, dieſes nicht feine Lage geändert | diefes Phantom nunmehr verloren, mithin vergeblich ' ges
hätte. - kaͤmpft und gelebt hätten. Daher waren bie ganzen Un:
Wie miiſſen fo mande Erſcheinungen des Feldzugs terhandlungen, der denen auch England eine- große Wolle
1313 mehr aus politiihen als militairiſchen Gründen | fpielte, nur darauf gerichtet, Deſtreich zu gewinnen, wo
erklären, weshalb ich glaube befaupsen zu können, Mape: | der Kaifer, durch Familienverhaͤltniſſe und feinen ruhigen
leon habe zu wenig auf den moraliſchen Eindruck Nüd- | Charakter bewogen, gem bie ganze Verwickelung friebtich,
ficht. genommmen,: welchen der Fall Berlins in dieſem Zeit | am liebſten tie ein Iffland'ſches Familienſtuͤck, wo „der
punkt auf die ganze -preußifihe Nation hervorgebracht bas | Verbrecher aus Ehrſucht“ zu gebührender Erkenntniß ge:
ben wuͤrde, denn diefe Dauptftadt war der Ort, von wel | bracht wird, geloͤſt hätte.
chem alle materiellen und geifligen Impulſe, welche bie Demnach tft es ſehr begreiflih, daß die Unterhant:
Nation begeifterten, ausgingen. - | tungen: fich zerfihlugen und der Erfolg durch die Waffen
Die Unterhanplungen während des Waffenftitiftanbes, | gewalt entfchieben werben mußte, womit der Verf. das
vielfach beſchrieben und in den tounderlichen „Memoiren | erfte Buch ber Kriegsgefchichte ſchließt.
vor St. Helena” als Beweis aufgefuͤhrt, wie Napoleon Das zweite Buch beginnt mit dem Wieberänfang der
feinen Fehler ale zu große Friedensliebe und Abfcheu ges | Feindfeligkeiten, und enthält die Schlacht bei Deesden,
gen Blutvergießen gehabt habe, waren, wie der Verf. fehr | den Ruͤckzug des boͤhmiſchen Heers und die wunderbare,
tichtig bemerkt, wol von Niemand eigentlich ernfllich ge: | jeder Megel der Taktik fpottende Schlacht bei Kulnt wer
meint. Am wenigſten tonnte Preußen den Frieden wün- | dje, was häufig zu wenig beruͤckfichtigt ift, weſentlich da⸗
fhenz denn im Fall biefer auf Tod und Lebm mit ber | durch gewonnen wurde, daß die Nachricht von der vetlo⸗
größtem Erbitterung und Erwedung aller Leidenfchaften ! renen Schlacht bei Großbeeren Näpeleon bewog, bie
begonnene Kampf durch einen gewöhnlichen, einige Län: | zur Unterflügung von Vandamme beſtimmte, in Pitna
dervertnufchung herbeiführenden Frieden geendet hätte, Nas | ftehende junge Garde zurüdzuhalten, weil er mit feinet
poleon Here einer ungeheuern, wenn auch etwas gegen | Hauptmacht nach Berlin vorzudringen beabfichtigte.. Die
früher verfieinerten Monarchie, überdies fprtbauernd face | gleichzeitig verlorene Schlacht an der Kükbach und de
tifh Protector des, wenn auch aufgeloͤſten Rheinbundes | Nachricht vom Vorbringen der Deftreidier ließ Napolton
— ea EEE EEE EEE
2)
“find die Schlachten bei Beeren, wo Dudinot vom Kron⸗
ſchen Untergebenen gewiefen mar, als fie von feinem Be⸗
’ ' x
| 415 |
diefen Plan glücklicherwveife aufgeben, ‚welcher, wenigftend | ınarfchirte, wußees ihm ſtets frei ſtand, fich gegen Berlin
nach meiner Ueberzeugung, unfehlbar zur Einnahme Ber⸗ oder Hamburg zu wenden, fo Eonnte e6 nicht fehlen, daß
(ins geführt und nicht zu perechnenden Nachtheil ges | er die Mordarmee und das fchlefifche Heer zu einer
bracht hätte. Sehe genau und meines Dafürhaltens wahr | Schlacht oder wenigftens nachtheiligen Gefechten zwingen
mußte, ehe das böhmiiche Heer herankam. Es kann hier
| nicht der "Dre ſein, dieſen imaginteten Operationbplan we:
' ter auszumalen, aber vielleicht dürfte eine nicht gehaltlofe
| Unterftägung meiner Behauptung darin liegen, daß ber
Kronprinz von Schweden, welcher body gewiß Napoleon’s
Kriegsführung am beiten kannte -und von den Kührern
der alliierten Armeen das größte, wenigſtens ausgebildetſte
militairiſche Talent hatte, feſt überzeugt war, Napoleon
| werde auf das rechte Elbufer übergehen, weshalb er Ken
der faft die Hälfte der fchlefiihen Armee „befehligende , Marfch der Franzoſen auf Wittenberg nicht für eine bloße
Langeron, mit feiner untergeordneten Stellung hoͤchſt unzu⸗ | Demonftration hielt und bei Aden zur Dedung Berlins
Frieden, ſich ‚öfters auf Privatinftructionen berief, in deren | über die Eibe zurüchzugehen beſchloß, wovon nur die er⸗
prinz von Schweden befiegt wurde, an dev Katzbach, wo
Bücher in ſeinem 71. Sahre zum erfien Mal als Ober:
befehlshaber auftrat und Macdonald fehlug, forole bei
Dennewitz, wo Ney die Schlacht gegen Buͤlow verlor.
Indeſſen ift die Schlacht an der Katzbach wol zu fehr
von der rein militairifchen Seite betrachtet und nicht Hin:
laͤngtich beruͤckſichtigt, daß Bluͤcher nicht eigentlich als un:
umfchränkter Heerführer zu betrachten war, fondern daß
Folge er nur bedingungsweife an die Befehle Bluͤcher's folgte Zerftärung der Bruͤcke ihn abhielt. Bluͤcher, wel
gebunden fei; baß ferner ber in halbe Ungnade gefallene | cher durch nichts. zu. bewegen war, fich auf das tete
und dadurch gereizte Saden ſowie der flörcige York es Elbufer zurückzuziehen, behielt in den Augen ber Welt
Bluͤcher nicht erleichterten, eine Einheit im Commando | den Ruhm, Sapoleon’s Plan durchſchaut zu haben; ob
herbeizuführen, wodurch es gefchab, daß bderfelbe wenig: | aber der Kronprinz von Schweden nicht richtiger ſah, was
ſtens im Anfang mehr an den guten Willen feiner ruſſi⸗
lich die Abfiche hatte, möchte eine andere Frage fein.
Vergleihen wir viele Nachrichten von Augenzeugen,
fo dürfte es Leinem Zweifel unterliegen, daB der lange
ungewohnte Defenfivfrieg, das ewige Hinz unb Hermar⸗
fchiren, die große Unordnung bei ber Verpflegung, die phy⸗
ſiſchen und moralifhen Nachwehen bes Kriege in Ruß-
land nachtheilig auf ben Geift der Armee gewirkt hatten,
dag namentlid die Marfchälle und Generale zu alt und
zu reich waren, um an biefen endlofen Kriegen Freude
zu finden, und die Stimmung, welche für die Rüdkehr
nah Frankreich ſprach, immer allgemeiner ward. Die
Stimmung trug wol am meiften bei, Napoleon’s Mei:
nung, zu einer neuen Dffenfive überzugehen, nicht mit
dem Zubel aufgenommen zu fehen,. womit fonft kuͤhne
Pläne von der Armee begrüßt wurden.
fehl abhingen, wodurch vielleicht einige, Bücher gemachte
Vorwuͤrfe entkräftet werben.
Der Berf. geht hierauf zu den Kriegebegebenheiten
am. der Miedereibe, wo Walmoden gegen Davouft com:
manbdirte, und überhaupt zu den Umftänden über, durch
welche Napoleon veranlaßt wurde, Dresden zu verlaffen,
wozu der Elbuͤbergang des Kronprinzen von Schweden
bei Deſſau und Bluͤcher's bei Wartenburg gehört. Es ift
vielfach und weitläufig erörtert worden, was “Napoleon
untere biefen Verhaͤltniſſen hätte thun follen, und ihm,
machdem er die Schlacht bei Leipzig verloren hatte, eine
Fuͤlle nachträglichen gutem Raths gegeben worden. Ohne
mich über Diefes. fo oft abgehandelte Thema in eine neue
‚Discuffion einzulaffen, glaube ic) einfach bemerken zu müf:
fen, daß bekanntlich drei Armeen gegen Napoleon flanden,
ndmli die boͤhmiſche, ſchleſiſche und Nordarmee, daB | fi immer dichter zufammen, und mis den Vorbereitun:
mithin ‚die. Hauptaufgabe für ihn war, die zu liefernde | gen zu ber großen Entfcheidung bei Leipzig“ ſchließt fich
Schlacht, mochte fie zu einem neuen Invafionsplan oder | das Buch. | 86.
zur- Sicherung eines Ruͤckzugs nad) Frankreich dienen fol:
len, auf folche Ars einzuleiten, daß von ben feindlichen |
Herren hoͤchſtens zwei an dem nämlichen Tage in das | Sommermalven. Erzählungen und Novellen von
Gefecht kämen, nicht aber alle drei zugleich ihn befämpf: C. Spindler. Zwei Bände. Auch unter dem, Titel:
ten. Ausführbar war dieſer Plan ſchon um deswillen, Spindler's fämmtlihe Werke. Vierzehnter und funf:
weil zwei diefer Heere, die Nordarmee und das böhmifche zehmter Band. Stuttgart, Hallberger. 1833. 8. 3 XHlr.
Heer, in weiter Entfernung voneinander flanden; im vor: Wir haben in Deutfchland ‚eine Anzahl von Novelliften,
Uegenden Fall aber. um fo weniger fchmierig, als die drei | denen das Glüd fo gelaͤchelt bat, daß fie einmal eine ziemlich
verbügdeten, von verfchiedenen Fuͤhrern befehligten und ertvägliche Sefhihte gefcrieben haben, und bie nun nicht auf:
ſehr abmeichenden Sntereffen geleiteten Armeen unmöglic — re —* seite — Super wieternueraäh.
die combinirten Bewegungen mit folder Präcifion auss | len. Aus der Erfindung eines gluͤcklichen Augenblids madhen
führen Eonnten, als die von einem Feldherrn commanbdirte | fie einen Schat für dad ganze Leben, ein Capital, bas ſtets
feanzöfifche Armee, welcher ihr Kaifer war. Wenn Napo- (ent ainfen Dein muß. einen enadt ’ ber, Ihrer Dieinung
> . R . n . e:
Ion da⸗ nicht auf laͤngtre Dauer haltbate, überbied eine hört Spinkier nö. Er ift, mit ihnen verglichen, ein reicher
ſtarke Befagung erfobernbe Dreöben aufgab, mit feiner | Bergwerksbefiger, der in feinen Lagen bald Bold, bald Queck
ganzen Macht über Torgau, Wittenberg nah Magdeburg | filber, bald Kobalt, bald vullanifhe Koftbarkeiten findet; ein
. +! .
.
Napoleon hätte thun ſollen, vielleicht aucy) zu thun wirk⸗
Der Kreis, welcher die Armee Napoleon’6 umgab, zog
J 440
Proteus, der ſtets eine andere und faſt immer eine gefällige
Geftalt anzunehmen weiß. Rpaͤhnlich jenen monotonen, wie
nah einem feſtſtehenden Reglement einerercirten Erzäblern,
tft er bald naiv und -unbefangen, balb heiter und fcherzhaft,
balb wirklich humoriſtiſch, bald wieder fhwermüthig und er:
fhütternd. : inter den verfchiebenen Kleidern, bie er meiftens
paſſend anzulsgen weiß, ſteht ihm bas ber Laune, heiterer
Gätire und wirkungsvoller Ironie jedech am beften; feine
kleinen iſhen Erzählungen find in Form und Inhalt kleine
e
Meiſterſtuͤcke, und „Der Herr im Hauſe“ im erſten der vor
uns liegenden Baͤnde hat in der That wenige Nebenbuhler in
unferer Literatur zu beſiegen. Fuͤr dieſe Gattung von Erzaͤh⸗
lungen, die das Gegentheil von Dem fagen, was bie Worte
ausdrüden, ift Spindler ein beutfcher Voltaire. -
Die heitere Erzählung if fein eigentliches Gebiet; er iſt
zu launig, zu wenig ernfl, tief und begeiftert, ale daß wir
bei feinen fentimentalen Erzählungen nicht an eine willkürlich
nachgeahmte Form, an etwas Gemachtes, volllommen Beherrſch⸗
tes, kurz baran glauben follten, daß es ihm mit bem Gefühl:
vollen nicht fo rechter Ernſt fein möchte. Diefer Umftand, der
feinem Vermögen ald Darfteller zur Ehre gereicht, tritt uns
ferer Bingebung an ihn und feine Geftalten in den Weg. Mit:
ten in erfchütternden Scenen befchleicht uns bei Spindler eine
teife Ahnung: Wie, wenn ber Verfaffer feinen Scherz mit uns
triebe? Wir zweifeln an feiner Wahrbaftigkeit, und bas um
fo mehr und mit um fo größerm Recht, als er es mit der
Wahrfheinlichkeit fo wenig genau nimmt ald Ziel, Schefer,
Jean Paul und Arnim. Mit einem Wort, Spinbler ift ein
Schall, der uns am meiften gefällt, wenn er biefe feine Natur
nit verbirgt.
Indeſſen ift er fo mannidhfaltig und formenreih, daß tr
fih nur felten in feiner eigentbümlichen Anlage zeigt. In den
vorliegenden beiden Bänden ift er unter acht Rovellen nur
weimal er felbft: im „Herrn im Haufe” und in ber „„Deben
rillungsburg“, einer Ritter-, Schauer: und Schreckgeſchichte,
welche diefe jcht verftorbene Gattung ergoͤtzlich perfiflir. In
der Erzählung „Fior di Levante” ift er durch bie Malerei
orientalifcher Liebe und orientalifchen Haffes erfchütternd; allein
die Art, wie Liebe umd gap ſich loͤſen und endlich die eine in
bie andere aufgehen und überfließen, zeigt ung eben, wie we:
nig Ernft es dem Verf. mit biefen erſchuͤtternden Bildern ge:
wefen fei. „Der Hetr im Haufe“ fteht für ih. Es ift ein
Bild der feinften Ironie, bie fich faft felbft ihres Zwecks nicht be:
wußt iſt; hoͤchſt wirkungsvoll, beinahe unnachahmlich, wenig:
ſtens moͤchten wir Niemand rathen, denſelben Gegenſtand no
einmal aufzunehmen, nachdem er ſo energiſch, kurz, ergoͤtzli
und effectvoll behandelt worden iſt. Die Erzählung: „An ber
Berezina“,, kann ihren franzoͤſiſchen Urfprung nicht verleugnen;
fie verfündet ihn durch Übertreibung A la Sue, durch haͤßliche
Bilder & la Balzac, durch ſchielende Charakterijtit A la Nodier.
„Lorbern, Palmen und Reffein aus dem Lebenskranze eines Mi:
men“ nehmen einen leifen Zon ber Sronie auf und gefallen
wie Alles, was Spinbler in biefer Gattung erfindet. Er kennt und
zeichnet das Künftlerleben mit tieferen Einfiht in das Wefen
der Kunft als Andere, welche bied nun faſt verbraudte Thema
noch auszuführen verfuhen; er tft barin mwahrheitsvoller als
viele feiner männlichen und alle feine weiblichen Mitbewerber.
Im zweiten Bande tft der „Geſpenſtige Hof“ eine Capitals
erzäblung für das Phantaftifche, eine Hoffmanniade, bie dem
Vater diefer Gattung zur Ehre gereichen würde. Spinbler hat
den Vorzug vor Hoffmann, baß er feinen phantaftifchen Er:
sählungen gewoͤhnlich ein vollkommen wahrheituolles Charak⸗
tergemälbe beigibt, das jener meiſtens durch ein Caricaturbild
der Wirkiichkeit erfest. Allerdings wirb der Contraſt zroifche
der Welt der Phantafie und der ber Wirktichkeit dadurch um fo
greller; aber bie Wahrheit und ber Geſchmack gewinnen dabei
nicht. Dagegen fteht Spindler vielleicht in der originellen
Erfindung und in dem kuͤhnen Wurf bes Phantaftifchen hinter
Doffmann zuruͤck; wie denn auch in biefer Erzählung das phan-
x
taſtiſche Element eigentlich eine ziemlich zahme Kopie der „Wil:
ben’ Jagd“ iſt. Deſto ſchaͤgbarer ift das warnende Charakter⸗
bild Ottiliens und ihrer beiden grundboͤſen Liebhaber. Die’
ganze Erzählung ift eine der. vollendetften, die wir von biefem
Novelliften kennen; befriedigend in allen Fünftlerifchen Beziehun⸗
gen, ‚ergreifend, ziemlich wahrfcheintich und in ihren verfchie:
denen Partien mit abwecfelnden Karben vortrefflich vorgetra:
gen. Die „Novelle aus Zlorenz’’ dient zum Beweis, wie man-
nicyfaltig bie Töne find, welche Spindler beherrfcht, und daß
er nicht zu Denen gehoͤrt, die aus einer eingeübten Weife der
Erzählung nicht mehr herauskoͤnnen. Der Ton einer Boccascio;
Erzählung ift darin ungemein getroffen, und nicht blos ber
Ton, fondern aud die Gedankenreihe, die blos auf bie Bege⸗
benheit gerichtete Seele bes Erzaͤhlers. „Die öde Drillungs:
burg, ober ber goldene Schwertknopf aus dem Geiſterſchatze,
ober Schurkenlohn u. ſ. w.“ Haben wir ſchon als eine heimliche
Satire bezeichnet. Als ſolche kommt fie um einige Jahrzehnde
zu fpät; denn die Gattung, die fie perfiflict, iſt bereits ver-
urtheilt, aus ber Reihe der Kunfterzeugnifie geftrichen; bie
Seitenblide auf „Genopefa“ aber Eönnen wir nicht glücklich nen:
nen, fo wenig wir aud bie Begeifterung mancher Leute für
„ Genovefa '’ theilen. „Der Wann ohne Namen’ ift eine
franzoͤſiſche Spielergefhichte ohne Wahrheit und darum ohne
Wirkung. Daß Jemand feinen Namen auf eine Karte ſetze, iſt
nicht erlebt und wirb kaum erlebt werben, unb wenn es ges
ſchaͤhe, To ift eine ſolche Scene noch Fein wuͤrdiger Gegenftand
der Kunft. Spindler ift fo reich, daß wir ihm nicht, verzeihen
mögen, ſolche verlorene Armfeligkeiten aufzufuchen.
Wir entlaffen ihn mit dem vollen Anerkenntniß feines Ta:
lents, das allzu achtbar ift, als bag uns ein Misbrauch befs
felben nicht Leib thun ſollte. Wechſelvoll wie fein erfindens
bes Vermögen ift fein Styl; aber auch biefer fagt uns ba -
am meiften zu, wo ſich in Zunfllofen, naiven Vortragsformen
ein ironifcher Stachel verbirgt. Dies ift bie ihm vorbehaltene
Gattung, während feine fentimentale Ausdrudsweife an Gegiert-
heit, feine erfchütternde aber nahe an Unnatur streift. 130,
1. ChHriftlicyes Taſchenbuch auf das Jahr 1833. Heraus:
gegeben von Karl Auguft Döring. Vierter Jahr:
gang. MGladbach, Schmachtenberg u. Comp. 1832. 16.
1 Thlr. 4 ©r.
2. Freya, oder eheliche Liebe und häusliches Leben. Eine
" Liebes = und Freundfchaftsgabe. Frankfurt a. M., Brön-
ner. 1833. 12. 1 Thlr. 3 St.
Wir fügen diefe Anzeige zu ber in Nr. 339 d. Bl. f. 1832
gegebenen von fünf ebenfalls für Erbauung gelieferten Taſchen⸗
büchern. Ausgefuchte, der in politifcher, religidfer und mora⸗
liſcher Hinſicht hochwichtigen Zeit angemeffene, ausgezeichnete
Auffäge haben wir zwar nicht gefunden; aber man muß jeßt,
wo das Iefende Publicum von Zageblättern beinahe erbrüdt
wird, worunter fo viele mehr durch oft gezwungenen Wig blen⸗
ben, durch Kiätfchereien Figeln und beluftigen, al8 duch Wahr«
heit aufklaͤren und durch richtige Grundfäge verebein und zu:
rechtweifen wollen, zufrieden fein, wenn man nur ben reblichen
Willen fieht, auf einen beffern Sinn hinzuwirken, und babei
wahrnimmt, daß eine Schrift, zumal wie ſolche ephemere Gr:
fheinungen, bei einem gewiffen Publicum nicht chne moralifchen
Nutzen koͤnne eingeführt werden. |
Nr. 1 kommt aus einer Schule, der wir nicht hold find.
Die Gegend bes ‚Herausgebers und ber Verleger ift durch den
Dang ihrer Bewohner, deren Kleiß und Betriebfamleit wir übris
gend ehren, zu dem Pietismus bekannt. Diefer Geiſt ift auch
in dem Büchlein vorherrſchend, body ohne auffallende myſtiſche
Zänbeleien und Spielereien; ja, es kommen Anfichten von ber
Würde des Menſchen, von feinen Anlagen, von feinen Ausſich⸗
ten auf Unfterblichkeit vor, bei weldhen man (&. 177) ſich wuns
40
x
dern muß, wie man ber Bernunft fo viel einräumen, jene Hoff
nung „als eine: inwohnende, urſpruͤnglich ſchon gegeben Idee,
die über allen Beweis erhaben ift; weil fie, wie des Tages Licht,
keines Beweiſes bedarf und ſchon in Aller Herzen gelegt if,
anfehert und bamit die Richtewuͤrdigkeit und gänzliche Verderbt⸗
heit der menſchlichen Natur vereinigen könne. Et wird die
Melsheit und Güte bes Schoͤpfers gepriefen; aber wie es ba:
mit beftehe, daß er, der Alles fo herrlich im voraus geordnet,
den Menſchen fo ſchwach erfhuf, daß ihn eine Schlange ver:
. führte, und er ſich kindiſch nach ber Sünde unter einen Baum
verſteckte; dab Gott durch diefen Apfelbiß das ganze Menſchen⸗
geſchlecht durch und durch vergiften und verberben ließ, ſodaß
nur Gott wieder durch fich felbfk mit der Menſchheit verführt.
werden konnte, indem er ſelbſt Menſch roerben mußte: auf
diefe Kragen laͤßt man ſich nit ein. Nach einem Vorworte
fotgt: I. „‚Ghriftenfinn und Ghriftenteben”, recht erbaulid.
Ir. „Geſchichten aus ber Kirchengeſchichte.“ Meift Legenden.
3. 8.: „Ehrifti äußere Geftalt”‘, „angeblich von dem Proconful
Lentulus nad) Rom am ben Senat gefendet”. „Brirfbes Asgarus an
Shriftns und deffen Antwort”. Go Bruchftäde aus den Kirchen⸗
vätern. Was ſoll das Fabelhafte darunter und „Simeon bed
Styliten“ (S. 53) unſim nuͤgen? III. „Shriſtlich⸗Kirchliches.“
„Aus dem Leben eines evangeliſchen Geiſtlichen““, lobenswerth.
„Ginfättiges Geſpraͤch eines evangeliſchen Predigers mit einem
Hirtenmaͤdchen“, das alle Anlage hat, eine mpflifhe Sanatiferin
zu werben. IV. „Politiſch⸗Religidſes.“ 3. B.: „Brief einer Ehris
ftin an einen Demagogen.“ Diefer war ein Freund von Sand,
„über deffen Gewiſſen fie nicht zu richten wagt, oder mit bar:
ter Hand an feines Herzens Heiligthum zu greifen”; „num duͤnkt
mid in feinem Briefe an dich viel edler Sinn, Liebe, Ireue
und Wahrheit zu herrfchen, vielleicht auch etwas von Euther’s
Slauben, aber nicht jener heilige Geift, der aus Paulus fpricht, .
baß die Waffen unferer Ritterfchaft geiftlich fein follen u. f. w.“
Ste begreift, „wie bei allen Zünglingen, die voll Muth und
Hoffnung in den heiligen Krieg zogen, bie getäufdhte Erwar⸗
tung bie @inen halb wüthend, die Andern vor Schmerz fafl
vergehen machen mußte.” „Ich fühle, welche ſchwere Verant⸗
wortung auf mande Große audy darüber fallen muß. Aber
Bott bat ſichrere und tiefere Plane mit der Menſchheit als bie
Menfchen u. ſ. w.“ „Was finden wir in ber heiligen Gchrift
son demagogiſchen Umtrieben?“ „Mirjam Aaron, die Rotte
Koorah, Abfalon werden hierher gerechnet.” „Abfalon, dieſer
allgerechte Demagog, hatte noch vor Kurzem bes Joab's Gerſte
auf dent Felb verbverinen faffen.” „Die langen Haare, welche
diefem Verbrecher zum Strickt an dev Eiche wurben, bedeuten
für unfere Beiten bie herrlichen Gonftitutiensurkunden auf dem
Papier; der Efel die wirkliche Welt, die ben ſchoͤnen Träumen
und Idealen unferer politifhen Schwaͤrmer nicht auf bie Dauer
dienen will.” Wie wisig und vortreffiidh für ein foldhes Tas
fhentuh! „Warnend für Kürften und Voͤlker iſt die Geſchichte
von Rebabeam und Jerobeam!“ Gewiß! V. „Fuͤr eheliches und
haͤusliches Leben.” VI. „Der Ehrift im Tempel der Natur.”
„„Die ganze Schöpfung würde uns ben lebendiger Bott offendas
ren, wenn wir rein und heilig wären’‘, wir fügen binzu: und
wenn wir weniger über den Sünbenfall jammerten und myſtiſch
fafelten (S. 144). VII „Mitteilungen aus der neueften Zeit.”
Bei ber Schilderung des Bairamsfeſtes der Mufelmänner hätte
der Verf. an manchen chriftlihen Aberglauben, an ben heiligen
Sanuarius u. f. w. denken follen.: VIII. „Spruͤche.“ Nicht ohne
Wis und Wahrheit. „Wie der gemeine Poͤbel ſich vor Geiſtern
fürdhtet, fo ber vornehme — vor Geiſt.“ „Es ift gleich nöthig,
daß die Vernunft gläubig, und daß der Glaube vernünftig fei.”
IX. „Unfterblichleit.”" X. „Vermiſchte Gedichte.” XI. „Char:
"freitag und Oftern.” Erbaulich. XIT. „Das Leben in der Welt
und in der Ginfamkeit.” XII. „Theomille und Scheodicee.”
Gezierte Ueberfhrift. Es find Gebete und religioͤſe Betrachtun⸗
gen; freilich zum Theil in ber weltverachtenden Sinnesart. Nach
dem Berf. M man auch berechtigt, unmittelbare Mitcheilun:
gen durch Gott feldft zu „erlauſchen“ (©. 234). Woran
kennt man biefe? Wie unterfcheibet man, od z. 3. die Tinbks
dung, man -folle Min Kind ſchlachten, von Gott oder vom eu:
fel herruͤhre? ' ee j
Nr. 2 hat zwar keine hoͤhern Anfichten über She wid haͤue⸗
liches Leben, auch ift die Poeſie nicht eben vorzuͤglich; "ber
„Bluͤckwunſch zu Andres Weriobung” und ber Hoͤlldeſen⸗ ge:
fallen hier audy nicht. Indeß Hat dody das ein ſehr vlel
gute, gefande Hausmannskoft für dad gewoͤhnliche Leben; es
wechlelt Ernſt und Scherz, Anekdoten, Etzaͤhlungen frember
Bitten und Gebräudge, worunter freilich viel Bekamtes iR;
Abraham von Sta.Glara iſt ebenfalls benugt. Die Frauen, bes
nen allerdings ein Bischen mitgefpteit wird, werben ſich bamit
tröften: „daß auch bieſes Buͤchlein ein Mann geſchrkeben de“
Wir wuͤnſchen dem Tafgenbunge viele keſer. 8
Charakteriſtik Lucian's von Samoſata. Bon Karl
Georg Jacob. Hamburg, Fr. Perthes. 1832.
Gr. 8. 1 Thlr. 4 Gr.
.Wir kommen etwas ſpaͤt zur Anzeige ber vorliegenden
Schrift, die bereits bei dem dafuͤr ſich intereſſirenden Publicum
bie gebuͤhrende Inerkennung gefunden hat. Zwar wollte ihr
biefe ein hochfahrender Zoilus entziehen oder doch ſchmaͤlern;
indeffen fcheint fein Eritifches Werbammungsurtheil eben Teinen
Eindrud gemacht zu haben. Das Buch unfers Verf. über Lu⸗
cian bat feinen begründeten Werth und wirb den Freunden des
geiftreihen Spötters eine nicht unwillkommene Grfcheinung fein.
Bekanntlich hafte ſich ber Verf. ſchon früher viel mit biefem
Schriftſteller befchäftigt und hiervon in feinen Ausgaben des
Zoraris und Alerander ein rühmlidyes Zeugniß abgelegf. Je⸗
body befondere Weranlaffung zu dieſer Gchrift erhielt Hr. J.
durch Tzſchirner's, Fall des Heibenthums’, worin eine Parals
lele zwiſchen Voltaire und Eucian aufgeftellt ift, eben nicht zums
Vorteil bes Letztern. Er unternahm haber eine Ghrenrettung
feines Lieblings, um nicht nur die Tzſchirner'ſchen, ſondern
überhaups bie von jeher auf Lucian gehäuften Vorwürfe zu ent⸗
kraͤften. Den Dann, weldem Viele allen fittlichen Ernit, alle
ergrünbende Ziefe, alle Innigkeit des Sefühls, alle Sehuſucht
nad Dem, was bad Leben nicht gibt, abgeſprochen, ben man
wegen der Luͤſternheit feiner Darftellungem, wegen feines Haffı#
gegen Alles, was Glaube und Anbetung heißt, wegen feiner
NReligionsfpötterei und feines Lroftlofen Atheismus hart anges
klagt, unternahm Hr. 3. zu rechtfertigen. Wir glauben, def
ihm biefe Rechtfertigung im Ganzen gelungen iſt. Freilich if
es ihm hierbei zumeilen gegangen, wie es eifrigen Schugsebnern
zu geben pflegt: fie nehmen mehr für ben Angeklagten in Ans
ſpruch, als billig feine, und meflen ihm Verdienfte bei, bie er
gar nicht zu haben btaucht, um volllommen ehrenwerth zu er⸗
feinen. Da gilt denn Goͤthe's Segt ihr's nicht aus, fo legt
was unter!’’ Der Verf. bat hiernach feine Abhandlung 2
brei Abfchnitte getheilt. Im erften gibt ex eine allgemeine Cha⸗
rakteriſtik der Lucian’fchen Schriften; im zweiten ſchildert er Lus
cian im Verhaͤltniß zur Gelehrſamkeit und Bildung, umd im
dritten im Verhaͤltniß I ben veligiöfen und fittliden Anfichten
feiner Zeit. Diefe Abſchnitte find äußerft reichhaltig und gerri«
en ber fehr ausgebreiteten WBelefenheit und dem Geifte bes
Verf. zur Ehre. Doch wollte derſelbe nody einen zweiten Zwed
mit der Abfeffung feines Buches erreichen. „Da“, wie ex fid
ausdrüdt, „die Burg ber altesthümlichen Studien ‚newerbinge
von verſchiedenen Geiten angegriffen worden”, fo wollte ex feis
nerfeits das claſſiſche Altertum in Schus nehmen und ganz
befonders auf einzelne &egenfäge zwifchen ber antiken und mes
bernen Zeit aufmerffam machen. Gr hat dies allız Orten mit
Wärme und redlichem Gifer gethan, und fo zweifeln wir midht,
daß die Schrift fih nicht nur bem Gelehrten vom Fache, fon
dern auch, nach des Verf. Wunfche, gebildeten Männern und
edeln Dilettanten empfehlen wird. 103.
\ Redigirt unter Berantwortlichkeit ber Verlagäbandlung: 8. A. Brodbaus in Leipzig.
\
--— — — —— - -
Blätter u
für
literariſche Unterhaltung
—
13. Aprit 1833.
ueber den Beruf und Stand des deutſchen
Buchhaͤndlers.
Nr. 1.
In dieſem Blatte darf nur von dem literariſchen Be⸗
ruf die Rede ſein; der allgemeine des Geſchaͤftsmannes,
jede kaufmaͤnniſche Verpflichtung mit Sicherheit, Ord⸗
nung und Thaͤtigkeit zu erfuͤllen, wird vorausgeſetzt.
„Gegen Religion, Sittlichkeit und Staat
nichts druden zu laſſen und zu verbreiten“
ift für den Buchhändler, in weichem Lande er lebe, ge:
fegliche Vorſchrift; zwar verſchieden in Form als vorge:
hende Cenfur oder nachfolgende Verantwortlichkeit ꝛc. —
doch immer in ihrer Algemeinheit bleibend. — Zeigt fich,
daß eine folhe von Außen gegebene Anordnung nicht
ausreiche, den Buchhändler auf feiner Geſchaͤftsbahn zu
leiten, ſo wird er fuͤr ſeinen Beruf einen innern, ſiche⸗
rern Wegweiſer zu ſuchen haben.
Erfahrung lehrt es aber, daß dieſe geſetzliche Vor⸗
ſchrift in ihren drei- Glaffen hoͤchſt ſchwankend, verſchieden
und entgegengeſetzt angewendet werde. Einige Beiſpiele
moͤgen erweiſen; — ſie ſind aus der fruͤhern Literatur,
um nicht beſtehende Verhaͤltnifſe und lebende Perſonen zu
berühren; aus jetiger Zeit genommene würden allerdings
eindeinglicher fein.
Heligion. — Gegen fie überhaupt find forſchende und
unterſuchende Schriften oft unverboten geblieben,
oft aber auch verboten worden, wie hier und da
Ueberſetzungen der Werke des Helvetius, Dela⸗
methrie ꝛc. — Schriften in ber Zeit der An⸗
ſchuldigung Fichte's wegen Atheismus.
Gegen das Chriſtenthum: K. Fr. Bahrdt's Schrif:
ten, das Buch „Horus“ wurden bier und da
verboten; — die „Natütliche Geſchichte des Pros
pheten von Nazareth” wurde es nicht.
Fur und gegen Katholicismus -oder Proteftans
tismus wurde verboten oder erlaubt je nach ber
Gonfeffion- des Landes, oder dem Glauben bes
Regenten, ober in Folge politifcher Rüdfichten.
Für und gegen befondere religioͤſe Richtun—
gen, als:
Supernaturalisimuß, Myfticiemus wurde
beguͤnſtigt in Staaten,: ald zur Foͤrderung der
wahren Religion und Erweckung frommen Sin⸗
[2
*
ee
® s
*
nes führend; — unterdruͤckt, verboten in andern,
ale verführend zum Aberglauben, Zanatismus,
Verduͤſterung, Sektenweſen.
Entſchiedener Rationalismus, früher bes.
nannt Neologie, Aufklaͤrung, wurde verboten wäh:
rend des Religionsedictd in Preußen — daſelbſt
früher begünftigt, wie noch) gegenwärtig in meh:
ren Staaten.
Staat, — Gegen ihn als folchen überhaupt möchten
feine Schriften 'erfchienen fein, ſollen nicht bie
Rouffeau’fchen zc., die zu dem urfprünglichen Na⸗
turfland zuruͤckzufuͤhren ftreben, dahin gezählt
werden; — auch Danton und Marat wollten
einen Staat, — Schriften über die Staatsfors
men in ihrer Verfchiedenheit und über bie Bew
hältniffe der Staaten zueinander (politifche) find
e8 befonders, die in Anſpruch genommen werden;
— aber — ein und diefelbe Schrift wird in bie
ſem Staate erlaubt, belobt, begünftigt und im
andern verboten, verbannt, verbrannt, — Der
Buchhändler mag zufehen, was er in dem Staate,
worin er lebt, darf: — er fleht unter ben Ge
fegen. — —
In Zeiten der Aufregung, wie bie ber legt
durchlebten Sahrzehnde, wo Alle Antheil an dem
Für oder Wider, wo die Meiften Partei neh⸗
men, wird es dem Buchhändler fehr ſchwer, fich
innerhalb des Gefeslichen zu halten, ba felbft bei
den Behörden die Kinien ſchwanken. Bill er ſich
auch in feiner Handlungsweiſe partellod zeigen,
man läßt ihm das nicht gelten. Will er Partet
nehmen, fei es zur Rechten, fei es zur Linken,
fo thue ee es auf feine Gefahr als Mann —
als Buchhändler aber iſt ihm moraliſch zuzumu⸗
then, daß er alle Schriften zurüchweife, worin er
den Gebrauch fhlehter Mittel erkennt, worin
leidenfchaftliche Roheit oder hämifche Spitzfindig⸗
keit waltet, worin duch Werdrehungen und füs
genhafte Berichte Gefege und Verwaltung ange:
griffen, Perfonen verlegt werden. Zaͤhle dr fi
nicht den Einigen feines‘ Gewerbes bei, die ge:
tade Das, was am Frechſten auftritt, mit Luft
und Begierde ſuchen und verbreiten.
422
Sn den Jahren 1813 — 15 beſtrebte fich
jeder das deutſche Vaterland liebende Buchhänd:
fer, mitzuwirken gegen die Gewaltherrſchaft und
den Unterdrüder, aber die Edelgefinnten unter
ihnen verfchmähten Schriften, die das Privat:
leben Napoleon's befudelten, oder Getft und Kraft |:
bes außerocdentlichen Mannes im Koth testen
wollten. ’
Slttlichtteit. — Nur Unzuͤchtiges groͤbſter Art unter:
liegt dem Gefeg, wie frügee Himburg's pri —
Romane und fpäter einige unter dem Namen Au |
time herausgekommene erotifche Schriften, womit
ſich aber ohnedem Kein rechtlicher Buchhaͤndler
befchmust. Nach folhem Aeußeriten ift Alles er:
keubt, und nur eigner fittlicher Sinn bat zu ent:
‚fanden, wo die Grenze des Anfländigen ift, und
wie weit ber Dichtung und Kunſt Spielraum
‚gewährt werden darf, — Mandy, gewiſſenhafte
Verleger mögen Bedenken getragen haben, Heinſe's
„Laidien“, des Herzogs v. B. O. Natirlichkeiten
und Anderes ber Art jener Zeit, zu übernehmen.
Aus dem hier Angeführten wird hervorgehen, Daß,
den Buchhändler auf rechtem Wege zu leiten, ſowie vor
Steaffälligkeit zu bewahren, die gefeglichen Vorſchriften
nicht ausreichen — und fo möchte. rathfam- fein, neben
und unabhängig von ihnen, aus eignem Nechtsfinne einen
Srundfag zu fchöpfen, um feſten Schrittes gehen und
wenigſtens im Gewiffen. beruhigt Heiden zu können.
Als ſolcher möchte gelten können:
Achtung für die Wiffenfhaft — Ad:
tung fürs Publicum.
Der Buchhaͤndler, welcher Achtung für Beide in feine
Gefinnung aufnimmt und treu bewahrt, wird in feinem
Innern feſten Stügpunft gewinnen, für feine Handlungs:
weife fichere Regel finden.
Wiffenfhaft: — unvertilgbarer Geiflestrieb im
Menſchen zu genauer allumfafjender Erkenntniß ift Grund
derfelben; deren Zweck und Ziel: höhere Ausbildung des
Einzelnen und fortfchreitende Civiliſation der Gefammts
beit; — bie Literatur ift Mittel dazu.
Der Buchhändler, der den Werth feines Berufs er:
. Sant bat, wird bie Literatur nicht als ein Mittel be:
trachten, was zum eiteln Zeitvertreib Muͤſſiger diene, und
. wird noch weniger fie fo handhaben. — Er wird, um
angemeſſene Stellung in feinem Berufe zu gewinnen,
noch allen Kräften fid) bemithen, —— wenn auch
nur uͤberſichtliche Kenntniß der Wiſſenſchaft und Kunſt
und ihrer Literatur zu gewinnen; — er muß ſuchen,
bie Zeit und ihre Richtungen klar aufzufaſſen — muß
das Publicum in feiner Beweglichkeit unnachlaͤßlich und
ſchatf beobachten. —
Für beide Zweige des Buchhandels iſt dies geltend.
Der Verleger, fo gefinnt, fo ausgeruͤſtet, wird vers
mögen: die wiſſenſchaftlichen und literariſchen Be⸗
duͤrfniſſe feiner Zeit zu erkennen; — wird den Werth
ſchriftſtelleriſcher Anerbietungen mit Auzishung bes
Rathé gelcheter Männer zu ſchaͤtzen verſtehen; —
wird ſich geſtatten duͤrfen, zu wiſſenſchaftlichen Wer⸗
ken anzuregen und fuͤr gemeinſchaftliche, geiſtvolle
Gelehrte zu vereinigen; — er wird allein ſchon durch
ben Sinn, der ſich in feinen Unternehmungen aus:
fpriht, das Werthpolle anziehen, fowie Unwuͤrdiges
und Dherflächlihes von ſich abwenden.
Auf eigne Hand zur Befriedigung vermeintii:
her literariſcher Bedürfniffe fpeculicen und unterneh:
men, ift bedenklich — auf Beflellung [reiben
Laffen, jedenfalls verwerflich. ,
Nicht gemeint iſt, Verlagsunternehmungen- eng
umd ſtreng zu begrenzen: der Betrieb der Wiſſen⸗
haften beflebt in Verſuchen, beſonders bei den
Deutfchen in unbefchränkter Tiefe und Weite; —
der Buchhandel muß befürbertih fein, fie zu Tage
zu bringen: unrecht unb laͤcherlich wäre, nur das
Vollendete übernehmen zu wollen. — Die Künfte .
leben allein durch freisd Spiel: e® muß geiftiger Les
bendigfeit, edlem Wettkampf, raſcher Luft und ber
Phantafie, „immelhoch jauchzend, zum Tode Les
truͤbt“, voller Raum gewährt werden. — Aber nicht
eine Schrift follte unter die Prefie kommen, woraus
. 8ein Funke des Dichterifchen, des Geiſtvollen, des
Wiges leuchtet; worin ‚nicht ein aufgehendes Wei⸗
zenkorn bed Nugbaren fi entdecken läßt,
Bu Verlegen, die, ſchnoͤden Gewinns wegen,
elende Zufammenfloppelungen, freche Siugfchriften,
(höngeifligen Zeitvertreib ıc, für Tagelohn fabriciren
laffen, wird bier nicht geſprochen — fie treiben ge:
meine Wirthſchaft mit gemeinem Schreibgefinbel, was
den Geift für Stallung und Fütterung preisgibt.
Dem Publicum bezeigt der Verleger werthuoller
Schriften feine Achtung ſchon durch diefe, fie bat
ſich aber aud noch auszufprechen durch Correctheit
der Werke, durch deren anfänbige. äußere Geſtalt,
durch angemeflene Preife und durch zweckmaͤßige Ein:
richtung ihrer Herausgabe. An biefem Alten baben
ed DBerleger, fonft um Wiſſenſchaft und Literatur
viel verdiente, oft gar fehr ermangeln laſſen
Der Sortimenthändler (Detailliſt) Hat dieſelbe An:
fight der Wiffenfhaft zu fafien, dieſelbe Achtung für
fie zu begen, diefelben Einfikhten fi zu eigen zu ma⸗
hen wie der Verlager (Fabrikant); aber ex bedarf
noch ausgebreitatere Kenntniß der Literatur in ihrem
ganzen Umfauge, da er in Betreff ihrer den ver
ſchie denartigſten Anfoberungen zu entſprechen, aus
allen Faͤchern nachzuweiſen bat. Gr kann einfluß:
reihen Wirkungskreis gewinnen, ba ven- ihm ab:
hängt, dem Publicum das Gute des Literatur vor
augsweife beizubringen, indem der größere Theil der
Bucher nad) dem Vorſchlage des. Buchhaͤndlers oder
nah Dem, was er zu Tage legt, gekauft wird.
Kennt er feine Waatze umd verkauft lieber das Mel:
fere zu Groſchen⸗ als das Schlechtere zu Thaler:
preis, ſo wird ihm bald das Wertraum feines
Yuhlicumas zukommen — und der Gegen, auch für
‚ ihn, wird nis aushleiben,
_ Luke .. .
483
Schwieriger ala dem Verleger iſt die Stellung
des Sortimencthaͤndlers zu den gefeklichen: Borfchrifk
"tm, da er mit fremder Waare handelt, die neu ihm
dem Inhalte nach noch unbekannt ift. Die Freiheit
der Literatun erheiſcht, bag jede Schrift, die beftimmt
gefodert wird. und nech nicht beflimmt verboten if,
ohne Rüdfiht auf eigne Meinung und Partei ger
liefert voerde. Herner darf man ſich erlauben, zu
ſagen, dab das Merbotene nicht Jedeni verboten fein
- Ian; in Oeſtreich darf auch das am ſtreugſten Ver:
botene Dem, dee dazu: befugt: worden iſt, angeſchafft
- werden.
Aus lem Diefen erhellt, daß Geflaftung und Be:
handlung des beutfchen Buchhandels — zweckdienlich für
Wiſſenſchaft und Literatur, zu Nug und Ehre des Va⸗
teriandes, ficherfielend Gefeifcyaft und Stans gegen Miss
brauch der Preſſe sc, — weniger von geftglichen Vor:
fhriften und Einrichtungen abhängt als von der Wohl⸗
geſinntheit und Tuͤchtigkeit Derer, die: ihm betreiben. Soll
ein befierer Zuſtand erlangt werben, fo tft zu forgen, Daß
bie dem Buchhandel Eünftig beitretendben Glieder reines
Strebens find und ausgeftattet mit ausgebreiteterm Wiſ⸗
fen und höherer Bildung. Wie eine ſolche Veredelung
durch Einzeine und durch die Genoſſenſchaft des deutſchen
Buchhandels zu erzielen fei, und wie auch der Staat
dazu beitragen koͤnne, dies mag in einer folgenden Nums
mer biefes Blattes befprochen werben, wenn nicht ber
Begenftand fr daffelbe zu fpeciel erfcheinen möchte. 175.
Der Pfarrer von Andouſe, eine biftorifche Novelle aus
ber Zeit ber Dragonaden von Heinrich Moͤwes.
Magdeburg, Heinrichshofen. 1832: 8, 1 Thlix.
Der Verf. bat fi) in. biefem Buche einen Stoff gewählt,
ber ihn in eine gefährliche Nebenbuhlerſchaft bringt; er kommt
mit einem ber ausgezeichnetſten deutfchen Dichter auf bemfelben
Selbe zufanımen, ſedaß man beinahe unwillkuͤrlich Einen gegen
ben Anbren meflen muß. Ludwig Zied’s bderuͤhmtes, leiber uns
vollendetes Bud; „Der Aufrirhe in ben Gevennen‘‘ und „Dex Pfar⸗
mr von Andoufe“ Haben ſich dieſelbe Aufgabe gefbelit, die retigioſen
Kärapfe ber Hugonotten für Ihren Glauben gegen bie. Wi eined
Tyrannen zu ſchildern, ber altersſchwach, entnervt, mit fünbigem
Gewiſſen das Maß feiner Schulb gegen die Welt dadurch erfüllte,
daß er, ber fein ganzes Beben hindurch nichts Heilig geachtet hatte,
endlich noch sin Sklave bes büferften Fanatismus wurde und in dem
Bahn, bie Sache Gottes zu führen, die entſetzlichſten Verbrechen
gegen die urfprünglichen Rechte bed Menſchen ausübte. Wer
Tieck's großartiges . Buch geiefen bat unb ben Standpunkt
kennt, aus welchem beufeibe die Wirkungen der reiiglöfen Spam
nung und teberfpannung im Menfchen aufgefaßt hat; wer ſich
erinnekt, wie viel Ziefgebachtes dieſer große Dichter über bie
Steligion felbft aus ſpricht: der wird glei von vorn herein über:
fein, ‘daß ſchwerlich irgend ein anderer ber jegt lebesden
Sehriftfaker bie Loͤſung der Aufgabe in dieſer erhabenen Weife
nme zu verfuchen wagen, geſchweige zu vollenden im @tanbe
fein wuͤrde. Indeſſen wäre es eine Ungerechtigkeit, diefen Dicke
ab an bie Wärdigung bes vorliegenden Wächlein zu legen.
Der Umfband, daß die Novelle ihrem dußeriichen @toffe nad
mit einem fo gefährlichen Gegner zuſammentrifft, iſt einer, den
ber Dichter nicht verſchulbet hats wenigſtens barf man wichb
veslangen, daß er -beshalb der Wahl eines lange von ihm ra
ven Eirblingsgegenftantes mtfagen folte. WEIL man verglei
um berabzufegm, fo bebarf ea nicht fo fpeciellee Berährungen,
fondern man fintet allgemeinere. anf; Jedem, ber ein Sonett
macht, kann man Pelrarca, wer eine wchtzeilige Stange fchreibt,
ben Arioſt, und wer ein Trauerſpiel dichtet, Shakſpeare, &o:
phokles und Schiller an. die Seite fegen, um fein bämmernbes
Planetenlicht durch eime maͤchtige usfprängliche Sonne zu ver:
nichten. So wollen wir es aber mit unferm Verf. machen, da⸗
mit wir nicht unbilliger gegen ihn verfahren, wie das Naturge⸗
feg, welches dem Wandelſſern einen freundlichen Abglanz ber
Eirfterne gönnt. Freilich ſollen fie fih audy hüten, ihren Eon:
nen zu nabe zu treten, damit fie nicht wie der Merkur in dem
übermächtigen Glanz verfchwinden, fondern wie unfere heimat⸗
che Erde von dem Lichte des Urweltkoͤrpers fanften Schimmer
und beiebenbe Wörme ziehen. „Der Pfarrer von Andoufe” ift
ein Büchlein, welches grabe für unfere häusliche Erde paßt.
Die erſchuͤtternden Begebenheiten, welche bemfelben zum Grunde
legen, zeichen eben. hin, den Antheil bes Lefers an die Gage eng -
zu fefleln. Der eblere Sinn für Gittiichleit und Würde des
Menſchen, welder ſich darin ausſpricht, gewinnt ben Geftalten,
bie ber Dishter vorgugsweife mit Liebe behandelt, auch unfer Herz.
Die Religion greift, wie natürlich, mächtig in bie Verhältnifie
des Buches ein; indeffen ift fie nicht aus bem tiefen Stand⸗
gunfte beö Gedankens erfaßt,. fonderm tritt gewiſſermaßen nur
diſtoriſch auf. Gs iſt der einfache fromme Gtaube, ber fi rein
an bie ne vesftandenen Gebote ber Schrift hält; es ift
die Religion, wie fie in bürgerlich häuslichen Verhaͤltniſſen in
rechtlich denkenden Familienkreiſen verſtanden und geäbt wird.
Wir erfreuen uns daran, daß der Verf., bem eine umfaffendere
Eöfung der Aufgabe über feine Kräfte lag, fich wenigſtene ſelbſt
wichtig gefchägt und Das gegeben bat, was ihm fetbft natürlich
und klar iſt. Sein Pfarrer Menars fpricht über ben proteftan:
tiſchen Glauben in ber Weife, daß einfache Gemüther dadurch
erhoben werden können, unb daß der tiefer Denkende wenigſtens
nirgend auf Verirrungen ftößt. Denn bie Religion, bie durch
zweierlei Clemente, den Glauben und bie Erkenntniß, getragen
wird, trägt den eigenthümlichen Gegen in fi, baß fie jeten
nach ber Maßgabe feiner Faffungsfraft durchbringt und den Bes
ſchraͤnktern ihre Wohlthaten ebenfo angebeihen I&ßt, wie fle un⸗
erſco pflich für den umfaffendfien Geiſt if. So viel über den
innern Gehalt bes Buches, über die durchgehende Tendenz deſſel⸗
ben. Was nun bie Formen anlangt, bie birfer Geiſt belebt, fo
ind fie ebenfo wenig genial künftlerifch gebaut, als jener mit
philoſophiſchem Korfcherblid erfaßt; aber fie find in gleichem
Maße anſpruchtios und natürlih, ſodaß wir, ohne von ihrer
Schoͤnheit hingerifien zu werden, doch nirgend einen weſentlichen
oß nehmen. Ginige Auswuͤchſe, ober beffer, überfläffige Bus
thaten wünfchten wir inbeffen hinweg, fo 3. B. das Geſpraͤch
Ludwig XIV. mit bem Herzog von Laforte, indem es den Gang
ber Erzaͤhlung nicht fördert und auch in den religidfen Anfüchten,
die darin entwickelt werben, mehr ben Verſtand als bas Ges
mäth in Anſpruch nimmt; bies iſt aber nicht die flärkere Seite
Berf., und es wäre daher beffer, er hätte jeden Austaufcy
retigibſer Anftchten ben Charakteren überlaffen, bie er näher: aus»
führt. Den Hauptinhalt ber Erzaͤhlung bliden bie Bebrängnifie
einiger Gemeinden bes Langueboc, in welchen die kathokiſche Me:
ligion gewaltfanz eingeführt werben fol. Dieſe Begebenheiten .
dem Lefer bier einzeln zu erzählen, ift wicht‘ die Aufgabe der Kris
tik; er wiſſe nur fo viel, baß ber Hamtheld, von beim das Buch
den Namen führt, ber Pfarrer Menars von Anbowfe, den Dit
telpunkt bes einzelnen Suppen ber Erzaͤhtung bildet. Der Cha⸗
raßter ift würdig gehalten. Naͤchſt ihm und vieleicht noch mehr
als-er interefiirt uns ein junges Mäbchen Atphonftue, bie Tochter
eines Dberförfters des Gegend. Ihr Vraͤntigam, Anton Piganit,
ift weniger gluͤcklich gemichnet. Wie es der hiſtoriſche Moden,
auf weichem bie Erzaͤhlung fteht, niet anders mit fi bringen
founte, fo aehmen viele Erzeuguiſſe allerdings. einen tragif
Ausgangs body thut es uns wohl, daß wenigftens biefes Liebes-
paar mit feiner Jugend und Schönheit aus bem allgemeine
Schiffbruch gerettet wird umb eme neue gluͤckliche Heimat in
ber Schweiz findet. In bem Bau ber Graählung ift, wie fon
424
geſagt, viel Willkuͤrliches, Zufaͤlliges; eine kuͤnſtleriſch geftaltente
Hand laͤßt ſich nicht darin erkennen. Doch find einzene Füge
fowol in ber Verknüpfung der Begebenheiten als in ber Aufs
faffung der Situation als fehr gelungen zu bezeichnen. In er⸗
flerer Beziehung nennen wir daë Schickſal bes ruchlofen Wacht⸗
meiftere Sourtival und namentlich den Tod beffelben, ber auf
eine wirklich überrafchende Weiſe herbeigeführt wird und in das
Gange der Erzählung wirkfam eingreift. Eben dahin ift noch
einer bee legten Momente des Buchs zu rechnen, naͤmlich bie
Art und Weife, wie die Fluͤchtenden durch den Gergeanten, ber
ihre Verkleidungen bald durchſchaut hat, dennoch großmuͤthiger⸗
weiſe gerettet werben. Beide Züge find um fo bebeutungsvoller
für das Bub, als fie gang prägnant auch den Charakter ber
fogenannten göttlichen Fuͤgung an fich tragen, mas mit bem res
ligiöfen Beifte des Buchs durchaus im Einklange fleht. Zu ber
andern Battung, nämlich zu der einer fchönen Auffaffung ber
Sitwationen und ber Charaktere gehört, um nur ein Bei«
fpiel anzuführen, bie Vermaͤhlung Alphonfinens mit dem ver:
wunbeten Anton Pigault. Bu Anfang, wir müffen es gefteben,
. wollte uns die Art, wie Alpbonfine Anton’s Bewerbung auf
nimmt, nicht ganz gefallen; es ift gegen bie Natur jugendlicher
Gemuͤther, in folden Augenbliden nicht etwas tiefes durch die
keidenſchaft bewegt zu werben ; wir verföhnen und aber mit bie
fer Eigenwilligkeit bes Dichters dadurch, daß er feinem Charak⸗
ter durchweg getreu bleibt. Ohne nun das ganze Bud als ein
hervortretendes Kunſtwerk oder als ein Werk von binreißenber
Macht bes Stoffes oder ber Darftelung ber Lefewelt empfehlen
zu wollen, möüffen wir ihm die Anerkenntniß wiberfahren laffen,
daß es anziehend auf und gewirkt und einige Stunden unferer
Theilnahme eng gefeffelt hat, und daß ſich der Werf. unfere Ach⸗
tung zumal bu ben das Gange tragenden und verebeinten
Sinn ber Sittlichkeit erworben hat, ben wir leider in neuern
Productionen fo oft vergeblich ſuchen. 76.
us Stalien
Seit ben Beiten bes Iongobarbifcgen Königs Luitprand, over
genauer, feit bem 3. 724 befaß bie Kirche ©.:Pietro in Gielo
d’oro zu Pavla für fchmeres Geld bie von den Barbaren erfaufs
ten Reliquien bes beit. Auguftinus, und ſonach einen Schatz,
ber damals ganz ander& anzufchlagen war als in unfern Tagen.
— mehre Jahrhunderte ſpaͤter uͤberließen naͤmlich die der
Kirche vorſtehenden Moͤnche einen einzigen Arm von dieſen Res
liquien än den Bifchof -Egelnot vor Canterbury (im 3. 1022)
und erhielten dafuͤr nicht weniger als ben Liebhaberpreiß von
100 Zalenten Silber und einem Talente Gold. Es fiel biele
Vereinzelung in bie Beit, wo man häufig Reliquien ſtahlz und
aus Beforgniß, daß auch fie auf kiefe Weiſe um ihren Schat
tommen koͤnnten, verfenkten die Mönche von St.Peter ihren
heil. Auguftinus der Verſicherung nad in eine tiefe Gruft ber
Unterlirche und bebielten blos einen Altar bei, ber dem Biſchof
von Bippo geweiht blieb. Da inbeffen fich ber Glaube erhielt,
baß hier, wenn man auch nicht angeben Eonnte, wo, bie echten
Reliquien bes Heil. Auguftinus zu fuchen feien, fo blieben bie
Begabungen und Vermaͤchtniſſe nicht aus, unb auch Pavia
dachte in ber Zeit, als alle Stäbte Italiens fi in Ausſchmuͤ⸗
dung ihrer Gotteshäufer zu überbieten fuchten, an einen prächtis
gen Reliquienkaſten für feinen vielleicht einft wieder aufzufinden⸗
den Schutz heiligen. Im 3. 1365 warb zu diefem für bie Ge⸗
ſchichte der Skulptur fo wichtigen Denkmale der Grund gelegt,
und Andeutungen ſcheinen dafür zu ſprechen, daß es in ben nädhs
ſten Jahren eifrig betrieben ward. Jedenfalls war es vor 1380
vollendet. Die barauf verwandte Summe von 4000 Goldguͤlden
(der Goldguͤlden betrug etwa 18 France franz. Geldes) beweift,
wie koſtbar man diefen Schrein auszufbmüden ſich angelsgen
fein lieg. Aber trog biefer alterthuͤmlichen Pracht lag er feit
mehren Sahren halb auseinander gefallen und vernadhläffigt in ber
Kirche S.⸗Pietro, und erft die neueflen Stabtbebörben von Par
via wandten ihm wieber einige Beachtung zu. Der Kaften war
m
eigentlich feitbem misgchtet, als man bie Kirche neumebifd zu
machen anfing. Zufällig glaubte man nimlich.im J. 3695 die
vermißten Reliquien. bed heil. Auguflinus wiedergefunden zu has
ben, ald man in einem geöffneten Grabe erft einen Marmor⸗
farg antraf, auf dem Auguſtinus zu lefen war, unb darunter
einen fllbernen voll Gebeine entdechte. Bon bem Tage an hatte
bie Preigebigleit gegen bie Kirche neue Anregung befommen.
Aller bisheriger muck zu Ehre bes ‚Heiligen ſchien unzurei⸗
hend. Mit großen Koften baute man bie Kirche um, verdarb
durch unpaffenden Aufpug ihre Architektur und feste (1738) ten
alten Schrein auf ben neuen Altar. Indeſſen 1830 war biefer
Eifer weientlich erkaltet. Meder der Beſit dieſes Schatzes noch
bie verfallende Pracht konnte bie Kirche vor ber. Einziehung
Thügen, und die Lirchlichen und ftäbtifchen Behörden meinten
Alles zu thun, was unfere Zeit fobern könne, wenn fie ben
Schrein in feiner Urfprünglichkeit bergeftellt retteten, bie Kirche
ſelbſt jedoch preisgäben. Bel biefer Verſegung des Denkmals
in bie Kathebrale warb eine genaue Beſchreibung berfelben an⸗
georbnet und aus ihr find bie hier gegebenen Nachrichten genow⸗
men. Unter bem Zitel: „L’arca di Sant, tino, mMORU-
mento in marmo del secolo XV, ora esistente nella chiesa
cattedrale di Pavia, disegnato et inciso da Cesare Ferreri
colle illustrazioni di Defendente Sacchi'' (Yavia 1832, Fol,
10 öfter. Liren), gibt fie genaue Auskunft über :das Denkmal, bar
bei mehr treue als fchöne Kupfer, über den Meifter des Wer⸗
kes jedoch nur Wermuthungen. Das Monument weit auf Bal⸗
duccio bin, denn unverfennbar ift feine Aehnlichleit mit dem
Reliquienkaſten für ben Heil. Petrus Martyr in ber Kirche St. _
Euftorgius -zu Mailand. Man wuͤrde fich babei begnügen koͤn⸗
nen, theilte Vaſari's Zeugniß das Werk nicht bem Auguftin und
Agnolo von Siena zu. Noch fernere Vermuthungen bat ‚Herr
Sachi aufgeftellt. Jetzt fteht biefes reiche Denkmal alter Zunft
im Dome zu Pavia, in einer Kapelle, die zu biefem Zwecke an
das alte Gebäude angefügt wurde, leider zum Aergerniß einiger
Altertbumsfreunbde, bie eine Verunzierung berfelben darin erblick⸗
ten. Lebhaft ſpricht z. B. ber Befiger einer ber reichſten In⸗
ſchriftenſammlungen Oberitaliens, Marcheſe Malaſpina di San⸗
nazaro, ſich gegen dieſe Anflickerei aus, welche die Einſicht in
ben urſpruͤnglichen Grundplan des Gebäudes vollends erſchwere
und die Hoffnung eines gruͤudlichen Neubaus. ber Kathebraie,
ben er zu boffen fcheint, innmer unmwahrfcheinlicher mache. Wäre
ein Misgriff dadurch geicheben, fo müßte biefer in Pavia um
fo mehr wundern, als bort durch ausgefprodjene Liebe zu vater
ländifchen Alterthümern ſich auch ein Sinn für ihre Erhaltung
ausgebildet hat, der mit gruͤndlicher Einftcht und kritiſcher Gm
drterung Hand in Hanb geht. Biel Verbienft hat fi barum
beſonders Robolini erworben, bee buch ben zweiten heil
des vierten Bandes feiner „‚Notizie appartenenti alla storia
della sua patria’ (Pavia 1832) fein Eritifch erwogenes und fo
gehaltreiches Wert gefchloffen hat, welches grade bier ein
fchlagende Kragen, 3. B. über bie urfprünglichen Bormen von
Pavias Alteften Gebäuden u. ſ. w., mit fo fichtendem Scharfe
finne erörtert. Im gleichen Sinne wirkt bort auch der obenges
nannte Sacchi, der jene berühmte Infchrift zum Andenken der
Aebtiffin Theodote, deren Schickſale Paulus Diaconus erzählt,
jest aufs Neue erläutert bat. Ron den Ronnen bes Kloſters
Sta. Maria Theodote, Tpäterhin della Puſterla genannt, war
diefe Infchrift von dem Grabe abgenommen morden, dem fie
anfangs ale Dede diente. Man hatte fie zu einer Thuͤrſchwelle
misbraudht, und fehon frühere Alterthumsforſcher fannten fie nur
zerbrochen unb in fehr mishanbeltem Zuftande. Nach langem
Werben gelang es, bie legten Hefte berfelben in das Lapibarium
bes Marcheſe Malafpina zu retten, als befien Beſit fie jegt
Def. Saccht in der Gchrift: „‚Iscrizione lapidaria del secolo
VII, in sggiunta a quelle publicate in Milaso nell anno 1830
dallo stesso posessore, march Malaspina di Sannazaro’”
(Mailand 1832, Zol.), mit einer Genauigkeit befannt macht, bie
allen frühern Unterſuchungen tarüber (die legte gab WRuratori in
ben „‚Cose d’Italia”) nur noch geſchichtlichen Werth läßt. 27.
Redigiet unter Berantwortlicteit der Werlagähandlung: 3. A. Brodbaud in Eripsig.
Blätter
J
für
literaäriſche Unterhaltung.
hiſtoriſcher Rman von M. Sagostin. Aus dem
Noßlawlew, ober die Ruſſen im Jahr 1812. Ein | theuer zu ſtehen gekommen find. Nichts aber klaͤrt uͤber
den Volkscharakter gruͤndlicher auf als ſeine Literatur.
Kuſſiſchen überſetzt von Erb. Göring. Zwei Theile. Wenn ein Werk derfelben aber vollends unternimmt, den
Leipzig, Cnobloch. 1832. 8. 2 Thlt. 18 Gr.
Das Gebiet des Romans wird für lange Zeit noch
das einzige Feld fein, auf welchem die junge ruſſiſche Li⸗
teratur einen völlig felbfländigen,. einen eigenthümlichen
Gang einzufchlagen im Stande fein wird. Auf allen uͤbri⸗
gen Pfaden, Haupt⸗ und Seitenwegen der Literatur iſt
der dichterifchen Bemühung ihr Ziel vorgeſchrieben, und
fetbft die Straße zum Ziel wird ihr durch einen feflge:
ſtellten Geſchmack, durch Regeln und Bedingungen, welche
von den ausländifchen Meifterwerken entlehnt find, vor-
gezeichnet, dergeſtalt, daß fie bei Strafe des Misfallens
von ihnen ſich nicht entfernen darf. So ift es im höhern
Schaufpiel, in der Xragddie immer entweder Voltaire
oder Schiller, in der Dde das deutſche oder englifche Prin-
cip, im Epos, im didaktiſchen Gedicht, in der Elegie, in
der -Epiftel, im bürgerlichen Scaufpiel ; im Luftfpiel im⸗
mer irgend ein ausländifches Muſter, weichem man nach⸗
ringe, und felbft die Behandlung der Gefchichte, die Künfte
der Beredtſamkeit find zur Nachahmung felcher vorgezeich-
neten Muſter verurtheitt. Das Märchen, die Kabel und
der Roman find mit Einem Wort die einzigen Erſchei⸗
"nungen, in welchen die ruſſiſche Literatur bis jest einen
fetbftändigen Charakter behauptet, nationaler Lebensanficht,
unbekuͤmmert um fremde Mufter, gehuldigt und eine rufe
fifche Originalität zur Geltung zu bringen verfucht bat. -
Dies iſt Grund und Urfache, warum dem Literature
freunde ruflifhe Romane interefjanter erfcheinen müffen
als Epopden oder Tragddien. Die eigentlich heerichenden
Züge des ruſſiſchen Volksgeiſtes und des Charakters dies
fer großen Nation, die mehr und mehr ein’ Banzes zu
werden ringt, find trotz Allem, was wir bapon gefehen
und gehört haben, immer noch ſehr wenig unter uns be:
fannt. Wir kennen den Engländer, den Franzoſen, den
Spanier, den Itällener, ja felbft den Tuͤrken und den Chi:
nefen als Individuum und ald Theil feines Volkes, aber
den uns fo nahbarlichen Ruſſen kennen wir wenig oder
gar nicht. Und doch hat Europa ein fo nahes Intereſſe,
eine güunftige Bekanntſchaft mit diefem Wolke einzugehen,
wäre es auch nur, um ſich vor denfelben Taͤuſchungen zu
bewahren, bie ihm von einer andern Seite der juͤngſt fo
Volkscharakter in allen Schattirungen, in allen Ständen
und .Bildungsftufen zu malen, wie es das vorliegende
Merk zum Zweck bat, fo.hat eine ſolche Schrift gerechten
Anſpruch auf eine doppelte Aufmerkſamkeit von. unfes
rer Seite.
Der Verf. des „Roßlawlew“ hat durch feinen „Jurji
Miloſlawski bereits als Romandichter eine glänzende
Steile eingenommen. Die bort gefchiiderten Sitten und
Charaktere aber, über 200 Jahre von der Gegenwart
un
entfernt, entbehren natürlich der Anziehungskraft, welche
einem Roman aus der Zeitgefchichte, dee noch dazu als
eine dichteriſche Paraphrafe derjelben -anzufehen ift, beis
wohnen wird. Dort war e& mehr der Kunftwerth, hier
ift es die hiſtoriſche Bedeutung des Werks, die unfere
Zheilnahme ‚aufrufen. .
Der „Roßlawlew“ ift und fol für Rußland und für
die ewige Glanzperiode feiner Gefchichte im Jahr 1812
Das fein, was Salvandy's „Alonzo“ für den fpanifchen
Krieg gemorden iſt. Weide Werke gehen in völlig parals
lelen Bahnen fort; fie fodern unmilltürlih zum Ver⸗
gleiche unter fi auf und werfen gegenfeitig ſowol Licht
wie Schatten aufeinander. Kannte der Verf. den „Alonzo”
nicht, fo ift er unwillkuͤrlich in diefe parallele Bahn ge:
rathen; kannte er ihn aber, fo hat ee die trefftichfte Mach:
ahmung eines trefflichen Werkes geliefert.
Hier wie dort fam es darauf an, das große hiſtori⸗
Ihe Bild durch kleinere Gruppen und Familienbilder zu
verklären, die Rüdwirtung und ben Wiederklang der
Weltbegebenheiten in ben engern Lebenskreifen ber Stände
und ber Familien zu wiederholen und die Umfchrünge
der gefchichtlichen Begebenheit eben durch diefe Einzelwirs
kungen zu erklaͤren. Die Frage vom ruſſiſchen Kriege
it fo oft und fo vielfeitig befprochen worden, daß man
glauben möchte, es fei darüber nichts Neues mehr zu fas
gen. Es iſt fo vielfach behauptet worden, daß überall in
diefem großen Rampfe vom Volke und Volkswillen gar
nicht die Rede fein inne, daß wir faft dahin gefommen
find, dieſe Anficht dee gefchichtlichen That für die richtige
zu halten. Das vorliegende Werk beiehrt uns eines An:
‚bern, und um fo geündlicher und zuverläfliger belehrt es
N
-, . 426
uns deſſen, als diefe Lehre ohne Abficht aus ihm hervor:
geht. Hiernach zu urtheilen, bat unter Alten, bie über
den Feldzug von 1812 gefchrieben haben, Niemand Recht
als — Ségur. Freilich würde. e8 thöridht fein, von eis
ner Verſchwoͤrung des xuffifchen Volkes darüber zu ſpre⸗
8 daß man die Franzoſen ins Imere des Landes
locken
ein dunkles Gefühl, wie dies der einzige Weg zum glaͤn⸗
- zenden Ziele fei, die feſte Zuverficht, daß dieſes Mittel
nicht fehlfchlagen werde, die Ruhe, die Geduld, das kalte
But, die Sicherheit, die dies Bewußtſein gab, diefe leb⸗
ten allerdings im ganzen Wolle und machten es -bereit,
gebuldig und hoffaungsvell, ja mit Hohn und Selbſtker⸗
feugnung zu tragen und zu opfern, bie bie Biel erreicht
fi. Dies aber tft die ftille, worsiofe und doch fo furcht⸗
bare Verſchwoͤrung des rufliichen Volkes, auf weiche &e:
gur hindeutet, und deren Dafein und Wirklichkeit das Se:
maͤlde, welches ber Verf. des Roßlawlew“ hier: vor uns
autfaltet, vollkommen beſtaͤtigt. In ‚allen Ständen war
vom Anfang her sine ımerfchütterliche Zuverficht verbrei:
get, welche kein Sieg des Feindes, kein Vorruͤcken deſſel⸗
ben, kein Manifeſt, keine Trauerbotſchaft wankend zu ma⸗
‚chen vermochte. Der Ruſſe empfand die Größe ſeines
Volkes und die Weite feines Vaterlandes, das er nicht in
Moskau ober Poster (fo mrant:bas Volt Petersburg) allein
ſuchte. Mit jedem Siege ‚des Feindes wuchs vielmehr
der Haß gegen ihn, bie Freude am feinem nahen Werber
‚ben, das, ohme Abrede, ſchweigend und mehr ducd Opfer
als durch Thaten vom ganzen Wolke befchloffen war.
Thut man Unrecht, eine ſolche Sinnes: und Hoffnungs⸗
einigkeit mit dem Namen einer allgemeinen Volksver⸗
ſchwoͤrung zu belegen, oder hat der Geſchichtſchreiber Un:
recht, welcher eraähl, wie die Wacht Napoleon’s in Ruf:
land an dem eifenfeften Willen bes ruffifchen Volkes ges
brochen ſei? Nein! die Sache iſt unleugbar; der Volks⸗
wilte bat. den Eroberer befiegt und vernichtet!
Der Verf. beginnt feine Schilderung um bie Zeit, wo
man in Musland allgemein den naben Bruch vorausfah.
Mit überaus geſchickter Hand führt er und durch alle
Stände, zunaͤchſt der Hauptitabt, dann des ganzen Volkes,
am uns den Eindruck fehen zu laflen, ben diefe Ahnung
überall bervorbringt. Aller Orten iſt es weniger der Verf.
als der Leſer, welcher bie Refultate zieht; der Verf. be
gnuͤgt ſich, feine Perfonen fprechen zu laſſen. Wir fehen
in den hoͤchſten Ständen bei aller Eingenommenheit für
franzoͤſiſche Sitte und Sprache body. eine tiefe, im Cha:
sakter gegräindete Abneigung gegen das franzöftfche Weſen.
Diefe Abneigung iſt ber Eiferfucht verwandt. In den
mittlern Ständen wird die Abneigung zur Zeindſchaft, in
den Volksſtaͤnden zum Haß. Dieſen Regungen gegenuͤber
zeigt uns der Verf., ebenſo durch alle Staͤnde vertheilt,
äußeeft beredte und thaͤtige Wortfuͤhrer der Franzoſen,
deren Sprache in jedem Stande eine andere iſt. In den
hoͤchſten klagen ſie uͤber die Langweile Rußlands und
preiſen die Vergnuͤgungen ber franzöfifchen Lebensweiſe;
fie ruͤhmen, welche Fortſchritte die Aufklaͤrung in Europa
alter Barbarei u. ſ. m. In den geringſten S
wolle, um fie bier zw vernichten. Des nicht, aber
bem Continent bringe, wie dieſer Raubftaat gebemüthige
werben müffe. In den Mittelftänden preifen fie bie Eins
richtungen Frankreichs, welche Jeden zu jeder Würde im .
Staate gelangen laſſen, die Bildung, die Humanität ber
Sranzofen, nennen einen Volkskrieg den gräßlichen «Reit
den er
zaͤhlen fie von Abfchaffung aller Abgaben, Dienſten unb
Laſten u. ſ. w., in allen aber rathen ſie zum Frieden,
zur Unterwerfung unter den Mann des Schickſals, oder,
wenn es zum Kriege kaͤme, dazı, ihm mit Salz und
Brot entgegenzugehen. Dieſe Redner ſtellt der Verf.
wielleicht mit Unrecht als Spione und bezahlte Emiſſaire
bar; es waren eben Franzeſen und Franzoſenfreunde.
Nun beginnt der Krieg; mit dem Einbruch über den
Niemen ſchlaͤgt die Flamme des Haffes im lichtem Brande
empor; das Volk flieht; in allen Ständen muͤſſen bie
Wortführer verſtummen, benn das Nationalgefühl iſt er
wacht. Alle Vorliebe wird vergefien, ſelbſt der entſchie⸗
denſte Leichtfinn, den der Verf. in feinem Sarjetzki treff:
lich perfonificirt, greift zum Schwerte, das Volk ſteckt
ruhig feine Hütten an, wandert nach Moskau und räumt
auch die alte heilige Hauptſtadt. Bier fchließt ‚der erſte
Theil; der zweite nollendet das Bild der Volkerache und
der Vernichtung des ‚Feinden.
Nachdem wir fo den allgemeinen Charakter biefes qu-
ziehenden Gemäldes überblidt haben, muͤſſen wir Einzel⸗
nes und Beſonderes barin zu erkennen fuchen. Bussft bie
Gefchichte des Helden ſelbſt. Roßlawlew, ein junger Mann,
den höhern Ständen angehörig, ift der Traͤger des ro-
mantiſchen Intereſſe. Eine edle, völlig uneingenommene
Seele, etwas zum Tiefſinn gemeigt, echter Liebe und wah⸗
ver Freundſchaft zugänglich, dabei kuͤhn und unerfehroden,
freinsüthig, ein Freund der Gefahr, ift er vom Berf. of:
fendar beftimmt, als ein Typus des ruflifchen Charakters
zu gelten, In ber That entdecken wir kaum einen an-
dern Fehler an ihm ald etwas Schwärmerei und einige
maßlofe Leidenfchaftlichkeit.
und eine flillen Haͤuslichkeit zugeneigt, wirb er von zein-
ſtem Patriotismus, den erft die Untreue feiner Geliebten,’
Pauline (ruſſ. Pelagia), zum Daß firigert, in ben Kampf
hineingeriſſen. Diefe, ein übergeifliges Weſen, wird ihm
von einem Franzoſen entriffen, einem. Heuchler, ben Roß⸗
lawlew mit, Wohlthaten uͤberhaͤuft bat.
Ein unnachahmlicher Reichthum von Farbe und Schat⸗
tirung lagert auf den einzelnen Gruppenbildern dieſes Ge:
maͤldet, das in dieſem Vezuge mit dem „Alonzo“ den
Wettkampf aingehen kann. Nur die. etwas uͤbertriebene
Romantit.in jenem Werke fehlt bier, und diefer Mangel
iſt ein Vorzug des ruſſiſchen Werkes. Alles. begibt ſich
wahrſcheinlicher und naturgemaͤßer, wenn wir die Kirch⸗
hofsſcene abrechnen, die Reßlaͤwlew faſt um ıben Verſtand
bringt. Dagegen theilt dieſe Erzaͤhlung mit dem „Alonzo‘
die Unwahrſcheinlichkeit des haͤufigen Zuſammentreffens
uns ſchon bekannter Perſonen, ein Fehler, ber allerdings
in Bildern dieſer Art ſchwer zu vermeiden iſt. Wahrheit
und Originalität der Charaktere halten ſich in beiden
durch Napoleon's Siege mache, welchen Schaden England | etwa das Gleichgewicht; dach hat der Muffe vor dem
Politiſch ohne Parteianſicht
[1 U Te uud ı
VBgsl. Nr. u. de D- - -- --
‚ - 0”
- 407 .
Bramppien ‚eine größere Mounichſaltigkeit dar Speache vor:
we, Denn Abſtufung ihn jedoch —— KM in den
i t verleitet.
uch HR He Be
.
Mittheilungen über Sricheuland.”)
Athen, 44 Iem. 1858.
Die Athenaier find, wie ich Ihnen, Tieber F., in einem
froͤhern Briefe prophegeit zu haben glaube, voller Freude, und
ber Himmel hängt für fie voll"Seigen. IR etwa ber König
gefonmmen? Gott behäte; aber ber Borcas heult fdjweidend kalt
vom Pärnes herunter, alle Wafferpfügen find feit einigen Tagen
mit is bebedt, und feit 24 Stunden ſchneit es faft ununter-
brochen, ſodaß der Schnee ſchon drei Zoll hoch Liegt. Es
wird eine Olivenernte geben, wie man ſie ſeit zehn bis zwoͤlf
Jahren nicht erledt hat.
Vor acht Tagen war es anderes Wetter. Anemonen, Rar⸗
ciffen und andere Blumen und Straͤuche, die ich nicht zu nen
nen weiß, blähten auf ben Feldern und zwiſchen ben Felſen, der
Himmel war heiter, bie Sonne ſchien warm unb milb, und
wir wähnten den Fruͤhling gekommen. Da manbelte uns ars
men Gefangenen bie Reiſeluſt an, und wir befyloffen einen Aus«
fing nah Rarathon und Rhamnüt. Freund J., der auf tem:
felben Ausfluge zugleich Praflat und Brauron fehen wollte, brach
ſchon am Mittwoch allein auf, um uns am folgenden Abende in
Marathon zu treffen. Denn alle Beſorgniß vor Räubern war
von uns gewichen, nachdem wir in ben legten Wochen wieder:
holt einzeln ober zu Zweien und Dreien in allen Richtungen bis
auf drei Stunden von ber Stadt umhergeſchweift waren, ohne
auch nur einen bewaffneten Pallikaren zu fehen; und wir vers
lachten bie wiederholten Warntingen unferer griechiſchen Freunde.
Am Donnerſtag, 17. Jan., folgten ihm ein Englaͤnder und ich,
durch unfere Verabredung gebunden, obgleih das Wetter Thon
wieder kalt und rauh geworden war, und wir ſchlugen die grabe
Straße über Kephiflia nach Marathon ein. Der Weg Tührt
erft nortwärts am weſtlichen Abhange tes niebrigen, oft für ben
leſſos gehaltenen Bergrüdens hin, wendet fi dann am Ende
beffeiben, wo in einem Ravin noch mehre Pfeiler von ber Waſ⸗
ferteitung bes Hadrian ſtehen, mehr norboftwärts, und fleigt
allmätig die nadte, Tanft abhängige Ebene hinan, bei Polikas
(6 Mnedlıxas) vorüber, nach Kephiffia, das von einem kleinen
Delwalde umgeben iſt. Diefe alte Imölfftabt, bie ihren Namen
(mur mit veränbertem Accente: Arpıoıa) bis hente bewahrt bat,
{ft jeet ein Dorf mittlerer Größe umd Liegt, wie faſt alle Orts
fchaften Attikas, größtentheils in Ruinen. Vielleicht erfreut ſich
feine zweite einer fo guͤnſtigen kage wie Kephiffia auf einer
Art. von Hochebene am Fuße hed Pentelilön, links gegen ben
Hpmettös, reits gegen den Parnes und Aigaleos hin, ben groͤß⸗
ten Theil des Pebion uͤberſchauend, mit mehren (in Attila fo
feltenen) immer fließenden Quellen, bie feine Gärteh und Baum⸗
pflanzumgen veichtich bewäflern. Hier war es möglih, einen fo
Tieblichen Park zu Tchaffen, wie Gellius ihn bei ber Billa des
Oerodes Atticus befchreibt, und bier werben gewiß in wenigen
Jahren ſich wieder Euftfchiöffer erheben und reizende Sartenan⸗
lagen entfichen. Doch dürfen Sie nicht vergeffen, daß died nur
comparativ,, gegen das flerile übrige Attifa genommen, zu ver⸗
ſtehen ift, und daß Sie hier nie das frifche reihe Gruͤn, bie ho⸗
ben ſchoͤn gewärbten Bäume und bichten Schatten unferd Nor:
dens zu erwarten haben. .
Birle Marmorrefte im Dorfe unb in ben benachbarten Ka:
pellen deuten auf die einft hier ftehenden Pracıtgehäube zuräd.
Doch fand ich nichts von Bedeutung als ein Fragment eines
kleinen Basreliefs von ausgezeichneter Schönheit, einen Zäger
mit feinem Hunde vorftellend, der vor einem ihn verfolgenden
Hirſche flieht; wahrſcheinlich zum benadhbarten Tempel der Ars
.. D.-Reb.
kemis Amarpfia bei Athmonon (bei Morüß) gehörig. In dem
Giebel einer zerſtoͤrten Delmühle fahen wir den obern Theil einer
Statue von guter Arheit gingemauert, Gin griechifcher Priefter,
der uns in den Kirchen herumfuͤhrte, bemerkte, daß wir darüber
ſorachen. Er winkte mid auf die Seite: „Wollt Ihr das Ding
haben ?’'. .fragte.er; „es gebdrt einem Tuͤrken, und wenn Ihr
mir ein paar Thaler gebt, fo hole ich es bes Nachts weg und
bzinge «6 nach Athen in Gure Wohnung; us uvorızk, uuozıxa
xaralaußarsıs'! (Nur fill, fill, du -befommft ed. Oder auch:
Aber fit, ftil! Du verſtehſt!?), fehte er mit einer Miene voll
fpigbübifcher Schlauheit hinzu, indem er die Spitze feines Zei⸗
gefingers an feine Schiäfe legte. Go find viele, aber nit alle
Lehrer des Polks in biefem Lande.
Etwa zehn Minuten hinter Kephiffia enbigt ber Delmalb
biefes Dorfes, und ber Weg läuft nun bis an ben Sand bes
Thales von Marathoͤn, vier Stunden lang, ununterbrochen über
den nördlichen Fuß des Pentelilön fort, immer fanft auffteigend\
Die felfigen Hügek dieſer Gegend find faft gang mit bichtem Ge⸗
firöpp bedeckt, mit Myrten, Oleander, verkrüppelten Steinei⸗
chen und anderm gruͤnen Gebuͤſch, aus dem nur hin und wieder
eine niedrige Pinie hervorragt. Das Ganze bildet eine volllom⸗
mene, einförmige Einoͤdez nur links an ben Abhängen des Paͤr⸗
nes fieht man einige Dörfer. Auf ber Mitte bes Weges liegt
ein kleines, jegt zerflörtes und verlaflenes Dorf, Stamäta. An
zwei Heinen Thaͤlern, gleich oͤſtlich von bemfelben,, find Ruinen
von Marmorgebaͤuden, deren Beſtimmung ſich nicht erkennen
laͤßt: Reſte von Fundamenten und zerſtreute Quadern. Die um
dieſelben angehaͤuſte Erde läßt vermuthen, daß Nacharabungen
bier Ausbeute geben wuͤrden. Wenn Leake's Annahme („On the
demi of Attica’, &. 82), daß Ikaria in biefer Begend zu fu:
chen fei, gegründet ift, fo dürfte dies jener Demot fein.
Um drei Uhr Nachmittags hatten wir hie ‚Höhe bes anfebu:
lichen Berges erreicht, ber, mit dem Pentelilön zuſammenhaͤn⸗
ab, den füblidyen Arm bes Thales von Marathoͤn gegen We:
verſchließt. Er heißt Aſpoorouoc, mit einem fehr paffenden
Namen, da er gegen das Thal bin fleil wie sine Mauer abfällt.
Diefer Name, der gar nicht nach der heutigen Sprache ausfieht,
ſtammt ohne Zweifel ſchon aus dem Alterthume, und ich Tann
baber Leake (a. a. O.) nicht beiftimmen, wenn ex ben Aphoris⸗
möß für ben Ikarios hält. Iſt meine Mafegung bed Demos
Staria.sichtig , fo wirb der Ikaͤrios ein anderer WBerggipfel fein,
der zwifchen jenen Ruinen, bem Aphorismös und bem Penteli⸗
fon in ber Mitte liegt, Vom Rüden bes Aphorismaͤs führt
die Straße, in der an einigen Stellen Reſte eines alten Stein⸗
pflafters fichthar find, im Zickzack an den Seiten einer bewalbe:
ten Schlucht hinunter nach dem Dorfe Vranss (Boavas), das
om Fuße bes Berges und am Kingange in die Ebene liegt. Da
der Tag ſich ſchon zum Ende neigte, eilten wir auf bie andere
Seite ber Ebene in das Dörfhen Bei (Maren) zu kommen,
wo ein Bauer, an ben twir einen Empfeblungsbrief mitgenom:
men hatten, uns in feine elende e aufnahm.
Den gangen folgenden Tag, in beffen Laufe au F. gu
uns ftieß, brachten wir damit zu, bie bene in allen Richtungen
zu durchwandern. Die Belchreibung diefes ewig denkwuͤrdigen
Shares bei Krufe ift nicht ohne Irrthuͤmer und ermangelt vor⸗
züglich terjenigen Klarheit, weiche nur bie Autopfie geben kann;
ich verſuche daher eine andere. Die Ebene von Marathoͤn er:
firedit fi) längs bem Meere von Süden nach Rorben, in ber
Känge von einer deutſchen Meile, und in ber Breite von einer
Viertel⸗ bis zu einer halben Meile. Cie ift auf allen Seiten
durch natürliche Grenzen fcharf netrennt; im Oſſen durch das
Meer, melches zwiſchen einem Vorſprunge bes Pentelilön im
Süden und dem fcharfen ſchmalen Borgebirge Kynöfura (jegt
Zyovıc) im Norden eine fanft einwärts gefchweifte Wucht bil:
det; im Süden durch einen ‚hoben fdiroffen, vom Pentelikon aus:
gehenden Berg, Argalili (16 Aoyalijxı), im Weſten durch
ben ‚nbenerwähnten Aphorimoss; tm -Morbweiten und Norben
durch andere meniger anfehnliche, mit dem Bergſyſtem bes Pär:
nes zufammenhängente Höhen. Arga'iki und Aphoriemds mögen
x
-
y
8
428
ſich von 800 — 900 Fuß über das Meer erheben; fie find
dürftig mit niebrigen Pinien bewachſen; bie uͤbrigen Höhen find
faſt ganz nackt und haben nur Dornen und Difteln. Ale biefe
Berge beſtehen faft nur aus weißem Marmor, ber aber, wie ber
Marmor von Lahrion und bee ganzen Öftlicdhen nal ‚ grobe
törnichter und blätteriger tft als ber echte pantelifche Stein von
der Weftfeite bes Gebirges. Hin und wieder kommt auch ein
grauer , fehieferartiger, leicht gu fpaltender Stein vor, mit dem
verfchiebene Kirchen im Thale gedeckt find.
Das Thal felbft ift eine volllommene Fläche, am Strande
faum brei bis vier Fuß über den Meereöfpiegel erhöht; von
bier ſteigt es faſt unmerklich nah Weften auf. Die größere
fuͤdliche Hälfte beffelben läuft nach Weften in zwei Arme aus,
die durch den flumpfen, bios aus weißem Marmor beftehenden
Berg Kotröni (Korpwrı) voneihander gefchieben werben. Am
obern Ente des ſuͤdlichen Arms liegt das ſchon erwähnte Dorf
Brands und ein kleines Klofter des h. Georgios, an dem ties
fen Bette eines Gießbachs, ber zwiſchen dem Aphorismos und
Argaliti vom Pantelikon herablommt und ſich nach einer Bier
telſtunde in der Ebene verläuft, aber felbft jegt nach einem reg»
nichten Herbfte ohne Wafler war. Bon Wrands führt ein Paf
nordivärts zwifchen dem Kotröni zur Rechten und der nörblichen
Kortfegung des Aphorismds zur Linken in den nördlichen Arm
bes Thales. An der Mitte dieſes Paffes find kaum kenntliche
Reſte eines Thors mit ſtark verflämmelten Fragmenten von zwei
figenden Statuen. Weiterhin Iäuft ein ovaler Peribolos (Damm),
durch einen rohen, niedrigen, zerfallenen Steinwall gebildet, über
die Straße und zu beiden Seiten einige Hundert Schritt weit
die Abbänge ber Höhen hinan, von ben Cingeberenen ber
Echafſtall des alten Weibes (1ñe yoalas 7 uardon, ober vul.
gairer: zig yoräs ıö uavdof) genannt. Nach drei bis vier Minu⸗
ten betritt man das obere Ende des nördlichen Thalarmes on einer
Stelle, wo ein verfallener Thurm aus dem Mittelalter fteht
und Spuren alter Fundamente und zerſtreute Marmorbloͤcke fidh
finden. Diefer Ort heißt Insi (Olvon ober Nowon*), und es
kann demnach kaum zweifelhaft fein, daß bie alte Dinde ber Te:
trapolis hier lag, innerhalb des eigentlichen Thale von Maras
tbön, die verfchiebene neuere Karten (auch Krufe) viel zw met
nordweſtlich, Höher den Fluß hinauf, anfegen. Nördlich über
bem Thurme ift ei niebriger Berg mit der Grotte, die für bie
Panspöhle des Paufanicd gehalten wird. An feinem Fuße
raufcht ber Beine, klare Fluß von Marathoͤn von ben dftlicken
Abhängen bes Pärned herab ins Thal und fließt den noͤrdlichen
Thalarm hinunter durch bie große Ebene Ind Meer. Gr nimmt
bet Dinoͤn noch den Ausfluß einer ftarfen Quelle auf, bie unter
dem Öftlichen Buße bes Panberges entfpringt. Sie ift von ei«
nem halbkreisförmigen Fundament aus großen, durch eiferne
Klammern verbundenen Marmorquabern umgeben; viele andere
Quabern liegen theild umher zerftreut, theils find fie in dab alte
Baffin gefallen, woburd die Quelle gendtbigt worben iſt, fi
einen neuen Ausweg einige Schritte zur Linken des alten Baffine
zu fuchen. Nach der Form des Fundaments zu fchließen, bildete
das Gebäude eine Nifche Über der Quelle: wabrſcheinlich ein
Wert des funftliebenden Marathoniers Herodes Atticus. Das
Ganze iſt ein Hübfcher und im Sommer gewiß fehr Lieblicher
Biel, deffen Beſchreibung aber bei Krufe durch die Schuld ſei⸗
ner Vorgänger viel zu emphatiſch ausgefallen iſt. Aus ben
niedrigen Dleanderftauben, welche bie Duelle umgeben, finb ganze
„Boͤume“ geworden u. f. w.
Der nördliche Thalarm iſt Länger,’ aber beträchtlich fhma-
lee als ber fühlicdhe. - Seine Sübfeite wirb durch den Kotröni,
feine Norbfeite durch den größern Berg Stavrokoraͤki gebildet,
der noch weiter als jener nah Oſten in bie Ebene vortritt.
°*) Die Borfegung bed N vor Wörter, melde mit Vocalen oder
Dipdtbongen anfangen, IR In der heutigen Sprache ſehr uͤdlich.
&o beißt 3. 8. die Infel "Jos jeht Nioc, und flatt olxorvens
(dee Haußherr) fagt der gemeine Dann ſtets voızoxupng.
‚unter, in ber erönbung ae egen bie Gbene.bie, ‚Links
U. am
am Buße bes Stavrokor
bes Kotroni das Dörfchen Bieferi (Trepepı, breifgibfg). Der
degel; verrzuthlich Trikoͤrythos. Faſt der ganze von ben Gern
und Sümpfen eingenommene Raum (eine beutfche halbe Meile
lang und wenigftens halb fo breit) ſtand jegt unter Waſſer; im
Eommer follen die Sümpfe großentheild troden und gangbar
werben. Doch bilden fie immer eine natürliche Grenze zwiſchen
ber nördlichen und füblichen Ebene, da ihre ftärkfte Quelle uns
mittelbar am Fuße bes Stavrokoraͤli ift, die au im Sommer
einen breiten fumpfigen Bach von Weſten nach Often durch bie
Eumpfgegend fendet. Die ganze Sumpfflaͤche heißt bei ben Gin-
geborenen. vorzugsweife ber Sumpf (Balros); der ziemlich große
(auf Leale’d Karte zu klein angegebene) Ser aus Brackwaſſer,
weicher ben oͤſttichſten Theil derfelben vor dem Vorgebirge Schois
nia einnimmt, das Drachenwafler (n Toaxoveer), und der norb:
oͤſtlich über biefem Sumpfe, gelegene Berg der Berg von Dra:
fonera (Tjs Apazoveons ıd Bovvo). In biefem Berge ift
über dem Gumpfe eine Höhle, ober beffer, eine enge faſt vertis
cale Kluft in dem Felſen, etwa acht Schuh im Durchmelfer und
gegen 50 Schuh tief, mit einigen Stalaftiten an ben Wänden
und einer Quelle frifhen Waſſers auf dem Boden. Unfer Fuͤh⸗
ser aus Kato⸗Suli wollte durchaus nicht ohne feine Flinte bins
unterfleigen, obgleich meine Begleiter fürdhteten, ec möchte fals
len und der Schuß unverſehens losgehen. Es wohne, fagte er,
ein Sefpenft (aroyeior, im gemeinen Dialekt oroıyıo) in ber
Höhle, und deshalb fei ed gut, ſich mit Waffen zu verfehen; ohne
unfere Begleitung würbe er ſich ohnehin nicht. hinuntergemagt
haben. Ich fand in dem engen Loche durchaus Feine Spur von
Alterthämern, auögenommen, baß oben am Gingange eine kuͤnft⸗
liche Stufe in den Felſen gehauen zu fein ſchien; vielleicht, falls
einft eine Wohnung in ber Nähe ſtand, um bequemer an bie
Quelle hinunterzuſteigen. Jedenfalls ift Leake's Vermuthung,
daß dies die Krippen der Pferde bes Artaphernes ſeien, von bes
nen Paufanias fpriht, ganz unſtatthaft. Ex ſcheint die Höhle
nicht ſelbſt befucht zu haben. ”
(Die Bortfegung folgt.)
Literarifhe Notiz.
Es iſt feit einigen Jahren, und namentlich auf Beranlafs
fung des legten polnifchen Aufftandes, das gefliffentliche Beſtre⸗
ben mancher Schtiftfieller gewefen, dem leſenden Publicum fo
viel Schlimmes ald nur immer möglid von dem ruffifchen
Volle zu fagen. Da nun Unparteilichleit in allen hiftorifchen
und politifchen Urtheilen erzielt werden muß, fo müffen auch für
die rufiifhe Nation Stimmen gehört werden. Eine folche if
bie eines ſehr achtbaren GSchriftflellere, des verftorbenen Staat
raths von Schubert in Petersburg, ber im zeiten Theile feiner
„Bermifhten Schriften” (S. 244 — 271) fehr leſenswerthe
Rachrichten über den ruffiihen Nationalcharakter gegeben hat.
Es ift dabei nicht zu Überfeben, daß es ein Ausländer und ein
Mann von anerkannt rechtlicher Geſinnnng ift, der dem ruſſi⸗
fhen Rationaldarakter hier eine verbiente Anerkennung wibers
| fahren laͤßt. 89,
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandiung: %. A. Brodhaus in Leipzig.
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Dieſer fie wuͤthend ecraſiren will, geht er ruhig feinen
ſchen Volkscharakter. Ganz fo lauernd und moͤrderiſch⸗
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Blätte r
U EL
literariſche Unterhaltung.
Montag | — Kr. 105. 15. April 1833
„Nein, antwortete ber Dffizier Baltblütig, auf feine rechte
Sculter blidend, von der die Kugel das Spaulet -abgeriffen
hatte. „Jetzt bitte ich geborfamft, an die Barriere zu kom⸗
men“, fuhr er fort, den Franzoſen ftarr, aber gleichgültig ans
blidend. „Je suis mort!“ rief der Verwundete haldlaut.
„Mein Bott, er verblutet ſich!“ vief fein Secundant, win Tuch
aus der Zafche ziekend. ‚Bemühen Sie fich nicht“, fprach der
Roßlawlew, oder die Ruflen im Jahr 1812. Ein his
ftorifcher Roman von M. Sagoskin. Aus dem Ruf
fifchen überfegt von E. Göring. Zwei Theile.
(Beſchluß aus Nr. 108.)
Unter allen Charakteren ift der —S— af
jers, wie man fagt, eine geichichtliche Perfon jener Zeit,
—— und in der That für ſich allein ein | Offizier, „er wird ſchon bi6 zu meinem zweiten Schuß Icben.
höchft ergreifendes Bild. Während Alles um ihn ber Nun, wie wird's, Herr? Nur friſch heran! Ich fchieße dach
|
|
. . . ı nicht eher, bis Sie an der Barriere find!’ ,‚.Derr’', rief ber
fih in Leidenfchaft für oder wideg verliert, der Eine Secandant, „bebenken Gie! Auf zwei Gchritt! das ift ja fo
die Franzoſen als willkommene Gäfte empfangen, der Anz | vier —Ais wenn ich mein Yiflol ihm vor die Stirn fegfe!
dere fie in feinem Haß vernichten, Jener fie fchonen und | Verſteht fih”, fagte der Wortkarge; „noch einen Schritt,
\ Herr Ritter! Bitte geborfamft!” „Eh bien, fait!’ rief ber
Franzoſe, fein Piftol von ſich ſchleudernd. Er ſchwankte an die
Barriere und ſtand mit verfchränkten Armen feinem Gegner _
Bruft an Bruſt gegenüber. Sein Blut firdömte, Zodtenbläffe
bedeckte fein Geſicht, aber er blidte dem Offizier kuͤhn in die
Augen. Diefer zielte, die Mündung des Piftols reichte bid an
bie Stirn bes Franzoſen — es bligte, das Zündpulver war abs
gebrannt. „Du lebſt no, Freund“, rief ber Secundant.
„Nicht Iange mehr‘, fagte der Wortkarge Faltblütıg. „Schütt
Pulver auf! So! jest wird's wol nicht verfagen.” Er fpannte
ben Dahn. „Halt!“ rief Roßlawlew, aus dem Gebüfche ſprin⸗
gend, und trat vor den Sranzofen hin. — Er rettet ihn, ba der
Wortfarge Eeinen Ruſſen tödten will.
Diefe Scene kann zugleich als eine Probe von bem
Geſchick des Ueberfegers gelten, der die raſche, lebhafte
‚Sprache des Driginals und überhaupt die ganze wechſel⸗
volle und feurige Färbung beffelben mit ungewöhnlichen
Gluͤck wiedergegeben bat. Mit diefem Auftritt beginnt
die Reiſe Roßlawlew's nad) Moskau, wohin er, während
der Krieg fi an den Grenzen fammelt, zur Verbindung
mit feiner geliebten Pauline eilt: Die Abenteuer, welche
diefe Reife verzögern und begleiten, haben alle ben Zweck,
Stimmung und Entfhluß des Volks im innern Lande
zu malen, wie bie erften Gapitel die ber verfchiedenen
Staffen der Hauptftadt zeichneten. Beamte, Soldaten, .
Bauern, Fuhrleute, Bürger, Kaufleute, Künftler treten ,-
nach und nad) auf die Scene und zeigen, wie der Rufle
die Kriegsbotfchaft empfängt, wie er von Emiffairen, bier
der Franzoſen und dort ber Regierung, bearbeitet wird,
während fein natürlicher Verſtand Recht und Unrecht
meiften® vortrefflih zu ſondern verfteht. Er fühlt die Be:
leidigung, die ihm foeben zugefügt wird, und ift entfchlofs
fen, fie zu Rrafen, indem er Hab und Gut dem Vater:
lande zum Offer dringt. Was iſt's denn Großes, wenn
Sang, um fie mit kaltem Blute, wo die Gelegenheit ſich
zeigt, wie „Fliegen“ todtzufchlagen. „Rur feinen Zom‘,
ift fein Motto, und fein Haß ift zu einem Phlegma ges
worden, das fürwahr das ſeltſamſte Charakterbild dar⸗
ftellt, welches mir je in einem Roman angetroffen haben.
Dies Bild Aber gewährt einen tiefen Blick in den ruffis
phlegmatifh, ganz fo tüdifch=blutgierig mag der ruſſiſche
Haß fein können. Diefer wunderfame Charakter, diefer
namenlofe Menfch, der fein Leben kaum einer Seifenblafe
werth achtet, wenn er nur Einen von jenem ihm verhaß:
ten Volk abfchladhten kann, bleibt ſich von der erften er
fchutternden Duellfcene, wo er auftritt, bis zum Schluß
des Buches volllommen treu; er verdient in der That
ein Meifterbild wie nur irgend eines W. Scott's genannt
zu werden. Diefe Duelifcene aber kann als eine Probe
der Darftellungsgabe des Verf. gelten und ift es werth,
als fotche näher betrachtet zu werben. Der „Wortlarge”
hat einen Wortführer der Franzoſen in einer Reflauration
aufgetrieben und den Spion gefodert. Roßlawlew tft ein
zufälliger Zeuge des Duells. Man fhREt ſich mit vier
Kugeln Über Barriere.
Beide Gegner entfernten fi fünf Schritte davon, wands
ten ſich zu gleicher Zeit um und fingen an, ſich allmälig einans
ber zu nähern. Beim zweiten ‚Schritt fpannte der Branzofe,
die Kugel pfiff, und durchlöchert flog die Müge nom Kopf bes
Offiziere. „Hol's der Teufel, gut gezielt!’ fagte diefer. Es fiel
ein zweiter Schuß, und im Ru ſchwamm ber linke Arm bes Frans
zofen in Blut. ‚Gin wenig weiter links!“ zief der Secundant.
Es vergingen wieder einige Secunden. Roßlawlew's Herz flodte;
die Entfernumg zwifchen ten Kämpfenden wurde immer kleiner;
es blieben noch ſechs oder fieben Schrittes ploͤtzlich fiel ein
dritter Schub. „Biſt du verwundet?” rief ber Gavalerift.
J
430
fie auch nach Moskau kommen, bort follen fie dod Hun⸗
gers flerben, wenn der Kaiſer es befiehlt; die verbrannte
Stadt, die mweißfteinige Moskau, ift bald wieder aufge
baut — dies ungefähr iſt die Denkweife aller Glaffen in
dem verfchiedenartigften Ausdrüden. Das Lauernde, Un:
beforgte, heimlich Einverfländige, das feſte Vertrauen auf
Roche und endlichen Sieg Hi Allen gemein, und wir
. innen aus biefer Einftimmigkeit fir und wol fo viel
abnehmen, daß Died einmal überhaupt Züge bes ruſſi⸗
fhen Charakters, und zweitens nebenher bie ven Ur:
fachen des Zuſammenbruchs ber Macht Napoleon’s im
Rußland find. Nachdem uns der Verf. auf dem Gute
der Frau von Lidin, Paulinens und Olga's Mutter, nun
auch den ruffifhen Landadel in fünf bis ſechs aͤußerſt
originellen Charakteren und in aller feiner liebenswuͤrdigen
Sorglofigkeit, in feinem afistifchen Dienerlurus, in feiner
teidenfchaftlihen VBergnügungsluft geſchildert hat, läßt er
feinen Helden ins Feld ziehen, wohin ihn Sarjetzki ruft.
Dort nun bdiefelbe Mannichfaltigkeit der Charaktere, die:
felbe gluͤckliche Individualiſirung des ruhigen Patriotis⸗
mus (Roßlawlew), des Leichtſinns (Sarjegki), des tapfern
. Haudegenmuthes (Sareadiew), ded Feiglings (Bleſtkin),
des gefühlvollen Kriegers (Sigfi), das buntefle ‚Gemälde
der, Denkart bei Gemeinen, Offizieren und Anführern,
treffliche Schlachtfcenen, welche das kalte Blut bes ruſſi⸗
fhen Kriegers, feine pünktliche Subordination, dem be:
magogifchen Verhalten bes frahzöfifhen Heers gegenüber,
ausmalen, nebft Allem, was bem Kriege fonfl angehört.
Roßlawlew, vertvundet, will nad) Moskau. Unterwegs
begegnet ihm bie Auswanderung ; er empfängt bie Nach
. richt von Paulinens Untreue, Olga, ihre Schwefter, wird
feine Pflegerin, und fie, die er früher aus den Fluten
gerettet, zeigt uns nun ihre flille und heilige Liebe für
ihren Netter und Pflegling. Eine Scene auf dem Gute
der Frau von Lidin, voll humoriftifcher Kraft und zu:
gleich aͤußerſt bezeichnend für Sitte und Art des ruffi-
ſchen Landadels, muͤſſen wir dem Lefer hier auszeichnen
als eine Probe von Dem, was ber Verf. in launigen
Erfindungen vermag. Der Civilgouverneur wird auf bem
Gute erwartet. Iſchorski, der Onkel Paulinens, will ſich
ihm als ein Vater feiner Unterthanen dadurch zeigen, daß
er ihn in fein trefflich eingerichtetes Hoſpital führt.. Das
oſpital ift da, aber die Kranken fehlen; der Verwalter
ol dergleichen nun fchaffen.
lich gelingt, den zaundürren Schmidt und den bien Kü-
fer zu bewegen, auf einige Zage die Kranken zu fpielen,
Allein, 0 Misgeſchick! der Verwalter hat die Weberfchrif:
ten der Krankenzimmer nicht behalten und den duͤrren
Schmidt in die Abtheilung für Mafferfüchtige, ben
dicken Küfter aber in das Zimmer für Schwindfüchtige
geitedt. — Ungeheueres Gelächter! — Diefe Satire ift
koͤſtlich und ergöglich; grade fo begibt «8 ſich ba, wo Se:
der bemüht ift, der Megierung zu Gefallen zu leben, un:
bekuͤmmert um ben Geift ihrer Anordnungen ynd gleich:
gültig gegen die Sache felbft, wenn nur bie Form er:
fuͤllt iſt. Von den politifhen Anfichten des Verf, welche
den gründlichen und unbefangenen Gefchichtsforfcher ver:
Große Noth — bis es end:
Elinden, gäben wir gern eingelne Proben, wenn der Raum
dies geftattete. Ein Mal läßt er eine feiner - Perfonen
fagen: „Welche ungeheuere Verantwortlichkeit hat dieſer
Mann (Napoleon) auf ſich geladen dadurch, daß er das
liebenswürdigfte und hochherzigſte Volt Europas zu einen
Gegenftand europäifhen Haſſes gemacht hatı“ Win, ang
beres Mal: „Iſt es uns nur möglich, gelaffen auf diefe
Nation zu bliden? Ja! Wer nie in Frankreich war, ber
freilich kann die Franzoſen kaum beurtheilen. Niemand
kann angenehmer, dienflfertiger, liebenswuüͤrdiger fein, als
der Franzoſe bei fich iſt; überfchreitet er die Grenzen
Frankreichs, fo wird er ein anderer Menſch; Alles fcheint
ihm veraͤchtlich, Barbarei, Geſchmackloſigkeit, Unwiſſenheit.
Aber ſelbſt in dieſem laͤcherlichen Urtheil ſpricht ſich ein
edles Gefuͤhl aus: unbegrenzte Liebe zum Vaterland; und
die bekannte Antwort eines Franzoſen auf die Frage, was
er für ein Landsmann ſei: „er babe die Ehre, ein Fran⸗
zofe zu fein”, ift nicht gascognifche Großſprecherei, fondern
der wahre Ausbrud der Gefühle feines ganzen Volkes“
Das prophetifche Wort, das biefem Geſpraͤche folgt, iſt
äußert geiſtvoll. ’
Mertwürdig ift e8, daß, während ber Werf. uns alle
Stände und ihre Theilnahme an bem großen Volkskrieg
fhildert, von den Prieſtern fo gut wie gar nicht bie
Rede iſt; Beweis genug, wie einflußlos und unbedeutend
bie Kirche in Rußland bafteht, und wie falſch die Berichte
find, welche bei dieſem Anlaß von dem religiöfen Fana⸗
tismus der Rufſen gerebet haben.
Unterdeß ſind dieſe liebenswuͤrdigen Gaͤſte im Anfang
bes zweiten Theils in Moskau eingszogen, deſſen Be⸗
wohner bei ihrem ruhigen Abzuge ganz gelaſſen ihre Häus
fee in Brand geftedt haben. - Nun beginnen die Bilder
ber Zerſtoͤrung und eines Untergangs, einer Volksrache
ohne leihen, eines Sammer, den die Gefchichte nur
Ein Mat kennt. Wir erfparen dem Lefer diefe erfchüts
ternden Bilder, fie find mit Meifterhand gemalt. Un⸗
fere Bekannten treffen toir in andern Verhaͤltniſſen alle
wieder. Der „Wortkarge“ ift ein furchtbarer Partifan,
ber die Gefangenen zu Hunderten ruhig todtfchlagen
läßt. Ilmonew, Iſchorski, Labufchin, jene luſtigen Ders
ven vom Landabel, find Landfiurmoffijiere, jeder in ſei⸗
nem Charakter; Roßlawlew ift ein ebeimlthiger Held,
Sarjegti ein tapferer Offizier. Die Glut aber in den
Gemälden des Ruͤckzugs und ber Verfolgung ift un
nachahmlich, und an Mannichfaltigkeit tft der Verf. dem
des „Alonzo“ mindeftene gleich, wie er und denn auch
durch die Scnm im franzoͤſiſchen Felblager und durdy
den Reichthum an franzöfifchen Charakteren nicht wenig
überrafcht hat. Die Franzoſen haben nun Rußland ver=
lafien, die Scene endet mit der Eroberung von Danzig,
wo Pauline als Gattin des franzöfifchen Oberften Sent-
cour geftorben iſt. Roßlawlew empfängt ihren Sterbe⸗
gruß, und wir finden ihn ſechs Jahre fpäter an Olga's
Seite glüdlicy im befreiten Vaterlande wieder.
Hiermit ſchließen wir die Anzeige von diefem Werke,
das uns die innigfle Theilnahme und eine aufrichtige
Achtung für den hochbegabten: Verf. abgewonnen bat. Er
)
" gelefen kaffen ann.
- 434
iſt vom Anfang bis zu Ende ein echter Ruffe und noch '
dazu ein Sohn der voeißfteinigen und heiligen Moskau,
- -im Allem, was dem Urtheil angehört; im bichterifchen
Geift und an Geſchmack aber iſt er einer der gebildetſten
Europäer. Wir meſſen feinem Were einem bebeutenden
Kmſtwerth bei; allein, wichtiger noch als biefer iſt uns
der hiſtoriſche Werth deſſelben, und wir find völlig ber
Meinung, dag Niemand, ber den Feldzug von 1812 ganz
begreifen und recht verfichen wid, den „Roßlamlew‘’ uns
Wenigftens haben wir erſt in ibm
ben Schlüffel zu dem Geheimniß gefunden, weldyes ein
fo flaunenswürdiger Umſchwung ber Dinge flets mitſich⸗
führt. Fuͤr dieſe biftorifche Erleuchtung jener dunfeln
Scene ift dem Verf. ganz Europa zu Dank verpflichtet.
Was die Ueberfegung betrifft, fo tft biefe eines fo
ſchaͤzbaren Werkes volltommen würdig. Der Ueberfeger
folgt mit großer Leichtigkeit den mannichfaltigen und wechſel⸗
vollen Stolweiſen des Verf. und bat feine Tebenvolle, kurze
und inhaltreiche Schreibart ganz in fih aufgenommen.
Seine Sprachgewandtheit läßt nichts zu mwünfchen übrig,
md es iſt anerkennenswerth, daß dieſe trefflihe Ar:
beit in fo fähige Hände gefallen iſt, wie nicht immer
geſchieht. 106.
Mittheilungen über Griechenland.
(Bortfegung aus Nr. 108.)
Nur ein Weg führt aus der Ebene von Marathon in das
nörbliche Thal, zwiſchen dem Stavrokoraki und den Sumpfe;
es ift fo niedrig und fchmal, daß er jest an mehren Stellen
überfchwenmt war und wir zur Geite über die Marmorfelfen
klettern mußten. Auf ber Mitte diefed Weges ſprudelt die oben-
erwähnte flarfe Quelle hart unter bemfelben hervor. Sie ift
nach Leafe (‚On the demi”, ©. 57) bie Makaria des Strabon
unb Pauſanias, und ih muß ihm darin -beiflimmen. Nach der
Gtelle des Strabon (©. 377), welche nicht wol eine andere
Emendation zuzulaffen ſcheint, als bie ber franzöfifchen Ueberfes
ger, bat man Trikoͤrythos und bie. Duelle Malaria nicht weit
voneinander zu fuchen; nun lag aber Trikorythos, aus ber
Kolge ber Ortsnamen bei Gtrabon und aus dem Umflande, daß
es von Müden fehr beläfligt war, zu fchließen, jedenfalls in ter
nördlichen Thalhälfte und nicht weit von dem Sumpfe: und in
diefer ganzen Gegend ift Feine andere ausgezeihnete Duelle zu
finden. Zugleich haben wir bier, über bie Quelle binleitend, den
Fahrweg (Auasıros), unter welchem das Haupt bes Gurpfiheus
begraben wurde; und ſonach bürfte die hiernach benannte Gtelle
malen, mit Pinien bewadienen Sandruͤcken vom Meere ger
ſchieden. Gin Leichtgerüftefer Dann Tann andy Aber diefen, über
den Bach, durch ben das Waffer ber Sümpfe ind Meer aus⸗
füeßt, und weiter am Abhange des Bergs von Drokonera Hin
in das Thal von Trikoͤrythos gelangen; allein der Umweg ift
fe groß und der Pfab fo beſchwerlich, daß cr ats B:rbindungs-
weg gar nicht in Betracht kommt. . |
Kehren wir nun zu der größern fuͤdlichen Thalkifte, der
eigentlichen Ebene. von Marathon, mit ihren beiden nach We—⸗
fien vorgeſtreckten, durch den Kotröni geſchiedenen Armen zu:
rüd. Sie wird von dem Fluſſe durchfchnitten, der aber feine
natürliche Grenze bildet, da er einen feſten Boden und feidft
im Winter kaum ein bis zwei Schuh Waffer bat, fodaß Reuter
Eigvod£us xegaln (Haupt des Euryſtheus) entweder bei der
Quelle felbft, ober zwiſchen diefer und den Ruinen von Zrilos
rythos anzufeßen fein. Diefer auf Strabon gegründete Schluß
wi:d durch Pauſanias beftätigt. Er Ipricht zuerft von der Ma⸗
te:ia, dann von dem Sumpfe, in welchen die flichenden Perfer
fieien, hierauf von dem „von ber Ebene ziemlich weit entfernten’'
Berge bed Pan und. ber ſehenswerthen Grotte in bemfelben.
Nehmen wir nun einmal mit Krufe und ber Mehrzahl der Reis
fenden an, baß jene mit einer Marmornifche eingefaßte Quelle
die Malaria fei, ſo müffen wir dem Paufanias, ber freilich lei:
der zumeilen verwirrt befchreibt, hier doch einen gar zu argen
und durchaus nicht motivirten Sprung beimeffen: von ber Quelle
an den über eine halbe Stunde entfernten Eumpf, und von hier
wieber zurüd zu der Grotte unmittelbar über der Quelle; waͤh⸗
renb bei ber andern Annahme Alles bei Pauſanias natürlich au
einander folgt. j
Die Sumpfgegenb von Dralonera ift im Oſten durch einen
und Fußvolk ihn bis hart an feine Mündung ohne Aufenthalt
paffiren fönnen. Das jettt trodene Bette eines Gießbachs bei
Brands habe ich fehon oben erwähnt. Gin drittes Baͤchlein
entfpringt am oͤſtlichen Zube des Argalili, verwandelt ben etwa
1000 Schritte langen Raum zwifcen diefem Berge und der
See in einen Sumpf mit moraftigem Boden, bildet hart vor
feiner Dündung ein gegen 150 Schritte langes und breites Zn:
ſeichen und fäut dann .ins Meer. Diefe ſuͤdliche Sumpfgegend
heißt Zuloxeuaon. Die ganze bene ift jest nur unter vier
oder fünf Beſiger vertheilt: das Kiofter Afomatos (Peträti) bei
Athen, das Kloſter des h. Georgios in Brands und einige
Private. Gie ernährt, nach ber Angabe der Bauern, nur ge:
gen 800 Erwachſene, Maͤnner und Weiber, ohne bie Kinder;
und fie’ Eönnte in zwei Jahren bad Zehnfache ernähren. Die
Bevdikerung beftcht aus lauter Albanefen ; die griechifchen Grund:
eigenthümer leben in der Stadt. Der Boten der Ebene ift ein
roͤthliches, ziemlich fettes Erdreich, zu jeder Art von Gultur
trefflich geeignet und unftreitig ber befte Fleck Landes in ganz
Attila. Jedoch ift das Thal, wegen feiner niedrigen Lage, ſehr
ungefund. Eo if ein Jammer, bie Verwahrloſung diefes Bor
dens zu fehen, woran hauptſaͤchlich das heillofe Verpachtungs⸗
foftem , welches in Griechenland herrſcht, Schuld if. Der Ei⸗
genthämer theilt den Ertrag bes Grundftüdd nach einem feft:
gefegten Werhättniffe mir feinem Pädhters daher ſich beite ge:
genfeitig xolAfyag (collega) nennen. Jener gibt den Acer,
dad Getreide zur Ausfaat, die Ochſen, Schafe, Geräthfchaften
u. f. w. her; der Kolligas die Arbeit. Nicht felten fuchen fich
beite einander zu Üübervortheilen, ober fürchten bies wenigſtens
gegenfeitig. Daher verwendet keiner einen Par& auf die Ver:
befferung des Grundſtuͤcks, wozu dem Pächter ohnehin gewoͤhn⸗
lich alle Mittel fehlen. Der Eigenthuͤmer ift "zufrieden, wenn.
fein Kolligas ihm nur nicht weniger liefert als ber frühere;
der Kolligas, wenn er mit feiner Bamilie einen nothdürftigen
Unterhalt gewinnt. An Düngung, verftändigen Fruchtwechſel
u. f. w. wird gar nicht gedacht. So ſcharrt denn ber indolente
Albanefe mit feinem Paar Ochſen und dem uralten, vorhomeri:
fen Pfluge (mein englifher Freund nennt ihn gar den ante:
diluvianifchen) Jahr aus Jahr ein die Oberfläche des Ackers
kaum ein Paar Zoll tief auf; und da bie Difteln und Steine _
ihm nicht von felbft aus dem Wege gehen, fo gebt er ihnen
bebächtig aus dem Wege. In dies Gemühl von Difteln und
‚Unfraut fäet ex dann unreines Saatkorn, erntet Getreide, Dir
flein und Unkraut, läßt es von ben Hufen feiner Gfel auf ei-
ner Zenne im Freien austreten, und ißt und verfauft Getreide,
Koth, Sand und Steine in buntem Gemiſch. Das ift der heu:
tige Aderbau Griechenlands, — Die Alten rühmen Marathoͤn
als reich an Wein und Del. Weingärten mögen vor bem Kriege
in dem nördlidgen Thalarme etliche geweſen fein; Delbäume gab
es auch damals nicht, obgleich es ſehr vortheilhaft wäre, bie
ganze Ebene mit Delbäumen zu bepflanzen, um durch ben
Schatten derſelben den Aedern im Sommer mehr Feuchtigkeit
zu erhalten. Statt beffen kaufen bie Mauern ihren Bedarf an
Del in der acht Stunden entfernten Stadt. Einige Keigenbäume
bei Marathon und an ben Ufern bes Heinen Baches bei Dinde
ausgenommen, ift jett die bene ganz baumleer. Um endlich
den umgebenden Bergen, fo weit fie Ziegen und Schafen zu-
x
432 -
ängl d, jebe Möglichkeit zu benehmen, ſich nad und nach
en unterhalten He ein bie Srundbefiger fetbft bes
trädytliche Deerden, ſondern vermietben im Winter auch ben
nomabificenden Wlachen bie Erlaubniß, ihre Heerden ins Thal
zu treiben. Wir fanden am Abhange bes Kotrönt und des
Fietegen zwei Lager der Wlachen, jedes von 15 — 20
tten. * v '
Alte Reſte finden ſich an verfchiedenen Orten. Bon ben
Ruinen von Trikorythos und bei Dinde habe ich bereits gefpros .
hen. Bei Brands find nur wenige Fundamente zu extennen.
Doc ift es fehr wahrfcheinlich, dab das Klofter und die Kirche
bes h. Georgios am Abbange des Aphorismds unmittelbar über
dem Dorfe die Stelle eines alten Heiligthums einnehmen. Ich
fand vor der. Kirche drei Säulenbafen von verſchiedener Größe
und einige andere Marmorreſte. Vielleicht fand bier das De:
roon des Heros Marathos. Zehn Minuten weiter oͤſtlich am
Buße des Argalili, da, wo ein Eleiner Gießbach (jegt trocken)
aus einer Schlucht bes Berges hervorkommt, tft eine flumpfe
Erhöhung, mit Spuren alter Terraffen und mit einer Menge
zertrümmerter Marmorbiöde überfät. Leale fest hier das He:
rakleion an; aber für ein einzelnes Heiligthum ift die Menge
der Trümmer zu groß, und da berfelbe wadere Forſcher durch
verfchiedene Gründe es höchft wahrfcheinlich macht, daß ber alte
Demos Marathon nicht an der Stelle des heutigen gleichnamis
gen Dorfes gelegen war, und andererfeits bei Vranäs, wohin
er es verſetzt, die Ruinen nicht bedeutend genug find, glaube
ih, daB Marathon hier anzufegen fei. Bu Leake's GSruͤnden
(die Sie felbft nadjlefen koͤnnen) gegen bie Identitaͤt des Dor⸗
fe8 Marathon mit bem Demos füge ih noch hinzu: die allzu
große Nähe von Dimde und bie eingefchloffene Lage bes Dorfes
in einer Biegung bed engen noͤrdlichen Thalarmes, von wo aus
man bie große Ebene gar nicht erblidt; während es hoͤchſt
wahrfcheintich ift, daß die Stadt, bie dem ganzen Thale ben
Namen gab, in ber Mitte deffelben auf einem bie Ebene übers
fdauenden Punkte gelegen war.
Ale übrigen alten Reſte finden fich in dem fübdftlichen
Viertel der großen Ebene, um ben. Grabhügel ber gefalle
nen Athenaier ber, und auf dem JInſelchen, welches in der
Mündung bes kleinern Sumpfes liegt. Der Grabhuͤgel ber
192 Zapfern (von den Gingeborenen © owpos genannt) er:
hebt fig wie ein ſtumpfer Kegel, etwa 30 Schuh body, mitten
aus der ebenen Fläche, auf den erften Blick ale ein Werk ber
Kunft zu erfennen. Gr befteht aus berfelben röthlichen Erbe,
wie die Ebene, bie, nachdem fie einmal feft geworben war, in
diefem trodenen Klima leicht mehr al& zwei Zahrtaufende den
herbſtlichen Regen trogen konnte. Er ift, von ber Weſtſeite
ber, bie auf die Mitte geöffnet (durch Fauriel und Andere);
doch hatten die Nachgrabenden Ehrfurdt genug vor bem Alter:
thum, oder Scheu vor tem Zabel der Nachwelt, um ben Bügel
*) Diefe Wlahen (Blayos oder in ber Hulgairen Pluraldform
Bioxıdes) find feit dem Mittelalter in Griechenland einheimifch.
Sie führen ein Nomabenleben, wie bie Lappen Normegend unb
Schwebens , find nicht civilifirter als diefe, verachten ben Ader:
bau und preifen nur den Hirtenſtand glüdlih. Ihre Schaf: und
Biegenheerben find ihr einziger Beſitz; ihr Fleiſch und ihre Milch
ernährt fie; aus Ihrer Wolle, ihren Bellen, Hörnern und Knochen
machen fle ihre Kleider und Geraͤthe. Außerdem befigen fie nur brei
bi vier metallene Keffel, zum Melken ihres Viehes, ſowie um bie
Milch zu kochen und Kaͤſe zu bereiten, und ſechs bis acht Belt:
fangen. Im Sommer ziehen fie fi auf die hoͤchſten Gebirge zu⸗
ruͤck, namentlid) auf ben Pinbus und Dita an der Grenze Theflas
liens ; im Winter fteigen fie in die Ebene Boiotiend und Attila
herunter, miethen Weideland gegen einen Tribut von Gelb, Laͤm⸗
mern und Wolle, richten ihre Zeltſtangen auf und bebeden fie mit
Zellen, Zichtenzweigen und Erbe. Ein foldes Belt (xaAufı)
aleiht volllommen den Hütten ber Wilden. Es ift rund, bat
10-12 Schuh im Durdymeffer und ebenfo viel Döhe und dient eis
ner ganzen Bamilie zum Obdach.
_ Medigixt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung:
nicht ganz zu durchſchmeiden, ſodaß er, nach feinen übrigen
Größenverhältniffen zu urtheilen, an Höhe wenig ober gar nichts
eingebüßt hat. Auch drangen fie nicht kief genug ein, um bie
Afche der Helden in ihrem Gchlummer zu flören. — Won bem
Hügel der Plätaier und Sklaven fand ich Feine Spur.
Mehre Hundert Gcheitte nordweſtlich vom Soroͤs find rin
paar Kaufen son Marmortrümmern; in einem derſelben Liegt
ein kleiner, zwei Schuh hoher Altar von ziemlich fpäter Arbeit,
und bei einem andern fieht man noch ein. wohlerhaltenes vier
ediges Bundament aus Marmorquadern. Es beißt bei den Ein
gebornen ber Thurm (nuoyos) und gilt für das Monument
des Miltiades, könnte aber auch wol dad Tponaov Addou
4euxod bed Paufanias fein. Die Übrigen ſcheint Krufe für Grab⸗
monumente ber Phylen zu halten, was aber nad Paufanias
nicht zuläffig ift, welcher fagt, dab die Namensverzeichniſſe der
aus jeder Phyle Gebliebenen auf oder an dem großen Grab:
bügel waren.
Suͤdlich vom Gorös, gegen den Argaliti hin, find wieber
fünf bis ſechs ähnliche Truͤmmerhaufen; unter ihnen ein ziem⸗
lich großes vierediges Fundament, mit unfenntlihen Saͤulen⸗
reften und einigen Bragmenten architeftonifcher Ornamente von
ber ionifhen Ordnung. Stand hier nielleicht ein Heroon der
gefallenen Krieger ? Leake nennt die Stelle Wälari und vers
muthet aus ber Uebereinftimmung des Accents, daß biefe Rui⸗
nen zu Probälincho® gehören. Die Uebereinfiimmung des Ac⸗
cents ift allerdings ein wichtiges Moment bei der Frage nad
ber Identität alter und neuer Namen; allein mir nannten ver:
ſchiedene Individuen den Ort Valari oder Valaria, wodurch
jener Grund ganz wegfaͤllt. Auch ſtimmt es nicht mit der Weiſe
der alten Athenaier, einen ganzen Demos auf Koſten des ihnen
ſo kaͤrglich zugemeſſenen Ackerlandes mitten in eine fruchtbare
Ebene zu bauen. Daher, und nad ber Folge ber Ortönamen
bei Strabon, ift ProbAlinthos mit größerer Wahrfcheinlichkeit
füblih von dem Heinen Sumpfe an den Zuß der Berge zu fegen.
Die legten alten Reſte finden ſich ſuͤdoͤſtlich vom Gorss
auf bem mehrfach, erwähnten Infelhen: Bundamente aus ge
waltigen Marmorblöden, ein paar Keine, Brabhügeln ähnliche
Erhöhungen und fieben ober acht kleine Saͤulen aus grünlic«
grauem geftzeiften Marmor, demnach ausländifch und aus fpä-
terer Zeit.
(Die Vortfegung folgt.)
Literarifhe Notizen.
Der Derausgeber der „„M&moires de Bourrienne” — ers
zähle die „Revue de Paris” — eigentlih nur im Befit von
Danufcript zu vier Bänden, hatte dem Yublicum ſechs verfpros
hen und mußte bemnach wenigftens zwölf liefern. Da ibm an
einem Bande ein paar Bogen fehlten, erinnerte er ſich, daß
Napoleon gern düftere Gefchichten erzählte; eine englifche Zeits
ſchrift enthielt eine dergleichen, fie wurde überfegt, Napoleon
zugeſchrieben, und man leſe „Giulio““, um zu erfahren, wie vor:
trefflih er Engliſch verſtand. Als B.’6 Memoiren befannt wur:
den, pries bie englifche Kritit Rapoleon’s Graählertalgnt, „ Giulio”’
| wurde eifigft zurücdüberfegt, und — fo fhreibt man Geſchichte —
in Frankreich, ſetzen wir hinzu.
Bon ber, mit dem bereits ins Deutſche uͤberſezten ‚Lit de
camp” (f. Rr. 40 d. Di.) begonnenen: neuen Galerie von
Kriegdfcenen find wieder zwei Bände erfchienen, die in Paris
viel Beifall- finden. Ä .
Beranger befehäftigt fich mit einer „Biographie politique”.
In London ift eine neue Ueberfegung von Göthe’s „Kauft“
erſchienen. Sie ift in Profa und mit Anmerkungen, „adäpted
for the use of critical students of the german language”,
begleitet. 8.
8.4. Brodpaudin Leipzig.
Blätter
für ’
literariſche Unterhaltung,
Dienflag,
— Sir. 106. —
16. April 1833,
Verſuch über die Bedeutung der ‚Drovinzialftände,, mit
befonderer Beziehung auf den dänifchen Staat. I. Von
den preußifchen Provinzialfiänden. Vom Spuvitue
Klenze. Altona, Aue 1832. Gr. 8. 1 Thlr.
12 Gr.
Dee Verf. dieſer Schrift gehört zu denjenigen Män-
nern, welche mit reblichem Streben gründliche wiſſenſchaft⸗
liche Bildung und geprüfte Gefchaftserfahrung verbinden.
Unfer Vaterland kann fi) Gluͤck wuͤnſchen, daß es vor
vielen andern Ländern reich ift an folhen Männern.
Wenn fie ihre Stimme über öffentliche Angelegenheiten
erheben, fo find es nicht unlautere Beweggründe, nicht
Parteiſucht, nicht Eitelkeit, welche fie dazu treibt, es ift
der innere Drang, das Ergebniß ihres Forſchens der Mit:
welt zur Prüfung vorzulegen, es ift die Ueberzeugung von
der heiligen Pflicht des münbdigen Staatsbürgers, bei den
voihtigen Fragen, von denen dad Wohl des‘ Staats ab:
hängs, nicht indolent zu fchweigen, fondern Das, was
man für heilfam und wahr erkannt hat, sffen und feet
auszufprechen. Se weniges e8 uns von jeher an foldyen
Männern gefehlt hat, um fo mehr ift es zu verwundern,
daß unfere Staatseinrichtungen in vielen Beziehungen fi ic)
noch fo wenig dem Sdeale der Vernunftmaͤßigkeit gend=
hert ‚haben, daß von alle Dem, was ſchon fo oft auf das
gründlichfte und einleuchtenbfte ale unabmeisbare Fode⸗
rung der fortgefchrittenen Zeit dargethan worden ift, noch)
- fo wenig feine Verwirklichung gefunden hat, daß wir die:
fes Menige aber mehr den Zeitumfländen und den unge:
ſtum Fodernden als den befcheiden Bittenden und den
gründlich Beweifenden zu verdanken haben. Die neueſte
Zeit „hat dafuͤr reichlihe Belege geliefert. Noch immer
wird eine Nation, welcher das Prafidbium des deutfchen
Bundes felbft das Zeugniß ausſtellen muß, „daß fie durch
‚edeln. Charakter und tiefen Sinn, wie durch Achtung für
gefegliche. Ordnung und Anhänglichkeit an ihre Fuͤrſten in
„den entſcheidendſten Momenten der vollen Bewunderung
Europas würdig geblieben iſt“, durch. eben den Beſchluß
ihren, Fürften, -in welchem ihr dies ehrenvolle Zeugniß ges
geben wird, einer Bevormundung, bie Vertreter ders
felben einer Auffiht unterworfen und das freie Wort in
Feſſeln gelegt. Mährend ein aufbraufendes, zu. Verän-
derungen geneigted® Nachbarvolk im vollen Beſitze des
Rechts der freien Meinungsiußerung ſich befindet, ent:
zieht man dem bedaͤchtigen und treuen Deutſchen Das,
was eine nothwendige Folge der Anerkennung der Men:
Ihenwürde if. — — — — — — —
Wenn wir daher dem redlichen Streben des Verf.
und ſeiner gruͤndlichen ſtaatswiſſenſchaftlichen Bildung ge⸗
rechte Anerkennung nicht verſagen koͤnnen, ſo hat uns
doch nicht ſelten bei Leſung feiner Schrift ſchmerzliches
Bedauern umd leiſes Achſelzucen uͤber den guten Glauben
und, wenn wir ſo ſagen duͤrfen, ohne misverſtanden zu
werden, uͤber das Uebermaß von Beſcheidenheit deſſelben
beſchlichen. Er gibt ſich unſagliche Mühe, ein Gebaͤude
aufzufuͤhren, welches jeden Augenblick durch einen Made
ſpruch wieder zertrümmert werden kann, und das ge
die Stuͤrme der Willkür fo wenig Schug barbietet. Me
meinen Provinzialftände nad Art der preußiichen. Wie
der Derf. diefe Schattenvertretung,, deren Nuslofigkeit, ja
nicht felten den liberalen Anfi hten der Regierung entge:
genſtrebende Wirkſamkeit eine Reihe von Jahren zut Ge⸗
nuͤge gezeigt hat, und neben welcher das unumſchraͤnkteſte
Cabinetsregiment ungeſtoͤrt geuͤbt werden kann, noch als
Muſter aufſtellen kann, laͤßt ſich nur daraus erklaͤren, daß
ihm vielleicht die Ueberzeugung innewohnt, daß ein Meh⸗
res ſeinem Vaterlande vor der Hand nicht zugeſtanden,
dieſes Wenige aber doch immer noch dem unumſchraͤnkten
Koͤnigthume vorzuziehen ſei, da es wenigſtens · den Weg
zu etwas Beſſerm bahne. Auch dürfen wir nicht vers
ſchweigen, daB der Verf. zur Vollendung feines Syſtems
Reichsſtaͤnde fuͤr erfoderlich haͤlt und vorausſetzt, daß man
nicht durch bloße Ertheilung von Provinzialſtaͤnden das
Volk taͤuſchen wolle. Abgeſehen von dieſer Grundverſchie⸗
denheit unſerer Anſichten, da wir mindeſtens in kleinen
und mittlern Staaten Provinzialſtaͤnde fuͤr ganz uͤberfluͤſ⸗
ſig halten, auf Landſtaͤnde aber, mit Wirkſamkeit und
Bedeutung ſichernden Rechten vor Allem bringen zu müf:
fen glauben, koͤnnen wir der erfchöpfenden Behandlungs:
art, die der Verf. feinem Stoffe widmet, unfere Aner:
tennung nicht verfagen. Er bat uns bis jest nur ben
Plan des Ganzen und blos dad Mittelglied in ber Aus⸗
führung gegeben... Sein Werk über die Bedeutung der
Provinzialftände fol nämlih in drei Theile zerfallen.
Der erſte Theil fol die Grundzüge ded Staats‘ entwideln,
- 434 ‘
wohin der Verf. das monarchiſche Syſtem im Gegenſatz
mit dem demokratiſchen, bie Nothwendigkeit ber conflitus
tionnellen Monarchie, den Begriff und die Abflufung ber
repräfentativen Verfgſſung, das materielle, das geiftige und
das vermittelnde Princip und die Verwirklichung des ver:
mittelnden Principe im Staate und in der Kirche, ſowie
das Verhaͤltniß beider zueinander rechnet. Er ift babel
von der richtigen Anfiht ausgegangen, daß es nur eine
und zwar einfache Wahrheit geben Eönne, daß es nur:
darauf ankomme, biefe auf dem natütlihen Wege zu fin:
den, und daß das Kriterium ber Wahrheit darin befteben
müffe, daß fie von Jedem auf den erften Blick erkannt
und gleihfam als eine alte Bertraute wieder begrüßt mer:
den müfle. Der zweite Theil fol dann die Bedeutung
der berathenden Provinzialftände im Allgemeinen und be
fonders für ben preußifhen Staat barftellen, und ber
deitte Theil bie Anwendung der preußifhen Provinzial:
ftände auf den dänifhen Staat beurtbeilen. Berfchiedene
Grunde haben den Verf. bewogen, den erften Theil feines -
Werkes noch zurkdzuhalten und gleich mit dem zweiten
zu beginnen. Es würde nun freilich zum Verftändniß des
Ganzen beimeltem dienlicher fein, wenn man ſich zuvor
mit den Grundprincipien genauer befannt machen koͤnnte,
von welchen ber Verf. ausgegangen Ifl. Er bat indeß,
um jeden Theil als ein für fich beftehendes Ganze er:
fcheinen zu laflen, fo weit er es für nöthig gehalten, bie
allgemeinen Grundſaͤtze eingefchattet.
Der zweite Theil nun bes wohlangelegten Ganzen,
welcher uns hier zur Beurtheilung vorliegt, zerfällt in zwei
Abfchnitte, wovon ber erfte die gefchichtlichen Grundlagen
des preußifchen Staats überhaupt, der zweite aber bie
preußifche Provinzialverfaffung,, insbefondere bie Provin⸗
zial⸗ und Kreieftände einer nähern Betrachtung unterwirft.
Der Verf. „wagt zu behaupten”, wie er fich felbit
(&. 5) ausdruͤckt, daß Preußen von der Vorſehung dazu
beſtimmt fei, das politifche Bindungsmittel zu werden, fo=
wol für Deutfchland überhaupt als auch für den Welten
und. Dften von Europa, daß es bie weiſe Marime der
Verwaltung erhalten und näher befefligen werde: durch)
. allmäliges Zurüddrängen des materiellen Principe und
duch fucceffive Ausbildung des geiftigen, die fiufenmweife
Entwidelung des eignen Staats, und mittels nothwendi:
ger Einwirkung auch ber andern Staaten zur Einheit zu
befördern. (Auf das „Geſetz der Einheit” als allgemein:
gültige Naturgefeg bafirt ber Verf. feine Betrachtun⸗
gen.) Er fahr ferner im erſten Abſchnitt dieſes Theile
(S. 3— 161), in welchen er zuerft die allgemeine poli:
‘tifche Beſtimmung bes preußifchen Staats (S. 6— 27),
und fodann die innere Organifation defjelben (S. 27—161)
abhandelt, zu zeigen, daB Preußen, welches zur Zeit der
kirchlichen Reformation die materielle Schugmadht berfel:
ben abgegeben, 150 Jahre fpäter, nachdem ein erneuter
Kampf des Lichts gegen bie Finfterniß mittels der poli:
tifchen Reformation begonnen, feine Rolle gewechfelt und
als Schutzmacht für die politiſche Reformation aufgetreten
fl. Zum Beweiſe diefer Behauptung nimmt der Verf.
feine Zuflucht zu einer, an die Grenzen bes Myſticismus
*
ſtreifenden Debuction bes geiſtigen, materiellen und vermit⸗
telnden Principe überhaupt und in feiner Anmwenbung auf
Preußen. Wir theilen diefelbe, als rein aus ben eigens
thuͤmlichen Anfichten des Verf. hervorgegangen und feine
Arbeit am beften charakteriſirend, hier mit:
So erſcheinen denn bie drei großen Berhaͤltniſſe des mora⸗
liſchen Seins, welche nicht verleugnet werben fönnen, und bie
wir mit dem Namen ber Principe bezeichnen: das geiftige, daß
materielle und das vermitteinde Princip. Das letzte verbinbet
und vermittelt in ſich nicht nur das geiftige mit dem materiel-
len Princip und bie feindlichen und zerflörenden Kräfte des
materiellen Principe im Werhältniß zueinander, fonbsen es iſt
auch ber Gegenftand, auf weldyen beide, bas materielle und das
‚geiftige Princip, fortwährend einwirken, und welches wiederum
“auf jene einwirkt. Der Zweck des vermittelnden Principe {ft
aber, bie Herrſchaft bes geiftigen Principe allmälig zu befärs
bern, und beshalb if es im Berhaͤltniß zu diefem untergeorbnet,
im Verhaͤltniß zu dem materiellen Princip aber herrſchend. Es
bat das vermittelnde Princip daher eine boppelte Richtung, die
reinmaterielle und bie gemiſchte. Da indeß biefer Unterſchied
nur bei den roheften Völkern getrennt zur Grfcheinung kommen
wird, weil das geiftige Princip im Staate fowol als im ein:
zelnen Menſchen größtentheild mit dem materiellen ſchon für
immer, wenn auch in großer Ungleichheit verbunden ift, fo braucht
nur auf die verfchiedene Art ber Verbindung biefer beiben in
dem vermittelndben Bubftrate bes Staats bie Aufmerſamkeit ger
lenkt zu werben. (&. 17.) |
Welcher ift aber der vermittelnde Staat? Wer wollte ſich
bedenken, Preußen, zu antworten. Preußen iſt zum vermitteln-
ben Staate neu gebildet von ber Vorſehung, zu berfelden Zeit,
als die Entwidelung ber religidfen Freiheit begann; es wurbe
verfehen mit einer Reihe ſtarker Fuͤrſten, erhoben zu einer gros
Ben materiellen Macht und zufammengefest aus biedern, kraͤf⸗
tigen, ernfthaften und aufgeklärten Wölkerfchaften. (S. 20.)
Die menſchliche Schwaͤche und Unpolllommenpeit fidherte
und ſichert audy ferner nicht vor einzelnen Wisgriffen; aber if
Dreußen wirklich der hohen Beflimmung gewidmet, welche wir
angebeutet haben, fo wird ihm bie Vorſehung auch wie bisher
weife und gute Herrſcher und Leiter geben, welche jeben aus
Irrthum und Gelbftfucht . entfpringenden, verberblicdhen Wider⸗
fand ſcheuen unb bie wahre Peftigleit und Begründung bes
Staats in ber ftufenweifen Annäherung zur politifchen und re
ligiöfen Kreiheit des Volks ſuchen und finden, bie babei zugleich
erkennen werben, wie e8 namentlich in bee letzten Zeit die größ:
ten Diplomaten haben erfennen muͤſſen, daß bie kluͤgſten Goms
binationen durdy den reißenden Lauf der Begebenheiten zertrüms
mert werden, unb baß nur ber Staatsmann gluͤcklich in feinen
Berechnungen iſt, welcher das Weſen des Zeitgeiftes erkannt bat
und ihn nicht hemmt, fondern leitet. (&. 27.)
Ob dies zu "den preußifchen Regierungsmarimen ge:
hört, und welchen Weg von ben beiden in ben legten
Morten angedeuteten dieſer Staat jüngft eingefchlagen,
als es galt, ben neu erwachten Zeitgeiſt anzuführen, über-
laffen wir bee eiguen Beurtheilung des Lefers. So viel
ſcheint uns indeß gewiß, daß durch obige Deduction ber
Beweis, daB Preußen als Schugmacht ber politifchen Re:
formation in neueften Zelten aufgetreten ſei, nicht gefuͤhrt
worden iſt. Denn ſchwerlich möchten folche allgemeine
Ausführungen im Stande fein, vor unfern Augen vor:
gegangene Thatſachen zu vermwifchen. —
Il
Itı
III)
O3 (En — Gin — Er
0 0 — U de GE SB —
[ 435
Was aber die Entwidelung der Innern Drganifation
des preußiſchen Staats anlangt, die den zeiten Gegenftand
bes erſten Abſchnitts ausmacht, fo fucht der Verf. zu zei⸗
gen, daß biefelbe der hohen pölitifchen Bedeutung, welche
er dem preußifchen Staate beilegt, ntfpreche, daß im In⸗
nern und Aeußern vollkommene Uebereinſtimmung herrfche,
und daß biefelbe höhere Macht, welche die dußere Beſtim⸗
mung bed Staatö begründete, bie innere Ordnung „auf
wunderbarem Leibenswege” ſchnell herbeigeführt habe. Um
die dlagen dieſer inneren Organifation zu finden, geht
er mit Recht in die Kummerjahre Preußens” zuruͤck und
meift die Grundprincipe aus des edeln Stein am 24.
Nov. 1808 an bie oberſten preußifhen Behörden erlaffe:
nen Abfchiebsfchreiben fowie ans der von feinem Nach⸗
folger Hardenberg am 23. Febr. 1811 in ber Verſamm⸗
lung der interimiftifchen Volksrepraͤſentanten gehaltenen
Rede nah. Wenn wir die heilfamen Folgen dieſer Grund:
füge in den Edicten vom 9. Dct. 1807 und 18. Sept.
1811, welche die Feſſeln bes Grundeigenthums loͤſten, in
der Städteordnung vom 19. Nov. 1808 und in dem Ges
fege vom 26. December beffelben Jahres wegen verbefier:
tee Einrihtung der Provinzial:, Policeis und Finanzbe⸗
hoͤrden nicht verfennen, fo hat doch die neuefte Zeit wie:
der auf das entfchiebenfle gezeigt, wie weit man noch
bavon entferne ift, den von Stein fchon als bevorfichend
" aufgeftellten Hauptfchritt zu thun und eine allgemeine Ras
tionalrepräfentation einzuführen. Der ſcheidende Minis
- ter ſpricht darlıber Solgendes: „Heilig war mir und Heibe
das Recht und die Gewalt unfers Königs. Aber damit
dieſes Mecht und dieſe unumfchränkte Gewalt das Gute
wirken kann, was in ihr Liegt, fchien es mir nothwendig,
dee hoͤchſten Gewalt ein Mittel zu geben, wodurch fie bie
Wuͤnſche des Volkes kennen lernen unb Ihren Beſtimmun⸗
gen Leben geben ann. Wenn dem Volke alle Theilnahme
an den Operationen bes Staats entzogen wird, wenn man
ihm fogar die Verwaltung feiner Communalangelegenheis
ten entzieht, konmt es bald dahin, die Regierung theils
Fleichguͤltig, theild in einzelnen Faͤllen als in Oppofition
mit fich zu betrachten. Daher iſt der Widerſtreit, oder
wenigfiens Mangel an gutem Witten bei Aufopferung für
die Eriftenz des Staats. Wo Repräfentation des Volkes
unter uns bisher flattfand, war fie hoͤchſt unvolllommen
‚eingerichtet. Dein Plan war daher: jeder active Staats⸗
bürger, er befige hundert Hufen oder eine, er treibe Land⸗
wirthſchaft oder Kabrikation oder Handel, er habe ein buͤr⸗
gerliches Gewerbe, ober fel durch geiftige Bande an ben
Staat geknüpft, habe ein Recht zur Repräfentation.”
Nach Entwidelung dee allgemeinen Principien der in⸗
nern Organifation des preußiſchen Staats geht unfer Verf.
- dann auf die einzelnen Zweige der Staategewalt über und
fucht uns einen Weberbitd über die Juſtizverfaſſung und
Gefeggebung,, die Staatsverwaltung, infonderheit das Fi:
nanzweſen, das Kriegsweſen und die Staatsverfaffung übers
haupt zu geben. Er tft dabei meiftens preußifchen Schrifts
ſtellern und Geſchaͤftsmaͤnnern gefolgt und hat befonders
Rumpf's „Dreußifche Monarchie” benugt, woraus er bei
dem Sinanzivefen felbft wörtlihe Mittheltungen macht. Er
-
ſieht daher bie Sachen meiftens ‚durch gefärbte "Brillen
(Der Beſchluß folgt.)
Mittheilungen über Griechenland.
ı ABortfegung aus Nr. 106.)
‚ Nur vier Päffe führen aus der Ebene von Marathon.
Einer füblid um das Pentelilön, ein zweiter nördlidy über Tri:
korythos nach Rhamnus, ein dritter norbweftlich das Flußthal
hinauf nad) Karombriti und Drop6ß, ter vierte weftlich von
Brands über den Aphoriemös nach Athen. Allerdings windet
fih noch ein fünfter Weg von Dinde aus den noͤrdlichen Abhang
bes Aphorismös hinan, allein diefer fällt noch öftlich von Sta⸗
mäta mit der geraden Straße nach Athen zufammen. Alle
diefe Wege find wahre Bebirgspäffe, nur für wenige Menfchen
nebeneinander Raum faffend; veitend kann man fie nur auf
eingeübten Bergkleppern ober Maulchieren paffiren; Reiterei
würde gar nicht, oder nur mit Mühe und Gefahr durchkommen
und auf jeden Fall in ihnen ganz unbraudibar fein. Die ſteil⸗
fien und befhwerlichften von allen find die beiden Wege uͤber
den Aphorismös, welche nach ihrer Bereinigung bie gerabefte
und nächfte Straße nach Athen bilden.
- Erlauben Sie mir jegt, einige Worte über bie ewig denk⸗
würbige Schlacht zu fagen, der dieſes Thal feinen Ruhm ver:
dankt. Das Unerklärlichfte in ber Gefchichte berfelben bleibt
mir, nachdem ich den Wahlplag felbft gefehen, daß bie Perfer,
von dem ortskundigen Hippias geführt, in dieſem fo ſchwer zu:
gänglichen, fo leicht zu fperrenden Thale landeten, um mit ei»
nem großen Heere und zahlreicher Meiterei gegen Athen zu mar;
fhiren, während es ihnen freiftand, entweder gleich nach Phaͤ⸗
leron zu fchiffen, ober, was befler war, die Landung bei Pra:
ſiai zu bewerkftelligen, von wo fie ein faft ganz ebener, für
Neiterei gangbarer Weg nach Athen führte. Herodotos gibt
(VI, 102) zwei Gründe bafür an: ‚und da Warathön bie für
Heiterei am beften geeignete Gegend Attikas war und am naͤch⸗
ften bei Grötria, führte Hippias, Peififtratos' Sohn, fie dorthin“.
Allein es erfcheint Höchft einfältig, daß Dippias, blos um feine
Heiterei auf eine gute Art an den Wann zu bringen, bier ger
landet fein folte, während es ungewiß war, ob bie Athenaier
geneigt fein wärben, ſich ihm in biefer Ebene entgegenzuftellen,
ftatt in ben Mauern ihrer Stadt zu bleiben, ober blos bie
Paͤfſe zu befegen, während er fürdyten mußte, daß er ihnen
durch feine Landung bei Marathoͤn Zeit laffe, erft lakedaimoni⸗
fe Huͤlfe an fih zu ziehen; während endlich die Natur ber
Bergpaͤſſe ſelbſt einem aufs Haupt geſchlagenen Feinde «8 noch
möglich madgte, dem Sieger alle Auswege aus bee Gbene auf
ber Landfeite zu verfperren. Diefe Mögfichkeit wird von jebem
Militair bezeugt, ber bie Dertlichkeiten gefehen bat, und bat
fih auch im legten Kriege durch die Erfahrung bewährt. Ich
vermuthe daher, daß Herodotos in ber Angabe der Gründe für
bie Landung bei Marathon nur (mie er bisweilen mit Abficht
u thun pflegt) der gemeinen Tradition der Griechen folgte,
hatt ber Sache auf den Grund zu geben; daß Hippias hier
nur landete, um fi im Vorbeiſchiffen der wichtigen Tetrapolis
zu bemädhtigen, und baß er erft durdy bie eilige Erſcheinung
der Athenaier im Schale (bie gleidy auf die Nachricht von feiner
Landung aus der Stadt aufbrachen: ©. 103) beftimmt wurde,
es auf einen Angriff anfommen zu laffen. Gagt doch Herodo⸗
tos felbft (G. 112), daß den Perfern der Angriff der Athenaier, ‘
obgleich ſie biefeiben ſchon tagelang ſich gegenüber gefehen
hatten, unerwartet fam; wie hatten fie demnach mit Bicherheit
auf eine Schlacht in biefer Ebene rechnen koͤnnen?
Ueber ben Wahlplat ſelbſt können Leine Zweifel obwalten ; |
. 436
. @
er ift das füböftliche Wiertel der großen Ebene, uni ben Soros
her. Hier war alfo bie Stellung ober das Lager ber Anges
griffenen, der Perfer, vermuthlich mit dem linken Fluͤgel an ben
Heinen fübtichen Sumpf gelehnt. Wir dfrfen wol annehmen,
daß der Grabhuͤgel den Mittelpunkt der perfifhen Stellung be
zeichnet, wo beim erflen Anlauf bas Gentrum der Athenaier ge:
worfen wurbe und mithin die Meiften berfelben fielen. In die
fem Zalle erftredte fi der rechte Fluͤgel der Perfer nur bis
gegen den Fluß hin, ober höchftens bis an denfelben, und blieb
noch gegen eine deutfche Viertelmeile von dem großen Sumpfe
entfernt. Ihnen gegenüber, in dem geräumigen üblichen Thal⸗
arm, an ber graden Straße nach Athen, war das Lager ber
Athenaier vor der Schlacht. Ihre Stellung im Augenblide des
Angriffs dehnte fich höchflens über die Breite dieſes Thabarms,
vom Argaliti bis an den Kotröni, aus. Bon ber Rothmwenbig:
teit diefee Annahme hat mich ein Freund in griechiſchen Dien-
ften (Sapitain Jochmus aus Hamburg) überzeugt, der naͤchſtens
einen Plan der Schlacht nebft einer Abhandlung darüber her⸗
auszugeben beabfichtigt. Unmoͤglich konnte ihre kleine Zahl ei:
nen sröfern Raum einnehmen. Komif nimmt fi Kruſe's
Vermuthung aus, daß die Griechen „von ber Höhe bei Zephiri‘‘,
d. b. vom oͤſtlichen Abhange bes Kotröni gegen die Perfer bins
abgelaufen feien. Sie hätten dann erft im Angefichte der Per:
fer ganz bebächtig die Höhe erfleigen müffen, um zum Anlaufe
auszuholen, und überdies macht die Natur des Berges dies un:
möglich, da feine Abhänge mit großen übereinander geftreuten
Marmorbloͤcken bebedt find, auf benen es ſich nicht wohl laufen
läßt. Der Verhau, von welhem Nepos ſpricht, war in dem
engern nördlichen Thalarm vermuthlich während ber Nacht an:
gelegt, damit der Feind nicht während der Schlacht durch biefee
Thal und weſtlich um ben Kotröni herum ben Griechen in ben
Rüden kommen inne, Die rechte Flanke der Griechen bewegte
fih am Argalifi hinunter und war durch diefen Berg gebedt.
Ich habe ſchon bemerkt, daB nach der Erzaͤhlung des ‚He:
rodotos *) der plögliche heftige Angriff ber Griechen ben Per:
fern unverhofft gekommen zu fein fcheint. Wahrſcheinlich bilde:
ten fie alfo ihre Schladhtorbnung noch während der Dämmerung,
oder im Schutze von Bäumen ober Gebäuden, bie ihre Bewe⸗
gungen bem Reinde verbargen. Daher auch die ungewoͤhnlich
große Gntfernung ber Deere im Augenblide des Angriffs (8 Sta:
bien), welchen Raum die Griechen ducchhliefen, um dem Zeinde
möglichft wenig Zeit zu Vorbereitungen zu laffen. Ohne Zwei:
fel überrofchten fie ihn demnach im Lager, zwifchen den Zelten **);
woraus fi zum großen Theile ber glüdliche Ausgang des uns
gleichen Kampfes für die Griechen erklärt. Namentlich fcheint
daher die Reiterei gar nicht zur Mitwirkung gelommen zu fein.
Doch trieben für einen Augenblid die Perfer und Saker bas
ſchwache griechiſche Centrum zuruͤck und verfolgten es 2 mw
ueooyaıay (G. 118). Es iſt klar, -daß hiermit nicht der Di:
ſtrict Meſogaia gemeint iſt, der erft vier Stunden Wegs weiter
füdlich jenfeite des Pentelilön anfängt; ds nv ueaoyarav heißt
ganz einfach: Iandeinwärts (den weſtlichen Thalarm hinauf),
wie 4. DB. bei Thukydides 1,100. Die fiegreichen griechiſchen
Zlügel wandten fi, ihrem gefchlagenen Gentrum zu beifen,
nahmen mithin die Verfolger beffeiben in die Mitte, und trie:
ben auch fie in die Flucht. Der gefchlagene Feind eilte, das
zeiche Lager im Gtidye laſſend, zu feinen auf den fandigen
Strand gezogenen Schiffen und gewann mit einem Berluſte
*) 6. 111 fpricht Herodotos nur von den Vorbereitungen zum Kam⸗
pfe auf Selten ber Athenaler und von ihrer Schladtorbnung,
und ©. 112 fagt er, daß die Perfer mit Erſtaunen die Kuͤhndeit
der Feinde fahen, fie für wahnfinnig haltend, und, daß fie fich erft
zum Empfange ber Griechen bereiteten , ald fie diefelben fchon ges
gen fi heranlaufen fahen. ,
””) Daß die Perfer ibr Lager im Stiche ließen, fagt Nepos (Mil-
tiad. 5). Reid muß es geweien fein, ba man von der Beute
prädtige Bauten befireiten Tonnte.
body cinen Theil deffelden, nörblih von dem großen
lichkeiten der Schlacht
von nur fieben berfelben ſchnell das hohe Meer, ba bie Bucht
no heute bis nahe .ans Ufer für „Schiffe mittlerer Größe,
wie bie der Alten waren, tief genug iſt.
ent bleibt noch ‚eine Hauptfrage zu beantworten "übrig:
In welchen ber Saͤmpfe geritthen die füchenden Perſer? Hero⸗
dotos erwähnt auffallenderweiſe dieſes Mnfkandes gar nicht,
fondern erft Spätere, .wie Paufanias und vielleicht einige Ans
dere. Wenn wir nun erwägen, wie fehr alle Umftände dieſer
Schlacht ſchon von Lyſias an durch Rebner, Dichter und
Geſchichtſchreiber *) vergrößert und das Bewunderungswärbige
derſeiben ins lächerlich Unglaubliche. gefteigert wurde, fo erfcheint
es als wohl ‚denkbar, dag das Ertrinken der Perfer gias, um
ben trefflih dazu geeigneten Sumpf .mit ins Spiel zu’®ringen,
fpäter erfundene Babel fei. Doch ift anbererfeits bei der Nähe
der Sämpfe und in der wilden Flucht eines zahlreidyen Heers
ein ſolcher Vorfall fehr..möglih, und ih bin nicht gefonnen,
ihn in Zweifel zu zieben,. um ſo weniger, da auch das Cr
mälde von ber Schlacht in der Stos Poikile (Pauf. I, 15, %)
Daffelbe bezeugte. Aus Pauſanias' Worten (I, 32, 6) ift es nicht
Mar, in welchem Eumpfe er bie Perfer ertrinten läßt; wie es
f&heint, in dem großen nördlichen. Da wir indeß, nach dem
Obengsfagten, die Schlacht durchaus dort annehmen müflen,
wo der Grabhügel ber Athenaier ‚fteht, nur 3—4000
son bem Heinen Sumpfe und gegen 12,000 Schub, faft eine
halbe deutfhe Meile, von dem größern, fo ift es ſchwer zu
begreifen, wie bie flichenden Perfer, ſelbſt wenn bie Linie ihrer
Schiffe fih längs dem ganzen Strande ber Bai ausbehnte, In
jenen Sumpf rennen fonaten, flatt auf dem naͤchſten Wege
längs dem Strande hinzulaufen. Ich finde es daher viel wahr:
f&heinlicher, daß der Vorfal in dem ſuͤdlichen Sumpfe ftatts
hatte, und baß gleich bei dem erſten Anlaufe der Athenaier ein
Theil des perfifhen linken Fluͤgels, der ſich an biefen Sumpf
lehnte, in benfelben gefprengt wurde. Viele Finnen ber Gr⸗
tealenen nicht geweſen fein, da Herodotos (G. 116) ben gan⸗
zen Verluft der Perfer nur auf ungefähr 6400 ankhlägt.
.Da ich Leake's Werk über die attifchen Demen mir jeht
nicht wieder verfchaffen ann, und ich bie lange Abhandlung
“über die Schlacht, welche e8 enthält, vor einem Monate nur
nactig gelefen habe, kann ich jept keine Ruͤckſicht darauf Hehe.
‚men.
zu ausgedehnt und das perfifche Heer viel zu ſtark an uad
Jedenfalls nimmt er bie griechifche-Schlachtorbnumg viel
egt, wenn ic) mich recht erinnere, das perſiſche Lager, ober
i Sumpfe,
was ein · ſchwer zu erklaͤrender Misgriff iſt. Pie
Bei den Bewohnern bes Thales fand ich eine dunkle Sage
von ber alten Perſerſchlacht. Einft, erzählten fie mir, in der
Zeit ber Hellenen, kamen viele Zuftanellen **) in diefe Ebene.
Die Athenaier, welche oben im: Thale in xns Yaras sb uerdel
gelagert waren, griffen fie.en und erfchlugen ihrer fo Viele,
daß ber Fluß von dem Blute roth gefärbt wurde. Allein es iſt
zweifelhaft, ob diefe Sage ald Tradition anzufehen iſt, ober
ob ſie, wie in vielen „ähnlichen Faͤllen in Griechenland, ans
‚neuerer Zeit flammt, indem ein halbgelehrter Prieſter oder
ein Reifender den Bauern -von der Schlacht erzaͤhlte. Men
darf fie baher nicht zur * einer Unterfuchung über bie Oert⸗
madıen.
(Der Befchluß folgt.)
») Da id) den Lyfias nicht zur Dand babe, vermweife ich Sie nur
auf Yuftin (IT, 9), der viele Schiffe verfentt, viele genommen
werben läßt und den Verluſt ber Derfer „ohne ben Schiffbruch⸗
(der gar nicht flattgefunden) auf-200,000 anfdlägt, und auf: Pas
fania® (IV, 25, 2), bee von 10,000 Athenaiern nicht weniger ald
800,000 Meder niedermegeln läßt. Vergleichen Sie damit die bes
ſcheidenen Zahlen bed Derodotoß.
s, Bovoreıs ober Povoranlllars, moderne Bezeichnung ber Beute
tigen Krieger, von ihrer Aracht em faltigen weißen Rocke) derge⸗
nommen.
Nedigirt unter WBerantwortlicgtelt der Verlagsbanblung: J. X. Brockhaus in Leipsig.
Blätter
für
| Unterpattunn
Mittwod,
17. April 1833,
Verſuh uͤber die Bedeutung der Provinzialſtaͤnde mit
befonderer Beziehung auf den dänischen Staat. Vom
Syndikus Klenze.
Geſchluß aus Nr. 106.)
Bei der Entwidelmg der Verfaffung des Staats muß
der Autor felbft eingeſtehen, daß Alles, was bis jetzt dar⸗
auf Bezuͤgliches in Preußen vorhanden, nur Bruchſtuͤcke
ſind, welche als Grundſtuͤcke der kuͤnftigen Verfaſſungs⸗
urkunde dienen können. Er gechnet unter diefe DBerfafs
fungsgrundfteine die Gefege über die bäuerlichen und ſtaͤd⸗
tiſchen Verhaͤltniſſe, die Anordnung von Communalland⸗
tagen und Kreistagen und ſucht, indem er jedes dieſer
Verhaͤltniſſe einer beſondern Betrachtung unterwirft, Die
Gruͤnde außufinden, weshalb Preußen bis jetzt nicht wei⸗
ter. habe fortſchreiten koͤnnen. Die Grundanſicht, welche
ihn dabei. leiter, ift, daß die unterfle oder Communal:,
und bie oberſte oder landſtaͤndiſche Verfaſſung gleichzeitig
ausgebildet werben muͤſſe. Wir haben fchon früher an-
gedeutet, daß wir hierin feine Anfiht nicht theilen, viel:
mehr die Ausbildung der Landfländiichen Verfaſſung für
die nothiwendige Grundlage halten, auf weldye ſich allein
"mit Sicherheit die weitere Ausbildung ber Staatseinrich:
tungen baficen laſſe. Allein der preußifhe Staat ann
auch nicht einmal für die Anſicht des Verf. als Beleg
angefuͤhrt werden, da derſelbe in Ausbildung der landſtaͤn⸗
diſchen und Communalverfaſſung keineswegs gleichen Schritt
gehalten, ſondern mit erſterer um Vieles zuruͤckgeblieben
iſt. Wenn der Verf. (S. 154) ſelbſt ſagt: „eine Com⸗
munalverfaſſung kann bei ihrer erſten Einfuͤhrung nur
eine ſehr relative Vollkommenheit erlangen, und zwar eine
viel geringere als die Verfaſſung einer hoͤhern Ordnung,
oder als die landſtaͤndiſche Verfaſſung; denn je allgemei⸗
ner die Verhaͤltniſſe ſind, deſto einfacher ſind ſie und bie⸗
“ten deſto weniger Schwierigkeiten dar. Es iſt alſo prak⸗
tiſch durchaus unrichtig, die Ausbildung der Communal⸗
verfaſſung abwarten zu wollen, ehe man eine Verfaſſung
hoͤherer Ordnung einfuͤhrt; ja, es iſt ſogar unmoͤglich, weil
viele Verhaͤltniffe der Communalverfaffung erft durch die
Mitwirkang der Verfaffung höherer Ordnung richtig aus:
gemittelt- und beflimmt werben können” — fo redet er
dadurch keiner Anſicht ſo ſehr das Wort als der unſerigen.
Im zweiten Abſchnitte geht nun der Verf. auf fein
ſpecielles Thema, auf die preußiſche Provinzial: und Kreis⸗
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verfaffung fetbit ein.
Er macht une hier zuerft mit dem
Inhalte der darüber fprechenden Gelege befannt und uns
terroicft fodbann die darin ausgefprochenen. Grundfäge einer
befondern Prüfung. Nur diefer legte Theil, als aus den
eignen Anfichten des Verf. hervorgegangen, kann bier auf
sine nähere Betrachtung Anſpruch machen. Die Provin:
ziatflände werden zuerft in abstracto nad) der vom Verf.
aufgeftellten Maxime ber gleichzeitigen Ausbildung der Com;
munal: und landſtaͤndiſchen Verfaſſung der Kritik unters
worfen und dann in ihrer Uebereinflimmung . mit dem’
preußifchen Staate geprüft. In erfierer MRüdficht beants '
swortet der Verf. feine Aufgabe ganz zu Sunften ber Pros
vinzialftande, als’ welche feiner Anficht nach das Mit:
telglied zwiſchen Iandfländifcher und Communafverfaffung
ausmachen, von welchem dann nach unten und oben die
gleichzeitige Ausbildung des Staatsorganismus ausgehen
fol. „Nach der von uns aufgeftellten Marime”, heißt
ed bier S. 195, „können bie erften Anfänge beider, ber
Communal: und landfländifhen Verfaſſung nicht welt
auseinander liegen und bie anfängliche, nicht zu vermei⸗
dende Mangelhaftigkeit der erſten macht es um fo noth-
wendiger, die fegte bald folgen zu laffen, denn eine andere
Gleichzeitigkeit ift niche möglich.” Wenn der Verf. frei:
ih das Nacheinanderfolgen und die Sleichzeitigleit für
gleichbedeutend. halt, fo können wir uns dann nicht mehr
wundern, wenn er früher die Behauptung ausſprach, daß
der preußiſche Staat gleichen Schrittes die Repraͤſentation
in höherer und niederer Ordnung ausgebildet habe. . Bei
feiner günfligen Beurtheilung ber Provinzialftände wollen
wir nun dem Verf. gern zuyefteben, daß in großen Weis
hen, die aus Provinzen von ganz verſchiedenartigen Ins
tereflen zufammengefegt find, wie dies zum Theil ſchon
mit der preußifchen Monarchie der Fall, Propinzialftände
nüglic, ja in gewiffer. Beziehung fogar nothwendig er:
fcheinen Eönnen, auc wollen wie nicht beftreiten, daß es
in dem: Wefen. derfelben begründet ift, daß fie nur eine
berathende Stimme haben. Dagegen können wir der Ans
fiht des Verf., daß auch in den Bleinften Staaten Pros
vinzialftände erfoderlich feien, nicht beitreten. Sie find, un:
ferer Anfiht nah, nur ald ein nothwenbiges Uebel zur
Verſoͤhnung widerſtreitender Intereſſen verfchiedenartiger
Provinzen deſſelben Staats zu betrachten, daher auch die
Wirkſamkeit derſelben lediglich auf die Provinz beſchraͤnkt
458
werben muß, welche fie vertreten, und es ſchon Uber das
Weſen derfelben Hinausgehen heißt, wenn der Verf. (S. 198)
verlangt, daß ihnen alle Gefege des ganzen Staats zur
Berathung und Begutachtung vorgelegt werden follen. Da⸗
gegen unterfchreiben wir gem bie Worte, mit melden er
(e. 199) diefe6 Gapitel ſchließt: nt
„Ferner find Deffentlichkeit der Verhandlungen im All:
gemeinen und Unabhängigkeit der Mepräfentanten Bedin⸗
gungen, ohne welche Zeftigkeit, Wahrheit, Gerechtigkeit
und echter Semeinfinn keine Wurzel fchlagen koͤnnen. Aber
heilig fei die Majeftdt des Königs, und jede Verlegung
derſelben werde auf das Härtefte beftraft.” Die Frage,
ob die preufiifchen Provingiatflänbe mit der übeigen preu⸗
fifhen Staatsbildung übereinflimmen, oder ihre Zweckmaͤ⸗
Bigkeit in concreto, Hat ber Verf. indeß nicht ſo guͤnſtig
zu beantworten vermocht, wenngleich dieſes ein fehr we⸗
fentliche® Kriterium ihrer Vortrefflichkeit geweſen fein würbe.
Er gibt uns vielmehr eine Reihe tadelnder Bemerkungen
und deckt mit vielem Scharfſim bedeutende Mängel und
Sinconfequenzen der preußiſchen Gefepgebung uͤber dieſen
Gegenſtand auf. Er fucht diefe Fehler indeß dadurch zu
entfehuldigen, baß die ganze preußifche Verfaffung noch im
Bildungsproceſſe begriffen fei, und ‚noch nicht einmal das
erfie Stadium der Entwidelung eritiegen babe” (S. 199).
Nur das Vollendete pflegt man aber als Mufter aufju:
ftellen, da man nur bei dem vollftändig Vorhandenen er-
. meffen kann, ob es den gehegten Erwartungen entipricht.
Es muß daher ſchon aus diefem Grunde befremden, wenn
der Verf. am Schluffe feiner Schrift (S. 263) als Re
fultat derfelben die vielfagende und umfaffende Behauptung
ausfpricht:. daß keine Staatsverfaffung zur Nachahmung
für einen Staat mehr zu empfehlen fei als die preußifche.
— Bei feiner Kritik der Uebereinſtimmung der preußifchen
Provinziatftände mit dem fonftigen Organismus bes preu⸗
ſiſchen Staats zeigt der Verf. zuerfl, daß bie preußifche
Regierung drei wichtige Momente bei der Organtfation
der tepräfentativen Verfaffung berüdfichtige habe: die freie
Wahl, das Suborbinationsverhätmiß bei ber Reprafenta:
tion und bie freie Verwaltung der Communalangelegen⸗
heiten unter Aufficht der Regierung, baß aber diefe Mo⸗
mente noch nicht bucchgängig und in allen Provinzen fich
vellftändig geflaftet Haben, und baß bier die Zeit noch
Manches zu beſſern und zu ergänzen babe. Er tadelt
mit Hecht den Ausdrud des allgemeinen Befeges über die
Drovinziafflände, daß diefelben „im Geiſte äfterer deutſchen
Verfaffungen” eingeführt werden follen. Dergleichen viel:
deutige Medensarten. find nur zu gebräuchlih, wenn man
den Foderungen des Vernunftrechts und der fortgefchrätte:
nen Belt nicht Gehör zu geben geſonnen iſt und ſich eine
Hinterthuͤr offen erhalten voll. Der Verf. weiſt Hier auf
das Beſtimmteſte nach, mie eine ſolche Ausbildung im
Geiſte der Altern deutſchen Verfaſſungen gar nicht möglich
fei, da biefe Verfaffungen nicht Provinzial⸗, fondern Land⸗
flände im Auge gehabt. Es würde zu weit führen, hier
die vielen Inconfequenzen aufzuführen, in welche die Re:
Zu dieſen gehört auf), wie ter Verf. fpäter (&. 247)
‘
gierung dadurch verfallen ift.*) Dee Verf. fucht die Suche: |
bamit zu beſchoͤnigen, daß er annimmt, man habe fagen
wollen, bie hiſtoriſche Grundlage folle nicht vernachlaͤſſigt
werben. Allein die Kolgezeit bat gelehrt, daß man mehr
als diefes im Sinne hatte; auch iſt der Ausbrud: „hiſto⸗
riſche Grundlage”, Sen preußiſchen Stantsmännern keines⸗
wegs fo ungeläufig, daß file auf denfelben nicht follten
gefallen fein, wenn fie ſich feiner hätten bedienen wollen.
Ferner führt der Grundfag ber preußiſchen Provinzialftän:
deverfaffung:: nur das Grundeigenthum ift die Bedingung
ber Standfchaft, zu einer hoͤchſt mangelhaften Repräfenta-
tion, da weder Handel noch Induſtrie, noch die morali:
fhen SIntereffen der Kirche, des Unterrichts u. f. w. ver:
treten werden. Auch hat, wie uns ber Verf. zeigt, bie
preußifche Geſetzgebung diefem Grundfage mit Folgerich⸗
tigkeit nicht treu bleiben koͤnnen. Weiter vermißt der
Berf. mit vollem Rechte bei den preußifchen Provinzial:
ftänden eine Beſtimmung über die Verantworklichkeit und
Unabhängigkeit der Repräfentanten- während bes Landtags,
fowie die DeffentlichBeit der Verhandlungen. Die erfte
Bedingung einer rucdfichtslofen Pflichterfüllung und einer
erfolgreichen ftändifchen Wirkſamkelt iſt Sicherheit der Per
fon und Unverletzlichkeit ded Vertreters in feiner Eigen:
ſchaft al6 ſolcher. Dies iſt eine fo fehr gefühlte Wahrheit,
daß wol faum eine Berfaffung, deren Geber es wirklich
Ernft mit Ihrer Verleihung wear, ohne folche Garantie ge
blieben. Dem Stantsoberhaupte, welchem es darum zu
thun iſt, die Stimme ber Wahrheit in ihrer ganzen Rein:
heit und Lauterkeit zu hören, gebietet ſchon das eigne Sins
tereſſe das Darbieten einer. ſolchen Sicherſtellung. Ein
ebenfo nothwendiges Requiſit zur Erreichung des Zweckt
einer ſtaͤndiſchen Verfaſſung und zum Gedeiher des con:
ſtitutionnellen Lebens iſt die Oeffentlichkeit der Verband:
lungen. Doctrin und Erfahrung beweiſen auf gleich ſchla⸗
gende Weiſe ihre Nothwendigkeit. Wir koͤnnen uns darüber
kaum beffer ausfprechen, als e& der Lobredner der preußtfchen
Berfaffung ſelbſt gethan hat, wem er (S. 220) fast:
„durch bloße extractsweiſe Mittheilung, wie fie die preus
ßiſche Verfaſſung vorfchreibt, entfleucht der Geiſt und das
Phlegma bleibt. Ohne Deffentlichkeit ift feine ordent⸗
liche Verbindung der Repraͤſentation in ihrer Gefammtheit
mit der Nation, Beine Sonteole der Repräfentanten, daß
fie ihre Pflicht thun, und keine Etweckung des: öffentlichen
und vatertändifchen Geiftes.”
An diefe Mängel der preußifchen Provinzialftände wuͤr⸗
den fich des Verf. Betrachtungen Über die Lebenschätigkeit
derfelben und ihre Zukunft paflender anfchließen ale da® von
ibm ſelbſtaͤndig aufgeftellte Syſtem der Mepräfentation, mel
yes er bier eingefchoben hat. Wir erlauben uns deshalb
auch bei der Beurtheilung die Vetfegung diefer beiden noch
übrigen Gapitel ded vorliegenden Werkes. Eben aus je
nen, fhon vom Verf. gerügten Dängeln und noch meh⸗
ven andern Urfachen, auf deren Entwidelung bier nicht
noch bemerkt, daß bie geiftlichen Eorperationen und Unis
verfitäten nicht vertreten werden. Dies Liegt nicht im Gimme
der äftern deutſchen Werfaflungen und moͤchte bei dem gros
fen Uebergewicht der materiellen Intereffen auf ben preußis
fen Provinziallandtagen wol nicht überflüffig erſcheinen.
AR
weiter eingegamgen werden kann, iſt es herzuleiten, daß
fich von der kebendthaͤtigkeit der preußtfchen Provinzial⸗
fände noch fo wenig Zeichen aufweiſen lafſen. Der Berf.
weiß- auch in ber That nicht ein einziges entichiedenes
Ergebniß aufzuführen „Es find bereits die wichtigften
Begenftände, als Armenweſen, Mobification der Gewerb⸗
freiheit und der Staͤdteordnung, Sinken der Getreideprefſe,
Noth des Landmannes und hohe Beſteuerung — zur Spra⸗
che gebracht worden, und auf vielfache Weiſe hat die Re⸗
gierung dabei Gelegenheit gehabt, ihre Verwaltungsgrund⸗
Täge und hoͤhern Einſichten auf eine, belehrende Weiſe zu
veröffentlichen”, find die Worte (S. 256), in welchen er
die Wirkſamkeit ber bis jegt verfammelt geweſenen Pro:
vinziallandtage abhandelt. Dagegen fieht er ſich genöthigt,
fie gegen verfchiedene Vorwürfe, bie mat ihnen gemacht,
in Schuß zu nehmen, auf bie Zukunft zu verweiſen und
Gründe des Troſtes und der Hoffnung aus Verficherun:
gen und Grundfägen herzulsiten, weiche Preußen bei ver⸗
fehiebenen wichtigen Gelegenheiten, insbeſondere in den
Sahren 1814 u. 1815 ausgefprochen hat.
Das felbftändige Spftem, welches der Verf. unter
‚UL. Entwickelung einer Grundlage für die Repraͤſenta⸗
tion ans dem Geſichtspunkte ber ftaatsbürgerlichen In⸗
texeffen” S. 223 fg. aufſtellt, ift der Theil feines Werkes,
welcher ſich unfern Beifall am meiften erworben hat. Mit
großer Umficht und firenger Folgerichtigkeit führt der Verf.
er, an der Hand der Gefege der Suberdination und ber
twickelung forote des beide regierenden Geſetzes ber Ein:
beit, und unter befländiger Anwendung des vermittelns
den Princips feiner oberſten Grunbfäge, ein Gebäude auf,
weiches, wenn es ſich in diefem Umfange und großarti=
gen Style auch nicht: im allen Staaten, vornehmlich dem
Heine, mit Gluͤck wird realiſiren laffen, den Anfoderun⸗
gen der Bernunftmäßigkeit und Gerechtigkeit in hohem
Grade entfpriht und jeden Bewohner deffelben zufrieden:
zuftellen im Stande if. Wenn indeß, um den Plan
bes Merkmelfters vollkommen zu burchdeingen, kaum Das
genligt, was uns dee Verf. felbft mittheilt, und man bier
ſchmerzlich den erfien oder allgemeinen Theil feines Werkes
vermißt, fo dürfte um fo weniger dem Lefer ein kurzer
Auszug frommen. Wir verweifen ihn deshalb am bie
Duelle felbft und verfprechen ihm, daß er manchen frifchen
und erquidenden Trunk aus berfelben ſchoͤpfen Fann.
Hauaͤtte doch der Verf. fein ganzes Gebäude auf ſelbſtaͤn⸗
digem Fundamente errichtet und nicht an die morſche
Stüge der preußifcheh Provinzialftände angelehnt! Wir
würden dann das ihm zu Anfange biefer Beurtheilung mit
bereitwilligee Anerkennung ausgeſtellte Zeugniß ohne den
bazwifchenliegenden Tadel am Ende bderfelben von Neuem
bekräftigen koͤnnen. 182.
Mittheilungen über Griechenland.
(Beſchluß aus Nr. 106.)
Am zweiten Tage unfers Aufenthalts in Marathon gingen
wir nad) Rhamnus, welches von dem Dorfe Bei veichlich drit:
tehalb Stunden entfernt iſt. Seine Ruinen beißen jezt EBoaud-
x00roo, ın ber gemeinen Ausſprache Oßgıöxaareo, woraus bie
albanefifchen Bauern ber Umgegend gar das finnlofe Avoroxaoıeo
J
⸗
machen. Sierant entſtebt, durch Vorſetung bes Artikels 1d,
Fabgiözeargo, und wenn noch bie Praͤpoſition eis hinzulommt,
"Ztraveroxaorgo, woraus bei einigen Reifenden die ganz falfchen
Namen Zaurslaftro und Staurskaſtro' geworden find.
Weg tritt, einige Minuten hinter ben muthmaßlichen Ruinen
von Aritkorythos, zwiſchen die Berge ein und führt, nachdem
man den Engpaß zurücdgelegt hat, über eine Stunde lang durch
ein ziemlich geräumiges Schal, welches mit Gebüfh und Ges
firüpp (worunter vermuthlich auch der dauvos, ber dem Drte
ben Namen gegeben bat) bebedt iſt. An mehren Stellen finden
ſich Bundamente und andere Spuren früherer Wohnungen. Am
noͤrblichen Ende des Thales ſtehen auf einer kleinen Srhöhung,
von welcher ausgehend ein breites Ravin ſich nach dem Meere
hinunterſenkt, die Reſte der beiden Tempel. Wir fanden ſie
noch ganz in dem Zuſtande, wie fie von fruͤhern Beſuchern bes.
ſchrieben find, da glüdlichermeife keine Wohnung, kein Kalk:
ofen in ber Nähe ift, ber ihnen, Untergang drohen koͤnnte.
Das dichte Gebuͤſch, welches einen Theil des Truͤmmerhaufens
überwachfen hat, laͤßt hoffen, daß durch Reinigung des Pla⸗
ges und Rachgrabungen bier noch Ausbeute zu gewinnen if.
Die Bewohner der Umgegend nennen diefe Ruinen die Königs:
tochter (Baaılonovie); aber vergebens forſchte ich nach einer
Gage zur Erklärung diefes Namens.
Das ebenerwähnte Ravin erweitert fi unten am Stranbe
bes Meers zu einer Bleinen niebrigen Ebene, aus welcher ſich
ein ifolirter, faft runder, gegen 100 Schub hoyer Berg er:
hebt, der von Weften her zugänglich ift, gegen Norden, DOften
und Suͤden aber größtentheils ſteile Felswaͤnde hat. Er ift an
feinem Buße auf ber Weftfeite und auf den übrigen Gtellen
überall, wo bie Felswaͤnde eine zugängliche Stelle laſſen, mit
Befeftigungsmauern aus weißem Marmor umgeben, von der«
felben Conſtruction, wie bie Platform, welche bie Reſte ber
Tempel trägt.. Die Schichten der Dauer find grablinig, ho⸗
tal, die verticalen Selten der Steine aber polygon. Die
auern find im Ganzen fehr wohl erhalten und gewähren mit
dem grünen Gebuͤſch, mit welchem fie oben bewachſen find, mit
dem Meere und ben hohen Gebirgen Euboias im Hintergruntg
einen hoͤchſt malerifchen Anblid. Ein einzige® Thor führt von
Weften Her (von ber Lanbfeite) auf den Hügel, deſſen hoͤchſte
Spitze noch Mauerreſte von einer befondern Akropolis zeigt.
Der weſtliche fanfte Abhang bes Huͤgels tft mit Bruchflüden
von Ihonziegeln, Scherben alter Gefäße u. f. w. bebedit; ein
Beweis, daß ber Demos felbft, ober wenigftens ein beträdht:
licher Lyei deſſelben, innerhalb der Feſtungsmauern ſtand.
Bon einer Werbindunge maner zwiſchen ben Tempeln und ber
Feſtung, von welcher Leake ſpricht, fand ich keine Spur, und
ich vermuthe, daß er die Reſte einiger Graͤber aus Quadern,
welche auf der Senkung des Huͤgelruͤckens zwiſchen den Tempeln
und dem befeſtigten Demos ſtehen, fuͤr Reſte einer ſolchen Mauer
angefehen hat, deren Nugen uͤberdies, fobald fie nicht doppelt war,
wie die langen Mauern bes Pelraieus, nicht wohl einzufehen tft.
Bei unferer Rüdlehr von Doridlaftro nah Bi war es
fhon Abend, und wir. mußten daher noch eine Nacht in unſe⸗
rer elenden Herberge fchlafen, bie Füße, da es fehr Falk war,
gegen ein heilloberndes Feuer in der Mitte derfelben gelehrt,
das Jeder, der einen Augenblid erwachte, durch Hinzulegen
einiger Scheite näprte. Am folgenden Morgen beach ich mit.
bem Engländer und feinem Diener nad Athen auf; F., ber
noch nit, wie wir, die ganze Ebene geſehen hatte, blieb
mit einem Maulthiertreiber zurüd. Da wir vergeffen hatten,
uns mit Lichtern zu verfehen und im Dorfe keine auftreiben
@onnten, mußten wir auf einen Befuch ber engen umb dunkeln
Phnshöhle verzichten; ohnehin geneigt, bei milderer Witterung
wieder nach Marathoͤn und Rhamnus zuruͤckzukehren. Arglos,
obne bie mindefte Furcht vor Räubern, zogen wir durch bie
oben befchriebene einfame Sebirgsgegend Hin, als ploͤtlich in
einem engen Hohlwege, nicht weit vor Stamaͤta ein Schuß
uns vorüberpfiff, und vor und uns das Gefchrei
erhob: xarfda, xire, rapuara zur (vom Pferde! herunter!
bie Waffen weg!). Wir waren Drei, denn auf bie beiben
m
[4
Mauithiertreider, von denen der eine ein Knabe war, war
gar nicht zu rechnen, unſere wenigen Waffen nicht einmal alle
geladen, und bie Angreifenden waren fünf Kerle mit berußten
und verhällten Geſichtern, jeder mit einer Flinte, zwei Piftos
len und einem PYatagan bewaffnet. Rach kurzer Berathung
ergaben wir uns, da die fuͤnf auf uns gerichteten Gewehre
bet jedem Berſuch zum Widerſtande ben Tod drohten. Wir
wurden mit großer Schonung ausgepluͤndert und mußten ſehr
froh fein, daß man uns erlaubte, weiter zu reifen, ftatt uns
ind Gebirge zu ſchleppen, um ein Löfegelb zu erpreffen, wie
erft vor ſechs Monaten einem wohlhabenden Athenaier gefchehen
war. Rad) biefer Erfahrung gaben wir es für den Tag auf,
die Marmorbrüce von Pentele zu befuchen, unb eilten, nad)
Athen zu lommen, wo F. am folgenden Tage wohlbehalten
eintraf. Der ſchlimmſte Verluſt iſt der Verluſt an Vertrauen,
an gutem Muth zum Weiterreifen. 5. Bebruar.
Das Schneegeftöber hielt faft drei Tage und Nächte bis
zum Morgen des 25. Ianuar an; auf den Gebirgen fiel ber
Schnee fo body, daß die Pälfe nach Boiotien mehre Lage lang
verfperrt waren. Die Kälte flieg an zwei Abenden bis auf
51° Reaumur. Nach der Verſicherung der älteften Leute hat
man nie eine foldhe Kälte eriebt. Die Eitronens und Drangens
bäume haben fehr gelitten; bie Weinftöde find größtentheils
durch den Schnee geſchuͤgt worden. Seit 1818 ift nicht fo viel
Schnee gefallen: „ſtitdem““, wie ein alter albanefifher Soldat
ſich ausbrädte, ‚.ber große König von Frangiſtan feine Deere
in Rußland verlor”. Jetzt haben wir feit acht Zagen Thauwet⸗
ter, aber fortwährend viel Regen.
Zur Verfolgung unferer Räuber haben wir in biefem des⸗
eh anifirten Lande Bein Mittel, o egleidh wir ſtarke Verdachts⸗
nde gegen einige Soldaten und Bauern in Marathoͤn haben.
Die Tuͤrken find zu ſchwach an Mannſchaft; wenn fie ſich hin⸗
auswagten, würbe ſich die ganze Solbatenbande gegen fie vers
einigen. Ks ich vor einigen Zagen meinen Freund, den Gib:
Effenti Delibaſchi (den Sie ſchon kennen), beſuchte, konnte er
ſich eines kleinen Triumphes nicht erwehren. „Da haft du's“,
fagte erz; „vor ber Revolution ſchrieben die Griechen in allen
Beitungen Europas: bie Tuͤrken find Menſchenfreſſer, der Sul:
tan ift ein Tyrann! Jetzt haben fie ihr Syntagma (Sonftitus
tion), und jetzt begehen fie ſolche Dinge, unb ihre Generale, bie
den Namen eines Soldaten fchänden, dulden die Ausfchweifuns
gen ihrer Soldaten. Das iſt bie Sreiheit,* die fie gewollt has
en.’ Er ſprach fidy ganz in Eifer, und ich fonnte ihn nur
befänftigen, als ich mit ihm bie Mittel beriech, feine wilden
Landsleute, bie Bergvdlker Kurdiſtans, zu civiliſiren. Denn
Delibaſchi iſt, mit aller ſeiner ritterlichen Treue fuͤr ſeinen
Herrn, den Padiſchah, ohne es ſelbſt recht zu wiſſen, ein
kleiner Revolutionnair. Obgleich er nicht wieder unter feinem
Volke zu leben wünfcht, nachdem er, wie er fagt, ben Umgang
aufgeltärter Lente fchägen gelesnt hat, befchäftigt cr fich body
viel mit der Zukunft feiner Kurden. Gr bat fi durch Ge:
fpräche mit Europäern, die er ſehr ſchaͤgt, eine Art Be:
griff von gefenlicher Freiheit erworben und finnt darauf,
wie feine Landsleute zu Freiheit, Selbſtaͤndigkeit und Civili⸗
fation erzogen werben Tönnten. Der vorbereitende Zuſtand da⸗
zu fei, meint er mit rihtigem Scharfblick, eine Militairdespos
tie unter einem Manne aus ber Mitte des kurdiſchen Volkes;
aber feine Entwürfe fcheitern an der Schwierigkeit, eine folche
zu begründen Ich höre ibn gern fo phantaſiren; benn wenn
erft foldye Ideen in ben Köpfen der Aftaten fi zu regen bes
ginnen, fo eröffnet fi den Fortſchritten der Humanitaͤt ein
weites ge I.
Zu unſerer Beraubungsgefchichte hat ſich ſchon ein Briten:
ftüd gefunden. Drei Reifende (zwei Engländer und ein Hol⸗
feiner), weiche vorgeftern in Gefellfehaft mehrer Griechen von
heben kamen, wurden in ber Begend von Dropos von elf
20
> AG, Q
),15 Zhlr.
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3 a X
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it id €
tapfern Yallilaren nicht allein, wie wir, ausgepiänhest, fon
dern obenbrein, aus blofem Muthwillen, mit Gtößen unb
Schlägen arg gemishandelt. Rad) Dem, was fie berichten, Br
ich felbft aus dem Munde der fogenannten Soldaten gehört habe
und was man von allen Geiten erfährt, nehmen bie Milltair⸗
chefs und ihre bewaffneten Banden eine hoͤchſt brohende Stel:
lung an und haben die ziemlid offen eingeflandene Abficht,
große Bugeftändniffe vom Könige zu ertrohen, im Falle der Mers
weigerung aber feiner Autorität ſich zu wiberfegen. Ich glaube,
wir werben feltfame Dinge erleben. Doch wird ber offene Wts
derftand, wenn es bazu kommt, es ber Kegierung nur erleich⸗
teen, das Uebel mit ber Wurzel auszurotten. —* chen iſt
der König vor einigen Tagen in Navplion eingetroffen, man
hat uns Athenaier aber noch nicht gewürdigt, einen Gourier
zu ſchicken, und wir wiffen daher noch nichts Näheres. Viel—⸗
leicht gehe ic) balb auf einige Tage nach Rapplion, um bie
Sachen mehr in der Naͤhe zu ſehen, und in biefem Balk zichreibe
ih Ihnen wieber.
Literarifhe Anzeige,
Bericht über die im Laufe des Jahres 1832 bei F. A.
Brockhaus in Leipzig erfchienenen neun Werke
und Fortfegungen.
(Hortfegung aus Ne. 99.)
9. Depping (©. B.), Grinnerungen aus bem &eben eineh
Deutſchen in perit * 324 Bogen auf feinem Druckpapier.
Sch. 2 hir. 8
10. Detenboff (Johann Wilhelm), Das Ganze ber
Danblung. Gin theoretifch : praftifches Lehrs und Handbuch
der gefammten Handlungewiffenfchaften. (Petersburg 1831.)
Gr. 8. 16% Bogen auf gutem Drudpapier. Geh. 1 Ihr. 6 Or.
11. Allgemeine Encyklopaͤdie der Wiffenfhaften und Künfte, '
in alphabetifcher Kolge von genannten Schriftftellern bearbel:
tet, und herausgegeben von 3. ©. Erf und 3. ©. Grus
ber. Dit Kupfern und Karten. Gr. 4. Gart.
Seder Theil im Prinumerationdpreife aufgutem Drudpapier 3 Tblr.
Ir., auf ertrafeinem Bellnpas
PMrachts
chi A—G, beraudgegeben von D G. Grubder.
wan 8— und brelundamwan igfter Theil
ectio heran gegeben von % G. Hoff:
, bereußgrgeben vo von DM. 9. E. Meier
Se abe sı ben Werlon der Gmmnkiopäbie üb
en erlag der Guc S u bernomme
nd bereits Go⸗ Theile fertig Eworbem, —
offentlich wleder Bertrauen que einem Un ternehmen um ge
en m tpabres beutihes Joetion werk genannt zu werden verdient, und
berzeugen , baß ich den rien und bie Ritt ttel Habe, daſſelbe fe
tale au TO för en als es für den Innern Werth
v efiht auf die x onwenten, denen nidht anges
nehm * würde, in een Jahre mebr als böcıftend ſechs Bände
zu er alten, 1 gegend geltatten.
ern Abonnenten,
einem Velinpapier 5
r., au
uartformat mit breitera Stegen
pier im größten
eremplare) 1
tfte Se
n, Nr
12.
act auf feinem —— Geh. 1 Thlr. 12 Gr.
3. Iſis. Encyklopaͤdiſche Zeitſchrife vorzuͤglich für, Raturge
ur Anatomie und Phyſiologie. Derausgegeben von Den.
Jahrgang 1832. 12 Hefte. Mit vielen Kupfern. Gr. 4. 8 Ihir.
14. Knorring (Rarl von), Ruffifche Bibtiothef für Deuts
ſche. Erſtes bis drittes Heft. (Reval 1881.) 8. 34 Bogen
auf Drudpapier. Geb. 2 hir. 12 Br.
Diefe drei Hefte enthalten R audgewählte gie von Polewoi,
Schukowski,
durowekti, Pu [de e Fortfehung folgt.)
heben Tamen, wurben in ber Gegend von Qropos von df TU Bierzu Beilage ir c·· Beilage Nr. 4.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der — — er lgtet unter Berontwortlichteit der Berlagähandlung: ———— — 8% —e— in Seipzig.
Geſchichte des beutfchen Volkes. Won H. Luden. Gie:
miſſe verflochten wurde, eine fchöne Frau und eine
Beilage zu
Nr. 4
den Blättern für literariſ che Unterhaltung.
17. April 1833.
benter Band. Gotha, J. Perthes. 1832. Gr. 8.
Prän. Preis 2 Thic. 4 Gr. *)
Hätte fig der ehrenwerthe Verf. nicht in einer Vorrede
zu einem frübern Bande etwas zornig herausgelaflen gegen
Diejenigen, die ihm nachrechneten, wann er ungefähr fertig
mit feinem Werke würde, fo würde Ref. audy fo eine Rechnung
anheben und auseinanderfegen, wie biefer ganze Band nur
etwa 3 Jahrhundert der aulerſterilſten Zeit des deutfchen Mit:
telalters behandle, über welche man gern bald hinwegfirebt,
um fi den Eräftigern Franken und den durch Geiſt und Glanz
und uUngluͤck gleich ſehr beftechenden Hohenſtaufen gu nähern.
Da es aber nur einem groben oder bornirten Wirth einfallen
Tönnte, zu fragen, wie oft fein Gaſt noch wiederkommen
wolle, und unfer Saft immer etwas „bringt, was taufend unb
aber taufend Gaͤſte gar nicht bringen Fönnten, wie gern fie
auch wollten, fo heißen wir ihn auch diesmal herzlich willkom⸗
men und verfprechen ihm, es wenigſtens nod ein Dutzendmal
zu thun, auch noch Öfter, wenn's noch mehr Bände geben follte,
Segenwärtiger Band umſchließt den Zeitraum von 951 —
1024, oder die Zeit, wo Dtto I. in bie italienifcgen Verhäfts
aiſerkrone,
eins verhaͤngnißvoller als das andere, erwarb, bis in bie troſt⸗
Iofen Tage des frommen Heinrich II., des legten des ſaͤchſiſchen
Daufes und des klaͤglichſten, wenngleid: in berühmter Orden
auf feinen Ramen lautet. Die unglüdlide Richtung auf Ita⸗
liens, Dänemarks, Polens, Burgunds Kronen bie Scandale in
erfterm Lande, die der rüftige Kirchenheld Valentin Köfcher in
feiner wohlbelobten „Geſchichte des römifchen Hurenregimentes“
(£eipz. 1705, 4.) zum Theil fo Träftig zeichnet, bie ewigen Zaͤn⸗
fereien und Hetzereien im Königshaufe, die Händel über Lotha⸗
ringen und mit Frankreich, wo die Gapetinger nicht eben fehr
ebriich auf ben Thron ber Karolinger fommen und nicht fehr
sühmlich auf demfelben figen, die ekelhaften Slawenkriege, bie
den Hiſtoriker mie den Geographen des beutfchen Mittelalters
fo mürbe machen koͤnnen, als fchlüge er fi ſelbſt mod mit
herum, ber Mangel eines großartigen Staatsintereſſes und eis
ner tüchtigen Sefinnung der Könige für das angeftammte Land,
der Weibereinfluß von Großmüttern, Müttern und Zanten auf
die Regierung, das ſich immer mehr in das deutfche Leben eins
ägende Lehenweſen, welchem die Städte noch nicht ein Gegen»
gewicht zu halten vermögen, die freche Begehrlichkeit der Hie⸗
rardie, endlich Würftenindividualitäten wie die Otto II. unb
III. die vor einem vierten bange machen konnten und body noch
gegen den Gtifter des Bisthums Bambergs vorragten: all
Diefes treibt fi bunt über die Bühne dieſer 74 Jahre hinweg.
ir würden fagen, ber Berf. kaͤmpfe fih ritterlich durdy diefe
Zeit und ihren Jammer und ihr Dunkel hindurch, wenn er nicht
ſelbſt über den Gebrauch diefes Wortes &. 488 eiferte, wo er
es „ein fonberbares Bannal⸗ oder Gacramientalwort” nennt,
„das Vielen aushilft, wo ber Verftand ausgegangen if’. „Bier
e8 gebraucht‘, fährter fort, „der glaubt etiwas aefagt zu haben;
aber Manche fcheinen nicht zu wiffen, was fie ſagen.“
Den Biftoritern vom Fache wollen wir hier nicht weitläufig
herausgeben, was fie Neues an wirklid ermittelten That⸗
fachen oder an Hypotheſen finden werden. Da ber Verf., mit
Ausnahme von Boigt („Geſch. v. Preußen’), Webelind und
böchftens noch zwei Anderer, auf neuere Hiſtoriker gar nicht
Rüdfiht nimmt, fo ließe fih über Dies unb Jenes, wo Andere
anterer Meinung gewefen, leicht recht viel fireiten, z. B. bes
baupten, daß die Ungarn 955 weder durch Heinrich noch Eu:
*) Bl. Beil. 11 d. BI. f. 1988. D. Rev.
dolf fondern durch bie gefränkten Sceieen gerufen worben wä-
ren; daß man mit ber Ermittelung ber Vorfahren der Wettis
ner wirklich etwas weiter gelommen, als ber Berf. annimmt
daß der dem Verf. unerllärliche Dezil gar wohl ber Hezilo von
Kärnthen, Berthold's von Ammertbal Sohn, geweien fein
könne u. f. w. Gelbft aus ben Dichtern des Mittelaiters hätte
ale poetiſche Sage bin und wieder in den Roten etwas aufges
nommen werben tönnen, 3. B. aus Lohengrin, daß Otto III.
durch einen vergifteten Handſchuh (Hingerlein) ter Stephania
ums Leben gekommen fei. Den Hiſtoriker vom Fach wird bie
pſychologiſche Würdigung tes Bifhofs Euitbrand von Cremong,
der Beweis, daß bie griechiſche Theophano, Gemahlin Dtto II.,
dieſelbe Prinzeſſin gar nicht war, welche Otto fuͤr ſeinen Sohn
begehrt hatte, die Erklaͤrung mancher dunkeln Stelle des Dith⸗
mar von Merfeburg anziehen. Bewundernswerth bleibt auch
das Talent des Verfs., einen Zufammenhang, der doch ta ges
weien fein muß, in die nur zu oft ganz fragmentarifch auf uns
gelommenen Greigniffe zu bringen, und nicht durch angenom⸗
mene Mittelereigniffe, fontern aus ber Betrachtung der Zeit
und des Weſens der Menfchen überhaupt und der befanntern
Dauptperfonen ſelbſt. Es if ein Nachſpuͤren ber Denkweiſe
der Menſchen, ein fi Zurüdverfegen in Sitte und Weiſe jener
3eit, ein Insaugefaffen der SIntivibualitäten ganzer Voͤlker
wie Ginzelner aus ihrer Witte. Wir glauben es gern, daß
biftorifche Ariftarchen ewig ihr: wo ſteht das gefchrieben? bas
zwifchen fchreien und auf Beweis dringen werden; allein für
ſolche bat 2. nicht gefchrieben, und auf foldhe wird auch
dieſer veflectirende und ergänzende Theil feines Werkes nur ben
Eindruck eines hiſtoriſchen Romans oder eines bloßen hiftorifähen
Raifonnemente machen.
Wir heben als Beleg bes Gefagten eine Stelle aus Dtto I.
legter Fahrt nach Stalien aus und 8.6 Gndurtheil über dieſen
Kaifer (8. 150): „Er feloft aber, Kaifer Dtto, mag ſich wol
getäufhht haben über die Fuͤgſamkeit der Italiener. Unbelannt
mit dem Raturgefege bes Wenfchenlebens, verkannte er die uns
zerftörbare Gewalt, welche in der Vollsthümlichfeit liegt; und
da er burdy ein benachbartes Reich, durch Fein drohendes Volk
an ber Unterwerfung Italiens verhindert wurde, fo hielt er eine
Ausföhnung ber Italiener mit den Deutfchen und eink ers
einigung Italiens mit Deutfchland unter einem gemeinfamen
Herrn auf ewige 3eiten für feine Unmoͤglichkeit. Ihm gefielen
Italiens Himmel und Erde; und wenn ihm, dem Sachſen, auch
vielleiht das Land feiner Geburt am theuerfien biieb, fo 308
boch feing geliebte Gemahlin Adelheid ihn unwiderſtehlich nach
des Südens Licht und Luft. Waren einmal bie Menſchen ges
wonnen ober gewöhnt, fo ſchien Alles gewonzen zu fein. In
Deutſchland war die Madıt, in Stalien ber Genuß; in der
Bereinigung von beiben fchien ein großes, reiches, heiteres Les
ben möglidy für die kommenden Geſchlechter. Und die Männer
des Schwertes in Italien waren zu oft über ihre Schwaͤche
beiebret worden, als daß fie noch zu fürchten gewefen wären;
bie Männer des Wortes hingegen, die Geiſtlichen, ten Papfl
an ber Spitze, ſchienen, da fie der Welt angehörten und keinem
befondern Sande und keinem einzelnen Volke, treu auf die Brite
Deffen treten zu müffen, bei welchem fie die größte Sicherheit
nd die größten Vortheile fänden. Goldye und ähnliche Gedan⸗
en mögen durch Otto's Seele gegangen fein, und auf biefelben
mag er feine weitern Gntwürfe gebaut haben: ben Papfl und
bie Geiſtlichkeit durch Wefreiungen, Belehnungen, Begünftiguns
gen jegliher Art fe an feinen Thron zu knüpfen; feinen
Sohn alsbald zur Kalferfrone zu bringen, um tiefe: Krone
befto gemiffer feinem Haufe zu erhalten; dem kaiſerlichen Hof
in Konftantinopel, welcher noch immer mit @eringfchägung von
Tr
oo 442
den Kaifern im Abendlande fprach, zur Anerkennung ber abend:
laͤndiſchen erwuͤrde zu noͤthigen, um ſeinem Sohne eine
griechifche in zur Gemahlin zu gewinnen, theild um bie
Sleichheit zwifchen dem Kaifertyum im Abendland und dem Kai:
im deſto entichiehener nos bes Melt
. gu
bewähren, theild um fein Haus deſto augenfcheinlicher über alle
Kürftenhäufer der germanifchen Welt Hinauszuftellen. — Gewiß,
Dtto- war ein Mann von großer Frömmigkeit, Heldenſinn und
Heibenftärte find ihm fo wenig, als eine gewiffe Weichheit des
Herzens abzuſprechen; aber Gtolg und Hochmuth, Herrſchfucht
und Eitelkeit waren gleichfalls in ihm, riſſen ihn hinweg uͤber
die heiligſten Gefuͤhle und bie edelſten Pflichten und verdunkel⸗
ten feine Tugenden.”
Man könnte auch aus biefem Bande eine ganze Aehrenleſe
ber reichhaltigftien Bemerkungen machen, welche auch auf folgende
Zeiten ihre Anwendung finden. Wir beſchraͤnken uns auf einige
wenige. Go heißt es von dem Verfall des päpftlidden Anſehens
&. 100: „Im Norden ber Alpen ift diefer Verfall weniger be:
mertbar. Bier hielt man fich feft an ben Gedanken ber allge:
meinen Kirche; man betrachtete die apoftolifche Kirche wie die
. gemeinfchaftliche Mutter aller Kirchen, und fchaute in frommer
Demuth zum Papft hinüber wie zu einer mächtigen Sottheit,
die geheimnißvoll im Werborgenen waitete. Italien aber hatte
bei dem Anblicke der Wirklichkeit feinen Zauber niemald ems
pfunden , oder berfelbe hatte fich in dem wilden Getreibe zweier
Menſchenalter längft verloren. Der Papſt war ein gewöhnlicher
Menſch geworden, ber apoſtoliſche Stuhl ein gemeiner Stuhl;
und die Dede bed Heiligthums war mit fo vielen Flecken nies
driger Leidenfchaften und Laſter befubelt, daB in Vielen Ver⸗
achtung und Abfchen aufftieg und in Niemanden Ehrfurcht und
Bertrauen.”
Eine merkwürdige Stelle über den Weudalabel im Lichte
bes Ghriftentyums mag ben Befchluß machen, zumal ba fie 55%
aus einee Note (die Iefen ja Biele gar nicht!) entiehnt ik:
„Nachdem nämlich die Vorfahren der Bafallen durch Raub und
Sewaltthat die Wölfer um Freiheit und Gigenthum gebracht
und fich zu Herren ber beinechteten Welt gemacht hatten, fo
fegte fi in ben NRachkommen diefer Menſchen der Wahn feft,
ber fich feit länger als einem Jahrhunderte nach und nad) er«
hoben hatte und ber fi im Zortgange der Zeit ausgebilbet hat,
daß fie Höheren Abflammung, reineres Blutes, befferer Geburt
feien ; daß ihnen Alles gehöre, was die Welt Gutes und Schb⸗
nes hat; daß die übrigen Dienfchen, gemeines Gefinbel, nur da
feien, um ihren Befehlen, Launen, Leibenfchaften, Roheiten
wie umferthänige Knechte, wie dummes Vieh zu gehorchen und
zu dienen. Dieſer Wahn, zum Rechte erhoben, und als ſolches
ein ſchmuziger, aber bequemer Polſter für die Geiſtloſigkeit, Une
wiffenheit, Xawlbeit und Nichtswuͤrdigkeit, ift ein gräßlicher
Flecken in ber Gefdgichte der Völker, weldge bie Lehre GShriſti
befennen. Auch werben wol noch ein paar Jahrhunderte vers
laufen, ehe die legten Spuren beffelben aus dem Leben ausge
tigt fein werben; aber gewiß wird es ben fünftigen Menſchen⸗
—— unbegreiflich ſein, wie bie frommen Vekenner jener
Religion der Liebe eine ſolche verruchte Gewaltthaͤtigkeit mit
ihrem Glauben in Uebereinſtimmung zu bringen vermocht haben.
Es wird eine Zeit kommen, ba man fragen wird: Tantum
religio potuit sancire malorum?“ 4.
Politiſche Erinnerungen bes Grafen DO’ Mahony. Aus
dem Franzöfifchen uͤberſetzt. Sulzbach, Seibel. 1832.
12. 16 Gr. |
Die Auffäge, welche biefe gut geſchriebene und gut übers
Tegte Sammlung enthält, beren Verf. ſich jegt nad Freiburg
in ber Schweiz zurüdgezogen bat, erfchienen, Vorrede uad
Schluñwort ausgenommen, feit ber Mitte bes Jahres 1819 im
„Conservateur”, in ber „‚Quotidienne‘ und größtentheils im
\ u‘
katholiſchen Kirche gegen ‚WBeeinträchtigungen, welche während
der frangdfifchen Revolution umd unter ber Reflauration über
fie ergingen. Die Härte und Graufamkeit, welche fi Bolt
und Machthaber gegen Latholifche Lehrer, Bekenner und Heilig⸗
icht -feiten- fo fehr
j allen · Be⸗
griffen der Menſchenliebe und Gewiſſensfreiheit, daß edelmuͤthi
aber aufgeklaͤrte Gegner Hrer Glaubendlehren und ———
ihrer eignen EChre ſchaldig zu fein glaubten, fie gu misbilligen.
Der unbefangene Ausländer, welcher feine Manung Yan der
unterliegenden Partei nicht blos nach ben Berichten ihrer Feinde
mobeln will, wird baher die Stimme eines beredten und freis
muͤthigen Vertheidigers nidyt überhören. Die Erklärungen bed
Strafen O' Mahony tragen alle innern Kennzeichen redlicher Ue⸗
berzeugung und erlauben nidyt, den achtungswuͤrdigen Wann
und feine gleichgejinnten Freunde einer Verſchwoͤrung zur Be:
günftigung bed Despotismus gegen die Kreiheit des menſchli⸗
hen Geſchlechts zu beichuldigen. Männer ſolcher Art verdienen
perſoͤnliche Duldung, Achtung und anfländige Sicherfiellung ge⸗
gen Beträhgniffe des Mangeld. &o viel ift man ber gefallenen
Sröße, dem ſchnell entriffenen Einfluſſe und Perfonen fchulbig,
die nicht auf unerlaubten Wegen, und wenn aud durch Das,
was jest für Vorurtheil gilt, doch durch einft gefesmäßiges
Borurtheil zu dieſem Beruf, zu diefem Cinfluffe gelangt wa:
ven. Welcher Stand, welches Berhältnig im Staat wäre eis
nen Augenblick vor gänzlicher Zerruͤttung gefihert, wenn man
fih enthalten dürfte, gegen bie Diener und Belenner des römis
fchen Kirchenglaubens, der roͤmiſchen Kirchenzucht biefe Billig:
keit zu beabachten? Davon hingegen wirb alle Berebtfamteit
bes ehrenwerthen Sprechers keinen unterrichteten Nichtkatholiken,
ſelbſt manchen katholiſchen Rechtögelehrten und Staatsklugen nicht
überzeugen, daß es rathſam, und noch viel weniger, daß es thun⸗
lich geweſen, den Dienern ber roͤmiſchen Kirche alle Rechte wies
der einzuraͤumen, die ſeit Jahrhunderten angegriffen, ſeit mehr
als einem Menſchenalter aus Frankreich verſchwunden ſind. Der
Graf hat ihr uͤberaus kuͤnſtliches Gebaͤude tief verſtanden und
in ſeinem ganzen Umfange aufgefaßt. Alles in ihm haͤngt zu⸗
ſammen, und es iſt nicht möglich auch das ſcheinbar Geringſte
wegzunehmen, ohne die haltbare Verbindung des Ganzen zu
untergraben. Aus ſeinem Standpunkte iſt er vollkommen be⸗
rechtigt, mit Allem unzufrieden zu fein, was ſeit dem Ausbrude
ber franzoͤſiſchen Revolution und felbft unter der diefer Kirche
nicht abgeneigten Reſtaurationszeit des Bourbons in Rüdficht
auf fie gefhehn oder unterlaffen worden, wobei befonders den
ſtaatsklugen und umſichtigen Xillele fein Tadel am unverföhns
lichſten trifft; nur ift, menfchlichem Anfehen nad, durchaus nicht
zu begreifen, wie das Miniſterium mehr hätte thun können und
follen, ohne ben Thron feiner koͤniglichen Gebieter noch früher
zu erfhüttern und, was endlich trotz aller Nachgiebigkeit unvers
meiblih war, mit dem Altar, den fie nicht zu flögen vermoch⸗
ten, zugleich zu begraben. Was gegen und für die Berfoffung,
ber römifchen Kirche gefagt werden kann, liegt in allgemein
bekannten und zugänglichen Schriften den Wißbegierigen vor -
Augen und ift ohne Unzulänglicdhkeit nicht in wenig Worte zu -
faffen. Was ber Verf. nicht ohne WBitterkeit- und ernften, trefr
fenden Wig vorbringt, wie wenig es auch auf die Ueberzeugung
ber meiften Leſer wirken mag, wird dennoch ber Theilnahme
nicht verfehlen, bie ſolchen Eigenſchaften felten verfagt bleibt;
aber wahrfcheinlich auch, fehr wider den Willen bes Berfaffers,
ihre moraliſche Gewißheit verflärken, daß die Anfprüche feiner
Partei um Jahthunderte zu fpät fommen. Gerechtigkeitsliebe
verbietet, dur einen Auszug zu entftellen, was nur im lebens
digen Zufammenhange des Vortrags auch bes Ungläubigen Aufs
merkſamkeit erwecken kann. Doch dürfen wir unfern Lefern
wenigftens fo piel nicht verſchweigen, daß der wirklich ehrwuͤr⸗
bige Verf. feine Hoffnungen und Verbeißungen von einer
naben beffern Zukunft für feine Kirche nit auf trüglide
Mittel und Menfchen, Tondern auf eine. Zuverſicht flügt, zu
welcher feine religidfe Weberzeugung ihn beredhtigt. (3. 205.)
„Memorial catholique’ und enthielten Beſchwerden ter roͤmiſche | „‚Nidgt theien wir ben Glauben vieler wadern Leute, daß man.
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| 2 | FR
fie durch Meine Verſchwbruntgen der Coterien, durch Meine Wel⸗
sangsverpönungen, durch politifche Kinderſpiele deſchleunigen koͤn⸗
ne, Über weldye jeder verftändige Menfch lachen müßte, wenn’
man in diefer Zeit noch lachen möchte. Die, voelibe mit ſolchen
ittrin die beſtandene Orbnung ’mwiederherguftelten Hoffen, mit.
denſetben Mitteln und Menſchen, die hnen ſchon einmal ges
dient, haben, find allzu Surstthtip. "St begreifen nit,. daß,
went Gottes Odem reinigenb über den Plag wegſtrich, auf
dem Voͤlker und Könige ſich im armfeligen' Hader wegen einer
Gewait dekaͤmpften, beren göttlichen Urfprung die Ginen wie bie
Andern miskannten, biefes nicht barum geſchah, damit fogleich
auf derſfelben Ringbahn wieder. dirfelben „Kämpfer erfiheinen
ſollten. Ebenſo wenig koͤnnen wir den Glauben jener zwar
Keffinnigen doch nicht minder Aetäufchteh Geifter theilen, daß
vie Völker, herren und züdellos‘, jeben Seborfams entbuhben
und jeder Glaudenslehre entwidhen, A ſelbſt wiebergebären;
daß fie eden durch Befolgung Allee Thorheiten ber Vernunft‘
begegnen und durch fleißiges Leeren des Pokals der Laſter die
Zugend wiebergewinnen würden. Wir fönnen nimmermehr glau:
ben, daB vom Böfen das Gute gelernt wird, Anarchie die Ord⸗
nung groß zieht, Wahnwig die Vernunft, Zügellofigfeit die
Unterwerfung und Gottlofigkeit den Glauben. Rebolutiounaire
köonnen "zwar Diener des göttlien Zorns, blinde Werkzeuge
himmliſcher ZüchtiguAgen, aber nur zum Zerflören, nicht zum
Wieberherftellen beftimmt fein. Wenn daher Legitimitäten, bie
ihrem Urfprunge untreu wurden, auf illegitime Weiſe durch
aufrährifhe Maffen vertrieben; wenn bie Fehler der Könige
in ſoicher Weife durch die Verbrechen ber Völker beſtraft wur:
den: fo ift es jegt an ber Zeit, daß bie Verdrechen des Volkes
durch feinen eignen Triumph beftraft werden. Es muß ett
biefe Freiheit kennen lernen, die es gewollt, die es feiner Vers
ſicherung nach errungen hat. Bor Allem darf man nicht wieder
fagen tönmen, wie man vor 40 Zahren gefagt und vor 30°
und 15 Zahren wieberholt hat, man babe die ruhige Ent⸗
wickelung biefes Berſuches geftörts bie DVerleitungen des Despo⸗
tismus ober bie eiferne Band der Iyramei hätten bie Entfal:
tung ber Freiheit unterbrüdt, und bie Revolution fei nur ge:
waltthätig, graufam und blutgierig geworten, . weil fie gehins
dert, bebrobt und angegriffen feis man bürfe ſich alfo fein Urs
theil über Grundfäge erlauben, beren Rolgen man gehemmt,
über Menſchen, deren Patriotiemus man gelähmt habe, und bie,
hätte man fie handeln laffen, alle Verheißungen des Sluͤcks,
weiche fie dem Menſchengeſchlechte gemacht, übertroffen haden
wärben. Bier finden wir abermals einen Grund, warum wir
eine Wiederherftellung durch Waffengewalt, und vor Allem durch
fremde Waffen, von welcher Royalifien zuweilen träumen, . für
ſchlechthin unmöglich halten, weil der Revolution durch ein fol:
ches Beginnen wieder die alte Hinterthuͤr geöffnet und den
Völkern bie Zäufchung bereitet würde, diefe alfo ſtets wieder
auf bie erfte Gelegenheit, Dasjenige wieder anzufangen, was man
fie ihrer Behauptung nach nicht vollenden ließ, harren und fie auch
jedesmal rafch ergreifen würden. Wohl, mögen fie es doch ein:
mal vollenden!” Wir waren einem Unbefannten, dem wir un:
fere Achtung ebenfo wenig verfagen, als feinen Standnunkt thei⸗
ien tönnen, bie Gerechtigkeit ſchuidig, diefe Geſinnungen zur
Kunde des Kreifes unferer Blätter zu bringen ; nicht fowol feiner
fetbft wegen, woran ihm wenig gelegen fein mag, als vielmehr
zue (Ehre des Menfäheit, um wenigftens Unbefangene zu Über:
zeugen, daß audy eine unterliegende, allgemein verläfterte Par
tet nicht aus lauter Raͤnkeſchmieden, Aufwieglern und Unrup:
fliftern, aus lauter geift« und geſchmackloſen unberebten Schreiern
beftebt. Daß ber Verf. in ben Uebeln, welche Frankreich bes
treffen, die er mit fehr lebendigen, zum Theil überaus treffen:
den Zügen fäyiidert, und deren Bunehmen ale göttliches Straf:
gericht er mit Gewißheit vorherfagt, eine nothwendige Polge
des Abfalls von der roͤmiſchen Kirche erblickt, wie ex alles Gute
von der Ruͤckkehr zu ihr erwartet, iſt zu begreiflich, um einer
ausdrücklichen Aushebung feiner Darftellung zu Debürfen, wird
aber die eigne .Anficht Heſſen wicht unbelohnt allen, der nicht
: wiederholt als bie feinige.
———, — ——— ’
.
unterſuchungen in der Ausgabe ber MWallenflein’
.
⁊
—— -
feft entſchloſſen ift, keine antere Stimme zu vernehmen, als
die fih auf allen Gaſſen hören Täße, und. feine andere Meinung
“ 5,
Geſchichte bes deutfchen Reiches von beffen Urſprunge bie
zu deifen Untergang. ‚Bon U von Kotzebue.
Sortgefegt von F. U. Rüder, bie zum Sahre 1832.
2 am Band. Leipzig, Kummer. 1832. Gr. 8.
r.
In unſerer Beurtheilung des erſten Bandes ) dieſer Fort⸗
ſetzung, durhh welchen wir und durchaus nicht befriedigt erklaͤ⸗
“ven konnten, ſprachen wir bie Hoffnung aus, daß ber zweite,
ald ganz ber neuern Geſchichte angehörig, größere Befriedigung
gewähren werbe; allein wir feben uns zu unferm Betauern ge:
nöthigt, zu erklaͤren, daß dieſe Erwartung nicht erfüllt worben
it, und daß auch dieſer Band bie deutlichften Spuren einer fehr
eilfertigen Abfaffung trägt. Wenn man aud an die Fortfegung
einer Kotzebue'ſchen Arbeit ald foldye keine großen Anſpruͤche mas
hen kann, und wenn allerdings eine gewiſſe Fluͤchtigkeit und
Leichtfertigleit nothwenbig war, um bie Kortfegung mit dem
Anfange in Sinklang zu bringen, fo wäre es der Berf. wol
ſich ſelbſt ſchuldig geweſen, dieſe Uebereinſtimmung aufzugeben,
etwas Gediegeneres zu liefern, als der Anfang iſt, und die
Schwierigkeiten der Aufgabe richtiger zu wuͤrdigen. Allerdings
pflegte man bisher meiſtens die neuere Geſchichte Deutſchlands
nur gleichſam anhangsweiſe der mittelalterlichen anzufuͤgen,
oder, wenn man ausfuͤhrlicher fein wollte, beſchrieb man weit«
(äufiger die Kriege, an weldgen das beutfche Reich Theil ge⸗
nommen hatte, fo gering und fo wenig ehrenvoll biefe heil:
nahme auch gewefen fein mochte, und breitete außerdem einzelne,
ebenfo wenig bedeutende Reichſtagsverhandlungen in ihrer lan
weiligen Weitſchweifigkeit aus; man dachte nicht daran, 4
ſeitdem das deutſche Reich ben Charakter einer Conföberation
erhielt, feine Geſchichte fi auch großentheild in Specialgeſchich⸗
ten auflöfte, und daß es wichtiger und erfprießlicher fei, das ſich
regende und nad befimmterer Geftaltung firebende Leben zu
verfolgen und abzuſchildern als darzuthun, wie man mit abges
ftorbenen Formen ein bedsutungslofes Spiel trieb. Auch bag
vorliegende Buch fchließt ſich jener unbefriebigenden Weife an:
Erzaͤhlung von Kriegen, oft ohne Hervorhebung des Entſchei⸗
denden, von Reichſtagsverhandlungen, namentlich bei den Kai:
ferwahlen, und einzelne abgeriffene Notizen aus der Geſchichte
den einzeimen deutſchen Lander bilden den weſentlichen Zahalt;
von jener inhern Entwickelung findet fi nur ſelten eine ſchwache
Epür. Cine umfaffendere Benutung ber, vorhandenen zugängs
lichern Huͤtfsmittel iſt auch nicht giaublichz; denn wie hätte bei’
einer forgfamen Benuhung des Giärhoru’fchen Werkes -Bie Dar⸗
ſtellung der politifgen Zuſtaͤnde fo bärftig und: ſchwankend aus:
fallen, mie hätte bei einer Beruͤckſichtigung der (hen weite
Manches in denſelben Widerlegte, in Beziehung auf Wallen⸗
ſtein's Abſichten und Ausgang, wiederholt werden können? Noch
größeres Wiöbehagen erwedt aber bie Darftellung, in welder
bisweilen einzelne abarriffene Notizen nebeneinander geſtellt
werben, ohne daß ein anderer Zufammenhang Rattfindet ober.
angegeben ift als ber, dasß fle in-derfelben Zeit gefchehen find,.
‚und weiche deshalb dem Lefer Chroniken bes Mittelalters ver:
"gegenwärtig. Um dieſe Austellung zu belegen und zu zeigen,.
dab diefe nicht die einzige iſt, zu welder man fih in Bezie⸗
bung auf bie Darftellung veranlapt findet, glauben wir einige
Stellen mittbeilen zu müflen. So heißt es in Beziehung auf
die dem weſtfaͤliſchen Frieden zunädft folgende Zeit, ©. 96:
„Jeder Hof hielt fein kleines Heer auch mitten im Frieden,
und dad Ausfterben verminderte die Zahl ber regierenden Haͤu⸗
fer." S. 99 und 100: „Gleich nachher (4653) begann ber
2) Bol. Ne. 187%. BI. f. 1882. D. Red.
hen Briefe.
444
Krieg des Königs Karl Guſtav von Schweden, und im folgen:
den Jahre nahm ber Kurfürft Friedrich Wilhelm von Branden⸗
burg als Schwedens Verbuͤndeter am Kriege Theil, ergriff her:
na die Partei der Polen mit der unglüdlichen Wendung, daß
der Kurfürft das Herzogthum Preußen vom Könige von Schwe⸗
den zu Lehn nehmen mußte, worauf er wieber Alliirter der
Schweden wurde.“ Ginigermaßen wird biefer verworrene Bag
&. 103 berfchtigt, dagegen wirb Hier der Vertrag von Welau
auf ben 11. Ian. 1658 gefept. &. 115 fährt der Verf. nach
der Grwähnung des Belbzuges von 1678 ‘gegen Branfreid ohne
den geringften verbindenden Uebergang fort: „Bine in vieler
Dinficht merkwürdige Srfceinung war der nimmweger Kriedend:
congreß. Unter englifher Vermittelung begannen dafelbft (7)
die vorläufigen Wriebensunterhandlungen im 3. 1676. Das
deutfche Reich überließ es bald feinem Kaifer, für deſſen Beſtes
möglihft zu forgen. Gefandte aller intereffirten Mächte er⸗
ſchienen dort auch aus Deutfchland in Menge. Die Könige
und der Kaifer hatten dort Botfchaften mit Excellenz. Vergeb⸗
lich ſtrebten die Kurfürften und die altweltfuͤrſtlichen Häufer,
für ihre Gefandten den naͤmlichen koſtbaren Titel zu erlangen.
Großen Aufwand machten daſelbſt befonders bie Boten bes Frie⸗
dens aus Frankreich. Wie hatte fi aber bie Welt verändert
feit dem woeftfälifchen Frieden!” u. f. w. Endlich heben wir
no ein Urcheil des Verf. in Beziehung auf bekannte Verhaͤlt⸗
niffe, nämtid auf die Stellung Friedrich II. nach dem zweiten
ſchieſiſchen Kriege, aus, weiches fih &. 272 findet: „Der Kb:
nig von Preußen war mistrauifh und handelte, ohne feine
Minifter zu Rathe zu ziehen, in feiner Außern Politik gar eis
genmädtig. Es ift hoͤchſt unwahrſcheinlich, daß jemals dem
wiener Hofe bei feinem Leben eingefallen wäre, verbunden mit
Rußland einen neuen Krieg wegen Gchlefien wider ben König
von Preußen anzufangen, wenn ber König ſich zu einem freund⸗
lichen, nachbarlichen Benehmen gegen Deftreich hätte entfchließen
tönnen. Aber er felbft ließ ſtets fürchten, daß er noch mehr
von Deftreidh erobern wolle.” Wir haben vielleicht ſchon zu
viel Raum für die Mittheilung einzelner Stellen in Anſpruch
genommen; allein einmal iſt bei einem Werke, welches ſich nicht
durch @ebiegenheit des Inhalts geltend machen Tann, bie Auf:
merkſamkeit hHauptfädhlich auf die Darftellung zu wenden, und
zweitens mögen wir nie tadeln, ohne burdy Worlegung wenig:
ſtens einiger Beweiſe unfere Leſer in den Stand zu fegen, felbft
über die Begründung des Tadels zu urtheilen. 16.
Rotizen von C. Krufemann in Beziehung auf deſſen
Kunfteeife und Aufenthalt in Italien; gefammelt und
herausgegeben von 4. Elint Sterk jun. Aus bem
Hollaͤndiſchen überfegt von EC. Mayboom. Hanover,
Hahn... 1831. . Gr. 8. 1 The. 8 Sr.
Der Ueberfeger diefee Reifenotizen eines holländifchen Ma:
lers uͤber Italien muß feine Ahnung von der reichen Literatur
haben, die wir in Deutfchlanb über biefen Gegenſtand befigen ;
er würde ſich fonft nicht die ganz nuglofe und undankbare Mühe
gegeben haben, biefe Literatur noch burdy ein fo Außerft unber
beutendes Buch, als bas feinige ift, zu vermebren. Der Berf.
mag in Holland als Maler eined gemiflen Rufs genießen, "und
feine flüchtigen und anſpruchloſen Reifenotizen mögen dort einen
geroiffen Werth in Anfpruch nehmen, ba in holländifcher Sprache
wenig über Italien gefchrieben fein mag; allein biefer relative
Werth gab feinem Buche noch kein Recht darauf, unter ben
zahlfofen Schriften aufzutreten, bie Deutfchland Aber Kunft,
Ratur und Altertum und Volksleben in Italien bejigt. Zür
uns find diefe Bogen wenig mehr als Maculatur.
Doie anſpruchsloſen Briefe eines begeifterten und einſichts⸗
vollen Kunftjüngers, der endlidy das Land feiner Sehnſucht er:
reicht, leſen fi immer mit einigem Jutereſſe. So auch biefe
Briefe, welche einen Zeitraum von drei Jahren umfaffen und
aus Frankreich, Deutfchland, befonders aber aus Italien Reifes
abenteuer, Kunftanfihten, Gefühle u. dergl. mehr berichten.
Aber zu Lernen geben fie und nichts, und dem einigermaßen
Singeweißten feinen fie nicht. mehr als nuͤchterne Wieberhes
lung hundertmal gehoͤrter Dinge. Dierzu kommt, daß das
von Drudfehlern wahrhaft ftrogt, daß Drte, Namen unb
fremde Worte dergeflalt verunſtaltet erfcheinen, daß wir Mühe
haben, fie wieder zu erkennen, und baß uns zugemuthet wird,
uns dur einen Vorbericht hindurchzulefen, ber alle Arten
von Unfinn in fi vereinigt. Nah all Diefem wären biefe
Bogen, für die hollaͤndiſche Kunſtbegeiſterung vielleicht ausrei⸗
hend, in Deutſchland daher beſſer ungedruckt geblieben, wie
denn überhaupt ſehr zu wuͤnſchen waͤre, daß über. Italien vor⸗
erſt nichts meht verlegt wuͤrde, als nach einer einigermaßen
ſachkundigen Prüfung der hieruͤber ſchon vorhandenen Eiteratur.
Die drei Steindrüde, mit ihrer hollaͤndiſchen Unterfchrift:
„Voorstad en graven van Pompeja” u. f. w., find noch das
danfenswerthefte an dieſer Erſcheinung. — Eine Stelle allein
bat uns eine Lebendigere Theilnahme abgemwonnen. Der Verf.
erzählt, wie er in Bologna bie Bekanntſchaft des Bibliothekar
Mezzofanti macht und nicht wenig erftaunt iſt, von dieſem ſel⸗
tenen Manne, dem erften praktiſchen Linguiſten Europas, im
reinften druͤſſeler Dialekt angerebet zu werden. Wir koͤnnen
aus unferer nähern Belanntfhaft mit dirfem außerorbentlichen
Geifte hierzu einen Kommentar liefern. Es iſt befannt, daß
Abbate Mezzofanti, weicher Bologna niemals verlaffen hat, 50
oder KO Sprachen und Dialekte dergeftalt befigt, daß er ſich in
jeder derfelben, wie ein Gingeborener ausdrüdt. Kin beifpiel
loſes Gedaͤchtniß und ebenfo feltener Trieb, jebes ihm fremde
Idiom zu erlernen, haben ihn zu diefer merkwürdigen Wiffen-
ſchaft geführt. Abbate Mezzofanti nun fanb ein auf feiner
Bibliothek zu Bologna eine Grammatik in einer ihm unbelanns
ten Sprache. Köftlicher Bund!’ Aber leider fehlte das Titel⸗
blatt und die Vorrede. Gr Hatte alfo nichts Giligeres zu
thun als biefe neue Sprache, bie ihm unbelannt war, zu er:
lernen. Er war damit bald fertig; aber er wußte noch ims
mer nit, welche Sprache er erlernt hatte. Da führt das
Waffengeſchick eines. Tages holländifhe Kriegsgefgngene nad
Bologna. Mezzofanti, für den jeder Zrembe eine koſt⸗
bare Erſcheinung, ein Magnet ift, drängt ſich unter fie — er
hört, er horcht — er fpiät die Ohren — er erfennt endlich,
baß, er in jener unbekannter Sprache — Holländifch gelernt
bat. -— Mezzofanti ift ein ebenfo feltener, als liebenswuͤrdi⸗
ger Mann! 130,
Notiz.
Das Wort Finanzen.
In Re. 36 d. BI. ift des Urfprunges und ber Ableitung
des Wortes „Finanzen“ Grwähnung geſchehen. Wir wollen
dazu einige Rachıträge geben. Der Urfprung biefes Begriffs ift
in dem Worte finis zu fucgen, welches im Latein des Mütelal⸗
terd wie terminus bie bedeutung von „BZahlung” hatte.
Ebenſo brauchten die Griechen zelos, ebenfo wird „Ziel“ in eis
nigen deutſchen Läntern gefagt, und fine beteutet im Engliſchen
eine „Geldbuße“. Kür die Bedeutung von finis als „Geldzah⸗
tung‘ überhaupt oder „verdaͤchtige Geldfpeculation”” in Eng⸗
land, Frankreich, Deutschland und Italien gibt Hüllmann im
„Staͤdteweſen des Mittelalters”, Th. IV, S. 95, viele Bes
lege. So heißt es in der berühmten Magna charta der
Engländer vom Jahre 1215: „‚Habeat hereditatem suam sine
relevio et fine’ (d. $. tars und fportelftei). In Frankfurt
a M. ward im Jahre 1578 (f. Kirchner's Geſchichte Franke
furts’’, IE, 501) das „finanziſche Würfelfpiel”. verboten, und in
Kangow’s ‚„„Pomerania” (II, 166) ſteht „finanzifch” ſchlechthin
für „betruͤgeriſch“. 89,
‘ «
Nebigirt unter Werantworkliägteit der Verlagshandlung: U. U. Brodbaus in Betpsig.
° er MS su]
ma m Le re pin u ie — —— —
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—⸗
Blätter
für | W
litera riſche Unterhaltung,
Donnerstag,
Stifter Artikel.
Wie wenig befriedigend für die hoͤhern Foderungen
bee Kunſt auch die einzelnen Erzeugniſſe der dramatifchen
Muſe in Deutfchland -fein mögen, im Ganzen genommen
hereſcht eim reger, ſtrebender und vordringender Geiſt im
diefem Gebiete, bem es immer noch gegeben fein kann,
einmal auf das Außerordentliche und wirklich Kunſtbeſtaͤn⸗
dige zu treffen. Nur wo Stagnation ift, da bat bee
Kunſtfteund die Hoffnung fahren zu laffen ein Recht;
lebenvolle Verirrung kann: jeden Augenblid wieder zu les
benvoller Wahrheit zurüdführen. Died iſt der Kal, in
dena fich die. deutfche und die franzöfiihe tragifche Muſe
im Gegenſatz zu ber englifchen, ätalienifchen und fpanifchen
befindet. Dort tft Stillſtand oder feſtſtehende, zur zweiten
Natur gewordene Unnatur; einzelne, bavon befreitere Er:
fheinungen bligen wie Sterne in dunkelſter Winternacht
hervor; im Ganzen aber flieht die Manier fo feft wie das
Sirmament. Anders iſt es in Deutichland, und wiewol
auch Hier aͤußerſt wenig oder nichts wahrhaft Großes füchts
bar wied — ſeitdem die dramatifcye Poefie mit der Bühne
in unheilbarer, Fehde zerfallen iſt —, fo ift das Falſthe
und Unwahre, das Unpoetiſche und Kunftwidrige doch noch
nicht Gefeg geworben und muß fich an beftrittenen prak⸗
tifhen Siegen genügen laſſen. Weniger jugendfrifch und
muthig als die franzöftfche dramatifche Muſe, iſt die deuts
ſche dafür in einen engeren Kreis von Verirrungen einge:
fchloffen und dringt vielleicht mit geringerer Kühmbeit und
Verachtung bes Herkoͤmmlichen, aber dafür auch mit bes
fonnenerer Stätigkeit gegen den Mittelpunkt des Zieles
vor, welcher in ber Verföhnung zwilchen Porfie und
Bühne, zwifchen Kunft und Leben zu finden fein wird.
Bis dies Ziel, einft erreicht, jetzt verloren gegangen, ders
einft wiedergefunden werben wird, muß fi bie beutfche
dramatifhe Muſe an einem zerrifienen Lorberkranz genuͤ⸗
gen lafien, beffen eine Hälfte die Buͤhne, die andere aber
die Kritik vertheilt, während der Gluͤckliche unter uns
noch nicht gefunden ift, deſſen Schlaͤfe von beiden Hälften
zuglekh umkraͤnzt werbm. Es mußte eine Zeit kommen,
wo der Dramatiker, welcher nach Kunfigefegen arbeitet,
freiwillig und gänzlich auf die Bühne Verzicht leiſtet, und
mo von der andern Seite die Bühne ſich gänzlih von
den Kunfigefegen losſagt — und biefe Zeit iſt gekommen.
Ihre naͤchſte Frucht wird die Sehnſucht fein, die den er⸗Dies iſt
s
ergreift, und diefe Sehnſucht wird. die Bühne nöchigen,
bei der Poeſie auf ein Darlehn zu bringen. Dies iſt
der Augenblick jener Verſoͤhnung, die wir eben als das
Ziel bezeichneten, nach dem die Muſe in Deutſchland tingt.
Beim Ueberblick ihrer letztjaͤhrigen Erzeugniffe ift bie
Hoffnang, daß jener. Augenblick nicht allzu fern mehr ſei,
aufs Neue bei uns erwacht. Mit Vergnuͤgen haben wie
bemerkt, daß die Anſteckung von franzöfiiher Ertravaganz
biesfeit des Rheins aͤußerſt gering geblieben iſt, und daß
fie, wie es fcheint, vielmehr die ernſte Erforſchung ber
Kunftgefege auch ſolchen Individuen werth gemacht habe,
bie ehedem einige Hinneigung zu ihr deutlich blicken ließen.
Im Ganzen genemmen zeige uns der Katalog der vor⸗
jährigen dramatiſchen Erſcheinungen jedoch twenige angefes
bene Namen. Houwald, Griliparzer, Paten, ja feldft Auf:
fenberg, Benzel: Stenau, Frau von Weißenthurn und
Andere, die wir gewöhnt find alljährlich in die Schran⸗
ten einreiten zu fehen, haben thatenlos gefchlummert, ja
ſogar Ritter Fouqué hat die Lanze raſten laſſen. Iſt
dies Verzweiflung, ſo waͤre ſie unruͤhmlich zu ſchelten
und würde durch das Beiſpiel der Franzoſen, die, wiewol
in beſſerer, doch auch nicht in außerordentlich guͤnſtiger
Lage ſich befinden, glaͤnzend beſchaͤmt. Unter den neuern
Namen — homines novi im Patriciat der dramatiſchen
Kunſt — ſind Einige, welche ehrenhafte Patricier zu
werden verſprechen, waͤhrend wir Deutſchland in der That
Gluͤck wuͤnſchen, einige ganz unertraͤgliche dramatiſche
Schreier, wie Maltitz ganz, und Harro Harring wenig⸗
ſtens zu tbeilweiſem Stillſchweigen gebracht zu haben.
An den großen politiſchen Streitfragen hat die dra⸗
matiſche Muſe ſehr geringen Antheil genommen; ein ein⸗
ziges polniſches und ein einziges griechiſches Drama und
zwei oder drei pſeridoliberale Rhapſodien bezeugten, daß
dies Thema ſeiner gaͤnzlichen Erſchoͤpfung nahe iſt,
waͤhrend die wahre Gedankentragoͤdie wenigſtens ein paar
achtbare Verſuche an den Tag geſtellt hat. Die Komoͤ⸗
die hat ſich nicht mehr zu derjenigen Heiterkeit erheben
koͤnnen, die vor dem Juli 1830 an ihr wahrzunehmen
war; fo wahr tft es, daß Leben und Kunft einander ge
genfeltig bedingen. Der Wis hat bei uns ſeitdem eine
andere Richtung genommenz er erichöpft und zerfnlittert
fi) in gallſuͤchtigen potitifchen Reden an das Volk
fo wahr, daß wir beforgen, bald wird Raupach,
446
- den nichts anfiht, nicht einmal "die Kritik oder bie Poli:
tie, der einzige Luftfpieldichter Deutfchlande, ein neuer Ko:
gebue, ein neuer dramaturgifcher Dictator fein.
Wie wenig erfreulich nun alle diefe Bemerkungen auch
fein mögen, wir wollen unfern Leſern nicht vorenthalten,
daß wir, trotz Ihnen, an dem Ueberblick ber dramcki⸗
(her Erzengnifſe des J. 1382 Freude Haben, Inf wir,
trotz ihnen, die Hoffnung auf beſſere Zeiten fefthalten, und
alt Diefes blos deshalb, weil ge unvertennbar in dieſem
Theil des Mufenfeldes mehr Kraft, mehr Selbftändigkeit,
mehr. Wannichfaftigkeit,. mehr Beweglichkeit, mehr wird
liche Poeſie, meßt Tiefe und Ernſt endlich und metit
: Zumbgibt- als in. irgend einem der andern Ge⸗
biete des apollinifchen Reihe. Zum Beweife, daß dem
u wer Than To ſel, berafen wir und: auf bie Vorlegung
we: Komm, d. h. awf eine kritiſche Bergisichung: ber druma⸗
niſchen Erzeuzniſſe mit; denen der Iprifchen, epifchen Muſe,
RE zu. denen ber, Novelliſtkk und Romantik herab, Wie
eintoͤnig, miſelbſtaͤndig, nach einem Zaſchniet geformt, wie
blat⸗ uns lebenlos erſcheint Hier meiſt Ales? Wie nach:
gemacht, nachgeahmt, nacıgenubeiget. im Bergleich zu Dem
ftcden Tritt und Satitt der dramasifchen Muſe? — Über
wir- haben‘ noch einen andern Berwris für den Vorrang
den dramauſchen Diufe in Demtfchland im peito; einen
künfttichen zwar, aber einen wicht minder firingnten: Ge
iſt der Sag, daß Stuͤke wie Immeraman's Friedrich II.“
bien zwei jahren: in Deutſchland: total wergeflen find,
Wie waͤre dies möglich, wenn nick ohne Unterlaß vom
turffliche Zramen in Deutſchland eoſchienen?
Mir beginnen unſern Ueberblick der dramatiſchen Literatur
det abgelaufenen Jahres wie Billig mit ben Etſcheinungen des
ante, die vermöge alten Berbiudlichteit alljaͤhelich ſich vorſtel⸗
kn, d. 4. mit besunatifchen Jahrvuchern und ——
I Een deutfcher Bührenfpiele: Herauegegebon ˖ von F. W.
Wig Zwoifter Jahrgang, für 1838, tin, Vereins
E handtung. 1838. 8. 1 Thit. 16 Gt.
Es iſt nicht zu verkennen, doß diefe jaͤhrlichhe Shrrmmiang
dort Originalſtücken niche nur gegenwärtig den erſten Rang ut
ar: gern Mitbewerbern m Anfprodz nietmt, farben auch, daß
4 in der Hand feines neum Herausgebers au Bedeutung und
Empfehlbarkeit noch gewonnen bat. Cine reinere und firengene
Kritik leitet fetzt die Auswahl des Aufjurieimenten, und nament:
tr dürfte unter den in biefem Jahrgang — Stuͤcken
Mineb: eine ferien eigenfhämidken Mewtis und! eßne- Achtorkei⸗
fen. Dr: Gercuögeber hat. eine giädlide —— behaup⸗
tet und auf ber einen Seite das Triviale, auf des. andern; das
Excentriſche mit gleicher Berficht von ber Yufnapme autgefehlofs
fen, Sämmtliht re drama Beitkaͤge ſind Ofiginale,. und
dltbare: Setgtmrte- — „Der Chipfehtungsbriefr, Sufffpiek dm
vier: Aufyigen von Karl 5» for, zeige. die ee!
Qewandachein bat Bühmengeiiid amd din fürgkältige Behemblung,
maiche. era ihnen p egt. Die Intri⸗
due, wiewal bo H —— — foft.allzu reich,
HH Amiiier gaug verſtänvichh dd ſein, iſt lebhaft tn in deiterre
Eine erfünden. Die: Hetländr; —— ihre zwei Nechier
*5 — er ſchark ins erudgtidd conteuftise;
Gng erfolge TÜWER um .ahf gemlich newt- unb- Ihe:
ung nur etwad wa cheinlicher,
af Herr FE biäs a ae ‘eine allzu oft Eh bene Bin
oltteg dee 214 iaraginätre, fo würden tale dies ©
—** 0 Emd dud « eh VO t Br
endan —= —— *—* bus; bite ee : Sf
Winden Act / voa EN idol, in wenn / der Gpfnbwg,
nach nicht durchaus neu, doch mit ei heitern, poetiſchen
Gewande bekleidet und in gefaͤlligen en gefchrieben. Die
vis comica barin beruht auf bem Irrtum, nach welchem bie
Gattin eines plaſtiſchen Känftlers feine ihr nachgebildete Glie⸗
derpuppe für eine Rebenbuhlerin hält: eine glüdliche und wohl⸗
esfunbene Situation, welche bie Treue ber Wänner zw bem
ternen zu erfieben Tönen Mia gibt. Die Enitoidhiung
ante cafe fein, ar gutfcandide: Besfe und eine. feinz
Sprache hört mah von dir Bühne herab immer gern. — „Mars
garethe“, Poffenfpiel in einem Act von K. von Holtei, R* viel
weniger erfreulich, ale Stüde biefes Dramatifers gewöhnlich zu
fein pflegen ©ituattonr be 7 wurüberberlinifirten
: Dofoasbs hat mebr Yeinliches als Grgbgliges, und bie Jatri⸗
gue feibft it weder giüdtich erfunden, nad mit befonberen fce:
nifher Wirkung ausgeführt. Die te — un lachen
geben; fie ſoll Caricatur fein
catur vor uns, die eine ie apa Bi * a
Portrbit. — „Are Myſtika suis
Wild. von Lübemann.. Diefes —* Pr ine tere und
gute re der Muͤllner'ſchen Ver — en zugleich mit einer
erdoͤtzlichen — br bes myſt chen Unweſtns dar,
weidyes uns Meus und eiilsti —— When: ſo Ar
angemehe. finde. — „Zur Gnfangene”, is einem Dh
uge vou . Jtter, iß sigentlich aus eineginzeine tragifche Queve.
ein Verſuch vielleicht i im Tragiſchen, aber in einer ſeht geluugenen
Form. Die echtteagiſche Sprache und der ſchoͤne, wohllatitente
Bers erwecken ——— die freiitch eine fo vetringeite · Seene
noch micht erfüllen kann. Giacta gefangen, wid vom Pempee
ihrem Gegner, geliebt und eumorbet, be: Gamilien fie; er Gefhreien
erfcheint. Hier fehlt ed uns an Stoff zu einem. Urtheil barübe,
ob der Verf. dad Weſen der ttagiſchen Kunft Dein hab
öber nit. Die Probe tft zu’ kietn, aber groß genug, um Adern
' fein 8383 es Veembgen- außer 3 Zucht
el zu. ſein —- „Ber a
*. Bumrrfaiel in Dies: cum; van «Div
3 bloßer Entwuaf, aben ein adtlaree ut ben weitern: As⸗
führung fee wärbiger. Bor Allem ſcheint ed. dem Perf. babak
auf Babrheis (Wahrheit der Charakteriflif, ber Smpfi ndung. und
Wutrpeit der Oprachr) angeeuraneh zu fm. Gr’ Mer tt,
aber ee fon durch ein INGertmah im tin. She Frrcht
vor falſchem Pathot, beim. berfetbe ſchon einmal fe:
yarcbiute, hat ihn. dahin geführt, das Leben mis holkubifikee
Treue zu copiren. Die Zunft bat einen. anıtım Zweck. Dene
noch verdankt dieſer Entwurf aber jener lebendigen Wahrheit
bie umgertieine dramatiſche Birkimg, bie ihm: beivokne. Alles
an ihm DE Mate, Geben, voiauunmne Tteurs dar Getgeuſtaub
der Gehante: if zugleich carvegunde une unferer Sibeiluabıue wör:
big, unb wir
eifeln- daher nicht, daß, wenn. es dem ‚Berk
gefiele, dieſe
zu einer vollen und foͤrmlichen Tregoͤdie
— ei 1 ermöpnticher Sffect durch fie erreicht wet:
' den möchte. Wie
, fteder alle Binden zu bie, zur greil
— — die Barıs. iſt 7* Meer; abev: die Wir
httniffe (dea. Hoflebeno im —2 fs
Sußerft Ps ‚ wahr: um wirfungsuell.a — unb weder
die nr no bie & araktere laſſen frgenb etwas "Sefentliches
N wuͤnſchew überg. rx — hier enlic A; wuhret Werftändnig
des Wein Ber tingifiher: Kanſt in einer offerdar abſithelich
bandebe ichen — "Er velle Kauft u
wügen, ftehs —— bevos
—* bern Si kit feryält,. zu. — * vu a* —8
es ar ben Wei in newer Zelt. befann
‚ Bere und Dhritcuhme · nicht
3 Aufthitere
ur 8. 8
w.
weht Wien itmen.
"oder · brumai — * Jaht BB,
%. nn ve. Dieimtgeungofiäs
— Leipus. ——— Fr
—ã— ent⸗
ken. An: B mental : in er rohe
idee —— —— — aune⸗ Mun · m̃
Ra eV
a ein ———
— — — — — — —
— 7—
— — [go
447
das Aſyl des ans: faft ganz: Demififianb: veubamuten Brengen
und bein. Bumverfationsftäddee, Mile, iſt es denk nm in
ee ihr fünf ober ſecht
dßen‘ dem’ alten· drelactds
: Mr, as re ı
Serpältniffe: griten: tonate; WW
gen, aller: vlet u man Eufiipien: „Bigenfinn:" ons: Liebe,
Ai * Ancelot⸗, - Meinl iii’ ſchen ——
—* 5 — 2;*x——— — — jan — du EN game
——
bein | wweleiditi mfhgent: ih
2.168 ——— MDos —— kieſer ab hzebiccher
Manmbdhet me in: Wien. noch einige Trike: eier behalten.
nr. Sigertm ansi ed ae hr zu ei
um. uni: zu gefallen, wir Vean bay’ alte, Mürstiallfche. Livofpaber ||
unbe was cuͤhrent feine aaive —— D auch Tel. Das Suſt⸗
ſuet in berr Arten: ——————— oder zvabr wie —
wg: Ancciot hat zwucce — wir grinden 18; da dar Wetf «8
verfühee wrſentlechen Veranberungen. WISE in don · Hau res
auttosen Serfahtens aber: unfer zn "geigiweilen euietpkeibiä |
droch die. lauge Gewohndrit des Ueberſegens une: Beaubritene
‚nun ſchow fe: galliſicicr, daß er gar nicht mehr zu naterſcheiden
vermag, was Deutſch. und was —e iſt. Es fuͤhrt zu
weit, dich hier mit Beweiſen zu belegen, aben die Sache iſt
wohr,-und eben dirk: 8 et was —* ga ſein Betjurmlichtkeit
in·HOarniſth bringe: Sle⸗hat uns: um: einana braoen dent ſchen
Zuſtſniedicner Anwen
beffent dentſche ——
Runte als die „Damenlatien*
mes. fände;. zu überſeten und au biarbeiten obe zum fcheffte?
Das Eufipie in einem Act: „Das Bekib
wi Liebe — ihm eine giesüche Nteiwigleit. nennen, wiewol ber
Grund zur ‚itelueränkeusig (bei: Wiletmilie geiße
— jours:de sage“) une god; und: pr: ice eine
—* Daß es
Herduag
fm Ge it dech fürwae: englendlidh,, wie- bsauem Daebatter
ren alter Aimanadıe, Aeitfchriften mb - ‚Sowmue an Gabe were |.
den fün auftreter laͤßt⸗
— * * zwei Aufzuͤgen von K. Toͤpfer, sad einer wah⸗
nem!
Die Kupfer find dieſal —*—*— sie, und wenig⸗
fand. hat van dieſer · Seite bei dem BVarleger jene ſefliche Mer
quemlichfeit: vicht· ſratgefonben die mir beie Oerabsgeder leibet
zum wieviahien Date willen wie nicht, zum Berwurf machen
u Daamatifdged Bergifmeinwidt für das Saher 1888:, audi
. DEM
ben @ärten bes Auslandes nach Deutſchland: vesfle
2». el Zehnted Bändchen. Dresden, Arnold. 1883.
8. orte nitehen Sweden mie bie vorſtehendt Sanmlam er⸗
ſcheint auch dieſe, jedoch mit dem weſentlichen Unterſchiede, daß
ffe MI Togleidf als“ ein Repertdir für Fremdet ankundigt und,
was’ die Auswahl betrifft, gewöhnlich mit firengeeni Urteil und
reinerm Geſchmack zu Werke geht. Wir verdanken biefer
Ermnteng N a 1 erfreolichet amd berteßter Nüßnenftüde,
au bieem was fie Bringt. zit übel. Da
Dans
uny Müdkte
ef —A Der Verſtordene, oder Abre
hat eß zwar meiſtens mit echiframdſiſate Sen:
thnentutität au thun ud markt zu füffbare Antäufe auf om:
Rührfamitäit‘, ader es ——
ft
vollen Scenen, To Tebendig, und Er
falfche Smpfindfamkeit gern nachfehen. Kür die wirkliche Bühne
ſealtſamer Cimatöweishelt ganz euaätlidn am.
— —
enſinnig lang
| Sopsiuefhen Peſtzumu⸗
gemacht. Ber *3*8 daß Kurlaͤndern
: daR vud woch Treiben
’ find, weni er⸗ ea nit: beque⸗
de⸗7 weclen win ihm
und gewoͤhntich —; was vom bes Lwſpiel:
ziemlich gewöhnlichen
Situation und Gprmche heiteres und. gefälliges QAufßfpiel mit-
: URN nur d
ſtellt? Dies ift der eingige Beitmag, der der Rede werth iſt und
' der von Neuem bemweift, daB ber Verf. von ‚Der beftt Ton!’ und
Reh ein Grempel braun!’ wenn
ſo glüctih iſt, wie in dieſen Arbeiten, ſich ſelbſt doch niemals
ſchmuggeln verſucht.
dem alten Mercier’fhen Drama: „Der Eſſighaͤndler“, welcher
: wne omelettel’”‘ und
dch fo a — witrkungs⸗· —
fo wahrhaft dramatiſch, daß wir ihm 24 ————— gebentder
bürfte dies Drama jebech. kaum aacha fein; teog aller ſprach⸗
lichen Sewandtheit iſt und bleibt bie Situation peinlich und.einfhrs
nig: Beſſer als dies Diama behagt dem Leſer uaſtreitig das zwei⸗
attige Luftfpiel: Der luſtige Rath‘’, eine wuhte comedia de capa y
spada, worin der is zweter luſtiger Mätke und eines ſtauti⸗
vefawnicander Gihutmeifterk. gar ergörtide- v̊anben· ſnot währ
zehn Die füllte gb: beſcheidene Lieba Paola’a mit: einnem Derzog⸗
hut gekroͤnt wirb. Einige Hängen «(die Sfnatdrarhefiung 4.8.)
abgerechnet, ift-die Intrigue lebhaft und anregend gefüßgt und
die Botiſe deu .neitifcgen Hoflinge fälla:mir Meifter Mambetto’s
Fuͤr die Mühne
muhhee jrboch auch diafe: Aebeit. wol ber parkſezenden Scheuer
ankeimindien,. Ziia. Brufnffer dieſer Dramen werden uns nichp
nam wis ahnen: in dem erſten ˖ jeboch dam makk- mare
nen Saribe.
* AUmanadı: dramatiſcher Soiel⸗ zar gtfeiligen Unte atu⸗
auf dem Lande. Begründer von A. von Sog: — *
amgo⸗ var Mehren. Einunddrtißigſter ——
‚burg, Hoffinann u. Gampw- 1833. 1%. 1 Thir Pr
Die „Mehren“, weiche dieſen Amarmacı. dem Fatel zur
falge jetzt flatt bei. eingelam Gern Lebrum herausgeben, bar
bes den tvagifcken- und; una fbaltfamen: @turg, welchen: dielen-
——— nicht anfuiholten venr
mot: GE fehlt ihnen Adlon, ann orale —* an/ der
einem Heraus gebea —— —— Gefchmack
"wis ihrem; bereinzabten- —— Sin ee unter: DEMIE
mn: eined- Bas: Präbicar: ertzänk 4 verbient, find: offenber-
fuͤr einem Kopebue'figen Alman v wenig. Was abes folk:
man von dieſen „Juge —— welche Hm Nabehl am
ı Verf, haben, andere Tagen, als daß fie- ein aus neummmbneit:
38 aͤhnlichen Stuͤcken ——— — handertſtes bitden,
Mn aaa Degen, antenfkücicge", „Der Vadbec
Ungefahn‘, „Mike ——ãñ— und noch viele andere Dich
we deſer Ant gamg geduldig ſich haben * *
| Maas. aubers ift vom dem ziprisstigem fog
i Br [Hägt von Aherheit nut‘, von * "unftreitig fehe
rten, aber wicht ſehn wigigen Doetor m geaner,,.
fuͤhren, als was bei Berf. Gmitie zu ihrer Zofe Rauette
ink: „Du Teneft mich durch. Deine unge ttigen Bemerlum«-
om in Langaruetlgl’’— eine ſprachliche Wendung,. bis-minbes
ſter chenier- umge ich: und nem tft, ald: das Eufifpiel alt
„hr eilig‘,
won. Aug. Gathy, au daß es daeſen Titel mit. chen Dem Shechte
ı träge role anchet bean: inet Gtantömanıea, mit der Leben.
eftimmmng... bafı Die, welche wis: meine, al: Redner ebene
langtveitig: füab , ald der Werf., .wean er feing- Bericääblenens
was fiones: von dem tagen Insogaite”,
beit, als dab es und an bin Ausruf: „Baus untar
ben Propheten!’ erinnert, da es in. ee That ein, mirwol aut
Elementen zuſammengeſetztes, doch in
heils langweiligen», tixila niekrigens: Gbefl: bar:
er auch nicht immer
verleugnet und Unwuͤrdiges nie als ein Kunflerzeugniß einzu:
Kaas. euatich. un ſchließlich laͤßt fich von
von Hrn. Eebrun unter bem Ramen: „Vater Dominique, ober
: Sauer iſt Suͤß“, wieder aufgewaͤrmt wird, anders fagen, als
was ber ehrenwerthe Verf. in feiner —* — und ggs
harniſchten Worreds eh ſeibſt ſagt: „Tant da hyuit pour -
unb- noch don um einın aufgewärmten .
Eiertuchen! Was endlich ah van ben ganz ſchauderhaf⸗
ten Kupfern und Hrn. Lyſer's vdhig unverbauter und unverbau-
der — lieber. ganz fill, cins '
weiten Lehren, daß kein Mohr weiß zu wafchen und
ein wiglofer Humorift eine hoͤchſt traurige Raturerfheinung ſei.
48
Die „Mehren‘ werden nach biefem Allen daher wohlthun,
fi) mieberum einen und zwar einen verfländigen und mit
Geſchmack begabten MWortführer zu fubftitulven, wibrigen-
falls fie bie alte deutſche Rechtslehre von ber Unmuͤndigkeit
aller Gorporationen gar klaͤrlich darthun würben.
5; Camaleonti, ober der Briefwechſel durch die Kapuze. Luft
fpiel in fünf Aufzaͤgen mit einer hiſtoriſch⸗kritiſchen Eintel-
une, Bon ©. 9. U. Grfurt, Henninge. 1882. Gr. 12.
12 Sr.
euſtſpiel? — „Tragikomoͤdie wiber Willen‘ hätte ber Berf.
fein Stuͤck nennen follen, benn in der That war die Entſchei⸗
dung ſchwer, ob wir über ben poſſirlichen Ernſt diefes Luft:
fpielg lachen, ober über bie poffirliche Luftigkeit diefes tragiſchen
Meifterkäds trauern follten. Der unbefannte Verf. muß um
ferer Rechnung nach ein fleinalter Dann fein, da ber Plan zu:
biefem Luftfpiel, wie er felbft in feiner ungeheuern und [che
gelehrten Vorrede erzählt, vor mehr als — 50 - Jahren
entworfen wurde. Hat man je eine foldye Selbſtverleugnung
erlebt? Funfzig 27 lang und darüber den Plan zu einer
Tragikomddie mit fid) durchs Leben umberzutragen, fünf und
ein halbes Mal fo lange, als der ſtrenge Horatius von- einem
Meifterwert der Poefie verlangt? Aufrichtig geſprochen, ber-
Berf. hätte wohl gethan, bie fogenannte Luftfpiel-eben da zu
laffen, wo es 50 Zabre lang geruht bat, nämlich in felnem-
Kopf ober in feinem Pult. Er bat deu guten Willen, aber
feine einzige von den bazu erfoderlichen Gaben, uns einen deut⸗
ſchen „Tartuffe““ (an welchem vortrefflichen Beſigthum es uns;
übrigens weder auf den Bretern, bie die Welt bedeuten, noch
in der Welt felbft fehlt) zu lieferg, den Iefuitismus in dop⸗
pelter Weife, nämlich durch eine aͤußerſt gelehrte Abhandlung
im Styl von 1730, und durch ein Luftfpiel in gar einem |
Styl zu enthüllen, fromme Seelen zu warnen und alle Iefuiten
als Gpigbuben And Teufelsleibdiener barzuftellen, und was bews
gleichen gute und loͤbliche Abſichten mehr find. Allein vom
Luftfpielbichten, von Poeſie, von Werd, von Sprache Überhaupt
verfteht. er grade fo viel, als er bei den Jeſuiten ſelbſt, deren
Bögling ex nennt, gelernt haben mag, und füllt, flatt ums
u exheitern und zu erfreuen, unfere Seele mit wibermwärtigen,
—— Bildern von ber Barbarei, dem grauſamen
Despotismus, ber Beſtialitaͤt der jeden Erziehung an.
Bahrhaftig, der auf Erbſen kniende Knabe im zweiten ct,
feinem Peiniger Gamaleonti gegenüber, ift sührender. als
Philoktet felbft, und wohnt bem Berf. ja irgend cine
Gabe bei, fo ift es die, durch grelle Malerei des Mirklichen zu
erfhüttern. Rom Luftfpieldichter jedoch verlangt felbft die
verhenkertfte Bühne dergleichen nicht, und wir abr noch
‚ weniger als fi. Gamaleonti iſt ein Gauner, ein Dieb, und
wird als folcher entlarvt; bie gute Frau Eiſenbrecher aber,
feine Befchügerin, will fich exfäufen. Hierbei begegnet es dem
Berf., wigig zu fein. Mabame ruft:
— Wo erfäufih mi?
Wo kuͤhl ich ab mein heißes Herz? Im Main?
Im Rhein? (u Fuchs) Sprich, Läufling, in ber Regnig? In
Dıweb! der Pegnig?
Fduchs.
Wo's beliebt — auch in der Donau —
Noch beffer in der Sau — am allerbeſten — Im Rheinwein, oder
Steinwein.
(Der Beſchluß folgt.)
Notizen.
Drudfehblerunfug.
Es iſt bereits vor einiger Beit in d. WI. gerügt worden,
daß die Meberfeger franzbdfifcher und englifcher Werke oft mit
einer tabeinswerthen Leichtfertigkeit verfahren und es namentlich
1 mit bee eidtigen ch
reibung
nehmen. Aber dieſe Ungenauigkeit iſt noch viel tadelnswerther
in Driginalwerken, wozu bie ſoeben erſchienenen „Briefe des
Freiherrn von Stein au den Freiheerr von “.ein
deutliches Beiſpiel liefern. Denn trot des vi Intereffes,
welcheß dies Buch ſelbſt fir einen gewoͤhnlichen Gorrector Haben
icht maͤgtich
lern in den ige J P chreibfeh
| tönnen dies wicht, * —— ee ſolche geweſen, _fo
. findet man S. 102 Wülens-
Suͤnden
mußte, iſt es doch nicht geweſes, daſſelbe von Druckfeh⸗
Dean olehler
mußten fie var dem Abbrude verbeſſert werben. So denn
S. 21 DWontsgies für Montgelas; S. 65 Arendt f. Arnbt;
©. 63 Gtourza f. Stourdzaz ©. 35 Amphyktionen f. Amphik⸗
tionen; auf S. 95 ift nom ber „‚Mieberkunft‘‘ der Herzogin von
Berri Die Rebe, wefür uuftreitig „Mieberfunft”‘ gu Iefen if,
da der Brief im September 1820: geſchrieben, and am 29. Rov.,
b. J. der Herzog von. Woubraus geboren warben iſt. Weiter
| ſtatt Willen; ©. 171 Below fi;
Malow ;. ©. 181 Strick fi. Stryck; G. 184 Hommmirionen FR
DHomuncionens &.304. Wegſchneider (?) ſt. Wegſcheider; S. 321.
und 825 Cappenberg (ber Name von Stein's Landſige) ft. Lap⸗
penberg (der bekannte hamburgiſche Geſchichtsforſcher); &. 850
Richelen fi. Richelien AMnbiich ſteht auf S. 128 „Schulen⸗
burg, Kehnert⸗z. im Druckfehlerverzeichniſſe, wo bie genannten
nicht ‚aufgeführt find, findet Ach bafız Schalenbarg⸗
Rehnert, weobet ältere keſer füch wol des fomkerharen Drad
fepiers ‚ erinnern werben, ‚der. fi beim GSpfdeinen von Nies
meer’ „Abrabom- auf Moria in. ber ,, Allgem. deutſchen
Bibliothel* eingefchlicdhen hatte und der bei einem Buche.
Verf. ein Theologe war, ſich beſonders ſchlecht ausnahm.
N ' Blindbetup.
feinee menſchenſreſſeriſchen Wuth preisgegeben. Sobald der
koͤnigliche Jäger ein Wilb feines Forſtes erhafcht hatte, warb
das ungluͤckliche Opfer, in Stuͤcke zerriffen, -und die noch raus
chenden Glieder wurden vom Könige und feinem hungerigen
Hofftaate mit tem größten Appetite verzehrt, indeß ber GSchau⸗
play von dem Wreubengeferei der Bläclichen ertönte:, Die durch
Behendigkeit oder Bufall bem ſchrecklichen Zobe entgangen was
sen Die Freude dauerte jedoch nue kurze Zeit; denn der Ges
ſchmack des Menſchenfleiſches war fo koͤſtlich und fo wenig koſt⸗
bar für den hohen Adel, daS nad einem Reichögrundgefene bie
fes Feſt jeden Monat gefeiert wurbe.
Les extrömes se touchent.
Im Zabre 1819 warb ber Kaifer von Deftreih in Rom
erwartet. Man dachte ihn prächtig zu empfangen und bie Stabt
in ihrem alten Glanze zu zeigen. Aber die Mittel dazu waren
nicht vorhanden. Alfo trieb man nicht allein die ruͤckſtaͤndigen
Abgaben mit Gewalt ein, man zahlte die Witwengebalte nicht
volftändig aus, man machte mit den. Unternehmern foldje Gons
tracte, bie erſt in zehn Jahren bezahlt zu werden brauchten.
Dennod mußte die Regierung Überdies zu Anleihen fchreiten,
und es ift eine befondere Wendung, daß. man von Madame Li:
titia Bonaparte und der Prinzeffin Pauline Gelb borgt, um ben
Kaifer Franz L und den Bürften Metternich zu.empfangen. 39.
Redigtrt unter Werantwortligkeit der Berlagäbeubiung: F. U. Brodbaud in Leipzig.
——————— WE ° er.
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7 :f ‘ j ‘ . » gr’e
ber Eigennamen wenig Henau
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Blätter
für
Freitag, nn
Dramatifche Buͤcherſchau für das Jahr 1832.
Erſter Artikel.
(Beſchluß aus Nr. 108.)
6. Ben David, ber Anabenräuber, ober ber Ghrift ımd ber
Zube. Schaufpiel in fünf Aufzuͤgen. R Spindier’s
Erzählung: „Der Zube’, für die Buͤhne bearbeitet non
Beruh. Reuſtaͤdt. Breslau, Leudart. 1892. 8. 1 Ihr.
Wir ſind Längft "darüber einig, daß bie Verwandlung einer
guten Erzählung in ein gutes Drama zu ben ſchwierigſten Un:
ternehbmungen gehöre, deſto ſchwieriger, je beifer, je ausge:
führter, je Eunftgerechter die Erzählung ift, nach welcher der
Dramatiker arbeitet. Eine Novelle in italienifhem Wort:
finne kann in ihrer Karen, naiven Auffaffung und mit ihren
fharfen Eharaktercontraften leicht in dramatifcher Form auf
gefaßt werben — und in ber That find die gentalften Dramen,
die je gefchrieben wurten, bie ——— groͤßtentheils
nach italieniſchen Novellen geſchrieben — allein ein deutſcher
ober englifher Roman ſtellt dem Dramatiker, ber das Weſen
feiner Kunſt begreift, faſt undeflegbare Schwierigkeiten entges
gen, wenn er ſich nicht etwa an ber’ bloßen, von allem Re:
enfächlichen entkleibeten Idee genügen läßt. Erzählung und
Drama bieten, was bie Ratur und ben Gebrauch der Kunft:
mittel betrifft, unverföhnliche Gegenfäge dar, und grade Daß,
was der ſchoͤnen Form der Erzählung wefentlidy angehört,
grade das wird von dem Wefen des Dramas aufs entichig:
denfte zuruͤckgewieſen. Dieſem unbeftreitbaren Lehrfag zum
Trotz vergeht kaum ein Wonat, wo nicht irgend ein bedauerns⸗
werther Verſuch diefer unmdglichen Metamorphofe an den Tag
“tritt, Verſuche, weldye eben jenes unnatürlicye Zwittergeſchlecht
ber Hiftorifch »romantifchen Zragdbie liefern, von der wir nicht
wiffen, ob wir ihr bie Rechte eines Kunfterzeugniffes zugeſte⸗
hen bürfen, oder ob wir fie für einen Gegenftand der Indu⸗
ftrie halten follen, der nicht nach Kunftgefesen, fondern nad
Beduͤrfniß und Nachfrage beurtheilt werden muß. .
Un dieſe traurige unb verberbliche Gattung, welche nicht
wenig Antheil an dem Verfall unferer Bühnen hat, cin für
allemal befeitigt zu Haben und in Fünftigen Fällen auf dies
pre&c&dent zurücverweifen zu Eönnen, wollen wir bies Stuͤck
etwas näher anfehen, als eine blos handwerksmaͤßige Arbeit
an ſich wol verdiente, und es dabei nicht feheuen, etivas tiefer
in die Principien der Kunft einzugreifen, als dieſer befondere
Anlaß rechtfertigen mag.
Was fol die Tragoͤdie fein? Cine kräftige Einzelge⸗
ſchichte des menſchlichen Pathos in einer einzelnen Begebenheit.
Die Geſchichte der Leidenfchaft, ihre Entftehung, Entwidelung,
“Ende, ihre Verſoͤhnung mit dem ethifchen Urgefeg, das ift bie
Aufgabe der Tragödie. Iſt es nun möglich, eine foldhe Ge:
ſchichte der Leidenſchaft darzuſtellen an einer Begebenheit, bei
weicher die Gründe der Entftehung, der Entwidelung, bes
Sndes außerhalb diefer WBegebenheit felbft Liegen? an einem
geſchichtlichen Factum, das in allen feinen Einzelheiten und
x
literarifhe Unterhaltung.
einzelnen Refultaten als gegeben vorliegt? Niemand wirb
cinen ſolchen Widerſpruch zu behaupten vermögen. Und ben:
nod verfahren Diejenigen nach diefem Srundfag, welche Tra⸗
gödien aus beliebten Erzählungen berftellen und bflden. Anders
handelten die Alten, anders Shaffpeare und Galberon, wenn
fie hiftorifche Begebenheiten dramatiſch auffaßten. Sie nahmen
die Gefchichte wie einen Mythus bin, wie eine Cage, an ber
nur der Anfangs: und ber Endpunkt ber bichtenden Kunft zur
Richtſchnur diente, und beren Durchgaͤnge ihrer Phantaſie das
Material bdarboten, ohne fie in Feffeln zu legen. Mit dem
Sedanten mobelten und formten fie die Gefchichte, weit ent:
fernt, die Gefchichte ihren Gedanken mobeln zu laffen, wie dies
bet den hiftorifchen Tragoͤdiendichtern unferer Zeit der Kalt iſt.
Die wahre Tragdbie hat ihr Element in der Seele, die falſche
fucht es in ber Begebenheit; die wahre Zragdbie ift pſycholo⸗
giſch, die falfche hiſtoriſch; die wahre Tchildert Geelenzuftänbe
und lehrt, wie die Leidenfchaft flreitet und wie der Menfch fie
befiegt, die falfche ſchildert Ereigniffe, gebraucht den Menfchen
als Mittel, eine Gefchichte zu machen und lehrt — nichts.
Hiermit iſt ber Unterfchied zwifhen dem Tragoͤdien dichter
und dem Tragoͤdien macher gegeben; der eine erfindet die Ges
fhichte einer Menfchenfeele und zeigt uns dieſe im Spiegel
einer Begebenheit, der andere wiederholt eine Handlung, uns
befümmert um ihre innern Motive.
Spindler's „Jude“ ift eine lodenswürdige Erzählung, reich
an guter Scenerie, an fharfgezeichneten Charakteren, an über:
rafchenden Situationen. In feinem Ben David ſteckt auch eine
tragiſche Perfon, ein tragifcher Gedanke, welcher, wie die Er-
sählung es fodert, von hundert Heinen Richtern beleuchtet,
bruchſtuͤckweiſe zur Schau geftellt, als letztes Refultat ber gans
zen Grzählung fih in der Seele des Eefers zufammenbaut.
Die Tragödie Fobert Anderes. Mit gebieterifcher Strenge be:
gehrt fie eine einzeine, an fich große, in fich abgefchlofiene,
dur Leine Aeußerlichkeit gefchichtliher Art bedingte Bands
lung. Sie fodert ferner, daß diefe Handlung durchgehend ſei,
vom Alpha bis zum Omega jedes Intereffe in ſich aufnehme
und vor allen Dingen in ber Seele des Menfchen ſich ent:
wickele. An diefem Maßftab, falls er der richtige ift, gemeffen —
was wird da aus unferer Blut von hiftorifchen und romanti⸗
Then Tragoͤdien, welche eine große durch Hundert Kleine Hand⸗
lungen zu erfegen meinen, bie fie nach Willkür beendigen, wenn
die Seber des Dramatikers ftumpf geworden tft? Bet folchen
Irrthümern im Grundſatze vermögen oft ſelbſt bie beften Kräfte
nichts die Foderungen ber Kunft Befriebigendes zu leiftenz ber
Verf. der vorliegenden Trapgoͤdie aber ift weit entfernt, fich
ſolcher Kräfte rühmen zu können. Er fest eine Ehre baren,
der ·Copiſt feines NRovelliften zu fein, und fo groß tft feine
Unfunde von Dem, was er zu thun hatte, daß er ſich rähmt,
die eignen Worte des Erzählers in feinen Dialogen beibehalten
zu haben. Die Erzählung und das Drama, ihrem innern
Weſen nach verfchieben, follen dieſe Berfchiebenbeit auch in ih:
ren Außern Zormen kundgeben, und wie die Kunftmittel des
-
450
Malers ganz andere find als bie des Plaſtikers, fo auch bie
bes Stovelliften und bes Dramatikers. Die Sprache iſt das
Material Beider, aber es iſt ihnen nicht geftattet, dies Ma⸗
serial nach gleihen Gefegen zu verwenden. Entweder: {ft
Gpindler alfo ober der Verf. im Irrthum; ber Verf. iſt es,
denn ſchon das iſt ein unglüdtiher Gedanke, bie Hauptper⸗
ſonen, David und Jochai, fünf Acte hindurch in juͤdiſch⸗ deut:
ſchen Wortverdrehungen reden zu laſſen. Doch es war hier
nicht ſowol unſer Zweck, die Fehler dieſes Stuͤcks, als die der
Gattung, zu welcher es gehoͤrt, ſichtbar zu machen. Was den
Berſuch des Verf. betrifft, fo iſt er einer ernſten Kritik weder
faͤhig, noch wuͤrdig. Die Perſonen treten auf, treten ab, Jo⸗
chai ſagt dies, David und Eſther ſagen jenes aus dem Roman
her, dies Alles ohne ſichtbare Urſache und nothwendigen Zuſam⸗
menhang, bis Zodick's Bosheit vollendet iſt, und Herzog Fried⸗
rich erſcheint, den ſterbenden David zu fegnen? und für Dago⸗
bert, den er mit Eſther zum Altare führt, Bürgfchaft zu lei:
ften. Das Verbienfithbermometer der Sprache in diefem Stuͤck
ſteht einen Grad unter Null.
7. Euftfpiele von Bauernfeld. Wien, Gollinger. 1333.
Gr. 12. Gr.
Der Verf. der bier gebotenen drei Luſtſpiele gehoͤrt ber
Heinen Zahl beutfcher Dramatiker an, bie noch eine Tradition
von dem alten Converſationsſtuͤcke, biefem Pruͤfſtein bes Schau⸗
Tpieldichtere und des Gchaufpielers, bei fich bewahrt haben.
Diele Battung bed Schaufpiel®, welche eine verebelte Wirklich
Zeit zu ihrem Element bat und die mittlere Gefühlsregion als
ihr Gebiet anſpricht, ift in einer excentriſchen Zeit, wie die un:
ferige, in einen begreifficden, aber barum nicht weniger un⸗
verdienten Miscrebit gefallen. Die zwiefache Richtung gegen
das durchaus Poetifche und gegen bie effectvolle Gemeinheit hin
hat das charakterentwickelnde Drama völlig überflügelt ; es find
nur noch wenige Verehrer beffelben und, in natürlicher Gonfe:
quenz hierzu, noch weniger Dichter übrig geblieben, die ſich ihm
uwenden. Bauernfeld ift einer ber glüclichfien und finnvoll:
ke, zugleidd aber auch vielleicht ber witzigſte unter ihnen.
Bein achtbares Talent entividelt ſich am vollftändigften an bem
vieractigen Luffpiel: „Leichtſinn aus Liebe oder Zäufchungen”,
in bem die Empfindungen eines liebenden Mädchens, welches bie
vermuthete Gleichguͤltigkeit ihres Geliebten zum Leichtſinn in
der Liebe verleitet, die Grundlage der Intrigue hergaden. Die
fer gute Gedanke ift würbig und in ſehr gluͤcklichen, über:
raſchenden und launigen Bituationen entwidelt. Wahrheit und
Mannichfaltigkeit der Charaktere, die Sprache ber gebildeten
Geſellſchaft, gluͤcklicher Wortwis und eine lebhafte, feffelnde
Sntrigue, frei von den Uebereilurgen, an die wir gewöhnt finb,
und doch niemals zerrend und gezerrt, find die Funftmäßigen
Vorzüge biefes in feiner Gattung mufterhaften Luſtſpiels. Die
» Pfänderfpielfcene im zweiten Act Tann fo ziemlich als ein Mus
ſter Deffen gelten, was die deutiche Komödie an Reinheit und
geſellſchaftlicher Balanterie vermag, und was fie von ber fpani:
fchen und franzäfifchen eben wefentlich unterfcheibet. — Auch das
„Riebeöprototoll”, in drei Acten, ift originell und gluͤcklich er⸗
funden und beſonders durch die Zeichnung Rofaliens und Wahl’s
ausgezeichnet. So heitere, lebenskraͤftige Charaktere wie dieſe
gefallen immer und haben ein Recht zu gefallen. Die Intrigue
it weniger zart und bedeutend als in bem vorangehenden Stuͤck;
bafür iſt das „Riebesprotofoll” an einzelnen wigigen Einfällen
reicher und befonders durch Rofaliene Laune wahrhaft ergoͤtz⸗
lich. Es iſt nicht das zwerchfellerfhütternde Lachen, es iſt das
Laͤcheln des befriedigten Kunſtſinnes, das ber Verf. als fein Ziel
erſtrebt, und dies Ziel erreicht er. — „Ewige Liebe“, in einem
Act und in Alerandrinern, macht der Form nad noch mehr
Anſpruch, ein Kunſtorama zu fein, als die vorigen; allein ihm
fehlt, was den anbern beimohnt: Wahrhe:t und Originalität.
Leben und Laune können ohne fie noch fein Luſtſpiel bilden, und
Wolff's „Mann von funfzig Jahren” bat an der „Ewigen
Liebe“ nicht wenig Antheil. Deffenungeadhtet ift es ein angeneh⸗
mes &tüc voll feiner Gedanken in feiner Form, d. h. in wohl:
tEnenben, zierlihen Werfen, in benen ber Berf. die Meifterfaft
erreicht bat. .
. Barontn.
Halt! Nichts von Ewigkeit!
Mir find genägfam: liebt und in der Zeitlichkeit:
Die ſchoͤnſte Rofe welt —
Straf.
Um neu im Benz zu prangen:
Die Liebe hört nur auf — um wieder anzufangen!
Dan merkt ber befonnenen Wahl des Verf. und bem Fleiß,
ben er auf Ausbrud und Sprache verwendet, ein ernfteres
Gtreben an, als es den meiften beutichen Luftfpieldichtern vors
ſchwebt, die wie Raupach den erften beften Gegenfland, ob alt,
ob neu, ob tauglich, würbig ober nidyt, gewöhnlich für gut hin⸗
nehmen und, wäbrend fie ihr Gefunden! rufen, auch ſchon
mit bem ‚Drama fertig find. Bauernfelb macht ſichs ſchwerer,
über ex erreicht mehr und Edleres, wie beifpiessweife der Vers
gleich mit dem folgenden Lufifpiei lehren Tann.
8. Der Wechsler. Luftfpiel in drei Acten. Bon E. Raupadı.
Hamburg, Hoffmann und Gampe. 1852. 8. 16 Gr.
Raupach bat die eigenthümlidyde Babe, daß jede Begeben⸗
heit, die ex ins Auge faßt, eine dramatiſche Geſtalt von ihm
annimmt; unzweifelhaft eine fchöne und dem Dramatiler vom
Bad unentbeprlihe Gabe. Doc eben die große Leichtigkert,
mit weldger fi) ihm bas Dramatifche der Beflaltung nach mehr
auforingt als barbietet, in Berbindung mit ber Verwöhnung, gu
ber er durch Gluͤcsverhaͤltniſſe, durch die Sicherheit, feine Her:
vorbringungen beften® acceptirt zu fehen, und buch eine faft
übermäßige Bühnengewöhnung angeleitet ift, machen, daß, in-
dem ihm Alles und Jedes gut duͤnkt, Wahl, Läuterung, Bes
fireben, Fleiß und Ernſt ſich ganz aus feinen Arbeiten verloren
haben. Geine ungemein glü en Baben mit Belonnenheit
benugt, hätten einen deutſchen Zope de Vega aus ihm machen
tönnen, während er heute höchftens ein Kotzebue Rebivivus ober
ein SBoldoni, ein Gcribe geworben ift, wenigſtens was das Luſt⸗
fpiel betrifft. Ginge bem Anfang feiner Arbeit eine befonnene
Prüfung bes Gegenflandes, die Feſtſtellung eines beflimmten,
würdigen Zieles oder bergleicdgen etwas voraus, fo würbe er
Stüde wie „Dee Platzregen⸗“, „Der verfiegelte Bürgermeifter”
ober „Der Wechsler‘ kaum gefchrieben haben; ec würde „Die
Schleihhändier”, „Kritik und Antikritik“ und ähnliche treffliche
Entwuͤrfe zum Ziele vollendeter Kunftwerte binaufgeführt und
ftatt einer großen Anzahl von Werfen einen großen Ruhm hin⸗
terlaſſen haben. Doc dies Alles gilt ihm für nichtsbebeutend.
Gefallen will er, gleicdhviel wen, ‚wenn nur fein YPublicum
barunter ift; er verachter, ex haßt Lie Kritik, feine eigne mit⸗
eingefhloffen; er bält ihre Stimme für ganz verwerflih unb
fragt nur: gefällt mein Stüd? Wan muß ibm zur Ehre
nachſagen, baß er bei diefer Anficht confequent aushält, und
daß er fein beftes Stuͤck für ſchlecht Halten würde, wenn es ſei⸗
nen Zuſchauern misfält. Mit diefem Irrthum — wir flehen
nicht an, ihn als ſolchen zu bezeichnen — ift Raupach ber Muſaget
und der Anführer Derer geworden, die den Geſchmack ber Bühne,
indem fie ihm huldigten, verborben haben; aber felbft den Dank
feiner Schüler und Nachtreter hat er nicht gewonnen. Auch fie
feinden ihn an und vereinigen ihre Waffen mit jenen Gtrengen,
beren gefchworener Feind Raupadı iſt. Er lacht fie aus, denn er
bat das PYublicum auf feiner Geite, und er weiß fi zu troͤ⸗
fin, wo auch dieſer Verbündete gegen ihn Face macht.
‚ Ehen dies dürfte bei dem „Wechsler num wol geſchehet;
beſtimmt laͤßt ſich dergleichen jedoch nicht voraus ſagen. Werden
der Jude und ber juͤdiſche Chriſt gut geſpielt, fo mag das er:
leuchtete Publicum von Gpree: Athen über die Unwahrfcheinlich-
keit binmwegfehen, daß ein Geizhals 1100 Thaler für ein
Lotterieloe gibt, das 86 koſtet, blos weil feine Zochter bie
Nummer geträumt bat; ja, es mag felbft über die Triviatität
und bie Verbrauchtheit der Intrigue binmegfehen, wenn ber
aftrologifche Doctor oter ter Sommis, weldger feinen Herra
pro psodigo erflären will, weil er Geld für 10 Procent weg«
451
gegeben hat, gut gefpielt werden. Raupach's Dramen, Tragd⸗
dien wie Komödien, find fürs Gpiel und für bie Spielenden
berechnet, die-dramanifihe Kunſt iſt thin eine! alte Dettlerin, bie
man nach Belieben vor ber Thar warten laͤht, dis man fertig
in und Ihe ein Almoſen reicht. Wer wollte ihm! Eocalwig,
gloͤcktiche Ginfäute, launige Sitvationen ableugnen? Kein Menfc !
Aber dieſe gehören feiner Ratur an, von dem einigen,
von erworbenen Gütern bat er nichte hinzugethan. Wie
wel die ihm aber gu Gebote ſteht, dies zeigt ſich an dem
ſſenſpiet:
ne an Säfar! Poffenfpiel in fünf Aufzügen von E. Rau«
ya. Samburs, ee und Gampe. 1852. 3. 1 Ihir.
dem wigvollſten Luftfpiel,
dat. Man möcdte behaupten, +8 ur viel Wie darin,
wenigftens zu viel politifcher, ein fol Uchbermaß des Miiges
nämlich, daB die Intrigue, bie dramatifhe Entwickelung
der Babel dadurch deeidtraͤchtigt wird. Die Handelnden,
Tiul, Schelle, Buͤrgermeiſter Quantut und feines Rathe Dit:
glieder find bie ergögtichften Yerfonificationen ber politifchen
Darteien, die ſich denken Tiefen, falls der Lefer oder Zufchauer
vor Laden zum Denken fommen koͤnnte; kurz, das Stuͤck iſt
als vi ut, undezahldar rür reihe Hypochondriſten und
ſelbſt für Politiſchbegeiſterte. Der Verf. erklaͤrt ſich ſeidſt für
keine dieſer Parteien, ader er ge die Xibernheiten Aller dem
Gelächter preis. Das Thema tft fo vollkommen zeitgemäß wie
Schelle's Reuerungen, Quantus, beö Regierenden, Furcht vor
jedem Glockenſchlag und Tiu's MWerfinfterungsmetionen. Die
vis comica geht aus den Sharalteren, aus den Gituationen
hervor und bat den Wortwig zu ihrem erflen Diener. So
fon et fein. Die grädtihen Gpäße in dieſer Yoffe find nad
Schocken zu meffen, und wenn Beckmann's „Eckenſteher
Nante“ deren dennoch vielleicht mehr enthält, fo mag der
Dichter Raupach daraus entnehmen, wie ſchwer es ſei, in der⸗
leichen Beſtrebungen den Siegerkranz zu geringen, Wir zwei⸗
Fein ‚ daß für folge &tege bei den olympiſchen Spielen Lorbern
ausgetheilt wurben; und da wir ber Meinung find, daß unfere
heutigen kritiſchen Inftitute bie unmittelbaren Nachfolger jener
olympifchen Sting: und Wettſpiele barftellen, To wollen wir dem
Berf. — gern bekennen, daß wir über feinen Conſul Quan⸗
tus Gaſar gelacht haben; aber einen Kranz koͤnnen wir ihm
Dafür nicht bewilligen. Doch, die Poſſe iſt eine Gattung wie
jede andere; und wenn es wahr if dad ſchon jedes Individuum
ein Recht gu leben hat, um wie viel mehr denn jede Gat⸗
tung von Individuen, vor allen aber eine fo fpaßhafte? Die
Laer haben Recht: es gibt viel au viel Ernſt und viel gu we⸗
nid ©pah in der Welt. Wenn Raupach alfo feine Spaßader
firömen läßt, wer voll! die Naſe roͤmpfen bios beöhalb, weil er
den Befegen der Kunft Hohn ſpricht? Wan lefe nur feine
Inftruction für die geheimen Policeidiener Kurz und Lange
(8.70 fg.), welche das ungluͤck haben, der Gine blind, ber
Andere taub zu fein, und ihre Klagen darüber, bei melden Till
autruft: „Deſto beffer und kuͤhner werdet ihr erdichten. Die
geheime Policei ann chne Prefte fo nicht beſtehen; bas Wis:
Ken Wahrheit in der Melt reicht zu keinem flattlichen Bericht
aus!" Dpder er laſſe ſich von dem edeln Barbier und Stadt⸗
Verordnetenpräfttenten delle den Zeitgeiſt erklaͤren: „Geiſt der
Beit! Ya, unglaudlich! Gin consul dirigens weiß nicht, was
Geiſt der Zeit if. Geiſt iſt Geiſt und Zeit IR Zeit, und wenn
alſo Geift und Beit zufammentommen — Till. So ſteht die
Beit im Genitivus! Schelle. Richtig! Und das ift ber
Geiſt ter Zeit.“ Ueber fo gluͤcktiche Spaͤbe — wir haben fie
gezaͤhlt, et kommen fünf und ein halber auf eben Thaler, wel:
den Raupach für ein fünfactiges Stuͤck von feiner Bühne der
giebt — wird fon der ernflefte Kunftrichter feinen Mundwin⸗
el in Bewegung fehen. Nebendher geſagt, iſt auch die Intrigue
in biefer RS deffee und wahrſcheinlicher, ale dies in Rau:
2 Lufffpielen gewähnäih.ber Jall if. Die Sprade aber
ſich mehr vernachlaͤſſigt als es nöthig wäre. ——— —
bad Raupach no geſchrieben
ie eined Wanne, ber viel vermag, und eines Dichters, der wit, u
10. Wiens erfle Belagerung durch bie Tuͤrken. Baterländifch:s
Drama in fünf Abtheilungen. Bon J. M. Grienwaldt.
Wien, We, 1832. Gr. 8. 14 Er.
Ein Lichtpunkt taucht aus grauer Nebel Werne
Verſuchend feine noch febr (!) ſchwache Kraft.
Mit diefen bedeutungsfchweren Worten dedicitt der Verf.
fein opus dem Versen v. Hammer, beffen ungebluern Kitel
er das Verdienſt hat, ber Welt mit biplomatifcher Genauigkeit
bekannt zu machen. Im zweiten Theile feinz Behauptung bat er
Hecht, im erften nicht, wiewol bee „Bichtpunk” ihm wahrfchein:
lich bittere Ernſt, die „noch ſehr ſchwache Kraft”’ aber wol
nur ein befcheidenee Scherz if. Was wir eben über tie Er⸗
zählungsdramen im Allgemeinen fagten, findet auf bie vorlies
gende „‚WBelagerung” eine ganz befondere Anwendung. Das
ange Drama läuft in Aufeikt
eigniffen ab; ber Gchieier, der Lie Gedankenwelt verbirgt,
wird von bem Verf. auch nicht einmal zum Verſuche ger
hoben: ein zuperläffigee Bereit, daß er von dem wahren
Weſen des Dramas Feine BWorſtellung bat. Gr bat Ham⸗
mer's MWrofchäre: „Wiens erfle aufgebobene türkifche Be⸗
lagerung“, flubirt und bie Perſonen in poeflelofen Verſen
fagen laffen, was fie tort in giemlich ſchlechter Profa fagen.
Keine einzige Figur hat ihm verloren geben dürfen, und fo füllt
ee ganz unnüg anderthalb große Seiten mit feinem Perſonen⸗
berzeichniffe. Sin Kunftverftändiger hätte dies endloſe Regiſter,
das uns an Don Juan's Liebſchaften erinnert, auf ein eines
Fünftel reducirt, bean in der That handelt, bramatifch genoms
men, keine einzige von allen biefen Perfonen. Die Iräger bes
dramatiſchen Stoffes find Salm, der ehrenfefle Vertheidiger
Wiens, dem Rogendorf, der Pfalggraf, Reiſchach, Katzianer und
Andere blos zur Hand gehen, Soliman, der prächtige, bald prah⸗
leriſche, bald kleinlaute Beſtuͤrmer, und Gornet Bedlig, Gefange⸗
ner im türfifchen Lager und bes Gultans Liebling, bie eingige
mit einigem poetiſchen Vermögen aufgefaßte Geſtalt unter fünf⸗
sigen. eniaſtens ger ifm das zur Ehre, daß er ſich von
Soliman’s Schmeicheleien nicht zum NWerräther machen läßt,
wiewol wenig einzufeben ift, was dem Beherrſcher ber Glaͤudi⸗
gen der Werrath eines Öftreihifchen Gornets nügen fol. Ko:
mifch aber klingt «8, wenn man den, @ultan ausrufen hört:
Zedlig! Weißt pw, mit wen du alfo (priäNt?
Der Sultan muß ihn, giih uns, achten und freilaffen. Gine an.
dere Berrätherei misglüdt, Salm und Rogendorf fallen aus, und
bie Geſchichte hat ein Ende, Goldye Dramen. in denen flatt ber
Gedanken die Karthaunen und flatt der Poeſie die Janitſcharen⸗
muſik eine Hauptrolle fpielt, lohnen die Muͤhe einer kritiſchen
Analyfe nicht. Der Berf. hat Recht, daß die Geſchichte Def -
reiche reicher vielleicht ald bie irgend eines andern beutfchen
Landes an Gtoffen gu biftorifden Dramen iſt; aber er hat
nur eine Biflorie in tramatifcher Form geliefert. Die Hand⸗
lung, bie Poefie bed Dramas fehlt. Die Sprache des KBerf.
iſt chne Reiz und ohne Fuͤlle, wiewol ter Wera ziemlich gut
fcanbirt iſt. Verſe, wie:
Die Männer, welche jegt umgeben un,
Sie werden keinen Misdraud davon machen;
Wir find im Rath verfammelt bier, und ba
Muß Jeder, was er fuͤhlet, dreiſt auch fagen.
konnen body unmdglich vor irgend einer Generalintendantur
in der Welt für poetifche gelten. Aber feihft, wenn die Spra⸗
he auch beffer wäre ats fie iR, was hälfe es? Dee Berf.
trüge immer einen zerriffenen und fchief gefchnittenen Rod mit
fhöner Stickerei und weiter nichte.
11. Adolf VI., Graf von Holſtein. Gin Drama in fünf Xcten.
Hamburg, Verthes und Beer. 1852. Gr. 8. 16 Wr.
Etwas mebr poetiſches Vermoͤgen als in tem vorangehen⸗
ben Drama verfüntet fi) nun wol in tiefem, unb «es ift fogar
eine Art von bramatifcher Handlung darin, wenn man fie finden
entdecken. Allein, was nuͤht's: Die Geſchichte ift ſchon
geweten,; hundertmal energiſcher ba geweſen, ohne daß man
[4
e Handlung, in gefchichklichen _
[4
'
4
U
[4 . , 9 72
.
darum bis zu „‚Mucheth”' zumidgugehen und Shalſoeares Geiſt
zu Incommohinen- mötfig hötte. Graf Abolf VI. tft ein kleiner,
aber ein ganz Meiner Wachefh, ber fc von: dem großen etwa
fo unterfgeidet, wie Einer, ber einen Löffet ſtiehlt, von einem
Batermörder. Ob nun ſoſche kleine Diebe oder Iprannen tra⸗
ifche Helden fein Fönnen oder nicht, das ift mit Für ‚und Wis
er ſchon allzu oft beſprochen morben, als daß wir es Hier
noch einmal zu wieberholen gung hätten. Es ift Erin ſchab⸗
- der, grauſer Undank, es if ord des Schlaſes, iſt Leine
Freundſchaft der Hölle, die uns hier vorgeführt wird; «es iſt
raubritterlihe Gewalt, freche Wolluft, Zrog und Kleinmuth bed -
gemeinen Verbrechert, die den Gegenſtanð dieſer Tragoͤdie (denn
das fol fie fein) bilden. Recht gut, fo weit dergleichen gut fein
kann! Die Kabel (biftortfy) iſt ganz gefchickt behandelt unb
flellenweis auch keineswegs ohne wirkungsvolle Situation , bie
Ehe e find mit friſchen Pinfelftrichen ganz muthig binges
fee, Aborf iſt ein Heiner, gang kecker Tyrann, Hartwig ein
ganz tächtiger Malcolm und Suͤndenraͤcher, Gottſchalk und ber
arme Page find Bedauern erregenbe Opfer, felbft Bertha gewinnt,
wenn die Taube fih in des Geiers Robert Krallen windet, un«
fere Zheilnahme; aber von Beniarität, Neuheit, Dichterfühns
heit ober von pſychologiſcher Ducchdringung, tiefer, natıttwahrer
Geſtaltung des Stoffes ift in all Diefem .nliht die Rede. Schon
das ift verfehlt, daß dem Tyrannen Abolf ein kleiner Schurke
wie Robert als Einflüfterer und Lenker zus Geite geftellt ift,
wärend ihn Niemand zur Tugend zurüdcuft als ber ganz
ſchwache, biutlofe Schloßhauptmann Schlamerfiorp. Wie anders
ift daſſelde Motiv im „Macbeth behandelt! Bier, die Lady mit
ihrem Unfenzuf, mit Gift flatt des Blutes in den Adern, dort
Banquo mit der kunſtloſen, aber erfchütternden Stimme ber
Redlichlein Ein anderer Fehler find die Frauen in biefem
Stüde: Ellſabeth, Ida, Bertha, Hedwig, alle ohnmädhtige
Scattembitder, und Bertha allein durch Eeiben an ber Hands
lung Theil nehmend. Sie hätten ſammt und ſonders wegblei⸗
ben ſollen. Hartwig und Gottſchalk hätten ſich dadurch zu wahr
haft tragifchen Perfonen wie Malcolm und Macbuff erhoben,
Die gelungenfte Geflalt im Drama ift und bleibt der Page, ber
vor dem Schlafgemach des Tyrannen Wache hält. Auf dieſe
&cene richte der Verf. fein Auge; fle ift eine wahrhaft Dramas
tifche, und ftünde die unglüdliche Todesart des Opfers nicht als
niedrig und unwahrſcheinlich ums im Wege, wir würben fie als
eine echt dichteriſche, vielverfprechende begräßen. Aber Hartwig
muß fein Kind ermorden, indem ber Tyramn die Thür aufreißt,
die e8 bewacht, und den Knaben dadurch in das Schwert ſtoͤßt!
Dann erft kaͤmpft er den Tyrannen nieber.
Genug von dem Wefentlichen des Dramas. Der Epradie
ift der Verf. mächtig; ja, er zeigt Hier und da fogar, daß er ber
dramatifchen Sprache maͤchtig iſt. Die kurze, energifſche, prä:
gnante Form des Ausdrucks, welchen das Drama begehrt, ges
lingt ihm zuweilen recht gut. Die Expoſttion tft überaus ges
fickt, und bes alten Kuno kurzer Monolog Öffnet uns einen
Blick in ein duͤſteres Gemälde mit vieler Kunſt. Er ftäubt das
Getaͤfel ab:
Was kann dein Saͤubern nüßen, alter Thor,
Der Staub figt bier zu tief an allen Eden;
Dabin, wo's Noth thut, reiht bein Webel nicht.
Was der warnende Schloßhauptmann fagt, ift meiſtens richtig
empfunden und dichterifch autgedrüdt, z. DB.
\ Der Thaten Prafftein it allein das Recht,
Gar oft ift der Erfolg nur Spiel ded Bufalld.
Worauf Ida nicht ganz paffend antwortet:
Du meinft vielleicht das Necht bed Geiers, der
Sich auf die Laube lürzt?
Ganz loͤblich ift er auch in der Scene, wo er den Tyrannen zur
Gnade für Gottſchalk zu bewegen ftrebt:
-
x
Die Schwaͤche gibt fi HHab.der Racluk din,
. . Ein kraͤftig Herz bewährt.Sch im Vergeben. :»
Die Reden Monqugsd's.umd Hartpig’6 aͤberichreiten dagagen oft
bie feine Grenzlinie, walche dat — vom, das Geſchmackla⸗
fen fonbert.. Au Erſat hafıkc.,ift Bortha mit zierlichen Morgen
ausgeſtattet, und bie Verſe zeugen durchweg vom vunkhmeifchem
Ohr. Summa: dieſe Tragoͤdie wird denjenigen Leſern, welche
über einer gefaͤlligen Form bie Prüfung des Wolentlichen ver⸗
ſſen koͤnnen, und denjenigen Zuſchauern, welche mehr mit bes
bre, wie mit Berftande hören, gefallen und zu -gefallen ein
Recht Haben. en
12. Dei Teufel im Sevilla. Komifdie Oper in einem Aufzuge
von Burtabo, zur beibehattenn Muftk von eg
deuntſche B arbeitet von —*28 — von Lichten ſte im.
Reim, tt. 1. &.8 86.
Bir Haben bdiefe ganze Dper mit Intereſſe unb mit Vers
gnögen wörtlich durchleſen, und das will bei einem Operntext
unftreitig viel fogen. Bei einen urfprünglich beutfchen iſt uns
dies Schickſal, To viel wir wiffen, mod niemals ‚begegnet, um
Gegentheit, etwas Aerger haben wir aus einer folgen Lecture
noch immer mit hinweggenomnun, aber fehr häufig mehr als
der Verdauung zutraͤglich if. Ein franzöfifcher Operntext iſt
diefer fon minder gefährlich; allein fo geſchickt, fo bramatifch
wie diefer, ift ung felten einer vorgelegt worden. Ein Zug aus
ben Leben bes edeln unglüdlichen Riego, ein hiftorifher Zug,
wie es ſcheint, gibt ben Inhalt bes Stuͤckes ab, beffen Komik
darin beſteht, daß der Werfelgte in ben Kleidern und mittels
ber Kleider feines Berfolgere entlommt und fiegt. Hiervon abs
gefehen, iſt nur die Verhöhnung ber Geiſtlichkeit (der ſpaniſchen
notabese) barin humoriſtiſch. Das Inrifche Element, worauf
es bei einer Oper doch weſentlich ankommt, ift bageaen ſehr ges
ring und mit ziemlicher Gewaltſamkeit unter die Feder des
Verf. gezogen. Dies iſt der Punkt! Auch die Oper bat ihre
Kritik; und ob Dramatiſches und Lyriſches Leicht ineinander
Dießen, ſich mühlos in Eins verfchmelzen: bie Bejahung ober
erneinung biefer. Frage wirb über ben Werth eines Operntep⸗
tes enticheiden muͤſſen. Hier herrſcht das Dramatiſche vor ; das
Lyriſche, wiewol bie Verſe gut, verſtaͤndig, ſorgſain, ja kuͤnſtlich
ſind, fließt in die allzu lebhafte, keine Pauſe verſtattende Hand⸗
lung faſt nirgend natürlid) und wahrheitsgemäß ein. Wir bee
dauern nur bie. zum Theil wirklich fchönen Lieder un ihre
kunſt⸗ und müheoollen Verſe.»)
Notizen.
Das erfte befannte Beifpiel von Beſtechung bei den Pars
lamentswahlen — erzähle DBladitone — fil im 15. Res
gierungsjahre der Königin Elifabeth vor, wo ein gewiſſer Tho⸗
mas Longe geftand, mehre Stimmen des Boroughs, der ihn ges
waͤhlt hatte, für vier Pfund erkauft zu haben.
. Zn fämmtlihen Kirchipielen Londons wurden vom 14 Dec.
1831 bis zum 11. Dec. 1832 begraben 28,606 Perfonen, und
getauft 26,974 Kinderz unter ben Begrabenen befanden fidy
912.Zobtgeborene , 8121 melche ‚nicht das fünfte, 4593 weldye
nicht das 30., 5835 die nit das 50,, 5990 die nicht das 70,,
2194 die nit dad 80., 848 die nicht das 90., 105 die nicht
das hundertſte Jahr erreichten; trei Perfonen-farben in einem
Wter von 100, 108 und 108 Jahren. Die Zahl der Begrar
benen überftieg bie ber Geborenen um 1632 und die ber im
vorhergehenden Zahre Beerbigten um 3269, 8.
) Den zweiten und letzten Artikel theilen wir im Monat Mairmit.
D. Reb.
U +}
Redigirt unter Verantwortlichtelt der Werlagshandlung: J. A. Broddans in Leipzig
ECEIIIXLEEEEEC
I
nr a ni — —— TOT
— Te
Een er nit
Blätter
für
Titerarifge Unterhaltung.
Sonnabend,
Ueber Poften und Poflregale, mit Hinficht auf Volks⸗
eſchichte, Statiſtik, — und Erdkunde. Von
atthias. Zwei Bände. Berlin, Mittler. 1832.
Sr. 8. 3 Thle.
Der Brad der Blaubmwürbigkeit einer hiftorifhen Angabe
| hängt von der Zahl und Zuverläfligkeit des Zeugen ab. Diefen
Srundfag fireng befolgend, habe ich, fo weit es möglih war,
alle *) Schriften alter und neuer Zeit gelefen und benugt, wenn
fie auch nur gelegentlich über Schriftſprache und Briefſenden
Kunde gaben. Meines Wiffens ift aber bis jegt kein Merl
vorhanden, weldyes die Geſammtgeſchichte des Poſtweſens, und
was fo genannt und demſelben beigefellt wird, umfaßte. Des
Le, Quien de Reufoille (de l’Academie royale des inscriptions
et medailles) „Origine des postes chez les anciens et les
modernes” (Paris 1708), weldes Wert in Frankreich und
Deutſchland weder im Buchhandel vorhanden ift noch kaum in
vier Vibliothefen vorharden fein möchte, ift zwar trefflich **),
enthält ader nur im Allgemeinen eine Ueberficht der fogenanns
ten Poftanftalten bei den Perfern, Griechen, Römern und einis
gen neuen Voͤlkern, nah Anleitung belannter Quellen, und
fhließt mit bem Anfange bes vorigen Jahrhunderts. Beſchraͤnk⸗
ter in ber Ausführung und befangener ift eine Arbeit von Bes
reibe: „Des postes en general et particulierement en France”
A 1826) ; indeß ift das Wert doch braudybar, weil es bie
ofiverfaffung Frankreich umſtaͤndlich und biß auf bie neueflen
Zeiten vorträgt. Amelang, früher Profeffor an der Univerfität
38 Duisburg, nachmals Poſtſecretair in Kleve, zulept Regiſtra⸗
tor beim preußifcken Generalpoſtamte, Verfaſſer des mit Irr⸗
thbümern überfülten Wertes: „Ueber das perſiſche Poſtweſen“
(Eeipzig 1774), hatte zwar biefem Buche den Plan zu einer „Prag:
matiſchen Geſchichte des Poſtweſens alter und neuer Zeit” beis
gelegt, it aber mit diefem Werke nie zu Stande gelommen,
weil ih ihm, wie er :oft geäußert haben fol, unüberfteigliche
Schwierigkeiten entgegenftellten. (Vorrede 111.)
Bei diefem Mangel elgentlicher Vorarbeiten iſt dem
Verf. des vorliegenden Werkes nichts übrig geblieben als
ein unermüdetes Sammeln und Vergleichen der mannichs
fachſten Materialim, in weldyer Bemühung er durch fein
Iangijähriges amtliches Verhaͤltniß als Archivar beim preu⸗
ßiſchen Generalpoſtamte vortrefflich unterſtuͤtzt worden iſt;
und wir haben auf dieſe Weiſe ein Werk uͤber das Poſt⸗
*) Dod) glaubt Ref. in Buſches Handbuch bee Erfindungen”, Ars
_ titel: Poſten, Notizen gefunden zu haben, weiche der Aufmerks
famleit bed Verf. entgangen find.
”*) Bir maden unternehmende Buchhandlungen barauf aufmerkfam.
IR der Sinn für die Geſchichte des Poſtweſens durch die vorlies
- gende neuefle Bearbeitung erſt gewedt, fo bürfte eine zeitgemäße
Umgeflaltung jenes treffligen ältern Wertes nicht erfolglos fein.
m — —— — — — — — — — — — — — — — —
weſen erhalten, welches in ſeiner Art claſſiſch genannt
werden darf, obgleich daſſelbe von manchen kleinern Ge⸗
brechen, z. B. dem Mangel aller Notizen uͤber ruſſiſches,
tuͤrkiſches u. ſ. w. *) Poſtweſen, die doch wol zu erlan⸗
gen waren, nicht frei geſprochen werden Tann.
Nach allgemeinen Bemerkungen über Schriftfpeache,
Brieffchreiben, Brieffenden wendet fi der Verf. zur Ges
fhichte der Brieffendung vor Errichtung der jegigen Po:
fin und bandelt in diefem Abfchnitte befonders die dies⸗
fallſigen Einrihtungen bei den Römern aus den Quel⸗
len möglichft vollftändig ab. Es finder fich hier nament⸗
lich Alles zufammengeftelt, was in den Schriften alter
und neuer Zeit über den römifchen cursum publicum ge:
fagt, gedacht, gemuthmaßt und auch wol gefabelt worden
tft; nur müffen wir beflagen, bei der Geringfuͤgigkeit des eis
gentlichen Refultats, daß das claffifche Alterthum Leinen
Matthias befefien hat, dem es gefällig gewefen wäre,
uns etwas Grünbdlicheres Über das poftliche Leben ber
alten Welt mitzutheilen. Auch will der Verf. jene Altern
Einrichtungen, indem fie bekanntlich nür für den kaiſer⸗
lichen Dienft. vorhanden waren und nur vom Kalfer uns
terhalten wurden, nicht für Poften in unferm Sinne
gelten laſſen, als deren charakteriftiiches Merkmal er viel
mehr die Benutzung für Jedermann und die Unterhals .
tung aus dem SPortoertrage bezeichnet. Daher geht er
nunmehr zu der Unterfuchung: Wie und wo entflanden
zuerft Poften? (in dem eben angegebenen Sinne) über
und beweift, dag nicht Cyrus, nicht Auguftus, nicht Lud⸗
wig XI. von Frankreich, wie bisher meiſtens angenoms
men worden, bie Poften erfunden haben, fondern daß,
nah den im Archive zu Königsberg in Preußen ver
wahrten BDriginalfchriften, die Poften im eigentlichen
Sinne des Wortes, nämlih als Sendungsanftalten für
Jedermann, ja ſchon den heutigen Kormen aͤhnlich, im
13. Jahrhundert und zwar im Jahre 1276 zueft von
*) ine Frage auf biefe Veranlaffung: Beſitzt man feine
ausführlichere Kunde über das jetige Poftwefen der Shine
fen? Diefe in allem Bezug fo originelle Nation wird
wahrſcheinlich auch ganz eigenthuͤmliche Pofteinrichtungen
haben. Den britiſchen Factoreien zu Kanton muß daruͤber
nothwendig Kenuntniß beiwohnen. Was ber Verf. auf weni⸗
sen Seiten davon ſagt, bat uns nicht ganz befriedigt und
bezieht ſich auch nicht auf die neueſte Zeit.
“als folche, wo das Poftweien am meiften ausgebildet
ft; beguchnet der Werf. hiernaͤchſt Demeichlend mb
464
Deutſchen, naͤmlich von den Marianen ober deutſchen
Ordensrittern zu Marienburg in Weſtpreußen, erfunden
und eingeführt worden find. *)
As Hauptpoftftaaten der gegenwärtigen Zeit, d. h.
i
sin ais Havptpeſttgebbete: Thurn und Tapis, Draußen,
Sachſen, Hanover, Braunſchweig, Deſtreich, Baiern, Wuͤr⸗
temberg und Heſſen-Kaſſel; Frankreich, England, Spa:
nien, Nordamoerika. Die Poflgofihichte jedes dieſer Poſt⸗
ſtaaten wird beſonders abgehandelt, und man toisd- im
| des Poſtweſens in feinen individuellen
Formen auf jedem biefer einzelnen Punkte verfolgen. Wir
Können bier aur die wichtigften Data beruͤhren
- Des Halfertiche Reichspoſtgeneralat Stand von 1770
—M auf dem hoͤchſtan Punkte feines Anſehens und
‚Einflufles, feiner Macht und ‚feiner Einkünfte. Bon allen
deutfchen Keifern jener Epoche und den Reichsſtaͤnden im
Süden und Weſten Deutfchlambs, vorzüglich von den
deei geiftlichen Kurfürften befchügt, durch Mandate bes
Meichspofrathes und Rechtsſpruͤche und Exrecutionen des
Reichskammergerichts g und gewaltſam unterſtuͤtzt,
übte die Familie Thum und Taris ihr erbliches Poflme-
nopol im nusgebehnteften Maße aus, „wie es nie wieber:
Lehren wird”. Allein furchtbar begann das Jahr 1790
(bier folgt die Erzählung der bekannten Geſchichtsvor⸗
gönge). Diefe Amflände henugte zuerſt Hanover. Im
uni 1790 bob es plöglih alle in feinen Ländern be
ftehenden Meichepoflämter auf und erlaubte zwar ben
ferien Durchgang der Taxis ſchen Briefpakete aus Bre⸗
men und Hamburg nad) Nuͤrnberg und Frankfurt a. M.,
ließ jedoch die Abfertigung durch feine eigen Beamten
‚ausführen und bezog bafür baare Entſchaͤdigungen vom
Reichspoſtweſen. Andere Staaten folgten, und alfo ward
das Thurn⸗ und Taxis'ſche Poftwefen allmaͤlig in bieje
nigen Grenzen eingeengt, In welchen wir es jegt erbliden.
In deu Geſchichte des preußiſchen Poſtweſens ex:
ſcheint neben dem raſchen Aufſchmunge, den daſſelbe im
dar neueſten Zeit unter der kraftvollen Leitung des edeln
Nagler gawonnen bat, vielleicht wichte fo merkwürdig als
Aa ſchon weiter vern von uns hervorgehobene Erfindung
dar Poſten im neuern Sinne dur die deutſchen Drdens-
mueer, worauf wir nunmehr verſprochenetmaßen ausfuͤhr⸗
Acher zuruͤckkommen. Wirklich wurden Poſſtanſtalten in
aenem Shane gleich nach Einweihung der Ordenemeiſter⸗
hurg zu in Weſyrtußen 1276 im ganzen
HQrdenagebiete erganifist, wie ſolches aus hen im den Zr:
dien der Regierung zu Mönigbberg in Preuten verwahr⸗
ten Driginalfchriften und Rechnungen bed vormaligen
anptexbenöhaufes zu Marienburg und deſſen Komthu⸗
seien ganz unzweifelhaft hervorgeht. Es befand fich da⸗
nach in der „Vorburg“ eines jeden Ordenshauſes ein be
fonderer „Bryfſtall (Poſtſtube), über welchen ein „hy:
*) Wir werben auf biefen hoͤchſt merkwürdigen iimfand ı-
ten zurüdtommen, heben Lemfelben aber glei bier hervor.
thing” (Orbensflall: oder Poſtmeiſter) geſetzt war, der die
eingehende Correſpondenz zu beforgen hatte und dieſelbe
in einem leinenen Zragebeutel, „Bryfſack“, einem „Bryf⸗
jongen” (Poftillon) übergab, um damit nach dem nächften
Drdenshaufe zu reiten und zugleich den bortigen Retour⸗
beutel mie zuch@gubriggen (gang wie ıheuw). Dieſe „Bro
dongen“ hatten aime anflänbige Wehnung, denn die hohe
Dienerſchaft durchreiſender Fuͤrſten wurde bei ihnen ein⸗
quartirt. Die Briefe wurden in ein Buch (jetzt Ma⸗
jeder mit einer er nach ſeiner
nual) eingoſchrieoben,
Reihenfolge bezeichnet und neben der Aufſchrift mit einer
Werke feibft mic. einem unendlichen Intereſſe die allmaͤ⸗Bemerku
ng, die Zeit der Aufgabe und Abſendung betref⸗
fond, verſehen, folglih ganz wie in heutigen
Brieflarten und Stundenzetteln. In jedem Ordenshauſe
unterwegs ward daſſelbe Geſchaͤſt bes Einſchreibens umb
Abfertigens neh derſelben Norm beobachtet. Eine Mange
ſolcher bezeichneten, im Archive ber koͤnigeberger Regie⸗
rung noch aufbewahrten Briefe ſammt begleitenden Beief-
karten und Stundengetteln ſetzt die Sache außer allen
Zweifel, und «6 iſt hiernach alfo gewiß, daß die frühere
Hypothefen über ‚die Erfindung der Grundlagen bes heu⸗
tigen Poſtweſens falih find, und daß dieſe Erfindung
vielmehr den beurfchen Orbensrittern angehört. Die Auf:
bellung dieſes wichtigen Umſtandes ber Poſtgeſchichte find
wir unferm Verf. ſchuldig. Den Beſchluß der preußiſchen
Doftgefchichte, aus welcher uns ber Raum b. SBL, wei:
tere Audzuͤge nicht geftattet, macht eine gebrängte Dar⸗
ſtellung der heutigen preußifchen Poftverfaffung, deren ge-
nauere Durchſicht für Ausländer ſehr belehrend fein duͤrfte
(Der Beſchluß folgt.)
Neuere englifhe Literatur.
1. Visit to Germany and the Low Countries, in the year 1829,
1830 and 1881. Sir Arthur Brooke Faulkner.
Bände. London 1833.
‚Der Verf., ein vielfeitig gebildeter, mit dem Leben uud
Treiben der Welt vertrauter Dann, ſchiffte fh im Geptember
1829 nad Rotter dam ein und begab fü zunaͤchſt uͤber din
nad) Mainz, fpäter befuchte er Frankfurt, Kaffe, Marburg,
Bonn, Hanover, Wrüffel und Hielt fih an vielen Ort längere‘
Zeit, zulegt beſonders in Holland auf. Mit Dem, was er im
Deuticyland foh und beobachtete, t ee fih meiſtens ſehr
äufrieden, nur Kaſſel misfiel ihm, und feine Ungunſt dehnte ſach
von ber Hauptſtadt auf das ganze Kurfürftentbum aus. Tue
deſſen söhmt ex doch die Genü,famfeit bes Bolkes, die Einigkeit,
in weicher Proteftanten und Katholiten dort nebeneinander
wohnen, bad Venchmen ber gering beſoldeten Geiſtlichkeit, unb
daeht bei Gelegenheit ſehr erhaulide Parallelen für feine Ganbe-
ae. Die Nrzichupq ‚im Allgemeinen, die
tung ber Aeltern, die Kinder in bie Schue ‚zu fchiden, bie
Allei
andere "Begenflände feſſelten feine Aufmerkſamfeit; fo ge
ihm neue taltmäßige Drefchen bes Getreide. Sogar über
Bereitung des we äbifdhen Schinkens findet fh eine Rotiz.
wingt ein ungim Sin»
u tan andern; ber * 8S. Dies Bet a *2
merſchloſſen. m; hften rad, verſchlagen, with wes
aiger als —— den Abdel loͤcherlich Geburt,
bie garainen Cause mb ——* die 33 ärge
n_.. Fi 2 su
Shelme ber garzen Chriſtenhait. Auf bie Anortaung fe.
—8 Werkes hat Im 8. rn Mühe verwendet. Gr fpringt
" Binbung ober Melchunz
1 '
nicht die mindeſte Rat. Ds Beh bat natärlich durch
dieſe Bequemlichkeit nichts gavonnen.
Thuęe rise and progress of’ the english commonwealth. An-
glosaxon period; containin
wailed before the conquest. By Francis Paigrave.
Bände. London 1832.
Der Berf. diefes wichtigen Werbes war bisher nur durch
einige Aufmerkſamkeit erregende, in Zeitſchriften abgedruckte Ars
tidel Über die britiſche Vorgeit, durch feine Arbeiten ats Mitglied
der commissioners of public records und durch eine Ge⸗
ind der Angelfachfen (Conbon 1831, in ber bei Murray
er enden |
„Kamiy library“) bekannt.
der Wert die Prüchte unermübdlichen Korfcherfieißes in einem
Werte, welches von ber englifchen ik als das bichtvollfte
nd reichſte begeiipnet wird, das neben Zurner’s Gefdhichte
er Ungelfachfen über die früheren Inflitutionen Englands ge:
Trieben wurbe. Ber Alterthumsforfcher, ber Freund des eng:
Ufchen Rechiögefchiihte, wer überhaupt im ruhigen Spiegel ber
Geſchichte des —— raſtloſes Treiben zu ——*
Aebt, wird in biefen Wänden volle Befriedigung finden. Sie
enthalten zugleich einen Schatz don Aufklaͤrungen und Forſchun⸗
‚gen über bie politiſchen Inſtttutionen des geſammten alten us
ropas, der Belgier, Gelten, Angelſachſen, Dünen, Friefen,
——— A Gothen 2c., ben des Verf. Gelehrſamkeit
erſt recht zugänglich macht. Den Ausdruck: commormwealth,
wöähtte er feiner umfaffendern Bebeutung, indem Ewmflitu:
ton gerodbntich nur anf bie Form bee Regierung und bie Bes
: Tepe, welchen die Staatsgewalten unterworfen find, angewendet
wird. Gr verfteht darunter, wie ein von Locke entiehntes Motto
erläutert, webes eine demokratiſche, noch überhaupt irgend eine.
Regierungsform, fonbern eine unabhängige Staatsgemeinde. Ins
: dem er zur Eroͤrterung ber engliſchen Verfaſſung übergeht,
macht er geltend, daß in ber I politifche Begebenheiten
- bie erfle, politiſche Inftitutionen bie zweite, Rechtölunde und
" Retspflege nur bie dritte Stelle bei den Geſchichtſchreibern ber
Wölter einnehmen, während doch ber Charakter berfeiben haupt:
ſaͤchlich durch ihre Gefesgebung bebingt werde, und ohne bas
volllommene Verſtaͤndniß bes Geiſtes der Satzungen, bie des
Bolkes täulih Thun und Treiben ordnen, Fein richtiger Begriff von
der allgemeinen Verwaltung bes Staates aufgefaßt werben koͤnne.
Der zweite Bond, „‚Proofs and illustrations’’ beti⸗
tet, koͤnnte ebenfo gut ben Zitel: Zufäge vom Verf., führen,
benn viele ber von ihm beigefügten Bemerkungen fcheinen wäh:
. zendb bes Drudes des erften Bandes entflanden zu fein Die
Urkunden und Documente, welche barin mitgetheilt werben, find
unendlich ſchaͤzbar und verbreiten Licht in manches bisher un:
durchdringlich feheinende Dunkel. Es befinden ſich dabei auch
die Geſetze Wilhelm des Croberert in lateiniſcher Sprache (zum
erften Mal abgedruckt nach dem Harleian Ms. I. 744), mit
bem franzoͤſiſchen Zert (nach dem Holkbam Ms. Pr. 228)
zur Geite. Die gegebenen Zobellen über bie Reihenſolge ber
angelfächfifchen, bänitchen, piktifchen und ſchottiſchen Kürften ger
währen ein vortrefflihes ‚Hülfsmittel zum Ueberblick der Ger
fchichte jenes Zeit. Herr Palgrave will in einem dritten Band
* Bert bis zus Thronbeſteigung des Hauſes Stuart fort⸗
etzen.
| 3. Histery ef iko greek zevelaten. . Gördsa,
Zwei Baͤude. Edinburg umb Bonbon 13 0
- Durch riechenlande Wermittelung fltten die erfien Achttt ach⸗
len höherer Cultur in die europälfche Racht; feine Colonien tru⸗
Umb 246 nad Bayıyin: ————
und & 3
der Beruf feine edein Soͤhne;
‚dienben Egg
g the anglosaxon policy, and,
the iasfitutions arising ‚out of laws and usages which Be
wei
Hier üdergidt er
ı » J
_ U
genannt werben Dann, war ‚in Weiediielenb gu findens- und:him:
noch fah derſelbe Himmel in Truͤmmee fallen, wes fa fvrudig
unter ihm smporgeblüht! Wie tief die Nachkommen ber Hels
Venen gefunten, ift weitbefufat, allen es wird bem Freunde ber
Menſchheit willlonmen fein, auch in Gordon's Werte beftätigt
zu fehen, daß wahre Waterlandöliche umb das Bersußtiein ihuer
e, neben Seligionteifet amb materiellen Veweggrän⸗
den ben hauptfaͤchlichſten Antheil bei ber legten Anftringung
hatten, welche nen ben Griechen zur- Erkaͤnpfung ihrer Unabs
haͤngigkeit gewagt wurde. Im der richtigen Möbergengung, taS
bald bie Zeit kommen müfle, wo ein ausführliches und :zusers
Kiffiges Werk über Griecheniande Wiedergedurt Dein Hubüucum
willfommmn fein werde, nuternahm es ter Verf., :bie
ber geiechifgen Revolution i }
Da er im grie
Bolke 7 Dellas
ausgezeichnetſten
helleniſchen Kameraben eine Menge authernriſche, il a.
aͤltniffe erhigtt,
welche ſchwerlich in den Wefig eines — chen und die
ielt er fich zu
Was vom mehr als
leaten 2500 Jahre ber sriedifäen | Borgeitz die Geſchichte ber
KH ‚die Aufftaͤnde in der Wale:
en Beweis von ber grenzen:
Wwiet ‚Untftond, daß X. Zp⸗
Nantis’ eigne Bruͤder yon ihn eonſpitirten, woͤhren
der Moldau mit‘ den größten en zu Tümpfen hatte
Uebeigenns ſpricht Gordon kein ſehr ehrenvolles Ustheil Wer ben:
ſelben, geſteht im weder (Entichloffenheit och Tapferkeit gu
bewegen ließ, falfhe Briefe zu machen, welche er von dem an
ber Grenze befehligenden Öftreichifchen General ampfengen haben
wollte und worin das bevorfichende Einroͤcken äftreichiicher
Zruppen gemeldet wurde (Er ließ biefe Gchreiben hberfegen,
Öffentlich befannt machen und beöpalb ein Danffeft in: ber Kirche
bes Kloflers begehen, während deffen mehre Infanteriefalven abe
sefeuert wurden. Alles bas geſchah nur, feine eigentliche Abſicht
zu verfihleiern. — Der Oberſt Gordon Bat fein Merk nur biß
zu dem Zeitpunkte fortgeführt, wo Griechenland durch Anerken⸗
nung von Seiten der drei europäifchen Großmaͤchte ber türkis
fen Tyrannei enthoben wurde. Zwar ging damit ber Haupt⸗
zweck in Erfüllung, welchen bie „Detäriften esreichen wollten; al⸗
lein bie Revolution war keineswens vollendet, und der Verf. ver⸗
fprit daher, wenn bie jegt vorwaltende Hoffnung auf Errich⸗
tung einer geordneten und bauernden Regierung in Erfüllung
geben follte, bie Geſchichte von ber Pröfidensfchaft des Grafen
Kopodiſtrias bis zur Thronbeſteigung Otto's in einem Sup⸗
plementbanbe nachzuliefern. |
Zur Raturgeſchichte.
Der Länmmergeier oder Geterabler.
Man berichtet noch immer fo manche fabelhafte Dingerems der
Rotungefdgichte dieſes Vogels und findet - u for
gar in den neueften cloflifhen Merken, Daß «6 fi wei der
Mublimum über bie obwaitenden Sets
übe lohm, bas.größene
thuͤmer aufzuflären, weiche meift dadurch entſtanden find, daß
man Bollsergkhtungen ald wohtbegränbet fie nacher⸗
’
teilung von Ali Yallka -
— — — — — — — — —
keine Flugſchuͤgen find, und ba
. 486
zählte, wol gar noch ausfhmädte ohne zu unterfuchen, ob das
MDitgetheilte auch wirklich diefen Vogel betreffe.
Was zuerſt die Stellung dieſes Vogels im Syſteme betrifft,
fo ift es in den neuern Zeiten’ anerfannt worden, baß er den
Geiern fo wenig ald den Ballen (und ber Abthellung berfelben,
weiche bie Adler begreift) beisugählen iſt, ſondern baß er viel
mehr eine Gattung für fi *) bildet, welche nicht mit Unrecht
ben deutſchen Namen Bartgeier führt, da ein am Unterkinn
‚ berabbängender, ſchwarzer, borftiger Bart das duarakteriftifche
Kennzeichen b
erſelben iſt, noch begeichnender aber Geieradler ge:
nannt wird.
Die Beranlaſſung zu ben mancherlei Hiſtoͤrchen, die von
dieſem Wogel erzählt werben, mag theils In feiner bedeutenden
Größe liegen, denn der erwachfene ift immer vier Fuß lang und
mit andgebreiteten Flügeln neun Buß breit; thell& darin, daß er
fo Häufig mit dem Steinadler verwechfelt wird, indem der letztere,
ibm am Größe wenig nachſtehend, in der Schweiz, namentlid
aber im berner Oberlanbe, allgemein Beier (Gyr), auch Laͤmmer⸗
geier ‚genannt wird; endlich in der feltenen Gelegenheit, biefen
Bogel fowot in feinem natürlichen, freien Zuftande, als in. der
Gefangenfchaft zu beobachten.
. Einem, nach Meisner's **) Urtheil ***), ausgezeichneten Ors
nitbologen , Jaͤger und breißigjährigen Beobachter der Voͤgel ber
Schweiz, ward dieſe Gelegenheit zu Theil, und aus feinen Beo⸗
bachtungen theilen wir Folgendes mit. i
Der Beierabdler findet fidh überhaupt auf ben hohen Alpen
ber Schweiz, keineswegs indeſſen To felten, als man glaubt, bes
fonders auf der Mittagsfeite derfeiben und zwar ebenfo Som⸗
miers als Winters. Seine vermeintliche Seltenheit bat darin
iften Grund, daß er fih am Tage meift ruhig hält, in bie
Gegend feines Aufenthalts nur Bemfenjäger kommen, bie ihm
Zeine Aufmerkſamkeit ſchenken, ſich vielmehr huͤten, durch einen
Schuß das erſehnte Gemewild zu verſcheuchen, daß dieſe Jaͤger
der Vogel oͤberhaupt ſchwer zu
beſchleichen iſt. Dieſer ſteigt aber in dem Gebirge nicht hoͤher
hinauf, als noch Schafweiden ſich finden, und gar nicht über die
Gchneeregion, kommt aber im Frühjahr bis in die Ebenen herab,
wo man ihn dann bei Aas Leicht fchießen ober fangen kann. Er
Hält fi immer paarweis, indeffen hat das Revier eines Paare
immer einige Stunden im Umkreis.
Die Nahrung diefes Raubvogels befteht aus Aas, und er
greift fein lebendes Geſchoͤpf an, fo lang er jenes hats mangelt
aber baffelbe, fo greift er felbft großes Rindvieh, junge Pferde,
ja erwachſene Menſchen an. Er ift bei binreichender Nahrun
mehr Dämmerungs » ald Tagraubvogel. Die Art, wie er fi
feines Raubs bemädtigt, ift nicht das fogenannte Stoßen, wie
bei den Adiern, Kalten, da fein ganzer Bau dazu nicht paßt,
fondern eine ibm ganz eigenthümlicye Weiſe, bie mehr auf eir
nem Bortheil als auf Stärke beruht. Darum fliegt er auch
“nicht, wie jene, in Kreifen über dem Gegenftanbe feines Raus
bes, ſondern fest ſich leiſe, gleich den Eulen, in ziemlicher Ent
feenung oberhalb beffetben nieder. Stundenlang lauert er fo,
bis der Gegenſtand feiner Begierde an dem Rand “eines Abgruns
des fich befindet, dann fährt er auf einmal dicht auf dem Boden
bin gegen das Thier hinab, das erſchreckt in unbedachter Flucht
binabftärzt. Nicht felten fprengt er fo ganze Heerben von Scha⸗
.fen und Biegen von einer fteilen Felewand in ben Abgrund.
Der Aelpler (Alphirt), der von diefer, in den erften Stunden der
Nacht ober vor Tagesanbruch vorgenommenen Jagd nichts bes
merkte, fchreibt das Greigniß andern Thieren oder wol einem
Ungervitter zu. Der obenerwähnte Beobachter war felbft Zeune,
wie der Bartgeier ein Rind auf biefe Weife über einem Felſen
* Gypaltus.
*.) Verfaffer (in Bereinigung mit Schinz) des clafſiſchen Werks über
die Vögel der Schweiz u. f. w.
" annelen d. allg. ſchweiz. Geſellſchaſt f.d. Naturwifenfchaften”“,
binausfprengte und ſich fofert auf das gefüllte Thier niederließ.
Was die Verſuche dieſes Vogels, Menſchen auf Viele Weiſe zu
feiner Beute zu machen, betrifft, fo ift einer ber auffallendſten
folgender. David Schindler, zu feiner Zeit ein berähmter Gem:
fenjäger, verfolgte eine Gemſe über einen ſchmalen Felfenräden, _
wo, bei ber Unmöglichkeit aufrecht zu geben, ibm Bein anderes
Mittel übrig blieb, fich dem Thiere zu nähern, als, auf dem
Bauche liegend, die Flinte vor fü herfchiebend, fortzurutichen.
In diefer, an fih Thon ſehr gefährlichen Lage kam ein Barts
geier geflogen und fuhr dicht an ihm bin, um ihn mit feinen
Flügeln in ten Abgrund zu flürgen. Als berfelbe dies bereits
zum dritten Male wieberholt, drüdte Schindler, ber nicht aufe
ſtehen und fih kaum noch halten Eonnte, feine Flinte liegenb
ab, worauf fich ber Vogel entfernte.*) Der angeführte Beobachter
zweifelt demnach zwar nicht daran, baß diefer Vogel wirklich agb auf
erroachfene Menſchen made, wenn biefe in fein Revier kommen, be
bauptet aber aus den mehr angegebenen Gründen, daß er Kin
ber um fo weniger raube, als er benfelben nie eine Beute mit
den Füßen, fondern immer nur mit dem Gchnabel forttragen
fah, woburch es benn offenbar wird, daß es dem Vogel eine
Unmöglichkeit iſt, eine Lat von nur einigen Pfunden, gefchweige
Gäuglinge oder größere Kinder fortzufchleppen.
Des Geieradlers Neſt ſteht immer auf oder in Felfen, in
Gegenden, wo Biehweiden ſich finden, eins fogar fand ſich Feine
20 Minuten von der Hauptlanbftraße von Chur nad Reichenau
„auf einem 800 Buß hohen Felſen. Es beſteht aus allerlei Reiſig,
mit Gras und Haide gefüllt, und iſt fehr flach. Die beiden
Gier find gelblich- weiß, mie mit Lettenwaflge befprengt. Die
Zungen werden befonders mit Kalbs, Ziegen. und Gchaffleifch
genährt unb find anfangs mit weißem Klaum bekleidet.
Nugen bringt biefer Vogel hoͤchſtens burd) feine Echwanze
federn, welche fehr gut zum Gchreiben zu gebrauchen fein follen.
Das Stuͤck koſtet 12 Kreuzer. In Bern zahlt bie Regierung
5 Neuthaler Schußgeld für einen erlegten Geierabler.
Eine brütende Schlange.
Bis jeht hatte noch Feine Beobachtung etwas Anderes gelehrt,
als baß die Schlangen, nachdem fie ihre Eier gelegt, fi um diefe nicht
meiter befümmern. Indeſſen wirb in Belanger’s ‚Voyage aux
Indes orientales”, einem an neuen Thatfachen für bie Naturgeſchich⸗
te, namentlich auch für die Zoologie fehr reichen Werke, ein Fall
erzählt, der allerbings für einige Sorge der Mutterfchlange für
bie Eier zu fprechen fcheint. Die Mittheilung rührt von bem
berühmten Naturforfcher LamaresPiquot ber. in weib’iches
Individuum ber Tiger: Königsfchlange (python tigris, Daudin.),
welches diefer Reifende lange lebend hatte, war in Oſtindien bes
frudhtet worden. Gines Tages legte es auf ber Infel Bourbon
eine große Menge Sier, die es forgfältig zwiſchen die Ringe
ſchob, die fein eng fpiratfirmig zufammengewidelter Körper bils
dete. Die Schlange, bie bis dahin ganz Falt, wie gewöhnlich,
anzufühlen gewefen war, befam jest eine fehr erhöhte Temperas
tur, der fi nähernb, wie man fie beim hitzigen Kieber finhet,
und diefe.Dige dauerte mehre Tage, um das Ausfchlüpfen der Zungen
aus den Ciern zu befördern. Aber bie Faͤulniß, welche fich einiger
zerbrochener Gier bemächtigte, von denen die Schlange fidy nicht
hatte frei machen können — fie war durdy die lange Reife ſehr
geſchwaͤcht — führte den Tod des Tpieres herbei, ehe bie Jungen
ausgeſchluͤpft waren.
Stärke thierifher Ausbüänftung.
In Ponbichery und auf Isle de France gibt es eine Fleine, mit
bem Schwanze nur vier Zoll lange Spigmaus (sorex serpentarius,
Gesffr.), weldye fo Präftig ausbänftet, baf, wenn fie über Weins
oder Bierflafchen Läuft, die Fluͤſſigkeit einen fo ſtarken Moſchus⸗
geruch annimmt, daß man fie nicht trinken Eann. 170.
*) Der Tod dieſes Jaͤgers war fpäterhin nod) jammervoller, indem
er auf der Gemſenjagd ein Bein brad) und verhungern mußte.
- Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Broddens in Leipzig.
nennen
;
‚
Blaͤtter |
für
Sonntag,
u a
(Beſchluß aus Nr. 110.)
„Fruͤher gebildet in feinen Staatseinrichtungen als die
Nachbarländer im Oſten war Sachſen. Sein Werth ward
erhöht ducch feine Lage faft im Mittelpunkte des öftlichen
Deutfchlands, und durch den Bells der Stade Witten:
berg und „Lipsk“ (Leipzig), welches ſchon zu den Zeiten
der Kreuzzüge in großem Rufe ftand, und durch einen be:
deutenden Verkehr belebt murde.” In demfelben Maße
bifdete fich das Poſtweſen in diefem damals fo glüdli-
hen, fo reichen und durch wiſſenſchaftliche Gultur fo
hoch ftehenden Lande aus; indeß muß Kurfürft Auguſt
(1553 — 86), ein ſehr gelehrter und ebenfo ſtaatskluger
Herr, ald der eigentliche Begruͤnder des fächfifchen Poſt⸗
weſens angefehen werden. Segt ſteht daffelbe unter ber
Leitung des verbienftvollen Oberpoftdirectord von Hüttner,
und umfaßt ein Oberpojlamt, nämlich) das zu Leipzig, wels
ches zugleich Landescollegium in allen Poftangelegenheiten
ift, ein Hofpoftamt (Dresden), 37 Poftämter, 75 Poft:
erxpeditionen und 48 Pofthaltereien, alfo zufammen 162
Poſtbehoͤrden, welche fämmtlidy dem obengenannten Ober:
poftamte Leipzig untergeordnet find.
Achntiche Erſcheinungen bietet nun die Poſtgeſchichte
der Übrigen beutfchen Poftftaaten dar; wir gehen aber
‘ darüber weg, um uns fogleih zur franzoͤſiſchen Poſtge⸗
(hichte zu wenden, für deren frühere Epochen der Verf.
das Eingangs genannte vortrefflihe Werd von Neufville
als Quelle benugen konnte. -
Das Edict Ludwig XI. von Frankreich, welches ihm
fo lange die Ehre verfchafft hat, als Erfinder der Poften
zu gelten, lautet im Eingange: „Edit pour Petablisse-
ment des postes en date à Luxies (befeftigte Burg)
pres Doulens (Städtchen im Departement der Somme),
de 19 Juin 1464. Institution et l’etablissement que le
Roi, notre Sire, veut et ordonne £tre fait de certains
coureurs et porteurs de Ses depeches en: tous les
fieux de son royaume, pays et’ terres de Son obdis-
sance, pour la commodite de Ses affaires, et diligence
de Son service et des Ses dites aflaires.” Und in: der
hat, wenn man dies Edict weiter zergliedert, fo findet
man unwiderleglich, daß die Einrichtung lediglich den Dienſt
%
literariſche Unterhaltung
21. April 1833,
— — —— —
des Koͤnigs betraf, jede Befoͤrderung von Privatcorreſpon⸗
denz ausſchloß, und alſo auf den Namen: Poſt, im heu⸗
tigen Sinne auch nicht den entfernteſten Anſpruch hatte.
Es wurden bei dieſem Inſtitute anfaͤnglich 230 Staats⸗
courriere (messagers à cheval) angeſtellt, welche die herr:
ſchaftlichen Depechen nach jedem Punkte des Reichs zu
uͤberbringen hatten. Erſt laͤngere Zeit nachher geſtattete
man ihnen die gleichzeitige Beſtellung von Privatbriefen
und machte die Anſtalt dadurch poſtaͤhnlicher. Auf dies
ſem letztern Grunde baute hiernaͤchſt der vortreffliche Hein⸗
rich IV. weiter fort, und wir finden das Poſtweſen unter
ihm bereits ſo weit ausgebildet, daß er die Ernennung
eines eignen Generalpoſtmeiſters noͤthig fand und ſeinen
erſten Staats: und Cabinetsminiſter, Guillaume Fouquet
de la Varenne (Sully), unter dem Titel: General des
postes et chevauchers de Pécurie de Sa Majeste, mit
diefer neuen Würde bekleidete. Um dieſe Zeit ward auch
die Benennung maltres des postes allgemeiner. Unter
Ludwig XIV. ward der berüchtigte Louvois Chef des fran⸗
zöfffchen Poftwefens, und verpachtete dafjelbe einem gewiſ⸗
fen Patin für 1,200,000 Livres. Diele Pachtfumme konnte
indeß ſchon im Sabre 1738 auf 3,947,543 Livres erhöht
werden, woraus fich die fchnelle Vervollkommnung des
franzöfiihen Poſtweſens abnehmen läßt, und die lebte
(23) Verpachtung erfolgte 1786 für 10,800,000 Livres.
Sm J. 1790: aber hob ein Decret der Assem-
blee constituante die ganze Poflverfoffung Frank:
reichs auf und ‚orbnete ſaͤmmtliche Poflanftalten einem
koͤniglichen Oberpoftcommiffarius unter, Napoleon dage⸗
gen flellte wieder Generalpoftdirectoren, unter denen wir
den, durch feine Schidfale fo bekannten, um feine Ab⸗
miniftration fo verdienten Grafen Kavalette nennen, an die
Spige des Poſtweſens. Nach der zweiten Reftauration
(1815) erklärte der Staatsminiftee Graf Beugnot, daß
das Poſtweſen in Frankreich durchgehende eine Lönigliche
Anftalt fei und unter dem befondern Schug de Monar:
hen ſtehe. Indeß fcheint daffelbe, nad) der betaillirten .
Schilderung feines heutigen Zuflandes, mit welchen der
Verf. diefen vorteefflihen Abſchnitt befchließt, im ers
gleiche zum deuffchen, namentlich zum preußiſchen Poſtwe⸗
fen, doch noch fehr viel zu wuͤnſchen übrig zu laflen, wes
gen welcher allerdings hoͤchſt intereffanten Vergleichung wir
aber, namentlich Sachkenner, auf das Werk felbft verweilen. -
L
458
Füuͤr das engliihe Poflwoefen, zu welchem unfer Verf.
nunmehr übergeht, hat derfelbe die amtlichen Berichte
preußifcher Poſtbeamten benugen können, welche England in
poftwiffenfchaftlicher Hinſicht durchreift haben. Diefe Be:
richte find feine Dauptquelle geweſen, da fonft, außer dem
ſehr allgemein gehaltenen Artikel: Poſt, im 28. Bande von
Nee’ Encyklopaͤdie“, nichts Genuͤgendes über englifches
‚Poftwefen vorhanden ifl.
Die erften Anfänge des englifchen Poſtweſens verlieren
fich wie überall in tiefes Dunkel. Erſt unter ——
Regierung ſcheinen die Poſten in England in einige Auf⸗
nahme gekommen zu ſein, und einige Zeit nachher wurden
fie zw einem Regale gemacht. Jakob⸗ I. gründete durch
Matthew de Quefter eine Briefpoſt für die Correſpondenz
in das Ausland, und feine naͤchſten Nachfolger begründe:
ten ebenfalls mehre nuͤtzliche Pofteintihtungen. Die Kb:
nigin Anna aber (1702 — 14) ließ durch die neunte Acte
ihrer Regierung dus ganze Poſtweſen umformen, mie es
großentheils noch jegt beſteht. Man kann die ungeheuern
Fortſchritte des Poſtweſens in England am beften aus
Vergleichung dee gefammten Poſteinnahme in den verfchie:
denen Zeittaͤumen beurtheilen. Diefe Einnahme beteug im
J. 1644 3000 Pfund, im J. 1828 aber 1,500,000 Pfb.,
alſo das Fünfhundertfache. Diefe jetzige hohe Poſtein⸗
nahme Englands wird durch die Eigenthümlichkeit und
Grunbverſaſſung des engliſchen Poſtweſens bewirkt, daß
die Genetalpoſtaͤmter der drei Koͤnigreiche das geſammte
Seeporto ziehen, obwol ſaͤmmtliche Schiffe gehalten find,
die Brieffelleiſen umentgeltlich mitzunehmen. Um bdiefee
Einnahme gewiß zu fein, nimmt das engliſche Poſtweſen
üderfeeifche Briefe nur franfirt an. Ferner trägt zu je:
ner Höhe des Nettoertrags der englifchen Poften der Um:
ftand bei, daß bie Privatfuhrherren das Mitnehmen ber
inländifhen Brieffelleiſen gegen eine hoͤchſt umbedeutende
Enrfehädigung Übernehmen. Endlich aber kommt hierzu
noch die außerordentliche Höhe des Briefportos, welches
Deutfche zur Verzweiflung bringen würde, von den Bri⸗
ten aber ganz gern gezahlt wird. Als einfach nämlich
wird ein Brief von ben englifchen Poſtbehoͤrden nur dann
betrachtet und mit einfüchem Porto belegt, wenn er aus
Einem Bogen befteht; jede Einlage aber, wie klein fie
auch fein möge, wird als ein befonderer Brief angefehen
und aud fu austaxirt. So brachte 3. B. vor einigen
Jahren ein Paketboot aus dem Mittelmeere einen Brief
nach Pondon, worin mehte Zeitungen aus Miffelungbi la:
gen, und wofür der Empfänger, jenm Grundſaͤtzen zufolge,
77 Pfund (539 The.) Porto zahlen mußte. In ei
“nem Schreiben ferner aus Amerifa an einen Botmiler
in London lager einige Pflanzenbtaͤtter. Dan war im
engliſchen Poſicomptoir Aber das Austarieen unſchluͤſſig;
zufegt zäßlte man, den Brief vor das blendendſtarke Lam:
penlicht haltend, die Blaͤtter und erhob für jedes Blatt
ein volles Btiefporto. Diefes Drtait mag hinreichen,
um uns das vielfältig fo hoch gepriefene englifche Poſtwe⸗
fen in feinem wahren Lichte zu zelgen; unter Verf. Hut
aber wohl daran, die Vergleichung zwiſchen englifcher und
deutſcher Poftvafaffung recht ausfichrlich zu machen, um
.
— ——— —— ————— — ⏑
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bie Angfomanen wenigſtens im poſtlichem Bezuge zu bez,
kehren.
Die Poſteinrichtungen Spaniens dagegen, deren Dar⸗
ſtellung jetzt an die Reihe kommt, ſtehen nicht auf einer
ganz fo niedrigm Stuſe, als man nach ben letzten Vers
hältniffen dieſes unglädlihen Landes annehmen ſollte. Die
Leitung und Auffiht des gefammten ſpaniſchen Poſtwe⸗
fens ift einem Generalpoſtamte: La real y suprema junta
de apelaciones de los juzgado de correos y postos
anvertraut, welches aus einem Oberintendanten, vier Ge⸗
nerafdirectoren, vier Generalcondatoren, einem Aſſeſſor und
einem Fiscal beſteht. Das Pofthaus in Madrid ift ein
freiftehendes Viereck auf der Plaza mahor. In jeder
Provinz befteht außerdem eine untergeordnete Poftdirection
und in jedem beträdytlihen Drte ein Poftamt. Die Brief:
poften (Reitpoften, correos) werden auf den großen Cour⸗
fen in Gabriolets, befpannt mit vier Maulefeln, fortge⸗
bracht; die DBriefpakete befinden fih in einem lebernen
Felleiſen, welchem man, mwerm bie Menge der Correfpon:
den; es erfodert, ein zweites Felleifen beifügt. Fahrende
Poſten find erſt feit dem Minifterium des verbienftvollen
Grafen Florida Blanca im Gange und vermehren fid)
jest fehr. Diefe Poftmagen gehen von jebem Orte,
wo ein Poftcours anfängt, zur feftgefegten Stunde ab;
en „Maporal” bat bie Aufficht und Verantwortlichkeit waͤh⸗
rend der ganzen Meife. Unterwegs wird in beſtimmten
Poſadas (Gafthöfen) oder Ventas (Schenken) zu Mittag
oder Abend gefpeift und uͤbernachtet, well bie Poflwagen
nur am Tage unterwegs find. Gemöhnlidy werden täglich
acht deutſche Meilen zuruͤckgelegt. Uebrigens ift das Met:
fen mit Poft in Spanien theurer als in Deutfchland; in⸗
deß fieht man doch, daß, wie wir gleich angeführt haben,
das Poſtweſen Spaniens auf einer nicht zu nicdrigen
Stufe der Ausbildung ftcht.
Freilich aber leider daſſelbe keine Vergleichung mit
bem, im nun folgenden Abſchnitt dargeflellten Poftwefen
in Nordamerika, wo Alles, und alfo auch die Poft einen
Rieſenweg der Vervolltomnmung geht. Der nordamerika-
nifche Gernteralpoftmeifter hat dem Congreß einen Bericht
vorgelegt, im welthem bie Fortfchritte des. dortigen Poft:
weiens vom 3. 1797 — 1828 von fünf zu fünf Jahren
angegeben find. Es erhellt daraus, daß die Zahl der
Poftämter im diefem nun 36jährigen Zeitraume von 200
auf 8000, fchreibe achstayfend, alfo um das Abfache zu⸗
genommen hat, und daß die Zahl der Poſtſtraßen von
8642 auf 114,536 geftiegen if. In dem Jahre vom
1. Juli 1875 betrug die Brutto: Pofteinnahme gegen
2,500,000 Thaler, und der reine Weberfhuß über
4,300,000 Xhalet, welcher — und darin fteht denn fteiz _
lich die nordametikaniſche Poftverwaltung einzig da — les
bigfic zur Verbeſſerung des Poſtweſens angewendet wird.
Das Reifen mit dern Poften iſt indeß theuer. ‚Zu Bal—⸗
timore z. B., von wo täglich eine Menge eleganter Poft:
kutſchen auf den herrlichſten Landſtraßen abgeht, zahlt
man für einem Sig im Wagen felbft auf 16 deutfche
Meilen 8 Dollars (11} Thte.).
Endlich aber muß Das, was wir bier über das nord:
amerikaniſche Poftwefen anführen, noch mehr in Efflaunen
fegen, wenn man in Betracht zieht, role unendlichen Ab⸗
bruch demfelben die Dampfſchiffe thun, von denen jegt al-
kein auf dem Miffifippi und feinem Steomgebiete weit über
0 im Gange find. . Die alternde Europa mag fi
baher auch in. biefem Bezuge der Eoncurrenz nur vor
ihrer tiefigen Rivalin in Acht nehmen !
Sn einem Anhange zu biefem Abichnitt handelt ber
Berf. nech von den Schritten, welche jeßt geichehen, um
ein Poſtweſen fetbft in Auftralien zu begründen, indem
von Sidney aus Poſtkutſchen nad) den bedeutendften übri⸗
gen Punkten. Neuhollands woͤchentlich zweimal abgehen
fellen. So wirb dieſe Seguung der Qultur denn Bald
- Teinem: Winkel der Erde mehr fehlen; und der fünftige
Gefchichtfchreiber des Poſtweſens wird ein noch teiteres
Feld vor fich fehen als unfer wackerer Verfaſſer. |
Dein Schluß diefes fachreihen Werkes machen hiſto⸗
riſche Eroͤrterungen über. das Poftregale, bie eines kriti⸗
ſchen Auszuges nicht wohl fähig find, und ein befonderes
Intereſſe auch mehr nur flr Maͤnner vom Fache haben,
Letztere aber werden ſchwerlich fäumen, ſich ein Buch ſelbſt
enzufchaffen, welches, einiger Eleinen, in unferer Anzeige
‚apgebenteten. Unvollkommenheiten ungeachtet, im Ganzen
doch gewiß den”von uns ebenfall® hervorgehobenen Cha⸗
rakter der Claſſicitaͤt in der Poſtliteratur an ſich trägt.
Nürnberger.
1. .Zeben und Thaten bes koͤnigl. preußifchen Generalfeld⸗
marfchalls, Fürften Blücder von Wahlſtatt. Nas bear:
beitet von Louis von Wallenrodt. Mit der Ab:
bildung Ber Denbmäler des Fuͤrſten zu Berlin, Bres⸗
lau und Roftod, ſowie des Grabmals bei Krieblowig
in Schlefien. Stettin, Böhme. 1831. ®r. 8. 1 Thlr.8 Sr.
2. Das Beben des Generals Grafen Bogkslaw Tauengien
‚von Wittenberg. Bon C. von Groszkowsky. Krank:
furt a. d. O., Tempel. 1832. Gr. 8. 20 Gr. |
Rr. 1. Da erſt neuerlich eine fehr umftändlihe Biogra⸗
phie Blüuͤcher's erfchienen iſt. meldge in Ar. 346 u. 347 h. Pt.
f. 1831 angezeigt wurbe, fo follte ich allerdings nit glaus
ben, daß eine abermalige Bearbeitung diefes Gegenftanb:s un
ter bie literariſchen BVebürfniffe zu rechnen fei, und mürde es
angemeſſener gefunten haben, wenn der Verf. feine Bemühung
einem anbern,. minder allgemein bekannten und nicht fo vielfach
beleuchteten Gegenftande. gewidmet hätte. Auch Scheint der Verf.
biefes gefühlt zu haben, denn er fagt in ter Vorrebe: „Bei
den nieten, zum Theil vorzüglichen Werken über das Lelfen und
bie Thaten bes. Fuͤrſten Bluͤcher von Wahlßatt ift die einzige
Entſchuldigung des gegenwärtigen vielleicht die Erklaͤrung, daß
daffelbe nur für ein Yublicum beftimmt fei, weldyes darin nichts
Grichöpfendes, fondern bios eine leichtfaßliche Erzaͤblung der
beszerbebenben WBlücherthaten ſucht.“ Nachdem berfelbe mithin
bas Publicum, für welches er feine Schrift vorzugsmeife be:
Rimmt, auf diefe Art befinirt Hat, ſollte man eine populaire,
die Thaten, Verdienſte und Giganthämlichkeiten Blucher's ia
einfachen, klaren Worten befchreibende Darftellung erwarten,
m bie Deutfchen an ihren vaterJändifihen Feldherrn unb
zugleich an eine fhöne, nur gu fehr vergeffene Zeit allgemeiner
nationaler Verbrüterung erinnern müßte. Um fo ftörender ift
es, In diefe Biographie eine Unfumme pomphafter‘ Redensarten
und kuͤnſtlich herbeigegogener Bilder eingewebt zu finden, an
459 ' N
denen dar Verf. ein ſthtbares Wohigefallen zu haben ſcheint,
denn bei ganz proſaiſchen Vorfällen. ſpricht er von Aphrodite
Mars, Phoͤbus, Thetis, Aurora u. f. wı und ruft oft den gar»
zen Diymp zu Huͤlfe, welches gewiß. fiir bie meiften Lefer noch
viel widriger. als für mich fein muß, da ich aufrichtig bekeane,
baß die jeßige- moderne chriſtlich⸗ myſtiſche Manie vielir, befon«
ders belletviſtiſcher Schriftieller- von Adel mis Sergeſtalt uner-
möglich iſt, daß jede kleine Abweichung fu eine? etwas heidni⸗
ſchen Anſicht mich unwillkuͤrlich erfreulich anſpricht. Dagegen
it es nicht ſehr verbindlich vom Verfaſſer, daß er ſaͤmmtliche
mythologiſche Metaphern, jeden allegirten hiſtoriſchen Ramen
in Roten erklaͤrt, wie z. B. die Worte: Arminius Diympiade,
ordiſcher Knoten u. ſ. w., wodurch er beweiſt, daß ex von ber
elligenz feines Publicums keine große. Idee: habe, welches
grade ihm eine Genſur verübeln muß, ba er ih der Worcede
nicht nur fich felbit als guten Royaliſten gebührend: Igitimirt,
fondem au bewiefen hat, daß er nur für ein gleidhgefinntes
Yublicum fehreibe.
Was den Inhalt ſelbſt betrifft, fo iſt die Schrift ein rei⸗
ner Auszug -aus ber obenermähnten twmeitläufigeen und viel
geiftreicher abgebandelten Lebensbefchreibung, nur mit dem Une
terſchied, daB das vorliegende Werk an den „Jelemach“ erine
nert, denn fortwährend und wörtlich wird der „Mars Btüdger”
als von der ‚Minerva Gneifenau‘ geführt betrachtet, und eine
beiehrende Rote verkündet, was unter Mars und Minerva zu
verfiehen fei. i
Ar. 2. Wie in grammatiſcher Hinſicht zwei aufeinander
folgende Negationen in eine Bejahung ſich umwandeln, fo findet
in: pfochologifcher Beziehung etwas Aehnliches flott, indem zu
ftarte, aufeinander gehäufte Behauptungen nicht nur ihren
Zweck verfehlen, fondern fogar auf das Gemuͤth den entgegen:
gefesten Eindruck von dem hervorbringen, weldgen fie heabfldhs
tigten. Ganz befonders gilt dieſes bei uͤbertriebenem Lobe, weis
ches ben gelangweilten Zuhörer oder Liefer unwillkuͤrlich in eine
Art von Oppofition gegen den Gefeierten verfegt, und ich glaube
faft nicht, daß man einem Deenfchen mehr ſchaden inne, als
wen man ibn als ein Wunberwerk, als einen Ausbund aller
Vortrefflichkeiten präfentist. Beſonders liegt in dem beutfihen
Nationalcharakter ein angeſtammter Widerwille gegen alle Af⸗
fectation, mithin gegen alle Lobhudelei, waͤhrend die Franzoſen,
welche fähig waren, das Lob Ludwig HIV. zu einer pers
manenten Aufgabe der Afabemie zu machen, fich in dergleichen
Phrafen gefielen. Leider bemühen fich jegt viele deutſche Schrift:
Reiter, die Sharakterlofigteit und Phrafenpafiton der Franzoſen
nachzuahmen, ohne fich Übrigens die guten und liebenswuͤrdigen
Gigenfchaften dieſer Ration zu eigen zu machen, und fo ſcheint
das vorliegende Werk ein leiber nur zw fehr gelungener Ders
fu zu fein, das Zalent ber Franzoſen, bergleichen rhetoriſche
Zriumphbogen zu errichten, noch zu überbieten. Bogislaw von
Zauengien, geboren zu Potsdam im: Sabre 1760, fland 1775
als Junker bei bem Regiment Gensdarmes, dans bei bem In» -
fanterieregiment Prinz Heinrich, avaneirte 1776 zum faͤhnvich
und wurde Abjutant des Prinzen Heinrich. Da biefer ihn,
nad des Verf. Worten, vorsugemweife fehr lieb hatte, und der
Einfluß, welchen derſoibe auf die-jängern Offiziere feines Regi⸗
ments und feiner Umgebung ausübte, algemein bekannt iſt, fo
unterliegt e8 wol keinem Zweifel, daß bie prinzlichen Unterrueis
fungen bei Herrn von Tauentzien ebenfo günftigen Gingang
fanden als früher bie von Sokrates, indem er feinen Alcibiades
befehrte. Hierauf 1781 zum Lieutenant, 1786.3um Gapitain,
17890 zum Major befördert und 1791 in ben Grafenſtand ers
boden, war er im Feldzug 1798 im Wefolge bes Königs, ers
bielt einige Orden, avancirte 1795 zum Oberfltieutenant, dann
zum Kammerheren, während er als militairiſcher Bevollmächs
sigter im Bauptquartier des Generals Glairfait war‘, wurbe
dann als Gefantter nad Rußland geſchickt, um wegen ber Theis
lung Polens zu negocliten. avancirte 1795 zum Dberften, noti⸗
ficirte 1797 den Zob des Koͤnigs den engliſchen Hofe, wurbe
1801 zum General befördert und erhielt 1805 ale Chef das
I!
400
Regiment, vacant v. Laurene, welches id Anfpadı ftand. Wiegen
der Verlegung des preußifcgen Gebiets im Jeidzuge 1806 hatte
der Beneral Zanengien einige biplomatifhe Differenzen mit
dem Marfhall Bernadotte, fowie mit dem Rath von Rürnberg,
beiam ben rothen Adlerorden, zog fih mit feinen Truppen
beim Ausbruch bed Kriege 1806 nad Jena zurüd, bes
ſtand am 9. Dertober ein ungünftige® Gefechte bei Gchleiz,
wohnte der Slhlacht bei Jena bei, entlam durch die Lift von
Bluͤcher, welcher ben franzoſiſchen General zu täufchen wußte,
bis Prenzlow, wo er unter Hohenlohe capitulirte und dann als
Kriegsgefangener in Gharlottenburg lebte. Wegen bes . Vers
dachts geheimer Correſpondenz wurde ber Graf Zauensieu am
23. December 1806 arretirt, nad der Feſtung Bitſch in den
Vogeſen transportist, im April 1807 wieder über Berlin nad)
Mofen gebracht, von wo er aufs Neue in das Fort Joux bei
Pontarliers au der Grenze der Schweiz als Befangener geführt
warb, und erlangte erft nad dem Frieden von Tilſit feine Frei⸗
heit. Als Benerallieutenant und Befehlöhaber der brandenburs
ger Bkigade fianb der Graf Zauengien in Berlin, wo er im
Sahr 1809 einigen Verdruß wegen des ritterlidhen, aber unübers
legten Abenteurerzug6 von Schi hatte, bis er im Feldzug 1818,
als Militairgounerneur zwifchen ber Dder und Weichfel amges
flelt, die Blockade von Gtettin leitete.
Nach) dem Waffenftillftand erhielt der Graf Tauentzien das
Sommando über das neu gebildete vierte Armeecorps, nahm, bei
Blankenfelde fiehend, an der Schlacht von Groß» Beeren Theil,
fand am 4. September zu Seyda, wo fein - Armeecorps, ale
er zu einer Gonferenz bei dem Kronprinzen von Schweden war,
von ben Franzoſen unter Ney lebhaft angegriffen und zurüdges
drängt wurde, fobaß er, biefen Unfall nicht abnend, bei
feiner Ruͤckkehr unter die Feinde gerieth und nur dadurch,
dab er fh für einen Offizier der Rheinbundarniee aus:
gab, der Gefangenfchaft entging. ‘An ber in Folge biefes
Vordringens herbeigeführten Schlacht von Dennewig nahm das
Corps von Zauengien thätigen und rühmlichen Theil, wofür
ber Graf den ſchwarzen Abdierorden und das Großkreuz des
ſchwediſchen Schwertordens erhielt, und worauf er fein Haupt⸗
quartier nach Deffau verlegte, während Wittenberg und Torgau
blofirt wurben. Die befannte, fowol von Wittenberg aus als
gegen Deffau gerichtete feindliche Demonftration, wodurd Ras
poleon vielleicht anfangs einen Marfch nad Berlin, fpäter aber
wenigftens den Plan beabfichtigte, ben Kronprinzen von Schwe⸗
den wieder auf das rechte Eibufer zu locken, fügte dem Korps
des Grafen Tauentzien viel Echaben zu, indem bei ber entfte
henden Berwirrung die Kofaden die über bie Elbbruͤcke marfchis
rende Infanterie überritten, und nöthigte ihn zur Dedung Ber:
ins zurüdzugeben, während bie Schlacht von Leipzig geliefert
wurde. SInbeffen capitulirte Stettin am 20. November 1813,
Zorgau am 10. Ianuar 1814, für welche mittel: und unmit⸗
telbare VBerbienfle der Graf Zauengien zum General der Ins
fanterie erhoben wurde, und nach ber durch einen Sturm erfolgten
. Ginnahme von Wittenberg erhielt er beffen Ramen- bem feinis
gen beigefügt. Im Folge ber Ginnahme non Paris ergab ſich
‚Magdeburg, mo der Graf Zauengien einen feierlihen Cinzug
hielt, Hierauf das Generaltommando ber Marken erhielt, an
dem Feldzug 1815 Eeinen thätigen Antheil nahm und 1824 im
64. Jahre feines Lebens ftarb.
Die hier mitgetheilte Lebensbefchreibung ift es, welche der
Berf. durch ein in uͤberſchwenglichem Maße gefpenbetes Lob,
duch Verwandlung ber einfachften Begebenheiten in wunder:
bare, faft gebeimnißvolle Abenteuer, durch Beifuͤgung nie ſtatt⸗
gehabter oder grenzenlos ibealifirter Thaten in eine Dichtung
mit wenig Wahrheit verwandelt. So wirb namentlih von eis
nem heroiſchen Benehmen gegen ben bie preußifche Grenze bei
Anfpady überfchreitenden Marſchall Bernadotte viel gerühmt,;
weiches weiter in nichts beſtand, als daß ber Graf die Sache,
weiche er nidht ändern konnte, ibren Bang gehen U. Der
Berf. laͤßt fogar den Erzherzog Karl von dem franzöfifchen
Durchbruch avertiren, ohne zu bedenken, daß dieſer Fuͤrſt im
Jahr 1805 in Italien commandirte, mithin unmöglich mit dem
Grafen Tauentzien in Berührung ftand. Der Rüdzug-von Ant-
pach nady Jena beim Vorrüden ber Branzofen wirb als ein
taktiſches Meiſterſtuͤck betrachtet, ber Werluft bei Gchleiz dem
Benerat von Bila aufgebürbet, fogar von einem mörberlichen
Befecht gefabelt, in welchem der Graf Tauentien am 12. Octo⸗
ber 1806 die Pofition an ber Saale vertheibigt hätte und erft
am 18. Morgens gendthigt worben wäre, „das linke Ufer ber
Saale zu verlaffen und bei ben Aufübergängen Jena gu paffl-
ren’', obſchon befanntlidh die Saale von Yena nad Halle fiießt,
mithin Zena, Auerfläbt und das ganze Schlachtfeld auf bem
Jinfen Ufer der Saale liegt, alfo bdiefes linke Ufer unmöglich
yerlaffen werden konnte, Jena übrigens obne allen Kampf’ is
franzöfifhe Hände Fam. Ebenſo illuſoriſch find die angeführten
Angriffe des Grafen am 18. October, und mehr als-übertrie
ben ift ber von ihm um 14. October geleiftete Wiberftanb.
Gewiß ift es nicht meine Abſicht, verdienten Ruhm ſchmaͤ⸗
(een zu wollen, aber lächerlich ift _e6, den Haß bes Brafen
Zauengien ‘gegen Napoleon mit bem Hannibal's gegen Rom
vergleihen zu ſehen und die auf koͤnigl. franzoͤſiſchen Befehl
erfolgte lebergabe von Megbeburg dem Talent bes preußifdgen
Generals zufchreiben zu wollen. Recht .naie aber nennt ber
Verf. die ewige befanmte Geldverlegenheit bes Grafen Tauentzien
(8. 3) „ein Ueberfchägen Teiner pecuniairen Kräfte”. Was uͤbri⸗
gens den erhaltenen Beinamen: ‘von Wittenberg, betrifft, To
war damals die Meinung der preußifchen Armee, ber Graf
Zawengien verbanfe ihn weniger ber Cinnahme biefer Feſtung,
als vielmehr, es [ei Wittenberg geflürmt worbeny bamit bem Grafen
ein möglider Beiname erwachſen möchte. 86.
Literariſche Anzeige.
Bei mir ift erfchienen und buch alle Buchhandlungen unb
Poſtaͤmter zu beziehen: *
Zeitgenoffen
Sin
biographifhes Magazin *
für die
Gefhihte unferer Zeit.
Vierten Banbdes fechstes und fiebentes Heft.
(XXX. XXXL)
®r. 8. Geh. 1 Zhlr.
inhalt:
Biographien und Charakteriftiten. Bu
Dos Leben des koͤniglich preußiſchen Staateminiftere Fried
sih Ferdinand Alexander Reichs : Burggrafen unb
Grafen zu Dohna⸗Schlobitten, General:Landfchafte-
Director, Ritter des rothen Ablerorbens und bes eifernen
Kreuzes, dargefiellt von Johannes Voigt.
6: 0x8 Shriftopp Lichtenberg. Bon Heinrid
Doͤring.
Lebensbeſchreibung des Generals Baron Guſtav Morig
Armfeit. Bon ihm ſelbſt verfaßt. Aus dem Schwedi⸗
ſchen überfegt und mit Anmerkungen des Ueberſeters bes
leitet.
Xugufl Wilgelm von Trosky, koͤnigl. fächf. wirklicher
Geheimrath, Oberamtsregierungẽpraͤſident und Conſiſtorial⸗
director bes Markgrafthums Niederlaufis, Herr auf Ufe,
Paſerin und Pidel. Bon 8. A. Suͤß milch.
Biographifche Andeutungen.
Don Leandro Fernandez de Moratin.
Das achte Heft des vierten Bandes erfcheint im Mai 188.
Leipzig, am iften April 1838. -
8% Brockhaus.—
Nedigirt unter Berantwortlichteit der Verlagshandiung: 8. A. Brodbaus in Leipzig.
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— Ueber, den Beruf und Stand das deutſchen
. -, Buchhaͤndlers. ..
Mr. 2, *)
Bemerkbar wurde in Nr. 1:gemacht, daß, wenn die
Bellimmung des deutichen Buchhandels zu Förderung
von Wiſſenſchaft und Literatur u.’f. w. - erfällt werben
foße, dies hauptfächlich von der Perfönlichkeit Derer, die
ihn betreiben, abhängig ſei, folglich geftrebt werden meüffe,
daß die eintretenden Mitglieder ſich mehr wie bisher von
der Wichtigkeit ihres Berufs durchdrungen fühlen und
daß ihre Thätigkeit von größerer Einficht, mehren Kennt:
niffen und erweiterter Umſicht begleitet werde. Hierzu
muß denn’ nothwendig fchon in ber Lehrzeit des jungen
Buchhaͤndlers der Grund gelegt werden.
Gewiß hat’feit einigen Jahrzehenden die allgemein ver:
mehrte Viviliſation auch dahin getrieben, daß Lehrlinge
zweckmaͤßiger zugezogen werden: der Lehrherr misbraucht
fie nicht mehr zu niedrigen Hausdienſten; die Gehük
fen (Commis) erlauben ſich nicht mehr fie gemein zu be
handeln, etwa fo wie Schomfteinfegergefellen ſich von den
Jungens fieben Jahre den Beſen nadytragen lafſen. Je⸗
doch noch Vieles Liegt bier im Argen.
Der junge Buchhaͤndler fol tüchtig in den Geſchaͤf⸗
tem und mit wiſſenſchaftlichen Kenntniſſen ausgeftattet bes
funden werden. Zur Aneigmung fo verſchiedenartiger Guͤ⸗
ter den richtigen Weg anzugeben, iſt nicht leicht.
As Gewerbe erfobert der Buchhandel die Geſchick⸗
lichkeit mancher Dandgriffe, wie: Manipulation des Sor⸗
timents, Paden u. f. w. als Gefchäft, unausgefegte Auf⸗
merkſamkeit und Thaͤtigkeit, Pflichttreue in Ausfüh-
rung jedes Auftrags, zur Natur gewordene Ordnungs⸗
liebe u. f. w. Eigenfchaften ber Art können nur in eis
ner Anzahl Lehrjahre erworben werden, unter ſtrenger
Zucht, in einer Unterwürfigkeit, vwoelche nur dem frühern
biegfamen Alter angemefien if. Ueber das 16. Jahr
hinaus follte der Eintritt in die Lehrzeit nicht verfchoben
werden. In ſolchem Alter kann wiſſenſchaftliche Bit:
dung nicht ſtattfinden, und iſt dazu ein Grund gelegt, ſo
*) Bol. Nr. 1 in Rr. 108 d. Bl. Obwol dieſe Nr. ſpe⸗
ciellee als bie vorige nur den eigentlihen Buchhändler bes
trifft, fo glauben wir body, daß vielen Leſern d. Bi. bie
Mittheilung willkommen fein wird. D. Red.
22. April 1833.
geht er während ber ſtets mühfeligen Lehrjahre verloren.
Daß nad faurer Arbeit von zwölf Stunden noch ein
paar freie zum Erlernen benugt werden follten, darf von
jungen Menſchen nicht erwartet werben.
So trist denn der Juͤngling aus der Lehrzeit, gelbe
vielleicht in einigen mechanifdyen Arbeiten, fonft aber uns
wiffend und roh *); er fühlt fi frei in den Jahren
ber Leidenſchaft. Wenige arbeiten fi zur Brauchbar⸗
kelt auf, noch wenigere zur Erkenntniß der Wichtigkeit ih⸗
res Berufe.
Der Einwurf moͤchte laut werben, daß nur der Sor⸗
timenthändler folcher Lehrjiahte bebürfe, der Verleger aber
nicht. Gewiß nicht, wenn der Verlagshandel allein darim
befteht: Manufcripte zu übernehmen, zu bonaricen, dru⸗
den laflen, verfenden, Bablung einnehmen und — Ma⸗
eulatur machen. Eben weil dies Alles fo leicht iſt, wer⸗
den im WBuchhändlerverzeichniß eine Menge Namen von
Männern aus allen Claſſen und Ständen gefunden. Ju
den Jahren 1780-1800, wo im Buchhandel nur geldene
Berge erblidt wurden, traten zu ihm ein: Barone, Of⸗
fistere, Apotheler, Advocaten, Kaufleute, Bierwirthe, Markt
beifer, und — verlegten. Don biefen Alten fliehen noch
Zwei oder Drei kaufmännifch ehrenhaft im Buchhandel,
alle Uebrigen find, nachdem fie das etwa mitgebrachte
Capital verloren hatten, verfchoffen, und doch waren unter
benfelben Rechtliche una Tuͤchtige.
Laͤge es nicht außer der Abficht dieſes Auffages, ‘fo
würden weitere Auseimanderfegungen biefer Verhaͤltniſſe,
umd felbit der (zugegebene) natürliche und nahe Zuſam⸗
menbang des Buchdruckerelbeſitzes zum Buͤcherverlegen
ermeiſen können, daB bee Verlagshandel nur von Denen,
bie fich gründliche Erfahrumgen im Sortimenthandel er⸗
*) Sollte biefes Blatt jungen Männern in bie Hände foms
men, bie fih in. fo trauriger Lage wiffen, fo mögen fie
nicht versagen. Der Berf. dieſes Auffages kennt einen
Zemand, der ununterridgiet in die Lehre und unwiffend aus
. ide kam, den Arbeit, Sorge und Roth fortan verhinderten,
Bildung auf wiſſenſchaftlichem Wege nachzuholen, der aber
bennod durch Regſamkeit, durch ftete® Erlernen aus Welt
. und von Menfchen, burdy das Intereſſe, was er an feinem
Geſchaͤft und feiner Waare nabm, dahin gelangt ft, daß
er im Alter das Zeugniß erhoffen darf, feinen Beruf als
Buchhändler erfüllt zu haben. Freilich hat er aber fletö
die Schulbildung ſchmerzlich vermißt.
“
/
!
2 402
worben haben, mit gutem Erfolg für ſich und zum” Be:
ften der Wiffenfchaft und Literatur, betrieben werben koͤnne.
So bleibt denn bie Frage: wie das Erwerben techni⸗
fcher Fertigkeiten und kaufmaͤnniſcher Geſchaͤftsbrauchbar⸗
feit mit dem Einfammeln der erfoberlichen wiſſenſchaftli⸗
hen Kenntniſſe zu vereinigen feid Dieſe Aufgabe wird
nue zu loͤſen fein, wermn dem Lehrling während ber
Lehrjahre Zeit und Gelegenheit gewährt wird, auf mit-
gebrachte Schulkenntniffe, die durchaus vorauszufegen find,
weiter fortzubauen. Dahingeſtellt mag fein, ob Die
Zahl der. Lehrherren, bie ſolche Vergoͤnnung an die Keil
finge für Pflicht halten, bebeutend ſei; gewiß iſt, da
die fie nicht auduaͤbt; und da Worte ber Ans
foderung .meift ohne Frucht bleiben, fo iſt anderweitige
Huͤlfe zu ſuchen.
In den leipziger Buchhandlungen mögen fortdauernd
0 60 und vielleicht mehr Lehtlinge gefunden werden:
eine genugſame Zahl, um
Are Interrichtg-Snäteit fur Tetzrunge des Buch⸗
hanbeis
zu ertichten.
WLeipzig, von wo alo Mietelpunkt bes deutſchen Buch⸗
handels das Gute für denſelben ausgehen ſollte, wird für
die hier erfoderlichen Zweige des Wiſſens aus Unlvetrſi⸗
tät, Schulen und Handlungeinſtituten tuͤchtige Lehrer bar:
bieten, die neben ihren Berufsarbriten gegen gute Hono⸗
date gern ſolchen Unterricht ertheilen wollen.
. Die Lehrherten werben verpflichtet, am drei Tagen ber
Woche ihren Lehrlingen drei Stunden frei zu geben, wo⸗
von zwei für den eigentlihen Unterricht beſtimmt find,
die dritte für Arbeit der Schuͤler unter Aufficht ber Leh⸗
ver im Rocal der Anſtalt.
Aue ſechs Tage der Woche wird Unterricht gegeben:
in dreien an die erfte ſchwaͤchere, in dreten am die vor:
eruͤcktere Glaffe, wodurch gewonnen wird, daß Lehrherren,
? mehre, ältere und jüngere, Lehrlinge halten, den eiwen
oder andern ſtets im Gefchäfe behalten.
Der Unterriht möchte beſtehen in Enchklopaͤdie ber
Wiſſenſchaften, Geographie, Geſthichte; ſranzoͤſiſcher,
engliſcher Sprache; kaufmaͤnniſchem Rechnen. Win⸗
terhalbſahre Sonntag Nachmittag ein⸗ Stunde:
ſatinmenhaͤngender Vortrag ber Geſchichte ber Literatur
des Alterthums und bee Deurfchen; Geſchichte ber Buche
Bruders und Papiletmachetkunſt, verbunden mit miateriellen-
Botzeigungenz geſchichttiche Dartſtellung vom Ausbilder
bes Buchhandels bei den verſchledenen Wöllen. (Unter⸗
richt in alten Sprachen, ſo wuͤnſchenswerth auch, moͤchte
unthuntih und ohne Ftucht fein.
beutfhen Sprache und im. Styllſtiſchen angebracht fef,
iſt Frage.) . :
. Die VBuchhändlerdeputation wird Behoͤrde und von
ihre aus ihrer Mitte eine Eommifflon niedergefeht, welche
Lehrer wählt und den Unterricht beftimmt, wie auch bar:
auf häft, daß bderfelbe, dem Beduͤrfniſſe des Buchhaͤndlers
angemefien, nicht fo ausichweife, daß man etwa die Bäume
vor Wald oder den Wald vor Baͤumen nicht erkenne.
Diefe Commiſſion hält - Stets wachſames Auge auf Fleiß,
zu: |
Ob Unterricht in der 5
Ordnung und anſtaͤndige Auffuͤhrung der Schuͤler; ſetzt
u beſtimmten Zeiten Pruͤfungen an, ſtellt Zeugniſſe für
ehrherren und Aeltern aus und ein allgemeines dem Lehr:
linge ſelbſt am Schluſſe feiner Lehrzeit.
Buy
3 if g
ndlervereine,
de re
I a *
eld, cha du
Dargebrachte® "Opfer des leipziger Buch
theils durch freie Gaben der Buchhändler Deutfchlande,
die eine. Pflanzſchule brauchbarer Gehuͤlfen zu fchägen
al, uns endlich durch jährlichen Beitrag fowie buch
te Summe fuͤr die erſte Einrichtung abfeiten des Bir:
ſenvereins.
Welchen nutzbarern, wuͤrdigern Gebtauch kann ber
Boͤrſenverein jetzt und in alle Zukunft von den bei ihm
dgeſammelten SDeldern maches? Diefe Bewilligung ie
Gunſten der Unterrichtsanſtalt moͤchte keinem Zweifel un:
terliegen. „a
Roch wird vorerſt dem moͤglichen Einwurf Leipziger
Lehrherren zu begegnen ‚fein: daß, bis Lehrlinge nem
Stunden bie Woche zu entbehsen, nachtheilig anf die Ges
fcgäfte einwirken und ihr eignes Intereſſe zu ſehr beein⸗
traͤchhtigen wuͤrde.)) |
Mögen diefe Herren bedenken, daß bie Anfalt fie in
Stand fegen wird, nöthigenfaßs einen. Lahrling mehr zu
halten: verfländiger Aeltern Streben kann nur fein, ihre
Söhne an singen Ort zu bringen, wo fie nicht allein zu
Packern und Expedienten abgerichtet, fordern auch wiſſen⸗
ſchaftlich ihrem Berufe zugebildet werden; die Aeltern
werden nicht allein Schulgeld, ſondern gern auch hoͤheres
Lehrgeld bezahlen wollen. Dazu die Ausſicht, daß die
Ausgelernten ſicher Stellen erwarten können, ba bie Buch⸗
Händler aller Gegenden vworzugäweife von Leipzig unter:
richtete Gehuͤlfen ſich verfprechen Dürfen. Andererſeits köns
wen bie Leipziger für ihre Geſchaͤfte von auswärts auf
beauchbase Gehuͤlfen zählen, dba Die beſſern unter ihnen
nah einem Orte tsachten werben, wo wiſſenſchaftlicher
Untersieht ihnen zu Theil werden kann, welcher wenigſtens
bei den fonntäglichen Vorleſungen über Literatur und Ge⸗
[dichte auch den Gohuͤtfen zugaſtanden werben müßte. *")
*) Hier iſt's am Ort ein Beifpiel des mit Jeipziger Sehrlin:
gen getriebenen Misbrauche anzuführen: Gin dor einiger
Zeit im hohen Alter verftorbener Gebeutenber Verleget Yieit
Devnnin hindurch Jahr aus Jahr Kin zwei, aud drei
Lehrlinge, die nicha zu ſehen befansen ats Ihres Principau
Wertag, den fie collationitten, verpadten, austragen, in die
Nieherlagen einräumten und fpäter zu Maculatur machten;
‚in Banblungdbücer fchrieben fie niemal$ und? — lern:
“ten fechs Zahrr! Wo ift dies Halbhandert Aushelernter
bingWohnmtett? -— Won einem andern Bndghändier alter
Zeit wurde erzuͤhit, daß er den Behuting anzuͤchtige Wüber
illuminirea laſſe. u u Bun
”°) ten ——— N us der en ae u:
. te Sid. and wife er ehe n,
ht en ufeum, wo ent Mu en u. f. w. 8
der —— und Papiermacherkunſt aufgeſtellt wuͤrden,
eine Bücherſammlung zur Literaturgeſchichte ꝛc. Gewiß
werden von allen’ Selten bie Genoſſen des Buͤcherweſens
zur Bereitherumg ſolchen Schatzes beitragen, ber bann auch
wieber "von ben Lehrern und Schülern der Unterrictsan:
' 24 ,
Noch ein beſonderer Gewinn mitb aus ber Unter:
tichtsanftart.. für
ergeben. Hoͤchſt nothwendig ericheins, daß in Leipzig,
ben Stapelort, ber allgemeinen: Sicherheit wegen eine
gename Kenntaiß des im Buchhandel: wibeltenden Perſo⸗
nals — Gehuͤtfen, Behrfinge, einhetmiſche Markt⸗ und
zugehende Meßhelfer — ſtattfinde. Grabe uͤber die wich⸗
tigſte Claſſe dieſes Perſonals, die Lehrlinge, welche meiſt
bie fremden Lager unter Händen haben, wuͤrde durch bie
Unterrichtsanſtalt Eontrole erlangt, ohne obrigkeittiches
Einfchreiten und ohne Auferlegung eines dem Buchhandel
wicht angemeſſenen Zunftzwanges. N
Fuͤr die Ausfügsbarkeit einer Unterrichtsanſtait und
bis Bortheile, die babmech. nicht allein bem einzelnen Lehr⸗
heren, fondern auch dem ganzen Handel eines Drtes er-
wahren, kann als Erweis die feit dem Jahre 1819 in
Gotha beſtehende ‚blühende Baufmännifche Anſtalt ange:
führt -werden,. welcher fich feit 1831 in Leipzig felbſt eine
aͤhnliche angereiht hat, die ohne Zweifel in vollem Gebet:
Ben ifl. Lestere kann zu Rath und That der buchhänb:
lerlſchen ſehr benust werben, obwol ihr Lehrplan, für Buch
—— nicht angemeſſen, fuͤr ſie zu eng und zu
weit iſt.
Sollte der hier gemachte Vorſchlag Gunſt und Ein:
sang finden, fo wird die in Löblicher Buchhaͤndlerdeputa⸗
tion vereinte Einfiht und Erfahrung eine folche Unten
richsanſtalt gründli und vollendet herzuſtellen wiſſen.
Mas hier daruͤber gefagt wurde, bient nur als Umriß zur
Erlaͤuterung und iſt olme allen Anfprud).
Obrigkeitliche Gewährung und Begünftigung darf man
erwarten. Die neue Organifation des leipziger Buche
händlervereins, weicher gruͤndlichſte Unterfuchung und Auf⸗
nahme vielfeitiger Erfahrung voransing, erweiſt abermale,
welches hohe Intereſſe an der Foͤrderung von Wiſſen⸗
[haft und Literatur durch den Buchhandel von ber
erlauchten koͤnigl. fächfiichen Regierung genommen reich,
wie fchon früher bethätigt buch das mit großer Umficht
abgefaßte Mandat von 1772, und erweift, daß mehr und
mehr Mor erkannt wird, wie wichtig für Sachſen fei, fich
den Gentralpunft und Stapelplag bes deutfchen Buchhan⸗
dels in Leipzig zu bewahren.
Das Baſte werde erhofft! 175.
/
Romanenliteratur.
4. Der Morbbrenner im wilden Shale, ober bie Morne an
Longwy's Zelfen. Hiſtoriſch⸗ romantiſches Gemaͤlde franzoͤſi⸗
ſcher Sitten und Gebraͤuche. Nebſt einigen andern Erzaͤh⸗
lungen von Friedrich Stahmann. Potsdam, Vogler.
1832. 8. 22 Se.
Die erſte Gefchichte iſt trog des wuͤſten Titels bie befte
und obendrein die laͤngfte. Die Schickſale eines jungen Ange
ſtellten bei dem Zelegranhen in Longwy find bie Träger einer Er⸗
— — —
ſtalt benugt werben koͤnnte, und bie Principale würden
nicht verſchmaͤhen, von Zeit zu Zeit ein ſolches NAuſeum zu
beſuchen und unter bie Zahl junger werthvoller Leute ſich
zu mifchen. ..
die Geſammthtit der Buchhaͤndler ſich
12.8
zählung, bie manchet Abentezertiche, qub noch mehr Anziehen:
des. una Velthrendes über bie Zuftände in den Arbennen ent:
hält, bitarre, auch etliche Liebentwüsblge Eharaktere aufftellt
und damit ſchließt, dem grundehrlichen Deutſchen, der fehr wiber
Willy den Franzoſen dienen wuß, auf ben Stenhansthurm
in feinem Vaterlande umd, fa zu fagen, Materhaus als Waͤchur
zu. verſeten. In den folgenden Grzaͤtuungen fleit eu von ba
Beobachtungen an und muͤht ſich ad, nicht immer vom Gelingen
gelsönt, ſentimental, humoriſtiſch und frehleunig zu fein. A
ungelenkſten iſt er im ber gereimten Profa in der „Punfihgefal-
haft”, wie ber. Verf. überhaupt, wenn ihn ber Kigel Might,
Verſe zu machen, doch ja vorker einige Kenntmiffe bes; Techiis
fchen dev Posterei ich zuzueignen hoͤchſt nöthig bedarf.
ahrdelt und Phantafie von Victorin. Ldeiprig, sb
breqt. 1882. 8. 1 Ihm. pus
Keiſeſkizzen eines deutſchen Malers, nach bem Beſteigen
bed Befund aufgezeichnet, dienen einer ſehr verwickelten, ſpan⸗
nenden Novelle: „Die Brüber, oder bie Höhle in ben |
ninen”, gleichſam zum Prologe. Der Verf. benannte die Re
velle nicht ohne Grund ein Nachtſtuͤck, die Suͤhne ift keine voll⸗
fländige, es bleibt noch immer am Schluß ein uneinzufügender
Bruch übrig, und das Wragifhe Hat weniger vom erhabenen
läuternben Gchmerz ale vom erbitternden Ingrimm gegen
Schickſal und Zufall in fi, die bie Fäden alfo lenkten, daß
das Böfe gefhehen muß, mit und ohne Abficht bes Bollſtreckers.
Daß viele Wahrheit ſich unter ber Dichtung birgt, daß wirt
liche Begebenheiten der Erzaͤhlung zur Balls dienen, möchten '
wie glauben, wie man einen Bildniß auch anfehen kann, ob «6
gleicht, wenn ſchon das lebende Original uns völlig fremd ift.
3. Sagen bed Harzes, gefammelt und erzählt von Karl
Schuſter. Hanover, Bahn. 1832. 12. 16 ®r.
Ob ber Herausgeber befugt war, den Titerarifchen Nachlaß
feines verftorbenen Freundes öffentlich zu machen, möchte nicht
ein Jeder bejahen. Zu feinem und feiner Freunde Ergoͤtzen,
Srinnerungen fefthaltend und halb verklungene neu ermwedend,
wurden fle niebergefchrieben und verfehlten ſicherlich ihres Ent:
zwecks nicht; aber das größere Publicum, unbefannt mit bes
Verf, Perſoͤnlichkeit, verlangt andere Dinge: den kindlich einfäl:
tigen Zon der Sage, den ber Verf. nirgendb getroffen, aber
auch, was ruͤhmlich anzuerkennen, nicht alterthümelte und naiv
fein wollte. Wirb den Lefern nichts Neues geboten, fo verlan-
gen fie das Alte in einer neuen pilanten Sauce, und auch das
wirb ihnen bier verweigert. Am wenigſten koͤnnen fie an ber
dichterifchen Zugabe Woblgefallen finden, die, fo hoch man auch
bie Nachficht gegen einem Berſtorbenen fteigert, doch ein zu
mattes Heimwerk ifl. -
4. Skizzen aus bem Leben eines Seemannes. Von R. Termo.
Meißen, Klinkicht und Sohn. 1832, 8. 1 Thlr.
Geiſtreich angelegt, mannihfaltig in ber Compoſition, und
ausgeführt genug, um ein verfinnlichendes Nundgemälde vom
Seeleben dem er barzubieten. Die guten wie bie fchlime
I men Geiten bes Daſeins find aufgebedt: Stuͤrme, Faͤhrlichkaiten
aller Art, Berfihlagenwerben , drohender Tod auf einem Corſa⸗
renſchiff, ein Stuͤckchen Robinſonade, bie Gefahr, von einem
mächtiger Schiff bei Nachtzeit überfahren zu werden, von Al⸗
lem etwas, babei bie luſtigen Auffcgneibereien eines Matrofen:
wigbolded. Das Abenteuer auf bem Freibeuterſchiff gewinnt
an Sntereffe, weit zwei Liebende, durch Ränfe auseinander gehal⸗
ten, nad langjähriger Irennung ſich wiederſinden, zuſammen
die Zodesangft uͤberſtehen, zufammen befreit werden, und fo ihr
Bündniß auf das feſteſte befiegelt wird. In ' einer zweiten
Geſchichte haͤuft ſich jebes Bedrohliche einer Meerfahrt, ein
aluͤcklicher Ausgang ſcheint unmoͤglich — es war nur ein ſchwe⸗
ser Traum. Das Einzige, was an ben Buche auszuſetzen
wäre, if ber Mangel eines Giofferiums nautifiher Aus:
drüde. 18,
a“
“
Correſpondenznachrichten.
Berlin, im Mit a
— — „Kommt, ſprechen wir von @taatögefchäften!‘ — fogt
Hamlet — Hamlet jet, bee Däne, um bes biutenden Herzens ver⸗
worrene Qualen, die er nicht überwinden Tann, auf Augenblicke
bee Erholung zu fliehen. „Kommt, fprechen wir nit von
Staatẽgeſchaͤften !“ Tag’ ich, ber Gorrefponbent, ber deutfihe Cor⸗
eefpondent, um des Außen, Öffentlichen Lebens verfnäulte Faͤden,
beren verföhlungenes Gewebe wir nicht Löfen koͤnnen, zu vergefs
Ach! ich hatte mol wieber eine berliner Telegraphenge⸗
feichte auf dem Dergen oder unter dem Herzen; aber man würbe
mein Kinblein wieber wie im vorigen Briefe vom Webrwar tod⸗
tm. Ich bin Fein Schmuggler und kann bie Waare nur offen
führen, und ba würbe man fie wieder nicht paſſiren laſſen, und
mie flatt der Gedanken, die ſich an bie Geſchichte Tnüpfen,
ebenfo viele Gedankenſtriche fegen. D, als ich jung und. ein
Schulbube war, befam ich für jeben Rictgebanfen, für jebe
Gebanteniofigkeit am Rande des Geſchreibſels einen Strich;
nun da ich alt und ein Brieffchreiber bin, befomme ich vice
versa für jeden Gedanken einen Strich. „Sprechen wir alfo
nit von Staatsgeſchaͤften“, ſagt ber umgekehrte Hamlet;
die Gardinen herunter, zieht mir bie Stiefel aus, mithin gebt
mir die Echlafmuͤtze und die Filzſocken her!" fogt Learz „ia,
ſchweigen muß mein Mund”, fagt Hamlet wieder; laßt uns
demnach ſchweigen und uns tröften mit ben großen Worten
fremder Geiſter.
Welche Region ſteht dem beutfchen Brieffteller nunmehr of:
fen? — Das Theater, dad Theater! — D bimmlifche Freiheit,
beutfche Freiheit! ja, Mund, Hand und Fuß find bier, fo weit
es die anmelende Policei erlaubt, ungefeffelt unb frei. Man
lacht und weint, gibt Beifall und trommelt vor ber Buͤhne noch
immer mit viel Freiheit unb mit großer Grlaubniß der hohen
Behörden. Gluͤckſeliges Deutfchland! ftatt ber Bühne des Les
bens hältft bu es doch am Ende noch lieber mit dem breternen
Geruͤſt, Pappenwert und Flittergolb. Gluͤckſeliges Deutfchland !
dein Spielzeug hält noch immer vor! wann wirft bu es zer⸗
brechen? Cs ift an ſich gebrochen und zerbrochen genug, denn
deine bramatifche Muſe Hinkt und fchleicht feit geraumer Zeit,
Sott fei’s geklagt; aber du flidft bein Spielwerk bir doch ims
mer noch mit bunten Lappen, mit Miferen und unfcyulbigen Boten.
In der That hat ed im Verlaufe bes Maͤrz abermals we⸗
nig Bedeutendes unter den neuen Lelftungen der Bühne gegeben.
An der neuen Oper von Konrabin Kreuzer, ber aus Wien |
zur Ginäbung feiner Compofition auf dem Tönigsfläbter Thea⸗
ter zu uns arlommen war, misfiel der allzu lyriſch gehaltene
Stoff nebft Zert von Grillparzer. Theilweis behagen die Mu⸗
fitftücte recht wohl. Bon Raupady erhielten wir ben britten Theil
feines „Eriebrich II., oder Kriebrich'8T0d”. Die erfle, unverkürzte
Aufführung bes Gtäces dauerte biß gegen 11 Uhr des Nachts,
und man wollte aus bem Umſtande, daß das Yublicum bem
Werte To lange feine Aufmerkſamkeit geſchenkt, auf ben Werth
der neuen Zragdbie einen gänfligen Schluß machen; allein man
muß erwägen, daß es Äberhaupt ſchon in der Natur bes lieben
Deutfchen liegt, wenn er einmal fein Geld gegeben hat, ſteif und
feft auszuhalten und auch vom fchlechten Weine nie eine Neige
fliehen zu laſſen. ebenfalls vereinigen ſich aber die Urtheile ber
Kenner babin, daß das Stuͤck gradezu die befte unter ben
henftaufen-Xragddien Raupach's ſei. Unſere talentvolle Lan .
männin, bie Altfängerin Sophie Hoffmann, bie dem biefigen
Theater ihre Bildung verbankt und feit einiger Zeit in Stalien
eine Kunftreife mock, bat fi zu Stimint mit einem reichen
Particulier. Namens anti, verlobt. Cie wird, als Santi⸗Hoff⸗
mann, dem Gerächte zufolge, in Berlin mit einigen Baftdarftels
Jungen von der öffentlidhen Ausübung der Kunft unb von ber
Heimat Abichieb nehmen.
wir ber Kurzweil unb ber Langweil halber einen
Büd Buck auf das berliner Sourmalmefen. Die ültern und befann- 17mm das berliner Sournalwefen. Die Altern und befann»
Ä
ſchnell; ehe daß man fagen Tann:
ten Miätter, ben . uab. den „Mefelliihafter”', leſen
Sie, —— Freund, von an Drt und Geile; ich. ipredge
demnach blos von denen, deren Tendenz hut auf Berlin odet
doch auf in Pleineres- und befonbereb udlicum berechnet iſt.
Das bei Sropius erſcheinende, vom Dr. Jrauz Kuglet heraus⸗
gegebene Kunſtblatz: Muſenm⸗, ſich jedt witern
Beltchen einer Underflügu ung des MWiniferiums und bedarf wol
einer ſolchen, da es auf bie Iheilnahme eines allgemeinern
pubhcumd nie nte seconen konnte. Gculntur und Malerei mußten
ja flets unter uns Würktengunft zu gewinnen fuchen, wieviel
mehr bie Kritik diefer Fr % ender erſcheiat der ſchlechte
Abſat der muſikaliſchen Zeitungen in einer Zeit, bie dieſer
Kunſt im oͤffentlichen wie im
Indeß mag in Betreff auf Muſik die Genußſucht immer do
größer fein als das ernſte Studium, und das Gtudieth in der
Ausübung fowie das Streben nad Wirtuofltät mag wiederum
noch größer fein unter uns als der Hang zus Kritik in biefem
Mufentempel. Go kommt «8, baß bie hiefige „Neue muſikoli⸗
ſche Zeitung”, die nicht mehr vom Profeflor Marr rebigirt
wirb, nur eine börftige Sriftenz fh zu friften ſcheint, unb
ſelbſt die „Iris von 8. Rellſtab, einem Wanne, ber dem ber»
Iiner Yublicum vr die fortlaufende gebiegene. Nelation über
die muſikaliſchen Beſtrebungen unferer Refidenz fi befonbers
verdient macht, erfreut ſich nur einer mäßigen Theilnahme.
Kür ganz fpecielle Kreife ift ber hiefige „Neuigkeitsbote” eine
Volkoſchulzeitung; in-
Handiung in wöcentlicdyen Lieferungen erfcheinende „Bemeins
nügige preuß. Handels⸗ und Gewerbẽezeitung“. Wie ein Schwarm
ephemerer Müden umzieht den aͤſthetiſchen Horizont Berlins
das Gewuͤhl der fogenannten unterhaltenden, feichten Tages⸗
blaͤtter. Nicht die Anzahl des Gewuͤrms ift fchuld, daß 5
Atmoſphaͤre dadurch nicht verdunkelt wird, ſondern die durch⸗
—— ‚ Iofe, waͤſſerige Qualität dieſer flatternden Geburten.
Uns elelt, deren Kamen gu nennen ; fie laſſen ſich auch in ih⸗
rer fluͤchtigen Weſenheit nicht bannen und mit den faſſen
denn ſie kommen und gehen, erſcheinen und entſchluͤpfen Pr
fie find! — find fie fon
nicht mehr. Heil, Heil! dreimal Heil! wäre zupiel. Beſonders
find unfere ausgebienten und penfionirten Militaire ——
lich productiv mit patriotiſchen Unterhaltungsblaͤttern; fie, bie
der Staat ſogar zur Ruhe ſetzte, können gar nicht ruhen, ihr
| Eee tem und Wartegeld durch GSchriftftellerei zu vergrößern.
Außer dem Major a. D. Streit, der an Jarcke's Stelle bas
„Politiſche Wochenblatt ” rebigirt, und ben vielen abfoluten &ols
batenherzen, die dieſes Journal mit ihren gutmlthigen Anficheen
füllen, war bier ein Major v. Wartensleben, der ig legten
und Recenfionen feinen Patriotismus in einem Blatte, „Das
Vaterland betitelt, abfehte, das jedoch felber Leinen Abſat
hatte und fomit fammt feinem Enthuſiatmus ſchlafen ging.
Ein ebenfalls ausgebienter Militair, v. Sommerfeld, gibt ein
„Smmergrön’ heraus und meint, er könne, ba ber Titel grün
genug fei, im Blatte felbft die graue Farbe feichter Langweile
nad) der Möglichkeit entfalten. Gin gewefener Lieutenant, E.
Schneider, jegt Schaufpieler, der unter tem Ramen: Both,
ein VBühnenrepertoir von frangöfifchen , Die aufgeführten, über:
festen Stüden herausgibt, auch durch fein 8 fein: „Ueber das
Schminken”, als Mann von Fach ſich bewaͤhrt hat, gedenkt mit
dem erften Zuli d. 3. eine Art Poennyzeitung unter dem Titel:
„Der GSolbatenfreund‘‘, zu etabliren. Der Gedankeninhalt wirb
in Betreff der Wohlfeilheit fidyer mit dem Pfennigpreife rivalis
firen, denn die Tendenz bed zukünftigen Blattes, von bem uns
ein Probeblatt vorliegt, laͤßt fi ſchon aus ben Mottos abſtra⸗
hiren, bie alfo lauten: „Parole: Vorwaͤrts! Loſung: Präfen-
tirts Gewehr! Beldgefchrei: Friebrich Wilhelm III.” Scherz
bei @eite, der Dann meint es ernftlih. Wie aber bie Yarole:
„Borwaͤrts!“ mit ber Loſung bermaniven fönne, id est quod
erit demonstrandum. Amen. 148.
Nedigirt unter Werantwortiichteit der Berlagöhandlung: U. U. Brodhaus in — ————— —— —— ——— — ©. A. Brodhand ei —
km gefeligen Leben fo ſehr are .
leider Weiſe die in der Bogler'ſchen
TE Er; 0
—
B 1 t te r
En für.
literariſche Unterhaltung
— St.
Dienftag,
23. April 1833.
Ueber einen Geſchichiſchreiber und die Geſchichtſchrei⸗
bung der neueſten Zeiten.
Mein lieber junger Freund!
Haͤtte ich doch nimmermehr geglaubt, daß Sie mich
gleich beim Worte nehmen wuͤrden wegen der flüchtigen
Aeußerung in meinem legten Briefe! Sie find ja wahr⸗
haftig jegt ganz unerfättlih nach jeder Bemerkung über
Geſchichte und Geſchichtſchreibung! Mir däucht, oder Ich
müßte mich ſehr irren, Sie gehen mit fehr wadern und
ruͤhmlichen Vorfägen um. Wol ift es jegt Zeit; wenn
jest keine Geſchichtſchreiber unter uns entſtehen, fo liegt
es nicht an den Begebenheiten, fondern an ben Menſchen,
die ſie erfahren. Denn wer jetzt noch klagen wollte, daß
nichts Denkwuͤrdiges, nichts einer trefflichen Darſtellung
Faͤhiges geſchaͤhe, der hat gar keinen Sinn fuͤr Geſchichte,
der verdiente gar nicht zu erleben, was wir erlebt haben.
Freilich waͤre eine Geſchichte diefer Zeiten ein fehr ſchwie⸗
riges, ja ein geraltiged Unternehmen ; aber wann Fönnte
auch der Aufruf des Dichters:
Auf, und das Schwere verſucht!
lauter und erregender in die Seele eines Juͤnglings tönen
als jest, wo er ſolche Anftrengungen, ſolche Preife errin⸗
gen ſieht? Thucydides war fchwerli Alter als Sie,
als er den Herodot feine Geſchichtsbuͤcher den verfammel:
sen Griechen vorlsfen hörte und dadurch zur Nacheiferung
entflammt ward, und Johannes Muͤller Hatte noch nicht
Zur Alter erreicht, . als in feiner Seele ſchon der Ent
ſchluß feſtſtand, dee Sefchichefchreiber feines Vatetlandes
zu werden.
An Neigung für die herrliche Kunſt ſtehen Sie ihm
ſchwerlich nach, und das Geſchick hat Ihnen Manches
verliehen, was er ſich erſt erwerben mußte, hat Ihnen
den Weg a Manchem fehr leicht gemacht, das ihm ſehr
ſchwer zugaͤnglich war.
"Aber glauben Sie ja nicht, daß ich Sie überreben,
daß ich Sie verführen will zur Geſchicheſchreibung. Das
ift faſt ebenfo ſchlimm, als wenn man Jemand überreben
wollte, ee ſollte fi der Dichtlunft widmen Nur bas
entfchiebene Intereſſe, mas Sie an. allem Geſchichtlichen
nehmen, und bie fihtbare Unruhe, in die ih Ste durch
die neueften großen Ereignifle verfent fehe, bringen mich
auf den Gedanken, daß Sie vielleicht in der Darftellung
berfelben, daß ich fo „jegen möchte, die Beſtimmung Ih⸗
Lebens finden moͤchten.
——— will ich auch thun, was Sie verlangen, und
will Ihnen erzaͤhlen, wie ich mir einen Geſchichtſchreiber
—* Zeit, wie ich mir eine Geſchichte derſelben wünfche,
Aber erwarten Sie ja nichts Vollſtaͤndiges, nichts‘ allents
halben forgfältig Durcbachtes von mir. Dergleichen zu
liefern, erlauben mir theils meine Kräfte nicht, theils
verhindert mich das Gedränge mannichfacher und einander
widerfprechender Gefchäfte und Zerftreuungen daran. Nur
einzelne unordentliche Fragmente und Gedanken, wie ein
Freund fie wol im Gefpräche dem andern mittheife, wie
fie beim Schreiben von felbft fi) aneinanderreihen, kann |
id) geben. Meist eines oder das andere Sie zum weitern
Nachdenken, trifft eines oder das andere, fo bin 2 ſehr
zufrieden.
Daß ich meinem Geſchichtſchreiber die beſten Geiſtes—
gaben aller Art, daß ich ihm Fleiß und die volle Gewalt
über die Sprache wuͤnſche, das verſteht ſich von ſelbſt,
und ich habe daher nicht noͤthig, mich daruͤber weiter aus⸗
zulaſſen. Aber es gibt noch manches Andere, was Viele
als aͤußerlich und zufaͤllig betrachten moͤgen, und was es
freilich auch iſt, was ich an meinem Gefchichtfchreiber
ungern vermiffen würde. Dahin gehört, «daß er in einem
der höhern au der bürgerlichen Sefellfchaft geboren und
erzogen fei, er die Welt gefehen, daß er felbft an
fih Manches —— und daß er wo moͤglich ſelbſt ein
hoͤheres Staatsamt bekleide, oder bekleidet habe,
Ich bin nicht ſo thoͤricht, zu behaupten, daß es nicht
einen guten Geſchichtſchreiber unſerer Zeiten geben ſollte,
bei bem Seiner biefer Umftände zuteifft; aber daß deswegen
mein Verlangen grundlos fei, folgt augenfcheinlih daraus
noch gar nicht.
Die find freilich fehr albern, bie ben Werth eines
Menfchen nach der Vornehmbeit feiner Geburt beurthei⸗
len; aber mir fcheinen Diejenigen auch eben nicht befonnen,
die die Vorzüge eines edein Geburt für nichts achten.
Wol iſt e6 ein Zufall, eine reine Gluͤcksgabe, ob Jemand
in dieſem oder in jenem Stande geboren iſt; aber von
wie vielen Zufälligleiten hängt nicht Das ab, mas wir
die Ausbildung eines Menſchen nennen; von wie vielen
Zufällen die Richtung, bie diefe Ausbildung nimmt, bie
Sarbe, daß ich fo fage, die Nuancen berfelben! . Geftehen
d
466 F
wir doch Alle ben erſten Eindruͤcken, weite unfere Kind:
heit empfing, eine Ar unaustöfchliche Wirkung Auf unſern
Geiſt und unfer Gemuͤth zu; und wie follte es alfo gleich: |
gültig fein, ob ein Menſch feine Jugend in edein Umges
bungen, in heitern Verhaͤltniſſen zubringt, ober in ges
meinen ımd truͤben? Gorsie Late, BR in. einen Bößern
Stande geboren find und eine dieſem gemwäße Erziehung
genoffen haben, ſich durch einen gewiffen koͤrperlichen An:
fland vor den Perfonen aus ben niedern Ständen aus-
zuzeichnen pflegen, fo gibt e6 auch etwas, was ich den
Geiftesanftand' nennen möchte, und was Denen vorzugs⸗
weiſe elgen zu ſein pflegt, die in den hoͤhern Claſſen der
Geſellſchaft ihre Jugend hingebracht haben.
Ich will mit Niemand darum rechten, ob dies mehr ſei
als Gtanz und Schein; aber er iſt, wie im geſelligen
Umgange, ſo in allen Schriften, wo er erſcheint, ſehr
reizend. Nun iſt die Geſchichtſchreibung eine vornehme
Kunſt, nicht blos weil ſie vorzuͤglich die Handlungen der
Könige und Potentaten und anderer Großen ber Erbe
durſtrilt, ſondern auch baum, weil kbeshaupt das Hoͤchſte,
was ben. Menſchen angeht, und bas Widtiafte, bie
Schickſale der Staaten, ja des ganzen Geſchlechts, ihr
Gegenftant iſt. Wilhelm Meifter heſchwert füh mit Recht
barüber, daß 'man fo oft von. ben Schaufpielsen Könige
wud Heiden fo ſchneidermaͤßig dargeſtellt fehe; Tagen Sie
ſelbſt, mein Freund, trifft dieſer Vorwurf nicht auch wiele
unferer neuen Geſchichtsbuͤcher? Und wenn: benn auch
wirklich ber Gegenſtand, ben bie Geſchichte behandelt, fo
hoch And herrlich iſt, ſollen wir nicht wuͤnſchen, daß bie
Darſtellung beffelben mit jedem Reize geſchmuͤckt erfcheine,
alſo auch mit. demjenigen, den früher Umzang mit der
fogemannten: feinen und vornehmen ei, den Erziehung
in. berfetben zu: verleihen pflegt?-
: Sch. babe aber noch einen Grund, warum ich, beſon⸗
Nur, vom dem Geſchichtſchreiber unferer Tage wuͤnſche, daß
ex. ia einem hoͤhern Stande geboren ſei. Die Geſchichte
diefer Zeiten kann nicht gefcheieben werben, ohne daß darin
bie Spaltungen oder Reibungen berührt wuͤrden, die mehr
ober toeniger in alien Staaten zwifchen dem beitten
Stan und dem Adel Rattgefunden haben. Wer Ber
anlaffung dierzu gegeben habe, gehört nicht hierher zu uns
terfuchen; fo uiel aber iſt gewiß, daß deu Adel zulekt fafl
allrathalben der amgegriffene Xheit war, baß er im Sans
zom Bei der Westheidigung mis Maͤßigung zu Werke ging,
mad baf, wenn in biefen Streitigkeiten von dev gewoͤhn⸗
Kdyen bie Mebe fein koͤnnte, das Roecht
faft immer auf feiner Seite war. Leider haben fo alle
Wenſchen in dieſem Seite Partei genommen und bie
Vorurtheile ſend bei Allen ziemlich groß. Aber nach. Dem,
was: ich hierüber: habe berwerten kCunen — unb Sie willen,
daß: nreine: Verhaͤltniſſe mie hierza. virl Gelegenheit gebeh —
Einficht: geringer, fonderw auch die Leidenſchaftlichbeit groͤ⸗
Fr. Wird denn, wie 06 zu vermuthen it, ein (ex
ſchichtſchreiber unferen. Zeit der Krankheit derſelben auch
ſchwerlich ganz entflichen, fo laͤßt ſich doch dies noch eher
hoffen, wenn er and bes hoͤhern Stumden Hi, oder fie
: gem hierauf gegründet werden.
wirb wenigſtens nicht Leicht fo nachcheilig auf ihn einwir⸗
ken. Nichts iſt verderblicher für alle Unterfuchung, nichts
truͤbt fo ſehr die Lauterkeit aller Darſtellung, ale ber fas
natifche Demokratismus, ober, daß ich es anders ausdruͤcke,
weil es jest faſt nur in dieſer Geſtalt erfcheint, als bie
rohe Reformatlonswuch, bie jest fe fehe um fih gegrißſ
fen, bie fo Viele deu Beſſern ſchwindilcht gemacht hat.
Von diefer, behaupte ich, find Dieienigen mebrentheils
nicht fo befallen, die in den höhern Glafien ber Gefell:
[haft ihre Jugend hinbrachten.
Lafien Sie mir alfo immer meine Stile, daß ich
meinen Hiſtoriker, wenn auch nicht hoch, doch edel gebo:
ven und erzogen wuͤuſche.
Daß er die Welt gefehen haben foll, darüber befürchte
ih wenig Widerſpruch. Immer galt «6 ja für etwas
Münfchenswerthes an eimem Manne: daß er „vieles Mens
ſchen Städte gefehen und Sitte gelernt” habe; und einem
ſolchen Reifefreunde, wie Sie, werde ich Uber den Nutzen
bes Reifens nichts zu fagen, ich werde am wenigften ihm
auseinanderzufeßen: brauchen, wie wichtig es befonders
far einen Geſchichtſchreiber it, fremde Voͤlker, Sitten
und Gebräuche anders ald aus Büchern denen zu lernen.
Herodot ließ es füch fehr angelegen fein, diejenigm Länder
mit eignen Augen zu fehen, deren Geſchichte er ſchrieb,
und darum: legen noch, nad faft drittehalb Jahrtauſen⸗
ben, die angeftellten Forſchungen für feine Rachrichten fo
viele Zeugniffe ab. Aber befonders wichtig buͤnkt Fe
das Reiſen für einen Geſchichtſchreiber unferer Tage. Die
Hälfte unferd Welttheils ift in ben legten 20 Fahren ift
eine andere Form gegoffen, und nichts äußert anf bie
Sitten und den Charakter ber: Völker einen fo entſchiede⸗
nen Einfluß als totale Staatsumwaͤlzungen. Die Die
parität des Alten und Reuen ſelbſt, die Menge von
Widerfprüchen, die natürlich entfichen müflen, wo Ber
faffungen, oft flüchtig genug, in einem fremden Lande
erfonnen, mit Gewalt eingeführt wurden, die zahlloſen
Intereſſen, die dadurch gekraͤnkt werben und füch auf vedpis
mäßigen und unrechtmäßigen Wegen wieder zu beifen fir
hen, die Erfchütterungen, bie gleidy von Anfang an. das
na Bebdude dadurch erleiders, fir mäfien in dee Mäbe
gefehen und. betrachted fein, vwoenn ihe moralifcher wie ihr
politiſchet Einfluß recht erkannt werben fill. Auch Die
Verfaſſungen und die buͤrgerlichen Gincihtungen ſelbſt —
es iſt nichts fo taͤuſchend, als die Nachrichten, bie bei
oder kurz nach ihre: Entfkehung baven ie das auswaͤr⸗
ige Publicum zu bommen pflege, nichts fo tekgecifch
ald die Schluͤſſe, vie von Zremden ber den Zuſtand ber
Staaten ms inwe.nie Wirkungen: ber neuen Einrichtun⸗
Wr gebeult wicht *
bee vielen lobpreiſnden und Bthd weifſagenden
Be unfese — User die verſchledenen Berfaffungen
ſcheint mir auf: Seiten der untem Glaffen mich blos: die |
ausachen- Hegew, mit denen Freankreich während bee Mes
velution heimgeſucht mas? fa, wer hat nicht wenigſtens
von denen gehoͤre, die ſeibſt aus. dem Rheinbunde wer
weiß wie große Dinge verkündetm?. Es bat: ja Jahre
geſen ww virfe ganz verſtaͤnbige Deutſche zu uͤberzen⸗
gen, Imkerei unter dem Nationalconvent die
fümnähichfie Toraunei litt; daß bie Verfaffung,
toelche die comflituirende Verſammlung hervorgebracht hatte,
ein Koloß war auf irdenen Füßen! Wäre dergleichen
möglich geweſen, auch bei dem Freiheitstaumel, ber, ver:
geihlich genug, auch unter und fich: verbreitet hatte, wenn
Dirfe Schriftfteller die damaligen Berfaffungen Frankteichs
anders als aus den Gonftitutionsacten und aus ben Lob⸗
reden gekannt hätten, welche die Verfaſſer oder deren An:
bänger ihnen von ben Tribunen erſchallen liefen? Was
für das praßtifche Leben gefchaffen wird, was erſt im Les
ben und durch das Leben ſich bewähren fol, wie alle Ein:
richtungen” der bürgerlichen Gefellfhaft, das wird auch
zecht nur betrachtet und gemwürbigt in feinem Leben. Sie
werben nicht einwenden, daß Einer doch immer nicht Alles
ſelbſt fehen, nicht Allem ſelbſt beimohnen könne. Dies
eht freilich nicht. Aber, mein lieber Freund, fo gerofß
Bei fonft gleichen Gelftesgaben Derjenige, der bie Ge:
gend, wo eine Schlacht vorgefallen ift, genau kennt, und
der ſelbſt ſchon Schlachten mitgemacht bat, nach einer
Beſchrekbung das Bild einer beftimmten Schlacht fich befe
fee wird vergegenwärtigen können, als Einer, dem Beides,
eigne Anfhauung und die Kenntniß der Gegend, fehlt:
ebenfo gewiß wird auch Derjenige, ber bas Land, das
Bolt kennt, wo eine Staatsveränderung vorgefallen iſt,
der felbft an andern Orten vielleicht dergleichen beiwohnte,
von jener ſich ein richtigeres Bild machen und es Andern
Barftellen innen. Das tft überhaupt Dasjenige, was der
eisum Erfahrung den großen Werth und die große
Wichtigkeit gibt, nicht daß fie für beflimmte Faͤlle mach
andern erlebten bie Hegel abftrahiren lehrt, fondern daß
fie dm Sinn im Allgemeinen [härft und übt; und das
ift audy einer von den Gründen, warum ich möchte, baß
mein Geſchichtſchreiber an ſich ſelbſt Manches erfahren habe.
Es komme Hierbei nicht Bios auf das Erleben von
Dielen und feltfamen Schickſalen an, denn gar manche
Leute erleben ſehr Vieles und erfahren fehr wenig;
fonden auf die immer rege Betrachtung des Erlebten und
feiner Beziehungen, die auch bei weniger merkwuͤrdigen Schick⸗
faten Jemand zu einer heilen und deutlichen Einficht in das
Weſen der Begebenheiten und Ereigniffe führen kann.
(Die Yortfekung folgt.) .
Kurzgefaßte olbenburgifche Chronik von Runde. Zweite,
verbefleste und bis zum Tode des Herzogs Peter Frieb⸗
vich Ludwig fortgefegte Ausgabe; mir deſſen Bruftbild
und einer Schlußvignette, in Steindrud, Didenburg,
Säule. 1831. 8. 1 Thir. 8 St.
Diefb zweite, verbefferte und bis zum Tode bes Herzogt
Peter Friedrich Ludwig (21. Mai 1829) fortgefepte Ausgabe bez
Runde'ſchen Chronik verdient ſchon darum einer kurzen Erwaͤh⸗
nung, weil der erfien (1823) in diefen Blättern unſers Wiſſens
keine geſchah, umd ber ats Juriſt fo ruͤhmlich bekannte Verf.
uichts unteslaffen has, fein Buch beftens audznftntten. Dazu
gehört das auf Stein gezeichnete Portrait des obengenannten
Herzogs, eine Abbildung der fürftlichen Gruft, ein: umfaffende®
Regiſter unb u und eine große genealogifhe Tas
fel, Mer zur Geite noch zwei Rubriken über Ländererwerb
und Berlof-Ad-sefinden, Dies. geneniogifge Bier iR-
um- fo--
wichtiger unb umenthebelichen, weit bie verwickelten bänkfchen,
hoifteinsgottorpfchen, ſchwediſchen, sufffchen und oldenbungiiien
am iſſe fi auf biefe Weiſe am befien uͤberſehen
laffen, bie au
bald daͤniſch, bald ruſſiſch (jedoch nur kurze Zeit) geweſen if,
um dee nod im traurigſten Andenken ſtohenden franzoͤſiſchen
Oberherrſchaft nicht zu gedenken. Gtatt bes zweiten Bilbchens
hätte Ref. lieber ein Kärtchen bes oldenburger Landes gefehen,
weiches bad Buch wol nicht fehr vertheuert haben wuͤrde.
Das Buch enthält in ber That Alles, was man vom. Dies
fem Plane und Umfange erwarten kann. Das größere Iuterefle
für die Befchichte des Landes, das anfangs in trofiiofen Serei⸗
tigleiten und Kämpfen nach Oft und Weſt mit Bremen und ben
riefen verwidelt ift, hebt mit ber bänifchen Regierung "Über
daſſelbe an. König. Chriſtian V. (ftarb 1699) gründete bie im
Wefentlichen noch beftehende Berfaffung. Der erfte Abſchnitt ſchil⸗
dert die Regierung der Grafen bis 1667, in drei Zeiträunen
bis 1180, 1448 (d. h. bis zur Erhebung des olbenburgifchen Ser
gentenhaufes auf den bänifben Thron); 1523 bis zur Beſit
nahme bed Stad⸗ und Butjadingerlandes; bis 1575 (zum erften
Anfall von Jever) und bann bi 1667. Der zweite Abſchnuitt
handelt von ber koͤnigl. daͤniſchen Regierung. bis 1773 in vier
Beinen Zeiträumen; der dritte Abfchnite die berzogliche Regie⸗
rung von 17781829. Wenngleich der Begriff einer Chronik
(die nah Makkabaͤer, Buch II, Gap. 2, 8. 32, „nur auf das
Kürzefte die Summe faffen wi‘) in Beziehung ‚auf bie Kürze
feftgehalten ift, fo ift doch überall auf die innere Geſchichte des
Landes Rüdfiht genommen. Der Natur des Landes nad muß
viel vom Waſſerbau umd Deichweſen die Rede fein; es wäre
daher für ben Ausländer nuͤßlich gewefen, mandje technifche Aus:
duüde, wie Warfen, Broben, Mari, Gert, Siel, Schlan⸗
gen, welche &. 96 ebenfo bunfel durch ablaufende Werke er:
Uärt werden, Begrüppung bee Watten, wenigftens im Inder
erklaͤrt zu leſen. Aus bem reichen Inhalte des Wuches theilen
wir nur eine Stelle mit, aus der noch vom großen Graf Bern:
ſtorff contrafignirten Berorbnung von 1770 über die Druckfreibeit
ohne Senfur (©. 102): indem „es ber unparteiifhen Wahr:
beit ebenfo nachtheilig als der Entdeckung verjährter Irrthämer
und Borurtheile hinderlich ift, wenn redlich gefinnte, um das
allgemeine Wohl und wahre Beſte ihrer Mitbürger beeiferte
Perfonen durch Anfehen, WBefehle und vorgefaßte Meinung ab:
geſchreckt und behindert werden, nach Einſicht und Uebergeugung
frei zu fchreiben und Borurtheile aufzudecken. Doc bleibt je⸗
der Autor für feine Schrift verantwortlich, daß fle nichts ent:
halte, was wider bie Geſetze iſt, und Fein Buch darf gebrudt
werden, beffen Verfaſſer ſich nicht entweber nennt, oder doch
dem genannten Buchbruder befannt if. Die Beiden legten
Regierungen von 1778 an find natärlih am weitläufigfien ge:
fhildert und nehmen bie volle Hälfte bes Buches ein. Aber
am Meichhaltigkeit ber Greigniffe und Ginrichtungen kommt
auch das ganze verfloffene Jahrtauſend den legten 60 Jahren
kaum gleich. Die Zahl ber Regenten und ihre Namen maden’s
freitich nicht; auch ihre GBefchichte allein nicht; denn gar Vieles
entwidelt fih unabhängig von ihnen unb will nur von ihnen
nicht geftört fein. Ueberdem ift es ſchwer, als Unterthan und
Staatöblener über einen eben geftorbenen Yürften ganz offen
und hiſtoriſch zu berichten, felbft wenn er ber befte war. Atlas
bemien mit ihren pflichtmäßigen Elogien, Sarkophage mit ih⸗
ren prunkenden Infchriften find nicht immer uwerwerfliche Zeus
gen. Won Peter Friedrich Ludwig aber wird auch die unparteiis
fhere Rachwelt mit Hochachtung und Dank [predien. il.
[U U)
Motizen Über ſchwediſche Literatur.
Diefe fluͤchtigen Bemerkungen, die ſich den Nr. 9— 1%,
27, 23,40, 41, 182— 36, 159 und 160 d. Bi. f. 1832 ge
| gebenen ausführlichen Berichten anfdyließen, diefelben ergänzen
und weiterfü
hren, haben vornehmlid ben Zweck, eine: Neberficht
‘
uld waren, baß das Land balb deutſchh
ı
ber fremden, anf ſchwediſchen Boden verpflangten literarifchen
Erzeugnifſſe zu geben. Unter ben Literaturen Curopas iſt ber
- @influß dee deutfigen auf bie ſchwediſche, und zwar nicht bios
in ben hoͤhern Wiſſenſchaften, entfchieden vorherrfchenb.
In Wer Theologie begegnen uns fortwährend Ueber:
fegumgen und Bearbeitungen von Schriften Luther's. Neanber’s
Kleine Gelegenheitsfchriften” haben, was nicht befremben Tann,
einen Ueberfeger gefunden. Daß aber Ein Verleger — Linbh
in Derebro — Scheibel's „Sommunionbudh”, Gdartöhaufen’s
„Bott“ und Arndt’s ‚parabiedgästiein“ (Eubach's „Gebetbuch“
und des Ehrn Schmolfe „Anbächtiger Suͤnder“ werben ja wol
auch noch kommen!) auf einmal in Weberfegungen zu Markte
bringt, koͤnate eher Wunder nehmen, wüßte und bebädhte man
nicht, daß der Norben von jeher von byperorthoborem und my⸗
ſtiſchem Pipo inficirt war.
“: Reug’6 „Handbuch der Philofophie‘’ hat Rector Baͤckſtroͤm
nach ber zweiten Drginalauflage, und ein Ungenannter Franz
Schneidawind's „Hauptmomente ber Geſchichte der Philoſophie
uͤbertragen.
Die Philologie erhält durch einen Abdruck von Geſe⸗
nins’ ‚„„Hebräifchem und chaldaͤiſchem Handwoͤrterbuch“ (Upfala,
Palmblad) und durch Ueberſezung von Buttmann's „Griechiſcher
Grammatik“ laͤngſt als trefflich bewaͤhrte wiſſenſchaftliche Huͤlfs⸗
mittel. Ausgaben ber alten Claſſiker oder Wiederabdruͤcke ber
im Auslande veranftalteten kommen nicht zum Borfchein; hoͤch⸗
ſtens wird ein Abdrud einzelner Bleinen Schriften dex Alten, bes
fonders rhetorifchen und oratorifhen Inhalts, 3. B. von Eicero,
zum Behuf bes Unterrichts oder ber Vorlefungen, beforgt. Das
gegen fcheinen Uebertragungen Beifall zu finden. Die nad Art
der deutfchen unternommene Sammlung von Ueberfehungen. gries
chiſcher und römifcher GSchriftfleller (mit Thucydides und Livius
begonnen) fdhreitet vor. Unabhängig von biefem bei Herta in
Stockholm erfcheinenden Unternehmen ift Ablerbeth's Uebertra⸗
gung ber Werke Virgil’s (bie auch einzeln erfchienene „Aeneide“
eriebte bereits die dritte Auflage). Hallſtroͤm uͤberſetzte Xenos
phon's „Syropäbie” und Dahlſtedt Cicero's „Redner“.
Sin Originalwert iſt J. G. Liljegren's „Nunenlehre“ ( Run⸗
Laͤra““) mit 9 Kupfertafeln, das, wenn nicht durch Uebertra⸗
gung, doch ſicher durch Beurtheilungen in gelehrten Zeitſchriften
zur naͤhern Kunde der Deutſchen kommen wird.
Die Heilkunde anlangend, fo find feit 1831 viele Schrif⸗
ten über Cholera und Influenza, faft ſaͤmmtlich aus bem Deuts
ſchen, erfhienen. Gbermaier’s „Anweifung zum erfahren bei
Bifitationen ber Apotheken” und Richter’ „Gpecieiie Therapie”
wurden, legtere von Gollin, überfeat. Der Verbreitung ber
Homoͤopathie in Schweden nuͤtzt durch Uebertragung von Darts
mann’3 „Handbuch der Diätetil’' Sonden, der auch Motz' „Uns
truͤgliche Mittek u. f. w.“ feinen Landsleuten zuführte. Popu⸗
laire mediciniſche Schriften, wie die legtgenannte, finden ihre
Yublicum — unb was fände am Ende das nit! — und felbft
bie vielverrufenen „Rathgeber⸗ drohen, wenigftens zum Theil,
fi) in Schweden einzuniften.
Vieth's „Lehrbuch der Phyſik⸗ wurde in Bädftröm’s Ueber
fegung zum zweiten Mal aufgelegt. Gchübler’s ‚‚Srundfäpe
der Agriculturchemie” übertrug 8. Ziden. "
Wildt's „Neueſtes und nuͤtzliches Haus: und Kunftbuch”
und? G. A. Pietzſch, „Der hohe Beruf des weiblichen Ge⸗
ſchlechts u. ſ. w.“ wurden ebenfalld, als populaire &chriften,
der Ueberfieblung würdig erkannt.
Das Brodhaus’fche ‚„Sonverfations » Lerilon‘’ wird nadh ber
fiebenten Anflage, mit einem ellenlangen Zitel verfehen, überfeht
und ift bereits bis zur Hälfte gediehen.
Kür die Geſchichte heben wir bie ſchon weit vorgeruͤck⸗
ten Uebertragungen von Gibbon's umfangreihem Werk „Ueber
Verfall und Untergang bes whmifchen Reiche’ und von Becker's
„Weltgeſchichte““, nach Loͤbell's und Menzel's Bearbeitung, heraus.
Des Letztern „Geſchichte unſrer Zeit ſeit Friedrich II. Zobe”
iſt, wie im Driginal, auch als ſelbſtaͤndiges Werk, von Sten⸗
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagſhandluna: J. A. Brochaus in Leipzig.
hammer uͤberſeht, erſchienen. „Maris Stuart och Euſaberh⸗
iſt ein Friedrich v. Raumer's „Briefen aus Paris u. ſ. w.“
entnommener Auszug. Von Werken uͤber die Geſchichte der
neuern Zeit erwähnen wir einer Ueberfegung der Schrift Lud⸗
wig Napoleon’s über Walter Scott's ‚Leben Rapoleon Bor
naparte’6 unb einer vom Lieutenant Gronbjelm verauſtalte⸗
ten von Foy's „Krieg: auf ber pyrenaͤiſchen Halbinſel“. Dem
Bebürfnig allgemeiner Belehrung in geſchichtlicher Hinſicht
wird eine Uebertragung ber bdresbner „Allgemeinen biftorifchen
Taſchenbibliothek“ geboten, aus ber bereits die Gefchichten Korb:
amerifad, Polens und Rußlande von Philippi, Bronilowsti
und Herrmann erfchienen find.
Bür bie Geographie ift ald Originalwerk bas von W.
5. Palmblab in Verein mit kundigen Freunden herausgegebene
„Handbuch der phyſiſchen und politifchen, alten und neuen Geos
graphie u. ſ. w.“ zu nennen, beffen dritten Theiles erfter Band
Indien, von. bem Herausgeber bearbeitet, enthält (Upfala,
Palmbladb und Gomp.). Dtto von Kopebues „Neue Beife
um die Welt’ warb (nach der Bearbeitung von C. F. Dieyfdh)
von Ion Bohman übertragen. Auch das Werk ber Laby Mors
gan: „Frankreich in den Sahren 1829 und 1830”, fand einen
eberfeher.
In der fogenannten ſchoͤnen Lireratur nennen wir vor
Allem bie fünfte, mit 24 Gteinbrüden von Holmbergßon vers
febene Auflage von Zegner’s berühmter „Frithiofs Gaga’, fos
wie Nils Lowén's Uebertragung Moore'ſcher Gedichte und bie
Skjoͤldebrand's von „Childe Harold’. Zu bem Roman unb
ber Erzaͤhlung, dev bei der Neuern deliebteſten Gattung bich-
terifcher Darftellung, übergehend, erwähnen wir gern einer
Gammlung von Driginalnovellen („Swenfla Nopeller“), die
fi) der Gunſt des Yublicums zu erfreuen fcheint. Daß bie
Schriften des Meifters In diefem Fache, Walter Scott's, wie
anderwärts fo auch in Schweden die gebührende Anerkennung
tzefunden haben, verfteht fich vom ſelbſt, eine Uebertragung der
gejammten Werke bes großen Briten folgt benen , bie von den
einzelnen früher veranftaltet wurden. Ebenſo finb bie beſſern
Schriften Cooper's dem ſchwediſchen Lefepublicum zugänglich ges
macht worben. Diefen Ausländern ſchlieben wir noch zwei an:
ben Italiener Alex. Mangoni und den Ruſſen Th. Bulgarinz
des Erſtern „VBerlobte (‚De Trolofwade“) und des Zweiten
„Iwan Wuifdigin‘‘, Werke von ber verſchiedenartigſten Eigen⸗
thuͤmlichkeit, aber in ihrer Art als gleich verdienftlih ‚und ge⸗
lungen anertannt, weshalb audy von jebem berfelben zwei beutiche
Uebertragungen nöthig ober wenigſtens gerechtfertigt Tchienen,
wurden überfegt. — Unter den Deutfchen, die fi die Schwe⸗
den zur Unterhaltung erfehen, nennen wir, wie ſich gebührt,
zuerft Goͤthe, deſſen artiges Zableau: „Die guten Weiber”
(Were. Ausgabe letzter Hand. 15. Bd.), vielen unferer
Landsleute ſelvſt wol unbekannt, überfegt ward und nur für
ein ſehr gebilbetes Yublicum berechnet fein kann. Wir er:
wähnen hier gleich nody der Webertragungen von „Leontine
und Natalie” und „Anton Golario” von Johanna Scho⸗
penhauer (22. Bd. der „Sämmtlihen Schriften‘) und zweier
Sammlungen von Ueberfegungen deutſcher Rovellen und Erzaͤh⸗
lungen, deren eine (,„Walba Noveller“, Upfala, Palmblad) u. a.
„Den tobten Gaſt““ und „Die Somnambule“ von Zſchokke,
„Iwan“ von E. Wobomerius und ‚Des Kaifers Bild‘ von
W. Hauff bringt; bie andere („Novell⸗Bibliothek““, pfala,
Bruzelius) enthält Tleine Grzählungen von 8. 2. M. Müller,
A. Schreiber u. %. Bon größern oder für ſich beſtehenden
Schriften beliebter deutſcher Graähler nennen wir van ber
Belbe’8 „Liebhabertheater” und „Arwed Gollenſtjerna“, fowie
feines Nachfolger Zromlie „Bappenheimer”, ferner Alex. Bros
nikoweli’s „Mäufethurm am Goplofee”, „Rudolf von Eggen⸗
| berg” von. Wobomerius, Belani’d „Belagerung von Ancona’,
endlich bes wegen feiner „Derbftreife” in Schweden belichten
B Aeris! „Wictorie Charpentier”, bie ſaͤmmtlich überfene
wurben. 179,
Blaͤtter
für
literarifche Unterhaltung.
ee
—— — Rt 114. —
24. April 1833,
Meber einen Geſchichtſchreiber unb die Geſchichtſchrei⸗
bung der neueſten Zeiten.
(Zortſetung aus Nr. Us.
Bei all Diefem- glaube ich mich Ihrer Beiſtim⸗
mung gewiß, aber dabei, daß ich von meinem Geſchicht⸗
ſchreiber verlange, er folle ſelbſt praktiſcher Staatsmann
ſein oderngewefen fein, befürchte ich einigen Wiberfpruc.
Unb bo, mein lieber Freund, iſt es grade Dieſes, was
ich am wenigften miſſen möchte an meinem Geſchicht⸗
fchreiber.
Wie, fagen Sie vielleicht, alfo ſoll diefer Ge⸗
fchichtfchreiber die Arbeit an feinem Werke nur ats Ne
benbeſchaͤftigung, nur in feinen Seierfiunden, ober gar erſt
in ſeinen alten Tagen betreiben, wenn er fuͤr die Geſchaͤfte
zu ſtumpf geworden iſt? Wo ſoll ein praktiſcher Staats⸗
mann, alfo ein Geſchaͤftsmann, bie Zeit hernehmen, bie
einzelnen Nachrichten muͤhſam zu ſammeln, zu ſichten, zu
ordnen und endlich zu einem ſchoͤnen, wuͤrdigen Ganzen
zuſammenzubauen? Wo die Zeit zu den vorbereitenden
Studien? oder, wenn er denn gar erſt in ſeinem Alter
beginnen ſoll, wo die Kraͤfte zu einem ſolchen Werk?
Die Hiſtorie iſt eine gelehrte Wiſſenſchaft, ſie ſoll den
Gelehrten verbleiben, und wer ein ordentliches hiſtoriſches
Werk ſchreiben will, muß ihr ſein ganzes Leben widmen,
wie Johannes Muͤller gethan hat.
Laſſen Sie mich Ihnen daruͤber unverhohlen mein
Glanbensbekenntniß ablegen, wenn es auch Manchem ketze⸗
tiſch Icheinen moͤchte.
Zuerſt iſt, duͤnkt mich, ein wichtiger Unterſchied zii
ſchen der Geſchichtſchreibung eines einzelnen Zeitraums
und insbeſondere ſeiner Zeit, und der Beſchreibung der
ganzen Geſchichte eines Volkes oder gar einer Univerſal⸗
geſchichte. Daß jene nicht ſo viel Aufwand von Zeit und
Kraͤften erfodere als dieſe, dit einleuchtend. Zwar wird
Niemand ein guter Geſchichtſchreiber ſeiner Zeit werden
koͤnnen, der nicht auch die Geſchichten ber Vorzeit kennt,
und ich verlange vielmehr von meinem Geſchichtſchreiber,
daß ex fie recht acht und grbentlich kenne; aber biefe
Kenntniß I, duͤnkt mich, auch nicht fo ſehr ſchwer au
.Sie erfodert nicht fo sagen Anßalten,
wie ich fo haͤufig dazu machen ſehe. Denn für dm Ge
fchichtichreiber umferer Zeiten kommt +6 nicht darauf an,
da er jedes Factum in dar Gaſchichte der Vormelt genau
und kritiſch unterſucht babe, nicht darauf, daß ex nad
viel Arbeit und Schweiß in bunte Fabelzeiten muͤhſam
ein Lichtlein wage, fordern nur darauf, daß feinem Geifte
ein klares und lebendiges Bild der verfloffenen Zeiten eins
geprägt ſei; daß er bie Wurzeln erkannt habe, aus benen
der ungeheuere Baum der neueren Weltbegebenheiten em⸗
norgeſproßt iſt. Und wen frühe. Neigung zur Geſchichte
führte, wem fie zur ſteten Gefaͤhrtin und Lehrerin feines
Lebens wird, der erwirbt diefe Kenntniß auch, ohne daß er
fi) ihr ganz ausfchließend widmete. Schwerlkh wußten _
Thucpdides oder Cäfar mehr von ber Vorzeit als jegt
mancher gebildete Gefchäftemann; umd wenn hatten benn
Macchiavelli, Guicciardini, Dayila ihre Studien gemacht
als während ihres gefchäftsreichen Lebens? Seitdem bat
noch) die größere Verbreitung der Buchbruderfunft und
des Buchhandels die Derbeifhaffung der Materialien ſehr
erleichtert; und wollte man auch eben in der Mabäufung
und der mühfamern Sichtung berfelben neue Hinderniſſe
finden, fa ift dies doch wirklich mehr eine ſophiſtiſche
Ausrede als ein gegrüundeter Einwand, Wer früh an bie
schten Quellen der Wiſſenſchaft und, an die rechten Mei⸗
ſter der Kunft gegangen iſt, der lernt bald das echte
vom Falſchen unterſcheiden; wer feines Zwecks fi recht
deutlich bewußt iſt, der laſſe fahren und floße von fick,
| was nicht dazu führt, dee wird alfo auch bei den Stu⸗
dium der Geſchichte fo viel Zeit nicht brauchen, um Das
zu erlernen, was ex bedarf, ndmlih Das, was nethig If, -
um in feinem Geiſte den rechten Grund zu legen, worauf
er das Bild unſerer Zeiten Mar und ſchoͤn auftragen wi.
Wenn Sie aber etwa, und mit einigem Scheine, vie
Sache umkehren und fagen mwollten, nicht weil das Stu⸗
dium ber Gefhichte muͤhſawer und weitläufiger gewordan
fei, fondern weil jegt die Gefchäftsführung mehrenthsiie
complicirter md zeitraubender ſei als ehemals, fei die
Vereinigung beider jest nicht thunlich, fo laſſen Sie auch
hier mich ſtatt aller Antwort Sie durch die Erfahrung
zuruckſchlagen. Wo haben Sie der Geſchichtſchreiber winle,
die eine tiefere Einſicht hatun in die Vorwelt, ja auch
sine gelehrtere Keuntniß davon als Montesauieu, der I
kanntlich ein ſehr geſchaͤftseciches Leben führte? oder, mem
biefer Ihnen noch nicht neu genug wäre, ſehen Sie Son
an deſſen Geile der‘ Een Stuart man das mühe
ſamſte Quellenſtudiuw
470
Erwaͤgen Gie au, daß ja faſt alle Wiſſenſchaften,
die dem hoͤhern Staatsmann erfoderlich ſind, ſobald
tuͤchtig angegriffen werden, nothwendig auf die Geſchicht
—* und gleichſam in ihr einwurzeln. Ein Juriſt
ohne hiſtoriſche Kemntniffe kann ein guter Routinier fein,
er kann in allen Einreden und Mechtsbehelfen wohlerfah:
‚ten fein, er kann zu Nug und Frommen des Publicums
' einen MNichterpoften verwalten; aber den Namen eines
Rechtsgelehrten verdient er doch deshalb noch nicht; und
wenn die Götter einen foldhen unter bie Gefeggeber eines
Landes werfen, wie fie in neueſten Zeiten zuweilen ges
than haben follen, fo kann, wer recht chriftlich gefinnt iſt,
Be doch mit nichts Anderm tröften als mit dem Spruche,
den man bei großen Landplagen zu dußern pflegt, daß bie
Goͤtter die Völker zuͤchtigen, welche fie Lieben. Iſt e6
etwa bei dem Diplomaten, bei dem Politiker anders?
Wenn aber biefe Wiffenfchaften fo eng mit der Ge⸗
ſchichte verbunden find und gleichſam einen Theil ihres
Lebens und wahrlich nicht den fchlechteften aus Ihe zies
ben, fo wird ja ſchon eben dadurch ein großer Theil des
Einwandes gehoben; denn ber Staatsmann, ber ſich mit
biftorifhen Studien befchäftigt, tritt ja dann keineswegs
in unbekannte Stätten, fondern in befreundete, worin ihm,
den nächften und beften Meg zu finden, gar nicht ſchwer
werden kann.
Warum ich aber fo fehe wuͤnſche, daß mein Gefchicht:
‚fchreiber nicht 6106 Gelehrter, fondern auch Staatsmann
lin oder geweſen fein foll, das ift, weil ich glaube, daß
fein Studium, keine gelehrte Anftrengung Das verfchafft,
was die praktifche Theilnahme an Staategefchäften dem
Geiſte gibt. Durch fie lernt er:
Das Große groß, das Kleine Bein zu. fehen.
Sie allen gibt ihm jenen klaren Blick in die Verhaͤlt⸗
niffe, jene fihere Würdigung des politiſchen Gewichts der
einzeinen Begebenheiten, jene richtige Erkenntniß ihrer
Verkettung als Urfache und Wirkung, welche die rechten
Blüten einer guten Gefchichtfchreibung find und wodurch
ihre Gemaͤlde erſt die rechte Wahrheit und Treue erhak
ten. Durd fie erhält er fich am ficherften von ben Un
arten und Einfeltigkeiten rein, die die traurige Mitgabe
fo vieler neuern Geſchichtſchreiber find; ich meine von jener
Afterweisheit, die wie eine Seuche ſich nicht blos in die
Geſchichte, nein, faſt auch in alle uͤbrigen Zweige des
menſchlichen Wiſſens eingeſchlichen hat; die immer noch
etwas Hoͤheres zu verhuͤllen vorgibt, als ſie ausſpricht,
und fo alles Leben der Darſtellung täbtet und alle dor⸗
ſchung verunreinigt.
Die Geſchichte ſoll eine treue und lebendige Darftek
dung des Geſchehenen fein; dies fei ihr einziger Zweck,
dies ihre einzige Kunſt. Die aber auf einen poetiſchen
oder gar dramatifchen Effect hinarbeiten, die fich einen
Dragmatismus zu erfünfteln quälen, zu dem die Ereig⸗
niſſe keine Weranlaffung- geben, die endlich eine Geſchichte
nach fogmannten Ideen fchreiben, alle diefe ſuͤndigen gleich
fehe an ihr; alle dieſe zeigen gleich fehr, daß fie gar kei⸗
ven Sinn haben für die Würde und Herrlichkeit der Ge:
ſchichte. Zumal,
“
j
fchichefcheeiber nach Ideen recht im Innerſten zuwider,
weil ſie am vornehmſten thun und eigentlich am arm⸗
ſeligſten ſind. Das iſt recht ſtolze Armuth, die vom Wit
des Reichthums Miene borgt! Doch nicht einmal vom
Wis, denn was für Wig gehört denn dazu, am dem Le⸗
ben eines Helden oder Staatsmanns eine Anficht aufzu-
faffen oder gar an der Gefchichte eines Staats? und um
zu mobdeln und zu drehen, bis man hierauf Alles zurkd:
führen und einen dürftigen Begriff als die Summe und
Quinteffenz eines reihen und fräftigen Lebens angeben,
‘oder bis man gar mit bedeutungsvollen Worten verkuͤn⸗
den ann, diefer oder jener Staat habe die Idee feiner
Geſchichte erfüllt, oder auch nicht? Mich hat es ſchon
immer geärgert, wenn bie Aeſthetiker oft fo raſch bei der
Hand find, die Idee eines Kunſtwerks auszuſprechen und
nun glauben, damit fei Alles abgemadht; wenn aber gar
Einer für die ungeheuern Werke des Schidjals immer
glei fo einen Stempel bei der Hand hat und redet, als
ob er mit im Rathe der Götter gefeflen hätte, das ift
vollends ganz unerträglich.
Verzeihen Ste mir diefen Ausbruch, ich fuͤhle, er ge:
hört vielleicht nicht hierher; aber es Ärgert mic) dieſes Un:
weien gar zu ſehr, weil e8 nach meiner Art, die Gefchichte
zu verehren und zu lieben, grade das frevelbaftefte ift.
Die Geſchichte ift eine Wiffenfchaft des natürlichen ge
meinen Verftandes, aber was darüber hinaus ift, gehört
nicht in eine hiſtoriſche Darftellung; und ſei es an ſich
vielleicht noch fo trefflich und noch fo tieffinnig, es iſt,
von dem Standpunkt der Geſchichte aus betrachtet, falſch
md unecht. Meder fagt irgendwo in Beziehung auf bie
Politit: Je me prosterne tous les jours devant le sens
commun si decrie parmi nous”; und Daffelbe möchte
ih, in Beziehung auf die Gefchichte von ihm fagen. Die:
fen gemeinen Berftand, diefen natürlihen Sinn aber, be
baupte ich, erhält befonders gefund und übt bie Theil:
nahme an praktiſchen Gefchäften.
Das ift es, was die Alten und bie Ausländer fo fehr
vor und auszeichnet, daß jene fo viele Staat6männer um:
ter ihren Hiftoritern zählen, wir dagegen faft feinen ein:
jigen. Jene haben erlebt und gelebt, was fie befchrieben,
die unferigen haben es nur- gelefen.
Hätte Zenophon den Rüdzug der Zehntaufend mol
fo darzuftellen vermocht, wie er gethan hat, wenn er ihn
nicht felber geführt hatte? Hätte Macchiavelli die zahl:
tofen Kämpfe und Parteiungen feines Vaterlandes und
ihre Meinen Urfachen fo in ein herrliches Bild zuſammen⸗
ftellen koͤnnen, wenn er nicht felbft in diefem ande ge
lebt, wenn er nicht felbft an ähnlichen Partelungen Theil
genommen hätte? und wie hätte Davila bie geheimften
Verfhlingungen politifcher Intriguen fo entbüflen follen,
wenn er nicht unter den Perfonen gelebt hätte, welche fie
webten, wenn er nicht felbft zum Theil feine Hände dar⸗
ein gemifcht hätte. Die engfifchen Geſchichtſchreiber zeich⸗
net dagegen meiſt eine klare und gruͤndliche Einſicht aus
in den Gang der innern Veränderungen der Ränder, deren
Geſchichte fie befchreiben, ein heile Blick in die Ber:
mein lieber Freund, find mic die Ges | mwandlungen- der- Verfaffungen und in die Einflüſſe darauf.
⸗
M
Das macht, weil von fruͤh auf ber Geiſt eines gebilbeten
Englaͤnders auf ſeine gluͤcküche Verfafſung gerichtet iſt.
Rechte und Geſetze find nicht blos deu Juriſten vom Pre⸗
feſſion bekannt, ein Jeder, der Anſpruch macht auf «in
Öffentliches Amt, ein Jeder, der fich interefſirt für bie
Verhandlungen Im Parlament, Hat wenigitens eine allge:
meine Kenntniß davon, und Alles, was im Staate ges
ſchieht oder dem Staate wiberfährt, wird auf bie Vers
Faffung bezogen, 0b es biefer vortheifhaft oder nadytheilig
fein koͤnne, und inwiefern. Wenn fo ber Blick an ber
eignen Verfaſſung gelbe ift, fo ſieht er auch beutficher
und richtiger die fremden Völker und waͤgt und erkennt
befier, was auf fie einwirkt. Darum war «6 auch ein
Engländer, ber zuerft das Weſen der franzöfilchen Revo⸗
lution deutlich einfah und, allen Schmähreden zum Trotz,
fehon bei der Geburt das Sterbelied ihrer Freiheit fang.
. Niemals war der Wechfel der ungeheuerften Begeben⸗
beiten fo raſch als in den neueften Zeiten, niemals Re:
volutionen aller Art fo unerwartet und von fo verfchiede:
zuen Folgen begleitet, niemals alfo auch ein praktiſch⸗
geuͤbter Blick, der ſchon die Keime erkenne, fo wuͤnſchens⸗
werth ale an Dem, ber diefe Zeiten zu befchreiben uns
ternimmt.
Der Einwand, daß von dem Geſchichtſchrelber unfe:
zer e, wenn er felbft Staatsmann iſt, Parteilichkeit
zu bef@echten fei, ſcheint mir nicht fehr erheblich. Theils
pflegt Denm, die der Geſchichtſchreibung fich widmen, eine
Strenge des Gemuͤths eigen zu fein, bie abfichtlichen
Verfaͤlſchungen widerſtrebt; theils können ja, die nicht an
den Staatögefchäften Antheil haben, ihre Nachrichten doch
auch nur faft allein von XThellnehmern erhalten, und ber
Unterſchied wird daher fo groß nicht fein. Indeß geſtehe
ich doch, daß weil in manchen Fällen größere Befangen⸗
heit möglich ift, ich meinen Geſchichtſchreiber noch Lieber
unter Denjemigen fuchen möchte, die nur einmal Staats:
geſchaͤfte betrieben haben. Die Muße von Gtaatöges
ſchaͤften, das iſt recht die Lage, die ich meinem Schrift
feller wünfche, rote Salluſt fie hatte, oder Clarendon ober
William Temple. Denken Sie fit) emm Mann mit den
ſchoͤnſten Gaben bes -Beiftes begluͤckt, mit dem reichften
Schmucke fſeglicher Bildung bekleidet, deſſen Seele von
früh auf ihre Luft fand in der Betrachtung der Vorwelt
und der Schidfale der Voͤlker, ber 'bann in der Gegen:
wert zu Üben verfuchte, was er aus jenen gelernt, und
der endlich, nachdem er pftmals den Weg, niemals das
Steuer verloren auf dem ftürmifchen Deere, dem er ſich
anvertraute, feinen Nachen wieder ans fer geſtoßen bat,
wird er nicht gleichſam wie zu feinem alten Elemmt zu:
ruckkehren, zur Geſchichte? Wird Nicht die liebſte Be:
fHäfttgung feiner Muße fein, in fein Gedaͤchtniß zuräd:
zurufen, was er gefehen und ſelbſt erfahren hat von ben
Geſchichten der Staaten, um gleichgefinnten Nachgebore:
zen «6 darzuftellen, damit fie fich daran ergögen, wie er
fich ergoͤht hat an den Werken der Vorwelt, und daraus
lernen, wie er gelernt hat aus jenen?
(Der Beſchluß folgt.)
Keine — Mole hetreffend.
1. Der Uebertritt der poiniſchen Corpe von Bielgud, Chlapowski
und Kpolnski auf das preußiſche Gebiet, ihr Aüfenthatt bas
ſelbſt und die angeorbnete Entfernung bderfelben. Unter Be
nugung amtlicher Quellen von W. von Dankbahr. Ks
nigeberg, Bornträger. 1832, Gr. 8. 8 Er.
Ref. hat ſchon ein vorzüglich dieſe Begebenheit berädfichti-
gendes GSchriftchen eines Weftpreußen: „Preußen und Polen‘,
ind BI. angeneigt und daraus bie Anficht gewonnen. daß,
wenn auch biefe böfen Auftritte in Fiſchau m. f. w. bei ber
Stimmung ber durch die Schwäde ihrer Führer aus ihrer Hei⸗
mat vertriebenen Polen fehr erflärlih waren und in berfelben
Entfhuldigung finden, doch auch auf ber andern Seite bie preis
Bifche Regierung in ihrem Benehmen gegen bie aufgenommenen
Polen nicht getabelt werben kann. Died Letztere wird denn auch
durch biefe Schrift beſtaͤtigt. Sie enthält einen ſchlichten,
Mar und unparteiiſch gefchriebenen Bericht ber Verhältniffe,
unter denen erft das Gielgud⸗ Chlapowski'ſche und fpäter das Ry⸗
binski’fche Corps nad Preußen Übergetreten waren. Erſteres
beftand aus 611 Offizieren und 6265 Soldaten; letzteres aus
ungefähr 20,000 Offizieren, Beamten und Golbaten. Hierauf
folgt die Beſchreibung bee ſchon im December erfolgenden freis
willigen Ruͤckkehr von etwa 12,000 Unteroffigieren und Solda⸗
ten, welche von der durch Ukas vom 1. Nov. von Rilolaus an⸗
gebotenen Amneftie Gebrauch machen wollten, und ber Abreife
ber Offiziere in das Ausland, die nadh ber Eaiferlichen Verord⸗
nung aus ihrem Katerlande verbannt waren. Der Berf. bes
ruͤhrt hierauf kurz, auf bie Schrift: „Die Polen in Elbing“, vers
tveifend, wie durch leere Gerüchte, ald 0b bie noch zurädbleibens
ben Polen zur Ruͤckkehr nach Rußland gezwungen werben foll«
ten, Misvergnügen und Widerfeglichkeit unter ben Polen fi zu
zeigen begonnen, und wie biefe, durch umfchleichende Emiſſaire
beſtaͤrkt, zu’ ben bekannten Auftritten geführt habe. Bei einer
von Geiten der preußifchen Regierung angeordneten Ausmitte⸗
lung Derer, welche am meiften bei ber Revolution compromittixt
waren, fanden fi im Februar mit Ausnahme der Kranken noch
‚5786 Dann Polen auf preußifhem Boden, welche theils von
ber xuffifchen Amneflie ausgefchloffen waren, theils von ihr aus:
geſchloſſen fein wollten. Denn bie übrigen außer jenen obener:
wähnten 12,000 waren theild als nicht ruffiiche Unterthanen in
thre Heimat gegangen, theils auf verfhiedene Weile in das
Ausland entlommen. Sene 5000 wurden im "April in acht
bauptabtpeilungen formirt, zur Verhütung fernerer Exceſſe un:
ter preußifche Disciplin geflellt und mit der unterbeß eingelaus
fenen erweiterten Amneflie bes ruſſiſchen Kaifers befannt gemacht,
weldye bie meiflen nun auch annahmen, fobaß außer 675 jr
preußifche Koften nad) Bordeaur eingefchifften Soldaten nur nc
11% Bewohner ber weftlichen zuffifhen Provinzen biß zum Gins
treffen ber erbetenen Entſcheidung ihres Lanbesherrn und 592
Dolen nach entfchiedener Weigerung ber Ruͤckkehr zurüdblieben,
- welchen bie preußifche Regierung bei der Unmöglichkeit, ihnen wo
anders eine Kreiftätte gu Öffnen,- natuͤrlich nur gegen Arbeit fers
nerbin Nahrung und Kleidung gewähren konnte. Bedenkt man
nun noch, wieviel der Unterhalt biefer Kremdlinge ber Regierung
an Sold und Kleibungsſtuͤcken geloftet hat, was &. 46 genau
verzeichnet ift, fo muß wol aud Der, weldyer Über Preußens
Benehmen währenb bes polniſchen Kampfes unzufrieden ift, fein
Betragen gegen, bie Fremdlinge, die auf feinem Boden Schug
fahıten, rechtfertigen, unb wirb nicht, was vielleicht der einzelne
Beamte verfchulbet Hat, verfchlimmert und vergrößert ber Regie:
rung zur Laſt legen. Zum Schluſſe find dem Büchlein Beila«
gen angehängt, welche bie diefe Angelegenheit betreffenden koͤnigl.
Publicanda 2c. enthalten.
3, Auch ein Wort über Friedrich IT. und Kriedrih Wilhelm TI.
Politik in Polens Unfällen ober Bemerkungen. über „Pos
Nlens Untergang” non F. von Raumer. Bom, Obriflen von
Schepeler. Aachen, Mayer. 1333, &r..12...12 Gr.
Da die Schrift bes Deren von Raumer über Polen genug
befannt und gewürdigt worben iſt, fo will Ref. kein Wort weis
er
, FR in manchen
In u ah Sn, Gut ala ce 1 De
"war im einzeltten bitten Benerkungen in Bei rel
a a aa
e Serthänie idhtigenben eb Buches, xt. v.
Aaumer Teibft —— chen. —E—
plöglich ber Oberſt von Schepeler, Verf. einer „Methode, bie
z
aber
t der Herr
Obetſt undeholfen und macht Fehler, die ter Rd (feines Bewer:
Rs ein re ) kaum feinen Quartanern bergeipen wärbe.
Sur —* nur Einiges, was uns grade aufſtoͤßt (S. ): „Dee
polniſche Edelmann war tytannifcher Herr feinen Bauern, wenig
beffer als vüffifche Leibeigne.“ War ber Herr wenig befler,
ober FON dies auf die Bauern fid) beziehen? Mas if denn fer:
me ©. 28 ein ‚treffend wichtiges politifches Benehmen”? ober
ft das ein Drudfehler, wovon es im Buche wimmelt, ſtatt:
seeffend richtiges? Run To hätte wenigſtens Herr von Schepe⸗
ler mehr Achtung vor dem Publicum Haben und für einen
veſſern Corrector forgen ſollen. Oder iſt es auf berfeiben Seite
ein Druckfehler, wenn Frankreich „offene Stchuld an Polens
Untergang fein’ fol. Doch, damit Def. nicht beſchulbigt werde,
bei Kleinigkeiten zu lange zu verweilen, fo geht ex auf das Ra⸗
terielle des Buches Über, um fein obengegebenes Urtheil zu recht:
fertigen. Als Einleitung gibt er hoͤchſt trodene und befannte
Notizen Über die frühere Geſchichte Polens, Bie Urſachen feines
Berfans dabei andeutend, und wundert ſich
g
eſe, Müller das Elend tn Polen nicht Friedrichen,
are den —* zu Bar kon fhoerittn Daten —2 Doch
VNedieirt unter, Werantwortiigtelt der Berlagäbantlung: 8. U. Brodhans in Belyzig.
mE)
davon. bei i x Men.
Herr eib . 67 Tg. und vier te ge
ebriäy feiwen. erärmfädhern Brribeibiger ba fi
Don war polltiigen Mrisheit bes Dre: u. Wh. zes4 00
wegenihlligfben · bie Rote ©. 6, me ft dm euftitwiinnnelien
Eleinen Gtasten recht vaͤterlich ans Herz Ingt, bafı „bad
ber Deputirten größerer Gtaoten, Tel für den Gan
Saatsemaſchine notwendige Abgaben zu verweigern, auf Heine
bema abtr via ‚gehferre Bent Di Mennmlerrang banken
crung
Abgaben nit. in beufeiben Geſahrr? Hier, mie
Staaten, muß, feblen,
ſchine nothwend eßen hier unb wänfehen
ebuld; Ref. Yat nur bie S ss (den
dern Eefern
a a
kiterariſche Anzeige.
Sericht über bie im Laufe des Jahres 1832 bei * A.
Brockhaus in Leipzig erfchienenen weuen Werke
"und etzungen.
bortſetung Eertſetung aus Str. 107.)
18. Krug (Belheln Trangott), Gmtpltopätifdienphitefes
pꝓhiſches Lexikon, oder Allgemeines Handwoͤrterduch ber pili⸗⸗
ſophiſchen Wiſſenſchaften nebſt ihrer Literatur und Geſchichte
Nach dem Heutigen Standpunkte der Wiſſenſchaften bearbeis
tet und, herausgegeben. Zweite, perbeflerte unb vermehrte
Küfloge. Io Bier Bänden - fir Band. X- bi GE.
Br, 9. 55; Bogen uf meilen Drackpapiex. Gakfsrtps
16: Kupfer (GB). Anfangigsände her Muchfasens hnung
upffer (&. 9.), Anfangsgruͤnde der e
und Yıgetva, mit Inbegriff der Sombinationsiehre und unbe⸗
ſtimmten Analytik, nebft Uebungsaufgaben. Zur Repetition
bes wünblichen Unterrichts und zur eignen —— —
dung neben dieſen. (Hpaal 1882) Gr. 8. 16 Bogen auf
Drudpapier. 20 Gr.
17. Ludwig (Chriffian), Wolftändiges beutfch:englifcges unb
nglifch:beusiches Woͤrterbuch. Zweite Auf lage, mit eis
nes gründlithen Anleitung zur Ausfprakhe des Eng:
laſchen vermebet unb zum allgemeinen. Gebrauche das deri⸗
fen und englifden Nation bequemer eingecöichtess
verbeffert durd eine gemauere Angabe ber Zedeutungen
der Wörter, Redensarten und Sprichwörter, und vermehrt
mit vielen neuen Yusbrüden, und einem Verzeichniſſe der uns
regelm aͤßegen Zeitwoͤrter beiber Eprachen. 2 Theite. Br. B.
57 Woges auf Orucknapier. Seetamnixt. .2 Zur. 8 Br.
18. Martens (le baron Charlas de), Guide üplamatiggn.
Contenant: 1° Tonsiderations sur l’6tude de la diplomatia,
2° Precis des droits et des fonctions des agens diploma-
'tiques. 39 Trait& ser le style’ des oompusitions ea matiäre
politiqua. 4° Bibliethöque diplomatique choisie, auivie d’um
oatalegue de sartes de gösgraphie modeme. 5° Remseil
d’actes et d’offioes & l’appui du traite sur le style des cam-
positions en matiöre politique. 2 Bände. Gr, * 674 Bo
auf feinem französischen Bruckpapier., Geh. 4 Thir. i? Er.
39. Münch (Ernest), Maria ven Burgond nebst dem
Leoben ihrer Stiefsntter Margmwetke von York, Gemahlia
‚Karl des Kühnen, und alleziei Beiträgen zur Gesskirkte
des öffentlichen Rechts ynd des Volkslebens in den Nie-
derlanden zu Ende des 15. Jahrhunderts, aus franzöc-
schen, Aämischen, holländischen und deutschen Quellen.
2 Bände. 8.. 64 Bogen auffeinem Druckpapier. 4 Thir. 16 Gr.
W. Mundt Aheodor), Die Einheit Heutſchlande In potisb
ee unb ideeller Gntmidelung. 12. 8, Biegen auf gute
rudpapier. Geh. 8 Gr.
Die Kortfegäng folgt.)
— —
Blätter
wur, 298 -. . en C. . . f
. , »
. 2. . . B , ‚
— EYE
ur
literarifhe Unterhaltung.
Donnerdtag,
25. . Apei 1833.
Ueber einen Geſchichtſchreiber und die Selhidiſcra—
bung der neueſten Zeiten.
(Beſchluß aus Nr. 114.)
Das Werk eines ſolchen Mannes, behaupte ich, wird
auch der Vorzüge nicht entbehren, die man mit Recht
an einer guten hiftorifhen Darftellung lobt. Sein Geift
ift nicht blos von zahllofen merkwürdigen Thatfachen voll,
fondern auch uͤberreich an Betrachtungen und Re:
flerionen darüber; aber er bat längft gelernt, daß nur
duch Maß und Befonnenheit ein großes Unternehmen
gelingt und das herannahende Biel feines Lebens drängt
ihn, noch mehr zu fparen, wenn er vollenden will. Darum
wird er befonders darauf bedacht fein, wie er durch kunſt⸗
reihe Anordnung und Sufammenftellung auch in einem
mäßigern Raume Plag finde für fein reiches Gemälde;
wie er durch Ausfcheibung des Unbebeutenden dem Wich⸗
tigen und Bedeutenden deflo mehe Licht und Klarheit vers
ſchaffe. Kürze und Prägnanz des Ausdruds, der viele
neue Gefchichtfchreiber fo albern nachjagen, wird er nicht
zu fuchen brauchen, denn fie wird von felbft fich einfins
den als eine Frucht bes raftlofen Fortfchreitens zum Biel,
unb weil der Gedanken und Gegenftände fo viele und
geoße find, daß nur fo viel Zeichen dafür gegeben werben
koͤnnen, aus eben nothwendig find, die rechten und tref⸗
fenden aber fih Dem von felbft barbieten, in befjen Seele
der Gegenſtand recht lebt und arbeitet. Niemals alfo wird
er fireben, mutila et hiantia zu reden, um ein Germa-
nus Thucydidius genannt zu werden, wie Cicero fagt,
fondern eher darauf aufmerkfam fein, daß dergleichen ihm
nicht entſchluͤpfen. Nicht nach tiefſinnigen Reflexionen
wird er ſich abmuͤhen, vielmehr lieber wachen, daß der⸗
gleichen nicht zu viele ſich einſchleichen und die Darſtel⸗
fung etwa verfaͤlſchen. Nur da wird er ihnen eine Stelle
gönnen, wo fie dazu dienen können, das Gemälde gleich
fam noch zu erleuchten, und uns nicht ſowol feine Subs
jectivität, fondern wie in einem Blitzſtrahl den Genius
der Gefchichte ſelbſt enthülen, der über ben Gefchiden
ſchwebt.
Ueberhaupt kann ich mich des Gedankens nicht ent⸗
halten, daß ein ſolcher Mann, und der ſtets ſeine Auf⸗
merkſamkeit gerichtet hatte auf die Ereigniſſe der Vorwelt
und der Gegenwart, dem das Bewußtſein ſeiner Einſicht
nicht fehlen kann, ſich zuletzt ſelbſt vorkommen muͤſſe wie
ein Werkzeug in dee Hand des Schickſals und wie berus
fen von ihm, um feine Thaten -zu verzeichnen, Daß er
dann kaum noch aus freier Wahl bie Gefchichten be⸗
fchreibt, bie er erlebte, fondern weil ee muß, weil ihm
dies auferlegt ift als feine Beſtimmung, die er erfüllen
muß wie jeder Andere die feine. Das fcheint mir die
wahre hiftorifche Begeiſterung, und auf dieſe Art, entſtan⸗
den, in dieſem Sinne geſchrieben, wuͤnſche ich mir die
Geſchichte unſerer Tage.
Wenn ich nun aber, mein lieber Freund, von dem
Geſchichtſchreiber auf das Werk näher eingehen ſoll, fo
geſtehe ich, mir wird ganz bange, weil ich nicht weiß,
wie ich beginnen und wie ich enden will. Ein Werk be⸗
ſchreiben, das noch nicht exiſtirt, heißt faſt, es projectiren,
und daß ich hierzu mich ganz unfaͤhig fuͤhle, habe ich
Ihnen ſchon gleich am Anfange meines Briefes geſagt.
Aber auch nur Einzelnes daruͤber in einem leidlichen Zu⸗
ſammenhange vorzutragen, vermag ich kaum, weil es
wirklich mir faſt ein eitler Vorwitz ſcheint, ſo unvorberei⸗
tet uͤber eine Sache zu reden, bei der ſich doch das Aeu⸗
ßere gar nicht von dem Inhalt trennen laͤßt, von dem
ih noch kaum eine oberflächliche Kenntniß habe. Ja, nun
ih an die Arbeit felbft gehe, ſehe ich erſt recht, daß
ich auch über das Aeußere felbft noch gar nicht mit mir ,
recht im Klaren bin. Darum will id) nur, weil ich ein-
mal mein Wort gegeben babe, Einiges fagen und mie
das Nühere wenigſtens zu einem andern Briefe vorbehal-
ten, damit Sie ſehen, daß ich doch thue, was ich irgend
vermag.
Zuerft alfo laſſen Sie mid den Charakter des Werks
im Algemeinen beflimmen. Ich verlange von ber Ges
ſchichte als folcher, daß fie rein politiſch fei, daß fie mithin
nur bie Schickſale dee Staaten, ihre dußern wie ihre ins _
nern befchreibe. Was alfo auf bie Eriftenz eines Staats,
auf feine Vergrößerung und Verkleinerung, auf den Wache:
thum oder bie Verringerung feiner Macht, auf feine Vers
hältniffe zu andern Staaten Einfluß hat; was ferner bie
wefentlichen Verhaͤltniſſe der Regierten zu den Megieren:
den angeht, das gehört nach meiner Dieinung in die Ge:
fchichte. Nicht Religion, Kunft, Wiflenfhaft, Literatur,
Erfindungen und die Veränderungen, welche fie erfahren,
außer infofern bucch fie nicht etwa wieber politifche Wirs
kungen hervorgebracht find, oder fie eine Art von politis
474
ſchem Einfluß erlangen. Viele neue Geſchichtſchreiber haben
fi gequaͤlt, von alt Diefem ihren‘ Werken aud wenig
itens einige Nachrichten einzuverfeiben. Sie haben nie:
mals recht gewußt, wo fie damit Hinfollten, und fi
gewöhnlich durch verſchiedene Rubriken und Ueberſchrif⸗
ten gu beifen geſucht. Dergleichen fiel den Alten nicht
ein, und ebenfo wenig haben bie geoßen Geſchichtſchreiber
Italiens etwas davon. Dadurch wird die Anordnung viel
einfacher und Leichter, die Ueberficht ber policifchen Wege:
benheiten viel ünunterbrochener und beuflicher werben. So
wi ich denn euch, daß die Befchichte unferer Zeit rein
politifch behandelt werde, und daß barin von jenen Ge⸗
ben nichts vorkomme, außer infofern, wie ich zu
glauben doch geneigt bin, die wiſſenſchaftliche Bildung des
18. Sahthunderts einen Einfluß auf die foctaten Verhaͤlt⸗
niffe und durch fie auch auf die politiſchen Begebenheiten
gewonnen Baden moͤchte. Sie fehen aber feibft, die Be:
andlung bdiefer Gegenſtaͤnde wuͤrde Hier ganz anders ge:
thehen muͤſſen als bei jenen Schrfftſtellern, von denen
ich vorher ſprach. Hier würde vielmehr ihre Beruͤhrung
einen integralen Theil des Werks ſelbſt ausmachen, und
der Einftuß, den fie etwa gewannen, vielleicht nur als
eines unter vielen Symptomen der moralifch = politifcyen
Erfihlaffung erfcheinen.
Die Zeitm, die ich bargeftellt wuͤnſche und bie ich
biöher immer die heneften genannt habe, find die fett
dem Ausbruche ber franzoͤfiſchen Mevolution. Nun Eönnte
dies allerdings auf ſehr verſchiedene Weiſe und in fehr
vetſchiedener Beziehung geſchehen. So koͤnnte Jemand
die Geſchichte des ganzen Europas ſeit dieſer Zeit zum
Gegenſtande ſeines Werks mahm, und allerdings wäre
dies ein großes und ſchoͤnes Unternehmen. Aber ich be⸗
ſorge eben, es moͤchte zu groß werden und in der Dar⸗
ſteüung zu fehr auselnandergehen. Denn um dieſe Be⸗
ebenheiten als einen Theil, als einen Ausfchnitt der
— 5* zu behandeln, duͤnkt mich, ſtehen wir ihnen
noch zu nahe; und geſchaͤhe es anders, fo wuͤrde eine
ſolche Sefchichte immer keine rechte Einheit, keinen rech⸗
ten Mittelpunkt erhalten und in das Gebiet der foge:
nannten Staatengefchichte hinfberftreifen, bie, wie Ste mir
gewiß zugeben, eine vollfommene hiſtoriſche Darftellung wol
nicht fuͤglich zulaͤßt. Ein Anderer wuͤrde vielteicht die Ge⸗
ſchichte Frankreichs ſeit dem Ausbruche der Revolution be⸗
ſchreiben wollen, und allerdings an einem Mittelpunkte
fehlt es ihm hier nicht; aber etwas Anderes dürfte dem
Werke fehlen, wenn ein Deutſcher der Verfaſſer waͤre,
naͤmlich theils die noͤthige Unbefangenheit, theils der Zu⸗
tritt zu den rechten Quellen. Geſchichten von Deftreich
oder von Preußen wuͤrden dagegen ſehr wichtige Theile
ans dert großen Gemaͤlde ber neuern Zeſten nur als Ne
benſachen behandeln koͤnnen, fie würden genoͤthigt ſein,
ſich ſeht viel auf die innern Veraͤnderungen dieſer Staa⸗
ten einzulaſſen, und ich beforge, daß darin mithin auch
Diejenigen Eretgniffe, toriche vor Allem ein großes und ge:
meinfehaftfiches Intereffe erregt Haben, nicht das vechre
Licht und die rechte Darftellung erhalten könnten. Allen
diefen Uebelſtaͤnden, duͤnkt mich, wide Derfenige entge⸗
hen, der zum Gegenſtande ſeines Werks die Kaͤmpfe zwi⸗
—* Frankreich und Deutſchland ſeit dem Ausbruche der
ranzoͤſiſchen Revolution machte. An einem großen Mit⸗
telpunkte fehlt es dabei nicht, und der waͤre allein voll⸗
kommen hinreichend, den das vaterlaͤndiſche Intereſſe her⸗
vorbringt. Daß Ich nt einer Geſchichte dieſer großen
Kämpfe nicht blos eine Darſtellung ber militairiſchen Dpe-
rationen verfiche, das werben Sie fchon daraus abnehmen
koͤnnen, daß ich mich vorher fo entfchieben für die rein
politifhe Behandlung ber Geſchichte erlärt habe. Als
politiſche Begebenheiten, und mit allen Denen Tolle fie
geſchildert werden, die darauf Einfluß hatten. Der fluͤch⸗
tigfte Jurteckblick Tehet, bu in Shen re ne
kaum eine Unterbredhung war. Guicciardini's großes Werk
bat einen ähnlichen Gegenftand. Er ſchildert die Kämpfe
der fremden Nationen in und mit Stafien feit Karl VII.
erftem Einfall, und feiner Behandlung aͤhnlich wuͤuſchte
ich bie Behandlung in dem Werke, welches ich im Sinne
habe. Sorte "dort Italien umd die Polltik der’ italiem⸗
fhen Staaten gegemeinander immer der Mittelpunkt iſt,
fo kann es hier Deutſchland fein und die Politik feiner
Fuͤrſten umtereinamder und gegen Frankreich. Sowie Guic⸗
ciardini zuweilen Blicke thut auf das uͤbrige Europa, ſo
wird es hier, und noch weit mehr geſchehen muüͤſſen, weil
die Berbindang Deutfchlande mit den Übrigen europäffchen
Staaten In den neueften Zeiten weit größer und mannich⸗
faltiger gewefm ft, als die Stallens es damals mar.
Amar ein großer Theil des damaligen Europas concmtticte
ih um biefe ttalienifchen Kriege und um den Beſitz der
bergewalt in Stalin; ein noch welt größerer aber von
der Politik des neueften Europas hat fi um die Kriege
Deutfchlands mit Frankreich ſeit der Revolution gedreht,
ja man kann fagen, daß großentheils in ihnen die Jnter⸗
eſſen aller europäifchen Volker ausgefochten wurden. Kann
man nun wol nicht leugnen, daß der Gegenftand und die
Begebenheiten, welche hier vorkommen würden, unendlich
größer find als die, welche Guicciardini ſchildert, fo würde
ich doch hinlaͤnglich zuftiedengeftelit fein, wenn im Uebri⸗
gen dieſe Geſchichte der Kriege Deutſchlands mit Krank:
reich dem Werke jenes großen Mannes nicht nachitände.
Sicher würde fie dann in eben dem Maße und no bei:
fer erfüllen, was Guicciardini von bet feinigen und Tage:
„Es wird daraus in unzähligen Beifpielen Elar werben,
welcher Unbdeftändigkeit, eben wie ein bewegtes Meer, die
menſchlichen Dinge unterworfen find. Wie verderbiidh, Taft
immer ihnen ſelbſt, gewiß immer aber den Völkern, bie
ſchlecht erwogenen Plän? der Regietenden find, Wie, wenn
fie nur eiteln Wahn pder ihre gegenwärfige Neigung vor
Augm haben, und nicht der häufigen MWechfel bes Gluͤcks
edenken, und die Ahnen zur Erhaltung des gemeinen Be:
een anvertraute Bewalt zum Schaden Anderer misbrau⸗
Fe fie aus Mangel an Klugheit oder aus übertriebener
rſucht die Urheber immer neuer Berrüttungen werden.“
Ich bin eben kein Freund von hiſtoriſchen Parallelen;
aber wer Geſchmack baran findet, wird Vieles, was Buics
charbint von dem Zuſtande Stallend dor dem Ausbruche
des Krieges mit Karl VIII. fast, vortiefflih auf den Zu:
475
fand Dentfehlande dor den Kriegen mit Fraukreich an:
wenden koͤnnen. Leſen Ste feibfi sur nah. - - .
. . Es haben viele Hiſtoriker ihren Werken. Einleitungen
vorugefest, in denen, fie die ganze Kunft ihrer Darſtel⸗
Mengegabe, bie ganze Tiefe ihret polltiſchen Einſicht ent-
ältet haben, In neuern Zeiten iſt dies vielſeitig nach⸗
geahmt, die Einleitungen ſind aber gewoͤh nur zus
Auslegung‘ eher eiteln Rhetorik misbraucht worben. Wenn
nur über die Gonſtruction eines ſolchen Werks, wie
hgeſchrleben wuͤnſche, nachdenke, fo kann ich es mir
such kaum ohne Einkeitung vorſtellen; ja, ich leugne nicht,
ich wuͤnſchte, daß mein Geſchichtſchreiber ihr einen ganz
beſondorn Fletz widmete. Che Alte mie -glefchfam der
Hintergtund werden & feinem Gemälde,
. In iht ſollten Sie eine gedrängte Darſtellung bed
Verhaͤltniſſes der europaͤiſchen Mächte gegeneinander, und
befonders des Verhaͤltnifſes Frankreichs zu Deutfchland vor
dem Ausbeuche der Revolution, und eine Darlegung ber
foriafen Verhättniffe in Europa, beſondets aber in Frank⸗
reich und Deutfchland vor bdiefer Belt finden; einfach,
Bar, in Teichten aber feharfen Umrifien, ohne. Künftelei:
Bon ber erften Art hat Hume, wenn er zumellm aus ber
Geſchichte Englands das übrige Europa überblidt, man:
ches Bortrefflihe; und Bolingbrofe in den beiden legten
feiner Briefe über das Studium ber Befchichte, wo sr
ben Zuſtand Europas feit dem pyrendifchen Frieden bis
zum Jahre 1688 fdyildert, läßt wenig zu wänfchen Abrig.
In Anſehung des zweiten aber, närhlid, der Darlegung
ber focialen Verhaͤltniſſe oder des innern Buffandes der
Staaten möchte ih am Mobertfon erinnern, ber feiner
„Geſchichte Karl V.” etwas Aehnliches vorangeſchickt bat;
nur dag mein Autor fi, natuͤrlich viel kuͤrzer fafſen müßte.
Jener Schriftfteller entwickelt, wie nah und nad) In
den europaͤiſchen Staaten durch Erhebung des dritten Stan»
des und kluge Benusung der Uneinigkeiten unter den geos
Ben Vaſallen die Macht der Kürften wuchs. Er zeigt,
2908 zulegt Heintich VII. in England, Ludwig XI. in Frank⸗
reich, Ferdinand der Katholifche in Spanien und Mari:
millen in Deusfchland gethan, um ſich von allen Bes
ſchraͤnkungen ihrer Gewalt immer mehr zu befreien; er
ſchildert ven Zuftand der Geiſtlichkeit und die ſinkende
Macht des Papſtes und ihre Veranlaffungen; und bierauf
laͤßt er dann die Sefchichte eines Sürften folgen, deſſen
ganzes Leben beinah den Anblick bes Ringens nad) Al:
leinherrſchaft barbietet; weben dem in Frankreich Franz I.
die vaſauitiſche Gewalt nod mehr erdruͤckte, und Hein⸗
rich VIII. in England faſt mit tyranniſcher Willkuͤr herrſchte,
unter deſſen Regierung auch diejenigen Religionsſtreitigkei⸗
ten ausbrachen, die faſt das halbe Europa der Herrſchaft
des roͤmiſchen Stuhles entriſſen. Es ſpringt in die Au⸗
gen, wie verſtaͤndig Robertſon den Gegenſtand feiner Ein⸗
leitung gewaͤhlt hat.
- Die Aufgabe meins Schriftſtellers iſt freilich unend⸗
Lich ſchwieriger; denn nicht zu gedenken, bag bie größere
Entfernung von dem Zeitpunkte, den Robertfon beföhrieb,
eine voliftändigere Ueberfiht des Veranlaſſingen des das
maligen Zuſtandes ber bürgerlichen Geſellſchaften erleich⸗
terte, fo liegt auch in den neuern Zuſtaͤnden ſelbſt eine
Schwierigkeit für die Enthuͤllung ihrer Eutſtehungen Wir
fehen Alle vecht wohl, daß ſchon geraume Zeit vor dee
franzöfifchen Revolution bie Verfaſſungen faft aller eures
paiſchen Staaten ktankten; Aber die Wurzeln biefes Uebels
und ben Bang, den es genommen, habe ich bis jegt noch
nirgend. genügend enthuͤllt geſehen. In den Beiten, bie
Mobertfon fchildert, war, role roh auch biswellen, allene
halben noch ein politifches Leben, darum erfcheinen bie
Urſachen der Staatöveränderuingen und der Veraͤndetungen
der bürgerlichen Geſellſchaft viel auffallender. Seit ber
Beit Karl II. aber iſt die Regſamkeit des politiſchen Les
bens in faſt allen Staaten, England etwa ausgenommen,
nach und nach Immer mehr verloren gegangen. Eine zahl:
loſe Menge Seiner moralifcher Uebel fcheint zu ben Krank
beiten ber Staaten faſt ebenfo viel beigetragen zu haben
als politiſche Misgriffe der Regierenden oder ber Regier
ten. Wie dadurch die politiſche Aſthenie entſtand, bie
wir kurz vor dem Ende des 18. Jahrhunderts Faft allentz
halben erblicken, und wie ſie auf die innern und aͤußern
Verhättnifte der Staaten einwiekte, dies will ich ſtoeng
und wahr, doc, nicht in allzu bunten Karben in der Ein-
leitung meines Gefchichtfchreibers erbliden; dann in wer
nigen Zügen bie Begebenheiten der Revolution in Frank:
reich, und wie es feinen Stand gegen bas übrige Europa
und befonders gegen Deutſchland dadurch veränderte, bie
Unficherheit und Umfehlüffigkeit der Fürften, und endklich
die Coalition von 1792, mit der das Werk beginnt.
Über es iſt Zeit, daß ich mit ihr ende. Das, was
nun folgen müßte, ſchwimmt ‚noch in allzu verworrenen
Geſtalten in meinem Haupte umber; unb wie fehr Ich
auch ſchon bei diefem Briefe auf Ihre freundſchaftliche
Nachſicht rechne, fo mag ih fie doch nicht noch mehr
misbrauchen. Ich verfpreche Ihnen aber, wenn Sie es
fonft verlangen, werde ich die Fortſetzung nachzufenden nicht
ermangeln; ſobald ich nur mehr Muße finde, um beffer
zu überlegen und gehörig zu ordnen, mas ich noch auf
dem Derzen habe. 176.
Bemerkung. *)
Ein Aufſatz inr. 222-2255. 31. f. 1832. (‚Beiträge zur
Chaxafterfdilberung einiges Beitgenofien. In Fragmenten aus
ben Papieren eines alten Dipkomaten’‘) verbreitet fidy Aber ben
GEharakter und das Leben des Kaiferd® Alexander. Diefer Ap⸗
tißel atmet Wahrheitsliebe und verräth ten Wunſch, einzm
erhubenen, aber oft verfannten Monarthen Gerechtigkeit wider
fahren zu laſſen. um fe ſchmerzlicher muß es beräßten, biefen
Fürften in demfelben Astibel eines doppolten, fehr ſchweren Feh⸗
lers beſchuidigt zu fehen, deſſen fein Herz nicht fähig war. "
©. 99 wird gefagt, - „daß «8 rin Gluͤck für ben Kalfer
gewefen wäre, wenn er ber Verſuchung wiberflanden Hätte, fidy
Ms Feldherrn mit Rapokeon gu meſſen“; und ber Verf. vers
ſichert ebendaf. (nachdem er bie Wortheile auseinanbergefegt,
die ein legitimer Monaech über einen Sur Ehtgeiz auf den
Thron erhobenen Privatmann kat), Taß ‚die Schlacht bei Aus
fterfig zum Wendepunft fr ſeinem Sehen wurde, dag „auf ren
blutigen Leihengefilden die Sonne feines Friedens unterging;
HAus Peteröburg eingefanbt. D. Red.
daß feit dieſer Schlacht feine, edelſten Thaten Buße, Suͤhne für
vergoſſenes Blut waren”. Nuchdem ber Verf. von mir als von
einem Derzendfreunde bed Kaifers geſprochen hat, fagt er ©.
968: „Alerander war ein warmes Kreunb, aber ein treuer
Armed war er nicht.” “
Ich habe keinen Beruf, einige einzelne in biefem Blicke auf
baB Leben Alerander’3 enthaltene kleine Irrthuͤmer zu verbefs
fern. Aber ich fühle mich gebrungen, die zwei angeführten Gtels
ien zu widerlegen, um fo mehr. da ich vielleicht der Ginzige bin,
der es zugleich kann und will. : un,
Die Meinung, daß ber Kaifer Alerander ben mährifchen
elbzug aus leichffinniger Luft, fich mit Napoleon zu meflen, ers
net habe, iſt falſch und hat vermuthlich ihren Urfprung in
den zahlreichen ruhmredigen Bulletins, weiche Napoleon feinen
Parijerm fandte, und namentlich (irre idy nicht) in dem 3Q., das
ee während dieſes Feldzuges ſchrieb. — Hier bie Wahrheit, wie
ich fie in fichtliher Gegenwart ber Gottheit fagen würde,
Zur 3eit, ba man im peteröburger Gabinete mit ber
Frage ſich befchäftigte, ob der Krieg mit Napoleon geführt
werden folle, war. ih in ber Hauptſtadt, und ich erfuhr
gleich, daß die allgemeine Stimme für biefen Krieg mar. Der
Kaifer rief mich zu ih, ausdrüdlid um mit mir über biefen
wichtigen @egenftand zu fpreden. Ex fagte mir, daß er ge:
gen biefen Krieg fei, ja den größten Widermwillen dagegen habe,
aber daß feine Minifter und feine ganze Umgebung entfchieden
dafür flimmten; er führte mir mehre Gründe au, auf wels
che er feinen Widerſtand gründete, und fragte mich um meine
Meinung. Gie flimmte mit ber feinigen überein, und id
fügte noch einige Gründe hinzu; ich fagte ihm fogar fein Un:
tüd voraus.*) Dann erfuchte er mich, einen Auffag zu fchreis
en, der den Gegenſtand deutlich erdrtere. Wenige Tage nach⸗
Her brachte ich ihm diefen Auffag. Nach deſſen Genehmigung
las ibn ber Kaifer am folgenden Zage in der Minifterverfamms
lung vor, aber ohne Erfolgs man erflärte ſich einftimmig für den
Krieg. Dex Kaifer belehrte mich mit Schmerz darüber, wollte
aber noch einen Verſuch machen, um diefe allgemeine Stimmung
zu ändern, denn feine Seele litt ſchmerzlich dabei. Er trug mir
auf, mit dem Fürften Adam Czartoryski, der an ber Spitze Der⸗
jenigen fland, welche eine dem Nationalftolze ſchmeichelnde Mei⸗
nung am bartnädigften behaupteten, eine interredung zu haben,
in der Hoffnung, daß ich ihn vielleicht umftimmen würde.
Diefe Unterrebung hatte Teinen beffern Erfolg als ber Auf:
ſatz, und der einzige Vortheil, den Ich über den Kürften gewann,
war, taß biefer Dinifter, der körperliche und geiftige Grazie mit
Wohlmwollen, Sanftmuth und Kaltblütigleit vereinigte, vielleicht
zum erften Male in feinem Geſchaͤftsleben keidenfchaftlich, ja
zornig wurde. Uebrigens bin ich überzeugt, daß er damals
dem Kaifer aufrichtig ergeben war, ben er audy herzlich Liebte,
wie ein Diplomat felten liebt. Aber er glaubte, bad Heil Ruß:
lands fei an Englands Politif gebunden. ‘
Als idy am Abende deffelben Tages biefe Frucht meiner
Sendung dem Kaifer berichtete, zeigte en ſich fehr betwäbt; er
Uagte über fein trauriges Schickſal, in feiner Jugend fo ſchlecht
unterftügt zu fein, und fagte mir endlig: „L’Europe m’sp-
pelle à son secours; mes Russes veulent cette guerre & tout
prix; je suis un jeune homme. Puis-je affronter le reproche
gue la posterite me ferait de n’avoir pas voulu concourir à
. delivrer P’humanit6 de son tyran? — Peut-etre aussi que
vous et moi avons tort. Dieu le veuille!’’
Das ift nicht die Sprache, nicht das Werfahren eines durch
Eitelkeit oder Ehrgeiz beraufchten jungen Kürften, der Tauſende
feiner Mitmenfchen feiner Luft leichtfinnig opfert.
Der Verf. bes erwähnten Auffages fagt, der Kaifer Ale
) als ich ibn glei nad, feiner Rüdtehr wiederſah, waren feine
erften Worten: „J’ai penst A vous sur le champ de bataille
d’ Austerlitz. Tout ce que vous m’aver predit, est arrive.”
476
zanber habe bie Schlacht bei, Außerlig, gegen bie Meinung fei«
nee Generale geliefert, welche ihn baten die Ankunft Benning⸗
fen’& ober bes Erzherzogs Karl abzuwarten. Aber der Kalle
erwagtete' biefen General mit 801000 offen feit nehren Tagen.
Als er aber nad pinem langfamen PBorrüdur ſich Rapaiton
gegenüber ſah, ba handelte es fich nicht mehr darum, ob
die Schlacht liefern oder nicht liefern wolle, fondera man mußt
im letztern Kalle einen gefährlichen Rüdzug, einer Flucht nicht
unähnlich (unb verftanb bean damals ber ruſſiſche Soldat Flucht
und Rüdzug gu. unterfcheiden 3, anteeten, um den Erzherzog
Karl ober den zuffifchen General zu erreichen. Auch war
die Schuld Kaifer Alerander’d nicht, wenn biefer ſehnlich
Erwartete den Befehl, anzuräden, zu fpät erhielt. Es wär
mie leicht, anderweitige, aber mit dam: Schleier des Geheinmif⸗
fe& verhüllte Umſtaͤnde aufzudecken, welche ben Kaifer rechtferti⸗
gen wuͤrden. Ich begnüge mich jedoch mit der Wemerlung, daß,
wenn Alexander's ritterliher Sinn ihn hier vielleicht verleitete,
gegen bie Meinung feiner Generale die Schlacht zu liefern
(was ich aber noch zu bezweifeln mir erlaube, da es nicht das
einzige Dal wäre, daß feine Umgebungen: ihre eignen Fehler
ihm gufchrieben), es auch derfelbe Älexander ift,, der feine umd
der Allürten Generale zwang ober berebete, das erſte Mal auf
Paris zu marſchiren, ale Napoleon durch einen verfiellten Ruͤck⸗
zug feinen Beind nach dem Rhein locken wollte.
Bas ven Vorwurf, den der Verf: dem Kaifer Alerans
ber macht, kein treuer Freund gewefen zu fein, betrifft, fo
widerfpreche ich dem gradezu, wenigfiens infofern ich Hier als
ein Beweis davon angeführt werde. Was Eonnte ber Edle mir
geben, dad mehr als feine Kreundfchaft mir werth gewefen
wäre? Und wer Tann entfcheiden,. ob er ober ih an der Uns
terbrechung unfers Verhaͤltniſſes mehr Schuld war? Was ich
aber gewiß weiß, ift, daß ich mich nicht ganz von biefer Schuld
freifpregen kann. Als eis, daß ſein Herz keinen Theil
daran hatte, muß ich bezeugen, daß er mehr als ein Mal er⸗
klaͤrt und thaͤtlich bewieſen hat, daß er die alte Achtung für
mich immerfort hegte. Ein der Iepoſcett untreuer Fuͤrſt
ſpricht und handelt nicht fo. Er läßt den Unterthan, an wei⸗
em er keinen Gefchmad mehr findet, fallen und glaubt noch
großmüthig zu fein, wenn er nicht übel von ihm fpricht oder
gar ihn verfolgt.
Ich habe diefe Zeilen mit aller Kaltblütigkeit gefchrieben,
deren ich fähig bin, bie ich ber Wahrheit ſchuldig zu fein glaube,
Sch habe mich bemüht, bei dem Niederſchreiben berfelben all das
Bute zu vergeflen, womit er mid) während zwölf Jahren, dem
wahrhaft ſchoͤnſten meines Lebens, durch fein wahrhaft Lies
bendes Herz und burch feinen edeln „und reinen Geift bes
gluͤcktt hat. Ic war dem Zeitgenoffen Thatſachen ſchul⸗
dig, eine Wahrheit, die burg den Enthuſiarmus, den er mic
eingeflößt hat, und den ich bie zu meinem legten Athemzuge bes
wabren werde, nicht im @eringften entftellt werben durfte.
" P. emeritister Profeflor in D.
— —
Literariſche Notizen.
Der General Donabieu hat in Paris herausgegeben: ‚De
Phomme et de l’etat actuel de la soci6t#”, und vom Baron
Maſſias erfchien bafelbft: ‚De la souverainets du peuple”,
eine hiſtoriſch⸗philoſophiſche Erörterung ber wahren Grundfäge
ber Bolksfouverainität.
Der dänifhe Pfarrer K. Hanſen hat eine SBefchrei«
bung der bänifchen Hitterburgen („Danske Nitterborge”,
Kopenhagen 1832), zum Theil nad ungebrudten Quel⸗
len, geliefert; das Buch ift mit Anfichten berfeiben aus⸗
geftattet. — W. Wachsmuth’s ‚„Hiftorifche Darftellungen ber
Geſchichte der neuern Zeit‘ erfcheinen in Kopenhagen in bänis
ſcher Ueberfegung. 9.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandiung: J. 3. Brodbaus in Reipzig.
4
äre
—— ——— — — — — ——— —
- — — — — — — — —
Blätter
f
ur
literarifbe Unterhaltung.
Treitag, ——
nn a nn
Fünfter und legter Artifel.*)
Schon vor anderthalb Zahrzehenden hatte Goͤrres von
der großen offenen Berfhwörung in Europa geſprochen,
die auf den Märkten figt und in den Straßen verhandelt.
Die zahlreichen Gründe, warum fich feitdem diefe Der:
ſchwoͤrung ber äffentlihen Meinung -und Volksſtimmung
vielfach verzweigen und verbreiten mußte, find bereits an-
gedeutet worden. Sie hat nad) ben Julitagen des Jah:
red 1830 auch in unſerm beutfchen Vaterlande. einige au:
genfällige Beweiſe ihres Dafeind gegeben, wie in Braun-
ſchweig, Kaſſel, Sachſen u. ſ. w. Nach langer Zeit fahen
wir wieder einmal Maſſen in Bewegung kommen. Und
mad mar ed, was zunaͤchſt der Inſtinkt dee Maſſen fo
derte? Man verlangte die Einführung neuer Repräfen-
tativverfaffungen, oder die Ausbildung der beitehenden im
wahrhaften Geifte des Repraͤſentativſyſtems. Es liegt darin
eine wichtige Lehre für Alle, die noch überhaupt den Leh⸗
ren der Geſchichte zugänglicd find. Man kann nicht bes
baupten, daß das Landftändifhe Wefen, wie es feither in
Deutfchland keftand, eigentlich populaie geweſen wäre.
Höhe man Bürger und Bauern darüber reden, fo ver:
nahm man die gewöhnliche Aeußerung: dieſe Landftände
helfen uns zu nichts und find der Koften nicht werth.
Allein ungeachtet der weitverbreiteten Anſicht von ber Un⸗
wirkſamkeit und Unbedeutenheit ber bisherigen Volksver⸗
tretung kam nirgend eine Spur zum Vorfchein, aus wel
her fih auf die Sehnſucht nach einer Ruͤckkehr unter die
abfolute Herrſchaft hätte fließen laflen. Wenn alſo die
Aenderungen und Reformen, die man während eines kur:
zen, aber vielleicht auch nur für kurze Zeit befänftigten
Sturmes errang, den Erwartungen nicht entiprachen, fo
wird man doch ficher auch in Zukunft auf dem eingelchla:
genen Wege nicht ummenben, fondern Ihn beharrlich weis
ter verfolgen.
Diefe fortfchreitende Bewegung hat durch bie Art und
Weiſe, wie man in neuerer Zeit in ber Mitte der lands
ftändifchen Verſammlungen auftrat, befchleunigt werben
muͤſſen. Wie gering der unmittelbare Erfolg war, ber
aus den ftändifchen Veftrebungen hervorging, fo zeigte ſich
doch ein beflerer Geift und ein entfchledeneres, Eräftigeres
*) Den erfien, zweiten, britten unb vierten Artikel fiehe in
Nr. 63, 58, 87, 88, 99 und 100 d. Bi. D. Reb.
r. 1 16. ET
nn u ⏑——— — — — — — —
26. April 1833.
Handeln, wenn nicht immer bei der Majoritaͤt, doch bei
einer hervorragenden Minoritaͤt. Namentlich waren es ein⸗
zelne Männer, auf welche das Vertrauen der Menge ſich
richtete; und man fann wol fagen, baß 88 im Kampfe
der politifchen Parteien Deutſchlands erft feit dem Fahre
1830 eigentlid) populaire Namen gibt. Dies iſt ein wei:
teree und zwar ein fehr bedeutender Fortſchritt. Es hat
fih damit die Ueberzeugung verbreitet, daß die Elemente
bereitd wirklich vorhanden find, die eine beflere Zukunft
des Vaterlandes verbürgen, und daß es nur darauf ans
kommt, diefelben in die rechte Stellung zu bringen. Im⸗
mer liebt es dad Volk, an irgend eine hervorragende Pers
föntichkeit ſich anzufchließen, und follte fie nur dadurch
bervorragen, daß es biefelbe mit feinen Händen und auf
feinen Schultern erhoben hätte. Es will erft die Ideen,
die e8 bewegen, verförpert vor fich fehen, ehe es an
die nahe Verwirklichung derfelben glaubt. Wenn alfo auch
die neueiten Bemühungen der Männer des Volksvertrauens
nicht befriedigend ausgefallen find; wenn vielmehr dieſe
Männer da und dort verfolge und mit dem Slanze von .
Märtyrern der Volbsrechte umgeben wurden: fo konnte
dies nur die natürliche Folge haben, daß jest einer groͤ⸗
Bern Mehrheit die Mängel ber beflehenden Verfaſſungen
und Verhaͤltniſſe fühlbar geworden find.
Mögen immer die Anhänger der Stabilitätspartei dar⸗
über lachen, daß mitunter der Ruhm eined Delden der
Freiheit etwas wohlfeil zu erlangen war, daß der Libera⸗
lismus in den verfchiedenen Heinen deutfchen Staaten feine
großen Männer fchon zu Dugenden zähle. Es ift freilich
wahr, daß von großen Männern nicht fuͤglich die Rede
fein kann, fo lange bie Exeigniffe, der Maßſtab ber Größe,
noch Hein und Heinlich find. Allein es iſt nicht minder
wahr, daß auch größere Ereigniffe fi) die Männer erzies
ben, welche ihnen gewachfen find. Mag alfo immer das
Volk zumeilen übertreiben, fowol in feinem Haſſe gegen
Diejenigen, die es für feine Gegner hält, als in feiner
Liebe für Diejenigen, bie es als feine Freunde erkennt;
ja, mag es fpäter der Fall fein, daß nicht Alle das in fie
gefegte Vertrauen rechtfertigen, fobald die Probe ernftlicher
wird: es bleibt doch gewiß, daß Haß und Liebe vorhans
ben, und zwar lebhafter als früher, da fie zugleich per⸗
ſoͤnlich geworden find. Auch dürfen wir wol in bem
Umftande, daß jegt das Volk auf Einzelne als auf feine
\
478
Fuͤhrer ſchaut, ſowol eine Buͤrgſchaft der Freiheit als der
Ordnung gewahren. Denn ſollten die Stuͤrme der Zu⸗
kunft da und dort eine Stuͤtze brechen, auf die es jetzt
noch ſich lehnt, ſo werden Andere in den Stuͤrmen um
ſo feſter wurzeln.
In Frankreich war es hauptſaͤchlich die Preſſe, die in
der vorderſten Reihe gegen die verhaßte Gewalt der Bour⸗
bons ſtritt, und die Unterdruͤckung oder Befreiung der⸗
ſelben war das naͤchſte Ziel des Streits. Auch die Sr:
donnanzen des Jahres 1830 Außerten fid in ihrer un:
mittelbarften Wirkung der freien Preffe gegenüber, waͤhrend
zugleich von dieſer Seite der erfte Widerftand erhoben und
der erfte Anlaß zu einem allgemeinen Widerflande und
zum Siege des gereisten Volkes gegeben wurde. Schon
Died mußte auf die Richtung des au in Deutfchland mit
erneuter Kebhaftigkeit ermachenden Kampfes von entfchel:
dendem Einfluſſe fein. Alle Kräfte des Liberalismus men:
beten ſich vorzugsweile auf den Einen Punkt, auf die
Erringung ber Preßfreiheit. Died war genug, um bie
Sache der Preßfreiheit in einem weitern Kreife als je zu:
vor populaie zu machen. Hierzu Bam der weitere Umfland,
dag man an: den Artikel 18 der Bundesacte ſich anhal:
ten, daß man alfo auf einem pofitiven Nechtsgrunde fu:
fen Eonnte, mas grade in Deutichland befonders wichtig
if. Nach dem Allen drehten fi auch bei unfern ftän-
difhen Verfammlungen, zunaͤchſt bei der. batrifchen und
dann vorzüglich bei der badifchen, die hauptfächlichften Be:
firebungen und das Intereſſe daran, um bie befriedigende
Loͤſung dieſer einen Lebensfrage. Wie die Löfung endlich
ausgefallen ift, wiſſen wir Alle, Wir willen aber auch,
bag man bie Öffentliche Meinung nicht befriedigt, wenn
man ihr neue Opfer und Entbehrungen auferlegt.
Es wurde foeben bervorgshoßen, wie fchon dadurch,
daß von den meiften Wortführern des Liberalismus vorzugs:
weife die Freiheit der Preffe in das Auge gefaßt wurde,
die Öffentlihe Theilnahme in befonderm Grade auf diefen
Gegenſtand gelenft werden mußte. Wird man nur nicht
müde, ber Öffentlichen Meinung ein beftimmtes Ziel zu
zeigen, fo werden auch vorzugsweiſe ihre Beſtrebungen ber
Krreihung deffelben gewidmet fein, fobald daffelbe nur
überhaupt in der allgemein vorherrfchenden Richtung liegt.
Aus demſelben Grunde hätte man ihr aber ebenfo leicht
ein andere und wol leichter erreihbared Biel vorftedden
Binnen. Es war ein Fehler der liberalen Führer, der je
doch im oben Gefagten feine Erklärung und feine Ent:
ſchuldigung findet, daß dies nicht gefchehen iſt. Hat doch
der Kampf mit den Waffen des Geiftes nicht minder
feine Regeln der Taktik, als fie ber Kampf auf dem
-Schlachtfelde hat. Hier, wie dort, muß man die Höhe
zu gewinnen fuchen, welche die feindlihe Stellung be:
herrſcht, und dies ift bis jegt nicht verfucht worden, we⸗
nigftens nicht von allen Seiten und darum mit feinem
rechten Erfolge. Wäre diefelbe Kraft, die auf Erringung
der Preffreiheit gewendet wurde, zunaͤchſt auf die Einfüh:
-gung und Drganifation einer allgemeinen Volksbewaffnung
verwendet worden; waͤre dieſe Einführung in Baiern und
dann in Baden in demfelben Umfange erfolgt, wie fie bie
jegt nur im Kurfürftenthum Heſſen erfolgt ift, fo würbe
der Liberalismus in Deutfchland in einer vortheilhaftern
Stellung fid finden. Schon darin, daß Kurheſſen feine
Bürgerbewaffnung befigt, ohne daß ihm biefelbe noch zur
Beit angefochten wurde, Wie doch gar bald mit der badi⸗
ſchen Preßfreiheit geſchah, mag man einen Beweis fündem,
dag man wol auch anderswo vermocht hätte, fich in glei-
hen Befig zu fegen und in demfelben zu erhalten. Um
fo leichter wäre Died geweſen, als bier Eeine Bundesbe:
ſchluͤſe im Wege flanden, und ald man es hier zundchft
nicht damit zu thun gehabt hätte, die Regierungen zur
Zuruͤcknahme von Maßregeln anzuhalten, die man als ein
pofitives Unrecht angreifen mußte, um fein eignes Recht
geltend zu machen, und deren Zurüdnahme für ein Einge:
ftändniß begangenen Unrechts gelten mußte. Es {ft ein
alter und wahrer Grundfag: wie die Heerverfaffung, fo
die Staatsverfaffung. Und hätte man vor Allem erft die
Heerverfaffung auf die Maffe des Volles zu gründen ge:
fuht, fo würde bald das Verlangen der Preßfreiheit mit
andern Foderungen erfüllt und das einmal Gewonnene
ſchwerlich fobald wieder entrifjen morben fen. Immer
bat jedoch der Umftand, daß der fehnlihe Wunfc nach
Preßfreiheit unbefriedigt geblieben tft, den Gedanken am
die Mothmwendigkeit einer Bürgerbemaffnung, als der er:
ten Garantie der Volksrechte, um fo populairer machen
und die Ueberzeugung begründen müflen, dag man —
wenn es die Früchte vom Baum der Freiheit zu pflüden
gilt — am Ende dody mit dem Banonnet weiter reicht
al8 mit der Schreibfeder.
Da man indeffen hauptfächli die Bundesbeſchluſſe
vom 3. 1819 und die hierdurch eingeführten Befchrän-
tungen der Preßfreiheit zum Gegenftande der öffentlichen
Diecuffionen machte, fo hatte dies die Folge, daß die
Disharmonie der Kandesverfaffungen und ber Bundesverfaf-
fung aud für die größere Menge der politſch Theiineh-
menden fchärfer hervorgehoben, daß der ſchwer auszuglei⸗
chende Gegenfag zwifchen jenen und diefer in heileres Licht
gefegt wurde. Dies mußte der Idee einer volksthuͤmli⸗
chern Vereinigung aller Glieder der deutſchen Gefammtheit
mächtigen Vorſchub leiſten. Andererfeits lag darin, daß
zunüchft und mit befonderer Beziehung auf den Art. 18
der Bundesacte gegen die Befchränkungen der Preffe an-
gekämpft wurde, ein Grund, warum die ſtaͤndifche Oppo-
fition entichiedener auftrat, als bei irgend andern Gegen:
ftanden wol der Fall gewefen fein würde. Dies geſchah
namentlih mit Dinweifung auf das fändifhe Recht der
Steuerperweigerung, etwas leifer und unbeftimmter ſchon
von Seiten der bairiſchen Stände, als fie e8 mit ber vom
Minifterium Scene erlaffenen Preßordonnanz zu thun
hatten; allgemeiner und beftimmter dagegen in der badi⸗
[hen Volkokammer. Die Frage über die Steuerverwei⸗
gerung war aber ein Gegenftand, ber bie materlellen Ber:
hältniffe am empfindlichften Punkte berührte, während er
zugleich Anlaß gab, auf alle Principien und Conſequenzen
des conflitutionnellen Lebens genauer einzugehen. Es wurbe
über das Dafein und den Umfang bes Steuervertweige:
rungsrechts hin und her gefteitten und es lag in der
a
479
Matur der Sache, dag eine zahlreiche Menge an dem
-Streite Antheil nahm. Gewiß gehört kein großer Scharf:
finn zu dem Beweiſe, daß diefes Recht ben Repraͤſentan⸗
ten deutfcher Volksſtaͤmme etwa in bemfelben Umfange
sufteht, wie den Repräfentanten Großbritanniens; und daß
man ihm — wäre dies nicht der Fall — diefen Umfang
geben müßte, wenn das Volk feine Berfaffungen für et
was mehr als für ein Loftfpieliges und langweiliges Schau-
fpiel halten fol, bei welchem der Verfaſſer grade die Ent-
midelung und den Schlußact vergefien hat. Auch hat
die hohe Bundesverſammlung die Bedeutung biefes Ge:
genftandes fo wohl eingefehen, daß fie fi in ihren Be
fhlüffen vom 28. Juni hauptfächlid) damit befaßte, und
da Solches von Seiten der deutfchen Gentralbehörbe ge:
fhah, fo hat dies gleichfalls dazu beitragen müflen, den
prüfenden Blick der politiſch Theilnehmenden vom Einzel:
nen auf dad Ganze zu wenden und eine compactere Op:
pofition und Gegenoppofition in das Leben zu rufen.
(Die Fortfegung folgt.)
Die Theater in Paris im Sahr 1833.
Smweiter Artikel.)
Nur wer weiß, daß die Zahl der alljährlich gefertigten
Theaterflüde aller Art in die Hunderte geht, Tann fi) von ber
Raſchheit, mit welcher fie aufeinander folgen, eine Vorſtellung
machen. Sn den Eleinern Theatern wird jeden Tag gefpielt und
ein neues Stuͤck fo lange unaudgefegt gegeben, als die Fuͤlle
des Hauſes auf das Kortbeftehen der Gunſt des Publicums
fchließen läßt. Auf diefe Weife kann es gefchehen, baß ein mit
großem Beifall aufgenommenes Stüd nad einigen Wochen —
felten dauert «8 länger — auf immer verſchwindet. &o Fönnte
es auch, wäre die graße Zahl der Theater nicht, fommen, daß
ein Fremder, weldyer fi nur eine beftimmte Zeit in Paris
aufhalten will, nad einigen Tagen in Verlegenheit geriethe,
dem Beſuchen eines und deſſelben Stüdes auszuweichen. Die
Regel ift an den Elcinern Theatern, unter ben gewöhnlich ge:
fpielten vier Etüden drei ältere und ein ganz neues auf
zuführen.
Im Monat Februar wurden 22 neue Stüde gegeben; das
Palais royal gab’ in wenigen Tagen die fogleich zu nennenden
vier und ftudirt bereitd zwei andere ein. Welchen Werthes biefe
Producte in der Regel fein koͤnnen, ift danach leicht zu ermef:
fen, und obendrein will der Garneval feine Freibriefe nicht auf:
geben, er nimmt Milde in Anſpruch, und fürwahr, er hatte dies
Jahr befondere Urſache, auf feinem Privilegium zu beharren
und der Nachſicht des Yublicums ſich zu rübmen. 1) „Trois
t&tes dans un bonnet”, Vaudeville von Vernet, ift ein ſchwa⸗
ches, unbedeutendes Ding, in welchem ein lange abmwefender und
zurüderwarteter Liebhaber unter drei verfchiebenen Geſtalten, als
alter Salan, als Bauer und als altes Weib, feine Beliebte
auf die Probe ftellt und verirt, um fie hinterher um fo
mehr zu uͤberraſchen. 2) „Le singe et l’adjoint”, Vaudeville
in einem Act von Duvert und Henry. Zu einem Balle, wel:
her in einer Provmzialftadt bei einem Maire gegeben wird,
ift auch deſſen Adjunct eingeladen, welcher fih in einem tollen
Einfalle als Affe maslirte. Während der Abjunct in feiner
neuen Haut ſtolzirt, entweicht ein Drang:Dutang aus der Me:
nagerie von Martin, und nun entfteht ein komiſches Qui pro
quo. Der Affe empfängt als vermeintlicher Adjunct alle Ehren:
bezeigungen, und man ift fehr erftaunt, daß er nicht fpreche.
Der Adjunct dagegen, beffen Kleidung geflohlen worden, muß
in der Affenuniform nach Haufe kehren. Unterwegs widerfah⸗
*) Vgl. Nr. 66-58 d. BI. D. Red.
ren ihm wegen feiner erborgten Haut alle Unbitben. Die.
Hunde fallen ihn an, und zulest fängt ihn ber Menagerie:
auffeher und fperrt ihn in den Käfig. So gefchieht es, daß
gleichzeitig ber Affe ale Adjunct geehrt und in deſſen Ger
meinde als folcher empfangen und ber Abdjunct als Affe ge
prügelt wird, bis ſich enblich ber freilich nicht fehr wahr
ſcheinliche Misgriff aufliärt — Carneval! 3) „La gageure
des trois commeres” , Vaudeville in drei Acten von PBic:
tor Desmares. Dieſes Stuͤckchen iſt nad Lafontaine und
Boccaccio gebildet und nicht ohne komiſche Stellen. Drei Ehe⸗
männer wagen bie vermeffene Behauptung, baß ihre Weider
nicht im Stande feien, fie anzuführen, und nun große Verſchwoͤ⸗
rung unter ben brei weiblichen YBundesgenoffen. Sie verbünben
fi) mit einem Vetter, einem gereiften und gewandten Barbier.
Diefer wird in bad Haus bed erſten Ehemannes eingeführt als
Gärtner, und während der Ehemann, melcher durch ein unter
gefchobenes Billet angeführt und auf eine zu erwartende Pers
fon aufmerkſam gemacht worden, ſich vergebens bemüht, auf
feinem Obfervatorium biefeibe zu entdeden, fist der @ärtner
bei feiner Frau in ber Laube und macht ſich mit ihr luſtig über
ben Sefoppten. In dad Haus bed zweiten wirb er als Dienft-
magd aufgenommen und der Hausherr vergißt ſich fo weit, ihm
Liebesanträge zu machen, fotaß die Dame, um die Unſchuld des
Maͤgdleins zu fehügen, daffelbe in ihr Schlafgemady aufnehmen
muß (?). Auch er ift geprelt. In das Baus des dritten
verfhafft ihm die Verkleidung als Gteuercontroleur Eingang.
Es entfpinnt fid während der Unterhaltung ein Streit, ob man
von einem beflimmten Orte bie Eßglocke hören koͤnne, und wäh:
rend der Ehemann, feine Behauptung zu ermweifen, ſich müde
läutet, Füßt der Herr Gontrolcur feine Frau. Hinterher rafırt
der Barbier bie drei Ehemänner, und während er fie alle drei
eingefeift vor ſich figen hat, erzählt er einem nach dem andern
feine Gefchichte. Die Wette ift verloren. 4) „Le cadet de fa-
mille”’, comedie-vaudeville. Dieſes &tüd, welches daß ges
wöhnliche Sujet von den jüngern Söhnen größer Familien ber
handelt, bat am erften Abend vor Bifchen und Pfeifen nicht
ausgefpielt werden können. Seitdem aber ift bie Beharrlichkeit
ber Direction gekrönt worben, und es wird ununterbrochen und
fetoft mit einigem Beifall gefpielt.
Ehe die große Kataftrophe ber Gefangenen von Blaye befannt
war, hatte der Kaurbourg St.s ®ermain ben Entſchluß gefaßt,
während bes Garnevald nicht zu tanzen und feine Gefellfchaften
zu befudhen. Dies und ein Roman: „Les trois amis“, von
Rey: Duffeuil, in welchem bie legitimiftifche Partei bargeftellt
wird, wie fie ihre Ausgaben einfchränkt und die unentbehrlicken
Begenftände auf Credit fauft, um die Kaufleute zu ruiniren,
haben zu einem Vaudeville: „Les boudeurs, ou un bal au
fauxbourg St.-Germain”, Anlaß gegeben, meldyes im Thea⸗
ter des Pantheon mit vielem Beifall aufgenommen würde. Auf
der nämlidhen Bühne wird feither ein neues Drama (sit venia
verbo) aufgeführt: „Joseph L...’, weldem eine biftorifche
Begebenheit der 179er Zahre zum Grunde liegt. 8... wird
unfduldig zum Tode verurtheilt, und obgleich ber wirkliche
Zhäter, welcher gleichfalls verhaftet ift, ſich als ſolchen angibt,
muß 8. bo, da feine Berurtheilung in geböriger Form ger
ſchehen ift, bie Todesſtrafe erleiden. Das Stüd wurde mit ges
theiltem Beifall und Pfeifen aufgenommen.
Das Theätre de l’ambigu comique fchleppt fih mit zwei
Stüden fort, weldye beide keiner befondern Aufmerkfamkeit wür:
“dig find: „Un cinquieme acte’‘, drame-vaudeville in brei
&cten von Benjamin und Hyacinthe. Zweierlei ift fehr kurz⸗
weilig an dem kleinen Theater, einmal daß beinahe immer zwei
Autoren zu ben Stuͤcken genannt werden, bie in ber Regel nur
um deſto ſchwaͤcher und traftlofer find, fodann daß biefe Meis
fter Alles, was nicht abfolut Faſchingſpiel ift, mit tem Namen
Drama belegen. Drama ift ber große Mantel, welcher über
alle namenlofe Dinge geworfen wird; Drama heißt ebenfo gut
die Tangweiligfte, aliee Handlung entbehrente, aber nicht total
laͤcherliche Erzählung, als die Anhaͤufung ber abſcheulichſten
Greuelthaten ober das laͤcherliche Pathos einer irgendwie ſich
geſtaltenden Gntwidelung; unb gar drame - vaudeville zufam
men, das ift ein Keffel, in welden man ungefcheut bineinwer:
fen kann, was man nur immer will; das Ergebniß muß jedem Ge⸗
ſchmacke genügen. „Der fünfte Act’ ift das Muſter eines ſolchen tras
gikomiſchen Stüdes, in weldgem eine vornehme, graufame und
bartherzige Dame, ein unglüdlicher, verfdgmähter Liebhaber,
welcher die Dame erdolcht, und ein Budlicher, welcher ben Ins
friguanten fpielt, die Sauptrollen fin. — „Ibrahim, ou le
tröne et la fiancde”, Melodram in drei Acten unb ſechs Ta⸗
bleaux von Laurend. Hier kann ich nicht beffer thun, als die
ie des „Figaro” citiren: „Diefes Städ bieb anfänglich
- „Algier, fobann „Der Thron und der Kanonenſchuß“, hernach:
„Ibrahim, oder ber Thron und die Braut”. Noch ein Faublas,
ein Afritaner, welchen alle Weiber fürdhten. Aber welch ein
gaublas Stellen Sie fi einen fhwarzen Dann vor, beffen
opf mit einem Stüd Kattun flatt eines Kaſchemirs ummidelt
ift, welcher einen Dolch im Gürtel trägt und aus Zerftreuung
und Giferfucht die Weiber toͤdtet. Sie fehen auch eine Prin:
zeffin mit einem Zurban, einen Prinzen mit Pantoffeln und eis
nen Gimpel mit einer langen Pfeife. Am Ende des Stuͤckes
werden 21 Kanonenfhüffe getban und Ibrahim fegt ſich auf
ben Thron, bie Prinzeflin erboldht fi, der Prinz wird ents
thront und der Gimpel raucht feine Pfeife”.
Das Süd ift überall unbillig und gefellt fih nur zum
Stüde. Das Theätre du vauderville, weiches ohnehin im Bes
fige zweier anziehenden Stüde ift: „Faublas’ und „Les che-
mins en fer”, hat noch eins erhalten: ‚Une passion”, Baus
deville in einem Act von Dedvergerd und Varin, worin der
Komiker Arnal, welder die bummen Zungen mit einer unbes
ſchreiblichen Vollkommenheit fpielt, bie Zufchauer bis zu Thraͤ⸗
nen lachen macht. Antbhenor, ein junger Mann, weldyer ber
neuern romantifchen Literatur anbängt, verliebt fich in eine
Yuppe, einen weiblichen Automaten in ber Werkftätte eines
Malers, weicher feinerfeits die Liebesbemonftrationen von Athes
- nor als feiner Frau geltend aufnimmt und eiferfüchtig wird.
Am Ende entbedt fi der gegenfeitige Irrthum, Anthenor hebt
noch ein Mal den Schleier des Automaten auf und findet plöß:
lich darunter eine junge ſchoͤne und liebenswürdige Goufine des
Malers, welche die ber Puppe gewidmete Flamme empfangen
und erwibert hatte. Anthenor if mit dem Tauſch zufrieden
und heirathet fie.
Sch bemexcke bier ein für alle Mal, daß man ſolche Stuͤcke
muß aufführen fehen. Das Gpiel ift in ber franzdfifchen Ko:
mödie, namentlich aber in foldhen Meinen Stüden, Local⸗ und
Beitpoffen Alles. Manches Stüd, welches zum Lefen unauds
ſtehlich und die Langweile und Mattigkeit felbft ift, erhält durch
dad Spiel und Talent bes Schaufpielers einen Werth, wovon
oft felbft der Verfaffer keine Ahnung hatte. Diefe Bewandtheit
des Spielers erprobte ſich in ben legten Tagen in anderer Be
ziehung in der Parodie. Go oft bier ein neues Stück gefpielt
wird, das etwas Auffallendes hat ober von einem Schriftſteller
herruͤhrt, welcher die gewöhnliche Bahn verläßt, werben alsbald
Parodien gefertigt, bei denen nicht felten bie Eitelkeit und bie
beleibigte Selbfifucht verbunfelter oder überflügelter Nebenbuh⸗
ler ins Spiel tritt. So bat Gcribe in einem Städe: „Une
repetition generale”, eine Parodie auf ‚„‚Lucrecia Borgia”, ge
liefert und barin hauptſaͤchlich feine Fehler und Mängel zum
Nachtheil von Victor Hugo zu rechtfertigen und zu loben ge:
ſucht. So ſehr auch in folgen Gegenftüden bie Hauptpiece
und der Verfaffer mitgenommen werben, fo bat bies doch auf
die Öffentliche Meinung gar keinen ober hoͤchſtens den Ginfluß,
daß Die, welche das Hauptftüd noch nicht gefeben, aufmerkfam
darauf gemacht werben, unb ſehr häufig machen die Parobien
das Gluͤck bes parodirten Schaufpield. Man ift daran gewöhnt,
von jeber etwas faillanten Erfcheinung eine Parodie zu erleben,
welche der gemishanbelte Autor gewöhnlich felbft mitanfieht.
Solcher Spottftüde auf „Lucrecia Borgia’’ werben an
bem Gymnase ba8 ebengenannte von Gcribe, an ben Varie-
ten: „‚Tigresse mort aux rats”‘, an bem Ambigu comique
„L’ogresse Gorgia‘', und ein anberes an bem Gpringtheater
der Madame Saqui aufgeführt. Wenngleich diefe Producte aller
Kunft und alles Berbienftes entbehren, fogar ſehr häufig ine
Platte und Gemeine übergeben, was insbefondere am Ambigu
comique und felbft an den Varietes ber Kalt iſt, fo iſt doch bie
Nachahmungskunſt der Acteurs bevundernewerth und daher mans
che Scene, die raſchen Uebergänge vom Burlesken zum Tragifchen
und umgekehrt wahrhaft komiſch. In „Tigresse mort aux rats”
liegt ein Voltigeur in franzöfifcher Uniform und in rothen Haas
sen an ber Stelle bes Gennaro — hier heißt er Cascaro —,
und zwar in fo unſchicklicher Stellung, baß, während Eucrecia
ihren Befühlen und ihrer mütterlihen Liebe Worte gibt und in
feine Anſchauung verfunten fein fol, fie flatt feine Geſichtes
nur feinen Rüden fehen Tann. Im zweiten Act läßt der Bes
mahl der Zigrefle, ein Apotheker, ftatt Gift ein abführendes
Getränk feiner Fabrik auftragen und Lucrecia ſchenkt ihm heim:
licherweife davon in fein Glas, ſodaß er der hauptfählid Ber
ftrafte ift. Während nun ber Apotheker die Wirkung des Trans
tes verfpürt und von dem Manufcript ber „„Lucrecia Borgia‘,
welches, mit großen Buchſtaben überfchrieben, im Souffleurfaften
liegt, einen Segen berunterreißt und fortläuft, ahmen die Zi:
greffe und ihr Liebhaber Gascaro im lächerlichfien Pathos die
Mimil, die Sprache und das Spiel von Frederic : Lemattre und
der Mile. Georges fo täufchend nad, daß man, um fidh der
Jiluſion gänzlich hinzugeben, nur die Augen zu fließen braucht.
Ich bemerkte hierbei, daß die Sranzofen die Mängel und lächers
lichen Uebertreibungen ihrer bermaligen größten tragifchen Schau⸗
fpielerin recht gut erkennen und zu perfiffliren wiſſen. —
Außer diefem Schwank gab das Theater Varietös zwei andere
Stüde: „La fileuse”, Vaudeville in einem Act von Leon,
Maillan und Jaime. In Irland beſtand eine Spinnerinnens
gefellfchaft, der Orden zur Kunkel, in welchen jebes Mädchen
eingefchrieben wurde, welches mit 20 SJahren noch nicht
verheirathet war. Wer nun ein Mädchen, welches zu dieſem
Orden gehörte, küßte, mußte es entweder heirathen, ober eine
ſtarke Geldbuße bezahlen. Aus biefem fehr intereffanten Stoffe
haben bie drei Stuͤckſchreiber nichts Anderes zu machen gewußt,
als daß ein reicher Graf, welcher aus Indien zurüdtehrt, an
bem Feittage der Spinnerinnen eine berfelben, und — verfteht
fid — feine treue Geliebte kuͤßt, welche er aber nicht Eennt!! —
„Le bapteme du petit Gibou”, Garnevalspoffe, ift eine Sort:
fegung des vorjährigen Stüdes: „Madame Gibou et Madame
Pochet’’, welches fidy mit einem Thee endigt, in welchen zuletzt
alle ISngredienzen der Küche gegoffen werden. Seitdem ift die
Tochter der Madame Gibou entbunden worden und das Kind
foU getauft werden. Der Wie bes Stuͤckes liegt hauptſaͤchlich
in ber Verkleidung der zwei belannten Komiker Odry und Bernet,
wovon der Eine die Madame Gibou und der Andere die Mar
dame Pochet macht. Odry, in einem kleinen weißen mobifchen
Huͤtchen mit Blumen darauf, bibi, ift Föftli und veranlaßte
das Urtheil eines Blattes, daß alles Verdienſt des Stückes der
Putzmacherin angehöre, welche dieſes Hütchen verfertigt habe.
(Der Beſchluß folgt.)
Literarifhe Notizen.
Herr Eliacin Carmoly, Oberrabbi in Belgien und Mir:
lied der Aſiatiſchen Gefellfchaft in Paris, ift damit befchäftigt
ie Reifen Benjamin’s‘ von Zubela nah einem hebräifcgen
Manufcripte aus dem 15. Zahrhunbert, mit Noten und beiges
deuckter franzoͤſiſcher Ueberfegung, neu herausgegeben.
Das große in Bolpgna beſorgte Woͤrterbuch der italieni⸗
ſchen Sprache in ſieben Großquartbaͤnden iſt jett vollendet.
Eine franzöfifche Ueberfegung von Hammer's „Gefichte der
Affaflinen‘ wirb vorbereitet. 15
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagäbandlung: %. A. Brodbaus In Leipzig.
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eerarifhe Unterhaltung,
£ Son na bend,
27. xprit 1833,
u Geſhichte der ffentticen —— in Deutfilant,
‚Bünfter und legter Artilel
(Fortfegung aud Nr. 116.)
Haben wir im Vorthergehenden unſer Augenmerk nur
auf Das gerichtet, was in Mitte dee fländifthen. Verſamm⸗
lungen für Herftellung einer freien Preſſe, wenn nicht er⸗
wirkt, doch erſtrebt wurde, ſo muͤſſen wir jetzt no den
Einfluß der Preſſe ſelbſt betrachten. Kaum hatte die Juli⸗
revolution auch in Deutſchland den Anſtoß zu neuer Be⸗
wegung gegeben, ſo offenbarte ſich in hoͤherm Grade als
je zuvor, wie ſchwach der Zahl und der Art u die lie
terarifchen Widerfacher des Liberalismus feien. Die geift:
vollften Gegner deſſelben finden fih, mie dies aud in
Frankreich der Fall ft, meniger unter ben unbedingten
Vertheidigern des Beſtehenden ald unter den Mitgliedern
einer Contreoppofition, die aber felbft in vielfacher Hin⸗
fiht dem Liberalismus in bie Hände arbeitet, weil fie
nur von einer entgegengefegten Seite aus ihre Angeiffe
gegen biefelbe Mitte richte. Dahin gehörte, wenigſtens in
mancher Beziehung, Jarcke mit feinem „Politifhen Wochen:
blatte”, die münchner „Eo8” u. dgl. Immer haben jedoch
folhe Schriften und Scheiftfteller nur ein kleines, mit
ihren Anfichten in Wahrheit übereinftimmendes Publikum
und hoͤchſtens nur einige neugierige Lefer, die Geſchmack
am Seltfamen finden, ohne «8 deshalb für mehr als felt:
fam gelten zu laſſen. Die Meiften halten diefe Schrift:
ſteller für nicht befier als für Rafende, die wentgfiene
Berftand genug hatten, um Verſtand verlieren zu können,
und welche in einigen lichten Zwifchenräumen mitunter
nody etwas Kluged und Treffendes vorbringen.
Selbſt dieſes Letztere laͤßt ſich von den ergebenen Ver⸗
theidigern der Gewalt nicht behaupten. Sie haben ſchon
darum wenig Credit, weil man von allen Seiten geneigt
iſt, die Lauterkeit ihtes Willens in Zweifel zu ziehen.
Beſonders gilt dies von jenen literariſchen Marodeurs, die
erſt nach Erlaſſung der juͤngſten Bundesbeſchluͤſſe auf dem
Kampfplatze erſchienen ſind, um uͤber die Verwundeten und
Scheintodten herzufallen, und welche tapfer wurden, nach⸗
dem ſie ſich getroͤſten durften, auf keine bewaffneten Feinde
zu ſtoßen.
Außer dieſen beiden Arten von politiſchen Schriftſtel⸗
lern haben wir in Deutſchland ein ziemlich zahlreiches
juste-mijieu, einen Mittelſchlag In jeder Beziehung, der
ohne tiefered Eindringen in die Bedeutung ber Ereignifle
von ber bewegten Oberflähe dahin und dorthin geſchqu⸗
kelt wird. Es gelingt ihnen zuweilen, eine wirklich ſchwa⸗
he Seite des Liberalismus zu ruͤgen, oder. wol auch etz
was Geiftvolles im Intereſſe deſſelben zu ſagen. Aber
die oͤffentliche Meinung laͤßt Jenes bei Seite liegen und
befaßt ſich nur mit Dem, was den einmal herrſchend ge⸗
wordenen Anſichten von Freiheit und Volksrechten ent⸗
ſpricht. Denn es gibt zuweilen ſolche Perioden, in wel⸗
chen der Volksgeiſt nur fuͤr eine beſtimmte Gattung
von geiſtiger Nahrung empfaͤnglich iſt, und nur dieſe in
Saft und Blut des oͤffentlichen Lebens übergehen laͤßt.
Was endlich die entſchieden Freiſinnigen betrifft, ſo
duͤrften ſich mit mehren Abſtuſungen drei Hauptelaſſen
unterſcheiden laſſen. Wie die Cavalerie, Infanterie und
Artillerie eines und deſn Heeres, dienen ſie jedoch nur
einem und demſelben Zwecke; obgleich zuweilen einige Ei⸗
ferſucht auch unter dieſen verſchiedenen Waffengattungen
zum Vorſchein kommen mag.
Unter ihnen erblicken wir zunaͤchſt Diejenigen, welche
noch jetzt, wie fruͤher, hauptſaͤchlich mit der Waffe der
Ironie und des Spottes die Hinderniſſe bekaͤmpfen, welche
der Entfaltung eines freiern Volkslebens ſich entgegenſtel⸗
len. Man hat Boͤrne — und wol nicht mit Unrecht —
ben Vorwurf gemacht, daß er allzu hoch über die Wahr⸗
beit hinausgehalten, um in das Ziel zu treffen; daß auch
ber keckſte Humor von der leitenden Hand der Mahrheit
nimmer ſich losreißen dürfe, wenn er nicht feine Bedeu:
tung verlieren fol; ; daß feine „Briefe aus Paris”, obwol
fie da und dort einige Gemüthsbewegung erzeugten, boch
mehr bie Folge hatten, daß man an dem Verfaſſer fish
mehr ärgerte ald an den Fehlern, die er angegriffen hat.
Mag dies richtig fein, fo haben doch von dem Hagel von
Pfeilen, die er abfendete, nicht alle das Centrum verfehlt;
und wenigſtens mögen Andere an feinem Beifpiel gelernt
baden, mit fchärferm Auge auf die richtige Mitte zu
halten. Dies ift [2 B. gefchehen in ben „Erinnerungen
aus Paris” und in Heine's Schrift: „Die franzöfifchen
Zuftände”. Ueberhaupt laͤßt fih bemerken, daß Heine
eenfter und bedeutender wurde in bem Maße, wie es hie
Zeit geworben ift.
Zur Seite. Derjenigen, welche ihre nedenden Angriffe
auf bie ganze Fronte ihrer Gegner ausdehnen, ficht man
482
—8—
Die, welche an der einfachen, aber nicht immer befolgten
Regel feſthalten, daß man, um vorwaͤrts zu kommen, ſich
gefallen laſſen muͤſſe, mit dem erſten Schritte anzufangen.
Sie find daher vor Allem bemüht, zur Beſeitigung ber
naͤchſtliegenden Dinderniffe und zur Vertheidigung des ein:
mal gewonnenen Bobens bie vielfach) zerftreuten Kräfte des
Liberalismus an beflimmten Punkten zu vereinigen. Don
der richtigen Anficht audgehend, daß man die Öffentliche
Meinung und ihre Macht nur ſchwaͤcht und verwirrt,
wenn man fie theilt, fuchen fie einige wenige und ein:
fache Srundwahrheiten zum Dogma berfelben zu erheben.
Und in einer Zeit, da die Pforten der Freiheit nicht mit
Gewalt gefprengt werben können — denn ſolche Momente
im Voͤlkerleben treten nur felten ein und wollen bann
ſchnell benugt werben — halten fie dafür, daß man we:
nieftens nicht müde werden müffe, fih um den Schlüffel
zu bemühen, der fie zu Öffnen vermag. Darum waren
fie es vorzüglich, welche der Weberzeugung Eingang zu
verfchaffen mußten, baß ohne unverfümmerte Preßfreiheit
alles DVerfaffungswefen nur ein feelenfofer Körper iſt, und
dag man nur um ben leeren Schatten der unzertrennli:
chen Schweftern, Freiheit und Ordnung, ſtreitet, fo
lange nicht Beide unter den Schug einer mohlorganificten
Volksmacht geftellt find. Ste halten e8 für Bein Großes,
wenn irgend ein fertiges Conftitutionsproject zu Papier
gebraht und damit ein Ei gelegt wird, mit der guten
Hoffnung, daß es bie Zeit einmal ausbrüten werde; fie
find vielmehr überzeugt, daß man einen Zankapfel unter
feine efgne Partei werfe, wenn man biefelbe von ben
praktiſchen Kragen weg auf das unbegrenzte Gebiet ber
Theorien vermeife. Gleichwol wiſſen fie, daß man nicht
zu kämpfen liebt, ohne irgend ein Ziel vor ſich zu ſe⸗
ben. Sie bemühen ſich alfo, den Mittelpunkt ins Licht
zu fegen, in welchem enblich alle Beftrebungen bes Libe⸗
ralismus, mag der Ausgangspunkt derfelben noch fo ver:
fhieden fein, fi vereinigen müffen. Und diefer Mits
telpunkt felbft ruht wieder auf einem doppelten, fo na=
türlichen als feften Grunde. Er beruht auf der Noth:
wendigkeit der vepräfentativen Verfaffung und auf der
Ueberzeugung, daß einem felbfländig ſich fühlenden Volke,
auch die Mittel zur Selbſtherrſchaft nicht verfagt mer:
den duͤrfen; er beruht zugleih auf der Nationalität
und auf der Ueberzeugung, daß ein Volk, deſſen einzelne
Abtheilungen durch gemeinfame Geſchichte, Sprache und
Sitte zu einer natürlihen Gefammtheit verbunden find,
auch durch das pofitive Staatsrecht als Gefammtheit an:
erfannt werben muͤſſe. In ihrer Anwendung auf unfer
gemeinſames deutſches Vaterland fpricht fich dieſe zwei⸗
fache Ueberzeugung in der Idee einer Nationalrepraͤ⸗
fentation aus. Man mag ſich dieſen oder jenen Gang
der Entwidelung denken; man mag an bie Möglichkeit
allmäliger Reformen oder an die Unvermeldlichkeit gewalt⸗
famer Ummälzungen glauben; man mag ſich taufenderlei
Sormen einer deutſchen Sefammtverfaffung erfinnen; es
mag von einer conflitutionnelen Geſammtmonarchie oder
einer untheilbaren Republik, von einem monarchiſchen oder
republikaniſchen Söderativftaate, oder von was fonft bie
Rede fein — immer wird man body, fobalb man nur bei
Ausbildung biefee Formen von ben Principien des Libes
ralismus ausgeht, das Dafein einer Nationalrepräfen-
tation al& ein nothwendiges Element aufnehmen muͤſ⸗
fen. Und wirklich fehen wir ja, daß dies in allen, neuer⸗
dings zu Tage gefördert Verfaſſungsentwuͤrfen der Fall
gewefen if.
Unter den Vorkaͤmpfern, welche bie eben bezeichnete
Richtung des Liberalismus verfolgen, indem fie, ohne ben
hoͤhern Geſichtspunkt aus dem Auge zu verlieren, vor⸗
zugsweiſe ihre Keäfte fuͤr die naͤchſtliegenden Aufgaben ges
fammelt halten, fehen wir Männer, die bereitd eine laͤn⸗
gere politifche Laufbahn Hinter fich haben. Wir erbiiden
darunter insbefondere die Mehrzahl Derjenigen, welche
bie politifhe Schule ber Jahre 1819 fg. durchgemacht
und damals Anlaß genug gefunden hatten, der unprakti⸗
[hen Theorien und ber inhaltsleeren Allgemeinheiten bis
zum Ueberdruffe fatt zu werden. Viele andere wadere
und ausgezeichnete Männer, wie ber an Geift und Cha:
ratter fo hervorragende P. Pfizer, baben fi) denſelben
Beftrebungen angefchloffen.
. (Der Beſchluß folgt.)
Die Theater in Paris im Sabre 1833.
Zweiter Artikel
(Beſchluß aus Nr. 116.)
Das Theätre francais hat noch einmal einen Stern ber
frühern Größe über feiner Bühne leuchten fehen. Mile. Duchesnois
bat ihre Abfchiebsvorftellung gegeben. (Eigentlich ift fie bereits
vor vier oder fünf Fahren abgetreten.) Bor biefer Borftellung übers
legte man lange, welche Stüde die Schauſpielerin auswählen
fole; von mehren Geiten machte man fie auf ben bermaligen
fonderbaren Geſchmack und die Liebhaberei des Yublicums, auf
fein Verlangen nah Gräßlichem und Tollem, was man jet
Drama nennt, aufmerffam und rieth ihr an, bemgemäß in einem
ber neuern Stüde zu fpielen; allein Mile. Ducssnois beharrte
mit vieler Sonfequenz auf ber Wahl bee zwei Gtüde, welche
ihren Ruhm und ihren Namen begründet haben. Sie fpielte
„Phedre‘ von Racine und einen Act von „Dlaria Stuart”,
welche Lebrun eigens für fie gefchrieben Hatte. Daß fie wohl
gethan, bewies der Erfolg. Sie erntete nach einer breißigjäh-
zigen Garriere bdenfelben Beifall und das Zujauchzen, welches fie
einft in ihrer Höchften Wlütenzeit begrüßte. Das Haus war, trog
ber doppelten Preife, voll bis in die höchften Räume... Auch
bat die Künfkerin biefe fchmeichelhaften Gunftbezeigungen des
Yublicums in hohem Maße verdient; ihre Spiel war groß und
durchdacht. Wie Hoch fleht fie über Allem, was ihr auf dem
Theätre francais nacdygefolgt iſt! In bemfeiben Theater warb
aufgeführt: ‚Guido Reni, ou les artistes', Drama in fünf
Acten und in Verſen von A. Beraud und Bouilly, Nach bem
Zitel follte man bas Leben und das Schickſal Guido Reni's,
biefes ausgezeichneten und ungluͤcklichen Kuͤnſtlers, erwarten;
an Stoff hätte es nicht gefehlt. Guido Neni, beffen edler
Charakter und ausgezeichnetes Zalent ihn fo fehr über feine
Beitgenoffen erhoben, welchem ein glängendes Roos gefallen war,
ber in einer gluͤcklichen Stellung ſich befand und Alles einer
traurigen, fluchwuͤrdigen Leidenfchaft opfertes Guido Reni,
welcher Zürften und Monarchen um feine Gunft bublen fah,
ber fih dem Gpiel mit einer Wuth überläßt, welche ihn in
namenlofes Giend und ſchimpfliche Verworfenheit fihleubert, in
welcher er darbt und untergeht, war ein reicher Gtoff zu
einem Drama, der aber in diefem Stuͤcke nicht benugt worden
ift, weiches ſich hauptfählih um das Schickſal einer roͤmiſchen
483 ‘
Dame Beatrix Eenct herumdreht, und wobei Buido Brent und
Annibale Saracci nur ale NRebenperfonen erfigeinen. Beatrir
Cenci, ihrer ausgezeichneten Schönheit halber in Rom und in
Italien berühmt, war bie Tochter von Francedco Genci, einem
ber reichten und vornehmften Römer, unb hatte das Ungläd,
das Gelüfte ihres Waters, eines verworfenen Wolluͤſtlinges, zu
— Bon ihm verfolgt und bei dem heiligen Vater ver:
geblich Schotz gegen ihn, fuchend, faßte fie den Entfchluß, durch
Gewalt von ben Anmuthungen dieſes Ungeheuers ſich zu bes
freien.” Im Einverftändniffe mit ihrer Mutter, ihrem Bruder
und einen jungen Prälaten wurden zwei Mörder gebungen,
weiche Francesco Cenci im Schlaf erbolchten und zum Fenſter
binouswarfen, wo man ihn bes andern Tages fand. Rach eis
niger Zeit ward die That entdeckt und WBeatrir, welche allen
Foltern widerftand und erft, als man ihr bas fehöne lange Haar
adſchnitt, ihre Schuld befannte, mit ihrer ganzen Familie bins
gerichtet. Vergeblich führte fie zu ihrer Vertheidigung an, daß
die Nothwehr gegen ein ſolches GScheufal unmöglich ben Tod
verdienen koͤnne. Sie mar unermeßlidh reidy, ihre Güter wur:
den zum Vortheil bes päpftlichen Stuhles confiscirt unb die
erwartete Begnadigung blieb aus. Auch biefer gefchichtliche
Stoff war zu einem effectvollen Drama fehr geeignet, wurde
aber fo wenig als das Leben Guido Reni's in dem genannten
Stuͤcke zur Anſchauung gebraht. Vielmehr haben die Verfaffer
aus Beatrix ein ganz naives, reines, unfchuldiges Mädchen ge:
macht. Niet ihr Vater, fondern ihr Oheim und Vormund ver:
folgt fie mit feiner Liebe, ihr Bruder rettet fie durch den Mord
‚des Oheims, und Beatrix wird angeklagt und vor Gericht ges
bracht. Unterdeſſen ift ihr Bruder geftorben. Sie könnte fich
durch Angabe des wahren Ahäterd und ber Veranlaffung des
Mordes retten, allein fie hat ihrer Mutter auf dem Zodesbette
gelobt, den Schimpf ber Familie nie aufzubeden, und ift daher
entfchloffen,, lieber das Schaffot zu befteigen, als zu fprechen.
Eine andere Perſon, Lubovico Spada, Sohn bed ermorbeten
Brancesco Spaba, hat Kenntniß von dem Hergange und könnte
durch feine Ausfage bie Angeklagte retten; allein er ſucht im
Gegentheil Beatrix zu verderben, um deren Hand er geworben
und beren Vermögen ex nun burch ihren Tod zu erhalten hofft.
Alles fchien fich zum Verderben der fchönen Römerin verſchwo⸗
ren zu haben, da faffen Annibale Carracci und fein Zögling
Guido Reni, beide Bewunderer ihrer Schönheit und Legterer
fterbiich in fie verliebt, ben Entſchluß, fie zu retten. Als fie
verurtheitt wird, foll Ludovico Spada feine Ausfage und feine
Unfenntniß von dem wahren Verhalt ber Sache eidlich vor dem
Bildniffe der Mabonna befräftigen; in dem nämlidden Augens
blide wird ein Vorhang aufgezogen, und die Scene bed Morbes
fleht in ihrer ganzen Wahrheit vor ben Augen des uͤberdaſchten
Zudovico, welder ein Wunder zu fehen glaubt und bekennt.
So wird Beatrir gerettet. Außer bem Vorwurf der unhiſtori⸗
Then Behandlung trifft das Stuͤck auch noch der des Mangels
an Leben und raſcher Handlung. Der Raben iſt ſchleppend
durch die fünf Acte gezogen. Dagegen flößen bie Scenen in
der Werkftätte Carracci's und Guido Reni's, die Beſchrei⸗
bung bed Künftlerenthufiasmus und ber Auftritt mit ber
Morbdfcene großes Intereffe ein; auch find mehre Stellen bes
Stüdes echt bichterifch.
Das im Theätre francais gegebene Luftfpiel: „Le pres-
bytere”, in fünf Aufzügen und in Berfen, von Gaflmir Bon»
jour, ftellt ben @egenfag zwifchen einem alten ehrwuͤrdigen und
toleranten Pfarrer und einem jungen Giferer von Abbe dar:
Beides Charaktere, wie fie unter der Reflauration, unter wels
der biefes Stuͤck ſchon foll gefchrieben worden fein, zu einer
Bühnendichtung zeitgemäß und intereffant waren. Seitdem ift
die Frage der Prielterehen in bas Gebiet der öffentlidyen Dis:
cuffion gefallen und findet darum auch in bem „‚Presbytere’’
feine Stelle. Dos Etüd, welches an fid) außekorbentliche Laͤn⸗
gen hat, verdankt dem Moment und bemgfintereffe bes Gegen:
ſtands die günftige Aufnahme, welche es ſonſt kaum gefunden
haben würde.
Ich übergehe mehre Heine Stuͤcke, welche nichts Anziehen:
des darbieten, und die Vorftellung der-Öper „Chiara di Rosem-
“berg”, Muſik von Ricci, weldye im italterifchen Theater m
Berädfichtigung bes fehr jungen Componiſten nachſichtig aufge⸗
nommen wurbe, und komme zu „Gustave ou le bal masque”,
Dper in fünf Acten von Scribe, Muſik von Auber. Die ſchwere
Geburt ift endlich zu Stande gelommen, und noch fieht der
Thron Eowis Philipp’s. Wer weiß, mit welcher Aengftlichteit das
Minifterium ber Aufführung dieſes Stückes entgegenfah, barf ſich
wol wundern, baß man fo viele Wichtigkeit darauf gelegt hat.
Der Verf. hat, fei es aus eignem Inſtinkt, fei es aus Une
terwürfigleit gegen bie minifteriellen Befehle, alle Klagen und
Beſchwerden befeitigt. Guſtav III., König von Schweden, war
ein Mann von Geift und Bildung, er liebte die MWiffenfchaften
und Künfte, hatte Rom und Paris befucht und firebte in feinem
Reiche Neuerungen nad feinem Geſchmacke fowol im Weſentli⸗
den als in Dingen der Form und des Ceremoniels einzuführen.
Zu ben Ieptern gehörte insbefondere eine ganz eigne, ber fpani-
fhen aͤhnliche Hoftracht, die er vorfchrieb. Der Abel fland ibm
in vielen VBeftrebungen im Wege, und er fuchte deſſen Priviles
gien und Vorrechte zu vermindern und jene der Krone zu vers
mehren und zu befefligen. Zu dem Ende machte ex gemein-
ſchaftliche Sache mit dem Volle, und im Zahre 1772 warb ber
erſte Sewaltftreich gegen ben Adel ausgeführt. Diefer verſchwor
fih gegen den König. Drei Verſchworene derabrebeten feinen
Tod: Ankarſtroͤm, Ribbing und v. Horn. Das Loos traf den
Erſtern, weicher am 15. März 1792 den König auf einem Mas:
kenballe erfchoß und zur Gtrafe geviertheilt wurbe. So aber
durfte das hiſtoriſche Factum nicht vorgeführt werben. Gcribe
bat ftatt deffen einen ganz gewöhnlichen Roman gegeben und bar
für den Danf der Blätter des juste-milieu geerntet. Der
Zettel nennt weder ben Grfchoffenen bei feinem wahren Namen
noch aud) ben Thaͤter. Guftav iſt verliebt in bie Gattin Ankar⸗
ſtroͤm's, biefe liebt hinwieder den König, bleibt jedoch ihrer Pflicht
De ſucht diefe ungluͤckliche Leidenfchaft zu befämpfen und vers
gt fi deshalb zu einer Here, um von biefer einen Heiltrank
zu erhalten. Guſtav trifft fie daſelbſt. Ankarſtroͤm beögleichen,
wird eiferſuͤchtig und tritt von diefem Augenblicke — früher war
er ber Freund und Vertraute bes Könige — in bie Verſchwoͤrung
und erfhließt ben König. Eine ſolche Parodie, eigentlich ift eẽ
nichts anders, ift matt unb tabelnswerth. &ie zerftört alles
ntereffe, mögen auch bas „Journal des debats’ und der mis
nifterielle „Figaro‘ bie fabftituirte Intrigue noch fo ſchoͤn und
fachgemäß finden. „Die große Oper“, heißtes, „muß Weiber und
Liebe haben, biefe find ihr Leben und bie Quinteffenz ihrer Hand⸗
lung, unb Herr Scribe hat daher wohl gethan, die rauhe Wahrs
heit durch dieſe liebliche Dichtung zu erfegen. Die liebende und
doch tugendhafte Gattin von Ankarftröm, welche für ſchuldig ger
balten und beſtraft wird, iſt ein fo intereffanter dramatifcher
Sharakter u. f. w.“ Beſſer hätte man bie Oper: „Die Angſt
vor dem Piſtolenſchuß“, genannt und fie auf eins ber Baubevilles
theater verwielen. Guſtav III. verliebt und feiner Geliebten zu
einer Bere nachlaufend! Herr Scribe hat dabei nur Cines
überfehen, daß nämlich Guſtav III. erwieſen gegen die Reise und
Beftridungen ber Weiber unzugänglid unb felbft gegen die Wer: _
führungen ber Schönen am Hofe von Verſailles, und das ift
boch alles Mögliche, unbarmherzig war. Aber ſolche Nebenrüds
ſichten Halten biefe Derren nicht auf, zumal wenn es darauf an:
fommt, mittel® eines Opernterted bie Monarchie zu retten. Eine
Lächerlichkeit führt gewöhnlich eine anbere im Gefolge, und fo
fehen wir benn, ich denke in memoriam rei, ben König Gus
ftav III. mit feinem ganzen Hofe nach der Wohnung ber Here
ziehen und biefe, im Sabre 1792, beim Hafen von Stockholm
einen Hexentrank bereiten und in allem Grnfte, ohne zu lachen,
noch lachen zu machen, den Zeufel anrufen:
O mon maitre, maitre supr&me
Dont j'invoque les lois,
De l’enfer viens toi-me&me
Et r&ponds a ma voix.
e
— — — — — — —
. 48%
Je l’entends. — C’est lui-m&me.
Il r6pond & ma voix.
Heißt das nicht, das Publicum zum Beſten haben? Zu allem
— und wie wenn ber Zufall ſelbſt ſich in die Sache ge⸗
miſcht hätte, um die Analogie mit dem Piſtolenſchuſſe auf dem
Bond royal volftändig zu machen, verfagfe in ber erften Aufe
hrung bie Piftole Änkarſtroͤm's, ſodaß der König ſich beinahe
in der Nothwendigkeit befunden haͤtte, vor Schrecken zu ſterben;
vor Langweile über die Bearbeitung Scribe's wäre ebenſo bes
greiflich geweſen.
In der Muſik wollen die Kenner, obfchon Feine Annäherun
zu dem Gulminationspunkte der „Stummen von Portich”, *
einiges Schöne finden, weil dies auch gar nicht bie Hauptſache
. 3 ja, in ber großen Oper zu Paris ift in der Hegel bie
Rufe nicht die Hauptſache, dafür geht man in bie italienifche.
Aber "die Scenerie, die Decorationen, die Mafchinerie, die
Taͤnze u. f. w., dafür ift es fchwer, Worte zu finden. Als
befonders impofant führe ich das Innere eines großen Saales
an: die Anſicht von Stodholm mit dem Galgen auf dem Zelfen,
das leicht bewegte Dleer, die ſchneebedeckten Berge. Nicht minder
ſchoͤn find der Anblicd der ſchwarzen Stadt, ber Mond mit feis
nem hellen Scheine, ferner das Innere der Hütte der Here, in
welches die Sonne durch ein auf den Hafen gehendes Benfter
einbringt, und über alle Maßen ber Opernfaal, welcher wie in
einem Wirbel von Glanz und Licht, Gold und Feuer ſich bewegte.
Stellen Sie ſich in dem herrlichen Locale ber hiefigen großen
Dper, deren Raum vor ber Bühne gewoͤhnlich fchon durch 18
prächtige Kronleuchter erhellt wird, bie große weite Bühne in ei:
nen Opernfaal verwandelt vor, in welchem mehre hundert Masten
und darunter die raffinirteflen und finnreichften in tollem Spiele
fi herumtreiben, dabei das reihe Coſtum, bie Weibermaffen,
die Quadrillen und Caricaturen, ber Galopp unb bie ſchwedi⸗
ſchen Uniformen, und bie Zänze ber Demoifelle Monteffus und
der Roblet vor und das Ganze von mehr als 2000 Wachslich⸗
tern erleuchtet, fo haben fie einen gewaltigen Stoff für die un:
gemeffenfte Ausarbeitung ihrer Phantafie, die muß das Uebrige
thun, meine Beſchreibung reicht nicht weiter. 171,
1, Kleinigkeiten für eine allzulange Stunde von Sof.
Kaifer. Wien, Grund. 1832. 12. 8 St.
2. Liebesbtide von Eduard Maria Dettinger, Sour
naliſt auf Wartegeld. (Dermalen in ber Contumaz.)
Berlin, Kraufe. 1831. 12. 8 Sr.
Als Kunftwerke betrachtet find die vorliegenden Arbeiten
nicht werth, in einer Zeitfchrift erwähnt zu werben, welche es
fih zur Aufgabe macht, nur das einigermaßen Bedeutende in
Betracht zu ziehn; als pſychologiſche Erſcheinungen find fie in:
deffen nicht ohne Intereffe. Sie ſtehen nämlich zueinander in
einem Gegenfage, welcher fi in allen Berhältniffen bes Lebens
häufig wieberfindet, ohne daß er immer gebührend erkannt würde.
Es gibt bekanntlich Menfchen, welche zwar mit ben noth:
wendigften Gigenfchaften des Geiſtes und ‚Herzens ausgeftattet
find und daher brauchbare und pflichttreue Gefchäftsmänner,
wohlgefinnte Familienvaͤter und zuverläffige Freunde fein koͤn⸗
nen, welche aber nichtsdeftomweniger nicht im Stande find, einen
Gedanken zu faflen, der nicht bereits vor Ipnen gedacht und ge:
fagt worden und in die Sitte und Gewohnheit ihrer Umge:
bungen übergegangen wäre. Solche Menſchen find oft in ihrer
Art ganz vortrefflih, ja fie ftellen ſich fogar nicht felten als
ſehr würdige Perfdnlicykeiten dar; aber fie müffen ſich jeder
Beſchaͤftigung enthalten, in welcher ein Hinausgehn über das
Gewoͤhnliche, Alltägliche erfodert wird, und es ift ihnen daher
‚namentlich anzurathen, fih entweber gar nicht in bas Gebiet
ber Kunft zu wagen, ober ihre venfaigen Verfuche wenigftens
nicht der Deffentlichleit zu übergeben. Diefen Rath hätte man
dem Verfaſſer von Nr. 1 geben follen. Es fpricht fich in dies
fen Gedichten zwar eine vecht wohlwollende, in ihrer Unbefum
genheit zuweilen ergögliche Perſoͤnlichkeit aus, aber auch eine
entfchiedene Unfähigkeit, felbfländig zu benken. Es findet fig
in benfelben daher nichts, was nicht ſchon tauſendmal gefagt wäre.
Nu. 2 gehört zu‘ einer entgegengefegten Art von Erſchei⸗
nungen. Sowie nämlich bie vorhin befchriebene Denfchenclaffe
fih nicht über das Herlömmliche, Gebraͤuchliche zu erhebeg
vermag, fo gibt es auf ber andern Seite Menſchen, denen ber
Sinn Hr bas Herkommen, für Sitte, für Schidlichleit und
Ordnung ganz verfagt iſt, und welche einen befondern Ruhm
darein fegen, Allem entgegenzutreten, was durch die Bitte ges
heilige if. Diefe Leute wiffen, wenn fie mit Talent ausge
flattet find, fih auf imponirende Weife zu aͤußern; benn die
polemifirende Ginfeitigkeit gewinnt leicht den Schein ber Kraft
und ber Kefligkeit. Betrachtet man aber das Treiben jener
Leute näher, fo findet fih, daß fie nicht nur in ihrer Weiſe
ebenfo befchränft ſind als bie ihnen entgegenftehende Partei,
fondern daß fie fih auch außerdem noch durch wibrige Ans
maßung recht gefliffentlih in Nachteil fegen. Zu biefer Sorte
gehört der Verf. von Rr. 2, unb zwar ift er einer der geiſt⸗
Lofeften unter biefen Geiftern ber Verneinung. Und doch fann
man diefen Werfen eine gewiffe Schärfe der Eigenthuͤmlichkeit
nicht abſprechen. Die Behaglichkeit, mit welcher der Verf. fs
in dem Kothe einer bumoriflifch fein follenden Gemeinheit wälgzt
unb mit bem Unfinn’liebäugelt, wird mit vieler Gonfequenz zur
Anfchauung gebradit. 173.
Notiz.
Ahilles Mutat Über Amerika.
Die englifche Kritik beleuchtet die „Esquisse morale et
olitique des Etats-Unis de l’Amerique du nord, par Achili-
urat, citoyen des Etats-Unis, colonel honoraire dans l’ar-
mee beige, ci-devant prince-royal des Deux-Biciles’’ (Pa-
sid 1832). Das Werk ift in Korm von Briefen aus den Jah⸗
sen 1826 bis mit 1832 gefchrieben, deren einige fchon 1830 in
einem dünnen Bändchen erfchienen, während ihr Verfaſſer noch
in Amerifa war. Dean läßt ihnen im Ganzen bie Gerechtig⸗
feit widerfahren, daß fie den innern geſellſchaftlichen Zuſtand
der Freiftagten faſt am beften von allen darüber erfchienenen
Büchern, und unparteiifcher als das fonft gewiß vortrefflide
der MB. Zrollope fhildern, und befchuldigt den Verf. nur einer
uw. großen und zu fichtlidhen Anhänglichkeit an die Worurtheile
—* Geburt und fruͤheſten Erziehung. Der erſte Brief han⸗
delt im Allgemeinen von ber Eintheilung der Union in Staaten.
Der zweite gibt eine lebendige und ziemlich richtige Ueberſicht
vom Stande der Parteien der fogenannten Demokraten unb
Köbderaliften. Der britte befchreibt auf das anziehendfle bie
Art ded Verkaufs öffentlicher Eändereion und der Gründung
neuer Etädte, zufammt dem gewöhnlichen Verfahren bei der
Bildung und Conftituirung eines neuen Staats. Der vierte
fprigt vom Negerhandel. Der fünfte gibt eine nichts weniger
ald erfreuliche Rechenſchaft vom Zuftande der Religion in der
Union. Der fechöte verbreitet ſich über bie Verwaltung ber Ju⸗
ſtiz und macht es nöthig, daB im fiebenten über die in dem
Freiſtaaten beftehenden Gefege berichtet wird. Im achten ift
von der Armee, Marine und inbifchen Bevölkerung die Rebe;
im neunten von den Binanzen und vom Handel und im zehntem
endlich von ben Sitten und Gebraͤuchen, der Literatur und tem
fhönen Künften der Amerifaner.
Wir fügen hierzu bie Notiz, daß durch diefe Kritik bie
kürzlich ans Licht getretene „History and topography of the”
United States of North America by Mr. Howard Hiaton’'
(2 Bände, mit Kgrten und Kupfern) ale das volfiändigite
und vorzüglichfie Wert über die norbamerifanifge Republif
namhaft gemacht wird. Nach dem Meßkataloge iſt von Murat's
Werk eine deutfche Ueberfegung bereits vorhanden. *) 153,
) Wir berichten noch befonderd darüber. D. Reb.
Redigirt unter Werantwortlichteit der Verlagähandlung: 8. X. Brodbaus in Leipzig.
DE
Blätter °
’ für |
literariſchen
nterhaltung.
.o— —
Fünfter und Iegter Artikel.
GBeſchluß aus Ar. 17,)
Als die Außerfien Endyunkte des Liberalismus nennt
man einen Wirth, Siebenpfeiffer u. A. Seibſt unter wohl
meinenden Liberalen ſcheint es herkoͤmmlich geworden zu
fein, dieſe Männes extremer Anſichten und einer Weber:
treibung zu zeiben, welche ber Sache, die fie vertheidigs
ten, zum Schaden gereicht habe. Dan mag immer des
Meinung fein, daß der Eine und Andere in Diefem
und Jenem zu weit gegangen. So wenig ed zwei Uhren
gibt, welche die Zeig mit völlig gleichem Maße meſſen, fo
wenig werben ſich zwei Geifter finden, welche. bie Bedeu⸗
tung ber Zeit in voͤllig gleicher Weiſe exfafien. Allein
mon kdann ba und dert anderer Anficht fein, ohne bie
tiefe Wirfung zu verkennen, womit aͤhnlich Sefinnte als
Glieder eines größern Samen in den Gang der Ent⸗
widelung eingegriffen haben. Wäre nur Von Wirth und
den ihm zunaͤchſt Stehenden zum Wolke gefchrieben und
gefprochen worden, fo möchte freilich der Erfolg nicht
höher anzufchlagen fein als der Erfolg der\fehe ifolirt ges
bliebenen politiihen Bemühungen einiger Sünglinge in
den erſten Jahren nach den Kriegen gegen Frankreich.
Dies war jedoch nicht der Fall und in der Geſammt⸗
beit der politifchsliberalen Bewegungen der jüngften Zeit
hatten auch jene befondern Zriebräder nicht fehlen dürfen.
Gilt es die Auseottung von Borurtheilen, fo frommt
08 nicht immer, denſelben nur faltblütig mit ber einfa⸗
hen Wahrheit entgegenzutzeten. Das Aeußerſte kann oft nur
durch ein anderes Aeußerſtes uͤberwunden werben. Und ift
es nicht auch ein Extrem, wenn wir von ber „allerhoͤch⸗
fien Weisheit” diefes oder jenes Machthabers reden, wenn
die getreuen Unterthauen in jeder Bittſchrift „in Unterthaͤ⸗
nigkeit erfierben” u, dgL? Man wende nicht ein, daß dies:
nichtöbebeutende Phrafen find. Es mar einmal ein knech⸗
tiſcher Sinn vorhanden, welcher bdiefelben erfennen bat;
bas Herkommen hat fie überliefert, und mit den ftereotyp:
gewordenen Kormen der Sprache gehen ſtets auch Gefin>
ungen in den Geiſt des Volkes über. Darum if immer
jeder Umfhreung im Zuſtande ber: Voͤlker mis fehr bes
merkbaren Veränderungen in ber Sprache verbunden ger
weſen. Hätten alfo Wirth und Andere nichts weiter ger
than. als daß fie eine Zeit lang: bie Sprache einer unge:
Sonntag, . m Rt. 118,
wohnten Kuͤhnheit hören lichen, welche dem Herkoͤmmli⸗
28. Aprit 1833,
— — — — we SS — — ⸗— —
—
den fo gradezu entgegentrat und darum nothwendig zur
Prüfung und Beachtung befklben auffodern mußte, fie
hätten etwas und nicht wenig gethan. Sagte bach Schon
Diogenes: „Wer einen krummen Stamm grade biegen
wil, muß ihn eine Zeit kang auf bie andere Seite
biegen.” In bee That hatte der deutfche Bundestag dieft
Wirkſamkeit eines Wirth u. f. vo. richtiger zu wuͤrdigen
gewußt, als ed manche Liberale zu verfiehen ſcheinen.
Seit Fahren ift von bdeutfcher Einheit und Freiheit,
von den: Rechten und Beduͤrfniſſen des Volkes gefprochen
und geicheieben, gefungen. und gebichtet worden. Schon
bie Allgemeinheit dieſer Erſcheinung ift an ſich feib ein
Berveis, daß bier ein allgemeineres Bedürfniß zun Grunde
kiegt. Ein größerer Beweis liegt in dem ſchon berüheten
Unſtande, daß grade nur Das, was auf jene Lieblinge
ideen Beziehung hat, im Munde des Volkes fortiebt unb
fortwirkt. Was Ernſt Morig Arndt In neuefter Zeit ges
gen den ſogenannten Ultraliberalismus geſchrieben, bat fo
wenig Beifall als Eingang gefunden. Seine Lieber, bie
Franzoſenhaß athmeten und den Bannfluch Aber Dad mos
derne Babylon ausfprachen, find verklungen, während das
Lied: „Was Ift des Deutfchen Vaterland?” fich erhal⸗
ten bet und zum weitverbreiteten Volksliede geworden iſt.
Mas Goͤrres, der Kaͤmpfer für ein freies und einige®
Deutfchland, in feiner Birnigen Sprache gefagt, wer in
die Herzen des Volkes gefchrieben und geht wol auch jetzt
noch von Mımd zu Mund; was Goͤrres, der Uttramon⸗
tane und ber Gegner bes Liberaltsmus, nicht minder
geiſtreich als ftuͤher fage, ift in die bewegte Oberfläche
des Zeitſtroms gefchrieben unb wird von. jeber nächften
Melle begraben. Schon vor Jahren hatte einmal Göthe
in irgend einem Gedichtchen darauf hingewiefen, wie jegt
bie Welt geneigt fei, Alles mit ben liberalen Adern In
Einklang zu beingen und felbft das Unvelllommene und
Unbebeutende in diefem Sinne zu ergänzen und zu Deus
ten. Was er ſcherzend und fpotten® bemerkte, iſt eine
Thatſache, die in den Tiefen des Wölkerlebens ihre Wur⸗
zei bat und von ben Männern an der Spige der Staa⸗
ten nur auf eigne Gefahr verfannt und gelewgnet wich.
Immer mödyte es jeboch nicht viel auf ſich haben,
wenn von Freiheit und Einheit nur geſprochen und ges
ſchrieben worden wäre; wenn nicht das Bebuͤrfniß bee
486
einen ımb dee andern noch auf fonftige Weiſe fich fühl
bar gemacht hätte. Hier find es aber wieder die mate⸗
tiellen Intereſſen, die zum mächtigen Hebel dienen; «6
find befonder® die Feſſeln, in melche der Verkehr geſchla⸗
gen {ft und welche in unfern zahlreichen Binnenmauthen,
in der Verſchledenheit der Handelsgeſetzgebungen, der Män-
zen, Maße, Gewichte u. ſ. w. fo hoͤchſt drüdend empfun-
ben werden. Diele nachtheiligen Folgen bes Mangels
einer größern Einheit machen fi vornehmlich Denjenigen
bemerkbar, die fchon durch ihre Beſchaͤftigung mittelbar
oder unmittelbar auf einen lebhaftern perfönlichen Verkchr
mit Anderen’ hingewiefen find. Dahin gehören alle Hand:
lungsreiſenden bis herab zu den Fuhrleuten, Kaͤrrnern und
Schiffen. Alte diefe Leute, mag übrigens ber Grad ihrer
politifchen Bildung noch fo verfchieden fein, erwerben fich
in ihrem Berufe eine gewiſſe populalre Beredtſamkeit, bie
ſich grade in den unteren Glaffen Eingang zu verfhaffen
weiß. Es ift dies eine Art Iugvögel, welche den Samen,
den unfere freifinnigen Schriftftellee in Maffen ausfchüts
ten, in einzelnen Koͤrnern nach allen Gegenden tragen; und
da fo leicht alfe Claſſen der Bevölkerung, bie mit dem Wer
Sehr fich beſchaͤftigen, zu einer natürlichen Propaganda
werden, fo liegt darin ein Hauptgrund, warum jede Regie⸗
rung, welche die commmerciellen Intereſſen nicht fortreährend
und genügend zu befriedigen weiß, ſtets eine flarfe und unter
Umftänden gefährliche Oppofition gegen ſich haben wird.
Durch den Zufammenfluß aller diefer Verhaͤltniſſe Hat
die fogenannte Partei bee Bewegung in Vergleichung mit
frühen Jahren fehr bedeutend fich verftärken müffen. Sie
verhält fich in den verfchiedenen Perioden etwa wie das
wartburger zu dem hambacher Feſte. Es kann nicht
fehlen, daß unter dieſer Maſſe auch Solche fich finden,
mit welchen nicht Jeder auf die Dauer und in allen
Stüden fish befreunden mag; daß ba umd dort manches
Verkehrte, manches Thoͤrichte und manches Lächerliche
zum Vorſchein kommen muß. Auch iſt es nicht die wes
nigſt fchwierige Aufgabe für die Freunde der Volksrechte,
in einer mitunter nicht durchaus zufagenden Nachbarſchaft
und Genoſſenſchaft auszuhalten. Allein fo lange ber
Kampf dauert, bleibt dee brave Soldat-im Gliede ſtehen,
ohne damit viel Zeit zu verlieren, feinen Nebenmann in
die Schule zu nehmen. Erſt wenn die Zeit der Waffen:
ruhe wieder eingetreten ift, mag man zur Warnung für
die Zufunft die etwa begangenen Fehler rügen, bie Ta⸗
pfern ehren, die Feigen beflrafen. So weit find wir
noch nicht, tros der Bundesbeſchluͤſſe vom 28. Juni.
Nicht blos an aͤußerm Umfange, fondern ebenfowol
an innerer Stärke bat diefe fogenannte Partei ber Bes
wegung wefentlich gewonnen. Die Sprachverwirrung, bie
wol früher unter den Liberalen herrfchen mochte, indem
fo Viele fich ſelbſt und ihre befondern Projecte voranftell:
ten, bat fich fo ziemlich verloren. Selbſt die Maſſe des
Volkes iſt praktifcher geworben, indem fie an das Naͤchſte
fi Hält und im Uebrigen der Zukunft etwas zu überlafs
fen gelernt bat. Auch mar es keineswegs Das, was
Wirth und Andere als "die nothivendign Formen einer
Eünftigen Verfaffupg aufftellten, was ihnen den Beifall
ö———— —— — — —
einer zahlreichen Menge erwarb. Es mar vielmehr das
Feuer und der Muth, womit ſie kaͤmpften, die zweifelloſe
Zauterkeit ber Geſinnung und enblich jene ſchon oben bes
zeichneten einfachen Srundwahrheiten, welche, allerwärts
Anklang findend, auch bei ihnen wiederklangen. Je ein
facher diefe aber find, um fo fefter haben fie murzee
muͤſſen, und um fo gewiſſer werben fie auf bie eine ober
andere Weiſe fich endlich geltend machen.
In doppelter Beziehung pflegt von den Anhängern
ber Stabilität die Richtung und die Bedeutung ber oͤf⸗
fentlichen Meinung verlangt und misachtet zu werben.
Bon den Einen gefchieht dies durch Geringſchaͤtzung, bie
von Leichtfinn und Unkenntniß erzeugt wird, von den Aus
dern durch eine von blinder Furcht eingegebene Ueberſchaͤtzung,
wodurch die Kolgen herbeigeführt werden, weiche man ängfls
lic zu vermeiden firebt. Der tiefere gemeinſchaftliche Grund
diefer Verirrungen iſt die Setbftfucht der Einen und Ans
bern, welche fich weigert, ihre befonbein Sinterefien und An:
fihten dem herrfchenden Geiſte der Zeit zu untehwerfen.
Die Einen getröften ſich eines leichten Sieges durch
Anmendung von Mafivegeln der Gewalt gegen einige Vor:
kaͤmpfer des Liberaliemus; durch unermuͤdliche Wiederho⸗
lung einiger Verſprechungen an das Wolk, welche doch
nimmer in Erfuͤllung gehen; durch theilweiſe Conceſſionen
hinſichtlich particularer materieller Intereſſen, die von ihrer
Seite kein Opfer ſind, und womit im Einzelnen nur ge⸗
flickt, aber im Ganzen nicht gebeſſert wird. Sie rechnen
auf eine unermuͤdliche Geduld des deutſchen Volles. Allein
fie uͤberſehen, daß dieſelbe Traͤgheitskraft, die einem leich⸗
ten Anſtoße widerſteht, die Bewegung verſtaͤrkt und er⸗
haͤlt, wenn eine ſolche durch draͤngende Umſtaͤnde, wie ſie
immer doch von Zeit zu Zeit ſich wiederholen, einmal
hervorgebracht iſt. Zwar deuten ſie triumphirend darauf
hin, daß ſie jener kleinern Bewegungen unmittelbar nach
den Juliereigniſſen des Jahres 1830 Meiſter geworden
ſind. Aber ſie haben ſchon vergeſſen, daß dies nur durch
ſchnelle Nachgiebigkeit von ihrer Seite gelingen konnte,
und daß ihnen damals keine geiſtige Autoritaͤt, kein po⸗
pulairer Name entgegentrat, welcher die Bewegung wei⸗
ter verbreiten wollte.
Auch die Andern, von Furcht ergriffen, zerren als un⸗
geſchickte Reiter am Bügel, während die Nationen von
einer uͤbermaͤchtigen, aber dem biöden Auge nicht erkenn⸗
barm Gewalt vorwärts gefpornt werben. Sie willen es,
dag in den Voͤlkern wie in .den Kindern ein natürlicher
Trieb bed Zerſtoͤrens liegt; daß der Enthuſiasmus bes
Haſſes und der Vernichtung leicht fich entzuͤndet; daß wie
in jedem Einzeinen fo auch im großen Individuum, im
Volke, übermächtige Leidenfhaften verborgen Liegen, welche
bezähmt und bewacht werden müflen. Aber fie wiſſen
nicht, daß nur der Gef im Menfhen das Thier im
Menfchen zähmt und bewacht; daß der Geiſt befriedigt
werden muß, wenn er feines Wächteramtes nicht müde
werden fol; daß er nur befriedigt werden kann durch geis
flige Freiheit, duch Offenheit und Deffentlichkeit, welche
jedes Mistrauen verſchwinden machen.
Diefe und Jene halten fi) nur am bie vereinzelte
L
48%
Ericheinung,
die Öffentliche Meinung hat noch eine verborgenere Geite,
bie ſich ihrer plumpen Betaſtung entzieht und nicht eher
ſich ihnen mtgegenroembet, als ums fich für bie lange Ber
echtung zu raͤchen. Wie hoch oder gering man bie Zahl
der thätigen Feinde bes Beſtehenden anfchlage, fo tft doch
die Zahl derjenigen unermeßlich groß, Die keine thätigen
Freunde deſſelben find. Und doch beruht auf diefem lebens⸗
kraͤftigen Gemeingeifte die ganze Kraft des Widerſtandes
gegen. Außen und die Buͤrgſchaft der Orbdnung im In⸗
nen. Dur die bloße Außerlihe Aufrechthaltung der
Ordnung iſt für eine dauernde Erhaltung derfelben wenig
getban. Auf die Bande des Geſetzes, welches die Maſ⸗
fen zügeln fol, muß erſt die öffentliche Meinung der ges
bildetern Elaſſen ihe Siegel gebrücdt haben. Wird dieſes
thöricht verlegt; haben die Vertheidiger ber Ordnung nicht
mehr die warme Anbänglichkeit des beträchtlichern Theile
ber geiflig höher ſtehenden Bevoͤlkerung für fih, weil fie
den geifligen und moralifchen Intereſſen nicht zu genuͤgen
wiſſen; haben fie gar die intellectuelle Kraft zum Bunde
mit bee Maſſe gezwungen: fo tritt bald auch in biefer
legten an bie Stelle der gewohnten Scheu und Ehrfurdt
vor dem Gefes eine dampfe Gleichguͤltigkeit und eine egoi⸗
ſtiſche Abrechnung mit der Gewalt. Won der Gleichguͤl⸗
tigkeit zum Hafſe ift dann nur noch ein Heiner Schritt.
Die Ideen der Freiheit und ber Einheit find im
deutfchen Volke mächtig geworben, und beide müffen gleichs
mäßig und gleichzeitig befriedigt werden, wenn man ber
Stimmung deffelden ſich verfihern will. Ihre Macht läßt
fit fo wenig buch Widerftand brechen, welcher die ans
ſchwellenden Kräfte nur bis zum gefährlihften Augenblicke
fammelt, ftatt fie zu überwinden, als fie buch halbe
Bersilligungen und theilweife Einraͤumungen ſich gewins
nen läßt. Iſt es doch mit der Befriedigung der geiſti⸗
gen und moralifhen Beduͤrfniſſe nicht anders als mit
derjenigen ber finnlihen Beduͤrfniſſe. Wer nur duch ab⸗
wechfelundes Geben imb Nehmen, durch hoͤchſtens mo⸗
mentan genügende Gonceflionen die Voͤlker abzufinden
glaubt, ber iſt nicht kluͤger als Derjmige, der ſich für
morgen und Übermorgen gefättigt zu haben meint, weil
er für heute Trank und Speife gefunden bat. Diefe Be
friedigung kann nur erlangt werden durch ein fort und
fort fih entwidelndes Syſtem, das offen und ohne
Ruͤckhalt die Setbftändigkeit der Voͤlker anerkennt und
dadurch jede Taͤuſchung und jeben Glauben an neue
Täufhungen ausfchlieft.
Und kann unter den jetzigen Verhaͤltnifſen noch eine
aufrichtige Verföhnung, eine dauernde Ausgleichung ein⸗
treten? Alle Völker, als folche, haben ein cholerifches
Zemperament und find fo leicht verföhnlich, als fie reiz⸗
bar find, Mag alfo Hoffen und glauben wer will und
kann, wenn wir nur nimmer vergefien, daß wir als Glie⸗
ber eines Ganzen uns ſelbſt und unfere unermübdfiche
Thaͤtigkeit dem Volke fchuldig find. Aber es iſt fo manche
Hoffnung gefcheitert und fo mancher gute Glaube iſt
zum Spott geworben. W. Schutz.
.
an das Hanbgreifliche im Wölkerieben. Aber ı GSchweizerifche Annalen, ober bie Geſchichte unferer Tage
feit dem Julius 1830. Gefchrieben von Karl Müll:
ler von Sriedberg. Erſter Band, erſtes und zwei⸗
tes Heft. Zuͤrich, Orell, Fuͤßli und Comp. 1832,
Gr. 8. Der Band von vier Heften im Yrein.» Be
4 Thlr. 0 Gr. |
Dur bie Reflauration vom Sabre 1814 war in ber
Schweiz unter dem Wolke, vorzüglich ber größern Gantone, eis
Misbehagen entftanden, das ſich auf mannichfaltige Weiſe kund⸗
gab unb das auch durch die Zeit nicht ausgeglichen werben
tonnte. Die Bo der Weediationsacte waren ſchon zu ſehe
gekoſtet worden, als baß nicht die Sehnſucht nach derſeiden in
ben © fortgelebt Hätte; dazu wurbe ihre Verluſt theils
duch die Unfähigkeit mancher‘ Regierungen, theils durch ein
engherziges, eigennügiges Streben der Ariſtokraten und buch
die ſich täglich erweiternde und offener hervortretende Bewaltaumas
Sung ber katholiſchen Geiſtlichkeit fühlbar gemacht. Ag bader
die parifer Imlirenolution die in Folge terfeiben Reſtauration
eingeführte Drbnung ber Dinge in Frankreich umflürzte, hielt
es auch die Schweiz für einen günfligen Zeitpunkt, brüdende.
Feſſeln abzumerfen und aus dem Misbehagen herauszukommen.
Die felt dem Jahre 1880 in biefem Lande erfolgten Verfaſſungs⸗
änderungen, meift auf friedlichem Wege ja Stande gebracht, muͤſſen
barum gewiß mehr einem richtigen Zuftinkte bes Volkes, das
von ber Natur mit gefunden, unverborbenem Menfchenverftanbe
begabt ift, zugefchäteben, als auf Rechnung von liberalen Par»
teigängern, geheimen Umtrieben oder ehrſuͤchtigen Plänen Sins
zelner gebracht werben. ‚Die ganze Werfahrungsweife, die bei
der Bernichtung bes SBeftehenden und Ginführung bed Neuen
beobachtet wurde, beweift die Wahrheit jener Annahme. Wie
wenige Männer von ausgezeichnetem Geifte, tiefer Einſicht und
allgemeinem Vertrauen, bie durch ihr geiftiges Uebergewicht bie
Maffe beberrichen, erbliden wir an ber Spitze der Bewegung,
wie Diele dagegen, vorher wenig befannt, ohne befonbere Bil⸗
dung, felbft ohne großes NRebnertalent, aus dem Volke felbft,
treten als Sp deſſelben auf und uͤbernehmen die Lei⸗
tung der oͤffentli Angtlegendeiten? Ja, das Volk umgibt
ſelbſt ſolche Maͤnner mit ſeinem Vertrauen, die der Ariſtokratie
angehören und für bie es keine andere Garantie befigt, als daß
es weiß, daß fie früher, oft blos von egoiſtiſchen Abſichten ge»
leitet, in ber Regierung bie Minoritaͤt bilbeten. Cine foldye
allgemeine Abneigung bes Volkes gegen Ginrichtungen und Per
fonen fegt aber auch triftige materielle Grünbe voraus. Denn
daß ein ganzes Volt, zumal ein fo ruhiges, fleißiges, Eigen⸗
tyumsechhte und Geſetze hochachtenbes wie bas ſchweizeriſche,
blos vom Parorismus ber Nachahmung befallen, zum Demago⸗
gen werden unb alles Beſtehende umwerfen follte, ift ein baarer
Unfinn. Daß aber trog dieſer Uebereinftiimmung im Volke —
su dem wir aber weder Neuenburger, noch Stadt⸗Baſel und
Bled:Schoyg zählen — bie Wirren nur langfam fich löfen, daß
das erwartete, verlangte Gute nur flüdhweis und zum Theil
verfünmert erſcheint, daran ift das freche Spiel ber Parteien
vorzüglich ſchuid, die am Fuße des Volkskreuzes um das neue
Kieid würfeln und es mit ihren Leibenfchaften und Thorheiten
befleden. Bine Darftellung ber Gruͤnde bed oben angebeuteten
Misbehagenes bes Volkes unter ber Reflaurationsepodge, eine
Mare, umfichtige unb vor Allem unparteiifche Schilderung bes
feit 1830 eingetretenen Kampfes bes Volles gegen bie durch bie
Neftauration eingeführte Ordnung der Dinge; eine Beleuchtung
bes Wiberftandes der alten Regierungen, ihrer Zugenden und
ihree Schwächen, ihrer Berwaltungsweife 2c., das nur kann bie
Aufgabe ſchweizeriſcher Annalen ber Gegenwart fein. Wir
finden fie in ben vorliegenden Heften nicht geil. Die Urfache
davon liegt zum Theil in ber Perſon des Verf. Here Müller
von Kriebberg iſt eine ber alten Gchweizercelebritäten, bie faft
auf einer Zagfagung fehlte, bei jeder der frühern Umwaͤlzun⸗
gen feine Rolle fpielte und ſich im potitifchen Leben eben keiner
+
n 6 fihulbig ma Seine Megieuungäkunft er⸗
er er —* be gone rummſtabes; zur
Zelt der Revblution pafte ihm bie rothe Drüge, und‘ er war ein
Afeigeo Selvecier; mit der Mebiationdacte fand er Geſchmack
am ÄSantonkssgentemefen und wer ein berebter Anheter Ropo⸗
in Zu ber Meftaumatien war er an das Regieren ge
wöhnt, fand die Volksrechte unbequem, half fie, fo gut «& ging,
befeitigen und lobpries auf Tagſatzungen, im Hathefaal und
is feinen „ er“ bie Mir ung der guten alten
Zeit. Als ihn aber, einen Dann von hohen Jahren, bie neue
—3 Werrafchte und ſeiner Wuͤrde beraubte, da zog er
über das gegen. feine Verdienſte undankbare Vaterland
feibftgewählter Berbannung nach Konſtanz, wo er in feinem
nentralen Stuͤbchen⸗ Schweizerannalen fchreibt.
Me erſte Abtheilung enthält bie „Seſchichte der Juliustage
bes Jahres 1850 in Frankreich⸗“, von ©. 24— 91. Die Dar⸗
keilung iſt, einige Schwerfaͤlligkeit und Breite abgerechnet,
demlich gelungen, fein Urtheil im Allgemeinen richtig und ben
Feanzoſen günftig „Vermuthlich“, fagt er, „wäre es (1814)
Sulwig Philipp gelungen, bie Franzoſen zu regieren, allein «6
iR zum Sprichwort eines ganzen Welttheild geworben, baß ber
üßtere Zweig des Bourbons ber Revolution auch gar keine Er⸗
fahnungen abgewonnen hatte; fie lebten ftetö fort in den Tradi⸗
tionen ihrer alten Herrlichkeit und meinten, bie Vorſehung
Jade die großen europäifchen Krifen und feibft den Brand von
Moskau und den harten moslowitifhen Winter ihretwegen To
gefügt. Gleichwol wäre es firenge vorauszufepen, daß fie ben
franzöfifchen Boden mit beftimmten Ruͤck Phanken auf unbes
feyedntte Herrſchaft betreten haben. Kin Inſtinkt trieb fie
nad) den ZIuilerien ; die Gharte war ihnen, was bem Reiſenden
der Paß. Ohne Falſch mögen fie Bergeffenheit und Gefegmö-
Sigfeit gelobt und die Rechte ber Nation beſchworen haben; ale
ober die Gmigration wieder feften Fuß gefaßt, war der Grund⸗
ftein zu Anmaßungen bald gelegt und bie Ration, die einen fe⸗
ften conftitutionnellen Charakter angenommen batte, warb thoͤ⸗
richt unb unzeitig genug durch bie Formen und ben Außenfchein
bes Abfolutismus beleidigt, Gelbft die hundert Tage, dab
leichte Vordringen Rapoleon’s, ihre ſchmaͤhliche Flucht, ber
fchnelle Abfall der Nation Eonnten bie Bourbonen und ihren
Anhang nicht zur Befinnung bringen ; blos fühlten fie, daß das
Berftummen der Nation vor 300,000 Keuerfiglünden nur ein
vorübergehenbes fein dürfte, und baß man nur langfam auf ben
Zweck binfchreiten könne So bereiteten fig die Bourbonen
von langer Hand, und wie fie meinten ug, ihr Verderben.“
Er tadelt bie berüchtigten Orbonnangen, läßt aber durchblicken,
daß die Ummälzung auch ohne fie wenige Donate ſpaͤter erfolgt
wäre, unb baß ber fchnelle Sturz Karl X. andern Staaten ges
faͤhrliche Erſchuͤtterungen exfpart hätte. Alfo große Verſchwoͤ⸗
zung in Frankreich, eomit& directeur, Propaganda !! und wie
biefe Vogelſcheuchen der Ariftokratie alle beißen! Herr Müller
von Briebberg würde fich großes Verdienſt erwerben, wenn er bie
in Petto gehaltenen Beweiſe mittheilte.
Die zweite Abtheilung gibt eine ausführliche Geſchichte der
Schweizertruppen in den Iuliustagen uud ihrer endlidden Auf
Iöfung. Sie leitet eine gar warme Vertheibigung ber capitulirs
ten Schweizerdienfte in fremden Staaten ein, mit Scheingruͤn⸗
den, bie fchon oft genug gehört worden find. Diefes in Schutzneh⸗
wen eined Gchandfledens der Nation, bie ihre freien Söhne
dem Abfolutismus meiftentheild zur Unterbrädung bes Volkes
verfchachert, charakterifirt den alten Schweizerdipiomaten. Die
Dorftelung ber militairifchen Operationen in Paris, die nad
Mittheilungen von Schweizeroffigieren, die am Kampfe Theil
nahmen, entworfen if, enthält bie Fehler und Taktloſigkeit bes
Generalcommanbos unb ſchildert bie Zapferleit und Verluſte
ber Schweigertruppen. Gin ſchoͤner Zug von ihrem Muth und
ihrer Ausdauer iſt bie Vertheidigung ber Gaferne Babylon;
ſchade nur, daß fie für keine beffere Sache — als einen mein:
eidigen König fochten. Die Gaferne Babylon war von 140 Gols
daten beſegt, umter benen 40 Recruten waren, welche erſt am
Vorabend bes b n Kampfes angelemmen. Dufey, in bie
elbzügen von Italien, Catalonien und Rußland in Napaleon's
Hufe geditbet and DBataillonschef des Regiments, commanditte
in ber @aferne Die Solbaten wurden von Bürgern aufgefo-
deut, Waffen und Muritien an die Yarifer Gullefern; ale Mb
Seh; weigerhen, sahen dieſe Feuen, des erwibert wurke web: du
geufte — Aber alsbalb ertoͤnten bie Sturmglocken unh
charen bewaffneter Studenten, polytechniſcher Schüler, Buͤr⸗
ger, Arbeiter, Rationalgardiſten, gegen 0000 bewehrte Männer,
umgaben bie Gaſerne; ein Zoͤgling dee polytechniſchen nie
keitete Ting. und zegelmäßig ben Angriff; bie izer haktın
bie Thore versammelt und unterhielten aus ben Fenftern, durch
Matragen und Betten geſchuͤgt, ein Farkes Feuer unb richteten
unter ber drängenden Menge ein fuͤrchterliches Blutbad an.
Dee Kampf währte von 10—2 uhr und ber Berluf der Ans
sreifenden war groß; da nahmen bie Yarifer zu einem andern
Mittel Zuftwdgts fie haͤrften en ben Thoren und Mauern Dem
Stroh und anbese brennbare Materialien und fiedten es in
Brand. Non bem Augenblide an war bie Gaferne nicht mehr
zu behaupten, die Schweizer verlangten zu capituliren; verſtaͤrk⸗
tes Beuern und eine ſchwarze Fahne war bie Antwort. Da
femmelte Dufey die einen und trat mitten. durch ben Feind
ben neug ani er feib wurde von zwei Kugeln mebergewan
fon, fein Kopf duch das Beil eines Parifers gefpalten zab
feine Leiche in dev Gaffe herumgefchleppt. Die Caferne wurde
geolindert, Der Reſt ber tapfern Schar mußte noch einige
rrikaden überfleigen, um die MMilitairfegule zu erreichen; ba
wurde noch eine Meile gepläntelt, Wann ber Widzug nad
St.⸗Gloud unternommen. Die Yarifer, als fie die Heine Zaßl
fahen unb pon ihrer Tapferkeit unterrichtet. wurden, d
ihnen, weit entfernt, fie anzugreifen, die Barriere ſelbſt.
Die dritte Abtheilung enthält die Schilderimg ber alfgemeis
nen polttifchen Berhättniffe der Schweiz in ben Sahren 1830
unb 18815 fie iſt ganz in dem Meiſte eines ber. Steflaurntion bes
feeundeten, mit den Ariftofraten eng verbundenen, bat Reue
baffenden alten Schweizerbiplomaten cum ira et studie abge
faßt und wird, wie zahlreiche anbere Producte des Parteigeiftes,
im breiten Strome ber Zeit um fo eher untergehen, da bas
wäflerige Element in ihe vorherrfcht. 48,
Notizen.
Nach dem Verzeichniſſe derjenigen Vorlefungen, welche im
Sommerhalbjahre 1835 an ber Umverfität in Berlin gehalten
werben, wird daſelbſt üher bie gothifche, tuͤrkiſche, perfifche,
grabifcge, chineſiſche, Gebräifcge, fyrifche, armeniſche und ims
bifhe Ganscritiprache, außer den ſogenannten ciaffifchen unb
den neuern abenblänbifchen, gelefen ; aber das Reugriedhifche iſt
dabei ausgeſchloſſen. Daß Fünftighin, bei dem unverlennbaren
Nutzen des Reugriechifigen in Bezug auf bie altgriechiſche Sprache,
und namentlich auch bei ber Verbindung, weiche zwifchen Deutſch⸗
land und Griechenland in politifdger, mercantiler und wiſſen⸗
ſchaftlicher Hinſicht flattfinden muB, eine gleiche Verachtung
und Misachtung gegen das Neugriedifche nicht gerechtfertigt
werden Tonne, iſt jegt ſchon Far. Fuͤr die Univerfität Leipzig
findet fi das Neugriechifche als Gegenftand einer LBection wer
nigfiens im Kataloge aufgefüget.
Schon im Jahre 1807 machte der Grieche Korais in feis
nem Prolegomenen zur Ausgabe bes Iſokrates den Vorſchlag,
ein 'Elinyıxöv uovaelov für alle in Griechenland befindliche
Manufertpte altgriechifcher Gchriftfteller, für Münzen. und am
bere Alterthümer etwa in Ghios zu errichten. Wo ce auch is
Griechenland fei: die Eivilifatiom, die in ihrer Sorgfalt und Ber
achtung auch das griechiſche Altertfum umfaft, verlangt nun⸗
mehr ein ſolches Mufeum als unerlästih. Die Berichte aus
Griechenland (vergl. d. WI. 1838, Nr. 92), bie bie bidherige
Sorgiofigkeit in diefer Hinſicht mit grellen Farben ſchildern,
ka bins nur um fo unerlaßlicher bar. 0 30,
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagäbandlung: 3. A. Brodhaus in Seipsig.
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H teratifär Unterbaftung
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Die Seine . Bine Nosche won A. Zeiherrn
a Stusigast, Gotte. 4832. 8.
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Beroeiien heißt, nach dem Woͤrterbuche, gewaltſum un⸗
tecbrechen. Zerrifſentelt als Eigenſchaft des Gemlitho
Wird :alfo wol einen Zuſtend gewaltſamer Unterbrechung
des naturgemaͤßen ‚Bufatmenbangs unfers geiſtigen We
ſens, wm Gefühle, Neigengen, Uebergeugungen bes
len, mag jene 'Untterbuechung innere oder aͤußere Ur⸗
Mihen ober beides haben. "Und ofen. das Zerreißen des
geifligen: Lebens role: des phyfiſchen Schmerz verurſacht,
wied Die Zertiſſenheit des Gemuths unzerttennlich von
Samen, ul je feſter det feinen Aufemmenbimg und je
— die ntetbrechende Gewalt HE, ungertrenntich
don peinigendir Qual fein. Nun bat es zu allen Zeiten
e Menſchen gegeben und witd deren geben, fo
iange der, Menſch als unvollkommenes und fündhaftes
Geſchoͤpf ‚den Keim bes Zwieſpalts und ber gewaltfemen
Zertrennteng ſeiner geiftigen und frttlichen Natur in fich
ſelbſt träge. Dieſe Erfcheinungen müſſen aber hälfiger
werben und fich eigenthuͤmlich modificiren, ‘und, noch
mehr, jene Zerrifierrheit maß von den Individuen auf: ben
ganzen Körper der menſchlichen Geſellſchaft übergeben im
folgen Z3eitpertoden, welche: mit ſhren verfchtebenartigen
und volderiprechenden Anfoderemgen, ihrem Meinungs
Tampfe in Willen und Glauben, fhren mancherlei Wider:
fprüchen in Theorie und Praris, mit Ihrer wilden Aufre⸗
gung aller geſelligen und materielm Intereſſen dm Krim
der Zerriſſenheit fafl in jede Seele legen und, wöo ve
ſchon vorhanden iſt, ihn mie Schrecken erregender Schnel⸗
Uligkeit entwickeln und zur Reife Bringen. Mer wollte es
beugnen, daß amfere Zeit eine Toldye iſt?
In diefer Zeit nun, in ‚ber unmittelbarften Gegen⸗
wart fäße der Dichter ıumferer Novelle feine Zertiffenen
auftreten ‚und: vertoendet eine Fülle von Nachdenken uͤber
die wichtigſten Erſcheinungen der Zeit, "bes Lebens und
der. inmern Gemuͤthswelt, ehren Ueberfluß von Phantafle,
Humor und Sinnenglut and eine hoͤchſt anmuthige, leichte
Darſtellungsgabe, in welcher er mit feinem großen Vor⸗
bilde, Ludwig Tieck, wetteifert, auf ſeinen imereffanten
und reichhaltigen Stoff.
Der Anfang der Novelle laͤßt Feine Bere, -Hebs
mehe nichts als Cu und Freude bcken. Er ſchilbert uns
mt * ** —— das ſorgruloſe Beben
rines ſich auf. alle Lebengenuͤſſe verſtehenden -umd alle mit
Geiſt und "den gebildetſten Geſchmacke wlurzeuden Fur⸗
fin, des Heezags: Lochar. Wir —— tem und ſeinem
genialen Vertrauten, dem Mufſiter Dlaffiette, an einem
Fühlen Herbſtabend in ein aͤrncuiches Fiſcherhuttchen der
Berſtadt, in deſſen Innerm ſich wider Erwarten eine
JWSReihe auf das zierlichſte ausgeſtatteter Zimmer etbffaet,
die auf eine kute Weiſe nach dee. Straße dem Auge ver
beit liegen. Hier kommt dem Füuͤrſten feine heimlich dort
gehegee Geliebte, ein helles, laͤchelndes Maͤdchen, das gel
dene Haar kunſtlos auf den Nacken niederflatternd, das
ſtrahlende große Auge mit einer Freudenthraͤne geflullt ent⸗
gegen und wirft ſich ai entzudter Haft an bie breite
Bruft des Gellebten. Aber Jokonde HE im Herzen mit
diefem hochpoetiſchen Zauber, den ber Herzog feiner Nei⸗
| gung ‚geben will, nicht zufrieden. Sie ift ein Alltagsge⸗
fchöpf, welches die zweibeutige Ehre der Fuͤrſtenliebſchaſt
gera vor der Welt zar Schau gerzagen hätte, und ihre
heutigen Liedlofungen mb mr Vorlaͤuferinnen der Witte,
fie aus ihrem Fiſcherpalaſte zu entlaffen und in. bie Res
fidenz zu ſchicken. Aber ber hf ift an eine Braut ver
fprochen und kam wicht gewähren. „Troͤſte dich, meine
Liebe, und ſuche ein wenig mehr Gefallen an Buͤchern
bie anzueignen; du glaubft nicht, wie beinm Ge
ſchlecht geifkige Ausbildung zahliefe Meize mehr verleiht.“
„Run fehön”, rief bie Zurechtgewieſene, „wenn bu das
meinft, dichter, fo will ich morgen gleich das große
Geſchichtswerk zu fludiren anfangen, da® auf meinem
MPult eingefläubt liegt und das der galante, gelehrte Herr,
bee es geſcheieben, die Guͤte gehabt hat, mie zuzueignen.“
Die Gefellſchaft in der Fiſcherhuͤtte vermehrt ſich durch
zwei elegant gekleidete Juͤngklinge und einen dicken Welt:
geiſtlichen, den Abt Siegwart, eine jener Erſcheinungen,
bie eine Innere joviale Weltanſchauung nad) außenhin
Immer welter und behaglicher ausrundet, auf deſſen vollen
Zügen immer ein 'beirhliches Lachen nur auf:den Moment
zu lauern ſcheint, um in ein lautes aussupfagen. Er it
‚en Anekdotenjäger, Rtavierfpieler, ſelbſt Tänzer. Er ver
gleicht, die dampfende Theetaſſe am Munde, die unſchein⸗
‚bare Fiſchethuͤtte mit der Zauberwohnung von Fouqué's
Undine, welche von Jokonden zu großer Beluſtigung des
‚Herzogs für die Frau des Herrn vor Fonquué gehalten
40 , » . j
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wird. Der ältere der jungen Männer, der den jüngern, | und tiefem. Sammer ruft dee Herzog: „Schenke mir
Eduard, vorgeftellt hat, heißt Robert und ift ein Engläns | deine Jugend, fülle diefen Bufen mit Wärme, und bu .
der. Diefer bringt ben erften, gründlich Zerriſſenen aufs 4 follft über mid gebieten.”
Tapet „Dem alten Fleadwouth”, erzähle er, „habe id) Jener Eduard iſt ein il, georbneten Menſch, in
heute auf das Heiligſte verfpre müflen, feinen Leichz— welchem der iefpalt des Lebens und Willens bi
nam ef an den Galgen 3* a laͤſſen*Id will —EæSE— ndhn VYn — 135*
nicht in sdie Erde — in die , hinauf in dies Buftzriemieder, Wer Tochter es: alten o
da wird mir wohlwerden, und jener ſatte Ueberdruß, jener mit geheimem Grauen feine Erzählung von dem Fiſchet⸗
Erdgefhmad wird ſich endlih aus meinem Gaumen ver: | haufe vernimmt und, wie er fcheidet, ihm ein kleines,
liern. Am liebſten, ing ich ats todter | goldenes Eruciftr ſchenke das ihn ſchirmen fol. Won eis
Menſch mit. einem Luftballon einſam in die Lüfte hin⸗
auf und triebe dann zroifhen Wolken und Geſtirnen, von
mcziſchen Winden bins und hergeichaufelt, jahrelang
dort oben herum.” „Eine fonderbare dee”, rief der Fuͤrſt,
„vollkommen biefes alten wunderlichen Mauned würdig,
:der ‚feinem Spleen noch mit ſich .in. ein ‚anderes Daſein
aelmen will.” : Diefe Veranlaffung führt an dem Orte
der But auf ein Kieffinniges und ſchwermuͤthiges Geſpraͤch
ber Tod und Weltuntergang. bei. dem :am Ende der
„Dergog. mit Solonde und Eduard allein bleibt. „Das
Leben ift fo arm“, rief der. Herzog, „und: doch ‚vermag
‚eine liebliche Schwärmerei, es reich zu machen!’ Eduard
fang daß Lied vom König von Thule. Ja, ja”, feufzte
der Zürft, „fo möchte ich enden! Jokonde, prüfe Dich,
Au gutes. Maͤdchen, koͤnnteſt du wol-.ebenfo handeln wie
jene Buhle?“ „Noch mehr, nody mehr für dich!“ rief
"fie, und ihr Lockenkopf hob. fidy, .die Züge ihres engelſchoͤ⸗
en Angefidhts im Ausbrud der reinſten Zärtlichkeit zu
enthuͤllen. Es lag auf ihrem Antlig. bie finnliche Andacht
- eines Rafael'ſchen Engels, der vor einer Heiligen . fwiet;
ber Herzog zog fie entzäde an fi, fein Auge flammte,
und Eduard's Lieb jubelte in hellen Toͤnen auf. „Du
mein Seligbter, du mein angebeteter König”, laͤchelts das
‚Ltebliche Kind weiter, „du Schaͤuſter unter den Maͤnnern,
nitht wahr, du bezahlſt doch morgen meine Schulden?
Neunhuudert Gulden, mein Geliebter!“ Der Herzog nidte
ihr zu, wand fid) aber aus Ihrer Umarmung plöglich los,
ſchlug die Kalten feines Manteld ſchnell übers Geficht,
ftand auf und warf sinen zornigen Blick Eduarden zu,
“ der fein begeiftertes Lied eben mit einigen fchreienden No:
ten adfpringen ließ. Beide verließen das Gemach und
Jokonde blieb ohne Antwort verfiimmt und vermundert
am Kamine ftehen.” Ä i
Auf der Strafe begegnen bie zwei Männer einem
feltfamen Zuge, dem Begraͤbniß einer Kinderleihe, von
Maffielo und Fleackwouth begleitet. Aber es tft nur eine
Wachspuppe. Der Alte begräbe in ihr fpmbolifd feine
Jugand. Hier bricht die innere Zerriffenheit des Fürften
mm erſten Male laut aus. , „So, rief ber Herzog, in:
‚dem ex, in feinen Mantel gefcdylagen, von einer truͤbleuch⸗
tenden Laterne befchienen, einfam baftand, „fo trägt Jeder
am Ende feine Jugend beim; einmal im Leben muß dies
nem · Beſuch am Hofe bringt Eduard feiner B 1
vom meuen Herrlichkeiten; er hat die Bekan Ar ines
vielgereiſten Meafen Eberhard gemacht ber Al
hat. „Auf den Truͤmmern von Athen bat er melancho⸗
liſche Nächte‘ einſam durchwachtz vor den Koͤnigsgraͤberia
von Memphis bat. ee fragend geſtanden; an die Ka⸗
theder unferer größten Philofophen hat. ex gerfchmetternde
Thelen angeſchlagen; in. Schattanda Gehiagem has. er mit
Alan's Schatten, werkehet, vnd ein: zweiter. Maufred, het
er die: Bipfel himmelſtuͤrmender Alpen beſtiegen, um ig
gräßlicher Einſamkeit dem nahen Himmel Fragen voyur
legen, bie das But, eines Geſchaffenen flarcen machen.“
Emilie wendet füh mit Abicheu-von dieſem „tmahnfianis
gen Menſchen“ ab; offenbar ahnt fie- Die ſelhſtverſchub⸗
dete Zerriſſenheit Diefes. Mannes, und fainen teufliſchen
Einfluß. ayf ihren Braͤutigam. Der. Abend findet dielen
Legteen wieder im zauheriſchen Fiſcherhaus unser : einer
magen Gruppe yon Bäften, weiden Guaf, Ebechord ‚nom
Dep „pilanten Faͤulniß Romb, dicſes ewigen Juden ‚unter
den Städten vorbocict, -biefer Stadt, bie nicht flerben
tonn, fo tief fie auch von der Laſt bes „suentätichen
Elends gebeugt worden, Die Geſchichte ditfer armen
Roma, fagt er, ift die Geſchichte rines Menfchen, der an
einen Sort geglaubt hat, und dem nun jede Stunde ſpot⸗
gend zuruft: du haſt geicrt, es gibt keinen!“ Bon dies
ſem Thema ausgehend, verliert ſich der Graf bald in eine
geiftvolle Predigt zu Gunſten des materiellfien Egoismus:
„Die voilde Naturflamme der Sinnliqhkeit blaͤſt üppige,
farbige Kugeln vor ſich bin, die wir Tugend, Glauben,
Wahrheit nennen und die im naͤchſten Augenblid zer⸗
plagen. Die Seele ift die Krankheit des Leibe, die Luͤg⸗
merin, die ihm einen Simmel vorfpottet und ihr aus ſich
und feinge. Beſtimmung reißt; diefe Beilimmung aber iſt,
zu keimen, zu wachſen, thieriſch hinzutrdumen und wieder
ſpurlos zu vergehen.” Um dieſe graßliche Lehre zu erhaͤr⸗
ten, trägt er bie Lebensgefchichte eines Kloſterbruders vor,
in welcher, Eduard die eigge Geſchichte des Grafen zu ers
‚kennen glaubt. Muſik unterbricht, das Geſprtaͤch, bis
Maſſiello in feltfamer Verkleidung eintritt, fish -für „die
Beil” erklaͤrt und in einer bunten Sean: Paulinde feine
(der Zeit) Lebensgeſchichte erzählt. Damit iſt die gute
Stimmung, der Geſellſchaft wieberhergeftellt, und der Abend
truͤbſelige Leichenfeft vor fich, gehen. Auf dem Grabe, | endet mit ſchoͤner auf Zied’fche Weile in Worte uͤberſetz⸗
das diefe Schäge in ſich aufnimmt, fist nun der arme ter Mufik. . u
alte Menſch und legt .den kalten, verfieinerten, von us Mitternacht ruft die Freunde an das. Sterbeiager des
gend and Liebe verlaffenen Körper als Leichenftein auf den alten Humoriſten Flegadwouth, bem fein „Pillelenftüdchen‘”
Hügel.” Fdugrd will ihm troͤſten, aber mit Leidenfhaft. mislungen if, Schon früher nämlich, haste der Arzt den
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1 U
doch ta ihsen Augen lag ‚eing:unbefcgreibliche Kaarhrit nk
Suͤte; Abe. Haltung mar gezwungen, ihr Anzug koſtbarz
abar ohne Geſchmack; neben :ihe im Seſſel lag wie «im
teaͤrmende, trunknne Bacchantin Graͤfin Eva, wie gewoͤhre
lich in ſchwarze Seide geht, mit dem großen katholis
ſchen Kreuze geſchmuͤkt. Der Fürftin zur Linken ſaß
ein junges blaſſes Fraͤulein mit einer ziemlich ſtarken
Naſe, * neben diefer, tief int Schatten, :eine Geſtalt, die
mehr der Nacht als dem Tage anzugehoͤren fchien ... . ein
Schleier dedte ihre Antlitz, unter dem weit verhuͤlenden
Servande ſahen nur zwei "Heine niedliche Fuͤße hervor.“
Maſſiello charakteriſirt im Herausgehen die Prinzeſſin als
„io etwas Kirchenverbeſſerliches, Augsburgiſchconfeſſions⸗
artiges, proteſtirend und refuſirend, ein Eis von Tugend
und Coremoniel, das einen gefunden Magen bis zum
Rode erfälten kann’; die Gräfin Eva „als ein Buͤchlein
voll buhleriſcher Lieder, das ein Schalk geſangbuchsmaͤ⸗
Sig. hat binden laſſen“'; die großnaſige Dame als eine von
den Superklugen, die Schwarze als eine vagabondirende
Hofftau/ Beide als vom prophetifchen Geiſte durchdrungen.
Die Novelle ſchlüpft num flüchtig über Eduatd's Un⸗
treue gegen die arme Emilie und ſeine Verfuͤhrung durch
Graͤfin Eva hin, laͤßt ihn nach mancherlei Abenteuern
ſeinem Freunde Robert zu deſſen Bauernliebſchaft auf dem
Lande folgen und dort neue deſtehen. In die Stadt zu:
ruͤckgekommen, findet er Alles verändert; den Herzog von
bem clairvoyanten Fräulein Magdalena, (der Schwarzen)
zum Pietismus bekehrt und bereit, den Thron zu quitti⸗
een; der alte Gotthold fieht an der Spige ber heiligen
Sippſchaft. Man vermuther, das „ganze Schaufpiel fei
von einem Nachbarhofe eingeleitet, um bie. Verbindung
des Herzogs rückgängig zu machen und ihn vom Throne .
zu verdrängen. Die Fuͤrſtin iſt in der peinlichften Lage.
Bei Hofe wieder einkehrend, trifft er den Maler Gott:
hold über einem Belehrungsverfuche der Herzogin an, ber
an dem Haren Weſen biefer reinen Seele fcheitert. ‚An:
fangs bei unferer Bekanntſchaft fchien es mir, als .wenn
Sie meine Anficht theilten und für die wahre Erkennt:
niß kein Uebel für fo gefährlich hielten als jene dumpfe
blinde Froͤmmelei, die ich wahrhaft abaöttifh nennen
möchte, weil fie den Menfchen verführt, flatt ber Haren
vernünftigen Idee vom göttlichen Weſen das trübe Abs
bild feines eignen verfinfterten, durch Srrthum und Sinn⸗
lichkeit befledten Innern zu halten.” Gotthold erklaͤrt,
daß er zu der abfoluten Berftandeskälte der Kürftin nicht
binaufreichen koͤnne, daß er Lieber durch ein Uebermaß von
Liebe verführt werden als durch gänzlichen Mangel ber
ſelben vor jeder Möglichkeit des Falles geſchuͤtzt daftehen
wolle. „Mann“, ruft ihm bie Fuͤrſtin mit einer unend⸗
lich weichen Stimme zu, „wer fagt Ihnen, baß ich nicht
liebe? Aber er, ben ich liebe, ift ja die ewige Reinheit
und Klarheit ſelbſt; meine Liebe tft das ſchwache, aber
unermünbliche Ringen, Bar, bel und rein zu fein nad
feinem Bilde; aber wol mag fie Ealt erfcheinen dieſe Liebe,
weil Beine Erdenliebe ſich zu ihr gefellt, denn was ich
irdiſch und ſinnlich gelieht babe, hat. ſich mir als unwuͤr⸗
Aauegewieſen“ Die. wunderbarſto ¶ Veraͤnderung
Alten in dem finſterſten Anfalle der Meancholie eines
Abends angetroffen, fen dleiches Haupt auf: beide Arme
fit, vor fich eine Piſtole, die er im Selbſtgeſpraͤch
mit — Augen betrachtete: „Die Ladung iſt drin, aber
auf ber Pfanne, kein Pulyer; richte „ich nun: ben. Lauf
gegen meine Stirne und bräde 608, fo erſolgt wol fein
Schuß; doch es kann fich ja Fügen, ein Koͤrnchen von
ber ſchwarzen gräßtichen Maſſe blieb irgendwo in einem
Nischen des Schloſſes hängen.... Welch ein Kitzel von
Wolluſt liege im der kurzen, unbebeutenden Stage: wird
es zünden, wird's nieht? r. . den gekruͤmmte Singer Elopft
on die Pforten ber Gate und horcht, ob. ein Herein!
retoͤne oder nicht.” Der diegmul halb zerſchmetterte Alte
erwacht auf ſeinem Schmerzenebette und haͤtt mit fuͤrch⸗
terlicher Laune den ihn umringenden Zerriſſenen eine
Strafpredigt. Endlich ſtammelt er: „DO Himmel, welche
Seligkeit, da meldet ſich etwas bei meiner Seele, ein
Gefühl; das. mir ganz neu iſt, ich ſage Euch, ganz eu,
etwas ſo Kaltes, Lachenbes, Spiges! Sollte es vielleicht
der Tod ſein? Nein, ꝙ nein, doch nicht! es iſt ein altes
bekanntes Etwas, ich glaube, es iſt die Reue, doch frei⸗
lich tritt, fie diesmal beſonders kraͤftig auf; nun im⸗
merhin, ich werde mich auch von ihre etwas durchligeln
kaflen!‘ | | .
Aus bleſer Schteckensſcene reißt uns der Verf. wieder
in den Taumel der Luft; der Herzog feiert den Jahres⸗
209; -wo er dab, ſchoͤne Kind von der Dand der Ber:
ſchwiegenheit und Liebe fih antrauen lleß. In -einer neu
errichteten, zauberhellen, präcztigen Blumenlaube, einem
neuen Anbau ber Kifcherhätte, ift eine Bühne errichtet,
auf der, von Maffiello erfunden uub angeordnet, wunder:
bare, fombolifche Darſtellungen in buntem Zauber wechſeln.
Der Lefer mag fie in bee Novelle felbft fuchen, fie erlauben
inen Auszug; die kuͤhnſte darunter If die Mythe von der
iebe im Mittelalter. Der Dichter hat ſich nicht gefcheut,
Hier feinen Pinfel in deu fiedendben Barbentopf der Wol⸗
liuſt zu tauchen. Der Herzog verläßt die Gefellfchaft
ſchnell und das Geruͤcht von der nahen Ankunft ber fuͤrſt⸗
lichen Braut verbreitet fich. .
Dee: fchon heimkehrende Eduard wich von Robert noch
einmal in das Fiſcherhaus gezogen, wo nun Jokonde
ohne Scheu mit Robert buhlt, und eine fchöne, junge, :
kokette Gräfin Eva, als Knabe verkleidet und von einem
Pagen des Herzogs, Enzio, mit eiferfüchtigen Blicken ver:
fchlungen, ımter kecken Scherzen ben Iufttruntenen Eduard
in ihr Netz lockt. Dee dicke Abt erzähle glänzend eine,
freche itatienifche Geſchichte, und erſt ſpaͤt ſtaͤubt die Ge:
fellichaft auseinander.
Wir treffen. (mel nach Hagen) Eduard wieber im
Schloſſe in einem geiflreichen: Gefpräche mit dem Maler
Gotthold ımd dem Fänften über die Schönheit in der
Kunſt, in welcher Gotthold feine chriftlichen Anfichten ent:
wickelt und in das ſich bald der Graf Eberhard mit feis
mem vernichtenden Materialismus einmifht. Blut, La
den, Leib, Sande hat immerdar ben Koͤrper der Poeſie
ausgemacht.” Eduard wird nun ‚der Prinzeffn Braut
vorgeſtellt: „Sie war. .nicht ſchoͤn
At:
=
* A & a N 5 4 4 PO. Wr Aut a ——
Qoeqhatſcang der agliſchen inätwefamg.
. Ju rzleicet Bieten Scheiſr; „The exiiling menopeiy, m
insimtjente. prutumtien ofıtkm:autkeniued version of seripnure
us By .Giertis‘' (tomben 1838) — +uthaltend vier
‚Briefe an ben Porbbifhof von London, Beiſpiele abfihtlicher
and ühtierer Zenderuhigen des für richtig anetk annten Tngkifien
WBiheiteries, Beſchwerden darſcber von rinem Gomite Geiſtlicher
in: Bunidcn und nm MWerteht über die Wichtigkeit der vergen
gumeren Khänderungen — äfi der Beweis verfucht worden, daß
rc die den Wainerfitäten und den king’s ‚puinter verliehenen
Hridilegien des ausſchließlichen Bibeldruckes ber einzig dabei
ventbare Zweck, die Echtheit bes Textes gu bewahren, Teinek:
Die von ber engliſchen Arche anerlkannte
Vakvb J. mn
Englands entflanbene und HL in Kolie-gebructe, geandhnliä
8 James bible“ genannte Ausgabe. Elf neue er
erſchtenan davon bie zum Jahte 1618, eine Menge andere Folgs |
gm während der Stegierung des unglädlihden Kari I. und ben
* Beiten ber Republil. Dex ſchwankende Chatakter der Gerade,
Unbevacdktfamdeit der ben Druc leitenden Perſonen, enblidy. ve@
fietice Veränderungen hatten zahlreiche Werfälfhungen des
eites zur Folge, über welche viele Schriftfteller des 17. Jahr⸗
hundertẽ Klage führen. So rügte‘‘ 1660 biefen Mebelftund
in einex Cchrift, welche den fonberbaren Titel: „Eye for.shame't,
führt, und leitet in feinem Gifex ‚die Jereligiofität des Volkes
mit bavon her. Xus einer Edition von 1663 führt er 1...
sinther VI, 9, an, wo es hieß: „Wiſſet ihr nicht, daß bie linge:
zechten werden das Reich Gottes ererben 2” (anftatt „nicht erer⸗
den’) worauf ſich Perfonen berufen hätten, welche einen übeln
Lebenswandel führten. Field Wibel, welche 1660 evſchien und
im-.Librexy companion“, &. 338, als rin Moſter forgfältigen
und genauen Drackes damaliger Zeit, fpiwie ausbrüdiic dazu
betimmt, d’e feblexhaften Bibelausgaben zu bekämpfen, beſchrie⸗
ben 'wied, enthaͤlt trot dem viele Untichtigkeiten. 3. B. in
der Apoſtelgeſchichte V B, Rebe: „Darum ihr lieben -Wtäber,
ſehet muer end. nach ſachen Mbänuern, bie æin gutes Serucht
haben und voll heiligen: Seiſtes und Waisheit ſiad, welche Ihr
beftellen moͤget zu dieſer Rothdurlt(anſtatt „wir. begellen mö«
—* Biſchof Wetenhall erklaͤrte 1086 bie Veraͤndetung dies |
‚ auf die Waht von Almoſenpflegern bezoͤglichen Stelle Für
abſichtlich, Indem -mun dadarch einen Beweit fir das Necht
deu Volker entalten wolle, dieſe Beamten gu. wählen :unb eigen⸗
machtig amzuftellen ſowie feine Macht überhaupt zu erweitern.
Erſt 1767 veranfaltete die Umiverfität Drford eine neue, bes
richtigte Bibelausgabe, welche aus Vergleihüung der rrffen von
1611, von —5 etoyds Bibel 1701 - 8, der ‘In Cams
dridge 174850 gebrustten, bervorgitg. Dr. Blayney ‘fand
dem Untenehmen vor, und biefe 2768 vollendete Ghition der
heiligen Schrift wirb dehalb mit feinem Namen —
Dex Verf. der Eingangs erwähnten Schrift behauptet, es
fei ſchan 1611 eine von „King Jamea bible” abwelchende Leber:
egumg erfäfenen, und gibt endtidj’ 2981 abſichtliche Vrränderum
gen an, Deudfeher u. bel. gar wit in Wafdkap gebracht,
weile ex in ben Ausgaben ber lehten 60 Jahre gefunden ber
ben wiß. Da er bei den Univerfitäten kein rechtes Gehör. fand,
fo übergaben die be#halb ‚gufohnmengetsstenen Geiſtlichen dem
zufällig vom Parlamente beftellten select committes un’ kihg’s
printers pätehte einen’ Vericht aber bidfe Angelegercheit· : Ime
Redigirt unter Berantwortlichkeit der VKerlagſshandlung: F. U. Brodbaus in Leipzig.
Ban (16mm Wert. — Sa
im „Britta ——
eh die fait: 1080 bei —*
——
wären. Uevrigens
voll, wol! der von
a ben nelifchen Zeitſchriſden gemig «ei aume belle
ben 2 en eine
beſprochen werben. Inwiefern bie ver Hrn beutfiden
ı Lan ve nicht
beiausgaden zu einet Vergieichung au
—— werden. — a
rerwetfihe Mirkelge 5
Bericht Aber die Im Laufe des Jehres 1832 Sei £ X
Brockhaus in Leipzig, atſchienenen neuen Werke
Foriſetzungen.
und
7cðortſetung aus Mt. 118) .
21. Dertel (W. von), Harald und Etsbeth, uber das Zeit⸗
alten: Ycyana!s des Bdrnetihen. : Nomuntiſches Qriginalge⸗
mäle aus her Geſchichte dr N: Zuehunibente: ‚2 Bänke
he a ae Team Druenaniem
s ® “: X.
29. 'L4 Pärnasse frantals du —— sitile. Oeuvres
83287 FAlphonse de umartine, Sasimit
Deiunigse et P.-J. de: Beramger. Bugen :
feinem Velinpepier. Aaeh. ——
23. Polit (Kari Heinrich Ludwig), Die eurepäifchen
Verfaſſungen ſeit dem Jade 1789 bis auf bie neugfle Zeit.
Mit geſchichtlichen Sinfkttungen und @eläuterangen. 3weit
'neu geordnete, berichtigte und ergänzte Auflage. Fin -d
SBandben. rfler Wand, ‚die — — ————— bes
fehen Staatenbundes enthaltend. 2 Abtheilungen. Be. ®
784 ‚Bogen auf weißem Brudpapier. -GSubjcriptionds
preis 4TIhlr. 20 Sr. j
24. Provinzialrecht aller zum preußiſchen Staate gehörenden
Yärider und Landestheite, infowett in’ denſelben dus Allgemeine
Landrecht Geſetzeskraft Hat, omefaht mb’ nady.beinfeiben Plz
‚pexausgegeben von Yriedai. Heinsih non Sir
‚ bed. Erſten Theils erſter Band, zweiten Theils ‚geiler. bie
dritter Band, und ditfen Tyhells erfter bis britter Ban. Gr. J
Kuh nice den Titeln:
” Aalberfiadt. uhb der zu ben
od
Vrvvinzialrecht des Büchontuum
felben gehörigen Graf⸗ und Herrſchaften Hohenſtein, Regen⸗
ſtein und Derenburg, von Leopold Auguſt Wilhelm
Lentze. 1897. 1 The. 12 Sr. "
- Provinzialreche der Provinz Weſtfalen. Seſter Band: -Provim
gabecht es ‚Gichenthums Mineſter web der ehrmals zum
Hedftift- Wuͤnſter —5 Veſitcumgea ber Standetherren,
imgleichen ber Grafſchaft Steinfurt und der Herrſchaften Ans
holt mit Gehmen, von Glemens Auguſt Schluͤter.
- 4889. Thir. 30 Sr.
Yerotnglalerihs: ver MProvinz Voſt faten Zweiter Baudt Provbin⸗
‚son. Leman. Grfler Theil. 1836
—— — —— Doster Band : ee
" Wehr: z 1 (58%
"2 —A vi Bad Remise von ıBtman.
129%. _ . .
c⸗ Kottfeging folgt⸗
- Blätter
für
literariſche Unte ch altung.
Dienflag,
m Nr: 120. —
Die Zerriffenen. Eine Novelle von X. v. Sternberg.
(Beſchiuß aus Nr. 119.)
Eduard treibt ſich aufs Neue mit den Weibern im
Fiſcherhaͤuschen herum und erhält eine Stichwunde von.
dem eiferfüchtigen Pagen Enzio. Aus einem Zettel Ro:
bert's an den Derzog muß er erfahren, daß er feinem ver:
mäntlichen Sreunde immer gleichgültig gemwefen. An feis
nem Krankenlager entwidelt Graf Eberhard jene gräßliche
Lehre wieder, die aus Eduard's Herzen der Gedanke an-
feine Mutter und ein wohlthätiger Schlummer verdrängt.
Von nun an wechſelt die Scene der Novelle. Die
fuͤrſtliche Braut hat ſich auf ein nahegelegenes Luftfchloß
zurücgezogen, und Eduard wird befchidt, das Bild bes
Fraͤuleins Magdalena, welches er einmal dem Fürften
verfprochen hatte, zu malen, und er kommt in dem dam⸗
pfenden Frühlinge dort an. Ein gebeimnißvolles Blatt
begleitet ihn, das der Geneſende nad) einem Traume, in
welchem ibm die Geſtalt einer holdfeligen Frau erfchienen
war, die feine Mutter und doch wieder auch nicht feine
Mutter war, leibhaftig in feinem Buſen gefunden hatte,
und auf dem mit einer zierlihen Hand die Worte ges
fchrieben flanden: „Weberdruß, Kälte und Verachtung um:
klammern ein Herz, das für Liebe, Freiheit und Tugend
geihaffen ward! O wenn bu mir folgteft, Juͤngling!“
In dem romantiſchen Bergſchloſſe erhält Eduard fos
gleich Zutritt zu der Zürftin, die, im Ruͤcken gefehen, bie
Geſtalt feines Traumes war. Bei ihre ift in reizendem
orgenanzuge Sräulein Magdalena, die Eduard malen
fol; aber ein unmiderftehlicher Widerwille und Haß gegen
fie fleigt in feinem Buſen auf. Endlich wird er entlaſ⸗
fen und in einem neuen, lichten Gebäude bei dem altlis
chen Intendanten des Schloffes, Baron Werner, einquar:
tirt. Hier treffen wir auf eine neue Welt von Perfonen.
„Der Baron war Witwer, feine Gemahlin hatte ihm eine
Zochter und einen Sohn gefchentt. Die erſte, Sophie,
war ein kleines lebendiges Wefen mit beilbraunen, unftd=
ten Augen; fie beforgte die Wirthfchaft, es zeigte fich je:
Doch bald, dag fie bei dieſem Geſchaͤft mit ber größten
. Eilfertigbeit und Zerftreutheit zu Werke ging und hun:
dert Dinge vergaß oder falfch ausrichtete; man fah ihre
den Wunſch an, immer wieder fo fehnell als möglich eis
nen Pla einzunehmen bei einem Manne in den mittlern
Sahren, ber fih unferm Freunde als ein Journaliſt
aus der Mefidenz ankuͤndigte. Den Bruder Sophiens,
Auguft, einen jungen Menfchen von blühenden Ausfehen,
bezeichnete feine Kleidung als einen Korfizögling aus ei⸗
nem nahen MWaldftädtchen. Um die Tochter buhlt ein ehr:
licher, aͤltlicher, etwas ſteifer, antirevolutionnairer Pfarrer;
aber ihr Geliebter iſt der ultraliberale Soumalift, ein fa:
natifcher Volksmannn und Antigöthianer, den dee Dichter
mit viel Wahrheit und Geift gezeichnet hat. Die linki⸗
ſche, liberale Schöne iſt ein Halbfraͤulein; ihre Mutter
war eine Bürgerliche.
fafjer mit ihre umgeht, fo bat er doch ihren Liberalismus
edel motiviert. „Nach dem Tode der Mutter”, erzählt die
Zutraulichgewordene bem neuen Hausfreunde Eduard, „ver:
anftaltete man ein ehrenvolles Leichenbegänaniß.... Meine
"Mutter befaß ein Meines Ordenskreuz, welches fie von ei⸗
ner theuern Freundin, die Stiftsdame geroefen, als ein
Andenken erhalten hatte, und welches immer auf ihrer
Bruft zu ruhen pflegte; auch jegt befand es fich dort,
obgleich) das Derz, welches in biefem Buſen ſchlug, ſchon
erfaltet war. Wer hätte es wagen können, dieſes Zeichen
einer zärtlichen Erinnerung zu entreißen? Und dennoch ge
ſchah es. Eine Dame von Adel, die fic) mit unter den
Trauergäften befand und noch zu jenem Kräuleinftift ges
hörte, bemerkte nicht fobald das Kreuz, als fie an den
Sarg trat, um es abzulöfen. Faft mit Eindifcher Haft
fprang ich hinzu und umklammerte ihren Arm; allein fie
drängte mid) von fi, indem fie leife und mit fchneiden>
ber Kälte fagte: „Mabemoifelle, fol ich Ihre Bonne ru:
fen, um Sie zu züchtigen?“" Dann wandte fie ſich zu
einer. nebenftehenden Dame und fagte fpottend: „Das ift
nun eine Erziehung, wie fie eine Bürgerliche geben kann!“
Mein ganzes Wefen war Erbitterung, ich verftand jene
Worte ſehr wohl, und ein grelles Licht drang in mein
Inneres.“ a
Die romantiſche Schule, im Gegenſatze mit der libe⸗
ralen, wird, was Politik betrifft, in dem Hauſe vom al⸗
ten Baron, was Poeſie, von des Barons juͤngerm Bruder
Gottfried, einem liebenswuͤrdigen, aͤltlichen Schwaͤrmer, re⸗
praͤſentirt, in deſſen Anſichten ſich die lieblichſte Laune des
Dichters gekleidet hat. „Ich glaube“, ſagt er einmal zu
Eduard, „daß Beſchaulichkeit und Andacht nicht allein den
Dichter ſowie den echten Religioͤſen bilden; es gibt einen
Zuſtand, der hier, wie uͤberall, wo etwas Tuͤchtiges ſich
So ſtiefmuͤtterlich der adelige Ver⸗
-
geftalten fol, bem Menfchen gleichfam bie erfte und hei:
ligfte Weihe gibt.... Es ift der Schmerz, bie Thräne...
der Kampf mit dem Schmerz iſt Poeſie.“ Und mit thraͤ⸗
nendem Auge fährt der wunderliche Baron fort: ‚Mein
ganzes Unglüd befteht barin, daß ich die Zeit meines Les
bens über gluͤcklich gemwefen bin!... ich fühle, ich Hin zum
Dichter geboren, allein es follte trog deſſen nicht fein,
deswegen ging es mir überall wohl. O meine Karoline,
warum mußteft du mich auch gleich mit deinem Jawort
beglüden; gab ed denn durchaus kein Hinderniß, das uns
wenigſtens mit Hemmung bedrohte?.... Ach, und fo ging
es uͤberall; ich hatte Hoffnungen, mein Vermögen einzu:
bier, arm und efind zu werden, welche Ausfiht! Da
tritt mein Freund auf und rettet mit eigner Aufopferung
mein Geld, und es bleibt mir geficherter als jemalst”...
Schtteßtih wimſcht ee dem jungen Freunde mehr Stud
im Ungluͤck, dem feim ganzes‘ Wefen fagt ihm immer,
daß er chenden heifbringenden Schmerz gekoſtet hat.
Der Raum ertaubt uns nidt, aus des Journa⸗
(ten geimmigem- Feldzuge gegen „die markausſpuͤlende
Meichtichkeit jener Poeten, deren Faunsgefichter, von Pe⸗
riickenlocken umfchattet, mit Ihfterner Gier in den Salten
des Paradebetts lauſchen, wo die alte buhleriſche Kokette
dee‘ Despotie fich ziert und’ winkt”, noch aus ber Verthei⸗
digung Goͤthe's durch die andern Männer, denen ſich ſelbft
der Pfarrer mit Gemuͤth anſchließt (S. 162 — 170), aus:
fuͤhrliche Auszuͤge mitzutheilen. Wir mäffen zum Ab:
fhluffe dee Gefchichte kommen, um uns noch Pag zu
einigen Bemerkungen: aufzufparen.
Eduard hat nämlich inzwifchen em wunderbates Schick⸗
fat.
der Fräulein Magdalena, in der eine unwiderſtehliche Nei⸗
gung gegm ben Jimgling aufzubämmern fcheint. Auf ef:
ntge Mittheilungen: des liberalen Doctor ift fie ihm als
„Prieſterin, Somnambule; Jakebinerin, Buhlerin, Alles
in Allem‘ erſchienen. Ken Wunder, daß fen Bild, ab:
ſcheulich wird und nicht das ſchoͤne achtzehnjährige Maͤd⸗
chen, ſondern aus bleichen, ſchroffen Zügen in einem kran⸗
ken Antlitz zwei erloſchene Augen mit dem hoͤchſten Aus⸗
druck des Schmerzes ihn anfahen. Aber ein wunderbarer
Moment, im welchem die ſcheinbare Liebe Magdalenens
ze ihm in’ pkoͤtzlichem Ausbruche diefe unmaͤchtig zu Bo:
den wirft, macht ben bethörten Eduard aus einem Sau:
lus za einen Paulus: fein Haß wird zur leidenſchaftlich⸗
ſten Lebe.
Im IAntendantenhanfe Hat ſich unterdeffen Seltſames
begeben: Der Jvurnaliſt hat Sophien entführt, und die
Einholung der Flüchtigen durch Eduard, Auguft und ben:
entſagenden Pfarrer, ſowie ihre Begnadigung wirb gar (u:
ſtig ergäpte: Neue: Noch iſt im Schloffe: die: —*5 —
wort abreifem, und man raunt ſich ins Ohr, die fuͤrſtliche
Er maltmit furchtbarem Widerwillen an dem Bilde chert, und ich bin einen Uebetlaͤftigen Los, deſfen
404
ſtel geworben, er will in Civil⸗ ober Militairdienſte tre⸗
ten, um fuͤr ben erkannten Zweck zu wirken. Aber Altes
entwidelt ſich anders, ober vielmehr es zerreißt. Die Kür:
fin ift durch einen Geift vertrieben worden. Diefer Geiſt
«begegnet: Eduarden und kommt — aus Magdalenens Zim⸗
mer; es ift ihe Buhle, iftÄder Herzog.
Der Sommer war däahingegangen; im Herbſte holt
Maffiello den von ſchwerer Krankheit genefenden Eduard
zu feinen Freunden zurüd. Der Sournalift und feine
junge Frau find in die freie Schiveiz gezogen; Magdalena
ift verfhrounden. Maſſiello führt, von Auguſt beglettet,
den Freund, die Reſidenz umgehend, in bie einfame Wald:
rettaite des Abts. Sier-begegnet- erden · Dagen Mabert'e;
den ein Erbe zum Malteſerritter gemacht hat, und der
mit der Gräfin Eon nach London eilt, ſich dort anzufler
bein. Er fragt auch nach der Meinen Jokonde. „ragen
Ste nicht nach Ihr”, erwidert Maſſiello mir weicher Stim=
me; „wollte ber Himmer, ich koͤnnte vom ihr ſagen, baß’
man fie eined' Moͤrgens tobt am Meere gefimden.” Dean
geht trüb zu Better Am andern Morgen fehlt Eduard
Aber einen Brief Magdalenens an den Genetal von Er:
feld hat er zurückgelafſen. Diefer lautet fo: „Theurer
Dheim! den Weberbringer diefes ſchicke ich‘ Ihnen als ei⸗
nen Menfchen zu, den ich für unfere Sache gewonnen
babe, und den Sie überall brauchen‘ Lönnen, nor niche
da, 100 es Künfte der Klugheit gilt, denn er hat bie Of⸗
fenheit und Ungefchidllichkeit eines Kindes. Dee Fuͤtſt iſt
vom Throne und ber Prinzefſin gefchieben: unb geht in”
ein Aſyl, wo er uns nicht mehr fchäblich fein kann. Faͤllt
diefee Brief in unrechte Hände, fo find‘ wir laͤngſt gefte
eigung
jetzt, da ich fie gemonnm, mich fchon zu langweilen an⸗
fängt; mich därftee nach einem neuen Wirkungkreis.
Der votſtehende Auszug konnte den Lefer nur mit ei⸗
nem Meinen Theile des Reichthums an Grit, Laune und‘
' Phantafie bekannt machen, den die Novelle enthäft; ebenfö
| tonnte er die meiftechafte Charakterzeichnung des Verf.
1
|
bei Darftellang der‘ verfchtebenartigften Perfonen: bes Fürs
fim, der beiden Humeriften Maffiello umd Fleackwouth des
Journaliſten, des. Pfarrers, des Batons, feines‘ Btuders,
des Atheiſten, und unter den Frauen der Fuͤrſtin, der
Muitreſſe, der Gtaͤfin Eva, der liberalen Sophie und der
Heuchlerin Magdalena nur ahnm laſſen. Am wahrſten
ſcheint uns der Fuͤrſt, die Fuͤrſtin und‘ Sophie gehalten.
Jenet in’ ſeiner haltungsloſen Zertiſſenheit, in dem Hun⸗
ger und Durft nach ſtets newer Richtigkeit, die er waͤh⸗
rend des Genuſſes matt’ Gewult zu einem Etwas
moͤchte; die Fuͤrſtin in ihrer ungrazioͤſen und dennoch Ehr⸗
furcht gebirtenden Tugend; das Hoffraͤulein in feinem un⸗
häuslichen md“ linktfchen · Liberalimus In Bezlehung
auf bie Letztere ſei uns‘ jedoch eine Bemerkung gegen den
Derbindung gehe zuruͤck der Herzog habe feine Braut aufs’ Verf. erlaubt, die wit um ſo zuverſichtlichet machen, da
Empfindtkichſte gekraͤnkt. Auch erfhlgt bie Abreiſe wirklich. wir ja micht in Abrebe ſtehen, daß ſelbſt Liefer Charaffer
„Zum Gluͤck“, ruft der Journaliſt, bleibt uns’ das Ebel⸗ mie Wahrheit gezeichnet if, wenngleich der freihercli
ftaͤulein, das wol würdig iſt, ihre Stelle zu vertteten:
Euard lebt nur hr, nur fir Magdalenen, er hat Emi⸗
(ken abgeſagt; er iſt durch das‘ Fräulein ein Freiheitsapo⸗
® Ä
|
Dichter mit einiger" Luft Hier bie Matakteriſtiſchen Ahre
von Mängel an Geſchick und Lebensatt aufdduft, die ex
an mehren bürgerffäpen Motiden im Reben beabachtet ha⸗
4
ben mag. Was wie zu bemerken haben, ift diefes. Die
beneidenswerthefte Frucht des Geburtsadels iſt allerdings
jene wuͤrdevolle Haltung im äußern Benehmen, jenes no⸗
bie, ariſtokratiſche Alt, das man für das ausſchließliche
Kennzeichen ‚höherer Geburt und feinerer Erziehung zu bals
tn pflegt. Nun wohl; uns däucht aber, grade jenes nobfe
Ar, jener Adel im Betragen, ohne ben alle Junkerſchaft
in der Weit nichts heiße und gilt, läßt fih auch ohne
die zufälligen umd dufern Güter der Geburt, dee Ehre,
der Macht und des Reichthums erwerben. Es it nichts
Anderes als ein gewiſſes Aplomb der Würde, zu welchem
allerdings Häufig die Außerliche Sicherheit verhilft, die
den Menfchen jene Güter gewähren, das aber noch viel
ſtcherer durch innere ſittliche Tuͤchtigkeit erlangt und das
ber unter allen Ständen und den verfchiedenften Bedin⸗
sungen des Außern Lebens angetroffen wird. Sa, manche
Menſchen erhalten es von der Natur als Angebinde ſchon
in der Wiege mit, weit ihnen. eine eblere, innere Natur
angeboten if. Noble Menſchen trifft man daher in den
Hütten fo gut als in den Paläften. Aber es ift ein be-
ruhigendes Gefühl, daß diefer Adel von Jedem, ber ernſt⸗
lich will, auch erworben werden kann. Mit biefer Ab⸗
ſchweifung verlaffen wir die Linkifche Sophie und überhaupt
die Charaktere des Verfaſſers, um noch ein Wort Über das
Ganze zu ſagen. Bel allem Aufwande von Geift, Dich:
terphantafie- und ſprudelndem Wige, bei aller hohen Be:
deutung der einzelnen Gefpräche über Wiſſenſchaft, Kunft,
Poeſie und Religion, ja bei aller Lünftlerifchen Vollendung
einzelner Scenen, Situationen und Epifoden kommen wir
doch nicht ins Klare über die Grundidee des Ganzen.
Zwar haben wir aus dem Titel gleich im Anfange biefer
Anzeige eine Deutung verfucht, aber jegt, wo wir rück
waͤrts einen uͤberſchauenden Blick durch das ganze Bud
werfen, können wir auch mit Hülfe jener Idee keine gei⸗
flige Einheit in die verfchiebenen Begebenheiten ber No⸗
volle. und das Getriebe der mamnichfaltigen Perfonen hin⸗
einbringen, es wäre denn, baß ber Verf. nicht nur auf
die Charaktere, fondern auch auf Geſchichte und Handlung
den "Charakter allgemeiner Zerriſſenheit abfichtlih ausge:
dehnt hätte. " Wir fehen in die Geſchichte hinein, wie In
einen Muͤhlbach, in defien fpeadeindem Schaum Rad an
Mad ſich gefchäftige bewegt, aber der Mechanismus des
Werkes bleibt. ums verborgen, und fo wahrſcheinlich es
uns ift, daß biefe Räder wirklich ein Muͤhlwerk treiben, fo
verbirgt ſich doch dieſes hartnädig vor unfern Augen. Ein
anderer Schluß; oder vielmehe ein wirklicher Schluß wuͤrde
uns vielleicht auf emmal die Augen öffnen, und wie les
bin daher auch der Hoffnung, daß ber Verf. uns bald
mit einem zweiten, ergänzenden Theil der Geſchichte be⸗
ſchenken werde. Offenbar endigt die Novelle für das fitt:
liche Befüht durchaus unbefriedigend. Wir verlangen nicht
bie ordinaire poetifche Gerechtigkeit, nicht, daß das Laſter
fich erbreche, wen die. Tugend fi an den LTiſch fest;
aßkr,.wenn ein: fo edler Geiſt eine folche. Welt von Ber:
riſſerhait uns vorgeführt und zum Theil das Verkehoteſte
und Berborbenfte in Welt: und Zeit: gem nn
einer finnlichen Glorie von Schönheit und Geſchmack zu
iſſermaßen mit
umgeben verftanden hat, fo dürfen wir mol von ihm fo
dern, daß er der Nemeſis inſoweit ihr heiliges Recht ein:
räume, daß er uns bei feinen Zerriffenen am Ende auch
ben Moment darftelit, in welchem alle moralifch Zerriſſe⸗
nen innerfich unfelig find, und in welchem fie nicht blos
jenes vage Gefühl der Zercifienheit, das freilich die Hel⸗
den unferd Dichters durch ihr ganzes Leben begleitet, fon-
dern auch eine concemtriete veinigende Empfindung bavon
haben; den Moment, in welchem jede Sünde gegen ber
Adel unferee Natur und ihr höchftes Geſetz zum furcht⸗
baren Bemwußtfein fommt, in welhem 5.3. ber Wolluͤſt⸗
ling deutlich erkennt, daß fein vernünftiges Gottesgeſchoͤpf,
fetbft ein ſchon verirrtes und gefallenes, von ihm als bio.
Bes Dbject gebraucht werden durfte; der Ehrgelzige, daß
e8 ein läcyerliches Nichts war, wonach er geſtrebt hat;
ber Kunftvergätterer, daß er am Ende doch nur einem’
Goͤtzendienſt getrieben; der Tugendftolze, daß er die Barm-
herzigkeit, die ihm allein beifen Eonnte, verſchmaͤht hat,
und daß fein Lohn dahin ift; endlich der Atheiſt, daß im
Gewiſſen ein Bott in ihm wohnt, ber ihm mit Hoͤllen⸗
qualen feine Gegenwart verkündet.
Aber fern fei von uns die Pedanterei, dem geiftvol-
len Verf. — der, feiner Löftlichen Leichtigkeit ber Feder fich
bewußt, über unfere fchwerfälligen Perioden nur lächeln
wird — auf irgend eine Weife das Wie vorfchreiden zu
wollen, mit dem ee jenen beftiedigenden Schluß herbei:
führen fol. WBielleicht weiß er längft einen Ausgang, den
wie nicht ahnen, ber Alte überrafcht und doch Alte zu:
feiedenftellt. Aber ein Ende muß er der Geſchichte boch
geben. Sie kann nicht damit fließen, daß von Grand
aus. und mit Selbftverfchuldung zerriſſene Menfchen, daß
Menſchen, die nicht nur ihr eignes Gemuͤth, fondern auch
fremde Herzen und Seelen wie reißende Thiere zerriffen
baden, am Ende im Ueberblicke fo viel unfeliger Ge:
[hide nur mit dem Gefuͤhl Afthetifcher Untuft zu Bette
gehen. 28.
- — — — — — — —
—— —
Des M. Zacharias Orthus, geborenen Stralſunders und
gekroͤnten Dichters, Lobgedicht auf Stralfund. Einleitung,
lateiniſche Urſchrift, Weberfegung, Anmerkungen und Ans
hang herausgegeben von € Zober. Mit einer
Anſicht der Stadt Stralfund von W. Brüggemann.
Stralfund, Löffler. 1831. 4. 2 The.
Die Herausgabe biefes wenig belannten @ebichtes ift eine
um fo banfenswerthere Arbeit, da fie fidy vorläufig als eine
ziemlich undankbare erweiſen dürfte. Die Gefchichte der lateini⸗
ſchen Dichtkunſt ift noch faſt gar nicht bearbeitet. Unſere Phi⸗
lologen ſind noch nicht uͤber die grammatiſchen Schwierigkeiten
und über bie Vergleichung ber Handſchriften hinaus, und Die⸗
jenigen, welche ſich mit Erforſchung mittelalterlicher Alterthä«
mer befchäftigen, haben ein Vorurtheil gegen’ bie’ lateinifche
Sprache und pflegen fich uͤderdies auf bie Zeit vor der Refor⸗
mation zu befägränten. Es ift indeflen zu ‘hoffen, daß bie Phis
lologen einmal anfangen werden, ſich mit hiſtoriſchen Aufgaben
zu befchäftigen, und daß bie fpeclellen Forſchungen über mittel
alterliche Literatur über das 13. und 14. Jahrhundert hinaus:
gelangen werden. Dank” wird das vorliegende Buch als eine
dankenswerthe Vorarbeit angefchen werben. Mit vieler Umficht
496
N
iſt bier geſchehn, was von einer Arbeit ber Art verlangt wer:
den kann. Der Text ift forgfältig abgebrudt, eine woͤrtliche,
echt verftändige Weberfegung beigefügt, und das Ganze mit
einer hiſtoriſchen Ginleitung und mit Anmerkungen verfehen,
weiche freilich nur einige fehr dürftige hiſtoriſche Zeugniffe über
den Dichter und feine Werke und einige — für die meiften
Leſer größtentheils überflüffige — Erklaͤrungen einzelner Stellen
enthalten. Ueber ben Charakter bed Gedicht fagt ber Heraus:
geber nichts, vielmehr verfichert ex, er überlaffe es Andern, über
den ſprachlichen, metrifchen und poetifchen Werth bes Gedichté
za entfcheiden. Unb hieran thut er wohl, wie eine unmittelbar
auf jene Verſicherung folgende Aeußerung bezeugt. Es heißt
naͤmlich ©. 33: „Zu ben ſprachlichen Gigenheiten bed Orthus
gehört 3. B. ber Gebrauch der Conjunction ac vor Vocalen
und das häufige atque vor Gonfonanten, da jenes befanntlidh
bei den claffifhen Siriftftelleen der Römer nie, und biefes im
Ganzen nur felten ber Kal if.” Bon einem Schulmanne
durfte man wol, wenn er überhaupt über bie fprachlichen Ei⸗
enbeiten tes Gedichts etwas fagen wollte, eine minder geringe
ügige Bemerkung erwarten.
Der hiftorifhe Werth des Gebichts feheint dem Herausge⸗
ber der überwiegende zu fein; und zwar will er es nicht
als biftorifche Quelle, aber als Darftellung ber Gefchichte Stral⸗
funds geltend machen. Diefe Anficht ift feltfam genug; benn
die Erzählung von zwei bis brei aus bem hiftorifhen Zuſam⸗
menbange beraudgeriffenen Begebenheiten wird ſchwerlich Jemand
für eine hiſtoriſche Darftellung gelten laffen. In anderer Hin
ſicht ift dagegen das Gebicht allerdings von Werth, Man
pflegt zwar Gedichte, welche nicht in der Mutterfprache ihres
Urhebers abgefaßt find, als verbädtig zu behandeln, weil fie
Probucte einer berechnenden Reflerion feien, und in ber That
find eigentli geniale Kunftwerle wol nie in einer fremden
Sprache abgefaßt worden. Nichtsbeftomweniger nimmt eine frembe
Sprade, wenn fie in das Leben einer Gefellfhaft gleichſam
hineinwaͤchft, wie bie lateinifhe Sprache in die Gelehrtenwelt
jener Zeit, einen charakteriftifchen Anſtrich an, welcher über bie
Eigenthümlichleit der Zeit viel Licht verbreitet. Das vorlie⸗
gende Gedicht befteht freilich faſt zur Hälfte aus Rebensarten,
welche aus dem Virgil und Ovid entlehnt finoz aber unter bie:
fem frembdartigen Kleide fieht ein fehr eigenthuͤmlicher Geiſt
hervor. Mit vieler Beflimmtheit fpricht ſich bier jene einfach
derbe Ehrbarkeit aus und jene feltfame Mifhung von Phili⸗
fterhaftigkeit und großartigem Sinne, weldje die Zeit ber Re:
formation vorzugsmeife charafterifiren. Die nähere Bedeutung
des Gedichts kann freilich erft dann erfannt werden, wenn pir
eine Ueberſicht über die hauptfächlichften Erſcheinungen der Art
aus jener Zeit erlangt haben. 175,
:-Bemertungen.
Die „Lebensbeſchreibung Friedrich's des Großen’ von Preuß
(Berlin 1832) hat nach Allem, was über den König, welcher
als Feldherr und als Regent ber Gelb feines Zeitalterd war,
gefchrieben worden, dennoch einen eigenthümtichen und fehr gros
Ben Werth. Der Verf. bat nicht allein Alles, was über feinen
Gegenftand in unzähligen Büchern. Meinen Schriften und einzel
nen Blättern enthalte ift, forgfältig geprüft und fo zufammens
‚geftellt, daß ein vollfländiges und lebendiges Wild des großen
Königs daraus hervorgeht; fondern er hat auch noch viele Tau⸗
tet, Friebrich II. habe fi
Jede auch nur beiläufige Aeußerung eines fo unterrichteten
und forgfältigen Gchriftftellers verdient Aufmerkſamkeit, und
diefe wird vorzüglich durch eine am Gchluffe des erften Bandes
in einer Note hingeworfene Behauptung erregt, daß bie befanns.
ten Reformen ber tief zerrütteten und: im tilfiter Frieden verſtuͤm⸗
melten preußiſchen Monarchie im Jahre 1807 nicht, fowie man
glaubt und wie in ben „Grinnerungen an ben Minifter von |
Stein“ (Altenburg 1832) tocumentirt ift, von diefem herrühren.
Here Preuß verfichert vielmehr (biesmal jedoch, chne Cabi⸗
netſchreiben oder andere Beweiſe mitzutheilen), daB bie Vers
orbnungen, mit welchen ber Anfang jener Werbefierungen ge⸗
macht ıvard, von Andern fo vorbereitet geweſen, daß ge nur ber
Vollziehung beburften. &tein war aber nicht der Mann, fü
zu einer bloßen Gontrafignatur herbeiholen zu laffen, und wer
die preußifche Gtaateverwaltung ber Zeit gekannt hat, wirb'
fragen, welcher andere Minifter wol den Gebonken einer Orgas
nifation gehabt haben könne, bie in gradem Widerfpruche mit
tem ganzen, mehr ale hundert Jahre lang in einer field unvers
änderten Richtung audgebildeten Syſteme fand. Jeder, ber
fowie Hr. Preuß in der Geſchichte mehr flieht ald eine bloße
Reihe von Begebenheiten, fühlt es, wie viel ein teeffendes Urtheif
über einzelne Männer, bie Einfluß auf ihre Zeit Hatten; werth iſt.
Nicht wegen ihrer felbft: wenn auch die abgefchiedenen Geifter
ed erfahren, wie über fie nach ihnen gebacht und geſprochen
wird; denn fle haben ihre Belohnung im eignen Bewußtfein
empfangen. Auch nicht wegen ber Rachahinung; benn durch
ſolche geſchieht nichts Großes, und jebe Zeit hat ihre eigne Noth,
und wer fähig iſt, dieſer entgegengutreten, wird durch feinen
Geiſt dazu getrieben. Wol aber, um das Gefühl der Dankbar⸗
keit F befriedigen, das ein Beduͤrfniß der Beſſern im Volke
ausmacht.
Wenn dieſe jetzt dem General Scharnhorſt geſichert iſt, ſo
verdanken wir es dem Kriegéminiſter von Boyen. Jeder, ber
feine von dem ebelften Gefinnungen eingegebene und in dem ſchoͤn⸗
ften Zone abgefaßte Denkfchrift gelefen hat (‚‚Beiträge zur Kennts
niß des Gen. v. Scharnhorft”, Berlin 1833), wird den Wunfch
begen, eine ähnliche über ben Miniſter v. Stein zu Iefen, ben
nicht Wenige in bem von ihm aboptirten Waterlande für werth
halten, in bem vom Minifter von Boyen angebenteten Dlonızs
mente ber Wiedergeburt der preußifchen Monardie dem Gen.
Scharnhorſt gegenübergeftellt zu werben.
In dem obengenannten Geſchichtsbuche wird &. 432 behaup⸗
bie Feindfchaft der Frau von Yompas
doue durch Spöttereien über ihr Verhaͤltniß zu Ludwig XV. zu⸗
gezogen, und dieſe habe, dem Könige als Geliebte gleichgältig,
den Krieg bewirkt, um fich politifch wichtig zu maden. Das
Erfte ift ungezweifelt richtig, e8 erhellt aus dem Schreiben von
Voltaire, das der Verf. anführt: bas Leute aber -bebürfte wol
einer andern Beglaubigung als das Zeugniß des aallfüchtigen
Duclos, der in feinen Memoiren nur den Frondeur macht. Es
ift befannt, wieviel die allzu freien Aeußerungen Friedrich's uber
andere hohe Perſonen und beionbers über das Privatleben ber
Kaiferin Elifabeth von Rußland zu ber Erbitterung beigetragen
haben, mit welcher der, fiebenjährige Krieg geführt if. Einer
fo unſchicklichen Spötterei über Brau von Yompabour aber, als
Herr Preuß angibt, bat fi der König nicht ſchuldig gemacht,
Auh wenn er Shampagner getrunken hatte, konnte er unm
; lich eine Anfpielung auf den oftindifchen Ringam gegen eine gei
reiche Frau richten, gegen die Befchüherin feines Freundes Vols
fend Gabinetfchreiben beffelben vor Augen gehabt und benugt. | taire und aller ſchoͤnen Geiſter, Getehrten und Künftter im
Diefes ift unfchägbar für den Gefchichtfchreiber eines Monarchen, | Paris. Ihrer Nachfolgerin Dubarry hätte es cher gelten koͤnnen
ber in feinem ganzen Leben immerfort felbft dachte und handelte, | Es fteht auch in dem Briefe von Voltaire, ben Hrn. Preuß ans
nur Diener und Werkzeuge kannte, felten Rathgeber hörte, und | führt, nicht: Lingam, fondern:
von dem allein Alles ausging, was er gethan, fuft Fönnte man
fagen, was während feiner Regierung in feinem Lande gefche- | beliebten Romans:
| Scäferfpiel treiben.
ben ift.
pays du Lignon, das ifl ber
Flug, an beffen Ufern bie Helden bes vormals in Frankreich fo
„La nouvelle Astree”, ihre empfinkiumes
2.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagähanblung: 3. 4. Brodbaus in Seipzig.
‚
”
Blätter
für
literariſche Unterhaltung.
T. Mai 1833,
Sahrgan ! eſtellun
alle — die ſich an die koͤnigl. fähfifhe Zeitungserpedition in Leipzig, das koͤnigl.
Die Briefe des Freiherrn von Stein an den Freihern
von Gagern.
Der preußiſche unlängft verftorbene Staatsminifter Frei⸗
herr von Stein, privatifirend auf feinem Gute im Naf:
fauifchen, wird uns zur Anfchauung preisgegeben in bem
neueften Werke des Heren von Gagern: „Mein Antheil
an der Politit. IV.” (Stuttgart, Cotta, 1833, 8., 2 Thir.),
welches ausfchließend in dem Briefwechſel diefes Hrn. Mi⸗
nifters von Stein mit dem Hrn. von Gagern befteht,
woraus alfo von ber eignen Xheilnabme des Hrn. von
Gagern an ber deutfchen oder europdifchen Politik nichts
zu erfehen ift, die uͤberhaupt unſers Ermeffens nie in eis
nem wahren Wirken nach den Geboten des jegigen Zeitz.
geiftes, fondern immer nur in vielen Neben und Abſchwei⸗
fen eines fo Gott will verlebten reichsritterfchaftlichen
Adelsgeiſtes beftanden, in welchen fich derfelbe als einen
Melanchthon der jetzigen Welt dem Hrn. von Stein, ale
dem neuen Erdenreformator Luther, angeboten hat. Zu
viel Ehre für Beide! Wir glauben nicht, daß Hr. von
‚Sagen den Manen Stein’s durch diefe ruͤckſichtslos preis:
gegebene Sorrefpondenz einen Liebesdienft erwiefen hat, und
find geneigt, die vielen harten, flarren, feindfeligen Urtheile
des Hm. von Stein dadurch zu entichuldigen, daß er fie
gewiß nicht veröffentlicht Haben wollte, ecclesia autem de
internis non judicat. Jene jüngere Generation, welche
fonft den Hm. von Stein für ihren Heros, für den Ed:
ftein aller tugendhaften Verbindung, den Anwalt der Li⸗
beralität, bee beutfchen Gelehrſamkeit, den Vertreter der
unterften Volksclaſſen gehalten, wird davon ziemlich zu:
ruͤckkommen, wenn fie nun hier mit Händen greift, tie
Hr. von Stein umter beutfcher Freiheit ſich mit hoͤchſter
Herabwürbigung ber deutſchen Fürften nur eine ausfchließ-
- Siche Regierung des güterbefigenden deutfchen Adels gedacht,
in weldyer die Preßfreiheit verbannt, alle Liberalen und
in der Theologie alle Rationaliſten verjagt, das unver:
ED — — —— ——
nünftige gelehrte Volk im Zaum gehalten, und über
alles übrige Sefindel und die Proletarien, wie «6
immer beißt, die Geißel gehalten werben fol. Wir Lin:
nen und nicht entbrechen, zum Beleg diefer Befchuldigungen
die merkwürbigften Anfichten und Urtheile auszuheben, wies
wol es nicht fehlt, daß darunter auch recht gefunde Säge
und intersfjante Notizen vorlommen. Ä
17. Mai 1817. In Münfter verbietet der dumme
und fanatifche Generalvicar den Geiſtlichen, irgend einen
Antheil an ber Einfegnung der Ehe zu nehmen, wenn
nicht die Katholicität der Kinder ausbebungen ifl. — Der
Domdechant Spiegel befigt die erfoderliche Kenntniß des _
tanonifchen Rechts und fehr viele Klugheit. Die Behand:
lung des Coadiutors von Weſſenberg verdient nachdruͤck⸗
lic gerügt zu werden. Maſſenbach ift ein eitler Wirr⸗
kopf, hoͤchſt erbittert und zu Allem fähig. Der König hat
das Hecht und die Macht zu Bundesgenoffen, alfo wer
den die Stände das Gefecht verlieren.
21. Suni 1817. Hr. von Maſſenbach iſt ein eitler
Narr. — Die Mebdiatifirten denken nur an die Praͤroga⸗
tiven ihrer Kafte und find beſchraͤnkt. W.... (Wangens
heim? der Brief handelt von Stuttgart) tft abſichtlich
eitel, unrein fophiftifh. Ich wuͤnſche Sie fagtn etwas
über den Unverfland der Altwuͤrtemberger.
15. Nov. 1817. Unfere deutfchen Regierungen ſinken
täglich mehr in dee oͤffentlichen Achtung, durch ihre Furcht:
ſamkeit, Lichtfchene und Wortbruͤchigkeit. Glauben Sie,
daß ber Staatskanzler (Hardenberg) an Rhein kommt?
Sein neueſtes Machwerk einer Staatscontrote ift eine
Bervielfättigung ber Behörden, fehlerhaft im Princip, feh⸗
lerhaft in der Zufammenfegung. |
18. April 1818. Was fagen Ew. zu ber Frechheit
des Recenſenten (Über die Verfaſſung von Kleve ıc.)?- &s
ift traurig, daB die Preßfreiheit fo misbraucht werde.
Aufhoͤren wird es, wenn gut eingerichtete fländifche Ver⸗
498
foffungen in bas Leben -treten — dann macht bad Ger
ſchwaͤt der Demagogen keinen Eindrud mehr.
16. Mai 1818. Hr. von Nagel (ein Niederländer 7)
ift in feinem Betragen etwas höflicher, wenngleich vers
fumpft in dem Duͤnkel beſchraͤnkter taktlofer Menſchen.
21. IRA 1818. Weber die nmaſſaniſchen Staͤnde iſt
eine Flugſchrift erfchienen, bie din Gemenge von Wahr:
heit, Irrthum, und zulegt ein Element von tollem demo:
Eratifchen Unfinn ift. Die Belchüger der Herren — fehen
die Saaten diefer würdigen Ränmer reifen.
17. Auguſt 1818. (betreffend den Plan für bie Atere
deutſche Geſchichtforſchung): Frankfurt fcheint werte der |
ig dr Directien· Bu
ideen Mitgliedern wuͤrde
ich Sie waͤhlen (von Gagern), Aretin, Wangenheim, Berk⸗
heim und Buch. Dieſe nehmen ein paar Gelehrte
in ihre Mitte.
Doffelde Schreiben enthäkt eine Inſtruction an ben
Hrn. von Gagern, was gelobt und getabelt werben foll;
als nämlich die durchgretfende Neuerungsſucht im Weima⸗
eifchen; im Nafſauiſchen das einfeitige übereilte Orga⸗
nifiren und das biinde Dingeben der Deputicten in den
Willen der landesherrlihen Commiſſarien; an der baiti:
ſchen Conſtitution das Cascadiren von Wahlen und ihre
Ucherliche Preßfrelheit; aim Preußlſchen das Stocken in
der Ausfuͤhrung, weil Alles in den Haͤnden des Alters
und der Schwaͤche liegt.
16. Sept. 1818. Der frauzoͤſiſche Adel iſt guͤterlos
meiſt Briefadel, haͤngt am Hofe, ſucht Stellen und iſt
factieur. Die Zahl des begüterten, unabhaͤmgig lebenden
Adels iſt in Deutſchland noch ſehr groß. Bernſtorff iſt
ein vortrefflicher edler Mann; ob er Kraft habe, ben
Ball des Augias auszumiften, iſt eine Frage. — An
Geiſt und Wiſſen übertrifft ihn Humboldt unendlich, und
ich bewunbere die Geſchicklichkeit des Staatskanzlers, alle
suchtige talmtvolle Männer (nämlidy primo loco baruns
ter den Hm. von Stein) lahm zu legen. Der Geiſt des
Ham ift von ihm gewicdhen, der Gegen bes Himmels
fehlt dem alten Sünder, nichts gedeiht unter ihm, nichts
gelingt ihm.
18. Dec. 1818. Man ſchimpft über Stourdza, über
die Anmaßung eines Fremdlings, uns zurechtweifen zu
wollen. Da unfere Pamphletiſten aber body über alle «us
ropaͤiſche Angelegenheiten enticheiden, warum foll es Stourdza
nicht erlaubt fein, ein Wort zu fprehen; heißt es doch
[don Anno 1243 nad) Mathäus Paris von den Mogo-
len: daß fie ausgezogen propter furorem Teutonicum,
sua modestia (der Mogolen) temperandum.
2. San. 1819. Allerdings weiß des Fremdling (Stourdza),
was er thut und warum? Man hätte ihn daher ‚mit
Stunden und nicht mit Spott widerlegen fallen, ber alle
Theilnehmer erbittert.
5. Auguft 1819. Das Naſſauiſche bleibt mir immer
fremd, nah den Grundfögen ber dem Reich
unmittelbar Angehörigen. Die.gegenwärtigen Macht:
haber haben gegen mich und bie ganze Stoffe, zu ‚der ich
gehöre, einen hohen Grab von Ingrimm, der fich in hun:
bert Heinen Zügen äußert. Sie fühlen fich beleidigt, daß
— —
man ihr Machwerk nicht vergoͤttert, ihrer Pfiffigkeit und
Unwahrheit nicht traut. Es iſt traurig, zu ſehen, in wel⸗
chem Grabe der junge Mann, ber Herzog, Über ſich, feine
Geſchaͤftsleute und feine Gefchäftsführung verbiendet iſt,
su glauben, daß die Privilegirten die erſte Schuld haben
an dem Mordanſchlag gigen Hrn. Ibal, er doch wirk⸗
lich nicht fo wichtig iſt, um der Gegenſtund einer Der:
ſchwoͤrung zu fein. (Natürlich, wer nicht als unmittelbarer
Reichsritter geboren worden, ift und bleibt ewig unwichtig.)
29. Sept. 1819. Dis ‚ was zur Ruhe:
tung in Deutſchland gefchehen ann, iſt, dem Reich der
illkur ein Ende zu maden und das einer gefeglichen
Berfaſſung zu und zu beginnen; — an bie Stelle
der Buraliften und der demokratifchen Pamphletiften, von
benen die Erſtern das Volk duch viel und Schlecht Regie:
ven druͤcken, die Andern es reizen und verwirren, ben Eins
fluß und die Einwirkung der Eigenthuͤmer zu fegen (ber
adeligen?). Es ift ſehr erfreulich, daß mit der Beendi⸗
gung der würtembergifchen Angelegenheit das ganze fuͤdliche
Deutichland «ine vepräfentative Verfaffung erhalten hat.
19. Det. 1819. Der Auffag in den „Rheinifchen Blaͤt⸗
tern” fcheint mie von Hardenberg felbfl zu fein, — ſeicht,
ſophiſtiſch — uͤbelgelaunt — erbaͤrmlich.
7. Oct. 1819. Ein Glaucoma (In Bezug auf Art. 13
bee Bundesacte) wird den Unwillen nuc noch fieigerm, und
wenn grabezu apodiktiſch das. Recht verweigert wich, fo gibt
man den Schwindlern, Erbitterten und Boͤſen die Waf⸗
fm in bie Hand.
23. Rov. 1819. IH hoffe, Ihr Buch (‚‚Nefultate
der Sittengefchichte‘) wird dem Publicum zeigen, daß mar
mit einigen bemolkcatifdgen and metaphpfiihen Formeln
nicht ausreicht.
23. Dec. 1819. Hanbelt von den Misgriffen in Kazte-
bad, bie theils ſchaͤdliche Refultate, theils gar Beine hatten. —
Die Herren Profefforen Dahlmann und Falck haben ſich von
der übernommenen Bearbeitung des Adam von Bremen und
Helmold Iosgefagt, aus Unwillen ‚über die Larlsbader Be⸗
ſchluͤſſe, mit denen doc, die Ausgabe ber deutſchen Quel⸗
Venfchriftfteller in Eeiner Verbindung fleht. Es iſt ein reizba⸗
tes unvernünftiges Volk, das gelehrte Volt. (!)
1. Mai 1820. Man fcheint entfchloffen zu fein, mit
ber Stelle in Frankfurt (am Bundestage?) Eeine Veraͤn⸗
derung vorzunehmen, und überhaupt sine Abneigung ge-
gen alles Tuͤchtige, Kräftige und Selbfländige zu haben.
Von ber Ausgabe der Quillenſchriftſteller wollen wir
nicht viel Mühmens machen, bis wirklich etwas geleiſtet
worden; Der Geiz der Reihen, bie Faulheit der Gelehr⸗
ten find große Hinderniffe. *)
*) Wie iſt dagegen von einem vertrauten Freunde früher
ſchon Fehr geklagt worden, daß Hr. von Stein, ber an al:
len Andeen die Bureaubeatie fo fehr gehaßt, in: den Unge-
legenheiten ˖ biefer Geſellſchaft für feine Mecfon Aues nur gleich
bureaumäßig babe .abbecretiren und miniſtermaͤßig ordon⸗
nanziren wollen, was ben liberalen Gang biefes Zufkitute
fehr gehindert. Inzwiſchen bleibt dem Hrn. von Stein Wer:
dienſt und Ehre, für "diefe mit fo großer eiguer Aufopfes
rung. oben ethaltene Anſtalt im uͤberreichen Maß noch übrig,
was ihm auch nicht benommen werden ſoll.
‚99
(höpfung der Finanzen ud die Unbeholfenheit der beut⸗
Der Schluß des Briefes laͤßt ſich aus über bie fra⸗
tzenhaften Radicalen, Beamtenwillkuͤr, ſchlechte Juſtiz, Ab⸗
gaben, Einmiſchen ber Bureaukratie in alle. Kommunal:
und indivibuellen Verhaͤltniſſe.
24. Auguſt 1821.. Das Ediet uͤber bie boaͤuerlichen
Verhaͤltniſſe befriedigt "weder ben Bauer noch den Guts⸗
beten. — Er habe zu den unmittelbaren Lenkern der Zeit:
ereigniffe wenig Bertrauen, erwarte nichts von einer preu:
ßiſchen Verfaſſung, welcher die naͤchſten Umgebungen des
Könige und die Einflüffe des oͤſtreichiſchen Hofes entge:
genwirkten; wir wärben fernerhin regiert werden von be:
foldeten Buchgelehrten, interefjenlofen Buraliften, von Men⸗
fhen ohne Eigenthum (db. i. Unadeligen?).
9. Sept. 1821. Die fo ungeſchickt behandelte badi⸗
fhe Ständeverfammlung zeigt doch ermflen Willen, im
Einverſtaͤndniß mit der, Regierung, das Gute zu bewir⸗
‚ken (hätt bie fchroeizerifche Regierung für fehr gut und
wohlfeil).
17. Nov. 1821. Ich verlaſſe das Land ungern, um
in Frankfurt die Bundestagsgeſandten Sacklaufen zu ſehen.
6. Febr. 1822. Unſer lahmes Bundestagsweſen iſt durch
eine heftige Bernſtorff'ſche Note aufgeruͤttelt; fie wirft lei⸗
denſchaftliche Ueberellung in ber koͤthenſchen Sache vor ıc.
9. März 1822. Die bairiſche Staͤndeverſammlung rag
wol wmbeholfen fein; verftändig ift fi. Wir werden nun
fehen, welches Schickſal das Culturgefeg bat, das einige
Dispofitionen enthält, die grabezu erproprieren.
419. Aprit 1822. Spricht von der Verkehrtheit ber
mittiern und Hemern Staaten, eine Selbſtaͤndigkeit gegen
Deſtreich und Preußen zu behaupten. — Dem guten ge:
funden baitifchen Verſtande macht es Ehre, wenn er bie
Seifenblafe der Zettelbank von fich flößt. Ä
22. April 1822. Die Pfeudopolititer, die Sophiſten
‚werben wieder fehr laut. Ein Aufſatz des Hm. Murhard
in den „Politiſchen Annalen” bat vielen Unwillen erregt.
9. Zuni 1822. Das I die buraliftifhe Monarchie
für fehlerhaft halte, willen Sie; aber den fchwebilch = pom=
merfchen Robiliarkaftengeift kann ich auch nicht vergättern.
16. Auguſt 1822. Im Kaffel war Altes voll von
den Berfolgungen und Kraͤnkungen, fo die vortreffliche
Aurfuͤrſtin von ihrem halb wahnfinnigen Gemahl auszu⸗
ſtehen bat, der Alles zur Verherrlichung einer ungächtigen,
gemeinen Buhlerin aufopfert und ſich mit den nichtswuͤr⸗
digſten Menfchen umgibt. (NB. So ſteht's woͤrtlich in
dem nicht verbotenen Gagern’fchen Werke und follte wol Hier,
da es die Sagern’fche Indiscretion anklagt, nicht anftößig
fcheinen; doch salvo meliori.)
Der Bundestag bat fid auf vier Monate vertagt,
nachdem er act Donate nichts gethban hat; man follte
biefes koſtbare zweckloſe Inſtitut aufheben und flatt feiner
eine Tagſatzung einführen, bie einige Monate jaͤhrlich
bauert '
17. Sept. 1822. Der Verluſt des Hm. von Xretin
tft ſehr groß, er 1äßt eine bedeutende Luͤcke; der Bun:
destag wird nur tiefer finden.
16. San. 1823. Den Frieden in Baſel veranlaßte
die Abneigung des preußiſchen Votkes und Heero/die Er⸗
fhen Fuͤrſten, mit Geld und Lieferung Preußen zu wm:
terſtuͤzen; Alles dieſes benugte Kalkreuth, ein geiftvoller,
ebrgelziger, boshafter und fchlauer Mann — Schulenburg,
um den alten, beſchraͤnkten Moͤllendorf gu eigenmaͤchtigen
Unterhandiungen zu verleiten. In Berlin unterftägte die
Triedensplane ber Staatsminifter von Struenſee, ein kraͤf⸗
tiger, einfihtsvollee und gutmüthiger Mann, den revolu:
tionnairen Grundfägen als Deift und gelehrter Buͤrgerli⸗
her nicht abgemeigt. (Da haben wir's; welcher Skandal,
ein bürgerlicher Miniſter!) Seicht und ſchwuchkoͤpfig war
weder Haugmwig noch Lombard. Beide hatten vielen Ver:
ftand, Letzterer viele claffifche Gelehrſamkeit, gründliche
Kenntniß der Franzöfifchen Literatur, nicht gemeines Dich:
tertalent; Beide waren unmoralifh, Lombarb von niebri-
gem Hertommen, eine Peruͤckenmachers Sohn, daher fagte
er: „mon pere de poudreuse mémoire“, in ber liederli⸗
hen Schule Riegens und der Lichtenau gebildet.
30. Mai 1823. Die Mafchinerie des naflauer Land:
tags iſt fehlerhaft, aber bee Mafchinenmeifter, ftatt bemüht
zu fein, fie zu verbeſſern, ſucht fie zu untergraben, nicht
auf die Wahlen zu influiren, fondern die Wahlfreiheit zu
unterdrüden. — Die Verwaltung iſt hoͤchſt verſchwenderiſch
— ein Generalcommando, das 26,000 Thlr. Kofler, ein
Geiſt des Despotismus in allen Verhältniffen.
4. San. 1825. In Main; find die Gommiffarien, in
Verzweiflung über ihre Geſchaͤftsloſigkeit; dieſe ganze In:
quifitionsbehörbe tft hoͤchſt lächerlich und erfolglos. -
. (Der Beſchluß folgt.) .
Nachtrag zu der Geſchichte Ludwig XVI.
Kein Ereigniß ber neuern Geſchichte bat fo viele Reiben:
fhaften angeregt, fo viele men in Bewegung geſett, als
die fameufe Anzeige ber Herzogin von Berri, ruͤckſichtlich ihrer
heimblichen Berbeirathung. Die Blätter ber Bewegung,
weiche, die früher fchon betretene Bahn verfeigenb und in bem
Gefhhehenen nur die Verwirklichung ihrer Borausfagungen er-
blidend,, ſich Feine gewaltigen Ausbrüche der Freude erlaubten,
vielmehr ihren ganzen unb ungetheilten Groll auf die auch bei
biefer Gelegenheit beobachtete illohale Handlungsweiſe der Re:
gierung Louis Philipp's warfen, wurben bierin natürlich von
den legitimiſtiſchen Blättern unterfiüst, und fo ſah fich das
Gouvernement alfobald, ftatt feines Triumphes ſich erfreuen zu
Sonnen, gendthigt, einen vereinten Angriff der beiden Yarteien
auszuhalten, obne daß ihm fernerhin auch nur der abgenußte
Zrof eines Bündniffes zwifchen Karliften und Republifanern zu
flatten fäme. Die Bemühungen ber verfchiedenen Parteien was
zen je nad ihren Principien und Beftrebungen in abweichenden
Nuancen erfennbar. Die republifanifhe Partei nahm ſogleich
eine fefte Stellung ein und fand ben Troft für die Herzogin von
Berri in ber Geſchichte und ben Welegen, baß es in der König:
lichen Familie nie anders gewefen fei. Die „Gazette de France’
und bie ihr @leichgefinnten bemäheten fi, die Ehe und Schwan»
gerſchaft der. Prinzeffin als ohne Ginftu auf bie Rechte und
Anfprüche bed „Herzogs von WBorbeaur darzuftellen, indem fie
dafür in der Geſchichte des Herzogs von Reichſtadt und feiner
Mutter Unterfiögung und für die Schwäche ber Prinzeſſin in
dem Beifpiel großer Herrſcher und Herrſcherinnen binlängliche
Entfihuldigung fanden — und, Bott weiß, es fehlt daran nicht!
‚Einige andere Blätter fuchten fich dadurch zu rächen, daß fie,
m der
nachfchlagend, mit größter Genauigkeit alle
500 .'
Untbaten unb Grevel hervorriefen, welche fi jemals in ber
fie Orleans zugetragen haben. Later Anderm findet ein
latt in der fuͤrwahr auffallend großen Zahl von Gemälden
aus ber Orleans'ſchen Familiengeſchichte in der biesjährigen
Kunftausftellung Anlaß, die gewählten Sujets als unintereffant
zu qualifleiren und an eine andere intereffante Begebenheit in
der nämlichen Familie hu erinnern. Es läßt Voltaire in einem
Briefe vom 20. Juli 1724 ſprechen: -
„Ich wünfcte, dab Sie von den fpanifchen Nachrichten
noch nichts wüßten, dann hätte ich das Wergnögen, Ihnen zu
melden, daß der König von Spanien feine Gemaplin hat ein:
ſperren laſſen, eine Tochter bed ‚Herzogs von Drleans, welche
trot ihrer fpigen Naſe und ihres langen Geſichtes (die Damen
der Bamilie Orleans hatten von jeher lange Geſichter und fpige
Naſen) nicht Iaffen konnte, die großen Beifpiele ihrer hohen
Schweſtern zu befolgen. (Hier wird nun folgende Phrafe —
wie es beißt, zum Gebrauche der Schüler in dem Haufe Or:
leans — in fchlechtem Latein gegeben: ,‚‚Praestantissimo cor-
pore ancillae reginae ipsaque regina, vestibus, tenuissimis
etiam, exutis, formosos Hispaniae principes nonnunquam'
receperunt.”) Dan bat ihr ganzes Haus aufgehoben und bei
ihre im. Schloffe, wo fie eingefperrt ift, nur eine alte Ehrenfrau
gelaffen. Als die arme Königin ſich mit biefer Duena einge:
fperrt fab, foll fie den Entfchluß gefaßt haben, fi zum Benfter
hinauszuftürzen, und auf dem Punkt gewefen fein, ihn auszufüh:
ren, als man ihr ſchnell' zu Huͤlfe geeilt if.” -
Beinahe gleichzeitig brachten bie Öffentlichen Blätter, bie erg-
liſchen zuerft, ein Actenftüd, weiches auf die Berhältniffe der Bas
milie Ludwig XVI., insbefondere auf bie Aufführung ber Königin
Marie Antoinette großes Licht zu werfen geeignet war. Diefe
Dame war ter Gegenftand fehr ſchwerer Befchuldigungen, nicht
nur in politifcher Beziehung, fondern auch hinſichtlich ihrer ches
lichen Verhältniffe, und während ein Theil hierüber laͤngſt im
Keinen ift, hat ein anderer feine Zweifel fortgefegt. Diefe Ur⸗
kunde ift ein Brief des Grafen von der Provence, um die Les
gitimität ber Kinder Lubwig XVI. zu beſtreiten. Ginige eng:
lifche Journale, fagt ein hiefiges Blatt hierüber, haben Auszüge
aus diefer Urkunde gegeben, deren Original einem Bürger von
Brüffel Anzugehören fcheint. Der Brief ift ganz von ber Hand
des Srafen von ber Provence, fpäter Lubwig XVII. Er ift
an den Herzog von Kid: James abreflict und vom 15. Mai
1787 datirt. Der Zufland bed Papiers und bie Schrift, bie
Zeichen des Alters, eine Randnote von ber Dand bed Convents⸗
gliedes Courtois mit rother Dinte: „ @ehbeime Papiere von
Robespierre”, koͤnnen feinen Zweifel laſſen über die Echt⸗
beit diefes Schreibens, welches alfo lautet:
„15. Mai 1787.
„An den Herzog von Fi: James.”
„Die Berfammlung der Rotadeln ift ihrem Ende nahe, mein
lieber Herzog, und bo haben fie die große Frage noch nicht
* Sprache gebracht. Zweifeln Sie nicht daran, nach den Ur⸗
unden, welche Sie bereits vor ſechs Wochen uͤbergeben haben,
werden die Notabeln keinen Anſtand nehmen, ſich zu uͤberzeugen,
daß die Kinder bez Königs nicht bie ſeinigen find. Dieſe Ur:
tunden beweifen bie Schuld der Königin bis zur Augenfälligkeit.
Sie find ein bem Blute Ihrer Gebieter zu ergebener Unterthan,
um nicht zu erröthen, vor dieſan ehebrecherifchen Fruͤchten fich
zu beugen. Morgen alfo und nicht fpäter legen Sie in biefem
Betreff meinem Bureau einen Bericht vor. Ich werde zwar
nicht zugegen fein; allein mein Bruber von Artois, deſſen Bu:
reau Feine Sitzung hält, wirb an meiner Gtelle ben Vorfit
führen. Die Thatſache, von welcher «es jich handelt, einmal
feftgeftellt, werben bie Folgerungen leicht zu ziehen fein. Das
Parlament, welches bie Königin nicht liebt, wird keine großen
Schwierigkeiten machen 5: allein wenn ihm bergleicdhen dennoch
in den Sinn kommen follten, fo haben wir bie Mittel, baffelbe
r Vernunft zu bringen. Was die Ginberufung ber Stände
eteifft, fo boffe ich, daß man noch lange davon fprecdhen wizd,
ehe man eraftlich baran denkt. Endlich muß es gelingen; nur
auf dieſe Weife werde ih bie ungeheuern Opfer vergeffen koͤn⸗
nen, welche ich gebracht, um biefe Ueberzeugung zu erlangen.
Ich weiß zwar wohl, daß fie dem König nicht ſehr angenehm
fein wird; aber, unter uns, verdient denn ein foldyer Spielball
feiner Frau zu vegieven? . . . Ja, mein lieber Fit: Iames, es
ift ein armer Tropf! und Frankreich ift würdig, einen wahren
König zu haben... „''
„Louis Stanislas Xavier.”
Diefe Urkunde, welche, wie von höfer Hand geleitet, in bem
gegenwärtigen Augenblid in bie Tagsverhandlungen geworfen
wurbe, wo bie Iegitimiftifhe Partei ohnehin durch ben Vorfall
mit ber ‚Herzogin genug zu leiben bat, war bisher nicht ange
fochten worden. Heute aber geben mehre Blätter, welche das
voa gelprodhen hatten, eine bagegen erhobene Reclamation.
Folgende ift die, welche ber „„Corsaire” mittheilt:
, „Chateau de Baucreffon den 8. März 1888.
‚Mein Herr,’
s ’ .
„Sch lefe in diefem Augenblid in Ihrem Journal vom 1.
d. M. den Auszug eines an den ‚Herzog von Fitz⸗James un
teem 15. Mai 1787 und nicht 1789, wie der englifche „„Globe”,
welchem Sie gefolgt, irrig meint, gefchriebenen Briefes, in
welchem ‚der König Ludwig XVIII., damals Graf von der Pro⸗
vence, ben Herzog auffodert, dem von Monſieur präjidirten
‚ Bureau ber Notabelnverfammlung einen Bericht zu maden.”
„Diefer angeblich eigenhänbige, jegt von Treuttel und Würg
in London angelaufte Brief wurbe mir am 12, November 1828
übergeben, Mit bem Auftrag, ihn bem Gouvernement anzubies
ten. Allein ein GSchriftverftänbiger erkannte, daß biefer eigen⸗
haͤndige Brief nichts Anderes fei, als eine muͤhſam gemadhte
Nachzeichnung, indem ber Abfaffer deſſelben genöthigt geweſen,
fi ein Alphabet nad) einer Schrift von Monfieur, Graf von
der Provence, zufammenzufegen, ehe er ihn fchreiben konnte.
Man fand auch mehre orthographifche Fehier darin, während
Niemand bie hohe Ausbildung Lubwig. XVIEL in Abrede zu
ftellen vermag.”
„Der legte Beweis ber Kalfchheit diefes angeblich eigenhaͤn⸗
digen Briefes aber war, baß der Herzog von Fitz⸗James, wel-
&er niemals bie Ehre hatte, Mitglied der Notabelnverfamms
lung zu fein, nicht beauftragt werben konnte, einen Bureau
Bericht abzuftatten, bei welchem er nicht einmal Zutritt hatte.“
„I wurde bemgemäß beauftragt, die Piece zurüdzuftels
len; ich begleitete fie mit einem Dankſagungsſchreiben für das
Birtrauen, womit man 'bieftlbe bei mir Hinterlegt, und fügte
bie materiellen Beweiſe ber atfchheit bei. Abſchrift beibex
Briefe ift in meinen Hänben geblieben, und ich bin erbötig, fie
Jedem, welcher fih zu mir, Straße Chauchal Nr. 3, verfügen
will, zu zeigen.‘
Die von dem Grafen von Coutard angezogenen, in bem Abs
druc ber Briefe aber nicht vorkommenden Schreibfehler find von
dem ‚‚Corsaire’! eingefehen worben. Es find folgende: 1) ils
n’hesiterons pas, 2) les pieces remise, 3) les enfans
adulterains. Diefer letztere Fehler ift befonders auffallend, und
mit der Bildung Ludwig XVIII. kaum vereinbar.
Die GSontroverfe iſt nun eröffnet und ba bie Gigenthür
mer eines fo widtigen Actenftüdes feine Echtheit nicht fo
teichthin werden aufgeben wollen, fo fteht zu erwarten, baß
bee Streit fortgeführt wird, welcher feiner Ratur nah nur
hoͤchſt intereffant- fein Tann. Wäre der Brief wirktich echt, fo
würbe auch der neuefte Ausweg, welchen bie raftiofe Yhantafte
bes nobeln Faubourg ſich erdacht, in nichts zerfallen. Er lief
nämlich plöglich ausfprengen, der fogenannte italienifdhe Prinz,
‚mit welchem ber „‚Constitationnel’’ die Prinzeffin verbunden, fei
Niemand anders als Ludwig XVII, welcher, nach authentifchen
unleugbaren Beweiſen, allen Wechfelfällen feiner Jugend ent⸗
gangen ſei. Somit wäre fie jegt nicht Regentin, fondern Kod⸗
nigin von Franukreich. 171.
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Redigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagäbandlung: F. A. Brodhbaus in Leipzig.
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literarifhe Unterhaltung,
Dome, - — — Kr. 122, J
2. Mai 1833.
wird; ſeinem Stolz, der ihn veranlaßte, alle tuͤchtige, ſelb⸗
ſtaͤndige Menſchen von den Geſchaͤften zu entfernen und
Mittelmaͤßige oder Nichtswuͤrdige zu waͤhlen; ſeiner Falſch⸗
heit, die verhinderte, daß er'nie eine dauerhafte Freund⸗
ſchaft knuͤpfte; feiner Verſchwendung des öffentlichen Ver⸗
moͤgens, ſeiner Leichtſinnigkeit und Oberflaͤchlichkeit, da er
Die Briefe des Freiherrn von Stein an den Frei⸗
0 ee herrn von Gagern.
Geſchluß aus Nr. 121.)
23. Mai 1825. Auf die Erfcheinung Ihrer Geſchichte |
bin ich neugierig, nicht im mindeiten auf den Fuͤrſt Met:
ternih; in Frankfurt ekelt mich die Erbärmlichkeit bes
bortigen Treibens nm ' nichts Gruͤndliches Fannte. *)
2. Zuni 1825. Es wird gefobert werden das Blut 14. Mai 1826. Der Graf Münfter machte dem Hei:
von jenen Liberalen, die, elende Nachaͤffer der Franzoſen, | nen und armen Lande (Hanover) mit der koͤniglichen Krone
für alles Unheil, das fie angezündet, nichts als einige Abz | ein Tchlechtes Geſchenk. Wir werden fehen, wie fie ders
ſtractionen und einige abgetragene Lumpen demagogifher | einft nach der Trennung von England mit ihren Anma⸗
Ziraden zu geben wiflen (aus Goͤrres, was Hr. von Stein | ungen, Beduͤrfniſſen, Foderungen an den verarmten Abel,
hoͤchſt vortrefftih finde). ” | die Bewohner der luͤneburger Haide, von dem Herzog von
Die Discuffion in Münden über das Militair wird | Gumberland getragen, druͤken wird. |
in "Berlin viele Aufmerkſamkeit erregen, dies ift eine em: 6
pfindfiche Stelle; umterbeffen aße ſih Vieles zu Gunften | „x Sul 1226, unfere preufifchen Diplomaten in Ems
ftarker Anfpannung der Kräfte in Preußen fagen, was in (weidhe dem Kapobiftrias ben Untergang verkündigten) fin
Baiern nicht: geltend gemacht werden kann. ker ev & gute Leute, aber nicht viel im Capello. (Aber
8 Suni 1825. Im Ruffen liegt Anmaßung, Uns wie iſt's denn doch gefommen?)
3. Auguft 1827. Hr. von Eckſtein, der Verf. des
ruhe und Unternehmungsgeiſt.
d 30. Juli Dos Mir heini die Verhandlungen des „Catholique”, ift ein Mann von Geift und Beredtſamkeit,
baitiſchen Meichötags find gehaltreicher umb freier als Die kennt auch genau den Stand der franzoͤfiſchen Parteien,
des franzoͤfiſchen; man flieht, daß oft Leute ſprechen, wel- *) Der umbillige Haß und Neib gegen den Hrn. von Har⸗
che die Sache kennen. Die Verfhmwendung iſt doch uns I enbers ſcheint ſchon im Biute gr Hrn. von Stein gele⸗
geheuer, drei Millionen für den Hof, 600,000 $t. für gen zu fein und hat noch vollends in ber blinden Parteis
die auswärtigen Angelegenheiten; jeder bereit6 vermählten Seien —* Fae een —— at
Prinzeſſin 22,000 Bl. Ich dächte, Preußen und Deftreich riger entzündet. Gin anderer Hr. von Stein, Lanbjäger:
meifter in Triesdorf, bei Ansbach wohnend, ein ausgedienter
preußifcher Diplomat, wollte ben Hrn. von Hardenberg 1799.
beim König unmittelbar auf Tod und Leben benuneiven, bes
fand aber: dabei fo unruͤhmlich, daß er ſich darüber aus
Berbruß das Leben verkürzte. In bed Hrn. von Dardens
berg Bruft lagen wahrhaft liberale Ideen, großmüthige,
menfchenfreundlide Empfindungen 5 fein Ganges ſtrahlte von
einer unmiberftehlichen Liebenswärbigkeit, unb es möchte
vielleicht dem Hrn. von Stein nicht minder fauer geworben
bedürften eines ſolchen Zufchuffes nicht. J
30. Auguſt 1825. Unterdeſſen halte ich es für noͤ⸗
thig, daß unfere Profefloren in Ordnung gehalten werben;
ein boffärtiger, unruhiger und feichter Geiſt befeelt fie. '
. 3. Nov. 1825. Möge der neue König (Ludwig) zwi⸗
ſchen den Klippen der neuerungsſuͤchtigen Doctrinaires,
den am Alten ſtarr Haltenden und den Napoleon'ſchen
Buraliſten durchſteuern.
27. Febt. 2826. Die Nachrichten von Muͤnchen find
fehr erfreulich; der König iſt edel, vaterlandsliebend, hat
Liebe zur Kunft und Wiſſenſchaft. Der vorige war im⸗
mer der Oberſt von Alface, gebilder durch franzöfifche
Roues und zweibrüder und manheimer Verderbtheit.
1. Mai 1826. Meine Abneigung gegen den Staates
kanzler (Hardenberg) beruht auf feiner ſkandaloͤſen Lieders
lichkeit, wodurch er zu ſchlechten Geſellſchaften hingezogen
fein, mit dem: Hrn. von Hardenberg einen Kampf in ber
Biſſenſchaft zu, beginnen. Die Geſchichte wirb Dasijenige,
was Hardenberg für das Königreich Preußen wirklich ges
leiftet, gerettet und wieber aufgebaut hat, wohl abzuwaͤgen
wiſſen, in Bergleich mit Dem, was ber Hr. von Stein nad
feinen ſtarren ritterthuͤmlichen Anfichten hat leiſten und überall
auf ein veraltetes Syſtem uralter Zeiten in feiner giaenfio-
nigen Mislaune hat zurädführen wollen, was Gott ob
nicht gelungen. Pürftenwärter hat fih erfäuft in einem .
Anfall von & rmerei. *
502
bie er alle tadelt. — Er fand unfere Demagogenriecherei
ſehr lächerlich.
28. Auguft 1877. Ic wundere mich, daß das Haus, |
Anhalt, welches Preußen fo viel zu danken hat, fich fo
feindfelig gegen diefes benimmt. Lächerlich iſt es, wenn
bey Fuͤrſt einge kleinen, nt — B
yon Handelslatereſſen ſori
Warum war nicht aing 1814—15 in Win
ftatt des beſchraͤnkten unwiſſenden Caſtlereagh? Die deut⸗
ſchen Fuͤrſten ſallten dach bedenken, chlands Un⸗
abhaͤngigkeit gegen Rußland und Frankreich —*æz
auf den —*8 und materiellen Kräften Preußens ruht,
und bie laͤppiſche und verderbliche Oppoſition, die ſich
überall zeigt, aufgeben.
31. De. 1828 (1827 7). Meine Jachter iſt in Muͤn⸗
Ken; fie ſpricht mir non der dort hexrſchenden Kleider⸗
ꝓxacht der Damen u. ſ. w. Das iſt doch huxe d'imitation,
nicht de richesse, bean Baiern if nicht reich. Auf dem
Landtag bat man «ine Sn legioaatoriſcher Waeisheit ein⸗
prechen fallen; Arheit für 10 Jahre. Eine krampfhafte
Thaͤtigkeit iſt uͤberhaupt verderblich und paßt durchaus
ar fir —A Verſammlungen.
x. 1828. Der Verf. Ihres letzten (mitge⸗
ge) —5 — legt den beiden preußiſchen Diploma⸗
ten eine nicht beſeſſene Wichtigkeit bei. Der aͤltere iſt
durch Kriecherei un Niedertraͤchtigkeit zu einem unter
gearbneten Pollen lan t, aus dem er —— allmaͤlig her⸗
vorgearbeitet hat.
zuͤngere gehört zu einer angeſehenen Familie, iſt gutmuͤ⸗
thig, aber flach; Beide ohne allen Einfluß.
Geſetzen
eine ganze Landtagsperiod⸗ vollkommen befchäftigen Könnte.
Eine Folge diefer Anhaͤufung iſt Seichtigkeie der Ent: .
vohrfe und Neologiom, ſtarr und ſchroff, auf Erfahrung .
end Hecht ruͤckſichtslos. — Dierauf fharfe Genfur ec |
turgefeges. In den Flugſchriften fpreche ſich eine derbe
und unböfliche Halbwiſſerei aus.
45. Det. 1828. Die Anträge der Regierung (am
den bairiſchen Landtag) find zu
rathungen übereilt und öfters unbefriedigend. Unterdeſſen
findet man mande Sachkenntniß und Gruͤndlichkeit in
ben. Abflimmungen des — — Aber er fcheint wenig
Charakter zu haben, denn nachdem er eins Menge Zwei⸗
ſel vorgebracht gegen bie Regierung, fo endigt er, indem
er ihre Vorſchlaͤge annimmt.
189. Non. 1823. Ein unabhängiger felbftändiger Mann, ! khara
wie Her son Cotta, folite fein Rat wicht einer Partei
vermiethen...
22. Sch. 1829. Haben & Aneillon's „Ertteme in
ae gelefen ? Es if ba Werk ſeines Charakters,
pfaͤffiſch
r 49. Maͤrz 1329. Dar braunſchweiger um cheſſiſche
Regent iſt doch ein scandalum magnum. Armes Deutſch⸗
land, die Dreizahl wird er A
30, Wril 1829, Berlin if. in plefem Kugmsii
ber intereffantefte Drt in Deutſchland, in Bezichung auf,
geduldet, aber verachtet. Der
| —* fondern ker freche Rat
11. 5 1828. Ich erhielt aus Muͤnchen mehre
fe; 25, über Gegenſtaͤnde, wovon einer allein
zahlreich, daher die Be⸗
eng an Statuen MOGERh. Mi.
bie große Zahl feiner geiſtreichen Männer, Fortſchreiten
in Kunſt und Wiſſenſchaft, politiſchen Anſichten.
25. Nov. 1829. Das Schickſal des zukuͤnftigen
Oberhaupts von Griechenland iſt nicht beneidenswerth;
ohne bie Stuͤtze eineg fremden ‚Truppencorpe wird er uicht
wirten lügen,
9. De. 1829. Bra fäeibh min. ner Ri
ling erhalte das — Generalcommando in Münfter. Die
Wahl ift gut, er wird ben biefi gen Ariflokraten gefallen
hucd, ben ganzen Pu:
blicyga ducch feinen wohlwollenden Charakter, feine wiſſen⸗
ſchaftliche Ausbildung und feine ſchriftſtelleriſchen Arbaten.
30. Dec. 1829. Der 9
fien zue Traͤgheit und zum er
verdient ben hoͤchſten Tadel; zit — —*
rich von Oranien, Bernhard pon Weimar, Kar on
Baiern u. f. w., und ale Diele nehmen dur Devife:
nfrnges conmymere”,,.
11. Febr. 1830, Mas. Popbin der. Vemohner des
linken Rheinufers auf. die Napoleon'ſchen Juſtitutionen iſt
doch Unſinn; es waren doch nur Inſticktionen des De
BB.
3, Mär; 1830. Mon folle das Heltothen ber Ar⸗
men erſcweren auch bie Gütegerlügehung beftheänten.
13. März; Kam von CEhateaubriande
Berzagen 3
Ldurchaus nichtswuͤrdig, Er iſt oam jr init ertcur⸗
| Een und geht zum Abſurden und Etelha
5, Kpeit. 1830, Geſenius mad ie find eine
6. Suni 3830. Das erzogen des Beinen Io
zolb iſt ganz im Gharaktar detß Margui Peu-A-pen, wie
ihn Georg IV. nannte; er hatte das Gefuͤhl, dies Unter⸗
sehmen nicht beſtehen zu koͤnnen, und dann einen Sei⸗
tenblick werfend auf den wahrſcheitjlichen Einfſuß in Eng
lond, den er wegen Chatakterſchwaͤche nicht: erlapgen wird.
19. Zul 4830, Ich pernahm,. das :öga Ueberttitz
der Saompringeffin - burchans frei son allen Ginpirkung,
ſondern dig. Folge vom: innere Ueberpengugg wgr.. Shr
Entſchiuß war Ber, koͤniglichen Familie anbsfanne, Sie
legte· ihr — En in ihren Privetkapelle au
den Biſchaf Calext ab, im der —— Veh Mewabis
De Tante, ber Pyinzeſſin Altheim und de u Ber
Kane —— NE —5 — krfiaun⸗
m en: in «ie freu
feat. In Hinſicht uf, Aulene Berk 35 Kuh ge⸗
o in
Mi . SR bafte, Die, en ‚Kehren, werbeg
von ben Briten Lehrftühlen entfernt.) aptrhen. Unruhe Unrube
sum Gahneng maird..ch nicht neben, weyn wan ag Dutzend
FR. Bene
um ‚her Kiheyalen ij ni ig
Hug 4839, BVei des Bantien, yo Aufn
‚ Bunda war es ein. am Misgriff, das ſeinen Gruak
e Mrigaimane de Einen Fiuften Fark, allen
Bene gleicha, Rechte au dm,
Ko Rt IBAN 7. ron Ara Ach ben, prwaituR navandi
RL — mM.
bea Herrn 1 Human. (in. Davaftedt) nice Wiüigen,
N Ingeltgembsiten :aufgeregt, die außer feingen Bereich
, und dran Kenntniß ihm die Sechu⸗ ‚die er m
ber büitgerlicßeh Geſellſchaft hat, nicht g en veil er
ein Buͤrgerlicher, nicht adelig iſt?). "Im Kaſſel bat der
vr; Shzft,. um -Mhebalte zu erſparau und: fete Prinatkaſſe
damit zu. bereichern, bie: Nathsſtellen bes oberſten Bandrs«
gericht bis auf zwei eingehen und die Gerichtögefchäfte
on ſchlecht — are Oren und, ‚gar nicht beſeldeten
zrendarien — laffen.
3 2 De. 18 Daß. Einansifen. einst. Bundesgenes
fon: it kein Eimaikten Mm er —— — ds
ner Naution, fondern Unterfikkung eftimmmtüi he
Werhätniffe von Belgien. — Preußen praͤſidirte
hanoͤveriſche Neid, Die Discuſſionen in dem bruͤ
Gonvent find doch gar zu damm, fie riechen nach dens
blauen Kittel, in welchem dit Deputirten in den Kam:
mern erfdjeinen, tole ich. vernehme.
9. Dee. 1890. Die Hauptbefhwerben im Naſſaui⸗
ſchen —— und Willkuͤr, die Verſchioſen.
heit de& Herzogs gegen Beichwerben.
+29, : m 1831. Die —e waten fuͤr Deutſch⸗
land * nur eine ſchwache Vorwauer; Zwieſpalt im
Zins, eine Uebeizapl, von Seftungen, ſchwaches Heer.
f- einer Seite eine unwiſſende, reiche, ſtolze Ariſtokra
He, one einfiuferiche dumme Pfaffheis, auf der andern
Bäröprffolz;- Rrärkergeift; Eatoinifche Säröffhe. Die Po⸗
litik des Könige war feindfelig gegen Deutfchland, blind
vertrauend auf das egoiſtiſche England, welches das erſte
iſt, das ihn feinem Schickſal uͤberlaͤßt. Der Herzog von
Aremberg hätt fih in Muͤnſter auf; er befuchte fehr regel:
mäßig die Ständeverfammlung und nahm Theil an Ihren
Verhandlungen. Er iſt ruhig, befonnen, AH hat durch
und Varwaltung eines bedeutenden Beſitzthums ſich
einen praktifchen Geſchaͤfteblick erworben. Er und ſeine
Oemablin, eine ’P, Lobtowig aus Prag, ſind einfach,
: Maͤtz 1834, Die fraͤntiſchen Hauptorte fi nd ge
gen. den König Ludwig aufgebracht; : su hätte bie gewaͤhl⸗
den Mitglieder zulaſſen ſollen. Hornthal und Wehr ſind
von keiner Bedeutung (natuͤrlich, weil fie nicht aus der
Aelsclaſſe find?) Die Rationaliſten, welche perficherh,
Das Menſchengeſchlacht fei frei won ber Eebſunde, ſind die
treuen Gepätfen. der Jetobinen 9* 838.
>
Lob: und Sqhmaͤhſcheiten von Ernſt Ortlepp. Metto:
„Lob und Tadet muß ja fein!“ Goche Leipzig, ur
1833. 8. 12- Gr.
—* —A = 5 —* * A} 43
wenun 99 m e neu 98 te, zu
eb wie ſich — ide. * Drofailer cm 3 Die mittiers
dan — wig nur erſt
. in dies Buͤch⸗
3 —S mebe flieg feine Beapunderung eher bi
Geihmediofigkeit in demfelben ® md
maßung, bie ben Brundton des ganzen
i . .177*
gilt — — —
I
faun we da⸗ en ns de nee Bonunbe
en e
er den, ch bege, bie * til mann
a enge —* aten en zu ſehen und Alles verbammt gu *
u, mas alb derſeſben eingepfercht werben
a i die Acht per — Publicum gilt ihm als ein Hi *
— tab; — * Banane — br we⸗
nigſten werdan dar n folder junger Schriftſteller
fowol ber feines literaxiſchen ‚Auftretens * ſeinen J
nad, iſt aber Herr Ernſt Ortle Einige Gelege nheitsgedichte
— Art, bie vielleicht mic E weiter ols * Mellen. nr
Lelpgig befannt geworden find, und einige, ur den Augenblick
hervorgerufene Polengefänge und Landtagslieder find Alles, wan
man o“ er * Hrn. Ortlepp kennt. Das get im aber ganz
das Net, ale nornehmer Kritifus aufzufreten
* Er it —— bes. literariſchen — dreiſt ahn⸗
echen, ale Gehrechen deſfelben einer Frechen Ru ge zu unten
ziehen, freilich ſtets in einem hbumoriftifch fein follenden Long,
ber aber fo ſchlecht gehalten ift, bag man uͤberall den übel ver-
hehlten Wunſch durchblicken ficht, «ine Art von bictatorife jem
Regiment auf dem Gebiete der ſchoͤnen Literatur auszuüben.
Seod gehört etwas mehr. Welt⸗ und Menfehenkenntpiß, a ale Hr.
Ortiepp. n befigt, dazu, um bie Holle eines ſolchen vor:
nehmen Kritifers mit Anflaud zu fpielen. Denn obgleich Leip⸗
zig „feine Leute bildet’ und ein — des literariſchen Le⸗
bens und Treibens fuͤr Deutſchland iſt, ſo duͤrfte es doch zur
Durchſchauung beflelben noch wicht genug fein. einige Buchhaͤnd⸗
lermeſſen mitgemacht gu haben, bei „Deren Bär. in ber Stadt
Berlin zu —* (Hrn. Ortlepp's eigne Worte auf S. 28)
en, ober „durch Bermitfehing eines Buchhändlers
e Flaſche Mein erhalten zu haben” —J ‚zum Genuß eines
ge iſhießens“ gelommen zu fein (S. 29). laubt
Kr * D Drtlepp ſich erfi etwas in ber Belt unge
geben und Bi Thaͤtigkeit auf ernſtere und meinn noſ Ax⸗
Fa —— gelernt haben wird, im Sir les, ja das
Re gan anders eeiheinen wird alt bamald, wc er vorlies
abet uͤchlein ſchrieb. Jegt muͤſſen wir aber über daſſelbe,
unſerer übernommenen Bere tung gemäß, berichten , und wir
Können dies um fo unparteiifcher ihun, ba mie ohne alle pers .
fönliche oder literariſche Verhältniffe zu Hrn. Ortlepp find.
Das Büchlein zerfält in 27 Kopfftüde, d. h. Gapitel ober
be. Schon die Ueberfägriften bexfelb b
— an bem. guten — dem ——
gr Man Hör nur: „Lob ber B m Ueber junge
erekogen unb Wafferorgeln. Ueber bas Ipieten. Ueber bes
fehnittene Dulaten. Ueber Krebſe und neue N ringe Der Dreh⸗
" (8.16), ober das Peg opflläf (8.75): „Ueber
Wratwürfe, Platoniſche Eiche, Cdupührten, Baiai, Bavan
ne en, Lehrbuͤcher der * nbfhube, Dreh⸗
orgein, falſche — — ——— —— Qi
Per weibliche Schoͤnheit, Wolkenbruͤche, ——
Reiſebeſchreibungen, —— „Stockfiſche, Roſenbonbons
fauere Gurken, Bildung bed Herzens, Teufeisdreck und gute
Srauerfpiele.” Solche Meberfriften follen pikant fein, bie Le⸗
I werden u aber beswundern, wenn fie finden. d
icht,
X ber Gedanke auf jeden
at jefen „Kopfſtuͤcken“ wird sun die Reit abwechſelnd
ge getadell, bie Recenfenten werben bald a
bald geinht, bie Buchpänbles abwechfelab für und zöbr
(om ur gebilbete und liberale Männer er⸗
f „De Gelehrten mexben ba
al geta
fein Unwille über die die Freien gelobt, dani 238 ber (d. die Ken ten}
——— | Hu H folgenden Bopfftücte haß Lob (aber. das Roben)
Blatter
I fuͤr
literariſche Unterhaltung.
— ———
Mittwoch, — Nr. 121. — I. Mai 1833.
| zur Nachhricht. |
Bon diefer Zeitfchrift erfcheint außer den Beilagen täglich eine Nummer und ift der Preis für den
Jahrgang 12 Thlr. Alle Buchhandlungen in und außer Deutjchland nehmen Beflellung darauf an; ebenfo
alle Doflänter, die fih an die königl. fähfifhe Zeitungserpebition in Leipzig, das koͤnigl.
preuß. Grenzpoſtamt in Halle, oder dad fürftl. Thurn und Zarifhe Poflamt in Altenburg
wenden. Die Verfendung findet wöchentlich zweiMal, Dienſtags und Freitags, aber auch in Monatspeften flatt.
Die Briefe des Freiherrn von Stein an den Freiherrn nünftige gelehrte Volk im Baum gehalten, und über
. von Gagern. alles übrige Sefindet und die Proletarien, ‚mie «6
Der preußifche unlaͤngſt verſtorbene Staatöminifter Greiz | Immer beipt, die Geißel gehalten werben foll. Bir koͤn⸗
here von m pripatifirend auf feinem Gute I Nafs | Men und nicht entbrechen, zum Beleg diefer Beſchuldigungen
fauiſchen, wird uns zue Anfchauung preisgegeben in dem die merkwuͤrdigſten Anſichten und Urtheile auszuheben, wie⸗
neueften Werke des Herrn von Gagern: „Mein Antheit wol es nicht fehlt, daß darunter auch recht geſunde Säge
an der Potitit. IV.” (Stuttgart, Gotta, 1833, 8, 2 Tpte.), und intereſſante Notizen vorkommen.
welches ausfchließend in dem Briefwechſel diefes Hrn. Mi: | 17. Mai 1817. In Münfter verbietet dee dumme
nifters von Stein mit dem Hm. von Gagern befteht, | und fanatifche Generalvicar den Geiſtlichen, irgend einem
woraus alfo von ber eignen Xheilnahme ded Hrn. von | Antheil an der Einfegnung der Ehe zu nehmen, wenn
Sagern an ber deutfchen oder europäifchen Politik nichts | nicht die Katholicität der Kinder ausbedungen ift. — Der
zu erfehen ift, die überhaupt unſers Ermeffens nie in eis | Domdechant Spiegel befigt die erfoberliche Kenntniß des _
nem wahren Wirken nach den Geboten des jegigen Beits. | tanonifchen Rechts und fehr viele Klugheit. Die Behand:
geiftes, fonbern immer nur in vielen Reden und Abfchweis | lung des Coadjutors von Weſſenberg verdient nachdrüdk
fen eines fo Gott will verlebten reicheritterfchaftlichen | Lich gerügt zu werden. Maſſenbach iſt ein eitler Wirr⸗
Anelögeiftes beftanden, in welchen ſich derfelde als einen | kopf, hoͤchſt erbittert und zu Allem fähig. Der König hat
Melanchthon der jegigen Welt dem Hrn. von Stein, al& | das Recht und die Macht zu Bundesgenofien, alfo wer
dem neuen Erdenreformator Luther, angeboten hat. Zu | den die Stände das Gefecht verlieren.
viel Ehre für Beide! Wir glauben nicht, daß Hr. von 21. Suni 1817. Hr. von Maſſenbach tft ein eitler
Gagern ben Manen Stein's durch diefe ruͤckſichtslos preis⸗ Narr. — Die Mebiatifirten denken nur an die Praͤroga⸗
gegebene Correfpondenz einen Liebesdienſt erwiefen hat, ımd | tiven ihrer Kaſte und find befhränt. W.... (Wangen⸗
find geneigt, die vielen harten, flarren, feindfeligen Urtheite | heim? der Brief handelt von Stuttgart) ift abſichtlich
des Hm. von Stein dadurch zu entfchuldigen, daß ex fie | eitel, unrein fophiftifh. Ich wuͤnſche Sie fagten etwas
gewiß nicht veröffentlicht haben wollte, ecclesia autem de | über den Unverfland der Altwürtemberger.
internis non judicat. Jene jüngere Generation, welche 15. Nov. 1817. Unfere beutfchen Regierungen ſinken
font den Hm. von Stein für ihren Heros, für den Ed | täglich mehr in der Öffentlichen Achtung, durch Ihre Furcht⸗
ftein aller tugendhaften Verbindung, den Anwalt der Lis | famkelt, Lichtfchene und MWortbrüchigkeit. Glauben Sie,
beralität, bee bdeutfchen Gelehrſamkeit, den Vertreter der | daß der Staatskanzler (Hardenberg) an Rhein kommt?
unterftien Volksclaſſen gehalten, wird davon ziemlich zu: | Sein neueſtes Machwerk einer Staatscontrole iſt eine
ruͤckkommen, wenn fie nun bier mit Händen greift, wie | Vervielfältigung der Behörden, fehlerhaft im Princip, feh⸗
Hr. von Stein unter beutfcher Freiheit fi) mit höchfter | lerhaft in der Zufammenfegung.
Herabwürbigung ber deutſchen Kürften nur eine ausfchließ: 18. April 1818. Was fagen Em. zu ber Frechheit
liche Regierung des güterbefigenden deutfchen Adels gebacht, | des Mecenfenten (über die Verfaſſung von Kleve ıc.)%: Es
in welcher die Preßfreigeit verbannt, alle Liberalen und | ift traurig, daß bie Preßfreiheit fo misbraucht werde.
in ber Theologie alle Rationaliften verjagt, das unver: ! Aufbören wird es, wenn gut eingerichtete fländifche Ver⸗
— rr, O — — — —— — — — — —— —— —
498
faffungen in das Leben -treten — dann macht das Ger
ſchwaͤtz der Demagogen keiten Eindrud mehr.
16. Mai 1818. Hr. von Nagel (ein Nieberländer 9)
ift in feinem Betragen etwas höflicher, toenngleich ver:
fumpft in dem Duͤnkel beſchraͤnkter taktloſer Menſchen.
21. IRA 18B. Weber die naſſaniſchen Staͤnde iſt
eine Fiugſchrift erfchienen, die win Gemenge von Wahr:
heit, Irrthum, und zuletzt ein Element von tollem demo⸗
tratiſchen Unſinn iſt. Die Belchüger der Herren — ſehen
die Saaten diefer wuͤrrdigen Maͤnner reifen.
17. Auguſt 1818. (betreffend den Plan für die Mtebe
beutſche Gefhichtforfchung): Frankfurt fcheint le der |’
ich Sie wählen (von Gagern), Aretin, Wangenheim, Berk:
‚ beim und Buch. Diefe nehmen ein paar Gelehrte
in ihre Mitte.
Daſſelbe Schreiben enthält eine Inſtruction an ben
Hm. von Gagern, mas gelobt und getabelt werden foll;
als nämlich die durdhgreffende Neuerungsſucht im Weima⸗
riſchen; im Nafſauiſchen das eimfeitige uͤbereilte Orga⸗
Hifiren_und das blinde Hingeben dee Deputirten in ben
"Willen der Tandesherrlihen Commiffarien; an der bairi:
fhen Eonftitution das Enscabirn von Wahlen und ihre
laͤcherliche Preßfreiheit; im Preußlſchen das Stocken in
der Ausfuͤhrung, weil Allet in den Haͤnden bes Alters
und der Schwäche Liegt.
16. Spt. 1818. Ber Teamzöfiiche Adel iſt güterlos,
meift Briefadel, hängt am Hofe, fucht Stellen und iſt
factieur. Die Zahl des beguͤterten, unabhaͤngig lebenden
Adels iſt in Deutſchland noch fehr groß. Bernſtorff iſt
ein vortrefflicher edler Mann; ob er Kraft habe, den
Stall des Augias auszumiſten, iſt eine Frage. — An
Geiſt und Wiſſen übertrifft ihn Humboldt unenblic, und
ich bewunbdere die Geſchicklichkeit des Staatskanzlers, alle
tuͤchtige talentoolle Männer (naͤmlich primo loco darun⸗
ter den Hm. von Stein) lahm zu legen. Der Geiſt des
Harn iſt von ihm gewichen, der Segen des Himmels
fehlt dem alten Sünder, nichts gebeiht unter ihm, nichts
gelingt ihm.
18. Dec. 1818. Man fdiimpft über Stourdza, über
die Anmaßung eines Fremdlings, uns zurechtweilen zu
wollen. Da unfere Pamphietiften aber doc; über alle eu⸗
ropaͤiſche Angelegenheiten enticheiden, warum foll es Stourdza
nicht erlaubt fein, ein Wort zu fprehen; beißt es doch
fon Anno 1243 nah Matthäus Paris von den Mogo: |
len: daß fie ausgezogen propter furorem Teutonicum,
sua modestia (der Mogolen) temperandum.
2. San. 1819. Allerdings weiß des Frembling (Stourbza),
was er that und warum? Man bätte ihn baber mit
Graͤmden und nicht mit Spott widerlegen fallen, ber alle
Theilnehmer exbittert. |
5. Auguft 1819. Das Naſſauiſche bleibe air immer
fiemd, nah den Srumdfägen ber dem Reich
unmittelbar Angehörigen. Die.gegenwärtigen Macht:
haber haben gegen mich und die ganze Stoffe, zu ‚der ich
gehöre, einen hohen Brad von Ingrimm, der fich in hun⸗
dert Beinen Bügen dußert. Sie fühlen ſich beleidigt, daß
— —
man ihr Machwerk nicht vergoͤttert, ihrer Pfiffigkeit und
Unwahrheit nicht traut. Es iſt traurig, zu ſehen, in wel⸗
chem Grabe ber junge Mann, der Herzog, über ſich, feine
Geſchaͤftsleute und feine Gefchäftsführung verblendet iſt,
zu glauben, daß die Privilegirten die erſte Schuld- haben
an dem Mowanſchlag gegen Hrn. IHM, Ber doch wick⸗
lich nicht fo wihtig iſt, um der Gegenſtand iner Der:
fhwörung zu fein. (Natürlich, wer nicht als unmittelbarer
Reichsritter geboren worben, iſt und bieibt ewig unwichtig.)
29. Sept. 1819. Ous ‚ was zuc Rube:
tung in Deutfchland gefchehen kann, ift, ders Reich ber
re ein Ende zu machen und das einer gefeglichen
Befaflung zu gründen umd zu Segiumm; — au die Stelle
dee Buraliften und der demokratiſchen Pamphletiften, von
denen die Erſtern das Volk duch viel und ſchlecht Regie:
ven ‚brüdem, die Andern es reizen und verwircen, ben Eins
fluß und die Einwirkung bee Eigenthuͤmer zu fehen (ber
adeligen?). Es iſt fehr erfreulich, daß mit der Beendi⸗
gung bee würtemmbergifchen Angelegenheit das ganze ſuͤdliche
Deutfchlaud eine repräfentative Verfaſſung erhalten hat.
19. Oct. 1819. Der Auffag in den „Rhetnifchen Blaͤt⸗
tern” fcheint mie von Hardenberg felbfl zu fein, — feicht,
fophiftifch — übelgefaunt — erbärmlich. ‘
7. Det. 1819. Ein Glaucoma (in Bezug auf Art, 13
ber Bundesacte) wird den Unmillen nur noch fieigern, und
wenn grabezu apodiktiſch das. Recht verweigert wird, fo ‚gibt
man den Schwindlern, Erbitterten und Boͤſen die Waf⸗
fen in die Hand.
23. Nov. 1819. Ich hoffe, Ihr Bud (Reſultate
ber Sittengefchichte”) wird dem Publicum zeigen, daß mar
mit einigen demokratiſchen and metaphyſiſchen Formeln
nicht ausreicht.
23. Dec. 1819. Handelt von den Misgriffen in Karle⸗
bab, die theils ſchaͤdliche Refultate, theils gar keine hatten. —
Die Herren Profefforen Dahlmann und Falck haben fi von
ber übernommenen Bearbeitung des Adamı von Bremen und
Helmold Iosgefagt, aus Unwillen uber Die Earlöbader Be—
flüffe, mit denen doch die Ausgabe der deutfchen Quel⸗
lenſchriftſteller in keiner Verbindung ſteht. Es iſt ein reizba⸗
res unvernünftiges Volk, das gelehrte Volk. (!)
1. Mai 1820. Man ſcheint entſchloſſen zu ſein, mit
der Stelle in Frankfurt (am Bundestage?) keine Veraͤn⸗
derung vorzunehmen, und uͤberhaupt eine Abneigung ge⸗
gen alles Tuͤchtige, Kräftige und Selbſtaͤndige zu haben.
Bon der Ausgabe der Quellenſchriftſteller tollen wir
sicht viel -Mühmens machen, bis wirklich etwas geleiſtet
worden; der Geiz der Reichen, bie Faulheit der Gelehr⸗
‚ten find große Dinderniffe. *)
2) Wie iſt dagegen von einem vertrauten Freunde früher
fon fehr geklagt worden, daß Hr. von Stein, ber an als
‚len Andeen die Bureaulratie fo ſchr gehabt, -in'ben Ange:
legenheiten dieſer Geſellſchaft für feine Merfon Alles nur gieich
bureaumaͤßtg babe -abdecretiren und minifiermäßig ordon⸗
nanziren wollen, was ben liberalen Gang dieſes Zuftituts
ſehr gehindert. Ingwifchen bleibt dem Hrn. von Stein Bier:
dienſt und Ehre, für dieſe mit fo großer eigner Aufopfes
rung oben erhaltene Anftalt im uͤberreichen Maß noch übrig,
was ihm auch nicht benommen werden foll.
299
Der Schuß bes Briefe laͤßt fi) aus über bie fra:
tzenhaften Radicalen, Beamtenwillkuͤr, ſchlechte Juſtiz, Ab⸗
gaben, Einmiſchen ber Bureaukratie in alle. Commungal⸗
und individuellen Verhaͤltniſſe.
24. Auguſt 1821.: Das Edict uber die boͤuerlichen
Verhaͤltniſſe befriedigt weder ben Bauer noch den Guts⸗
herrn. — Er habe zu den unmittelbaren Lenkern der Zeit⸗
ereigniſſe wenig Vertrauen, erwarte nichts von einer preu⸗
ziſchen Verfaſſung, welcher die naͤchſten Umgebungen des
Königs und die Einflüffe des oͤſtreichiſchen Hofes entge⸗
genwirkten; wir wuͤrden fernerhin vegiert werden von be:
-foldeten Buchgelehrten, intereffenlofen Buraliften, von Men⸗
fchen ohne Eigenthum (d. i. Unabeligen?).
9. Sept. 1821. Die fo ungeſchickt behandelte badi⸗
fhe Ständeverfammlung zeigt doc, ernften Willen, im
Kinverftändnig mit der, Regierung, das Gute zu bewies
en (haͤlt die fchroeizerifche Regierung für ſehr gut und
wohlfeil).
17. Nov. 1821. Ich verlaſſe das Land ungern, um
in Frankfurt die Bundestagsgeſandten Sacklaufen zu ſehen.
6. Febr. 1822. Unſer lahmes Bundestagsweſen iſt durch
eine heftige Bernſtorff'ſche Note aufgeruͤttelt; fie wirft lei:
denfchaftliche Uebereilung in ber koͤthenſchen Sache vor ıc.
9. Maͤrz 1822. Die bairiſche Staͤndeverſammlung mag
wol unbeholfen fein; verfiändig ift fi. Mir werden nun
ſehen, welches Schickſal das Culturgefeg hat, das einige
Dispofitionen enthält, die gradezu exproprieren.
419. April 1822. Spricht von der Werkehrtheit ber
mittiern und kleinern Staaten, eine Selbflänbigkeit gegen
Oeſtreich umd Preußen zu behaupten. — Dem guten ge:
funden bairiſchen Verſtande macht es Ehre, wenn er bie
Seifenblaſe ber Zettelbant von ſich ſtoͤßt.
22. April 1822. Die Pſeudopolitiker, die Sophiſten
werben wieber fehr laut. Ein Aufſatz des Den. Murhard
in den „Politiſchen Annalen” bat vielen Unwillen erregt.
9. Zuni 1822. Daß Ich die buraliftifhe Monarchie
für fehlerhaft halte, willen Sie; aber ben ſchwediſch⸗ pom:
merfchen Nobiliarkaftengeift kann ich auch nicht vergättern.
16. Auguft 1822. Im Kaffel war Alles voll von
den Verſolgungen und Kraͤnkungen, fo bie vortreffliche
KRurfürftin von ihrem halb mwahnfinnigen Gemahl auszu:
ſtehen hat, der Alles zuc Verherrlichung einer unzuͤchtigen,
gemeinen Buhlerin aufopfert und fi) mit ‚ben nichtswuͤr⸗
dioften Menſchen umgibt. (NB. So ſteht's woͤrtlich in
dem nicht verbotenen Gagern'ſchen Werke und follte wol bier,
da es die Gagern'ſche Indiscretion anklagt, nicht anſtoͤßig
fcheinen; doch salvo meliori.)
Der Bundestag hat fi) auf vier Donate vertagt,
nachdem er acht Donate nichts gethan hatz man follte
biefes koſtbare zweckloſe Inſtitut aufheben und ftatt feiner
eine Ragfagung einführen, die einige Monate jährlich
daue
st.
17. Sept. 1822. Der Verluft des Drn. von Aretin
tft ſehr groß, er läßt eine bebeutende Lüde; -- "ber Bun:
destag wird nur tiefer finken.
16. San. 1823. Den Frieden in Baſel veranlaßte
(höpfung der Finanzen und bie Unbehoffenpeit der deut⸗
ſchen Fürften, mit Geld und Lieferung Preußen zu un⸗
terflügen; Alles diefes benutzte Kalkreuth, ein geiftvoller,
ehrgeiziger, boshafter und fchlauer Mann — Schuienburg,
um den alten, beſchraͤnkten Moͤllendorf zu eigenmächtigen
Unterhandiungen zu verleiten. In Berlin unterflägte die
Friedensplane der Staatsminifter von Struenſee, ein kraͤf⸗
tiger, einfihtsvoller und gutmüthiger Mann, den revolu:
tionnaiten Srunbfägen als Deiſt und gelehrter Buͤrgerli⸗
cher nicht abgemeigt. (Da haben wir's; welcher Skandal,
ein bürgerlicher Mintfter!) Seicht und ſchwuchkoͤpfig war
weder Haugroig noch Lombard. Beide hatten vielem Vers
ftand, Legterer viele claſſiſche Gelehrſamkeit, gründliche
Kenneniß der franzöfifhen Literatur, nicht gemeines Dich:
tertalent; Beide waren unmoraliih, Lombard von niebei-
gem Herkonmen, eines Perkdienmachers Sohn, daher fagte
er: „mon pere de poudreuse memoire”, in ber liederli⸗
hen Schule Niegens und der Lichtenau gebildet.
30. Mai 1823. Die Mafchinerie des naſſauer Land:
tags iſt fehlerhaft, aber dee Mafchinenmeifter, ftart bemuͤht
zu fein, fie zu verbeflern, fucht fie zu untergraben, nicht
auf die Wahlen zu influfren, fondern die Wahlfreipeit zu
unterbruden. — Die Verwaltung iſt hoͤchſt verfchmenberifch
— ein Generalcommando, das 26,000 Thlr. koſtet, ein
Geift des Despotismus In allen Verhaͤltniſſen.
4. San. 1825. In Mainz find die Commiffarien, in
Verzweiflung über ihre Gefchäftslofigkeit; diefe ganze In⸗
auifitionsbehörbe iſt hoͤchſt laͤcherlich und erfolglos. -
. (Der Beſchluß folgt.)
Nachtrag zu ber Geſchichte Ludwig XVI.
Kein Ereigniß der neuern Geſchichte hat fo viele Reiden:
fihaften angeregt, fo viele Stimmen in Bewegung gefegt, ale
die fameufe Anzeige ber Derzogin von Berri, ruͤckſichtlich ihrer
beimtichen Berheirathung. Die Blätter der Bewegung,
weiche, bie früher fchon betretene Bahn verfelgend und in dem
Geſchehenen nur bie Verwirklichung ihrer Borausfagungen er:
blickend, ſich keine gewaltigen Autbrüche der Freude erlaubten,
vielmehr ihren ganzen und ungetbeilten Groll auf bie auch bei
biefee Gelegenheit beobachtete illohale Haublungsweife ber Re:
gierung Louis Philipp’s warfen, wurben hierin natürlid von
den legitimiftifchen Blättern unterflügt, und fo ſah fich das
Gouvernement alfobald, flatt feines Triumphes fich erfreuen zu
können, ‚gendthigt, einen vereinten Angriff der beiden Yarteien
auszuhalten, ohne daß ihm fernerhin auch nur der abgenupte
Troſt eines Bündniffes zwiſchen Karliften und Hepublilanern zu
ftatten kaͤme. Die Bemühungen ber verfchiebenen Parteien wa⸗
sen je nach ihren Principien und Beſtrebungen in abweichenden
Nuancen ertennbar. Die republilanifche Partei nahm fogleich
eine fefte Stellung ein und fand den Zroft für bie Herzogin von
Berti in ber Gefchichte und den Welegen, daß es in der koͤnig⸗
tichen Kamilie nie anders gewefen fei. Die „Gazette de France”
und die ihr @leichgefinnten bemäheten fidh, die Ehe und Schwan,
gerfihaft der. Prinzeffin als ohne Ginflu auf die Rechte und
Anfprüche des Herzogs von Bordeaurx darzuftellen, indem fie
dafür in der Befchichte des Dergone von Reichſtadt und feiner
Mutter Uaterſtuͤhung und für bie Schwäche ber Prinzeffin-in
dem Beiſpiel großer Herrfcher und Herrſcherinnen binlängliche
Entfchuldigung fanden — und, Bott weiß, es fehlt daran nicht!
Einige andere Blätter fuchten fich baburdy zu rächen, baß fie,
1 inter VDeſchichte nachfihlagend, mit größter Genauigkeit alle
900 .'
Unthaten und Grevel hervorriefen, welche ſich jemals in ber
amilie Orleans zugetragen haben. Unter Anderm findet ein
latt in der fürmahr auffallend großen Zahl von Gemälben
aus der Orleans'ſchen Familiengeſchichte in ber diesjährigen
Kunftausftellung Anlaß, die gewählten Sujets als wnintereffant
u qualificiren und an eine andere intereffante Begebenheit in
der nämlichen Jamilie zu erinnern. Ss läßt Voltaire in einem
Briefe vom 20. Juli 1724 ſprechen: .
„Ich wuͤnſchte, dab Sie von den fpanifchen Nachrichten
noch nichts wüßten, bann hätte ich das Vergnügen, Ihnen zu
melden, daß ber König von Spanien feine Bemaplin hat eins
ſperren laſſen, eine Tochter des Herzogs von Drleans, welche
trot Ihrer fpigen Nafe und ihres langen Befichtes (die Damen
der Familie Orleans hatten von jeher lange Geſichter und fpige
Naſen) nicht laffen Eonnte, bie großen Beiſpiele ihrer hoben
Schweſtern zu befolgen. (Bier wird nun folgende Phrafe —
wie es heißt, zum Bebrauche ber Schüler in dem Haufe Or:
leans — in ſchlechtem Latein gegeben: ‚,Praestantissimo cor-
pore ancillae reginae ipsaque regina, vestibus, tenuissimis
etiam, exutis, formosos Hispaniae principes nonnunquam
receperunt.”') Man bat ihr ganzes Haus aufgehoben und bei
ihr im Schloffe, wo fie eingefperrt ift, nur eine alte Ehrenfrau
gelaffen. Als die arme Königin fi mit biefer Ducda einge:
fpeert fab, fol fie den Gntfchiuß gefaßt haben, ſich zum Benfter
binauszuftürgen, und auf dem Punkt gewefen fein, ihn auszufüh:
ren, als man ihr ſchnell' zu Hülfe geeilt ifl.” -
Beinahe gleichzeitig brachten bie Öffentlichen Blätter, die eng⸗
liſchen zuerft, ein Actenftüd, weiches auf die Verhaͤltniſſe der Bas
milie Ludwig XVI., insbefondere auf bie Aufführung der Königin
Marie Antoinette großes Licht zu werfen geeignet war. Diefe
Dame war ber Gegenftand fehr ſchwerer Beſchuldigungen, nicht
nur in politifcher Beziehung, fonbern auch hinſichtlich ihrer ches
lichen Berpältniffe, und während ein Theil hierüber Längft im
Neinen ift, bat ein anderer feine Zweifel fortgefegt. Diefe Ur⸗
kunde ift ein Brief des Grafen von ber Provence, um bie Les
gitimität der Kinder Lubwig XVI. zu beftreiten. Ginige eng⸗
lifhe Zournale, fagt ein biefiges Blatt hierüber, haben Auszüge
aus diefer Urkunde gegeben, deren Original einem Bürger von
Brüffel auzugebdren fcheint. Der Brief ift gana von ber Hand
bes Srafen von ber Provence, fpäter Ludwig XVII. Er ift
an den Herzog von Fit: Iames abreffirt und vom 15. Mai
1787 datirt. Der Zuftand bed Papiers und bie Schrift, bie
Zeichen des Alters, eine Randnote von ber Hand des Gonventss
gliedes Courtois mit rother Dinte: „Geheime Papiere von
Robespierre“, Können keinen Zweifel laffen über die Echt:
beit diefes Schreibens, welches alfo lautet:
„15. Mai 1787.
„An ben Derzog von Fitz⸗James.“
„Die Berfammlung der Notabeln ift ihrem Ende nahe, mein
lieber Herzog, unb doch haben fie die große Frage noch nicht
ne Sprache gebracht. Zweifeln Gie nicht daran, nach den Urs
nben, weldye Sie bereits vor ſechs Wochen übergeben haben,
werben bie Notabeln Beinen Anftand nehmen, fich zu überzeugen,
daß die Kinder des Könige nicht bie feinigen find. Dieſe Urs
kunden beweifen bie Schuld ber Königin bis zur Augenfälligkeit.
Sie find ein dem Blute Ihrer Gebieter zu ergebener Unterthan,
um nicht zu erröthen, vor dieſen ehebrecherifchen Fruͤchten ſich
zu beugen. Morgen alfo und nicht fpäter legen Sie in biefem
Betreff meinem Bureau einen Bericht vor. Ich werbe zwar
nicht zugegen fein; allein mein Bruber von Artois, beffen Bu:
zeau feine Sigung hält, wird an meiner Stelle ben Vorſit
führen. Die Thatſache, von welcher es jich handelt, einmal
feftgeftellt, werben die Bolgerungen leicht zu ziehen fein. Das
Parlament, welches bie Königin nicht liebt, wird keine großen
Schwierigkeiten machen ; allein wenn ihm bergleichen dennoch
in den Sinn kommen follten, fo haben wir bie Mittel, baffelbe
ur Wernunft zu bringen. Was die Ginberufung der Stände
eteifft, fo hoffe ih, baß man noch lange davon fprechen wird,
‚mit welchem
ehe man ernſtlich baran denkt. Eadlich muß es gelingen; nur
auf biefe Weile werde ich bie ungeheuern Opfer vergeffen koͤn⸗
nen, welche id) gebracht, um biefe Ueberzeugung zu erlangen.
Ich weiß zwar wohl, daß fie dem König nicht ſehr angenehm
fein wird; aber, unter uns, verbient denn ein ſolcher Spielball
feinee Frau zu regieren? ... Ja, mein Leber Fitz⸗James, es
ift ein armer Tropf! und Frankreich it würdig, einen wahren
König zu haben...“ -
„Louis Stanislas Xavier.“
Dieſe Urkunde, welche, wie von böfer Hand geleitet, in dem
gegenwärtigen Augenblid in bie Tagsverhandlungen geworfen
wurde, wo die legitimiftifche Partei ohnehin durch den Vorfall
mit ber ‚Herzogin genug zu leiben har, war bisher nicht ange
fochten worden. Beute aber geben mehre Blätter, welche das
voa geſprochen hatten, eine bagegen erhobene Reclamation.
Folgende ift die, welche ber „‚Corsaire” mittheilt:
, „Chateau de Vaucreffon ben 8. März 1888."
„Mein Herr,’
„Ich lefe in diefem Augenblid in Ihrem Zournal vom 1.
b. M. ben Auszug eines an den Herzog von Fik: James uns
teem 15. Mai 1787 und nicht 1789, wie der englifche „„Globe”,
welchem Sie gefolgt, irrig meint, gefchriebenen Briefe, in
welchem ‚ber König Ludwig XVIII., damals Graf von ber Pros:
vence, den Herzog auffodert, dem von Monſieur präjibirten
Bureau ber Notabelnverfammiung einen Bericht zu machen.‘
„Dieſer angeblich eigenhänbige, jest von Treuttel und Würg
in London angetaufte Brief wurde mir am 12, November 1828
übergeben, Mit bem Auftrag, ihn dem Gouvernement anzubies
tem. Allein ein Schriftverſtaͤndiger erkannte, baß biefer eigens
händige Brief nichts Anderes fei, als eine muͤhſam gemachte
Nachzeichnung, indem ber Abfaſſer deſſelben genöthigt geweſen,
ſich ein Alphabet nach einer Schrift von Monſieur, Graf von
der Provence, zuſammenzuſetzen, ehe er ihn ſchreiben konnte.
Man fand auch mehre orthographiſche Fehier darin, während
Niemand bie hohe Ausbildung Ludwig XVIII. in Abrede zu
flellen vermag.”
„Der legte Beweis der Kalfchheit diefes angeblich eigenhäns
digen Briefes aber war, baß ber Herzog von Fig« James, wel:
er niemals die Ehre hatte, Mitglieb der Notabelnverfamms
lung zu fein, nicht beauftragt werben Eonnte, einen Bureau
Bericht abzuftatten, bei welchem er nicht einmal Zutritt hatte.“
„3% wurbe demgemäß beauftragt, bie Piece zuruͤckzuſtel⸗
len; ich begleitete fie mit einem Dankfagungsfchreiben für das
Birtrauen, womit man 'bieftibe bei mir Hinterlegt, und fügte
bie materiellen Beweiſe der Zatfchheit bei. Abſchrift beider
Briefe ift in meinen Bänden geblieben, und ich bin erbötig, fie
Jedem, welcher fi zu mir, Straße Chauchal Nr. 3, verfügen
will, zu zeigen.”
Die von bem Grafen von Coutarb angezogenen, in dem Ab:
drud ber Briefe aber nicht vorkommenden Schreibfehler find von
dem ‚‚Corsaire’? eingefehen worden. Es find folgende: 1) ils
n’hesiterons pas, 2) les pièoes remise, 8) les enfaus
adulterains. Dieſer letztere Fehler ift beſonders auffallend, und
mit der Bildung Lubwig XVII. faum vereinbar.
Die Controverſe ift nun eröffnet und ba bie Eigenthär
mer eines fo wichtigen Actenftüdes feine Echtheit nicht fo
leichthin werben aufgeben wollen, fo fteht zu erwarten, baf
ber Streit fortgeführt wird, welcher feiner Natur nad) nur
hoͤchſt intereffant- fein kann. Wäre ber Brief wirklich echt, fo
würbe auch der neuefte Ausweg, welchen bie raftlofe Phantafte
des nobeln Faubourg ſich erdacht, in nichts zerfallen. Er ließ
nämlich plöglich außsfprengen,, ber fogenannte italienifche Prinz,
der „„Constitutionnel’’ die Prinzeffin verbunden, fei
Niemand anders als Ludwig XVII., welcher, nach authentifchen
unleugbaren Beweiſen, allen Wechfelfällen feiner Jugend ents
gangen ſei. Somit wäre fie jegt nicht Regentin, fonbern Kö⸗
nigin von Frankreich. 171.
Redigirt unter Berantwortlicgteit der Werlagäbandlung: F. U. Brodhaus in Leipzig.
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Donnerdtag, .
— Nr. 122. —
2. Mai 1833,
Die Briefe des Freiherrn von Stein an den Frei
0 see herrn don Gagern. -
Geſchluß aus Nr. 181.)
23. Mat 1825. Auf die Erfcheinung Ihrer Gefchichte
bin ich neugierig, nicht im mindeſten auf den Zürft Met:
ternich; in Frankfurt ekelt mich die Erbärmlichkeit des
dortigen Treibens an
2. Juni 1825. Es wird gefodert werden das Blut
von jenen Liberalen, die, elende Nachaͤffer der Franzoſen,
für alles Unheil, das fie angezuͤndet, nichts als einige Ab:
ſtractionen und einige angerrogene Zumpen dbemagogifcher
Tiraden zu geben willen (aus Goͤrres, was Hr. von Stein
hoͤchſt vortrefflich findet).
Die Discuſſion in München uͤber das Militair wird
in Berlin viele Aufmerkſamkeit erregen, dies iſt eine em⸗
pfindliche Stelle; unterdeſſen laͤßt ſich Vieles zu Gunſten
ſtarker Anſpannung der Kraͤfte in Preußen ſagen, was in
Baiern nicht geltend gemacht werden kann.
8. Juni 1825. Im Ruſſen liege Anmaßung, Un-
ruhe und Unternehmungsgeiſt.
30. Juli 1825. Mir fcheint, die Verhandlungen des
bairiſchen Reichstags find gebaltreicher und freier als bie
des franzoͤſiſchen; man fieht, daß oft Leute fprechen, wet
che die Sache kennen. Die Verfhwendung iſt doch un⸗
gehener, drei Millionen für den Hof, 600,000 $1. für
die auswärtigen Angelegenheiten; jeder bereit6 vermählten
Prinzeſſin 22,000 Fl. Ich dachte, Preußen und Deftreich
bebürften eines folchen Zuſchuſſes nicht. u
30. Auguft 1825. Unterbeffen halte ich es für nd-
thig, daß unfere Profefloren in Ordnung gehalten werben;
ein boffärtiger, unruhiger und feichter Geift befeeit fie.
3. Nov. 1825. Möge der neue König (Ludwig) zwi⸗
fhen den Klippen der neuerungsfüchtigen Doctrinaires,
ben am Alten ſtarr Haltenden und den Napoleon’fchen
Buraliften durchſteuern.
27. Febt. 1826. Die Nachrichten vom Muͤnchen find
ſehr erfreulich; der König iſt edel, vaterlandsliebend, hat
Liebe zur Kunft und Wiſſenſchaft. Der vorige war im⸗
mer bee Oberſt von Alface, gebilder durch franzöfiiche
NRoués und zroeibrüder und manheimer Verderbtheit.
1. Mai 1826. Meine Abneigung gegm den Staats⸗
kanzler (Hardenberg) berubt auf feiner ſtandaloͤſen Lieders
lichkeit, wodurch er zu ſchlechten Befenichaften hingezogen
wird; ſeinem Stolz, der ihn veranlaßte, alle tuͤchtige, ſelb⸗
ſtaͤndige Menſchen von den Geſchaͤften zu entfernen und
Mittelmaͤßige oder Nichtswuͤrdige zu waͤhlen; ſeiner Falſch⸗
beit, die verhinderte, daß er'nie eine dauerhafte Freund⸗
ſchaft Enüpfte; feiner Verſchwendung bes Sffentlichen Ver:
mögens, feiner Leichtfinnigkeit und Oberflächlichkeit, da er
nichts Gruͤndliches fannte. *)
14. Mai 1826. Der Graf Münfter machte dem klei⸗
nen und armen Lande (Hanover) mit der koͤniglichen Krone
ein ſchlechtes Geſchenk. Wir werben fehen, wie fie ders
einft nach der Trennung von England mit ihren Anma⸗
Bungen, Beblrfniffen, Foderungen an den verarmten Abel,
die Bewohner der lüneburger Haide, von dem Herzog von
Cumberland getragen, drüden wich.
1. Juli 1826. Unfere preußifchen Diplomaten in Ems
(welche dem Kapodiſtrias ben Untergang verfündigten) find
zwar recht gute Leute, aber nicht viel im Capello. (Aber
wie iſt's denn doch gekommen?)
3. Auguſt 1827. Hr. von Eckſtein, der Verf. des
„Catholique“, iſt ein Mann von Geiſt und Beredtſamkeit,
kennt auch genau den Stand der franzöfifchen Parteien,
*) Der unbillige Haß und Neid gegen ben Hrn. von Har⸗
denberg ſcheint ſchon im Biute des Hrnu. von Stein geles
gen zu fein und bat noch vollends in der blinden Partei⸗
lichkeit für bad veraltete Weſen der Reichsritterfchaft, welches
Hardenberg in Franken angreifen mußte, ſich um fo feu-
iger entzündet. Ein anderer Hr. von Stein, Landjaͤger⸗
meifter in Triesdorf, bei Ansbach wohnend, ein ausgebienter
preußifcher Diplomat, wollte den Hrn. von
beim König unmittelbar auf Tod und Leben benuneiren, bes
Rand aber: dabei fo unruͤhmlich, daß er ſich darüber aus
Verdruß das Leben verkürzte. In bed Hrn. von Harden⸗
berg Bruſt lagen wahrhaft liberale Ibeen, großmüthige,
menfchenfreundlidde Cmpfindungen; fein Ganzes ſtrahlte von
einee unmwiberftehlichen Liebenswärbigleit, und es möchte
vielleicht dem Hrn. von Stein nicht minder fauer geworben
fein, mit dem Hen. von Darbenberg einen Kampf in ber
Wiſſenſchaft zu, beginnen. Die Geſchichte wird Dasjenige,
was Harteiiberg für das Königreich Preußen wirklich ges
leiftet, gerettet und wieber aufgebaut bat, wohl abzumägen
wiſſen, in Bergieih mit Dem, was ber Hr. von Stein nad
feinen ſtarren rittertbämlichen Anfichten hat leiften und überall
auf ein veraltetes Spftem uralter Zeiten in feiner eigenfin⸗
nigen Mislaune hat zurädführen wollen, was Gott Eob
nicht gelungen. Pueftenwärter hat ſich erfäuft in einem
erei. -
Anfall von
Sarbenberg 1799
“___ 4
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die er alle tadelt. — Er fand unfere Demagogenriecheret
ſehr lächerlich.
28. Auguft 1877. Ich wundere mich, daß das Haus,
Anhalt, welches Preußen fo viel zu danken bat, fich fo
feindfelig gegen dieſes benimmt. Lächerlich iſt es, wenn
der Fuͤrſt eines kleinen, dugggaug ndeskauggber Limenẽ |
von Hambelöinserefien ſpricht
Warum war nicht Ganning 1814—15 in Wien
ftatt des beſchraͤnkten unwiſſenden Caſtlereagh? Die deut:
(hen Fuͤrſten fallten badı bebenfen, daß Deutſchlands Un⸗
abhängigkeit g
auf den moratifähen
und bie Läppifche und verberbliche Oppoſition, die ſich
überall —5 aufgeben.
31. Der. 1828 (18277). Meine Tochter ift in Muͤn⸗
Kan; fie Spricht mir von der dort hexrſchenden Kteider⸗
ꝓracht ber Damen u. ſ. w. Das iſt hoch huxe d'imitation,
nit de richesae, bean Baiern iſt nicht reich. Auf dem
Landtag hat — eine Shut
prechen laſſen; Arbeit für 10 Jahra. Eine krampfhafte
Thaͤtigkeit iſt uͤberhaupt verderblich und paßt durchaus
ar fir ftändifche Verſammlungen.
n Et 1828. Dee Verf. Ihres Testen (mitge
ein) chreibens fegt den beiden preußifchen Diploma⸗
tea eine nicht beſeſſene Michtigfeit hei,
durch Kriecherei und Niedertraͤchtigkeit zu
Der aͤltere iſt
vorgearbeitet hat. Er iſt geduldet, aber verachtet.
juͤngere gehört zu einer angefehenen Familie, iſt gutmü⸗
thig, aber flach; Beide ohne allen Einfluß.
11. April 1828. Ich erhielt aus Münden mehre
Sefegentwürfe, 25, tiber Gegenftände, wovon einer allein |
eine ganze Sandtagsperiode vollkommen befchäftigen Könnte.
Eine Folge diefer Anhaͤufung iſt Seichtigkeie der: Ent: |
vohrfe und Neologism, ſtarr und fchroff, auf Erfahrun
end Recht Sul
mad unhöfliche Halbwiſſerei aus.
15. Det. 1828. Die Anträge ber Regierung (an
den bairiſchen Landtag) find zu zahlreich, baher die Be:
rathungen uͤbereilt und öfters —S Unterdeſſen
findet man manche Sachkenntniß und Gruͤndlichkeit in
den Abflimmungen des — — Aber, ex ſcheint wenig
Charakter zu haben, denn nachdem ex eins Menge Zwei⸗
fel vorgebracht gegen die Regierung, fo endigt er, indem
er ihre Vorſchluͤge annimmt.
19. Non. 1828. Ein unabhängiger feibftänbiger Mann, ! Köberer
wie Dar pon Cotta, follte fein. Blatt nicht einer Partei
vermie
hen.
22, Zah. 1829. Haben Sie Kkeilion's Extreme in | u) —
F Bee gelefen ? Es iſt dag Werk ſeines Charaktere,
pfaͤffiſch
ı 49. Marz 1829. Dar braunſchweige⸗ und haſſiſche
Regent iſt doch ein scandalum magnum. Armes Deutſche
fand, die Dreizahl wird vollſtaͤndigß
30. Ipril 1829, Berlin A in pleſem Xugnsii |
der intereffantefte Ort in Deutſchland, ia Beziehung auf;
n Rußland und Frankreich hauptſaͤchlich
n und materiellen Kräften Preußens ruht,
islatoriſcher Weisheit eins
einem unter⸗
geordneten Poſten gelangt, aus dem er 9 allmaͤlig * |
| —* —* hoͤchſt Freche R
ruͤckſicheslos. — Hierauf ſcharfe Cenſur des Cul-
turgeſetzes. In den Flugſchriften ſpreche ſich eine derbe
die große Zahl feiner geiſtreichen Männer, Fortſchreiten
in Kunſt und Wiſſenſchaft, politiſchen Anſichten.
25. Nov. 1829. Das Schickſal des zukuͤnftigen
Oberhaupts von Griechenland iſt nicht beneidenswerth;
ohne die Stuͤtze eines ſremden Aruppencorpe wird er nie
mieten kaͤnnen.
9. De. 1820. m ſchelb nic, cihnerg —
ling erhalte das — Generalcommando in Münfter. Die
Wahl ift gut, er wird den biefigen Ariſtokraten gefallen
durch feine ariftofratifi .bem ganzen Pu:
blicum duch) feinen wohlwollenden Charakter, feine wiſſen⸗
ſchaftliche Ausbildung und feine fchriftftelferifchen Arbaten.
30. Der. 1829. Der. ‚Kür:
fien zur Traͤgheit und zum
verdient ben hoͤchſten Fabel; * aben pr N
rih ven Dranin, Bernhard pon. Weimar, *
Baiern u. ſ. w., und alle dieſa aehmen zur Deviſe:
nfrnges conamereæ“.
44. Gebr, 1830, a8. Pruhlen der, Vewohner de⸗
linken Rheinufers auf. die Mapoleon ſchen Jnſtitutionen if
doch Unſinn; es waren doch nur Juſticutionen des Der
mnnnn.
3, Wär; 1830. Man folle das Heitathen ber Ar
men erfcweren, auch die Gütezerfküdehing beffheinten
13. März Herin von. Chateaubriand e Berzagen If
durchaus nichtswuͤrdig. Er iſt gam im Giteikeit ertrus⸗
ken und geht zum Abſurden und ften
ala find keine
5, Zpeit 1830, Beine —*
4830. Das a 4 Peine [>
zolb if ganz im Charakter ‚set Marquis Peu-ä-pen, wie
ihn Georg IV. nannte; er hatte das Gefühl, Died Unter
sehmen nicht beſtehen zu koͤnnen, und dann einen Sei
tenblick werfend auf den wahrſcheitlichen Einfluß in Gas
dond, den. er wegen Eharakterſchwaͤche nicht, erlangen wird.
409. Juli 4830, Sch. pagnahm, daß dye Alsberfeist
der Kronpeinzeſn - Duschaus fir von alle ſinwinkung
ſondern die. Folge vom innerer Uebatzeugung mr. hr
Entſchlugß war der koͤniglichen Familie anbefannt, Sie
vb. ihe Sipuhensbefenumig in ‚ihren. Privasfaneie au
n Bifchaf Salat gb, in der Begenwash-ihse: Gemahls
—* Tante, der Prinzeffin Wilhelia man; der. Grafin Res
Da, werfiiate ſich dann zum. a a Ben ae Ds *
ſwehen anauisigenu: daß ihn
feste. In Sinſcht Huf, le a —* re ge:
winiät, bie Dersudainag ſai ——— doch in
ag AS. man hie Dandiyng her Feongeipe
Mi ‚2 sb, hafft, die, An en —— werden
Reg —* Gehe Re, allen
— gleicha, Rachte au. den, 5.
ct. IBAN 7 van Komm ch.Den, PRWRitR ngvamsli
da Herrn E. Hefmann (in. Dausfteit) nich billigen
der Angeltgenbritun :amfgeisgt, die außer feingen Bereich
Hegen, und brief: Keuntniß Ihm die Stellugg, bie er in
ber btgerhicjen: Geſellſchaft Di Fi en (veil er
ein Buͤrgerlicher, nicht adelig iſt N sup ed. hät der
—Fuͤnſt, um ‚z — und feirte er
damit zu bereichern, bie Rathsſtellen des oberſten bandes⸗
gerichts bis auf zwei en und die Gerichtögefchäfte
on ſchlecht befolbsten Aſſeſſoten und, ‚gar nit‘ beſoldeten
egen versichten
.: % Die. 1830. :Das. —— — einst. Bunbesgene
ſen fi kein Eineaiſchen in die Inment Angetegenheiten «1»
ner Nution, fondern Unterſtutzung. Bei Ag bes
Werhäteniffe von Belgien gegen Preußen präflbirte. de
hanoͤveriſche Neid, Die Discuſſionen in dem brü
Gonvent: find doch gar zu dumm, fie riechen nach bem
blauen Kittel, in. welchem bie Deputirten in den Kam:
mern erfeeinen, role ich. vernehmp.
9. Dec. 1830. Die Hauptbeſchwerden im Naſſaui⸗
ſchen find Baamteninſolenz und Wiilkuͤx, bie Verſchioſſem
beit bed Herzogs gegen Beſchwerben.
29. Jam. 1331. Die Niederlande waren flır Deutſch⸗
land doch nur eine ſchwache Vormauer; Zwieſpalt im
Zara, eine Ueberzahl von Feſtungen, ſchwaches Heer.
uf- einer Seite eine unwiſſende, reiche, ſtoize Ariſtokra⸗
die, one ‚einfiußeriche dumme Pfaffheit, auf der an
Bürgsrftotz; Kraͤmergeiſt, Calvinifche Säroffhett. Die Po⸗
litik des Königs war feindfelig gegen Deutfchlanb, blind
vortrauend auf das egoiſtiſche England, welches das erfte
ift, das ihn feinem Schickſal Übertäßt. Der Herzog von
Aremberg hält ſich in Münfler auf; er befuchte fehr regel⸗
mäßig bie Ständeverfammlung und nahm Theil an Ihren
Verhandlungen. Er iſt ruhig, hefonnen, und har durch
und Verweltung eines bedeutenden ie⸗ fich
einen praktifchen Geichdftsblick erworben, Er mb ſeinm
N eine P, Lobkowig aus Prag, nd einfach,
usli
3. Maͤtz 1831. Die fraͤnliſchen Haupsorte fi ind ges
gen den Koaͤnig Bubreig aufgebracht; : es hätte bie gewaͤhl⸗
sm Mitglieder zulaſſen follen. Hornthal und Behr find
von feiner. Bedeutung (natuͤrlich, weil fie nicht aus der
Melsclaſſe ſind?) Die Rationaliſten, welche verficherh,
das Menſchengeſchlecht fei frei won der Eebſuͤnde, find die
treuen Gehuͤlfen der Satobiner, 2: 3.
Fi
Bob: und Schmaͤhſchetftan, von Einf Oetlepp. Matte:
an, rt ja fein!" (Goͤthe.) Leipzig, Feſt.
Als dem Hef, dies Boͤchlein von der perehrlichen Rebactien
d. BI. zugeſendet wurde, Her er einigen Anfof. an dem ae
beffelben und bie om flen baffeibe wieber zurſekogſchi
wenn ihn wie on — 6 Rame neugierig. gemacht
lehen, wie ſich Ark be..ale Profailer ausnähme. Die —*
weile exſchienene Novelle deſſelben, „Cdleſtig⸗, haben yoig mar erſt
in einer Leihbibligt N ariehen. her je mehr Ref. im bied Büce
Iein hereinlas, mehr flieg feine Verwunderung über bie
Geihwerklofigkeit in bemfelben 9 mb fein Unwille über die Aa
maßung, bie be ben Grandton des ganzen
. ’
i Far Er
*
bas —— Art * weder ip blinder Bewunbe⸗
ann fü
ie eines | elleraͤb
* er den u bag, bie ge 35 —
eln aefch rd zu feben und AHes verbammt gu ne
feiben eingepfercht werben
vor dem — Bu ihm als ein 9:
alla daß” grabe Bon jungen & iftitelern am wer
* werben Gar Ein folder junger Schriftſteller,
t ſeines literaxiſchen Auttreens als feinen 3
, ie aber Herr Ernſt Hrtle Einige Gelegenpeitägs
pille, Art, bie echt ni } weiter olg a an *
4 gew
zig „feine Leute bildet „ ein‘ Mit
unt des lit 5
bens und Treibens für —— — ak “
n bongen irn gelernt aben wird
— anb rt u ’
gendes eb. Sept muſſen wir aber über Bafee,
unferes —— Berpfli
bie Ue ften Defelen müßen bis eis
Sc —3— an dem guten — rtlepp erre⸗
Man hoͤre nur: „Fob ber Bu ken Ueber junge
—** und Wafferorgein Ueber das Ballſpielen. Leber bes
ſchnittene Dulaten. Ueber Krebſe und neue Häringe. Der Dreh⸗
fiugl” (S. 15), ober das ſechzehnte Kopfilüd (&.75): „Ueber
Bratwürfte, —— Sehe, *2— —**— Havan⸗
nacigarren, Lehrbuͤcher der Logik, ceehandſchuhe, Dreh⸗
orgein, falſche — iii, Reh Borfhung,
ſezucht, weibliche Schoͤnheit, Wolkenbruͤche, Gommunalgarbe,
— reibungen , — Stockfiſche, Roſenbonbons
urken, Bildu es Herzens, Teufelsbreck und gute
——* Solche Veen follen pifant en, bie Le⸗
ſer werden I aber verwundern, wenn fie finden. daß Hr. Ort⸗
wie Hans Nord in Gellert's befannter Zabel, und
ku er Nacfchriften und Ausführungen gelaffen
wiffen nicht, bied Humor ober Sconie fein follz
cklich off Gedanke anf jeden Fall
gr jefen „‚Kopfftücden” wich zun die Kritik abwechſelnd
gelobt und — * Ural werben bald ——
an Icht, bie 8 under abwechſelnd für harte und zaͤh⸗
allen, 5 dann nie für Be ede ‚und liberale —A— us
. Dir Gelehrten bald
=
502
bie er alle tadelt. — Er fand unfere Demagogenriecherei
ſehr lächerlich.
23. Auguft 1877. Ich wundere mid, daß das Haus
Anhalt, welches Preußen fo viel zu danken bat, ſich fo
feindfelig gegen biefes benimmt. Laͤcherlich iſt es, wenn
ber Fünft einge Helen, —5 ackerhaucben ximoene
von Handelsintereſſen ſor
Warum war nicht ains 1814—15 in Wien
flatt des beſchraͤnkten unwiſſenden Caſtlereagh? Die baut
hen Fürften falten doch hebenfen, daß
abhaͤngigkeit gegen Rußland und Frankreich 3
auf den morali
und die laͤppiſche und verderbliche Oppeſition, die ſich
überall zeigt, aufgeben.
31. Der. 4828 (18779. Meine Tachter if in Muͤn⸗
Ken; fie Spricht mir non der dort hexrſchenden Kteider⸗
psacht der Damen u. ſ. w. Das ift doch luxe d’imitation,
nicht de richesse, beun Baiern IE nicht reich. Auf dem
Landtag hat man eine Flut legislatoriſcher Weisheit ein,
prechen fallen; Arbeit für 10 Jahre. ins krampfhafte⸗
Thätigkeit iſt Überhaupt verderblich umd paßt durchaus
an fir —3 Verſammlungen.
—38— 1828. Der Verf. Ihres letzten (mitge⸗
PER chreibens fegt den beiden preußifchen Diploma:
tem sine nicht befeljene Wichtigkeit bei, Der ältsre iſt
durch Kriecherei und Niedertraͤchtigkeit zu
vorgearbeitet hat.
Jüngere gehört zu einer angefehenen Familie, ift. autmů⸗
thig, aber flach; Beide ohne alten Einflu
11. April 1838. Ah erhielt aus "kinden mehre
Geſetzentwuͤrſe⸗ 25, über Gegenftände, wovon einer allein
eine ganze Landtagsperiode volltommen befhäftigen koͤnnte.
und unhöfliche Hasbwifferei aus.
45. Det. 1828. Die Anträge ber Regierung (an
den baisifchen Landtag) find zu zahlreich, daher die Be⸗
rathungen uͤbereilt und oͤfters unbefriedigend. Unterdeſſen
findet man manche Sachkenntniß und Gruͤndlichkeit in
den Abſtimmungen des — — Aber er ſcheint wenig
Charakter zu haben, denn nachdem er eine Menge. Zwei⸗
ſel vorgebracht gegen die Regierung, fo endigt er, indem
er ihre Borſchluͤge annimmt.
. 19. Man. 1828. Ein unabhängiger feipftänbiger Mann, .
wie Herx son Cotta, folte fein Blait nicht einer Partei
vermie
chen.
22. Yah. 1829. Haben Sie Aneillon's „Erkeeme in | gm
| a geleſen? Es if dae Werk ſeines Charaktere,
pfaͤffiſch
410. Maͤrz 1829. De braunſchweiger und cheſſiſche
Regent iſt doch ein scandalum magnum. Armes Deutſch⸗
fand, die Dreizahl wird‘ volljtändigt - -
30. April 1829, Berlin {ft in —F Yugenstit
der intereffantefte Drt in Deutſchland,
er und materiellen Kräften Preußens cußt,:
einem untere
geordneten Poſten an t, aus dem er 9 allmaͤlig her⸗
r it geduldet, aber verachtet.. Der ;
| Ariauer, fondern hoͤchſt Bm —
i aehmen nicht beſtehen
Eine Folge dieſer Anhaͤufung iſt Seichtigkeit der Ent: :
vohrfe und Neologiom, ſtarr und ſchroff, auf Erfahrung
und Hecht ruͤckfichtslos. — Hierauf' ſcharfe Cenſur —*
er In den Stugfchriften fpreche fih eine derbe
in Bezichung auf ie
bie grode Zahl feiner geiftreichen Männer, Sortfchreiten
in Kunſt und Wiſſenſchaft, politifchen Anfichten.
25. Nov. 1829. Das Schickſal des zulünftigen
Oberhaupts von Griechenland iſt nicht beneibenswerth;
ohne die Stuͤtze eineg fremden ‚Truppencorp6 wird er „nicht
wirken Edggnen,
9. De. 1829. Pu ap ſchreibj min CGnera Ri
ling erhalte da8 — Generalcommando in Muͤnſter. Die
— iſt gut, er wird ben biefigen Ariſtokraten gefallen
Lem ganzen Pu:
—*3 durch ſeinen wohlwollenden Charakter, (en wiſſen⸗
ſchaftliche Ausbitdung und feine fchriftftellerifchen "Ur
30. Dec. 1829. Der
fin zur Traͤghelt und zum n Leben
verdient ben hoͤchſten Fabel; * aben NPri *
rich von Oranien, Bernhard pon Weimar, von
Baiern u. ſ. w., nd alle dieſa nehmen aur Devife:
afruges congumere”. .
411. Sebr. 1830, Das. Prahlen ber. Vewohner des
linken Rheinufere anf. die Mapplepn‘ (hen. Inftitutionen. ig
doch Unfinn; es waren doch nur Inſticutionen des De
| Wenn
3. Mär 189. Man foue das Heirathen der Ax⸗
men erſa weren auch die Guͤterzerſtuͤckelung belheänfen.
13. Mär Mm von Chateaubtiand s Betragen If
durchaus nichtewuͤrdig, Er iſt gam hl ertrus·
ken und geht zum Abſurden und N
5, Aprit 1830, GBefgains wn — find feine
- 46. Juni 4830. Das Betxqgen 8* Prinzen: Ip:
zolb if ganz im Gharaktar deß Marquis Pen-A-peu, wir
ihn Georg IV. nannte; er hatte das Gefühl, dies Unter
en zu ang, und dann einen Eei:
tenblick werfend auf den wahrſcheitjlichen Einfluß in Gyr
lond, den er wegen Charqkterſchraͤche nicht: ch ppird.
19. Jali 4830, Ich, vernahn, daß dye Wbertritt
der Raompringeffin - Dirrchaus . Frpi von allın Einwirkung,
fandesy dir. Falge vom: innerer Ueberpengugg wur. Sir
Entſchluß war Wer, koͤniglichen Famille umbekannt. Sie
| kesta- ihs Glguhensbekenntiß in ihrer Privatkapellz am
den Bifcaf Galant ab, in ber Gegenwpagp ihres Gewabls
en Tante, der Prinzeffin Mühelm. und des..Bufin Bes
—— Bruni —
MA hu: i apa
feste. In Hinſicht Huf, — Verhaͤltn —* Da ih ge⸗
— hie: Peramdaunng fat nicht geſchehen; doch in
Köheras Veziehung mus. man hie Dandiung ber Sronprige
aeffm ehren. : Seh, bafie, Die. ie Babe, werden
am her ideraien di nichcaw
3 21: Wu: OQ⸗5i de FE, N Aura
| Bundes war es ein. al Miegriff, der fen rum
. Megane Ds Einem Füͤrſten farb, allen
—ãAã— gleicha. Rechte au ad, .. :
4. Dt; 189: 7 unlonmidıden,prwibum navamsli
——— — m u.
dee Herrn 1 Hefmann (in. Dausftait) nice billigen,
Non Angelegeuheiten · aufgerogt, die_. awfer feingen Bereich
egen und dran Kenntniß ihm die Seellung, bie er in
ber bürgerlichen" Gefelifchaft har, nicht (weil er
Hin Bürgerlicher, nicht adelig 7). "m Kafles: hat dar
haft ,. um Aabslte ‚zum .erfünten.umd: fie Prinactkaſſe
— zu bereichern, die Rathsſtellen des oberſten dandes⸗
gerichts bis auf zwei eingehen und die Gerjchtsgeſchaͤfte
on ſchlecht beſoldeten Affeferen und, gar nicht‘ befabesen
grendarien, verrichten la
; % Dee. 1830, Das. —* eines Bundeehenel⸗
(ei A nee in bie immem- —— es
ner Nation, fondern Unterſtk eſtimmüng ber
Verhaͤitniſſt von Belgien. Dr Preußen präfibirte. jet
banövesifshe Neid, Die Discuffionen in dem bruͤſſeler
Convent find doch gar zu damm, fie riechen nach dem
Mauen Kittel, in welchem bie Deputirten in den Kam-
mern erfcheinen, ‘tole ich. vernehmp.
9. Dec. 18%. Die Hauptbeſchwerden im Naſſaui⸗
ſchen find Baamteninſolenz und Wiillkuͤr, die Verſchloſſen
beit De des 78 gegen Beſchwerden.
on. 1831. Die Niederlande waren für Deuſch
—* od m eine ſchwache Vormauer; Zwieſpalt im
Zinsen, eine Ueberzahl von Keftungen, ſchwaches Heer.
uf- einer. Seite eine unwiſſende, reiche, ſtolze Ariſtokra⸗
die, ‚eine einftußeriche dunmme Pfaffheit, auf der andern
Birareflol;;- Kraͤrergeiſt; Ealvinifche Säröffheit. Die 990:
litik des Könige war feindfelig gegen Deuffchland, blind
vertrauend auf das egolftifche England, weiches das erfie
ift, das ihn feinem Sqhickſal uͤberlaͤßt. Der Herzog von
Aremberg hält fih in Münfler auf; er un ehr regel⸗
mäßig bie Ständeverfummlung und nahm Theil an ihren
erhanblungen.. Er iſt ruhig, befonnen, und ‚hat durch
und Verwaltung eines bedeutenden Beſitzthums ſich
einen praktifſchen Geſchaͤfteblick erworben. Er mb fein
—— eine P. „Lotto aus Prag, (mb: einfach,
Aysli
‘3. Witz 1834, Die fraͤnliſchen Hauptorte ſi nb ges
gen den Koaͤnig Ludwig aufgebracht; er hätte bie gewaͤhl⸗
ven Mitglieder zulaſſen ſollen. Hornthal und Wehe ſind
von keiner Bedeutung (natuͤrlich, weil fie nicht aus ber
—ã find?) Die Rationaliſten, welche verſichern,
das Menſchengeſchlocht ſei frei won der Erbſuͤnde, find die
toeen Gehälfen der: Iulobinen : 08
|
Lob und Gchmähfcheiften, von Ernf Drtlepp. Metts:
„Lob und Tadet muß ja fein!“ (Goͤthe.) Leipzig, Feſt.
1833. 8. 12-&.
Als dem Ref. dies Buͤchlein von ber perehrl Medactien
d. WI. zugeſendet wurde, * er. einigen Er Wi dem Zitel
beffeiben und hätte om * a * zug ſchickt,
wenn ihn aicht Opa.
in einer —X * geſehen ie * de in bies *
flieg feine Verwunderung über bie
—ãS in — und fein Unwille über die, gelobt,
smepung, die ben Bzunkton. be& ganzen Piticins ausmacht BE ——— ——
J. er u 7*
403
kaun ſich das —— gehen, hop er weder in blinder Bewunde⸗
2 * n Dichters al ellers befangen fei,
ba ex ch hege, bie gefammte poetifche ——
in enge gen sslchle m zu fehen und Alles verbammt gu w
was nich inncchol h heciaben dagenferht werden a,
* die Un vor beim Publicum Bi m als ein heiliges
eruftes. Belek, das dr von mem © Ariftftefern ‚am we⸗
igften ver! — 5—
nach, iſt A Hear Senf Ortl⸗ E Gel
— 5 — ni Ss um
Beach 8 —*8* ju kin (©. 29). ef. glaubt 8*
wane Hr. Ortlepp ſich erfi etwas iu ber Welt umgeſehen
und feine Thätigkeit auf — und —A Urs
et: au songen keiten # ernt haden Ver ge Mi (ed, ja bas
et cheinen wird damals, ie er vorlies
—* körieb. Jegt ae wir aber über baffelbe,
unferee übernommenen ng gemäß, berichten, und wir
Eönnen dies um fo unparteiifcer ihun, da wir ohne alle pers
fögliche ober Literarifche Verhältniffe zu Hm. Oxtlenp find.
Das üdlein zerfaͤlt in 27 Kopfftüde, b, h. Capitel ober
Bauptftüce. Schon bie Heberfdgriften derfelben müglen bülig eis
pigen Zweifel an dem. guten Geſchmacke —5* — Hrn, Ortlepp erve⸗
gr Man höre nur: ob ber Bu ändler. Ueber junge
etrfagen unb Wafferoigeln. Ueber das [pirten. Ueber bes
——— Ueber —— und 2 u pl einge 1 Der Dreh⸗
a ‚ ober das ſechzehnte : „Ueber
Bratwürfte, Pietonifce Liebe, —* in *
i heat, € —* — * |
n, falſche Ideale, wichſe oriſche Forfchung, in
— weibli € kn Wolke Eat, :
$
bIhh. —* ber Gedanke auf jeden
Fe wich zun vor Kritik abwechſelnd
— und getabell, bie Recenſenten werben halb ———
Wenſchen, dann wieder für geblidete und liberale Männer ers
— Dir Gelehrten marden bald mit Eſeln und Ochſen ver:
lichen, bald mit Lorherkronen gelämä at, bie ſchriftſtellernden
auen einmal getabelt, bau wieder in Gchug genommen, ip
einem Kopfſtuͤcke wird Die aueh hd getabelt, m dem folgenben
bie Güge et ber Zabel (d. h. bie Recenſenten;
Bopfikäcte bad £ob (ober has Rohen)
504
getabelt. Dann if ‘ein Kopfftüd überfchrieden: AFTabel des
Theaters, nebſt einem Seitenblicke auf einiges Rindvich. Mei⸗
tee wird im Sinne einiger Hyperkritiker Schiller getabett‘ (biefe
find nicht Aber ironiffrt), und da hierbei auch des:„Eitbes von ber
Bode gedacht wird und Hr. Ortiepp dies für fein' „Lieblinge:
gebicht”” erklärt, fo kommt er (In der That fehr matärtich) auf
die Liebe und fhreibt nun ſechs Weiten poetifche Profa zum Eobe
der Liebe. Endiich verfleigt fih Hr. Ortlepp auch hier in bie
Politit. Die Frankfurter Bundestagsbefhläffe fommen zwar ©.
55 fehe kurz weg, und die erfcheinenden Cenſurluͤcken erklärt der»
felbe in einer Anmerkung für „vom Autor ans eigner Luft ge:
machte Gedankenftriche, i. e. Knochen 'crepirter Gebanten”. : Aus:
führlicher ift das Lob ber Ariftofraten, der Zabel ber Liberalen,
das Lob der Zefuiten und des Teufels abgehandelt; abet es ift
dem Verf. wenig‘ gegiücdt in biefer feinfollenten Ironie bas
Wahre zu treffen, da fein Standpunkt zu befchräntt und fein
Blick nicht ſcharf genug ift, die Verhaͤltniſſe der wirklichen Melt
zu beurtheilen. Ex lebt Hier wie in vielen Gtellen feines Bu:
es nur „im Lande der Traͤume“; aber es find nicht jene
Zräumg, bie ben echten Dichter fo ſelig machen und ihn und Ans
dere über die rauhe Wirklichkeit emporheben kͤnnen. Im vor⸗
letzten Kopfftüde: „Tadel Gottes“, hat Hr. Ortlepp zeigen wol⸗
im, daß er auch in Young's Manier zu ſchwaͤrmen verſtehe:
man braucht alio bier an kein A bas Dieu oder A bas Jesus-
Christ des neuen Frankreichs zu benfen.
Bei diefem Hin⸗ und Herfahren über bie verſchiedenartigſten
Segenftände, das fi im Werhättniffe zu den pilanten Ueber:
ſchriften am fäglicpften mit zerpiagten Raketen vergleichen Läßt
(wie einft Schleieemacher mit den Theſen von Harms that), konnte
es nun nicht an manchen Anzuͤglichkeiten und Ausfällen auf les
bende Perſonen und Zeitfchriften fehlen. Die erften find freilich
meift nur mit Anfangsbuchftaben bezeichnet, wie ber Kritiker
MR — t oder der Profeffor K. in Pf—, oder mit Umflellung ber
Buchftaben, wie „Bachner”, „Lochbeutel““, ber „O. Sauerapfel“,
der „Buchhändler Beichmann” und „Chmwald”, ein „fahrenber
Schüler der Rechte in Leipzig”; von ben Zeitfehriften aber find
es befonders die „S— zeitung” und „Unſer Planet”, die Hrn.
Ortleppꝰs Geißel trifft. Ref. enthält fidy hierüber aller Bremer
Eungen, da die Leſer des Büchleins, das ſchwerlich weit Aber das
Weichbild von Leipzig herauskommen wird, ſich ſolche felbft wer»
den machen koͤnnen.
Dagegen können wir bie Nachläffigkeit des Styls und bie
oft ſehr unanftländigen Ausdrüde nicht ungerügt Taffen. Aus⸗
druͤcke, wie „Alle Donner follen in bie Iumpigen Kerle ſchlagen,
die ich jegt im Sinne habe’ (©: 40), oder „die aſchgraue Pech⸗
hätte“ (@. 130), ober „einen Raptus bekommen“ (©. 59), fos
wie bie häufig gebrauchten Schimpfnamen: Ochſe, Efel und Bes
flie, und ähnliche mehr find eines Dichters hoͤchſt unwuͤrdig unb
dürfen einem angehenden Schriftſteller nicht nachgefehen werben ;
Daffelbe gilt auch von ben abgeriffenen Gebanfen im „Extra⸗
blatte‘, wo e8 S. 111 heißt: „Schweinezucht ift in Deutſch⸗
Iand fo zu Haufe, daß man nicht hoffen darf, fie burch Worte
zu verbeffern‘‘ !!! Den Recenfenten und Kritikern ift He. Ort:
fepp nicht fonderlich gewogen. „Ihr Geſicht“, heißt es ©. 79,
„überftrahlt ein diabolifch-txonifcher Aſinismus, wenn fie, wie Jo:
bannes in der Offenbarung, bad Büchlein verſchlungen haben’;
fie werden mit Schmeißfliegen. Schweinen, Seiern und Raben
verglichen, und zwar in Ausbrüden (&. 79 fg.), die gegen alle
ſchriftſtelleriſche Decenz v n und bie wir nicht wiederholen
mögen. Ref ift weit entfernt, gegen Hrn. Ortlepp eine „Ora-
tio pro domo” fehreiben zu wollen; aber er Tann feine Weh⸗
muth über foiche Stellen nicht .unterbräden, die gar zu fehr an
die Zeit des alten „Freimuͤtbigen⸗“ und an Garlied Merkel erin⸗
nern, durch welchen Goͤthe's befanntes Wort: „Gchlagt ihn
todt — er iſt ein Recenfent” — einigermaßen gerechtfertigt erſcheinen
Eonnte. Das Hecenfirwefen bat feine ſchwache Seite, wie fo
viele Dinge in biefer unvolllommenen Welt und ift aud daher
der Perfiflage nicht entgangen, wie Hr. Drtlepp ſchon aus bes
Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Werlagähenblung: ©. X. Brodpans in geisıie.
| Höraz Epifkeln’(IT,’2, 90), -den aus bahtWkhegeine pie (ie,
146 Ueberf.) z:.ober aus, Irvings Sesähtungen (IL, 111fg. Ne
herf.) und —— herrlichen Fernenzerauk onen *
fenten lernen kann. Daraus kann er abee auch .Ieınen,, wvas
wahrer Oulnor! imb echte Ironie fei; Pluimpheit grbittert nur,
aber macht mie beffer. 2 7
Be. Artlepp hat nuni’an mepten: Mitilich eines Müdleind
mit’ vielen Moinetät von ſich felbſt gefproden.. 3woͤrderſt er⸗
der Leſer auf, S. 70, daß Or. OrtleppIchen vor freche
Jahren ein Trauerſpiel ur | Weimar gefenbet habe; daß aber
Baffelbe horribile dietw noch nicht‘ auf’ auf die Bühne gebracht
ſei. Dann ift mehrmals (&. 108 und 120) don dem ‚‚Boeten
Drtlepp: and feinen boppriten Natuw bie Rebe, und Ablidf wers
ben S.. 138 ‚gmei rtheile-: über Ins: gegenwaͤrtige 3
gleichlam, Sin Purgrayamen de futenn mütgeigeilt, in dam Om
Orttepp ſich felbft, tüchtig tabet. "Das df wenigfigne einigexs
maßen net. Da heißt 73 untet Anderm: „ohne eine ordnende
Tore iſt Alles dutcheiiander geworfen; an Wig und Humor tft
nice zu denken“; denm „wir halten e& für 'unfere Pfuicht, dem
YPublicum zu ſagen, daß der Autor an, Witz, Humor und Laune
einen g nzlichen Mangel leibet, . und indem er Gift und Jean
paul nggbeifert, ſich nur Tächerlich machen kann.“ ef. Tann
mit diefer Öetbfiarakteriftit aus ben obigen Brimden nur
eiaverſtanden erktaͤren. Sa, er: muß, auf. die Gefahr Yin, dem
Bann des Hrn. Drtlepp auch Äbet.fich ausgefprochen zu ſehen,
wie. über den Beuztheiler ber Ontiepp’fdien Gedichte in b. BI.
auf S. 108 geſchehen iſt, den Hr. Verf. erfuchen, mit ber Her⸗
ausgabe des zweiten Bänddyens der „Lob⸗ und Echmäpfchriften”
fih ja nicht zu überellen. Die Welt bat überhaupt von biefer
Art von Schriften. keinen fonderlichen: Rugen, Sm. Dxrtlepp's
Zalent aber Tann ww durch groͤßere⸗ Weltieniniß. und fisißiges
Studium bei ben wahren, Freunden feiner , körtfefletenif
„ic. ” . - .
geiflungen, Anesktanung finden. ..-
——
sq
Literariſche Notiz. '
Der berühmte. Bibliothekar des Vaticans, Monfignos Ans
gelo Mai, hat den vierten und fünften Band feiner „‚Scriptorum
veterum nova collectio” nach vaticanifchen Danufcripten her⸗
ausgegeben. - Der vierte... Wand. enthaͤit bit --Hidher- unebinten
Acten day unter dem Kaiſer Dial 1166 in. Ronfbantinepel
a orte deren Heuntaweck bie Erklaͤrung her 7*
riſti: quia pater meus major me est, war. Zumeiſt fuͤut
aber dieſen Band ein ſehr Ihänbares Verzeichniß der 787 ara⸗
bifhen Mamufcripte des Watitans, beftehend in biblifcyen Bier:
ken, arabifchen ‚Uebeufegumgen bes Alten Sehtanmenss, Werken
über Poehie, Wedicin, Aſtronomie und Chemie, karz über alle
bie von ben Arabern in ihrer beſten Zeit gepflegten Wiflen«
ſchaften. Es finden ſich ferner kurze Werzeidniffe der wenigen
perfifhen und tuͤrkiſchen Ranuſcripte ber’ Bibliochek und altdann
auch zwei hiſtoriſche Wragmente von Siuſeppe Simonio Affe
mani vor, eines über bie Schriften der dſtlichen Keter, das an⸗
dere uͤber die chriſtliche Bevdlkerung des alten Patriarchats von
Antiochien. Der fünfte Theil enthält erſtens bie reiche, von
Monſignor Marini mit vieljäprigem Fleiße gefertigte Samm⸗
lung chriſtlicher Inſcriptionen, lateiniſch und griechiſch, vom
Beginn unferer Zeitrechnung an bis zum Jahre 100; zweitens,
zufägliche Wergeichniffe, a) ber forifchen von ber vaticanifcgen
Bibliothek ſeit Bekanntmachung bes Aſſemani'ſchen Kataloge
(1758 — 59) erworbenen und der 202 dem Affemani felbft zuges
börigen Manuſcripte, b) der BO hebraͤiſchen Manufcripte, die
ber beöfallfige Aſſemaniſche Katalog von 1756 auch nicht ent
hält, c) einiger äthiopifcher, flavonifcher, armenifdher, indiſcher
und etwa 80 Eoptifcher Manuſcripte; und endlich drittens zwei
Abhandlungen von G. ©. "Affemani, über bie Kopten, bie neſto⸗
rlanifäe Streitfache und bie chriſtlichen Biteihafen des
Drients. 58,
mug
Blätter
für
literarifhe Unterhaltung
Sreitag,
— nn nn U m nn
Schilderungen und Begebenheiten eines Dielgereiften,
der audrubt. Erſtes, zweites Buch. Leipzig, Wis
‚gand. 1833. Gr. 12. Preis für drei Bücher 2 Thlr.
20 ©r. —
Auf eine Vorrede, die etwas Rechtes zu ſein ſich be⸗
ſtrebt, und die — wie Johnſon einmal bei einem aͤhnlj⸗
chen Anlaß treffend ſagt — wie ein 48pfünder vor einer Stall⸗
thuͤr aufgefahren dafteht, folgt ein Buch, meiflene voll der
unbebeutendften Klatfchereien über Hof, Miniſter und Di:
plomaten in Dänemarl. Der Verf. glaubt es einem
geiftreichen „Verſtorbenen“ abgelaufcht zu haben, wie man
Aufſehen machen könne; aber er irrt ſich nur darin, daß
ee waͤhnt, dies ohne Geiſt zu vermögen. Auffehen will
er erregen, das verkündet feine Vorrede unverhohlen, das
zeigt der ganze pafliccioartige Inhalt feines Buches; Aufs
fehen wird er auch erregen, bier und ba nämlich, und wie
irgend ein ausgebeochener Stier in einer belebten Gaſſe
oder eine Eule am hellen Tage; aber dies Auffehen wird
ihm weder die Frucht Öffentlicher Achtung, noch das Ans
erkenntniß irgend eines wirklichen Verdienſtes politifcher, .
kuͤnſtleriſcher oder ſchriftſtelleriſcher Art eintragen. Es bleibt
ihm nichts übrig als ‚ein pecuniairer Vortheil,! der ihm
daraus vieleicht zufaͤllt.
Sowie nun diefer die Daupttriebfeder bei diefem we:
der beſonders geifteichen, noch beſonders malicieufen Buche
zu fein fcheint (und bei Büchern biefer Art ift das Geiſt⸗
reiche und das Malicieuſe faft ein und baffelbe), fo ſcheint
dem Berf. aud) meber Wahrheit noch Confequenz bei der
Vertheilung von Licht und Schatten am Herzen gelegen
zu baben. Er fchreibt das Ungeprüfte, das Geſchmackloſe,
das Wahrheitswidrige mit gleicher Selbfvergefienheit hin z
deim das Eine wie das Andere füllt den Bogen, der ihm
bezahlt wird. Er nennt fih einen durchaus unabhängi:
gen Mann, der das gefellige Leben in feinen Höchiten wie
in feinen befchräntteften Kreiſen kenne; ber am nämlichen
Zage mit Brougham gelaufcht, bei Sir W. Curtis dinirt,
beim Helden von Waterloo foupirt und dort feine Boͤrſe
im trente et quarante gefprengt gefehen babe; den ber alte
Koͤnig Ferdinand auf ber Jagd einen „asino maledetto”
(bedeutungsvolles Wort) gefhimpft, der mit Papſt Leo
manche partie fine genofjen (was am eine ſehr befannte
. Anekdote erinmert), der vom Schloffe Lagrange (welches
Motabene Lafapette's Eigenthum ift) direct nach dem Jo⸗
dort Carbonaro gewefen fe.
"bannisberge gereift fei und beiden Befigern die Hand ges
fhüttelt habe; der mit Commodore Stuart nach Spanien
geihifft, mit Juan van Dalen den Ruffiano gefpielt, die
Frau von Tatiſcheff betrogen, mit ber Herzogin von Goths
land manchen frohen Tag verlebt und Eurz mit der gans
zen Welt in Verbindung gelommen und hier Maurer,
Ein folder Mann, wenn er
irgendwo Öffentlich auftritt, trägt allerdings feinen. Magnet
bei fi; alein wir beſorgen gar fehr, daß dieſer fo in⸗
tereffante Mann nur in ber Vorrede zu diefem Buche
lebt, und daß der Verf. defjelben allerdings wol ein Anef-
dotenjäger und ein Herumtreiber fein mag, aber keines:
wegs ein Mitglied jener Gefellfchaften, deren Weſen und
Charaktere er nur wie durch die Thuͤrſpalte beobachtet zu
haben‘ fcheint. Mit einem Wort, wir finden nichts in
diefem Buche, das uns Vertrauen zu der Wahrhaftigkeit
feines Verf. einflößte, vielmehr gar viel, das uns vom
DHörmfagen oder aus andern Schriften her als Selbſter⸗
lebtes dargeftellt veird, und noch mehr, was als Irriges,
Verkehrtes, Geſchmackloſes jeder Darftellung hätte fern
bleiben follen. Dinter alledem fcheint uns baher bie
Maske eines Mannes zu fteden, der allerdings Mancherlei
‚erlebt und erfahren hat, der aber weder dies Erlebte geift:
reich darzuftellen, noch das Dinzuerfundene mit dem Wirk:
lichen geſchickt zu verweben verflanden hat, und dem es
forot an dem Geiſte wie an der Wiſſenſchaft gebrach,
welche Büchern dieſer Art allein einen mehr als augen:
blicklichen Reiz mitzutheilen vermögen. Zu viel in bie
ſem Buche erinnert an gewiſſe viel befprochene Denkwuͤr⸗
digkeiten, als daß wir ben Verf. berfelben nicht für mit:
betheiligt halten follten, wie zahm und parteilos er auch
bier zu erfcheinen fi) die Mühe gibt. Bis wir daher
eines Beſſern belehrt find, halten wir die Buch für eine
gemachte unb nebenher für eine ziemlich fchwache und ges
ſchmackloſe Nachahmung ber „Briefe eines Verſtorbenen“.
Das Trugbild einer Ueberfegung ‚aus dem Franzoͤſiſchen
wird uns übrigens fo obenhin vorgefpiegelt, daß felbft ber
Verf. an die Wirkung einer ſolchen Inſinuation nicht ges
glaubt zu haben fcheint.
Die vorliegenden beiden Bücher befchäftigen fi) num
ausfchließlih mit Dänemark, jedoch fo, daß fie uns ans
dere Ränder ertvarten laſſen. Auch dies führt nahe genug
zu dem Verſteck hin, auf das mir beuteten; auf einen.
306
euhelofen bemagogifchen Abfolutiften, ber bier den Inbif-
ferenten zu fpielen untemimmt. Der Verf. gibt ſich ſelbſt
für einen Deftreicher und proflituiet an einer Stelle Wit
von Dirring. Irre machen darf dies jedoch Den nicht,
der da weiß, wie gering dieſer Mann eine Schauſtellung
mehr odet weniger anfchlägt. Das erfle Gapitelt „Die
Dompfrelfe von London nad Kopenhagen” It moͤglichſt
langweilig und unintereffant. Ein englifher furious tra-
veller (man verzeihe diefe Hinzufügung zu Sterne s Tra⸗
vellerfatalog), der nach Palaſtina gereiit ift, blos um fm
tobteıt. Wtert zu filden, iſt noch einer der beſten Chakale |
tere in der charakterlofen Geſellſchaft.
Barone R. — ber inf.
lich, daß Jeder feine. Auslaffungen ausfüllen kann — iſt
auch dabei, und die Huldigende Verehrung ber polniſchen
Kubenfamifle gegen ihren Meſſtas iſt allerdings ergöglich
enug. Eine. abſcheuliche Geſchichte won Poor T.. p,
© 20, gibt jeboch hie Hauptwuͤrze dieſes Capitels Her, in⸗
ſoweit der Andlick eines weldlichen Rdues, wie Miß Fig...
iſt, Überhaupt für eine Wuͤrze gelten kann. Das Capi⸗
tel: „Kopenhagen und die Dänen“, iſt beſſet. Der Verf.
Einer der jüngern
ſthildert uns hler wenigſtens das eigenthuͤmllche, ſtark
ausgeprägte Nationalgefuͤht des Danen, vorzuiglich aber
des danifchen Seemanns mit lebendigen Fatben. Mit
demſelben Seibſtgefuͤhl, mit dem Ludwig XIV.: „L’etat,
c'est moi!” ſagte, ſcheint der. Daͤme jedem Ftemden, und
beſondets der Deutfihen (dem er etwa denfelben toindif
en und fafelnden Charakter: bellegt, wie wir dem welland
—8 „Ich bin ein Daͤne“, zuzurufen. Kopenha⸗
gen ſeibſt ſcheint ihm ben Keim des Untergangs in ſich
zu tragen: als Handelsſtadt iſt es vernichtet; als Haupt⸗
ſtadt ſcheint es ihm an einer unpaſſenden Stelle zu lies
gen, die für das dreifache nordiſthe Reich ausgewaͤhlt wat:
„Der Wahnſinn Chriſtiern's hat dleſem Reiche eine Krone
gekoftet, und der ſchoͤne Traum des jetzigen Königs, in
einer verderbten Zeit eine durchaus redliche und wahte
Politik behaupten zu wollen, hat ihm auch die zweite ent⸗
riſſen“ Kopenhagen iſt Dänemark‘, wie Paris Frankreich
iſt. Die Provinzen find Nullen, die erſt durch den Zaͤh⸗
Ike Kopenhagen Werth empfangen. Alte Faͤden der Vet⸗
waltung laufen dort fo fireng zufammen, daß ein Schuh:
flicker in Altona nicht ein paar neuer Si
darf ohne Conceſſion dazu aus dem 120° Stunden ent⸗
fernten Kopenhagen, und in Schleswig iſt kein Teſtament
gliltig, bevor. es nicht in, der Hauptſtadt beſtaͤtigt iſt.
Daher Anmaßung und Dimkel bel beim Hauptftaͤdtet,
Verachtung der Fremden u. ſ. w. Die Weisheit des Kb:
nigd und die Dampfſchifffahrt Haben dieſe Vorurtheile et:
was. auögeglichen: in Kopenhagen iſt der Deutſche nicht
mehr verbagt wie zu Struenſee's Zeit; aber er gift noch
für einen Windbeutel, wie der Sthd falſt
treulos gilt Die politiſche Eiſerſucht zwiſchen Daͤnen und
Deutſchen dagegen iſt faſt verſchwunden. Das Natio:
nalgefuͤhl des gemeinen Manned, wiewol es weder Liberale
noch Abſolutiſten darunter gibt, iſt aufd aͤußerſte reiz⸗
ber. Als der Natkonalbanktott die daͤniſcher Banknoten
um ihren Werth brachte, behauptete er, nicht das Papier
degenofien fig” feit dene, Bomb
Gaſthoͤfe und Pollcei Tind- aͤußerſt
fo beuts"
‚ber Srpofition dem Zuſchauer entgegenſtrahlt,
efeln anfertigen.
Stchwede fuͤt falſch und,
ſei ſchlechter geworben, ſondern das frembe Silbergelb.
Holmens gamle stock (bie Matroſen) iſt ein überaus
reizbares, fehbefüchtiges, ehrliebendes Voͤlkchen, das alle
Landbewohner haßt, außer die Studenten, deren ſtete Bun⸗
ement geblieben find.
lechtz und bes Schmde
iſt einer aͤrgen Prellerei huͤlflos prelsgegeben.
MDer Beſchluß folgt.)
Diesjährige Kunſtausſtellung in Paris.
* "Auftıs vergleicht irgendwo ben Geſchichtſchreiber mit einem
Menſchen, ber ins Meer geht. ek. \ |
floden die Knoͤchel; wie er weiter ſchreitet, umrauſchen ihn zah
zeichee und wilder bie tobenden Wellen, bi6 ihm zulett bas
Wogengelvire Aber den Kopf’ hinausſchtaͤgt. So geht «E mE
ungefähr, indem wie unfern Bericht über die diesjaͤhrige Aımfls
auaſteüung ih Paris beginnen. Kaubaifinb wis durch bie Bor:
faat in die hochgewoͤlbte Halle getreten, wo gewoͤhnlich deu Flor
9 fängt. e& uns
au vor ben Augen zu flitmmer, in endlofee Perſpettive dehnt.
ſich fobann bie Gdterte Sin zu den Tuilerien, auf beiden Seiten
mit. hiſtoriſchen und Gunrebiibern, Bandfchaften,.. Dei s 2*
Fr deraungemn.
Grazie der Unfgurd nicht verwiſcht, bie Jun feäurieäteit des
fort:
eh
%, in der. beiden,
Wange, in ber ſinkenbden Stellung; ein Zeufet mit Schwa
ſſe der Zuſchcter
Beraüıh
regt wird. Und es war bock. Veranlaflung dba, auf das
efühl ergreifend‘ zu wirken: die Yeſt woͤthet in Venebig, der Zug
geht dardy Saufen vor Leiche; —— welche —* großen
ü— ——
or
Maſer Har- Erde beſtattou, Ab wahr fcheſtlicſerwᷣeiſe Weirdandte '
Pr rande deb- ‚ und dennoch verkünden Züge und”
*8 bie — — — Ex find ſchoͤn — —
* großartige Kdofe vol Wurde und Kaͤlte;
— Amdeſen —— —— — un Dat tod we —— durch⸗
Kae ER Dame, ‚wei,
Br gsi ‚ rg
rn , gr Pre un
* eer Be —— RR RE Mr
sat iſt: au; —* VEi ot urber
die Zeichnung und das Golorit, welches an, bie: aniſche
Schule erinnert, iſt naßer. ‚ven Kunſttennern nur eine Stimme.
In, pi er Bezi 2 übertrifft dieſes Blatt ——— afe KRunfe-
elung... Gin Iärmenbp6 ‚unb, pgl-
te Seat Ace a sy das Gemnälbe bon Court, weiche⸗ bie
Ei ung bes —32 durch; das Voll den, 1. Prairial
wi Jahres III barftellt, Boiſſh dAnglas ſteht auf der Tri⸗
Seine and begrüßt ehrerbietig das Haupt des Deputisten Heraud,
Sana auf, einer. Pile vorgehalten wird.-: Der Kopf bei
[as ſcheint uns daB Gelungenfte auf dem ganzen,
kehtig, ofen und breiten Blatte; Gntfegen und Bewunderung
* ich in, feinem ſtarren Blicke mit dem Ausdrucke perſoͤn⸗
licher Unierfhrodenbeit, Die übrigen Mitglieder bes Convents
find flämmige, Bleitgherbunfge sit qufgehlafenen. Baden und.
ben Schenkeln | -unten dem Pöbes. bemepkt: man. nichts als
graͤßlich entftelte Fragen. Herr. Court bat An Grwartungen
nicht: entſprochen hie: feine Grmerbung. des: Ghfar ernegt; much)
ber Ruhm des Herrn —* Bernet fängt an y finken. Das
Hauptwert dieſes Meiſters in der —3*8 — usfteTüng ſteut
7 ar & ei —— ar afean vor int indes
quf eine Anekdote, welche ſich in afremete de nay's
* —— fäbel. Michet Angelo; ** ne beein, Bib
cal im Ca: auf. Blafael, wei ne
Schüler um mar, ‚unb re v "ech
a ne Er
erie ef I „gebt lem wie: me Eile
an — — Au nefte, slegante Zungens, d nichts Ei
—* ‚u Wh ieh als hie‘ vortheilgafteite Stellüng nie
auch -Rafüet ſteh eht nür zur Parade da; Michel A
— fo I sch a wog} feinen Reh enbuBter nit open Tan.
ÜBE man den Dopfk, der dieſe Scene
en ie Gerdfen Hein Dar Ganze iſt eine ee
Fer Andeutiich, gezwimgen, al —S wab
ſavſtig amnd
aus —— aahen Bat: HK anbereß- Gern
oem politifen —— —
hett
t. ger Lernet iſt um Big.
feine — mit ——* | enheicft
Pr a andlung ‚ber. äußern ei. —* ine — 6 *
KH und, Wie tg blendet; aber der in⸗
Ih Se. er wird nie warm, ex überläßt RP mit: eibſtzufrie⸗
bauer ;WBegtiplidjkeit. den oberflaͤchtichen Kufregungen feines Kanſti
genius und iſt recht eigens zum Diceitor einer Kunſtaludemie ge:
ſchaffen. Beine Bianzepodge ift vorüber, mie wir beteit® ges
fagt3 ber Gelb des Taͤges iſt jete Ingres, der erſte Franzoſe,
bes ſich pon Duvid tosſagte und darum fo lange in Armuth
und Vergeſſenheit ſchmachtete. In der diecjaͤdtigen Ausſtellung
Die franzdſiſchen Bliibhauer Haben in ihren Kunſtanſichten an Keil:
heit und Umfang gewonnen; die grkechiſchen mad tomiſchen ae
ben find auch bite außer Credit gekommen, bie Steiſheit ıhly
Toeckenheit ber matten Yatıe it verſchwunden. Unter den
vorgligiigiien Ardeiten, Bid dieſes Fa be Hin Louvre audgeltelſt
güe- |: find) Verdi vor amdirn tn Toloffkter Ehe und Meine Thler⸗
guappen, bon: WBätge,' un: ein Fechter wadı dem Rumpfe, von:
Daumas, genannt zu koeeden: Belt dem Spartaeus bes Sec
Bögitier: Hat bie Feungöfifge Bildhauerſchule nichts fo Au
zeichaetes hervorgedracht· Wei —*— | ſcher, der eine
in Marmor don Duret, ber andere in Bronze von Rude finb
bOKfE aumuthige, lebendige Erſcheinungen. Eine koloſſale Grippe
vor Serrn Eier, Rom mit feinen Kindern vorſtellend, findet
vieie Bewunderer, zu dehen wir nidje gehören. Kain iſt eine
‚ae Herkules ia ſitenver Stellung, mit miaffiden, aufgeteiede:
Muskeln; -dAB' Haar dangt Luppig um das widrige,
meine Geſfichtz das: Ganze floͤßt einen bios materlellen Abſchen
ein; die Haͤßlichkeit ſcheint uns nicht unbebingt erfoderlich, ein
Grauen und Entſetzen zu erregen; waren nicht bie Cumeniden
bei ben Griechen vegeimäßipe Seftalten mit ben anmuthigften
Bormen, und waren fie nicht vielleicht eben um befto furdhtbarer ?
c 35 Sahren kam ein 16jaͤhriger Künftler nach Paris
unt trat in dee Schule bes beruͤhmteſten Meiſters jenet Zeit,
nämtich Davit#. Obſchon ber Kimgiing das undeſtreitdare Ber
din feines Lehrers anerkannte, entfernte er ſich doch von deffen
Mexwier. Mei feinen Mitſchaͤlern fand er Beifall; das partfer
Publicum, weiches bazumal, wie jegt, von bee Mode beperricht
wurde und ben neuen Ideen weit unzugaͤnglicher war als heut⸗
zutage, uͤberfah bie Erſtlingsverſuche bes jungen Malers.
So arm er auch war, fo leicht er durch einige Nachgiebigkeit
Beipal wi Geld. huͤtte gewinnen konnen, fo beharrte ee ſtand⸗
! Haß im feinem Anfichten. Nachdem ee von bee Alabemie ben
fogthaunten’grand prix erhalten, brachte ex vier Jahre in Rom
zu, Wo: er fich verheizathete und in der ſtrengſten Zutuͤckge
beit: ſich beſtrebte, bie Bifuttade feines: Talents auf vie Yd *
mböttuhe: Otuſe ber 'Wolltianmenbeit zu bringen. Jugres denn
ie: WB. der Kuͤnfller, von bem wir ſprechen, erdulbete
16 Iapere laßg dtücdenbe Armuth und dab Befpötte bes Pabli⸗
cams über feine Werke, bie endlich die Zeit gelommen, wo fein
Berdieuſt amerfnmt und ev für die lang erlittene Vergeſſenheit
ee ‚||ume Dücttigkeit: weidhtid; emtfätigt wurde. tan if fept fo
gerccht gegen ihn, daß man ungerecht gegen feine Mitbewerber
wird. . Ingres flächtete ſich aus David’e Werkſtatt in bie Schule
| Rafäcl’83. er Hinbimme Rachuhmer. David geidnett nach ber’
Anti ;. Feine Figuren find ſtarr und fehlerftei wie eine grie⸗
chiſche Wildfümte. Ingres zeichnet nach Rafael, aber vergebens
ſucht men im Gchäter jenes herrliche Berfiießen. der Linien und
vor Allem jened ergrrifende Leben, das in den Werken bes Mei⸗
find. gluͤht. Schoͤn finb Ingres ——— allerdings; aber die
runde Burn hertſcht zu —* ver; es fehlt ihm an Luft, am
Tranepareng ber Farben; über alle feine Gemätde iſt ein raus
chitts Sicht verbreitet; in den Augen iſt kein Blany, in bew-
‚Lippen .tein Leben: JIugees iſt Bildhautr in ber Dramtei fo gut
‚als Daovid. Gr verudgtet bie Coloriſten; dao Colorit iſt Thm'
nme ebenfache, Gein Ruf wirb ſich wicht halten, er wird
vergefien werben, wie Gampifteon, bes geſchickteſte Rdtachahmer
Racine's. Gampiftron galt eirte Zeit lang für einen geoßen
Dichter; welcher umferer Leſer hat wol eine Tragödie von
Sempiftten gelefen? Mas MWebeutendfie, wus Se biefes
Juhr ausgeſtellt hat, iſt das Portrait ded Herrn Bertlir, von
wir din" Dämeuportrait won. that gefeßen, weiches Ichomc| dem wir bereits oben geſprochen haben,
295 0 Jahren geialt, uäb: damals ganz: überfehen. werben;
jegt drängt ſich die Menge bee Bewunderer ums daffeibe. . in
anderes Mostrait von Ingres ift dad des. Herih Bertin beb Kl:
tere, Redacteurs des ‚„Jovarnal des debats!‘, eins det᷑ Rlungenfien
Pechraits, bie und, je en Größere Arbeiten: Biefes-
Kuͤnſtlers haben wir bis. jept noch nicht amgetroffen ; wie werben
in einem folgenden Artikel auf ihm —— — — owie auch
auf die Budhauerwerte, die wir nur ſiſchtig betrachtet haden.
‚Me Ingres einft ſeinen Lehrer ben Grhorſam aufzekan ⸗
‚bist; fo Pr ee einen feiner Schäter feine Jahne verlaffen ſehen.
Herr Guichard ‚hatte. vor zwei Jahren Portewits ausgeſtellt, bie
ganz in ber Maner feines‘ Meiſters gemalt waren: md gänzlich.
unbeachtet blieben; feitbem hat ſich feine Indivibualität Luft
gemacht. „Un rere d’amony'’ iſt ‚Sees Ilzian das viel⸗
verſprechendſte Product ber ganzen Ausſtellung. Ous GSujet iſt
um ſo ſchwerer anzugeben, ba wit e8 nicht recht begriffen ‘has
ben. Sin, ae re nat auf Fe —
ausgefire um fie herum liegen
ihre en f. * Durcheinander; ihr Biehbaber figt am —*
des Bettes; wohin er ſeine Augen richtet, ae wir nicht fins
den Eönnen, denn fein Auge if faft —52 n; im eig Ent⸗
in Tuͤrke mit zuͤrnender en wie
*
Die polniſchen Blaͤtter theilen einen aus dem ſuͤdlichen Un⸗
garn — Brief des beruͤhmten ſlawiſchen Sprachforſchers
Prof. Dr. Szafarzyk mit, and dem wir Folgendes ehinehmen :
— befchäftige mid jegt ganz befonders mit ber Sammlung
ber nöthigen Materialien Fin meiner Geſchichte unb Literatur
der ſuͤdlichen ſlawiſchen Stämme. Rach fünfjährigen vergeblidden
Beftrebungen ift es mir endlich gelungen, mir ben Weg zu vie
len theild verfchloffenen, theil® verborgenen Dentmälern biefes
Literatur zu Öffnen; ja, auf Befehl der Göhern katholiſchen Geiſt⸗
lichkeit wird jegt in Slavonien, Horvazien u. ſ. w. Alles flei⸗
ßig durchforſcht und für mich copirt. ‚muß über bie Ans:
zahl ber Buͤcher erflaunen, bie feit bem 15. Jahrhunderte im.
— leiten und borvazifhem : Dialekte g eben und.
herausgegeben worben find Tusgezeichnetfien
Notiz. .
Zur flawifden Literatur.
‚ wovon felbft bie a
unferer Eiteratoren, ein Dobrowsky, Kopitar u. A. nicht eins
- mal eine Ahnung gehabt zu
Dome pen wiſſen aber aus
bie
gen, naͤmlich nur bie Titel ihrer Wächer, kennen. Es ift mir
auch gelungen einige Denkmaͤler ber ferbifchen Sprache ans
felbft nicht, was fie befigen, fowie
Licht zu ziehen. Faß jedes Mal, wenn ih durch Glavonien,. |:
Banat u. f. m. zeife, treffe ich in ben alten Kirchen und Kids
fleen auf bis jent unbelannte Bücher; wenn ich nun erſt Bos⸗
nien, bie Herzegowina, Wacebonien und bie Bulgarei befur
chen könnte! Gine bis jetzt unbelannte Handſchrift eines Ger’
ſetes (prawo Cara Duszana) habe ich für Herrn Macieiowäli *)
in Warſchau copirt, überfept und fo viel ala möglich erklaͤrt
Bon dem Allen wirb zu feiner Zeit meine Geſchichte ber ſlawi⸗
fen Literatur vollkänbige Rechenſchaft ablegen. . Bis jett habe
ich nur die ſlawiſch⸗illyriſche Literatur, b. h. die der katholiſchen
und griechiſchen Serben, der Horvazen und Slowaken vollendet.
Ueber neuere Arbeiten —A Literatoren kann ich wenig bes
richten. Serbiſche Werte. temımen ziemlich zahlreich Heraus,
aber faft nur unreife Gachen junger Studirender. Wuk (Ste⸗
fanowicz) ſchreibt nichts mehr; fruͤher Oberrichter in —
lebt er jegt amtlos in Semlin. Schade um den Mann, der
ein beſſres Schickſal verdient. In Belgrab iſt eine Buchdruckerei
eingerichtet worden, aber außer Bekanntmachungen über bie
Cholera hat fie noch nichts geliefert. An Raguſa drudt Mar⸗
tollini ben Gundulit und anbere alte Werke, jedoch meiſt Ans
dachtsbuͤcher. Der Prieſter Kranz Koriticy hat ben Birgil, und
N Bropft Joh. Krizmanicz in Biſtriz Milton's, Paradies ins
Uyriſche uͤberſezt; wenn fie es nur herausgeben wollten! Doch
* * Verfaſſer der Geſchichte der ſlawiſchen Befekgebungen, von
welder vor Kurzem der zweite Theil in Warſchau erſchienen iſt.
baben feinen. Die JIllyrier und. I.
hmen bie ‚Hälfte ihrer alten Literatur einzig aus Katalos |.
moi fuer. „Deman”, en — daß fie aid Mäs
nuferipte faulen. „Desman’‘, ein ‚yon Gunhulit,
mußte bi6 1826 auf ben Drud warten. In kaibach erfceint.
eine Gedichtſammlung unter dem Titel: „Krainake whbelina‘,:
bis jegt drei ‚Hefte, der Rebacteur derſelben IE Rafeleg. 177. |
ee ee ESSENER
Literarifhe Anzeige.
Bericht über die im Laufe des Jahres 1832 bel $. x
Brockhaus in Leipztig erſchienenen neuen Werke
und Fortſetzun
ee — aus Nr. "ue si cheüche
35. Raumer (Friedri Da), "ueber ' big
Gntwidelung RL Begriffe von —5— , au pa '
Zweite, verbefferte und vermehrte : — Gr. 17 ‚Bogen
“auf gutem Gchreibpapier. 1 Thlr. 6
2. — —, Polens Untergang. Ameite aufge. 12. 65 Bo’
gen auf feinem Drudpapier. Geh.
27. Geſchichte Europas feie- ben — bes 15. Jahr⸗
hunderte. In ſechs Bänden. Erſter Band. Gr. 8. 874 Bo:
gen. Sudfcriptionspreis auf gutem wein Drudz
AA Thir. 4 Br., auf trtrafeinem Velinpapier
r
BB. Raumer (Kart von), Lehrbudy ber allgemeinen Geogras
phie. Mit fünf Kupfestafein. Pr 8 7 Bogen auf gur
tem —— ** —
Br ne ver wirb vor jeder
„gräbenbiung,
633 Et ie Erdob he: Sie gwerfäute
ur : Gröliunbe, Zweite ——* Auflago Gr. 8. 54 Bes
gen auf gutem Druckpa
25 Or. werben udpapier üser, 5 — ——— Die
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Au
mie € ine —28 in Gase nad) Su
:80. Rumopr (8. ®. KENT, Drei Räfen
Inmerungen. * 14
g f gutem Dru lie
Bogen au em
1 Thle. 1 1
81, Schmid Reingoth), Die Sei, e ber Angetfächfen. In
‚ber Urfpradge mit heberfegung und Grläuferungen —8
‚geben. Erſter Theil, den Tert nebſt Meberfttung enthaltend.
‚Gr. 8. 25 Bogen auf guten Drudpapier, 2 Ihr. 6 Gc.
‚3, openbauer Gebanne), Saͤmmtuche ‚Gt
nbe. Mit dem Bilbniffe der Verfaſſerin. AG. 406%.
— 1829—32,. Sybfcription —5— auf gutem
milchweißen —— 12 .Ihlr., uf, etrafeluen Ber
Linpapier 16
‚88. Squlze (Ernſt), Die bezauberte Ro e. Rominti
Bericht ü in brei ln. Beat fte Auftage: ſqe⸗
ng, SA Effesen mens mein Big, — —— rd
2 Br ker)
Mr. ‚Rein: — Auf
— er in ‚ge &:
— ,
ifichen: b glättetin’
78 Gar are 2 Thir.
84. Gcipio Gicala. Sin Roman: 4 Bänke. 8. SB} Bogen
auf feinem Drudpapier. 6 Zphie.
85. Sherer (Moyle), Bilder aus dem Rriegäitben.- KAus
dem Gnglifchen, überfegt von Rudolf Linden. 3*
gegeben von Wilhelm Abolf Lindau. & eu Bogen:
auf feinem Drudpapier. 1 Zhlr. 16 Be,
‚86. Stiegtig (Shvißian Lubwig),
widelung: ber. vwerhaͤltn
Bandeshoßeit.
papier. 1 Se 1
87. Stimmen ber See — — 12. 4 Be
Rebigiet unter Berantwortlichkeit der Werlagäbandlung: 8. A. Brod haus in keipzis.
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der ausruht. Erſtes, zweiles Buch,
Beſch uß aus Nr.88.)
Die Schüderung der. koͤniglichen Familie "geht inzdie
Mat ihn zu einem trefflichen Fuͤrſten machen. Von den
übrigen Prinzen des Koͤnigshguſes werden Geſchichten in
Menge erzähle, groͤhtentheüs ber Wieberholung unwuͤrdig.
größten Details ein, die hier und da und nad) -Befeitt: '! Der- alte Lahdgruf: Kart gilt dem Virf. fuͤr eine Art von
gung eines Wuſtes von Geſchwaͤtz und Klatſcheret nicht Weopheten;- mitden JIlluminaten und Goldmächern fand
ohne Intereſſe find, Der Koͤnig felbſt wird als ‚ein. ei zu friner Zeit wenigſtens In enger Berbindung,, und
durchaus biederherziger,, edelgefinnter und ſcharfſichtiger St.-Germafn flach‘ in Heinen Armen. ' Der Herzog von
Fuͤrſt geſchildert, dem durchaus nichts gebridt als ein. Holſtein⸗Beck iſt der einzige achtbare General ber daͤni⸗
größeres Vertrauen zu fich felbft. Die Achnlichkeit zwi⸗ fehen Armee, von ber er vergättert wird.
fihen ihm und Kaifer Franz, mie überhaupt die zwiſchen Des Bild der dänffchen Staateverwaltung im fünf:
öftteichifchen -und bdänifchen Zuftänden iſt auffallend; nur | ten Capitel iſt gleichſalls nicht ohne Intereſſe. Deſtreich
dab man dort mit großer Conſequenz Geiſt und Form zu: | und Dänemark gleichen fi Hierin fo, duß „mutato no-
gleich fefthätt, wie fie waren, während man hier dem neuen | mine de te narratur fabula”. Die Form beherrſcht das
Geiſte huldigt, ohne bie alte Form überwinden zu können. | Weſen; die Mimiſtet fihd mit Ausnahme Stemann’s Nul⸗
As der König nah dem Congreß Wien verließ fügte | fen; der bevorzugte unter ihnen, der Finanzminiſter, tft
ihm Alerander: „Sire, vous avez gagne tous les-coeurs!” träger ale Potemkin, und S., der Minifter der de:
— ‚Mais pas une seule àme“, gab der Monarch Iächelnd | Fern Angelegenheiten, ift einer der edelften, aber auch ber
zur Antwort. — Der geſetzlich unumſchraͤnkteſte Fuͤrſt Eu⸗ unprattifchften Menſchen, die es gibt. In Daͤnemark
ropas — dies iſt der König von Daͤnemark feit 1646 — moͤchte man Aues verbeffern, aber die Regierung kommt
unterwirft ſich dem Seite, welcher in den Collegien herrſcht, nicht dazu tm Kampf gegen die alte Form; in Deſt⸗
aufs puͤnktlichſte; ſelbſt in Anſiellungs⸗ und. Gnadenſachen | reich ſoll Alles bieiben, und v6 bleibt. Was, oder beffer,
har er durch. die altgeheiligten Sormen kaum irgend einen | wie wenig Öffentliche Audiehzen bedeuten, lehrt das fol
Einfluß behalten. Für jede Vacanz proponirt das Code: | gende Capitel. Abfolute Monarchien roͤnnen - ihrer jedoch
gium drei Sandidaten, und es iſt ohne Beifpiel, daß nicht nicht entbehren; im confiitutionnetten find fie unmäg und
der zuerfigenannte erwählt würde: Der Erbprinz ift wie | lächerlih. Das Supplicantenmwefen feiert in Kopenhagen
Georg IV. von. England ein. Mufter eines. vollendeten | feinen hoͤchften Triumph; Alles ſupplicirt, und die Vor⸗
Gentleman. Er ift uͤberal in einem eigenthuͤmlichen Sinne zimmer des Koͤnigs ſind ewig belagert. Jeder Daͤne haſcht
des Worts, zugleich der vorzuͤglichſte Befoͤrderer des Staͤn⸗nach einem Titel, dei & tort et & travers vertheilt- wird,
deweſens und doch ein Freund firenger Scheidung dir ſodaß ein: Arzt Kelegbrath, ein Kaufmann Juſtizrath u. ſ. w.
Stände, welche nut die höhere Bildung einander nähern | heißt. Die unmbliche Langmuth des Königs erlaubt we⸗
fol, dabei ein Mann von außerordentlichen Kennmiflen, | der Ihm noch feinen Miniſtern ungedufbig zu werden.
Archaͤolog, Mineralog, Naturkundiger uͤberhaupt, Kenner Das zweite Buch iſt faſt durchaus Perſonenſchilderung.
und Berehrer der Kunſt, von natürlichem, hochentrwideltem | Nicht wenige Namen ſtellt der Verf. hier an einen gelinden
Schönheitöfinn. Er ift der Gründer der norwegifchen Ver: , Pranger. Alter Perfönlichkeit feind, enthalten wir uns
faſſung, die jedoch das Product, nicht feiner Ueberzeugung, | hier jedes Auszuges, zufrieden, wenigſtens im erſten Theile
fondern der Umftände war. Sangutnifch bequem, ift Erf: | dieſes Buchs einiges allgemeiner Anziehende aufgefunden
siges Durchgreifen jedoch nicht feine Sache, und fehmer: | zu haben. Das diplomatifche Corps, ber Finanzminiſter,
lich dürfte er einft zum Meformator merden. Kampf ge: | der des Auswärtigen Haben die bösartigften Angriffe aus:
gen feinen eben Willen erbittert ihn und lähmt feine | zuhalten, die fich oft bis zu widernärtiger Geſchmackloſig⸗
Thaͤtigkeit. Sein Sohn, Prinz Friedrich Chriftian, wird | keit fteigern. Hier offenbar iſt der Verf. auf feinem Ges
von dem Rufe mit zahlreichen Fehlern bekleidet! Ex ift fehr | Biete. Er holt die Anekdoten herbei, wo_ er fie findet;
lebhaft, ſchwankend, ohne Grundfäge, ein Freund des Ver: | Wahrheit und Lüge gelten ihm gleich; aber — es iſt nicht
— 2 und Be cbenheiten eines Birgeifen = lg Die Brioeduni. des ſchlimimernden S· lbſtgefahls
|.
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510
zu leugnen — er macht und bisweilen lächeln, wie bei ben
Diftractionsproben des Biſchof W..... e und des gelebt:
ten Thorlacius.
einem merkwürdigen Danne, dem Oberſtlieutenant A(bram⸗
fo)n, der, wie es fcheint, zu einer einflußreichen Rolle in
Lieber als hiervon fprehen wir von.
Dänemark berufen tif. Als Ligutenaut Iermtel A. das‘,
Weſen des wechſelſeitigen Unterrichts in Srankıpich: ken⸗
nen. Er fand Gelegenheit, dem Koͤnig, der ſich fuͤr alles
Paͤdagogiſche ganz beſonders intereſſirt, mit ſeinen Pro⸗
jecten zu nahen. _Eie r „bin...
Liebling des Könige, fein Adjutant.
Schulen nadı Dem
fämpfen; er nahm bie 2eitung der
hear @siffein ante feine” Befbabere
weit; daß der Oberſtlieutenant im Namen bes Königs mit
Unterbehärden (Amtleuten) direct und ohne Vermittelung
der Collegien correfpondirte. Alles ging raſch und gut
von flatten. Da fiel ed einem alten Amtmann ein, bie
Befehle des koͤnigl. Adjutanten übel zu nehmen. Er padte
fie zufammen, überreichte fie dem Colleglum und denuncirte
den unberufenen Befehlögeber, ben er nicht zu fennen vorgab
und ben er ald einen übermüthigen Juden bezeichnete. Der
Erfolg war, da der König feine Befehle zuruͤckknehmen mußte
und viel Mühe hatte, feinen Adjutanten darüber zu teöften.
Indeß behauptet ber kuͤhne junge Dann feine Stellung und
verfpricht ein: zweiter Pombal für Dänemark zu werden. (2)
Der Verf. beklagt nur, daß er zu eitel fei.
Erſchreckend iſt die Schilderung, die der Verf. von ber
Finanzverwaltung des Reichs entwirft, und mir find, um
fo geneigter, ihm bier zu trauen, ald es ihm offenbar
nicht an allgemeiner Einficht in biefem Gebiete fehlt. Der
unendlich träge Sinanzminifter hat das Vertrauen des Kö:
nige; weshalb? Weil er keine neue Staatsſteuer auferlegt.
Allein wie hilft er fih? Erſtens, duch die entfegliche
Reichsbankſteuer, vermöge welcher auf jedem Srundftüd
eine Stantshppothet eingetragen ‚wurde, die der Beſitzer
mit ſechs Procent verzinfen muß; zweitens durch Anleihen,
und drittens dadurch, daß er faft alle Staatslaften den
Gemeinden zuwirft. Die. verderblichfle unter allen mögli:
chen: Operationen ift biefe legtere, weil fie unmittelbar die
Quellen des Nationalvermögens erfchöpft. Der Verf. zeigt
aͤußerſt richtig, wie lächerlich es fei, das Wohlbefinden
eines. Volkes nach ben Beiträgen zu den Staatsſteuern,
kopfweiſe vertheilt, zu berechnen, wenn man nicht ſaͤmmt⸗
liche Gemeindeſteuern und Laften bamit in Verbindung
bringt. In. Dänemark muß der Landmann fih für
Zwecke erfchöpfen, die ihm ganz fremd find; fat Altes ift
Laſt der Gpmeinden, das eigentliche Eintommen des Staats:
ſchatzes verſchwindet in —* u. ſ. w. Dabei kom⸗
men die Kechnungen oft in zehn Jahren nicht zur Revi⸗
ſion, und kein Kaſſenbeamter kann daher ruhig ſterben.
Zum Schluß geht der Verf. die theologifchen Parteien
durch. Die Regierung hält die high Tories weife von
ſich ab; nichtsdeſtoweniger iſt felbft im neuefter Zeit ein
Geſetz gegeben, das den. Proteftanten, der Katholik wird,
zur Landesverweiſung verurtheilt. Gluͤcklicherweiſe erlaubt
die Milde des Koͤnigs ſeine Anwendung nicht.
4
A. marb der
Zum erften. Mat.
verfachte der. Monarch, bie Kormen der Verwaltung zu bes:
v
Obhut. Es fam fo T'
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7 . ‚ ⸗
Wuͤrdige, Wiſſenswerthe von; de
1
Doch genug, um zu zeigen, wie in dieſem Buche,
befien Geiſt wir verwerfen müflen, manche ganz anzie⸗
hende Notiz enthalten iſt, die das mixta bonis mala
aller irdiſchen Dinge auch bier beſtaͤtigt. Es fehlt
dem Berf._deffelben weniger an Erfahrung als an bonge
Joi, an Geſſchinack gandt anpbenjenigeg an der das
| Unwerthen, Miebrigen
und Seringen zu’ unterſcheiden weiß. — As Stift ift
er ohne Bedeutung; ftörend aber iſt die Jean⸗Paul'ſche
e..in. ben _ Staatwohl,
liebewuͤrdig, Vertheidigungmittel u. ſ. w. 89.
.e ‘
FErrgrrng
Ich glaube, es kommt von den langen Abenden, ben ge-
ſpraͤchigen Ammen, ben warmen Defen ber, daß man in Deutſch⸗
(and fo viel erzählt. Ich wüßte wol noch einige Gruͤnde, aber
bie find politifcher Natur und koͤnnten mir übel genommen
werden. ! Man fprät imamer: wer viel ſchwatt, thut wenig,
wer viel erzählt, lebt wenig; er braucht feine Zeit zum Erzaͤh⸗
len. Ich glaube nicht, daß ein Land exiſtirt, wo fo vielerlei er⸗
zählt wird wie in Deutſchland. Es ‚Liegt eine Art Sutmüthigkeit
und eine Art Langweiligkeit in dieſer Gigenfchaft: wir reden
green breit, wir reden gern Alles aber es muß nichts Gefaͤhrli⸗
ches fein, nichts worüber. man zur Verantwortung gezogen wer:
ben koͤnnte. Und das fit fo charmant bei ſolchen Erzaͤhlungen;
wenn fie etwas bunt, ‚phantaftifch gerathen, fo ift Fein wahres
Wort’ daran, und wenn fie recht ledern und gewöhnlich find, fo
iſtis eine wahre Geſchichte. Es liegen dergleichen eine Menge
vor mir, und von all den Bänden Habe ich nur einen mit Ber⸗
gnuͤgen gelefen, dqas iſt: un un
1. Herbſtzeitloſen. Erzaͤhlungen und Novellen von D.
8.
. Wolff Erſte Folge. Leipzig, Kollmiann. 1832. 8. 1 Thir.
Ich will und kann nit fagen, daß bedeutendes Genie
darin zu finden wäre: ach nein, der Flug ift nicht zu kuͤhn;
aber fie haben einen großen Vorzug: es ift hiftorifcher Verſtand
darin. Die erfte Erzählung: „Dante's Tod’, geht etwas hoch⸗
beinig einher, und die Contoure find ein wenig hart; aber ber
todtkranke und dann ſterbende Dante bildet doch einen fo wuͤr⸗
bigen Hintergrund, daß man Jenes vergibt: Man fühlt doch,
daß es ſich um etwas nicht Unwürbiges handelt, daß ber Berf.
bie Bergältniffe kennt. Die zweite Erzaͤhlung: „Der Bettler‘,
ift leichter, gewandter vorgetragen, ift zwar an Grfindung ge:
wöhnlih und, den Schluß anbelangend, abgebrofhen: wie viel
bundert Mal flerben nicht ein alt und ſchwach geworbener Held
unter ber Pflege einer meinenden Nonne ober Aebtiffin, bie
ihm mit ber legten Delung den Trof reicht, daß fie feine. Ge:
‚iebte fei, ihm pergebe oder ihn um Vergebung bitte! Aber es
bligt fol ein ſchadenfrohes Rächeln über die franzöfifce Regier
rungswirthſchaft vor der Revolution, bie willkuͤrliche Juſtiz und
dgl. durch ben Vortrag bes Wettlers, und das gibt dem Ganzen
etwas Pikanteres. Man- glaubt, es ruhe ein gemiffer Exrnft
hinter den Dingen, der nur nicht plump heraustreten wolle.
Sehr dankbar find wir aber dem Verf. für brei altfranzoͤſiſche
Novellen, welche er bringt: 1) „Des Grafen von Pontieu Reife
über das Meer’, 2, „Eſche. Sin Lai von Marie de France”,
3) „Von der Caſtellanin von Vergy, welche ſtarb, weit fle ihren
Freund zu treuliebte”. Es ift ein Verdienſt, was ſich ber Berf.
durch diefe Meberfegungen erworben bat; biefe Yabliaur find für
die Geſchichte ber Erzaͤhlung von großer Wichtigkeit: es find
bie Kleinen Voͤglein, die erft huͤpfen und noch nicht fliegen koͤn⸗
nen. Mit unbefchreiblier Raivetäöt wird jeder Beweggrund
jedes Schrittes auseinandergefept. Wir rechnen jegt mit den
Formeln der Erzaͤhlung, die allmälig gefunden worden find; im
diefen Fabliaux finden wir aber bie einzelnen Zahlen, die
noch harmlos alle aufgezählt werben, wo fein Glied überfprun:
611
gen werben barf/ Denn ber Ritter ſchoͤn und reich iſt, fo
wirb erft auseinanbdergefegt, daß ex eine ſchoͤne Dame verdiene;
das thun wie heute nicht mehr, denn wir haben bie Karmel ges
wonnen, daß ſich das von felbft verftehe.
2. Salmigonbis, oder novelliftifhe Bunte⸗Reihe des Auslandes,
in freien Weberfegungen. Von Theodor Hell und feinen
Hreunden. Monatsfchrift. Leipzig, Kollmann. 1883. 8.
der Jahrgang von zwölf Heften 6 Thlr.
Da einmal bie ganze Romanliteratur des gefammien Auslans
bes diefem Unternehmen geöffnet war, fo hätte bie Auswahl nament⸗
lich für das Probeheft intereffanter fein können. „Die Blumenins
ſel“ von Sands ift fehr gewöhnlich, und im „„Gothifchen Kamin‘
von Alfons Brot, wo ein Maler in einem verrüdten Traume
feinen Gefährten exſchießt, iſt nichts Beſonderes, als daß man
in ben legten Zeilen erfährt, ber Träumer fei Michel Angelo ge⸗
wefen. Dagegen ift bie bem Balzac entnommene Novelle: „Graf
Shabert”’, lebendig, bunt, pilant, wie Alles von bem Äberfprus
beinden jungen Romantiter. Der Graf Ghabert kommt mit
gerfchlagenem Schaͤdel aus bem Grabe bei preußifch Gilau nach
Paris in Ye Salons, um feine vornehme Gattin zu reciamiren,
die, auf feinen Tobtenfchein geffügt, ruhig wieder geheirathet hat.
3. Marco Dolorofo. Die Abenteuer einer Nacht. Zwei Novel:
in von Wilhelm Marſano. Leipzig, Brüggemann.
1882. 8. 12 Gr. -
4. Die ungeim ichen Gaͤſte. Rovelle von Demſelben. Ebendaſ.
1882. 8. 1 Thir.
Die erſten Novellen haben den Vorzug, daß ſie kurz ſind,
und wenn man bei ten „Abenteuern einer Nacht“, wo ein nuͤch⸗
terner, vernünftiger Menfch bie albernften Geſpenſter fieht, unmu:
thig werden will, fo entwaffnet das fehnelle, piöglidhe Ende bes
Buͤchleins. Der fohmerzensreiche „Warco’' und bie „Unbeimlis
chen Gaͤſte“ fpielen beibe in Italien ; deutſche Water, ein ftereos
typer Novellencharakter, feufzen fehr: „die Lippe bebt tonlos,
„Rabenlocken wogen um ben biendenden Hals‘, „ber volle Bus
fen ſtrahlt Heller als das funkelnde Diamantſchloß“, „ber laͤ⸗
heinde purpurfammelne Maund fpielte lebendig um die Schnee:
zähne” u. f.w. Es ift eine muntere Phantafle darin, bie einer
gar nicht feruputdfen Feder allerlei burcheinander dictirt; es
fehlt Fleiß, Reife, Gediegenheit. So ift Marfano in ben Ton
gewoͤhnlicher romantifher Geſchichten mit tändelnder, ſchillern⸗
bee Oberflächlichleit hineingerathen; und er hat z. B. in diefen
„Unbeimlichen Säften” mit vielem unnuͤten Beikram einen mos
dernen Rinaldo Rinaldini geichrieben. Ein Buch für Leihbib⸗
5, Korallenzweige. Erzählungen, Rovellen und Phantafieſtuͤcke
Fr “ j Leipzig, Hartmann. 1833,
von Hermann Mepynert.
8 1 IHlr. 12 Er.
Meynert if ein durchaus nicht unbedentendes Talent, ber,
wenn ex weniger und forgfältiger fchriebe, leicht eine gute Ro:
delle produciren koͤnnte. Er läßt fich aber geben und fchreibt
bunt und Eraus hinein. Da kommen denn eine Menge Erzaͤh⸗
Iungen ans Zageslicht, wo faft an jeber etwas zu loben iſt,
bie aber im Ganzen alle zu tadeln find, weil man ihnen bie
Fluͤchtigkeit, Eile, Haft anfieht. Es iſt ihm eine nicht gewöhnliche
pꝓſychologiſche Anſchauung, gewandte Sprache, ‚lebendige Erfin⸗
bung durchaus nicht abzuſprechen; aber weil der Verf. nicht
Zeit hat, in ruhiger Entwidelung das Intereffe zu erhalten —
das Gefchi Hätte er gewiß — fo ruft ex allerlei graufe, bleiche
Dämonen, allerlei „graufige Elemente zu Hülfe und fpielt ben
franzöfifhen Romantifer, der Callot und Hoffmann beſchwoͤrt.
nDer todte Roßarzt”, „Der Vampyr“ und ‚Die Mumie‘,
„Meifter Paganini, ober der Dämon ber Mufil” befchäftigen
ſich alle damit, zu frappiren, zu entfegen, weil es bem Verf.
zu unbequem ift, mit einfachen Mitteln zu erfreuen. Der alte
Kreistee muß in allerlei Gaprioien herumfpringen. Dazwiſchen
1öuft eine gewöhnliche Banditengeſchichte: „Der Bravo’, unb
einer gang geſchickt erzählten Begebenheit in Xeplig wirb uns
nuͤtzerweiſe der Denker beigegeben, damit ja das Grauliche nicht
’
mittel, ber tollen räume entiebigt — ohne einige fuͤrchterlich⸗
Träume thun’s unfere heutigen NRovelliften nicht leicht —, fe
Tann er ein recht angenehmer Schriftſteller werben. :
6. Atlantiſche Nächte. Gine Sammlung Novellen und Kriegs:
‚bilder. Gerausgegeben und bem Andenken feines an den
Ufern: bes Miffifippi fchlummernden Werner’ geweiht von
Thorwald. Zwei Theile. Stralſund, Struck. 2. 8.
1 Thlr. 8 Gr.
Ss Hat mir geſchienen, als ob ber Herausgeber mancherlei
eingeihwärzt habe; bie Graählungen find von fehr verſchiedenem
Wertbe. Ich kann mich indeß leicht irren. Der vielfach ſchlum⸗
mernbe Werner — denn nach dem Titel braucht er mehre Ufer
dazu — erzählt vecht anziebenb, wenn er ben Schauplag ber
Begebenheit jenfelt bes Meeres wählt; recht alltäglich romanen⸗
haft, wenn er den Buß auf europdifchen Boden fest. Sind es
nun bie und unbelannten Wälder und Indianer zc., ift es das
Ungewöhnliche des Stoffs, was und fdyen im Cooper fo Iebhaft
anzog, oder. find es verſchiedene Schriftſteller? „Die beiben
Siourx“, beren Geſchichte von Miffuri herkommt, ift einfach, ſpan⸗
nend, befriedigend wie eine kurze Tragodie; „Der Phühellene”“,
ber größtentheild in Griechenland fein Wefen treibt, ift abge:
Idmadt, hundertmal bageweien. Lind diefe beiden Toͤne klingen
foxg durch biefe „Atlantiſchen Nächte”, fobaß ich mich unmoͤg⸗
1a pe Mistrauens gegen ben Deren Herausgeber erwehren
onnte.
7. Mein Jugendleben unb meine Reifen. Bon Wit von Doͤr⸗
ring. Grgänzung ber „Fragmente aus meinem Leben unb
meiner Zeit”. Leipzig, Wigand. 1832. 8. 2 Thir.
‚„ Bas Bud gibt fi) nun zwar das Anfehen, als gehöre es
nicht zur bloßen Gryählungsliteratur, es fpricht auch von alter
Politit, alten Sitten und theologifchen Bedenklichkeiten. Da
aber Herr Wit von Dörring felbft der Held ift, und er fich body
auf Koften feines eignen Rufs alle mögliche Mühe gegeben hat,
ein Romanheld zu werden, fo wird ihm wol nicht Unrecht ges
ſchehen, wenn ic ihn bier einrangire. Won feiner Jugendzeit
if nicht eben viel Merkwürbiges zu fagen, er hat vom Schul⸗
meifter Ohrfeigen befommen, ift faul und fleißig gewelen, bat
fi) dann viel auf feine philologiſchen Studien zu gut gethan —
bergleidhen paffirt Vielen. Here Wit von Dörring meint aber,
bei ihm müffe es doppelt intereffant fein, weil er fo jung all:
gemein bekannt geworben fei. Er ift nun aber nicht durch feine
philologiſchen Studien, fondern durch andere unnäge Dinge
befannt geworben. Den Berlauf feiner Kindereien auf der Uni«
verſitaͤt, auf ſeiner Reiſe nach Paris, in Paris ſelbſt, erzaͤhlt er
nun in usum Delphini, wie ein junger Sittenprediger, ber
die Jugend warnen will. Ich finde in dem Allen nur einen
thörichten Renommiften, ber aus lauter furdtfamer Moral nicht
bie Courage hat, luſtig zu leben, ber den albernen Altklugen
fpielt. Daraus lernt kein ar etwas. Die beutfche Demago⸗
gerei und bie parifer @efellfchaft unter Ludwig XVIII. kennen
wir abes ſchon Lange viel beffer, als fie hier im Refler eines
verwirzten jungen Menfchen erfcheinen. Es ift ein wiberwärs
tiged Buch, was Niemand etwas nügt. ‘78.
—,—,
Paſſional Ehriſti und Antichriſti.
In der Privatbibliothek des Geheimen Commerzienrathes
Delsner in Breslau befindet ſich eine Schrift, deren Druckjahr
ebenfo unbekannt iſt wie ihr Werlagsort oder ihr Berf. Da fie .
jeboch ein fehr großes Intereſſe befigt, indem fie am beften be
weißt, wie die Preſſe ber Reformation vorgearbeitet hat, fo möge
eine kurze Beſchreibung bie beutfchen Altertbumsforfcher zu
freundlichem Rachſuchen einladen. '
Die Schrift befteht in einer Segenüberftellung von breizehn
Gcenen aus bem Leben CEhriſti und ber roͤmiſchen PYäpfte Die
eine Seite fleilt Chriſtum, die andere Antichriftum da, in zwar
grellen, aber für bie frühere Zeit nicht ganz verwerflicdhen Holy
nitten. Der untere Raum if mit Bibelfpräcden und Decre
fehle. Wenn ſich Meynert diefer Gouliffenreißereien, ber Sputhälfs: * talienftellen zu genuͤgender Erklaͤrung ausgefällt. Die erften zwei
2
1982
enfinte zeigen, wie GShriſtus ver ber angebotenen Krone ja:
br u G Gein Hei außerhalb Liefer Wels erkikut, *
Papft aber die Gewalt Über die Könige und deren Keiche ſucht.
Die folgenden zwei Holzfchnitte ſtellen Chriſtum unter ber Dor⸗
nenkrone und ben Papft unter der Tiare bar. Die naͤchſten weis
fen Ghriftum, wie er ben Jangern bemüthig bie Wühe möcht,
und ben Yapft, wie er von prunkendem Sofflant umgeben ifl.
Hierauf fieht man Chriſtum dem Kaifer den Soll begabten und
den PYapft die Immunität aller feinen Büter befehlen. Das
fünfte Gegenbitd contraftirt Chriſti Demuth gegen Knechte und
bes Papfles Stolz gegen die Herren. Die fechete Schilderung
präfentirt Spriflum unter dem Kreuze und ben Papft auf gol⸗
dene Tragbahre. derung flieht man Ehri⸗
In der fiebenten Sch
ſtum ‚prebigen und feine Nachfolger Weltliches treiben, in der
achten fiebt man Ghriftum in einem Gtake,. in Höchfter Armuth
und ten Dapf die halbe Welt unter feinen Fuͤßen. Das neunte
‚Begenbitb zeigt Chriftum auf dem Gfel und den Papft im kai⸗
ferlichen @eleite, daB zehnte ſtellt Ehriftum umb bie Apoftel in
ihrer Arnrtichen Erſcheinung bar, dem päpftlichen Staate gegenüber.
Die drei folgenden Schilderungen find beſonders kuͤhn und bei:
Send. In ber einen dringt Ehriſtus auf innere Andacht und
Gottfeligleit, der Papft auf fromme Geberben, in der andern
treibt Chriſtus die Wechsler zum Tempel hinaus und der Papft
verkauft Ablaß, Meſſen und Pfränden, in dem legten fährt Ehri-
flus gen Himmel und ber Paopft zur ‚Hölle. Auf ber letzten
Geite ſtehen folgende Worte: „Sint ein itzlich Schandtbuch und
famofer Eibellus nit mag gewendt werben, es begreyfft dann in
ſich ſchaͤndtlich Laſter und Unthate, Bo iſt offentlih, daß bieß
Buchle nit may vor ein Schandtbuch gehalten werden, noch
burch bie Gebot fo widder die Schandfchrifft außgangen verbot:
ten fein, dieweyl alles das bierinnen ſteht, eyn dem Babſtlichen
Geyſtlichen Rechte nit alleyn als tziemlich Dinge fonbern auch
als Geſetz Hu befinden, unb ift vornehmlich außgangen allein
deß geyfili flayſchiichen Rechts Grundt yn eyner ſumme
undt Pürglich anduzeigen gemeynen Nutz ber Chriſtenheit ford⸗
erlich tzu gute
Nembt alßo vor gutt,
Es wirt baldt beffer werden.”
Nach) dem Drude und nach der Orthographie hat man alle Urs
fache, die Herausgabe biefer intereffanten Schrift in ben Anfang
des 15. Jahrhunderts zu ſetzen. Wäre bem wirklich alfo, bann
würden wir den Beweis einer Druckfreiheit haben, bie wir nur
den revolutionnairen Epochen noch zutrauen koͤnnen. 150.
Notizen.
Antiquttäten der franzdftifhen Literaten.
Nie tft die Altere franzoͤſiſche Literatur fo eifrig bearbeitet .
worben als heutzutage, felbft nicht zur Zeit, wo Lancelot, |
Sacurne de Gainte Palaye, der Marquis von Paulmp und ber
Abboͤ Rives die in den dffentlihen und Privatbibtiothelen ver:
borgenen Schäge ans Tageslicht förderten. Beſonders verdankt
man bem gelehrten Buchhändler Hrn. Silveſtre fehr viel in:
Seine Sammlungen älterer franzöfiiher Poe
biefer Hinficht.
fien find von den Gelehrten Europas mit vielem Beifalle auf:
genommen worden und werben fortgefegt. Manche barunter
haben einen nicht geringen äfthetifchen Werth: befonders ergoͤt⸗
ih ift „La moralit6 de Paveugle et du boiteux”. Wie fehr
fich ſchon bie Altern Franzoſen mit der Form plagten und es
liebten ben Gedanken in Gchwierigkeiten aller Art zu fefleln,
erhellt aus ‚‚L’art et science de rhetorique pour faire rimes
&t ballades‘”. Welche Menge von Reimen ober vielmehr Reim:
arten, Affonanzen und Gonfonanzen finden wir in der Anleitung,
Balladen zu machen: rime batelde, rime & double queue,
rime en goret! (retin war das Oberhaupt ber Schule, bie ſich
mit biefen doppelt gefchweiften u. dergl. Reimen herumfdlug.
Zehan de Birtoe war ber Erfinder der baguenaudes, cou-
plets fais a volonte, contenant certaines qualit&s de sillabes
sans rime et sans raison. Br. Francisque Michel befchäftigt
fih mit mehren Romanen aus bem 13. und 14. Jahrhundert.
Das Neurfte, was in dieſem Fache erſchienen, tft „Le roman
d’Aveloque le Danois’. „Le livre de Pierre Salmon” ver:
bantt man Hrn. Grapelet. Leider hat er Alles, was ſich in "Yen
agen, die Karl VI. von Frankreich an feinen Hofſchranzen
Imon richtet, auf die Sheotegie bezieht, weggelaſſen. Der
Monarch fragt ihn unter Anderm, ob Abam und Eva nadt im
Paradiefe gewefen? warum der Heufel vorzugämweife die Geſtalt
einer Schlange annahm? und warum Gott zugegeben, daß ber
erfte Menſch verfucht worben? Hr, Grapelet hat gefürkhtet fei-
nen Landsleuten damit Langweile zu verurfachen, vielleicht mit
uUnrecht. Dieſer Salmon war Übrigens ein Speichellecker und
Achfelträger von der erbärmiiääften Art, der ſich fletd an ben
Meiftzablenden verkaufte. Webrigens gehört zu biefem Hand:
werte, befonders um es mit Städt zu treiben, wie diefer Fran⸗
sofe, Schlauheit und feibft Muth: er ſchrieb feine Sprache
correctet als feine berähmteften Zeitgenoffen.
Bollsunterrsigt in Rordamernika.
Aus den neueften, mit forgfältigem Fleiße zufammengetra:
genen Documenten gebt hervor, daß von ben 60,000 Ginwoßs
nern des Staates Maffachufetts nur 400 Erwachfene nicht leſen
können. SS gebt ferner aus ten Werichten von 181 Stäbten :
an bie gefepgebende Behörde hervor, daß ih die Zahl der
Schulen in biefen Städten auf 12,398 erhebt; ba bie Anzahl
ber Indivibuen von 14 — 21 Jahren, weiche weder lefen nodh
ſchreiben koͤnnen, ſich nicht hoͤher belaͤuft als 58, und daß in einer
dieſer Staͤdte nur drei Perſonen ſich in dieſem Kalle befinden:
es find drei Taubſtumme. Der unterricht in ben Öffentlichen
Schulen beſchraͤnkt fich nicht auf Lefen, Schreiben, Rechnen, bie
Buchhaltung, bie tobten und lebenden Sprachen; es umfaßt
nebftdem Mathematik, Schifffunde, Geographie, Geſchichte,
politiſche Dekonomie, Rhetorik und Philoſophie. Dieſe Schulen
beſchaͤftigen bie jungen Leute von ihrem vierten bis in ihr ſiebzehntes
Jahr. Es gibt gegenwärtig in Boſton 68 Schulen, worin unentgelts
lich Unterricht ertheilt wird, außer ben 23 Sonntagsſchulen. Kins
ber beibertei Gefchlechtes werben barin aufgenommen. Die Schul⸗
fonds, weiche meiftens Geſchenke und Stiftungen von Privatieuten
find, nebft den von ben Legislaturen bewilligten Summen, erlauben
den Lehrer einen Gehalt von 800-2500 Dollars auszuwerfen;
bee Gehalt eines jeden Lehrers wird von einem Ausſchuſſe von
12 Ginwohnern ber Stadt beflimmt. Der Unterricht beginnt
jedesmal mit Unterweifen im Lefen der Bibel. Der dritte heil
der Bevoͤlkerung des Staats Connecticut, welche fi .emf
275,000 Einwohner beläuft, beſucht die Öffentlidden Schulen. Im
Neuyork, welches 1,900,000 Seelen zählt, geben 499,484 in
die Schulen; alfo ein Viertel der Bevoͤlkerung. In den fübli-
den Staaten if indeß ber Ginikifation nicht fo allgenrin ver-
rettet. '
Sklaven in Nordlarolina. on
Ein jumger Sklave koſtet gewöhnlich in Halifar 375 Dot:
tar (2025 Krance), befonders flarfe und fchön geformte Sub;
jecte werden zu Zeiten wohl für 400 Dollar (2160 Xr.) ver:
fauft. ine junge, wohlgewachfene Sklavin, die noch Feine
Kinder gehabt hat, wirb mit 1850 Fr. bezahlt. Man erlaubt
den Neger ſich zu verheirathen, bat aber ein junger Neger
eine blühende Familie, fo zwingt ihn der Pflanzer am bie Zahl
feiner Unterthanen zu vermehren, mehre Weiber zu nehmen.
Ebenſo möüffen die Weiber ſich dazu verftehen mehre Männer
anzunehmen, nach Gutduͤnken ihrer Herren. Man fieht leicht
ein, welchen verberblihen Einfluß ein foldges Verfahren auf die
Moralität der unglüdlichen Schwarzen haben muß. Es trifft
fih oft, daß der Pflanzer von feinen eignen Kindern bedient
wird, und daß er fie felbft auf den Markt fchidt, um fie mit
den übrigen Sklaven verkaufen zu laffen. Das Geſetz verbietet
einen Schwarzen, felbft wenn er frei iſt, zu unterrichten. Dass,
Zeugniß eines farbigen Menſchen in einer Gtreitigkeit mit ben
Weißen ift ungültig ; die Proceffe, bie fie unter fich haben, wer⸗
den von Friedensrichtern ohne Geſchworene gefchlichtet. 148,
‚ Rebigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagsbandlung: 3. U. Brodbaus In Leipzig.
+
%
N
Blätter
für
literarifche Unterhaltung.
Sonntag,
| nn nn vun — 3
Briefe am den Deramögeber Über den Anſchluß Sach⸗
fend aa den preußıfch -bairifchen Zollverband.
Erſter Brief.
Viel zu oft, verebrter Freund, habe ich die Frage:
Sind. Sie für das Anfchliefen Sahfens an
Draußen? zu meinem Berdruffe kurzweg mit Ja .oder
Mein beantworten hören, ats dab ich aus Bequemlichkeit
feidft dieſen Weg einſchlagen und fo recht eigentlich nad
Vorurtheilen ein Vorurtheil nusfprechen dürfte. Das
bloße Zeitwort: anfchließen, befage an ſich noch gar
nichts Beſtimmtes; denn man kann fi) ja dem Quten
wie dem Böfen, dem Bernünftigen wie dem Thoͤrichten
anfehließen. Ebenſo wenig reicht 28 aus, ein
ßiſche oder fächfifche Zariffäge zu fennen, -öder ſich auf
das Zeugniß von Leuten zu berufen, welche die bevorſte⸗
henden Maßregeln fürchten oder herbeiwuͤnſchen, Lediglich je
nachdem fie für ſich Vortheile oder Nachtheile daraus ableiten.
Don vorn herein Seht wol nur zweierlei feft:
‚ Erſtens, daß RNlemand in diefee Sache ein mehlbe:
grimdetes Urtheäf fällen kann, bevor die vollſtaͤndigen Be:
dingungen de%"neuen Handelsvertrages bekannt gemacht find,
und ſelbſt,⸗dann feinen perſoͤnlichen Standpunkt nicht für
ben afleiyk entfcheidenden ausgeben barf.
Zwweitens, daß Sachſen wie Preußen zu ihren wohl:
rollenden und väterlichen Megierungen das Vertrauen ha:
men und follen: ihre Wohl werde forgfältig berüd:
igt und gewiß nicht uͤbereilt preißgegeben oder eigens
Aumig verfanat werben.
F Dielen beiden Behauptungen darf ich wel (ohne Furcht,
widerfpeochen zu werden) eine dritte hinzufügen: nämlich,
daß die Steuer= und Zollſyſteme der deutſchen Staaten .
fi) keineswegs einer unbedingten Vollkommenheit erfreuen,
fondern mefentlicher Berbefferungen zum Bortheile aller
Berheiligten bedürfen. Wenn wir alfo Diejenigen zur
Seite laffen, welche die hoͤchſte Weisheit darin fuchen,
nichts zu thun und die Augen (mie ber Vogel Strauß)
"gegen die dringenden Koderungen der Zeit zu verfchließen,
fo bleibt nur die Aufgabe: ſich mit Denjenigen zu ver:
fländigen, welche den großen Zweck ernſtlich wollen, aber
uͤber Mittel und Wege verfchieden denken.
Um hierbei nicht ind Unbeftimmte umherzufchweifen,
fei e8 mir erlaubt, mich auf bie Bittfchrift mehrer leip⸗
ziger Kaufleute gegen den Anſchluß Sachſens zu be:
KT Pr. 125. Mr
I. Mai 1833,
siehen, welche im „Baterland” Nr. 30 nu. 34 abgedruckt
iſt. So verfchieden die Ergebniſſe meiner Betrachtungs⸗
weiſe von denen bes achtungswerthen Verfafſers find, halte
ih doc eine Annäherung für möglich, da ich ‚mit den
von ihm im Allgemeinen aufgeftellten Grundfägen über
Danbelsfreiheit übereinftimme. Unmoͤglich kann ich jedoch
anf das Befondere eingeben, bevor ich mich ber den ers
fien Dauptfag ausgefprochen habe. Es heißt in jener
Bittſchrift: „Weit entfernt, bier Bedenklichkeiten allgemei⸗
ner Natur zu erheben, uͤberlaſſen wir es Andern, die Ge⸗
fahr fuͤr die durch Jahrhunderte bewahrte Unabhaͤngigkeit
unſers Vaterlandes und fuͤr die kaum gewonnene conſtitu⸗
tionnelle Freiheit zu wuͤrdigen, die wir in einem fo engen
Bunde mit einem übermächtigen und der Selbſtaͤndigkeit
bes Volkes entfchieben abgeneigten Rachbarftaat jeden Aus
genblick bedroht fehen würden.” ”
Grade diefe Bedenklichkeiten bedürfen einer genauern
Prüfung; denn je nachdem man fie bekräftigt oder vers
nichtet, ift im Ganzen und Großen das Wichtigſte ent:
ſchieden, und die Fragen über dieſen oder jenen Zariffag,
diefe oder jene Foͤrmlichkeit u. dgl. erfcheinen als ganz
untergeordnet. Zuvoͤrderſt muß ich ben Gedanken und
Ausdruck rügen: die preußifche Regierung fei der Gelb:
ftändigkeit des Volkes entfchieden abgeneigt. Das preußis
ſche Volk ift fo felbfländig als irgend eines in Europa,
und ohne feine heidenmüthige Aufopferung möchten bie
Heinern deutſchen Staaten wol noch immer an der Gous
verainetät danteberliegen, welche ein fremmder Eroberer ih⸗
nen eigennügig ſchenkte. Haben einzelne Preußen ihre
Verdienfte um Deutfchland eitel geltend gemacht, fo. if
dies zwar nicht zu billigen, aber doch weit verzeihlicher,
als wenn Manche fr bornirt find, franzoͤſiſche Lobreden über
das uneigennägige Bemühen unferet wefttihen Nachbarn
für deutiche Freiheit kindiſch machzutrompeten.
Antwortet man: es fei bier nicht die Rede von ber
politifchen Selbſtaͤndigkeit der Preußen, fondern (wie man
jegt wol technifch fagt) von dem conftitutionnellen Leben
im Sunern, fo führt dies in einen weiten Kreis, wo
Wahrheit und Irrthum in ſolchen Maſſen vermiſcht tie:
gen, daB hier nicht einmal ber Verſuch gemacht werben
kann, beides zu fondern. Einem Sachfen gegenüber koͤnnte
indeß ein Preuße wol bemerken, daB in Hinficht auf Städte
und Dörfer, Bürger und Bauern, Aufhebung der Ges
614
meinheiten und bes Zunftzwangs, Ablöfung der Dienfte,
Steichftellung von Stadt und Land, Vereinfachung des
Rechtsganges u. f. w., noch auf Jahre hinaus gar viel
zu thun übrig bleibt, ehe das ſaͤchſiſche Volk dem preu⸗
Fifchen an Selbſtaͤndigkeit gleich ftehen wird.
Doc wozu biefe Vergieihe? Wo jede Regierung auf
ihrer Bahn das Beſte will und befördert, freue fi Se:
der des Guten und fuche das Schädlicdye zu vermindern.
Zu dem Schaͤdlichſten unferer Tage gehört aber der
politifche Aberglaube. Die eine Partei fucht alle Hülfe
ausfchließlich bei den Perfonen und fest voraus, daß fie
unbedingt vortrefflid, find; das führt zu einem verderb:
lichen Abfolutismus der Herrfher. Die zweite Partei
fegt umgelehrt voraus, daß alle Perfonen nichts taugen,
und fucht alleinige Hülfe in den Formen; während doch
jeder gefunde Zuftand eine Wechfelfeitigkeit der Perfonen
und Formen vorausfegt. Am flärkften zeigt ſich der Aber:
glaube .da, wo irgend eine Form als überall pafjend und
Altes heilend bezeichnet wird. Der Politiker, welcher fich
auf diefer Anſicht feftfährt, ift dem Quackſalber vergleich:
bar, welcher von feiner Bude herab Univerfalmedicin an:
preiſt. Im 16. Jahrhundert glaubten die verfchiedenen
Darteien mit den Beſchluͤſſen ber tribenter Kirchenver:
fammlung, der Goncordienformel, den 39 Artikeln u. f. w.
das ganze Chriſtenthum und die volle Wahrheit zu be:
figen und verachteten und verkegerten alles Uebrige. So
ſehen unfere Abfolutiften in jedem conftitutionnellen Beſtre⸗
ben nur Empörung und Anarchie, -unfere Ultraliberalen In
jeder geordneten Obrigkeit nur Tyrannei.
Die Freiheit Liege nicht an einer Stelle; es ift Be:
fhränktheit, fie nur in einer Richtung zu fehen und zu
fuchen. In ber altın Welt fuchte fie 3. B. Niemand
im Glaubensbekenntniſſen, während des Mittelalters Nie:
mand in Wahlgefegen u.f. w. Keine Löfung hat mithin
unbebingten, etwigen Werth; wol aber trägt jedes Stre—
ben ein Element der Wahrheit in fi, und die Sklave⸗
rei kann von vielen Selten einbrechen. Neben der Selb:
ftändigeit, ja Allmacht der Sournaliften finden wir Ver:
knechtung ber Städte und Beamten, neben der Yolitifchen
Freiheit veligiöfe Unduldfanskeit, neben manchem abfolus
ten Herrſcher Abhängigkeit von der Ariftofratie, neben hoch⸗
herzigem Adel leibeigne Bauern, neben dem Uebergewicht des
Demokratiſchen gefeglihe Sklaverei! Darum huͤte fi Je:
ber, voreilig zu richten, damit er nicht gerichtet merde;
Jeder beginne bie Befferung zu Haufe, ehe er fih in
fremde Angelegenheiten miſche!
Deutfche Angelegenheiten find aber dem Deutfchen nie
fremd. Wollte man Deutfchland in ein Reich verwan:
bein (wir Grankreich oder Spanien), es waͤre unferer Na:
r zumwiber und zöge den Untergang unzähliger Vorzuͤge
nah fih. Mit Recht denkt der a der Seffe, der
Anhaltiner an biefe Gefahr. Städte, die jest in Deutfch:
land ihr eignes Leben in Gewerbe, Handel, Kunſt und
Wiſſenſchaft zeigen, wuͤrden; in Provinzialſtaͤdte eines gro⸗
ßen Reichs verwandelt, weſentlich verlieren. Soll aber
dieſe Veraͤnderung, diefe mechanifche Vereinigung nicht
unabweisbar noth wendig werden, fo muß Deutfchland
auf andere und beffere Weile als in ber legten Beit fi
einig fühlen unb einig wirken. Zwiſchen bem Gentrafifis
ten ber Sranzofen und bem Zerfallen ber Staliener liegt
unfere wahre Aufgabe in ber Mitte. Das iſt das Größte
in dem frühen deutſchen Kaiferreiche, daß das Manni
‚fattigfte zu einem Leben verbunden war und man J
Gen in feiner Richtung und Bahn gewählten ließ. AR
man aber das Gemeinfame, bas Volksthuͤmliche um un:
tergeordneter Ruͤckſichten willen vergaß, da kamen bie
Ktemden und behandelten - die Deutfchen wie Knechte.
Bricht nochmals der Wahnfinn berein, daß die Kieinern
fih von den Größen, der Norden vom Güden, die Ka:
tholiten von ben Proteflanten, die fogenannten Conſtitu⸗
tionnellen von den fogenannten Abſoluten feindlich tren:
nen, oder Jeder mähnt, für ſich ein allgenugfames Leben
führen zu koͤnnen, fo werden über kurz oder lang alle
die Beute der Mächtigen in Oſten und Weſten; es wer:
den die Lobredner der Freiheit wie des Gehorſams, bes
Veränderne wie des Beharrens gleichmäßig mit Hohn zur
Seite geworfen. Ehe daß dies Entfeglichfte gefhähe, müßte
jeder Deutfche wünfchen, daß fein Vaterland, der Mannich⸗
faltigbeit entbehrend, wenigftens Leben und Dafein behielte.
Aber eine Politik der Gewalt, des mechanifchen Zwan⸗
ges, der Eriegerifhen Eroberung will ja Niemand in
Deutfchland, und der Eleinfle Derrfcher lebt in biefer Be⸗
ziehung jest unendlich ficherer als zur Zeit Napoleon’s
die Könige. Das fol man. dankbar anerkennen und nicht
Händel fudengder, vorausfegen, wo dazu fein Grund
vorhanden ift. War a, 3.
Haben alle deutſchen Stimme und Regierungen das
rechte Gefühl und bie richtige fiht, fo find bie Oro:
Ben ben Kleinern nicht gefährlich wand bie Kieinern ben
Mächtigen nirgend im Mege. j
Die Trennung der beutfchen Staate db verfchle:
dene Zolfpfteme und unzählige Mautpiinien Te seither
ein unendliche Hinderniß materieller Wohifa
ſteter Grund des Verdruſſes und Aergerniffes,
durch die neuen Handelsvertraͤge dieſe Uebel abg
oder (was unbezweifelt moͤglich iſt) auch nur verein
fo iſt dies für unſer Vaterland in Bezug auf ſich
und fein Verhaͤltniß zu fremden Maͤchten ein fo unerme
lich wichtiger Gewinn, daß jeder Deutfche bie größte
Freude und die innigſte Theilnahme darüber empfinden
muß *) Stiedeih von Raumer.
— ——— —
Cholerodea. Zeitgemaͤlde von C. F. Hock. Wien, Me⸗
ꝓ¶ſtenCongregationc; uch handlung 1832. Gr. 8,
r.
Ein Buch aus der Zeit, wunderlich, geiſtreich, tiefſinnig,
barock, abſtoßend und anziehend wie dieſe, alle Muttermaale der
Zeit an ſich tragend und doch gegen fie gerichtet. Die großar:
tige Mythe, daB ber Kronos feine eignen Kinder verfchlingt,
will fich jegt bei und umgekehrt, aber nicht weniger tragifch wie
berholen ; jegt beginnen den alten Kronos fetbft feine eignen
Kinder zu verfchlingen. Die beiten Göhne ber Zeit, die liedſten
*) In ber nädften Lieferung tbeilen wi i
vierten Brief mit. fung th wir ben a
R - un _ ie \ En) — Ende
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"I 2 2 2
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" fen in bie Zuftänbe des wirkenden Tages gegeben find, in uns
ı
I$
ch
915
und begabteften, bie fie ſich hervorgebracht und gebilbet, die fie
mit bem Zeichen ihrer Liebe, mit Geiſt und Talent ausgerhftet,
fieht man heute feinblich gegen fie gelehrt und im berzgerreißen-
den Kampf mit. ihr begriffen. Item entweber die Zeit,
daß fie nicht UI ſteht, fondern ſich vorwaͤrtsſchwingt wie ein
Gedankenblitz Gottes, um in geivaltigen Bewegungen noch vins
mal eine Berjuͤngnug des Geſchlechte zu erreichen ; ober fir wen;
ben fich trauernd abfeits Kon bem großen. Schauſpiel, und Taffen
ihre bebeutenden Kräfte, bie ihnen zum Foͤrdern, zum Gingreis
thätiger Wehmuth und Verzweifelung ſich aufzehren. Sie er:
kennen keine fortſchreitende Zeit an; fle wollen das Beſtehende
erhalten: Sie wenden bie Blicke unaufhoͤrlich ſehnend zurüd in
das Abendroth der Geſchichte, in bie Vergangenheit, und entſe⸗
gen ſich vor dem neuen Sonnenaufgange, weil bie Radıt no
erſt durchgekaͤmpft werben muß, bie zu ihm hinführt. Sie hals
ten diefe Nacht fchon für das herandunkelnde Ende aller Zage,
und in dem bereits hindurchſcheinenden Morgenſtral einer, fo
Gott wi, ſchoͤnern Zukunft fehen die Aengſtlichen nur ben alls
gemeinen Brand bed Weltgerichts leuten. Dies find bie Legi⸗
timen, die Katholifchen, die Mlittelatterlichen, die Abfoluten! Es
find die Ritter des Beſtehenden, die Propheten ber Vergangen⸗
heit, die Feinde der Zukunft!
Der Berf. ber oben angezeigten Schrift, dem wir bier zum
erfien Male begegnen, hat e& feinerfeits ebenfalls beflätigt, was
wir fchon oft zu bemerken Gelegenheit gehabt, daß es biefer
Richtung, die er verficht, durchaus wicht an Geift fehle, daß fie
fie ſich nicht felten mit glänzenden Talent in ihren Zeitanfichten
auszufprechen und geltend gu machen vwiffe. Und man muß es
eingeftehen, ein geiftreicher: und wirklich tief begrünbeter Libera⸗
lismus wird beiweitem nicht fo häufig in ber Gegenwart ange:
troffen, als eine geiſtreiche und begelfterte NWertretung bes Belle:
benden und durch ben jahrelangen Beſitz ber Vergangenheit Se
beiligten. Die Liberalen wollen bie Braut erſt erobern; über
ihrer Fahne flattert als Leitflern bie junge Hoffnung. Die
£egitimen haben und kennen ihre Geliebte, fie vertheibigen ben
Beſitz; ihre Fahnenbilb, ihr Symbol iſt die alte Treue,
Die Idee ber Treue flärft und ermuthigt fie und gibt ihrer
Partei ein hochherziges Princip bes Kampfes. Darum ſchwaͤr⸗
men fie für ihre Beliebte, für bie alte Zeit, darum vertiefen fie
fih finnend in bie Vergangenheit ber @efchichte, um aus ber
Aufzeigung ber Dinge, wie fie immer gewefen, die Gründe ber:
beizuholen, bie ben unesfchätterlichen . Beſitz ihrer alten Liebe
rechtfertigen folen; barum find fie begeiftert und gedankenvoll
in ihrem Schmerz, fcharffinnig, wie die Liebe zu fein pflegt,
aber doch auch wieder blind wie fi. Bei ben Liberalen beißt
e8 bagegen nur noch immer: wer das Blüd hat, geminnt bie
Braut! — und bie Literaten find bisher in ber Hegel nicht die
Gluͤcklichſten geweſen! Bei Manchen unter ihnen if bie. Liebe
nur ein Rauſch, Andere wollen ſich erſt verlieben, Viele rennen
gedankenlos und laͤrmend in das unbeflimmte Weite hinaus, nur
Wenige wiflen, was fie wollen, aber bie Wenigen finb immer
die Kernmänner ber Zeit! .
Umfaffenber, fchärfer, gründlicher Tann man den Kampf wi⸗
ber die Srfcheinungen der Gegenwart nit führen, als der Au:
tor bes vorliegenden Buches gethan. Und doch bat er filh ges
iret, er muß fich geirrt haben, weil ſich eben eine ganze Zeit
nie irren farn! Man laffe ſich aber durch den abgeſchmackten
Zitel nicht bindern, fein in vieler Hinſicht merkwuͤrdiges und
bebeutenbes Buch zu leſen. Er nennt feine Beitgemälde „Cho⸗
lerobea’' (von yolsowdns, zur Cholera gehörig), weil er feine
Betrachtungen der. Gegenwart Überhaupt mit ber eigenthümlichen
Bemerkung antnöpft, daß jebe große politifhe oder religiöfe
Unmälsung immer zugleih von traurigen Naturereignifien, ge
wiffermaßen von Erkrankungen ber Natur, von Geuchen- und
Eandplagen begleitet gewefen ſei. Die Richtigkeit oder Unrichtig:
keit biefer Bemerkung nebft d n darüber gegebenen Nachweiſun⸗
gen bes Verf. an einzelnen mweltgefchichtlichen Perioden wollen
wir bahingeftellt fein laffen, denn was kann man nicht Alles in
ftern; fie en
der Geſchichte combiniren, wenn man es einmal barauf abgefe
en bat. Ueber bie Gegenwart aber erblickt der Verf. brei
Seuden zu gleither Zeit hingezogen; er bezeichnet fie als bie
politiſche, als bie fpeculatide und als bie phyſiſche.
Diefe drei Michtungen werben denn auch bie Gegenflände feiner
Betrachtungen , feiner Zeitgemaͤlde, die er bald mit tiefbunkein,
düftern, bald mit ſtechenden, fpottenden Karben entwirft. Geine
„‚Sholera:Radıtgebanten” ftreifen an dem phyſiſchen Geſpenſt ber
Zeit mit siemlih gutem Humor vorüber ; in dem zweiten Auf:
fag: „Brief des Magifters Schwalblein an feinen Freund in
Rürnberg , nebfl einer Beilage, in welcher die glorreihen Jaͤn⸗
nertage der Dorficyule zu Wackelſteg kurz geſchildert werben“,
zeigt ſich eine, von Seiten des Witzes betrachtet, nicht übel ge⸗
rathene Miniaturtraveſtie ber franzöfifchen Julirevolution, alfo
des politiſchen Geſpenſtes, das unſer Verf. ſieht. Die bar:
auf folgenden, ebenfalls meiſtentheils humoriſtiſch und ſatiriſch
gehaltenen Auffäge: „Moderne Philoſophen“, „Der Disput”,
„Die neue Thebaide“, „Meiſter Peregrin', beleuchten das [pe
culative Geſpenſterreich der Gegenwart, in welchem der Verf.
am beſten gu Hauſe iſt und am meiſten Recht hat.“ Die beiden
Iegtın Auffäge: „Die Erziehung und ihre philoſophiſche Grund:
tage" und ‚Die Geſchichte, eine fpeculative Anficht des Entwi⸗
delungeganges ber Menſchheit“, find zum Theil Recenfionen
und ſchließen fich ale ſolche, erflerer an die ‚Grziehungsiehre”
von Schwarz, der andere an die Schrift von @örres: ‚Grund:
lage, Gliederung und Beitenfolge ber Weltgeſchichte“, obwol fie
manche ſelbſtaͤndige, eigenthämliche Anficht ausfprechen, über bie
wir jedoch felten mit dem Verf. einig find.
‚Alle diefe Auffäge, und mit ihnen bie ganze Richtung des
Berf., gehen auf ben energifch genug ausgebrüdten Endzwed
Hin, die gefammten Grfcheinungen bes Lebens in der Reli-
gion, als ihrem mwahrhaften und einzig zum Heil gereichenden
Mittelpunkt., zu begründen. Diefe Religion ift aber dann keine
andere als bie Fatholifche. Natürlich! Stehen wir Anbern,
die wir Proteftanten find, boch fchon dadurch auf ber bewegli-
en Fortentwickelungslinie der Geſchichte, die, abgebogen aus dem
geſchloſſenen Kreife der Hiexardie, in bie Zukunft — unb, die
Zukunft ift immer neuerungsfüchtig! — hinausſtrebte. ne
Partei glaubt aber an bie Idee einer Portentwidelung nicht, fie
fuͤhlt fih wohl in bem andaͤchtig in der Kirche abgefchloffenen
Kreife der Geſchichte, fie begreift uns nicht, ‘die wir immer von
einem Befferwerben reben und darum kämpfen. „Wozu ein
Beflerwesben, wo das Reſte ſchon im Gefchlechte bafteht, in
dem Heilande, in feinee Gemeinde und Kirche, und wo
es befteben wich, bieweil es Gottes und nicht des Menfchen
Sache iſt!“ (&. 180.) Rach dieſer Anſicht, wenn fie ange
wandt wirb, kann fich gewiſſermaßen nur eine rüdwärte ge:
bogene Sntwidelungslinie ber Geſchichte barftellen, ober vielmehr
bie Sntwidelung, welche biefe Männer der Bewegungsloſigkeit
in der Geſchichte zu fehen wünfchen, kann nur bie der Rüdents
widelung, der Reftauration in bie urfprünglichen Zuftände vor
bem Abfall fein. Denn bie Legitimen fehen alle Geſchichte nur
für einen Abfall an, fei e8 von ber Kirche, ſei es von ber be
ſtehenden und dadurch gebeiligten Dynaftie im Staate.
So erblickt auch unfer Verf. in der herrſchenden Philo⸗
ſophie, Religion und Politik der Gegenwart gewiſſer⸗
maßen nur abgefallene und gefallene Engel. Er will fie wieder
anfrichten durch den Zroft bes alleinfeligmacenden Glaubens;
aber er ift feinee von ben gewöhnlichen Profelytenmachern.
Was die Philoſophie anbetrifft, fo fleht er barin nicht allein
und als ter Erſte da, diefelbe ausichliegiich auf einer religidſen
Grundlage auszubilden. Gr gehört bier, wie auch in feinen re
ligidſen Anftchten felbft, bie wir durchaus nicht umfpeculativ nen
nen fönnen, jener im katholiſchen Suͤddeutſchland neuerdings ei-
enthuͤmlich bervorgegangenen Richfang an, als deren geiftreich-
—* Repraͤſentanten wir Anton Guͤnther bezeichnen moͤchten.
Diefe Richtung iſt die katholiſch⸗ſpeculative. Sie denkt,
ſie philoſophirt, fie hat Begeiſterung und hat Kraft zu begei⸗
twirft den Bau der oalleinſeligmachenden Kirche
%
N
0146
auf neuen Birundgeltilenn
aus und führt zur Fi
joſophiſche Gedanke bet fi in ihe
Kräfte entiebigt, ex it zum andaͤchtigen Nitarbiener gewerden;
und wie eine milde gemeibte Kerze ::beim Hochamte ‚brennt bie
Vernunft, nur um dad Bild des Erloͤſers feierlich .gu beieuch- :
ten. Sinnige Ruhe geiſtvolle Zuruͤckgezagenheit von allem welt⸗
lichen Thun und Txeihen wintt uns aus den Tempelhallen bie
ſer katholiſchen Philoſophie entgegen. Dabei get fie in ihrer
Darftellungsmanier das Gigenthämliche, daß fie ihre hierarchi⸗
ſchen Anſichten in eine äußere Bilderglut gu tauchen meiß, bie
vöHig Jeon⸗Pauliſch if. Wie. meiften Gchriftfieller, welche uns
bis gt von dieſer Richtung bekannt geworben, jeanpaulifiren
in ihrer Darſtellung unb find ſelbſt der humoriſtiſchen Waffen |
mat, wo es gilt, zu wertheibigen und anzugreifen. So na
Be ah Dr. Hod, ber Serf. bed vorliegenden Buches.
* Bean Paul's gemuͤthvollen Farben gemalt, ſieht die fi) dar
bietende Yrichensftätte dieſer Weligionaphilofonbie ‚allerdings nech
anlechender uns an, und man koͤnnte verfucht werben, fich ſelbſt
auf längere Zeit bei ihr nieberzulaffen, wenn wie nur zum Frie⸗
den geboren möären. Aber felbft Chriſtus bat das Schwert im
die Welr gebracht und nicht den Frieben. Dem Zwiſt der Zeit
entfliehen wir nicht, und wenn wir uns au in den Frieden ber
Kirche flüächteten. Die Zeit bat bereits jeden Pulsfchlag in uns
triegerifch und aufrübrerifch gemacht, und wir haben uns noch
F wieder ſo weit ſammein koͤmen, um mit wahrer Andacht
zu been.
Ach, bier komme ich auf die Potitik im Verhältnifie zur
Religion gu fpredden! Unfer Berf., der natürlich auch für
das Staatsleben das einzige Heil in einer religidfen Vegruͤn⸗
bung und Wurzelung fiebt, ſteht hier am fihärfften ber ganzen
Zeitrichtung und ber ganzen nenern Geſchichte gegemüber. denn
es ihm ba nicht möglich ift, ſich ſelbſt mit der Zeit zu verſodh⸗
nen, wirb er vergebene barauf hoffen, daß ſich bie Zeit nach bier
fer Seite hin mit ihm verföhne. Nichts zeigt ſich ja klarer und
übereinflimmenber an allen Orten in den ſchwankenden pofitifchen
Zuftänden ber Gegenwart als die immer allgemeiner werdende
Herausſonderung bes religiöfen Elements in den Staaten und
. das Zuruͤcktreten beffelben als eines öffentlichen. Die Politik
bat heutzutage ihre Vernunftepoche angetreten; fie fireht nad
einer rein und bios vernünftigen Begründung ber menfchlidhen
Buftände. Sie will im Menfchen den Bürger, aber nicht ben
Chriften. Daher bie Aufhebung und Mobificirung bes Begriffs
der Gtaatöreligionen, wie fie in ben meiften con ber Zeitbewe⸗
gung ergriffenen Staaten faſt aleichmäßig erfolgt iſt ober im
Werke fieht. Cine allgemein menſchliche bürgerliche Bilbung
fo, fo fcheint es augenfällia die Zeit anzufireben, das Princip
des Staatslebens werben. Wir ſtellen bies nicht als eine Re
flerion von uns, fonbern als ein Factum bin, weil e& eines iſt.
Auch wir fragen uns indeß oft: wird nicht unfer Staatsleben,
wenn es ſich arf diefe Weiſe weiter entwickelt, in winer verftan:
desmaͤßigen Bürgertichleit zu verknoͤchern Gefahr laufen? Wird
wicht eined non beiden an Kraft in den Herzen verlieren, bie
Religion ober der Staat, wenn bie erftere, fonft die Leuchtende
Sonne des Öffentlichen Lebens, von tem Zenith ber Gegenwart
tritt, um fortan nur bem Privatleben wie eine Privatſache
anzugehören? Aber es ift noch nicht ber Xugenblid da, um
uns Rerenfchaft zu geben von ben Bewegungen ber Beit, bie
uns mit fich fortreißen, wir koͤnnen ihre Ziele noch nicht beur⸗
theilen; wir müfßfen hoffen, erwarten, vertrauen und das Welle
und Höchfte von der Zufunft denken! "
Dos Merkwürbigfte ar den Auffägen des Dr. Hock ift fein
bumoriftifches Talent, das ſich vornehmtich in der erfien Haͤlfte
des Buches in energifchen Schlagſchatten und fatirifchen Streif⸗
Hchtern geitenb madt. Wir bezeichnen bie darım als merk
würdig, weil Humor, MWig und Gatire fonft fo vorherrfhend
. Bihrehilafephie gebt man ‚ber Rinde .
; fie ih ein ibealifirter Jeſuitiemus
und ihr hoͤchfles Princip it ein Gtillichen in der Ihee, aber es
giht für ‚fie Leine andere Bbre ala bie Idee Gottes. Der abi |
feiner himmelſtuͤrmeaden
Migenthäusiichleiten ber anbeun rise finb, weldger unfee Wert,
feiabiich gegenüberftcht. Dee Mitraliberaitsmus, bie gerfiörende,
niaberueifenbe Wlautei der Beit, hat fich neuerdings‘ vorzuge weiſe
mit Semor und ‚Satire begabt gezeigt; die Oppoſition war im
Der Gefchichte überhaupt immer twigig, weit bie Frivolitaͤt ihr fo
nehe liegt. Die Legitimen, bie Verfechter des Beſtehenden find
Dagegen immer bie Genſten, Schwärmerifchen,, Enthufleftiiihen
gemeien, weil fie fo viel: Anlaß zur Tragik haben. Wan folkte
denken, das Behagen des Befiges, auf hen fie ſich fiägen, müßte
audy den Legitimen zu einigem Humor verhelfen. Aber biefer
Beſit, dieſer Soden ber Vergangenheit, auf bem fie ruhen moͤch⸗
ten, if ja laͤngſt ein vulkaniſch oerſchuͤtterter, ben fie ſich fix
gemacht fühlen im Sturz; ber Seit, und an ben fie nur
athemlos, obwol mit titanenhaften Wingen ſich fell Hanımem.
Daher unter den Begitimen fo graßartig tragiſche Geſtalten wie
Ehateaubriand! Iheodor Mundr.
Notizen.
Zur Kunſtgeſchichte.
Zu ben Kuͤnſtlers, welche unter andern Verhaͤltniſſen zum
den bedeutendſten Erſcheinungen in der Kunſtgeſchichte ſich wuͤr⸗
hen herangebildet haben, gehoͤrt unſtreitig der unlaͤngſt ver:
ſflorbene polniſche Kuͤnſtler Alexkander Oriowski. In Siedlce
geboren, bildete er ſich in Warſchau, wo damals weder eine
öffentliche noch eine Privatgemaͤldeſammlung beſtand, ohne Mei⸗
Mer und ohne die großen claſſiſchen Warbilder der Kunft zu
fennen,, indem er Caricaturen und Tagesereigniffe mit Bleiſtift
zeichnete, bie bald von ben Liebhabeen gefucdht wurben. So
fortſchreitend, und befonders Caſanova nachahmend, warb er
bald allgemein beliebt. Oft in gewählter Geſellſchaft nimmt
er den Bieiſtift zur Hand und fängt maſchinenmaͤßig an, eine
Beichnung auf bad Papier binzumerfens bald aber. wird feine
regfame Phantaſie lebendig, er ermermt, und mit erflaunenss
werther Uebung zeichnet me die trefflichſten und kühnſten Ideen
und fo zum Theil feine beiten Arbeiten. Die meiften feiner
Werke hat er in Petersburg binterlaffen, wo. ex and) den größe
sen Theil feines Lebens zugebradt hat; doch findet fi viel
leicht kein angefehenes Haus in Polen und Rußland, in bem
man nicht feine gefihägten Blaͤtter antreffen koͤnnte. Er au
beisete in Del (befonders Portrait), Aquarell und WBieiftift,
aber er hat auch mehre Kupferſtiche, vorzüglich Thierftuͤcke,
geliefert. Seine meiſterhaft geaeichneten Lithographien flellen
orößtentgeild in lebensvollen Scenen bie Gircaffier in ihrer
kaunnerlicen phantaftifhen Tracht und auf ihren leichten Pfer⸗
en bar
Polnifher Lurus.
In welchem Ueberfluffe bie polniſchen Herren noch in ber
legten Hälfte des 18. Jahrhunderts gelebt haben, beweift fol⸗
gender Auszug eined Briefes, der 1760 aus Sialyſtock nadı
Warſchau gefchrieben worden ift: ,Als Elemend Branichi, Erb⸗
herr von Bialyftod, fpäter Krongroßfeldberr, am Nemens tage
feinee Gemahlin (einer geborenen Poniatowska und Gchwefter
des Iepten polnischen Königs Stanislaus Auguft) ein Gaftmeht
gab, war in ber Galerie ein Tiſch für 200 Perfonen ſervirt.
In der Mitte dieſes Tiſches befand fich der Länge nach ein
Kanal, der’ mit dem theuerften Tokaier angefüllt war. Auf
biefem Tokaiermeere ſchwammen 24 kuͤnſtlich gearbeitete Schiffe,
nit Zuderwert, Gonftturen und andern Leckerbiſſen belaten.
Bor jeder an bem Zifhe figeuden Dame bielten die Sciffiein
fit, nach Wefallen entnahm .diefe von der Iedern Waare.
Rad dem Deffert wurde ein ungeheurer Pokal gebracht, einft
das Gigenthum bed verühmten Helden Czarnecki, und nım fins
gen bie. Herren in der Geſellſchaft aus dem Tokaiermeere zu
Ihöpfen an, fodaß in weniger als einer halben Etunte bie
Schiffe auf dem Grunde feſtſtanden.“ Wyrwicz nennt daher
wol mit Recht Kialyſtock das Verfailles von Pobolien. 177. -
-
Redigirt unter Berantwortlicteit der Verlagshandlung 3% Brodhbauß in f} eipzig.
— EEE EReEEEBS
literariſche Unterhaltung.
—
Blätter
für
Montag,
Weberfiht der fehwedifchen Literatur vom Jahr 1832,
Erſter Artikel.
Allgemeines.
Die glückliche Einfoͤrmigkeit unſers politiſchen Still⸗
lebens hat in dieſem Jahr fortgedauert, der Norden des
Reichs wurde aber wieder wie im vorigen von einem all⸗
gemeinen Miswachs getroffen, deſſen traurige Folgen doch
einigermaßen durch die Fuͤrſorge der Regierung und reich⸗
liche Gaben aus allen Landſchaften gemildert werden.
Das allgemeine Mitleiden wurde auch vom Miſſionnair
Laͤſtadius für. die armen Waldlapplaͤnder in Anſpruch ge⸗
nommen, die drei Jahre hindurch von der ihnen ſo ver⸗
derblichen Witterung litten; die Erde fror im Herbſte
ſtets ſo feſt und tief zu, daß die Rennthiere ihre einzige
Winternahrung, das Moos, nicht aufſcharren konnten;
eine große Zahl dieſer Thiere ſtarb und das Volk gerieth
dadurch im aͤußerſte Noth. Läftadius’ Aufruf hatte aber
einen Erfolg, daß er, wie er in feiner Dankſchrift fagt,
faft über das viefe eingegangene Geld erfchrat, und wies
wol die Summe nur mäßig erfcheint (etwas über 3000 Thlr.
ſchwed. Bco.), fo war fie doch in einem Lande, wo das
Gerd einen fehr hohen Werth bat, mehr als hinreichend,
die ganze lappländifhe Bevölkerung der Piteaͤ-Lappmark
aus dem Elend zu retten und gewifjermaßen in Wohl:
ſtand zu verfegen.
Noch einige andere innere Angelegenheiten beſchaͤftig⸗
ten lebhaft die allgemeine XTheilnahme. Der Oſtgoͤtha⸗
kanal, deſſen Bau 1810 begonnen und beinahe 9 Mit:
lionen Thaler (44 Mi. Conv.⸗Thlr.) gekoftet hat, wurde
im September 1832 vollendet und im Beiſein des Koͤ⸗
nigs, der Königin und des Kronprinzen mit großen Feſt⸗
lichkeiten eingeweiht. Im naͤchſten Jahre wird man erft
ſehen, welche Vortheile das Land von diefer koſtſpieligen
Unternehmung ziehen kann. Der König kehrte aus Mor:
wegen zuruͤck, wo er einige Zeit verweilt hatte. Seine
ganze Reife glich einem Triumphzuge. Vielleicht haben we⸗
nige Monarchen eine folche gewinnende Perföntichkeit, welche
Hoheit mit Anmuth, Majeftät mit Popularität, Würde mit
Leichtigkeit im fich vereinigt. In Chriftiania hatte der 69jaͤh⸗
tige König bei einem ihm zu Ehren veranftatteten Fackel⸗
zug ber Studenten ihre Lieder in rauher Witterung flunden-
lang angehört, worüber der jugendliche Enthufiasmus in
der Burfchenzeitung „Vidar” faft uͤberſtroͤmt. "
—7 Nr. 126. mr
6. Mai 1833.
Kaum war ber Fürft von diefer Reiſe, auf der er bie
unverbächtigften Beweiſe der Liebe feiner Unterthanen in
beiden Königrelchen empfangen hatte, zuruͤckgekehrt, ale
zwei Perfonen wegen Hochverrathe plöglich verhaftet wur⸗
den. Eine Verſchwoͤrung war feit den legten 20 Jah⸗
ren bei uns etwas ganz Unerhörtes, und die allgemeine
Bellürzung wurde um fo größer, weil die Verhöre in ben.
erften acht Tagen geheim gehalten wurden. Endlich loͤſte
fi die Sache, wie man aus den politifchen Zeitungen
weiß, in ein Nichts auf, in eine elende Finanzfpeculation
ziveler armfeliger Barone, von Düben und Vegeſack; ber
Lestere ift ein Sohn des Generals, der ſich in dem Bes
freiungskriege fehr ausgezeichnet hatte. Ihre Unternehs
mung fland ganz vereinzelt, ohne irgend eine Verzwei⸗
gung da, wiewol ſich die Leute bei dem Prinzen Guſtav
den Schein geben wollten, als ftänden fie mit den Haͤup⸗
tern der Oppofition in vertrauter Verbindung. Wie die
Briefe diefer Herren an den Prinzen in die Hände ber
ſchwediſchen Regierung geriethen, ift noch immer ein’ NRäth:
fel; von der fchwedifchen Gefandtichaft in Wien wurden
fie eingefhict, fo viel weiß man.
Dos Intereffe an diefer Sache dauerte nur einige
Wochen, ward aber fpäter wieder angeregt, als eine Schar
Barone, Sreiinnen und alte und junge Fräuleins aus
verfchiedbenen Theilen des Reichs vorgeladen wurden, Zeug:
niß abzulegen. Sie wußten aber menig oder nichts, und
über den Ausgang der Sache ift nichts zu berichten, als
daß, wie es in unferer „Minerva” heißt, nach beendigtem
Proceß die Zimmer des koͤnigl. Hofgerichts, wo die Ver:
böre ftattfanden, gefegt, gefcheuert und gelüftet wurden.
„Uebrigens“, fo aͤußerte ſich ein norwegifches Blatt noch
während ber Unterfuchung, „koͤnnten bie Barone auch im
ſchlimmſten Falle wegen ihrer Köpfe ganz ruhig fein, weil
fie feine zu verlieren hätten”. Auch bezeugten ihre ſchwe⸗
difchen,, franzöfifhen und deutfchen Briefe, die In fachli:
cher wie fprachlicher Dinficht gleich elend waren, daß vor -
ihnen Fein Thron zu zittern braucht. Und doch ſtand einer
diefer freiherrlichen Abenteurer an ber Spige einer Zeitung. *)
*) Hiernach brauchen wir über folgende Schrift nicht weiter
zu berichten: Authentifche Nachrichten über bie am 4. Oc⸗
tober 1832 in Stockholm wegen Bocverraths zur Verant⸗
wortung gezogenen fchwebifchen Barone, Major Johann
Friedrich Ernſt von Pegeſack und Major Guſtav von Düse
ud
518
Die fchon feit Jahren ſchwebende Frage über bie
Geldrealiſation {ft von den Bankdirectoren, den Bevoll⸗
mächtigten der Meichsftände, den Reviforen und zu Rathe
gezogenen Kaufleuten, endlih in ben Zeitungen lebhaft
verhandelt worden, hat aber zu einem Ergebniß geführt.
Die mebrfeltige MWerufung deshalb anf bie Eutſcheidung
des Königs hat die Erklärung deffelben zur Folge gehabt,
er koͤnne in einer fo voichtigen Angelegenheit, worüber die
Meinungsverfchiedenheit fo groß fei, fih nur mit feinen
treuen Reicheftänden, bie er binnen Kurzem zu berufen
gedenfe, berathen. Ein Reichstag wird alfo, wol aber erſt
im naͤchſten Herbſt zufammentreten
Diefe Angelegenheiten haben natiruich für unfere Zei:
tungen überreihen Stoff gegeben. Die Namen und den
Charakter der meiften haben wir fchon angegeben. Das
‚„Aftonbladet” (Abendblatt) hat noch immer die meiften
Leſer und zählt etwa 3000 Abonnenten, nicht etwa ſei⸗
ner politifchen Tendenz wegen, fondern meil es noch im:
mer mit dem größten Fleiß die Stagen des Tages raſch
. aufrafft und in einem leichten, freilich zumellen poͤbelhaf⸗
ten Zon beſpricht. Es Huldige zwar immer der Partei
der Bewegung, body jegt mit einer gewiſſen Mäßigung,
feitdem die UWrbilder in Frankreich ihr radicales Streben
etwa zu offen dargelegt haben und das Blatt ſelbſt zu
einem gewiſſen Anfehen gelangt if. „Argus“, in deſſen
Schule das „Altonbladet” aufgezogen ift, hat gegenwärtig
nur 5 — 600 Abonnenten und ift über die flets fin:
kende Zahl immer mismuthiger, mücrifcher, zänkifcher und
leider auch langweiliger geworden. Anfangs war auch er
für Die Zuffrevolution begeiftert; allmälig bat er aber ſich
von dem mouvement zurüdgezogen, unb er, ber ehe:
malige, jegt aus der Mode gelommene Demagog, predigt
nun ſehr erbaulich über das revolutionnaire Streben.
des „Aftonbladet” und vertheidigt mit großem Eifer das
juste milieu. 0
Diefelbe Nemefis, welche den „Argus” beim felbftän-
digen Xuftreten des durch ihm gebildeten „Aftonbladet‘ er:
eilt hat, bedrohte kegteres, das fich auch einen Nebenbuh⸗
ter beranzog, der eine Buchdruderei und mit biefer bas
„Dagligt altehanda” (Tägliches Allerlei), ein ganz harm⸗
loſes Intelligenzblatt, ankaufte, aber demfelben eine er:
weiterte Tendenz gab. Kein Mittel, wodurch fein vorma⸗
tiger Lehrer Abonnenten ſich zu verfchaffen wußte, "blieb
umverfucht, und die Bemühungen waren nicht erfolglo®.
Morgens und Abends erfchien ein Blatt; felbft Die Bir.
letriſtik, die ſchwache Seite der Abenbblattsredaction, wurde
in Anſpruch genommm. Kurz, das Schiffchen fegelte
fuftig, aber leider verftand fein Führer nicht die Kunft,
den Klippen des Preßgeſetzes moͤglichſt nahe vorbeizuſegetn,
ohne anzuftoßen; bie Abendjolle gerieth auf eine folche
Kippe, frandete und ging unter.
‘den, bie Unterfuchung tes Königlichen Hofgerichts zu Stod:
boim und das von Geiten bes bienfithuenden Advocat⸗
Fiscals Pfeffer über diefelben ausgeſprochene Urtheil. Gin
genauer Auszug aus dem bei diefer Gelegenheit geführten
Protokolle des fchwebifchen Griminuizerichte. Leipzig, Hart:
mann. 1839. ®r. 8. 18 ®r. u
Der Herausgeber ber ultraliberalften aller ſchwediſchen
Zeitungen, ber als heftiger Oppofitiongmann auf dem leg:
ten Reichstage bekannte Oberſtlieutenant Dierta, kam etwa
um bie Mitte bed Jahres wegen Schulden in Haft,
worin er fich noch befindet. Don ba wurde fein fchon
vorher würgeftlimes Blatt immer verroegener, und endlich
ließ er in einem Stüd feines „Medbergaren” (Mitbür:
ger) einen förmlihen Aufruf zuc Empörung einruͤcken.
Die Regierung, die fi ihres Rechts zu willkürlichen
Einziehungen jest felten bedient, Ueß ihn gerichtlich an⸗
Hagen. Die Jury ſprach das Wort: ſchuldig, aus, und
jest mußte, nicht er, fondern fein Freund, Herr Roſen⸗
quift till Akershult, als verantwortlicher Redacteur, auf
ſechs Monat nach der Feſtung Waxholm wandern. Das
Blatt „Medborgaren“ ging ein.
Die Zeitungen ber Gegenpartei, bie wisige „Minerva”
und das übelberlichtigte „Fäderneslandet” (Das Vater:
land) beſtehen noch; bie erfte mit wachſendem Beifall
und zunehmender Verbreitung. Der abenteuerliche Heraus:
geber des dritten minifteriellen Blatts: „Granskaren‘‘
(Der Beurtheiler), war im Anfange des Jahres verfchof-
fen, trat aber im Juni plöglih auf, und feine Zeitung
wird auch 1833 fortgefegt. j
Unfer literarifches Converfationsblatt: „„Heimdall”, hat
mit 1832, nachdem ed 44 Jahre beftanden, aufgehört;
ftatt feiner wird ein „Nüchternheitöherold” (,‚Stockholms
Nyhterhetshärald”) aufteeten,
Im September 1832 Tieß die Uniyerfität Upſala eis
nen Aufruf zur Gründung eines wiſſenſchaftlichen Vereins
ergehen, deſſen Zweck fein follte, eine Literaturzeitung und
eine wifjenfchaftliche Zeitfchrift zu begründen. Der Vor⸗
fchlag, als volllommen zeitgemäß anerkannt, fand Beifall,
man unterzeichnete willig, und bald waren 4500 Thaler
gefammelt, fodaß am 6. November ber Verein zu Stande
kam, deffen Theilnehmer, der Kronprinz; an der Spige,
alle namhafte Gelehrte ber Hauptſtadt, der beiden Uniner-
fitäten und aus den Provinzen mit ‚wenigen Ausnahmen
find. Die Mitglieder, deren Zahl 280 beträgt, von denen
gegen 8O fi zur Arbeit an den beiden Zeitfchriften er⸗
boten haben, wofür fie Honorar erhalten, machen ſich zu
jährlichen Beiträgen von mindeftend 10 Thaler für jedes
einzelne Mitglied verbindlich. Unter dem Titel: „Svenska
Literatur Föreningens Tidning” (Zeitung des ſchwedi⸗
ſchen Literaturgereins), trat mit Anfang 1833 die Lite
raturzeitung ins Leben. Die wiſſenſchaftliche Zeitſchrift,
deren erſtes Heft jegt unter der Preffe ſich befindet, wird
„Skandia” heißen und ben Pla der eben aufhörenden
„Svea“ einnehmen,
Im ganzen Reidje erfchienen im Jahre 1832 81 Zei:
tungen, davon in Stodholm 2D, in Upfale 3, in
Lund 4, in Gothenburg 8, in Chriftianffabt 2, in Ny⸗
koͤping 3, in Kalmar 3, in Skara 2, in Stregnis 3,
in Wisby 3, in Kortfladt 2, in Linköping 2, in Mat.
md 2, in Norrkoͤping 2, in Weſteraͤs 2. Zeitſchrif⸗
ten gab e8 17, nämlich in Stedholm 10, in Upſala 1,
in Lund 4, in Gothenburg 1, in Chriftianftadt 2, in
Nykoͤping 1, in Skara 1. 17.
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— Renee Un
zZ y—— Mu" mie fe ME —
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| - 5
— Heyſes Handwoͤrterbuch der deutſchen Sprache.
Soeben Habe ich eine Lecture Beenbigt, die Sie mir wol
kaum zutrauen, am wentgften aber nachmachen werben. Ich
babe ein halbes deutſches Wörterbuch burchgelefen, und wäre
bie andere Hälfte nur ſchon gedruckt, ich hätte fie verfchlungen.
Sie glauben nicht, wie klug man ift, wenn man ein beutfches
Wörterbuch fludirt bat! Unſere unglaublich reiche, bild⸗ und
biegfame Mutterfprache mit ihren Provinzialfchägen ſchließt ſich
in einer Grammatik nit Halb, fo anſchaulich dem Geiſte auf.
Es ift zwar oft fehr langweilig, ein Wörterbuch zu lefen, aber
bei weitem nicht fo ermübend, als eine Grammatik. Grimm’s
and Heyſe's Sprachlehren babe ich in mehren Jahren nicht
ducchlefen, und das beutfche Sprachbuch von Harniſch, fo geift:
vol es oft iſt, meift nicht zecht verbauen können; allein dieſe
faft 1000 Seiten ſtarken brei erften Abtheilungen des
Handwoͤrterbuches ber beutfhen Sprache, mit Binfiht auf
Nechtfchreibung, Abftammung und Bildung, Biegung und Fuͤ⸗
gung ber Wörter, fowie auf deren Sinnverwandtfchaft. Nach
ven Grundfägen ſeiner Sprachlehre angelegt von Joh.
Shrift. Aug. Heyfe, ausgeführt von K. W. &. Heyſe.
Erſter Band in zwei Abtheilungen und zweiten Bandes erfte
Abtheilung. Magdeburg, Heinrichshofen. 1831-33. Gr. 8.
Subfcript.s Preis für beide Bände 3 Thlr.
habe idy mit größerm Vergnügen gelefen ale das ganze Regi⸗
"ment von Walter Scott's über einen Leiſten uniformirter Ro:
mane. Jedes Wort bat feine Gefchichte, feinen Roman und
erlebt mertwürbige Schickſale. Stammpäter und Stammmütter,
Ahnen, Annäherungen, Abſtoßungen, Liebſchaften, Vermaͤhlun⸗
gen, Kinder, Verwandte, Freunde, Adel und Knechte, Herrſcher
und Beherrſchte, genug, bie Welt, das Volk in feiner materiell⸗
ſten Geſtalt ſteht in einem Lexikon im buntem Getreibe vor
mir. 3a, und bie feine Diplomatie, biefes leife Andeuten, Be:
rühren, Hoffen, Wünfchen, Bitten, Verlangen, Schnen, Befeh⸗
‚Yen, Empfehlen, Schmeicheln, diefe Geheimnißkraͤmerei und berbe
Sigenthümlichkeit der abgefchloffenen Zünfte und Gewerbe, ber
Künfte und Wiſſenſchaften: wahrhaftig, e8 gehört wenig Phan⸗
tafie, nur eine lebendige Empfindung bes Worts bazu, um ein
Wörterbudh, um die ganze Lerilographie im hoͤchſten Grade an⸗
ziebend zu finden. Wer, wie ih, weber Weib noch Kind hat
und bie Welt nur in feinen Buͤchern fieht und jedes Volt in
feiner Sprache liebt, findet in einem Woͤrterbuche eine Quelle
‚großer Freuden. Bisweilen erflaune ich auch über bie giganti-
che Geduld des Lerifographen; dann über feine Genauigkeit
und Confequenz; jetzt wieber über feine Studien und Kennt:
niffe und manchmal über mich felbft, baß ich nicht mübe werde,
alle diefe großen mir fehlenden Gigenfchaften zu bewundern.
Zulegt kitzle ich mi mit dem wohlthätigen Gefühle meiner
Weisheit, baß ich hin und wieder eine Lüde merke und ein
Wörtchen vermiffe, das vielleicht Niemand vermiffen würbe, weil
ed entweder ein Provinzialidmus ift, oder felten vorkommt.
Herr Heyſe ift, fo viel fehe ich ein, von der undanktbaren,
tieffpurigen Fahrſtraße feiner berühmten Vorgaͤnger abgemwichen.
Gr Hat die Sprache aus dem Leben gegriffen und nicht aus ber
Schrift allein. Seit man begriffen hat, daß in Meißen und
Braunſchweig nicht allein gutes Deutfch gefprochen werde, {ft
bie Ernte von Begriffen, welche bas Volk auf Worte gefept bat,
um ein Drittel reihlicher ausgefallen. Demungeachtet möchte ich
‚Hrn. H. verdäcdhtigen, als ob er zu fehr die Sprache und Mund»
erten des nördlichen. Deusfchlande berüdfichtigt habe und ben
zeichen allemannifchen Sprachfchag vorbeigegangen fei, vielleicht
weil bev Allemanne, wenn er ſich verftändiich machen will, bie
nieberteutfhe Gprace reden und fchreiben muß. Allein
vermiffe daher auch eine bedeutende Anzahl guter, kurzer Ety⸗
mologien und Webergänge, aus denen ber jegige Klang. bie heu⸗
"tige Schreibart und bie gegenwärtige Bedeutung ber Wörter
unmwiberleglich klar werben würbe.
Dagegen bat Hr. H. die Sprache bes Volkes, in welcher
es fih nad feiner bermaligen intellectaellen Bildung verftäns
⸗
19 ‘ .
bigt, mit einer Lebendigkeit, einer Liebe, einer Aufmerkſamkeit
und Präcifion, und mit einer Zartheit aufgefaßt, die das höchfte
SIntereffe erregt. Bon Buchſtaben zu Buchſtaben wirb ihm feine
Arbeit lieber, und mit jeder Seite wird fie gediegener, je freier
er fich in dieſem Reiche bewegen lernt, je mehr Georbnetes hin⸗
ter ihm liegt.
Der Weg, ben Br. H. eingefhlagen hat, entfernt ſich mei:
nes Erachtens von aller Methode ber’ mir bisher bekannt gewor:
benen Wörterbücher irgend, einer lebenden oder todten Sprache.
Er wollte und will nicht ein gelehrtes Etymologikon geben;
auch will er ebenfo wenig vorfchreiben, welches Wort fcheiftfäffig
fei, weiches nicht; aber er deutet an, welches Wort bisher
Schriftfäfigkeit erlangt hat, oder welche Korm bie richtige iſt,
welche nicht; er nimmt alle Formen und Endungen nach ihren
Bedeutungen und zarten Sinnnuancen auf und erklärt fie, ſtellt
bie Sprahftämme und Wortfamilien, wie fie noch leben, zuſam⸗
men und beutet auf bie verflorbenen kurz zurüd; er folgt ei:
ner einfachen, aber durch Stubium und feines Ohr begründeten
Orthographie und vergißt nie, bie prosinzielle Bedeutung, den
engern ober weitern Gebrauch ber Wörter zu bemerfen. Ge⸗
ſchlecht, Declination, Gonjugation u. f. w., genug alle Verle⸗
genheiten, in welche ein Wort gerathen Tann, bezeichnet er durch
eine fefte Terminologie, mit ber er bie Wörter fo ficher claffifi:
cirt, die Redeſaͤze und ihren Bau mitteld ber fraglichen Wär:
ter fo anfchaulidy macht, daß man glaubt, man fludire Natur:
gefhichte nah Oken's Syſtem.
Ich bedauere nichts, als daß Dr. H. durch feine, wie ich
höre, ſchwankende Gefunbheit die Weendigung biefes Werkes
bisher etwas zu verzögern gezwungen wurte; aber ich kann
nicht unterlaffen, Sie ſchon jest auf bie drei erften Abtheilun:
gen bed Ganzen aufmerkfam zu machen. Gr und fein Berleger
erwerben ſich dad Verbienft, ein nationales Wert zu liefern,
das an gemeinnügiger Brauchbarkeit und Verſtaͤndlichkeit feine
Vorgänger, unbeſchadet ihres Ruhms, weit hinter ſich zurüd:
laſſen dürfte Hier iſt kein fublimirter MWortbeuterwig, in
bem fi Viele fo ſehr gefallen; bier iſt Sprache, bie
— des Volkes. Jeder Deutſchſprechende erkennt ſeine
Sprache -darin, ſofern fie nur dem ſogenannten Hochdeutſchen
aͤhnelt. Gr braucht ſich nicht muͤhſam durch lange fratzen⸗
hafte Etymologien durchzuwuͤrgen; er findet ſogleich das
Wort und deſſen Gebrauch nach allen Beziehungen beſtimmt.
Der Schüler und Gelehrte werden Hrn. H. dieſe Arbeit dan⸗
fen; der Kaufmann und Handwerker werben durch biefelbe bald
bahinfommen, deutſch zu verftehen, und wenn auch Hr. H. das
Wort: teutſch, nicht nach Luden's gewiß geiftreich und gelehrt
bewieſener Abftammung ſchreibt, fo hat er doch dem Munde und
Ohre des Volks durchgängig biejenigen Rechte bewahrt, bie es
den Etymologen zum Trotz geltend macht.
- Ic gedenke, diefer Erfcheinung weiter zu folgen. Bie grei
fo tief und tüchtig in den Volksunterricht ein, bag ich mich m
der praftifchen Sprachlehre des Waters bed Hrn. H., welde
ſich ebenfalls von dem philofophifcdyen und etymrologifchen Wege
entfernte und nur über das Vorhandene, wie es ift, feſte Re:
geln fuht und gibt, mehr und mebr verföhne. Je mehr Kr.
H. fein Wert zu vervolllommnen Zeit behält, deflo mehr rechne
ich darauf, baß größere Einigkeit unter den Dripograpben un:
feres Vaterlandes eintreten werte. Bon dem Volke läßt ſich
nichts erzwingen. Vox populi, vox dei! Alle Pbilofopbie und
Etymologie wird vor ber Ausſprachhe zu Schanden. Das le
bende Geſchlecht hat recht, bie tobten Geſchlechter haben unrecht.
So it es in Bitten, Meinungen und ‚focjolen Einrichtungen,
fo in ber Sprache, dem fefteften focialen Binbungsmittel ber
Nationen. 124...
m. — — — — — — — —
RKomanenitteratur.
1. Veit. Gin Beitrag zu den Denkwuͤrdigkeiten peinlicher Ge⸗
vichtöpflege von Alexander Bronikowski. Drei Bände.
— 520
Auch unter dem Titel: Sammlung neuer Schriften. Vier⸗
zehnter bis ſechezehnter Band, Leipzig, Bruͤggemann.
1882. 8. 4 Ihblr.
„Traun, das Schauſpiel wär gut, wären nicht Worte ba:
bei’, ſagt Schlegel von der „Johanna von Montfaucon“, welchen
Ausfpruch wir mit einiger Beſchraͤnkung auch auf biefen „Veit“
anwenden möchten, ber in feinen exften Bänden offenbar zu
wortreich ift, obgleich der Weberfluß nicht von geringfügiger
noch gefchmadtofer Art if. Die Weitfchweifigkeit ift nicht in
der ungefügen, mit fremden Ausbrüden durchſpickten Sprechart
uw Ende bes 17. Zahrhundertss nur der nichtöwärbige Feld:
Üherer welcher in vieler Herren Ländern und Lagern ſchlechte
Gtreiche getrieben, ein unwiffender Arzt und etliche ebenfo une
wiffende Gerichtöperfonen geben etwas bavon zu hören, alle
Uebrigen haben ſich nicht den fleifen muflvifchen, fonbern ben
guten deutſchen Styl unferer Tage zu eigen gemacht, obne je⸗
doch Anfpielungen und Ausbrüde zu gebraudyen, bie jene Zeit
nicht kannte. Die Gharaftere find wohl durchgeführt, die ber
Böfewichter find Leine Zerrbilber, nur zulegt fcheinen fie ans
Uebertriebene in ihrer Freimuͤthigkeit zu freifen, fie fcheinen es
aber mehr, als daß ihre Offenheit unnatuͤrlich wäre: weſſen
Hals einmal verwirkt iſt, ber will den Spießgefellen mit ver:
derben, wol gar in der flillen Hoffnung, durch den Verrath
für fi ein milderes Urtheil zu gewinnen. Gigennug, rohe
Sinnlichkeit und die larefte Moral machen einen Schöffer und
beffen Sohn zu Bilutfaugern eines Laͤndchens, deffen ‚Herr fern
davon in den Heeren des Kaifers lebt und keine Klage über
ben ungerechten Saushalter hört, weit dieſer fchlau genug Feine
Ungerechtigkeit begeht, die ihn blosftellen könnte, ſich bei feinen
Untergebenen in Furcht und Schrecken zu fegen weiß, feine Col⸗
legen einfchächtert, fobaß es ihm mit wenig Ausnahmen gelingt,
feine ganze Umgebung von fidy abhängig zu machen. Der aus
ſchweifende Sohn ift weniger Beiftand, ale daß er durch feine
Unthaten und Frechheit das Gchuldenregifter bes Vaters ver»
größert, beffen Affenlicbe immer neue Raͤnke erfinnen muß, ben
Aufwand bes Sohnes zu decken, feinen Lüften zu ſchmeicheln.
Als Zuträger, Aufwwieglee und Kuppler iſt der Chirurg ber
Dritte in biefem Bunde ber Verworfenen. Gr reizt des Actua⸗
rius Begier nach der ſchoͤnen Tochter eines Kreifaffen und feine“
Rache, als ihm die Verführung mislingt und er ſchnoͤde abge⸗
wiefen wird. Auch des Vaters, des Schöffers, Habfucht er
wacht fowie ein geheimer Groll gegen den Mann, ber nie vor
ihm krochz die Raͤnke der drei böfen Buben, Unvorfichtigkeit
bes redlichen Weit bringen biefen in den Ruf eines Herenmeifters ;
bei ber Dummheit, ber Kurchtfamleit der Richter ift es dem
boshaften Schäffer Leicht, in dem Angeklagten Das bineinzuin-
quiriren, was nicht heraussufragen if. Die Vorurtheile, der
Aberglaube jener Zeit, die Willkuͤr in der Zuftizpflege find dem
ungerechten Richter günftig: ſchon ift ber Gcheiterhaufen für
ben gefolterten Weit errichtet und für deffen Tochter Marie,
ſchon ift fein Töchterchen verblutet und das Soͤhnchen bem Tode
‚ nah, als der Reichsgraf und Landesherr urplöglich erfcheint,
doch nicht auf Weife der Fürften in unfern Ruͤhrſpielen, ober
wie Goͤtter in ber Maſchine; ein waderer Dann, deſſen Anwes
fenheit motioirt wird, hat ihn herbeigerufen, zu fpät, um alle
Unbilden zu fleuern, aber noch früh genug, um Veit's Unſchuld
an den Tag zu bringen und ba3 ungerechte Urtheil niebergur
fhlagen. Frühere Unthaten ber fchänblichen Rotte kommen da⸗
bei ans Licht, auch die Abſtammung Mariens von einem vor:
nehmen Bater, bem Beit, ein treuer Diener bid ans Grab, ja
drüber hinaus, gewärtig geblieben und ben Eid gehalten. Den
Sciechten wird die gebührende Strafe, bie Unfchuldigen wer:
den in ihre Rechte eingefent, ſodiel es moͤglich, Marie wird bie
Gemahlin eines Prinzen, und der Eefer nimmt die Anficht aus
diefer, im Weſentlichen gewiß wahren Geſchichte mit hinweg,
daß le bon vieux temps mitunter ein mauvais odieux temps
bahn nach dem man nur bebingungsmeife ſich zuruͤckzuſehnen
abe. |
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagäbandlung: $. A. Brodhaus in Leipzig.
ee a in
2. Abendftunden. Erzaͤhlungen von Ludwig Preffel. Va⸗
terfluch. Meifter Lucas und fein Gefelle. Der Deferteur.
Ludivigsburg, Naft. 1838. 8. 1 Thlir.
Die erfte und dritte Erzaͤhlung find aus ber Zeit, wo ber
Stock beim Militair noch Alles regierte. Die Hubeleien eines
grilligen Hauptmanns laffen in der erften Erzählung ben höher ges
bildeten Wachtmeifter einen Suborbinationsfehler begeben, er befer«
tirt, verbirgt fich, verliebt ſich bei der Gelegenheit, wirb von einem.
Misgünftigen verrathen und nach Kriegerecht erfchoffen.
In der erſten Erzählung gibt's ebenfalls Defertionen, Re
gimentöftrafen u. f. w., aber ber Verfluchte entkommt gluͤcklich,
gibt fich felbſt als Watermörber an und ift gefaßt auf den Tod
durch Henkershand. Water und Sohn tragen bei dem Berbres
hen gleiche Schuld, beide find heftig, halsftarrig und durch ihre
Srreligiofität unfähig, ihren Seibenfügaften zu gebieten, was, wenn
jmel ſolche unbeugfame Naturen in bit engfte Verbinbung ger
racht find, nur einen tragifdhen Ausgang nehmen Tann. Der
Geſelle bes jovialen, nie um ben andern Tag forgenden Meifter
Lucas findet unvermuthet einen Vater, der für ben Leichtfinn feis
ner Jugend die vernünftigfte Buße thut, indem er den Sohn
anerfennt und in Stand fest, feine Hergallerliebfte zu heirathen.
3. Arbigar ber graue Wanderer, oder Lafterfirafe und Tugend⸗
lohn. Ein Gegenftüd zum Schwarzen Ritter vom nämlichen
Verfoffer. Wien, Haas. 1832. 8, 20 Gr.
Beabfichtigte der Berf., wie mir zu glauben geneigt finb,
unferer heutigen Jugend einen Begriff von den Geiſterromanen
von Spieß zu geben, an welchen bie Jugend ber legten 25 Jahre
bes vorigen Jahrhunderts fo viel Gefallen fand, fo muß man
geftehen, daß er nicht ganz fein Vorbild erreichte. Die ſchoͤ⸗
pferiſche Einbildungskraft, welche die Petermaͤnnchen, un⸗
ruhigen Matronen und bgl. ſchuf, war nicht bie himmliſche
Phantaſie; materiell und ungeſchlacht wie fie war, hatte fie
doch draftifches Vermögen mehr als hinlänglich, auf jugendliche,
empfaͤngliche Gemüther zu wirken und fie unmwiberftehlich anzu⸗
ziehen. Diefer Arbigar, welcher auch glei einem Geiſterhelden
der Spieß'ſchen Romane wegen irdiſcher Fehler verbammt ift,
nach feinem Tod herumzumandern, bis er durch tugenbliche Hands
lungen, “an feinen und feiner Feinde Nachkommen geübt, vom
harten Bann ertöft wird, ift ein Iangweiliger zahmer Gefell,
und wenn er beffer redet als fein Borgänger, fo gebührt
bies Verdienſt ber fortgebilbeten Sprache, in ber es kaum mög:
lich ift, fo roh zu fhreiben wie vor 40 Jahren. Aber vers
ſchlungen, wie damals bie „Schlafenden Jungfrauen”, wirb diefer
„Wanderer‘’ ſchwerlich, er überrafcht und verblüfft niemals, auch
den jüngften, unerfahrenften Eefer nicht, der recht gut fühlt, wenm
er’s auch nicht erkannt, daß bie Einbildungskraft des Verfaſſers
weiter nichts ald Benutzung ber Grfindungsgabe Anberer ift.
Aber auch gelungener, wäre es überflüffig, einen zweiten Ver⸗
ſuch der Spieß ſchen Manier bem erften folgen zu laffen, wenn
er nicht etwa ſchon ein zweiter und der „Schwarze Ritter”, beffen
Bekanntſchaft Ref. auf dem Zitel machte, der erfte il. 18.
Noti;.
Eine fummarifhe Schägung bes im Laufe eines Jahres
in und um London durch Diebereien und Raub verloren geben
den Eigenthumes ftellt den Werth beffelben auf 2,100,000 Pf. &t.
Der Verluſt ift unter ſechs Hauptrubriken gebracht, nämlich: 1)
kleine Diebereien, durch Dienerſchaft, Lehrlinge u. f. w.,
710,000 Pf. ; 2) Diebftäle an den Quais und ter Themfe
überhaupt, 500,000 Pf.;z 3) durch Einbruch. -Straßmraub,
Taſchendiebe u. dergi., 220,000 Pf.; 4 und 5) durch Falſch⸗
münzerei und falfche Banknoten, Wechfel u. dergi., 370,000 Pf. ;
6) Diebereien bei ben Docks, 800,000 Pf. Man hält dieſen
Anfchlag aber eher zu niedrig ale zu hoch; freilich werden auf
ber Themſe allein jährlih Güter für 80 Millionen aus: umb
eingeladen. ’ 3.
— — —
— - —
Blatt er
A
8
ur
literarife Unterhaltung.
Dienfläg,
T. Mai 1833,
Taſchenbibliothek aller Rennlutionen, der neuern Beit.
Don €. Burdhardt and 4. Kaifer.. Erftes bis
fünftes: Bändchen. Leipzig, Literariſches Muſeum.
1833. 1 Thblr. 16 Gr.
Der neuen Handlungsfirma mdmfchen wie :zu dieſem
neum Unternehmen Süd, denn wir halten es für em
zeitgemäßes und auf die Zelt richtig berechnetes. Unſer
leſendes Geſchlecht iſt durch die politiſchen Ereignifſe feit
mehr als 40 Jahren an eine ſtaͤrkere hiſtoriſche Nahrung
gewoͤhnt als damals, wo unſere in Gott ſeligen Vorfah⸗
ren zur Zeit des Karioffeierieges (1779 im Großvater⸗
ſtuhle des Alltaͤglichen und Herkoͤmmlichen gemaͤchlich ſaßen
m, die: ſchoͤn umbundene Nachtmüge auf dem Kopfe,
ben geblünsten Schafrock aus Voß' „Luife” um fid
"herum, Ihre liebe zahme Beitung lafen. Man’ bat bie Belt
feit 1789, die ſich felbft unwiderleglich zu einer neuen
Epoche geflempet, bie revolutionnaite genannt, man hat
fie gefchimpft, bekaͤmpft und ift doch mit ihr fortgerollt;
endlich iſt in ihr Uhrwerk eine Unruhe bineingehängt wor⸗
den, die dafuͤr ſorgt, daß die fruͤhere Lethargie nicht wie⸗
der eintreten kann. So lange der 13. Artikel der Bun⸗
desaete noch auf Verfaſſungen dringt, fo lange noch In
Folge deſſelben in fländifihen Verſammlungen von einer
oder zwei Kammern berathen wisd, wieb an den- zarten
Grenzlinien zwiſchen Öffentlichen echte und Öffentlicher
Dicht, zwiſchen Regieren und Gehorchen, zwiſchen Sol
und Will ein nie endender Streit ſein. Man hat, da
man einmal die Bewegung der Geiſter in das Sackgaͤß⸗
hen der alten lieben Zeit fo wenig al& den Flug der
Phantaſie in Ariſtoteliſche Regeln zuruͤckbannen Lonnte,
das Uebel auf andere Weiſe zu beſchwoͤren verſucht, man
hat ihnen das: „Beſen, Beſen, ſeid's geweſen!“ und ein
ganzes Abracadabra von beſchwichtigenden Formeln vorge⸗
ſprochen; man hat ſich geſetzt und die Bewegung zur
Ruhe protokollirt; man hat das Wedel anatomirt und
analpfirt; bat zwiſchen Revolution, Reformation und
Reaction weislich und mit überredender Feder unterihie -
den; hat zum Weberfluß noch die Mittelſtufen der Bewe⸗
gung und Stabilität entdeckt; man hat, da die Revolu⸗
tionen das Merk des böfen Geiſtes im Volke ſind, zur
Radicalcur Armuth und Unwiſſenheit als Specifica gegen
dieſe Cholera vorgeſchlagen, weil, je naͤher der Menſch
dern Thiere konime, ec auch thieriſcher ſich behandeln laffe,
ohne zu bedenken, daß bie Voͤlker, were fie thieriſcher
werden, gar keine und auch die beabfichtigte Vernunft
mehr annehmen, und wenn fie verarmen, fogar kriegeriſch
werden, weil ſie, wie Schiller ſagt, „aufhoͤren fuͤr ein
Leben zu zittern, dem Alles mangeln fol, warufs es
wuͤnſchenswuͤrdig war”. Doch. gibe «6, Bott fei Dank,
noch Dinner, weiche zwar einfam, aber auch unerfchroden
wie Wächter auf den Hechwarten ausfchauen und, wo
Sefahr ift, ihr Signal geben und rufen: „Dumm machen
laſſen wir uns nicht; wir wiflen, daß wir's werden ſollen!“
Wird man den Ref. nicht für einen Erzbemagogen
halten? Wir meinen und hoffen: Nein, fo wenig als
man den Nachtwaͤchter oder Thuͤrmer, der im Nothfalle
ſein Seuerzeichen gibt, für ben Anleger des Brandes zu
halten pflege. Es follte ihm leid thun, wenn er ange
ſtoßen und nun erft, wie ein Portechnifenträger, der Je⸗
mand tüchtig in bie Rippen gerannt hat und dann fein:
Aufgefhaut! ruft, wieder einlenten und ſich purificiren
müßte. Und doch wäre nichts leichter! Ref. iſt fogar
der Meimung, baß es mit dem Ausdruck: revolutionnats
res Zeitalter, eben nicht fo genau zu nehmen, und daß
am Ende jede Zeit, wo neue Ideen, neue Kräfte, neue
geiftige oder politifche Richtungen zum Vorſchein gekom⸗
men find, in gewiſſem Sinne revolutionnaie iſt, da das
Treue immer der Zeind des Alten iſt und das Gute kei⸗
nen Ärgern Gegner hat als das Beſſere. Dabei kann
aber der Staat, als die Bernunftform der menfchlichen
Geſellſchaft, und die gemäßigte Monarchie, ats die ven
nänftigfte der Vernunftformen, vortrefflich befteben, und
die Geſchichte zeige, daß Staaten gemäßigter Verfafſung
immer am längften beftanden Haben, während die eigent⸗
lichen Demokratien fowie bie bespotifcdyen Staatöformen,
wenn fie nicht über ein nur für folche Formen empfäng-
liches, alfo halbbarbarifches Volk verhängt waren, niemalen
von langer Dauer geweſen find.
Die gegenmärtige Unternehmung will alfo bie gene:
Id Zebensmelodie unferer Zeit auffptelen, aber wie fins
sen auf dem Notenblatt der Notenſchluͤſſel nicht bemerkt.
Wir vermiffn naͤmlich eine allgenteine Einleitung über
Das, was die Verfaſſer Revolutionen m; wir ver⸗
miſſen bi Feſtſtellung des Wegriffes dieſer Gattımg peil-
tifher Erſcheinungen, die, rote verfchleben auch im Ihren
Urfachen, Ihrem Berlaufe, ‚ ihren Befultaten umb Folgen,
'
922
?
doch immer einen gemeinfchaftlichen Nenner haben muͤſ⸗
fen. Eine allgemeine Schilderung der neuern Zeit müßte
als Folie den verfchiedenn Gemälden zu Grunde liegen;
es müßte ſich zeigen laffen, daß mit dem Reifen ber
europäifchen Menſchheit die Nothwendigkeit verbefferter
Stamtseinrihtungen, das Aufgeben mittelalterlicher Gängel:
Bande, wie Hierardyte und Feubalfpftentwaren, nothwen⸗
dig verbunden merden mußte, wenn nicht die Staatsform
in MWiderfprudy mit der DVernunftform kommen wollte;
’e6 müßte dargerhan werden, tote bie Etaftichtät bes menſch⸗
lichen Geiftes durch geläuterten Kirchenglauben, durch das
- MWiederaufleben der claffiihen Literatur, durch die ver:
mehrten Univerfitäten, durch die Buchbrudertunft, durch
Schriften für das Volk, deffen Kern ein ſich ſelbſtfuͤhlen⸗
der WBürgerfland wurde, und andere Erfindungen unb
Entdeckungen gefteigert worben fei, ımb wie nun ba6 Ges
wicht fich ein Gegengewicht, der Drud einen größern
Widerftand erzeugen mußte. Man wollte zu erkennen
anfakgen, daß das biftorifche Recht oft nur bie blinde
Gewalt zue Mutter habe, und daß Staatseinrichtungen,
die wie Leibeigenſchaft, SHavenhandel, Religionsdrud und
anbere gegen das Vernunftrecht waren, ihrer innern ge:
feglichen Kraft .entbehrten und auf dem Boden der, Wil-
kuͤr flanden, daß das Recht Alter als das Worrecht, bie
Vernunft älter als Herlommen und Vorurtheil fei. Man
mag nun für jede einzelne Revolution noch fo viel befon:
dere Urfachen . aufweifen innen, immer wird ein allen
gemeinfchaftlicher Urgrund aufzufinden fein, fowie allen
Bulkanen der Erde ein gemeinfchaftlichee Herb im In⸗
nern ber Erbe zu Grunde liegen mag. Man hat ziemlich,
materiell Nevolutionen Krankheiten, Fieber, Paroriemen
ber Staatskörper genannt, in denen fich wie im einzelnen
Menſchenkoͤrper nah) und nad Krankheitsfioff ſammle
and durch Fieberichauer oder Erantheme Ausgang vers
fchaffe, von denen oft lange Nachmehen oder Narben
uͤbrig bleiben; allein auch biefe Erklaͤrungsweiſe ändert- in
. unferer Theorie der Mevolution nichts, denn eine ſolche
Krankheit wäre, in ber Anwendung des Gleichniſſes, nur
eine gewaltfame Entäußerung oder Herausſtoßung Deffen,
was dem Staatskörper für einen gefunden, naturgemäßen
Zuftand nicht zuträglich ift, eine Proteflation gegen die
oft fo widerſinnigen Epperimente, welche mit dem Staate
gemacht worden find, bei denen Einem oft, wie Schloͤzer
fagte, zu Muthe wird, als wenn man in einer Porgels
Iannieberlage Kegel ſchieben fähe.
In dieſer allgemeinen Einleitung würde auch ber
fehe wefentliche Unterfchied zwilchen Verſchwoͤrung, Ems
pörung oder Mebellion und evolution nachzuweiſen,
vor Allem aber die Zumuthung abzumweifen geweſen fein,
daß hei Beurtheilung ber Gattung, der Wichtigkeit, der
Moralität einer folhen Erfcheinung der Erfolg und Aus:
gang entſcheiden künne, wie etma im ‚manshen Strafgeſetz⸗
gebungen erft aus. der Größe ber ‚Strafe hervorgeht, ab
man ein Vergeben oder Verbrechen begangen habe; bod)
wir müffen es denkenden Leſern überlafien, diefe Betrach⸗
tungen ſelbſt anzuſtellen oder, ſind ſie mit unſerer Grund⸗
‚Inge zufrieden, dieſelben fortzuſetzen. Wir Halten Revoly:
aͤndiſcher wor, vocit
Verſuch dem Publicum nicht ohne loͤbliche Beſcheidenheit
4
tionen gewiß fuͤr große, ſehr große Uebel, beſonders fuͤr
die lebende Generation, aber wir ſind uͤberzeugt, daß ſie
wie Krieg, Krankheit u. A. oft nicht zu vermeiden ge⸗
weſen find, menn bie berufenen und verordneten Staats:
lkuͤnſtler das -Uebeb* zu « fpät entdeckten ober falſch be
andelten. ; |: ; nn “4
Wir wend une nun abte uhferer Aufgabe unmil
telbar zu, über das obengenannte Unternehmm und Das:
jenige, was davon bereits vor Augen liegt, zu berichten.
Zwei deutſche Ochriftſteller vom denen der eine, Herr
Dr. Ed. Burckhardt, Privatdocent der Geſchichte und
Ördentl. Mitglied der Gefellfhaft für Erforfhung vater:
Gpwehs auı_%
(die ihn auch feine Habilitationsſchrift nicht mierechnen
laͤßt) übergibt, und Here A. Kaifer, der ſich nicht näher
bezeichnet, haben folgende Beiträge geltefert, Here Kaifer:
„Geſchichte der polnifchen Revolution von 1794” (erſtes
Bändchen) und „Geſchichte der polniſchen Revolution vom
Jahr 1830 (gveites und drittes Bändchen). Herr Dr. Burd-
hardt dagegen dieferte: Geſchichte des deutſchen Bauernkrie⸗
ges im Jahr 1525” (viertes und fuͤnftes Baͤndchen). Beide
bearbeiten alſo die neuere Zeit von ihren aͤußerſten Punkten
und blos in einzelnen Darſtellungen, nicht, wie der treff⸗
liche Chriſtohh Wilhelm Koch in feinem „Gemaͤlde der
Revolutionen in Europa ſeit dem Umſturze des roͤmiſchen
Kaiſerthums u. ſ. w.“ (aus dem Franzoͤſiſchen von Sans
ber, Berlin 1807 fg.), in einer :zhfamımenhängenden prag⸗
matiſchen Darftelung der Jahrhunderte: Es erinnert alſo
biefe Unternehmung mehr an die ‚von Friedrich von Schil⸗
fee 1788 angefangene aber leider nicht fortgefegte „Ge⸗
fchichte ber merkwuͤrdigſten Rebellionen und Verſchwoͤrun⸗
gen aus ben mitten und neuern Zeiten”. Wir willen
allerdings nichts, was die Herren .Derfafler zu dem Be⸗
griff Nevolutionen Alles zählen werden, wenn aber ber
eine. ruͤckwaͤrts, der andere vorwärts geht, fo werben fir
mit der Zeit etwa bei der englifchen Revolution. -und
Cromwell zufammenftoßen, ober bei der Revolution von
1660 in Dänemark, durch welche. Friedrich III. die un⸗
umſchraͤnkte Gewalt erhält. . Eine gewiſſe Vollſtaͤndigkeit
würde allerding3 den Werth des Unternehmens fehr erhöhen.
(Der Beſchluß folgt.) D
Zur Literatur der orientallſchen Reiſen.
Der am Ausfluß des Indus ober Sind gelegene gleichna⸗
mige Staat ind, früherhim vom mehren eng verbundenen, zu
einer Familie gehörigen Emirs, in neuefter Zeit dber nur vom
einem Emir beherrſcht, iſt, uns neuerbings durch ben interefſan⸗
ten Reiſebericht eines jungen, geſchickten, aufmerkſamen Wund⸗
arztes bei der britiſchen Keſidentſchaft im Lande Kutſch, dem
unmittelbaren Nachbar von Sind, bekannter geworden („A
narrative’of' a’visit to te court of Sinde; a sketch of the
history of Couich :etc. By James Burnes, su to the
residency at hooj“, : Bombay und Ebinhurg 1831). Die noͤrd⸗
lichen Landſchaften des Btaatd Sind ſcheidet nur ein Fluß (der
Yuddar?) von dem Lande Kutſch. Deſſenungeachtet meibet man
in Sind möglihft allen Verkehr mit den Briten und verfchließt
ſich fo forgfam gegen’ fie, daß man bis hierher nur eine fehr uns
vollkommene Kennmiß ‚von jenem nahen Staate gehabt bat.
Jettt hat aber die Krankheit des vornehmften der in der Haupt⸗
-
ſtadt Hyberabab zeflbirenden Haͤuptlinge ober Emirs (ber, wie
nenere Berichte melden, nun zur Alleinperrfchaft gelangt ift) eine
Beranlaffung gegeben, mit dem Innern von Einb belannter
zu werden. Mir Murad Ali (dies ift bee Name jenes Emirs)
erfuchte bie britifche Refidentfchaft gu Bhooj, ihm einen. Arzt zu:
fenden zu wollen, ba die einbeimifchen ihm Leine Hilfe ſchaffen
Bönnten. Anfangs beforgte man, es ſtecke etwas Keinbfeliges hin:
ter dieſem Geſuch. Da aber Burnes, beffen Ruhm bis Hydera⸗
bab gebrungen war und ben der kranke Emir fi namentlich
ausgebeten hatte, Fein Bedenken trug, bie Reife zu unternehmen,
fo machte er ſich in Begleitung- des zu Bhooj befindlichen findi-
fen Geſchaͤftstraͤgers (1827) auf ben Weg. Er fegte Über den
Grenzfluß und ſchiffte fi dann zu Kotri, dem Landungsplage
ein, um von da norbmärts nad) Hyderabad zu reifen. Die Um⸗
end glich einer Wuͤſte. Doch werben längs biefer Küfte des
Gebete ‚die berühmteften Kamele gesogen. Die Bewohner
paufen in niedrigen, mit Stroh gedeckten Erdhuͤten und feinen
eibeigne des Dorfheren zu fein. Als Burnes zu Ruri einge
troffen war, traf er bafelbft einige von den Emirs ihm entge:
gengefanbte Khans, um ihn nad ber Hauptflabt zu geleiten.
Sie empfingen ihn mit überfchiwänglichen Höflichkeitsbezeigungen
unb ftellten 50 Kameele gum Dienfle des Arztes und feiner Be:
gleitung,,, die aus 100 Köpfen beftand. Diele ganze Reiſegeſell⸗
Saft wurde unterwegs aufs Löftlichfte bewirthet. In der Nähe
von Hyderabad waren mehr denn 100,000 Menfchen aus ber
Umgegend zufammengelaufen, um ben fremben Wundermann zu
fehen, und Burnes mußte um fich von der Iäfligen Neugier zu
befreien, feine Zuflucht zu einem bebediten Wagen nehmen. Der
Zug ging nun durch einige nur von Leuten, bie zum Hofe ber
Emirs gehörten, bewohnte Straßen und plöglich befand ſich ber
Reiſende auf einem weiten, offenen, von einer großen Schar
ſtattlich gekleideter Sindier erfülten Plage, beffen Ringmauer |
phantaſtiſch mit Malereien geſchmuͤckt, der Boden aber mit bun⸗
ten Zeppichen bedeckt war. An dem einen Ende biefes Platzes
ober Vorhofes erblidte man brei hohey gemwölbte, mit grünen
Boy verhangene Thären. Dorthin wurde nun- Burnes von eis
nem Bezier und andern hoben Beamten geleitet. Ehe er fi
noch befinnen konnte, hatte man ihm bie Stiefel ausgezogen und
er ftand in der Mitte ber Emirs. Gin glängender Anblick! Die
ganze regierende Familie, in orientalifcher Pracht, war verfams
meit. Es war ein Halbzirkel elegant geſchmuͤckter Perfonen, im
Dintergrunde einer hoben, mit perfifhen Zeppichen bedeckten
Halle. In der Mitte dieſes Halbzirkels ſaßen bie zwei vornehms
fin Emirs auf Kiffen von franzdfifcher weißer Seide, mit Blu⸗
men in Gold und Silber durchwirkt und an ben Eden mit vier
mafliv golbnen Zannzapfen verziert. Sie lehnten fi an ein
reich geſticktes Sammtliffen. An jeder Seite biefer Emirs er:
blidte man bie Glieder ihrer Familie, ihre Söhne und Neffen.
Weiter ab faßen die entferntern Verwandten. Hinter ihnen ftand
ein Schar geſchmuͤckter Diener, Schwert⸗ und Schildtraͤger. Diele
Pracht machte einen befto wohlgefälligern Eindruck, da fie mit
Einfachheit und Eleganz verbunden war. Herren und Diener
waren faft gleichmäßig in Tuniken von feinem, weißem Muffelin
und weite feidene, tiefblaue, tuͤrkiſche Yantalons gekleidet und
trugen ſindiſche Müsgen von Golbbrocat oder golbgeſticktem
Gammt. Ein Paar fchöne Kaſchmirſhawls, gemeiniglich weiß,
waren nadläffig über den Arm gefchlagen, und ein’ perfifcher,
von Diamanten ober anbern koͤſtlichen Gbelfteinen funkelnder
Dolch im Guͤrtel vollendete den Anzug biefer Prinzen. Gelbft
die jüngeren berfelben hatten ein Anfehen von Würbe und guter
Erziehung und hatten von ihren fhönen Mättern wohlgebil-
bete Gefichter, glänzend: [chwarges Baar und feibene, lange
Augenwimpern geerbt.
Gine tiefe, feierliche @tille, Orbnung und Anftand herrichte
in der hoben Halle, fobaß felbft ben flolgen Briten ein Gefuͤhl
der Ehrfurcht durchſchauerte. Aber er faßte fich bald wieder,
und da man ihm draußen bie Stiefel ausgezogen hatte, wollte
er, um. bie Ehre feiner Ration gu behaupten, wenigftens ben
Hut nicht miffen und fcpritt mit bebeditem Haupte gegen bie.
529
-
Mitte des Halbzirkels vor. Die ganze Zamilie gruͤßte, und er
ward eingeladen, fich ‘den beiden Häuptlingen gegenübet nieder:
zulaſſen. Die Unterrebung begann nun in perſiſcher Sprache,
er hatte wol 50 Bragen in einem Athem zu beantworten. Dann
gab ihm einer ber Emirs bie angenehme Nachricht, daß unfern
der Stadt ein anmuthiger Garten zu feiner Aufnahme in Stand
gefent fei, ihm aber frei flehe, audy hier in ber Feſtung zu woh⸗
men. So mochte wol eine Stunde hingegangen fein, als auf
einen Wink alle nicht zur Zamilie gehörigen Perfonen abtraten
und Murad Ali, der Patient, bereingebracht wurde. Bu feiner
großen Freude fah Burnes es ihm fogleich an, daß es mit ter
Krankheit nicht viel auf fich haben koͤnne, und fand denn auch
bei näherer Unterfuchung, bag, wenn dem Uebel nicht etwa gänzs
lich abgeholfen werben Könnte, doch es fich in Kurzem fehr werde
vermindern laflen. Die ganze Kamilie war über biefe Erklaͤ⸗
sung boch erfreut; man wurde immer vertraulicher, und als
Burnes fich für diesmal endlich beurlaubte, verficherten fie ihn,
daß fie nie einen Curopaͤer angetroffen, ter ihnen fo gefallen
babe wie er. Gr begab ſich nun in ben fchönen Garten, wo ihm
ein außen und innen mit allem Luxus tes Drients prächtig ges
ſchmuͤcktes Zeit aufgefehlagen war. Alsbald erfchien eine Schar
Diener, bie eine Tracht von einem Dugend filberner Cchüffeln -
mit mannichfach bereiteten Gerichten zum Fruͤhſtuͤck vor ihm nies
berfegten. Auch fehlte es nicht an gebadenen Speiſen für bie
Mohammebaner und an Fruͤchten und Zuckerwerk für die Hin
dus in feinem Gefolge. Mit eben der Fülle warb er am Mite
tag und Abend bedient und konnte erft durch bie ausdrückliche
Erklaͤrung, daß ihn biefer Ueberfluß beläftige, es dahin bringen,
daß binfihtlih der Quantität eine Abänderung getroffen wurde.
Nun ging es dann, was body die Hauptfache war, an bie Gur.
‚Pier aber that ſich eine unvorgefehene, feltfame Schwierigkeit
hervor. Die Emirs trugen nämlich Bebenken, von einem frem-
den Arzt den Kranken grabehin Mebicin einnehmen zu laffen.
Man verlangte deshalb von Burnes, baß, wie es bie Ranbesfitte
exfodere, er felbft jebesmal eine Pille oder bergfeichen verfchlude,
ehe der Kranke die andere nehme. Auch Murab felbft weigerte
fi, ohne diefe Sicherheitsprobe etwas einnehmen. Zweimal un:
terzog fih Burnes biefer läfligen Etikette. Da er aber, ohne
ſich felbft krank zu machen, unmöglich babei fortfahren Tonnte,
wurde ein beflagenswerther Diener auserkohren, ber ohne Barm⸗
hergigleit nun alles Schwigen, Purgiren u.f.m. mit burchmachen
mußte, bis man endlid zu Burnes volfommenes Vertrauen ger
wann und jene Quälerei einftellte, wobei jedoch ausbrüdtich ers
klaͤrt wurde, daß biefes das höchfle Compliment fei, welches fie
ihm machen Tönnten, und baß fie deshalb auch wuͤnſchten, ed
möge biefes als ein außerordentlicher Beweis ihres Vertrauens
und ihrer Freundſchaft für die Briten dem Gouverneur von
Bombay ‚gemeldet werben. Die zwedmäßigen Mittel ſchlugen
fo gut an, baß ſchon (20. Nov.) zehn Tage nach B.'s Ankunft
alle Gefahr verſchwunden war. Die Freude der Emirs übers
traf alle Befchreibung ; beſonders auch deshalb, weil, wenn ein
Bamilienglieb ſich übel befindet, alle übrige nicht von ber Stelle
weichen dürfen, unb fonady bie ganze Bamilie feit mehren Mona⸗
ten keine frifche Luft außerhalb der Feſtung hatte. ſchoͤpfen koͤn⸗
nen. Die Cur war aber befonders dadurch ſo ſchnell geglückt,
daß B. alle früherhin angewandten Reizmittel entfernt hatte.
Für einen Wundermann hielt man ihn aber auch beshalb, weil
er bie Wirkung feiner Argmimittel ſtets vorherſagte. Den
Hauptdienſt Teiftete ihm fchmwefelfaueres Chinin, ein dort noch
unbelanntes, aber bei den MWechfelfiebern ber Sindier ſchnell und
ſicher aushelfendes Mittel, wie er benn auch mehre kranke Hof:
leute in Burger Zeit heilte und noch weit Mehren geholfen haben
würbe, wenn nicht Ihre Hoheiten, als fie die wunderbaren Wir:
tungen bes Chinins erblickten, das Glas, worin B. fie aufbe
wahrte, ohne weitere Umftänbe in Befchlag genommen und mit
dem NReichefiegel verfchloffen hätten, um die Arznei für künftige
Bälle aufzubewahren.. Ja! als 3. felbft ernfthaft krank wurbe
konnte er bie Emirs durch Fein Bitten beivegen, ihm felbft auch
nur .ein einziges Koͤrnchen verabfolgen zu laſſen. Auch das bloße
| \
Pen:
Gefäß, weiches ex, weil ed zu einem ſchoͤnen Befteck gehörte, gegen
ein’ anderes auszutaufchen wuͤnſchte, konnte ex nicht zurüderhats
ten; denn man hielt es gleichwie den Inhalt für einen Zalisman.
Murad Ali war damals 55 Jahr alt, nicht groß, aber uns
terſegt, von ſchoͤnem, aber finfterm Antlig, kalt, zuruͤckſtoßend,
ſelten laͤchelnd, zu traulicher Unterredung ſich nie herablaſſend,
grauſam und hierdurch das Schrecken feiner Unterthanen. Daflx
heut ihn aber bie Nemeſis mit ſteter Todesfurcht und durch
Phantome feiner büftern Phantafle, die ihn öfters (mie B. Zeuge
davon war) ganze Nächte nicht fchlafen Laffen. Der Geiz ift
fein Gbtze. Dieſem opfert er fein eignes, wahres Intereffe und
bas feines Bolkes auf. Gelten verfpricht er etwas, und noch
feltener erfüllt er das Berſprochene. Er ift ein aflatifcher Ti⸗
berius ober Philipp II., beherrſchend fein Reich durch die Kraft
feines Geiſtes, aber einem beffern Gefühl zugänglich.
Die Regierung von Sind ift rein militairifh. Das Ungläd
ber Unterthanen befteht darin, daß bie Herrſcher keinen Begriff
davon haben, eB fei in einem wohlregierten Staate das Intereffe
bes Farſten und des Bolkes ibentifch, und man muͤſſe einen ge:
genwärtigen geringern Gewinn für Fünftige überwiegende Vor⸗
theile aufopfern. Sie bilden ſich ein, das Kortbeflehen und die
Größe ihrer Dymaftie hange lediglich von angehäuften Schägen
ab, worauf denn auch ihre ganzes Streben und Handeln gerich⸗
tet if. Daher find die Steuern und Auflagen ungeheuer und
: Tähmen ben Handel und bie Induſtrie des Landes, bie gänzlich
bornieberliegen. Und biefe Einkünfte der Emird werben an
Meiſtbietende verpachtet, die nun wieder bie Unterthanen aufs
äußerfte druͤcken und ausfaugen, ba fie feldft unter Feiner Vedin⸗
gung Erlaß an der verſprochenen Summe erhalten.
Thaͤtig ſind übrigens biefe Emirs. Zwei Stunden vor Tas
gesanbruch geben fie an ihre Geſchaͤfte. Jeder von ihnen gibt
Audienz, um Geſuche ober Klagen anzuhören und bie Angelegen«
heiten feiner befonbeen Provinz zu verwalten. Bel Gonnenaufs
gang ziehen fie fich in ihre Zimmer zuruͤck, um ſich anzukleiden.
Kurz nachher erfcheinen fie in der großen Berfammiungshalle
ber ganzen Kamille, wo alle Staatsangelegenheiten verhanbelt,
die am vorigen Tage ober in ber Nacht eingelaufenen Briefe,
Berichte uw. ſ. w. gelefen und barauf das Erfoderliche verfügt
wird. Um eff Uhr ziehen fie ſich zum Fruͤhſtuͤck zuruͤck. Um zwei
uhr verſammeln fie ſich von Neuem und bleiben dann, bis ber
Abend hereindbämmert, beifammen, wo nun fich jeber in feine
befondern Zimmer begidt. Nie Fonnte Burnes fich mit einzelnen
Familiengliedern abſonderlich unterhalten, fondern erfchien Miete
nur in ber vollen Familienverfammiung. Wenn aber bie jün:
ern Emirs ihre beſondern Refibengen bewohnen, entledigen fie
—* des Zwangs und halten ſich durch alle moͤgliche Ergoͤtlich⸗
keiten ſchablos. -
VPoaoͤchſt bebeutend iſt bie. glänzende Juwelen⸗ und Waffen
fammlung der Emirs: ber berähmtefle Smaragd ift der, von
der Größe eined Zaubeneies. Durch den Umflurz der Monar⸗
Wie von Kabul find dort viele der ehemaligen Fürften. und Herren
in ſolche Dürftiglelt gefunten, daß fie ihre Koftbarkeiten. haben
verkaufen muͤſſen, umb biefe find bann großentheils durch die
Agenten ber Emirs nach Sind gegangen. Die Edelſteinhaͤndler
ganz Aſiens betrachten Sind als den Hauptmarkt. Auch gibt
es daſelbſt fehr geſchickte, perfifche Bolbfchmiebe und Zumelierer.
In Derfien, der Türke, Syrien, überall haben bie Emirs
Agenten, welde Waffen und befönders die ausertefenften Degen:
klingen einkaufen; eine einzelne derſelben hatte 4 Lac Rupien
Als Burnes ihr Zutrauen getvonnen hatte, unterhielten fie fich
ern mit ihm über Indien und waren ber Meinung, baß bie
riten «8 hauptfächlich ihrem geiftigen Uebergewichte zit dan⸗
ken hätten, daß fie ſich daſelbſt halten könnten. Ueberhaupt hate
ten fie eime überrafchende Scenntnig von England und deſſen
Macht. Auch vom Charakter und Sturz Napoleon’s waren fie
nnterrichtet. Won der Waccination wußten fie noch nichts und
baten, ihnen dazu zu verhelfen. Was ihnen B. von den Dampf:
mafchinen erzaͤhlte, ſchienen fie zu ben Flunkereien zu rechnen,
weiche zu ben Privilegien der Reiſenden gehoͤrten. Eins aber
war ihnen fehr unangenehm: die große und genaue Karte von
ganz Indien, die ihnen B. eines Tages vorlegte, worauf fie alle
Wege und Gtege, die and) nad) ihrem Staate führten, verzeiche
net fahen und auf welcher ihr kleines eich gegen bas umge
beuere britifche wie ein Nichts verſchwand. „Die Ferinſchi
(Franken) wiffen doch Alles!‘ murmelten einige fehr verbrießlich
zwiſchen den Zähnen. Auch über Alexander's berühmten Zug
nach Indien enthält das Buch manches Bemerkenswerthe. Zwei.
gute Karten erläutern den Schauplag, - - 72.
Denkwuͤrdigkeiten und Hauptmomente aus dem Leben ber
Herzogin von Berri feit ihrer Vermaͤhlung bis nach
ihrer Verhaftung zu Nantes. Mac dem Franzöfifchen -
des Herrn 2. G. Magnant und Anderer. Mit ih
tem Portrait und dee Abbildung ihres Zufluchtsorteg.
Ilmenau, Voigt. 1833. Gr. 8. 16 Gr.
Das Leben ber Herzogin von Berri gehört feit ihrer Er⸗
klaͤrung vom 22. ehr. 1838 in den Augen — Perſonen der
chronique scandaleuse des alten pariſer Hofes an, und fe
werden folche Leſer auch wol im gegemwärfig vorliegenden Vuͤch⸗
lein einige ftandalenfe Anekdoten, etwa in ber Manier ber bes
rüctigten „„Chronique de l’Oeil de boeuf”, zu finden wähnem.
Da taͤuſchen fie ſich aber gewaltig; denn dieſe WBrofchüre ent⸗
hält nur bie befanaten Nachrichten über ihre Berheirathung, ben
Tod ihres Gemahls, die Geburt bes Herzogs von Borbeaur
fowie einige Details über ihre Pläne und Projecte, ehe fie ſich
in das mittägliche Prankreich begab. Auf dem D i
Carlo Alberto befand ſich die Herzogin nach dem Bert dieſer
Schrift. Aber son ihren Zügen und Abenteuern in ber Bendec
die body mitunter faſt an das Romanbafte grenzen mögen, e%
fährt man hier gar nichts und nar bei dem Aufenthalte in Nase
tes. verweiit die Erzaͤhlung mit vieler Ausführlichleit. Die letz⸗
ten Augenblide vor der Gefangennehmung, die Durchſuchung
des Hauſes, endlich ihre Ergreifung find nad) den Erzaͤhlungen
‚bes franzdfiichen Journale gefchiibert und alfo nicht neu. Cine
für mandje Leſer willlommene Iugabe wird bie Abbildung des
Zufluchteortes fein, in welchem füch die Herzogin verborgen hatte.
Die Erklärung F Blaye und die daraus hervorgegangenen
Greigniffe hat ber Verf. noch nicht berüdfichtigen können, auch
den Geräditen nicht Glauben ſchenken wollen, bie Aber das Wr
vatieben der Herzogin bier und da bereite früher im Umla
warm. Den Legitimiften in Frankreich konnte allerdings nf
unangenehmer fein als jene Erklärung, ‚aber der alichkett
der Herzogin bat biefelbe in Frankreich nichts geſchadet; denn
alle Zeitungen tadelten das Verfahren der Regierung, und ſo hat
die Herzogin politiſch wol eher gewonnen als verloren. Ueber
bie moralifche Seite biefes Creigniffed denken wol Wenige jeht
in Frankreich nach, wo es uͤberdies an Perfonen nicht fehlen
wird, bie fi freuen, daß die fie bedrohende Zragdbie des Bür
gerfrieges nun „fein buͤrgerlich“ mit einer Kindtaufe und viel
leicht auch mit einer Hochzeit enbigt. 89.
giterarifhe Anzeige.
Falk über Göthe
Ih habe wieder einige Exemplare. diefer
Schrift worräthig, die zw dem Ladenpreife von
1 Thlr. 12 Gr. durch alle Buchhandlungen zu
beziehen find.
Leipzig, im Mai 1833.
8 A. Brockhaus.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagsbandlung: F. A. Brodbaus in Reipz
nneee i
Blätter
"fr
literariſche Unterhaltung.
Mittwod,
Bon E
fünftes Bändchen.
Beſchluß aus Nr. 127.)
Die Darftelung ber Gefchichte der polnifchen Revo⸗
lution von 1794, von Herrn Kaiſer, hält fi mit vol:
lem Rechte nicht an das einzelne Jahr 1794 felbft, fon:
dern holt viel weiter aus. Mit Johann Kafimir 1648
beginnt ihm die Reihe unglüdlicher Ereigniffe, denen Pos
len endlich umterlag. Diefer war erſt Carbinal, dann Koͤ⸗
nig, endlich Abt von St.: Germain de Prez und immer un:
bedeutend. Unter ihm ereignete fi) bie erſte Sprengung
eines Reichstages (1652) durch das Nie pozwalam eines
Landboten. Es hätte bemerkt werben koͤnnen, wie es auch
Spittler bemerkt, daß man den erſten Urheber ſolcher pu⸗
bliciſtiſchen Misgeburt verwuͤnſchte und doch ſeine Kuͤhn⸗
heit bald nachher wahres anerkanntes Recht werden ließ,
an welches ſich dann das fuͤr Polen ſo verhaͤngnißvolle
Confoͤderationsrecht knuͤpfte. Vielleicht haͤtte ſich aber die
Haltloſigkeit und Gebrechlichkeit Polens noch richtiger vom
Jahr 1572 oder dem Beginme des Wahlceiches datiren
laſſen, welchem die pacta conventa zur Seite ftehen, bes
fonders um die Nation, d. h. den Abel, in feinen Rech⸗
ten zu fhügen und zu ſchirmen. Gleich das erite Erpes
riment hätte alle Welt, nur bie Polen nicht, belehrt: ber
König lief "davon! . Das graͤßliche Spiel Rußlands mit
Holm feit dem Tode Auguft IH. (1763) Hätte wol noch
ſchaͤrfer und bezeichnender gefchilbert werben können. Es
gibt nur eim ihm Aehnliches noch in der Gefchichte, und
wir wundern und, daß eine gelchrte Geſellſchaft es nach
nicht zu einer Preisaufgabe gemacht hat, Roms Politik
gegen Karthago im den drei punlichen Kriegen (analog
den drei Theilungen Polens) mit Rußlands Politik gegen
Polen zu vergleichen. Selbſt ein Mafinifia würde ſich
finden laſſen. Nur müßte man den Abelsgeift bier dem
Kaufmannsgeifte, oder richtiger, der Kraͤmerpolitik dort pas
rallel ſtellen. Wahrſcheinlich lag es nicht in dem Plane
des Verf., ſchon die Scenen ber erſten Theilung umſtaͤnd⸗
licher zu ſchildern, ſonſt wuͤrde das Benehmen bed wackern
Landboten Thaddaͤus Reyten, des polniſchen Cato (ogl.
Ne 7 d. Bl. f. 1832), eine dem damaligen Bus
ſtand der Dinge und ber Stimmungen recht bezeichnende
Epifode abgegeben haben. Wer die erſte Theilupgsidee
gehabt, iſt ununterſucht gelaffenz es heißt blos: „Katha⸗
rina trat jegt mit ben feit des Prinzen Heinrich von
Preußen Anweſenheit in Petersburg entworfenen Planen
hervor. Deſtreich ging nur zu gem dasauf ein und bie
Theilung erfolgte.” Werm unter Deſtreich Kaiſer Joſeph
und Kaunig verſtanden werden ſoll, mag dies wahr ſeit;
was Maria Thereſia betrifft, ſo hielt es ſehr hart, ihre
Einwilligung zu erhalten; und ſie haͤtte noch viel ſpaͤter
gern mit vielen Thraͤnen und Opfern dieſen Makel ihter
großen AMjaͤhrigen Regierung abgewaſchen. „Bott wollte
damals die Moralitaͤt der Großen zeigen“, ſagte Joh. von
Muͤller. Daß ſchon vor dem Frieden von Oliva 1660
eine Theilung Polens zwiſchen Rußland und Oeſtreich
beſprochen wurde, fuͤhrt Koch an. Der Entfuͤhrung des
Koͤnigs 1771 iſt gleichfalls nicht gedacht. Eine kurze
Wuͤrdigung der nachher als jakobiniſch verſchrienen Eon⸗
ſtitution von 1791 wuͤrde den ſpaͤtern Kampf der Polen
noch in ein ehrwuͤrdigeres Licht geſetzt haben. Preußens
Politik, welche von Raumer im „Hiſtoriſchen Taſchenbuche
von 1832 in dem viel angefochtenen und verfolgten Auffage:
„Polens Untergang”, an verfchiedenen Stellen kurz, aber
bezeichnend fchildert, wird hier weniger hervorgehoben; me
S. 111 lieft man, daß die Haupturfache der Aufhebung
bee Belagerung von Warſchau uimd des völligen Ruͤck⸗
zuges ber preußifchen Armee bie hoͤchſtwichtigen Ereigniffſe
in Südpreußen geweſen wären. „Die Preußen hatten ja
Alles gethan, um das Loos der Bewohner diefer Provinz
drüdend zu machen; man hatte durch beutfche Beamte
bie polnifchen erſetzt, ein deutſches Geſetzbuch eingeführt
und verlangte von den Beſiegten, daß ſie ohne Weiteres
bie Sprache ihrer Väter mit ber ihrer Ueberwinder ver⸗
taufchen follten.” Daß über das Ungluͤck von Macieiowice,
wo ber edle Koſsciuszco, verwundet und gefangen, fein Finis
Polonise rief, Kranke fihnell von Higigen Fiebern hinges
vafft, Seaum zu fruͤh entbunden und mehre Perfonen von
unheilbarem Wahnftume befallen wurden; daß man Mär
nee und Frauen auf dm Straßen die Hände ringen, den
Kopf gegen bie Manern ftoßen ſah, bringt der Verf. aus
ODginsti's Memotren bei. Literatur iſt fonft nur wenig
angeführt, doch find die dem Mef. nody nicht zu Geſicht
gelommen Memoiren -ded Generale Piſtor (Berlin
1806) mehrmals citirt. Auch Seume und ber „Polnis
[che Inſurrectiontkrieg im Jahr 1794”, von einem Augen⸗
— 326
zeugen (Berlin 1797, nicht 1767, wie es S. 85 ver:
druckt fteht) find genannt. |
Die beiden folgenden Bändchen, von bemfelben Verf.,
ſchildern nun die neuefte polnifche Revolution von 1830
umftändliher. Das Hauptwerk von Spazier konnte wol
dabei noch nicht benugt werden. Wol aber find andere
Schriften, z. B. das „Skizzenbuch aus Polen”, bie „Acten⸗
ſtuͤckke und Belege über den Bruch der Neutralität Preu⸗
ßens gegen Polen” (Fuͤrth 1832), Brougham, die „Ser
ſchichte der geheimen Verbindungen in Polen” (auf die
Conſtitution der VBrüderfchaft freier polnifcher Burſche
in Berlin 1821, eine Art polnifcher Hetairie, ſcheint der
Verf. keinen Werth zu legen, ba er fie unter den andern
geheimen Verbindungen der Senfenmänner, Tempelherren
u. A. nicht anführt), Harro Harring, Pabel's „Rußland
in der neueften Zeit”, Oginski, Lelewel, Pietkiewicz, Dem:
binski, Czynski, Bronikowski und eine Menge officieller
Zeitungsartikel ober Auffäge in Journalen angeführt. Jetzt
erft follte Kosciuszko's Finis Polonjae wahr werben. Die
Dorftellung tft im Ganzen ruhig, aber nicht theilnahms
(086. Wenn einmal fein Mitleid, kein menſchliches Ges
füht in der Bruſt des Deutfchen fein dürfte, hätte gewiß
Deutfchlands legte Stunde gefchlagen, und mer wuͤrde
uns dann bedauern? Kigentlihe Irrthuͤmer erinnern wie
uns nicht gefunden zu haben. Die Schilderung ber Dauptper:
fonen Chlopicki, Skrzynecki, Krukowiecki u. A. ift ber Meinung
ziemlich conform, die ſich jetzt uͤber ſie gebildet hat. Ueber
den Letztern haben wir (Me. 47 d. Bl. f. 1833)
noch viel Stärkeres gelefen. Mit Recht wird hervorge⸗
hoben, wie laͤhmend und unheilbringend die franzöfifchen
Hülfezufiherungen für Polen wurben, aber wir tönnen
uns faum zu bem Glauben erheben, daß auch wirkliche
thätige Hülfe den Unglüdlichen hätte Heil bringen koͤn⸗
nen; fie waͤren zermalmt gewefen, ehe die vettende Hand
fie erreichte. Betrachtet Ref. den ganzen Gang der Dinge
und bie Verhaͤltniſſe, fo wird ihm die Ueberzeugung im:
mer lebendiger, daß bei der inneren SInfubordination, bei
der Theilung der Gewalten, den Leidenſchaften ber Kührer
und der Schwäche ber Widerflandsmittel nicht viel Ande⸗
res erwartet werben konnte. Selbft ein fremder Dicta⸗
tor, im vollen Sinne des Wortes und mit allen geiſtigen
Mitteln ausgeflattet, mit dem vollften Butrauen der Na:
tion bekleidet, wäre nicht unabhängig vor den unbe
rechenbaren Wechfelfällen bes Gluͤckes, und das Ganze
doch nur auf eine Nummer gefegt geweſen. Wir ges
ſtehen überhaupt ehrlich, von einer Nothwendigkeit des
Aufftandes noch immer nicht überzeugt worden zu fein.
Map auch der Drud groß und fchrediich geweſen fein,
er konnte nicht eroig dauern, und wem viel zu tragen
auferlegt iſt, dem ift auch gemöhnlid bie Kraft zum Er:
tragen gegeben. Wir wiſſen es wohl, daß wir mit fols
chen Troſtgruͤnden Diefem und Jenem pbilifterbaft erſchei⸗
nen, innen uns aber barım von unferer Anficht doch
nicht trennen, auf welche der Erfolg Leinen Einfluß bat.
Und felbft den glaͤnzendſten Erfolg angenommen, konnte
bie Nation fih) eine innere Bürgfchaft in ihren Inſtitu⸗
tionen geben, "daß fie nicht Über lang und kurz eine neue
\
Beute ber Fremben geworden wäre? Doch verlaffen wir
das undankbare Felb der Conjecturi Wir theilen nur zwei
Stein als Proben der Darſtellung aus ber Schlußfcene
bei Warfhan mit (III, 191): |
Zweihundert Kanonen (ber Rufſen) bonnerten zwei Stunben
lang gegen Wola und bie oorlisgenden Verſchanzungen Ar. 54
und 67, welche mit vier Kanonen und zwei Compagnien beſetzt
waren. Die legtern, von allen Seiten beftürmt, waren balb
genommen, jedoch nicht ohne großen Verluſt, befonders bei 5%,
wo der XArtillerielieutenant Konftantin Gorbon, nachdem er feine
Mannſchaft verloren, fi und die eingebrungenen Keinde mit
der Pulverfammer in bie Luft fprengte. Jetzt kam bie Reihe
an das von acht Kanonen, aber nur 2000. Mann birtheibigte
Wola, wo der XArtilleriegeneral Sowinsti mit bem Vorſatz be-
fehligte, ba6 Werk nicht lebend zu übergeben. Nur ein Winkel
beffelben war völlig kunſtgerecht befeftigt, fowie bie Kirche zu
einer Art Gitadelle gemacht, doch waren außerbem einige zur
befondern Bertheidigung geeignete Abfchnitte angebracht. Nach⸗
dem das Feuer von 100 ruſſiſchen das ber acht polnifchen Ka⸗
nonen etwas zum Schweigen gebradht, begann von allen Sei:
ten der Sturm, benn 12 Bataillone hatten bas Werk umgan:
gen und griffen es im Rüden an. Da gab ein Offizier vom
erften Bataillon bes achten Regiments das ſchmachvolle Beifpiel
ber Flucht und die Ruſſen drangen ein. Aber hatte es ihnen
viel gekoftet, fo weit zu kommen, fo koſtete es ihnen noch weit
mehr, den theuern Bortheil mit ihrer Uebermacht zu behaupten.
Berlaffen, ohne bie geringfte Unterftügung ließ man bie helden⸗
müthigen Vertheidiger Wolas, des GSchlüffeld ber gamzen Stel:
lung, vom übermädtigen Feinde erwärgen. Der fonit fo ent:
fhloffene Bem ward vergebens aufgefodert, mit feiner Artillerie
vorzurüden; er fäumte, bis es zu fpät war. Aber Wort hielt
Sowinski. In der Kirche harrte er fisenb (er hatte bei Mo⸗
fatst einen Fuß verloren), mehre geladene Gewehre neben füch,
ber nicht mehr abzuweifenden Keinde unb fchmetterte die Ein-
beingenden nieber, bis ihre Bayonnete feine tapfere Bruft durch:
bohrten. Ghre dem Helden!
Die Schlußworte Iauten (S. 199):
Doch ungebeugt und frei kehrten Tauſende feiner ebeiften
Söhne dem abermals ber Fremdenherrſchaft verfallenen Baterlanbe
ben Ruͤcken. Unflät irren feine gefeierten Streiten durch bie Welt.
Die Zukunft wird entfcheiden, ob es nicht ;sähmlicher. für fie
gewefen wäre, bei den Gräbern ihrer Väter, im Angeficht der
Denkmäler ihrer Helden, in den Klammen {hrer Zempel und
auf —— Truͤmmern ihrer letzten Habe den freudigen Heldentod
zu en.
Eine Revolution ganz anderer Art war der deutſche
Bauernkrieg im Jahr 1525, von welchem Hr. Dr. Burck⸗
barbt im vierten und fünften Bändchen bes Unterneh:
mens handelt. Auch bier der Generainenner: Misver⸗
gnügen mit dem Beſtehenden, gefteigert bis zu ber Ueber:
zeugung, es fo nicht Länger tragen zu können, und zu
dem Entſchluſſe, ſich ſelbſt, wo in Güte nichts mehr
zu erreichen ftehe, mit Gewalt Abhülfe zu verſchaffen.
Zſchokke nennt daher in feiner „Bairiſchen Gefchichte” den
Bauernkrieg einen gräßlichen Naturfchrei der gedruͤckten
Menſchheit. Da die Darſtellung nicht für Korfcher ber
Geſchichte, ſondern nur für Freunde derſelben verfucht ift
(S. 2), fo. haben wir auch nicht bas Recht, einen ge=
lehrten Maßſtab an biefelbe zu legen, wohin ımter Anz
berm die Foderung ‚gehören wärbe, bie damalige Lage bes
Bauernflandes, und wie fie fo geworben, aus dem Staats⸗
Kirchen: und Lehnrecht des Mittelalter quellengemäß ent:
widelt zu fehen. Es wuͤrde ber Streit aufzunehmen ges
wein fein, ob dee urfprängliche Zuftand ein freier oder
— 527
freier war; es würden bie Begriffe ber Leibeigenfchaft, .
Hörigkeit, des Meierrechtes, der Barfchalten, der Bar:
ſpraken u. f. w. zu entwideln und die Frage zu beants
worten geweſen fein, ob die Reaction gegen das natüc-
liche oder gegen das hifkorifche Necht gerichtet war, ‚dann
würde auch die (S. 8) gegebene Erklaͤrung: daß man
am Ende des 14. (warım nicht 15.) Jahrhunderts „alle
diejenigen Perfonen unter dem Namen Bauern verftand,
die weder zum ritterbürtigen Adel noch zu ben Bürgern
und Einwohnern der Städte gehörten”, zu weit erſchei⸗
nen, indem (abgefehen davon, daß and Geiſtliche und
Mönche weder zu dem Einen noch zu dem Andern ge:
hörten und doch nicht Bauern waren) der Begriff des
Grundbefiges auf offenem Lande für Aderbau oder Land⸗
wirthſchaft überhaupt in feinen verſchiedenen Mobificatio:
nen hätte die Bafis machen muͤſſen.
Der Here Verf. fchildert nun bie verfchlebenen Mor:
laͤufer des Bauernkrieges (gleihfam die Sturmvögel der
größern Revolution von 1525), ben wuͤrzburger Auf:
ftand 1476, dem nieberländifchen der Käfebrodter 1492,
die elfaffer Verfhwörung von 1493, die bruchfaler von
1505 und 1513 (dee Bundſchuh zu Lehen fihon mit
. 12 Bundesartikeln, daher diefe Zahl nachher bleibend wurde),
den würtembergifchen Aufftand von 1514 unter dem Namen
des arınen Konrad mit der Allufion: dem Armen kein Rath,
dann auch zu Erfurt, Koftnig, Schweinfurt, Augsburg,
alte vor Luther's Auftreten. Daß Luther Leinen Antheil
an dem fpätern geößern Ausbruche hatte, am menigiten,
wie ibm noch in nemern Zeiten Schulb gegeben wurbe,
Emiffarien zur Erregung einer Empsrung in den Rhein:
gau gefendet hat, wird (S. 21 fg.) glüͤcklich nachgeriefen.
Der erfte Abfchnitt behandelt dann die Empsrungen der
Bauern in Schwaben, im Mainzifhen und in Franken
1524 fg. mit Wiederabdruck der eigentlichen 12 Artikel;
ber zweite (&. 65) die im Bisthum Speier, in -Würs
temberg und Elſaß, ſowie in der Pfalz; der dritte (S. 81)
die Verfaſſungsplane der Bauern; der vierte (I, ©. 1)
ben Kampf bes ſchwaͤbiſchen Bundesheeres mit den Bauern
bis zur Dämpfung des Aufftandes im beutfchen Süden
und Welten. Mit Muͤnzer's Empörung und dem Auf:
ruhe in Sachſen, Fulda und Heſſen hat ber fünfte Ab:
ſchnitt (S. 57), der ſechbte aber (S. 86) mit den Gruͤn⸗
den der ſchnellen Unterdrüdung und den Folgen bes
Bauernkrieges zu thun. Ein trefflicher Abfchnitt, den eine
Parallele zwiſchen ber Behandlung bee Bauern in Deutfch -
land und in Schweden, wo fie eben damals zur Reiche:
vertretung berufen wurden, noch mehr Intereſſe gege:
ben haben würde. Im Anhange (S. 95 — 102) wer:
den bie Schriften über den Bauernkrieg durchgegangen.
Hinzugefuͤgt hätte noch werden tönnen der wichtige
vierte Abſchnitt aus dem zweiten Bande von 8. ©.
von Bucholtz's: „Geſchichte der Megierung Ferdinand 1.”
(Wien 1831, S. 120— 221), wo auch eines gräßli:
hen Aufftandes in. Ungarn 1514 gedacht wird. Wir
find auch von dieſem Verfaſſer eine Stelle als Probe
feinee Darftellung mitzutheilen fchuldig II, S. 89,
heit eb: |
Lange wäÄhrte es, ehe ber biutgebüngte Adier von Neuem „
grünte und Früchte trug, ehe aus bem Schutte ber Dörfer unb
Städte und Feſten neue Wohnfige ber Menſchen ſich erhoben,
ehe der Fluch der That fidh in Segen verwandelte. In wilder
Suth hatten beide Theile zerſtoͤrt und zerträmmert, und Fran⸗
ten allein zeigte über 200 dde- Stätten, bie früher von frieb:
lichen Menſchen bewohnt wurden. Mehre Zaufend Waifen irr⸗
ten ohne Obdach, ohne Unterhalt, ohne Aeltern umber, benn bie
Väter waren im Kampfe, bie Mütter durch die Wuth ber ents
rüfteten Feinde gefallen, und im Allgemeinen wird die Zahl ber
auf beiden Geiten Gebliebenen auf 50 — 100,000, ja bis 150,000
angegeben. ‚Die Rube war hergeftellt und waltete aufs Neue
in ben verheerten Gauen; aber es war bie Ruhe bes Kirchhofs,
bie Ruhe eines blutigen Schlachtfelbes, die nur von dem Jam⸗
mer und Stöhnen unglüdlidher Opfer unterbrochen wurde. Schon
waren während bes Kampfes unter dem Belle des Scharfrich⸗
ter Viele gefallen, die man als Räbelsführer gefangen oder zu
foichen geftempelt hatte, ber wilde Truchſeß fährte auf allen
feinen Zügen den Profofen Berchtold Aichelin als Rachrichter
mit fih, und der Blutdurſt diefes Mannes war fo befannt, baf
ſelbſt der Rath zu Ulm, in deſſen Solde er fland, nur von ber
Furt, bei dem Truchſeß in Ungnabe zu fallen, ſich abhalten
ließ, ihn ans feinem Dienfte zu entlaffen u. f. w.
Schließlich wäünfchen wir diefem Unternehmen, das
fih auch im Aeußern freundlich ankündigt, den beften
Fortgang. Hoffentlich wird bald auch eine Revolution nicht
fo tragifchen Ausganges an bie Reihe kommen. 118,
Darftelungn aus meinem Leben und aus meiner Zeit.
"Bon Friedrih Karl von Strombeck.“ Zwei
“ Shell. Braunfchweig, Vieweg. 1833. 8. 2Thlr.
8 Gr.
Der fürftlich Tippefche Geheim⸗ und Oberappellationscath
und herzoglich braumfchweigifche Gteuerbirector 8. K. v. Stroms
beit zu Wolfenbüttel gehört nicht allein zu ben ausgezeichnetften
Männern feines "Waterlandes, fondern er hat als juribifcher
Schriftfteller, als geiftreicher Ueberfeger einer ganzen Reihe roͤ⸗
mifcher Elaſſiker 2c. eine wahrhaft europäifche Berühmtheit.
Schon in biefer Beziehung dürfte alfo eine Selbſtbiographie
deſſelben das höchfte Intereffe gewähren; biefes wird aber noch
dadurch gefleigert, daß Hr. v. St. feit faft 40 Jahren eine bes
beutende Stellung in Braunſchweig und in bem ehemaligen Kb:
nigreiche Weſtfalen einnahm, baß er mit vielen berühmten Per⸗
fonen der fo reichen jüngften Wergangenpeit, deren Beginnen
durdy ben Anfang ber frangöftichen evolution bezeichnet wird,
in engere unb entferntere Berührung kam; fie wird endlich auch
noch dadurch gefteigert, daß ſich zu einem vielgeftaltigen Außen .
Dafein ein reiches inneres Leben gefellt.
Bor Allem bürfte bie Selofbiographie das hoͤchſte Inter
eſſe fuͤr Braunſchweig und fuͤr die verwandten Laͤnder haben,
weil der gefeierte Mann, von dem ſie herruͤhrt, das Schickſal
derſelben gleichſam mitgelebt hat, mit Perſonen von hoher ge⸗
ſchichtlicher Bedeutung in bie engſte Berührung gekommen iſt
und ſeit langer Zeit eine fuͤr Braunſchweig ſegensreiche Wirk⸗
ſamkeit entwickelt hat. Aber nicht minder intereſſant wird auch
das Buch fuͤr einen Jeden ſein, der gern eine ebenſo ſchoͤn als
einfach geſchriebene Biographie lieſt, und obendrein hat ja dieſe
Art der Lecture fuͤr jeden denkenden Menſchen den hoͤchſten Reiz!
Den Standpunkt, welchen ber Verf. einnahm, ale er bie
Darftellungen aus feinem Leben umb aus feiner Zeit niederſchrieb,
bat er mit folgenden einleitenden Worten genau bezeichnet:
„Meine Abftcht if, eine Reihe möglich zufammenhängenber
Darftellungen aus meinem ſchon mehr als Techziglährigen Leben
zu entwerfen,‘ wodurch ich mir felbft (gleichfam noch einmal Ies
benb) Vergnügen, meinen Lefern aber biefes und auch Mugen zu
‚ ben, ba fie von h
328
verſchaffen gedenke; denn Beides erwaͤchſt aus dem Schauen in
das Leben eines Andern.
lung Deſſe derſe
leifleten, liefert uns kein vollſtaͤndiges, völlig ansgeführtes Bild
der Zeit: zu dieſem gehoͤrt, daß man ſchaue, wie die Menſchen
in ihren — Dos en lebten. Darſtellungen folder
Art. waren bisher felten. werbe es verſuchen, ben beſſern
derfelben —— *3 zwar mich der Treue und Wahrheit
na lichkeit .“
⸗ Ft befonbern, er lobenswerthen Erwaͤhnung verbient
es, daß Hr. v. St. wie manche Charakterſchilderung er auch in
feiner Selbſtbiographie gibt, Riemanden verletzt hat, obgleich er,
wie er felbft gefteht, manche Larve abzuziehen im Stande und es
ihm ein ——A geweſen wuͤre, vielmals hiſtoriſche Gerechtigkeit
u verwalten.
Es würde hier zu weit führen, Auszüge aus ber hoͤchſt vors
trefflichen ift zu liefern, auch wuͤrde es, ba es bes Inter⸗
eſſanten ſo viel gibt, am Ende ſehr ſchwer halten, eine Auswahl
zu treffen. Man leſe bie beiden, auch aͤußerlich fo huͤbſch aus⸗
geſtatteten Bändchen ſelbſt. Sehr gelungen if z. B. die Schil⸗
derung des verewigten großen Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand
von unſchweig und ſeines zwar kleinen und einfachen, aber
durch mehre ausgezeichnete Maͤnner muſterhaften Hofts und bie
Schüuderung des üppigen großartigen weiland weſtfaͤliſchen, deſſen
Hauptperſon der liebenswuͤrdige, feinfuͤhlende, aber zu ſinnliche
Jerome Bonaparte war.
he wir jedoch umfere kurzen Bemerlungen über biefe aus⸗
gezeichnete B g der beutfchen biographiſchen Literatur
befchtießen, mag bier nodh folgende Anmerkung bes Hrn. v. St.
am Schluſſe bes zweiten Theils feiner Schrift eine Gtelle fin
—5 — Intereſſe in Beziehung auf die neueſte
Geſchichte von Braunſchweig if. Der Verf. theilt nämlich den
Abdruck eines Briefe mit, ben er unmittelbar nach ber furcht⸗
baren Kataſtrophe am 6. und 7. Sept. 1830, burch welche ber
unglüdliche Herzog Karl aus Braunſchweig zu fliehen gendthigt
war, an einen, auch literarifch berühmten, preußiſchen Staats⸗
mann fhrieb, ‚um eine unrichtige Darftellung des beklagenswer
then Greigniffes in ber „Preuß. Staatözeitung”' in ben Augen die:
ſes Mannes zu berichtigen. Gr. v. St. fogt: „Mm fo zweck
mäßigen muß ich jest dieſe Mittheilung (nämlich bes Wriefes)
halten, da ſich Hinfichtlich der Urfachen des braunſchweigiſchen
Septemberaufftandes fpäterhin Gerüchte verbreitet haben, an ber
nen auch nicht Ein red Wort ifl. Ich felbft bin vielmalt
im Oberappellationägerichte Referent in denjenigen Unterſuchun⸗
gen geweien, welche gegen Perfonen angeflellt wıeben, bie bei
dem Gchloßbrande thätig waren, und nie auf puren ge
flogen, aus denen zu ſchließen wäre, bie Urfache ber Bollswuth
fei eine anbere geweſen, als biefenige, welche ich in dem hier
mitgetheilten Schreiben angegeben babe. *) Als aber ber Poͤbel
einmal im Plünbern begriffen war, ba bebagte ihm diefer Er⸗
werb, und nur erfi nady dem Verlaufe mehrer Stunden konnte
durch bie größten Anftrengungen ber Behörden, unterflägt von
ben bewaffneten Bürgern, bie Ordnung einigermaßen bergeflellt
werden. Da id; gegenwärtig geweſen bin und felbft bei ber
*, Die in diefem Schreiben angegebenen Urſachen find ganz diefelben
als die in der Schrift des Hofrath Koch zu Braunſchweig: „Der
Auffland ber Braunſchweiger am 6. und 7. Sept. 1880, ſeine Vers
anlaffung mad feine naͤchſten Kolgen’ (VBraunſchweig 18%), von
der auch zu feiner Beit in diefen BI. geredet worben, weitläufig
entwidelten und burdy diefe ebenfo wahrhafte als gut gefchriebene
Darfielung allgemein bekannten.
ber auf
ſtimm
ſchlechte hegt er von einer andern E
Unmäsbung ber Eiichgeräsgfifnften eingewirtt habe, fo Tann di
hier aus eigneg Ueder zeugung ſprachen. (Banı unmögiie ik 13
aber, eine Hehe von Thatſachen entſtellter vorzutragen, als big
ſes in einer mix eben zu Geſichte gelommenen Druckſchriſt ges
eheh TE, welche ben Titel fülnt: „Memoire & constiter et
oonmultatien pour 8. A. 8. le dat Charles de Brunsvic, eur
les droits garastis aux dtramgers par les lois ibson/’
(Paris 1882). Das bier angeführte „Memoire, weiches ber
‚ Consultation’’ felbft vorbergeht und bas auch eine Geidichts«
erzählung der braunfähweigifchen Greigniffe enthalten foll, if
ſchlechterdinge im Gingelnen nicht zu berichtigen, meil auch nicht
Sine Thatfache darin ber Wahrheit gemäß davgefelit if. Des
Gaıze IR dieimehe eine einzige Lüge. ‚Ich gweifie, daß, fo ziel
| auch in alten und neuen Zeiten in geſchichtlicher Hinſicht
worben, zu bdiefem „Memoire & consulter”’ ein Begenftäd *8
ben werden koͤnne. Giner ber edelſten, ſanfteſten und fted zum
Frieden rathenden &hrenmänner, ben ber Herzog Karl nicht
einmal beleidigt hatte, ber Überbies abıwefend war, wird hier
als der Chef einer Gonfpiration von Ariſtokraten dargeſtellt, von
nit eine Spur vorhanden war. Könnte bier von
Ariftofraten bie Nede fein, fo waren fie ed, welche ſich ebenfo
ernſtlich als Vie ſtaͤbtiſchen Behoͤrden bemühten, bie Orbnung
herzuftellen-, weiches auch dann vollftänbig gelang, als ber Ders
zog Wilheim erſchien, ohne beffen Dazwiſchenkunft und Einwir⸗
tung die ‚gefährlichfien Folgen hätten ſtatthaben tunen. Bür
einen Tünftigen Gefchichtfchreiber möge biefe Warnung gegen
die genannte Flugfchrift hier ſtehen.“
Des Referenten Meinung von biefem ſchlechten Machwerke
t ganz mit der bed Hrn. v. St. überein. Eine ebenfo
laͤglichen Broͤſchure, bie gang
kuͤrzlich unter dem Titel: „Beurtheilung bes gegen den Herzog
Karl von Braunfchweig erfchienenen Öffentlichen X eioge: Dee
Aufftand ber Braunſchweiger am 6. und 7. Gept. 1830, feine
Veranlaffung und feine näcften Folgen‘, bei GHeibeloff und
Campe in Paris unter dem Namen eines gewiſſen H. F. RW.
Derrmann, erfchienen if. Es iſt lächerlich, mit folden Waffen
egen erwiefene Thatſachen kaͤmpfen zu wollen, denn foldhe ent
—* bie in dieſem Pamphlet getabelte Koch'ſche Schriſt.
Der ungluͤckliche Herzog Karl iſt tief zu beklagen; ſeine und ſei⸗
ner Freunde Bemuͤhungen aber ſind nur zu befadyen.:
Nach dieſer ganz natürlichen Abſchweifung ſahließlich noch
eimnal au der Selbſtin bie des Hen. v. St. zuricklehrenk
die buch biefe Kuyeige vet viele Lefer finden nn bemecken
wir noch, daß in einem Anhange derſelben ein „AXbriß des Le⸗
bens Friedrich Heinrichs von Strombeck, weiland koͤnigl. preußl⸗
ſchen Geheimen Juſtiz⸗ und Oberlandsgerichtsraths zu Halber⸗
ſtadt⸗·“, son welchem das Weſentliche bereits in ben „‚Zeltgenof
fen, Rr. 26, mitgetheilt worden ift, folgt: ein dem gelichten
Bruder geſetztes Denkmal! | . 106.
RKiterarifhe Nottzen. :
In Neapel dat mim ein neues Journal verſucht: „I pro-
gresso delle scienze, delle letiere e delle arti, opera
riedica,, oompälata per cura di G. R.““, bas ben Doppelzweck
verfolgen foll, das In⸗ und Ausland mit ben bebeutenbfien neuen
italienifcgen Werten ber Wiffenfchaften, Literatur und Kunſt
befannt zu machen, befonders aber die Aufmerkſamkeit der Ita⸗
Itener auf fremde Werke ber Art zu lenken.
— —
Ta einem nmenen frauzoͤſiſchen Journal ſindet ſich ein ficheme
der Artikel: „Correſpondenz mit den arbeitenden Volleclaſſen,
vor, wodurch deren Meinungen und Gefühle an das Licht
gezogen werden ſollen. "Die Briefe ſelbſt werben natuͤrlich
ctton.
mar auszugevelfe mitgelheilt, nebſt Bemerkungen Be Re⸗
Redigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: 8. A. Brodbausß in E ei puig.
N
. nen Abern dentſchen Verbehrs erſt
Blaͤtter
‚für,
nn. R . AR tin 4 io. . . .“. v RR .
4 matten LT orten EEE GE Se j
iM Lo . 20 4 I. IT 2 ih Me.
literariſſche Unterhaltung
- “ .. ”. , 4 F A 4 , R 4.
. .. * . ° , . ’
D —8 . gr nen. ' .. ..u 2⸗ F W
. 7 .. 3.
Dimersteg N “ . ———— RE, 129, =— 9
Briefe an den. . Serausgiber über den Anſchluß Sad.
fend an. den preußifch=baitifchen Zollvesband.:
amuigerx Brief”).
Darüber alſo, werehrter Ireuınb;.: waͤren wiro einig:
daß der echt politifche, ganz Deutfchlahd- und. ſeinn Wer⸗
haͤltniß zu fremden. Mächten unfafiende Standpauft, bei
Betrachtung deu. vesliegenden ‚Angelegenheit, der hoͤchſte
und entſcheidende if. Denn: mas hilfe. es, wenn Zielen
cher. Jener nech fo. viel::gensänne, bie: Seele dentſchen Kon
ben& aber Gerloren: ‚ginge ?..
"Allerdings haben pin. am unferer nationaden: Biteratus
und Kunſt ein! heilſames Binterngemaintel,, cine gemeein
fame; belebende: Agminfphker :- aber: Ihe. unſterbliche un
tur hat die Griechen nicht vordem Tode bewahrt, und
im: Jalle politiſcher Ohnmacht wuͤtde ſich mehr als dit
Mummius finden, um unſerer Wiſſenſchaft ind Kunſt
mit, plumper Hand moͤglichſt den Saraus: zu machen.
Alſo beduͤrfen wir auch malterieller Bindꝛgsmittel, weiche
die einzelaen Stämme und. Staaten vereinigen, ohne mit
aerfiörenden Grywals bie verſchiebenen SIndiokiunlitäten.. in
eine . gleichartige Waffe saufjuldfen. Undi keines. biefes
Bin ittet if: unfufſender, egensreichrt, wirkſamer,
ats. die: fo. gloretich unterneniinene Bereinigung Deutſch⸗
lands im einen: großen, verbritderten Handebeſtaat. Wenn
die zeither unzählige Dale unterbundenen, ja abgeſchnitte⸗
in natürlicher Entwi⸗
delung: durch: alle: unfere Gaue rhindurchſtroͤmen bie: ſetzt
böswillig:ober: anveiſtaͤndig niedergetrerenen ober virſtonſ⸗
ten Handelänuellen : überulli.. hervorbrechen, daunc
— eig -Heiterkeit:und: Zlte des Daſeins eine
Kraft. dei ns: und: Genießens, eine Macht: ber
Seloſtvertheidigung und Allgenugſamkeit. auf: feinem Bo⸗
den zeigen, groͤßer, als ſolbſt bie Zuchnſten zu-heffen. wagen
Schwach, arm, unglüuͤcklich if aim.: zabtveiches Bolt
immer vorzugäweife durch feine eigne Schuld, und fo. vo
wir auch mit Hecht. Eben bie Iremban: klagen, . weiche in
Muͤnſter, Denabruͤck, Raſtatt und: aun aubern Orten über
uns und unſer Kigenthuns nach Bellen. ſchalteten, fo
war doch untere. Uneinigkeit und Partsifucht bie: weſent;
* Prag fremder Uebermacht.
Daffelbe gilt von unfern Handelorethaͤltaiſſen
H Bol Rr. ues d. zu. D. Bei.
Daß Deutſchland von feinem. Kranfenlagi erfichen, frei
feine Glieder gebrauchen, nicht: Länger wahnfinnig gegen
ſich ſelbſt —8 ſondern endlich Das thun will, was
laͤngſt Er ‚Recht und feine, Pflicht war, das heißt
fremden Zeitungsſchreibern eine unerhoͤrte, hinterliſtige,
unverantwortliche. Verfshmörung! *) Haben wir denn
aber nicht, verdient. mit ſolchem Uebermuthe behandelt zum
werben ? Haben, wir nicht, feis: mehr ald einem. Zahrhuns
derte fremde Handelstyrannei fo ruhig ertragen, daß uns
niele Engländer in biefer Beziehung Hang natürlich wie
| Sindus, ja wie Dottentotten und Neuſcelaͤnder betrachten?
So gewiß Deutſchland politiſch feine Freiheit behaup⸗
und: follte, Te gewiß laſſen ſich jene Feſſein
das Handels zerbrechen, und diejenigen Stimmen, welcha
ſich gegen diefe Wahrheit erheben, find: denen vergleichbar,
weiche brhaupten: Deutſchland ſei beſtimmt, immer von
Fryankreich ober. Rußland im politiſchen Schlepptan hin
und bes gezogen: zu werden. Das Begruͤnden und Feſt⸗
halten der eignen. Freiheit teitt. aber fremder Freiheit nie
gends zu nahe, und Napoleon's Continentalfyften .mislang
weſentlich deshalb:, weil e8 ihm: nur als. Vorwand diente,
noch weit größere Tyranncien geltend zu. machen.
en Lad Europas hat weniger danach getrathtet
und: iſt weniger geeignet, ber Freiheit anderer Staaten ges
faͤhelich zu werben. ald Deutfchland; wol aber haben feit
Jahrhunderten ale wahren Freunde echter Freiheit gewußt
und behauptet, - es Mirfle zu: eignem und frembem Wohle
lack: und ſelbſtaͤndig fein. Iſt -e& nun nicht verkehrt,
wenn · Englaͤnder uns auffodern, gegenFrankreich Die poli⸗
tiſche Selbſtaͤndigkeit zu: behaupten, uns aber ihrer Han:
delsdespotie zu unterwerfen und wenn umgekehrt Franzo⸗
fen verlangen, wir ſollen dieſe — *—* an pouttſcher
Unterthaͤnigkeit aber Wohlgefallen finden *
Ich wiederhole es: die Freiheit lebt nit am einer
GStelle, und wenn Deutichland weniger mit Siebenmeilen⸗
ſtiefeln in: einer Richtung derſelben nachgefanfen iſt/ ſo
ſteht es bei Summitung aller Richtungen und Entwi⸗
delungeformen, in Hinficht auf Religion, Politik Wiſſen⸗
ſchaft, Kunſt, Unterricht, Armenweſen,/ Kriegsweſen, Finan⸗
ven, Schulden u. —. w. keinem eurdpaͤlſchen Staate nach.
Reden und Gegenreben. in Sachen xceußiſcher —
Tue Qandelspoiitit, &, 17, 21, 24.
“ 930
Ja, es findet fih (wenn unſchaͤtzbare Güter nicht duch
Uitras aller Art verſcherzt werben) in Deutſchland mehr
Kraft der Geſundheit und weniger Krankheitsftoff als in
Spanien, Portugal, Frankreich, England und Rußland.
Fragt man: nah welchem Gpfteme fol denn, aber
die —8 ‚ om welcher unſere Handels⸗ Steuer:
verhältnifie noch Leiden, geheilt werben, welchen fol man
ſich anfchließen, fo antworte ich: dem liberalſten! und
dies iſt, fomie die Dinge jegt in Europa flehen, ohne
Zweifel das preußifche.
'; Dritter Brief...
Angenommen, die Unterfuchung ergäbe, daß das Heu⸗
dels⸗ und: eines Staats liberaler waͤre
als irgend ein deutſches ſo wuͤrde doch ein Anſchließen an
daſſelbe und eine Trennung der Deutſchen von Deutſch⸗
land aus den ſchon entwickelten Gruͤnden ein Verrath
oder wenigſtens eine Thorheit ſein, die uͤber kurz oder
fang in materiellen Leiden und geiftiger Schmach ihre ge
zechte Strafe fände.
Wenn vole- aber von den Einrichtungen ganz kleiner
Ländchen abfehen, bie in Suropa nicht ben’ Ton angeben
innen, fo halten (mit Ausnahme Preußens) alle übrigen
großen Staaten: noch fefl an dem Mercantils und Pros
hibitivſyſteme ſie wollen fi) Niemand anſchließen. So
bat Hustifion wit feinen freien Vorſchlaͤgen in England
nicht durchdringen. koͤnnen, und St,=Cricg-Ijt in jener An-
ficht fü verſteinert, daß Ales, was Wiſſenſchaft und Er⸗
ſahrung ſeit einem Ichehundert augenfaͤllig Dagegen erwie⸗
fen haben, für. ihn gar nicht vorhanden zu-:fein: ſcheint.
Und bie angeblich allerfreiſten Franzoſen unterwerfen fich
geduldig dieſer aͤrgſten Tyrannei falſcher und eigennügiger
Grundſaͤtze, weil grade hier nicht die Saite beruͤhrt wird,
auf welcher die ganangebenben Joumaliften zu fpielen
verfiehen. nl
Es ik jedoch hier um ſo weniger bee Drt, VBaweiß⸗
für die Wahrheit und Heilſamkeit der frelen Handelsſy⸗
flame ‚beizubringen, da der Verf. der fchen erwähnten leip⸗
ziger Vorſtellung dies mit Kenntniß und Einſicht in aller
Kürze gethan hat. Wol aber bedarf, wie «6 mie fcheint,
manche andere feiner Aeußerungen einer genauern Pruͤfung.
So haben die beſoldeten und unbeſoldeten preußiſchen Schrift⸗
ſeller, volltemmen Recht, wenn fie hoahaupirn⸗ das preis
ziſche Bolfoftem, fei kein Prohibitivſyſiem Es war ein
ſoiches bis auf die Zeit der ‚großen, durchgreifenden Ver⸗
Anderumgen, , welche. ben ‚alten Begriff, der, Contrebande
ganz vertilgten und ſtatt unzähliger Eingangsverhote kei:
nem Producte ober Fabrikate irgend eines Landes (Balz
und Spielkarten ausgenommen) den Eingang verfagen.
In Frankreich dagegen, herrſcht das Prohibitiufpftem.- im
Wchſtar Strenge. denn die. Einführung faft allen frewden
Veanufatturwaaten ud fehr, piefer Praducke iſt, ganz ver⸗
boten: ſo z. B. die, meiſten Metallwaaren, hauumwoſllene
Waaren, wollene Tuͤcher, Sara, Kleibungsflüde, Glas,
Branntwein, Lederwanren, Drechölerwaaren, Schießpulver,
Taback, Fayence, Zuder und Syrup, Kaffeefurrogate u. ſ. w.
Sowie Preußen in ber Zeit feines größten Unglücks
dem geiftigen Leben vertraute, Schulen, Gpmnaflen und
Univerfitäten gruͤndete und ausflattete (wohl wiffend, baf
biefe Saat ihre reichlichen Früchte tragen muͤſſe), fo *
es in Zeiten vielfacher Handelsbedraͤngniß ben umfaſſend⸗
| fen und kuͤhnſten Verſuch gewagt, befien in ber neuern
Finanzgeſchichte nur Erwähnung ge Kae es hat ein
liberaleres Zollſyſtem an bie Stelle eines ty⸗
ranniſchen gefegt, ohne von den andern Staa:
ten auch nur Achnlihes aus Segenfeitigbeit
zu verlangen. As «6 hieß: alle franzoͤſiſchen und
englifchen Waaren follten” künftig” in Preußen eingehen
\ bürfen, während (ber Eingangsverbote, und :hopen Steuer⸗
fäge wegen) faft gar feine preußiſchen nach Frankteich und
England abgefetzt werben - ‚ weiftasten- felbſt viele
Wohlgeſinnte den nahen Untergang unferer Fabriken. Und
dennoch iſt der Verſuch gelungen, und unfere Gewerbe
haben angenfcheinlich "zugenonmnen, und bie unendlich gro:
gen Gefahren, welche aus allem Erkuͤnſtelten entſtehen
(unb woran Frankreich und, England sfo. febe kim); ver⸗
ſchwinden taͤglich iaimer mehr.
: Wenn, die. Zölle fo Hoch ſind, baß ſie bin Eingang
unmoͤglich machen, fo entſteht daraus noch immer bein
Eontrebanbes und Confiscationsſfyſtem; aber allerdings Sonane
in mancher Beziehung die Wirkung: aldbaun einem Ver⸗
bote gleih. Daß dies in England miiſt der Fall fei, iſt
in der befammten. Schrift: ‚Weber. preußökhe and englifche
Danbelöpokitil”,. einiencytenb erwieſen una läßt ſich hinſicht⸗
lich Fenteech⸗ ebenfalls fuͤr viele Gegenſtaͤnde darthun.
Für den Centner Seidennaaren nimmt; j. B. Preußens
100 The. Eingangsfteier , Frankreich 118-960 Xhlr.;
fhe den. Centner Porzellan Preußen: 10 Thin, Franeeeic
50 Thir.; für den Centner Goldz. und Silherwagren Preu⸗
den 50 Thir., Frankceich 470 — 3150 The !
: Daß Diefe. und, andere "preufifche. Steiterfäge einem
oöligen. Verbote gleich kaͤmen, iſt irrigz. vieinrehr hat ſich
m Vergleich mit. frühen. Zeiten Abixall die Einfuhr er⸗
hoͤht, bee Staat bezieht vom hielen, der hoͤchſtbeſtenertern
Gegenſtaͤnde, z. B..den- Weinen, steh: große Einnahmen,
und fein Gegenſtand iſt deshalb auf: dem Handel : vers
ſchwunden. u
Gewiß dienen umfere, von kemben Probucten und Fa⸗
brikaten erhobenen: Zoͤſle auch als. Schutz für.bie inlaͤndi⸗
ſchen Fabriken u. dogle; allein die Hauptoetſchiedenheit zwi⸗
fihen dem preußiſchen und. demProhibitivſyſtem liegt darin,
bo, jeweh ‚irgend ein Monopol bezweckt und die
Steuer vorzugeweiſe als Steuern betrachtet. Ich begreife
nicht, wie jene Leipziger. — behaupten kann: bie
neuen preußiſchen Maßtegeln waͤren Lediglich im Intereffe
weniger Fabtikanten, zjum Nachchei von: Millionen Con:
ſumenten ergelffes_ worden; da man vieimehr ben Fabei-
— te febrwinterfehhere Begänftiguängennahm,
tüber fie auch ‚Laute: Klage, sehoben,. »i8 fie. fich ſelbſt
—— bie Weriskfichtigung. bed allgemeinen Wohles
fördere unb fühere. and) Das ihdige: Ebenſo irrig iſt Die
Behauptung: bie hohe Steuer vom Zucker ſei blos um
der intänbifchen Siebereien willen eingeführt; dies gilt nur
von dem thörichten franzöfifchen Spfteme, wo bie Ausfuhr⸗
prämie faſt fo viel als der Zuckerwerth beiträgt und man -
531
ſich kindiſch über die Zunahme der Runkelruͤbenfabrikation
freut. Eine folhe Zabrikation hat man in Preußen durch)
den Zolltarif nie bezweckt, auch find unfere Stiuerfäge
nicht fo hoch, daß man mit Vortheil daran denken unb
fi) naͤchſtdem eines Monopols bemächtigen könnte. :-
Sobald man bie große Einnahme von der ungeheuern
Duantität des in Preußen eingeführten Zuckers entbehren
tönnte, würde man die Steuer diefes Luxusartikels gem
eemäßigen. Wie aber fie erfegen, da im jener leipziger Vor⸗
ſtellung über die jetzige Mahl: und Schlachtfteuer fchon
laute und ıumgerechte Klage erhoben wird. Ich fage un⸗
gerechte, denn erſtens wird biefe Steuer nicht auf dem
platten Lande, auch nicht - in allen 1000 Städten ber
preußiſchen Monarchie, fondern etwa nur in130 erhoben;
zweitens iſt fie daſelbſt hauptfächlih als die willkomme⸗
nere und leichtere Hebungsweiſe ftatt der wegfallenden
Clafſenſteuer eingeführt; drittens erfcheint fie unbedeu⸗
tend, wenn man bedenkt, daß bie Hebungsfäge an fich
nicht hoch find und dadurch faſt -ganz verſchwinden,
daß Preußen zu mefentlicher Ermäßigung ber Preife den
Eingang fremben Viehes und Getreides Äußerft gering bes
fteuert, . während die englifchen und franzöfifchen Gefege
befanntiich Brot und Fleiſch in beiden Reichen ‘auf eine
Weiſe vertheuern, welche die furchtbarften Folgen gehabt
bat und noch haben wird. |
1. ‚, Bierter Brief.
Die Beſtrebungen unferer Zeit, alle Formen ber Ge:
feggebung zu’ verbeflern, find (trog vieler unleugbaser Mid:
geiffe) am fich hoͤchſt ehrenmerth und werben Hoffentlich
auch auf eine beffere materielle Geſetzgebung weſentlich
einwirken. Dech ermeift die Geſchichte bis auf den heu⸗
tigen Tag, baf keine Form für ſich allen fachlichen Irr⸗
thum völlig befeitigt habe, vielmehr find von Königen,
Senaten, Bollsverfammlungen, Ständen, Kammern u. ſ. w.
bald gute, bald fchlechte, bald zu wenig, bald zu viele
Gefege gegeben worden. .-'
Wie man auch über dieſe Dinge denken mag, fo leug⸗
net doch faft Keiner: es leide Europa von Petersburg bis
Liffabon wefentlih am großen materiellen Webeln. Zwei
derfelben gehen immer Hand in Hand: das Kriegd- und
. Steuerfoftem. MPibglich laſſen fich beide nirgend ganz
umgeftalten; wäre man aber nur erſt zu der Einficht ge:
tommen, hier zeige ſich eine furchtbare, dem Tod entge-
genführende Krankheit, fo würde fich Über kurz ober lang
auch die Erkenntniß der Heilmittel einfinden.
Gewiß haben die St.⸗Simoniſten gar viel Wunder:
liches und ganz Thoͤrichtes behanptet und in Borfchlag
gebracht; darin aber hatten fie keineswegs Unrecht, baß
Die Kriege, welche zwifchen Königen, Deputirten, Journa⸗
lüften u. ſ. w. hoch in dem Lüften geführt werden, ben
Zuftand der am Boden nah Nahrung, Kleidung und
MWohnmg: umberfuchenden Volksmaſſen nirgend weint
lich verbeſſern. Ob man fo ober fo viel Hundert France
Steuer zahlen müfle, um Wähler, Gefchworener ober
Deputirter werden zu innen, gilt den Zaufenden gleich,
weiche keinen Sou im Vermögen haben, und ebenſo we⸗
nig iſt. durch eine Umgeſtaltung gewiſſer er
— -n0 ..
Formen das Elend der Armen in England und der Wär
gerkrieg in Irland ſogleich beendet. 0:
Gewiß übt das Prohibltivſoſtem den unheilbringenb-
fin Einfluß auf. alle dieſe Vethaͤltniſſe, und doc haben
in Frankreich alle chumbres trouvables und introuvables
die. gerechten ‚Klagen ber unglüdlihen Weinbauern mit
denfelben Floskeln zuruͤckgewieſen, den Grund aller Emeu-
ten lediglich in böfem Willen gefucht, welcher fi) mie .
dem Schwerte ober mit Schmeicheleien -austilgen laſſe.
Nicht minder hat England durch immer fleigende Abe
gaben von fremden : Ergeugniffen und. Fabrikaten fowie
duch ein aufgezwungenes Dandelsmonopol ſich zu einer
kuͤnſtlichen Höhe hinaufgefchraubt, von welcher man ringe:
wm nur tiefe Abgründe erblickt, und wogegen unfer deut
ſches Leben in mittlern Höhen aͤußerſt gluͤckſelig erfcheint.
Zwei Hauptübel (welchen alle große Gefeggeber, Mofes,
Lykurg, Solon, Servius Tullius auf -verfchiedene Weife,
aber kraͤftigſt entgegentraten) find durch die englifche Han⸗
dels⸗ und Steuergefege wefentlic herbeigeführt und ver⸗
größert worden: uͤbermaͤßiger Reichthum und übermäßige
Armuth. Jedem Schutzgeſetze für die Fabrikanten trat
ein Schußgefeg für die Aderbauer gegenüber, und un⸗
geachtet der lauteſten Klagen, welche von beiden Seiten
ertönen, beharren body die Meiften noc immer babei:
man möüfle, um allgemeinen Untergang zu vermeiden, auf
jener fchmwindelnden Höhe verharren. Der Landbau, ru:
fon 3.3. die Grundbeſitzer, geht zu Grunde, fobald wir
fremdes Getreide ohne Hohe Steuer einlaffen. Abgeſehen
davon, daß der jegige Schugzoll infofern Bein ficheres Er⸗
gebniß herbeiführt, als er fich lediglich nach dem Der:
taufspreife richtet und ben Einkaufspreis ganz unberhd:
fihtigt läßt, folgt aus der Vertheuerung des Brots bie _
nothwendige Erhöhung alles Handlohns, ſodaß man mit
der zweiten Hand ausgeben muß, was man mit ber erften
gewinnt. Um diefer Sceylla zu entgehen, ift man thoͤ⸗
richtermweife an vielem Drten in eine noch ärgere Charyb⸗
dis gerathen; man hat nämlid das Lohn nicht erhöht,
fondern Heber Zufhüffe aus den Armenfteuern bewilligt.
So zahlt England und Wales mit einer Bevölkerung, die
etwa ber preußifchen gleichlommt, im Ducchfchnitt fo viel
an Armenfleuer, als die Einnahme von fämmmtlichen Ab⸗
gaben im ganzen preußffchen Staate beträgt, und das
hauptſaͤchlich in Folge der verkehrten Vorliebe für das
Prohibitivfpftem. Allerdings würden die Getreibepreife bei
freier Einfuhr in England ſinken, aber die Acmentare
(meiche faſt ausſchließlich die Grundbefiger trifft) würde
andererfeits ebenfalls ungemein abnehmen und dadurch
Altes zu einem natuͤrlichern Gleichgewicht zurückkehren.
AU das Hier Geruͤgte erfcheint aber als verzeihlicher
Irrthum im Vergleiche mit Dem, was bie leipziger Bor:
ftelung wider Preußen beibringt. Es heißt dafelbft: „Es
ift Thatſache, daß Preußens 30,000 Zollwächter, zu dem
niebrigften Befoldungsfage von 360 Thalern für das Jahr
gerechnet, einen Aufwand von mehr als 10,000,000 Tha⸗
fern verurfachen, während die gefammten Zölle nicht mehr
als 6,000,000 reines Einkommen gewähren.” Ich und
„+ mehre Andere haben biefe Stelle wieder und wieder ge:
32
irgend einen. verſtecktenn Sinn baria zu finden, |
Ken, um
denn ſowie fie ohne Umdautung daſteht, wuͤrde fie sir
mn ſolchan Unſinn enthalten, daß man nicht zu be
gesifen vermoͤchte, wie geicheite — ie u chen
und einer. webluntsreichteten Regierung vorlegen
Mehalich, Int ware die Boftipielägfte. Lichhaberei: und der
theuschte: Wehnſue, deſſen in ber Finanzgeſchichte Er⸗
waͤhnung geſchaͤhe, wenn Preußen fein Zollſyſtem einge
führt hätte und aufrecht exhielte, um jaͤhrlich vier Mille:
nen dahei einzubuͤßen!
Die Sachen verhalten ſich in Wahrheit fo; die Zölle,
die, Steuern von Vranntwein, Bier, Taback, Wein,
Mahlen und Schlachtvieh extragen etwa 20 Millionen, unb
merden (mic mit. Ausnahme des Gehalts der hoͤhern
Sitaata beamten) mit einem Aufwande von etwa 15. Pros
cent. erhoben und verwaltet. Rechnet man. zu jenen
Steusen nad Stempel, Salz, Chauffergelder. und - andere
Sommmicationsabgaben, fo ſteigt die Einnahıne-auf 28 |
Millionen. Während jene leipziger Vorſtellung allein: won
30,000 Zollwächtern fpricht, find im. Preußiſchen zur Er⸗
bebung der Zölle und al ber foeben- aufgezaͤhlten anbern
zahlreichen und einträglichen Steuem nur etwa SONG Pers
fonen angeftellt.
Gewiß braucht ein Land, welches noch Binnengäike
und Thoracciſe von vielerlei Gegenftänden erhebt, verhält
nißmäßig. mehr Beamte, und verwaltet zu hoͤhern Pro:
centen als wenn es (mie Preußen) ſehr wenige Gegen:
Rande im Innern beftenert, bie Sperre zwiſchen Stade
und Land wefentlih aufhebt und alle Zolicontrolen am bie
Außerfte Grenze verlegt. Friedrich von Raumer.
Flugſqhriften.
1. La Valette's, Reichsgrafen, Abjutanten, dann Staaterotha und
Generatpoftbirectore des Kaiſers Mapoleon, wundervolle Metz
tung_vom Henkertode durch bie: Siehe und Zuſopfrpeg feines
Gattin Emilie, einer, gebosenen. Beauharnaid. Mach den eig:
nen Denkwuͤrdigkeiten Lavalette's unb aus andern guten Quel:
len bargefteilt von Br. Sof. Abolf Paul) cidawind.
Muͤnchen, Fleiſchmann. 1888. 8. 12
2 Politifäpnasurstftocifäe Aphorismen. 8 Phantasmagorie
8 heutigen Europa. Recht lleblich zu leſen für Groß und
—X auch gar ſehr verſtaͤndlich geſchrieben von KarlRie⸗
man 2 einem. alten Philofophen. Hanau, Edler. 1888,
. r.
8. Die Schwaͤrmerzunft. Ein Betrug zur zeitgeſchichte, Aa⸗
chen, Roffet. 1833. Gr. 8
Der Titel von Nr.1 erweckt in befonders guͤnſtiges Vor:
urtheil für die Schrift, ba er mehr eine. marktſchreieriſche Ges
zählung von bem Lehen und Stechen: irgend eines berüdjtigten
Raͤnbers und Gpigbuben als eine hiſtoriſche Darftellung eswar-
ten laͤßt. Eine ſolche iſt nun. zwar nicht. im Vuͤchlein gegeben,
fondern Hr. Schneidawind hat aus den Memoiren ve rafen
Sa Valette, aus den Memoiren der Herzogin von Abrantes, eis
nigen andern Schriften und aus feinen eignen frühern Compi⸗
lationen aus ber neuern franzöfifchen Gefchichte eine neue. Gom«
pilation geliefert. Beſſer lieſt fich freilich bie Beſchreibung
von La Walette's Flucht aus ber Gonciergerie am 28. Decems
ber 1815 und von der heibenmäthigen Aufopferung feiner Bat:
tin in den Denkſchriften bes Grafen felbft, aber fo gut wie die
— erhalten 5
| gen von Enfe’& Xutorität bier verfl
ebene i
Mr immer, — big Dr —E jene ken noch
ein intereſſantes —— zu Caſqnova
N
} B
alte Bluͤcheß recht —— feine Thelinabe' aly- 35*
Varnha⸗
muthe. ber Gräfin Ca
ext wird, Dagegen hätte
Schneidawind⸗ einige überflüfffge Tiraden erfparen bus
nen und feinen Leſern lieber in des Kürze andeuten follen, wie
es zugegangen ſei, daß Männer von. ben. verſchledenften Yan
** m jeden de.Zhat ber: Gräfin in einem. fo. Baden, Grad
gebi
on Rr. 2 und 3 fprechen wir bier blos, um bie geehrten
Lefer dieſer Bluͤtter, falls ihnen bie genannten Broſchuͤren in bie die
Hände tommen follten, ver Langweile ge bewahren,
ein anderes Gefühl duͤrfte man erlich bei ihnen ——
In Nr. 2 ſollen allerlei Zuſtaͤnde bes. geſelligen Lebens unter
naturhiſtoriſchen Namen, als: der
ber Ochſe u. ſ. w., gegeißelt werben, jedoch ohne allen Witz und
Humor. Ref. begveift nicht; wie ie folche Dinge noch Verlegen fins
ben koͤnnen, da ihnen ja auch ber Reiz des momentanen Bergnäs
ganz abgeht, Nr. 3:ift eine ſtacke Invective gegen;ben My⸗
Ber, Hier iſt doch wenigftens ein beflimmter Gegenftank
I a8 Auge. gefaßt, und mancher Zabel iſt auch. nicht ob
langlichen Gtund ausgeſprochen.
mmern in Benedi
ſich Hr.
e ‚him
Apbortümen.
Ertrablatt.
Die Haube’fche Beitungerebaction zu Berlin atte dem
Publicum die. widgtigften. Creigniffe des ruſſiſch⸗ jan Sie:
geb jebeamni bu. Crxrablaͤtter mitgetbeill: 4 ber Sieg
bei ig buch, bie Iluminasian. gefeiert wurde, fellte fie
ein transparsnted Extrablatt auf, auf’ welchen Folgendes zu
lefen war:
» Den. bauen Bürdern dieſer Stadt
Gab manches frobe latt
Zum Guten Kraft und Leben;
Da's lange keins gegeben hat, | j
Wirb Heut ein Extras Extrablaätt *
Ganz gratis auſsgegeben. he Tan Ten
Ein Wuͤtherich der HöUr.entlileg,” . . 57
Sein Lehen war ein grauſer Krirg,
Es hat nun Gott entſchieden;
Erfochten iſt ein Extraſieg,
Bollendet iſt der Ertrakrieg;
Run folgt: ein Grirafrisaen..
Dem Exrtravoir, ber Eutraſtaht
. Wertünbet, ihn dias Crxariecht.
Dyob freu' es ſich nit wenig ! Be
Und wer num dies gelefen dat, °
Gehe feiner Weg’ -umb fürelt ſic fatı
Heil unferm Catrakbaig
BReferent befond file. bamala-feJbft-in- Dem Hafen den Echauen⸗
ben, und Leſenden; aber er iſt ganz unvermoͤgend, den —*
Menge zu beſchreihen. Dieſer Enthuſiasmus gehörte biefes Zeit
an und if auch mit ihr nal SR.
Reminkf.g .
„ad. damals waren ‚meihe "he a rin: ra Hört man
oft einen: Menſchen fagen, inde laͤngern —
fnttt auf ein Mat Übesbiidt. er wenn⸗ et bas Glad ber
einzelnen Momente, jenes Zeitxaccnen baftimumter hezeichren ſog,
fo weiß er nichts Defriedigendes zu fagen.. So gleicht ein. gebe
ßeres Lebensſtuͤck einem 234 mit vergoldetem Schnitte:
bie ganze Flaͤche dieſes Schnittes glaͤnzt gofben; aber am aufs
gefäylagenen Einzelbtatge iſt wenig Gold zu bemerken. 178.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagähanblung: 3. A. Brodhausd in Leipzig.
Affe, die Gans, der Eſel.
Blätter
für‘
Freitag,
-——
nn m a nn nn
Anſelm's von Zeuerbacd Heine Schriften vermifch-
ten Inhalts. Exfte und zweite Abtheilung. Nürn-
berg, Stein. 1833. Gr. 8 2 Zhle. 12 Gr.
Unter ben Männern der Gegmwart, auf welche Deutfch-
land ftolz fein ann, fleht Feuerbach oben an. Auf foldhe
Männer hinzuweiſen, ift in einer Zeit fo fehr Pflicht
als in der unſerigen. Ste find die unerfchütterlichen
Daͤmme gegen alle Winkler, fie komme von oben wie von
unten. Sie find die Männer, welche nicht blos einzu:
teißen, fondern auch aufzubauen verftehen, welche nicht
nach Veränderung fchreien, weil fie nichts zu verlieren
und nur zu gewinnen haben, welche nicht das Neue wol:
len, weil es neu iſt und fie der Mühe Überhebt, das
Alte Tonnen zu lernen, ſondern nur darum Veränderung
begehren und. dem Sortfchreiten bas Wort reden, weil fie
die Gebrechen bes alten Zuſtandes duch Studium und
langjährige Erfahrung gründlich kennen und im Befig der
Mittel zu fein glauben, fie zu heilen. Feuerbach, der Prä-
fident eines bairiſchen Juſtizhofes, bat fi) als tüchtiger
praktiſcher Gefhäftsmann und unabhängiger Nichter eine
lange Reihe von Jahren bewährt; als Criminalift hat er
durch feine Schriften der beutfchen Gelehrſamkeit, Scharf:
finnigkeit und Tiefe felbft im fernen Auslande Anerken-
nung zu verfchaffen gewußt; als Staatsbürger hat er treu
zu ben Kaͤmpfern für Volksrechte und bürgerliche Frei:
‚beit geflanden,. als Menſch die Sache ber fortfchreitenden
Menfchheit und jebes rein menfchliche Intereſſe mit Wär:
me und Kraft, wo ſich ihm die Gelegenheit dazu bot,
vertheidigt. Wenn ein folcher Dann feine Stimme er:
hebt, fo hat er wol auf unfere ungetheilte Aufmerkfam:
keit Anſpruch, und aud die nur zu vorübergehenden
Zwecken und gelegenheitlih von ihm gefprochemen Morte
find einer forgfältigen Beachtung und Aufbewahrung werth.
Sie find gewichtiger als manche bändereiche gelehrte Werke
und verblenen mit mehr Mecht ber Nachwelt übergeben
zu werben als die Sünbflut poetifcher und profaifcher
Safeleien, welche jeden Tag über uns ausgegoffen wird.
In ben vorliegenden vermifchten Schriften nun, mit
welchen den Lefer näher bekannt zu machen uns bie ange
nehme Pflicht obliegt, empfangen wir eine Reihe von
Auffägen, welche in: einem Zeitraum von einigen zwanzig
Jahren bei verfhiedenen Veranlaffungen von bem Verf.
gefchrieben wurden. Sie liefern uns durchweg den Bes
— Kr. 130. —
literariſche Unterhaltung
10. Mai 1833,
weis, daß bderfelbe feine Zeit immerfort mit aufmerffamen
Bliden verfolgt, daß er alle Sntereffen der Mienfchheit
mit Liebe umfaßt und nicht, wie fo mancher fonft ehren-
mwerthe Sefhäftsmann und Gelehrte, genug gethan zu has
ben glaubt, wenn er ben engen Kreis feines nächften Bes
rufes ausfült. Faſt jede der mitgetheilten Abhandlungen
macht uns mit einer neuen Eigenſchaft des Verf. bekannt,
die, allein vorhanden, unfere Achtung verdienen würde,
beren Inbegriff ihm aber unfere Verehrung zuwegebrin⸗
gen muß.
Unerfchrodenheit und Freiheitsliebe find von einem
geiftig und bürgerlich gefunden, lebenskraͤftigen Dann eben:
‚fo unzertrennlich, al& fie nothwendig find, wenn der Mann
durd) fein Wirken im Leben unfere Hochachtung verdie⸗
nen will, Die erfte Abhandlung dee vermifchten Schrif:
ten läßt und erkennen, in welchem Grade Feuerbach im
Befige diefer Eigenfchaften war. Sie führt den Titel:
„Meber die Unterdrüdung und Wiederbefreiung Euro⸗
pens“, und wurde zu München 1813 in der erften Woche
nach der leipziger Völkerfchlacht herausgegeben. Sie ſprach
‚bie erſten freien Worte, welche im füdlichen Deutfchland
die unheimliche Stille unterbeachen, die felbft nad) dem
Vertrag von Ried fortwährend theild von der Furcht,
theild von einer fchüchternen, zweideutigen, im Voraus
auf Ausflüchte finnenden Politik unterhalten wurde. Wie
jedes Wort zu feiner Zeit, fo brachten auch die Worte
Feuerbach's damals große Wirkung hervor. Napoleon blieb
das nicht. unbekannt, und Feuerbach's Schickſal dürfte
nicht das erfreulichfte gewefen fein, wenn Palm’d Denker
Sieger geblieben wäre. Wenige Tage nad) dem Erſchei⸗
nen der Schrift wurde dem Verf. eine ganz unzweideu⸗
tige Urkunde zugeftellt, die ihm zu verftehen gab, daß er
fi der Majeftitsbeleidigung an der Perſon des franzoͤ⸗
ſiſchen Kalfers und Protector des Rheinbundes ſchuldig
gemacht babe. Wie der Lefer leicht denken kann, tft das
erwähnte Schriftchen gegen den Eroberer, gegen den Un⸗
terdruͤcker der Freiheit und Selbſtaͤndigkeit der Voͤlker und
Sürften gerichtet. Es fobert zur Einmüthigkeit und zum
vereinigten Bekaͤmpfen des gemeinfchaftlichen Feindes auf und
zieht aus der nächiten Vergangenheit folgende goldene Leh⸗
ven ab, welche die Gefchichte fchon fo oft mit Flammen⸗
ſchrift der Melt eingebrannt hat, die aber dennoch bis in
bie neueften Zeiten immer wieber vergeffen zu merben [cheinen:
531
Bas die Voͤlker ſtark macht, tft nicht der Leib, fonbern
die Seele; was fie unübermwindlich macht, ift allein bie begeis
flernde Kraft des Herzens; was fie vor ber Unterjochung bes
wahrt und aus ber Unterjochung rettet, ift allein der kraͤftige
Muth, der Freiheit werth zu fein.
Tas die Thronen befeftigt und aus großer Gefahr rettet,
it nicht bei dieſem ober jenem Stande, fondern bei dee Se:
ſammthelt der Uintertkanen, in dem Gemeinfinn der Bürger, in
der Liebe und ber Begeifterung für Pürften und Vaterland.
Was die Staaten zum Untergange führt, ift, wenn fie ben
Geiſt der Zeit nicht erkennen und verftehen und dem Sieger:
wagen bed Genius ter tt verbiendet in bie vom Ab:
bang rollenden Räder greifen.
Die Gegenwart mit ihren Grfcheinungen verkündet micht
eine Rückkehr zur alten Zeit, fondern nur die Kortfegung und
Entwidelung einer ſchon laͤngſt begonnenen neuen Zeit.
Die zweite Abhandlung, welche etwas fpäter (im
Jahre 1814), nachdem die Verbündeten, in die Haupt:
iſtadt des frumzoͤſiſchen Kaiferreiches eingezogen, das Werk
“der Einigkeit, de8 Muthes und der Volkskraft mit Er:
folg gekroͤnt ſahen, geſchrieben wurde, führt bie Weber:
ſchrift: „Die Weltherrfchäft das Grab der Menfchheit”.
Sie iſt cine Abfteaction aus der naͤchſten Vergangenheit,
»die Beſtaͤtigung alter Wahrheiten der Geſchichte von
Neuem einprägend. Keine Meltherrfchaft ohne Despo:
tismus! iſt das Thema derfelben. Der Verf. zeigt uns
darin, welchem furchtbaren Abgrunde wir noth einmal
igluͤcklich entronnen ſind.
Doch, Dank dem Genius der Menſchheit! bie Jahre
der Unterdruͤckung waren nur ebenſo viel Jahre: der Prüfung.
‚Die erniedrigte Menſchheit iſt kraͤftig wieder auferſtan⸗
den! der entwuͤrdigte Voden iſt wieder entſuͤndigt! bie Rie⸗
gel des Weltkerkers ſind zerſprengt! ſeine finſtern Mauern
Niegenzertruͤmmert, und frei tritt wieder das Menſchengefchlecht
unter Gottes heitere Sonne, hebt bie Hände zum Himmel und
dankt für feine Muferflehung und betet um eine glüdlichere, feis
ner würbigere Zukunft!
Mie ums eine folche befiere Zukunft gefichert: werben
koͤnne, zeigt und der Verf. duch die folgende Abhand⸗
fung: „Meber deutſche Freiheit und Vertretung deutſcher
Völker durch Landftände”. Sie wurde im October 1814
‚bei Exöffaung des wiener Gongrefles gefchrieben und her⸗
ausgegeben. Sie war ein Wort zu feiner Zeit. und bei
Verhandlung .der Frage: ob den beutfchen Völkern ftän-
bifhe Werfoffungen in der Bundesacte zuzufichern feien ?
nicht ohne Einfluß auf die bejahende Entfcheidung. Wenn
man jest fieht, wie leicht es ift, den 13. Artilel ber,
Bundesacte unerfüllt zu laſſen, fo begreift man Taum,
wie man auf die Aufnahme defielben Wichtigkeit legen
and ſich ‚derfelben zu widarfegen für der Mühe werth ach:
‚sen konnte. Auch durch diefe Schrift (welche als erſte
Stimme für Einführung repräfentativer Verfaſſungen in
Deutfchland laut wurde und beren befcheiben ausgefpro:
hene MWünfche und Anſichten nach fo neu wann, daß
fie abs ein frmeihaftes ‚Attentgt auf: bie Spuntraimetät
ber Fuͤrſten angefehen wurde, und der Verf. deu -übel
empfundenen Eindruck derſelben noch einige Jahre lang
ſchmerzlich fühlen mußte) zeigt der Verf. wie aufmerkſam
er dem Entwickelungsgange der Menſchheit gefolgt. Mit
dem Scarffinne und richtigem Takte des Welt: mid
Menſchenbeobachters erkennt des Verf., daß es jetzt vor
—— — — ————— — —————— —ꝰ —ꝰõꝰ ä ————— — — ————⏑¶ — —— ——
Allem darauf ankomme, die Fruͤchte der Anſtrengungen
des Befreiungskampfes von Fremdherrſchaft zu zeitigen,
daß mit der errungenen Unabhaͤngigkeit und Selbſtaͤndig⸗
keit nach Außen keineswegs Alles gethan und Schutz ge⸗
en Willkuͤrherrſchaft im Innern ebenſo nothwendig fe.
s iſt eine ſchoͤne Abhandlaug, denn ſie Liefert den By⸗
weis, daß ber wahrhaft Unterrichtete ebenſo mäßig und
beſcheiden in ſeinen Foderungen iſt, als er mit unveraͤn⸗
derlicher Beharrlichkeit auf Dem beſteht, was er fuͤr recht und
zeitgemäß erkannt hat. Der Verf. weiſt die Mangelhaftig⸗
keit fruͤherer ſtaͤndiſchen Vertretung nach, von welcher wol
mit Recht galt, was ihr Haͤberlin vorwarf, daß ſie das
Beſte des ganzen Landes ſelten im Auge habe und nur
dann ein großes Geſchrei erhebe, wenn ihre eignen Rechte
auf dem Spiele ſtehen. Er zeigt aber auch, wie ſchon
damals den Ständen Antheil an der Geſetzgebung und
Befteuerung ale hergebrachtes Met, das von Niemand
in Zweifel gezogen wucbe, zufiend: Ihte Rechte waren
mitunter umfangsreicher als bie in unfem -Jeutigen Gon-
flitutionen im viedeutigen und auf Schrauben geſtellten
Ausdruͤcken eingeraumsen Befugnifia Nur wurden fie nicht
zum Beften der Nation geltend gemacht, im Gegentheif
die für daB Ganze wohlchätigen Maßregeln der Regierung,
wenn fie gegen die privilegirten Stände anliefen, .oft da=.
durch vereitelt und fo das EtaatBoberhaupt wicht blos am
Boͤſen, ſondern auch am Guten werhindert. Dagegen wa⸗
zen fie in ber Hand einer gewiſſenloſen Regierung. sin
williges Werkzeug. Wie die ‚Kinder mit. Spielwerk, fo
kounte man fie,. wenn man ihren Vortheilen ſchmeichelte,
fehr bald zum Schweigen bringen. Dadurch. mußten alle
Laſten auf die nicht vertretenen Blajlen der Staatsbuͤrger
gewälzt werben, denn ihnen brauchte man durch Zuge:
Händniffe den Mund nicht zu verſtopfen, du .fchon ‚das
Geſetz fie zum Schroeigen und Dulden verdammte. Wenn
‚man daher in neueſten Zeiten: bad Beſtreben bemerken
muß, die counſtitutionnellen Inſtitutionen an :die ‚alten
Stände anzutehnen und ſtatt bes Repraͤſentativſyſtenes
oder der mahren Rationairepräfentation eine. :bioße ſtaͤn⸗
difche Vertvetung einzuführen, fo tft das. kein Beweis von
Reblichkeit und gutem Willen für das Beſte des WVolkes
Der Verf. fagt am Schluffe feiner trefflichen Abhnndtung:
WWenn :von Wieberherftellurg ber item dit Aeutſcher
Voͤller, von —— —— —
gerebet wird, fo koͤnnen damit nicht bie alten Formen unferer
ehemaligen Lanbſtaͤnde gemeint ſein. Es gift nicht der Form,
ſondern den Weſen, und jene Hatte, als fie unterging, groͤßten⸗
theils ihre Beit Aberieht. Vieles war unter Vorausfetzungen
eatftanden und. war nur unter Borausfegmgen recht und zweck⸗
mäßig, welshe ſchon Jaͤngſt nicht. mehr vorkenken fort. Das
Alte darf daher nicht mit. feinen alten Gebrechen, ſondern es
muß gereinigt, Heläutert in 'ginem heuen Fräftigen Koͤrper wie:
"der auferſtehen. Alte "Stände im Gtaate, der Abel wie ber
Bürger, ber Beſitzer⸗ bed freien Gtunbeigenchums wielber freie
NBeliger .ibes.tumfreien Guts (ker Bauer). müflen nach igleichem
‚Rechte vor dem Souverain vertresen fein, menu ’die Nation nis
upntreten betrachtet werben fell. — Was burd) die Rettung
eutfchlande gewonnen wurde, "das ift ein Gemeingut, woran
‘) Die Rheindundböfärklet betrachteten vie alten ald aufgehoben.
: 1 W iD. Ref.
088
. Allen gleicher Antheil gebührt, weil es nicht von biefem ober
jenem Stande allein, ſindern von der Gefammtheit, von allen
Ständen, von allen Staafsbürgeen mit gleicher Theilnahme,
mit gleichen Aufopferungen gewonnen worden if. Es wäre ein
vergebliches und zuhleich gefährkiches' Eipiel, wenn es (mas bie
Vorfehung abwende!) diefem oder. jenem Stande in verblenbes
ter Gigenliche ernftlich einftete, das gemeinfam Grworbene ſich
allein entweder oͤffentlich anzumaßen ober verftedt in bie Taſche
fpielen zu wollen. Es iſt heller Tag, zu ſolchem Spiel ift die
Zeit nicht mehr! a . ,
So Feuerbach in richtiger Anerkennung der Bebürf:
niſſe der Zeit mit ahnendem Bud. im die Zukunft.
In einen andern Ideenkreis Führen uns Die unter
Me. IV befindlichen Worte, „Die hohe Würde bes Rich⸗
teramts betreffend. Ste enthalten die Antrittsrebe, welche
bee Verf. bei Gelegenheit feiner Einführung als erſter
Dräfident des Appellationsgerichts für den Rezatkreis am
24. April. 1817 hielt. Sie zeigen uns den Verf. im
Amtsrocke, mit weichen er aber keineswegs bie Anfishten,
die thn als Menſchen ehren, abgelegt hat. Er gehört zu
den- feltenen Maͤnnern, welche nicht bios mit Worten und
in. Schriften Necht und Tugend piebigen, ſondern Beides
auch im Leben und an dem Poften, den ihnen die Vor:
fehung zur Wirkſamkeit angewiefen, üben. Wohl Dem,
welchen? eine Steltung zu Theil geworden ift wie unferm
Feuerbach, eine Stellung, die ihm Das zur Pflicht macht,
wog feine ebie Seele ihn treibt. Das. Nichtesamt iſt bie .
erhabenfle Funetion, die dem Sterblichen zu Thell wer⸗
den kann, denn fie fteift ihn ber Gottheit Hteilh.:. Daß
ber Verf, von der Wichtigkeit und dem Umfange feines
Berufs vollkommen ‚hurhbeungen iſt, kann »fo wenig sir
nem Zweifel umterliegen, als baß er denfelben würdig aus⸗
zufüllen guten Willen und” Kraft wie Wenige brfist. Die
bier mitgetheilte Antrittsrede llefett von beiden den ex
neiten Beweis. Der. Darf. gibs und, ein wit. Isäftigen
und lebendigen Farben gezeichnete Bild der heiligen, ewig
amorränberlidien: Gerechtigkeit, deren Grenzen Abit der
uvnumiſchraͤnkteſte Monarch nicht durch Meochtgebote uͤber⸗
ſchreiten darf; denn „beſchuͤtzte Gerechtigkeit beſchuͤzt, aber
unterdruͤckte Gerechtigkeit unterbrüct ihren Unterbrüdker”, :
fagt Menu. Mit der Gevechtigkeit würde. der Herrſcher
die Ordnung im Staate felbſt aufgehoben und am ihre
Stelle bie phyſiſche Macht gefetzt haben. Diefe tuht aber:
Immer beim Voike, gegen deſſen Kraft die Laibwgchen
dem Despoten nur einem vorübergehenden Schug gewaͤh⸗
ren. Der Verf, charakteriſirt bie ſtrenge Dienſtpfli t des
Michters wie bie nothwendige Unabhängigkeit —*
gleich treffend. |
Wir Diener ber Gerechtigkeit haben uns. mit. ber Ad
tung zu beonägen, ohne ‚je: auf Bewunderung zu rechnen,
denn wir haben. nichts. zu extingen, gu etbeuten, gu exſchaf⸗
fen, wir haben mur bas!imfeem Gchus anvertraute Heilig⸗
Ahum des Rechtsés treu zu bewahven und davon Jedem |
Fenhaft zuzuenkeanen, was ihm pebährts die Seele unſers Mir:
Bene: ift nicht jene, das Zufällige beachtende, nach Beit und Um⸗
Händen ſich bequeniende, geſchmeidige Klugheit, von weiches bie
Staateverwaltung nothwendig geleitet wirb, fondern allen jener
einfahe Sinn, der nirgenbshin als hinauf zum Befes und
von ba zur That herunterblickt; jene Rechtlichkeit der
Gefinnung, weiche unbefangen ald Recht ausfpricht, was fe. |
als Recht erkennt; jene Stärke bes Willens, welde mit
feftem, keinem Ginfluß weichendem, burch Feine Gewalt zu beu⸗
gendem Arm bie Mage der Gerechtigkeit ſtets im fichern Gleiche
gewicht Hält, endlich. jener Muth bes Weannes, ben - -
Non civium ardor prava jubentium,
. » . Non vultus instantis tyranni
a zu "Mente gustit,solida — —. "(Horas.) -
Wohl dem Gerichtshöfe, deſſen Präfident von folchen
Geſinnungen .befeelt ift und. fie feinen Amtögenofien fo
einzu aucen verfieht, und wohl dem Lande, weiches foldye
Serichtöhöfe befist. Sie find das befte Palladium der
Fteiheit, die erſte Schugwehr ber Verfaffung.
ö . (Der Befchluß folgt)
Volkslieder der Polen. Gefemmelt und überfegt von W. P.
Leipzig, Weidmann. 1833. 8. 16 &.
Das rege und‘ vielfach ſchon befriedigte Intereſſe an ber
Poeſie der Völker ſlawiſchen Stammes erhält duuch dieſes Baͤnd⸗
Ken, das uns, ſo viel wir wiſſen, neuerlich mieder zum erſten
Mate Pate Volkslieder überfegt barbietet, willfommenen Nah:
rungsſtoff.
Der Aeberſetzer hat feiner Sammlung eine fehr nerfiändige "
Einleitung vorausgeſchickt, in der er über die Tänze der Polen
und deren Mufit als weſentliche Beſtandtheile der Volkspoeſie
fpriht. Bon Dem, mas er über bie Muſik ſagt, erlauben wir
] uns eine vührende patriotifhe Stelle auszuheben: „Die Mufit
diefer Tänze, wenigftens einiger derfeiben, ift bekannt, oder wird
N jegt mehr, da das Ungluͤck die Polen wieder nach allen Welts
genden warf und ihr Loos wenigftens hier und da einiges Ins
ie Im Allgemeinen Eönnte man fagen, bab die Mus
fie der’ poiniſchen Tänze feierlich ober froh und raufchend if;
ihre Kieder aber und die Melodien berfelben ernſt, wehmüthig,
melancholifh, kurz ein Widerhall ihres Lebens und ihrer Ger
ſchichte. In ben lesten Zeiten verſank ſelbſt der Mazur, den
die Freude geboren, in einen Mollton, und bie Polonaife legte
ihren ftolgen und feierlichen Charakter ab und wurbe zu ein«m
jammernden Grabgefang, bei bem man an Lord Byron, an fein
‚gerhartertes Herz und feine Lieber wieder denken muß") Mas
bie nachſtehenden Lieber betrifft, fo hat jedes berfelben gine eigne
Melodie, und es iſt wahrhaft zu bewundern, tie entfpeechenb
diefe jedesmal ift und bie Tiefe der poetifchen Empfindung
bezeichnet und ausfällt. . "Der Grunbton ift Wehmuth; felbft
in tänbelnden und naiven Liedern läßt fih immer ein Etwas
hören, das an ben ererbten Schmerz ‚nergängener Leiden erin
next; ein Klagefeufzer, ein Sterbelaut, welcher ben Schöpfer
zu beſchuldigen, fein Daſein Bi ‚verbammen (?) ſcheint unb,
wie Tieck meint, aus dem Staͤube der Vernichtung hinaufjam⸗
mert zum Himmel: „Was hab’ ich perbrochen?!“ Dies find,
die Nachwehen ganzer Geſchlechter; Dies find bie Schmerzen
endlichen Seufzer verſchlingen! Sentimental koͤnnte man fie nen
nen, weil fie auf das eigne Gefühl bisweilen zu reflectiren
feinen; doch anbererfeits find fie es wieber nicht, denn ber
Drang nach vernichtendem Erguß der Gefühle fpricht fich zu
heftig aus, als daß diefe muſtkaliſchen Dichtungen ein Product
der bewußten Schöpferkraft fein Fönnten,. Dan fühlt es, wenn
man biefe Lieder hört, daß das unverföhpliche Rab bes Schick⸗
fals nur zu oft ſchonungslos Über bad Erdengluͤck dieſes Volkes
bahinrollte und das Leben nur feine Schattenfeite der Seele (?)
sugelehrt bat. Daher tritt auch bie Schattenfeite fo hervor;
daher viel Schmerz und Poefie, — Angkuͤck und Größe!’
Der Ueberfeger erklaͤrt fpäter, daß dieſe Lieber, deren ex
nur einen heil mitcheilt, am Fuße der Karpathen gefammelt
*) Es wird genügen ‚hier ber Polonalfen eines Fuͤrſten Oginski, eis
ned Nawratil, Behm und Borzyniki zu erwähnen, um unfere
Behauptung zu unterftügen. ,
Bonner Sahrhunderte, bie ſich in biefen Melodien zu einem uns |
536 -
wurden 5; obwol er Grund je glauben Habe, daß bie meiſten in
der Ukraine entflanden und von dort aus nach Podolien und
weiterhin nad) Weften verpflangt worden fein. Gr nennt Ger
bien und die Ukraine die Wiege der ſlawiſchen Volkspoeſie und
findet mit Recht zwiſchen diefen und ſerbiſchen Volksliebern viele
Aehnlichkeiten. Die Gigenthümlichleit ber gefangliebenden Glas
wen, bie für jede frohe Empfindung einen Freudeton, für jeden
Schmerz einen Klageton haben, tritt, nach ihm, ftärker bei ben
Serben und Ukrainern hervor; bort mache es vielleicht der fübs
lichere Himmel, bier das Ungläüd, das rege Weſen des Step:
penlebend und eine gewiffe Wehmuth, bie urſpruͤnglich vom Ge⸗
fühle der Werlaffenheit möge hergeruͤhrt haben und mit, ber
Zeit zur Volksſtimmung und zum Grundton aller Lieber gewor⸗
ben fei. . „Was bem Araber ber orientalifcdye Himmel, die Sands
wöüfte, das Kameel, die Dafe und bie Quelle ift, das find dem
Ubrainer feine Steppen und Winde, feine Fluren und Fluͤſſe,
fein Pferd und bie Hütte des Liebchens auf der fernen Flur.
Senen und biefen begeiftert das Weite der Natur, und zum
Bedürfniffe wird der Gefang, in bem die Seele zerfließt und ſich
wieber findet.” .
Was die SO Lieber felbft anlangt, fo würden wir dem le: '
berfeger nicht beiftimmen, in ihren Worten eine gewifle Web:
muth als Das zu erkennen, was fie charakterifirt, benn fie haben
im Allgemeinen eine ſchalkhaft⸗ findliche Eigenthümlichkeit wie |.
viele ferbifhe. Er findet aber ben elegifchen Ton wol mehr in
ren Melodien, von denen er uns wenigftens einige ald Proben |
hätte mitheilen follen. Wir wollen vorfichtig mit tadeln fein,
da uns die Originale biefer Ueberfegungen unbelannt find, und
dem Ueberfeger daher nur fragmeife bemerken: ob er ſich nicht
von dem Wohllaut ber Urfpradge oder Melodie hat verleiten laf:
fen, mandhe biefer Lieder in die Sammlung aufzunehmen, bie
in der Ueberfegung faft zu unbebeutend geworben find. Wir red:
nen dahin das „Erntelieb‘‘, „Der Kofad”, „Die arme Schweſter“,
„Mannesklage”, und koͤnnen auch nicht umhin, in bes Ueberſetzers
eigne Anklage: daß der Deutfche ſich bie und ba über ben Ge:
brauch feiner Sprache vielleicht befchweren koͤnne, einzuftimmen.
‚Dagegen laffen wir ihm nur Gerechtigkeit widerfahren,
wenn wir anerfennen, baß er durch bie gute Uebertragung fo an»
muthiger Lieber wie das „Hochzeitlied“, „Die Birke”, „zreue”,
„Dee Kahn”, „Drohung, „Breierlied”, „Die Botfchaft””,
„Die Unfchulb”, „Der Lerchenbaum“ unfere poetifche Literatur
in ber That bereichert hat.
mag zur Bewahrheitung unfers Lobes hier Als Probe ftehen.
u Dad Kränsden.
Längs dem Bädhlein
Schwimmt ein Kraͤnzchen,
Auf der Bruͤcke
Steht ein Mädchen.
Und fie klatſchet
Sn die Händchen,
Und fie faget
Bu dem Kränzden:
Woher ſchwimmſt du
Rautenkraͤnzchen7
Woher fließ'ſt du
Liebes Baͤchlein?
Unb dad Baͤchlein
Spricht zum Maͤdchen:
Von dem Jeiche,
Bon ber Mühle
Fließ ih zu bir,
Liebes Mädchen.
Und bad Kraͤnzchen
Spricht zum Mädchen :
An der Mühle
SR ein Gaͤrtchen;
Das vorlegte Lied der Sammlung .
I
| törner ‚freuen; große Strecken Landes
[4
In der Mühle
Wohnt ein Juͤnglig.
Und ber Süngling
Flocht ein Krängchen,
Und er band es
- ME der Selbe;
Und er fang dann
Bu dem Baͤchlein:
kließ nur Baͤchlein
Durch die Wieſe.
Und dann fang er
Zu bem Kraͤnzchen:
Schwimm nur Kraͤnzchen
An dem Ufefe. .
In den Anmerkungen führt der Meberfeger ‚einige biefer Lieber
als die Älteften der Sammlung etwa aus dem 15. ober 16. Jahr⸗
hunderte ftammend an, wofür audy bie Abmwefenheit des NReimes,
ber in ber flawifchen Poefie fpätern Urfprungs fei, ſpreche.
Dürfen wir baraus folgern, baß bei andern Liedern der Reim
in der Urſprache ſich vorfindet, fo Hätten wir billig auch erwar⸗
ten duͤrfen, denfelben in der Ueberſetzung nachgebildet und über:
daupt die neueren Lieder als folche angegeben. zu fehen. 167.
.. Notizen. u
"Emerina in der Infel Madagaskar.
Herr William Hooker, ein unterrichteter englifcher Reifen
der, welcher es fich befonders bat angelegen fein laflen, wenig
bekannte Orte zu befuchen, gibt eine intereſſante Beſchreibung
von !diefer im. Mittelpunkt von Madagaskar gelegenen. Proyinz,
deren fein geographifcyes Lehrbuch erwähnt: „Die Prayinz Guys
rine muß als bie Gentralregion der Inſel betrachtet werben
Sie it’ zügleich der hoͤchſte und geſundeſte Theil derſelben un
bleibt allein von ben epibemifchen Fiebern befreit, welche unter
den an ber Küfte mohnenden Europäern ſo große Berwüftun-
gen anrichten. Der Boben ift nicht ſehr feuchtbars während
des größten Theile des Jahres herrſcht eine verberblishe Trocken⸗
beit, beſonders vom Ende des April bis September. 3u
diefer. agie beertit des Morgens eine, beträchtliche Kälte; gegen
Ende Sept. fält das hermometer- auf: 7° unter O.- ds Fön
fein Irdpfen Regen, dagegen herrſcht bie ganze: Nacht hindurch
in dichter Real 'Wam Det. bi, März ſteigt die Waͤrme umb
wird oft / unertraͤglich. Dee Regen fängt regelmäßig alle Tage
bes Nachmittags an und dauert bis in die Macht. Die Ströme
treten aus; wuͤthende Stürme verbreiten Schreden und Ber
wüftung, unb ungeheure Hagelſchloßen .zerftören oft die Reis
felder weit und breit. Der Aderbau beidhräntt fich barauf, daß
die Einwohner einige leiphte —— sieben. in big fie Sa
/ iben ‚unapgebaut. Die
Eingeborenen find Heiden und ' graufamer Gemuͤthsart; ihre
"Bauptgottheiten find Janka ver gute Geiſt, "und Agaltice ber
döfe Beil.” " en 12*
—De*r größte bekannte Diamant.
Das „‚Asiatic journal” berichtet laut Nachrichten aus
Hydrabad, es habe ein Bauer in DOftindien kuͤrzlich einen Dias
manten gefunden, weicher 11 Rupien wiegt. Es ift ber größte,
den man je gefeben. Der Bauer, welcher ben Werth feines
Fundes nicht zu fchägen wußte, zerbrach aus Reugierbe ben
toftbaren Stein. Das ftärffte Stuͤck wiegt jetzt noch fieben
Rupien und das Ganze wird auf 20 Saͤcke Rupien geſchaͤtzt.
GHandou Loll, der erſte Minifter tiefes Königreichs, bemaͤch⸗
tigte fich diefer Diamanten. Was dem armen Teufel, bee fir
gebunden , für eine Belohnung zu Theil ward, wird ai
agt. .
_
Stebigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagäbaublungs 3. A. Brodhaus in Leipzig.
>
In —
’
Blatter
für _ ,
literarifhe Unterhaltung
Sonnabend, — Kr. 131.
Anfelm’s von Feuerbach Heine Schriften vermifch»
ten Inhalte. Erſte und zweite Abtheilung.
Beſchluß aus Nr. 180.)
Die fünfte Abhandlung, „Einige Worte über hiſto⸗
eifche Rechtsgelehrſamkeit und einheimifche deutſche Gefetz⸗
gebung” überfchrieben, Handelt die wichtige Frage ab,
ob unfere Zeit für einheimifche Gefegbücher reif fei.
Sie wurde ald Vorrede zu Nepomuk Borſt's Schrift:
„Weber die Beweislaft im Civilproceß“ (1816, zweite
Auflage, Leipzig 1824), gefchrieben. Won dem kern⸗
gefunden Sinne des Verf. läßt fi erwarten, daB er
nicht auf die Seite Derer getreten ift, bie ihre Stimme
gegen das kanggefühlte Bebürfniß erhoben und den Wuſt
von einem fremden Volke und aus Längft vergangenen
Beiten überfommener Normen in Schug genommen. Daß
wir den Namen eines Savigny unter diefen erblidlen, hat
uns ſtets gefchmerzt und wird uns ewig empfindlich bes
"rühren, wenn wir an diefen ausgezeichneten Gelehrten
und an die hauptfächlich durch feine gerichtige Stimme
vereitelte Hoffnung gedenken, für deren Realiſirung nicht
bald ein fo günftiger Zeitpunkt wieder kommen möchte als
ber war, in welchem das neu ermachte deutfche National:
gefühl und ber einige deutfche Sinn den bis dahin fchlums
mernden Wunfd mit erneuter Lebendigkeit weckte. Der
große Gedanke eines allgemeinen deutſchen Gefegbuches
ließ fi nur damals faſſen und verwirkfihen. Er wurde
zuruͤckgewieſen, und in den meiften Ländern bes deutfchen
Baterlandes- fhleppen wir uns noch mit den fremden, auf
unfere Sitten und unfere Zeit nicht mehr paflenden Rech:
ten, dern Mafſſe und Vieldeutigkeit den Laien gaͤnzlich
von ber Erkenntniß Defien, wornach er feine Handlungen
einrichten fol, ausfchlieft und felbft den Geſchaͤftsmann
in ein Chaos gefeglicher Beftimmungen verwidelt, deſſen
er in einem Menſchenleben, viel weniger in den wenigen.
Fahren, welche zu defien Studium beflimmt find, nicht
Here werben kann. Es entſteht dadurch eine ungeheuere,
in ihren Folgen hoͤchſt verberblihe Kluft zroifchen dem
praßtiichen umd theoretifchen Juriſten. Diefm Gedanken
führt der Verf. in ber fechsten Abhandlung: „Blick auf
die deutſche Nechtswifienfchaft”, weiter aus. Sie erfchien
zuerft als Vorrede zu Unterholzner's „Suriftifchen Abhand⸗
lungen” (Münden 1810). Er zeigt uns darin, aus
welchem umfafienden Geſichtspunkte er das Studium ber
Mechtewifienfchaft betrachtet. Praktiſche und theoretifche
Jurisprudenz follen nicht verfchiedene Wege wandeln, für
brauchbar nicht blos Das gehalten werden, was bereits
in Gebrauch geweſen; dem Lichte der wifienfchaftlichen
Fortbildung dürfen die Gerichtsſaͤle ebenfo wenig verfchlofs
fen werben, als ber Theoretiker fich eimfiedlerifch auf ſich
ſelbſt beſchraͤnken und, mit Verachtung auf das praßtifche
Leben herabfehend, feine eigne Welt außer der Wirklichkeit
ſich erbauen darf. Noch weniger aber fteht es dem blos
fen Philofophen zu, mit Hinmegleugnung der Vergangen⸗
‚beit und Gegenwart ſich zum Tyrannen in der Surisprus
benz, deren Reich nur durch pofitive Normen zulammens
gehalten werben kann, aufzuwerfen und unter dem Mas
men der Bernunftherefchaft die Anarchie der Vernunft zu
proclamiren. Das Dageweiene und bas Vorhandene foll
die Philoſophie mit ihrem Lichte beleuchten, laͤutern und
auf höhere Grundfäge zuruͤckfuͤhren, nicht aber alles Pos
fitive in leichtfertigem Uebermuthe mit Füßen treten und
vielleicht weder gekannte noch geahnete Schäge des Wil:
fens im hodymüthigen und bequemen Duͤnkel verachten.
Nur erſt dann mag eine volllommene allfeitige Bil
dung der QZurisprudenz gebeihen, wenn Philofopbie, Alters
thumskunde und Geſchichte zugleih auf ihrem Gebiete eins
beimifch geworben find und in verftändig abgemeffener Wirk
famteit jebe an ihrem Theil zu gemeinfcaftlihem Zwecke wie:
‚ten. Aber in der deutfchen Zurisprubenz blieben fie faft durch
fiete Misverftändniffe voneinander getrennt; jebe ging, die
andere anfeindendb oder verachtend, meiftens ihren eignen Weg
zu entgegengefestem Biel und glaubte, fich ſelbſt genügend, für
fich allein zu vollbringen, was nur vereint in Vollkommenheit
vollendet werben Tann. Und fo war benn, wir bürfen «6 uns
nicht verbehlen, bei vieler Wielfeitigleit doch zugleich eine ges
wiſſe Befchränttheit dee Geiſt unferer juribifchen Literatur. Sie
trug in mancher Hinſicht ben Charakter des Staates, welchem
fie angehörte: ein getrenntes in fich felbft entzweites Reich.
Mit Recht reclamirt der Verf. auch die vergleichende
Jurisprudenz als einen hoͤchſt wichtigen und nothwendi⸗
gen Theil der Rechtswiſſenſchaft für das Gebiet derfelben.
Spree doch nie von dem Weifte einer Geſetzgebung,
wer mehr nicht als biefe Gefeggebung und allenfalls
noch die befondere Geſchichte ihrer Gntwidelung kennt. Was
er ben Geift nennt, ift oft nur wieber ein anderer Bud
ftabe oder, wenn ihm allgemeines NRaifonnement, Philofophie
genannt, der alleinige Schlüffel zum Verborgenen tft, meift nur
ein flatterndes Geſpenſt, das mit bes Tages Raͤhe verſchwindet.
Freilich tritt uns bier die Endlichkeit der menfchlichen
Natur mit ihren Schranken entgegen, und baher mag «6
j 538
auch wol kommen, daß bie Aufgabe, eine Univerſaljuris⸗
peudenz im Bilde uns vorzuführen, feit Montesquieu,
welcher eine Ahnung davon hatte, nicht wieder aufgegrif:
fen worden. Der Verf. hatte zur Ausführung diefer Idee
bereits eine Reihe von Jahren hindurch Zuruͤſtungen ge:
macht, und fein umfaſſender Geift wäre gefchidt gemefen
wie felten einer, fie glänzend hinauszuführen; allein wi:
drige Umſtaͤnde haben ihn genöthigt, biefem Werke für
immer feine Thaͤtigkeit zu entziehen. Ob dem Prof. Gans
zu Berlin, wetdyer die Anficht des Verf. mit feinem leben:
digen Geifte gluͤcklich aufgefaßt hat, die Löfung der Auf:
gabe gelingen wird, muß die Zukunft lehren. *)
: Sm der fiebenten und legten Abhandlung der erſten
Abtheilung führt uns der Verf. wieder auf das Gebiet
des Staatslebens. Sie erörtert die Frage: „Kann bie
Gerichtsverfaſſung eines conftitutionnellen Staats durch
dloße Verordnungen rechtsgültig geändert werden?” Sie
wefchien 1830 in Nürnberg ohne den Namen bed Verf.
und war veranlaßt durch einen im Publicum noch nicht
befannt gewordenen, ernftlichen Schritt des damaligen Mi:
nifters des Innern, welcher bie Abficht verrieth, die bai⸗
tifche Gerichtsverfaffung ohne Concurrenz ber Stände neu
gu organifiren. Sie blieb, wenngleih von minifterieller
Seite nicht ohne Anfechtung, doch ohne Wiberlegung und
fand bei den 1831 verfammelten Ständen und bei Sach⸗
verfländigen, namentlich bei ben fcharffinnigen Klüber, ges
bährende Anerkennung. Ste liefert uns den fehönen Bes
weis, daß der Verf. bis in die neueften Zeiten bie Ent:
widelung des Staatslebens mit Aufmerkſamkeit begleitet
und mit derſelben Lebendigkeit, Wärme und Unerfchroden>
beit, mit welcher er früher auf die Nothwendigkeit zeit
gemäßer Verfaſſungen hinwies, für Aufrechthaltung der
gegebenen zu kämpfen weiß.
Die zweite Abtheilung ber vermifchten Schriften des
trefflihen Mannes enthält zwar aud bed Intereſſanten
und Werthvollen Manches, doch behandelt fie nicht fo
großartige Intereſſen als die erſte. Sie gibt uns unter
Me. VII als erfte Abhandlung eine „Erklärung über
meine angeblich geänderte Weberzeugung in Anfehung der
Sefchworenengerichte”, welche 1819 aus bem „Neuen thei⸗
nifhen Merkur“ befonderd abgedrudt in Jena erfchien.
- Der DBerf. zeigt darin, daß er feine Weberzeugung (tie
man bier und da geglaubt und ſelbſt in oͤffentlichen Blaͤt⸗
teen vielfach und mit großer Beſtimmtheit ausgefprochen)
keineswegs geändert habe, daß diefelbe aber weder unein-
geſchraͤnkt für, noch uneingefchränkt gegen das Geſchwore⸗
nengericht laute. Der Verf. unterfcheidet nämlich zwifchen
der Jury als politifcher und als juridifcher Anflalt. In
erfterer Beziehung erkennt er fie als ein Eräftiges Schug:
mittel der politifchen Sreiheit an und hält fie für nuͤtz⸗
lich und nothwendig in allen Staaten, wo es ein fo fh:
ned Gut zu fchügen gibt, d. h. in- allen republikaniſchen
Staaten, mworunter er aber auch conftitutionnelle Monar:
hien verfteht, in welchen ‚die Gefeggebung ber Nation in
55 Er hat den Anfang mit ſeinem „Erbrecht in weltge⸗
ee Entwidelung‘” (3 Bänte,. Berlin 1823 — 29)
gemacht.
Gemeinſchaft mit dem Regenten zuſteht. Dagegen erklaͤrt
er fie fuͤr nußz⸗ und zwecklos in allen nicht republikani⸗
[hen Staaten, wo die Despotie entweder verfaſſungsge⸗
mäß befteht oder verfaflungswidrig geltend geworden iſt,
ober auch verſteckt hinter den täufchenden Formen einer
bloßen Scheinverfaffung ihre Gewalt zu üben vermag.
As ftrafrechtliche Einrichtung redet ber Verf. den Ge
ſchworenengerichten aber gar nicht das Wort; er bezieht
fi) auf die in feinen „Betrachtungen ausführlich nachge⸗
wiefenen Mängel und Unvolllommenheiten, welche dem In⸗
flitute der Natur dee Sache nach anfleben müffen, und
folgert aus dem Allen das Endrefultat, daß, wo ſich bie
Nation im wirklichen Befig und Genuß politifcher Frei
beit befindet, der Schug diefer Freiheit von fo hoher Wich⸗
tigkeit fei, daß er die Mängel der Jury in firafredhtlicher
Beziehung übertrage, daß aber in allen Staaten, wo bie
GSefchworenengerichte als politifches Inſtitut wirkungslos
feien, deren Einführung zu mwiderrathen, weil bier blos bie
unvollkommene Seite derfelben hervortrete, und daß hier
ftändige Collegien vechtögelehrter Richter, unter einer, den:
Beweis der Schuld nicht zu weit ausdehnenden noch zu
eng begrenzenden Gefesgebung, zum allerwenigften ebenfo
nüslich feien als Gefchworenengerichte. Diefe Abhand⸗
fung zeigt und in dem Verf. ebenfo ben umfichtig prüfenden,
body über alle Partelintereffen erhabenen, in feinen An:
fihten hoͤchſt Haren, beftimmt und confequent feinen Weg
gehenden Gelehrten, als ben erfahrenen Gefchäftemann, ber
fih nicht durch ſchoͤne Theorien bienden läßt und nicht
duch) folche bienden will. Er macht mit Recht darauf
aufmerkfam, daß, wenn nicht in die Luft oder auf Sand
gebaut merben und dad Gebäude den Bewohnern und
den Bauleuten über den Kopf zufammmftürzen folle, dafs
felbe nach den individuellen Bedürfniffen eines gegebenen
Votes, nicht blos und nicht vorzugsweife nad) allgemeinen
Theorien einzurichten ſei. Er zeigt ferner nur beiläufig,
wie groß die SSdeenverwirrung in Bezug auf den Streit
über bie Einführung der Gefchworenengerichte fei, und daß
man die Frage über bie Deffentlichkeit der Rechtöpflege
überhaupt weder damit verwechfeln, noch das mindliche
Verfahren ald mit legterer identiſch anfehen müfle, und
theilt endlich noch ein paar briefliche, im Jahre 1812 ihm
geroordene höchft beachtensmwerthe Aeußerungen zweier Stanz
zofen mit, des trefflichen Villers und des damaligen koͤnigl.
weitfätifchen Miniflers (fpäter Franzöfifchen Staatsraths)
Stimeon’s, welche fi ebenfalld gegen die Geſchworenen⸗
gerichte ausfprechen.
Unter Nr. IX handelt der Verf. „Ueber die oberften
Episkopalrechte der proteltantifchen Kirche”. Diefer Auf:
fag erfchien im Jahre 1823 in Nürnberg und wurde zu=
nächft veranlaßt durch verfchiebene Vorfallenheiten in Baiern,
wo mehre proteflantifche Geiſtliche und geiftliche Behörden
mit der Behauptung hervorgetreten waren, ein der katho⸗
liſchen Kirche angehäriger Landesfuͤrſt fei zugleich in Per⸗
fon oberſter Bifchof der feiner Staatshohelt untergebenen
proteftantifchen Kirchen. Gegen biefe Behauptung tritt ber
Verf. in biefer Abhandlung auf. Jedoch hat er es, wie
er ausdruͤcklich erklärt, blos mit dem geltenden, anerkann⸗
839
ten, gewiſſen Rechte zu thun, abgefehen von allen politi⸗
ſchen Zeitbetrachtungen. Er will nur bekannte Dinge, ehe
der Nebel der Zeit fie verdeckt oder ihre wahre Geſtalt
veraͤndert, im Intereſſe der Wahrheit ſehenden Augen vor⸗
führen. Er entwickeit zuerſt, was in Anſehung der Epis⸗
kopalrechte der proteſtantiſchen Kirche bis jetzt als Recht
anerkannt war, zeigt dann, daß ſchon der Natur der
Sache nach bie. Episkopalrechte der proteſtantiſchen Kirche
von einem katholiſchen Landesherrn nicht ausgelibt werben
innen, daß das paͤpſtliche Recht einem Latholifchen Ne:
genten eine Rechte des eigentlichen Kirchenregiments, felbft
nicht über proteftantifche Kirchen geftatte, daß nach dem
unverwerflihen Zeugniß der Geſchichte die Episkopalgewalt
über proteftantifche Kirchen blos von proteftantifchen Re
genten erworben, baß der Religionsfriede von 1555 "und
der weftfäfifche Friede einem katholiſchen Landesheren eine
Episkopalrechte über feine proteflantifchen Unterthanen ein:
räumen, daß bie feit dem weftfälifchen Frieden bei Reli:
gionsveränderungen eines proteftantifchen Landesherrn herr:
fhende Staatspraris einem katholiſchen Landesherrn die
perfönliche Ausübung der proteftantifchen Episkopalgewalt
zugeftehbe, und endlich, daß auch die neueften bdeutfchen
Staatögrundgefege die echte der proteftantifchen Kirche
nicht gefhmälert haben. Nach biefen ift ihr im Verhaͤlt⸗
niß zur katholiſchen Kirche Freiheit und Gleichheit zuges
flanden, Eigenfchaften, welche durch große bfutige Opfer
errungen find, die aber verloren gehen würden, wenn ber
katholiſche Landesherr Über die Innern Angelegenheiten der
proteflantifchen Kirche eine bifchöfliche Gewalt ausüben
würde. Da bderfelbe als Laie der Kirchengewalt des ka⸗
tholifchen Klerus unterworfen, diefer aber vom Papſte ab⸗
hängig it, fo würde der Papft auf biefem Wege zum
Oberhaupte ber. proteftantifchen Kirche fich erheben können.
Auch die folgende, unter Nr. X enthaltene Abhand⸗
lung iſt dem Intereſſe der Kirche gewidmet. Sie führt
die Ueberfchrift: „Worte des Dr. Martin Luther über chrift:
liche Freiheit, fittliche Zucht und Werkheiligkeit“, und wurde
durch die Presbpterialfehbe in Baiern veranlaßt und 1822
zuerft gedrudt. Der Verf. will bei der wichtigen Stage,
ob Presbpterien in der evangelifch:lutherifchen Kirche mit
der Außern Macht fittliher Zucht über die Mitglieder der
Kirche errichtet werden follen, vor Allem die Eräftige Stim:
me Luther's gehört willen, damit nicht der unvermeibliche
Sal eintrete, entweder daß die presbpterianifch = Tutherifche
Kirche nicht mehr von Luther ale bie Seinige anerkannt
werben koͤnne, oder daß Luther felbft von der durch ihn
geftifteten Iutherifhen Kirche als ausgeſchloſſen betrachtet
werden müfle. Zu biefem Zwecke hat er Luther's Lehre
von der chriftlihen Freiheit aus beffen Werken kürzlich
zufammengeftellt und mit einigen erläuternden Worten be:
gleitet. Die gegenwärtige Abhandlung zeigt und ben um:
faffenden Geift des Verfaſſers und feine Belefenheit und
Sachkenntniß auch auf einem Felde, welches feinen Be:
rufsſtudien fehr fern liegt.
Unter XI folgt unter der Weberfchrift: „Religionsbe⸗
fchwerden der Proteftanten in Batern im Sabre 1822”,
eine Vorſtellung, welche von ben angefehenfien Proteſtan⸗
ten ber Städte Ansbach, Augsburg, Baireuth, Erlangen
und Nürnberg umterzeichnet war und der Ständeverfamm:
lung von 1822 überreicht werden follte, was aber aus
Gründen unterblied. Sie wurde zwar gedrudt, kam aber,
auf Veranlaffung bed Verf. nicht ins Publicum. Ihre
jegige Bekanntmachung iſt dadurch veranlaßt, daß Jemand
auf indiscrete Weife fie im „Sophronizon” von Paulus
(Sahrg. 1830, 1. Heft) hat mit der Bemerkung ab:
druden laſſen, daß fie das Ergebniß des vereinigten
Fleißes zweier Männer fe. Dies wird vom Ber.
dahin berichtigt, daß er fie zwar drei fehr angefehenen
Herren ber proteftantifchen Geiſtlichkeit vorgelefen, bag fie
aber von dieſen ohne Zufag oder Weglaffung eines Wortes
in ihrer urfprünglichen Geftalt einfiimmig genehmigt fel.
Der Zweck der, wie ſich ſolches vom Verf. erwarten läßt,
trefflich und gründlich gearbeiteten Vorftelung geht dahin,
daß den Proteflanten in Baiern die Leitung ihrer ſaͤmmt⸗
lichen Lehranſtalten wieder Überlaffen, diefe wieder in nd=
here Verbindung mit den kirchlichen Behörden gebracht
und endlih unter die oberſte Aufficht des proteftantifchen
Cultminiſters geftellt werben.
Der legte Auffag der zweiten Abtheilung ber vermifch:
ten Schriften endlich enthält unter XL die Beantwortung
ber Frage: „Iſt denn wirklich Karl dee Große im Jahre
793 von Regensburg aus durch den Altmählgraben zu
Schiff nah Würzburg gefahren?” Er wurde zuerſt in
dem Sahresbericht des Hiftorifchen Vereins im Nezatkreife
für das Jahr 1830 gedrudt und zeigt uns bie Geiſtes⸗
thätigkeit des Verf. von einer neuen Seite. Mit Scharfs
finn und Gruͤndlichkeit fucht er bie Negation der aufge:
worfenen Frage zu beweifen. |
Mir fcheiden von dem bis hieher burchwanberten reich:
haltigen Felde mit vermehrter Dochachtung gegen den Er:
zeuger ber Früchte, von benen wir bem Lefer nur einen '
fehr unvolllommenen Vorfchmad geben konnten. Moͤch⸗
ten wir ihn dazu veranlaßt haben, fie felbft ganz und
volftändig zu koſten und badurd) einen ber umfaflendften
Köpfe und gediegenften Männer bes Vaterlandes kennen
gelernt zu haben. 169.
Alerander Duval und Victor Hugo.
Das letzte Drama’ V. Hugo's, über welches wir bereits
berichtet, Hat neuerdings zu Zaͤnkereien zwifchen ben Glaſſikern
und Romantikern Anlaß gegeben. Bert X. Duval, Verfaſſer
des Luſtſpiels: „De la manie d’ötre quelque chose‘, will nun
einmal mit aller Gewalt in ber bramatifchen Literatur etwas
fein. Arnault, Jouy, Lemercier und bie übrigen Meifter aus
den Beiten bes Kaiferreichs Haben ſich in ihr Schickſal ergeben.
Wie die Fünfhundert am 18. Brumaire vor Bonaparte'd Gre⸗
nabieren aus dem Gitungsfaal geflüchtet, fo find bie Verf. von
„Artorerres‘‘, von „Agamemnon”, von „Germanicus“ ſammt
ihren Juͤngern aus dem Muſentempel geflohen vor bem gewal⸗
tigen Despoten, der ſich des franzoͤſiſchen Parnaſſes bemaͤch⸗
tigt, um ihn zu befreien. Sie haben fi das Haupt verhüllt,
um das Skandal nicht mit anzufehen, und ertragen im Stillen
ihre Schmad). Herr Duval ift hartnaͤckiger; er will ben Lor⸗
berkranz, den er fo mühfam erworben, fo leicht nicht fahren
laffen, er klammert fich an die drei großen Tragiker fefl, um
nicht zu finfen, unb merkt nicht, wie feine winzige Geſtalt vor
Neſen Asioffen zufammenfpeumpft, ſedaß ihn bie Better ſelbſt,
zu den er fi gerader, verberben. . .
Kurz vor Aufführung von „Lucrece Borgia” ließ Herr
Dual einen ſoͤrmlichen Anllageact gegen V. Hugo vertheilen
unter dem Zitel: „Lettre deM. A. Duval-AMonsiver V. Hugo’.
„Dieſen Brief‘, fagt ber „Constitutionnel” (der, im Vorbeige⸗
gen fei es bemerkt, unter dem Ginfluffe des Herrn Jay, bem
ZBerfafler der „Conversion d’un romantigne‘, und anderer recht⸗
gläubigen Literaten redigirt wirb), „merben alle Freunde ber
Rationalliteratur mit Freuden leſen.“ Sollte man nicht glaus
ben: Hugo, Dumas u. X felen Irokeſen? „Die franzoͤfiſche
Bine”, fährt der „Constitutionnel‘ weiter fort, „iſt derge⸗
Halt gefunten, beſchimpft, entehrt, daß die Fremden ſelbſt, die
& fonft bewunderten, jept nur Mitleiden dafür empfinden.
em hat man aber bie Grniebrigung eurer dramatifchen Kunft
w verdanken? Den Gnglänbern und ben Deutfhhen! Die Frem⸗
n haben euer Theater verbungt, ihr ſagt es ſelbſt; feitdem
Eqiiler unb Shakſpeare im Thedtre francais ihren Ginzug
gehalten, findet weder Verſtand noch Geſchmack mehr Autritt
in das entweihte Heiligtum; ihre braucht euch alfo vor ben
Fremden eurer Schmach nicht zu ſchaͤmen, benn fie ift der Frem⸗
den Berl!” Doch es drängt uns endlich zu dem Brieffteller zu
gelangen. Ueber feine Lehren wollen wir nidyt mit ihm vechten,
ber diefen Punkt iſt man lange einig. Herr Duval bat früher
fhon ben damals verwegenen X. W. Schlegel angepadt, der jegt
fo fehr überflügelt ift und kaum noch zum juste milien gehören
würde; dann bat er die Staël angefallen, nun gebt es über.
Hugo her, über die Schaufpieler und über das Publicum. Der
gute Mann bat eigentlich nichts Beringeres im Sinne, als Herrn
Dugo zu befehren, ibm den Abgrund zu geigen, ber ihn zu vers
ſchlingen droht. Herr Hugo hat bis jest das entfeglidge lin:
glüd gehabt, Dramen auf die Bühne zu bringen, die bie wich
tigen polttifchen Begebenheiten übertäubten und mehre Monate
lang ununterbrochen jeden Abend bei vollem.Haufe gegeben wur:
den; das möchte ihm Herr Duval gern abgewöhnen: ‚„Camme
rien n’a justifi6 vos neuvelles dovtrines, comme on ne doit,
„ classiquement parlant, & vos nouvelles mus6s que des ouvra-
ges indignes de l’attention publique, j’ai du profiter de ce
moment ‘d’anarchie et d’aveuglement pour soulever le ban-
deau qui semble encore »’epaissir sur vos yeux, et pour
vous offrir les conseils d’un vieillard dont le travail et l'expé-
rienoe ne peuvent dire contestes.” Gobann wirft er ihm vor,
daß er, V. Hugo naͤmlich, fich des ganzen Saals bemädhtige,
um die Logen und Hallen nur feinen Freunden und Belannten
zu verfaufen, er fchaffe ſich em Publicum intrepide pour ap-
laudir des absurdites; bei den Vorſtellungen feiner Dramen
ehe man ſich von fchredtenverbreitenden Menſchen umringt, die
ihn, Deren Duval, mit dem Schimpfivort &picier angefallen,
die ihn perruque, fossile geheißen und Wuth⸗ und Mordge⸗
ſchrei ausgeftoßen. So arg ift es benn body nicht; aber wahr
“
ift e8, daß V. Hugo feine Dramen immer mit einer tüchtigen
Neferve von Kreunden und, Klatſchern vorzüden laͤßt; dazu ha⸗
ben ihn die Gegner gezwungen, ohne biefe Hülfstruppen hätte
der junge Dichter beim erften Werfuche unterliegen. Zulest bie
tet ber. Akademiker feinem Gegner Rath und Beiftand ans er
fei zwar fein großer Meifter, befige aber, dem Urtheil aller
Literaten zufolge, die Kunft, ein Stüd wohl zu zimmern (char-
penter), unb er würde fich immer ein Vergnügen daraus mas
hen, Jedem, der ihn darum bitten würde, feine Rathfchläge
angebeihen zu laffen. Der akademiſche Zimmermann will fid
dazu verfichen, B. Hugo ald Gefellen in feine Werkftätte zu
nehmen! Es wäre wahrlich verlorene Mühe: biefer ungeſchickte
Geſelle ift ſchon zu lange gewohnt, über die Schnur zu hauen.
Auch die Regierung weift Herr Duval zurecht und ermahnt fie,
fernergin keine Gubvention einem Theater angebeiben zu laſſen,
das den Barbaren in die Hände gefallen wäre: ber Vandalis⸗
mus Toll nicht auf Koften des Staats gefüttert werben; wollt
ihr meine Stuͤcke nicht fpielen, fo fehe ich gar nicht ein,
werum bie Civilliſte euch umterfiägen fol. Darauf geht unge
fähr hinaus, was Herr Duval über bie busmmen Kombbignten
der Straße Richelieu fagt. Herr Duval bat ber Sache, d
er befehdet, einen wichtigen Dienft' geleiſtet: Bie literif,
Welt mußte den Romantikern hoͤchſt bankbar fein, wenn fie
auch weiter nichts gethan hätten als bie Kunſt aus der Geſan⸗
genſchaft diefer Verſchnittenen zu ‚befreien. 148,
Literarifhe Notizen.
Zu ben neuerdings ſchreibenden Neifenden verſtaͤndigſter Wet
ift unfizeitig ber Berfaffer von „Di vario seristä e istitusiomi
di beneficenza in Londra 1828” (2 Bde., Lugano 1882
ein Signor Arrivabene aus Mailand, zu zählen, deflen Schri
wie mit vielem Rechte empfehlen mögen. Unter Anderm fagt
er darin: „Das Elend ber Arbeiter in ben Städten ift in Ging:
land zu Zeiten gewiß fehr groß, unbezweifelt find auch die Lande
leute oft ſchwer von Mangel bebrädt; man muß ſich aber bei
deſſen Schilderung wohl wor Uebertreibung hüten und mehr auf
Thatfachen fehen, als ber Ginbildungskraft freien Spielraum
gewähren. Ein Fremder, ber nad) England kommt, und deſſen
Seele voller Babeln tft, bie er von dem unermeßlichen Elende
eines Großen Theiles des Volkes, von dem beunrubhigenden Zus
wachfe der Armen erzählen hörte und las, fragt, wenn et auf
feinen Wanderungen feinesweges eine fo große Anzahl Huͤlfabe⸗
dürftiger gewahrt, natürlichermweife, wo eigentlich bie erwarteten
Scharen Bettler verborgen fein. Da wirb man ihm benn
in der Regel auf dem Lande niebliche Hütten mit Blasfenftern
zeigen, deren Wände von Fruchtbäumen und Blumen umgeben.
find, in deren Innern Betten mit Vorhaͤngen, nicht feiten eine
Uhr, ein Zeppih und die nothwendigften Geräthe wahrzuneh⸗
men find; er wird bie Bewohner warm gekleidet, mit Schuhen
und Strämpfen außgeftattet, feines Weizenbrot verzehren ſehen,
und man wird ihm fagen, daß dieſe Leute von ihrer Gemeine
unterhalten werden. Sie machen ein gut Theil der. englifchen
Armuch aus. Won Dem, was biefer Reifende über die Obhut
ber Armen im Allgemeinen äußert, bürfte Manches wol beach⸗
tenswerth fein.
Gin anderer Neifender in Gngland, beffen ‚Osservazioni
semi- serie di un esule sull’ Inghilterra” (Graf Pecchio, der
belannte Biograph Ugo Foscolo's) (Lugano 1831), dafelbft vief
Lob geerntet haben, gibt eine, intereffante Zufammenftellung ber
1823 in London anmefenben ausgezeichneten Fremden, wie folge:
„London war damals mit Verbannten aller Art aus allen Räns
bern angefült. Gonftitutionnelle, die das Ginfanmerfoftene
vertreten, Andere für das Zweikammerſyſtem, Andere für bie
franzöfifche Verfaſſung, Andere für die ſpaniſche, Einige für die
ameritanifhe, Generale, abgeſetzte Präfidenten von Republiken,
Präfldenten von Kammern, die mit dem Bayomet aufgelöft wor:
ben waren, Präfibenten ber mit Kanonen auseinander getriebenen
Cortes, bie Witwe bes ſchwarzen Kaiſers Chriftoph, die zwei
Prinzeffinhen ihse Toͤchter, bie ſchwaͤrzeſten Negerinuen von
legitimem Königsblute, Sturbide, der entthronte Kaifer von
Merico, und ein Schwarm Sournaliften, Poeten und Gelehrten,
London war das Elyſium, ein Satiriker würde fagen das Bo⸗
tany» Bay, berühmter Männer und verborbener Beiden. Wie
groß mußte Desjenigen Erftaunen fein, ber einmal bad neapo⸗
litanifche Parlament, ober ben mabriber Gortesfaal, ober den
liffaboner gefchen hatte, in der italienifchen Oper in London
ben General Pepe, den General Mina, die Redner Arguellet
und Galiano, ben Präfibenten Iſturiz, Moura u. A. wiederzu⸗
finden, wie fie im Gedraͤnge gegen bie Geſandten der Mächte
sannten, bie fie verurtheilt hatten, Das londoner Operubaus
erinnerte mich mehr als einmal an Arioſto's bezauberten Pallaſt,
in dem fo viele feindliche und befreundete Ritter einer nach bem
andern die Treppen aufs und nieberftiegen, ohne im Stande zu
fein, zu kaͤmpfen ober zu entfliehen.’ . 153
Nedigirt unter Werantwortligkeit der Verlagshandlung: F. 4. Brodbaus in Reipzig. -
— —
— nei SEE...
Blätter ——
literariſche
für
Unterhaltung.
Sonntag,
Briefe an den Herausgeber uͤber den Anſchluß Sach⸗
ſens an den preußiſch-bairiſchen Zollverband.
Fünfter Brief.“)
Ich bin, wie ich ſchon in einem meiner fruͤhern Briefe
aͤußerte, mit der leipziger Vorſtellung darin vollkommen
einig: daß der Handel ſich um ſo beſſer befindet, je weni⸗
ger er durch Zolllinien umſtellt und durch Steuern belaſtet
iſt. Dennoch ſcheint mir die vorliegende Hauptfrage in
ein ganz falſches Licht geſtellt zu ſein, weil jener Aufſatz
fuͤr den nicht genauer Unterrichteten durch ſeinen Geſammt⸗
inhalt den Glauben erweckt, oder zu erwecken fucht: Preu⸗
ßen leugne jene theoretiſche Wahrheit, und Sachſen ſtehe
die Wahl frei, zwiſchen einem ganz unbeſchraͤnkten Handel
und dem unvollkommenen und laͤſtigen Syſteme ſeiner Nach⸗
barn. Vielmehr iſt Preußen nicht dabei ſtehen geblieben,
jenes freiere Handelsſpyſtem theoretiſch als wahr anzuerken⸗
nen, ſondern hat es ſo weit als moͤglich (und weiter als
England, Frankreich, Oeſtreich, Rußland u. ſ. w.) ins Le⸗
ben gerufen. Waͤhrend in den letztgenannten Laͤndern ſich
nur Stimmen einzelner Schriftſteller ohne allen Erfolg
hoͤren laſſen und von den Praktikern als thoͤricht bezeich⸗
net werben, haben die preußiſchen Staatsmaͤnner (fo Motz,
Maaßen, Beuth u. X.) die echte Theorie für ausführbar
erflärt und ſich nad) des Königs Befehl und unter feis
nem kräftigen Schuge dem Ziele fo meit genähert, als es
die Verhältniffe in dem gegebenen Augenblide irgend er:
lauben. Verwirft aber Jemand das bis jegt Bezweckte
und Erreichte, weil nicht alle Zölle und Handelsſteuern
aufgehoben wurden, fo verftcht er das Ausflhrbare nicht
vom Unmöglichen zu unterfcheiden und wird durch diefelbe
Theorie widerlegt, auf welche ee ſich beruft. Denn fie
erweiſt ebenfalls, daß kein Staat ohne Ausgaben beftehen
fann, und man biefe nicht durch irgend eine einzelne
Steuer (wie die Phyfiokraten wollten) zu decken im Stanbe
iſt; fie erweift, daß bei fleigender Cultur und erhoͤhtem
Verkehr die Zölle und indirecten Steuern eine immer groͤ⸗
ßere Rolle ſpielen müflen. Sa, koͤnnte auch ein Land
derfelben entbehren, fo müßte es bei den Steuerfuftemen
aller übrigen Staaten doch gewiſſe Schugmaßregeln hin-
ſichtlich der Zölle und Verbrauchsſteuern ergreifen. “Mit:
bin ift unfere Aufgabe: die Lehre von der heilfamen Dan:
*) Bgl. Nr. 125 und 129 d. Bi. D. Red.
132, —
delöfreiheit mit der Lehre von der finanziellen Erhaltung
des Staats zu vermitteln und auszuſoͤhnen, nicht aber
den Knoten irgendiwie zu zerfchneiden. |
Sachſen kann fih den großen, das Prohibitivſyſtem
fefthaltenden Staaten nicht anfchließen; es foll ‚(behaupten
unfere Gegner) dem preußifch=batrifchen Verbande nicht
beitreten. : Was aber heißt dies andere, als die darge:
botene Wermittelung zuruͤckweiſen, den Weg allmäliger
DVerbefferung nicht mitgehen, fich urideutfch in Deutfch-
land vereinzeln und durch den leeren, verkehrten Gedan⸗
ten *) einer mercantiliſchen Allgenugſamkeit taͤuſchen. &o
wenig ein vereinzelte Deutſchland die politifche Freiheit
erwerben und behaupten kann, fo wenig die Handelsfrei⸗
beit; erſt durch Bereinigung, Zutrauen und Ausbauee
werben wir ſtark und mächtig. -
Zu Grunde richten kann und wird fich aber jedes
deutſche Land, welches bie Foderungen der Zeit guruͤck⸗
weift und aus Vorliebe für alte Verhältniffe die neuen
unausmeichbaren nicht fehen will oder fie verfennt. Sn
Wahrheit ift ja von Anfchließen für Sachſen kaum noch
die Rede; tritt es dem deutfihen Bunde nicht bei, will
es nicht (mie einft bei Gruͤndung religiöfer Freiheit) Chor⸗
führer fein, fo wird e8 ausgefchloffen und einges
ſchloſſen. Man barf nur einen Blick auf die Karte
werfen, um ſich zu überzeugen, in welche unglüdliche Lage
Sachſen kommen müßte, wenn ed ganz von Zolllinien
umftellt würde. Angenommen aber, man ließe alle Waa⸗
ven ungeftört und ohne Steuer aus allen Theilen ber
Welt in Sachſen hinein, wie follen fie-denn wieder hinaus:
kommen, wohin will man fie denn abfegen? Der Schmugg⸗
ler mag alsdann zu gewinnen hoffen, der redliche Kauf:
mann fieht einen Ausweg; in Wahrheit gehen zulegt
Beide zu Grunde. Ze
In ähnlicher Taͤuſchung begriffen, meinten einige Anz
baltiner, das Städtchen Roslau an der Elbe folle der
neue Sig des Welthandeld werben; als wenn Preußen
durch den liberalen Ebſchiffahrtsvertrag verpflichtet gewe⸗
fen wäre, die Gchmuggelei mitten in feinen Staaten in
ungeheuer vergrößertem Maßflabe zu dulden. Sobald fich
aus ben Einfuhrregiftern ergab, daß in Köthen jebe] Seele
*) Man fehe, was ber Freiherr von’Stein in feinen Briefen
an Deren von Gagern wider das thörichte Vereinzelungs⸗
foftem hoͤchſt Behergigenswerthes ausſpricht.
13
542
(oder jeder Leib) unter Anberm angeblih 30 mal fo
viel Wein trank, fo viel Purgirmittel verbrauchte u. f. w.
als ein Preuße, ging die mediciniſche Polizei mit ber
finanzielen Hand in Hand, und es fehlte nicht an Mit:
teln, dieſen Misbraͤuchen ein Ende zu machen. Anhalt
freue ſich jene des Anſchluſſes an Preußen, und Jeder Wer:
nünftige fieht ein, daß eine längere Umſtellung des Lind:
chens daſſelbe zu Grunde gerichtet hätte.
„Könnte Preußen (fagt bie Leipziger Vorftellung) auch
fo wuitrde
wagen, Zwangs
Sachſen doch nicht ohne Schutz und Bundesgenoſſen da⸗
ſtehen; und in jedem Falle iſt es ehrenvoller, den Kampf
fs. bat Seit wu wagen, als in zuvorkommender Mad:
giedtgkeit ſich zu unterwerfen.” Das kangt allerdings
roß und würdig, und doch 'find es nur Worte, Worte
verba, praetereaque nihil)! Wer find denn die ſchuͤ⸗
genden Bundesgenofien Sachſens? Doch nicht die Übrigen
Deutfchen, von denen es fich losſagen will? Oder bie
Deoftreicher, Sranzofen, Engländer, Ruffer, welche, wenn
fe das preußiſche Zollſyſtem enblid einmal kennen lern⸗
ten, nur daran ausſetzen koͤnnten, es ſei gegen die Nach⸗
barn (alſo auch gegen Sachſen) viel zu milde und liberal?
Don einem eigentlichen Kampfe kann und wird alfo
nicht die Rede fein, ee müßte denn zwilchen einigen Zoll:
wächtern und Schmugglern eintreten. Dagegen wäre eis
nem Könige gegenüber, der in ganz Europa den verdien⸗
ten Ruf bat, der gerechtefte zu fein, das Recht eine
folche unwiderſtehliche Macht, daf es Feines Kampfes und
keiner fchügenden Bundesgenoſſen für Sachſen bedürfte.
Worin befteht dena aber dies bier fo preislicd ange:
rufene Recht Sachſens? Hat es denn ein Recht vorzu:
fehreiben, voie Preußen fein Zollſyſtem einrichten fol? Dat
es ein Recht zu verhindern, daß wir unfere Örengen be
fegen? Könnte es fich befchweren, wenn wir das alte
Gontrebandefpftem herftellten? Sind wir verpflichtet, feine
Producte und. Sabritate einzulaffen und zu kaufen?
Preußen hat das Recht feiner Nachbarſtaaten nicht
verlegt und wird es nicht verlegen; ja, es ift hier über:
haupt nicht vom eigentlichen Rechte die Rebe, fondern
von Mafregein, ber welche es Niemanden Rechenſchaft
ſchuldig iſt. Diele Maßregeln müͤſſen aber (wenn Sad:
fen ben Beitritt, verweigert) ihm nothwendig Schaden bria:
gen. Die wahre Ehre geht Hier mit ber Klugheit
und dem Vortheile Dand in Hand; fie. gebieten gleiche
mäßig, daß Deutichland zum Nugen, nicht ded Einen
oder des Andern, fonbern aller Theilmehmer ein gros
Bes Handels⸗ und Zollfuftem bilde.
—Seqchster Brief.
Manche, ‚welche den von mir aufgeſtallten Behauptun:
gen widerſprechen, empfehlen. einen npebbeutfchen, mittel>
deutſchen, ſuͤddeutſchen u. f. w. Handelsverein. Plane fol:
cher Art, weiche Deutſchland zerſtuͤckeln, is feindſelig ein
ander entgegenftellen, find, zrotz alles barlıber verbreiteten,
folfhen Glanzes fo unverfländig und unheilbringend als
früher in ber Politik die Demarcationslinie und der Rhein: -
bımd. Die hanoͤveriſchen Anträge insbefordere find in
der „Allgemeinen Zeitung”, 1832, Nr. 312, in wenigen
Sägen fo kurz und buͤndig gewürdigt und mit ben preis
Bifchen verglichen worden, baß ich nicht umhin kann, fie
bier aufzunehmen. „Jene Anträge wollen: daß 1) jeder
deutſche Staat feine Eingangsabgaben beibehalte und die
Verkehr hemmenden Zolllinien zwifchen ben einzeluen deuts
[hen Staaten beftehen bleiben; daß 2) bei bem Durchs
gang duch einen bautfchen Staat, im oder auns einem
andern beutfchen Staat fortwährend ein Durchgangszoll
erhoben werde, welcher jedoch nach billigen Grundfägen
feſt beſtimmt werde fol, und daß es 3) in Berathung
genommen werbe, ob vielleicht eignen beutfchen Erzeugniſ⸗
fen gegenwärtig freier Zugang geftattet werden koͤnne.“
. Die in Deutſchland befiehenden Bollvereine, ber preu⸗
Bifch = heffifche ebenfowol wie ber bairifch = würtembergifche
wollen Dagegen, daß 1) die zwifchen ben einzelnen beut:
fhen Staaten beftehenden Zolltinten aufgehoben werden
und in und durch Deutfchland ein völlig freier Verkehr
flattfinde; daß 2) ‚bei dem Durchgang duch die deutfchen
Staaten oder aus benfelben gar kein Durchgangszoll er
hoben werde, fondern die Durchfuhr frei fei, und dag
3) der freie Verkehr zwifchen allen beutfchen Staaten fich
nicht auf einzelne, in Folge befonderer Geflattung zuge:
laffene eigne Erzeugniſſe beſchraͤnke, ſondern ſich auf ins
und ausländifche Gegenftände ausdehne.”
„Welcher diefer Wege zum Gebeihen bed Handels und
Verkehrs in Deutfchland der geeignete iſt und zur Wohl⸗
fahrt Deutſchlands am ſichetſten hinführt,. diefes wird fich
aus obiger Gegenüberftellung der beiberfeitigen Zwecke von
fetbft ergeben und beurtheilen Lafjen.”
An gleihem Sinne fagt Stuͤve In feinem whigee
Buche „Ueber die Lage des Königreihs Hanover” (S. 83
und 178): „Die Verſuche Preußens im Jahre 1828,
einen Zollverein zu Stande zu bringen, wurden zuruͤckge⸗
wiefen, theils aus politifhen Gründen, theild weil man
das Uebergeroicht der preußifchen Gewerbe fürchte. Man:
ſchloß den mittelbeutichen Handelsverein, ber, lediglich
den Durchfuhrhandel beruͤckſichtigend, keinen Zweck haben
konnte als den, einen hoͤchſt fehlerhaften statum quo noch
für einige Jahre zu fihern, die Uebel befielben zu ver-
mehren und bie Abhülfe durch Vereinigung zu erfchiweren.
— Hanover barf niemals vergeflen, daß es im beutfchen
Staat ifl, daß es nur in und duch Deutſchland beftehe;
da fein Wohlſtand nur durch die engfle Verbindung,
durch Einheit mit Deutſchland geſichert werben kann, und
daß feine Verfoffüng es vor Allem mit Deutfchland vers
binden fol.” “
Hanover würde unpatriotifh und undeutſch handeln,
wenn es dem großen deutſchen Handelsvereine überall
Schwierigkeiten in ben Weg legte und auf dem Kleinli⸗
chen und Ungenügenden. beffände, ftatt aus allen Kräften
das Umfaffende zu befördern: Es dürfte durch dieſes Un⸗
terwwerfen unter fremde, unverfländige oder eigennügige
SHanbelsabfiditen *) noch nicht einmal erreichen, daß zu
4) Bon hdherm Standpunkte aus betrachtet, hat England das
hoͤchſtr Intereſſe, daſoͤr zu wirken, daß Beutſchiand einig
und maͤchtig ſei und bleide; nur untergeordnete Kuͤckſichten
koͤnnen in entgegengeſette Ircthaͤmer führen.
*
feinem Beſten in England auch nur ein einziger Zollſatz
geändert würde. Bon dem Inſelſtaate zuruͤckgewieſen, nad)
Deutfhland Hin bei längerm: Zögern immer enger be
fchränkt, muß das ohnehin nicht reiche Land täglich (mie
Stüve mit Recht weiffagt) Ruͤckſchritte machen und Noth
and Unzufriebenheit daſelbſt wachſen.
Wie darf ich aber hier als Splitterrichter auftreten,
da bie leipziger Vorſtellung ben Balken im Auge nachzu⸗
weilen ſucht, indem fie fagt: „Preußen fchließt keinen
Handelöplag von Bedeutung in feinen Grenzen ein und
bat Pläge, die ehebem (mie Danzig, Elbing u. a.) el:
nen großartigen Handel betrieben, zu dem Range unbe:
deutender Pläge erniedrigt.” Ich ſehe nicht ein, wie ber
ans taufend Gründen abzuleitende Umftand, daß in Preu: |
fen keine einzelne überaus wichtige Handelsſtadt liegt, den
Tadel unfers Zoll: und Steuerſyſtems irgend rechtfertigen
kann; fonft hätten die Anhänger des Probibitivfpflems
auch Mecht, die Größe von London, Bordeaur, Marfeille
u. f. w. aus dem legten abzuleiten.
Was nun aber Danzig, Elbing, Königsberg, Memel
and- einige andere Städte anbetrifft, fo beruhte die frühere
Blüte des Handels in denfelben weſentlich darauf, daß fie
ehemals nicht 6108 bie rohen Producte von Preußen, fon:
dern vornehmlich von den weiten und fruchtbaren Länder
fireden Polens und Rußlands aufwärts der Weichfel und
des Niemen unter den vortheilhafteften Bedingungen aus
dem innen Lande bezogen, ſeewaͤrts mit großem Gewinn
abfegten umb umgekehrt die Producenten nicht mit Gelde,
fondern wiederum mit ſeewaͤrts bezogenen Waaren befrie⸗
Digten, wobei nochmals beträchtlich gewonnen wurde. Ge:
treide, Hanf, ein und Holz waren die Hauptartikel bes
innern Handels und der Ausfuhr. Colonialwaaren, Mein
und Fabrikate jeder Art machten hingegen die Einfuhr
aus und dienten zur Bezahlung ber polnifchen und ruffis
ſchen Producenten. Mithin war dies eine Art von Mo:
nopolhandel, welchen die natürliche Lage ber Länder und
der Ausfluß dee Ströme verliehen hatten. Die Prohibi⸗
tios und Sperefpfteme ber überfeeifchen Länder, vorzüglich
Englands und Frankreichs, nach ber einen, Rußlands und
Polens nach dee andern Seite, wirkten in ben neuern
Zeiten auf gänzliche Untergrabung eines ſolchen Handels
Hin. Nur die Entwidelung' der Induſtrie in Oft: und
Weſtpreußen, erhöhte Production, Fabrikation und Con-
fumtion, und ein entfprechender neuer Schwung der Han⸗
delsthaͤtigkeiten in ben genannten Städten kann diefe wie:
der heben und zu felfcher Bluͤte emportreiben. So lie:
fert das Meine Städtchen Braunsberg in ben legten
Jahren den Beweis, daß fhon in Wolle, Garn und
Leinwand aus Preußen fehr bedeutende, auf bie Ent»
wicklung einheimifcher Induſtrie überaus günftig wir⸗
kende Gefchäfte nach den entfernteflen Ländern. gemacht
werben Eönnen. |
Das preußifche Zoll⸗ und Steuerſyſtem hat den. ge:
nannten Städten in keiner Hfnficht irgend einm Schaden
zugefügt. Nur über Rußlands, Englands und Frank:
reiche Maßregeln jammern Diejenigen, welche die frühere
goldene und fo bequeme Zeit nicht vergefien können und
- 343
ſich ungern zu neuen ſchwierigen Unternehmungen ent⸗
ſchließen moͤgen.
(Der Beſchluß folgt.)
Der Luͤgenkaiſer. Seltfamliche, wunderbare, abenteuer
liche und dennoch wahrbaftige Schidfale des Herm
von Muͤnchhauſen II. (jun.), würdigen Nachkommen bes
weiland berühmten Erb: und Gerichtöheren gleiches Mas.
mens, Nach aufgefundenen Papieren bearbeitet und
herausgegeben durch 2%. von Alvensichen (G. Sek
fen). Zwei Bändchen mit Abbildungen. Erſtes Baͤnd⸗
hen. Meißen, Goedſche. Gedrudt in diefem Jahre
8. 1 Thlr. 4 Sr.
Schlechte Lügen, ſchlechte Wige, ſchlechte Frivolitaͤt, ſchlech⸗
ter Geſchmack — das iſt das Beſte, was ſich von dieſem Buͤch⸗
lein ſagen läßt; ein Abdruck der alten Münchhaufeniana hätte
mehr Berbienft und dürfte auf ein beflimmtes Publicum rech⸗
nen, das bei Bier und Branntwein einmal eine feifte Lüge und
eine abnorme Zote mit hinunterfpült und gewiß fein kann, baß
ber darauf gegoffene Branntwein fie [dom dämpfen wird. Schon
die Einleitung von gegenwärtiger abaefchwächter, aber Feines:
wegt beshalb in eine höhere Sphäre gehobener Luͤgengeſchichte
it matt und fade. Wer lügen will, fpanne alle Segel.
Berf. laͤßt feinen Helden die Geſchichte feines Lebens ſchon im
Mutterleibe beginnen; felbft von feiner Zeugung fpricht er in
fhlaffer Gemeingeit. Cine energifche Zote kann noch, auch wenn
der Wit, ber Satyr ber Sünde, fehlt, durch dad Aufgebot ber
Energie intereſſtren; hier ift Waͤſche ohne Lauge. Der junge
Satan weiß dann als Yötus Thon mandyerlei zu erzählen, bis
es in feiner Klaufe ihn anmidert unb nad ungeflüntem Kratzen
mit den Nägeln ihm das Licht ber Welt eröffnet wird. Bei
feinem Eintritt in die Welt begrüßt ex feine Frau Mutter mit
einem „guten Morgen”, worüber diefe gar ſehr erſchrickt. Bei:
ftig bald erwachſen, wird er fchnell Stuben? und macht die ge:
wohnten Streiche meift ohne Folie mit. Unter bie Seltſamlich⸗
feiten, die ihm auffloßen, gehört der unmäßige Trinker, ber
nie betrunten wird. Das Geheimniß des Mannes beruht darin,
baß er, früher trepanirt, einen filbernen Schädel trägt, ben er
zur Auslüftung und Ausbüflung bed Weingeiſtes von Zeit zu
Zeit in die Höhe fihiebt, wenn ihm ber Kopf zu warm und
voll zu werben beginnt. Sellen's nuͤchterner Muͤnchhauſen ſtreckt
ihm einen brennenden Fibibus in ben offenen Kopf, wobei der
trepanirte Menfch bald verbrannt wäre. Kin anderes Stuͤck⸗
chen präftiet der Studioſus Münchhaufen felber, indem er, um '
den Kameraben zu beweifen, daß feine Liebe zur Auserlorenen
bie glühenbfte von der Welt fei, mit einem Brennglaſe die hei⸗
fen Liebeöflrahlen feines Herzens auffängt unb ſich auf biefe
Weile eine Pfeife Taback anzünbet. Alsdald zieht er nach Goͤt⸗
tingen, wo er Borlefungen hätt, nicht blos vor &tubenten, fons.
dern auch vor Damen, ledtern befonders Privatiſſima, bie ber
böfe Leumund, er habe es in der Experimentalphyſik zu weit ger
bracht, ihn von bannen treibt. Darauf macht er feine Erpedi-
tionen zur See auf einem Wallfifche u. f. w. Sodann wird er
Soldat; die Geſchichte vom Halbiren des ganzen Kerls burg
einen Saͤbelhieb erinnert.an des alten Muͤnchhauſen's zufanimen:
ſchlagenden Thorflügel, der dem Pferbe ben Hintertheil fort«
nimmt, worauf biefes trotzdem mit feiner Vorderhaͤlfte weiter:
'trabt. Gellm’s mattherzige Grfindung von Lügen hätte durch
‚eine wigige, pointiste
ction einigermaßen“ verdeckt werden
ſollen; allein bei aller Anftvengung, Wit aufzubringen, bleibt
es beim Sonat! So geht’B, wenn einer mit Gewalt wigig
fen win, obne einen Stachel, einen Stift zum Gravicen, ge:
ſchweige die Tuſche zum Faͤrben zu befigen. Wit ift ein krau⸗
ſes, — Ding und nicht Jedermanns Sache. Mancher
Hat einen Stachel, aber blos den Stachel, und, um Tunke vers
legen, rist er fih in bie Aber und fchreibt mit dem eignen
544
Biute. Biſſe fih Dr. Sellen eine Aber auf, ex würde doch
nicht wigig ſchreiben, denn er ſcheint weißen, kalten Wuͤrmer⸗
ſaft flatt rothen Bintes zu haben. It is not in the power
of every one to taste humour, however he may wish it —
it is the gift of God — fagt Meifter Sterne. 131.
Aus JItalien.
Kür die Geſchichte des eigentlichen Griechenlands im Mit⸗
telalter, die durch Binkelfen’® geiftveiche Erörterungen man
im zweiten Bande feines Werkes zum erfien Male gang befries
digend amseinandergefent zu fehen hoffen darf, hat P. £. Datta
in feiner ,‚Storia de’ principi di Savoja del ramo di Acia,
signori del Piemonte dal 1294 al 1418” (2Bbe., Turin 1852)
einen nicht unintereffanten Beitrag gegeben; jeder, auch ein
minder bedeutender, für bie Aufhellung fo dunkler Verhältniffe
wäre dankenswerth; ein auf forgfältig geprüften Urkunden be:
ruhender muß es doppelt fein. Der Zitel: Yürften von Achaja,
kam durch Iſabella von Bille Hardouin zum Haufe Savoyen,
indem fie feit ihrer Vermaͤhlung mit Philipp von Savoyen zu.
Rom im Februar 1801 ihren Gemahl vermochte, biefen Titel
anzunehmen und fich felbft vom Herzoge von Tarent, dem
Bohne Karl's von Anjou, Königs von Sicilien, bamit belehnen
zu laffen. Iſabella fah dieſes Fürftenthum Achaja als ihre Aus⸗
fteuer an; doch ſchon durch ihren Water war fie verloren gegans
gen und weber Philipp noch bie vier Regenten, welde ihm in
der Derrfchaft von Piemont folgten, dachten darauf, ſich bei den
Ungläubigen fie zu holen. Doch behielt man ben *itel bei,
wenn auch Fein Zollbreit Landes ben ‚Herren von Piemont ges
börte; unb als nach bem Tode bes Kürften Amadeus VII. das
Land am Ludwig, feinen Bruder, kam, der, wie jener, ohne recht⸗
mäßige Nachlommenfchaft ftarb, fiel Piemont an Savopen heim,
wo man nicht für gut fand, ben leeren Titel ferner beizubehal⸗
ten. Datta befchreibt die Begebenheiten der piemontefifhen Fuͤr⸗
fen, welche jenen Titel führten, mit Sorgfalt und Ruhe und
bringt in dem Urkundenbuche, das den ganzen zweiten Band
einnimmt, Notizen bei, die anberweiten Unterfuchungen zu
Gute fommen werben.
Ueber die berühmten Bauwerke von Pifa, feinen Dom, fein
Zaufhaus und feinen fayiefhängenden Thurm ift im I. 1851 zu
Pifa ein. Werk erfhienen („Le fabbriche principali di Pisa
ed alcnne vedute della stessa cittä intagliate da Ranieri
Grassi, incisore pisano“), das in dem ziemlich genau gearbeis
teten hiftorifchen und architektoniſchen Erklaͤrungen aufs Reue
darthut, daß ber hängende Thurm mit Abficht fchief vollends
ausgebaut wurde. Aufs genaufte ift biefes durch die Prüfung
ber einzelnen Theile nachgerviefen, und überhaupt verbient das
mit ausreichenden, wenn auch nicht prächtigen Kupfern ausge:
ftattete Wert bei feinem mäßigen Preife (32 Lire) unb- bem
tüchtigen Texte Empfehlung.
Ravenna erhielt im 3. 1827 einen Zeichneniehrer, Ignozio
Sarti aus Bologna, ber zunäcft bie Beſtimmung hatte, ben
Lehrlingen ber Gewerbetreibenden Unterricht zu ertheilen. "Die
Theilnahme, bie diefer Unterricht fand, beflimmte den Vicelegaten
Monfignor Lavinio be Mebici Spada, beim Cardinal Rivarola,
damals Legaten der Provinz, darauf angutragen, daß biefer Un:
terricht zu einer förmlichen Kunftfchule (Accademia delle belle
arti) erweitert würde. Jene Provinzen ber päpftlichen Staaten
Hagten grabe damals über fo viele Vernachlaͤſſigungen, daß ein
fo Heiner Erſatz wol billig fihien. Mit Zuziehung ber Schul⸗
commiffion (deputatj del collegio) ward der Plan entworfen,
der im Boraus genehmigt war, ein altes Local für fie einges
richtet und durch bie freiwilligen Beiträge ber Einwohner mit
Lehrmitteln verforget. Schon im 9. 1830 Eonnte eine Preißvers
theilung an die Schhler flattfinden , denen dadurch ber Anſpruch
auf eine Unterflügung zu einem zweijährigen Aufenthalte in Rom
zu Theil wird. Mit richtiger Erwägung hat man bei allen
Stubienclaffen vorzugeweife die Anwendung ber Künfte auf das
Gewerbliche im Auge. Eine Beine Schrift: „Intorno alla fon-
dazione dell’aceademia di belle arti in Ravenna e ad un suo
regolamento d’istruzione. Lettere due del conte Alessandro
Cappi, segretario di detta accademia’’ (Ravenna 1831), mit
Kupfern, gibt von allen innern Einrichtungen Nachricht, und eine
andere: „‚Solenne distribuzione de’ premj ed esposizione del
anno 1831 nell’ accademia provinciale di belle arti in Ra-
venna’' (Ravenna 1832), verbient bei allen Sammlern für Kunfls
gefchichte Beachtung. Nach einer Löblicyen, in Italien allgemein
verbreiteten Sitte hat Graf Cappi ben Anlaß der Preisaustheis
lung an bie Zöglinge im 3. 1831 benugt, einen Punkt der
Kunftgefchichte zu erörtern unb biesmal das Andenken eines
Landemannes, des ravennatiſchen Malers Lucas Longhi, gegen
Vaſari's Werunglimpfungen zu rechtfertigen verfucht. Werte
diefes alten Meiſters, die von ber Gemeinde der Pinakothek
der Akademie waren gefchentt worben, .gaben feinen Worten
boppelte Beglaubigung und thaten aufs Neue dar, was man
auch fonft ſchon hinreichend mußte, daß Meifler Biorgio nur
zu oft I von perfönlichen Befangenheiten in feinem Urtheile
leiten ließ, j
Mit einiger Erwartung ſahen die Freunde ber claſſiſchen
Srinnerungen der von Rampoldi angekündigten „‚Corografia dell’
Italia’ entgegen, weil fie barin glaubten mit gehöriger Sichtung
zufammengeftellt zw finden, was mit ben Külfsmitteln, die ber
Aufenthalt im Lande an die Hand gibt, jich über jeden einzelnen
Ort anführen ließe. Aber die erften ‚Defte haben biefer ‚Hoffe
nung nicht entfprochen. Der Berf., fonft wegen feiner Genauig-
feit durch feine „„Annali muselmanni’” vortheilhaft befannt, fcheint
nicht auf die rechten Quellen getroffen zu ſein; unmöglich koͤnn⸗
ten fonft bie erften beiben blos bis Affa reicyenden Hefte (Mai⸗
land 1832) fchon zu fo vielen begründeten Ausftellungen Ge⸗
legenheit geben.
So: zweifelhaft iſt unfere Zeit, baß, wenn irgenbwo ein
tüchtiges Bild mit einem berühmten Meifternamen aus der Duns
kelheit auftaucht, gleich der Kopffchüttelnden mehr herumſtehen
als ber Gläubigen. Hr. v. Rumohr weiß davon zu erzählen.
Auch fein Anfehen bat bem Namen Rafael nur bei Wenigen Ein⸗
gang verfchafft, als er damit mehre Bilder bes berliner Mu⸗
feums taufte. Dajleibe erfährt jest ber elegante Abbate Meld;ior
Miffirini, der ein Bild, im Befige des Herrn Luigi Fineschi (mo,
ift nicht angegeben), auf dem ber Engel der Hoffnung dar
geſtellt ifk, für ein Werk bes Leonardo ba Vinci auszugeben fich
abmübt. Als einige Gewähr feiner Benennung kann er nur
das Zeugnig mehrer ausgezeichneten Kuͤnſtler anführen, nicht bes
bentend, daß die nur zu oft ſchon fich geirrt haben.
Wie fo viele feiner Vorgänger ift auch ber gegenwärtige
Papft Sregor XVI. Gcriftfteller. Ein praͤchtiger Abdruck ſei⸗
ner fchon im 3. 1799 zu Rom unter dem Zitel: „Il trionfo
della santa sede e della chiesa contro gli assalti de’ nova-
tori, combattuti e respinti colle gtesse loro arıni“, erfchienenen
Schrift ift jet in Venedig in breierlei Format, die Folioausgabe
dem Papfte felbft gewidmet, wieder abgebrudt worden („Opera
di D. Mauro, Cappellari, monaco camaldolese, ora Gregorio
XVI. sommo pontefice”, Venedig 1832), und das Wert ift
ſicher, jest auch in proteftantifden Ländern Aufmerkfamfeit zu
erregen, ba es außer einem „Discorso sulla immutabilitä del
governo della chiesa’, auch noch einen „Trattato sopra ie
infallibilitA pontificia‘ enthält, ber jegt zu manchen Betrach⸗
‚tungen Anlaß geben kann. *) 27.
*) Ueber eine beutfche Lieberfegung diefed Werkes berichten wir
naͤchſtens. D. Red.
——
NRedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshandlung: F. A. Brodhaus in Leipzig.
x
Blätter
für
literariſche Unterhaltung
Montag,
a
Briefe an ben Herauögeber über ben Anfchluß Sad):
fens an den preußifch :bairifchen Zollverband.
Geſchluß aus Nr. 182.)
Siebenter und lenter Brief.
Ich fürchte, mein verehrter Freund, Sie werden fin
den, daß ich mich in meinen eiligft gefchriebenen und ab:
geſchickten Briefen ſehr wiederhole. Ich will mid nicht
damit entfchuldigen, daß man (nüglicyer als das Catoni⸗
ſche: Carthaginem esse delendam) den Deutfchen gewiſſe
Dinge nicht oft und ernftlid genug ans Derz legen kann,
ſondern nur noch einiges Einzelne berühren und dann
fchließen. |
Aus dem Geſagten gebt meines Erachtens bereitd her:
vor: erſtens, daß Sachſens Dandel bei den obwaltenden
Verhaͤltniſſen duch fein Anfchliegen an einen bdeutfchen
Handelsbund nicht beſchraͤnkt, fondern von bevorftehenden
Beſchraͤnkungen errettet werde; zweitens, daB Preußens
Zollſyſtem nicht zum Nachtheil der Nativnalwohlfahrt auf:
geftellt und erhalten werde, fondern dem der übrigen gro-
Ben Staaten ſchon deshalb vorzuziehen fei, weil es nicht
das eigennügige Monopol, fondern den freien, oder doch
möglihft wenig befchränkten Handel als letztes anzuftreben:
des Ziel aufftellt; drittens, daß kein Gegenftand des Han:
dels dadurch verfhwunden ft, fondern Handel und Ver:
£ehr im Allgemeinen (wie 3. B. Ferber's Werk aus un:
zweifelhaften Quellen erweift) ſich trog der unentbehrlichen
Steuer ungemein vermehrt haben.
Ein noch nicht beruͤhrter Punkt, welcher öffentlich und
insgeheim wol die meifte Sorge macht und ben lebhafte:
ften Widerſpruch herwortreibt, iſt gewiß der, daß man
fürchtet, das Anfchließfen führe zu neuen Steuern, wo:
duch die Preife genau im Verhaͤltniß eben diefer neuem
Abgaben ſteigen und die Ausgaben jedes Einzelnen ſich
ungemein erhöhen müßten. Hieruͤber und hlergegen iſt
gar mandherlei zu bemerken. Dan hat mit Recht gefagt:
im Finanzweſen fei zweimal zwei nicht vier, d. h., wenn
man einen Stewerfag aufs Doppelte erhöht, befommt
man dadurch nicht. die doppelte Einnahme. Der Sas iſt
volllommen richtig, ſofern er auf bie Nothwendigkeit viel:
feitiger Prüfung hinweiſt und gegen thörichte und unge:
rechte Erhöhung der Abgaben warnt. Andererfeits ift e6
aber finanziell ebenſo unrichtig, zu behaupten, bisherige
‚ Preife der Dinge fliegen oder ſaͤnken genau im Verhaͤlt⸗
— — Nr. 133. —
13. Mai 1833.
-
niß der Steuerfäge. Diefe find allerdings ein Element
zur Beflimmung ber Preife, aber weder das einzige, noch
das wichtigfie. Ja, bei geriffen Dingen fehr wandelba⸗
ten Werthes, wie 3. B. der Wolle, dem Getreide, wird
ein mäßiger Eingangs = oder Ausgangszoll, oder eine bil
lige Mahifteuer, im Vergleich mit dem aus andern Grün
ben bervorgebradhten Steigen oder Fallen, faft ganz ver
ſchwinden. Zerner kann ein. niedriges Abgabenfoften mit
böhern und ein firengeres Abgabenſyſtem mit mäßigern
Preifen verbunden fein, wenn dieſes auf andere Weife den
Markt erweitert, Befchräntungen (3. B. Zunftziwang) aufs
hebt, die Induſtrie erweckt, ja zu größerer Thätigkeit zwingt.
So laͤßt fi ohne Zweifel ermeifen, daB ſich die Preife
vieler Dinge (3. B. des Weines) in Berlin und Dresden
keineswegs lediglich im Verhaͤltniß des Zolffages feſtgeſtellt
haben oder kuͤnftig feftitellen werden.
Zugegeben aber, daß ber Preis gewifler Gegenftände
buch eine erhöhte Steuer nad) irgend einem Verhaͤltniß
fleigen ann, ohne daB eine ermäßigende Gegenwirfung
grade bei biefen felbigen Objecten eintritt, fo fol man
doch zweierlei nicht vergeffen: erſtens, daß hier faſt ledig:
li) von Lurusartifeln die Rede ift, und ed als Recht
der Obrigkeiten und als Pfliht der Wohlhabendern er:
ſcheint, durch deren höhere Beſteuerung in den jegigen
Verhaͤltniſſen der Wölker einen fchlechterdings nothwendi⸗
gen Schug gegen übermäßigen Reihthum und übermäßige
Armuth hinzuftellen; zweitens teitt gleichzeitig. fehr oft
eine Ermäßigung der Preife bei andern als den erwähn-
ten Gegenftänden, ober es tritt eine Erhöhung der Ein-
nahme ein, welche jene größere Ausgabe volllommen auf:
wiegt. Wenn 3. B. der Landbauer in Anhalt jest auch
eine höhere Weinfteuer zahlt, fo fleigt der Preis feines
Ruͤbſamens in noch größerm Verhättniß, fofern das Del
nicht mehr an der preußifchen Grenze zuruͤckgewieſen oder
hoch befteuert wird. Ja, eine Erhöhung der Steuer kann
(fo unglaublid) dies auch klingt) die Preife erniebrigen.
Dies ift im Preußifhen (ich möchte fagen leider!) der
Kall mit dem Branntwein. Denn die neue, bedeutende
Abgabe erweckte dergeſtalt Fleiß und Scharffinn, führte
zu beflern Mafchinen, Erfparung von Holz und Dänben,
Benusung toifienfchaftlicher Ergebniffe u. f. w., daß der
Fabrikant jest den Branntwein (trog der Steuer) wohl⸗
feilee verkaufen ann, als wenn man biefelbe abfchaffte,
646
und jener nach dem alten Schiendrian, unaufgeregt, fein
Gewerbe fortgeführt hätte.
Endlich (und das iſt allerdings kine Hauptſache) wols
fen und follen ja die Regierungen den deutfchen Handels⸗
verein nicht als ein Mittel betrachten und behandeln, ih⸗
ten Untesthanen ohne Noth neue Steuern zu unmwügen
Ausgaben aufzulegen, ſondern fie beziweden anderweite Er:
leichterungen, Erlaß drücdtenderer Abgaben, Verwendung zu
gemeinnüsigen Zwecken u. f. w., worüber fich in&befondere
die väterliche fächfifche Regierung bereits deutlich und loͤb⸗
lich ausgefprochen hat. Freilich, wenn, e6 wahr wäre,
was die Leipziger Vorſtellung behauptet, „daB jeder von
den vielen dafelbft aufgeltellten Gruͤnden fhon mehr
als geeignet fei, den bluͤhendſten Handel ber gänz:
Lichen Bernichumg entgegenzuführen”, fo bliebe alle
Huͤlfe, weiche die Regierung dagegen gewaͤhren könnte, tie
man fagt, nur ein Schlag ind Waſſer. Lafien Sie uns
indefien, des elften Gebotes eingedent, menigftens einige
jener entfeglichen Gründe näher betrachten. Einer derfel:
ben iſt; der Untergang bed Handelscredits durch bie ver:
möge der preußifchen ‚Belege anbefohlene Worlegung der
Danhelsbücher. Was aber ſchreibt denn nun diefe furcht⸗
bare Geſetzgebung vor? Sie verlangt erſtens für den Han:
deisbetrieb im Grenzbezirke bie fogenannte Buchcontrole.
Derſelben (fo heißt es) unterliegen germöhnlich nur Brannt⸗
weine aller Art, Wein, Kaffee, Zucker⸗ und Tabacksfabri⸗
kate. Sie wird durch Anfchreibung des Zugangs und
Abſchreibung der Berbiufe geflher, zu welchem Behufe
bie Gentroipflichtigen Buͤcher erhalten, melde von Zeit zu
Zeit von ben dazu beflimmten Beamten abgefchlofien und
wonach die vorhandenen Waaren revibirt werden.” Für
die Handelscontrole im Binnenlande lauten die Vorſchrif⸗
ten: „Ueber den Handel mit Waaren foll jeder Kaufmann
ordnungsmaͤßig Buch führen. In diefem Handlungsbuche
muß auch von allen: unmittelbar aus dem Auslande be⸗
zogenen ſteuerpflichtigen Waaren ber Tag und der Ort,
au welchem bie Verſteuerung geleiſtet worden, beim Em:
pfange der Waare augemerkt werden.“
Durch vorſtehende Beſtimmung bat die Befugniß ber
GSteuerverwaltung, die Offenlegung der Bücher zu erzwin⸗
gen, nicht vergrößert, noch uͤberall die Vervielfältigung dies
fer Maßregel ohne aͤußere Meranlaffung angeregt werden
follen; es iſt vielmehr nur die Abficht dahin gegangen,
fidy einer dem Zwecke der. Eiteuervermaltung entiprechen-
den Buchführung zu verſichern, wegen Beſchlagnahme und
Edition der Bücher. aber die beftehenden geſetzlichen Be⸗
ſtimmungen und Formen beizubehalten, wornach den Steuer
beamten bie Befugniß gebührt, die Bücher der. Gewerb:
treibenden in Faͤllen bes Beduͤrfniſſes unter Siegel zu
legen, das Gefchäft der Abfoberung dieſer Buͤcher zur
Einſicht ihres Inhalts dagegen dem Richter verbleibt.
„Wird der Steuerbehärde die Vorlegung ber Handels⸗
bischee verweigert, fo if folches uͤbcigens jebesmal als
eine Berufung auf richterliche Unterſuchung anzufehen und
in biefem Falle die Sache zum gerichtlichen Verfahren zu
verweiſen.“
Und num mag jeder Unbefangene, jeber mit dem fran⸗
zoͤſiſchen und engliſchen Controlſyſtem irgend Bekannte
entſcheiden, ob man ſich billiger und humaner ausdruͤcken
kann als die preußiſche Regierung? ob die obigen Vor⸗
ſchriften nicht fuͤr eine Zollverwaltung unumgaͤnglich noth⸗
wendig erſcheinen? ob fie irgend etwas Anderes verlau⸗
gen, als was ehrliche und ordentliche Kaufleute obnehin
‚von ſelbſt thun? Sa, diefe muͤßten, wären jene Ver
fhriften nicht vorhanden, fogar darauf: dringen, denn fie
dienen zu Ihrem Schuge gegen Unreblihe und Betrüger.
Die Verwaltung will ſich lediglich über die fleuerbaren
Gegenftände unterrichten und darüber bie unerläßlihe Ab⸗
rechnung halten; fie weift hingegen, wo irgend ein Zwei⸗
fel oder Verdacht entfteht, die legte Entfcheibung vorſich⸗
tig dem Richter zu. Bon dem fonftigen Vermögen des Kauf⸗
manns, feinem Grebit ober Mliderebit wmmt fie gar keine
Kenntniß, fo lange er den Steuergefegen redlich genügt.
Zwar fagt die Leipziger Vorfbellung: „Je allgemeiner
in unfern Tagen bie Kenntniffe, welche ber Kaufmann
zu Betreibung feines Gefchäfte bedarf, verbreitet find,
befto wichtiger iſt es für ihm, bie beſondern Erfahrungen,
bie fauere Frucht feines Fleißes als das Geheimuif gu
bewahren, welcyes in ben meiften Faͤllen feinen Anftren-
gungen den gewünfdten Grfolg gibt. Unvereinbar mit dies
fer Garantie find die preußifchen Vorſchriften u. f. wm.”
Aus obigen Auszügen ber Gefege ergibt fich aber, daß bie
Regierung weder Erfahrungen abloden, noch, Geheimnifle
entbedden, noch bie Fruͤchte des Fleißes anſichreifen, *
‚been lediglich bie gefegliche Steuer erheben umd alles We:
brige dem Kaufmann unb Fabrikanten gem umngeflört laſ⸗
fen, ja, ihn darin fchügen oder (3. B. durch Patente) ſo⸗
gar begänftigen will. moon
Noch ruͤhrender iſt in ber leipziger Vorſtellung das
Gehen, Stehen, Sigen, Schreiben, Auf⸗ und Abladen bei
ſchlechtem Wetter u. ſ. w. befchrieben, mas: aus dem peu:
ßiſchen Zollfpfteme hervorgehen fol. As wenn died Sp:
flem dem vereinzeiten eingeſchloſſenen Sachen nicht noch
mehr Mühe verurfachen. oder ‚man darohne immer gutes
‚Wetter haben rolırbe. Halten wir uns aber nur an das
legte in Ziffern ausgebrüdte Ergebniß, welches dahin lau:
tet, daß der ſaͤchſiſche Kaufmann und Fabribant deshalb
jegt vor dem preußifchen bei Anwendung feiner Gapitale
nad) einem ſehr niedrigen Anſchlage mehr als 25 vom
Hundert voraushabe. Auf.. ähnliche. Weiſe getvaue ich
mir zu beweiſen, daß: jener vor dem franzoͤſiſchen und eng⸗
Hifchen Kaufmanne: an 50 vom Hundert voraushabe.
Und. nun. frage ih: warum’ räume denn die Leipziger
Vorſtellung andererſeits ſelbſt ein, daß die ſaͤchſiſche Re
gierung trotz alles Beſtrebens bie alten Geſchaͤfte nicht
aufrecht erhalten koͤnne? Warum waͤchſt denn ber preu⸗
Stiche Handel, welcher ſchon mehremale (laut obigen
Verſicherungen) gaͤnzlich zu Grunde . gerichtet fen müßte?
Warum tritt bei faſt allen Unterhandlungen mit dep
Nachbarn: immer die Beforgniß vor. der Ueberlegenheit
der preußifchen Fabrikation hervor? Warum. findet denn
Beine Voͤlkerwanderung nad Leipzig, dieſem neuen Eldo⸗
abo, flatt, um jene 25 oder 50 Procent ganz bequem
in bie Taſche zu ſtecken? |
7
547
Wozu überhaupt jene chetorifchen Deelamationen und
Amptificationen in einer Geſchaͤftsvorſtellung an die Mes
gierung® Qui prouve trop ne prouve rien! Wahrlich,
es follte mie nicht ſchwer fallen,. aus. dem Standpunkte
und in ber Weife der Leipziger Vorſtellung eine gegen
den Anſchluß au Sachen fhr bie preufifhen Baumwol⸗
Ienfabritanten ober bie Städte Frankfurt und Naumburg
zu entwerfen. Freilich koſtet es Zeit und Mühe, fi) von
alten Vorurtheilen und Lieblingsmeinungen loszumachen.
So erinnere ich mich fehr wohl, daß ein bejahrter und
für fehr gebildet geltender Staatsmann im Jahre 1810,
ben jüngern Mitgliedern der wichtigen Steuercommiflion
gegenüber, die ewige Nothwendigkeit ber Thoraccife und
der Binnenzoͤlle aufs Iebhaftefte vertheidigte. Was da:
mals wie eine revolutionnaire Neuerung betrachtet wurde,
verfieht fich jegt unter allen Unterrichteten von felbft.
Leipzig verdient bie ernftefte Berhdfichtigung, und bie
preußifche Regierung ift gern duf alle irgend mögliche Be:
flimmungen zu befien Vortheil eingegangen. Aber Leipzig
iſt nicht ganz Sachfen, und die fächfifche Regierung muß
auch die übrigen Theile des Königreih®, z. B. das Erz⸗
gebirge, im Auge behalten. Schwerlih ‚wird man hier
ber leipziger Vorſtellung beiftimmen, wenn fie fagt, daß
ſich daſelbſt jegt 100,000 fleißige Hände fröhlich regten,
nach dem Anfchließgen an den deutfhen Handelsbund aber
feiern muͤßten!! Ich gehe aber noch weiter unb behaupte
tühn: Leipzig wird verhältnifmäßig am mei:
fien gewinnen, db. h., bie Mugen und thätigen Kauf:
leute, voelche die neuem Verhaͤltniſſe zu begreifen und zu
denugen verſtehen. Es wird der natürliche Mittelpunkt
eines viel größern Keeiſes, und kuͤnſtliche Verfuche, andere
Städte auf Koften des herkömmlichen, tiefgewurzelten, an-
gewöhnten und erfreulihen Meßverkehre zu heben, wer⸗
den künftig noch weniger Erfolg haben als bisher.
Jedenfalls (ich fchliege wie ich begann) iſt ber Ab:
ſchluß eines deutfhen Handels: und Zollvereins für
unfer gefanmmtes Vaterland, für Gegenwart und Zukunft,
für irdiſchen Wohlftand und vielfache Bequemlichkeit, für
bruͤderliche Einigung und politifhe Freiheit von fo großer
und heilbringender Bedeutung, daß gar viele andere Dinge
(weiche die Aufmerkſamkeit des Tages mehr in Anfprud)
nehmen oder von ben verfchiedenen Ultras laut hervorge:
hoben, gepriefen oder angeklagt werden) dagegen nur fehr
untergeordnet und unwichtig erfcheinen. Ä
Sriedrih von Raumer.
Correſpondenznachrichten.
. Berlin, im April 1888.
Die mufllalifchen Leiftungen. unferer Reſidenz im Verlaufe
- bed Aprils waren ebenfo mannichfach, als jede für ſich ein eigen:
thuͤmliches Intereffe bot. Zur Oſterfeier der Berliner gehört
wefentlich die Aufführung des Oratoriumg ‚Der Tod Zefu‘ von
Ramler und Graun, der wir in ber Garniſonkirche beimohnten,
nachdem fie zuvor auch im koͤnigl. Concertſaale vor einem klei⸗
nerır Publicum flatigefunden. Madame Deder, bie an einen bie:
figen Buchdruckereiinhaber verheirathete geborene v. Schägel, ent:
faltete in Zubeltönen die volle Glorie ihrer ungefchwächten
r
"daher in den Gem
Stimme. Rungenpa en, der af Zelter's Stelle jet die Sing⸗
alabemie birigirt, * würbig bie Chöre. ru
In der Königftadt herrſcht Bellini. Wir fahen unb hörten
WMadame Schodel aus Wien ald Giulietta in ben „Bamilien
bung bes Gtoffes ges - _
Montechi und Gopuletti. Die Behan
nügt Niemand, der die holdſelige Anmuth und bie frifchduftende
Wahrheit im Shakſpeare ſchen Drama gleiches Inhalts, „Romeo
und Zulie‘‘, kennt. Ebenſo fehlt in Bellini’s Oper bie tieffinnige
Geneſis, das unbewußte Werben ber Leidenſchaft und ihr Stei⸗
An zum Gipfel ber Kobesluf. Im Opernſtoffe find bie Vers
&lfniffe von Anfang an fchon fertig, bie Leidenſchaft iſt ſchon
entzündet , fie trägt fhon das Bewußtfein des Todes in ſich;
thern, namentli in Giulietta, Kies Wählen
ber Schwermuth in ſich felber und biefe Ahnung bes baldigen
Untergangs, welche der Componiſt ebenfo großartig als feurig
ausmalt. eine Zulia ift auch nicht bie fich Eindlich hingebende;
‚fie fühlt ſich gebundener, if comventionneller und fuͤrchtet bie
Schranke der Sitte wie bie Nemeſis des Geſchicks. Ihren über
firömenden Jubel, der beim Anblide des Geliebten faft Wahn
finn wird, und bie duͤſtere Beklommenheit ihrer Seele, bie ſchon
lange zuvor die Nacht bes Gewoͤlbes in fich fühlt, beibe Züge
ihres Weſens gab Mad. Schobel trefflich; Meifterin bes Gpiels,
Reben ihr gleichwol als Saͤngerin alle Mächte des Tones zu
ebote.
Das legte Eoncert bes Hrn. Möfer am Geburtstage Beet⸗
hoven's war für die Befchichte ber Kunftproductionen in unferer
Hauptftabt hoͤchſt bebeutend. Beethoven's Ouverture zur „Leo⸗
nore“, einer Oper, bie ſich nach und nach durch Umarbeitung tu
ben „Fidelio“ verwandelte, eröffnete die Genüffe des denkwuͤrdigen
Abende. Auf eine Arie von Beethoven, von Demoifelle
baum vorgetragen, erfolgte das Gertett aus bem ‚‚Don Juan”,
welches das eigentliche, nie auf der hiefigen Bühne gehörte Fi⸗
nale der Dper nach der Höllenfcene ausmacht, wo Anna bie
verflohlene, bisher unterbrüdte Neigung zu bem ſtolzen Flatter⸗
geifte, ber tobt vor ihr liegt, verräth unb jenen merkwuͤrdigen
Zug ihrer Seele aufdeckt, ben Hoffmann in einem feiner Phan⸗
taſieſtuͤcke mit fo fieberhaftem Entzüden ſchildert. Den Beſchluß
ber Leiſtungen machte Beethoven's Mufil zu Göthe's „Egmont⸗
mit erllärender beclamatorifcher Ginleitung und Begleitung von
Er. Mofengeil, der es auf biefe Weife möglich macht, bas bon
ben allzu royaliſtiſchen Bühnen verbrängte Stüd ald Concert:
production zu genießen. Auch in biefen Tönen herrſcht bie
@lut der Innigleit wie in Allem, was Beethoden's ſtuͤrmiſcher
Fittich erſchwungen.
Durch den Tod des Fuͤrſten Anton Radziwil, des Gemahls
einer Schweſter des Prinzen Auguſt von Preußen, iſt nunmebr
eine ber glaͤnzendſten muſikaliſchen Soirsen für immer aufgeloͤſt.
Der verſtorbene Fuͤrſt war ſelbſt als Componiſt ſehr geſchaͤtzt;
er ſetzte unter Anderm Goͤthe's Fauſt“ in Muſik, vie Textworte
theils accompagnirend , theils Das, was in ber Dichtung nur
Andeutung ift, mit Zönen weiterfpinnend. Man oft, daß das
von Kennern für werthvoll erachtete Werk der ——
nicht entzogen wird. Die Leiche des verſtorbenen Fuͤrſten, der
bekanntlich den Rang eines Statthalters der Provinz Poſen
bekleidet Hat, wurde nach feierlicher Einſegnung durch ben Propft
der hieſigen katholiſchen Kirche nach Poſen abgefuͤhrt.
In einem der letzten Stuͤcke unſers Amtsblattes leſen wir
bie Verordnung wegen ber in ber Mark Brandenburg und der
Riederlaufig anzuftellenden Schiedsmaͤnner, welche in Folge eines
Antrags unferer Provinzialftände befähigt werben follen, in Art
ber franzöfifchen, früher auch der weitfätiicherr Friedensrichter
Heinere Streitigkeiten durch fchnelle Uebereinkunft beider Parteien
und ohne proceffualifchen Schnedeengang zu ſchlichten. Im ei⸗
entlichen Preußen hat biefes Inftitue bereits ſeit längerer Zeit
and, und in Königsberg zählte man auch ben nunmehr ver-
ewigten Staͤatsminiſter Grafen Dohna⸗Schlobitten zu bem
Schiebsmännern, beren Wahl von Geiten ber Sommune in ber
Regel fonft auf die Gtabträthe fällt. Die fummarifche Ueber
fiht über die vorjährigen Leiflungen biefer nicht juridiſchen
d
548
Schiedsrichter an genannte Orte liefert das erfreuliche Ergeb⸗
niß, daß von 6937 vor das Forum der Gchiebsmänner gebrach⸗
ten. Klagen 5164 wirklich auf friebliche Weiſe ausgeglichen wur:
den, nur in 890 Fällen bie gätliche Schlichtung nicht zu Stande
kam und bei ben reſtirenden bie Sache ſchwebend gelaffen ober
abgebrochen wurde. ebenfalls trägt das Infitut dazu bei, ben
Suͤm für Recht im Wolle lebendiger zu entwideln und auch das
große Publicum daran zu gewöhnen, durch Maͤnner eigner Wahl
feine Intereſſen vertreten zu laffen.
Ueber ben Zuftand der Homdopathie in Berlin habe id) nur
kurz zu berichten, daß bie Ausbreitung biefer Curmethode keines:
wegs den Bortgang hat, wie es vielleicht auswärts erfcheinen
tönnte, wenn man in unfern 3eitungen bereits von einer hier
errichteten homdopathiſchen Speifeanftalt unb fogar von einem
Leſezirkel für Homdopathen lief. Wenngleih ber Glaube an bie
Kraft diefer Heilmethode bei ben mittlern Claſſen allerdings ſich
weit verbreitet bat, fo haben wir unter unfern Aerzten body nur
wenige, bie ihr huldigen, und bie berühmteften, bewährteften un⸗
ter ihnen find entichiebene Allopathen. Mangold, ber früher bo:
moͤopathiſche Curen verfuchte, ift bei der Behandlung ber Srippe,
die noch vor einigen Wochen bier graffirte und von Haus zu
Daus ging, biefer Methode wieder untreu geworben; nur Gtieler
ſcheint vor wie nach im Geruche faft eines wunderbaren Homdopas
then fich zu echalten. Der Zubrang bed Publicums ift bei ihm
fo ſtark, daß er ein Bureau aufzufchlagen gendthigt iſt und
mehre Schreiber die Angabe der Beſchwerden notiren, worauf
fodann ebenfalls ſchriftlich von Seiten bes Arztes das Recept
und nur in ungewöhnlichen Fällen ein Beſuch erfolgt. In den
„Jahrbuͤchern für wiffenfchaftliche Kritik” (April 1833) lefen wir
vom Profeffor Schule an der hiefigen Univerfität eine werthvolle
Abhandlung über bie ung ber bomdopathifchen Aerzte,
ihre Arzneien felbft zu bereiten, eine Behauptung, bie Gaspari
in feinee Schrift: ‚Ueber das Dispenſatorium u. f. w.“ aufftellt.
Gegen ben angeführten Grund für bilfe Zulaffung, bag nämlich
der Apotheler vom homoͤopathiſchen Arzt nicht controlirt werben
Tonne, macht der Prof. Schulg mit Recht vielleicht den Einwand,
daß der Apotheker überhaupt gar nicht bem Arzte, fonbern dem
Staate bie Garantie zu leiften babe, und berfelbe dem letztern
als geprüfter und vereibeter Arzneiverfertigee allerdings verants
wortlich fei. Hahnemann's ganzes Syſtem foll nach ber Anficht
des Prof. Schule, der fchon in feiner „„Homdobiotil” früher auf
Paracelſus verwies, nichts weiter als ein Misverflänbniß ber
Paracelſiſchen Methode fein, similia similibus zu heilen, jedoch
in der Art, daß im ganzen Organismus ein fompathetifches
Verhaͤltniß zum betheiligten kranken heile erregt und fo bie
geftdete Harmonie wieberhergeflellt werben muͤſſe. Uebrigens ift
biefer Binficht im Verlauf des April Geitens unfers Minis
fteriums ein Erlaß erfchienen, in welchem baffelbe den homdopathi⸗
fen Aerzten das Dispenfiren vor ber Hand verweigern zu
muͤſſen erklärte. 148,
Literarifhe Anzeige.
Bericht über bie im Laufe des Jahres 1832 bei F. A.
Brockhaus in Leipzig erfchienenen neum Werke
und Fortfegungen.
(Beſchlus aus Nr. 188.)
88. Sue (Eugene), AtarsYull. Aus dem Franzoͤſiſchen. 12.
144 Begen auf feinem Drudpapier. Geh. 1 Thlr. 12 Gr.
.. 89. Hiſtoriſches Taſchenbuch. Mit Weiträgen von Gans, Warn:
hagen von Enſe, Raumer, Voigt, Waagen. Herausgegeben
von Friedrich von Raumer. Vierter Jahrgang. Mit
Rubens’ Bildniß. 12. 16 Bogen auf feinem Druckpapier.
Sart. 1 Thir. 16 Gr.
der ber brei erien Jahrgaͤnge, mit von &
fe Kaumer, Beranagen or Ent, —— Bil
und ben Bil des Sarbinals elien, Maximilian IL.
Ferdinand II., Eoflet 2 Thlr.
40. Thiele & M.), Leben und Werke des dänischen
Bildhauers Bertel Thorwaldsen. In zwei Theilen. Er-
ster Theil. Mit achtsig Kupfertafeln und einem Facsi-
mile. Gross Folio. 81 Bogen Text auf dem feinsten
Velinpapier. Text und Kupfertafeln ia zwei Bänden sau-
ber cartonairt. 20 Thlr.
41. Urania. Taſchenbuch auf das Jahr 1833. Mit Danneder’s
Bildniß und ſechs Stahlſtichen nah franzöfifcden Gemälden.
16. 244 Bogen auf feinem ‚Belinpapier: eb. 2 Thlr.
Die fruͤhern Jahrgänge ber Urania bis 1829 de fdmmtii vers
ten Ber Jahrgang 1880 Eoftet 2 Thlr. 6 Gr., 1881 und 1888
der 2 z.
ie Bilbniffe von Shalfpeare, Ernſt Schulze, &5 ,
* ttiger, Canova, Jean Paul, Scott ı Kara ne ee
äller, Ubland, Gorneliuß, Debtenfhläger, De : Ealdero
Kurt Sprengel Bapgeſen G. von eigen (legtere 4 nicht
der 1 often in eriefenen Abpr i
et Srofden den in gr. 4. jedes
42. Wachtmann (CE. von), Grzählungen und Novellen.
4 Bänden. 18350 — 32. 8. 88 Bogen auf feinem Druck⸗
papier. 7 Ihr.
48. Der cafionifche Wächter. Eine antijeſuitiſche Zeitichrift
für Staat und Kirche und für alle dhriftlichen Confeſſtonen.
Herausgegeben von Alerander Müller. Jahrgang 1832.
Außer den Beilagen 104 Rummen. Gr. 4. Auf gutem
Drudpapier. v — u chaltend, ko
— mm 9
128%. . AR abrgang,, 108 —ã — 6 Sohle. Rei 2 Adir.
44. Wigand (Paul), Die Provinzialvechte der Fürftenthä-
mer Paderborn und Corvey in Weſtfalen, nebft ihrer rechtes
geſchichtlichen Sntwidelung und Begründung aus ben Quel⸗
ĩen bargeftellt. 8 Wände. Gr. 8.77 Bogen auf Druck⸗
papier. 4 Thlr. 12 Gr.
45. Zeitgenoffen. Gin biographiſches Magazin. für die Ges
ſchichte unferer Zeit. (Herausgegeben unter Berantwortlidy-
teit ber Verlagshandlung.) Vierten Banbes erfles bis fünfs
tes Heft (AXV— XXIX). Gr. 8. Jedes Heft von 6—7
Bogen auf gutem Drudpapier 12 ®r.
46. Zettwach, Das ponmerſche Lehnrecht nach feinen Abwei⸗
dungen von den Brunbfägen bes preußifchen Allgemeinen Land⸗
sechte. Br. 8. 23 Bogen auf Drudpapier. 1 Thlr. 12 Ge.
Herabgefegte Preife
Heinfius (Wilhelm), Allgemeines Bücherleriton, ober voll
ftändiges alphabetiſches Werzeichnig ber von 1700 bis Gnbe
1827 erfchienenen Buͤcher, welche in Deutfchland und in bem
durch Sprache und Literatur damit verwandten Ländern ges
druckt worden find. Nebft Angabe ber Drudorte, ber Ver⸗
' legen unb ber Preife. 7 Bände. Gr. 4, 427 Bogen auf
Drudpapier. 1812— 29. Fruͤherer Preis 37 Ihe. Segz
GENE. anti
dv
erlaffen. Kin Supplementband rd daB Bert ur Taler
Beit fortführen. -
Hübner (Johann), Zeitimgs⸗ unb Gonverfations : Lerifon,
Einundbreißigfte Auflage, bem jegigen Stande der Cul⸗
tur angemeffen und mit vorzüglicher Rädficht auf bie naͤchſte
Vergangenheit und Gegenwart, befonders Deutſchlands, ers
weitert, umgearbeitet und verbeffert von F. A. Rübder. Gin
vaterländifches Handwoͤrterbuch. Mit 150 Bilbniffen von vor⸗
züglich ausgezeichneten Deutfchen. 4 Theile. Gegen 200 Bo:
gen in or. 8. auf gutem Drudpapier. Leipzig 1824 — 27,
Fruͤherer Preis 13 Thlr. 12 Gr. Jett für fünf Thaler.
Hierzu Beilage Re. 5.
Redigirt unter Berantwortlichtelt der Verlagshandlung: J. X. Brod haus in Leipzig.
‘
Beilage zu den Blättern für literariſche Unterhaltung.
Nr. 5.
13, Mai
1833.
Bemerbungen über den Artikel „Kaspar Haufer” im „Con:
verfations:feriton der neueften Zeit und Literatur”.
Gewiß ift durch den obigen Artikel die Aufmerkſamkeit vie:
ler Rechtögelehrten und gebilteten Laien von Neuem auf ben
berühmten Findling gelenkt worden, und es werben baher bie
nachftehenden Bemerkungen eines unparteiifchen Beobachtere um
fo mehr interefficen, als fie vielleicht dazu beitragen, das nun
fon feit fünf Jahren den Griminaliften, Pſychologen und allen
Neugierigen aufgegebene Räthfel entweder auf rechtlichem oder
policeilichem Wege zu loͤſen; denn fo viele Zungen und Federn
die außerorbentlihe Erſcheinung auch in Bewegung gebracht
bat, fo vermißt der Freund der Wahrheit doch immer noch eine
vollftändige Kritit der räthfelhaften, zum Theil wunderbaren
Thatfahen nach ihrer Glaubwürbigkeit, Unwahrſcheinlichkeit ober
Unmöglichkeit, insbefondere aber eine rationnelle Loͤſung ber vie⸗
len phyſiologiſchen Probleme. Seitdem Hr. Policeirath Merker
feine Zweifel geäußert hat, iſt die Ehrlichkeit K. H.'s mit bog:
matifcher Hartnädigkeit, felbft mit Leidenſchaftlichkeit vertheidigt
worben, wobei die Wahrheit begreiflicyerweife nichts gewinnen
Tann. Diefee würde, wie ſchon ber fcharffinnige und ſachkun⸗
dige Dr. Präfident v. Feuerbach bemerkt hat, beſſer gebient ge>
wefen fein, wenn H. nicht fogleich dei feinem Grfcheinen in
Nuͤrnberg als ein Märtyrer ober Wunderfnabe aus einer an:
dern Welt behandelt, vielmehr einer langen unbefangenen Beob⸗
adytung oder Prüfung unterworfen worden wäre. Die urfprüng»
liche kurze durch fubalterne Policeidiener und Wärter hat einen
Werth und gibt nicht die geringfte Buͤrgſchaft. Er hätte ent⸗
weder nad feinem Wunſche als Soldat eingereiht oder in eis
ner MWerkftätte untergebracht und Jahr und Tag von ſcharfen
Augen und Ohren bewacht und belaufcht werben müffen, um zu
erproben, ob er fich durch Reben ober Handlungen nicht in Wis
derfprüche verwickele. Da er im fchlimmften Kall mehr ein
Werkzeug des Betrugs als ein Betrüger aus eignem Willen
war und bei feiner Sugenb unmöglidy einen hohen Grab von
Selbſtbeherrſchung oder Verſchmitztheit erworben haben Eonnte,
fo würde er ſchwerlich, zumal bei entzogener Hoffnung auf Ge:
winn oder auf ein ungewöhnliches Lebensglüd, die ihm etwa
einftubirte Role durchgeführt haben, vielmehr berfelben bald
überdräffig und zur Ablegung der Larve geneigt geworben fein.
Im entgegengefegten Falle würde ſich die fpätere Theilnahme
für ihn in dem Grabe gefteigert haben, in welchem bie Beod⸗
achtung von Eugen, gefcyäfts: und welterfahrenen Männern je
ben Zweifel an der Glaubwürdigkeit des von ihm Grzäblten
ausgeſchloſſen hätte, während jest der Unglaube oder Skepticis⸗
mus in den vorliegenden Verhandlungen ebenfo reichliche Rab:
zung findet wie das gläubige Mitleid oder der Enthuſiasmus
und die Liebe zum Wunderbaren.
Zwei Umftände find es vorzüglich, welche bie Schale der
Sweifelögründe zum Sinken bringen, ja ohne deren volllommene
hiftorifche oder pſychologiſche Aufllärung es kaum möglich ift,
an die angebliche langjährige Ginfperrung des H. und feine
gänzlihe Sfolirung von der Welt zu glauben.
Der erfte, gefchichtlich unbedeutend erſcheinende, aber pſy⸗
chologiſch wichtige tft der, daß K. H. nit vor einem ber
Thore Nürndergs, fondern auf einem Markte der Stadt betrof:
fen wurde, und daß er fig der Vorftadt ober des Thors, durch
welche er in bie Stadt gelommen, ſchlechterdings nicht erinnern
will. Dies bleibt faft unerklaͤrlich und das Eindringen in bie
Stadt fehr verbädhtig.
Man bringe einmal einen Knaben, ja felbft einen Erwach⸗
fenen, in ein Schiff und führe ihn mit verbundenen Augen dder
ftets bei Nacht vor ein Thor Pekings. Würde er ohne Jurcht
ober Neugierde an ben chinefifchen Wachen, Thuͤrmen und frem:
den Menſchen vorübergehben? Oder würde nicht vielmehr das
- Erflaunen und eine unabweisliche Schüchternheit jeden Tritt
hemmen und ihn gaffend fo lange an die Stelle feſſeln, wo fein
Führer ihn verließ, bis ex die Aufmerkſamkeit der Umftehenden
auf ſich gezogen und von Ginem angeredet ober ergriffen wors
den? Würde die Stabtgegend ober das Thor, wo er folcdhers
geftalt ausgeftellt worden, nicht unauslöfchlich in feiner Einbil⸗
dung feitfigen? Der zweite räthfelhafte und auffallende Um⸗
fand iſt der, daß K. H. nicht den nuͤrnberger, ſondern einen
altbairiſchen Dialekt ſpricht. Und doch ſoll er bei ſeinem Er⸗
ſcheinen in Nuͤrnberg nur wenige Worte geſprochen und die
Sprache erſt vollſtaͤndig allda gelernt haben.
Das Spyrechen in irgend einer Munbart iſt aber bie Folge
einer mehrjährigen Gewohnheit und ohne eine gewiſſe Sprach⸗
geläufigkeit gar nicht denkbar. Da Haufer noch bi zur Stunde
den fremden Dialekt nicht verloren hat, fo muß diefer in ihm
ſehr feft gewurzelt fein, und es läßt fich daraus ſchließen, baß
ex in feiner urfprünglidhen altbairifhen Mundart wenigftend
ebenfo viel und fo lange als während feines Aufenthalts in
Nürnberg geſprochen haben müffe. Zu biefen zwei Hauptum⸗
ftänden geſellen fi eine Menge anderer, welde bie Wahrheit
ber Hauſer'ſchen Geſchichte, fowie fie vorliegt, zweifelhaft mas
Ken, 3. B. feine ſchnelle Eriernung bed Sehens, Reitens und
anderer -förperlichen Zertigkeiten. Diefe ſteht im Wiberfpruche
mit dem pbpfiologifchen Gefegen und ber Erfahrung, weldye
man an andern, auf ähnliche Weiſe verwahrloſten oder gemids -
bandelten Kindern, infonderheit an einem in Salzburg aufges
fundenen Mädchen gemacht hat. |
Dieſerhalb ift auch unter ber Bürgerclaffe Nürnbergs ber
Unglaube. an ber Lebens s und Leidensgefchichte des K. H. vor:
herrſchend, und derfelbe mehr ein Begenftand bes Argwohns als
bes Mitleids und der Verwunderung.
Es gewinnt ſonach das Anfehen, ald ob bie ganze Wun⸗
berbegebenpeit mehr ein Erzeugniß einer befangenen und. vorur:
theilsvollen Unterſuchung, als aus der Wirklichkeit hervorgegan⸗
gen, und ber arme X. 9. faft wider feinen Willen in ein, von
ihm jest kaum zerreißbares Gewebe von Taͤuſchungen und Märs
den verwidelt worden fei.
Nicht minder, als die Uebereilung und bisherige Richtung
der Unterfuhung muß man beflagen, daß bie bairifche Regie⸗
rung nicht eindringendere Maßregeln zur Entdeckung der Wahr:
beit ergriffen hat, fo ſehr dies au in ihrem Intereſſe lag;
denn mögen fo ungewöhnliche Verbrechen, als die angeblih an
K. H. Jahre lang verübten und keck erneuerten, ohne Entdeckung
des Thaͤters wirklich begangen worben, ober mag K. 9. jahre:
lang das Yublicum und bie öffentlichen Behoͤrden zu Affen im
Stande fein, fo wirft das Cine wie dad Andere kein günftiges
Eich auf die polfceilihe und gerichtliche Thaͤtigkeit in dieſem
ande.
Es gibt zur Ermittelung der Wahrheit ein nicht fehr bes
fhwerliches und wenig Eoftfpieliged Mittel, durch deſſen Anwen⸗
bung entweder ber beabfichtigte 3weck erreicht, ober, was gleich
wichtig ffl, die Unfchuld des K. H. beftätigt werben würbe. GE
laͤßt ſich dadurch im ungünftigften Balle wenigftens der indirecte
Beweis führen, daß K. H. nicht in Baiern geboren worben,
oder hier nicht bie ſchrecklichen Mishandlungen erlitten habe,
welche die Theilnahme faft aller europäifchen Länder in Ans
ſpruch nehmen; im günftigern Kal aber würde ſich entweber
beftimmt ergeben, wo H. geboren unb erzogen ober eingefperrt
worden, oder es würde zum minbeften außer Zweifel gefegt wer⸗
ben, in welchen Gemeinden er nicht geboren und gemishanbelt
worden fein koͤnne, und es wärben nur wenige Perfonen ober
350.
Gemeinden übrigbleiben, an bie ſich moͤgllcherweiſe ber Verdacht
eines Verbrechens oder die Mühe näherer gerichtlicher Inquiſi⸗
tion heften und folchergeftait die rechte Spur im Werlaufe der
Zeit auffinden ließe, während ſich bermalen die Recherchen und
-allen nber· die
zen hinaus erſtrecken und ſo zu ſagen im unendlichen blauen
Dimmel verlieren. —
Erwoͤgt man, daß fi bas Alter H's bis auf gzwei,
hoͤchſtens drei Jahre beftinnmen tAßts "daß er bie Zeichen ber
GSchutzblatternimpfung an ſich trägt: daß ex muthmaßlich im einer
"Heinen Gemeinde geboren unb erzogen ober gefangen gehalten
wurde, und daß ſchwerlich ſchon bei feiner Geburt bie fpätere Mis⸗
dhandlung (oder deren Vorſpiegelung) beſchloſſen worden, mithin
feine Geburt fidy richtig einregiſtrirt finden wird; erodgt man
feiner, daß er noch im Juͤnglingsalter fleht, in welchem vielleicht
' feiner ber gleichzeitig Geborenen in die Kategorie ber Verſcholle⸗
Yen 'oder der in fremde Welttheile Ausgewanderten fällt, viel«
‚mehr faft von Allen noch erforfiht werben Tann, ob fie wieder
veritorben find oder ned) leben: fo erſcheint es zweckmaͤßig und
der Mühe werth, ein pollceiliches Nes über alle in den Jahren
1811—13 geborenen Knaben zu werfen und nachzufuchen, ob
fi) der Herugmte Findling nicht darin befinde.
Man fobere alfo einen beglaudigten Auszug aus ben Ge⸗
. burtös und Zaufregiftern gedachter Jahre, desgleicken die Impf⸗
Uſten vom den Jahren 1811—18 ein und laffe bie darin vor:
. "Tommenben :Ramen durch einen ſichern Beamten jeder Kreisre⸗
gierung, oder durch einen eignen allgemeinen Commiſſair durch:
muſtern.
werden darunter ohne Zweifel mehre Hauſer ſein, da es
nicht wenige baͤuerliche und andere Familien dieſes Ramens,
beſonders in der Gegend von Burghauſen gibt, wo auch das
von Haufer nach Nürnberg mitgebrachte Andachtsbuch gedruckt
worden; was einigenmißen eine Spur und bie Vermuthung
gibt, daß er aus dortiger Gegend nach Nuͤrnberg geführt worden.
Im gluͤcklichen Falle wird der Geſuchte unker ſeinen Ra⸗
mensvettern ſein, indem feine Mutter ober die etwanigen ſonſti⸗
gen Complicen eines Betrugs bei ber anſehnlichen Entfermmg
des Domicils von Nürnberg es entweber unndthig erachteten,
den wahren Gefchlechtenamen zu ändern, ober feine Nichtaͤnde⸗
rung für beſonders liſtig hielten.
Durch Bernehmung der betreffenden Gemeindeausſchuͤſſe und
der Angehörigen wird :fich mit Huͤlfe der Sterbregifter ergeben,
welche ‘von diefen Hauſern unzweifelhaft verftorben find, ober
‘wo die Nichtgeftorbenen mit ihren Yamilien leben.
Führt K. 9. einen falfhen Namen und leitet alfo diefe
Vernehmung nicht auf die wahre Spur, fo bleibt freilich nichts
übrig, als bie Recherche auf gleiche Weife über alle in den be:
merkten Jahren geborenen Knaben, beren Tod nicht feſtſteht,
fortzufegen; wobei zu groͤßerer Sicherheit von allen Ruralge⸗
meindeverwaltungen Liſten über biejenigen Familien ober Müt-
‚ter, bie transitorifch vom Jahre 181028 mit Knaben des be:
treffenden Alters bei :ihnen domicilirt haben und deren gegen:
' wärtiger Aufenthalt unbekannt iſt, eingefodert und mitberäd:
fichtigt werben tbnnten. |
So umfaffend und beſchwerlich ‚eine ſolche Recherche auf
ben erſten Anblick auch erſcheinen mag, fo ift fie es doch Feines»
wegs, da fie fich unter bie vielen einzelnen Gemeindeverwaltun⸗
gen unb PVeolicelbeziüle vertheilt und in ben. meiften Ruralges
meinden bie Zahl ber jährlich geboren werbenden, am Leben
"verbleibenden Knaben undedeutend iſt. Sie tft wenigftens bei⸗
weitem weniger muͤhſam ale manche andere, die oͤfters um
eines geringfägigern ſtatiſtiſchen oder fonftigen Zwecks willen den
Semeinde= und Policeibeamten aufgebärdet wird, und geſchieht
sum Theil ſchon, obwol weniger gründfich, alljaͤhrlich Behufs
der Gonfeription.
‚Abgefehen von allen nicht anwahrſcheinlichen Gluͤckseinfluͤſ⸗
fen, die fi dei einer allgemeinen Nachforſchung wirkfam zeigen
und bie verſteckten Theilbaber bes Verbrechens ober Betrugs
erſchrecken ober Eenntitch machen koͤmen, fo wird dadurch in je⸗
dem Fall der jeht gewiffermaßen auf ber Geſammtmaſſe ber
bairifchen Staatseinwohner ſchwebende Verdacht von ber größten
Mehrzahl berfeiben gehoben, fowie der Vorwurf einer Indolenz
von ber Regierung entfernt werden, ‚unb e6 werben nur wenige
a 70 Sn 7 ein
Theilhaber der an ihm veruͤbten Verbrechen moͤglicherweiſe ſte⸗
‚den ‚mb geſucht werten Tann. Die Sairifche Gtattäegierrung
ſcheint daher bie RUHE inte folchen Nadifenfibung fü und ih⸗
rem Rufe im Auslande, dem K. H. felbft und ber Beruhigung -
ie Ehrenreinigung aller ihrer rechtlichen Einwohner ſchuldig
zu fein.
Nah den juͤngſt eingetretenen Minifterveränberungen läßt
fih von der Thaͤtigkeit und Ginficht ber neuen Chefs im Sir
nifterium ber Juſtiz und des Innern das Beſte hoffen und die
umfichtigfte, Torgfältigfte Erfülung einer Pflicht erwarten, bei
ber überdies die halbe gefittete Welt ein ungewöhnliches Huma⸗
nitätsinterelfe hat. 142.
Memoiren Lubwig XVII, gefammelt und genrbnet von
dem Herzoge von D.... Deutfh buch 8. With.
Schiebler. Deitter und vierter Band. Leipzig,
Allgemeine niederkändifhe Buchhandlung. 1832. 8.
3 hlr. *)
&o viel und befannt geworben, ift bie Frage, weldgen ums
mittelbaren Antheil König Ludwig XVII, an biefen feinen Na⸗
men führenden Dentwärdigleiten bat, noch nicht definitiv ent⸗
ſchieden; gewiß aber ift, daß eine aufmerkfeme Lecture jebes
neuen Bandes berfelben bie Beweiſe vermehrt, daß dieſes
Geſchichtswerk in feinem Geifte gefcdhsieben und aus Quellen,
zu denen er nur -felbft ben Zutritt bahnen Fonnte, floß. Der
dritte Band beginnt mit dem Sabre 1787, ber vierte ſchließt
mit bem Laufe der Verhandlungen ber Nationalverfammiung
im Zahre 1790; beide aber bieten ein Höchft intereffantes Ge⸗
maͤlde dar, in beffen verfchiebenen Darftellungen bie Gharalteris
ſtik des damaligen Grafen von Provence mit klarer Gonfequen
durchgeführt wird. Der gefchichtliche Werth iſt gefichert d
die Treue, mit welcher ber Verf. feiner Erklaͤrung nachlommt:
„Ss ift nicht meine Abficht, bier zu wiederholen, was ſich faft
in allen Schriften über jene Zeit der Revolution. erfindet; fon-
bern ich will blos bie vertsautellen Sachen unb Handlungen,
weiche heimlich am Hofe geſchahen, erwähnen.“ (IV, ©. 76.)
So aus ber Nähe des Throne unb ber Mitte bes Hofes, wie
biefe Memoiren berichten, hat noch kein Schriftfteller fein Wert
begonnen; und babei ift es fein mit beichränkten Fähigkeiten
von gewöhnlicher Prinzenfchwäce gebrüdter Fuͤrſt, welder hier
das Wort führt; es iſt ein freifinniger, aber feinen Fürften-
werth hoch veranfählagender Mann, welcher Rechefchaft gibt,
wie er muthvoll ben ungluͤcklichſten Zeitverflechtungen die Stirn
bot, aber mit dem menfchenfreundlichften Wollen fcheiterte, weil
ihn eine engbrüftige Adelskaſte und ein in böfen Kaͤnken ver:
funtener Hof durch das ganze Beben marterten. Im ber gan:
zen Revolutions geſchichte Fönnen Feine .eblern Sparaktere nachge⸗
wieſen werben. als die bes Königs Ludwig XVI. und feines
Altern Bruders, welcher jenen an Energie, Einfiht und Vor⸗
urtheilsfreiheit um Wieles übertraf. Ach, welche Züge find
in biefen Denkwuͤrdigkeiten zur Beitätigung biefer Behauptung
aufbewahrt! Als bei den Btreitigleiten Ludwig XVI. mit
dem Parlamente, welche unmittelbar vor der Revolution ſtatt⸗
fanden unb biefelbe einleiteten, Artois zum Könige fagte, daß
er- fietö Recht Habe und Herr bed Vermögens feiner Unterthanen
fei, antwortete Lubwig mit Wärme: „Das ift ein falfcher
Grundfag; ich werde verhindern, baß man benfelben meinen
Kindern einpräge; ich bin ber Vater bes Volles, nicht fein
Despot ; es bringt mich zur Verzweiflung, übel mit demfelben
"*) Val. über den erſten und zweiten Band Nr. 218 und BO& d. BI.
f. 1882, D Red,
551
baran zu fein. Gehen Sie”, fuhr der Bortrefftiche Fuͤrſt fort,
indem * mit ben Fingern auf das ſtumme, beſtuͤrzte Bolt
geigte, „glauben Sie, daß dieſe Menge weniger Recht hat als
meine Minifter? und vertheidigt nicht das Parlament die Frucht
"ihres Schweißes? Ach, wenn wir dies wohl uͤberlegten, wuͤr⸗
den wir bei jeder umuͤtzen Ausgabe beben, denn das Geld,
welches man mit unndthigen Dingen verſchleudert, iſt mit ‚den
Thraͤnen dieſer Ungluͤcklichen benetzt.“ (TIL, 231.),. Das Ge:
heimniß der ganzen Revolution legt der Verf, dem Denker mit
ven Worten bar: „Ich habe über bie Urfache nachgedacht,
welche alle Diejenigen vernichtete, auf bie man fo große Hoff:
nungen baute, und fie fchien mir aus eben berfelben herzukom⸗
‚men, welche während ber Republik bis auf bie legten Jahre
Bonapartes ben franzoͤſiſchen Heeren den Sieg verfcjaffte. Die
fremden Generale führten bein Krieg nad ber alten Taktik,
während man fie auf eine neue Weiſe angriff, welche fie ver-
möge ihrer Einfachheit irre führte. Ebenfo konnte beim Beginne
der Revolution ter an eine Art von Kampf mit bem Parla:
:zuente gewöhnte Hof an keine andere Art zu Fämpfen fih ge:
wöhnen. Er Eormte durchaus nicht glauben, daß die Angrei>
finden nicht die mindeſte Rüdfidt gegen bie Angegriffenen be:
en würden. Stets hielt man die Lage, worin man fi be
Fand, für unangreifbar, indem man ſich binter bie Vorzüge bes
Ranges oder ber Geburt flüchtete.” (IV, 73.) Mit ben Anfichten,
Meinungen und Maßregeln des Grafen Artois, deſſen Unvgrfichtig:
keit der Hofadel benugte, um ihn an der Spige ber Rational
widerſacher figuriren gu laffen, fteht Graf Provence im beftändigen
‚Wiberfprudye, weicher mehremtale bie von ber Hofkabale vor:
bereiteten Auswanbderungspiane verhindert. . Bei der Erwähnung
der berächtigten Worfäle am 14. Juli 1789 fpricht der Werf.
das. Welenntniß aus: „Der Auswanderungsentfchluß zeigte ge:
‚gen den Hof und folglich gegen ben König Perfonen auf, weiche
niemals ıbaran gedacht hatten, ſich von ihm zu tsennen. Gpäter
erzeugte bie Auswanderung noch bitterere Fr
wahres Mistrauen und ben Wunſch einflößte, ſolche Gewähr:
leiftungen gu erhalten, daß Ludwig XVI. ſich in der unmdglich⸗
keit 'befände, von Nemem irgend etwas mit ben Ausgewanderten
zu unternehmen, und nad) und nach Fam man bahin, ihn vom
Throne zu flürzen. Ich ſchreibe demnach mit Sad
ers.
tenntniß ben Tod Lubwig XVI. unb bie
nihtung der Monardhie der Auswanderung zu.
Gottitft mein Zeuge für alles Das, was ich gethan habe, "um
fie zu verhindern, und von der Richtung, welche ich ihr geben.
wollte, als fie unvermeidlich wurde. Die Ausgewanderten da:
ben mir biefelbe niemals verziehen und ihr Haß hat mich dafür
mit graufamen Wrrleunidungen beftzaft.” (IV, 207.)
Die feiftftelerifchen Partelführer, welche darauf geſchwo⸗
sen haben, bee Welt glauben zu machen, bie Stevolution und
‚ihre Unthaten feien eine weitverſchlungene Philoſophenverſchwoͤrung,
mögen fih angelegen fein laffen, darzutkun, daß das Emigran⸗
‚sengefindel, beffen Nachwuchs noch fortſpukt, -unter ber deitung
ber Philofophen ſtand.
Deutfche Denkwuͤrdigkeiten aus alten Papieren. Heraus:
"gegeben von E. F. von Rumohr Vierter Theil.
Berlin, Dunder und Humblot. 1832, 8. 1 Xhle. *)
Mit großem Vergnügen haben wir auch ben vierten Theil
Diefes vom Publicum mit fo allgemeinem Beifäll aufgenommes
nen Buches getefen. Ueber den Geift des Ganzen, und was
wir allgemein baräber zu bemerken, zu vühmen und anzuprei⸗
fen hätten, bürfen wir uns bier nicht weiter verbreiten, ba
demſelben durch die Erfcheinung des vierten Sheild nichts Wes
ſentliches hinzugeſetzt, noch überhaupt. etwas darin mobificirt
wird. Dieſelbe gefällige Darſtellungsweiſe, dieſelbe glatte, aber
geiftreiche Lebensbetrachtung, biefelbe ironiſche Willlür in Be⸗
*% Vgl. Nr. 100 d. Bl. f. 1882. D. Rev
.
üchte, indem fie ein
treff der Wegebenheiten, baſſelbe Zuruͤckhalten mit einer eigent:
‚lich pofitiven Anficht. Unfere Aufgabe wird ſich alfo nur darauf
beſchraͤnken, die Eefer mit bem Inhalte des nachträglich erſchie⸗
nenen Theils befannt gu machen.
fauberer ausgeführt. Mit befonderer Vorliebe hat ber Verf.
Es erfcheinen darin ei .
nige ber früher fo leicht und grazids ffizzirten Geftalten noch
bie höchft ‚anmuthige Perſonlichkeit ber Gräfin behandelt ab '
für das Wachsthum dieſes Charakters Garge getragen. Sie
erfchien uns im erften Theile ats ein muthwilliges, geiftgeiches
Mädchen; indem folgenden trat ſſe als "Tteberifrpürdige junge
Gattin auf; in biefem
ftändig wirkende Hausfrau, gewiffermaßen als Wefchügerin der
weiblihen Würde und Lieblichfeit. Wir haben auf biefe Weiſe
das und in Romanen fo felten dargebotene Beilpiel, Charaktere,
bie man uns im dem dichterifchen Alter des Seins, in bem
Frühling der Liebe zeichnet, auch in bem fpätern, reifenden
Sonnenfchein des höhern Sommers ober des Herbſtes zu erbli⸗
den, und zu fehen, was von innerer Liebenswärbigkeit bleibt,
wenn die zuuberifche Hülle der Jugend gefunten if. Darin
verfehen es die meiften Dichter; ihre Liebespaare find gar nicht
als Ältere Wefen denkbar, ihre Aeltern vollends koͤnnen nie eine
Jugend gehabt haben, und es iſt oft ganz unbegreiflich, wie bie
boldeften, Tiebreizendften Töchter unter der Zucht der giftigen,
bergiofen Mutter gedeihen Tonnten. Anders unſer -Verf.: bie
Graͤfin ift freilich ber Liebling unter feinen Charakteren; er
hat fie aber auch mit ungemeiner Sorglichkeit und Zartheit
binausgeführt. Wir fehen ihr Portrait als Zungfrau, als
Braut, als befonnene Frau, und erfennen überall biefelben Züge,
diefelbe Liebenswürbigfeit, und wie bie unmiverftehliche Macht
dev Jahre fie ändert und bedingt. ine neue Geftalt, der
Hausgenoſſe des Autors, ben er zu feinem Erben einfegt, tft
ſehr ergöglich gezeichnet. Der Aufenthalt auf dem Gute im
Schwarzwalde gibt zu einigen oͤkonomiſchen Digreffionen Anlaß,
die das Buch eben nicht verfchönern. Daſſelbe müflen wir von
dem fünften Gapitel: „Der finnreichen Ausfüllung der Lücken
eines befchäbigten Sprachbentmals”, ſagen; es ericheint uns
mäßig, ohne Humor, ohne Spige, nimmt wenigftens in jedem
Fall einen zu großen Raum ein. Ein wahrer Juwel ange:
nehmer, geiftreicher, natürlicher Darftellung ift dagegen das
ſechste Capitel: „Liebeshaͤndel in Briefen”. Mir möchten dies
unter bie vorzüglichften Theile des ganzen Buches Teilen; Goͤthe
würde die Aufgabe kaum giüdlicher gelöft haben, und das ganze
Verdienſt einer fo heiter anfpredgenden Dichtung fiele auf den
Verf. zuruͤck, wenn es nicht bei jedem Worte durchſchimmerte,
wie viel er in Sprache, Behandlung ber Charaktere, ber Ver:
"| bältmiffe, ja vielleicht in ganzer Lebensanfchauung biefem großen
Dichter verdankt. Es wäre und ein Leichtes, den Lefern d. BT.
den Gegenftand der fein und fauber ausgeführten Handzeichnung
- in einer flädhtigen Skizze binzuftellen; doch wir wollen ihnen
"bie Ueberraſchung, unferm Verf. die Wirkung feines Fleißes
nicht ftören. Der Aufenthalt auf dem Schloſſe der Graͤfin iſt
und faft nur durch fie felbft angenehm. Die Vertreibung des
eomantifchen Zigeunerlebens, ber Mismuth bes Srafen wirken
unerfreulich und füheinen nicht nothwendig. Warum ließ ber -
Verf. nicht Tieber Alles fröhlich grünen und blühen! Er tft viel
ftärfer in der leichten Zeichnung artiger Biltyen als in ber
Kunft, für erfchütternde Verhättniffe unfer Intereffe anzuregen.
Ueberhaupt behandelt er uns biefe (auch vielleicht nach dem Vor⸗
bilde Soͤthe's) etwas zu ſpoͤttiſch; es iſt freitich leicht, in vers
kehrter Weiſe eine Maſſe abenteuerlihen Stoffe zu häufen,
aber es erfobers doch ein nicht unbebeutenbes dichteriſches Ta⸗
lent und eine geſchickte Hand, feltfame Wegebenheiten in eine
natürliche Reihenfolge zu bringen und das Intereſſe bes Leſers
angftuoll zu fpannen, wenn man zugleich bie Spannung befrie⸗
bigend gu loͤſen unternimmt. Darin ift z. B. der Verf. fehr
ungläcdtich gewefen, und bie Auflöfung ber feltfamen Scenen
"des dritten Theil ſogar für eine ironiſche zu willkürlich.
D, fo mander Wolkenſtrahl auch über die Landſchaft fällt, das
Banze ift doch von einem veinen, heitern ‚Himmel überwölbt,
leoten erblicken wir fie ſchon als felb: -
952
unter dem es und fo wohl wird, daß wir bem Verf. nur für
die angenehmen Stunden, bie er und gewährt, aufs Neue und
ebenfo aufrichtig danken können, wie wir es ſchon bei ber Er⸗
feinung ber drei erften Theile in d. Bl. gethan. 82.
Ueber Preffreiheit, Proteftantismus, Revolution, Reprä:
‚ fentation und Staat, in befonderer Hinficht auf Deutſch⸗
land. Ein Votum ber Kirche. Aus den Theologifchen
Annalen 1831 beſonders abgedruckt. Koburg, Sinner.
1831. Gr. 8. 14 Gr. | -
Die große Bewegung unferer Zeit nennt ber Verf. mit
Recht einen geifligen Kampf um Rechte, um das ewig Wahre
und Gute, nad) deffen durch gegenfeitige Verftändigung bewirf:
tem Ende eine fefte Rube folgen wird; und zu dieſer Verſtaͤn⸗
digung und der Verföhnung des MWiberftreitd der Meinung bei:
zutragen, ift der in der Vorrede ausgeſprochene Zweck der Schrift.
Diefer angekündigte gute Wille, Scharfſinn und Korfchung,
große Beleſenheit in ben verfchiebenartigften bier einfchlagenden
Werfen, und dann und wann auch eine überrafchende Wendung
bilden den Sharalter diefer Schrift, bei ber wir übrigens etwas
mebr logiſche Ordnung gewünfcht hätten, und deren weitere Ver:
breitung und Benugung durch den Mangel aller und jeder Ein:
theilung und Weberficht bes Dargeftellten gewiß nicht befördert
wird. Ueber Preßfreiheit felbft gibt uns ber Verf. nichts Neues,
doch ift auch ohne .diefes eine Beleuchtung berfelben gewiß gut
und nüglih. Er ſtellt fie als äußere Denkfreipeit und fomit als
" ein heiliges Recht des Menfchen auf, zugleich auch als eine hi:
ſtoriſche Erſcheinung, die nicht zu unterdrüden ift, fo ſehr auch
der Despotismus gegen dieſe Conſequenz ber Gebankenfreiheit
vor und nad GSrfindung der WBuchdruderfunft gewüthet hat;
der Preßfrechheit widerfireitet er, findet aber das befte Mittel,
fie unfyablich zu maden, eben in ber Preßfreiheit felbft, bei
ber die Nothwendigkeit eines Preßgefeges nur angebeutet wird.
Der vorzüglichfte Nugen ber Preßfreiheit wird in ihrem Einfluß
auf die Eultur und den Sntwidelungsgang ber Wenfchheit übers
haupt, in ber von ihr bebingten Gontrole über alle Theile des
Staatdorganismus und in bem Mittel, das fie der Regierung
barbietet, die gefammte Intelligenz zu benugen und den @e:
fammtiillen bes Volks kennen zu lernen, gefunden. Daß bie
Preßfreiheit nirgenb eine evolution bewirkt habe, ift fodbann
genügend dargethan, befonbers in Beziehung auf die Volksbe⸗
'wegungen in Deutfchland, wegen deren ein foldyer Vorwurf um
fo unvernünftiger ift, als nirgend daſelbſt ſich Preßfreiheit fin-
bet, wol aber Cenſurzwang und babei doch mannichfacher Preß:
unfug. Den Proteſtantismus nimmt der Verf. in einem hoͤhern
Sinne als ben Erundfag, nichts ohne Prüfung für wahr und
recht anzufehen, und in biefem Sinne ift er allerdings älter
als die Reformation, fowie auch nicht zu verkennen ift, daß die
Preßfreiheit felbft dann ein nothwendiges Mittel zu dem Zweck
der Proteftantismus if. Daß aber auch letzterer fo wenig ale
erftere Urfache der Revolutionen ift, wirb philoſophiſch und bi:
ftorifch debducirt, und nur infofern hat der. Proteftantismus mit
hierzu beigetragen, als ex im Allgemeinen bie Srage nad) Dem,
was vernunftgemäß, hervorrief und die Menfchheit um einen
Schritt weiter brachte, wobei dann ber innige und nothwendige
Zuſammenhang bes frühern Ringens nach kirchlicher Freiheit
mit dem heutigen nach buͤrgerlicher hervorgehoben wird. Die
Revolutionen ber neuern Zeit finden nach dem Verf. ihren Grund
hauptſaͤchlich im ſchroffen Entgegenſtehen der politiſchen Parteien,
deren Vermittelung nur die Preßfreiheit bewirken kann, dann
in ber Aufregung und den Verſprechungen von 1813 her, ſowie
endblih in manden Misverhältniffen des bürgerlichen Lebens.
Das Verlangen der Beit ift Volksrepraͤſentation; alfo ebenfo
wenig wie bei ber Reformation eine neue Religion verlangt
wurde, ebenfo wenig werben auc im Staatdleben jest ganz neue
Seftaltungen erfobert, da bie Volksvertretung ein fehr altes, nas
mentlich germanifches Princip ift. Die Repräfentation foll aber
ber Zeit angemefjen und umfaffenb fein, deshalb auch bie Ki
einfließen, wobei ber Verf. fi als Anhänger Großmann'ſcher
Ideen zeigt. Dadurch aber wird, wie gut bargeftellt ift, die
Preßfreiheit nicht überfläffig, ſondern nur durdy fie die Repraͤ⸗
fentation felbft gehoben. Uebrigens verlangt unfere Zeit eine
Umbildung bes Nothſtaats in einen Bernunftflaat, was eben
auf die angegebene Art allein erlangt wirb, wobei dann ber
Berf. Gelegenheit nimmt, die chrifttichen und edeln Srundfäge
ber heiligen Allianz anzupreifen, beren Wirkungen er wol nur
allein noch jegt als fegensreidy anerkennt, und die fi, koͤcher⸗
lich genug, in ber Milde, mit ber man die Revolutionen dulbet,
noch zeigen fol. Dem Verſuch des Verf. &. 114, eine Ver⸗
mittelung zwifchen ber Legitimität und Wolksfouverainetät zu
bewirken, fehlt es an grünblicher flaatsrechtlichen Würdigung ber
ganzen Verhältniffe.
Ein Votum der Kirche ift bie Abhandlung genannt wol
befonders wegen ber vorherrſchenden Rüdficht auf den Proteftans
tiömus. Der etwas enge Drud wird buch das auf jeder Geite
und faft in jeder Zeile ftattfindende Borlommen von gefperrt
gedruckten Worten noch unangenehmer. 60.
Notiz.
Noch etwas über das Wort: Finanz. *)
Es herrſcht allgemein die Annahme, daß die Franzoſen das
Finanzweſen ſtets mit „les finances’’ bezeichnen. Die Wahr
heit iſt aber bie, daß nur bie neuern Deutfchen flets bie Fi⸗
nanzen fagen, wenn fie bie Staatsölonomie bezeichnen wollen.
Die Altern franzoͤſiſchen Schriftſteller wenbeten faft inımer bie
einfache Zahl an. ‚Melon fagt in feinem „Essai pelitique sur
le commerce” (Amftertam 1754, ©.68 u. a.D.) immer „sys-
teme, idee de finance”. Aber auch bie neuern Gchriftfieller
gebrauchen nicht immer die vielfache Zahl. So lefen wir bei
Pigault: Lebrun in bem Romane: „Monsieur Botte’ (Paris
1803, III, &. 208), wie folgt: „Cette operation de finance‘;
die gan moderne Frau von Stande fagt in ihren Memoiren:
(Brüffel 1829, IV, 89) ebenfalls: „Si vous ne pouvez caser
un ami dans la finance, vous le mettez dans la magistra-
ture, 150.
Aphorismen.
GSleichniß.
Auf Bonaparte's Geſtaͤndniß, Kleber's Moͤrder geweſen zu
fein, laͤßt eine in jener Zeit erſchienene Spottſchrift den deshalb
confultirten AbbE Maury mit einem- wohlgewählten Gleichnifſe
antworten: „Der Meuchelmorb Kleber's hat Frankreich vor
einem Bürgerkriege bewahrt. Sie müffen bedenken, Gire, daß
Shre Kaiferliche Gewalt einem Schwerte gleicht, welches fidy
wagerecht über dem Boben bewegt und Alles abbauen muß, wa®
ſich über bemfelben erhebt.” Kann man den Despotismus
treffender bezeichnen ?
Gegenfasp.
Es gibt Zeiten, wo fi die Völker in religiöfer Verehrung
des Hergebradhten gar nicht einmal fragen, ob etwas ander®
und deffer fein koͤnne; — und biefe Zeiten find vielleicht die
glädlihften. Wenn aber ber Geiſt ber Nachforſchung einmal
gewedt ift, wenn fi ein unruhiges Streben, welches eben⸗
fo fefte. Wurzeln als das Beharren bei bem vermeint Guten
in ber Menſchenbruſt bat, veroffenbart, bann Iaffen ſich bie
Völker nicht mehr mit Autoritäten abfpeifen. 178.
*) Vgl. auch B. Nr. 4 b. BI. D. Red.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshendlung: 8. X. Brodhaus in Eeipste.
—— — — —
klaͤrung und Würdigung; darum fobert
Darſtellung unabweislich einen Ruͤckblick.
x
0 Blätter
für
Dienftag,
Ein Bid auf Rheinbaierns gegenwärtige
- Stimmung und Lage. .
Zange Zeit hat Rheinbaiern bie allgemeine Aufmerk⸗
„ſamkeit in fletd wachfendem Intereſſe auf fich gezogen.
Die politifche Epraltation der Mehrzahl feiner Bewohner
in allen Ständen war eine um fo Üüberrafchendere Erſchei⸗
nung, je tiefere Ruhe und Zufriedenheit man in dieſen
Gauen, die von ber Natur fo verfchwenderifh ausgeflats
tet‘ find, zu finden gewohnt war, zurmal ihre politifche
Rage eben nicht zu denen gehörte, die gegründete Veran⸗
laſſung zu Misvergnügen gaben. Es fchien, als babe has
moraliſch⸗ politifche Fieber in ber Farce von Hambach,
ber man wahrlich einen viel zu wichtigen Charakter bei-
gelegt, feine Krife erreicht, jenfeit welcher nur Abfpan=
nung. und Erfchlaffung folgen müfle, ale habe das dro⸗
hende Stirnrunzeln ber pompoͤſen Hofcommiſſion endlich
mit einem Male den Spukgeiſt beſchworen und ausgetrie⸗
ben, der, gar ſeltſame Bockſpruͤnge machend, ſein Weſen
ſo lange getrieben, als ihn lammsartige Langmuth ge⸗
hegt und Schwaͤche geduldet; allein es iſt gewiß, daß,
wie zur Zeit der heftigſten Erregung das Ausland
Rheinbaierns Stimmung und Lage grundfalſch beurtheilt,
daſſelbe ſogar in dieſem Augenblicke noch keine richtige
Aniicht hat, fo viel auch einzelne Correſpondenzartikel
in Öffentlichen Blättern darüber geredet haben moͤgen.
Nicht ohne Intereſſe dürfte eben darum in dieſem Zu:
genblicke die Schilderung ber gegenwärtigen Lage und
Stimmung Rheinbaierns durd einen partei -und vor:
urtheillofen Beobachter fein. Die nachfolgenden Zeilen
follen eine folche verfuchen. .
Jede Exrfcheinung der Gegenwart — und Rheinbaiern
bietet deren manche, bie nicht uͤberſehen merben dürfen,
wenn «6 ein richtiges Urtheil gelten fol — findet nur in
ihrem Zufammengange mit früher dagemwefenen ihre Er:
bie nachfolgende
Bor dem Jahre 1830 lag ein fliller Frieden auf
RMheinbaierns fchönen Bauen. Das Volk fühlte ſich mohl
'im Befige geficherter Rechte und Freiheiten, unter einer
‚milden Regierung und keineswegs druckenden Staats⸗
laſten. Klagte man auch über Manches und wuͤnſchte
man Vieles anders, To. war: dies .boch nur in Rhein⸗
14. Mai 1833,
baieın wie überall, wo ber Menſch feine eigue Lage beur⸗
teilt. Mar Eins wurde zur Beranlaflung bitterer Be⸗
ſchwerden: der sunhellbringenbe, unpolitiſche, ber Regie⸗
sung und dem Lande gleich nachtheilige Gedanke, eine .
Mauth zu errichten. Sie laͤhmte den Verkehr, befoͤrderte
auf eine empoͤrende Weiſe die Immoralitaͤt und koſtete
son Anfang an dem Staate mehr, als fig. einbrachte.
Mie fehr man auch dieſe traurige Einrichtung beklagte,
und fo laut man auch nad) pfälger Weiſe basüber haderte,
man begte dennoch ziemlich feit die Hoffnung, die Regie:
mmg werde bald die Unklugheit und Schädlichkeit der
Moßregel für das ifolirte Länddyen einfehen und, die Bit:
ten des Volkes erhörend, fie wieder aufheben. Noch höher
flieg diefe Hoffnung, als die Kunde kam, die Eönigliche
Samilie ober doch daB Hereſcherpaar werde den Rhein⸗
kreis beſuchen. An dieſe Ausſicht zeihten ſich die erfreu⸗
lichſten Hoffnungen. Ludwig, den Buͤrgerfreund, wie man
allgemein den Koͤnig nennen hoͤrte, in ſeiner Mitte zu
ſehen, erfuͤllte des leicht erregbaren Volkes Herzen mit
wahrem Jubel. Des geliebten Maximilian Anwefenheit
war noch in friſchem Andenken. Die erſehnte Zeit kam,
und Rheinbaiern erfchöpfte ſich in Beweiſen der Liebe und
Anhaͤnglichkeit. Das Koͤnigspaar weilte eine Woche im
Kreiſe, und dieſe Woche wurde zur Jubelwoche. Wie
ſollte auch das Volk anders? Zog nicht Huld und Güte
alle Herzen an? War nicht Ludwig von Baiern der
Volksfreund, ber erſte, treueſte Hüter der Conſtitution,
die ſein geliebter Vater gegeben? Gewaͤhrte dieſe Conſti⸗
tinion ‚nicht Vortheile und Segnungen, Rechte und Frei⸗
beiten, auf. die das. Volk ſtolz war, wie fie nicht viele
Voͤlker Deutichlands von ſich ruͤhmen durften? Sicherte
ſie nicht die theuern Mechtöinftitutionen, und maren bie
ed nit grade, für die ſich Ludwig fo entfchieden er:
‚Yärte? Hatte er nicht den einfachen, ſichern Gang ber
franzoͤſiſchen Verwaltung faſt unverändert gelafien, und
waren nit bie Laſten bes Volkes die voißkfitiofen, feft:
geragelten, -an- bie man gewöhnt war? Gab nicht, oder
f&ien nicht wenigſtens ber König hin und wieber bie
Hoffnung zu geben, daß die Mauch folite entfernt, man:
Iches andere Defiberium berüdfichtigt werden? Eine Woche
voll Jubel gab Zeugniß von ber lautern Stimmung bes
Volkes, und. wer Zeuge deflelben war in ben Städten wie
auf. dem Lande, der konnte nicht eine Minute. dem Ges
554
danken Raum geben, dieſer Jubel fel ein von Beamten
verorbneter, gebotener, wie ihn am Rheine wol öfters die
frangöfifche Periode zur Schau geftellt; vielmehr mußte
er die Ueberzeugung gewinnen, er erwachfe aus einem tie:
fen Grunde, er fei die ſchoͤne Bluͤte der Liebe, die Für
und Bott im fchönften Bunde zu den gluͤcklichſten Erfob
gen einel Und dennoch wurde es fo bald anders! Die
erhebenden Harmonien fegten ſich bald in herbe Diſſonan⸗
zen um. Verkennen wir e6 nicht, daß man auf bie
Milde des Königs viele uͤbertriebene Hoffnungen baute,
die eben darum fchon Illuſionen fein mußten; bag man
blitzſchnell Abhuͤlfe aller Beſchwerden, unzählige Verbeſſe⸗
ungen weſentlicher und umwefentlicher Art erwartete, vor
Allem gänzliche Aufhebung der Mauth, kurz, daß man
im Volke von jest ab dem golbenen Zeitalter entgegen»
ſah und als, wie mätürlid, das ſich nicht verwirklichte,
man fich vielmehr getaͤuſcht ſah, ſchnell abgekühlt, ſelbſt
misvergnuͤgt wurde und auf Rechnung. eines bloßen Mil:
lens fehte, was nur fm natürlichen Gang ber Dinge lag
und in den Verzweigungen mannichfacher Staatsverhaͤlt⸗
niffe feinen Grund hatte. Wollte man aber ſich berech⸗
tigt halten, diefem Misvergnuͤgen einen andern al6 ganz
geroöhnlihen Stempel aufjudrüden, fo würde man eben
wol ſehr irren; es war vielmehr im gewöhnlichen Gleiſe
ähnlicher Erfcheinungen an vielen andem Orten. Man
ſprach in Gefellfchaften und Schenken darüber, kannegie⸗
Berte, und es wuͤrden biefe Toͤne verhallt'fein, wenn nicht
unrubige Köpfe die Funken gefammelt und geſchickt be:
nugt hätten. Nur Leidenfchaft ſaͤet das Unkraut in den
Weizen des friedlichen Buͤrgerlebens. Es gab Menfchen
im Rheinkreiſe und darunter eingeniftete Fremdlinge, einft.
bes Drudes Söldlinge, bann per fas et nefas gefliegen,
ſelbſt Dränger und Blutegel des Wolle, verworrene
Köpfe und verfchrobene Herzen, die ein unbegrenzter Ehr⸗
geiz flachelte und mit ihm andere, verfchwifterte, uneble
Leidenſchaften, die auf bie Löniglihe Nähe chimaͤriſche
Plane der eignen Erhebung bauten und durch Erſchoͤ⸗
pfung des Landes oder doch einzelner, ärmerer Xheile def:
felden in feftlichen: Anſtalten hofften, den heilbringenden
Gnadenblick des Herrfchers auf fich zu lenken. Die Plane
- fcheiterten, bie Verſuche misglädten, und mit der bittern
Täufhung z0g ein Grimm in das Herz ein, des Rache
heifchte und ber vielleicht. nur darum Anftand nahm, biefe
alſobald zu befriedigen, weil ihm bie Mittel, zum Zwecke
zu gelangen, noch nicht zum Maren Bewußtſein gefom:
men, oder der Muth für den Augenblid fehlte, den Ge⸗
fahren und unausbleiblichen Folgen Trotz zu bieten, in Er:
mangelung anderer Hälfss und Subfiftenzmittel ale der
des Amtöbeotes. Die Abſicht aber lag als Keim folgen:
der Thaten in der Bruſt. Die Stunde kam, wo gün:
ſtigere GSonftellationen diefem Keime fich zu entwickeln ge:
ftatteten. Es war ber Moment, wo Frankreichs Julire⸗
volution die Kürften Europas in einen Zuftand flummen
Erſtaunens, ängftlicher Beſorgniß, wenn wir nicht fagen
wollen, unentfchloffener Verbluͤfftheit, die ‚Völker dagegen
in ben begeifterter raltation verfegte. Die Blise am
weftfichen Horizonte folgten fe bligfchnell, der Donner
ballte fo gewaltig nach, daß die Wirkung davon ſich weit
bin verbreiten mußte, und der Sturz eines morfchen,
wurmzernagten Koͤnigthums zeigte dies überhaupt in ſei⸗
ner Bloͤße, und mancher wirre Kopf fah dem Sturze ber
Dynaſtie nach, feine verwegenen Schlüffe daran veihend
und fich ſelbſt gewaltfam zur Höhe des „mobifchen Fran⸗
zoſenthums hinaufpotenzirend. Man flaunte ben Rieſen⸗
geift an, ber à la Fortunatus gegen bie Länder jenfeit
bes Rheines fi) wendete und die Fahne ſchwang, auf
"ber das inhaltſchwere, fchwer zu verbauende Wort: Volks⸗
fouverainetät, zu lefem ſtand. Da regte es fih in ber
Tiefe. Gleiches zog fi an; ber elektrifche Funke züm:
bete, und bie Zeitblätter:. „Rheinbaiern“ und ber weit
unvergohenere „Rheinbairifche Volksfreund“, erfchienen jege
ihr Licht leuchten laffend vor den Leuten, bie, je toller es
kam, deſto lebhaftern Applaus fpendeten, denn bie Welt litt
am politifchen Zarantelftich der Franzoſerei. Jene Blätter
zu charakterifiren, wäre fruchtlofe Arbeit. Sie und ihe
Geiſt, wenn es einer war, und ihre Tendenz find zu all:
gemein bekannt, als daß dies noͤthig wäre. Mur ihre
Wirkung gilt uns bier, und mer fie nicht kennt, mag
aus biefer auf jene zuruͤckſchließen. |
Wie man auch, verfucht hat, in cheinbairifchem Par-
ticularismus und Heimatſtolz den rheinbairifchen Volks⸗
charakter zu erheben, zu ſchminken und zu firniſſen; wer
ihn in allen Ständen und in allen Nuancen im Laufe
einer geraumen Zeit zu beobachten Gelegenheit gehabt, ber
weiß, blendet ihn nicht Vorurtheil; welch eine bedeutende
Babe Leichtſinns und Frivolitaͤt er empfing. Die Religion
bat wenig Einfluß auf ihn, und die Sahre des Franzose
fenthbums ‚haben dem pofitiven Chriftenthum noch vollends
die Grube gegraben, wozu denn noch andere Einfläffe
mitwirkten. Ebenfo menig fteht zu leugnen, daß eine
allgemeine Vorliebe für das Kranzofenthum vorherrfchend
tft, abſonderlich bei denjenigen Claſſen und den Gene⸗
rationen Überhaupt, auf welche die Revolution eingewirft.
Serner iſt es gewiß, daß diefe Vorliebe durch viele
Beamten aus jener Periode und durch wirklich vieles
Gute, was im Rechts⸗ und Verwaltungswefen eriftirt, ge⸗
nährt wurde. Unter diefen begünftigenden Umfländen, zu
denen wir mandye Fehlgriffe -der Regierung, in neuerer
Zeit die Abneigung des Volkes gegen den von Mündyen
‚berüber feine Beftrebungen auch im Mheinkreife aͤußern⸗
den finftern, moͤnchiſchen Geift, auffallend hohe Holzpreife, Die
neuerdings mehr als je das Volk druͤckten, die auf die
: Moralität fo aͤußerſt nachtheilig wirkende Mititaireinrich-
tung und endlich das Hinüberziehen aller Gelder bes
Rheinkreiſes, um im Mutterlande Eoftfpielige Bauten zu
errichten, während ber Rheinkreis Teinen Genuß daven
batte und Straßen u.f.w. kaum erhalten wutden, rechnen
möüffen, war ed kaum zu besweifeln, daß die Iulicebolu-
tion, die anderwaͤrts bei minder begünftigenden Verhaͤlt⸗
niffen einen fo mächtigen Zauber übte, einen gewaltigen
Stoß gab, ber, je mehr jene Soumale und die zahl:
reihen, in ihrem Bunde fichenden Schwindelkoͤpfe im
Geiſte diefer Revolution ſchrieben und fprachen, in immer
weiten Kreifen feine Wirkung aͤußerte. Jene Individuen,
ug. [uw
\
niederer Richtung folgernd.
ertegend ohne Raſt und. mit einer Daft, gleich als ob «6
Stimme aus Schweden über Leſſing's „Reife durch
aufzufaſſen.
die dieſe Nevolution ſchnell zu den Kindern ihres Geiſtes
geſellte, Siebenpfeiffer, Hochdoͤrfer u. A- ärmer an Geiſt
und reicher, ober doch gleich reich an Schwindel, ſtießen
jest in die Pofaune, warfen die lofe Maske vollends ab
und traten in eine kecke, ja mitunter abenteuerliche Op⸗
pofition mit der Regierung, das Volk im jeder Beziehung
ihren ahne, wie bald ihr Idol erbleiche und ſelbſt ben
Nimbus zerftöre, den es anfänglich um ſich verbreitet hatte.
Ihr Anhang, befonders in den an wirklich gebiegener
Bildung armen, ſogenannten gebifbeten Claſſen, wuchs
außerordentlich, und durch dieſe vermehrte er ſich ſelbſt
zahlreich in den ackerbau⸗ und gewerbetreibenden taͤnden.
Wenn auch der dem Rhelnländer im Allgemeinen eigne,
richtige und Mare, praktifche Blick noch eine Schugwehr
bot gegen das allzu heftig einreißende Gift des Revolu⸗
tionsfchmwindels, fo zeigte es ſich doch nur zu dentlich, wie
wahr da6 semper aliquid haeret fel, wenn ba® ca-
Jumniare audacter metbobifch betrieben wird. Auch das
wirklich Gute und Lobenswerthe wurde verfannt, weil
man einmal les tadelnswerth, Alles despotiſch finden
wollte; und fo weit trieb man bie Nachaͤfferei des Fran⸗
zoſenthums, daß man die Erlaſſe des allerdings traurigen
Minifteriums Schenk Ordonnanzen und biefen Baierns
Polignac nannte, daraus das Weitere in höherer und
(Der Beſchluß folgt.)
Norwegen nad den Loffoden (2ofohden), durch Lapp⸗
land und Schweden” (Berlin 1831). *)
Unterfuchungen über Botanik, Pflanzengeographie, nebft
KHöbenbefiimmungen, meteorologiſchen und phyſikaliſchen Beobo
tungen anzuſtellen, wurde die Reiſe unternommen. Weil aber
ziemlich dieſelben Gegenden ein Wahlenberg, von Bud, Esmarck,
Raumann, Hifinger u. A. früher bereift hatten, fo war eine
befonders reihe Rachleſe im Ganzen allerdings nicht zu er.
warten ; indeffen find verfchiebene einzelne Punkte von Hrn. Leſ⸗
fing genauer beleuchtet und übrigens viele Angaben früherer
Korfcher zufammengeftellt, Eritifch beurteilt und mit analogen
Berhältniffen in den arktifcgen Regionen Afiens und Ameritas
verglichen worden. Zur phyſiſchen Geographie des Nordens iſt
alfo dieſe Reife ein fehr beachtenswerther Beitrag. Ueber ihre
wiffenfchaftlichen Grgebniffe haben jebody ſchon Andere geſpro⸗
hen; unfere Abſicht aber ift, das Buch von einer andern Geite
Schon aus verfihiebenen Recenfionen (in d. Bl., im ſtutt⸗
garter „Literaturblatt‘‘,. in den wiener „Jahrbuͤchern“) fahen
wir, daß Hr. Eeffing ſich ſehr hart über Schweden und wo mög:
lich noch härter über Norwegen ausgefprochen hatte. Endlich
kam uns das Buch felbft zu Geficht, und wir fanden die Schil⸗
derungen noch büfterer als wir gedacht hatten. Zwar läßt er
einzelnen Gelehrten, ald Wahlenberg, Agarbp und Fries Ger
rechtigkeit wiberfahren; zwar verfäweigt er nicht, daß er in
Norwegen 'bei Bürgern unb Amtleuten, im ſchwediſchen Lapp⸗
Iand bei Predigern , bei welchen er einkehrte, überall Gaſtfrei⸗
beit und freundliche Bewirthung fand; body fpricht ex darüber
meiftens ohne ein Gefühl von Dank, fondern wie über eine
Sache, die ſich non ſelbſt verfieht. Im Ganzen genommen aber,
urtheilt er über ben ſtandinaviſchen Nationalcharakter mit einer
*) Bel. Ar. 125 d. Bl. f. 1088. D. Red.
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außerorbentlicdden Strenge; von ber gepziefenen Ginfedgpeit ber
Sitten fand er Feine Spur; bie fp gerühmte Kechtlichkeit und
Uneigennügigteit ift feiner Erfahrung nach nur eine Fiction;
Alle ſtreben nämlich, den Reiſenden zu betrügen, zu preien und
zu pladen. . In Schweden iſt's infofeen beſſer, „daß ein freunb-
liches Geſicht für drei Skilling zu fehen iſt; in Norwegen aber
koſtet ein folches Vergnügen mannichfach mehr.” Geiner Bes
ſchreibung nach möchte man glauben, baß die Hälfte ber Be
völferung des Nordens in einem immerwährenden Branntwein⸗
rauſche umherginge, wenigſtens unfehlbar am Sonntage. Faſt
Alles war ihm zuwider. Selbſt bie Landſtraßen und das Poſt⸗
wefen fand er Außerfi ſchlecht (freilih, Hr. Leſſing reifte durch
Schweden im Spätherbfte, dann find audy bei uns durch anhal⸗
tenden Segen bie Wege gemähnlidh abſcheulich); Pferde waren
ohne ‚Bank, wenigftend ohne länged Warten nicht zu bekommen,
die Baflgeber und Skjutsbauern (Poftillons) unerträglid neu:
Se , ee saugen guie Fuhrwerke, in Schweden bie
erbe nichts. Ueberall wurbe er ums Paßvorzeigen gequaͤlt;
kurz, des Leidens ift faſt fein Ende. Paposgeig 8 Bu
In Deutfhland hat man, wie wir fehen, gar nicht begrei-
fen tönnen, wie doch Hr. Leffing Alles hier fo ganz anders als
feine Vorgänger finden konnte, Freilich tragen Cinige von bie:
fen gewiffermaßen die Schuld. So fah hier der berühmte E. M.
Arndt Alles — Land, Natur, Menſchen — in einem ibealifchen
Licht; fein warmes Herz hat eine Schilderung bes Nordens auss
gemalt, die völlig wahr und treu ift, hätte fie nur Schatten.
Der biedere Schubert trat in feine Zußſtapfen; anſpruchelos
und — war er uͤberall willkommen und fand uͤberall Liebe
und ehaglichleit. Der Landsmann Hrn. Leſſing's, ber humo⸗
riſtiſche Wilibald Aleris, brachte die Freude und die Munterkeit
mit ſich; die Gegenftände erblidtte er bald von ihrer poetifchen,
bald von einer fomifchen Seite. Hr. Leſſing geſteht feibft, daB
er, von ſolchen Vorgängern irre gemacht, mit überfpannten Er⸗
wartungen nad dem Norden kam; er hatte es nicht bedacht, baf
ein Zeichner im gewiſſem Sinne wahr fein Tann, auch wenn er
bie Schattenfeiten wegläßt. GE ſcheint, als hätten ſich in ben
jugendlichen Geiſt bes Hrn. Leſſing allerlei feltfame Meinungen
über ben Norden unb befonbers über bie GBafthöfe im Voraus
eingeprägt. Weil die Gaſtfreiheit hier eine fo gewöhnliche Sache
fein fol, fo fcheint ex faft ben Glauben gehegt zu baden, daß
auch in ‚ben Gaſthoͤfen Alles frei und umfonft: gu haben fei, und
daß das hoͤchſte und einzige Gluͤck ber Gaſtgeber darin beftehen
follte, die NReifenden ohne Zahlung zu bebienen. -
Ueberhaupt iſt es ein Unglüd für ein Land wie für einen
einzelnen Menſchen, zu viel gelobt zu werben. Spätere Beur⸗
theiler, welche bie Uebertreibungen entdecken, rächen ſich dadurch,
baß fie die Kebrfeite bee Dinge nur barftellen. &o hat Hr.
Leſſing ben liebenswürbigen Fehler eine® Arndt, Schubert fo
verbeffert, daß er unbebingt Alles ſchwarz ausgemalt hat.
Dies erflärt zum Theil ben eigenthümlichen Karbenton bie
fes Neifenden. Es gibt dazu noch einen andern Grund, und
diefen Schlüffel gibt uns das Buch ſelbſt und die: Perfönlichkeit
bes Verf. Weil dieſer unfer Vaterland fo ſchonungolos behan-
beit, fo find wir ihm feine Höflichkeit fehulbig; nur, was. wire
auch einem Feind nicht verweigern — Wahrheit und Gerechtig⸗
keit — mögen wir ihm zufagen.
Man braucht nicht viel in dem Leffing’fyen Buche zu le⸗
fen, um zu entbeden, daß der Hr. Verf. fehr ungern Geld aus:
ibt. Am liebften will ex Alles umfonft haben; verlangt man
Gelb, fo verbüftert fi fchon fein Gemuͤth, und fodert man gar
einige Gkillinge mehr, ale grade Hrn. 2effing billig fcheint, fo
ift man fein erflärter Keind, und bann geht das. Schimpfen auf
bie ganze Nation los. Gin ziemlich auffallendes Beiſpiel biefer
für einen Reifenden unpaffenden Stimmung erzählt er ſelbſt.
In Rorwegen ließ er fi) am fpäten Abend, in fchledhtem Wet⸗
ter von ein paar Kindern auf einen hoben Berg begleiten; ans
fange iſt Alles gut, es find ſchoͤne, Liebliche Kinders aber am
Ende vertangen fie ein Kleines Trinkgeld, das Hr. Leffing ihnen
im Boraus zuzufichern vergaß; fogleich ift die Taͤuſchung vor⸗
bei, und Hr. Lefſing erkennt jept bei-Iunen Spuren einer gemei⸗
um Matı. Ei ne Dr h —X ſoichen dkonomiſchen
n det män n na dem Buche.
derer Yerrfcht,, wie wir glauben, in Deutſchland eine ge:
wife Ueberlieferung, dab man im Schweden nichts ohne fuͤrch⸗
. terliches 8 en zuwegebringen kann, und dies wird um
lieber in Anwendung gebracht, weil fa alle Ausländer nicht
war die Kraft unb Snergie ‚ fondern auch den melobifchen Boll:
Mang der ſchwediſchen Schwüre bewundern. Wir erinnern uns,
baß wir vor etwa 17 Jahren mit einem jungen Deutſchen, ber
eben feinen Curfus in Jena beenbigt hatte, einen Theil bes
Baterlandes durchkreuzten. Won ber Sprache verfland er noch
ſehr wenig, nur bie Fluͤche hatte er gründlich fludirt. Als nun
dieſe, gewoͤhnlich ohne alte Beranlaffung, mit gewaltiger Stel:
Bet von ben einfachiten bis zu Sju hundra tusen skock mil-
on
eflar, und mit einer laͤcherlichen Ausſprache bei den
Hällkarlar und Skjuts bönder angebracht wurden, fo waren bie
guten Leute nicht in Furcht zu jagen, fendern laͤchelten vielmehr
ein wenig. Sobald aber ber junge Wann dies gewahrte, ber
bisher nur in halbem Scherz, und um fi in der: Sprache zu
nen, losgedonnert hatte, fo gerietd er in ernftlichen Born und
drohte halb deutſch, halb ſchwediſch auf die verfluchten Beute
loszuſchlagen und fie burdhzuprügeln, und weil dies
im Schwediſchen überaus laͤcherlich klingt, fo brach Alles in ein
ſchallendes Gelächter aus. Ebenſo erzählt unfer berliner Stu:
dent von fich felbft, daß er bei feinem Eintritt in Schweden
Fehr wenig von ber Sprache wußte, daß er aber „die Betheue⸗
rungsformeln” genau gelernt hatte, und in diefem Studium «8
ſchon fo weit gebracht hatte, daß er in den einheimifchen Schwuͤ⸗
ven alle Provinzialismen bis auf die feinften Nuancen bemerken
konnte. Weichen Diatelt Dr: Leffing felbft zum Hausbedarf an:
wendete, wirb nicht erwähnt; baß er aber mit jemen Jormeln
nicht fparfam umgegangen, haben wir von Diefem und Zenem
gehört, die mit ikm in den Gaſthoͤfen zufannnengetruffen Aid.
Solche Fluͤche Hört man bei uns von Gebildeten aͤußerſt feiten,
und jedenfalld hat Hr. Leffing damit nicht die rechte Saite ans
geſchlagen, die fchwebifche Freundlichkeit hervorzubeſchwoͤren.
(Der Beichluß folgt.)
Franzoͤſiſche Zeitfchriften in den Provinzen. |
Es äußert ſich gegenwärtig in bem grifligen Leben ber Fran⸗
zofen außerhalb Paris eine infurrectionnelle Tendenz ‚gegen bie
Wetropole, welche bie wichtigften Folgen für bie Gefammtliterg:
tur der Motion haben wird. Die Provinzen werben ſich allmäs
lig daran gewöhnen, für ſich zu denken; fie werben nicht mehr
blos empfangen, ſondern auch geben; Paris wird wicht. mehr
allen Erzeugniffen bes Nationalgeifie ben Stempel feiner Mo⸗
dephraſen aufdrüden. Bisher war Paris ber einzige Schauplatz,
wo bee Gchriftfteller fein Talent produciren Sonnte; daher wim⸗
melt bie Hauptfladt von obfcuren Gelebritäten, bie fich einander
im Wege fliehen, denen es an Luft gebricht, um fish zu entfalten,
und die baber oft in ber Blüte verweilen. Durch biefes Zus
fammendrängen der energifchften Geiſteskraͤfte auf einen Punkt
entfleht eine Concurrenz, welche den Beruf bes Literaten zum
Handwerke herabwuͤrbigt. Sobald fi) anderswo literariſche
Wirkungskreiſe eröffnen, wird ſich die Menge verlaufen und bie
Kuͤnſtler in ber Kunſt werden ſich wohl dabei beſinben.
Die „Revue germanique“ ift bereits ein aͤlteres Inftitut
und binlänglich bekannt. Den Rebastoren fehlt es nicht an Ei⸗
fer und Fleiß, auch nicht an Kenntniffen, aber wol an Gewandt⸗
Heit in Sprache und Darftellung. Seit Kurzem erfcheinen li⸗
‚texarifche Zeitfchriften in Toulouſe, Avignon, Rouen, Rennes,
Gaen u. f.w. Die dritte Nunmer ber „Revue du midi’ ent:
hält als Einleitung eine umfaſſende Erpofltion ihrer Anficyten
und ihres Strebens, aus welcher wir dad Wefentlichere authe⸗
ben: „Die literariſchen Grfdgeinungen in der Provinz haben
. Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. X. Brochaus in Leipzig.
— — — —
exr.“ Die Sf
lichen Stoff: Griechen in Marſeille ömer in Rarhenne, Mörh-
fe Literatur u. |. w. Die brei bereits erſchienenen Runmern
ber „‚Revae du midi” emthaften umter andern die Erzaͤhſung
» Earl
. Dieſe Hifoxifhe SH !
| Mtige Darfelung and. . Du Diege, welcher ſich mit einer
„‚Archevlogie Bgrencome" if gibt 6
Ueberfit der Mythologie der Pyrenaͤen. Gr
der hifkcxifchen Tharſachen, ber @itten und Mebertisferungen, bie
poetiſche Neuheit der übernatüglichen Mefen, melde das Gebirge
bepölkern, geben biefer Abhandlung hohes Intereſſe. Bier ver:
f&iedene Wölkerfchäften haben nach und nach ihre Mythen und
Sottheiten in dieſe &egenden eingeführt. Afrikaner, Phoͤnizier,
GSelden, Iderier und Griechen find Gier auf der Brenzlinie des
Bübensiunh Roxbens zurfammengeftoßen. unb haben ‚bie Ration der
Gelttberier ‚gebiibet. Auch die Motsheiten bisfer Voͤlker haben
fich verbruͤdert. Hertules heirathete Pyrene, bie Tochter eines
celtiſchen Königes; die Pyrenden find ein ungeheuercs Grabmal,
welches der Aicide feiner jungen Sattin errichtet. In diefer felts
ſamen Vermiſchung ber Mythen bes Abendlande herrſcht der
Eultus ber Natur nor: man opferte, den Bemen, Deen umb
Wäldern. Auf ber erhabenften Spige ber , bs Mas
labetta, erhob ſich ber bapfte Rott biefer Bebirge, der fchred:
liche Pic de Nethon. Spuren biefer mptbifchen Zraditionen has
ben fich 618 jegt dei dem Bewohnern der Pyrrnäͤen erdarten.
Auch mehre Rovellen Uefert die „‚Revue du midi”, denn abne
Rovelle ann ein Journal nit wohl mehe in Frankrelch ae ⸗
ten; bie ausgezeichneteſte basumser iſt: „Un chretien & Taenis,
von Hrn. ug. . . 143.
Für die Herren Buchhändler.
Im 3. 1820 erſchien angeblich in London eine neugriechi⸗
She Urberfegung des urſpruͤnglich lateiniſch geſchriebenen und
dem Papfte Zulius III. im 3. 1558 auf Verlangen gegebenen
Gutachtens dreier römifch = Batholifcher Bifchdfe über bie befte
Art und Weife, die wankende Macht ber römifthen Kirche zu
befeftigen, mit Anmerkungen und Erklaͤrungen des Reugriechen
A. Korais. Die Auflage, welche davon gemacht worben war,
war bald nachher nicht ohne befondern Antheil von Seiten einer
fatholifchen Regierung faft ganz umterbrüdt worden. und es
warb baber ſchon vor einigen Jahren ein Wiederabdrud der
Schrift, wozu der nun verfiorbene Prof. Dr. Zittmann in keip⸗
zig ein Vorwort geſchrieben hatte, beabfichtigt. Dieſen Borfag
auszuführen und ben Griechen ber morgenländifchen Kirche über
gewiſſe ihmen drohende Gefahren bie Augen zu eröffnen (wes⸗
halb auch fhon Korais felbft vor 13 Jahren bie Sqcrift her⸗
ausgab), ift grade jegt um fo mehr die Zeit, als öffentlichen
Nachrichten zufolge die Jeſuĩten fih bereits in Griechenland nies
derzulaffen und einzuniften angefangen haben. Es ergeht daher
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hierdurch an bie Herren Buchhändler die Auffoderung, ber Sorge
eines ſolchen Wiederabdrucks, wozu man unter Bebingungen ein
gelheiebenes Eremplar ber fraglichen Schrift und bad Vorwort
es Dr. Zittmann gern gewähren mürbe, fich zu untersicehen
und diesfallfige Mittheilungen von Eieiten Derer, welde bars
auf eingehen wollen, unter ber Chiffre I. K. an bie Brock
haus'ſche Buchhandlung moͤglichſt bald gelangen zu laffen. Das
enggebruckte Original der Schrift beträgt in Octav gegen acht
ogen.
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Blatter
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. (Beſchluß aus Fe. 184.) - F
Was dieſe Journale und ihre Rottenmeiſter begräns
- beten, vollendete die Aufregung der Deputirtenwahln, der
Landtag felbft, die Ereigniffe in Baiern jenfelt des Rheins
und bie halb kraͤftigen, halb ohnmaͤchtigen, oft kleinlichen
Maßnahmen der Regierung und ihre, fihtbare, viel ver
hoͤhnte Nathlofigkeit, hervorgehend aus einer. Furcht, die
Dem lächerlich erſcheinen mußte, der die Oberflächlichkeit
des rheinbairiſchen Volkscharakters kannte und den Erfah⸗
rufgsfag fefthielt, daß, je mehr ein Volk fchreit, je we⸗
niger es thut. Das Erfcheinen Wirth’s und feiner frans
zöfirenden, Deutichland nur, mpflificirenden „Tribune“ im
Rheinkreiſe fegte endlich ben Schlußftein dem lofen Gebäude
auf, dem das Fundament fehlte, was freilich bie Leute
nicht begriffen, die den Mheinkreis als berufen anfahen,
Deutſchlands Wiedergeburt und der Volksſouverainetaͤt ihre
Univerfalberrfchaft zu erringen über andere Doctrinen und
Regierungsweiſen. Hierducch gewann jene Eippfchaft; die
man, mie einft im „Hesperus“ gefagt wurde, fpottweife
das rheinbairiſche Mouvement nannte, erſt vecht Halt umd
tärte und durch den wohlerfonnenen Preßverein immer
weitere Ausbreitung. Mit immer wachſendem Fanatis⸗
mus trat biefe Partei auf. Ihre Kedheit, ihr Eifer für
bie Verbreitung, ihrer Grundfäge und der fie tragenden
Journale und Flugſchriften, ihre offene MWiderfeglichkeit |
gegen bie Regierung, vecht genährt busch manche Depus |
tiete, die durch ihre Dinneigung zu Frankreich, duch das
dort in Sicherheithringen ihres Mammons und enbliche
Flucht dorthin, che noch Gefahr für das vieltheure Ich
da war, beiwiefen, wie wenig ihe Rabotiren von Deutfch-
lands Heil und Rettung aus lauterm Grunde hervorging,
nahm von Tag zu Tage zu und zeigte fich fchon ganz
in feiner Unlauterteit durch das Derbegern und Verfolgen
ebrenwerther Deputirter und anderer Ehrenmänner, bie
richtiger urtheilten, vechtlicher dachten und kraͤftig in die
Speichen des dem Abgrumde der Anarchie zurollenden Ra⸗
bes eingreifen zu müflen glaubten zur woralifchen Ret⸗
tung ihres Heimatlandes. Der Preßverein zeigte bald
feine Wirkungen. Er verkettete die Gleichdenkenden, noͤ⸗
thigte die Schwantenden zur Entfchiedenheit und zog das
blinde Bolt in das Netz ſchlauer Parteihäupter, ihnen
N .
” .
fahr, die am Ende dach zu befücchten war, durch bie
imponirende Maſſe einen ficheenden Wall bereitend., So
ſteigerte man von Tage zu Zage die keidenfchaftliche Er⸗
gung . ber Gemuͤther, bis endlih in Hambach ſich der
Boermmfloff entztuibete und ber Welt zeigte, weh. Geiſtes
Kind bus Treiben fi.
Was dort vorging, iſt bekannt. Wir gehn ſchueil
Darüber weg und faflen die Folgen ins Auge. Es war
iin Wendepunkt — eine Krife — doch nicht in ber Weife,
als ob davon ab das Uebel fidy gemildert. Die Maßre⸗
geln der Regierungen ließen Feine Erſchlaffung zu; aber
für die Staatsgewalt war die Krife von Wichtigkeit. - Sie
wurde gekräftigt und gewann die Uebergeugung, bie Un-
omtichiebenheit ihres Einſchreitens, das ſtete Waͤhlen umb
darum faſt immer unglüdliche Wählen ihrer Mittel muͤſſe
enden, Es ift fchon ausgefprochen worben, daB biefer
Halbheit Quelle die Zuccht vor einem Aufflande in Mafle
wor. Diele Zucht ging aus wirklicher Unkenntniß ber
‚Lage ber Sachen hervor. Wie auch die Erregung allge
mein war, fo fehlte. ihr doch, wenn wir fo fagen dürfen,
die Immigkeit, die Seele, bie Kraft. Um dieſe zu haben
fehlte es wirklich an Grand. Es war mehr eine, von
Schwindelkoͤpfen, die fich der Exrregbarkeit des Volkes und
feines frivolen, aller Tiefe ermangelnden Charakters zu bes
meiftern gewußt, kuͤnſtlich hervorgebrachte, methodiſch und
ſchiau genährte Erregung.
den Grund feiner Oppofition zuruͤck, fragte .man es ernſt
nach felnen Zwecken, fo war es fich ‚beider wicht bewußt,
Nur die lange Gewohnheit, firh in dieſen Kormen, Tira
den und Schwindeleien zu bewegen, gab der Sache Dauer
und Halt. Wäre es wirklich zu ernſtern Auftritten ge
tommen, fo würde, wie fich das fpäter klar erwies, der
größte Theil, ja neun Zehntel des Volkes, erſchrorken vor
dem Ende, zur Ruhe voll Scham und Reue zuruͤckgekehrt
fein, und die Parteihaͤupter hätten zum Haſenpanier ge
fehworen, wie fie das, z. B. Schüler, Savoye u. X.,
wirklich gethan. Wir wollen damit nicht fagen, daß nicht
auch einzelne Leute von größerer Kraft harter geweſen,
zu. denen man Wirth u. A. allerdings rechnen konnte;
allein im Allgemeinen fehlten fie gewiß, Und wem, wie
wir weiter zeigen werben, im gegenwärtigen Momente noch
immer bie Erregung fich nicht gelegt hat, fo IR es ſicher⸗
Führte man das Volt auf -
658 N
lich nirgend begründet als in der Macht der Gewohn⸗
heit und in einem Trotz, ber aber nichts weniger iſt als
wahre Charatterftärte, und es kommt dabei noch immer
ſehr viel auf Rechnung ber Regierung, die allgemeine
Richtung „ge Zeit felhft mit in, bedeutenden Anſchlag
e er N: | F J J LE
AIls die Regierung habtiäs! zu enften Maßregeln griff,
als die Hofcommiſſion mit Truppenmacht imponirend er:
ſchien und nun die Raͤdelsfuͤhrer zu einem fichtlid, erſtreb⸗
ten Maͤrtyrerthume kamen, da (um pfaͤlziſch zu reden)
duckten fich die Schreier zweiter und theilweiſe erfter Elafle,
und die Maffe der’ Ttregeleiteten bebte vor dem Arm- der
Sewaltigen und fchludte ben Grimm in ſich hinein. Es
laͤßt ſich ieicht pſychologiſch darthun, bag Drohungen, Macht⸗
ſtreiche u. oͤgl. bei einem ſeit Jahren zur andern Natur
gewordenen. Treiben, bei einer. fo fange Beit angewöhnten
Art, zu denken und zu reden, nichts fruchten, wol augen
blictlich verſchuͤchtern, aber nicht heilen. So im Rheinkteife.
As die Gefahr mir. der Hofconmuifften wieder jenfeit bes
Rheines war, wagte fi) die Zunge: wieder auf das alte
Gebiet. Ein affeetirter Heroismus machte fich breit, theils
aber erfchlen trogig der alte Geiſt wieder und fuchte von
Neuem, nur Hüger, fein Terrain zu gewinnen.
lang ihm, ja es mußte ihm gelingen, wenn man Alles
richtig erfaßt. . Daß. man milde vmfahren, erfchien als
Schwaͤche, und, fo fleigexte. fi) wieder das kaum erſt noch
ſich verkrochen habende Uebel. Die Leibenfchaftlihern wur:
den nun noch trotziger, wenn ſie die Nachtheile ihres
Thuns empfanden; das Misgluͤcken fo glaͤnzender Plam
feaß am Herzen, das bed Wahnes Beute noch war. Dan
hatte fich in ben Ideen fo fehr verbiffen,. dab man num
Deutſchland und Europa völlig als verknechtet, ale un:
wuͤrdig jener Güter, als unfähig zur politifchen Auferſte⸗
hung, als des Despotismus wohlverdiente Beute anfah,
‚ aber damit auch einen Abſcheu an Europa, an ber Hei⸗
mat gewann und ſehnſuͤchtig die Arme nach dem Lande
der Freihelt, nach Amerika ausredte. Die völlige Ber:
wirkuchung aller beflcchteten Uebel wollte man gar nicht
abwarten, und nach Amerika z0g es mit taufend Armen.
Trotzig riß man fi) 108 von dem theuern Lande der Ju⸗
gend, weil man ſich verbifien, grimmig und wahrhaft
wahnſinnig verbiffen hatte in unreifen Ideen. Hierzu
Sam in neueſter Zeit, daB die Regierung ſtrenge Special:
unterfuchungen gegen einzelne Parteigfieder einleitete. Dies
nollendete und reifte die Auswanderungsplane.
Wir haben bis Hierher möglichft treu den Entwickelungs⸗
gang verfolgt, den der aufgeregte Zuftand des Rheinkreiſes
eingefchlagen. Wie find bei ber Gegenwart angelangt und es
liegt und ob, nun einen freimäthigen, vorurtheilsiofen Blick
auf biefe zu richten. Nach allem Geſagten konnte es
nicht fehlen, daß das Uebel fortwucherte. Es ift fo. Wenn
auch vielfältig modificirt, bietet .ber Rheinkteis in biefem
Augenblid noch immer den Anbli ber Erregung bar.
Noch immer erhält ſich die oft bezeichnete Partei. Sie
theilt ſich aber in zwei ungleiche Theile” Der Bleinere
Theil flieht auf dem Punkte, trog der Hinderniſſe, bie
mitunter die Regierung in ben Weg zu legen ſucht, nach
Es ges .
Ameritä ausjumandern. Obgleich ber kleinere Theil, if
er dennoch bedeutend; gibt man boch die Zahl ber Fami⸗
lien, die auswandern mollen, weit über 800 an. Es find
unftreitig die Fanatiker ber Partei, die lieber frei Haiden
ge
Mavifchen imat behaghch uͤnd Hlüdkich es
wollen, find haͤufg vermögende Familien, viele aus.
den erften Ständen, bie fi zur Auswanderung anſchi⸗
den und fih darauf ſchon längere Zeit bereitet haben
und es kaum erwarten können, den "Staub der Heimat
non ‚den Füßen zu fchütteln. Bedenkt man .die Leiden,
Beſchwerden und Muͤhen, das Precaite einer Weberfies
belung und Anfiedelung in - bem egeififen Amerika,
wo ber warmberzige Deutfhe alles Gefühl, vom kuͤhl
berechnenden Verſtande erftidt, im materiellen Sinterefie
untergegangen findet; erwägt man bie taufend Thraͤnen
ber Reue, bie einft dem Wahne fließen werden, ber jegt
die heitigfien Regungen bed Herzens gewaltſam unterdrückt,
aber früher ober fpäter in der Schule unabweislicher Lei:
ben dennoch klarerer Ueberlegung weichen wird und muß;
faßt man bie Kräfte und Gapitalien ins Auge, bie diefer
Dahn dem Vaterlande raubt, fo erfüllt gewiß ein aufs
richtiger Schmerz das Gemüch bes Menfchenfreundes und
Deffen, der es mit dem Vaterlande wohlmeint, wenn er
auf bie Auswanderungen binbiict, die der Xrog, der ver:
biffene Grimm, der Wahn hervorbringt. Der andere, viel
größere heil ber fogenannten Liberalen und endlich das
Volk bietet einen nicht minder traurigen Anblick dar.
Noch immer dauert bei ihnen bie Aufregung fort.
Wir erbliden eine Maffe, bie unzufrieden mit Allem if,
felbft mit bem vielen Guten, was -augenfcheinlich da ift,
und ben materiellen, nicht gering anzufchlagenden Bortheis
len des legten Landtags, durch die gluͤcklichen Verhaͤltniſſe
für ein Ackerbau treibendes Land, die die letzten Zeitver⸗
hältniffe herbeigeführt, noch vermehre, nach einem politl⸗
fhen Hirngeſpinnſte ringt, das ihm verworrene Köpfe, un⸗
vedlihe DBerführer In alien Geſtalten als das hoͤchſte und
allerdings endlich zu erringende Gut geſchildert; die noch
immer alles Heil in einer von Frankreich abcopirten Re
volution Deutfchlands erwartet; die mit echtem, verhärtes
tem Clubgeiſte fogar dem Wahnfinn fi hingibt, in bie
fom Sabre ein zweites, ganz andere Erfolge hervorbrin⸗
gendes hambacher Feſt zu feiern; die in ben betrübenden
Aufteitten,: die in diefen Tagen Frankfurt erlebte, die Mor⸗
genröthe eines neuen Lebens bewillkommnete und das Pros
gnoftiton ihrem Lieblingsplane ſtellt, es werde das projec
tirte Feſt diefes Mal noch größere Theilnahme finden als
das erfie Mat. "
Wir erbiiden die traurigften Ruͤckwirkungen dieſes an⸗
bauernden Schwinidels auf Gewerbe und Lebensberuf, eine
traurige, durch den Parteihader erweckte Zerriffenheit im
bürgerlichen und .gefelligen Leben, Anfeindungen, Daß,
Zwietracht. Wir fehen ferner in allen Glafien bes Vol⸗
tes. die vielfältig ruͤckkwirkenden Einflüffe des unteifen Pos
litiſirens, Widerſetzlichkeit, Trotz und ihr Gefolge. Wir
ſehen endlich die Religion, und das iſt eine Erſcheinung,
die betruͤbender als Alles auf aͤhnliche in Frankreich hin⸗
.ynd Urwaͤlder urbar machen, als in ber, von- ih
kannten
859 . | \
weit, in ſtetem Sinten, und mit ihr muß und wird bie
Moralität und das damit engverbundene Lebensglüd Tau:
fender finten. Welche furchtbar zerrüttende Ernte einer |
perruchten Saat heilloſer Menſchen! Welche furchtbar weit:
bin wirkende Strafe einer Verirrung, bie eine lange Reue
nicht beguͤtigen wird! Schmerzlich ift ber Blick, der den
weithin Wandernden, vielfach, ſich Taͤuſchenden folgt; ſchmerz⸗
lich der Blick, der auf dem ſchoͤnen Laͤndchen ruht, das
alle Mittel und Beſitzthuͤmer hatte und bat, gluͤcklich zu
fein, und in troftlofer Verbiendung fie von fich flieg und
noch zur Stunde flößt!
Möchten günftigere Geſchicke ihm werden!. 181.
Stimme aus Schweden über Leffing’s „Reife durch Nor:
wegen nach ben Loffoden, durch Lappland und Schweden”.
(Beihluß aus Ar. 186.)
Dr. Leffing klagt, wie ſchon erwähnt, daß er häufig mit
ragen über feinen Paß aufgehalten wurde. Es iſt aber eine
Shatfache, daB man das ganze Reich von bem einen Ende zum
andern, wenn man Feine Feſtung paflirt, durchreifen Tann, ohne
jemals nöchig zu haben, feinen Pas vorzuzeigen. Doch beſtrei⸗
ten wir barum die Erfahrung des Hrn. Leffing nicht. Erſtens
war er ein Fremder, auf den man in ben Gafthöfen immer et
was aufmerkfamer iſt; zweitens war er bei feinem Gintritt in
bas cultivirte Schweben halb wie ein norwegifcher Bifcher , halb
wie ein Lappländer, oder, wie er fi felbft befchreibt, in le⸗
derne Kleidung und Rennthierpelz gekleidet. Kann man bann
fih barüber wundern, daß eine folche Erſcheinung fonderbar und
auffallend den Leuten vorkommen mußte, auch in dem Falle, daß
er den zeichen Borrath feiner „Betheuerungsformeln“ nicht ges
fpenbet hätte? Doch ift es immer bie Frage, ob er grade Ber:
dacht erregt hatz vielleicht wollten die Leute nur aus Neugier
wifien, wie die merkwürdige Figur eigentlich hieße.
Hrn. Leſſing's Reife durch Schweden war übrigens, mit
Ausnahme feines achtmöchentlichen Aufenthalts in Upfala, nur
eine Gilfahrt, auf welcher er Feine Gelegenheit hatte, Bekannt»
fhaft mit den Einwohnern, als in Baftböfen, wo fie am wer
nigften ibealifch find, zu machen. Außer Upfala war Gtodholm
der einzige Ort, wo er fidh länger als einige Stunden ausruhte.
Jene Univerfität hat das Ungluͤck gehabt, ihm faft in Allem
misfallen zu haben. Zwar findet er ben Dom „majeflätifch”;
aber Außerft merkwuͤrdig iſt's, daß ein gebilbeter Mann ziel
Monate in dieſer Stadt Ieben konnte, ohne auf den Einfall zu
geratben, das größte und fchönfte Gebäude im Norben ein ein:
ziges Mal inwendig zu befehen, denn — „dies war es ja nicht,
was mich. nach Upſala gezogen hatte”, — er begnügte ſich mit
der Angabe, daß bie Kathedrale „auch im Innern fchön fein
folle”. Das nennt man ja in der Sprache biefes Reiſenden
echt philifterhaft?
Biewol ein Botaniker ex professo, und zwar ein Stock⸗
botaniter, reifte er boch mit dem falfchen Wahne weg und ließ
ihn zu Haufe druden, baß bie Bildfäule kLinnos im Hörfale
des botanifhen Mufeums ein Werl von „Shomwalbfon‘’ (Thor⸗
walbfen) wäre. Sie ift bekanntlich von Byſtroͤm Gern hätte
er das Bud aus bed Meifters Händen genommen, denn ‚alle
Muthmaßungen fallen barauf, es feien feine eigne Werke, und
bies erinnert nur allzu ſehr an den Eiteln““. Freilich tft bas
"Bud das „Systema naturae”, aber Feine Spur von Gitelkeit
legte ber Künftler in das Antlig des Unfterblien; man lief
da nur tiefe Betrachtung, mit dem Ausbrud einer freubigen
Bewunderung gemifcht, aber biefe Bewunderung ift nicht über
fein Bud, fondern Über das noch weit größere bes Schöpfers.
Pen behauptet Hr. Eeffing, baß bie vorbereitende Bil⸗
dung, die zum Studentenexamen erfoberlich if, nur allzu gering,
' präparaten.
und daß „bie Spmnafialbilbung von ber ber Uninerfität nicht
gehoͤrig „gefchieben fei”. Leider koͤnnen wir ihm darin nicht gang
wiberfprechen, bemerken aber, baß ein wichtiger Schritt zur Abs
häife dieſes Uebeiftandes (1831 u. 1882) durch ein erſchwerteres
©tudenteneramen gethan iſt. Ganz richtig if feine Bemerkung
über bie vielen, „ben Geiſt und bie Zeit töbtenden Sramina’‘,
-fobaß er es zweifelhaft findet, „ob ber Sraminirendbe oder der
Sraminirte mehr zu bebauern fei’.
Ueber die fogenannten Rationsbibliothelen heißt es dage⸗
gen, daß „fie insgeſammt unbebeutend find“, unb „nur von ges
ringem Nugen”. Jeder Gtubent in Upfala weiß aber, daß
diefe beiden Angaben falfch find; vielmehr haben alle größere
Rationen (Landemannfchaften) bebeutende, raſch fortwachfende
Sammlungen von praftifchen allgemein nuͤtzlichen Buͤchern; diefe
werben immer viel benugt und müffen wol alfo nügtich fein.
Auch vernahm er bie Klage über „bie illiberale Einrichtung
der (Univerfitäts:) Bibliothef’’. Diefe Erfahrung machte er bo
ſelbſt nicht, weil er ihrer wenig beburfte, indem „die Bibliothek
ihrer geringen Bonds wegen an neuern botanifhen Werfen arm
iſt“. Das Leptere iſt wahr; was aber bie erftere Behauptung
betrifft, fo iſt es in Upfala allgemein bekannt, daß biefe Buͤcher⸗
fammlung der freieften Benusung offen fteht, mit Ausnahme
von Handfchriften, Incunabeln und größern Prachtwerken, bie,
ben Statuten gemäß, nur auf ber Bibliothek felbft benugt wer⸗
ben dürfen. Hr. Eeffing muß mol zu der Anzahl Derer gehoͤ⸗
sen, die an foldye Ginrichtungen ganz übertriebene Anſpruͤche
machen, weil er auch in feinem Vaterlande ‚eines Beſſern fchon
nicht gewohnt war”.
Enbdlich ift er der Meinung, daß „bie Luft zu trinken‘ bei
jeber Univerfität „Ihr Darimum erreicht”. Beſonders, behaups
tet er, ift dies der Ball in Upfala, theils weil bie Bewohner
des Nordens von Natur aus diefem Laſter ergeben find, theils
weil die Stubenten außer ben Studien andern Beitvertreibs ent:
behren, und alle andere Zerſtreuungen (wenn er nicht das Thea⸗
ter ober Hazardſpiele meint, fo ift bies ſchon wieber falſch) bort
verboten find. Am Ende fegt er hinzu: „Der Gebrauch, Nach:
mittags gegen ſechs Uhr bie Wirchöhäufer zu befuchen, ift fo
allgemein und herrſchend, daß man ein eigens, ſchoͤn gebilbetes
Wort, sexa, bafür hat. Da ſteigt man mit der Intenſitaͤt
ber Getränke, wie in der Dzondi'ſchen Sur mit ben Quedfilber:
Man fängt mit einer Flaſche Schwachbier an,
erhebt fich zum MBranntwein und endet mit Todde (Kobdy), ans
Waffer, Zuder und Rum bereitet, und größtentheild (gewöhns
lich?) noch mit Eiern vermifcht. Ron biefer Ordnung ber Dinge
weicht kein echter Schwede ab, Fein Philifter, aber barin wol,
daß er die Portionen verboppelt.”
Dos von Hrn. Leffing hier aufgeftellte Bild: des Stubenten
und Univerfitätsiebens ift völlig unwahr. Allerbinge gab es eine
Beit, wo Viele fo lebten, biefe ift aber fet 15—2%0 Jahren
vorüber, und heutzutage flieht man in Upfala kaum fünf ober
ſechs Bürger, Ueberrefte jener Beit, aber keinen einzigen tus
benten ein folches Leben führen. Daß einige Individuen unter
der alabemifchen Jugend dem Trunk ergeben find, Tann fein,
aber bie Ausnahmen zur Regel zu erheben, ift Außerft ungerecht.
Vielmehr hört man jegt die Wirthöhausbefiger über die immer
wachfende Winderung ihres Verdienſtes bitterlich klagen und
ſieht ihre Säle faſt ganz ler. So viel ift in jedem Falle wahr,
daß während Hrn. 2.8 Aufenthalt in Upfala es Beinen fleißie
gern Wirthehausbefucher gab als grabe ihn. Der Zufall hatte
es gewollt, daß er bier WBelanntfchaft mit einigen jungen Atlas
demikern und Stubenten machte, bie zwar keineswegs wegen ihs
rer „Luft zu trinken” belannt find, die aber, theils weil fie die
Entdeckung machten, baß ber frembe Burſche unfer Starkbier
oder unfern Branntwein nicht verfchmähte, theils weil fie fans
den, baß, wenn man fich mit ihm über etwas außer dem Bes
reich ber Pflanzenkunde Liegendes unterhalten wollte, er einer
ſolchen Staͤrkung bedurfte, ihn oft genug in bie Wirthshäufer
führten. Inwiefern biefe Soireen von ber geſchilderten craffen
Art waren, wiflen wir nichts es iſt aber moͤglich, daß ſowol
+
560
bie Winde als dee Gaſt einander als Licbhaber. dee Gpirituofa
aufaben, und daß aus gegenfeltiger Hoͤflichkeit mehr getrunken
gr nichts ; nur bie vielen Schiffe und das Matrofengevühl im Ha⸗
das Theater warb von ihm befucht, wol aber, fagt er, faß er
een Darunter, „in bem Opera källare”, theils weil er
Weinhaus reich an bunten Farben, an Trachten unb Ges
Schtern fand, theils weil er „beſonders viele poetifche Genies“
daſelbſt zu treffen glaubte. Es erhellt übrigens nicht, daß er
außerhasb ber Wirthshäufer die Bekanntſchaft mit den
poetifchen Genies Schwedens cultivirt habe.
Herr Leffing ift ein junger Dann, biefe Reife fein erfter
Ausflug in bie Welt, und feine Abficht dabei war, wie er in der
Borrede felbft äußert, mehr zu lernen als zu lehren; ek will
fpäter Reifen nach andern Ländern antreten. Wir nehmen uns
alſo die Freiheit, ihm, falls dies Blatt in feine Bände fällt,
einen guten Rath zu geben. Weil er für Alles, was außer
feinem Bach liegt, ganz und gar keinen Sinn hat, fo thut er
am beften, in feinen Tünftigen Reiſebeſchreibungen die Dienfchen
und bie Sittengemälde wegzulaffen. Will er dies burchaus nicht,
fo möge er auch in bumaniftifcher Hinficht feine großen Vor⸗
bilder, Humboldt und von Bud, genauer fludiren. Wenn man
Nationen und Inbivibuen gerecht Schildern will, fo muß man
nicht ein Gemuͤth haben, das nur das Häßliche und das Gehaͤſ⸗
fige wiberfpiegelt3 wenn man auch bie guten Geiten ber Men:
fi tennen lernen will, fo muß man ſelbſt ihnen mit Liebe
und Gefühl entgegenkommen; wenn man das Leben in feinen
vielfachen Beziehungen auffaffen will, fo muß das Herz nicht
ein feinernes, die Seele nicht eine Ieberne fein. Lebrigens kann
man ja in einem einjelnen Fache etwas leiften, ohne grabe in
ben übrigen ganz zuräd zu fein.” Ginem Enkel beö großen Lefs
fing’s, des Meiflers der Humanität, verzeift man am wenigſten
ein ſolches Ungefühl, eine folche Verfteinerung ber Bildung, ei⸗
nen ſolchen Mangel an Sinn für alle hoͤhern Jntereſſen ber
Menſchheit. *) 17.
Literarifhe Notizen.
. Et hat ſich ein englifcher Biograph Karl's des Großen ges
fanden. Aus ber Beurtbeilung des Buches: „The history of
Charlemafne. By @, P. R. James’ (London 1832) in Nr.
») In ber Biecenfion des Buches in den wiener „Jahrbuͤchern“ find
die Miögriffe des Hrn. Eeffing mit neuen vermehrt worden, wofuͤr
der Rec. allein verantwortlih if. Da jener bemerkt, daß die
Univerfltätäferten in Schweden fehr kurz find, und bag bie Stu:
denten im Sommer nad; Haufe zurüdtebren, wo fie, wie man im
Auslande gewöhnli glaubt, bann pflägen, — fontmmtder
wiener Rec. biefe laͤcherliche Vermuthung als eine gewiffe Thatſa⸗
he an. Berner wirb Tornei als eine ſchwediſche Stadt angeführt,
und bei Upfala findet fi) ber Bufag: „jett unter ruffifcher Herr⸗
ſchaft⸗“. I man denn in Wien der Elemente der Beographie To
untundig ? und wie koͤnnen dergleichen Schniger in einer fo acht⸗
baren, auch bei und geſchaͤtten Zeitfchrift Mitarbeiter find, vor⸗
fon? Ober tft etwa in Wien ein neuer, noch unbetannter Frie⸗
dendcongreß gehalten worden, auf welchem man bie erſte Univer⸗
Brät Schwedens zu Rußland geſchlagen und uns als Entihädts
gung die arme Stadt Torneä gegeben hat?
Vernachlaͤſſigung des Styles vorwi aber font nicht u
ftig nr ſich Treitich, ige chen v ..
Duellen auf eine Weiſe gu ſchopfen verftand, bie au ung
derlich fein Barin.- Spiez erfahren, dab Here Zaäͤures bin Wahl
als ben erfien einer hiſtoriſchen Galerie gegeben hat, tmocin ex: SE
Lebensbeſchreibungen ber großen Männer Frankreichs als Steſlder⸗
treter i ee Beitalter liefern will, und flimmen bem Meurtheiler
aufrichtig bei, wenn er don biefer Art, die Geſchichtẽ in äbge⸗
riffenen Perioden zu behandeln, nichts wiffen wid. bat ange
wendete Gleichniß, daß ein folder Oiſſorider kein kinſtvoll ink
wideltes Scaufgiel, ſondern vereinzelte Acte biite, iſt wel
treffend gewählt.
96 dee „Quarteriy review‘, die ich Berfaffee —* heohe
Dieſelbe Rummer des „Quarterly teview” beweiſt Unum⸗
ſtoͤßlich, daß die „Mémoires de Louis XVIII, recueillies et
mis en ordre par M. le Duc de D**+* (6 Bände, Paris
1832) 1) von keinem Due de D.... herausgegeben, fo we⸗
nig wie 2) don dem Könige geſchrieben fein ihnen, und baf
fie, wie die meiſten neuerlich erfchienenen franzoͤſtſchen Memoi⸗
ren, 3) ein erbaͤrmliches Machwerk irgend eines Buchhaͤndler⸗
földlinges find. Der WBeurtheiter bat fi die Mähe genommen,
bie erften Bände auf das henauefle zu unterfuden und alſo
mit zahlreichen Berweisftellen zu belegen, daß fie faſt durchweg
aus ben vorhandenen Quellen ber Geſchichte des franzoͤſiſchen
Hofes vor ber Revolution, namentlich aus den Memoiren Son:
lavie's und Bachaumont's wörtlich abgefchrieben wurden. Na
einem ſolchen Anfange kann man mit Gewißheit auf die folgen
ben Bände fchließen unb muß es volllommen billigen, baß ber
Mecenfent ſich nicht Mühe und Zeit genommen hat, aus ben
unzähligen Schriften über bie Nevolutionszeit bie Plagiate dee
vermeintlihen Königs zufammenzulefen. Wiewol nun ein hoͤhe⸗
res Publicum überall weiß, daß in der Regel alle Tagerwecke
dieſes Schlags grobe VBeträgereien find, fo erachten wir body bie
Arbeit biefes Journaliſten nicht für "verloren und wuͤnſchten
nur, es würbe auch andern ähnlichen Büchern eine foldye Wer
leuchtung gu Theil. Denn wenn ein großes Publicum nicht
daran glaubte und beöwegen daran Gefallen fände, wie könnten
Buchhändler und Literaten es fortwährend ihrem Wortheil ans
gemeffen erachten, derlei Babrikate auf ben Markt zu bringen ! *)
Die paͤpſtliche Regierung foll aus Worforge für die öffent
liche Bitte und Movalität die wunderliche Beſtimmung gegeben
abe, wie lung, mekünfrige bie ee a ent ja
rz gewordenen e ber Puppen (wahrfäeinlich dei Pup
fpieien) fein müffen. tra
*) Vgl. Beil. Ar. 5b. 81.
D. Red.
Literarifhe Anzeige.
Durch alle Buchhandlungen iſt gu erhalten:
Ueber
den Anſchluß Sachſens
dbeutfden
Soll» und Handelsvereine.
n
Friedrich — * Raumer.
(Aus den Blaͤttern für literariſche Unterhaltung befonders
abgedruckt.)
8. ae 4 Gr.
Leipzig, 16. Meat 1888. =
5 A. Brockhaus.
Redigirt unter Verantwortiichkeit der Verlagshandiung: F. X. Broddaus in Leipiig.
EEE EEEERESSEEESEREEREEEEEER
er vi
. Blätter
„ja
Literarifge Unterhaltung
| Donnerstag
"16. Mai 1833.
* Ein Gedicht von Ludwig —* Mit
acht Umriſſen. Leipzig, Leo.. 1833. 4. 3 Ihlr.
Die alte Mythe vom Fauſtus ift hoͤchſt wahrſchein⸗
lich im ihren Keimen fehr viel ditee als man gemöhnlich
annimmt. Vermuthlich gehört fie ihrem Urſprunge nad)
den lateiniſchen Jahrhunderten an umb iſt weder deutſch,
noch franzöfifh, fondern italieniſch, oder vielmehr latei⸗
niſch, wie aus ihrer gleichzeitigen Verbreitung über ganz
Süd: und Mitteleuropa, aus ihrem Anklingen in Boc⸗
caccio, in den „Cento novelle”, in Calderon und Lope,
in Chaucer und den aͤlteſten englifchen Dramen, in. alten
franzöfifgen Romanzen wahrfcheinlic wird. Urſpruͤnglich
bat der Fauſtus wol aber nur Den bedeutet, den fein
Trame bezeichnet: den Gluͤcklichen, ebenfo wie Fortunatus.
Allmälig, und wie die Sage fich ausbildete, brachte man
fie mit einzelnen Individuen in Verbindung, die diefen
Namen zufällig trugm, bis fie zulegt auf dem bekannten
wittenberger Schwarzkuͤnſtler, Doctor oh. Fauſtus, haf⸗
ten blieb und ſich an ihm und ſeinen Lebensumſtaͤnden
vollfommen entwidelte und abrundete. Hängt die Sache
fo zufammen, wie wie glauben baß fie zufammenhängt,
fo wird es ſtets vergeblich fein, den Urfprimgen diefer
Sage nachzuforſchen; fie mögen. ſich in die dunkeln Jahr⸗
hunderte verfferen. Ihrem Keime nad) follte die Mythe
nur den Gedanken ausdrüden, daß auch ber Gluͤckliche
hienieden nicht gluͤcklich fei. Später verband fich damit
die dee, daB eben bee Gluͤckliche am geneigteſten fei,
Sort zu verleugnen, und Der, weicher dahin gelangt fei,
im Elend untergehe, felbft wenn er die ganze irdiſche Na:
tur fich dienſtbar gemacht haben ſollte. ‚Nachdem Leffing
zuerft auf den poetifchen Gehalt diefer in Volksbuͤchern
- verbreiteten allgemein europäifhen Sage vom großen Ma:
gus aufmerffam gemacht, haben in Deutfchland (von
Calderon's Bearbeitung diefer Sage abftrahiren wir) Goͤ⸗
the und Klinger der Diythe eine tiefere Bedeutung ab:
gemonnen. Sie haben das Ungenügende des Wiſſensdur⸗
ſtes daran demonftrirt, und wie her zuͤrnende Kampf gegen
die, ber Menſchennatur gezogenen Schranken, der Trotz,
Geheimnifie enthüllen zu wollen, die Geheimniſſe bleiben
follten, von Gott ablenke. Dies war neu und felbft von
Leſſing nur ſchwach angedeutet. Es entfland dadurch beis
nahe ein neuer Fauſt; aber wenn man den Magus jegt
nennt, fo wird er fo begriffen, wie ihn Söthe begriffen hat,
Goͤthe Hatte die beamatifche V handlung der Sage
im Sinne. Er lich aus ber Volksſage daher. fallen, was
feiner dramatifchen Behandlung fähig mar. Klinger blieb
ihr treuer; aber Ihm fchwebte ein düfteres Schreddimbilb
vor; er wollte das Unvermeidliche in Fauſt's Untergang
zeigen; fein Gemälde iſt vor allen Dingen grell, fchredend,
wo Göthe einer milden, verzeibenden, verföhnlihen Ten⸗
denz folgt. Die übrigen Bearbeitungen verdienen keine
Erwähnung, nur das fei noch bemerkt, daß Galderon feine
Sage durch die Belehrung zum katholifchen Glauben ab:
ſchließt und damit auf eine völlig. verföhnende Art been:
dee. Es ift unſtreitig kuͤhn, daß Jemand nach nörhe
die ‚poetifche Behandlung dieſes Gegenftandes verfucht; es
wäre verwegen zu nennen, wenn er fie in dramatifcher
Form verfuchte, e3 fei denn, daß er wie Klingemann nur
ein Spektakelſtuͤck beabfichtigte.. Doch kuͤhn oder verme-
gen, es ift Jedem auf feine Gefahr hin erlaubt, und
dem wahren Dichter ziemt Kuͤhnheit.
Dies führt uns auf die Perfon des Dichters, der
- bier mit einem großen und feiner Natur nach anſpruchs⸗
vollen Werke vor uns auftritt.
L. Bechftein war bisher
duch Novellen, welche vorzugsmeife das Phantaſtiſche aus⸗
beuteten, durch Hoffmann’fche Nachahmungen und duch
Eeinere Gedichte bekannt, die einen angehenden Denter
verfündetn. Es muß Viele überrafchen, ihn mit einer
folhen Dichtung auftreten zu ſehen, die, mit Ueberfprin-
gung einer Menge von Mittelftufn, ihn entweder auf
einmal zu den Höhen des Parnafjes emporführt, oder ihm
für immer feine Stelle am Fuße bes heiligen Bergeb an:
weit. Wir werden fehen, wie er aus diefem Todkarıpf
hervorgeht,
Bon vorn herein beweiſt es für fein uUrtheil, daß er
auf alle Rivalitaͤt mit Goͤthe Verzicht leiſtet und durch
die Form, die er fuͤr ſein Gewicht erwaͤhlt hat, ſelbſt je⸗
den Vergleich ausſchließt. Statt des dramatiſchen waͤhlt
er den epiſchen Gehalt der Fabel fuͤr ſich, und waͤhrend
Goͤthe die Volksſage wie einen Schacht behandelt, aus
dem er nach Belieben bald dieſen, bald jenen Bauſtein
ausbeutet, ſchließt ſich Bechſtein genau und ſorgſam der
Sage an und folgt ihr in allen ihren Richtungen Sie
ift ihm den unvermeibliche Stoff des Gedichte, die Tra⸗
bition, bie er als epiſcher Dichter wol verkiären, von- ber
er jedoch feinem Beruf nach nicht abweichen darf. Hier⸗
u #2.
durch an ſich emtfteht ſchon eine ganz andere Begebenhelt,
als die in Goͤthe's „Kauft“ iſt; bie epifche Behandlung
aber gibt nun auch ein neues Gedicht, mehr dem Klin
ger’fchen Roman als dem Drama Goͤthe's feinem legten
Zzweck nach verwandt, da auch für Bechflein bie Noth⸗
wendigkelt “des Unterganges den Punkt bildet, auf .ben |.
alle Seitenpfade hinauslaufen. Das Verzeihliche in dies |
ſem Untergange tritt zwar hervor; aber nichtsdeſtoweniger
fteht das Nothwendige darin feſt, und das verföhnende
Elemmt im Drama, ja Das, was man beinahe als
indifferent bezeichnen konnte, Klingt in biefem Epos
nit an.
Wir find nun fo weit gelangt, das Gedicht felbft naͤ⸗
ber betrachten zu Binnen. Dee Dichter beginnt mit el:
nem Prolog, ber uns feinen Beruf kundthun fol. Er
bittet in ſchoͤnen Terzinen, ihn nicht dem Meiſter zu vers
gleichen, und nach Dem, was wir oben berührten, hat er
ein Recht, die Erfüllung dieſer Bitte zu erwarten.
D zeigt bem Volk nicht ſchmaͤhend meine Bloͤße,
. Rennt mir ald Mufter nicht den größten Meifter,
Legt nicht an mich ben Maßſtab feiner Größe.
Für Alle rauſcht der Zauberhain der Geifter,
Und Allen quillt ben Wunbderborn der Sage,
Draus Einer zaghaft ſchoͤpft, ein Andrer breifter.
Treu fördre Jeber feinen Schat zu Tage!
Alfeitig nimmt der Lichtſtrahl feine Richtung,
Kuͤßt Blüten hier, verklärt dort Sarkophage.
Und ewig flammt dad Morgenroth ber Dichtung!
Diefe wenigen, wohlgedachten Worte nehmen für den
jungen Dichter ein. Sie zeugen von Gebanfen, Gefuͤhl
ernſten Strebens, Urtheil. Dem Prolog folgt eine
Meihe, die wir hinwegwuͤnſchten, weil fie nichts fagt und
weil fie keine Weihe if. Wie der Dichter feinen Stoff
gefunden habe, foll und gleichgültig fein, und iſt es.
Das Epos felbft beginnt, Cs ift in 48 Capitel, Bilder,
Balladen, Abenteuer, Gefänge, Romanzen getheilt, grade
diejenige Form, in die ein heutiges Epos ſich allein zweck⸗
mäßig Mleiden kann. Herder's „Cid“ ift für das moderne
Epos ein unvermeldlihes Mufter. Der Vers tft der alt:
deutfche dreizehnſylbige Jambus mit zwiefahem Endreim,
vierzeilig und nach Belieben zumellen in ber Cäfur ges
reimt. Wir halten diefe Willkür für ungluͤcklich, fo paſ⸗
ſend der Vers im Ganzen auch gewählt iſt, und fo gut
er fih dem Inhalt anſchließt. Ein Reim, der zumellen,
aber nicht immer wiederkehrt, gibt dem Gedicht ſtets etwas
Bequenied, Unvollenbetes — das Ohr begehrt‘ ımb wird
sicht befriedigt — es war an dem Endreim vollkommen
genug, und der bequeme Mittelreim gibt den Begriff von
armer Pracht, von misgluͤcktem Wollen. Oder follte er
in dieſer Beziehung eine Abſicht einfchließen ?
„Innerer Drang” iſt die Weberfchrift der erſten Bal⸗
lade. Wir fehen Saufl.
Es faß ein ſchoͤner Züngling in fliler Einfamtei,
Sein volles Herz den Tiefen der Wiſſenſchaft gemeißt:
Sein heller Geift erhoben, nicht ſonder Zuverſicht,
ein Flammenblick nach oben, wie bürflend nach dem Licht.
Der Schlußvers jeder: Ballade vepetirt ober varlirt ben
Eingangsvers. Den vorftehenden variirt der Dichter am
Schluß bahin:
ss Ast ein ſchoͤner Süngling in ſtiller Einſamkeit u. f. w.
Sein Zrauerblid nad) unten — wie zweifelnd an dem Herrn.
Denn er Hat ben Vogel, ben Fiſch, den Blitz beneibet,
welche in bie Verborgenheiten ber Natur eindringen und
ausgerufen:
Was if des Menſchen Zunte! in Labyrinth voll Radıti
Was ift bed Menſchen Lönnen? AB, eines Kindes Macht!
Was ift des Menfchen Willen? Bon beinem Meer ein
Schaum!
Was ift bes Menſchen Leben? Gin kurzer bunter Traum!
„Naturgeiſt“ heißt die zweite Ballade. Ein ernfler Wan⸗
derer fchreitet duch Wiefe und Hainz die Graͤſer flüs
ſtern, die Wipfel raufchen Ihm zu, der Waldbach ruft
ihn. „Geiſt der Natur, wo finden bein Stralenan⸗
geficht?” ruft er verzweifelnd aus. . Ein alter Aftrolog
erfcheint, den Süngling zu führen; es ift Heilinger, Fauſts
Lehrer in dee Magie. Sie graben nad) dem Erdfpiegel.
Der Spiegel ift gewonnen, gewonnen ber Kroftall. — —
Bas tief in Racht vergraben‘, was in der Ferne blüht,
Der Magus kann es haben, ber in den Spiegel ſieht.
Nun folgt die Beſchwoͤrung. Der Himmel hat ihn nie
erhört. Ha, ruft der Süngling:
Noch eine Gottheit gibt es, tief, tief in naͤcht gem Braun;
Mit diefer will ich reden, ihr will ich mich vertzaun.
Der Höllengeift erjcheint umd verfpricht einen Diener zu
fenden. Bauft fobert ihn: Ä
und von ben Flammenſchwingen umleuchtet und umloht,
. Beigt fi ein Riefenantlig grimmvoll und biutigroth ;
Dem XAntlig gleich des Tigers, ber in die Ketten beißt,
Wuthblidend, wie das Grabthier, bas am Gegit⸗
ter reißt.
Ein fchönes Bild! Kauft ſchließt den Pact, er Flucht
der Kirche — bie Volksſage iſt es, was den Verf. Ieitet.
— Iſt Sauft nun gluͤcklich? Auf feinen Triumphruf folge
nah darauf die Warnung: '.
Web, wenn er an ein Wahnbild die Seligkeit verlor!
Mephifto erfcheint. Ä 1
Nichts, nichts, was bir gelüftet, wird, Bauffuß, dir verfagt.
Ich bin bein Koch, bein Kellner, dein Knecht und deine Magb,
Der Diener gefällt. Fauſt's erſte Foderung ift Ruhm;
dann Wiſſenſchaft. Mephiſto erſchien ale Mönd; bie
Tracht misfaͤllt feinem Seren, er fol fie ablegen. Er Mage:
Die Kutte iſt ein Roͤcklein, brin man fich hat ‚bequem;
Ein Haustleid für die Sünde, weich, warm und angenehm. —
Gin Beichtſtuhl, drin das Pfäfflein der Ronne Liebe fhwört,
Und ic — bin eben Einer, der in die Kutte gehört.
„Frage und Antwort.” Mun fol Mephifto fagen, woher
und welcher Art.
„Der Stolzeſte der Stolzen riß und in feinen Ball,
Nun ſchweben wir verbreitet, in Licht und Luft, im A.”
„und weldyes war die Urſach, das fag mir, jenes Falls? — —
„Banftus, der Drang; ſich ahnlich der Gottheit ſtoiz zu blaͤhn
Dann foll er ‘som Himmel’ Auskunft geben; ber Erin:
nerung Mond: iſt ihm verfunten! — Bon dem Engeln?
Mir nennen fie nicht gern! — Vom Paradies? Wie, Fau⸗
ſtus, gedenkſt du dort zu wohnen? Ic glaub’ es kaum!
— Bon der Höfer Der Hölle Qualm trägt der Sünder
in fi. — Blieb die Hoffnung? Sehe wenig, Fauſtus,
wenig! Dec, fag und quaͤle mid nicht länger:
563
⸗
Was willſt bu von ben Engeln, von Parabies, von Bott?
©pott ift nur deine Frage, wie meine Antwort Spott!
Nun iſt der Dichter mitten in feinem Thema.
won ihn fo nun Schritt vor Schritt der Volksſage fols
und ihn body .fo hochpoetifch werden fieht, fo erkennt
man erft, welch dichterifches Verdienſt Die Sage felbft in
fih fchließt. Ja, faſt unbegreiflih wird es uns bamn,
warum vor ihm Niemand biefen poetifchen Schag, defien
Verſteck Jedermann kannte, hob, wie er ihn gehoben hat.
Es fcheint fo Leiche, fo natürlich, daß felbft gegen Goͤthe
eis Vorwurf der Ueberkünftelung laut zu werden ringt.
(Der Beſchlus folgt.)
Neuere englifhe Literatur.
a
1. Semi-serious observatiofs of an italian exile, during his
‘ zesidence in England. By Count Pecchio. London 1833.
Der Verf., durch feine Theilnahme an ber Revolution
In Piemont genöthigt, dem Vaterlande den Rüden zu kehren,
wendete ſich zuerſt nach) England und von ba feiner Befuntheit
wegen nad Spanien, wo man feinen Liberalismus aber bald
entdeckte. Gendthigt, Ferdinand's Gebiet zu meiden, ging er nach
Griechenland und Lehrte endlich nach England zurüd, wo er
eine Gattin und mit ihr eine Heimat und feine Geſundheit
wieberfand. Als Gchriftfteller fchon vor einigen Jahren mit
Briefen fiber den politiſchen Zuftand Spaniens und mit Reife
berichten aus Griechenland in einer engl. Beitfchrift aufgetreten,
hat er feitbem bie Dinge feines Wohnfiges benupt, Skizzen vom
Thun und Zreiben bes Volkes gu entwerfen, das ihm und fo vie
Ien andern von ihren Landsleuten verlaffenen Patrioten eine
gaftfreunbliche Freiftätte gewährte. Man darf übrigens nicht
erwarten, die geiftreiche Manier der „Briefe eines Verſtorbenen“
Diet zu finden, es find nur Umriſſe, mitunter zu leicht hingewor⸗
n, vom Wohlmollen bes Verf. überall burchbrungen, allein ſel⸗
ten eine tiefere Auffaffung verrathend. Jenes alte Spruͤchwort,
welches auf bie Unbebeutenbheit der Leute fchließen laͤßt, welche
ſtets berühmte Ramen im Munde führen, beftätigt ſich auch hier.
Montesquien und Helvetius find bei P. wie tas Brot auf ber
Zofel, allein. er tifcht zuweilen Bemerkungen auf, bie feina Urs
theilskraft durchaus Feine Ehre machen. So gibt er bavon, daß
bie Engländer beimweitem nicht fo eifrig mit ben Händen ge:
fiiculiven wie ihre Nachbarn auf dem Gontinent, als Grund
an, bie Zimmer (in London) wären fo Hein, bag Niemand feine
Arme frei bewegen könne, ohne etwas zu zerbrechen ober fonft
eine Unordnung zu verurfachen. In ähnlicher Weiſe fieht er bie
Duelle des Mangels guter Tänzer in land in ber leichten
Bauart ber Häufer, welche bie Uebung bdieſer Kunſt verbiete,
denn würbe Jemand im britten Stock einige Bodöfprünge mas
chen, fo liefe ev Gefahr, gleich einer Bombe hinab in bie zu
ebener Erde liegende Küche zu fahren. Wir glauben, bas Ger
fagte reicht hin, bie Meberzeugung zu gewähren, baß bies Fein
Bud zum Ueberfegen ift, und dag für die Kenntniß englifcher
@itte nur dürftiger Nutzen daraus gezogen werben kann.
2. Records of travels in Turkey, Greece etc., and of a
eruise in the Black Sea with the Capudan Pascha in
the years 1829, 18830 and 1831. By Adolpkus Slade.
Zwei Bände. London 1832.
Diefes Werk enthält eine der intereffanteften unb belehrend:
ten Reifebefchreibungen , welche in neuefter Zeit erfchienen find.
Der Verf. unternahm feine Zour zu einer für bie erwähnten
Länder hoͤchſt wichtigen Zeit und langte im Mai 1829, zu Ans
fang bes weiten Feldzugs der Ruſſen gegen bie Pforte, über
Frankreich, Italien und Griechenland in Konftantinopel an.
Hier war er giädlih genug, die Bekanntſchaft des Kapuban
Paſcha zu machen und von ihm zur Theilnahme an einem kurzen
Seezuge nach dem ſchwarzen Meere eingeladen zu werben. Dar
auf wieder einige Zeit in ber türkifchen Hauptſtadt verweilend,
befuchte er mit der .englifchen Fregatte Blonde Varna, Burs
—
rm u. a. wichtige Käftenpläße und kehrte Über den Kriege:
dauplag, den Balkan und Schumla, nach Konſtant nopel *8
wo es mit mehr Muße Beobachtungen anftellte als bei feiner
frügern Anweſenheit. Im Sommer 1830 begab er ſich über
Abrianopel, Demotila, nos, Samothraki und Salonichi nach
Smyrna. Der Verf., allem Anfcheine nach ein Reiſender aus
Neigung, der fi die Aufgabe ftelte, was er fah und erfuhr
ganz fo zu fchilbern, wie ex es ſah, offenbart nicht felten einem
ſtarken Hang, unbedingt zu tabeln, was mit feinen Anfichten nicht
übereinflimmt. Mit ben vom Zigen Beherrſcher der Zürkei
vorgenommenen gewallfamen Seformen kann er fidh nirgend
recht befreunten, unb hier wenigftens fcheinen bie Ereigniffe feine
Meinung zu betätigen, denn weder ber Friede zwiſchen ben Par:
teien iſt dadurch befördert, noch verhindert worden, daß ein käh:
nee Paſcha den Thron der Sultane in feinen Srundfeften er»
hättet. Die ganzen Verhältniffe ber Gegenwart machen es
wuͤnſchenswerth, bald eine vollftändige Ueberfegung biefer Reife gu
erhalten, ein Unternehmen, deſſen Begünftigung die hin und
ber mitgetheilten Auszüge aus Slade's Werke nur befördern
nnen.
$. Records of my life. By the late Jon Taylor, author
of „Monsieur Tonson’’. Zwei Bände. London 1832.
Sohn, oder wie ihn feine Freunde zu nennen pflegten, Jack
Zaylor war ber Sohn eines engl. Wundarztes von Ruf und
wurde eigentlich zum Augenarzt erzogen. ein Iebensluftiger,
heiterer Charakter, reich an Wis und Humor, ber in Sefellfchaft
nicht blos unterhaltend, fondern zugleich belebend wirkte, verbuns
ben mit einer originellen Manier, Anekdoten unb komiſche Vor⸗
fälle zu erzählen, machte ihn balb zum gefuchten Gefellfchafter,
und vor 50 Jahren war befonders in ben bramatifcgen Zirkeln
Londons Niemand mehr zu Haufe ald er. Gigenthümer von
neun Zehnteln bes „Bun’’ und Mitarbeiter an andern Zeitſchrif⸗
ten, fland er in naher Beziehung zur periobifchen Preffe, als ber
Zudrang zu ihren Columnen es noch nicht fo fehtwierig machte,
individuelle Beſtrebungen im Auge zu behalten, wie heutzutage.
Bei feinen perfönlicyen Eigenſchaften konnte ed ihm fonach am
vertrauten mgange mit Staatsmaͤnnern, Kuͤnſtlern, Schrift
flelleen, Schaufpielern zc. kaum fehlen. Aus diefer Zeit datiren
fih denn aud bie von ihm herausgegebenen Grinnerungen, eine
reiche Fundgrube für Biographen und eine hoͤchſt unterhaltenbe
Lecture für Alle, welche an ben ausgezeichneten Perfonen der brei
legten Generationen Englands einiges Interefle nehmen. Bon -
den Meiften weiß I. etwas Merkwuͤrdiges, wenigftens eine komi⸗
ſche Anekdote, ein Wigmort und bergleichen aus eigner Erfahrung
ober aus dem Munde feiner Breunde zu erzählen. Zwar läuft wol
eine Wiederholung von bereits Bekanntem mit unter, bin unb
wieber auch eine Ungenanigkeit ober ein Irrthum; trogdem
bleibt aber fein Buck, mit ben Worten eines engl. Blattes zu
reben , „one of the most amusing pieces of biographical and
anecdotical gosipry.: ‚ welches in englifher Sprache je erfchies
nen if. Won dem Dichter ber „Sahreszeiten” erzählt T., geftügt
auf die Autorität feines Freundes G. Ghalmers, der ſich mit
einer Biographie Thomſon's beicyäftigte und eigens nach Rich⸗
monb ging, um von einer bafelbft noch Lebenden Haushaͤlterin
Th.'s vielleicht einige neue Nachrichten über beffen haͤusliches Le⸗
ben ober fonft etwas SIntereffantes für feinen Zweck zu erfah⸗
ren, wo er benn aud) das Folgende vernahm: daß berfelbe
in feinen frühern Jahren verheirathet geweſen ſei; ba er aber
eine Frau nur ihrer Perfönlichleit wegen genommen, unb fie
der zum Umgange mit feinen vornehmen Freunden noch mit -
feinen Bekannten überhaupt für geeignet Hielt, To babe er dies
felbe Jahre lang verborgen gehalten. Gelbft nachdem er fie zu
fiy nach Richmond kommen ließ, waltete fortwährend ein fo ges
trenntes Werhältniß zwiſchen beiden Gatten, daß fie nur eine
alte Dienerin des Haufes zu fein fchien. Im Uebrigen ließ er
es jedoch an nichts fehlen, was zu ihrem Mohlbefinden und ih⸗
rer Zufriedenheit beitragen konnte. Als fie ihre Verwandten
im Norden einmal befudyen wollte, gab er ihr bie Erlaubniß dazu
gegen das Verfprechen, von ihrer gigentlichen Lage nicht® zu ver
rathen. Kaum war fie aber nach kondon gelommen, ala fie er⸗
- X
604
fein.
4. The year of liberationy a jeurmal of the defence of
KHamburgh against the french army under marshal Da-
voust in 1813; with sketches of the battles of Lutzen,
Bautzen etc. Zwei Bände. London 1832.
Ss if kein ungeitiges Unternehmen gu einer Zeit, wo ber
Krieg abermals fein verderbliches Banner zu entfalten broßt,
recht lebhaft und eindringlich an feine Uebel zu erinnern. Hier
tritt allem Anfcheine nach ein Augenzeuge jener Tage auf, wo
Schlachten über Suropas Geſchick entſchieden, und berichtet im
Allgemeinen anziehend und getreu, was er während eines vors
übergebenden Aufenthaltes in Deutfchland, befondere in Ham⸗
burg, zu fehen Gelegenheit hatte. Die Art, wie er ber Bewoh⸗
ner biefer Stadt gedenkt, veranlaßte ein englifches Blatt zu ber
Benerlung: „Die in biefem Buche gegebene Lehre ift alle
Nationen wichtig, welche Freiheit zu vertheibigen, Feinde zu be
kaͤmpfen haben, und England, nur ein Hamburg im Großen, mag
ſich im Ball ber Roth ein Beifpiel an dem ſchlichten Muthe
nehmen, welchen jene wadern beutfchen Kaufleute bewieſen.“
Es würbe biefes Buch empfehlenswerther gemacht haben, wenn
| ‚ ber Berf. fich auf bie Jamburger Ereigniſſe beſchraͤnkt unb nit
derch wenig intereffante, nur Bekanntes enthaltende Skizzen meh⸗
rer damals gefchlagenen Schlachten und durch unwefentliche,
feine neue Geile barbiefende Schilberungen von Rapoleon’s Art
und Weife bas Volumen beffelben um bie ‚Hälfte zwecklos ver
größert Hätte. Die Ausſpruͤche ber englifchen Kritik beftätigen,
dag ‚man auch bort zu bem allgemein Bekannten rechnet, was
uns fo erſchien.
5. A view of the early parisian greek press; including‘ the
lives of the Stephani or Kstiennes, notices of other con-
temperary greek printers of Paris and various partioulars
of the literary and ecclesiastical history of their times.
By the rev. W. P. Greswell, author of the „Life of Po-
litian etc.’ Zwei Bänte. Orford 1883.
Richt blos der Freund bibliographiſcher Korkchungen barf
hoffen, in diefen von Gelehrſamkeit und Sammlerfleiß reich aus:
geftatteten Bänden einen willkommenen Genuß gu finden, fie bie
ten in mannschfaltigen Abfcgilberungen bes Zuflandes ber Litera
rifchen und kirchlichen Welt während einer ber wichtigften euro⸗
päifdgen 3eitperiodben auch dem mehr im Allgemeinen an den
Bortfchritten ber Gultur Theilnehmenden die intereffanteften
Seiten dar. Die Beſtrebungen ber Familie Stephanus bil |.
ben zwar das Mittelglieb, um welches ſich ber übrige Inhalt
Diefer Bände gruppirt, allein mit ihnen find die Fortſchritte der
Kunſt und Wiſſenſchaft während eines Zeitraumes von andert⸗
halbhundert Iabren in bie genauefte Berbinbung gebracht. Und
ein wichtiger Zeitraum iſt bies. Nach langer Nacht begann bie
Fackel der Wiſſenſchaft aufs Neue zu leuchten, bie Preffe wurde
Traͤgerin ihres Lichtes, unb weiter unb weiter verbreitete ſich
der Kampf um bie Wahrheit. Den Druck griechiſcher Bücher
anlangenb, betrieb man ihn bekanntlich zuerſt im noͤrdlichen
Italien, und das erſte Beifpiel batirt fü vom Jahre 1465.
Laskaris’ Brammatit war das erfie griechiſche Bud und wurke
1480 in Mailand neu aufgelegt, welches Venedig und Florenz
als Beifpiel in der Ausäbung und Vervollleunnnung ber Bud
bruderfunft voranging. Nach Paris wurde ber griechifche Büs
cherdruck um 1507, nach Sagland um 1648 verpflanzt. Die
ausführliche Lifte der Betreiber und Befoͤrderer deſſelben in Pas
ris, Die Biographien der wichtigſten biefer Yerfonen und bie Ge:
ſchichte der Hinderniſſe und Gefahren, mit denen fie zu kaͤmpfen
che ehr
benfchaft, das des Weibes dem Herzlichen und Gemuͤthlichen naͤ⸗
bern. An Ausnahmen von ſolchen allgemeinen Regeln mangelt
es zwar nie, fie heben indeſſen jene nicht auf, und die vorliegen“
ben Bände beweiſen namentlich nur für dieſelben. Wir hätten wol
auch mancherlei, vorzüglich bie bier und ba fehr loſe Verknoͤ⸗
pfung ber Hauptfüben bes Romans unter einander zu rügenz ba
jedoch bereits zwei beutfche Ueberfegungen beö ‚„Buccaneer” ere
fhienen find, jo werben diefe gewiß Gelegenheit geben, in d. B.
barüber ausführlicher zu fprechen.
7. Misersimus. London 1832. .
Auch jenfeit des Kanals fängt man an, fich in ber Liter
tur auf das in Franfkreich fo beliebte fchauberhafte Genre zu le⸗
gen; allein obgleich das vorliegende Bändchen ein vielverſprochen⸗
ber Anfang dazu iſt und hinlaͤnglich von dem dazu nöthigem
Talente zeugt, bezweifeln wir body, daß es bamit in England
nur einigermaßen fo weit getrieben werben wirb wie bei dem
Granzofen. Man iſt dort befonnener, gibt fich mehr Rechen⸗
Ihaft von Dem, was man thut, und ebendeshalb iſt das Talent
nicht fo leicht wie bei ben leichtfectigen Nachbarn im Stande,
fig zur Mobenfchneiderin herabzuwuͤrdigen und, wie biefe den
Leib, den Geiſt in bie oft üben alle Begriffe geſchmackloſe, allein
wegen ihrer Neuheit beliebte Modetracht zu kleiden. Berwandt
mit 3. Hugo's „Notre Dame’', gründet ſich dieſe Cyraͤhlung auf
einen Grabſtein in ber Kathedrale von Morcefter, melde bie
Inſchrift „Miserrimus‘ ohne alle weitere Angabe trägt. Die
Selbfibiographie des namenlofen Schlaͤfers unter jenem Steine
it es, welche bier bargeboten wird, eine fellfam überfpannte
Sefchichte, und faft fcheint es, als fei bem Bet ſelbſt unheims
lich dabei geworden, was ihn zur Kuͤrze gen haben mag.
In dieſer Borausfegung loben wir ihn, baß ex dem Impuls feb
ner gefündern Natur nachgegeben hat. 8.
— sei
Notizen.
Die neuefte Erflärung ber Caſas.
Nach Aug. Srotefend („Schulgrammat. ber lat. Sprache”, -
II, 312) ffellt der Genitiv den Gegenſtand als zeugenb,
männli bie Thätigkeit veranlaflend bar; ber Dativ dens
felben als empfangend, weiblid die Xpätigkeit zulaſſend,
und der Accuſatid ais gezeugt, ſaͤchtich durch bie Thätig-
keit hervorgebracht. Wie wird Hr. Grotefend dieſe geſchlecht⸗
lichen Thaͤtigkeiten wol feinen Primanern und Secundanern in
Göttingen deutlich machen?
Hödft Eräftige Ueberfenung :
Sedermann kennt bas Doraz'fche „bonus dormitat Homerus’.
Der ehrliche Reiske hat in feiner Meberfegung des Demoſthenes
(I, 187) dies etwas derb wiehergegeben, wenn er fagt: „Des
mofthenes fei auch ein Menſch geweien und habe auch
die Dumme Stunde gehabt fo gut wie ein Anderer”. 89.9
Nedigirt unter Berantiwortlichteit der Verlagshandluna: J. A. Broddans lin € eipsig.
3 .,, )
. . .
literariſche
Blätter
für
Unterhaltung.
(Beſchius aus Nr. 186.)
Die neunte Ballade iſt dem getreuen Famulus gewid⸗
met. Er iſt ein Wohlredner, treuer, befchräntter Schüler
bes Meifters, faſt wie bei Goͤthe. Nun beginnt Fauſt's
Taumelleben. Aber ‚mitten im Sreubenerguß ericheint Praͤ⸗
ſtigiar, ſein hoͤlliſcher Begleiter, ſchreckt die Zechgenoſſen,
legt ſich knurrend zu Fauſt's Fuͤßen und ſcheucht die Freude
aus feiner Nähe. Die Sage hat hier das boͤſe Gewiſ⸗
fen äußerft energiſch verfinnlicht, und der Dichter benutzt
diefe energifche Verfinnlihung energiſch. Die Scenen ber
Freude werden grau vor Fauſt's Augen. „Was ſcheuchſt
du mie die Freude“, ruft er zuͤrnend dem Präftigiar zu;
„Was trittft du ımgerufen, und nicht begehrt, zu mir?"
Dumpf Heult: „Du mußt es — sur Antwort ihm
. Wunder und neue Freudenfcenen im „Luftgarten”. Mit:
ten im Winter empfänge Fauſt feine Gäfte in einem pa=
radiefiſchen Garten; eine koͤſtliche Schilderung. Zu fol:
chen Kleinigkeiten ift fein hohes Streben herabgeſunken.
Die Kraft des fruͤhern Wollens ſpricht nicht aus feinem
n
un. ⸗
Er, der an dich gekettet, durch deines Zaubers Macht,
Hat nicht, dich zu belehren, nur zu bethoͤren, Acht.
Wie ſchoͤn iſt dennoch die Belehrung, die Mephiſto im
folgenden Bilde über Erb’ und Meer und deren Sonde⸗
rung gibt und vom erſten Fruͤhling. Doch der Keim der
Vernichtung zeigt ſich als Stachel in dieſer praͤchtigen
Roſe verborgen. Das iſt die Ernte ſeines Wiſſens, daß
Auem Vollkommenheit fehlt; dies Wiſſen, die Frucht ſei⸗
nes uͤbermuͤthigen Strebens, iſt ſeiner Freuden Zerſtoͤrer.
Umſonſt beherrſcht er als Magus die ganze Natur, we⸗
ber Ruhe noch Troſt, weder Freude noch Hoffnung wohnt
ei ihm.
—— du klopfſt im Vuſen, die Todtenuhr im Holz,
Bor deiner Nachterſcheinung erbleichen Macht und Stolz.
Du biſt ein kraͤchzend keichhuhn, das übern Friedhof fliegt,
Sin weinend Kind, das fehlaflos die Mutter feufzend wiegt.
Eine Kleinigkeit ruft die Störerin wach. Ein Bilderkraͤ⸗
mer zeigt Fauſtus Wunder, verkehrt. Was nügt ihm
aun fein hoher Ruf! Er flieht ruhelos.
Die Blumen hat vernichtet der Frechheit eif'ger Froſt,
- Und bittre Galle reicht mıir des Satans Hohn zur Kofl.
Ihn troͤſtet Schmeichelei. Ex fährt, Bewunderer ſeiner
Macht, auf ſeinem Zaubermantel nach Muͤnchen in einer
Nacht. In Auerbach's Keller feiert er ein anderes Feſt.
Wagner fagt:
„Die werthen Bälle füben von Euch ein Wunber gern.‘
Und Fauſtus: „Daß die Menſchen doch flet# ein Trieb erfüllt,
Bu ſchauen Das, was fchweigfam ſich tief in Raͤthſel huͤllt.
Verlaſſen wird das Bildniß, ift ber Schleier abgefireift,
um Gott ſelbſt iſt's gefchehen, Ve ihn ber Menſch bes
gr „.
Er reitet auf dem Faß in ben Keller. Jubel erhalt;
aber er ruft aus:
Mein Sluͤckeſchiff ift gefcheitert — das Leben freut mich nicht.
Das Leben froh genießen, ift eine Kunft, gar werth —
Weil zu der reinen Freude ein reines Herz gehört.
‚3m folgenden Abenteuer läßt ber Magus den Homeros
und feine Helden erfcheinen.
Laß unten deine Geiſter aus alter Helbenzeit —
Dich hat, wie groß und mächtig bein Zauber immer iſt,
Richt gleich dem Mäoniden bie Grazie geküßt. _
Folgt die Bauberreife nach Prag und das Weinwunder,
das Goͤthe in den Auerbady’fchen Keller verlegt; dann bie
Ergreifung des Megenbogens, welche dem Dichter wie
derum zu einem fehönen Symbol wird.
Der Menſch greift in die Zukunft nach buntem Schim⸗
mergluͤck,
Mit Wuͤnſchen heißer Sehnſucht, mit manchem Hoffnungsblick.
Er faßt den Irisbogen, den Zauberfarbenſchein —
Bald iſt der Glanz entflogen, nur Thraͤnen — bleiben ſein.
Die Glut, um die die Muͤcke mit lautem Fluͤgel ſpielt,
Sie wird zum Dolch, der hreunend ſich in ihr Leben müßlt.
Hier Hit ein falfches Bild zu rügm; Glut kann kein
Dolch werben.
Im „Baubermorb“ wird bie Enthauptungsſcene ges
ſchildert. Dann erfcheint der treue Eckhard als Warner.
Der Gaukler Liegt erfchlagen, weil Euch fein Thun mishagt,
Noch Viele werden wagen, was Jener hat gewagt.
Sie nehmen Euern Ramen hin ale willfommnen Raub,
und was Ihr groß geträumet, das ziehn fie in den Staub.
Darauf naht ihm Melancholei und mit ihr die Reue.
Fluch fei dem Drang, ben Hoffahet mir in die Bruſt ges
Fluch fei ber Macht, zum &pielzeug für-citie Luft gebraucht.
O gaͤb' es eine Sühne für Das, was ich vollbracht,
Und fänd’ ich noch Wergebung bei Dem ,: ber oben wacht
566
Da erſcheint das Rieſenantlitz umd rufe ihm zu: Du biſt
mein Eigenthum !®
— Rat wird's vor Yauflus’ Blick —
Web, weh mir, ewig wehe! &o reißt es mid zuräd.
Bahr wohl bu boffnuageſchimmer — Auksraumbid, gute
a
Der „Zauberring“ zeigt, wie Fauſt nun ſelbſt zum Ver⸗
führer wird; Grimm über fein Geſchick macht ihn zum
Bündner, der Hölle.
Der „Schatz“ MI Yolıder
Altegorie gebraucht. Der Schag: Wunfcherfüllung, ruht in
ber Zukunft, bewacht von einem Geifte: Zeit, ben keline
Formel bindet. Ihn hebt die Wuͤnſchelruthe: Geduld!
Der Schaͤtze gibt es viele, von Gterblichen begehrt —
Balb der Erinnrung heilig, ein Zobtenhof ber Zeit,
Bom Zaubesbaum des Lebens mit Bluͤtenſchnee beftreut.
Die „Luftiagd”. Des Ruhmes hab’ ich begehrt, nun
hab' ih ihn — und achte feiner kaum.
Ich rief herauf die Beifter aus tiefer Höhlen Schacht,
Mein eigner Geift geht unter in nody viel tiefrer Nacht.
Und wie ber Stromfall fortreißt den ruderlofen Kahn,
Hinftürmt' ich ruh⸗ und raſtlos zum Abgrund meine Bahn.
In den folgenden Abenteuern beſchwoͤrt Fauſtus den Schat⸗
ten Alerander’s des Großen vor Kaiſer Maximilian, zaus
bert ihm den Luſtſaal vor, kroͤnt den neidiſchen Schranzen
von Harb mit einem Hirſchgeweih und entſchwindet ihm,
als er den Abziehenden verfolgt.
Verleumbung zu beſchaͤmen fteht wol dem Künftier frei,
Giftſchlangen find zu zähmen, wie fpig ihr Zahn auch ſei.
Nun befucht Fauſtus die ſchoͤne Sräfin von Anhalt, zaus
best ihre ein Luſtſchloß und fcheibet.
Auf immer ſchwoͤrt die Liebe; die Treu hat gleichen Spruch;
Auf immer ſchwoͤrt auch Freundſchaft, und jede kommt
zum Brud.
Lacht dir des Gluͤckes Schimmer, beugt Schmerz dich uns
verho
Denk: es iſt nicht auf immer, und beide wechfeln oft.
GSetrennte Gatten vereint Fauflus’ Zauberkraft in ber
„Heimkehr“.
Für mich gibt's keine Heimkehr — mich rettet keine Hand,
Ich babe laͤngſt verlaſſen mein beſſ'res Vaterland.
Wiederum verſinkt er in Melancholie. Da weckt ihn
Mephiſto durch die Liebe. Hier ſtellt ſich die Verglei⸗
chung mit Goͤthe zu dringend nahe, als daß unſer Dich⸗
ter nicht zuruͤcktreten muͤßte, wie ſchoͤn auch ſeine Feier
der Liebe und der Unſchuld ſei. Die Liebe will drama⸗
tiſch aufgefaßt ſein; die ſchoͤnſte epiſche Form iſt matt in
ihrer Behandlung. Fauſt muß entſagen; denn nach
dem tiefen Sinn der Volksſage hat er der Hoͤlle ſchwoͤren
muͤſſen, nie zu freien. Mephiſto troͤſtet ihm und bietet
ihm zur Buhle die ſchoͤne Helena. Hier wie in ben
Hoffcenen dei Kaiſer Mar klingt Goͤthe's Zwiſchenſpiel le⸗
bendiger; freilich immer mit ganz verſchiedener Auffaſſung.
Der Dichter bleibt der Sage treu; diesmal allzu treu und
ohne fie irgendwie zu veredeln, als hätte er gefuͤrchtet,
feinem großen Wormeifter zu fehr zu nahen. Es iſt die
einzige nicht würbige Stelle in diefem Gedicht. Er wich
Vater und heißt feinen Sohn Juſtus. Jeder fieht, was
sum Traͤger "einer ſchoͤnen
Goͤthe aus biefer nicht bedeutungeloſen, aber doch unbe⸗
deutenden Volkſage ſchuf. Truͤbe Ahnung, Vorgefuͤhl vom
Ablauf der Zeit ſeines Pacts ergreift Fauſt.
Das Herz iſt eine Harfe, die Gott beſaitet hat,
Der Sünder nur verſtimmt fie durch frevelhafte That.
Und will fie dann erflingen, da wirb'$ ein truͤber Klang,
Leichhuhnruf über Gräbern und heif'zer Ugfenfang.
Fauſtus rauft beulend fein Haar,
Und unterm Ofen fpottend heult auch Praͤſtigiar.
Wirtfonft troͤſtet Wagner: er gene ne nicht an fein
Gluͤck! Doch das Herz iſt eine Glocke, die laut und
Aangſtvoll fchlägt. In diefer Stimmung wird Fauſt pros
pbetifh. Der Dichter läßt ihn für unfere Tage prophes
zein. Das iſt zu verzeihen:
Dort ſchlaͤgt ein blut’ger Tiger die Tab’ Ins Nieberland.
Ich fehe düftre Fackeln durchlodern alle Land — —
Den Banatismus feh’ id in Hütten, auf dem Thron,
Er ift ein blinder Schuͤtze, ein gift'ger Skorpion.
Seh Königshäupter rollen, hei, wie der WBtutborn fpringt !
Wie dumpf durch alle Länder bie Todtenglocke klingt!
Und weiter: " j
Dort ſchwingt ein Hahn die Fluͤgel fein Kamm iſt blat«
we
Es fliegt fein lautes Krähen furditbar durch alle Welt.
Und was er Fräpt, Elingt Freiheit! und Freiheit hallt es nach
Durch alle Länder rollend, wie lauter Donnerfchlag.
Da ringen bie Völker, ba fallen Koͤnigskronen vom Zeits
baum berab, da werben Throne leer, ba entſtehen neue
Neronen, da ſteht die Menſchheit fhaubernd, regungslos
erroartend. Doc ber Dichter ſchließt:
D Freiheit — wahre Freiheit bes Geiſtes und bes Kichts,
Du bift bee Hort ber Völker und nur an bir gebricht’s.
D komm, du Sottgeborner, du Weltmeffiad, komm.
Nun folgt Mephiſto's Kündigung:
— Balb tanzen wir Kebraus,
Die Zeit verläuft, mein Doctor; beftellt nur Guer Haus.
Fauſt raft und Mephiſto hoͤhnt. Er erkennt, mas an ihm
gut war, fein Wollm. Freundestroſt erhebt ihn nicht,
er verdammt fich felbft mit verflärtem Bewußtfein; in fei-
nen Träumen wird's ihm Bar, was an ihm bife war.
Nun zieht die Schwermuth bei ihm ein; er läßt von
Mephifto; aber den Himmel kann er nicht mehr errei-
hen. Diefe Durchgänge des Sünberloofes find vortreff:
lich gefteigert — er endet in Verzweiflung, Zerknirſchung.
Und Heute foll ich fterben! fol! muß! Die Beit iſt aus!
So brich herein, Verderben, im Donnerflurmgebrans.
Stuͤrz über mich zufammen, Gebäu! Brich Mauerwand!
Loh' auf in Höllenflammen ! Be mich, Schutt und
rand!
Rath an Wagner! Hohn ber Höflel Klage der Poeſie um
den untergegangenen ebein Geift.
Es poche Keiner trogig auf feines Geiſtes Kraft,
Mandy Irrender, mand) Reiner warb früh dahin gerafft.
D Leben, ew'ges Räthfel — Magus — Dämon zugleidg,
Du bleibft für beine Kinder ein dunkles GBeifterreidh.
Sie treten in bie Kreife, beſchwoͤren das Geſchick —
Kür Himmel oder Hölle weiht fie — ein Augenblid.
O felig, wem das Lichtreich in Poefie erbluͤht!
«667 ‘
'
Der Saͤnger trägt Grlöfung Ufer bes Kocyt.
Und in bem Kranz, den ruhm um, feine Stine flicht,
Flammt's, eine Schrift aus Sternen, —— „Durch RNacht
zum V
So endet dies des Nachruhms wuͤrdige Gedicht.
Wir haben genug an Auszuͤgen mitgetheilt, um den
kundigen Leſer zu einem eignen Urtheil in den Stand zu
fehen. Es wird des unferigen daher kaum noch beduͤrfen.
Soll es jedoch vernommen werben, fo iſt es dies: Der
‚Verf. bat feinen Stoff allerdings mehr nachempfunden
als gefchaffen; er hat fi von ihm leiten Lafien, wohin
ee ihn führte, anftate ihn in die Dand zu nehmen und
bamit in. den Luftwalb der Poefie zu wandern, wohin
fein Genius ihn führte. Ein Vergleich mit Göthe, wies
wol der Dichter ihn t, kann nicht wohl ausbleiben.
Goͤthe iſt Seher, unfer Dichter ift Sänger, Port. Wir
wiſſen nicht, ob dies Discrimen fehr Bar iſt; aber wir
Eennen Bein befferes. Goͤthe fieht und fchafft im Stoff,
was fein Genius ihn lehrt; unſer Poet fieht den Stoff,
den er nicht gefchaffen hat, und fagt uns, wie er ihn
ſieht. Schönes, Gedankenreiches kommt an ben Tag,
aber es iſt mehr das Kimfilerauge als das weltdurchbli⸗
ckende Dichterauge, der Seherblick, der es herausfoͤrdert.
Er enthuͤllt uns den Kern der Sage; Goͤthe ergriff die Sage
und ſtellt uns an ihr fein Inneres bar. Goͤthe's „Fauſt“ iſt
“ein Geſicht; der „Fauſtus“ unfers Dichters iſt ein Gedicht.
Was hiernaͤchſt die Kunſtform dieſes Gedichts betrifft,
fo muͤſſen wie Fleiß, Geſchmack und Kunſtſinn an ihr
ioben. Die Form iſt niemals leer, ſie ſchließt den Geiſt
ein, und ſchließt ihn meiſtens ſchoͤn ein. Es iſt eine
Fuͤlle wuͤrdiger Gedanken darin; aber ſolcher die nahe
liegen, Durchblickung von Geheimmiſſen der Menſchenna⸗
tur ſuchen wir umſonſt darin. Doch nicht Jeder weiß
einen ſolchen Schatz wuͤrdiger Gedanken zu heben — der
Dichter iſt ihm foͤrderlich, Das klar zu erkennen, was in
Jedes gebildetem Geiſte leben mag. Goͤthe dagegen machte
der Welt Geheimmiſſe offenbar, die nur in ſeinem Geiſte
Bar geworden waren. Fuͤr dieſe Gabe koͤnnen ſchoͤne Bil⸗
der, treffliche Schilderungen, ſinnreiche Gemaͤlde keinen
vollkommenen Erſatz gewaͤhren. Nach all Dieſem, und wie⸗
wol mit dem unvergleichlichen „Fauſt“ unvergleichlich, bleibt
nichtsdeſtoweniger ein ſchoͤnes Gedicht uͤbrig, Vielen erfreu⸗
lich, foͤrderlich und huͤlfreich, ſchoͤn als Werk der dichtenden
Kunſt, lehtreich und mugbar für unſere Selbſterkenntniß.
Ueber das eigentlich Formale an dieſer Dichtung haben
wir ung bereits erklaͤr. Nur Das iſt noch nachzuholen,
daß die Wortzufammenfegungen nah Rüdert: „Donner⸗
flurmgebraus” u. f. w. und wenig gefallen, „der Köhler:
glaube und heiliger Quark“, S. 30, mit andern ähnlichen
Unziemlichkeiten uns fehr misbehagen, und baß der Verf.
uns unnoͤthig oft ducch unvolllommene Verſe ftört. Hier
und ba mag das abfichtlich gefchehen fein, um bie Monotonie
des deutfchen Jambus zu brechen; häufig aber iſt es auch
wol bloße Bequemlichkeit und mitumter eine folche, bie wir
nicht verzeißen können. Verſe, die gar nicht zu flandiren find,
foßte Niemand ungerligt durchgehen lafien, wie 3. B.:
Das war ein gift'ger Samen, ben ein Drachenleib empfing.
und viele ähnliche. Doc mögen zuweilen auch Druckfeh⸗
ler zum Stunde liegen, an benen dies mit typographiſcher
Pracht ausgeftattete Werk Leider ſehr reich ifl. Die zus
gegebenen Skizzen find dagegen befriedigend.
Zum Schluß wiederholen wie, daß dee Dichter uns
dur diefen Sprung mitten in den Sängerhain hineln
allerdings nicht wenig Überrafche hat. Wir haben ihm
weder ein folches Maß von Drlginalität, noch fo viel Ernſt,
fo viel Weltdurchſchauung, fo viel Wiflenfchaft zugetraut;
feine Novellen zeigten uns einen guten Nachahmer nicht
untadelhafter Formen, feine Beinern Gedichte einen ge-
ſchickten Nachempfindler (wie 3. Paul einmal fagt); doch
dies Gedicht verkündet einen gereiften Geiſt, einen Kuͤnſt⸗
ler, einen Dichter, von bem wir uns etwas verfprechen
koͤnnen. 180,
Les ecorcheurs, deutfh: Die Schinder, oder Kronm:
raub und Pet. Hiftorifcher Roman in Fragmenten
aus bem Jahre 1418, von Vicomte b’Arlincourt.
Vollſtaͤndige Ueberfegung des franzöfifchen Originals von
Joſeph Gambihler. Zwei Bände Paris, Heis
deloff und Campe. 1833. 8. 1 Thlr. 8 Br.
. Gleich dem früheren hiſtoriſchen Roman des Vicomte b’Ar«
lincourt: „Die Mebellen unter Karl V.“, ift aud in bem vor⸗
genannten Geſchichtsbilde bie unverhohlen heraustretende Tendenz
keine anbese, ats ben Heiligenſchein ber Iegitimen Herrſcherfa⸗
milie Frankreichs mitten in dem moͤrderiſchen Getümmel der
wuͤſten, entfeffelten Leibenfchaften wie eine Folie bes Himmels
leuchten u laſſen. Der wahnfinnige Karl VI, hat Paris ver
laffen müffen, ber Herzog von Orleans fpielt den Verraͤther,
wird aber bald das Opfer feiner eignen Pläne, ber Herzog von
Burgund, Johann ohne Furcht, tritt mit ben Infurgenten in
Verbindung und bie Königin Sfabelle, ein ausfchweifendes Weib,
buhlt mit den Aufrührern. Gine Henkerbande, von einem ges
wiffen Gabocdhe, der ehemals wirklich Abdecker war, les &cor-
cheurs genannt, plünbert, brennt und morbet in ber Refibenz
unter bem Panier bes Königs felbft anfangs, der fich in feinem
Wahnfinn bethören laͤßt, ihre Frevel zu fanctionniren, dann uns
ter ber Fahne bes Burgunders ber fi) ber Hauptſtadt nähert.
Adarb ift einer der wildeften Bluthunde in biefer Bande. In
feiner Zugend von einem Marſchall, Grafen von Rieur, feiner
Ausſchweifungen wegen gefangen gehalten, hat er biefem, ber
widerrechtlich, wie ber Geſtrafte wähnt, Eingriffe in feine Hands
tungen ſich erlaubte, toͤdtliche Mache geſchworen. Zugleich ges
ſellt ihn ber Glaube, er fei ber Sohn eines Ifraeliten umb
gehöre alfo einer damals mit allen Greueln bes fanatifchen Ei⸗
fers gemishandelten Qlaubensfelte an, zu dem Haufen der Schin⸗
der. Er will fih am Abel, an der Kierifei, an den Kormen
des Koͤnigthums, an Allem, was er als Barbaret bes chriftlichen
Lehnsweſens anfieht, fuschtbar rächen. Sein Sohn iſt das Ger
genbild feines Mefens. Gin Tanftes, frommes Gemüth zieht
Moris Achard zur Partei ber Königlichgefinnten; er rettet ben
jungen Dauphin und entreißt auch ben alten Marſchall ben
blutigen Haͤnden der Verfolger, indem er ihm einen Verſteck in
der Kirche anweiſt. Schon ſtuͤrmen die Henker herbei, da ſpringt
der Greis in den Drachen des heilgen Marcellus, wo ihn Nie⸗
mand waͤhnt. Aber bie Prieſter follen in Proceſſion dem heran⸗
kommenden Herzog von Burgund entgegenziehen, und zu den
ceremoniellen Gefäßen und Ritualien gehoͤrt auch ber Drache,
dem der Poͤbel beſondere Huldigung ſchuldig zu ſein glaubt.
Mit dem alten Marſchall im Bauche wird bad Ungethuͤm
buch die Straßen ber Stadt gezogen, und bie fingenden Ple⸗
bejer kommen Jung wie Alt herbei und flopfen ihm Zuckerwerk,
à :fdyerdlen aber — mehr „a
568
** ESchuuten dem Nuhm. Der ums Bunt zum
Kin ‚guawhlte — Alles wieder vorn heraus und ein
Sn er oichrei, das ber Abenglaube «eingibt, erfolge unter bem
Ike beim "Anblid dei Sprienden Dradyen. Nie gab die Kir:
‚, To ſehr mon fie auch Ropfte., ei eine —5x wieder ‘von
3 das Mirakel ME werd Winige won keck näher
ck, wi ihnen aus dem
Funern des ethuͤms zwei rollende Augen entgegenglotzen.
Dald erickt wirft endlich der Narſchall bie Hülle von ke fleigt
aus dem geplegten Drachen und flüchtet in ein * Run
iſt der Jubel ebenfe groß wie bie Wath über den Frevler; für
Viesmal 'entwifcht der Ungluͤckliche aber dennoch den Händen ‚ber
" sadyfegenben ——* Golche Iufige Bolksfcene mitten uns
'tee dem Blutbade der Brenel genügt recht der frivolen Rabe
dommenſchaft Voltaire's; folche Scwinte sur Grholung
jakobiniſchem Bemegel beftätigen recht — ——
Revoͤlutionen felen der Garneval ber Geſchichte.
em wüthenden Achard gelingt es jeboch bald darauf, ben
Marſchall, das unausgefegte Ziel feines Haſſes, zu erreichen und zu
ermorden. Da ertönt von der Lippe des Sterbenden das furcht⸗
bare Wort, nicht ein vermeintlicher Zube, fondern er ſelbſt fei
Achard's Vater, er habe die Sünde, ben unehelihen Bohn ges
ugt zu haben, dadurch wieder gutmachen wollen, daß er ben
ntel, den jungen Moritz, zum Erben feines Kitels und feiner
Shter eimzufegen fich vorgenommen. Morit ift inzwifchen in
der Nähe des Dauppins, Karl VII., den bie —** vin⸗
zen Frankreichs mit Jubel fgenommen haben, affen⸗
tige bes Herrſchers, zum erften Bünftling empördeftiegen. Er
febet fort, bem Gefalbten des Herrn feine Treue zu bethätigen,
hrend Heinrich von England, in Paris gefrönt, von den da⸗
ſelbſt theilweis verfammelten Ständen bes Reiche anerfannt und
durch den Vertrag zu Troyes beftätigt wird. Die Liebe zur
„Sngelbtume”, wie feine Grwählte unter ihren Gefpieliunen
heißt, führt den jungen Morig nad) Paris, wo er ſich unter
Leichen und Peftgeruch den Weg zu feiner Kallifte bahnt, bie
bes Vaters Grauſamkeit ihm zu entreißen drohte. Sie ſchwoͤ⸗
ren fi ewige Treue, und troß ber Verſuchungen, die bem jun⸗
gen Helden von Geiten einer ſchoͤnen Herzogin, Gthelinde von
Billa: Rofa, gefährlidd werden konnten, feflelt ibn das zuerſt ges
nüpfte Band der Neigung. So ſchmuͤcken ben Süngling, der
dem angeftammten Erben bed Vaterlandes huldigt, alle ritter
lien Sardinaltugenden, Zreue, Frömmigkeit, Ehre und Sanft«
muth. Mit dem Dauphin, ber eine firahlende Lille in aller
Reinheit einer fanften Glorie repräfentirt, geraͤth er daburch,
Daß Sepslinde von bemfelben geliebt wirb und biefe den Prins
zen verfchmägt, in einen intereffanten Gonflic. Karl VII. re:
ſignirt fchon, weil er feinen Waffenträger für ben Vegluͤckten
und für ben Liebenden Hält; allein die Engelblame bleibt fein
Gteen, und bie Ducheſſe geht in ein Klofter, nachdem fie ihr
Teſtament zu Gunften des Geliebten aufgefeht bat.
Durch alle diefe mit lebhaften Peer, oft aber zu ſtizzen⸗
daft hingeworfenen Berhältniffe, in benen auch ein luſtiger Pup⸗
penfpieler, Hilarion Mathieu, mitten unter der blutigen Ber⸗
wirrung eine intereffante und pikante Figur abgibt, ſchlingt ſich
die unpoetiſche umd allzu geſuchte Abſichtlichkeit, alle Kafter, de:
ren Schauder von ben Infurgenten und ben Gcorcheurs aus
geht, als eine confequente Folge ihrer verlegten Treue gegen
den König hinzuftellen. Gehaͤufte Motti aus gedrudten und
ungedrudten Mittheilungen von Perfonen ber Gegenwart ſtehen
in gehäffiger Verbindung mit ber Kataftrophe von 14185 bie
Drleans werben als treulofe, wortbruͤchige Feiglinge geſchilbert,
mb ber Vergleich ber MWairevolution unter Karl VI. mit der
Sulitevolution von 1830 nebft ben Unruhen bes Zuni von 1882
ift bei den Haaren To fehr berbeigezogen, baß bie Lecture für
Sranzofen, die gern nad Parallelftellen unb wigigen, überras
fehenden Gleichnifſſen haſchen, hoͤchſt fpannend fein muß, allein
der wahre Werth eines von der Leibenfchaftlichleit ber Tages⸗
intereffen fern liegenden Kunſtwerks babei verloren geht. An bie
Beitigfei ber Bourbons, am die von Arlincourt geſchilderte ebie
——— Karl X. glaubt kein Wahrheitéliedender, und
wie daraus, daß Romane und Gebichte nur Parteiſchriften find,
ein Heil für bie vommmtifche Muſe ber Reufranzefen ſich erges
ben Tann, fieht kein Freund ber Daß bie
fen im Felde ber hiftorifchen Biffenfihoft oft durch fubj
Eindruͤcke und Saunen verführt werden, bie ‚Wefelchtsqueilen,
die Beflalten und Verhältniffe der Bergangenbeit zu teäben nad
u flören, if längft anerkannt; jept Tommen num :audı noch ohre
riſch⸗ romentifchen Poeten und fuchen ſich e und Bil⸗
der im ber Vorzeit, um damit ihren, der flüchtig wechfelnben
Mode angehörigen politifdgen Glaubensbekenntnifſen auf bie Beine
zu berfen. Paris ift dem Wicomte d’Xrlincourt ber Auſt
u 2* der Mittelpunkt des Verderbent
Ust, 22 aber — ber Stern ber Beh
Literarifche Anzeige.
Bericht über bie Verlagsunternehmungen für 1833 von
, F. Brodhans in in Beipsig.
Die ann von * —* —* die —— — —— —
J. An Zeitſchriften wird für 1833 fortgefegt:
*1. Blätter für literariſche Unterhaltung. Cberansgegeben un uns
ter Berantwortlichleit der — Fa iur rigen
Auf gu
2 Ihlr.
kb DI }
——— D ag E und Beige außgegeben, Tann aber auch in
“2. fie, —* diſche Zeit ‚ uͤglich Naturge⸗
—58— nt Popeige, Qerineghe von Dien.
Sabrgang 1858. 2 Hefte Gr. 4. Auf Drudyapier.
kr.
en ———— Ein biographiſches Magatin für die Ges
ſchichte unferer Zeit. (Herausgegeben unter Berantwortiühe
keit dee Berlagshandlung.) Vierten Bandes fechätes Heft und
folgende. (Nr. XXTX und folgende.) ®r. 8. Seh, Preis bes
4% von 6-7 209 en a eo Drudpapier 18 &.
—
*. —* —* BE
ber ——— nos — wenn; —
— von 3 Thlx. werben
titen und dergl. ben Blättern für uterarifge un- un
terhaltung, und gegen Bergütung von 1 Thlr. 12
der Iſis beigelegt Pr beigeheftet.
H. An Sortfegungen und Reften erſcheint:
”5. Atterbom (D. A.), Die Juſel der Gickſeugkeit. Sa⸗
genfpiel in fünf Abenteüren. Aus dem —— uͤberſegt
von re ent. A au heikung. Br, 8. 26 Bogen auf
ie ee —— (1881) Toftet 1 Thlr. 12-®r.
6, Becker elm Gottlieb), Augwteum, Dres-
dens antike Denkmäler enthaltend. Zweite Auflsge. Be-
sorgt und durch Nachträge vermehrt von With. Adolf
Becker. Drei Bände oder 13 Hefte, mit 154 Kupferta-
fein. Die Tafeln in Royalfolio, der Text in Octev. Fonfies
Heft und fı [olgende. Subscriptionspreis eines Heflıs
4 Thir. 21
8 t rt t I—XLVL und
—— IFi * 2 N ut Zert Bogen 1 T ZANtr
7. Bibtiotpel beutfcher Dichter bes ſiebzehnten Saprhunderte.
Begonnen von Wilhelm Müller 5 von Karl
Börfter. %; Dreizehntes Bändchen. 6.
papier
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Gr. Die Sortfegung folgt.)
Nedigirt unter Berantwortlichtelt der Verlagshandlung: 8. A. Brochaus in Leipzig.
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kenntnißvermoͤgens. Gotha, Hennings. 1832. Gr: 8.
2 The. 8 ” othe/ Henning nu
Es laͤßt fi zwar uͤber dieſe Schiift wol kaum
kin volſſtaͤndiges Urtheil fällen,‘ bevor auch der zweite
Band derfelben, welcher die Metaphyſik enthalten fol, er:
fchienen fein wird; jedoch iſt es vieleicht den Freunden
des philofophifhen Studiums nicht unmwilllommen, bie
Richtung im Allgemeinen bezeichnet zu fehen, welche bie:
ſes Werk, deflen Umfang ſchon geeignet iſt, die Aufmerk⸗
ſamkeit auf ſich zu ziehen, nehmen wird, Man kann viel:
leicht die Philofophen unferer Zeit nicht ohne Grund ein-
theilen in fuchende und habende, in arme und reiche.
Jene fangen wenigſtens mit ber Armuth an, um reich
zu werden, fie glauben durch das Suchen hindurch den
Weg zum Finden nehmen zu müflen. Diefen hingegen
iſt nichts zu thun übrig, als der Welt zu erklären, daß
‚fie haben. Sie figen auf dem- ppthiſchen Deeifyß,
ihre Sprüche verlangen nur ein gläubiges Voll. Der
Berf. der neuen Theorie, der ſich ſchon namentlich dutch
feine Zeiftungen in der Geſchichte der Philofophie, welche
fi) durch Klarheit und Unbefangenheit aufs Vortheilhaf⸗
tefte auszeichnen, entfchiedenes Verdienſt erworben bat, bes
ennt fi, nad) der vorliegenden Schrift, zu der erſtern
Claſſe. Ref. glaubt Indeffen, dem günftigen Lefer nichts
Neues zu fagen, denn was läßt ſich bei dem Zitel einer
„Theorie des Erkenntnißvermoͤgens“ Anderes erwarten ale:
Herr Reinhold ift Kantianer. Hiermit iſt der Stab über
ihn gebrochen, wenigſtens von Einer Seite her. Diefer ſich
fetbft mefjende Maßſtab des Kriticiömus, ſagt man, fei
- eine laͤngſt abgethbane Sache, Der fi felbft fegende
Maßſtab mag nun allerdings eine neuere Erfindung fein;
allein mit jenem mehr wigig als wahr gefprochenen Worte
darf fich die Mtifche Schule wenigſtens nicht für vernich⸗
wet halten. Es hat mit dem fich ſelbſt meſſenden Maß⸗
ſtabe am Ende tee andere Bewandniß als nie deu Re:
flexion Überhaupt, als mit der ganzen Natur bes Selbſt⸗
bewußtſeins. Alletbings hat es wenigſtens für den erſten
Augenblitk etwas Auffallendes, wie das Vorſtellende ſeibſt
wieder zu einem Vocgeſtellten werde, namentlich wonn
man das Vorſtellende als das ausgehoͤhlte, abſtratte, Sich:
... 3333 En Ze Pi N ..
ae'ſche IH nimmt. Aus ſolches wuͤrde aber auch das
taphyſik, von Ernſt Reinhold. Erſter Bad.
Auch unter dem Titel: Theorie des menſchlichen Be:
Vorſtellende niemals. Worgeſtellteß werden koͤnnen, Selbſt⸗
-bevoußefeitt,, ſofenn gu diefem eine. Entgegenſetzung erfodert
wird, eine ſolche aber in einem abſtracten Ich, in ‚weis
chem fchlechterdinge fein Mannichfaltiges gedacht werben
Fol, nice mehr moͤglich if: Das Sch, das Balbfibe:
wußtſein, wird, was es tft, nur in der einzelnen indivi⸗
duell beſtimmten Vorſtellung,: mb das Ich. id nur-bie
gegenwaͤrtige Vorſtellung, wie fie fich anreiht an bie ver
gangenen, fich als etwas von jemen Unterſchiedenes mit
ihnen, die im Einem Subject: find, zur Einheit verknüpft.
Auf irgend eine Art muß eine Xrennung zwiſchen dem
Vorftellenden und Vorgeſtellten gemacht werdan, wenn
eine Entgegenſetzung beider moͤglich fein ſoll. Diefe Tren⸗
nung kann aber ‚nicht dadurch bewirkt erben, daß bes
..‚WBorgeftellte etwas mehr‘ oder etwas weniger oder etwas
Anderes habe ale das Worftellende, denn dies wÄre gegen
die Vorausſetzung, daß das Vorgeſtellte voͤllig Daſſelbe fei
wie das Borftellende, und es bleibt alfo, da Vorſtellungen
nichts Raͤumliches find, durchanus nichts Anderes übrig,
ats daß wir die Unterfcheitung in der Zeitfolge fuchen.
Es if darum ein entſchiedener Fehlgriff, das Ih ale
etwas Intelligibles zu. denken, da es vielmehr nur als
eine forttaufende Weihe von Berfielungen möglich ift,
und das Ich müßte als aufhoͤrend gedaczt werden, wenn
fürs Erſte diefe-Reihe irgend einmal als abgelaufen ges
dacht werden müßte, fürs Audere, wenn irgend «inmal
die Verknuͤpfung ber gegenwaͤrtigen Vorſtelung mit ker
vorhergehenden unterbrochen werden koͤnnte. Mag alſo
das Witzwort des ‚Tich: ſelbſt meſſenden Maßſtabs iegendwo
fchlagende Kraft befigen, Jo würde dieſes nun in. einer
falſchen Vorſtellung vom Ich feinen Grund Haben, wozu
wir allerdings auch die Kant'ſche und vom WVerf. wicht
entichieden genug zurudigewiefene rechnen (S. 73), wel: _
cher behauptet, die Worftellung: „ich denke”, müfle alle
unfere Vorſtellungen begleiten. können. Nach dem eben
Gefagten winden wir biefee Satz fafl licher umzukehren
verſucht ſein.
Heer Reinheld iſt alſo Kantianer und es kann Ihm des⸗
halb von Andern kein Vorwurf gemacht werden; da’ das
kritiſche Streben nicht durch eine dogmatiſtiſche Ordon⸗
nanz ſofort abgethan wird, fo ſoll ihm auch von unfener
Seite nicht zur Verkleinerung nachgeſagt fein, daß wir
"von einer But
. „570
ihn Überhaupt einen —aner nennen, benn bie Meinung
kommt faft dem Wahnfinn gleih, daß als Philofoph nur
felbftändig fei, wer nichts von ben Bemühungen Anderet-
in fi) aufnehme. Die Philofophie wenigſtens weiß nichts
uch die Bemühungen afler Uebri⸗
9 füg fm Binz a Yale nz perloren Jehen mäßten,
chſtendẽ fü Ihn Aur- vorhanden Mein koͤnnten « um bie
Kraft der Zerftörung daran zu üben; wenn fchon fie auf
der andern Seite zur frengften Pflicht macht, daß biefes
Aufnehmen nicht ein bloßes aͤußeres Anfetzen, Tondern
Kar — geiſtiges Aneignen durch Setbftforfhen.e
e e
n otgani ffimitiren fei. Auch Herbart nenmt ſich
einen Kantianer, und Niemand, am wenigſten: Herr Rein:
hold bei feiner umfaffenden, gründlichen Bekanntſchaft mit
Eder Befchicgde der Phitofephie wird gebe’ diefem Philo⸗
fophen die. Selöftändigkeit abſprechen. Ä
..AIndem wir mit dem Bisherigen einige Punkte und
zwar einige Dauptpunkte feſtgeſtellt haben,. in welchen wir
mie dem’ Verf. der vorliegenden "Schrift einflimmen, glau:
ben wir uns damit auch ein Recht begruͤndet zu haben,
das "in letzter Inſtanz auf der Selbſtaͤndigkeit des Den⸗
kens beruht, diejenigen. Punktes bemerklich zu machen, fo
-weit: dies mach der theilwiifen Vollendung des Werkes
möglich, Kit; im: weichen wir von ihm abgewichen fein wür:
den, Fuͤr Denker "von. "ganz entgegengefegter. Richtung
“gibt: es eigentfih nur Eine Entgegenſetzung, naͤmlich die
im Dradp, tn
Die vorliegende Theorie zerfällt in zwei Theile, deren
erſtet die Entwickelung, des menſchlichen Bewußtſeins dar:
ſtellt, der andere die: eigentliche Kritik des menfchlichen
Erkenntnißvermoͤgens enthaͤlt. Jeder dieſer Theile zerfällt
wieder in fuͤnf Abſchnitte. Ehe wir aber hier weiter gehen,
‚möchten wir nur auf eine Einrichtung der Schrift auf:
merkſam ‚machen, die Hr. Reinhold. zwar mit vielen, na:
mentlich philoſophiſchen Schriftſtellern gemein hat, die wir
jedoch nichtöbeftowenfger nicht nur dem ſchuellen Ber:
ſtaͤndniß, Tondern auch dem Interefie an der Unterſuchung
entſchieden hinderlich finden. Es laſſen naͤmlich fo viele
Denker, und der Verf. kaͤßt uns ſehr Tange im Uhgerif:
-fen,,: anf welches Ziel es denn mis den Forfhungen, mit
nall den weitläufigen: Vorbereitungen: abgefehen fei; und
doch; würben ‚fie gewiß aus den angeführten Srlmnden bef-
"fer thun, wem fie. wenigſtens einen Dauptfag, auf ben
fiö zunaͤchſt losſteuern, zum Voraus Tehen ließen und als
Lock⸗:und Leitvogel an die Spitze ſtellten. Ran beſchul⸗
dige uns deshalb‘ nicht vorſchnell, als wollten wir das
Oberſte zu unterft Lehren, ein logiſches Hpfteron Proteron
fodeen und’ über den anatytifhen Bang den Stab brechen.
Wir wiſſen, daß biefer für gewiſſe Unterfuchungen, nas
mentlich von folcher Att wie die vorliegenden, entſchieden
nothwendig iſt; allein er hindert auch durchaus Nnicht, ein
Ziel, gegen welches man ſich ſtetig bewegt, vorher zu zri⸗
gen, wodurch den, gemiß für Den, welchem, A Darum zu
“hun iſt,, Wahrheit zu erforſchen und Wahrheit zu "ver:
breiten, entſcheidende Vortheil erzweckt wird, daß : ach
weitläufigere Vorbereitungen, die nöthig werben ſollten,
in ihrer Einheit: und gangen Kraft anfgefaßt: werden Län:
-
Pr 22 —6
Pu
nen; alfo hrde nur das Verſtaͤndniß erleichtert, ſondern
auch die Sotidität des aufzuführenden Gebäudes geför:
"dert, wenigftens in die Augen fallender gemacht werden
koͤnnte. So hat Kant an die Spige feiner Fritifchen Uns
prluhungen bie Frage. geflellt: ob ſynthetiſche Urtheile
{| 8 priorfim fehln. Dimit paar zhar Yoch, nicht das
Reſulta Ve GR eined gamgen Mi dem
Leſer bingegeben, es ließ fih kaum ahnen, welcher Reid:
tbum von Folgerungen im Bejahungsfall der gemeinten
Frage ſich ergeben würde; allein es war doch eine Spike
egen welche der Korfcher hitzgrbeitet In⸗
a gefehlt” EB bie Veberficht der — 24 Ar
„Die bis zus Beantwortung gethan werben müßten, ge-
fihert. So würden wir denn zum erwähnten Zwede an
"bee Stelle unſers Baf. eben mit 6. 44 des zweiten
Theils begomnen haben, von welchem aus über das vor-
-Hegende Merk, fofern «6 eine Theorie der Erkenntniß fein
fol, betrachtet, ſich ein leichterer Weberblid und im Kolge
von diefem eine gefichertere Schägung..des Gangen erge⸗
ben muß, und den wir deshalb zum. Beften unferer Leſer
‚feinem Yaupginpalte nach berzufegen uns verpflichtet fühlen.
In dem gemeinen gefunden Verfiande (fagt dort der Verf.
©. 433) zeigt ſich mifchen dem zweifelloſen Gürwahrhalten und
bem Glauben und zwiſchen ber Gewißheit und der’ Ungewißgeit
keine mit binlänglicher Sicherheit und Genauigkeit für feine
Anerkennung beftimmte Grenze. Yür ibn gilt ats ein allgemei-
nes Kriterium ber Wahrheit der Grumdfag: wahr und gewiß
ift Alles, mas theild vermitteld later und vellftändiger Sinnes⸗
wahrnehmungen, theild in der unmittelbaren Evidenz mathema⸗
tifcher Anſchauungen und Begriffe, theils unmittelber in uns
ſerm Selbſtbewußtſein aufgefaßt,. und. was aus bem Inhalte ſol⸗
her Auffaffungen in einer: logiſch⸗ richtigen Kolgerungstweife. ge⸗
KAP wird. Aber dieſer Srundfag kann .gegen bie fkepti=
ſchen @inmwürfe und Bedenklichkeiten nicht Stand halten, infos
weit diefelben befonders in Zweifel ziehen, ob das Zeugniß ber
Ginne zureihe, um uns über bie Realität ber Körperwelt Ge⸗
wißheit zu verfhaffen. . Auch befigt er. nicht die Macht, die kos⸗
mologifchen, moraliſchen und religioſen Anerkennungen jur Stufe
der Gewißheit zu erheben, und die Ungewißheit über biefe Ge⸗
genftände der reinen Bernunftbetradhtung iſt im Denfen bes
gemeinen Verftandes mit mandertei Dunkelheiten, Lirden und
‚Widerfprüchen verbunden. Indem nun der philofophirende Ver⸗
fland über den Standpunkt des -gemeinen in feinen Beftrebuns
gen fich erhebt, muß er feine Unterfuchung amf die tiefer liegen:
ben, dem lehtern. verborgen bleibenden Urſachen und Bedingun⸗
gen aller Erkenntniſſe und Weberzeugungen fichten, bie er ale
weſentliche hinſichtlich des Wegriffe der Menſchheit zu betradh:
ten bat. Daher bietet ihm auf dem ihm eigenthümlichen Stand:
punkte feiner Forfchungen das. Problem ſich dar, zur. Entſchei⸗
bung zu bringen,, ob .biejenigen Thatſachen bes Bewußtſeins,
weiche dem gemeinen — Berftande für gewifle Erfenntniffe gel:
ten, dies in ber That nach vollgültigen, die höhern wiſſenſchaft⸗
lichen Anfoderungen unferer Vernunft durchaus befriedigenden
und die @inmendungen des Skepticismus »öllig ‚befeitigeaben
Gründen. find. oder nicht ſind.
. Mit Voranſtellung dieſor Arioel⸗e wire nicht nur,
wie: ſchon gelagt, für. das leichtere, Auffaſſen der ihrer
Natur * Ion: ſehr ſchwierigen und durch die Art ber
Darſtellung nicht erleichterten Untegfuchungen viel gewon⸗
‚nen, ; fondern- es waͤre vielleicht ein ſolches Voranſtel⸗
ten dem Derf. ſelbſt Auffoderung geweſen, feine pſycho⸗
logiſchen Vorunterſuchungen über die Entſtehungsweiſe des
menſchlichen Bewußtſeins im erſten Theil mehr für feinen
‘ 1
ſpeciellen Zweck zuzutichten; es wuͤrde Ihm Veraulaſſung
gegeben haben, „die ſteptiſchen Einwuͤrfe und Bedenklich⸗
keiten“ oder, wie er es kurz genannt wiffen will, „den
‚trandfcendensäten Zweifel“ umfaffender und ſchaͤrfer dar⸗
ouſtellen. Io, es minden. fogar,. um den. willenfchaftlichen
:Aufammendaug recht firemge darzulkgen, ohne . Bweifel
manche Unbeſtimmtheiten in-- ber: Baflung des gedächten
‚Paragraph felbft vermieden worden fein. Hierher rechnen
wir, wenn er- von dem gemeinen Verſtande fpricht, wel⸗
hen vagen. Ausbrud wir genauer, wiſſenſchaftlicher be:
ſtimmt wimſchen müffen, namentlich fofem and) ee auf
die kosmologiſchen, moraliſchen und religioͤſen Anerkennun⸗
"gen ſich hinrichten fol. Ferner hätte dee ganz unbe
ſtimmte Außdrud: „die hoͤhern wiffenfhaftligen
Anfoderungen ber Bernunft”, in einer Stelle, die bie
-Hauptaufgabe der ganzen Unterfuchang angibt, vermieden
werden müffen, wie denn uͤberhaupt und in&befondere gegen
‚dag Ende des Werks, wo das Beduͤrfniß des ferengen
Zuſammenhangs immer lebhafter. fpricht, eine größere Praͤ⸗
eiſion des Ausdrucks zu wünfchen geweſen wäre.
Die vorgenannte Aufgabe fucht der Verf: dadurch zu
loͤſen, daß er im Folgenden alle Seelenthätigfeit in einer
Abhängigkeit von dem Erkennen darzuftellen fid) bemüht,
die Kormen des Erkennens felbft aber durch die Verhaͤlt⸗
‚niffe der Koͤrperwelt bedingt darftellt, Tich dadurch von der
-Dbjectivität der Körpermelt überzeugt und aus ihr hin:
röiederum die Objectivität aller unferer Erkenntniſſe fol:
‚gest. Doc man werfe uns nicht vor, von vornherein
die richtige Anficht der Schrift verkehrte zu haben. Wir
folgen alfo dem Verf., wenn er von ber Darftellung der
Entſtehungsweiſe des menfchlichen Bewußtſeins ausgeht,
durch die er fih in den Stand fegen will, bie wahren
allgemeinen Erkenntnißgefege für die grund:
soefentlihen Thatſachen umferer Sntelligenz
im Unterfchied von den bios formalen logifchen Denkge⸗
‚fegen mit Beftimmthelt in der Betrachtung hervorzuheben,
Nach einer faſt ganz nur hiſtoriſchen, die verfchiede:
nen Ausgangspunfte der philofophifhen Speculation, und
insbefondere die bisherigen Verſuche in der Theorie ber
Erkenntniß in einem fchöneri Ueberblick zufammenftellenden
. &inläitung geht der Berf. an die Darftellung ber Ent:
widelung des menſchlichen Bewuftfeind. Der erfte Ab:
fchnitt, wol der wichtigfte, handelt von den erfien Entfal:
tungsmomenten bed Bewußtſeins. Er befchreibt fie nach
den drei Hauptflufen bes Lebens, der vrgetativen, der thie:
riſchen, der menſchlichen.“ Etwas Neues haben wie im
MWefentlihen ‚in diefem Abfchnitte nicht gefunden, aber wir
vermiffen ſchon hier diejenige Beſtimmtheit, deren Mangel
wir bereit6 als dem Fortgange ‘der Unterfuchung hinderlich.
dargeftellt haben. Wir wollen zum Belege nur Das an⸗
‚führen, was er von der, menſchlichen Seele fagt, wenn.
„se.fie nicht als eine Subflanz betrachtet (S. 45), d. h.
‚acht als⸗ein Für fich beſtehendes, unmittelbar im Raum
xxiſtirendes Weſen, welches. das Subftrat, ber Traͤger ge:
wiſſer ihm beimohnender Eigenfhaften und Beſtimmun⸗
gen wäre, fondern vielmehr als eine an den leiblichen
Organismus gebundene Thaͤtigkeit und Kraft, die in der
VMechſaurirkung wit iheem Leib und vermittels ihees Lei⸗
bes mit dee Außenwelt ſich nach und nad aus einer ar:
‚prüngfihen Anlage entwickelt, Die, alſo in ihrer Frißenz
RAR, A fortſchreitenden Entfaltung von koͤrpertichen
Ind uͤberhaupt von aͤußern Bedingangen abhängig iſt.
‚Was heißt es bier: bie Seele fpl ‚gebunden ‚an den jeib⸗
lichen Organismus? Heißt «6 nur fo viel, daß die Thaͤ⸗
tigkeit der, Seele in ber Erſcheinungswelt bedingt werde
duch ben leiblichen Organismus, fo ficht man, nicht ein,
‚worum ber Seele die Subſtantiglitaͤt abgeſprochen wich,
‚e8 wärg denn, daß man den Begriff der Subſtanz: Spi-
noziftifch fublimirt hätte. Wil man aber das Gebunden:
fein fo. verſtehen, was ‚allerdings twahrfcheinlicher die Mei⸗
nung des Verf. iſt, dag auch Hinfichtlich der Exiſtenz bie
Serie von dem Körper bedingt wird, dann läßt fich nur
nicht einfehen,. wie von einer Wechſelwirkung zwiſchen bei:
ben die Rebe fein kann. Dann läßt fic ferner nicht ein-
ſehen, wie nad ber Meinung des Werf. das Bedingte,
das ſeiner Eriftenz nach Abhängige bleiben fol, während
das Bedingende aufhört (S. 509). Auf jeden Fali hat
Ref, weder die eine noch bie andere Anficht vom Verhaͤlt⸗
niß der Seele und des Leibes durch die dem- erwähnten
Paragraphen vorausgehenden Unterfuchungen begründet fin:
‚den können. Hätte dev Verf. das Bewußtfein, das Ich
in feiner Vollendung genommen, wie es ift und ſich gibt;
‚hätte er einzelne Acte dieſes Bewußtſeins fi die Vie—
tzachtung fixirt und durch Die Analyſis derſelben das We⸗
ſen des Ichs zu ergründen geſucht, fo wuͤrde ſich ohne
Zweifel ein anderer und weniger ſchwankender Begriff von
ber Seele ergeben ‚haben. Es zeigt ſich an dieſem einen Pa:
ragraph, daß wir bei einer Darftellung des Bewußtſeins
unmöglich. ben genetifchen Gang gehen und, wie der Verf.
gethan bat, die verfchiedenen Stufen des Lebens auseinan:
„er ſich entwigeln laffen können. Von dem bewußtloſen
Leben. haben wir kein Bemwußtfein, und ‚mollen. wir ung
‚davon dennoch: sine Vorſtellung machen, ‚fo. geſchieht «8 nur,
daß wir einzelne Merkmale unfers menſchlich bewußten Le:
bens fallen laſſen. So erhalten wir den Begriff des thieriſchen
Lebens, und von diefem wieder einige yuter[heidende Merk⸗
‚male binweggenommmen, erhalten. wir den Begriff des
vegetativen. War es alfo des Verf. Abficht «fe racht in
der Mitte der Erfahrung von feften Thatfaghen: aus die
Baſis für feine Operationen zu nehmen, ‚fo. können wir
dies unmoͤglich fuͤr den richtigen Weg erkennen. Das: gt:
netifche : Conſtruiren bat einen Schein der Dbieetivitdt,
bewegt ſich aber, wie fo viele Beiſpiele unferer Zeit dar:
thun, entweder in Spielen ber Einbildungsfraft oder, lo:
gifchen Analyſen. Wir haben .alfo auch hier nur. 2b:
fracta. vor uns, denen ber Schein wahren. Lebensenfchei:
nungen, gegeben ‚wird, und an Abfiracten eine Pſycho⸗
logie aufbauen, tft und bleibt der Tod aller pſycholagi⸗
(hen Wahrheit. Es ift darum diefer Gang bei bem
Verf. um fo mehr zu beklagen, als feine pſychologiſchen
Unterfuchungen im Uebrigen infofern grade gereinigt er-
[einen von einer feiht und durch Kant flabil geworde⸗
nen pſychologiſchen Nomenclatur, duch welche man ſich
bie Seele, von der man erft ſehen wollte, was fie ſei
%
5%2 ⸗
von vomherein zu einem Faͤcherkaſten macht. --uberbiis | som; Meike ein
hat He Dearfteltemg, deren ſich der Serf. bedient, offen⸗
‚bar das Misliche, daß man auf die Meinung gerdch, abs
bürfee gu dern Thlere nur noch etwas hinzugethun wer⸗
den, ‚eine Unze Sehirn, um dem Pavian noch -volfende
zum Menſchen zu helfen“. Und doch iſt dies gegen alle
richtige Lebensanficht, fofern das vegetative und noͤch mehr
28 thierifche Leben des Menſchen fich fpecififch unter⸗
ſtheidet :von dem einer Pflanze, oder beziehungẽweife von
dem eines Brutums, wie ums fehon der nicht volllommen
eutroichelte Menſch und der wieder unter den Menſchen
Yerabgefuntene Menſch kundthut.
:Dee Hauptpunkt dieſes Abſchnitts iſt daß der Taſt⸗
Han vor -den
An objectiv Reales an fih Vorhandenes, naͤm⸗
lich der Widerſtand und die mechaniſche Undurchdringlich⸗
Leit der Rörper, wie auch ihre Geſtalt und manche
Beſchafſenheit ihrer Cohaͤfion ſinnlich aufgefaßt werben
(S. 66 u. 77 fg). Die Aufgabe, deren Loͤfung wir
in diefem Abfchnitte firchen zu müſſen glaubten, finden
wie denn doch im Grumde nicht, naͤmlich, um in ber
Dartſtellungsweiſe des Verf. zu fpeechen: was denn das
ſei, was zu dem Thieriſchen hinzukommen müfle, um «6
zu einem Menſchlichen zu machen? Wol fagt man ums,
bieſes fei das Selbſtbewußtſein; allein wie viel und. wie
wenig ift hiermit gefagt! Daß es da fei im Menſchen,
wußten wir, auch ohne es dem Thiere abzuſprechen; und
wie es eigentlich werde, das erfahren rote auch hier nicht.
Wir Hören bios, daß ed durch den ſinnlich empfundenen
Widerſtand der Körper,” durdy bie Gliederbewegung und
durch die Erinnerung gefchehe. Alten da all Diefed aud)
bei dem Thiere fattfinder, fo haben wir do im Grunde
nur gleiche Urfache und verfchiedene Wirkungen, alſo eis
gentlich keine Urfachen gefunden, und wir volffen immer
nicht, wie es komme, dab ‚grade bei dem Menſchen durch
Die finnliche Empfindung eine Reflerion, ein Ich, erzeugt
werde. Wir fehen uns‘ auf jeden Fall verindert, die De⸗
Dingung der menſchlichen Erkenntniß in etwas von
dem menſchlichen Subieet Verſchiedenem, alfo z. B. in der
fihnenfälligen Körperwelt zu fuchen.: Faſt möchten wir
Barum: bem Berf. den Tabel zurädigeben, den er (S. 87)
‚gegen Kant ausſpricht, wonach naͤmlich dergleichen nur |
‚Die Bewehner des Ufert ergriffen überall die Baudht
beigen ausgezeichnet wird, durch vwoelchen | Leine Bol
Bericht des imbarıtea A. Miller auf ben
Ebnigl. Shiffe Aetua verleſen, melcher einen fruͤhern bes Gapitain
Belcher exgaͤnge. Der Babe, —— — ed. Aetna, wer
Io weit, als 6 das Kahrmwäffer erlaubte, fromaufivärts gegangen
und gegen 2OO engkiſche Weiten vorgebrungen. Dan fand ben Fiuß
eine Meile breit, ſehr ef. umb feinen Lauf ſeht en
mub ſchei
nen noch nie mit Gusopäeru, verlehrt gu Haben,
An ber koͤnigl. Society of’ literature wurde ein im State
paper office aufgefundenes Gebet,‘ von Kart I. Hand gefchitk
ben und wahrfheintich von ihm verfaßt, vorgelegt. - Be iſt von
4634 batist, atfo Sahre lang vor dem Veginn. hir Dor geskriege,
und ſcheint durch die darin waltende innige igkeit, sd
ba es wol taͤglich vom König benugt worben, ben Beweis
liefern, daß des ungluͤcklichen Monarchen andaͤchtige —*
Folge feines Misgefhids waren. Es wurden ferutr
Druchſtuͤcke aus einem unlängft ‚vom britifdyen Mufrum acquis
rieten Manuſeript mitgetbeilt, weiches über die Flucht Karl I.
nad ber Schlacht bei Worcefter bie umſtaͤndlichſten Nachrichten
gibt, die man nur wünfden kann. Es rühst vom Oberſt Gun⸗
ter von Radton (Suffer) Her, ber dem Töniglichen Fruͤchttitig
ein Schiff zur Wahre nach Frankreich verfihaffte und biefe Rad:
richten feinem Sohn in bie Feder birtirte, wie ba Mauss:
‚feript beſagt.
— — —— —
Sin Herr Edwards in Birmingham hat eine Art Univer⸗
ſalalphabet erfunden, deſſen Thataktere auf und zwifchen vier
Linien, aͤhnlich ben zu Roten beſtinmten, geſchrieben werden;
die Geſammtzahl derſelben iſt. 52, und wenn dadvrch alle Tdge
bezeichnet wuͤrden, deren die menſchliche Stimme faͤhig iſt, ſo
müßte Derjenige, welcher ſich eine hinlaͤngliche Bekandtſchaft mit
benſelden erworben hat, jedes "damit geſchriebene Wort aus jeder
Sprache richtig Iefen koͤmen, wenn er auch nicht das Mindeſte
von beffen Bebeutung verftuͤnde.
Sir Anthony Garliste bat ber Londoner mebicinifc:botamis
ſchen Gefellfhaft ein neues Mittel gegen bie Wafferfheu mit:
getheitt, weiches Im Safte einer fübamerikanifihen, zum Gactußs
gefchlechte gehörigen Pflanze befteht. Dem Genannten waren
mehre Flaſchen dieſes Mittels zugefenbet und befien Wirkſam⸗
keit verduͤrgt worden. Ss, wird dem Kranken, den man yorker
ſtehend bis and Kinn in die Erde eingsäbt, in den Hals ge⸗
goſſen; indeſſen gehdrt biefes Gingraben nit Zur Sur, unb
kann daher wegbleiben
Dos Perſponel des Poſtweſens in Paris beſteht aus «is
nem Generaldivector, drei Poſtverwefern, einem Geñeralſecre⸗
tair, 680 Schreibern und 360 Poſtboten, welche jaͤhrlich
2,082,110 France wetalt beziehen. Der Grtrag des Portos
belief ſich auf 7,080; Ir.was einen Weberfhuß von fuſt
m einer folkhen Kritkt des Etkenninißvermoͤgens aufge⸗ j 6 Millionen gibt: Die Bay ber tägtic, beſtellten : Briefe. -ift
MIR Werden koͤnne, der Ten Verſuch eimer Darſtellung
dev Geneſis des Erkennens zu Grunde liegt. Wir Halten
nämlich dafür, daB auch dee Verf. noch nicht tief genug
gegangen, und namentlich feine, zum Unterfchieb von der
Aantiſch⸗ kritiſchen die genetifche genannte Methode (S.264)
wenigſtens in: der Mobification und mit der Grundlage,
wor er fie Hier gegeben bat, noch nicht für zulaͤnglich
erachtet werden koͤnne.
. (Der Veſchluß folgt.)
Notizen.
In der koͤnigl. geographiſchen Geſellſchaft zu London warb
her die Entdeckung des Gompooneefluffes auf der Weſtkuͤſte
abe an 45,000, Rrgierungsfcgreiben umgerechnet, Die der ven
Paris abgehınden 60,000 und 30 Stuͤck Zeitungen. Mit
’
ben Poftwagen reiften 1815 1829 60, Perſo⸗
nen. Nicht an ihre Abreffe gelangten 1829 von den jaͤbr⸗
lich befdrberten 66 Millionen Briefen 1,106,0003 baven wur⸗
ben 508,000 nit angenommen, 200,000 nicht abgehelt, won
182,000 waren die Empfänger unbetanus und 70,009 :failsen
noch abgefobert werben.
Den Schwarzen im Weſtindien macht bei der Kaufe 1
Kinder wihte —— Freude als vecht Lange Namen für —*8
denn — glauben fie. je länger ber Name, je zübßer die Shoe
Ein Neifender erzaͤhlt, daß eine arme Mutter ganz gihdiich
war, als er, bei ihrem Kinde die Stelle eines Taufzeugen ver»
tretend, Ihm den Namen Chtononhotouthologos beilegte. 8.
Redigirt unter Berantwortlihteit der Werlogäbendlung: 8. X. Brodbaus in Seipsig--
Blätter 0.9
für
litera riſche Unterhal tung.
taphyfik, von E. Reinhold.
(Beſchluß aus Nr. 188.)
Die folgenden Abfchnitte diefes Theile find der meis
teen Ausführung des bereits Gefundenen gewidmet. Für
befonders gelungen halten wir den unmittelbar folgenden,
der die Weberfchrift trägt: ber Anfang der Begriffsbil⸗
bung. Die Wichtigkeit des Begriffs der Subflanz, na:
mentlich für die VBeftrebungen ber neuern Philofopbie wird
dargethan, felbft ber die Entftehung dieſes Begriffs ſchoͤne
Beiträge geliefert, wenn ſchon wir bie Unterfuchung
auch nicht einmal pfochologifh für erfhöpft und ihn
einer eignen abgefonberten Unterfuhung zum Frommen ber
philoſophiſchen Forſchung wol für würdig halten. Treff⸗
Tich ſpricht fi der Verf. aus über die Nothwendigkeit
der Sprache für das Denken und über einen für bie
logiſche Wahrheit allerdings fehr fruchtreichen Unterfchieb
zwifchen Gegenftandsbegeiffen und Merkmalsbegriffen.
Auch der beitte Abſchnitt, über die Entfaltung des
mathematifhen Vorftellene, enthält namentlich über bie
Quantität der Begriffe ſehr fchägenswerthe Bemerkungen,
und wir find überzeugt, daß der ganze Abfchnitt mehr an
Einfachheit gewonnen haben würde, wenn nicht der Verf.
es für nöthig erachtet hätte, namentlich in der Lehre von
Zeit und Raum die Antithefe gegen Kant beftändig im
Auge zu behalten. Doch darüber laͤßt ſich nicht rechten,
eine ſolche Ruͤckſicht erfcheint oft als Sache eines ſubjec⸗
tiven Bedürfniffes. Dies übrigens trägt bier fchon feine
Fruͤchte, daß nicht Über die Entftehung des Ichs, des
Selbſtbewußtſeins, fofern es durch Gliederbewegung, durch
Widerſtand der Außendinge veranlaßt wird, hinausgegan⸗
gen wurde. Auf einem Wege, wie wir ihn gleich zu
Anfang andeuteten, würde ſich z. B. Gelegenheit er:
geben haben, an einer reinen Objectivitaͤt der zeitlichen
Verhaͤltniſſe zu zweifeln. | u
Der vierte Abfchnitt. handele von der Entftehung ber
Willensthaͤtigkeit und der Anerkennung ber Caufalverhäfts
niffe. Als eine die Unterſuchung wechfelfeitig ſehr för:
dernde Kombination fehen wir dieſe Vereinigung zweier
Aufgaben an, und wir zweifeln nicht, daß fie in größerer
‚Ausdehnung hätte benugt werden können, namentlich um
auch bier der Entftehung des Begriffs von Caufalität tie
Erſter Band.
fee auf die Spur zu kommen und feinen fubjectiven Ur⸗
fprung gerechter anzuerkennen.
Den Schluß dieſes Theils bildet der fünfte Abſchnitt
vom Urfprung der gemäthlichen Empfindungen. Wir müf
fen uns aber ein längeres Verweilen bei biefem Abfchnitt
verfagen und begnügen uns zu berichten, daß ihre Abhäns
gigkeit von dem Erkennen bargethan wird.
Gewiß haben unfere Lefer fchon lange mit uns darauf
gewartet, die höhern wifienfchaftlichen Anfoberungen uns
feree Vernunft kennen zu lernen, von welchen in
der oben berührten Aufgabe der Krjtik die Rede war,
und welche befriedigt werben müffe, wenn biejenigen That⸗
fachen des Bewußtſeins, welche dem gemeinen Verſtande
für gewiſſe Erkenntniffe gelten, dies in der That fein fol
Im. Diefes Verlangen wird erſt im zweiten Theil befrie⸗
digt, deſſen erſter Abſchnitt von der Eigenthuͤmlichkeit des
menſchlichen Denkens handelt. Allein auch hier iſt uͤber
das Wort Vernunft, welches bei der Beſtimmung jener
Aufgabe als das Hauptſaͤchlichſte erſcheint, eine faſt nur
gelegentliche Erklärung, die uns noch immer erſt Mehres
erwarten läßt, gegeben.
Was ˖ den Ausdrud Vernunft betrifft, fo iſt es ter Weile
unferer Sprache angemeflen, daß wir zwei Bedeutungen beffel«
ben unterfcheiden. Im weitern Sinne ift Vernunft die allges
meine Kraft ber geiftigen Lebensftufe, welche im Menfchen uns
ter ber Vorausfegung und Bedingung ber finnlidgen fich erhebt.
In diefer Bedeutung werden gewöhnlid Vernunft und Sinn⸗
lichkeie im Menſchenweſen einander entgegengefegt, und gilt alls
gemein die Vernunft für das charakteriſtiſche Unterſcheidungs⸗
aner Emo des Menfchengefchlechts im Bergleich mit der thieriſchen
Ye ,
Daß mit biefer Erklärung im eigmtlihen Sinne nur
Megatives gefagt fei, und daß wir damit nad) wie vor
nicht wiffen, was Vernunft fei, verſteht ſich wol von
fetbft. - Wenn abes unfer Verf. binzufügt: „in einem en⸗
gern, fpäter genauer zu erwaͤgenden Sinne fteht die Ver⸗
nunft als Vermögen ber rein rationellen Erkenntniſſe und
Ueberzeugungen dem empitifchen Erkenntnißvermögen ges
genäber” (S. 292), klingt das nicht faft, als ob die Vers
nunft fei ein Vermögen der vein vernünftigen Erkenntniſſe?
Und wollen wir das „rationell“ in einem weiten Sinne
nehmen, dann verfchwimmt es ja völlig mit Dem, mas
man fonft Verfland nennt. ebenfalls müflen wir uns
alfo noch etwas gedulden, ehe wie nähere Auskunft biers
574 | 0
über erhaften, und es wird vorher im zweiten Abfchnitt
über die Sphäre der MWillensthätigkeit und der Gemuͤths⸗
empfindungen in ihrer Abhängigkeit vom Denken gefpro:
hen. Wäre «6 uns nicht darum zu thun, uns nicht
weiter vom Hauptpunkte ber Unterfuchung zu verlieren, fo
gäbe «6 grade tn Oiefem: Abſchnitt eine Meike ven Punk⸗
tem, bei welden in Gegen[ag treten koͤnnten mit bem
Verf. Schon die einfeitige Abhängigkeit des Willens vom
Denken gäbe uns dazu reiche-Veranlaffung. Ebenſo bie
echt Kant'ſche Beſchreibung einer vermeintlichen transſcen⸗
dentalen Freiheit, die fummarifche Berurtheilung des Ge:
füßts u. fi w.- Jedoch
laffen, das Refultat aller diefer Operationen kurz anzugeben.
Es iſt Fein anderes, als daß es unmöglich fei, etwas
Mirkuches an ſich und in einer der moͤglichen Beziehun⸗
gen auf unſer Ich anders als theils durch Wahrnehmun⸗
en mit sur der Begriffe und Urtheile, theils durch
6 mathemafifce Vorſtellen, thells durch bie Verfolgung
der Cauſalvechaͤltniſſe zu erkennen (S. 363). Nachdem
nun fo die ganze geiflige Thätigkeit auf das Erkennen
reducire iſt, To Handelt der folgende dritte Abfchnitt ganz
befonder von dem Verhaͤltniß zwiſchen dem erfahrungs:
mäßigen und dem rein vemünftigen Erkennen. Obgleich
t ſehe vie: von Vernunft, rein vernünftig u. f. w. ge
—* wird, ſo vermiſſen wir doch auch hier eine ſtrenge
Definition der Vernunft. Und daB mir fie fobern, dies
toolle man uns nicht als Pedanterei auslegen; wir haften
vielmehr dafle, daß mittels derſelben dem Verf. manche
Schwierigkeit klarer, manches Schwankendre in feinen Be⸗
fimmungnt augenſcheinlicher gewotden fen wuͤrde. Wir
bernehmen nis dieſem Abſchnitt wirklich, daß daB logifche
Denken, das mathematiſche Vorftellen u. ſ. w. alles ſchon
der Vernunftthaͤtigkeit angehört; aber wir verwundern uns
diulig, wie wenig auf dieſe Weiſe dem Verſtande übrig
getaſſen witd. Es ME Hier einer von den Punkten, wo
wir den Verf. in einem Sinne Kantianer nennen mirffen,
in welchen vofr es Tieber nicht wollten. Kant hat durch
eine ſchwankenden, Berftand und Vernunft vermengenden
eftimmungen einen Schaben gefliftet, an dem wir jegt
nody zu leiden haben.
Mit all diefen Vorbereitungen langt denn endlich ber
Berf. bei der Beantwortung. der Frage an, die wir gleich
anfangs als bie Hauptaufgabe Teines Werkes, ſofern «6
eine Theorie ber er ſem u voranflelem Bu et
fen geglaubt haben, Hier en. wir aber zuvoͤrder
erkiäsen, daß die Sprache. im böhern Gnade als bisher
fchon ber Maren. und leichten Beweglichkeit zu ermangeln
anfängt, und der Werf.:naige uns.-hauugs geſtatten, bie
Schuld eins Misverfländniffen, wenn mir; von ihm rhef-
fekben hepuchtigt wenden ‚falten, wenigſtens zur Haͤlfte son
um abzwarifen. u rn ra Er 200
’ Die richtige Aufloͤſung des transfoendentalen Biweifels (jagt
der Verf.) exfobert, daß wir zuerſt den bei ber Darftellung ber
erſten Entfaltungzmomente unfers Beweßtſeins zur Sprache ge:
drachten ’Unterfäyikb zwiſchen dem Subjectiven und dem Dbjec:
Houn in unſern Simeowahrnehmengen noch einmal genau Ind
YUnngı fallen und sihn under ejnen allgemeinen Wefichtipmift fick:
len; , Das Subjegting beruht quf dem gerſchiedenen Meilen, wiz
koͤnnen wir wentaftens nicht unter⸗
unſere Sinnesnerven durch bie ihnen angemeſſenen Eindruͤcke
angeregt werden. Hierher gehoͤrt z. B. in den Wahrnehmungen
bes aͤußern Gefuͤhlsſinnes bie Empfindung ber Wärme und ber
Kälte, der Rauhigkeit und der Blätte u. ſ. w.; ferner jebe Wahr⸗
nehmung ber Verſchiedenheiten, welche in ber Qualität ber Far⸗
hen und Töne, in ber Weichaffenheit ber Geräche und ber ſchmac⸗
daren Eigeuſchaſten, umb 3 der Beaffenheit unfener gnen
organiſchen Lebendzuſtaͤde Mr unfere Sinniichkeis hewortreten.
Dagegen beruht das Objective im unſerer ſinnlichen Wahrneh⸗
mung auf der Weiſe, wie zunaͤchſt durch bie Bewegungen un
ferd eignen Körpers und durch ben Widerfiand, ber unfern
Gtiedern bei ihrer Bewegung entgegentritt, die Ausdehnung unb
die mechaniſche Undurchdringlichkeit der Kösper, die Entfernung
ihrer Abſtaͤnde von einander, ihre Begrenztheit in Enicht der
Ausdehnung oder ihre Geſtalt und das Eigenthuͤmliche ber koͤr⸗
Verpältniffe für unfern Körper als ſolchen überhaupt dar, abe
gefeden davon, Baß er Tin organiſtrter und mit Nerven werfet:
nee Leib iſt (?), und auch nicht allein Verhältniffe für unſern
Körper, ſondern ſolche, welche zwiſchen Allem Körpern gegenſei⸗
tig ſtattfinden. Betrachtet mau in Anleitung der ausgeſproche⸗
nen Reflexionen bie Koͤrperwelt, fo kann man nunmehr, mit Huͤife
dazu geeigneter in das Thrzelne eingehender Beobachtungen alles
BSubjective in ben menſchlichen Sinneswahrnehmungen aus od»
jrctiv realen Bigmfcgaften und Bukänben ber Mrper erkliren
Meu muß Hierbei immer Deasienige, was an fi if, von
der fübjectiven Art und Weiſe unterfcheiben, ıwie mir es i
auffaſſen, oder wie es als bloße Erſcheinung für ums. vorhanden
iſt. (©. 46 — 449,)
So Hätten wir bem das lange Gefuchte, wir hätten
eine unmittelbate, d. h. eine nicht durch die Nerven, alfe
nicht duch die Sinne vermittelte Erfahrungs; und doc
nennt der Verf. auch biefe Etfahrung eine im unferer
finnfichen Wahrnehmung vorkommende, und doch waren
wir, wie oben bereits beim zweiten Abfchnitt des zweiten
Theils erwähnt worden ift, ſchon belehrt, daß es unmoͤg⸗
lich ſei, etwas Wirkliches an ſich und in einer der moͤg⸗
lichen Beziehungen auf unſer Ich anders als durch Wahr⸗
nehmungen u. ſ. w. zu erkennen. Welches aber auch das
Verhaͤltniß jener Saͤtze zu den eben a hrten fein mag,
ber Verf. beruhigt ſich ſelbſt bekidiefer fung micht. Er
ſagt (S. 460):
Es muß noch ſortwaͤhrend der Zweifel uns beſchoͤfrtgen,
ob nicht auch ohne die phuloſophiſche Annahme der MMealität vie
mr Körperwelt democh aus ainkz ‚gefehmäßigen intdikectuellen
Thaͤtigkelt unfers Icht die ald unbeſtreitbar anguerfenuende Rath:
wendigkeit erklärt werben mülfe, nach welcher bie bloßen Mers
hättniffe für das finntihe Wahrnehmen von den gegenfeitigen
Berhältniffen der Körper wnterfchteben und ‘ben Tegtern hier
nach - bie. zöumlichen und seitlichen Beſtimmmagen als an N
vochandene zugeſchrieben werden.
Die Gruͤnde zur Beantwortung ber fo gefaßten Frage
Binnen weder aus dem einſeitigen Emptriemus, moch ie
diglich auf dem Wege: bed reinen Denkens, nach Art bes
einſaitigen Wationatisuei geſucht werden, fonbern vermit⸗
tels der ſchon oben beſchriebenen guustifchen Nothode ge⸗
langen wir zu ber Eiuſicht, daß unſer dernuͤnftiges oder
intellectuelles Erenntnivermoͤgen ſelbſt as if, welches durch
Ausübung ber ihm eigenthuͤmlich geſetzmaͤßigen Thaͤtigbeit
wobei die Sinnlichkeit nur als dienende Bedingung mit⸗
wirkt, die Anerkennung bes. wichichen, dm. Raum ‚umb
ber Felt ‚und im. Sanfalzufgmmmmbange. befichenden Da⸗
[eins der ſubſiſtironden -öpperfichen Dinge ‚gewinnt, eine
575
Anertennung, bie einem rein ſinnlichen Vorſtellungsvermoͤ⸗
gen ganz ımerreichbar iſt. Unſer denkendes Erkenntiniß⸗
| gen Äberzeugt fi), daß es in der Anerkennung ber
Mealität der Körperwelt bie Gefege feiner Intellectuellen
Thaͤtigkeit befolgt, und daß fein eignes Weſen und feine
eigue Erifteng ohne dieſe Realität gar nicht gedacht wers
den koͤnnte. Hierdurch ift dann der transfcendentale Zwei⸗
fet gehoben. (S. 453.) „Wenn er etwas vornahm, fo
fing er nur fo eben ’n bischen an, und ehe man ſich umfah,
da war's demonſtrirt.“ Der Verf. möge uns nicht übel
deuten, wenn wie an dieſes Wort bes ehrlichen Asmus
eeinnert werden, er möge uns den umphilofophifchen Aber
glauben oder die philoſophiſche Härefie zu Gute halten,
aber "hier fcheint es uns wirklich nicht ganz mit rechten
Dingen zuzugehen; bei dem pilöglichen Effect, ben wir
hier vor uns haben, find wir faft ein wenig verblüfft
worden. Wäre es diefem Zuſtand zuzufchreiben, und foll-
ten wir den Verf. deshalb misverftanden haben, oder waͤre
es wirflih nunmehr feine Meinung: in der Geſetzmaͤßig⸗
beit. der intellectuellen oder der Bernunftthätigkeit beruhe
die Wahrheit unferer Anerkennung ber Realität dee Koͤr⸗
perwelt? Wir machen den Unterfchied zwifchen dem Ob⸗
jectiven und Subjectiven unferer Sinneswahrnehmung, wir
koͤnnen nicht umhin, ihm zu machen; darum iſt er? —
Nachdem wir die Darftellung bis auf ben angegebenen
Punkt verfolgt haben, müflen wir doch fürs Erſte bemer⸗
Een, daß wir den Unterfchied zwoifchen dem Dbjectiven und
Subjectiven unferer finnlihen Wohrnehmung etwas bes
denklich finden. Iſt denn nicht eben bie finnliche Wahr:
nehmung etwas Subjectives, ehre Mobification ded Sub:
jects, und widerſteht alfo ebenfo ſehr aller Objectivitaͤt,
wie das „an fih” allem Erkennen? Sind benn nicht
auch die Empfindungen. des Zaftfinns eben nur Empfins
dungen, d. h., zeigen fie wicht eben nur eine Mobification
unfers Bewußtſeins an? — Iſt Das, was der Verf. mit
dem Namen Ausdehnung, mechaniſche Undurchbringlich-
geit u. f. w. bezeichnet, nicht ein bloßes Abſtractum, das
in der einzelnen Sinneserſcheinung nicht fo gegeben wird,
fondern z. B. die Undurchdringlichkeit als Härte und Weich
heit u. f. w.? Dieſe legtern Begriffe zeigen ſich dann deut⸗
licher als Das, was fie find, nämlich ald Beziehungen zu
dem empfindenden Ich, ſodaß wir alfo auch durd dem
Taſtſinn nicht weiter kommen ald durch die übrigen Sinne,
nämlich auf ein Etwas, das die Erfcheinung erregt, wo⸗
bei wir aber, wenigſtens auf biefem Wege, nicht beſtim⸗
men koͤnnen, wie weit bie einzelnen Modificationen und
Qualitaͤten ber Erſcheinungen einen fubjectiven oder objec⸗
tiven rund haben. Was bie Ausdehnung anbelangt, fo
HE dieſer Begriff überdies ein Abſtractum aus den Ems
pfindungen verfchjebener Sinne und verlangt eine befons
dere Erörterung. Fuͤrs Andere aber innen mir uns
nicht genug vermunbern, wie ber Verf. durch Meflerion auf
das Bewußtfein ſich von dem obiectiven Dafein einer Koͤr⸗
perwelt überzeugt, dann aber durch eine plögliche Wen⸗
bung fich hinwiederum überzeugen will, daß bie Anerken⸗
nung von ber Realität der Körperwelt auf ber Befolgung
ber Gefege unferer intellectuellen Thätigkeit beruhe. Wir
-*
müflen wenigfiens eine weitere Erklaͤrung des Verf. ws
warten, wenn wir dies nicht für ginen ganz gewoͤhnlichen
Girkel anfehen ſollan. Mic innen dem Unterfchleb, den
ouch er zwiſchen dem Subiectiven und Obiectiven ms
ſerer Sinnes ing macht, bis dahin wicht fuͤr ats
waß mehr als einen blos analytiſchen zwiſchen den allge
meinern und ſpeciellern Merkmalen unſerer Anſchauungen
halten, und wir vermögen kaum einzuſehen, ob der Varf.
dadurch etwat won allen feinen Gegnern, ob er mama .
lich etwas var Berkeley, Kant mad Fichte voraus babe,
Im Gegentheil möchte mon, wenigſtens nad hiefen key
ten Aayferungen, annehmen, daß er work hinter ihnen zu⸗
ruͤckſtehe. Ale drei nämlich, ſtatziren doch ein Sein, zus
abhängig von bes intellectuellen Thaͤtigkeit, eine Schranke
des Ichs, ein unbekanntes X, das an fi wäre unb da⸗
mit nicht von dee Thaͤtigkeit des Ichs abhinge, vielmehr
diefe, daB Bewußtſein, bedinge, waͤhrend ber Verf. bie
Realität feiner ganzen Koͤrperwelt hedingt werden laͤßt
durch die intellectuelle Geſetzmaͤßigkeit. Mir wuürhen wa
nigftens die Schlußfolgerungen auf eine ganz andere Weiſe
ausgedrüdt haben und hätten nad den Prämifien des
Verf. ungefähr auf folgende Weiſe reaſſumixen zu muſſen
geglaubt: Es gibt keine angeborenen Begriffe, vielmehr fagt
und bie Unterfuchung unſers Bewußtſeins, baß Zeit und
Raum, Ausdehnung, Bewegung umd die fämmtlihen Ras
tegorien in der Sbjectivktät gegründet und nur darum
in unferm Bewußtſein fi vorfanden, weit fie aus den
Anſchauungen der Dinge abftrahirt find. Um aber abſtra⸗
bisen zu koͤnnen, muß Etwas da fein, von dem abſtrahirt
werden kann. Die aligemeinen Begriffe gehören alfo nicht
zu Dem, was durch die Thätigkeit unſers Ichs probuchet
iſt. Sind fie denn doch da, fie die Gefege unferer. intellec
tuellen Thätigkeit, fo können fie nur da fein, weil. Das ba
ift, von dem fie abflrahirt find, nämlich bie objective Rea⸗
Btät, d. h. die von unſerer intellectuellen Thaͤtigkeit unabs
bängige Mealität des für uns Erfcheinenden. ir wiffen
nicht, 0b mir damit den Verf. richtig aufgefaßt haͤtten;
aber fo viel wiſſen wir, daß, wenn dies feine Anficht war,
ber Gang ber Unterfuchung fi) von vornherein, wie wir
ſchon bemerkt haben, etwas anders geſtaltet, namentlich
mehr negativ darzuthun gehabt haͤtte, daß die Kategorien
nichts Angeborenes ſelen. Daß etwas mit beſtimmter Qua⸗
litaͤt Gegebenes objectiv ſei, hat, wie wir gleichfalls ſchon
geſehen haben, ſeine entſchiedene Bedenklichkeit; wir wer⸗
den uns, wenn anders ein ſolcher Beweis moͤglich fein
foßte, wol mit dem apagogifchen Beweisverfahren begnuͤ⸗
gen muͤſſen, das uns in dem vorliegenden Fall allein fas
gen kann, «6 fei etwas nicht fubjectiv. Am andern Ende
der Unterfuchung wäre es bann aber auch freilich nicht
möglich) geweſen, Formen, mie die der Cauſalitaͤt, ber
Subftanz und Inhärenz, fofern fie aus der Körpertvelt
abftrahirt waren, fofort auf etwas uͤber berfelben anzu⸗
wenden, und die Gewißheit folder Erkenntniſſe gleichfalls
für voͤllig apobiktifch zu erklaͤren, wenn fie mit Folgerich⸗
tigkeit und demnach mit einer für unfere Intelligenz ſtatt⸗
findenden und von ihr durch bloßes Nachdenken eingefe:
benen Nothwenbigkeit aus dem Inhalte und der Geſetz⸗
mit ben rährenden Worten: „Le
‘ | 576
maͤßigkeit der angegebenen Thatſachen des Bewußtſeins
abgeleitet werben. Hierin fcheint der Verf. wirklich hin⸗
ter Kant zurhdzufinten. Wir enthalten uns aber billig
eines feften Urtheils über den folgenden legten Abfchnitt
von den Grundbegriffen der kosmologiſchen, moraliſchen
und religisfen Wahrheiten. und erwarten die nähere Er⸗
laͤuterung, die uns die Metaphyſik des Verf. geben wird.
Mur fo viel fei einftweilen bemerkt, daß, wenn er feine
Ueberzeugung von dem Daſein Gottes auf den rein negas
tiven Begriff des Unendlichen baut (mir wiſſen, daß wir
hiermit nicht nur gegen den Verf., fondern auch gegen
die Hegel’fche Schule, der fich derfelbe durch jenen Bes
griff verwandt zeigt, anftoßen), anbererfeitd aber von dem
Zugeftändniß der Gültigkeit eines Urtheils in praktifcher
Hinſicht fpricht, wofür die theoretifchen Gründe nicht zus
reichen (S. 432) — daß er dann einen Widerſpruch in fich
einigt und uns in biefen Sägen zugleih als Nicht: Kans
tianer und als Kantianer erfcheint, wie man es Beides
lieber nicht wuͤnſchen möchte. 986.
Chansons nouvelles et dernières de Beranger, dédiées
a Lucien Bonaparte. . Paris 1833.
Ohne Napoleon's Bruber würbe vielleicht einer ber größten
Dichter Brantreihe in Roth und Kummer umgelommen fein,
ſich felbft und Andern unbelannt. Es war im Jahr 1808, als
Beranger, wie er felbft berichtet, aller Hülfsmittel beraubt,
in den Tag binein reimend, ohne Zweck, ohne Rathgeber, feine
rohen Berfuche unter Gouvert durch die pi an' Lucian Bona⸗
parte ſendete, der ſich einen großen Ruf als Redner und Eis
terator erworben hatte. Drei Tage harrte er vergebens auf
Antwort; fo viele Berſuche ber Art waren geſcheitert, daß ber
bedrängte junge Dann ſchon an einem glüdlidhen Erfolge zu
verzweifeln anfing, als ihn endlich, wer befchreibt feine Breude!
Lucian zu fich befcheibet. Bon dieſem Zag an blieb er bes
Dichters Beſchützer, unterftügte ihn mit Rath und Geld, und
gegmungen, plöglich Paris zu verlaſſen, fchidte er dem jungen
6ranger eine Vollmacht, bie ihn beresstigte, feine Beſoldung
als Mitglied des Inſtituts einzukaſſiren. Erſt während der
Hundert Tage ſah er Lucian Bonaparte wieder; biefer bes
merkte ihm unter Anberm bei diefer Gelegenheit, indem er üch
bem Liede ausſchließlich gewidmet, habe er fein Talent von bem
Hohen Berufe abgeleitet, den baffelbe anfangs gehabt zu haben
ſchien. Beranger, indem er diefen Ausſpruch Eucian’s anführt,
bemerkt, er fühle es wohl, allein bie Chanſons, als eine durch⸗
aus nationale Dichtungsform, hätten ihm zum Kampfe für bie
Freiheit am geeigneteften gefchienen. Wahrſcheinlich gingen bie
erften Verſuche des Dichters noch auf claffifchen Stelzen; erft
fpäter drang feine Indivibualität dur, und biefe mochte Lu⸗
cian, von bem man befanntlidh einige im altclafjiihen Sinne
gefchriebene podmes hat, anfangs brfremben. Uebrigens weiß Be:
zanger gegenwärtig nicht einmal, ob fein Vefchüger feine ſaͤmmt⸗
lihen Shanfons Eennt. Gr hat ihn mehrmals gefäprieben, ohne
‘ Antwort don ihm zu erhalten. Die Debication an Eucian Bos
naparte, aus welcher wir gegenwärtige Notizen gezogen, fchließt
souvenir de mon bienfaiteur
me suivra jusque dans la tombe. J’en atteste les larmes que
je repands encore après trente ans, lorsque je me reporte
au jour beni cent fois, od, assurd d’une telle protection, je
erus tenir de la providence elle-meme une promesse de bon-
heur et de gloire.“ Dann folgt eine Borrede, in welcher ber
Dichter mit vielem Geiſte und Scharffinne über feine Kunft und
über den Beruf des Kuͤnſtlers fi) ausfpridht. Der Sänger muß,
|
|
|
um gehört zu werben, ein Seite fänger fein; font finden feine
Töne einen Wiederhall. Nur im Wolle ift noch wahre Poeſſe;
Alles, was bie Literatur und Kunft in Frankreich bervorgebradit,
ging von ihm aus. Unter bem Wolle verfteht Béranger, was
man in Frankreich la foule nennt, bie niebern Claſſen; biefe
wiffen nichts von den fubtilen Feinheiten bes Geſchmacks aber
eben deswegen zwingen fle ben Dichter in ſtaͤrkern, maͤchtigern
Steigen zu zeichnen, um geſehen, und begriffen zu werben.
Bei diefer Belegenheit kommen bie Mittelalteröbichter übel weg;
Beranger bedauert, baf man bem sidcle d’affranchissement ben
Rüden gewendet, um in dem Sarge des Mittelalters zu wuͤh⸗
len, es fei denn, daß man bie Abſicht gehabt habe, bie Ketten
zu meflen und zu wägen, in welche bie Barone unfere Borältern
gefchlagen. Zulegt nimmt ber Dichter Abfchied vom Publicum;
er will fernerhin nicht mehr fingen, fondern feine Memoiren
fhreiben. Daß ihn letztere gelingen werben, bezweifeln wir
ebenfo wenig, als daß er feinem Borfag, nicht mehr zu dich⸗
ten, untreu werben wirb. "
Es bleibt uns jegt noch übrig, Giniges über ben Inhalt
bes vorliegenden Bandes zu berichten. Die meiften Lieber find
politifchen Inhalts, und ba fi mehre auf frühere Greigniffe
während ber Reftauration beziehen, fo find fie, abgefehen von
ihrem abfolutem Werthe, etwas veraltet. Unter ben Liedern,
welche in ber neueflen Zeit entftanben find, haben wir bemerft:
„Les fous‘, „La prediction de Nostradamus”, „Les tom-
beaux de juillet”‘, ‚Les feux follets’’, „A mes amis devenus
ministres.” In „Les fous“ nimmt fi der Dichter der St.⸗
&imoniften mit vielem Eifer an, was fehr leicht zu begreifen,
da ber Hauptzweck dieſer Sorporation das Wohl ber niebern
Bolksclaſſe if. Wir heben aus diefem erhabenen Liede die erfte
und legte Strophe aus:
Vieux soldats de plomb que nous sommmes
Au cordeau nous alignant tous,
Si des rangs sortent quelques hommes,
Tous nous crions: „a bas les fous‘*.
On les persecute, on les tue;
Sauf, aprts un lent examen,
A leur dresser une statue,
Pour la gloire du genre humain.
Qui d&couvrit un nouveau monde ?
‚Un fois qu’on raillait en tout lieu;
Sur la croix que son sang inonde,
Un fou qui meurt nous legue un dien;
Si demsin oubliant d’&clore,
Le jour manquait, eh bien, demain,
Quelque fou trouverait encore
Un flambeau pour le genre humain,
148,
. Literarifhe Notizen.
Der Abb6 be la Rue, Profeffor ber Geſchichte in Saen,
bat fein lang verfprochenes Wert über bie normannifchen
und anglo » normannifchen Dichter endlih in Oruck gegeben.
Bazzoni, der Verfaffer von ‚Il castello di Trezzo‘’ bat
„Racconti storici‘', zur Erläuterung des Mittelalters in Italien
herausgegeben. Ebenſo fährt bie mailänder Preffe fort, aͤhnliche
Werke zu Tage zu fördern. Bertolotti publicirte unlängft ein neues
Bud: „Racconti e pitture di costumi”, und Sacchi, der -bes
kannte Verfaſſer der „Antichità romantiche d’ Italia”, Hat
nun zwei Bändchen „‚Varietä litterarie’ erfcheinen laſſen, bie
itatienifhe Kunft und Sitte in ber Gegenwart ſchildern umb
ausgezeichnete Gharaktere flizziren. Gin englifcher Zournalift
freut fih, daß bdiefe populairen Werke ebenfo wenig Ultralis
beralität und Unglauben als Zlliberalität und Bigoterie verra⸗
then und durchweg einen moralifchen Ton behaupten.
nn
Redigirt unter Berantwortiiiteit ber Berlagäbandlung: F. A. Brodbaus in Leipzig.
. — Blätter
für
Titerarifhe Unterhaltung.
Zinkeiſen. Erſter Theil. Das Altertbum und Die
mittlern Zeiten bis zu dem Heerzuge Koͤnig Ro⸗
ger's von Sicilien nach Griechenland. Leipzig, Barth.
16832. Gr. 8. 4 Thir.
Seitdem der Aufſtand der Griechen gegen die ooma⸗
nifhe Herrſchaft und ihr heldenmuͤthiger Kampf gegen
diefefbe die faft allgemeine Theilnahme Europas anfprady
and feffelte und fich zugleich das Verlangen nad) einer
Kenntniß des Zuſtandes des Volkes und der allmäligen
Bildung dieſes Zuftandes mehrfach ausſprach, fo unter:
nahmen es nicht wenige Gchriftfteller in England, Frank:
veih und Deutſchland, diefem Verlangen zu genügen;
'allein da es Bei dieſen Verſuchen oft nur auf augenblid:
lichen Gewinn abgeſehen war, ba in bdenfelben nur zu:
fammengerafft wurde, was man irgend auf ben Gegen:
ſtand Bezuͤgliches erfaffen konnte, und meiſt ein unklarer
Enthufiasmus flatt einer ruhigen und gründficher For⸗
ſchung fi zumendenden Befonnenheit in ihnen herrichte,
fo waren biefe Acheiten mehr geeignet zu verwirven als
aufzuklaͤren, und jenes Verlangen blieb unbefriebigt. Je
mehr baffelbe aber dadurch gefleigert wurde, daß in den
legten Jahren die Emancipation des griechtſchen Bolkes
durchgefuͤhrt wurde, und daß daſſelbe unter die europaͤi⸗
ſchen Staaten und in das Syſtem derſelben eintrat, um
fo willlommener und dantenswerther ift es, daß ein Mann,
welcher das Lebendigfte SIntereffe für feinen Gegenftand
mit ruhiger Unparteilichkeit und Marer Befonnenbeit,
eine umfaflende Kenntnig und ein gräünbliches Stubium
der Quellen mit richtigem politifchen Blicke und mit nicht
geroöhnlicher Kunft der Darfiellung vereinigt, fich feit
Fahren die Befriebigung jenes Bedürfniffes zur Aufgabe
geftellt und zunaͤchſt die höchft gelungene Löfung ber erften
Hälfte diefer Aufgabe im vorliegenden Theile dem Kreife
der Gelehrten und Gebildeten vorgelegt bat.
Was die Äußere Veranlaffung des Werkes und bie
Burüftungen zu bemfelben betrifft, fo erklaͤrt der Verf. in
der Vorrede, daß es feine Entſtehung Vorträgen verdanke,
welche er in den Wintermonaten von 1823 auf 1829
vor einem gebildeten Kreife zu Dresden gehalten habe,
dag ſchon damals der Wunſch gegen ihn mehrfach ausge:
über bie mittlere und neuere Geſchichte Griechenlands
bem Drude übergeben, daß ihm aber erft nad einem
zweijährigen, feiner Arbeit faft ausſchließlich gewidmeten
Aufenthalte zu Muͤnchen, wo nicht allein die Hof: und Gens
tralbibliothek, fondern auch die des Mufeums ihm eine nicht
geringe Zahl fhägbarer Quellen darbot, fein Wert für
eine folche Beſtimmung gereift erfchien. Außer jenen Bis
bliotheken wurden für daſſelbe auch die Univerſitaͤtsbibllo⸗
thek zu Goͤttingen, die koͤnigliche zu Dresden, die Bibllo⸗
theken des Raths und der Unlverſitaͤt zu Lelpzig, einige
an ſeltenen Werden reiche Privatbiblſotheken, endlich auch
mündlihe Mitcheilungen mehrer Augenzeugen über bie
neueflen Begebenheiten und Vethaͤltniſſe benugt. Ueber
bie leitende Idee feines Werkes fpricht fich der Verf. in
der erften Vorleſung — die urfprüngliche Einthellung ift
nach feiner Erklärung deshalb beibehalten worden, well
die Natur des Gegenftandes e6 mit fid) bringe, daB en
großer Theil beffelben nicht ſowol in erzählendem oder
eigentlih darflellendem als vielmehr in abhandelndem
Tone abgefaßt werden mußte — näher aus. Das Zeit:
intereffe, darauf beruhend, daß der gegenwärtige Zuſtand
eines Volkes die Nothwenbigkeit entfcheidender Mefuftate
für die Zukunft enthält, iſt der Geſichtspunkt, unter wel⸗
chem er die Geſchichte Griechenlands auffaßt und wel⸗
cher ſeine Aufgabe genauer dahin beſtimmt, daß er Grie⸗
chenlands Vorzeit in ihrer Beziehung zur Gegenwart be⸗
trachtet, für den jetzigen Zuſtand deſſelben die Erklaͤ⸗
rungsgruͤnde in den fruͤhern Schickſalen durch geſchicht⸗
liche Entwickelung aufſucht, und daß er dadurch, daß die
verſchiedenen Perioden der Geſchichte des Landes in ge⸗
genſeitige Beziehung zueinander gebracht werden, dem
Mamichfaltigen in den verſchiedenen Aeußerungen der ge⸗
ſammten Volksthaͤtigkeit eine ſeinem Zwecke entſprechende
Einheit gibt. Waͤhrend das Vorhandenſein eines ſolchen
Zeitintereſſes in Beziehung auf die innern Verhaͤltniſſe des
griechiſchen Volkes keiner beſondern Nachweiſung bedurfte,
ſo enthaͤlt dagegen die zweite Vorleſung die nothwendigere
Eroͤrterung der wichtigen Frage nach den Intereſſen, wel⸗
che die Hauptmaͤchte Europas an die politiſche Umgeſtal⸗
tung des oͤſtlichen Europa, die durch die Emancipation
Griechenlands begonnen hat, nach ihren territorialen Be⸗
ziehungen zu demſelben und namentlich in Hinſicht auf
ſprochen worden ſei, er möge die Reſultate feiner Forſchungen ! den Handel knuͤpfen. Dieſe Eroͤrterungen, nebſt einer
—
"978
Darlegung des Plans des gefammten Werkes und einer
duch, Schärfe und Klarheit ausgezeichneten: Würdigung
ber geographifchen Verhaͤltniſſe Griechenlands, inwiefern,
nämlich diefe die Verhältmiffe bes Landes zu den übrigen
Theilen der Erde und feinen innern politifchen Zuftand
bedingen, find der Inhalt der Beiden erften Borlefungen
oder der Einleitung. En BE EEE
Die Darftellung dee Geſchichte Griechenlands ſelbſt
zerfällt im drei große Perioden: bie erfte enthält die Ge:
fhichte Altgriechenlands bis zur Unterwerfung unter bie
Herrſchaft dee Römer, die zweite geht biß zur Gründung
der osmaniſchen Herrſchaft herab, bie dritte bis auf bie
gegenwaͤrtige Zeit. Auffallend ann es hierbei zunaͤchſt
erfcheinen, daß der Verf., deffen Aufgabe doch im Wefent-
lichen in ber Behandlung der griechifchen Gefchichte wäh:
“rend ber mittlern und neuern Zeit befteht, die Gefchichte
Altgriechenlande mit nicht geringer Ausführlichkeit — von
den im vorliegenden Theile enthaltenen zwölf Vorlefungen
"beziehen fich fieben auf dieſelbe — behandelt, da die Ge:
ſchichte der alten Griechen als ein in fich abgefchloffenes
"Ganze, als ein mit der Unterwerfung unter die römifche
Herrſchaft vollendeted Drama ſich barftellt und die Schid:
ſale und Verhäftniffe der Neugriehen kaum durch ein-
jene Fäden mit jenen verknüpft zu fein fcheinen. Allein
“wenn das Legtere allerdings infofern zugeflanden werden
muß, als der Zuftand Griechenlands unter byzantinifher
und osmanifcher Herrſchaft faft feiner aus dem Alter:
thume entommenen Erklärung bedarf, fo weiſen dagegen
die neueften Begebenheiten auf das Beſtimmteſte in daſſelbe
zuruͤck. Nur die Erinnerung an eine große Vergangen⸗
heit war es, welche den Neugriechen bie Kraft gab, die
Feſſeln eines aſiatiſch⸗ mohammedaniſchen Joches zu bre:
‚hen; fie war es vornehmlich, welche die allgemeine Theil:
nahme für fie antegte und bie Maͤchte Europas endlich
gleihfam nöthigte, fi der wiederum Bedraͤngten anzu:
nehmen; fie ift das eigentliche Kebenselement bes befreiten
Volks, aus welchem daſſelbe auch in der Zukunft Beleh⸗
rung und Anregung zu neuer fittlicher und geiftiger Kräf:
tigung und Ausbildung fhöpfen wird; bie Sefkichte ber
Neugriechen wendet deshalb den Blick fo fehr von felbft
in die ferne glänzende Vergangenheit des Volkes zuruͤck,
daß eine Darftellung jener ohne bie Berudfichtigung die:
fer nur mangelhaft erfcheinen könnte. Weber das Maß eis
nes ſolchen Ruͤckblicks tät fich keine genaue Beſtimmung
geben, und wenn man auch eine geringere Ausführlichkeit
als die, in welcher bie vorliegende Darftellung ſich aus:
- breitet, für hinreichend halten koͤnnte, fo fichert dagegen
‚die Art und Welfe der Ausführung dem Verf. den Dan
des Lefers, daB er fich nicht in engere Schranken einge
fchloffen hat. Neue Reſultate tieferee Forſchung über
Einzelnes zu geben, war feine Abſicht nicht, wol aber
bat er Das gegeben, was er beabfichtigte, nämlich eine
gebrängte und klare Zufammenfiellung ber folgenreichften
Thatfachen und eine fo anſchauliche Darftellung ber Zu:
ftände des alten Griechenlands und ihrer verfchiebenen,
nebeneinander beftehenden und aufeinander folgenden Ent:
widelungen, wie fie nur aus einem felbfländigen, mit
wahrhaft hiſtoriſchem Geiſte verbundenen Quellenſtudium
hervorgehen konnte. Am Ende einer hier vielleicht zu
weit führenden, aber doch an ſich ſchaͤtzbaren, die Ges
fchichte des griechifchen Alterthums einleitendben Entwides
lung über die Art, wie ſich feit dem Ende des Mittels
alters durch die neyere Zat hindurch die cht vo
demſelben ausgebildet hat, ſpricht ſich der Verf für den
Ernſt hiſtoriſcher Wahrheit gegen die auch noch jetzt bis⸗
weilen aus einſeitiger Begeiſterung hervorgehende Tendenz
aus, uͤber die Lichtſeiten des griechiſchen Lebens die Schat⸗
tenſeiten deſſelben mehr vergeſſen zu laſſen, und er ſtellt
dieſer ſeine Ueberzeugung, welche er auch durch ſeine Dar⸗
ſtellung in ſeinen Leſern hervorzubringen hofft, entgegen,
„daß das Weſen der altgriechiſchen Welt um ſo reiner
erkannt werden wird, je beſtimmter man fich ‘ihre Licht⸗
und Schattenſeiten in gegenſeitigem Verhaͤltniſſe zu ver⸗
gegenwärtigen vermag”. Die Auswahl des Stoffs wird
dadurch beftimmt, daß der Verf. hauptſaͤchlich vom poli⸗
tifchen Geſichtspunkte ausgeht; dadurch wirb auch die
Bearbeitung deſſelben bedingt, in’ welcher ein frenger, bie
politifhen Entwidelungen, wie bie folgende aus der früs
bern hervorgeht darlegender und erflärender Pragmatide
mus berrfcht. Durchgaͤngige Hinweiſung auf die Quellen
zeigt die fichere Bafis, auf welcher die Arbeit ruht. Nur
ungern lafien wir uns duch die Beforgniß, unferm Be
richte eine zu große Ausdehnung zu geben, abhalten, in
mandyes Einzelne ber Ausführung einzugehen, allein das
Gefagte wird hinreichen, bie Lefer d. Bl. zu nicht gerins
gen Ermartungen und, wie wir hoffen, aud dazu anzus
regen, fich felbft zu Überzeugen, daß dieſe Erwartungen
mehr als befriedigt werden.
(Der Beſchluß folgt.)
Bemerkungen über Natur, Kunſt und Wiſſenſchaft auf
einer Reife über, Berlin und ben Harz nach Hamburg
zu der Verſammlung der Naturforfcher und Aerzte im
Sahre 1830, nebft der Ruͤckreiſe über Kopenhagen,
von Magnus von Pontin; aus dem Schwediſchen
überfeßt von G. Ericfon. Hamburg, Meißner. 1832.
Gr. 8. 1 Thlr.
Der Verf. vorliegender Schrift, Doctor der Medicin
und Shirurgie in Stodholm u. f. w. und erſter BönigL Leib⸗
mebicus, aus einer Familie, bie in der ſchwediſchen Gelehr⸗
tenwelt einen guten Klang hat, beginnt ſeine Reiſebemerkungen,
die er im Geſellſchaft des berühmten Berzelius aufzeichnete, mit
allgemeinen ‚Betrachtungen über fein Vaterland, welches er
hoch erheht, mit folgenden Worten: „Schweden koͤnnte ale ein
kleines Guropa für ſich betrachtet werben; es koͤnnte eine noͤrd⸗
liche Abfpiegelung ber verſchiedenen Länder abgeben, bie den
Sontinent des ganzen Welttheild ausmachen. So verſchieden⸗
artig find unfere Landſchaften, daß Fein anderes Land, wenig«
fiens innerhalb Schwedens nälhften Umgebungen, nur Guropa
ſelbſt eine ſolche Abwechfelung von Gebirgen und Flußthaͤlern,
von Hochland und Ebenen aufweifen Tann. Diefes gilt natuͤr⸗
licherweife nur von ber Geſtalt ber Oberflaͤche und nit von
der Bildung ber Berge und Erdſchichten, noch weniger von den
Naturproducten ober ber Vegetation, obgleich die Regionen das
für, welche bie Geographen für Guropa annehmen, auch den
Pflanzenregionen entfprechen (zonae transrersales, Wahlenberg),
bie hier beftimmt worden find. Schweden fieht au in biefer
—
578
Hinſicht in einem northeilbaftern Lichte. Seine Flora iſt reicher
als die des noͤrdlichen Guropa, fein Sommer ſchoͤner als der
des ſuͤdlichen. Die Alpen, bie Karpathen, bie Apenninen tra«
"gen biefeiben Berggewaͤchſe ald Lappland. Die Buchen, welche
Blekinge unb n beſchqtten jfft man in fo großen
wilden Wäldern bee nice als im vb
Eandern feiner; Breite. Unſere Biergarten und Etze; unfer Ei⸗
fen, Kupfer.und Kobalt, unfer Porphyr, Granit und Orthos |.
ceratit oder Uebergangekalk wetteifern außerdem .mit ben Bor:
räthen. des ganzen europaͤiſchen Eontinents’’z; — — und fo fährt
dec Verf. fort, Schweden, deſſen Anſtalten, deren Stifter und
.Erhalter, namentlich in und, ſowol in allgemeiner als Arzt:
licher Hinſicht mit vieler Vorliebe auf elf Seiten‘ zu rühmen,
ehe er auf Rügen anlangt. Bon ba an: gibt ee reiche und
zum Theil mit Aufmerffamleit und Beobadjtungsgabe gefam:
melte Anfichten über dffentliche, gelehrte und Kunſtanſtalten,
über Künftler fetdft, Über Gelehrte und Privatleute, denen er.
‚buch feine Freunde vorgeſtellt wurde, und wenn ſich aud
manche feiner Anfichten, 3. B. über Berlin, auf eine etwas
ſtark Hervortretende inbivibuelle Meinung gründen möchte, fo ift
doch nicht zu leugnen, daß er die Eurze Zeit feines dortigen
Aufenthalte beſſer benugfe, als viele neuere Reifende ed auf
ihren Fahrten zu thun pflegen. Seine Bemerkungen über ges
ſellſchaftliches Leben und Alles, was ibm intereffant erfchien,
find ebenfalls: mit Geift aufgefaßt, mitunter etwas naiv und
freimüthig, doch laͤßt fich erwarten, daß die in dem Buche ges
nannten Perfonen von feiner Bekanntſchaft einen angenehmen
Eindruck bewahrt haben müflen, Zur Probe fei hier eine kurze
Stelle über Berlin angeführt (8. 120): „Schon im Anfange
meines Aufenthalts in Berlin bemerkte ich und habe feitbem
biefe Bemerkung beftätigt gefunden, daß das ſchoͤne Geſchlecht,
welches immer, wenn nicht die Seele, doch das ‚Herz des gefells
ſchaftlichen Lebens ausmacht, um welches herum ſich Alles wen:
bet, belebt und. erwärmt wird, ſich hier in jener anfpruchslofen
Bittfamkeit zeigt, bie mehr Ehrerbietung als Entzüden, mehr
zuhiges Zutrauen als Iebhafte® Vergnügen einflößt. Die Bit:
ten find auch im Allgemeinen unbefledit. Durch die Sparſam⸗
keit in der Lebensart, bie zus angenommenen Orbnung fowol
für ben Bemittelten als den Salarirten gehört, entfteht eine
Senugſamkeit in Hinficht des Austommens, wovon frühzeitige
Ehen eine glüdtiche Folge find. Colibataire Maitreffenverbindun:
gen find dagegen felten und werben, wie fie ed verdienen, mit
Statt ihrer fieht man um fp mehr:
Richtachtung geftempelt.
junge Shen mit friſchen Abkoͤmmlingen. Ueberall, in Gefell«
ſchaft, auf Promenaben begleitet bas zarte Kind bie Mutter,
die ſelbſt ihm feine Rahrung reicht und die übrige Fuͤrſorge
fpendet. (3) Der Heiz biefes lebenden Gemäldes, das Schoͤnſte
der Haͤuslichkeit, macht die gewöhnliche Gefallſucht, für die ein
Weib fonft einen fo feinen Takt hat, gleichlam entbehrlich und
vergeffen. Auch widmet fie mehr Aufmerkfamfeit ihrem muͤt⸗
terlichen Berufe als einem überfläffigen Putze und ber Unter:
er die gewöhnlich ſich auf kurze allgemeine Bemerkungen
t net.
wie gewöhnlih, no
Sin Fremder, befonderä wenn ex ber Unterhaltungsfpradge nicht
voͤllig mächtig iR, wird wenig durch jene Mittheilungsart aufs
gemuntert, womit die franzöfifhen Damen fo gut verftehen .
den Umgang zu beleben.” (Auch wenn der Fremde ihre Sprache
nicht fprechen kann?) „Hat er ſich nicht deutlich genug aus:
gebrüdt, fo begegnet ibm oft ein: Wie? bas ihn ent
waffnet, und macht, daß er: -in ſeiner Verlegenheit befücchtet,
eine Dummbreiftigleit gefagt zu haben. An Gefpräcden über
die ſchoͤnen Künfte und Wiſſenſchaften, Muſik, Theater u. dgl.
nehmen bie Damen gewöhnlich einen beſcheidenen Antheil; die
berliner Herren aber verbhehlen nicht, daß fie um fo vertrauter
n. Frankreich und in,
Die jungen imverheiratheten Damen halten fid, -
entfchiedener von Unbelannten entfernt. -
weilen Au e'intiihen Schhpfungen in bes ſchoͤnen MWiffenſchaf
en u. w.“ 7 ‘ .
Ob der Regimentsarzt Schiller, nämlich Friedrich von Schit⸗
ler, jemals in -fold) einer Verbindung: genannt worben ift, glaubt
Ref. ſchwerlich, und deu ſehwediſche Lönigl. erſte Leibarztıfcheine
Hier eine ganz eigne Idee von dem MWeifpiele zu haben, mit
sem Schiller. vorangegangen ift.
‚Außerdem enthalten bie Blätter biefer Reiſebemerkungen
Vieles, was man nicht darin fucht, fobaß benfelben ein allge
‚meines, Intereffe nicht abzuſprechen ift, ungeachtet m
Sonberbarteiten und zumeilen auch wol einfeitiger- Anſichten;
und nachdem ber Verf. bas Ziel feiner Reife, Hamburg, er:
reicht hat, folgt ein Bericht über bie Verſammlung ber Raturs
forfcher und Aerzte felbft, mit einer Menge Notigen unb Per:
‚fonaldefchreibungen begleitet, die ſowol für Gelehrte als Midht:
‚gelehrte leſendwerth find.
Die Ruͤckreife über Luͤbeck und Kos
penbagen, welches der Verf. vor 20 Zahıen mit Ber—⸗
zelins beſucht hatte, veranlaßt ihn zu Bemerkungen über biefe
-Sauptftabt, welche zeigen, baß berfelbe fdhon ein Mann fein muß,
der über bie Mitte feines Lebensalters hinaus ifl. Er thut ben
Vorſchlag zu einer abwechfelnden Verfammlung ber Raturforfcher
im Norden, in Kopenhagen ,- Stockholm, Peteréburg "und
Chriſtiania, wogegen ſich wol nichts Erhebliches einwenben läßt.
Die Sprache biefer Ueberfegung, weiche von Herrn G. Eric
fon, wahrfdeinlid ebenfalls einem Schweden, Herrührt, zeigt
zwar, daß das Driginal in einer gebitbeten und vielleicht fogar
bluͤhenden Gchreibart verfaßt ift, doch flößt man barin häufig
auf Ausbrüde und Wortfügungen, welche den Fremden bezeich-
nen, bes des Deutfchen nicht ganz mächtig war. 42,
Die Kirche und ihre Gegner in ben drei legten Jahthunderten.
Eine katholiſch⸗-chriſtliche Bekenntnißſchrift von Ferd.
Herbſt. Landshut, Kruͤll. 1833. 8. 1 Thlr. 6 Gr.
: Der Verf. ift bekanntlich im vorigen Jahre von der prote
flantifchen Kirche zu ber katholiſchen übergetveten, worüber Ries
mand mit ihm vechten wird. Diefe Schrift fol nun: feinen
Schritt rechtfertigen. . Sie ift nicht ohne Wärme und Gewandt⸗
heit gefdyrieben, und wäre Alles, was fie enthält, ebenfo wahr,
als es kuͤhn behauptet wirb, fo wäre Ref. felbft in Gefahr, Deren
H. nachzufolgen. Aber biefer ſetzt als Schelling’fcher Hhilo⸗
ſoph Saͤte, als Hiſtoriker Erſcheinungen und Zuſtaͤnde voraus,
beren Wahrheit und Mirktichleit er erſt hätte erweiſen ſollen;
ex lebt und webt in einem Ideal von katholiſcher Kirche, wie
wir fie nur leider in der Wirklichkeit in ben Hauptfiten bes
Katholiciemus nicht einmal ben Anfang nach finten; träumt
von einer Ginheit, in ihrem Sein und Wefen, während Gre—⸗
gor XVI. in feinem Hirtenbriefe bitter über Zerriſſenheit und
Zwietracht klagt, und eine oberflächliche Kenntniß ber Geſchichte
bis auf den heutigen Tag bie gar mannichfaltigen Abweichungen
der Anfichten in ber Lehre und im Gultus kundgibt, wenn wir
auch nur Deutfchland und Italien miteinander vergleichen,
Der Berf. ſpricht fo viel von ber Entwidelung des Ehriſten⸗
thums burdy die Latholifche Kirche, wobel aber doch zugleich
weislich bie rechten Schranken geſegt fein. Dann muß man
aber freilich, wie er,-in Spanien das Muſterbilb ber Chriſtlich⸗
keit annehmen, worüber ohne Zweifel bie meiften Lefer erftaunen
werden. S. 816 heißt es: „Um ben Katholicismus fn feinem
ruhigen Beftehen (ja wohl!) und in feiner ganzen fchönen Volks»
thuͤmlichkeit kennen zu lernen, tft Spanien jedenfalls intereffanter
als Frankreich. Dieſes von ben Aufgeliärten fo verfcriene
Land ift durch feinen unabhängigen Klerus im geſicherten Beſit
der reichften Quellen bes Unterrichts und ber Bolkserziehung.”’
Ja wohl, wenn’s nur bamit, daß ‚30,000 ©tudirende‘ ſich fin⸗
den, gethan wäre! Da: nun. Spanien durch die Inquifition zu
damit find. Diele allgemeinere Bildung und ber Geſchmack an ı feiner jegigen gluͤcklichen Höhe geftiegen ift, fo wäre nichts rath⸗
Ihönen Künften bezeichnet auch nicht felten ben Gelehrten, fo: | famer, ald man führte biefes vortrefflihe Inſtitut allenthalben
‚gar den praktiſchen Arzt, feit ber Zeit, als ber Regimentsarzt | eins Hr, ‘Dr. 9. Hält es in ber Vorr. „für das Größte,
Schiller mit gutem Beiſpiele voranging,
gie N ch
und bringt. ihn zu: , was der Einzelne leiften fann, daß er das Leben an eine ſoiche
3: 0% u
Verfuche nicht geſcheut hat, e6 vom
ben wir vorzüglich allen Demagogen
borsigen berühmten geifttichen Orden aufnehmen gu laffen. lnfer
Werk würde am defio mehr dahin paffen, ba wir von deifls
licher Zplecanz, Milde und Liebe aud gegen Andersdenkende
unb überaupt von dem erabenen ethifdhen Weſen des Spriftens
— na en in
au; nf madyen, er gehbre, 0b zu
Bene, eat Ci , Weiler u. ſ. m ober zu Smnfer,
WAL, de Maifire, Bonab u. X. wird man aus dem Gefagten
mweffen, wozu wir no fein Urtheil über Luther Hinzufügen,
— —R —— en 7
r reichſten Fülle veligiöfer Inneriichkeit loſe Haͤrte
«(vieleicht verwechfeit mit Galoin), neben glangender Berede ſanmeit
unglaubliche Roheit zuſchreibt. Wir geben Aue zu, baf
auch Eather feine Wehler hatte, aber er iſt une aud Fein
yeiliger Vater, jedoch ein höchft ehrenwerther Wrenfh, dem wir
& dauten, daß er uns von Rom losgemadht hat und ven den
ngeheuern Misbräuchen, weiche”, wie der Verf. Feidft fagt
#
(@. 166), „dab tirdlihe Leben vor der Reformation wiefad
entſtellt
hatten“. Sarum verhötete denn das Oberhaupt biefe
Sebrechen nicht, oder hob fie nach vielem Mahnungen? Lieber
I ıd haufen erefchtet!: Das ift wol bie herr·
Bi Snimieung? Der Glaube bes Berf. iR uno; —
briagts kein ehrlicger Protekant, daB er den im
einem fo himmliſchen Glange erblidt, . „Reine der angeſchuidig ⸗
ten Verbrechen für erwielen anfieht”, und fogar überzeugt
wieb, wie Hr. Hı glaubentvotn hinfcmeibt, ba runs wer
hier und da Zobte erwedt, Kranke. geſund gemacht habe, und
von feinem Leichnam die Per gewichen fe”!!! Sm fieben Rue
mern hat der Verf. fieben Anftogepmntte in ber Borrebe gegen
den Proteftantiemus aufgeftelt. „Es mangelt diefem die Tra⸗
dition, da doch die heilige Gchrift wicht zuseihend fei uud Die
Bibelerftärung nur von ber Kirche ausgehen könne — ber Pros
—— E NEE
jung gleiche I religidſen und ſittlichen
Moments verkanat, daher auch in ‚der Lehre und im Gultus
das organifche Verhaͤltnis won Okjectivem und Subjectivem der·
toren, und fei ber Wiltär unb allen Zufäkigkeiten preis
gegeben — ex Tönne nie eine
man von einer Beformation ber Kirche fprechen, fondern von
einem Abfall — dem Sektenweſen fei damit ein allgemeiner
‚Herb errichtet — der antinninerfeile Protekantimus habe bie
Kirche in ein Berhoͤttniß zum Staate gebracht — fie
diene blos zur Belehrung, Zooft, Erbauung für das Individuum
in ben Grbärmiidkeiten des Lebens, habe aber in Jeinem Be
aufgehört, eine weltvermitteinde Made zu fen — er
habe bem Gtante nad) und nach alle Grundlagen entzogen, aus
denen fich auf dem Wege ber Gvolmtion die wahre Bölkerfreiheit
würde entwidelt haben. ein efultat Äft bie Resolution.
Hört_ ihr den Vogel fingen? Mit ihe wem er nacdkäht?
wer fo etwas gern hört? momit man ſolche Bänger becerirt?
Doch dad Denkmal, das ſich der Here Doctor hier gelegt dat,
zichter ich feldft. Die „Bibliotpek deiftticher Denker” (in feinem
Sian) bahnte ben Mebergang, und ber Schiud, ©. 335, aus La:
vater: „Cs gibt unbelehrliche , unfberzrugbare, arumbfdgiefe
Sharattere”, mag manchem feichten antirömifhen Gchriftfteier
gelten; aber wir wundern und nicht, wenn man dieſe Apologie
der römifchen Kirce, die ſich Felt, ale ob Ihre Megierung dis
wnf.ben heutigen Tag midyt gefehlt Hätte, einem Berf. zufchreibt,
der fr eine anbere Belehrung, Uebergengumg und eine ‚gerade
Niätung auch nicht eben geeignet fein möchte. Die Mängel
Rebigirt unter Derantwortlikeit der Werlagähandlung: 8. X. Br.
— —
Kirche bilden, noch weniger Sonne
unferer Riede befenmen wir feine,
Ber mar
darin zu verharcen, Feb bee a Reh,
Literarifche Anzeige, .
Bericht über bie Verlagsunternehmungen für 1833 yon
8. A. Brockhaus in Leipzig.
EHE AHA E
(Bortfagung aus Nr. 187.)
*8. Gonverfations«Eeriton ber neueſten Zeit und Piterater.
In vier Bänden. In Heften gu acht Bogen. Zweiten Bandes
viertes (eiftes) Heft und folgende. Sedes Heft auf weißem
Drudpapier_6 Br., auf „gutem Schreibpapier 8 @r., auf
omwie Einen zart. *
Ara ee ara
ieh au Sie Selen Ges Mahn
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8
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Ausgabe di
ber heiten vernedeten gabe — und sus Bufäge
Band. Br. 8.
Der erfte Band (Gäugtäirre , 1831) Boftet
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ber. Mit Kupfern und Karten. N X Bra
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Druckpapier, auf feinem franz. Schreib ler, und
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en bie Beendigung derfeiben, bie Wearbeitung der Regii
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i ne Bor ttekung Tolat) Da
us in Leipy
Blätter
für
literariſche Unterhaltung. -
Dienſtag,
Geſchichte Griechenlands vom Anſange gesichtliher
Kunde bis auf unfere Zage, von I. W. Zinkei⸗
fen. Erſter Theil.
| (Beichluß aus Nr. 140.)
Die Behandlung der zweiten Periode, ober der Ges
fhichte Griechenlands unter der byzantinifchen Herrſchaft,
bot dem Verf. andere und größere Schwierigkeiten als bie
dee erften dar. . Das Intereſſe fir die Griechen vermins
dert fich bedeutend von dem Augenblide an, wo fie aus
der Reihe feldftändiger Völker ausfcheiden, und dies um
fo mehr, als man geneigt ift, das verbammende Urtheil,
welches einft Voltaire über die byzantinifche Geſchichte
ausfprach, und welches felbft durch Gibbon's Darſtellung
zum großen Theile bekräftigte wird, .insbefondere auch auf
die Bewohner des eigentlichen Griechenlands zu beziehen.
Borarbeiten für biefen Zeitraum fanden fich faft gar nicht,
oder fie gaben meift nur zu Berichtigungen Veranlafjung ;
die Quellen, ſchon während der römifchen Herrfchaft nur
bürftig, werden während der byzantinifchen immer wan-
oelhafter, fobaß viele byzantinifche Gefchichtfchreiber auch
dem genaueften Machforfchen Peine Ausbeute gaben, und
daß die Verfiherung des Verf., daB felbft die in wenigen
Blättern enthaltenen Refultate für diefe Zeit nur durch
mehrjährige angeftrengte Studien gewonnen werden konn⸗
ten, teinem Zweifel unterliegt. Es gehörte in ber That
eine feltene Beharrlichkeit und eine nicht geringe Reſigna⸗
tion dazu, fih von ber Ausführung des einmal ge
foßten Entfchluffes duch Schwierigkeiten nicht zuruͤck⸗
fchreden zu lafien, welche ſchon an fich ſchwer zu be
feltigen waren, und deren Ueberwindung aud) nur zu eis
nee oft unbefriedigenden Kenntniß führte; daflc ift dem
Verf. aber auch der Lohn geworben, auf biefem Gebiete
nicht nur zuerft eine fichere Bahn gebrochen, fondern auch
jede fernere durchgängige Quellenforſchung entbehrlich ges
macht und auf die glaͤnzendſte Weife feinen Beruf zum
Geſchichtsforſcher und durch die Art, wie die Darſtellung
die Mühjfeligkeit des vorangegangenen Forfchens vergeflen
läßt und zugleich die dargeftellte Zeit in einer kaum zu
erwartenden Lebmbigkeit veranfchaulicht, auch Geſchicht⸗
fchreiber beurkundet zu haben. Die Nothwendigkeit einer
fo angeſtrengten Sorfhung wurde aber nicht allein durch
die Foderung einer Gleichmaͤßigkeit in ber Behandlung und
durch den in biefer herrfchenden Pragmatismus bedingt,
fondern auch und befonders dadurch, daß bie Erklärung
für den gegenwärtigen Zufland der Griechen aus biefer
Zeit zu entnehmen ift, indem in berfelben durch fremden
Einfluß der altgriechifche Volkscharakter allmdlig in den
neugriechifchen umgeflaltet wurde. Fuͤr bie Darſtellung
bes Zuftandes Griechenlands vom Anfange ber römifchen
Herrſchaft bis zum Ende des Antoninifhen Zeitalters koͤn⸗
nen bie vorhandenen Nachrichten, obwol fie nur fragmen⸗
tarifch find, infofern noch ausreichen, als fie doch wenig»
find Belege und Beifpiele geben zu ber zunehmenden
Auflöfung des politifchen Lebens und zu dem immer gro-
Bern Verfall der geiftigen und fittlichen Kraft; auch bie
wichtige Frage: Wie faßte Rom das althellenifche Leben
auf, und tie wirkte diefe Auffaffuhg auf Griechenland
zurüd? wird aufgeſtellt und mit Umficht und Ausführs
lichkeit beanttwortet. Wenn in dem folgenden Abfchnitte,
bee 41. Vorlefung, welcher die Schidfale Griechenlands
bis zum Anfange des 7. Jahrhunderts barflellt, die
Einbrüche deutfcher, flavifcher und tatarifcher Völker in
das oſtroͤmiſche Reich, auch infofern fie ſich nicht bis über
das eigentliche Griechenland ausdehnten, im Verhaͤltniſſe
zu bem eigentlichen Gegenflande bed Werks zu ausführs
lich behandelt zu fein fcheinen, fo läßt doch die Gedies
genheit der Behandlung dieſe Unverhältnigmäßigkeit Leicht
vergefien. Das Dauptinterefie bezieht fi) auf die neuen
Eiemente, welche bie Bevölkerung Griechenlands forie
das geiſtige Leben berfelben erhielt. Der Grund zu einer
völligen Umgeſtaltung des legten wurde durch die, biefer
Zeit angehörende Verbreitung bes Chriftenthums gelegt,
und dieſer wird nach einem Ruͤckblicke auf die Urfachen,
welche den althellenifhen Volksglauben fchon feit langer
Zeit untergeaben hatten, eine genaue Erörterung gewidmet.
Schwieriger tft es, bie frembartigen Zufäge, welche ſchon
jegt und noch mehr in der folgenden Zeit die durch Raub:
züge, Erdbeben, Peft und Noth der Zeit überhaupt ſehr
verminderte Bevölkerung Griechenlands erhielt, zu beſtim⸗
men, und doch ift diefer Punkt um fo wichtiger, da von
demfelben der völkerfchaftliche Bufammenbang ber Neus
griechen mit ben Altgriechen abhängt, und ba die im
eriten Bande von Fallmerayer's „Sefchichte von Morea
während des Mittelalters“ aufgeflellte Behauptung, daß
die Hellenen, namentlid im Peloponnes, duch flavifche
Eindringlinge gänzlich vernichtet worden feien, meiftens aber
582
obne eine genauere, wegen ber Beſchaffenheit bee Quellen
ſchwierige Prüfung der dafuͤr angeführten Beweisgruͤnde,
Beifall und Ammahme gefunden bat. Here Zinkeifen, der
ducch feine Studien, wie wol kein anderer Gelehrter, zu
einem competenten Urtheile über diefes Werk befähigt iſt,
erkenne die Vorzüge, welche daffelbe auch außer der hoͤchſt
anziehenden. Darftellung hat, an und gefleht gern ein,
bag er demſelben mandye treffliche Nachmweilung, manche
Berichtigung feiner früheren Anfichten verdanke; allein er
hätt fich auch im Intereſſe ber Wiffenfchaft für verpftich⸗
tet, auf die Mängel deſſelben aufmerkſam zu machen, und
er thut dies auf eine fehr ehrenwerthe, echt wiſſenſchaft⸗
liche Weife, fowol in verſchiedenen A en, als auch
in einem Anhange. Dieſe Maͤngel beſtehen theils darin,
daß ed an genuͤgenden Quellennachweiſungen fehlt, daß
manche Stellen aus den Quellen falſch citirt ober unrich⸗
tig gedeutet find, daß bisweilen bie ſtrenge hiſtoriſche
Wahrheit dem Glanze ber Darſtellung aufgeopfert iſt, und
manche unerweisbare Anſichten und viele falſche Etymo⸗
logien aufgeſtellt ſind, theils und hauptſaͤchlich aber in der
ſchon erwaͤhnten Behauptung, welche, als Vorurtheil ein⸗
mal angenommen, zu mannichfachen Widerſpruͤchen fich⸗
ven mußte. Während Herr Zinkelſen im Anhange bie
Gründe, aus welchen Fallmerayer es zu erklären verfucht,
daß die flavifchen Einwanderer bie Sprache ber von ihnen
vernichteten Hellenen annahmen, als irrig darlegt und ei:
nige Widerfprüche aufweiſt, in welche er ſich durch feine
Sppothefe verwidelt, fo widerlegt er biefe ſeldſt im
Derloufe feines Werks in der 11. und 12. Vorlefung,
indem er tm Text eine ganz ben Quellen fich anfchließende
Darftellung gibt und in ben Anmerkungen bemerklich macht,
inwiefern Fallmerayer bie Angaben ber Quellen falfch ges
_ deutet oder fich über diefelben hinweggeſetzt bat. Ein bes
ſtimmtes Zeugniß iſt allerdings darüber vorhanden, daß
bereite im 5. Jahrhundert gothifche Anfiedelungen in
Epirus ſtattgefunden haben; es fehlt bagegen über die er-
ſten ſlaviſchen Niederlaffungen auf althelleniſchem Boden
jede beſtimmte Nachricht, und wenn Fallmerayer den An⸗
fang derſelben mit Beſtimmtheit in die Regierung des
Kaiſers Juſtinus II. ſetzt, ſo zeigt Zinkeiſen, daß die Man⸗
gelhaftigkeit ber Quellen hoͤchſtens ein „vielleicht” geſtatte;
ee erklaͤrt zwar gleichfalls, daß bie Golonilation ſlaviſch
redender Völker in Griechenland und ihre Gewaltherrſchaft,
namentlich im Peloponnes, unbeſtreitbare Thatſachen find;
alfein er beftreitet die Annahme, daß ganz Hellas mit ei
nem Wale, und zwar am Ende des 6. Jahrhunderte,
von Slaven uͤberſchwemmt worden fel und feine alten
Einwohner bis auf einige kleine Reſte verloren haben foll,
indem er nachweiſt, daß die wenigen Stelien, auf melde
fich eine folhe Behauptung zu fügen fucht, wegen ihrer
umbeflimmten Allgemeinheit und wegen ber .fpäten Zeit
ihrer Aufzeichnung keineswegs zu einer fo ausgebehnten
Folgerung berechtigen, zumal eine folhe auch auf fehr
befttimmte Weile durch das Fortbeſtehen der griechifchen
Sprache, neben welcher nur geringe Ueberrefte der Sprache
bee eingebrungenen- Slaven ſich erhalten haben, widerlegt
wird. Seine, aus dem ſorgfaͤltigſten Studium der Quel⸗
len ‚beroorgegangene und fi) dem Inhalte berfelben und
dem naturgemäßen Verlaufe menfchlicher Dinge genau an-
ſchließende Anſicht ift bie, daß die Slaven zunächft, und
zwar zuerft während ber Megierung bes Kaifers Mauri⸗
dus, in nicht großer Zahl auf dem zum Theil menſchen⸗
leeren Boden des alten Hellas ſich niedergelaffen, und daß
diefe erfien ſlaviſchen Einwanderer durch Annchme -griehis
ſcher Sprache und Bitte größtentheil® helleniſirt waren,
als die DHaupteinwanderungen im 8. Jahrhundert ſtatt⸗
fanden; auch diefe Anftedeiungen, weiche fidy meiſtens auf
die ebenern Gegenden befchränften, müffen großentheils auf
feiebfihe Weife geſchehen fein, und erſt buch die Zunah⸗
herbeigeführte weitere
“me und die babucch
der freien ſlaviſchen Anfiedler kam es allmälig zu einem
allgemeinen Kriege zwiſchen dieſen und bem griechifcher:
Städtebewohnern, welcher damit enbigte, daß jene in ber
Mitte bes 9. Jahrhunderts befiegt und der Herrſchaft
des griechiſchen Kaiſers unterroorfen, und daß im Laufe die:
ſes und des folgenden Jahrhunderts, vornehmlich in Kolge
ber Belehrung zum Chriftentbirme, ihre ſlaviſche Volks:
thuͤmlichkeit unter byzantinifch = helleniſchem Einfluſſe gaͤnz⸗
lich umgewandelt wurde. Die Wichtigkeit und die Fol⸗
8 dieſes Ereigniſſes bezeichnen wir mit des Verf. eignen
orten.
Der Kampf ber friedlichen Elemente war vollendet. By⸗
zantiniſcher Hellenismus und Ehriſtenthum hatten über flavifke
Barbarei und Bögendienft ben Sieg bavongetragen, und ein
eigenthuͤmliches neuhellenifches Leben beginnt. Alles gleicht ſich
mebr und mehr aus; bie ſcheinbar abgeftorbene probuctive Kraft
bes lange Zeit erſchoͤpften und veröbeten Landes wird men ge:
wedt und entwidelt fig mt unglaublicyer Schnelligkeit zu ſel⸗
tener Vollendung 5 die Gefchäftigkeit der Menſchen, ſcheint es,
hatte einen neuen Schwung erhalten; vorzüglich müffen Gewerbe
und Das, was wir in unfern Tagen mit bem allgemeinen Ra:
men Snbuftrie bezeichnen, ſchon im Laufe des 9. Jahrhun⸗
berts in Griechenland wieder in hohem Grabe geblüht haben,
benn noch vor Ausgange beffelben finden wir in einzelnen Theis
len bes flavinifirten Griechenlands Spuren von Wohlſtand, Reich⸗
thum und felbfi Luxus, wie wir fie in jebem andern Theile des
byzantinifgen Reihe um bamalige Zeit wahrſcheinlich vergebs
lich fuchen wuͤrden.
Eine darauf folgende Zuſammenſtellung und Pruͤfung
der Nachrichten, welche ſich uͤber den Zuſtand Griechen⸗
lands in dieſer Zeit finden, gibt die Belege zu dieſer all⸗
gemeinen Charakteriſtik. Die Geſchichte der Angriffe der
Araber vom Dieere her und ber Einbrüche ber nörblichen
Barbaren, namentlid, der Bulgaren, feitet zu: den nunmehr
beginnenden Verhaͤltniſſen Griechenlands zum Abendlanbe
über, und da Dasfenige, was mit ben Kreuzzuͤgen ſelbſt
in genauerer Verbindung ſteht, einer ſpaͤtern zufammens
hängenden Darftellung vorbehalten bleibt, fo werben bier
nur ‚die Normannenzüge nach Griechenland tm 11. und
12. Jahrhundert erzählt, welche infofern als eine Haupt:
epoche in ber neuhelleniſchen Geſchichte bezeichnet werben,
als fie die Begruͤndung fränkifcher Derrfchaft auf dem
Sefllande und den Inſeln des alten Hellas vorbereiteten
und mwenigftend mittelbar berbeiführten.
Wir fchliefen unfere Anzeige mit dem lebhafteſten
Wunſche, daß dies Werk, weiches in jeder Hinficht zu
den trefflichften und gediegenſten Leiftungen unferer Zeit
—
583
in bee hiſtoriſchen Literstnne
zu rechnen tft, nice lange
umnvollendet blelben möge. - - > 16.
Ensayo historico-critico 20bre la legisiacion de Navar-
ra por D. Jose Maria de Zuaznavar, Francia, Ca-
vero, Isagaga, Arrne y Mogica, ministro juvilado
.del real y supremp «onsejo de Nayarra, indivi-
duo de las reales academias, espanola y de la.
historia, y de otros varios cuerpos literarios. T. I,
I, 1, l. 1. San Sebastian, impr. de Baroja,
"1828. 4.
So bekannt und fo allgemein anerkannt bie ältern. fpanis
ſchen Dichter und Proſatker bei uns jett find, fo wenig. richtet
man im dieſer ‚Hinficht feine Blicke auf das neuere Spanien: unb
betrachtet es vielmehr ale gänzlich abgefiorben für Dichtkunſt
und Pokitik, obwol man doch bies nicht vorausiegen follte bei
einem Wolle, das hierin fo lange ben Zon für einen großen
heil Guropas angab. Richt minder Hätte. in Hinſicht auf bie
Rechtswiſſenſchaft ſchon allein das ſpaniſche Handelsgeſetzbuch
hang das beſte ber jetzt beftehenben) darauf aufmerkfam machen
olfen, daß ein ſolches Werk nicht ohne vielfaches Studium, Mit
wirkung von Gelehrten und regem Leben in biefem Theile bes
menfchlihen Wiſſens hätte entftehen koͤnnen. Kommt hiezu nody
duxchdringender Scharffinn und Klarheit: (ben Spaniern eigen:
thuͤmliche Eigenſchaften), ſo laͤßt füch mit Recht etwas Ausge⸗
zeichnetet erwarten. Nur muß man ſich nicht durch bie, von
den gewöhnlichen Anfichten der legten Zage in Beziehung auf
Staat, Recht und Politit gang abweichenden Begriffe zuruͤck⸗
ſchrecken laffen; men foll vielmehr die Stimme eines Gelehrten
und Staatsmannes, weldye mit ben polttifchen Anfichten eines
ganzen Volles übereinzuftimmen fcheint, ebenfalls hören und eine
Erklaͤrung von Erſcheinungen. aufſuchen, welche jegt Vielen ganz
a in unb der gefunden Vernunft ſchlechthin zu widerfpres
n fcheinen. ' ot |
Der Verf. des obigen Werkes war Spräfibent ber sala de
alcaldes de corte zu Pampelona und hatte als foldyer vor⸗
züglich über viele conftitutionnell Grfinnte ber -Iegten Revolution
zu ridten; er war ed auch, der 1824 einen Auffas über bie
Aeußerungen ber Unzufriedenheit gegen König und Minifter in
Folge bed Derrets vom 19. Ian. 1824 in Beiehung auf bie
sepublifanifchen Ideen besauszab: Der Aufſatz ift dem Werke
einverleibtz; weiter unten werben wir bei ben politifchen Anſich⸗
ten des Verf. Einiges daraus anführen.
Der erſta Theil bes Werkes enthält, als Einleitung, eine
Art von politifhem Glaubensbekenntniß, das zugleich als Grund
lage und Erklärung des Spätern dienen fol. Dann folgt bie
Geſchichte Navarras in Verbindung mit Außerer und innerer
Rechtsgeſchichte von ter Alteften Zeit, den pyrendifchen Koͤnigen
und denen von Pampelona und Ragera bis D. Gartia San⸗
chez von Ataguerra und D. Sancho Barces von Pennalm. An⸗
hangemeife ſchließen dieſen Band mehre Fueros, wie z. B. die
berühmten von Nagera (1020) und GSepulveda (1076) in res
manifcher Spradyes lepteres jebocd nur im Autzuge. Auch find
in bdiefem heile weitlaͤufige kritiſche GSrörterungen üben bie
Concilien von Zoledo enthalten.
Am zweiten Schelle wird bie Geſchichte Navarras unter
aragonefifhen Königent Sancho Ramirez, Pedro Sanchez unb
Alonzo Sanchez el Batallabor bis 1184 verfolgt, unter denen
das Land fehr an Freiheit durch Beguͤnſtigung ber Würger ge
gen den auswärts kaͤmpfenden Abel gewann und bebeutende Hort»
ſchritte in Ausbildung bes Rechts machte. Die Anftvengungen ber
Könige aus dem Haufe Navarra: D. Garcia el Meflaurabor,
Bando el Bueno y Gabio, Sande el Zuerte y Smersabo bis
1234 waren trog ber zahllofen und ausgezeichneten Fueros (mir
nennen nus bie von Eſtella, Logronjo, S. Sebaftian) und ihren
Benähungen, dab Recht zu verbeffern, faft ganz fruchtios, benn
burch ungluͤcküche Kriege waren fie gezwungen, bas Gebiet bes
‚Reiche zu verringern, Rechte und Privilegien, bie ihre Vorgaͤn⸗
ger extheilt hatten, wieber zuruͤckzunehmen ober an fich zu kau⸗
fen und birecte Steuern aufzulegen, wodurch fie bie Liebe des
Volkes verloren, ſowie fie den Adel durch Erhebung zwölf bes
vorrechteter Haͤuſer erbitterten.. Auch bie Kiöfter fuchten ſich
am biefe Zeit dem ſtrengen Gehorfame ber Bifchöfe zu entziehen.
Die folgenden Könige, Grafen von Champagne, Teobalbo I., IL.
und GSnrique.ei Gordo bia 127% befolgten den Plan ihrer Vor⸗
gänger, aber mit ebenfo wenig Erfolg; Volk und Adel vereinten
fih und wurden dadurch Lühner gegen fi. Dem Antrage, ein
allgemeines Gefegbuch zu geben, wußte fich Theobald I. daburch
su entziehen, daß er nad) Paläftina ging; bagegen. ließ er bie
einzelnen Gefegbücher fammeln. Mehre berfeiben finten ſich am
Schluffe bes Theiles. .
Der dritte Theil geht. bis zur Wereinigung bes Landes mit
Caftilien unter Ferdinand dem Katholifhen. Ziemlich ausführs
"lich iſt die Hertſchaft der franzoͤſiſchen Könige, die vielfachen ins
nern und äußern Kriege, ber Nachtheil der fremden Herrſchaft
und bie Ausbübung ber Freiheit der Gemeinden befchrieben. Der
Verf. beklagt bitter die unrupigen Zeiten, leitet alle Nebel aus
bem vevolutionnairen Treiben, das im 14. Zahrhunderte das
Land zerrüttete, ab, und vertheibigt in biefem Sinne auch. Karl II.
ber mit Unrecht ben Beinamen : „ei cruel y el malo“ führe.
Schon in den fruͤhern Bänden bemerkt ber Verf. mehre Mate, ba
bie Könige ganz abfalut geherrfcht hätten, und dire wirb auch
bis zulegt immer wieber hervorgehoben. Karl II. Iegte zuerft
eine allgemeine Auflage auf, unb auch Karl III. el noble y re-
gando Salamon, mußte wegen des Goncitiums gu Konftanz bie
Geiſtlichkeit beſteuern. Der eigentliyen Erzaͤhlung folgt eine
ſehr ausführliche Geſchichte des Codigo foral von Navarra, eine
Kritit feiner Zufammenfegung und feiner Ausgaben (1686 von
Chavier unb 1815), fowie viele Auszüge. Der Verf. ſchließt
biefe Abtheilung mit dem Wunſche, baß eine neue Ausgabe deſ⸗
felben gemacht werden möchte, damit bie Gefese allen Gliedern
bes Staates hohe und: großartige Begriffe ber erhabenen Perſon
bes Souverains einfloͤßten, fein Leben und Vermoͤgen (patrimo-
nio) ſicherten und feine Praͤrogativen, Rechte, Vorzuͤge und Re⸗
galien feſtſezten. Den Schluß machen eine große Menge von
Geſetzen, Decreten und Orbonnanzen ber letzten Könige, z. B.
über bie Einrichtung der Meſſe zu Pampelona und ihre Frei⸗
heiten, bie Einrichtung des koͤniglichen Rathe von Navarra von
1381, die Einrichtung ber camara de comptos unter Karl II.,
eine Gerichtsorbuung von Karl Ill. von 1331, aus 75 Orbons
nanzen beflebenb (äußerft vollftändig), ein „fuero particular,
llamado privilegio de la union de Pampiona”, eine voll
dige Verfaffung diefer Stadt, die fie von Karl V. 1558 erhielt,
unb Anderes mehr.
Man erkennt fchon aus biefen allgemeinen Angaben bie
Mannicfaltigkeit des Werkes: und wirklich find bier. nicht nur
für fpanifches. Recht und Geſchichte, fonbern auch für die allges
meine Ausbildung der Stäbtenerfaffungen, bed Criminal» umb
Civilrechtes bed ganzen Dlittelalters und auch Deutfchlands wahre
Schaͤge ‚enthalten, beſonders wenn man bie Gleichfoͤrmigkeit der
Ausbildung bdiefer Hechte in allen Ländern ins. Auge foßt. Cs
möchte alſo wol kein geringes.Vexbienf fein, wenn ein gründe
licher Gelehrter dies Buch in Hinſicht bes Privatzechts genau
fludiste. Wir begnügen uns. mit diefen allgemeinen Andeutungen
und wollen jetzt nur noch bes Verf. politische Auſichten genauer:
barflellen, bie theils in der Einleitung, theild zerflrent im ganzem -
Buche enthalten find, ba er fortwährend auch. Ruͤckſicht auf: die
neueſte Zeit und den, wie ex glaubt, allein. wahren. und richti⸗
gen Stänbpunft von Bolt und König nimmt.
Dex natürliche. Zuſtand des Menſchen im engern Ginne:-
begieht. ich auf das wechfelſeitige Verhaͤltniß zwifchen eltern und
Kindern; wir ‚finden neben der Fortpflanzung häusliche. Geſel⸗
(haft und Gehorſam. Der natürliche Zuſtand des Menfchen im.
weitern Sinne begreift Bamilte, umfaſſendere Geſellſchaft (denn
dee Menſch wurde geſellig geboren) und Gleichheit. Dieſe be⸗
—
58%
giebt fi entwebed auf bie weſentlichen Beſtandtheile bes Men
ſchen und ſteht dann unbezweifelt feft, ober zweitens auf bie Guͤ⸗
ter, welche er beflgt. In bdiefem lekten Sinne findet fie fich
ſchon im natärlichen Zuftande nicht vor, nirgend ift fie, und
uirgend wirb fie fein. Nur infofern kann man von einer fol:
hen Gleichheit fprechen, wie etwa in einem Theater die Pläpe
allen Denen, bie ſich dort einfinben, gemeinfam finds; aber ben
Platz, weichen Einer bereits eingenommen hat, barf fidy Bein An:
derer zuelgnen. Drittens Tann fidy die Gleichheit auf Ehrerbie⸗
tung und Ehrfurcht, die man einander einräumt, beziehen, bat
aber ‚in biefem inne ebenfalls nie beflanden. Endlich umfaßt
der natürliche Zuftand bes Menſchen auch noch Freiheit und Uns
abhaͤngigkeit.
Alle gerechten Mittel, eine buͤrgerliche Goſellſchaft zu bitben,
laſſen fich auf drei zurücdführen: entweder unterwarfen ſich bie
Menſchen freiwillig der Leitung Anberer, ober fie wurden gerech-
terweife von andern Staͤrkern unterjocht, deren natürliche Rechte
fie vernichten wollten; ober fie legitimirten durch nachfolgende
Genehmigung die ungerechte That jener Mächtigen, welche ohne
einen &echtögrund gewaltfam zur Herrſchaft ‚über fie famen.
Schr ſchwer, wo nicht unmöglich möchte es fein, bei irgend eis
ner Nation der Welt einen urfprünglichen Gefellfhaftsvertrag
zu finden. Gine bürgerliche Geſellſchaft muß vorhanden fein,
denn es Tann nichts ben weiſen Abfichten bes Schoͤpfers mehr
entfprehen, als dieſe organifirten Körper, welche bie nothwen⸗
digen Bebürfniffe berbeifchaffen, Gelegenheit geben, Ideen und
Kenntniffe mitzutheilen, fowie endlich Ruhe, Eicherheit und Er⸗
haltung unfere® Lebens, unferer Glieder, Güter und Rechte be:
gründen. Die Grundgefege einer bürgerlichen Geſellſchaft müffen
fih auf die gefeägebende Gewalt, auf Regierungsform und auf
Wahl der berrichenden Perfonen oder Familien beziehen; bie
Stärke bes Geſetzes befleht der That nach weniger in feiner
” Gerechtigkeit als in dem Anfehen des Geſetzgebers, welchem bie
Geſellſchaft (ale Grund aller vereinigten Rechte) daffelbe übers
trägt und fomit Majeftät, oberfle Herrichaft und Gewalt vers
leiht. Dede gerechte Regierung hat eine abfolute Gewalt; bie
in neuerer Zeit fo beliebte Trennung ber brei Gewalten wirb
hingegen Urfache aller Uneinigkeit und Gchwäde. ine regel
mäßige Regierungsform ift bie, wo eine phyſiſche ober moralis
ſche Perfon die abfolute Gewalt ausübt; alfo abfolute Monar⸗
ie, Ariftofratie und Demokratie. In einer unregelmäßigen
Negierungsform muß bie moralifhe oder phyſiſche Perfon mit
Andern auf eine gewiſſe Weife übereinlommen,, bamit bie abfo:
Inte Gewalt ausgeübt werde; biefer gibt es unzählige. Die
Monarchie ift die befte Regierungsform. Den hödften Grab ber
Vollkommenheit würde fie erreihen bei "einem republifanifchen
Könige und einem Föntglichgefinnten Volle. Fehler ber abfoluten
Monarchie find: fchlechte oder ſchwache Kürften, Bormundfchaften,
häufige Veränberung ber Minifter ſowie deren perfönlihe In-
tereffen. Aber gering find diefe Mängel in Vergleich mit Eifer:
ſucht, Parteienwuth, Intriguen und Verſchwoͤrungen ber Arifto:
tratien. Was endlich die Demokratie Setrifft, fo gibt es keine
Schwachheit, Teinen Fehler, Leine horheit. dem ber Einzelne
unterworfen ift, deren nicht auch eine verfammelte Maſſe fähig wäre.
Das größte zeitliche Gut ber bärgerlichen Gelellſchaft ift
die Einheit. Oft Iaffen ſich bie Menſchen durch ben falfchen
Schein eines idealen Optimismus verführen, ber faſt immer bas
wahre Gute gehört oder verhindert; wenn fidy dies bei politi⸗
fchen Gegenftänden ereignet und Verſchiedenheit biefer Begriffe
bei den Witgliebern berfelben Nation herrſcht, fo vermanbeit die
Entzuͤndung ber Leidenſchaften Diejenigen in Feinde, welche ſich
wie Bruͤder behandeln und lieben ſollten, weil fie dieſelbe Spra⸗
che, Geſeze und Sitten haben. Dieſer Zuftand erſcheint ſchlim⸗
mer als eine zerruͤttete Oligarchie und ein zuͤgelloſer Despotis⸗
mus. Es iſt beſſer, Mängel der Regierung zu ertragen, als
Anarchie zu verurfachen (welche jebes Mal einer Reyolution folgt) ;
beilfamer, ruhig vom Herrſcher felbft die Abftelung ber Mis:
brauche zu erwarten, als gewaltfam bamwiber aufzutreten. Auch)
Pd
darf man nicht vergeffen, baß
erfeben, in ber Hegel beffer urtheilen können als ein unum
terrichteter Einzelner. Menſchen, welche Aeußerungen ber Unzus
friedenhett mit Köniz und Regierung hören laſſen, find einem
Staate am ſchaͤdlichſten; auch iſt ber Grund diefer Aeußerungen
öfter bie Leidenfhaft als die Vernunft. Wer in einem Lande
lebt (Ginheimifcher ober Fremder), tanp nicht verlangen, daß bie
Regierungsform eine andere ſei, als fie if. Wem fie nicht ges
fällt, der wandere aus, und wer fich zu beklagen hat, gehe heim⸗
li zum König oder feinen Gerichtshöfen, laſſe aber nicht laut
feinen Unwillen hören.
Mas unfer Zeitalter von ben frühern unterſcheibet, iſt ber
äußere Schein einer falfyen Weisheit, vermifcht mit Verachtung,
Nichtfchägung und fogar Werfolgung alles Guten. Daran ifl
bie ſchlechte Erziehung Schuld, eine tadelnswerthe Toleranz
und die abſtracten Begriffe einer falſchen unmoͤglichen Politik.
Mögen Könige wie Voͤlker gleiche Religion und Gottesfurcht bes
figen; biefe ift das befte Mittel, einen abfoluten Herrſcher der
Gerechtigkeit und Maͤßigung geneigt zu machen: Senn ſich mit
diefen Gigenfchaften echtes Bertrauen auf bie größere Menge des
Volles verbindet, und nicht auf eine Handvoll beiwaffneter Leute
(die gegen eine ganze Nation doch nur durch Ueberrafchung unb
ohne Dauer wirkten koͤnnen), fo wirb fi) das wahre Verhaͤltniß
erzeugen, wie es gemäß iſt einem Wolle, beherrſcht von Koͤni⸗
gen, die als Gottes Stellvertreter in ihrem Reiche allein ihm
NRechenfchaft zu geben haben und in feinem Namen ihre Un⸗
terthanen in Gerechtigkeit und Wahrheit erhalten. 180.
| Literariſche Notizen.
Der Geiftlihe Ignat. Ehobynichi hat ein Lexikon der ge⸗
Iehrien Polen herausgegeben („Dykceyonarz uczonych Pola-
kow”, 2 Bände, Lemberg 1885, 8., 17 51. Poin.). Gs
enthält eine Turge Lebenspefchreibung, eine Angabe ber ges
druckten oder im Manuſcripte vorhandenen Schriften und eine
Kritit der Hauptwerke ſaͤmmtlicher polnifcher Autoren von ber
Einführung bes Chriſtenthums an bis auf unfere Zeit, nach dem
Alphabete geordnet.
„Die Seherin von Prevorſt“ ift von Matufzewsfi ins
Polnifche überfegt werden. Beide Bände find bereits in War:
(bar erfienen und mit ungetheiltem Beifalle aufgenommen
worben.
Graf Fredro. Die Polen nennen ben Grafen Alexander
Fredro ihren Moliere. Und in ber That findet man in feinen
Euftfpielen die heitere Laune, ben rafchen Zortichritt und bie
tomifche Kraft wieder, durch welche mehre ‚Werte Moliere's
ausgezeichnet find. In handen Ruͤckſichten aber würden wir
dielleicht den Polen höher ſchaͤtzen als ben Franzofen, befons
ders was das fleißige Durchfuͤhren und bie Zufammenfügung
bee Gcenen und ber Handlung betrifft. inter ben. ältern
Werten Krebro’s ift „Die Damen und die ‚Dufaren” das bes
ruͤhmteſte. Am 15. Febr. d. 3. wurde in Lemberg ein neues
fünfactiges in Verſen geſchriebenes Eufifpiel von ihm aufge:
führt, betitglt: „Sluby panienski” („Das jungfräulide Ge⸗
luͤbde, ober der Herzensmagnetismus“), welches mit allgemeinem
Enthuſiasmus aufgenommen worben und nad .einmüthigem
Urtheile aller Kunftrichter den vorzüglichften dramatifchen Mer:
en der polnifchen Eiteratur zuzuzählen ift. .
Bon I. N. Kaminski, dem trefflidhen Ueberfeger von
Schiller's Gedichten, ift unlänaft (Lemberg 1832) eine polnifche
Ueberfegung von Schiller's ‚‚Wallenftein” erfchienen. — Gine
Ueberfegung mehrer Erzählungen von Zfcholle und Hoffmann
findet in Warfhau vielen Beifall. 177.
Nebigirt unter Verantwortlicyteit der Verlagshandlung: F. X. Brodbaus in Leipzig.
*
⸗
Kimige und Miniſter, bie iht
geriet Leben auf die Regierung vermenben und ſtetgq das See.
BI ätter
für.
Fit erar iſche Unterhal
tung.
Wittwoch,
Maſaniello, der Mann des Volkes. Trauerſpiel in
fuͤnf Zufgügen von Wilhelm Zimmermann.
Stuttgart,_Neff. 1833. 8. 1 Zhlr. 4 Sr.
Wie viele Federn bat Mafaniello fhon in Bewegung
gefegt! Meißner's Hiftorifche Darftelung (nicht Roman)
- machte den Anfang (1784); ihm folgte mit Beginne bie:
ſes Jahrhunderts eine fehr anziehende Novelle in der Zeit:
ſchrift: „Flora“; im 3. 1811 fchrieb ein Z1jähriger Stus
dent zu Heidelberg, Auguft Frefenius, in fieben Wochen:
„Thomas Aniello”, ein Zrauerfpiel, das nach feinem Tode
im 3. 1817 untere Fouqué's Aufpicien ans Licht trat;
vor vier oder fünf Jahren erfchien ein zweibändiger hiſto⸗
tifcher Roman in Frankreich über bafielbe Thema; durch
die „Stumme von Portici” hat deu aufruͤhreſche Fifcher
fi) ſelbſt in bie Revolutionen unferer Tage gemifcht; Lady
Morgan hat ihm in ihrem „Salvator Mofa” ein Denk
mal geſetzt; In dieſem Jahre iſt endlich Wilhelm Zim-
mermann, ber fi fchon als Inrifches Zalent bekannt ges
macht bat, mit dem Xrauerfpiele, Über das wir ben Lefern
d. Bl. Bericht zu erflatten haben, aufgetreten. Wirklich
laͤßt fi auch nicht leicht ein günftigerer Stoff für bie
Poeſie und insbefondere für das Drama benten: Ein:
fachheit und Größe der bee, Einheit der Handlung, we:
nige, ſehr entichieden gezeichnete Hauptſpieler, endlich ber
Charakter Maſaniello's felbft, großartig und einzig in ſei⸗
ner Art; dazu wunderbare Anlage der Geſchicke, ängftliche
Spannung des Hauptſchickſals, vafche Peripetie, furcht⸗
bare Kataſtrophe. Wir wiffen wenige Stoffe, die von
ber Geſchichte ſelbſt fo volftändig zum Gedichte ausge:
prägt waͤren, ſodaß es nur einer getreuen Ausführung
der in großen und entſchiedenen Umeiffen gegebenen An:
Lage bedurfte, um das Ganze zu einem Kunſtwerke zu
geftalten. Um fo mehr ift zu bebauern, daß fich bie
ſaͤmmtlichen Behandler dieſes Stoffes, Meißner's loͤbli⸗
chem Beiſpiel ungetreu, mit ziemlicher Willkuͤr von der
Hiſtorie entfernen zu duͤrfen oder zu muͤſſen geglaubt ha⸗
Von den Romanen und der Oper nicht zu reden,
beichränten wie und, dem Zwecke unferer Anzeige gemäß,
in diefer Hinfiht nur auf bie zwei dramatifchen Bearbei⸗
tungen. Frefenius macht aus feinem Maſaniello einen
reflectivenden Helden, eine Art von Karl Moor, ber in
Lauter Hyperbeln und (mie übrigens alle feine Perfonen)
in Shakſpeare ſchen Spruͤch⸗ und Witzwoͤrtern redet und
22. Mai 1833.
ſich vom Anfang bis an das Ende phantaſtiſch gerirt;
W. Zimmermann iſt zwar mit viel mehr Mäßigung vers
fahren, aber das Beſtreben, feinem Stoff eine Bedeutung
fir unfere Zeit zu geben, hat auch ihn verführt, feinem
Helden zu ſteigern und auf eine der Gefchichte nicht ent⸗
fprechende Art zu idealiſiren; wenn ſich Srefenius ganz
den „Raͤubern“ oder dem „Fiesco“ in feiner Behand:
lungsweiſe zugewendet bat und feinen Fiſcher wie einen
nobeln Renommiften bebanbelt,. fo verfällt Zimmermann
in bie Manier. de6 „Don Carlos”; feine Hauptperfonen
machen mir gar zu wichtige Staatsmienen, und Mafas
niello mit feinen erleuchteten Rathgebern find fo tieffin-
nig und fentimental, daß fie wenigftens bei 3. J. Moufs
feau einen Curſus gehört ober in der conflituirenden Ver⸗
ſammlung gefeffen haben müflen. Auch. das Aeufere ſei⸗
nes Fifchers wird von einem alten Bunftgenoflen zwar veche
ſchoͤn und intereffant, aber leider nur gar nicht hiſtoriſch
wahr in folgenden, von entfchiedenem Dichtertalente zeu⸗
genden Verſen gefchilbert, die bier als ruͤhmliche Probe
der Dietion ſtehen mögen:
Sr ift ein lebhaft kluger Burfch, ber weiß,
Was recht und ſchlecht ift, Druck und Drüder haßt
Und etwas denkt. Seht, dieſe Art von Menſchen,
Die iſt euch froh und luſtig unter Leuten,
Doch einſam und allein mit ſich da werden
Sie ſtill und melancholiſch; 's iſt als ob
Sie nicht gehörten ins gemeine Gleis.
Schon Bang, Bewegung und Geberdenfpiel
Verraͤth bei ihm was Größ’res, Adeliges.
Ich hab’ ihn oft, verwundert, fill betrachtet,
Wenn er fo unter Zung’ und Alten fund,
So ſchmaͤchtig und das Antlig blaß und milbde,
Doch Haren Ginaes voll und kecken Geiſtes,
und manch verfländig Wort aus feinem Mund ſich
Weit über aͤlt're Weisheit hoͤren ließ.
Aud ift fein Haus weit beffer als die unfern,
Geſchmackvoll, huͤbſch, mit Zierath mancher Art;
Und aus ben grünen Rebgelaͤnden blinkt es
Faſt wie ein Schloͤßlein über unfre Hätten:
Ein guter Hausmann ift er, fromm und fleißig,
Nicht rauh und hart unfreundlich feinem Weib
Wie fonft die Männer, nein, ein zärtlislicher
Sorgfamer Wann; und feine Kleinen zieht er,
Wie's nur der deſte Vater ziehen mag
Dort in der Stadt, und all fein Thun und: Weſen
Iſt eine Luft zu hören und zu ſehn. \
Aber in dee Geſchichte ficht es ganz anders aus. Da
586
iſt Maſaniello zwar ſchmal und bleich, aber kein tieffin-
niger Träumer, kein frommer und fleißiger Hausvater;
er ift ein durchaus draſtiſcher Menſch, der feine Kraft
und Größe erft mit feiner Situation erhält; kein Menſch
aus feiner Umgebung, er felbft nicht einmal ahnte, welch
ein hoher Geift in ihm verborgen fei; feine Hütte war
die allererbärnilichfte; feine Handtierung die ſchmuzigſte
und niedrigfte; die Betichterſtatter Finnen nicht verächt:
liche Worte genug finden, wenn fie biefelbe fchildern.
„Er war”, fagt ber zugänglichfte Zeuge, Giannone, „ein
Kerl, der einem Fiſchhaͤndler als Verfertiger von Düten
biente, welche er den Käufern der Stiche, um fie darein
zu legen, verkaufte.” Mich däucht, das poetifche Wunder
wäre, wie es das hbiftorifche iſt, nuc um fo größer geweſen,
wenn ber Dichter ſich rein an die Gefchichte gehalten hätte.
Der Entſchluß, feinen unterdruͤckten, entmenfhten Bruͤ⸗
dern zu helfen, zuͤndete, durch aͤußere Veranlaſſung plög-
lich angeregt, wie ein Blitz in ſeiner Seele und entflammte
ſie zur herrlichſten Heldenglut. Wie mit einem Zauber⸗
ſtab umgewandelt, tritt der verachtete Fiſcher nun auf
Einmal als genialer Feldherr, als glaͤnzender Redner,
als uneigennuͤtziger, von ſeinem hohen Berufe innig durch⸗
drungener Staatsmann auf. Aber im Umgangsleben hatte
er darum die gemeinen, gaͤnzlichen Mangel an aller Bil⸗
dung verrathenden Fiſchermanieren nicht abgelegt; er
klopfte ſupplicirende Matronen auf die Schulter und er⸗
theilte die hoͤchſten Gnadenbezeigungen an Edelleute von
uraltem Geſchlechte wol einmal in Begleitung eines
ſcherzhaften — Fußtrittes. Sein Beruf konnte ihn be⸗
geiſtern und ſteigern, aber nicht die Bildung ihm verlei⸗
hen, in welcher ihn unſer Dichter darſtellt. Der ge⸗
ſchichtliche Maſaniello, ſo lang er ſich und ſeiner Sen⸗
dung treu bleibt, iſt eben in ſeiner plumpen Fiſchergroͤße
einzig und unvergleihlih. Er kann durch Niemand ge:
flürzt werben als durch ſich ſelber. Allmaͤlig, erzählt
die Geſchichte, verbarb auch ihn das Süd, oder ihn er⸗
brüdte bie ungewohnte Lafl. Wir verargen ben beiden
Zrauerfpieldichtern nicht, daß fie begierig nach der von
dem glaubwürbigften Beitgenoffen fir luͤgenhaft erklärten,
von Peter Giannone gar nicht erwähnten Sage gegriffen
haben, nach welcher ihn der Vicekoͤnig vergiften ließ ober
ſelbſt vergiftete. Doch, mag das Gift des Feindes ober
das Gift des Gluͤckes (und das letztere ließ fich wenig⸗
ſtens ebenfo poetifdy behandeln) jene plögliche Verwand⸗
lung mit Maſaniello bewirkt haben: genug, fie machte
Ihn zum Tprannen, zum fheußlichen Mörder und Mord:
brenner, deſſen Betragen nur mit dem des wahnwitzigen
Kaifers Galigula verglichen werben kann, und warf ihn
auch in feiner ganzen übrigen Handlungsweiſe in ben
Schmuz und die Gemeinheit zuruͤck, aus welcher er auf:
geftanden war. Welche Aufgabe für einen Herzenskuͤn⸗
Diger, was ber bramatifche Dichter immer fein follte.
Aber unfere Dichter hatten ihren Helden zu lieb, fie
konnten es nicht über ſich bringen, ihn fo tief ſinken zu
laſſen. Freſenius läge ihn fofort am Gift wie Hercules
am Neffusgewande jämmerlich verfommen. Zimmermann
bleibt der Geſchichte viel getveuer, aber er fchilbert boch
feine Wuth nur als eine vorübergehende Maferei von we⸗
nigen Stunden, während Maſaniello's Tyrannei lange
vor jener Meerſpazierfahrt, die allerdings hiſtoriſch ift und
im zweiten Auftritte des fünften Aufzugs wirklich koͤſtlich
gefchildert wird, begonnen hatte und, wohl zu merken,
nicht mehr aufhörte, auch den Abfall des Volkes von Ihm
berbeiführte und fein tragifches Ende befchleumigte. Dies
ſes hat unfer Dichter ungefähr in der Art umgeänbdert,
wie Schiller den Tod ber Jungfrau von Orleans, Er
wird nicht von den ermuthigten Adeligen (wie es bifto:
riſch iſt) erſchoſſen, fondern er ſtirbt fiegreih, von Fuͤh⸗
rern und Fahnen umringt, prophezeiend, ſelbſt uͤber unſere
jetzige Zeit hinaus allgemeine Voͤlkerfreiheit prophezeiend.
(Der Beſchluß Folgt.)
Examen erilique des travaux de feu M. Champollion
sus les hieroglyphes; par M. J. Klaproth. Paris 1832.
‚Manche Leute in Frankreich glauben ganz im Ernfte, Cham⸗
pollion habe die Kunft erfunden, die ägpptifchen Hieroglyphen
zu entziffern, und man lefe fie jett fo geläufig ald bie Zeitung.
Daher Hat die Öffentliche Meinung, durch einige Zagesblätter
verleitet, faum Worte genug finden können, um ihren Enthuſias⸗
mus und ihre Verehrung für Ghampollion auszubrüden. Dan
hatte ihn mit Ehren überhäuft, und Hätte ihn nicht ein fruͤhzei⸗
tiger Tod hingerafft, wer weiß, wie weit die Gunſt ber Ration
es mit ihm getrieben hätte. Nun hatte Champollion freilich
einen ſehr loͤblichen Gifer an den Tag gelegt und war durch
ausdauernden Fleiß auf die redhte Spur der Entdeckung irgend
eines Schlüffels zur Auffchliegung jenes Geheimniffes gerathen.
Allein er ſelbſt Tonnte ſich unmoͤglich die großen Schwierigkeiten
verhehlen, welche ſich feinem Bemuͤhen entgegenftellten und. von
benen bie nicht gelehrte Welt ge nichts ahnt. Herr Klaproth
bat geglaubt, das Publicum Hierüber belehren und die angeblichen
Entdedungen Shampollion’s aufhellen zu müflen, bamit doch Ies
ber weiß, was er davon zu halten habe.
„SEhampollion hatte feit feiner frühen Jugend bie hierogly⸗
phifhen durch den Drud bekannt gemachten Inſchriften zufams
men verglichen und feinem Gebächtniffe eingeprägt; doch gelang
es ihm nicht, etwas baraus zu entziffern; fogar Zoega’8 Ent⸗
deckung oder Bermuthung, daß mandye Bicroglpphen Zeichen von
Toͤnen, alfo phonetiſche Hieroglyphen feien, blieb unbenußt.
Erſt als bie berühmte, in zwei Sprachen abgefaßte Inſchrift von
Rofette bekannt wurde, befam man einige Hoffnung, zur Entzif⸗
ferung ber Hieroglyphen gelangen zu können. Der Name Ptos
lemaͤus war auf derfelben in einen Rahmen eingefoßt; man bes
merkte nun etwas Aehnliches auf andern Snichriften, und man
tonnte nun wenigftens bie eignen Namen entziffern, bie Art aber,
wie fie gefchrieben waren, konnte vielleicht dahin führen, audy
andere Schrift zu leſen. Indeſſen glaubte Champollion noch im
3.1812, e6 gebe keine alphabetifhe Schrift bei den Aegyptern
Died ſagt er bdeutlih in einer damals von ihm zu Grenoble
herausgegebenen Schrift.
Der Engländer Young behauptete aber das Gegentheil in
einer 1818 gedrucdten Abhandlung. Um biefe Zeit machte fein
Landsmann Bankes bie Jnſchrift auf Philä bekannt, bie ebens
falls griechiſch und RAN abgefapt iſt. Cine Abfchrift
bavon gelangte in bie de Ghampollion’s; er erfannte unter
ben Hieroglyphen ben Ramen Ptolemäus, und er verließ von
nun an feine vorgefaßten Begriffe und bekam Zutrauen zu ber
Meinung Über bie phonetifche und alphabetifhe Schrift. Nun
erfhien fein Sendſchreiben an Dacier; er. verfertigte fein Alpha⸗
bet, begann die Namen der Könige und Kaifer auf den Infchrife
ten herauszulefen, änderte und verbefferte an feiner Gntbeddung
und Lam zuiegt mit feinem „Precis du systöme hieroglyphi-
que’ zum Vorſchein, obſchon es gar Feine Gutwidkelung eines
587
Soſtents enthält, fonbern nur, wie Klaprothugagt, eine weitere
Anmwenbung feiner in bem Genbfchreiben an Dacier angegebenen
Ideen if. Hier flellte er ale eine Regel auf, daß bie meiften
hieroglyphiſchen Schriften Aegyptens vermitteld der phonetiſchen
Methode aufgelöft werben können; die Beweisfuͤhrung biefer Bes
hauptung und ihre Anwendung auf bie Infchrift von Roſette
untesblieb aber. Ghampollion "überfegte blos einige abgeriffene
Säge derſelben; dies konnte jedoch nicht hinreichen, um feine
Behauptungen einleuchtend zu machen.
Nach einer Reife in Italien, wo er Gelegenheit hatte Ar
Menge ägyptifcher Denkmäler zu fehen, wagte er es, feine Ent:
deungen und Bermuthungen weiter auszudehnen unb beſonders
bie Ramen ber Könige ber verfchiebenen Dynaftien Aegyptens zu
entziffern, wie aus feinen ‚Briefen an den Herzog v. Blacas’’ zu
erfehen. Zegt ging er noch ans Entziffern nicht allein der Namen,
fondern auch der beigefügten Zitel und ganzer Stellen aus ben
Sägen. Die Beweisführung blieb cr wiederum großentheild
ſchuidig. Dennoch wurden feine Erklaͤrungen meiftens auf Glau⸗
den angenommen.
Nun kommt es baraufan, biefelben zu würdigen. Dies thut
Klaproth mit giemliher Strenge. Er zeigt erſilich, welche
große Schwierigkeit das Entziffern alphabetifher Infhriften has
ben müffes denn was bie ſymboliſchen betrifft, fo ift es faft un:
möglich, fie zu erklären; wie können wir naͤmlich errathen, wel:
hen Begriff tie Aegypter mit den vielen hundert Zeichen ver:
banden, die fie auf ihren Dentmälern abbildeten. Selbſt ihre
alphabetifchen Zeichen find ſchwer zu erklären, indem fie Buchſta⸗
ben ganz willkürlich zufammenftellten, nämlich zuweilen neben,
zuweilen unter und über einander, und bie Vocale ausließen. Cigne
Kamen laffen fih auf diefe Weife wol nody herauslefm; aber
mit andern Wörtern ift dies nicht wohl möglich, wenn man nicht
meift das herauszulefende Wort ſchon Fennt oder doch vermus
thet. Nun kennt man aber leider die Sprache nicht, zu wel:
cher diefe Worte gehören. Das einzige Huͤlfsmittel, fie zu
erlernen, ift die koptiſche Sprache, weiche wenigflens mandje
Ueberbleibfel der alten aͤgyptiſchen Sprache enthalten muß. Aber
biefes Koptifche Ift nunmehr noch eine bloße Schriftfprad;e, und
wir befigen in berfelben nichts als einige ascetifhe Buͤcher, tie
von ben auf den alten Infchriften verzeichneten Worten wenige
enthalten koͤnnen.
Man fieht Hieraus die unendlichen Schwierigkeiten, weiche
fih dem Verfuche, die Hieroglyphen zu erklären, entgegenftellen.
Was nun aber bie cignen Namen betrifft, fo hatte Champol⸗
lion eine Hülfsquelle zur Entzifferung derſelben in den bei Ma⸗
netbo und andern alten Gchriftftellern enthaltenen Eiften der
ännptifchen Könige. Da diefe Namen mit Buchflaben ausge-
drädt find, fo hält es nicht ſo ſchwer, biefe Buchflaben auszus
legen. Herr Klaproth wirft Champollion vor, er habe ſich zu:
letzt zu ſehr übereilt und Wermuthungen auf Vermuthungen ge:
häuft, ja fih manchmal wiberfprochen, indem er hier ein Zeichen
für diefen Buchſtaben, dort aber daſſelbe Zeichen für einen an⸗
bern Buchflaben ausgegeben babe. Champollion fagt, ber Verf.
des ‚‚Essai’ würde nicht in dieſe Wiberfprüche verfallen fein,
wenn er bie in feinem Sendſchreiben an Dacier vorgezeichnete
analptifche Richtung beibehalten hätte. Aber ſchon in ber erften
Aufiage feines „Precis’ entfernt er fi) vom regelmäßigen For⸗
fyungsgange, der bei fo neuen Unterfuchungen unentbehrlich ift;
in feinen nachherigen Schriften geht er noch weiter barin. Bes
Sonders häufen fid) die Vermuthungen, in der legten Ausgabe bes
„Preeis’ aufeinander, und bier zeritört ber Verf. zum Theil,
was er in ber erfien als erwiefen angegeben hatte.
Wir können Hrn. Klaproth in ber Weweisfährung zu biefen
Beſchuldigungen nicht folgen, verfichern blos, baß berfelbe eine fehr
große Gelehrſamkeit in diefer Abhandlung an den Tag gelegt hat,
und glauben, daß ae Diejenigen, welche Shampollion’s Forſchungen
ben ihrigen zu Grunde legen wollen, nicht umbinkönnen, 3. Klap⸗
roth's Bedenklichkeiten dagegen zu Rathe zu zichen.*) Wir haben
*) Bgl. üdrigens drei Artikel über „Champollion und die aͤgypti⸗
verfichern hören, bie Herausgeber einiger parifer Blätter hätten
bie Klaproth'ſche Schrift nicht anzeigen wollen, um bie Chams
pollion’fcye Bamitie, welche mit ber frangdfifchen Regierung in
Unterhandlung fleht wegen bes Verkaufs der von ihm hinterlafs
fenen Handſchriften, nicht zu verhindern, dieſelben vortheilhaft
anzubringen. Dies wäre ein fonderbarer Beweggrund, ten man
in Deutſchland Lächerlich finden würde. Denn che bie Res
gierung jene Handſchriften kaͤuflich an ſich bringt, wird fie
boch wiſſen wollen, ob fie bes Kaufens werth fein In
biefem Werbältniffe muß es ja wuͤnſchenswerth fein, daß ſich
ſachkundige Männer über ben Werth der Champollion'ſchen Kor:
[dungen überhaupt ausfprechen, und da man es richt unanfläns
dig gefunden bat, daß biefelben in gewiffen Blättern unmäßig
gelobt wurden, fo kann man es auch nicht anders als billig fins
den, daß ſich Stimmen in entgegengefegten Sinne hören laffen,
um bie Regierung und bie Gelehrtenwelt über den Gehalt der
bereit8 erfwienenen &chriften aufzuklären. Dies iſt noch fein
Endurtheil und betrifft auch nicht einmal bie Handfchriften, kann
aber überhaupt beitragen, ben Gelehrten zu würbigen, beffen
Nachlaſſenſchaft ber Staat an fich kaufen foll. *) 7%.
— —
Vita di Benvenuto Cellini orefice e scultore ſiorentino,
scritta da lui medesimo. Giusta l'autografo pubbli-
cato dal Tassi, Con cinque tavole in rame. Zwei
Bände. Leipzig, Voß. 1833. 12. 1 Thle. 16 Gr.
Sollte Ref. ein Buch nennen, das wie im hellen Spiegel
das gefellfchaftliche Bewegen der Italiener vor 800 Zahren
barftelle, das wirklich erzähle, wie man in fürftlichen Paläften
und in Zehhhäufern, in Merkitätten und Kerkern gelebt babe,
fo würde das erſte, das ihm beifiel, Benvenuto Gellini’d Leben
fein, und die andern alle in Ehren, würde er es auch für das
befte halten. Denn es if wirklich ber in Eettern hingezeichnete
Ueberblict eines durchgelebten Lebens, wie es bem nie raftenden
Manne vor ber Seele geftanden haben mag, wenn er manch⸗
mal das Erfahrene ſich zurüdrief. Eben barum ift es ohne
Auslaffungen, nichts verfäweigend, verbrebenb ober beſchoͤni⸗
gend, — Hoheiten ebenfo gewiffenhaft vorüberführend als Mo⸗
mente, wo der Genius bei ihm einfprady, gleichſam als hätte
er durchaus nichts bei dem Auffchreiben beabfidtigt, als bie
Vollſtaͤndigkeit der Gindrüde feftzuhalten. Diefe von aller
Schönthuerei ferne MWahrheitsliebe, bie bei ben poetiſchen Ans
regungen an nichts Beſonderes, bei ben. Regungen ber gemei⸗
nen Ratur an nichts zu Werheimlichendes benft, macht neben
bem vielfach beiehrenden Inhalte den Hauptreiz bes Buches
aus, das in Deutfchland, wenn es ihm auch nicht durch Goͤ⸗
thes Wermittelung zugeführt worben wäre, über lang ober kurz
hätte Auerfennung finden müffen. Die Zeit, wo 8. GSellini
lebte, war bekanntlich fehr von ber unfern verſchieden. Ueberall
regten fi Kräfte, die noch häufig titaniſch Hervortraten wie
bie Zeit, aus ber fie hervorgingen. Vor Thaͤtigkeit und Bes
wegung war es den bamaligen Menſchen nicht immer möglich,
zu überlegen; und B. Gellini war ein vollfländiges Kind ſei⸗
ner Zeit. Vieles, was wir Roheit nennen müflen, was jeboch
damals an einem Papfte ſelbſt nicht befrembden burfte, hat man
aus feinen Berichten hinweggewuͤnſcht und hat fidy& fogar er»
laubt, «6 wegzuwiſchen, als biefe Berichte in Drud kamen.
Keine von allen ben bisherigen Ausgaben zeigte baber B. Gel:
lini- in feiner ganzen Natürlichkeit; felbft Goͤthe hat nur nad
einem Abbrude überfegt, ber Vieles verkürzt, Vieles gemilbert
gibt. Durdy einen Zufall kam im 3. 1810 zu Florenz bie von
Benvenuto's Hand gefchriebene und von ihm in bie Feder bics
tirte Urfchrift zu Tage, und es ſchien Pflicht, ben bedeutenden
(hen HierogIpphen” in Nr. 160, Isl, 191, 12, 233-0 d, BI.
f. 1822, D
Red .
*) Bekanntlich bat bie franzoͤſiſche Regierung ben literariſchen Nach⸗
laß Ghampollion’d gekauft und feiner Witwe eine Penfion aus⸗
gefegt. D. R e d.
588 |
Wann, wie er war, unferer Zeit zu zeigen, bie für die Schwaͤ⸗
den her feinem einen richtigen Maßſtab zu befiden glaubt.
Man bat es daher Dr. Taſſi als ein Verdienſt anrechnen müf:
fen, baß ex die urſpruͤnglichſte Form dem Werke wiedergab, in:
dem er Wenvenuto ſich zeigen ließ, wie ex fich felbft gegeben
hatte. Selbſt in der Rechtſchreibung liegt ja eine Charakteriſtik
der Zeit, wie viel mehr in bem Ausbrude! Nach diefer Zaffi'
ſchen Ausgabe, die zu Florenz 1829 in brei Octapbänben er:
(dien, if der vorliegende Leipziger Abdruck wörtlich beforgt,
woburdy ein gelehrter deutſcher Arzt ben Kunftfreunden ein
wahres Befchent macht. Alle weſentliche Erläuterungen, welche
Taſſi aus ben Schägen der Riccardi'ſchen Bibliothek im britten
Bande zufammengeftellt hatte, findet man vom editore tedesco
in das ‚„Sommerio cronologieco‘‘ aufgenommen , welches er der
Selbſtbiographie bes Künftiers vorausgefhhidt Hat. Ebenſo ges
hört dem beutfchen Herausgeber die ind Kurze gezogene Notiz
über die frühern Ausgaben, bie Zufammenftellung der Urtheile
über Selini und ein Regiſter, in welchem kurze Nachweiſungen
über GBegenftänbe beigebracht find, bie ſich nicht von ſelbſt aus
dem Buche ergeben. Kurz, units if aufzunehmen verfäumt,
was zur Kenntniß bes Meifters und feiner Zeit wwefentlich
ſchien; felbft die Zeichnungen nad ben bebeutenbften feiner
Werke fanden barum ihre Stelle. Wem es barum zu thun,
in treuem Bilbe fie anzufchauen, der wird bem Herausgeber es
Dank wilfen, ber fo gluͤcklich wählte, und.aucdh der Buchhand⸗
lung, bie buch ihre Ausftattung das intereffante Buch fo eine
ladend machte. 31.
Einige Berichtigungen und Bemerkungen aus
Kopenhagen.
Erxiſtirt in Dänemark kein Silbergeld? Iſt bie Be
feuerung Holfteins beifpiellos?
In Rr. 15 diefer Blätter „‚gefteht‘’ ein Referent, bad Buch
des Hrn. Rathanfon über „Dänemarks Handel u. f. w.“ „mit
tiefem Schmerz gelefen zu Haben’, nicht eben weil ber
Dandel u. f. w. fo ſchlecht ift (er ift fogar in Aufnahme), fon:
dern weil er glaubt, jener Autor babe feine Schilderung bes Ge⸗
genwärtigen zu ſchmeichelhaft gemacht. Wir laffen dies dahine
geftellt fein. Unter mebren Unridhtigleiten aber, welche dem
Ref. bes Auffages in Nr. 15 entfchläpft find, wollen wir ein
Paar ber ſchreiendſten nur hier in aller Kürze rügen. Wenns
gleich nicht mit tiefem Schmerz, jedoch mit großer Befremdung
lefen wir, S. 58, Sp. 2: „daß in Dänemark, mit Ausſchluß
ber Herzogthuͤmer, kein Silbergeld exiſtirt“. Hat ber Berfafs
fer diefes aus Unwiffenheit behauptet, follte er es body wenig:
ftens nicht fo ganz apodiktiſch als eine hiſtoriſche Thatſache nie:
bergefchrieben haben. Wie? in Dänemark, außer den Der:
zogthümern fei fein Gilbergelb gangbar, und man febe
davon nichts im Handel unb Wandel! Die mittels ergans
genee Anordnungen autorifirten Silber : Reichebankthaler ober
halben Speciesthaler, bie Species und bie kleinern Münzforten,
welche in allen Theilen bes bänifchen Staats zur Geite ber fun⸗
dirten Zettel der Nationalbank geben, find fie denn nicht Gilbers
geld? Viele Käufe werben in Silbergeld gefchloffen, Vieles im
täglichen Verkehr wird mit Gilbermünge bezahlt, die Gagen, bie
Befolbungen und bie Penfionen werben aus ber koͤnigl. Zahikaſſe
und bie gefammten Zinſen der Gtaatsfchuld aus der Staats⸗
ſchuldenkaſſe, in Kopenhagen und in allen bänifchen Provinzen,
in baarer Silbermünze ſtets ohne Aufſchub bezahlt, die Rational:
bank in Kopenhagen wechfelt jeden Tag Silber gegen Zettel;
bas Gursverhältniß zwiſchen Species ober Rbthir.« Bilber:
münze wirb möchentli zweimal bekannt gemacht; bie meiften
terminweifen Zahlungen, 3. B. für Hausmiethe, werden in
Silbermuͤnze baar erlegt, — und body „ertftirt in Dänemark,
mit Ausſchluß ber Herzogthümer, kein Gilbergeid‘ ! |
Gleichwie dieſe völlig unhaltbare Behauptung wirft ber Verf.
eine andere: „bie beifpiellofeWermehrung der directen Steuern
in dea Herzogthoͤ 4 ganz ohne allın Beweis, ohne jebe Er⸗
läuterung und Grklärung hin. Wie will er ein ſolches Verfah⸗
ren verantworten? Iſt es bei der fo unbeflimmten Angabe viels
leicht die Abficht, die Lefer glauben zu machen, baß bie Ber⸗
mebrung der Steuern in den Herzogthuͤmern noch immer fort
geht, ober warum verfchweigt er, in weldger Periode bie ger
wiß weder beifpiellofe noch ungerechte Wefteuerung gefchah, wie
groß die Altern Steuern waren, und in weichem Verhaͤltniß das
So jegt zu den Abgaben bes übrigen bdänifchen Staats und
andtter Staaten zu ſtehen fommt?
Wie groß mag wol Istand fein?
In dem ,„‚Morgenblatt für gebildete Stände”, 1882,
Rr. 62, fängt eine Abhandlung: „Ueber ben Megenbogen und
das Kreuz im Kryſtall aus Island" folgendermaßen ganz zier⸗
ih an: „Im hoben’ Rorben liegt eine Infel (Island), bie
nähfte am Pol, von Umfang Klein, wunderbar fih erhaltenb
in der GErftarrung der Ratur” zc. ıc. Jene von Umfang Heine
Infel hat mittlerweile einen Flaͤcheninhalt von 1445 Duabratmeilen,
was für eine Peine Inſel ganz betraͤchtlich iſt. Einige Geogra⸗
pben geben ben Quadratinhalt noch arößer an; alle aber bes
ſchreiben Mtand als eine große Inſel.
Deblenfhläger und Ingemann. .
Beide Dichter haben neulich die bänifche poetiſche Literatur
mit zwei neuen Werten vermehrt. Bon Dehlenfhläger if
ber fechste Theil feiner gefammelten Tragoͤdien erfchienen, enthal
tend u. A. das bisher ungebruckte neue Drama ‚‚Zordenfliold”. Dies
tragifche Schaufpiel, das mit dem unglüdtichen fruͤhzeitigen Tode
des dänifchen Seehelden in einem Duell endet, hat biefen Win⸗
tee auf dem Theater viel Gluͤck gemacht, ift häufig geſpielt wor⸗
den und wird noch jest vor vollem Haufe gegeben. Der Did;
ter bat bie alte Begeifterung ber Ration für Tordenſtiold finn-
reich und fehr poetifch benugt und in einem Grabe wieberers
wedt, baß man glauben möchte, ber Held wäre nit zur
Zeit Sriedrih IV. vor mehr als hundert Sahren, fondern fo=
eben verſchieden. Die BHauptperfonen, ber Abmiral Zorbenfliotb
und Miß Harriel Richmond, werben von Nielfen und Madame
Wexſchall meifterhaft bargeftellt. Bekanntlich hatte Tordenſtiold
durch kuͤhne, fehr erfolgreiche Thaten in bem Krieg zwiſchen Daͤ⸗
nemark und Schweben fich bereits im 29. Jahre zum Range eines
Viceabmirals in ber bänifchen Marine aufgefhwungen., Nach
geſchloſſenem Frieden ‘ging er auf Reifen, theils um frembe Län»
ber zu ſehen, theild um ein reiches Mäbchen, eine junge engs
tifhe Dame aus vornehmer Familie, zu hbeirathen. In Hano⸗
ver gerietb er in einen Streit mit einem Abenteurer, Oberſt
Stabi, und fiel in einem Zweilampf, worin fi fein Gegner
und beffen Secundant fehr binterliflig zeigten, im eben anges
tretenen 30. Jahre feines Alters.
Ingemann’s neuefier hiftorildder Roman: ‚Kong Grik
og de Freblöfe” (König Grit und bie Bogelfreien) in zwei Theis
len, ift eben jegt erfchienen. Beine frühern biftorifchen Romane:
„Woldemar Geier” und „Erik Wenveb’’ fanden, wie befannt,
vielen Beifall und wurben begierig gelefen. Es fcheint dem ges
genmwärtigen bie naͤmliche Gunſt zu begegnen.
Der Bielgereifte, ber ausrupt. .
Ein elendes Buch unter bem Titel: „Schilderungen und
Begebniffe eines Vielgereiften, der ausruht”, hat in Kopenha⸗
gen befienungeachtet viele Leſer gefunden und ift viel getauft
worden. Die Scüberungen bed Ausrufenden gehen nämlich
jene Stadt unb viele ber public characters berfeiben befonders
an. Schmeicheleien und Lobpreifungen find mit halbwahren und
ganz unmwahren Srzäßlungen, erdichteten Anekdoten, zum Theil
aus eigner chronique scandaleuse bed Verfaſſers, in einem
bunten Gewebe gemiſcht. Ruht diefer Autor wirklich jest von
feinen Heldenthaten aus, fo Tann man wenigſtens weber Tagen,
baß er auf Eorbern ruht, noch, daß er ein otium cum digai-
tate genießt. *) 147,
9 Bol. Nr. 128 und 19 d. BI. D Red.
Nedigirt unter Werantwortlidteit der Werlagsdandlung: F. U. Bro@baus in Leipzig.
\
..
F u fü
Unterhaltung.
literariſche
Blätter.
⸗
Maſaniello, der Mann des Volkes. Trauerſpiel in
fünf Aufzuͤgen von W. Zimmermann.
(Beſchluß aus Ar. 142.)
Diefem idealen, den ganzen erſten Act durch mit ſich
felbft und feinem ebenfo feinen und zartfühlenden Weibe
deliberirenden Maſaniello fteht ein vom zweiten Act an
die Scene betretnder, wo möglich noch in fittlicher und
intellectuelfer Hohelt verklaͤrterer Lenker der neapolitanifchen
Revolution, der alte Moͤnch Genuino zur Seite, deſſen
eigne erſte Worte, zu feinem Schüler Baptifta gefprochen,
feine Tendenz fo bezeichnen:
... Glaube mir, mein Sohn,
Ein unfichtbares Band der Geifter geht
Durch alle Völker und Jahrhunderte,
Ein wunderfam Commercium und Zwieſprach.
Oft nach Sahrtaufenden begegnen ſich
Befreundte Seelen auf der Bahn des Forſchens,
Und tauſchen ihre Zweifel und Gebanfen...
Und wieder:
Die Menfchheit warb mir frühe die Geliebte,
In ihe zu zeugen bie Grlenntnifle,
Des Wahren und des Guten ew’ge Töchter,
War meiner Jugend, meines Alters Liebe.
Nie ruht’ ih in der Weisheit thatlos aus,
Sie feftzuhalten, ihren golbnen Barmen
3u fireuen in die Furchen meiner Zeit,
Der tiefgefunfenen, fie einzubilben
Der beffern Zugend meines Volks, daß ein
Unfterbliche werde in dem Sterblihen —
Das war mein Streben, und der Reife harr' ich
Euntgegen nun ber edein Frucht.
Diefen feinen Genuino fchöpfte ber Dichter wol nur aus
den Worten des neapolitaniichen Geſchichtſchreibers Gian⸗
none: „Der größte Anftifter und Aufwiegler war der Prieſter
Siulio Senuino, welcher Viele feines Standes, die ebenfo
unruhige und -meuterifche Köpfe waren wie er, an fi
gezogen hatte.” Daher gibt die Tragoͤdie ihm auch den
Battifto und den edein Francesco, Herzog von Mocella,
und am Ende gar den Herzog von Matalone als Schuͤ⸗
ler und Vollſtrecker feiner Plame an die Seite. Seltfam!
diefer. naͤmliche Genuino wird von Frefenlus als achtzig⸗
jähriger Rath und Procurator, als alberner, gemeiner
Geizhals und Giftmiſcher aufgefuͤhrt; eine! ekelhafte Cari⸗
catur. Wer von Beiden hat nun Recht? Kemer. - Aber
- die Gefchichte hätte allerdings. in jenem Genuino naͤchſt
23. Mai 1833,
—n rn ————
Mafaniello bie bedeutendfle Perfon für das Drama ges
liefert, wenn fie genügend von den Dichtern benutzt wor⸗
den wäre. Schon Meißner in feiner fleißigen Zuſam⸗
menftellung fagt: „Unter allen Theilnehmern der Empoͤ⸗
rung fpielt dieſer Mann, nach meiner Empfindung, bie
ſchwaͤrzeſte, haſſenswuͤrdigſte Rolle. Er war viel auf eins
mal: ein Priefter, ein Gelehrter, ein Neapolitaner, ein
ſchon bejahrter Verbrecher; kein Wunder daher, wenn er
auch Meifter- in ber Verſtellungskunſt war. Deffentlich
bei jeder Belegenheit feindfelig gegen die Spanier ſchei⸗
nend, war er doch heimlich ihre Freund, wandte jeden ent:
fcheidenden Streih von dem Vicekoͤnig ab. Er kannte bie
Muth und den Unbefland des Volkes gleich gut, hütete
ſich wohl, jene zu reizen und biefem zu trauen; Alles
vermochte er über Mafanielo u. f. w.“ Berichte von
Zeitgenoſſen, die Meißner theils überfehen, theils nicht
gekannt zu haben fcheint, geben gewiflermaßen ben Schlüfs
fel zu dieſem Charakter. Genuino war fchon ein gehei⸗
mer "Rath des Vicekoͤnigs, Herzogs von Oſſuña, geweſen;
der Letztere fol ſich mit Hülfe des Pöhels auf den neas
politaniſchen Thron haben fchwingen wollen; Cardinal
Borgia babe diefe Verfchwörung entbedt und Oſſuña die
Provinz ſchleunig verlaffen müffen (im 3. 1620). Ge
nuino fei als Mitverfchworener zum Tode veructheilt, als
Hauptangeber aber begnadigt worden, habe 22 Jahre auf
einer Infel in Verbannung gelebt und fei endlih, mit
tödtlichem Haß und von Rachegedanken beſeſſen, in feine
Vaterſtadt zuruͤckgekommen. Dies iſt der Hiftorifche Ges
nuino; und wahrlich, bie Dichter haͤtten ihn fchaffen fol
‚lem, wenn er nicht da geweſen wäre. In der Gefchichte
fieht eine andere Ideale Perfon an ber Stelle, an welche
Zimmermann feinen Genuino gefest bat: es ift dies ber
edle Cardinal und Erzbiſchof Fitomarini, ber Dann ohne
Falſch, der redlichſte Freund des Volkes und Mafamiello's
vom Anfang bis ans Ende. In welcher Abſicht (denn
abſichtslos kann es nicht geſchehen ſein) der Dichter dieſe
Hauptperſon der hiſtoriſchen Tragoͤdie aus ſeinem Trauer⸗
ſpiele ganz verbannt hat, beſtreben wir ung vergebens zu
errathen. Ebenfo unbegreiflih iſt es uns, daß die Bruͤ
der, Herzog Matalone und Joſeph Caraffa, in dem Trauers
fpiele fehlen, ber Legtere wenigſtens nicht in Perfon aufs
tritt. Und doch. war ber Herzog bie wahre Incarnation
der Ariſtokratie Neapels und von Maſaniello töbtlic) ges
%
haft, ein Haß, ber gar dichteriſch hätte beugt werben koͤn⸗
nen. Seeilih führt und der Dichter einen Xiberio Ca⸗
raffa, Herzog von Montalone, bie erfte Perfon im Ber:
zeichniſſe, auf; aber dieſer Herzog iſt feider zum Theil eine
unglüdtiche Verwechſelung mit Tiberio Caraffa, Herzog
von Biſignano, ber mit dem Hiflorifchen Matalone nichts
gemein hatte als ben Familiennamen Garaffa. Damit
wollen wir der Kunft, mit weicher Zimmermann diefen
von ihm gefchaffenen Charakter behandelt hat, nicht zu
nahe tretm. Endlich find noch einige wichtige Perfonen
der Geſchichte von ihm verfhmäht worden, namentlich ber
Bandit Zerrone, der freilich ohne ben echten Matalone
nicht auftreten kann, ber Eletto (Polizeilieutenant) Ars
paja, der allerdings vom echten Genuino unzertrennlich
war; endlich Marco Bitale, der in dem großen Trauer⸗
ſpiele der Geſchichte mit feinem Tode den Anfang ber
Katafteophe macht. Der Vicekoͤnig, Duca di Arcos, iſt
vom Verf. hiſtoriſch treu und überhaupt gut und bichte-
riſch behandelt.
So viel Über die Charaktere. Was den Organismus
des Stuͤckes betrifft, fo finden wir die befonnene Maͤßi⸗
gung hoͤchſt lobenswerth, welche fih auf die Anwendung
der einfachften Mittel und auf eine möglichft Heine Ma⸗
ſchinerie befchränkt und das Stud fo ſchmal gemacht hat,
dag außer Uhland's Tragoͤdien die meiften Dramen alter
und junger deutfchee Dichter dickleidig dagegen erfcheinen.
Aber in diefen engen Schranten — und das war bie
Schwierigkeit der Aufgabe — follte fidy, fo gebot es ber
welthiſtoriſche Stoff, ein ganzes AU von Thäten bewegen.
An die Stelle diefer Thaten hat jedoch ber Verf. zur vol:
Im Hälfte Reflerionen geſedt. Wie im erflen Acte Maſa⸗
niello mit feinem Weibe, fo rathſchlagt im zweiten ber
Vicekoͤnig ausführlich mit ben Reichsſtaͤnden. Hier wird
wich der zweite ſchon erwähnte Uebelſtand fühlbar, ber
aus dem Beſtreben entfpringt, mitten tm 17. Jahrhun⸗
dat ſchon das 19. vorahnen und durchſchimmern zu lafs
fen. Dan meint in ber That der Sigung einer moder⸗
nen GStändeverfammiung beizumohnen, wenn man einen
Tiberio Reden halten hört wie folgende:
Der Hof allein, der ift das reißende Thier,
Das allverfchlingende, ber meint, für ihn,
um feinetwilieh fei'n bie Unterthanen
Altinig va. Wie? fol für eiteln Glanz
Des Ihrenes, der dem Aug’ nur wehe thut,
Für diefe Müsiggänger, biefen Fliegenſchwarm,
Der nur der Sonne dankt der Majeſtaͤt
Gein nichtiged Sein, für biefe Tanſende
rit Bold behängter Hof: und Rammerbiiner,
.. viren hohlen Prunk der Uniformen
Des Landes Schweiß verſchwendet werben? Das iſt,
Sch weiß, bie Meinung dort am Hof, das ſoll
Die ıntfre fein. Doch iſt's die Zeit nicht mehr,
: Den Retionen Sand ins Aug’ zu fireunt
Ya, A. 1833; aber nicht A. 16471 Am Schtuffe bie:
ſes Aufıngs ſcheint die Handlung flüffig werden und
Mafanleilo ats ver Mann erſcheinen zu wollen, der er in
der Wirklichkeit war. Er tritt auf mit dem Mufe:
Blut, Biut! nur einem Tropfen mir zus Kühlung!
Hier brennt: es, hier wie Feuer!
24
n meines Lebens Mark 6: Rache, Rache!
3 Bin ih noch ich? x vet ehe, Rode
Aber da fälle ihm fein Lehrer Genuino ein, den er in
der nahen Kirche predigen hört, und nun — folgt ein
langer Schiller'ſcher Monolog von drei vollen Seiten, ber
ſich über eine fchöne Romangenfage lyriſch verbreitet und
dann in Geber übergeht:
D höre mid, bu, der auf Wollen thront!
Ich bin ein ſchwaches Werkzeug nur, doch bu
Zhpuft große Dinge durch die Riedrigen.
Du haft dir arme Kifcher einft erwaͤhlt
Zu Boten beined Evangeliums uw. f. 1b.
Am dritten Aufzug bricht nun endlich mit ber exflen
Scene der Volksaufſtand 106, aber ber zweite und britte
Auftritt iſt wieder einer Liebesverhandlung zwiſchen Ti⸗
berio und einer fingirten Tochter des Vicckoͤnigs gewid⸗
met, bie nur geringen Einfluß auf bie Entwickelung der
Fabel felbft Hat und deren Folgen fich noch durch mehre
Scenen hinziehen. Erſt der letzte Auftritt zeigt ums ben
Fiſcher wieder, wie er ift und fein foll, in feiner that:
Bräftigen Herrlichkeit.
Sm vierten’ Aufzuge iſt die erfte Scene zwiſchen bem
fpanifhen General Feredas und dem Vicekönig, Herzog
von Arcos, zecht gut. Jener hofft, Maſaniello durch Be⸗
flechung unfchäblih machen zu koͤnnen. In bee ſechsten
Scene meldet er feine Enttäufhung. Aber alles Dazwi⸗
fchenliegende tft wieder mit traͤumeriſchen Neflerionen, bie
Genuino mit Tiberio wechfelt, angefuͤllt. Was Könnten
wir nicht auf diefen acht Seiten von Mafaniellio’s Tha⸗
ten ſehen oder doch hören! Der 13. Auftritt enthaͤlt bie
Bergiftungsfcene. Der feierliche Friedensſchluß und oͤf⸗
fentlihe Pact mit Mafaniello und dem Volke wirb erf
im fünften Acte auf die Scene gebracht, und doch iſt
dies der Culminationspunkt dieſer Schickſalstragoͤdie.
Der fuͤnfte Act zeigt uns dann ferner zuſammenge⸗
draͤngt Maſaniello's Glanz und Hetrlichkeit, ſeine Raſerei
(dieſe jedoch nur aus dem Munde ſeines beruͤhmten Freun⸗
des, des Malers Salvator Roſa), endlich feinen ſchon
oben erwaͤhnten Tod.
Das Stüuͤck iſt ſehr reich an ſchoͤnen Stellen und hat
keinen Mangel an rührenden Scenen. Wir glauben aber
nicht, daß ber mit fo viel Dichtergabe ausgeftattete Mer:
faffer auf biefem Wege forsgehen ſollte. Kann er ber
Weberwuche feines Iprifhen Talentes nicht widerſtreben, [0 .
follte er. ſich nach ambern Stoffen ungfchen:. ein Weit⸗
ſhickſal, role die Verſchwoͤrung Mafgnielio's, basf ſich
nicht. unter Reflerionen. und Ergießungen des Gefuͤhls ent:
wideln; wie wollen nicht ben Kriegsrath hören, den bie
Vorſehung vor Beginn. des Kampfes ahhält; - wir. wollen
Die Schlacht fehen, die ſie fchlägt, Ungetheilten Beifall
sollen wir dem BueigmumgStiee, in welchem ber Berf.
fen Stu in Beziehung zu Polens lattenn Schickſal ſett
Es ſchließt: 0 ER
ie Sternen, fern ber Sonne Pracht,
Auf Feuerſchiffen bie Kometen .
Zuführen Licht und Eebensmadht
mie Gottes Diner und Propfetm:
598 ‘
Bo Tamen ſchon von Dfien Boten,
Dem Bolke kündend um und um
Sm Zeugenkleid, dem heiligrothen,
Ein neues Soangeliuh.,
. Jegt det ben Samen Winterfhne,
Doch weckt der Lenz die grünem Saaten,
Und Litien blühn aus odem Bee,
. „Und Träume werben ſchoͤne Thaten.
Dann haut man flolge Gederhhaine
\ Ib ew’ge Fichtenwälter aus, .
nd liebenb bauen Groß’ und Kleine
Der Kreiheit taufendjähr’ges Haus. B.
Geſchichte Baterns nach ſeinen alten und neuen Beſtand⸗
theilen. Kür Gebildete des In⸗ und Audlandes, vor
allem für Baierns reifere Jugend. Bon Karl
With. Boͤttiger. Erlangen, Heypder. 1832. Gr. 8.
16 Gr.
Gewiß iſt EB ein großes Verdienſt, wenn Männer, bie (mie
ber Berf. des vorliegenden Buches durch feine „Geſchichte Dein:
richs des edwen und durdy feine „GSeſchichte von Cadıfen‘) auch
alo gelehrte Hiſtoriker ruͤhmlichſt befannt find, nicht verſchmaͤhen,
ihre Feder poputairen Darſtellungen ˖der Geſchichte zu widmen,
und dann nach dieſer Seite ebenfalls Tuchtiges und Lobentwerthes
liefern, wie dies Herr Prof. Boͤttiger in feiner „Allgemeinen
Seſchichte für Schule und Haus“ und feiner „Deutſchen Ge:
ſchichte“ bereits gethan hat; allein ganz kann Ref. mit dieſer
batrifchen Geſchichte, bie der letztern Glaffe ‚bee Arbeiten des
Herrn Berf. anheimfallm follte, doch nicht einverflanden fein,
weil fie nämlich zu ſehr ‘auch In die erfte Kategorie gehört. Nun
iſt freitich ein Hiftorifer in Vaiern mit der bairifchen Gefchichte
übler daran als irgend. einer. ſonſt in- Deutfchland mit irgend
einee andern Specialgeſchichte. Es iſt nämlid ganz richtig, |
baß die Baiern für ihre Gedichte viel getyan haben, mehr als
irgend ein anderer beutfher Stamm; aber dies Thun war nicht
unbefangen; es hat theild mit politifchen Verpättniffen in Be:
ziehung geſtanden, theils hat es auch oft genug obne biefes eine
etwas wunderliche Beftalt angenommen. Da fpufen gefpenfter:
haft bie alten Bojen herum; dann bie Seldſtaͤndigkeit ber
großen Derzoge nach dem Sturz bes Oftgothenreiches; dann bie
Schuldloſigkeit des lezten Agilolfingers,, Burg, zehntauſenderlei
ſolche Marotten, die ber Baier bald fo bald fo für fid haben
will. Es wäre in der' That ein fpashafte und wegen feiner |
negativen Wirkung gewiß hoͤchſt preiswuͤrdiges unternehmen,
einmal alle dieſe hiſtoriſchen Marotten, welche bei dairiſchen
Hiſtorikern ſeit etwa hundert Jahren noch ſpukhaft aufgeſtiegen
ſind, zu ſammeln, da wo deren zwei oder drei einander contrair
find, alle dis auf eine abzuwuͤrfeln, und dann aus ber ganzen
Keihe ber Üübrigbleibenden ein Wert zu Belebung des bairiſchen
Rationalgefuͤhls zufammenzufegen. Wei aller diefer un eriihleit
haben die bairiſchen Geſchichtſchreiber einen großen! Reſpect vor
Gelehrſamkeit; und wie fie denn mit Gitaten äller Art ihre Mas
rotten in den Gang und zu einiger Achtung zu bringen füchen,
taffen fie es fich gefallen, wenn man gegen ſolche Anſichten
fpricht,, aber nur wenn «6 doctius geſchieht. Die copia docz
trinae ift das Meffer, womit fie ſich den Rarren ſchneiden laffen
und dazu ſtill halten, und Herr von. Lang in Anſpach bat. zum
Heil ſuͤbdeutſcher Geſchichtsſtudien ein ſcherſcharfes Meſſer biefer
Art ſeit Jahrzehnden mit dem bedeutendſten Erfolg geführt.
Unter dieſen Umſtaͤnden war es alſo faft unmoͤglich, in
Baiern eine blos populaire Geſchichte von Baiern in ben Gang zu
bringen, wenn man nit auf einen Theil jener Bunderlichkeiten
mit eingeben wollte, unb ba es der Herr Berf. bed vorliegenden
Buches fogar wagt Baiern für Bayern zu fhreiben und
bergi. Entſetliches mehr, ift es ihm nicht zu verdenken, wenn
er bei diefer bairiſchen Geſchichte eine Art Zwiſchengattung, non
geiehrter und populairer Seſchichte gewählte hat. Es Liegt aber
diefes Bereinigung zweier ganz heterogenen Richtungen etwas
ben Grfolg ſehr Deprimirendes; um der gelehrtern Lefer willen
und um bei Abweichüung von Marotten wahrfeeinlich nicht zu
hart anzuſtoßen, mußte der Verf. zeigen, daß er auch von biflos
riſchen Particularitäten und den Forfchungen darüber Notiz
genommen habe, und dadurch documentiren, daß er nicht
aus Richtkenntniß bairifcher Meinungen, fondern aus gelehrten
Gründen juft der Meinung fei, die er autſprach; allein da
diefe Particularitäten nun doch auch nicht des Breitern abgebans
beit werben konnten, ba don ihnen immer nur fozufagen in
zwei Worten die Rede fein Tonnte, verlieren fie vollends alles
eigenthämtiche Intereffe, und das Buch wird aus biefem Grunde
mit einer Menge Inhalt verfehen, der nur für Denjenigen Farbe
und Ton erhält, weicher die Sache entweder ohnehin ſchon kenne,
oder eine muͤndliche Erläuterung dazu erhält — wie etwa Schuͤ⸗
ter ſind. Als Unterrichtsbuch würde ſich alſo, fo follte mau
meinen, "va6 Buch beſſer eignen denn als populafres Leſebuch,
ba es zu letzterm ganze, dem Material nach tabellenartige, ohn⸗
gelehrtere Erlaͤuterung theils unverſtaͤndiiche, theils intereſſeioſe
Seiten weniger geſchickt machen; aber für den Lehrer moͤchte
es wieder eine ſchwere Aufgabe fein, über ein fo ausführliches
Bud, in Schulen genügend zu fprechen, denn indem anbererfeits
body das Beſtreben des Herrn Berf. war, feine Schrift fo ges
meinfaßli zu machen als möglich, iſt ber Eehrerthätigkeit, wie
dem Ref ſcheint, weiter vorgegriffen, als durch einen Leitfaden
ober ſelbſt durch ein Lehrbuch geſchehen Tollte. Doch diefes eigne
Verhaͤltniß zwiſchen zwei Stühlen ift fiher durchweg mehr notbs
wenbige Folge der dbairiſchen Geſchichte, als eines Misgriffs
des Herrn Verſ., der ſeine Tuͤchtigkeit und Wuͤrdigkeit, auf
beiden Stühlen zu figen, hinlaͤnglich ſchon documentirt hat, bem
nun aber ein Eleines, flohartiges Geſpenſt, Mikrobavarus gehei⸗
Ben, weder auf dem einen noch auf dem andern Plage Ruhe
finden läßt. Damit fol jedoch keineswegs gefagt fein, daB nun
darum biefe Darflellung der bairiſchen Gefchichte gar Fein ganz
geeignetes Publisum habe; vielmehr mag es in Deutfchland und
namentlich In Büiern recht Viele geben, welche grade ein Bud
wünfchen, in welchem fie ſich jederzeit hiſtoriſch orientirem
koͤnnen, ohne durch zu breiten gelehrten Apparat baran gehindert
zu werden, in welchem fie eine Külle von Gingelnheiten rafch
am gehörigen Orte finden koͤnnen, ohne eben irgent einer ders
feiben fi zu weit hinzugeben. Das Gemuͤthliche eines für ein
großes Publicum beredineten Leſehuchs geht aber dabei verloren,
ohne daß das nothwendig iſt.
Wie (hön priwyt * Herr Prof. Boͤttiger in einem Bilbe
gleich auf den erſten Seiten über die dairiſche Geſchichte aus:
„Die 2000 Jadre einer Volksgeſchichte, wie die bairiſche ti
gleichen einem Berge, auf deflen Spigen falt ewige Nebel Liegen,
es ſtuͤrzen wol Baͤche herab, aber nur wenige Reifende finden,
two fie quellen; man flimmt durch Klüfte und Abgründe auf
Hoͤhen und Baden, aber noch höhere flehen entgegen, ober
Wollen hemmen den Blick ruͤckwaͤrts. Die Region ber Mebel
iſt das Zeitalter der Gage, träber Ueberlieferung. Weniges
Laudit mit Beſtimmtheit aus ihr. hervor. Zum Blüd bietet er
bie hellere beglaubigtere Zeit das meifte Belehrende und Erhebende
für ben Empfänglien dar. Darum ſchelte Niemand, wenn in
diefem Buche vom Dunkeln kurz, vom Zweifelpaften ungewiß
geſprochen wird.”
Wie ſchoͤn wäre 28 nun aber auch, wenn ber Verf. behag⸗
N und ohne viel Rümmerniß um das Gchelten Anderer van
bern Standpunkte aus, den tr am. Berge erfiimmt hat, ums big
Sache fehen ließe, unſere Geifter gewiſſermaßen in feing
Augapfel (te und nun mit und, eruft, aber bad genüchtich
—A erh ſich freuend wi au —— an: und
Ausfihten genießend, ohne zu, vergeflen bie Veilchen unb” Hime
meisichlüffelgen und huͤbſchen Bichbüfche am Wege zu. beſchaugi
den Berg herabwandeite, fodaß, wir una am Ende de& erquiden
ben, den Geſichtskreis erweiternfen Öpozierganged rühren.
in aller Stille die weipende Nachwirkung deffelnen genöffen. Aber
x
dergleichen gemuͤthliche Popularität leidet spiritus micrabavarus
nicht 5 es gehörte zu einem ſolchen Leſebuche, daß ber Verf. ohne
viele Reflerion und in forglofer Genialität ben Pinfel in bie
Farben tauchte; das geht abet nicht; wenn, man auch nicht
Averall abzuhandeln hät, warum an dieſer Stelle. blau und
nicht roth aufzutragen if, verlangt Mikrobavarus wenigftens, daß
man mit einem Worte andente, man Tenne alle Punkte biefer
Abhandlung, und darüber wird die Hand felbft unficher und ob
des vielen in der Malerei mit zwei Worten Angedeuteten gehen
alle Effecte der Karben verloren. Doch wir thun dem ‚Deren
Berf. Unrecht, denn ein Buch der Art, wie Ref. es gern möchte,
fegte er ſich gar nicht vor zu fchreiben, und hatte, wie im
Banzen aus der Vorrede hervorzugehen ſcheint, mehr jenes
orientirungsbedürftige Yublicum aller Glaffen bei der Außarbei-
tung vor Xugen. Am meiften fommen Dem, was Ref. wünfchte,
nahe faſt alle Abſchnitte über das neuere Leben und feine Ent⸗
foltung, wo das Warticulare in gutem, die Anfchaulighkeit
mehrendem Maße gegeben ift. n a "SE
Nach diefen allgemeinen Bemerkungen feien und noch ein
Paar im Einzelnen gegönnt, die fidy freilich auch wieder in daß
Algemeine ziehen werden und überdies nur die frühere Zeit
angeben, ba wir es nicht wagen, es mit irgend einem Contro⸗
veröpunft der fpätern bairifchen Gefchichte vom 1%. Jahrhundert
ab aufzunehmen. Mifrobavarus ift ein gar zu gelehrter Geift
und dabet nicht ohne Empfindlichkeit: Wir fürchten in der That
jest fihon, uns dem Grimmigen zu nahe gewagt zu haben.
©. 9 heißt es: „Das offene Land zwiſchen Alpen unb
Donau fcheint unter foichen Verwüftungen ganz ode geworben
zu fein. -Was nicht in den wenigen feften- Städten, in Regens⸗
burg, Augsdurg, die ſich wie Dafen in der allgemeinen Wuͤſte
ausgenommen haben müffen, Aufnahme, in Wäldern und Hoch⸗
gebirgen Zuflucht fand, ging unter oder wurde verknechtet.“
Es ift gewiß wunderbar, zu fehen, wie bie Germanen überall,
wobin fie kamen, ziemlich diefelbe Bandlungsweife gegen bie
römifchen Provincialen entwidelten. In Elſaß und Lothringen
nahmen fie das fruchtbarere, flachere Land, die römifche
Sprache ging bier unter; aber in den Schluchten der Vogeſen
mitten in bdeutfcher Umgebung hielten ſich Romanen, bildeten
ihren eignen romaniſchen Dialekt qus und behaupten diefen nun
fogar, als Lothringen von Weften her wieder franzoͤſirt ift, gegen
„das Keanzöfifhe. Grade fo war es in ben Nieberlanten; wäh:
rend die niedern Gegenden des Luxemburgiſchen, des Braban:
tifhen und Luͤttichiſchen, während beide Klandern weſtlich bie
gegen die Deule und Yßer hin ganz germanifirt wurden, hielten
fi) Romanen in allen den. Bebirgögegenden zwifchen Luxemburg,
Lille und Lütti in der Mitte, mit eigner walloniſcher Mundart.
In England wurden die ehemaligen Propincialen der Römer
auf die Gebirge, bed Weſtens, in ber Lombardei auf die des
Nordens hingedraͤngt; Mailand wurde beiweitem mehr germu:
nifirt als Como, wo ſich faft ganz romaniſche Bevölkerung
hielt. Im füdlichen Deutſchland ſcheint derfelbe Fall geweſen
zu fein; während bie niedern @egenden ganz von Allemannen
befest wurden, wohnten vom Walchenſee aufwaͤrts nach ben
bündifchen Gegenden bin wie gegen den Gentis alte Romanen,
die obgleich fie jegt (mit Ausnahme der bündner Gemeinden)
deutfche Sprache angenommen haben, fi noch In der Phyſio⸗
gnomie unterfcheiden. So mögen. alfo auch von den römifchen
Provincialen in Baiern die meiften an und in den Alpen, am
Walchenfee und anderwärts geblieben fein. Um fo merkwuͤrdiger
ift bei diefer allgemeinen Erſcheinung bie befonbere, daß bie
Gegenden, durch welche die Gotthardſtraße bis auf die Höhe
bes Gebirge von ber beutfchen Seite führt, ganz mit Leuten
deutfchen Stammes befent find. Es fcheint dies apfichtlih ges
ſchehen zu fein, denn zum Anbau lodenb ift das Land nicht. "
Inwieweit fih Romanen in den Städten erhielten, laͤßt |
ſich in Deutſchland ſchwer verfolgen, und namentlich erſcheint Das,
was feit Bemeiner in biefer Hinſicht in Beziehung auf Süd:
deutſchland ausgefprochen worden iſt, bier und da übertrieben.
92
Freilich laͤßt fich Tchlußweife behaupten, bie frühere Benöllerung,
wie fie unter ben Römern war, mülfe in den Donauftäbten und
den fuͤdlichern geblieben fein, nachdem biefe Gegenden germenife
Herren erhielten. . Allein gewiß war in biefen Städten gleich
wie in benen am Rhein und jenfeit beffelben in ben roͤmiſchen
Provinzen Germania und Belgica fon vor der Einnahme
durch Germanen ein bedeutendes germanifches Bepoͤlkerungsele⸗
ment. Diefe ſtark mit germaniſchem Blute gemifchten Provins
cialen in den Städten traten In biefen gewiß größtentheild nach
ber. Beſetzung des Staͤdte durch bie Germanen fehr zurüd als
zinshörige Handwerker und allenfalls zinspflichtige Kaufleute,
unter koͤniglichen ober abeligen ober fpäter namentlich geiftlichen
Voͤgten und Gerichtöhaltern und Zinsherren. Vornehmere, reichere
Nömer mögen hier und. ba ben in die ©tabt. einziehenden freien
Germanen ſich politifh ganz angefchloffen haben; von eigen-
thuͤmlichen roͤmiſchen Inſtituten findet ſich nachweisbar fpäter
gär nichts mehr; ſelbſt bei der Richerzechheid in Köln iſt Die
Nachweiſung bes roͤmiſchen Zuſammenhanges nie vollftändig
geliefert worden. Summa in ben Städten, wo ber Verkehr
mit bem überwiegenden germanifchen Elemente raſcher germas
nifirte, ging auch das provinciale oder wallonifche Element über:
au leichter unter als im @ebirg.
S.. 25 if wol ein Misvperſtaͤndniß untergelaufen, indem
es heißt: „Wer einen Bifchof töbtet, erhält ein bleiernes Wams
angelegt, und muß biefes mit Golde aufwiegen.“ Das alte
Volksrecht ſagt nämli: „si quis episcopum occiderit, fiat
tunica plumbea secundum statum ejug,. et quod ipsa pensave-
rit, auri tantum donet, qui eum occidit etc.‘ Daß bier bas
ejus auf ben getöbteten Bilchof zu beziehen ift, iſt ſchon aus
bem folgenden eum klar; daß aber auch die ganze Analogie bes
deutſchen Morbbußenwefens verlangt, baß das bleierne Wamms
bem Biſchof und nit dem Mörder angepaßt wurde, hat Jak.
Grimm gezeigt in den „Rechtöalterthämern”, ©. 674. 69,
se —ñ—⸗ ———
Literartſche Notizen.
Naͤchſtens erſcheint in Paris; „Voyage autour du monde
de la corvette la Favorite ex&cut6 pendant les annces 1330,
1831, 1852, sous le commandement de Monsieur de Laplace,
capitain de fregate*. Die Kavorite lichtete bie Anker zu
Zoulon den 30. December 1829 und fam im April 1830 zu
Bourbon on. Ben hier aus fleuerte fie den Sechelen zu,
ftationnirte zu Mahé und befucdhte hierauf Pondichery, Madras,
Mazulipatnam, Malakkarund endlih Manilla, wo die Schiffs⸗
mannſchaft fi) von fo vielen Mühfeligkeiten erholle. Bon Mas
nilla aus fegelte die Bregatte nah Macao; in Ganton fams
melte Hr. Laplace intereffante Beobachtungen und fteuerte Länge
den Küften von Cochinchina nah Zouranne. Hierauf befuchte
die Kavorite die Anambas- und Natunas-Archipele, die biäher
gänzlich unbefannt geblieben, trang durch tie wenig befuchte
Merrenge von Garimata in das Sundameer und erfuhr in
dem Hafen von Sourabaya die Ereigniffe des Zuli. In Ports
Jackſon fand Hr. Laplace die ehrenvollfie Aufnahme, hielt fich
eine Zeit lang in Neufeeland auf, drang durch die Suͤdſee bis.
nad Valparaiſo, umfegelte dann das Cap Horn den 5. Zanuar
1832 und Tief den 28. Auguft in dem Hafen von Zoulon ein,
nachdem er innerhalb 28 Monaten bie Erde umfegelt und
20,400 Lieues zurückgelegt hatte.
Ueber bie biesjährige Kumftausftelung in Paris iſt eine
Kritik in Werfen erfchienen: „Les Prometheides‘‘. Die erfie Lie
ferung ift betitelt: „Les entfares'', die Tendenz derfelben fpriche
ſich gieih in den beiden erften Werfen aus: on
Malheur, trois fois malhenr k P’homme sans fortune,
Si de l’amour des arts l’aiguillon Pimportane.
Wahrfcheintich iſt der Verf. ein ſchlechter Maler, der aus Verzweif⸗
lung ein ſchlechter Dichter geworben ift: eigentliche Kritik ift nicht
barin vorhanden; nichts als Schimpfen unb Eäftern. 148,
Redigirt unter Berantwortlichteit der Berlagsbandlung: F. A. Brodhaus in Leipzig.
Blätter
®
’
für
literarifche Unterhaltung.
- Freitag,
Dramatiſche Buͤcherſchau fie das Jahr 1832.
FT Bweiter Artike4.9
13. Camoens. Irouerfptel in fünf Acten. Bon Wilhelm
von Ehezy. Baireuth, Grau. 1832. 8. 18 Er. -
Wir haben es hier mit einer ber würbigflen Arbeiten uns
ter den tragiſchen Leiſtungen des vergangenen Jahres zu thun,
mit einer von ben Hervorbringungen, welche unfere Hoffnungkn
aufrecht erhalten und zu der Freude den Stoff hergeben, welche
wir noch immer an bem Uebetblick unferer dramatiſchen Jah⸗
reöltteratur finden.
' 2. Die Idee dieſes Zrauerfpiels fowol wie ihre plaftifche Ge⸗
ſtaltung zeugt von richtiger Erkenntniß des Weſens der Tragdr
die; es find Geelenzüftände, welche ber Verf. malt; milde zwar
und faft zu wenig pathetiſche — aber wenn irgendwo etwas
fehlen fell, fo ertragen wir das Zumenig im Pathos immer
noch lieber als bas Zuviel. Die Tragoͤdie bat den Fehler, eis
gentlih zwei Helden zu zeigen, deren Geſchichte der Dichfer
etwas gewaltfam ineinander verwebt, unb weiche weder grade:
ya Contraſte no grabegu biefelben ſind. Daraus ergibt ſich
eine Wieberhotung. dänlicher Empfindungen, welche dem tragis
ſchen Effect nicht günftig find, denn in bee Zragdtie will: und
foil der Hörer Daffside. nur Ginmal : empfinden. König. Ge
beflian, die Zrauer Portugals, und Camoens, der Stolz; Pors
tugals, find bie beiden Helden, welche das Intereſſe dieſes
Zrauerfpiels unter fi theilenz dieſe Spaltung ift ein Kebler
des Dichters, er hätte ben Winen vors, den Andern zurückſtellen
und in ein Zrauerfpiel mit dem Zitel: „Camoens“, Don Ge:
baßian hoͤchſtens als hinter der Scene wirkend aufnehmen fol
-Jen, um fo mebr, ats die Gefdgichte die Parallelifirung Beiber,
in ber der Verf. fi gefiel, eigentlich gar nicht rechtfertigt.
Mon fieht, wir gehören nicht zu Denen, weidke alle Gaben ber
dramatiſchen Mufe über einen Mapftab meſſen; "für ein feines
und ſchoͤnes Geſchenk, wie dies, nehmen wir "eine Goldwage zur
Band, für andere genägt eine Blei⸗ ober Kohleuwage. Wer
wirb von einem Kinbe Rappo'ſche Kraftäußerungen verlangen ?
Aber von einem Manne kann ich begehren, baß er Das, was
er gefaßt hat,. auch feſthalte. \
Die Scene eröffnet ſich zwiſchen den beiden flächtigen Gra⸗
fen Silva, jest Jaͤger und Fiſcher, nuad Ines, bed Kelten
Tochter; Portugals Unglüd unter der fpaniichen Herrſchaft
malt fi im Wilde ber verfolgten Grafen. ' Da ſchwimmt Gas
moens, ſchiffbruͤchtg, die,‚Luffade body über den Wogen empor:
haltend, an die Küfte. Gin ſchoͤner Monolog: ZZ
Wie anderd'iweht bie Luft der Heimat voch
Als in den fernen Landen, bie der Auf
Begluͤckter preiit!....
- Zum zweiten Male wirb geboren, wer
2. Zum erſten liebt...
alt ſeine Baterlandoliebe in fchoͤnen Zuͤgen. Unterdeß iſt Diego,
e) Bal. Ne. 108 u. 109 d. BI, D. Ned.
x
Kr. 144. —— |
24. Mai 1833,
zZ ZZ Z —
ein Offizier Don Gebaftian’s, unter ded Königs Namen aufge
treten. Gr hat ten einen ber Silva, welcher nur das Königs
thum in ihm vertheibigt, Yingeriffen, indeß der andere Bruber
zweifelt unb Camoens verfihert, er babe Don Gebaftian fallen
fehen. Die ſpaniſche Tyrannei verhaftet ihn und nöthigt den
Dichter, in ‚einer Öffentlichen Schrift jenen falfchen Gebaftian
für einen Betrüger zu erlläcen. Des Vicekoͤnigs Tochter El⸗
vira, eine zweite Gleonore, bietet ihm in aͤußerſt zarten Wor⸗
ten Schutz und dem Hülflofen Brot. Der Gänger, fagt fie,
ift gleich der Lerche:
Und wie der Lerche muß ein fremdes Feld
Ibm freunblih dienen . . . .
Ein frommer Pflüger denkt: Mehr Segen bringt
Mir der beſcheidne Gaſt, ald er verzehrt.
Und liebreich fireut er auch im Winter nod
Bor feine Scheuer manches Körndyen bin.
Was foll die Lerche tbun .. . .
Camoens.
—.. Das Butter picken!
Indeß erſcheint der wahre Don Sebaſtian. Die Zweifelnden
fallen ihm zu, und auch Camoens erkennt ſeinen Irrthum und
das Verderbliche feiner oͤffentlichen Erklaͤrung. Diego unters
wirft ſich ſeinem König, die Silva kämpfen für ihnz Ines liebt
ihn, und Camoens fiht und wirbt für ihn. Umfonft! das Bolt
ift durch feine Schrift getäufcht, Sebaſtian wirb von den Spa⸗
niern befiegt, gefangen mit feinen Anhängern und Camoens,
der nun ald ein Berräther an fich ſelbſt erſcheint. Die Hals
tung Sebaſtian's als König, hoffnungsvoll und als Befangener
der Epanier umgebeugt, ift trefflih. Elvira befucht den ges
fangenen Dichter, fie bringt ihm Troſt, und er begehrt Liebe.
Glvptra.
Am herrlichſten wird immerbar geliebt,
Wer von ben Lippen Botfchaft nie empfing.
In biefem zarten Wort verbirgt füch ihre Neigung. Der Vicekd-
nig verurtheilt Diego und Camoens zum Tode auf feine Erklärung:
no. Sch bekenne mich
Der Treue ſchuldig gegen meinen König;
Den Brevel läßt kein Spanier ungeahnbet.
Elvira bittet um Gnade für ihn: «
Wer nicht begreift des Sängers hohe Wärbe,
Dem iſt die Schöpfung eine todte Laſt. J
Wir faſſen nicht dad Weh der Nachtigall,
Der Heide Saͤuſeln und der Wellen Rauſchen,
Gibt er die Deutung nicht in feinem Lied...
Gebaftian erfcheint und gibt untrügliche Proben, daß er ber
König if. Der Vicekönig ift überzeugt; er wid Nachricht nach
Mabrid fenden:
Dein König If Eu’r Erbe, doch kein Räuber.
Doch Sebaftian iſt verwundet; er flirkt; Diego wird als Bes
trüger hingerichtet und Camoens freigelaffen. Für ben Huͤlflo⸗
fen bettelt der treue Neger Felix. So findet ihn Elvira; 'man
9
beingt ihn in ein Hoſpital; ex ſtirbt, und Felix rädt ihn an
feinem Verfolger Eiga, Elvira's Gemahl. Givira geht in ein
Pr
Eloſter. „So ſteh' ich denn“, fagt der Vicekdnig, ih
... Auf meiner Groͤße Gipfel
Berlaffen da mit dem verwaiſten Herzen
und ahne jett doch Kar was Lieben fel. N
wornf Ypiko hie idgrt: | oo, $ ’
Gew zum eroigen Oledil deu Liebe, *
22*
Der nie verfiegt.
Laßt diefen Helden ehrenvoll beflatten
Unb fegt ihm auf den Marmor eine Schrift:
„Undankbar Baterland, bier ruht dein Sänger, "
Des Ruhdwmes und der Liebe Märtyrer”. =
So ſtoffreich und dichteriſch, wie die. Babel aufgefaßt iſt, 16
mannichfaltig, reich und gluͤcklich zeigt fi) das Gedicht von ber
Seite der Sharaltere. Jede feiner Geſtalten behauptet eine
Perſonlichkeit und zwar eine für die Kunft braudgbare. Seba⸗
ftian's koniglicher Adel, Camoene' Treue, der Gilva ganz ver:
ſchiedener Tifer füe das Baterland, und Ihnen gegenüber der
Vicelönig,, folz, aber gerecht, Gefar bios Bürftenbiener und
Eiga Verraͤther, feibft Elvira und Ines — wie perfdnlidh und
feharf gefondert! Nicht geringeres Verbienft hat die Sprache, voll,
bitderreich, prägnant, doch ungefucht, maturgemäß, und weder mit
Kürze noch mit Wortfälle pruntend. Dabei wahrhaft dramatifch:
Sebaſian (verwundet.
Im Purpurſchmucke meines beften Blut
Empfang ich den willlommnen Troͤſter: Lob.
Weß Leichnam IR mein Kiffen? Miguelt Sitten!
Gamer
So Meb der Krieger. ' u =
Der Lefer mag fi, wie wir, an biefem nicht kühnen, nicht ges
nialen, nicht im Uebermaß GSchmuck ſuchenden, aber gehaltenen
und würbigen @ebicht erfreuen. -
14. Die Macht des Gewiſſens. Drama in einem Act, Bon
Giip. MWerbigu, Schulz u. Somp. 1832. 8. 8 Gr.
Mit dem literariſchen Gewiſſen des Verf. der „Macht des
Gewiſſene⸗ muß es nicht ſonderlich beſtelt fein, Tonft würde
fein Daumen ihm gefagt haben, daß er mit biefer Arbeit,
weldhe um zehn Jadre zu fpät kommt, Müllner’s „Schuld“
und Houwalb's „Leuchtthurm“ gewiffenlos copirte. In dem
ganzen Sthde it auch nit ein Gedanke ober auch nur ein
Bers, der Ihm ſelbſt angehörte: Alles iſt abgehörtes,, auswen⸗
Dig geleentes Wortgeltingel, das fi obne allen Grund Her
Dreit macht. Weihe Schub Maria trage, ergründen wir gar
nicht, und ihre Koletterie mit ihrer Schuld wird darum, wäre
fie fonft auch noch erträglidh, ganz unerträglih. Dabei hinken
die widerwärtigen Zrochden mit allen ihren vier Küßen fo end»
108, gebehnt und mählem duch das Bub bin, daß es ein
Sammer if. Wir möchten ihnen gu Hätfe kommen und wiffen
dochnicht wie, benm wir fehen gar kein Ziel, dem fie zubinten,
Es ik merkwuͤrdig, wie biefer unglüdfelige und ungluͤck⸗
verfündende Verb, dam man „Die Schuld’ glei von vornher
anfieht, die Phanteſie bes Dichter hemmt unb jeben energis
ſchen Gedanken in der Geburt erſtickt. Bein lahmer, fchleichen:
der Sündergang widerfept ſich jebem kraͤftigen Gefühl, das mit
der Welt ringen will, und kraͤnkelt ibm des Gedankens (d. h.
des mit der Suͤnde kokettirenden Gedankens) Bläffe an. Wir |
haffen diefen Bers im Drama unſaglich; er fcheint ung mit ſei⸗
nem monotonen Wortfall recht eigentlich geſchaffen, alle auf:
tauchende felbfithäsige Denkkraft, ale Driginalität, ja alle Poefle
u erftiden, Sein Reich ift mit der „Schulb‘‘ erfchöpft, und wer
as Unglüd dat, auf biefem Ungtädsvere zu reiten, ber ma
nur vorweg darauf gefaßt fein, auch mit ber rüftigften Kra
nichts Beſſeres hervorzubringen, als ein Schattenbilb ber „ Schub”.
Bon ruͤſtiger Kraft aber is bei unferm Verf. nicht: die Rebe.
Gr leiert fein Ahema ab: oe 1.
Geolbne Beit der Yugenbiahre, -
Da bie te Nofenglanze (N)
4.
i31]
z.
"Eines Fruhlings uns erſcheinet.
Du nur biſt die einzig klare
In beb Lebend buntem Kranze,
Der fo viele Bläten einet.
Deren Duft (weſſen7) wir emfig faugen,
R Gleich 8 Schmetterlingen,
€ V ®». . a “
z Et age 0
von den füßen Dingen, (1) '
Die bezaubern Der; und Xugen.
Wer daran nicht genug hat, möge ſich mehr bergleichen in bie
Büchlein ſuchen ober fich ‚ wenn's beliebt, mit der
Pr nfiapigen Maria von einem Felſen herab in das tiefe Meer
15. Nero. Tragoͤdie in brei Acten. Bon Friedrich Richter.
Aegensburg, Reitmayr. 1881. 8. 12 &r.
Mas hie. ypyan 3 i
darbot, ſcheint dire — RN eh en. {ir * * met
würdiges Product, fon ‘feiner Teltfhien‘ Verirrungen we:
gen, unb wir. veriäumtem etwas ni umferer Pkice, Tıvekk
wir ben YAnftigen Eefer dieſer Uederſicht nicht auf die feis
tene umd eigenthuͤmliche Kraft aufmerkſam machten, bie ich in
bem Verf. unter Gcladen alles Art, Ungeſchmack unk Unnatur
werbirgt. Blitze von Gedanken und Blige von Witen uͤhertq⸗
ſchen uns in biefeg wunberlichen Arbeit, die, was die Eunfkmär
Bige Fuͤhrung her Iragdbie betzifft, nichts mehr als ein rohe
und verfehlter Entwurf if. Der Verf. überfpringt ale Ser
Kömmäidpleiten nicht blos, ſondern are Runftgefege fogen, aber
ex weiß Sharaftere gu fihaffen und ihnen orte mitzugehen,
die ebenſo neu ſind als jene, die eine farbe, vingende Kraft ver⸗
Eünden, welche bie Regeln ihren Wirkſamkeit nach wicht gefem
deu hat, ‘Der Sprache if er micht mächtig, er beherrſcha fein
Material nit, er arbeitet nicht nad fchöuem Wußer, abe
ein Dichter Get ho in ihm, wiewol er Eeinm ertraͤgüchen
madıen kann.
. Gin Monolog Nere’s eröffnet tie: fermlofe Tragbdie, nes
und originell wie Altes im ihr. Der Tyraun lieft. im Genmar
„Barum Ungluͤck den Kecheſchaffenen verfolgt. Gimpel, hät:
teft bu mich gefragt, flatt ben unergöglichen Geneca, ih hätte
bie geantwortet, daß die Rechtſchaffendeit eine. erbärmlice Sue
fung ift gegen bie Pfeile der neitifchen Sotter. Wiieber weis
bifh, wieder gierig muß men fein, biömelten auch fuwcht-
bar. Sokrates Biftbecher — altes Schuitiedi (nachbenkenb).
Ich habe fo tange Niemand .bas edle. Borbiib nachahmen ges
leyrt. Der ungebosfame Burchus hat das Narkotiſche Daran
gefhmedt. Gpigsäbiicer Werter Britannicus! - Schelfächtige
Muhme Domitia — ha — benen mag's im rise gewuͤhlt has
ben u. ſ. w.“ Weiche furchtbare Charakteriſtik des berausfo-
bdernden Hohnes! Fuͤrwahr, man lernt einen Were verftehen!
Sylas erſcheint, Lobgedichte auf ben Kaiſer zu tefen, ber ſich
über GSinfamdelt beklagt und bie, Gedidgte matt findet. Mit Zt
gellinus wird bie Entführung der Flora beſprochen; ein Schwarm
betrunfener Schelme bat ben SKaifer vom ber Piedesleiter ver
ſcheucht. Die zweite Scene zeigt uns Aetius Piſo, rafend wie
Hamlet gegen feine: Schlaffheit. .
D Scloffheit, Todeslaͤhmung icben: Kraft,
O Leben, zum jammerwerthan Slechtiann auägstwadinet
Mainen Arg will ich annen — in, der lebt un — —
Ha — nit im Arm, in diefern unnachgiebigen Sohlen,
Hier ſteckt die. Sähmung .- .
So Tange ſuchen und doch nicht4 entbeden, ..- .
—— a Inders'muß eh gefchh .
a 3 ſo unden an m € ur.
3% trag’s nit Ihnger.. . . aa
Bet 5 78* unb mahnt zus. Meiſbeit; es
wigd. n Auagemasdt, . dia. und She halten . ei
religidſes Se Die eiferfüchtige Fa a erlangt a
Zigekiaun, daß er fie niederſtoße. Mnſte Wrene.: Dil, Nater,
Acivca, Batpkia, feine Mutter. Der Bäter cößh gu verfchie
geie Rangkit. Yeliot: „Ich wilk ; an —* en w
eine Schmaroze *
A
ec
Aelius: „Hoͤr' ich bie freien Weifen Plingen? Mir madet's in
den Binnen!’
Sbeoybile,.
Diana, wir Rab ureind geboren,
als ein Tropfen aus dem Quell
Daben und burch unk verloren,
Und es ſchied die Ruhe fchnell
n biefer myſtiſchen Weife ſpricht Theophila durchweg. Ihre
eundin Glaudia ſcheucht den unreinen Aelius von ihr, Im
zweiten Act: Paulus bei Rero. Paulus fucht ben Tyrannen
zu erſchuͤttern. „Grimme Unholde werben Euch ſchuͤtteln, und
an des Todes Schwelle werbet Ihr heulen. &o hab’ ich weder
Freund noch Feind mehr.” Nero findet.pie Drohung ſchal unb
wit zu launiger Unterhaltung ihm (Gehirn und ‚Der; durchſu
hen laffen. Gin Gewitter kommt dazwiſchen, Pautus weiffagt
und Seneca ruft: „Er pbantafirt Rosmogonien!” Urfräftig ift
ver ‚Heide in @ensca, ber Ghrift
in Nero, ver her verfihlagene a in Aelius. Die Stim:
fein, der nur infoweit einen Werth hat, ats er Chriſt
Bilder aber finh Yon einem fo originellen Wurf,
ba, wiessel gefchmadios, fie und bush Neuheit in Erſtaunen
fegen. 3, B. Aelius: „Mir tobte der Muth in ber Btufl,
werläjlagene Klugheit kam mir vor wie ein Inurrenbes Stuben:
tügchen, dem die Maus erft auf den @uppenteller fpringen
mab." Haggi: „Sin Mann, der feinen Bei ‚nicht halten
tann, ift wie eine Stadt ohne Mauern. Und Marcus: „Die
Winde wollt ich Lieber gefangen halten, als bies ergrimute
Weib bewachen.““ Doch wir fahren in unferer Skizze fort.
Gin altes Tube, Malluch, und ein neurcer, Levi, treten auf;
bie Verſchwoͤrung gegen den Koiſer ‚geht fort, dann exfheinen
zwei Spione und ein Spaßmacher. Arſter Spion: „Spaglerſt
du auch auf und ab, Kamm! Ums Himmels willen, ber Mer
gel verzieht fein Geſicht zur Philoſophie.“ Spaßmacher: „Zum
Todtlachen meinſt bu, denn die Philoſophie iſt die Kunſt, über
den Tod zu lachen. Das id'6 aber nicht; ſondern jegt begat⸗
tet ſich das Bermaß mit feinen Gebanken in den Speichern ba
oben.” Zweiter Spion: „Buß das wine Hochzeitenacht in bie
fen. Schoͤdel fein! m. f. w.' Indem geht Rom in Flammen
auf. Dritter Act: Aelius iſt verhaftet.
No irgend eine andere Berructheit >
Mus zähneblötend, grinfend drunter figen.
Im eignen Hauſe nur bewacht man mid —
Er liebt Flora. Theophila exfheint und bekehrt ihn zum
Chriſten:
— farben kann id — .
Denn in wir Hingt zu wonniger Frühe ewigen Bebend
Der Name Jeſus Chrikus! sehe
ulss vermäbtt ihn mit Theophila. Dee Katfer tft ermordet.
Palast ſtirbt im Kerker und Hoggi ſchließt das Stück, indem
aquch er Chriſt wird. „Stern, der meine Väter leitete — ihm
Kraft, Reich und Herrlichkeit!”
Diele Skizze war nöthig, um bem Leſer “ zeigen, mit
wel’ einem wunderlichen GBebiht er hier zu chun
bat. Stuͤcke wie dies hatten wir im Sinn, als wie be
haupteten, daß bie dramatiſche Muſe bei ums alljährlich einzelne
under bervorbringe, mit benen verglichen bie Graeugniffe ber
kyrik, der Romantik ſchal und eintönig, matte Wieberholungen
ohne Neuheit wären. Weich ein feitfamer Geiſt in dieſem, alle
‚ «Ne Werte, alles Kunßgeſet verfpoitenden Gebicht? und
er wird ſich dieſes Geiſtes annehmen, ihn Teiten zu den Quel⸗
ten ber Schönheit? Wird er. ber bie Form verachtet ober
nicht Bennt, nicht verloren gehen? Wird er, vergeffen, mmauf:
gemuntert, unbemerkt, nicht müde werben und feine Lyra zer⸗
trümmern? Er ſcheint fhuplos! Wege ihn fein eigner wogen⸗
der, dahinrauſchender Geift ſchuͤtzen! Möge er ihn zuͤgeln, bän
digen, baß er dem ewigen Geſetze bed Schönen ſich unterwirft.
j (Die Wordfegung folgt.)
Sternap's. Miſſion in die Sandwichinſeln. .
Herr Stewart, ein Miſſtonnair aus Nordamerika, ſchiffte
ſich im 3. 1889 gu Norfolk auf einer den Wereinigten Otaaten
gehörigen Fregatte ein, bie ihn nad Bima führte. Zu Galldo
nehm ihn das Kriegsſchiff le Vincennes auf, welches bayu
beſtimmt war, Verbindungen mit ben Gübfeeinfulanern zu ers
Öffnen; Geve Stewart war mit dee Beitung tiefes Mnternehmens
beauftragt. Das Schiff lichsete die Anker unter den 4. Jull
1829 und fegelte nach den Wafhingteninfeln. Br. Stewart macht
eine imtereffante Befchreibung von ‚dem malerifchen Anblicke bee
Infel Nutuhoa, die zu deeſem Archipel gehört, von ben Bitten und
Gebraͤuchen der Einwohner, die fig noch nicht ſehr Aber ben In⸗
Rand ber Witdgeit erhoden Haben. Iſt Einem unrecht geſchehen,
und iſt er der Gtärkere, fo tbbter er feinen Gegner, mo niot,
fo befchräntt ex ſich auf ohnmaͤchtige Drohungen. Die Stamm⸗
haͤupter baden bucchaus Beine Gewalt über die Mitglieber der
Stämme. - Jeder, der ſich durch) Muskelkraft und Muth befon«
bers hervorthut, ift ein Heros und wird nach feinem Tobe unter
De Goetter verfept. Auf den Marqueſasinſein fobern und erhal
sen bit Heiden ſeidſt noch bei Lebzeiten göttliche Chrenbezeigun⸗
gen Sie Fügen: ſich babei auf die Mache, bie fie vorgebiidh
die Tiemente, über: Donner und Blitz ausüben. Dergleis
den Odtter find Übrigens ſelten. Auf der Infel Nukuhiva bes
fand fi damals Feiner. Zu den Opfern, die den Gottheiten
gebracht werben, gehören noch Wenfchenopfer, zu weichen man
die Kriegegefangenen nimmt. Zuweilen verſchafft man fich auch
Eubjecte durch den Zabou, weicher barin beftebt, daß man ges
wie Dinge unterſagt. Bnuähniik wird verboten, ins Waſſei
zu tauchen. Wrun sum Jemand durch Aral, Unwiſſenheit ober
A Menſchenliebe. den Tabou verlegt, fo wird er ge
Bon Ruluhiva flsuerte das Schiff nach Dtaheiti, wo ber
Belchrungseifer der Miffiennaire bis sum Sabre 1818 nur
ſpaͤrliche Fruͤchte getragen, indem bayımal kaum 50 (Chris
flen. vorhanden waren. Im 3. 1815 war bie Anzahl der Ghris
ften auf fässmtiichen SInfeln des Archipeld auf 500 angewachfen,
und die meiſten waren aus den Schulen ber kleinen Zuſel Simeo
bervorgeganden, woraus man abermals flieht, daß Känfte und
Wiffenfcheften die beften Befoͤrderer bes religidfen Glaubens find.
Gegenwaͤrtig iſt der alte Goͤtzendienſt gänzlich abgeſchafft. Die
Sabdſeeakademie zu Eimeo, welche ungefähr 15 Seemeilen weſt⸗
lich von Otaheiti liegt, iſt der Focuds, von welchem nun fidy bie
Stralen der Aufflärung uͤber bie benachbarten Archipele verbrei⸗
ten. Die Zoͤglinge dieſer Akademie ſchoͤpfen ihren Unterricht aus
Buͤchern, bie in ihrer eignen Sprache abgefaßt ſind mittels eis
nes Syſtems alphabetiſcher Zeichen, ba in @uropg erfonnen
und Herrn Pickering in: den Werhantlungen der ame⸗
rikaniſchen Akademie der Künfte und Wiffenfchaften befannt ges
macht worden iſt. Die Schulgebäude befinden fi) auf der Dfb
feite der Inſel, welche außerdem eine chriftliche Kapelle befigt ;
fie bildet ein Oktogon von 70 Yuß im Durchmeſſer und iſt aus
poltrten Korallen gebaut. Im Dfapeiti findet man eine kuͤnſtlich
ebaute Landſtraße 100 engi. M. in der Länge, und ein von Herrn
ott verfaßtes Geſetzbuch weiches für den gangen Verwaltungs⸗
irk der Gefelichaftkinfein gültig if.
Bergen bie Hälfte des Sept. 1328 verließ das Schiff bie Geſell⸗
ſchaftsinleln und kam nach einer Fahrt von 125 Seemeilen auf dem
Sandwichinſeln an. Der Buftand der Eultur ift hoͤchſt befriedigend.
ee Die Sepren
ic ein erhebendes Schaufpiel, due
Kinder, Weiber und „done su fehen, die
REEgEr
3 Äh
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» Behn
— und En bas ‚Gran gieler ganz dan
aus.
Kt — an der alten —S— m
Glaffen aus und ſchienen fih zu bemühen, ——
— ne
3
5
8
*
fine zeine, Deutliche Aubfprade.
man weiblige Arbeiten, wilde
mehre Verſuche gemacht, einen head m ae, ber aber
dis jent nicht zu Stante gelommen ifl
Diefes ift ber Zuftand der Dinge in jenem Theile der Suͤdſeelaͤn ⸗
der, Religion, Wiffenfcpaften, Juduſtrie füpren die Cingeborenen
der Givilifation entgegen; indeß if zwiſchen den Kepräfentanten
der moralifgen und der materiellen Jaterefien, weldye durch den
Durft nady Aleinperrfäaft getheilt find, ein Swift ausgebrochen,
der leicht in unverföhnlichen Streit und Krieg ausbrecken fönnte.
In biefee Gollifion bat der Inſtinkt ber Infulaner bie wahren
mirige Oroger vu De
jemi wel zu
aan fudt, ansererfeite die wneigennügige väterlie Barforge
Derienigen, welche ihnen zugleich die Lehre und us SBeifpiel ber
SelbRaufopferung gebsacht haben.
Literarifhe Anzeige.
Bericht über die Verlagsunternehmungen für 1833 vn
82%. Brodhaus in Leipzig.
Die tn Bene —E en blume eine in au —* Jadtesd
Bortfegung aus Rr. 140.)
"12. Gefhhichte dee Staatsveränderung in Frankreich unter Rös
nig tubwig XVI., oder Gntftehung, Portfchritte und Wirs
tungen ber fogenannten neuen Philofophie in biefem Lande.
paper:
eane — u . Auf feinem Schreib
‚Iheil (1826-80) Boften 9.Thir. 16 Gr.
——ã Allgemeines Buͤcherlerit on, oder Voll ⸗
1 ndiges alphabetifches Werzeihniß aller von 4700 vis zu Ende
1833 erfhienenen Bücher, welche in Deutihlanb und im den
durd Sprache und Literatur damit verwandten Ländern. ges
drudt worden find. Nebft Angabe ber Drudorte, der Bers
leger und ber Preife. Bierter Supplementband, oder
bed gan, nen Werkes achter Band, welcher bie von 1828 bis
Gnte 1833 erfdienenen Bücher und die Berichtigungen früher
tofen im derab
ver ‚Gefdeinungen enthält.
efetfen
e werden zu derl FIN
‚Der, erte DIE Febente Bars Mn
rg
+14. Huber where, —R— Gefammelt und her⸗
ausgegeben — in Par Theilen. Sänfter ı und
MEERE DB werte
15. —A Seſchichte rufſiſchen eice. Ra dr
gelten Driginalausgabe überfegt. Gifter Band. Gr.
uf erg
mern etenten Dee De LE
16. Kuorring (Karl zn, — Bibliothek‘ für Deus
She. Wiertes Heft. und 8, Sb. Auf Drutyapie,
biB dritte Heft ((
m Bi mt pe Zraugett), —— 9 —
phiſches Leriton, ober Allgemeines Handiwörterbud der
fophifcyen Diſſenſchaften nebft ihrer Biterarur und —
Nach dem heutigen Standpunkte der Wiſſenſchaften bearbeis
tet und herausgegeben. Zweite, verbefferte und vermehrte,
Auflage. In ur Bänden. Boeiter und dritter Band.
Gr. 8. Auf gutem Dradpapier.
En Bin ul, tet im Gubferiptionspreife -
— "—, Gnopktopäbifd:phitofoppifäee @erifon. Supple⸗
mentband Lu; erften Auflage, enthaltend die Zufäge und
Verbefferungen der zweiten Auflage. Gr. 8. Auf gutem
Drudpapier.
*19. Provinzialreht aller zum preußifchen Gtaate gehörenden
ändere und Sandestheile, infoweit in denfelben das Alges
meine Landrecht Gefegeslraft hat, verfaßt und nach demfelben
Plane ausgearbeitet von mehren Mechtägelehrten. Herause
"gegeben von Friedrich Heinrih von Strombed.
Zweiten Theile dritter Band. Br. 8. 20 Bogen auf Drude
1 Zple.
— unter dien Zitel:
Yrovimlatregt ber Provinz Weftfalm. Dritter Band: Pro⸗
iaiſchen Broffhaft Redlinge
uf Schlüter.
Bent:
ce enge (I),
em) erfter,
BEER
chaft Teclenbi d
——ſ
SF
Bea ———
BE BES —*
1 unter Gefondern Ziteln
i 3 Be Weftfalen, ‚neb)
n Abo
Andrest
jung auß, Sen
jungen von ben Ba
bargeftellt von Befts
| 20. Raumer (Briebrich von), Geſchidh te —— ſeit
dem Gnbe dea funtzehnten Aahehunbeits, In ſeche Bänden.
|: Aeitre und dritter Band.
rt
BEE Stetten
21. Schmid, (Reinhord), Die Gefehe ber Angelſachſen. In
der ufprade, mit Weberfegung und Grläuterungen. Zweiter
Theil. Gr. 8. Auf qui gutem Drudpapii
‚lan —8 den Tert nebR Ueberfegung enthaltend (isee,
Eyattpräres Vorſchule. Herausgegeben und mit Vorre⸗
den begleitet von Zdris Tiec. Dritter Band. Gr. 8.
Auf um Drudpapi
— Basd (ıft3-2) tofen 5 Ziir. 6 @.
o25. Sinenfre Sufhensunh, Gerausgegehm don Brtedrich
von Raumer. Sünfeer, ‚gergang. Mit, einem Bildniſſe.
12. Auf feinem Drudpapi Sart.
yoraper der eflen Dre Sahrginge tofet 8 Adie. der Dierte 1 Ehe.
(Die Bertfetung folgt )
Redigirt unter Werantwortlihteit der Verlogähandtung: B. A. Br:
-
Il. .
j ‘ t >»
Blätter
- 0 für
Üiterarifhe Unterpal tung.
Sonnabend,
Dramatifche Buͤcherſchau für da6 Jahr 1832.
Bweilter Artikel.
(Kortfegung aus Nr. 144.)
16. Robespierre, ober der neunte Thermidor. Drama in br
Zheilen und acht Bildern. Gin Gemälde der franzöfifchen
Revolution im Jahre 1794. Nah Anicet:Boungeois
rancis, von Georg Ball. Nürnberg, Winter.
und F
1832. Gr. 12. 21 ®r.
Nach jener ſchoͤnen Grtravaganz, bie und, ginge es nach
uns, noch länger gefeffelt hätte, Tehren wir zu gefegmäßigern
Leitungen zurüd. Zwar ift auch das vorliegende Werk kein
Rrenges Drama, fondern mehr Dos, was BVitet „ scänes
bistoriques’ genannt hat; doch reiht ein unzerriffener Faden
diefe acht Bilder zu einer dramatifchen Handlung auf, ber Wir:
Zung und Wahrheit in hohem Grabe beimohnen. Gine tühne
Sonception zeigt fih in ber Charakteriſtik des eigentlichen
Hauptheiden, Brutus Ciorac, Friſeur des furchtbaren Robes⸗
ꝓierre. Dieſe Figur iſt fo originell erfunden, daß es nur der
Seſchichte moͤglich war, fie hervorzubringen. Ciorac, dieſer große
Menſch, der von feiner Groͤße keine Ahnung hat — ein Zug
von ungewöhnlicher Kunft — fpielt den wuͤthenden Republilaner,
Jakobiner, trennt fi) von feinem geliebten Weibe, um fo feine
Rolle defto ſicherer zu fpielen, Robespierre nahe zu bleiben, um
im vertraulichen Umgang mit ihm Profcriptionsliften und To⸗
desbefehle von feinem Pult wegzuftibigen und biefe in Papillo⸗
ten zu verwandeln. Auf biefe Art rettet er beide Loizerolles
und leitet den Sturz deö Tyrannen ein, ohne zu ahnen, daß er
mit dem Allem etwas Ungewöhnlidyes thut. Einem folchen Cha⸗
after fehlt die dramatifche Wirkung felten. Giorac fieht ober
achtet feine Gefahr für ſich — wir aber fühlen fie doppelt für
ihn, und Mitgefühl erweden — das ift das offenbare Beheim:
ni der dramatifchen Kunſt. Alles Uebrige an diefem Gtäd ift
mit mäßigem Geichick erfunden. Die Geftalt bes „Unbeſtech⸗
lichen“ iſt gut; Barrère, der ewig unſchluͤſſige, die Bluthunde
Southon, Juſt, Fouquier⸗Tinville find kraͤftig, Mad. Tallien
und ihr Gemahi ſehr gut, Charlotte, Ciorac's Frau, und bie
Loizerolles mittelmäßig gehalten; ſchwach iſt ber doppelte Ver⸗
raͤtber Simon. Die Fabel ſeibſt iſt von der Hiſtorie vorge⸗
zeichnet. Die gluͤcklichſte Scene, voll gewaltiger —— —
Wirkung iſt die, wo Robespierre im Begriff ſteht, den Dieb⸗
flohl Giorac’s zu bemerken, und dieſer die Entdeckung ablenkt.
Das Stuͤck endet mit Robespierre's Selbſtentleibung. Die Ueber⸗
fegung if wenig mehr als erträglich; die Bonmots des Haupt⸗
heiden Ciorac und fein „Na, thut nichte⸗ kehren zu oft wies
der. Schwer verfannt, enbli erkannt als ber großmüthige
Menfchenfreund, der er iſt, flirbt er mit den Worten: „Die
Rreipeit fiegt, ichfterbe, na, thut nichts”, in Gharlottens Armen.
17. Die Bildweihe, ober ber Frevel an bem Beiligen. Trauer:
fpiel in fünf Aufzügen. Bon Karl Werlid. Als Hands
ſchrift. Rubolfkadt, Hofbuchhandlung. 1832. 8. 8 Gr.
Eine Kunfttragddie, von der wir nicht einfehen, daß fie
S
den berähmteften ihrer Gattung, dem „Sorreggio”, bem „Bilde
und ihren zahllofen Rachahmungen fehr nachſtaͤnde. Die leis
tende Idee darin ift vielmehr ohne Brage ber im, Bilde“ wie im
„Gorreggio‘’ vorzuziehen, wiewol fie freilich noch lange keine tra⸗
giſche iſt. Gluͤck und Werberben eines jungen Malers, ber, in:
bem er die heilige Jungfrau malt, ein Gonterfei feiner Jugend⸗
liebe darſtellt — das if das Thema. Die äußere Geſchichte ſeines
Unterganges iſt mit Geſchick und dramatiſcher Wirkung erfun⸗
ben. Berſolgt von Kunſtneid, vom Haß ſolcher Römer, bie dem
beutfchen Maler feinen Ruhm misgönnen, von bem Bräutigam
feiner Geliebten ber Gntweihung des Heiligen angellagt, als
er im Bewußtſein feiner geheimen Schuld fein eignes Bild
fhmäpt, vom Papſt anathematifirt, flirbt feine Elife von Mör-
derhand, als fie ihn fügt, er im Wahnſinn. Diefe Zabel bat
unftreitig ihre. ſchwache Geites aber im Ganzen genommen, iſt
fie dramatiſch unb inſoweit treffiih, als fie die Grtwidelung
des tragifchen Sharbeftanbes in bie Seele der Handelnden legt.
Die Charaktere dagegen find herkoͤmmliche Perfonificationens
nicht Individuen, fondern Ideen mit Pieifch und Bein; nicht
Derfonen in unferm Wortverftande, fondern im urſpruͤnglich roͤ⸗
mifhen, Masten, Sprachroͤhre. Hierin dat ber Werf. bie Er⸗
tlärung zu fachen, warum feine in mandıem Betracht tüchtige
Arbeit ſchnell vergeffen werken wird, und er hat nur darüber.
fi zu wundern Urfadhe, warum Stuͤcke, bie um nichts beffer
find als das feine, wie bie obengenannten gleichartigen Gei⸗
eseinder, gelefen, dargeftellt, Britifirt, ja fogar bewundert
Der Verf. ift im Beſit einer eignen Gattung von kunſtpoe⸗
tifcher Sprache, die nur ſchon zu —* gehoͤrt worden iſt, "m
noch Wirtung hervorzubringen. Gein Vers iſt weich, feine
Sprache bilderreich, melodiſch, und das ganze Stuͤck zeigt der
maulwurfsäugigen Kritit nicht einen unpaflenden unb verwerf
lichen Ausdrud. Worin Tiegt es nun, baß feine Arbeit
dennoch nur eine geringe Wirkung zurädiäßt? In dem Mans
gel an Wahrheit — an Inbivibwalität der handelnden Pers
fonen! Der Inhalt bee ganzen Tragodie liegt in den Wor⸗
‚tn bed Improvifators:
Die Kunft erfaßt den Himmel auf dar Erbe;
Doc wehe Dem, der unrein tritt su ihr,
Und mit begierbevollem , ſtolzem Dergen -
GErgriff des Helligthumes Strahlenkerzen.
Man dat die Tragoͤdie gelefen, wenn man biefe Worte gelefen
bat. Nach ihnen iſt die Handlung zugefchnitten — fie zu beles.
gen, gefchieht, was gefchieht — anflatt, da aus Dem, was ges
ſchieht, die Idee in freier Entwickelung hervorzugehen ſcheinen
ſollte. Der Dichter ſoll ſein Ziel haben; aber wir ſollen nicht
ſehen, daß er eins hat.
18. Hermanftied. Trauerſpiel. Hirſchberg, Neſener. 1882. 16.
12 ®r.
Auch dieſer dramatiſchen Arbeit, von ganz anderer Richtung
als die vorhergebende, fehlt es nicht an einem gewiffen Ber
dient, wiewol es nicht eben an ber Stelle zu fuchen ift, wo
698
der Verf. es au finden meint. Er bittet: „to survey the whole, | cher Yinfel, ben ber uns unbelannte Verf. führt, eine eigens
not to seek stight faults”, und grade das Ganze ift viel min, | thümliche Welt⸗ und Lebensanficht, welche in Borm unb Gedan⸗
der lobenswerth als bad Cinzelne. Die Geſchichte Hermanfried’s, ‚| ‚Een ſich bier ausfpricht; eine der Grmunterung würbige Kraft,
des legten Könige der Thüringer, ift kein unwuͤrdiger tragifger | bie hier erwacht iſt.
Stop und kann, gluͤcklich erfaßt, zu einem ſehr wirkungsvollen | 19. Prinz Hugo. Zrauerfpiel in fünf Acten von Karl Lau:
. Der Verf. bie Zabel zu breit, zu en auf , in. auf "Rofte 83
a ee ae m :
8 geſho aᷣda⸗ is bie Kieh.hin, .hat-ar — einführt Bon dieſen; Stuͤck Iäßt ſich niches Aehiliches ſchen. si
Ößnlicher Fehler — in die Breite gearbeitet und ben Ideen:
—* im tieferw runde ruhen laſſen. Es war genug, an ben
Grundgedanken ber Hiftorie feſtzuhalten, Erbrecht, Königsehre,
die zum Despoten wird, weit Abfall und Berrath fie bazu mar
chen, Reue, ieg bed Rechts und fein Anerkenntniß. DerWBegf:
hätte — wir daben es Achon fo oft gefagt — feine
wie einen Mythus behandeln ſollen; dann würde er eine Ira:
haben, wor jetge nur :eime- Hifforie im
angetroffen wird. Gute Mufter find ihm nicht fremd; es fehlt
feinen Sharafteren sweber an. Kraft und Perfänlichkeit, noch feis-
ner Sprache an Heiz, poetiſcher Fälle, noch ſelbſt an GSedan⸗
tm; aber feine Handlung iſt uneind, zerriſſen und darch allzu.
wirkungslos. Gingeine. Gerlenftimmungen find
gehört zu denen, bie wir vorzugsweife als abgebörte, er⸗
laufchte bezeichnen möchten unb weldye auf frembem Grund
und Boden hervorgewachſen find. £& enb eine Situation in eis
nem andern Zrauerfpiel bat ben Verf. ergriffen. Halt, denkt
er.» saß uns bie Ramen ändern und eing Befchichte
ſchreiden. Die Geſchichte wird übel oben” ‚und
für .bie Charaktere veriäft man fich amf_bie befannten Recepte.
a an be me
raͤfin Orfina (bier Rofalie Laubenheim t ſich zwi
tie uͤberzarte Elbe doe ringen Hug —— 2—
beide vor verliebten Ziraben nicht dazu kammen koͤnnen, bie
—*X Fi *— —— F —** —— — Ja, Prinz
Kacchfel: ' Qugo. it: ein fo albernee Held, daß er ſelbſt nicht einmal: weiß;
mit glhetiäger.Kanb evgriffen, unb auägemait, ‚einzelne Gitaas |. men ex eigentlich liebt, Laura oder-Rofnlie.- Mofaliens Jäger,
tionen energiſch und eindelae Gharaktere trefflich; aber bie game |: Eahert, heimlich von Liebe für bie Gräfin ensbrannt, fdydezt
dramatifche That zerfplitiert ſich in zu viele Beine Shäschen,' |: nen. Aueten, dem, Michasd,. Duge's Zursınb, ‚zufammenzicht, ab
als daß bie tragifche Wirkung fie: übtrdauern Time. Die ı &aura wird mit einem vergifteten Roſenknanz, den fie auflegen
Sprache des Merk. hatı einen kühnen, diehterifchen, Shakſpear⸗muß, getäbtet. Wir wiffen nicht, ob biefe Todesart poetifdh
fen Wurf, Bieles iſt glücklich und bedeutend, und folgende | ober mebicinifch zu reöhtfertigen iſt; aber Das wiflen wir, daj
Bere der Srpofitien: dies Stüd eine Forttaufende erirrung des Geſchmacks iſt. Der.
Berdammt ſei dieſes Wänduip! Verf. iſt weder des Verſes, noch der Sprache, noch auch feinen,
ren mist Urn * — nn Geber mächtig unb Foriä im „Gluten, Strahlen, Beurrmeer”
Dee diefe Wölter trennt, nie tigen twerbei? ber Eiche verſenkt, ergäglißgen Unfinn fulgender Art;
Gidorner Feind find Thüringer und Franke, RKRihar
Und bisfer Kampf wird eher nicht eriäfchen
As mit ded Einen Untergeng. Wir beiten.
Die Macht jeht in ben Händen — muͤſſen mie
Den Franken ſchonen, ber ed nie getbant -
haben: wie nicht ohne ftille freudige Beziehung leſen Tönnen.
Borzäglicy energiſch und eigenthämlicdh iſt ber Wegräther Icing,
in- ven erfien Scenen nur als ein Falter unb reeur Bitling
ichnet, bis ſich fein ſchwarzer Plan enthuͤllt, der kurz der
it, durch Zerſplitterung bes Koͤnigthums, das Königthums zu
beſiegen. Sein Humor iſt voll Verdienſt, und wenn ber buck⸗
lichte Verraͤther fein liebekrankes Herz malt, glauben voie: im
der· That etwas.aus Aichexd III.’ gu leſen. Aber -fueitich über:
fpeingt biefer. Humor bie Grauzen der Zeit. Win fodern von
einem dramatiſchen: Dichter nicht, daß er mit ber peinlichen
Xengſtlichkeit gewiſſer Sheaterintendangen bad Goftume ber Zeit
beobachte unb 1. Bi. nach Aramjuez reife, um mit Genauigkeit
Gerlos und Poſa in dem ˖ Garten daſelbſt mandeln zu tafien —
abe — sunt certi demique fines — und wenn Iring fügt:
Gehraudt
Die Hungercur usb, beaffert eure Sprache,
oder Hermanfriedb von Logarithmen ſpricht — fo ſcheinen und
diefe Grenzen Mer Geskhrı varleqt. Fang: erreiche ſUnen Zweck,
wie er ihn ausſpricht; das Teſtament be& alten Königs entzüns
det den Bruderkrieg
0. Wie? Db ich bid) Rebe?
Liebt auch ber Tag bie Sonne? Was ik Tagk
Der Ausftirom ihrer hoben, mächtigen Glut! i
Wo Sonn’ if, da iſt Tag (überrafgende Webrbeit”) u
.... Bei ihrem Scheiben
Erſtirbt auch) er. Ich bin nur, weil vu biſt!
Dd ich di lebe? Clara — Sonne — Leben!
Klora
D Richard. Gluten⸗, Strablens, Feuermeer —
Als ob ich fragte für bed Wiflfend Kunde?
Bernimmt'd dab, Ohr fo gern doch immer vwpieber u. f. w.
Dielen hochpoetiſchen Erguͤſſen folgen. huͤbſch proſaiſche Mono⸗
loge des Goaͤrtners Graßmann und Hugo’s. profaifge Zweifel,.
men ſein Herz liebe. Dann haͤlt auch Roſalie, bie Megäre,
ihre Monologe, in denen fie über Freundſchaft und Liebe „bunte
Blaſen bes Gehirns“ gar wunderſam herzieht und endlich autruſt:
Nur Einen: Wott ertenn' Ich bantend an —
Mich felbR! und trachte, wie id, Weihrauch atbınen kann.
Aut dieſer ganzen- Arbeit: iſt nichts zu. exleamen, als daß es
ſchlechte Menſchen gibt und ſchlechte Tragoͤbien.
2. Zampa, oder die Marmorbraut. Romiſche Oper in drei
-
lum. Mainz, Schött: 1892. Er. 8: 10 Gr:
mdgen wir einer ſolchen komiſchen Oper, wie biefe ift, das Recht
einraͤumen, zur Literatur gezählt zu werben, für wie gering
auch deB Hebrrfegers: Gprachf igleit zu halten Tel. Der Segen⸗
ſtand i® Bekannt, unb bie Verfe des Hrn. Bam find es auch⸗
Stieg
So dat nun Gluͤck und Zufall mehr gethan,
xt meine tühnfiin Wuͤnſche ſich ertckumten.
ent hey? ich Einen durch den Audern bis
Ste todt zu meinen Fuͤßen liegen. Er ſchreibt * viel Unſiun, und bafuoͤr muͤffen wir ihm bef-
... TFrankreich, ich rechne fen einem Operntext ſcho Dank ſagen. Et koͤnnte viel mehr ſchrei⸗
"Auf deinen Dank. ben, und doch naͤhme kein Menfch Anftoß bacan, wenn nur bie
Dee edle Fraukenkonig Dietrich erkennt Hermanfried'e echte G6
burt zu fpät, um ihn zu retten; er und ber treue Witto ſind
be’ —** erlegen, wie Amalagunbe ihrem verirrten Gat⸗
tens Das Staͤck verdiente eine ausfährlidgere Kritik; als Ihm
hier zu. Theil werben kann; es⸗iſt ein Beäftiger, - eigenthuͤmli⸗
Decorationen gut: ausfellm und bie Biolinquinten rein finb.
Warum er aber. bei alledem bas ganze Much binberdy : inix
‚mes von einer. „Diarmorflatuat’ priht, ſehen wir dennoch wicht
ein, dba He. Blum doch. unſetrsu Wiffent von Geburt ein Deuts
ſche und noch dazu rin Berliner diſt· Die Fabeb ſelbſt mag ale
—IF Rad) dem Franzoͤſiſchen bes Melesville von-
Lieber ald’ einer foldhem Zragdbie wie die vorhergehende:
ehe) Opbenfabei' geilen si -bigalgfeit: bie Oecren · Opersitertiägveiben:
— 2 ihue
Bo hilf War Kar ie di
togie BErtgeRTı a sin) I
u ne
_ : VL HER HE WE EEE 2,
oo. m r sr .
2 .. 4 * ij rt
nn a tr len .
Thatſachen. Bed’ ardhknlegifchee: Jaſtituto in Nam. Mon
Edmard’ Gerhard. Berun⸗ 18321 Et. 6. Ze
Nur zufaͤllig hat fich im’ unferm BL, der. Bericht Wer eiie
ift verſpaͤtet; die ihrer innern tigfeit nach verdiente
fon fruͤher in denſelben angezeigt zu werben. Es gilt nämtich
dat. archoͤologiſche Inſtitut in .Mom ; ein bon Deutſchen gepruͤn⸗
detes und don Deutſchen gepflegtes Iuftitut, melches durd bie,
Stoßartigteit feiner Anlage und die Univerſalitaͤt der leitenden
Idee Tiger‘ lebendigen Theilnahme ganz befonders werth ift:
Seit. dem Jahre 1829 nämlich beſteht in Rom das. Suftitut Fire.
archäologifche Correſpendenz, weiches durch deutſche Alterthumse
foͤrſcher vorbereitet, in England, Frankreich und Stalin beguͤn⸗
fligf and durch bie. ſchuͤtzende deanrari des. Kronprinzen von;
Preußen bei deſſen Amveſenheit in. Rom in das Leben gerufen
worden iſt. Die Thaͤtigkeit deſſelben hat ſich bereite, auf mehr⸗
facht Weiſe kundgegeben, Italien nömentiih Kat gegründete.
urſache, ben Cinfiuß des Inftituts zu ruͤhmen, aber ro
ſes mannichfachen Nutzens fehlen doch grade für Deutſchland
eine kurze Ueberſicht der von bemfelben bereits‘ dewitkten
und ber noch zu bewirkenden Unternehmungen wichtig und fos
Opr wie ſich aus einzelnen Aeußerungen des Verf. ſchließen
pr, nothwendig. Die Zufammenflelläng übernahın der diri⸗
girende Secretair des Verrins zu Rom, Prof, in ee
arbübete..biefe Arbeit ganz befonders, behn er iſt ber er.
und die Seele bes tuts, was man- ohne ——n rechen
darf und nicht befuͤrchten muß, ben Verdienſten Bunfen’e', dei.
preußiſchen Geſandten in Rom, und Papofka's, dig Settetairs
des Saflituts, zu nahe zu’ treten. Herr Gerhard, ein gebörener.
Breslauer und Enkei bes deruͤhmten Noͤfſelt, den Philojdgen als
Verf. ber „Lectiones Apollonianae” (Leipzig 1816) nicht un:
ruͤhmlich dekannt, ſah fidy durch ein hartnädiges Augenkbel vor’
ha oder zwölf Zahren gezwungen, ſeine Profefinr am Gymno⸗
zu Pofen aufzugeben, und .Iebte ſeit jener, eit faſt unaus⸗
etzt in Rom, im lebendigſten Anfchauen der alten dmuſchen
und ihrer unvergaͤnglichen Denkmäler. *) Er ſah dieſt
und ſtuͤndlich, das Auge erſtarkte an bei ebein
und fo gewann er eine fo felbflänbige und ausreichende Kennt
nis der ewigen Gtabb,; wie: fie vielleicht beirr Oeutſcher vor ihm
gehabt Hat, und: zwar ohne alle vorgefaßte Meinungen unb- Ans
fihten, —8* dem en hingegeben. Der Gignore Odoe
ardo zog bald die Aufmerkſamkeit mer auf ſich, die ihm
viele tun bewielen unb auch ben von ihm päter..in italienir
ie —*8 verfaßten „Schriften, was ſeit elmann kein
eutſcher gathan hatte, gebuͤhrende Anerkennung zollten.
die Liberalität x ‚preisifihen Regierung. Hrn. Gerhard
ein und erfolgreiches Wirken in Rom geflattete, fo entſtand
bierburch in ihm der Bedankte zur Grrichtung des ars
chaͤol JInſtituts zum Verſtaͤndniß der gefammten anti⸗
enkmaͤlerkunde und zur'g — des Jites
rariſchen Berkehrs mit dem Auslande. Daſſelbe Hat nun, wie
* 1*105* * bin
ira eg: dB TER wi
‚tan > Ger das" Duaähtife 16 SWRhitee- bie: Totfentubipficn
— —*
ger grehitekch⸗
Berifet' euenaier der
——— ——
: über die⸗neueſden ihungen ber archäologifchen Eiteratur Ue⸗
few Di —— — dieſer ee zwei Karolin
für ben Top 'gong /in Deutſcande mit ben Berſendungskoſter
: 14 '8holed. Da man dem Juſteeute noch viele Beiträge von grör-
Heim Uimfunge zugegangen: finb / fo And durch biefe veranlagt!
worden: Denuoris dell Instituto" , jegt'smei Defte (jebes®
Deft zu 8 Brance, far die Mitglicder und Gubferibenten nur
die DAR ® „Iepronte kemmatie‘‘, zwei Centurien (der Bers
Eaufäpreid für’ Deutſchtand 25 Zaler, ber Gubferiptionspreis.
für jebe folgende Genturie 6 Scudi), und- 3) epigrophifche
Sammtngen, don an — erfchienen ift.
r audjäologifche Apparat: des Inftituts--befteht: 1) in dent
Cabinet alter Denkmäler, die in lien oc ——
yataiſſea des vbmifdyen Lebens und Poblieums im Winter ab⸗
— und zwar am 9. Dec., dem Geburtötnge WBinttelthann’s,
t
iſt zugfeich zur nd in Sepredßeridhte über Che.
‚erwählt. "Die
; —— (Gerhard und Panofka) geleitet, bie. ——
Ben
theilung ift bie
‚len bie lateinifche
bemerkt ward, feit 1829 befanden und fchägbare Erweiterungen Die Aus:
der. Kitertiumslinde veranlaßt, unter denen wir mer nt. ben’ im: | | BRIRU: 845 gi Fler
Dritten: Bande We „Annali deli’ inztituto” 6 rap! Sen sa ehäsf de gFe * I den, syilen
perto Gerhard’s: über: bie vom Yrühliige 1828 bis zum Novemss — miagE uner 88 ieben i pin ber
bez. 1829 anf — bee . en: tobt Busch Magen: |trächttichen perfön anlaßt: Zuſtuute zu de
graben Boſen erinnern wollen." Jett tft Se. Gerhard in Ber⸗ % Far lg sata ;
Umpcamwefend und. benugt dieſen Aufenthalt, um- feinen Laudeten⸗ PER en hoben Ai —22 un denen an
" j ' Ram ⸗ eftliche _ La
>) ME. f. den Artikel über Ihn Im, Benverfitionduteriten der wewes ' mb: Stontemänner fowie englifcher und itakfes
fien Beit und Eiteratur‘, IX, 168 fg.
e 1. ’
nifcher Gbeltente
und Rentiers finden, unter ben
Ind. a tt
‚ ine Moctar
uergunäweiße . viele Itallener Ä ein Dauſder
Hathgeber In Gotha. Die "chen ber. deutſchen Archäologen, |:
Bockh, Boͤttiger, Grauer, Hirt, von Klenze, von ‚Köhler, Bros
tefenb, Meier, Aapezom, Möller, Ofamn, Ckhön, Shieeich, pen,
Welder, ſtehen in der Liſte der, Ombferinenten ober Mitglieder. -
—— wir num noch einmal, bie.in ber vorlieg⸗
gegebenen
daß «in fo trefflich angelegtes und aus freier Liebe zur Willen:
Khaft hervorgegangenes Inſtitut fi: noch reiht lange behaupten
möge. Leider laſſen einzelne Andeutungen Gerhard's fürchten,
daß die Schwierigkeiten, welche füh dem gebeihlichen Beſtehen
beffeiben entgegenftellen, nicht unbebeutend fein mögen. Und
freilich widerſpricht die jegige Beit mit ihren für ſolche wiſſen⸗
fdyaftliche Beftrebungen hoͤchſt ungänftigen Werpältniffen einer
ſoichen Befürchtung ganz und gar nicht, Indeß — abeint.mala
. omina. Wir wollen uns lieber Deffen erfreuen ‚; was durch Ken
umfichtigen Plan, ben friſchen Muth und die ernſte Behnrrlichleit
beutfher Männer in Rom entflanden iſt, was bereits fchöne
Früchte getragen bat, und was felbft im ſchlimmſten Kalle bei
Auflöfung bes Inſtituts nicht verloren gehen wird, wie bie auf
S. 14 fg. angegebenen Dispofitionen des Vorſtandes beweiſen.
Zur weitern Verbreitung tiefer archaͤologiſchen Neuigkeiten, wird
auch das, Archaͤologiſche Intelligenzblatt”’ beitragen, welches feit
dem Anfange biefes Jahres mit ber „Allgemeinen: Eiteraturgeis
tung“ audgegeben wird, . in dem bie Monatsberichte des archaͤo⸗
logiſchen Inſtituts benugt find, benen auch Abbiltungen binzuges
fügt werben follen, und dies Alles, was zur Shre der Schwetſch⸗
ke'jche Buchhandlung in Halle nicht unbemerkt bleiben darf, ohne
Erhoͤhung des bisherigen Preifes. Auf diefe Weiſe werben ar⸗
chaͤologiſche Notizen ſchneller verbreitet werben, als es fonft mögs-
lich gewefen wäre, und das Intereffe an arcjäologifchen Gegenſtaͤn⸗
den — hoc est in votis — bei Denen zunehmen, welche ich durch
die Gunſt des Schickſals in Stand gefeht ſehen, durch ‚freiwillige
Spenden und Beiträge, den Flor des archaͤologiſchen Inſtituis
Mom zu erhöhen, Dabei gebenken wir namentlich au ben
Funflticbeuben und reichen Abel. Druffchlande und, Deſtreiche, wo
man fonfk gefeierte Namen in biefem Verzeichniſſe vergeblich ſieht.
Unfere Einfiedel, Vitzthum, Eſterhazy, Pappenheim, Rechberg,
Spiegel, Beuſt, Spee, Auerſperg, Hatzfelb, Kolowrat, Henkel
von Dannersmarl, Spies, ſollten fie dem archaͤologiſchen Inſtitute
nicht ihre warme Theilnahme zuwenden wollen? Des großen Vor⸗
theils für jüngere Archaͤologen, in Rom ſelbſt das Inſtitut und feine
Sammlungen benugen zu koͤnnen, wollen wir hier nur mit ej⸗
nem Worte gedenken, ba derſelbe ſchon an, ſich -einlauchtend iſt.
Bekanntlich war es den altbeutſchen Dom⸗ und Stiftéeherren zur
Pflicht gemacht, einen Theil des Jahres in Mom: zu eßbiren.“
Da wäre ed denn, wie Weicker neuerbinge bemerkte (,„Mhein.
Mufeum für Philolog‘', 1832, II, S. 345) 9
wenn die jüngern Archäolagen ebenfalls eine heſtimmte Zeit bins
durch fih dem archaͤologiſchen Inſtitute in Rom. anzufchließen
und feinem Vorſteher zu folgen gehalten wären. Wer wollte
ſich eine ſolche Dienftzeit nicht gern gefallen laſſen! Aber ‚leiber
gilt von ben meiften Archäologen unjerer, Beit, das ‚alte..Horag's.
fhe Wort: Non ouiris licuit dire Corinthum | Hat dech
felbft der ‚Altmeifter der deutſchen Archänlogen, unfer Voͤttiger,
das ſchoͤne Land nicht gefehen, ..-
Ch’ Apennin parte
E'l mar circonda e !’Alpe. _ 39.
Beiträge zur Kenntniß bes Katholidenius und zur Foͤr⸗
berung ‘der Sache des Lichtes und ber Wahrheit. Von.
2. M. Eiſenſchmidt. Leipzig, Wolbrecht. 1833.
Gr. 8. 1 The. 6 Br. | / . 562
Wir haben in Nc. 862 und 868 d. Bi. f. 1832 des ſchaͤßbaren
Buches von Garove: „Die legten Dinge bed römifchen Katho⸗
lichtmus in Deutſchland⸗ (1832), gedacht. An baffelbe ſchließen
2
Thatſachen, fo wird bes MWuufch nur erh,
‚ ge nicht —*
Nedigirt untes Berantwortlichkeit der Verlaghandlung: F. A. Brodbans in —ãA
er
Ay
fin und .
dem Gebiete ber katholiſchen Theologie nadpvelfen wollen und
follen, deß in⸗ der Thot bie legten Dinge des roͤmiſchen Katho⸗
Items in umb außer Deut and buch Dieimigen ſelbſt. die
Hat.
wichtigen Schriften über Glaubens: und Gittenlchre,
"Berpäitniß der proteftantifchen zur katholiſchen Kirche, über bie
merbsbärbägften MWorfälle auf dem Hetde bes katholijchen Kirchen⸗
weſens zur Sprache zu bringen, und dabei, wo möglich, ſtete
umfaſſende Beurtheilungen ber wichtigſten Punkte, welche allge:
meines Intereſſe haben, beizufuͤgen. Auch bie Schriften des
Auslandes, vorzuͤglich die von franzoͤſiſchen und italieniſchen Au⸗
toren, ſollen dabei nicht ausgeſchloſſen fein. Des Verf. Haupt⸗
beſtreben ift in dieſer
derblichkeit des Romatismus in deſſen eignen Urkunden fort und
. fort aufzubecken und nad) allen Kräften zu befämpfen; anberers
feitö aber audy jene Verſuche fireng zu beurtheilen, durch welche
man den Katholicidmus zu ibealilicen und „zu einer ganz neuen
Creatur umizufchaffen” firebt. Hat er dabei befonders bie Beil
fehenben Kathotiten unferer Tage im Auge, und ift es ihm auf
:der einen Seite vorzüglich darum zu thun, fie in ihrer Annähe
‚rung zum biblifchen Chriftenthume zu beftärten, To hat er auch
‚zugleih auf der andern Geite ben Zweck, eine genaue Kennt
niß bed römifchen Katholiciemus unter den Proteflanten zu ver:
“breiten, welche er heutzutage für um fo wichtiger Hält, als „der
(römifche) Katholicismus im Gefühle feiner Unhaltbarkeit immer
‚mehr einen proteüdartigen Charakter anzunehmen fcheint, um
bie Unmiffenden zu täufcgen unb in ben Gchafftall der römifchen
Kirche hinhberzuführen” (&. vo). Die Kritil der neueften und
merkwuͤrdigſten Erſcheinungen ‘auf dem Gebiete. der Tatholifchen
x te, die. dem Berk. das ‚befondere Mittel zum Zwede if,
160 daher auch vornehmlich bie Ideen der vorzuͤglichſten Schriften
für die, Fortſchritte det Lichtes zu einem Gemeingnte gebiibeter
Laien mächen. Wie zeitgemäß demnach dieſes Undernehmen Eis
fenfhmibt fel, und wie fehr es das, ſchon durch bie früßern’
kirchlichen Schriffen beffelben begonnene Wert ber Aufltärung
über ben. römifchen Katholicismus und dee wiffenfchaftlichen Be:
kaͤmpfung gleichſam fortführt , ift aus dem Geſagten deutlich ges
nug, und wir koͤnnen nur wünfcen, daß das Streben des Berf.
‚nit vergeblich fein möge, und baß bem vorliegenden erften Defte
‚bald, mehte ‚folgen. An. Stoff dazu von Außen wird es ihm
cht fehlen. ‚y . 80.
-
!
| Literarifche Notizen.
In Paris ift der erfte Band der „Voyage dans la rögence
‘d’Alger, ou description du pays occup6 par l’armde fran-
Ka en Afrique”' von M. Rozet (mit einem Atlas in gr. 4.) er
hienen. Das Werk ift auf drei Bände berechnet und der Werf.,
Hauptmann im kdoniglichen Generalftabe und ber afrikaniſchen
Armee ald Ingenieur: Seograph beigegeben,- ift durdh feine „Be-
lation Je la guerre d’Afrique pendant les aundes 1880 et 1831"
(2 Bde.) nit unruͤhmlich befannt.
Michaud, von feinen Sefandheitäumftänden verhindert, bas
beabfichhtigte Wert über feine Heife nach dem Orient auszuar⸗
beiten, bat an. deſſen Statt die Herausgabe ber während feiner
Neife an Freunde und Bekannte gefdgriebenen, zu diefem Zwecke
gefemmelten und durchgeſehenen Briefe, begonnen. Sie erfcheis
‚nen unter dem Zitel: „Correspondance d'Orient, 1880, 1851,
Der erſte, bereits in den Buchhandel gelommene Band enthält
bie während ber Reife von Toulon nah Troja gefchriebenen;
der zweite wird die von hen Ufern bes Hellesponts und aus Konflanı
tinopel, der dritte bie währenb ber Reife von Konſtan
nach Jeruſalem, der vierte, fünfte und fechöre Banb bie aus Pa⸗
laͤſtina, Eyrien und Aegypten gefchriebenen bringen. ı 8,
— — —
inſicht ein doppeltes: einerſeits bie Ver⸗
nu 2 nen“. B 1 at { er
" ° „42 |
für
literariſſche Unterhaltung.
Sonntag,
Dramatifche Buͤcherſchau für das Jahr 1832.
Bweiter Xrtitel.
Beſchluß aus Nr. 146.)
- 21. Suflao Adolf. Gin biftorifches Drama Bon Fr. Foͤr⸗
- fer. Berlin, Sclefinger. 1888. 8. 1 Ihlr.
Wir haben geiefen, dab ber Verf. biefes biftorifchen — Dras
mas von Gr. Majeflät von Preußen, von Gr. Majeftät von
Schweden und Gr. kön. Doheit von Weimar verfchiebene Gna⸗
denbeweife für daffelbe erhalten hat. Wir achten die Cabinets⸗
— kritik zu Hoch, als daß wir wagen foliten, zu behaupten, dies
Drama fei fo vieler Eritifchen Gnade nicht werth. Uebrigens
dat bie Kritif Leine Gnade zu gewähren, und hoffentiidy wirb
der Verf. auch von ihr auf keine ſolche Reckinung machen. .
Deẽs Berf. Name bat einen ſolchen Klang, daß er zu ſtren⸗
ger Gerechtigkeit derausfodert, ja, zum Rechteſpruch nach einem
hohen Mapflab. Einen ſolchen legen wir ihm billig an; denn
er würde uns felbft geringachten, fagten wir Turzweg, fein
Drama fei gut. Gr bat ein Necht-auf mehr, und fein Recht
fol ihm werden. Bei diefer genauern Anficht, wie fie eine
bramatifche Arbeit von Forſter zum Voraus erheiſcht, koͤnnen
wir die Kabel als befannt vorausfegen unb fragen fogleich: Wel⸗
des ift der Rahmen des Gemaͤldes? Wie ift ber Held aufge:
faßt? Welches find feine Umgebungen? Wie wird die dramatis
ſche Aufgabe geſtellt, angeſehen, gelöft ?
Zuvoͤrderſt iſt es zu loben, daß der Verf. feine Gabe als
ein hiftorifhes Drama, nicht als Tragoͤdie bezeichnet. Wenn
diefe Gattung einmal gelten fol, fo Tann fie nur die Bedeutung
haben, welche der Verf. ihr gibt. Was darin gefchieht, ift dem
Gedicht entzogen. Die Geſchichte felbft wird als ein Gedicht ans
geſehen, und nur das Wie es gefchieht, ift Stoff des Gedichte
geblieven. Aus diefer Bezeichnung ergibt ſich eine vielfache, ſtatt
einer einfahen Handlung, eine mit aller Freiheit wechfelnde
©cene ber Handlung, eine flizzirte Eharakteriftit, ftatt der Cha⸗
zatterentwidelung, und endlid) eine Handlung, die mehr Außer:
lich als innerlich bedingt wird. Der Verf. bat ſich diefe Frei⸗
heiten zu Nuge gemacht; Scenen, Yerfonen und Handlung wechs
fein nady freier Willkir. Bier ift es der regensburger Reiche:
tag, dort bie pommerfche Küfte, jegt das Lager des Wallenftein,
nun das erflürmte Magdeburg. dann das nürnberger Rathhaus,
ulegt das Lügener Schlachtfeld und Kaiſer Ferdinand's Betr
* welche uns vorgefuͤhrt werden. Hieraus ergibt ſich, daß
nicht Guſtav Adolfs Tod, ſondern fein Leben und zwar fein
Siegerleben in Deutſchland der Gegenſtand des dramatiſchen
Gemaͤldes iſt. So viel über ben Rahmen dieſes Bildes. Wie
der Held aufgefaßt iſt? Als ein frommer, ritterlicher Koͤnig,
als ein milder, entſchloſſener Krieger, als ein liebender Gatte,
Freund, Menſch. Alles dies verſtand ſich von ſelbſt, der Dich⸗
ter hat davon keine beſondere Ehre. Seine Umgebungen hat
"der Hiftorifer gefunden, nicht der Dichter erfunden; auch bier
if Lein fchaffendes, hoͤchſtens ein bildenbes Verdienſt; ja, es fragt
ſich ſeibſt, ob die Wilder, die uns für Kaifer Zerbinand, für
— Ir. 146. —
26, Mai 1833,
nn
Johann Georg, für Georg Wilhelm u. f. w. gegeben werben,
nicht bloße Automaten des Berf. find; dichteriſche, kuͤnſtleriſche
Portraits find fie wenigſtens gewiß nicht; ihr hoͤchſtes Verdienſt
wird es fein, wenn fie hiftorifdhe find. Der Verf bat unftreis
tig gute und beffere GStubien über den breißigiährigen Krieg
gemacht als Tromlitz; aber zuweilen erinnert er und doch leb⸗
baft an die Auffaffung ber Zeit, die wir an Jenem tadeln. So
albern und verkehrt, wie 4. B. Schwarzenberg und Johann
Georg hier erfcheinen, find fie uns in der ‚Hiftorie niemals vors
gefommen. Der Kurfürf von Brandenburg ift dagegen volls
fommen wahr. Was nun endlich die dramatiſche Aufgabe und
ihre Löfung betrifft, fo hat ber Verf. fidy eine ſolche gar nicht
geftellt und daher auch nicht gelöft. Er arbeitete der Geſchichte
nad, eine Hiftorie in Handlung — darum war es ihm zu thun.
Wir find mit diefer Begnügſamkeit von feiner Seite wenig zur
frieden, um fo weniger, als es leicht, ja als es volllommen bis
ſtoriſch war, dem Streben Guſtav Adoifs ein tragifches Ele⸗
ment beizumifhen. Die Frage, ob er blos Blaubenshelb, oder
zu einem kleinen Antheil audy Eroberer war, ift noch nicht ents
ſchieden; aber daß ein politifhes Gewicht in die Schale feiner
Begeifterung gefallen war, nachdem er ben Kaifer gebeugt, das
Reich gebemütdigt und Weihrauch genug eingefogen hatte, das
ift Hiflorifh ausgemadt. Hier nun war ber tragifche Hebel
anzubringen; an bdiefem Punkt mußte der dramatiſche Knoten
geſchuͤrzt, von hier mußte das pathetiſche Element entwidelt,
und hierauf mußte ed zurüdgeführt werben. Der Verf. bat
dies verfäumt, und feinem Drama bamit Weſen und Bedeu⸗
tung bed Dramas entzogen.
"Rad diefen allgemeinen Ginreden haben wir ben Ginzgel-
beiten des Gedichts ein verdientes Lob zu fpenden. Viele Eces
nen find von feffeindem Intereſſe an fi) und mit großem Auf:
wand formaler Kunft untereinander verbunden. Keine einzige
ift ohne ihren befondern Reiz, der der gefchichtlichen Charakter⸗
begründung entfließt ; nichts ift lang oder matt, wenn wir bie
Scenen zwifchen den koͤniglichen Gatten und ihre politifchen Ge⸗
ſpraͤche ausnehmen. &o raſch, wie Held Abolf auf feiner Gies
gesbahn im Leben fortfchritt, fo raſch, fo lebhaft fchreitet er
auch in biefem Bilde weiter. Die Sprade if Eörnig, beden⸗
tungsvoll, und wenngleich minder glänzend und mwohllautend als
. Raupady’6 Vers, ift der bed Verf. doch Eräftiger, ja felbft dra⸗
matifcher als der bes Erftgenannten ober Immermann's, beffen
Sprache zu bilderreih iſt, um immer dramatifh zu wirfen.
Naͤchſt Guftav Adolf find Wallenftein und Kaifer Ferdinand bie
ausgeführteften Geftalten biefer Dichtung. An Wallenftein war
es fchwer, Hand zu legen; auch fehen wir nicht, daß er irgend
anders erfcheine als bei Schiller, -eö fei denn, daß man dem
Berf. einige curiofe Züge, die ihm feine Geſchichtsforſchung dar⸗
reichte, als ein neues Verdienſt anrechnen will. Außer der
Scene, wo er die kaiſerlichen Geſandten, die ihm feine Abfegung
bringen, kaiſerlich befchenkt und bie Aermflen damit nicht wenig
brouillirt, ſagt er nichts, was er nicht auch bei Schiller Hätte
fagen koͤnnen. Reu dagegen if bad Bild bes Kaifers. Der
Dichter zeigt uns in ihm einen Despoten, beſſen eieblings ſpruch
„Ich will es nicht‘ iſt, einen zitternden Despoten, der, nach⸗
dem er drei Stunden auf Befehl feines Beichtvaters wie ein
Schulbube auf Erbſen gefniet hat (weil er einem böhmifchen‘
Ketzer bie Zortur erließ), bie Hand kuͤßt, weiche ihm bie fer:
nere Strafe ſchenkt. Diefe Scene zwifchen Quiroga, bem Bene
voter und dem Kaifer iſt mis ſchoͤner Kraft em ae He ar
Kalſer, ber eben dem eimftimmägem Kiageruf tür ichehinde,
die Abfegung Wallenflein’s, abgefchlagen hat, muß vor Quiroga
auf feinen Knien das Decret unterfchreiben. Si ift auch
bie Scene nach der Reichttagsſitzung.
Der Kalfer.
Bringt mir den Seffel — fo — ich bin erſchoͤpft.
Des Reicho Broßwärbenträger find entieften.
Grofwärbenträger — daran van ed nit .
Die Würde will ein Ieder tragen, doch
Die Broͤrbe trag’ ich allein — ich bin des Reichs
Gropbürbenträger....
Nedmt diefe Lak von wir — Joſeph — Vie Krone
Abnehmen! — Wis das druͤckt, mein armer Kopf.
So — iM mir leiter — den Mantel au — der Purpur
In eine heiße Narbe — fuͤhlt nur, fühlt
Die goldne Kette, wie fie glübt und brennt —
Und fo geicdhmiebet an bie Ruberbant
Der Staatögalerre! Er tritt vor den Spiegel, fein Kopf iſt
kant — er erſchrickt.)
Was will der fremde Mann? MWas ſucht eu bier?
(fich befinnend)
Bin ich dab? DIE dab Katfer Ferdinand?
... Bort damit!
Sort-mit dem Spiegel! Gitelkeit ber Welt!
Sofeph ! ben Rofentranz und das Gebetbuch.
- Ein Page
Graf WBerbenberg und Freiherr Queſtenberg!
Kaiſer.
Ich weil wicht — Hab” Ich fie Defchieden ?
Sie Toller warten; ich will Remand fpredden.
Sofeph! Wie viele Paternofter hab’ ich noch?
. Hoͤrſt bu, fag wird genau,
Daß der Hochwuͤrdege und nicht wieder auskeift! u. f. w.
Dies iſft treffiih und wird es doppelt durch ben fchönen Con⸗
kraft der folgenden Scenen im Lager Guſtav Adolfi's, welcher
Sort für feine gluͤckliche Landung dankt. Friſch und lebenskraͤf⸗
erfcheint hier Alles, ebenfo wie bort mattherzigtyrannifch,
feinheitig:verfeßrt. Das Wild des Kaifers wird im vierten
Aufzuge weiter ausgeführt. Hier, fcheint uns, wird es zu grell.
Quiroga verlangt, den Kaifer zu zerſtreuen, ein Autodafe.
Kaifer (mit Hafl).
Sa, einen Scheiterhaufen laßt erbauen,
Hochwürd'ger Pater, dad Hofmarſchallamt
Son euch das Holz anmwelfen; nein, wie mollen
NRicht fparen, wie fies in Madrid wol thun.
Seht in den Thurm und fucht euch einen Ketzer,
So einen recht verflodten Ketzer aus.
Die Böhmen find die Weften, hört ihr, Tacht
Eud einen aus, und wären ed auch zivel.
Wir wollen dießmal etwas bran fpendiren.
Und ſucht euch wohlgenährte Beute auß,
Nicht abgezehrtes duͤrres Hungerleiden,
Das breunt fo ſchnell wie Stroh vorbei. Ich will
Das Bolt vo) gern ein Welldyen unterhalten ;
und hört ihr, ganz fo, wie ich in Mabrid
& Rh pt mir die ete ausſtafftren,
—AVVV
Ge etwas gern et uch. Wir wollen Ehre bei
That und Motive liegen allzu ſehr zu Tage, die ueber Katar
' ben nichts Far Die Sprache iſt weber
| pur su nennen; fie gehört zu bem Mittelgut, das & ee Pe;
geflellt wird — gibt ſich
Du beingen © Jungfrau, unfeee Schutzpatronin, und
nen.
Daß Berdinand fo dachte, bezweifeln wir nicht; wol aber,
er jemals fo befahl! Wir muiſſen fdhließen, benn bie Shot
von Lügen beginnt; Wallenftein, vom Pabagra gelähmt s ‚feige
— —— Saͤnfte, und er ſieht den u Pr
wer te „von en,
j rih Naht sum Kos nr he 4 H
Du Tor zum Leben fi der Sy d .
Religion unb Bratbeit erfcheinen, ihn mit Sorber und Palme zu
kroͤnen; Herzog Bernhard findet bie Leiche, und eine Apofropfe
an Deutſchland ſchließt das. Drama Der Berf. bat in
Einführung bes Knaben Friedrich Wilhelm, ber ber a cn *
fügt warb, Gelegenheit gefunden, feinem Koͤni ent: Bein
und Schönes zu fagen. Dies war hier angebr un bie
ſchoͤne Hyperbel in ber Debication, baf Preußen nach
nur zwei Steine als Kriegsbeute verlangt babe, ben ee
flein unb ben Grabſtein Luthens, dieſe ift hoch allzu — d fd.
Bas verniffen wir nun an bieſem Drama wi, ais
das Seniale.
22. De Renegat auf Morea. Zrawerfpiel in drei Aufzägen.
Nach dem Neugriechiſchen des Diympiers Georg Taffante,
* Offizier der heiligen Schar und Abjutant bed ven
rbenen en Alexander Bpfllanti. Bon Harro Har⸗
ring. Draunſchweig, Berlags⸗Gomptoir. 1832. 8. 16 Gr.
Oo e ber Berf. das Trauerſpiel des Laſſanis, ber as be
matifcher Dichter feine. Volkes durch mehre zu O
ftellte Städte und befonbers buch fein Worfpiel „
‚fo mäürben wir *
Per
af
Hr
eberholung vo ,
MDtarkos, Peer, muß feine Tode *2 um
fenden MBegier bed Sensgaten Orange (Murat Bei)
Sen. Griechen, Türken und Franzoſen werben, bied
reichen, in Thaͤtigkeit geſetzt; vo bleibt bie
und tächtig, mar allzu fehr ihrem Worbilde, Alfiere
ähnlich. entmenſſchte Renegat Orange ift mit
Yranzofen in Ibrahim's Heer, Bertrand, gut. und mit
comtraftirts Bertrand muß von bes B Dub
Jorgaki muß die Geliebte an ihm rächen. Diefe an ſich ei
he Jabel iſt viel zu wortreich behandelt; Alfieri hätte den Berf.
Ichren koͤnnen, wie auch bem ‚einfachfien Vorwurf, ſtets nene
Seiten abzugervianen find, unb wie man obne Wortprunf fünf
Acte mit Handlung füllen kann. Senſt ifk basüber wenig zu
fagen. Ginige Gcenen find effectvoll, wie bie keönie | des
Acts, andere matt und undramatifch, wie die fünfte des weiten
4R
EB
vg
Kr
F
Ä
f
en
It eine fo floffartige große Mole ſpielt. Gin Granbfehlen, des
kteriſtik Drange's daß die Verf. ihn wortreich und be⸗
* darſtellen, Andern eine un —— von ſich beizubringen.
Ein Verworfener, gr er uns ©cemen. dan
gar et fo Ir) in um das Urtheil
Anberer. Marfos und Gunbrofpne . gut; bie legtere zart
und muthig zugleich. Schabde, ihre Warte gar zu zier⸗
lich fept: 3- DB, als Bertrand ihr *. Sup. tz
Wel tenw Ich Franken, Beune Dhilbellenen,
Die bad gogebne Wort. mit ihrem Leben
IM Kraft su halten firebten u. f. w.
: woranf Drange auf fein „parole d’honneur” verfichext, Den nie
: bergußauen, der ſich ihr
Dramatifi
Bafkl, ——— — 1882 Gr. 1
weicher mit dieſem Bande —— Gebichte
von fen ei gefern Abſchied nimmt, indem er auf. ben Näunfdh,
ein Dichter gu. fein, Verzicht leiftet, hat die beiden Bier gebotenen
nahe.
che Kieinigleiten. Ron ‚geissie Wolter.
. fehlt ihm nicht an Berkintstt des Daemas
aber an Pathos, bebendigem Mitzefühl, Ichenkiger Erhaltung
fähigkeit. Seine Arbeiten find ganz wohl gelöfte Aufgaben bes
‚, feine: — aus. dem ——— ya entlehnen
oder modernen Stoffen einen autil-Alflexi’ ſchen Zuſchnitt zu ge⸗
ben, und das Gefühl dieſes Mangels gab ihm endlid ſeine Ber⸗
sichtleiftung ein.
Das erfte feiner Dramen: „Der Peieſter⸗, Aragdtie in fuͤnf
Kan, it ganz nach Collin'ſchem Muſter genzbeitet. Die Hand
kung übertrifft an Kargheit felbft bie Frangöftfäpen Borbilder.
Kadmus hat zu Gunſten feines Sohnes Pentheus dem Ahron
eutfagt. Diefer will: bie ewtarteten Gebruͤuche bes Bucchusdien
fen; bie Priefter, das Volk find ihm entgegen, und
Tireſias, der den König haſt, entzündet feine Mutter Agane
zum Mord an dem Cohn, indem er den Tempel ihres Gottes
in Brand fiedt. Es ift nicht viel an biefem Etoff ——
Kampf und Opfertod für ben Aresdienſt fagt. uns an
fett be ber Idee der Trazoͤdie an allgemrinmenfihtichen 30
ope, Myrrha, Medea es in ſich ſchließen. —
iR nid (let s wefentiich mett unb baniebergehaften, und
außer Agaven ift IM feiner Geftalt wirkliches Pathos anzutreffen.
Kabmus’ Schlußworte nad) dem Morde feine® Sohnes und ſei⸗
ner. Gattin mögen beiweifen, wie eu ber Berf. ſelbſt an ben
bewegteſten Gtellen ſeiner Tragoͤdie blei
Kosmus en
. verliere 7 En SE Par
Auf einmal Ale! Sräpjiser Betrug und
Welch Aeußerſtes noch haſt du zu vollenden?
Du findeſt nun bei mtr nichts mehr zu rauben!
ang fagt je Ber. viel Wohlgedachtes über Bolt und Herr:
Ra 34 Aeußerfien rennt Retä der Poͤbel.
So beillg iſt kein Dienſt noch je gewefen
Den er nicht ſchaͤndete u. f. w.
eiten Dramas „Die Parteien”, iſt der Stoff dem Kampf
hibellinen und Guelfen in Florenz entlehnt. Es ſind
—* Pan die Buondelmonti, welche gegeneinander kaͤmpfen.
Diesmal haben bie Guelfen Recht, Maria Uberti erwirbt ihnen
durch ihren Heldentod den Sieg und ieat des Vaters Hand in bie
des ebein Buondelmonte. Dies Stück iſt etwas beliebter ges
ſchrieben, als „Der Priefter’, indeß erhebt es ſich in Spradye
anb Gedanken boch nie bis zum eigentlich Dichteriſchen, wiewol
ber Vers zuweilen ſelbſt Jum Keime wird. Man fleht an bie:
fen Arbeiten, welche die Muͤhe verrathen, die fie koſteten, wie
ſchwer es ift, ein dramatifcher Dichter zu fein.” Wo die Begei⸗
fterung ift, da fehlt bie einfiätige Befonnenheitz wo biefe waltet,
ſtirbt die Begeiſterung ab. Was follen. wir erſtreben? Natur
wahrheit in Bichterifäiem Gewande!
24. Ludwig XI. Trauerſpiel in fünf Aufzuͤgen.
zoͤſiſchen bes Gafimie Delapigne. Bon 9.
Mainz, Kupferberg. 1858. 8. 18 Br,
Aus dem Kran
9. Külb,
Dos Original iſt als eim treffliches hiſtoriſches Charakter⸗
hd bekannt und bürfte unter den neueflen frausöfifcken Dre
men leicht ben erfien Bang —* gang vorgäg!
deramatiſcher Effect entwickelt nd aus db originellen Faͤr⸗
bung bes Charakters Ludwig XI., jenes vor dem Tobe gitterns
ben, ſtets halbhinflerbenben Tyra Yrannen, am an dem fein Arzt Goitier
durch Tyrannei die Tyrannei. ——n — iſt neu w
ariginel, großartig: ergrei wurbe
—2 ben. ber Dichter ats ein Urbild von
ein,
—X ad Beeblihteit. binftelt, im Gruude genommen nicht |
ein. fäledhter Mienfdh und ein pfltorsgeffener der
Kun und das ihr geweihen Vertrauen auf: ekfiihe
—— Gine —2 folgende Probe —8 *
* @eite' geſteüten Charaktere
seite wit ſchoͤpftriſcher Kraft und gleicher —— une
* Geiebte, ift ee 34
wor den Faden und mit ihm das Intereſſe an ihr; fie IE
in. Gruppen zerriſſen. —— Verbindung, nebeuſaͤchüch
behandeit. Der Verf. het uns den Tummmnen, ben g
jitteenben, ben menſchenverachtenden und kaum ſich
liebenden,, ſtets argwoͤhniſchen, für ſich
gebra audyen, nicht einmal zu einem quten: Goal
tier Verfäut in biefe Sünde an feiarm Berufe NRemours gu
retten, läßt er den König flerben, deſſen Leben. ex nach, wenn
un, ‚am en —B Könnte. Stunden ober Jahr:
e, 8 tig, er it — vor uud — ein Moͤrder
w. ein redlicher Arzt fo fpredhen:
Bist Wenn id. wieber ihn. beledtet
Dias nätt eB:abert — Rein, nein, eb If genug.
Kater, du magft jet Handeln ohne mich.
Ich weigre förberhin die meine Kunfl... u. ſ. w.
Der Dichter, ber bie fuͤr Tugend zu halten vermag, a une
einen Abein Begriff von feiner ethifchen Geleuchtung. ber fo
find bie Herum Franzofen! Die —— it zemlich Meif
und wenig. geſchicet, die Stelle des Ori en; ein
fäßlbaver Mangel an FEprachgewandtheit duscgieht‘ fie 0 ap U
gentliche und offenbare Fehler. Das Stuͤck verdiente es, gut
berfept zu werden. ) 105;
Memoiren bed Admirals A. Schiſchkow, Über die Zelt
feines Aufenthaltes bei ber Perfon des ohtfeligen Kal
feed Alexander I. (in Function eines: Gtantäfecretaine)
während bes Kriegs mit ben Franzofen in den Jahreu
1812 — 14. Aus dem Ruſſiſchen überfegt von Kart
Panhammer, aka Kumme, 1832. Gr. 8,
13 — ——— aus einer denkwuͤrdigen Zeit find
von ihrem Verf. bem jegt regierenden Kaiſer von Rußland, von
ihrem Ueberfegee aber dem Generallieutenant und Gouverneurs
von Riga, Baron Magnus von Pahten, bei an w
ausgeſtattet auf biefe Art mit einem” doppelten, q
thenbriefe, geroiß nicht verfehlt Haben, die ſchuldi * Dee lnahme
im weiten Kufſenreiche zu finden. s *
Fir uns Andere, die wie nicht fo eigentlich in dieſem Aei
che ſeibſt, ſondern nur in ben pays adjacentes wohnen, Firmen
die Erinnerungen bes ruff. Abmirals und Gtaatsferretaius aus
mehrfachen Sränden bie Intereſſe nun zwar nicht in demſelben
Grade Haben, doch ermangeln fe deffelben auch nicht ganıı 1 wäre
es aud nur in bem Punkte, daß man daraus exfieht, wie ſich
das Subordinationsverhältniß 'in einer Autokratie geftatzet bat,
— —
7 En Ten * einem deitten Artidel im Juui folgen. D. Bes.
Bst. Ar. 17%. BE D. Reh
v
u
deren einwirkenden Sinfiuf ECuropa kennt and heiffeine
wit jedem Tage mehr kennen Ternt. BR
Was den verfiorbenen Kaifer bewog, Hrn. Schhiſchkow bei
dem Kriege gegen Rapoleon zu feinem, fo zu fagen, Yelbflantöfes
eretair zu machen, erfährt man gleidy auf ber erſten Seite des
Buches. Alerander ließ ihn naͤmlich im Fruͤhjahre 1812 zu fich
sufen und fpra za ihm: „Ich habe beine Schrift über bie
Liebe zum Waterlande gelefen. Mit ſolchen Gefühlen kannſt
ber ihm (dem Waterlande) näglich fein.” Rum eröffnete Ihm ber
Kaifer weiter, wie man „ohne einen Krieg mit den Branzofen
wol nicht ablommen würde”, wie "deshalb eine Hecrutirung
veranflaltet werben muͤſſe und wie ee (ber Kailer) wuͤmſche,
„bob du (d. h. ber Admiral Schiſchkow) ein Manifeſt auffer
.“Hierauf embiederte denn Hr. S., wie er dies feinen
irn nicht zutwaue, wie er aber einen Verſuch machen wolle ıc.
Das verlangte Mantfeft Fam bemzufolge zu Stande, er⸗
hielt die allerhoͤchſte Approbation, und beffen Verf., als es fo
weit war, den Wefehle den Kaifer zur Armee. zu begleiten, ober
ihm vielmehr dahin zu folgen, denn Alexander war derrits abge⸗
gangen; was denn ebenfalls auch geſchah, und webei einige durch
oͤdſes Wetter, ſchlechte Wege u. ſ. w. herbeigefuͤhrte Keiſeunbe⸗
quemlichkeiten vorfielen.
In Wilna mit dem Kaiſer wieder zuſammengekommen,
mußte nun Hr. S. einen kaiſerlichen Befehl an die Armee und
nach Petersburg an ben Feldmarſchall Soltykow auffegen, in
weichem der Entſchluß bes Kaiſers verkündet wurde, nicht eher
Frieden zu fließen, fo lange nod ein Zeind im Lande ſei.
Frankreichs Heere drangen unterdeſſen fiegreih vors man
mußte fich zuruͤckziehen, bie Lage wurde immer bedenklicher.” Dies
machte Hrn. &. vielen Kummer, und befonders fing er an, für die
perfönlihe Sicherheit feines Herrn beforgt zu werben. Da kam
ihm der Gedanke ein, in einem ehrfurchtsvollen Brief an ben Kaifer
demfelben vorzufhlagen, ob er nicht lieber „„Moslau und baburch
anz Rußland” durdy feine perfönliche Segenwart von ber Bes
rung heilen wolle, welche Rapoleon’s Vordringen verbreitet
hatte; nun fiel ihm aber plöglich aud) wieder ein, wie er hier⸗
mit doch wol zu Großes wage, wie er fh: „unterfange, ben
Kaifee zu beunrubigen”, und bie fatale Dilemma zwiſchen
Schreiben oder Richtſchreiben enbete fich erſt, als noch zwei Ans
dere, deren Giner der Graf Araktſchejew; ſich entſchloſſen,
ihre unterſchrift bei der Sade mit herzugebee.
Weiterhin erfährt der Lefer, daß, als nach ber Einnahme
von Moskau ein geflüchteter Einwohner jener Stadt im Haupt
quartier erſchien, der Verf. auf Befehl des Kaifers ‚‚Rachrichten
aus Moskau’ ſchreiben wußte, in welchen er (dev Verf.) ale
. Augenzeuge fig gerirtes welche Nachrichten ſowie jener eben
erwähnte Brief und alle andere berartige Sachen non X bis
3 mitgetheilt werben und. allerdings die intereſſante Seite des
Buches bilden, wenn man fie mit jenen Auörufen über bie
„ſchaͤndlichen Greuelthaten‘ ber Feinde und den Grzählungen
von der ruͤhrenden Gemäthlichkeit des Benehmens ber Koſacken
u. a. Menfchen der Art in Deutſchland u. a. D. zuſammenhaͤlt.
Mit der Art und Weife, wie man ſich bei bem @inrüden
in Frankreich benabm, ift Übriaens Hr. S. keineswegs zufrieden,
doch trıfft diefer Zabel, wie ſich wol bei ihm von felbft verfteht,
nicht ‚feinen Herrn‘ und aud nicht ſowol Preußen, fondern
mebr Deftreich, deffen Feldherr in feinen Proclamationen bei- bie
fee Gelegenheit es ihm, gar nicht zu Danf. madte. Indeß
fegte Hr. ©. fein Vertrauen auf die „farke ruſſiſche Bruſt
und die ‚tapfern Preußen”, und bieler Gedanke tröftere ihn
über Das, mas ihm nicht geñel. R che buͤbſch iſt es übrigene
zon ihm, daß, nachdem der Erfolg am Ende beffer war, als er
ſich dachte. und er dieſerhalb im Stillen fih Vorwuͤrfe über
"a6 Unterwinden machte, zu tobeln, was doch fo gut war, er
das Bekenntniß ablegt, wie er dies „bereue.“
ML Napoleon’s zweitem Sturz ber Ruͤckkehr bes Kaiſers
Alexander nady Rußland und ber Werficherung Seitens tes. Berf.,
daß er die Graählung der weitern Begebenheiten, „weiche fi
Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagbhandlung:s 3. A. Brodpaus in gelpsig.
Wit ‘ihm eigneten“ -fiht eine Aändere':Beit uhd Wetegnhelt auf
Mare, ſchließt das Merk, deſſen Ton und Inhalt aus dem: yied
ae ae a a han a Tate
r u n el aunt Tem
weichen erfte Snbe moͤglicherweiſe 5 — 52, ie
Notizen.
matthioe griechiſche Grammatik hat in ihrer engliſchen
Ueberfegung bereits bie fünfte Auflage erlebt.
Es hat ſchwerlich bie neuere Geſchichte irgend eines Staa⸗
tes, ſeibſt bie des englifchen unter Eliſabeth's Herrſchaft nicht,
eine ſo große Anzahl Maͤnner aufzuweiſen, die ſich gleich ſehr
in ber Literatur und im praktiſchen Leben auszeichneten, als
bie fpanifche im 16. Jahrhunderte. Haft jeder vortreffliche
Schriftſteller war aud als Krieger und Polititer berühmt.
Boscan führte die Waffen mit großem Erfolg. Garcilaſo de
Bega, ber Autor bes zarteften und anmuthreichfien mobernen
Schaͤfergedichts, fiel nad einer kurzen, aber glänzenden mili⸗
tairiſchen Laufbahn mit dem Schwerte in der Hand an ber
Spige einer flürmenden Schar. Alonzo de Ercilla fpielte eine
ehrenvolle Role in dem Kriege mit Arauco, ben er fpäterhin
in dem beften Heldengedichte, das Spanien aufjumeifen Hat,
verherrlichte. Hurtado be Mendoza, deffen Gedichte denen be6
Horaz verglichen werben find und deſſen kleiner Roman in ganz
Suropa geleſen wird, ift und von ber Gefchichte als einer der
firengfien ‚Statthalter genannt worben, bie das Haus Oeftreich
anwendete, den unruhigen Geiſt Italiens unter "fein Joch zu
beugen. Lope fegelte mit der Armaba und Gervantes trug bei
Eepanto Wunden davon, -—
Das „Edinburgh review’ ſchildert bei Beurtheilung bes
verbienftlichen Werkes des Lords Mahon: „History of the war
of the successioa in Spain’ (Lonton 1832), den Zuftand
Spaniens unter Philipp II. und vergleicheweife darauf bie
grenzenlofe Schwäche, bes Reiches zu ber Zeit, da fein Stamm
auf deffen Throne erloſchen war. Es bemerkt fehr richtig, daß
bie Geſchichte Spaniens vorzugsweife ein Studium abgeben
fann, wie große mächtige Reiche in kurzer Zeit in Elend und
Berderben zu fürzen find; denn alle Urfachen des Berfaus
Spaniens treffen in einer Haupturſache, feiner fchlechten Regies
rung zufammen. Die Tapferkeit, die Intelligenz, bie Gnergie
der Spanier, welche fie am Schluſſe des 15. und zu Anfange
des 16. Jahrhunderts zu der erften Nation der Welt machten
waren bie Fruͤchte ber alten Inſtitutionen Gaftiliens und Aras
goniens. Die erften Fuͤrſten aus dem Haufe Deftreidh griffen
diefe der Öffentlichen Zreibeit günfli SInflitutionen an unb
zerftörten fie fat gaͤnzlich. Ihre —* buͤßten dies Ver⸗
brechen. Die Wirkungen bes Ueberganges von einer guten Res
gierung zu einer‘ ſchlechten maden ſich oft erſt geraume. Zeit
nah ſolchem Wechſel in ihrem ganzen Umfange fühlbar. Die
Talente und Zugenden, weldye eine gute Verfaffung erzeugt und
erziebt, mögen bie Verfaſſung felbft Tine Weile überleben.
Alſo erſcheint die Herrfchaft der Kürften, weldye auf den Truͤm⸗
mern volkethuͤmlicher SInftitutionen eine abfolute Monardyie ers
richteten, in ber Geſchichte zuweilen in befonderm Glanze. So⸗
batd aber eine oder zwei Wenesationen vorüber find, dann bes
wahrheitet fich: unausbleiblich Montesquieu’s Vergleich despoti⸗
ſcher! NRegierungen mit Witden, bie den Baum abhauen, um
die "Feucht zu ernten. Das Auguſteiſche Zeitalter war reich
an. großen Gemuͤthern aus Bitero’s und Gäfar’s Generation.
Die Fruͤchte der Politik Auguſt's blieben bagegen feiner Nach-
fonnmenf&aft nicht aus. Philipp II. war der Erbe ber Gortes
un» Juſtiza Mayor, die ihm eine, die ganze Weit zu erobern .
faͤhige Nation überlieferten. Was Philipp feinen Radyfommen
binterließ, ift allbekannt! 158,
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. i- 1: I:
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"Allgemeine Geſchichte des israelitiſchen Volkes, ſowol
ſeines zweimaligen Staatslebens als auch der zer⸗
ſtreuten Gemeinden und Sekten bis in die neueſte
Zeit, in gedraͤngter Ueberſicht, zunaͤchſt für Staats:
- „männer, NRechtsgelehrte, Geiſtliche und wiſſenſchaft⸗
lich
J. M. Joſt. Zwei Bände. Berlin, Amelang. 1832.
Gr. 8. 4 Thlr. 48 Gr. |
Dee Here Verf. diefes Buches, welcher dem gelehrten
Publicum ſchon duch feine „Geſchichte des israelitiſchen
Volkes ſeit der. Makkabaͤerzeit“ ruͤhmlichſt bekannt iſt, hat
nun in vorliegendem Abriß auch die Ältere Geſchichte von
den früheften Zeiten an in Betracht gezogen. Diele Dar:
ſtellung, welche das Lob zu Grunde liegender Gelehrſam⸗
keit und das andere großer Faͤhigkeit der aͤußern Darſtel⸗
fung durchaus verdient, hat gleihwol auf Ref. einen zum
Theil ſchauerlichen Eindrud gemacht und wird bdenfelben
gewiß nicht verfehlen auf einen großen Theil des in
Deutfchlend leſenden chriftlihen Publicums zu machen,
Der Berf. iſt offenbar feines Glaubens ein Jude, fpricht
aber diefe Religions: und Stammverſchiedenheit nicht rund
und ſcharf aus, macht fie wenigftens nicht ſchroff gel:
tend, fodaß dem £efer Ueberzeugung davon nur an
einzelnen Stellen des ches unabweislich nahegeruͤckt
wird. Da nun aber die ganze Darſtellung, waͤhrend man
ſich über die jüdische Religion des Verf. zwiſchenhin taͤu⸗
ſchen koͤnnte, doch nothwendig auch keine chriſtliche, ſon⸗
dern, wir moͤchten fagen, eine deiſtiſche iſt, und fie auch
‚nicht etwa blos aͤußere Theile der israelitiſchen Gefchichte
wie etwa den Staat berüdfihtigt, fondern die Entwide:
fung der ganzen jüdiihen Bildung, tritt fie zugleich, in
einen Gegenfag gegen die chriftliche und ficher allein rich
tige Auffaffung der altisraelitifchen Geſchichte, der letztern
Auffaffung zufolge die aͤltern Schickſale und Führungen
Des Volkes alle auf Chriftus hinweiſen und demgemaͤß alle
Drophezeihungen in ihm ihr Biel haben. Wenn der Ges
fchichtfchreiber des jüdifchen Voikes die Erſcheinung Chriſti
nicht als die Erfüllung der. welthiftorifchen Aufgabe des
Judenthums und fomit als das geiſtige Ende deſſelben;
wenn er nit Das, was. fih von diefem Judenthum
nachher noc als eigenthuͤmliche Geſtalt zu halten fuchte,
als einen traurigen, verfchlifienen Segen des alten Feier⸗
Beides, fondern als den Fortbeſtand von dieſem ſelbſt, und
ebitpete Lefer, aus den Quellen bearbeitet von.
Blätter
für
Unterhaltung.
Chriſtus nur als einen der unzähligen jüdifchen Volksleh⸗
rer betrachtet, welche einzelne Richtungen des Judenthu⸗
mes [pecieller verfolgten, fo iſt eine folche recht eigentlich
‚neujüdifhe. Geſchichte des israelitiſchen Volkes, trotz
‚aller Gelehrſamkeit eine Leuchte ohne Licht, ein Auge
ohne Sehkraft. Die Seele, die weithiftorifhe Seele fehlt
ihr, umd die Thürpfoften des Tempels werden darin Dre.
der Anbetung flatt des Altares.
Die eigenthämlihe Beziehung der israelitifchen Ge⸗
‚| Mhichte zum Chriſtenthum gibt nun außerdem dem ge:
ı| Seheten ‚Material zu Behandlung biefer Geſchichte eine
eigne . Stelung. Während z. B. in ber griechifchen
Geſchichte eine Unterfuhung über die Cntwidelung
der -Solm’fhen Geſetzgebung im Einzelnen wirklich
eine der weſentlichen Seiten der Geſchichte Griechen
lands berührt, ift dagegen eine blos gelehrte Unter⸗
fuchung über die Authentie und (falls man der Anficht
ift, daß die Bücher Mofis nicht authentiſch fein) über
bie. fucceffive Entwidelung der mofaifhen Gefeggebung,
des jüdifchen Staats alfo, von völlig untergeordnetem
Werth. Ob die Bücher Mofis ziemlih zu Einer Zeit
niedergefchrieben find und von Moſes felbft, oder allmd-
lig und von Andern, ift, welthiſtoriſch die Sache be:
trachtet, von gar Feiner Bedeutung, denn das mofaifche
Geſetz hatte Jahrhunderte gegolten, war Grundlage bes
Lebens geworden, unzmeifelhaftes Geſetz, und hatte -
feinen ganzen Einfluß bereitd auf das Volk entwidelt, als
Chriſtus geboven ward. Ihm, der natürlich gar kein ans
tiquarifch = philologiſches Intereſſe hatte, galt dies Geſetz
des Volkes, unter welchem er geboren war, und was feine
Wurzeln (man mag die eine oder die andere Anficht has
ben) in die unmittelbare Beziehung des Moſes zu bem
Gott Abrahbam’g zuruͤckſchlaͤgt — ihm galt es als moſaiſch,
und fo, als ein mofaifhes Befeg, hat es welt
biftorifch weiter gewirkt bis auf dieſen Tag. Gegen diefe
Bedeutung, die es gewonnen hat, ift es völlig in ein un:
bedeutendes Nichts verfchtindend, wenn etwa auch fireng
nachgewiefen würde, daß die formelle Abfaſſung des mos
ſaiſchen Geſetzes erſt kurz vor das Eyil file. Ebenfo aber
fteht «6 mit der Kritik der andern Bücher. Geſetzt auch,
nicht blos die fpäte Abfaſſung der Bücher der Chronika,
fondern auch die völlige Abfaſſung derſelben unter prieſter⸗
lichem Intereſſe und die Umgeſtaltung gar manchen Face
«606
tums’in dieſem pelefterlichen Intereſſe wuͤrde fireng und
voͤllig unwiderleglich dargethan, was folgt daraus anders,
als daß zu der Weiterwirkung des Kanon des Alten Teſtaͤ⸗
mentes in der Weltgeſchichte auch dies Buch und grade
in dieſer Weiſe erfoderlich war, und daß nom teleo⸗
log ſchen Standpunkte aus dies Bach fo gut einer gtt⸗
Beſtimmung und Erfkllung theifhaftig iſt als jedes
A
andere bes Kanone.
Dies alfo iſt ein mächtiger Unterſchied ber israeliti⸗
ſchen Geſchichte von der Profangefchichte, daß biefer
reinfactifche Inhalt jener, wie er durch die hiſtorſſch⸗
philologiſche Kritik ermittelt wird, in der Profangeſchtchte
Die hoͤchſte Bedeutung, für die Refultate der israelitiſchen
Geſchichte fo gut als gar keine hat. Wir wollen bie hohen
Berdienfte Derienigen, welche bie muͤhſamſten Studien
und eine geniale Gelehrſamkeit grade auf dieſe philolo⸗
rl shiftorifche Eonſtruction des hebraͤlſchen Alterthums
gewendet haben, nicht antaſten; fie bleiben in vollem
Maße anerkannt in dem Keeiſe, der eben biefen Bemli⸗
rhungen geſteckt iſt; aber auf die welchiſtoriſche Geſtaltung
und Bedeutung der israelitiſchen Geſchichte gewinnen dieſe
Bemühungen nur Einfluß, inwieſern fie eben das auch
ohne ihr Dinzutenmmen in diefer Geſchichte Bedeutungs⸗
volle verdtären helfen. Inwiefexn fie an dieſem Be:
Deutumgbontlen Zweifel excegen, oder Für die Beut⸗
stheieng deſſolben einem andern Standpunkt begrimden
Hanten,. fo lange man überhaupt feſt an: der Beziehung
des Judenthums zum Chriſtenthum haͤlt, if uns unmoͤg⸗
Kid; einzuſehen. | \
Dog der Here Verf. unſers Buches, ſeibſt ‚bei feiner
Entbehrung eimer lolchen dominiren den Beziehung zum
Chriſtenthum, doch ſeinerſeits ein aͤhnliches Gefühl und
eine aͤhnliche Anſicht gehabt hat, ſpricht ſich recht ſchoͤn
S. 14 und 15 des erſten Bandes aus, wo eBheißt:
Dexr wahre Glaube, der im Gemuͤth feinen Gig bat, wird
von den neränderten Anficgten ber aͤußerlichen Gegenſtaͤnde nicht
bedroht und kann fein wahrer fein, wenn er die Prüfung ges
Ichichtlicher Ihatfadden ſcheut. So wenig wie ber Glaube an
Sen Schöpfer durch eine nähere Prüfung der Nakurgeſetze and
Aaren Meränbevlidyleit erſchuͤttert zu werden fuͤrchten darf, eben:
da wenig. thut die Kritik der Religion Eintrag. .
ı . Allein, dieſer Gag des Hetrn Verf. hot zugleich einem
deiſtiſchen Stun mund geht bei dem Werfolg der Darſtel⸗
dung unter in einer Reihe von Abcommodatienen und
Bermittelungen gwilchen ber glänbigen Anficht, weiche die
Geſchichte des Akten Teſtamentes in ber daurch das Chri⸗
ſteuthum ihe ercheilten welthiſtoriſchen Bedeutung faßt
(ober vielmehr zwiſchen der jübifchaglämbigen Anficht, wel⸗
che eine Amaͤherumg an dies chriſtlich⸗ glaͤubige Wefen,
über eine Garicatur hetvorbringt), und zwiſchen den Me
ſaltaten · phildlogiſch⸗ hiſtorifcher Gelehrſamkeit und ber dir⸗
fer Richtung verſchwiſterten Kritil Ungeachtet Joſt
gewiß eine Ausſtattung miit jichiſche hiſtoriſcher Geiehsfam⸗
Zeit tech feine Arbeit bewaͤhrt, wie ſie wenige Menſchen
aͤhnlich aufzuweiſen haben, iſt bie aud dieſer Gelehrſam⸗
It. vnh ana feiner Anſicht reſulticende Arbeit ein Jarſte⸗
willen, aelches wie allea Juſtemilieuweſen tie, ſcharfen
Kaftten vermiſſen laͤßt -umb babunch weder einerfeits ein⸗
ſcharfe, wenn auch fragmentariſche Zeichnung bed Einzel;
nen zuläßt (die doch eben bie vorhandene Gelehrſamkeit
möglich machen .würbe), noch anbererfeits eine kernhafte,
organifche Kryſtalliſation geftattet, bie eben das Charakte⸗
gifttfche einer am «hrifigich= gläubigen Stan A
Joriebenn Sayipte her Jsrarlitcn fe 3* ich
den Getaltungsweifen Tuht Here Dr: Aten”
telweg zu finden, wobei er bald nach ber einen bald nad
ber andern Seite greift und fidy bald abs, bald anzuhal⸗
ren ſucht und es am Ende TaywertihTegend Jemanden
zu Dante macht als ben gebildeten, modernen Sjuben und
‘demjenigen Theile der Chriftenwelt, der eigentlich nur den
chriſtlichen Namen, aber Dabei ee Agende, Yeumamı,
beiftifche, alle fcharfen Kanten für ungeitgemäß erklärende,
mobern=jädifche Bildung führt, und deſſen Individuen
wie deshalb am beflen ats Judengenoſſen begeichnen,
wenn fie perfönfich vielleicht auch nichts mit jürdifchen
Individuen zu verkehren haben. ! ot.
Bei fo verſchiedenen Standpunkten, als auf welchen
fich hier Verf. und ef. befinden, laͤßt fich nicht mehr
miteinander rechten, und fo mag bles Thema nicht wei:
tee ausgeführt werben; aber als Ref. (S. 8) bie Cha:
vakteriſtik ber Thaͤtigkeit und Beſtinmung ber Zuden
nach Ehriſto las, wandelten ihn wunderbar unheimliche
Empfi an, welche dem wicht einverſtandenen Leſer
naturtich nicht deutlich zu machen ſirb, welche aber ber
einverſtandene ſofert theilen wird, wenn sr Folgendes lleft:
Wir ſehen ihn (naͤmlich ben israclitiſchen Bolkegeiſt) wal⸗
ten unter Truͤmmern, bie er oftmale neu beiebt und zur Dhat⸗
kraft anregt; wir ſehen ibn dier noch einige Zeit verweilen,
während er feine Arme um bat ganze Erdenxund ölingt, 2m,
fobald die geringen Lebenskraͤfte bes dahinſinkenden Körpers
verfiegen, mit neuer Glorie hervorzutreten und ſtatt eines ein⸗
zelnen Volles nunmehr eine Welt von BWölfern, zu feiner Auf⸗
nahme mehr ober minder vorbereitet, zu begeiſtern, bie Traͤume
ber Vorzeit and dar Wirklichkeit zu verbrängen mıb alle Weit
zu lehaften Kömpfen um Wahrheit und Belimung des Mens
— u Pa bis er nach on ae en
unb ſta ehden eine e MWerſohnung bie Me
—E bb große ꝙ ") d
Man Höre doch!, hoͤre! aus dem Judenthum iſt das
Chriſtenthum (deſſen alien achtbarer Ken alſo am
Ende das mit dem Judenthum im Ehriſtenthum Ges
meinfame, nicht aber die unterfcheibenden Behren des letz
ten, die Mpflerien der Xrinität, der Nenfchwerbung und
der Kirche ſowie der heiligen Sacramente, wäre) ausge:
gegangen, um ba® Heidenthum (dies iſt ja wol ber ein:
fache Sinn ber pretiöfen „Traͤume ber Verzeit”) überall
zu verbrängen und die Wölker dem Judenthum, ats ber
hoͤchſten Griorle menſchlicher Geiſtesbildung, zuzufuͤhren;
denn daß dies allein unter ber großen Verſoͤhneng der
Menfäphett zu verfichen tft, ſieht man deutlich aus foßs
genden Worten:
Sie {die Jabiſche Nation) ſhlt ſich Abenrnäligt, aber re
ut, ſich nit überwunden. Ihr eigentliches Masırlanb, ihr
Gast, ihre Religion if} ige waubliehen, ift ihr durch. d
War, ‚den Wert
weltlichen Zreuben noch theurez gemarben. Hier fühlt ſich das
vernichtete Volk neu erfzäftigt, um mit allen Nätionen in bie
neen zu treten und am Wahrheit mit Ion ’gu kaͤmpfer;
und iu dem allgemein Mörstfireit gu: 'Brziefung jener cubiTedhen
u
Werfibnung behaupten bie Israeliten, alles Jammert ungeach⸗
et, der ihnen —5 vereitet worden, fJeit faft zwei’ Jahrtau⸗
- Taten das Feld und ſtreken niemals die Waffen
Dergleichen in deutfcher Sprache uhb nicht etwa mit!
hebraͤiſchen Lettaen, ſondern -uuft —— „Kchmarz |
af weiß zu tefen, klingt ſchaͤuerlich genug. Die De
lebt von der Eiche Blut uͤnd bat noch bie Keckheit, mit
Ir um die Berechtigung des Dafelns zu ſtreiten.
BGluͤcklicherweife laͤßt ſich die Gefchichederzaͤhlung ſeibſt,
weop ſolcher Erklaͤrangen in der Einleitung, and) von ei.
nem: Chriften bis gegen bie neuern Zeiten hin leidlich
‘ohne Aergerniß leſen; denn. was non dem verfchiedenen
Schulen nach dem Untergang des jüdischen Staats, von:
dee Fortdauer des mofaifchen Rechts und von deſſen Sort:
bibung durch die Berichrung mit dem römifchen Rechte,
was von ben Nafl’s, Reſch⸗Glutha's und Gaons, von
MRabbinen, Samaritanern, Karaiten, juüdiſchen Chazaren⸗
ſurſten u. f. w. geſagt if, iſt hoͤchſt inſteuctis fur Den,
der weber Vorbildung noch Zeit hat, an bie Quellen zu
gehen. Auch fpaͤter, wo bie Beziehungen zu unfern Ber⸗
baltniffen directet werden, z. B. bei der Darffellung der
Berschtigung der Juden im beutfchen Reiche, können wir
es bem Herrn. Verf. gern: zugefichen, daß er ben Aus:
dtuck, die Juden felen: servi camerae Deals ‚fo mitb
und vornehm zu erklaͤren fucht als mög; nur darf er,
wenn er von ben Juden Sagt: „Sie find unmittelbare
Schuͤtzlinge bed Reiches, ımd jede Beeinträchtigung ihrer
Rechte wird ale ein Bergehen gegen das Reid; angefehen
Und gehört zur Jurisdiction des Hofgerichts, nicht ver⸗
gefien, daß die Schüglinge dabei servi und Unchriſten,
alfo weit unter alle ſieben Heerſchilde, ja, noch unter bie
flanifchen Knechte geftellt waren, und daß alfo der Reichs⸗
um diefe Claſſe reiheunmittelbarer Leute gu fchiemen.
Doch wozu dies Häßeln um Kleinigkeiten, die zu nas.
tarlihh aus dem allgemeinen Standpunkt des Verf. fol-
gen, als daß man ſich darüber zu verwunbdern hätte. Im
Beziehung auf die neuere Zeit fügen wir kein Wort bei;
lernen, Rotizen getvinnen kann man auch aus biefer Par:
tie des Buches in Fuͤllez abes man muß: dazu in den
Kauf eine Gefinnung nehmen, die an dem Derm Berf.
fehr natürlich und gewiſſermaßen ehrenwerth, aber einem
guten Deutſchen und guten Chriften ebenfo ſchauerlich als
deren fraukes Hervortreten demuͤthigend if. Dan muß es
preifen hören, daß unſer deutſcher Adel durch juͤdiſch⸗blei⸗
dende Gefchlechter vermehrt iſt u. ſ. w. Doc haben wir
uns, feit wie ‚gewöhnt worden find, daß die Reſultate
nämlich die Titel) von Promotionen in nomine Dei
pakris et filii et spiruus sancti am jüdifch= bleibende
Gelehrte gegeben werben, allmaͤtig abgeflumpft: gegen fosche
Gefuͤhlsverlezungen und find allenfalls vorbereitet genug,
anfern deutſch⸗chriſtlichen Univerfitäten eine juͤdiſch⸗ theo-
logiſche Facultaͤt als zeitgemäße Vervollkommnung anprei-
ſen zu hoͤren forwie alles‘ Moͤgliche im deutſchen Lehen an
Fubden: preiögegeben zu ſehen. Was Hüft es weiter, vis-A-vis
von folhen Erfcheinungen Geſinnungen auszufprechen, bie
(fo geläufig fie auch dem ‚gefunden Stock unfers Volkes.
1 Bageblätter ‚die Öffentliche IM
Faͤhigkeit der äußern Darftelung zollen müffen,
Bott Lob noch find) den Leiten, die hauptſaͤchlich dur,
einung repraͤſentiren, zufolge
eigentlich. nur noch in Spanien. gu Daufe find; mas Höfe
es worfter, ale, wenn man zu ſtolz ift, fich in eiıen Juden⸗
kanmpf einzulafien, wenigſtens Proteftation einzulegen gegen
Das, was fi in Öffentlichen Blättern ald VBolfsmeis
nung geltend machen möchte, aber nur Öffentliche
JStimmung ift, d. h. die Stimmung der Mehrzahl das
Häufhens von Menſchen, welches fire die gangbarften
Zeitungen arbeitet, und‘ wovon mie dei jedem den Juden
nicht geſperrten Induſtriezweig zwei Deittel Juden und
‚Subengenofien find. — |
- Here Joſt verzeibe uns, daß wir alles Dies bei Ges
legenheit feines Buches ausfptechen; allein daſſelbe hat
in feinen legten Theilen durchaus eine politifche Bezie⸗
bung zur Gegenwart. Die Hochachtung, die wir vor feis
ner Gelehrſamkeit haben, die Anerkennung, bie wir feiner
aben
uns fein Buch näher gelegt, als uns irgend eine Beltung
kommt; aber es hat. bafjelbe eben deshalb auch emipfinds
licher in die Wunden gefchnitten, die wie dermalen qua
Glied des chriſtlich⸗ deutſchen Volkes mittragen helfen, als
trgend- Etwas, was uns felt Langem in die Hände ges
kommen iſt. ’ 69.
Menue Beiträge zur Kenntniß des gewerblichen und com:
merciellen Zuſtandes der preußiihen Monarchie. Na
amtlihen Quellen. Von ©. W. Herber Mit 13
Zabellen. Berlin, Dunde und Humblot. 1832.
Gr. 8. 1 The. 16 Gt.
Mit der verdienten Anerkennung unb bem lebendigſten
abler feine Zügel nicht eben eiftig in Bewegung fehte, 4 Iutereffe find die im J. 1829 erfchienenen „Beiträge deſſeiben
Verf. über benfelben Gegenſtand, welche bie woplihätigen Fol⸗
gen und wahrhaft überrafchenden Hefultate der Freipeit der
Sewerbe und bes Handels feit ihrer Ginfüpzung im preußifchen
Staate bis zum Schluſſe bes Jahres 1 und insbefonbere
des feit 1818 befolgten Gteuerfoftems nicht allein fehitberten,
fondern noch auf das beflimmtefte, nämlich durch Zahlen, bewies
fen, im Inlande wie im Auslande aufgenommen worben. Das
fortdauernde Intereffe am Gegenftande und an ber ebenfo «i
ſichtsvollen als gründlichen Behandlung Eönnte ſchon an
diefen „Neuen Beiträgen” eine gleiche Aufnahme ſichern; allein
bie Aufmerkfamkeit auf diefelben wird noch erhöht, wenn man
bedenkt, welche ungänftige Gonjuncturen für Handel und Ges
werbfleiß Europas überhaupt und Preußens insbeſondere in ben
Zahren 1830 und 1831 eintraten, daß nämlich die Ungluͤcküfaͤlle
welche den Verkehr und die Induſtrie in andern Ländern trafen,
auch auf Preußen aurüctwirken mußten, baß der affand in
Belgien und in Polen den Markt für preußifche Fabrikate vers
minderte, baß bie nocbiwendig geworbenen; Kriegtrüflungen ein
bebeutende8 Quantum von Ihätigkeit bem Gewerdfjeife entzogen,
daß endlich aud bie firengen Sperren, bush welche man bie
Cholera abhalten zu Eönnen meinte, bem Handel unb bem Ges
wirbe in Preußen ſehr nachtheilig werden mußten. Raum
ſcheint es möglich, daß unter fo vielfachen ungünftigen Umſtaͤn⸗
den bie Refultate der Jahre 1829, 1880 und 1831, welche diefe
„Neuen Beiträge” umfaſſen, ſich auf eine gültige Weiſe flellen
koͤnnen; und bennody exrhalten wir hier ben überrafchenben
weis, daß fich Lie preußifche Werthſchaffung faſt in allen Zwei⸗
gen. ber Gewerbſamkeit hedeutend vermehrt, daß biefe fi
immer mehr. auch auf has platte fand ausgebehnt, daß ber
-innege Handel ſich ſahr -vergubpert,. und daß auch der preußiſche
AR
Seeverkehr mit bem Auslande zugenommen hat; bie Sueectäffig:
Zeit dieſes Beweiſes iM aber ‘außer allen Zweifel gefteht,
daß dem Berf. die Benugung aller amtlichen Quellen: auch für
Ungere Unterfuchung zugeſtanden worden ift unb war’ mit einer
Bereitwilligleit, weile das befte Zeugniß ;von der wneigen-
nügigen Bürforge ber preußifchen Regierung für das allgemeine
Wohl des Landes und von ber trfolgreishen Zweckmaͤßigkeit ihrer
Berwaltung gibt. .
In ber: Borausfegung, daß nicht alle Leſer d. Bl. Zeit
und Gelegenheit haben, ſich mit dem Inhalte ber vorliegenden
„Beiträge befannt zu machen, und um bas bereitö hervorgehobene
allgemeine Refultgt mit einigen Daten zu belegen, erlauben wir
uns noch einige Einzelnheiten mitzuthellen, zunädhft aus dem
erften Abfchnitt,, welcher bie Rachmweifungen über Ausfuhr, Eins
fuhr und Durchfuhr enthält. Die preußifge Buumwollenfa⸗
beilation, ‚für welche nicht allein die erwähnten ungünftigen
Umftänbe, fondern auch noch befonders die Schaͤrfung des ruf:
ſiſchen Prohibitivſyſtems, der unruhige Zuſtand der fübameri-
kaniſchen Staaten und bie Verſchleuderung der engliſchen Waas
sen ſehr nadhtheilig zu werden drohten, hat ſich nicht allein
nicht vermimbert, fondern faft um 16 Procent vermehrt, und
ber ‚preußifhe Staat hat allein durch dieſe Kabricasion nad
Abzug der Koften bes Urftoffes in ben angeführten drei Jahren
nahe cn SO Mill, Thlr. gewonnen. Daß ber Bedarf bes
Thrans ſich faſt verdoppelte, laͤßt auf bie bebentende Erweite⸗
sung der denſelben verarbeitenden Gewerbe ſchließen. Die
Stahl⸗ und Eiſenfabrikation ſtieg fo bebeutend, daß 1831 drei⸗
mal fo viel rohe Material eingeführt, ale .1827 no
ausgeführt wurde. Der reine aus ber Seidenfabrilation vom
Austande gezogene Gewinn, welcher in jebem ber drei frühern
Sabre etwas über 2 Mill. Thle. betrug, überftieg biefen in
jedem ber drei legten um 14 Mil. Thir. Die Refultate diefer
Sabre für den Aderbau beweifen es deutlich, dab die fortſchrei⸗
tende Regulirung ber guttherrlichen und, bäuerlichen Verhaͤlt⸗
niffe, die Bemeinheitstheilungen unb bie Ablöfung der Serpvi⸗
tuten und Dienſt⸗ und Zinsnerpflichtungen eine neue Epoche für
die preußifche Landwirthſchaft Yerbeigeführt haben, und eine
genaue Berechnung erweiſt, daß in diefen Jahren nach Befrie⸗
digung bed ganzen Bebürfniffes bes Inlandes der Aderbau
Preußen jährlidy, nur nady ben gegenwärtig zu Berlin geltenden
mittiern Preifen gerechnet, um faft 84 Mill. Thlr. bereichert -
hat. Auch der ſteigende Grtrag der Gewerbeſteuer, über welche
beiehrende und überfichtliche Tabellen mitgetheilt werben, gibt
einen erfreulichen Beweis von dem unabläffigen Zortfchreiten
des preußifchen Wewerbfleißes. Bei ben Grörterungen über den
Handel madt der Berf. mit Hecht aufmerkſam auf die großen
Vortheile, welche ber preufifche Seehandel jet, da das Mittel: .
meer vor den Bewaltthätigkeiten der Raubftaaten gefichert iſt,
aus der Iheilnahme an ber gewinnvollen Frachtfahrt auf jenem
und dem ſchwarzen Meere zu ziehen vermag, und bei der rafchen
Srweiterung ber commerciellen Thaͤtigkeit in Preußen iſt es zu
erwarten, daß dirfelbe auch bald jene Wortheile fi aneignen
wird. Diele wenigen Mittheilungen werben binreidden, um von
ber Widtigleit des Indalts diefer „Beiträge zu Überzeugen,
welche nicht allein für die Statiſtik bes preußifcken Staats von
der größten Bebeutung find, fondern audy den Gewerbtreibenden
belehren, indem fie ihn namentlid auf Zweige ber Snduflrie,
weldhe noch eines forgfältigern Anbaus bedürfen, aufmerffam
machen und endlich aud dazu dienen werden, irrige Anfichten
in der Lehre von ber Volks⸗ und Staatewirthſchaft zu befeitigen
unb die Verbreitung richtiger Anfichten zu befördern. 16.
Literarifhe Notizen.
Der Herr Graf Henri de Merode und Marquis be
Beaufort baben in rise eine ziemlich ſeltſame Gchrift
deuden Taffen: „De l’esprit de vie et de l’esprit de mort“.
Ein Schutz⸗ and en Gunften des Ratholiciuuus
gegen — um Philoſophen. De Mr if auf dem Wege
zu und, 3vor BA fi zu richten hat; bie Herren haben
vergeffen zu fügen, wie er ausfleht. |
„L’ssho de la. jeune Fianee”‘ if ein neues Journal, wel⸗
des feit:dem April 1885 erſcheint, ungefähr drei Bogen in «.,
mit gruͤnem Umfchlage. Anfangs achteten wie gar nicht auf
diefen iegten Umftand, als. wir unter andern Nachrichten aud
bie Anzeige fanden, es fet Herrn Ghateaubriand zu Ehren eine
Mebaitlle geſchlagen worden, „weiche bie Buͤſte des berühmten
Schriftſtellers darſtelle, net des Inſchrift: Les genie ſidele am
malheur; ferner, bie Büfte des Herrn Berryer ſei kürzlich fer
tig geworden. Nun wurde uns auf einmal Bar, was es mit
bem grünen Umſchlage und mit ber Tendenz ber neuen Zeit⸗
fchrift Tür eine Bewandniß habe: grüm if bekanatlich bie Livree
dee Daupbines Shateaubsiand und Berryer find bie eifrigfien
und muthigften Verfechter ber erlausgten Gefangenen zu Blaye.
In feiner Üterarifchen Doctrin fteigt das Zournal aus Haß gegen
das 18. Jahrhundert zum 17. hinab. Trotzdem baß neulich bie
„Europe litteraire’ erklaͤrt, Herr Balzac babe ſich verbindlich
gemacht, nur fuͤr ſie zu ſchreiben, finden wir in dem „Echo de
la jeune Fragce” eine Novelle dieſes karliſtiſchen Erzaͤhlers
unter der breifachen Auffchrift: „Histoire des treise; II. Ne
tauchez pas & la hache; $, 1. Soeur Therese.”
Der elfte Banb Sts „Livre des cent et un‘ gibt vorerk
zwei ſehr intereffante Aufläge Yon bem Grafen Peyronnet und
Adhille de Jouffroy: „L’audiencg d’ug ministre” unb „Char-
les X A Holyrood”. Sodann Stapzen „von ber. Königin Hor⸗
'tenfe: „Les charınes de la patrie“; „Les traducteurs’’ yon
I Her Detagrange, der’ ſehr hart mit der Yeßrängten, hungern-
Den Usberfeferzunft umgeht. „Saint- Genevitve’’ von Derm
Andrinm ſteht neben. der „Dame & Ja mode de 1888” von Rn
bame Wugenie Boa, die mehre ſchlechte Romane gefdrieben hat.
— — —
"Bon bem- franzoͤſiſchen Converfations⸗ Lexikon (bei Belin⸗
Mandar) iſt Die ſechſte kieferung herausgelommen, Aſo — Az.
Man ſieht dem baldigen Erſcheinen des Converſations⸗Cexikone,
welches Treuttel und Würg herausgeben, entgegen.
Der Abbate Gaftelli iſt Verf. eines Gedichte in ites
lieniſcher Sprache, betitelt: „Daß jüngfte Gericht“, von welchem
kürzlich eingelne Brudftöde mit franzöfifcher Ueberfeguug im
Drude erfchienen find. Das Gedicht wird nächfiens nollftändig
gedrudt werden. "
Parobdien auf „Eucretia Borgia”.
„Tigresse mort-aux-Tats, ou poison et contre- poisen,
parodie en quatre acles.”’ Madame Eucretia Borgia ift bie Frau
eines Apotheker, die fünf. venetianifchen Nobili, weiche im
Drama B. Hugo's vergiftet werben, find hier fünf Hanswürfte,
weiche, um fie zu unterfcheiden, numerirt find; der Sohn der
Lucretia iſt ein Recrut, der immer fhläft u. f. w. Ge ik
darin im Ganzen wenig Aufwand von Wis und Phantafie, in⸗
deffen muß man doch darüber laden. Das Gleiche gilt vom ben
beiden folgenden Parodien, von denen wir bloß ben Titel ans
führen: „Une r&petition gewerale, par V. Scride, ete.” unb
„L’ogresse Gorgia, parodie en cing actes et en vers, pre-
c6dee de la neue du diable, preologue”. Es hat mit die
ſem Proioge eine ganz eigne Bewandniß. „Tiror le. diabie
par la queue‘’ heißt bekanntlich ſo viel als in der Euge fein.
I Run macht in Hugo's Drama der Vertraute der Lucretia feine
Gloſſen "darüber, daß fo viele Erute den Teufel Heim Schwanze
zeerten und derfelbe nicht ausriffe, er müffe dem Satan gang
verteufeit ſeſt in dem Rüdgrat fleden; über diefen Spaß hat
fi) nun ein entfegliche® Geſchrei echoben. 148,
Nedinirt unter Berantwertligteit der Berlagbbandiung: E. U. Brodbaus in Eeipszig.
= .7 dl a
.17
⁊ R Pr . R ’ .. ax N F « L 1
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für: nn Da
literarifhe Unterhaltung
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Dienſta
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Goͤthe's nachgelaſſene Weile. Erſter bis fuͤnfter
Band. Stuttgart; Fotta. 1832. 16. Subſcrip⸗
tionspreis 1 Thlr. 12G8
Schon am 12.: September I000ſchrieb Goͤthe von
Jena aus, wo er ſich dam It,’ Schiller nad)
Weimar: „er. habe: feine Helena auftreten :-lafjen”
(„Briefwechſel zwiſchen Schiller und Göshe“, Th. 8,
S. 306), und die folgenden Briefe ſagen uns, daß der
ter damals ſchon den gangen zweiten Theil des Fauſt
‚im Geiſt, und Gemüth empfangen habe, ‚wie berfelbe jegt,
nach 3 x ven „an Licht gefteten. iſt. 2 5. J
“us Söe, gt der Ranzier..vop. Müller in Teiher Vor⸗
lefahıg ‘über DEE Dichters praftifcdge Wirkfamkeit) nad) einer im.
Jahr 1830 befkandenen ſchweren Krankheit feine -'Reiflungen
uͤberblickt, verdrießt sa ihn, den. „Kaufe unnollendet gu verlaf:
ſenz : noch fehlt im der zweiten Abtheilung der größte Theil des
„vierten Actes; ihn würdig zu ergängen, macht er ſich zum Ge⸗
feg, und am Vorabend feines legten Geburtstages (27. Auguft
1831) darf eu die hoͤchſte Aufgabe feines: Lebens fur vollendet
erklaͤren. Gr verſchließt fie mit zehnfachem Siegel und gpt:
flieht ben Gluͤckwunſchen der Freunde.
Aus Dem, was Goͤthe über feine Titerarifche Thaͤtig⸗
keit hler und da mitgetheilt hat, aus dem Briefwechſel
mit feinent Freunde fehen wir, wie er ben „Fauſt“ nie
aus den Augen verlor, wie diefe Dichtung in den ver:
ſchiedenſten Zeiten:, unter den verfchiedenften Umfländen
immer wieber in feinen Gelfte auftalichte, mie er von
Zeit zu Zeit Hand daran legte; und fo.erfeben wir ein
hoͤchſt Merkwärdiges, die Erſcheinung eines Werkes, an
dem der. größte Dichter unfers Volkes fait 60 Jahre
lang gearbeitet; denn aus dem dritten Theile von „Wahr:
heit und Dichtung” und dem letzten ber „Italieniſ
Meife” fehen wir, daß im Jahr 1773 der „Fauſt“ be:
gonnen: ward.
Wie diefe Betrachtung etwas Erhebendes hat und
uns Deutfche mit einem gerechten Stolze erfüllt, fo er:
zeugt fie auch eine tiefe Rührung; wie Überbliden das
Merk des großen Mannes, des Lieblings feiner Nation,
das Merk, welches den Geift und das Feuer der Jugend,
die gereifte Kraft des männlichen Alters und bie Weis:
heit und Vollendung des Greifes beurkundet, jet, da bie:
fer von uns gefchieden iſt, in ben Fruͤhlingstagen, die an
fein Hinſcheiden lebhaft erinnern. Es iſt mit dieſen nach⸗
gelaſſenen Werken nicht wie mit andern Nachlaͤſſen Ber:
2.28, Mai 1833:
—
— — — — — —— — — — — —
.. ĩ
ſtorbener. Unter dem, befsheibenen - Zitel birgt fi das
| ah was Goͤthe geleiftet; uns weht aus diefem Nach:
‚aß ein Hauch. feiner vollen ‚Größe an; “und wenn wie
bie ‚fünf Bände einzeln durchmuſtern, dann finden role
‚neben. Heinen Reliquien vollgültige Documente von dem
Geiſte des Dichters aus dem verfchledenften Perioden; wie
‚und. denn bie „Wallfahrt nach dem Grabe Erwin's“ im
Jahr 1775 das lebendige, ſchwaͤrmeriſche Gefühl des
Juͤnglings Eundgibt, der aͤlteſte „Goͤtz“ oder „Gottfried
von Berlihingen”, wie &r damals hieß, uns das ſelbſtaͤn⸗
dige, gediegene Urtheil deffelben offenbart, fein Streben
nach dem Vollkommnern, worin er eine im Ueberquellen
des Bildungstriebes gefchaffene Dichtung bei Seite Legt,
um eine probehaltigere dem Publicum vorlegen zu koͤn⸗
nen, bie erfie größere, die von ihm erfchien. In der
That, dieſer Nachlaß ift fo veih, daB, wenn wir von
Goͤthe auch nichts weiter befäßen, derfelbe ihm den erſten
Rang unter ben beutfchen Dichtern fichern würde,
Daß wir hier fofort einer Kritik der einzelnen Werke,
die dieſe erſte Lieferung des Nachlaſſes umfaßt, geben,
wird wol Niemand erwarten; wie behalten uns vor, von
Zeit zu Belt unfere Gedanken über den Kauft”, den
äfteften und ben für die Buͤhne bearbeiteten „Gög” in
d. Bt: mitzutbheilen. Ueber das zuerſt genannte Werk
fogleihh zu reden, wäre eine große Derwegenheit; wenn
nuch das zehnfache Siegel, womit Goͤthe daffelbe, da es
vollendet war, verfchloß, gelöft iſt, ſo iſt es uns dennoch
in Hinſicht auf mehre ſeiner Theile noch „ein Buch mit
fieben Siegeln“; ein ſolches wird es Vielen ſein; und
wer wird ſich je ruͤhmen können, es im Ganzen wie im
Einzelnen verftanden zu haben?
As im Jahr 1827 der britte Act der zweiten Ab:
theilung des „Fauſt“, die „Helena“, einzeln erfchien, du-
Berte fi) Ref. über diefelbe im folgender Weife:
Bedenken wis, daß Goͤthe, beſonders feit feiner Reife nach
Statien, zu einer reinern Anficht der Kunſt gelangt, mit einer
gewiffen Ironie auf feine früheren Dichtungen blidt, in welchen
Rationalität, Gentimentalität, Grübelei im Gebiet des hoͤhern
MWiffend einigermaßen dem reinen Schönen wibsrfirebten. Don
biefee Ironie fcheint die ‚Helena ausgegangen. Doch ift fie
weniger berbe als der Prolog auf dem Theater, und bas Stuͤck
enthält am Schluß eine Verſoͤhnung bed Mobernen mit dem
Antiten, wie fie fi hier nur ale möglidy denken läßt; die mo: -
berne, die zomantifche Welt ift nach ihrem Gehalt, ihrer Würde
’ j . „510 *
3 “4
und in ihrem ve zur antiken dargeſtelit. (8. Kr. 185
db. Bu. f. 1827
In diefer Anficht wurde Ref. durch einen Brief Schteü
ler's an Goͤthe beftärkt („Briefwechſel“ Ne. 745), worin
es in Beziehung auf bie „Helena“ heißt:
Beulen, n,
: Gelingt In 4 die ge Nu, goeh ur
m
gefunden fein, unb “ is Ihnen alsbann nicht pre fin,
: fo wird nad er © gem I
—** analhtiſch von dieſem Punkte aus den Sinn und Geiſt
der übrigen Partien zu beſtimmen und zu vertheilen.
Dan fieht, wie Schiller ein Hauptmoment der Dich⸗
tung in dem⸗ Begefage des Modernen-und Antiken agb ;
und darauf werden wir in biefem zweiten Theile nicht
allein durch die „Helena“, fondern auch durch gar manche
andere Stelle geführt; fa buch ben Miderwillen, ben
Mephiſtopheles "diefet echt moderne, —— —
gegen die weh Wilt, ſelbſt gegen "Die „a
eier hegt; durch den Umſtand, daß er,
ds von Ihm geſchaffenen uber herbeigezanberten Hemun⸗
ulus, bedarf (denn 8 wirtd "mol Nlemand ans dem Werke
Herausleſen, daß dieſer durch Wagn
fa)... Unvergteidittch iſt ber üble — des Mephiſto⸗
pheles geſchildert, da er auf griech iſcherꝛ Boden wan⸗
bett ‚x
* edelait A
er
Buſt von’ Aitterthum un mb: Yaferi; @. 08
"der Fr geſteht:
iDas VGriechenvock, es wußte nie recht biel!
Beh Gribet‘s euch mit freiem: Ginneuſpiel/
dt bes Dienfihen Buß zu heiten Sünden;
Die Die unfern wird. man inımer duͤſter finden; (S. 110)
Dem es unheimlich wird, da er auf griechiſchem Boden
‚mishts von dem Pech yad Schwefel feines Blocksbergs
lecht ( S. 164).
Aber gewiß a es auch in biefer zweiten Abtheilung
„aeiche allen die Kunft und das Schöne und bie Gegen⸗
:fäge im "Gebiet derfelben, um die ſich dieſe erhabene Dich
tung breht. Das Werk ift ohne. Zweifel weit uͤber feine
—— Anlage, in welcher jenes. Moment nicht: Ing,
hinausgewachſen; und nielleicht gelingt es einmal einem
‚Kritiker, nachzuweiſen, wie bie verfchiebenen
aAbſpiegeln
a dem oben erwähnten Xuffag (Me. 260 d. Mi.
f. 1827) äußerte ſich Ref. über rg Auftreten ber He⸗
Tune fo:
"Wie Tod und "Reufer einander peripänt „gehackt ‚ioerden,
fo Finnen wir und unfern mahiſchen Gefellen auch d tften
der Schatten verfäftwägert denken, und. wir Feruen'ams üuf.eine,
GSeene, worin Wepbiftopheled Peuto zu dem bruͤdertichen Dienfte:
bewegt, ihm den kEWMlichſten ſeiner —2— Für eine fange: Zeit‘
zu überlaffen. Die Art und Weiſe zu erfiaden, wien Helena
auf bie Oberwelt zuruͤckgefuͤhrt —* Eörme,: wird ſeine Sache
geweſen fein. Gewann er dutch den Beiſtand einer Here einen
BZaubertrank durch ben er Fauſt 80 Jahre dom Leibe
„sg werden ihm auch Traͤnke and andere Mittel ‚zu: Gebote ge!
AÆAanden haben, womit er: Helena’s Sinne betäwben "und bie.
Sriechin in eine laͤngſt det ſchwundene Zeit: karten beunte.
— ®
—9— —9— * Se Se 4* *
I : 0 in n
’ —— !
um et Ban
benteuer in Grigdhentend ‘zu beſtehen, eines Mrbiums, ı|-
alput⸗
v8 Kine entſtatiden
datte, ſo aben, jept
» bie Rechte der
Slqude häufig *
Kpochen ber.
Detamarpkole des Goͤthe ſchen Geiſtes ſich in derselben | zufeievenpeit. —
555
wart zau verleichen
wenn dieſe "Die » himmen anertannter ipontaee
ſied/ Deren, gamiss Ceb ii Guten -und .hem Rechte 5*
‚mer -‚Und die a ke gen
"pörliegenden Buthe Hefammelt;_ er dat ‘und ‘die weltberäfmten
Rt atoren lachen,
delehre ande Ihren Wowtennihre: Be
kin 1geoflambarspe Mont ihre: Liebe für "Beripai and er
„|.‚teit, ihren..Haß.gagen-.T ranasl wad Unteröchdung,
„ahnungen ‚um Sehhrfam
a Erf
&n best Benflaus wie in beffen Weofeitung ſuche ich nicht ben
eigentlichen fpartanifdgen pariae, wie wir gewiß die eigemt:
liche Helena haben („Kunſt und Altertum”, VI, 1, &. 298),
nidyt ein wirkliches Heer; fie en mir ntom *
—— St inf dem Drkab entnommen; ‘ ei
ober
fee Pha Er nur in Delramns durch
— —
IR ſich am Eue in di Elemente auf, aus benen er entflanben.
Wie weit war Ref. mit feinen Ahnungen hinter ber
bie der Dichter geichaffen hat!
ein reiches Leben, weiche Mannicfatt feit in jener
Walpurgisnacht“, bis bie Tram urfasamelt
And, bie den Stoff zu jenem Intermezzo geben follen,
und es heißt:
tt.
.
Shen Fe, SP. Ps -
: Bing, nd Sane, wo a
!gaaunferunndie
‘in :dn6 ‚det und Raumleſe HinahReist, um Helena
deraufzuholen! J
Bean wi |
“ x
"Stimmen der — und Dir‘ geehmatnn mn die
Füuͤrſten und Boͤlker diefer Zeſt. Kl eitır 3 Diftontig:
anlofophitigen Einldtang ‘von I. R
Palm. 1832. Sr. 8. 1 Thlr. 12 Br.
Am 80. Apell 1828 fagke : Genming -bei: :@elegenheit: der
: | Macbonatt’fdgen Wotion: „It is.true that im ne former penis
‘ig history is there.s0.elese a resenıblance.to the.
-in that of the reformation.”
Dätte Sanning noch länger 4
ledbt, fo wuͤrde ſich ihm dieſe Aehnlichkeit noch deutlicher darge⸗
Melt haben, Denn: wie im Zeitalter ber Keformation der GSlau⸗
bensfireit in Stadt und Sanb bie — Zwiſtigkeiten erregt
e Sander ain -uffenbarem. Awieſpalt über
und der —B wie damals der
—* fuͤr die ae eigennuͤri
fo iſt ee jetzt das ort einer
FIrrihei t, en soft gur Behrkedii
Abſichten fein mußte
gerlichen und: veligeb
6b: leur en HOexrſchſucht gehraucht wird x und
dener Zeit dein ‚Mittel:zu ſchlecht war
„‚fpart wurde, un ber einen ober Te ahdern- Partei An
‚nnd Seine Beße *
ben, fo ſparen die Udruhſtifte te Ten
ac ERORt hd RBLHNE Anm Free et arten
— — a ke
‘9
ie.ber ‚Ber. wafever Schrift auf... ER.
Aber‘ den dr ——A willen gewährt es Nugen,
Stimmen aus jener Zeit gu vernehmen und fie Kibseft
Yu; —— han hern —
me ſcher Maͤnnerx hat Herr
een | Galdin und Sroiaglt wor: vor⸗
deiſterung fir’ Satt mad
ihre
t uerorbuete
es vernehmen
un geifgemäß
egeit bie, von "6
ur‘ Untenwält gegen: das“
ETW ET Bönnewi wir. i
Kir And‘
911
bimtinenbe chrift- in
der ‚gu Melangen wine, eis
‚frig :mit ee * *
mußte, : feine Snfammeufkeliungen
Melanchthon's, Batoin's und Zuvingil’s.eigue MDerte (hei Denen
‚weis. nm die ung der von ide Mette herausgegebenen
Sxiefe Sutgeris wirmiffen), dann ber große Katechiamus La:
theais, bie Harmanie ber Slaubentbe öffe :kar orthodaxen
und reformirten Kirchen, bie augsburgifche Gonfeffion, fowie die
€ ‚ die erfte und zweite hetvetifche, bie
böhmifche, beigifche, ſchottiſche, galliſche und die bafeler Con:
eh Di Stetten fin Mberen aus a unb AR dit ale
m im Zufannnenhange mitgetheilt, und es gan ei der
von dem Verf. gewaͤhlten Drisung ber Moaterien sin eigen:
thämliches Vergnügen, bald den feurigen, Eräftigen Luther, der
unter Allen. am hochſten ſbeht, bald ben klaren, besebten, mit:
mater xhetorirenden Melanchthon, buld tie iſtrengen Miferer
:Gvin ımb Zwingli zu hoͤren, batb endlich die mehr an den
don der Geſetze und des Katheders hinſtreifenden Worfcheiften
ber verſchiedenen Confeſſionsſchriften zu vernehmen,
Die hiſtoriſch⸗ philoſophifche Einleitung, welche Herr Ruſt
mworgeſetzt hat, beginnt mit einer wuͤrdigen umb edeln Anſicht
-von ‚ber :Refpumatign. Darauf wird Thomas 8 .und
‚ber Wiebestäufer Treiben gefdgilbert, ihr Streben nach Fretheit
a :Wleichheit als flach, gehaltieer und ıgefeglos bargeftellt und
bie Meinung bekämpft‘, als fei die Reformation die Geunblage
des heutigen estravagivenben Biheratisumus, und alt wahren: bie. Maͤn⸗
ner des Volks bie Nachfolger Buther’s und Zwingli's, .da. bach
vielmehr jene Muͤnzer'ſchen und münfterfchen Unwuhen ber
grobe‘ Gegenſatz ber find und bie Vertäufer des
i revolationnaiven Treibens. In veligidfem Gewande Set
bei den Wiebertaͤufern derſelbe Bei fihtbar geworben, ber fpä-
ses im Politiſchen To große Werheerungen angerishtet wi
uebel fei r m, weil das Ehriſbenthum
veiht gepfisgt worden:
Bette au Hören glauben. : Denn ſchwerlich wird ihm.
Deigt zugegeben konnen, daß blos der Mangel/ anı ECEhri⸗
ſtenthum an allen Revolutionen Schulb ei. In demſelben Bimme
wird nun über das 17. und 18. Jahrhundert, über die Sitten⸗
‚und. Gettiofigleit an ben Höfen der Kinften, über Voltaire,
Atembert, ‚Wiberot, Lamettrie u. --4.= geſprochen. KRef.
"Weile zwar bes Berf. Umwillen über die legtgenannten
Phlioſophen und ihr unheilbringendes Treiben, aber des Berf.
<ttrtpeite. finb doch mitunter zu cheologiſch uad auch. ungeredt,” | ‚fir
wie das über Priebrih II. .1&. 76), wo fich Herr Ruſt aus
der Schrift von I. D. @.
:gide geweien”, eines Beſſern belehren Tann. *
deind, aber boch weit richtiger
franzöftfchtn. Phroſophie im der ;;@efdgichte der tantäver:
änderung in —** unter Nubwig XVI.” (6.1, ©. 1
— 66), uw. kberbies die Urfachen der framzoͤſiſchen Kevolu⸗
tion weit wen — entwickelt find als in: der vor⸗
liegenden Scheift. Auch ‚Aber bdie Allgemeine deutſche Bib⸗
©tveng ta⸗
bie Schilberung ‚jener
8
liothek“, über die Illuminaten, über Napoleon, ‚ber ben boͤ
} ef en bat durch B ud, ben Ober:
A der Meufein (&, 08), mob "efinen —a Here Raſt,
hex; NReſo⸗ haba
wnsiehnt Hat, ink Emsperis,
und
niqht
Wir mühe geſtehen, daß wir bier,
zu ſehr ben Prediger mid zwar: ben Prebdiger einee.gerkfien
0° 3:
Preuß: „Iſt Friedrich II. icretis | mfide
‚and zuletzt werden adıt Webingungen namhaft gemacht, welche,
aothwendig erfüllt werben muͤſſen, wenn es mit der Menſchheit
vbeſſer werben foll. Der gute Sinn bes: Verf. verdient Aner⸗Luth
kennung; aber freitich erfobert das Beſſerwerden noch andere
Bedingniſſe als die, welche ee vorgeſchlagen hat.
Der erſte Abſchnitt der aus den Schriften der Reformato⸗
sen 'ntleimten Steuen iſt überfchrieben: „Der Staat“. Die hier
zufaniımengeftellten Materien find das monarchiſche Princip, die
7 Bgl. Nr. d. Bi. D. Reb.
Begrundun
—5 fein. Im Staate rg hie „
Frie i
bete und fage:
Lieber Bott, ich ſoll bad Recht ſprechen, hilf, vaß ich nicht
danſen (©. 118), auf ihre Diener und Bäthe merken, eine
Unterthanen geborfam find. Ob feine
Nachha Jeinde ſcharren oder pochen, viel böbfer Worde
fehren: laffen, fo beufet er: Rarren warden allezeit mehr denn
Meile. BE gehen viel Worte in einen Gack und mit Schwei⸗
:gem wird ·viel / verantwortet. Darum fraget er nicht groß dar⸗
Jc. nach, bis er fichet, sbaf men feine Unterthanen angreife ober
finde. das Meſſer gezudt mis der That: fo wehret er dann, fo
viel er Tann, foll und muß; fonft, wer eine ſolche Memme ift,
daß er alle Worte will auffabem und fudyt Urfacdhe, der will
den Wind gewißlich mit dem Mantel faben” (©. 115, ober
„Bänumtlilye Werke”, X, &. 609). Wer zum Regimente will
gefchiet fein, ber muß dur Religion und Wiſſenſchaft dazu
gebifbet werden, und daher ift die Erziehung fuͤrſtlicher Kinder
von befonberer Wichtigkeit.
| (Der Beſchluß folgt.) y
A memoir on Sebastian Cabot, with a review of the
history of maritime discovery. Illustrated by docu-
ments from the rolls now first published. London
1831. j
Ein ehrlicher und fleifiger Nordamerikaner bat ſich des al
tem Schiffahrers Sesaftian Cabot angenommen und in ben Ionde:
ner Archiven geflöbert, um etwas Sicheres Über denfelben heraus⸗
zubringen, was ihm denn auch gelungen iſt.
Es ift etwas ziemlich Gewoͤhnliches, daß bie biographiſchen
- Wörterbücher einander nachrebenz Hat das erfte ober zweite Irr⸗
sbümer begangen, fo ziehen. fie ſich durch eine lange Reihe von
ähnlichen Werten Jahrhunderte lang hindurch, und zulegt koſtet
ed viele Mühe, bie Wahrheit wiederherzuſtellen. &o iſt es auch
mit den Nachrichten über Sebaftian Cabot gegangen. Die ‚.Bio-
graphie universelle’ hat alte Irrthuͤmer wiederholt, und ge
gen diefe hat denn ber wahrheitsliebende Amerifaner anlämpfen
wollen. So Hat er ſich die Unterfuchung zum Ziele geftedt,
bis zu weldyem Breitengrabe Cabot in ben Norden vorgebrungen ı
M. John Barrow gefleht in-feiner „Chronologiſchen Geſchichte
der Reifen in bie Polarlaͤnder“, man koͤnne unmöglich die Wahr⸗
heit aus Hackluit's ſechs verfchiedenen Angaben hierüber ausmits
tein. In der That find Hackluit's Angaben undeutlich und wis
derſprechend. Wäre man aber zur Quelle, nämlich zu Ramuflo’s ,
Sammlung alter Bteifen zuruckgegangen, woraus‘ Hactkinit ge:
föpft hat, fo würde man nicht fo lange im Zweifel verblleben
‚fein. ’ Dee Berf. beweiſt, daß Cabot bie 674° in bie Hud⸗
fonsbucht vergebrungen if. Vermuthlich wuͤrde ex noch weiter
geſchifft fein, wenn ihn nicht die zunehmende Angft' feiner Reife -
gefährten gezwungen hätte, umzukehren. Robertſon in feiner
„Geſchichte der Entbeckung Amerilas7 meint, Deinriy'VH.. habe
auf Gabot's entdeckte Länder Verzicht geleiflet-, - weit fie in den
vom Papfte bezeichneten Grenzen der Spanten zuerkannten Län:
ber lagen, und ev .fi wegen feiner vorhabenden Heirath mit
Katharina von Aragon mit Spanien nicht üneriderfen wollte. ;
Ueberhaupt meint Robertfon, jener König fei viel? zu gleichguͤl⸗
tg gegen neue Entdeckungen gervefen, als daß er fidy bei ben
Kriegen und Smpdrungen im Sande vamit Habe abgeben wollen.
Dier tritt ber amerikaniſche Polemiler wieder mit fchlagenden .
Gegenbeweifen auf. @r:führt nämlich vier Patente m, welche
den Cabot, Water und Eohn, ertheilt worden find, um ihre
Entbedungen ıfıd Befignahmen fortzufegen, und tweid.e beweifen,
daß ſich Heinrich VII. um die päpftliche Bulle imd des Miever⸗
gmügen Spaniens eben nicht viel bekümmerte, und daß ihn
Kriege und Smpörungen keineswegs von Seefahrten abſchreckten.
Allein‘ er war ein Wann, der nur dann von- feinen Unternehmen
abließ, wenn er nicht hoffen Eonnte, einen pofltiven Rugen bar:
aus zu ziehen. Dies war ber Ball mit den Entdeckungen ber
beiden Sabot; der König fah ein, daß bie Seefahrten viel Bed
often und in ber erften Zeit wenig einbringen würden. Nur
dechalb ließ er biefaxpen nicht weiter verfolgen und entmuthigte
daburch bie beiden Cabot und bie Freunde ber Seefahrten. Der
Berf. ruͤckt das merkwuͤrdigſte der ben Cabot ertbeilten Pas
tente wörtlich rin nach einem in bem Tonboner Arthive vorhande⸗
nen Driginale. Er erörtert bei biefer Gelegenheit mit Eritifcker
Gruͤndlichkeit eine Menge von Thatſachen, welche auf die See⸗
fahrten jener Zeit Bezug haben und in den Geſchichten der Sei:
feh häufiz misverflanden und unrichtig dargeftellt worden fint.
wirb ‚man in den
graphiſchen Entdeckungen Manches berichtigen können. —*
kiterariſche Notizen,
Von Delille iſt in 6 eine Ausgabe in
don Doffilon eine in ee Bänden erſchienen. einem
Bon ber angelünbigten ‚Histoire des anckeanes villes de
Franoe, par.M. L. Pitet, Verfaſſer der ‚‚Barriladen‘, der
„Stände von Mois“ und Generalinfpector ber hiftorifchen Mo⸗
numente Frankreichs, ift die erſte Lieferung ausgegeben worten
und enthält bie obere Rormandie. :.
Bon Gmma Roberts, Berfaſſerin der ‚‚Memeoirs of the
zival housenof York and Lancaster’, eridhienen „Oriental sce-
nes, sketches and teles” (Lonben 1882). Das Buͤchelchen ift
zum Zeil in Berſen gefchrieben unb wol der erße KBerfuch
einer: euzopäifgen Schriftfiellerin, ihre feloR in Indien gemach⸗
ten Gefahsungen und das bort an Ort und Steile Angel
ins poetiſchen Gewande wiederzugeben.
Hl. nn .
7 Den nte Band ber „Ananal biography and ebitsary”’
(Eonden 1855) enthält: 27 ausführliche Lebensösfchreibungen,
darunter bie des Dichters Frabbe, des Dr. Adam Glarke, ‚bes
Sir James Mackintoſh wud-Ste Malter Scott — ber Iehternn if
jedoch nur die von Chambers in Ehinburg. gelieferte zum GBeunde
Bande,
‚gelegt — ferner. die. vom: Seren: Beutham unb John Seslie.
Eine audführlichere. Biographie des Dr. Starke: wird unter bem
‚Zitel: „Au ancount of the infency, ‚religious and: literæy
life of Adam Clarke, edited hy-the row. J. B. B. Clarke”,
in Engtend angekündigt. *
Die bei Murray in Lonben erſcheinende dgabe
bes Werke, Byron's wird, auſtatt aus 1% Bänden, . wie. zuerſt
beredynet, aus 17 beftehen ‚indem bie zuhlreichen Anmerkungen
. 8 nun. $
.
‚biefe Erweitexung nötbig, machen. ': Dee Ishte Band wird eisen
vpuftändigen ‚Inder entalten und jett ˖ wei fihan in den „Düne
ben des englifchen Publicums fein. ıı -- 10
Im vierzehnten Bande, ber eſammtausgabe Byron's wird
Stelle aus dem „Ags of brenze”; N
Those parted wäth their teetk, to. good king John,
And now, ye kings! they kindiy draw your own;
‚All states, allthings, all sovereigns they contxol,
And waft a loan from Indus to the Pale.
: The banker-broker-beron-brethren, speed
. „ To aid these bankrupt tyrants im their need.
mit folgender Anmerkung begleitet. Belanstlicd) wird bad Haupt
ber beruͤhmten Familie Montmorenei der erſte Baron der Ghri-
ſtenheit genannt, weil der. Stammpater berfelben angeblich der
erſte Adelige Frankreichs war, welcher deu chriftlichen Glauben
annahm. Byron fpielt vielleicht auf einen Scherz Zalleyrand’s
an, ber balb nady der Baronifisung Rothſchiid's von GSeiten
bes Kaifers van Deſtreich mit ihm und dem Herzog don Dont:
morenci zufammentraf unb bei biefer Gelegenheit um die Gr:
laubniß gebeten haben foll, den erſten jübifchen Baron bem res
3.
die
ſten chriflichen vorftellen zu dürfen.
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: 8. 4. Brodbaus in Leipzig.
Kr —
8 >
B lätter.
für
literarifg 2 Unterhaltung.
Rittwod⸗
— Re. 1 149. —
29. Mai 1833,
Goͤthe's nachgelaſſene Werke. Erſter bis fuͤnfter Band.
Beſchluß aus Mr. 148.)
Es iſt uns gegangen, wie es Dielen gehen wird, daß
die Helma fie vor Allem anziehen und zum Simen und
Gruͤbeln auffodern wird. Aber welcher Reichthum, welche
Manmichfaltigkeit auch in den übrigen Scenen diefer zwei⸗
ten Abtheilung des wunderbarſten aller Gedichte! Welche
koͤſtlche Ironie in den Scenen am kaiſerlichen Hofe, wo
die Zaubereien der magifchen Sefellen am Ende das große
Arcanum — Papiergeld — zu Tage fördern; in dem zum
Baccalaureus herangereiften Schüler, bem Symbol ber
Stürmer unferer Tage; in ben derben Kriegesbeiftänden ;
in dem immer mit neuem Anmaßungen zum Kalfer zu⸗
rüdtehrenden Erzbifchof! Welche überrafchende Scene die,
wo Fauſt buch das dem Kaiſer vorgezauberte Bild ber
Helma ſelbſt gefeffele wird! Unb mer vermöchte nad)
Würden von den Schlußſcenen zu reden! Wir erinnern
nur unfere Lefer, daS fie nicht verfäumen mögen, die Scene
der erfien Abtheilung zu lefen, wo Kauft das Bimdniß
mit dem Teufel fchließt, um Die verriicheit der letzten
Worte deffelben ganz zu faſſen:
Sol ein Gewimmel möcht’ ich fehn,
Auf freiem Grund mit freiem Bo zu ftehn.
Zum Augenblide dürft’ ich fagen
Berweile bod, bu bift fo bh!
Eine große Wirkung thun bier die Worte böfen Geiftes
und des Chors: „die Uhr ſteht fill” — „der Zeiger fällt”;
sole der Commentar, den Mephiftopheles über das „Bor:
*. gibt, wenn wir den Ausgang des Ganzen dabei er⸗
waͤgen.
9 elleicht wird Diefer oder Jener ſich an das unmit-
telbare Dingehen Fauſt's in die hoͤhern, fellgen Regionen
fioßen und eine Abbuͤßungsſcene, ein Purgatorium ver
miffen. Aber war nie im Grunde Fauſt's 9 fe:
ben ein Büßen? Hat er nicht das Leid, die Qu der
Menſchheit in einem concentrirten Trank, vor Allem in
Gretchen's Kerker koſten, austrinten mäflen? Und ſprach
er ſich nicht in feinem legten Worte als Den aus, ber
befähigt war, num zu hoͤhern Regionen emporzufteigen?
Mef. wiederholt: es wäre anmaßend, gleich nach ber
erften Lecture dieſer zweiten Abtbeilung des Fauſt“ eine
Darftellung und Beurtheilung des Ganzen geben zu wol⸗
Im. Cine genauere contraſtitende Erforſchung der claſſi⸗
ki „Watpergiönache” und jener romantiſchen wird dem
Nachdẽnkenden wol eine Spur weifen, auf bee er ſich viels
leicht durch Das, was anfangs ein Labyrinth ſcheint, wie⸗
ders und zurechefmden wird.
Mas den zweiten Theil des Nachlaſſes Setchffe, fo
haben wir oben ſchon ber beiden raſch aufeinander folgen:
den Goͤte gedacht. Bei ihnen, wie bei mehren Werken
Goͤthe's der frühern Periode ift es Intereffant, zu bemer⸗
tn, wie der Dichter ſich nicht felbft genügte, wie er in⸗
flinftmäßig früh nach dem Vollkommnern, Glaffifchen ſtrebte
Recht auffallend iſt biefee, wem man das Heine Ging»
fpiel ‚Erwin und Elmire“ in feiner erften Geſtalt mit
dem fpätern vergleicht, wie es in Rem geflaltet ward.
An jenes frühere wird man durch den älteften „Goͤt erinnert,
befonders in der Scene, wo von des Knaben Karl Ratur
und Erziehung die Rebe ift, was, als ſtoͤrend, unpoetifch,
großentheile in bes zweiten Bearbeitung‘ diefed Dramas
getilgt wurde. Aber fo verfchieden find die beiden Goͤtze
noch nicht, wie jenes Gingfpiel in feiner zwiefachen Ges
flaltung ; der Zeitraum, ber zwifchen ben beiden größerm
Dramen liegt, iſt zu gering, und als Goͤthe „Erwin und
Elmire“ umarbeitete, lebte er in Stalin. Erſt der. dritte
„Goͤtz“, den ebenfalls der zweite heit des Nachlafles ent»
haͤlt, ſiellt fidy uns dar, als vom höhern {fs
det, zugleich nach den Anfoberungen, bie eine Repräfens
tation auf dem Theater macht. In ihm haben wir dem
feltenen Genuß, zu: fehen, wie ein wahrer Dichter fich
bemüht, das irdiſche Element, das Schwerfällige, das eine
Dichtung feiner frühen Jugend an ſi ich ru, zu entfer⸗
nen und fein Erzeugniß in bie heitern, hoͤhern Regionen
der Kunft zu fpielen. Indeß if ve höhere Kunſtſtun
Goͤthe's fon im zweiten „Big“ ſichtbar genug; wen er
freute es 3. B. nicht, die Liebe Adelheidens zu Gidingen
mit einer Leidenſchaft zu dem Eaiferlichen Karl vertaufcht
zu fehen! Und fchon in dem erflen Drama erkennen wir
den wahren Dichter, der die mannichfaltigften Scenen, das
buntefte Sewimmel unter Einen großen, geiftigen Blick
an le, Einen Gedanken durch daffelbe walten
zu
Die „Schweizerreiſe“ im dritten Theile ift uns zum
Theil aus dem WBriefwechfel mit Schiller bekannt. Aber
grade diefer macht uns diefelbe doppelt intereffant. Durch
ihn wurben wir angeregt unb aufgefobert, manche Lüde
614
nachdenkend zu ergänzen, was burch die gegenwärtige Ries
theilung * das reichſte geſchieht. Einen eignen Rel;
geroinnt diefe dadurch, daß wir fo mandyes ber ſchoͤnſten,
Gedichte Börhe’s nun gleihfam auf dem Woben genießen,
wo es entitanden iſt. Um Meyer, den denkenden Kuͤnſt⸗
ler, dem weum. Freund, deng Goͤthe ſchen un J. 86
in Ronm gewann, den er daun zu ſich ach Weimar. zes,
mit dem er eine lange Reihe van Fahren wirken follte —
um ihn dreht ſich großentheil bdiefe Mittheilung. Wir
freuen uns, daß dem neuen Freunde, der deu
Vorange⸗
henden nicht lange uͤberleben mochte, bier ein wohlverdiem⸗
tes Denkmal‘ geftifter iſt.
Dis „Bells am Rhein und Main” iſt aus. den drei
eften eften von „Kunft und Altertum” bekannt.
In d le wie im einigem: andarn ſtauden
and) ‚onöiteathelit: dia Karläe,. bie: ben wiegen: und. fünf
u: Theil de Nachlafſes fahr. Doch finder wir in ih⸗
nen auch manches bis dahin ——— wie deun Ref.
den en Auffam des viaten Wandes: „Regen. für Schau⸗
ſpielur nirgendwo geſuihen zu haben ſich erinnen; and
mer. ihm nur: auf ‚Deus. Briefeachſet; mit. Schiller bekam,
daß Bäche ühsr: dem Dilikansiemms etwan zu: ſchreiben
benbfichkigte., Wie Schade, Haß dieſe Gizze nt auge
führr iſt! Dean, wen. hattt wırhn Necht, über eine folche
Matsrie: zu, ſchreihen, als u, ber ſich nie genusthat, ber
auch bes —— zu Imume größer Voll⸗
touumenbeiti geſtalate; der dachte, abe ex ſchuf, und im
Echaffn intmer — 78— geiſtige Kraft entwickelte!
. . Erfonstich iſt es, im fünften hello, die Betrachtungen
über. GShakſpeare zuſammengeſtallt zu finden. Sie. werden
Diefem ober Jenem Anſtoß pe den nicht bebenks, daß
hier ma. won. Shalſpaara auf. den Bübne die Rede iſt.
Si dieſer Radficht, konnten die Beme⸗kungen nicht. andere
andfallen,, von Dem gemacht, ber, fo viele Fahre hindurch
ein arnſtes und- tiefes. Stubium: ans ben Theatraliſchwir⸗
tenden machte, den. Calberan lebendig angeregt. hatte: Seht
wafrenlig: wor sk dem. Nef. ber Auffas: „Literariſcher
Grund ntortitenns‘‘, endlich, au den- „Damen“, vona 3. 1795
wieder, abgebrudt: zu ſehen. Unbekaunt waren ibm bis
jet Die: Necenfion von Fied’s: Dramatuegiſchen Blättern‘,
bin Bemesrlungsm. uͤben das. Nibelungenlied“, üben das
Luſtſpiel: „Die: Dofbamer, ah. kber Jaecabs „Anberle
fenen: Briefwechſell.
Auch das Schlußwert diefen erſten Lieftrung des Nach⸗
laſſen „An. jnuge Dichter, ſcheint ei. jegt: erft: bekaum
gemchtes; es, enthätti eint Stelle, bie Veſ witzitheilen
ſich auch enthalten fsun. .
Wenn idii.(fogt der grafe Muſter: mit der ihm z ei
MAeſchridanbeit)i au oechen fol, was ich dem Deutfchen: übers
baupt,, befonhers de jungen, Dichten, geworben bin. fo, darf. ich
mich, wol ihren Brfieier nennen; benn fit find an. mit gemahr
— aß; wie der: Men ſa von Imen heraus leben, ſo ber
Känflker- vom Innen: berand: wirken maſſe, indem: en, gebente
— er ſich a er will, immer nur fein Individuum zu Tage: fd
1)
Beh vum Beier kaͤnnen wir: — 2 audens a a
Daun ::
2: Geht: em frifee uud, finh —X * manifefkipt ei
bee Perſon, und
den mecth ſtines Lebens, bie Hohelt ober Anmuth, vielle
3* en anmuthige —28 —8 von ber Fehr ee
war.
Wir ſchließen dieſe Anzeige mit den fchönen Worten
bes Lucrez |
— —3 ————— ——
De ien und beä Agen Si,
Die nicht erfchüttert der Wind, und ai * Wolken
Nicht anſprigen, noch hleidher Ochnse, nam Beofe gehaͤrtet,
Niederfallend entſtellt; ein nimmer bewoͤlketer Aether
Lacht um fie her und breitet ſich aus, in Sehen. bes
Lichtes.
Zonen: audz. reicht: hie: Vatu cum felben Xeh, uah nidbts
ze. felige Ruh nur Augenblide an inbern.
irgend® erblick ich jeboch die acherufiſ her Schlonde
Sa, es ergreift wich Himmtifche Luft und innerer Schauder,
Wenn td: bebenle, daß fo, durch heine Kräfte has Geiftes
Aufgebestt.,. die. Natur fi. von. allen Geiten ———— bat,
Stimmen der Reformation: und der Reformatoren an bie
Furſten und Völker dieſer Zeit. Reif einer hiſtoriſch⸗
phitofophffäyen Einteitung von J. Muft,
(Beſchtuß aus Nr. 148.)
Ber britte —— „Die —— € enthält vor: .
erutigende.
zugeweiſe — der · Refor
matenen und ifl: ven einem ˖ beſandern — —
denn alle Ausfpräde führen bakie, daß bie: edzge Freiheit (und
baß diefe in den Reformatoren wohnte, bezweifelt body wol Rie:
mand) verträglich ſei mit Gehorſam und mit‘ Unterwitfigteit
gegen die Obrigkeit. Die Unterthanen- follen nicht vergeffin,
daß bie Obrigkeit von Gott eimgefegt iſt, daß fir: biefex goͤttü⸗
hen Anordnung bie größte Wohlthat verbanten. Sie fallen ba
‚ser. Die nicht verachten, die am Staatöruber ſtehen, fie follen
vielmehr fie lieken und für fie.beten,. thren Befehlen treu und
gewiſſenhaft gehorchen, ihren oft nothwendigen Ernſt ertragen,
mit ihrer Lage zufrieden fein, die geſetzlichen Abgaben gem -und
willig bezahlen und mit Sreube und mit fronumen Sinne zum
gerechten Kampfe folgen. „Darum, fagt Suthen, „it das auch
ein gut und heilig Werk, wenn du deinen Zeind tobt ſchlaͤgſt, fo
du bat ben Befehl von deiner Obrigkeit‘ (©.:169). Der Abel
fol. mit gutem Beiſpiele vorangehen, er Io gowesfärchtig. tw
genbbaft, — ‚ gebliber Vin. tr Föntren niht umyin,
eintge: Ausfprü
euthers ——— ve „Jeht thun emfre- Süm:
fer vom: Mel auch alſo: wem. man bie Böfen fchür,. To ſon
ea ne Schantprsbigt- oben. Ehandbach heißen: wider den Lübli-
hen Abel. Wir ſchelten und ſchaͤnden aber nicht ben Idoblichen
Adel, Tondern, wir, halten, ihn für ein theueres, zartes& Kleinod;
aber ben fhähdiiden Adeı m wit fdelten, der fily will un:
ter den‘ ebern · Des- Föbtichen Adels in- feimer Untugend verthei⸗
dioen· Adili oevachtet bie: Anbena alle, ſo vom g
Geſchlecht undi GStonde ſind. GA muß zwar ein Umerſchie
Stände in dieſem Be gleichmie ein
recht unterſchjeden wird von einem Heiben, und was berfelben
Staͤnde mehr ſind. Ader wer um eit- ober Worzugs
willen ſtolziert, em iſti glei! Dapft. - oder: ſonſt Her -afletigernal:
ie — der AH etw
HR
(8%: —— — —— m 24
fir ——
nn an m VE u m ya nn wg men
fromme —2 der Jugend. Iſt der Aufruhr aber ausge:
. üben. bie. Umterwpärfigteit
" 815
ats biefe nichts. gegen Gottes Wort unb Geſetz befiehlt oder ums
aaa Geſchie — dies, fo gilt der Spruch: en muß Bolt
mehr gehorchen als ten Menfchen‘‘ (&. 179181). Die Guau⸗
terung biefes Spruchs, der allerdings eine große Willlür zu:
läßt, if von Luther in faſt blos
worden, wie es bie bamaligen —— ae mitfich ringen
mußten. Den — bus iD Der der: Bier Rebe, erken⸗
an pie nicht. als einen Han
er vierte und laste Ab — —— “ie Revolus
—* a olitik an.
ehört hun wOble Mm Mm
2 : mie mit di damen be⸗
er e echte ver! unb bie hi erbeifuͤhren und egen.. finb
ch * Brad » fuͤhr Ar
tion‘,
*
nee und
Hier 197 fg. auseinanbexgefegt, daß ein
böfer ram —* —* als ein boͤſer Krieg, aus bibuſchen
und heidniſchen Belfpieten' bewieſen (©. 1 fg.), daß ſich Kies
mand mit egner Gewalt rädyen fotl, daß ber tolle Poͤbel nicht
viel fragt, wie es — werde, fonbern nur, daß es anders
werde : 208), usb &.. 210: fg,. lehrt. Salvin, daB men ſich
auch dem Regimente ber. Sottiofen und. 9 Tichtuergeffenen mit
Demutg unterwerfen: Weiter Euther bie Frage,
ob die Unterthanen v erpflichtet wären zu gehorchen, wenn ein
König ober Herr feine Eide nicht Hält und ni nach den: vor:
—— Artikeln EHEN wobei er gugleih- (G. 218 fg. ober
ein polttifdjes Gutachten über ‘die Bers
bes Si N en Dänemark es war Ehriſtian II. unb
—* in das Se 15 r maß Sr: Ruſt hatte ans
Kt a fowie ud ©. eine Berichtigung nöfhig
macht‘, da: Pythagoras Hier unter den: Tyramen genannt
wird) durch feine Unterthanen und bie eäbeder. abgibt. Die
legten erhalten Unrecht unb werben „‚aufrährerifdge Gottesdiebe
enannt und bt bie —* an der goͤttlichen Majeſtaͤt ver⸗
Anbigt‘‘ haben. Streli giofikt, Ungfaube, Hochmuth,
Selbſtſucht, nicht das ham mit feiner Lehre von
der cheiſtlichen Freiheit rufen den Aufruhr in das Dafiin: Zus
legt ermahnen die Reformatoren hie Fuͤrſten dem Ausbruche bes
Kufrubes busd); rechtzeitige Reformen des Ungenögenden im ber
Ötnatshausdaltung u begegnen, ferner. durch Weicbung eines
inmes im Wolke und durch eine weife und
ſoĩ bie Fuͤrſten auf Gott vertrauen, mit Weist
5 Hand gar — 2 — bieten und mößde, —* unb
v
Eowelt der Gang in Im: Rufl’s Schrift. Nach unferm
Dofbrhaiten: ifi ber gmweite und Ariske.Abfehuirt darlolben am
ußetichften. für unfere Beit. Den Anfichten ter Reformatoren
unter ben vechtmäßigen. Lanbeäherrn
verlagen wir ebenfalls nicht umfyen Beifall, mus. find bigfelben
fowie, auch dia Etoͤrterungen über. den Staat im.euften Abſchnitte
zu tbeologifchsrinfeitig, umınod. im 19. Jahrhunderte als ganz
ausseichend et werben zu Finnen. Denn. bie. Rafarma⸗
Fe — die Fragen über The, flänbifche Verfaſſung,
n, Gehorſam, Empoͤrung u. f. w. wefentlich na
Weihe. vd bi. juͤdiſchen oder. en Biunbfägen, 33
phifche, Baweiſe und hiſtoriſche —— dea Aarhenn hatten
bei — BR weniger Gewicht. Gin innigeres und einiger:
Soden ini Gtanter warderß das Grgebniß
—** die mit den Anſtchten der Glaubens⸗
aͤupter of in Widerfprudy flanden. In ihrem Gifer ‚für ben
@lauben lag bie Werbefferung der bürgerlichen Berfaffung und
Sefeggedung gang außer ihrem Gefichtskreiſe, ber Staat erſchien
ihnen nur in dem Lichte des Alten Teſtaments, und uͤber deſſen
Grundlagen, Zriebräber und Zwecke hegten fie Borftellungen,
hinzielten bie iedenen materieflen
und politifchen Elemente des menſchlichen Dafeins in ſtaͤrkern
Hi
. „8 | BESSHEE POTTER
au bringen. nte body Luther im Jahre 1540
ber. biblif (m Set im @vang. bes Lucas VI,
a he {hr ‚ih Safür hoffet) jegliche Erhebung von Bin
Zeben, der Gelb auf Zinfen außliche, für
einen een und Ruder erklären und bies den Derbigern in di ei:
ner befonbern Bermahnung („Saͤmmtl. Werke”, X, 1025) ein:
Die ben aud immer iſt, fo wäre es doch bie gröflte.
Unbanfbarkeit, Luther's und feiner Genoffen unfterbliches
Wert barum herabzufegen,. weil bie &taatsweisheit des 19.
hoͤher ſteht als die Schuls und Kloſtergelehrſamkeit des
16. ne vi Wir wieberholen daher unfer obiges Ur:
theil, daB. wie die Schrift de Hrn. Ruf für ein
* Bus halten, das mit NRugen und Grbauung „gu
werben kann
Defkeid wie es iſt. milde von Hans Normann,
Dies Theile im zwei Abtheilungen.. Reben, Goͤdſche.
1833. 8. 3 Thir. 8 En.
Der Verf. diefes ſehr ſeltſamen Bucher ift im Agemeinen
wuͤthend gegen bie Welt, und gegen bie proteftantifche insbe⸗
fondere, weit fie fid einfallen täßt, fi bier und da über bie
Deſtreicher luſtig gu machen und bie Wiener in ber Frembe zu
bänfeln. In biefer Seelenſtimmung ſegt er ſich zu London hin
unb ſchreibt ein Buch, das uns die Unübertrefflichteit oͤſtreicht⸗
ſcher Staats⸗ und Volkszuſtaͤnde, die (ger nicht befteittene)
Liebenswürbigkeit ber Wiener, bes Herrn v. Hormayr ſchwarzen
Verrath, die Weisheit des Kaiſers Franz, bie Grätfeiigfeft feiner
Staaten und viele andere Dinge beweifen fol. WBdrum er aber
dies fo —— gellebte und — Baterland verlaffen
habe, warum er in der ſpaßhaften Prognoſe (alias:
Vorrede —) uns verſichert, daß das freie Amerika feine Geben
haben — ‚ warum dies geſchieht, erfahren wir nicht.
uns jeboch nicht wundern, denn der Verf. iſt ein FA
enſch, aus dem es ſchwer halten würte, einen con⸗
—* m ntadhen. Indem er — * verſichert er uns, daß
es Schreiben, überhaupt alles Wiſſen Benkin und’ Digten
der Menfchen dummes Zeug ſei, und. daß wir "Alle Leſe⸗
und Schreibenarren wären!‘ Sollte dieſet Gedanke wol: echt
öftteichifch fein? Es kann fo ſiheinen, da grude Das, was am
Deftreicher zu ruͤhmen ift und was der Verf. felöft vor Allen
an ihm rähmt, fett forglofer, phyſtſcher Eebensgenuß, ſeine
Sutmäthigkeit, feine Scheu vor Dem ik, was die Verdauung
fört. Die Verehrung‘ der Were theilt ſich zwiſchen Kopf mb
Magen, und ber Deſtreicher ſteht in dem Ruf — gereiht ober
ungerecht, wir wagen nicht zu entſcheibder —, daß er bie
78 ber Ganglie —* der des höhekn Rervenfoflenid vo;
Indeni der Verf. feine Landslente gegen hiefeh Horw re N hr
tigen will, beweift er nad allen feinen Kräften, daß er
gegründet if. Schwere Geſchick eined Autors!
Wäre alles Dies nur vernüänftiger, lesbarer.und beffer, wäre
in biefem ganzen viertheiligen- Buche nur Serie, Rachdenken,
Geſchmack ſichtbar, fo moͤchte es hingehen. Aber eine fü g
fhmadiofe, ttrockene, einfältige. Gompilafion ,. bier‘ und ba ur
toͤll ggwordene poetiſche Proſa unterbrochen, macht or auf a
wenig Beachtung Anſpruch. „Meim.Vaterlanh, d 1
fingen. Kufria, (öde, fiebeglühenbe ‚Kufria,d ia
fingen, wie ich dich gelüßt, wie {ch mi bie — und, At
in heimlidgen runden, wie ich geweint an keiner ‚Bruß,
geſchmachtet ald Mann’ — fo be it dei fonderbare Autor
und nun erzählt er uns, wie viel Kühe und Ochfen gehalten
merben, wie viel Stocpruͤgel ber Feldwebel aus eigner Macht:
voukommenheit ertheilen darf, was Induſtrie und Gewerbe her:
vorbringen, und was in Küche. und Keller zu Wien vorgeht.
IR das Belang? Almähtiger Appl! Dan erfährt aber nichts
Kuss au. dieſem · Buch Der WVaxf. Alt vielmeßr, wie mandyer
\
618
Wirth, ſelbſt fein deſter Gaſt. Ohne feinen unt m’ 3om | mätbe iſt es nichtöfagenb, verkehrt unb unbraudber,
le ve * die Proteſtanten, mit hoͤlzernen an ben wenigen Stellen, wo es it ſchmuzig a ner
+ en unb ihrer Beligion, bie wie alle Religion (fagt er) | tig if. 3,
ierth und halb Mythelogie, halb Verſtandesretigion if,
gegen Hormayr und gegen die Franzoſen; ohne dieſen unterhal⸗
tenden Grimm wäre kein Bud) gar nicht zu verbraudgen. Als Literariſche Anzeige
ein bie Diatribe gegen ben Proteftantismus &. 70, ber bald zeige.
ein hoͤlzerner Wegweiſer mit unlesbarer Aufſchrift iſt, bald | Bericht über die Verlagsunternehmungen für 1833 vor
I 1 en endet) en Tu F —S F. A. Brockhaus in Leipzig.
amer iſt als ber „mit zau em umflorte .
bp" — iR wirklich nicht minder Tpaßhaft als bie glei | — "fertige von ben Abkkaen IR Sie Geihenune une Deore
darauf folgende furchtbare Denunciation gegen Hormayr. Wir (Bertfegung aus Nr. 146.)
fahren daraus, daß ber Verklagte 1809 nichts gethan und heute | 24. Thiele (J. M.), Leben und Werke des dänischen
feines Lebens in Tirol nicht ſicher fein würbe, daß man dem Bildhauers Bertel Thorwaldsen. In zwei Theilen. Mit
großen Ghamäleon auf den Kopf knallen würde und ihr zum 160 Kupfertafeln. Zweiter Theil. Gross Folio. Auf
3. wuͤnſcht. Das ift wenigft ” en zienee x vier Binden | dem feinsten Velinpapier. Cart.
Drud! Wodurch Hormayr ſich den Grimm des Berf. in ſolchem „aa ee Saal, ai X £ppfetefeln md ‚einem a Beckmile, 8
Grgade zugezogen hat, daß er ihn mit nicht wiederzugebenden
Sdihshonen beehrt, wiffen wir nicht; wol aber wiffen wir,
daß er ſeibſt, fo oft er nicht Gelegenheit zu folgen und aͤhn⸗
lichen trefflichen Grgüffen von Philofophie oder Wuth findet,
der langweiligfie, trockenſte, albernfte Gompilator geographiſcher
* ſtatiſtiſcher Rotizen iſt, den man ſich denken kann, nebenbei
au
ders zum Landſchaft⸗ und Gittenmalen, nicht weniger als Alles
fehlt. Einer rohen Seele, in der auch nicht ein Fuͤnkchen von
Schoͤnheits⸗ ober Kunftfinn und weder hiftorifche Studien, noch
Hhilofophifche Bildung anzutreffen if, kann ein Gemälbe biefer
Art niemals gelingen.
Nachdem in diefer Weiſe bie fämmtlichen "Provinzen bes
Kaiſerſtaats burchfiogen find, ohne daß von Dem, was im Ein⸗
gang verfprocden wurbe, auch nur das Beringfte erfüllt wäre,
geht ber Verf. in ben legten beiden Abtheilungen auf „Wien
wie es if’ über. Bier erfahren wir denn nun etwas mehr;
nämlich, wie ber gute Wiener bei jeder Klage überzeugt iſt,
- ee irre fi, unb die Regierung verfiche es befler (ein Troſt,
ber in ben meiſten Fällen ganz gegründet fein wirb), daß
Metternich in Wien verhaßt fei, weil ex jebeömal fein Zimmer
ausräuchern laffe, wenn ein Bürgerlicher es betreten hat (wie
macht ex es nur mit feinen Laquaien, ober bat er lauter Gra⸗
fen zu Dienern?), daß ber Preßdruck empoͤrend, die Beſtechlich⸗
" Teit der Beamten notoriih fei, baB bee Soldatenrock ein
Schreckniß, bie gebilbeten Stände feit 1880 fehr aufgeregt feien,
daß ber Deftreicher, als Deutfcher betrachtet, nichts tauge, und
taufenb andere Dinge, bie ber Verf. in feinem Zaumel fo binfas
felt, ohne daß feine Anklagen irgend eine Bedeutung hätten,
Sehr erbaulich tft das Capitel über Literatur, Geiftesthätig«
feit und geheime Literatoren, wo ber Verf. wieberum lehrt,
wie gefährlich es ift, ‚feinen Zorn zu erregen. Ehe man fid's
verfieht, hat man nämlich den Ehrentitel eines dummen Gelehr⸗
ten an bem Hals. Die, Kritik, in. welche fi ber Verf, im
Abfchnitt: „Univerfität” kürzt, iſt hoͤchſt ergoͤzlich; Dumm, greus
lich, bölzern find feine gewöhnlichften Bezeichnungsworte. Der
legte Abfchnitt enthält Bolksfcenen, Charakterbilder u. dgl. Auf
dem Wurftelprater, in ben Ballſaͤlen für Freudenmaͤdchen unb
Brettihupfer (Laquaien) ift der Verf. zu Haufe, Die Bemeins
beiten, weldye bier zum Vorſchein kommen, geben einen rich
tigen Mafftab für die Geiftesbildbung, bie Herkunft und ben
Beruf zum Autor ab, befien ber Verf. fi) rühmen kann, unb
werden nur von den Schmaͤhlichkeiten überwogen, bie er &: 17
zum Beften gibt. bier machen wir, bad Buch’ zu und überfchlas
gen gern den mehre Geiten langen Katalog der Schimpfna⸗
men, welche am häufigften im Munde ber wiener diſchweiber
anzutreffen find. .. re
As Wert des Geſchmacks tft dies Buch unter aller Kritik;
als geographifches oder ftatiftifches Hälfsmittel ift es ohne Ber
beutung und hoͤchſt unzuverlaͤſſig; als Volles ober Sittenge⸗
noch der unzuveriäffigfte, und daß ihm zum Malen, befon: |
|
|
.D Ihlr.
+25, Urania. Zafchenbuch auf bas Jahr 1834. Mit bem Bild:
niffe Zelter's und ſechs Stahlfiichen nach englifchen Gemälden.
16 Auf feinem Be i open Geb. in Goldſchnitt. 2 Thlr.
1890 koflet % Snie, Ges, ıhsı, 1u0d up andl ben 2 ars nung
IM. An neuen Auflagen und Neuigkeiten erfcheint:
+26. Aleris (W.), Wiener Bilder. 12. Auf feinem Drud:
papier. Geh. |
+27. Bean (Briederike), Römifches Leben. Zwei heile
Mit -zwei netten. 8. 45 Bogen auf feinem Druckpa⸗
pier. Geh 8 Ihe. 18 Gr.
+28. Brzosewsks (M.), La guerre de Pologne en 1831,
Avec uns carte de la Pologne et dix croquis des batail-
les principales. Gr. 8. 19 Bogen auf feinem Druckpa-
A Geh. 2 Thir. 12 Gr.
*29. Gonverfations « Lerifon, oder Allgemeine beutfhe Real: Ens
pliopädie für die gebildeten Stände. Adyte Driginalauflage.
In zwölf Bänden oder vierundzwanzig Lieferungen. Jede
auf weißem Drudpapier 16. Groſchen, auf gu
me re —*
tem ibpapier 1 Thaler, auf extrafeinem Reli ier
1 Ip. 12 Ge " |
get oielfage er a BEE pam geazbels
—8 , Kukenn Selen tt Beit förtgerd ts
enden eleferungen einen iR Zwiſchenr ——— o *
. Nr. 8. ,
80. SisHolg (Branz von), Schauſpiele. Zwei Bändchen.
8. Xuf feinem Drudpapier. Geh
a8 erde Bändchen enthält das
er ie Hofdame‘’, mit ben Briefen
81. Ersch
seit der
neueste Zeit:
on Städt
the’3 berälee an ben Bers
—— Samuel), Literatur der schönen Künste
itte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die
Systematisch bearbeitet und mit dem nöthi-
geh Registern versehen. ' Newe fo Ausgabe (vom
diger Resö in Halberstadt und K. C. K ing in
Dresden). Gr. 8. Auf gutem Druckpapier.
82. Ersch (Johann Samuel), Literatur der vermischten Schrif-
ten seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die
‚neueste Zeit. Systematisch bearbeitet und mit den nöthigen
“ Registerh versehen. Neue fortgesetzte Ausgabe (von K.
C. Kreukling in Dresden), : Gr. B. Auf gutem Drock-
papier. «
ar VE Sröcrg iger ten teens ne 1 mie
”58. Goldfmith (Dliver), Der Landprediger von Wale
field, eine Erzaͤhlung. Neu überfege durch Karl Ebuarb
von ber Oelsſsnitz. Mit einer Ginleitung. Zweite Aufı
lage. 12. 114 Bogen aufgutem Drudpapur. Geh. 15 Br.
(Die Bortfegung folgt.)
Nedigtrt unten-Werantwortlihteit der Berlogäbanblung: F. U. Broddaus in Beipsig. : }
0.0.0: für
..Donnerötag,
‘
‘ee
— [nen
Abermals eine Stimme über Nordamerika.
Das erfle diegjährige Quartalheft des „Bainburgh re-
view‘ liefert einen umftändlichen Bericht uͤber die Vereinigten
Staaten non Nordamerika, den wir im Weſentlichſten bier bee
Mitteilung werth erachten. Er iſt aus der neueſten Schilde⸗
rung dieſes fo viel beſprochenen Landes von James Geuart:
„Three years in North America“: (2 Bände, Edin⸗
burg 1833) gefchöpft, und ber Referent ertheilt dem
Reifenden das Zeugniß eines Seldenichaftlofen, competenten
Beobachters, dem es keineswegs wie fo mandem Andern
darum zu thun fei, ben Lefer zu beluſtigen und m Ex
ſtaunen zu ſetzen, ſondern der im ſchlichter einfacher Rebe
eine Meihe redlich angeflellter Korfchungen und aufmerk⸗
ſamer Wahrnehmungen . uber Menfchen und Dirige daſelbſt
vortrage, mit ben gewöhnlichen Kunſtgriffen reiſender Aus
toren unbekannt.
Wir wollen nicht leugnen, daß uns bie bekannte Reife
ber Mrs. Trollope hoͤchlich beluftige hat und uns als
eine lange erfehnte Anficht der Schattenfeite jenes unftreitig
zue Ungebühr von manchen Selten ber gepriefmm Lanz
des der Freiheit willlommen war, geben aber gern zu, daß
die Verfafferin oft zu ſtarke Farben auftragen und nicht
ganz von ber obigen‘ allgemeinen Beſchuldigung maucher
Meifenden frei bleiben mag. Wir halten es daher auch
für einen Sewinn, wenn ein. Mimn son höherm Stande,
wie. Herr Stuart, ber fihon -barum in ſeinen guͤnſtigern
Urtheil über einen republikaniſchen Staat Glauben vers j
dient, manche der durch folche Bücher erregten Vorurtheile
berichtigt, und fit) — dem „Edinburgh review” gemäß
— gleich fern von Capitain Hall's patriciſchem Abſcheu
vor Demokratie, wie von Mrs. Trollope affectirter feiner
Sitte und von Miß Wright's Vorliche zu Skepticismus
und Epudndpfen erhält.
Here Stuart kommt mit feiner Gattin Ende Auguft
18283 in Neuyork an und macht alsbald die unerwartete
Erfahrung, daß diefe in dem Umfange ihres Handels viel:
leicht nur London allein in der ganzen Welt nachfichende
große Stadt, die ohne Aufhoͤren von unzähligen Fremden
aus Europa beſucht wird, Feine beffeen Bafthäufer und |:
andere derlei öffentliche Einrichtungen defigt als jebe an:
dere bevoͤlkerte Stadt Amerikas. Der Fremde findet das
felbft die nämlichen Uebelftände wie Überall und wird von
Kelinerinnen, die lieber figen als fichen, von Aufwaͤrtern,
[2 .’. . “ .
> “ — —
- Rr. 150. ——
"130, Mai 1833.)
— Zu en — Pre
die ſich einbilden, daß auch fie Gentiemen find, wie fich
von ſelbſt verſteht, ſchlecht bedient.
‚Mach einem kurzen Aufenthalte in Neuyork fährt Hr.
Stuart in einem prächtigen Dampfpaletboote den Hudſon
himauftund legt 15 engliſche Meilen, alte Stiüftände mit
inbegriffen, durchſchnittlich in einer Stunde zuruͤck. Er gibt
eine lebendige Schilderung der herrlichen Ufer dieſes edeln
Stromes, auf benen er allmälig eine geraume Zeit woh⸗
nen bleibt. Was er über die unermeßliche Kanals
ſchiffahrt fagt, wodurch der Hudſon mit ben großen Seen
einerſeits, mit.dem St.⸗Lorenzoſtrom andererſeits zufam-
menhaͤngt, iſt hoͤchlich intereſſant. Der Erie⸗ oder Weſt⸗
kenal iſt 383, der Champlain⸗ ober Oſtkanal 63 engl.
Meilen lang. Beide wurden im Jahr 1825 vollendet
und flößen eine hohe Meinung yon dem Staate Neuyork
und der Weisheit, dem Unternehmungsgeifte und ber Aus:
dauer de Witt: Clinton’s ein, dem ihe Bau vornehmlich
zuzufchreiben if. Der Nugen, den fie der Union und
insbefondere Neuyork ſchon gebracht haben, laͤßt ſich nicht
berechnen. Wird aber erft der ganze Plan duch Eröffs
nung bed großen, fchon weit vorgefchrittenen Kanals vom
Eriefee bis zum Ohio vollendet, fo befteht eine innere
Waffercommumication zroifchen Neuyork und Neuorleans,
und das ganze Land oͤſtlich vom Miſſiſtppi und ſuͤdlich
vom Hudſon bildet eine große Inſel.
Die Zortfchritte der Bevoͤlkerung und Givilifation Ame⸗
rikas find erftaunlih. Der Eriefanal, den Here Stuart
auf feinem Wege nach Niagara befuhr, führt vor vielen
reihen und blühenden Städten vorbei, an deren Stelle
vor einem halben Jahrhunderte nur Waldung zu fehen
war. Unter feinen Heifegefährten befand ſich ein ſehr
wohlhabender Dann aus NRochefter, deſſen Sohn, ein jun:
ger Menfh von 18 Jahren, das erfte in der Stadt ge:
borene Kind gewefen war, die damals ſchon 13,000 Ein>
wohner zählte, und Baumwollenwerke, Webftühle, Woll⸗
factoreien, elf Mehlmühlen umd fechs oder fieben Kirchen
befaß. Solche Wunder begegnen aber dem Blick des Rei:
fenden in Amerika überall! -
Herr Stuart gibt eine Iehrreiche Beſchreibung des
neuyorker Staatögefängniffes in Auburn und eine Uebers
fit des darin beobachteten Disciplinarſyſtems. Aus den
thatfächlichen Angaben erkennt. man, daß bie norbamerifa:
nifchen Befängniffe Ihren Ruf als die am beften eingerichteten
618
der civilifieten Welt mit Mecht verdienen. Wie es um
einige der Haupteigenfchaften eines guten Gefaͤngniſſes be
ſchaffen ſteht, mag man daraus abnehmen, daB 1) hin:
ſichtlich der Dekonomie das Arbeitslohn bes Gefangenen
8 Auburn die Koſten ihrer Erhaltung, inbegr en der
ebalte Tür Aufſeher und Wärter vollkommien
— des Geſundhats zuſtandes die "Zahl —*
tem im Hospital das in ſolchen Anſtalten unerhoͤrt geringe
Verhältniß von 1 Procent ergab, und 3) hinfichtlidh der
Moralität von 160 aus Aubum entlaflenen
112 entſchieden gebeffert, ehrlich und arbeitfam geworben;
und nur 26° Arefchieden fchlecht geblieben find.
Daß Dieuſtfertigkeit umd Ruͤckſichten gegen Frembe in
den nordamerikaniſchen Freiſtaaten nicht zu Hauſe ſind,
darin ſcheinen die Reiſenden ziemich üͤbereinzuſtimmen, und
auch Hr. Stuart ſagt z. B. von bet Aeinen Stadt: Bf:
Das Hotel wat geräumig: und gut, bie Leute barti- leidlich
wobiseftiunt; doch hielt nd ungemein. Shen, hen Aufwaͤrter
adez das. Gtubenmäbchen zu wer Ben „pie Schuhe Abendg nor
der Stubenthuͤr abzuholen, um ſie zu. reinigen und fe. früh
wieder dahtn zuruͤckzudtingen, oder. Heißes Kol: zum Di Baficen
—— Dem der ziemlich allgemein ein
ift ber, daß ber Goenmde feine Schahe ober —* in
einem m MBink) den Schenkſtube mit. einem ‚paar. eben nicht rein⸗
der Yantoffeln vertaufcht, und fie. Fri gereinigt bas
pr * wieder abholt. Das Raſiren nimmt man dagegen immer
ne in der Schentfiube vor, wo zu dieſem Sntpsed auch
Pi GSpiegel zu finden iſt. Die Münmde waſchen fig in: ter
an tem Mruanen, wohin Mafchbeieh auf eine hHölyeme
nd, - Die pr im At ſcheinen Fehr
jebes Verlangen zu fein. Pergeſſen ober vers
ıdeigern e aber G enb einen uftrag, der für einen ungewöhn:
lichen giktt, To findet Leine Ktage gegen fie Seht. Sind fie
Dmseitinee und keine Battigen, fo werben fie von einem
ben micht beicht Geld annehmen, ja fie fshen ein ſolchet
bisten allgemein für eine. MBeleibigung an. Sind bie Fufnörtee
hiagegen —** oder Irlaͤnder oder Europoͤer wert auot *.
nehmen ſte allerdings ein Trinkgeld an; es iſt aber dem
ſenden — daß er es ihnen umter vier Augen gbt und
fie vorher zu er Zeit von feiner Abſicht in Kenntniß fegt,
fr r mitt erwarten und häufig noch unmufmertitmer
bie Amerikaner werben, bie mwenigftend Vieles thun, was
man von ihnen mit Höflichen Worten Gais eine Sunft verla
Als meine rau vor einigen Tagen unfere Wicthin ra a wen
. eine Waſcherin zu fenben, ber fie einige Kleider zu waſchen ges
ben wolle, erwiderte fie, bie Sachen würden m Haufe gewa⸗
fen werden, und fie wolle eine van ‚sen Seiſt and kommen
Ioffen.. Die kady kam und. mar — Farbige. Won nie
dern Ständen zu Tprechen, wuͤrde hier nicht eben rathſam fein.
Das Reſultat -von allebem tft, ſagt das „Beview”
fehr richtig, daß man jegt. in Amerika als eine Bunjt
erbitten muß, was man ein Recht zu verlangen hat: So
lange ber. geringfie Arbeiter täglich nen Dollar verbienen
und für zwei Dollars. einen Ader Land Eaufen kann, wird
in ber neuen Welt die in ber alten vorherrſchende Ehrer⸗
bietung vor dem Reichthume nicht zu finden ſein. In
einigen Jahrhunderten muß es freilich dort ebenſo wie
hier damit beſchaffen ſtehen.
Here Stuart theilt manches Intereſſante Über, die Er⸗
ziehung in Neuyorh Neuengland und audern Staaten mit,
€ empfing biefe Nachrichten zu Teingm nicht ‚geringen
Erſtaunen guteniheils von einem Manne, der die Sand:
"Lieder von Karı' Mayer.
kuiſche von Calbwell nach Saratoga⸗Springs fuhr, und
den er, wie er ferner berichtet, beſſer bekannt mit der ge⸗
genwaͤrtigen Lehrmethode an ber Hochſchule zu Edinburg
fand als ſich ſelbſt, obgleich er daſelbſt erzogen war. Et
—* fi) ſpaͤtax, daß dieſer außerordentliche Kutſcher den
Poſten cues Oderſharifft deu Porinz verwaltetß, Kauf⸗
mann im Seite Dorfe war nd dern Rachbar feine Pferde
geliehen Hatte, die er felbft fuhr, um fie keinem Fremden
—— — Seine Mitbuͤrger hatten ihn wegen ſeiner
überlegenen Klugheit und feines vortrefflichen Charakters
zu on Friedensrichter gewählt.
Es iſt eine ausgemachte Wahrheit, daß jeder Mann
in den Freiſtaaten unterrichtet iſt Zeitungen lieſt und an
ben politifchen Interefien des Tages Antheil nimmt. Al:
gemein vetdreitete Erziehung Aft: auch ber weſenttiche Vor⸗
zug Reordammeiflee. Und ehan dieſer w macht den
Ausdeuck: Paoͤbel, odre genein⸗⸗ Meil, Tchfl auf ben ge⸗
dnpfisı Bhnger: der Freiſtaaten menwendbar, ihn ſelbſt
aber des - non: Misbumech: ficken Genuſſad der autgebehn⸗
tefien Sreiheiten fähig. ..
‚Des Darf. Bemerkungen. Uber die Ant und Weiſe, bie
Wälder zu lichten and Niederlaſſungen zu begründen, muͤſ⸗
u für Auswanderer von vielem Nugen fein, Nicht min:
ber. Dailenswerth fiheine uns hie. Auskunſt, Die er -seber
zweckaaßige Ginrichtung der Wohnugen neuer: Anſiedler, fo:
wie Über die in dem dortigen Klima am beiten gedeihenden und
gewöhnlichen: Lebensmittel, indhefonbere vegetnbiliiche Nah⸗
wengämittei ertheilt. Mais ober inbianifches Kor, weiches
vorzugeweiſe dort Bora genannt ˖wird, iſt ſonach das. we
entbehrlichſte. Es ſoll zuerſt auf St.: Domingo angetrof:
fen worden fein und wird in-fehr verfſchiedenen Bereitun⸗
gen zur Nahrung angewendet / als Brot, Suppe (Ruf
und Pubding. Upreif und in den grünen Hul⸗
Im min es auch als Genchſe verkauft und ſol m bie
ſem Zuſtande ben gruͤnen Exebſen wicht umdhnlich ſein.
Die eine, grimes Korn genannte Art iſt zu ſelchem Ver:
branch beſonders anwendhar. Haidekern, eine andere Art,
wind für das beſte Futter füns Fedewieh spalten. une
men fertigt aus feinen Halmen vortraffliche, in Wenyork
allgemsein eingefühute ‚Kieiberbürften Pferde, Rindvieh,
Schafe. und. Seflügst freſſen dies: Getreide gleich germ umb
gebsihen babe Auch das Streh if ſebt nahrhaft und
in zeichl He
a er — Belchlai folgt.)
Seuttgatt, Betta. 4833.
8 4 Rhle. 16 Gr.
au Pin ee be Me beit
q (+) an un u en; *
ee aa Be er
wird much ihnen augeſtellt;
eine onucibe ber etc und ihrer Wonne befunden
—2 unk —— —* —— —5— gehemen Reiz;
umb. fo bilbet fi) all nach jenem jungfränlichen Bad ber
Batuefhönheit eine ol ohrt., die ber U verborgen
unb ſich bo) von Tag zn Tage vergroͤßert. Evad Ar —X
iſt den Liebern -bes- Dichters, welche wie bier —— folfen,
wiberfegren. Sie find. zum geoßen Theile Ihn. fit Lämgerer
Reit von den Trmnben. inniger Naturpore gelaunt unh gelicbs;
619
oft j be ihnen , ben bis viele: Sins
——— und Sieb fee
einen . a n.
Mayer iſt nicht
geaoffe Ußland’s;
—— elle khön Geelen eben pflegt. Weber in Ger
en nur pflegt.
gerfland noch in- Form ‚yeigt ſich eine Spur von Race
qhmung dieſes D in ten Liebern Karl Mayer's. Ja, er
(sit flellt fie im dem eben Vorwort „An bat deutſche
Ind! son einer gmwiffen Geite im Gegenfag mit Uhland's Neefie:
Ninm, liederreiches Waterland,
Auch dieſe Lieder uiild zur Hand!
Der Luft, dem Sonnenſchein geweibt,
| GEntziehn fie fih dem Liederfireit
Kür dein verbanntes, gutes Reit.
Mob laß dem friebligen Geſchlecht ‚
Nach feiner fanfteren Natur
Sein Gluͤck auf deiner ſchoͤnen Blur,
,. Befreit von ebler Waffen Lafl,
Für die du Andrer Kräfte haft!
Laß meinem Lied daB heitre Spiel,
Das ihm zum milden Loofe fiel;
Vergoͤm' ihm die befcheibne Scheu:
Mich felber finde Bampfesdiren. .
Die Iegte Zeile hat eine ſchoͤne Beziehung. Der Verf., ber ein
Kichteramt im Btaate bekleidet, focht ritterlich in der Oppo⸗
fition der letzten wuͤrtembergiſchen Staͤndeverſammlung an ber
Geite feines Freundes Uhland. |
Was nun ben Grundcharakter feiner Poeſie betrifft, fo
“ bürfte berfelbe — igſten mit dem Namen zaͤrtlicher Ratur⸗
ilebe bezeichnet werben, bie ſich formell als Schoͤnheit in Begren⸗
ung unb Vereinzelung ausfpricht. Won biefes legtern Eigen⸗
ſchaft rührt die finnnolle Kürze biefer Gedichte her, bie ſich fel-
ten über drei Gtrophen hinauserftreden und nicht felten auf
vier, ja auf zwei Linien befchränfen. Wie tief jene Liebe zur
Katur bei dem Dichter geht, wel ein wahres, unmwanbelbares
Gefühl fie bei ihm iſt, erhellt aus der immer gleichen Innigkeit
und Wärme, welche durch bie ganze Sammlung hindurchgeht
und den Liedern des fpätern Diannesalters biefelben Töne und
* verleiht, wie ben fruͤdeſten Erguͤſſen jugendlicher Em⸗
pfindung.
Karl Mayer's Poeſte lebt und webt in und mit ber Ras
ter, bie Menſchen find feine innigften Yreunde und, bie Gellebte
Fr ge ri ı Pi ea er su ihren — *7
ihn alltaͤgl cinem Naturgenuſſe N
% macht der fonft fo fanfte Dichter ſich in feindlichen ober fpots
tenben Liedern Luft, wie in bem
aur ein Freund, fonbeun ‘Zug
übrigens if feine Poeſie ber feines Freundes
anbt, wie man von eimer. allgemeinen Bess -
Eine Scene, Blidde abend,
Thut fi auf am fchönen Abend
In des Dorfes weiter Straße.
Was ich auch Ind Auge falle
An dem ländlich Heitern Hügel,
Hätten, Gartchen und Geflügel,
Spiele rofig Ihöner Kinder, '
Sprünge freigelaſſaer Rinder
Altes froh In feiner Weiſe,
Thier⸗ und Pflanzen, Ktabir, Greif;
Alles ſchmilzt in Sonnenmilde
Mir zu Cinem Freudendilde
.eim Ice und: Zugende |
Baters |
1 ihr fucht er Troſt und Rettung in allem Kummer und aus ieg
Uber wenn vie Bilde Reigen
er Ueber diefen bunten Reigen
Nach ben fernen Bergesgtpfeln,
Diät begränt von Waldes wipfeln;
Lieber droben von ben Tannen
Moͤcht' ich eine dann umfpannen,
Abendlich mit ihnen glühen
Bid zum legten Sonnenfprühen
Ueber Land und See und Kernen,
Ueberraſcht von Naht und Sternen,
Alled Kleinen ganz vergefiend
Und den Geift am doͤchſten meſſend.
Man ſieht, wie dem Dichter bie Natur wenigflens edenfo lebens
big erfcheint als die Menfchenwelt, welde fie bdewohnt, und wie
für ihn ferbft ein höheres und bedeutſameres Daſein hat.
Deswegen fest er fih auch in alle nur moͤglichen Beziehungen
zu, ihr; bei ihr verpißt er den Verdruß des Alltagslebens, bei
licher Roth; ja, beſſer als unfer Dichter verſtrhen ſich gewiß
wenige Menfchen auf bie geiftigen Heilkraͤfte ter Ratur:
Augentroft — Herzendtroft!
Biſt du trüb geſtimmt, erboft,
Kom grünen Auen
Deine Welt zu bauen! (S. 138.)
Richt nur bie Augen und jegliche Sinne, fondern noch mehr das
Herz trägt als Fruͤhlingsguͤter Luft, Beruhigung, ine von
bannen (S. 287). Selbſt Beſſerung des Herzens verbantt er
ber Natur: ‚
In der Fruͤhlingsbaͤume Schatten
Durch bed Ufers fanfte Matten,
Dur ben Wohlgerud zu fchlenbern,
Ja died kann auch Herzen ändern.
Dan? ich Heut doch meine Milde,
D Natur, nur deinem Bilde!
Unfer Dichter lebt in allem Naturleben, er horcht auf alle feine
Pulsſchlaͤge und belaufcht es in feinen einzelnſten Offenbarun⸗
gen; feine mannichfaltigften Gricheinungen vermögen nicht ihn
zu verwirren, und er faßt, fo viele, bexen ex Tann, ohne Dishar»
monie in. ein einziges kleines Bild yufammen (©. 82):
Weite Winden ranken wieder
Aus dem Gruͤn zum Murmelbach;
Soldne Muͤcken fingen Lieber ”
Unter feinem Schattendach.
Voͤglein freuen fich im Bade,
Ziſchlein auf kryſtallnem Pfade;
Alles heimlich, hell unb wach,
Thierchen, Pflanzen, Geiſt und Bad. J
Roch auf derſelben Seite werden Sonne, Blumen und Quell in
die ſinnvollſte Bezieh zueinander geſegt in dem viesgeiligan
Sebichte: „Wechſelsweiſe Labung’':
Die Quelle kuͤhl aus Bergesgrund
Labt fi am Sonnenſchein;
Die Sonne durch ber Blumen Mund
Saugt Quellentühlung ein.
Oft Lebt er es, ſich ganz in die Natur zu verlieren; eu ruft bie
Wieſe voll buftiger Orchiden, das duͤſtere Labyrinth bes Walbes
und den blauen See an:
Niet mie aus dem Herzen weit x.
Mid, mein Selbſt, die Welt, die Beit! (S. 8.)
Und wenn er einmal verloren ginge und Trese nady ihm fehen
wollte, fo ſoll fle ihn nie in Stadt und Welt ſuchen, ſonderit
in die grüne Wildniß eindringen, ob dert in Wald und Yarrem
kraut nichts von dem Vermißten gefehen wird (@. 36).
Gleichwie en aber feine Freude, feinen Troſt, feine Beruhi⸗
gung bei des Natur fucht und fein Leib ihr klagt und ihn nur
ſelten bie Angft überfchreicht, daß au fie thn überhören, daß —
wie fich die Menſchenherzen vor ihm verfchließen — auch ber
Natur nur fcheinbar ein f&hlagen koͤnnte, und, wie au
ihr Due ſchmeichelnd raufche, ter Athem ihrer Luͤftchen wehe,
620
das Leid feiner WBruft dech der Ratur nur unbewußt töne (©.
83, 84, vgl. S. 44): fo verficht der Dichter ſelbſt feinerfeits
auch die Freuden und Leiden ber Ratur, ihre geheimfle Luſt,
ihr tiefſtes Leid; er ſelbſt ift ber theilnehmenbe Freund, iſt ber
milde Troͤſter der Natur. Wie herzlich gönnt er ihre ihren
Srühlingsregen : .
D willkommner Daienregen, '
Traͤnkend diefe Lat von Gegen!
Ya, Ratur, erfällteö Sehnen
Senkt auch dich in Wonnetdränen!
Wie dauert ihn das Eeinfte „Raturwehen” (S. 126):
Ad, felbfi des Muͤckenlledes goldnem Frieden
Iſt graufam Ichon der Spinne Nett beſchieden.
Und wie fühlt er bie Angſt der Natur mit in folgender „Ver⸗
gleihung” (&. 177):
Welch wilde Beldzerriffenbeit,
Welch walbig tiefes Grund!
Wie eine Welt von innerem Leib
Entdeckt von Dichtersmund.
Haben die groͤßten Naturdichter ſchoͤnere vier Zeilen hervorge⸗
bracht, als dieſe find?
(Der Beſchluß folgt.) .
Heures du soir. Livre des femmes,. Erſter Band.
Paris 1833.
Es ift Schade, daß es noch feine Damen gibt, weldye
auf das Buchdrucken gelegt, denn fonft würde das ganze B
wahrfcheinlich von Frauenhaͤnden fein, Die Herausgeber aus⸗
genommen, finden wir blos Namen von Damen barin angeführt.
Die Borrede ift von der noch unbelannten Frau Rofe de Bir:
narr. Sie fleigt darin bis zu Herodot hinauf, gibt im Vor⸗
beigehen der Academie frangaise einen Epigrammenſtich und
Nele das Buch unter ben Schutz der neun Mufen, die da find:
Mesdames Sand, d'Abrantes, Elifa Mercoeur, Meniffier-Ros
dier, Waldor, Desbordes :Balmor, Anais Ségalas, Eliſa
Bolart, Amable Taſtu. Die Reihe beginnt und endet mit den
Kamen der beiden beruͤhmteſten, um alle Eiferſucht in Betreff
der Rangordnung zu vermeiden: zur Vorſorge fent bie Vorred⸗
nerin noch hinzu, ber Lefer werbe wie fie felbft fagen: „Jo les
reföre toutes‘; die Ir. Birnarr feheint ihr Geſchlecht gut zu
ennen. Ginen Apollo will fie aber nicht, fie lehnt fich gegen
den Ausſpruch Moliere’s auf: „Du coté“ de la barbe est la
toute- puissance”, es ift eine wahre Infurrection; der St.⸗Si⸗
monismus fängt an feine Fruͤchte zu tragen. Uebrigens fei ber
Lefer unbeforgt; obgleich bie Männer von ber Redaction cuss
gefchloffen bleiben, wird es an Tiefe und Kraft nicht fehlen.
‚Les femmes ne sentent. pas mieux qu’autrefois, mais elles
pensent davantage; et le style participe plus de la pensee
que du sentiment.’ Hierauf kommt eine donnernde Grplofion
gegen bie Sklaverei, in weldyer die rauen fo lange geſchmach⸗
tet, und eine Apologie dee rauen, in welcher es unter Anberm
heißt: „On les a considerdes des-lors comme des éêtres qui
&aient quelgue chose de plus que frivoles et l&gers, et
bons & autre chose qu'à faire des enfans.” Uns fällt babei
unwillkuͤrlich die Befchichte des unglüdlichen Legouve ein, wels
cher ein Gedicht auf die Frauen ſchrieb: „Le merite des fem-
mes’, unb über bie Untreue feiner Gattin wahnfinnig wurde.
Der vorliegende erfte Band enthält fünf Erzählungen: „Une
vieille histoire”, von Madame G. Sand, ‚Un visage rose et
un visage ride’, von Anald Gdyalas, ‚Un enlevement’’ von
Emilie Dedddamps , „Un läche‘, von Ernefline Legouvé, und
„La oomtesse de Villequiers’’ von Glifa Mercoeur. Wir bar
ben, da wir unmöglich alle die Babel, bie uns bier die fünf
Mufen reihen, in biefem Xugenblid zu uns nehmen koͤnnen,
bie Erzählung „Un läche” ausgewählt, weil wir Hinter bie:
KT — ee ee
in fuͤnf Viertel Jahren ſo ziemlich erſchoͤpft werden kann.
ſem Titel irgend einen Ausfall auf das männliche
witten, unb wir uns am foldden Ausbruͤchen eines feiten aufı
richtig geimeinten Zornes ungemein ergbgen. Gin Wann hat
eine Ohrfeige befommen und ſich nicht geichlagen 5 dis
cutiren nun einige Jrauen in einem Salon, eine unter ihnen b
merlt: „Le co
plus maltre d’avoir du ooeur .
vielleicht ganz richtig; aber wie boshaft reißt: uns bie Muſe
nicht da einen unferer fchönften Kränge vom Haupte, ben des
kriegeriſchen Muthes? Doch weiter. Der die Obrfeige belommen,
it der Geliebte eines ber discutieenden Wäbchen, die ſehr krie⸗
geriſch gefinnt iM und, ſobald fie erfährt, daß ihr Zukuͤnftiger
biefen Schimpf hat auf fich figen Laffen, laut erklaͤrt, fie wuͤrde
tinem entehrten Dane ihre Hand nie reichen. Zu biefem jun
gen Manne — Savigny heißt er — kommt nun Hr. Lafcours,
ber nicht mehr Muth bat als er, und fchlägt ihm vor, ibn,
Lafcours, ben anbern Zag auf bem Balcon ber großen Oper dfr
fentlich zu beleidigen, worauf fie ſich bann auf Piſtolen ſchla⸗
gen und fich abfichtlich fehlen würden, um fi auf biefe Art
den Ruf der Tapferkeit wohlfellen Kaufe zu verfchaffen. Dies
ſes gefhieht; Marie, Savigny's Geliebte, empfängt ihn mit
ftürmifchen Lieblofungen, als er unverfehrt vom Sweifampfe zus
ruͤckkehrt; zwei Stunden darauf erfhießt ſich Savigny. Aus
biefee Erzählung wäre demnach bie Moral zu ziehen, daß mans
der Feige Muth hat, wenn anbers ber —28 wirklichen
Muth erfodert. 143.
Fortgeſetzte Geſchaͤftsvereinfachung in Batern, *)
Die bei uns ſchon in vielfachen Zweigen angekuͤndigte
Geſchaͤftsvereinfachung beſtaͤtigt ſich in der erfreulichſten Fort⸗
ſchreitung auch durch bie ſoeben erſchienene Ordnung ber pos
Iptechnifchen und Gewerbſchulen“, welche beſtimmt vorſchreibt,
in welcher Art von nun an der Zeichnenunterricht auch in den
unterſten Elementarſchulen, nicht nur der Staͤdte ſondern auch
des Landes, vom achten Jahr an von den Schülern getrieben
werben muͤſſe. Zu biefem Endzweck fol von allen und jeben
biefer Kinder eine Probezeichnung an bie Regierung bes Kreifes
eingefendet werden. Ginen Kreis in den andern zu 900,000 &ers
len gerechnet gibt eine wahrfcheinlidhe Zahl von 50,000 Schuͤ⸗
lern dieſes Alters, und alfo auch von fo viel Probezeichnungen.
Diefe 50,000 Zeichnungen follen ſodann durch bie Kreisregie
rungen mit Beiziehung ber Kreisſcholarchen und bes Negies
rungsbaurathes genau und fleißig geprüft, und nachdem dar⸗
über förmliche Rathebefchläffe gefaßt worben, felbige fammıt und
ſonders an ben oberften Schulrath in München eingefendet wer
ben, ber dann feinerfeitd alle eingefommenen Zeichnungen be6
ganzen Reiches, etwa 400,000 an ber Zahl, ebenfalls wieber
genau durchgehen und einen umftänblichen motivirten Antrag
an das Minifterium bes Innern baräber veranlaffen fol. Sollte
ein Ununterrichteter darwider einpuimenben vermeinen: wie fi
denn aus einer ſolchen auf bie hoͤchſte Spitze geftellten Verein⸗
zelung eine Gefchäftövereinfahung erweiſen laffen wolle? fo
bittet man babei, zu erwägen, bag man hieraus allerdings ſchon
auf bie ganz vollendete Geſchaͤftsvereinfachung in allen andern
Zweigen mit Sicherheit zu ſchließen berechtigt fei, außerdem zu
ſolchen wohlerwägenden unb umftändlidden Berathungen, ja for
gar motivirten einzelnen Befchlüffen und Anträgen über 400,000
Probezeichnungen, weder Zeit noch Raum zu finden wäre, was
aber jest, wenn man etwa obne allzu große Umftänblichkeit in
jeber Geffion 1000 Probezeichnungen aburtheilt, durch fortge⸗
fepte tagtägliche Vormittags: und NRacmittagsfeffionen, ver
ſteht fich mit einftweiliger Zuruͤckſtellung aller andern Geraäfte,
*) Vgl. Nr. 869 d. WI. f. 15, D. Reb.
Nebigiet unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brodbaus in Leirıig.
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Blätter
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fiterarifde Unterhaltung
Breit... — Nr. 151. —— 31. Rai 1833.
Abermals eine Stimme über Rorbamerifa. allmätig auf den Genuß ber Rechte vorzubereiten, bie jes
Beſchluß aus Nr. 160.) dem vernünftigen Menſchen angeboren find. Als ob we
In Großbritannien werden alle Religionen geduldet, | der die tiefgewurzefte Rachfucht bee Schwarzen, noch bie
in Amerika genießen aber alle gleicher Rechte und gteichen | göttliche Gerechtigkeit zu fürchten wäre! Die VBeifpiele, bie
Schutzes Im Allgemeinen beſteht zwiſchen den verſchie⸗ Hr, Stuart von der ſchlechten Behandlung der Schwar⸗
denen Sekten die. vollkommenſte Eintracht, und es Hetchfeht | zen und ſogar der freien Farbigen in den Carolinas, Geor⸗
nicht ſelten, daß Indididuen verſchiedenen Glaubens zu⸗gia und andern ſuͤdlichen Staaten anführt, machen der
ſammen zum Abendmahl gehen, Geiſtüche von verfchie: | Menfchkichkeit der Amerikaner Beine Ehre. Dan gibt fich
denen Eonfeffionen fich 'gegenfeitig in dee Eröffnung umd | alte moͤgliche Mühe, die Schwarzen in ‚Unmiffenheit zu
Einweihung von Kirchen beiftehen. Hr. Stuart hatte | erhalten, fie dürfen keine von Weißen gehaltenen Schulen
bäufig Gelegenheit, zu bewundern, wie wenig Heuchelei und | befuchen, und im Jahre 1823 erklärte fogar bie Grand
Scheinheiligkeit in dem gefenfchaftlichen Leben der Ymeri: | Jury von Charlefton die Zahl der von Farbigen in ber
kaner anzutreffen find. | FE Stadt gehaltenen Schulen für einen Uebelſtand und be:
Wenn ſich nun aber auf der einen Eeite auch fogar | wirkte in der That ein Geſetz, demzufolge folche Leute
Fanatismus in ben Freiftanten hier und da kundgeben mag, | keine Öffentlichen Lehrer werden bürfen. Es gibt wol
fo muß man freilich dennoch die Frage ftelen, wie viel | Ausnahmen von der Regel folcher Behandlung, im Al:
auf der andern Seite von jener gepriefenen Zoleranz auf’| gemeinen muß man aber zugeben, man mag aud) noch
Rechnung religioͤſer Gleichguͤltigkeit zu bringen iſt. fo günftig für die füdlichern Freiſtaaten geſinnt fein, daB
Den zweiten Theil des Werkes findet das ‚Review | die Sklaven darin die empoͤrendſte Unmenfchlichkeit erfahren.
ungleich intereffanter und bedeutender als den erfien. Er Das ‚‚Review” läßt ſich auf eine fehr intereffante Ers
befchäftigt fich vorzugsweife mit den fhdlichen und: weftlis | örterung der vermeintlich unbefchräntten Freiheit der Prefie
hen Staaten, die ber europäifche Reiſende gemeiniglich, | in Amerika ein, Sonach dürfte diefelbe nur in den noͤrd⸗
wiewol mit Unrecht, nicht befudht. lichen und-weftlichen Staaten eine Wahrheit genannt wers
In den füdlihen Staaten beſteht die Sklaverei noch | den koͤnnen, während in Louiſſana z. B. ebenſo wenig Pref-
in ihrer ſchlimmſten Art und in der erfchrediendften Aus: | freiheit als Medefreiheit zu beftehen fcheint.. Sa, man
dehnung, fodaß bie‘ Abfhaffung des Sklavenhandeld bei | würde ſchwerlich zu weit gehen, wenn man annähme, daß
den Ameritanern leider nur dem Namen nad) vorgenom: | in einem Lande, wo Gefege wie die beiden folgenden, bie
men zu fein ſcheint. Nach einer neuerlihen Schägung | 1830 in Zouifiana gegeben wurden, in Kraft getreten
werden jährlih 10 — 16,000 Sklaven von den nördlichen, | find, von Freiheit uͤberhaupt nicht mehr die Mede fein
Sklaven haltenden Staaten an Lonifiana und die füdlichen | könne, "Denn das eine diefer Gefege erkennt 1) gegen
verkauft und ausgeführt. Die an ihnen begangenen Grau: Jeden, der etwas ſchreibt, druckt oder irgend öffentlich ver⸗
famteiten haben oft die fürchterlichften Stürme herbeige: | breitet und bekannt macht, was geelgnet tft, unter ber
führt, und es iſt unbegreiflih, wie bie große Mehrzahl | freien farbigen Bevoͤlkerung Misvergnügen oder bei den
der weißen Bevoͤlkerung fowol als die Sefeßgebung uns Sklaven Ungehorfam zu bewirken, nach⸗ Befinden lebens:
empfindlich gegen die Gefahren fcheinen kann, die fie fchon | längliche Gefängnißftrafe bei harter Arbeit oder Tod; 2)
dadurch bedrohen, daß bie ſchwarze Bevölkerung der füd- | gegen eben, der zu demfelben Zweck in öffentlicher Rebe
lichern Staaten ſchneller anwaͤchſt als bie weiße und, wenn | vor Gericht, auf der Bühne, von ber Kanzel oder irgend:
auch der jegige Zuftand der Dinge noch einige Sabre | wo, ja felbft in Privatgefprächen etwas dußert, oder fich
dauerte, früher oder fpäter eine Katafteophe herbeiführen | duch Minen und Handlungen (signs or actions) alfo zu
muß, um fich bie ihr fo hart vorenthaltenen Menfchens | erkennen gibt, gleihfalls Tod oder harte Arbeitſtrafe nicht
rechte mit gewaffneter Hand zu erringen. Unkluger⸗ und | unter breis und nicht über zwanzigjährige Dauer, und 3) ge:
verblendeterweife dent man an gar keine Beflerung des | gen Jeden, ber irgend einen Sklaven in diefem Lande fchreis
moralifchen und geiftigen Zuſtandes der SHaven, um fie I ben ober Iefen lehrt, oder lehren läßt, oder geftattet, daß es
622
ihm gelehrt werde, nach Wefinden eins bis zwoͤlfmonatliche
Sefängnißftrafe. Das andere Gefeg erkennt aber 1), daß
alle freien, feit 1807 in das Land gekommenen Sarbigen wier
der daraus vertrieben werden, und daß ein früberes Geſetz,
welches keinem freien Farbigen gefattet, nad) Louifiana zu.
toramen , wieder in Kraft trete; 2) daß alle ‚freien ig dem.
Staate Isbenben Fuͤrbigen, welche biefem Vefehl nicht: ale
fobald Folge leiften, Gefängniß oder lebenslängliche harte
Arbeit verſchulden; 3) baß jeder weiße Einwohner, ber
überwiefen ift, irgend ‚eine Schrift verfaßt, gedruckt ober
verbreitet zu haben, oder irgend eine mündliche Aeußerung
gethan zu haben, die ‚darauf abziele, ben Frieden und bi
Biberkti des Staats in Betreff der Sklaven oder far:
gen Bevoͤlkerung zu gefährden, ober bie Ehrerbietung zu
verraindern, welche bei freien Farbigen gegen bie Weißen
zufteht, nad Befinden um eine Summe von nicht we:
niger als 300, noch mehr als 1000 Dollars geſtraft und
auf eine Zeit von wenigſtens ſechs Monaten bis hoͤchſtens
drei Fahre eingefperrt werben foll; während ein jeder fol-
chen Vergehens überroiefene freie Farbige bis 4000 Dol⸗
lars Buße zahlen, bei harter Arbeit brei bis fünf Sabre
Sefangenfchaft erdulden und alsdann lebenslänglich ver:
bannt werden fol, und endlich 4), daß es in allen Faͤl⸗
len den General: und Bezirksanwalten bei Strafe der
Amtsentfegung zur Pflicht gemacht wird, bie genannten
freien Farbigen im Sal ber Webertretung dieſes Geſetzes,
oder im Fall ber Anklage von Seiten eines Staatsbär-
gers gexichtlich zu verfolgen.
Das Beſtehen der Sklaverei kann ben Amerikanern
allerdings nicht zugerechnet werben, bemerkt das „Review“,
denn fie Fam ihnen ebenfo wie ihre Gefege und Inſtitu⸗
tionen von bem Mutterlande pe Für die Behandlung
ihrer SHaven feit ihrer Unabhängigkeit find fie aber ver:
antwortlih, denn gleich am Eingange der Unabhängigkeite:
acte wird gefagt: „Wir halten diefe Wahrheiten für von
ſelbſt einleuchtend und ausgemacht, daß alle Dienfchen gleich
geſchaffen find, daß fie non ihrem Schöpfer mit gewiſſen
anveräußerlihen Rechten begabt worden und unter biefe
Leben, Freiheit und das Streben nach Gluͤckſeligkeit zu
rechnen find”, wiewol daſſelbe Bolt, das ber Aufrecht⸗
erhaltung dieſer Grundſaͤtze ſo große Opfer brachte, ſie
fortwaͤhrend mit Fuͤßen tritt.
Herr Stuart zeiht einige Provinzialregierungen und
den Congreß nicht minderer Ungerechtigkeit gegen die in
bem Gebiete der Republik wohnenben indianiſchen Staͤm⸗
me, Insbefondere gegen bie Sherofefen, die der Staat Gear:
gia im Einverftändniffe mit dem Congreſſe, ohne den Ein-
ſpruch bes oberften Gerichtöhofes der Freiſtaaten, aller
Vertraͤge, alles Rechts und aller Gerechtigkeit zum Trotz
aus ihrer Heimat vartrieben haben wuͤrde.
Von Neuorleans ſegelt unſer Reiſcnder den „Water ber
Bemäffer” aufwärts in einem ſtattlichen Dampfboote ober
vielmehr ſchwimmenden Hoͤtel. Seine Schilderung der Ge-
ſellſchaft darauf faͤllt weit gemfiger- ale die der Mrs. Trol⸗
g ons. Er berichtet Manches über die immer noch
—*— vereinzelten Niederl an den Geſtaden des Stro⸗
mes und bie halbwilde Lebensart ber Auſiedler. Das Ca⸗
’
‚Belege:
fi boch
pitel über Illinois, das an Fruchtbarkeit reichſte Land ber
Welt, iſt ſehr Ichrreih. Die ganze Strede vom Miffi:
fippi bis zum Michiganſee iſt eine einzige faſt ununter:
brochene Wiefe, die Sranzofen nennen fie das irdiſche Pa:
radies. Sie iſt weder fumpfig, noch Ueberſchwemmungen
ausgeſetzt, genießt eines. miteen geſunden Alimes, :befigt
reiche Lager Steinkohlen, Ka, ins .odes Kochſatz und
Bleiminen und erfreut fi) in dem Mittelpunfte des ame:
rikaniſchen Feſtlandes faſt aller Vorzüge und Vortheile ei:
ner Inſel, weil es von allen Seiten von großen Gem,
Steömen und Kandien begrenzt und burchfchnitten if.
Daß .e6 von leidigem Sklavenhandel und Beſitzthum voͤl⸗
lg frei ift, mag für feinen der geringften Gründe zu
rechnen fein,. aus denen es europäifhen Auswanderern
— vorzugſsweiſe zur Anſiedelung empfohlen wer⸗
en kann.
Das „Rexriew“ ſchließt feine Ueberſicht, indem «8 Hrn.
Stuart das Lob ertheilt, eine lebendige und gewifienhafte
von Bofton bis Meuorleens und von St.⸗Louis bis Neu:
yore entworfen zu Haben, ber überall das Geptaͤge ber
Staubwürbigkeit und Unbefangenheit aufgebrüdkt ſei. 153,
Lieber von Karl Mayer.
; (Weihluß aus Nr, 180.)
Meberhaupt wird die Genrepoeſie unfers Verf., bi i
ins Miniaturarfige verfällt, bon in ee har en
gung groß und erhaben, ſowie fie ſich zur überfinnlicken Be⸗
heutung ber Rate erhebt. Nur wenige Bellen biefer Ast afs
Die Nacht durchzuͤcken Blit auf Blitze,
Der Donner fpricht mir ferne Worte;
Ich ſtaune hin vom Raſenfttze,
Wie nach ber Emwigtelten Pforte. (S. W.)
Mag ſich um dieſe Felſenwand
Bold ſtaͤrmiſch molkiges Gewand,
Bald warmer Sonnenfhimmer legen,
Sie ſteht in Ruh ber Beit entgegen
Unb zeuget body und feR und flet
Seu je von Gottes Majefiät,
Die heut? zumal im Sonnigblauen _
So ſtill, fo derrlich iſt zu ſchauen. (©. 176.)
Des Donners Groll, ber Winde Stoͤhnen,
Des Geiers Schrei, in der Natur
Ein jedes Haufen, jedes Toͤnen
Sorim mir ein.einzig Aragen nur.
Wo findet Antwort fi hienieden?
Was ſchenkt und rebeflehend Frieden? (S. 197.)
Wann eluft ich, auferfieben werbe,
Und mir da6 Beben diefer-Erde
Nach all ven AMäthſetn auf ſich Märk,
Mird wich bie Söfung froh untbeaufen
Wie bier dad Sturmes hehres Saufen,
Dad durch bie taufend Wipfel fährt? (C&benbaf.)
Aber auch in diefen vollein und Kiefern Accorden unterſcheidet
art Mayer von musgegeichneten Raturdichtern tmferer
Set, wie Heint In feinen’ erhfteru Naturliedern und ber Pürg:
dich mit gebühsenbem Buhme von uns in d. Bl. *) gefckitberte
Rikoal. Lenau hauptſoͤchtich daburrh ,, daß bie Jegtarmannten Dich⸗
ter die Natur Hahı als ein Thema bebankeln, über bas ihr
Geiſt und Ihre kuͤhne Phantafie gewaltige Barlafionen erfindet,
— — —⸗ W
m Rep.
gl. Rec Bil Und 1. EURE.
Schilderung des Lebens in allen Staaten Rordamerikas, -
— — — — — — 2
623
während Wayer's Dichtergemuͤth. ſich ge: bie in ber NRatur
gewiffermaßen objectiv vorhandene Po erauszuforſ und
in ben einfachſten, von ber eignen Individualitaͤt bes
nichts als das tiefe weit gerügt borgenden Aushrüdken wieb
‚geben. Auf den erfien Blick machen daher auch Feine
‚oft den Cindruck einer gawiffen Wortarmuth bei großem -Binn-
und Sachreichthume; aber bei wiederholter Lefung erweitert ſich
vermöge ber diefen Liedern einwohnenden objectiven Naturkraft
ba8 gegebene Bilb je mehr und mehr, und wir betvundern ein
feltened Detail von Anfchauungen und Empfindungen in einem
oft ganz Eleinen Gedichte; uns wirb zu Muthe, wie bem Auge,
das eine für den unbewaffneten Blick unfcheinbare Pflanze durch
das Mikroſkop betrachtet und nun einen ungeahnte - Karben»
f und eine Harmonie ber wechfelvollfien Formen an ihr
entbedit. Darüber vergeffen wir denn auch die bier unb ba et
was Ichwerfälligen Wendungen dee Sprache, bie zwar fehr ſinn⸗
xeichen, aber dadurch zuweilen gefuchten Heime, wodurch in ber
äußern Form manche der in einer gewiſſen Beengung ſich bewe⸗
genden Lieber faft wie Lieberfegungen eines geahnten Driginales
lauten, bas bie Föftlichen Gedanken in feligee Schöpferfreipeit
AT a werte. Nur ein einziges Beiſpiel ber Art
(&. 131).
An ben Lefer.
Nicht alle fließen fie, die Thraͤnen
Des weigen Dichters, Freund, zu benen
Dein zartes Mitgefühl di neigt;
Do ac), ed forgt das arme Leben,
Daß es auch⸗ Thränen möge geben,
Die, ſtill geweint, dad Lied verfchweigt.
In biefen Zeilen wird das Verſtaͤndniß durch bie verfchränfte
Gonftruction gehemmt, und das profaifche Wort: benen, erfüllt ben
Beruf des Reimes gewiß nichts aber man lefe bie finnvollen
Worte nur zwei⸗, dreimal, fo find diefe Mängel vergeffen, und
das Bemüth vertieft ſich mit Luft und Rührumg in bie tiefem:
pfundene Wahrheit, die ſich auch in biefem kleinen Eicde vor ihm
aufthut.
eher ber Ratur, bie er in allen Geſtalten und Iahreszeis
ten durchwandert und beobachtet, befingt Karl Mayer auch noch
bie hle der Liebe und ber Freundſchaft. Das erſtere 1
(&. 53 fg.) verſchwiſtert er, wie fich erwarten läßt, gang unb
gar mit feinen Naturempfindungen; man erfährt in fänen Lie:
beötiebern mehr vom blonden Golde ber Achren als von ben
Locken der Geliebten; finnlihe Glut barf ohnehin von biefer
reinen Seele nicht erwartet werben; er liebt hie Beliebte wie
das Kelfenmoos, wie die grüne Waldesnacht, wie Dirtenlieb und
Herbengeläute, wie Luft, Klang und Duft (8.201 fg.), und a
einer Rachwanderung fingt er:
Schwarze Bald: und Berggeſchiebe
Thuͤrmt fi) um ben Wiefenplan;
Waſſer bonnern, body die Liebe
Glaͤnzt mir aus dem Mond voran.
Aber es muß lieblich fein, fo geliebt zu werben, wie biefer keu⸗
ſche Sänger ht: . Ä
Yölle der Geltebten Zimmer,
Sanfter, goldner Mondenſchein,
Und mit deinem blauen Schimmer
Dring’ in ihre Fenſter ein,
Blumen, euer füßes Düften;
Send’ ihr, theure Nachtigall,
ern aus wonnetruntnen Lüften
Deiner Sehnſucht vollen Schall!
Wird die Holde lauſchen mäflen
Solchen Erd⸗ und Himmeldgrüffen,
Nah’ ide doch auf weichem Pfühle
Roc willkommner ber Erguß
Meiner treuen Derzgefüble,,
Diefer naͤchtlich ferne Bruß! (S. 72.)
x & bie dfchaft betrifft, 6 bald aus
au gebichten, Bam ——— —— die ebfte iR .
ber er ruhen kann .wie in ber Natur, unb bie er bewundern
tanı wie fie. Daraus erklärt fi feine ganze Anficht von ber
Sreundſchaft, wie fie fi in dem zärtlihen-Burufe „An Upland
und Kerner’ ausipricht (5.5):
Man fagt und viel von Amors Pfeilen,
Und Mancher hat ihr Wert zu heilen;
Doch auch die Breundfchaft kann und drängen,
Dab Herz und fchwellen mit Befängen
Und mit ben füßeften der Schmerzen.
So, Freunde, gebt ed meinem Herzen.
Es iſt nicht Frühling, iſt nicht Liebe,
Was mich erfülit mit Liedertriebe;
Ihr, Freunde, feld ed! Gurer Luft
Erbebt im Wieberhall die Bruſt;
Ihr wedet mid aus tiefem Schlummter,
Erregt mir füßen Jugendkummer;
Mie, Freunde, fo ich je gefunden,
. Wenn Ihr au fchlaget Liebeßmunben ?
Seine Freundſchaſt ift fo hingebend, fo aufopfeenb, fo gang ihr
eignes Ich dem Freunde unterorbnend wie bie Liebe und wie
feine gärtliche, unterwürfige Neigung zur goͤttlichen Natur. Aus
foldher Empfindung ift das herrliche Gebicht: „Gin Lieb des Dan:
tet", hervorgegangen, das wir als Eichlußprobe diefer Anzeige,
dem Lefer nicht vorenthalten wollen (&. 15):
Wenn tief ih in die Uhland 3 fichte
Den Sinn vom Boden aufwärts richte,
Preif ich den Wuchs, den hoben, Tühnen,
Das Raufchen, Düften, Immergränm?
Und waͤlzt bort Lenau Elagend nieder
Den Gießbach herzentfprungner Lieber,
&oH ich zum Abgrund mit ihm flürzen
Dur des Gebuͤſches Ballammärzen ?
Ay! Goͤthe's herrigend Ablerſchweben
Kreik nun in einem ſchoͤnern Leben.
Dec irrt mein Blick in blauer Geere,
Wenn ich ibn deut gen Himmel kehre 7?
ed’ dort ich nicht nach allen Selten
Das Rälertslieb die Schwingen besiten ?
Dängt es in fiherm Ueberſchauen
Nicht ruhend über Wald und Auen?
D, warmen Dont Bud, ben Bepriefnen !
bunt mir den Plag, den angewieſenen,
Das Lieb zu Haupt, bei mir die Kanne,
auch Die ic, sum Bach gefen?t, umfpanne.
Sa, zu deinem Zannenwielengrunde wird man wallfahrten,
fanfter Sänger; der Weg ift endlich gefunden, und wie Miumen
und Quelle dei Walbes ern uns beine lieblichen Liber
entgegen! - Karl Mayer wird in ber noch Jange nüht abg
fenen fhwäbifchen Sängerfchule als eine ber eigentgüm
und in ihrem NWerwachlenfein mit ber Natur der mung
ungugänglichften Erſcheinungen leuchten. ,
Graff's althochdeutſcher Sprachſchatz.
Dieſes ſeit längerer Zeit von ber Erwartung jebes gebilde⸗
ten Deutfchen - begrüßte Wert bes Herrn Profeffor ©. ©.
Staff, die Frucht eines zmölfiährigen großartigen Fleißes, IR
jegt endlich feinem Erſcheinen nahe. Der gegenwärtig in Bee
lin lebende würbige Verf. laͤßt von dort aus eine Einladung
zur Subfcription ergeben, weldge dei dem Intereſſe, dad diefeß
als wahrhaft deutſche Rationalfache zu betrachtende Unternehmen
für bad gefammte Yublicum haben muß, hoffentlich diesmal
feine touben Ohren bei ben Deutſchen finden wird, was um fo
bringender zu wuͤnſchen, ba ber mit bebeutendem Koſtenaufwaud
verbundene Drud des 400 — 500 Bogen ſtarken Werkes nır
erſt durch ben auf biefe Weile ſich bethätigenden Antheil des
Yublicumd möglich gemacht werben wird, Unter bem Titel:
„Althocgbeutfcher Sprachſchat, ober Wörterbuch der althochbeut:
624 |
ſchen Sprache, in welchem bie urfprüngliche Webentung und
Fade unferer heutigen Wörter, fowie ber ſchweſterliche Zu⸗
mmenbang bed ganzen deutfchen Sprachſtamms mit den ihm
verwandten ältern Sprachen, durch eine vollſtaͤndige Samm⸗
Iung aller von den früheften Zeiten an bis zum Anfange des
12. Jahrhunderts uns aufbewahrten hochdeutſchen Wörter,
Stebensarten, Wortbilbungen und Wlerionen nachgewieſen if,
unmittelbar nach den älteften handſchriftlichen Quellen etymos
logiſch und grammatifch bearbeitet‘‘,
wird diefes mit reiner wiffenfchaftlicher und vaterlänbifcher Be:
8 gearbeitete Werk den Preunden einer finnigen Gr»
dung ber uns Allen fo theuern Mutterfprache ſich barflellen.
Schon die zunächft in bie Augen fallenden populairen Zwecke,
welche der Verf. in ber Ankündigung feiner Arbeit zuvoͤrderſt
heraushebt, erregen die Iebhaftefte Theilnahme für eine folde,
oft mit ganz neuen Refultaten überrafchende und zum erften
Mal uns gebotene Darftellung und Gntwidelung unferer Spra⸗
de. Der Berf, macht 3. B. darauf aufmerffam, wie die Wörs
tee unferer heutigen Sprache in ihrer Form fo entflellt feien,
das man fie ohne Kenntniß ihrer urfprünglichen Form gar nicht
oder nur falfch deuten koͤnne; fo, wenn man fi das Wort
Leichnam erflären wolle, wo nur bie alte Form ſogleich Aufs
ſchluß gebe; biefe tft lihhamo, gebildet aus lih, Körper,
und ham, Bedeckung, Hülle, alfo das fleiſchliche,
leibliche Kleid bedeutend. „Das Verbum, zu dem ham
gehört”, fährt der Verf. fort, „heißt heman, bebeden,
wovon auh Dembe, altbochbeutfh hemidi, als Beklei⸗
dung, und Himmel, althochdeutſch himil, ale der Allbe⸗
beder herkommt; wer ahnt ohne Kenntniß der altdeutfchen
Sprache diefen Zufammenhang ber Wörter Leihnam, Hem⸗
de, Himmel? Aber überhaupt find bie Wörter, die wir
jest fprechen, dem größten Theile nach todte Zeichen geworben, .
die die Bedeutung, bie wir damit verknüpfen, nicht in ſich
tragen, fonbern fie nur willtürlicy zugetheilt erhalten zu haben
feinen. Wenn wir Wörter, wie Kind, Beichte, Befin
de, Bräutigam, Henſchrecke ausfpredhen, fo fühlen wir
nichts mehr von ihrer urfprünglichen Bebeutfamkeit, fondern
gebrauchen fie wie willkuͤrliche Wezeichnungen unferer Vorſtel⸗
. ungen, weil mit dem XAbfterben ihrer Wurzel auch ihr inneres
Leben abgeftorben ift. Wollen wir diefe ſtarre Mafle der Spra⸗
dye wieder beleben, fo müffen wir zu ben Ziefen unfers Sprach:
altertbums hinabfteigen, wo- fi freilich nicht mehr für alle,
aber doch für viele Wörter noch das fie erklaͤrende Etymon
vorfindet. So zeigt fi, um bei den angeführten Beifpielen zu
bleiben, in unferer alten Sprache bie Wurzel chinan, unfer
jegiges feimen, von welchem chint, jest Kind, berfommt,
und wir erkennen nun, baß der Begriff des Entfproffenen, Er⸗
zeugten nicht willfürli mit dem Worte Kind bezeichnet ift,
fondern ſchon rabdical ihm beimohnt u. f. w.“
Der Berf. behauptet nicht zuviel, wenn er bie Rüdwirkung
einer ſolchen Entwidelung ber Sprache auf unfer Bewußtfein
als von folhem Einfluß bezeichnet, baß unfern Wörtern dadurch
geriffermaßen erft ihre Seele wieder zugeführt werbe, die waͤh⸗
rend bes langen Gebrauchs allmälig verloren gegangen. Es
ift kein Zweifel, daß fich unfer Sprechen anfchaulicher beleben
‚muß, wenn uns bie urfprüngliche Bedeutung urferer Begriffe:
zeichen auf biefe Weife wieder vergegenmwärtigt wird. Aber zu:
gleich die Eigenthuͤmlichkeit des deutſchen Nationalcharakters,
wie er in der Bildung der Wörter feine- vollsthümliche Aufs
faffung, feine ganze Anſchauungsweiſe der Begenftände kund⸗
thut, wirb fich in des Verf. „Sprachfchag” finnreich wiederfpie:
gein! Der Berf. belegt dies in ber Ankündigung feines Werkes
durch einige intereffante Beiſpiele. „Was wir mit. dem Namen
Baterland bezeichnen, nannte ber Altdeutfche bebeutumgsvoll
odil, das Land in weichem unfer od, d. h. unfer Befig unb
Gluͤck enthalten iſt. Eben dieſes Befühl vom Werth des Va:
serlandes leitete den beutfchen Geift, der das Wort elend, das
urfprünglich alilenti lautet und nichts weiter ald unberslän:
Redigiet unter Verantwortlichkeit der Berlagäbandlung: J. A. Brodhans in Leipzig.
I He
diſch, nit im Baterlande, bezeichnet, für ben Begriff:
unglücklich, der jegt in dem Worte elend liegt, bebeu il
vol verwandte. So zeigt ber Gebrauch bes Wortes redlich
für den Begriff des Rehtfchaffenen, Ehrlichen, den
wir jept mit biefem Worte verbinden, wie tief und unmittelbae
ber Deutſche es fühlte, daß Redlichkeit die wahre Verſtaͤndigkeit
fei, denn redlich, althochdeutſch redilih, heißt urfpränglich
nichts anders als verfländig. &o ift ber urfprünglidye Begriff
von eitel, althochdeutſch ital, Teer; das Gitle belegte beuts
[her Sinn mit dem Namen des Leeren. Geine Werthfhäsung
ber Brauen legte der Deutfche durch das Wort Frau, althoch⸗
beutf frowa, an ben Tag, welches das Femininum von fro,
Herr, ift, und daher Herrin bedeutet u. ſ. w.“
Dazu kommt die vein wiſſenſchaftliche und gelchrte Bebeut⸗
famteit dieſes Werkes, bie es als erfte und erfhhöpfende Samm⸗
lung und lexikographiſche Aufammenftellung ber althochbeutfchen
Sprachdenkmaͤler jedem Sprachforſcher unentbehrlich machen
muß. Möchte es alle Klippen und Hinderniffe, bie fidy feinem
fhon lange fehnlich erwarteten Grfcheinen in ben Weg flellen
tönnten, gluͤcklich überwinden und fo unfere Eiteratur durch ein
Buch bereichern, wie es, einzig in feiner Art, kein anderes
Bolt aufzumweifen hat. Es beftimmt ſich jeboch keineswegs bios
für Gelehrte; jeder gebildete Deutſche wirb baran eine reiche
und neue Ausbeute zur Kenntniß der Sprache und bes geiftigen
Sinnes feines Volkes zu benugen haben. Zur Erleichterung der
Anfhaffung kommt es in einzelnen Lieferungen zu 15 Bogen
(1 Thlr.) heraus und bürfte in 6— 7 Jahren volfkändig in
ben Hänten bes fubfcribirenden Publicums fein. 38.
eg
' Notizen.
Denen, bie fich mit dem Zuftande Irlands befchäftigen, i
vielleicht ein neues Werk von Zaplor: „The history, pr
the civil wars of Ireland” (2 SBbe.), willkommen. Der
Zweck bes Buches iſt hauptfählich, das gegenwärtige Elend
bes Landes aus feiner Vergangenheit zu erklaͤren.
Der fruchtbare anonyme Autor don „Sybilla Odaleta”
(Signor Barefe) hat abermals zwei nicht eben ganz verwerfs
tie, aber doch ohne entſchieden hervorfpringendes Talent ge
fhriebene Romane erfcheinen laſſen. Der eine heißt: ‚‚Folchetto
Malaspina. Romanzu storico del secolo XII,” (3 Ihle., Mais
land 1830), der andere: „‚Preziosa di Sanlori, ossia i:mon-
tanari sardi. Romanzo storico” (3 Zhle., Malland 1832).
Friſch daran, ihr Herren Ueberſetzer. Ein ſardiniſcher Koman
kommt nicht fogleich zum zweiten Dale, die Leihbibliotheken
ſchmachten danach.
Im Anfange dieſes Jahres ſind in London erſchienen: „Mi-
rabcau’s letters during his residence in England’ (2 Bdbe.),
zum erften Male nach dem Driginalmanufeript überfegt.
Rah dem neuerlich erfhienenen „Sapgio di »tatistica
degli stati pontifici di M. Gabriele Calindri’' beträgt bie
Bevdlferung der päpftlichen Staaten, die Eegationen inbegriffen,
2,592,329 Seelen, die in folgende Claſſen zu verteilen find:
Unverbeirathete Männer . . . . 289,177
besgl. Sraum . >» 2 2 202. 284,145.
Berheirathete beiderlei Gefchlehts . 913,586.
Witwer. . 2 2 20 0 2.2..48,616.
Wiwn . . 200. 84,126
Kinder männlichen Geſchlechts 521,185
Kinder weiblihen Geſchlechts. 558,012.
Moͤnche oder. Drbensgeiftliche . 10,598.
Priefter oder Weltgeiftliche 84,600,
Nonnen. . 8,284.
Giner anderen Angabe zufolge lebten im Zahre 1831 in ber
Statt Rom allein 1432 Meltgeiftlihe, 1908 Möndye umb
1875 Nonnen. 153,
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Ye Buchhandlungeg iin und. außer Deutfchland nehmen Beftellung baranf. an; ebenſo
alle, „ober das. karitl. Shysm: am Taxiſche Poſt amt in Altenburg
DER... Die Bantepbung Apdet, wochentich — Dienſtans und dreitað aber, u in. Wonatöpeften Hall
ww, si; f 4
Durkbens ‚tieranifches, Buben ,imd Bohn om. geb⸗ des
nn erahnen.
.. &xrfher Sptihet., u 5.
Gwaibm und, Elbflaxenz hat man Daeten. in. der
nern. Dat. 2) 11,50 ‚Dielen Bam: aben: perdiente. es⸗
. waltsfehher» ſchhriz am sonfken vielleſcht. unter; den helden
wunöieheunen Aumıfien,. irarloe: e6 ; im Yfange des, 18
Sahıhwahetts achitsoniich unpegwiniueichöneeten, amers
mehfiche Suramen auf. Semanjungen. fir Hall und Mh:
ſenſchaft wenheten, —8 „und, Kuͤnßler relien: ließen
(einige der Erſtern fogas. nach Afrika), oft koͤniglich "bes
kohnten. und: durch · Ihrem, geonzenloſen Lurus ins beſondere
die echaniſchen und gewertlichen ——
Mech abgeihem de u —* hie ‚hr, Zunſt
und. ae ‚am. ——
ai Yap fan je Fin, wol —— ‚bier nur.
8 ‚nachtönen lalien aus jener, ‚feit 30-0 3 Ihren
* pisflangsn Zeit, wo. ein t von. hohem Siun
H Kunft und Literatur, vom gelaͤutertem, Geſchmag unb
zründlichen em, auf dem.. Fhrong: ſab und doch,
berlegter n.:barf fal ſagen gezwungenet. Dr
—* wall, t ‚m pi ‚mat. feige Ahne
a ‚Siteratue um Er
! u I
ER: — * des — — ar
e n und Zuſammentreffen ‚guter Kopfe un
gerechter Ode fi — von —F bidete, und io
immer Einer des Andern Sonne ward, mährend eine
Zoreenh Gohtralſine wis ‚sin halb FJohrbondent fruͤ⸗
am Firnamente. des Dofes. nicht ſichtdas · war.
"ir Hauptfterne jenes literariſchin Siemamentd; wa⸗
ven, aus bem Bliigerflande: Abtlang ; Archenholz, Rupert
und Gottlieb Wilhelm‘ Becker, Berger, die Gebruͤder Canz⸗
ler, Cramer, .Dafdorf, Guͤnther, Hader, Haſche, Haus⸗
wald, Hunger, Körner, Langbein, Lippert, pie, 5 Lohdius,
Meißner, Mittelhaͤuſer, Neumann,. Rebmann, Reinhart,
I Dugend Lefer hatten:
Be [4 amt ,
Riceer, Seiſtied Schiegkert, eis” Tittmann, Dein,
ſig Winkler · ¶ A ans, dem Mitterflamde: Graf. Bruͤhl,
yon Globig, Sreiherr von Gutſchmid, ‚Graf Hohenthal,
uam Punikqau, der Freih, zu Racknitz, von Teubern, von
Wurſmb u. Yu; amd zu den: Füßen dar dichteriſchen Ga⸗
maliel's Augen nur. erft. an zu. figen und zu, myitſchamm:
Albracht, ‚Zell, Kind, Lzun,, Ras u. A., | ui
.. Yu Liederkreiſe und literariſcht Thees raue nicht. gu
benken,: obſchon e8 ber Sänger und Literatoren genug oa,
bie zur Mitgfiedfchaft.. geeignet: gewefen waren. uch
fehlte es am einem. literariichen Centralpunkte, am. einem,
auch außer. Dresden. geleſenen Journale; wie ſpaͤterhin⸗ dae
„Abendzetung ward; .bensg die journaiiſtiſche iteratut lag
damels ivch Ik. Mgen,n ober vielmehr in der Arche ges
ringeper Bmpfimglichdeit und Theilnahme. Außer Ban :ges
lehrten Beitraͤgen zum „Dresdner Anzeiger“ gab. es damals
nicht Ein bluͤhendes Journal in Dresden; jenes eine aber
deſchrankte ſich wieder meiſt auf vaterlaͤndiſche Gegenſtaͤnde
und biente nebenbei gabitterten oder ſich gekraͤnkt glauben⸗
den literatjſchen, and, qrtiſtiſchen Gemuͤthein alg ein -Afferte
bier, Ahbfhrungsort, ihrer Gallenbiaſen.
Dies. war. beſonders⸗/der Fall mit. dem Vibliothekar
Dasdorf und dem Seftungsbauprediger Hafche, von denen der
Eine die amziehendfle, der Andere die gründlichfie Beſchrei⸗
bung Dresdens geltefert haben wollte, fowie mit einer
"Schrift des Hofraths von Teubern Über Schenau’s Altar:
ewälde der Kreuzkische, welche ein wahres Eritifches Kreuz:
Feuer veranlaßte. Uebrigens legten die meillen Dresdner
Gelehrten ihre Iiterarifchen Eier in fremde Neſter, befonders
in die „Algemeine deutſche Bibliothek“, die „Goͤttingiſchen
gelehrten Injetgen⸗, das „Deutſche Muſeum“, den „Deut:
(hen Merkur“, die „Berliner Monatſchrif “und Sfelin’s
„Ephemeriden der Menſchheit“, die nach beffen Tode Hof:
vath Beder in Dresden herausgab, wo. fie aber kaum ein
Zwar machten einige bresbner Ge: .
626
lehrte den Verſuch mit Begründung von Journalen; ˖ al>
lein es blieb auch dabei. Mit großem Pomp z. B. kuͤn⸗
digte Schlenkert eine Wochenſchrift: „Weisheit und Thor⸗
heit”, an, welche, kein Vierteljahr alt, in der Wiege
s
fchon ſtarb. Der Finanzſecretair Hunger ‚wollte ein. hu⸗
moriftifches Blatt unter dem Titel:
dent”, herausgeben‘, allen es fanden ſich feine Intereſſen⸗
ten. Der Bibliothekar Ganzler begründete, in Verbindung
mit dem, feines. „Alcibiades“, feiner „Binnen Capello“,
feiner „Skizzen“ wegen allgefelerten Meißner, eine fehr
gehaltreiche Quartalſchrift Fuͤr ältere Literatur. und neuere
Lecture”, die aber nur vier Wände erlebte. Die einzige
yesssdifhe Schrift⸗ von längerer Daurt war Hafdye'&;,Ma:
gazin der fächfifchen Gefchichte”, das von 1784—90, body
nur unter ſtetem Beterfchreien des Verf., daß gr fein baa⸗
res Geld dabei äufege, erſchien und endli auch aus
Mangel’an Unterftügung einging. ee
An unfere jegigen- Belehrtens und: andere Vereine für
Botanik, Bhumenpflege und Pomologie, für Mineralogie,
Phyfik, fuͤr vaterländifche Alterthumskunde, Für Stati⸗
fit u. ſ. w. war nicht zu denken. Nur ein Inſtuut aͤhn⸗
licher Art: Die Geſellſchaft für chriſtliche Liebe und Mit⸗
leiden, gab es in Dresden, welche aber mehr Wohl:
thun als literariſchss Wirden und Forfchen zum Zweck
und faft nur die Herren vom Stadtrathe und von -ber
Geiſtlichkeit zu Mitgliedern hatte. Von einem Muſenm,
sole’ jetzt das trefflihe Arnold'ſche, Hatte man noch: gar
keinen Begriff, und die : meiften Leſebibllotheken wardir
nicht viel befier als halbliterariſche Büdchen/ wo nur Bel:
letriſtiſche Kurzwaare, Romane m. ogl. aber nicht Eine wiſ⸗
ſenſchaftliche Schrift zu haben war. Vorleſungen uͤber lite⸗
rariſche, artiſtiſche und andere derartige Gegenſtaͤnde kannte
man noch ſo wenig, daß, als ber grundgelehrte und hoch⸗
verdiente Archidiakgnus M. Winkler (Theodor Hell's Vater)
1780 anfing, philoſophiſche, phyſtkaliſche und kosmologi⸗
ſche Vorleſungen zu. halten, über ſo herrliche Verbindung
von :Meisheit und Gemeinnügigkeit: mar. ih nicht genug
- wandern. kommte. 2 eh pl
"Die Eurfürftliche Bibliothek, obgleich; damals fdyom *)
ihrer :Beftimmung nad „Museum usui 'publico patens“,
war doch, Ihrer Einrichtung und fonftigen Verhaͤltnifſe we⸗
gen mehr elausum als patens; denn feit 1728 in Brei
Säle der Zwingerpavilions geklenimt ""), gewaͤhrte fie
den Muſen ein fo beſchraͤnktes Quartker, daß Ihre Schäge
WERE EDEN io ABmieltacher ee sin la.
y Bis zum Anfange des 18. Jahrhunderts warb'ifie-faft nur
..: als: Privatbibliothek behandelt; denn nur Wenigen von Rang
und Stand war die Benutzung derſelben, und auch dieſe
nur unter großen Beichränfungen geftattet. Fremde hat:
’ fen felten Zutritt. "Die Juſpectoren oder Bibliothekare über
- befanden‘: fi in Literarifher Einfamkeit zu wohl,’ ale daß
iſte eine Aufhebung derſelben — — NAuch
.. \mmfaßte:. bie. Bibliothek belweitein ‚nicht. sche, ihr gehörige
‚@böge; denn im grünen Gewölbe, in, ber Zuniis. und
. ‚Müäftlammer blieben ‚lange noch eine‘ Menge Buͤcher und
Dandſchriften verſteckt. ( Ebert, Gefchichte und Befchrelbung
dee dnigl. Bibliothek“ ©9835: -- en
“+7 Mit Ausnahme der juriſtifchen MBerke,melde; aus Men:
ge / KRaum Im Vruͤhl'ſchen Palafte aufgeſtellt waren/
.
Laſt derſelben bedrohte J
Benutzung derſeiben wie jegf “hate man thmaks kin
„Der junge :&tu-?,
Begriff, obfhon” der: Oberbibliochekar Cruſius und bie
wenig zu bemerken, oft kaum zu finden waren; bie Buͤ⸗
cher fianden nämlich doppelt und breifach hintereinander,
biele lagen nur fo herum, wie man grade noch ein Pläg:
hen für fie gefunden hatte, und die zufammengebrängte
fogae die Gebäude, Won einer
Bibliothelare Ganzler und Daßdorf den Gebrauch derfel-
ben cher beförberten ats erſchwerten. Außer dem Kurflı-
fin, den Miniftern, den Mitgliedern der hoͤchſten Behoͤr⸗
deu, einigen Gelehrten und Künfttern ober befondern Guͤnſt⸗
(ingen bes Perfonals benugte fie Niemand, und faft glich
-fie einer Juſel in unbeleuntn leeren, wo nur dann
‚und wann ‚pin. fiterarifches Schiff Iandete.
ſogenanntes Eiliſchreibebuch feit 1756 exiſtirte, ward es
:doch' wenig benutzt, weil die Beſuche don Fremden ſelten
Obſchon ein
waren, und oft erzählte "der Secrelair Naumann ben
Bibllothekar Cruſius, wenndieſer etwa ein paar Tage
gefehlt "Hatte, mit "wichtiger Miene: „Wir haben indeß
auch einen Fremdenbeſuch gehabt. Man wollte unter Ar .
[2 @ £ N}
exm Sogar. bie .confiscieten Bücher ſehen. melchss ich aber
näthrlich verweigerte.” Wie es fcheint, gab es alſo bei
ber Bibliothek eine beſondere Samtalung ſolcher Schrif:
ten, bie aber fpäterhin wol einrangfrt wurden: *)
Uebrigens erfchtwerte auch das’ enge Local des Erpedi⸗
tions= und Eefözimmers, ob, wenn riät ein halbes; Dugend
Leſer auf. Anmal- fin Anftelten --fchon:! wahre? Raumnsech
entitand:; - der Mangel an ⸗guten "Ratafohen ) und bie
Ungelenkheit und Ungelahechlitn das: uittend. Petjonals "ober
bee Hogenannten Bibllochekſchreiboer, wozu nicht fektin Be⸗
biente -von Erleßerizen: ‚befördert wurden,‘ den Gebrauch
‚dicht wenig, Web -man- nun vollends. -baß.:diefe- Biblio: .
thek viele Fahre: einen Chef (den: Graf Mareolini) Hatte, dem
bie Literatur, ‚Imsbefondere die deusfche, 'Yanz“ fernıb- war,
fo kann: han: von’ ſelbſt auß ihre Wirkſamkeit ſchueßen.
‚Schon der Zuganßg zur Bibliochek,! eine alte beinooſte
Steiliefpe, auf mAh man Im Winter Arm- Vodet Bein⸗
bruch Ju fuͤrchten Harte,‘ wär-nicht vinlabent, dber atich
fü wenig begangen ‚.' daß es ordentlich, auffiel, Semanden
“fie befelgen ‚zu Tepen. - Höchft poffierlich Einge «6, unb
boch iſt es mahr;' daß das untere Perfonak ſich oft fogue
nach Beſuch fehnte; vbeil’tg‘ fuͤr ſelbes adj "gar’zu sornig
ju thun gab, "und" daß noch weit Öfter Siccher nicht
ausgeliehen tberbent‘' fonnten, "teil 'mari fit nicht zu finden
müßte, “oder ‚deB engen /LochW wegen zu viel Mühe’ arte,
fie zu Lage hu fördern;“ obet endlich, wet ſchlechte Wit:
teeung deren Herbeiholen hinberte, denn die obrrmähnten
drei Zwingerpavillons ſtanden nur durch offene, ziemlich
: 2) Der Blbliothekar EClobius hatte 1783 anf Einlieferung “er
ned .:Srenplara; von:jedem “Lonfißcirten Bache - angetragen
el (kirfäbert: ©. 78). jr: al 5%. Jar *
::,J:Durib.ben Fuiß der Viblio lalacke Mat und Giehirs. wor
zen über hundert Koliobände.au Katalogen, nomingien und
. realen Inhalts, vorhanden; und boch warb es dem. Perfo-
nal oft" biutſauet, ei vertangtes Buch ſchnell zu Finden.
Erſt feit 1800 Hat-bie Bibllothek ein allgemeinen (53 Be:
= Hebähbe fasten). Romtratfatalög. sebalten.. 1... :i:i. A
— — — — — —— — nn
627
% f
ange Gänge in Verbindung. Verlangte nun Jemand
3. B. mehre Bücher, deren jedes in einem. andern Pa:
villon ſich befand, und es ſchneite oder regnete grade, dann
war das literariſche Holland, mehr aber noch der es in
Anſpruch nehmende Literatus in Noͤthen, wenn ihn nicht
vielleicht Rang und Stand vor Knurren und finſtern Ge⸗
ſichtern ſchuͤzten. Dazu kam noch, daß der damals ein⸗
zige Secretair, Naumann, ebenſo ungeſchliffen und un⸗
gefaͤllig als das jetzige Perſonal fein und dienſtfreund⸗
lich, für Beſucher der Bibliothek mehr eine abſtoßende als
anziehende, Kraft hatte. Die Zälle waren nicht felten, wo
es bie: „Kommen Sie morgen wieder! Die Theologen,
die akten Claſſiker u. f. w. ftehen in dem Papillon da brüs
ben, da mag fie in dem Wetter ber Teufel holen.”
Wenn biefer aber nicht wollte, und der Secretair gleich:
wol fo ein außerpavillonifches Werk eines vornehmen Ber
gehrerd wegen doc) holen mußte, ba hieß es gewöhnlich):
„Santo (Name des Aufmwärters), meinen Paraplui!” ober
bei Stätte und Kälte: „Santo, meine Bärlatfhen!” ober |
bei. beftigem Winde: „Santo, meinen Roquelaure (Regen:
mantel)!“ Ja, nicht felten mußten Paraplui, Bärlatfchen
und Roquelaure vereint geſchafft werden, eine alte theolo⸗
giſche Schwarte oder die Ausgabe eines roͤmiſchen Claſſi⸗
kers in usum Delphini zu holen.
Zu verdenken war es uͤbrigens jenem armen Secretair
nicht, wenn er bei ſchlechtem Wetter die außerpavilloni⸗
ſchen Gangreiſen fuͤrchtete; denn ex litt oft an Gicht und
Zahnweh — vielleicht Folgen jener Reifen —, und ber
Fall ift mic feloft vorgelommen, daß er ein Buch, zu holen
abſchlug, weil er fih in Sturm, Regen oder Schnee ei⸗
ner Erkältung nicht ausſetzen koͤnne.
Perſonal damals und jest!
Wie felten aber das gewöhnliche gelehrte Publicum,
ebenfo häufig befuchten damals viele der oberſten Staats:
beamten die Bibliothek. Dies war z. B. der Zall mit
den, Miniftern von Wurmb und Gutſchmid, mit dem
General von Gersdorf, dem Tonfiflorialpräfidenten von
Berlepſch, den Hofräthen von Zeubern und Born, dem
Secheimen Kriegsrath von Ponikau u. A. Da man nun
zu folhen Männern natürlich nicht fagen konnte: das
Wetter ift heute zu ſchlecht, kommen Sie ein ander Mal
wieder! fo hatte der gutmäthige, unbegrenzt gefällige Daß:
- dorf für dergleichen Fälle förmlich einen Reſerveregenſchirm
‚zur Hand, oder lich wol gar einer. alten Excellenz feinen
neum Mantel, um fie trog Sturm und Wetter an bie
Quellen der Weisheit und Erkenntniß zu geleiten.
(Die Zortfegung folgt.)
Welch Local, welch
Correſpondenznachrichten.
Kopenhagen, April 188.
Es ift uns aus Norwegen ter erfie Band einer hoͤchſt inter:
eflanten Schrift zugelonimen: „Nutid og Fortid⸗ (Die gegenwärs
ige Zeit und die Vorzeit), von bem Ritter 3. Aal (Arendal 1833),
eſiger eines Ciſenwerkes in Arendal. Die Schrift if ſtaats⸗
wirthſchaftlichen Inhals, und bringt ben finanziellen, commerciellen
und politifchen atom Norwegens, die Altern und neuern Ver⸗
bältniffe. diefes "Staats gu Dänemark, ben Bortgang beider
ſtaͤnde zur Sprache. Mehrmals kommt der Werf. auf die ſinan⸗
"| ziellen und pecuntairen Berhältniffe des bänifchen Staats feit ber
Trennung zuruͤck, und da biefe Sache auch jest in Dänemark
an der Tagebordnung iſt, ſowie fie in einigen Blättern bes Auslan⸗
des erörtert worben, fo koͤnnen wir nicht umhin, auch bier et⸗
was barüber aus ber Schrift des normegifchen Autors mitzus
teilen. Diefer tft nicht nur ein ſachkundiger, fondern : zugleidg
ein völlig unabhängiger Mann, beffen vechtfchaffener &harakter
von feinen Mitbürgern wol nie in Bmeifel’gezogen wurde: Gr
ift weit entfernt, für Dänemark parteifch oder über bie Verbin⸗
bung Rormwegens mit Schweben mißvergnägt zu fein, vielmeht
fieht er in diefer Verbindung das Heil Norwegens -(ob mit
Recht, laſſen wir bier dahingeſtellt fein); auch fteht er den
Gegenftänden in Dänemark, worüber er fpricht, nahe genug,
um biefelben recht ins Auge faflen gu können, obne ſich von
Uebertreibungen bienden zu laffen. „Daͤs Beifpiel Dänemarks”,
fagt er, „ist für Norwegen Iehrreich, indem das Geldweſen bes
daͤniſchen Staats eine Krifis beftanden hat, bie’ aͤhnlich ber'jes
tzigen Norwegens if. Dänemarks Geldweſen hat feine Bürger
durch tie nämlichen Gefahren und Icrungen geführt ale Nor⸗
wegens, es hat alle bürgerliche Verhaͤltniſſe gewaltfam erfchät:
tert und ihnen eben den aͤrgſten Stoß durch ben plößlichen Ueber:
ang zu einem Curs, den man al pari nennen kann, zuge
gt. Ungeachtet aber, daß es auf einen twenfger 'feften Grund
als das normegifche fich ftüst, Haben jeboch beſſere Gonfuncturen
und ein daraus folgender Ueberfluß ber Silbervaluta den Curs
aufrechtgehalten und auffallend vortheilbaft auf alle Gigens
thumsverhältniffe eingewirkt. Wir wollen bier nicht unterſuchen,
inwieweit bie Grundlage diefes Zuftanbes weniger feft zu fein
feheinen möchte, einerfeite weit ein Theil jener Valuta mittels
Anticipationen berbeigefchafft worden, anbererfeits weit bie Baſis
ber Bank weniger bequem ift. Das Finanzweſen Dänemarks:
bat, öffentligen Berichten zufolge, in mehren Jahren in der bes
ften Ordnung ſich befunden; Ginnahme und Ausgabe waren im
Gleichgewicht und bedeutende Summen wurden jährlid auf bie
Staats ſchuld abgetragen. Die Kräfte ber bänifchen National
bank nehmen jährlich in dem Grabe zu, daß bie Erfüllung ihrer
urfprünglichen Beftimmung, die @inziehung ihrer Zettel, nicht
weit entfernt fein kann. So viel aber iſt offenbar, baß biefe
mehre Jahre fortbauernden vortheilhaften Beitumftände zur Sta:
bitität bes. Curſes beigetragen haben, ſowie fie vie Unternehs
mungen ber dänifhen Bank zur Aufrechthaltung eines feiten
Geldweſens ſeibſt unter veränderten Conjuncturen auf eine
Weile erleichtern werden, ‚bie neue Verruͤckungen der Eigenthums⸗
verhältniffe nicht herbeirufen wird. Gin Iebhafter Handel, -ola
mehrjähriger. vortheilhafter Abſag der wichtigften Probucte bes
Landes, ein verbefferter Landbau, verfländiges Ablenken von vor
her betretenen Irrwegen in Hinſicht ber Foderung bes Gewerb⸗
fleißes, bie Verwandlung ber adeligen Gutsbeſiher aus wilden
Jaͤgern und muͤßigen Wolläftlingen in thätige, haushaͤlteriſche
Bürger, das Fallen ber unnatürlich hohen Preiſe alles feften
Eigenthumes (aller Immobilien) bi8 in ein paſſendes Verhaͤlt⸗
niß und zur Grleichterung der vortheilhafteften Benugung besfels
ben in jeder Nüdficht: diefe Umftänbe und noch meahre derglei⸗
den Gaben zur Verbeſſerung bed Gurfes bewirkt,: was: ‚Fein
Fünftliches Mittel, kein gezwungener Bankcurs, Beine wieberhoiten
Anleihen fortdauernd würden bewirkt haben können. Es zeigen
fih bereit die Bolgen in dem wachſenden Wohlſtande Däne
marks, in bem erhöhten Werthe ber Güter fowie in einer aus⸗
‚gebreiteten Thaͤtigkeit, und jene durch bie frühzeitige Verbeſſe⸗
rung des Curſes veranlaßte Herabwärbigung ber Hypotheken
ift mittels der wieberhergeftellten Feſtigkeit des reellen Eigen⸗
thumswerthes mehr als erſetzt. Die ältere fowie bie neuefte
Geſchichte des daͤniſchen Geldweſens iſt für Norwegen hoͤchſt lehr⸗
reich, nicht nur wegen der begangenen Fehler und des maͤchtigen
Eingreifens deſſelben in bie Eigenthumsverhaͤltniſſe, ſondern auch
wegen der Weisheit, womit die Adminiſtration dieſes Geldweſens
es allmaͤlig auf einen beſſern Weg eingeleitet bat. Groß was
Staaten feit dee Trennung und auch einige literarifche Gegen: | ven bie Leiden beiber Reiche wihrend ber Beſſerung; fie find
622
ihm gelehrt werde, nach Befinden eins bis zwoͤlſmonatliche
Gefängnißftrafe. Das andere Geſetz erkennt aber 1), daß
alle freien, feit 1807 in das Land gelommenen Farbigen wie⸗
der daraus vertrieben werden, und baß ein früheres Gefeg,
welches keinem freien Sarbigen geflattet, nad) Louiſiana zu
kammen, wieder in Kraft teeie; 2) daß alle ‚freien in Gens
Staate bebenden Zhrbigen , welche diefem Befehl nicht: ale
fobald Kolge leiften, Gefaͤngniß oder lebenslaͤngliche harte
Arbeit verſchulden; 3) daß jeder weiße Einwohner, ber
überwiefen ift, irgend eine Schrift verfaßt, gedruckt ober
verbreitet zu haben, oder irgend eine mündliche Aeußerun
gethan zu haben, die -barauf abziele, ben Frieden md.
icherheit des Staats in Betreff der Sklaven oder far:
gen Bevoͤlkerung zu gefährden, ober bie Ehrerbietung zu
vermindern, welche ben freien Farbigen gegen die Weißen
zuſteht, nad Befinden um eine Summe von nicht we
niger als 300, noch mehr al& 1000 Dollars geſtraft und
auf eine Zeit von wenigitens ſechs Monaten bis hoͤchſtens
drei Fahre eingefperrt werben foll; während ein jeder fol:
chen Vergehens übermiefene freie Farbige bis 4000 Bol:
lars Buße zahlen, bei harter Arbeit drei bis fünf Jahre
Gefangenſchaft erdulden und alsdann Iebenslänglich ver:
bannt werden fol, und endlich 4), daß es in allen Faͤl⸗
len den General: und Bejirksanwalten bei Strafe der
Amtsentfegung zur Pflicht gemacht wird, bie genannten
freien Sarbigen im Fall der Webertretung biefes Geſetzes,
oder im Hall ber Anklage von Seiten eines Staatsbuͤr⸗
gers gerichtlich zu verfolgen.
Das Beſtehen der Sklaverei kanm ‚ben Amerikanern
allerdings nicht zugerechnet werben, bemerkt das „Review“,
denn fie Fam ihnen ebenfo mie ihre Gefege und Inſtitu⸗
tionen von bem Mutterlande zu. Fuͤr die Behandlung
ihrer SHaven feit ihrer Unabhängigkeit find fie aber ver:
antwortlich, benn glei am Eingange ber Unabhängigkeits:
acte wird ‚gefagt: „Wir halten diefe Wahrheiten für von
fetbft einleuchtend und ausgemacht, daß alle Menſchen gleich,
geſchaffen find, daß fie von ihrem Schöpfer mit gewiſſen
anveräußerlichen Rechten begabt worden und unter biefe
Lehen, Freiheit und das Streben nach Gluͤckſeligkeit zu
rechnen find”, wiewol bafjeibe Volk, das ber Aufrecht⸗
erhaltung dieſer Grundfäge fo große Dpfer brachte, fie
fortwährend mit Füßen tritt.
Herr Stuart zeiht einige Provinzialeegterungen und
den Congreß nicht minberer Ungerechtigkeit gegen die in
dem Gebiete der Republik wohnenden indianiſchen Stäm:
me, insbeſondere gegen bie Cherofefen, bie ber Staat Geor-
gia im Einverftändniffe mit dem Congreſſe, ohne den Ein-
—* bes oberſten Gerichtshofes ber Freiſtaaten, aller
ertraͤge, alles Rechts und aller Gerechtigkeit zum Trotz
aus ihrer Heimat ‚vertrieben haben wuͤrde. |
Von Neuorleand fegelt unſer Reifender den „Water ber
Gewaͤſſer“ aufwärts in einem flattlichen Dampfboote oder
vielmehr fchwimmenden Hötel. Seine Schilderung der Ge⸗
ſellſchaft darauf faͤllt weit günfiger ale die der Mrs. Trol⸗
pri aus, Er berichtet Manches über die immer noch
ſehr pereingelten Niede Aan ben Geſtaden. des Stro⸗
*
mes und bie halbwilde Lehensart ber Anſiedler. Das Ca-
[2
1
.
1
.
3
Ä
pitel über Illinois, das an Fruchtbarkeit reichſte Land der
Melt, ift fehr lehrreich. Die ganze Strede vom Miffi:
fippi bi6 zum Michiganſee tft eine einzige faſt ununter:
brochene Wiefe, die Franzoſen nennen- fie das tedifche Pa:
radies. Sie iſt weder fumpfig, noch Ueberſchwemmungen
ausgeſetzt, getießt eines. mitten geſunden Alimas, :befigt
reiche Lager Steinkohlen, Ka, Stein s oder Kekhfa und
Bleiminen und erfreut fi in dem Mittelpunfte des ame
rikaniſchen Zeftlandes faft aller Vorzüge und Vortheile ei:
ner Inſel, weil es von allen Seiten von großen Sem,
Strömen und Kandien begrenzt und bucchfchnitten iſt.
Daß es von leldigem Sklavenhandel und Beſitzthum voͤl⸗
lig frei iſt, mag fuͤr keinen der geringſten Gruͤnde zu
rechnen fein, aus denen es europaͤiſchen Auswanderern
unteeiüg vorzugſsweiſe zur Anflebelung empfohlen wer:
en kann.
Das „„Review‘ ſchließt feine Ucherfüct, indem es Den.
Stuart das Lob ertheilt, eine lebendige und gewifienhafte
Schilderung des Lebens in allen Staaten Nordamerikas
von Bolton bis Meussieuns und von St.: Louis bis Neu:
york entworfen zu Haben, ber überall das Geptaͤge der
Glaubwuͤrdigkeit und Unbefangenheit aufgebrüdt fei. 158,
Lieber von Karl Mayer.
’ Beſchluß aus Nr, 180.)
Ueberhaupt wird die Benreporfte unfers Werf., bie zuweilen
ins Miniaturartige verfällt, doch in ihrer ehren Weortk:
gung groß unb erhaben, fowie fie Th zur db en Be
heutung ber Natne erhebt. Nur wenige Bellen biefer Axt as
‚Belege:
Die Nacht durchzuͤcken Blit auf Blitze,
Der Donner fpriht mir ferne Worte;
SI ftaune Kin vom Raſenſttze,
Wie nach ber Ewigdelten Pforte, (&. 281.)
Mag fin um dieſe Felſenwand
Beib flärmilg moltiged Gewand,
Balb warmer Sonnenſchimmer legen,
Sie ſteht in Ruh der Beit entgegen
Und zeuget hoch und feR und flet
Seit je von Wotted Majeſtat,
Die heut’ zumal im Gonnigblauen _
So ſtill, fo herrlich if zu fhausn. (©. 175.)
Des Donners roll, der Winde Stoͤhnen,
Des Selerd Schrei, in ber Natur
Bin jedeb Nauſchen, jedes Tönen
Cheint mir ein einzig Yragen nur.
Wo findet Antwort ich hienichen?
Was ſchenkt und zebefiehend Frieden? (©. 197.)
Wann eiufk ih, auferftehen werbe,
und mir das Beben diefer Erbe
Nach all den Bkäthfein auf ſich Elärt,
Mird mich bie Söfung.fxob vabranſes
Wie dier dad Sturmes hehres Saufen,
Fon Das —* hie tauſend Wipfel fährt? (Kbendaſ.
er auch in dieſen vollern und tiefern Accorden unterſcheidet
fich boch Karl Mayer von nusgezeichneten Katurdichtern imferer
but, wie Deine‘ Im feinen eraflern Naturliedern und ber Bär:
th mit gebüßzendem Ruhme von :uns in d. WI. *) gefchitberte
Niet. Lenau haup ‚Lahr, daß die legtgimnannfen Di
ter die Ratur mehr als ein Thema behandeln, über das ihr
Geiſt und ihre kuͤhne Phantaſie gewaltige Bariationen erfindet,
IB. Ar al und 1 RM. © Be.
— — —— — — — — —— —
623
während Wayer's Dichtergemüth. filh begnägt, bie in ber Matur
ewiffermaßen objectiv vorhandene A u Ar und
: ben einfachſten, von ber eignen Individualität des |
nichts als das tiefe meitgefügt borgenden Ausdrüden wieberzu:
‚geben. Auf den erſten Blick maden daher aud feine Gedi
.oft den Eindruck einer gewiffen Wortarmuth bei großem Sinn⸗
"und Sachreichthume; aber bei wieberholter Lefung erweitert ſich
vermäge ber dieſen Liedern einwohnenden objectiven Naturkraft
das gegebene Bild je mehr und mehr, und wir bewundern ein
feltenes Detail von Anfchauungen und Empfindungen in einem
oft ganz Eleinen Gedichte; uns wird zu Muthe, wie dem Auge,
bos eine für den unbewaffneten Blick unfcheinbare Pflanze durch
das Mikroſkop betrachtet und nun einen ungeahnten - Karben»
ſchmelz und eine Harmonie ber wechſelvollſten Formen an ihr
entbet. Darüber vergefien wir denn auch bie hier und ba et
was fchwerfälligen Wendungen bee Sprache, bie gwar fehr finn-
zeichen, aber dadurch zuweilen gefuchten Reime, woburdy in ber
änfeen Form manche ber in einer gewiffen Beengung ſich beives
genden Lieber faſt wie Ueberſezungen eines geahnten Driginales
lauten, das bie Föftlichen Gedanken in feliger Schoͤpf eipeit
re ran werde. Nur ein einziges SBeifpiel ber Axt
An ben Lefer.
Nicht alle fließen fie, die Thraͤnen
Des weichen Dicpterd, Freund, zu denen
Dein zartes Mitgefühl dich nelat;
Doch ach, es forgt das arme Leben,
Das es auch⸗ Thraͤnen möge geben,
Die, HI geweint, das Lied verſchweigt.
Sn biefen Zellen wird das Verſtaͤndniß durch bie he le
GEonftruction gehemmt, unb das proſaiſche Wort: denen, erfüllt
Beruf des Reimes gewiß nicht; aber man Iefe bie finnvollen
Worte nur zwei⸗, dreimal, fo find biefe Maͤngel vergeſſen, und
das Bemäth vertieft fich mit Luft und Ruͤhrung in bie tiefem:
pfundene Wahrheit, die fich auch in biefem Keinen Liebe vor tim
ut.
Außer der Ratur, bie er in allen Geſtalten und Jahreszei⸗
ten durchwandert und beobadhtet, befingt Karl Mayer auch noch
bie Gefühle der Liebe und der Freundſchaft. Das erſtere Gefuͤhl
(&. 53 fg.) derſchwiſtert er, wie fi erwarten laͤßt, ganz und
mit feinen Naturempfindungen; man erfährt in feinen Lie⸗
bestiebern mehr vom bionben Golde ber Achren als von ben
Locken der Geliebten; finnlihe Glut barf ohnehin von biefer
reinen Seele nicht erwartet werben; er liebt bie Geliebte wie
das Zerlfenmoos, wie die grüne Waldesnacht, wie Hirtenlieb und
Herdengeläute, wie Luft, Klang und Duft (S. 201 fg.), unb auf
einer Nachwanderung fingt er:
Schwarzes Wald: und Berggeſchiebe
Thauͤrmt fi um den Wiefenplan;
Waffer bonnern, doch die Liebe
Slaͤnzt mir aus dem Mond voran.
Aber es muß lieblich fein, fo geliebt zu werben, wie biefer keu⸗
fe Sänger llaht:
Säle der Seliebten Ihmmer,
Sanfter, golbner Monbenfein,
Hab mit deinem blauen Schimmer
Dring’ in ihre Jenſter ein,
Blumen, euer füßes Düften ;
Send’ ihr, theure Nachtigall,
Kern aus wonnetruntnen Läften
Deiner Sehnſucht vollen Schall!
Wird die Holde lauſchen mäffen
Solchen Erd: und Himmelsgruͤfſen,
Nah’ ihr doch auf weichen Pfähle
Noch willkommner der Erguß
Deiner treuen Herzgefuͤhle
Diefer naͤchtlich ferne Gruß! (8. 7%.)
« sb d betrifft, ut balb aus
a a frte die Mebfle IR, in
ber er ruhen Tann wie in ber Natur, unb bie er bewundern
kann wie fie. Daraus erklärt fi feine ganze Anſicht von ber
Sreundſchaft, wie fie fi in dem zärtlichen Zurufe „An Uhland
und Kerner’ ausipriht (8.5):
Man fagt und viel von Amors Pfellen,
Und Mander bat ihr Merk su heilen;
Doc auch die Freundſchaft kann und drängen,
Dab Herz und ſchwellen mit Gefängen
Und mit den füßeflen der Schmerzen.
So, Freunde, gebt ed meinem ‚Herzen.
Es iſt nicht Frühling, iſt nicht Liebe,
Was mich erfuͤllt mit Liebertriebe;
Ihr, Freunde, ſeid es! Eurer Luſt
Erbebt im Wiederhall die Bruſt;
Ihr wecket mich aus tiefem Schlummer,
Erregt mir ſuͤhen Jugendkummer;
Wie, Freunde, ſoll ich je gefunden,
Wenn Ihr auch ſchlaget Mebeßwunden ?
Seine ndſchaſt iſt fo hingebend, fo aufopfernd, fo gang ihr
eignes Ich dem Freunde unterorbnend wie die Liebe und wie
feine gärtliche, unterwürfige Neigung zur göttlichen Ratur. Aus
ſolcher Empfindung ift das beriliche Gebicht: „Ein Lieb bes Dan:
eg, hervorgegangen, das wir als Schlußprobe dieſer Anzeige,
dem Leſer nicht vorenthalten wollen (&. 15):
Wenn tief ih in die Uhland 3 fichte
Den Sinn vom Boden aufwärts richte,
Preif ich den Wuchs, den hoben, kuͤhnen,
Das Raufchen, Düften, Immergrünen ?
Und wälzt dort Lenau klagend nieber
Den Gießbach herzentſprungner Lieber,
&oH ich zum Abgrund mit ihm flürgen
Durch des Gebuͤſches Balſamwuͤrzen?
Ah Göathe's herrſchend Ablerſchweben
Kreiſt nun in einem ſchoͤnern Leben.
Dec irrt mein Blid in blauer Seere,
Wenn ich ihn heut gen Himmel Tchre?
Geh’ dort ich nicht nach allen Seiten
Das Hälertslich die Schwingen bzsiten ?
Haͤngt es In ſicherm Vieberfchauen
Richt ruhend aͤber Walb und Auen f
D, warmen Dank Euch, ben Geprieſenen
Gbunt mir den Platz, den angewieſenen,
Daßs Lied zu Haupt, bei mir die Tanne,
Die ich, zum Bach geſenkt, umſpanne.
Ja, auch zu deinem Tannenwieſengrunde wird man wall ,
fanfter Sängers; der Weg iſt endlich gefunden, umb wie m
und Quelle bes Walbes ſchimmern uns beine lieblichen Eitber-
entgegen! - Karl Mayer wird in ber noch fange nicht ich de
fenen ſchwaͤbiſchen Saͤngerſchule als eine ber eigentgäm
und in ihrem Werwachlenfein mit ber Natur ber mung
unzugänglichften Grfcheinungen leuchten. - .
Graff's althochdeutſcher Sprachſchatz
Dieſes feit längerer Zeit von ber Erwartung jedes gebilbe
ten Deutfchen - begrüßte Wert bes Bern Profeſſor E. ©.
Sraff, die Zrucht eines zwölfiährigen großartigen Fleißet, if
ett endlich feinem Grfcheinen nahe. Der — in Bet⸗
lin lebende wuͤrdige Verf. laͤßt von dort Aus eine Einladung
zur Subſcription ergehen, welche bei dem Intereſſe, dad dieſts
als wahrhaft deutſche Nationalſache zu betrachtende Unternehmen
für das geſammte Publicum haben muß, hoffentlich diesmal
keine tauben Dhren bei den Deutſchen finden wird, was um To
bringender zu wuͤnſchen, ba ber mit bebeutenbem Koftenaufivand
verbundene Drud bes 400 — 500 Bogen ſtarken Werkes nur
erſt durch den auf biefe Meile ſich bethätigenden Antheil des
Publicums möglich gemacht werben wird, Unter bem Kitel:
Althochdeutſcher Sprachſchatz, ober Wörterbud der althochdeut⸗
624
ſchen Sprache, in welchem bie urſpruͤngliche Bedeutung und
orm unſerer heutigen Wörter, ſowie ber ſchweſterliche Zus
menhang des ganzen deutſchen Sprachſtamms mit ben ihm
verwandten aͤltern Sprachen, durch eine vollſtaͤndige Samm⸗
lung aller von ben fruͤheſten Zeiten an bis zum Anfange des
12. Jahrhunderts uns aufbewahrten hodybeutfchen Wörter,
Medensorten, Wortbilbungen und Flexionen nachgewieſen ift,
unmittelbar nach ben älteften handſchriftlichen Quellen etymos
logiſch und grammatifch bearbeitet‘,
wird diefes mit reiner wiffenfchaftlicher und vaterländifcher Be:
8 gearbeitete Werk den Freunden einer finnigen Gr»
dung der uns Allen fo theuern Mutterfprache ſich barflellen.
Schon die zunäcft in die Augen fallenden populairen Zwede,
welche ber Verf. in der Ankündigung feiner Arbeit zundrberft
heraushebt, erregen die lebhaftefte Theilnahme für eine ſolche,
oft mit ganz neuen Refultaten überrafchende und zum erften
Mal uns gebotene Darftellung und GEntwidelung unferer Spra⸗
de. Der Verf. macht 3. B. darauf aufmerkfam, wie bie Wörs
ter unferer heutigen Sprache in ihrer Form fo entftellt feien,
das man fie ohne Kenntniß ihrer urfprünglichen Form gar nicht
ober nur falfh Leuten koͤnne; fo, wenn man fi das Wort
Leichnam erfiären wolle, wo nur bie alte Form fogleich Auf⸗
ſchluß gebe; biefe ift lihhamo, gebildet aus lih, Körper,
und ham,. Bededung, Hülle, alfo das fleifchliche,
leibliche Kleid bedeutend. „Das Verbum, zu dem ham
gehört”, fährt der Verf. fort, „heißt heman, bededen,
wovon auh Hemde, althochdeutſch hemidi, ald Beklei⸗
dung, und Himmel, althochdeutſch himil, als der Alibes
decker herkommt; wer ahnt ohne Kenntniß der altdeutfchen
Sprache diefen Zufammenhang ber Wörter Leihnam, Hem⸗
de, Himmel? Aber überhaupt find bie Wörter, die wir
jest fprechen, dem größten Theile nach todte Zeichen geworben,
bie die Bedeutung, bie wir bamit verknüpfen, nicht in ſich
fragen, fondern fie nur willfürlich zugetheilt erhalten zu haben .
feinen. Wenn wir Wörter, wie Kind, Berichte, Befim
de, Bräutigam, Henſchrecke ausſprechen, fo fühlen wir
nichts mehr von ihrer urfprünglichen Bedeutſamkeit, fonbern
gebrauchen fie wie willfürliche WBezeichnungen unferer Vorſtel⸗
. Iungen, weil mit bem Abfterben ihrer Wurzel auch ihr inneres
Leben abgeftorben iſt. Wollen wir biefe flarre Maſſe der Spra⸗
che wieder beleben, fo müffen wir zu den Tiefen unfers Sprach⸗
alterthums hinabfleigen, wo- fi freilich nicht mehr für alle,
aber doch für viele Wörter noch bas fie erflärende Etymon
vorfindet. So zeigt ſich, um bei ben angeführten Beifpielen zu
bleiben, in unferer alten Sprache bie Wurzel chinan, unfer
jegiges Feimen, von weldem chint, jest Kind, berfommt,
und wir erdennen nun, baß der Begriff des Entfproffenen, Er:
zeugten nicht willtürlih mit dem Worte Kind bezeichnet ift,
fonbern ſchon radical ihm beimohnt u. f. w.“
Der Berf. behauptet nicht zuviel, wenn er bie Ruͤckwirkung
einer ſolchen Entwidelung der Sprache auf unfer Bewußtfein
als von ſolchem Einfluß bezeichnet, daß unfern Wörtern dadurch
geriffermaßen erft ihre Seele wieder zugeführt werbe, bie waͤh⸗
rend des langen Gebrauchs allmälig verloren gegangen. Es
ift kein Zweifel, daß fich unfer Sprechen anfchauficher beleben
‚muß, wenn uns bie urfprüngliche Bedeutung unferer Begriffe:
zeichen auf dieſe Weiſe wieder vergegenmwärtigt wirb. Aber zu«
gleich die Gigenthümlichkeit des deutſchen Nationalcharakters,
wie er in der Bildung ber Wörter feine- volksthuͤmliche Auf⸗
faffung, feine ganze Anſchauungsweiſe der Gegenftände kund⸗
thut, wird fi in bes Verf. „Sprachſchatz! finnreich wiederfpie:
gein! Der Verf. belegt dies in der Ankündigung feines Werkes
durch einige intereffante Beifpiele. „Was wir mit dem Namen
Baterland bezeidhnen, nannte ber Altbeutfche bedeutungsvoll
odil, das Land in welchem unfer od, b. h. unfer Befis und
SLüd enthalten iſt. Eben bdiefes Gefühl vom Werth bes Va:
terlandes leitete ben beutfchen Beift, der das Wort elend, das
urſpruͤnglich alilenti lautet und nichts weiter ald anberslän:
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: %. A. Brodhans in &etpzig.
diſch, nit im Baterlande, bezeichnet, für ben Begriff:
ungluͤcklich, der jegt in dem Worte elend liegt, ebeutunge
vol verwandte. Go zeigt ber Gebrauch bes Wortes redlich
für den Begriff bes Rechtſchaffenen, Ehrlichen, den
wir jetzt mit dieſem Worte verbinden, wie tief und unmittelbar
der Deutſche es fühlte, daß Redlichkeit bie wahre Verſtaͤndigkeit
fei, denn vedlich, althochdeutſch redilik, heißt urfpränglich
nichts andere als verfländig. So ift der urfprüngliche Begriff
von eitel, althochdeutſch ital, leer; das Gitie belegte demts
[her Sinn mit dem Namen bes Leeren. Geine Werthfhägung
ber Brauen legte ber Deutfche burch das Wort Frau, althodhs
beutfh frowa, an den Tag, welches das Femininum von fro,
Herr, ift, und daher Herrin bedeutet u, ſ. w.“
Dazu kommt die rein wiffenfchaftliche und gelehrte Bedeut⸗
ſamkeit diefes Werkes, die es als erſte und erfchönfende Samm⸗
lung und leritographifche Aufammenftellung ber althochbeutfchen
Sprachdenkmaͤler jedem Sprachforſcher unentbehrlich machen
muß. Möchte es alle Klippen und Hinderniffe, bie ſich feinem
fhon lange ſehnlich erwarteten Erfceinen in den Weg flellen
tönnten, gluͤcklich überwinden und fo unfere Literatur durch ein
Buch bereichern, wie es, einzig in feiner Art, kein anderes
Bolt aufzumweifen hat. Es beftimmt ſich jedoch keineswegs bios
für Gelehrte; jeder gebildete Deutſche wird daran eine reiche
und neue Ausbeute zur Kenntniß der Sprache und des geifligen
Sinnes feines Volkes zu benugen haben. Zur Erleichterung ber
Anfhaffung kommt «6 in einzelnen Lieferungen zu 15 WBogen
(1 Thlr.) heraus und bürfte in 6—7 Jahren vollſtaͤndig in
den Hänten bes fubfcribirenden Publicums fein, 38,
— — — — —
Notizen.
Denen, bie fi mit bem Zuftande Irlands befchäftigen, i
vielleicht ein neues Wert von Taylor: „The history :
the civil wars of Ireland” (2 Bbe), willommen. Der
Zweck des Buches ift hauptſaͤchlich, das gegenwärtige Elend
des Landes aus feiner Vergangenheit au erklaͤren.
Der fruchtbare anonyme Autor von „Sybilla Odaleta”
(Signor Barefe) hat abermals zwei nicht eben ganz verwerfs
lie, aber doch ohne entfchieden hervorſpringendes Talent ge
fhriebene Romane erfcheinen laffen. Der eine heißt: ‚‚Folchetto
Malaspina. Romanzo storico del secolo XII.” (3 Ihle., Mais
land 1830), der andere: „‚Preziosa di Sanluri, ossia i mon-
tanari sardi, Romanzo storico ” (3 Zhle., Mailand 183%).
Friſch taran, ihr ‚Herren Ueberfeger. Gin fardinildher Roman
———
kommt nicht fogleich zum zweiten Male, die Leihbibliotheken
ſchmachten banadı.
Im Anfange diefes Jahres find in &onbon erfchienen: „Mi-
rabeau’s letters during his residence in England” (2 Bbe.),
zum erften Male nad) dem Driginalmanufeript überfept.
Nach bem neuerlich erfchienenen „Saggio di stätistica
degli stati pontifici di M. Gabriele Calindri’' beträgt bie
Bevölkerung ber päpftlichen Staaten, bie Begationen inbegriffen,
2,592,329 Seelen, die in folgende Glaffen zu vertheilen find:
Unverheirathete Männer . . . . 289,177.
besgl. Brunn. - 2 0 2020. 284,145.
Verbeirathete beiberlei Geſchlechts 913,586.
Witwer. . . 43,616
Witwen . . 2 20. 84,126
Kinder männlichen Geſchlechts 521,185
Kinder weiblihen Geſchlechts. 558,012.
Möndye oder, Ordensgeiftlihe . . . 10,598.
Prieſter oder Weltgeiftliche
Ronnen 2 ren 8,284,
Einer anderen Angabe zufolge Iebten im Jahre 1831 in ber
Statt Rom allein 1432 Weltgeiſtliche, 19086 Moͤnche und
1375 Nonnen. 153.
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le Buchhandlungen; in und. außer Deutſchland nehmen. Beflellung daranf an;
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prauß, Greazpofiamt i
Halle; ‚oder. das fuͤrſſt l.
Thurgund Taxiſche Poſt amt in Altenburg
EMDDEN- L Die Depenbung Anbet, woͤchentuich RT Dienfiage und Beeitagh, en vu. in. Monstöhefien —*
wu, ir.
Duenbens. iteraciiches. Daben mb Bin om. Aeb⸗ des
nn 18. Jahrhunderts.
Green Anoat,a heite no
awaten und, Elbſlaxerz ‚hat man Dredden in, ‚der
—* Bat amanmıt. Dielen: ‚DRamem- aben wediente, eo
weit? fuͤher ˖ Konanı am erſten nielfeicht., unter; den heiben
unfkheaien Aumiflen, | 28: im Anfange des, 15
Sehrhwaherts architekconiſch ungemein mrfchnczten ung
mehliche Suramen auf Sanmmlungen für Kunſt und Wis
ſenſchaft wendeten, ‚Gelehrte... Kuͤnſtler reifen: Lehen
(eisige der Grimm ſogar nach Afrika), oft Zönigkich be⸗
lohnten und; durch thren, guennzerköfen: Raus ins beſondere
die mechaniſchen und gewertlichen Koͤnſten boöͤrdenen.
Doch abgelahen von a an ng ‚bie Jar Zunft
ind: Literatur . gufo Sirmanyent u
eines yapifienpen * ann, m wollen wir ‚bier nur.
niges —* nen laſgen „aus, jener ‚feit 3D— 40 J hren
ngenen Ztit,. wo. ein t von. hohem Siun
für Fair; nd Literatur, von gelaͤutertem. Geſchmack nud
Ein) Ihe Rennnifen, auf dem. Fhrong. ſaß und doc,
Be, man. af iR Kar gang. Bar
ak, 0 weil, ih m fon, —— ‚feige ——
etz, r b u ergtur u
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h * eides das zu
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immer Ciner des Andern Sonne ward, während eine
Augufrifche Gontrokfonne, wis in halb Fehehondert feüs
ber, am Firmamente: bes Hofes ‚nicht fichtbas: war. .
Die Hauptfterne jenes literarifchet* Fiemamentd) wa⸗
ven, aus dem Bürgerſtande: Adelung/ Archenholz, Rupert
und Goͤttklleb Wilheim Becker, Berger, die Gebrüder Canz⸗
ler, Cramer, Daßdorf, Guͤnther, Hacker, Haſche, Haus⸗
wald, Hunger, Koͤrner, Langhein, Lippert, Lipſius, Lohdius,
Dieifu, Mittelhaͤnſer, Neumann, Rebmann, Reinhart,
Le oiep
— 328 Saifried, Schliakert, Sirius, Tittmann, Kein,
tig, Winfler-y,, Ur ans. dem Ritterſtande: Graf. Brühl,
yon Blobig, Freiherr von Gutſchmid, Graf Hohenthal,
una Ynnikqu, der Freih. zu Racknitz, von Teubern, von
Warmnb u. U; umd au den: Füßen der dichteriſchen Ga:
maſiels fingen ‚num erſt, an zu ſitzen und zu, awiclhem:
Albrocht/ Hell, Kind Kaya Rau. A..
.. Aa :Riebentueife und Litenariichk Thees war nicht: zu
denken obſchen es ber Sänger und Literatoren genug gab,
bie zur Mitgfiedfchaft.. geeignet geweſen wären. Auch
fehlte es an einem. literarifchen Gentralpunkte,' an einem,
auch. außer. Dresden gelefenen .Söurmale; wie ‚Iphtenkin te
Mesbyeitung‘ ward; benn die journaiiſtiſche Literatut lag
bands: ch Ink: Mgen, ober vielmehr; in ber Asche ge⸗
rungeper: Empfuͤnglichkeit und Theilnahme. Außer Ken ger
lehrten Beiträgen zum „Dresbner Anzeiger” gab 28 damals
nicht Ein bluͤhendes Journal in Dresden; jenes eine aber
befehränfte ſich wieder meift auf vaterländifche, Gegenſtaͤnde
und diente nebenbei gabitterten oder ſich gekraͤnkt glauben:
den literatiſchen, znd, artiſtiſchen Gemuͤthern als ein -äffent:
licher Ahfuhrungsort ihrer Gallonbinſen.
Dies. war. beſonders⸗der Fall mit. dem Vibliothekar
Daßderf und dem Feſtungsbauprediger Haſche, von denen der
Eine die anziehendſte, der Andere die gruͤndlichſte Beſchrei⸗
bung Dresdens geliefert haben wollte, fowie mit einer
"Schrift des Hofrath6 von Teubern über Schenau's Altar:
gemälde der Kreuzkicche, welche ein wahres Eritifches Kreuz:
feuer veranlaßte. Mebrigens. legten bie meiften dresdner
Gelehrten ihre: literaxiſchen Eier in fremde Neſter, beſonders
in die „Allgemeine deutſche Bibliothek“, die „Goͤttingiſchen
gelehtten Anzeigen“, dad Deutſche Muſeum“, den „Deuts
ſchen Merkur”, 'die "Berliner Manatfehrift” und Sfelin’s
„Ephemeriden der Menſchheit“, die. nach deſſen Tode Hof:
rath Becker in Dresden herausgab, wa. fie aber kaum ein
Dugemd Lefer hatten:. Zwar machten einige dresbner Ge: .
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meßliche Suwmen auf Semom/ungen. für Kuſt/ uud Wiſ⸗
ſenſchaft wenheen, Gelehrta. nun, Kunßler relfenn lieken
leinige der Erſtern ſogar nach Afrika), oft koͤniglich be⸗
kohntan: umd dich Ihrem. guenzenioſen Lugus insbeſondere
bie ‚raechanifehen und. gewerdlichen Sünfin lörderten.
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gesechter ich. ‚gleihfam non ſeibſt bildete, und. fo
immer Pine des Andern Sonne ward, während eine
Augufifche Sentrolfenne, wis sig halb Fohrhondert frlis
ber, am Firmamente: des Hofes nicht fichtbas: rent:
Die Hauptſterne jenes literariſchenne Stemamentd; wa⸗
von, aus dem Blirgerſtande Abelung/ Archenholz, Rupert
und Goͤttlleb Wilhelm’ Becker, Berger, die Gebruͤder Canz⸗
ler, Cramer, Daßdorf, Guͤnther, Hacker, Haſche, Haus⸗
wald, Hunger, Koͤrner, Langhein, Lippert, Lipſius, Lohdius,
Meißner, Mittelhaͤuſer, Neumann, Rebmann, Reinhart,
‚de
Rise, Suite, Sihfegkert, Fitius, Tittmann, Dein,
fig, Winter: u. A.zaus dem Mitterflande: Graf: Bruͤhl,
von Globig, Sreiberr von Sutfhmid, Graf Hohenthal,
uam; Punikau, der Freih. zu Racknitz, von Teubern, von
Wurmb u, Mu; mad zu den: Füßen der dichteriſchen a:
alles ‚fingen mir erfi. an zu figen umd zu, beiten:
Alhrecht/ Hell, Kind, Lana. ‚Roos, u. .d.,
.. Au Liederkreiſe und JiterarifchE‘ Thees war nicht. u
bmten,: obſchon es ber Sänger und Fiteratoren: genug gab,
die zur Mitgfiedfchaft.. geeignet: gerwefen waren. Auch
fehlte es an einem. literariichen Gentralpunkte, an einem,
auch. außer Dresden geleſenen Journale; wie Ipätenkin.“ die
„Nenbjetung” ward; ben die journaiiſtiſche Literatur lag
damats noch: Ink: Argen,n ober. vielmehr in ber. Arche ges
ringeper: Gmpfüngfichbeit und Theilnahme. Außer Ben :ges
lehrten Beiträgen zum „Dresdner Anzeiger” gab es damals
nicht Ein bluͤhendes Journal in Dresden; jenes eine aber
beſchrankte ſich wieder meiſt auf vaterlaͤndiſche Gegenſtaͤnde
und biente nebenhei ‚grbitterten ober ſich gekraͤnkt glauben:
den literatiſchen amb; artiſtiſchen Gemuͤthern alg ein aͤffeni⸗
licher, Adfuͤhrungsorth ihrer Gallenblaſen. .
Dies. par. beſonders⸗der Fall’ mit, dem Vibliothekar
Daßdorf und dem Feſtungsbauprediger Haſche, von denen der
Eine die anziehendſte, der Andere bie gruͤndlichſte Beſchrei⸗
bung Dresdens geliefert haben wollte, fowie mit einer
Schrift ded Hofraths von Teubern über Schenau’s Altar:
gemälde der Kreuzkirche, welche ein wahres Eritifches Kreuz:
Feuer veranlaßte. Uebrigens legten die meiflen Dresdner
Gebehrten ihre Literarifcdyen Eier in fremde Neſter, befonders _
in die „Higerseine ‚beutfche Bibliothek“, die „Goͤttingiſchen
gelehtten Anzetgen⸗, bad Deutſche Mufeum”, den „Deutz
(hen Merkur“, "die "Berliner Monarfchrift” und Iſelin's
„Ephemeriden der Menfchheit”, die. nach deſſen Tode Hof:
rath Beer in Dresden herausgab, wg.fie aber kaum ein
I Dugend Leſer hatten: Zwar machten einige Dresdner Ge: .
lehrte ben Verſuch mit Begruͤndung von Journalen; al⸗
lein es blieb auch dabei. Mit großem Pomp z. B. kuͤn⸗
digte Schlenkert eine Wochenſchrift: „Weisheit und Thor⸗
heit”, an, welche, kein Vierteljahr alt, in der Wiege
ſchon ſtarb. Der Sinanzfecretait Sunger roollte ein huz:]-
moriftifches Blatt unter dan Titel: „Det junge Stu⸗
dent”, herausgeben‘, allein. es fanden ne, feine ntireffen:'
ten. Der Bibliothelar Canzler begründete, in Verbindung
mit dem, feines. „Alcibiades“, feiner „Bianca Capello“,
feiner „Skizzen“ wegen allgefeierten Meißner, eine fehr
gehaltreiche Quartalſchrift „Fuͤr aͤltere Literatur und neuere
Lecture”, die aber nur vier Bände erlebte. Die einzige
vewediſche Schrift⸗ von laͤngerer Dauet war Haſche'sMa⸗
gazin der ſaͤchſiſchen Gefchichte”, das von 1784 - 90, body |.
nur unter fletem Zeterfchreim des Verf., daB er fein baa⸗
res . Geld bahei jufehe, erſchien und endih auch aus
Mangel’ am Unterftägung einging.
An unfere jegigen Gelehrten⸗ und’ andere Vereine für
Botanik, Biumenpflege und Pomolögte, für Mineralogie,
Phyfik, für vnterländifche Alterthumskunde, fuͤr Stati⸗ auch
ſtit u. ſ. w. war nicht zu denken. Nur ein Inſtitut aͤhn⸗
licher Art: Die Geſellſchaft für chriſtliche Liebe und Mits
ffiden, gab es in Dresden, welche aber mehr. Wohl:
thun als Titerarifedd Wirken und Forſchen zum Zweck
und faſt nur die Herren vom Stadtrathe und ' von -der
Geiſtlichkeit zu Mitgliedern hatte. -Bon einem Muſeum,
wie jegt das treffliche Arnold'ſche/ hatte man -nodj: gar
keinen Begriff, und die - meilten Leſebibllotheken waren
nicht viel deſſer als halbliterariſche Buͤdchen/ wo nur bel:
letriſtiſche Kurzwaare, Romane rk. dgl., aber nicht Eine wiſ⸗
ſenſchaftliche Schrift zu haben war. Vorleſungen uͤber lite⸗
rariſche, artiſtiſche und andere derartige Gegenſtaͤnde kannte
man noch fo wenig, daß, als. der grundgelehrte und hoch⸗
verdiente Archidiakanus M. Winkler (Theodor Hell's Vater)
1780 1anfing, philoſophiſche, ad wheauche und kosmologi⸗
ſche Vorlefungen zu. Halten, über. fo hertliche Verbindung
von Meisheit und Gemeinaubigkeit man nd ‚nicht geng
wundern konnte.
"Die Eurfürftiiche Bbtorht, obgtei damals ſchon
ihrer Beſtimmung nach „Museum usui publico patens“,
war doch, ihrer Einrichtung und fonftigen Berhältniffe wes
geh mehr elausum als patens; denn feit 1728 in beei
Säle der. Zwingerpavillons; gekleimt "), - gerwährte‘- ‚fie
den Muſen ein fo beſchtaͤntes Quartier, daß art. Schaͤbe
—— 1212
"Bis zum Anfange bes 18 Jahrhunderts an: fie- af nut
.. 18: Privatbibliothek behandelt; denn nur Wenigen Uon Rang
und Stand war bie Benysang' derfelben, unb audh dieſe
‚zur unter großen | Belhrä inlungen gefbattet. Fremde hat:
’"'fen felten Zutritt, "Die Jnſpeetoren Ober Bibtiotpekare F
befanden fi in literarifcher Einfamkeit u ‚most, , ala ba
ifle sine’ Aufhebung berfelben Hätsen: Y follen: ’:
„tmmfoßte:, bie. Bibliothekbeiweitem — —*
Sgate; denn im.grünen Sewdlbe, in ber ar
. RFaͤſtkammer blieben ‚lange noch eine‘ Menge Buͤcher 7
dfchriften verſteckt. (Ebert, „Beftgiähte and Beſchrei
J der Enid. Bibliothek“ S. 82.)
8 st Ausnahme der juriſtiſchen Werke welche aus Man.
gel an Raum im Bruͤha'ſchen Palaſte aufgeteilt waren.
wenig zu bemerken, oft kaum zu finden waren; bie Bü:
cher flanden nämlich doppelt und breifach hintereinander,
viele lagen nur fo herum, wie man grade noch ein Plaͤtz⸗
hen für fie gefunden hatte, und die zufammengebrängte
Laſt berfelben bedrohte fogar die Gebäude Won einer
Benutzung derſelben wie Jetzt hattet man bhmaks keinen
"Begriff, obſchon' der: Oberbibliochekar Cruſius und bie
Bibliothekare Ganzler und Daßdorf den Gebrauch derſel⸗
ben- eher befoͤrderten als erſchwerten. Außer dem Kurflur⸗
ſten, den Miniſtern, den Mitgliedern der hoͤchſten Behoͤr⸗
bey,, einigen Gelehrten und Kuͤnſtlern ober heſondern Guͤnſt⸗
lingen bes Perſonals benutzte fie Niemand, und faft glich
-fie einer Juſel in unbelenntn: Meeren, wo nur dann
und warn ein literariſches Schiff landete. Obſchon ein
' fogenanntes Eiliſchreibebuch feit 1756 erifticte, ward es
doch' wenig benutzt, weil die Beſuche von Fremden ſelten
waren, uͤnd oft erzählte ber Secretair Naumann dem
Bibliothekar Cruſius, wenn sie etwa ein ‚paar Tage
- gefeßlt Hatte, mit koichtiget Miene:: „Wit baden ĩnadeß
te. ſogat bi erleben, melches ich. aber
natürlich verweigerte.“ Wie es ſcheint, gab es alſo bei
der Bibliothek eine beſondere Samimlung ſolcher Schrif—
ten, bie aber ſpaͤterhin wol einrangirt wurden: *)
Uebrigens erfchwerte auch das enge Local des Erpedi⸗
tions⸗ und Reflzimmers, woͤ, wenn ie ein halbes: Dusend
Leſer auf. xinmal ſich anſteiiten . ſchon: wahre: Raumnoth
entſtand / der. Mangel an⸗guten iRatalozen ). und die
Ungelenkheit amd Ungelahechlie: des: uittent. Petionals Wbes
dee ſogenannten; Vibllochekſchreibet, wozu nicht fetten Be⸗
biente von Ercelenzen befoͤrdert wurden, den Gebrauch
niche woenig: Meß man nun vollends, -baß dieſe · Biblio⸗
thek viele Jahre: einen Chof (den Graf Mareslini) Hatte, dem
die Literatur, insbeſonderedie deurſche, ganz“ feemib-' war,
ſo kann man! von ſelbſt außi ihre Wirkſamkrit ſchleßen.
Schon der Zugunß zur Bibliokhek, eine alte beinoofte
"Skeiftenpe auf mAh man m Winter Ani z oder Bein!
bruch Zu fürchten Harte‘: wur nicht kinladend, aber auch
ſo wenig begangen, "daß es ordentlich; auffiel‘, Semandert
ſie beffeigen ‚zu Tehen. : Hoͤchſt poſſierlich dige es und
doch iſt es wahr; daß das antere Perſonal ſich oft fogae
nach Befuch ſehnte weil +6 fin felbes auch Bar ’zu wen
ju thun gad, und” daß not weit öfter Bucher ah
ausgelichen werben konnten⸗ vet man ſie nicht zu finben
| wüßte, “ober des 5 hoc wegen zu’ oil Mühe’ tue,
fie zu Tage zufoͤr wech," ober endlich, weil ſchlechte Wit:
terun "2 deren Herbeiholen hinderte, denn die oberwähnten
drei drei Zwingerpavillons ſtanden nur durch offene, zierilich
: 2) Der Dieliothelar Grob gatte'1788: aa Einieferung .
nes Exemplaro um:.jebeaan: Lonfittirten Bu angetragen
: (iiber: S. 78). 2 er
Fr 2: Duxchden Fleiß ber‘ Blhlietenfare Wir und Globus war
ren über hundert Boliobände, an Katalogen, nomingkm ‚und
realen Inhalte, vorhanden!‘ und doch ward es dem. Perfor
“nal oft” biutfauer ; ein verlangtes Buch ſchnell zu inden.
Erſt feit 1800: hat die Bibliothek einem algemeinen (58
liobaͤnde ſtavken) Rewinmtetaleg erbalia.. .nij. A
einen Fremdenbeſuch gehabt. Man wollte unter Ar: .
627
%
ange Gänge in Verbindung. erlangte nun Jemand
3. B. mehre Bücher, deren jedes in einem. andern Ma:
villon ſich böfgnd, und es ſchneite oder regnete grade, dann :
war das literarifche Holland, mehr aber noch der es in
Anfpruch nehmende Literatus in Nöthen, wenn ihn nicht
vieleicht Rang. und Stand vor Knurren und finflern Ge:
fichtern ſchuͤtzten. Dazu kam noch, daß ber damals ein-
zige Secretair, Naumann, ebenfo ungeſchliffen und un:
gefällig al. das jegige Perfonal fein und dienſtfreund⸗
lich, für Beſucher der Bibliothek mehr eine abftoßende al6
anziehende Kraft hatte. Die Zälle waren nicht felten, vop
es bieß: „Rommen Sie morgen wieder! Die Theologen,
die alten Claſſiker u. ſ. w. fliehen in dem Pavillon da brü-
ben, da mag fie in dem Wetter ber Teufel holen.”
Wenn diefer aber nicht wollte, und ber Secretair gleich-
wol fo ein außerpavillonifches Werk eines vornehmen Bes
gehrers megen doch holen mußte, da hieß es gewöhnlich:
„Santo (Name des Aufwärters), meinen Paraplui!“ oder
det Stätte und Kälte: „Santo, meine Baͤrlatſchen!“ oder |
bei. heftigem Winde: „Santo, meinen Roquelaure (Regen:
wantel)!” Sa, nicht felten mußten Paraplui, Bärlatichen
und Roquelaure vereint gefchafft werden, eine alte theolo⸗
giſche Schwarte oder die Ausgabe eines roͤmiſchen Claſſi⸗
kers in usum Delphini zu bolen. ‘
Zu verdenken war es übrigens jemm armen Secretalr
nicht, wenn er bei ſchlechtem Wetter. bie außerpavilloni⸗
Shen Gangreiſen fürchtefe; denn er litt oft an Gicht und
Zahnweh — vielleicht Folgen, jener Reifen —, und ber
“ga iſt mic feloft vorgelommen, daß er ein Buch zu holen
abſchlug, weil er fih in Sturm, Regen oder Schnee eis
ner Erkältung nicht andfegen könne. Welch Local, welch
Derfonal damals und jegt! | ”
Mie felten aber das gewöhnliche gelehrte Publicum,
ebenfo häufig. befuchten damals viele der oberiten Staats⸗
beamten die Bibllothek. Dies war z. DB. der Fall mit
den: Miniftern von Wurmb und Gutfhmid, mit dem
General von Gersborf, dem Gonfifloriatpräfidenten von
Berlepſch, den Hofraͤthen von Teubern und Born, dem
Scheimen Kriegsrath von Ponikau u. %. Da man nım
zu ſolchen Männern natürlich nicht fagen konnte: das
Wetter ift heute zu fehlecht, kommen Sie ein ander Mal
wieder! fo hatte der gutmüthige, unbegrenzt gefällige Daß⸗
dorf für dergleichen Kälte förmlich einen Reſerveregenſchirm
‚zur Hand, oder lich wel gar einer. alten Excellenz feinen
neum Mantel, um fie trog Sturm und Wetter an bie
Duelien der Weisheit und Erkenntniß zu geleiten.
(Die Fortſetzung folgt.)
Correſpondenznachrichten.
ſtaͤnde zur Sprache. Mehrmals kommt der Verf. auf die finan⸗
zielen und pecuniairen Verhaͤltniſſe des daͤniſchen Staats feit ber
Trennung zuräd, ind da biefe Sache auch: jest in Dänemark
an der Tagebordnung iſt, ſowie fie in einigen Blättern bes Auslan⸗
des erörtert worben, fo koͤnnen wir nicht umbin, auch bier ets
was barüber aus der Schrift bes norwegiſchen Autors witzu⸗
theilen. Dieſer tft nicht nur cin ſahkundiger, fondern ' zugleich
ein völlig unabhängiger Dann, beffen rechtfchafferier Sharakter
von feinen Mitbärgern wol nie in Zweifel'gezogen wurbe: Gr
{ft weit entfernt, für Dänemark parteüfch oder über bie Werbins
dung Norwegens mit Schweden misvergnägt zu fein, vielmeht
fiehbt er in dieſer Verbindung bas Beil Norwegens (ob mit
Recht, laſſen wie hier bahingeftellt fein); auch ſteht er ben
Gegenftänden in Dänemark, worüber er ſpricht, nahe genug,
um biefelben recht ins Auge faflen zu tönnen, ohne fi von
Uebertreivungen bienden zu laffen. „Das Beifpiel Dänemarks‘,
fagt er, „iſt für Norwegen lehrreich, indem das Geldweſen bes
dimifchen Staats eine Krifis befanden hat, bie ähnlich der jes
digen Norwegens if. Daͤnemarks Gelbweſen hat feine Buͤrger
burch die nämlichen Gefahren und Irrungen geführt ale Not:
wegens, es hat alle bürgerliche Berhältniffe gewaltfam erſchuͤt⸗
tert und ihnen eben den Argften Stoß durch ben plöglicdyen Ueber⸗
gang zu einem Gurs, ten man al pari nennen kann, zuges
fügt. Ungeachtet aber, daß es auf einen weniger feften Grund
als das normegifche ſich ſtuͤzt, Haben jedoch beffere Eonfuncturen
und ein daraus folgender Ueberfluß ber Silbervaluta den Turs
aufrechtgehalten und auffallend vortheilhaft auf ale Gigens
thumsverhaͤltniſſe eingewirft. Wir wollen hier nicht unterftichen,
inwieweit die Grundlage diefes Zuſtandes weniger feft zu fein
feinen möchte, einerfeits weil ein Theil jener Valuta mittels
Anticipationen berbeigefchafft worben, anbererfeitß weil bie Baſis
der Bank weniger bequem iſt. Das Finanzweſen Dänemarls:
| Hat, Öffentligen Berichten zufolge, in mehren Jahren in ber be:
ften Orbnung ſich befunden; Ginnahme und Ausgabe waren im
Gleichgewicht und bedeutende Summen wurden jährlich auf bie
Staatöfchuld abgetragen. Die Kräfte ber bänifhen National
bank nehmen jährlich in dem Grade zu, baß die Erfüllung ihrer
urfprönglichen Beflimmung, bie Ginziehung ihrer Zettel, wicht
weit entfernt fein kann. So viel aber iſt offenbar, baß biefe
mebre Sabre fortdauernden vortheilhaften Zeitumſtaͤnde zur Sta⸗
bilitaͤt des Curſes beigetragen haben, fowie fie bie Unterneh:
mungen ber daͤniſchen Baal zur Aufr tung eines feſten
Geldweſens ſelbſt unter veränderten Gonjuneturen auf eine
Weile erleichtern werden, bie neue Verruͤckungen der Eigenthums⸗
verhäftniffe nicht herbeirufen wird. Gin lebhafter Kandel, via
Landes, ein verbefierter Tandbau, verfländiges Ablenken von vor⸗
ber betretenen Irrwegen in Hinficht ber Foderung beö Giwerb⸗
eißes, bie Verwandlung ber abeligen Gutsbeſiger aus wilden
Jagern und mäßigen Wollätlingen in thätige, haushälterifche
Bürger, das Fallen ber unnatürlic hohen Preife alles feiten
Eigenthumes (aller Immobilien) bis in ein paſſendes Verhaͤtt⸗
niß und zur Grleichterung ber vortheilhafteften Benugung derſel⸗
ben in jeder Ruͤckſicht: diefe Umftände und noch mehre berglei«
chen haben zur Werbefferung bed Curſes bewirkt, was: kein
Eünftliches Mittel, Fein gezwungener Bankcurs, feine wiederholten
' Anleihen fortdauernd würden bewirkt haben koͤnnen. Es zeigen
Kopendagen, April uä.
Es iſt uns aus Rorwegen ter erfle Band einer hoͤchſt inter:
effanten Schrift zugelommen: „Rutid og Fortid⸗ (Die gegenwärs
ige Brit vnd die Vorzeit), von dem Ritter 3. Aal (Arendal 1838),
ee eines Eifenweries in Arendal. Die Schrift iſt ſtaats⸗
wirthſchaftlichen Inhals, und bringt den finanziellen, commerciellen
und politifchen Auftand Norwegens, bie Altern und neuern Ver⸗
pättniffe dieſes Btaats zu Dänemark, den Bortgang beider
Staaten feit der Trennung „und auch einige literariiche Gegen
fih bereits bie Boigen in dem wachlenden Wohlſtande Däne
marks, in dem erhöhten Werthe ber Güter fowie in einer aus
gebreiteten Thaͤtigkeit, und jene durch bie frühzeitige Verbeſſe⸗
ung bes Curſes veranlaßte. Herabwürbigung bee Hypotheken
{ft mittels der wieberhergeftellten Sefigkeit des reellen Eigen⸗
thumewerthes mehr als erfegt. Die ältere fowie bie neuefte
Geſchichte des bänifchen Geldweſens iſt für Norwegen böchft lehr⸗
veich, nicht une wegen ber begangenen Fehler und des mächtigen
Eingreifens deſſelben in die Eigentpumsverhäjtniffe, fondern auch
wegen ber Weisheit, womit bie Adminiſtration biefes Geldweſens
es allmälig auf einen beffern Weg eingeleitet hat. Groß war
ren bie Leiden beider Weiche wihrend der Beſſerung; fie find
mehrjähriger vortheilhafter Abfag der wichtigften Producte bet
>
038
oben. im. Dänemert mittels vaaſtiger Zeitereigniſſe meiſtene
uw Ende.“
Neher die literariſchen Hervorbringungen N ne, ſeit ber
Trennung diefed Staats von bem daͤniſchen aͤußert der Ber.
ſolgenderweiſe: Unſere Literatur hat feit ber Irennung ven Däne
mar! ein weniger eruflhaftes Ausſehen angenommen. Zeitungen
und Zagesblätter, welche bald kraͤnkende perfönliche Angriffe,
bald , unbaltbare den Gegenſtand nicht erfhöpfende Aeuße⸗
zungen. über verfchiedene Materien enthalten, haben ſich ber Auf⸗
mertiamleit des größern lefenden Publicums bemaͤchtigt. Indeſ⸗
fen: ind bach. einzelne Werke, deren ſich bie Nation erfreuen
beuf und die ben Namen ihrer Verf. für tie Nachwelt aufbe⸗
wahren werben, hervorgetreten. Der hochbejohrte Philoſoph
Norwegens (Staatsrath Axrefhow) fährt annoch fort ber Welt
feine Schriften mitzutheilen, und noch immer tragen fir bas Ge⸗
präge eines tiefen Denkens mit jugenblidder Wärme und maͤnn⸗
lichee Kraft vereint. Die Bäder der Geſchichte und Theologie
find mit ernften und wichtigen Werken bereichert worden, und
auf ben Gefitben ber Aeßhetik (Poeſie?) haben unfere Landes
leute einzelne artige Blumen pflüden fönnen. In ber topogras
phifchen Statiſtik befigt Norwegen ein Werk, beffen Vollſtaͤndig⸗
keit und Genauigkeit fchiwerlich von irgend einer ähnlichen Schrift
in einer andern europäifchen Literatur ift erreicht tworben, und
das zugleich mit den Berichten über bie Verhandlungen ber Stor⸗
thinge ‚einige der wichtigſten Elemente einen tünftigen Storthings⸗
Bibtiothek ausmacht. Ein anderer Autor, der mit Geſchmack,
Laune. und Leichtigkeit arbeitet, hat flatiftifche Memerkungen ge
fiefert, die er auf einer Reife im Vaterlande gefammelt, unb de
ren Wichtigkeit und Werth feine Landsleute ſo ſehr erfannten, daß
- fein Buch eine zweite Auflage erlebte. Auch die Naturwiſſenſchaften
hatten bri und einige Ausbeute. Zwei gelehrte und geniale Männer
(der Aftronom und Mathematiker Danften und der Mineralog
Esmark) haben Werke geliefert, die in fremde Sprachen uͤberſetz
und ruͤhmlichſt beurtheilt werben. Biel hat bie Nation noch aus
benfeiben Händen zu erwarten. Einzelne Werke in andern Faͤ⸗
een find gleichfalls won unfern Buchbrudereien ausgegangen.
Diele ‚einzelnen Beſtrebungen aber haben ben Strom ber Zeit
nicht hemmen oder ben öfters rauen und wilden Son ber
Blätter dämpfen koͤnnen Doc ſcheint auch in biefer Fuͤckſicht
ein heiterer Tag Über unfer Sans aufzugehen. Nicht felten fins
det man in fpäterer Zeit ſelbſt in eingelnen unferer Zeitungen
wichtige Gegenſtaͤnde mit Ernſt vnd Kraft behandelt. Ginige
der Blätter, bie ſich anfangs durch einem rauben unwiffenfihaft:
lichen Zon, welcher die Aufmerkſamkeit eines gebildeten Pubti
cums keineswegs in Anſpruch nepmen konnte, auszjeichneten, find
jest eines Beſſern befliffen und. enthalten biewrilen Icfenewärdige
Auffäge. An die Seite biefee minder würdigen Reprä'cntanten
bed Borfageidgmads: haben ſich ſeither einige Blätter geflelit, die
von Werfafleon-berrühen, welche zu- ben fcharfiinnigften der Nas
tion gehören. Eines ber juͤngſten wirb von einigen ber hoffnungs⸗
vollſten Sünglingen unter den Stubirenben ber Univerfität her⸗
anögegeben: mifte fceint: fi den Zweck, genen den Strom ber
Beit- gu, aubeiteni, der Stall des Aupiad zu reinigen und neue
Schriften dee Prüfung: eines eenfihaften Kritik zu unterwerfen, '
t: zu haben.“
seſetzt zeh (Der Veſchlus folgt.)
— — —— — — — — — — —
Literariſche Rotizen.
„Hinter dem Abſolutismus, welchen bat ancien regime :
als die wahre Gluͤckſeligkeit der Völker predigt, tritt das Juſte⸗
milien einher, bleich und zagbaft wie immer und überall. Vom
Uebermaß erfchredt, werden herbe Ausfprüde und Adſcheu her
das renolutionnaire Treiben von ihm bebitirt, waͤhrend es ſich
begnügt, befheibentih und gleihfam um e& nit zu vergef:
fen, nebenbei zu bemerken, daß die Fuͤrſten auch einige Pflich⸗
ten gegen ihre Unterthanen haben.” Alſo beginnt In der „Nou-
J ift nur ein Gechstheil des Landes bisher er
‚selle rovue germanique’ (Dec.sHeft, 1882) eine ige:
Krug’ Schrift: „Der falſche eg Am S —28
ch der Ref. ge doch ih Pi dem Prof. Kup
zur: Ghre anzurechnen, daß eu- von eertion en
Yreffachen wicht wifen wid. grareg ur
Die erſte franzoſiſche Revolution. hat in. England. einen
neuen Bearbeiter gefunden. Wir fehen angekündigt: „History
of tire french revolution, from the- assembly of the nutablen
ia 1789 to the establisiusent of the.dirertory in 17986. By
Archibeld Allison, Der Bert. gehört. bem Ahnocatenſtanbe ag,
Sn Frankreich fdgeint fi eine decentralisation. itt£raize
vorzubereiten; die Talente der Provinz fangen dn die Herr⸗
fchaſt des ſtolzen Paris unbequem zu finden: und geimden
ihre Sprechfäle in ber Himat. Greßentiwils andy_dein Mufer
ber „Rerue deParig’ werben jeht Zeitblaͤtter in Rouven, Yvigmen,
Zouloufe herausgegeben und an andern Orten angekündigt, 5.2.
eine „Revue de Bretagne”. Für Literatur und Buchhanbel
fann das Abwerfen ber: parifer Alleinherrfihaft wol nur gute
Jdigen haben. |
Die „Literary gazette”, den Franzoſen bie häufige Gut⸗
ſtellung englifcker Namen vorwerfend® — was wir mit guten
Gewifſen auf alle nicht ſtanzoſiſche Cigennamen ansbehnen Ban:
nen — bemerit dabei: es ſei das ihe Sewohnheit non jegr
Bene: und ſchon Froiſſaxt habe Orford ſtets Acquefiuiont ans
geſprochen. J
Von ber „Histoire de Is. rastawratjor per wm -Homme
d’etat'"ift der fiebente und achte Band exſchienen, intereffante
Mittheilungen über die VBerhandlungen auf ben Kongrefien, zu
Zroppau, Laibach und Verona entbaltenh 3m Dei d.
TOT das Wert voTerbet werden, and bie legte Liefirung wir
von dem Mintſterien Martignae mer Volignac handeln. " a
.. N —— — 5.
-
22
2
Bon. einem Verein polniſcher Litensben : werden vom Pexig
aus angekuͤndigt: „Souvenirs da ia Pologue, histerigues, sta-
tistiques et litteraires”. Die Herausgeber. haben fi das
fhöne und patriotifche Ziel geſteckt, alles Herrliche, Eigenthüm:
Taye und Anziehende ats den Annalen Polens bildlich und ſchrift⸗
lich darin zufammenzuftellen. Dev. verhlidgene Glanz ihres: Ba-
derlaudes foiL ber Gegenwart ink Gedaͤthtniß ‚guzäcgerufen, [sinne
gabireicgen Deiben follen gefeiert, feine. faoßt, veraefiparaiWerhine
dungen mit andern Nationen, befonfer& mis dem fi
ſollen der Mitwelt vorgeführt totrden Hutdı io 8“ Rad,
md Literatur der Polen war wid if, wird deir-Inähih diefs
ante —— en an J 12: Banbe zu: Be
gen, beuechmat ih. Es erſcheint, in Pirferuyaen. un ri Mo
immer von zwei Lithographien begleitet. on ” SR,
Der zrortte‘ Band des Jourmit ber Ehhigt: "geopkapfı. Se:
Mercfägift in Eondem unthält!.:trben-: wbetm. ?iutereflatlin und
wichrigen Wiittheilungen: aine ‚Mebeniihtr. der · CQutdecungen sm
Innern von Neuſidwales son ‚Allan. — — ihm
Se of worden. Die
Rachrichten über die Expeditienen eines Orley, Hure, bes Vers
faffers und zulegt (1829) des Capitain Sturt's, vorzüglich in
der Abficht unternommen, den Lauf einiger Zlüffe zu beſtim⸗
men, find voller Intereſſe. Sturt verfolgte: ben Macquarie
weit über ben Punkt hinaus, wo ißn Drley In unabfehbaren
Möräften begrub, und fand feine Vereinigung mit dem falzigen
Darling auf, weicher für ben größten Flag von Suͤbwales gilt,
deffen Richtung man aber ungzuteichend Tee: e.
wurdig iſt auch der Bericht über das Giftthal auf Java;, vets
ches voller menſchlicher und anderer Geben Heat; und wo fm
Umkreis einer halben engl. Weite die Luft die Eigenſchaften
ter bekannten Hundegrotte bei: Reapeil beſtet. 838.
Redigirt unter Verantwortlichkeit ver Verlagshaudtang: W, A. Brockhaus in Setpatg-
— .r
. 28 .. ..
..:% * “ . " ‚
nt york“. i
J “sr .
18. Sahrhunderts.
:& rer Artiekel.
(Bortfetung aud Kr. 18.) -
Beiträge zur Charakteriſtik Dasborf’s und
Adelung’®. .
Ganz anders geftaltete fich. das Leben: auf ber Biblio:
thek, feit fie im April 1788 in den japaniihen Palaft
verlegt und damit ein echtes „Museum usui publico pa-
tens” ward, welches fie auch bis jet unter der liberalſten
Leitung und Berwaltung geblieben if. Noch während
ihrer Aufftelung ſtarb der Oberbibliothekar Canzler, und
an deſſen Plas kam, weil Heyne in Göttingen, ber ihn
wünfchte, zu .große Anfprüche machte, ber zweite Biblio⸗
thekar, Daßdorf, aber zum erflen noch zu jung war,
der Sprachlehrer der Deutfchen, ber unvergeßliche Ade⸗
lung. .Deflen Biographie im Allgemeinen enthalten das
„Converſations⸗ Lexikon“ und ähnliche Were. Genauere,
ganz nach dem Leben gezeichnete, in jenen Werken aber,
wie es fcheint, nicht henuste Beiträge dazu finden ſich
im erften Bande der „Bunten Steine” von Richard
Moos (Engelhardt), der mit Adelung faft fieben Jahre
in amtlihen Verhaͤltniſſen fland und auch oft das
Stud nähern Umganges mit. dem großen Manne genof.
indem wie daher auf genannte Schrift verweilen, zeich⸗
nen wir hier nur kurz Adelung's Verhaͤltniſſe zu Daßdorf,
mit welchem er, obſchon ein Muſter von Friedfertigkeit,
doch faſt von ſeiner Anſtellung an bis an ſein Ende
meiſt nicht im beſten Vernehmen ſtand, und geben dann
eine deſto genauere Schilderung Daßdorf's. Ob und wie
viel des Letztern Unmuth, daß man einen fremden Ge⸗
lehrten ihm vorgezogen, zu jenen Misverhaͤltniſſen beige⸗
tragen haben moͤge, bleibe dahingeſtellt. Der Hauptgrund
lag wol darin, daß dieſe beiden Maͤnner, jeder in ſeiner
Art hoͤchſt achtungswerth, doch ſo verſchiedenen Lebens und
Strebens waren, wie zwei auseinanderlaufende Linien.
Adelung's Beruͤhmtheit war eine allgemeine, die Daß⸗
dorf's nur eine dresdner. Adelung hatte von der Ra⸗
mification des Baums der Wiſſenſchaften und alſo auch
von einer bibliothekariſchen Claſſification ſeiner Bluͤten und
Fruͤchte meiſt andere Anſichten, auch tiefere Einfichten als
Daßdorf, der, obſchon von ganzer Seele der ernſten, beſonders
claſſiſchen Literatur huldigend, doch immer viel neue bel⸗
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leteiftifche Schriften mit zur Bibliochek bringen wollte," auf
bie Jener faft gar keinen Werth legte. Adelung, ber
ehrwürdige Verfaſſer des „Mithridates“, mit der Structur
ber meiften ditern und neuern Sprachen innig -vertvaut,
hatte insbefondere bie der franzäfifchen und englifchen ſo
ganz fich angeeignet, daB er aus beiden viel Weberfeguns
gen, ja fogar ein „Grammatiſch⸗kritiſches Wörterbuch ber
englifhen Sprache nad) SFohnfon” 1783 herausgab, und
konnte doch weder Franzoͤſiſch noch Engliſch Iprechen, worin
ihn Daßdorf, wenn Fremde, nur dieſer Sprachen maͤch⸗
tig, auf die Bibliothek kamen, ſtets überflägelte: ſehr
‚natürlich, weil Adelung ewig. auf dem Studirzimmer,
Doßdorf dagegen faſt immer mit ber Welt lebte; weil
Jener auf die mechanifche Gewandtheit der Zunge und
eingelibte Kraft‘ des Gedächtniffes, welche im Augenblid
bes Bedarfs Worte und Wendungen darbieten, im Der:
hältniß zu der Kenntniß vom Genius einee Sprache gar
‚teinen, ber Weltmann Daßdorf dagegen nicht ohne Grund ‘
großer Werth legte, nicht felten aber auch Werthvolles
dadurch erhielt, das, amtlicher Stellung: zufolge, eigentlich
Abelung gebührt hätte. -
Dies war 3. B. einft der Fall, als eine ſchwediſche
Prinzeffin, Schwefter Guſtav III., die Bibliothek befuchte,
um naͤchſt dieſer befonders den berühmten Adelung ken⸗
nen zu lernen. „Spricht die Prinzeffin Deutſch?“ fragte
Abelung den Lohnlakai, der fie ihm meldete. Auf die
Antwort: „Nicht gern und nur wenig, am liebflen Fran⸗
zöfifch”‘, entgegnet Adelung ganz troden: „Sag' Er ber
Prinzeffin, Er Hätte mid) nicht getroffen, ich habe heute
nicht die mindefte Zeit, Befuche anzunehmen, muß fogleich
zum Kurfürften u. f. w.” Damit entfernt fid) Adelung durch
Säle, wo er der Prinzeffin nicht begegnen kann, während
diefe, ohne des Lohnbedienten Antwort abzuwarten, fchon
ins Zimmer teitt und auf Daßdorf mit der Frage zugeht:
Ob fie die Ehre habe, den berühmten Hofrath Adelung
vor fich zu fehen? — Daßborf entfchuldigt biefen mit Ge⸗
fhäften bei Sr. kurfuͤrſti. Durchlaucht, geleitet, anınuthig
converfitend und reich belehrend, die SPrinzeffin durch die
Bibliothek und — empfängt dafür eine goldene, 30 Dus
katen ſchwere Meballle. Adelung nicht zu kraͤnken, vers
fchroteg dies Daßdorf geraume Zeit demfelben; aber über
fo etwas fich zu Eränten, das fiel dem emften, ruhi⸗
gen, nur unter feinen Büchern gluͤcklichen Manne nicht
6%
“ I
ein, dee oft lieber ſelbſt Medaillen barum gegeben hätte,
durch nutzloſe und nengierige Beſuche nicht geflört zu
werden.
Auch in koͤrperlicher und geſelliger Hinſicht waren Ade⸗
lung und Daßdorf, tota coelo verſchieden. Adelung, ein
one, dech Beftats uyby Beuhmen Ieporgen:
un, Banned ı mehr Bein als groß/ gewandt, femb:-
lich, ewig heiter und zuvorkommend. Adelung mit we⸗
nig Ausnahmen dom Sonntage früh bis zum Sonnabend
Abend am Stubistifche, oder an vᷣſ⸗
fentlichen Orten, in. ber Regel trocken und worptargg
Daßdorf dagegenſtets mit Welt und Menſchen in Ver:
kehr, wortetich und lebendig. Abdelung, hageſtolz, erſt · aus
Noth, dann aus Grundſatz, hatte außer einer Haushaͤl⸗
texin. kein labendiges Weſen um ſich als ein paar Voͤgel,
die er ſelbſt fuͤtterte; Daßdorf, zweimal verheirathet und
gelegnet mit- vier, gutes, Rindern, fühlte nach des Tages
Ba ſich am gluͤcklichſſen im Schatten. ber Haͤus⸗
tlichkeit.
Adelung war mw. in. den. erſten Jahren feiner. Anſtel⸗
lung oft, dann immer ſeltener und: in ben letzten Jahren
faſt gar nicht auf der Bibliothek zu treffen, wenn er. nicht
etwa Tanı, Werke. zu beugen, dern Transport nach Hauſe
“20 ſchwierig erſchien; Daßdorf dagegen, gleichſam glebae
literariae. adscriptus, verſaͤumte, Keentheit und Weiten
abgerechnet, nie die Bibliothek. Adelung war dort meift
sin Stummer, der. nur finbirte, ton den Beſuchen ber
Bibliethek kaine Notiz nahm und mit. Niemand ſprach,
Ins: ihn nicht anredete; Daßdorf kam vor lauter Abwar⸗
sen literariſcher Beſuche manchen Vormittag gas nicht an
fein Buregu sad ging. ſehr oft mach Hauſe, ohne einen
Buchſtaben geichrieben ober gelefen. zu, haben. Abelung,
haffend. die Preaͤrogative der Ariſtokratie, unglädtich in
den Vorzimmern, am unglücklichſten an den Tafein ber
Großen, floh ben Adel, wie und wo. er nur konnte, und
bezeigte fih, wenn er. mit ihm in Beruͤhrung kommen |.
mußte, nie ſchmieg⸗ ober. biegfam, ſondern ernſt, kalt, im
Stillen pochend auf Ruhm und Verdienſt; Daßdorf,
gluͤcklich unter. den Formen und bei den GSenüffen der
vornehmen Welt, ſchmieg⸗ und biegfam gegen das da⸗
mals noch allmächtige von, erkannte ben Abel. fchon fei:
196 Alters wegen für ein ehrwuͤrdiges Inſtitut, ſah in-
jedem Miniſter oder Hofmarſchall einen Erzengel vom
Throne der Fuͤrſten, beobadptete aber doch dabei — das iſt
nicht zu leugnen — ſtets eine gewiſſe Würde, verbunden
mit bem.feinftan Anftand, und erniedrigte ſich nie zum
Gpeichaliscden, Abelung, der perſonificirte Syntax und
Sprachwurzelgraͤber, nie fonberlicher Freund ber ſchoͤnen
Literatur, auf deren Feldern er zu einer. gewiflen Zeit
ſtehen . geblieben war, waͤhrend Alles um’ ihn ber vor
waͤres ging, zeigte fich insbeſondere ſtets als ber erktärtefte
Feind aller Gelegenheitsgedichte; Daßdorf, der erſte Ge:
Ingenheitsbichter, Dresdens, war überhaupt ein fo gluͤhen⸗
dar Freund bes. fchönen Literatur, daß er, wenn Adelung
ſich nicht dagegen ſtemmte, jebe, neue. Gedichtſammlung,
ja fo manchen neuen Roman. ber Bibliothek: aufgebürdet
baben mürke. Adelung, obfchen. von Haus aus ihre:
‚barb und befu
” »
log *), war boch kein Freund ber Theologie und bes
Cultus; Daßdorf dagegen, auch weiland Theolog, hufdigte
Helden, ftudicte emſig die Schriften ber neuen Gottesge⸗
lehrten, verfäumte Leine Predigt des unvergeßlichen Rein⸗
dieſen «allfonntäglich nach 50%
ne ihm bern deſſen a a
tesdienſte, ung
‘über bie neueſten Aitergrifchen Erſcheinungen zu befprechen.
Was Wunder, wenn Männer von fo ganz entgegengeſetz⸗
ter Lebens:, Denk⸗ und Handlungsweiſe Eeine weitere
Hatten; md daß, Sjeber in fets
ver Art hoͤchſt achtbar, doch nicht grade Einer. den: An:
dern ˖ dafuͤr gelten ließ.
Als e
supt ſtand Daßderf vicht hoch; es
fehlte ihm an Phantaſie. Als Gelegenheitsdichter aber
machte er, in Gellert's Schule, des Frommen und Herz⸗
lichen, gebildet, zu ſeiner Zeit Aufſehen in Dresden. Seine
Cantate auf das Erntefeſt nach dem Hungerwinter von
1771 und 1772, feine Ode auf bie Friedensfeier nach
dem fogenannten Erdäpfeitriege 1779, fein Gedicht auf
die Geneſung des Kurfürften,. bes bamals dem Tode nahe
war, und andere dergleichen Verſe gefielen mgemein, ja,
letterwaͤhntes Gedicht mußte fogar dreimal - aufgelegt
werden. Das Rogentenhaus zu befingen, ließ Daßdorf
Leine Gelegenheit vorbei. Seine Verſe fielen oft wie Schnee⸗
flocken am Buße. bes. Thrones nieber; auch verfäumte er
nie, bergleichen Sebichte, obſchon laͤngſt verkirngen, wo
es ſich nur thun ließ, wieder zu: Tage zu fördern. Selbſt
in feine. Beſchrelbung Dresdens ſchmuggelte er Verſe mit
‚ein, bie vor zehn und mehr Jahren ſchon ihre poetiſche
Schulbigkeit gethan hatten. Fuͤr die damals berühmte
Seyler ſche Schauſpielergeſellſchaft ſchrieb er viel Prologe
und Epiloge, einſt ſogar ein mufſikaliſches Drama:
„Andromache“ (Dresden 1777), welches aber, fo dra⸗
matiſch als muſtkaliſch, nur das Kuͤchenleben hatte. Am
Begruͤndung einer poetiſchen „Blumenleſe“, von 1784-85,
*) Gr hatte, wie mic Daßdorf erzaͤhlt, die Theologie in Folge
eines ganz eignen Zufalls verlajfen. Rach feinem Abgange
von ber Univerfität Halle bekleidete ex eine Hofmeifterftele
auf dem Sande, verbunden mit ber ziemlich gewiffen Aus⸗
fiht auf eine Prebigerfielle, unb that deshalb einſt eine
Gaſtpredigt. Gin nettes. Mädchen im Haufe: feines Prin⸗
cipals drohte ihm am Abend vorher fcherzweife, baf fie
ihn in bes Predigt neden und gewiß aus. dem Goncepte
bringen wolle. Adelung verfichert lachend, daß bies un⸗
möglich fei, befleigt morgens. darauf getvoft bie Kanzel,
fängt an zu prebigen und — hilf Himmel! der Kanzel
grade gegenüber iſt eine Kirchthuͤre mit einigen.
fragtihe Mädchen, buch Pug und Arbeit am zeitigem
Kirchgange ‚behindert, tritt, während Abelung ben Bibel:
prud:, ‚ser ba ftebet, fehe zu, daß er nicht falle”, herab⸗
donnert, in bie Kirchthuͤre, glitfcht aus, ruiſcht bie Stuſen
berab und kommt parterze in eine fo poflierliche Rage, daß Abes
lung des Lachens ſich nicht enthalten, den dadurch unter-
brochenen Faden feiner heiligen Rebe aber nicht wieder:
finden kaun und. abtreten muß. Dies beftimmte ibn, bem
heiligen Soͤller nie wieder zu befleigen, fonbern einzig ber
Literatur ſich n wibmen. Vielleicht alfo, daß Abrlung,
that das arme Maͤdchen nicht den poflierlichen Fall, ein ge=
zer. geworben wäre.
nach Innen. Schnee und Eis haben fie geglättet. Das
wöhnlicher Landprebiger und nie Deutſchlande Sprachleh⸗
. 631
Wirtbe er den meiſten Anteil, und es machte ihm nicht
wenig Kummer, als fie, für bie Gerlach ſche Verlagshand-
lang eine Diſteln⸗ und Dornenlefe, mit dem zweiten
Jahre ſchon im Archive ber Zeit b t
wer. In Hinficht auf Porfie kannte der gute Daßdorf
mit Recht weder Rang noch Stand und nannte jeden
Verſemacher, war's auch. nur ein Kreusfchüler, gern fra-
trem in Apolline.
: (Die Bortfehung felst.)
Gorrefpondenznachrichten aus Kopenhagen.
Beſchluß aus Fr. 152.) i
Diefe Aeußerungen über bie periodifche Literatur Norwe⸗
gend. erinnern uns, aud etwas über ben neuern Zuwachs bie
fer Literatur in Dänemark mitzutheilen. Die „Monatsichrift für
Eiteratur” („Maanebftrift for Literatur’), von zwölf Profefforen
ber. Univerfität Kopenhagen herausgegeben (Bang, Staufen, Dar
wid, Foxchhammer, Hohlenberg, Hornemann, Mabvig, Molbsch,
Peterſen, Reinhardt, Rofenvinge, Derfteb), hat bereits ben fünf
ber Dear ruͤhmlichſt angefangen, Irgendwo ift ſchon früs
er, wenn
rtreibungen ‚unb
Was das
zelnen Sin flattgefundenen Mangels an einer gewiffen Maͤßi⸗
sfte auch Liefer Vorwurf nicht unter Umfländen zu bes
igen fein, wo gegen unverfchämte Anmaßung ſowie ge:
gen Borurtheile unb eingerifiene fabe Meinungen, ober auch ge:
gen kindiſche Bewunderung unb vergoͤtterndes Anftaunen ber gros
Sen Menge eine Eräftige Oppofition zu bilden if. Wenn bas
gegen der Mangel an Mäpigung ſich auf einer ganz andern
@eite finden ließe, und man, anflatt fih ber übertriebenen Be
wunberung ber Menge zu wiberfegen, vielmehr fich einer foldyen
ſelbſt Hinzugeben und in biefelbe miteinzuflimmen fehlen, bann
wuͤrde unleugbar zu gegrünbetem Vorwurf Anlaß gegeben fein.
Wir wollen es nicht verhchlen, baß ein ſolcher Anlaß in einzels
nen Fällen ift gegeben worden, aber auch nur in einzelnen; und
zugleich muß zugeflanden werben, daß ſich eben bei einer ſolchen
Gelegenheit eine treffliche Aftpetifche Kritit vernehmen ließ. In
der Aefihetil hat übrigens die Willfür dann und wann ziemlich
geherrſcht; mittelmäßige dramatifche Verſuche find mit ungebuͤh⸗
zenden Lobpreifungen erhoben, ja fogar anerkannten Meiſter⸗
werten gemiffermaßen an die Seite geftelt worden, während
anbererfeits werthuollern Arbeiten eine unbillige Geringfhägung
wiberfuhr. Allein bies find meiſtens Klagen, deren Grund, wie
alles Unreife in ber Kritif fowie in ber Kunft, bald verſchwindet,
wenn dagegen der Werth der gehaltvollern Urtheile der kriti⸗
ſchen Monatsfchrift und die in gewiſſen Faͤllen mit wahrer Ein⸗
fiht und Würde ausgefprochene Oppofition vor Allem in Zeiten
muß anerfannt werben, wo Biele urtheilen, Wenige aber lernen
wollen, und wo es zwar keineswegs an Oppofition mangelt, fie aber,
jener zwei Eigenfchaften oft aänzlich entblößt, blindlings heraustappt
und nicht felten ſich an bie unrechte Seite zu flellen geneigt if.
Etwas jünger als die „Monarsfchrift für Literatut“ und
meiſt philoſophiſch⸗philologiſchen und geſchichtlichen Inhalts if
Die forder Zeitfchrift in zwanglofen Heften:
fra @orde” (Vermiſchte Auffage — Miscelen — aus Sorde), von
den Profefforen der fordere Akademie Brebsdorff und Luͤtken her⸗
ausgegeben. Dieſes Unternehmen hat bisher Beinen ſonderli⸗
*) Die aͤlteſte Eritifche Zeitſchrift in Dänemark und jegt Ho Altete aller
daͤmſchen Beitfihriften I bie ‚„Dänifepe Literaiungettung““ (,,Danft
Literaturtibende‘’), ehemals,Kopenhagener pelehrte Nachrichten⸗
genannt.
„Blandinger
‚um bie &
‚geheim, nach wiltkuͤrlichem Erachten
dm Fortgang gehabt, welches wegen eiwiger intereffanten Auf:
füge und ber mnigetheilsen otabemifihen Nachrichten gu bebauern
iſt; nur drei Hefte find erfchienen.
Be u er ie
en 8 ‚Prometheus‘, eine Monats⸗
ſchrift für Poefie, Aeſthetik und Mritit, anf eine bebentende Weiſe vers
mehrt. Die bis jetzt erfchienenen Hefte enthalten Lauter Anffäge won
dem berühmten Herausgeber. Die Kriti biefer Beitfchrift ſcheint
vorzüglich auf das Theater gerichtet zu fein und kommt eben zur vechs
ten Zeit, da bie vormals fo erglebige Theaterkritik ganz aufger
hört hatte und nicht einmal von - ben Eeinern Wiättern das
Sheater mehr beachtet wurde. Um fo viel fleißiger wirb freilich
in ae und im Theater ferbft Eritifiet 5 diefe Kritit aber
iſt ned tigerer Ratur ale jeme in den Blättern des Tages,
und die Kunft geht meiftens Immer dabei Ieer aus: Wenn ba»
ber ein Tachlundiger Mann die Muͤhe auf ſich nimmt, das ver
Laffene Eritifche Feld wieder angubauen, fo kann ſolches nicht anders
als erfprießtich fein. Uebrigens will man die ſchon gelieferten
Theaterkritiken Oehlenſchlaͤger's zuweilen etwas zu mild und fchos
nend und das Lob hin und wieder gu reichlich gefpendet finden.
Vielleicht wirb er ſich in ber Bolge veranlaßt fehen, mehr bes
Tadels und weniger des Lobes zu ertheilen, was gewöhnlich ben
Leuten anziehender iſt und womit ihnen auch im Allgemeinen
am beflen gedient fein mödhte.
Wir haben faft: gleichzeitig nicht weniger als brei ganz neue
theologifche Zeitfchriften befommen, wovon ſich zwei „Ziben-
deu’ (Zeitungen) nennen. Die eine ber Zeitungen wirb vom
Magifter Lindberg, die andere, bien Odenſe erfcheint, von unges
nannten Geiftlichen herausgegeben, unb die britte Zeitfcheift ift von
den Profefforen ber Theologie Elauſen und Hohlenberg vesfaßt.
Die Namen Lindberg und Glaufen können ſchon den verfchie:
dehen Ton und bie verfchiebene Tendenz ihrer Schriften angeben.
Die Ältere theologifche Zeitfchrift von Profeffor 3. Möller Hat
eine neue Reihe angefangen. Die Literatur ber Flugblätter
erhielt im vorigen Jahre einen guten Zuwachs in der Dänis
ſchen Wochenſchrift („Dane Ugeflrift‘), von einer Geſellfchaft
pesaudgegeben und von Profeflor Schouw (als Botaniker wohl
elannt) xebigiet. Dieſed gut geleitete Blatt hat ſchon einige
wichtige, in das aflgemeine intereffe eingreifende, populaire
Auffäge geliefert. Ginem dieſer Aufläte, Betrachtungen
über einige ber meueften Handelsverhaͤltniſſe Daͤnemarks enthal⸗
tend, iſt neulich das fonberbare, bei uns aber nicht einzige
Schickſal widerfahren, erſt aus dem Dänifchen ins Deutfche und dann
aus dem Deutſchen wieberum ins Daͤniſche überfegt zu werden.
Die deutſche Ueberſegung fteht in dem „Neuen ſtaatsbuͤrgerli⸗
den Magazin” (erfien Bandes zweites Heft, Schleswig 1832) bes
Statsraths und Profeſſors Falck, freilidd ohne Angabe ber Ues
berſequng, und ging daraus in einer- wiederholten Weberfegung in
eines der fopenhagener Blätter über. Aus einem andern @thde
ber gedachten „Daͤniſchen Wochenſchrift“ entnehmen wir Folgendes.
Gegen tie Aeußerung eines Mitarbeiters, ob alle Zeitungen nicht unter
firenge Genſur zu ſetzen wären, ſchrieb nämlich ber Htebactene:
„Einer ſolchen Meinung ift gar nicht beigupflichten. Die periodiſche
Literatur ift eines ber großen Mittel zur Verbreitung gegenſeiti⸗
ger Ideen und zur Förberung der Aufklärung. Sie bebarfi daher ger
fegticher Wreiheit, ohne welde literariſche Thaͤti weder in
Büchern von größer Umfange noch. in Zagesblättern gebeihen
. Mande wichtige Ider zur zweckmuͤßigen Beränberung be⸗
ſtehender Ginrichtungen, manche Entdechung eingeriffeter Mis⸗
braͤuche oder ungerechter Handlungen ber Staatediener, weiche
Ideen ober. Entdeckungen oft, um zur rechten Zeit wirben zu
koͤnnen, eben augenblicklicher Bekanntmachung beduͤrfen, wärben
durch die Cenſur nicht ſelten verloren gehen. Die Urſache, war⸗
Ta Be a a a
un n ſo vd ſein lieg
darin, daß die Beurtheilung der Zulaͤſſtgkeit eier: Schrift ins⸗
Apprllativn, nur von
einem Indivibuum ausgeuͤbt wird, anſtakt nach Gruͤnden zu
‚obne:
ſchehen, bie ein oͤffentliches unter. Appeltation ſtehendes Wer en
bes Gtantb gemäß audfprict. *) Die Genfur, und na
turlich noch mehr eine Buenge Cenſur, ift daher als ein Nebel
nicht weniger in Hinficht der Blaͤtter unb Journale als der grö«
fern Werke anzufehen. Wenn in kleinern Staaten der größern
en es erfoberlih fein ſollte, die ausfchließend politiſchen
632 .
in einer -gew Sm des —
lich —* eo Kus geſchwebt zu Fr Far Kae en
in „Remeo und Zulla” teitt uns in det Yon ber Cnfh' recht
intereffant entgegen. Won Hauch erhtelten Wir ‚Di Be
leiring”" (Die ng von Mofleiche), eine T ie %),. u)
Hert gab uns eine Sammlung fei &
Blätter, wie es bei und der Kal ift, mit Genfur au belegen, fo
ift diefes nur ale eine traurige Nothwendigkeit zu betrachten,
und bie Genfur barf fih nur auf die auswärtigen Angelegenheis
ten erfſtrecken, auch muß fie fo fchonend als möglich ausgeübt
werden. In ber Zukunft, wenn ein Hiftoriter bie Wegebenbeiten
unfers Zeitaltere befchreiben wid, und 3. B. in englifchen
Zeitungen fo reihen, in ruſſiſchen dagegen fo wenig Stoff fins
bet, ſo wird er ſchwerlich der Meinung jenes Wef. beipflich
ten. Dann werben auch größtentheild die unwürbigen Angriffe
und bie groben Unwahrheiten, wozu bie Prefle jest fo oft ges
misbraucht wird, vergefien fein; Misbräuche, bie zwar oft Uns
willen erregen müffen, doch aber immer erträglicer als bie, ‘eine
freie Aeußerung bes Gedankens hemmende Senfur find.“
Da wir eben etwas von ber Vermehrung ter theologifch.
periodifchen Literatur erwähnten, fo follte billig auch die Ergie⸗
bigkeit ber juriftifchen und ber mebicinifchen erwähnt werben.
Sine „Bibliothek for danſt Lovkyndighed⸗ (Bibliothek bänis
ſcher Rechtswiſſenſchaft), von dem Rotar der juriſtiſchen Facul⸗
tät, Algreen-Uffing, und eine Zeitſchrift für die Arzneiwiſſenſchaft
von Herholbt und Manſa, bie angekündigt worden, finb baber
noch zu nennen.
Bon ber den Augenblick überbauernden Literatur führewich
nur in aller Kürze vor, was mir eben am nädflen Liegt;
Sie mögen beshalb für biesmal dem Anſpruch auf Vollſtaͤndig⸗
keit entfagen. Dex zweite heil der intereffanten Vorleſun⸗
en Molbech's („Borelääninger over den nyere danſke Poefie”)
am am Ende bes vorigen Jahres heraus. Sie handeln
von den Gedichten Baggefen’s und Altern poetifchen Werken Och»
Ienfchläger’ 6. Ron ber Sammlung ber bänifdyen Gchriften des
erfigenannten Dichters („Jens Baggefens danſke Verker⸗) ers
hielten wir ben legten (12.) Band nebft dem (nicht fehe aͤhnli⸗
hen) Portrait des verflorbenen genialen Berf. Man hat biefer
Sammlung auch einen nicht geringen Theil feiner zahlreichen
polemifhen Schriften einverleibt; ob mit Recht, iſt Hier bie
Stelle nicht zu erörtern. Die Subſcribenten follen aber keines⸗
wegs damit zufrieden feinz vielleicht würde der Dichter, wenn er
feine Deinung uns mittheilen koͤnnte, fih mit ben Gubfcriben:
ten im ähnlichen alle befinden. Gin junger Dichter, der mit
einem verfificirten Luſtſpiel in fünf Aufzuͤgen gluͤcklich bebutirte,
hat durdy ein neues (humoriſtiſches) Gedicht: „Dandferinden‘‘
(Die Tänzerin), noch größern Beifall eingeerntei. Er bat
ſich noch nicht genannt.
Die Rovellen des Paſtors (in Juͤtland) S. S. Blicher,
von welchen das beutfche Publicum bereits einige in Ueberfegun:
gen burdy Profeſſor Krufe Eennt, find jegt gefammelt in zwei
Bänden erichienen. Da fie urfprünglich in einer Provinzial:
zeitſchrift ans Licht traten, bie wenig Pefer in ber Reſidenz
hatte, find fie für uns als ganz neu anzufehen unb machen viel
Sluͤck. Nur bie Sprache hat ber Dichter mit allzu wenig
Sorgfalt behandelt.
„Dramatiſte Scener“, von G. Brebahl, find mit dem ſechs⸗
ten Theile gefchloffen worden. Die vier erften heile kamen
1819 — 22, ber fünfte 1832 heraus. Die gange Folge macht
ein großes bramatifches Gedicht aus und ift unleugbar eine merk:
wuͤrdige Erſcheinung. Unter allen originellen Zügen ift allers
dings eine gewiſſe Nachahmung von Shakſpeare bin und wieder
durch das Ganze nicht zu verfennen; auch Deblenfchläger ſcheint
*) Bekanntlich müffen in Dänemark alle unter Appellation ſtehenden
Kichterſtuͤhle Ihren Urtheilen immer die Brände, unter Reter Anfüh-
zung ber Belegflellen aus den Befegen, hinzufügen. Auch ift bie
Gerihtöhaltung in allen Inſtanzen ohne Ausnahme Öffentlich,
ebenfo die Beugenverhdre.
nee Tußfpieie, So befinkm
wir uns benn wieber auf dem Gebiete bex Dramaturgie und
fa, da bie Stüde ber Iesterwähnten Sammlung alle gefpielt
werben, auf dem Theater ſeibſt. Wir wollen aber ba für die.
mal Fir helft dee Profeſſors Sch Europa
e e ofeſſo onw2 „ I
letfattelig Naturſtildring“ (ein leichtfaßtiches Raturgemaͤtbde)
nebſt einem Atlaſſe, ſechs Karten enthaltend, iſt ſehe intereſſant
und wirbd viel gelefen. **)
So viel auch in unferer Zeit für bie Regiftrirung, wenn wie
und. diefes Ausdrucks bedienen dürfen, ber Literatur getan. wor:
ben, fo würde es doch manchmal ziemlich fchwer fein, wenn ſich Einer
auf längere Zeit von dem Uterarifchen Verkehr bes Tages entfernt
hat, das Vergangene nachzuholen und mit ber immer forteilen⸗
den Zeit wieder gleichen Schritt zu halten. Es fehlt naͤm⸗
ii ein catalogue raisonne über bie ganze erfcheinende
Eiteratur, wenigftens in Dänemark; und menngleich biefe &i-
teratue weniger umfangreich als bie der größern Staaten
ift, fo iſt der Mangel doch fehr fähldar. Die Zahl und
bie Titel der erfdhienenen Schriften find zwar leicht zu
erfahren. Es kommen bier bie jährlichen Bücherverzeichnifle
der Gyldendal'ſchen Buchhandlung fowie die monatlichen ber „
nifchen Literaturzeitung‘ und der „Monatsfchrift für Literatur“
bem Mißbegierigen zu flatten. Allein biefes find bios katalogi⸗
ſche Ueberfichten ber erfchienenen Schriften. Den Werth ober
die Qualität derfeiben einigermaßen und in aller Kürze kennen
u lernen, ift faft unmoͤglich, ohne ſich die ganze Maffe ſelbſt zu
Cammeln und zu prüfen, was wol Keiner unternimmt. Gin
quafiskritifches Blatt, das fich den Zweck fegte, dem obigen Mangel
abzuhelfen, wäre mithin ein verbienftliches Unternehmen. (Ss
müßte von bewährten Männern herruͤhren, und bie Anzeigen
bes Werths und des Inhaltes einer Schrift müßten fo Zur,
aber dabei fo Karakteriftifch als nur immer möglich fein. 147.
Notiz.
Der gelehrte Erzbiſchof von Theſſalonich, Euftathios, lebte
gegen Ende bes 12. Jahrhunderts. Die Sorgfalt, womit er
das mühfame und umfangreiche Werk zur Erklaͤrung des Her
mer vollendete, die Scholien, welche er zu dem Dionnfios
Periegetes lieferte und bie ex zum Pindar zu geben unternahm,
fowie der durch bies Alles unleugbar bewirkte Nugen berechti⸗
gen, wie der Neugrieche Korais irgendwo im 3. 1811 fagte,
zu dem Schluffe, daB ohne die fogenannten Kreuzzüge der
Abendländer, weiche bald nach dem Tode des Guftathios began:
nen, und obue die Groberung Konftantinopels durch die La⸗
teiner im Jahre 1208, das Voll der Griechen ſchon damalt
diejenige Veränderung zum Beſſern gezeigt haben würde, welche
es fpärer im 15. Jahrhunderte gezeigt hat und welche es ge:
genwärtig zeigt. Wenn man bie große Anzahl der nach ber
Ginnahme Konftantinopel® burch bie Osmanen im weſtlichen
Europa zerſtreuten gelehrten Griechen mit ben wenigen gelehr⸗
ten Beitgenoffen bes Guftathios vergleicht, fo Tann man nicht
zweifeln, baß ohne diefe zweite Groberung bie griechifche Ra-
tion ,. namentlich mit Hälfe ber damals gleichzeitigen Erfindung
ber Buchdruckerei, auf ber nämlicgen Stufe der Culture mit ben
andern civilifirten Völkern flehen würde. Aber, was zwei⸗
mal verhindert worden, braucht nicht nothwendig zum dritten
Male verhindert zu werden! 30.
% Stfeint naͤchſtens in deutfcher Leberfehung in der Berlagäband:
lung d. 81. D Red.
») Wir beriten naͤchſtens darüber nach einer deutſchen Urderfegumg
. ee».
Redigiet unter Verantwortlichkett der Werlogäbandlung: F. 1. Brodbaus in Leipzig.
nn
Blätter
für
literarifhe Unterhaltung,
— — — —
18. Jahrhunderts.
Srſter Artikel.
(Fortſequng aus Nr. 158.)
Für die claffifche Literatur, beſonders die roͤmlſche
— dene in ber griechifchen war er beiweitem kein Boͤtti⸗
ger — glichte Daßdorf bis an bie Marken feiner Tage.
Ein großer Horaz Fam faft nie von feinem Arbeitstifche
auf der Bibliothek. Ein einer lag früh fchon neben ber
Kaffeetaſſe, benfelben fledte er ein, wenn er ausging, und
wie Betſchweſtern im alten Geſangbuche war Daßdorf
bewandert in dem noch etwas aͤltern Horaz. Fuͤr jeden
Scherz, fuͤr jedes wichtige Lebensverhaͤltniß oder politiſch
große Ereigniß wußte er ein Horatianum. „Ach!“ ſeufzte
er ordentlich einmal zu mir, als er Napoleon in der Biblio⸗
thek herumgefuͤhrt, „wie gern hätte ich dem großen Manne
zugerufen mit Horaz: „Contrahes vento nimium secundo
turgida vela!“ („Ueberhebe dich nicht im Gluͤcke!“)
Allerdings paßte diefer Horazifche Spruch auf Napo:
leon; doc gab es damals, 1807, wo er al® Sieger von
Sriedland in Dresden einfprach, wol auf der ganzen wel
ten Erbe keinm Mund, der gewagt hätte, ihm folch eine
Horazifhe Warnung zuzurufen. Am wenigften eignete
fich dazu der Mund eines koͤnigl. fächf. zweiten Bibliothekars.
Napoleon's Marſchaͤlle und Miniſter verfolgte Daß-
borf, wenn er fie auf ber Bibliothek herumführte, im
Stitteh natuͤrlich, mie er oft fagte, ſtets mit Horaziſchen
Sprüchen, insbefondere mit
Crescentem sequitur cura pecuniam
Majorumque fames.
Denn, behauptete er, je mehr biefe Menſchen haben,
defto mehr wollen fie. Wenn von Napoleon’s Kühnhelt
in Schlachten die Rede war, meinte er oft fpöttifch: Der
große Kromenräuber, wie er ihn, che er in der bresbner
Bibliothek einfprah, gemöhnlid nannte, werde fonder
Zweifel mit dem göttlichen Horaz denken:
Non semper feriet quodcungue minsbitur arcus;
aber
Non semper laeta ridet Bellona,
fegte er gewöhnlich mit bedeutender Miene hinzu und
würbe nicht ungern gefehben haben, wenn da6 uralte
Sprücmort vom mblih den Henkel verlierenden Kruge
Montag, | — Rr. 154 —
3. Zuni 1833,
fi) bei der erſten beften Recognoſcirung an:: dem nagel⸗
neuen Kaifer bewährt hätte,
Zu fehr daran gewöhnt, dieta classica, beſonders Ho⸗
raziſche, im Munde zu führen, braudite er ‘fie fogar oft
gegen Leute, die keine Sylbe Iateinifch verftanden. Wenn
ih fo viel Thaler haͤtte, als er z. B. SDoraz’ „hora
ruit” bald Dem, bald Jenem zugerufen, fo wär ich ein
reicher Maım. Am liebften benutzte er e6 gegen Prima⸗
ner, Secundaner u. bgl., wenn fie, auf der Bibliothek
leſen oder nachſchlagen wollend, mit Nachbarn in Ges
ſpraͤche fich einließen. „Monſieur“, denn damals gab es
noch bergleihen, „Horaz fingt: hora ruit!” Damit
winkte er gewöhnlich zur Ruhe. Auch war er anermübs
lich in der Bemerkung, daß ihm Eine Horazifche Ode Lies
ber fei als ber ganze Voltaire, ben er ohnedem als einen
ſchaͤndlichen Freigeift und NReligionsfpötter ſtets auf dem
Steihe hatte. Die bekannte Anekdote vor Voltaire, daB
ee nach Herftellung von einer ſchweren Krankheit, wo er
(hen der legten Delung wegen bie 'geroribte Kerze in ber
Hand gehalten hatte, auf diesfallfige Wertounberung freigeiftes
rifcher Freunde bemerkte: er würde, wäre er als Anbeter
des Dalat Lama geboren, in aͤhnlichem Kalle auch, einen
Kuhſchwanz in die Hand genommen haben — biefe Anek⸗
dote konnte Daßdorf nie ohne eine Art von Wach. gegen
den Philofophen von Serney erzählen, und gewöhnlich
ſchloß er fie mit der Bemerldung: „So einen Grab von
Fripolitaͤt konnte nur ein. Voltaire fi aneigum; Gott
hab’ ihn fellg, wenn er's nämlich hat werden koͤnnen!“
Ueberhaupt war Daßdorf kein fonderlicher Verehrer
der Sranzofen und nannte fie, natürlich mit gelehrten
Ausnahmen, die er alletbings gelten Heß, oft nur eine
Marion von Hanswürften, bie von einem Tyrannen
(Napoleon) fi pritfchen ließen. Dagegen huldigte er mit
ganzer Seele den Engländern und ärgerte fi) ewig, daß.
fie den Dionys an dee Seine (Maposeon) nicht Burg und
Mein machen konnten.
Daßdorf benutzte feine großen und manmichfachen
Kenntniffe weniger zur Schriftflellerei als zu Recenfionen
und zur Unterflügung anderer Gelehrten mit bibliotheßas
eifchen Nachweifungen, Notizen und Auszügen. Außer
den mit Anmerkungen reich ausgeflattetn ‚Ausgaben ber
Winckelmannſchen ‚Briefe an feine Freunde”, des Caſati
„Pocmata graeca et latina”, bed Caſtrucei Bonamici
626
lehrte den Verſuch mit Begründung von Journalen; als
fein es blieb auch dabei. Mit großem Pomp z. B. kün:
digte Schienkert eine MWochenfchrift: „Weisheit und Thor:
heit”, an, welche, kein Bierteljahe alt, in der Wiege
ſchon ftarb. Der Sinanzfecretaie Hunger wollte ein bus:
el: „Det junge Stu⸗
dent“, herausgeben, allein es fanden nnd, feine Interefſen⸗
moriſtiſches Blatt unter da Titel:
ten. Der Bibliothekar Canzler begruͤndete, in Verbindung
mit dem, feines. „Alcibiades“, Teiner ‚‚Bianen Gapello”,
feiner „Skizzen“ wegen allgefelerten Meißner, eine fehr
gehaltreiche Quartalfchrift „Fuͤr ältere Literatur. und neuere
Lecture”, die aber nur vier Bände erlebte. Die einzige
yedsdifche Scheift:von laͤngerer Daurt war Haſche 3, Ma:
gazin der fächfifchen Gefchichte”, das von 1784—90,. doch
nur unter fletem Zeterfchreim des Verf., daß er fein baa⸗
res Geld dabei zufege, erſchien und endli auch aus
Mangel’ an Unterftügung einging. ee
An unfere jegigen Gelehrten: und: andere Vereine für
Botanik, Btumenpffege und Pomolegte,
Phyſik, für vaterlaͤndiſche Alterthumskunde, für Stati⸗
Bit u. ſ. w. war nicht zu denken. Nur, ein Inſtitut aͤhp⸗
licher Art: Die Geſellſchaft für chriſtliche Liebe und Mit:
leiden, gab es in Dresden, welche aber mehr Wohl:
thun als literariſches Wirken und Forſchen zum Zweck
und faſt nur die Herren vom Stadtrathe und von der
Geiſtlichkeit zu Mitgliedern hatte. ‚Bon einem Mufehm,
röte' jegt das treffliche Arnold'ſche, hatte man nodji gar
keinen Begriff, und die - meiften Leſebibllotheken waren
nicht viel deſſer als halbliterariſche Büdchen, wo nur Bel:
letriſtiſche Kurzwaare, Romane m. dgl;, aber nicht Eine wiſ⸗
ſenſchaftliche Schrift zu haben war. Votrleſungen über lite⸗
rariſche, artiflifche und andere derartige Gegenſtaͤnde kannte
man noch fo. wenig, baß, als ber grundgelehrte und hoch:
verdiente Archidlakanus M. Winkler (Theodor Heil's Vater)
1780 anfing, philoſophiſche, phyfikaliſche und kosmologi⸗
ſche Vorlefungen zu halten, über ſo hertliche Verbindung
von Meisheit und Gemeinnuͤtzigkeit mar; ih nicht genug
wundern bommte. . > 4 oh. Do!
"Die Eurfürftliche Bibliothek, obgleich; damals [chen *)
ihrer Beſtimmung nach „Museum usui 'publico Piatens”,
war doch, ihrer Einrichtung und ſonſtigen Verhältniffe wes
gen mehr clausum als patens;- denn ſeit 1728 in drei
Säle der Zwingerpavillons gekleumt ”"), - gewährte‘ fie |
den Mufen ein fo beſchraͤnktes Quaͤrtler, daß Ehre Schaͤtze
—⏑⏑⏑— Fa A Te
*). Bis zum Anfange des 18, Jahrhunderts ward‘ fie. faft nur
..: als:Privatbibliothek behandelt; denn nur Wenigen Upon Rang
- und Stand war die Benugung’ derfelben, und auch biefe
zur unter großen Beſchränkungen geftattet. Fremde hat:
’ fen felten Zutritt. "Die Inſpeetoren oder Bibliothekare aber
- befanden’: fi in literarifcher Einfamkeit Zu wohl,‘ ale daß
." Re sine Aufgebung derfelben Hätten: —— föllen:. Auch
. „tmmfoßte:.bie. Bibliothek beiweitrein ‚nicht. che,.ähr, gehörige
1. Bhges denn im grünen Gewölbe, ‚in ber Zunft: und
.. Foͤſtkammer blieben ‚lange noch eine‘ Dienge Bücher, und
Smpfchriften' verſteckt. (Ebert, „Geſtchichte and WBefchrelbung
ng. Bibliothek“, S:923: m nn A
7 Be Ausnahme der juriffiichen Merle, welche; aus Man⸗
gel can Kaum Im Broͤhl'ſchen Palafte aufgekelit waren; _
-fie einer Juſel in unbelenntn- M
‚und warn ein. literarifches Schiff landete.
ſogenanntes Eihfchreibebuch feit 1756 exiſtirte, warb es
doch wenig
far Mineralogte,
wenig zu bemerken, oft kaum zu finden waren; bie Buͤ⸗
cher fanden nämlich doppelt und dreifach hintereinander,
viele lagen nur fo herum, wie man grade noch ein Piäg:
hen für fie gefunden hatte, und die zufanmengedrängte
Laſt derfelben ‚bedrohte fogar die Gebäude, Won eine
"Benubung derfelben wie —8 man Ihmaks kein
"Begriff, obfchon” der: Oberbibliochekar Cruſius und bie
Bibliothekare Canzler und Daßdorf den Gebrauch derſel⸗
ben: eher befoͤrderten als erſchwerten. Außer dem Kurfuͤr⸗
ſten, den Miniſtern, den Mitgliedern der hoͤchſten Behoͤr⸗
dog, einigen Gelehrten und Kuͤnſtlern oder heſondern Guͤnſt⸗
fingen’ des Perſonals benutzte fie Niemand, und faſt glich
eeren, wo nur dann
Obſchon ein
nußt, weil die Befuche: don Fremden felten
Waren, uͤnd oft erzählte der Secrekair Raumann dem
Bibliothekar Crufius, wenn dieſer etwa ein paar Tage
gefehlt Hatte, mit wichtiger Miene: „Wit haben indeß
auch einen Srerhbenbefuch gehabt. "Min wollte unter Au⸗
em. Joger. bie configri e
natlrlich‘ verweigerte.“ Wie es ſcheint, gab es alfo bei
der Bibliothek eine -befondere Sammlung folcher Schrif:
ten, die aber fpäterhin wol einrangirt wurden. *)
Uebrigens erſchwerte auch das enge Local des Expedi⸗
tions⸗ und Reflzimmers, wo, wenn * ein halbes Outzend
Leſer auf. nmel: fi Unſtellten ſchon: wahre: Raumnoth
entſtand/ der Mangel an · guten Kataloen ) und bie
Ungelentkhait md Ungelahtthuit das! Untern Petjonals vder
der Hogenannten Vibllochekſchreibee, wozu nicht ſelten Be⸗
diente ‚von Excellenzen befördert wurden,“ den Gebrauch
nicht wenig: Weiß man nun vollends,daß dieſe Biblio⸗
thek viele Jahre einen Chef (den Graf Mareslint) Hatte, dem
bie: Literatur, insbeſondere bie beutiche, yanz“ feenn war,
ſo kann: han: von ſeibſt auf: ihre Wirkſamkeit ſchuießen.
"Schon der Zugang zur Bibliothek, rine alte beinooſte
Freitreppe, auf’ weichtf man m Winter Arm = oder Bein⸗
bruch Zu fürchten Harte; wär nicht einladend, aber 'aüd)
d wenig begangen,’ daß es ordentlich auffiel, Irmanden
—
ſie beffelgen ‚gu ſehen. Höchf” poflerlich Minze 6: und
doch iſt es wahr; daß das untere Perſonal ſich oft foghe
nach Beſuch ſehnte, weile6 fit’ ſelbes auch "gar zu zornig
zu thun gab, und" daß noch weit oͤfter Bücher nie
ausgeliehen werden konnten/⸗well man fie nicht zu finden
wuͤßte, “oder deß en ent ‚Kock "wegen zu'ohl Muͤhe hatte,
fie’ zü Lage zu’ teten,” ober endlich, wel ſchlechte Witt:
terung deren Herbeiholen hinberte, denn’ die obermähnten
drei Zwingerpavillons ſtunden nur durch offene, ziemilich
4) Der Blbliothekar Ckoblus Hatte’1763 auf Cinlieferung "tr
nes Gremplars von::jebem: Lonfiſstirten Buche angetragen
ren
:,):Durch..ben Fleiß ber. Wifliotenfare. Bis usb Clobius wnz
..., zen über hundert Foliobaͤnde an Katalogen, nomingien und
.. realen Inhalts, vorhanden; und doch ward es dem. Perſo⸗
u det oft biutſauet, etw vertangtes Much ſchnell zu finden.
Erſt feit 1800. hat-die Bibliothek einen allgemeinen (53 Fo⸗
20 liobaͤnde sftasten). Nomimatlataleg enbaltea.. s';. 4. No
627
lange Gänge in Verbindung. erlangte nun Jemand
z. B. mehre Buͤcher, deren jedes in einem andern Pa⸗
villon ſich befand, und es ſchneite oder regnete grade, dann | an ber Tagebordnung iſt, ſowie fie in einigen Blaͤttern bes Auslan⸗
war das literarifche Holland, mehr aber noch der es in
Anfpeuch nehmende Literatus in Nöthen, wenn ihn nicht
vieleicht Rang. und Stand vor Anueren und finflern Ge⸗
fichtern fchüsten. Dazu kam noch, daß der damals ein:
ige Secretair, Naumann, ebenfo -ungefchliffen und un⸗
gefällig als das jetzige Perfonal fein und dienſtfreund⸗
ich, für Befucher der Bibliothek mehr eine abfloßende als
anziehende Kraft hatte. Die Faͤlle waren nicht felten, wo
es hieß: „Kommen Sie morgen wieder! Die Iheologen,
die atten Gtaffiter u. f. w. ftehen in dem Pavillon ba druͤ⸗
ben, da mag fie in dem Wetter ber Teufel holen.”
Wenn diefer aber nicht wollte, und der Secretair gleich
wol fo ein außerpavillonifches Werk eines vornehmen Ber
gehrerd wegen doch holen mußte, da hieß es gewöhnlich:
„Santo (Name bes Aufwärters), meinen Paraplui!“ oder
bei Stätte und Kälte: „Santo, meine Baͤrlatſchen!“ ober
bei beftigem Winde: „Santo, meinen Roquelaure (Regen:
mantel)!“ Ja, nicht Selten mußten Paraplui, Bärlatichen
und Roquelaure vereint gefchafft werden, eine alte theolo⸗
gifhe Schwarte oder bie Ausgabe eines römifchen Claſſi⸗
ter6 in usum Deiphini zu holen.
Zu verbenken war «8 übrigeris jemm armen Secretalt
nicht, wenn er bei fchlechtem Wetter die außerpavilloni⸗
fhen Sangreifen fuͤrchtete; denn. er litt oft an Gicht und
Bahnweh — vielleicht Folgen, jener Reifen —, und ber
Fall ift mir felbft vergefommen, daß er ein Buch zu holen
abſchlug, weil er fih in Sturm, Regen oder Schnee eis
nee Erkältung nicht ausfegen könne. Welch Local, weld,
Derfonal Damals und jegt! ”
Mie felten aber das gewöhnliche gelehrte Publicum,
ebenfo häufig. befuchten damals viele der oberiien Staats⸗
beamsen bie. Bibliothek. Dies war z. B. der Fall mit
den Miniſtern von Wurmb und Gutfchmid, mit dem
General von Gersdorf, dem Gonfiftoriaipräfidenten von
Berfepfch, den Hofräthen von Teubern und Born, dem
Geheimen Kriegsrath von Ponikau u. A. Da man nun
zu -folhen Männern natürlich nicht fagen konnte: das
Wetter ift heute zu fchlecht, kommen Sie ein ander Mat
wieder! fo hatte der gutmuͤthige, unbegrenzt gefällige Daß⸗
dorf für dergleichen Kälte förmlich einen Reſerveregenſchirm
zur Hand, oder lieh wol gar einer. alten Ercellenz feinen
neum Mantel, um fie teog Sturm und Wetter an bie
Quellen der Weisheit und Erkenntniß zu geleiten.
(Die Yortfegung folgt.)
Correſpondenznachrichten.
ſtaͤnde zur Sprache. Mehrmals kommt der Werf. auf die finan-
"| ziellen und pecuntairen Berhättniffe des daͤniſchen Staats feit ber
Trennung zuräd, md ba biefe Sache auch jeht in Daͤnemark
des erörtert worden, fo können wir nicht umhin, auch hier et⸗
was darüber aus ber Schrift des norwegiſchen Autors mitzu⸗
theilen. Dieſer iſt nicht nur ein ſachkundiger, fondern zugleich
ein völlig unabhängiger Mann, deſſen rechtfchafferier Sharakter
von feinen Mitbürgern wol nie in Zweifel gezogen wurde: Gr
ift weit entfernt, ddr Dänemark parteiifch ober über bie Verbin
dung Rorwegens mit Schweben misvergnügt zu fein, vielmeht
ſieht er in biefer Verbindung das Heil Norwegens (ob mit
Recht, laſſen wir hier babingeftelt fein); auch fteht er den
Gegenfländen in Dänemark, worüber er fpricht, nahe genug,
um biefelben vecht ins Auge faffen gu koͤnnen, ohne fidh von
Uebertreibungen bienden zu Taffen. „Das Beifpiel Dänemarks’,
fagt er, „ift für Norwegen lehrreich, indem das Gelbivefen bes
dinifhen Staats eine Krifis beftanden hat, bie ähnlich ber jes
gigen Norwegens if. Dänemarks Geldweſen bat feine Bürger
durch die nämlichen Gefahren und Irrungen geführt als Nor⸗
wegens, es hat alle bürgerliche Verhaͤltniſſe gewaltfam erſchuͤt⸗
tert und ihnen eben ben Ärgften Stoß durdy den plöglichen Ueber
gang zu einem Eurd, ten man al pari nennen Tann, zuge
fügt. ungeachtet aber, daß es auf einen weniger 'feften Grunb
als das normwegifche fich flüst, Haben jedoch beffere Confuncturen
und ein daraus folgender Ueberfluß ber Gilbervaluta bew Eures
aufrecgtgehalten und auffallend vortheilhaft auf alle Eigen⸗
thumsverhaͤltniſſe eingewirkt. Wir wollen bier nicht unterftchen,
inwieweit die Grundlage diefes Zuſtandes weniger feſt zu fein
fcheinen mödte, einerfeits weil ein Theil jener Waluta mittels-
Anticipationen berbeigefhafft worden, anbererfeits weit bie Baſis
der Bank weniger bequem ift. Das Finanzweſen Dänemarks
bat, oͤffentlichen Berichten zufolge, in mehren Jahren in ber be:
ften Ordnung ſich befunden; Ginnahme und Ausgabe waren im
Gleichgewicht und bedeutende Summen wurben jährlich auf bie
Staats ſchuld abgetragen. Die Kräfte ber bänifhen National
bank nehmen jährlich in bem Grabe zu, daß bie Erfühung ihrer
urfpränglichen Beſtimmung, bie Ginziehung ihrer Zettel, wicht
weit entfernt fein kann. So viel aber tft offenbar, daß biefe
mebre Jahre fortbauernden vortheilhaften Zeitumftände zur Sta⸗
bilität des Curſes beigetragen haben, fowie fie tie Unternebs
mungen ber bänifhen Bank zur Aufrechthaltung eines feſten
Geldweſens ſelbſt unter veränderten Gonjuncturen auf eine
Weife erleichtern werden, bie neue Verruͤckungen der Eigenthum⸗⸗
verhältniffe nicht herbeirufen wird. Gin lebhafter Handel, ‚un
. mehrjähriger vortheilpafter Abfag ber wictigften Producte bes
Landes, ein verbeflerter Landbau, verftänbiges Ablenken vom vor
ber betretenen Irrwegen in Hinſicht der Foderung ‚bes Gewerbe
eißes, bie Verwandlung ber abeligen Gutsbefiger aus wilden
Jaͤgern und müßigen Woltäftlingen in thätige, baushälterifche
Bürger, das Fallen ber unnatuͤrlich hoben reife alles feften
Eigenthumes (aller Immobilien) bis in ein paffendes Verhaͤtt⸗
niß und zur Grleichterung der vortheilhafteften Benutzung berfels
ben in jeder Ruͤckſicht: dieſe Umftände und noch mehre derglei⸗
hen haben zur Verbeſſerung bes Gurfes bewirkt,. was: ‚fein
kuͤnſtliches Mittel, Bein geswungener Bankcurs, keine wiederholten
Anleihen fortbauernd würden bewirkt haben koͤnnen. Es zeigen
| fi bereits bie Bolgen in dem woachfenden Wohlſtande Däne
Kopenhagen, April 168. |
Es iſt uns qus Norwegen ter erſte Band einer höchft inter:
eſſanten Schrift zugelommen: „Nutid og Bortib” (Die gegenwärs
Bar Zeit und bie Vorzeit), von bem Ritter 3. Aal (Arenbal 1833),
eſtger eh Eiſenwerkes in Arendal. Die Schrift iſt ſtaats⸗
wirthſchaftlichen Inhals, und bringt den finanziellen, commerciellen
und politifchen Zuſtand Norwegens, bie Altern und neuern Ver⸗
bältniffe dieſes Btaats zu Dänemark, den Kortgang beider
Staaten feit der Zrennung ‚und auch einige literarifche Gegen:
|
thumswerthes an als erſetzt.
marks, in dem erhöhten Werthe der Güter fowie in einer aus⸗
gebreiteten Thaͤtigkeit, und jene burch bie frühzeitige Verbeſſe⸗
rung bes Gurfes veranlaßte Herabwärbigung der Hypotheken
ift mittels der wieberhergeftellten Jeſtigkeit des reellen Gigen:
Die ältere fowie bie neuefte
Sefchichte des daͤniſchen Geldweſens ift für Norwegen hoͤchſt lehr⸗
reich, nicht nur wegen ber begangenen Fehler und bes mächtigen
Eingreifens deſſelben in die Eigenthumsverhäftniffe, fondern auch
wegen ber Weisheit, womit bie Abminiftration dieſes Geldweſens
es allmaͤlig auf einen beffern Weg eingeleitet bat. Groß war
ven bie Leiden beider Meiche wihrend ber Beſſerung; fie find
028
aber: im. Dänemark mittels guͤnftiger Zeitereigniſſe maiſtens
—J— Enbe.“
cher bie literariſchen Hexvorbringungen N ne, ſeit ber
Trenpung diefes Staats von bem bäniichen aͤußert der Ber.
foigenberweife: „Unſere Eiteratur hat feit ber Trennung van Däne
ward ein weniger ernfihaftes Ausfcehen angenommen. Zeitungen
und Zageöblätter, weiche bald Eränfenbe perfönliche Angriffe,
bald , unhaltbare den Gegenſtand nicht erſchoͤpfende Aeuße⸗
zungen über verſchiedene Materien enthalten, haben ſich ber Auf⸗
mertfemleit des groͤßern leſenden Publicums bemaͤchtigt. Judeſ⸗
fen: nd doch einzelne Werke, deren ſich bie Nation erfreuen
deuf und bie den Namen ihrer Verf. für tie Nachwelt aufbes
wahren werben, hervorgetreten. Der hochbejahrte Philoſoph
Norwegens (Staatörath Trefhow) fährt annoch fort ber Melt
feine Schriften mitzutheilen, und noch immer tragen fie bad Ge⸗
präge eines tiefen Denkens mit jugendliher Wärme und männs
licher Kraft vereint. Die Faͤcher der Geſchichte und Theologie
find mit ernflen und wichtigen Werken bereichert worden, unb
auf ben Gefilden ber Aeſthetik (Poeſie?) haben unfere Lundss
leute eingeine artige Blumen pflüden können. In der topogra⸗
phiſchen Statiſtik befipt Norwegen ein Werk, deſſen Bollftändig-
keit und Genauigkeit fchwertich von irgend einer ähnlichen Schrift
in einer andern europäifchen Literatur ift erveiht worden, und
bas zugleich mit den Berichten über bie Verhandlungen ber Stor⸗
thinge einige dee wichtigſten Elemente einen tünftigen Storthings⸗
Bibtiothek ausmacht. Ein anderer Autor, der mit Gelchmad,
Laune. und Leichtigkeit arbeitet, hat flatiftifche wermerlungen ge
liefert, die er auf einer Reife im Vaterlande gefammelt, und der
ren Wichtigkeit und Werth feine Landsleute fo fehr erfannten, daß
ſein Buch eine zweite Auflage erlebte. Auch die Naturwiffenfchaften
hatten bri uns einige Ausbeute. Zwei gelehrte und geniale Männer
(der Aflronom und Mathematiter Danftern und der Mineralog
Esmart) haben Werke geliefert, die in fremde Sprachen uͤberſetzt
und ruͤhmlichſt beurtheilt werben. Biel has bie Ration noch aus
denfeiben Känden zu erwarten. ‚Einzelne Werke: in andern Kür
chern find gleichfalls won unfern Buchdruckereien ausgegangen.
Diefe eingelnen Beſtrebungen aber haben ben Strom ber Zeit
nicht hemmen ober ben öfters "rauen und wilden Son ber
Blätter dämpfen fünnen Doch ſcheint auch in dieſer Ruͤckſicht
ein heiterer Sag Über unfer Sand aufzugeben. Nicht felten fins
det man in fpäterer Zeit felbfl in eingelnen unferer Zeitungen
wichtige Gegenſtaͤnde mit Ernſt yud Kraft behandelt. Cinige
der Blätter, bie ſich anfangs durch einen- rauben unwiffenkheft:
lichen Zon, welcher bie Aufmerkſamkeit eines gebilbeten Publi⸗
eums keineswegs in Anſpruch nehmen konnte, auszeichneten, find
jegt eines Beſſern befliſſen und enthalten bisweilen leſencwuͤrdige
Auffüge. An bie Seite dieſer minder wuͤrdigen Repraͤſentanten
des Bottogeſchmacko haben ſich ſeither einige Blätter geftellt, bie
von -Werfafleon · herruͤhren, weiche zu- den ſcharfſinnigſten bex Nas
tion gehbren. Eines ber jüngften wird von einigen ber hoffnungs⸗
voll ſten Sänglingen unter den Stubirenden ber Univerſitaͤt her
auögegeben uf: fcpeint: fi den Zweck, gegen ben Strom ber
Breit. gu, arbeiten, der Stall des Augias zu reinigen unb neue
Gchritten dee Prüfung: einer eenfihaften Kritik zu unterwerfen, .
t: zu haben.’
geieat: au’ (Der Befhlub folgt.)
— —— — — — — — — — a — ⸗ —
Literariſche Rotizen.
als die wahre Gluͤckſeligkeit der Wölfen predigt, trut das Jufte
milieu einher, bleich und zaghaft wie immer und überall. Vom
Uebermaß erſchreckt, werden herbe Autſpruͤche ühd Adſcheu über
das revolutionnaire Treiben von ihm debitirt, waͤhrend es ſtch
begnuͤgt, beſcheidenlich und gleichſam um es nit zu vergef⸗
fen, nebenbei zu bemerken, daß die Fuͤrſten auch einige Pflich⸗
ten gegen ihre Unterthanen haben.” Alſo beginnt in der „„Nou-
4 ift nur ein Sechẽtheil des. Landes biäher er
” „OHinter dem Abſolutismus, welchen das ancien regime -
‚velle revus germanique’ (Dec. 1882): eine ige,
Krug’s Schrift: „Dex falſche Ciberaliemus”. Am Schluffe —*
ſelben vergißt der Ref. aber doch nicht, es dem Prof.
zur: Gbhre anzurechnen, daß er don Yräv« aßtegein
Preßſachen nichts wiſſen witl. 1 Me
Die erfte franzoͤſiſche Revolution bat in. England. einen
neuen Bearbeiter gefunden. Wir fehen angekündigt; „History
of tlie french revolution, from the- assembly of the notubles
in 1789 to the establisiment of the.direstory in 1798. By
Archibeid Allison,” Dex Ber. gehört. bem Ahnscatemftanbe am,
In Frankreich ſcheint fi eine decentralisation. litteraire
vorzubereiten; bie Talente der Provinz fangen dn die Herr:
fchaft des ftolgen Paris unbequem zu finden: und gründen ſtch
ihre Sprechſaͤle in ber Heimat. Großentheils andy dein Mußer
ber „‚Bevua de Paria“ werden jeht Zeitblätter in Ronen, Avignon,
Toulouſe herausgegeben und an andern Orten angekuͤnbigt, z. m.
eine „Revue de Bretagne“. Für Eiteratur und Buchhandel
kann das Abwerfen ber parifer Alleinherrſchaft wol nor gute
Jolgen haben.
Die „Literary gazette”’, ben Franzoſen die häufige En
ſtellung englifcher Dramen. vorwerfend — was wir mit gutem
Gewiſſen auf alte nicht franzbſiſche Sigennamen amsbehnen Fb:
nen — bemerkt dabei: es fei das ihre Sewohnheit von or
*8 und ſchon Froiſſact habe Orford ſtets Acqueſſuhart au
geſprochen.
Von ber „Histoire de is rastawretjor per u Homme
d’etatt‘ ift dee fiebente und achte Band. exſchienen, intereſſante
Mittgeilungen über bie Berhandlungen auf den Gongeefign zu
Zroppau, Laibach und Verona enthaltens. . 3m Mei d.
ſoll das Wert vdendet werben; and bie legte Lieferung wi
von dem Miniſterien Martignac ned Poltgnac handel. —— -
.. N —— — |...
Bon. einem Verein polniſcher Liteushm : werben von Perie
aus: angekündigt: „Souvenirs do la Pologuwe;,.histerigues, ate-
tistiques et litteraires”. Die Gerousgeber. haben ſich das
fhöne und patriotifhe Ziel geftedt, alles Herrliche, Cigenthuͤm
tiche und Anziehende aus ben Annalen Polens bildlich und ſchrift⸗
lich darin zuſammenzuſtellen. Dev verblichene Glauz / ihres: Ba:
derlaudes ſol der. Segenwart ink Gedaͤtztniß ‚gumicigerufen, feine
seblreigen Heiden follen gefejerh,. feine. faßt, vergufpngni@erbine
dungen mit anbern Nationen, befonf ee RD
ı f ”
+4
ſoöllen der Mitwelt vorgeführt werden
md Literatur der Polen war und iſt, wird dem Jnhult bieſe
Derkes ausmachen, doſſen Umſarg aaqq VUe anaben zu’ Di
immer non zwei Lithographien begleitt. |
Dei givelte Wind des Fournais'ber Ehigi:" geohkapt. Ge:
fFelchcift in konden enthalt eben. übetn) Inteteffattten und
wiqigea Wüittheilungen: ‚eine Atrbanfichtr. er sliptdedungen ia
Innen von Xeuſͤdwales son ‚Allan, Euanin Rad ihm
| | * worden. Die
Nachrichten uͤber die Erpediticnen eines Oxley, Hume, des Ver⸗
faſſers und zulezt (1829) des Capitain Sturt's, vorzuͤglich in
der Abſicht unternommen, den Lauf einiger Fluͤſſe zu beſtim⸗
men, ſind voller Intereſſe. Sturt verfolgte: den Macguarie
weit über den Punkt hinaus, wo ihn Drley ‘in unabfehbaren
Doräften begrub, und fand feine Vereinigung mit dem falzigen
Darling auf, weicher für den größten‘ Flag‘ von Suͤrwales gilr,
deffen Richtung man aber uzuteicheib Terme: 2
würdig iſt auch der Bericht über Tas Giftthal auf Java, wel⸗
Ges voller menſchlicher und anderer Gebein Kent und 190 - im
Umfreis einer halben engl. Weite die Luft die Eigenſchaften
ter befannten Humnbegrotte bei’ Nenpel befipt. 8,
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Werlagshaubtang: J. A. Brodheud-m Setppig.
»
@e . 3 .
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. | . er 5 P
Dresdens literariſches Leben und Weben am Ende des
18. Jahrhunderts.
Erſter Art.ikel.
(Bortfetung au Nr. 2
Beiträge zur. Charakteriſtik Daßdorf's und
Adelung’e. .
Ganz anders geftaltete ſich das Leben: auf ber Biblio:
thek, feit fie im Aprit 1788 in ben japanifchen Palaſt
verlegt und damit ein echtes „Museum usui publico pa-
tens” ward, welches fie auch bis jege unter ber liberalſten
Leitung und Verwaltung geblieben if. Noch mährend
ihrer Aufftelung flacb der Oberbibliothefar Canzler, und
an deſſen Plag kam, weil Heyne in Göttingen, ber ihn
wünfchte, zu große AUnfprüche machte, der zweite Biblio:
thekar, Daßdorf, aber zum erflen noch zu jung war,
der Sprachlehrer der Deutfchen, ber unvergeßliche Ade⸗
lung. Deflen Biographie im Allgemeinen ‚enthalten das
„Converſations⸗Lexikon“ und ähnliche Werke. Genauere,
ganz nach dem Leben gezeichnete, in jenen Werken aber,
wie es fcheint, nicht benugte Beiträge dazu finden ſich
im erften Bande der „Bunten Steine” von Richard
Moos (Engelhardt), der mit Adelung faft fieben Jahre
in amtlihen Berhältniffen ftand und auch oft das
Gluͤck nähern Umganges mit dem großen Manne genoß.
Indem wir daher auf genannte Schrift verweilen, zeich⸗
nen wir hier nur kurz Adelung's Verhaͤltniſſe zu Daßborf,
mit welchem er, obfhon ein Mufter von Friedfertigkeit,
doch faft von feiner Anftellung an bis an fein Ende
meiſt nicht im beften Vernehmen fland, und geben dann
eine deſto genauere Schilderung Daßdorfs. Ob und wie
viel des Legtern Unmuth, daß man einen fremden Ge:
Ieheten ihm vorgezogen, zu jenen Misverhältniffen beige:
tragen haben möge, bleibe dahingeftellt. Der Hauptgrund
lag wol darin, daß diefe beiden Männer, jeder in feiner
Art hoͤchſt achtungswerth, doc) fo verfchiedenen Lebens und
Strebens waren, wie zwei auseinanderlaufende Linien.
Adelung's Berühmtheit war eine allgemeine, die Daß⸗
dorf? 6 nur eine Dresdner. Abelung hatte von ber Ra⸗
mification des Baums der Wiffenfchaften und alfo auch
von einer bibliothefarifchen Claffification feiner Blüten und
Fruͤchte meift andere Anfichten, auch tiefere Einfichten als
Daßdorf, ber, obfchon von ganzer Seele der ernten, beſonders
claffifchen Literatur huldigend, doch immer viel neue bei:
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leteiftifche Schriften mit. zur Bibliothek bringen wollte, auf
die jener faft gar keinen Werth legte. Adelung, der
ehrwuͤrbige Verfaſſer des „Mithridates“, mit der Structure
der. meiften ditern unb neuern Sprachen innig -vertraut,
batte insbefondere die der franzöfifchen und englifchen fo
ganz fich angeeignet, daB er aus beiden viel Ueberfeguns
gen, ja fogar ein „Srammatifch = Eritifches Wörterbuch ber
englifhen Sprache nach Johnſon“ 1783 herausgab, und
konnte doch weder Sranzöfifch noch Engliſch fprechen, worin
ihn Daßdorf, wenn. Fremde, nur diefer Sprachen mädh:
tig, auf die Bibliothek kamen, ſtets überflügelte: ſehr
natuͤrlich, weil Adelung ewig auf dem Studirzimmer,
Daßdorf dagegen faſt immer mit ber Welt lebte; weil
Jener auf bie mechanifche Gewandtheit ‚dee Zunge und
eingehbte Kraft des Gebächtniffes, welche im Augenblick
bes Bedarfs Worte und Wendungen darbleten, im Ver⸗
hältniß zu dee Kenntniß vom Genius einer Sprache gar
‚Seinen, der Weltmann Daßdorf dagegen nicht ohne Grund '
großer Werth Iegte, nicht felten aber auch Werthvolles
dadurch erhielt, das, amtlicher Stellung: zufolge, eigentlich
Abelung gebührt hätte. - =
Dies war z. B. einft dee Fall, als eine ſchwediſche
Prinzeffin, Schwefter Guſtav III., die Bibliothek befuchte,
um naͤchſt bdiefer befonder® den berühmten Adelung ken⸗
nen zu lernen. „Spricht bie Prinzeffin Deutſch?“ fragte
Adelung ben Lohnlakai, ber fie ihm meldete. Auf die
Antwort: „Nicht gern und nur wenig, am liebſten Fran⸗
zöfifch”, entgegnet Adelung ganz troden: „Sag’ Er ber
Prinzeffin, Er Hätte mic) nicht getroffen, ich habe heute
nicht die mindeſte Zeit, Befuche anzunehmen, muß fogleich
zum Kurfürften u. f. mw.” Damit entfernt fi) Adelung durch
Säle, wo er der Prinzeffin nicht begegnen kann, während
biefe, ohne des Lohnbedienten Antwort abzuwarten, fchon
ins Zimmer tritt und auf Daßborf mit der Srage zugeht:
Ob fie die Ehre habe, den berühmten Hofrath Adelung
vor fich zu fehen? — Daßdorf entfchuldigt dieſen mit Ges
ſchaͤften bei Sr. Eurfürftt. Durchlaucht, geleitet, anmuthig -
converfirend und reich beiehrend, die Prinzeffin durch die
Bibliothet und — empfängt dafür eine goldene, 30 Du⸗
Paten fchwere Mebaille. Adelung nicht zu kraͤnken, ver
ſchwieg dies Daßdorf geraume Zeit bemfelben; aber über
jo etwas fich zu kraͤnken, das fiel dem ernſten, ruhi⸗
gen, nur unter feinen Büchern glädlichen Wanne nicht
630 ’
» ‘
ein, bee oft Lieber ſelbſt Mebaillen barum gegeben Hätte,
duch nutzioſe und neugierige Beſuche nicht geflört zu
werden.
Auch in koͤrperlicher und gefelliger Dinficht waren Ades
fung und Daßdorf tota_coelo vecſhieden. Abelung, ein
Lampgr, epnfüße, dipgch Geftsts uyby Begehınge Imponfurn-
ber Moun; Daßdouf mehr Een a
lich, ewig heiter und zuvorlommend. Adelung mit wes
nig Ausnahmen dom Sonntage früh bis zum Sonnabend
Abend am Stubistiiche, nie auf Promenaden
fentlichen Orten, in. ber Regel troden und workacg;
Draßborf dagegen ſtets mit Welt und Dienfchen im Ber:
kehr, woorteeih und lebendig. Adelung, bageflol, erfl-aus
Noth, dann aus Grundfag, hatte außer einer Haushaͤl⸗
texin Erin lebendiges Weſen um ſich als ein paar Wögel,
Die er ſelhſt fuͤtterte; Dafborf, zweimal verheirathet und
gelagnet mit vier, guten, Rindern, fühlte nad) des Tages
Schwile ſich am glucklichſten im Schatten. ber Haͤus⸗
lichkeit.
Adelung mar mus in den erſten Jahren feiner. Anſtel⸗
"lang oft, dam immer feltener und in den legten Jahren
fa gar nicht. auf ber Bibliothek zu treffen, wenn er. nicht
etwa, kam, Werke. zu beuugen, deren Transport nach Daufe
zu fehwierig erſchien; Daßdorf dagegen, gleichſam glebae
literarige adscriptus, verſaͤumte, Kankheit und Reifen
abgerechnet, nie die Bibliothek. Adelung war dort meiſt
sig Stummer, der. nun. ſtudirte, von den Beſuchen ber
Bibliethek kaine Notiz nahm und mit. Niemand ſprach,
der ihn nicht anredete; Daßdorf kam vor lauter Abwar⸗
gen literariſcher Beſuche manchen Vormittag gar nicht an
fein. Burequ und ging. ſehr oft nach Haufe, ohne einen
Buchſtaben geſchrieben ober gelefen zu. haben. Abekung,
haſſend die Praͤrogative ber Ariſtokratie, ungluͤcklich in
den Vorzimmern, am .unglüdiichfien an ben Tafeln ber
Großen, floh den Adel, wie und we. er .nur konnte, und
bezeigte ſich, wenn er. mis ihm in Beruͤhrung kommen
mußte, nie ſchmieg⸗ oder. biegſam, ſondern ernft, kalt, im Ä
Stillan pohend auf Ruhm und Verdienſt; Daßborf,
gluͤcklich unter. den Formen und bei den Genuͤſſen der
vornehmen Welt, fihmieg: und biegfam gegen das da⸗
mals noch allmächtige von, erkannte den Abel. fchon fei:
m6 Alters wegen für ein ehrwuͤrdiges Inſtitut, ſah in-
jedem Miniſter ober Hofmarſchall einen Erzengel vom
Thrane der Fuͤrſten, beobachtete aber doch babei — das iſt
nicht zu leugnen — ſtets eine gewiſſe Würde, verbumben
mit. dem feinften Anftand, und emiebrigte ſich nie zum
Gpeichglisces, Adelung, der perfonificktte Sputar und
Sprachwurzalgraͤber, nie fonderlicher Freund der ſchoͤnen
Literatur, auf deren Feldern er zu einer. gewifien Bet
ſtehen ‚geblieben war, waͤhrend Alles um’ ihn ber vor
waͤrts ging, zeigte fich insbeſondere ſtets als ber exktärtefte |
Feind allar Getegenbeietgebicht Daßdorf, der erfte Ge:
lagenheitsdichter Dresdens, war überhaupt ein fo glähen:
dar Freund bes. ſchoͤnen Literatur, daß er, wenn Adelung
ſich nicht dagegen ſtemte, jehe, neue. Gedichtſammlung
ig fo manchen neuem Roman ber Bibliothek. aufgebürbet
haben würde. Adelung, obſchon von Haus aus Theo⸗
coß; gewandt, frund⸗
oder an vᷣf⸗
” ” nn
log *), war doch kein Freund ber Theologie und des
Cultus; Daßborf dagegen, auch weiland Theolog, huldigte
deidem, ſtudirte emſig die Schriften ber neuen Gottesge⸗
lehrten, verſaͤumte keine Predigt des unvergeßlichen Rein⸗
d und befi llſonntaͤglich
* ad Om er —A—ã
“Über bie neuefieg-Litergrifchen Erſcheinungen zu beſprechen.
Was Wunder, wenn Männer von fo ganz entgegengefeg-
tee Lebens⸗, Denk⸗ -und Handlungsweiſe Leine weitere
, Jeder in ſei⸗
Verbindung Hatten, md duß
‘ner Art hoͤchſt achtbar, doch nicht grade Einer. ben: An:
dern —* gelten ließ.
jaupt ſtand Daßderf nicht badız. es
fehlte ihm an Phantaſie. Als Gelegenheitsdichter aber
machte er, in Gellert's Schule, des Frommen und Herz⸗
lichen, gebildet, zu ſeiner Zeit Aufſehen in Dresden. Seine
Gantate auf das Erntefeſt nad ‚dem Hungerwinter von
1771 und 1772, feine Dbe auf die Zriedensfeier nach
dem fagenannten Erdaͤpfelkriege 1779, fein Gedicht auf
die Genefung des Kurfuͤrſten, der damals dem Tode nahe
war, und ambere dergleichen Verſe gefielen ungemein, ja,
letterwaͤhntes Gedicht mußte ſogar dreimal aufgelegt
werden. Das Rogentnhaus zu befingen, ließ Daßborf
keine Gelegenheit vorbei. Seine Verſe fielen oft wie Schnee⸗
flecken am Fuße bes. Thrones nieder; auch verſaͤumte ex
nie, dergleichen Gebichte, obſchon laͤngſt verfiangen, wo
‚da, die vor zehn und mehr Jahren ſchon ihre poetiſche
Schuldigkeit gethan hatten. Für die damals beruͤhmte
Seyler ſche Schauſpielergeſellſchaft ſchrieb er viel Prologe
und. Epiloge, einſt ſogar ein muſikallſches Drama:
„Andromache“ (Dresben 1777), welches aber, fo dra⸗
matifch als muſikallſch, nur das Kuͤchenleben hatte. An
Begrändung einer poetiſchen „Blumenleſe“, von 1784-85,
*) Gr hatte, wie mir Daßdorf erzaͤhlt, die Theologie in Folge
eines ganz eignen Zufalls verlaffen. Rach feinem Abgange
von ber Hniverfität Halle bekleidete er eine GHofmeifterftelle
auf dem Lande, verbunden mit ber ziemlich gewiflen Aus:
fit auf eine Prebigerfielle, unb that deshalb .einft. eine
Goftpredigt. Ein nettes. Mädchen im Saufe- feines Prin⸗
cipals drohte ihm am Abend vorher ſchexzweiſe, baß fie
ihn in ber Predigt neden und gewiß aus. bem Goncepte
bringen wolle. Adelung verfidhert lachend, daß dies uns
möglich fei, befleigt morgens darauf getroſt bie Kanzel,
füngt an zu preigen und — Hüf Himmel! ber Kanzel
grade gegenüber ift eine Kirchthüre mit einigen
nah Innen. Schnee und Eis haben fie geglättet, Das
fragtiche Mädchen, durch Pug und Arbeit am zeitigen
Kirchgange behindert, tritt, während Adelung den Bibel:
pruch:.„Ver da ftebet, ſehe zu, daß er. nicht falle”, herab⸗
bonnert, in die Kirchthuͤre, glitfcht aus, rriſcht bie
herab und kommt parterre in eine fo poflierliche Lage, daß Aber
lung des Lachens ſich nicht enthalten, den dadurch unter:
brochenen Faden feiner heiligen Rebe aber nicht wieber:
finden kaun und. abtueten muß. Dies beflimmte ihn, bem
heiligen Soͤller nie wieder zu befleigen, fenbern einzig ber
Literatur ſich zu wibmen. Vielleicht ale, daß Abelumg,
that das arme Mädchen nicht den. poflierlichen Fall, ein ges
wöhnliher Landprebiger und nie Deutfchlande Sprachleh⸗
ver geworben wäre.
. 63
| 8 Wortgang gehabt, welch
meiſtan Anteil, und es machte ihm nicht
Wertie ee" ten meiße
— Kummer, als fie, für die Gerlach ſche Verlagshand:
Aung eine Diſtelan⸗ und Dornenleſe, mit dem zweiten
Jahre fon im, Archive der Zeit verwahrlich beigelegt
ward. In Hinſicht auf Porfie kannte der gute Daßdotf
mit Mecht weber Rang noch Stand und nannte jeben
Verſemacher, war's auch. nur ein Kreuzſchuͤler, gen fra-
trem in Apolline,
Gorsefpondenznachrichten aus Kopenhagen.
(Beſchluß aus Nr. 152.) .
Diefe Aeußerungen über die periobifhe Literatur Norwe⸗
gend erinnern uns, aud etwas über ben neuern Zuwachs bie
fer Literatur in Dänemark mitzutheilen. Die „Donatsichrift für
Literatur” („Mannebftrift for Literatur’”), von zwölf Profefforen
ber. Uninerfltät Kopenhagen herausgegeben (Bang, Glaufen, Das
vid, Forchhammer, Hohlenberg, Hornemann, Madvig, Molbech,
Peterſen, Reinhardt, Roſenvinge, Derſted), bat bereits ben fünf
ten Jahrgang ruͤhmlichſt angefangen, Irgendwo ift ſchon f
ber, wenn id nicht irre, bemerkt worben, wie nicht allen Recen⸗
fionen biefes literarifchen Sournals *) gleicher Werth beigelegt
unb manche daria aufgenommene von lebertreibungen ‚und
Ginfritigleiten nicht freigefprodyen werben gm. Was bas
Erſte betrifft, fo ift ſolches in ber Ratır der Sache ges
gründet und Ginwenbungen bee Ast beduͤrfen feiner weitern
Srwägung. In Hinfiht der Beſchuldigung wegen bes in ein
zelnen Zählen flattgefundenen Mangels an einer gewiſſen Mäßi:
gung büsfte auch Kiefer Vorwurf nicht unter Umfländen zu bes
ruͤckſichtigen fein, wo gegen unverf
gen Vorurtheile unb eingerifjene fabe Meinungen, ober auch ge:
gen kindiſche Bewunberung unb vergötterndes Anflaunen ber gros
fen Menge eine Eräftige Oppofition zu bilden if. Menn bas
gegen ber Mangel an Mäßigung ſich auf einer ganz andern
Seite finden ließe, unb man, tt fich ber Übertriebenen Bes
wunberung ber Menge zu wiberfegen, vielmehr fich einer folchen
ſelbſt hinzugeben und in biefelbe miteinzuflimmen ſchien, dann
würde unleugbar zu gegruͤnbetem Vorwurf Anlaß gegeben fein.
Wir wollen es nicht verdehlen, baß ein ſolcher Anlaß in einzel
nen Faͤllen ift gegeben worden, aber auch nur in einzelnen; und
zugleich muß zugeſtanden werben, daß fich eben bei einer folchen
Gelegenheit eine treffliche aͤſthetiſche Kritik vernehmen lief. In
der Acfthetil hat übrigens bie Willfür dann und wann ziemlich
geherrſcht; mittelmäßige dramatiſche Verſuche find mit ungebühr
zenden Lobpreifungen erhoben, ja fogar anerkannten Meifter:
werten gemiffermaßen an die Geite geftellt worben, während
anbererfeits werthvollern Arbeiten eine unbillige Geringſchaͤtung
widerfuhr. Allein bies find meiſtens Klagen, deren Grund, wie
alles Unreife in ber Kritik fowie in ber Kunft, bald verfchwinbet,
wenn bagegen der Werth ber gehaltvollern Urtheile ber kriti⸗
ſchen Monatöfchrift und bie in gewiffen Källen mit wahrer Gin:
fit. und Wuͤrde ausgefprochene Oppofition vor Allem in Zeiten
muß anerkannt werben, wo Viele urtheilen, Wenige aber lernen
wollen, unb wo es zwar keineswegs an Oppofition mangelt, fie aber,
jener zwei Eigenſchaften oft gaͤnzlich entblößt, blindlings heraus tapyt
und nicht ſelten ſich an die unrechte Seite zu ſtellen geneigt iſt.
Stwas jünger als die Monatsſchrift für Literatuf‘' und
meiſt philofophilch » philologifchen und geſchichtlichen Inhalte. ift
Die forder Beitfchrift in zwangloſen Heften:
fra Sorde“ (Wermifchte Auffäge — Miscelen — aus Sorde), von
den Profefforen der forder Akademie Brebedorff und Luͤtken ber:
ausgegeben. Dieſes Unternehmen hat bisher keinen fonberlis
%) Die aͤlteſte kritiſche Zeitſchrift in Dänemark und jegt die älteße aller
dänifchen Beitfihriften IR Die Daniſche Eiteratusgettung‘‘ (,,Danft
Literaturtidende‘’), ehemals, Kopenhagener pelehrte Nachrichten
genannt.
e Anmaßung ſowie ge⸗
„Blandinger
derſtreitend
‚geheim, nach wicſtkuͤrlichem
en einiger intere ten f)
e und ber mitgetheilten ofoberuifhen Stadyrichten ——
if; nn u Hefte find a eigen gapre
nfang Septem m vo wurbe bie Zahl ber
Seitfäyeiften durch Debtenfchläger’s „Yrometbeus‘’, eine Monata⸗
Seift für Poefie, Aeſthetik und Keritik auf u ee BBeife ver»
mehrt. Die bis jept-erfchienenen Hefte enthalten lauter Auffäpe von
dem berühmten Herausgeber. Die Kritil diefer Beitfchrift ſcheint
vorzüglich auf das Theater gerichtet zu fein und kommt eben zur vech«
ten Zeit, ba bie vormals fo ergiebige Theaterkritik gang aufge:
hoͤrt hatte und nicht einmal von - ben Bleinern Blättern das
Theater mehr beachtet wurde. Um fo viel fleißiger wirb freilich
in Geſellſchaften und im Theater felbſt Eritifietz diefe Kritik aber
ift noch tigerer Ratur als jene in den Blättern des Tages,
und bie Kunft geht meiftene immer babek leer aus: Wenn bas
bee ein ſachkundiger Mann bie e auf fih nimmt, das vers
laſſene Eritifche Feld wieber angubauen, fo kann folches nicht anders
als erfprießtich fein. Webrigens will man die ſchon gelteferten
Theaterkritiken Deblenfchläger’s zuweilen etwas zu mild und ſcho⸗
nend und das Lob hin unb wieder zu reichlich gefpendet finden.
Vielleicht wirb er fich in ber Folge veranlaßt fehen, mehr bes
Tadels und weniger des Lobes zu ertheilen, was gewöhnlich ben
Senten 'anziehender ift und womit ihnen auch im Allgemeinen
am beften gebient fein möchte.
Wir haben fait: gleichzeitig nicht weniger als brei ganz neue
theologifche Zeitfchriften befommen, wovon fich zwei „Tiden⸗
beg’’ (Zeitungen) nennen. Die eine ber Zeitungen wird vom
Magifter Lindberg, die andere, die in Odenfe erfcheint, von unge:
nannten Beiftlichen heransgegeben, und bie britte Zeitſchrift ift von
den Profefforen der Theologie Clanfen und Hohlenberg verfaßt.
Die Namen Lindberg und Staufen koͤnnen ſchon ben verfchies
beßen Zon und bie verfchiebene Tendenz ihrer Schriften angeben.
Die Ältere theologifche Zeitſchrift von Profeffor 3. Möller hat
eine neue Reihe angefangen. Die Literatur ber Flugblaͤtter
erhielt im vorigen Jahre einen guten Zuwachs in der Dänis
fhen Wochenſchrift („Danfe Lgeflrift‘‘), von einer BR
perauögegeben und von Profeffor Schouw (als Botaniker wohl
efannt) vebigiet. Dieſes gut geleitete Blatt hat ſchon einige
wichtige, in das allgemeine Imtereffe eingreifende, populaire
Auffäge geliefert. Ginem dieſer Aufläge, Betrachtungen
über einige ber neueften Handelsverhaͤltniſfe Dänemarks enthals
tend, iſt neulich das fonberbare, bei uns aber nicht einzige
Schickſal widerfahren, erſt aus bem Daͤniſchen ind Deutfche und dann
aus dem Deutfdyen wieberum ins Daͤniſche überfegt zu werben.
Die beutfche Ueberfegung fteht in bem ‚Neuen flaatsbürgerkis
den Magazin’ (erften Bandes zweites Heft, Schleswig 1832) des
Etatsraths und Profefiore Falck, freilid ohne Angabe ber Ues
berfegung, und ging baraus in einer. wiederholten Ueberfefung in
eines ber kopenhagener Blätter über. Aus einem andern @rtäde
ber gebachten „„Dänifchen Wocenfcwift” entnehmen wir Folgendes.
Gegen tie Aeußerung eines Mitarbeiters, ob alle Zeitungen nicht unter
firenge Genfur zu ſeten wären, ſchrieb nämlich der Redacteur:
„Einer folhen Meinung ift gar nicht beigupflicgten. Die periodiſche
Literatur iſt eines ber großen Mittel zur Verbreitung gegenſeiti⸗
er Ideen und zur Förderung der Aufklärung. Sie bedarf daher ges
Featicher Freiheit, ohne welche Hiterarifche — weder in
Büchern von groͤßerm Umfange noch in Tagesblaͤttern gebeihen
kann. Manche wichtige Idee zur zweckmauͤßigen Veraͤnderung be⸗
ſtehender Einrichtungen, manche Gutdeddung eingeriſſener Mis⸗
braͤuche ober ungerechter Handlungen ber Staatediener, weche
Ideen ober Entdeckungen oft, um. zur. rechten Zeit wirken gu
koͤnnen, eben augenblicklicher Bekanntmachung beduͤrſen, wärben
durch die Cenſur nicht ſelten verloren gehen. Die Urſache, war⸗
um bie Senſur in fo hohem Grabe der: 'natärliden: Freiheit wi⸗
und daher im Aligenteinen: ſo derhaßt fein ruß)- Liegt
darin, daß bie. Beurtheilung der Zulaͤſſigkeit einer: Scheiſt ins⸗
Erachten, ohne Appellativn, nur von
einem Individnum ausgeuͤbt wird, anftett’nach e— ge⸗
ſchehen, die ein oͤffentliches unter Appellation ſtehendes Wer
—
— — | oT —— — —
632
7 bes Staats gemaß ausfpricht.*) Die Cenſur, und nes
tuͤrlich noch mehr eine Cenſur, iſt daher als ein Uebel
nicht weniger in Hinſicht der Wlätter und Journale als ber groͤ⸗
fern Werke anzufehen. Wenn in Eleinern Staaten der größern
en es erfoberlih fein folte, die ausfchließend politiſchen
Blätter, wie es bei uns ber Fall ift, mit Genfur zu belegen, fo
iſt biefes nur als eine traurige Nothwendigktit zu betrachten,
und bie Genfur barf fich nur auf die auswärtigen Angelegenhei⸗
ten erftreden, auch muß fie fo fchonend als möglich ausgehbt
werden. In ber Zukunft, wenn ein Hiſtoriker bie Begebenheiten
unfers Zeitalter befchreiben will, und 5. B. in englifchen
Zeitungen Jo reihen, in ruffifchen dagegen fo wenig Stoff fin:
bet, B wirb er ſchwerlich der Meinung jenes Wef. beipflich⸗
ten. Dann werben auch größtentheils die unwürbigen Angriffe
und bie groben Unwahrheiten, wozu bie Prefle jeht fo oft ges
mißbraucht wird, vergefien fein; Misbräuche, bie zwar oft Uns
willen erregen möffen, body aber immer erträgliger als die, eine
freie Aeußerung bes Gedankene hemmende Senfur find.”
Da wir eben etwas von ber Vermehrung ber theologifch-
periobifchen Literatur erwähnten, fo follte billig auch die Ergie⸗
bigteit ber juriftifhen und ber mebdicinifchen erwähnt werben.
Eine „Bibliothek for danſt Lovkyndighed“ (Bibliothek daͤni⸗
ſcher Rechtswiſſenſchaft), von dem Notar ber juriſtiſchen Focul⸗
taͤt, Algreen⸗Uſſing, und eine Zeitſchrift fuͤr die Arzneiwiſſenſchaft
von Herholdt und Manſa, die angekuͤndigt worden, ſind daher
noch zu nennen.
Bon ber ben Augenblick uͤberdauernden Literatur ſuͤhre ich
nur in aller Kürze vor, was mir eben am naͤchften Liegt;
Sie mögen beshalb für diesmal dem Anſpruch auf Boufländige
keit entfagen. Der zweite Theil der intereffanten Vorleſun⸗
en Molbech's („Boreläßninger over den nyere banfle Poeſie“)
am am Ende bes vorigen Jahres heraus. Gie handeln
von den Gedichten Baggeſen's und aͤltern poetiſchen Werken Och»
Ienfchläger#. Bon ber Sammlung ber bänifdhen Gchriften des
erfigenannten Dichters („Jens Baggeſens banfle Verker“) ers
hielten wir den Iegten (12.) Band nebſt dem (nicht fehr aͤhnli⸗
hen) Portrait bes verflorbenen genialen Verſ. Man hat dieſer
Sammlung auch einen nicht geringen Theil feiner zahlreichen
polemifhen Schriften einverleibtz ob mit Recht, iſt Hier bie
Stelle nicht zu erdrtern. Die Subſcribenten follen aber Feines:
wegs damit zufrieden ſein; vielleicht würde ber Dichter, wenn er
feine Meinung uns mittheilen koͤnnte, fih mit ben Gubferiben:
ten im ähnlichen alle befinden. Gin junger Dichter, der mit
einem verfificirten Luſtſpiel in fünf Aufzuͤgen gluͤcklich bebutirte,
bat durch ein neues (humoriſtiſches) Gedicht: „Danbferinden’‘
(Die Zänzerin), noch größern Beifall eingeerntei. Gr hat
fi) noch nicht genannt.
Die Rovellen des Paftors (in Zätland) S. S. Blicher,
von weldyen das beutfche Publicum bereits einige in Ueberfegun:
gen durch Profeffor Krufe kennt, find jegt gefammelt in zwei
Bänden erfchienen. Da fie urfprüngtih in einer Provinzial:
itſchrift ans Licht traten, bie wenig Eefer in ber Reſidenz
atte, find fie für uns als ganz neu anzufehen und machen viel
Süd. Nur bie Sprache hat ber Dichter mit allzu wenig
Sorgfalt behandelt.
„Dramatifte Scener“, von C. Brebahl, find mit dem ſechs⸗
ten Theile gefchloffen worden. Die vier erflen heile kamen
1819 — 22, ber fünfte 18832 heraus. Die gange Kolge macht
ein großes dramatifches Gedicht aus und iſt unleugbar eine merf:
würbige Erſcheinung. Unter allen originellen Zügen ift aller
dings eine gewiffe Nachahmung von Shaffpeare Hin und wieder
durch das Ganze nicht zu verfennen; auch Dehlenfchläger fcheint
*) Bekanntlich nrüffen in Dänemark alle unter Appellation ftehenden
NRichterfiähle Ihren Urtheilen Immer die Grände, unter ſteter Anfübs
zung ber Belegfiellen aus ben Gefegen, hinzufügen. Auch ifk bie
Gerichtshaltung in allen Suflanzen ohne Ausnahme Öffentlich,
ebenfo die Beugenverhödre.
Eufifpiee,
wir uns benn wieder auf bem Gebiete der Dramaturgie und
fol, da bie Stüde ber Iesterwähnten Sammlung alle gefpielt
werben, auf dem Theater ſeibſt. Wir wollen aber ba für biek
mal nicht verweilen.
Die Heine Schrift des Profeſſors Schouw: „Europe, en
letfattelig Neturflitdring ” (ein leichtfaßtiche® —2
nebſt einem Atlaſſe, ſechs Karten enthaltend, iſt fehe intereſſant
und wird viel gelefen. **)
&o viel auch in unferer Zeit für die Regiftrirung, wenn wie
uns. biefes Ausdrucks bedienen dürfen, der Literatur getkan wor:
ben, fo würde es doch manchmal ziemlich ſchwer fein, wenn ſich Einer
auf längere Zeit von bem Uterarifchen Verkehr bes Tages entfernt
bat, das Vergangene nachzuholen und mit ber immer forteilen
den Zeit wieder gleihen Schritt zu halten. Es fehlt naͤm⸗
li ein catalogue raisonne über bie ganze erfcheinenbe
Literatur, wenigftens in Dänemark; und wenngleich biefe ki⸗
teratue weniger umfangreich als bie ber größern Staaten
ift, fo if der Mangel doch fehr fählbar. Die Zahl und
bie Titel ber erſchienenen Schriften find zwar leicht zu
erfahren. Es kommen bier bie jährlichen Bücherverzeichniffe
der Gyldendal'ſchen Buchhandlung forwie die monatlichen ber „,
nifchen Literaturzeitung” und ber „Monatsfchrift für Literatur“
bem Wißbegierigen zu flatten. Allein biefes find blos katalogi⸗
ſche Ueberfichten ber erfchienenen Schriften. Den Werth ober
die Qualität derſelben einigermaßen und in aller Kürze Eennen
u lernen, ift faft unmoͤglich, ohne ſich bie ganze Maffe ferbft zu
ammeln unb gu prüfen, was wol Keiner unternimmt. Gin
quafiskritifches Blatt, bas fic ben Zweck ſezte, bem obigen range
abzuhelfen, wäre mithin ein verbienftliches Lnternehmen. Es
müßte von bewährten Männern herrübren, und bie Anzeigen
bes Werths und des Inhaltes einer Schrift müßten fo Zurz,
aber babei fo harakteriftifh als nur immer möglich fein. 147.
Notiz.
Der gelehrte Erzbiſchof von Thefſalonich, Euſtathios, lebte
gegen Ende des 12. Jahrhunderts. Die Sorgfalt, womit er
dad muͤhſame und umfangreiche Werk zur Erklaͤrung des Her
mer vollendete, bie Scholien, welde er zu bem Dionyfios
Periegetes lieferte und bie er zum Pindar zu geben unternahm,
fowie der durch dies Alles unleugbar bewirkte Nugen bereditis
gen, wie ber Neugrieche Korais irgendwo im 3. 1811 fagte,
zu dem Schluſſe, daß ohne bie fogenannten Kreugzüge der
Abendländer, weiche bald nach dem Tode des Guftathios began:
nen, und ohne die Groberung Konftantinopels durch die La»
teiner im Jahre 1204, das Boll der Griechen ſchon damalt
biejenige Weränderung zum Beſſern gezeigt haben würde, welche
es Später im 15. Jahrhunderte gezeigt hat und welche es ge:
genwärtig zeigt. Wenn man die große Anzahl dee nach der
Einnahme Konftantinopel® durch die Osmanen im weftlichen
Guropa zerſtreuten gelehrten Griechen mit ben wenigen gelehr⸗
ten Zeitgenoſſen des Euſtathios vergleicht, fo kann man nicht
zweifeln, daß ohne dieſe zweite Groberung die griedhifche Ra-
tion,. namentlidy mit Hülfe der damals gleichzeitigen Grfinbung
ber Buchdruderei, auf ber nämlichen Stufe der Gultur mit ben
andern civilifirten Voͤlkern fleben würde. Aber, was zwei⸗
mal verhindert worden, braucht nicht nothwendig zum dritten
Male verhindert zu werben! 80.
%) Trſcheint naͤchſtens in deutſcher Ueberſezung in der Berlagäbans:
lung d. BI. D. Red.
“) Wir berichten naͤchſtens darüber nach einer deutſchen Urberfegung
j Revs.
NRedigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagshdandlung: F. X. Broddaus in Leipzi %
—— — — — — — —
— — — —
Blätter
für
Kiterarifhe u
nterhaltung.
18. Jahrhunderts.
Grfhter Artikel.
(Hortfegung aus Nr. 188.)
Für die claſſiſche Literatur, beſonders die roͤmiſche
— denn in ber geiechifchen war er beimeitem fein Boͤtti⸗
ger — giähte Daßdorf bis an die Marken feiner Tage.
Ein großer Horaz Fam faft nie von feinem Arhbeitstifche
auf der Bibliothek. Ein Kleiner lag früh fchon neben ber
Kaffeetaffe, denfelben ſteckte er ein, wenn ev ausging, und
wie Berfchweitern im alten Geſangbuche war- Daßdorf
bewandert in dem noch etwas Alten Horaz. Für jeden
Scherz, für jedes wichtige Lebendverhältnig ober polktifch
große Ereigniß mußte er ein Horatianum. „Ach! feufzte
er orbentlich einmal zu mir, ald er Napoleon in der Biblios
thet herumgeführt, „wie gern hätte id) dem großen Manne
zugerufen mit Horaz: „Contrahes vento nimium secundo
turgida vela!“ („Ueberhebe dich nicht im Glücke!“)
Allerdings paßte dieſer Horazifhe Spruch auf Napo⸗
leon; doch gab es damals, 1807, wo er al& Sieger von
Friedland in Dresden einfprady, wol auf der ganzen wel⸗
ten Erde keinen Mund, der gewagt hätte, ihm ſolch eine
Horazifhe Warnung zuzurufen. Am wenigften eignete
fi) dazu ber Mund eines Eönigl. fächf. zweiten Bibliothekars.
Napoleon's Marfchälle und Minifter verfolgte Daß:
dorf, wenn er fie auf ber Bibliothek herumführte, im
Stillen natuͤrlich, wie er oft fagte, ſtets mit Horaziſchen
Spruͤchen, insbeſondere mit
Crescentem sequitur cura pecnniam
’ Majorumyue fames.
Denn, behanptete er, je mehr biefe Menſchen haben,
defto mehr wollen fie. Wenn von Napoleon’s Kühnhelt
in Schlachten die Rebe war, meinte er oft fpöttifich: Der
große Kromenräuber, wie er ihn, ehe er in ber dresbner
Bibliothek einſprach, gewoͤhnlich nannte, werde fonder
Zmeifel mit dem göttlichen Horaz denken:
Non semper feriet quodcunque minabitur arcus;
aber
Non semper laeta ridet Bellona,
fegte er gewoͤhnlich mit bebeutender Miene hinzu und
würde nicht ungern gefehben haben, wenn das uralte
Spruͤchwort vom enblih den Henkel verlierenden Kruge
fi) bei der erſten beften Recognoſcirung an: dem nagel⸗
neum Kaiſer bewährt haͤtte.
Zu fehr daran gewöhnt, dicta clamwica, befonders Ho⸗
razifhe, im Munde zu führen, brauchte er fie fogar oft
gegen Leute, die keine Sylbe Iateinifch verſtanden. Wenn
ih fo viel Thaler hätte, als er 3. B. Horaz' „hora
ruit” bald Dem, bald Jenem zugerufen, fo wär’ ich. ein
reicher Dann. Am liebften benuste er es gegen Primas
nee, Secundaner u. bal., wenn fie, auf der Bibliothek
lefen ober nachſchlagen wollend, mit Nachbarn in Ge
fpräche fich einließen. „Monſieur“, denn bamals gab es
noch bergleihen, „Dora; fingt: hora ruit!” Damit
winfte er gewöhnlich zuc Ruhe. Auch war er unermäb-
lich in der Bemerkung, daß ihm Eine Horaziſche Ode lies
ber fei als der ganze Voltaire, ben er ohnedem ald einen
handlichen Freigeift und NReligionsfpötter ſtets auf dem
Strihe hatte. Die bekannte Anekdote von Voltaire, daß
er nach Herſtellung von einer fchweren Krankheit, wo er
ſchon der legten. Delung wegen bie geweihte Kerze in bei
Hand gehalten hatte, auf diesfallfige Berwunderung freigeiftes
tifcher Freunde bemerkte: er würde, wäre er als Anbeter-
des Dalai Lama geboren, in Ahnlichem Falle auch eines
Kuhſchwanz in die Hand genommen haben — biefe Anek⸗
dote Eonnte Daßborf nie ohne eine Art von Wath gegen
den Philofophen von Ferney erzählen, und gewoͤhnlich
ſchloß er fie mit der Bemerkung: „So einen Grab von
Frivolitaͤt konnte nur ein. Voltaire ſich aneignen; Gett
bab’ ihn felig, wenn er's nämlich hat. werben Binnen!”
Ueberhaupt war Daßdorf kein fonderlicher Verehrer
der Franzoſen und nannte fie, natuͤrlich mit gelehrten
Ausnahmen, die er allerdings gelten ließ, oft nur eine
Nation von Hanswuͤrſten, bie von einem Tyrannen
(Napoleon) ſich pritfchen ließen. Dagegen huldigte er mit
ganzer Seele den: Engländern und ärgerte fi) ewig, daß
fie den Dionys an dee Seine (Napoleon) nicht Burg und
Mein machen konnten.
Daßborf bemuste feine großen und mammichfachen:
Kenntniffe weniger zur Schriftftelleret ats zu Recenſionen
und zur Unterflägung anderer Gelehrten mit bibliotheka⸗
tifchen Nahmwelfungen, Notizen und Auszuͤgen. Außer
den mit Anmerkungen reich ausgeflatteten ‚Ausgaben ber
Winckelmann'ſchen „Briefe an feine Freunde“, des Caſati
„Poëmata graeca et latina”, bes Caſtrucci Bonamici
[
D
a MM ı _,L,.. 4
Ti — - — — —— — —
634
„Opus de rebus ad Velitras gestis etc.“, der Mes
moiren Coligni’s, einer „Sefchichte der Wiffenfchaften
. in Polen unter den Sagellonen’’ (mwofle er eine golbene
"Medaille erhielt) und einer „Beſchreibung Dresdens” ift
keine Hauptfchrift von ihm bekannt. Auf fein Werk
über Dresden, das 1782 in zwei Theilen erfchien,
legte er einen befondern Werth, zuerſt, weil er es als
einen Hauptführer für alle gebildete, Dresden befuchende
Fremde betrachtete, vorzüglich aber deshalb, weil Lefling
und Hagedorn ihn dazu veranlaßt hatten. Lefling naͤm⸗
ih, den, ald er aus Stalin nah Dresden kam, Daß-
borf als Titerarifcher Cicerone meift in Hageborn’s Gefell:
ſchaft begleitete, Außerte einft gegen Leztern, wie es ihm
unbegreiflich ſei, daß es von einer fo fchönen Stadt als
Dresden noch keine geſchmackvolle Beichreibung gebe, und
Beide vereinigten fih in dem allerdings nicht ungerechten
Wunfche, dab Daßborf eine foldye bearbeiten möchte.
Dies gab in Daßdorf's Literarifches Gemüth einen Fun⸗
Een, der zur heilen Flamme ward, als Leffing binzufegte:
„3a, thun Sie das, Here Bibliothefar! alle Welt wird
es Ihnen Dank wiſſen, und ficher kein Fremder das fchöne
Dresden durchwandern ohne feinen Daßdorf in der Taſche.“
Gleich nach Leffing’s Abreiſe ging Daßdorf mit Luft
und Liebe an das von jenem großen Manne ihm zur
Bearbeitung empfohlene Werk, brachte es unter Hage⸗
dorn’8 Beirath binnen einigen Fahren zu Stande, be
teachtete es ſtets als fein Literarifches Schooskind und er-
mwähnte es felten ohne bie Bemerkung, daß ec es wol
nie gefchrieben, wenn Leffing und Hagebom ihn nicht dazu
aufgefobert hätten.
Wie aber Lieblingskinder zärtlihen Vätern nicht ſel⸗
ten die meifte Noth machen, fo ging ed auch dem guten
Daßborf mit feiner „Beſchreibung Dresdens”. Denn fie
ward von einem gleichzeitigen Zopographen, dem litera:
riſch hand⸗, aber auch grundfeften Bauprediger Haſche
in dem „Dresdner Anzeiger” fo emtfeglich angegriffen, daß
ihe armer Verfaſſer vor Xerger oft kaum effen konnte.
Was Legtern aber am meiften kraͤnkte, war, daß ber
Mann, der ihm fo unbarmherzig mitfpielte, bie Mittel
dazu auf der Bibliothek Häufig nur mit feiner eignen
Beihuͤlfe ſich geholt hatte und noch faft täglich dort, oft
zugleich mit bemfelben Anzeigerſtuͤck einfprach, das" fein
Schooskind begeiferte! Diefem hiſtoriſch⸗ wie topogra=
phifchefurchtbaren Hafche, der, wo Daßdorf mit Kartätfchen
ſchoß, ganze Karthaunen gegen ihn losbrannte, nur we⸗
nioftens nicht mehr nahe zu leben, ging er den bamali:
gen‘ DOberhofprebiger Herrmann und den Superintendent
Rehkopf in einem fort dringend an, bemfelben eine An:
ſtellung in der Provinz, wo möglich in ber entfernteften,
vielleicht im Hennebergiſchen oder Querfurtifchen, zu ge:
ben. Allein dagegen walteten ſtets ſehr triftige, nicht
hiecher gehörige Bedenklichkeiten. So mußten die hiſto⸗
riſch⸗ topographiſchen Hähne ſich fchon vertragen und ver:
teugen fich auch fpäterhin, als die Zeit ihren Sporen bie
Stachel genommen, noch fo gut, baß fie auf ber Biblio:
thek recht oft'und recht freundlich miteinander verkehrten.
Noch traf den armen Dafdorf feines Dresdens we:
gen ziemlich um biefelbe Zeit eine anbere und zwar poe⸗
tifhe Anfechtung, welche ihm fogar eine Dame, bie be
kannte gelehrte Frau von Runkel, zugezogen hatte. - Diefe,
eine Oberſtlieutenantswitwe, welche durch Leberfegungen
aus dem Stalienifchen und Franzoͤſiſchen, durch eine „Mo:
tal für Frauenzimmer u. f. w.“, insbefondere aber durch
Herausgabe der Gottſched'ſchen Briefe in ber gelehrten
Melt eine Art von Berühmtheit errungen, in Dresden
aber als Sräufeinerzieherin die erſten Haͤuſer ſich bes
freundet hatte,. war eine Außerft lebendige Verehrerin und
Freundin Daßdorf's, dem fie bei jeber Gelegenheit Weib:
rauch fireute. Am meiften geſchah dies in ihrer „Samım-
lung freundfchaftlicher Driginaldriefe zu Bildung des Ge
ſchmacks für Frauenzimmer“ (3 Thle., Dresden 1771— 72),
worin mehre Damen als Lobpreiferinnen Daßdorf's
auftraten, ſonder Zweifel dafuͤr, daß er ihnen lite
rariſche Gefälligkeiten erzeigt hatte. Dies veranlaßte eine
boshafte (man fagte damals Haſche'ſche) Feder zu folgens
den Stangen:
Es lehrt der große Menfchentenner (‚Herr Dabborf)
Durd Weib an Weib originaliter: (Fr. v. Runkel's Briefe)
Das Kleeblatt der brei größten Männer
Sei Lippert *), Hagedorn und Gr —
Und Iäßt in feinem Dresden lefen
(Verſteht fi wohl, wer Plunder lieft),
Wie groß ber fel'ge Hagedorn geweien,
Herr Daßborf fein will — Lippert if.
Range hatte man Daßborf das Gedicht verheimlicht.
Eine boshafte Hand (vielleicht bie des Verfaſſers) ſpielte
es ihm einft auf feinen Pag in ber Bibliothek, verfehlte
aber ganz den Zweck, ihn zu Argern, benn Daßdorf hatte
eine zu gute Meinung von feinem Dresden und ein
‚zu feſtes Vertrauen auf feinen literariichen Ruhm, als
daß er, wie er fagte, in dem verleumderifchen Versmacher
etwas mehr als eine Kıöte hätte fehen follen, die nur
deshalb, weil fie ewig in Schlamm und Yumpf leben
muͤſſe, bochflehende und geachtete Männer mit ihrem
Gifte befprüge. ,
Eine andere, weit trübere Wolke an Daßdorf's fonft
faft ewig heiterm Himmel ging im Sahre 1804 mit
Boͤttiger's Erfcheinen in Dresden auf. Daburch erreichte
Daßdorf's Literarifcher Polarſten — benn das war er
wenigftens für alle Fremde und Hohe in Dresden gewe
fen — auf Einmal den Culminationspunft und neigte
fih allmaͤlig zum Untergange, welches Daßdorf auch in
vielfachen Beziehungen nicht ohne flillen Kummer bez.
merkte. Am meiften ſchmerzte e6 ihn, daß berühmte
Männer, die fonit unmittelbar bei ihm auf ber Biblio⸗
thek einfprachen, jegt meiſt duch Boͤttiger dort eingeführt
murbden; daß Böttiger nun der erſte Marſchall am dres⸗
dner Mufenhofe ward, während der grenzenlos gefällige
Daßdorf faft nur noch bie Stelle eines Geremonienmei-
fterd oder gar nur Kammerherrn begleitete. Doch weit
mehr als in literarifcher, kuͤmmerte ihn in amtlicher Hin⸗
ſicht Boͤttiger's Auftreten in Dresden; Abelung war da⸗
mals ſchon ein guter Siebziger, die Erledigung der Ober⸗
*) Der bekannte Antiquar und Grfinder einer gladartigen Maſſe
su Gemmenabbrüden, der 1786 zu Dresden flarb,
635
bibliothekarſtelle alfo zum zweiten Mal während Daß:
dorf's Amtirung nicht fern. Der Oberkuͤchenmeiſter Frei⸗
here zu Racknitz Hatte (das wußte Daßdorſ) befonhgss
bei Boͤttiger's Ruf nad Dresden mitgewirkt. Racknitz
Rand mit dem Chef der Bibliotheh, dem Dberfammer:
bern Grafen Marcolini, im beiten Bernehmen, dazu
nun Boͤttiger's Berühmtheit und allbefannte, vielfeitige
Gelehrſamkeit; was war natürlicher, als daß man in bie
fen hochverdienten Manne Adelung’s wuͤrdigſten Nachfol⸗
ger zu ſehen meinte. Daßdorf mar außer ſich, als er bie
erfte Nachricht von Boͤttiger's Rufe nad) Dresden ber
fam. Freilich ſollte diefer nur Stubiendirector des Pa:
geninſtituts mit Hofrathscharakter werden, aber — mar
ee nur einmal da. „Es müßte kein gerechter Gott im
Himmel fein”, äußerte Daßdorf damals faft gegen Jeden,
der auf die Bibliothek kam, „wenn man mir bdiefen
Fremdling vorziehen wollte”, und ee fürchtete förmlich
Zag und Stunde, wo jener präfumtive Nachfolger Ade⸗
lung's auf der Bibliothek zum erſten Mal einfprechen
werde. Mur dann erſt ward er ruhig, als nach Abe:
lung's Tode der gerechte Gott im Himmel (d. h. Fried:
sich, Auguſt ber Gerechte) weder ihm noch Böttigern Abe:
lung's Stelle, fondern ihm naͤchſt Gehaltäzulage den Hof:
rathscharakter und Böttiger die Oberaufſicht über das
Auguſteum oder Antitencabinet gab. Ja, beide hochver:
diente Männer wurden fpäterhin, befonders als gelehrte
Hausgenoffen im japanifhen Palafte, noch bie beften
Freunde. Auch ließ Böttiger Daßdorf's großen Kennt:
niffen, befonder6 feiner feltenen Literarifchen Humanität
und bibliothekariſchen Gefälligkeit ſtets volle Gerechtigkeit
widerfahren. Letztere war aber auch in ber That unbe:
grenzt, denn die Verbreitung des Ruhms, die Nutzerwei⸗
terung des ihm anvertrauten Blcherfchages gingen ihm
über Altes. Nicht genug, daß er den Gebrauch der Bi:
bliothek auf alle Art erleichterte, nannte er auch Jedem,
der dort etwas fuchte, bie beiten Schriften darüber, führte .
Gelehrte meift felbft an Drt und Stelle, um fie von den
in ihr Fach einfchlagenden Schägen in Kenntniß zu fegen,
oder legte ihnen bie betreffenden Kataloge vor. Frimde
beaauberte er gleihfam durch feine ungemefjene Liberali-
tät.
mäßigfte Einrichtung ihrer Studien ſowie üuͤber die dabei
zu benugenden Bücher. Werke, die eigentlid nicht von
der Bibliothek gegeben werden konnten, nahm er nicht
felten auf eignes Rifico mit nach Haufe und theilte fie dann
im Stillen Gelehrten mit. Seine Untergebenen behandelte
„er nur ald Freunde und literarifche Gollegen, ja felbft den }
Aufwärtern, damals nicht viel beffer als bibliothefarifche ani-
mali parlanti, gab er, wenn ihre Unbrauchbarkeit nicht gar
zu läftig ward, faft nie ein unſchoͤnes Wort. *)
(Der Beſchluß folgt.)
Sournalunwefen in England. °
Die Journale find in ben freieften Staaten nur Schmeich⸗
ler der Öffentlichen Meinungs wie die Hofſchranzen um ben
*)- Gin Zimmer ber zweiten Etage tes japanifchen Palaftes
Zungen Leuten gab er gem Winke über die zweck⸗
Monarchen, fo drängen ſich die politifchen Blätter um die Par⸗
teien und buhlen um Gunft und Geld. Die Preffe ift eine
Sklavin, welche bie Welt regiert! Die Sournaliftif wirkt nirs
gend mächtiger als in England, nirgend ift fie Enechtifcher‘
und corrupter. Das gelefenfte Blatt Curopas find unftreitig die
„Times”’. Es war eine Zeit, wo ber Torysmus einen eifri=
gern Verfechter‘ hatte; heutzutage facht fie mit unermüblicher
Heftigkeit bie aufrährifhe Klamme an, welde Gngland zu
verzehren brobt. Dan glaube nicht etwa, daß die Veraͤnde⸗
rung in ben Anfichten von einer Veränderung bes Perfonals her» '
fomme; es find bisfelben, Deraußgeber, biefeiben Redacteurs an
ber Epige, die es vor W Jahren leiteten. Man wird fi zu
erinnern wiſſen, gu welchen gewaltigen Discuffionen die katho⸗
liſche Emancipationsfrage Anlaß gab, und wie warm fidh die
„ Times” der Irländer annahmen. Die „Times” waren anfangs
unentſchloſſen über bie Partei, die fie ergreifen ſollten; nach lan⸗
gen und heftigen Debatten kamen bie Herausgeber dahin
überein, daß einftweilen bis auf Weiteres nur zweimal bie Woche
über dieſe Angelegenheit berichtet werben folltee Hr. Barns
begab fich felbft an Ort und Stelle, und vermöge feines Scharf⸗
finnes und fihern Taktes ermittelte er bald, daß die Katholiken
Sieger bleiben würden. In diefem inne ſchrieb Hr. Barnes
in die „„Times”, welche fofort alle ihre Minen gegen ein altes.
Bollwerk fpielen ließen, beffen Sturz fie vorausgefeben hatten.
Früher hatte daffelbe Zournal in dem Proceß ber Königin Ka⸗
rolina biefelbe Taktik befolgt. Als die unglädliche Frau in
Dover gelandet war, ließ ſich nicht wohl ermefien, ob bie
Maſſe bes engliſchen Volkes ſich zu ihren Gunſten entfcheiden,
oder zu ihren Feinden fchlagen werde. Derfelde Hr. Barns,
wurde nad Dover auf Recognofcirung geſchickt; er fand da⸗
ſelbſt da8 Volk fehr aufgebracht gegen die Fuͤrſtin und beeilte
fh, feinen Sommittenten zu fehreiben, diefe Sache zu vertheidie
gen fei unmoͤglich. Nach einer kurzen Reife nah Frankreich
fand Barns bie öffentiiche Meinung gänzlich geändert; bie Ver:
theibigung ber Königin war eine Partelfache geworden. Da
enthält fogenannte opera junctim edita, 4. B. bie ganzen
Voltaire'fchen, die ganzen Leffing’fchen, Schiller'ſchen, Gb:
the’fchen u. ſ. w. Schriften, und über jedem Repofitorium
ſteht: Opera. Fremde gemeinen Schlages ließ man bar
mals nur von einem Aufmwärter gleichfam durch bie Biblio:
thet treiben. Bei fo einem Treiben hört Daßdorf einft,
daß der Aufwärter Santo Baffo einen Fremden, ber fich
bie Ueberfchrift: Opera, nit zu deuten weiß, mit ben
Worten abfertigt: „Hier ftehen lauter Opern — altes
Zeug — wenigſtens 4— 5000. “Das findet ber Fremde
unbegreiflih, wird aber fofort von Daßborf belehrt, ber
zu feinem nicht geringen Aerger nun erſt erfährt, daß
Santo Baſſo ſeit Jahren ſchon jene kurze Auskunft gege:
ben. Nach Abgang des Fremden nimmt Daßdorf den Auf⸗
waͤrter ins Gebet, daß er lieber fragen als zur Schande
der Bibliothek den Leuten ſolch dummes Zeug weismachen
ſolle, und ſchließt mit der Warnung: „Kuͤnftig ſagt Er:
hier ſtehen ganze Sammlungen von Werken gelehrter
Maͤnner.“ Das war dem alten Santo Baſſo zu weitlaͤufig,
und er blieb, wenn es nur irgend thunlich ſchien, bei ſei⸗
nen Opern. Daßdorf aber, dem die Ehre der Bibliothek
wie die eines eignen Kindes am Herzen lag, behorcht ihn
einſt, und als er eben wieder jene ſaubere Erklaͤrung gibt,
ſauſt er ihn an: „Iſt Er denn fo verſtockt dumm, daß Er
nicht thun fann, wa® man Ihm fagt, Er alter Efel —
verfiodt dumm — alter Eſel!“ „So haben mich der
Herr Hofrath Cruſius und ber Herr Oberbibliothelar Ganz:
lee nie gefchimpft, mich alten treuen Diener‘, knurtt
Santa und wifcht fich eine Thraͤne. „Ra, heul’ Er nur
nit — hier! ſpuͤl' Er bie Galle hinunter in’ einem Glas
Wein, aber blamir' Er, mir die Bibliothek nicht wieder !"*
‚Damit gab Daßborf dem alten Efel 4 Groſchen, und viel fehlte
nicht, en haͤfte igm bad wodlvgrdiente Prädicat abgebeten.
a
.
636
erfchien in ben „Times’’ jener herrliche Aufruf an bie engtifche
Nations ohne die Hälfe dieſes Blattes würde es der Königin
“nicht gelungen fein, einem Minifierium Trotz zu bieten, das Mil⸗
lionen aufbot, um fle zu zermalmen. ,
An politifhe Gewiſſenhaftigkeit, an Grunbfäge ift weber
bei den Herausgebern noch bei den Rebacteurd zu denken. Gols
burn hat in dieſer Hinſicht bie Unverfhämtheit am weiteften
getrieben; er ſteht an ber Spige von vier Journalen, von bes
nen jedes eine verfchiedene Meinung vertritt. „The new
monthiy magazine” wird im Sinne ber Radicalen rebigirt;
„Ihe united service journal’’ predigt den reinflen Zorysmuß ;
die Whigs finden in der „Sonntagszeitung“ eine kräftige Stuͤtze
für ihre Meinungen; die „Hofzeitung“ iff fervil. Eine und biefelbe
Dreffe heut alfo alle Elemente der politifchen Geſellſchaft gegens
einander: eine große Lehre und Warnung für Alle, bie gewohnt
find den Zeitungen nachzubeten! ,
Es ift vielleicht Fein Ort in ber Welt, wo ſich fo viele
Betrüger und Betrogene befinden, als ein Sournalbureau in Engs
land. Es gibt in London eine Menge Leute, bie kein anderes
Gewerbe treiben, als bie Tagesneuigkeiten aufjufangen ; ba fie
felten zu den echten Quellen gelangen Tönnen, fo häufen fie bie
ftanbatöfeften Lügen aufeinander. Zalentvolle Schriftfteller find
die Opfer der Derausgeber, bie ihnen wenig zahlen und nicht
wenig verlangen; ebenfo find biefe Derausgeber bie Dupes ber
Reuigkeitskraͤmer, Lakaien außer Dienften, verlaufener Komoͤdian⸗
ten und Schneider u. f. w., welche ihnen offentunbige That⸗
ſachen für vertrauliche Mittheilungen verfaufen. Der Gigens
thümer des „Observer’’ und des „„Englishman”, zwei Sonntags:
blätter, ift einige Zeit durch einen ſolchen Wicht bintergangen
worden. Alle Sonnabende fendete biefer an ben Derausgeber
einen mächtigen, wie eine minifterielle Depefche gefalteten Brief;
auf der Ede bes Umfchlags ſtand mit großen Buchſtaben: „ges
heime, confibentielle Mittheilung“; dieſe Geheimniſſe ſchoͤpfte er
aus dem „Morning chronicle“ deſſelben Tages und bekam für
die Depefche fünf Pf.
Eine befondere Erwähnung verbiente ber „‚Observer‘ in
Bells „Life in London‘. Ginen uneblern Zwed hat fi wol
nie eine Zeitfchrift geſteckt und nie durch fchlechtere Mittel bes
ftanden! Die Baftwirthe, bei denen die Zafchendiebe ihre Zus
fammenfünfte halten, wiffen, baß wenn irgend eine große Boxe⸗
rei flattgefunden, ihre Kunden mit Beute beladen nad) Hauſe
kommen und ein großer Theil davon in ihren Zavernen verzehrt
wird. Sie unterfiügen daher bie edle Boxkunſt aufs nachs
deüdlichfte und ſchießen das nöthige Gelb her, welches bem
Sieger ald Preis gereiht wird. Das Boxerhandwerk würde
zu Grunde gehen ohne dieſe Geldunterflügung, und wenn nicht
die Gauner es in Ehren hielten und beide obengenannte Bläts
ter das Sntereffe der bonnettn Sippfhaft nicht in Schutz
nähmen! Der Kampf der Boxer ift ſelbſt ein Betrug. Die
Gegner machen unter fid) aus, wie viel Schläge fie ſich einan-
der beibringen wollen, und wer unterliegen fol; vorher wirb
eine Probe gehalten. Vor einigen Jahren lehnte ſich ein Borer,
der fi auf feinen Ruf etwas zu Gute that, gegen biefen Bes
trug auf und drohte, bad Geheimniß der Schurken zu verrathen.
Es war ausgemacht worden, baß einer der beiden Kämpfer kei⸗
nen Streich nad) bed Gegners Kopf führen dürfe; ber ehrliche
Borer unterlag unter ben Schlägen feines Feindes, ber ihm
mit feinem Kampfhandſchuh die Stirn einfchlug.
Eins der neueſten Blätter in London ift „Unfer Zeitalter”,
es wirb von ben Glubs gelefen und wimmelt von ben unan⸗
ſtaͤndigſten Perfönlichkeiten, ſkandaldſen Anekdoten über große
Derren und aus dem häuslichen Leben. Die „„Bofzeitung” und
eine Art Modeblatt gibt Nachricht über bie Hoffefte, über bie
Toilette der Hofdamen u. f. w. ie wird befonders von den
Frauen und Töchtern ber reichen Kaufleute gelefen, die bem
Adel und dem Hofe am nächften. fteben und dennoch nicht Zus
tritt in die große Welt haben und baher mit Begierde verr
ſchlingen, was ihnen aus diefen Regionen gebracht wird.
Welse große Fortſchritte die Mittelelaſſe in Eyglanb ne
macht, geht daraus hervor, baß das „Weekly dispatch‘, ein
bios nũtzliches Btatt, das in einer einfachen, vernünftigen Spra⸗
Aepbelchrende Rachweiſungen liefert, aͤbek 53,850 Abommenten
zählt, während die „„ Times’ nur 18, Mo Abnechmer Haben Die
Sonntagsblätter, welche frühes bie ;trocdene Ieherfickeen enti:
hielten und bie Belehrung ber niebrigfien Bollsclaffen besweds-
ten, baben feit der Juliredolution einen hoͤhern Schwung ge⸗
nommen. Es äußert fidy darin eine weit energifdjere iterariſche
Wirkungskraft als in ben berühmtern dltern WBiättern. Der
„Zuſchauer“, der ‚Atlas‘ und das „‚Athenäum‘ find mit feitenum-
Talente, mit feltener Unabhängigkeit abgefaßt. Iren; glonbe übris
gend nicht, baß beibe Worgüge unentbehrlich feien, einem. Jour⸗
nal Abfag zu verfchaffen und auf guteni Wege zu erhalten.
Der beſte Zeitungsdirector iſt derjenige, der das Publicum am
genaueften font, ber es zu koͤdern weiß. und fchorffinnigen
Salt mit glänzender Oberflächlichkeit: vereinigt; bie.vertreffäidgen-
Artilel des Drn. Blad im „Morning chronicle” haben aber
durch die Gnergie ber Gedanken und die ſcharfe Deduction der
Gründe am meiften zum Falle biefes Blattes beigetragen. Die glän«
zende Sophiſtik, der rhetoriſche Prunk der Times’ baden biefes
Blatt an bie Spitze der engliſchen Journale gehoben. 143
Notizen.
. BE ;afarı yo.
Der berühmte ſiawiſche Sprachforſcher Szafarzyk ift ein
geborener Slowake aus dem nörblichen Ungarn. Er bildete fih —
er tft evangeliſch — anfangs in feinem Vaterlande, Tpäter in
Deutſchland zum Theologen aus. Bald aber überwog fein Eifer
für die flawifche Literatur ; diefer wandte er nun alle feine Geis
flesträfte zu, und fo bekleidete er feit 14 Jahren bie Stelle
eines Directors und Profeffors an dem Symnaflum zu Neufas
im füblichen Ungarn. Ginen Ruf ber ruſſiſchen Akademie zu
Petersburg, die ihn zum Mitarbeiter an dem großen, alle
ſlawiſchen Dialekte umfaffenden etymologifchen Wörterbuche erwaͤhlt
hatte, mußte er verfchiebener Hinderniffe wegen ablehnen; dar⸗
auf übertrugen ihm mehre deutſche Univerfitäten den Lehr⸗
ſtuhl der flawifhen Sprache und Gefchichte, aber er zog es vor,
wie ein polnifches Blatt fagt, als Slawe im Rande ber Sla—
wen zu denfen, zu fpredhen und zu foreiben. Er wird ſich
nach Prag begeben, wo er fi ald Privatgelchrter ganz feinen
Studien hinzugeben gedenkt.
Mickiewicz.
Die zahlreichen Verehrer des polniſchen Dichters Mickie⸗
wicz find auf die neueſten Dichtungen deffelben überaus ges
fpannt. Er beabficdhtigt nämlich zur Zeit, die 1828 und 18
in Paris erſchienene Sammlung feiner Poeſien (3 Bde., 12.)
daſelbſt fortzufegen. Gin Freund biefes Schoͤpfers ber neuern
romantifhen Poefie in Polen, ebenfalls ein ausgezeichneter Dich⸗
ter und gewiß ein glaubwürbiger Gewaͤhrsmann, bat barüber
Folgendes nad Warſchau gefchrieben: „Sch habe forben eine
fo bebeufende Anzahl neuer Didytungen von Midiewicz vor
mir liegen, daß damit mehre ſtarke Wände gefüllt werden koͤnn⸗
ten. Der verfprodyene vierte Theil feiner Poefien befindet fidh
bereits unter ber Preffe, und vielleicht ſchüeßt fi an biefen
nod ein fünfter an. Beſonders wichtig und intereffant wird
der vierte Theil wol für immer in ber polnifchen Literatur
bleiben, denn er begründet eine neue Epoche in der Bildungs:
gefhichte unfers Landemanne. Nur tes Juͤnglings Gebichte
habt Ihe bisher kennen gelernt, nun erft werdet Ihr bie des
Mannes erbliden, und zwar eines Mannes in ber vollen Kraft
und vollen Reife feines Genies.” — Unter Anderm hat Mickie⸗
wicz auch Byron's „Giaour’ ins Polnifche Überfeat. Gin
anderer Dichter biefer neuern romantifhen Schule Odyniec
dat Byron's „Corsair“ ſowie Mehres von Th. Moore übers
ragen. 17
Nedigitt unter Werantwortliteit der Verlagshandlung: F. U. Brodhbans in Reipzig.
Blätter
für
lite rariſche Unt erh altung
Dienfag
4, Suni 1833,
Dresdens Viterarifches Leben und Weben am Ende bed
18. Jahrhunderts.
E rfiler Artikel.
Geſchlas aus Nr. 164.)
"Die Bibliothek war Daßdorf's zweite Heimat, wo er
ſtets uͤbergluͤcklich fi fühlte. Auch blieb er dort nicht
felten mehre Stunden Uber die Dienſtzeit, ſchloß ſich dann
ein und recenfirte, costefpondirte oder bichtete. Letzteres,
behauptete er, gelinge ihm fo mitten im Heiligthume .der
Mufen am beiten, und die meiften feiner Gedichte konn⸗
ten den japanifchen Palaft ige Vaterland nennen. Auch
hielt er dort, territorio literario clauso, oft jungen Leu⸗
ten von Stande, unter andern ben Söhnen ber Confer
renzminiſter v. Wurmb und v. Burgsdorf, Vorleſungen
über Geſchichte, claſſiſche Literatur, Aeſthetik, Archaͤolo⸗
gie, lateiniſchen und deutſchen Styl. Fremde von Stande
oder Bildung, beſonders große Gelehrte, auf der Biblio⸗
thek herumzufuͤhren, war ihm Wonne, und er ſcheute dann
weder Zeit noch Muͤhd. Unter den Geſandten am dresdner
Hofe waren der weſtfaͤliſche, Dohm, der framgoͤſiſche,
Bourgoing, und ber ſchwediſche, Palin, die fleißigften
Befucher und Benuger der Bibliothek. Mit erftern beis
den brachte Daßdorf oft zwei bis drei Stunden in einem
Saale .oder Zimmer zu, immer neue litergriſche Huͤlfs⸗
mittel bietend, und auf ein Billet wurben jenen Gefand:
ten ganze Körbe vol Bücher ins Haus geſchickt. Schrei⸗
bern. dieſes, welcher mit Bourgoing auf der Bibliothek
befannt werden war, geſtand dieſer herrliche Mann einft
frei, dag ihm der Befandefchaftspoften am dresbner Hofe
in jeder, befonders aber auch in der Hinſicht angenehm
fei, weil er nirgenb mehr literariſche Gefaͤlligkeit gefun⸗
ben hab e als an ber dresdner Bibliothek. „Ihr Dafı
dorf”, fagte er oft, „It ein bibliothecaire comme
fant - — ein unfchägbarer Mann.’
Mit melden Eifer und Fleiß Daßdorf ſelbſt die Bi⸗
bliothek henutzte, bezeugen unter Anderm bie zahlloſen An⸗
merkungen und Notizen, die er entweder auf das weiße
Blatt vor dem Titel, welches der Buchbinder nie vergeſ⸗
fen durfte, mit Dinte, oder mitten im Xepte auf bie
weißen Ränder mit Bleiſtift ſchrieb. Das jetzige Perfo-
nal der Bibliothek wird ſich davon täglich überzeugen koͤn
nen. Noch welt mehr aber würde dies der Fall fein,
wenn der damalige Bibliothekchef, Oberkammerherr Graf
Bofe, Daßdorf nicht einſt bemerklich gemacht Hätte, daß
der Kurfuͤrſt, ber oft Buͤcher holen ließ, ſich misfaͤuig
uͤber die Bleiſtiftglofſen ausgeſprochen, welche alſo kunftig
unterbleiben müßten. Ungluͤcklicherweiſe hatte der Secre⸗
tair Roche, ein echt bibliothekariſches Original *), davon
Kenntniß erhalten; denn dieſer derbe, grade, hoͤchſt libe⸗
rale, aber, wo es auf Gehorſam gegen Dienſtbefehle an⸗
kam, faſt ſervile Mann, dem das Beſchmieren der Buͤcher,
wie er die Dassdorfiana manuscripta nannte, laͤngſt ein
Dorn im Auge war, ſuchte nun, wenn er grade Zeit
hatte, dergleichen „beſchmierte Bücher” — er kannte Daß:
dorf's Lieblingsfächer — fürmlih auf und verfuhe. dann
gegen deſſen grundgelehrte Bemerkungen mit elaflifchen
Summit: wie der Gaͤrtner mit der Raupenfchere. Einſt
ertappte ihn Daßdorf babet.
Gotteswillen, Here Secretair! was haben Ihnen denn
die paar Bleiſtiftworte gethan?“ „Mir nichts, aber ber
Kurfuͤrſt kann fie nicht leiden; Graf Bofe bat fie ja
verboten.” „Pro futuro, Herr College!” denn mit bie
fem Titel meinte Daßdorf Roche gleihfam zur Schonung
gegen ‚feinen gelehrten Fleiß flimmen zu können —; „aber
nit pro praeterito — litera scripta manet, manest-
ane. Meine Nachfolger auf der Bibliothek werben mit
für fo manche Motiz einft noch Dank wiffen, wenn ich
laͤngſt fchlummere.” ‚Kann fein”, knurrte Rode; „aber
der Kurfürft und ber Oberkammerherr wollen vor ber
Hand nichts wifſen von folhem Dank.“ „Uebrigend”,
fuhr Daßdorf erbittert fort, „bin ich nicht der Erſte,
welcher dergleichen nüsliche Bemerkungen in Bächer uns
ſerer Bibliothek ſchreibt, werde auch nicht ber Letzte fein.
Vergeſſen Ste denn ganz bie vielen Beſſer'ſchen) und
*) Deſſen Schilderung von mir in Nr. 158 u. 189 b. Bi. f. 1890-
+) Der ‚preub. ‚Geh. Kriegsrath und Geremonienmeifler So⸗
v. Beffer, der als Dichter und Geſchaͤftamann an
Friebrich I. Hofe eine glänzende Rolle gefpielt, nach
beffem Tode aber Stelle und Eintommen verloren hatte,
lebte, che ex wieber am fächl. Hofe 1717 angeftellt wer:
ben Tonnte, in großer Moth und mußte Schulden machen,
bie ibn bis an fein Ende brüdten. Nur in feiner herr⸗
ice Bibliothek, auf die er mehr wendete als er eigent:
konnte, ſich gluͤcklich fühlend, zog er ſich enblih von
ber Welt ganz zuräd und fand eine Art von Troſt und
Erquickung darin, alle auf Ru und Troſt im Leiden
fih beziehende Selen ‚feinte Bücher zu unterſtreichen.
(Ebert a. a. O. S. 5
„Aber, ich bitte Sie um
0
638
MWasdorffchen Bücher *), jene mit zahllofen unterſtriche⸗
nen Stellen, biefe mit gelehrten Bemerkungen?” Roche
erinnerte ihn aber ziemlich troden baran, daß jene Buͤ⸗
her, ehe fie zur WBibliothel gekommen, Privateigenthum
gewefen, womit bie Befiger nach Belieben haben fchalten
und walten Einnen, flieg, ohne Daßdorf6 Gegenbemer:
tung abzuwarten, auf die erfle befte Leiter und bediente
fih nah wie vor feiner literariſchen Raupenſchere.
Indeß iſt nicht zu leugnen, daß Roche zu fchonungslos
damit verfuhr und fo manche Motiz vertiigte, deren Ber:
luft bedauert werden muß; denn Daßdorf, mit ber da⸗
maligen Gelehrtemgefchichte großentheild durch Autopfie
innig vertraut, bieiftiftete von fo manchem berühmten
Manne hoͤchſt intereſſante biographifche Notizen und gab,
von ber reichſten Belefenheit .unterftügt, oft Literarifche
Winke und Citate, die Manchem hoͤchſt willlommen ges
weſen fein würden. Died kümmerte aber Roche nicht.
Sein Gummielaftium war nun einmal buch ben Ober:
kammerherrn in Bewegung geſetzt, dabei blieb es; ja, es
fehlte nicht viel, er hätte fogar bie obermähnten Blätter
mit Dassdorfianis ausſchneiden laffen, wenn feine Colle⸗
gen, Lipfius und Semler, ihn nicht abgehalten und bes
ſonders an die dem Bibliothekar, als feinem naͤchſten Vor⸗
gefegten, ſchuldigen Ruͤckſichten gemahnt hätten,
Wie einft Gellert und Weiße durch fchriftftellerifchen
Ruf oft ganz wider Willen fo eine "Art von Dofmeifter:
procucatoren für vornehme Häufer in ben entfernteften
Ländern beutfcher Zunge geworden waren, fo war es auch
Daßdorf feit feiner Anſtellung als Bibliothekar; Welpe
ſelbſt wies ihm oft dergleichen Kundfchaft zu, von wel
cher ſich aber Daßdorf in fpätern Jahren etwas zurüd-
309, weil er dafuͤr flatt Dank oft nur Vorwürfe geern⸗
tet hatte; denn natürlich fehlugen nicht alle feine Schüße
linge ein.
Lebens, zu ben_ berrlichften Sporteln feines Amtes, zu
den größten Wohlthaten der Vorſehung rechnete e8 Daß:
dorf, daß er in Verhaͤltniſſen fland, wo er oft ben Um⸗
gang mit berühmten Männern genießen konnte oder fie
wenigſtens Eennen zu lernen Gelegenheit hatte. Gluͤckli⸗
her als Mancher in Correfpondenz mit Schönen fühlte
er fih im ſteten Briefmechfel mit Gelehrten, benen er
nicht felten mit großem Aufwande von Zeit und Mühe
literariſche Notizen mittheitte, und tagelang war er oft
befchäftigt, Auszüge für fie aus feltenen Werken zu fer
tigen. Die Heine Eitelkeit, daflır in Vorreden oder oͤf⸗
fentlidyen Blättern gepriefen zu werden, ober bie Dank:
fagungsbriefe berühmter Männer, Billets von Miniſtern,
*) Der Hofratb und Kammerberr Ghriftian Heinrich Graf
v. Waphorf hatte auf feinen Reifen, beſonders als fädhf.
Sefandter zu Florenz eine hebeutende Bibliothek gefams
melt, die, nachdem er als Staatögefangener auf bem Kb:
nigftein 1747 geftorben und fein Vermögen confischrt wor⸗
war, zuerſt an bie Brühl’fche und mit biefer ſpaͤter⸗
an bie — kam. Biele ber gelehrteſten Werte
attete er mit Bleiſtiftbemerkungen aus, bie ‚von großen
Kenntniffen und hohem Sinn für bie Literatur zeugen.
(Shert G. 63.)
Zu den ſchoͤnſten Genuͤſſen feines flillen, einfachen.
Geſandten ıc., bie ihn literariſch confulieten, bei fich zu
tragen, um gelegentlich feine audgebreitete und vornehme
Bekanntfchaft fowie die Beſtuͤrmung feiner unermuͤdlichen
Gefaͤlligkeit damit belegen zu koͤnnen, gehörte zu ben Bei:
nen, gewiß vergeihlichen Schwächen bes herzensguten Dans
ned. Verſchiedene Briefe von Gerber, Wieland und
Goͤthe kamen Jahr aus Fahr ein nicht aus feiner Taſche.
In feinen gelehrten Briefwechſel aber verflocht er gern
politifche Anſichten, Beurtheilungen berühmter BRänner,
Winke über wünfchenswerthe literariſche Unternehmungen,
religidfe Empfindungen, gemuͤthliche Verſe ꝛc., hoffend,
daß einſt dergleichen Briefe nach ſeinem Ableben gewiß
einen Sammler und Herausgeber finden wuͤrden, wie er
ſelbſt für bie Winckelmann'ſchen geweſen war — woran
aber freilich noch Niemand gedacht hat, noch wol je den⸗
ken wird.
Waͤre Daßdorf reich genug geweſen, ein Haus zu
machen, bei ihm haͤtten Gelehrte und Kuͤnſtler gewiß
ſtets offene Tafel und die freundlichſte Aufnahme gefun⸗
den. Da er aber nicht reich war, ſo machte er wenig⸗
ſtens ſeine amtliche Stellung auf der Bibllothek zum
Hauptquartier für dem dresduer literariſchen Generalftab.
Doch nicht für diefen allein, auch für die übrige gelehrte
Welt war er, freilich in verjüngtem Maaßſtabe, was fpd-
terhin Hofrath Boͤttiger warb und noch iſt, eine
Art von Hafen, mo Literatoren und Bibliopolen anlegten,
ihre Artikel abzufegen ober belebende Erfriſchungen einzu:
nehmen, ein Stapelort für die wichtigften Erzeugniſſe
bee gelehrten und artiftifchen Welt, ein Comptoir für lite:
rariſche Empfehlungen und Belanntfchaften, eine gutmuͤ⸗
thige, weit börbare Pofaune für files Verdienſt, oft,
obwol ungern, auh für anmaßenden Duͤnkel. Und
doch, wenn Daßdorf, vieljähriger Vorſteher einer ber
größten Bibliotheken Europas, zu feiner Zeit Heber und
Zeger wenigſtens im fächfifchen Gebiete bee Literatur,
wenn er, ber fo viel auf feinen gelehrten Namen hielt,
daß er einft fogar eine nicht unbedeutende Erbſchaft aus:
flug, blos weit er feinen Namen aufgeben und bafür
ben bes Erblaffers annehmen follte — wenn dieſer Daßdorf
wiffen follte, daß er in ber fächfifchen Kiteratur faft ganz
vergefien, in der allgemeinen kaum noch gelamnt, faſt nie
genannt, mit all feiner großen Kenntniß, raſtloſen Thoaͤ⸗
tigkeit für Literatur und Kunſt, unbegrenzten Gefaͤlligkeit
für Hunderte, ja Tauſende von Gelehrten auch nicht ein
Meines Bläschen in irgend einem unferer alphabetiſch⸗
encyklopaͤdiſchen Wörterblicher habe erringen können, waͤh⸗
rend Syunberte darin figuriren, die man nie vermißt
haben würde!!! Unbegreiflich iſt es, daß bie befanutn
Piererfhen, Brockhaus ſchen, Erſch und Gruber’fchen *),
Schiffnerfhen und andre dergleichen Lexika den in vieler
Hinfiht um bie Literatur fo hochverdienten Daßdorf ver
geffen konnten. Darum hier wenigſtens über ihn eine
ſchwache biographiſche Stimme, vielleicht daß fie für et⸗
waige Ergaͤnzungsbaͤnde jener Werke keine Stimme in
der literariſchen ſte bleibt.
*) In dem 23. Bd. ber Erſch u. Sruber'ſchen Encyklopaͤbie
befindet ſich allerdings ein Art. über Daßdorf. O. Her.
Ka Wilheln Daßdorf, geb. den Z. Fehr. 1750" auf
dem Rittergute Stauchitz bei Dfchag, wo fin Water
Poſtmeiſter war, genoß big ind zwätfte Jahr Hausun⸗
tesricht,; kam dann 1762 auf die Fuͤrſtenſchule zu: Min:
fen, wo ee mit dem lebendigſten Eifer der aum fr
Literatur fih widmete und es, befonders unter Leltüng
bes Rectors Cleemann, welcher Talente dafür zu wecken
wußte, nach wenigen Jahren fchon. ſo weit brachte, baf
er mehren feiner Mitſchuͤler, ia felbft ben Söhnen einiger
feiner Lehrer Unterricht im Griechifchen, Hebraͤiſchen und
Lateiniſchen ertheilen Eonnte. Dftera 1768 bezog er die
Univerfität Leipzig, wo damals Grufius, Gare, Ernefli,
Morus, Gellert ıc. als akademiſche Sterne 'erften Feuers
glänzten. Der ftomme Gellert, bei dem er faft: säglich
einfprach, empfahl ihn Eurz vor feinem Tode dem be
ruͤhmten Kinderfreunde, dem Kreisfteuereinnehmer Weiße,
zum Lehrer feiner Kinder, weldye Daßdorf auch bis nad)
vollendeten Stubien unterrichtete. Das Weiße'ſche Haus,
wo Daßdorf ganz als Kamilienglied behandelt ward, hatte-
großen Einfluß auf deffen Sinn für bie fchöne Literatur,
insbefondere auch af feine feine Äußere Bildung, denn
bekanntlich was jenes Haus damals ein Centralpunkt ſchoͤ⸗
nee Geifter. und reifender Weltmaͤnner. Nachdem Daß:
dorf 1772 Magifter gervorden war — denn als Doctoren
der Philoſophie traten damald die Herren Magifter noch
nit auf — ward er auf Weißes und Zollikofer s. Em:
pfehlung 1773 Hofmelfter im Haufe des Gehelmrasbes
Frhrn. v. Ferber zu Dresden, durch deſſen Verwendung
er fhon 1775 — alfo im 25. Fahre — bie Stelle eines
britten Bibllothekars an der Eönigl. öffentlichen Bibliothek
erhielt. Nach Canzler's Tode 1786 warb gr zweiter Bi⸗
bliothekar und blieb dies auch, denn nad Adelung’s Ab⸗
leben warb bie erfte Bibliochekarftelle aus triftigen Grün:
den nicht wieber befegt, und Daßdorf, welcher natuͤrlich
darauf rechnete, buch eine Gehaltözulage und ben Hof:
rathstitel entfchädigt. Bei Verfegung ber Bibliothel aus
den Bwingerpavillons in ben japaniſchen Palaft erwarb er
ſich mit Canzler große Verdienſte um bie neue mühe:
volle Aufftellung berfelben, Eonnte ſich aber mit Adelung,
der Eurz nachher als Oberbibliothelar eintrat, uber deſſen
zum Theil veränderte Claſſification und Location nicht
vereinigen. Daßdorf war zweimal verhelrathet, und hatte
vier Kinder, zwei Soͤhne und zwei Töchter, wovon jegt
nur noch eine Tochter lebt. Sein erfigeborener Sohn
ftarb als Secretair der Hofs und Juſtizkanzlei zu Dres:
den; fein zweiter als Lieutenant im ruſſiſch⸗franzoͤſiſchen
Feldzuge, wenn ich nicht irre, zu Rabom in Polen am
Lazarethfieber. Eben an bdiefen einft bis ſpaͤt in die Nacht
fchreibend, überrafchte ihn ber Tod am 28, Febr. 1812,
alfo im kaum angetretmen 63. Jahre. Vom Schlage
getroffen fand man ihn früh, die Feder in der Hand,
entfeelt am Schreibtiſche. Daßdorf war fehr Eräftiger
Natur, fo viel ich weiß nie bedeutend Trank, und traute
fi) bei geregelter Lebensweife, bei ftetö heiterer Laune
und gottergebenem Sinne ein hohes Alter zu. Beſon⸗
ders pochte er immer barauf, daß bie Dichter, well fie
mehr in gluͤcklicher Phantafie als in trodener Wirklichkeit
Ftiebe ſeiner Aſche!“).
lebten, gewoͤhnlich alt würden, und ſatte oft, wenn er
anders ein dignus lande vir waͤre, daß er mit ſeinem
Dan a en dee cam Mana vetat mori.
Aucin ber: Gfnmmiel;utöter ſdend DIE -alle. Havige,
hatte anberg uͤber? ihn Serkloffen.: Daßdorf rohr ein —*
flechafter Gatte Und Vater,ein treuer Staatsdiener, ein
gluͤhender Patriot, ein ebeuſo heiterer als feiner Geſell⸗
ſchafter, ein Mann von unerſchuͤtterlicher Redlichkeit unb
amerſchoͤpflicher Herzensguͤte. Ehre feinem Andenken!
>. ‚. 184.
BL DE . Dre) on Lg
Des Ritter Heine. von. Kang, Senhfchreiben an ob.
Ber Böhmer. Niccnberg, 1833. 4. 21 Br.
Der Berfaffer biefes, felbſt einen thuͤringiſchen Gevatterbrief
an Größe uͤbertreffenden Gendfcreibend hätte fi gar nicht zu
nennen gebraucht, fo ſehr verräth ihn fein koͤrniger Humoriflis
ſcher Ausdruck und feine große Gelehrſamkeit. Hiftoriker. und
Archivare werden noch In fpäten Jahren, wenn’ Lang Hängft von
einem: Heimweg bei Ansbach (ber ſchoͤne Lanhfig, von wo bie
orrebe unterzeichnet ift) ten großen Heimweg angetreten hat,
die Zeiten des alten Nitter Lang im. Bunde führen. Möchte
er und, ehe es zu fpät ift, In einer ausführlichen und treuen
Biographie eine Schilderung feines oft flärmifchen und vielbes
wegten Lebens, welches ihn fogar einmal bis an die Grenzen
der Zürkei warf und von ſchweren Anfängen bis zum wohlers
worbenen otium cum dignitate führte, und das Geheimniß ber
Erwerbung fo fruchtbar wuchernder, gebiegener Gelehrſamkeit
binterlaffen. Und wenn er wegen noch lebender Männer Beben»
ten trüge,; das Manufeript fogleich zu veröffentlichen, wir wolls
ten es als werthes Vermaͤchtniß verwahren, bis ber legte ber
beſprochenen Beitgenoffen ber frähtrn Jahre feiner oft polemis
ſchen Thaͤtigkeit auch feine Urftäfte gefunden Hätte. Go würde
auch auf ihn mit kleiner Abänderung anzuwenden fein, was
Böhmer aus Ruͤckert's Gebichten auf die Kuͤckſeite feines Titels
blattes gefchrieben:
Was irgend noch an alter Geiſtesbabe,
Die du. gemannft brei Viertel vom Jahrhundert,
Sich finden mag, zufammen wird's gelefen
Und dufgefpeichert, baß, wenn einſt im Grabe
- Du felder ruhſt, die Folgezeit verwundert
Ertenne btand, wie reich du bift gewefen !
Die Veranlaffung zu dieſem Sendſchreiben iſt kuͤrzlich fol⸗
gende: Hr. Dr. und Bibliothekar Boͤhmer zu Frankfurt
a. M. gab 1831 „Die ‚Urkunden ber roͤmiſchen Könige und
Kaifer von Konrad I. bis Beinrih VII. (911— 1313) in kur⸗
zen Auszügen und mit Rachweiſungen der Buͤcher, wo fie
abgebrudt find“, heraus, alfo nach einem jett beliebten Ausbrud:
die deutſchen Kaiferregeften. Gewiß ein mübfames Wert, und
ein mit Dank zu erkennendes, allein audy nicht ohne mandye
Luͤcken, und Ref. hatte fih in dem ihm zu Gebote ſtehenden
Eremplar au fihon einige Notata gemacht. Allein Regeften
darf in Deutfchland jegt kein Gelehrter taufen laffen, ohne den
lebenden Altmeifter und berühmten Sammler und Herausgeber
der „Regesta Bavarica” dabei zum Gevatter zu bitten, ber aber
auch ungelaben fommt, wo es das ‚Heil des neugeborenen Kinds
leins zu erfobern ſcheint. Wie gefagt, fo gefchehen. „Der
alte Großvater ber re Boica‘', wie er ſich felbft nennt, hat
diefem ‚‚frifgen Enkel ber neueften Zeit‘ mit WBegierbe, doch
nicht ohne Bedenklichkeiten über die Schwierigkeiten der Sache
feine Arme geöffnet und gefleht nun ein, daB er num mit um
fo größerem Vergnuͤgen feine Beforgniffe gehoben gefehen unb
uͤberalk eine genauere Prüfung, Bergleichung und Kritik gefun⸗
den habe, als man nad) dem bloßen Anfchein etwa hätte ſchlie⸗
*) Einen zweiten Artikel theilen wir im Zuli mit. D. Red.
f
Jen koͤnnen. Wenn -en- aber doch trot ‚oil biefer Anerkennung
noch Bemerkungen, Srotifkt uiid Erganzungen beifüge‘, ſo vers
er etwas zu thun, was jedem Autor ſehr angenehm fein
a eh
j eig 10 Ran r n
Burgen, fa eis ‚sine einfwpeilige ‚Beilage des Böhmer en
Aa ‚zu betrahten und beſſen Thor su befördern und ;4 er⸗
n. | '
Um dieſe 74 große ⸗Quarkfeiten ˖ füllaiben Bemerkungen,
Derichtigungen und grbptenthetis Radpteäge aſt es une Hier nur
infofeen zu than, um fie zur Zeige zu bringen für jeden
Freund urkundlidher deutfcher Geſchichte und jebem Befiger bei
Böhmer’Tchen Werkes als einen unentbehrlicen Nachtrag zu em:
pfehlen, umb wir ‚müffen über die . heit des
Verf. billig erflaunen, ber nur bie Quellen fo im Ges
dachtniß/ ſondern audy-ded:!Näce- der - Hiftorifchen Literatur
immer fon ausg@eutst:Yot, wen Andere erft gelegentlich nach
den Büchertiteln fragen. Aber die in Briefform vorausge:
ſchickten allgemeinen Grinnerungen, daß bie Iateinifche Sprache
hätte beibehalten, baß; bie gewöhnliche Schlußformel von Jahr
und Tag, Regierungszeit, Drt der Ausfertigung und Recognir
tion ber Kanzler. ausführlicher hätte gegeben werben follen u. f..w.,
führen den. Herrn. Senbfchreiber zu einer in nuce fehr lehrrei⸗
chen Auseinanberfegung über- bie fo verfchiebenen Sphrebanfänge
bei dee Indictionenrechnung, mit ber Bemerkung, wie vareilig
man gewöhnlid, wenn. Jahr und Datum nicht gleich pafley
wollen, gleich auf fehlerhafte Angaben und Irrthuͤmer ſchließe.
„Glaube man ja nicht, daß biefe alten Scriptoren ober Rotas
rien ber Reichskanzleien fo unwiffend geivefn. Sie waren
ſaͤmmtlich Geiftliche, hatten in jedem Kalle mehr Studien als
unfere gewöhnlichen Kanzellifien gemacht, und ber Kalender,
namentlich aud) ber zömifche Kalender mußte ihnen ſchon wegen
ihres täglichen Breviers und der Martyrologien yicht ‚anders
als fehr geläufig fein. Hierzu kommt, baß grade von ber Gons
trole der richtigen Daten bie päpftlidien Stellen, die Datarie
bie correctores, examinatores ihren Namen’ hatten, und ba
auch allenthalben bei den kaiſerlichen Kanzleien noch die Revi⸗
fion des Gancellarli, des Wicecancellarii, bes Protonotarii eins
trat, und beim Eintragen in bie regesta impeni Tag für
Tag ſolche grobe Fehler faft auf allen Geiten faft. nicht unbes
merkt hätten bleiben koͤnngen.“ Nun verbreitet ſich Hr. von Lang
über bie verfchiebenen Zahresanfänge, mit Weihnachten, Oftern,
Maria Bertündigung (25. März) und vom 1. März, ben Sty⸗
Ius Romanus, Sallicanus, Florentinus, Piſanus, weift am Bei:
fpiele der Stabt Köln nach, wo ein stylgs eeclesiasticus, curiae
und universitatis zugleich geltend war, daß auch wol mehre Zeit-
sechnungen an einem Orte neben einander beftanden, ſowie auch
oft ein und berfelbe Kaifer auf verichiebene Weife datirte.
Mit dev Betrachtung fchließt Hr. von Lang, welche gräßliche .
Bermüftung bie Zeit in dieſer Art von biftorifchen Denfmälern .
tet haben müffe, da Hr. B. von einer Zeit von 40
sen nicht mehr ale 5240 Kaiferurkunden babe zufammen:
fönnen, indem man flatt 8000 Urkunden, weldye aus
einer kaiſerlichen Kanzlei binnen einem Jahr allerminbeftens
hervorgegangen fein mußten, oder wenn man auch nur 20 auf
jeden Sag rechnen wolte, fo nur im Durchfchnitte 18 auf ein
ganzes Jahr geben wärben, unb wie wenig biefe geringe Zahl
geeignet fein koͤnne, bie Straßen ber Faiferlichen Reifen zu bes
zeichnen, eine Methode, bie Gatterer zuexft in Aufnahme ges
bracht habe, und wie man vielmehr weit beffer thue, „die Gi:
chel in bie viel reichern Saaten der Chroniken und Annalen
einzufchlagen”. Flur und Sichel müffen freilich daſein; aber es
wirb ſich doch mandher in die Fuͤße hauen! 11.
Literarifche Notiz.
I. ©. Budinghbam, bekannt durch die Werfolgungen, bie
er früher als Zeitungfchreiber in Kalkutta erlitten, und durch
RM.
die ngen weile 05 vor einigen Bahzen, band)
und X —*X über pölitifche Angelegenheiten hielt,
jegt Mitglied des Parlaments, hat forben die vr ſte Rummer
H ry re viour· and ſa
mily magssing”, ‚henisögigebem. Es zridgeimt vebdhentiicdh eine
Nummer während der Be bet Parlaments und wich
bann. unterbrochen bis zur naͤchſten Gigung. Dev Zmed bei
unternehmens ift, bie Kenntniß der politifen und conmer:
phifche Gtiszen der bebeutenbften Männer, die fi im
li Leben autgezeichnet haben; 7) Darſtellung der Colonial⸗
verhaͤltniſſe, namentlich des Monopols in Dftindien und ber
Stlavesel in’ Weſtindien; 8) Erläuterung wichtiger Bibelftellen
dur) genaue Kunde der Dertlichleit, dek Erzeugniſſe, Bitten
und Gewohnheiten ber Länder, die ber Schaupiatz der bibliſchen
Geſchichte waren ; 9) Rädblide auf, Budingham’s weit audger
behnte Heifen, in Auszügen aus feinen Tagebuͤchern und ges
drudten Werfen, als eine Darftellung feiner Unterſuchungen,
welche bep Stoff feiner „vor vielen Tauſenden mit unvergefs
lichem Beifall gehaltenen Borlefungen‘ bifdeten ; 10) Binden
tung; maf bie Uebel, welche den Genuß bes Gluͤckes hindern, das
bes geſellige Verkehr beiden Geſchlechtern ‚gewähren Tann; 11)
Gortefpondenznachrichten über intereffante Gegenſtaͤnde aus als
len Theilen der Welt, in welchen bie Zeitfcgrift verbreitet wer
den möchte, beren Abfag in Amerika, Indien und Auftralien
zu befördern Anftalten getroffen. worden find; und endlich, bas
Dutzend voll zu machen, 12) die „reinften und glänzenbiten
Edelſteine antiker und moberner Gedanken” in Profa und Ber
fen, als Unterhaltungsftoff für die Diorgenftunden wie für bem
abendlichen Kamilienfreis am Kamin. ni embrasse trop,
n’embrasse rien, wird mol das Ergebniß biefer charafterifii:
fen Artündigung bed Berausgebers fein, von weldyem men
bei viekfeitigen Kenutniffen, bie ihm auf feinen extensive tra-
7 ‚angeflogen find, etwas Marktſchreierei ſchon gewohnt
i | .
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Unterhaltung.
Schriften über bie zweihundertjaͤhrige Jubelfeier der
lügener Schlacht am November 1632.
Die zweite Saͤcularfeier der luůtener Schlacht hat un:
“ter den Proteftanten große Thellnahme gefunden und iſt
verfchiedentlih und zwedgemäß gefeiert worden. Wie aber
dieſer Zag vor hundert Jahren begangen worden fein
mag, davon iſt nichts zur Öffentlichen Kunde gelommen.
Das darüber obmwaltende Stillſchweigen beweiſt, daß da⸗
mals keine bedeutende Jubelſchrift erfchienen und die un:
bedeutenden im Strome der Zeit untergegangen feien.
Seibſt die in unfern Tagen bekannt gewordenen Nachrich⸗
ten aus Lügen ſchweigen darüber. Defto zahlreicher find
die Schriften und Schriftchen, welche die zweihundertjaͤh⸗
sige Jubelfeier dieſer Schlacht veranlaßt hat. Warme Ans
hänger des proteftantifchen Glaubens haben theils in
dichterifchem Schwunge, theild in fhlichter Profa die Be:
gebenheit gefeiert und Alle fich beeifert, zum Lobe eines
großen. Schwedenkoͤnigs zu reden und den Sinn hoch⸗
zuehren, welchen feine Handlungen bezeichnen, damit man
wiſſe, daß das Lügener Schlachtfeld für die Nachwelt nicht
vergebens mit Blut getränft worden fei. Allein mit dem
bloßen Gutmeinen einer Sache, fo ehrenwerth es auch fei,
ift es noch nicht abgethan. Denn wie ber Werth und
das Weſen eines bedeutungsvollen Tages dann erft bie
Menge begeiftert, wenn er zwedgemäß gefeiert wird, ebenfo
wird auc eine ihr gewibmete Schrift den Leſer wahrhaft
ergreifen und belehren, wenn ihr Gegenftand kunſtgemaͤß
oder firengroiffenfchaftlich verfolgt umd ausgeführt worden
iſt. Die Anfoderung an volllommene Befriedigung wird
defto nothwendiger, je gewifier die Ausficht ift, daß der
fragliche Gegenftand von Vielen werde behandelt werden.
In der gewöhnlichen und alltäglichen Wiederholung des
Stoffes liegt kein Verdienſt, wol aber in der Art ber
Darftellung und Auffoffung, in dem äußern Gewande
und in der Behandlung befielben. Jubelſchriftſteller und
Subeldichter fiehen ja, wenn anders diefer Ausdrud für
die fraglihe Sache genügt, mit andern Schriftftellern und
Dichten in einerlei Claſſe und innen den Ausſpruch je⸗
ner Behoͤrde, welcher die Bauern eines Ortes zur Anhoͤ⸗
sung einer und berfelben Predigt fo lange verdammte, bis
fie felbige gefaßt und begriffen hätten, nicht auf ſich bes
ziehen, weil weder das nad Bildung firebende Publicum
mit einem ftumpffinnigen Kraͤhwinkel, noch die Schrift:
Tee UT Te ae en ee nn —— nn
5. Suni 1833,
ftellee mit bequemen SPredigern verglichen werden können
und dürfen. Nun hat man zwar, wenn wie zu unfen
Seftgaben zurüdlehren, das ewige Einerlei zu vermeiden
gefucht, indem der Eine den Schlachttag ſelbſt, der An⸗
dere das Leben des Schwedenkoͤnigs, ein Dritter dem
breißigjährigen Krieg, wenn auch nur in fehr gebrängter
Kürze, zum Gegenſtand ber Aufgabe gemacht; ber
Neues entbedt, dee Andere Bekanntes eigenthuͤmllch zu:
fammengeftellt, was an fidy loͤblich iſt; aber die zur feft-
lichen Tafel getragenen Gerichte find nicht gleichmäßig
mit Fleiß, Geſchick, Geſchmack und Würze bereitet wor⸗
ben. Unter ben Ref. zus Anficht gekommenen proſai⸗
fhen Schriften dieſes Gegenftandes verdienen eigentlich
blo8 zwei hervorgehoben zu werden: das bereits in d. BL.*)
befprochene Werkchen des Steuerrathes Philippi zu Lügen
— eine defto erfreulichere Feſtgabe, al fie aus dem Orte
beroorging, welcher Zeige jener Begebenheit gewelen war —,
umd das Fragment des preußifchen Stabsoffizierd von
Dinde, weicher zwar bekannte Thatſachen erzählt, aber,
wie fib weiter unten ergeben wird, in einem doppelt an-
ziehenden Geſichtspunkte, fodaß ihm der ungetheilte Bei⸗
fall gewiß nicht verfagt werden kann. Es ſei uns nun
vergönnt, zur Betätigung des Obigen diefe Schriftchen,
fo viele wir davon kennen gelernt haben, beurtheilmd auf:
zuzaͤhlen. Zuerſt flehe eines Ungenannten:
1. Beſchreibung der Schlacht bei Lügen und Guſtav
Adolf's Tod am 6. November 1632. Mit einem Plane
dee Schlaht und Guſtav Adolf's Bildniß. Leipzig,
Köhler. 1832. Sr. 8. 6 Gr.
Diefes 24 Seiten ſtarke Schrifthen kann täufchen,
fobalb man in ihm fuchen will, was der Titel und fogar
die Beine Vorrede anbietet; der Mahrheit gemäß enthaͤlt
es blos den unveränderten Schladptbericht, wie wir ihn
im „Theatrum Europäum” Iefen, mit einer 11° Seiten
langen, vom Verfaſſer bearbeiteten Einleitung, welche bie
Heerfahrt Guſtav Adolf’ 8 aus Franken durch Thüringen nach
Lügen und die Aufftellung des ſchwediſchen und kaiſerli⸗
hen Heers zur - Schlacht beſchreibt. Daneben webt er
(S. 6 fg.) eine im Kriegsrathe der ſchwediſchen Offiziere
gehaltene Rebe des Königs Guſtav Adolf's ein, welcher bie
zweifelhaften Gemüther zu einem emtfcheidenden Schritte
*) Vgl. Nr. 278 f. 1832. D Red.
612 .
eranuthigt. Einem empfinbfamen Theaterhelden mag fie
in den Mund gelegt werben, nur nicht einem Guſtav Adolf,
fo Hoch fie auch der Verf. achten mag! Das lithogra:
phirte Schlachtplaͤnchen entfpeicht ziemlih dem ſeichten
und planfofen Werkchen. Ref. glaubte mehr Befriedi⸗
gung zu finden, af er ſich zu
% Gufbao Adorf, Mnig von Schweden, der Retter Deutfch-
lands, ber Maͤrtyrer proteſtantiſcher Glaubensfreiheit.
Eine biographiſche Skizze, entworfen und niedergeſchrie⸗
ben im Jahre 1832 bei der zweiten Saͤcularfeier ber
lügener Schlacht am 6. November 1832 (?). Nebſt
Guſtav Adolf's Bitdniß und dem Plane der Schlacht.
‚Meifen, Gödfche, 1832. 8, 14 Sr, ;
wendete, ohne fich von dem breiten Zitel abichreden zu
laffen, deſſen Verſtoͤße er amfänglich einer grata negli-
gentin des Verf. beimaß; aber genauere Durchſicht bes
Buches lehrte, daß auch in biefem eine flache Behand⸗
lung, ein ungemeſſenes Verhaͤltniß und. eine loſe Anords
nung ded Stoffes, weicdhemmis einem unhifkoriichen, bis⸗
weiten wiberfinnigen Pragmatismus durchwebt worden iſt,
faſt überall herrſche, ohne der Undeutlichkeit und Fehler
bafsigkeit mancher Ausdruͤcke und nieler Cigemamen zu
gedenken, worüber Beine einzige Berichtigung nachgewieſen
worben if. Um dem Leſern einen Wegeiff zu geben, wie
der Dorf, feinen geſammelten Stoff verbraucht hat, wol:
len wir ben Tod Guſtav Adolf's herausheben. ©. 107 wird
gefragt, nachdem der Fall des Königs erzählt worden iſt:
„Über war des Königs Mörder? tödtsse ihn Felndesku⸗
gel, toͤdtete ihn die Moͤrderhand des vermeintlichen Kreun:
des, des Herzogt von Lauenburg, wer wagt bieß wit
hiſtoriſcher Gewißheit zu erweiſen?“ Hiermit ſtoͤßt der
Verf. um, was er S. 100 behauptet. Dort läßt er den
Abt vorn Fulda mit dem Kreuze in der Hand die Reihen
bee Kaiſerlichen ducchreiten und „Denen, bie Keberblut
vergiegen wuͤrden, die Schäge des Himmels, der Sünden
ewige Vergebung aber Dem verbeißen, dem das Heil
würde, ben großen MWiderfacher zu ermorden. Schem (fol
wol beißen: Aber es) waren dem großen Guflav andere
Kugeln gegofien und der Judas in ber Nähe des Mei:
fters.” Uebrigens ſpricht das nichliche Bildchen des Schwe⸗
denſteines auf dam Schlachtfelde das Auge freundlich an,
ebenfo des Köntzs Bruſtbild. Der angefügte Schlacht:
plan ME eine Nachbildung des Planes bei Francheville,
ſtatt mit Verbefferung find fogar Zifſern auegelaffen wor⸗
den. Der Plan zum Ubergange über die Rippach ift
nicht beigefügt, wol aber bie Erklaͤrung dazu. Indeß bat
ber Berf. in feiner Beſchreibung der Schlacht keine Ruͤck
fiht auf den Schlachtplan genommum. Tas die beiden
eben wwähnten Schriften nicht erreicht Haben, das findet
man im yachfelgender volllemınen? -
3. Die Schlacht bei. Lügen den 6 Navember 1632.
Gifterifches Fagment zur Crinnerimg an. Guſtav Adolf
am zweihundertjaͤhrigen Jahtestage feines Todes, won C.
Freih, von Binde. Berlin, Nauck 1832. Gr. 8. Gr.
In hem Vorworte erfaͤhrt man, daß Herr von Dinde
ſeit mehren Jahren ſich wit einer Sammlung „allet Ma:
terialien zu einer möglichft grümblichen und volftändigen
Kriegsgeſchichte Guſtav Abolſ's in Deutſchland befchäf:
tigt‘. Und da ihm feine Aufgabe wie eine Pflanze er⸗
fcheint, bie man nur richtig zu behandeln verftehe, fobatb
man die Eigenthuͤmlichkeit ihres Bodens fennt, fo will
er die Politik, den Zuſtand des Volkes und des Landes,
bie Ideen des Zeitalter — die großen geiſtigen Hebel ver
Geſellſchaft — fo weit in biefelbe hineinziehen, als es
die volfländige Einſicht in die Begebenheiten des Krieges
erheifht. Zum Beweife, wie er die ihm bisher zugäng:
then Quellen bemust har, "ttefeer Te dorläufig dieſes
Bruchſtuͤck, in dem ſich des Verf. Beruf.zy dem erwar⸗
teen Werke zur Genuͤge beurkundet. Mit gefpänhter Auf:
fludirt und kann ſich nicht enthalten, Einiges daraus mit»
zutheilen. Mas erfilich die oͤkonomiſche Anlage deſſelben
betrifft, fo befteht Tie in des Einleitung von S. 1—17,
in der Daritellung der Schlacht —— S. 18—58,
in militairiſchen Betrachtungen ©. 58 — 64 und in dem
Schluſſe. In der Einleitung ſchildert der Verf. die Zeit,
welche den großen Kampf vorbereitete, kurz und wahr,
dann in ſcharfen Umriſſen der Zuſtand Deutſchlands his
zur Erſcheinung Guſtav Adolf's auf deutſchem Boden; daran
reiht ſich ein treues, ſinnvoll gezeichnetes Bild des Königs,
nebſt deſſen Wirken bis zum Aufbruche aus dem Lager
bei Nürnberg. Was ©. 3 fg. Über Sen. Charakter bei
breißigjährigen Krieges gefagt wird, tft geiſtvoll und ſchoͤn;
wir möchten aber zur Berichtigung bet Begriffes nah
andeuten, daß das Bemühen zur Herſtelung des Gleich⸗
gewichts der europäifchen Staaten in dieſem Kampfe [ck
Guſtav Adolf 8 Exfcheinen in Deusfchland durchſchimmert und
felt des nördlingee Schlacht noc deutlicher hervottritt.
In bem zweiten Abfchnitte verfolgt der Verf. die Bewe⸗
gungen bee Heere aus Kranken nad Schritt
vor Schritt Eritifchgenau; die Staͤrke bee kaͤmpfendes
eere wird forgfältig beredynet, und über die Schlacht bei
uͤtzen ſagt er (S. 48) ſehr beherzigenswerth (mie Chem
nitz ſchon that), dag es jetzt noch unmoͤglich fei, eine Be
fhreibung dieſer (in Mebel gehuͤllten) blutigen Schlacht
zu liefen, von ber ſich fagen Laffe: fo iſt es mil ge⸗
weſen. Nachdem die Schlacht einmal angefängen, ſei ſie
ein allgemeiner wilder Kampf voR «einzelner großer Krafe
äußerungen und Thaten gewerdben, ‚aber ohne großen lei⸗
tenden Einfluß des Fuͤhrers. Hierauf gibt er in Haupt⸗
umriffen den Gang derſelben an, tie ex nach dem beiten;
ihm zugänglichen Quellen ungefähr gewefen fein mochte
©. 52 fällt der Verf. ein reifes Urtheil üben den wen
Sörfter bekannt gemachten Schlachtbericht Diedati’a, dem
er, ihn mit ben franzöfiichen Bulletins nemefter Zeit weoglei
hend, eine Taͤuſchung ber Ifientiihen Meinung ats Abs
ſicht unterfiebt und dabei richtig bemerke: der gan
Bericht, der ſich über eine Menge einzelner Thaten, eis
zelner Fuͤhrer und Regimenter verbreitet, gebe duccknus
keine zufammenhängende Vorſtellang vor dem Gange der
Schlacht und vwerrathe offenher die Abſcht, durch übe
mende Herzaͤhlung jener den Verluſt dei Tages zu ver⸗
ſchleiern. Ueber die Todesart des Könige werden keine
Usterfuchungen angefleüt, meit fie dem Zwecke bes ref
entfernt legen; bagegen li man (S. 52) beachtungs⸗
werthe Worte über den Geiſt des ſchwediſthen Heers.
Die militairiſchen Betrachtungen ins britten Abſchnitte find
geiſtvoll und, belehrend. Von einen-Sriegshundigen, grämede
ũch gebidetn Manne lief! man gern ein tiefge
Urtheil über die fonderbare Erſcheinung, daß zwei feind⸗
liche Heere, die ſich bei Nürnberg fo lange gettogt und
zu bekämpfen geftcebt, plöglic ohne Kampf nad) entge:
gengefegten Richtungen auseinander gehen und zwar jedes
zu nenen Offenſivunternehmungen. An Waldſteln s Auf:
enthaͤlte tn Sachſen tadelt ber Verf, 1) daß er nicht nach
Thüringen dem Könige entgegenging; 2). daß er Pappen⸗
beim von fih nach Habe ‚entfernte; 3) daß er. bie
Schlacht in einer Stellung annahm, welche ihm ber Ger
fahr ausſetzte, gegen die Elbe Hin, wo er keinen eimzigen
feften Plag hatte, germorfen un) von Gallas getrennt zu
werden, und 2) daß er feine Schlachtorbnung bei Lügen
zwar auf gut benutztem Terrain (Raume), aber in einem
kuͤnſtlichen Tableau vollen Widerſpruͤche aufgeſtellt hatte,
wodurch es den ſehr gewandten Schweden gleich anfangs
leicht gelang, ſeine Maſſen zu uͤberwaͤltigen. Den
bilden rein hiſtoriſche Betrachtungen über Guſtav Adolf's Ab:
fihten in Deutfchland, und Ref. gibt zum Beweiſe ber
unpartelifchen und mohläberlegten Behandlungsweiſe des
geſchichtlichen Stoffes, bie fih überall im Schriftchen
offenbart, folgende Stelle (©. 6% fo.) zum Belten:
Wenn eine fo ausgezeichnete Natur (wie Guſtav Abolf) im
Sturme bed Lebens fo früh bahingerafft wird, fo Tann fein
füptendes Herz ſich tiefer Wehmuth über bie Vergaͤnglichkeit
irbifcher Größe erwehren, und unwillkuͤrlich drängt ſich ber
Gebdante auf: was hätte ein folder Wann noch für bie Welt
leiften innen. Wenn wir aber fehen, wie manche menfchliche
Größe, nachdem fie den hoͤchſten Glanzpunkt erreicht, ihren eig⸗
nen Ruhm verdunkelte und es am Ende ihrer Laufbahn wol
gar zweifelhaft ließ, ob die Welt ihr fluchen oder ihr danken
felite, fo verſtummt jener leiſe Vorwurf gegen die Vorſehung,
und man flebt an, ob nmicht Der gluͤcklich zu preiſen ſei, den
fie auf dem Sipfel bes Gluͤtbes, in ber Blüte der Kraft. und
des Ruhmes noch ohne Jlecken plöglidy hinwegriß.
Der dem Werkchen angehaͤngte lithographirte Situa⸗
tionsplan des Schlachtfeldes iſt ſauber, der Francheville'⸗
ſche nach Beſichtigungen vom Jahre 1771 zu Grunde
gelegt, aber verbeſſert und dem bei Philippi ſehr aͤhnlich.
Die Schlachtordnung auf demſelben iſt einem guten Plane
im „Theatram Europäum”, melde deffen Herausgeber,
Merian, meiltens von gefchiditen gleichzeitigen Ingenieur⸗
offizteren empfangen, entnommen worden. Etliche auffal:
lebe Fehler der Stäbtenamm hat ber Verf. uͤberſehen,
ſowie ee Tupatel und Baudis (Taupadell und Baubiffin)
in ber verkruͤppetten Quellenſchriftenſprache unverändert.
gelaffen Hat. Der einzige uns amfgefleßene Irtthum
(S. 36), daß ber Herzog Wilhelm von W. auch sur
Lügener Schlacht marfchiet fei, wird hoffentlich in dem zu
erwartenden Werke verbeflert werden, welchem das Publis
cum gewiß mit Verlangen entgegenſieht. Def. duͤnkt, daB
von Bülow zuerft einen Verſuch gemacht bat, dieſen Krieg
militmirifch= Eritifh zu behandeln, ohne das gefühlte Bes
duͤrfniß gehörig befriedigt zu haben. Darum wünfcen
wir Herrn von DB. alle gewänfchte Unterflügung und
alles Gebelhrn zu feinens Witten. Umemitleruen. -—- (EBle
. na. Dichter. den .6. :Mowdwber gefeibdrd haben, dadon moͤ⸗
gen Folgende Verſuthe fpuechem: "7." ©1 De
NY
:& Dir: Sieg bl Lügen am:-6. Rovansr 1032. St
badıtee |
lyriſches Gemälde von Emil Schmidt, Leipzig, Wol⸗
brecht. 1832. Er 52 Or oo - :
‚ : &in Ausländer, ndt den deutſchen Senderbarkeiten
ne nicht vertraut, warbe, wenn ec biefar- Tibel die, Pike
; gen (tie fich einſt auch ein Gelehrter In Ftankeich auf
ı ähnliche Weiſe bei’ ähnlicher Gelegenheit gegen Ref du:
i Berte): Warum unterfchreibt fih Herr S. nicht gries
chiſch, fanfecketfeh u. ſ. w., ſobalb er für Ängemeffen ——
nach veralteter Sitte ſeinen Namen lateiniſch vor eine
deutſchgedruckte Schrift zu ſetzen? Uebrigens ſingt der
Verf. mit Wärme und religioͤſem Gefühl über den koͤ—
niglichen Kämpfer für Denk: und Gewiffensfreiheitz in⸗
deß duͤnkt es dem Ref, eine ſchwere Aufgabe, eine Schlucht
und den Fall eines Helden in berfelben maleriſch und hin⸗
reißend zu befingen. Denn es Ift Schon ſehr ſchwer, pro⸗
ſaiſch eine Schlacht zur Genuͤge Vieler zu ſchildern. Ganz
andern Gehaltes ift Zu
5. Guſtav Adolf der Große, König von Schweden. Ein
Heldengedicht in vier Geſaͤngen, als Denkichrift zur
zweiten Saͤcularfeier der Schlacht bei Lügen, am 6. No:
vember 1832 (?), von Karl Spahn. Leipzig, Zire
ged’fche Buchhandlung. 1832. Gr. 8. 12 Gr.
Einige Wochen vor dem 10. September v. J., mel:
bet. der Dichter in der Nachricht an den geneigten Lefer,
wurde in ihm zuerft die Idee zu dieſem Heldengedichte
rege; daher führte er „eilenden Fluges (ohne zu: melden,
wer ihn zur Eile getrieben) an Schiller's Hand die Siegr
des unſterblichen Guſtav Adolf, nebft der Geſchichte des
dreißlgjahrigen Krieges, fo viel ſich thun ließ, nach der
Reihe bald erzaͤhlend, bald anſchaulich (als ob Anſchau⸗
lichkeit nicht zu einer guten Erzählung gehöre!) vor ben
Augen des Leſers vorüber, um über jene hochwichtige Zeit
ein leicht zugängliche Buch zu verfchaffen und berfelden
in den Herzen des Volkes ein Denkmal zu errichten.“
Us Volksgedicht alfo ſcheint ber Dichter fein loͤbliches
Unternehmen betzachtet wiflen zu wollen und hat darum
für Mindererleuchtete geſchichtllche Anmerkungen nicht
ohne geſchichtliche Irtthuͤmer ſeinen Verſen beigefellt. Das
Gedicht zerfaͤllt, außer ber Zueignung an den König Karl XIV,
von Schweden, in-vier Geſaͤnge. Deren erſter erzaͤhlt den
dreißigjährigen Krieg bis zu Waldſtein's Entlaffung auf
dem Collegialtage zu Regensburg, und der zweite bis
vierte Guſtav Adolf's Waffenthaten, deſſen Fall und flächtige
Umriſſe des Kriege bis zur Einnahme Prags ducch bie.
"Schweden, mit welcher bekanntlich der Kampf ein Ende
hatte. Herr Spahn gibt fich ſetbſt das Zeugniß, für eie
nen hocherhabenen Gegenſtand mit Enthufiasmus gearbei-
tet zu haben, was wol von felnen Leſern nicht in Abrede
geftellt werben wird. Er fcheint aber ein „Gekteiſche von
Splitterrichtern“ zu befuͤrchten. Mef. will des Dichters
Urcheit über fich wife tefiben, noch weniger der gewuͤnſch⸗
ten Wirkung feines Gedichtes auf das Volk entgegentres
tenz wenn uber Jemand ein Nationalgedicht liefern, das
04%:
durch Die ‚freundlichen Lichtſtrahlen, welche die Bisfürmation
anzlındete, beleben und Die Nebel, welche vor 200. Jah»
sen der Kanonendonner bei. Lluen niederſchlagen half,
zereeißen will, fo darf er nicht auf einem gallopirenden
Degafus zeiten und das Roß nicht ſtolpern laſſen. Es
muß uͤbrigens auffallen, wenn der Dichter die Schweden
des 17. Jahrhunderts mit Keulen und Haͤmmern drein⸗
ſchlagen laͤßt, waͤhrend er von Batterien, Baſtionen und
Redouten ſingt. 145.
Spazlergaͤnge eines berliner Poeten. Leipzig, Wolbrecht.
| 1833. 8. 20 St.
Wir haben bier wieder einen unferer mobernen Weltverbeſ⸗
ferer, dee mit Spott und Hohn die heutigen Zuftände tabelt
und nicht undeutlich dabei zu verftchen gibt, daß er der Mann
bagu wäre, Alles beffer, fparfamer und nüglicher einzurichten.
Dazu hat er fi nun die Stadt Berlin erwaͤhlt und ihre ver»
fhiebenen Inftitute, gute ſowol als ſchlechte, ſtark angegriffen ;
ob aus gekraͤnkter Gitelleit, wie es Herrn Deine mit Goͤttingen
begegnet fein foll, ob aus bloßer Luft an Verſemachen, ob aus
Roth und Mangel an Lebensunterhalt — vermag Ref. nicht zu
entfcheiden. Alfo zum Bude felbfl. Unter 26 Weberfchriften
werben bie verfchledenen Zuftänte bes berlinifchen Lebens, als
ber Zudenbefehrungsrath, ber Cenſor, ber neue Vuͤrgermeiſter,
die große Afabemie, der Gchulmeifter, bie Bibelgefellfchaften,
der Bruͤhl'ſche Ball, die Dichter, die Gervilen, bie Liberalen,
die Zuftiz, der Thiergarten, ber Wohlthätigkeitsverein, die
Zurner u. f. w. befungen unb resp. verleumdet. Denn mit
diefem Ausdrucke müffen wir den Gingfang auf die Akademie
bezeichnen, die boch mehr als ein nügliches und großartiges Uns
ternehmen (wir erinnern nur an das Boͤckh'ſche „Corpus in-
scriptionum‘ und die Bekker'ſche Ausgabe des Arifloteles) ins
Leben gerufen bat, oder bie Invectiven gegen bie Wohlthätig:
feitövereine, da doch ein jeder Unbefangen? dem Wohlthaͤtigkeits⸗
finn der Berliner Gerechtigkeit widerfahren laffen muß. Daffelbe
gilt von bem Gedichte: „Der Schulmeifter”, mo es der Verf.
ber Regierung zum großen Verbrechen macht, daß ein Bereiter
im Geftüt zu Drakehmen (das muß aber Zrafehnen heißen) mehr
. Gehalt hat ale ein Dorffdyulmeifter: Wir brauden jeboch Hier
wicht zu Tagen, wie viel die Regierung für das Elementarſchul⸗
wefen thut unb gethan hat; weiß aber ber berliner Poet dies
noch nicht, fo mag er Victor Couſin's Bericht leſen. Ebenſo
wenig treffend ift fein Tabel der berliner Dichter, unb ganz ge:
ſchmacklos find die Anfpielungen auf die Namen, wie wenn
W. Alexis ein „trockner Häring’ heißt, ober von Förfter ge:
fagt wird, baß „er ben Forſt fhlecht verwalte‘, ober von Varn⸗
hagen von Enfe, baß er „auf gut pommeriſch Gaͤnſe mäfte”.
Wie Müchler mit feinem „Anekdotenalmanach“ unter die Dich:
ter komme, begreift fich nicht leicht. Nicht minder unanftändig
ift das Gedicht: „Hirſchhorngeiſt““, in welchem Kranz ‚Horn ges
chmaͤht wird. Auch die Zuftiz wird hart mitgenommen, über
en Thiergarten finden ſich Tchlechte Späße, über den Genfer.
will bes Berf. fehr wigig fein, und fo ergießt ſich fein Spott
noch über viele andere der genannten Gegenſtaͤnde. Kon ben
Liberalen heißt es ©. 102: .
D, ſtellt doch diefe Liberalen
Für einen Monat an bie Spitze;
Noch eb’ bie halbe Zeit verftrihhen,
Berlaflen fie von ſelbſt die Sitze,
„Die fie voU Hochmuth eingenommen,
Bermeinend, Niemand Tomme glei
An Weisheit ihnen und Erfahrung —
Im ganzen heil’gen roͤmiſchen Reich.
An dieſen Borten hast ſich der moderne Juvenal ſelbß fein um,
thell ——
vBamit uns vielbeſagter Poet aber nicht ber Ungerechtigkeit
ſeiner epistols encyclica vom 3. Mai 1824 gethan bat, aber
man fo
ten, zur vichtig eiten.. Noch
müffen wir bemerken, daß der Verf. in feinem Gedichte: „Deutſche
Sprache”, einen löblichen Gifer für die Reinheit und Bildung
ber Mutterfpracdhe an ben Zag legt. Ob indeß in Berlin bie
deutſche Sprache in einem folchen Brabe der franzdfifchen nad:
gefept wird, wie ber Port uns glauben machen will, bezweifeln
wir. Wenigſtens ift das Beſtehen eines franzöftfcgen Theaters
noch fein Beweis dafür. 89,
Notizen.
Sm „Perth advertiser’’ wird eine Drucderpreffe befchries
ben, welche ein Schreiner, Namens 3. Bogle in Perth, nach
ganz neuen Principien erbaut hat. Cie nimmt weniger Raum
ein als die gewöhnlichen Preffen, Hat ein viel huͤbſcheres Anfehen,
arbeitet ohne Geraͤuſch und fo fchnell wie Cowper's Maſchinen⸗
preffe. Gin Knabe Tann fie bewegen, ein Mann vollftändig ber
dienen, wenn der Druck nicht ſehr fchnell geht. Faſt gleichzei⸗
tig wird bie Schwärze auf die Tippen gebracht, ber Papierbo:
gen von ber Maſchine aufgenommen und bedruckt zurüdgege:
ben. Gie gibt zugleich die Zahl der Bogen an. Da ber Er:
finder alle Theile der meiftentheild aus Metall beftehenben Preffe
feloft verfertigt hat, fo iſt fein Geheimniß noch nicht bekannt.
„Die Herausgabe von Zeitfchriften”, fagt James Stuart in
feinen ‚Three years in North America’ (2 ®de., Edinburg 1833),
„gehoͤrt nicht zu den gebeihlichen Unternehmungen in ben despo⸗
tiſchen Staaten der Union, unter denen ich vorzugsweife Suͤd⸗
carolina, Georgia und Eouifiana verftehe, weil bie Preßfreipeit
hier den Barbigen gang und felbft den Weißen in hohem Grade
verfümmert wird. Die Kolgen ergeben fich aus einer Verglei⸗
dung ber Zunahme ber Zeitfhriften in andern Staaten mit
dieſen dreien. Neuport befaß 1810 nur 66 periodiſche Blätter
und jegt erfcheinen dort 211; Pennfplvanien zählte 1810 nar
71, jegt bat es 185; Ohio hatte 14, die fich bis zu 66 ver
mehrt haben. Dagegen beflanden 1810 in Sübcarolina 10 Blätter,
bie fih nur auf 16 vermehrt, in Georgia 18, bie ſich erhalten,
und in Louiſiana 10, welche ſich auf 9 vermindert haben. Der
legtere Staat fteht mit biefem Ergebniffe der periobifchen Preffe
während der legten 20 Jahre als einig ba; und body hat fid
die Bevdlkerung don 20,845 auf 215,272 Köpfe gehoben. So
verberblih war ber Ginfluß willtürliher Sasungen, daß bie
neunfach gewachſene Bevoͤlkerung weniger Blätter befigt als
"bie ebenfo viel Eleinexe vor 20 Jahren.‘
Ein englifcher Pachter, welcher jüngft in einer öffentlichen
Verfammlung wider den Zehnten und die Anfprüche der Kirche
fehr geeifert hatte, ſchloß feine Erpectoration mit bem Außrufe:
„Alſo em Zehntheit? wahrlich, nicht lange wirb es dauern,
und ihr ſeid mit dem Fünftel zufrieden!“ 8.
.
— — —
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. A. Brochaus in Seipiig.
RER
\
Blätter
für
literarifhe Unterhaltung.
Schon ein flüchtiger Blick auf die Geſchichte der Me:
dicin lehrt und, daß diefe Wiſſenſchaft zu allen Zeiten den
fonderbarften Schidfalen unterworfen gewefen ift und faft
ohne Unterlaß mit abenteuerlihen Ideen und wunberli-
chen Einfällen zu kämpfen gehabt hat, von denen fie fid)
immer erft nad) längerer Zeit und nach manchem hefti⸗
gen Streit hat reinigen und zum Lichte der Wahrheit
hindurcharbeiten können. Dem Borfcher der Gefchichte Fälle
e8 daher auch nicht auf, wenn ſich von Zeit zu Zeit mies
der ähnliche Kämpfe erneuern und neben dem Guten und
Mahren, das ſich die Wiſſenſchaft allmälig aneignet, aud)
wieder neue Irrthuͤmer auftauchen, ſich ausbreiten und
oft längere Zeit behaupten, bis fie am Ende wieder der
Vernichtung preisgegeben werben. Es nimmt ihn ebenfo
wenig Wunder, wenn in der neuern Beit ein Franzofe
alte Krankheiten von Entzündung der Magen: und Darm-
ſchleimhaut ableitet, oder ein Deutfcher feine Kranken mit
wahren Atomen von Heilfubftanzen behandelt, und beide
fih Ruf und Anfehen zu verfchaffen wiſſen, als wenn er
aus gefchichtlichen Weberlieferungen erfährt, daß Galen die
Urfache der Fieber in Verderbniß oder Faͤulniß der Säfte
ſuchte, oder Rob. Fludd die Entftehung der Krankheiten
von böfen Dämonen und namentlich von vier Fürflen
derfelben herleitete, die von den Winden der vier Dim:
melsgegenden loßgelafien würden. Dergleidyen Spiele und
Verirrungen des menfchlichen Geiſtes, wie fie ja aud)
_andere Wilfenfchaften, als bie Aftronomie in ber Aſtro⸗
logie, die Chemie in der Alchemie aufzuweiſen haben,
muß man gewohnt werden und fie mit einer gewiſſen
Duldfamtelt ertragen lernen. Sie find keineswegs im⸗
mer als NRädfchritte oder als Hemmſchuhe des Wahren
und Tüchtigen in der Wiſſenſchaft anzufehen, fondern dies
nen ihr vielmehr oft als Beförderungsmittel zum Gedei⸗
ben und zur Verhertlihung. Der eigentliche Kern der Wiffen-
haft geht, trog allen diefen Verirrungen und trog allen ver:
fhiedenen Umformungen, denen fie Immer von Neuem unter:
worfen ift, nicht verloren, und zum Gluͤcke hat es zu allen Zei⸗
ten Befchliger der Wahrheit gegeben und gibt beren noch, die fie,
| gleich dem heiligen Seuer der Beta, bewachen und nicht un⸗
tergehen laſſen. Eben deshalb können wir aber auch in bie
Klagen nicht einftimmen, bie ſich jest von fo verfchiede-
nen Seiten ber erheben, als ob die wahre Heilwiſſen⸗
[haft ihrem Verfall entgegenzugehen und durch einſei⸗
tige Theorien und leere Träume verdrängt zu werben im
Begriff ſtehe. Es duͤnkt uns im Gegentheil, daß ſich
eben jegt in ihr ein Eräftiger Geiſt und ein lebendiger
Borfhungstrieb rege, und daß eben durch eine firenge
Sonderung der verfchiedenen jetzt herrfchenden Elemente
fi) das reine Metall defto ficherer von der damit ge
mifhtn Schlade reinige. infeitige Syſteme und Theo⸗
rien, wenn fie auch eine Zeit lang eine gewiſſe Herrſchaft
über das Alte und Beftehende an fich reißen, hatten immer
das Gute zur Folge, daß fie vorhandene Mängel und
Gebrechen erkennen, aber auch das Wahre und Echte
deſto höher achten kehrten; fo ging «8 in frühern Zeiten,
und fo wird es auch noch ferner gehen.
Indeſſen find wir keineswegs gemeint, mit dem Allen
eine allgemeine Xoleranz zu predigen und in unfern Kunſt⸗
genoffen die Ueberzeugung zu befefligen, daß, man mit
allen Irrthuͤmern Nachſicht haben und jedem müßigen
Einfall feinen Lauf faffen müfle, vielmehr find wir der
Meinung, daß Streit und Kampf in der Wiffenfchaft ein
ebenfo nothwendiges Mittel zur Erhaltung des Ganzen
find als die Stürme in der Natur, und daß es jedem
feine Wiftenfchaft Liebenden Manne Pflicht ſei, gegen An⸗
griffe auf die Wahrheit in die Schranken zu treten und
Irrthuͤmer und Bloͤßen da, mo fie fi, zeigen, an das
Licht zu ziehen. Es läßt ſich nicht leugnen, daB auch die
Mediein, wie fie gegenwärtig ift, manche ſolcher Irrthuͤ⸗
mer und Bloͤßen anfichträge, und daß ſowol die wiſſen⸗
ſchaftliche als die technifche Seite berfelben Verbeſſerun⸗
gen fähig und beduͤrftig iſt. Mur müflen wir babei bes
denken, daß Manches, was wir anders und befjer wün-
fhen, in der Unvollkommenheit der menfchlichen Erkennt
niß überhaupt begründet iſt, Anderes erſt länger vorberei:
tet fein muß und eine gewiſſe Zeit zu feiner Reiſe be:
darf, noch Anderes mit dem politifchen Leben und andern
.
646
Verhältnifien des Volkes verwebt iſt und deshalb Leine
Abänderung erleibet, und daß endlich Jeder durch feine
befondere Brille fieht, und der Eine als Mängel und
Irrthuͤmer erkennt, was ber Andere nicht als ſolche be
teachtet. Beſonders des letztern Punkte wegen tragen
wir faſt Bebenken, unfere Meinung uͤbee manche ben:
jegigen Zuſtand dee Medicin betreffende. Gegenſtaͤnde und
über Manches, was uns dabei als mangelhaft erfchienen
it, hier nieberzulegen. Indeſſen bedenken wir, daß auch
ein Meines Sceinchen, an-ber vechten Stelle angebracht,
zum großen Bau mit beizutragen vermag, und daß über
wichtige GSegenkände die Stimmen ſich verviefältigen
‚.bamit durch gegenfeitige Anregung und Austaufc
ber Gedanken die Wahrheit ſich herausſtelle, To glauben
wer: wenigfiene zu ben folgenden Bemerkungen dieſelbe
Befugeit zu Haben, die einem Jeden zufscht, bei dem ber
- Domfand,, Über den er zu ſprechen gedenkt, wicht ganz
außror feiner Sphäre age. Mehr um einen Anhaltımgs:
punkt zu haben, als um das Amt der Kritik zu üben,
Mmüpfen wir unfere Bemerkungen an das oben genannte
Werl des Haren Dr. Braun, dem wir wol auf unferm
Large öfter zu begegnen Beranlaſſing erhalten werden,
daa aber zu viele Gegenſtaͤnde der Medicin beruͤhrt, abs
daß. wie ihm allenthalben zu folgen Zeit und Wesuf hät
ten. Uebrigens koͤrmen wis nicht umbin, unfere Leſer zur
Zortave dieſes Buches dringend aufzufodern, indem es
neben manden Ruͤgen auch manche zweckmaͤßigt Vor⸗
ſchlaͤga zu Verbefſerungen enthaͤlt und Überhaupt in einem
der Würde der Wiſſenſchaft angemeſſenen Geiſt geſchrie⸗
i
ben iſt.
Bundrderft faſſen wie die ärztliche Bildung etwas naͤ⸗
ben. ins Auge, und zwar glauben wir hier etwas weiter
yarüßgchen zu muͤſſen als unſer Verf, ber feine Betrach⸗
taugen wit der Bildung auf Univerſitaͤten beginnt.
Die Wiſſenſchaft des Arztes gruͤndet ſich geößtentheits
auf Naturforfhung Daß derſelbe imsbefendere. bie Er⸗
ſcheinungen bes kranken Lebens zum Gegenftande feiner
Forſchung macht und fie zu einem befondern Zweck, dem
dor Heilung, benugt, waͤhrend der Naturforſcher bei ſei⸗
nen Korfchungen einen. ſolchen befondern Zweck nicht vor
Augen: hat, macht in der Hauptſache Beinen Unterfchied.
Beide Haben die Natur zum Gegenſtande ihrer Betrach⸗
tung, und Beide gefangen zur nähern Kenntniß dieſes
Gegenſtandes nur durch die Beobachtung Ein guter
Beobachter muß aber, neben gefunden Sinnen, Luſt und
Talent zu beobachten haben, er muß ferner diek& Talent,
gleich; jeder andern Faͤhigkeit, im ſich ausbilden, und zwar
in des, Natur, die ihm Dazu die Mittel bietet, ſelbſt aus⸗
bilde; ex muß ſich zu ihr hingezogen fühlen, muß, eins
lg aus aignem Antrieb oder durch fremde deitung ihre
Erſcheinungen auffaſſen, vergleichen, ſubſumiren lernen
u. w, Es kommt bier wenig auf die Methode an,
nach, weicher Died betrieben wird, indem mehr ober weni⸗
ges. in jedem Menfchen ſchon von Natur der Trieb liegt,
ſich almaͤlig mit den ihn umgebenden © ndan in
nähen Webanutfchaft zu fetzen. Iedes Kind. gelangt auf
biefe Wiſe zur Kenntniß der, Natur, und es bedarf nur
eines hinreichenden Materials, um nad und nach dieſe
Kenntniß immer mehr zu erweitern. Indeſſen bat darauf
Erziehung einem großen Einfluß, und wir koͤnnen ebenfo
gut aus dem werdenden Menfhen einen Kaspar Haufer
machen, wenn wir Als entfernen, was bie Natur:
anfchauung fördert, as wir im Giegencheil und insbeſon⸗
dere bei gänfligen Anlagen durch Telihzektige Beglinſtigung
des Verkehrs mit der Natur die Bildung zum Natus
forfcher zu vermitteln vermögen.
Es bebasf wol kaum des Beweiſes, daß, auch abges
fehen von der Bildung zum Naturforfcher und Arzt;
Dieb der eigentliche natürliche Weg if; den bie menſch⸗
liche Bildung überhaupt nehmen Denn auf weige
andere Weiſe wäre das menſchliche Geſchlecht auf ben
Punkt der Cultur gelommm, ben es jetzt oinmimımt, als
auf diefem? was hätte dem menſchlichen Geiſte bie Mit:
tel zu afle dem gelehrten Kram gegeben, auf beffen Befik
er ſo flog fl, wenn es nicht die Netur geweſen wire?
und wie bald. wärbe fein bischen Willen verfungpfen,
wenn es nicht aus dieſer immer jungen Quelle frifche
Nahrung aufnehmen kaͤnnte?
Wir können «6 nun aber insbeſondere bier, tee «6
fi von der Bildung zum Maturforfcher und Arzt han
beit, nur beklagen, daß man im neueren Zeiten biefen Weg
der natürlichen Bildung fait gang verlaffen bat und fid
nach immer mehr davon zu entfernen fein. Wie viel
fehle noch, daß das gange große Buch ber Natur dem
werdenden Menſchen verichloffen bleibt? Nur von Mund
zu Mund und won Buch zu Bud, pflanze ſich die menfd-
s liche Weisheit fort, und der gelehrte Duͤnkel gaht fo weit,
daß er wähnt, bei gruͤndlicher claſſiſcher Bildung die Na
tus mit aller ihrer Herrlichkeit entbehren zu können. Nic
frühe genug ann ber menfchliche Geiſt für diefes Buch⸗
ſtabenweſen dreſſitt oder, mie Goͤthe ſagt, im fpanifce
Stiefel eingefchnürt, nicht frühe genug der frifchen Weide
ber Natur entzogen und biefer gelehrten. Stalffütterung
überwiefen, nicht fpät genug daraus entlaffen merben.
Wir find weit entfernt, ber claſſiſchen Bildung ihre
Verdienſte abzuftreiten, nur Das glauben wir, daß fie ſich
in der Erziehung ben. Jugend eine Ushermacht angemaßt
bat, bie ihre nimmer zukonmen kann, unb daß fie. insbe
fondere das kindliche Leben auf eine Weiſe in Beſchlag
nimmt und verfümmert, die auf das gange Übrige Leben
die nachtheiligfien Kolgen äußert. Man betrachte nur das
Leben eines muntern, geiſtreichen Knahen, wie es fi
ſteaͤubt gegen Diefes. todte Buchſtabenweſen, und melde
Mühe es koſtet, allmaͤlig in ihm ben frei Sinn und
bie Luft an ber lebendigen Naturſprache zu ertoͤdten!
Denn um ben Anfoderumgen, zu entſprechen, bie ‚heutigen
Tages an einen Menſchen von gelehrter Bil gemacht
werden, thus es Noth, daß die. Kinder jaſt die Schulſtube
nicht mehr. verlaſſen, und außer einem flüchtigen Spazier⸗
gang in den Pausgarten ober um bie Stadtmauer iſt an
ainem weitern Verkehr mit ber Natur wicht mehr zu den⸗
ten. So waͤchſt denn des: Menſch heran, vollgepfrapft
von einar Menge Dinge, die Schrift und Rebe in ihe
bimingetsieben- haben, aber Teer an aller Kenntniß der
647
Natur, und wenn. es hochkommt, fo bat er Born und
Weizen, die er täglich genießt, aus dem Bertuch [hen
Bilderbuche ober aus einem andern naturhiſtoriſchen Werke i
kennen lernen, aber nie in der Natur ſelbſt geſehen Den !
die gelehrte Weisheit, die Alles weis, hat auch die Na⸗
tur ſchwatz auf weiß in einen Band zuſammengelegt und
bedarf der Außen zum Unterrichte nicht mehr. Go kann
98 berm nicht Tedlen, daß in ber Eindlihen Seele mit der
Luft an der Natur auch alle. Fähigkeit und auch Geſchick
Fe zu: beohachten, erliſcht. Mic: fall, ober. biafe Faͤhigkeit
petern Jahren windererweckt werden, uenn.fie in den
Am; fi
Hahren dor Kindheit, wo bie Stane noch am thättgften,
Einbildungẽkraft und Gebaͤchtniß noch am regſten fnb, :
nicht genaͤhrt und gepflegt wird? Wie fol das Auge,
das vom Sehen ber Vocabeln und Zahlen. blöde, das
Ohr, das vom Anhoͤren ber Hexameter und Pentameter
müde geroorden, ſich wieder an die erhabenen Schriftzäge
und an bie geheimen Laute ber Natur gemähnen?
wird eine Zeit. kommen, mo man es unbegreiflich finden
Did, wie men Jahrhunderte hindurch das Stubium der
alten Sprachen uub ber Buͤchergelehrſamkeit faſt zum
alleinigen Gegenſtand des Jugendunterrichte bat machen
und dagegen bie ergiebige Quelle der Erkenntniß, wie fie
uns in ber Anſchauung ber ganzen Natur fließt, faſt
ganz hat überfehen können. Nicht allein daß umfere nie
dern Schulen von biefem naturmifienfchaftlichen Unterricht
in der Regel gar keine Notiz nehmen, fo iſt er auch in
den eigentlich gelehrten Bildungsauflalten fo dürftig, fo
wenig anfhaufih und aus ber Natur felbft gafchöpft,
daß er gegen Das, mas bier geleiſtet werden koͤnnte und
follte, und gegen das Webergewicht, was andern Lehrge⸗
genfländen eingeräumt wird, gar nicht in Betracht kommt.
Das Borustheil, daß das Studium der alten Sprachen,
ber Mathematik u. f. u die Baſis aller Gelehrſamkeit
fei, ift fo allgemein verbreitet und hat die Stimmen fo
vieler gelehrten Männer für fi, daß es faſt Vermeſſen⸗
beit tft, gegen fie die Würde der Naturwiſſenſchaften als
eines allgemeinen Bildungsmitteld in Schug zu nehmen,
uud wenn einige würbige Paͤdagogen, ale Salzmann,
Froͤbel u. f. w., in ihren verhättnißmäßig Heinen Bil⸗
dungsanftalten jene Wiſſenſchaften mit in den Kreis ber
Unterrichtögegenflände aufnahmen und ihre Zöglinge in
der Ratur ſelbſt praktiſch unterwieſan und ben Mugen bes
nähern Umganges mit ihr uͤberhaupt nachzuweiſen ſuch⸗
ten, fo ſtehen fie nur als einzelne Ausnahmen von ber
Pegel da und muͤſſen fih wol gar gefallen laſſen, daß
die Herren der gelehrten Republik über fie mitleidig bie
Achſeln zucken und bedauern, daß fie bie Euflbare Zeit
mit Poſſen verſchwenden, anſtatt fie auf etwas Befferes
- gu verwenden.
Es gehört nicht zu unferm Zweck, bier ben nachtchei
ligen Einfluß weiter nachzuweiſen, ben biefe Vernachlaͤſſi⸗
: gung bes natuchiflorifchen Studiums auf bie Bildung
des Menſchen im Aiigemelnen: hat; aber das glauben
wir aus voller. Webergeugung behaupten zu Finnen, daß
bee Nachtheil, der daraus für den kuͤnftigen Nasıırfor
der und Arzt erwaͤchſt, duch alles Buͤcherſtudium nicht
aufgeroogen werben koͤnne. Der Sinn für Natumanſchummg
till von. Jugend ‚aufıgepflege fein wie. jede anbere Faͤhig⸗
telt, und Derjenige,‘ zu deſſen eigentlichſtem Beruf es ges
hört, den Erſcheinungen ber Natur auf allen Wegen nach⸗
zufpüren, zu deflen vollkommener Ausbildung fich alle ver:
fhiedenen Branchen der Naturaiffenfchaften die
reihen muͤfſen, kann jenen Sinn nicht ben ſch
Theil feines Lebens brach liegen und verkiinnmern laſſen.
Gluͤcklih müffen wir Denjenigen noch preifen, ber bie
erſten Jahre feiner Kindheit. auf dem Lande verliebt un)
fih. da wenigſtens bie Liebe zur Natur bewahrt hat, zu
der- das Kind in den Städten, das außer Däufen, Din:
[hen und Buchſtaben nichts Anderes fieht und hört und
nur bie gefelligen Freuden, nicht aber bie oft noch eblern
ber Natur kennt, gas nicht gelangt. Gewiß würde mans
der große Naturferſcher und Arzt, wie 3. U. Linne,
Heim u. A., nicht ein fo guter Beobachter geworden fein,
wenn er nicht auf dem Lande erzogen worden waͤre.
Seinem eigentlihen Elemente gaͤnzlich entfremdet, bes
tritt der junge Arzt erft die naturwiſſenſchaftliche Laufı
bahn, wenn er die Akademie beſucht. Hier wird ihm erft
die Binde von den Augen genommen, und er fteht nım
vor ber heiligen Iſis, nicht wifend, wie er feinen Durſt
nah Wiſſen aus den vielen Brüften allen ſtillen fol.
Phyſek, Chemie, Botanik, Mineralogie, Zoologie u. f. w.,
allen fol er fein Ohr öffnen, ja, er ſoll fie fich fo zu
eigen machen, daB er einft in allen biefen verfchiebenen
Büchern ber Naturwiſſenſchaft eine Prüfung würdig zu
beftehen vegmag. FZürwahr eine herculifche Aufgabe, deren
Gewicht noch bedentender wird, wenn man bedenkt, daß
fie im Berlaufe weniger Semeſter abgethan werden muß,
da das eigentliche Brotſtudium darüber nicht vernadhläf:
ſigt werben darf und moͤglichſte Eile gebietet
(Die Bortfegung folgt.)
Die Gefege der Angelfahfen. In ber Urſprache mit Les
berfegung und Erlaͤuterungen herausgegeben von Mein
hold Schmid. Erſter heil, den Text nebſt Ueber⸗
fegung enthaltend. Leipzig, Brockhaus. 1832. Gr, 8,
2 The. 6 Sr.
Gine unenblidg mähfame Arbeit, die große und umfaffenbe
. Borftubien nöthig machte, legt hier ber Verf. dem geiehrten Yes
blicum vor. Die großen Schwierigkeiten, mit denen er zu Lim:
pfen hatte, ſtellten fich ihm erſt während der begonnenen Bears
beitung ſelbſt dar, und ein gründliches Eindringen und Exforfchen
ber alten Sprache wie bed ganzen Altern Staats: und Rechts⸗
zuſtandes in England erfodert, befonders dann, wenn ungünftige
Berhältsiffe die Nachforſchung au Ort und Steile uamögiih
machen, wie dies bei dem Hrn. Werf. der Fall war, eine eifume
Baharrlichdeit und emfigen Fleiß, welche hier um fo mehr: Anerken:
nung verbienen, al6 bee Haupttheil des Werkes, die angelfächfifchen
Befepe felbft, für baffelbe nur eim kleines Yublicum unter den
beuticyen Gelchuten erwarten läßt. Aber Das, was ber Hr. Verf.
außer dieſem Haupttheile, theils Hier in bes Einleitung meittheits;
tgeils im zweiten Schelle nachguliefeen verfpricht, Tönnte ihm
allerdings ein größeres Publicum verfägaffen, daher wir auch hier⸗
uͤber einige Worte und erlauben,
Die Vorftubien des Verf. mußten, um Gruͤndliches, wie von
ihm gefchehen, zu beiſten,! dinc dreifache Wichkany: nehmen, indem
das Votketeden der wen Orten, wie ver Sachſen dor ſhret
648
in Britannien, und bann das ber Angelfachfen ie
Einwanberung
England .feibft hauptſaͤchlicher Gegenſtand ber . ung wer
mußte. Diefe Vorſtudien veraniaßten ben Verf. zu mehren Ab
bandlungen in bem leider eingegangenen „„Dermes’ "), benen
auch die umfaſſende und intereffante Ginleitung zu dieſem
erfien Bande entnommen if. In dieſer wird zuerfi von ben
Berhältniffen der Bewohner bes alten Britanniens, von der Er:
sberung der Römer und dem Ginfluß berfelben auf das Wolle:
leben und fobann von deſſen Geßaltung bis zu der Groberung
der Sachſen gehandelt. Die älteften Sprachverhaltniſſe der eins
zelnen Vorkeftämme, die Schilderung ber Sagen und Gefänge
der frübeften Zeiten und befonders des Bardenthums — was, ur:
Ppruͤnglich ein Priefterorden, bie Belehrung bes Bolkes überhaupt
mb fodann andy die Grhaltung und Uebertieferung ber Sagen
der Vorzeit zum Zwede hatte, fowie bie Barden auch als
Rechtskundige ſich darftellen — gehören zu ben intereffanteflen Se:
genftänden diefer Darftellung. Der Verf. wendet ſich hierauf zu
den Angelfachfen. Bier finden wir fchom ein ganz anberes, von
dem britifchen verfchiebenes, weit profaifcheres Bolksieben, deffen
ältere heidniſche Volkslieder von den chriftlichen Geiſtlichen bald
verdrängt wurden. Bon großer Wichtigkeit find bie kritiſchen
Unterfuchungen über die Geſchichtewerke dieſes Volkes. Beda's
Werke und beſonders ſeine Hauptſchrift, die engliſche Kirchenge⸗
ſchichte, find naͤchſt der ſogenannten Sachſenchronik die wichtige
ſten, die auch hier beſonders beruͤckſichtigt wurden. Der Rach⸗
weis der Quellen dieſer Werke iſt ein Hauptpunkt der kritiſchen
unterſuchung, und daß ein Haupttheil dieſer Quellen in alten Vers
zeichniffen ber Könige und Geiftlichen und inden Anniverfarien, wel:
che zum Behuf der Seelenmeſſen die TZodestage ber Kirchenwohlthaͤ⸗
ter enthielten, beftanden, und wol ſchon die heidnifchen Prieſter
der Sachſen Regententafeln führten, da audy hier die Religion
mit der Abftammung ber Fürften in Verbindung fand, muß
man bem Verf. gewiß ebenfo gut zugeben als bie gegen Pertz
gerichtete Bemerkung, daß zwar in Deutfchlahd bie Chtoniken
aus Zufägen und Notizen zu den Dionpfius’fchen und Beda'ſchen
Beittafeln entftanben fein Eönnen, in England aber dieſelben aus
jenen Regententafeln ſich herfchreiben, fowie es denn überhaupt fehr
wahrfcheinfich gemacht wird, daß die ganze beutfhe Annaliftif
aus England ftamme.
Wenn bei ber Betrachtung der Sachſen vor ihrer Einwan«
berung ber Verf. fich nicht abgeneigt erklärt, einen Vergleich und
Analogien ber Berfaffung biefes Volkes und ihrer Rechtsgebtaͤuche,
- wie fie buch die gefhichtlichen Nachrichten aus der Zeit bes
Kriegs mit den Kranken und durch die Beſtimmungen der Lex
Saxonum und der Gapitularien Karl’s bes Großen auf uns ge:
kommen find, mit ber Berfoflung und ben Gebräuchen var ihrer
GSinwanderung nad Britannien anzunehmen, fo ift diefes gewiß
nicht fo gewagt, wie es bei der erflen Betrachtung ber dazwi⸗
fihenliegenden Jahrhunderte erfcheint, indem in’ biefer ganzen
Beit fein fo wichtiges Ereigniß liegt, was eine bedeutende Ver:
änderung hierbei hätte bewirken koͤnnen. Somit ift aber die Wich⸗
tigleit der Schilderung des älteften gefellfchaftlichen Verhaͤltniſ⸗
fed der Sachſen -in England zur Aufklärung ber Altern beuts
fen Verbältniffe, worauf ſchon Phillips mehrfach aufmerkſam
gemacht hat, auch ohne Zweifel, und der Unterſchied, den hierbei
das Entſtehen der Könige und ihrer Gewalt aus dem @eleite
( Gefolgſchaften), durch welche bie Eroberung flattfand, bewirkte —
was auf gleiche Art bei allen beutfchen Völkern, die auf erober:
tem Grund und Boben fich nieberließen, ſich entwidielte — iſt keis
neöwege für bie erfien Zeiten fo burchgreifend, als man anzu
nehmen gemeint fein Eönnte, da bie Könige durch bie Rationals
verſammiungen beſchraͤnkt wurben und das demokratiſche les
ment in ben @emeinder, Marks und Gauverbindungen vors
herrſchend blieb. Analog mit den Winifterialen und Vaſſen im
alten Frankenreiche ift die Thanenſchaft (&. 73) in Eng
land, ein erft fpäter erblidh gewordener Amts: und Diftricte-
=) 0.28, 9.25 Bd. 80, 6. 25 Mb. 81, D.95 Bi. 8, 4. 2
den kriegeriſcher Charakter nothwendige Folge der ewigen
Wenden wir und nun mit einigen Worten nod zu ben Ve⸗
fenen ſelbſt. Sie enthalten faſt dDuschgehenbs ‚nur Berorbnungen
zur Aufrechterhaltung des Friedens, und was mit biefem nähe
ober entfernter in Verbindung ſtand, indem ja nach der KH.
tern WBerfaffung auch Alles, was auf dem Frieden beruhte, noth⸗
wendig vom König audging. Die Urfachen ihrer Aufzeichnung
find dieſelben wie bei andern beutfhen Völkern, und ihre große
Wichtigkeit für das beutfche Necht ergibt ſich befonbers daraus,
daß der große Reichthum an Quellen eine genaue Kenntnig dab
ganzen Rechtsgebiets geftattet, hier das einheimifche Hecht in einer
Seit von vier Jahrhunderten volltänbiger und entfemter von
fremden Glementen als in Deutſchland ſich entwickeln Eonnte,
und jene Lüce, bie hier zwifchen ben Gapitälarien und ben Kechts
büchern des Mittelalters fi findet, nicht anzutreffen ift.
Am Ende ber Einleitung gibt ber Bet eine Kritik ber
fruͤhern Ausgaben, bie oft fehr unkritiſch find; ein Vorwurf, dem
ſelbſt Wilkins nicht entgeht; die vorhandenen Hülfsmittel find
noch nicht hinlaͤnglich benuzt. Den Zert felbfk ber
Berf. unter Benugung aller ihm zu Gebote ſtehenden Hülfs
mittel möglihft rein zu geben geftrebt; ein Abdrud de
älteften Codex feibft mußte bei feiner: Verhinderung , bie Unter
hen an Ost und Stelle zu führen, unterbleiben. Dim angel
aͤchſiſchen Texte ift eine beutfche Ueberfegung beigegeven. Gine
Kritik der einzelnen angelfächfiichen Rechtsdenkmaler ſelbſt fs
wie den Abdruck ihrer Ältern Iateinifchen Ueberfegungen und di
Erläuterung biefer ganzen Quellen verfpricht der Verf. im zw
ten Theile zu liefern, deſſen Exfcheinen wir mit gefpannter Auf:
merkſamkeit entgegenfehen. 60.
Literarifhe Notizen. |
Der erfte Band der „Correspondawce d’Orient, 180 —
81’, von Michand und Poujoulat, iſt erfhienen. Das Werl
wird aus ſechs Bänden befichen.
Die Sociste des droits de Phomme hat durch ben
Bürger Laponnerape einen Gommentar der „Declaration 'des
droits de l’homme’ herausgeben laſſen. “
"Aus der Handfehrift des Spanierk Alpors Florc Ckreh
us der Handſchrift bed Spanier Alparo Florez Eſtrade
bat Galibert einen „Cours Eclectique —S politique‘
in drei Bänden zu Paris herausgegeben.
Die zweite Abtheilung des vierten‘ Bandes von „Voyage
de decouvertes autour du monde A; la recherche de La
rouse’, vom Gapitain &. Dumong Balkvile, iſt erfchienen.
Das Ganze wird mit dem fünften Batibe vollendet werden.
Zr Ton
Angelünbigt if: „Revue algerienne; ou ke r&rdlateur
africain”’, von einer Gefellfhaft von Gelehrten. Kauf: und
Gewerbleuten in Algier berausgegeben.. Vom 13. April an er
[deinen monatlid zwei Lieferungen, jede von drei Bogen... Die
Berlagshandlung in Algier Heißt Parcellier ımb Compagnie.
Graf Horace be Biel: Gaftel hat bie 52. Lieferung ber
„Collections de costumes, armes et meubles, pour servir &
Phistoire de France, depuis le commencement de la monar-
chie jusqu’& nos jours‘‘ herausgegeben. Das Wert wird auf
60 Lieferungen beftehen, die drei Bände in 4. bilden.
Albert Montdmont gibt vom erften April 1888 eine „Biblio-
thöque universelle des voyages eflectuds par mer ou par
terre dans les diverses parties du monde, depuis les premid-
res de6couvertes jusqu’a nos jours” Heraus. Dieſes Werk
wird aus 85 Bänden beftchen. . :9,
tr
Redigtet unter Berantwortlicteit der Verlagshandlung: F. U. Broddaus in Leipzig.
Blätter
für
literarifſche Unterhaltung.
Freitag,
Die Medicin des 19. Jahrhunderts wie fie iſt und
fein follte, von 3. Braun.
(Kortlegung aus Nr. 187.)
Wäre das Studium dieſer Wiflenfchaften fchon durch
ben Unterricht auf Schulen und Gymnaſien hinreichend
vorbereitet und insbefondere die Grumdlage zur Kenntniß
der verfciedenen Formen und Erfcheinungen ber Natur
gegeben, fo wärbe dadurch nicht allein das Verſtaͤndniß
der aladbemifchen Vorträge fehr erleichtert werben, fondern
aud) bie darauf zu verwendende Zeit eher zureichen. Wer
den Umfang dieſer Doctrinen kennt und weiß, wie viel
Zeit und Fleiß dazu gehört, es nur in einer derfelben
zu einem gewifien Grab von Perfectibilitäte zu bringen,
dem wirb es nicht Wunder nehmen, wenn nicht wenige
unferer jungen Aerzte darin am Schluß ihrer akademi⸗
ſchen Laufbahn zurücgeblieben find und ihre Zeit mehr
auf ihr eigentliches Brotſtudium verwendet haben. Eben
darin aber ſcheint uns ein großer Fehler in der Bildung
unferer heutigen Aerzte zu liegen, unb wir halten das
Studium der gefammten Natur für die Arzneiwifienfchaft
für fo wichtig und unerlaͤßlich, daß wir kaum begreifen
Einen, wie man ohne daflelbe in der Folge auskommen
Tonne.
Was nun aber das Studium der Mebicin felbft be:
trifft, fo flößt ber junge Arzt auch bier auf neue Ver:
legenheiten. Wohl weiß er, wenn er die Akademie be:
zieht, was er Alles hören muß, um bereinft den Fode⸗
rungen feinee Eraminatoren im Staatseramen zu genüs
gen. Er hat fi) entweder einen Studienplan von irgend
einem ditern Arzt machen laſſen ober eine beliebige ſchrift⸗
Hche Anleitung zum Studium der Medicin zu Rathe ge
zogen, worin er bie zu hörenden Vorleſungen von einem
halben Jahre zum andern verzeichnet findet. Aber wie
ganz anders findet er es in der Wirklichkeit? Entweder
einige der ihm grade nöthigen Doctrinen werden gar nicht,
oder fie werden nur theilweife vorgetragen, und er mag
zufehen, vole er in der Folge die fehlenden Theile nach:
boten Tann. So werden, auf mandyen Univerfitäten nur
einzelne Theile der Anatomie, der Pathologie, Therapie
m. f. w. gelefen. Wir geben gern zu, daß der große
Umfang einer jeden dieſer verfchiedenen Docteinen eine
ſolche Theilung fehe wuͤnſchenswerth macht; daß die Vor:
träge darüber reicher, faßlicher gemacht werden koͤnnen; Sanze muß die Kräfte des Schülers nicht überfleigen,
daß es feine großen Schwierigkeiten bat, die Vortraͤge
über einzelne berfelben ohne Trennung in dnem halben
I Jahre zu vollenden; allein mögen unſere guten Lehrer
nur Dabei bedenken, wie kurz die Zeit des alabemifchen
Studiums den Meiften zugemefjen tft, wie viel in diefer
furzen Zeit gehört und gelernt werden, wie bet Schüler
manche Doctrinen, 3. B. die Anatomie, mehr 'ald Eins
mal hören muß, um feft darin zu werden; mögen fie
bedenken, daß nicht Alles von der Lehrkanzel gelehrt wer⸗
den kann und muß, und daß es auf alle Bälle vorzuzies
ben iſt, wenn dem Schüler jebe Doctrin lieber vollftän:
dig, wenn audy weniger ausführlich; als nur, fragmenta>
riſch mitgetheilt wird.
Ueberhaupt ſcheint man in der neuern Zelt barin
etwas zu fuchen, die Lehrgegenftände mehr zu vervielfäl
tigen. Da finden wir in ben Lectionsverzeichniffen Vor⸗
lefungen über vergleichende Anatomie, Diagnoftit, Wels
ber= und Kinderkrankheiten, Seelenheiltunde, Ophthalmo⸗
logie, Vergiftungen u. dgl. m. angekündigt, ja ber Verf.
der oben genannten Schrift verlangt, daß auch noch folche
über das Studium ber claffifchen Aerzte des Alterthums,
Diaͤtetik, Atmofphärologie, Thierheilkunde, Staatsarznei⸗
kunde, Euthanaſie, Homoͤopathie und uͤber das Verhalten
und die Pflichten des Arztes uͤberhaupt und insbeſondere
am Krankenbette gehalten werden ſollen. Gern geben wir
zu, daß dergleichen Vortraͤge uͤber beſondere Zweige ein⸗
zelner Doctrinen für bie Zuhoͤrer ſehr nuͤtlich gemacht
werden koͤnnen, denn in je kleinere Segmente man den
großen Kreis alles Wiſſenswerthen zerſchneidet, deſto an⸗
ſchaulicher, ausfuͤhrlicher laͤßt ſich dieſes Einzelne darſtel⸗
len; allein wo ſoll zu dem Allen die Zeit herkommen?
und wohin ſoll dies fuͤhren, wenn, wie nicht anders zu
erwarten ſteht, mit der Erweiterung der Wiſſenſchaft
uͤberhaupt ſich allmaͤlig ihre einzelnen Zweige immer mehr
ausbreiten? Das Wiſſen uͤberhaupt hat keine Grenzen,
und nuͤtzlich iſt Alles, was nur irgend in den Kreis der
Wiſſenſchaft gehoͤrt; aber um Das, was der angehende
Arzt als Fundament und als Mitgabe fuͤr das praktiſche
Leben ſich zu eigen machen ſoll, muß eine gewiſſe Grenze
gezogen werben, wenn fich fein Stublum nicht ins Weite
verlieren fol. Die einzelnen Vorträge ‚müflen ſich gegen:
feitig ergänzen und ein gefchlofienes Ganze bilden; diefes
650
e6 muß genügen, um damit auf eigne Dand im Leben
weiter fortzutommen, und es muß ihm nicht überlaffen
bleiben, ſich unter den vielen Gerichten, wie fie ihm jegt
an ber reichbefegten Tafel unferer Univerfitäten bargebo:
ten werben, biejenigen auszufuchen, bie feinem Gaumen
befonders zufagen. Dies führt zur Einſeitigkeit, und ef.
bat mehre junge Aerzte getroffen, bie fich mit befonderer
Vorliebe folchen einzelnen Zweigen ber Wiflenfchaft mid:
meten, während fie darüber die Hauptſache vernachläffig:
ten, und bie bann doch aus Mangel an fchidlicdher Gele⸗
genheit im: praktiſchen Leben von jenen Lieblingſtudien
feine oder doch nur eine fehr befchräntte Anwendung ma⸗
chen konnten. .
Gewiß haben den verdienftuollen Clarus ähnliche Ideen
geleitet, al& er auf der Akademie zu Leipzig einen Verein
zur MWersofonmmaung bed medichnifchen Studiums ine
Lehm rief. Wir haben von. dieſem Verein zuerſt durch
‚Heren Braun’s Schrift Notiz befommen und uns ebenfo
ſeht über den Gedanken als über bie Ausführung gefreut.
„Herr Hofrath Glarus hat nämlich Tchon im Jahre 1828
Die Profefforen und Privatbocenten der Teipziger Hoch⸗
ſchule veranlaßt, zu erwägen, ob und wie fern wol bei
den großen Fortfähritten und Erweiterungen ber Arzneis
wiſſenſchaft in ihren Haupt: und Mebenzweigen auch ein
Kerefchreiten des akademiſchen Unterrichts ſowol in Abficht
auf feinen Umfang als auch auf feine Form und Me:
thode wünfchenswerth und möglich) fet. Gegenfeitlge muͤnd⸗
liche Mittheilungen und ein Austaufh von Ideen über
den Umfang der zur wiſſenſchaftiichen Ausbildung ange:
hender Aerzte nötbigen Kenntniffe, über bie zweckmaͤßigſte
Art und Leitung des Unterrichts und ben dabei zu befol-
genden Plan, über das nöthige Ineinandergreifen ber em:
jenen Zweige deſſelben und das Eräftige Zuſammenwirken
der Lehrer, uͤber die Ruͤckſichten, welche die von Zeit zu
Zeit bemerkbar werdenden Fortſchritte und Abwege der
Wiſſenſchaften beim akademiſchen Unterrichte erfodern, über
die · Benutzung ber oͤffentlichen Anſtalten und Sammlun⸗
gen und uͤber die Mittel zur Belebung eines echt oiffen:
ſchaſtlichen Geiſtes unter ben Studirenden follen die Auf:
gaben diefe6 Bereines fein. Micht Bereicherung ber if:
ſenſchaft ducch neue Entdeckungen, fondern nur gegenfet:
tige Berathung Über bie zweckmaͤßigſte Urt und Weife,
dem Anfänger im Studium der Deittunde das ihm Nö:
thige zu lehren, iſt Zweck und Abficht jenes Zuſammen⸗
trites wehrcdigee und geachteteer Männer. Da aber bie
Medkin in ihren Haupt: und Nebenzweigen nur durch
pꝓlanmaͤßige Vorträge vollkommen gelehrt werden kann, fo
hat jener Verein, wie billig, ſein erſtes Augenmerk auf
den Entwurf eines Studienplans gerichtet, und es hat,
da ber- Viren fuͤr die einzelnen Zweige. der Heilkunde In
verſchlebene Seetionen ſich gefpälten, jede derſelben einm
folchen Plan entworfen und aus deren Bereinigung ein
allgemeiner Studienplan ſich gebildet.“ Es iſt ſehr zu
wimnfchen, daß ſich aͤhnliche Vereine auch auf andern Unl⸗
verfisäten bilden und man es dann aber nicht allein bei
bloßen Beſprechungen uud Berathungen ber Lehrer bes
werden laſſen, fondern auch zu Zeiten dm Schhiern den
Zutritt zu bergleihen Verſammlungen geflatten und ſich
um ihr wiſſenſchaftliches Thun und Treiben näher be
kümmern möge. Ein Jeder, der einmal die Univerfität
defucht bat, wird ſich gewiß noch dankbar des Einflufjes
erinnern, ben dergleichen perſoͤnliche Beruͤhrungen mit eins
zelnen verdienten unb humanen Lehrern auf fein Lebir
und auf fein Studium gehabt haben, und er wird mit
uns wünfchen, daß bie hier und ba noch beftehende Kluft
zwifchen Lehrer und Schüler Ammer mehr verfchwins
den möge. —
In Hinſicht einer ſolchen engen Beruͤhung zwiſchen
Lehrer und Schuͤler koͤnnen wir nun auch den ſogenann⸗
ten medieiniſch⸗chirurgiſchen Akademien oder Schulen, wie
fie gegenwärtig in Sachſen und Baiern beflehen, unfen
Beifall nicht ganz verfagen, obwol wir ihnen in anderer
Hinfiht, nämlid als Bildungsſchulen flr Dalbärzte und
Chirurgen ohne weitere wiſſenſchaftliche Bildung, die Zweck⸗
maͤßigkeit ganz abftreiten muͤſſen. Wir begreifen es naͤm⸗
lich nicht, wozu es bei der allenthalben anwachlenden Zahl
von wirklichen Aerzten noch Noth thut, ungebildete Chi-
turgen für das Land zu quasi Aerzten zu bilden und für
fie eigne Lehranſtalten zu errichten, und find mit unferm
Verf. vollkommen darin einverftanden, daß dergleichen In⸗
diniduen nie zu Aerzten in vollem Sinne des Wortes
erzogen werben können, während doch Solbaren und Rande
bewohner, für die fie zunaͤchſt beftimmit fein follen, ein
geringeres Recht auf Ärztliche Hülfe haben als der vor
nehmere Bürger und der Bewohner größerer Städte. Es
gibt nur eine Xrzneiwiffenfchaft, und wer fie ausüben
will, muß fie ganz erfaßt haben, wozu denn auch hinrei⸗
chende Vorbildung auf Schulen, obmwol, wie wir fchon:
oben bemerkt haben, nicht in folcher Ausdehnung und mit
ſolchem Uebergewicht des Stubiums des aͤltern Sprachen
gehört, wie fie heutiges Tages gefodert wich. Wo dem⸗
nach auch Aerzte gebildet werden follen, es fei auf Unis
verfitäten oder auf mediciniſch⸗chirurgifchen Schulen, fo
gefchehe es tüchtig, und es werben ſich dazu gewiß Sub⸗
jecte in binreichender Zahl finden, wenn men ihnen nur
fonft das Studium ihrer Miffenfchaft erleichtert, ihnen
gleiche Rechte einrdumt und fie fo befoldet, daß fie nice
mit Nahrungsforgen zu fämpfen haben.
Aber die medicknifch= hirurgifchen Schulen haben auch
fhre fehr gute Seite. Gewiß hat der gelehrte Choulant
nicht ganz Unrecht, wenn er zu ihrer Rechtfertigung am
führt, daß eine Unterrichtsmethode, bei welcher es dem
Schuͤler gänztich Überlaffen bleibe, wen, was und in meh
cher Ordnung er hören wolle, und wobei am Ende Alles
auf eine ober zwei Prüfungen von bekannten Lehrern
dinaustaufe, wenig geeignet fei, dem Staate brauchbare
und zuverläffige: Mebicinolperfonen zuzuführeng daß ferner
ſchmerzliche Erfahrungen den Stägtsbehörben uͤher ein: eis
gentliches Abrichten Fünftiger Aerzte die Augen geoͤffnet
und fie zu der Einficht gebracht baten, daß ein geonner
ter, duch oft wiederholte Prüfungen fireng beohadıeter
Unterricht nothwendig fei, bei welchem die Schüler ler⸗
nen was fle folfen, und nicht. blos mas fie wollen, und
am bdeffen‘ Schluſſe nicht ein vierflündiges Eramen, fon
651
⸗
dern eine vierjaͤhrige ununterbrochene Prüfung und Beauf⸗
fihtigung über den Werth bes Abgehenden entſcheide u. |. w.
Allerdings hat diefe Methode, dem Schüler ſtets Zu
beauffichtigen und ihn dadurch zu nöthigen, Das wirklich
zu lernen, was er lernen fol, ihre großen Vorzüge, und
trägt ihre guten Früchte, wie wir uns aus eigner Erfah:
rung überzeugt haben. Sie contraſtirt aber zu fehr mit der
Yerlömmlidyen Art und Weiſt des Studirens auf Univer⸗
ſitaͤten, wobei es Jedem uͤberlaſſim bleibt, zu treiben, was
unb wie viel er will, die Worleſungen zu befuchen ober
nicht, waͤhrend derſelben zu hoͤren oder zu traͤumen, das
Gehoͤrte zu repetiren oder nicht, die gediegenen Vortraͤge
eines erfahrenen, weiſen Lehrers zu frequentiren, ober ben
Dhantomen eines durch Neuheit und glänzenden Vortrag
biendenben Privatbocenten nachzujagen u. f. w., um ihr
nicht jene Vorzüge zuzugeſtehen. Aber wir fehen nicht
ein, warum ſich nicht unfere mebiciniihen Facultaͤten auf
NUniverfitäten auch diefe Vorzuͤge follten aneignen koͤnnen.
"Der Schüler befucht bie Univerfität, um zu lemen; warum
follte daher nicht auch hier diejenige Methode des Unter:
richts bie befte fein, wobei er am meiften lernt? Schon
von der Schule ber ift er gewohnt, fich binfichtlich feiner
Thätigkeit und feines fittlihen Betragens beauffichtigen
und verhören zu laſſen, noch am Ende feiner akademiſchen
Laufbahn muß er ſich eine Prafung gefallen laffen; warum
ſoll er nicht auch während feiner Studien beauffichtigt
und über feine Kenntniſſe geprüft werden, wie dies auf
jenen mebicinifch = hirurgifhen Schulen mit fo vielem Er:
folg geſchieht? Die Eraminatorien, wie fie auf manchen
‚Univerfitäten gehalten werden, erſetzen keineswegs derglei⸗
chen gefegliche Prüfungen, wie wir fie bier in Vorſchlag
beingen, denn einestheils erſtrecken fie fich nicht Über alle
Lehrgegenftände, anderntheils Tann ſich ihnen der Traͤge,
Reichtfinnige entziehen, weil er bucch kein Geſetz angehal-
ten wird, fie gu befuchen. Es Läßt ſich zwar nicht leug⸗
nen, daß bei vielen Stubirenden ſolche gefegliche Pruͤfun⸗
gen nicht eben‘ nothwendig find, weil fie auch ohne fie
fernen, was fie lernen follen, und man bürfte fih, um
ihre Entbehrlichkeit zu beweifen, nur auf die vielen treff:
lichen Aerzte berufen, die unfere Univerfitäten bis daher
- erzogen haben, ohne daß noch eine folche Einrichtung be:
ſtand; allen e6 fragt fi, ob es bei den letztern nicht
noch befler flehen, ob niet Manche, bie jegt die koſtbare
Zeit bes afademifchen Studiums „müßig verträumen, ba:
durch ſich und dem Staate gewonnen, Andere und Beſ⸗
fere, die ihr Wiſſen ſelbſtgefaͤlltg uͤberſchaͤzen, nicht zur
Einſicht ihrer Mangelhaftigkeit gelangen würden. Ja, ſelbſt
fuͤr den Lehrer muͤßte es erwuͤnſcht ſein, ſich durch der⸗
gleichen Pruͤfungen zu uͤberzeugen, wie man ſeine Vor⸗
traͤge aufgenommen bat, ob ſte der Faſſangokraft der Mehr⸗
zahl unter ſeinen Zuhoͤrern zuſagen, welche darunter ſie
mit beſonderm Vortheil gehoͤrt haben u. ſ. w. Ref. kannte
einen berühmten deutſchen akademiſchen Lehrer, der ſich in
feinen Vortraͤgen inmmer ſehr unangenehm beruͤhrt fand
durch Phyſiognomien unter feinen Zuhoͤrern, in denen ſich
Traͤgheit, Mangel an Aufmerkſamkeit oder das Gefuͤhl
bes vermelntlichen Veſſerwiſſens ausſprach und deshalb
|
nichts mehr wünfchte, als das Recht zu haben, Hier und
dba einmal über das Vorgetragene Umfrage zu halten,
Daß der Profeſſor bei ſolchen Prüfungen den förmlichen
Schulmeiſter machen follte, wäre ein eitle® Verlangen;
aber zwifchen der Lehrmethode auf Schulen und ber jegl:
gen auf Univerfitäten bürfte wol eine richtige Mitte zu
finden fein, bie allen billigen Foderungen entſpraͤche. In
Zelten wie bie unferigen, wo fich bie Anfoberımgen, welche
man an junge Studirende macht, wir möchten faft fagen
mit jedem Jahre höher fleigern, möchte wenigftens eine
zwedmäßige Veränderung des Unterrichts, weiche das aka⸗
bemifche Studium überhaupt beiebte und erleichterte, nicht
zu ben unbilligen Wimfchen gehören. In Bezug auf das
Stubium der Predichn würde aber eine ſolche Einrichtung,
wie wir fie oben vorfchlugen, die Errichtung von mebdici-
niſch⸗chirurgiſchen Akademien oder Schulen, bie mit dem
Guten auch manche Mängel in fich vereinigen und, ges
gen unfere Univerfitäten gehalten, immer nur ats halbe
Stubienanftalten zu betrachten find, völlig entbehrlic, machen.
(Der Beſchluß folgt.) j
Romanenliteratur.
1. Der Obotrit. Gin Hiftorifcher Roman von David Ruffa.
Leipzig. Seo. 1833. 8. 1 Thlr.
IR es dem Verf. mit feiner Beſcheidenheit, feiner Anfrage
Ernſt, ob der Verſuch in ber Hifterifh:romantifchen Gattung
Aufmunterung verdiene, fo ift ihm mit voller Uebergeugung eine
bejagende Antwort zu geben, denn er bat viele Fehler junger
Romanenfhriftfieller, übertadene Jarbung, Bombaſt in ber Diction,
auch andere Uebertreibungen glücklich vermieden, G und Er⸗
ung gut verbunden, in bem alten Obotritenfürften eine würs
dige Geſtaltung ans Licht treten laſſen und die Lefet nicht wir
gelehrtem Krimskrame gebrangfalt, weder in Wort, noch Beſchrei⸗
bung mehr von dem Heidenthume der alten Wenden beigebracht, als
eben noͤthig war. Nur mehr Wärme, hier und da auch Kraft, und
wie hätten nicht allen ben greifen Krieger, auch die jüngern
Helden fehr anziehend gefunden; Lauheit in ihrem Chriften: umb
Heidenthum iſt ihnen zu vergeben, obgleich dies nicht ganz zeit⸗
gemäß, religidfer Famtismus tritt allzu fehr in den Hintergrund ges
gen bie Staatsraifon. Der wahnfinnige Priefter konnte wegfal⸗
ten, bagegen bie rauen mehr hervortreten, benm nicht hrs
Berf. Unfähigkeit zur Darftelung weiblichee Anmuth nöthigte
ihn dazu; Amalberge, bie unerkannt bem Geliebten, der fie wie
alle Uebrige für einen Knaben hält, Ins Feld folgt, ift, fo
häufig wir auch diefer Figur begegneten, - eine Liebliche Erfcheb
nung unb fogar eine beglaubigte. Kurz, bildet ber Verf. feine
Tönen Anlagen weiter aus, behandelt ee mehr allgemein interefs
fante als blos provingielle Stoffe, fo bürfen wir ihn in Zukunft
unfern beffern hiſtoriſchen Romantikern an bie Seite fegen.
2. Das Mädchen von Gleiwig. Erzählung aus ben Beiten bes
breißigiährigen Kriege von Abolf Haͤniſch. Landsberg an
ber Warte, Ende. 1882. 8. 18 Gr.
Der Gigenfinn eines berrifchen, Abſtiſchen Vaters und Buͤr⸗
germeifters in Gleiwitz trennt zwei Liebente, treibt ben Juͤng⸗
ling unter des Manndfelders Kabnen, wohin ihm das Mäddyen
folgt, wo beide ben Heldentod Flerben und bie Väter zu fpät ſich
über ben Leiden ihrer Kinder verföhnen. .
3. Die Rache. Denkwörbigleiten aus bem Leben bes Miniſters
Battifla Solani. Novelle von Guſtav Werner. Meißen,
Goedſche. 18852. 8. 1 Ahle.
Der Minifter begeht aus Rache verichmähter Liebe einem
Schurkenſtreich an feinem Freund, ber die Be bi
rzweiflung von bies
(mm, Glaserei bei den Markmuetten wub entlid den Eutſchluß,
652
öuder gu werben, herbeifuͤhrt. Er erfhöpft ſich nun feiner:
ſeits in grhdheplänen gegen den ehemaligen, nun Rap vente
Freund, aus welchen biutige Bihten, blutige Früchte, bie She
feiner Zwillingskinder, die Solani unter andern Namen erziehen
Up, hervorgeht, und zulegt Wahnſinn unb Tod ber Hauptſigu⸗
zen, ganz im neueften Geſchmock. .
4. Seeanemonen. Novellen eines Undelannten. Berausgegeben
vom Berf. des „Don Enrique“ u. f. w. Halle, Kümmel.
1882. 8. 20 Gr.
IR der Rovelliſt auch ein Unbelannter, bie Novellen find
Literarifhe Notizen.
„Musical memoirs by W. J. Parke'' (2 Bde., London
1885) enthalten eine Uederſicht des Zuftandes der Muſik in
England von 1784— 1880 und find mit zahlreichen darauf
Bezug babenden Anekdoten ausgeſtattet.
Der verunglädte, von der bekannten amerilanifchen Reis
fenden Mrs. Trollope verfaßte Roman: „The refugee in Ame-
rica” (8 Bde., Eondon 1832), ift auch bei uns fchon gewürbigt
worden. Das „Quarterly review” geht fo weit, ihn eine wahr:
baft Einbifche Production zu nennen und ber Verfafferin felbft
bedeutende Sprachfehler zur Laft zu legen. Was es bei biefer
Gelegenheit im Allgemeinen von dem literarifchen Unmwefen und
ber fchreibfüchtigen Gitelkeit diefer Tage fagt, beweift uns, daß
ed aud in England bamit tout comme chez nous zugeht: „Es
ift der angenommene Glaube unferer Zeit, daß Jedermann, ber
irgend etwas gefchrieben hat, auch eine Novelle fchreiben Kann. .
If ein Heifender durch einige lebendige Skizzen aus einem fer»
nen Lande zu einer gewifien Ark von Ruf gelangt, fo fängt er
naͤchſter Tage zuverläffig eine Novelle zu fchreiben an. Dat
irgend ein Scherz einige Menfchen zu lachen gemadıt, fo gibt
der Urheber gewiß eine Novelle heraus. Der junge Gentleman,
ber einmal fo glüdlich gewefen tft, in dem „Keepsake’' ober
„Bijou’ eine Geite zu füßen, bie junge Lady, deren Liebhaber
über eine pathetifche Ballade von ihrer Hand in dem „Court
magazine” gefeufzet haben, traut ſich mit vollem Rechte eine
breibändige Novelle zu vetarbeiten zu. Man ſcheint allgemein
anzunehmen, daß dazu nichts weiter erfoberlich fei, als ein paar
noch unerhörte heidniſche Taufnamen für die Helden und Hel⸗
binnen aufzutreiben, einen tieffinnigen Titel auszubrüten, ein
wenig fentimentale Liebe aus fich berauszuprefien, ein oder
zwei- hübfche Boͤſewichter aus dem Wuſte alter Lecture herauf:
zubeſchworen, alsdann einen Kopf mit Loofen, genannt Mottos,
anzufüllen, wie etwa: „Iſt es nicht beſſer als allein zu fein?
Byron“; ober: „Zeichen der Liebe. Shakeſpear⸗“; oder: „Cie
Nebigirt unter BVerantwortlichkeit der Werlagähenplung: 3. X. Brodbaus in Leipzig
ttet all Liebhaber. J "und z
I erh Shan .m8 mind
ae a a
afen un eiden rlichſten un
——2 Erſindungen gluͤcklich zu machen.“ —*
Lkiterariſche Anzeige.
Bericht Über bie Verlagsunternehmungen für 1833 von
5. A. Brockhaus in Leipzig.
lab von den übrigen 1% bie Geikeimunn make 308 Sehest
(Bertfegung aus Nr. 140.)
”34. Ha gen (Auguft), Kuͤnſtlergeſchichten. Gnthaltend: Die
Chronik feines Vaterſtadt vom Florentiner Lorenz Ghiberti,
dem berühmteflen Bildgießer bes funfzehnten Zahrkundertd.
Nach dem Italienifchen. Zwei Bändchen, 12. 271 Bogen
auf feinem Drudpapier. Geh. 8 Thlr.
*35. Handwörterbuch in drei Sprachen: Englisch - deutsch-
französisch, Französisch - deutsch - englisch, Deutsch - frau-
zösisch-englisch. (Mit Stereotypen gedruckt.) Auf fe-
nem Velinpapier. Cart.
Die drei Abtheilungen, aus benen biefed Bonbtodrterbug beRrht
werben auch einzeln zu erhalten fel ie _Eettern finb aus Eng
und von befonderer Schönheit, auf die Correctur wird bie allen
ökte Sorgfalt geiwendet und ber Preis wird auf da8 Biligfe ge
19
lech | Re Hr (Karl Sriebrig Alexander), Reperte
rium der Mineralogie und Geognofie, enthaltend eine voll
fländige Zufammenftellung ber neuen Fortſchritte biefer Wifs
fenfchaften. Als Supplemente zu feinem „Wörterbuch ber
Mineralogie und Beognofle” und zu feiner deutſchen Bear
beitung von Beudant's „Lehrbuch ber Mineralogie”, ſowie
überhaupt zu allen neuern Lehr: und Handbuͤchern ber Wine
ralogie und Geognofie. Mit lithographirten Tafeln. Cr. 8.
Auf gutem Drudpapier kineral 6.
eralogie un ognofle von
5 „‚Dandwörterbu ber
on * ie | Thlx. 8 Br.; das „Lehrbuch
—————— (1836) 4 Ablr
u . f)
*»87. Hauch (3. ©), Die Belagerung Maſtrichts. Ein
ZSrauerfpiel in fünf Aufzügen. 8. Auf feinem Drudye
pier. Geh.
+38. Hübner (Joh ann), Zweimal zweiundfunfzig auderle⸗
fene bibtifche Hiftorien aus bem Alten und Reuen Zeflamente,
zum Beten der Jugend abgefaßt. Aufs Neue durchgeſehen
und für unfere Zeit angemeflen verbeffert von David Jo⸗
natdan Lindner Die hundertunderſte ber alten,
ober bie zweite der neuen vermehrten und ganz umgearbeis
teten und verbefferten Auflage. 8. 25 Bogen. 8 Gr.
89. Hüllmann (8. D.), Gtaatsverfoffung der Jeraeliten.
Gr. 8. Auf gutem Drudpapier. ’
*40. Koenig (H.), Die hohe Braut. Gin Roman. Zwei
Theile. 8. 49 Bogen auf feingm Drudpapier. 4 Thlr.
+41, Matt hia (Auguft), Lehrbuch für den erften Unterridt
in der Philofophie. Dritte, verbefferte Auflage. Br. 8.
134 Bogen auf gutem Drudpapier. 20 &r.
Mengottis (Francesco), Del commercio dei Re-
mani ed il Colbertismo. Memorie due. Mit grammatikali-
schen Erläuterungen und einem Wörterbuche zum Schul
und Privatgebrauche herausgegeben von @. B. @kessi.
12. 21 Bogen auf Druckpapier. Geh. 1 Thlr. 20 Gr.
+48, Most (Georg Friedrich), Eocyklopädie der me-
dicinisch-chirurgischen Praxis, mit Einschiuss der Ge-
burtahülfe und der Augenheilkunde. Nach den besten Quel-
len und nach eigner Erfahrung im Verein mit mehren prak-
tischen Aerzten und Wundärzten bearbeitet und heras-
ben. Erster Band. Gr. 8, Auf gutem Druckpapier.
| g:g° r r gut
wird naͤchſtens eine befondere Anzeige diefes Fr ande
gegeben werden.
(Der Beſchluß folgt.)
‘+
"". “ .
kn ı > {7 . .. ’
Blaq tter
für
Unterhaltung.
Sonnabend,
Die Meditin des 19. Jahrhunderts wie fie ik und
fein foßte, von I. Braun.
(Berl aus: Mr. 156.)
Aber auch noch von manchen andern Seiten dürften
unfere 'mebichnifchen Schramftalten der Verbeſſerung bebürf:
tig fein. Bei aller Achtung vor ber Mehrzahl unferer
deutſchen Poofeffoven, fcheint es uns doch, als wenn ſich
Hier md da in den Kreis derſelben Subjecte einſchlichen,
welche dieſen Ramen nicht verdienen, ober doch nur un⸗
tes diefem Namen In den Lretiondwerzeichnifien figuriren,
ale die Sache weſentlich fördern zu helfen. Einige darun⸗
tee haben ſich zu dieſer Wuͤrde vhne alles Verdienſt und
Wuͤrdigkeit emporgeſchwungen, vielleicht weil fie verdiente
und berühmte Männer zu Vätern ober fonft Verbindun⸗
gem haben, die fie in die aBademifche Carriere winführten,
oder ihnen das Fortkommen in derfelben erleichtesten; An:
dere ſtrotzen von Gelehrſamkeit, haben aber ſelbſt nie prak⸗
tifch ‚gebt, was fie: lehren, oder wife: das Gelernte nicht
anzuwenden ober nicht vorzutrageng‘ noch Andere gefallen
fi in neuen Theorien und Syſtemen und vernachläfft: -
geprüfte Alte; wieber Anz !
dere ergeben ſich beſoridern Liebiingfiabien, die niet zu '
‚ die fie eigentlich vortragen follen; '
ten daricher das Wahre Kind
den Doeteinen ge
woc Andere whplic, bleiben auf ‚dee einmal erreichten
Stufe der Wildung ſtehen, ohne ſich um die weitern
Sortſchritte der Wiſſenſchaft zu bekuͤrnnern u. ſ. Wir
wiſſen wohl, daß ſich Hier Vieles leichter tadeln als beffer
machen‘, und daß ſich alles Andere im der Wels leichter
Ändern läßt ats die Menſchen. Allein Tben, da hier auf
eng eluge Wahl fo unendlich viel ankommt und bie ver-
edenen zu ‚einem tüchtigen Lehrer ber Meditin gehde :
- enden Bigenfchaften, Gelehrſamkeit, praktiſches Talent,
Kangenehrwer, Fußlicher, geordneter Vortrag u. f. w., fo ſel⸗
am in 'rinenms Menſchen vereint angetroffen werben, fo:
Saite man bei der Wahl eines ſolchen Lehrers mit dope
weiter Vorficht zu Werke gehn. Wenn wir wicht irren,
fo :befiche auf ben meiſten Ünivesfitäten die Biete, daß
dei varanden Leheſtellen / die Mitglieder der mebiciniſchen
Fucultut den neu anzuftellenden Lehrer vorſchlagen. Dirfe
Bitte Hat gewiß ihr Gutes, dan -Anmmerhin duͤrſte jenen
Maͤnnern die Bekauutſchaft eines und des anders dazu
canglichen Indiduums eher zuzutrauen Fein als ſeder an⸗
Bern Behoͤrde. Aber mule wiſſen auch, daß man in neuern
8. Juni 1833.
Zeiten hier mb da vielfaͤltig von dieſer guten Sitte abe
gewichen iſt, und daß Subjecte auf mancherlei Wegen zu
Lehrſtellen gelangt ſind, die dazu nichts weniger als geeignet
waren, ja, bie man dazu me deswegen berief, weil man
fie gen von einer andern Stelle entfernen, oder weil man
Ihnen gern «in ſchickliches Unterkommen verfchaffen wollte.
Und doch follten ſolche Misgriffe um fosweniger vorfal⸗
len, weil man ſich dadurch leicht eines Verfünbigung. an
einer ganzen Generation junger Aerzte fchuldig macht.
Über auch die Herren von ber Facultaͤt follten ba, wo
ihnen die Wahl eines neuen Gollegen obliegt, mit mehr
Strenge und Vorſicht zu Werke gehen. Mancher Lehrer
dankt feine Anftelung bem Rufe feinee Gelehrſamkeit ober
einem guten Buche, dad er gelariomy bie Univerfität,
die ihn berief, wuͤnſcht fi) Gluͤck zu der guten Acquiſi⸗
tion und — kein Menſch mag ihn hören; ein Anderer
dankt feinen Ruf lediglich feinen unmuͤndigen Zuhörern,
die er durch feinen geſchmuͤckten Vortrag oder durch neue
und frappante, wenn auch nicht ftichhaltige Anſichten zu
beftcchen weiß, ein Dritter der Protection eines oder bes
andern feiner Collegen, um deſſen Gunſt er buhlt, und deſ⸗
fen Meinungen und Anſichten er ſich zu accommodiren ver⸗
ſteht u. ſ. w. Bei der Wahl eines neuen Lehrers follten aber
alle Nebenruͤckſichten weofallen; man follte, außer feinem
meralifchen Werth hauptfächlich feine Kenntniſſe und feine
Fähigkeiten zum Lehrfache berichfichtigen; man follte ſich
nie auf ben Ruf feiner Gelehrſamkeit und auf das Ur⸗
theit Anderer verlaſſen, ſondern ihn immer felbfi genau
Tonnen und fich feiner Geſchicklichkeit im Lehrvortrage ver⸗
ſichert haben, bevor man ihm beriefe und anſtellte. Vor⸗
zuͤglich ſollte man aber auch bei dem Lehrer mediciniſcher
Wiſſenſchaft feine praktiſche Tuͤchtigkeit beruͤckſichtigen sind
nicht bloße Stubengelehrte anſtellen. Wir wiſſen wohl,
daß viele praktiſche Aerzte zu akademiſchen Lehrern nicht
geeignet find; aber auch der bloße Theoretiler genuͤgt dazu
nicht, und wir halten einen mediciniſchen Profeſſor, ber
die Franke Natur nicht ſelbſt am Krankenbette ſtudirt hat,
für ebenfo unvolſtommen als einen Lehrer ber Naturge⸗
ſchichte, der die Natur blos aus Büchern kennt. Und
um gar ein Profeffor der Klinlk ohne praktiſche Tuͤchtig⸗
Belt, ohne iEtfahrung und ohne dad Talent ızu beobachten!
Freilich iſt die Wahl hier beſonders ſchwer; Männer, ‚wie
ehemals Stoll und Joh. Peter Frank, wie Elarus, die
654
alle Eigenſchaften bes großen Arztes wie bes tuͤchtigen Eli:
nifchen Lehrers in fich vereinigen, find feltene Erſcheinun⸗
gen getvorden. Aber uns bünkt, man gebe ſich auch wer
njg Mühe, fie zu ſuchen. Was das Talent des alades
mifchen Lehrvortrags betrifft, fo lege man darauf offenbar
in unſern: Tagen ein viel zu geringes Gewicht, da es doch
son ebenfo geoßer Bebentfamkeit für die Bildung der Ju⸗
gend iſt als die Kenntniffe. Mancher akademiſche Lehrer
wird berufen, ohne dag man zuvor weiß, ob er auch nur
eine Periode vichtig und faßlich-- vorzuteagen verſteht.
Die Geiftlichen muͤſſen Probepredigten halten, ehe fie an⸗
geftele werden; warum führt man nicht auch Probevor:
leſungen auf Univerfitäten ein? warum prüft man Bil:
nifche Lehrer nicht zuvor am Krankenbette, ob fie auch
Sronke zu behandeln und Das für den angehenden Arzt-
herauszuheben verſtehen, was befonder& herausgehoben ters
den muß?
Mas den Minifchen Unterricht betrifft, fo find bie
Meinungen darüber noch getheilt, ob man den jungen
Arzt erft dann daran Theil nehmen laffen fol, wenn er
zuvor alle theoretifchen und praktiſchen Vorlefungen gehört
bat, oder auch früher. Unſer Verf. entſcheldet ſich für
die erftece Anficht, ohme jedoch Gründe dafür angeführt
zu haben; Ruft in feinem Auffag über den Einifchen Un:
terricht in Nr. 14 und 15 der „Mediciniſchen Zeitung
von dem Verein für Heilkunde in Preußen” dagegen für
die legtere. Wir treten ihm, jedoch nur bedingungsmeife
bei. Unſerer Anfiht zufolge nügt der Elinifche Unterricht
dem jungen Arzt nichts, fo lange er nicht alle erfoberlis
hen Hülfswifienfhaften, wozu wir hier aud) Anatomie
und Phyſiologie rechnen, zuvor gehört und die Natur bes
Menſchen im gefunden Auftande hinreichend kennen gelernt
bat. Wendet er ſich aber nunmehr zu der Erkenntniß
bes kranken Lebens, fo darf er nicht ſaͤumen, dieſes, wo
möglich, fogleih am Krankenbette kennen zu lernen. Die
Zeit bes akademiſchen Lebens iſt kurz, die Mannichfaltig:
keit der .pathologiichen Erfcheinungen unendlich groß, bie
Gelegenheit, viele Rrankheitsformen und fie oft unter An:
leitung eines geſchickten Beobachter zu fehen, felten, das
Bild, was bie Anſchauung der Natur felbft in dem Ge:
daͤchtniß zuruͤcklaͤßt, lebendiger, eindringender, bleibender und
verftändlicher, als es alle Beſchreibungen zu geben vermoͤ⸗
gm. Die Erfcheinungen des kranken Lebens aber auffafs
fen und ſich einprägen kann Sieber, ber gefunde Sinne
und Talent zu beobachten bat, und es bebarf dazu durch⸗
aus nicht der ganzen Summe aller mediciniſchen Doctri-
nen, ja, es dürfte wielleicht in mancher Hinficht vorzu⸗
ziehen. fein, wenn ber junge Arzt erſt am Krankenbette
richtig beobachten lernte, bevor er in das Studium ber
verfchiedenen mebicinifhen Zheorien und Spfteme einge:
weihs- würde. Um fa unbefangener würde er dann bie
Natur, beobachten lernen, um fo leichter würde ihm ſpaͤ⸗
terdin die: wifienfchaftlihe Deutung des Brobachteten wer
den... Inbeflen meinen wir nicht, daß bie jungen Aerzte
in biefto. Periode ihres alademifchen Studiums Kranke
behandeln lernen follen, denn dazu gehört freilich, daß
fie die .garige Wiflenfchaft Eennen gelernt haben und na⸗
mentlich ſchon mit der ſpeciellen Therapie vertraut gewor⸗
den find. Beſſer wuͤrde es daher fein, wenn fie ben Or⸗
dinationen des kliniſchen Profeſſors gar nicht beimohnten,
fondern von dieſem oder von einem andern Lehrer in bes
fondern Stunden zur Erkenntniß der verfchiebene Kan
heitsformen, Urſachen, thres Unttifſchiedes vor
dern Krankheit nn ihter — ilſzes Ven
laufs u. ſ. w. Anleitung erhielten. Am beſten wuͤrde ſich
eine ſolche praktiſche Anweiſung am Krankenbette mit den
aͤgen der i eichenlehre vers
binden laſſen. Wir zweifeln nicht, daß ſich auch gegen
dieſe Methode des Unterrichts Manches wild einwenden
laſſen, indeſſen ſcheint fie uns doch Dax.für fi zu bes
ben, daß fie fih auch bei andern Doctrinen, namentlich
aber bei den Naturwifienfchaften bewährt bat, wo nick
ja auch bie Kenntniß der verfchiedenen Raturprobucte unb
ihrer Merkmale dem Unterricht Über das Spftematifche
vorausgehen laͤßt. —
Bei Gelegenheit des kliniſchen Unterrichts muͤſſen wir
noch eines Vorſchlags unfers Verf. Erwaͤhnung thun, der
ſich auf die ſich in neuerer Zeit immer mehe verbreitende
Homöopathie bezieht. Er verlangt nämlich, daß an jeder
deutfchen Univerfität. wicht allein ein befonberet Lehrſtuhl
für die homoͤopathiſche Medichn errichtet, fondern auch bas
mit eine homoͤopathiſche Klinik verbunden werde. Die Sache
bat zwei Seiten. Allerdings hätte man beſſer getban, der
Homoͤopathie nicht alle Wege zu. den Hörfäsen ber Unis
verfitäten abzufchneiden und die praßtifdhe Anwendung ders
felden von Seite bes Staats zu verkleten, benn eben
daburch Hat man Veranlaſſung gegeben, daß ihr ihre Ber
kenner mur immer mehr Eingang bei dem .großen Publi⸗
cum verfchafften, "wgd daß fich dieſes ihrer als einer ec-
clesia pressa nur de rmer annahm. Das, was man
ihe früher verweigerte und dags vielleicht dem ganzen Spiele
mit einem Male ein Ende g haben wuͤrde, fodert
fie jetzt als ein Recht und wird erlangen. Dan mag
daher immerhin geftatten, daß Vortraͤgt über homoͤopathi⸗
ſche Medicin gehalten, und daß Diejcmgen bomoopathiſch
behandelt werden, die nun einmal nicht ande behandelt
fein wollen. Allein gegen die Errichtung riner homoͤopa⸗
thifchen Klinik als Lehranfkait echeben ſich maifd* nicht
leicht zu befeitigende Zweifel, . Ein Anderes ift die
Wahrheit oder Unwahrheit eines neuen Spſtems odn. eis
ner neuen Theorie durch das Eyperiment pröfen; ein
deres, dieſes Syſtem oder diefe Theorie zum Gegenft
des Unterrichts machen und fo gewiſſermaßen dem Schir
ter das Recht in die, Hände geben, danach praktiſch
verfahren. Segen das Erſtere haben wir nichts einzuwen
den, ja tie halten es ſogar für bilig, daß den Homse-
pathen Gelegenheit gegeben ‚werde, ihre Kauſt au in N
Hotpitälern auspühen, infofeen fie ſich und ihr Tom \
nur nicht der: Beaufſichcigung ‚einer. pruͤfenden SBchörbe
entziehen wollen; das. Letztere hingegen ‚tann nut dam
geſtattet werden, wenn mis Dülfe des Etrperimmes wi
ih dargethan iſt, daß die neue Metbobe Borgäge ne
der aͤltern hat, und. daß von Ihrer Anmendumg, Feine Nahe
theile füc die Kranken zu befuͤrchten find. So mei if
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aber die Sache nad keintswegt gediehen. Experimente .| geben, uͤber die das reifere Urtheil der Männer nad ‚nicht
untee :befonderer Beauffichtigung find bis jegt unſers. Wiſ⸗entſchieden Hat; ; denn: Das, mas wir Erfahrung. nennen,
ſens nur zu Petersburg und Berlin angeſtellt worden, uſt &6en Diefes :röifere Urtheil, iſt ‘eine Operation des Wer:
von denen die am erfigenannten Drte keineswegs zu Gun: || Handed," Hd nicht jene'vagen Beobachtungen, zu denen
fin ber neuen Lehre: ausgefallen, die am legten Drte | ſich Jeber am Flankenbette berufen glaubt, und auf des
ober noch alcht zur: Aenutniß des Publicums gefommen | ven. Guͤltigkeit ſich Jeder beruft, der gebildete Arzt wie
ſind. Was bis jetzt Fable Sache ſpricht, find einzig bie!| der unwiſſende Chariatan. on
ſogenannten Erfahrungen der Homoͤopathen ſelbſt, worauf 1. Aus biefem Sruͤnden flimmen wie mit für die Er
fie immer: und immer verweiſen müffen, da ihnen üfe,| richtung bomdopkthffcher Kliniken auf unfern Univerfitaͤ⸗
Mittel, ihe Syſtem auf WBernunftgrende zu flügem, sing: | ten, bein wenn fie auch der Befonnerere unter unfern
lich abgehen. Aber mit. dieſen Erfahrungen iſt es eine | ‚jungen: Aerzten für, Das nähme,- was fie. fein follten, Pro⸗
gar miRfiche Sache. Im gewöhnlichen Beben verwecfelt!| beanftalten ‚zur Ermittelung des Wahren, fo. würden fie
man nur zu’ oft bie, Begriffe: Beobachtung und Erfah⸗
"doch den’ Schwachen und Leichtſinnigen nur zu leicht zur
‚zung, und fo ſcheint es aud bier au geben. : Scham ‚ber:
Einfeitigfeit'und zur Vernachlaͤſſigung des eigentfichen wiſ⸗
treffiiche Zimmermann erkannte dies und nannte die et⸗
ſtere den rohen Stoff, aus dem ſich erſt bie Erfahrung
Zeſtalte, indem der Verſtand die ſinnlichen Ideen ver:
gleiche, ordne und verbinde, ihre Beziehungen einzuſehen
trachte und aus denſelben zuſammengeſetzte Ideen, aus
dieſen Grundſaͤte und Schluͤſſe bilde, die entweder unge:
. Poungen "aus einfachen und gewiſſen Grundſaͤtzen fließen,
ober die man mit den: zufammengefegeen Kräften des Ver:
flandes "aus vielen unter ſich verwickelten, theils gewiſſen,
theils ungewiſſen Grundfägen ziehe,, -
Wenn alles Das, mas man. feit den aͤlteſten Zeiten
‚bis auf die unferigen als Erfahrung ausgegeben hat, wahr
wäre, fo wäre Das, was die alte empirtfche Schule lehrte,
auch wahr, fo hätten Brown, Rafori und Brouſſais ebenfo
‚große, wo nicht größere Anfprüche auf allgemeine Einfuͤh⸗
zung ihrer Syſteme als Hahnemann. Munde unferer
Lefer werben fich noch erinnern, mit welchem Pomp bas
Spftem des Erſtern in Deutfchland auftrat," wie die geiſt⸗
reichſten Aerzte unfers Vaterlandes fi dafür erklärten
und es weiter auszubilden ſuchten (was, quod bene no-
tandum, bis jegt mit der Homöopathie noch nicht ber
Fall geroefen ift) oder fich doch Manches davon aneigneten,
wie das neue Spflem unter der Menge furore machte
und Alles ayf gut Browniſch curirt fein wollte, wie ſich
die Sugend zu den Apofteln ter. neuen Lehre binzudrängte, .
um fich von ihnen die Weihe ertheilm zu laflen; fie wer:
den ſich aber auch erinnern, wie allmälig bei veiferer
Pruͤfung das Meifte davon ale eitler Schaum“ zerrann,
wie ſelbſt die eifrigften Verfechter des neuen Syſtems frei⸗
muͤthig ihren Jerthum geftanden, und wie manche juͤn⸗
gere Aerzte, die dem Studium deſſelben mehre Jahre
geroidmet und darüber Beſſeres und Wirhtigered vernach⸗
Läffigt hatten, bie darauf verwendete Zeit und Mühe be-
reuten. - Hebnliches mag fih in Srankreich mit Brouſſais
Spftem ergeben haben, deſſen Anfehen von Tag zu Tage
flieg, -bid man endlich durch vergleichende Beobachtungen
fand, daß bei feiner Behandlung die Mortalität in bem
von ihm beforgten, Hospitale größer war als in allen
übrigen. : : Dergleichen . Erfahrungen. müffen uns zur War⸗
wung: dienen, fie muͤſſen une :mahnen, uns nidyt: von dem
aligemelsien Gefchrei der Menge mitfortreißen zu lafſſen,
das Hier nichts enticheiden kann, und hauptſaͤchlich nicht
der. Tugend eine Sache als Spielwerk in.die Hände zu
.e tan hi we- Po: |
ſenſchaftlichen Studiums verleiten, um ſo mehr, da bie
Homoͤopathie, wenn fie auch die Betreibung der Anato⸗
nie, Phyſiologie, Pathologie u. ſ. w. nicht grabehin vers
wirft, doch diefer Doctrinen im Grunde genommen nicht
bedarf. Sollte ed aber mit unferer Medicin bahin kom:
men, daß man diefen wiſſenſchaftlichen Zweigen je die ge
bührende Ehrfurcht verfagen und fie von der Summe der
Lehtgegenfiände ausfdgließen muͤßte, dann wäre es um
alle vwoeitere Cultur diefer Wiſſenſchaft gefchehen und das
Zeitalter des Verfall vor der Thuͤre, quod Deus bene
vertat
Wir haͤtten wol noch Manches uͤber den gegenwaͤrti⸗
gen Zuſtand dieſer Wiſſenſchaft auf dem Herzen, wozu
und bie oben genannte Schrift den Stoff böte; Allein für
heute mögen diefe ‚wenigen Andeutungen genügen, bis ſich
eine ſchickliche Gelegenheit findet, den Faden. wieder auf:
zunehmen. 188.
Neue Novellen von Johanna Schopenhauer. Dre
Theile. Frankfurt a. M., Sauerlaͤnder. 1832. 8.
3 Thlr.
‚,. Die in biefen Bänden enthaltenen Novellen glauben wir
richtiger als moralifhe Romane zu bezeichnen. Gie geben nicht
eine. einzelne Scene aus dem Leben, fondern ein ganzes Leben,
Die erſte 2. B., „Mathilde”, malt uns die Geſchicke eines Maͤd⸗
hend, aus welchem bie Erziehung und das Beifpiel einer eiteln
Mutter, die über ihren Stand hinausſtrebt, eine entfcdhiedene
Egoiftin bilden würde, wenn nicht eine erleuchtete und mütters
lie Freundin unb eine echte, würdige Liebe fie vor biefen
Wirkungen einer verkehrten Erziehung fihügten. Mathilde muß
die rauhen @efice des Lebens durchgehen, um fih am Schluß
in Refignation zu verllären. Es wäre vielleicht beffer gewefen,
ihre "geprüfte Tugend zu belohnen; allein das ift zu gewoͤhn⸗
lich — bie Erzählerin verfuchte einen neuen Weg , der Wahrheit
gemäß; denn das Leben nimmt auf das Verdienft Feine Ruͤckſicht.
Die Erzählung ift als eine moralifche trefflich; als Kunſtnovelle
fehte ihr raſcher Umſchwung, lebendige Sormgebung, Phantafie.
Im zweiten Shell nimmt bie Erzaͤhlung: „‚Tebensverhälts
niffe”, ein größeres Intereffe in Anſpruch. Das Verhaͤltniß,
welches zum Grunde liegt, ift fonderbar und ſehr anziehend
und doch vollfommen wahrſcheinlich unb keineswegs feltfam.
Graf Clothar, ein SZüngling zum geiftlichen Stande beftimmt
und im Begriff feine Confecration zu erbalten, liebt Gugenien,
bei. der ſich am bloßen Mitleid endlich die Begenliebe entzündet.
In diefem Mitleid felbft hat fie Glothar's Flamme genäprt,
ohne darum zu wiffen, ohne ihn zu. lieben. Die Gerle einer
Zungfrau in biefer Lage wird von ber. Erzaͤhlerin vortrefflich
Wb
—— gedraiht; Yetentand exreicht ſie in — |
rit und Lebendigkeit der Jarben In: Benämun
en wind. heinilich 2 8 welcher als
ns un hing eriffen, um
e Au
—53
Ste i d Airbt, indem fie imd ‘bie Ab
Natur treu, gegen und felbft unb Ahfädse, iR. —* es ans
Briten auch wende, wahre zu bleiben. Diffem duͤſern Giemälbe ı
F. ein? beitere Epiſode in der ſchuldioſen, einfachen Liebe
nha’® und Ignaz'e mit ae — Gontraft gi
in det eben Das zum & führt, deſſen ekangel Eugentens
Ungluͤck verfihufdet: Wahrheit! Der Leſer fieht, daß dieſe Wr:
gählung ganz —— ganz geeignet if, jungen, ia ber
Bildung begriffenen frauen und Jungfrauen zur Lecture empfoh⸗
len zu werben. Dies bleibt denn ud ihr —8 Ver⸗
dienſt; denn der Aufwand bon Kunft und Phañtaſie darin iſt
Aberaus gering. Die Verfaſſerin u überhaupt in dieſen No⸗
vellen von den Kunftmitteln, Utbertäfdjeng, Gomtsafl, aufre:
genbe Erftadung, einen gu geringen, ober wenigſtens zu zaghaſten
Sebrauch, vielleicht aus Mismuth und Aerger über den Mis:
brauch, der jeät fo häufig mit biefen Kunftmitteln getrieben
wird. Sie und bie mit ihr don Zleichein Mismuth Ergteiffenen
dürfen jedoch nicht vergeffen, daß im reiten Maß eben das
Geheimnis der Kunft befteht, eine voͤllege Berzühtieiflung auf.
Ye Kunftmittel aber wieterum ein Uebermas in ſich ſchließt.
Der dritte Theil wird von einer Erzaͤhlung:
auf "Eräuenverhättniffe gegründet und fuͤr Frauen geſchrieben.
Eine allzu aͤngſtliche Mutter, Alles vorausſehend, Alles abkeh⸗
rend, dat Edmund, ihren Sohn, zu einem hoͤchſt unbeholfenen
Züngling erzogen und ihm ihre eigne Aengſtlichkeit mitgetheilt.
Wie wenig dieſe für das Leben eines Juͤnglings taugt, lehrt
diefe Erzählung. Dies unendlide Zartgefühl, dieſe gang ab: ı
norme Anficht von feinn Berpflichticagen, und nun voten
von dir Diatter Ihm abgezwuntzene Gelüibbe,,. die erſten Regungen
feine& Herzens fireng beobachten und unterbrücen „gu wollen, '
führen ihn aus einer beflemmenben Lebenslage in die andere.
Er verliert die Faͤhigkeit, feine Seele treu und rein auszus -
fptechen, und muß es fo geſchehen Lauffen, daß man «im Aubere,
als bie er liebt, für feine Gehlebte haͤit.
Mutter. In der Kerne findet Edmund bie ihm verloren ge:
gangene Selbſtaͤndigkeit wicber und zugkeich feine exfte und wirk⸗
Lie beſcheidene Geliebte in einer glaͤnzenden Lebensftellung. |
Gr kehrt mit ihr zuruͤck; er hat die zum Leber nöfhige Faffang
und Gicherheit, die das Geluͤbde, ſtets über fih zu wachen, '
ihm geraubt hatte, im Wirbel bes Lebens wiedergefunden; feine
allzu forgfame Mutter aber hat an ihren Kolgen die Verberb: -
lichkeit ihrer übertriebenen Worforge erfannt und eingefehen, daß
der Menfh auch dem Zufall, d. h. dem Leben vertrauen müffe. :
Auch diefe Erzählung zeigt eine vorwaltende moralifche Tendenz, |
die ſich unter dem Gchleier der Begebenheit nur wenig berbirgt. |
Bis wir hierüber im Allgemeinen gerügt haben, findet auf fie
eine verſtaͤrkte Anwendung; eine zu geringe Selbftändigfeit der
erzählten Begebenheit iſt bier mehr als je fühlbar. Die Ber: |
fafferin iſt * in gleichem Fall mit ihrem Edmund; zu viel
Bewußtſein macht fie aͤngſtlich, zaghaft und beeinträchtigt ihre !
erfindende Kraft, mie eben bied allzu ausgebifbere Bewußtſein
im Edmund alle handelnde, zur Entfcheidung hinwirkende Kraft |
ihmt und zerftört.
Dies tft ein Uebermaß im Guten; aber in ber Kunfk iſt das |
—— tin Guten jedesmal einem Fehler gleich. Wir wollen |
die geehrte Erzählerin daher auffobern, nicht allzu lange bei
Erzaͤhlungen, wie bie vorliegenden find, zu verweilen, 'fonberh |
dei Zeiten, und bevor es zu fpät erfcheint, ihre ſchoͤnen TWabdh
auch wieder dem Gebiet der Phantafie, bad drm ber Poeſte der —— —* F —*— ber au Mh
denachbart if, zuzuwenden, was Schreibart und Bart: | ſich auf
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ür Seite Gefteltt, '
„Das Geloͤb⸗
niß“, eingenommen. Auch dieſe Erzählung ift wieder wefentlih I
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Nichts bleibt ihm
uͤbrig als Flucht aus den Armen einer allzu ſergenden
werden daB dies Ulos bie ürden BIER? ZRH
Wöhnfimigen find. Maglaut befap üniahe
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—— — Pi ne und mehre Er
moiren über frangäfifche —— wefäg.ihm eine golbene
Medaille und mehre ehrenyolle Erwähnungen von der Acade-
"mie des’ inscriptions et belles-Tebfres zu Theil gemorbeh.
As man zu Drieime bie Kanduimente zu nee hafle au bik
‘auf dem alten Kirchhofe hachgrab eritbilliie man daſelbſt eine
ſolche Menge vom nönufden Vaſen, Afche u f: w., daß De.
Zolleis daraus frhließt, es Habe hier eine- Büsgelbreunerei. been
ben. Rach den Medaillen, welche vorgefunden, zu urtheilen, ent
fand 'diefe Fabrik kurz nach dem Einfall der Böhmer | in Gallien
imd war noch Im Gange zu Konftantin’® Zeiten. Diefes Kar
tam {ft denjenigen Deigupäßten, weihe Sertiem, beß- Drlzan,
and nicht wie der Abbs Leboeuf behauptet, Bien das alte Ges
nabum war. Raͤchſteus wird Hr, Johois feine ——
'sur les antiquitos du — herausgeben.
Wahnſfinn in England und, ftalien
Niegend iſt ver Waknfitn —Tä ei in NZ euch,
wo die Geiftesträfte am’ thaͤtigſten fich um. :'Derir elite
Minmigen Berichte det Reifenden —58* ——ã—
Aegypten, Reßland im Wertzaͤltuiß gu Deutichland, inglant,
—5 — eine geringe Anzahl Rarren. Wie viele Bdiker wif
en nicht, ‘wie ſehr fle ihrem Gebieter und Hersn Dank haben
muͤſſen, daß er ſich mit ſo „äteekiher Vorförge ihres Werftandes
ammmmt!: Uns muß in der Ehet bange werben äh: miſere
Nachtommen; wenn's in unſerin lichen Baterlande fr Fortgeht
in der Beiftescuitur, fo kaun leicht eine Epoche lemumen, wo
Sch die fümmtliche - möänntiche, Generation zu Rarren civilifirt,
wo ſich ganz Deutſchland zu’ einem großen finftern Charenton
inirgeftalter Haben “wird, fm welchem nur Yier’und da birlteicht
aus Paräfien -und Kirchen einiges Licht außfirimen wird.
EHE der Anseflectiiellen Anſtvenguug ‚finb 7* Streuig
seiten eine. ergiebige Quelle der Verruͤckthei Deinen im
„Kdinburgh review bekannt gemachten —— Doͤrten
bie Meiften Bewohner des tals zu Kork —8 fü
watifheh nd zaͤnkſuͤchtigen Sekte der Konters tt. itiſche
Wntälgmmgen tepeugen aber die deiſden ſotcher RTEMEBNEEFäRT.
De, Hallovani hat:ıgehuntden, das ug amufe Wer: ‚Iegten Bibeikien
in Irland ſich bie Anzahl — 7
habe; ebenſo haben, dem ei te des Dr Be zufolge, die
haͤuflgen Revbiutionen , an taten in ven leyten Zeiten &:
fhittert, die Zahl der Wahnſtunigen Hm: Gofpithrm gu: Aoeefe
sebeutend vermehrt. Diefede Drbung Aupreten: ir : Parks ui
—— He, Spolera uud fübfirkie Gefechte-am ‚5. und
6. Juni. , Die moradif—en Urſachen find aber beiweitem :nicht
fo wirtfam afd die phoſifchen —A Zu dieſen gehört bes
ſonders die erbliche Prädtspufition. Hal’ biefen ailgemeinen Mes
trachtungen geden wir min eine —ã Kbnfit der Anak
ber in Italien unb England Ira denhei Narren. In Ziaiien
befanden ſich 2830 bem * Da. * aufolge 25 Heil
anftaiten für Wahnfinni ie enthi mals 1705 Subject
mannlichen Geſchlechts hy 736 18816 (Ger.
—— muß rer
he Bei
drunter bie A
Redigirt unter Berantwortlicyteit der Verlagshandlung: F. A. Broddaus in Por sie.
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J
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Blätter u
für oo.
literariſche Unterhaltung.
Demofthenes’ Staatöreben nebft ber Rede für die Krone.
Ueberſetzt und mit Einleitungen und erläuternden An»
merkungen begleitet von Friedrich Jacobs. Zweite
vermebrte und durchaus umgearbeitete Auflage. Leip⸗
ig, Dyk. 1833. ©r. 8. 3 Thlr. 12 Sr.
As Niebuhr wenige Monate vor feinem Tode die
zweite Auflage feiner Ueberfegung von Demofihenes’ erſter
Philippiſcher Rede berausgab (die erfle war im Novem⸗
bee 1805, gleich nach dem Unglüd von Ulm erfchienen),
fchrieb er im Vorworte: .
Demofthenes hat Vieles gefprochen, was eine andere ſchwer
gefährdete Zeit für fig vernehmen, fig daran erbauen und bas
durch belehren follte. Wenn das nicht gefchieht, fo haben wir
im unferm Sahrhundert bie philologifhen Studien nutzlos ausge:
breitet; und die Vervielfältigung der Claſſiker in hunderttauſend
von Eremplaren klagt unfere Zeit nur an, baß, was fie fchafft,
ganz Außerlich bleibt. . |
Diefen ſittlich ernten Geſichtspunkt philologifcher Stu⸗
bien, der fich gleich weit entferne Hält von allzu kleinlichen
Unterfuchungen und von glänzender Oberflächlichkeit, hatte
auch Herr Jacobs vor Augen, als er die Staatsreden bes
Demofthenes nach einem Zeitraume von 28 Jahren von
Neuem zu Überfegen begann. Der Ueberfeger hat einen
großen Theil feines Lebens der Betrachtung der alten Welt
gewidmet; mit welchem Erfolg, das weiß bie jegige Welt,
die in Hrn. Jacobs nicht allein einen ber Benntnißreichiten
und gründlichiten Philologen anerkennt, fondern auch einen
derjenigen Humanifien, bie das claffifche Alterthum ganz
in fi aufgenommen und mit einer fo milden und frucht⸗
baren Betrachtung der Gegenwart vereinigt haben, daß auch
aus den für einen größern Leſekreis berechneten Schriften
dee Abglanz antiker Herrlichkeit und Würde uns überall
entgegenleuchtet. Ihn zog im Jahre 1805, wo bie Ueber:
fegung zum erſten Male erfchien, eine aͤngſtliche Beſorgniß
um bas deutfche Vaterland mit großer Gewalt zu ben Wer:
ten eines Redners hin, der nicht blos feiner eignen Zeit,
ſondern auch ber unferigen das drohende Loos tsie in einem
- Spiegel zeigte. Hören wie ihn felbft in der Vorrede zur
- zweiten Ausgabe (S. xx).
Als ich in den erften Jahren diefes Jahrhunderts eine Ueber⸗
fesung des Demofthenes wagte, war Guropa in einer Krife ber
gefährlichften Art. Die Wogen der ungeheuern Revolution, bie
den Weſten bis in feine Tiefen erfchüttert hatten, fingen an ſich
zu legen; die Macht des Wiberftandes war durch große und
unerwartete Siege gebrochen und ein Phantom bed Friedens
9, Zuni 1833,
erzwungen worden; aber ber biutgetränkte Boden brätete Saas
ten bes Berderbens aus. Gin glücklicher Feldherr, auf der Höhe
der Jugend und bee fholzeften Doffnungen, wurbe von bem bes
geifterten Frankreich, das er von Gieg zu Sieg führte, auf den
eriebigten Thron gefegt und bie benachbarten Voͤlker, Deutfche
land zuerft, fühlten bie Wirkung feines gewaltigen Willens. In
ihm war Philipp und Alerander vereint. Ebenſo Hug als kuͤhn,
ebenfo befonnen als ungeflüm, befiegte er den Gegner auf bem-
Schlachtfelde wie im Cabinet; ſchueũ in feinen Entſchließungen,
raſch in der Ausführungs abwechfelnd verſchloſſen und mitthei⸗
lend, wie es bie Zeit gebot; wenig befümmert um bie fittliche
Güte feiner Mittel; freigebig mit fremdem Gute, am freigebigs
ſten mit Berbeißungen unb Hoffnungen; furchtbar, wenn er
ſchrecken, mild und voll Anmuth, wenn er gewinnen wollte, das
Gine wie das Andere nach kluger Werecänungs jeder Farbe bex
Rebe mächtig; geiftweich und wohl unte 6 wie die beiden -
Macedonier; mäßig im Genuffe bes finnlichen Lebens, aber uns:
mäßig in der Begierde nach Ruhm. Mit gleichen Künften wie
Philippus ſchmeichelte er bie Bundesgenoſſen der Jeinde zu ſich
eruͤber, und nachdem er die Nachbarn zuerſt durch die Hoff⸗
nung der Unabhängigkeit gewonnen, dann durch bie Bande der
Dankbarkeit und endlich der Obmacht an ſeinen Thron gefeſſelt
hatte, ſchuf er bie Bundesgenoſſen zu Unterthanen, die Freunde
zu Dienern um. in gleiches Schickſal bebrohte jest das beuts
ſche Vaterland, wie das, dem Griechenland unterlegen hatte.
Iſt nun glei) Napoleon, deſſen geiftreich ſtizzirte
Charakteriftit wir uns nicht enthalten Eonnten den Lefern
db. Bl. mitzutheilen, nicht mehr ein Feind für das deuts
Ihe Vaterland, fo bieten body die Demofthenifchen Staats:
reden noch genug Beziehungen dar, in welchen fie flr die
jegige Zeit intereffant find. Das edle Gemüth des Des
mofthenes, feine fefte unb wuͤrdevolle Sinnesart, bie wun⸗
derſame Miſchung von Ernft und Milde in feinen Neben,
die entfchlebene Abneigung gegen Alles, was nur ber Ges
nußgier und Bequemlichleitsliche der Athenienfer ſchmei⸗
chelte — alles bies find Eigenfchaften, bie noch jegt einen
jeben Staatsmann zieren. Dazu nun bie gewaltige Kraft
feiner Reden, fein ernfter Vortrag, ber nach dem Aus:
fpruche eines alten Rhetors weniger der Anmuth als den
fuchtbaren Grazien geweiht war. Hierin hatte der ältere
Pitt viel Aehnliches mit Demofthenes; auch bei ihm iſt
jedes Wort aus dem innerften Gemüthe hervorgegangen,
und man fühlt fich beim Lefen feiner Reden von dem
wärmften Feuer für Necht, Wahrheit und Tugend ent:
zündet, das fein begeifterter Vortrag hervorgerufen hatte.
Diet endlich ift role Demofthenes, unveränderlich in feinen ‘
Grundfägen, der Sache der Freiheit und des Vaterlandes
658
bis an feinen Tod zugethan geweſen. In Demoſthenes
Augen ift Philipp von Macebonien ber gemeinfame Feind
allee Griechen. Sollen wie bier eine Parallele - ziehen?
Selbſt nach Rapoleon’s Sturz bleibt Frankreich und das
Trugbild franzoͤſiſcher Freiheit für Deutfchland fortwährend
gefährlich. - „Ich möchte Euch nicht rathen“, ruft Des
moſthenes feinen Landsleuten in ber Mebe über bie Sym⸗
morien (S. 16) zu, „getrennt von den Andern Krieg ges
gen Philippus anzufangen, ba ich fehe, daß audy bie Del:
Imen felbft keine Freundſchaft umtereinanber halten, ſon⸗
bern zum Theil mehr Jenem trauen als Einigen ihres
Stammes.” Hätte man dies in ben legten zwei Jah⸗
ven nicht von manchen deutfchen Stämmen fagen Ein:
nen, und iſt es nicht bie Eigenthumlichkeit der altfran:
zoͤſiſchen Politit, was Demofthenes gleich darauf von
Philipp fagt:
Wenn er die Hellenen anzugseifen beſchloſſen bat, wird er
die Ausführung diefes Vorhabens auffchieben und Ginigen von
ignen Gelb geben unb Freundſchaft anbieten; fie aber werben,
um ihre befondern Kriege mit beſſerm Erfolge zu betreiben und
vol hr diefen Gedanken, bie gemeine Wohlfahrt Aller unbeach⸗
Ihr feht wohl — ſagt ber Redner in feiner zweiten Rebe
"gegen Philippus (@. 274) — den ſchreckenden und verheißenden
Philippus; wenn Ihr aber weife feid, fo betet zu den Göttern,
dab Ihr nicht bald den Zäufhenden und Betruͤgenden feht.
Mancherlei ift erfunden worden, um Gtäbte zu ſchuͤtzen und zu
vertheidigen, ale Wälle, Mauern, Gräber u. A. dergleichen;
und alle dieſe Dinge find von Menſchenhaͤnden gemacht und fos
bern Aufwand (wie bie Keftungen am Rhein und an ben frans -
dſiſchen Grenzen); aber die Natur Uuger Menſchen befist in
feibft eine gemeinfame Schutzwehr, bie Allen nuͤtzlich und
heilſam iſt, vorzüglich aber ben Völkern gegen’ bie Tyrannei.
Und was ift diefe? das Mistrauen. Diefes bewahrt; an bdiefes
haltet Eu. So lange Ihr biefes zettet, wird Euch nichts
Uebles begegnen.
Es würde uns nicht ſchwer fein, noch manche andere
Darallele in den Demofldenifchen Reden zu finden, fowie
wie nur ungern uns bie Anführung mehrer fehr zeitges
mäßer und durch Stellen in Demoſthenes hervorgerufener
Nutzanwendungen bes Ueberfegers verfagen, befien politis
ſche Meinungen im erften Bande feiner „Vermiſchten Schrif:
tem’ Lange nicht fo bekannt geworben find, als fie es ver⸗
dienen. Dahin rechnen wir die Betrachtungen über Stel:
beit und Verfaſſung (Vorrede S. xı), über politifche
Ungerechtigkeiten (S. 63), tiber die Ausbrüche des Par:
teigeiftes in Öffentlich gehaltenen Reden (S. 457), wo Hr.
Jacobs ben Demofthenes nicht überall und durchgängig in
Schutz nimmt. Die neneften englifchen Parlaments: und
feanzöfifhen Kammerreden böten hier einen reichen Stoff
zur'Vergleihung. Uns aber war ed ja nur darum zu
thun, die unerfchöpfte Wichtigkeit diefer griechiſchen Reden
für unſere Zeit zu zeigen und dem Nugen folder aus
dem Altertbume gefchöpften Lehren das Wort zu reben.
Wir leſen mit Eifer und Genuß die Reden eines Pitt,
Burke, Canning u. A.; ja ſelbſt Walpole's und Boling⸗
broke's Meben, wenn auch der Zeit nach entfernter, feſſeln
in fpätern Tagen bie Aufmerkſamkeit der Lefer. Und da
bie erfien Staatsmaͤnner unſerer Zeit die hohe Bedeut⸗
ſamkeit bes claffifchen Alterthums nicht verfennen, da nur
übertriebene Aengfllichkelt in ben Werken deſſelben Stoff
zur Volksverwirrung finden kann, und dba Niemand, der
ſich zu den Gebilbeten in Europa rechnet, fagen wird, daf
unfere Zeit ber Stärkung aus Griechenland und Rom
nicht bebürfe, fo muß bem Gemüthe ein Aſyl nur um fo
erwünfchter fein, in welchen noch jegt bie Altäre von der
Liebe des Baterlandes zu flammen und ihre heiligen Glu⸗
ten ber fpäten Nachwelt mitzutheilen fcheinen.
(Der Beſchlas folgt.)
Miteheilungen über Griechenland. *)
Pronoia (Vorſtadt von Ravplion), 5. Zebr. 1838.
Aus ber Ueberfchrift bes Briefes fehen ie, lieber F., ba
ih meinen Vorfag, nad Navplion zu geben, ausgeführt habe.
Nach mehrtägigen Kämpfen mit dem Hausbefiger habe ich es ſo⸗
eben dahin gebracht, meine fehlechte Kammer durch Erwerbung
eines Tiſches unb eines Stuhles etwas wohnlicher zu machen,
und erft. jegt Tann ih an bie Löfung meines Wortes benfen,
Ihnen von hier aus zu fchreiben.
Bor meiner Abreife aus Athen erlebte ic; noch eine Volle:
verfammlung (auvdleuos) zur Wahl neuer Demogeronten unb
einer Deputation an ben König. Auf einem Rafenplage vor ei⸗
nee Kirche mitten in ber Stadt hatten ſich gegen 800 Bürger
verfammelt, bie fogenannten Archonten (bie Plutokraten, berem
Anfehen noch aus der türkifchen Zeit flammt) in ber Mitte fie
hend unb kauernd, um fie her bie geringern Bürger. Nachbem
vorläufig die Frage, ob die Schupbürger (napoıxzoe, bie Hauss
und Grundeigenthümer, welche aus andern heilen Griechen⸗
lands und aus Europa eingewandert find) mitzuſtimmen hätten,
verneinend, und bie Frage, ob fie und andere Fremde ben Ders
en zuhdren dürften, bejahenb entfchieben worden war,
dritt man zu ben Gefchäften. Durch ben Huf: „zauov, zü-
pov I"! eemapnte man fich gegenfeitig, fih auf den Hafen zu
lagern, bamit ber jebesmalige Rebner oder vielmehr ber Eprts
chende, in ber Mitte ſtehend, von Allen gefehen und gehört wers
ben koͤnne. Dann ſprach ein Bürger ben Eid vor, ben alle
Stimmberechtigten ſchworen: daß fie nicht duch Verwandtſchaft,
noch durch Beſtechung, noch durch andere verwerfliche GBrünte
fih bei der Abgabe ihrer Stimme wollten Ienfen Laffen, fonbern
einzig durch Hüdficht auf bas gemeine Beſte (1ö xorwor ovu-
peoor). Die Archonten ſchlugen hierauf nacheinander at bis
sehn Namen als Candidaten vor, aus denen brei Demogeron:
ten gewählt werden follten, und bas Volk genehmigte jeben
Kamen entweder durch den Ruf: „zaros! riwmos! afıos!" obre
verwarf ihn buch ein wieberholtes öyı! öyı! In zweifelhaften
Fallen entjchieb man buch Grhebung der Hände. Aber fen
bei biefem Gefchäfte entfland Zmwiefpalt, und einige ber Archon⸗
ten mit ihren Anhängern, weldye bie Aufnahme ihrer Gandidaten
in bie Lifte nicht Hatten durchſezen können, zogen ſich unzufrie
den zurüd. Der Reft ber Verſammlung einigte fich indeB über
die Ganbibatenlifte und fchritt zur Wahl. Auch diefe gefchah
vor ber Revolution durch bloße Acclamation; in den letztern Jah⸗
ren bat man ben alten Gebrauch ber Abflimmung burch Bohnen
(paoovlıa) wieder beliebt. Statt ber Urnen dienten gewoͤhn⸗
liche Glaͤſer, bie man mit einem burdhlöcherten Blatt Papier
mit dem Namen cines ber Gandibaten bebedite. Diefe wurden
in ber Kirche auf einen Zifch geftellt, ben drei Geifktiche umge
ben, um auf gute Orbnung bei ber-Abftimmung zu fehen. Ale
Bürger gingen nacheinander in bie Kirche, gaben an ber Thür
ihren Ramen zu Protolol und empfingen drei Bohnen, weiche
fie in brei ber dort aufgeftellten Bläfer warfen. Diefe wurben
darauf geöffnet und bie Behnen jedes Candidaten gezählt; bie
relative Mehrheit gab fchon die Entfheibung. ‚Mittlerweile war
*) Bel. Ar. 106-107 d. Bi. D. Reb.
ein Viertheil ihrer urfpränglichen Zahl zufammengefchmolgen,
welcher Reſt ſchließlich durch bloße Acclamation ficken Deputirte
an den Körig und die Negentfchaft ernannte.
. Die Unfreunblichleit und felbft Ungerechtigkeit, bie Puͤroi⸗
Een, welche grabe in Athen ber wohlhabentere und im Ganzen
gebildetere Theil ber Einwohner find, von. der Theilnahme an
efchäften der obigen Art auszufchließen, darf &ie bei ben Athe⸗
noiern nicht befremden. Es iſt ein alter Fehler des griechifchen
Volles, der fih in hohem Grabe auf die heutige Generation
vererbt hat, daß jeder die Beine Geburtsſtadt und ihre’ Inters
eſſen den Nachbarſtaͤdten, bie Provinz, in ber. er. geboren ift,
bim gemrinfamen'Baterlanbe entgegen und nur zu oft Über das⸗
felbe ftelt. So war im Zueibeitölriege bisweilen der Pelopons
nes_geneigt, ben Gontinent, und biefer, ben. Peloponnes im
Stiche zu laſſen; fo fanden fich im verfloffenen Jahre bei meh:
zen Kragen bie brei großen Bectionen (runuere) Griechenlands:
der Pelopommes, bes Gontinent und die Infeln, eiferfüchtig ge⸗
genüber; fo Hört man jest zuweilen ‚ben Athenaier behaupten,
daß er ber gemeinen Sache größere Opfer gebracht habe als ber
Dydriot, und daß es eine Ungerechtigkeit fei, wenn biefer, bem
mehr Wohlſtand geblieben, -in Attila bie Ländereien an ſich
Taufe, auf weldge bir verarmte Athenaiee doch durch feine Ges
burt das erſte Recht habe, und welche er nur nicht zu bejahlen
im Stande fei. Cr rät fish dafür an jenen Einmwanderern das
buch, daß er fie bisher vom attifchen Buͤrgerrechte ausfchlieht.
Doch genug hiervon. Uebrigend war es zu erwarten, baß die
Wahl der, Deputirten, weil fie, wenn auch in gefeßlicher Ber:
fammlung, doch durch eine Deinorität gefchehen war, von ber
Segenpartei nidyt würde anerkannt werben; und wirklich kam es
am folgenden Zage ſchon zwiſchen zwei Archonten zu Thaͤtlich⸗
keiten. Wir een deshalb darauf, mit der Deputation zu
reifen; und ba ſich ohnehin eine Eleine Reifegefellfchaft zufam-
mengefunden hatte, gingen wir nad dem Peiraieus hinunter,
und fdifften uns am 9. Sebruar gegen Mitternacht auf einem
Kalfi ein.
Am folgmden Morgen Turz nad) Eonnenaufgang landeten
wir auf Aigina, wo wir, um bie Quarantaine zu vermeiben,
unfere Päffe aus Athen gegen andere umtaufchen mußten. Aber
hier war Alles Sreude und Jubel; man feierte bie Ankunft des
Königs; alle Häufer waren mit Dels unb Lorberzmeigen ger
fchmüdt, Jedermann trug ſolche Zweige in ben Händen ober am
Hute, .und wir mußten uns darein ergeben, unfere Päffe erſt am
Abende zu erhalten und den Zag über dem Tedeum und ber
Mittagstafel beim Gouverneur beizumohnen und Abends ben
Zänzen der Taktiker und des Volkes auf bem erleuchteten Markt:
plage am Hafen zuzufehen. Die vielverfprechende Proclamation,
die Sie aus den Zeitungen werden kennen gelernt haben, kam uns
bier zuerft entgegen und ‚hatte auf alle Bewohner Xiginas, bie we⸗
nigen Kapobiftrianer ausgenontmen, ben günftigften Einbrud ge:
maht. Die Stelle: „an bie Stelle der Willkuͤrherrſchaft ift die
Anarchie getreten”, erregte allgemeine Freude. Entweder, fagte
man, ift mit dem Despotismus bie Präfidentenherrfchaft gemeint,
deren Verwerflichkeit grade die Bewohner Aiginas recht haben
kennen lernen, und in diefem Kalle ließen ſich die Conſtitution⸗
-
4
Wort Anarchie gern gefallen; oder die Willkuͤrherrſchaft gebt
auf die Tuͤrken, und dann iſt ja die Regierung der Kapodiſtria⸗
ner in der Anarchie miteinbegriffen. Freilich vermißt man un«
ern in ber Protlamation das Wort Eonftitution; aber man
aut auf die allgemeinen Verſprechungen und auf ben freiſinni⸗
gen Charakter der Mitglieder der Regentſchaft, vorzüglich bes
Grafen Armansperg, und die Einſichtsvollern beſcheiden fich
ſelbſt, daß eine unmittelbare Zufammenrufung ter Nationalver⸗
fammlung, fo lange die Ruhe im Innern noch nicht geficert
und namentlich der verberbliche Einfluß der Golbatenhäuptlinge
in den Provinzen auf die Wahlen nicht gehemmt if, nur zu
unerwänfchten Reſultaten führen koͤnne. Und barin haben fie
für den Augenblid gewiß Recht. Nicht weniger Freude hatte
nellen die Bezeichnung des Iegtoerfloffenen Jahres durch das
659.
«5 Raqhmittag geworben und bie Verſammlung auf weniger als
bie Nachricht erregt, daß weder ber Kd bie Regentſchaft
ben Senat, deſſen Wiberftiand und — ober —*
freilich nur ein Werkzeug in fremden Häͤnden war) zum großen
Sheile bie Uebel bed verfloffenen Jahres —A ſind, haben
Fon wollen, und ich ſah darüber nicht weniger ſchaben⸗
frohe Geſichter als im vorigen Jahre in Napoli bei der — ven
geblihen — Aufidfung des Genats durch die Nationalver«
fammlung.
Um Mitternacht ſegelten wir wieber von Aigina ab unb
erreichten am folgenden Morgen Pisda, an ber Küfte don Ars
golis, etwa eine Stunde nörblid von Epidaurod. Hohe fchroffe
Felſen Laufen. hier ins Meer aus und fchliegen eine Eleine nie⸗
drige Ebene ein, bie mit blühenden Mandel» und Delbäumen
und VBeingärten bebedt ift. "Auf der Norbfeite fließt ein ſtarker
Bach falzigen Waſſers ins Meer, der etwa 500 Schritte weiter
hinauf unter ben Felfen hervortritt; auf der Gübfeite ein Baͤch⸗
lein frifchen füßen Waffers, das von dem Dorfe herunterfommt. .
Das Iegtere (n ITıada*)) liegt am innern Ende bes Thales,
20 Minuten von ber Küfte, an einem fteilen, faft ganz ifolixten
Selen lebend, deſſen Gipfel bie Ruinen einer Burg aus bem “
Mittelalter oder aus ben venetianifchen Zeiten Erönen. Ich habe
iv Griechenland noch nichts fo Maleriſches gefehen als die An⸗
fiht dieſes zauberiſch Lieblichen Thales von ber Meeresküfte aus,
100 . das Dorf mit ber alten Burg ben Hintergrund fchließt.
Piada hat über 180 Häufer; die Einwohner, welche vlachiſchen
Urfprungs zu fein glauben, reden griechiſch. Auch fie waren
vol Freude über bie Ankunft ded Königs; um fo mehr, da fie
erſt kürzlich von einem Veſuche bes Generals Kriegotis und feis
ner Pallitaren zu leiden gehabt hatten. Won Alterthümern fa-
ben wir im Dorfe nur eine kleine, fehe huͤbſch verzierte Saͤulen⸗
bafiö; vermuthlich findet ſich Mehres, allein die Eile der Durchs
reife, da wir noch felbigen Tages Napplion zu erreichen wuͤnſch⸗
a 2 erlaubte uns nicht einmal, bie Ruinen der alten Burg zu
erfteigen, |
Der Weg von Piada nach Navplion läßt Epidauros (beim
Volle jegt allgemein 7% "Enidavge **)) und das Hiersn (noch
jegt vom Volke fo genannt, boch lautet es in ber ſchlechten Aus:
ſprache wie Jero) zur Linken; das ziemlich hohe Gebirge von
Chali (von einem heutigen Orte an feinem Buße fo genannt),
das alte Arachnaion bleibt zur Rechten. Die Gegend würde
ziemlich hübfch fein, wenn es ihr nicht an Abwechfelung und Le⸗
ben gebraͤche. Die Berge find im Allgemeinen niebrig, mit es
büfch und einzelnen Bäumen bewachſen; in ber Nähe von Raps
plion werden fie faft ganz kahl. Das Erdreich in ben Thaͤlern
ſcheint mir burchaehends fruchtbarer zu fein als in Attila. Un⸗
oefähr auf ber Mitte des Weges liegt links am Rande eines
Thales das Dorf Ligurio; rechts bemfelben gegenüber find Truͤm⸗
merbaufen aus. Quabern, mit einigen Mauerreften von kyklopi⸗
fer Bauart, und in einer babei flehenden Kirche drei ionifche
Säulen mit ihren Gapitätern, doch nicht mehr am Plage ſtehend.
Vielleicht die alte Leſſa? Wir waren genöthigt, noch brei
Stunden von Navplion in einem einpernen elenden Haufe bei eis
nem ärmlichen Verwandten bes berüchtigten (einft berühmten)
Kolokotronis zu übernachten, und legten ben Reſt bes ——
am folgenden Morgen vor Tagesanbruch im Mondſchein zuruͤck
Da die Stadt gegenwaͤrtig mit Menſchen uͤberfuͤllt iſt, ſo waren
wir froh, in Pronoia ein Unterkommen zu finden.
Pronoia ift die unter dem Präfidenten new angelegte Vor⸗
ftabt von Navplion, zwifchen dem Fuße bes Palamedes und bem
Meere, nur 5— 6 Minuten von dem einzigen Landthore ber
Stadt entfernt. Die legtere liegt auf einem engen, abſchuͤſſigen
*) Woher biefer Name? hieß vielleicht die Gegend 7 Aoxinnıas
und iſt daraus bie moderne Nominativsform 7 Aaxinnıada
und aus biefer durch Wegwerfung ber beiden erfien Spiben ade
geworben? Aber das heutige Dorf liegt gegen zwei Stunden vom
Dierön entfernt,
») GEntfland das neutr. plur, vieleicht aus dem doriſchen Artikel
tay "Enldaugoy ?
Ä 660°
am .nbebiiden: Yuße ber Gitabelle Itſch⸗Kals. Das
Meer umb der Felo von Itſch⸗Kals machen auf brei Seiten jebe
Grwrittrung ber Seadt unmdglichs fie Ennte fi) nur gegen
Pronoia hin vergrößern, wenn man bie Feſtungewerke auf die⸗
fee Seite weiter ausbehnen wollte, wodurch aber, glaube id),
die ng an Stärke vertieren würde, Diefer Umſtand und
die A Luft, welche Navplion feiner eingeengten Lage am
Ufer eines in Gömpfe ausfaufenden Meerbuſens verdankt, laffen
füdticherweife den Gedanken gar nicht auflommen, bie bleibende
Danptfodt (nposevovon) und Reſibenz (xza9edon) bed Königs
daraus zu machen. Indeß wird fie proviforifch dies wol ziem⸗
lich lange, wenigftens auf ein Jahr bleiben müflen. (Da bie
tobt in der naͤchſten Belt viel genannt werden bürfte, fo bes
merke ich über ihre Namen, daß fie vor der Revolution, wie
noch jept beim Wolke, allgemein 7d Avanlı hieß, daß man ſpuͤ⸗
der bee Stadt den, fo weit ich fehe, bei den Alten gar nicht vors
kommenden Namen rd Naunlıov gab, und ben eigentlichen alten
Kamen, % Navrilia misbraͤuchlich auf ben zu ihr gehörigen
Verwaltungsbezirk, das füböftliche Argolis, anwandte.)
Dee König, ben wir bei unferer Abreife aus Athen längft
ausgeichifft glaubten, Hatte erft am 6. Febr. feinen feierlichen
Einzug gehalten, und wir Gatten Grund, zu bebauern, nicht eis
nige Tage früher abgereift zu fein, um Zeuge bavon zu fein,
da über die aufrichtige Herzlichkeit des Empfanges nur Gine
©timme war. Gegen 50,000 Menſchen, für das entvoͤlkerte
Griechenland ſehr viel, waren verfammelt geweſen theils in ber
Ebene zu beiden Seiten des Weges, theils auf ben umgebenden
Höhen; als der König, welcher ungefähr Tirynth gegenüber ges
landet war, das Pferd beftieg, um umgeben von ber Regent⸗
ſchaft in Navplion einzureiten, brängten ſich mehre Hunbert junge
Leute um ihn, fehnitten ihn von ber Regentfchaft ab und beglei⸗
teten ihn unter fortwährendem Jubel ans Thor. Bor bdiefem
war ein geſchmackvoller Triumphbogen errichtet worben, ben
man biß jegt hat flehen laffen,. mit finnig gewählten Infehriften
aus dem Homer; unter bem Namenszuge bes Könige: Aupo-
zepov, Bamıleis F dyadbs, xonrepds T alyumms; in bem ber
Hegentfchaft gewidmeten Felde: Ols Anof =’ Enırerpaparaı
xar 1ooon ueunle, unb unter bem „Es lebe Griechenland‘:
Meiot Yofay 7 Ena9ov Te xal nleiot! Ruoynoay Ayauol,
enblich Über dem Gtabtthor ſeibſt ber Vers des Tragikers: Zu
I Sopaldıns zußepväs aoren Accv. Das babei angebrachte
Wappen bes neuen Koͤnigthums iſt ein aufrechtes weißes Kreuz
im blauen Felde, von zwei Löwen gehalten, mit bem bairifchen
Schilde in ber Mitte. Am Abende war der König incogmito
ausgegangen, um bie Erleuchtung zu fehen, aber von der Menge
erfannt und unter dem Rufe: „Entw 0 Bacılevus!'’ fo bicht ums
brängt worden, daß er nicht vom Flecke kommen konnte. „Er
lebe! er lebe!“ xief der junge König ungebulbig mit; „aber
Laßt ihn doch nur durch!“ und jubelnb machte man dem Gchers
genden Plage. Es mag Ihnen neu vorfommen, aus dem alten
Griechenlande ſolche moderne Hofanekdoͤtchen zu hören; aber ein
Keiſender gibt die Dinge, die er findet und wie er ſie ſindet.
Uebrigens ift bis jegt Alles von dem jungen Könige, von feinem
Gifte, feinen Kenntniffen, feiner Liebenswürbigkelt und feiner
würbevollen Haltung beraufcht, und ich bin überzeugt, mit Recht,
ba auch die erfahrenen und befonnenen Leute Griechenland gluͤck⸗
lich preifen, einen fo boffnungsvollen Prinzen an feine Spige ge:
fteüt zu fehen.
Der Satiriker Alerandros Sutzos hat ben König in einer
Epiftel bewillkommnet, die nicht ohne poetifches Verdienſt ift;
bie wenigen iht beigemifchten fatirifchen Züge richten fich gegen
einige ber ‚bisherigen Machthaber, Zum großen Wohlgefallen
bes Volkes find die ehemaligen Werkzeuge ber Kapobiftrianer,
bisher wenigſtens, mit der verbienten Surüdfegung behandelt
worden. Daß die Gerufia nicht empfangen wurde, habe ich
ſchon oben erzählt; baffelbe ift ben Generalen Kolofotronis und
dem in ben legten Monaten von ber Sache ber Gonftitutionnellen
ı zal einer der brei Mächte fährt fort, dem tapfer Klephten feier:
Macht zu entziehen.
Br zu eatzied (Der Beſchlus Folgt.)
Literarifhe Anzeige.
Bericht über die Verlagsunternehmungen für 1833 von
| F. A. Brockhaus in Leipzig.
° e
Gen Borigen IB sis Gehheinung urgenifiet. 7"
(Beſchluß aus Nr.188)
*44, Neigebaur (Kobann Kerbinanb), Handbuch für,
Reiſende In Stalien. Zweite, fehr verbefferte Auflage. Gr. 8,
89 Bogen auf gutem Drudpapier-r Gart. 2 Thir. 16 Gr.
*45. Betrarca (Brancesco), GSämmtlilje Canzonen, Go:
nette, Ballaten und Triumphe, Überfegt und mit erläuternden
Anmerkungen begleitet von Karl Foͤrſter. Zweite, ver
befferte Auflage. Gr. 8. 884 Bogen auf feinem Deudpapier.
2 Ihlr. 6 Gr.
*46. Polit (Karl Heinrich kubwig), Die europäifdgen
Verfaſſungen feit dem Jahre 1789 bis auf die neuefte Zeit.
Mit geſchichtlichen Eimleitungen und Griäuterungen. Zweite,
neu geordnete, berichtigte und ergänzte Auflage. Drei Bände.
Auf gutem BDrudyapier. ,
er 2
ae ee Ne pefamu-
Subfceriptlionspreife 4 Ehir. WGr.; der zweite Banb,
Verfa en Frankreichs, der Niederlande, Belgiens, niens,
ſchen Snleln ent:
3
u n €.
ortugals, der italtenifhen Staaten und ber i
altend (61 Bogen), eo 2 Ihle. und Der ont
+47. Raumer (Friedrich von), Ueber ben Anſchluß Sach⸗
ſens an bie deutſchen Zoll, und Hanbelsvereine. (Aus den Blaͤt⸗
53 für terariſche unterhaltung beſonders abgebtuckt.) 8.
e 0 rx.
48. Raumer (Karl von), Beſchreibung von Paläftina.
Gr. 8. Auf gutem Drudpapier.
+49. Schneller (Julius Brany),WBeltgefhicdhte zur grünbs
lichen Erkenntniß der Schickſale und Kräfte bes Menfchenges
ſchlechte Zweite, völlig umgearbeitete Auflage. In fünf
Bänden. Gr. 8. Auf gutem Druckpapier.
Es wird naͤchſtens eine befonbere Anzeige über biefed Werk aus⸗
egeben.
50. Süßmild (Jriedrich Auguf), Auguft Wilhelm von
Trosky's Leben und Wirken für bie Niederlaufig, mit Bes
nugung feiner binterlaffenen autographifhen Nachrichten.
Gr. 8. 4 Bogen auf gutem Drudpapier. Geh. 3 Er.
#51. Tisersch (Frede£ric), De l’&tat actuel de la Grece
et des voies et moyens de sa restauration. Deux vo-
lumes. Gr. 8. Auf feinem Druckpspier. Geh.
+52. Voigt (Johannes), Das Leben des koͤnigl. preuf.
Staatsminiſters Friedrich Ferdinand Alerander Reichd : Burg:
grafen und Grafen zu Dehna: Schlobitten. Gr. 8. 3 Bo:
gen auf gutem Druckpapier. Geh. Er.
+53. Wiefe (Sigismund), Theodor. Gin Roman. 8. Auf
feinem Drudpapter.
*54. Zwei Jahre in Peteröburg. Roman aus den Papieren
eines alten Diplomaten. 8. 20 Bogen auf feinem Drudpa:
pier. 1 Thlr. 15 Sr.
Rebigirt unter Berantwortlichteit der Verlagähandlung : x. 4. Brockhaus in Leipsig.
Blätter
für
‘
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*
| MA ntag,
W— u, Beſchluß aus Br. 160.) *
MDa man nun wol in unſern Tagen die Klage gehoͤrt
hat, daß ſich die Philotogie gem hinter Wall und Gra⸗
‚ben mit vielem gelehrten Ruͤſtzeüge verſchanze, und durch
eine Menge kritiſcher und exegetiſcher Obſervationen Dan:
jenigen den Bl verſperre, bie ſich an ber Ausſicht in
„nie, ſonnenhellen Sturm bed Alterthums erfreuen wollten,
fo muß Ref. bemerken, ohne jetzt ſich auf den Grund ober
Ungrund diefer Klage einzulaffen, daß bie Leſer des. Des
moſthenes von Jacobs einen. volftopgmen freien Blick in
„bie. Gefilde des Alterthums gewinnen koͤmen. Ja, fie
werden ſeibſt uͤber die Stellen, bie Ihre: Schönheiten hinter
Dornen und Büſchen zu verſtecken ſcheinen, von einer fo
Tundigen Hand geleitet, daß dies ihe Vergnuͤgen nur er⸗
Höhen kann. Denn — um ohne Bilb zu ſprechen —
die vorteefflich und klar gefchriebenen Einteltungen find nicht
die. kleinſte Zierbe des Buches; eine gerechte Würdigung
des Demofthenifchen Zeitafters, bie billige Beurtheilung bes
Demoſthenes in feinen verſchiedenen Verhaͤltniſſen würden
dieſe Einleitungen- an fich fchon empfehlen, um fo mehr
no), da das gründliche Stublum, ans welchem fie her⸗
vorgegangen find, dem Lefer gar nicht zur Laft fällt. Was
Mer gegeben tft, kann jeder Gebildete ohne Anſtoß leſen.
Ein Gleiches gilt von den Anmerkungen, die theils unter
dem Xerte in der Kürze Einzelnes erläuteen, theild läns
‚ gere Ausführungen hinter bem Texte anthalten und in ho:
hem Grabe .gegen die erſte Beurbeitung vermehrt fd, .
: Eine genaue und "ausreichende Sprachkenntniß, eine: flei
ßige Benugung aller Huͤlfsmittel, ſowol größerer als klei⸗
nerer Druckſchriften und eine geſchmackvolle Einkleidung
ſtehen hier im ſchoͤnſten Bunde.
Die Ueberſetzung dee Staatsreden ſelbſt iſt eine durch⸗
ans umgearbeitete mit Recht von Hrn.
worden. Jede Seite trägt bavon bie untrüglichiten Bewelfe.
Philologiſche Zeitfchriften mögen dies ausführlicher wuͤr⸗
digen, uns liege hier nur das Urtheil ob, daß die Grunds
füge, welche in dee Vorrede (S. xrxıv-— zızvir) aufge
ſtellt find, auf eine ausgezeichnete Weiſe In der Meberfegung
gerechtfertigt worden find, fobaß dieſe Uebertragung ein
. würdiges Seitenflü zu den meifterhaften Ueberfegusigen
glaubt Dies um ſo mehr hervorheben zu muͤſſen, weil es
‚den alten Rednern wol zum Vorwurfe gemacht iſt, daß
acobs genqunt
aus der „Anthologie“ (im zweiten Bande von Jacobe’ „Ber
mifchten Schriften”) find. Die Demofthenifche Leberfegung
ift nicht ‚allein in hohem Grabe lesbar, was die erſte Fo⸗
derung an ein jedes Buch fein muß, ſondern fie ift auch
mit Geſchmack, mit Eleganz und doch mit Treue, ohne
daß fi der Verf. an die Ueberfeger der ftricten Obſer⸗
vanz angefhloffen hat, verfestigt. -Wefonders iſt es Hm.
Jacobs geglüdt, die Einfachheit der Rede, die der attis
ſchen Beredtſamkeit Überhaupt, der Demoſtheniſchen aber
ganz befonderd eigenthuͤmlich ift, da die aus der Tiefe
des Herzens quellende Kraft die Künfte der Schule und
den rhetoriſchen Prunk verfehmäht, wi geben. Ref.
ihre Kunſt nur darhn befanden ‚habe, die Vorurtheile und
‚Leidenfhaften der. Zuhörer entweder für Ihre Abſichten ein⸗
zunehmen, ober fie ſo zu befänftigen. ober aufzuregen, fie
fo zu lenken und zu täufchen, baß fie meiftens ‚ihren Ab⸗
fihten nicht hinderlich wurden. Dagegen verlangten (wie
man fi) ausdruͤckt) die Zuhoͤrer unſerer Zeit ein klazes
und .zufammenhängendes Raiſonnement in einem kurzen
Vortrage, ber Ailes grade fo ausſpricht, wie e6é Jer
Redner denkt und in feinem Herzen fühlt. Alſo auch
in diefee Beziehung wird die vorliegende Weberfegung für
Nedner in Stände: und. Kammerverſammlungen von Nu⸗
gen fein und das Beiſpiel des größten Redners in
Griechenland ihnen groͤßern Vortheil bringen ald irgend
“eine zierlich gefchriebene Anweiſung zur Öffentlichen Beredt⸗
ſamkeit. J
NMan wird unſtreitig Belege fuͤr unſer ausgeſproche⸗
nes Urtheil verlangen. Ahet es iſt nicht lekcht, einzeine
Stellen auszuheben, wo fo viel Treffliches gegeben ft,
auch haben wir Urfache, ‚den uns vergönnten. Mafım
zu ſchonen, da wir uns ihn weiter unten für bie Mit
theilung einer längeren Stelle auffparen wollen.
"Eihe ‚neue und nicht unbedeutende Ausflattung der
‚ zweite Ausgabe iſt bie Ueberfegung ber Rede ‚von der
‚Krone. Ref, kann fih einer ſalchen Zugabe ‚nup.er ,
und gewiß wird es Vielen ebenſo ergehen, ba grade biefe
Rede den Leſer den ganzen Weg von Demoſthenes' poli⸗
tiſchem Leben durchlaufen laͤßt, um in dem Siege über.
ben Gegner zugleich den Triumph feiner ftandhaften Vers
waltung mit ihm zu feiern. Als das Mufler eines edeln
d
-
‘
‚
ſich aber gewi
‘reihe des claffiſchen Alterthums nicht ohne Streit und
662
Selbſtlobes hat bie Rebe für bie Miniſter und Staats:
männer unferee Tage, bie «6 mit den Völkern gut mei:
nen und, obwol vielfach: gefchmäht, ſich in Ihrem redli⸗
chen Streben doch nicht irren laſſen, ein mehr als ges
woͤhnliches Intereſſe.
Zwei
* 577)
0 barf ich body wol ohne Anmaßung von mir fpredhen — be:
figen muß: während der Macht muß er der Stadt bie Geſin⸗
nung bes Edelmuths und Vorrangs bemahren, gu jeber Zeit aber
unb bei jeder Handlung das Wohlwollen; benn dies bat. bie
find es, die ber von Natur gefittete Drann — denn
Dinge — fagt Demoftbenes am Sätufft ber Rebei
.
z
Natur in ihrer Gewalt; das Können aber und die Kraft hängt.
von andern Dingen ab. Diefe Sefinnung nun werdet Ihr bei
mir ohne Ausnahme berrichend finden. Geht ſelbſt. Nicht als
meine Auslieferung gefodert wurde, nicht als fie drohten, nicht
als fie verfpradgen, nicht als fie dieſe Ruchloſen hier wie reis
ßende Thiere auf mich Iosließen, zu keiner Zeit hab’ ich die
‚guten Geflanungen gegen Euch aufgegeben. Denn glei von
nfang an wählte 4 mir den graden und geredgten Weg ber
Politik, des Baterlandes Ehre, Macht unb Ruhm zu beförbern,
diefes zu erhöhen, mit biefem zu leben. Nicht alfo gebe ich,
wenn den Keinden ein Glüd begegnet, heiter unb froben Mu⸗
thes auf dem Marfte umber, mit vorgeftredtter Rechte bie frohe
Kunde Golchen mittheilend, von denen ich erwarten Tann, baß
fie es borthin melden; noch höre ich die gluͤcklichen Greigniffe
- ber Gtabt bebenb und feufzenb und zur Erde gebüdkt, wie biefe
Ruchloſen Hier, welche bie Stadt verhöhnen und nach Außen
f&auen und, was bei dem Unglüd ber Dellenen einem Anbern
Städ bringt, loben und behaupten, man müffe für bie beftän»
dige Dauer feiner Grhaltung forgen.
Bet ſolchen und ähnlichen Stellen hat fih Ref. oͤf⸗
ters an einen ber ruhmwuͤrdigſten Miniſter ber neueften
Zeit, an Cafimir Perler, und an feine am 31. December
3831 gehaltene Rebe erinnern muͤſſen. „Nachdem ich”,
fagte dee zu früh Verſtorbene an jenem Rage, „als
" Mann von Herz bie Verwaltung übernommen habe, be:
fteht mein einziger Ehrgeiz darin, fie einft al8 Dann von
Ehre niederzulegen: ich kann mit Recht die Achtung meis
nes Landes verlangen, da mein Gewiflen mir fagt, daß
fh fie verdime — ich begehrte von Niemanden eine Nach⸗
ficht, derem ich nicht bedarf und bie ich nicht annehme.”
Zum Schluffe dürfen wir die Milde und Zartheit,
die Hr. Jacobs Überall zeigt, feine Werträglichkeit mit frem⸗
den, ihm mwiderfprechenden Anfichten, vor Allem feine eigne
Beſcheidenheit und wilige Zurädnahme früherer Meinun⸗
gen nicht unerwaͤhnt Laffen. Zwar bebarf der edle Ueber: |
feger in diefer Beziehung unſers Lobes eigentlich nicht; ba
fie Leute nun einmal Bücher aus dem Be:
"Sant denken ‘wollen, fo mußte Ref. die Vorzüge der ges
genwaͤrtigen Schrift doch mit einem Worte berühren.
Die Außete Ausftattung ift fehr anftändig, Sösiorum
umice mundus, um mit Horaz zu fprechen., Wenn aber
Eon die erfte Ausgabe, wie die erſte Jugendliebe, in der
Geſtalt und Farbe, in welcher man fie zum erſten Mate
w auf viele Leſer einm großen Eindruck gemacht hat,
o wird bie frühere Geliebte, bie jegt zur reifen Schöns
beit geworden tft, in ihrem einfach⸗ edeln Puge einen weit
größern Eindruck auf die Lefer machen. 39,
Mitcheilungen über Griechenland.
GBeſchluß aus Nr. 160.)
a. Februar.
Geftern gab bie Stadt dem Könige einen Wal, ber na
den Umſtaͤnden glängend und als Wereinigung faft alles. autge⸗
zeichne ee, bie jegt In: Grixchenlaud Ichen ‚"Jehr Juteteſ⸗
ſant wa 18 Ballpal diente eine kuͤrkliſche Moſchee, die feit
dee Revolution ſchon ſehr verſchiedenartige Beſtimmungen gehabt
bat, indem fie abwechſelnd Staatsgefängniß, Sitzungshaus bes
Gongreffes, Hospital, Gaferne und Ballſaal war. Man hatte
fie recht artig gefhmüdt, und die Direction erwarb fidh das
Verdienſt, trog dem großen Zubrange von Menfchen die größte
Ordnung aufrecht gu erhalten. Der König wurbe bei feinem
Erſcheinen mit lautem, herzlichem Into 6 Buaıleus! und flürs
miſchem Hänbeltatfäyen empfangen ; europäffche Hoffitte iſt fchon
infoweit burchgebrungen,, daß bie meiften ber griechifch gekieide⸗
ten Dessen dos dem Gintritte des Momarchiä ihre
entblößten, unb einzelne che ade durch ben halbloſsten Zus
ruf: Ta Deo zarml ſich auch bewegen ließen, ihre Feſſie
berunterzunefmen. Die „rmetiotifihen Kapitanis,' welche fa
alle bie vorbere Hälfte des Hauptes kahl geſchoren haben und
das Hear Hinterhaupteß tang ivachſen laſſen, gewannen
freilich ein etwas ſeltſames Anfehen, als iznen dad Saar jeht
in langen Zöpfen -ober Loden den Ruͤchen hinunterwallte, usb
die meiften bebedten fi ſchon nach einigen. Migusen wieder,
Auch Kolokotronis, Katergis und andert: Hätifter Ber Rebellen
bes letztverfloſſenen Jahres, bie inzwifchen vom Könige, jedoch
nicht auf bie ‚gnähigfie. Weile empfangen worben find, waren
sugegen, und fo fah man bisweilen Britppen, aus den beteros
genften. Elementen zufammengefegt, —— bie noch vor Kur:
‚em gegeneinander — hatten, friedlich nebeneinander, ohne
aß ein anderer Friede zwiſchen ihnen geſchloſſen worben wäre,
als den bie. Gegenwart des Königs mit fi brachte: Kolettis
und Kolokotronis, die Admiroͤle Miaulis und Ricord, hie fean
zoͤſiſchen Generale und bie Anftifter des neulichen Blutvergießens
in Argos. Zum Tanzen war während der erfien Stunden wes
nig Plag, ba mehr als 800 Menfchen in ben engen Raum
zufammengefirömt waren. Indeß führten einige rumeliotiſche
Kapitanis in ihrer reichen maleriſchen Tracht verfchichene Ras
tionaltänze mit großer Gewandtheit und Sicherheit auf, bie
mit verbientem Beifallageklatſche qufgenommen wurben. Hm
Mitternacht zog ſich der König zurüd, und ein paar Stunden
fpäter ioſte fich ber ganze Ball auf, das erfte Fönigliche Feſt
in der jungen Hauptfladt, das dennoch an Anſtand und Schic⸗
lichkeit nichts zu wünfchen übrig lieh.
Navplion, 8. Mär.
Vorherrſchende weftliche Winde führen uns faß täglich von
den bopen, noch mit Schnee bedeckten Gebirgen an Res
genwolten zu, fobaß es faft unmöglich iſt, Ercurfionen zu mas
den. Doc habe ich vorgefteen und geſtern zwei ziemlich trodene
Sage gefunden, um einen Beſuch ia Adgos ‚zu machen. Es
führt dahin eine neue, unter Kapodiſttias angelegt Straße, bie
aber, obgleich. ſie dem Staate eine betraͤchtlicſe Summe gelofet
bat, erft bis ein wenig jenfeil Ziryns Kauflirt il. Die Gab
feenung "beträgt für einen rüftigen Kußgänger etwa 21 Stun:
ben. Der Hain mit dem Heiligtum des Heron Argos, ben
Kleomenes verbrannte (Herobet 6, 80), muß in diefer Richten
gelegen haben. Jettt findet ich am Wege, Tiryas aus genommen,
nichts von alten Reiten. Gin Viertelflühbchen vor Argos durch⸗
ſchneidet das Bett des Inachos die Straße.
Das heutige —— beſteht nach den Verheerungen bes Krie⸗
ges faſt nur aus ſchlechten Hütten, zwiſchen benen ſich erſt ein
zeine anfehnlichere Haͤuſer erheben. Es Liegt genau auf ber
Gtelle bes alten, auf einer völlig ebenen Flaͤche (dv 086
Inınedor, wie Gtzabon fagt), am Fuße zweier felfigen H
bie auf Müller’s Karte wieder ganz falfdy auf die Morbfeite der
Stadt gefeht find. Vielmehr liegt der höchfte derſelben, bie La⸗
eiffe, auf ber Suͤbweſtſeite der Stadt; ber Pleinere, ımit dem
N
663
vorigen burd) einen niedrigen, Erdruͤcken (deraeas) verbunden,
über welchen die Straße nah Art
derſelder. Mach: Süden hängen fie mit andern: Behirgen zu:
ſemmen; - gegen Wehen, Rorden und Dfien umgibt Jie bie
argeiiſche bene. . Ihre Lage’ gegeneinanker :bildet einen fon:
pfen Winkel, ig welden fi hie Stabi; Argos. bineinfchiekt,
während fie gegen Rorboft und Oſten von eigen trolaneo, „mit
- Kiefeln gefüllten ‚Yiußbett (des Charedros) umgrenzt wird. Die
‚Rihtung ber alten Stadtmauer laͤßt fi auf der Bergfeite. uorh
seht wohl verfolgen... Ihre Raſte, theils kyklopiſch, thails ge:
werben) "sieben: ih. JünbAHen Ak kpange De arg
n) *)i. ziehen: ſich am en nge dub Durg ſei⸗
N. und weſtlich um bie: Bunp. herum
abien führt, auf ber Weftfeite.
‚ bern meuere Ahr:
s ßenwerke auf dirfee Geite zum Fcheil auf. ben alten Fundameh⸗
Berg Tehnt; auf zweien ber Gteine find rohe, faſt gang un⸗
"tengtlich gewordene Basreliefs eingehauen und unter ihnen nur
‚zum Theil lesbare Inſchriften. ehni Bacrai⸗ abi
an diefer Beite des‘ Berges un tel 6 en in ieß fe “
hen, mit wemger Sorgfalt bazu geglätteten Feiſel. Vermuth⸗
lich bezeidinen fie die Stellen dcr en 5 Die durch —
toftopifchen Unterbau gebilbete Platform enbet’ auf der Seite
bes Berges mit einer in ben Zellen gehauenen Kammer, deren
Hinterwand eine halbrunde Niſche hat. Die Kammer war mit
einem Gewoͤlbe aus gebrannten Steinen überdeckt, von bem noch
Hefte vorhanden find. Weber bie Nifche geht eine Wafferleitung
„hin, alſo permuchlich eine Fontaine. Nur will dee große Un
terbau zu einem fo einfachen Zwegke nicht, recht paffen, und bie
‚Site Beſtimmung des Ganzen dürfte alfo doch eine andere ger
:4en ruhen; dann wenden fje.fich nösblidy durch dos oben erwähnte,
Mavin unb- ziegen- fig wieber am -wiftlichen ande des zweiten.
kleinern Huͤgels aufwärts... ‚bier find: bie von der Mauer übrig.
weſen fein. Vieillricht haben wir hier eins ber Yon Papſanias
"zunäh vor dem —— genannten Beiligthämer zu im
eich Öftlich vom Theater iſt eine Ruine eines alten Ge:
gebliebenen Steing freilih in, dan letztverſtoſſenen Jahren weg⸗
geführt umd zum’ Päuferbau, perwandt worden; aber bie bush
Ausgrabung desfelben entfianhenen Vertiefungen bezeichnen nogb!
ihre Richtung. Auf dem Gipfel. diefes Hügels find no Nee:
vechtwinttidht behauenen Quadern kennt⸗
de indeß einem andern Webäude andehoͤrt zu Haben fcheis.
eiter komte ich die Spuren ber Mauer nicht verfol⸗
ber‘ Oftfeite der. Stabt biche.
non Kundamenten aus
lich,
nen. W
gen; allein ihre Richtung auf bü
durch das Flußbett, das feinen Sauf ſchietlich bebeutend verd
dert haben wird, ziemlich genau beftümmt fein.
"Alle übrigen alten Refte, einige wenige durch die Gtabt
Hin zerftreute Infchriften und Bruchſtuͤcke von Sculpturen ober
ardhitektonifigen Gegenftäyten ausgenomnien, finden ſich auf dem.
‚ Burgfelfen ımd. am Füße beſſelben. Die heutige Burg ober.
- Gitadelle, ein.veneftantfches Werk, beſteht aus ’einsr doppelten
Mauer. Das Innere dort ruht auf der Notde und Weſtſeite
faft ganz anf alten kytlopiſchen Mauern; bie vieleicht das Voll:
kommenſie find, was tn diefer Vauart geleiſtet worden if. Die:
- Steine find nach Außen glatt behauen und die Mauern daher
ganz fenfrecht. Die Sufammenfügung ift fa vortrefflich, daß,
man keine Mefferktinge in die Fupen bringen kann, und daß:
‚ungeachtet ihres Alters 'und ber ungeheuern,- auf ihnen ruhen:
den Luft auc nicht Ein Otem ansgewidn ft. -Citr Tpelt bies:
fer Mauern hat oben eine Art Sims und fieht Aberhaupt, nicht!
Jeſtungsmauern glei. Bildeten fie vieleicht die Subftructionen‘
zum Tempel des 3euß oder der —— babe biefen Fempeln
’ müffen bie Benetianer noch Reſte gefunden haben, benn in einer.
* Stelle ber dſtlichen äußern Mauer find eine Menge cannelirter
Gäulentambours aus einem braungelben, flart verwitternden
Steine eingemauert. Sie ſcheinen bortfcy geweſen zu ſein; bdoch
konnte ih weder ein Capital noch andere Bruchſtuͤcke finden.
Bon den übrigen Heiligthuͤmern, bie nach Peufanins- am Abs
ı Bange des Berges waren, finb keine Spuren vorhanden. Doc
muß bee Jempel des Apollon Deirabioteß (Panſ. IL, 24, 1)
und ber ‚Plag, welcher Deiräs (Tergds) hieß, unweit bed Gng-
zaffes zwiſchen den beiden Wengen feie, weil das, hier.
gelegene Thor (kurih: welches nämlich deu Weg nad Mantinea
führte, Pauf. II, 25, 13 ebenfalis eos rij Acıgadı hieß.
Am: norböftlichen Fuße des 'Wurgfeifens, mit weichem er
an die Stadt ſtoͤßt, ift der bedeutendfte Punkt das Theater,
veffen in den Felfen gehaume Sitzreihen (70 übereimander) zu
Sunften der vor einigen Sahren in Argos gehaltenen Rational⸗
»erfammlung größtentheils von: der fie debeckenden Erde gerri:
nigt find. Weſtlich vom demſelben, gegen das deiradiſche Thor
hin, iſt ebenfalis am Fuße des Berges eine rechtwinkliche Sub⸗
ſtruction von kyklopiſcher Aauart, deren eine Seite fig an ben
.. *) Einige Stüde der Dauer zeigen ihre Bauart noch ſehr deutlich.
Das befchriebene Semäuer bildete ben Kern derfelben, und ihre
Außenfeite war mit polpgonen, eyklopiſch zufammengefügten Stei⸗
nen bekleidet. Diefe Probeftüde finden fi aber an der Sädofls
felte des Berges8.
ſchaͤftsgang ſehr. Alles, was von ber. ——
baͤudet aus gebrannten Steinen, und ber ganze Platz vor der⸗
felben bildet durch Fundamente und unterichifche —8X Gaͤnge
eine kuͤnſtliche Erhöhung. Noch etwas weiter oͤſtlich ſind am
Buße des Berges wieber in den Felfen gehauene Sicreihen, nur
etwa 2 übereinander, aber ftatt eines Halbkreiſes befchreiben
fie faft grade Linien und find nur von Ginem Guneus durch⸗
hnitten. Doch macht eine kuͤnſtliche Platfoxin vor ihnen, bie
für ‚eine Bühne gelten kann, es beutbar, daß hier Eine rt um
kleinem Theatex war. Ein paar anderr gerimpfügige Reſte aus
gebrannten Steinen, welche antik fcheinen, verbienen Keiner Er:
wähnung. Das Wenige, was ich von Infchriften und Basre⸗
liefs in den Mauern der Kirchen und Häufer fah, war meiftene
bdurch Verwitterung halb unfenntlidy geworben. &o hat es den
argeiiſchen Altertpümern, großen wie Kleinen, zum Nachtheil
gereicht, daß das vortreffiiche Material, ber attiſche Marmor,
hier fehlte. Nicht bios die Zeit wirkt zerftörender auf. fchlechte
: Stoffe, ſondern auch der Menſch nimmt weniger Anftand, ein
—— ans unſcheinbarem ald aus dem edelſten Stoffe zu
befähigen ober zu vernichten. |
Roh muß ich bemerken, daß bie.vielen Brunnen, welde
"Strabon ih Argos erwähnt, noch vorhanden find, namentlich
längs dem Fuße der Lariffa: Es find ihrer wenigftens ebenfo
viele als der Töchter bes Danaos, benen ihre Auffindung zuge
ſchrieben wurbe. W
u _ ’ j 14. März.
Diie Abreiſe bes Dampfbootes, welches ben .erften Courrier
nach Deutfchland zu bringen beſtimmt iſt, verzogert ſich von Tage
zu Tage, und fo wird es mir moͤglich, noch Einiges hinzuzu⸗
fegen. Die Dinge gehen Hier ganz ermänfdyts; langfam, aber
figer. .Die Verſchiedenheit der Sprachen erfchwert den Ber
t ausgebt,
wird Deutſch, und was von ben griechiſchen Min , wer
chiſch geſchrieben, und jedes Gtüd iſt baben.zum Verſtaͤndniß
bes andern Theiles erft in beffen Sprache zu überfegen. Alle
Verordnungen und Bekanntmachungen ſewie das officielle Re⸗
gierungeblatt erſcheinen in beiden Sprachen. Inzwiſchen hat
‚man jett von allen Feſtungen des Peloponnes, jo viele nicht
von den Franzofen befegt find, Wefid genommen; ber Commiſ⸗
fuir zur Befignahme von Attila und Guboia iſt abgereift, und
id warte nur auf ben Abmarſch der ebenbahin beflimmten
Truppen, um mit ihnen über ben Iſthmos zu gehen...
‚ „ Die Haͤuptlinge ber. irregulairen Truppen find nach und:
nad ſaͤmmtlich . hier. eingetroffen, no mit bes Hoffnung ſich
ſchmeichelnd, ihre angeblichen Koberungen an den Staat befrie:
digt au fehen. Ihre politifchen Bergehungen ſcheinen ihnen
iehen werben gu ſollen; an Privatklagen gegen fie wird es
nid fehlen, fobalb die Gerichtshoͤfe organifirt find. Sie
werben ohne Unterſchied zu den Wällen beim Grafen Armans:
*) Dur einen feltfamen Irrthum hält Belt („Itin. oftheMorea”,
©. ji ) Feten Unterbau für einen Theil der Wefekigungsmauern
der a.
x 664
perg eingelaben und ſcheinen fich im biefem Treiben seht wohl.
zu gefallen. . @o leben..fie .behn,. mach, külzlich entzweit, jeßt
Hure „bad 'gemeinfome. Intereffe vereinigt, -in utom Vernehmen
Yılttinander. und reiten fleißig zufanimen vors Zhor, ſum auf
einem freien. Felde das zitterliche Kampfſplel dea Dſcheridwer⸗
fens zu üben, wobei es ihnen nicht wenig ſchmeichelt, "Yun:
derte, vielleicht Tauſende von. Zuſchauern zü haben.
Das Dſcherid iſt ein 3— 4 Schuh langer, runder, an bei⸗
den Enden abgeftumpfter Stab. Die damit bewaffneten Rei⸗
ter ſteilen fi in zwei Abtheilungen einander gegenüber auf.
Die Kampfweiſe i ganz Domeriſch. Mer, eben Kampfluft
fügte, der Tpornt fein Pferd und fprengt, das Dſcherid ſchwen⸗
kend, im Halbkreiſe vor der Gegenpartei vorüber. . Der Begner
ift bald’ gefunden; er fnrengt dem Herausfoderer nad) und wirft
mit Rrafı und Gewandtheit fein Oſcherid nach ihm. Trifft bie
Waffe das Geſicht, fo kann „fe eine ſchmerzliche Uerwundung
bewirken, aber in dieſem Falle weiß der Bedrohte gewoͤhnlich
den Wurf abzuwehren oder gar mit geuͤbter Hand das Dſcherid
im Kluge zu haſchen, das er dann auf ben fliehenden Gegner zu:
rüdfendet. Won biefer und jener Seite Iprengen zwei, brei
Reiter hervor, den Ihrigen beizuſtehen, das Getuͤmmel wird
allgemein, und die baͤumenden Hoffe, bie Reiter in gen rti⸗
hen, maleriſchen Kleidern gewähren” ein ſchoͤnes Schauſpiel.
Mitlen ine Gebränge ſtuͤrzen ſich bie, Diener, die Schildknap⸗
pen ber fämpfenden Ritter, um bie fallenden Spieße wieber
aufzuleſen; nicht felten werben fie von ben’ ferben über. ben
Haufen gerennt, aber felbft dies vermag fie nicht in ihrem Ge:
ſchaͤfte zu ftören. Eudlich loͤſt fich der Knaͤuel, und bie Reiter
kehren an ihre Pläge zurüd, um, wenn bie Pferde ſich vers
ſchnauft haben, von Neuem zu beginnen. Manchmal reiten auch
beibe Parteien in zwei .Heihen langfamen Gchrittes umeinans
der herum, fich gegenfeitig zu ingeln. fudgend, wobei gar
"anmuthige Windungen und Schwentungen ſich herausſtellen. Ich,
.fah einer folchen Uebung lange aufmerkfam zij und par am Ende
doch überrafcht, als ich plöglich bie von dem gemandien Hadſchi⸗
chriftos geführte Partei bie Gegner völlig umfchlingen fah. , ı
Diefe Spiele, wenn auch urſpruͤnglich von den Tuͤrken her⸗
fiammend, find doch jeht bei den Griechen eingebürgert... @ie,
erfobern Kraft, Gewandtheit und Uebung der Männer wie ihrer
‚Pferde und befriedigen ben Zuſchauer durch die Anmuth und
den rafchen Wechſel der vorgeführten Wilder. Daher dürfen fie,
wenn in @rinnerung an bie olympifchen und iſthmiſchen Wett:
kaͤmpfe neue Volksſpiele hergeftellt werben, nicht davon außges:
ſchloſſen werben. *) 2 h
1.
Misceliten.
Schon früher iſt in d. Bl. Ernſt Mändh’s Hiftorifcher Vers
ſuch „Renea von. Efte 2c.”, und zwar in Nr. 368 f. 1831
befprocdhen worden. Auch er ift über ben eigentlichen Namen
‚bei Berf. deb „Zudiacus vitae” (movon wir naͤchſtens eine Yi
correcte Ausgabe bei Tauchnig erwarten) ungewiß, ohne fich je:
doch über bie —— Anſichten genau zu aͤußern. Er wird
gembhnzich Marcriius Palingenius Stellatus genannt und ale ein
tifeigee Anhänger der neuen (lutheriſchen) Lehre und darum als
ein Bertrauter Renatens aufgeführt. Beides hat in uns, bie Ber:
muthung erzeugt, ob nicht Beider Namen auf ihre geiftige Wieder:
geburt hindeuten follen, da in dieſer Beziehung ber Rame Ne:
nata**), Renea, wie der des Yalingenius, einen Wiebergeborenen
bedeuten. Uebrigens bätte’ber Lestere in einer Lebensbefchrei:
bung ber Erſtern wol Mehr Aufmerkfamteit und Senaulgfeit vom.
Bel verdient! Bielfeicht „findet er fpäter gät und Luft, biefem
— — — 21 oo
Der Befpluß diefer Mittheilungen folgt in der ˖naͤchſten Liefer
. rung. " . " it .. DD. Reb.
79). Diefelbe Vermuthung finde ic) in Deumann’s „„Poecile‘’, Ih. L,
"5.268 geäußert; auch moͤchte ich faſt glauben, daß der Dichter fir |
nicht von einem Orte Stellabo, fonbern, weil er feine Dichtung
Da den zwölf Sternbildern benaunfe, Stellatus nannte. -
| ofrbe ‚einige Rachweiſungen dazu liefern können.
freimäthigen Belehrten eine befonbere Schrift zu mibmen. ef.
: : ie genau foten Geſchichtſchteiber glei; den Geſetzgebern
‚ihre Marke Awägen, wenn: fie Worſchriften ertheilen md Be
cechte über factifche Umftände, Aber hiſtoriſche Begebenheiten ber
Raͤchwelt Abirliefern. In der allgemeinen Ständrorbwung für
das, Adalgreich · Gachfen 9: 190 in Werbindung mit $. 262 :ik .
fültgefent, daß ber Stadtrath als vollziehende Behörde Gelb: and
Gefaͤngnißſtrafen anbrohen und zur Wellziehung bringen. Tann,
waͤhrenb ee Huͤlftvollſtreckungen in unbewegliche Büter ber Ge
tichtäbehdshe überlaffen suiug. Billig wird tem ufmerkfunn
:Gtaatöbünger, der ſich über die Breigen unb SBefuguiffe feiner
Behbrden naͤher unterrichten will, bee Binekfel beikommen, ob
jene Stellen dispofitiv isder faeultativ zu verſtehen ſind, und es
"hängt nicht wenig davon ab, weblches eigentlich die Abſicht des
Gefehes iſt. Dagegen führen wie Cghnhatbes Erzaͤhlung an,
wonach Pipin per auctoritutem Romani pontificis zum Könige
erhoben worden. Das iſt ein- hoͤchſt proeibentiges Wort, dem
man nach der Anficht der Juterpreten ben Ginn eines Weiche,
„oder eines Raths beilegen, womit man atıch bie Bedeutung von
„einer bloßen Mitwirkung verbinben kann: - .
... Pölig gibt eine Erklärung des juste milieu („„Sahrbücher ber
Geſchichte und .Staatslunft‘’, 1832, Juni, &. 565), ba wo er
‚von Gambihler’8 Anficht darüber in deſſen „Polarſtern“ fpriät,
bie wol am beutlichfien und umfalfendften. if. Gr fagt: „Das
Spflem ber Reformen if kein Schaukelſpftem und Feine Wiege
für große diplomatiſche Kinder und Sünder, fondern bie kebem⸗
kraft der forffchreitenden bürgerlichen .umb politifchen Freiheit,
entflammend dem gefchichtlichen Rerhte und auffleigend am Hori⸗
zonte politiſch muͤndiger Völker nie bie Morgenfonne, nicht wie
die Flamme be& braunsötglichen Brandes einer blühenden Gicht."
Wenigſtens fagt Liele Meinung über bie politiiche Mittelſtraße
‚mehr, als was uns hie Redaction bei Eremit b einer Note
Kr. 65 von biefem . Jahre mitteilt. Denn fie bemerkt, hier:
‚die. vechle Mitte zwiſchen den Ertremen I Das, was wir
aufrichtig lieben und ehren; jene fogenannte rechte Bitte aber,
‚bie in. erbärmlicher Halbheit ſich bernegt 3%. , - verachten wir.“
Daß dies keine Erklaͤrung, Peine Definition if, bas fieht Jeder;
‚aber etwas muß man. fid) body daraus entnehmen koͤnnen. Viel⸗
leicht verſtehen bie Veraͤchter bes juste milieu darunter das
Syſtem, wonad alle Anorbnungen von ber Regierung, von
. ben oberften „Staatöbehdrden,, nit auf Veranlaſſung und nad
. ben Willen des Wolle ausgehen -undb gegeben werben, jene
| Anordnungen mögen nun gut, vortrefflich fein; denn gewoͤhn⸗
lich hulbigen biefe NWerächter dem Bögen ber MWolksfouverainelät,
alfo bem einen Srtreme.
Ueber den Abel, was ex fein follte, iſt neuerbings mandııd
wahre Wort geſchrieben worden. Möchte es beherzigt werben,
damit es beflätigt bleibe, „daß ber leidige Kaſtengeiſt gebrochen
und fein Miederaufleben nicht zu fürchten ift’. Es iſt nicht ge
nug gu- bevanbesn, wie ber rechte Begriff vom:Abel in dem Hl:
erlehdjtenden Jahrhunderte hat vergefien werben, kat vetloren
- gehen Tonnen. Es hat doch wol: mehr als «in früheres Gleich⸗
beit ber Stände, Beachtung wahrer »Dumanität gelehrt; denn
wenn es auch vormals hellſehende, freimüthige Männer, Hart,
vernünftige Anfichten gab, fo waren es body nur wenige der
ı Einzelnen. ‚Sa, wo möchte ſich heutzutage das Seitenfluͤck zum
Grafen von Solms, . ber in feiner Befchreibung von bed Adels
Anfang und Herlommen (1564) fagte:
" ' Da Abem reu’t, und Eoh Mann⸗
Bier wer denn dba sin Edelmann?
Herzog, ber darunter ſchtieb, finden:
3 bin ein Dann, wie ein anderer Dann,
Rur daß mir Bott ſolche Ehre gann.
Da finket man in Heumann's „Poecile”, Th. I, &. 70, gani
andere fonberbare Anfihten - 15.
und zum
Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Werlagsbandlung: F. A. Brodhans in keipzig.
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Briefe and Paris non: Subwig Boͤrne. Dritter und
vierter. Theil. Paris, Brunei: 1833. 3Thlr. 18 Gr.
Nicht ‚ohne Abſicht hat Ref. eine geraume Zeit gezoͤ⸗
gert, che er. die vorllegenden, ſchon“vor mehren Monaten
erſchienenenVaefe in d. BT: zur Gprache gebracht. Pro⸗
ducee föhchen Are, die, von der heftigften Leidenſchaft er⸗
zeugt, ainwormeidlich unb unwillkkerlich in dem Lefer- einen
eberiſo Ieidenfchaftläcyhn : Eindruck hervorbringen, darf man
mar mit ber rußlgften Beſonnenheit betrachten, twerm man
nicht feibft in die niedrige! Sphäre hinabſinken will, tn
bee fie füch bewegen. Hier iſt ber Einfluß des erſten Ein:
drucks als gefaͤhrlich zu vermeiden. - Der Verf. ſelbſt fleilt
fich den Augen der Welt als ein trauriges Beifſpiel -daven
Dar, wohin fſiſch eine reichbegabte Natur veritren kann,
voran. fie ihre Vernunft der Herrſchaft bes Gefuͤhls un:
tevorhnet; da doch überall, wo das ewig unerihürterliche
Bel bes Lebens, die Heranbildung zum Göttlichen, erreicht
werben fol, das Gegentheil flattfinden muß. Das To:
eiale und poktifche: Leben der Zeit krankt an tiefliegenden,
ſchmerzhaften Uebeln; Macht, Rang 'und Vermögen find
ungleich, vieleicht auch ungerecht‘ vertheilt; fie werden
misbraucht zum Verderben der Meiſchen, denen ‘fie zur
Segnung gereichen ſollten. Auf der andern Seite artet
der Widerwille gegen den Misbrauch biefer Guͤter haͤufig
in Reid und ungerechtenHaß gegen die Beſitzer derfelben
ans, die ſie doch nicht alle misbrauchen. Dieſe Wahr:
Heften werden tief gefühlt, man frebt und arbeitet, einen
beſſern Zuſtand berbeizufihren; aber die Wege, die Hierzu
eingeſchlagen werden koͤnnen, find verſchieden, und fo bil:
den. ſich denn/ Parteien. Einige mwellen die beſtehenden
Eintigtintgen - erhalten und nur bacdy Reinigung md
Befeſtigung derfelben das Beſſere erreichen. Andere wol⸗
len neue Inſtitutionen mit den vorhanbenen in Verbin:
dung bringen und bie Gewalt, we-fie,; zu leicht mis:
braͤuchlich, in wenigen Haͤnden ruht, allmaͤlig in - weiten
Krelſen verbreiten, um ihren Misbrauch zu verhuͤten; oder
doch zu beſchraͤnken. Noch Andere, denen die beſtehenden
Staats⸗ und Geſellſchaftsformen durchaͤus verdorben und
umverbeſſetlich etſcheinen, wollen dieſelben vor Grund: aus
umſtuͤrzen und etwas' Neues an die Stelle ſetzen. Wie
dieſes Neue ſich geftalten fole, darüber find-fie weder ei:
nig, noch iſt von irgend einem ımter ihnen ein Mares
Bild. davon bis jeht noch aufgeſtellt worden. Vorlaͤufig
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aber, darüber find ſie einderſtanden, muß das Beſtehende
vernichtet werden, was auch dafür zum Opfer fallen
mitßte. Zu der letztern Partei bekennt ſich Here Ludwig
Boͤrne. Daß es unter den Anhängern aller dieſer Par⸗
teien Egoiſten gibt, die unter dem Deckmantel des allge⸗
meinen Wohls fuͤr ihr eignes arbeiten, verſteht ſich von
ſelbſt. Zu dieſen darf Hr. B. zwar nicht gerechnet wor⸗
den, vielmehr ſcheint er wirklich das Gute, wenngleich auf
einem verkehrten Wege, erreichen zu wollen; allein fein
Eifer für die Erreichung des Zieles auf bem Wege, den
ee in feiner Einſeitigkeit für den allen dahinfuͤhrenden
hält, iſt dergeſtalt zur: Leidenfchaft, ‚und dieſe Leibenfchaft
fo vorherrſchend in ihm-geworben, fie bat :fo tiefe Wur⸗
sein in ihm gefaßt und fich fo verbeeblich wurhernd in
feinem Charakter verbteitet, daB das Gefäht des Sittlichen
und die Erkenntniß des Wahren, woran es Ihm urfpräng«
lich nicht fehlte, in hohem Grade davor zutuͤckgetreten
find. In feinen frühen Scheiften griff er bie Thorhei⸗
ten- und Schlechtigkeiten dee Zeit mit Scharffinn, oft mit
Witz und Grazie an, wiewol er auch damals fchon nicht
feet blieb von Härte, Ungerechtigkeit und Bitterkeit. Seine
Schmähungen gegen einzelne Perfonen und gegen das
ganze deutſche Volk waren bäufig -ebenfo ungerecht. ale
herabwürdigend für ihn ſelbſt. Dennoch trugen feine
Scheiften im Ganzen den Charakter dee Freimuͤthigkeit
und Wahrheitsliebe, der ihnen, unterflägt von einem glüds
lichen Talent, einen guͤnſtigen Erfolg ſicherte. Man ver
sieh ihm fo''mandyes Unrecht um feiner Liebe zum Rechte
willen, doch mußte er freilich auch vielen Widerſpruch er⸗
tragen, und dies imar es, was ihn empoͤrte. Jeder, ber
den Deinımgen und Anſichten des Yen. B. widerſprach,
war ihm em Feind der Wahrheit, der Freiheit und des
Mechts, und da es der Widerforechenden nicht wenige gab,
da ſich die oͤffentlichen Angelegenheiten nicht urploͤtzlich nach
feinen’ Ideen umgeſtalten wollten, wurde ihm fein Vater:
land verhaßt, feine Nation eim Begenftand der Werach⸗
tung. Er -Hitte elwas mehr erwartet als den: literarifchen
Beifall, der ihm für- feine gefungenen Journabartikel zu
Theil wurde. Als Lehrer, Reformator und Prophet wolte
er daſtehen, und da: bie deutſche Schule fich nicht fols-
fam genug zeiäte; fo fehlen die Ruthe unentbehtlich. So
verließ er. im Juli 1830 fein Vaterland, um: es von
Paris aus zu zuͤchtigen, und hieb, wie es ungeſchickte
666
Schulmeiſter zu machen pflegen, blind in bie Claſſe hinein.
Mit grenzenlofee Anmaßung trat Hr. B., der, wenngleich
mit unleugbarem Talent begabt, doch eine tiefere Einficht
in Wiffenfhaft und Kunft bes Staats und feine Befaͤ⸗
bigung _zum Führer und Lehrer des Volkes noch nirgend
befimdet bat, als Steafgrebiger vor eine Nation bin, die:
ihren richtigen Sinn und ihre Liebe gu echter Freiheit
buch) Wort und That bewiefen hat und, rubig und bes
fonnen vorfchreitend, ferner bewelfen wird. Hatte er früs
her einzelne Misbraͤ und Verkehrtheiten nicht ohne
Gluͤck bekämpft, fo trat en nun mit Srundfägen hervor,
die nichts Geringeres als einen völligen Umſturz aller bes
ſtehenden geſetzlichen Einrichtungen zum Biel hatten. Wahr⸗
heit, Freiheit und Recht ſollten dem Volk zu Theil wer⸗
den; fragte man ihn aber, auf welchem Wege dies zu
erlangen ſei, ſo antwortete er: Ihr muͤßt durch Meere
von Blut und Koth ſchwimmen, vor allen Dingen aber
Alles, was Obrigkeit heißt, vom Fuͤrſten herab bis zum
letzten Beamten, wegjiagen ober lieber gleich todtſchlagen,
denn Jeder, der euern MWünfchen und Gelüften irgend im
Wege fteht, oder euch, wäre es auch nur durch bie Form
feiner Nafe, misfaͤllt, begeht einen himmelſchreienden Eine
griff in eure angeborenen unveräußerlichen Menfchenrechte,
Nicht mehr als Sansenlotte, nicht als Descamifado trat
ee auf; nein, Hemd und Beinkleid hatte er ſchon in
Deutfchland abgeworfen, in Paris fand er ſich in feiner
eignen Haut noch zu beengt. Er fuhr heraus und volls
ſtreckte im Augeſicht Europas bas Urtheil des Marfyas an
fi) ſelbſt. Gegen bdiefen Conismus, gegen diefe Anma⸗
ßung, wie fie fi in ben beiden erſten Xheilen feiner Pa⸗
eifiennes kundgeben, erhob fi in ganz Deutfchland ein
Schrei der Empörung und des Abfcheus, und fo brach⸗
ten fie wenigſtens den Vortheil, daß fie der großen Mehr:
zahl, dem Kern des Volkes, ber keine andere Freiheit will
als eine gefegliche, diefe aber auch mit ganzer Seele und
mit feftem Willen, Gelegenheit gaben, fich laut. und bes
flimmt gegen bie anarchifchen, blutbürfligen und zügellofen
Grundſaͤte, die Hr. B. predigt, zu erklären und dadurch
den in Deutfchland herrſchenden Geiſt zu befunden, ber
gleich ruhig und feft, einig und befonnen auftreten wird
gegen jede Tyrannei, fie drohe nun von unten herauf, ober
. von oben herab. Viele Stimmen erhoben fi gegen Hrn.
B., und fie find es vornehmlih, mit denen er ſich in
dieſen Briefen befchäftigt. In Beziehung auf feine Grund»
füge bringt er nichts Neues vor; die Zeitereigniffe befpricht
er, je nachdem fie ſich in ben Beitungsblättern darftellen,
in feichten Bemerkungen, ohne tiefen Blick. Die unfitts
liche und boshafte Weife aber, in welcher er den Krieg
mit feinen Gegnern führt, läßt uns ſchaudernd in den
Abgrund von Schlechtigkeit hauen, in welchen bie poli⸗
tifche Leidenſchaft einen Dann führen Eonnte, der. für
Wahrheit und Recht zu kaͤmpfen behauptet, vielleicht ſich
ſelbſt auch wirklich einbildet. Seine Taktik gegen fie be:
ſteht darin, daß er fie der Nation als feil, beflochen und
felge, den Machthabern als heimliche Demagogen darzu⸗
fielen, nebenher aber ihren perfönlichen Charakter zu vers
leumden, ihre Talente zu verkleinem, kurz ihren guten
Ruf in jeber Weife zu beſubeln fucht, wobel er fogar ber
offenbarften Lügen ſchonungslos ſich zu bebienen keinem
- Anftand nimmt. Lüge, Schmähung und Verleumdung
das alfo find die Waffen, mit tenen Hr. B. kämpft für
Wahrheit, Freiheit und Hecht! Daß er feinen Einf
auf die Öffentliche Diefnuig Wrdukh sa; ans Yen Hi
ben gibt, ift Leicht einzuſehen, ſchwerer, wie er fich ſelbſt
daruͤber täufhen kann. Wer möchte fich für den Anhaͤn⸗
ger eines Mannes halten laſſen, der fo unehrenhafte Ge
finnungen zur Schau trägt? Wenige, nicht allzu ruͤhm⸗
lich bekannte Stimmen haben ſich in Shödentfi zu
feinen Gunſten erhoben, aber biefe fuchen feine Aeußerun⸗
gen eher zu entſchuldigen und als nicht fo übe gummeins,
als fie fcheinen, darzuftellen, als daß fie offen und frei
barin einflimmten. „Er bleibt immer“, fagen fie, „‚unfer
lieber alter Börne,. wenn ex auch geämlich iſt und poltert.“
Aber ihre geringe Zahl und ihre Wendungen zeigen deut:
lich, daß fie feine Weife innerlich wisbilligen.. So fickt
benn Dr. B. vereinzelt ba in feiner: ſchonunge⸗ und ft:
tenloſen Wuth und würde nur lächerlich fein, ein Don
Duirote des Radicalismus, wenn Ernſt und Abſcheu nicht
zu nahe kaͤgen. Intereſſant wird er erfi dann, wenn man
ihn als reines Phänomen betrachtet, unb «6 wäre baber
zu wuͤnſchen, daß er einmal mit feiner Lebensgefchichte
hervorträte. Welcher Sohn unferer Zeit hätte nicht von
dem Uebermuth, dem Hohn, der Bosheit und dem Egois⸗
mus begünfligter Claſſen und Perfonen mehr ober weni⸗
ger gu leiden gehabt? weſſen Herz wäre bei ſolchen Ans
Läffen nicht empört, amd wer wuͤrde nicht wänfdgen und
fireben, die Macht bes Böfen zu bekämpfen und zu bes
fiegen? Wer aber fiegen will, muß befonnen ‚fein, und
vor allen Dingen rem und vehtlih. He. B. bekennt
ſich frei und offen zu ber entgegengefegten Marine. : „Keine
Milde”, fagt er, „ja Leine Gerechtigkeit mehr! Tem
fel gegen Zeufel.” Dies iſt fein Wahlſpruch. Es iſt Har,
daß bei ſolchem Kampfe nur ber Teufel gewinnen kann
weshalb man denn billig wird in die Mitte treten umd
bie Teufel von beiden Seiten zur Ruhe verweiſen müuͤſſen.
. Bei ruhiger Betrachtung der vorliegenden Briefe ergeben
ſich zwei Dinge fehr deutlich. Erſtens, daß Hr. U. «6
mit dieſer abfichtlichen Verleugnung bes Sittengeſotzes -yöl-
lig ernſt meint; daß er fi zu dem. Spflem der Lüge,
ber Verleumdung und der Bosheit mit Ueberzeugung ımd
Bewußtſein nicht nur theoretifch bekennt, ſondern e6 auch
gegen Diejenigen, bie als feine Gegner aufgetreten find,
ober deren Meinungen ihm misfallen, fofort prattifch ans
wendet, wie fi weiter unten aus factifhen Beiſpielen
ergeben wird. Zweitens, daß ber Eifer, mit dem er ge
gen alle befichenden gefellfchaftlichen Verhaͤltniſſe (denn vor
feinen Augen findet nidyts Beftehendes Gnade) ohne Aus:
nahme anflürmt, wenn auch von Eigennug, bad) "keines
wegs frei iſt von ben Einflüffen einer hoͤchſt reizbaren
Eigenliebe und eines alles Map überfcreitenden Duͤnkels
Hr. DB. fcheint auf feinem frühen Staͤndpunkt in ber
Welt Kraͤnkungen erlitten zu haben, die feine Eigenliebe
unnatuͤrlich erhöhten und fein Gemuͤth erbittertn. Spaͤ⸗
terhin haben amerwartete, theilweiſe auf Ueberfhägung bes
667
ruhende Erfolge feinen Duͤnkel ebenfo krankhaft uͤberſpannt,
uud aus dieſen Uebeln iſt fein gegenwaͤrtiger Gemuͤthszu⸗
ſtand hervorgegangen, der in gleich hohem Grade zu be⸗
dauern, zu misbilligen, ja zu verabſcheuen iſt. Einen Be⸗
weis fuͤr die Richtigkeit dieſer Auſicht wird man in fol⸗
gender Stelle aus den vorliegenden Briefen ſehen. „Im
Jahre 1807”, ſagt Hr. B. (UI, &. 200), „da ich Stu:
dent: war, fieß ich mir in Frankfurt einen Paß aus:
flellen, um über Mainz nach Heidelberg zu reifen. Ich
fam aus dem Lande dee Sreiheit, kehrte in daſſelbe zuruͤck
und. berishrte das Land der Gleichheit. Der Schreiber
auf dem Römer, der den Paß audfertigte, war eine Mies
eſtalt mis einem giftigen Kroͤtengeſichte. Als ich den
—* in die Hand nahm, las Ich darin: Juif de Franc-
fort. Mein Blut fand ſtill; doch durfte ich nichts ſa⸗
gen noch thun, denn mein Vater war gegenwärtig. Das
mals ſchwur ich es in meinem Deren: wartet nur,
ih ſchreibe euh auch einmal einen Paß, euch
und Allen! Und nicht wahr, ich habe meinen Schwur
gehalten?” An vielen Drten iſt es üblich, bie Religion,
zu welcher die Reifenden ſich bekennen, in den Päfien
anzugeben. Viellelcht ift dies auch in Frankfurt ber Fall;
vielleicht war Hr. B. damals noch ein Jubde; vielleicht
glaubte der Schreiber, dag er es ſei. Möglich alfo, daß
diefer, der ein Krötengefiht gehabt haben fol, ihn gar
nicht abfichtlich verlegte. Aber, abgefehen von diefer Moͤg⸗
lichkeit, koͤnnen wir wol die unausloͤſchliche Rachſucht
billigen, die dieſe, freilich tief ſchmerzende Kraͤnkung in
Hen. B.'s Bruſt entzuͤndete? Hat er es ſich ſelbſt nicht
zugeſchworen, ſie an Allen zu raͤchen? Hat er in dem
erſten Bande ſeiner pariſer Briefe nicht ſeine Freude dar⸗
über bezeigt, wem einmal, wie er es nennt, mit ro⸗
thber Dinte gefhrieben würde? Wenn die Macht
des Hrn. 3. feiner Begierde gleich käme, mer dürfte hof
fen, eine Ausnahme zu bleiben von den Allen, die er mit
rother Dinte bezeichnet hat? Unwillkuͤrlich erinnert man
ſich hierbei an jenen jakobiniſchen Blutmenſchen, der bie
Bevölkerung einer Stadt dem Tode weihte, wo er einft
als Schaufpieler ausgepfifien mworben war. Gefinnungen
dieſer Art Sinnen in Deutfchland bei den Beflern keinen
Anklang finden, und die Mafle Derer, die gleich niedrig
fühlen und denken, die aber Hrn. B.'s Briefe weder les
fen, nod zur Anreizung ihrer bedürfen, wird doch hof⸗
fentlih im Baum zu halten fein. Ref. wollte bier nur
zeigen, baß ber greimmige Eifer unfers Briefſtellers nicht
reiner Enthuſiasmus ift, ber fi) von allen perfönlichen
Beziehungen frei erhält, fondern blinder Fanatismus, ber,
von felbftfüchtigen Leibenfchaften getrübt, Alles um ſich her
ohne Unterfchied zu zeritören trachtet.
Pas alfo den Inhalt dieſer Briefe betrifft, fo iſt
ihr legter, fernliegender Zweck zwar Bekämpfung der Un⸗
terdruͤckung, Herfiellung vollkommener Freiheit und Gleich:
heit vor dem Geſetz, ihr naͤchſtes vor Augen liegendes
Ziel aber Zerſtoͤrung und Verderbenz die Mittel, bie dazu
vorgefchlagen werben, jede Art von Schlechtigkeit; ber Be⸗
megungsgrund derfelben zwar Haß gegen das Princip der
Unterdrüdung, vermiſcht jedoch mit unebeln Leidenſchaf⸗
ten, als Rachſucht, Eigenduͤnkel und Schabenfreude; ihre
Stoff Tagesneuigkeiten, gerngläubig aufgenommen, Teicht
befprochen, haͤmiſch verdreht und Lügenhaft wiedergegeben,
eigenliebiges Wiederkaͤuen des als baare Münze aufgenom:
menen albernfien Beifalls, giftige Verunglimpfung Alter,
bie des. Briefſtellers Widerfacher find, oder ihm als ſolche
eriheinen. Betrachtet man die Form, fo findet man
Cynismus, Nachläffigkeit, Verworrenheit, den chlechteften
Geſchmack und eine auffallende Abnahme ber frühern An:
muth und Laune, des einft fo fchlagenden Wiges umd ergoͤtz⸗
lichen Humors. Daß Hr. Ludwig Börne ein böfes, feind-
felige6 Buch fchreiben Eönnte, daran würde Niemand ges
zweifelt haben; daß er ein fo fchlechtes fchreiben würde,
hätte man ihm nicht zutrauen follen. Nach der Bemer⸗
kung feines eignen Verlegers hat er fchon durch bie erften
beiden Bände diefer Briefe feinem literarifchen Ruf felbft
in den Augen Derer, die etwas auf ihn hielten, unend:
lich gefchadet. Hierauf erwidert er: „Sch babe nie für
meinen Ruhm, ich habe für meinen Glauben gefchrieben”,
was denn freilich für ihn ſehr troͤſtlich ſein mag, feinen
Lefern aber nur wenig helfen kann und ihre Zahl nicht
fonderlich vermehren wird.
Mef. ift feinen Leſern ſchuldig, das vorftehende Urtheil
durch Beifpiele in fpeciellern Mittheilungen aus dem Buche
fetbft zu belegen, wobei ſich denn Gelegenheit zu einigen
Bemerkungen finden wird. Der Weberfiht und Ordnung
wegen gefchieht dies unter Rubriken.
Lügenhaft Entflelites.
1. Here von Maltig wurde aus Berlin verbannt, weil
er ein Stud aufführen ließ, das Anfpielungen auf bie
Dolen enthielt, und dieſe von jungen polnifchen Stuben-
ten beflatfcht wurden. (Die Wahrheit ift, daB Hr. von
Maltig Stellen, die von der Cenfur geftrichen waren, heim⸗
licherweiſe wieder eingefchwärzt hatte) 2. In Berlin iſt
ein junger Referendarius zu einjähriger Seftungsitrafe ver:
urtheilt worden, weil er mehre Artikel gegen bie preußi⸗
fhe Regierung aus dem „Messager” überfegt und dieſe
feinen Freunden zu lefen gegeben hatte. (Der Ueberfeger
hatte Abfchriften feiner Weberfegung verkauft und förmlich
ein Gewerbe damit getrieben, alfo die Genfurgefege ver:
legt, da es factifch gleich ift, ob man Schriften durch
den Verkauf gedruckter ober gefchriebener Exemplare ver:
breitet. Er hatte das Verbrechen begangen, das in ben
Gefegen Frankreichs als Aufhegung zu Haß und Verach⸗
tung gegen die Regierung bezeichnet iſt und bort wie
überall beftraft wird.) 3. Die großen Mächte follen ihre
Flotten nach Griechenland abgefandt haben, um bie Grie⸗
hen von ihren Keinden zu trennen, „damit fie nicht ben
legten Sieg errängen”. (Der befchränttefte Zeitungslefer
fieht ein, daß ohne das Einfchreiten der chriftlichen Mächte
bie Griechen fich der aͤgyptiſchen Truppen nicht hätten er
wehren koͤnnen und jetzt ohne Zweifel Unterthanen Mo⸗
hammed Ali's fein würden.) -
(Der Beſchluſß folgt.)
58 n
Gorrefponbenznadgridten
Berlin, Im Mai 1
Am Beriaufe des Mai teilte der „Handurger Gereefpon
dent‘’ einen Brief aus Berlin mit, worin es hieß, in wnissm
Kriegsbepartement fei es mit dem Beginn des Fruͤhlings wiber
Erwarten lebendig, die Remonten würden verſtaͤrkt und Matu⸗
ſeewiez's lange Anmefenheit in unferer Refidenz errege Beden⸗
fin. Wir konnen mit Zug und Recht verfichern, daß ein durch⸗
aus unfchaidiges Fruͤhungemanoeuvre imb eine. rein friedliche
Parade ber berliner und ber potsdamer Garnifon lediglich bie
Aufregung eines allzu ängftlichen Briefftellexs erregt haben muß.
Wir figen hier im tiefften Bewußtſein einer geficherten Ruhe.
Hottweil’s längerer Aufenthalt hieſelbſt fomwie feine bereits ers
folgte Abreiſe nach Pofen hatte natürlich mur provinelelle In⸗
tereffen gu Motiven, unb ber ohne Unterbrechung fortgefegte
Bau der dortigen Feſtung, bie die Oſtflanke unfers Königreichs
zu beden beſtimmt iſt, follte die beſorglichſten Gemuͤther erſt
Fecht beruhigen. Ein Staat, der im Gefuͤhl feiner ſchwachen
Punkte buch einen Bau, welcher Millionen Toftet, gegen ein
zoßes oftenropäifches Reich feine Flanke zu fichern bemüht if,
ann doch wol Allen hiemit offentundig den Beweis liefern, daß
er ſich nicht anzulehnen, fondern feinen Stuͤtz⸗ und Schwer:
punkt in ſich felber zu baficen ſucht. — Die Frankfurter Aprils
unruben werben, wie es heißt, auch für bie preußifchen Univer:
fitäten neue Gefetze, zunaͤchſt doch wel nur in policeilicher Hin⸗
ſicht in Anregung bringen; bie Ungebunbenheit des mwiffenfchaft:
lichen Strebens, deren etwaige Verirrungen Jeder in ſich felbft
zu vermwinden hat, und bie Freiheit des Lehrens und Lernens
werben fichertich nicht defchräntt werten, und in den beiden Be⸗
vorrechtungen befteht eben, wie uns aus unfern Studienjahren
erinnerlich if, der Reiz bes akademiſchen Lebens. Unter den
ehrobjecten der biefigen Friedrich⸗Wilhelmsuniverſitaͤt, bie ih⸗
ren Sommercurſus im Anfang bes verlaufenen Monats eröffnet
bat, wird neben bem Arabifchen, Ehalbäikhen und Ghinefifchen,
deffen Grammatik der ſprachkundige Dr. Schott vorträgt, noch
immer die neugriechiſche Sprache vermißt. Unter dem Lehrer⸗
perſonal iſt manche Veraͤnderung eingetreten. Der Eriminaliſt
Heffter, bisher Profeſſot in Halle, wo bie Univerſitaͤt auch ˖durch
Muͤhlenbruch's Abgang nach Göttingen einen Verluſt erlitt, iſt
bieher berufen und hat bereits feine Vorleſungen eröffnet. Da⸗
gegen hat Philips, der Freunb und Schwager Jarcke's, mit
dem derſelbe auch feine Heimat, Weftpreußen, und feinen Ueber:
toitt zum katholiſchen Ritus theilte, feine hiefige Stellung auf:
gegeben und in Münden vorläufig feinen Wohnort aufgeſchla⸗
gen, wo er, einem Gerüchte nad, in Folge einer Anregung
der dortigen Regierung eine politifche Zeitfchrift gründen wird.
Daß er einem Rufe nach Wien gefolgt, fcheint ſich nicht zu
Befkätigen. ebenfalls laͤßt der gefchäste WVerfaffer des ‚Deut:
ſchen Privatrechts⸗ in der hieſigen Zuriftenfacultät eine Lücke,
die. vor der: Band nick gefüllt wirb.
. - Unter die hohen: Gaͤſte, bie :vor einiger. Zeit bie preußifche
Sompiabt beimfuchten, gehbzte ber Herzog von Lucca, ber fich
einer homdopathiſchen Pflege wegen ſechs Wochen hier aufhielt.
Die Sur, der’er ſich anvertraute, fiel fo gluͤcklich aus, daß auch
unfee Sof feitbem auf die genannte Heilmethode aufmerffam
geworben fein fol. Wen fremben Literaten probucirte fih in
eigen Yiefigen Cirkeln Mr. Marmier, ein junger wißbegieriger
d talentvoller Franzoſe, der, wie wir hören, früher ben leip⸗
ziger „Voleur” vedigirte und fortbauernd Mitrebacteur der
„Prance“provinciale” ift, eines in. Heſten erfcheinenden Jour⸗
nals, das wie andy fein-Zitet befagt, im Widerfpruche mit
Rrantveichhd Wentralifationsfuht nicht im: Paris ben : alleinigen
Wittelpunkt literariſcher Intereſſen ſucht. Ein aͤhnliches Blatt
wie der leipziger „Voleur“ exiſtirt auch hier unter dem Titel:
„Le telegraphe, journal du monde élégant“, redigirt von
Bir. Erneft Javrrau. Anper rfefriäte gibt baffeihe uf en
tpeilungen ber Seißnagen be& :fiefigen Tenasöfifiher Ahrens,
Auffallend if. am Blatte nichts als der ſchlaͤ Ton, ber mit
unter vorherrſcht; unter andern Notizen und kangweiligen Bi
garures , "die auf fchtechte Muffäge folgen, ohne ſelbſt Beſſered
zu bringen, lieft'iman z. Be folgende ge &rkiärung ber
Biebe: „L’amour est un ansitisent par lequel ie coetr- se zarte
vers cs qui lui paralt aimable.‘'
Ohne VBergisihungsiweife einen Antnänfungspunkt. zu fi
en, wollen wir body, da wir einmal von ben in Berlin ſih
geltend machenden Franzoſen ſprechen, der Kunftreitergefelihoft
de Bach's, die im hieſigen Cirque olympique vor dem braudendur⸗
ger Thore ihre GSeſchicklichkeit producitt, eine Tobende Grtwähnung
tbun. Beſonden ‚reiten und tanyen:bie Damen. allertiebft; ige
Kup if ebenſo leicht wie ihre flatteruben Gewaͤnder; andy find
fie äußerft gefaͤlig unb zuverlommend. Um auch das Starke
mit dem Barten gu päaren, fpielt ein Mr. Dupuis, ebenlalls
Mitglied der genannten Gefellſchaft, den herculiſchen Athleten.
Gr fegt eimen Preis von 500 Thin. für Den, bir ih im Ain
gen befiegts ein großer Anfcjlaggettel macht dad Yasblicum mit
den Geſehen und Bedingungen befannt, mad welchen der Hin
ger fi aller Kaufifhläge zu enthalten haft, unb nur durch
Lähmung des großen Muskels am Oberarm (musculus biceps
brachii) den Gegner zu überwinden fireben muß. Ein pathe⸗
tiſcher Aufruf an die Handwerker Berlins weift auf. bie olyias
pifchen ‚Spiele ‚bin, und ſchon mancher Sthatiede⸗ oder Zim⸗
mergefell hat ſich, obwol vergebens, mit dem flarden Dupuis
emeffen. Auch im Giyfium, einem im Thiergarten befindlichen
Euflorte, ruft der genannte Hercules Gegner in die Schranken;
„vier unbekannte Maͤnner““ rangen dem Bernehmen nad neu
uch mit ihm, ein Kampf, der. an bie Turniere bes Mittelalters
geinnern kann, wo ebeufalla unbekannte, gebarnifchte Ritter wit
verfchloffenem Viſir erjöhienen: Auch eine Demoifelle Teutſch
producitt daſelbſt Krafttouren. Wir müſſen fie ein ander mal
n Augenfchein nehmen und über fie berichten; mein Blumel!
bas geben: ift gar kurz und: bie Künfte mitunter gar gu lang —
wor 8. ⸗
Bon Neuigkeiten auf der Bühne Im Laufe bes Mei nem
nen wir kurz, um den beſchraͤnkten Raum unferer Mittheilun⸗
. gen nicht zu überfchreiten und ohne boc in unferer Quaſichto⸗
nit eine Luͤcke zu laffen, zwei Opern, „Schloß Candra“, von
Wolfram, und „Hans Belling”, von Marſchner, mit Text von
unferm rühmtichft bewährten Hoffänger Eduard Devrient. Auch
über die Leiflungen ber Dem. Henriette Garl, bie fi. biäker
jedoch nur in Goncerten flüdweife hören ließ, enthalten wir
uns vor dee Bond einer nähern Relation, um noch von ben beis
den großen Maifeften ſprechen zu können, beren fich Berlin dies⸗
mut zu erfreuen hatte. Zuvor empfehlen wir dem muſikaliſchen
Yublicum eine intereffante Reuigkeit im Felde der lyriſchen Ton
kunft, ein bei Wagenfuhr hieſelbſt erfihienenes Heftchen, bas
zwölf noch ungedruckte Lieber von. Heinrich Stieglig unter dem
Titel: „Zrüblingsgrüße‘‘, mit Kompofition von K. Kreuger ent
haͤlt. Schon fruͤher erfdjtenen einige. der „Bilder bes Drients"
mit Eompofition von dem veremigten Bernhard Klein (der dab
einleitende Gedicht namentlich treffiich mit feinen Toͤnen ausflats
tete), von W. Zaubert (einem jungen Muſiker, von bem man
vor einiger Zeit im Opernhauſe eine Ogerette hörte), u. A. Bon
diefer Sammlung, die Herr Sundelin, der Befiger der Gröben:
fhüg » und Geiler’fhen Muſikalienhandlung, berausgibt, find
bereits zwei Hefte erfihienen. Der gefchägte Dichter der „‚WBilber
bes Orients’, Heinrich Stiegliz, hat uns .inzwifchen verlaffen
und eine Reiſe nach Petersburg und Moskau bis nach Rifhweis
Nomgorob angetreten, wo ex bie Grenzicheibe des Occibents unb
des Drients ſchon uͤberſchreiten muß.
"Dir Beihluß folgt.)
Redigirt unter Werantwortlichteit der Verlagähanblung: $. U. Brodbauß in Bölnstg.
Blätter
9
für
literarifhe Unterhaltung
Mittwod,
De I
Briefe aus Paris von Ludwig Börne Dritter
und vierter Theil.
Beſchluß aus Wr. 168.)
Ä Eitelkeit und Dünkel.
2. Here B. laͤßt fih von einem wiener Baron ver-
fihern, in Wien gebe es kein gebildetes Haus, mo man
nicht feine Schriften hätte, und bricht darüber in Lob-
forüche ber Wirner aus. (Wahrfcheinlidy wurde er, ohne
«8 zu merken, gehänfelt.) 2. „Wollte ich: meine ganze
Kraft gebrauchen, diefem Zwerggeſchlechte gegenüber, wahr⸗
li), 96 bliebe nichts von ihm übrig, es als Meines Sie⸗
geszeichen an meinen Hut zu fleden.” (Was wir von
ihm gefehen haben, mwar:alfe noch nicht feine ganze Kraft.
In der That war einige Schwächlichleit nicht zu verken⸗
nen.) 3. Her B. erzähle mit großem Behagen, daß
General Uminski in Strasburg feine Briefe gelefen, daB
ee (Dr. 8.) den Anweſenden ale ein allemand tr&s- dis-
tingue vorgeftellt worden; bei Tiſche fei in einem Trink⸗
fpruche der Deutfchen und insbefondere des allemand
trös- distingue und feiner parifer Briefe gedacht worden.
4. Er dankt Herrn W. Menzel dafür, daß er ihn mit
Lord Byron verglichen, lehnt dieſe Vergleichung jedoch mit
der Bemerkung ab, daß er nicht fe zerriffenen Herzens
- fei als Lord Byren, auch an Deutfchland nicht verzweifle.
Henn er fein Vaterland fchelte, fo gefchehe dies nur aus
Liebe. 5. Here B. publiciet einen Brief des Dr. Schott,
worin diefer -ihn AUriftophanes und Swift zur Seite fleikt
und einen Stern der Satire und des Humörs nennt.
6. Er ficht es als einen „Soliceipfifp‘ feiner Gegner am,
wenn fie verfichern, „daB feine Briefe zu platt ſeien, um
verführerifch zu” fein; daß fein Buch vielmehr der Rede
gar nicht werth fe’, und findet einen Widerfpruch darin,
wenn denn doch Überall davon gefprochen werde. Er ver
gißt, daß das am mehrften Befprochene oft der Rede am :
wenigſten werth ift, und daß das Uebermaß im Boͤſen wie
im Guten gleiche Aufmerkfamkeit erregt. 7. „Vor for
hen Menfchen ſoll ich midy fürchten”, fagt Herr B. von
den Ariſtokraten. „Sie ohne Herz und ohne Gott, was
vermögen fie mie gegenüber, ber ich Tiebe und glaube?
Mit einem einzigen Worte durchbreche ich, den Nebel ihrer
‚ Berleumbdungen, mit einer einzigen Zeile zuͤnde ich ihre
kuͤgengebaͤude an und verbrenne fie zu Afche. Ich erwarte
fie, wenn ich nach Deutichland Tomme.”
Schmaͤhſucht aus Parteilihkeit und Neid.
1. Einen merkwürdigen Beweis folcher Geſinnung
gift Here B. duch einen Auszug aus Goͤthe's Tag:
und Sahresheften, den er mit- ebenfo felchten als ihren
Berfaffer herabwuͤrdigenden Bemerkungen begleitet. Goͤthe
iſt ihm zu aeiſtokratiſch, wie koͤnnte er der Verehrung würs
dig fen? Wenn Herr B. ſolche Schellenkappe fich ſelbſt
auffegt, was bieibt feinen Gegnern übrig? 2. In Par
vis ift eine Ouverture von Don Pedro aufgeführt wor
ben. Here B. findet fie fchlecht, weil dee Componiſt ein
Kaifer war. 3. Herr Ernſt Muͤmch wird geſchmaͤht.
Warum? weil er 3000 Gulden Gehalt vom Könige von
Wuͤrtemberg bezieht. I
— Seichtigkeit.
1. Here B. verkündet, daß er ſich kuͤnftig mit ber
bildenden Kunſt befchäftigen und natürlich auch darüber
drucken laſſen werde. Zwar fehle ihm hierzu bie Kennt
niß der Technik, aber er werde diefe Unwiſſenheit wie fo
viele andere (Unmiffenheiten?) fchon durch rothe, gelbe und -
gruͤne Worte zu bededden wiſſen. 2. Der Briefſteller gibt
über die St.⸗Simoniſten einige Nachrichten, die nicht nur
ungründfich, ſondern auch völlig unrichtig find. ‚Die St
moniften”, fagt er, „mögen wol in Frankreich fein, was
die Sarbonari in Italien. Was dieſe wollen, weiß ich
zwar auch nicht Par.” Dies iſt die Art, wie Here
B. Alles weiß und Alles befpriche. Won jedem Gegen:
ftande, den er erwähnt, bat er ſich ein Bild zuſammen⸗
phantaflet, anflatt hinzugeben und ihn kennen zu lernen,
und urtheilt dann: friſch ins Blaue hinein. So füllt er
denn auch hier. rofeder viele Blaͤtter mit leerem Geſchwaͤtz
über eine Sache, die man in Deutfchland taufendmal
beffer kennt als er, der mit der Nafe dabei ſteht. Herr B.
beſchwert ſich über die großen Koften, die in Mimchen
lauf die Pinaͤkothek und Glyptothek (die er Pinothek und
Klyptothek nennty demandt worden, fcheint ſonach feine
Kunftftudien fon wieder an den Nagel hängen zu wol⸗
len. Ad, er wird noch Politit und Alles an den Nagel
hängen und am Ende 'ſich felbfl. |
Leihrfertigteit und Albernheit:
1. Hear B. 2: November 1838. ‚Beine - parifer
Briefe vom vorigen Winter werden erſt Ende künftigen Som⸗
mers ihre Bedeutung bekommen.” Bemerkung. Nai 1833.
Sie find noch Immer unbedeutend. 2. Die metse Schrift
670
*
von Chateaubriand hat Herrn B. erquickt durch alle
Adern. Sein ganzes Herz hat er ins Franzoͤſiſche uͤber⸗
ſetzt, und wie viel ſchoͤner iſt die Ueberſetzung als das
Original! (Ste muß alſo ſehr frei fein.) 3. „Rothſchild
ſoll in einer Börfenftunde alle feine Papiere Losfchlagen,
daß fie in den tiefften Abgrund flürzen; dann eile er in
meine Arme, und er foll es fpürm, wie feſt ich ihn an
mein Herz beide.” (Worauf wartet Herr von Roth:
ſchild? Ein folches Herz erkauft man nie zu tbeuer.)
4. „Sch wünfchte Löwe ober Hünbchen zu fein; aber. fo
in der Mitte zu fliehen, den Stolz des Loͤwens (Löwen)
und die Schwäche des Huͤndchens — das iſt die Langer
weile.” (Here B. Tcheint doch hier wie überall nicht in
der richtigen Mitte, vielmehr dem Hünbchen etwas näher
zu ſtehen) 5. Here B. iſt über Herrn Eduard Meyer
in Hamburg fehr entrüftet, weil dieſer in einer gegen bie
parifer Briefe gerichteten Schrift neue Ideen von ihm
verlangt. Die Foderung war allerdings unbillig. 6. Here B.
findet es fpaßhaft, daß er durch feine Briefe in Deutſch⸗
land faft fo berühmt geworden als die Sontag. Berühmt
tft doch wol nicht das rechte Wort. 7. „Sch bin kein
Zuderbäder, ich bin ein Apotheker!” Alſo Doctor und
Apotheker. |
Haß, Bosheit und Rachſucht bis zur Mord:
luft gefleigert, |
1. Here 8. jubelt Über den Mord des Grafen Kapo⸗
diſtrias. (Matürlih, es iſt einmal wieder mit vother
Dinte gefchrieben worden.) 2. Herr B. erwartet von ber
Gerechtigkeit des Senats ber freien Stadt Frankfurt, daß
ee ihm feine Penfion von 400 Gulden als ehemaliger Po:
liceiactuarius nicht entziehen werde. Er koͤnnte fonft duch
feinen Einfluß auf deutſche Blätter in Frankfurt Mord
und Todtſchlag anzetteln und. um A400 Gulden jährlich
herauszumorden, wäre ganz Frankfurt, ja Deutichland
nicht genug. (Dan ſchaudert, wenn man hierbei an das
Zürzlich in Frankfurt vergoffene Blut denkt. Die Menſch⸗
lichkeit gebietet. zu glauben, daß Here B. beffer iſt, als
ee bier fich feibft malt.) 3. „Wenn es darauf ankommt,
ein Gift zu milhen, klar, heil, rein, durchfichtig, unſchul⸗
dig wie frifches Quellwafler, ein Verleumdungsgift, eine
Aqua Tofana; ich veritehe das fo gut wie Einer. (Mit
ſolchen Künften follte man nicht prablen.) Aber nein, ich
will die Kerls todtfchlagen am hellen Tage.“ (Dear B.
kann wol nicht todtfhlagen, wohl aber Todte ſchlagen,
wie er. an Robert bewiefen bat.) 4. „Liegt bie Freiheit
hinter einem Dieere von. Blut — wir holen fiez liegt fie
tief im Rothe verſenkt — wir holen fie auch.“ 5. „Deine
wurbe neulich gefragt, worin er fi in feinen politifchen
Grunbfägen von mir unterfcheide. Er antwortete: ich bin
eine geroöhnliche Guillotine; und Boͤrne tft eine Dampf:
guillotine.“
Berleumbung.
1. Ludwig Nobert. Diefen achtungswerthen, nun ver
flocbenen Literaten, der Herrn B. in den im „Morgens
blatte” abgebrucdten Briefen eines Verſtorbenen ſeines
Sansculottismus wegen getabelt hat unb mit bem ex fruͤ⸗
Ber als Freund umgegangen ift, entbloͤdet fi) bee Brief:
flelee nicht in ber gemeinften Weife durch niedrige Ver:
leumdungen zu verunglimpfen. Durch fcheinbar ironiſch,
aber in nur zu beutlichere Abficht hingeworfene Bemer:
tungen will er glauben machen, berfelbe ſei heimlicher⸗
weiſe dem Garbonarismus zugethan getwefen, er habe jeme
berüchtigten, bie preußifhe Regierung fchmähenden, im
„NMessager’’ abgebrudten Briefe verfaßt und fagt dann
wörtlich Folgendes: „Wenn ich ber Polen gedenke und
des Sommers und Badens, und sole ich oft dort aus
dem Lefegimmer in das nahe Gebüfh wankte, meinen
Schmerz und mein Entzüden ausjumelnen, und wie id
mit krampfbewegtem Herzen der Stunde entgegenfah, welche
Zeitung brachte; und wenn ih num endlich das Blatt
in meiner zitternden Hand hielt und es nicht zu lefen
wagte; nicht zu erfahren wagte das Urtheil jener namen:
loſen furchtbaren Macht, bie größer ald das AU, höher
als ber Himmel, älter als die Ewigkeit (!); den Richter:
ſpruch: 0b es einen Gott gibt oder nicht — und Bam dann
jener Robert, riß mir das Blatt aus der Hand, bat „um
Gottes willen nur eine Minute”, wendete das Blatt
herum, ſah nach dem Curszettel; Warfchau war gefallen
und die polnifchen Loofe waren gefliegen, und ein Hoͤllen⸗
ſchein verklaͤrte fein fübergraues Geſicht —““ Das alfe
ift Herr Ludwig Boͤrne, das ijt dee Mann, ber fid
Deutfhland zum Freiheitsapoſtel aufdringt, das iſt der
eble Vorkaͤmpfer für Wahrheit und Recht, Ex nannte
fi) Freund des DVerflorbenen, er fagt es felbft, daß ihn
diefer gegen die Belchuldigung ber Beſtechlichkeit vertheis
bigt hat; und fo fpricht er von feinem Freunde, den man
foeben in die Gruft gefentt. Als er das Manufeript zu
den vorliegenden beiden Bänden dem Verleger uͤberſandte,
hatte er die Nachricht von Robert's Tode foeben erhalten.
„Dieſer Robert”, fchrieb er, „bat mie durch feinen Tod
ben ſchlimmſten Streich gefpielt, denn nun bin ich genoͤ⸗
tbigt, von Dem, was ic) gegen ihn gefagt, das Haͤrteſte
wegzuftreichen.” O des Bartfinnes, der zur Schonung
des eben verftorbenen Freundes das Graͤßlichſte wegſtreicht
und fo viel Gift noch übrig behält. Mer den verſtorbe⸗
nen Nobert kannte, weiß, daß er bei allen Schwächen
feines Charakters rechtlich, billig, mild und wohlthaͤtig,
daß er unfähig war, fi) eines Gluͤcks zu freuen, an dem
bie Thraͤne eines Leidenden hing. Armer Robert, wenn
dort ein Höllenfchein auf bein bieiches Geficht fiel, fo
wiſſen wir ja, wer neben bir ftand, aus weſſen Auge der
Strat Sam, der bich beleuchtete. .
2. Wilibald Alexis. Diefer talentvolle Schriftfteller
hat das Verbrechen begangen, in db. BI. ſich gegen bie
verberblihen Grunbfäge bes Herrn B. auszufprechen, ohne
deſſen Charaktere auch nur mit Einem Worte zu berüb:
vn. Gegen ihn tiſcht Dr. Boͤrne feinen Lefern jenes
feltfame Product auf, welche® er bettelmigigerweife einen
Heringsfalat nennt, und kuͤndigt ſich fonach als einm
Koch an, nachdem er, wie wir früher gefehen, gegen ben
Stand eines Kucyenbäders proteſtirt und fich zum Apo⸗
theker ausgerufen, bat. Aber in biefem fowie in allen
ehrenhaften Gewerben gelingt es ihm fchlecht, indem er.
auf allm 91 Blättern dieſes Salate auch nicht Einen
[4
671
wirkſamen Witz zu Stande bringt. Wer ſich in der Lite:
ratur bis zur Schmähfchrift berabmürbigt, follte dies: we:
nigftens nicht. umfonft thun, und für die hingemworfene
Wahrheit und Sitte wäre denn doch Wig der geringfte
Erſatz. Auch diefen hat Here B. nicht erlangt, vielmehr
bat er fih dem Teufel der Verleumdung bier völlig um⸗
ſonſt, aus reiner Begeiſterung für die Teufelei .ergeben..
Sein Gericht ift nicht etwa eine tüchtige concentrirte Bit:
serkeit, fondern eine Dofis Sale, aufgelöft in einer ‚uns
geheuern Schüffel vol Waſſer. Er ift auffallend und m
ben Maße fchrodcher, ‚ale er grimmiger und boshafter ge=
worden iſt. Jener feichte, treffende Wis, jene Grazie, die
ihm als Verfaſſer der „Monographie der deutſchen Poft:
[hnede”, des „Miener Freſſers“ und anderer früherer
Auffäge zu Gebote ftanden, find ihm entflohen; mit dem
fihtbarften Beftreben vermag er nicht, fie wieder zu er:
reichen, und freilich iſt es nicht zu vermundern, daß bie
Grazien einen Dann verlaffen, der mit den Furien bublt.
Zuerft diefer meitläufige, flerile, mythologiihe Spaß vom
großen Boͤr und dem gemaltigen Heimdall, von, welchen
der ſchwaͤchliche Doctor abflammen will: eine wahre lüne:
burger Heide im Gebiete des Wiges. Dann bie Erzäh:
lung, wie Ludwig Robert und Dr: Häring ihn in Berlin
fetirt, geptiefen, geehrt- haben follen. Died zu erzählen,
ift, wenn es wahr waͤre, boshaft, ba es unmahr iſt, ver:
leumderiſch; die Erzählung ſelbſt iſt langweilig und ſchal.
Herr B. nennt ſeinen Gegner einen blaſſen Jungen, ein
kuchenlaͤchelndes, bimbammelndes Sonntagskind, woraus
man denn ſieht, daß er es ſelbſt in der Kunſt des ein⸗
fachen Schimpfens nicht ſo weit gebracht, als er es bei
einigem Aufwande von Zeit und Muͤhe in der Schule
der Fiſchweiber zu Berlin haͤtte bringen koͤnnen. Zuletzt
ſagt er ſeinen Gegnern nach, ſie haͤtten den Koͤnigen ein
Pereat getrunken, Epigramme auf fuͤrſtliche Perſonen ge⸗
macht und Kiſten mit Dolchen in ihren Wohnungen ver⸗
ſteckt. Vermuthlich ſoll dies jenes farbloſe, unſchuldswaͤſ⸗
ſerliche, geruchsfreie Giftchen, die hochgeprieſene Aqua To⸗
fana fein, wozu er das Recept zu beſitzen prahlt (ſ. Daß
und Bosheit, 3). Doch genug von dieſem Salat ohne
ig, dem das Oel fehlt.
Niedrige Geſinnung mannichfacher Art.
1. „Die groͤßte Freude des Lebens iſt die Schaden⸗
freude.“ 2. Herr B. bekennt, daß er mehren Zeitungen
Nachrichten und Stoff zu misfaͤlligen Artikeln geliefert
Habe. (Nun willen wir doch, woher bie parifer Blätter
ihre Lügen nehmen.) 3. „Es fchien mir gut, meine Ge:
finnung und deren Ausdrud auf das Aeußerſte zu treis
ben, um meine Gegner zu verleiten, daß fie das Näm:
fiche hun.” (Mas Here B. hierbei gewonnen hat, iſt
nicht wohl einzufehen. Er fcheint indefjen nur die Aus:
prüche feiner Wuth dadurch beſchoͤnigen zu wollen, daß
er fie für Refultate kluger Berechnung ausgibt.) 4. „Ich
wollte, es gäbe mir einer die drei Louisdor zucud, bie
ich für mein Chriftenthum dem Herrn Pfarter verehrt.
Seit ahtzehn Jahren bin ich getauft, und es hilft mid
(mir) nichts. Drei Louisdor für ein Plägchen im deut:
{hen Narrenhauſe! Es war eine thörichte Berſchwen⸗
dung!” (Man fieht, der liebe Gott hat bei Herrn B.
vor und armen Menfchenkindern nichts voraus, Um fein
radicales Gleichheitſyſtem volftändig durchzuführen, fegt
er Gott und Menfchen gleih; darum bat er Gott belos
gen, wie er uns belügt, indem er ſich achtzehn Sahre
lang fälfchlih zu Chriftt Lehre bekannte, nun aber bereit
ift, den Heiland für drei Louisdor wieder zu verſchachern.
Er läßt fi) aber dabei denn doch billiger finden wie Ju⸗
bas Iſcharioth, was wol ben dermaligen Fortfchritten in
ber Induſtrie zugefchrieben werben darf. Wir fagen aber
wie er: „den Mann kann geholfen werden”. Will er in
Öffentlicher Synagoge feierlich, unter Beobachtung aller
porgefchriebenen Geremonien wieder zum Judenthum über:
treten, fo kann er die drei Louisdor zuruͤckerhalten. Soll:
ten fie ſich durch eine Pfennigfubfeription nicht gufbringen
lafſen, fo find Befoͤrderer des Chriftenthums bereit, fie als
ein Schetflein zur Epuration der chriftlihen Gemeinde
zu zahlen.) Ä |
Es find die eignen, mehrentheils toörtlichen Aeußes
rungen des Briefſtellers, in welchen er hier fich felbft dar⸗
geſtellt hat. Sollte feine Selbſttaͤuſchung fo weit gehen,
daß er wirklich glauben könnte, die Sache ber Wahrheit,
ber Freiheit und des Mechts zu befördern durch fo fchlechte,
fo niedrige Mittel als die find, die er Hier ampreift und
fetbft in Anwendung bringt? Hat er nicht bas Heftigfte,
MWildefte, Wuͤthendſte ſchon ausgefprochen, und wo hat er
einen Anklang gefunden? Die Geftalt, in welcher er aufs
tritt, iſt zu lächerlich, um. furchtbar, zu furchtbar, um
lächerlich zu fein. Noch haben feine Blige, flatt zu zuͤn⸗
den, nur fein eignes Schreckbild beleuchtet. Wenn fie aber
einſt züunden follten, dann würbe er fcheu unb reuig zu:
rüdtreten vor ben Flammen, bie er angefacht. Aus fol:
chen Elementen kann ſich kein Paradies geftalten, denn
— nicht hoffe, wer des Drachen Zähne fät,
Grfreuliches zu ernten! 186.
Correſpondenznachrichten aus Berlin.
Beſchluß aus Nr. 168.)
Die beiben Maifefte, die in Berlin gefeiert wurben, waren
bie Geburtöfefte zweier fechzigiähriger hochverbienter Literaten,
von denen der Eine feit Jahresfriſt unferer Univerfität, der Ans
dere feinee Geburt zufolge Fir immer geiftig uns angehörte.
Es find zwei Männer, die ber beginnende und ber ſcheidende
Mai deffelben Jahres 1773 ins Leben rief, verwandte Geifter,
die troß der verfchiedenften Zendengen, bie fie im Kreislauf ih⸗
rer Bildung umd ihrer Probuctivität einſchlugen, im Principe
des aus ber Raturphilofophie herausgeborenen beutfchen Den:
tens und Dichtens ſich weſentlich berührten. Am 2. Mai
feierte Henrich Steffens zum erſten Male in Berlins Mauern
feinen Namenstag; am 31. Mai fand zum erflen Male uns
tee uns eine Beftlichleit zu Ludwig Zied’s Geburtäfeier
flatt. Wir berichten der Beitfolge gemäß zunächfl von jenem.
Am Morgen feines Feſttages empfing unfer würbiger Rormann bie
Gluͤckwuͤnſche feiner Freunde, Gollegen und Gönner; von einer
Deputation feiner alabemifchen Schüler wurbe ihm ein filberner
Pocal überreiht. Gin junger hieſiger Maler, ©. Knebel, Hatte
Zetchnungen angefertigt, welche bem verehrten Wanne m
wohlthätige Erinnerungen und Scenen aus feinen, in ber Hafens
ftabt Stawanger an ber norwegifchen Rorbfeeläfte verlebten Kins
berjahserl, aus feinen Reiſen, feinem Belbzuge in preußifchems
672
Dienſte und feinem A an ber Mündung ber (the zu⸗
zäcriefen. Zu ben fonftigen Geſchenken, die ihm verepr wurden,
ehdrte namentlich ein Delgemaͤlde, das dem norweg ſchen Land⸗
(ee Rernim:Klord darſtellt, eine Gopie, beffen Driginalbitb von
G. Boniſch den Berlinern nod von bes Austellung be& lettver⸗
gangenen Jahres auf ber hiefigen Alademie erinnexlich fein mag.
Am Abend bes feftlichen Tages verfammelte- ſich «in engerer
Zirkel von Zreunden um ben Gefeiertn.
Ueberaus zahlreich war der Andrang jur Thellnahme an
ber fechsigften Geburtsfeier Ludwig Zied’6 am letzten Tag des
Mai; 157 Perfonen mußten ausgefchloffen werden, und 20 faßte
der an ſich nicht alkzu weite Raum im biefigen engliſchen Haufe,
Die Sinlabungen, weldye zumeift von Friedrich v. Raumer aus⸗
ingen, waren zunächft an anerkannte Freunde und Verehrer der
ied’fchen Mufe gerichtet; gleichwol fah man Anhänger der ver:
ſchiedenſlen äfthetifchen Farben verfammelt, die der Glanz bed
gefeierten Namens herbeigog. Außer bem ſaͤmmtlichen Literaten
Berlins, die, Freund oder Feind, alle von ber lauten Freude
befeelt fchienen, das Feſt eines noch lebenden großen Deutſchen,
des größten Dichters der Jetztwelt, würdig zu feiern, fah man
vorzugsweife bie bebeutendften Maler, Bildhauer und plaftifchen
Känftier unferer Reſidenz vereinigt. Das lebhafte Gefühl, es
handle ſich für unfere Gegenwart um bie Würdigung eines Dich
ters, dee aus dem Echoofe ber Poefie die wunberbarften Geiſter
einer tiefinnigen Muſik hervorfteigen ließ, hatte auch unfere
Tonkuͤnſtler Derberaefbrt, und in dem Bewußtfein, daß nicht
blos altdeutfche Kunft, fontern auch altdeutfche Gelehrſamkeit
durch die Zauberruthe Meeifter Ludwig's new and Licht gefkiegen,
waren auch viele bedeutende Gelehrte aus allen Fächern ber Wifs
fenfchaft herbeigelockt. Ein feltener Juwelenkranz von Männern
aus allen Regionen ber Geiſteswelt war zur feſtlich decorirten
Abenbtafel aneindergereiht, und bie wie Blumen dazwiſchen ge:
ftreuten Damen erhöhten burc ihre Gegenwart nicht wenig den
Glanz ber ſchoͤnen Rachtmahlöfeler. Yir bie treffliche Anordnung
ber Feſtlichkeiten gebührt Hrn. von Voltei ein unumfchränttes
Lob; auch die reichlichen Baben feiner eignen Mufe verſchoͤnten
und erhöhten den feltenen Genuß, ben die unter feiner Leitung
veranftaltete Aufführung bes Prologs zu Zied’s „Octavian“ ben
überrafchten Gaͤſten bot. Herr Dr. Häring ſprach zuvor einige
einleitende Worte Über Tieck's Bedeutſamkeit für die beutfche
Literatur; er führte Gervantes und Lefling zu einer Unterrebung
an bie Wiege des vor 60 Jahren neugeborenen Kindes und Ließ
- die beiden Deroen ſich wetteifeend bemühen, dem jungen Exrbgebore:
nen bie zeichen Gaben des Geiſtes zu fpenben, bie feinen Ruhm
vereinigen. Dr. v. Holtei vereinigte fobann mehre Mitglieder ber
hiefigen Bühnen, unten denen Mad. Crelinger, Frau v. ‚Holtei,
Dem. Hähnel, Hr. Rott, He. Bifcher u. A. m. auf bem Chore
des GSaals zur declamatorifch⸗muſikaliſchen Darftellung bes ſchon
erwähnten „Aufzugs ber Romanze‘ zum „Dctavian. Die wunders
bar füß tönenden Sonette, bie ber Dichter im Prologe Ipricht,
teug Hr. Rott wuͤrdig und gefühlvoll vor, das darein ſchallende
Echo eröffnete bie volle Muſik der Tieck'ſchen Verſe, und von ben
Lippen unferer Grelinger, welche bie Worte ber Romanze vortrug,
tönten überrafchend fchön die weichen und warmen Affonanzen:
Fänge. Mit wahrhaft ergreifendem Enthuſiasmus ſchloß fie mit
ben bebeutungsvollen Worten, bie ber Chor fingend wiederholte:
Monpbeglänzgte Zaubernacht,
Die ben Stan gefangen hält,
Wundervolle Maͤrchenwelt,
Steig’ auf ia ber allen Pracht!
Henridy Gteffend, der fechigiährige Alteregenoſſe Tiecks, hob des
Gefeierten hoben Werth als Dichter der Mythen feines Volkes
und ber Mythen ber Kindpeitäwelt hervor. Trog ter Beklom⸗
menheit, in ber Steffens, von ber tiefen Bedeutſamkeit des wahl⸗
verwandsfchaftlichen Seiftes ergriffen, feinen freien Vortrag un⸗
vorbereitet, wie ed fchien, hielt, war bie Wärme und bie Wieder
keit. der Sefinnung des ebein Redners in feinen Worten nicht gu
verlennen. Mehre Toaſts folgten aufeinander, auf des abwefens
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagtbandlung: J. A. Brochaus in Leipzig.
ben Ludwig und des anweſenden geſchaͤgtken Bilbhauers Friebrich
Tieck's Wohlſein. Hr. v. Raumer leerte darauf fein Glas auf
das Andenken des Staatskanzlere Fuͤrſten Hardenberg, ber chen
falls am St. Mai das Licht der Welt erblickt hat, und knuͤpfte
an feinen Zonft einen freifinnig außgefprodgenen Wunſch ber
Forberung Deſſen, wos ber verewigte Staatemann ind Dafeln
su rufen begann. Hr. Haͤring kuͤndigte bald barauf zum anfäng
lihen Staunen der Anweſenden, bas ſich jeboch bald in heiteret
Wohlwollen verwandelte, einen politifchen Toaſt an; ber Redner
jagte Manchem vielleicht einen Schrecken ein, indem er für ben
Aufruhr, aber auch fir deſſen baldige Beendigung einen Sluͤck
wunſch laut erhob, damit aber, ſich alsbald verdeutlichend, keinen
andern Aufruhr als den in ben Gevennen meinte. - Yußer dem
gebruckten Zeftliede, von Gen. v. Holtel gebichtet, circulirte auch
der von bemfelben ausgebrachte Zoaft auf den Mai, wovon
wir bie beiben lesten Strophen mittheilen:
Ich bring's dem Mat auf felnem Blumenthzone,
Jch being’E den Mat, umblüht von Wonneduft.
Er Hi Tiecks Vater! Mög’ er biefem Sohne
Nur Blüten fireun dis an die fpäte Gruft,
Mit Rofenbanden noch den Greis umwinhen
Und immer fung m Ihm ſich wiederfinden.
Der Dat und Tied, fie werden ewig leben;
3% bring's dem Mai, der laͤchelnd Ihn gebar.
Hört ihr da draußen alle Bäume beben? —
Die Nachtigallen, — wie? — fie Magen gart? —
Sest Rirbt der Dial — und fiäftert noch im Sinten:
Ihr müßt auf meines Ludwig's Leben trinken.
Auf ſolche Weife mag es ebenſo erklaͤrlich wie verzeiblich fein,
wenn die Sefellfchaft Tiecks Geburtsfeſt über den Mai hinaus
bis in den Suni hinein feierte. Während ber Tafel ging ein kry⸗
flallener Pocal mit 2. Tieck's eingefhliffenem Bitdniffe von Hand
zu Hand unter ben Anweſenden umher; von Teiner Lippe biieb
ee unberührt. Derſelbe wich nebft einem Album in Kolio, in
welchem jeber der Gäfle feinen Namen eigenhändig verzeichnete,
dem Gefelerten nach Dresden überfandt als bas Denkmal ber
fröhlichen eier feines Ramens. 148.
Literarifhe Notizen.
Intereffant ift Thatcher's ‚Indian biography’ (2 Pde.,
Neuyork 1832), welche Nachrichten von ben Indianern enthält,
bie ſich als Krieger, Staatsmaͤnner, Redner und durch andere
Vorzuͤge ausgezeichnet haben.
Der geiſtreiche Amerikaner William Güerg Ghanning,
auch in Deutfchland durch feine Schrift über Rapaleon bekannt,
hat eine Sammlung vermifchter Schriften unter den Zitel:
„Discourses, reviews and miscellanies” (Bofton 1880), her
ausgegeben.
Dee-Kanzler Kent, der ameritanifhe Blackſtone genannt,
gibt feine „Commentaries on american law’ in einer neum
Ausgabe in vier Wänden heraus,
Wichtig für bie Geſchichte der Vereinigten Staaten if
„Ihe diplomatic correspondence of the american revolution"
von Jared Sparks (12 Bde., Boſton 1829 fg.). Diefe Briefe
find auf Anordnung des Congreſſes nach den Urfchriften in ben
Archiven gebrudt.
Bon bem „American annual register”, einer Nachbiſdung
des gleichnamigen in England erfcheinenden Werkes, An biefed
Vorbild in Plan und Ausführung übertreffend, find jegt ſechs Baͤnde
erſchienen, weiche die Sahre 1325 — 31 umfaffen. 9,
Hierzu Beilage Nr. 6.
— —⸗
*
8
Beilage zu den Blaͤttern fuͤr literariſche Unterhaltung.
—R
Nr. 6. 12 Juni 1333.
1
Hitoriſch- doitiſch⸗ Anfichten umd--Unterfechungen, betref⸗
fend die Frage von der praktiſchen Ausbildung der ſtaͤd⸗
tifchen Verfaſſungen in Deutſchland. Zum Behuf der
vnterländifchen Geſetzgebung zuſammengeſtellt von D eins
ih Gottlieb Reichard. Leipzig, Weidmann.
1830. &r. 8. 2 Thir 12 Br,
Der Berf. bes barliegenben Buches ſucht in gutem Graf
und ehrlichem Fleiß ein Wild ber fäbtifchen Eatwidelung in
Deutfhland zu geben und auf Das binzumweilen, was nun
Roth thue, um manche frühere erfprießliche Fruͤchte des Städte
lebens von Neuem zu erzeugen, trotzdem daß die. Städte nicht
mehr im freien Garten des heiligen Reiches belegen und alfo
mitteld bed Grundfages: kein Staat im Staatel größtentheils
wie Vögel an Faͤdchen gebunden find.
- Die hiſtoriſche Entwickelung ift- vornehmlich nach Eichhorn's
Arbeiten über beutfche Rechtönerhätltniffe und insbefonbere über
fädtifche Berhältniffe entworfen; . fie ift Far, uͤberſichtlich unb
dem großen, gebildeten Yublicum ſicher mundrechter als Eich⸗
horn's Darftelluugen felbt. Einige Misverftänduiffe kommen
wol vor. Go heißt es ©. 36, „Die Bewohner eines Gaues
-— zunädhft in Markgenoſſenſchaften oder Localgemeinden einge
theilt. Eine größere Gemeinde wurde aus bunbert ſolcher ges
ſchloſſenen Markgenoffenfchaften, die in einer Region beifemmen
lagen gebäliet (sentena, Hundrede).“ Daß bie Genten hundert
Markgenoſſenſchaften freier Männer umfaßt haͤtten, glaubt der
Dr. Berf. doch wol nit im Ernſt? Die Reſte der Gentuer
foffung, wo fie fi wie in Wallis und anderwärts noch finden,.
würden :ipa leicht eines Andern belehren. Auch eine angelſaͤch⸗
ſiſche Hunbrebe ift keineswegs eine politifche Wereinigung von
Yundert Gemeinden, fondern nur von zehn Zehnten.
Ein voͤlliges Misverſtaͤndniß ift es, wenn bie Reichttage
tes fraͤnkiſchen Reiche den Reichsſtaͤnden fpäterer Zeiten in ib:
zer Beftimmung verglichen werden ©. 45, wo es heißt: „Vor⸗
ſchlag des Königs, freie Eroͤrterung und felbftändige Be
ſchlußnahme der Reichdtagsglieber unter fi, und felbftändige
Genehmigung bes Königs in letzter Inſtanz machten das Staata⸗
geſetz.“ Che bee Hr. Verf. dies niederſchrieb, hätte ex zuvor
$. 121 in der von ihm fo oft citirten @ichhonn’fchen Staats:
und Rechtsgeſchichte wohl erwägen follen, er würde bort eine
Stelle gefunden haben, bie ihn beffer als alles Andere über bie
eigentliche Ratur und Bedeutung der fraͤnkiſchen Reichſtage
aufgeltärt bitte. Es beißt naͤmuch bafelbft: „Nach dem Geifte
diefes Zeitalters fuchte ber König den Math feiner Leubes,
wenn er etwas ohne ben Beifall des größten Theiles derſelben
nicht durchgufegen im Gtande wars aber er dachte nicht
daran, fie zu fragen, fobalb er binlänglide Be;
walt in Bänden zu haben glaubte, um aud ohne
die Majorität zu handeln.” Die Placita in den Gauen
als Provindallandtage zu betrachten, ift nun vollends nicht der
minbefte Grund in der Beſtimmung ber Placita zu finden. Die
Aehnlichkeit ift ſehr allgemein und hoͤchſtens formell, bringt
aber leicht, wenn auf biefelbe aufmertfam gemacht wirb, wun⸗
derfame falſche Vorftelungen in die Köpfe.
©. 91 macht ˖ ber Hr. Verf. eine Bemerkung, bie fehr rich
tig ift, die ihn aber ſelbſt hätte verzweifeln machen müffen an
der Hoffnung, daß aus den deutfhen, im inne ber neuern
Staatstbeorie unterthänigen (denn mit ben freien oder nicht in
diefem Sinn unterthäntgen fleht die Sache ganz anders) Skaͤd⸗
ten etwas Achnliches hinfichtlidy des Reichthums, der Kraft und
Tuͤchtigkeit des Lebens je werben koͤnne, als in den deutſchen —
ſelbſt in vielen unterthänigen — Städten des Mittelalters zu
fehen ift. ı:Diefe Bemerkuntz lautet, wie folgt: „Die Einheit
ber Juſtiz⸗ Yollceis und Sommungalverwaitung im Inmern. bee
Städte, die Handhabung der geſammten Öffentlichen Gewalt
durch ſelbſtaͤndige, aus den Erfahrenſten und aus ben Beghterten
imfommengsfepte Gemeinberäthe und die Autonomie bes
Stabtgemeinden waren bis Haupthebel gur@rdße
der Btädte‘ Diefe Autonoweie, bie matürlich. nie etwas,
was unmittelbar gegen das Reich oder ben Lan⸗
desherrn war, für @efeg erklären konnte, fonfk aber unter
dieſer Ginfchräntung es den Stabtgemeinden und ihren Magir
ſtraten moͤglich machte, diejenigen Berfaffungdformen, die dem
localen Bedürfniffen entfprachen, diejenigen Sitten und Snftis.
tute, bie eben an.diefem Orte gelosen sbaren, biejenigen Metr
tyüge mit auswärtigen @emeinweien, bie eben. biefem. Gemin.
weſen exfprießlich waren, zu beſtimmen — dieſe Autonomie ges
währte die Moͤglichkeit ber Snbividualifirung eines
Stadtgeiſtet, ber nun feinen eigenthämlidhen Ortöverftand
und fein eigenthämtiches Ortsgemuͤth in bumbert und taufenb
Fällen bethätigen und dadurch zum Bewußtfein feines eigenften;
befonberften Dafeins in der Welt Eommen konnte; — dies Be
wußtfein iſt aber da unmöglich, wo ein Orteweſen wie ein ges
fangener Vogel wol einmal ein wenig aufflattern barf, aber aus
gendlicklich am Baben des allgemeinen Lebensfchemas zuruͤckgezo⸗
gen wird, ſowie «es eine eigenthümliche Richtung einfchlagen
will. Diefe Autonomie aber iſt es, die nirgend im neuerer
Zeit einer Stabt, fo viel auch von GStäbtefceiheit gefprodgen. und
gefchrieben worben iſt, von. Neuem gewährt wurbe. Machtigal⸗
len ſchlagen freilich au am Tage, wenn man ihnen bie Augen
ausfticht, ſodaß fit den Tag für Radıt haltenz ob aber auch
eine Stabt das koͤſtliche Lieb freiftäbtifchen ober wenigftens uns
gehemmt ſtaͤdtiſchen Eibens fingen wird, wenn man bie Werke
fung, die man ihr ohne Automomie gibt, eine Staͤd
beit: nennt ? ' “ .
Was ©. 106-108 lange nit nachdruͤcklich genug hervor⸗
gehoben iſt, jene eigenthämlicge Revolution im ftäbtifchen Leben:
im 1% Jahrhunderte, bie ohne Verſchwoͤrung und formellen
Zuſammenhang faft alle italieniſche, deutſche und franzdfifche
Staͤdte (um und eines Ausdruckes aus dem Bauernkriege gu
bedienen) „herumruckte““ von Rom bis Bent, jene ganze bem
neuen Bebürfuiffen des bürgerlichen Lebens angemeffene Umge⸗
ftaltung wäre ohne die Autonomie der Städte nicht möglich. ges
wefen; und wenn auch bier und da bie Kürften eingriffen und
eingreifen mußten, das Sefüht, gehandelt zu Haben, das
Gefuͤhl, dies Aberall zu können, im eignen Haufe
Herr zu fein: dies Gefühl Kann Niemand octroyiren, das
muß in wahrer Freiheit felbft erwachſen, und ohne bies Gefühl
gibt es keinen freibärgerlichen Eharakter, fonbern nur entweder
. flachrallgemeine Phyſiognonien oder dumpfe Caricaturen ſich im
Kampfe gegen ‚jene flache Allgemeinheit abquätender, tieferer
aturen.
Wenn ber: Hr. Verf. ©. 149 von ben Früchten jenes frä-
bern Staͤdtelebens in Deutſchland ſchreibt wie folgt: „Reger
Wetteifer für die Gemeindeangelegenheiten, ftete Entwickelung
ber ſtaͤdtiſchen Thaͤtigkeit, fortſchreitendes Anwachſen ter ihnern
Kraft, ehrenhafte Aufmerkſamkeit fuͤr die Aufmunterung ‘ber
Kuͤnſte und Gewerbe, preiswuͤrdige Sorgfalt für bie —E8
und Schulen und für alle Anſtalten der Wohlthaͤtigkeit waren.
die: unterfheibenden Kennzeichen der Gtäbte, wo die Rathege⸗
walt und ber Gemeindeeinfluß fich ins Gleichgewicht geſetzk hate
tm” — wenn ber Hr. Berf. alfo Schreibt, fo bleibt une ur
noch binzuzufegen,, daß eben dieſes fegensreidh . und fachgemäß
ſich ins Gieichgewicht fegen koͤnnen nur eine Folge jener bar
mals vorhandenen, unfern Städten. aber mangelnden Autenes
\
D
n
674
‘
mie war, unb eine Folge von biefer ganz allein. Hätte «8 in
neuerer Zeit ben An ale wolle ſich irgendwo bie Geſchichte
ſelbſt wiebergebären, und als wollten Städte wieder in jener
frähern Weife, aber auch ohne Autonomie, vor Keichthuni des
innern Lebens ſchiex zerplagen, fo weiß. man, daß dieſes Zerpla⸗
genwollen vornehmlich nur in foldhen Zeitungen flatthat, mit
denen leicht irgend eine hofpitalbauende oder vornehme Gaͤſte
tm NRamen ber Stadt bewillkommende u. ſ. w. Magiſtrateper⸗
fon eine Correſpondenz ankuupfen kann.
on Dem, was der Hr. Berf. aneriennend und wehlmei⸗
wenb Aber die Städte ber neueren Beit Tage, ſchweigen wir aus
dem einfachen Grunde, weil wir bie Wirkungen bes Weuers, ser
aber Mittel kennen, unfere Schreibfinger davor zu behüten. Auf
den Abſchnitt über bie vier freien Städte machen wir, als auf
einen beſonders intereffanten, noch in specie aufmerkfam. 69.
———— —— — — — — — —
Deutſche Dichter. Erlaͤutert ven M. W. Goͤtzinger.
Kür Freunde der Dichtkunſt überhaupt und für Lehrer
ber deutfchen Sprache insbefondere. Zweiter und letz⸗
tee Theil. Leipzig, Hartkaoch. 1832. Br. 8. 2Thlr.
Weber ben erſte
* biefelbe Dial intereff Nachrichten ſch
fu e aſſe intereffanter von
er thnen laͤngſt theuern Dichtungen und finden hier größten.
theils Gedichte, bie oieleiigt Ipncn nichts weniger als theuer find;
finden einen Gommentar, ſich oft ſehr weit verliert, und ih⸗
nen wenig Neues gibt; ſinden endlich manche ihrer Lieblinge aus
älterer und neuer Zeit gar nicht." Etwas Wahres iſt allerdings
an biefer Beſorgniß des Werfaffers, allein nicht grabe baburch
bürfte fie gerechtfertigt fein, daß biefer Theil nicht bie Menge
intereffanter Nachrichten über bie einzelnen Didptungen enthält,
woran ber erfle Shell fo reich war; denn ba biefer Theil Iyris
ſche Dichtungen begreift, und bei biefen der Geiſt bes Dichters,
nicht aber bie dem Gedichte vielleicht zu Grunde liegende, in ihm
gefchitberte Begebenheit hauptfählich in Betrachtung genommen
werben muß: fo koͤnnte nur ein unbifliger und unverfländiger
Mann deshalb biefen Theil gegen ben erflen zurüdfegen. Ans
bers verhält es ſich mit den andern Gründen, benn ein zu weit
fich verlierender Commentar ift allerdings fehlerhaft, zumal bei
einem Werke, welches zunaͤchſt für Säulen beftimmt if. Unb
in der That, wir haben uns geivunbert, in biefem Schelle nur Ge:
dichte von Kiopfiod, Hölle, 3. H. Voß, 3. G. Zacobi, Salis,
Schiller, Herder, Lichtwer und Pfeffel anzutreffen, obgleich
wir noch recht wohl im Gedaͤchtniß haben, daß Dr. &. mi
eine Auswahl dbeutfcher Gedichte, fondern beutfher Did:
ter commenticen wollte. ebenfalls hätte bas Werl an Mehr⸗
feitigtelt gewonnen, wenn fowol Goͤthe als auch Ramler, und
auch ſonſt noch ein ober ber andere Dichter wäre aufgenommen
werben. Grabe weil bei Iprifchen Gedichten das Gemuͤth bes
Dichters es if, was uns zumeiſt befchäftigt, hätte dies den Ber
foffer bewegen follen, in feinem Werke fo vielfeitig als möglich
gu werben. Bon Schiller 4. B. find 54, von Kiopfiod 18,
von Salis 10, von Herder 39, von Pfeffel 28, von Lichtwer 16
Gedichte gegeben worden. Bei allen bielen hätte aber ficher auch
eine Bleinere Anzahl ausgereidht, ben Dichter in feiner ganzen
Sub t, wobei es doch zunaͤchſt bei eine Sammiung
von Dichtern anlommt, barzuflellen, dadurch aber wäre
bier, und um fo ‚ als im ige
—ã Ba enden uns vielmehr fogleich zu Klopftot's gi
8
und Cegien. „Das Sharakteriftifhe in Kiopftod’s Poefie,
——— Bogeißerung —
‚ da entquoll e
—— werigfiene kein Hätrtifder, — Bei pe
find mithin ber und Menſch nie getrennt, fonbern flets
eins, und nie hat ex einen Gegenſtand blos dethaib gewaͤhlt, um
i — barzuflellen, fondern ſtets, um ihn gu verherrli⸗
alb muß man den Menſchen Klopfiock kennen, um
ben Dichter zu verfichen. — Was mon im gemeinen Reben unter
Phantafie ober Ginbildungsiraft verficht, nämlich das Wermögen,
aus der ne heraus (hinaus) zu verfegen und eine
ſchaffen, — 47 ock in hohem Grabe,
wenn ex gleich darauf ſagt: „Was man aber unter dichteriſcher
" mlich das Bermoͤgen, dem ol:
und en den
gi
ondern ſie zu zwingen,
eſtzuhalten — alles —
Klopftock in geringem, ſehr gerne Grabe.” Hr. ©. beruͤck
ſichtigt offenbar nicht genug, daß Kiopfkod! bier nur als Iprifcher,
und zwar als Dbenbichter betradgtet werben muß, twobei natuͤr⸗
lich von ſolcher Phantafte, welche ex die dichterifche nennt, nicht
wohl bie Bebe fein kann. In feinem „Meifias‘ ift jedoch auch
diefe zu finden, und zwar in einem nicht gemeinen Grade.
- Bei feinem Gommentar benupte Hr. G. alle ibm zu Se
bote fiehende Hülfsmittel; fchon bewegen bürfte biefer Goms
mentar zu ben Klopſtock'ſchen Oden ber dollkommenſte fein. Ja
bas Ginzelne können wir uns nicht verlieren, wir w nicht
nur zu weitläufig, ſondern auch, wenn wir nicht Obe und Com⸗
mentar Herfegen wollten, unverflänblich werben. Es thut jedoch
auch nicht Roth, da bie Lefer ſchon aus ter Beurtheitung dee
erſten helles dieſes Werkes bie Art und Weiſe tennen gelernt
haben‘, wie ‚Hr. Göginger commentirt. Da bei Klopſtock bie
Sreigniffe feines Lebens zum Berſtaͤndniß feiner Oben unums
gänglich nothwendig find. fo verfieht es fich von ſelbſt, daß Hr. @.
barauf bie größte Eorgfalt verwendete.
Unparteiiſch und gruͤndlich iſt bes Werfaflere Würbigung
bes vielgelobten und vieigetabelten Voß. Mit Recht ruͤhmt er
bie friſche Lebendigkeit, ben Gifer für Alles, was ihm recht unb
heilig duͤnkt, welchen wir überall in Voß'a Gedichten wahrnehmen,
* ee aber ut * Fra ah Voß den
‚meiften fe ichte einen fehr un a RNebengeſchmack
beimifchte, was aus feinem glühenden Sale gegen en
thum und gegen alles Pfäffiiche hervorging. Unleugbar find bie
idylliſchen Dichtungen das Beſte, was Voß in dem der
Dichtkunſt erzeugte. Er and es trefflich, das gewöhnliche
bürgerliche und laͤndliche Leben zu ſchildern, ohne ins Gemeine
zu fallen, und wieberlegte burch bie That bie Meinungen ber
Freunbe Geßner’s, weldye behaupteten, das Landleben fei nipt an⸗
ber& barftellbar, als im böchften Grade ibealifrt.
Die bei Schiller’s lyriſch⸗ elegifchen Gebichten getroffene An⸗
keit und bem Leben bar
geboren ward, mit
kraſt
i ahnen Ueberficht, wir erlennen des
Beif und dep
eine Geſchichte der Seelenre
sign Bortheil, ben eine chronalogi
kann
jeden eingeinen Ausdruck deſſelben betracht
ondern auch in feiner Harmonie mit dem Ga PR
einzelnen Gedanken ſucht er die Gutfichung und Portbildung
nachgumeifen, jebes einzelne Bild erklaͤrt er nach frinen Beſtand⸗
tgeilen und nach feiner Totalitaͤt.
Aber kann man ganz billigen, daß er auch Alles, was ber.
inter bei fpäterer Ueberarbeitung an feinen @ebichten wegthat,
doch veränderte, in feiner. frühern Geſtalt feinen Anmer⸗
kungen einverleibte? Wir zweifeln baran. Depn eben dadurch
baß der- Dichter fo bamit verfuhr, gab er unferer Meinung nad
auch zu erfennen, daß er es als feiner und bes Yublicums um:
würdig betrachte. Allerdings gehören dergleichen Stellen in eine
Geſchichte feiner dichteriſchen Bildung, kaum aber in eine Aus
gabe feiner Gedichte für Schulen und Yreunde der Dichtkunſt.
Wenn wir bie Werke der Alten in jeber ihrer Geſtalten, von
ihrem erſten Entwurfe an bis zu ihrer größten Vollendung vor
uns Yhtten, fie würden, meinen wir, gewiß nicht wenig von bee
sung einbüßen, welche ihnen jegt von allen Geiten geweiht
wird. Dahin aber werben es unfere Dichter kaum jemals bringen,
eben weil wir fie nicht allein ald Bollendete, ſondern auch als ſich
noch Bildende betrachten, koͤnnen, indem wir indiscret genug find,
immer Dasjenige der Welt wieber vor Augen zu legen, was fie
ſelbſt vernichteten.
Bei Schiller's„Glocke“, verbreitet ſich Hr. G. auch über bie
Parodien, welche dies Gedicht esfahren hat. „Die Glocke“, fügt
er,„hat das Gluͤck ober Ungluͤck gehabt, ſehr oft parodirt zu
werden; ich kenne ſelbſt vier Parodien (und vermuthlich gibt es
noch mehre): „Die Uhr”, von Freitleben, „Die Klingelſchnur“,
von Semler, „Der Kaffee”, von Miller, und — „Die Wurf‘,
ich weiß nicht von wem.” Rec. theilt über biefen Gegenfland
ganz Hrn. 8.6 Meinung, tenn wenn auch, wie er fagt, bie
Parodie an und für fi) nicht zu verdammen iſt, fo hätte body
Sciller’e Andenken wohl verbient, daß er, ber bie Parodien fo
bitter haßte, damit verfähont geblieben wäre; und ein Gebicht,
wir die „Glocke“ in einer Parodie zu fehen, erregt in der That
unangenehme Gmpfindungen. Hm. G.'s Urtheil über dieſe Par
sodien ift bei feiner Kürze dennoch fo lehrreich, daß wir uns
nicht enthalten koͤnnen, hier es mitzutheilen; waͤre es auch num,
das. andere Parodieluftige baturch dewogen wörben, ihr Vorbild
Bünftig genauer zu fludiren. „Keine von alden diefen Parodien“,
fagt er, „hat bie innere Drganifation der „Blodle” gefehen, fonbern
mur bie paralleklaufenden beiden Glieder: bie Arbeit und die Ber
teachtung, und fo if beun auch in allen biefen Yarobien feine
Spur eines innern Bufammenpanges. Es finden ſich hier wirk⸗
tich nur einzelne Wilder ober vielmehr Flachmalereien, bie nur
lofe mit der Werrichtung bei der Arbeit zufammenhängen. Die
befte unter dieſen Parodien it wol „Der Kaffee‘ von Möler.
(Sie erſchien befonders gedruckt und auch im „AMmanach ber Pare⸗
dien“ herausgegeben von Solbrig,) Wis Tann man dieſer Ar⸗
beit nicht abſprechen; aber man wirb doch am Gnbe bes Spot⸗
te6 gegen bie Weiber — bean barauf läuft Alles hinaus — nicht
nur fatt, fondern empfindet einen wirklichen Wiberwillen, daß der
Dichter, ber fo gern und fo ſchoͤn die edle Weiblichteit fdülderte,
zu ſolchen Garicaturen hat Veranlaffung geben muͤſſen.“
Zum beffern Verſtaͤndniß des Gedichteẽ für Diejenigen, welche
|
nie eine Glocke gießen fahen, theilt Br. G. eine Brſchreibun
des Slockengießens wit, allerbings vieles in ben Erk
dyen des Deiſters ſouſt Unverftänsliche verkänbiih wird. Gehe
lehrreich und anziehend If auch die son Hrn. G. veranftaltete
eichung 6 wit Berber, : ven Bebichten bes
Letztern voranſteht. Wiele ſchon haben gwiſchen dieſen beiden
'Mönnern eine vielfache geiſtige Verwandſchaft wahrgenommen,
und wir rechnen es Hrn. &. als ein Verdienſt an, dieſe etwas
genauer beleuchtet zu Haben. Weide hatten aͤhnliche Schickſale.
„au Wunbärzten wollten beide in ber Iugenb fi) bilden“, fagt
Sean Paul im „‚Wrufeum‘, „aber das al fagte: nein! es
ibt tiefere Wunden ale die Wunden bed Leibes; heilt bie tie
ern! — und beibe u
Das dritte Buch befaßt: die Wabelbichter. Die Ginleitung
enthält Gutgedachtes: aͤber bie: Yabel ; ift aber etwas polemiſcher
Natur. Die als Anhang mitgeteilten „Gebanlen über das
Lefen deutſcher Dichter in Schulen“ verdienen die Beherzigung
allee Schulmaͤnnner, benen wir ſie hiermit beſtens empfoplen
haben wollen.
Richardett. Ein Rittergebicht von Niccolo Forti⸗
guerra. Ueberſetzt von 9. D. Gries. Zweiter
Theil. Stuttgart, Löflund und Sohn. 1832. 8,
1 Thlr. 16 Gr. *)
Mit Bergnägen zeigen wir unfern Lefern bad Erſcheinen
des zweiten Theiles dieſes ergöglichen, von echter Laune ſtrohen⸗
ben Bebichtes an, über deſſen Charakter wir bei ber Anzeige
bes erfien Theiles unfere Meinung bereits ausgefprochen haben,
überzeugt, baß es Niemand reuen wird, dieſem beitern Buche
‘eine ber ng bedürftige Stunde zu wibmen. Der Ernſt
iſt allzu ſehr zum Herrn und Meiſter der Gegenwart ——
als daß es nicht fuͤr ein wirkliches Verbienſt gelten muͤßte, den
Gaͤhrſtofſf des Wiges und ber Laune — vor Allem aber einer
Laune, die in fo clafjifcher Geſtalt auftritt — ihm beigumifchen,
und Portiguerra ift ein fo liebenswürbiger Erzähler, fo voll ber
gefhmadvolften Nederei, und Gries ein fo treffi ueber⸗
ſeher, daß wir dem Verlangen nach Scherz und Erheiterung
keine beſſere Befriedegung ubieten wiſſen als ben „Richars
dett/“. Sein größtes Verbienſt grade iſt es, uns ber Gegen⸗
wart ganz zu entruͤcken. Diefe iſt dem Lachen, welches bie
Mufe liebt, fo feind, daß ſelbſt die Verſuche, die Laune an ihre
Erſcheinungen gu Enüpfen, nur zur Gatire binführen, bie wies
derum ihren ernften und herben Beigeſchmack nicht überwinden
Mr „nie echte Laune ift die Vergangenheit aufzufuchen ges
nöthigt.
Wir baben in unferer frübern Anzeige genug über Beden⸗
tung unb Tendenz biefes komiſchen Heidengedichts gefagt, um
bier darauf zurüdverweifen zu können. Der zweite Theil ents
hält bie Geſaͤnge 11— 20, und das Ganze wird mit dem brits
ten Theile befchloffen werden. In biefem heile bleibt bie Luft,
weiche der Dichter felbft an feinem Werke findet, unb das Vers.
gnügen, das ex feinen Lefern gewährt, fortdauernd im Vachſen;
ja, er feibft ſcheint hier erfi ben rechten Schwung in Scherz
und Rederei gefunden zu haben, bie fi) von nun an gegenfeis
tig überbieten.
Der eifte Gefang ift für uns die Krone des ganzen Ge⸗
bichts. Hier befingt Fortiguerra ben Zauberriefen, beffen daͤmo⸗
nifhe Macht ſich auf einen Liebesbrief von Pluto am Profers
pina flägt, welchen er gefunden bat. Die von ihm geraubten
Zungfrauen werben von dem Palabin befreit, und er gründet
aus ihrer char, 3000 an ber Zahl, ein Ronnenllofter, 80 Mei⸗
ien lang und 20 breit. Run fährt ber Dichter fort:
Dies Klofter macht in der Erzaͤhlung Paufe
Und bringt mich gang aus meinem alten Biel,
*) Ueber den erfien hell berichteten wir in Rz. 89 ——
MAs
Es leitet weich zurkt zum eignen Haufe, oo
Wo ich ein ganzed Her von Nichten weiß, .,
Das fſch vecklach Nele Gemmels braucht zuin Eidheaumße
Za, eine hab' ich, die deu Richtenkreis u
Sartich vermehrt, und wird dies Länger augen,
So (end' ich fie in jene Klohermauen ed
Denn in Piſtoja Kind wir Qungerleider —
Und Armer feld, als einſt Sanct⸗GEhriſtoph war; '
Do wänfden wir — das iR das Schlimmſte leiter «--
Es gleich zu thun ber reihen Sihwelgerfben. .... -
Die ſchnoͤde Prunkſucht greift mit jeden Stunde
Stets welter um; der jaͤmmerlichte Kropf '
Im ſchlecht'ſten Winkel auf dem Grbenrunde
BIN gute Tage, einen fetten Topf. .
Das richtet nun die. ganze Milt-ze Grunde,
Wer zu bezahlen hat, tragt. fih den Kopf;
Dagegen mag, wer hätte zu muspfangen,
An anderm Ort ich Tragen nad Berlangen. ...
Am ſchlimmſten aber find die Weiber.
Doch laßt und nun zur Bauberinfel kehren, .
Denn mir kommt meine Frau nit body zu fiehn. .....
Ich braudy’ in eine Kirche nur zu gebn-. u .
Denn feit ic) täglich die Zonfur mir waſche, .
Hab? id mein GtdE und Sqhleſal fu ber Tafche. © |
In biefer ergöglichen Form bewegt ſich der Scherf unſers Hel⸗
dengedichts fort, und bie mildernde Hand des Ueberfetzers läßt
nichts auflommen, was den. Gefegen des Geſchmacks widerſpre⸗
chen koͤnnte. Bein Verbienft, feine Liebe zu biefem launigen
Gedicht, die Kunft feines Verſes, in der er fi von Neuem als
Meifter bewährt, zwingen uns die vollfonmenfte Anertennung
ab. Wir fürchten nun keine Kiippe mehr für ihn und wuͤn⸗
fen nur, daß er bis ans Biel beufelbe: bleibe und: unſerer Lite:
ratur fo bie erfie vollſtaͤndige und eine wöllig befriedigende Mes
berfegung bes bruchſtuͤckweiſe öfter Überfegten Helbtngebichte ger
währe. Die glänzende Ausftattung trägt dazu bei, bies erfreu⸗
liche Wert empfehlenswerth zu machen. 84.
Pium desiderium.
Schon im Jahre 1819 und fpäter im Bahre 1320 warb
von Seiten der biftortfchen Claſſe des gargauiſchen Gulturs
verein, deren Borftände Deinrich Zſchokke und ich, damals Profeffor
ber beutfchen Literatur gu Aarau, zu jener Zeit waren, bie Nuͤtz⸗
lichkeit und Ruͤhmlichkeit des Sammelns unb Herausgebens von
. fgweigerifchen Volksliedern, namentiid aber von ben über bie
Schickſale des Volkes felbft in feiner eignen Weiſe fich verbreis,
tenden und aus feiner eignen Mitte hervorgegangenen ; mehr:
fach angeregt und erörtert. Kein beutfcyer Volksſtamm kann fo
viele Gefänge diefer Art, welche bisweilen ſelbſt dichterifchen, auf jes
ben Fall bebeutfamen bifterifchen Werth haben, aufweifen wie bie
Schweizer, welche auch ben meiften Vorrath an bandfchriftlichen
unb gedrudkten Ehroniken befigen. Im 9. 1821 machte ich
mich ſelbſt an bie Suche und befchloß Alles, was in der Schweiz
am obgebachten Eietern zufammenzutreiben wäre, von bem älter
ften, bem fogenannten Oftfriesländerliebe (in feinen verfchiedenen
Bearbeitungen und Verſtuͤmmlungen), bis zur Reformation (ein-
ſchließlich) zu fommeln, die einzeln gedruckten ober in den Ehro⸗
nifen (von Tſchudi, Schodeler, Bullinger, Etterlin, Werner
Steiner, Bio!, Zuftinger, Tſchachtlan, Valerius Anshelm u. f. w.) *)
befindlichen chronologiſch zu ordnen, nach dem älteften Texte beſtmoͤg⸗
lich Herzuftellen und mit ben vorhandenen Handſchriften ſomit zu
vergteichen und ſowol durch Gloffarien für Nichtſchweiger (wegen
ber zahlreichen Provimgialiömen) und für Neuſchweizer (die bes
°) Auch bie Beit -Weber’fhen waͤren mit aufgenommen worben, da der
Inhalt rein ſchweizeriſch, und bie Deimat des Verfaffers zwiſchen
Freiburg im Uechtland und Freiburg Im Breisgau noch ſtreftig MR.
Rrorig
oltze Licht: zu
Atbdeuntſchea nicht vet die Semmfung broauchbarer zu
— ————
n Über die eingemnen Lirder und beren Verfaffer das
verbrriten. Wereitö Hatte ich einen —2
Borrath beiſaamnen und werde durch aͤltere und juͤngere Fremde,
von · welchen ich beſonders Drei, Bocke, Balthaſar, Ichekke
K. R. Hagenbach, K. Herzog, A. Henne u. A. m. nenne, veblih
ar Proben erfchienen in ber Altern „Aetheia"
( € . .. . u . .. .
Allein mitten in deu Arbeit überrafchte mich bie Recheick,
daß Profeſſor Vyß ber Jungere in Bern mit einem äbnfiche
Unternehmen fi) äftiäte und ebenfalls bamitxfchon ziemlich
orgerfrkt fei. Um nun und gegenfeltig"die Sache nicht zu vers
berden, entſchloß ich mich, als der Juͤngere, dem Altern Gelehrten
das Feld gu überiaflen, und ich machte: mich anheiſchig, dem Herm
Wyß meine diehetige Sammiung abgutreten. Gpäter Tamm
wie jedoch uͤberein, gemeinfäyafttich dem Unternehmen uns zu
wibmen und Dr. Alexander Denne, als Dichter des „Divilo”, Ver⸗
faffee einer populairen Schweizergeſchichte und als Publiciſt und
Voſtereduer :feitbem genugfam befannt, follte als Dritter bem
Bunde beitveten, Wyß der Tert und bie Anorbnung, See
das Gloſſarium und ich das Hiſtoriſche der Ausgabe beforgen.
8 welchen Urſachen dieſe legtere jedoch unterdtieben if, warb
mie :niemais- völlig Klar, da Prof. Wyß immer zögerte, autwich
umd zutegt daruͤber ftarb, nachdem ich bei der Jahrverſammlung
ber fhweigerifch gemeinnügigen Berfammlung zu Zürich, im Jahre
1825, welche ich von Freiburg aus befucgt, noch einmal ernfüih-
auf die Verwirklichung des alten Planes. zu fprechen gelommen
war und bei Uſteri, Laharpe, Drelli u. U. lebhafte Theilnahme
dafik gefiinden, auch die Erwähnung meiner Motion im Ge
fe@fchaftsprotofofl erwirkt Hatte.
Die Herausgabe der deutſchen Volkelleder durch Profeſſor
Wolff (im Verlage ber Cotta'ſchen Buchhandtung) hat mich an
bie Eieblingsibee von Neuem erinnert, und es wäre ſehr zu wär:
ſchen, daß ein deutſcher Schweiger, welcher ben mit der Arbeit
verbundenen Schwierigkeiten gewachſen, etwa Tanner, Hagenbach,
Henne, oder Bornhaufer, bie Ausgabe beforgten. enter fo wie
len trüben Erſcheinungen bes Parteigeiftes würbe ſolch ein Uns
teenehmen gewiß etwas Nationales und den Rationalgeift Staͤr⸗
kendes, auch für bie beutfche Literatur im Allgemeinen Berris
cherndes fein.
Stuttgart, im Nopbr. 1882. "
“ Dr. Ernft Muͤnch.
=
Aphorismen.
Lavalette
abvbalette nabm in der Todesnoth feine Zuflucht zu der
Sroßmuth der.befannten. drei Englaͤnder, und fie Löufchten fein
Bertragen nicht. Dos netürlie Gefuͤhl billigt. dieſe Handlung,
welche das poſitive Geſet verdammt. Died iſt oft der Fall,
und der Richter fpricht demnach eine Strafe gegen Denienigm
‘aus, dem er in feinem Gewiſſen nichts vorzumerfen hat. Die
fer Widerſpruch aber zwiſchen dem natürlichen unb bem poſtti⸗
ven Geſetze iſt immer verderblih, weil man, um Bürger ze
werden, aufhören muß Menſch zu fein, oder, um Menſch zu
bleiben, nicht als Bürger handeln berf. Das ift ein großes
Gebrechen ber Gefengebung, welche ben Menfchen. mit tem Bir:
ger in Widerſpruch fegt und ben einen durch ben andern vernichtet.
Die Befeitigung ähnlicher Widerfprüche in der fächfifchen Geſes⸗
gebuntg rodre eine würdige Aufgabe für den fächftfchen Landtag.
Für Päbagogen.
Der alte rohe Sag: man müffe die Jugend austoben laſ⸗
fen, birgt eine tiefe pfochologifche Wahrheit. Dies Austoben
ift der Bermentationsproceh des Weine, Wer aber möchte wol
den Wein verhindern, durch eine Rermentation ein Helles. Kia:
red, Edles, Treffliches zu werben? 173.
Nedigirt unter Verantwortlichkeit ber Verlagshandlung: 8. A. Brodbaus in Reipzie.
— — Te eu
8
en un IT T T mn
81
‘.
—R
Donnerstag,
Darſtellungen aus meinem Leben und aus meiner Zeit,
Don Friedrich Karl von Strombeck. Zwei
Theile. Braunfchweig, Vieweg. 1833. 8. 2 Thlr.
8 ©r. *) 2
Auf dem Titel beider Theile findet der Leſer das
Motto aus Goͤthe's Schriften: „Was ich. befige, ſeh' ich
wie im Weiten, und was verfchrand, wird mie zu Wirk⸗
lichkeiten”, : welches darauf hinweiſt, daß der Verf. die
Schwierigkeiten fchriftftellerifcher Darftellungen, wie fie
bier beabfichtigt werden, vollftändig erwog. Je bedeutungs⸗
voller eine Lebensbahn nad) dem Standpunkte der Ges
burt, oder des Talentes, oder der Schickſalsverflechtungen,
um fo fohwieriger tft die Stellung des Autobiograpben,
weiche Herr von St. in diefem Werke unbezweifelt eins
nimmt, wem er auch, nah ©. vı der Vorrede, nur
„Beiträge zur Gefchichte des Lebens und Treibens feiner
Zeit” verheißt. In einem Bekenntniß, welches er gleich
folgen läßt, geſteht er, daß ihm die Koderungen feines
ſittlichen Sefühls höher ſtehen ale Genügeleiftung der rein
gefchichtlihen Aufgabe, wodurd grade dem autobiographi:
fhen Zwecke der Vorrang eingerdumt wird. Er fagt
naͤmlich:
Wie viel bedeutender wuͤrde ich dieſe (die Geſchichte feiner
Zeit) darzuftellen vermodht haben, wenn ich rückſichtslos biejeni:
gen ausgezeichnetern Perſenen gefchilbert hätte, mit denen ich in
meinem langen Leben in Berührung gelommen bin! Wie manche
Sarve wäre id im Stande geweſen abzuziehen! Wie wäre «6
mir ein Leichtes gewefen,, vielmals biftorifche Gerechtigkeit zu
verwalten! Doc fand ich mich hierzu nicht berufen; auch härte
ich bei Ginigen als fein völlig unpartelifcher Richter erfcheinen
mögen. Meine Blätter find harmlos, fie verlegen Niemand,
fowie ich im Leben Niemand abfichtlich veriege habe.
Was mithin der Lefer hier in Hiftorifcher Beziehung
verliert, gewinnt er in biographifcher Hinficht, indem fid)
der Derf. fo ganz in gemütbliher Eigenthuͤmlichkeit aus⸗
fpeiht. “
Die tmomente der Lebensgefhichte des Herrn
von St. können als befannt angenommen werden (f. „Zeit:
genoſſen“, erfte Reihe, Nr. 19; „Converfations-Leriton”‘) ;
fie erhalten durch vorliegende Darftellungen weitere Aus:
führung zum anmuthigen Lebensgemälde. In bem ben
„*) gl. eine kurze Mittheilung hierüber in Re. 128 d. BI.
, Red,
atter | \
.
als irgend eine andere norbdeutfche Stadt verlor.
=
für .. R ed „
EEE BE SEE W So;
Ina. .. 222 Pe . 3J
J = .- ar ‘ =... e— 1
Kinderjahren gewidmeten erſten Buche orientiten wie uns
in denr Familienkreiſe und ſehen den: Verf. aufwachſen
in Verhaͤltniſſen, welche ein Gegenbild zu jener trefflichen
Schilderung Goͤthe's von feinem vaͤterlichen Hauſe darbie⸗
ten. Wir finden in Braunſchweig die faſt reichsſtaͤdtiſche,
abgefchloffene, echt deutfche Eigenthuͤmlichkeit des Bürgers
thumes, welches hier um fo interefjanter hervortritt, da
es fih neben einem glänzenden Sürftenhofe (befonders une
ter der Regierung bed prachtliebenden Herzogs Karl) mehre -
Menfcyenalter‘ hindurch erhielt und’ erft fpäter, jedoch nicht
ſpurlos unterging, als durch eine Verkettung verfchuldes
ter und nicht verſchuldeter Ereigniſſe Braunſchweig mehr
Von
der Schule begleiten wir den heitern Erzaͤhler zum da⸗
mals berühmten Collegium Garolinum, wo er unter Com⸗
militonen höhern Standes und aus verfchledenen Ländern
Europas, ausgezeichnet durch Lernluft und Lernfähigkeit,
wie durch Xalent und Neigung zur freifinnigen Auffaf:
fung des focialen Lebens, den auffallenden Gontraft fchon
fehen laͤßt, der zwifchen ihm und feinem zwei Jahre juͤn⸗
gern Bruder Heinrich (zu Halberſtadt verftorben der 30. März
1832, Verf. der bekannten Ergänzungen des preußifchen
Landrechts und der Gerichttordnung, wie ‘einiger anderer
juridifcher Schriften) ftattfand. . Diefe mit heiterer Cha:
raktermilde vereinigte Beachtung des aͤußern Lebens war
Das, was dem jlngern Bruder mangelte und ihn zuletzt
der alleinigen ‚Herrfchaft eines von trüben Phantasmen
beängftigten Egoismus preisgab. Zur Univerfität Helm:
ſtedt wird v. St. begleitet von reger Liebe zur Wiſſen⸗
[haft und zur Poefie, welche durch die häusliche Verbin:
dung mit dem gelehrten Profeffor Bruns und durch den
ein Jahr fpäter die Hochſchule beziehenden Freund Hoyer
neue Anregung findet, indeß er, durch fittliche® Betragen
den übrigen Profefforen wohl empfohlen, in den ange:
nehmſten Verhaͤltniſſen lebt. Treffend ift die Schilderung
des beruͤhmten Sonderlings Beireis, kindlich anmuthig
fein Verhaͤltniß zu einer Heinen lernbegierigen Schülerin.
Auch Studentenunruhen (doch Feine bemagogifchen) gibt
es, denen &t. durdy einen Ritt in den Harz aus dem
Wege gebt, aber, der Abtrünnigkeit befchuldigt, Helmſtedt
bald nachher verläßt und in Göttingen für feine Studien
reihe Nahrung, Für das Herz defto weniger findet. Das
Studium der Jurisprudenz wird elftig, lernend und gleich
“ erinnern, wenn auch nicht auf diefelden verrofefen wuͤrde;
678
wieder lehrend, getrieben. Durch Letzteres bildet ſich die | auf eine Wierteiftunde die Feder aus ber Hand legen zu möäf:
a: fen. Bon Trapp {prach er mit Hohn weil diefer nicht fowie
Fertigkeit des mündlichen Vortrags aus. Auch die meuerm | "in den Moygantineen bewandert war. Diefed Leben Eonnte er
Sprachen, beſonders das Franzoͤſifche und Stalienifche, wer: denn als net in auer Ungeflörtheit führen; unb wi
vers mit Bufk betrieben, da eine Reife nadı dem Drient Tel Brandt, Ci feinen Giger
über Italien zu ben Lieblingsplanen des Sup ge: jheteen ——— a zu a fo een
» , 1 (fe, J Fanger Die einiger auf das Volßaͤndigſte ‚ von ſuͤrſtlichen
—F en chen Beenden gi ah 1 Perfonen anerfahat. Shine Amt she as Blbliothekas ver⸗
Pi, | X. waltete er mit ber gewiſſenhafteſten orgfalt, auch fremden
nen, freien Studentenlebens (Oſtern 1793) will der Aufent⸗ Gelehrten , die ſich ſchriftlich an ihn wandten, die verlangte
it in dem großen, “ — —— und An Austunfe gebend. gr war ein AH Dethobor , überhaupt
tänfichkeit beherrſchten Vaterhauſe DM gefallen. t eidiger alter Ginrichtungen und Sei eueret. M
dem — einer Reiſe nach Jena geht er uͤber be gab — intgeheim gegen has fädne Gefhleht m
pers, Angebung'unid &unsbrud nach Itatien. "Inteseonfe . Be 9 su fein und in biefer SBeziehmug Ti" mid, über
was @öthe von ihm berichtet hat, beklagen zu koͤnnen.
Diefes eingegogenen Tebend- zuge tonnte. man Laugex
nau kennen lernen. Gr verfehlte nämlich nicht, täglich zu einer
ge
t Stunde feinen. Spopi ‚um- ben. Wal mo
Ge (tor er [ \ era on —— ſeinem nem *
bas gerin
tin, eine ſchoͤne Opervſat
——— bald das faſt gefährliche Abenteuer ei⸗
ner: Luſtfahtt nach Chiopze. ee getertau Leider
wird nach vierwoͤchentlichem Auſemd⸗
Keiſe nicht fortgefegt, ſondern ſanelie Nuckfahrt beſchloſ⸗
‚be. aus d
dungen anlangen. Ueber Trieſt, Laibach, Graͤtz wurde
befonbers aus. De wo bald bie ‚frühere Reiſegefaͤhr⸗
ee war bit petſoniflaäͤrte Otbaungellebe.
In feiner Kleidung hatte ee feit feineh Teipgigee Jahren, ia
denen ihn Böthe kannte, keine Veränderung getroffin zı alsem
tebendiges Bild einer fruͤhern „Zeit, ſah man ihn im Gommer
in einem geffreiften ſeidenen Hoftocke friſtrt und mit einem
haarbeutel, Im Tälnter A im inb corocte mid einen Taille vor
den: Sänge, wie fie. in. ben flebgigen- Jahom bes: notkigem: Safer
| hunderts nach dem deueſten Gefchmadte- geweiem war.
Veranlaſſungen zu gediegenen Reflexionen finden 6
üuberall umd werben. meifterhaft beugt. So Führen die
gandereheimſchen Stittsnerhälmifle zu bee: Bemerkung!
Fean ein. Miniſter Napoleon'a dus: einen edeuſtrich eine
Provinz gewinnen konnte fo kat der Minifter eines Mei
Hürften oft den größten Aufbad von Genie und Kraft nöthig,
dm eine umbedentende Grenzberichtigung Fu brwitken. Dazt
ig mun in Sanversheinm ats obiußer Zeſthafes fuͤhrer ber
Yehtiffin ganz allein, ohne allen Beinark and betaftet mit ber
‚ ganyen Reſp ſabilitaͤt meiner Gandlungen. Diefes iſt mir für
das folpende Leben von eminentem Rutzen geweſen; ich ge⸗
wbhnte wich auf dieſe Weiſe, ſelbſtaͤndig zu Hanbelü und zu
ſchnellen Entfäjkeftungen und rafchen Mußregeln mie im Berie⸗
enheit zu ſein.
⸗ W (Der Beſchluß folgt}
RR
bers,. mo den Halbeuntflohenen ber Vater mit Güte, Mut⸗
ces und Schwelle wit Zärtlichkeit empfangen: Sp endete
Gen Mugen fiir. den ‚Süngling, benn es hatte unter viel⸗
feitiggn. Anfichten, der eit Selbſtaͤndigkeit gewonnen. |
ortfchritte In Sprachen ‚und Diiffenfdjaften gediehen im
huge gluͤcklicher Haͤuslichkeit, welche bald bei muthig
bei der preußiſchen Geſanbtſchaft in Konſtantinopel fuchte.
Dieſer Zeit, von 1793 —1808,. wo v. St. als AR
ſeſſoer heim Hofgetichte zu Wolfenbüttel ſtand, dann. ald
gandersheimſcher Ableirath der Prinzeſſin Auguſte von
Braunfppweig in bie engern Zirkel des dortigen Hofes
aufgenommen war gehören feine. erſten Ueberfegungsver:
ſuche ang dem Gebiete der erotiſchen roͤmiſchen Poeſie
an. Hier mie überall intereſſante Portraitzeichnungen mit
unverfeanharer Neigung, den. Menfchen die guͤuſtigſte
Esite abzugewinnen;, ift aber, behuf6 ber Treue, feine
glänzende Beleuchtung auf. bie vorgeführten Perfonen zu
merfen,, fo werden bie Schatten doch nie unrein Ws |
Beifpie: laſſen wir den Verf. über den befannten Biblio:
thefar Langer, den Freund Goͤthe's, reden: |
Eanger zeigte ſich als ben exften aller Egoiſten. Kaum
und nur mit Umfländen wat für’ Frembe, oft ſelbſt für feine
Bekannte Zutritt zu ihm zu-erlangem Stets bei feinen grier |:
chaiſchen Aa omdi um. die yrnſen⸗ derſend en mit den
Leitungen der Lerikographen wergleichend, oder fin bie „br. | Ki
tingifcgen, Anzeigen” recenſicend, hielt er jebe Stunte füs verlas |:
ven, die er einem fremden amtswegen ale Bibliothekar aufs
zuopfem: verpfliäjtet war. Steig einer Keflung war fein Sans
verfälffen, und drang ja Jemand, ber mit Am literarifehe Ser
ſchaͤfte ayemiadyen hatte, bis zu ihmm ein, fo fand-er. einen. Une:
Endlich hat feit einigen Wochen, nad) dem falten und rege
nichten Winter ber Brühling. fich hier einzufiellen angefangen ;
doch find bie ſchoͤnen Zage fen mehrmals durch ſruͤrmiſchet
äber den Golf nach Aſtros Dieſer rt hegt af md an eiten
Weinen ifeliten Yelfenhüge, beo fig; mitzen vor einer geraͤuu⸗
. gen fruchtbaren Gbene am flachen Meereöftrande erhebt... Bi
hohes Gebirge,
"eine andert
ette und ‚eitten Wiheiel, ver Ach von Fur der Betge
u de eh
der zwiſchen Aſtros und ber Eihvipa ins Meer fält. Zeus
Kelfenhügel warde wegen feiner“ abgefonberten Lage bisher die
Infel (To vnod) genannt; einige Häufer an feinem Fuße, 1
. . [2 s —
zufriedenen, dem man. 6%. feicht: gufah,. wie Teid- es igmıthaß, ' ) Voal. Nr. 160 und 161 b. Bi. D. Reb.
679
eih Landbungsplas (exula) für Kalkia ift, Aſtros, unb bad ganze
bahinter gelegene Ahal bie Ebene von Aſtros (6 xaumos Tou
“Aorgovs). Der Hauptort des Thales war aber ein großes
Dat, Hagios Joannes (in der gemeinen Ausfpradye Ayıayınz,
fowie bie Einwohner Ayıayiraı), weldges eine Stunde weil in
bie. füdlichen Gebirge pineinliegt und nad) Eandesweife am Fuß ter
Gebirge sine Solonte, bie hagianitiſchen Kalybien, die hier ihre Wins
terwohnung haben Nash dem Ausbruche der Revolution baute
ſich der Gapitain Zaphiropulos, aus dem Thale gebürtig, auf
dem ‚Hügel am ‚Meere eine feſte Burg; unter ihrem Schutze
ſiehelten ch mehre Hagianiten bort an, und fo iſt bereits ein
kleines Gtädtcken, das heutige Xflros entffanden, dem nur noch
eine. Fünfttiche Hafenanlage zur Aufnahme von Handelsſchiffen
fehle, um durch die Kusfuhr der Eandesprobucte ſich zu größe
zer Blüte zu erheben.
, Mit, einem Briefe des Kapitani verfehen, fanden wis auf
ber Burg bei feinem Bruder eine gaftlide Aufnahme, und es
währte uns ein eignes Vergnügen, aus bem europäifirten
oplion uns pilöglich in folche mittelalterliche Zuftänbe verfegt
zu ſehen. Hier gehören die Frauen noch nicht zur Gefellfchaft;
die Burgfrau. zeigte fich blos bei unferer Ankunft, um uns das
Engemaqchte (yAvzu) und ben Kaffee zur Bewilllommnung zu
Bringen, und dana erſt am folgenden Tage bei unferer Abveife;
brigens ivaren wir mit ben Männern allein. Von Alters
thümern finden fich in Aſtros nur an einer Seite des Hügels
KBefte von altkyklopiſchen Befefligungsmäuern aus gaͤnzlich un⸗
bebauenen Kelsjläden, ein wahres zeixos deywr Alduy, welche \
- geben;
Benennung ber Alten, z. B. auf bie Mauer in Tyrins, nicht
ganz paßt, deren Steine großentheild in einem gewiffen Grabe
bearbeitet find.
Bon bier aus machten wir eine Wanderung nach ben Rui⸗
nen eines feften Ortes, welche zwei Stunden weiter füdlich auf
einen Felfenhügel am Messe liegen. Des Weg: führte du
die mit Dliven- und andern Fruchtbaͤumen, unter denm fi
Weingärten finden, wohlangebaute Ebene, zwifchen dem. Sup
der fuͤdlichen Gebirge und dem oben erwähnten Binnenſet bin.
Diefer Ieptere, Muftos (o Movonbs) genannt, entſteht auß mehr
zew ſehr Karten Daedn halbfalzigen Waffen, weiche under dem
Berge hervoriueten, und evgießt ſich durch verſchiedene Mün-
hungen ind Meer. Das hinter ihm fi Öffnende hat gehört
ſchon zu bem- Gebiete des Stammes der Tzakoner, von beflen
alterthuͤmtichem Dialekte Herz Hofrath Thierſch hier eine Gram⸗
matik gefanmelt bat. Wir lieben zwei Ortichaften berfelben,
die tarakovouniſiſchen und bie tzakoniſchen Kalybien zur Red
ten und erreichten, nadıdem wir auf den Gchultern unſers Fah⸗
rers noch einen aus ben tzalonifchen Gebirgen kommenden Ziuf
paffict waren, ben an feiner Muͤndung gelegenen Lanbungsplag
bes h. Andreas. Ueber ihm erhebt fich Ein Hügel, deffen Beiten
mit den Ueberreften ber Befeftigungsmauern aus polygonen Gteis
nem umgeben find, und bem Meere zugewandter Abhang
mit Yundamenten von Häufern bededt ifl. Man kann an meb:
zen Stellen die alten Straßen verfolgen, weiche nicht fehr breit,
aber meiftens geradlinig waren. Nach bem Umfange ber Ruinen
zu fdjließen, mag ber Ort nicht über ein paar taufenb Einwohb⸗
ner gehabt haben. Die Tradition der Gingeborenen behauptet,
daß vor Alters dad Meer den Hügel faſt ganz umgeben und fo
einen Hafen gebildet habe; aber dies ift wenigftens in hiftorifchen
Zeiten unmoͤglich, da bei einem fo hohen Wafferftande auch bie
“ argriifhe Ebene bis nahe an Argos uͤberſchwemmt fein würbe,
was feit bein mythiſchen Eereite zwiſchen dem Pofeibon und
dei Dera (Pauſ. II, 32,5) nicht ber Fall’ gewefen zu fein ſcheint.
... Am folgenden Morgen gingen wir durch die Gbene nach dem Kio«:
ſter Luft (#Aovxoöd), das zwei Stunden weites wiſtlichuda wo ſich
bag Ihal zu verengen anfimgt, am Buße der Berge Uegt. Auch
dieſer Weg führt zum großen Theile durch Weingaͤrten, welche
zwiſchen ven Delbäumen vorzüglich gedeihen und ben ausgezeich⸗
netften Wein hervorbringen,, den ich bisher in Griechentand ges
teunten. Faſt in jedem Rebenfelde ſteht eine Kelter, ein aus
Steinen gemauestes, wit Stud audgefehtes Baffin, aus wel
chem ber Wein in eine Art Gifterne abfließt. Dagegen Tanden
wis in dem ganzen Delwalde nur eine zerſtoͤrte Kirche, wäh:
rend der Oelwald bei Athen mit Kirchen gefüllt ift, welche bie
Atdenaier, noch jegt wie vor Alters den Ruf ber Frömmigkeit
verbienend, den Heiligen geweiht haben, bald aus Dankbarkeit
für eine reiche Ernte, bald als Belegung, um ihrem Gchug:
heiligen feinen Segen abzufchmeicheln. In dem Kloſter fans
den wir einige intexeffante antite Hefte, theild architektoniſche
Gegenftände, Saͤulenreſte und Capitaͤler verſchiedener Art, theils
Bruchſtuͤcke von Sculpturen. Diefe Alterthämes werben univeib
bes Klofterd auf einer Eleinen, ebenen, mit Gebuͤſch und Vaͤu⸗
men bewadgfenen Flaͤche gefunden, wenn bie Bewohner ber Um⸗
gegend bort nachgraben, um Steine und Ziegel zum Haͤuſerbau
hervorzuſcharren. Mehre in den letztverfloſſenen Jahren auf diefe
Art gewonnene werthuolle Gegenflände find im Mufeum auf
Jigina. An einer Stelle, die ber Abt uns anwies, lieben wir
nur einen Schuh tief graben und fließen auf einen alten wohls
erhaltenen Mofail. Hier ift demnach noch Vieles zu erwarten.
Dod iſt es auffallend, daß noch feine Inſchriften gefunden
worden find. Am Abende unterhielt uns ber Abt mit ſehr ver⸗
fländigen Geſpraͤchen. Er ſprach von der Ruglofigfeit. ber Kloͤ⸗
ſter und brüdıe den Wunſch aus, daß die Regierung alle
auffeben möchte, um von ihren bedeutenden Gütern Schulen,
Hospitäler und andere gemeinnügige Inflitute zu gründen. Uns
ter. der türkifchen Hersigaft hätten die Klöfter wenigftens ben
unglüczlichen, als Zufluchtsftätten gedient und bie bejahrtern
Mönde in den Dörfern Unterricht im Lefen und Gchreiben ges
in bebürfe man Feines Afyle mehr, die Bildung, wel
che bie Mönche ertheilen könnten, reiche nicht aus, und
die Achtung vor ihrem Stande ſei ſo geſunken, daß ſich keine
Rovizen mehr meldeten als dann und wann ein fauler Bauer
oder Hirt, bes gern leben wolle, ohne felbſt zu arbeiten. Da⸗
ber ſtuͤrben bie Kiöfles nach und nach aus, und ihre großen
Güter lägen unbenugt ba; wie denn fein Klofter, das wenige
ſtens dreißig arbeitfame Familien ernähren könne, jest, ibn felbft
eingeihloffen, nur drei Moͤnche zähle. Dies Alles fagte der
wacere Mann aus voller Ueberzeugung und, fo weit ich bie
jegt das Land kenne, mit voller Rbahepeit. Die meigen Yale
Tepe uote dar Brrhäistiß der Alöfer gm Gtaate mit Behr
felben Augen an, und Sie Ibnnen baraus enthelhttar,; wi es
der Regierung faß nicht® koſten wird als ein ‚ uns Grie⸗
chenland mit veichbotirten Unterrichtsanflalten zu verſchen.
Bon Lukũ aus deſuchten wir folgenden Zuges beim: Berg
Hellenilöon (Elinyızoy), der 14 Stunde in füdtider Midytumy
ind Gebirge hineinliegt. Sein Gipfel, der eine geräumige Nlattr
form bildet, if mit anſehnlichen Reſten fharter Befefkhgungs:
mauern umgeben, bie fih zum Theil doppelt übereinumbes er
beben und mit runden und vieredigen Thärmen verfehen warem
08 Innere zeigt aber nur verworrene Trümmerhaufen und,
wie gewoͤhnlich in diefen Rtzinen, eine Anzahl mit Stud aus⸗
gefütterter Gifternen. Won der Art, wie bie Halbgelehrten um
ter ben Griechen, 3. B. unfer Abt und anbere Leute im Thale,
die alte Topographie ihres Landes ſtudiren, können Sie fid
baraus eine Borftellung machen, baß man uns mit großem
Ernſte verficherte, ber See Muftös fei die Lerna, und bie Rui⸗
nen auf Hellenikon das alte Zemenion. Gin anderer Herr er⸗
zählte mir noch heute, bie Halbinfel auf der europäifchen @eite
der Darbanellen fei ber tauriſche Eherfones, und als Gyrus
bie Griechen befriegen wollte, babe er über den Hellespout eine
Bruͤcke gefchlagen.
Von Hellenitön Tehrten wir zum Klofter zurüd, ritten
dann in nörblidher Richtung über das Thal, paffirten ben Fluß
und erfliegen auf einem beſchwerlichen ſteilen Wege, auf dem
wie niche als 14 Stunde zubrackten, bie hohe Saviha. An
der Mitte bed Bergabbanges fanden wir wieder die Refte einer
kleinen befeftigten Ortſchaft. Vom Rüden bes Berges hatten
wir eine weite Ausfidit ſichtich auf Ins Thal von Aſtros, bas
- mit feinen Del« und Fruchtbaͤumen ımb dene grünen Gebduͤſch,
welches die eiaſchließenden Höhen faft bis zum Wipfel bedeckt,
680
egen die argeiiſche Ebene in ihrer jegigen Veroͤdung erfreulich
—2 und über daſſelbe hinaus auf bie hintereinander auffteis
genden Wergreihen bis zu bem befchneiten Thornax (dem jetzi⸗
gen Malevo). Nach Norden blidten wir in das ſchmalere Tynus
sifche Thal hinunter. Diefer Bergkamm muß dee Parnon fein
und hier bie Hermen geftanden haben, welche bie Grenzen ber
Lakedaimonier gegen bie Argeier und Tegeaten bezeichneten
(Pauf. II, 88, 7); ein gerftörter alter runder Thurm (nulaıo-
avoyos), aus polygonen Gteinen gebaut, ber einige Hundert
e wefttlih vom Wege fteht, war vielleicht ein Wacht
thurm einer dieſer Wölkerfchaften gegen bie andern. Bon jenen
Grenzmarten ausgehend, beginnt Paufanias (III, 10, 7) feine
Beſchreibung Lakonikas, und zwar läßt er unmittelbar *) auf
fie den Eichenwald Skotitas folgen. Dielen bat Müller auf
feiner Karte einer Stelle bes Polybios (16, 57) zu Liebe Ar
weit weſtlich gefeßts aber die Stelle bes Polybios laͤßt ſich recht
gut mit dem Pauſanias in Ginflang bringen. eine Angabe
der Lage des Waldes: zwifchen Tegea und Laledaimon, iſt all«
gemein fi faffen: zwiſchen ben Gebieten beider Orte. Das
dort erzählte Stratagem des Philopoimen war, einen Theil ſei⸗
nes Heeres nach Gellafia vorauszufchiden, mit bem Refte aber
fpäter aufzudrechen und ſich in ber Gegend des Skotitas in eis
nen Dinterhalt zu legen. Jene Vorausgeſchickten hatten Be⸗
. fehl, den Feind anzugreifen und fi dann auf ben Skotitas zus
ruͤckzuziehen, um die Verfolger in bie Falle zu locken, was auch
gelang. Dazu ift es gar nicht nothwendig, vielleidgt nicht eins
mal wahrſcheinlich, daß der Wald, wo ber Hinterhalt gelegt
war, am geraden Wege von Tegea nach Sparta lag. Wenn
nun fo der Skotitas an die fuͤdweſtlichen Abhänge des Gebir⸗
ges Savitza (bed Parnon) zu fehen ift, fo koͤnnten bie Ruinen
bei Lukuͤ vielleicht zum Heiligthum bes Zeus Skotitas gehören,
das dem Pauſanias 10 Stadien links von feinem Wege lag.
Dies ift aber ungefähr die Entfernung bes Klofters vom Buße
®.
des Berge
" (Der Beſchluß folgt.)
Fauſt. Eine Tragoͤdie von Goͤthe. Fortgeſetzt von J. D.
Hoffmann. Leipzig, Lauffer. 1833. 8. 1Thlr.
Rach fo manchen fehlgefäjlagenen Verſuchen diefer Art nech
wieder mit einer Kortfegung bes WBöthe’fchen „Kauft aufzutres
ten, zeugt, wenn nicht grabe wieber das Gewoͤhnliche erfizebt
werden foll, von Muth und einem Gelbfivertrauen, das ſchon der
wirklichen poetifchen Kraft faft gleichzukommen frheint. In der
That lernen wir bei biefem Unternehmen einen neuen Dichter
von bebeutendem Talent kennen, der es nur bedauern Iäßt, daß
er ſich nicht gleich in einer felbftändigern Aufgabe dem Yublicum
dargeftellt hat. Mit dem Kortbichten und Hineindichten in
fremde Schöpfungen ift es body immer, felbft bei dem genialften
und probuctivften Auffaffen, eine misliche Sache, und auf dem
fortfegenden Homeriben laſtet immer das Vorurtheil, baß er
nicht Homer fei. Here 3. D. Hoffmann hat ſich zunaͤchſt ber
Form nad in Zon und Styl des Böthe'fchen ‚Kauft‘ ſehr lebs
daft hHineinzuverfegen gewußt und in der Fortführung biefer
Manier felbft ein fo achtungswerthes Darftellungsvermögen beur:
kundet, wie es nur wenige der neueften Dichter befigen möchten.
Dinfichtlid) bes geiftigen Themas bat er jedoch das Gedicht auf
einen ganz neuen und ihm eigenthämlicdh angebörigen Standpunkt
gehoben und dadurch nicht nur bie Kortfesung, fonbetn auch
gewiffermaßen die Löfung jener großen vielfach verfchlungenen
Weltibeen beabfichtigt, bie in Böthe's „Kauft“ ihrer urſpruͤng⸗
lichen Anlage zufolge eine nach ebenfo viel verfchiebenen Seiten bin
gehende Entwickelung zulaffen, als es verſchiedene Individuali⸗
täten gibt, welche fich jener Ideen in fick bemädhtigen. So
») ’Ioioı di And ıav "Eguv lorıy 6 ronoc oUros Anag
devav nÄnens; x. T.
bürfte ſich vielleicht Jeber nach feiner perfdänlichen Geſinnung
eine anders nuancirte Loͤſung des „Fauſt““ und bes in ihm ru
henden Weltkampfes erfchaffen, fowie fich Immer allgemeine Sheen
in Jedem befonders mobificirt abfpiegein; denn Goͤthe's Gebicht
bat biefe welthiftorifche Bedeutſamkeit erlangt, daß es zu einer
allgemeinen dee geworben ift, und in biefer Dinficht iſt es inter
reſſant, daß grabe jegt, wo aus dem Nachlaß bes Dichtert feih®
der zweite und abfchließende Theil des „Fauſt“ mitgetheile
worden, ein anberer jüngerer Dichter ebenfalls mit einer
nach feiner Weiſe unternommenen Löfung ber Aufgabe hervortritt.
Mit vielem Geift Hat Herr Hoffmann befonders an dem Wer
haͤltniß des Kauft zu Mephiſtopheles, als bem eigentlicen
Weitbualismus des Ganzen, weitergeflaltet und in der (ut
fäbelung biefes Verhaͤltniſſes den ſich geſteckten Zweck zu erreichen
gefucht. Diefer Zweck ift fein anderer, ale daß Fauſt durch die
ihm inwohnende göttliche unb unverlierbare Kraft allmälig feine
Stellung zum Mephiftopheles immer bebeutfamer aͤndert; das
gute Princip dringt durch alle Rebel ber Sünde gu bem legten
und unverrücdbaren Ziel einer allgemeinen Weltverföhnung im⸗
mer fiegreicher durch, und ber böfe Geiſt, der fich ſchon eines
Triumphes der Finſterniß freute, muß fehen, wie er getäuft
worden, und wie er nur im Dienfte Höherer und ihm unberwußter
Abfihten gewirkt har. Fauſt betruͤgt den Mephiftopheles um
feine &eele, die endlich zum Anfchauen der Gottheit gelangt.
Mepbiftophiles Hat ihm nur die „Leiter zum Himmel gehalten”.
Die Gottheit ſpricht in ber Schlußfcene, welche bie Abfichten
bes Ganzen zufammenfaßt, zu Beiden Kolgendes:
Mer mi erfhaut, der lernt In Kurzem viel; —
Noch wenig Worte will ich zu euch reden,
Denn viele Worte liebt die Gottheit nicht.
So gebt denn hin von meinem Angeficht,
Und feld vereint, und wirket mit der Liebe,
In meinem Geiſt, an meinem ewegen Werke,
Du, Bauf, ſei meines Geifted heil'ge Kraft,
Unb mit der Lieb’ erbaue meine Welt;
Du, Mepbifopheles, ſtehſt ihm zur Hanb,
Denn ohne dich iſt alles Leben tobt;
Die Welle ſteigt und findt, fo wogt das Leben. (Gr fegnet fie)
Die allmäligen Stufengänge in. Baufl’s Entwickelung wer
ben in trefflichen, oft fehr originell erdachten Bildern vorüber:
geführt. Tragiſcher Wig, Ironie und die bewegtefte, male
riſche Sprache ber Leidenfchaft fliehen dem Verf zu Gebote.
Die originelften Scenen find, wo Kauft ſich ſelbſt im Theater
bargeftelle fiehts, ferner, wo ee am heiligen Grabe umber
wandelt und dort dem ewigen Juden begegnet. Doch wicht
blos das Ginzelne, die ganze Schöpfung bezeugt ein ern
ſtes, tiefes Streben für Poefie, von der man herrliche Früchte
zu erwarten berechtigt iſt. 88.
Literarifche Notizen,
‚_ Rad) bem Supplemente von Bent's „Literary advertiser”
ift die Zahl ber 1882 in London herausgefommenen Bücher 1180,
Beitiheiften und neue Auflagen nicht gerechnet, und 80 mehr
a . v
Eine neue Biographie W. Cowper's iſt unter dem Ti
tel: „The life of William Cowper, compiled from his
correspondence and other authentic sources of information.
Containing remarks on his writings and on the peculiari-
ties of his interesting character, never before published.
By Thomas Taylor‘ (London 1888), erſchienen; Hay⸗
ley's und Dr. Johnſon's Werke über Cowper lieferten das
Hauptmaterial und werben dadurch Mr Engliſche
Faue nennen dies Buch die einzige vollſtaͤndige Biographie
owper's. 3.
Redigirt unter Verantwortlichkett ber Werlagähandlung: 3. U. Brodhaus in Leipzig.
’ \
.. “ . I .n., H. M "
.. 1 * . fi Yhı a co . ‚ .
«
I 2
.
für
literarifihe Unterhaltung.
Greitag,
(Beſchluß and Nr. 16)
Je ſchneller das nähere Verhaͤltniß zum braunfchweigis
ſchen Herzogshofe mit der Unteriochung des Landes 1806
afgelöft wurde, um fo mehr möchte man bedauern, baß
ber gewiß Über die intereſſanten Eingeihaiten befjelben ges -
nau unterrichtete Perf. in feinen Denkwuͤrdigkeiten nicht
ausfuͤhrlicher bei demſelpen verweilt und eine vollſtaͤndige
Charakteriſtik der herzoglichen Familie umter, Karl Wil⸗ Hof
Wohlthat der Gewährung Ihrer Bittſtellung hinterher mit
dem frechſten Undank lohnten, indem fie ihee ariſtokrati⸗
beim Ferdinand bier einwebt. Hielt ihn: vielleicht davon
zu. große Vorſicht und Pietaͤt ab? Der braunfchweigifche
Hof hatte in damaliger Zeit, ungeachtet: mancher Schata
tenfeiten feiner Mitglieder, glänzende Vorzüge; auch ber
freimüthigfte. Erzähler hätte Vieles davon zu [agen, was
grade gegenwärtig, wo Braunſchweig bie Wiederbildung
eines Hofſtaats erwartet, doppelt beachtungswerth fein
müßte. Während man nah Mehrem verlangt, iſt das
Dargebotene um ſo dantenswerther. : 1803 Reiſe nad)
Dofen. Treffende Bemerkungen Aber die Urfachen, wes⸗
halb die Polen antiptenßiſch waren. Munde Hauptmo⸗
tive bleiben unberuͤhtt, z. B. daß vom Anfange her die
‚ mit dem’ Organiſationsgeſchaͤfte Beauftragten zwifchen hal
ben Maßregeln ſchwankten; daß bie ‚nach Polen geſchick⸗
ten Berwaltungsbeamten mehrentheils Leute waren, welche:
dem neuen Berufe weder durch fittlidie Haltung noch
durch Fähigkeit gewachſen waren; bag ſich viele altpreu-
Bifche Eollegien anruͤchiger Mitglieder entlebigten, welche
in - bedeutende Wirkungskreiſe nah Polen gefchidt wur⸗
den; daß der Ton der Soldatesca hoͤchſt verlegend war
für den durch fein Unglüc flolzer gewordenen Polen u. ſ. w.
Auf der Rüdkelfe über Verlin macht Herr von St. Bes
kanntſchaft mit dem hochberühmten dortigen Arzt H***
und erzählt die empoͤrende Behandlung, mit welcher er,
der für feinen kranken Freund Hoyer Rath erbitten wollte,
von demfelben abgefertigt wurde. Dergleichen Unfitte nimmt
unter den ersten um fo mehr zu, je mehr fie mit Adels:
briefen, Ordensſchmuck, Dipfomen und Ehrentiteln ausges
ftattet werden, wodurch fie an bie komiſche Maske des.
alten Lufifpiele erinnen. Im Frühling und Somme
2305 eine Reife nach Paris. |
Obgleich mit diefen- Angaben noch nicht einmal am
- Ende 58 erflen Theiles der Darſtellungen“, welcher viel
.
[_
Lelſenswerthes aus der Ungluͤcksperiode des braunſchweigi—
ſchen Derzogshaufes (1806 u. 1807) enthält, brechen wir
bier ab, um auf des Verf. Erzählung von der glücklichen
Wendung, melde er den Angelegenheiten feiner Fuͤrſtin
zu. geben wußte, von der Errichtung des Königreiches
Weitfalen und von dem neuen Staats: und Hofleben zu
Kaſſel zu verweilen. Er gehört nicht zu den unlautern
Augenzeugen ‚des letztern, die fich, beſonders aus den hoͤ⸗
bern Ständen, zu dem neuen Königsthron drängten, um
s und Staatsaͤmter zu erlangen, und welche die
fche 2egitimität dem heimgekehrten angeborenen Regenten
nicht beſſer darzulegen glaubten, ald wenn fie mit Schmaͤ⸗
bungen auf den eingeflärsten Thron wieſen. St. vers
ſchweigt nicht, was ex dem weſtfaͤliſchen Staate verdankt,
und kann darum mit freiem Griffel feine Ichrreichen Bes
richte verzeichnen. Er bewahrbeitet auf jeder Seite das
(Th. I, S. 110) abgelegte Bekenntniß: \
Es ift mir ſtets ein eigenthümliches Bergnägen gewefen, '
mich mit den Burücdfesungen ober gar Berfolgungen ber Macht⸗
baber in Oppofition zu fegen. Denn nichts ift in meinen Au⸗
gen verächtlicher und nieberträchtiger als das Betragen ber
Dofleute ded Nero gegen ben dem Tode geweihten Britannicus, ı
als fie fich ftetd von der Seite der Hoffäle entfernten, wo fidy
der unglüdliche Fuͤrſt hinbegab, |
Ob dieſe hier ſelbſt geftandene Eigenthuͤmlichkeit, oder
‚ob preiswuͤrdige Freundestreue davon die Urſache iſt: eis
nige der vorgefuͤhrten Perſonen ſcheinen überfhägt zu fein;
‘dagegen iſt Niemand nachzuweiſen, der mit einer notae.
macula bezeichnet ift und ſolche nicht vollſtaͤndig verſchul⸗
bet hätte, ‘3. B. jener Graf Schulenburg⸗Kehnert, wei:
cher, beilaͤufig gefagt, das reiche Benedictinerkloſter Rin⸗
gelheim im Hildesheimiſchen nicht, wie Th. II, &. 27,
gefagt ift, vom Könige Friedrich Wilhem II., fondern vom -
jegt regierenden Könige Friedrich Wilhelm IIT. zum Ge⸗
ſchenk erhielt und damals, als Herr von St. Mitglied
des weſtfaͤliſchen Staatsrathed wurde, längft aus demſel⸗
ben verabfchiedet war. Die Gefchichte des erften weſtfaͤ⸗
liſchen Meichötages erhält hier Ichrreiche Beitraͤge; befons
ders iſt aus der Erzählung der von ben Ständen am
7. Auguft 1808 durch Stimmenmehrheit ausgefprocdhenen
Verwerfung eines Grundfleuergefegentmwurfes deutlich zu
erfehen, wie gewöhnlich die minifterielle Handhabung fläns
N
’
J
diſcher Verhandlungen durch Leldenſchaftlichkeit, hochfah⸗
renden Stolz und Ungeſchicklichkeit unglückſelige Zwietracht
hervorruft. Die Staͤnde, an deren
Redner Hofbauer allgemeines Lob erntete (nur nicht in
ben Coterlen hoͤfiſcher Speichellecker), verſchuldeten nur
Eigen Mark; J al der Koͤul inter Dfpntation hie
Wegfäherung geben Heß = die unwärbige Meder des · Staafs⸗
raths Malchus follte mit Weglaffung aller beleidigenden
Stellen im „Moniteur” abgebrudt werden, fie nicht er
widerten: ihr eingiges Gefuch ginge dahin; daß grade von -
den beleidigenden Stellen nicht Eine Spibe weggelaſſen
wuͤrde, denn’ diefes fei unumgänglich nothwendig, fit Ans
sefichts der Mit: und Nachwelt zu rechtfertigen.
Wie tüchtig Here von St. auf der, Stelle zu replis.
ehren wußte, davon folgende intereſſante Anekdote ans ber
Zeit ſeines Aufenthaltes zu Celliee.
Als ich dieſer "Einladung (des Marfchalls Davouſt) Gnuͤge
leſſtend in feinem Salon erſchien, fo fand ich den Marſchall ge:
Rau in der Mitte deffeiben ftehend, über die übrige Welt eine
Kepfpöhe Hervorragend und an Gorpulenz: ſich vor Allen aus⸗
zeichnend. Nachdem ich einen ziemlich nachlaͤſſigen Gegengruß
empfangen, fuhr ber große Bi ungefähr. folgendermaßen in
einee unterbrochenen Rede fort: „Hier liegen offenbar die ärg:
fen! Betrügereien gum- Grande, fie ſollen abgeſtellt werben, dies
fed. verlange ich burchaus: Burch bisfe Seine Stabt: (Celle)
fellın,65,000 Mann binnen bis; Monaten marſchirt fein! Ich
fage Cuch, biefes ift eine Unmahrheit und eine Prellerei. Ich,
müßte ein Tchlechter Seneralgouverneur fein, wenn ich die Ber
wezungen ber Zruppen in meinem Gouvernement nrdyttennte.
Richt 10,000 Mann find durch Celle gelommens mit bem lie:
berſchuffe werden. die .Abminiftrizten gepreit.’' ı Da rin ehrerbie⸗
tiges Stillſchweigen auf biefe Apoſtrophe folgte, und, mir Indine
niedergedonnerten Randsleute nahe gingen, fo nahm ich mir bie
Griäubniß, in den Zirkel zu treten und den Marſchall ungefähr
fotgenvermaßen anzureden: „Wenn Cm. Excellenz mir einch
Augenblid Gehör ſchenken wollen ,. ſo hoffe ich aufzuklären, ‚wie.
ed zugegangen iſt, daß fi die Truppen Sr. Majeftät des Kai⸗
ſers in unfern Mauern verſechſsfacht haben.” „Sprecht, Herr
Hräfident"‘, fagte der Marfchall, „ih bin neugierig zu erfah⸗
rn, wie Ihe das Raͤthſel löfen werdet.” „Die Lak der Eins
auartirung (fuhr ich fort) if aur dann zu tragen, wenn fie
möglich gleichförmig vertheilt wird. Um dieſen Zweck zu er⸗
reihen, wird die Laft in Ginheiten aufgelöft, nach benen bie-
. Berechnung geſchieht. Eine folche Ginheit iſt das Quartier eis
nes genieinen Soldaten für Ginen Tag. Wenn alfo hier ein
Buataillon von 1000 Mann acht Tage bfeibt, fo find biefes
fdon 8000 Mann geworden. Nun aber bat das Bataillon
feine Dffigieve und jeder nach feinem Grabe ’riän numerifdyen
Merth:: Ein Lientenant gilt vielleicht für 4, ein Gapitmin. für 8,
ein Dbrift für 12 Mann, weil man annimmt, baß er feinem
Wirthe fo viel Koften ald ebenfo viele Gemzine veritrſacht. Die:
fes vermehrt wieder die ideelſe Zahl fehr bedeutend. "Auf diefe
Art:ift-e6. unflreitig gugegangen, daß fich 10,000 gu Geffe yu
ER: Mann vermehrt haben." Dig Mienen des Marſchaus
waren mährenp meines Vortrages immer milden geporten; als
id nun. geenbet, ſagte er mit vieler Gravität: „Ihr ſprecht
methodiſch, Herr Präfldent, wie ich es liebe und .mie es auch
Se. Faiferliche und kbnigliche Majeftät gern hat. Ih habe Euch
völlig. begriffen. So wird. die Sache zugegangen fein. Ja!
ich mb jent geſtehen, daß Eure deutſche Duartienigämethobei.
mir gefüllt! Vo ndasiea io
Mit. Schenung geht Herr von St. uͤber das ſchlechte
Geſindeln weg, weiches mac bem "Falle Weſtfalens ein
Verbrechen: daraus machte, zus Ausbilbung preiswurdi⸗
Spitze der wuͤrdige
%
682 un
” a
ger SInffitutionen mitgewirkt zu haben. Mad der Auf
oͤſung jemes Königreiches kehrt er nach Wolfenbüttel zu:
tu und widmet mehre Mußejahre deu mit verbientem
Beifalle aufgenommenen Ueberfekungen sömifcher Geſchicht⸗
ſchreiber, unter welchen Tacitus ben erſten Rang. behaup⸗
nd
tie
t@. Bei festener ‚Bielffirigfeit “ned mit fr —
.Bei ſegtener. Pielßitig ine e
niſſen — —— wandte er” fi ham
naturwiſſenſchaftlichen, beſonders geologiſchen Studien zu,
deren Reſultate er in ber Bearbeitung ber Breislak ſchen
t | während ve Sorfchungen in
biefena Selde zu Reifen nah Stalin und, Sicilien wie
gu einer zweiten Reife nach Island rücſtete: Plane,
moldifcher Seite des gemeinſchaftlichen Dberappellationd:
gerichtes zu Wolfenblitte geſtoͤrt wurden; doch auch bie
Ausflüge über die Meler; in:die Begenden, „wo Hermann
den Barus fchlug”, ius Datzbereid, und fpäter nach Poms -
meen wurden erträgreich für Studien und Sammlungen.
: Das: vierte und letzte Buch enthält Bruchſtucke aus
dem Zeltabfchnitte von 1814— 30. Hinſichtlich ber bes
deutfamen Wirkſamkeit des Herrn von St. bei den land⸗
ſchafilichen Werhandtungen waͤhrend der vormimdfchaftlis
hen Regkerung Byaanfchrerigs /: aus welcher bie erneuerte
Lartdfchafteorbrking vom 25. April 4820 hervorging, vet⸗
weiſt eu. auf die von: ihm herausgegebenen drei Hefte
ſtaatswiſſenſchaftlicher Mittheilungen für die neuefte Ge⸗
ſchichte Braunſchweigs, und beſonders für bie Eharakte⸗
riſtik des feiner Laſter halber vertriebenen Herzogs Karl
ehthält das Schlußfragment (S. 293 fg.) noch Teftis:
werthe Nachrichten. 61.
22
en . ' ' FE —7 lt. 0 FR
-: Mietheilungen über Griehanlanb.. u.
Geſchluß aus Ri
Der ·Weg von den Hermen ins kynuriſche Thal gebt ſehr
ſteil hinunter. Dort, wo wir es betraten, eine ſtarke Etunbe
vom Meere, ift es noch ſehr ſchmal, macht aber bald. eine Tleine
Biegung gegen Notden und emveitert fi bann oſtwuͤrts gegen
bie See hin. Durch daffelbe fließt bei: Tanod, ein "Meineb;‘
3—4 Schritte breites Fiußchen, : aber mad: einem in ben Grbirz .
gen ‚gefallenen Regen: fo tief, daß wir gift eine Braͤcke ſuchen
mußten, um ihn zu pafliten; ein. in Griechenland feltener Fall.
Auf dem linken Ufer des Fluſſes fanden wir mehre Fundamente
von Ihrürmen oder Gräbern und ein geräumiges, mit zertruͤm⸗
merten Gteinen und Ziegen überfäetes Feld, nicht viel über
10 Stadien vom Meeresufer entfemt (Thukyd. 4, 57).. Hien.
ftand alfo Thyrea, der alte Zankapfel zwifchen Argeiern und
Lalghaimoniern; hier war bie Cute wo auserleſene Krie⸗
ger aus beiden Staͤmmen, um den Beſit des ſtreitigen Thales
kaͤmpfend, ſich gegenſtätig den Tob gaben, ohne daß vurch die⸗
ſes Opfer der Zwiß':gefdglichtet wurde (Gerod. 1, B23.. Das!
mis Blut gebräugte Laͤndchen ift jetzt verödet; an die Gtelte
einer Stadt und dreier blühenden Drtfihaften find einige zer:
fireute Hütten getreten, die nicht einmal ben Ramen von Dör:
fern verdienen. a Zt
Sowie Kyönuria auf ber Suͤdfeite durch die Savitza ber
grenzt iſt, wird. es auf der Mordſeite dutch einen anbeen nie⸗
drigera Berg von bes argeifchen, Ebene gaſrhjeden, zwiſchen heis
fen Fuße und beni Meeresufer ein Raum von nur etwa 5
Schritten bleibt. Unter einer Felẽplatte unmittelbar am Fuke
bes Berges, auf weicher bie Wagengleiſe einer alten Fahrſtraße
ſichtbar find, tritt aus 78 Deffäungen ein Bach hervor, der
683: -
fig bald zu einem ˖ kleinen, rings mit Schlf, Binſen und Kraͤu⸗
teen (Pauf. II, 87, 5) umwachſenen See von 100 Schritten
Umfang erweitert und bann bis an bad Dieer hin einen Sumpf
" bildet, durch den fein urfprünglicher Abfluß geweſen zu fein
ſcheint. Diefee Sumpf ift aber in neuen Beiten mit Dämmen
und Mauern eingefaßt und fo das Waſſer gendthigt worden,
burg einen einziger Kanal abzufließen, welder fünf Wählen
treibt, bie uoifälen dem Sumpfe und bem Meere gebaut find.
Bon biefen Yat der Ort feinen benfigen Namen: oß Muloı oder
/grebs Müvlovs. - - - J
Der Berg über den Mühlen, ber faſt ganz aus nackten
Kalkfelſen befteht, ift Tein anberer als ber Pontinos bes Pauſa⸗
ntas (TI, 36, 7), auf dem man zu feiner Zeit die Ruinen eines
Tempels der Athene Saitis und bie Fundamente der Burg des
Dippomebon fah, bie jest von ben ausgedehnten Ruinen eines
mittelalterlicden — venetianifchen ober genueſiſchen — Schloſ⸗
ſes überbedt find. Auf ihn paßt, was Paufanias von beim Pon⸗
tinos erzählt; der nackte, durſtige Kalkfels trinkt das Regen:
waffer ein, und man fieht baber an ben Geiten dieſes Berges
nidjt, wie gewöhnlich an den Bergen in Griechenland, die Bet:
ten der Gießbaͤche, in welchen der Regen abfließt. Ginige Huns
dert Schritte nördlich von den Mühlen tritt unter der Norboft:
feite bed Berges wieder eine ſtarke Quelle hervor, die einen
Bach bildet, der fi in das nahe Meer ergießt. Dies ift der
Fluß Pontinos, ber auf der einen Seite den heiligen Platanen⸗
bain begrenzte (Pauf. II,.38, 1), welcher auf ber andern Seite
bis an den Zluß Amymone reichte. Die Amymone ift demnach
ber zuerft erwähnte Bach, ber unter einer Pelsplatte hervor:
tritt, und das Baflin, zu dem er fich erweitert, der allyonifche
See bes Päuſanias. Das äußere Anſehen beffelben iſt noch
ganz, wie es ber Water ber Neifebefchreiber ſchiidert, und bie
Tradition von feiner bobenlofen Tiefe hat fi bis Heute erhal:
ten; vor einigen Zahren fol man mit dem Senkblei eines gries
chiſchen Schiffes vergebens Grund gefucht haben. Der alkyoni⸗
{de See aber und ter lernafifche *) find einer und berfelbe.
Daß die Duelle ober ber Fluß Ampmone und ber Iernalifche
See baffelbe find, beweifen mehre Stellen der Alten, z. B.
Hyginus Gab. 169, und -Paufanias ſelbſt: V, 17, 4 und II,
87, &, wo’ ex die Hötra.in ber Amymone leben und getödtet
werben läßt; und daß ber alkhoniſche See einerlei ift mit dem
dur bie Amymone gebildeten Baflin, babe ich Ihnen eben
durch Vergleichung dee Dertlichkeit mit bee Beſchreibung des
Pauſanias gezeigt., Dazu kommt noch, daß biefer Reiſende,
obgleich er die Gegend von Lerna umftänblich befchreibt, keinen
andern See bort erwähnt als den altyanifhen, und daß bie
Gingeborenen aufs Beftimmtefle verſichern, von ben Mühlen bie
Argos finde fih in ber Ebene fein anderer See oder Sumpf
als eben der bei den Mühlen. Ic hätte biefe Gegend gern
ſelbſt näher unterfucht, aber bazu ift eine trocknere Jahrezeit
ndtbig, da jest vom kuͤrzlich gefallenen Regen noch mehre ber
niedrig gelegenen Felder in Pfügen verwandelt waren. Das ift
aber auf jeden Kal falfh, wenn Gell („Itiner.“ &. 176) bie
Lerna aus dem Zufammenfluß des Phrixos und Erafinos ents
ſtehen läßt, bie fich vielmehr zwifchen der Lerra und Tementon
ins Meer münden (na Yauf. IT, 88, 1), und wenn Müller
auf feiner Karte im diefen gewaltigen See Yon dem Umfang
einer Meile auch noch den Pontinos fich ergießen läßt.
Auf ber Südfeite bes alkyoniſchen Sees iſt eine kleine Er:
hoͤhung mit einigen alten Quadern. Hier ftand vielleicht das
Bild der Aphrodite am Meere. BZwifchen dem See und dem
Fluͤßchen Pontinos, wo ber heilige Platanenhain fland, findet
man am Ufer verfihiebene Fundamente, fowie auch einige Saͤu⸗
Ienrefte aus Perites, mit Stud überzogen, in welchem die Gans
nelirungen geformt find. Gie gehörten vermuthlidh zu einem
der Heiligthuͤmer. Der Platanenhain iſt gänzlich verſchwunden;
*), Strabon 8, ©. 868 und 871 nennt ben Fluß und ben See felbft
# _Adovn. Paufaniaß aber (IL, 15, 5; 9, 8; 86,6; 88, 1) gebraucht
3 Atova nur als Bezeichnung der ganzen Gegend.
1;
eine einzige Cypreffe ſteht an feiner Stelle unb blickt teauernb
auf die gefunkene Herrlichkeit ber in fo vielen Mythen gefeiers
ten Gegend herunter.
Bon den Wrühlen nach Argos nahmen wir ten Weg mit
ten durch die Ebene und kamen nach einer halben Stunde zu
einer Kirche bes heil. Demetrios mit alten Quadern und @äu«
lenreſten; vielleicht aufber Stelle des von Paufanias (II, 36, 7)
erwähnten Peribolos, wo Pluton mit ber geraubten Tochter der
Demeter in die Unterwelt hinabgeftiegen fein fol. In der Nähe
‚find ein paar audgetrodnete Wafferläufez doch wage ich nicht
zu entſcheiden, ob fie der Cheimarros und der Phtixoe des Paus
fanias find. Wir wandten uns jegt linke, an den Buß der Ge:
birge, um zu ber Duelle des Eraſinos zu kommen, tie jegt
Kephalari heißt. Hier fpringt der Buß bes Berges Chaon
(Pauf. 11, 24, 7) ein wenig in bie Ebene vor und endigt in
einer faft fenkrechten Fels wand. Unter ihr tritt ber Eraſinos
aus einer ziemlich ſchmalen Deffnung hervor „die aber eine ans
‚fehnliche Ziefe Haben muß, ba der Fluß gleich, nachdem er ei:
nen Kleinen Ball gebildet, fi) in mehre zur Treibung von Muͤh⸗
In und Bewäfferung ber Felder angelegte Kanäle theilt und
eine für dieſe Gegenden hoͤchſt beträchtliche Waſſermaſſe ent:
widelt. Die Griechen haben bis heute die Tradition bewahrt,
daß biefer Fluß aus dem See Zaraffa (dem ftymphalifchen).
fomme. Ueber der Quelle Öffnen ſich in der Felswand zwei ger
räumige Höhlen, von denen bie eine ein Kapelichen enthält, die
zweite mehren Bamilien zum Obbadye bient. Vermuthlich exs
goß fi ber Fluß früher durch diefe Höhlen, bis er ſich einen’
tiefer gelegenen Kanal durch den Zellen gegraben. Bon Alters
thümern (Altären, Niſchen, Infchriften, wie fie ſich in der
Nymphengrotte bei Bari finden) enthalten diefelben nichts. Doch
wurden Die Opfer zu Ehren bes Dionyfos und Pan, beren-
Pauſanias bei der Quelle des Grafinos envähnt, wahrfcheintich
in den Höhlen dargebracht.
Der Weg von bier nach Argos geht am Fuß ber Berge
bin. Rechts an der Straße, zwifchen den Bergen Chaon unb
eykone, ift ein altes Fundament, da wo Paufanias (II, 24, 6)
einen Tempel der Artemis erwähnt. Auf ber Lykone follen
ebenfalls noch einige Trümmer die Gtelle des Heiligthums der
Artemis Orthia bezeichnen. Die EHpreffen aber, bie den. Berg
befteibeten, find verſchwunden.
Am folgenden Morgen führte uns Graf F. von Argos
über bie Quelle bes Eraſinos zurüc und noch eine halbe Stunde
ſuͤdweſtlich am Zuße des Ghaon Hin zu einem Monumente, das
er Tags vorher befukht hatte. Hier ſtehen auf einer Kleinen
Anhöhe tie Ruinen eines vieredigen Gebäutes, das gegen
50 Schuh Länge und gegen 40 Schuh Breite hat. Auf einen
Eodel ron etwa 8 Schuh Dicke, der aber nur 1—2 Schuh
aus der Erbe hervorragt, erheben fih Mauern aus polygonen
Steinen, deren innere Seiten ſenkrecht find, während bie Außern
poramidenartig zurüdtretn. Sie find jrgt nur bis zu einer
Höhe von 8—10 Schuh erhalten, wo ihre Dice noch etwa
2 Schuh beträgt; verlängert man aber in Gedanken bie ſchraͤ⸗
gen Außern Seiten, fo bilten fie eine Pyramide mit abge:
flumpfter Spige, und nah der Berechnung eines Architekten
war der Unterbau ſtark genug, um eine folche Dede tragen zu
tönnen. Die Steine find nicht, ‘wie font bei dieſer fogenannten
kyklopiſchen oder altheilenifchen Bauart gewöhnlih, bios auf:
einandergelegt und nach ihrer verfchiedenen Geſtalt ſergſam
zufammengefügt, fondern mit Kaltmörtel verbunden. Auf der
Oſtſeite tft eine Ede ber Pyramide in einem rechten Winkel
aus geſchnitten, und ‚hier führt eine Thüröffnung yon 8 Schub
Breite, an deren einer Geite man nody in ten Gteinen bie
göcher bemerkt, in welche bie Riegel faßten, in einen ebenfo
breiten Gang, aus welchem eine andere Thoͤre durch eine Zwi⸗
ftenmauer in ten innern Raum des Gebaͤndes führt, der eine
Kammer von 23— 24 Sckuh ins Gevierte biltet. Dies Mo:
nument kann nict wohl ein anberes fein als eins ber Grab:
mäler (noAverdore), welche Paufaniae (11, 24, 8) am Wege
nah Tegea kurz nad tem Webergange Über die Quellen bes
684
Erafinos wwähnt zu Ehren ber in einer Schhlacht
gegen bie Lakedaimonier bei Hyſiai gefallenen Argeier. Pyrami⸗
denformig war auch ein Grabmal am lege von Argos nad)
Epidauros zum Andenken ber in einem Kampfe zwiſchen Proi⸗
to8 und Atriſios Bebliebenen (Yauf. II, 25, 6). Wenn der Aus⸗
druck des Paufanias an der erflern Gtelle mehre folder Mo:
aumente (nolvardgıa) anzubeuten feheint, fo tft bas Berfchwins
den ber übrigen Leicht zu erklären, benn wenige Gchriste von
der Pyramide ſahen wir einen Katlofen, und ein Hirt erzählte
uns, dort pflege man aus ben Steinen bes Palaiokaſtro Kalt
zu brennen. Beiter Tübweftlih von bem Grabmale auf einer
niedriger gelegenen Fläche (zarafßavıos ds 16 zIaualarrepov)
finden fi einige Fundamente, Quabern und viele Wruchftüde
von Ziegeln, die zu den Ruinen von Hyſiai gehören mögen,
welche Stadt weiter weſtlich gegen bie Gebirge hin lag, als fie
auf Muͤller's Eharte angefegt ift.
3u Dem, was ich Ihnen kürzlich über Argos gefchrieben,
muß ich noch hinzufegen, daß ich jet ſchon gegen ein Dugend
Basreliefs am Burgfelfen kenne, von welchen allen aber außer
den Umriffen einiger Ziguren wenig mehr zu erkennen iſt. Auch
findet fih auf der Oftfeite der Stadt noch ein Stüd Mauer
von mehr als 12 Fuß Höhe und von berfelben Dide unb
Bauart wie bie NRefte der Stabtmauer am Burgfelſen, alfo
vermuthlich au ihr gehörig. Als eine Merkwuͤrdigkeit erzählte
man uns, baß der Inachos, deffen Bette man gemöhnlich trocke⸗
nen. Yußes paffirt, vor einigen Tagen nad einem Regengufle
fo angefchmwollen fei, daß ein Wagen in der Fuhrt umgeworfen
babe. Alſo ganz wie Yaufanias (II, 15, 5) berichte. 125.
Des Grafen Leoparbi von Rimini Geſpraͤchsbuͤch⸗
lein. (Dialoghetti genannt.) Aus dem Stalienifchen
überfegt. Ein liberaler Katechismus für ſehr viele Ser:
vile. Megensburg, Puſtet. 1832. Gr. 12. 9 Er.
Diefes Buͤchelchen, welches den Enthufiaſten unter ben Li:
beralen, Denen, welche Alles im rofigen Scheine einer jugenblis
hen Phanktaſie erblidlen, den Splitter in des Gegners Augen
ſchnell bemerken, aber den Ballen im eignen leidyt überfehen,
Teineswegs gefallen wird, enthält Geſpraͤche über "die Gegen:
flände und Angelegenheiten des Zages im Sabre 1881. Die
Derfonen, welche die Tagesintereſſen untereinander befprechen,
find Europa, erfchrodene Mutter; Italien, binfälige Zoch:
tee; Frankreich, rüdfällige detto;s Gerechtigkeit, mit
bem Fliegenwedel; Reftauration, fallirte Kartenfabrifantin ;
Menfhenverftand, ein Ultras Kreiheit, eine Haͤteriſtin;
Türke, ein ZTürkenfreund; Politik, verlegener Politicus;
Teufel, ein Ofenheizer; Napoleon, ein Ofenhocker; Fran⸗
z0fen genug durchs Kamin (1); Welt, kranke Kriegefupplican:
tin; Krieg, auf dem Kriegsfuß entfchlafener Stügelfuß; Maͤ⸗
ßigung, verbläffte Modepuppe ber Nichtintervention; Legi⸗
timität, emigrister Karlift in Ruheſtand; bie Reife ins Land
der Sonftitution und Gonftipation (Drama von heute für mor⸗
gen); Doctor, ein Carbonaro; Policinell, Macaroni⸗
feeffer; Finanz, ein Mauthbeamter; Sonfcription, Kind
der Liebe; Kreie Preffe, eine Hebamme; Kunft, ein Dal:
eontentz; Handel, ein Patient; Srundbefiger, Infolvent;
Zobdtengräber, Wegweiſer; Profeffor, ein Profeffors
Erfahrung, hinkende Botin von Hambach. Als Zugabe bekom⸗
men wir —* drei Geſpraͤche: zwiſchen Voltaire und Lafayette
uͤber die letzten Dinge, zwiſchen einem Liberalen und Banditen
uͤber Principien in der Klemme, zwiſchen einer Chriſtin und
einer Denkglaͤubigen uͤber Eheemancipation. Daß es dieſer Ge⸗
fellſchaft an intereſſantem und pikantem Stoff zur Unterhaltung
nicht fehlen wirb, läßt fich denken. Der Verf. hat bie Beruͤh⸗
rungspunkte geſchickt zu benuhen gewußt und behandelt feine
Begenftände mit gefunden Sinn, durchdringendem Gcharffinn
und nicht ohne Fernigen Witz, Geift und Kraft. Gr fieht auf
einem ziemlich unabhängigen Standpunkte, iſt ein fdjarfer Me
obachter feiner Zeit und theilt blutige A nach der
echten unb Linken aus, wo nur immer eine Thorheit ober -
Schiechtigkeit hervortaucht. Obwol «6 ziemlich natürlich wer,
daß in jetztiger Zeit auf bie liberalen Ideen, als etwas mi
neuer Ueppigkeit Hervorſchießendes, bie meiften Hiebe fallen
mußten, fo ſchont boy auch der Verf. bie abſoluten Maͤchte
Teineswege. Allein nichtsdeſtoweniger iſt auch dieſer fühle
Beobachter wieder ein Beweis, daß gaͤnzliche
eine dem Sterblichen nicht verliehene Eigenſchaft iſt, denn eine
gewiſſe Hinneigung zum Abfolutismus, eine gewiſſe Animofirät
vornehmlich gegen bie herrſchenden Ideen ber Zeit und gegen
das Princip bee Bewegung laͤßt ſich bei ihm nicht verkennen
und thut feiner MWahrheitsliebe nicht felten Gintrag, Dieſe
Parteilichkeit fowol, welche ben Verf. oft weitab von dem fichern
Gebiet ber Wahrheit führt, als das fehonungslofe Herabtiehen
mancher, jedem edeln Menſchen heiligen Sache muͤſſen wir ta
deln, dagegen die Unerſchrockenheit loben, mit welcher der Verf.
dem Vorurtheil und ber phyſiſchen Macht entgegentritt. Die
ziemlich wäfferige Vorrede, welche ein Geſpraͤch zwiſchen dem
Schriftſteller und Buchdrucker enthält und blos gebrudt if,
bamit eine nöthig gewordene neue Ausgabe bes Werkchens nidt
ganz unverändert erfäheine, ifl ganz muͤßig. Mir hätten fie
bem Verf. gern geſchenkt und fein Werkchen Lieber unverias
dert als mit diefer Zugabe geziert empfangen.
um ben £efer in den Stand zu fegen, über ben Geiſt, wel⸗
her in bem Werkchen weht, ein eignes Urtheil zu fällen, theilen
wir ihm einen Theil des Geſpraͤchs zwiſchen einem Franzoſen
und Napoleon mit. S. 61 fo. heißt es:
„Rapoleon. Euten Morgen! Wie geht's in Frankreich?
“ Der Franzofe Wir haben wieder eine Revolution ger
Fa Karl X. if Herunter, und Eonis Philipp fist auf dem
sone. |
Nap. Zölpel!- Wenn Ihr einen König haben mußtet, fo
war ber euere ber befle von allen. '
Franz. Karl X. hatte aber bie Eharte verlent.
Rap. Das glaube ich nicht; übrigens ift ein König Her
der Charte ımb alles Anbern.
Kranz. Das find bie Worte bes Despotit mus.
Nap. Keineswegs, es find die Worte ber Nothwerbdigkeit,
welche die Beherrfcherin aller Könige wie aller Reiche if. Die
Pflicht des Chirurgen beſteht barin, baß er feinen Kranken
beile, und barum fchneibet er ihm im betreffenden Kalle den
Arm ober das Bein ab. &o ift es auch bie Pflicht bes Königs,
fein Volk gut zu regieren, und biefer Pflicht gegenüber find alle
Sharten eitel Staub und Rauch.
Franz. &o wäre alfo die Treue im Worthalten — — —
Rap. Sie iſt mwechfelfeitig ober gar nichte. In jebem
Augenblicde brechen bie Völker ihre Treue, verſchwoͤren fich ges
gen ihre Fürften, trachten ihnen nach bem Leben, und bennod
follen bie Könige überall und immer burch einen Papierlappen
gebunden und gefeffelt bleiben! Das iſt purer Wahnfinn.”
Ei! Ei! Herr Verf. Das klingt benn doch felbft im Deunde
des Napoleon ein biächen zu arg! 169.
Literarifche Notizen.
Bon Landon's „Annales du mus6e et de Fécole modern
des beaux arts’ ift ber erfle Band der zweiten gänzlich um
gearbeiteten und vermehrten Andgabe erfdienen.
WBatout, Oberbibliothelar des Königs, gibt eine „Histoire
du Palais royal‘ heraus, bie aus 12 Lieferungen in Folio be
fteben wird. Die erfte und zweite find bereits exfchienen.
Hr. von Montvéran hat ein „Essai du statistigue rai-
sonnde sur les colonies europedennes des tropiques et sur les
questions coloniales” herausgegeben. 9,
Redigirt unter Serantwortlichtelt der Verlagshandlung: J. X. Brodhaus in Leipzig.
— Blätter
literariſche
für
Unterhaltung.
.
Sonnabend,
15. Suni 1833,
Kaspar Haufer, ein pſychologiſches Nachtſtuͤck.
Refultate ber neueſten Mittheilungen über ihn.*)
Die Geſchichte des heimatlofen Kaspar Hauſer hat
netierbing® duch bie Mittheilungen über feine wunderba⸗
ven Wildungs: und Entwidelungsverhältniffe von vielem
Seiten her an frifchem. und beziehungsreichem Intereſſe
gevoonnen. Sein räthfelhaftes Geſchick, das ihm bald zum
Stoff für eine Griminaltragsdie, bald zum Helden eines
abenteuerlichen Lebensromans, bald zum MRormalgegenfland
homoͤopathiſcher Heilverfuche oder zu einem Phänomen bes
animalifchen Magnetismus auserfehen zu haben fchien, laͤßt
ihn endlich noch hinſichtlich der pfochologifchen Bedeutung
„feiner Erfcheinung als die mwunderfamstieffinnige Sphinz
der neueften Zeit auftreten, weldye uns die Fragen vors
legt, bie den Menſchen fetbft bedeuten. In der hat,
wen ergriffe nicht Kaspar Haufe, — gewiffermaßen „das
einzige Geſchoͤpf feiner Gattung”, wie ihn Feuerbach tref:
fend bezeichnet — durch die von dem Loos aller andern
Sterblidden abweichenden Schickſale feinee menfchlichen
Entwidelung, oder man koͤnnte fagen, feiner verfpäteten
Menſchwerdung, mit srauenhaft = finnreihen Mahnungen
und Auffhtüffen über die Nachtfeite des Seelenlebens und
die geheimften Innern Beziehungen der menſchlichen Na⸗
tur? Als Griminalgefchichte hat ſich Hauſer's Lebensfchid:
fat im Intereſſe des Publicums bereits überlebt, obwol
Schmidt von Lübel in einem kuͤrzlich erfchienenen zwei⸗
ten Heft feinee Mittheilungen über Kaspar Hauſer noch
manche fchägbare Lichrblide und Andeutimgen zur Erfor⸗
hung bed darüber. waltenden tiefen Dunkel gegeben, und
Feuerbach aus ben, wenn. wir nicht ieren, zum Theil von
ihm felbft geführten Unterfuchungsacten in feiner bekann⸗
ten Schrift Winke fallen ließ, welche die Sache in eine
nur immer väthfelhaftere Verſchleierung huͤllen. In bie
fee Sceift („Kaspar Haufer, Beiſpiel eines Verbrechens
am Seelenleben des Menſchen“, Ansbach, 1832), welche
in einer wahrhaft claffifchen Darftelung ein vollftändiges
Charaktergemälde von Kaspar Hauſer's innern und aͤußern
Berhältniffen entwirft, findet fi zwar die Anbeutung, daß
*) Es ift zwar ſchon mehrfach über Haufer und bie ihn bes
treffenden Schriften in d. BL die Rebe gewelen, wir glaus
ben aber body, daß der nachfolgende Auffag, womit wir bie
Mittheilungen über Hauſer befchließen, mit Intereffe ges
lefen werben wird. D. R
bie bisher aufgewandten Mittel der Juſtiz keineswegs ohne
allen Erfolg der Entdeckung geblieben, aber zugleich fol⸗
gende auffallende Aeußerung:
Dem Arme ber bürgerlichen Gerechtigkeit find nicht alle
Fernen, noch alle Ziefen und Höhen erreichbar, unb bezüglich
mancher Orte, bintee weldyen fie den Rieſen eines folchen Ders
brechens zu ſuchen Gründe hat, müßte fie, um bis zu ihm vors
zubringen, über Joſua's Schlachthörner, ober wenigftens über
Oberon's Horn gebieten können, um bie mit Flegeln bewehrten
hochgewaltigen Koloffen, tie vor goldenen Burgthoren Wache
ſtehen und fo hageldicht dreſchen, daß zwiſchen Schlag und
Schlag ſich unzerknickt kein Lichtſtrahl draͤngen mag — fuͤr ei⸗
nige Zeit in ohnmaͤchtige Ruhe zu bannen.
Doc was verübt bie ſchwarze Mitternadt,
Wird endblih, wenn ed tagt, and Sonnenlicht gebracht.
Man kann nicht leugnen, daß durch diefe Andeutung jene
abenteuerlichen Zeitungsgerüchte wieder einiges Gewicht ers
langen, welche ben nuͤrnberger Findling, nachdem ihn bie
aflgemeine Theilnahme zum Kinde von Europa gemacht,
feinee Geburt nad zu einem Sohne Napoleon’s ober zu
einem andern verfioßenen Abkoͤmmling fürfttichen Geſchlechts
erhoben, und man muß mit Schmidt von Luͤbeck („Ueber
Kaspar Hauſer“, Heft 2, ©. 30) geftehen, daß es nun
nicht mehr ganz im die Romantik gehören würde, wenn
man, durch alle diefe Andeutungen geleitet, den erſten Act
des Hauferfhen Dramas in Wien fpielen ließe, ben zweis
ten in Ungarn, den britten in Nürnberg, dem vierten in "
England und den fünften in Paris, Wenn wie jedoch
die Ausfiht auf den fünften Act .dabingeftelie fein laſſen
wollen, fo fcheint wenigſtens ber vierte darımter für Kas⸗
par Danfer felbft ein hHeilbringendes Ereigniß werden zu
wollen, da ihn bekanntlich Lord Stanhope (ein Sohn des
berühmten Parlamentsredners Charles Stanhope und ein
Schweſterſohn des Miniſters Pitt) felt dem Januar 1832
in Ansbach zu feinem Pflegefohn angenommen und ihn
vielleicht bald übers Meer nah) England hinüberführen
wird, von welcher Veränderung ſich feine Kreunde eine
frelere und glüdlichere Entfaltung für ihn verfprechen, ba
ſich nicht leugnen läßt, "daß binfichtlich der Art und Weiſe,
wie Haufer in dem, wennfchon wohlwollmden Nümberg
behandelt worden, manche nachtheilige Misgriffe feiner geis
fligen und Lörperlichen Bildung gefchadet haben mögen.
Wenn man von bem Criminalintereffe wegſieht, deſ⸗
fen völlige Aufhellung wol kaum noch zu Erwarten, To
fieht in Kaspar Hauſer's Erfcheinung noch bie Seite ber
636
phpfiotogifhen und vor Allen der Seelenphänomene ba,
die ſtets merkwürdig bleiben wirb und die Aufmerkſam⸗
Leit des forfchenden Beobachters in hohem Grade in Anz
fpruh nimmt. Durch das entfeglihe Schickſal dieſes
Juͤnglings iſt gewiffermaßen eine neue Kategorie in das
moderne Strafrecht gebracht worben, naͤmlich das „Ver⸗
brechen am Geelenleben des Menfchen”, und Feuerbach
bat es in feiner gebachten Schrift (ſ. S. 56 fg.) vor:
teefflich an diefem Beiſpiel anſchaulich gemacht, wie buch
widerrechtliche, den Ungluͤcklichen im Zuſtande der Thier⸗
beit feſſelnde Gefangenhaltung an feiner höhern aikigen
Natur em Frevel volbracht worden, welcher durch die ihn
begletenben Umftände den in den Strafgelegbüchern ges
woͤhnlich vorkommenden Begriff des Verbrechens der blos
Sen „roiderrechtiichen Gefangenhattung‘ noch beimeitem
an Strafwürbdigkeit überragen follte. Das an Ihm began-
gene Verbrechen ſteht jedoch beifpiellos in der Geſchichte
der Menfchheit da, und fo fehen wir, daß biöher noch
von keinem Geſetzgeber in irgend einem Lande oder bei
irgend einem Volke ein Kal biefer Art, wo es auf bie
geiftige Verwuͤſtung eines Menſchenlebens abgefehen, in
feinem ganzen Umfange berüdfichtigt worden if. Die
Berruchtheit, welche auf ihrer hoͤchſten Stufe ein menſch⸗
liches Dafein doch nur zerftören zu koͤnnen ſchien, zeigt
fi) an einem Beiſpiel wie Haufer noch um einen Grab
höher, indem fie bier eine erft im. Werke flehende Ents
foltung sum menfchlihen Dafein, bie Entfaltung ber
menfchlihen Natur aus der Wildheit und Verlorenheit
ihres urſpruͤnglichen Xhierfchlummers, gehindert und uns
sergraben hat, indem fie den Schöpfer um die Beſtim⸗
mung feines Gefchöpfes betrog und das Geſchoͤpf fogar
um die erfte Bedeutung feiner Exiſtenz, welche die ift,
ſich ſelbſt kennen zu lernen. So mochte ber arme Haus
fee Länger als ein Jahrzehend in feinem unterirdiſchen ens
gen Loche gelegen haben, wo ihm ſelbſt das Phänomen
des gewoͤhnlichen Tageslichtes, in bem jeder Wurm fich
feoher regt, unbekannt blieb, und die Zeit, die er vor fel:
ner Einfperrung vielleicht ‚frei zugebracht, muß fo kurz
und von fo geringen Eindrüden für ihn geweſen fein,
daß er fie während der Jahre feiner Haft gänzlich wieber
zu vergeffen vermochte. Der Genius der Kindheit ging
an ihm vorüber, ohne ihn zu rufen und ohne weder am
Lernen noch am Spielen bie edlern menſchlichen Kräfte
in ihm zu erweden; und das phyſiſche Sünglingsalter
beach ihm an, aber Haufer, von fih und ber Welt nichts
wiſſend noch ahnend, war weder Kind noch Jüngling ges
weſen, ſondern er hatte, in dumpfer Bewußtloſigkeit mit
ſeiner Kerkerumgebung verwachſen, wie die traͤge Schnecke
mit ihrem Gehaͤuſe, den Entwickelungsfruͤhling des Lebens
verſchlafen, nicht einmal verträumt; denn um Traͤume
zu haben, dazu gehört Leben zu haben und Lebenserinnes
rungen, und es bewies ſich fpdter, daß Hauſer, als er
fchon einige Zeit in Nürnberg war, zum erften Mal bort
einen Traum hatte.
Aber endlich fchlug bie Stunde, wo er feinen langen
Verpuppungszuftand von ſich abfchütteln follte, um bie
gefangengebaltene Pſyche autflattern zu laſſen. Wahrs
ſcheinlich begann fi bie Naturkraft in ihm immer mäd:
tiger zu regen; er fing an unbändig und unruhig zu
werden in feinem engen Gefaͤngniß, unb es mußte feinm
Seinden, die Ihn eingekerkert hielten, gefährlich erſchienen
fein, ihm noch Länger zu verheimlichen und zu verbergen,
Man ſtieß ihn im die Welt ira, bie ihm ebenfo fremb
war als er fich ſelbſt, man glaubte vieleicht, daß er, für
einen Bloͤdſinnigen gehalten, in irgend einem Irrenhauſe
Aufnahme finden und fo für Immer verfchwinden würde,
wenn der Plan, den man durdy den ihm mitgegebenen
Brief an den Tag legte, ihn in ein Huſarenregiment zu
fteden, ſcheitern ſollte. So kam «8, daB am zweiten
Pfingſttage 1828 ein nürnberger Bürger einen als Bauer
burfche gekleideten jungen Menſchen auf der Straße ge:
wahrte, der, einem Trunkenen aͤhnlich, ſich muͤhſam fort:
bewegte, ohne auch nur bie Süße gehörig fegen gu koͤnnen
ja, wie ſich bald bewies, ‘ohne (einige papageienmäßig ein:
gelernte Ausdrüde ausgenommen) ſprechen, ohne fehen,
ohne irgend eine menſchlichem Thun geläufige Handlung
verrichten zu innen, ohne irgend eine Vorſtellung von
den Dingen in der Welt zu befigen. Unter den Sachen,
die man ihm bei feiner Ausfegung mit auf ben Weg ge
geben hatte, fanden ſich in feiner Taſche beſonders mehre
Gebetbuͤchlein und ein kleiner hoͤrnener Rofenkranz, wer:
aus man nicht mit Unrecht geſchloſſen, daß ſich bei ſei⸗
sem Schickſal auch geiftlihe Hände mit im Spiele befäns
den. Eines dieſer geiftlichen Zractätlein führte den Titel:
„Kunft, die verlorene Zeit umd uͤbel zugebrachten Jahre
zu erfegen‘‘, was, wie Feuerbach (a. a. O. ©. 12) be:
merkt, auf das biöherige Leben des Juͤnglings, wie er «6
fpäter aus freilich fehe dunkeln Erinnerungen wiederer:
zäbfte, hoͤhnend anzufpielen fcheint,
Seine „übel zugebrachten Jahre” zu erfegm, mußte
dem armen Kaspar Daufer — der auch diefen feinen Nas
men einer Ironie feiner Peiniger zu verdanken fcheint, in⸗
dem fie ihn. Haufer nannten, weil er nie aus dem Haufe
gefommen — fehr fchwer werben, ſelbſt bei, feinem jetzt
günftiger ſich geſtaltenden Geſchick, das ihm liebevolle und
ſeiner Bildung ſich amehmende Freunde zuſuͤhrte. Eine
Verruͤckung der Naturſtufen, auf denen ſich Jedes allmds
lig entfalten ſoll, if nie wieder ganz ungeſchehen zu mas
hen, und die nun: beginnende intellectuelle Cutwickelnnge⸗
gefhihte Hauſer's, die befonders nach feine Aufnahme
in da6 Haus des Profeffor Daumer ein merkwuͤrdiges
Intereſſe gewinnt, zeigt es, welche ſchmerzhafte Gonflicte
im Seelenleben eines Menſchen entſtehen, der, nachdem er
ſeine Kindheit und Jugend in Bewußtloſigkeit verloren,
dann durch ein gewaltſames Zuſammennehmen ſeiner Kraͤfte
Das nachleben ſoll, was mit dem Kind und Juͤngling in
friſcher Werdeluſt der Entfaltung haͤtte aufwachſen und auf⸗
blühen muͤſſen, waͤhrend es jest, koͤnnte man wehmuͤthig
fagen, nur „getrocknet aufkeimt“. Die „Mittheilungen über
Kaspar Haufer” vom Hrn. Prof. Daumer (Nürnberg 1832),
dem ehemaligen Pflegevater und erften Lehrer Haufer’s,
liefern in dieſer Dinficht die wunderbarfien pſychologiſchen
Erſcheinungen, wie fie wol niemals in der Entwickelung
eines Individuums auch nur ähnlich) beobachtet worden find.
Bj
. Rabpar Haufer's Unbebinntfchaft mit. fich ſelbſt "ging '
bel fernen anfänglichen Auftreten in Nürnberg in der hat
fo. weit, daß er nicht elnnml alle Glieder feines eignen
Körpers Lannte, oder den organlihen Zufammenhang bes
ſelben auch nur ahnte. Als ein Arzt feinen Kopf unter⸗
ſuchen wollte und mit beiden. Haͤnden datan griff, bat er
dringend, wart möge ihm den Kopf nicht herunternchmen,
und als er ein andgreamaf mit, den Händen feine Ohren
fühlte, zeigte, er fich fehr verwundert darüber und glaubte,
das fej etwas Ungehoͤriges, das von feinem Koͤrp
— * *
feiner ftuͤher diaſſern Wangen auffiel, fragte er, wer ihm
das Roth bahingemacht habe- (Daumer I, ©. 34). Die
Dinge aufer ihm, von welcher Art fie auch fein mochten,
fah er. anfänglich alle für belebt und befeelt an, 'ganz wie
der noch im mythologiſchen Zuſtande feines Bewußtſeins
befangene Urmenfch, welcher mit dem Baum, der Pflanze,
dem Stein lebt und verkehrt wie mit individuellen Ge:
Ihöpfen. Im den erflen Tagen zu Nuͤrnberg glaubte er,
Brot und Waſſer
mit dem Brot, das er befam, und mit einem Ofen, def-
fen glänzende Zarbe ihn anzog. An einer Statue, die er.
in einem Garten ſah, nahm er großes Aergerniß, weil
fie fich, wie er fagte, nicht reinigte umd pugte In ben
erften Zeiten hielt er felbft die Wilder der Iebendigen We⸗
fen auf.feinen Kupferbogen für belebt. Als ihm ber Wind
ein Blatt Papier vom Tiſche wehte, fagte er, es fei
heruntergelaufen, und da ihm Daumer bemerklich machte,
daß es der Wind heruntergeweht habe, entgegnete ee, ſich
beſchwerend, das folle dee Wind nit thun, indem er den
er weg⸗
werden möüffe.:- Indem ihm einmal: die Roͤthe
ſeien Ihm davongelaufen/ und ſprach
ſehr daruͤber auf, daß ein Pferd im. Stalle „vor allen
kLeuten“ fein Waſſer ( Daumer I, 30 fg. Val. Feuer⸗
bach a, a. O. ©. 96.):
Der auf biefe Weife noch ganz im Chaos der Welt⸗
anficht befangene Menſch entwickelte jedoch bald eine ans
Wunderbare - grenzendbe Schärfe feiner Sinne und Ber:
flandesträfte, bie ebenfalls fo wenig dem Gebiet gewöhn:
ficher menſchlicher Erſcheinungen angehörte, baß fie viel
mehr mit allem Recht in das Bereih des animalifchen
Magnetismus zu rechnen fein duͤrfte. Durch ein ohne
Zweifel fait 16jähriges unterichifches Kerkerleben den
Einflüffen der atmofphärifchen Luft fremd geworden, ſcheint
fein Drganismus durch die nunmehrigen plöglichen Ein-
wirkungen derfelben fich in einen gereizten und erhöhten
Nervenzuſtand verfegt gefühlte zu haben, indem er in vie
ler Dinfiht einem ſomnambuͤlen Individuum glich, und
die geiftigen Anfoderungen, welche bie neu von ihm ent:
deckte Welt aeeis an ihn richtete, und wodurch fie ihn
ans feinem Seelenſchlummer erft zu einem Staunen, bonn
zu einem Aufmerken und begierigen Anelgnen erweckte,
mochten jene Aufgeregtheit feiner ganzen Natur nicht we:
nig verſtaͤrken. Was die unglaubliche Schärfe feiner phy⸗
ſiſchen Sinne, z. B. feiner Sehkraft aribetrifft, die fo welt
ging, daß er nicht nur in der Finſterniß vollkommen fah
und Farben, wie Dunkelbraun und Dunkelroth, Dunkel⸗
gruͤn und Schwarz u. dgl. voneinander unterfchieb, ſon⸗
den auch am Helen Tage an einer zerlegten Blume Bil: -
dungen erkannte, welche Andern nur mit bewaffneten
Augen erkennbar find, ja, daß er vom nürnberger Schloß:
zwinger aus eine Reihe Fenſter des Schloffes Marloffſtein
Wind als ein perfönlihes Weſen nahm. So machte er | ‚zählen konnte und bei einbrechender Dämmerung, wo ein
es fogar mit dem Winter, von bem er fagte, er wundere
fich, daß es ihn nicht felber friere, wenn er fo kalt mache.
Beſonders ſchwer war es, ihn davon zu Überzeugen, daß
eine gerollte Kugel ſich nicht von ſelbſt willkuͤrlich bewege,
ſondern daß ihr Lauf Folge der Schwungkraft ſei, indem
er dabei blieb, daß die Kugel von ſelbſt ſpringen und lau⸗
fen koͤme, und wenn er einen fo gerollten Apfel in ſei⸗
nem Laufe innehalten fah, fagte er, ber Apfel fek jest
mübe, und man müͤſſe ihn nicht länger plagen. Als er
einen Eindugigen erblidte, fagte er zu Ihm, er folle ſich
ein. Auge einmathen lafjen; und da man entgegmete, das
uinge nicht an, fagte er, wer das eine gemacht Habe,
Bönne auch ein anderes machen. Zwiſchen der Ratur und
den Säbigkelten der Menſchen und Thiere wußte er kei:
nen Unterfchied. Die Hauskatze wollte er aufrecht gehen
und mit den Pfoten efien lehren, ergriff ihre Pfote und
ermahnte fie, mit berfelben ihren Fraß zu faflen und an
das Maul zu bringen. Ueberhaupt fprad er mit ber
Kage wie mit einem Dienfhen und wunderte fi, daß
fie nicht darauf achte und nichts lernen well. Da er
Dchfen auf dem Pflafter gelagert fah, fragte sr, warum
fie fich auf den harten Boden legten und nicjt lieber
nach Haufe gingen, um fidy niederzulegen. Er beſchwerte
ſich darüber, daß die Thiere, 3. B. Ochſen, Pferde, den
eg verunreinigten und nicht wie er auf: ‘den Abtritt
gingen. Noch im Herbſte des Jahres 1828 hielt er fi
Jgewoͤhnliches weitfichtiges Auge nur erft drei ober vier
Steme am Himmel fah, bereits die Sterngruppen ge⸗
wahrte und bie einzelnen Sterne darin nach Ihrer Größe
und eigenthuͤmlichem Farbenſpiel zu unterfcheiden mußte
(f. Feuerbach a. a. D. S. 105): was diefe Phänomene
anbetrifft, fo find fle weniger naturmwibrig, als es vielleicht
auf den erften Anblick erfcheinen könnte. Daß Hauſer
im Dunkeln zu fehen vermochte, war von ber einen Seite
nichts als die Folge feines vieljährigen ununterbrocpenen
Aufenthalte in der Macht feines Kerkers, wo fich fein
Ange an die Finſterniß natürlich gemöhnte, und bemeift,
daß das menſchliche Sehorgan unter ſolchen Umſtaͤnden
in ſich felbft Licht zu entwideln im Stande if. Außer
dem befand ſich Hauſer hinfichtlich feiner animaliſchen Eri:
ftenzmittel gewiffermaßen noch im Naturzuftande der wils
den Völker, bei denen gleiche Schärfe der phyſiſchen Sinne
angetroffen wird. Merkwürbig iſt es jedoch, daß Hauſer
durch feine allmälige Gewoͤhnung am Fleiſchkoſt (zu ber
ee anfangs nicht vermocht werden konnte, ba ihm nur
Brot und Waſſer, feine gewohnte Kerkerfoft, ſchmeckte)
nach und nach diefe Eigenthüumtichkeit feiner Sinneswerk:
zeuge, auch hinfichtlich des Gehoͤrs, bes Geruchs mie bes
Gefuͤhlvermoͤgens, voͤllig wieder verlot und überhaupt mit
feiner Natur immer mehr in ben Kreis der gewöhnlichen
Lebenserſcheinungen einkehrte.
(Der beicinn feige)
mit vielem GSeremoniel ihr Geſchick verkuͤndet.
" |:
Silvio Peltico.
Das Erfipeinen der „Mie prigioni, da Bilvio Pellioo da
Salazzo’' *) in Zurin hat plöglih bie Aufmerkſamkeit der gan-
geblibeten Welt einem ber intereffanteften Opfer jene Ber
— zugewendet, welche die wirklichen oder vermeintlichen
Theünehmer an den 1820— 21 ben europäifden Suͤden ers
‚ötternden Bewegungen zu erbulden hatten. In einer acht⸗
baren Familie des Mittelftandes zu Saluzzo in Piemont gebo⸗
sen, genoß P. von Jugend auf einer guten Erziehung, verlebte
einen Theil feiner jungen Jahre in Lyon bei einem Verwand⸗
ten und zog nach ber Ftuͤckkehr in die Heimat mit den Geb
nigen nach Mailand. Hier erwarb ihm fein lebenswürbiger
Charakter und bas Anziehende feines Umganges bald eine Menge
Freunde, und er theilte feine Zeit zwiſchen Geſelligkeit und
Wiffenfchaft. Begabt mit zartem Gefühl und lebhaften Phan-
taſie, widmete er ſich mit Gifer ber Dichtlunft, und balb erregten
die Fruͤchte feiner Muſe, insbefondere eine in Mailand und ganz
Ktalien mit großem Erfolg aufgeführte Tragödie: „Francesca
da Rimini“, die ſchoͤnſten Hoffnungen von dem jungen Dichter.
Nach dem Gturge bed Königreichs Italien wenbeten fi
9.8 Aeltern nad) Turin, während er ia Mailand als Erzieher
der Kinder des Grafen Porro Lambertenghi zurüdblieb, der
fpäter ebenfalls mit in ber allgemeinen Profcription begriffen
war. In diefem Haufe hatte P. Gelegenheit, nicht nur alle
ausgezeichnete Männer Mailands, fondern auch viele berühmte
Zremde kennen zu lernen, baruntes Byron, Frau von Gtadl,
Schlegel, Brougham u. A. m. Hier war ed auch, wo er zuerfl
die Idee ber Zeitfchrift faßte, als deren eifrigfier Rebacteur er
öftreichifcher Seits verfolgt ward. Ehe aber biefer traurige
Zeitpunkt eintrat, fchenfte ihm ber Himmel in Piero Maron⸗
celli, einem mit dichteriſchem und muflfalifchem Genie begabten
jungen Manne aus Korli, weicher in Nicolo Beltoni's types
graphifchem Etabliſſement angeftellt war, einen vertrauten und
treuen Freund und fpätern Gefährten in fenem Sammer. Es
war am 13. October 1820, wo P. in Mailand verhaftet und,
der Iheilnahme oder wenigſtens Mitwiffenfchaft an einer libe⸗
ralen Verfhwörung verbächtig, eingelerkert wurbe. Bedenkend,
was von ber mistrauifhen Gewalt zu erwarten fland, zog er
vor, durch Schweigen alle ihre Rache auf fi zu Ienken, ans
ſtatt Gefahr zu laufen, durch ein mißgebeutetes Wort auch nur
einen feiner Bekannten zu compromittiren. Dieſes Betragen
‚galt ‚natürlich für ein Verbrechen, und er wurbe im Februar
1821 nad) Venedig transportirt, wo man ihn unter ben ber
ruͤchtigten Bleidaͤchern während des Sommers in einem ber
Sonne am meiften ausgefepten, währenb bes Winters in einem
der Eälteften Kerker auf der Snfel S. Murano verwahrte. Die
fürchterlihe Hige war um fo ſchwerer gu ertragen, ba eine
Unzahl von geflügelten Inſekten ihn zwang, den Körper fort
während zu verhülen. Die in Wenedig niebergefegte Specials
commiffion fällte unterdeffen fein unb anderer Unglädlicher Urs
theil. Am 22. Februar 1822 wurde P. und fein Freund Mas
zoncelli nad) dem St.» Warcusplage gebracht und ihnen hier
Sie waren ei;
gen Beide zum Tode verurtheilt, der Kaifer hatte aber
Pellico's Strafe in 15jährige, Maroncelli’s in 20jährige firenge
Daft in einem oͤſtreichiſchen Gefängniffe verwandelt. Schon am
folgenden Tage wurden fie an den Ort ihrer Beftimmung, nad
Spielberg in Mähren, abgeführt. Bier befinden ſich immer ge
gen 300 Gefangene, meiftene Diebe und Mörder, bie zu car-
cere duro und oarcere durissimo verurtheilt find. Grftere find
* ds iſt davon foeben eine beutfche Ueberfehung, bie wir als fehr gelun⸗
gen empfehlen können, unter folgendem Titel erfhlenen: „Meine
Gefangenfchaft in den Ke⸗kern zu Mailand, unter ben Bleidaͤchern
zu Venebig und in den Kafematten auf dem Spielberge. Denk⸗
wuͤrdigkeiten aus dem Leben bed Grafen Silvio Pellico von Gas
luzzo. Aus dem Staltenifhen von *°z. Leipzig, Boß. 1888.
&r. 12. 1 Ihir. 18 Gr. D Reh
an ben Feßen gefefelt und müſſen arbeiten, bie anbern find,
mit fi Ketten belaben, mittels eines Ringes um ten Leib
an bie Dauer geiötbfien, fobaß ihnen nur ein Meiner Raum
ur Bewegung bielbt. Waſſer und Wrot ift ihre gemeinſchaft⸗
lie Nahrung, ein nacktes Bret Ihr Lager. P. und M. ge
Hörten zus erſten Claſſe. Man brachte fie in abgefnberle
dunkle unterichifige Kerker, zog Ihnen die gewöhnlichen geoben,
balb grauen, halb braunen Kleider ber Gefangenen an,. und fo
verbrachten die Armen ihre fhönften Sabre, kobt für die Welt,
für ihre Freunde, für ihre Angehörigen und ihr Waterlanb,
ohne Bücher, Papier und Alles, was eine foldhe Lage milbern
kann. Vom higigen Fieber, von wilden Yhantafien gequält,
erhielt 9. endiich nach langem - Darren: bie Gelnubaiß, in ein
höher gelegenes Behaͤltniß gebracht : zu ‚werben. Hier fah er
wenigſtens Zagesliht, und wenn er fi an die Gifengitter des
ſchmalen Kenfters klammerte, Tonnte er das Thal, einen heil
von Brünn, einige Gärten, ben Kirchhof und bie walbigen Höhen
fehen, welche die berühmte Ebene don Aufterlig verbargen. „Dies
feg Anblick entzüdte mich", grzäplt 9.5 „wie glüdlidh wär” id
aber erft gewefen, hätt’ ich ihn mit Waroncelli genießen koͤn⸗
nen.” Ginige Jahre fpäter ging, dieſer Wunfd in Erfüllung.
Die Freunte, von ihren Leiden dem Zobe faft nahe gebracht,
erhielten bie Weghnftigung, beiſammen zu leben. Nichts ift ruͤh⸗
sender als die Geſchichte dieſer Pexiode. Dech Maroncelli's Zw
ftand warb immer bebenllicher „ eine am Knie entſtandene Ges
ſchwulſt nahm aus Mangel an Pflege fo. zu, daß er nicht mebe
das Wett verlaffen Forinte und eine Ampntation für nothwendig ger
halten warb. Aber bie Erlaubniß dazu mußte erft von Wien geheilt
werben; fie kam acht Tage nach ergangenem Berichte an, unb
Maroncelli überfland bie nun vorgenommene Dperation glüdlid.
Endlich, nach vielfach vergeblich gemadten Hoffnungen,
erhielten fie am 1. Auguft 1830 ihre Freiheit und traten, gleich
von bem Tode Erftandenen, aus ihrem Kerker. Merkwuͤrdig ges
nug fiel ihre Begnadigung mit ber Julitevolution zufamımen,
und beinahe wäre biefe ihnen verderhlich geworben, und bie
ſchnell erwachenden Beſorgniſſe der öftreichifchen- Regierung bätten
fie faft in ben Kerker zusüdgeführt. Bei Klagenfurt angelangt,
kam plöglih der Befehl, Halt zu machen. Doch die Dazwis
fhenfunft bed turiner Hofes wirkte ihnen Grlaubniß zur Fort⸗
fegung ihrer Reife aus. Und fo kehrte denn 9. nach zehn mars
tervollen Jahren in den Schoos ber Geinigen nach Turin /
wo er jegt von feinen Mitbürgern geachtet .und geehrt lebt.
‘Seine lange Befangenfhaft hat ihm ben Geſchmack für Poeſie
und Wiffenfchaft Feineswegs geraubt, und troß der Schwäde
feiner Geſundheit bat er ſchon mehre neue Tragoͤdien heraus⸗
gegeben, von denen einige in der Kerkernacht erbacht wurden.
Die Geſchichte ſeiner Gefangenſchaft iſt ohne die leiſeſte
Berührung politiſcher Verhaͤltniſſe abgefaßt; ex hat ſich darauf
beſchraͤnkt, feine Leiden, fein Elend und die Art zu ſchitdern,
wie er mit Huͤlfe der Religion und Philofſophie ſich in den
teaurigften Augenbliden aufrechthielt. Unmöglich if es, feine
Grzählung zu lefen, obne von dem edeln, milden Geifte durch⸗
derungen zu werben, ben jedes Wort athımet, und bie innigfte
Hochachtung für bie.erhabene Seele zu empfinden, bie fi nie
gend einen Ausdruck bes Unwillens ober Zabels über Die er⸗
laubt, welche ihr fo furchtbare Qualen auferlegten. „Richt um
von mir zu fprechen‘‘, heißt es im Vorwort, „mache ich dieſe
Denkwuͤrdigkeiten bekannt; meine Abfiht if, Unglüdtiichen Muth
einzufiößen, indem ich ihnen mein Elend unb bie Troͤſtungen
vorhälte, welche man felbft in ber graufenhafteften Lage zu fins
den vermag; bezeugen will ich, baß mir bie Menſchen während
meiner langen Leiden nicht fo ungerecht, fo unwärdig ber Nach⸗
ſicht, ſo bar von aller @üte erfchienen, wie man fie gewöhnlich
ſchildert; eble Herzen will ich vermögen, nicht ſparſam Ey fein
mit ihrer Liebe und Niemand zu haſſen, fondern ihre Verach⸗
tung nur über Niedertraͤchtigkeit, Verleumdong, Feigheit,
. Zreulofigkeit und alle bie Menfchheit berabwärbigenten after
auszufchütten.”“ 8.
Kedigtet unter Berantwertlichteit der Verlagshandlung: U. A. Brodhaus in Lripsig.
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RKaspar Hauſer, ein pfochologifhes Nachtftüd,
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Die beſondere Beſchaffenheit von Hauſer's Gefuͤhls⸗
vermögen, und deſſen . Empfindlichkeit, namentlich ge
gen” Metalſreize, traf jedoch in ‚vieler Hinſicht mit. ber |
an ihm beinerkten Beziehung, zum thieriſchen Magnetis⸗
mus zufammen,. ‚und .erhielt.fih in djeſem Verhaͤltniß
‚feiner, Natur, länger andauernd ig. ihm. Herr Prof.
Daum̃er hat, in ‚dem, nenerfhienenen zweiten Heft ſei⸗
ner „Mittheilungen” bie intereffanteften Thatfachen barlber
zufammengeftellt. . Daufer tonuss die verichiedenen Mes
tallmafjen nach ber Art und Meile des Zuges, in dem
fie ihn afficitten und gewiſſermaßen „anbliefen“, wie er
es zu nennen pflegte, unterfcheiden. ‚ Bei Berührung von
Metallen, Edelſteinen, Glas.u.. dgk lief es ihm erfältend
durch die Finger und alle Glieder, und ber Schweiß trat
auf. ſeiner Stirn hervor. Beim Reiten fühlte-ee durch
den Sattel den Zug bed darunter befindlichen Eiſens,
auch behauptete er, er ſei deshalh weniger in Gefahr. den.
Steigbügel zu verlieren, weil das Metal deſſelben ihn
an fick) ziehe. Er fagte, er werde von bem unter bem
*) Das erſte Talent, das Haufer an den Tag legfe, war
bekanntlich eine Erſtaunen erregende Geſchicklichkeit im Rei:
ten, worin er balb die Geuͤbteſten In dieſer Kunſt übertraf.
Man bat daraus auf feine muthmaßliche Abflammung von
einev Reiternation fehließen wollen, und aud biefe Spur
‚dürfte dann wieber nad) Ungarn als die mwahrfcheillichfte
Staͤtte feiner Herkunft hinweifen. .
, Sonntag: ei Dr Rt. 167. — 168. Juni 1833,
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fahren, und Haufer unterfchied richtig an der Verſchieden⸗
deit und Stärke des Zugs, ben die Metalle gegen feine
Fingerſpitzen aushbten, alle jene Gegenftände nady ihrem
Stoff wie mach ihrer Form. (Mol. Feuerbah a. a. D.
S. 112, uns Daumer I, ©. 12.) ’ Das entfchiebenfle
Zeugniß von feinem damaligen magnetiſchen Zuſtande gibt
aber befonders- fein Verhalten zu Perfonen, von denn
se ebenfalls bei jeder Berührung Anmehungen u. bgl. em⸗
Pfand. Wenn man in einiger Entfernung mit den Haͤn⸗
den gegen ihn herabſtrich, behauptete er, man blafe ihn
an, und en kuͤhler Wind gebe an ihm hin, bie Stim
wurde ihm Beiß, die Hände kalt, er befam Drücken in
der Herzgrube, wie wenn, nad feinem Ausdrude, ein
Broden oder Stein fie beidfligte.
“Während es jeboch bei der Aufgeregtheit feiner phy⸗
ſiſchen Natur darauf ankam, biefelbe in die gewöhnlichen
Grenzen des Organismus herabzuftimmen, welche Herab-
fimmung bald aud von felbft immer mehr und mehr
eintrat, fo zeigte es ſich dagegen hinfichtlih feines geiſti⸗
:gen Weſens nicht ohne die auffallendften Schwierigkeiten,
daſſelbe zu einer tiefern Aufnahme überfinnlicher Vorſtel⸗
lungen und Gedanken: zu erheben, was beſonders bei dem
Bemühen, ein veligisfes Bewußtſein in Ihm hervorzu:
bilden, ſich anfangs faft als unmoͤglich bewies. Feuerbach
fagt in diefer Beziehung treffend: 2
In feiner Seele voll Eindlidher Güte und Milde, bie ihn
unfähig machte, einem Wurm ober einer liege, gefchweige eis
J nem Menſchen wehe zu then, weiche in jeder Beziehung fo
fleckenlos und rein fidy erwies wie ber Abglanz des Ewigen in
der Seele eines ECngels, brachte er keine Idee, Keine Ahnung
von Gott, keinen Schatten eines Glaubens an irgend ein hoͤhe⸗
res unſichtbares Daſein aus ſeinem Kerker mit ſich in die Welt
bes Lichte. Wie ein Thier aufgefüttert, ſelbſt im Wachen ſchla⸗
fend, in der Wuͤſte ſeines engen Kerkerraums von nichts ange⸗
regt als von den groͤbſten thieriſchen Beduͤrfniſſen, mit nichts
beſchaͤftigt als mit ſeinem Futter und mit dem ewigen Einerlei
ſeiner Spielpferde, war fein Seelenleben dem Leben der Auſter
zu vergleichen, die, am Felſen klebend, nichts empfindet als
ihren Fraß, nichts vernimmt: als den.ewig einförmigen Schlag
ber Wellen und, ba im engen Raum ihres Gehaͤuſes auch bie
beſchraͤnkteſte Worftellung von einer Welt außer ihr keinen Plag
findet, noch weniger von Demjenigen etwas zu ahnen vermag,
was über der Erbe und Über allen Welten ift.
Die im Obigen von ihm berichtete Schärfe feiner
DVerftandesträfte war es aber vornehmlich, an welcher bie
Bemühungen feines Lehrers, des Proſeſſors Daumer, Hau:
690
ſer's geiftige. Natur durch veligiöfen Inhalt zu beleben,
den größten Widerſtand fanden. Hauſer ſchien zwar ein
Kind nody im Zünglingskörper, aber doch war ihm bie
Gunſt der Kindheit,” bie hingebende Empfänglichkeit des
Glaubens bereits verfagt, und wie wenig dee Mangel an
Eindlichenn Stauden dem Wifſen foͤrderlich iſt, ſteht tan
en diefem. feinen Beifpiel deullich ein.
frei von dem gedankenloſen Nachiprechen des Autoritäts-
glaubens der Kinder, er wollte vielmehr Alles, was ihm
gefagt wurde, durchaus hegreifen, ehe er +6 annahm,
und zwar fo, daß es feinem Berftande, welcher jedem Wi⸗
detfprnch geſchickt nachzujagen wußte, SIE zum Sichtbar⸗
werden Har fein follte. Man hatte ihn beiehrt, daß nur.
Ein Gott fei, und der ſei Überall; und wenn er fih auch
der erſtern Vorſtellung nicht widerſetzte, weil ex fi unter
Gott noch irgend ein menſchliches Wefen dachte, fo ſtraͤubte
er fih doch um. fo hartuädiger gegen die legtere, indem
er den Begriff
fchränttheit feiner eignen menfchlichen Natur, die er aud
fonft immer zum Maßſtab anlegte, betritt. Sein Lehrer
Daumer machte ihn deshalb zuerft auf. das Verhaͤltniß
feiner geiftigen und finnlichen Natur in ihm felbft auf
merkſam und fragte ihn, ob er nicht Willen, Gedanken,
Vorſtellungen in fi hätte, bie er nicht fehen, nicht hoͤ⸗
sen könne, und die doch in ihm wirkfam fein? Nachdem
er dies bejaht und fo mit Erſtaunen bie unkoͤrperliche
Natur feines innern Weſens eingeſehen, wurde Ihm weis
ter gefagt, ein Weſen, das vorftellen, denken, wollen könne,
fei ein Geiſt. Gott fei eines von den Dingen, die man
nicht Außerlich wahrnehmen Lönne, und verhalte fih zu
dee Welt wie fein (Daufer’6) Denken und Wollen zu
feinem Körper. Auf dieſelbe Weife machte ibm aud)
Daumer die Lehre von der Allgegenmwart Gottes begreif:
lich. Er hieß ihn feinen Arm bewegen und machte ihm
bemerklich, daß, indem er dies thue, fein Denken und
Mollen in feinem Arm wirke, und baß er es nicht thun
koͤnnte, wern fein Wille nicht darin wäre. Er fragte ihn
ferner, ob er nicht auch zugleich ben andern Arm auf:
heben und beide Arme miteinander bewegen könne, und
als Haufer dies bejahte und that, wurde ihm daraus ge⸗
‚folgert, daß fein Denken und Wollen in zweien feiner
Glieder zugieich fein könne; und fo könne er auch ver:
Rechen, role Gott an verfchlebenen Orten zugleich zu fein
vermöge, und was es heiße, er fel uͤberall oder allgegen⸗
waͤrtig. Hauſer aͤußerte große Freude, als ihm dies klar
geworden war, und ſeit dieſer Zeit hoͤrte ſeine Widerſpen⸗
ſtigkeit gegen die, Idee Gottes auf; aber tiefer hinein in
die chriſtliche Dogmatik kam man für jetzt mit ihm nicht.
Seine Unglaͤubigkeit trat vielmehr beĩ beſondern Anlaͤſſen
immer wieder mit einer merkwuͤrdigen Verſtandesdialettik
hervor und ſetzte feine Lehrer und Freunde nicht felten
durch die fchärfften Kragen und Einwendungen in Verle⸗
genheit. So fragte er einft, als von Gottes Allmacht
die Rede war: ob denn Gott, ber Allmächtige, auch die
Beit inne ruͤckgaͤngig machen? eine Frage, bei der eine
bittere, ironiſche Beziehung auf fein eignes früheres Le
bensſchickſal allerdings nicht fern lag, inden er vielleicht
Er wur ‚allerbidge .
der Allgegegwart Gottes 4us ber Be⸗
ſtrafung dirfes Mannes nit wünfchte.
3 y —W
ſagen Wollte: "db denn Bott feine Kindheit und Jugend,
die er lebendig in einem Grabe verloren, ihm wieder je
ruͤckgeben könne?” (Feuerbach a. a. O. ©. 119.)
Später jedoch, als eine Abſtumpfung feiner Geiſter⸗
pn eg ie die von Daumer feiner allmaͤ⸗
gen Er Yeißlkoft. zugMiprichen wird, Inf
& fi erer Bertitiwiligkekt Wie ge
ch iin mes
woͤhnlichen religioͤſen Vorſtellungsweiſen gefallen, obwol
nach dem an ihm begangenen Mordverſuch ſich der Un⸗
Aa ik
‚glaube -velebes. in ihm momentan zu regen begann. Eins
mal feagte er, ob er vom Gott etwas Beſtimmtes bitten
Due, und ob er es dann auch wirklich erhalten werde?
‚worauf Ihm erwidert wurde, zu: bisten fri ihm geflattet,
doch muͤſſe er e6 ber Weisheit Gottes anheimftellen, ob
er ihm feine Bitte gewähren werbe oder nit. Er ent:
gegnete, er wolle von’ Gott nur die Genefung feiner (da
mals erkrankten). Augen erbitten, -deren Gebrauch er je
nur deshalb wolle, um arbeiten und in ſeinen Einfichten
fortſchreiten zu koͤnnen und feine Zelt nicht wie fo oft
in unnuͤtzen Geſpraͤchen ‘und Spielereien binbringen zu
möüffen, wogegen Gott ja nichts Haben! inne. "Die Ant:
wort, daß Gott feine unbrforſchüchen Gründe habe, um
‚oft etwas zu verfagen, von dem wir glaubten, daß es
uns heitſam fei, konnte ihn nicht zufriedenftelen, ebenfo
wenig als die, welche man ihm auf eine andere Frage:
‚„rearum denn Gott jetzt nicht mehr wie in fruͤhern Zei⸗
ten zu dem Menfchen herabkomme, um fie über fo Bie
les, was dunkel und flcetlig fei, zum belehren?” zu geben
hatte, wie es denn überhaupt, wie Daumer bemerkt, auf
folche Fragen keine andere Antwort gibt als eine ſchlechtt
Bevor wir dies Capitel von Hauſer's Verhalten in reits
gloͤſen Dingen verlaffen, darf es jedoch hier nicht unange⸗
führt bleiben, was Feuerbach zum Schluß feiner Schrift
andeutet, bad Hauſer nämlich "gegenwärtig, wo ihn bad
Bewußtſein feines eignen Lebensfihicfals mit einer tiefen
gefftigen Wehmuth erfuͤllt zu haben feheint, im echten
Sinne des Wortes ein frommer Menſch geworben iſt,
mit Andacht von Gott ſpricht und ſich gern mit vernuͤnf⸗
tigen Erbauungsſchriften beſchaͤftigt, obwol er, wie es
beißt, „freilich auf keines ber ſymboliſchen Buͤcher ſchwoͤ⸗
ten und noch weniger in einer andaͤchtigen Geſellſchaft
von Hengftenberg: und Compagnie ſich dehaglich fühlen
würde”,
Ein intereſſanter Abſchnitt In den Daumerſchen Mit
theilungen uͤber Kaspar Hauſer iſt der über feine ur⸗
fpruͤngliche Güte und Weichheit des Gemuͤths, die ſich
in den erſten Zeiten oft rührend an ihm bemerklich machte,
und die fo weit ging, daß er ſogar dem allgemein geäu:
ßerten Unwillen‘ gegen den Unbekannten, der ihn gefangen
gehalten, Anfangs durchaus nicht beiflimmte und die Be
Diefe Eigen
thuͤmlichkeit feines Gemuͤths, die Denen, welche Die Men⸗
ſchennatur in ihrem urſpruͤnglichen Zuftande für gut hal⸗
ten, zum fehönften Belege dienen kann, truͤbte fich jedoch
ebenfalls in Ihm nad) dem Berſuch, den feine heimlichen
Beinde machten, ihn zu ermorden. In dem an ihm bes
gangenen, vielbefprochenen Mordurrfuch fchienen alle Ge
\
®
nm
ſpeufter dunkeln Vergangenheit noch eiumal aus
{rem naͤchtlichen Hintergrunde feindlich gegen ihn her⸗
vorzutreten. eat aͤußerte er, wenn man num den Unbe⸗
kannten; fr den er ſonſt Gamer gebeten habe, ergrifft,
inöge man mit ihm thun, was man walle; und als er
ige Wochen mach ‚feiner Verwundung ſich im Schießen
nach des Scheibe. übte und einmal gut getroffen hatte,
Sam ee jubelnd zu feinen Lehrer Daumer gelaufen und
fogte, jetzt koͤnne er fihon einen Menfchen todtfchießen.
„So umgeftimmt”, fegt Daumer hinzu, „war bamals das
früßer ſo banmtofe Weſen, das kein Thierchen zu beleidi-
gm vermochte, auch wenn es ihn filber quälte.” J
, Ze mehr nun Hauſer die ihm neu aufgegangene Welt
am’ ihn her anfchauen lernte, je mehr wurde er auch na-
tuͤrlich nach allen Seiten hin von neuen und ungewohn-
ten Berhältniffen in Anſpruch genommen, die er fich oft
rhoͤchſt naiv nad) feiner Weife geläufig gu machen fuchte.
Die Art, wie er die gefelffchaftlichen: Lebenszuftände, die
ſich nun feinen Blicken darboten, auffaßte, ift nicht felten
Ja ihrer Unfchuld und Einfalt hoͤchſt fatiriih. Die An-
ſfichten, die er fich z. B. vorm weiblichen Gefchlecht gebils
det Hatte, waren fo fonderbar, daß es fich anfangs ent:
deckte, er verbinde mit dem, Worte Frauenzimmer
ausſchließlich bie Vorftelung von jungen Perfonen, die
fi mit keiner ernſten Arbeit beſchaͤftigen, wie fie fich
ihm öfters im Gefellfchaften zeigten. Frauenzimmer, fagte
er, feien zu nichts nüge al zum Dafigen, oder, raum:
zimmer koͤnnten nichts als dafigen und ein wenig nähen
‘oder ſtricken. Bon der Mutter feines Lehrers, die er
immer würdig befchäftigt fand, behauptete er, fie fei kein
Frauenzimmer, fondern eine Mutter. Bei ihm felbft ſchien
ale Entwidelung eines Serualverhäftniffee ausgeblieden
zu fein. Traͤume hatte er erfl, feitde er in dem Haufe
des Profeflord Daumer ‚auf einem Federbette ſchlief. Er
wußte aber nicht fogleich den Unterfchieb zwiſchen Wachen
und Träumen zu faffen, fondern hielt die Bilder feiner
Träume anfangs für wirkliche Begegniffe, die ihm zuge:
fioßen fein. Später hatte er zumeilen finnreihe und
allegorifche räume, von denen fi einer unter feinen
eigens von ihm verfaßten Auflägen, welche Daumer mit:
theilt, aufgezeichnet findet,
Kaspar Haufer’s Sprache und bie allmälige Entwide:
lung feines Sprachvermoͤgens bietet nicht minder bezie:
hungsreiche Punkte für den Pfychologen dar. Gein gan:
zer Sprachreichthum befchränkte ſich anfange auf die weni
gen, ihm von dem Unbekannten eingelernten Redensarten,
wie: „J möcht ab a ſoͤchana Meiter mern, wie Vater is“;
„ham weifen”; „in groß Dorf, da 16 dei Vater“, die er
bei feinem erfien Auftreten in Nürnberg auf jede Frage,
die man an ihn that, unaufhoͤrlich und unterfchiedslos
bervorftöhnte. Aus feiner eigenhändigen Schilderung, bie
er von feinem Zuftande in diefer Periode ſpaͤterhin nie:
dergeſchtieben (f. Daumer I, ©. 47 fg.), ergibt fi
jedoch, daß er diefe feine einzigen Redensarten durchaus
als allgemeine Sprachlaute gebrauchte, um ale Vorſtel⸗
lungen oder Bedürfniffe, die fi ihm aufdrangen und bie
er ausdrüden wollte, damit zu bezeichnen. Diefe eignen
a1
Auffäge von Kaspar Haufer, worin er bei- immue mehe
fortfchreitender Bildung Verſuche machte, Erinnerungen
aus feinem frühern Leben niedtrzufchteiben, find aͤberhauyt
ſo intergffant . und hinſichtlich der Maivetät Ihres Aus
druds fo rührend, daß. wir uns nicht enthalfen koͤnnen,
| bier eine Stelle daraus heworzuheben. Einer diefer Auf:
füge fängt folgendermaßen an: „Die Gedichte von Kass
par Hauſer, ich will es ſelbſt befchrefben, wie hart es mie
ergangen hat. Da mo ich Immer eingefpiet war in bieſen
Gefängnig da mar es mir recht gut vorkommen, will id
von ber Welt nichts gewußt habe umd fo lange: ich ein-
geſpirt war und Leinen Menſchen niemals gefehen habe.
Ich habe zwei hölzerne Pferd und ein Hund gehabt, mit
diefen babe ich immer gefpielt, aber ich kann es nicht ſa⸗
gen, ob ich den ganzen Tag gefpielt habe oder nicht, weit
id) „nicht roußte, was ein Tag oder eine Woche ift u. f. m.”
Diefe Auffüge ſprechen zugleich als unwiderlegliche Zeus:
gen für die Wahrhaftigkeit dee Perfon Haufer’s, da eb,
wie Daumer mit Recht bemerkt, felbft dem genialſten und
wiſſenſchaftlich tieflundigften Betruͤger ſchwerlich möglich
geweſen fein wuͤrde, fo zu ſchreiben. Die Einfalt umb
der treuherzigſte Ausdruck der Gefinnung ließe fich in der
That in dieſer Weiſe kaum erkünfteln. In einer bald.
darauf folgenden Periode erlebte er jeboch eine fentimen-
tale Durchgangsſtufe, mie fie bei den meiften begabten
Juͤnglingen vorzufommen pflegt, und er gerieth nun in
feinen Auffägen in blumige und ſchwuͤlſtige Schilderun⸗
gen. Go gab er einem neuen Entwurf feiner Lebendge:
(dichte jegt folgenden gefuchten Eingang: „Lebensgeſchichte
von Kaspar Haufer in Nürnberg. Welcher Erwachſene
gedächte nicht mit trauriger Ruͤhrung an meine unſchul⸗
dige Einfpirung für meine jungen Jahre, die ih in mei:
ner biütheften (bluͤhendſten) Lebenszeit zugebracht habe.
Das fih fo manche Jugend das Leben erfreuet hat, in
entzudenden goldenen Traͤumen und Vergnuͤgen lebten,
dba meine Natur no gar nicht erwedt war u. |. w.“
Diefen Anfang hielt er für ſehr ſchoͤn und empfand es
übel, als ihm Daumer fagte, er tauge nichts. 38.
Briefe von Goͤthe an Lavater. Aus ben Jahren 1774
—83. Desausgegeben von Heinrich Hirzel, Nebft
einem Anhange und zwei Facſimile. Leipzig, Weis
mann. 1833. 8. 1 Xbhlr.
Dankbar werden alle Verehrer Goͤthe's dieſe Reliquien eis
ner Beit empfangen,
Da Er noch felbft im Werden war .
und auf feinen Bahnen mit einem Geifte zufammentraf, ber für
ſehr Viele eine große Anziehungskraft beſaß. Wir wiffen aus
Goͤthe's Leben (Thl. 3, ©. 259, lepte Ausg., Bd. 26), wie
biefe Bekanntſchaft fich entfpann, buch Briefe und das Inter⸗
-effe an ber Phyſiognomik genährt, und durch das perſoͤnliche
Bufammentreffen in Frankfurt und durch eine gemeinfhaftliche
Neife nach Ems befeftigt wurde. Alles, was uns Goͤthe bei
diefer Gelegenheit über Lavater's Perfönlichleit und Gparalter
mittheilt, iſt nicht nur ein Wufter tiefeindringender Beobach⸗
tung und anmuthiger Darftellung, fondern läßt uns ihn ſelbſt
in feiner gefunden, finnlich Eräftigen, dem Realen prattifch
zugewendeten Natur trefflich erkennen, Wie er mit dieſer Ra⸗
Sn
692
te denr’fär feinen Glauben ſchwaͤrmenbden, Tiebenswärbigen La:
vater gegenäberfiand, fo war dies noch mehr in feinem Verhaͤlt⸗
niffe zu dem berben, höcft materiellen‘ Bafebow der Fall, weis
auch eben damals das Geſchick gleichzeitig mit Lavater in
ötpe’s Näpe geführt hatte. Wir fehen noch heute leibhaftig,
Propbete rechts, Prophete links,
Das Weltkind in der Mitlen,
ihn gwifchen biefen beiben Stepräfentanten ber entgegengefehte:
‚Ken Richtungen Galm und Hahn verfpeifen und bereitd das
Taste milien jener poetifch «Haren, ſtets befonnenen, zuhigr ges
möüthjichen Stellung einnehmen, welche er niemals aufgegeben
hat.‘ Darum find uns einige ſchriftliche Denkmäler aus jener
Beit von fo großem Werthe. Wir verdanken ihre Sammlung
und Herausgabe dem während des Druckes in Zuͤrich im Fe⸗
bruar biefes Jahres verfiorbenen H. Hirzel, dem edein Verf.
von „Eugenia's Briefen’, ben leider ber Tod verhindert bat, -
uns noch manchen Auffchluß über vieles in biefen Briefen Ent⸗
haltene mitzutheilen, was er in einem Vorworte zu thun gefon:
nen war. Aber auch ohne biefe Erläuterungen fprechen die
Briefe deutlich fih aus. Sie tragen etwas von dem Duft bes
‚goldenen Morgens an fi, des den „Werther und „‚Berlidhin:
gen” entftehen fah, und erinnern häufig befonders an ben legten
"durch bie Keckheit, Friſche und Nachlaͤſſigkeit des Ausdrudes.
‚Orthographie und Interpunction find faft unverändert beibehal:
:ten und nur wenige auf: reine Bamilienangelegenheiten fich be»
ziehende Stellen ausgelaſſen worden. In beu meiften Briefen
ift von Beiträgen zur Phyſiognomik bie Rebe, aber aud) von
manchen intereffanten Menfchen und Begegniſſen, und faft in
feinem vermifien wir Funken des hohen Geiſtes, der auf dem
Sipfel des deutfchen Parnaffes zu thronen berufen war. Mans
‚cher Blick wird uns hierbei in das Innere einer Seele eröffnet,
deren titaniſche Kraft und jugendliches Keuer- eben bamals ſich
unter dem Einfluß himmliſcher und irbifger Gewalten zu ber
Klarheit Iäuterte, die fie und vor allen andern fo bewunberne:
werth madte. Wir heben einige Stellen aus, die gewiß bei
unfeern Lefern den Wunſch, das Ganze biefer Briefſammlung
Tonnen zu lernen, erregen werben.
Der erfte Brief an Lavater, wahrfcheinlich das Aftefte hands
Schriftliche Denkmal von @öthe, da er vor Lavater's Abreife
nach Frankfurt, die am 12, Juni 177% ftattfand, geſchrieben
iſt, lautet alfo: „Bruder, was nedft bu mich wegen meines
Amusements. Ich wollt ich hätt eine höhere Idee von mir
und meiner Beflimmung, fo wollt ich weder meine Handlungen
Amusements nennen, noch mid flatt zu handen amüfiren. Doch
du haft deinen Zweck erreicht.”
Das Gefuͤhl feiner Kraft und hoben Beſtimmung wird je
doch bald in ihm rege und gibt fi mehrmals berrlich und
ſelbſt prephetiſch Bund, 4. B. ©. 8: „‚Adieu Bruder ich bin
nit laß, fo Tang ich auf ber Erde bin erobre ich wenigftens
gewiß meinen Schritt Lande täglich!”
Kerner S. 18 a. 19: „Ich lerne täglich mehr fteuern auf
der Woge der Menſchheit. Bin tiefin ber See: Verlaß dich —
Ich bin nun ganz eingefhlfft auf der Woze der Welt — voll
entfchloffen: zu entdecken, gerinnen, ftreiten, ſcheitern, oder mich
mit allertadung in’ die Luft zu ſprengen.“
S. 101: „Das Tagewerk, das mir aufgetragen iſt, das
mir täglich leichter und ſchwerer wird, erfodert wachend und
träumend meine Gegenwart, biefe Pflicht wird mir täglich
theuerer, und darinn wuͤnſcht ich's ben größten Menſchen gleich
zu thun, und in nichts größerem. Dieſe Begierde, bie Pyra⸗
mide meines Daſeyns, deren Bafis mir angegeben und gegruͤn⸗
det iſt, ſo hoch als moͤglich in die Luft zu ſpizzen, uͤberwigt
alles andere, und laͤßt kaum augenblickliches Vergeſſen zu. Ich
darf mich nicht ſaͤumen, ich bin ſchon weit in Jahren vor, und
vielleicht bricht mich das Schickſaal in der Mitte, und der ba⸗
byloniſche Thurm bleibt ſtumpf unvollendet. Wenigſtens ſoll
man ſagen, es war kuͤhn entworfen, und wenn ich lebe, ſollen
wills Bott bie Kraͤffte bis hinauf reichen.” Beſonders merkwuͤr⸗
dig unb pſychologiſch wichtig find dieſe Briefe durch zahlreiche
an dem Herrn, und, fing ibm iur —*8 eheftens
eine Schwingung erhalten ſollſt.“ S. 20: Wenn Ih bir’ er⸗
ſcheinen und dir erzählen Tönnte, was unfihreibbar Hk, bu
‘| wörbeft auf dein Angaficht fallen und aAnbeten, den ber da iR,
da war und feyn wird. Aber glaub on mich, ber ich an ben
Ewigen glaube” ©. 37: „Der Friede Gottes, ber fih
lich mehr an mir -offenharet, walte auch Über dich und bie
nigen, und daß bein Glaube unüberwindlich werde. Sieh hier
wieder, daß er mich überwintel. —
Gdharakteriſtiſch fie das religibſe Verhaͤltniß Wäthe's u
Lavater ift voraäglich folgende Gteile, bin ſich auf Lavaterns
homiletiſche Dun der Offenbarung Johannis bezieht, nicht
auf den fpäter erſchienenen „Jeſus Meffias oder die Zufusift des
Herrn“, beffen ©. mehrmals lobend gedenkt. ©. 45: „Eins
werden wir über doch wohl thun, dab wir einander unfere Partie
tularreligionen ungebubelt laſſen. Du bi gut baxrinne, aber ich
bin manchmal ‚hart und unhold, da bitt ich dich im Worans um
Geduld. Denn 3. ©. ta bat mir Zobler beine Offenbarung
Johannis gegeben, an der ift mir nun nichts nah als deine
Handſchrift, darüber Hab ich fie auch zu leſen angefangen. Et
hilfe aber nit, ich kann das göttlikhe- nitgend& und das poeti⸗
ſche nur hier und da finden, bad Ganze it mir .fahal, mir ik
ale roͤch ich überall einen Menſchen durch ber gar keinen Ge
sub von dem gehabt hat der da ift A und O. Siehſt ul
Br. wenn nun deine Vorerinnerung grade das Begentheil bis
fagt unb unterm 24. September 17791} ba werben wir wohl
thun, wenn wir irgend ein fittfam Wort zuſammen ſprechen,
ih bin ein fehr irdiſcher Menſch, mix if das Gleichniß How
ungerechten Haushalter, vom verlorenen Sohn, von ber Perik,
vom Groſchen zc. goͤttlicher (: wenn ie was goͤttuͤch's da fein
foll:) als die ſieben Botſchafter, Leuchter, Hörmer, Siegel,
Ich denke auch aus der Wahrheit zus ſeyn.
‚aber aus ber Wahrheit ber fünf Sinne und Gott habe Geduld
Sterne unb Wehe.
mit mir wie bisher.‘ .
In eben biefem Zone heißt e8 &.144: „Da ich zwar kein
Widerkriſt, kein Unfrift, aber doch ein becidirter Nichtkriſt bin,
fa haben mir bein Pilatus und fo weiter widrige Ginbräde ge
macht, weil bu dich gar zu ungebärdig gegen ben -alten Gott
und feine Kinder ſtellſt. Deinen Pilatus habe ich fogar zu par
odisen angefangen, ich habe bich aber zu lieb um mich länger
als eine Stunde bamit amüfiren zu Finnen. Drum laf mid
‚deine Menfchenftiimme hören, damit wir von ber Seite verbuns
ben bleiben, ba es von ber andern nicht geht. Mein Pflafer
(fo ſchreibt ee S. 152) fchlägt bei dir nicht an, deins nict
bei mir, in unferes Vaters Apotheke finb viel Recepte. Wir
follten einmal unfere Staubensbelenntniffe in zwei Golummen
neben einander fegen und darauf einen Friedens⸗ und Toleranz:
bund errichten.”
Auch die Art und Weife, wie ©. öfters Wieland, Herber,
Jacobi und ten Großherzog von Weimar erwähnt, macht biefe
Briefe ſehr anziebend, weldhe Niemand, dem Goͤthes Name
theuer ift, aus der Hand legen wird, ohne das Gefuͤhl ber Ber:
ebeung für den großen Heimgegangenen kräftig erneut vs ha⸗
n. | 1
Literarifhe Notizen.
on der ‚Histoire des anciennes villes en France” von
Vitet, DOberauffeher ber hiftorifhen Denkmäler in Frankreich,
ift die erfle Heide: Dber: Rormandie, die Stadt Dieppe ent:
haltend, in zwei Bänden erfchienen. '
Bon ben Memoiren ber Herzogin von Abrantes find ber
9. und 10. Band erfdienen, worin bie geiftreiche Erzaͤhlerin
wieder viele intereffante Züge aus einem wichtigen Abfcnitt
bee Geſchichte des Kaiferreiche mittheilt. . 9,
NRedigirt unter Berantwortlitelt der Werlagsbandlung: F. X. Broddans in Seipıie
Blätter
literarifche 5
nn — — —
Für Freunde der Tonkunſt, von Friedrich Roch⸗
litz. Vierter Band. Leipzig, Cnobloch. 1832. 8.
2 Thle. *)
Der würdige Verf. will mit diefem vierten Bande
dieſe, allen Freunden ber Tonkunſt werthe Sammlung
feiner zerſtreuten Auffäge und Mittheitungen über diefelbe
fliehen. Aber ein guter Wirth gibt zulent das Beſte,
fo der Verf. Worauf die Freunde der Tonkunft lange
gewartet hatten, das theilt er ihnen in diefem Bande zum
erften Male mit. Die Freunde des Verf. mußten, daß
er einen großen Theil feines Lebens der gefchichtlichen Be—
trachtung ber Tonkunſt zugewendet habe, und durften die
Hoffnung hegen, daß vor feinem ruhigklaren und unpars
teiiſchen Blide das Chaos, welches die ſchaͤtzbaren Mate:
siolienfammler in biefem Gebiete zurüdgelaften, Geſtalt
und Leben annehmen werde. Aus ber Votrede ju bie:
fem Bande erfahren wir, daß des Verf. - ununterbrochenes
Bemühen ſeit 30 Jahren auf eine ausführliche Ge:
ſchichte der Tonkunſt von da an, wo Forkel endet, bis
auf unfere Zage, gerichtet gewefen. Jetzt erklärt ex ein
ſolches weitfhichtiges Unternehmen „fir unfere Zeit der
Eil und Unruhe nicht geeignet“ und bat es aufgegeben.
Wir glauben niht daran und halten dieſen Entfchluß, der
fi doch wol nur auf die gegenwärtige Deraus:
gabe eines feit 30 Jahren vorbereiteten und bearbeite:
um ausführlichen Werkes, nicht auf die Arbeit ſelbſt
bezieht, für das Erzeugniß eines hypochondriſchen Moments
bei umferm mürdigen Freunde, dem wir durch Beiſpiele
and andern Gebieten der Forſchungen, in denen „die hert⸗
ſchenden Intereffen der Zeit” ebenfalls nicht unmittelbar
berührt werden — denn was bliebe denn Überhaupt ifo:
Get ſtehen — leicht erweiſen könnten, daß der Sinn für
umfaljende Unternehmungen der Art noch gar nicht ver
ſchwunden, vielleidyt fogar lebendiger als früher geworden
iſt. Zudem iſt ja Das, was ein Mann wie unfer Verf,
ber Zeit darbieten kann, nicht blos fuͤr dieſe beſtimmt.
Es ſei dies wie es ſei, der Verf. gibt uns bier etwas
won den Srüdyten feiner Bemuͤhung zu koſten, das wir
mit Dankbarkeit annehmen. Es iſt ein Grundriß ber erften
Abtheilung jener Geſchichte, oder „Srundlinien zu einer
®) Ueber den dritten Band wurde in Nr. 262— 264 b. 81.
f. 1B31_bexichtet. D. Reb.
— Re. 168, —
für
Interhaltung,
17. Zuni 1833,
Geſchichte der Geſaugsmuſik für Kirche und Kammer in
Deutſchland und Stallen während der letzten drei Jahr⸗
hunderte”, und zwar in der Form niedergefthriebener muͤnd⸗
licher Vorträge, die er vor einer gewaͤhlten Gefelifchaft
von Muſikfreunden gehalten Hat. Zwar Einnte eine foiche
Form grade bei einer Partie der Sefchichte, wo man #6
meht noch mit Eritifher Forſchung als mit feſtſte⸗
henden Reſultaten zu thun hat, Demjenigen bedenklich
ſcheinen, dee auf dem Wege kritiſcher Forſchung, welther
diefe Form ſich nicht zur Genuͤge auszubreiten geflatter,
zu Refultaten zu gelangen ſtrebt; allen man wide un:
geredyt urtheilen, wenn man bier mehr verfangte, als der
Berf. eben mittheiten wollte; er gibt in biefen Grunb:
Iinien eben Refultate feiner vieljährigen Forſchung und
uͤberlaͤßt es Jedem, fie mit der feinigen zu vergleichen; er
deutet auf die Borausfegungen und biftorifchen Grundla⸗
gen hin, von welchen er ausgegangen, und gewinnt durch
ein eignes Urtheil, das ſich uͤberal mit Billigkeit umd
Ruhe ausſpricht, das Vertrauen, durch die Klarheit, An⸗
ſchaulichkeit und Waͤrme ſeiner Mittheilung das Inter⸗
eſſe des Leſers. Das Ganze hat den Ton einer freunds
lich delehrenden Mittheilung im gefelligen Kreiſe, welche,
unterflügt durch bie zweckmaͤßige Beranftaltung bes Verf,
die baupffächlichften der befprochenen Sefangswerke aus
verſchiedenen Perioden auch zu hören zu geben beſtimmt,
aͤußerſt genußreich geweſen fein muß. Der mit der gewaͤhl⸗
ten Form verbundene Zweck beſtimmte ihn, etwas weit
auszuholen und gleichſam zur Vorbereitung feiner Zuhörer
Einiges Über Kunftgenuß — ben er auf den pſychiſchen Zu⸗
ſtand einer gleichmaͤßigen Erregung und Bewegung aller
Kraͤfte unſers Geſammtweſens nach einem ſchoͤnen Ziele
(S. 6) zuruͤckfuͤhrt — und uͤber das Eigenthuͤmliche der
Tonkunſt vorauszuſchicken. Die Tonkunſt, fagt der Werf.,
fitede das Menfchliche zu vergöttlichen, die bildende Kunft
das Göttliche zu vermenſchlichen; und er hat damit in
ber That einen Charakter der Muſik ausgeſprochen, ber
über diefe Analogie noch hinausgeht.
Die Mufit, infofern fie den Ton, bie reine zeitliche
Erſcheinung zu Ihrem Material hat, ſchwebt inhaltlos
und frei von objectiver Beſchtaͤnkung in dem allgemeinen
dether der durch Harmonie vollendeten Empfindung, die
Seele einem göttlichen Dafein zuführend. Aber num hätte
der würbige Verf., da er insbeſondere von dee Sefange:
694
muſik reden wollte, in welcher ber beftimmte Gegen:
fand erſt durch den Tert, wie es S. 13 heißt, bin-
zulommt, noch erft zeigen follen, inwiefern auch durch
ben fo beftimmten Segenftand bie göttliche Zreihelt der
Tonkunſt fih zu erhalten vermögend iſt, und inwiefern
es die reine Geſangsmuſik daher namentlich fei, die zu
eeligiöfen Inhalt Hindrängt.
Bei Entwerfung feines kunftgefchichtlichen Umriffes fand
ber Verf. begeeifticherweife noch Beinen Führer, Materie:
lien in Menge, aber der ordnende Geiſt fehlte ihnen; ber
Berf. finder feine Perioden in den Hauptſtationen aller
Kunſtentwickelung und ber geifligen Cultur überhaupt, ohne
dieſelben beſtimmter nachzuweiſen und nad) Zeit und Schu:
fen genauer begrenzen zu wollen. Er nimmt zwar den
Anfang bed 16. Jahrhunderts al6 den Beginn ber erſten
Periode der neueren Tonkunſt an und betrachtet, was bis
dahin geleiftet worden, als Worfchule der neuern Muſik
(S. 29), aber zieht auch den Sosquin be Pr&s in biefe
Periode hinein, welcher dem 15. Jahrhunderte angehört,
und nennt außer Ihm nur ben Niederländer Goudimel
und Roland Laffe, weichen der DBerf. wol mit Grund
beutfche Abkunft beilegt (S. 51), gleihfam als Repräfen:
tanten biefer Periode, mit Recht bie- Niederländer als
Vorgänger ber Staliener betrachtend. Die Vorausfegun:
gen diefer Kunft werben (S. 26— 29) genauer beftimmt,
und die Leiftungen der Männer, melde auf ihnen fort:
bauten, trefflich gefchildert. In der zweiten Periode tritt
unter den Stalienern Paleſtrina hervor, der der Pirchlichen
Geſangsmuſik eine neue Geftalt gab. Hier hätte der Verf.
“pielleicht die Frage noch etwas ausführlicher beantworten
koͤnnen, worin da6 Verderbniß der Eirchlihen Muſik be:
ſtand, gegen welches diefer große Meifter anflrebte, und
wie ver Dies gethan. Sonft glaubte man, es habe In
Ueberladung mit Zierathen beflanden; nach neuern Unters
fuchungen war es die verflandesmäßige Kuͤnſtlichkeit, in
welcher die Meifter der Tonkunſt fih verloren hatten, und
welcher Paleſtrina entgegentrat, indem er fi) wiederum
‚näher an den Gregorlanifchen Kirchengefang und bie Welfe
der uralten Kirchenhymnen hielt und in feinen großarti-
gen diatonifhen Darmonien feine Kunftfertigleit dem re:
ligioͤſen Ausdrucke unterordnete. Der Verf. fchilbert wie:
derum bdiefen Neformator trefflih; aber er geht wol zu
weit, wenn er ihm eine auf Befehl des Papftes ge:
fliftete Schule zuſchreibt, welche ſich Lange, felbft nad)
feinem Tode erhalten haben fol, dba, auch nah Baini's
Forſchungen, die Nachfolger bald von ihrem Vorbilde ab:
wichen⸗
ſtrina anſchließende Nanini und der ſpaͤtere Gregorio Al⸗
legri herausgehoben; darauf wendet ſich der Verf. zu
den Deutſchen. Ref. hätte gewuͤnſcht, ber wuͤrdige
"Verf. Hätte ſchon auf Winterfeld's gehaltvolles Schrift⸗
chen („Pierluigi von Paleſtrina. Seine Werke und de⸗
ven Bedeutung für die Geſchichte der Tonkunſt“, Breslau
1832), ber auch einen Einfluß ber venetianifhen
Schule auf Paleſtrina annimmt, und auf Das, was bie:
fer Schriftfleler von dem Fortfchritte fagt, den legtere
‚Schule durch freiere Behandlung der Harmonie und Hin:
Noch wird in biefer Periode ber fi) an Pate |
ruht, um ſogleich durch eine offenkundige
neigen zum Chromatifchen gemacht haben fol, Ridfict
nehmen koͤnnen.
Was nun Deutſchland aber anlangt, fo behauptet ber
Verf., dab Das, was durch Paleftrina und feine Rad:
folger für die Reform der bisherigen Gefangemufit in
Italien gefhehen, in Zweck und Sinn, nur aber In an-
derer Form, und gwar [chem früher in Deutfchland, be:
fonders dem nörblihen, vorhanden geweſen fei (S. 74).
Dies heißt wol, wenn wir den Verf. recht verfichen, der
Kichyengefang wurde in Deutfdyland früher popularifict als
in Stalin. Der Berf. macht hierbei mit Recht die Ein:
wirkung bes deutfchen Volksgeſanges geltend; ja, es wäre
noch die Frage, ob nicht au in Italien ber Einfuf
des Volksmaͤßigen, nur im mindern Grabe, bie Vereinfa⸗
hung und Veredelung bes Kirchengefanges beföcbert habe;
denn daß es doch auch, italienifhe Volkslieder gegeben
babe, kann nicht bezweifelt werden. Wie nun ber deut⸗
{he Volksgeſang, defjen ditefte vorhandene Melodien ber
Verf. in den geiftlichen Weifen ber fogenannten boͤhmiſch⸗
mährifhen Brüder findet (doch geſteht er natürlich auch
noch Ältere gleichfalls volksmaͤßige Lieber der frühern Kirche
gu; man vergleiche darüber auch Hein. Hofmann’s „Be:
ſchichte des deutſchen Kirchenliedes“, Bresfau 1832), in
den deutfchen Kirchenchoral Übergegangen ift, ferner, mo:
ber diefer feine Vortrefflichleit empfangen, das wird mit
fedendigem Antheil gefchildert; ebenfo auch, wie bie con⸗
trapunttifh ausgeführten Gefänge der beutfchen Com:
poniſten Ddiefer Zeit befchaffen geweſen und ſich in-ihre
Nationalität zu ben Leiſtungen der Italfener verbal
ten, wird mit größerer Ausführlichkeit belehrend behandelt.
Unter den Meiſtern ausgenrbeiteter Gefangsftücke treten
Walther, Senfl, Jac. Gallus hervor. Lesterer fchrieb
auch ein Werk von ungewöhnlicher Vollſtimmigkeit, näm: .
ih zu drei Chören (S. 100), wobei wir uns erin-
nern gelefen zu baben, daß ber alte Mieberländer Den:
heim (den der Verf. nicht hätte ganz uͤbergehen ſollen)
eine 36ftimmige Motette gefchrieben habe.
(Der Beſchluß folgt.)
Geſchichte der geheimen Verbindungen ber neueflen Zeit.
Erftes Heft: Actenmäßiger Bericht über dem geheimen
deutichen Bund und das Turnweſen, nebſt einleitenben
Bemerkungen: über die fruͤhern geheimen Verbindungen
son J. D. F. Mannsdorf. Leipzig, Barth. 1831.
Gr. 8. 1 Thlr. 3 Gr.
Sechstes Heft: Die demagogiſchen Umtriebe in den
Burſchenſchaften ber deutſchen Univerſitaͤten. Fortſe⸗
sung der Centralunterſuchungscommiſſion zu Mainz,
von Rudolf Hug. Ebend. 12 &r.*)
Wo ber Drud ber beftehenden Verhaͤltniſſe um i
ober, es ſei aus was ee fi Ur wi in ng
mit benfelben herrſcht, aber bie Bewalt H zu ſtarken Hoaͤnden
ne That abgeſchuͤt⸗
telt werben zu können: dort werden ſich ſtets bie Gleichgeſianten
und Gntidloffenen zuſammengeſellen, um in ihre Beſtrebungen
Einheit zu bringen, fi zur That vorzubtreiten und im ent:
*) Vgl. Nr. 296, 295, 869, 8600 u. 363 d, BI. f. 1881. D. Reb.
695
cheidenden Augenblidde ben Gchlag zu wagen, ber bad Moll,
wenn es ſelbſt der teibende heil iſt und gehörig vorbereitet
wurbe, in ben meiften Faͤllen nach reißt und dann ben Uſur⸗
pator ober Tyrannen unwiederbringiich zerfchmettert. Da es fär
‚Diejenigen, welche eine beſtehende Gewalt zu ſtuͤrzen beabſichti⸗
en, unerlaßlich ift, nicht nur alle Schritte, die wenn auch noch
o fern, zu diefem Biele führen, fonbern fogar ihre Unzufrieden⸗
heit vor den Augen ber Machthaber zu verbergen, weil ſonſt
nicht dieſe, fondern fie felbft vernichtet würden, fo find folche
Berbindungen nothwendigerweiſe geheim, und um fo gefährlicher,
unter einem befto bichtern Schleier "des Geheimniffes fie für ihre
Zwecke wirken. Die Machthaber felbft, bie Regierungen beduͤr⸗
fen zu ihrer Stäge niemals geheimer Werbindungen, außer in
dem Falle, daß fie geheime Verbindungen zu fürdpten haben oder
bereits das Dafein berfeiben ahnen, denn dann möflen fie zur
Ausfpähung, ‚zur geheimen Police ihre Zuflucht nepmen, weil
fi die Mitglieber ber geheimen Verbindungen natuͤrlicherweiſe
vor offenkundigen Agenten der Macht fo fehr als möglich hüten.
Aber felbft die geheime, politifche Police ift Keine eigentliche
geheime Verbindung im angenommenen und gebräuchlichen Sinne
diefes Wortes. Zu einer folchen laͤßt fich cine Regierung nur
dann herab, wenn fie nicht unabhängig ift, aber ihre völlige Un⸗
abhängigkeit wieberereingen will; wenn fie einem auswärtigen
Groberer ale Vaſall dienen muß und ſich dieſes Joches zu ent»
ledigen entfchloffen ifl. In einem ſolchen Balle bedarf fie der
Mitwirkung des ganzen BVolkes, es ift baher für fie unerlaßlich,
den Geiſt der Waterlanbsliebe zu Eräftigen, ben Sinn für Unab⸗
haͤngigkeit zu erhöhen, ben Daß gegen frembe Unterbrüdung zu
verftärten, auf daß bie Thatkraft ber Nation nicht gänzlich ein⸗
ſchlummere, erloͤſche und ben Augenblick des Handelne, wenn er
endlich durch einen Zuſammen
führt wirb, unbenügt vorübergehen laſſe. Da aber eine Regie⸗
zung, bie fich in einer ſolchen Lage befindet, umringt von frem⸗
den Spähern und bewacht von auslaͤndiſchen Bayonneten, wie fie
ift, bebreiflichermeife ſich forgfältig hüten muß, dem Dränger
«Anlaß zum Argwohn zu geben, kann fie auf dieſen Zweck nicht
durch Mittel, die am Tage liegen, binarbeiten, fonbern fie muß
zu dem Schleier bes Geheimniſſes ihre Zuflucht nehmen. Ges
. Heime Verbindungen, an beren Spitze Mähner fliehen, bie ihr
unbedingt ergeben find, lernen ihe Diejenigen kennen, auf welche
He fid verlaſſen kann, ziehen bie Bande der Patrioten näher, ge
ben ihr Gelegenheit, nur mit ſolchen alle Stellen zu befeben, ers
balten einen guten Sinn im Wolle, entflammen den Schwung
ber Vaterlandsliebe, erwecken im Herzen der Nation moraliſche
Größe und befähigen dieſelbe, wenn bie Zeit offenkundiger Tha⸗
ten gelommen ift, mit einer Kraft und Aufopferung zu wirken,
welche die Welt in Grftaunen fegt. In einer folchen Lage war
Preußen, ald Napoleon über alle beutfchen Gauen mit Ausnahme
der öftreihifchen Erblande despotifch gebot, und da& angegebene
Mittel hat das Eleine Preußen in ben Stand gefeht, eine That:
kraft zu entfalten, wie Europa fie noch nicht geſehen hatte.
Von biefer Art waren bie geheimen Verbindungen, bekannt
unter ben Namen des Tugendbundes, bes beutfchen Bundes, ber
Loge des Tobtenlampfes zu Königsberg. Ueber bie beiden erften
Verbindungen gibt das erfte ‚Heft der „Geſchichte ber geheimen
Berbindungen‘‘ einigen, aber nicht befriebigenben Aufſchluß. Ras
mentlich ift bie unermeßlihe Wirkfamleit des Tugendbundes
nicht gehoͤrig auseinandergefegt. Dem Verf. fanden entweder
nit hinreichende Quellen zu Gebote, ober er wollte fie, aus
was immer für Grünten, nidt in vollem Umfange beugen.
Gar nicht ift die @eite hervorgehoben, daß fi durch ben “Zus
gendbund das Napoleon fo feindlich entgegenftehende hierarchiſch⸗
ariſtokratiſche Element mit den Beſſern und Unzufriedenen im
Volke verband.
Als Napoleon gektkuͤrzt war und feinem ſchoͤnen Frankreich
den Rüden wenden mußte, fanden bie Kürften in ber Glorie
bes Sieges ba und verfügten auf dem wiener Gongreffe in flols
zer Sicherheit über Land und Leute unſers Welttheiles. Drei
Elemente hatten ihnen zum Triumphe verhelfen, bie Ariſtokratie,
a)
fluß günftiger Umftänbe herbeige⸗
- Sürften nit nur berechtigt, fonbern
bie Hierarchie und das Bolt, das träge, für einen Augenbii
von wilder Kriegsbegeiſterung aufgeregte Menſchenmeer. Ale
rien
Anerkennung, Geltung als Gelbftändiges, Zugeſtaͤndniſſe. lms
fonft Hatte das vorſichtige oͤſtreichiſche Eabinet vor ben großen
Verheißungen gewarnt, bie man zur Zeit der Noth gemacht
hatte. Die Stimme bes weilen Warnere — ber auch im Kampfe
dieſe brei Elemente verlangten in Drutfhland von den %&
um das Dafein nicht feine anderweitige Zukunft compromitticen
wollte und, während Ginigleit und Eolbatenübergapl wahrſchein⸗
lich den Streit noch gluͤcklich wenden konnten, die tiefen Mächte,
bie im Volke ſchlummern, bie Grundgeivalten, welche das euros
päifche Staatenfoftem mehr dulden als flügen, aufzurufen vers’
mied — verhallte in dem auseroͤſtreichiſchen Deutfchland; bie wi⸗
derſprechendſten Hoffnungen wurben bei den unvereinbarften Par:
teien erwegt, um fie alle zu jeber Aufopferung binzureißen. Als
der Friede Kergeflellt war und bie großen Trirgführenden Mächte
rathichlagend, laͤndervertheilend zufammentraten, offenbarte es fidy ©
gar bald, daß man zu weit gegangen war; unbequeme Mahner
traten auf, von welchen die einen Wiederherſtellung alles Alten,
die andern Reugeftaltung alles Gegenwaͤrtigen wollten; Neigung
und Politik zogen die Zürften, infoweit nicht ihr eignes Suter:
effe dabei im Spiele war, zu jenen bin. Dabei Tam ben Arts
ftotraten und Prieſtern zu ftatten, daß fie anerkannte, vielfach
unterflügte Körperichaften bildeten, mithin auch corpoyativ aufs
treten tonnten; während bas britte Glement, das Boll, bes
Stimmfuͤhrers entbehrte, aus lauter vereinzelten kleinen Größen
beftand und bem Sand ber Sahara gli, der, vom Sturme
aufgeregt, allüberftürgend bahinbrauft, bei ruhigem Wetter
aber gebulbig Löwen, Niger, Kameele und Karavanen äber fi
wegziehen läßt.
Verwidelt, fpröbe, ſchwer zu handhaben, felbft kampfes⸗
fhwanger waren bie zahlloſen Intereſſen, weiche bie Fuͤrſten auf
dem wiener Gongreffe zu berüdfichtigen, gu ſchlichten, au beſie⸗
gen, zu vereinen hatten; ein Bott Faum hätte ihren Rieſenkno⸗
ten fo entfchlungen, baß alle Parteien zufriebengeflellt geweſen
wären. Formlos lagen bie Truͤmmer bes alten bdeutfchen Heis
ed ba, und bie große Frage, in ſich zahlloſe Unterfragen von
Außerfter Wichtigkeit begreifend, war, wie man biefelben wieder
au einem großen Ganzen vereinigen folle, benn baß bies geſche⸗
ben muͤſſe, leuchtete felbft Denjenigen ein, benen Deutfchlande
Berriffenheit Bortheil brachte. Zwei Wege boten fich bar, beide
—— entfeheiben „jedoch in ihren weitern Folgen weſentlich
verfchieben.
Der erfle war bie Wieberherftellung bes beutfchen Reiches
mit einem Kaifer an ber Spite. Kür diefe Maßregel ſprach
das Recht. Daß Kaifer Kranz II. die Krone nieberlegte, konnte
bas Reich rechtlich nicht aufloͤſen; vielmehr waren bie beutfchen
verpflichtet, ein neues
Reihsoberhaupt in den rechtöbeflänbigen Formen zu wählen.
Daß einige deutſche Kürften, und zwar bie mächtigern, ben Rhein»
bund ſchloſſen und einen auswärtigen Kürften al6 Protector ans
erfannten, hob ihre Verpflichtungen als Reichsglieder nicht aufs
daß die Gewalt der Waffen viele reichsunmittelbare Fuͤrſten mes
biatifirte, vernichtete ihr Recht auf Reicheunmittelbarkeit nichts
bie rohe Kriegefauft konnte den Meichsverband rechtlich nicht Lds
fen; wirklich kehrten einige beutfcye Fuͤrſten Leber dem Lande
ihrer Väter ben Rüden, als baß fie fich bem fremben Bwing-
herrn unterwarfen. So lange Napoleon’® Heere Deutfchland
feffelten, ſchlummerten alle biefe Rechte und Verpflichtungen, leb⸗
ten aber in dem Augenblide wieber auf, als feine Gewalt ges
brochen und Deutfchland frei war von frembem Joche. Nachdem
daher die franzöflfhen Armeen aus Deutfchland hinausgetrieben _
waren, gab es wieber ein beutfches Reich, der frühere Kechtszu⸗
fland war wieder vorhanden und ein Kaifer zu wählen. Schwer⸗
"lich wird man biefe Anfichten in Zweifel ziehen Edunen, wenn
man das Recht nach Dem bemißt, was feit einem Jahrtauſende
als Recht gegolten hat. Kür bieje Maßregel ber Wiederherſtel⸗
lung waren ferner bie geiftlichen und weltlichen Fürften, Grafen,
Herren und Städte, weldge ihre Reichsunmittelbarkeit thatfädlich,
4
- 096
a —— Kaifı art nach Außen und im Innern
ro aiſerreich, Hart n und im In
wit durch ZöLe und verfihiebenartige GBefege getrennt, als ein
erg bares Ideal vorſchwebte, Lieb war unb ewig lieb bleiben
(Der VBeſchlus folgt.)
Romanenliteratur,
1. Graf Robert von Park. Von Walter Scott. Aus
dem Gnglifhen. Bier Theile. Dritter und vierter Theil auch
unter dem Titel: Das gefährliche Schloß. Zwei Theile. Stutt⸗
gart, Brodhag. 1832. 12. 4 fir.
Die Pietät gegen einen Abgeſchiedenen, ber zu ben Gelte
nern gehört, wie man auch feinen Ruhm fhmälern mag, ges
Rattet dein firenges Urtbeil über feine Iegten geiftigen Erzeug⸗
niffe, kaum bie Bemerkung, daß ‚Das gefährliche Schloß‘
eine feiner ſchwaͤchſten Gchöpfungen fei. Die Laune eines reis
chen und fchönen englifchen Fraͤuleins verheißt demjenigen Fühnen
ditter ihre Hand, ber das gefährliche in Schottland gelegene
Schloß gegen bie Angriffe ber Schotten ein Jahr durch behaup⸗
ten wird. Dee Witten findet fih, und bie Liebe ber Dame wirb
ihm ſchon durch den Vorſatz; verkleidet wii fie ihn auffudhen,
wodurch ihm und ihr viel Ungemach entficht, wiel Abenteuerliches
eſchieht, bis denn enblidh der Knoten auf eine etwas ſophiſti⸗
(Se Weife griöft wird und wir ben Zapfern und bie Schöne
als ein gloͤckliches Poar verlaffen.
Die lange Expofition im „Graf Robert” führt zu ergögtichen
Begebenheiten, zu ber Beranſchaulichung anziehender Charaktere
und Dertlichleiten. Dem überverfeinerten, verbildeten Hof bes Kai⸗
fees Alexius Komnenns, mit feiner biue stooking Tochter, feinen
Philoſophen und Genturionen,. ift bie telltühne Tapferkeit, ber
ritterlicde Muth, die umverborbene noch ungebilbete Gradheit des
Grafen Robert und feiner Gemahlin, einer Amazone, fowie die
noch freimäthigere Biederherzigkeit des Waͤringert Heerward
entgegengefegt, ter ſich mit ſeinem großen Pfund geſunder Ver⸗
nunft, feinem Scharfblick und terber Tuͤchtigkeit zu dem fraͤnki⸗
fen Grafen verhält wie ein verebelter John Bull zu einem
fenbatftotgen und vollsthämlicheiteln Ariftofraten unferes Tage.
Über auch bie Griechen find nicht” jeder beffern Regung bar,
feibft Aterius hat untabelige Abfihten, nur iſt bie WBapl feiner |
Mittel, den Zweck zu erreichen, ſtraffaͤllig. Freilich darf man
dieſe pafſiven Tugenden nicht mit den activen des durchaus tuͤch⸗
tigen Heerward'a des Angelſachſen (ſichtlich die Lieblingsgeſtalt
des Berf.) vergleichen, wenn fie nicht in dunkeln Schatten tre⸗
ten follenz dieſer Heerward durchſchneidet die fein gefponnenen
Netze der Argliſt und if für Freund und Feind der Delfer in
der Noth. Dafür wird ihm bie Jugendgellebte, Ruͤckkehr in fein
Baterland und ber Vorzug, hell in einer Erzaͤhlung zu Teuchten,
die zu unferer Unterhaltung und Belehrung beitrug, und die bes
Aätigt, daß man wol des ebeln Todten Manier, nicht aber fein
inneres Weſen, bie fdhöne Harmonie feines dichteriſchen Keine
nachzuahmen vermag.
2. Gtella. Eine portifck-bumoriftifche Babe. Bon Ferdinand
Stolle. Leipzig, Kollmann. 1833. 8. 1 Zhlr. 6 Gr.
Mehr harmloſer Krobftnn, ſchnellerer Wig und eine gemlth:
lichere Laune, und biefe Aphorismen, welche in mancherlei Form
Gebrechen und Thorheiten bee Zeit bald glimpflich, bald fcharf
beleuchten, darüber vernünfteln, auch wol prophetifche Blicke in
die Zukunft thun laſſen, würben zu ben beffern ber Bat
tung gehören. |
) „Geſchichte der geheimen Verbindungen’, 1. Heſt, S. 9-19.
8. Gchattenfpiele: des Lebens und dee Liebe, von Kerbinend
Schubert. Biertes Baͤndchen. Auch tmier dem Kit:
Das Ehriklind, oder: Ende gut, Alles gut! und Werkwuͤrbige
Schickſale zweter Eichennen in Frankreich während der Re
Intion. Bivei Novellen. Köstin, Oendeß. 13882. 8, 1xhn.
Sin wackerer Mann, genkgfam und patriotifch, findet den
Lohn feinen Tugenden in einem freien Alter ; das wäre mit
wenig Worten ber Inhalt ber erben Novelle. Die zweite ie
flet, was fie im Titel verfpricht.
4. Novellen von H. Wilke. Vierter Band. Auch unter dem
Zitels.Die Belagerung von Din. Hiſtoriſche Novelle aus der
ölfte bes 16. derts. ra ‚
erfien Hölfte * Sapeyun er unfchweig, Meyer son,
® d “ ®
Bor lauter Jarbenſpiel in biefem chineſtſchen Feuerwerke mit
Worten flieht man weder Beichnung noch Umriß, es wich einem
wire und ſchwindelnd vor ben gebiendeten Mugen, und man er
räth mehr, als man es notoriſch weiß, daß in diefer „WBelagerung
von Din”, der einzigen Novelle des Buches, ein edler, mit aller
Schöne ausgeftatteter portugjefliger Bitter von einer moham⸗
mebanifchen Prinzeflin geliebt wird, ih nach Kämpfen aller Art
zu Land und zu Waſſer und mehren Knalleffecten von Ebel⸗
muth mit ihr vermählt, fodann zum Kron von Cambaſa
ernannt wird, fie bekehrt und noch die Genugthuung hat, baf
Beinde und Widerfacher ein. Elägliches Ende nehmen. 18,
giterarifhe Nachweiſungen.
Seſchichtlich ⸗ Maccaroniſches.
Ueber Karl V. kriegeriſche Unternehmungen in ber Pas
vence iſt nirgenb mehr und friſcher aus ber Zeit Gegriffenes
zu finden, als in dem abgefchmadten Maccaronengerichte: „Bey
era Entrepriza catoliqui imperateris quando de anno dül.
mille COCCCXXXVj veniebat per Provensam bune coros-
tus in postam prendere em villiu de Provens
propter grossas et menutas gentes rejohire A. Arenæam
tifausata. Avionione, mille CCOcCKXXrH." 8. (und öfter
auch, „stampatus in stampatara stampatorum, 1670, 12). Der
Berfafler, ein Sechtögelehrter und Günftling Franz L hat U
le mit eignen Augen gefehen und nichts, ſelbſt nicht, wie ſchlecht
ihm dabei gu Muthe geweien iſt, verhehlt:
— mibi de morte granda peura fuit.
Pou, pon, bombarda de tota parte petabant,
in terram multos homines tombare videbam
testas et brassos atque volare pedes.
Non espargnabant ulloa de morte ferire,
Quem non blessabaut ille beatus erat,
Eine Vor⸗Racine'ſche „Athalia”.
Bevor Racine (1639) geboren, und 43 Jahre früher, als
feine „Athalia“ gefchrieben und aufgeführt worden if, haben
bie fpeculivenden Väter Im Zefuitencollegium zu Giermont fon
eine „Athalia’” mit außerorbentlicher theatraliſcher Zurüftung zur
Schau gebracht. Johann Eoret, ber Herausgeber einer wöhent:
lien Zeitung in Reimen: „La muse historique ou Becueil
de lettres en vers, contenant les nouvelles du temps dte.“
($ Ichle., Paris 1656-65, Fol.), hat am 19. Auguft 1658 bie
Borftellung gegen ſechs Groſchen Sinlafpreis von einem ziemliä
guten Plage aus mit angeſehen unb in feinem Blatte vom
24. Auguft deſſelben Jahres feinen Lefern davon Fund unb zu
viffen gethan:
Au college de Saint-JIgnace
Ou, dans une assez bonne place
Je me mis et me cantonai
pour quinze sols que je donnai,
fut avec appareil extreme
Represante certain poeme,
Environ cing jours H y e,
portant pour titre Athalie, 185,
Rebigirt unter Werantwortlichteit ber Verlagshandtung: F. X. Brodbaus in Keiy sie.
ER
Blätter.
Ä für
literariſche Unterhaltung.
Dienflag,
18. uni 1833,
Flır Freunde ter Tonkunſt, von F. Rochfie.
Bierter Band.
| Seſchluß aus Nr. 168.)
Unter der Rubrik der dritten Periode ſetzt der Verf.
mit größerer Ausfuͤhrlichkeit auseinander, welche Veraͤnde⸗
sungen die Geſangsmuſik durch die Einführung der Oper
im 17. Jahrhunderte erfuhr. Auf einen wichtigen Ein:
fluß werden wir hierbei aufmerffam gemacht, nämlich dem,
daß die Mufit num fich mehr auf den Ausdruck beftimm:>
ter Semüthslagen zu rihten und fih an Einzeln:
heiten des Textes anzufchliefen anfängt (S. 112),
nachdem fie früher faſt ausfchließend der Ausdrud der alls
gemeinen und affectiofen religioͤſen Stimmungen gewefen.
Die Attofe Cantilene und die aus ihr fich entwickelnde
Sorm der mehrftimmigen obligaten Sefangftüde (die Form
des Necltativs hat der Verf. übergangen), die größere
Benugung der Inſtrumente, das Dratorium zeigen ſich
als Erfcheinungen jenes Einfluffes. Der Verf. führt uns
dann nad) Meapel, um uns da die Repräfentanten bdiefer
Periode zu zeigen; es find A. Scarlatti, Durante (derem
Beider Stellung zueinander der Verf. zuerft mit Klarheit
gewuͤrdigt bat). und Emanuele d’Aflorga, den wir als eis
nen Liebling des Verf. fhon aus dem zweiten Bande
dieſer Sammlung kennen. Unter den Vrenetianern führt
der Verf. nur den Benedetto Marcello an. Warum Übers
geht er aber den berühmten Lotti? Uebrigens erlaubt fi)
Ref. zu bemerken, daß grade an den Benetianern,
bei denen die Oper vorzüglich gepflegt wurde, und fogar
die komiſche Oper entflanden fein fol (und zwar viel
früher als der Verf. in der Anmerkung zu S. 125 an:
zudeuten fcheint), der Einfluß der neuen theatraliſchen
Muſik ſich vorzuͤglich nachweiſen läßt. Nachdem der Verf,
nun gezeigt hat, tie die Deutſchen während diefer Pe:
tiode und befonders während des dreißigjährigen Krieges
in der praktiſchen Muſik zuruͤckblieben, beginnt er eine
vierte Periode,. die Glanzperiode der. Deutſchen, mit Haͤn⸗
del und Bach. Bon einer intereflanten Bergleichung ih⸗
rer Perfönlichkeit gehe er zur Würdigung ihrer Leiftungen
über: eine ber glänzendften Partien dieſes Umriſſes. Aber
diefe erhaben ftchenden Meifter waren In ihrer Größe
in Deutfchland wenigſtens noch nicht anerkannt; der Verf.
entwickelt daher wieder fehr Mar und lebendig, wie das
nun in ganz Stallen verbreitete Mufitieben auf die Deuts
dagegen mußten bie ihnen folgenden Gefangscomponifen
Traetta, Piccini, Cimaroſa, Paeſiello dem Plane dieſer
Darſtellung gemäß uͤbergangen werden. Der Verf. wen⸗
bet fi) nun zu der Schilderung der deutſchen Meiſter
Sraun und Doll und ben, wiewol nicht im gleichem Um⸗
fang wirkenden Zelenka, mit welchen diefe Periobe geſchloſ⸗
fen wird. Charakterifiifche Anekdoten von den Meiſtern
befeben biefen Theil der Darftelung. Ueber eine fünfte
und legte Periode konnte dev Verf. ſich Bürzer faffen, da
die Sefangsmufit in beiden Faͤchern, weiche derfelbe aus⸗
ſchließlich zu betrachten fiy vorgenommen hatte (Kammer⸗
und Kirchenmufit), Dem, was für Theater und in ret>
ner Inftrumentalmufit in der letztern Periode gen
leiſtet worden fft, weit nachfleben muß, und die letztere
fi) fogar über die Geſangsmuſik die Herrfchaft erworben
bat. Der letztern Erfheinung mögen manche andere, auch
äußere Gruͤnde unterliegen, welche unfer Berf. in feiner
Anmerlung ©. 217 fg. zum Theil angeführt bat; der
Hauptgrund ſcheint uns doc die vorberefchende Nei⸗
gung bee Deutfchen zur Ausbildung der Harnionie zu
fein, die fih nun an dem Reichthum der Inſtrumente
entwidelte. Wie dann auch das muſikaliſche Dramatifls
ren, da8 Schildern des Einzelnen in die Kirchenmuſik ein⸗
drang, zeigt dee Verf. (S. 225) an einem außgezeichnes
ten Beifplele. Zuletzt wird angedeutet, wie die Kammer:
muſik, die doch eigentlich nie einen eigenthuͤmlichen Styl
befaß, in die Concertmuſik uͤberging und das Theatralifche
ganz in fih aufnahm, wogegen die Gefangvereine in
neuerer Zeit der Vocalmuſik einen weitern Spielraum ges
waͤhrt haben. Mach einer kurzen, aber tiefgreifenden all⸗
gemeinen Charakteriſtik Haydn's, Mozart's, Beethoven's
werden ihre Leiſtungen fuͤr die kirchliche Geſangsmuſik noch
insbeſondere betrachtet und unbefangen und gruͤndlich ge⸗
wuͤrdigt. Hiermit ſchließt dieſe treffliche Mittheilung.
Der zweite Aufſatz dieſes Bandes enthält die aͤußerſt
lebendige Schilderung der Sängerin Fauſtina Haſſe, geb.
698
Borboni, die wie uns mit Vergnügen erinnern im bes
Verf. „Denkmalen glüdlicher Stunden” und in einem früs
bern Bande ber Leipziger „Muſikaliſchen Zeitung” gelefen
zu haben. Ein britter, der Erinnerung an ein großes
Verdienſt gewibmeter und zum zn durch muͤndliche
Ueberlieferung bereicherter Aufſatz ſchil
Bach, den Vorgänger Haydn's, in feinem bie Hinberniſſe
feiner Runftneigung befiegenden Jugendſtreben, als Accom⸗
pagnateur Friedrich IL, ale Dann und Vater eines ber
Malerkunft fi) widmenden, talentvollen Sohnes, unb end:
lich in feinen mufitslifhen Werten. Das Vergnügen,
welches uns biefe Charakteriſtik verurfacht hat, verpflichtet
uns, ben Lefer auf bie zwangloſe Kunft aufmerkſam zu
machen, mit welder Rochlitz bier die Eigenfchaften der
Bah’fhen Mufitart, die man fonft immer bie galante
ober freie genannt, ſchon durch die eriten Züge der bios
graphiſchen Charakteriſtik diefes Mannes beftimmt und dem
Lefer anfchaulih gemacht bat; wie Emanuel eine von
feine® Vaters Art abweichende und boch durch ihn geför-
berte Compofitionsweife annehmen konnte. Wie immer
erwirbt ſich der Verf. auch bier das Verdienſt, ben
Sreunden ber Tonkunſt aus feiner eignen Erfahrung An:
leitung zu geben, tie fie die Werke des Meifters zu
wählen und zu üben haben, um fie gehörig zu genießen
und würdigen zu koͤnnen; ee muntert durch das Inter⸗
efje, weiches er für fie zu erwecken weiß, zu der Aner⸗
kennung faſt vergefienen Verdienſtes auf. *
Die belehrenden „Briefe über Muſik und Mufiker in
Wien“ (im Jahre 1822 geſchrieben), welche der Verf.
zuerſt in ſeiner Sammlung: „Fuͤr ruhige Stunden“, mit⸗
theilte, haben wir wiederholt mit Vergnuͤgen geleſen.
Ihre Einleitung enthaͤlt beachtungswerthe Reſultate, welche
der beobachtende Verf. aus der Kunſt⸗ und Culturgeſchichte
gezogen hat. Im zweiten tritt eine gemuͤthliche Schilde⸗
rung Salieri's und Beethoven's, nach dem Leben entwor⸗
fen, hervor.
„Der Componiſt und der Gelehrte, ein Dialog“,
früher in der leipziger „Muſikaliſchen Zeitung” mitges
theilt, ftellt in concgeto das wahre Verhälmig des Kris
titerö zu dem Tonſetzer dar und gibt intereffante Be⸗
merkungen über den Rhythmus und beffen Vernachläffigung
bei ben Neuen, Als Ausnahme hätte auh 8. M. von
Weber angeführt werben können, ber oft vornehmlich durch
feine Rhythmen viel gewirkt Hat.
| Hierauf folgt ein ebembafelbft gelefener, noch intereß
fanterer Auffag: „Weber Seb. Bach's Paſſionsmuſik nach
dem Eoangeliften Johannes“. Der Verf. wirft hier zuerft
einen Blick auf bie auffallende Erfcheinung, bag eben zu
der Zeit, wo die Mufit am melften dem ſchimmernden
Sinnenreiz und ber Mode huldigt, auch vidle dee ernfteften,
gluͤcklichſten und kunſtreichſten Werke alter Meifter, vorzuͤg⸗
lich Haͤndel's und Bach's, zahlreicher als je gebrudkt werden.
Gewiß mit Recht erflärt er biefelbe aus der Xeere und Uns
befriedigung, welche das nur nach den Sinnen hin Gerich:
tete ber neuern Muſik erzeugen muß, und aus ber Sehn⸗
fucht nach dem Tiefen, Gehaltvollern, welche es bei ben
Beſſern hervorbringt; wobei Mef. jedoch eine geroifle, durch
ert Karl Phil. Em.
Kunftübumg erworbene Vielfeitigkeit bee Auffaſſungskraft ats
mitwirkend in Anfchlag bringen möchte, bie freilich mit der
Unbefangenheit feliherer Zeiten nicht in gleichem Verhätmife
ſteht. Der Verf. wird darum ben Ref. doch nicht De
nen beizaͤhlen, welche jene Erfcheinung aus teivialer Uni:
verfalität erklaͤrn (S. 404), ba er ja ſelbſt (S. 228)
lobend von Vereinen ſpricht, in welchen die vorzuͤgllchſten
Gefangftüde aller Zeiten und Gattungen zu Gehör kom:
men. Was ber Verf. dann von der Entſtehung fol:
her deutſchen Paffionsoratorien, umd tie fie endlich wieder
verdrängt worden, ausführlich erzählt, wird Vielen ganz
unbelannt und doc) zur Würdigung des Bach'ſchen Werkes
förderlich fein, wohin auch die weitere, faft zu Burze Schil⸗
derung beffelben Leite. Der „Verſuch einer muſikaliſchen
Reife int Befretungsjahre 1813” ſchließt mit erheiternder
Nührung diefe Sammlung und erregt in uns ben Wunſch,
dem milden und klaren Geifte des Verf., der den Freun⸗
ben ber Tonkunſt noch Manches verfpricht, auf feiner Le:
bensreiſe noch vecht oft zu begegnen. a. Wendt,
Geſchichte ber geheimen Verbindungen ber neueften Zeit.
Erſtes und fechötes Heft. "
(Beſchluß aus Nr. 168.)
Wirklich gab es bald nach der Schlacht von Leipzig ein
borübergehende® Aufflammen , während beffen Kaifer Kranz ge«
beten wurbe, bie alte Krone Deutſchlands wieder auf fein
Haupt zu fegen. Der weile Fürft kannte jedoch zu genau alle
bie Verwickelungen, benen ein ‚folder. Schritt ihn. ausfegte, um
su einer Zeit, in welcher der Hauptfeind bios erſt geſchlagen,
nicht vernichtet war, die Politik ber Fürften und bie Thatkraft
dee Voͤlker zu zerfireuen. Als ber Feind wirklich vernichtet war,
kam jener Moment nicht wieder. Unermeßliche Schwierigkeiten,
fremde Belorgniß und heimifcher Reid, vor Allen ber Wunſch,
bas einmal Gewonnene zu behalten, ſteliten fi ber thatſaͤchlichen
Wiederherftelung bes deutſchhen Heiches entgegen. Andere Ins
tereffen waren groß, mächtig geworben, tmollten ſelbſtaͤndig biels
ben für immer. Dennoch follte es wieder ein Deutſchland geben!
“ Man mußte daher ben zweiten Weg einfchlagen. Der bes
fland darin,. bie Aufidſung bes Reichs, die Mediatiſtrung zahle
seicher Mitglieber derſelben als ein Geſchehenes anzufehen und
aus dem nun einmal Worhandenen ein Neues zu bilden. Allein
man überfah, daß man dadurch eine ganz andere Ordnung ber
Dinge, einen ganz andern Grundſatz bes echtes anerkannte.
Man gertrimmerte bie alten Säulen, welche von Diamant war
sen, und ſchob thönerne unter, bie in einem Jahrzehend zerſchla⸗
en werben Eonnten, während jene taufendjährigen GStärmen
rotz gebeten haften. Die Nichtherftellung des deutfchen Reihe,
bie nach ben bisher gültigen Rechtsbegriffen Frevel war, konnte
nur dadurch vertheibigt werben, daß man von ihnen gäflslid ab⸗
ging. Man mußte, um das Gewiffen zu beruhigen, auf folgenbe
Weiſe ſchließen. Im Staatenleben bedingt ber Zuſtand der Auf:
loͤſung nothiwenbigerweife Reugeftaltung. Das im Gtaatenleben
nach Vernichtetem Nothwendige iſt aber auch bas Rechte, infor
fern durch diefes nothwendige Neue bie fittlich freie Nebeneinander»
erifteng, der Zweck bes Staates allein möglich if. Nach Riederlt⸗
gung ber Kaiſerkrone von Geiten Franz Il., bei Ri hlung ei
nes neuen Kaiſert vermöge fremden Zwangs war aber das deutſche
Reich im Zuflande der Desorganifation, ber Aufldfung begriffen,
folglich war dasjenige Neue, welches fi) aus biefer Periode des
Auseinanberfalls nothwenbigerweife entwickelte, damit bie Deuts
ſchen als fittlich freie Wefen nebeneinander beftchen konnten, auch
das Rechte. Es entwickelte fi) aber, ober «6 hätte im jener
Periode keinen Rechtszuſtand gegeben, bie Souverainetät derjenis
69°
gen Zürften, welche nach bem Auseinanderfalle bie Macht b
mäßige. einmal aus einer Periode bes Desorganiſa⸗
tion als Souverain hesporgegangen tft, Hört nur auf dies w:
e
fein, wenn eine zweite Periode ber Desorganifation eintritt,
abermals ein ſtaatsnothwendiges Neues erfoderlig macht., Zur
"Zeit des. wiener Songreffes war aber nichts Neues erfoderlich,
weil bie beutfchen Souveraine einen Bundeszuſtand bereit bes
sündet hatten, der durch Napoleon’s Sturz nicht aufhdrte.
an durfte alfo, ba Fein Zuftand der Desorganifation da war,
bas in Folge eines Zuftandes der Desorganifation_ früher recht:
lich Geworbene nicht zertrümmern, fondern mußte einen Bund
der deutſchen Hürften als etwas YA rechtlich Beſtehendes
anerkennen. Bies geſchah denn auch; nun taufte man das Ding
neu, nannte es deutſchen Bund, und das Protectorat Napoleon's,
etwas nach der eben eroͤrterten Anſicht Außerweſentlicheß, wurde
in den Vorſitz Oeſtreichs verwandelt.
Nach alle Dieſem iſt daher der deutſche Bund das Pro⸗
duct einer Umwaͤlzung; denn wo iſt das deutſche Relch, aus
welchem er entſtand? Indem man aber einerſeits eine Umwaͤl⸗
jung als Rechtéquelle anerkannte, weil man bas 'dus derſelben
Dervorgegangene als rechtlich Weftehentes nahm, andererfeite auf
dem davon weſentlich verfchiedenen echte, bem alten, fogenann:
ten göttlichen der Eegitimität beſtand, veranlaßte man eine aus
Berordentliche, hoͤchſt folgenreiche Wertirrung ber Begriffe. Das
erium, nach weichem man bisher außet Frankreich deurtheilt
hatte, was im Gtaate recht ift, wurde weſentlich verrüdt. Ban
heiligte dad Factum, und feitdem dies 8* iſt, braucht man
nur das Sluͤck fuͤr ſich zu Haben wie Caͤſar Auguſtus, und man
iſt im Rechte. Ludwig Philipp fäße hiernach feſt auf feinem
et Throne, während in den Köpfen, ben. Herzen ber
Deutichen Zwiefpalt, Ungewibpeit, Beſorglichkeit, Recjttuniffene
ſchaft dergeftalt herrſcht; daB man- faſt eine Preisfinge uf die
mung tines deutſchen Pätrioten fegen koͤnnte!
Rachdem bie Fürften das Pallabfitm bed alten Rechtes
dem wiener Gongreffe bucchlöchert hatten, indem fie Hl er
ſchen rechtbegruͤndende Yebergemalt einräumten, konnte es nicht
fehlen, daß unter Denjenigen, die darunter litten, einige weiter⸗
fehende Köpfe begriffen, wie mit ber Zeit das immer naͤher her
ammogenbe Meer der Plebejer ihnen auch noch bie Rechte ent:
zeigen wuͤrde, welche die Kürften ihnen gelaffen hatten. Es en!
Rand ein Bund, befannt unter dem Namen ber Adelskette, ges
ftiftet vorzüglich von vorigen Reichsunmittelbaen. Welche ſchoͤne
orte auch die Bunbesflatuten enthalten, mochten *), ſo hatte
der Adelsbund doch nur einen Hauptzweck, nämlich durch Einig⸗
keit unb Drganifation flart zu fein und in ganz Deutichland
einen enge sufammenhängenbden Gtaat, zu bilben. Wenn diefer
Bund vollfommen entwickeit worden wäre, fo würde ber Traum
einer zweiten Kammer zu Frankfurt viellwicht haben verwirklicht
werben koͤnnen. Die Abelötette entiland zu Wien am 10. Jan.
1815, zu einer Zeit, in welcher bie Nichterfullung der ſanguini⸗
ſchen Hoffnungm, durch die fröpern” Werfprechungen bei’ den
Wölkerh erregt, noch nicht ausgemacht war. Sowie aber bitfe
Nichterfüllung Gewißheit geworden, wandte fih der Adel wieber
ungetheilt den Fuͤrſten zu, und bie geheinie Verbindung, genanet
„Die Kette‘, hörte auf in biefee Form gu beſtehen. Die Fuͤr⸗
len lichen dem Abel **), ber Abel dem Fuͤrſten gegenfeitig ihre
Kraft 5, beiber unbefchränfte, funfzehnjährige Herrſchaft begann
und w
eich das ariſtokratiſch⸗hierarchiſche Element fo ſtark, das demo⸗
atifche fo ſchwach geweſen wäre. wie in Deuftſchland.
' Indeſſen wurbe ſelbſt noch im J. 1815 durch die Gabinetd«
orbre des Königs von Preußen bon 22. Mat eine Stelivertre,
tung bes Volles im Allgemeinen zugefichert, um zu dem neu
bevorftehenden Kampfe anzufesern. Kaum war jedoch ber @ieg
errungen, als von einer Volksvertretung nicht mehr bie Kede
) „Geſchichte der geheimen Verbindungen‘, 1. Deft, S. 69 fg.
”", Deutfche Bunbebacte, Art. 18,
—
eſa⸗
‚auf eine notpiwenbige Weife, folglich) war fie auch daB A
i Ber a
noch in ganz Europa fortdauern, wenn in Frank⸗
wer, ſich im Gegentheile bedeutende Stimmen in Deutſchland
gegen diefelbe erhobet und Wieberherftellung bes 8 raus
ten. *) Allein Tag nicht ein feltfamer Wiberfprud; darin, ba
die Machthaber an Herſtellung alles. Alten dachten, während fle
in Deutfchland das widtigfte Alte, bie Reichöverfaffung, nicht
wieberbergeftellt Hatten? Bei Errichtung tee deutfchen Bundes
in Folge ber Ummälzung des beutfchen Reihe gingen fie, wie
gezeigt worden, von einem in Deutfchland ganz neuen Rechts:
‚grundfage aus; und fowie es ſich um ihre eignen und bie Rechte
bes Adels handelte, beriefen fie ſich auf das alte, mit diefem
Grundfage in aufhebendem Widerfpruche ſtehende Recht! Mußte
bie nicht die Begriffe Über Das, was im Gtaate Hecht ift,
verwirten € mußte bie zoͤgernde, halbe Grfüllung, obex bie goͤnz⸗
liche Nichterfüllung feierlich gegebener Verſprechungen nicht einen
um fo tiefeen und heißern Wunſch nach Grlangung der verfpros
chenen Guͤter erregen? War bied nicht ein fruchtbarer Keim
der Unzufriebenheit, beſonders da materielle Foigen der Berfplits
terung Deutſchlands in faft ‚vereinzelte Staaten nur zu ſehr bie
Nichtperftellung des beutfchen Reichs bebauern ließen? Diefe
Unzufriedenheit wurte von ben Machthabern mehr gefühlt als
erkannt; fie nahmen fie ferner nicht als natürliche Folge ihrer .
eiguen Schritte, fondern als das kuͤnſtliche Product hochverraͤthe⸗
sifcher ungen. und handelten biefer Anſicht gemäß. **)
Allerdings wmurben: fie dabei von einer Blut von Gchriften, bie
gegen den böfen Zeitgeiſt prebigten,, unterftägt, und Gchmolz’s
Behauptung (1815): „Es haben fih nach Aufhebung des Zus
genkbuubes bald andere Verbindungen in ber Gtille gebilbet,
vielleicht aus ben Zrämmern dieſes und anderer ähnlichen Bünde:
löblich wenn für Befreiung bes Waterlandes von auswärtigen
Unterbrüderns fluchwaͤrbig, wenn dadurch Zwecke im Innern
ohne des Königs Willen burdgefeht werden ſollen“, fand willis
gen @lauben. - "
"Dieb lag In der Natur ber Dinges benn welche Worausfe
gun war erttärlicher, als bie, daß bie Deutſchen, welche unter
onnivenz bee Bärften die Macht geheimer Bünbniffe kennen ges
lernt hatten/ fie nun fortfegen würben, um foldye Zwecke zu er⸗
reichen, bie ihren Wünfchen und ben in ben Togen der Gefahr
gemachten Werheißungen "nach gerecht erfchienen? Sewie ſich
aber einmal eine ſolche Anſicht bei den Herrſchenden feſtgeſegt
hatte, Tonnte es unter Zuthun anderweitiger Umflände ***) nicht
anders fommen, als dab man überall geheime Bündntffe erblidte.
Daß ſolche beftanden,- wer moͤchte es leugnen? bag man im
©taate a Bündniffe nicht dulden darf, wer wollte es in
Abrede ſtellen? aber ebenfo gewiß wird Jeder, ber ben Bang
ber Greigniffe einigermaßen beobachtet hat und die vorliegende
„Geſchichte dee geheimen Verbindungen“ ohne Borurtheil prüft,
zugeben, daß bie geheimen Werbindungen jener Zeit nicht viel zu
bedeuten hatten, daß bei ben meiften die Inquifitoren alle Mühe
hatten, eine bochverrärherifche Tendenz herauszukluͤgeln, und daß
enbiich die Richter nur zu häufig das firengere Urtheil fällten,
wo alle Gründe das gelindere rechtfertigten.
‚Wenn bie Regierungen durch ihre bamalige Strenge bie ges
heimen Berbinbungen oder vielmehr die Neigung zu benfelben
auszurotten vermeinten, fo bat bie neuefte Zeit dewieſen, in einem
wie großen Irrthume fie befängen waren, Was damals bie
ſchwaͤrmeriſche Meinung einiger Enthuſiaſten war, iſt jegt zum
*, 3.8. die wuͤrtembergiſchen Stände in ihrer Xbreffe vom 26.
Zult 1816.
) Selbſt die Schriften, bie im ultrareactionnatren Sinne gefchries
ben wurden, trugen bazu' bei, bie Idee der Einheit Deutſchlands
rege zu erhalten, Abam Muͤller, zewiß Sein Mann von „„bochvers
raͤtheriſchen Beftrebungen”, verlangte in feinen ‚, Deutfdyen Staates
anzeigen’ (1816) Einheit Deutfchlande, nur freilich mit Souverais
netät der Religisn und Lehnöcharatter aller Herrſchaft.
eo) Das Wartburgäfe, die Bufammenkunft von Abgeorbneten fo
aler deutſchen Univerfitäten zu Jena, Vertheilung aufregender
Schriften, Sand's Mernchelmord, bie wirtlige ober angebliche
Tendenz ber Iurnanflalten und Burſchenſchaft.
70d
heit ımter das Wollt gebrungen,, man if weiter gefchritten, hat
eBoereine ftet, &ottsnrrfonmntungen gehalten, ja ſogar den
4 des beutfi — A zum Schauplatze von Blutſcenen
geniacht. Es iſt elne aͤußerſt folgenreiche Thatſache, daß die
Machthaber beharrlich verkennen oder geringſchaͤgen, daß die po⸗
Heifde Aufklaͤrung ber Deutſchen ſeit dem J. 1815 feinen Aus
enblick ſtill id u fondern ſich auf eine vorher nie orte
—*— entwickelt und verbreitet hat.
Temoigusges historiques, on quinze ans de baute po-
lice sous Napoleon, par M. Desmarest, chef de
cette partie pendant tout le tonsnlat et Fempire.
Daris 1833.
Erit Mitte November 17995 wenig Tage nach bem 18.
Brumaire, bis: zur Reftauration war ber Verf. dieſer intereſſan⸗
ten Schrift bei der franzöfifchen hohen Policei angeflellt und half
ihre geheimften Faͤden leiten. Napoleon, dem feine Rapporte
Pr vorgelegt murben, fhentte ihm fein Wohlwollen, was
Berf. ſpricht und bie Anfoberungen an
— — —* jene Zeit — ıgewiffermaßen ſtrigert.
Darum beſchüch uns Keim Leſen diesmal jener minuth nicht,
ben wir nur zu oft empfanden, wem wir newere franzdſiſche
Beiträge zur Geſchichte unſerer Zeit zur Hand: nahmen unb
oft kaum «tions. mehr als Vuchhoͤndlerſpecalationen barin er⸗
blichen Tonnten. Hier trüt ein Wann auf, deſſen Stellung
ganz geeignet war, ihm über bie geheimen Zriebfebeen vieler
Erxrighiffe dee auf dem Zitel bes Buches angegebenen Periode
zuverfichtliche Aufſchluͤffe zu veufchoffen, und biefe finb es,
weiche er mittheilt. Shon bee Zitel Memoires war ihm 39
anfprudeooil, und ex verſchmaͤhte es, feine Grfehrungen mit
dem Ballafl des LO umd 20 mal Wiederholen amalgamirt unb
in viele Bände ausgehehnt zu publiciren. &6 lag in ber. Na⸗
tur feiner amtlichen —8 Nr ihm alle Gonfpiratienen ge
gen Napoleon und feine Herrſchaft genau bekannt wurden, usb
in feinen Mittheilungen über dieſelben, von ber Hhllenmafcine,
den Merſchwoͤrungen Pichegru's, Georges’, Moreau’s, bez Zoll:
kuͤhnheid Mallet's, den Angriffen eines Stapß, v. Sala u. ſ. w.,
findet ſich faft überall Ergaͤnzendes und Berichtigendes minde⸗
ſtens aber eine Beſtaͤtigung. An Napoleon ruͤhmt er beſonders
die Verachtung, welche er jenen feindbfetigen Verſuchen entgegen-
ſetzte, und. daß er ben betreffenden Behörden nur befenfive (?)
Maßregela dawider erlaubte,
Den Militairverſchwoͤrungen unter dem · Gonfulate, die
man mis ben Philadelphen und dem geheimnißvollen Dubet
in Verbindung gebracht, legt Desmareſt wenig Gewicht bei
und behandelt fie kurz. Ueber Moreau läßt er ſich aber
weitläufiger aus. „um bie Zeit bes Goncordate”, heißt «6
unter Anderm, „wurde von Rennes, wo Bunabotte befihs
ligte, eine für den erften Gonful beleidigente Proclamation,
in ber Yon capucinades de Corse bie Ride wor, an Moreau's
damalige Abjutanten Rapatel. abgeſchickt, von der Policei aber
aufgefangen. Fouché ſprach im des. Conſuls Auftrage mit Mo⸗
ream über dieſe Angelegenheit, ber ſich aber nur ironiſch und
fpottend über dieſe Buttertopfverſchwoͤrung ausließ, denn bort
war dad.corpus delicti gefunben worden. Als Fouché tarüber
an Napoleon berichtete, hob diefer an: „Diefer Streit muß ein
Ende nehmen. Frankreich darf nicht. darunter Isiden, daß ſich
zwei Leute darum reißen... Wär ich au feiner, sm an meiner
Stefle, ih wuͤrde fein erfke Adjutant — glaubte er- vegieren
gu koͤrnnen! Wohlan, morgen früh um Suhr im boulogmer Holz;
unfere Saͤbel follen entſcheiden, ‘und ich werde ihn dort erwar⸗
ten. Vergeſſen Sie meinen Befehl nichht, Bouche.’ Der Lep-
tete kam um Mitternacht: mit dieſem — aus den Tinte:
I Grob -
n ſich zum Lever in bie Tuilerlen beged; aber fein Sl
eb berfeide".
Ueber bie vom Parteigeifte vielfach entfefiten Gelbftoche
Digegrus und des Gapftain Wright ſowie über bus Loos bes
ungiädtihen Enghien verbreitet ſich der Eerf. ſeht gründtih
und nimmt Mäpoleon befondere wegen be® Leptern in Schu
Seit Moskaus Brande wuchs die Unzufsiedenheit ber hohem
Ofſtziere in dee Armee die zur Errichtung eines Sompfotts un:
ter mehren Marſchaͤllen und Generalen / beffen Zweck war, Re
poleon 181% verſchwinden zu laffen und ihm ein heimlides
u bereiten. Gin Brigadegeneral erhielt den Maftrag, den
alten Herzog von Danzig für ten Anſchlag zu gewinnen; bie
Snbignation deſſelben dewog jedoch den Unterdändter ſelbſt, in
die Mittheilung des Gomplotts an Wapoleon zu willigen, ber
aber nur entgegnete: „Ic weiß, was ich von Karren 31 hal⸗
ten dab.” Indeffen war er doch nicht ohne Furcht. Tun
ed Tages in einer dden Ebene zu Pferbe fleigen wollte, was
ihm befannttich ſchwer zu werden anfing, und Lefehre von hin:
terwärts herbeleilte, ihm zu beifen, befiel ihn ein beftiges Zit⸗
tern, biß er den Madenden erkannte und ihm nun fremd
ankte.
—
J N ot et). |
Deffentlider Unterricht in —R Irland
und Belsiten.
Die en glifche Regierung nimmt [ich · in und is
Jeland ah wenig ale in England des Elementaranierridts
an, . Die. Pfarreien. ind Irhiglih anf ihre eignen Hälftwittd
engewiefen.- In: Soland fühlen die nich ern Slaffen das Be
daͤrfniß geifliger Cultur weit, de eis in Giugtand. Allee
Büder und: Squlen: ſind lauge Zeit [ ſelten in- Diefam Tankı
geweſen, ⸗duß ‚Baufende. von ihren auf Up
Kirhhöfen. er epielten. Als E8 dienten. ihnen. & Jacken
ten dee Grabmaͤler; flatf einen Feder harten. fe tin Biäd
Kreide; % Ichrieben auf Grabſteinen. Auch trifft es ſich wol
in Irland, daß ein Unterricteter einen Belannten lefen le „
unter der Bedingung, daß biefer zehhi Andere unterrichte.
diefe Weiſe hat fi) Euch der Babrläffigkeit der Regierung
Schulunterricht bis in bie wildeften, ddeſten Gegenden Bahn
N bie Zahl der Schulen und Schuͤler belief ſich im
Sabre 18 , .
7 Säulen 12
"innen te en 18897 Jade
3985 468.486
Dulftee -. 3718 ° 198088
Gonnaught . MUE 78,461
I. ‚Ganzen „13,692 ... 589, ‚703.
In Scheitiand findet man felten, aufgenommen in irgenb einem
abgelegenen Winkel des Mebirges, einen Grwachfenen, ber wicht
kefen; und ſchreiben kann. Die ärmern, Gieffen legen fih di
ſchwerſten Opfer auf, um ihren Kindern den nöthigen Glemm
taruntersicht gu verſchaffen. In- dem Mittelfkande iſt cleſſiſche
Bildung faft allgemein. Im Zahrg 1852 zählte die Unis
tät von St.⸗Andrews 180 Studenten, Glasgow 609, Aber:
been 248, Edinburg 2020. Gin Schullehrer bezieht in Säit
land an Behalt 20 20—35 Pf. St. nebſt freier Wohnung und
einem. Sorten von einem Viertelmorgen; die wohlhabenden Jel⸗
tern entrichten ihm ein Schulgeld von 1—5 ©.
vierteljährig. - Im Jahre 1831 zählte man 1850 —*
ſchulen mit 66,116 GE fehlt und am authentifhen
Racweifungen über. deg Zuftand bes gewöhnlichen Schulen
Geit der im Geptember 1830 in Brüffel autg ebrochenet
Empoͤrung hat dee Elementarunterricht wenig Fortſchritte ie
Belgien gemacht. Am erften Februar 1832 betrug die Anzabl ker
rien, Moreaun wurbe aufgefucht, und bie Wolge war, baß der | Schülerin den Gemeinde: und Privatfchulen 355,422. 143.
General, flatt zu dem erwähnten Rendezvous, am andern Mor:
Nedigirt unter Berantwortlipteit ber Verlagshandlung: J. A. Brodhaus in Seisıia.
m"
Blätter ..0.n
für
littrariſche Unterhaltung
Mittwod,
Wolfgang Menzel”)
Menjzel iſt am 21. Juni 1798 zu Waldenburg am
Eusfe des Rieſengebirges geboren. Sein Water, ein geſchaͤtter
Arzt und fingebildeter Mann, ſtatb früh, und der leb⸗
hafte Knabe, der aͤlteſte won drei Brädern, ettwidelte un:
gehindert el: gewiſſes Umabhängigkeitsgefhht, das ſich nur
vom; fo: fehroffer- geftaftete, als fpäter ein Stiefoater dem⸗
Shmnim ſetzen wollte. Die. Waldgebirgägegend
Vaterſtadt, die auf der einen Seite groß und wild,
auf der andern freundlich tft, ſcheint einen mächtigen Eins
druck auf Kind und Knaben gemacht, die weiten, wenn
auch. nicht: geengeniofen Ausfichten, welche bie nahen Berge
in Menge darbieten, den Trieb in bie Berne erwedt zu
haben: Wenigſtens foll unſer Wolfgang in’ noch ſehr
zartem Alter einmal. eine Meife: in bie weite Welt vers
ſucht haben, von welcher er freilich bald genug wieder ins
ätmliche Daus: zuruͤckgefuͤhrt wurde. Waldenburg ift abes
auch und war noch mehr eine wohlhabende Stabt, und
die Gegenſuͤte großen Reichthums und tiefer Armuth
mochten. ſich ihm oft um ſo grellet darſtellen, je näher
und enger in Heinen Orten Alies ancinander gerüdt iſt.
Daya- kam noch alle Sommer das Leben und Trtiben
einer fremden, vornehmen oder reichen Well in beim vnhen
Bades und Brunnenort Altwaſſer. Alles zieſammengt
nemmen war wol geeignet, einem lebhaftenn, aufgeweckten
Geiſt vielfache Nahrung zu geben, Gefuͤhl. Mhantafie und
Verſtand zu regen Thaͤtigkeit zu entflammen, vielleicht,
wenn apch nur dunkel, den Gedanken an das feſte, ſich
ſelbſt treue .umd ſtets gleichkraͤftige Walten der Ratur,
gegenüber dem wechſelnden Kommen und Sehen die Men⸗
ſichen, dem fleigemdtn nd fallmden Gilick derfelben her⸗
vorzuheben. Zu einem gewiſſen Bewußtſein über das
Letztere namentlich kam ber Knabe, als er im Jahte 1806
duech die Franzoſen eine voͤllige Umkehr vieler bisher für
unwandelbar gehaltenen Zuflände feiner Vaterſtadt veram-
laſſen ſah. Beſonders auffallenh mar ihm bie Rathlo⸗
ſigkeit und Muthloſigkeit mancher Vaͤter der Stadt, alb
e galt, dem General Vandamme mit Rüde and Geſtig⸗
keit entgegenzutreten, da doch dieſelben varher "alt wohl
*) Dieſer Artikel war urfpränglich für das „Converſations⸗
Lexikon der neueſten Zeit und Likeratur“ beftimnit, wo abet
ein anderer aufgenommen worden iſt. D. Red:
9. Suni 1838,
weiſe und hochanſehnliche Maͤuner fich mehr ats b
gebridet hatten. Winige dieſen Zuſtand' der wohlweiſe
Herren offenbarenbe Scenen ſchilderte dev achtjaͤhrige Wolf
gang dramatifch wie manche andere aus feinem Stabens
leben. Diefe erften Jugendeindruͤcke ſcheinen um fo biels
bender geworden zu fein, abs nachmals feine Muttet
wieder: heirathete und auf ein: Mitterguf unfern det Efädr
Strehlen zog, welches der - Stiefvater‘ bewirthſchaftete
Hatte der Knabe vorher ſtaͤdtiſches, ja vornehmes Buben
mitten in einer ſchoͤnen und erhabenen Ratur kennen ges
Ieent, fo wurden ihm bier die: Verhältniffe des hoͤhern
und niebern Landiebens, adeliger Gutshertſchaften unter:
einander und gegen ihre Untergebenen: nahe gebracht. Die
Einfoͤrmigkeit, oft Geifffofigkeit des einen, die Verborben⸗
heit und Armfeligkeit des andern konnten ihnm fo wenig
entgehen als die Ausnahmen, fir welchen: uns ber innere
Keichchum einfacher Verhaͤltniſſe, wenn fie mit Sinn und
Geiſt behandelt werden; und das SEE einer beſchtaͤick⸗
tern, der Natur getreuen, aber nicht drückenden Witkſam⸗
keit erfcheint. Inzwiſchen gewam er durch dem Unters
richt, den ihm fein Stiefvater erthrilte, die nothwendig⸗
ſten Schultenntniffe, und: warb noch meße zue Lectund
und felbftehätigen Arbeiten angeregt˖ durch die wohlbe⸗
ſtellte Bibliothek ſeines Vaters, welche er, fd oft er konnte,
benutzte.Reiſebeſchreibungen; naturkundliche und hiſto⸗
rifche Werke, befonders aber fihöngeifiige Schriften wur⸗
den- mit Eifir gelefen und wiedergeleſen und häufiger An⸗
laß zumm Sinnen und Denken, ja zu eignen Vecſuchen,
ſo oft das Leben ſelbſt Scenen oder Empfindungen darbot:
Im 15: oder 16. Jahre wurbe er nach: Breslau ge
ſchikt und beſuchke bort das damnls unterder LEeftung -
bes’ Mector Etzler ſtehende Eftfabethanum, zwar Berwahtbd}
ten und Freunden feiner Familie empfohlen, im Grunde
aber fich ſelbſt uͤberlaſſen. Seine Außere Lage war hier
fehe beengt, um fo miehr, dba, wie es ſcheint, Migshellig⸗
keiten zwifchen ihm und’ feinem Stiefvater ausgebrochen
täten, die ihn lieber auf · Vieles verzichten Tiefen, als daß
er: eine: Unabhängigkeit, bie ihm Bedürfmß wear;
aufgegeben hätte. Uebethatipt möchte kurz vor und naͤch
feinem Aufenthalte in Bredlau Mandjes in feiner Fam
He ſich ereignet haben‘, was ihn - tief vertwunbete, aber;
ftatt ihn zu Moden’ zu; werfen, nur zu größerer Schneils
kraft amfeuerte und mit fo vieler Bitterkeit verſah,“ aid
702 ,
. . 4
erfoberlich ft, um unfere Gefühle gefund zu ethann und na⸗
mentlich vor Verweichlichung zu bewahren. In der Schule
er... durch die Lectuge, deutſcher
äh — der Mt ja Ted füg b
ſche Nachbildung vorbereitet war. Mit Miefenfchritten
und zur Verwunderung feiner Lehrer durchflog er bie
Glaffen bis zur oberflen und ſchwang ſich auch in biefer
bapd zu ben Vorderften. auf, obgleich der Feldzug von 1815-
ihn untde bie Reihen der Freiwilligen rief und zur Un:
rt „feiner Studien .nöthigte. . Neben den Schul:
Pan or er eifrig‘ die Kecture deulfcher Claſſiker und an-
derer belehrender Werke fort, und das Bebürfniß, feine ins
hern ‚und dufern Erlebniſſe in den mannichfaltigften poeti:
fchen Formen des Liedes, des. Epos, bed Drama ausju:
brüden, kehrte immer häufiger wieder und ward immer
vollendeter befriedigt. Seine beutfchen Auffäge zeigten
eine. Vollendung ber Form, bie auch die, Lehrer uͤberzeu⸗
gen mußte, daß dieſelbe eine durch natürliche Anlage, fleis
Bige Lecture. und eigne Uebung erworbene fi. Während
er für die Schule. Livius, Virgil, Horaz, Tacitus, Cicero,
Homex, Kenophon, Sophokles u. |. w. mit Liebe trieb, ver
volftändigte er feine Kenntniß der beutfchen Literatur.
Goͤthe, Schiller, Herder, Wieland, Leffing waren ihm
fhon früher bekannt geweſen; Jean Paul, Tied, bie
Schlegel, Novalis u. ſ. w. lernte er nun kennen und
neben diefen Korpphäen der Literatur nicht weniger auch
die dii miaorum gentium und Solche, die wenigfiens
nicht im Munde Aller, warm Aber nicht. allein mit der
neuern und neueften ‚Literatur von, Hagedorn und Klop⸗
ſtock an.u. f. w. machte er ſich vertraut, auch die Poefie
bes Mittelalters, lyriſche wie epifche, die ber Meifterfän:
ger und der fchlefifchen Dichterfchule lernte er kennen, un:
terftügt hierbei durch die vortreffliche Rhediger'ſche Wis
bliothek, welche zum Elifabethanum ‚gehört. Sein raſtlo⸗
ſes Arbeiten und Schaffen wirkte, auf feine Mitſchuͤler
vortheilhaft ein, die ihm nicht bios. als einen curioſen
Mitſchuͤler anfahen, ſondern es ihm auch nahe. zu thun
verfuchten. Es entftand eine Art literarifcher Club, wel⸗
her ein bloß abſchriftlich circulirendes Journal verfaßte,
worin humoriflifche Auffäge, Satiren, Krititen über Alles,
was ber Schuljugendwelt auf⸗ oder anſtoͤßig erfcheinen
mochte, aber auch poetiiche Arbeiten ‚aufgenommen wur⸗
den. Meben biefen geiftigen Belchäftigungen blieb ihm
noch Zeit für die Turnkunſt übrig, die er im Jahre 1817
wie Alles, was ihn intereffirte, mit großen Eifer betrieb. _
Und wieder folgten auch hierin feine Mitſchuͤler feinem
Beifpiele. Im Herbſt 1817 machte er mit einem Turn⸗
genofien eine Reife nach Dresden, angelodt von. den ges
tiefenen Schönheiten ber ſaͤchſiſchen Schweiz und ber
esbner Kunftfommlungen. Won diefer Meife -Pehrte er
mit dem Vorfag zuruͤck, dad naͤchſte Jahr die Univerfität
u beziehen... Ehe das Jahr aber um war, veranlafte
Kon. ein ſeltſamer Vorfall, die Schule ſchon vor Ablauf
dieſer Friſt zu verlaſſen. Das. Turnweſen hatte durch
4
mancheb Wgehörige, was fi damit verbunden, zum
Theil auch an fi viele Feinde erhalten, unter Anderm
auch darum, weil viele ber Männer, welche fich dafuͤr
intereffisten, offene Gegner ber Kreimaurerei waren. Um
fo mehr erbitterten ſich ach viele Schulmänner, bag
die ſich nicht. fattelfelk genugrfühlten «-umpie —*
etwas kraͤftiger werdende Jugaad wait gewohditer-KBequens
lichkeit zu daͤndigen. Und fo kam es, daß Here Karl
Adolf Menzel, damaliger Prorector bes Elifabethanums, ver:
muthlih durch einige breslauiſche Turnfreunde perſoͤnlich
verlegt, im Fruͤhling 1818 eine donnernde Philippika ges
gen-da8 Turnen hielt, die er mit der. Auffoderung
ie .Schüler ſchloß, ben Fe —— w
„die Schüler Schloß, ben Zumplag. zu . Eu 6
"Umfrage, bie Be fo geſtellt Ae daß dem Pr.
ler nur bie bange Wahl. zwifchen dem ‚Turmplag und dee
Schule oder doch der Ungnabe der Lehrer übrig blieb, ers
klaͤrten mehre ſich dahin, ben Tuͤrnplatz nicht verlaffen zu
wollen. An bee Spitze dieſer jungen Frevler, welche den
Turnplatz der Schule, d. h. dem Elifabethanum, nicht aber
etwa ben Studien vorzogen, fand Wolfgang Menzel. €
verließ die Schule, ‚bereitete fich privktim: auf bas NMatu⸗
ritaͤtseramen vor und ging Im Herbſt A818, 20 Jake
alt,. auf die Unlverficät Jena. Bupor machte er noch
eine Reiſe nach Berlin, das er aber nach mihren Wochen
um fo unbeftiebigter verließ, als er fi) das bafige Leben
in jeder Beziehung reger, jebenfall6 aber nicht fo durch
und durch unwahr, nicht als fo vollkommenes Abbild des
glänzenden Soldatenelendes gebacht hatte. In Jena warf
er ſich mit großem Eifer auf das Studium ber Geſchiche
und Philoſophie, nahm an dem Burſchenleben zwar Ans
theit, indem er fi für die Sache bee Burſchenſchaft ge:
gen bie der Landsmannfcaften erklärte, ‚wibniete demfel⸗
ben aber mur einem geringen Theil feiner Zeit. Noch we⸗
nigee ließ er fi, wie warm er auch für Freiheit, Recht,
für Volkswohl und Ehre eingenommen ˖ war, von politi
[hen Traͤumen und Schwärmereien hinreißen. Dazu hatte
er einen zu klaren Verſtand und ſchon zu viele Kenntniß
ber Berhätmiffe. .und Menſchen wie fie find, aber auch
eime zu eble Sefinnung, um etwa aus Ehrſucht den De
magogen zu ſpielen. Mit Follen, Wit: Dirring u. f. w.
kam er wol in Berührung, aber nie in Uebereinftim:
mang. ' Die weilte von Stublen feet: Zeit widmete er
fortgefegter Lecture beutfcher Glaffiker, eignen Poeſien: und
dem Umgange wenigen, gleichgeſtuntet Freunde. In Folge
von Kogebues Ermordung verließ .er Oſtern 1819 Jena
und ging nach Bonn, wo er feine. jenenſiſchen Studien
und Beſchaͤftigungen fortſetzte, nur bag er den butſchen⸗
ſchaftlichen Leben etwas mehr Zeit widmete. Er war bier
wie immer in der Regel fehr fleißig, manchmal vielleicht
in zu hohem Grade, und. dann machte er wieder zu feis
ner Erholung Ausfluͤge In bie ſchoͤne Umgegend. Als im
Fruͤhijahr 1820 bie Demagogenverfolgungen heftiger br:
gannen unb Häufig: Dinner und Juͤnglinge trafen, die
nun frei. ſich geäußert Hatten, wurde es ihm zu eng in
veußen; der Gedanke an die bloße Möglichkeit, wie fo
Manche das unverfchufdete Loos einer mehrmonatlichen,
vielleicht mehrjaͤhrigen Gefangenſchaft zu erfahren, trieb
703
ihn in bie Schweiz. . Hier richtete er in Zürich, Luzern
und Aarau die erflen ordentlichen Xurmpläge ein und
wurde Profefios. an ber oberſten ‚Blafie der Secundair⸗
fhule zu Aarau. Diefe Stelle verfah er zwei Jahre zu
aßgemiiner Zufriedenheit. Ihn felbft konnte fie aber nicht
befriedigen, und als ihm eine Profeffur an der Cantons⸗
ſchule, um bie er fich beworben, aus nichtigen Gründen
nicht ertheilt wurde, legte er feine frühere Lehrſtelle nie:
der und privatificte zwei Jahre lang in Aarau. Während
dieſer ganzen Zeit feines Aufenthalt in Aarau, wo er
gZſchokke, E. Muͤnch, Trorler, Goͤrres, Peſtalozzi (Rep:
tern auf einer Reiſe nach Genf) kennen lernte, ſtudirte er
ſehr fleißig, beſonders wieder Geſchichte und Philoſophie,
mit beſonderer Liebe aber die Geſchichte des Mittelalters,
und zwar in den Quellenſchriftftellern, die ihm die arauer
und zuͤricher Bibliothek barboten, wenbete feine Aufmerk⸗
ſamkeit auf das reiben ber literarifchen und politifchen
Parteien in Deutfchland, arbeitete Ältere Poefien um,
dichtete Neues. Im Herbft des Jahres 1822 entflanden
binnen vomigen Wochen feine „Streckverſe“, welche im
Fruͤhjahr 182F bei Winter In Heidelberg erfchienen. _ In der
geharnifchten Vorrede, worin er gleich jeder literariſchen
Halbheit und Gemeinheit den Krieg erflärte und oͤffent⸗
lich gelobte, Immer nur ſich felber treu fein zu wollen,
brachte er nur Sean Paul Friedrich Richter diejenige
Huldigung dar, welche ihm bie Achtung vor dem edeln
Mann und die Liebe zu dem Schriftfteller, der einen tie
fern und bleibendern Eindrud als die andern auf ihn ge:
macht, in welchem er immer einen Altern Geiſtesverwand⸗
ten erblidt hatte, fat zum Beduͤrfniß machte. Perföntich |
kannte er ihn nicht. Sean Paul aber, dem. er feine
„Streckverſe“ zuſchickte, wurde fehr erfreut durch diefelben,
indem auch er in Verfaſſer einen jungen Mann zu
erblicken glaubte, der ihm in hoͤherm Grade geiſtesver⸗
wandt ſchien als irgend ein Anderer. Nichts hat Jean
Maul mehr bedauert, als daß grade Menzel ſich damit
begnuͤgte, Ihm nur ein Mal mit den „Stredverfen” in ber
Dand nahe getreten zu fein, waͤhrend andere, unbedeutens
dere Menſchen ſich ihm läflig machten. Im Jahr 1824
gründete Menzel mit Trorler, Follen und einigen Andern
im Wunde bie „Europäifchen Blätter für Literatur und
Leben” und gab den erfien Band feiner „„Deutfchen Ge
fchichte” bei Geßner in Zürich heraus, deren dritter und
letzter Band im Jahre 1827 erfchienen iſt. In den „Eus
eopätfchen Blaͤttern“ erſchienen der Reihe nach mehre Ars
tikel über deutſche Claſſiker. Hier war ed, wo er dem
Kampf nicht ſowol gegen Goͤthe, als gegen Göthomanie
und jede literarifche Halbheit, Gemeinheit und Geiſtloſig⸗
keit eröffnete. Doch da dies Alles nur Prälubin zu dem
Concert waren, das er in feinem fpätern Buche über die
deutſche Literatur gab, fo ſoll davon erſt fpäter geredet
werden. Seine „Sefchichte der Deutfhen” in drei Baͤn⸗
Den gehört offenbar zu den beften populaicen Darſtellun⸗
gen unferer vaterländifchen Gefchichte, wenn fie ſich auch
wegen einiger Ungenauigkeiten im Einzelnen nicht grabe
um Schulbuch fo gut eignet wie das belannte Buch von
ohlrauſch. Was die Entwidelung der politifchen, reli⸗
gloͤſen und geifligen Zuſtaͤnde unſeres Volkes von Andes
ginn bis auf unſere Tage betrifft, ſo iſt ſie unter allen
Werken dieſes Umfangs und dieſer Gattung weitaus bie
beſte. Ueberſichtlichkeit, Auffindung und Mare Entfaltung
des organiſchen Zuſammenhanges aller Hauptrichtungen
des innern und aͤußern Lebens, Vorzüge, welche allen Ar
beiten Menzel's auch von felnen Feinden werden zugeflan-
den werden muͤſſen, treten auch bier deutlich hervor. Im
Jahr 1825 gab er eine polemifhe Piece heraus: „Voß
und die Symbolik“ (Stuttgart, bei Franckh), worin er feiner
Indignation über des alten Voß Kegerriecherei und hoͤchſt
unfreie Alleinrechthaberel freien Lauf ließ. Der Grundges
danke diefer Schrift war wol, daß eine jedenfalls geiſtvolle
Anfiht und die Liebe, mit welcher Creuzer diefelbe ducch>
zuführen verfucht hatte, als foldye Anerkennung verdiene,
wenn fie auch zu vielem Irrthuͤmern geführt habe und
mannichfach gemisbraudyt werden fönne; daß eine poetis
ſche Auffoffung der alten Culte und Gultgefchichte ebenfo
vielen Anfpruch zu exiſtiren habe als die profaifche von
Voß, und daf die ganze Ereuzer’fche „Symbolik” für ein
Werk des Kryptokatholicismus zu erklären mindeflens eine
Thorheit, wenn nicht boshaft fei.
2. (Der Beſchiuß folgt.)
Marta de Zayas’ Novellen. Ueberſetzt vom Verfaſſer bes
Don Enrique u. ſ. w. (W. Genthe.) Erſtes Bands
hen. Neuhaldensieben, Eyraud. 1833. 8. 1 Thlir.
Es müßte jebenfalls ein verbienftliches Merk genannt wers
ben, förderte und ein Ueberſetzer mit Kenntniß und Geſchick bie
unter dem Gchutte der alten fpanifchen Rovellenliteratur vers
grabenen poetifchen Perlen an das Tageslicht. Ginzelne haben
wol früberhin ſolche Unternehmungen verfudt. Sie ermangel:
ten aber des dazu durchaus erfoderlichen Geſchmacks in Wahl
und Bearbeitung ihres Stoffes unb verfchuldeten felbft, daß
das Publicum keinen Theil daran nahm. Daju kommt noch,
daß die befiern fpanifhen Rovelliften, wie eben etwa obige Dame,
dee vortrefflide Montalvan, ja felbft Antonio be Caſtillo felten
geworden und bei uns nur in wenigen Gremplaren vorhanden
find, bie mittelmäßigern alfo, wie 3. B. die in der Samm⸗
lung: „Novelas escogidas de los mejores ingenios de Es-
paüa’' (8 Bde.), enthaltenen, gewöhnlichen Ueberfegern viel leich⸗
ter in die Hände fallen und wirklich für Das gehalten werden,
was ihr Gollectivtitel faͤlſchlich verſpricht. Wurden nun ehedem
überdies von manchem ſchlechten deutſchen Autor unter der Birma
fpanifher Novellen wol auch eigne Producte mitunter in
bie Welt gefaldt; fo kann man es dem Publicum, wie es uns
nach vielfältigen Taͤuſchungen früberhin felbft ergangen ift, nicht
verbenten, wenn es eine wahre Scheu vor ben langweiligen, fo
getauften Büchern empfangen hat. Die naͤchſte betrübte Kolge
dieſer Scheu und GBleichgältigkeit ift denn geweſen, daß wir
bis jept Leine auch nur einigermaßen befriedigende Ueberfegung
der claſſiſchen Rovellen bed Gervantes aufzumweifen haben, bie
menigftens verriethe, daß ber Ueberfeger bie allerbings unnach⸗
ahmliche Grazie und Feinheit feines Autors felbft erfannt und
gewürbigt habe. Muß nun der mit ber fpanifchen Literatur bee
tannte Kritiker von einer Ueberfegung dieſer Novellen bie allers
ſtrengſte Genauigkeit und Bollftändigfeit verlangen, fo kann er
nicht umbin, es dem Ueberfegere anderer fpanifcher Rovelliften
zum Zabel anzuredynen, findet er bei ihm beide Gigenfchaften
vor. Ein folder Tadel trifft leider auch bie Ueberfegung ber
Novellen des Lope de Vega, die Herr Richarb vor einigen
Jahren mit vieler Liebe zus Sache und nicht geringer Sprach⸗
kenntniß unternommen bat. Der große Eope arbeitete bekannt⸗
704
ih fo ſtaqhtig, daß der geükte Mipeil feinen Merke eher Impwer
set ol vollendet zu nennen if. tom’ damtisae Zain
wer ein dramatiſches. Die Nevellen fdgrieh en nug ne
weife, und fie find Eeinesweg6 alle gut, obwol fein geoßes
kent ji auch in a done nicht felten offenbart. Soll der deutſche
Lefer jegt noch daran Freude finden, fo bürfte man ihm nur
einige zum Thell abgekürzt und „Perbteten, wobei fer
lich verau wich, daß ber Denebeir I le kaubsur feht.
Seren d’s getreue vollßändi stragung konnte Fein
läd machen. Derfelbe Tadel führt —* zu eu Bude zus
ruͤck, von dem wir abgegangen find.
Donna Maria de Zayas v Sotemayor aut Matrib ledte
unb ſchries um die Mitte des 17. Jahrhunderts, weiter willen
wir von ihr nichts. Welasqueg, Diez, Sismondi, WBonserwel,
Sulzer, Idcher erwähnen fie gar nicht oder mur bei Namen,
denn fie ſchrieben Einer dem Ändern nach, Zwiſchen ben No⸗
veſten der Marla de Zayas und benen des Gervantes iſt zwar,
wie immer zwiſchen großen Männern und ihren Rachahmern,
' ungeheure geiflige Kiufts fie verdienen aber doch mit denen
* eope be Vega und Montalvan danach den erſten Play,
unb einige, wie „La fuerca del amor“, „El desen ama-
do’, „Elimpossible vencido” muͤſſen ber Fbee nach ausgezeichnet
enannt werben. Wie wir nun ben Titel des vorliegenden
Binden « en hatten wir in einer Art eine angenepue
re ‚ wenn nicht ga
are — mas Naͤheres, als uns ——* war, zu er⸗
—* doch wenigſtens eine zweckmaͤßige, mit Geſchick abge⸗
kuͤrzte "Auswahl ihrer zum Seit mittelmäßigen Arbeiten zu
rg Me wir fanden un über dad Buch zu fagen haben,
n wenigen Morten
Der Titel ben in unferm Beſit befindlidien Ausgabe bes
fpanifchen Werkes beißt: „Primera Y, segunda parte de las
norelas amorosas y exemplares de Dona Maria de Zeyas y
Sotomayor, natural de Madrid. Corregidas y emendades en
esta wltine Impression eto.“ (Mabrid 1664). Die erſte Aus⸗
gabe des erfien Theiles erfchien im Juni 1694, die bes zweiten
im November 1646. Weide heile enthalten 20 unter einans
deu fehe verfhiedene Novelien, bie nach Art des Boccaccio'ſchen
„Belameron” durch ben fortlaufenden Faden einer felbfländigen
eeihihte verbunden find.
Der Ueberfeper bat feinem Buche eine vom 25. Rovems
ber 1636 batirte Borrede ber Berfaflerin vorbruden laffen, von
der in unferer Originalausgabe nichts zu finden if. Wäre fie
jemals in- einer frühern vorhanden geweſen, fo würbe fie fpäters
Hin unmäglicdh ohne Weiteres weggelaffen worben fein. Wozu
atfo die ungeſchickte, englaubliche Myſtification ?
Bere Genthe Yat den langweiligen Faden ber Einleitung
wie billig weggelaffen. Gr Hätte dies aber bem Lefer fagen
folen. Gr hat Beine Auswahl getroffen, wie wir vorausfegten,
fondern die "drei erflen Novellen ber Reihe nad mitgetheilt:
wie wird er alfo, da er nur zwei Bändchen geben zu wollen
fgeint, die 17 übrigen Novellen in dem zweiten Bändchen aufs
häufen? Die erſte der drei Erzaͤhlungen ift ſehr matt, und
verdient eine Webertragung nicht. Die andere würbe intereffant
fein, erfägiene fie nicht als eine Ääberbotene Nachahmung des um
endlich gragiöfern und feinern ‚„Casamiento engahoso” des Ger:.
vantes. Sie wäre alfo beffer "auch nicht überfent. Der Inhalt
bee beitten iſt bebeutender, verlangt aber eine gewandte völlige
umfcamelzung, bie nicht vorgenommen warb.
Die Ueberfegung an fich felbft ift ſehr mrißkmgen, tenn
anftatt abzutürzen, hat ihr Werfaffee im einem -&tyle, der an
Gottſcheda Zeiten erinnert, noch breiter als die Spanierin ges
arbeitet. Der Drud ift incorreet, und es kommen Gchniger
vos, die man kaum für Druckfehler halten kann. Wir rathen
dem Ueberfeger alfo, feinen Buchhändler fowie das Publicum
mit einem zweiten Bändchen zu verichonen: 167;
Notizen.
(mi eu ung in rbelnpreupen
re arıe Das). Knie
Bier Hatte bie preußiſche Negiereng beſchleſſen, wie me
bern fie au fir u —— a
Aachen pr die Arbeit bereits vollendet worben. ($4 * ih
buraut ein abgerhägter — von 2,701,980 Zhie. aus
8 .
— der rh
attgefunden, deren weſentlichſter Punkt darin beſteht, daß bie
Reinerträge um ein ganzes Drittel zu hoch, beſonderä im An
flag des Korns, dagegen die Gulturkoften und die Unterhal⸗
langsteflen ber Gebäude zu niebrig abgeſchäͤtt ſelen; wogegen
prrußifcge Gteatsregierung zur Zeit erwibert hat, baß biefe
Kbfägung. nur zu einer Parification in ben weitiichen
zen bienen- foe, and eine höhere ode» niedrigere Norm infefern
ganz wnpräjubiziriich bleibe
Reber bie ſlawiſchen Smerben.
In den „Jahrbuͤchern für wiſſenſcha Rein 1
©. 119, würde man ber Ableitung be a en vom Bor
ddes —R „Jahresbericht bes bi Borifähen Baeins im Rezat⸗
Preis’, gern und vor andern flatt geben, wenn biefe Webeutung
von BMirt und die fiovenifäye Rundart, in welcher fie affo
beäudgtich wäre, nadgewiefen wuͤrde 27 bezi —28
”„ ‘ taub e ’ terra (Weng 1850)
bespaib auf Pallowitfk' & „Böhme @
untee bem Wort:
rilis; mrt zome’; und bemerkte, daß aus legterm Wort Mt.
seme wol aud das germanifirte Gchmerbzins Kervorgegangen.
Exempistionen und. Vidimusz f. Zelliveger’s- „ES
ſchichte des appengelier Volkes⸗ ( Trogen 18303, ©: 226, ws
felb der Werk fagt: ‚ Wir finden bie Bebeutung biefes —*
nirgend; ſollte es vielleicht heißen Exemtionen J Antwert:
Rein! Die Exemplationen find überkaupt Adſchriften an und
für ſich ſelbſt, vom Deiginal, Esempiaf genannt, eurtgegenge«
—* —— ern fe par ge ot, Bio ‚8
ne s. v. KRxemp „Exem us ost, eapian
qnod trabit inde. Exemplare, id est, * aascimalare,“
Er der ausdrücklichen ormetität di Yin Beglaubigung wird «8
ein Vidimus, ©. 250: bie frein Männer hätten vier Aünen
nachweiſen mäffen, das heißt, daß Mi € feit vier Gefchleditsfets
gen frei geweſen; vier Ahnen fiab nur zwei Grnsvationen, wärs
li bie vier Großaͤltern, väterlichen unb = Gets —
yier ——— waͤren 16 Ahnen. Gonderleute find
bem Berf. nicht (nach Brimm) Solche, bie In Feiner Genoffen⸗
ſchaft geftanden, fonbern Solche, weiche ihre Güter dem Kloͤſtee
unter ‚Borbehatt des Nießbrauche geſchenkt; nach v. Ary- we:
ven es die Beute, welche fidy der Abt von St.Gallen zur um
mitteiberen Verwaltung und Benutzung gegen den Advouates
ober Villicas vorbehalten. — Der Verf, war bis in fein 40. Jobe
ein gelernter Kaufmann, widmete ſich erſt mit dem 48. Jahe
ber Geſchichte feines vaterkändifchen Cantons und furhte au
von da an erſt ſich der andern Huͤlfewiſſenſchaften und. der la⸗
teinifchen Sprache zu. bemaͤchtigen. Gr bet unter biefen Um
5 das —X geleiſtet und iſt in viele Archive mb
Bibliothelen gedrungen. Die Urkunden, 161 an der Zabl, har
ben wir noch im zweiten Theil zu erwarten; ber Verf. Tudht
bei allem Gelegendeiten befonders mit d. Arx auf. den
plah. zus treten, ob aber immer. —* ellen wie eu
Di * tomnm ibm überall die Kenntniß der Dertlichte en
atten.
LE EEE ortEfß
Nedigirt unter Berantwortlichkeit der Berlagiäanbhıng: ©. U: Brodyans in Leipzig.
en ⏑ ⏑ —
De ⏑⏑ ü
Blaͤtter
f ur
literariſche Unterhaltung.
Donnerstag, — Kr. 171. — 20. Juni 1833;
(Beſchluß uud Nr. 170.) .
In dem Jahr 1824 hatte Menzel die Schweiz verlaflen
und war zuerſt nad) Stuttgart, dann nach Heidelberg gegans
gen, mit dem Wunfche, dort als Privatbocent aufzutreten. Da
es fich aber nicht entfchließen konnte, feine -feeie Ueberzengung
dem damaligen Parteitreiben der Univerfität zu opfern, fo _
wurde nichts daraus. Er wor mit Paulus und Schloſ⸗
fer, aber auch mit Creuzer In Berührung gekonmen und
harte fich weder dem Einen noch dem Andern ausichließ-
lich ‚gewidmet; zum alten Voß ging er trog mehrfacher
Beranlaflung nie, weil er einen aͤſthetiſchen Widerwillen
gegen ihn hatte, So Echrte er denn 1825 im Fruͤhjahr
nah Stuttgart zuruͤck und übernahm die Mebartion des
Literatarblattes zum „Morgenbiats”, welche er noch führt.
In demfetben Sommer gnb er ein Taſchenbuch auf 1826:
„Moosroſen“ (bei Metzler in Stuttgart) heraus, welches
eine ziemlich reiche Auswahl poetifher und proſaiſcher
Gaben von ihm ſelbſt, Guſtav Schwab, Ruͤckert, Cha⸗
miſſo ꝛc. enthielt. Doc huldigte es zu wenig dem Ge⸗
ſchmack des Almanachpublicums, z. B darin, daß es, flatt
vieler zierlicher Kuͤpferchen, die da ruͤhrende Scenen, rei
zende Weibergeſtalten, Landſchaften ꝛc. darzuſtellen pflegen,
nur des Dichters Uhland fehr edles, aber auch ſeht maͤnn⸗
liches Angeficht als Titelkupfer darbot. Weber die Haupt
gabe des Herausgebers, ein fatirifd = dramatiſches Märchen: |
„Der Popanz”, fpäter, wo von der bisher erfchienmen
Trilogie beamatifcher Märchen Menzel's geredet werden folk, ;
Wir geben fogleih zu einem Werke über, welches‘ das
meifte Auffeben erregt, die allgemeine Aufmerkſamkeit auf
SM. gelenkt, ihm viele Freunde und Feinde erworben hat;
ohne doch von beiden. Seiten diejenige Würdigung zu er⸗
fahren, die es verdient. Wir meinen die „Deutfche Lite
ratur“ (Stuttgart bei Franckh, 1827). Das Buch iſt keine
Geſchichte der deutſchen Literatur, wie Manche gemeint
und getadelt haben. Es enthaͤlt Betrachtungen uͤber Geiſt
und Weſen der deutſchen Literatur, vornehmlich der ſchoͤ⸗
nen und eigentlichen Notfonalliteratur. Die deutſche Ei
teratur iſt bier nicht als ein zufäliges, für ſich, exiſtiren⸗
des Unding, -fondern a8 ein nothwendiges Probuet, : als
" eine Offenbarung’ des gefammten, vornehmlich ‚des: geiſti⸗
gen Lebens der Deutfchen, als eine Frucht deffelben be
trachtet, aber als eine folche, die im fich felbft wieder ein
— — — — - _-..
großes, einiges Ganzes, eine wohlgegllederte Organiſation
bildet. Als Bipfel, ober were man lieber will, als Mit
telpunft wird nun die ſchoͤn, die Nationalliteratue wie⸗
ber betrachtet, weil diefe vorzugsmeile den. Notionalgeift
ausſpricht, während bie wiſſenſchafillche und gelehrte Lite
ratur uͤberall nur eine nattonale Tinctur neben dem eu⸗
eopdifchen Charakter annimmt. In biefem. Brundgebans
ten und deſſen geiftvoller Durchführung, wie in ber Silke
benden, lebhaften und Maren Darſtellung deſſelben liegt
bee unbeflreitbare Werth des Buches, in: wie vielen einpels
nen Fällen und Urtheilen man auch. mit demſelben nicht
uͤbereinſtimmen mag. Dieſer Grundgedanke, ber in Be
zug auf poetifche Literatur von Menzel in dem Satz“ aus
gefprochen iſt: die anaintifche Einheit der. Poeſie iſt bie
fpnthetifche der Dichter, rechtfertigt übrigens im Weſent⸗
lichen die meiſten Urtheite Über Einzelnes, die Manchem,
dem jener Gedanke und Ausfprud entgangen ober under
ſtaͤndlich geblieben iſt, einfeitig, ungerecht, entſetzlich vor⸗
kommen muͤſſen und vorgelommen ſind. Hiezu kommt
noch, daß allerdings durch das ganze Buch ein polemıl
her Ton gegen uͤbertriebenes Lob. wie gegen ungenechtat
del und gegen. Nichtachtung gewiſſer Koryphaͤen ber
nelern beutfchen Literatur, welche jede freie Würdigung
ansfchliehen, fich hindurchzieht Aber diefe Polemik. ft
keineswegs ber Zweck des Buches, wie Manche gemeint
haben, ſondern die Folge verlegen Gerechtigkeltsgefühls
und:emer tiefen Indignation Über ein geiſtloſes, jedes
eigne Empfinden und Urtheilen verleugnendes Theegeſchwaͤtz
über Literatur und Literatoren. Allee das haben Jene
nicht beachtet, denen über dem unerwartet ſtrengen Urcheil
über Goͤthe Hören und Sehen verging. Denn nachdem
man fi einmal eingebitbst hatte, in Goͤthe ane erfle unb
legte Intarnation der Poefie ſelbſt zu baden, in weichem
fie beſchloſſen und geendet fei, fo. mußte es freilich frevel⸗
baft erfcheinen, daß er mit. einem Dial nur eine Seite
ber Poeſie, die finnliche und formale zu höherer Vollkom⸗
menheit als Frühere und Andere entwickelt haben, und
daß er arm an geifligsfchänen Shen, an wahrer Schoͤ—
pferlraft geweſen fein: fonte. Beſonders ſtark ereifert man
ſich darkber, daß die Immoralltaͤt Goͤthe ſcher Dichtungen
nicht fowol behauptet, ſondern als poetiſche Schwaͤche der:
felben bezeichnet wurde, und die Berliner glaubten Mene
zei für immer aus dem Felde gefchlagen zu haben, ins
706
dem fie Ihn Puſtkuchen redivivus nannten. Aber während
pußfuden blos Verlegung conventionnellee Moralltaͤt und
eligtofität, bie oft mit philiftechaften Vorurtheilen iden⸗
tifch find, Goͤthe vorgerldt hatte, wies Menzel nach, daß
es auch eine moraliſche Schönheit gebe, daß überhaupt
wahre Schönheit und Sittlichkeit nicht ſdentiſch, aber har⸗
ſeien, daß jene moraliſche Schoͤnheit ſelber poe⸗
tiſch, ihre Verlegung, deren Goͤthe ſich allerdings ſchul⸗
dig gemacht, unpoetiſch und daher weder von Homer
z. B. noch von Shakſpeare, tberhaupt von keinem echten
poetiſchen Genius geuͤbt worden ſei. Dieſe Anſicht uͤber
Goͤthe mußte hier ausfuͤhrlich beruͤhrt werden, weil ſie
bie Grundanſicht und der Maßſtab iſt, die Menzel ſelther
im „Literaturblatt“ bei allen Kritiken poetiſcher Werke in
Anwendung bringt. Einzelne Abweichungen. von biefer Re:
gel, die ſich aber gewoͤhnlich nur bei zu milden Beurthei-
lungen zeigen, heben die Regel nicht auf, und fie kommen
uͤberdies gewöhnlich nur vor, wo M. glaubt, daß einem
Schriftfteller von andern Selten ber, wie 3. B. Boͤrne,
unverantwortlich. nahe getreten werbe.. Es kann nicht ges
leugnet werben, dag M. Hierbei oft mit Leldenfchaftlich
Seit verfährt und ſich zu leicht entfchließt, "bie Dffenfive
gegen die Feinde eines Verfolgten zu ergreifen, ftatt ſich
. auf flarke, aber freilich fchwierigere, befenfive Aufrechter:
haltung des Gekraͤnkten einzufchränten. Inzwiſchen muß |
man geftehben, daß dieſe Folgen leicht zu erregenber und
zu weit gehender Indignation immer feltener werben und
vielleicht laͤngſt aufgehört hätten, wenn Menzel's Gegner
es über fi gewinnen koͤnnten, allen feinen fchueidenden,
aber nur zu oft wahren Kritiken, nicht fortwährend ge:
meine Motive, als da find: Eitelkeit, Hochmuth, Anma⸗
ßung, Partelfucht, Eindifhes Streben nach dem Ruhme
eines gefürchteten Kritikers u. f. w., unterzufchieben. Wer
eubig M. beobachtet und beurtheilt, wird geſtehen müfs
fm, daß es ihm wefentlih um Wahrheit, Schönheit und
Gerechtigkeit zu thun ift, und daß er fich Höchftens jm
brennenden Eifer dafür bier und ba zu weit führen Läßt,
daß .er zw einem Kritiker zwar nicht zu wenig Kenntniß
und Urtheil befigt, aber zu poetifch empfindet und denkt.
Iſt denn fein Buch über deutſche Literatur nicht eine
Art von bramatifcher Schilderung beutfcher Dichtungen und
Dichter? Iſt in demielben nicht Alles nach dem Princip
kaͤmpfender Gegenfäge und Charaktere geordnet, deren Kaͤm⸗
pfen Hauptſache, deren Schickſal Nebenfache ift?
Daß Menzel mindeſtens ebenfo fehr, wenn nicht mehr
zum Dichter als zum Kritiker geboren fei, beweifen feine
bisherigen poetifchen Leiflungen. In ben Vorgrund ber:
ſelben tretem die drei dramatiſchen Märchen. Das erfte:
„Der Popanz“, erfchlen ſchon 1826 in feinem Taſchenbuch
„Moosrofen”, die beiden andern: „Rübezahl”, 1829, und
„Narciſſus“, 1830 bei Cotta. Man Eönnte diefelben fa:
tirifche Dramen nennen; denn allerbings find alle brei
reich an Satire; allein bie Satire iſt niche auf Altes,
fondern vorzugsweiſe nur auf die Erfcheinungen in Politik
und Literatur gerichtet, wenn auch andere Thorheiten ge⸗
Segentlihen Seitenhieben nicht entgehen. In diefem ſati⸗
riſchen Theil zeige Menzel einen wahrhaft Ariſtophaniſchen
Wis, ber gewoͤhnlich grotesk und phantaftif und fo ganz
Ausbruch der Laume iſt, daß er auch das Burleske nice
verſchmaͤht. Man wuͤrde aber fehr irren, wenn man in
dieſen fatirifchen Partien feiner Dramen ihr Hauptthema
entdeckt zu haben meinte, weil fie den meiften Raum eig
nehmen. Dieſes iſt wWelmehr, wie bei allen echten mobe-
nen Dihtern, bie Lie, ihr hoͤchſtes Gluͤck und tiefftes
Wehe, das fi) aus ihrem ewigen Wefen im Conflict mit
ihren endlichen Offenbarungen ergibt. Im „Popanz” liebt
bee Dichter eine feiner dramatiſchen Perfonen, bie ver:
Eärte, von feiner Phantafie mit dem Schleier echt weib:
Ticher Liebenswürbigkeit umgebene, aber bem wirklichen Le⸗
ben entiehnte Perſoͤnlichkeit; aber bie poetifch⸗verklaͤr
Schöne liebt nit ben Dichter, ſondern das gleichfalls
idealificte Spiegelbild deſſelben im Drama. Wie wahr,
tief und ſchoͤn die ſo wunderlich eingekleidete poetiſche Idee!
Oder lieben wir wirklich in der Geliebten etwas Anderes
sein und tief als ihr innerſtes Weſen, das uns bei ib:
sen Aublick unfere Phantafie offenbart und mit ihre
Außen Erſcheinung identificirt? Kann an ung etwas An:
beres wahrhaft geliebt werden, und muß bie Liebe nicht
mit dem Verſchwinden jenes offenbar und leibhaft gewer:
denen Smemn fchwinden? Aehnlich ift das Thema im
„Ruͤbezahl“; doch wie im „Popanz” Dichterlicbe den Mit:
telpunkt bildet, fo im „Rübezahl”- die Liebe eines edeln
Geiftes, bie verſchwendet wird an ein ſchoͤnes Weib, wel⸗
es die Marotte bat, nur Din heirathen zu wellen, ber
nur fie liebe, ohne Gegenllebe zu verlangen, alfo an eine
perfonificiete See des wahren und tieffien Grundes der
Coquetterie. Das Gegenſtuͤck hierzu iſt „Narciſſus“, derin
ſich ſelbſt verliebte Mamm. Die Ausführungen find al
phantaſtiſch, aber ſelbſt in biefer, gegen Die fogenannte
Wahrſcheinlichkeit gerichteten Phantafterei durch umd durch
poetifch; man müßte denn, bie Poefie auf eine blog nie:
derfändifche Kunft ber Natuͤrlichkeitstreue oder auf die
Reiftungen einer verſchoͤnernden Gartenkunſt befchränten.
Außer einzelnen, ſehr gelungenen Inrifchen Stellen muß
bie Leichtigkeit und Lebendigkeit vieler Dialoge In gebun⸗
dener und ungebunbener Rede anerkannt werben. Beſon⸗
ber6 gelungen find die Dialogen, in welchen ein beiterer,
fiherzender Zon vorherrſcht. Wir zweifeln Überhaupt nicht,
daß Menzel, wenn er feinen Beruf nicht verfennen wollte,
Vieles fürs Drama, namentlich fürs Höhere Luſtſpiel lei:
ften Eönnte. Seine Iyrifchen Gedichte, bie in ben „DRoosro:
fen”, im „Damenalmanady”, im „Diufenalmanady” u. ſ. m.
zerſtreut find, zeichnen fich alle entweder durch Tlefe und
Reinheit des Gefühle, ober durch Feinheit der Empfin:
bung, alle aber durch Leichtigkeit und Natürlichkeit des
Ausdruds, wenige, aber biefe audy in hobent Grabe, durch
Wohllaut ber Verfe aus. In den letzten drei Jahren hat
fi Menzel. leider faft ausſchließlich mit Kritik und Pe
litik befhäftige. In feinem „Literaturdlatt“ fährt er fort
gegen Geiftlofigkeit und Gemeinheit zu Felde zu ziehen,
und man wird es ihm fpäterhin mehr danken als jekt.
Mur bei. wiſſenſchaftlichen Werken follte er die Anzeige, fo
oft fie in Kritik übergeht, Männern vom Fach übertragen.
Sein Zah ift Natimal: und Popularliteratur. Seine
AR
hiſtoriſchen Nafchenbächer, in denen er feit 1830 von Jahr
zu Jahr eine Weberficht der Begebenheiten bes naͤchſtver⸗
gangenen Jahres liefert, find fehr leſenswerth. Die Aufs
foffung dee Begebenheiten if geiſtvoll, und obgleich ber
vorwärtöftrebenden Partei geneigt, doch befonnen, umſich⸗
tig und gemäßigt. Die dußere Form ber Darfiellung ift
ein Muſter echtpopulaicer Schreibart. Wie entfernt Men⸗
zei von den Schreieen aller Parteien der Gegenwart iſt,
ſtellt fi umter Anderm auch in feiner „Reife nach Wien’
heraus, Die er 1831 unternommen und 1832 befchrieben hat.
Die Würdigung Deftreihe und feiner Bewohner ift vor:
trefflich; die Erwägung politifcher und religiöfer Dinge zeige
bei aller Leichtigkeit de6 Converfationstones, darin fie vor»
getragen ift, ben Dann von Charakter, edler Geſfinnung
und gebildeteer Einfiht. Als folhen hat er fich auch
neuerdings als Deputirter in ber wuͤrtembergiſchen zweiten
Kammer von 1833 gezeigt, in welcher er zwar ber linken
Seit, aber dem rechten Flügel des Linken Gentrums ans
gehört, Ä 8.
Der Freiknecht. Hiſtoriſcher Roman aus der zweiten
‚Hälfte des 14. Jahrhunderts. Von Ludwig Storch.
‚Drei Bände. Leipzig, Hartmann. 1830—33, Gr. 12.
4 Thle. 16 Gr.
Ohne Zweifel gehört biefer Roman, wenn nicht zu der ges
singen Anzahl unbedingt erfreulicher, doch immerhin gu ben
mertwürbigften Grfcheinungen ber legten Jahre in biefem Gebiet
bir Literatur. An. Büle und Friſche der Grfindung, an Ans
ziehungskraft, an Reiz der Diction, hiſtoriſcher Begründung und
hiloſophiſcher Bedeutſamkeit der Babel hat er unter den neue
en Hervorbringungen biefer Gattung nur wenige Nebenbuhler
und fließt ſich in biefen Bezuͤgen dem „GSabanis” von W.
Alexis nahe genug an. Die einzige Kunftfoberung, bie er nicht
ganz erfüllt, der einzige Punkt, in Abſicht deffen er einer be:
gründeten Kritik verfaͤllt, ift die rein aͤſthetiſche. Wie dem aber
auch fei, wir find einigermaßen erflaunt, den Namen eines Ro:
velliſten, der dis jegt weg mehr als Witteimäßiges auf ben
literariſchen .NMarkt gebracht hat, vor einem Werkte von Tols
her Kraft, innerer Haltung, hiſtoriſcher Ergrünbung zu ere
biiden. ein Hauptverdienſt dleibt indeß immer eine: faſt
beifpiellos reiche Erfindung; ber Punkt, in dem’ ber Berf.
radezu von keinem unter allen feinen Witbewerbern um den bis
— — Preis übertroffen wird. So reich, fo wech⸗
elvoll und fo uͤberfuͤllt ift feine Geſchichte, daß wir auf keinem
andern Wege zu einer Ueberficht ber Wegebenheiten zu gelangen
hoffen koͤnnen, als indem wie biefe an bie einzelnen Hauptſi⸗
guren anknüpfen; bei dieſer Verichteform wirb fid zugleich die
befie Gelegenheit ergeben, über Charakteriſtik und poetifche Ge⸗
sechtigleit des Dichters das Nöthige zu 638.
.Zuerſt alſo das Reichsoberhaupt, König Wenzel von Boͤhmen.
Der Verf. behandelt die Hiſtorie volikommen in der Weiſe Walter
Scott's, des bis jegt unerreichten Meifters in bem Schmelzungs⸗
proceß von Geſchichte und Erfindung. Storch ift bee einzige beuts
Ihe Rovelliſt, der bis jegt, unferer innerſten Ueberzeugung nad,
Scott's Meifterfhaft in diefem Punkt erreicht hat. Hiſtoriſche
Wahrheit und poetiſche Dichtung find bei ihm wie bei bem
Schotten völlig eins, ein neues Mittelmefen, volllommen ſelb⸗
ſtaͤndig, durch und durch ineinander aufgehend. Beine Did:
tung iſt mit Hiftorie vollkommen gefättigt, feine Hiſtorie iſt e
Merkzeug des Dichters geworben; beide ftehen nicht mehr, wie
bet den meiften, ja faſt bei allen Nachahmern Scott's roh und
gefondert nebenrinanber, fonbern fie geben in- und burdyeinans
ber auf. Co tft Wenzel ganz bie hiftorifche Perſon, weiche von
1878 — 1419 für das beutfche Meichscherhaupt gaft, und den⸗
noch ganz bes Dichters Werk. Wenzel befteht aus einem zwies
Menſchen: aus einem aufgellärten,, das echte wollenben,
räftigen, humanen“ Fürften und aus einem verworfenen, gewalt⸗
ätigen, ſchwachen, graufamen, in Niebrigkeit verſunkenen Ty⸗
sannen, ein. Epieiball aller Leidenſchaften; in dieſer lei⸗
ten Geſtalt erſcheint er am meiſten. Die Sage, waheſchein⸗
lich eine leere Erfindung ſeiner Feinde, daß er nicht Karl IV.
Cohn, ſondern der Sproß einer nuͤrnberger Schuſterfrau, dies
Geheimniß, welches zwei oder drei Perſonen wiſſen, das den Ty⸗
rannen wie ein furchtbares Geſpenſt auf Schritt und Tritt ver⸗
folgt und dem er nur im Weinkruge oder im Blute entflichen
tann, ift der Schläffel zu allen Raͤthſeln biefes merkwuͤrdigen
Charaktere. Es lähmt feine Kraft in der Grauſamkeit, und
vättelt den Verſunkenen plögli zu furchtbarer Kraftentwide:
lung. auf. Wenzel iſt ein Schlemmer, ein Trunkendold, «ein
wilder Jaͤger. Das Gift, das er als Knade in Aachen erhielt,
yelnigt ihn, bis er im Wein fein Bevußtfein ertränkt Hat.
Sein Bufenfteund, Mitwiffer feines Geheimniſſes, iſt Jobſt,
bee Henker von Prag. Dieſer Jobſt gehoͤrt einer Familie an,
für welche dieſe Geſchichte — ein treues, verdienſtvolles Bild
ber Zeit und Deutſchlands in der Zeit — zugleich Familienge⸗
ſchichte iſt. Gin furchtbares Geſchick hat den-Ramen der Hap⸗
perewyl in Zirol ausgelöfdht. Zwei Bruͤder und eine Schwefter
nd nad Deutſchland entfiohen. Der ältefle, Niklas, R uͤrger⸗
meiſter von Ruͤrnberg geworben, ber zweite iſt Jobſt, ber Henker
von Prag, die Schweſter iſt die boͤhmiſche Graͤfin ECreßbda. Rik⸗
Ta, mit dem Namen Duffel, hat aus erfter Ehe zwei Sdhne
und zwei Tochter, Wenzel und Babet, verworfene Weſen, bie
den Greid das furchtbare Geſchick König Lear’s in gräßlicher
Bahrheit durchgehen laffen, Marquart und Johannes, feine qu⸗
ten Sngel, die ben durch feine Schwachheit verrathenen, von
Heuchelei betrogenen Bater mit ber Menfchheit wieder ausfühnen.
Außer dieſen ift aus einer gelten Ehe Benrico, Hinko, ber
Drib -wafers Remans, fein Sohn. Bon dem ſchaͤnblichen Wen⸗
gel and feinen Heffern, Stuͤrzenbach und Haͤterbach, Bkittern vom
Steigbuͤgel, verfolgt, in einen blutigen Handel verwickelt, rettet
fh Hinko vor feinen Berfolgern in das Freihaus Meifter Jobſt's.
Gr wird fein Freiknecht. Eine zwiefache gluͤckliche Liebe verfähnt
das düftere Geſchick des Juͤnglings: Hermenegilde, Tochter der
Sraͤfin Eresda, und Marlita, Tochter Zobft’s, bes Gtöcders,
beide feine Muhmen. Hermenegilde, ein ätherifches Weſen,
ftirbt, wie fie gelebt bat, wie eine Blume abftirbt, wenn ber
Sturm fie geknickt hat. Sie muß des verworfenen Potuſchka,
Hinko’s V ers, Gattin werten. Markita, die fehönfte weib⸗
lie Geſtalt in diefer Dichtung, flieht nad) Stalien, wo Btnlo’s
Mutter lebt. Jobſt und Hinko Find bie Wertzauten, die Zechbruͤ⸗
ber des Kaiſers, feine Kumpane in den Kneipen Prags, wie in
feinen Wäldern, auf feinen Jagden. Es iſt uns nicht möglich,
auch nur von fern bem außerorbentlichen Reichthum origineller
und dennoch volllommen natur» und zeitgemäßer Scenen zu fol⸗
gen, in welche ber Verf. fie verfent. Stets fichen fie bem Kai:
fer zur Seite, bald wenn «er ſich in ben Gtraßen Prags gegen
Scharen von Studenten bort, ober gegen den ihm feindlichen
Erzbiſchof solle Schwaͤnke ausgehen läßt, ober wenn er von
den Großen Wöhmens, denen ‘er’ verpfändete Krongüter abzu:
nehmen 'tradgtet,- beſehdet, in Geſanhenſchaft fortgeführt wirt,
oder wenn er Hof Hält, fid
dem feine erfte Gemahlin, bie fanfte Sobanna von "Ging:
land, von feinem furdtbarn Baͤrenfaͤnger Tuͤrk erwürgt
worden, ober wenn er Elſen Gtengel, bie Tochter des
Schuſters in Nürnberg, als feine Ehe öffentlich anerkennt,
und als Graͤfin Rothkirch an Gruch von Zaſada vermählt, fie,
die eigentlich die Tochter. Karl IV. ift, für welche er felbſt aus⸗
getaufcht wurde. Hinko ift in Affen Biefen Gcenen bald fein
lieder. Jagdgenoß, bald fein Hundefuͤhrer in ben Momenten
eines Zorns, bald fein Befreier aus dem Belfenfchloß' Wiltflein,
Ip fein Sefanbter in Italien, beauftragt zu ergründen welcher
ber vechte PYapft fei, der zu Rom ober des zu Adignon, dann
mit Sophien vermäplt, nach⸗
N‘
28 ‘
wieder Saͤnger, bald Kaufemblänfties und Magier, balb ber
Geliebte der zarten Kaiferin Sophie, dann wieder ber Frei⸗
Tnedht,, der feinen Bruder Wengel, ben Boͤſewicht, enthaupten
und Potuſchka, feinen KBerfolger, auffnäpfen fol und beide
durch feine Künfe rettet, nun ber Freund Huſſens, ber ‚des
Reue Teſtement abſchreibt für die Stoͤcerſtochter, endlich ber
Arzt des Papftes in Xoignon unb ber Bekehrer feines entauter
ten Bruders, deu er zulegt reuig zu ben Büßen feines aach Italien
tteten alten Waters führt, ber in feinsm Anblick fanft. hin⸗
sbt. Hier, in der Nähe bes Befuns, endet dad Grmälde.
Das Geſetz des Schönen fobert jedoch aufer dem Wahren,
dem Kräftigen, dem Reuen, was der Berf. volllommen gibt,
auch das Sittliche und das Geſchmackvolle. Gegen diefe Vor:
ſchrift verftößt der Verf. allzu oft. Die ganze Geftalt ber
Graͤfin Agnes Potuſchka, Wenzel's Gemahlin, nachdem er Elſen,
die Schuſter⸗Kaiſerstochter derlaſſen, iſt eine unmürbige.
Die weibliche Liederlichkeit paßt durchaus in kein Gebild der
Kunſt. Go verwerflich wie dieſe Geſtalt, fo trefflich iR dagegen
bie kugelrunde Wirthin, Frau Schlehen, ein Schasläfttein für
deutſche Sprichwoͤrter, bie Beſiegerin Sancho Panſa's in biefer
re Eben die Kenntniß feiner Sprache und bie unver⸗
aleichliche Laune, welche der Verf. in dieſer und in der. Geſtalt
Butterindteles, des Hofnarren, bewährt, «ben die Kenntniß
feiner Zeit und ihres Sitten gibt es und in ben Raubritters
Stuͤrzenbach und Hätesbach-umd ihren Angebärigen zu erkennen.
Er ſtellt dab wahre Sopiegelbild jenes ritterlidden Elends, aus
be eine vergangene Zeit Pradıt, Stolz und Helbenthum made,
zur Schau und contraftirt dies Bild vortrefflich mit bem Bir
gerivopiftand (3 B. in Stengel's Haufe), grahe wie er die Ay
texeffen ber fleißigen Staͤdte den Sutereffen der zäuberifcgen
GSteigbügelkitter gegenüberflellt.. An Originalität iſt ber Stif⸗
tung und Ginfegnung bes Rauborbend, bem Ueberfall ber Krä-
mer und ber Rache ber kaiſerlichen Feme an Häterbarh nichts
vergleihbar, was wir in dieſer Art kennen. Ehenſo binzeigenb
find &cenen wie bie zwifchen Menzel und feiner Wutter, ber
Schuſterfrau in Nürnberg, unb anderer Geitt wieder Harmene⸗
nude: Tod, Hinko's Traum im britten Bande (mo. Heine nur
etwas su fehr zum Vorbilde genommen zu fein ſcheint), fein Lich
beim Bermählungsfefte Sophia's: Stellen, vom Geiſt echter
oefie eingegeben. Hat der WBerf. jedoch Hermenegilde und
arlita durch Agnes und Babet contraftiren wollen, fo ift
diefer Gontraft zu grell und in Agnes und Babet feibft eine
geſchmackloſe Wieberholung.
Durchgehend gluoͤcklich ift die-Hanhhahung der poeti ſchen Gerech
tigkeit. Hinko ſelbſt, edel aber leichtünnig, tugendlich, aber un:
feit .in ber. Tugend, buͤßt feine Verirrungen ſchwer. Richt eher
lächelt ihm ftandhaft. dad, Bläd, als bis er ſein Gebuͤbde — bie
Abfchrift: des Neuen. Teſtament — erfüllt bat. Der alte Mufs
fel buͤßt feine Schwachheit; er buschgeht wie Rear alle Stadien
bes Leibes bis zum Wahnflan, aber Johanna wird feine Eordelia.
Die Aehnlichkeit mit Lear iſt beinahe zu groß. Menzel Diuffel
leibet. faft nicht genugs wenigſtens läßt ihn der Dichter zu früh |
aus ben Augen; bie Rettung durch Eiſen iſt unverbient.. Das
gaitter des alten Jobſt, dei eigentlichen. Urhebers aller biefer
eiden dirch eine.leidenfehoftliche Thgt,. iR ein Mufter pocziſcher Ge⸗
. zehtigfeit,, Er ſtirbt, ald ber. einzige Überlebende Mitwifler um des
Königs, Geheimniß; van feiner ‚Hand, wie im. Schetz enthauptet,
ſchne, ohne Qual, grade wie er wverdient. Gr hat: Blut ver⸗
goffen — aber auf entichulbbare Weife — im ganzen Bereich
der Todesmoͤglichkeiten war keine paffendere für ihn zu: erfinden
als diefe Enthauptung
und Babet leiden, was fie verdient haben, und Markita und Jo⸗
Kun genießen und erhalten, mad ihr Werth foberte. Dund
raufamfeit, empdrenb (und go geſchmackwidrig) if: deB eis
ligen -Repom nde : wie des alten Muffel Mishandlung duxch
Diepifels. biez gibt der Verf. zu gerechteg Anklagen Stoff und
Anlaß; aber er bebedt biefe Fehler burch feine ausgezeichner
en Sıfindungen. Gedicht ift Alles. an diefem Buch; es wärs
durch ben betrunkenen Wenzel. Agnes
Mn a Br an me
en, a * n a j}
treffe gemilbert haͤtte. * Zu Ban —
Notizen.
Mäßigkeitevereine In Sroübritannien unb
u Amertta.
Zn England beftchen 250.0Mpigkeitönereine, welche 47,000
Titglieber zählen, unb in Schottland 380 Vereine mit 55,008
Mitgliedern; bie irkänbifcgen Wereine. haben 20,000 .Mitglieber.
Beachtenswerth ift jebenfalld, was James Gtuart in ſeinen
„Three years in North America’’ (Gbindurg 1833) über bie
Folgen der Mäsigfeitsvereine in Reuyork fagt. Es fiel ihm
auf, in ben wöchentlich bekannt gemachten ˖ Liſten ber Berſtor
benen haͤufig kaltes Water als . Tubeburfacke angegeben zu
finden. „Gingegpgene Gröunbigungen‘‘, ergäßgt ex, .
mid, daß, der Genuß von Faltem Waffer, ohne Weimifchung
einer ſpirituellen Fluͤſſigkeit, an dieſen Zobesfällen Tchulb fei.
Wenn es nun außer Zweifel iſt, daß die Mäßigkeitsvereine in
Rordamerila viel Gutes gewirkt haben und gerühmt zu werben
yerbienen für ihren Gifer (fie befiten eine eigne Wochen⸗
ſchrift: „Journal ’of humanısy and herald.of the american
temperance-society'‘, unb haben ein Dugend Geiſtliche zu
a welche gieich Miſſſtennairen bas Sand burdyfiteifen, vor
allerbings ein Anfang zus Unmäßigkelt und Untergrabung ber
Geſundheit; allein „Handwerker und Arbeitoleute überhaupt, bie
heftigen Erhitzung ausgeſetzt find, Finnen, nad) meiner- —
igen: Dunſt nur unbebentiih zit einer Fluͤfſigkeit Bſchen, d
eins leine Quantitat Spiritus: ettrält. Zodesfälle der oben
erwähnten Art haben ſich fehe vermehrt, feit Leute aus den
arbeitenden Claffen fi ben Wößigkeitävereinen angefchloffen
haben, unter deren Vorſchriften ſich auch bie befindet: Hihige
Getraͤnke dürfen nicht einmal gekoftet werden.”
Jeremias Bentbam pflegte bei Tiſche gern über die Ben
gamgenheit. zu plaudern, und. nur zuweilen wählte ex ein an
deres Thema, ober erlaubte ſich luſtigen Ausfall gegen
einen feine Bälle Zu einem berfelben, gleich am
bar: die. Rochtlichkeit und Aufrichtigkeit feiner Meinungen, wie
durch das Folent, welches ex bei‘ ihrer fchriftlicdgen Werthei:
tigung entwidelte, ‚auf. deſſen muͤndliche Unterhaltung jeboch
Bareid'g Scherz uͤber Goldfmith: Er ſchreibt wie ein Engel, aber
ſchwatt tie «in Narr’, vollkommen paßte, ſagte er eines
Tages: „Gr. , vimm die Beben einmal in te Hand”. As
dies geſchehen war, fuhr er fort: „So, jegt bit du einer ber
geiſtreichſten Männer in Eugland. Gib bie Feder wieber ber.
Nun, ach nun bift bu einer der aͤrgſten Pinfel geworden. Gage
Bein Wort, Tein Wort, aber ſchreibe! fihreibe!*
. Madame Ida Saint: Sime (Ja. contemporsine) bereitet
ſich: zu ihrex letten Pilgerfabrt. Sie will Frankreich und Ex
rapa für immer verlaſſen, nur Wien noch auf eine kurze Zeit
beſuchen, von da aber, mit ein wenig Erbe nom Grabe bes
Sohnes verfehen, zum Grabe bes Waters nad Gt.» Helena
walen — das eins wie. has anbere pon Fremden in fremder
Erde bereitet — , una dort, bes Grabes Pflege freiwillig über
wehmend, wit ihrem unperflegharen Schmerze fierben.
Die Bevölkerung. von Paris betrug: 1832 nah officieffen
Angaben: 770,286 Ginwohner; davon lebten 69,986 auf öffent:
8.
liche Koſten. |
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: FJ. A. Brodhbaus In Leipzig.
8 I atter
für
literariſche u nterh altung
Sreitag,
—
Dramatifche Bücherfchau für das Jahr 1832.
Dritter und fester Artilel.)'
35. Der Tod ber Malachowski. Hiſtoriſches Drama in fünf
‚ Xcten, von Guſtav Sallenius. Ilmenau, Voigt. 1833.
Sr. 8. 16 &r. . En ,
Urtheilen Bie picht ungerecht beöhalb,
Daß ich noch ruhig auf der. Hufe Bleibe,
Ob die Gemuͤther fhon im Aufruhr lodern,
IH bin fürwabr nicht minder Patriot —
fagt Joſeph Malachoweki auf der erſten Seite. Wo wir koͤn⸗
nen, helfen wir und gern burch Proben. Diefe Probe mag zei
gen, welche bramatifhe Sprache der Verf. fpridt. Wir wollen
nicht ungerecht über ihn uxtheilen, aber wir haben feine Art
von Zalent in feiner Arbeit entdecken können. Nach unfern
Srundfägen ‘würden wir es aufgefucht, hervorgehoben haben.
Die Zabel, welde fi an bie Gefchichte bes polniſchen Aufs
fandes von 1792 anſchließt, iſt äußerft locker und unkraͤftig
entworfen. Joſeph Malachowski und fein Oheim, der Reichs⸗
marfchall, werben von dem Verräther Goulan wider Willen in den
Aufftand mit hineingeriffen; ER wirb Dictator; Joſeph
liebt ſeine Couſine Marie, eine Zeit lang ſiegt die Sache der Polen,
durch Goulan's Verrath geht ſie verloren, Joſeph faͤllt im Kampf,
der ruffifche- Sieger ehrt feinen Tod, Marie ſtirbt bei feiner
Beftattung, ber Kosciyszko, verkleidet und von den Ruffen er:
tannt, beiwöhht. Das Drama fließt mit den prophetifchen
Worten ber’ Aebtiffin über bie fterbende Marie:
Dein Schickſal ift das beined Vaterlandß:
Stirbt die IHeer geht Talt bad Leben unter;
Das Edle aber Tnüpft fi) an die Sterne,
Es begegnet ‚dem Verf. bisweilen, fo gluͤckliche Ausbräde wie
dieſer ift, anzuwenden. So fagt ber feindliche General S. 112
mit einem guten Bilde:
Gibt’ einen Fluß, der gegen feine Quelle
Den Lauf.zuräd je lenkte Ginen Baum,
Der fi) zurüdbrängt in dad Samenkorn?
So wenig wirb die neue Zeit die alte, *
Die Gegenwart ie die Vergangenheit. -
Der Berf. fand in feinem Stoffe Anlaß genug zu politifchen
Anfpielungen.. Er Hat dieſen Anlaß ungeſchickt benugts wir fins
den nichts kraͤftig Angeſchautes, energifch Ausgedruͤcktes in ſei⸗
nen politifchen Geſpr . Oft gehörte Ziraden genügen ihm,
wie denn überhaupt das Meifte in diefem Drama abgehört iſt.
So ift der Bericht über Joſeph's Tod bas reinſte Echo zu Ritt:
meifter Neumann’ Bericht, und was Marie darauf antwortet,
find Thekla's Worte. AU Diefes mag feinen Grund barin ha⸗
ben, daß ed dem Verf. an einer Fräftigen Geſtaltung feiner
Sharakttere gebridht. Hätte er diefe neu zu erfinden vermocht,
fo würben fid die neuen Worte, ja die neuen Gituationen wol
von felbft gefunden haben. Dies ift und bleibt die Hauptaufgabe
des Dramas. Gebt uns neue Menſchengeſtalten, dad Ucbrige
„ Ball. N. 108, 109 und I1—146 5. BE . D. Red.
— N: 172, —
21. Zuni 1833,
ergibt ſich Euch dur fie und mit ihnen! Mit der bloßen
Sprachfaͤhigkeit ift nichts gethan.
26. Petrarca. Künftlerbrama in fünf Acten. Bon Wilhelm
von Chezy WBuireuth, Srau. 1882. 8. 18 ®r.
Neue Mierifchengeftaften, darauf kommt es an; der Berf.
gibt fi. An Zartheit, an fchönen, feinen Gedanken, an
Fluß der Rede, an Zierlichkeit des Verſes wird diefe Arbeit
wol· einer der Gaben ber legten Jahre nachftehen. &ie ums
fließt ein eigenthümliches und achtbares Verdienſt, wenn «6
auch übereilt wäre, ihr ein befondere® tragifches zuzuerkennen.
Eine frühere Arbeit beffeiben Verf. der „Gamoens” bewährte .
uns ſchon eine eigenthümliche, neue, felbftändige Lebensanftcht,
bie es vorzüglich Tiebt, Kunft und Leben in ihren innern und
äußern Gontraften aufzufaffen., Fuͤr dieſe Vorliebe fand fich in
bem gegenwärtigen Stoff eine ganz vorzügliche Gelegenheit. Aus
bem an fi kargen Material, das Petrarca’s Liebe zu Laura
darbot, hat ber Dichter gemacht, was irgend zu machen wars
ja, er bat, jene Liebe befto reiner zu erhalten, eine irdiſchere
bazwifchen gefchoben, mit großer, anerfennenswerther Kunft. Dies
fee Uniftand allein, würde vom feinem Kuͤnſtlertakt zeugen, gäbe
nit ohnedies die ganze Auffaffüng ded Semälbes, ber Reich⸗
thum, die Fuͤlle von Charakteren, Bildern und Gituationen ein
fprechendes Zeugniß dafür." Der Dichter des „Camoens“ und bes
„Petrarca” gehört zu den dramatifchen Rotabilitäten, unb wir
find nicht fo reich daran, daB wir ihm den Eintritt in biefen
Beinen Kreis durch kritiſchen Pebantiemus ſtreitig machen ſoll⸗
ten. Friſche, blühende, feurige Auffaſſung des Lebens und feis
nee Erſcheinungen ift fein Hauptverbienft. Die erften Scenen
fon entwickeln diefe ſchoͤne, täglich feltener werdende Gabe.
Petrarca auf der Wanderſchaft nach dem Sitz ber Wiffenfchaft,
nah Avignon, trifft auf Bianca Beccari. Die Scene, wie
Beide in plöglicher Liebe füreinander erglähen, ift — unzweis
felhaft nach Shaffpeare’s „Romeo und Julie” ſtudirt; aber fle
iſt nichtöbeftoweniger des Dichters Sigenthum.
. Bianee.
Trinkt nicht fo haſtig; Idr feld heiß vom Wandern.
Detrarca.
Lehrt mid, nicht trinken Eures Blickes Strahlen.
Die Seele taumelt von dem füßen Kauf... . .
Nein, deckt nit zu daB holde Augenpaar,
Der Wimpern dunkles Bitter hebt empor,
* Gefangen habt Ihr meine Geele drin,
Daß fie nicht mehr die alte Freiheit wänfht .... .
Blanca.
... Erft fo fromm und fittig, .
Und nun fo ungeſtuͤm.
Petrarcta.
u .... D zürme nicht,
Du Engelöbild. &o hohe Schönheit Ichrt
Mich Liebeöworte, das erflaunte Herz
Macht heut zu Schwägern die fonft ſcheuen Lippen.
. 0. . a 00 2 8 8 4— a8
. Bia ca.
Ya) hört! einmal von einem Schmetterling,
Der käßte jede Rof im reichen Garten
Und Uspelte ſolch feines Lied ihr vor,
Bie Du mir eben. Jede kuͤßt' ihn gern,
Unb ließ ibn wieber fliegen, wenn er wollte.
Bur reinen Lille kam er enblih ah
Und fläßent’ ihr bie alte Weile vor.
Da fchleb im Abenddunkel ſich ihr Kelch,
Und hielt ihn in ſolch ungewohnter Haft,
Daß er, des fluͤchtgen Duftes nur gewohnt,
Im Uebermaß ber reichen Liebe ftarb.
Das iſt dichteriſch, wenn irgend etwas! Mit einem zartern,
treffendern Bilde hat ſelbſt keine Julie ihre Liebe erklaͤrt. ER
dürfen nicht weiter ſuchen; der dieſe Verſe ſchrieb, iſt ein Dh
ter. Oder bie folgenden: Ru
Es lacht die Welt zwar des verlichten Meinkids;
Sie fagt, die Bötter hören faum ben Schwur.
....-. Ich glaube, win ernſter Engel
Waͤgt jedes Wort, und welches treulos Tügt,
Das wandelt er zu einem Donnerkell
Und ſchlenderts einft auf bea Wermeifinuen Haupt.
Genug! Petrasca trägt Bianca's Liebe davon. Da trifft er auf
Aftor, den Maler, ber Bianca liebt. Gr entzündet ‚feine Seele
für Laura be Noves. Der Dichter fieht fie. Ihr überirdifcher
Reiz reißt ihn Hin. Gr weiht ihr feine Lieber, Der ſchwere
Punkt it, nun zu zeigen, daß bei biefer Kunf s. ober Dichter⸗
Tiebe bie Glut für Bianca in des Dichters Seele fortieht. Der
Berf. kommt mit dieſer ſchweren Aufgabe fo- fo zu Stande.
Sauce, reizend in dem Unbewußtfein ihrer Schönheit, vermaͤhlt
ſich mit Hugo be Gabe, dem Ritter — fie ſtirbt — Petcarca
zieht nach Neapel, wiss in Rom auf Gardinal Golonna’s,. ſeines
Befchügers, Beranftaltung gekrönt, findet Wianen mjeber und
wird. ihr Gatte. Bu En
| Patrarıa ..°.
Dein if mein Ders — doch Saure: melun: Elbe. :
Blanca. RFB
.. Jch erlaube gun, "
Tas ich nicht wehren kann. Weinetwegen feld
Der Sänger Laura’d .. .
Schickt Ihr die Lieder; fie lieſt gern Gedichte;
Doch fendet fie und aus der Berne zu.
Bergoͤnnen wollen wir Cuch alles Daß,
Berzeidt nur, daß Ihr thäricht mir erſcheint.
und Laura:
Wenn being MWorte einge Seele Bild,
So findeft du den Hinmel in Wir Telhfl. .
Ich glaube, du Tasaıh. wahr.
wit feiner Kunft laͤßt deu Verf. Petrarea's Vorte am Laura
710
zu ſchoͤnen Gonetten werden, wie feine: Monologe meiſtens
Sanzonen find. Mir mäffen und begwügen:, dies Zeugniß ſei⸗
ner feinen Empfindung und feines Wermögens blos anzuführen;
wie ex biefe im ber’ dorm ſchwierige Aufgabe loͤſt, muͤſſen wir
in feinem ſchoͤnen Gedicht felbft nachzufeben unfern Lefern über:
laſſen. Gewiß aber gehört diefer „„Petrarca‘ zu den vorzüglich:
fien dramatifchen Gaben der verfioffenen Jahre, zu denen, deren
die Bühne, wenn fie ihr Intereſſe verftänne, ſich ſchnell bemeis
fern füllte. Allerdings IE der „„Zaffo” unendlich hüher gefaßt;
aber iebenvoller, wahrer, fäßer durch Wohltaut und Sprach⸗
—
* iſt er taum - Die Motive und bie Intereffen find verwandt,
und der Verf. geht aus dem kuͤhnen Wettſtreit wenigftens nit
obne Ehre hervor. -
Mebr braucht es fürwahr nicht, um unferer Achtung und
ber Aufmerkſamkeit unferer zerſtreuten Kunftwelt werth zu fein.
37. Alte und neue Kunſt. Allegoriſches Borſpiel zu Gothen
’ —— — Bon-Eimart von Salt —*8
Gotta. 1182 IK 6 Gr.
Ben dem Dichter des „Beliſar““ mar bei einem Anlaß fol
cher Art unftreitig etwas Sinniges zu erwarten. (ine Eleine,
aber feines Namens würbige Gabe ift aus biefem Anlaß her
vorgegangen. Der Dichter zeigt und Melpomene, von ihrem
Fhor uwingt, in Sorge um die Stille ihres ee un
vıgeader. Schwarm "bedroht. Sie preift in ſchoͤren Geilcven
die heitere, heilige Zeit ber Griechen. Der Chor träfter ſie:
So wird auch wiederkehren beine Beit, denn du
Haſft Wahrheit nur und reinfte Schönheit auöggeilt,
Unb-bie Bis.emig, wie bie Gotiheit ferbft: sim
Da dringt der EhHor-des Aitter cm. © — —
Naſch, ohne Zügel
Di Bturmesltägel
Im ſchimmernden Kielb,
Qheich den Bebanten
Fyei won: Schrenden
DesaRaumes, der Zeit.
Gilen wein: Chen dahin,
Zolgenh ber Königig,
Des wir gemeiht
Eborführer
Es brauſt daher, wie ber Maͤnaben Bug, wenn fie-
Oinjauchzen naͤchtlich durch bie Fluren, durch ben Wald...
Romantia, bie Bee, tritt auf, In Trochaͤen preift fie ſich giädr
lich, * Ianagefuchten —— u en: zu. heben. Cie I
zur freiern Natur, zur Liebe zuxuͤc rt. Weihſelreden der
Choͤre und ber Re folgen. . " J
Meilpomene
Du Fñehſt mich Hausen. Nur ein Afterbild Hi be
Von mir. Du heuchelſt wol ber Mienen firengen Graf
Doch beine Haltung, bein buntfarbiges Gewand
Straft diefe Mienen Sägen. Ich bin Toter Sriegenienkt.
Romantie. '
Ich bin des Lebend Tochtex, wo bie Schatten.
Des Unglüds oft ein beitrex Schetz erhellt... .
Melpomene.
Den ew'gen Kampf bed Menſchen mit dem Schickſal ſtel
Ich dar ....
Still walten laß ich, ſtatt des Schickfals Racht
Dig ew’ge Vorficht, die des Menſchen Pfade
Mit treuem Auge muͤtterlich bewacht.
Was frommt der Streik? Aeſchhylos, GSophokles, Curipides jew
gen für mich, fagt Melpomene; Shakſpeare, Gutberen-für mid,
ruft Romantic. Gnbiidg ruft Meipomeme, beirängt, den Geiß
ber Poeſie an. Der, Genius erfcgeint. =
Dein Flehn, Metyomene, war nicht wergedend;
Es beang zw jenem. lichten Raum empor,
Bo ich, ein Seraph, ieh’ am Nom des Lebens
Un» hohe Bieder fing’ im heifgen Eher.
Ich bin gelommen, einen Dichter zu erwecken, bee Gud ver
föhne. Dir, Melpomene,. bringt er Iphigenie, Taffo, CEugenie
dar; dir, Romantia, Goͤtz, Egmont, Fauft.
Willſt baden Sipfel neuer Dichtung nennen,
&o wirft bu ihn am Namen Fauſft erkennen.
Hierauf Verſoͤhnung. Jedes Gluͤck fol ihm blühen.
Das Fiebfte Gluͤck ber edelſten Naturen,
Wirb ihm zu Theil, doch auch ein tiefes Leiß.
Ein Freunb und ſein fruͤher Tod!
Dann wird ein ſchneller Tod, das Leben leiſe
Weynkuͤſſend, treten zu dam abet Bunte.
741
Schlaß. Wir Haben diefe liebliche Dichtung mehr ſtizzirt als
Kitifiet. Klarheit, eble- Geſtalt des Sebantıns und Wohllaut
des Verſes machen fie zu einem ber ſchoͤnſten Gelegenheitsge⸗
dichte, die und in dramatiſcher Form bei dieſem Anlaß. geboten
find. Der Wettſtreit zwiſchen Schenk und Immermanu ſcheint
un6 diesmal. zum Siege des Exrſtern ausgefchlagen zu fin, fo
ungern wir. den Letztern aud icgenb wie und wo unterliagen fehen.
(Die Borifegung folgt.)
Die: roͤmiſche Malaria und die Räuber der Campagna.
Rr. Si des „Foreign quarterly review” gibt eine Ana:
Iofe der „Etndes statistigues sur Rome. et Ja partie occi-
dentale.das &tat» romains, contensnt une description topo-
graphique, et des recherches sur Ja population, l’agriculture,.
lea manyfäcturea, le commerce, le gouvernement, et les &ia-
blissemens gabie: par le comta da Tournan, pair de.
e
‚Ftance, Pröfet de Rame. de 1810 — 14" (2 Baͤnde, mit At:
od, Paris 1831), deren Verfaſſer durch feinen Beruf genug:
fame Gelegenheit erhielt, einen großen Theil ber jegigen paͤpſt⸗
lichen Staaten auf das Genauefte Eennen zu Temen. Was wir
über obengenannte Gegenftäntg nach unferm Beduͤnken Inter
efiante® aus biefem rke im der engliſchen Zeitfchrift ange:
führt. finden, heben wir in? Zolgendan: aus.
„ale Maremme ober ungeſunden Riedezungen Italiens, die aus
einem vulkaniſchen, an manchen Stellen.mit den Anſchwanmungean
der Tiber und anderer Stroͤme, ohes mit faulenden uͤppigen Vegeta⸗
bilien bedeckten Boden beſtehen, erſtrecken ſich von der Riviera Ge⸗
nuas bis hinunter an Sicilien, längs ber Kuͤſte des mittellaͤndiſchen
Meers, ſelten tiefer landeinwaͤrts als 20 ngliſche Meilen und
an manchen Punkten beträchtlicg weniger x uͤberdien von geſun⸗
den, fruchtbaren Stellen und Gegenden, vie. bie afrikaniſche
Wuͤſte von Hafen, überall durchſchnitten und unterbradgen. Die
:Raremme befhränfen fih alfo wit, wie man zumeilen irr⸗
thuͤmlich annimmt, auf bie päpftfichen Staaten, und bie päpfts
lichen Staaten find auch nichts weniger als buschweg ungefund.
unſer Autor ſpricht weittäufig uͤber die uͤrſachen ber verrufenen
Malaria. Es fiheint allerdings gewiß zu fein, daß die Anſte⸗
Aung zum Theil von ber Befchaffenheit des’ Wobens und Kli⸗
mas, zum Theil von ben fiehenden Gewaͤſſern und der faulen:
den Materie herruͤhrt. Die erſtere hängt von bem Lande ab
und muß in den älteſten Zeiten fogar ba biefelbe geweſen fein,
wo bie Nieberungen angebaut und bewohnt gemwefen find. Die
Lage dee römifchen Ebene zmwifchen der See und ben Apenni⸗
nen gibt fie dem plöglichen Wechſel heißer Sübmwinde und kal⸗
“ter Rorbwindftöße von den Gebirgen her preis. Die Nähe des
Meers, die Seen und Sümpfe erzeugen eine große Feuchtig⸗
keit, und. bie von dem Kamm ber. Apenninen aufgefahgenen
geilen emtlaben ſich in häufigen Aegengüffen. Der auferor:
dentiichn ‚Bike der: Sommertage folgt oft, wenn der Wind von
: den Wergen bermeht, eine plögliche Kälte nach Sonnenunter⸗
gang,-fobatb bie duerch bie Wirkfamfeit der Sonnenftrahlen. aufs.
gezogenen Dünfte in ſchwerem Thau wieder zu Boten fallen, "
und es gefährlich, fogar tödlich werden kann, fich ber Abend»
luft auszufegen. Iſt Sübmwind ober Scirocco, fo wird bie Luft
erſtickend, es tritt eine unaufhoͤrliche Ausdünftung ein, die Nächte
bleiben fo ſchwuͤl wie tie Sage, ber Körper wird geſchwoͤcht
unb unfähig zu. jeder Anftrengung. Ueberbied bat bie mittels
Länbifche See feine Ebbe und Flut und kann alfo bie Luft der
Küfterebenen nicht erfriſchen und erneuen, die Gewaͤſſer ber
Zıäffe nicht reinigen, welch bedeutender Umſtand, fo viel win
wiffen, no immer überfeben worden if. Die trodene, flaubige..
Ebene um Rom herum ift aber. audy nicht minder ungeſund
als die Sümpfe von Dftia und Macarefe an ben Muͤndungen
der Fiber.
den bes Monte Albano von Rom getrennten pontinifhen ir:
gend einen weſentlichen Ginfluß auf die Atmofphäre der Daupt«
ſtadt und ihrer nächften Umgebung haben könnten, leugnet un
Daß diefe und die noch entferntern, durch den Rü«
fer Autor zwar, gibt aber eben deswegen zu, daß fie theilweiſe
Urſachen ber Malaria ihrer Nachbarfchaft find, und bemerkt,
daß die. ungefunde Gegend nullauifcher Kormesien if, daß fie
eine große Anzahl Wafferichwefel oder waſſerſtoffhaltigen Rohr
lenſtoff enthaltender Quellen befist, uns daß an mol taufend
Stellen Stickſtoff ausfließt. Ge varmuthet, daß die vulbeniſche
Loge, in Felge ber Cinwirkung der Sonnenſtrahlen ſchaͤdliche
Safe in großem. Maße ausbünflet, die die Lebenselemente bei
menfchlidgen Körpers angreifen und von der Kälte der Nacht
untesftägt Biebesanfälle hervorrufen. Der verftorbene geiftreiche
Geologe Broccht hat zwar bei feiner Analyſe ber Euft außer⸗
Halb ber roͤmiſchen Ringnauern Gmenatienen der Art nicht
entdeckt; e6 könnte aber freilich Urftoffe geben, die bee Ready
forfgungen ber Chamie Fpotteten,‘4
Bei. nun auch immer- bie Grundurſachen ber Ungefunb«
beit bes zömifchen Gumpagna geweſen fein nıögen, unzwerjel⸗
baft bleibt ed, daß die Dünnkeit und Arab der Berdakerung,
der Veberfluß non Seen, "Kanälen: und Gteömm. an manden. :
Punften, der ber Weide nor dem Ackerbau gegebene Vorzug,
Faͤulniß vegetabitifchen, und animaliſcher Beſtandtheile das Uen:.:
bet in erſchrekendem Maße verſchlimmert haben... Nach einer
von Dureau be la. Malle angeführten Beweisſtelle des Diony⸗
ſius von Halikarnaß betrug die Bendilerung der GStabt: Rom
und ihrer Golonien im Jahre 278 ihrer Grbeming 40000.
Seelen, inbegriffen 17,000 Sklaven unb 82,500 freie Fremde.
Unſtreitig war das alte Latium, bevor es die Roͤmer eroberten,
noch bevälferter, und dennoch nahm ed nicht ein Drittheil des
Flaͤchenraumes der jeßigen Provinz Rom ein, benn das rechte
Ufer der Tiber, Gtrurien und die fabinifhen und umbrifchen
Gebirge waren bamald noch unabhängig. Ban kann taraus, '
daß das ganze 4. Tahrhundert. der Stadt in beren. Bezwin⸗
gung verfirik, abnehmen, daß.’ ihre Bevoͤlberung wenigfiens
ebenſo zahlreich als bie roͤmiſche gewefen fein muß. Als nun
im 9. Jahrhundert die Römer in ferne Kriege verwidelt wur⸗
ben und bie Beftellung des Landes ihren Skllaven uͤberließen,
bie bereicherten Patricier aber große Strecken Grundeigenthum
An ſich brachten, ſodaß es zu Gicero's Zeit nicht mehr 2000
—— gab, wurden bie-Keiber in. große Gaͤrten und
Gaffen, ber, freiwilliger Begetation uͤberlaſſene
mern
zugsgraͤben zu: ziehen vernaihläfigte, und einzeine Autoren, wie
Ticero, Livius und Horaz, ſprechen von ber Iingefundheit mans
her Onte. Die Buͤrgerkriege und Proferipkionen. bes Marius
und Sylla und der Zuiummizate mäffen betraͤchtlich bazu deige⸗
tragen haben, inben fie die Bevdiberung furchtbar ſchnell ver⸗
minderten. Gtäbte gingen unter, die Gelber Patiams und Etru⸗
riens wurden an Gliaven und Soldaten überlaffen, während
das zömifche Boll ſich aus den Kornkammern Afrilns und Sici⸗
liens mis Getreide verſah.“
„Ueber die Malaria iſt bie letztern⸗ Jahre her viel verhan⸗
beit worken, von Brecchi, De. Maniac) und Andern, und
wis: gebemlen bier aur der neuerlich in Toscana von den Herten '
Sani und Pafſſerini, Profeffeven ber Raturgeſchichte und Ehe⸗
mie an der Univerfität Pabia, angeftrläten Srperimente (wie bie
Novembernummer bes ,‚Nuovo giornale de’setterati‘’ von ihnen ”
beriehtet), die Malaria zum Theil Bon. mehren in den -Doräften:t
zahlreich wachſenden giftigen Pflanzen, namentlih be. Gpatar-.
aögyieiten, die in dan. Bommermonaten Mei, uni, Zub: und -
Auguf, während deren ber. Elafliuß dee Malaria am empfind- -
lichten -ift, einen flintenben Geruch re: ch veräveitet. In dem -
Werke des Herrna non. Zourmen. findet fich Heeichfatis viel Neues
über dieſen Gegenſtand vor. Die Miasmata der Malaria
feinen dichter, ſchwerer Art zu fein. un /feiten, wenn ſſe
nicht durch Winde eniporgetrieben werben, fahr. Each Gber den
Boden fich gu erheben. Mauern ebenfb: wie gepflaſteete Stra⸗
hen. und Wings Seinen ihre Wusbänftung zu hemmen. Feuer
yertheilt fie‘ . .. — — —
— — — — ——— — — Ze
. .. *
Be Br Fon BE 1 2 52 SEE SE Zu Ze Er
7412
„ueber die vorgeblichen Kortfchritte der Walaria in ber
Btadt Rom felbft if in dem Iegtern Jahren viel gefabelt wor:
den. Wo nur wenige und vereinzelte Häufer ſtehen, der Bo⸗
"den nur mit Gärten und Keldern oder Ruinen bebedt ift, fühlt
man bie Malaria zwar am heftigſten, jedoch noch immer nicht
fo ſchlimm als auf dem offnen Lande außerhalb Roms. Dieb.
findet aber faft außfchließlich in dem alten Rom und nicht mur
ſchon feit 30 Zahren flatt, fondern fon, wie wir meinen,
feit viel längerer Zeit, weil man von da an von ber Malaria
als von gar nichts Neuem fpridht. Das moderne Rom hinges
gen, das von bem Quirinal und dem Gapitol bis zum Ufer
der Tiber fich erſtreckt, ift ganz gefund, wenigftens nicht von
der Malaria angeſteckt.“
nDie Bevölkerung Roms hat auch nicht abgenommen, wie
Ginige behaupten wollen, ſondern ſich feit dem Krieden ſchnell
dermehrt. Die Zahl bee Geburten ift zwar in Rom immer
geringer als bie der Sterbefälle, und erftere verhielt fich 1831
zu dee Volkemenge wie 1 zw 32, letztere wie 1 zu 2945 dies
erfcheint aber ganz natürlih, wenn man bie bafelbft fortwähr
rend abs und zuftrömenben unzähligen Fremden, bie vielen bort
Audirenden und Anftellung fuchenden Inländer, die zahlreiche
Geiftlichkeit und die während ber Ernte in ber Campagna am
Sommerfieber in Menge erkrankenden Arbeiter aus der Pros
vinz bedenft, bie alle nach Rom gebracht werden, um großen:
theils in den bafigen Spitaͤlern zu ſterben. Unerträgliches,
durch gewaltige Gridütterungen und fremde Befimahme her:
beigeführtes Elend verringerte fie zu manchen Zeiten aller
dings bedeutend. ° Die frühefte Zählung, bie nah dem Fall
bes weftrömifchen Reiches, den Werwüflungen ber Barbaren
und den darauf folgenden Angriffen bee Normannen und Sara⸗
zenen 1198 unter Innocenz III, flattfand, ermweift eine Ein⸗
wohnerzahl von 35,000. Die Verlegung bed paͤpſtlichen Stuh⸗
les nad) Avignon brachte fie auf 17,000 zuräd und bedrohte
die ewige Stadt mit gänzlihem Untergange. Die 1877 er:
folgte Ruͤckkehr des päpftlidden Hofes hob fie indeß fortwährend
bis zu Leo X. auf 60,000. Sturm und Plünderung dur)
Bourbon’s Heer führte fie zwar 1527 auf 88,000 zurüd, nadı:
bee aber, beſonders unter Girtus V., ber das Land von
Banbiten fäuberte, ben Feudaldruck durch firenge Gerechtigkeit
gegen Jedermann abfihaffte, Vertrauen und Sicherheit wieder:
berftellte, den Gewerbfleiß ermunterte und ben Beinamen
„Wiederherſteller des öffentlichen Friedens“ wohl verdiente, ers
holte fi bie Stadt wieder, und ihre Bevoͤlkerung flieg feit bies
fer Regierung unausgefegt bis zum Anfange des vorigen Jahr⸗
hunderts. Damats betrug fie 138,000, 1730: 145,000, 1750:
157,000, 1775 gar 165,000, auf welcher hoͤchſten Höhe fie fi
bis zur franzoͤſiſchen Invaſion 1795 behauptete. Dad Elend
ber folgenden Jahre, bie Herabſehung des von Pius VI. mit
verſchwenderiſchem Unbedachte ausgegebenen Papiergeldes, bie
unerhörten Erpreſſungen franzöfifcher Generale, die den oͤffent⸗
lihen Schatz gleichiwie Adel und Geiſtlichkeit alles beweglichen
NReichthums beraubten, verfegten bie niebern Volksclaffen in eis
nen beflagenswerthen Zuftand, den das Ginräden bee Franzo⸗
fen 1798, die gewaltfame Sntfernung Pius VI., die Auflöfung
feines Hofes und Vertreibung ber Beiftlichkeit, die Plünderung
und Gonflscation alles Privats unb öffentlichen Gigentbums,
GSontributionen und andere Laften noch um Vieles verfchlimmerte.
Nicht wenig trugen bazu au die Gmpoͤrungen in der Sams
pagne und die folgenden Verheerungen verfchiebener Städte,
wie Terracinas, Brofinanes, Ferentinos, Montigliones, Viterbos
und anderer bei. Im Tabre:1800 finden wir alfo die Bevoͤl⸗
kerung Roms auf 153,000 Seelen rebucirt, 1805 fogar, ba
die Urfachen des Verfaiis ı fortwährend beftanden und wirkten,
bis auf 189,000. 3u diefer ‘Zeit war ber päpftlide Hof zu:
rödgekehrt, Pius VII. hatte ben Thron beftiegenz; aber das
Land war verarmt, der Kirchenftaat feiner nördlichen Provinzen
beraubt, die in ben vorgängigen Jahren gefchlagenen Wunden
waren zu tief gewefen, um fchon.heilen zu können, umb «6 ftellte
EEE EDEN EEE GERT — ee — eeene e —
.
fi ein Vertrauen in die Zukunft wieber her. Im Jahre 1808
fam die zweite franzoͤſiſche Invafton, 1809 eine abermalige ger
waltfame Sntfernung bes päpfttihen Hofes und der Kierifei,
woburdg wieder einer Anzahl Yamilien bie Mittel des Unter
halte entzogen wurben, bie Öffentlichen Inſtitute und Wohl
thätigkeitsanftalten aufhörten gahlungsfähig zu fein, und 30,000
Perſonen von ihren Seelforgern auf die Armenliften geſtellt
und bee franzöfifgen consulta ober proviſoriſchen Regierung
als dringender Hülfe bebärftig namhaft empfohlen wurben,
Kein Wunder, daß bie Einwohnerzahl immer mehr ſank und 1810
nur 123,000 betrug. Dies war bie. wahrhafte Malaria Romt.
Die vier folgenden Jahre erhielt fie fi) unvermindert, Dank
der befondern Fuͤrſorge mohlmwollenber, erleuchteter Männer, wie
Zournon’d, Degerando’8 und Anderer, unter Mitwirkung be
eingebornen Abeld. Aber bie Wiebereinfegung Pius VII. und
ber Gentralverwaltung trieb bie Bevoͤlkerung ber Stadt fon
1814 auf 128,000 empor, bis 1820 auf 135,000, bis 1830
auf 147,385, und die Zählung im legten Jahre 1881 gibt eins
fernere Steigerung berfelben bis zu 150,666 fund.”
, - (Der Beſchluß folgt.)
J
Miscellen.
Die Bertheilung des Bodens in Frankreich.
Nach Lullin de Chateauvieux ſoll es in Frankreich am
4,800,000 Grundſtuͤcke geben und zwar
8000 ven 1200 Morgen
98000 s 283 s
200,000 s 160 ⸗
600,000 ⸗ 88 ⸗
8, 400 000 s 15 ⸗
Dagegen ſoll es nach A. Seguin (Revue enceyclopédique
1831, &. 83) in Frankreich nicht weniger als 10,290, 8 Gruk
befiger geben, 200 meidien A 20 %
jährli . Steuer zahl
An
‚ r. Steuer zahlen
62,5 =: 0 6 ; zah *
523991 »-- 50— 100 s
322,659 ⸗ 100— 80 s ß ⸗
68,457_ = 800- 600
33,666- 500-1000 ⸗ ⸗ ⸗
13 447 « 1000 und mehr.
Es ſcheint faft unmöglich, diefe zwei Angaben zu vereinigen.
Rau, ber in feiner „Politifchen Oekonomie“ darauf anfpiek
Coergi. I, 291, II, 80), gefteht ben Widerfprudy ein, ohne An
gabe eines Mittels feiner Löfung. Ich erlaube mir, eine Gom
jectur vorzulegen, die für mich beinahe den Charakter der Rid«
tigkeit an fi trägt... Nach allem Anfcheine find unter dem
Grundbeſitzern, deren Zahl über 10 Millionen betragen fol,
nicht blos bie Befiger von Landgätern, fondern aud) von Hiw
fern zu verſtehen. Nah Haſſel's „Lehrbuch ber Statiſtik“,
©. 500, find vor längerer Zeit in Frankreich 5,431.000 Privats
häufer vorhanden gewefen. Rechnet man nun Brundftüde unb
Gebäude zufammen, fo bringt man fo ziemlich die Summe von
Befigern heraus, die von Seguin aufgeführt wurde.
Schön, nicht Schoen.
Schoͤn's „Staatswiſſenſchaft“ iſt mit lateiniſchen Lettern ge
druckt, der Name des Verfaſſers daher fo geſetzt, daß dad ©
neben das o zu fteben kam. Fr. von Raumer feste, in ber zweiten
Auflage feiner „Sefhichtlichen Entwickelung ber Begriffe von Reh,
Staat, Politik““, den Namen mit beutfchen Lettern auf biefelbe
Weife und verführte den trefflidden GSchmitthenner („Ueber
Staat und Staatöwiffenfchaft”, Heft I, &. 181 u. 209), md
Schriftſteller anzunehmen, wovon ber erſte, Schoen, die
„Staatsmwiffenfchaft”, ber zweite, Schön, die „Brundfäge dee
Finanz“, gefchrieben haben fl. 150.
Nedigirt unter Berautiwortiidhtelt der Berlagsbandlung: 8. A. Bro@baus in Selpstg.
Blätter .
.
für |
literariſche unterhaltung.
Sonnabend,
—
Dramatiſche Buͤcherſchau für das Jahr 1832.
Dritter und legter Artikel.
(Scrtfegung aus Rr. 172.)
28. Tage dee Vorzeit. Dramatifches Gedicht in vier Darftel-
lungen -aus ber Geſchichte ber freien Stadt Frankfurt. Won
Georg Ddring. Frankfurt a. M., Gauerländer. 1888. |
8. 1 Thir. 8 Gr.
Auch ein Gelegenheitsgebicht ; aber ein fhwadhes, fowol von
Selten des Stoffes als von Seiten ber Behandlung. In ei-
nem geſchichtlich⸗ romantifchen Worfpiel in einem Aufzuge wird
uns die Sage von Frankfurts Gründung durch Giegbert, den
anlenführer, und Ghriftianus, einen Moͤnch, erzählt. Man
ennt dergleichen, und das gegenwärtige Schaufpiel unterfchtis
det ſich nicht von poetiſchen Erzeugniſſen biefer Art. Bas
bei, Sharaktere und Sprache find nothdürftig gut. Das Schau⸗
fpiel: „Der ph in einem Aufzuge, zeigt uns Karl ben
Großen mit dem gefangenen Zaffilo von Baiern. Alcuin und
Eginhard und bie arabiſchen und griechiſchen Befanbten brins
gen einiges Leben in die Scene. Bon Keinden und Niederlagen
umringt, ruft Karl: „Seubelindens Fluch“, und der Vorhang fällt.
Das Stuͤck konnte ebenfo gut zu Macken oder am Rhein fpier
len wie zu Frankfurt; die Aufgabe ift daher nicht geloͤſt. Das
dritte Stüd: „Die Wahlftabt”, Trauerfpiel in zwei Aufzügen,
zeigt eine Scene aus dem zweiten Intersegnum, und zwar Gün-
tber von Schwarzburg und feinen Gegenkaiſer Karl von Boͤh⸗
men. . Hier fällt der Buͤrgerſchaft von Frankfurt mehr Antheil
zu als im vorigen Stüd, und ber Berf. trifft alfo diesmal beſ⸗
fer das Ziel. Schade nur, daß das Biel felbft fo Klein it! Im
vierten Städ: „Suſtav Adolf's Abfchieb von Brankfurt‘‘, wirb
über Bürgerglüd und WBürgerfreiheie viel bin unb her ges
fprochen ; gehandelt wirb gar nicht, wenn man ein: Lebt wohl!
nicht etwa für eine Handlung nehmen will. Das Gtäd wirb
von einer poetifchen Biflon befchloffen, bie der Bürgermeifter
Eberhart Hat. Nichts in der Welt kann unglüdlicher erdacht
fein als diefe von allem pſychologiſchen Motiv total entblößte
Berzuͤckung, in welcher der Herr Stabtbürgermeifter bie Genien
von Frankfurts Rreibeit, von feiner Handelſchaft und feiner
Poefie erblickt und apoftrophirt. Natürlich durfte der Name
Söthe nicht fehlen. Aber ließ ſich etwas Ungeſchickteres erſin⸗
nen als den Bürgermeifter aus dem 17. Jahrhundert den Ra»
men bes großen Dichters aus bem 18. hier nach Buchſtab und
Sylbe ausfprechen zu laſſen? Mar denn Böthe fonft auf keine
Art kenntlich zu bezeichnen? Wie roh ift’s, plöglich ausrufen
u laſſen:
au laſf Wer Hüftert mir den Namen Goͤthe zu?
29. Die Wiedertäufer zu. Mänfter. Romantifch » hiftorifches Ber
“mätde in fünf Aufzügen nebſt einem Vorſpiel; nad) ber Idee
des Ban der Velde’fhen Romans: „Die Wiebertäufer”. Bon
xẽWard Lange. Berlin, Krauſe. 1882. Gr. 8. 1 Thlr.
r.
Ueber die Gattung, zu welcher das eben angezeigte Drama
— Nr, 173, ö—⸗
22. Juni 1833.
gehört, haben wir uns zur Genuͤge ausgeſprochen; als Inbdivi⸗
duum in feiner Gattung gehört es zu ben leiblichen.._ Das Vor⸗
fpiel ſtellt ein Außerft beiebtes und dramatifch wirtfames Ges
mälbe ber Zeit und ber Umftände dar, unter denen die nachfols
gende tragifche Handlung fi entwideln fol. Schiller's Vorfpiel
zur „Sungfrau von Orleans’ hat das Mufter dazu bergegeben ;
aber es ift eine geſchickte Nachahmung eines trefflichen Muſters.
Die Rolle der Sungfrau übernimmt der begeifterte Alf Kippenbroß,
eine — wohlgezeichnete und dramatiſch gut ausgeſtattete
Seftalt. on bier zeigt fich, daB der Verf. der Rebe mächtig
iſt; feine Worte find entflammet, oft poetifch, meiflens von bras
matifchem Klang: - ,
Bum ch wird euch die Freiheitslehre werben,
Verderden, zehnfach Weh die Lehr’ euch bringen
Bon ird'ſcher Guͤter⸗ und von Standesgleichheit;
Dean was in euerm Schwaͤrmerwahne ihr
Geſetze nennt und Recht — iſt Aufruhr nur,
Der Raub, der Mord und Bkand zur Folge bat.
Die Eharakteriſtik der Häupter bes tollen Schwaͤrmerhaufens —
erft Matthäus, dev Prophet, bann Johann Bockold, der Schnei⸗
berfönig, Rottmann, der Drator, Zuislofchiexer, der Gold⸗
ſchmied, der den. ganzen Unfug mit Bewußtſein fchärt, um
daraus eine Fuͤrſtenkrone für fih zu fchmieden, Knipperdolling
und Krachtings, Johann's Henkerknechte u. A. mehr — iſt zwar
mit Teinem großen Aufwand vielgeflaltiger Menfchenkenntniß,
aber body mit Geſchick und dramatifcher Wirkung durchgefuͤhrt.
Beſſer noch als fie find bie weiblichen Helbinnen, life und '
Klara, Töchter bes bingerichteten Zrutlinger, die Beute, Am
die fi) unfere Helden flreiten und bie ſie verdirbt. Zuislos
ſchierer erreicht feinen Zweck:
Mein Riefenplan gelingt — er muß gelingen.
Matthäus faͤlt — Alf muß den Tod ibm ‚bringen.
Und fpäter:
Kriumph! Matthäus fant in eiv’ge Nacht, .
Und meines Gluͤckes goldner Stern erwadt....
.. Es if kein Kinberfpiel
Gin Bolk, daB in des Glaubens Schwaͤrmerwuth
. Des Thrones Helligkeit in Staub getreten,
Bur Quldigung bed Purpurs neu zu zwingen.
Doch kenne ich die Macht, die dies vermag:
Es iſt des Freiſtaats biendend Gaukelbild....
Auf denn! bie Conſulkrone Alf zu bringen; -
Sein Blut fol mir den Koͤnigspurpur färben ...
Johann wirb- König, und @life ergibt fi ihm, um ihre Theuern
zu rettens als er fie, welche die gefangenen Söhne bes Bis
ſchofs rettet, enthaupten laffen will, wird ex geftürzts der Wis
ſchof fiegt durch Alf, weichen Zabritius mit Klara zum Bunde
einfegnet. Die Sn biefer Babel tft durchaus dramatifch,
unb laͤßt man dem Verf. eine Anzahl unndthiger Perfonen eins
mal durch, fo iſt keine feiner Scenen leer und entbehrlich. Es
ift ein tuͤchtiges Talent, das dies Drama geftaltet hat, bie und
da allzu ungeflüm, aber niemals matt und eintönigz ein Ta⸗
' R
714
tent, das ſich nur zu befonnenerer Wahl feines Stoffes hinwen⸗
ben darf, um etwas GSrfreulicheres zu leiften.
80. Dramatifche Werke. Bon Karl Blum. Auch unter bem
Titel: Friedrich Auguft in Madrid. Originalfchaufpiel in fünf
Aufzügen. Der Faͤcher. Luftfpiel in drei Aufzügen. Leipzig,
Leo. 1832, 8. 20 Gr.
. Beffer: „‚Undramatifche Werke von K. B.“; denn AUS in
ber Welt iſt der Verf. eher ats ein Dramatiker! ‚‚Briebsich -
Angaft in Madrid‘ gehört zu den Arbeiten, die nit um der
Kunft willen, fondern um die Neugierde ber Zufchauer zu be
friedigen, da find. Herr Blum ift unfers Erachtens ein durch⸗
aus unglädtichee Buͤhnendichter, der trog feiner langen Be: |
ſchaͤftigung mit der Bühne weder Buͤhnenkenntniß noch bed:
matiſche Sprache ſich “anzueignen gelernt bat, und dee in-
Bearbeitungen und Weberfegungen faft noch unglädlicher ift als
in eignen Srfindungen. Das eben genannte Stüd gehört zu
ben legtern. Die wortfelige, gänzlich undramatiſche Breite der
erſten Acte, bie Ueberſtuͤrzung und Motivloſigkeit ber legten
und bie fade Rhetorik der mitttern zeigen nur allzu fehr, daß
bem Verf. jedes dramatifche Geſchick, felbft in Drug auf ben
bloßen, baaren Bühneneffect abgeht. Wir möchten Den ſehen,
der dies Städ zweimal mit Vergnügen zu fehen ober zu le
fen vermag, den Verf. allein ausgenommen! Bebeutender faſt
als das Staͤck ſelbſt erfcheint uns daher bie hiftorifche Notiz,
bie der Verf. darüber voranſchickt. Friedrich Auguſt's Liebe
zur Marquiſe Ifabella von Manzera ifk zwar ein in Ge
heimniß gebülltes, aber nichtsdeftoweniger unbeftreitbares Fac⸗
tum. Die Shatfache ſelbſt ift aus einer fpanifchen Erzählun
unter bem Zitel: „Le prince‘ du Nord”, 1724 ins — *8*
ſche überfegt und ans ber „Saxe galante” 28 zu Amfter:
dam gebrult) ziemlich bekannt. Der „Geſellſchafter“ gab 1830
nach biefen Quellen eine romartiſche Erzaͤhlung, welche ihren
Beifall dem allerdings Fehr glüdtichen Stoffe zu danken hatte.
Nach der letzten biefer Quellen farb Iſabelle, vom ihrem vers
laffenen Gatten vergiftets nach der erften veifte Tabelle nach
ihres Gatten Tobe gu ihrer Mutter nad) Vakencia, und Fried⸗
rich Kuguft von Sachſen, der ihr folgte, traf bier grade an
ihrem Zobestage ein. Der Verf. gab einem gluͤcklichen Schluß
ben Vorzug, und ſchließt die Scene mit dem Abfchied vom
Dofe zu Madrid, wie uns feheint, mit offenbarem Unrecht, ba
er auf diefe Art den mächtigften tragifchen Hebel, bie Nemeſis,
aus: feinem Drama hinwegließ, recht wie zum Beweiſe, baf
ihm alle tiefere Einficht in das Weſen bed Dramas durchaus
mangelt. Zwei oder drei beffer ausgeftattete Geftalten, den Koͤ⸗
ntg, den Franziskaner Dibacius und bie Königin Mutter abge
rechnet, zeigen fich und verſchwinden alle übrigen gleich weſen⸗
lofen Schatten, nichts, nicht einmal Srinmerung bei und zu:
rüdlaffend; denn bei der breiten, veizlofen, formenarmen und
ungeftaltigen Sprache bes Verf. wünfchen wir jeber feiner Fi:
guren von Herzen ein balbiges Abtreten. Den Zon bes Hofes
aber trifft derſelbe R wenig, daß er in jedem Augenblid gegen
die befannteften Dinge werfiößt.
„Der Bücher", Luſtſpliel in ‚drei Aufzügen und Alerandris
nern, nad Goldoni’s ‚‚Vontsglio” iſt ebenfo unglüdlich bearbei:
tet wie die „Mirandolina“ beffelben Berf. von bemfelben Bear:
beiter. Zwar theile fchon Bers und Reim dem Stuͤck etwas
mehr Leben mit, als die träbfeltge Profa des Bearbeiters dies
vermoͤchte, und bie Intrigue mit dem durch viele Hände wan⸗
dernden Faͤcher, welther Treue und Untreue verräth, ift fo ars
tig und natürlich, als Golboni's Intriguen meift A fein pflegen.
Indeß fchleppt die Entwiefelung doch nach bed Verf. Art, unb
feine Sprache ift, wiewol zum Vers zufammengeleilt, doch
möglichft reizlos. Wie ungluͤcklich iſt fdyon die Idee, aus Ges
der einen Referendarius zu machen, ber in einen vernünftigen
Vers paßt!
’ Geber. |
Gilt es Vergnügen nur — Ihr habt ja bier zu wählen.
Eduard.
Das iR ein Glaͤck
Bon Schirm.
..... Ein Schild für deinen Eigenfinn!
Referendarius liebt, und biefe Bauberin,
Der ed gelang, fein Herz durch holben Blick zu fangen.
Der „Schild für deinen Eigenſinn⸗ ift gar nicht zu verftehen!
Bei alledem ift-Bolboni’s Gedanke mächtig genug, das Stuͤck
aufrecht za erhaiten, wie oft es auch unter des Beachlters Haud
zu zerbredgen bordhe.
81. Armin, genannt (!) Herrmann ber Cherusker. Ein Trauer
fpiel in fünf Abtheilungen. Bon G. Schuͤtz aus Meclen⸗
burg (!). Hamburg 1850. Br. 8. 1 Zhlr.”6 Er.
Es iſt dies eine von mindeflend zwanzig Tragoͤdien biefes
Stoffes, welche uns nach und nach befannt gemorben find. Bon
keiner einzigen haben wir einen lebhaften Eindruck empfangen,
und allmälig find wir baher auf die Vermuthung g Ben,
daß die Schu davon wol an dern Stoffe ſelbſt, an Tfei:
nee unuͤberwindlichen Magerkeit liegen möge. Wir miffen keine
andere Urfache des Schefterns fo vieler Verſuche anzugeben.
Hermann ift ein Name, weiter nichts; micht einmal das Feld
feiner Thaten wiſſen wie genau zu bezeichnen. Hermann
ift ferner ein beutfcher Römer, ober ein römifcher Deutſcher;
Hermann fliegt durch Lift und Verrath gewährten Vertrauens
mehr als burch Waffen und Muth; Hermann’s Sieg endlich
war 'nach einem Jahrzehend ſpurlos, und auf feinem &iegeöfelbe
berrfchte der Römer. Dies Alles mag dazu kommen, naͤchſt fo
pielm verungtüdten Verſuchen, uns biefen Stoff zu verleiben.
Sein Sieg if eine That, aber ein Factum ift keine Zragäbie,
wiewol bie Gefchichte die große tragifche Mutter Heißt und zu
heißen verdient. Indeß bat ber Verf. aus dem magern Gtoff
durch gluͤckliche Rhetorik gemacht, fo viel burch bies Huͤlfsmit⸗
tel daraus gu machen war. Zwar erfegen Worte und Berfe
den Mangel ber Hänblung ſchlecht, die wir vom Drama fobern,
indeß, zu reden und reben zu laffen, verficht der Verf. Gein
ganzes Drama, befonderd aber ber erfte Act ift eine rhetortiſche
Styluͤbung. Segeft und Ingulomir werfen Hermann feinen
Verrath vor, gegen ihren Hohn vertheldigt er ſich.
Inguiomir.
.. dind ber Kampf durch dich gerecht
An? Und wie nennſt du dieſen Kampf?
Hermann.
J .. Den Kampf
Der Freiheit fuͤr Germanien, den Kampf
Des Rechtes wider Fremdherrſchaft und die
Gewalt! Wirft du ihn anders nennen?...
Inguiomir
Was dein Beginnen war, weißt du allein!
Hermann.
Melt ich ed weiß, Bann ich vor Dir au ſchweigen.
Segef.
Ein frecher Streich, ein troſtloſes Beginnen,
Ein Frtevel wider alled Necht der Völker...
Man fieht, die YZührer: Deutfchlande zu Dermann’s Zeit find
fon fpigfindige Yuriften und aus ihren Bärenhäuten heraus
beciamiren fie bereits über Voͤlkerrechte und Volksrechte. Die
fen cafuiftifchen Zweiflern gegenüber erhebt fi Hermann al
lerbings zum Helden und Siegmund, Segeft's Sohn, zu einem
edeln Opfers Segeft und Inguiomir, Hermann's Gegner, wie
geln die Fürften gegen ben Befreier vom Roͤmerjoche auf; fie
zeihen ihn bed Raubes an Thusnelde, welche von Siegmund
aus ber väterlichen Gewalt in den heiligen Hain gerettet if,
des Verraths an ihrer Freiheit, richten ihn und opfern ihn
dur Gift Hin, nachdem Thusnelde und Siegmund gefallen fin.
Eine fo einfache Hanblung kann ohne viel Redeprunk zu einem
fünfactigen Stüc nicht ausreichen; in biefem ſucht der Berf.
daher auch feine Stärke. Hierbei begegnet es ihm, - balb Gu⸗
I tes, bald Schlechtes zu geben, wie der rhetorifche Würfel grade
fat. Zuweilen macht er. den Verſuch, eine alte Gefchichte auf
neue Berhältniffe anzumenden und feinem Hermann, Segeſt
und Sueno die Klagen und Wuͤnſche unferer Tage in ben Mund
715. .
legen: Solche Stellen machen ihre Anziehungskraft geltend.
En Slegmund malt ber Verf. jedoch ein Wefen, wie. «8 nur in
unferee modernen Romanmwelt lebt.
-. Berflanden wird nicht, was ich in mir trage,
Ein ew'ges Etwas lebt ed überall,
Ein ew'ges Nichts (F) und Etwas fleigt ed auf,
Vollendet ift mit ihm daB ganze Leben,
Bollendet tfk in ihm mein Lebenslauf.
Das Wort des Mäthfels fol die Eiche fein. Es iſt ſchwer
zu glauben, baß bie Zeitgenoffen Hermann's in fo myfliſchen
Worten von ber Liebe gefproden hätten, ober baß Thusnelde's
Bruber ein Novalis gewefen ſei. Bisweilen Überflürzt dev Verf.
ben dramatifchen Effect. &o fagt ‚Hermann:
Ich ſteh vernichtet Hier — und bin Bein Gott.
Das wiſſen wir. Gegeft hat Shusnelde, bie ihm nicht folgen
wül, in Hermann’d Armen ermordet. Dennoch uennt er biefen
ihren Mörder. „Fuͤhlſt du nicht Reue’? fragt ihn: Hermann.
Reue? Ich? Ich? Ich? Ich? Reue? Ih — nein be!
erwidert Segeſt.
Der Verſ. kuͤndigt einen ganzen Cyklus vom hiftorifchen
Tragoͤdien an; wir müffen erwarten, ob darunter welche fein
werden, bie mehr tragiſches Wermögen beurfunden als die ger
genwättige, von ber ſich nur fagen läßt, baß fie eine ziemliche
redneriſche Fertigkeit bewährt. .
Die dortſetung folgt.)
Die römifhe Malaria und bie Räuber der Campagna.
(Beichluß au Nr. 172.)
„Auch find wir der Meinung, daß ein doch wenigftens im
Seide ber Mögtichleit kiegendes, wo hicht bevorſtehendes Auf:
Höxen der phpftlichen Regierung die Volkezahl der ewigen Stadt
wicht eben wieder in Abnahme bringen dürfte. Rom ift der
Mittelpunkt 'eines großen Adterbaulandes, das ſich von ben
Grenzen Zoscanas Bis nach Neapel hinunter, von der See bis
zu ben umbrifhen Gehirgen hinein erſtreckt und keine einzige
Stadt befist, die ſich mit Rom meſſen Einnte. Der Zuftand
bes Landes iſt gegenwärtig hoͤchſt verfdieben von bem, wie er
war, als bie Päpfte in Avignon refidieten, und es kann ebenfo
wenig bie 3eit der aufgedrungenen unheilbringenden franzöflichen
Herrſchaft ein warnendes Beifpiel fein. Die großen Grunbs
eigenthümer und reichen Pächter müßten nothwendig in Rom
wohnen bleiben, weil bie Malaria fie abhalten würde, in ber
Sampagna ſich aufzuhalten. Der römifche Adel würde feine
glänzenden Paläfte, Galerien und Villas um fo weniger alds
dann verlaffen, wenn er durch die Entfernung bes geiftlichen
Regimented eine größere Wichtigkeit erlangte. Die Märkte
Roms würden fortwährend die Preife in der ganzen Provinz
beflimmen. Verbeſſerten fi) die Anpflanzungen, fo würden Co:
loniften und &peculanten berbeigezogen werben. Verſchiedene
Manufacturen gebeihen fchon jegt in Rom, verforgen Stadt
und Land und befhäftigen viele Hände. Rom ift ber Mittels
punkt eines beträchtlichen Audfuhrs und Ginfuhrhandels durch
die Häfen Fiumicino, Givita Vecchia und Porto d'Anzio, unb
mit dem innern Lande bis an das abdriatifhe Meer. Beine
zahlreichen Kichen und Stifter würden eine verhältnißmäßige
Anzadl Weltgeiftlicher daſelbſt erhalten. Es würbe immerbar
die Univerfität und hohe Schule aller Amtöftubien für die ganze
Provinz ebenfo wie ber Bufammenfluß aller Künftter un
Kunftfreunde aus allen Theilen ber Welt fein und liegt übers
dies an der einzigen Landverbindungsſtraße nach Neapel und
dem reichen Königreiche beider Gicilin. Wofern alfo ber et⸗
walgen Entfernung ber päpftlicdden Reſidenz nicht fremde Unterr
jochung und Beraubung folgte, würbe Rom auch trog derfelben
eine Gtadt von großer Bedeutung bleiben. Wir find aber kei:
neswegs der Meinung, daß bei künftigen politifchen Weräns
. derungen in Italien Rom zu dem Range einer bloßen Provin:
zialfladt herabgefegt werden dürfte.”
„Seine Bemerkungen über bie Criminalgeſetze
Herrn be Tournon bedeutende
roͤmiſchen Volkes thun.
laſſen den
Blicke auf den Charakter bes
miſch Mord und Straßenraub waren lange
Zeit bie alltäglihflen Verbrechen. Gin heftiger Trieb nad
Rache und Eiferſucht, von anmaßlichem Hohn oder von Unter
drüdung aufgeregt, ifk ber gewoͤhnliche Grund des aftern Ver
brechens. Ward es einmal begangen, fo fuht der Schuldige
Zuflucht in Bergen und Wäldern und fängt da nothgebrungen
feine Laufbahn ale Bandit (Werbannter) an. GE ift fchon,
und allerdings nicht ohne den Anfchein bes Rechts, gefagt wor⸗
den, bie Mängel der Geſetzgebung imMben päpftlichen Staaten
hätten der Zunahme biefer Verbrechen Worfchub gefhan ; doch
‚aber finden wir bie nöcdlihen Provinzen von Banbiten frei
und in den füblichen nur einen gewiffen Diftrict der Campagna
befonders damit angefült. Schon Gicero meldet, baß zu feiner
Zeit derfelbe Bezirk verrufen gewefen fei. Die an bie pontini-
Then Sümpfe grenzenden Monti Lepini find ſchon lange um
biefer übeln Bewohnpeit ihrer Vewohner willen berüchtigt ge:
weien, derweil das benachbarte Thal des Anio friedlich unb
rein von Verbrechen if. Graf Tournon ſchreibt die Neigung
mancher Gegenden zu Morbthaten dem Gindrud zu, melden
bie Fehden ded Mittelalters im Volke zurücgelaffen haben, das
die Barone felbft zu Räubereien anhielten, biß die ſtrenge Herr⸗
(haft Sirtus V. fie. bändigte. Freilich Eonnte die Schwaͤ
folgender Regierungen das Uebel nicht mit der Wurzel aus:
rotten. Das Leben eines Banbiten hatte alle feine Schrecken
und feine Schande verloren und warb als ein ebrenvolles, aben⸗
teuerliches Gewerbe angefeben. In folchen abgefchloffenen Be⸗
zirken ericheint ein Bandit den Menſchen in anderm Lichte als
in ben Gtädten. Gr wird gefürchtet und bemitleidet. @ein
Weib ruͤhmt fich gegen ihre Gevatterinnen, dab ihr Mann in
den Bergen fei. Die NRachbarsleute beftellen feine Felder um:
fonft, damit er bie ihrigen fchone. Der Dorfbarbier, der Kraͤ⸗
mer find immer dereit, feine WBebürfniffe zu befriedigen, bie
Schafhirten find feine Boten, bie menfchliche Geſellſchaft bat
nicht alle Bande mit bem Verbrecher zerriſſen, ex wird als ein
Ungluͤcklicher angeſehen. Sogar bie Regierung ift bereit, ihm
zu verzeihen, fobalb er von feinen böfen Wegen zurädlehren
will, ja fie will ihn nicht blos ber bürgerlichen Gemeinschaft
wiedergeben, fondern ihn felbft zu Zufeechtbaltung bes Friedens
im Sande anftellen. So flark ift diefes Gefühl überhaupt, daß
Landmäbchen häufig vorziehen, das Schickſal eines Banbiten zu
theilen, als das Weib eines frieblichen Landmanns zu werben.
Der Bandit feinerfeits firebt feinen Einfluß durch den Schrecken,
ben er einflößt, zu erhalten, Geine ſchaͤrfſte Rache trifft meiſt
Diejenigen feiner Dorfgenofien, welche ihn entweber angegeben
ober ſich gemweigert haben, ihm in ber Noth beizuftehen. Auch
wenn er gegen Reiſende unb Andere, bie ihm in die Haͤnde fals
Ien, nicht biutbürflig ift, To zeigt er doch den Opfern feiner
Rache keine Barmherzigkeit. Er brennt ihre ‚Hütten nieder,
zerflört ihre Pflanzungen und foltert bie Unglädfeligen, ſobald
fie in feine Gewalt gerathen, felbfi zu Tode. Denen, bie hin»
gegen. auf einem guten Buße mit ihm flehen, gibt er nicht ſel⸗
ten Großmuth zu erkennen.”
„As die Franzoſen 1809 Rom beſetzten, hatte ſich bie
Zahl der Banbiten auf beforgliche Weife in Kolge ber Verwir⸗
rungen vermehrt, worein das Land durch die ſich darum firels
tenden feindlichen Gewalten, bie päpftliche und franzöftfche,
gerathen war.
„Die, Räuber hatten fi etwa 100 an ber Zahl in ber
Kette ber Monti Sepini an ber Landfiraße nach Neapel iv
fammengerottet. Das einzige Dorf Giulano zählte deren 12,
worunter einige Beteranen, bie fon 20 — 80 Jahr ihr
Handwerk trieben. Santo Stefano, Proſſedi, Supino, or
mimo lieferten ihre Gontingente. Die legtere Ortſchaft wurde
— beiläufig — nad) der Reftaurotion auf Befehl des Garbinals
Sonfalvi wegen ihrer Unverbeflerlichkeit von Grund aus zerftört.”
„Die Sranzofen bildeten, nach Sinführung ihres Kobe, eine
dasımerie und fingen. erafllich an auf die Banbiten Jagd zu
716
machen. In kurzer Zeit fiel denn auch deren größter Theil in
—* der —8— und wurde hingerichtet, waͤhrend die uͤb⸗
rig gebliebenen ſich in die entfernteſten Verſtecke ber Gebirge in
der Hoffnung, vergeſſen zu werden, fluͤchteten. Im Jahre 1811
Yamen die Banbiten aber noch einmal und verſtaͤrkter, 120 an
ber Zahl, zum Vorſchein und verbreiteten Schreden bis vor bie
Thore Roms. Nah deö Grafen Zournon freimüthiger Ber:
fiherung trugen verſchiedene Fehlgriffe ber frangdfifchen Behörde
felbft die Schuld. Eine falſche Oekonomie und zu große Wer:
änderungsfucht hatte fie veranlaßt, bie ganze Schar der Gbirri
oder bie alte Policei pläglich zu entlaffen. Alfo in bie Welt
geftoßen und untauglich zu jedem andern Erwerb, traten viele
biefer Leute aus Verzweiflung in bie Räuberbanden ber Bebirge
ein. Gbenfo war die für die römifchen Staaten allerhings
wohlmweistich ſehr gemilderte Gonfeription den Gitten bes an
einen jahrhundertelangen Frieden gewöhnten Volkes fo fremd
und entgegen, erſchien ihm fo ungerecht unb drüdend, daß viele
junge Leute, unwillig, ihr Vaterland zu verlaffen und in fernen
Kiimaten für eine fremde Sache ihr Leben hinzugeben, forts
liefen und in ben Schlupfwinkeln ber Gebirge Zuflucht fuchten,
wo einige fi zu den Räuberbanden rotteten. Daffelbe geſchah
auf genuefifchem Gebiet, in Xoscana und Parma, und bie Apens
ninentette wurbe das Aſyl wibderfpenftiger Conſcribirter. Aus
den alfo recruticten Banditen entſtand aber eine Art Guerilla,
fie gefährdeten bie Gommunication der franzöfifchen Behoͤrden,
nahmen 1813 ben Unterpräfecten von Broflnone gefangen, und
es gelang erft durch Anwendung ber vollftändigen, aus einigen
Gompagnien Gensbarmes beftehenden bewaffneten Macht der
Ortebehörden, durch Reformirung eines Hülfscorps auserwaͤhl⸗
ter alter Sbirren und nur unter dem SBeiftande ber Linien:
-truppen die Sicherheit des Landes einigermaßen wieberherzus
ftellen. Am Enbe ber franzöfifchen Herrſchaft 1814 Hauften in
der Gampagna immer noch mehr als 50 Banditen. So viel
von der von leichtgläubigen Reifenden fo gepriefenen Ausrot⸗
tung der Banditen unter den Franzoſen!“
„Wenn biefe nun aber aus politifchen Gründen nicht ge:
Yang, fo wurde bie Stäbtepolicei von dem franzoͤſiſchen Regime
gaͤnzlich und auf das Heilfamfte reformirt. In ber Stabt Rom
erhielten acht Policeicommiffarien mit einer geringen Municipal⸗
wade volllommene Sicherheit aufrecht, welche burch die von ben
Franzoſen damals in ben meiften italienifchen Städten eingeführte
und feither fortbeftehende nächtliche Straßendeleuchtung weſent⸗
. lich gefördert ward. Wir erinnern uns ber Zeit, da die Straßen
von Rom und Neapel entweber in gänzliche Dunkelheit begraben
lagen, ober nur theilmeife bis Mitternacht durch die Lampen
in ben Läden und Kaffeehäufern ober bier und da durch ein
trübes Lichtchen beleuchtet warm, das vor dem Bilde einer
Mabonna ober eines heiligen Antonius dämmerte. Doc audy
damals hatte man nur Privatracdhe zu fürchten, und es waren
nur wenige Räubereien auf den Straßen oder in Häufern er:
hört. Die Schnelligkeit und Deffentlichkeit des gerichtlichen
Verfahrens waren zwei wichtige durch bie Franzoſen bewirkte
VBerbefferungen und find nach ber Reflauration leider nicht beis
behalten worden. Sobald fich einmal die heilfame Ueberzeugung
in bem Gemüthe des Volkes begründet hatte, daß unpermeid:
lie Strafe jeder Gewaltthat und jedem Werbrechen folge,
ging eine erflaunende Umwandlung vor. Es war gleichfam ein
auf .fie treffenber Lichtftrahl, der ihren ganzen Ideengang bes
richtigte. Oft hielt ein plögliches Bedenken die ſchon zum Stoß
erhobene Hand zurüd, und mancher Dann rief, wie auf ein:
mal wieder feiner gefunden Sinne maͤchtig aus: Ah, se non
fosse la seduta! Die Öffentlichen Serichtshöfe boten dem Volke
«in neues Scaufpiel dar, und es nahm eifrigen Theil an den
Verhandlungen, indem es die Gewißheit von unparteilicher
Rechtepflege gewann und die völlig freiftehende Vertheidigung
billigte. Die Ueberzeugung, daß Rang und Stand bes Belei⸗
Digers Feinen Unterfchieb zu feinen Gunfter machten, war eine
Hohe moralifche Lehre. So bewirkte unter Anderm die Verur⸗
theilung eines Wechſelmaͤklers wegen tes an einem Diener ven
übten Mordes einen tiefen, bauernden Gintgud, Der Ginflef
der Pfarrgeifllichen und des achtungswerthen Theiles ber Land
bewohner fland der Regierung in bem Werke ihrer wohlthätis
gen Reformation bei, und die Bauern und Landleute erkannten
jett, eines hoͤhern Schuges gewiß, ihren Wortheil, ber Obrigkeit
und Polizei in Ginziehung von Miffethätern beizuſtehen.“
„So lautet des Grafen von Zournon warmes Zeugniß zu
Sunſten der armen herabgewärbigten Römer, das unfere eigne
Bekanntſchaft mit ihnen völlig beſtaͤtigt.“ 153,
Literariſche Notizen.
Aus ben „‚Annales’‘ ber akademiſchen Geſellſchaft zu Nan
tes iſt befonders abgedrudt eine Abhandlung von Penhouet:
„De l’ophiolatrie ou culte du serpent”, zur Erklaͤrung der
Monumente von Karnak und der griechiſchen und roͤmiſchen
Kunftdentmale, worin bie Schlange vorlommt.
Achille Allier gibt in Werbindung mit mehren Künfliern
„L’ancien Bourbonnais”, en aus 3S0—85 Eieferungen beſte⸗
benbes Merk über bie Befchichte, die Denkmale, Sitten und
Statiftit der ehemaligen Provinz Bourbonnais heraus. Gin
ähnliches Wert: „Antiquites de la Bretagne”, in 20 Lieferun
gen, das in Breſt erfcheint, if angekündigt. Das Interefie,
das biefe Richtung auf die Provinzialverhättniffe erwedt, ik
nicht ohne Bedeutung.
Bon bed Grafen Alexander de Laborbe „Les monumens
am France’ ift die 39. Lieferung mit ſechs Kupfertafeln ers
(dienen.
Die „Oeuvres complätes de Buffon”, mit Supplementen
von Guvier, in 18., find bis zum 45. Bändchen vorgeruͤct.
Eine neue Sammlung in 20 Octavbänden, mit 2O Lieferungen
von Kupfertafeln, von Richard, Profeffor ber Arzneiwiſſenſchaſt
zu Paris, herausgegeben, hat feit ben December 1832 begonnen.
Es find bereits drei Bände erfhienen. Das Ganze fol im
Januar 1884 vollendet fein. -
Der Abbe Ledru hat eine ‚„Profession de foi de Peglise
frangaise de Leo Leves’’ zu Ghartres herausgegeben. Darauf
erfhien „Réponse à l’appel de M. l’abb& Ledru’’, „von .eis
ner alten Bekanntſchaft.“ Der Abbe Auzou hat „‚Reponse de
a frangaise aux atlaques de l’&glise romaine‘’ befanat
gemacht. -
Bon dem geiftzeihen Parlamentöreduer T. B. Macauley
erfcheint (in Larbner’s „Cabinet cyclopaedia’‘) ‚View of the
history of France, since the restoration of the Bourbons”,
und don Mobert Southey in derſelben Sammlung „Histery
of the Moors’’, drei Bände. Won beiben läßt ſich viel er
warten.
‚Sir John Malcolm, berühmt durch feine Schriften über
Indien und Perfien, zuletzt Gouverneur von Bombay, bat for
eben in Beziehung auf bie bevorftehenden Verhandlungen über
ben Freibrief der oſtindiſchen Gompagnie herausgegeben: ‚The
administration of british India”, aus amtlichen Schriften und
glaubwuͤrdigen Urkunden.
Ein engliſcher Artilleriehauptmann hat herausgegeben: „„Jowur-
nal of an excursion to Antwerp, during the siege of the
citadel”. Der Verfaffer war, wie mehre englifche Offiziere,
im franzoͤſiſchen Lager.
Sir Henry Halford, Präfident der koͤniglichen Gollegiums
der Aerzte zu London, hat mehre in dem Collegium porgelefene
„Essays’' herausgegeben, welche, außer ärztlichen Abhanblan
gen, einen intereffanten Bericht über bie Deffnung des Garges
Karl I. im Jahre 1818 enthalten. 9,
Nedigiet unter Werantwortlictelt der Werlagöbendlung: 8. A. Brodhaus in Leipsig
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literarifde Unterhaltung,
:Dramatifhe Buͤcherſchau für das Jahr 1832.
De "Dritter und legter Artiter. J
(Börtfenung aus Mr. 18.7
92. Ida. Schauſpiel in fünf Acten. Bon E. Kalfen. Aus
- dem Daͤniſchen überfegt von Chr. E. W
Hagen, Schubothe. 1831. 8. 21 Sr.
Die Rabel diefes Schaufpiels in einer langathmigen, reiz⸗
loſen Profä, iſt aus Lafontaine's „Ida von Zodendurg‘ bekannt
und an ſich nicht undramatiſch. Nur haͤtte eine andere Hand
dazu gehoͤrt, ſie uns anſprechend zu machen. Goͤthe, der in
„JIphigenia“ und „Tafſo“ ben echten Gebrauch bes Verſes im
Drama gelehrt dat, hat zugleich in „Clavigo“ gezeigt, wie bie
Proſa dramatifh zu formen fei. Wir find fehr den Ge:
draudy der Proſa im Drama; fie.hat das Gute, allem falfchen,
hohlprunkendben Pathos, allem leeren Wortgeflingel einen ſiar⸗
fen Dgmm, entgegenzuwerfen und in ber Unmöglichkeit, mit eit:
lem Wortprunk zu glänzen, zur eigentlichen‘ Aufgabe des Dra⸗
mas zurädzuführen. Allein es muß eine Profa fein, wie die
Goͤthes ober „eng, kurz, fachreich, energifch durch Bebans.
ten unb Korm. e langen und mattherzigen Dialoge biefes
Stuͤcks erinnern lebhaft an Tafontaine’s behaphiä » breiten und
ſuͤßlich⸗ unmännlichen Romanſtyl. Es ift nichts darin und baran.
33. Shakſpeare's dramatifche Werke, überfegt von Philipp
Kaufmann. Zweiter Theil. Enthaltend: Othello. Cymbe⸗
line. Berlin, Nicolai. 1832. 8. Bubferiptionspreis 1 Thlr.
Ohne Zweifel gehört ber Verf. zu den achtbaren Meberfes
gern des großen Briten; es wirb fogar wenig daran fehlen,
dag er, Alles zufammengenommen, nicht ber befte fei, wiewol
Schlegel fpradygewandter und Benba treuer iſt. Jene ſchwie⸗
rige Verſchmelzung von Zreue und Gefchmad, bie ihre höchfte
Aufgabe in einer Weberfegung des Shakſpeare findet, gelingt ſei⸗
ner Beſonnenheit und feinem Kleiß vorzüglih oft. Deflenuns
geachtet fobern wir ihn heraus, uns brei Verſe feiner Verdeut⸗
ſchung zu zeigen, an denen wir nicht mit vollem Rechte etwas
auszuftellen fänden; fo ſchwer ift es, den Shakſpeare allgenuͤ⸗
gend zu übertragen! Der zweite Theil zeigt, mit bem erften
verglichen, eher ein Kortfchreiten als einen erfchlafften Gifer;
„Dthello” und „Cymbeline“, welche biefer Theil liefert, find von
Niemand beffer überfegt, aber, wiewol ziemlich verſchieden im
Text, von Benda auch eben nicht fchlechter. Das ſcheint para-
dor" und iſt es doch nicht. Shakſpeare's Gedanke ift fo prägnant,
daß er. meift zwei, drei Geftaltungen zuläßt, die alle gleich gut
und glei treu fein können. Vergleichen wir 5. B. bie erften
Berfe bes Othello” bei dem Verf. und bei Benda.
Rodrigo.
Stil, fag mir nichts, es duͤnkt mir fehr unfreundlich,
Daß, Jago, du, ber meinen Beutel führte,
Als 068 dein eigner wär’, hievon gewußt.
Jago.
Dein Sott, Ihr hört mich ja nicht an.
Wenn ich mir je dergleichen träumen Tieß,.
Berabſcheut mich. ‘
ettwer. Kopen:,
Rodrigo.
Du ſagten mir, er wäre bir vervaßt:
Daflr ſagt Benda:
BGuu, Achweig daven! Erbittern muß es mich,
Daß, Jago, du, der meine Boͤrſe hatte,
Als wär fie dein, sn um diefe Bar.
289.
Bum Teufel! Hören willſt du mich nur aicht.
Wenn ich von felcher Sache nur getraͤwut,
So mög’ ich bir ein Grepxl fein.
Rodrigo.
Du fagteR mir, de wuͤrb'ſt ihn ewig haffen.
Hier ſchwankt ber Wertheil hin und wieder. Benda iſt treuer,
‚aber minder fpxachrein, Kaufmann gewandter, abex weniger ges
nau. „De wuͤrd'ſt ihn ewig haſſen und ‚es wäre bir perhaßt·
Dh De —
aaͤher. er de eare
* te & andtſchaft be Dentfchen und des Englischen
gar leicht, hab er wörtlidg verdentſchte englifche Phrafen für
deutſche hält und gibt; bie größte Sorgſamkeit vermag kaum
davor zu bewahren. . Dies gefdieht auch unferm Beruf. gar
häufig, % B.
Dinweg died Werkzeug, ‘
Daß es nit meine Hand verbamme !
Dam heißt im Engliſchen verdammen und in Berbammniß
bringen; aber bas beutiche verbammen hat ben legten Neben⸗
fin nit. Dies eine Beiſpiel mag für viele gelten. SBeifpiele
offenbar verfehlten Sinnes find auch nicht felten anzutreffen, 3. ©.
Da hilft nun nichts. Das iſt des Dienfled Fluch, N
Beförb’rung geht nach Schreiberei und Gunſt,
Nicht nad der altem Ordnung, wo ber Zweite
Des Eriten Erbe if. . . .
„Alte Ordnung“ fol heißen: nach dee Drbnung bed Alters,
wo u. f. w., wie Benda ganz richtig wiedergibt.
34. Johanna Gray. Trauerſpiel in fünf Acten. Bon Eduard
Sommer. Mit einem Steindrud. Dresden, Srimmer. 1838.
®r. 12. 21 Gr.
Das Schickſal ber unglädlicdhen Johanna Gray, bie gegen
ihren Willen auf ben Thron erhoben, dies kurze Gluͤck, das
niemals ein ſolches für fie war, mit frühem unverbienten Tode
büßte, die Srauſamkeit ihrer Rebenbuplerin, Marla, ber mit:
leidloſen Tochter des mitleiblofen Heinrich VIII. und der Kampf
ber Parteien für und wiber Beide, bilden bas Thema biefer, in
manchem Betracht loͤblichen Tragödie. Der Verf. geht indeß
nicht fo feinen eignen Gang, daß er nicht Vieles in feinen Dos
tiven aus aͤltern Dichtungen entiehnt Hätte Aus Schiller's
‚Marta Stuart“ hat.er 3. B. bie dramatifcke Wirkung weib-
licher Rebendublerfchaft entiehnt, und wiewol feine Maria von
Natur viel graufanier iſt als Eliſabeth, fo hat ber weibliche
Reid gegen Johanna's Schönheit und ihren Ruf doch nicht ges
ringen Antheil: an ihrer Berfolgung. : Die eigentlich bandelns
ben Perſonen in. biefem GStüd find Rorthümbertand, Nohanna’s
718
Schwiegervater und ihre Vorgänger im Tode, und Arunbel, ber
liſtige Verräter, bee feinen Zodfeind, ben Herzog, erſt ver»
ſtriẽt, dann verräth, zuiegt mit grellem Hohn zum Tode führt.
Rorthumberland iſt ganz von Ehrſucht und Schandthat zuſam⸗
mengefegt: er iR der Mörder Somerſet's und bes jungen Kö-
nige Ghuard, den er bush Blumen vergiftet hat. ‚Der Berf.>
Hat nicht wohl gethan, den Anklagen feiner Welgbe ünb
Blauben zu fhentens feine Schuld iſt durchaus nkid,
iſt ihre Gewißheit dem dramatifchen Zwede fehr hinderlich. Jos
hanna ſelbſt iſt ein völlig fehulblofes Opfer feines Chrgeizes.
Sie kaͤmpft gegen ihre eigne Krone. Maria tft zu wild und
graufam, zu unerdiettich unmenfdglich, um wahrhaft dramatiſch
zu fein; es wäre beffer gewefen, fie ſchwankend, von ben Par
teien hingeriffen darzuftellen. Die Parteipäupter felbſt. An
bei, der edle Haſtings, der Eraftlofe Guilford, Paget, Don:
ten-
biew/|-
Aytmer, Sohanna’s Lehrer, ſind gut aufgefaßt, unb was
fe Tagen, iſt zweckmaͤßig.
Her Berf. iſt der dramatiſchen Sprache ziemlich maͤchtig;
fein Vers iſt rein, voll und toͤnend; nor treidt et Misbrauch
mit muͤßigen Epitheten und ſprachlichem Schmuckwerk. Gr. ge⸗
hört zu Denen, bie kein Hauptwort ohne fein ſchmuͤchendes Bei:
wort feßen können. . 3. 8. . 0
Mich bat die trölende Hoffaumg getaͤuſcht,
Als ſei es die Liebe, die Riebe verheißt.
AS trägen ber Herrſchaft Tanft waltenden Geift
Des Dantes glädfhimmernde Wogen.
Es folgt ibm ein dunkler, verfolgender Beil, -
Der Fluch ihm des Haſſes in Härmendem Lauf,
Es thut fi ein näch-tlicher Abgrund ihm auf.
Hier rot ſichs in droͤhnen dem Wogengebraus u. f.w.
Oft wird der Jambus zum lyriſchen Vers, ja, wie hier, ſelbſt
"zum dithyrambiſchen; aber geiften bem Drama und ber Lyrik
-Jiegt eine‘ unüberfpringbare Kluft, und das Lyriſche als Element
ded Dramas gebraudgen, ift völlig unftatthaft. - Schon ber ge:
"zeimte Jambus leitet von der Spur bes Dramas ab und nd»
thigt, Dinge zu fagen und in einer Form zu Tagen, die .bem
Welen des Dramas wenig entfpricht. Nur zu
unfere Bewöhnung ihn brauchbar gemacht. Gtatt bes auf Reim
und lyriſche Diction verwendeten Fleißes hätte ber Verf. fi
lieber bemühen follen, feine Dialoge aus bem bloßen Gedanken⸗
austaufch in die eigentlich bramatifcge Region zu erheben. Es
fehlt feiner Arbeit an Situationen von fpannkräftigem Intexefle.
Das Hiftorifche, Außerlich ſich Begebende waltet zu fehr vor,
und fo dramatifch: wirffam wie bie Scene, wo Rorthumberland
vor Arundel Eniet, um einige Stunden Lebens bittenb, find wes
nig andere. Auf bem Todesblock kniend mit ihrem Gatten,
bricht Johanna wieder in einen Dithyrambus aus, der fehr ge:
ſchmacklos mit ben Worten ‚anfängt:
Derduzudirihn,
Mein Vater, erhebeſt —
Laß deinen Engel
Dem Scheidenben mild
Nahen, mit füßem
Bertlärenden Schlummer.
Maria hat unterbeß eine hoͤlliſche Viſſon: ſie will Johanna
retten, es ift zu fpät, unb indem fie in Ohnmacht fintt, fällt
der Vorhang. Gutes und Schlimmes mifchen fi in biefem
von Geiten ber Charakteriſtik achtbaren Drama. Waͤre bie
Sprache nur einfacher, die Babel in einen kürzern Raum gu:
fammengedrängt und mehr Bedacht auf die fcenifche Wirkung
ber Situationen genommen, fo koͤnnte das Stüd zu ben guten
Dramen gezählt werben. Doch ber Verf. bat feinen Ruhm und
feinen Preis in ben Worten mehr als in den Thaten gelucht.
35. Bühnenrepertoie bes Auslandes: Frankreichs, Englands,
Staliens, Spaniens. In Uebertragungen herausgegeben von
8. W. Both. Zweiter bis vierter Band. Berlin, Bann.
1832. Schmal Ein 4. Preis jebes Bandes 1 Thlr. "12 Gr.
Diefe den WBühnenbirectionen und Liebhabern gewibmete
: Sammiung neuer Dramen bes Auslandes hat fich eines willfoms
chluͤſſen hat
®
D
menen GSmpfanges gu erfreuen. Sie erfüllt ihren Zweck, und if
die Auswapı des Gegebenen auch nicht immer tadellos, find na
mentlich Italien und Gpanien über Frankreich bis jept ziemn
lid) vernachläffigt worben, fo finb bie leberfegungen bod der
Mehrzahl nad) mit Gorgfalt gearbeitet, und bie Rebaction that
ihre Pflicht. Die Satzmlung if in biefem Jahre fo angervod
fen, daß wir über jede einzelne Irbeit' Fam etwas fanen
können. Wir müflen und mit-eineg Beurtheilung · in Pauſch
und Bogen begnügen. Unter ben Mitarbeitern haben W. For:
fler, Lebrun, Preuß und Stawinsky bie beften Beiträge geliefert;
das Unterhaltendfte und Bühnengerechtefte ift aus Krantreiy ge
kommen, bas Dram erthvollſte ans Spanien und England.
‚Dos, berühmte ruſſiſche Sittengemaͤlde von Gribojeboff: „„Gore
s puma”, tft unter dem nicht glüdlichen Titel: Wimmer durcqh
FR erftand‘" , J dritten Bante von 2. bar recht glüdlich
bexszngen 5 eine beffere Ar red verſtaͤndlichere ficberfegung
bes Titels wäre „Leiden ber Bildung“ geweſen. Die vorzäg-
lichften Weiträge aus, bem Franzoͤſtfchen find: „Heinrich IV. Ba
milienleben‘’, Luflfpiel in einem Acte von Stawinsky; „BReue“,
Drama in zwei Acten nad @cribe, vom Herausgeber; „An
ftelung ober Frau?“ Luftfpiel in brei Acten nach Bayarb von
Demfelben, ein aͤußerſt lelbhaftes, dramatiſch⸗wirkſames Sittenge⸗
maͤlde, und „Frauenhaß nad) Scribe von Demſelben. Das
Zrauerfpiel „Monalbeschi”, nach Alex. Dumas in drei Acten, lei⸗
bet Dagegen an allın Gebrechen franzoͤſiſcher Dramaturgie und war
fo gut wie „Trilby“, komiſche Oper in einem Act, in biefer Samm⸗
lung füglich zu entbehren. Es muß ja nicht Alles überfeht ter
ben, und Frankreich, das burchfchnittlich in jedem Jahre 5600
neue Dramen probucirt, läßt es an Auswahl ja nicht fehle.
Im dritten Bande iſt das Luſtſpiel: „So geht's”, in zwei Ic
ten von Schneider, trotz feines nichtöfagenden Titels eines ber
anziehendſten. Die Scene ift nach Wien veriegt, wodurch vice
Beziehungen etwas Gemwaltfames angenommen haben. Am bes
ſten fcheint es uns, franzoͤſiſche Luftfpiele immer in ber Localität
u laflen, aus ber fie hervorgegangen find. Wir Alle kennen dat
tanzöfifche Leben hinreichend, um fie zu verftehen, unb bie Ber:
pflanzung bat offenbar ein Uebergewicht von Nachtheilen in ik
rem Gefolge. „Sean Calas“, hiſtoriſchen Melodrama in brei
Acten, ift eben ein Melodrama. Wir hätten es weggelaffen.
„Die Scheibungsllage‘ nach Melesville von Schneiber, ift beffer.
Am meiften gefällt „Gr amufict ſich doch”, in einem Aufzuge
und von dem Derausgeber zu einer berliner Localpoſſe umgebil:
bet. „Der Quaͤker und die Tänzerin‘, nach Scribe und Duport
von Stawinsky, leidet an Uebertreibung, wenn bie Grfindung
glei, ergöglich genug if. Ganz unbebeutenb iſt ‚Der Schiede⸗
richter“ und die englifche Burleske: „Verheirathet umb begras
ben’‘, nach James Kenney. Im vierten Bande tft „Dominique,
Luftfpiel in drei Acten nad) D’Epagny und Dupin, das ibern
reihfte und durch feine Fabel anziehendſte Stüd. „‚Weäbchen
und Frau’, nad) Mazeres in drei Aufsügen von &. Gchneiter,
macht Anſpruch, ein claffifche® Luſtſpiel zu fein, und in ber That
iſt es durch Intrigue und Charakteriſtik vortrefflich; auch bier
haben wir indeß die Verlegung ber Scene wieder zu tabeln.
„Heinrich III. und fein Hof’, Hiftorifches Drama in brei Auf:
zügen nah Dumas von Schiff, iſt befannt. Der Bearbeiter
hat die fünf Acte des Originals fehr gluͤcklich in drei zuſammen⸗
gebrängt. Das Stuͤck hat in Frankreich Zurore gemacht. „His
chard's Wanderleben“, Luftfpiel in’ vier Acten nah dem Gngli-
Then von D’Keefe, von Kettel bearbeitet, gehört zu ben beflen
Erſcheinungen der engliſchen Dramaturgie in neueſter Zeit; es
iſt witzig, lebhaft, vol guter Sharakterifit, Die Ueberfegung if
nicht bie beſte und die Verlegung ber Scene hier aͤußerſt um
paflend, ba Donner durch und durch Enalaͤnder if. Das lange
und langweilige Drama: „Die eifeene Maske”, nad Fournier
und Arnoulb in fünf Acten, hätte wegbleiben oder zufam
zogen werben follen. Das Stuͤck fpielt 42 Jahre und an
verfhlebenen Orten. Bedeutender iſt ums Galberon’s „Poor
esta que estaba’’, unter dem Zitel: „Es if ſchlimmer als es
war‘, von H. Smidt metriſch und fehr glädlid Überfegt. Die
Bertärzungen bes Dialogs und ber Werfuh, ihm eine deutſche
gm mitzutheilen,, finb vollfommen gelungen und ber herrlichen
utrigue, an beren Fuͤlle und in deren Reichthum fich alle deut
fe Euftipielbichter fpiegeln koͤnnen, iſt dadurch fein Abbruch ges
ſchehen. Moͤchte bies Stuͤck auf allen deutfchen Wühnen zur
VEhre unfere Geſchmacks doch einheimifch werden! „Die beiden
Hachter‘, nach dem Gnglifiyen des Buckſtone, haben ihr Ber:
; neben bem eben genannten Luſtſpiel Galberon’s erfcheinen
fie ge poeſielos, vertrodnet. Der Herausgeber fährt fort,
e
der Gigennamen und Fremdwörter und Quellennachweiſungen fich
ein Verdienſt
dar fein müffen. Bon einem Kreife tuͤchtiger Witarbeiter unter
Bingerzeige über Coſtum, Darftelung, Ausſprache
zu erwerben, wofür Bühnendirectionen ihm dank⸗
ſtuͤgt, iſt ee und fein Unternehmen zu dem Beifall berechtigt,
welchen das Ganze zu finden fcheint.
ws — eine folgt.)
Literarifche Nachrichten: aus Polen,
. Warſchau⸗ April 1883.
Rob immer gehemmt erſcheint in unferm Königreiche bas
Tterarifche Leben. Obgleich die hier beftebenden. 15 Wuchs
druckerelen nach dem „Deiennik” vom 1. März bis Ende De
cember v. 3. zufammen 63 polnifhe Werke geliefert haben, fo
tft doch zu bebenten, baß ein guter Theil derfelben nur von ges
ringem Umfange iſt. Die meiften gingen aus ber Buchbruderei
von Satezowfti hervor, welche ſich zugleich durch Eleganz ber
Austattung und Gorrectheit auszeichnet. Im Gary berrfcht
jegt in unferer Literatur bie Richtung auf das praltifche Leben
vor, am häufigflen exfcheinen Schriften für ben Elementarunter⸗
richt, Medicin, Landwirtbfchaft u. bergl.
Das wichtigſte Wert, welches ber genannte Zeitraum gelles
bat, if unflreitig bie von allen flawifchen Literatoren mit
Sehnſucht erwartete „Geſchichte ber flawifchen Gefesgebungen‘'
(‚Historya prawodawstw Stowianskich‘’), zwei heile, vom Dr.
und Prof. Maciefowfli. Statt eines Urtheils über das Werl
fiche Hier eine Stelle aus einem Briefe, weldhen ber Prof. Sza⸗
farzyk aus Neuſat an den Verf. nach Warſchau gefchrieben hat.
„Sie haben mir durch Ueberſendung Ihres vortrefflichden Werkes
eine unauöfprechliche Freude gemacht. Groß war meine Erwar⸗
tung von bemfelben, dennoch muß ich Ihnen frei geftehen, daß
fie übertroffen worben iſt. Ich bin zwar kein Zurift, glaube
aber den Werth ähnlicher biflorifch-Eritifcher Unterfuchungen zu
beustheilen im Stande zu fein. Wenn ich nun einerfeits über
Lie gründliche und bündige Darftellung eines fo unermeßlichen
Gegenftandes erflaune, fo entzüdt mich body noch mehr der ſchoͤne
Standpunkt, welchen Sie erwählt haben, um bie Eigenthuͤmlich⸗
keit unfers vaterländifchen Lebens zu entwideln und zu beur:
theilen. Das Wert wird ungemein bazu beitragen, ber Welt
die Rationalität der Slawen im wahren Lichte zu zeigen, ſomit
fe biefelbe Höher achten lehren. &o gibt Ihnen Ihre Arbeit
ein Recht auf tie Hochachtung und Dankbarkeit des ganzen ſla⸗
wifchen Stammet. Um fo mehr bebauere ich, baß ich diesmal
Ihrem Wunfche, bem Werke einen Abriß ber flamifcdhen Geogra⸗
pbie und Geſchichte beizufügen, nicht babe entſprechen koͤnnen;
die Schwäde meiner Geſundheit, Bamilienungläd und andere
Leiden ftören mich jest fo fehr, daß über zwölf begonnene lite
rarifche Arbeiten nody immer unvollendet vor mir liegen, unb
@ott weiß, wann ich fie werde vollenden können; fogar ‚meiner
Gefchichte ber Tiawifchen Literatur kann ich midy nicht fo hinge⸗
ben, wie ich wuͤnſchte.“ Ginen gleihen Gegenſtand, wie das
genannte Werk, aber in engerm Kreife behandelt „Die Darftels
kung ber flawifchen Erbſchaftsrechte („,Wywöd praw spadko-
wych stowiasskich’‘) von Joſeph Hube mit Zufägen von Ro⸗
muald Hube, welches ſich ebenfalls durch Klarheit und forgfäls
tige Bearbeitung auszeichnet.
Kür die eigentliche Geſchichtsforſchung bagegen, befonbers
vaterländifche, hat biefe Zeit nichts leiften koͤnnen; verbienftlidh
iſt es jedoch, baß man Ältere Hiftoriter allgemein zugänglich zu
7
9
machen ſucht. &o bat bie Buchdruckerei von GBalezowfli wieber
einen Band ber „Ehronik Polens” von Bieiffi geliefert, ats
festen Theil der bafelbft erfcheinenden Sammlung polnifder
Soriftſteller; der intereffante Anhang bringt die Fortfegung ber
WBappen von Polen. Für bie Kunftgefchichte iſt als fehr ver-
dienſtlich auszugeichnen Adam Idzkowſtis Grundriß der Archi⸗
tektur in ihrer verſchiedenen Geſtaltung⸗, vom äfthetifchen Ge⸗
ſrapuntre aus betrachtet ( Kroie Architektury‘), mit Kupfer
n
Unter den mebicinifdgen Werken erregt bie meiſterhafte Ab⸗
banblung eines der erften Aerzte Polens, des Dr. Malcz: „Ueber
die indiſche Eholera („,O cholerze indyiskiey”), bie größte Auf
merkſamkeit. Gine gruͤndliche Unterfuchung unfers bekannten
Chemikers Ferdinand Werner über die immer berühmter werben
den und in ihrer Art einigen Mineraibäder bei Busk in ber
traulauer Vojewodſchaft („Rozbiör wöd mineralaych pod Bu-
skiem’’) verdient auch im Auslande befannt zu werben. Ueberfe⸗
Yungen aus ben Werken von Boiffeau, Krepfig, Dttivier vom
Dr. Plaſzkowſti fuchen die wiſſenſchaftlichen Fortfchritte des Aus-
landes bei uns einpeimifch gu machen; neuerlich hat Ignatowſti
„Die fofkematifcye Lehre der venerifhen Krankheiten in allen
Den Geftalten“, von dem bresiauer Prof. Wendt, ins Polnifde -
ragen.
Die Mufen ber Dichtkunſt fcheinen diesmal nur unfern
Damen hold genefen zu fein. Unter ten Romanen verbient als
lein eine Erzaͤhlung unferer mufterhaften Schriftſtellerin Gtemen:
tina Hoffman, geb. Zanfla: „Das Täubchen‘’ (‚‚Golgbek"), befon-
derer Erwähnung. Diefelbe befchäftigt ſich jetzt mit einer neuen
Ausgabe ihrer Schriften, welche nächftens zu Bredlau in gehn Theilen
in 8. erſcheinen wird (Preis 60 Fl. Poln.). Zwei neue ba
matiſche Werke verbanten wir gleichfalls jungen Polinnen. Das
eine, „Die Braut von Lamermoor‘‘, aus bem Branzöfifdien Über
fest, ift auf unfeser Bühne Häufig mit Weifall gegeben worben ;
Driginal, „Der Schäfer Kaspar” („Kacper Ow-
czarek‘), nad) einer wahren Begebenheit, iſt zwar fehr leicht und
fließend gefchrieben und zeugt von den Zalenten und bem guten
Herzen ber ungenannten Verf., macht aber felbft auf keinen ge
Ben bramatifchen Werth Anſpruch. Bon ben Werfen
ſicki's, Gluͤcksberg's Ausgabe, ift eine Kortfegung erfchienen.
Periodiſche Blätter in polnifcher Sprache zählte Varſchau
neun, täglich erfhienen fünf politifche: ber offizielle „Dziennik
powszechny‘' (Allgemeines Tageblatt), „Kuryer Warszawski‘
(Warſchauer Sourrier), „Giazota Warszawska’' (Warfchauer Zei⸗
tung), „Gazeta codzieuna‘ (Tägliche Zeit.) unb „„Korrespon-
dent Warszawski’ (Warfchauer Gorrefpondent). Außerhalb ers
feinen nur folgende fünf politifche Blätter in polnifcher Spra⸗
de: ,‚Tygodnik Petersburgski" (Petersburger Wochenblatt),
‚Kuryer Litewski” (Lithauitiher Courrier in Bilna), ‚„‚Gazeta
Krakowska’ (Krakauer Zeit.), ‚‚Gazeta Lwowska” (8ember:
ger Beil.) und „Gazeta Poznanska‘ (Pofener Beit.). - In
Warſchau erfcheinen noch wöchentlich ein ‚Heft bes „Polnifdyen .
Wochenblatts” (‚Tygodnik 8* unb zwei Zeitſchriften für
Oekonomie: ‚„„Sylwan’ und, Denkſchriften für kandwirthſchaft und
Zechnologie” (,„Pamiĩotnik rolnicxo-technologiceny)“, bis jegt füuf
Bände. In Petersburg erſcheint feit Anfang biefes Jahres
eine Beitfchrift „„Egida”, welche Auffüge in polnifcher, italieni⸗
ſcher und franzoͤſiſcher Sprache enthält. Das Programm berfel:
ben in ber erfi:n Rummer ift ſehr pomphaft. e Zeitſchrift
wird enthalten: „Erhabene Dichtungen, welche ben großen Geiſt
bes Friedens und allgemeinen Wohles athmen; meifterbafte Ver⸗
gleihungen bee Grzeugnifle in den philoſophiſchen Wiffenfchaften,
den ſchoͤnen Känften und der Induſtrie; Darftellungen aus der
Geſchichte zur allgemeinen Schauung , mit einziger Tuͤckſicht auf
bas wahre Gluͤck des Menſchen; Früchte ber Geres unb ber
Klora im Gegen der Induſtrie; Werkzeuge, die des Menſchen
Kräft vertreten. Beſondere Nummern enthalten ein Syſtem
wiflenfchaftlicher Uebungen für Kinder. Zulegt noch Mobelupfer
tig erfcheint eine Nummer. Jährliche Pränum.
das andere,
u A.“
50 Rub.
720
Kroton.
Die hi Bocietät ber Wiffenfchoften gewinnt im unfern
Tagen —* — polniſcher Literatur on Bichtigkeit da⸗
darch, daß jett alle dergleichen Anſtalten im Koͤnigreiche Polen,
guient noch vor kurzer Zeit auch bie Societaͤt bes Freunde ber
Wiftenfhäften in Warſchau aufgehosen worden find. In ber
diesjährigen Öffentlichen Cigung am Zahrestage der Gründung ‘
der Societaͤt (28. Febr.) Kat ber Präfldent derſelben, zuglei
Rectoe ber jogiellonifchen Univerfität, Dr. Gftreicher, über die
Arbeiten der Gocietät während bes verfloffenen Jahres Reden
ſchaft abgelegt. Im Ganzen find 14 Abhandlungen verle⸗
fen ober eingefchickt worden, weiche in bem naͤchſten Bande ber
gefammelten Abhandlungen erſcheinen werben. Die wichtigſten
eiben find: Siſzniewſti, „Ueber bie erſten Ginwohner von
tpreußen‘ ; Weiffe, „ Triennium astronomicum, seu altitndo
poli Cracoviensis ex observationibus cum cireulo meridiano
per tres annos institutis, et comparatio hujus determinatio-
nis cum illa per Theodolitum inventa, una cum propositioni-
bus ad ampliorem usum hujus instrumenati;5 Karl Hube, „Ue⸗
ber Maß und Gewicht der alten Polen; Gtaczlowffi, „De lon-
itudine geographica Cracoviae; Dr. und Prof. Kaletan
—* „Ueber die Telegraphen der Alten, beſonders der
Griechen und Römer’. Wichtig iſt in der letzten Abs
handlung die durch Stellen aus Gäfar’s galliſchem Kriege,
in benen von WBuchflabentelegraphen bie Rebe if, belegte Au«
ht des gelehrten Verfaſſers, daß man ben alten Malliern
den erften Gedanken an eine volllommenere Zelegraphie zus
ſprechen müffe, welchen bie Nachkommen berfelben fpäter weiter
ausgebildet haben. Im verfloffenen Jahre hat die Societaͤt
ernannt: zum Ghrenmitgliede Adam v. Siemonfli; su wirtlis
den Mitgliedern: den Dr. und Prof. ber Theol. an ber jagiels
loniſchen Univerfität Schindler und ben Dr. phil. et jur. Rze⸗
finfli, Advocaten in Kralaus zu correfpondirenden Mitgliebern :
den Prof. v. Leonhard in Heidelberg, die Prof. Stromeyer und
Hausmann in Böttingen, den Prälaten Brutti in Rom, ben
Chemiker Toroſiewicz in Lemberg und ben Propfi Mikiemicz.
Berloren hat die Societaͤt durch den Tod: den Dr. und Prof.
der Mebicin an ber Univerfität Boduſzynſti und ben Prorector
bes Lyceums Wyſock.
In der hieſigen akademiſchen Buchdruckerei iſt vor Kurzem
ein trefflicyes Werk don einem jungen Autor erſchienen, naͤmlich
Dr. Macherzynſki's „Geſchichte der Lateinifchen Sprache in Por
en’. Nach dem Zeugniſſe unferer Literatoren if fchon feit fans
ger Zeit fein Werl von fo tiefer Gelehrſamkeit und fo großer
‚Wichtigkeit für die Wiffenfchaft von uns ausgegangen. Im 15.
und 16. Jahrhunderte war bie lateinifche Sprache unter den bb:
‚been Ständen Polens allgemein verbreitet. Die Könige ſprachen
lateintfh. Barkara Zapolſta, die Gemahlin Sigismund J., Hatte
fich «nicht nur lateiniſche Claſſiker zur Lecture erwaͤblt, fie fchrieb
auch, fo oft der König abweſend war, Lateinifche Briefe an ihn.
Bona Sforza, die zweite Gemahlin dieſes Königs, in allen Wil:
fenfehaften erfahren, bediente ſich ſelbſt in ben vertrauteften Ge⸗
ſpraͤchen mit dem Könige ber lateinifhen Sprache. Choisnin
"in: feinen Memoiren über die Srwählung Heinrich's von Valois
zum, Könige von Polen gibt bas Zeugniß, daß unter 100 polni⸗
ſchen Edelleuten kaum zwei zu finden feien, die nicht lateinifch,
beutich und italieniſch verfländen, und Martin Cromar, Bifchof
von Ermeland (ft. 1589), ber in reinem und eblem Ratein eine
ausführlie polniſche Geſchichte gefchrieben hat („De origini-
bus et rebus gestis Polonorum libri XXX’), in weldyer man
fo viele PYarteilichleiten für die Polen antrifft, meint, es hätten
fi vielleicht in Latium ſelbſt nicht fo Viele befunden, bie geläufig
lateiniſch geſprochen, als in Polen. Am (Ende des genannten
Werkes befindet fich ein Werzeichniß aller in Polen erfhienenen
‚Ausgaben der lateiniſchen Claſſiker. Bon Cicero find ganz ober
theilweiſe 45 Ausgaben erfchienen, zuerſt das Buch „De senectute ’
Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: %. A. Brodhaus in Leipzig. u
um 1500, eine SIncunabel, in Krakauz von’ il e
Ausgaben, bie erſte 1642; von doray acht, ee
muß, fo zählte diefe Facultaͤt im verfloffenen Jahre allein 499
Zuhörer (darunter 177 polnifcher Abkunft, 200 Ruſſen, 69
Deutſche); an dem vierjährigen juriftiichen und abminiftzativen
Gürfe nahmen Theil 242 —5 (117 Polen, 23 .Ruflen, 92
Deutiche), und an bem ebenfalls vierjährigen theologiſchen 485
(148 Polen, 320 Ruſſen, 9 Deutiche). Ron mebicinifhen Wik
ſenſchaften wird nur in einem zweijährigen Curſe Medicochirur⸗
gie gelehrt, im vorigen Jahre vor 65 Zuhörern (41 Juden, 12
Holen, 10 Deutfche) 5; wer promopiren will, begibt fich nach Wien .
enbium für ĩ dirende
wo auch ein Stip nnbemittelte, Medicin fiu
Galizier beſteht.
Die wichtigſte wiſſenſchaftliche Zeitſchrift, welche jet in pob⸗
niſcher Sprache erſcheint, iſt diejenige, welche das hieſige Offer
linſtiſche Nationalinſtitut herausgibt („Czasopismo naukowe
od zaktadu narodowego Ossoliäskich wydane”); für ben Ge
fhichtsforfcher find beſonders intereffant die Auszüge aus ten
noch ungebrudten Werken von Offolinfli über bie Anfänge bes
&laven, und von Frz. Siarczunfli Geſchichte des Beitalters Gi
gismund 11. 172.
Notigen.
Der franz. Gefchichtfchreiber Lemontey fagt in feinem
‚„Essai sur l’etablissement monarchique de Louis XIV” (©.
358): „Ce seroit un livre neuf et utile, qu’une histoire des
crimes du pedantisme.” Bat ſchon Zemand unternommen,
eine ſolche Geſchichte zu ſchreiben ?
Der literarifhe Rachlaß bes Neugriechen Koratt
Bekanntlich ift diefer gelehrte Hellenift und ebenfo kennt⸗
nißreiche als menſchlichgeſimte Arzt feiner Ration am 6. Aprüf
biefes Jahres, beinahe 85 Jahr alt, in Paris burch ben
Tod entriffen worden. Wie wir aus guter Quelle erfah:
ven, hat er ſelbſt eine bis zu Ende bes 3.1829 ſich erſtreckende
Autobiographie : Hinterlaffen, die mit feinem übrigen ſchrift⸗
lichen Nachlaſſe feinen Erben anheimfäut, jedenfalls aber nicht
ungebruct bleiben wird. Zu Erben bat er feine Landsleute,
bie Shioten, eingefegt ; namentlich feine Bibliothek foll das in
Chios zu gründende Lyceum erhalten, unb biefelbe wird alfe
demnach, wenigftens vor bee Hand, Griechenland unmittelbar
nicht zu gute fommen. Unter jenem Nachlaſſe befindet fich ber
fünfte Banb ber „Araxra" (mit Beiträgen zur griechifchen Leri⸗
kographie, in einem neuen Alphabete, wie ſchon der vierte Band),
feener viele Bemerkungen zu den Gchriften des Bippolrates
und Galen, eine faſt ganz vollendete neugriechiſche Ueberſetzung
bes Herobian, Materialien zu einem feanzöfiich:neugriechifchen
Wörterbude u. f. w. Auch dies wird hoffentlich, etwa unter
benn Ramen „Araxıa", durd die Erben (die Tefamentsvoik
fireder find die Griechen 3. Rotas in Zriefi und A. Konte
ſtavlos in Aegina) in Drud gegeben werben. Bon einer
dur) ihn beforgten Gefammtausgabe feiner vielen Prolegome
nen waren bei bem Tode des Korais bereits 22 Wogen fertig;
hoffentlich bleibt aber auch dieſes nüglike Unternehmen nicht
unvollenbet. Die befte Biographie von ihm enthält die „Bio-
graphie nouvelle de contemporains” (1822), indeß iR fe
nicht ohne falfhe Angaben, welche bie Autobiographie be
richtigen wird. - 30,
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... Blätter
für
literarifhe Unterhaltung.
Dramatifche Bücherfchau fir das Jahr 1832.
Dritter und Iester Artikel.
(Beſchluß aus Nr. 174) .
86. Spiele für die deutſche Bühne. Bon Julius Eberwein.
Erſtes Bändchen. Das Ofterwaffer. Luftfpiel in einem Acte.
r.
Leipzig, Weygand. -1888. 12. 86
Die kleinſte aller Kteinigleiten mit bem Namen eines Lufts
fpiels, und dieſe Kleinigkeit unter dem anfpruchsvollen Zitel:
„Spiele fuͤr die deutſche Bühne”, eingeführt, laͤßt uns auf wenig
Urtheil, Beſcheidenheit und Selbſtkenntniß bei dem Verf. ſchlie
fen. Das Gtüd ſelbſt gehört zu der großen Gattung des Mit
telguts, welches bündelweife aus Thalia's Schoos fällt. Ge:
fhmad und Wis fpielen darin eine ſehr untergeorbnete Rolle,
und die Grfindung eine nicht bebeutendere. Der Verf., der bieß
Kind ber Öffentlichen - Ausftelung werth hielt, verfpricht eben
acht, der Wiederherſteller der deutſchen Komödie zu werden..
37. Dramatifche Kleinigkeiten. Auch unter dem Titel: Dramas |.
tiſche Spiele, von Herzenskron. Driter Band, Wien,
Sendler. 1838. 8. 20 Er.
Wir Iefen biefe bramatifchen Beiträge flets mit Bergnägen. '
Wiewol ſaͤmmtlich entlehnt ober bearbeitet, find die Stüde ſelbſt
meiftens mit Geſchmack erwählt und in heiterer Sprache, welche
manchen törnigen Einfall bes Berf. aufnahm, glücklich übertras
gen. Er verfieht es, feinen franzoͤſiſchen Sujets das Fremdar⸗
rige abzuftreifen und durch einen Reichtum von localen Bezie⸗
hungen und localen Witzen fie völlig einzubürgern. Faſt alle
fünf hier gegebenen Euftfpiele (oder beffer: Poſſen) lefen fich wie
in Wien tmpfangene und geborene, und wir fehen dem Verf.
ſeine Scenenverfegung nach um bed Geſchickes willen, mit bem
er biefe vornimmt. Gr überfept niht, er bearbeitet feinen
Stoff von Neuem. In dieſer Weile hat ee „Jagd und Ball’,
„Die Witwe von achtzehn Jahren“, nach Théaulon, „Acht vers
nünftige Tege“, nach Caſtelli's Erzählung dieſes Namens, und
„Die Landpartie“ (nach Weibling), nad) dem Sranzöfifchen bes
©cribe und Melesville, in der That zu ergöglichen Gtäden ges
macht. Bon dem „Bittfteller in Verwirrung’ gibt er uns keine
Quelle an. Iſt «6 Originat, fo ift es ein erfreuliches und fleht
dem befannten Seren „L’Esperance’” an Laune und glödlichem
Wig wenig nad. Der Dialog bes Verf. ift durchaus Iebenbig
und mit Wigworten und Wortwis faft überfüllt. Hierin fucht
er feinen Meifter. Ob ihn die höhern Gattungen des Witzes,
Bituations: und Sharalterwig, zu Gebote ſtehen, ha ee und noch
nicht beiviefen; aber wir follten glauben, es müffe ihm nur an
dem Willen dazu fehlen. Der Verf. verfuche es einmal, zu dem
Höhern Luftfpiel emporzufteigen s Fi ift etwas in ihm, was einen
zweiten Kobebue, einen Beſieger Raupach's verkündet. Und dies
Etwas ift fein echtdramatifcher, von Wis fprubelnder Dialog.
83. Die Zeitalter. Drei flächtige Skizzen zu einem Chärakter-
gemätbe: I. &o find fie geweien 1520. II. &o waren fie
1708. III. &o find fie 1830. Bon C. M. Heigel. Nuͤrn⸗
berg, Winter. 1882. Gr. 12. 18 Er.
Der Verf. bildet ſich ſteif und feft ein und bräftet ſich
nur! Die Ritters, Kiofters, Geluͤbbe⸗, Sauf⸗ und Abergl
‚zeit von 1520 ift mit fehr matter Farbe gemalt, bie Gontrafte
nicht wenig damit, dee Erfte geweſen zu fein, ber den Gedanken
einer dramatiſchen Trilogie gefaßt Habe. Er verfichert, baß, was
in unb außer Deutfchland in diefer ziemlich unkünftterifchen Form
erſchienen, Nachahmung feiner außerorbentlichen Grfindung ſei,
und daß „Patent und Shawl”, „Das Leben eines Epielers”
ja ſelbſt Dumas’ „Stockholm, Bontainebleau und Rom’ nichts
anders als Plagiate feiner „Zeitalter“ fein. Es ift zu bewun⸗
dern, wie blind der Duͤnkel machen kann. Als wenn nicht So⸗
pholles, Shakſpeare, Lope und Schiller Trilogien aller Art ges
ſchrieben hätten !
„Die Zeitalter’ nun verfinnlichen die Idee, bie deutſche Ges
ſellſchaft in drei verſchiedenen Perioden der Culturgeſchichte und
zwar in einer und derſelben Familie darzuſtellen. Wir haben
nichts gegen dieſen Gedanken, er iſt an ſich ſelbſt gut, wiewol
lange nicht fo unenblich geiſtreich und originell, als der Verf.
meint: Dramatifh genommen aber iſt ex vollends ein salto
mortale, ber mit dem Halsbruch aller Kunſt, aller dramati⸗
ſchen Bebeutung endet. Richtsbeſtoweniger Tönnen bie einzelnen
{| Gruppenbilber, für fich betrachtet, gut ſein. Und wären fie es
aubens⸗
find lange nicht ſcharf genug, und bie Empfindelei von Ekbert
ift ein volllommner Anachronismus. Golchen Bilbern muß mehr
Stubium zum Grunde liegen als der Verf. hat; wie können
die Wahrheit in feinem Bilde nicht herausfinden. Biel beffer
iſt die zweite Periode, die Zeit der Diplome, des Stolzes auf
alte Borrechte, verliebter Suͤßigkeit, der Gabinetöregierkunft, 17083.
Hier iſt bas Clariſſenthum bei Falten Herzen und manches Andere
recht gut geſchildert. Das dritte Bilb ſtellt endlich die Selbſt⸗
fucht unferer Zeit, die Regierung ber Münze, bie allgemeine Steps
fiö unferer Zage unb.bie hohe Verehrung, welche Jeder von uns
für fich ſelbſt haben fol, ziemlich gut heraus. Das Ganze res
fumirt fi endlich in Zulius Schlußworten: „Das Gefuͤhl bleibt
ewig baffelbe. Immer will der Beſſere ſich bem Vorurtheile
opfern, das ihm der Zeitgeift als Nothwenbigkeit unterfciebt.
Meift flegt bie Ratur..... Ethelinde wollte fi einem Gelühbe,
Stariffa einem Diplome und ich mich dem Gelbe opfern. Einſt
berrfchte bee Aberglaube, dann der Stolz, jeht, unter uns ge
fagt, dee Egoismus, bie Habfucht. Ehmals kamen bie bewegen:
den Gründe aus dem Kiofler, dann aus dem Gabinete, heute
aus der Münze. Aber bie reinen Gefühle, Großmuth, Liebe,
waren zu allen Zeiten da. Raub, tapfer, leichtgläubig, fromm
und verliebt find fie geweſen; fteif, förmlich, ftolz, ängfttich und
verliebt waren fie; leichtfinnig, eigennüsig, frei und verliebt find
fie. Liebenswürdig aber find fie geweſen, waren fie, und liebenes
würdig find fie (die Brauen nämlich). Dies dramatifch auszu⸗
machen und barzuftellen, war die Aufgabe bes Verf. Er bat es
dargeftellt, aber dramatiſch eben nicht. Er hätte eine Fabel er:
finden möffen, welche feine drei Bilder zu einem Ganzen vereis
nigte; die Sache war leicht; er hätte ferner das Wefen der dra⸗
matifchen Sprache ftubiren müffen, die ex entweder in kleine, un:
genießbare Biſſen zerhackt ober In Langen Bruͤhen herumſchwim⸗
x
a
mend unappetittich auftiſcht; er Hätte enblich feinen Wilbern mehr"
dramatifches Intereffe mitgeben follen, als fie jegt entwideln.
Bei alledem bleibt bie Idee gut und ber Wiederaufnahme mit,
beffern Kräften wärbig.
89. Die Freier. Luſtſpiel In drei Aufzuͤgen von Joſep h Frei⸗
em von Gihendorff. ‚Stuttgprt,. Brotpag... 1858,
Dr. ' " " —X
Bu guter Echt weſſen wir doch ch auf biſen AMutor db
ohme Zweifel zu den bramatifchen Notabeln Deutfchlands ge
hört, und ber fein Patriciat auch jegt wieber mit einem, von
‚ vielen Gelten ber achtbaren Beweiſe kundgibt. „Die Freier“
00
find ein Euftfpiel, wie wie deren brauchen, damit die Buͤhne ſtich
von ihrem äffhetifchen Verfall erhebe; phantafievoll mit Me erg
ſcher Laͤuterung Steigerung der Lebensverhaͤltniſſe *
in ber Sprache der echten Komdbie theilweiſe, wo es eine
gefteigerte gut dieß, in Werfen — geſchrieben und
voll — Charakteriſtik, die wir vorzugsweiſe als eine
ei .
bngeichnen möäffen ,. weit fie: die Virküchkeit verkluͤrt und
t. MWBöäre.die Intrigue fo rein, fo klar mb
amäß als es die Charaktere find, fo werben wis: nicht ats
@ehen, ‚Die Freler“ ein claffifches Luſtſpiel zu nennen unb es
der ſehr geringen Anzahl von mahrhaft poetiſchen Komoͤdien be&
zuzaͤhlen, die wir im Deutſchen befigen. Allein hier herrſcht Ver⸗
wirrung, Schwanken und Motivloſigkeit, und ber Mangel :ciwes
klaren Willens: unb einer kiaren Anſchauung wird erfennbas.
VBerkleidungen, auf welche am Ende Alles hincustuͤuft, find ein.
zu verbrauchtes komiſches Motiv, um noch heute ein: wirkſames
zu ſein; ihr ausſchließlicher Gebrauch deutet immer auf seine in⸗
bätivende Schwaͤche ber erfindenben vis comican, Dagegen iſt
der Wortwig in dieſem Stücke von vorzuͤglicher Dirkung; "er
unertwarteter Antworten an, weldhe
Loch angen Hanb durch⸗
—ãæâã————
6 13 . Teo.o s j an
e ! Bei —* Leben komet nichte heraus. Flitt.
Us der Ellbogen aus dem Aermel u. ſ. w.“ Dieſer Wortwit
in —— mit einer echt poetiſchen Auffaſſung der Charak⸗
tere, Graͤfin Adele, Mora, Leonard, bes Weltmenſchen Fleder
zwiſchen den Genies, Flitt und Da das ift die ſtarke Seite
dieſes jebenfalss bebeuteriben iels, deſſen ſchwache Seite
die Führung der Zatrigne iſt, welche uns weber beſondern Heiz
noch Wahrſcheinlichkeit für ſich zu haben ſcheint.
40. König Vollmar auf Harbenſtein. Vaterlaͤndiſches Traukr⸗
wg in fünf Zufsügen von C. G. Korte Schwelm, Scherz.
. 8. ‚Gr.
Wir fließen unfere Anzeigen mit einer Gedankentragoͤdie
adhtbarer Art, ber wenig fehlt, um zu den ausgezeichneiften Ga⸗
ben biefes Cyklus gerechnet zu werden. ine wunberliche weſt⸗
faͤliſche Sage hat. den Stoff zu dieſer Tragödie Hergrgeben. Im
IJ. 1978 ran auf Burg Hardenftein an der Ruhr bei Ritter
Neveling von Hardenberg ein Geiſt erfchienen fein, ber fih Koͤ⸗
nig Goldener (Bollmar) nannte, welcher fi als Baflfreund des
Ritters lange bei ihm aufhielt,, lieblich auf der Zither fpielte,
wuͤrfelte, ein guter Kumpan beim Wein war, aber geiſtliche und
weltliche Männer durch feine Weisheit erbaute und mit bem
Kitter, ben er liebte, zu Wette ging. Beine weihen Bände ließ
ee anfühlenz aber fonft durfte Niemand Miene machen, fein We:
fen zu en, fonft warb er boͤſez einen Küchenjungen, ber
ihm nachſpuͤrte, fchnitt er In Stüden und briet biefe. Stets
warnte er feinm Freund vor.jeber Gefahr und lehrte ihn Weis:
peit. Er behauptete, die Shriften gründeten ihren Glauben auf
rte, bie Zuben auf koſtbare Steine, die ‚Heiden anf Pflanzen
a. dergl. mehr. Der Geiſt follte, fo fagt man, eigentlich bie
@chwefter des Ritters (im Trauerſpiel Aline genannt). lieben md
ſich deshalb vom Mitter Schwager nennen lofen. Endlich nach bem
‚722
Zobe bes Kuͤchenjungen verſchwand Vollmar mit einer ungiädi
chen Weiſſagung über bas Haus Hardenberg. So erzählt Ge
elinus Perfona in feinem ‚„„Cosmodram.‘, act. VI, ec. 76. Aus
iefem fagenhaften Stoffe Hat der Verf. nun eine ibeenreicdhe Zen
goͤdie gebildet. Wollmar ift ein verkörperter Beifterkönig, der Ro
g und Alinen burd, bie Kämpfe bes Lebens zur Tugend ya
iehen ee . berBögiingegerli ben ‚ Re
ling, indain feigen Schranke de en fans und be
gehrt, wo er zu begehres aufhören follfe, und Aline, Weil fie zh
bemüthig, zu ſchwach if, den Stuͤrmen bed Lebens zu
3 Weide gehen an Ueberkraft und Schwäche, bie ſchlimmſten
egner eines. beglädten Dafeins, unter. Dieſe allegorifche Ya
bei it dramatifher Kunft an einer reichen Folge wechſel⸗
voler Bcenen amtwidelt, welche 5 Theilnahmecereden, bis
Neveling ber Verleumdung und ber Feme, Aline ihrer Demuth
IAn Aamen
wortſelig, um es immer zu rechter Zeit zur Handlung kommm
zu laſſen, ker gefallt fig: zuoſebe ie aber lee⸗
ren Worten. Seine Sprade ift, rein, ibeenxeiih und oft brama
tiſch, fein Ber gut, aber bie. Diction des Stuͤckd iſt biffus, breit
und nicht. felten ſchwuͤlſtig, 3. B.
Batimar.
on Meinen
Sie Sei; von: inb’fchen. Baifeln, bazamı fert
Wird droben ar yab neue Leben leben.
D durch fo manden Kampf haſt du, bie Sabre
Erxlernen mögen, daß dar Menſch fo ſchwach⸗
Wenn er, bie Kraft in Leidenſchaften ſucht
Und zit in Ueberwindung feiner ſelbu —
Biet zu viel Morte für eine- alte, trivinle Lehre, die obentia
faiſch ausgedrückt erfceint, ba Niemand: die Leibenfihaft fucht,
ſondern hat.und ven ihr werfucht wird. Dergla ichen BVedenken
nie eine ſo dichteriſche, ruͤhrende Scen au
z. B. bie if, * — Ba zu —— ke
Bollmer.
Betrachte mich nicht als ben höhern Self...
i Aline.
Und dennoch fÄRL ih, daß es Demuth IB,
Abhängigkeit, was deine Liebe mir
Dat zugewenbet....
So kehrten Götter einſt
"Bel ſchwachen Sterbitchen, fo Tehrte Bott
Im Paradiefe, fo der Gottesſohn
Dei Magdalena em. Ich felber din
Aur deine Magd Aline.
Bollmar.
ee. Mebe fo
Muß ich tool deine Farbe tragen, um
Als deinen Ritter mid zu zeigen...
Flicht dab blaue Band mir um...
Aline (bindend).
Es if, als wenn auß unbetannten Spbären
Ein feltner, fabelbafter Vogel fi
Herniederwagt in eined Maͤgdleins Hände,
Bon denen er fi wilig haften laͤßt,
Worauf die Jungfrau, fein fi zu verfihern,
Fon, Lindifch-fchlan, in Feſſeln legt. u f.w.
Mit Biefer lieblichen Probe feines Poeſie entlaffen wir ben ach⸗
baren Verf., ber ſich des Beifalls zarter Serlan gewiß ge⸗
wird. 103.
P
U VRR -
123
Neber des Englaͤnbers Jacob Anfichten von: ben. Wirkun⸗
gen dee Gelb: und Silberausbeute und der: Minze
in den legten drei Jahrhunderten. BE
Nicht Leicht iſt ein Gegenftand geeigneter, viglſeitige Ex⸗
mögung und Beſprechung zu veranlaſſen als die Gchrift, weiche
ber durch feine Unterſuchung ber europäifchen ——
tion bekaͤnnte Engländer Jacob über die Wirkungan der Mies
tallprodustion un ‚Xusmüngung bex Isgten Jahrhunderte her⸗
ausgegeben bat. Faſt alle frangöfifchen und deutſchen Zeitfchzifs
ten -lieferten einen. Auszug aus dem Integeffgnten Werkchen und
verbreiteten mit ben brauchbaren. Thatſachen au des Engloͤn⸗
ders Aofichten- über bie Ausbeute und Ausmünzung edler Me⸗
talle in den-Ichten drei Jahrhunberten, obgleich biefe Anfichten
de nichts weniger als allgemeine Verbreitung verdienen. Ip;
n ben ‚Unfoberungen mehrer . britifchen Radicalen, namentli
bes Bir Attwoob, nach Umänberung des GSelbigftems, ua Ganif
fion vor Pfundnoten ftellen ſich dieſe Anfichten in. einer wirklich
gefährlichen Geſtalt heraus. Hoffentlich. trage ich feine Gule
nach. Athen, wenn {sh mir erlaube, ein Scherflein kritilcher Ber
leudtung iu d. BI. niederzulegen.
Des Inhalt ber Jacob' — iſt in der Kuͤrze fol⸗
gender: Bis zur Entdeckkung yon Amerika war ‚wenig eodles
Metall, wenig baares Geld in Guropa; daher waren bie Geld⸗
preife, bed Getreibes ſehr niedrig, Die jährliche Ausbeute und
Ausmünzung von Gold und Silber mochte nur fo groß fein,
daß fie den jährlichen ‚Abgang arfegen.Tonnte; beswegen blieben
fi die Getreibepreiſe im 15. Jahrhundert ziemlich gleih.
Mit der Entdeckung von Amerika trat eine enorme Ver⸗
mebrung ber edeln Metalle und ber Münze ein. Im 16. Jahr
hundert bob ſich ber Betrag bes baaren Geldes von 400 Mil
lionen Gulden auf 1600 Millionen Gulden; im 17. Ighrhun⸗
dert flieg der Geldbetrag auf 3200 und im 18. auf 4750. Mil:
Itonen @ulden. Die Gelbpreife des Getreides ftiegen im 16.
Johrhundert mit der Geldmenge auf das Vierfache; im 17. Jahr:
hundert fiegen fie aber nur um 3D Procent, weil bee Kriege
Wegen ein Schell des Geldes und. Metalles nicht zu Markte
kam, im 18. Jahrhundert. fliegen fie abes wieder mit.ber Geld»
menge auf gleiche Weife um einige 20 Procent. Diefes anhal
tende Wachen des Gelbpreife war für bie inbuftridfen Claſſen
ebenfo vortheilhaft, als es für bie Sapitaliften und Beſoldeten
nadıtheilig war. Den Unternehmern kam ber fteigenbe Gelb:
preis nämlich fehr zu gute, weil fie ben Lohn, die Materialien
nicht gleich wegen des ſinkenden Geldwerthes höher zu bezahlen
hatten, die Wenetianer faben aber im @elbwerthe auch ihre
Mittel ſchwinden. Der Sturz ber europäifchen Ariftofratie
wurde wefentlid durch die fleigende Geldmenge begründet.
Seit dem 19. Zahrhundert nimmt jedoch die Ausbeute ber
ebein Metalle bedeutend ab, bie Ausprägung kann nicht. beftän-
dig ſich ſteigern. Es muß baher ber Geldwerth fih erhöhen,
die Geldpreife ber Güter müflen fallen. Die Abnahme bes
Gelbpreifes wird aber die entgegengefegten Wirfungen hervor
bringen. Die Induftriöfen Clafſen müffen leiden, weil mit bem
fleigenden Werthe bes Geldes Lohn und Material nicht gleich
im Preife fallen, ja oft ſchon bezahlt find. Dagegen werben
die Gapitaliften und Beſoldeten einer golbenen Aera entgegen
gehen. Die heutigen Leiten Europas find ſchon — Wehen ber
verminderten Metallproduction und Ausprägung.
Was bei diefem Inhalte der Schrift das Wunderbarſte iſt,
das ift gewiß nicht die große Senfation, bie fie macht, fondern
Yediglich das in berfelben bekundete Vergeſſen ber größten unb
gründlichften Unterfuchungen, welche Smith im Gebiete ber por
fitifden Delonomie auf dem britiſchen Boden angeftellt hat.
Zuvdrberft mäffen_wir erflaunen, bie Anfiht: „daß bie
Preiſe mit ber Beldmenge felgen ober fallen”, in dar allem
crafjeften Geſtalt Hier ausgefprochen zu finden. Hume, ber als
der Vater diefer Anficht angeführt werden Tann, hat fie boch
ganz anders entwidelt. Nach ihm ift nicht die abfolute, fon:
Gelbpreife,
dern bie relative Beldmenge der Negulator . ber
5, eo kommt auf das Merbätteik das unjlaufenden Meibet
au ben auggebosenen Boaren; an. Herr Jacob Jäßt. aber hie
Getxeidepceiſe getroſt auf das Doppelte, auf das Vierfache ſtei⸗
gen, wenn bie Geldmenge is; Ganzen auf das. Doppeife oder
Bierfohe flieg. Keine Frage: ‚op dann nicht auch bie Weg
tehrsgüter ſich vervielfacht umb eine größere Maſſe Geldes zum
umfage angefobert haben?! Gaſett aber, Herr Jacob habe bie
reletive Geidmenge im Auge gehabt, fo ‚hätten ihn doch wenige
Blide in das Gmith’fche Werk überzeugen müffen, daß das
Steigen und Sinken der Gelbpreife auch von ber velatinen Gelb:
menge nicht in dem gefchilderten Maße abhängen Fönne Nenn
auch. das Geld ſich ſtaͤrker vermehrt als die Summe ber Ver⸗
kehrsguͤter, ſo kann doch ein Sinken des Geldpreiſes daraus
uch) nicht gefolgert werben. Iſt es denn nicht möglich, daß
bie Geſchwindjgkeit des Geldumlaufeß ſich vermindere, ein Tha—
ler nicht mehr ſechs, ſondern nur vier Umſaͤge made? Kriege
hatten. frühes flets diefe Wirkung. Umgekehrt kann wieder eige
Abnahme der relativen Geldmenge ohne Steigerung des Geld:
preife eintreten, wenn ber Gelbumlauf an Geſchwindigkeit zu⸗
nimmt unb ein Thaler die Dienfte von fachfen chut, währemb
er vorbem nur viermal bienen fonnte. Die großen Umgeftals
tungen. bed mobernen ECuxopa haben offenbar eine, ſolche Um⸗
lauftgeſchwindigkeit hervorgebracht, denn es mehrten ſich die
kuͤnſt lichen Straßen, bie Poſten wurden beſſer, die Abceihnungs⸗
arten bequemer. Endlich ſcheint Here. Jacob unter:.ber. Geib-
menge immer nur bas baare Geld zu verſtehen. Gewiß IE
aber das Creditgeld ein ebenfo gutes Umlaufsmittel als bas
baare. Gewiß wird ein Papiergeld, welches auf Pari flieht,
bie geringe Menge baaren Geldes nicht empfinden laffen. Nur
bei einem Schwanken des Papiergeldes tritt die Nachfrage nad
bem baaren Gelde ein,. nicht eher. Es ift baber wol feltfam,
daß mus von Ausmüngungen die Rebe iſt. Auch von Emiſ⸗
ſionen folte bie Rede feinz. aber folgt: da6 Papiexgeld nicht
ganz andern Gefegen? iſt es bie biofie Menge des Papiergel⸗
bes, welche ben Gurs beſtimmt, wie Ricardo behauptete, oder
ift es nicht vielmehr. ber durch bie Menge weſentlich beſtimmte
Grebit, ber ben Curs ber Papiere bervorkringt?
No mehr. möffen. wir uns barüber befvembet zeigen, baf
Jacob das Steigen der Belbpreife in ben frühern Jahrhunder⸗
ten nur aus ben großen Auqmuͤnzungen, nicht aber aus dem
fintenden Werthe edler Metalle ableitet. Dard bie awerikani⸗
Then Bergwerke wurden Bol: und Silther in Curopa häufig,
es ſank der frühere babe Werth. Da fi ber Werth der: Muͤnze
an.ben Werth. des Materiels anfchließen muß, fo ſank natürlich
auch ber Werth der Münzen. Deber zum Theil bie bebauten
den Ausprägungen. Nehmen wir an, baß die Ausprägung ber
Maßſtab des ſinkenden Metallpreiſes fei, fo würde aus biefem
allerdings fich begreifen, daß die Geldpreiſe im birecten Ver⸗
bältniffe mit der’ jebetmaligen Muͤnzmenge ſtehen. Alten gewiß
ift nicht angenehmen; daß die Ausmünzung ganz umb gar von
dem finfenden Metallwerth herruͤhrte. Wir. wiffen ja, daß bie
Regierungen fehs ſchlechte Muͤnze machten, einen übertriebenen
lagſchat hoben. Wenn die Marl Silber auf dem Markte
nur 18 Thaler gilt, aber. 32a Thaler ausgeprägt wirb, fo
wird bei gutem Grebit ber "Siegierung dad Sinken des GSilber⸗
werthes einer Marl noch nicht ein ähnliches: Sinken bes Wer
thes der Münze nach fich ziehen. Die Muͤnze ift ja in: biefem
alle ein Grebitgeld. Aber ebenfo Tann auch bei einem fteigen-
den Preife bes Silbers die ſchlechte Muͤnze ungehewer tar Preiſe
weichen, wenn nämlich ber Credit ber. Regierung ſich int: &chtechte
newenbet bat. Was Toll man bazm fagen, daß Jakob aufi bie
Beſchaffenheit ber Münze gar keine Rückſicht nahm, ſondern
nur bie Geldffuͤcke überhaupt zaͤhlte?
Ohne Zweifel wird Niemand biefen Bemerkungen und: Auße
ſtellungen etwas anhaben koͤnnen; aber: viellsiht wird Jacob
bei dem Leſer baburdy die Oberhand behalten, baß:ja'die Ete
fahrung, die in Zahlen, burd die Grfchichte. bocumentirte. Ev⸗
fahrung bie Jacob'fcen Gäge. befkätäge. Zay-biste jedody höß
dem Wahrfcheinlichleitäcalent, deffen ſech Sacob
7124
bedient, Fein g großes Anfehen einraͤume. Die Abſchaͤtung ber
Gold» und @ilbereinfuhr und ber gefhehenen Ausprägungen
iſt eine fehr ſchwankende; man darf ſich nicht — ſehr darauf
verlaffen. Ebenſo find die angeführten bundertjährigen Durch⸗
ſchnittapreiſe des Getreides nur mit großer Worfiht zu gebrau⸗
hen. Adam Smith hat in feinem unfterdlichen Werte Aehn⸗
ches verſucht; die Refultate fielen ganz anders aus. Es iſt
durchaus richtig, daß die Geldpreiſe des Getreides bis auf die⸗
fes Jahrhundert ungeheuer ſtiegen; aber man bedenke a) bie
wachfende Bevdlkerung, b) bie darnieberliegenbe Agricultur,
e) die vielen Kriege um bie Religion, um das Gleichgewicht
und um bie Freiheit, und man wird nicht allein in ber Geld⸗
menge den Schluͤſſel ſuchen.
Die Abnahme der Metallproduction muß auf bie Gelbpreife
mädtig einwirken; aber es ift fehr zu bezweifeln, daß das
heutige Elend davon Tomme. Allerdings iſt die Ausbeute ber
ebeln Metalle geſunken; aber wie fehr fiel auch ber Verbrauch!
Afien verſchlang ſonſt unſer Silber, nun kommt zuweilen Sil⸗
bee zu uns zuruͤck. Auf Geſchirre wirb jest weniger edles
Metall verwendet; Papiergeld eripart un ebenfalls viel Mes
tal. Geldmangel iſt wirklich gar nicht vorhanden. Fürs Erſte
haben die Ausmünzungen in allen Ländern feit 15 Jahren ſich
fehe vermehrt. In England z. B. wurden 1790 — 1809 nur
21,493,000 Pf. Gold und 1216 Mill. Pf. Silber ausgeprägt, aber
181030 wurden 45,387,000 Pf. Gold und 9,149,411 Pf.
Silber geprägt. Aehnliches geſchah in Frankreich, Oeſtreich,
Preußen und Rußland. Fuͤrs Zweite hat bie Umlaufsgefchwin:
digkeit aus mehr als einer Urſache zugenommen. Allerdings find
die Geldpreife gefunfen, aber bie Urfachen liegen außerhalb ber
Seldmenge. Weicht ber Getreibepreis, To bebente man ben
fangen Frieden, ben Anbau aller Streden, bie Bervolllomme
nung des Urprobuction und bie Weränberung ber Gonfumtion
von Gerealien. Weichen bie Preife ber Yabricate, fo ermäge
mat die Mafchinen, den Arbeitslohn, den Zinsfuß. Weichen die
Preiſe des liegenden Eigenthums, fo führe man fich die Staats:
papiere zu Semüthe, deren Ankauf unendlich vortheilhaft ge:
worben ift zum Nachtheil der Healitäten.
Jacob's Schrift iſt nichts als eine huͤbſche Seifenblaſe.
Unfere Mercantiliften ſchreien Wunder, weil fie darin einen Be:
weiß feben, daß die Beldmenge, bie ſteigende @eldmenge
Alles in Adem ſei. Man laſſe ihnen ihr Vergnuͤgen; fir
Shimären dient befanntlich aud der Sand zur Grundlage.
Mas man aus Zacob lernen Tann und foll, ift die Wahrheit,
daß fleigender Reichthum an Freuden reich fei, fehr ausgedehn⸗
ter Reichthum aber nur Leiden bringe!! 150.
Dee biftorifche Miefenverein in Nürnberg.
Als ih, ermuntert von Bönnern unb Freunden, mit fo
günfigem -Srfolg ben erften ausführlichern Plan zur Bildung
der biftorifchen Vereine in Baiern entwarf, ging ich von bem
Grundfage aus, daß die alten Denkmäler ihre vorzüglichfte Deus
tung oder Erklaͤrung aus dem Standpunkt der Orte zu ems
pfangen hätten, wo fie gefunden worden, bie Urkunden aus jener
Gegend, worauf fie verlauten, die Ueberlieferungen und Sagen
auf bem Boden, dem fie urfpränglidy entfproffen, und daß, bei
ber jegigen Wereinigung fo mannichfacher Länder in ein Reid,
jeder einzelne Bezirk oder Kreis feine eigng alte Geſchichte ſelbſt
zu bewahren befonder& berufen ſei, dis dann endlich aus allen
diefen Ginzelnheiten ein kunſtreiches Banzes hervorgehen Tönnte.
Diefen Anfichten volllommen beiftimmend, erklärte auch ein gewiß
wohibefugter Sprecher, Jakob Srimm, bei Beurtheilung bes er:
ſten biftorifchen Zahrberichts in den „‚@öttinger Anzeigen‘, 1831,
Nr. 121: es fei allen foldhen Verbindungen eine ſolche provinzielle
Beichräntung fehr zu wünfden, welche ben Blick auf bad Gin:
zeine fefthalte und die Freude des Raheliegenden erhoͤhe. Jede
Gefeüfchaft diefer Art, wenn fie wirken wolle, ftärte:fid dba
durch, daß fie ſich eine warme Enge ſchaffe. Gefelfdefien
& la Feörussac feien nicht mehe an der Zeit, wenigſtens nicht / in
Deutfchland (find auch bereits in Frankreich ſelbſt wieber in
Dampf verpufft fowie noch andere, noch größere literariſche
Sefelifchaften, die man barauf wollte folgen laflen, unb in ber
That nur, wenigftens uns Deutfchen, das Bild ber Höchften
Flachheit geboten). Die allgemeinen Verbindungen würben hin
reichend genug durch Bibliotheken, Buchhandel, Briefwechſel an
gefacht. Auch die Aufnahme ber Mitglieder fodere Maß und
Deſcheidenheit.
Ganz von dieſen Anſichten abweichend, will aber der Frei⸗
herr Hans von Aufſeß in feiner Einladung zu einer in Ruͤtn⸗
berg geftifteten Geſellſchaft für Erhaltung ber Denkmäler Alte
rer deutſcher Geſchichte, Literatur und Kunft (ſ. beffen „Anzeiger
für Kunde des deutſchen Mittelalters”, 1588, ©. 48,
feine Anftalt dahin ausdehnen, daß ihr nicht nur alle Hifloris
ſchen Vereine in Baiern, fondern in ganz Deutfchland, 24 an
der Zahl, beiträten, und ihre Mitglieder fih auch no in
Nürnberg aufnehmen zu laffen und Beiträge zu zahlen hätten
(6 1. jährlich; bei 3000 Mitgliedern ber 24 Vereine mindeftene
18,000 Fl. jaͤhrlich), während fie in unferm Kreis bisher gar
nichts bezahlt. Kür den nächften Auguft fon fofort bie General
verfammlung aller biefer bairiſch⸗ pommerſch⸗, thuͤringiſch⸗
maͤhriſch⸗, voigtlaͤndiſch⸗boͤhmiſch⸗, preußiſch⸗ titoliſch⸗, ſchle⸗
ſiſch⸗ naſſau⸗ und ſteiermaͤrkiſchen Geſchichtsvereine in Ruͤrn⸗
berg gefeiert werden.
Augenſcheinlich iſt dieſer Gedanke ben Wanderungen und
Zuſammenkunften der Raturforſcher entlehnt und abgeborgt. Es
kommt mir nicht zu, zu beurtheilen, was durch dieſe bisher
für die Naturwiſſenſchaft geleiftet worben fei. Da aber bie
Geſchichte nicht in derfelben Art auf‘ der Einheit eines Sy⸗
ftemd beruht wie die Naturwiſſenſchaft, nicht auf Experimenten,
Demonftrationen,, die man alsbald vor Jedermanns Augen zu
allgemeiner Ergoͤtzlichkeit der zuſchauenden Laien ins Werk fegen
ann, nicht auf Anfchauungen von Geltenheiten und nicht auf
ſchon beftehenden Formeln, fo wüßte ich nicht, was aus bem
Zufammentreffen fo vieler Geſchichtafreunde in den wenigen Tas
gen folder Keftlichleiten und Gaftlichleiten an einem Orte, ber
nicht einmal felbit eine recht alte Geſchichte oder vorzügliche
biftorifche allgemeine Hülfsmittel in feinen Mauern hat, Ge⸗
beihliches heraustommen koͤnnte; weit mehr aber etwas Unge⸗
deihliches, ald da wäre ein ſchnell dahinfahrendes hiſtori⸗
ſches Plaudern und Abſprechen, ein Waffenftiliftand für bie
alten Fabeln, das Gindringen einer kernloſen und nur allzu
leicht überfchägten Mittelaltertbümjichleit, weldye in Ermange⸗
Iung eines Beſſern uns ihre alten Grabeötöpfe, Streithaͤmmer,
Bierhumpen, verrofteten Spangen und verzerzten Heiligenbilder
an vermeinttige gefhichtliche Leckerbiſſen darzubieten gezwungen
würde,
Sch beraube mic) vielleicht ſelbſt ſchoͤner freundlicher Ge
nuͤſſe, wenigſtens jeet noch ſuͤßer Traͤume, wenn ich bei einer
olchen Generalverſammlung ſo manche werthe Freunde zu tref⸗
en mir ſchmeicheln duͤrfie, So aber werde ich lieber dem
Grundſatz zu Ehren ein Opfer bringen und als ein hiſtoriſcher
Jonas unter meiner Kürbislaube zu Haufe bleiben. Uebrigens
im reinften Intereſſe für die Wiffenfchaft, im freunblichften
Sinn für die nürndberger Anftalt ſelbſt, ber ich fonft das froͤh⸗
lichte Bebeihen gönne, fobald fie fig nur — wozu fie auch wol
die wenigften Anſpruͤche hat — nicht als ben Haupt⸗ und Gini⸗
gungtpunft aller Hiftorifchen Provinzialvereine ohne Volmacht
und Beruf gleihfam zu einem neuen biftorifhen Papſtthum
aufbringen will, erlaube ich mir ben innigften Wunfh auszu
ſprechen, daß man doch ja den Werth und die Wichtigkeit des
Befondern nicht plöglich wieber in ber Unreife und Leerheit ei-
ner hohlen Allgemeinheit untergehen lafle.
Ansbach, 12. Juni 1833.
Kari Heinrich Nitter von fang.
Nedigirt unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung: F. X. Broddaus in Reipzig.
| —
—
vu
Blätter
für
Titerarifhe Unterhaltung.
‚Dienftag, Kr. 176. — 25. Juni 1833,
Weberficht der fchwedifchen Kiteratur vom Jahre 1832. *)
3mweiter unb lester Artißel,
Biffenfhaften.-
Unter den diesjährigen Erſcheinungen im theologi:
Then Fache find folgende die bedeutendften: „Paraphras öf-
ver större delen af Nyn Tests. hel. Skrifter med Inled-
ningar och Anmärkn.” (SParaphrafe über den größern Theil
des N. Teſt., mit Einleitungen und Erklärungen von
Dr. Samuel Dedman). Died Buch ift wie Kant's
Phyſik aus den Gollegienheften des Verſtorbenen nicht
eben ſonderlich zufammengerragen; - Iehrreih und ſcharf⸗
finnig ift aber das Werk, wie die Schriften dieſes bes
ruͤhmten Orientaliften überhaupt, wenn auch nicht Alles
befriedigend fein möchte. „Om det theologiska studium,
med särskillt hänseende till Sverige” (Ueber das theos
Logifche Studium, mit befonderer Rüdfiht auf Schwe⸗
den). Der Verfaſſer, 9. Reuterdahl, iſt Univerfi:
tätslehrer zu Lund und Mitherausgeber der bdafelbft er:
fheinenden, aber dem Vernehmen nad) bald eingehenden
„Jheologisk Quartalskrift”. Predigtfammlungen find von
dem juͤngſt verftorbenen Ekendahl, Hedren (2. Ausg.),
Hagberg (2. Ausg), Gagner und Schartau (einem
feit mehren Jahren verflorbenen pietiftifhen Prediger in
Lund) erfchlenen, einzelner Predigten und geiftlichen Reben
nicht zu gedenken. Früher fchöpften unfere Prediger meiſt
aus deutſchen oder dänifchen Quellen; jegt hat ſich eine
felbftändige Homiletik bei uns gebildet, die in mehren
Punkten von der neuern beutfchen abweicht. Vielleicht
tönnten manche beutfche Prediger jegt von den unferigen
etwas lernen; wenn uns das Nationalgefühl nicht trägt,
find die beſſern ſchwediſchen Homiletiker inniger, einfacher,
mehr zum Herzen. fprechend; fo viel ift gewiß, daß wenig
deutfche Predigten noch für unfere Gemeinden paffen,
weshalb auch faft Beine mehr überfegt werden, Anders
iſt es mit wiſſenſchaftlichen Sthriften, mo die deutfchen
Theologen noch immer unfere Lehrer find; fo wurden’
Tholuck's beide Commentarien über Pauli Brief an bie
Römer und Johannis Evangelium in diefem Jahr ſchwe⸗
diſch Herausgegeben und haben eine freudige Anerkennung
gefunden. -
) Bol. Re. 126 d. BI. | D. Red.
Die Gefeggebungscommiffion, die feit 1810 thätig
gerefen und dem Staat etwa 130,000 Rthir. gekoftet,
bat jegt mit dem „Förslag till Criminal Lag” (Ent:
wurf eines peinlihen Geſetzbuchs) ihre Arbeit beendigt,
ob mit Glüuͤck, darüber find die Urtheile fehr getheilt.
Schon bei ihrem Entwurf zu einem neuen bürgerlichen
Geſetzbuche wollte fie mehre durchgreifende Aenderungen
einführen, die unferm uralten Recht, unſern Gewohnhei⸗
ten und Gebtaͤuchen entgegen find. Diele biefer Veraͤn⸗
derungen find vielleicht cheoretifch richtig; - man wendet
aber dagegen ein: „Das pofitive Necht iſt in einem alten
Staat kein Werk der Theorie, fondern ein Ergebniß fruͤ⸗
herer, zum Geſetz erhobener Gewohnheiten und volksthuͤm⸗
licher Sitten. Wir verlangen und brauchen kein neues
Recht, nur eine Reviſion des alten.“ Die Commilffion
fommt in dem Entwurf oft mit den Grunbfägen bes
bairiſchen Strafgefegbuche von 1813 überein und berüds
fihtigt bie Abfchredungs= wie bie Beſſerungstheorie. Gie
erkennt, wie die Sachen jegt ftehen, die nach ihrem Er⸗
meſſen theoretifch nicht zu vechtfertigende Todesftrafe uner⸗
täglich für gewiſſe, aber aͤußerſt wenige Verbrechen, weil
deren unbebingte Aufhebung das Beſtehen des Staats
gefährden, ja unmöglich machen würde. Die fortgefchrit:
tene Bildung und Gefittung wird nach der Meinung ber
Abfaffer des Entwurfs bie Todesſtrafe einſt unnöthig und
unausführbar machen. Ihren philanthropifhen und —
tft anders der Ausdrud erlaubt — ſtaatspaͤdagogiſchen
Grundfägen gemäß, verlangt die Commiſſion gänzliches
Wegfallen Edrperlicher Züchtigungen und nimmt pier Straf⸗
arten an: Lebensfteafe, Strafarbeit in fünf Graben, ſchwere
und leichte Haft und Geldbuße. Die Regierung hat den
im Allgemeinen mandyes Gute enthaltenden Entwurf, ber
auch für die Mechtögelehrten des Auslandes von Intereſſe
fein dürfte, zue Begutachtung den Univerfitäten, den vor:
nehmften Gollegien und dem norwegiſchen Storthing vors
gelegt und will überhaupt die Öffentliche Meinung barlıber
vernehmen. Die Univerfität Lund hat ſich fcharf, die von
Upfala mäßiger dagegen ausgefprochen; Derfleb in Ko:
penhagen foll fehr Vieles daran gebilligt haben.
Sommer erſchien vom Dr. Lindblad zu Up
fala eine Abhandlung: „Om Dräp och Mord’ (Ueber
Todſchlag und Mord). Dr. Schipter, der Herausgeber
ber altſchwediſchen Provinzialgefege, fchrieb eine aͤußerſt
726
beleibigende Kritik darüber, melde zu einem langen
Streit Weranlaffung gab, der zwar nicht mit Tod⸗
fhlag und Mord endete, aber doch mit vieler Erbitterung
geführt warb. Bei biefer Gelegenheit erwähnte man eis
ner Abhandlung, bie Schiyter nebft feinem Mitherausge:
bee der Provingialgefege, Dr. Collin, in Mittesmafeg’s
und Zachariaͤ's „Keitifche Zeitfchrift für Rechtswiſſen⸗
ſchaft“ 1829 einrüden ließ, deren Reſultat ift, daß das
juridifche Studiums ſowie die Rechtspflege in Schweden
in tiefſtem Verfall fei. Dies flimmte die öffentliche Mei⸗
nung gegen Schiyter, der einen nur zu leidenſchaftlichen
Charakter hat und vielleicht bei diefem Streit offenbar,
daß er kein. fo gründlicher Kenner der neuem Geſetzgebung
ale der alten fei, was zur Folge hatte, daß die Achtung,
die man ibm als tuefflicken Herausgeber und Commenta⸗
tor ber. Provinzlalgefege ſchuldig iſt, bei, Dielen erſchüt⸗
tert. wurde.
In Chriftianftad kommt ein juribifches Archiv („Juri-
diskt Archiv”) heraus. Die Driginalabhandlungen darin
foßen nicht ſehr gehaltvoll fein, einige von. Sehlern. und
factiſchen Misgriffen firogen. Das einzige Wer, weiches
wir in deu neuern Kameraliſtik befigen, iſt das jest im
einee neuen Ausgabe erſchienene Bud, vom. Prof. Dr, Rar
benius zu Upfala: „Försök till Cameral - Lagfarenhet”
(Berfuch einer wiffenfchaftlichen Kameraliſtik). Eine gute, kri⸗
tifch und ſehr zmectmäßig georhuste Sammlung — Im Ge
biete der Staatsoͤlbonomie begagnet. uns eine Schrift vom Gra⸗
fon Bjoͤrnſtjerna. Miniſter zu London, bis: viel Aufiehen. ges
macht bat, und deren Grundgedanke ift, dem Ackerbaue
bedeutende Erleichterungen durch. Herabſetzung ber Grumbr
feuer zu. gemähren und dafuͤr den. Staat burch eine Zoll
erhöhung, der fünf. wichtigften Importartikel (worunter bes
ſonders .Raffee, Zucker und Thee) zu entichäbigen. Cine
vieifach mobifisiste Anwendung der. in biefer geiftreichen,
nur etwas. zu flüchtig. bingemorfenen Schrift empfohlenen
Maßtegeln duͤrfte nüglich. erfcheinen und wird auf- dem
naͤchſten Reichbtage zur Sprache kommen.
Die Medicim bietet: wenig. hier zur Erwähnung Ber
eignetes. Die ſchwediſche Geſellſchaft der Ayrzte gibt zwat
jährlich. ihren Jahresbericht (‚„Ärsberättelse om. Svenska
Läkare-Sa Arbeker‘‘) und feit Juli 1832 auch
eine Zeitſchrift (‚, Lidskrift. för Läkare och. Pharmecenter‘‘)
heraus, doc) weder jenen noch dieſe greift ebem. tief in
die Wiffenfchaft ein.
Weit reicher iſt Die Naturgefhichte am gehaltvellen
Werken. Unfere. Aufmerkfamkeit wird zuerſt vom Puof.
Agardh in. Auſpeuch geuommen busch.. fein ‚Lärobok
i. Botaniken” (Sehrhudy der Gewdchatunde), zweite Abthei⸗
lung, über beflem, erſte Abtheilung mir. ſchon in einem
frühern Bericht geſprochen haben. Meſer Theil enthaͤlt
Die allgemeine Pflanzenbielogie;. und iſt ebenſo raich wie
bee erſte am neuen. Anſichten und. genialen Bemerkungen;
boch hören wir, daß es von einzeinen Fehlern, 3. B. in
Chemie, Mineralogie, ſogar in gewiſſen Theilen ber. Bo:
tanitk ſelbſt, nice frei fein fol. Beudchfi:temnmt: „Hand-
bok. i Skandigeviens Fiora” (Handbuchder Flora Stan⸗
dinaviens), von Dr. C. J. Hartman, zweite Ausgabe.
Dieſe beſitzt große Vorzuͤge vor der erſten und gibt von
dem Fleiß und der Beobachtungsgabe des Verf. ein rühm⸗
liches Zeugniß; indefien wird fie wol im Ausland wenig
befannt werben, erſtens weil fle in ſchwediſcher Sprache
gefchrieben iſt, zweitens weil fie ſich doch wol nicht neben
der Wahlenberg’fchen „Flora Suesica” behaupten ann;
von dem erften Theil dieſer letztan erfchien 1831. eine
neue Ausgabe, und ber zweite wird jetzt neu gebrudt.
Bon der Abhandlung: „Om Wermlands och Dalslands
Vegetation” (Ueber bie Vegetation Wermelands und Dals⸗
lande), von C. ©. Myrin, aus den Verhandlungen, ber
Bönigl. Akademie der Wiſſenſchaften, tft ein. befonberer- Ab⸗
deu erſchienen. Gering an. Blaͤtt aber million
als nova dona ferens ift ohne Zweifel die „Mantissa
novitiarnm; florae Suecicae; accedit commentatio de s4-
licibus, auct, Elia Fries”. Cine Weberficht ber neurſten
Sortfchritte in Zoologie und Gewaͤchskunde Liefern bie
Sahresberichte der Poofefforen Fries und Wilftröm („Ärs-
berättelse om. nyare. z90logiska Arbeten och Upptächter,
afgifven d, 31. Mars 1832 af B. F. Fries” und „Än-
berättelse om hotaniska Arbeiten för är 1831, af
G. E. Wikström” ſerſchien im Auguflj und „Ärsberät-
telse.m, m. för är 1839 ſerſchien erſt im Septembel)
Die fhägbaren Werke. des Prof. Nilsſen („Skandinaviak
Fauna”) und bee Herren M. und W. von Wright
(„Svenska Foglar” u. f.w. Schwediſche Vögel nach der
Natur), beide mit illuminixten Figuren, werden noch ims
mer, fortgafept, Uehrigens behaupten die Verhanblungm
bee Akademie ber MWiffenfchaften, als ein Magazin
tsefftichen Abhandlungen aus der. Naturgeſchichte, der
Chemie, dee Mineralogie u. f. vo; noch: immer ihres al:
ten Ruhm.
In der Philologie.wirb nur fo viel gearbeitet, ald
der höchfte. Bedarf erheifcht, Indeſſen verdient Die ſchwe⸗
difhe Sprachlehre („Svensk Spräklära”) des geiftwellen
Rectors Almquiſt ale reich am eigenthuͤmlichen Anſichter
und fuͤr die Geſchichte der Sprache lehrreichen Beitraͤgen
ruͤhmliche Erwaͤhnung. Die. Ueberſetzungsbibliothek der
griechiſchen und roͤmiſchen Proſaiker ruͤckt raſch fort; aw
Thucydides, Liviue, Quetonius, Salluſtius, von verſchie⸗
denen Ueberſetzern, wird. unailegeſetzt gedruckt, und mit
Herodotus iſt ſoeben der Anfang gemacht. Der aladem⸗
ſche Adjunct Runſten zu Upfalg gab Zacitus’ ‚Leben des
Agricola” mit Text, Ueberfegung und: Gommentarien her
aus, woran die. Kritik Manches auszufeken hat.
In der dieamal ſehr ſpaͤrlich bedachten Philoſophie
nennen. wir eine Schrift des wohlmeinenden, aber fehr
beſchraͤnkten Predigers Raͤdberg: „Försök til popeär
Framställaing af Christus - Pantheismen” (Verſuch einer
popwlaigen: Daxftellung des Chriſtus⸗ Pantheismus), und
dieſer Titel bezeichnet: zur Genuͤge die Tendenz bes Büd-
leins. Eine andere hieher gehörige Schrift heißt: „Sphinzess
Ziftern” (Die: Zahlen der. Sphtur). Leider fpnrächt auch
Diefe Sphinx in Raͤthſeln; mas wir davon verflanden,
bat uns gefallen, das Meifte ift aber ſehr unklar um)
vertoorren.
Die vaterländifhe Geſchichte wird noch im
12T.
mec fleißig und mit Erfolg bearbeitet. Die Krone unter
den hieher gehörigen Merken ift in diefem Sabre bie
‚Svenska Folkets Historia” (Gefchichte des ſchwediſchen
Volks), von Prof. E. ©. Geijer (erſter Theil). Da dies Werk,
für die Heeren⸗Ukert'ſche „Geſchichte der europ. Staaten” be:
ſtimmt, früher deutſch erfchienen ift, fo bedarf es, als in.
Deutfhkand Längft bekannt, unferer Empfehlung nick.
Der. Verf. arbeitet emfig an. bee $ortfegung, unb der
zweite Theil wird wol in dieſem Jahr erfcheinen. Geijer
hat au im Namen der Univerfität Upfala eine Gedaͤcht⸗
nißrede auf Guſtav Adolf gefchrieben, die, reich an neuen
und gehaltwollen Anfichten ifl. Der Ertrag berfelben wurde
zur Unterflügung der unglüdlichen. Norrlaͤnder beſtimmt
und binnen wenigen Wochen. 3000: Exemplare verkauſt,
fodaß jest eime neue Auflage davon erfcheint.
Die früher erwähnte koͤnigl. hiſtoriſche Geſellſchaft hat
ben, 17. Theil ihrer. Verhandlungen („Haudlingar rörande.
Skandinaviens Historia”) herausgegeben. Diefer. Band ent⸗
hoͤtt vorzugsweiſe viele wichtige Urkunden. Wir berichte
ten ebenfalls chen, dag Graf Adlerfparre Herausgeber eis
ner andern biftgrifcgen Sammlung, ift, die den Titel führt:
„Kandlingar rörande Sveriges: äldre, nyare och nyeste
Historia’’ (Urfunden, die ditere, neuere and neueſte Ge⸗
fhichte Schwedens betreffend), und daß er darin, gang
den Preßgefegen entgegen, Auszüge aus ben Staaterathe:
protofollen und aus den Acten des geheimen Ausſchuſſes
ſowie auch minifteriele Verhandlungen der legten funfzig
Jahre und endlich Privatbriefe ohne Erlaubniß der Schreis
ber darin mitgetheilt hatte. Daruͤber gerichtlich belangt,
wurde ihm laut Urtheils des Einige, Sven: Dofgerichts
vom 24. Dct. 1831 eine Geldbuße von 250 Rthlr. Bco.
aufgelegt. Nichtedefiomeniger fest er das Unweſen fort;
der fiebente und achte Theil find bereits erfchimen; Die
hiftorifhe Ernte iſt darin ebenfo gering wie vorher und
das Skandal daffelbe; auch wird ein Drittheil bes ſieben⸗
ten Bandes von ben Acten des Procefies eingenommen,
worin nichts merkwuͤrdig iſt, als daf, ein Mann in einer
fo hohen Stellung auf eine fo unverantwortliche Weife
Geſetze verlegt, die er mit gegeben, und die Webertretung
durch kleinliche Advocatenkniffe befchönigen will. Eine viel
anſpruchsloſere, aber weit verdienftlichere Sammlung ift:
„De la Gardieska Archivet” (Das de Ia Gardie'ſche Ars
chiv), deren dritter Theil bier zu errwähnen iſt. Er enthält
Urkunden aus ber graͤflich de la Gardie'ſchen Bibliothek
zu Loͤberoͤd in Skaͤne, verfchiebene Länder, die mit Alts
ſchweden vereint find oder waren, betreffend, nebſt bio:
graphiſchen Notizen zur varerländifchen Geſchichte in ber
mittlern Zeit.
Das Bilderwerk, fchwedifche Könige und ihre Zeitges
noſſen darſtellend („Svenska Konungar och deras Tide-
hvarf”), ift bis zum zwölften Heft fortgeruͤckt. Die künft-
terifhe Ausführung laͤßt weniger zu wuͤnſchen uͤbrig als
die Met, wie das Unternehmen geleitet wird. Nicht im:
mer find-bie beften Originale gewählt, felbft ganz falfche
Portraits werden untergefchoben. Eine ähnliche von uns
frühes fchon erroähnte Sammlung iſt: „Svenskt Pan-
theon” (Schwebifches. Pantheon), wobei ber Tert mehr.
die Hauptſache; und weil biefer großentheils von bay
Novellembichter Mellin herruͤhrt, fo läßt er ſich recht gut
lefen, ohne hoͤhern Anfprüchen: zu genligen.
Es fehle uns am wiſſenſchaftlichen Subfitim, um
etwas für die Gefchichte fremder Länder zu leiſten. Da⸗
her müflen wie uns mit Uebsrfegungen behelfen, und ſo⸗
gae in dieſer Hinſicht iſt uns im neueſter Zeit nichte
Wichtiges zugelommen, denn als ſolches können wir doch
wol ‚nicht die dresdner „Taſchenbibliothek“ bezeichnen, mel:
he in Chriſtianſtad einen Ueberfeger gefunden hat. Frei⸗
lich wird auch Gibbon überfegt, aber leider ſchlecht.
Die zweite Abtheilung des dritten. Bandes der Palm⸗
blad ſchen Erdkunde („Handbok iSleographien“) erſchien
zu Ende des Jahres. Sie enthaͤlt den Schluß der Be—
ſchreibung Indiens; und da dieſe im Ganzen 50. Bogen
in gr. 8. einnimmt, fo laͤßt ſich wohl denken, daß viel
zufammengetragen fen muß. Alle neuere Quellen, inſo⸗
fern fie dem Verf. zugänglich twaren (und nur wenige
der wichtigen fehlten ihm), find mit Fleiß und Umficht
benutzt. »
Die ÜMegierung gibt einem gewiſſen Ferßlund eine
jährliche Unterflägung, um die Zuneld’fche- Geographie
von Schweden neu bearbeitet herauszugeben. Der beitte
Band („Erik Tunelds Geographie öfver Konungariket
Sverige”, 8. Aufl.) liefert aufs Neue den Beleg, daß
ber Mann dem Gelchäft nicht gewachſen ift und ohne
Plan und nachläffig arbeitet.
Ueber das Gouvernement Martäftad. bat Oberſt Forßell
eine fchöne Karte mit Beſchreibung („Charta öfver Ma-
riestads Län, med Beskrifniag‘) herausgegeben.
(Der Beſchlusß falgs.)
Ein Wort des „Foreign quarterly review” über den re
ligioͤſen Glauben in Frankreich.
Unter den mancherlei Ausgelaffenheiten der modernen fran«
zöfifchen Literatug erkennt man- fiherlich. für ein Zeichen der
Beflerung, daß bie höhere Glaſſe des Autoren bie Religion nicht
mebr für eine Zielſcheibe ihren Schmähungen anſieht. Dex her:
ausfodernde Gkepticiägus: Volteire's und feiner Schüler hatte
ſchen lange vor der juͤngſten Revolution aufgehört in Frankreich
Mode zu fein. Gine Axt. Reutsalität fand zwiſchen ber: deißi⸗
fen Säule und ber kleinen Schax flatt, bie man füglich bie
iſt. Es veseinigten. beibe je zuweilen ihre Kraft gegen bie
Stegierung, bie fie alß ihren geme
en. Und fowie jebes Jahr po
ehre von ber Unzulaͤnglichkeit moraliſcher Syſteme, bie nicht
auf geiftigem Grunde beruhen, verfündigt und zu ben Altern
Erfahrungen fügt, fo fdgeint das Charakteriſtiſche mancher. neumm
Autoven eine Art Annäherung an veligidfen . Glauben, ein
halb fchüchternes halb widerſtrebendes Zuvorkommen gegen: eine
Ausföhnung mit dem Chriftenthume zu fein. Gleichſam als
wäre bas Gemuͤth willig, bem Bewußtſein nachzugehen, unb
als hielten es doch Stolz und Gewohnheit in: den Schranken
bes Unglaubens zurüd.: Ueberdies bringen die Ausidyweifungen
des Pöbelt ober gemeinen Haufens immer eine gewiſſe Ruͤckwir⸗
kung in der inne der großen Wenge obexflächlidger Deuter
en Br Mafle der —— von —— e een
en f en: ankrei wahrſcheinlicherw we
ber mehr — ale 1826. Xber das Aufheben
ul ul. u
728
der überfixengen Obſervanz der Reſtauration hat fie aufgeregt,
bei manchen Gelegenheiten ben Anftand Öffentlicher Gottesver⸗
ebrung auf eine grobe und freche Weiſe zu verhöhnen, was
denn gegenfeitig bie natärlihften Grfolge gehabt hat. Des
Yöbeld Wüthen gegen die Kreuze bat zweifeldohne die Chr:
furcht vor der Religion ebenfo wirkſam beförbert wie die Kar
nonade von Lyon und die Fuſillade von Saint: Mery die Zwei⸗
felhaften und Schüchternen von ber Nothwendigkeit geſellſchaft⸗
licher Ordnung überzeugt haben muß.
Es if eine wichtige Frage: Was kann und wird das End:
ergebniß diefer Sucht nach Neuerungen, diefes raftlofen Hoffens
auf Verbefferungen, biefer Unzufriedenheit mit beftehenden Dog:
men und dem beftebenden Skepticismus fein, bie fi aus ben
gegenwärtigen Zuftänden Frankreicht taufendfady verfündigen ?
8 liegt eine Flugſchrift ve uns, mit bem Zitel: „Zwei Pre
digten über den Zuſtand der Religion in unferer Zeit, feine Ue⸗
bel und Hälfsmittel, von Anton Vermeil’’ (1832). Ihr Vers
faffer, ein proteſtantiſcher Geiftlicher in Bordeaux, ſpricht eine
ähnliche Anficht von den geiftigen WBebürfniffen und bem Zus
Rande feiner Landsleute aus. „Dieſer Mangel’, fagt ex von
dem Mangel an Religion oder minbeftens dem einer ſtarken
Ueberzeugung flatt foftematifcher Zweifel, ‚‚offenbart fi in der
Richtung aller Gemüther, in dee Unruhe und dem Unbehagen
jebes —8 Es iſt wol wahr, die Menſchen glauben nicht,
aber fie tragen ihren Unglauben nicht mehr zur Schau. Sie
find nicht fromm, aber fie haben aufgehört Froͤmmigkeit bei
Andern lächerlich zu machen. Sie lachen nicht mehr darüber,
daß fie dies Gefuͤhl ferbft nicht Fennen, fondern bebauerir eher
diefen Mangel. Trotz all unfers Leichtfinne und unferer Sorg⸗
lofigkeit fühlen wir indgeheim, daß uns etwas fehlt. Poſitives
Sntereffe genuͤgt uns länger nicht. Während wir noch Tag
für Tag irgend ein großes politifches Creigniß von der menſch⸗
lichen Gefellfchaft, von ber Literatur irgend eine ftarke, krampf⸗
hafte Aufreizung verlangen, wenden wir uns doch nicht ſo ver⸗
ächtlich wie vorher von der Beſprechung religidſer Fragen ab
und hören mit einem gewiſſen Vergnügen zu. Wir empfinden
eine geheime Freude, baß die moderne Philoſophie den Materia⸗
liemus des vergangenen Jahrhunderts von ſich ſtoͤßt, verfolgen
neugierig bie Bortfchritte neuer Doctrinen und w nfchen aͤngſt⸗
li, obwol wir es und felbft nicht zugeftehen, darin etwas zu
finden, das bie Leere unfere Herzens und Gewiſſens ausfülle,
unfere Theilnahme von blos weltlichen Gegenflänben . abziehe
und uns durch Sdfung unferer Zweifel Gewalt gebe über un:
fere Reidenfchaften, Ruhe in Leiten, Vertrauen in bic Gegen⸗
wart und Bürgichaft für die Zufunft.‘’
Bemertenswerth iſt es, wie felbft bie hriftlichften franzoͤſi⸗
fen Autoren fidy gewöhnt "haben, die Religion nicht in Pins
fiht ihres perfönlihen Ginfluffes auf Ginzelne zu betrachten,
fondern vielmehr als ein gefeufhafelkches Princip, ein Element
eines politifchen Syſtems. Diefe Erſcheinung iſt die ganz nas
türliche Folge des Mangels an einem eingetwurzelten, nur durch
Erzieyung zu erlangenden religiöfen Gefühle. Ungewohnt fol
hen Gegenftänden in ber früheften Jugend Aufmerkfamteit zu:
zuwenden, weil die Poli? das eigentliche Element ift, worin
er feine Denkkraͤfte zuerft üben lernt, fragt ſich der junge Paris
fer, wenn er dem hoͤchſten Gegenftande endlich feine Betrachtun⸗
gen widmet, nicht, wie es zwifchen Bott und feinem eignen Der:
je ftebt, fondern wie das Chriſtenthum auf die Maſſe zu wir
fähig fein fann, nicht ob es wahr oder falfch iſt, fondern
ob es mit zu dem Fundamente eines Neubaus der menfchlichen
Gefetifchaft dienen mag. Der Katholicismus fol nad Vielen
verworfen werbens nicht eben weil er, anftatt der Verehrung
Gottes, Geſchoͤpfe menſchlicher Einbildung zu verehren lehrt,
ſondern weil er anfaͤngt in einer Reihe von Formen und Ob⸗
ſervanzen unterzugehen und dadurch ſeinen Einfluß zu verlieren.
Der Proteſtantiemus desgleichen; nicht weil feine Dogmen falſch,
fein Glaube zu groß ober zu gering wäre, ſondern lediglich
weit ex froidement stationneire ſei. Der neue weit ex froldement atationneire fei. Der neue Bexrſuch dem jeſeit e h. ‚den
Katholicismus in Frankreich zu veformiren, ober bie Kirche dei
Abbe Spatel ebenfalls ; nicht weil feine Doctrin und feine Gefühle
ebenfo lauwarm wie die von Laodicoͤa find, fondern weil fie eine
katholiſche Quafilegitimität fei. Wer Ehateaubriand's Werke
gelefen hat, wird erfannt haben, baß er das Ghriftenthum nur
wie ber Maler feine Leinewand anſieht; nicht als ein wirkliches,
lebendiges Princip, fondern als ein Mittel, Wirkung hervor:
zubringen. 153,
Notizen.
Nepublitanifhe Zeitfhrift in Paris,
Unter dem Titel „Le r&publicain‘’ erfdheint gegenwärtig
in Paris eine neue periobifche Schrift. Jedes Heft enthält
zwei Druckbogen in groß 4. und wird ben fünften des Monats
ausgegeben. Das erſte Heft it von der Policei weggenommen
worden. Es enthält eine hiſtoriſche Ginleitung, Betrachtungen
über die bürgerliche Ariftotratie im Jahre 1853, einen Bericht
an das Volk über die Lage Beanteeice ‚eine Gronologifche Ue⸗
berſicht der Tagesereigniſſe. Die zweite Abtheilung gibt folgende
Auffäge: Ueber das Studium der ſocialen Wiſſenſchaften; Ue⸗
berblick der neueſten Erſcheinungen im Fache der Geſetzgebung,
Staatswirthſchaft u. ſ. w.; eine Recenſion des Werkes: „Ex-
position des principes du gouvernement r6öpublicain, tel quiil
a été perfectionne en Amerique, par M. A. Murat”. In
dee dritten Abtheilung, uͤberſchrieben: „Varietes”, haben wir
intereffante Notizen über bie Yon ben Nordamerikanern ges
gründete Negercolonie Liberia gefunden. Cie enthält zwei
Städte, Munro auf dem Gap Meferado (monte serado)
und Gabwel an dem Gt.:Paulöfluffe drei Stunden land
einwärte. Die Zahl ber Einwohner beläuft fi auf 1500,
weile 300 Familien bilden.“ Alle waffenfähige Bürger find
Soldaten. Die Solonie befigt zwei Schiffe und mehre Pleinere
Fahrzeuge; zu Munro find vier Schulen, Eabwel bat beren
drei. Ron Denmoutb und Boſton aus find ber Kolonie
5— 600 Bände zugefhidt worden; bie Goloniften von Li⸗
beria zeichnen fi durch Reinheit ber Sitten und religidfes
Gefühl aus. Ihre Priefter find Neger wie fies alle Sonntage
wirb in der Kirche der Golonie ein feierlicher Gottesdienft ge:
halten. Die Gingeborenen, mit denen bie Golonie in Berührung
gekommen, haben dem Negerbandel entfagt. Warum bie fran:
zöfifche Regierung den „„Republicain‘’ gleid} bei feinem erſten Aus⸗
gange beim Kragen hat nehmen laflen, will uns nidyt recht
einleuchten. Was in „ben mädhtigen Spalten biefes Blattes in
ftarren, unbehülflichen, oft rohen Maffen aufgefchichtet ift, pres
digt die „„Tribune” jeten Tag mit Beift und Talent und uns
angefochten.
Reife eines frangöfiihen Schiffes in baa nörbs
lihe Polarmeer.
Der franzöfifige Kealfifefnge: (baleinier) ber Polar⸗
ftern fchiffte den 5. März 1832 über den noͤrdlichen Polar⸗
frei. Den 10. beffeiben Monates befand er ſich unter
dem 72° N. Br., 80 Lieues weit im Eismeere. Das her
mometer zeigte 22°, und bie Kälte war fo beftig, daß bie Ma⸗
trofen nidt ohne Gefahr ihre wollenen Handſchuhe ausziehen
tonnten. Einer von ihnen ließ aus Verfehn feinen Handſchuh
fallen im Augenblide, wo ec auf bie Zaue flertern wollte,
einige Secunden nachher war bie Hand des Ungluͤcklichen er⸗
froren, es fiel ins Dieer und ertranl. Wenn ein Schiff feſtge⸗
froren ift, fo wird mitteld ungeheurer Gißfägen ein großes
Loch gemacht. Was bie Schiffahrt in diefen Regionen noch
gefährlicher macht, ift die ausnehmenbe Beweglichkeit des Com⸗
paſſes. In der Nähe des Poles behielt die Magnetnadel Leine
— Richtung. Zwanzig verſchiedene Compaſſe werden
20 verfchiedene Abweichungen vom Maridiane zeigen. Ende
Mais befand ſich ber Polarfleen im Rorben von Spiäbergen,
jenfeit des 81°. 143,
ö—— ——— unter Werantwortiihteit der Veriagäbanblung: — unter Berantwortlichteit der Werlagähandlung: U. U. Bro@dans In Belpzig.
Blaͤtter
für
literariſche Unterhaltung.
Sutvoo⸗
— Rr 177. —
26. Juni 1833.
Ueberficht ber ſchwediſchen Literatur vom Jahre 1832.
Zweiter und legter Artikel.
Weſchlußs aus Nr. 176.)
Schöne Literatur und Kunft.
: Unter den. vielfachen neuen: poetiſchen -Probuctionen
‚finden fich einige, auf denen unfer Blick mit. Liebe vers
‚voeilen darf. Dahin gehört zuerſt ber erſte Band ber
ſaͤmmtlichen kieirorn Gedichte des, Biſchofs Tegner („Smũrre
.samlade Diktex“), bie in einer zweiten Auflage erfchienen
find. Etwas Neues von Bedeutung haben wir wol faum
von dem Dichter. für die naͤchſte Zeit zu ertwarten, ba
derſelbe ein paar Zahre lang ſehr kraͤnklich geweſen iſt.
Unſer anderer poetiſcher Biſchof, Franzen, tft mit dem drit⸗
ten - Bande, ſeiner geſammelten: Dichtungen -(„Samlade
Arbętenꝰ) — *—* den ˖ groͤßtentheils eine Art lapp⸗
aͤndiſcher Idylle fuͤlt viele einzelne Stellen find ſchoͤn,
„aber. das Gane hat uns zetzt ebenſo wenig befriedigt als
vor etwa zwanzig Jahren ‚op wir fie zum erſten Male
laſen. Sie gehlrt wie Mehres in biefer Sammlung zur
‚mittlern Periode des Dichters, und dieſe fcheint uns grade
‚Die, ſchwaͤchſte; ge ‚verbrachte .diefelbe in dem unglüdfeli-
gen, Bemühen, feine: alten Mroducte, die. früher die Na⸗
.tion entzuͤckt hatten, zu vorderhen, amd leider findet man
‚auch: bier verfchiedene, folcher mislungenen Umarbeittingen.
"Doc einigen Erfag dafurr gab er uns durch zwei neue
Gedichte, die beim Tode feiner zweiten Gattin aus feiner
innigiten ‚Seele hervorgingen; befonders ift das eine: „Die
zwei Uhren”, höchft gelungen. Der zweite Theil der lieb:
lichen Suphrofgne („Dikter af Euphrosyne”) · iſt hier auch
zu nennen. Aber bie Saiten ihrer. Zither beginnen ein
wenig fchlaff zu werden; etwas fo Meines wie „Der heic
lige Ehriftophorus“, etwas fo Anmuthiges wie „Die Jung:
frau im Grünen” ertönt nicht leicht wieder aus diefem
Saitenſpiele.
rn Finnland iſt noch mit Schweden literariſch genau ver⸗
bunden, und daher nennen wir ein dort entſtandenes Ge:
dicht; Elgex ytiarne“ (Die Elenthierſchuͤzen), von dem⸗
ſeiben Runeherg, deſſen fruͤhere Voiksgedichie auch der
deutſchen Leſewelt nicht unbekannt find. - Das genannte
Gedicht ift eine, Idylle, wie „Hermann und Dorothea”
sine folhe ift, und ſchildert auf eine ſehr anfchauliche
Weiſe, aber mit Entfernung alles Rohen, finnifche Sitten
und d finnifches Volksleben, welches freilich viel Ihmugiger
und rauher iſt als das Leben der Landleute in Schweden.
Wir fodern Weberfeger auf, die fchon durch Verdeutſchung
manches in unferer Sprache gefchriebenen Gebichts bie
fhöne Literatur Schwedens im Auslande bekannt gemacht
haben, benfelben -Liebesdienft auch dieſer Idylle zu erwei⸗
fen. Sie verdient es.
Die Mufe Grafſtroͤm's hat ſchon laͤngſt fi) viele
Freunde erworben, und die Theilnahme des Publicums iſt
foeben durch ben zweiten Theil feiner „‚Skaldeförsck”
(Dichterifhe Verſuche) noch gefteigert worden. Seine
Poeſie iſt der Stangen’ 6, deſſen Eidam Grafſtroͤm ift, ver
wandt und bewegt fih in ihrem nicht allzu weiten Kreis
mit vieler Anmuth, leichter Groꝛie und liebenswuͤrdiger
Naivetaͤt.
Weihnachten — gewiſſermaßen bie, ſchwediſche Bücher:
meſſe — bat diesmal drei Muſenalmanache zu Tage ges
fördert. Der Herausgeber des erſten ift Mellin, und eine
Novelle von ihm felbft iſt vielleicht das Beſte darin, trotz
dem, daß felbft Sranzen ein epifches Bruchſtuͤck beigefteuert
bat. Andere Gedichte find von Neriwander (einem Finns
länder), Ruda, Adlerſparre (dem. Sohne), Böttiger u. A.
‚Der unermüdlihe Dabigren bat allein die beiden übrigen
Almanache zu Stande gebracht. Dar eine: führt ben glaͤn⸗
zenden Titel: „Aftonstjiernan” (Der Abendftern), ber an-
‚dere, anonym hevausgegebene: „‚Zolletten- Kalender”. Beide
enthalten ſehr leichte Waare, und die Poefien darin find
hoͤchſt unbebeutend; ber erftere fand jedoch wegen eines
burlesken Auffages fo fchnellen Abgang, daß. er bald vers
geiffen war und neu gebeucht werben mußte:
Aſſar Lindeblad zeigt fich in feinen Gedichten („‚Dikter”)
als einen Nahahmer Tegnér's, ift prächtig, funkelnd, bil⸗
derreich wie fein Vorbild, ‚aber ohne deſſen Tiefe und
Kraft. In gewifier Hinft ht merkwuͤrdig iſt der junge
Ekborn, der vor etwa acht Jahren als Bebienter einen
vornehmen Herrn auf einer Reife aus Smaͤland nad '
Stodholm begleitete... Bald nach feiner Ankunft daſelbſt
nahm man zufällig wahr, daß der Burſche, Verſe ſchrieb;
man las fie, war überrafcht und prophezeite, daß er einft
ein geoßer Dichter werden würbe.. Dan legte ihm fremde
Gedichte vor; mit erflaunlicher Leichtigkeit ahmte ex bald
Tegner, bald Atterbom, - fogae Sturleſon nach.
fchidte den jungen Dichter auf die. Schule. zu Werd und
fpäter nad) der Univerfität Lund. Won da kehrte er ‚in
730
biefem Jahre mit ner Frau, einem Pleinen Kind und
einem ſehr diden Bude zurück, feine Gönner im nicht
geringe Verlegenheit fegend, was fie mit allen dieſen Dins
gen anfangen follten. Das poetiiche Wert (‚„Ungdoms-
forsök i Witterhet Grit Niemand an, iſt ohne alles 4
Ehsmthimlige und heſteht mar aus Beihifcaygen.
Oel, intereffawter ſcheint und Wahlin, aus” deffen Bhn--
ger i Dalarna” (Gefänge in bem Thalland) wenigſtens
ein gewiffer provingieller Enthufiasmus ſpricht. Frau
Dundel hat Theil ihrer „‚Drama-
tieka sch Iyriaka. Fürsök” (Dramatiſche und iyriſche Ben
ſuche) befchentt, — iſt aber nicht fonbertich aufge:
„Hjalmar och Ingeborg” des Dr. Engeſtroͤm zu ruͤhmen.
Br genug, · wer⸗ vermag: ben :Abeigen. Dichterſchwarm: zu
ayähten: und- zu. nennen?
In Roman : hat :biefen- * bei —— ‚ge:
ent: 'jDeneisteFriseglaren‘ ( Dentegte er), vom
Oberſten vbei der Marine Grafen Spare. Die Geſchichte
ſpielt in den Zeiten König Sigismund. Plan und Er⸗
findung find: gelungen, ‚anıcd): bie Charaktoeiſfik iſt Loͤblich.
Der Werf.+befigt aber nicht die epoſche - Wintwofität :Coo:
area, dem er fonft am meiſten aͤhnlich iſt; möcht. seffen | Widmmerilimmmen
beſinden fich —A in der: Beilers Afſellis ſchen Samm⸗
‚hung ſchwediſcher Volkslicder, aber: blos fuͤrs Panofoete;
in diefem ˖neuen Arrangement ſind fie von herrlicher Wir⸗
Nunſt, den Leſer zu ſpannen. Der Sl ift nicht ohne
"Meoft, Die! Datſtellung voll Würde, aber ein wenig trocken.
‚Die Meman liefert: deu: Weweis,,. daß auch ohne eigent⸗
uppantafie und Waͤrmen des Beuth: in dieſer Gat⸗
tung doch etwas über bie Mittelmaͤßigkeit ſich —
— eins ed Sam.
it einer Malte on Jahren : Wat: uns! Delle mic
etc Galerie hiſtoriſcher · Gemaͤlde befchelukt, Die wir nicht
Seit dem Werf. Nemane oder: Novellen nennen möchten
Te: Zeiten, —— — MPerfonen und ihre Verhäft:
title, Steten :utad. Lebenſweiſe, Allos iſt wie nach dem "Be:
Ven geſchitdert, ſotſc unde kraͤftig, nur ein wenig zu flüch:
"eig. 5 Die neueſten Shernonbuigungen des ausgezeichneten
MDichters Aud: Anna Reibnitz, das! Bingermäbchen: aus
Warſchau; Siwatds Krses Bröllopp” (Die Hochzeit
—— „Wlckorna iAskensund (Die Maͤdchen
‚gu Adkerſand); ‚Djumgfrun” ¶ Die Inſetjungfrau) und
Buſtaf · Br wer Se wirden, wenn wir nicht ſehr ieren,
auch denn » dentſcheu· Publieum zuſagen und vordtenendes⸗
halb eine Uebevfezung. Daſſelbe that fich keider nice:
von den: Nomanen dreccIraͤulein R*** ſagen; Diele Dame
uhat: Anwen: vier Zahren ſteben Momane oder Nevellen · gu
oage gefoͤrdert/ einen bidm, eben erſchienenen Band Ge⸗
Achte umgerechwel. Eetztere ER ‚ganz ſclecht „und micht
“sw leſen, die Romane in altfunnzöffchenn Mefchmack, herz:
ms feiitimental, well? Aufopferangen, Liebe -und-Edekmeith.:
Sophiev. Ree; „Caröline, ‚ler: den 'vachra' Pustej-
ihagerskari‘ Nfamiine, ober : die ſchoͤne Waftesenbiktiuin) ;
;Braco och: da”, „Ingrid Grefet: eeh-Axel! Allson
’ Pott”, denen noch viele 2 egenuge o als
nbedemea⸗ und iotungens Arbeiten
Br Bahne If’ in: deſem erh unbebeusunnbe
Momodie muögenommen, Sein: Deigiercctck geboten worden.
für ‚vier Männstflinmen),
:(Befänge). und ‚Suön’:
Pianaforte von Bud; Bju Sänger‘ A&ieben: Wefänge)
:sson 'Wtäuben Karoline Midduftolpe. In Stockhoim
reſcheinen gegenwaͤntig Fünf periobifche ———
lungen, darunter eu: ANoiditrunci-
ſchwediſche Driginultompbſitivnen · aufniuunt vud ywei⸗ fur
die Guitarre, denn’ dis Juſtrument iſt Tele steigen "Jap
zn‘ bei--ans ſehr bellebt.
Toni” beißt ein Drama im brei Acten, fuͤr deſſen Be:
faffee fih Hauptmann Lindeberg, ber ausgeber bee
‚Beitung: „Stockholms Postens”, der rüflige und fafl
alleinſtehende Kämpfer für un 5 franzoͤſiſchen Ge⸗
ſhmack, in * —* —— ber Kriuker, deu
Eu St ME ekamntn
Roͤrnerſchen — — rn Year’ Liu⸗
deberg: er habe das deutſche Original ſo roh, —— |
und geſchmacklos gefunden, baß er genoͤthigt geweſen, «&
und 3 amd weit" nun alles jet
sn; gar”
dacan befindliche Gute von hm allein berchhre, . das
Stuͤck alfo ein volllommen neues ie "fo habe er wide
Mufie,
Ale bemerlten beceits eher, daß ikubben omobl
einige ausgezeichnete Bildhauer und Baukänfkier, aber kei:
nen bedeutenden Componiſten hesvorgebracht babe. Den
‚Soffnungevalten Brindler : saffte Sein ı fchher Tod Hin
Hvaffnet, dev ‚abersiein "Damdfyer: won Geburt) Cru
fe, ’Weerwald ackd "Mmbisab ſind - nıme-unfere
:Kormpoiiiten. : Dee Crfiwe, ‚im —— Melt , Aut
‚Srenska: Rolkwiaur” TBcinnediiche Birtshuder) für ur
hevanegegeben. Die milflen Meledien
kung, mb. es tem hoffen, daß ſie ba den’ Deutſchen
Pr Anattemuumng finden wetben, Die: Ihnenii te: Paris
da öffent Eoncerten gu: Theil⸗gerdorden iſt. Ehe:
ein junges Btubdirenver, hat ummer Dwitei: Bän-
"er m. u.” Acher ſaͤrs Pinnieferte: heraargegeben, die
ein: nicht gersönähhes Talrat verrachen. Dihne urr6 -unf
ECEharnuktetifirung derſelben Wnzulaſſen, wir noch
folgende neuere mufikaliſchre Kempoſieionen: 8
Sänger for fyra Mensröstet” - * ——
Harpar⸗ die nur
Der. Ctmn’ Ar X orikentfk "wich Hund -bieiBlermeoitfäke
-Bällskopet, ‚einen? 'Berein ‚- aus: ben’ Vornehmen, ’Beidhen
umnd“ Gebildeten Ser! Hau
dt beſtehend, nicht wenig "ges
fördert. Da werben nicht nur die beſten neuern (Eymype:
fitiomen “auf eine: windige Weiſe auegeführt, weich Werken
u Yoleder "Drigtnalivomane, 3. B. -, Axel: och Mania”, ::von, |-
doppelter · Bedrerung · füe »tme
ſere Hauptſtabdt, die *8* eine —— vber Jehl⸗
weiche Hof⸗und · Zh er
Bleeng Den K un.
ee Jahre beſtanb ſchon ˖ der ebenerwaͤhnt
e Müfkoerein,
TEIL zer Aufemunterung·der · FINdeuden RXunſt ber Konst-
‚Böreniugen (Kukfiorsein)-gefäftetward. "Diefer zählt gegen
Zle, der Allegorle und bem täglichen ‚Leben; bis jetzt drei
331
waͤrtig ſchon 0 Mitglieber (worunter bie Bbnkgin, ber. Keeu⸗
vrinz ad die Kronpringefſtn), deren jedes eimerr jahelichen Wiek:
Jachen gebauft und-unter. den Mitgliedern verlooſt werden.
Ze vorigen Jahre Taufe: man Pas: 3200 hie; 28. waren
TO. Gewereſte. Außer dem weck, :Miniftier, :eummenstich
jüngere, durch Ankauf ihrer Werte zu unterflägen, WE
es dem Verein auch gelumgen, eine Öffentliche ——
im vorigen Jahre zu Stande zu: bringen, die vollkommen
nbıevar. Urber das wichtigſte Neue in Mas '
erel und" Seulptur "berichten “tete en vonder fh und
Aennen nur noch Einiges, was der Grabſtichel und der
u. den. lehtern Jahren hei ‚und sehr - vervollloumnete
Seeindrack gebracht.
Fottgeſetzt werden noch Amer : Are Ion fediher- mei
hniten Sammlungen: EttAr i'Sverige“, von Forfell
(biß'; zur „zehnten. Kieferung); 55* Head weil
Konstromling‘ f d1832 eläienen deei
«ka.:oeh: Dioseka ı.U
:gorien och —— eier van
gen-von Begefifiänden aus der: Befchichte, der —**
Defte) .Teckningar nur Skandinaviska.Historien”. (Bairh:
ungen aus der (kambinanifchen: Geſchichte), vom Kammer⸗
heren een Hugo Hamilten. Ein ſchoͤnes Bild des
Rörige, vonSodermark, zwei vom Kronprinzen, das eine
von“ G.!Soͤberberg, das andere von Salmſon, ſind nach.
‚ber ‚Erwähnung werth, und endlich daß æin *8 Schuͤter⸗
zerantz · eine Sammlung: von : Abbildungen der: Nedens trach⸗
ten: „Teekninger: af "de. Svenska kongl. "Ordens-Gostu-
begonnen. hat.
Beſchrieben im März 1833. . 1.
"Bunfoba, - Weſtfaͤliſches Taſchenbuch für 1833. Der
musgegchen von Mortg Bach mann. Padesrborn,
Meter tu Comm. '1833. 8. 1 Thlr. 12 Gr.
"in Bud,
träge erbeten werben, und ber bisherige Mangel an. fremder:
Beiſteuer als Grund der noch fehlenden Menriäfaltigkeit des |.
diesjährigen Sommerbücdleins angegeben wird, ſo darf daſſtibe
wicht ‚Als eine bloße Freundesgabe für gute Bekannte und Ver⸗
wandte angefehen werden, es unterliegt mithin wie jebes andere‘
Ba gemeinen Kritit. Es ift freilich Alles fo. ‚woblgem us und:
big an diefem TJaſchenbuch, deſſen exſtes idchen als:
—— für 1832 bereits in b. Bl. befprodhen wurbe" N:
Zweck, Plan. und Ausführung verrathen fo viel geſellige Mits
"sheitungsluf, die ſich audi auf werthlofe Winkelproducte erſtreckt,
daß es jedem Ref. ſchwer fein muß, über dieſe Gaben harmloſer
VPoeſtefreuden, an denen .zweifeläohne bie Verfaſſer ſeibſt das
“zaeifte Vergnuͤgen finden, eine ernſte Zobelflimme zu erheben. ı
leichwol bürfen wir bie Zenbenz, die ber Hr. Herausegeber,
win: hoͤchſt achtbarer Beamte in. Paderbarn, für ben, ‚Bortgang | .
2) Bol Me. 897 f. 1808. DiNen.
irng von 10 Reichsthaler Vico. (3 Thlr.) aidt, worfkr Kunſt⸗ auf fee wesv
J.weitern und freien Webterfait
das in allen Handlungen autgeboten wird,
“Tann. —R26 für einen bloßen Freundeszirkel veſtimmt fein; |.
da ferner in der Rachſchrift von dem Herrn Herausgeber Bei⸗ j
des Taſchenbuchs wedt aucht anbenß als eine wecfehlte
usb neraitete nennen. 2 abßq uch· nat —28 : Sutesefin
uruckziehen und feinen: »Gemizdet,
das "anstliche und —* Sehen: ıfihen ·genegfam⸗ zulfames
—— * im: Felde der Mumft ebenaus veruungene aveilen,
amt, man —— — * ꝓhiliſterhaft, und ——
Hesinnen fi deſfen amd gu: entwoͤhnen. Und obfcken ber
de. Deraußgeber. —e— 4 vbon oͤrtlichem Jntereſſe
ang für. andere Theile der Provinz Weſtfalen als beſanders
mohnfchenswerth für die Jolge erklaͤrt; geben ‚dach die vorliegen⸗
den. Lieferangen: genfigenden Bewers, daß das rein Locale keines⸗
wegs das Intereſſantere if. Warum will auch der Zusikt,
wenn er vom Seſſi a emübet Über auffeht und, um ben Acten⸗
ſtaub Quell
ſich zu erlaben belt te eine Bruß in erweitern und fi
als ein Deutfcher flipten. ! de Sagen einer partielle Hei⸗
mat nimmbeder i Dentſche ſicher
II aid Dasfiger- vortebegt at mit nit eigenflentg gehhaften Sonal,
‚Suter uruͤnkt: und ungenteßbas mad | Beltfam'
Be Yockie heutigen ⸗Tages, nach di
Acpeinungen zu Tcpliehen ‚id, toral. zu — wcqhrend
‚Der: ee edante, gleichviel ob er ſich :im ::afisastin
Mebiete voer im FJelbe der. Yolitie wat uns ‘tete nathıfeinem
die allgemein brußfige Helbmat
ralo ein Beamte ‚aufbauen mochte. ft nun ber Sr. Heruus⸗
geber bit: jagt venbehigt geweſen, arch Seitraͤge, deren Metzen⸗
-| -&änblicgbeiten. naußer —* Bezirke Weſtfalens liegen, aufzu⸗
mehmen, und beings:ber buchhaͤndleriſche Verkeht die —
Jauch "unter nichtweſtfaͤliſche Leſer, 8 it man dennoch, wie 8
ſcheint, „feinem Principe, blos weftfälifche Dichter — zu
nt eblieben. *2* Gonfeguen,! Das biedmalige
Büchlein. ift & darch Oruck, Papier, BDedel, --Zizeldtatt
and WBignette in-Oteindrad, wie Ruiwen unb bas Bad bei Bipps
. ſpring darſtellend recht anwehig ausgeſtattet; 3 der Corrector,
der den revibiet hat, iſt deſto geweſen, ober -
«8 müßte bemm ame weſtfaͤliſch a wm Me. — *
an her Gage gehalten”, bon ati gch ,Jadb vy⸗
—*2*—
ee —— bgk. 5: ki — —*
‚aber die Leute mit Au
"Könnten —— Namen neben seem: digen ' betagten
Vgdeentreis auch:chee iv pointicen. Unter
ben lyriſchen Babe der Gunobu⸗ſind aux’ wenige nennenswerth,
und ‚umter diefen Wenigend iR. nnar seine: kleine Ausleſe
dem: innern Gchatte way die‘ wur an: den Omeiften leib⸗
* "Bär bie —WA — te hatten wir einlge Yon
xbem ra er, ie ben Aeberſchriften:
—* Bahr ,. Aber —— Pbamaſie⸗ 3 ‘fie oͤſind Se
dam, ande gm in water, glatten‘ ale: Ecdanten⸗
any
Amer Murile und —* einep phantoſtiſch
—— — Ba Bon ——
vridgt: ga
Es Ar wirkkich iu Wergnägen,
An dem Hafen’ Nachtd zu wandeln wu: ſ. w.
‚Herr. Honkamp bringt nnter Anderm inige "Xenien ‚or
unter nur einige gefallen konnen:
Berner 8.
„Bere won: Ku ſpricht afl und: gerne von Ahasu- nat Gtapımbouuns
‚aid ein· attlich er Baum sahen die Ainkiste find ſchlochti
ı Sm mat: der :uubelanımte Or. »rldunter gar
‚gtechte Werdtein ,- —— —— 0 7.7, 7 77
Du tyygäneige:
XXXX wugectgt vet told eine Unis MEN.
22
den Geſchmack alterbinge —
ae das eh ftüifce Büchlein. Auch wir ſchließen
och ein allegoriſches Gedicht, das bie Geo⸗
ter. Temes if mit gu fpeciel
mit zu langgedehnten Reflexionen über das Weſen bei Traumes
Hände fält.
Aus Italien
Auch jenfeit ber Alpen iſt der Name Luccheſini ein fo bes
kannter, daß eine Nachricht über Einen bdiefes Geſchlechtes, ber
zu der politifhen Berühmtheit bie literariſche hinzuzufügen bes
mäht war, Hier vielleicht nicht ohne Interefie gelefen wird. Es
if der Marcheſe Gefare Lucchefini, der Bruder des- preußifcgen
Ctaatsminifters Girolamo Lucchhefini,; ben wir meinen; ein Dann,
der unter minder. begünfligenden Werhältniffen vielleicht ben
Nuhm eines der bebeutendften Linguiften erlangt haben wuͤrde.
Ceſare war am 2. Juli 1756 zu Lucca geboren, erhielt aber
feine Bildung im Golegium zu Modena, wo Hippolito Pinbes
monte fein Schulgenofie war. Im J. 1774 kam er in die nes
zarenifche Schule (Coll. nazzareno) in Rom, wo ihn Fantoni fo
für bie mathematifhen Wiflenfchaften einzunehmen wußte, baß
Algebra auch des jungen Luccheſini Lieblingsunterhaltung wurde.
Aber törperliches Unwohlfein, bas der Anflrengung. im Rechnen
immer folgte, gwang ihn, eine Beichäftigung fpäterhin aufzuge⸗
ben,. die in Stalien damals von Männern aus den hoͤchfien
Staͤnden vorzugsweife gefucht wurde, und GSprachfiudbium mußte
ihm Grfag dafür geben. Griechifch und hebräifch Iernte ex durch
Gelbfiudium, im Ieptern nur durch einen Juden aus Livorno,
Jakob Nugnez Vait, unterflügt:3 die neuern Sprachen waren ihm
Längft geläufig. Dieſe Beſchaͤftigungen erweckten begreiflich bie
Luft am Buͤcherſammeln, unb feine Sammlung von Giuntinen,
fowie fein Edap von Handſchriften altitalienifcher Hemer er⸗
langte bald bei italienifchem Bibliographen entichiebenes Anfchen.
Schon im 3. 1791 erllärte Banbini die Iegtere Sammlung für
unfdyäpbar. In näherer Beziehung auf fein Baterlanb vereinigte
ee feit 1786 mit den bisherigen Studien Forſchungen über Ge⸗
lebrtengefchichte, bie ihn in Verbindung mit Ziraboschi brachten.
Als ESchriftſteller trat er zum erfien Male 1792 buch eine Ge⸗
daͤchtnißrede auf Attilio Arnolfini auf, einen eben damals ber
trauerten Wafferbaumeifter. Doch bie Zeiten, bie barauf folgs
ten, nabmen Leute von Talent unerdittlih als Buͤrger in An:
ſpruch, und Gefare Luckhefini mußte im Auftrage feines Water:
landes bald nach Wien, bald nach Paris reifen, um bie brobens
den Stürme zu beſchwichtigen, dann, ba Worftellungen bie Be⸗
ſchluͤſſe der Gewalt nicht abwehren konnten, bald dem einen bald
dem andern Gebieter feine Kräfte weihen. Gowol unter ber
Herrſchaft der Baciochi als unter den wiedergekehrten Bours
bonen verwaltete er das Amt eines Staotsrathes. Erholung
von dieſen Bürden bes Staatslerens fanb er in der Befchäfti
gung mit der Literatur, befonders ber alten; und Ueberſetzungen
des Pindar, des Quintus Calaber, bed Gebr, einzelner Stellen
des Homer zeugten eben fo fehr für den Grfolg feiner Rebenbe-
f&häftigungen als für ben Fleiß, mit dem er ſich ihnen Bingab.
Die wiffenfchaftliche Akademie zu Lucca hatte an ihm einen ber
eifrigſten Theilnehmer, wovon bie „Opere edite ed inedite del
march. Ces. Lucchesini”. die eben noch bei Biufti in Lucca ers
Icheinen, den beften Beweis geben. Eine feiner wichtigfien Bü:
“er: „Hlustrazione delle lingue antiche e moderne e prin-
cipalmeute della italiana procurata nel: secolo XVIII degli
Italiani ‘, das oftmals gebrucdt iſt, verbanft einer Preisfeage je:
ner Afatemie feine Entſtehung. Gleich verdienſtlich fchienen feinen
L ie «ü
en
heit fi entfernten, bie man in aͤhnl Werten Italiens ax
teeffen gewohnt ff. Alte Ipätern, In Beitfchriften abgebrudten
Aufſaͤhe hat Biufti forgiich gefammelt. Gefare Lucchefint farb
am 17. Mai 1882, von Jahren und ben Folgen frommer un
sen aufgerieben, benen er allzu eifrig in ‚feinen. legtes Lebenste
gen ſich hinggaa. u . 7.
Literariſche Notiz.
Des Lordse John Biuffeli neneſde anonym herausgegebene
kleine &crift: „The causes of the french revolution” (Eon
don 1832), mag nachgrade Fein Meifterwert fein. Die er⸗
bitterte Benrthellung derſelben im diesjährigen Aprithefte des
den Tories ugethanen „ /review'’: fann aber zei
wohl ein abermaliger Beweis der Wahrheit fein, daß ung
gelte blinde Parschuugh ihre, Streiche Immer auf ſich feib zu
rüdfallen laͤßt. Was foll man bazu ſagen, wenn fie hier
troft behauptet, daß nicht bie unverbeſſerliche Werborbenheit *
hoͤchſten Stände in Frankreich vor der Revolution, wicht die ums
peaählten Sünden der Regierungen Ludwigs XIV. und XV. unb
‚der vorherigen, nicht bie Kiederträchtigleiten langjaͤhriger EReis
treſſenhetrſchelt die Haupturſachen der Revolution geweſen feien,
‚Sondern vielmehr die Schwaͤche Ludwig XVI., bie Philoſophen
bes 18. Jahrhunderts und die Ruͤckwirkung des amerifank
fhen Befreiungektieges dieſes Ereigniß herbeigeführt haben.
"Wir fragen, Tonnte Ludwig XVI. ſtärter fein? War es wit
fon ein Wunder, daß ex ſchuldlos blieb? Bietet die Geſchichie
ein Beifpiel, ‚daß ein fo ausgeartetes, abgeRorbenes, moralifc) tod»
tes Geflecht wie das der Bourbons jemals noch einen Charakter
beroorgebracht hat? Ein flarker Regent an Ludwig's Stelle
"hätte freilich zu der Rettung Frankreichs viel beitragen: Fbnnen,
obwol ed immer dahingeſtellt bieiben muß, wie vich Abe
er war nicht, da, und Ludwig's Worfahren bleiben nichtädefie
weniger die Urheber der KRevolution. Wenn man folgern duͤrſte
wie das „Review“, fo hörte alle Kritik der Geſchichte auf, und
es gewaͤnne freilich Alles ein andere Geſtalt. Wir fragen fers
ner, erklaͤrt ſich das Dafein eines Boltwire, Kouſſeau und am
derer Philsſophen ihrer Seit ander® als aus ber En
ber Regierung und der Regierenden? Ober würde ohne diefelbe
Amerikas Beifpiel in Frankreich beftigere Wirkungen geäußert
haben als im übrigen Europa? Kann ber $unle zünden, we
fein Zunder vorhanden iſt? Alle 'diefe einfachen Sragen flellt
fi) das. „Quarteriy review‘ nicht; eine Wahrheit fpricgt a
aber bei dieſer Gelegenheit aus, die in gegenwärtiger Zeit
wiß nicht genug beberzige werben fann. 8 bemerft ndm
baß in Frankreich unb Gngland — wir nehmen es im Alge
meinen an — das falſche Syſtem, weiches zu einer Revolution
geführt habe, immer das eutgegengefegte besjenigen gewefen,
durch welches bie legtvorhergehende hervorgebracht worden fei.
Habe zu leichte Nachgiebigkeit die frühere erzeugt, fo entfiehe die
nächte gewiß aus zu hartnaͤckigem Witerftandt, habe jene ib
ren Zurgot gehabt, To fehle dieſer nickt ihre Polignac. Die
barauf folgende Anwendung von Karl I. von England Beifpid
auf Rihard Grommel, von deffen Beifpiel auf Jakob IT., von
diefem auf Ludwig XVI. und endli auf Karl X. laͤßt ſich h&
ren. Soll die Prophezeiung, daß die naͤchſte Revolution in
Sranfreid) oder England wahrfcheinlih aus zu ungemeflener
Rachgiebigkeit werde pervorgerufen werden, auf das Ieptere Rei
Berug haben, wie leicht zu erratben iſt, fo wird uns der Ängfls
liche Tory ein Leichtes Lächeln ſchon zu gutd halten muͤſſen.
Wir flimmen ihm übrigens keineswegs bei, daß bes Lords gro⸗
bes Wort: „Gin in der Freiheit geübtes Volk hat zahlreiche
Sicherheiten in feinen alten @rundfägen und Gewohnheiten,
und es würde keinem Gefeggeber des Tages woͤglich ſein, ſie
in eine moderne Papierconſtitution aufzufaſſen“, im geringſten
für einen eignen Verdammungeſpruch gegen feine Reformbill
zu erachten fei. 159,
Redigirt unter Kerantwortlicgteit der-Werlagähandlung: 3. X. Broddeus in £ eipzig.
EEE
—— — —
Blätter
2 | | . für
literariſche Unterhaltung.
Donnerötag,
Gelehrtes Eſſen in Paris.
Auch ich bin Mitglied einiger Gelehrtenvereine. Kaum
"war ich vor acht Fahren in Paris angelangt, fo bot man
mie von allen Seiten diefen ehrenvollen Zitel an. Sie
bezahlen jährlich 20 oder 30 Francs, fagte man mir, und
fommen dadurch in Berührung mit„den erflen Gelehrten
der Hauptftadt und werden Mitglied einer Art von Aka⸗
demie. Mit Freunde willigte ich in diefen Vorſchlag. Ob⸗
wol ich ſchon Doctor der Philofophie war, fo wollte ich
hiezu noch jene andere, zumal wohlfellere Würde hinzu:
fügen, und als: id dem. Gefchäftsführer eines einzigen
Gelehrtenvereind die Summe von 20 Francs zugefchidt, fo
etwiderte mir der liebe Mann noch denſelben Tag fehr
‚höflich, zeigte mir mieine Ernennung an, foderte mich auf,
der Geſellfchaft die Refulcate meiner eignen Forfchungen
mitzuthelfen, und um mid vollends zu beſchaͤmen, Tchrieb
ee auf die Adrefie: A Monsieur Monsieur *, membre
de plusieurs societ&s savantes.. Darauf war ich lange
Zeit in biefem Vereine, der mie zuerfi -fo viel Ehre an⸗
-getban, und balb in ähnlichen Birken, wo id) mittele
-20—30 Francs Aufnahme fand, eines. von den eifrigflen
‚Mitgliedern. Mit religiöfer Aufmerkſamkeit hörte ich zu,
wie die gelehrten Derren bier auseinanberfegten, was fie
über Zend und Pali und bie paradiefifchen Urlaute er:
forfcht, dort, welche hohe Belohnungen man dem Reifen:
den beſtimme, der kühn genug. ſei, durch Afrika zu wars
dern und nah Paris zurüdzulehren; in wieder andern
. Bereinew; wurbe. ich mit ber berühmten Unterrichtöme:
thode Jacotot's bekannt; in andern endlich nahm ich mo:
natelang an den Diseuffionen Antheil, um für bie Ge⸗
fetfchaft ein Reglement. auszuarbeiten, das, kaum beendigt,
wieder neuen Ersrterungen unterworfen ward. Nicht un:
belohnt biieb dieſe meine Beſtrebung. Schon bin ich in
einem der Gelchrtenvereine Mitglied des Ausfchufles, des
Conſeils und genieße ber wichtigen damit verbundenen
. Präcogativen, wozu auch die gehört, daß ich mehrmals
im Jahre dem Könige Ludwig Philipp in den Tuilerien
meine Aufwartung machen darf. Wie denn aber der
Menſch niemals ganz zufrieden und ſelbſt des hoͤchſten
Genuſſes am Ende: überdrüffig wird, fo wollen mir feit
einiger Zeit die Sigungen der Gelehrtenvereine nicht fehr
behagen. Stunden lang vor bem grünen Teppiche zu figen
‚and die langen Reden anzuhören; zuzuſehen, wie Jeder
27. Suni 1833.
feine Privatfpfteme auftifht, wie man Reifen und Beloh⸗
nungen ankündigt, die ſich nicht verwirklichen; wie man
bie befte Zeit verſchwendet, um Chrenftellen zu vertheilen
und Reglements aufzufegen — ich weiß nicht, warum mit
das feit einiger Zeit faft langmeilig vorkommt; aber un:
leugbar iſt, daß ich nicht mehr allen Sigungen beimohne,.
fogar mo ich Mitglied des Conſeils bin; das letztemal,
glaube ih, habe ich micy-ganz in der Regel gelangweilt,
gegähnt, gefchlafen und ward von einem Nachbar geweckt,
der mir zurief: „Wie ganz anders ſah ic Sie vor adht
Sahren, als Sie den Brief erhielten, mit ber Adrefle:
membre de plusieurs societes savantes!“
Aber ih kann nun einmal die Gelehrtenvereine mit
dem grünen Teppich und den langen Vorleſungen nicht
mehr leiden. Es geht mir bort zu langweilig: fpieituali-
ſtiſch herz da lobe ich mir jene andern Geiehrtenzirkel,
wo das Materielle mit dem Geiftigen fo innig vermählt
und identificirt wird, als nur irgend ein deutfcher Ideal⸗
philofoph Geiſt und Materie zu einigen vermag Da
lobe ich mir die Zufammentünfte von Gelehrten, wo nicht
wie um ben grünen Teppich geduldig zufammengelefene
Erudition die Ungebuld bed Zuhoͤrers erweckt, fondern ro
durch die frohe gegenfeitige Sinfpiration der Funke origi-
nel hingeroorfener Ideen ſich entzündet, und um nicht
länger in Raͤthſeln zu fprechen, fo lobe ich mir, und ge
ſtehe es gradezu, bie miffenfchaftlichen Bankette, ein ge
lehrtes Efien. Der Art Zefttichkeiten find noch allzu ſel⸗
ten am heutigen Tag. SPolitifche Bankette haben feit drei
Jahren überhandgenommen; dieſe altdeutfche Erfindung
wird jest befonders in Frankreich und England erploitirt.
Gelehrte Eſſen aber find erft im Entſtehen, und ich bes
dauere ed. Nicht daß bie‘ gelehrten oder politifchen Ban:
fette nothwendigerweiſe zu einem großen Reſultate führen,
keineswegs; was die Geſellſchaft heute beim Klange ber
Glaͤſer befchließen wird, bat fie oft morgen wieber ver:
‚geffen. Allein wenn auch zufällig nie etwas babei erreicht
. werden follte, wenn fich die champagherhafte Originalität
immer Tags darauf in philiftröfe Gleichguͤltigkeit verwan⸗
deit, fo iſt die Mühe dennoch nicht ganz verloren; bei
den andern Gefelfchaften hat man ſich ein paar Stun:
ben gelangweilt, bei ben Banketten hat, man, wenn man
dadurch nicht weiter gelangt, wenigſtens ein gutes Effem
mitgemacht,
TA
Drum lobe ih mic — um von der Policit nicht
mehr zu fprechen — ein gelehrtes Effen und namentlich
. dasjenige, welches vorigen Dienftag am 28. Mai in dem
ſchoͤnen Saale des Reftaurateurs Feͤrre zu Paris, Place
Chatelet, ftattfand. Während der Reflaurationszeit hatte
Herr Jullien, Herausgeber der ‚Zeitfchrift „Revue ency-
clopedique”, jeden dritten Dienſtag des Monats feine
Mitarbeiter und fonftige gebildete Leute aus dem Inland
und der Fremde zu einem Bankett vereinigt; auch nad)
der Revolution wurde es fortgefegt, war jedoch feit einem
Jahre durch die Cholera, bei welcher die reinſpiritualiſti⸗
ſchen Gelehetenvereine ihren Vortheil fanden, ſowie auch
durch die in Paris einreißende Gleichguͤltigkeit an allen
Dingen, und fomit auch an den Gelagen, ungluͤcklicherweiſe
eingegangen. Schon glaubte ich, die Sache habe ein Ende,
und ging in der Verzweiflung wieder nad den Vereinen
mit dem grünen Teppich und. dem Reglement, als mid
ploͤtzlich Hr. Jullien bemachrichtigte, daß fein gelehrtes Eſ⸗
fen wieder anfonge, nur nicht unter dem Titel: diner
encyclopedique, fondern es heißt: wmion des nations.
Der Titel feste mich natürlich in Schrecken. Ich fuͤrch⸗
tete, als Mitglied eines folchen Vereins für einen Propa⸗
gandiften gehalten zu werden und bei meiner erflen Reiſe
nach der Heimat Übel wegzukommen. Aber Hr. Julllen
-bernbigte mic) mit der Verficherung, das Eſſen habe einen
reinwiſſenſchaftlichen Zweck, und-fo- mar ich denn vorigen
‚MDienflag .der. Erfte, der mach feche Uhr Abende in den
: ſchoͤnen Spelſefaal des: Hen. Foͤrre eintrat.
AIn em Nebenzimmer lLagen Flugſchriften, ich er⸗
griff: bie erſte beſte, Titel: „Sourenirs de la Pologne“.
Schier wäre ich von Neuem in Verlegenheit gekommen,
Senn Polen iſt micht vreinwiſſenſchaftlich, das iſt Politik;
ich war aber allein im Zimmer, und ich laß.
möglich, ſich eine ruͤhrendere Erzählung zu denken als die,
welthe der. achte Artikel diefer Zeitſchrift (dritte Nummer)
in mur drei Seiten enthalt. Der Verf. ſchildert darin
das herbe⸗ Schickſal, welches die. Polen bei Pulawy teaf,
und die mütterliche Fuͤrſorge der Fuͤrſtin Czartoryska für
ihre ungluͤcklichen Landsleute. Nebenan ein Kupferſtich,
die Fuͤrſtin darſtellend, wie fie in ihrem prachtvollen. Sa:
:jon die Witwen und Waifen der Verwundeten pflegt.
: Mein im Zimmer, fleilte ich fo meine Betrachtungen an
‚ber. die Polen, die entfernt von ihrer Heimat noch weit
‚mehr Nationasgsfühl haben als cin anbere® Volk, mean
28 zu Daufe bleibt. Das Almoſen, das ihnen Frankreich
vergönnt, kaum ‚genug für ein duͤrftiges Auskommen, ver:
wenden fie noch zur. Hälfte, um nach niedergelegten Schwerte
Als Schriftſteller den Ruhm ihres Vaterlandes zu verherr⸗
lichen. Dieſen Ruhm fingen. in MParis palniſche Dichter,
polniſche Literaten jeder Art ſtimmen: ein, polaifche. nſt⸗
ler. weihen ſich demſelben Zwecke, und wir gehen wicht zu
weit, wenn wir behaupten, daß. Polen jahrelang. fuͤr Lite⸗
ratur und Kunft zu Hauſe nicht gelriſtet, was jest eine
geringe Zahl feiner Soͤhne im Außlanbe zu Jage fördert.
Noch weiter Hätte ich meine Betrachtungen fortgefegt, aber
ich war nicht mehr alten im Zimmer; ‚De. Jullien war ge:
tommen, mit ihm eine zahlreiche gemifchte Geſellſchaft
Es ift un⸗
———— —————— — — — — ———— — — — — — — —u ——— ——
.-. “ .n .o . . . ..
Im Nu machte ih fogleih ein paar Dugend Be:
Fanntfchaften, unter andern die mir mwerthe des Hm. Dr.
Auzour, der in der Straße Vivienne Vorlefungen tber
Anatomie hält. Er ift Erfinder eines Präparate, wel:
ches beim Studium der Anatomie die menſchlichen Ge
beine und das Gadawer Äberfaupt ganz unnoͤthig macht,
auch hat er eine Methode entdeckt, mittels webcher man,
nach feiner "eignen Schägung, in vier Monaten fo vie
von der Anatomie lermen Tann, als man braucht, um
Profeffor zu werden. Ueberdies richtet er feinen Vortrag
auf eine Art ein, daß aud Damen dabei zugegen fein
tönnen. Und deshalb lieſt er in ber Rue Vivienne, der
Straße der neueften Moden, dem Quartiere der vorneh⸗
men Srauenzimme. Dankbar nahm ich die Adreßkarte
des Hrn. Auzour und die Edaubaig. an, ſeinen Hoͤrſaal
befuchen und Andere dort elufähren zu dürfen. em
eine der geehrten Leferinnen firh die anatomiſchen Praͤpa⸗
rate vom mir zeigen laſſen will, fo wende fte fich gefaͤl⸗
ligſt wegen meiner Adreſſe cur die Rebnotion der Blaͤtter
fuͤr literariſche Untexhaltung.
In England beſonders fand die Erfindung des Heren
Anzourx viel Beifall, um fa mehr, da man ſich dort we:
sen bekannter Vorurxtheile nicht leicht Mittel zu anatomi⸗
fchen Studien verfchaffen- kann. Blos in Deutſchland,
fügt mir Hr. Augeur, gibt man fich noch nicht mit ſei⸗
ner Entdeckung ab. |
Eben wollte ich.mit Deren Auzour unterfuchen, mie
‚man fsine Entbeckung wach Deutſchland befargen koͤme,
als mih De. Zullten zur GSette ref, um mir einen in⸗
tereflanten . jungen Kinſtler vorzuſteuen, der ſich fogleich
in ein aͤſthetiſches Geſpraͤch mit. mir einließ, üher die legte
Ausſtellung, die ich nicht gefehen. hatte, und über bie fram⸗
zöfifche Kunſtſchule im Allgemeinen,: in Bezug auf: welche
er ſich mein Urtheil ausbat.. Was: die Auaftellung be⸗
trifft, fo beging. ich Die Thorheit, zu erwidern, id) fei nicht
hingegangen, meil‘.Amneen zufolge fein einziges gutes
Städ dort geweſen ſei, worauf mir Hr. G. beſcheiden emt-
gegnete, 8 fei wur zu wahr, und er ſeibſt babe einige
Gemälde dort ausgeſtellt. Noch ungeſchickter antwortete
id) auf bie andere Frage; denn um ein Urtheil Aber bie
franzoͤſiſche Schule zu fällen. verglich ich fie mit denen
des Auslandes. Ich .Tprach. von: der duͤſſeldorfer Achte.
„Sie haben alfo eine :Sthule in Duͤſſeldorf?“ Von den
andern in Dresden und Münden. ', Wie nennen Gie..die
dortigen Kuͤnſtler?“ Ich ſprach von: Baukunſt und Sculp⸗
tur, von der Pinakothek. „Was verſteht man unter dem
Worte Pinakothek in Deutſchland?“ Ob dieſer Verſchmaͤ⸗
hung wunferer deutſchen Runft: war ich eine Weite Haft
ungehalten,:allein ich haͤtte bedenken ſolen, daß man in
Deucſchland die Entdeckung des framzoͤſiſchen Anatoren
verſchmaͤht.
„Sie werben body wol zugeben”, ſagte mir der junge
Kändtier, daß unfere frangöfifche Kunſt hoch über ber
deutfchen ſteht; wie wollten Sie es ſonſt erklaͤren, daß fo
viele deutſche Kuͤnſtier nach Paris kommen, um zu ler=
nen, und daß ſo wenige von. hier uͤber ben Rhein ge—
hen?“ „Weil wir Euch kennen“, erwiberte ich, gehen wie
a Ba a EEE Ra
Dunn
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“Un u ER
Augen ga fernen und die menſchlichen Verhätniffe bis 'äuf- einen
735 | Ä '
au Euch, und Ihr geht nicht nach Deutſchland, weil Ihr |
von‘ der: dertigen Kunſt nichts: wißt. "Durch dieſe meine
- Antwort ließ sr fich aber nicht uͤberzeugen. Ueberhaupt
wird es gewiß noch lange dauern, bis man hier zu Lande |
etwas Ausführlihes über Deutſchland weiß, Mit weni:
gen Ausnahmen Pennt ber Franzoſe nur die hervortretend⸗
ſten Männer Deutſchlands aus. jegiger und früherer Zeit;
er konnt Luther, Kant, Winckelmann, Schiller und Goͤthe.
Die Ertreme kennt er auch, den Fuͤrſten von Metternich
und den Dr. Wirth in der Mohtik, in ‚der; Litepatur eß⸗
ner: and Hoffmann. Andere mag. man, ihm kauy
und breit in ‚dem Zeitſchriften exzäflen,, - den. andern Top |
voeiß er nichte mehr davon. - | | |
Die franzöfifchen Kuͤnſtler innen fih ſchon deshalb
sicht leicht ‚in, Deutſchland umfehen, weil die Art ihres
Seudirens fie an Parts und an Italien bindet. Wer
ſich in ber Schule zu Paris auszeichnet, wird nach Ita⸗
fien geſchickt. Wer in! Fiankreich bleibe odet dahin zu:
xuͤckkehrt, erzählte, mir Hr. E., hat oft, —5*— nicht
vermoͤgend, jahrelang mit hen, größten Schwierjgkeiten
zu kaͤmpfen, z. B. Gerd, der damit anfing ‚: im: Dosfe
Belleville bei Paris Ladenſchilder zu malen. Wer aber
nur erſt einigen Ruf erworben, befommt für ein Portrait
1500 Francs und: wishr, und es gibt in Paris eine große
Zahl von Mabern, die ein koloſſales Bermiögen ‚befigen.
. GDer Beſchlus folgt) . - .-
. 14 ® '
Unſer Herr als das Muſterbild aller Weltperbefierer.
Oerr Dr. Roͤhr in Beimar hat in zwei Prebigten zum
Lichtmeßfeſt und am Sonntage Reminiscere 1833 darüber ge:
fproden una fie mit jener Ueberfchrift abbruden laſſen. Hat
man nicht felten darüber geftritten, ob Zeitereigniffe auch auf
der Karel zu verhandeln ‚fein möchten, und haben Politiker,
deren Weitklugheit feeilich--mit ben Reengen efegen der chriſt⸗
lichen Weisheit nicht immer in Einklang zu-beingen war, «6
oft ſebr ungnädig vermerkt, wenn ein geiftlicher Redner fid
für verpflichtet hielt zu dem Bidelwort; „‚Rufe getroft und
ſchone nicht; große Leute fehlen auch“, fo'twird- hingegen ber
wahrhaft religidſe Menſch gern das Wort des Werk in: beim
Vorbericht unterfchreiben: Wo ſoll in einer aufgeregten Beit
‚und bei ber. gefliffentlichen Srreleitung der Gemuͤther, welche
ſich jegt ein großer Iheil der Wortführer des Tages angelegen
fein ıäßt, die Stimme der Wahrheit für das Volk noch kqut
werben, » wenn fie auf dem chriſtlichen Lehrſtuhle fchmeigen '
folte 2.05, Das Chriftenthum iſt der Stägpunft -und Traͤger
des Geiftes einer: edeln Kreifinnigkeit; aber nichts warnt aud
nachdruͤcklicher gegen die Ausfchreitungen deffelben und: bekämpft
das Maßlofe’ feiner Aeußerungen fo kruͤckſichtsloz als dieſe
bimmiifche Anftalt unter irrenden Menſchenkindern.“ „Darum,
. dürfen Diejenigen, beren Mund zumuͤchſt dem Dienfte deſſelben
verpflichtet ift, ihre Pflicht nicht verfäumen, wenn fi Alles
um ste her anſchickt, in Dem, was bie Jetztweld Zum Baue ih⸗
res Gluͤcks für unerlaͤßlich erachtet, Schranke und Ziel aus den
Punkt zu treiben, wo das Berderben Aller béeginnt.““ Wenn
ein Röhre, der nichts mehr bekämpft als das ftarre Verharren
. im Alterthuͤmlichen, dieſes fei auch noch fo unrecht und abge:
ſchmackt, und jede Beknechtung auf dem Gebiete gefegmäßiger
Freiheit, dennoch ben Reformatoren entgegentrist, die erk in
. Seundfägen und dann durch Thaten, wie fie das arme, Frank⸗
„drigften
nen; die
Kreiſe ihres Wirkens flets als Unmeife und Thoren barftellen
und boy bie größten Weltangelegenheiten untruͤglich berathen
‚und leiten wollen ; ‚bie. arten und —28 welche dem einzel⸗
faſſen, wozu fie weder ——
elt.
furt Eennen gelernt hat, Alles Umſtuͤrzem walen, und-badurch |..Len
Despotiſmus nannte, den Stempel ber Nothwendigkeit auf:
' prüeen, fo ſchließt er Ach damit an die Jauſende an, hie «es
gllagen, daß die heiljge-
enfweibt und befleckt wird, fobaß man ihren Freunden ent
gegenruft: Geht, das iſt ber Geiſt der Zeit, das iſt hie, freie
heit, womit bie berumircenden Ritter, meift Döctoren ber Phi:
lofophie, die fie nicht kennen, bie Welt beglüden wollen. Unfer
Verf. „fürdtet nicht das Gelörei Derer, welche ber größten al:
ier Thoͤrheiten biefer. Zeit verkauft find, ber Thorheit den Er:
fahrungsſatz, der, die Gewaͤhr von Sahrtaufenden für ſich bat:
daß es in. alleg ‚Dingen eine richtige Mitte gebe, zu bekämpfen
und lächerlich. zu en". an fönnte. —* vorſchlagen,
jenes ‚Gift durch Gegen fe durch wahrhaft volkschimliche
Blätter und Schriften zu dämpfen.“ Aber es ſchaint, ’alg müſſe
man jegt wirflih erft die Menſchen turch Schaben Klug werben
laffen, wie fie: es durch die frangsfifchen Schulmeiſter lernten,
was Freiheit und. Gleichheit für gerviffe Leute zu bebenten habe,
und welchen Gegen fie in dieſem Sinne bringen. Witze, zumgie
len treffeude, endlich aber, da bie Preffe drängt ynd die Lage:
blätter voll fein. folen, expreßte, fabe; Läͤcherljchmachen alles
Chrmürbigen uab Achtbaren, Zabel alles Deſſen, mag .upd, meil
eß-don oben Ober.von einem unbeliebten Miniter kommt, das
(ol ſolchen Blaͤtlern di geben und — die Welt will betro⸗
gen fein — das wird gl Ambrojia und Nektar veiſchlungen;
wahrhaft naͤhrende, Eräftige Hausmannskoſt, bie freilich bau
Gaumen nicht Bigelt, wird.verfhmäht. Möchten nur Die, welche
bie Aerzte gegen biefe Uebel ber Zeit fein wollen, nicht falfche
Sache der Wahrheit und des Rechte
‚Mittel anwenden; Gewalt allein thut's halt nimmermehr;
möchten fie keine Blößen geben in Erhaltung bes Alten und
Beflehenden, in Beflrafung der Schlechten und der Irrenden,
in Maßregein, die Ruhe und Sicherheit herbeiführen follen,
aber hoͤchſtens die Außenfeite eine Zeit lang übertünden, unter
welcher im Innern ber Wurm des Misvergnügena und per enbs
lichen Zerflörung nagt, was auch die Freunde der Ordnung
und bed Geſetzes migtrauifeh, unmuthig, Kalt und zurüdtretend
macht, da, wo es gilt, mit Wegeifterung zu ſprechen, mit Kraft
iu handeln. Auch bie reblichften Patrioten. önnen irren und
‚tehlen: aber fie ſodann ſogleich Verbrechern gemäß zu behan⸗
bein, das fchüchtert für ben Augenblid ein; aber ‚beruhigt und
ſerztet es auch die Gemuͤther? Und
grade dieſe Fehlgriffe
nd Lie. verwundbaren Stellen, welche die, Ultrajiberalen recht
t zu treffen und dann mit Erfolg auch wieder zu rufen ver:
Beben: ſeht, das will der Abſolutiswus und die Ariftofratie!
Unfer Rebger fie N Jeſum als das Mufterbilb aller Melt-
—— erſtlich infofern auf, daß er ſich dem Wirte feines
Bebens nicht ohne ben gatfäiegenften Beruf unterzog. Nachdem
er dies bewielen, fragt er, ob dies auch alle unfere Weltverbeſ⸗
ferer von ſich fagen koͤnnen. Er geſteht zu, daß Viele durch
ipee Oteilun Einſicht un Erfahrung dazu berechtigt find, alles
Anbfüige, Schroffe und. Druͤckende abzuthun und den Misbräu:
PR und: . wer : in End nachen, ‚welche dem. eſell⸗
(ef ee ns m g
lien. V heil feined Begluͤckenden und Beng:
lichen rauben. Ahex, re haben auch nicht bie geringffe Be⸗
fugniß -bazu. „Das find bie Anm lichen, welche don, dem nie
Standpunkte in der Gefekfchaft aus bie neriwideltiten
Berhältnifte berfelben überfehen und ordnen zu koͤnnen vermeis
ecken und. Eingebildeten, welche fich in bem Kleinen
nen Nebenmenſchen bei jebem Anlafje wehe thun und gleichwol
die Miene annehmen, al& wolle ihnen bei der geringflen Unbilbe
im Staats: und Voͤlkerleben das milde Herz brechen; bie Unru⸗
bigen und Aufgeregten, welche ihres Berufes und Amtes nimmer
gehörig arten, wol aber ſich mit ber Borge für Dasjenige bes
m. Beſſern umzugeftal«
e und ihrer Familie bie
£_ bemerkt dabei ſehr
— ——
nehmen. be 5
».Jüht baran benken, mus ihrem #
| ng zu „geben. Der
.!
⸗
rend fie eh auf ſich
136
wahr — und hieraus erfenne man feine Freiſinnigkeit und Unpar⸗
teilichkeit : „daß ſich Mancher nicht dazu würde verfucht fühlen,
wenn Diejenigen, denen Bott zu fortſchreitender Herftellung eines
vernunftgerechten und chrifllichen Zuſtandes der Dinge ben Au
fern und innern Beruf gab, auch reblich thäten, was fie follten
und Menfchen und Boͤlker ben unleugbaren Uebeln, welche fie
drüden, mit Ernſt und Eifer zu entziehen fuchten”. Aber ba:
burch werden „die unberufenen Weltverbefferer nicht gerechtfers
tigt”. unſer Herr war Mufter, baß er bei feinem Wirken und
Schaffen nichts für ſich ſelbſt, fondern Alles für die Welt
wollte. Der Rebner ftellt davon ein fchönes Wild bar, fragt
aber bann, ob man barin auch unfere vermeinten Heilande finde;
befcheidet fih, daß nur Bott That und Abficht vollkommen würs |
bigen koͤnne, behauptet aber, daß Erfahrungen auch und zu ei⸗
nem feeimüthigen Urtheile berechtigen. „Es hieße das menſch⸗
liche Herz mit feinen truͤglichen Falten, mit feinen verfteckten
und niebrigen Leidenſchaften wenig Eennen, wenn man nicht hin:
ter der Schonungslofigkeit, mit welcher viele folcher Weltver⸗
beſſerer alle Unvollkommenheiten des Öffentlichen Lebens aufde⸗
den, bie leere Eitelkeit fände, weldye von ſich reden machen will;
wenn man nicht aus ber Kühnhelt, mit welcher fie in ben Vers .
hältniffen ber Staaten das Oberft zu Unterfl kehren mollen, den
—A nee blicken fähe, weicher ſich nach einer nam:
haften bürgerlichen Bebeutung fehnt; wenn man nicht in bem
erl
Geſchrei, welches fie über bie Unzweckmaͤßigkeit und Verkehrtheit
aller vorhandenen Einrichtungen erheben, das ſtuͤrmiſche Ber⸗
langen anklingen hörte, durch Beſeitigung derſelben zu groͤßerm
Beſitze und reicherm Genuſſe zu kommen; wenn man nicht von
dem ſcheinbar edeln Ingrimme, mit welchem fie bie beſtehende
Ordnung ber Dinge befeinden und befämpfen, die kecke Herrſch⸗
und Strebeſucht bemäntelt erblidte, welche in einer andern ihre |
Role fpielen will. O vierzig lehr⸗ und warnungsreidhe Jahre
laſſen uns hierin nicht irren. Das gilt freilid) den Edeln und
Rechtlichen nicht, welche fi in Sinn und That ald Freunde ih: !
rer Brüder bewaͤhren, bie Mängel und Gebrechen menfchlicher '
Gemeinmwefen mit befcheidenem Freimuth an bas Licht ziehen, in
allen @inrichtungen derfelben echt und Gerechtigkeit mit heſon⸗
nenem Eifer herzuftellen trachten und der Verblendung, bem
Eigenfinne und böfem Willen mit feftem Muthe entgegentreten,
welche in irdifchen Zufländen und Dingen auch das Unhaltbarfte
halten, das Thoͤrichtſte vertreten, das Drüdendfte verewigen und
das von Zeit und Welt Vermorfene wieder zurüdführen wollm.
Sie find bie echten Zoͤglinge Chriſti““ Diefer „war Mufter, in:
dem er das Heil ber Welt vornehmlich von Annen heraus zu
‚Schaffen fuchte”. „Das Hell der Staaten blüht allerbings da nicht,
wo man aus ſchlaffer Traͤgheit oder wohlberechneter Selbſftſucht
nicht daran geben mag, Gefehen, Bitten unb Einrichtungen,
welche aus den Bebärfniffen eines bahingefchwunbenen Weltzw
ftandes heroorgingen, ein Ende zu machen und zeit» und zweck⸗
“ gemäße an deren Etelle zu’ fegeh, und man frevelt ſchwer an ber i
gen Bildung von einer angemeffenen Vervollkommnung ihres Ge:
ſellſchaftskoͤrpers durchaus nichts wiſſen will.” „Aber bie volls
endetflen Staatsverfaſſungen find ja nur Formen, welche ber,
Geiſt des Menſchen beleben muß, wenn fie fruchtbar werben fols
fen. Umgedet alle Fürftentbronen mit vollsvertretenden Ver⸗
fammlungen : waltet in ihnen nicht die Weisheit und Redlichkeit,
welche das Beſte Aller. fucht, fie werben fruchtlos und unnuͤt
fein. Hichtet den GStartsbienft in allen feinen Zmeigen aufs
Beſte ein: gebricht e8 ben damit Betratieten an Zreue und
Hflihteifer, er mwirb keinen Gewinn unb Segen bringen. Be⸗
ſchraͤnkt die bürgerlihen Laften bis auf das kleinſte Maß: laffen
Die, welche fie tragen, nicht ab; durch ihre Ueppigkeit und Ge⸗
nußſucht ſich feibft von Zage zu Zage hoͤher zu befleuern, fie.
werden nie mit zufriebenem Sinne übernommen werben u. f. w.“
Dies wirb hinreichen, um zum Leſen diefer geiftreichen Reben,
einzuladen und Das zu beberzigen, worin, nach der zweiten Pre⸗
digt, unfer Herr fonft noch ats Mufterbild aller Weltverbeſſerer
Hebigirt unter Verantwortlichkeit der Berlagshandlung: 8. A. Brodhaus in Leipzig.
‚und uOdyſſee“ von William Sotheby, mit 7
- Gebräuche und: Geremonien der englifchen
erſcheint, nämlich darin, „daß er befliffen war, .bas Neue an bad
Alte zu knuͤpfen und bie WBefeitigung des minder Guten durch
bas Beffere allmälig zu betreiben, daß er babei alle argliflige unb
gewaltfame Mittel verfchmähte, unermuͤdet bas Seinige that, das
Uebrige aber Gott anheimſtellte!“ Daß auch hier Gebiegenes
vorkommt, wird Niemand bepveifeln. . *F
Scchließlich fragen wir nun noch, womit wol der alte &u-
pranaturalisumus feine haͤmiſche Werleumbung, daß die neuere
Theologie, befonders der Nationalismus, die Throne untergrabe,
die Fürften herabmärbige, bie Belege und bürgerliche Ord⸗
nung zerflöre und Anardjie herbeiführen muͤſſe, beweiſen wit?
ferner, 06 nicht bie hnten Predigten ganz aus dem
bden hergenommen and babei ganz. chrifliich finde ober ob
etwa der Zabel über die Fuͤrſten und Obern, wie: ihn z. B.
Harms unb Hengſtenberg ausfprechen, daß bie Monarhen nicht
auf die reine (das heißt kirchliche) Lehre halten, nicht Prebiger,
die von den Symbolen abweichen, fie mögen übrigens noch fo
nuͤhlich wirken und noch fo beliebt bei ben Gemeinden fein, abs
fegen und fortjagen, bie Gemuͤther befänftigt umb Liebe und Ben
trauen zwiſchen Regenten und Untertbanen und bei diefen einen
milligen Gehorſam befördern ?:. ober ob. bie füßlichen Reben, bie
Blümeleien ber hyperorthodoxen Myſtiker, ihre Ieremiaben
über bie Erbſuͤnde und bie —— des Menſchen zum Guten
beffer Überzeugen und zum Guten hinfuͤhren mögen, als bie kraͤf⸗
tigen Worte eines: folgen Rationaliien?. . . 68.
« ‘
Literarifhe Notizen.
Paulding, einer ber vorzägläckften amerikaniſchen Schrift:
fteler, hat einen neum Roman in zwei Bänden: ‚Westward
bo!” geliefert. ,.__
Joſeph Story, Profeffor ber Rechte auf ter Harvard⸗
univerfität, bat ein fdägbares Werk: ‚„Commentaries on the con-
stitution of the United States”, mit einer Einleitung über bie
Verfaffungsgefhichte ber Eolonien und Staaten von ber Ans
nahme des Grundgeſetzes, in brei Bänden herausgegeben.
In monatlichen Lieferungen erfcheinen bei Murray in Lon⸗
bon: „Landscape illustgations of the old and new testaments”’
von William usd Edward Finden, nad Driginalzeichnungen, an
Drt und Stelle aufgenommen, von Turner und Gallcott.
Der berühmte Anatom Sir Charles Bell Hat herausge⸗
‚geben: „The hand, its mechanism and vital endowments as
evinring design.’'
John M. Kemble hat ein angelfächfifcges Gedicht: „Beo-
DE nach der Handſchrift im, britifhyen Mufeum drucken
Q . . . . a
“ Menfchheit, wenn man bei dem fleten Wachsthume ihrer geiftis 3
en.
. ü . . “ ⸗ 7
Bei Murray erfcheint die metriſche Ueberfegung ber: „Slias‘‘
‚Kupfern nad
Alarman ‚von. Henry Moſes, in vier Bänten. Die erſte Aus—
gabe der „Ilias“ erfchien 1831.
Thomaa Anthony Trollope, rin Mechtsgelehrier, gibt bei
‚Murray unter dem Zitel: „Encyclopaedia eccliesiastica”, rine
vollſtaͤndige Geſchichte der dhriftlichen Kirche in vier Quartbän:
den heraus. Er .will zugleich eine volftänbige Darftellung bex
irche hinzufügen.
Die Geſchichte der Moͤnchsorden wird durch lithographiſche
Abbildungen erlaͤutert.
Es erſcheint in Kurzem ‚bei Murray in London die
18. Ausgabe ber berühmten ‚Rejected adresses’’, mit ben
Bildniffen der Berfaffer nah Harlow und Holzſchnitten von
Georg Eruiffbant, nebft einer neuen Vorrede und Anmerfun:
gen von’ den Verfaffern. 9.
pr} r
LU U}
— — —
— ——
—
ie
Blätter
für
Literarifhe Unterhaltung
Freitag,
Gerendrres Effen In Yarit.
Beſchwuß aus Fr. 1%)
Reider konnte ich die intereffanten Mitcheitungen des
Jungen Aunſtlers nicht zu Ende bösen, denn man benach⸗
richtigte und gegen ficben Uhr, daß «6 Zeit ſei, zu Tiſche
zu gehen. An einer en, relchlich beſetzten, blumenver⸗
4 Tafel nahm Hr. Zullien als Präfident den Ehren:
play ein, und nebenan veibte ſich ein kleines Heer von
Englaͤndern, Polen, Franzoſen, Ztaltenern, Deutfchen und
Leuten von zehn andern Nationen ans Suropa und den
fonfiigen Weittheilen. Das Geſpraͤch war meilt wiſſen⸗
——— ober doc literariſchz wenn dee Eine gu Ernſt⸗
vorbrachte, ſuchte es ber Nachbar durch attiſches
u würzen, Nur bieweilen ſchweiften Dance Ins
—* der Politik ab, beſonders ein Engländer, der, am
fein. Porter und He gewöhnt, glei beim erflen Giafe
Wein mus gerieth und wol zwanzigmal uns
Atem ruf, Et lux! fiat lux!” Der wiſſenſchaftlichſte
nn von des Geſellſchaft war gewiß Derjenige, der mir
echten ſaß; Niemand befolgte wie er das Reglement,
8* uͤber Wiſſenſchaft geſprochen werden ſollte,
er legte offenbar das Geſetz dahin aus, daß jedes
end Geſpraͤch verboten ſel. Nun hatte ich das Gluͤck,
daß er mich vornehmlich feiner Unterredung wuͤrdigte. As
ich eben «in Hilet de boeuf mit Truffeln aß und fo vor
mich hin die Bemerkung machte, die Zrüffeln ſeien dein
ubles Gewaͤchs, da hättet du, liebes Lefer, die
ſehen fol, ee der mein Nachbar mich betrachtete.
te Se Bernie? joy fagen Ei.
nem Male eine Eigliche Frage, worüber alle Gelehrte noch
im Streite fichen. Was find die Gründe, mein He,
weshaib Sie die Trüffeln für ein Gewaͤchs halten?”
Gewaͤchs oder kein Gewäche”, gab id) zur Antwort,
„die *5 ſind gut beim Reſtaurateur Gere”, und nach
dieſer Erwiderung, die mir ſchon zuviel Zeit wegnahm,
aß ich weiter ſott. Parden, mein Herr, flgte mein Rach⸗
bar hinzu”, und ‚gab nicht acht, daß ihm ber Kellner um:
terdeß den Zeüueffelteller wegnahm,, dauſendmal au MWergo
bung aber ich für meinen Theil bin nicht uͤberzeugt, daß
we Ichffeln ein Gewuͤchs find. Was dient zum in
daß die Triffeln kein Thier find? Wornus ——
vr
‚ feine Verwunderung auuszudruͤcken.
Sie entſcheiden alſo mit obs |
fie fein Stein ind? Die Träffein, haben fie Wurgeint
Sie find alſo kein Gewaͤchs Die Truͤffeln find erdig“ —
„Sie verderben mir den Geſſchmack an den Tridfeln‘, ee
solberte ich vergebens — „die Truͤffeln find erdig mb wenn
nicht alle Zeichtn truͤgen, find die Krüffeln Un Stein.”
Das iſt möglich.” Aber mein Nachbar wer uiche zu Ode.
„Nehmen Sie eine Trüffel in dem ——— wo sk
tdefunden wird, wenn die klebrige Maſſe aoch von fieiak
gen Theilen bebeett, in dem Zuſiande, aeg fe iſt, wem
das Schwein fie von dem Boden abnngt —
„Ums Himmels wißen, Heber Herr Nachtar, Sie vom
derben Mir den Geſchmack an pi Rreüffeln, und Sie vre⸗
gefien die Ihrigen zu eſſen“, ſagt' ich id nahm zum
Zaefhe cir Seid: von bir Pac an, weichen chen der
Reltntr vercheilte. Mein Fr gewahrte ke Schrecken,
daß mar ihm das raͤthſelhafte Gewaͤchs doer Auithal ober
Velcaehr Mineral weggenommen, und ald er fi mm
ebenfallb mit dem Salm keoͤſtrte, fo dachte ich, nun wer
nigſtens mit der Naturgeſchichte verſchont zu werden. ern
das geſchah wit. Der Here befolgte das Neglement. Es
ſollte von weifienfchaftlichen Dingen geſprochen werben. Mu
che er bet Selm anrährte, fing er an zu beimomfiriee,
wR die Fifche zum Theil im füfßen, theilweiſe im S
sooffer leben, wie der Salia aber uns dem Mexre in
Ströme binauffleigt, welche andere Fiſche desgleichen hau⸗
dein, im welcher Jahreszeit, wie weit fie ihre Wanderſchaft
fortfegens dann ſprach er uͤber den Unterſchled zwiſchen
Lachs mb Forelle, von Fiſchen Aberhanpt, wie nan- Me
«iubaltameirt vom Mer ins Binnenland bringe, wWie fie
nt Yalbtodt, oft tobt in Paris anlangen. „Ach, mein
Mre,. Sie: verberben mir ja den Geſchmack an tim ga
an Fiſche“ — Taufendmal Parbon”, rief der Markiere
und wollte eſſen, aber der finde Kellner war mi ſeinein
Aceller vol Salm ſchon welt daden.
Das Schümmſte war, daß der Natutfockcher mich
Gefpeächen Thel zu wehren,
gu erben gab. Zuvor aber erzähl
Die hoͤchſt anziehende Befchichte der von ihm geſtifteten
Bankett, die 45 Jahre hindurch fortbeſtanden and jeiir
wieder begamen; er Ku, wie ſolche Feſtlichkeiten oft zu
nichlichen Miſaitaten Anlaß geben, und fuͤhrte etliche Be—
ſpiele an, wie das enchklopaͤdiſche Dmer indbeſondert vie⸗
738
fen wiſſenſchaftlichen Männern und Andesn in ihren Zmes | zu einem Werthe von 30,000 Francs, weiche Anſtalten
en förderlich geweſen ſei. fpäter zum Theil nad) dem Peloponnes und Hellas ver
Einft kam ein unglüdlicher Kaufmann, ein Samiliens | legt wurden. Keine einzige Gelehrtengeſellſchaft mit gruͤ⸗
vater, zu Herrn Jullien und theilte ihm mit, daß ihm | nem Teppich und langen Reben bat ausgerichtet, was in-
nicht füglic etwas Anderes übrig bleibe, als fi vom | biefem Halle ein Literarifches Eſſen gethan.
Dont Reuf in: die Seine zu werfen. „Davor bervahre Sie Bor oder nach ben Toaſten, ich erinnere mich nicht
Gott!’ erwiberte Hr. Zullien, „ich bin befchäftige, kommen | mehr, zeigte. ber Pedfident an, daß ein Saft, den Ade
Sie heute Nachmittag zu unferm Bankett.” Dies geſchah, gern In ihrer Mitte gefehen Hätten, leider nicht kommen
der Unglüdliche ward einem reihen Manne vorgeftelt, der | Eonnte, daß er aber ein Gelegenheitsgebicht zugeſchickt.
im Begriffe war, nach Peru abzurelfen; biefer nahm die | Hr. Jullien ſprach von Beranger, Allgemeiner Applaus.
ganze Familie mit; jest iſt der erwähnte Samilienvater | Auch das Gedicht, welches Julien fobann vortrug, wurde
in Peru GSefchäftsführer und Aſſocié des reichen Mannes, | fehr beklatſcht. Nachher erzählte Hr. Sefar Moreau an der
macht vortheilhafte Reifen nach Kalkutta und Macao, und | Zafel, e6 fei nur zum Theil von Beranger, Hr. Jullien
fo oft ihm feine Befchäfte einen Augenblid Muße laffen, habe die meiften Strophen zugefest.
denkt er gerührt an das diner encyclopedique. Hr. Cefar Moreau iſt ein merkwuͤrdiger Wann, ein -
Sin andermal — und biefe Erzählung wird meine | ausgezeichneter Statifliker, ein gefchickter Viceconſul, kein
Leferinnen weit mehr interefficen — kam ein blonder juns | gelibter Mebner, doch iſt der Zweck feiner Worte oft nuͤtz⸗
ger Deutfcher, ein ſtudirter Menfch ehrlichen Angefichte, | lich und ſtets mwohlgemeint. Bei einem frühen Bankett
zu Hrn. Jullien mit ben Worten ine Zimmer, daß er | nach der Julirevolution brachte er einft einen Toaft zu
ihm einen Empfehlungsbrief bringe und fonft weiter nichts | Ehren de cette glorieuse pepulace de Paris; allein ber
bei fi) habe. Hr. Jullien nahm ihn mit zum fiterariz | Vorſchlag, den er nachher entwidelte," fand das größte
ſchen Effen und fegte Ihn zwiſchen einem Schottländer und | Mitgefühl. Letzten Dienflag vergalloppirte er fi durch
einem ruſſiſchen Staatsrathe bin, welchen umfer Landes | jene Bemerkung, daß Dr. Jullien Beranger’fche Verſe ge-
mann fogleich diefelben Geſtaͤndniſſe eröffnete. Angezogen | dichtet, machte aber fogleich einen von fämmelichen Anwe⸗
duch die Offenheit und die Bildung des jungen Deut- | fenden gebilliigten Vorſchlag, man folle nämlich die bisher
(hen, boten ihm Beide ihre Hülfe an. Der Schottläns | regellod gehaltenen Banketts in eine eigentliche Affociation
der gab ihm Empfehlungen nad) feiner Heimat. Dort lernte | verwandeln. Vermuthlich hat dies unter Anderm die Kolge,
Kris * eine llebenswuͤrdige Waiſe kennen, vergaß Armuth, daß die union des nations bald ein Journal berausgibt;
dergaß Studien und hielt um bie Hand bes Maͤdchens | denn jede Aſſociation in Paris bat ihr gedrucktes Organ.
‘an. Dies gewauͤhrte man unter ber Bedingung, daß er | Noch hielt dann Hr. C. Moreau eine andere merkwuͤr⸗
fih eine Stellung in dee Welt verfhaffe, und da Ruß: | dige Mede über eine Erfindung, bie ein Landmann in
land ebenfalls in der Melt Liege, fo fchrieb Kreis * an | den Vogeſen gemacht, er heißt Granger, und die Exfin-
den erwähnten Staatsrath, erinnerte ihn an fein gütiges | bung iſt eine Vervolllommnung des Pfluges. Funfzehn
Werfprechen und befam bald darauf ein Diplom als Pros | Akademien haben bereit die bee von Granger feierlich
feffor an ber:iiniverficde zu Kafan. Drei Jahre waren | befchrieben und gerühmt, ohne daß fi) der arme Gran:
feit dem. Tage: verflrichen, als Friz bei dem Bankett zus | ger darum für gelebrter als fonft hät. Er fodert auch
gegen war; da erhielt Hr. Jullien einen Brief aus Kas | kein brevet d’invention, und wenn bie Engländer fidh
fan: „Ihnen danke ic den Befig eines geliebten Weibes, | an feinen Pflug fchleihen, um heimlicherweiſe etwas abs
Ihnen die Profeffur zu Kafan, und ber Beine Knabe, | zufernen, fo bleibt Granger ftehen, bittet fie, nur Alles
ben mir foeben meine Frau gefchenkt, wird. fein Leben | ordentlich, zu beobachten; denn, fagt der arme Bauer, ich
lang. das litenarifche Efien fegnen, das naͤchſt Gott und | will nichts dabei geroinnen, es tft mir lieb, wenn bie
feinen Aeltern am meilten für fein Daſein gewirkt!“ Sache meinen Nebenmenſchen nügt. Hr. Moreau gerieth
Ein brittes mal, erzählte Hr. Jullien viel fchöner und | bei diefee Erzählung in noch waͤrmern Enthufiagmus und
ausführlicher als mir möglich ift, kam ein reicher Mann | flolperte noch Inftiger über halbe Perioden und Sprach:
zum Bankett und Bagte, daß er gar gern fen Geld für | fchniger weg und wurde noch lauter belacht und beklatſcht
die Civiliſation, namentlich in Griechenland — «6 war bie | als an dem Tage, two er den: „glorreichen Pöbel von Pr:
Zeit des griechifchen Kampfes — verwenden wollte; baß er | ris“ hoch Leben Ließ.
aber nicht wiſſe, wie; und er ſuche einen Mann, der ihm Da alfo einmal Reden gehalten wurden, fo dachte ein
In diefer Sache behuͤlflich ſei. Dort unten figt er, antwor- | anmefender Provinziale, auch er gehöre zum literarifchen
tete Zullien und rief einen jungen Griechen herbei, der nod | Effen, und begann in gravitätifch - gedehntem Zone wie
die heilenifchen Gewaͤnder und Schimen fortteagen mußte, | folgt: „Meine Herren, ich bin, wie Sie längft bemerkt
bis einſt feine Privatflunden ihn in den Stand festen, | haben werden, ein gefegter Mann von fchon reifen Jah⸗
zu einem parifer Schneider zu gehen, obne zu borgen. | ren und Doctor ber Medicin, ber Chirurgie wie auch ber
Eine ſchwere Stellung, denn wer Neugriechiſch in Paris | Entbindung in einer mohlgelegenen proßperirenden Ort
lernt, Hat felber kein Geld. Dieſer arme Gelehrte, dem | fchaft ber Normandie. Doc, nicht in meiner Qualität
Jullien herrief, reiſte Tags darauf, reichlich mit Gelb | als Schüler bes Aeskulap ergreife ich das Wort vor Ih⸗
verfehen, nach der Moldau und fliftete dort Schuten, bis ' nen, meine hochzuverehrenden Deren, und nicht als Ver⸗
LT a ae
N ci
739
treter einer einzelnen Örtfchaft, einer einzelnen Provinz in
dient‘ einzehteit‘ Lande ergreife ich das Wort; meine Miß
fion iſt eine höhere, mein Zweck ein weiterer; fo. verneh⸗
mm Ste denn” — die ganze Geſellſchaft war Ohr,
„Vernehmen Sie’, ſprach der normännifche Arjt, „daß
mein, Biel iſt, in allen XTheiten. der. Welt die Bettelei
autzurotten, und gelang mir dies Beſtreben annoch nicht
in meiner kleinen Ortſchaft der Normandie, fo hoffe ich,
durch Ihren Rath belehrt, meine Herren, bafd; zu guͤn⸗
gem Refultateri zu gelangen. Ich moͤchte zuvoͤrderſt
Site von, ber grſprießlichen Tendenz meines Planes durch⸗
dringen. Die: Baettelei, welch Unheil richtete fie nicht am
von den aͤlteſten Epochen bis auf den heutigen Tag!”
Hier entwarf: der Redner ein fchhiterhaftts Wemätde je:
6, Unhells’ von den Biblifchen Zeiten hi6-auf bie neues
den Ereigniffe is, der. Normandie und in Paris; er. citirte
nacheinander -bie--heilige Schrift, den Confucius, die vrlem
taliſchen Werke uͤberhaupt von den brahminiſchen Geſaͤn⸗
gen bis zu modernen Verordnungen deb tirrkifchen Sul⸗
tan, . geleitete uns allmälig nach Griechenland, Mom, durch
das Mittelalter, und; es war eine freude, zu: hoͤren, role
der gelehrte Manndie jetzigen Ordomanzen, Togar aus
Deutſchland uͤber das Fechten der Handwerkoburſchen, aus⸗
wendig weiß. Solch eine Erudition war mir nie vorge⸗
kommen; über die- Mittel aber, der. Bettelei ein Ende zu °
machen, hatte er vergeblich nachgedacht, und" er bat ung,
ihm hierin behuͤlflich zu ſein.
Ebenſo intereſſant war bie Erwiderung, die ein an⸗
weſender Englaͤnder gah. Er war gleich beim erſten Worte
des Normannen in einen heiligen Eifer gerathen, ſammelte
ſich aber nachher, um mit Salbung zu reden, und ent⸗
gegnete in einem ausführlichen Vortrage, wie es ein gott⸗
loſes Beſtreben ſei, die Bettelei auszurotten; dies kleine
Uebel erzeuge viel Gutes; wer jenes Unkraut ausjaͤte, ver⸗
derbe die ſchoͤne Saat; Feine Armen, keine chriſtliche Liebe
— plus de mendiants, plus de charite chretienne! .
Nun ergriff von der Geſellſchaft gar Mancher die
Partei des Normannen, und Andere erhoben fi für bes
Engländers Anfihtz es war ein toller Lärm, und leicht
hätte das Gezaͤnke viel länger gebauert ohne bie Inter⸗
vention des Hm. Cefar Morean, der Über den Urſprung
des Streites folgende Yufllärung gab: „Der Here Doctor
iſt diefen Morgen in Paris angekommen. Schon um acht
Uhr war er bei mir, ich lud Ihn zu dieſem Effen ein,
und wir gingen zufammen her. Unterwegs erzählte er
- mir, daß er ein großes Grundſtuͤck befige, das nur zwei
Procent jaͤhrlich einbringe und er möchte fünf Procent
daraus ziehen. Dies geht aber nicht aus Mangel an Ar:
beitern. Denn ehe die Taugenichtſe für geringen Lohn
das Feld bauen, betteln fie lieber.
Doctor gegen. die Bettelei.“ J .
Das Gelaͤchter der Geſellſchaft nahm noch uͤberhand,
als der Geograph Montemont ploͤtlich das Wort nahm
und erklärte, er fände jenes Geſpraͤch über Bettelei hoͤchſt
langweilig. Weder hievon noch von Politik ſolle bie Rede
ſein; dann brachte er den Toaſt aus: „A la république
des lettres!“ Und faſt hätte dieſer Ausruf noch gu groͤ⸗
ein gutes Eſſen mitgemacht.
eswegen iſt der Hr.
ferm Rärm gefuͤhtl, aber St. Julllen unterbrach und kin
digte "an, daß er nad) dem Wunſche der Gefeltfchaft bie
Gommiffaire vorfhlagen werde, die in Zukunft dem Ban⸗
fett porſtehen follen. . .6.
Sir Sidney Smith, der jetzt in Boulogne ſur Mer
iſt, um ſeine Entdeckung eines nicht⸗ untergehbaren Schiffes
verſuchen, wurde in contumaciam als Commiſſair für
roßbritannien, Graf Pläter für Polen ernangt u. f. f.;
fir Deutfchland aber und die angrenzenden Länder wurde
ich felber zum Commiffeir gewählt. Mein Gebiet umfaßt
die deutſche? Confoͤderation mit Inbegriff der drei freien
Städte und von Frankfurt a. M., die ſonſtigen oͤſtreichi⸗
hen, und zreußiſchen Befigungen, und Schweden, Nor:
wegen, Damen aus biefen Ländern belieben
fi) wegen meiner Adreffe an die Medaction zu wenden
Damm find vom Bankett nicht ausgefchloffen, denn i
erinnerte daran, daß früher Lady Morgan mit uns gegef-
fen, und ‚fegte ausdruͤcklich duch, daß das fchöne ©
ſchlecht bei und. meillloreneen fel: i
"Dies Eſſen wird mir unpergeßlich bleiben, Es un:
terhlelt mich: befler als fruͤhere Banketts der „Revue en-
cyclopedigue”, wobel die Anzahl berühmter Gelehrten grör
fer war, und bei denen ich nicht durch einen Nachbar
wie den Naturforfcher geflört wurde. Bel biefem Efien
teente ich die merkwürdige Entdedung des franzoͤſiſchen
Anatomen Eennen, die Anfichten hiefiger Kuͤnſtler über un:
fere Kunſt in Deutſchland, die Beſtrebungen des normaͤn⸗
niſchen Arztes gegen die Bettelei. Und wenn dies erſte
ber viederbeginnenden Banketts auch nicht allen meinen
Erwartungen entfprochen hätte, fo habe ich doch jedenfalls
Die Tehffeln beim Reſtau⸗
rateur Sevre find vortrefflich, 187.
— —
»Dr. Wilhelm Butte.
Ein WMann, welcher als Schöpfer einer neuen Wiſſenſchaft
mig allen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen hatte, bie dem Neuen unb
ungewöhnlichen fich entgegenzuftellen pflegen, und ber wahrſchein⸗
lich erſt bei den Radflommen ber reiten Wuͤrdigung feines
Wirkens theilhaftig werden wird, Dr. Wilhelm Butte, koͤnigl.
bairiſcher Hofrat, koͤnigl. preuß. Regierungsrath u. f. w., ges
boren 1772 zu Treyße an der Lumbde in Kurbeffen, ifl in Berlin
kuͤrzlich an ben Bolgen eines Nervenfchlages mit Tode abgegangen.
Wir koͤnnen ˖ dies Greignig nicht vorübergeben laffen, ohne
it einigen Worten der Beſtrebungen biefes merkwuͤrdigen Man:
nes zu gedenken, weht ſowol wegen ihrer eignen Originalität
und Zieffinnigleit, wie auch wagen des von ihrer weitern Ent⸗
wickelung zu ermartenben praßtifchen Nugens auh außer ber
gelehrten Welt bekannter zu werben verdienen, als es bie Ju⸗
gend ber Sache und ihre von ben bisherigen Anſchauungen fo
völlig abweichende Geſtalt b:8her vielleicht geitattete. Durch ſta⸗
tiſtiſche Forſchungen, wozu fein Beruf als Profeffor der Staats⸗
wiffenfchaft zu Landshut ihm Weranlaffung gab, wurde Dr. 8,
Butte zuerft auf die Unzulaͤnglichkeit der bisher üblichen Einthei⸗
lungen bes menfdlichen Lebens aufmerffam und auf das nette
Gyitem geführt -- womit er unter dem Zitele- „Arithmetik bes
menſchlichen Lebens’ (Landshut 1811), zuerſt auftrat, und wel⸗
ches ſchon damals, namentlich in Paris, mofelbft ber Verf. Be⸗
bufs der Ausbreitung beffelben und um bie zu Griäuterung fels
ner Anfihe dienenden Karten ſtechen zu Laffen, fi 20 Monate
ang aufhielt, großes Auffehen machte. Voͤllig ergängt und uͤber⸗
arbeitet trat jedoch das Werk unter dem Zitel: „Biotomie bes
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Wovon yes — tiefen ubium werde, vorbehalten
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I. * ſter ſelbu betetht, ſo TOR bri die Unmdeug⸗
davon ine" Acetel⸗ u
* in blos ſo diel goſagt wem, ßnach ihm dee *
Menſchen mit feinen vn m, * “und,
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ander und allen übrigen Sebentheuanen wuelgt. ueber. &
iR dem in der Grdwelt der Erdlorper der allgemeine -SCH um,
der Menſch aber, —555— aller auf ber Gro⸗ möglichen Je as
tion, Bi alfgenmtine Bi Pe bie’ Wechſel, welche in dem &
des
enſchen unter der er Belt uber als Sierdume —*
* een und aaturhi
Ei fngen je — *
rb, ba enn wol manche verjährt ung, man or⸗
— mancher — * * | fen b8 —53— bevor
neuen Syſtem yſteme dieſes
Hide Anwendung u Dem
2* Geiſtern des Jahchunderte
mah gen, daß bie Rebensfchidfale det Verewigten,
don im fi ——
uten Aufſchluß über ihn ſelbi —
Bey ser a ertheilen werben. bei ben Me
Andenken erneuen, ten Entferntern aber ar er
fein, Aber ein fo reiches, großartiges Strehen und -beffen bes
beutfame Reſultate ſich an den Quellen nößer und vollßänbi-
der zu unterrichten!
4 7.
kiteratiſche Notizen.
Folgendes im Januar d. J. in London erſchieuene Wert
verdient Erwaͤhnung: „A general view of the geciagy of
scripture, in which the unerring trath of tbe inspired nar-
Tr
—— ——— — ——— — ee U U U U U 0)
gen d Anh ‚ beuen wie bie }
a en je det De * | KAT —— Sad
t, naͤchſtens ae Defientiihtek gan geinıy '
bie
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— —— —— eile VDatob
zu Theil werden
Nebenbei hat au
satire of the ariy wohnte in Che world is uhöllted , amd
disfinct] ved the enrroborative testimeny
Fer N, erary —* of the «afth's surface. ——
r. 22 bes „Foreign q y review‘ #ritt kei der
— von’ ee © — * ——— sur Neae
etc.” "Bohn 1880), * "der
m. gegen
ne lic feine gerei heiter af, bie
ve Nnthattks in Sngiand * den daſigen Orient
* —— eftiuben Haben id. Es naßt Kom
ukeseing unten: * ii — „uud
ER:
ne une
Gompagni e akfp Unzedht
* zu kaufen E⸗ erde Ma von —ã at de *5
vb nicht eben at, was Schlegel‘ an Den —
uaaila don fund täbelt A Jean U —
meint Abneigung der VBoeſelichaft, ihr ——
ihrer — F vrtidi/ am an Den in
Divfelbe Zeitſchrift gibt eine siäyläfegende u *
tige ang. dee belantiten:, die pemaßif
desgen die frühen engliſchen Auguifie
denTimæe som 7. Januar d. J Weib ———
den bevorftehenben andelöverein der leinen " entfden Gtaas
ten mit dem preußifchen geben ſich Aud hieraus als Hauptbe⸗
weggeinbe offer Aüfechtängen des ingen des fegtt etn Eimib.
Ein neuerlich in Dede ip gm uwei Binden — Ye
Rorifder Roman: „El cond «, wich „Gr-
zeta de Madrid?’ günftig 3. eigt. Der Bee n Des
Yatricio de la Wscofura, Arti rrieofigler m DE konigtiche
Dos „More ‚ärterig rövlewr beiäjildigt Raumer
bei der a — ** Ey A „Briefe aus Yarts zur — *
Urtierung der —— des 16. und 49. Jahrhuuderts einiger
' feier Angaben Aber die
unbebentenden ZFerthaͤmer im Betr
ben digliſchen Befanbten
| fan te. Gr babe nö
in Paris im Mai 1588 mpfon genannt, derweil body fort
wäptend Ei: Chratd Bufin, auf bieſem Poſten geweſen fei,
und es in die Agen ſoringe, daß Kar wohl ein obſettrer Mr.
Iridet aber ein von den alten aber igen ab:
—— Stafford a Hetzeg von Gaiſe, rate u Deus
n fouverainen Haufe Lothringen, ern koͤnnen;
er benenüe ferner Bean ten —X Lord Beale,
Baby Keablita Ottatt, d te‘ naͤdgte Ervin v rones u
ud feinen nn, Ri drabella x Cat, mb
| —— — Dakbury Cie Ocerbucy. ls: Rectou
übrigent
r u beleudisen, ſobald feine
vo Naumet en von —5 und **
näherte" Yorlirge.
“ Das Dach Der ', a nn
aut Bänden im ingefänbipt, au 4 0 * * Welle
11, Bande und geben
ne unter dem Titel:? „Les cent et iiue nöüvelles nodr
| des cent et un, orndes des 101 vignettes Yar IWW: artistee”,
2 ſechs His ads Bänden beſtehen » Was dem 101
nt grabezu eine une in Paris: ge werben, deiin man bat
ebenfo angelümbigt „Les cent et un nfmadires, resubit de de-
cumens cite, pour servir à l’bistoire contemporaine”, bie
in monatlichen Breftnugen in zehn Bänden ſollen aufgegeben
werben. 153,
Nebigirt unter Verantwortlichkeit der Verlogshandlung: J. A. Brod haus * Leipztg.
Blätter
... für =
literarifhe Unterpaltung
4
Politiſche und philoſophiſche Miscelten, aus den Memoi⸗
zen und der Correfpondenz von Thomas Jeffer⸗
fon, nebft vorausgeſchicktem Verfuch über die Grund:
fäge der amerifanifchen Schule und einer Meberfehung
der Sonfiitution der Vereinigten Staaten, mit Com⸗
mentar. Von 2. P. Conſeil. -Zwei Bände.
Wenig Menſchenleben hieten ein fo befriedigendes Bild
eister unaußgefegten, großmütbigen ımd- warmen Bemuͤhung
für das allgemeine Wohl dar ad das von Jefferſon.
Wenigen auch ift es gegeben, nad) einer langen Reihe
von Sahren der Früchte einer Arbeit fich zu erfreuen,
weiche in ber Regel Diejenigen verfchlingt, Die Hand daran
legen. Das Hi das Eigne der großen Repolutionen, aller
jener angewoͤhnlichen Bemuͤhungen,' welche. dahin ſtreben,
dern NMenſchen aus der fortgeerbten Bahn feiner Etniedri⸗
gung zu erheben; die Männer von Herz und. Beruf uͤber⸗
leben ſelten die Kriſis, ihre Hand wirft den befruchtenden
Samen aus, und alsbald erlegen fie den. Tribut der all
gemeineh Sterblichkeit, oder fallen unter ber anftrebeaden
Reaction, : Sefferfon konnte als 88jaͤhriger Greis auf feine
lange Bahn zurücdfchauen, das Entſtehen ber nordameri⸗
daniſchen Freiſtaaten und ihre allmaͤlige Entwistelung und
Fortſchreitung betrachten und mit freudigem Muthe den
Zod und den ewigen Richterſpruch über fein Wirken zum
Beſten der Menſchheit abwarten. Sein Glaube an bie
unausbleibliche Emancipation der Voͤlker, an ihr Recht,
ſich feibſt zu regieren, war unerſchuͤtterlich, und bis zur
nde ſeines Todes behielt er dieſes Vertrauenan rber
naͤmtichen Stifche und Lebendigkeit wie in ben Jahren
ſeiner kraͤftigſten Juügend. Im Jahr 1823,. als 80:
jähriger. Mann, mit einem ſteifen Daumen: und mehren
gelaͤhmten Fingern, ſchreibt er an. den General Lafayetie,
ſeinen aͤlten Freund:
Ihre Muͤhen in Frankreich waren lang und hart; wann
werden fie enden? Dies iſt unmoͤglich vorauszufeben, . aber
es unterliegt keinem Zweifel, daß fie ein Ziel erreichen werben.
Heilige oder böllifche Ailtanzen Finnen fich bilden und bie Spo⸗
he der Befreiung verzoͤgern; fie Tönnen die Bäche von Blut
anfchwellen, weiche noch fließen follenz; allein ihr Fall maß bas
Drama befhließen und den Voͤlkern das Recht belaffen, fi
ſelbſt zu regieren. "
Diefer Brief faͤllt in die Zeit des fpanifehen Krieges,
als Frankreich den Bourbons in Madrid feinen Beiſtand
lieh, um die Gortes zu Paaren zu treiben.
Jefferſon
209. Juni 1838.
äußert feine Hoffnung, daß die "Spanier fi halten, und
daß ihe Sieg der Freiheit einen allgemeinen Aufſchwung
geben werde. In Beziehung ‚auf die franzöfifche Mevos
lution hatte. er fich mehrfäßig geirrt und feinen Irrthum
—* ſelbſt eingeſehen; er glaubte anfaͤnglich, daß im
ahr 1789 und ſelbſt ſpaͤter noch eine Vereinigung, eine
Zransartion zwiſchen des Volkspartei und dein Thron
möglidy geweſen ſei; er befannte in einem feiner fpätern
Brirfe an Lafayette diefen Misgriff. Selbft im Jahr
1823 äußerte er noch einmal feinen Zweifel, ob bie eu:
eopdifche Geſellſchaft zu einer republikaniſchen Regierung
ſich ejgne:
glerung üngemeffen fei, und ich zweifle noch daran
weldder Bad-Sachi
leit her öffent»
Ä Aa laͤßt Bit)
ber Zuftand einer rechtlichen und yon aller Bedraͤckung entfern:
— ·aber
das Waſſer rein zu erhalten.
Auf dieſen Zweifel erwidert der franzoͤſiſche Ueberſetzet
und Herausgeber, daß dieſe Anſicht Jefferſon's mit befs
Ion Entfernung und nicht hinreichender Kenntniß der Fort:
ſchritte im Volksgeiſte Frankreichs zu entfchutbigen Tek;
„wenn aber Jefferſon, der im Jahr 1823 obiges Pro:
gramm ber Erfobernifte eines ‚allein erträglichen Zuftandes
egeben, die Julitage erlebt und die hier verbefferte Charte
danebengelegt hätte, was wuͤrde er dann gefagt haben?
ihm ‚mürde auch hinfichtlic, Frankreichs bewiefen fein, was
er ſonſt überall mit einer ungemeinen Kraft und Energie
ausbrüdte: daß jene engften Grenzen eine unausfhhr
hare -Chimäre find, daB das Budget einer mongrchiſchen
Nation gllen Regeln einer ‚weifen Sparſamkeit entfchläpftz
daß jener unbegrenzte Hochmuth, welchen man, die Maje⸗
flät des Thrones nennt, ſtets verweigern wird, die Ober:
1 boheit ber Geſetze und die Aufficht der als ihre Organe
conftituirten Behörden anzuerkennen; daß bie Eitelkeit und
die Privilegien die unerlaͤßlichen Stuͤtzen alter erblichen
Gewalt find, und daß aus biefer unerſchoͤpflichen Quelle
m re MI: en
von politifcher und moralifcher Verderbtheit und Beflehung
jene Misbräuche herfließen, welche heimlich alle Daͤmme
untergraben, bie fie nicht offen ummerfen koͤnnen.“
Sefferfon wurde im Jahr 1743 geboren. Er war
Deputicter von Virginien auf dem alten Congteß und
befand fih mit John Adams, Franklin, Sherman und
Livingſton in ber nämlichen Commiffion, um die Erklaͤ⸗
ung der Unabhängigkeit zu fertigen. Er felbft faßte biefe
Erklaͤrung ab, welche ewig ein Mufter von mwürdiger und
wahrer Politik bleiben wird. In der Folge ward er beauf:
‚tragt mit der ‚Reform. der alten englifchen Gefege: und
Zertigung neuer Gefegbücher, fobann rourde er Gouver⸗
neuer von Virginten,; Deputirree bei dem neuen Congreß,
fpäter bevollmaͤchtigter Minifter am franzöfifhen Hofe zur
Zeit des Ausbruches der Revolution; von ba Lehrte er in
fein Vaterland zurück, wohin ihn der damalige "Präfident
der Vereinigten Staaten, Wafhington, ats Staatsſectetair
berief. Unter dem Präfidium von John Adams war er
Vicepräfipent und endlih von 1800 — 8 ſelbſt Prä-
ſident. Die Dienfte, weldye er der Republik erzeigte, find
ebenfo ausgezeichnet als anerfannt; zwei derſelben ſtehen
oben an und Haben ihm die ewige Dankbarkeit ſeines
Vaterlandes erworben: der erfte ift die Thaͤtigkeit, welche
ec als Deputirter von Virginien bei der erften Unabhän:
gigkeitserklaͤrung an ben Tag legte, und bie Reinheit und
Sediegenheit von Grundſaͤtzen, welche er in dem von ihm
abgefaßten Manifefte ausſarach; ber zweite und wo mög:
lich noch größere ift die friedliche Revolution, welche er
von dem Momente feines Präftbiums -an in den Verel⸗
nigten Stnaten und ber Regierung zumege brachte. Es
war dem Einfluffe der englifhen Partei gelungen, mehr
und mehr bie Ideen der englifchen Verfaſſung und ber
Monarchie in den Charakter der Megierung einzuführen,
und wenn General Wafhington mährend feines Präfis
. ums fih unbewußt von biefem Sttome leiten ließ, fo
that es John Adams mit Bewußtfein und aus Uebergeus
gung, obfhon im übiigen aus reiner und unbefledter
Ueberzeugung. Der Verlauf ber franzöfifchen Revolution
und die daraus hervorgehobenen Begebenheiten von Ders
irrungen und Misbraͤuchen hatten diefe Beforgniß fcheinbar
erechtfertigt; " allein Jefferſon betrachtete Diefelbe und die
bweichung von dei urfprünglichen reindemokratiſchen Bahn
als das größte. Ungluͤck, welches den Vereinigten Staaten
widerfahren koͤnne, er ſtrengte alle feine Kräfte'an, um
fie dahin zuruͤckzufuͤhren, und es gelang ihm, wiewol nicht
ohne unfaglihe Mühe, Kampf, Kummer und Verleum⸗
‚dung. Bon diefer Epoche an war ber Weg, welchen bie
Union zu gehen hatte, unabänbderlich fefigefegt, und der
Anklang, welchen Sefferfon in dem Geiſte des Volkes fand,
mehr gelingen werde, in den Vereinigten Staaten din an-
beres als das republikaniſche Regierungsfpftem Wurzel faf:
fen ju laſſen. | J
. Seine würdigen Nachfolger wurden die Monroe, bie
adiſon, Fadfon, welche feinen Fußſtapfen folgten.
m i * Sad —E sun pfen folg
[/
4
.antern Lünher
fon erich®,
“
Silvio Pellico's DRemotren. *)
Was leicht vorauszufehen war, iſt geſchehen. Dies denk⸗
würbige , nur durch ein wahres Wunder von ber piemontefifcgen
Cenſur verfhonte Buch iſt in dem Iombarbifchevenetianifchen Kb:
et, dewehſen eine Futſche Mebexſetzeng, bie es
engliſche die on Fhomas Roßcoe fr Londoun
beſorgt wird, zwei frunzdſiſche, deren eine mit zahlreichen
Roten von Hrn. Maroncelli, dem fpielberger Kerkergenoſſen des
Autors, verſehen ift, und drei Nachdruͤcke bes Originals, in Lon⸗
den, Paris und Beipig: — --- -
Von Dem, was ein englifdes Journal über daſſelbe und
uͤber die italieniſchen Verhältniffe im Allgämeinenıfagt, Teint
uns Folgendes ber Aushebung werth zu fein.
n wollen * aufrichtig geſtehen, daß -bas tiefe Jatereſſe,
welches uns biefe Memoiren abgewonnen haben, keineswegs von
einge beſondern Sympathie mit ben Leitern der. italieniſchen Un⸗
ruhen unterflügt worden if. Wir mögen bie Bedruͤckungen ber
oͤſtreichiſchen Regierung in Italien, ihre offenbare Verachlung
aller Rationalgefüple und WBorurtheile nicht vertheibigen und
geftehen daher den Italienern ihr volles Recht zu, fidh par voie
de fait Hülfe zu verſchaffen, fobalh conflitutionnelle Morfteilun:
gen unbeachtet bleiben; aber ihre Infgerectionen in ben legtern
Zeit ‚gaben eine Tollkuͤhnheit in der Auffaffung ber Idee, eine
Sthwarhhergigkeit in der Ausfuͤhrung kund, die jede, auch bie
beſte Sachs In-:Werruf: ſetzen uußten unb das Gelingen jebes
ollgemieinen, Träftigen Verſuches zu Gunſten ber italieniichen
Freiheit in eine Unenblichkeit- hinaus verſchoben haben. Man. fann
eben deshalb nicht leiht an dem Schickſale der Urheber biefer
Gbelberathenen Aufftände regen Antheil nehmen, benn wer fein
Leben auf- einen Wurf fegt, muß aud bie Entſcheidung der
Köinfel gew : DaB ausnahmeweiſe Männer barein ver
wickelt: wurdaij, die fuͤr ihre feibfigächtigen, vaͤnkeſchmieden den
Mitgenoſſen zu edel waren und durch ihre Betigfeit und Aus⸗
bauer in Misgelchiden, Gefangenſchaft unb Eril Auf eine wenig
empfehfenswerthe Sache einen errettenden Glanz warfen, muß
jeben Mann von ruhiger Weberlegung um fo mehr befkimmen,
rd folche ungeitigen und wagehaffigen Bevegungen zu mil
illigen.“ | .
„Es ift der Fluch biefer übereilten Bewegungen, daß fie, fo:
bald fie einmal losgebrochen find, auf gegen feine beffere "Ein:
icht manchen tugendhaften, ſchaͤzenswerthen Mann mit in fi
ineinziehen, der niemals gervagt haben würde, wofern'er: ſich
felöft .überlaffen, geblieben möre, mit fo ungleichen FTifteln und
fo wenig- zu einem ernfkhaften, anhaltenden Kampfe vorbereiteten
Gemüthern ohne die Wahrſcheinlichkeit eines endlichen Srfolges
fein Vaterland in das gewiffe Eiend zu flürzen, das jebe aus⸗
brechende Revolution begleiten muß. Die mweife und vernünftige
Anhoaͤnglichkeit ſolcher Männer an bie Freiheit, old an.einen mit
dem Wohle ber Geſammcheit übereinftimmenden Begriff, ‚hätte
lehren follen, wie wenig Vortheil für bie wahre Freiheit aus
folchen "Unternehmungen zu ziehen if, deren Fehlfchlagen bie Un-
terbrüder eines Volkes immer nur ſcheinbar beredtigt, ihm ihre
eiferne Zuchtruthe Härter fühlbar zu machen. Wann aber ein-
mal der Schrei ber Freihelt erſchollen ift, fo verhindert ihre
ritterliche Ratur und ihre Hochherzigkeit ſolche Männer zuruͤck⸗
zuſtehen. Sie würben einen _riefenhaften Feind nicht ohne Roth
angegriffen Haben; aber fie Können ihren Beiſtand nicht verfagen,
‚nigreiche 7 worben. „ Welche Anerkennung es. überall in
{ wenn ber Aufruf ihrer Randeleute zu dem verzweifelten Kampfe
beftäftigte fein Vertrauen, daß es fortan, keiner Macht |
an fie ergeht. Es ift freilich nur zu oft ihre Lohn, daß während
der felbftfüchtige Aufwiegler und Unrupftifter flüchtet oder ſich bei
dem erften Zuͤrnen des Gluͤckes unterwirft, ber unerſchrockene
und uneigennügige Wertheibiger ber guten Sache, ber ihr auch
als einer verlorenen beigetreten ift, zulezt als ein Dpfer bez
KRache des erbitterten Gegners fällt.”
„Fuͤr Männer wie biefe, beren Gemuͤthdart den trüben
Elementen ber Revolution von Ratur abgeneigt ift, die ben ſtil⸗
EEE SER
*) Bol. Re. 166 d. BI. D. Reb.
— — — SZ 3 — — — — — — — — — —
— — na — — — — — —. —— — — — — To
. ängftliy auch
743
‘
len Pfab der MWilfenfchaft ober Literatur fortgewandelt fein würs
den, hätte fie nicht ber Drang ber Umflände in bie von hefti⸗
gern Köpfen oder eigennügigern Seelen erregte Bewegung ges
zogen, für die Gicta, Arrivabene und Pellico bes leidenden
Statiens, fühlen wir allerdings die Sympathie, welche eine großs
müthige wenn auch misverftandene Hingebimg für fich erweden
muß. Und wenn Pellico uns alfo die Befchichte feiner Gefan⸗
genfchaft in diefem einfachen Buche vorlegt, faft ohne eine laute
Klage, ohne die geringſte Schmähung, ohne irgend ein Wort
von Politik; wenn der milde, wohlwollende Charakter, das reine
‚Ders des Verf. auf jeder Seite durchfchelien, da muß und wirb
jebes Leſer, er mag einer politifchen. Partei angehören, welcher
er will, von biefem Zauber ergriffen, dem unglädlichen Schick⸗
fole des Verf. feine Theilnahme fchenten. Wir geſtehen auch
unfererfeite, daB uns dies Buͤchelchen beffer geeignet oder viel-
leicht berechnet feheint, die Gemüther gegen Deſtreich und feine
Verwaltung DOberitaliens zu indigniren, ja vielleicht ten Weg zu
ihrem Sturz zu bahnen, als irgend eine möglicherweife wieber
ausbrecyende Empörung, oder als die politifchen Schmähungen,
wonrit man fie angegriffen hat. Nicht, von geheimen Verbin:
dungen und von den Garbonari her droht Deftreich größe Gefahr.
Nah dem Erfolge ter neapolitianifhen und piemonfefifchen Res
dolutionen zu ſchließen, möchten wir behaupten, daß eine Seite
von Pellico der Regierung mehr ald zwanzig italienifche Schwer:
ter ſchaden Tann. Auch von dem erbitterten und ungemäßigten
Zone der potitifchen Schriften, in welchen fie zumelft angegriffen
wird, bat fie wenig zu fuͤrchten. Denn die Thatſachen, welche
diefe Schriften anführen, find in ber Regel fa zweifeihaft, oder
minbeftend von der Leidenfchaft politifcher und nationaler Bor:
urtheile fo fehr entſtellt und übertrieben, daß die Wirkung, wels
che fie auf die Gemuͤther ruhiger Beobachter herrörbringen, haͤu⸗
fig eine der beabffchtigten gang entgegengefegte wird. Hier iſt
nun ein Werk erichienen, weldyes nidyt das Mitgefühl einer Par:
tet, fonbern das allgemeine der Menfchheit in Anſpruch nimmt,
welches ſich nicht mit nichtsfagenden Gemeinfpräden ober mit
ungeifen Anekdoten befchäftigt, ſondern mit firenger Wahrheit
und Mäßigung' die. Wirkungen jenes Regiments in einem indivi⸗
duellen Falle (Hilbert, Statt aller Uebertreibung ift vielmehr
a8 Heinfte Merkmal von Heftigfeit in Gedanken
und Ausdrud entfernt, und es Tann dennoch fein Menfch bas
Buch leſen, ohne daß er ſich innerlich empoͤren muß. Gtrenge
und gewaltſame Maßregein bitten wol in dem Zorne und ber erften
Aufregung über die vermeintliche Entdeckung einer weit verzweig⸗
ten Berichwörung Entſchuldigung finden können. Aber was läßt
ſich zu Gunſten eines Syſtems fagen, das, wenn alle Gefahr
oder Störung vorüber tft, fortfährt mit vorbedachter Erfindungs⸗
tunft das Elend Iebenslänglicher einfamer Einkerkerung zu erhoͤ⸗
ben durch Ausfegung in bie Kälte und Feuchtigkeit bes Winters,
gleichwie umter die erftictende Hige der Bleidaͤcher im Sommer,
durch grobe, ekelhafte Nahrung, durch Zwangsarbeiten, durch bie
Laft der Ketten, durch ben Mangel ärztlichen Beiſtandes außer
an gewiffen Tagen, durch Aufhebung aller Gemeinſchaft mit
Verwandten und Preunden, kurz durch jedes nur erfinntiche
Mittel, das bie Leiden bes Gefangenen unertraͤglicher macht?
Uns fcheint es bei Grörterung biefe® Gegenſtandes gar nicht in
Betracht zu kommen, ob bas Dpfer bed ihm vorgehaltenen Wer:
brechens ſchuldig war ober nicht. Daß in irgend einem cioilifir:
ten Lande Guropa® gegen trgenb ein Berserhe ober gat gegen
ein bloßes politifches Wergehen im 19. Jahrdundert ein ſolches
Syſtem angewendet werben ann, ift ein Umſtand, ber uns hoͤch⸗
ih in Erſtaunen fest u. f. w.“
„Der Hauptreiz der Memoiren bes Herrn Pellico Liegt in
ber feltenen Haltung und ber ruhigen Schönheit bed Tones.
Es iſt ein langer tragifcher Donolog, und wir lernen in bem
Berf. ein fo hochgebilbetes liebenswürbiges Gemuͤth kennen, wie
es die größten irdifchen Prüfungen befteht; wir fehen es in fo
zährenden Momenten der Schwaͤche oder Staͤrke, geiftiger An-
rengung oder der Abfpannung ygetäufchter Hoffnungen, ffeptis
fer Wuthiofigkeit oder gläubigen Vertrauens, durchdrungen
a a EEE — EEE»
von ſolchem Mohlwollen gegen die Menſchheit, von fo heißem
Verlangen, ſelbſt in dem Boͤſen das &ute- zu erforfchen, unter
ber äußern Berhuͤlung von Härte ober Gelbfifucht
und Freundlichkeit, daß und bied Buch ein pſychologiſches Ge⸗
mätbe ber feltenften Art bietet, weil es zugleich ein hiſtoriſches,
unpertennbar allenthalben mit bem Stempel ber Wahrheit bes
drucktes Document abgibt. Der Autor verfichert felbft, daß Fein
Beweggrund perfönlicher Gitelkeit fein GEntftehen veranlaßt babe,
fondern baß er es Lediglich als ein Bermächtniß Denen babe hin⸗
- terlaffen wollen, die ihr Schickſal mit ähnlichen Leiden prüfe,
als ein’ Zeugniß, welche Troͤſtungen Religion und Philoſophie
auch im härteften Unglüd zu geimähren im Stande find.” ’
„Wir wiflen zwar nicht, wie viel von dem ftill ergebenen
Zone des Buches auf Rechnung der Obacht ber piemontefifchen
Genfur zu flellen if. Wir meinen aber, daß baffelbe, fowie es
ift, in leiner Zeit einen giädtichern und tiefern Eindruck Hätte
machen koͤnnen als eben in ber unferigen; baß der Geift der
Froͤmmigkeit, Wenfchlichleit, Einfalt, Reſignation und chriſtli⸗
hen Milde, den es athmet, auf das Erfreulichſte mit jenen
ſcheußlichen Schilderungen von Laftern, Verbrechen und phyſi⸗
ſchen Greueln contraftirt, die wilden, zügellofen Haß, Hochmuth
und Gelbffucht, großentheils zu Gunften einer zweideutigen
Freiheit predigen und namentlich von Frankreich. herüber bie
Literaturen anderer Nationen jest verunreinigen.’‘
Wir fügen zu diefem kleinen Artikel .nus noch die Notiz,
daß nach neuerlidhen Racdhrichten Herr Silvio Peilico. eine neue
Zragddie, betitelt „„SGismunda”, gefchrieben hat, bie auf bem
turiner Theater mit fo gewaltigem Beifalle dreimal vorgeftellt
worden ift, daß die fardinifche Regierung auf Anlaß ber Öftreis
chiſchen Geſandtſchaft fidy bewogen gefunden hat, bie fernere
Aufführung zu unterfagen. Das Stud fpielt im 12. Jahrhun⸗
bert in Mailand, zu der Zeit der Kriege der Mailänder mit
dem Kaifer und ber gänzlicyen Zerfiörung biefer Stadt durch
lestern. Die Moral ift: den Italienern die Thorheit ihrer buͤr⸗
gerlichen Zroiftigkeiten und bie Nothwendigkeit zu zeigen, diefelben
einzuftellen, um ſich gegen die Fremben zu vereinigen. 153.
Les fils d’Edouard, tragedie en trois actes, par Mr.
Casimir Delavigne. Paris 1833.
Wir find in einem Zimmer der Königin Eliſabeth; fie ſtickt,
neben ihr figt der Meine Herzog von York, ber fi von feiner
Wärterin ankleiden: läßt, ſich ſehr heftig und unartig geberbet
-und weiblich über feinen‘ Oheim Bicharb ſchimpft. Diefer flat:
tet der Königin und feinem Neffen einen Befuh ad. Man
wartet die Roͤckkehr bes jungen Könige Eduard, bes. Herzogs
von York Bruder, ab, und Sloceſter labet bie verwitwete Ko⸗
nigin und ihren Sohn ein, den König im Tower zu erwarten
In dem Drama van Ghakfpeare, weldhem He. Delavigne fein
neues Trauerſpiel entlehnt, ſchlaͤgt ber Herzog ‚feiner Schwaͤge⸗
rin und ihrem Sohne baffelbe vor; ber junge York will ſich
aber nur unter der Medingung dazu verfiehen,- daB ihm ber
Dbein fein Schwert gebe, und auf.bie Frage, wozu er dieſes
haben wolle, antwortet der muthige Knabe: „um Euch dafür
zu danken, daß Ihe mid immer einen kleinen, ohnmaͤchtigen
Zungen nennt.” Diefe Antwort verkündet Muth und Trot
und muß allerdings den Dheim fiugig machen, Bei Delavigne
fobert der Beine Prinz Gloceſter's Schimmel; begreift man aber
nun, warum ihn dieſe Witte beforgt macht, ihn in Ausführung
feiner Pläne hindert? Cie haben da mit einem Auge das ganze
claſſiſche Syſtem: es ziemst ſich nicht, daß ein wohlergogemer
Prinz ſich dergleichen gegen einen Vormund erlaubt; un che-
val blanc, das if nett, grazids; bie Witte wird mit gehoͤri⸗
gem Anftanbe vorgebracht; ber junge York des Hrn. Delavigne
ift ein charmanter dummer Zunge, und der Oheim noch einfäls
tiger, fih an deſſen Dummpeiten zu kehren. Im ,
wo die Königin fich entſchließt, den Witten ihres Schwagers
nachzugeben, wird der Tod der Lords Rivers, Grey und
“ «tw e
endlich zu Shuasb geeilt, der dm: Tower abgeſtiegen iſt. Die
de ðes Micderfehens wird bald durch bie
dingham's Hand durch einen Maͤchtigern gekuͤhr
ſtellt den kord Protector zur Rede, dieſer antwortet mit dreiſten
ungeſtuͤm und beleidigt Tuiſabeth im Angefichte der Lords und
ihrer beiden Anaben, der junge Eduard reißt dem Begenten bie
Wröge vom Deupte, weiche Liefer im Angefite der ‚Königin
aufoehnlten. chen Monvemens behagen ben Frauzoſen
außerordentlich; die Kuͤhnheit des kleinen Mannes wird alle
Abend rauſchend beklatſcht. Richard ˖ wirft von num an die Maske
ab, laͤßt bie beiden Prinzen gefangen nehmen unb in den Ker⸗
ker fuͤhren. Die Königin wird von ihren Kiabern getrennt,
wobei dann natürlich auffallen muß, dab fie und ihe Anhang
fi dies Alles fo gefallen laſſen, und daß nicht eine Behoͤrde gu
ihsen Gunſten ſich erhebt.
Wir haben vergeffen, zu berichten, baß bie erſte Idee biefer
Tragbdie beim Anbli des herrlichen Gemoͤldes von Delaroche
entſtanden if, welches vor zwei Jahren im Loupre ausgeftellt
wer. Diefes Gemälde wird im britten Acte auf der Bühne
dargeftrilt. Beide Scnaben figen auf einem Bette, der eine
bat eine Bibel in der Hand, der andere, auf feinen Bruder
gelehnt, fiheint in Nachdenken verfunfen. In diefem Acte er⸗
fheint zum erſten Mel Tyrrel, ein verfchuldeter, gänzlich
zuinirter Edelmann, ber in GShaffpeare's „Rickard III.’ bie
Kinder Ebduard IV. ermordet. Diefe Holle, bie im Original
kaum angebemtet ift, dehnt der franzöfliche Dichter über bie
Maßen aus und bemalt fie aufs Sorgfaͤltigſte mit Antithefen
und blendendem Wortgeflimmer; dabei macht er ihn fo ſchlecht
und fo fentimental, wie nur irgenb ein Melobramenheld fein
kann. Roh find die beiden Prinzen nicht ohne alle Hoffnung;
dee Erzbiſchof von Vork hat ihnen in einem Buche ein Billet
uftellen laſſen, in weichem er fie benachrichtigt, daß ihre Freunde
ür fie thätig find; wenn fie an Ihrem Fenſter würden God
save the -king fingen hören, fo Tolle dies das Zeichen fein, daß
man lomme, um fie zu befreien. Es wäre freilich eine ſehr
ſchickliche Gelegenheit gewoſen, God save the king zu fingen,
ser ſchade, daß dieſes Lied erſt winige hundert Jahr ſpaͤter ent⸗
ſtanden iſt. Der Vorhang fällt, indem die Moͤrder eintreten.
MDas Valent des Hrn. Delavigne verfolgt bie ihm von Ans
fang gegebene Richtung: es bleibt ſich fo ziemlich gleich. Es
ſchwedt ihur din” Idedl vor, das er mit Anftrengung und Fleiß
deſtimmt erreichen: wird; nicht bie erung ift es, bie ihn
auf feiner Wahn fortreißt; er durchwandelt fie beduͤchtig, ſtets
forgfam ausarbeitend, flets ſich umſehend, od Aues grabe und
Tbenitäßig: und abgezirkelt daſteht. Im Eyſteme Ratine's wuͤrde
es ihm: ſchwerlich einer der sent lebenden Dichter güteich thun;
vor. 20 Jahren würde. Louis: XI.“ und , Les Als o Douard⸗
Ben. Dielapigne ‚unter den hoͤchſten Ramen feines Vaterlandes
ine Stelle zugeſichert haben. Gntfprict ex uͤbrigens ten Fo⸗
derungen ber Kritik uch nit iin Allem, Jo iſt doch nicht zu
vertenmen, :baß er bei einem großen Theil feiner’ Landsleute noch
immer Anklang fintet. "Seine legte Trazoͤdie wird iſtark bes
ſucht; ſeit langer Seit dat das Thoatre frungals fidy keiner fo
langen vnd ungedulbigen queue zu: erfreuen gehabt. Das Stuͤck if
wi’ einigen Lagen: ri Ladvocat im Drucke erſchienen; das Ma⸗
448.
nuſetipt iſt für 800o Francs verkauft worden.
5 Medigirt unter Berantwortlichkeit der Verlagshandlung: %. A. Brodhaus in Leipzig.
“ ———— — —— — — NEE
‚Anfänger und Lernenden gegeben werden Tann.
Notiz
Statiſtiſche Ehniver und Albernheiten.
rade kommt *4 Einſicht, daß jene under
ſchaͤmte Luͤgenbentelei, welche der Stattſtik zus Laſt
noch keineswegs aubgehstoch fe. In der „Neuen —*
für Deutſchland“, 1888, Heft 3, befindet Mh ein vortrefflicher
Auffag über. die „„Unpollfommenheit her Ratiftifchen Werke, ne
ſehr huͤbſche Dinge nachgewieſen werben, unter Anberm, def
Colquhoun die Quantität bes Zutters nach ber Zahl der Ipi
und bie Zahl der Thiere wieder nach ber eingeernteten Pütte
sung bewelſt. Gleichwol wird in bemfelben Hefte
„Bponten im Jahr 18350” als ein ganz treffliches und für die
Statiit HH brauchbares Werk bargeftellt. Unter
fehr wahrſcheinlichen Angaben finden wir daſelbſt &. 321 fob
gende Notiz: „Die fpanifche Kirche zählt 23,000
und 46,000 Kiöfter (1), 135,000 Gonvente (11), 312,000 Weib
priefter (!!1), 200,000 nidbere Geiſtliche (1111) und 400,000
Mönde und Ronnen (I!!!T)”. Sehr naiv bemerit ber Be
richterſtatter: „Hierin liegt grade der Fluch bee auf Spa⸗
nien llegt!“ Wie viel gefundesr Verſtand ober wie wie ie
mentarbilbung in ber Geographie oder Statiſtik gehört denn
wol dazu, um bdiefe Angabe als eine Albernheit zu verwer⸗
fen? ie befiten doch eine Zählung ber fpanifchen B
nee vom Jahr 1891. Waarum ſah ber Verf. und Bericht⸗
erſtatter nicht biefelbe bush? Er wuͤrde gefunden haben, daß
Spanien eigentlich nur 16,481 Pfarrer, 4929 Bicare, 17,411
Benefidanten, 27,757 ausgeweihte Perfonm weitticher Geif:
Häteit, — nee * Boa und 20,000 47
rüber oder Laienſchweſtern . ol. „Litszarif tter
der Boͤrſenhalle“, Rr. 898. we
Ucberhaupt iſt es unverantwortlich, daß man in ben ſtatifti⸗
ſchen Werken das Alter der Zahlen nicht bemerkt. Haſſel ent:
lehnte die meiften Rotizen über die füblidyen Länder aus Merken
bes vorigen Zahrhunderts, und feine Nachfolger fchreiben ihn ab,
ohne auch nur ein Boͤſes zu ahnen. Die beſten Werke find
baber durch ganz falfche Angaben entfellt. Die Mebackion b.
BI. if zu liberal, ale daß fie mir nicht die Bemerkung erlauben
foüte, fetbft im dem claſſiſchen Schulbuche der münbigen Deut
ſchen, in bem „Converſations⸗Lexikon“, feien bie ſtatiſt iſchen Artikel
durch das unkritiſche Eintragen ber veralteten Haſſel'ſchen Zahlen
entſtellt. Ich will nur ein einziges Beiſpiel anführen, weiches
ufälig mit der gerügten ſpaniſchen Notiz in Berbintung ſteht.
su dem "10. Bande der 7. Kuflage S. 283 heißt es von dem
Zbigreiche beider Sicilien, daß dafſſelbe dietſeit tes Faro
47,258 Weltprieſter, 25,399 Moͤnche, 26,659 Rannen, jenfeit
des Faro aber 70-80,000 Welt: und Kloflergeiitiiche aller Art
babe. Diefe Angabe ift aus Haſſel und ‚findet. fi auch nad
in dem „‚Hiforifä:genealogifc ſtatiſtiſchen Almanach” abgedruckt.
Inzwiſchen beſteht eine jüngfte officiefle Angabe, die fich in der
„Allgemeinen Zeitung”, 1882, Rr. 281, abgebrudt findet, ganz
anderer Art.. Gs jind in beiden Sicilien nur 26,804 Weltprie
fer, 11,505 Moͤnche und 9297 Nonnen vorhanden. Allerdings
nach viel.zu viel,. aber welcher Unterſchied!
Ich wünfshe, daß dieſe Bemerkungen ‚auf guten Beben fallen
and einen unteraehmenden Budhändier veranlaſſen mögen, eine
neue Ausgabe des Haſſel'ſchen „Lehrbuchs der Statiſtik⸗durch
einen fähigen Gelehrten veramflalten zu. wollen. Es muͤßten bie
veralteten Angaben durch neue erfegt, die Luͤchen auögefült, bie
nicht mehr vorhaudenen Dinge befeitigt wirden. Bei den Ba
lenangaben müßte man das Alter und die Art uad. Weiſe ber
Ermittelung anführen. :&o mürdın wir ein-fehe brauchbares
Fi
und noch immer ‚ganz unenibehrliches Werk in eine Seſtalt ven
wandelt feben, in welcher es ohne Nadktbeil in die Haͤnde ber
150.
nm
Blätter
für
literariſche Unterhaltung,
Sonntag,
“
\
Politifche und philofoppifche Midcellen, aus den Memois
. "ren und Gotrefpondenz von T. Jefferſon x.
Heraudgegeben von 8. P. Confeil: Zwei Bände.
+ Mefchluß aus Nr. 100.) ud
Im Jahr 1808, als Jefferſon's Präfidentfchaft fich ens
digte, 309 er fich vom dem Öffentlichen Geſchaͤften zuruͤck: und
lebte zu Monticello mit Aderbau und Induſtrie befchäftigt,
ſtets aber die Angelegenheiten des Vaterlandes im Derzen
tragend und die Augen dahin gerichtet. In einem Briefe,
welchen er im Jahr 1810 an Kosciuszko fchrieb, gibt er
folgendes Detail feines Tagwerkes:
Der Morgen ift der Correſpondenz gewidmet. Den Zwi⸗
ſchenraum vom Fruͤhſtuͤck zum Mittagseffen bringe ich in mei⸗
aen Werkſtaͤtten .oder im Garten gu, ober aber Ich reite auf
meine Hofgüter, um biefe nachzuſehen; von MWittagebis Abend
habe ich die Zeit ber Grheiterung und dem Umgange mit mei:
nen Freunden und Nachbarn beſtimmt. Sobald das Licht Tommt,
fange ih an zu leſen bis zum Gchlafengehen, welches rk
geſchieht. Meine Befundheit iſt volftändig, und meine Kräfte
haben durch das thätige Leben, welches ich führe, bedeutend ges
wonnen; vielleicht find fie fo ftark, als es bei meinem Alter von
67 Zahren fein Tann. Ich rede von der Egge und vom Pflug,
von der Saat und von ber Ernte mit meinen Nachbarn, und
wenn es ihnen anfteht, auch von der Politik, mit fo wenig Zu:
rüdhaltung als meine übrigen Mitbürger, und ich genieße end:
. lüch das Gluͤck, frei fagen und thun zu koͤnnen, was mir beliebt,
ohne irgend Jemanden in ber Welt dafuͤr verantwortlich zu fein.
Sin Theil meiner Beſchaͤftigung, und zwar nicht der wenigft
angenehme, befteht darin, die jungen Leute, welche fih an mich
wenden, in ihren Gtubien zu leiten. Sie quartiren ſich im
nächften Dorfe ein, fie haben den Genuß meiner Bibliothet und
bilden einen Theil meiner Geſellſchaft. In der Richtung, wel:
he ich ihrer Lecture gebe, habe ich Bedacht, ihre Aufmerkjam-
keit fortwährend auf die Hauptgegenftände aller Wiſſenſchaft, bie
Freiheit und das Gluͤck der! Menſchen, zu lenken, tamit fie,
wenn fie dereinft in ber Regierung und ben Behörden ihres Lan⸗
bes einen Plag einnehmen, niemals vergeffen mögen, daß bies
ber Endzweck jeber rechtmäßigen Regierung ift.
Diefes Bild eines beiten, ruhigen patrlarchafifchen
Lebens, eines Zuftandes, wie ihn nur das Bewußtſein ei:
ner rein und fleckenlos durchlaufenen Lebensbahn gewähren
Tann, findet ſich in mehren andern Briefen an verfchiebene
Derfonen näher ausgemaltz Jefferſon gibt dort feine bid-
tetifche Lebensweife an und befeitigt -zue Genuͤge, was
Miß Trollope in ihrer frivolen Oberflaͤchlichkeit von den
Drgien von Monticello erzaͤhlt.
Seine Religion war ſeiner ganzen Handlungsweiſe ent⸗
224
fprechend, einfach und aufrichtig, er glaubte an die Uns.
ſterblichkeit der Seele, nahm die reine Lehre Cheifli als
eine Lehre ber. Liebe, Güte und Gleichheit an und ver:
warf- Alles, was die Kolgezeit, Unverftand und berechnete
Verfälfhung -an Verkehrtheit damit vermifcht..haben.. Im
den legten Jahren feines Lebens befchäftigte er fich fehr
viel mit Philofophie, Moral und Religion, und feine
Briefe enthalten barliber mehre koſtbare Ergiefungen. Es
fcheint, daß die peiefterlihe Partei, in Abgang anderer
Beſchuldigungen, Zweifel an der Orthodoxie feiner religioͤ⸗
fen Gefinnungen zu erregen fuchte, und mehre Male, mit
aller Ruhe jeboch, nahm er bie Gelegenheit, fein Staus
befenntniß abzulegen. Im Jahr 1817 noch ſchrieb er
darüber an feinen alten Gefährten Sohn Adams: |
: " :Dab Refultat Ihrer funfzigiährigen Studien über Religion
muß: fich in "bie vier Worte zufammenfaffen laffen: „Sei ges
recht und gut”, wie alle Logogrnphen ber Yriefter fich in die
vier Worte auflöfen: ‚Ubi panise, ibi Deus’. Das, worüber
wir Alle einverftanden find, ift wahrſcheinlich das Richtiges Das,
worüber nicht zwei Menfchen völlig einig find, tft wahrſchein⸗
lich falſch. Einer unferer Biographen, welcher bie Fleinen Mens
ſchen als wirklich groß malt, fragte mich neulich mit einem
Ausbruck von aufrichtigem Intereffe, ob er das in allen Cir⸗
keln verbreitete Gerücht meines Religionswechfeld ale wahr ans
nehmen Tonne. Dies fehte nothwendig voraus, baß man wiffe,
welches meine frühere Religion war, und man beurtheilte fie
obne Zweifel nad Dem, was bie Priefter darüber gefagt, wie
wol ich diefe niemals zu Mertrauten meines Glaubens genoms
men habe. Meine Antwort war: Sprechen Sie nicht von mei⸗
ner Religion; fie ift Gott und mir felbft befannt. Mein Leben
allein liegt ber Welt als Beugniß in biefer Beziehung offen;
wenn es rechtſchaffen, bieber und meinen Pflichten gegen bie Ge⸗
feufhaft entfprechend war, fo kann die Religion, welche es alfo
lenkt, nicht ſchlecht fein.
In ben Faͤllen, welche häufig vorlamen, wo bie Bes
wohner und Behörden ber Freiſtaaten ſich an ihn wand:
ten, um Rath und Aufffärung in wichtigen Fragen bes
gefellfchaftlichen und politifchen Lebens zu erhalten, ermahnte
er fie ſtets an das treue Feſthalten ihrer volksthuͤmlichen
Verfoffung, an beren allmäliges Verbeffern und Fortſchrei⸗
ten und freute ſich, die freudige Entwicklung, wenn nicht
‚mehr auf dieſer Erbe, von oben herab fehen zu können.
Diefe Ausſicht fprach er insbefondere, als ihnen Beiden
bevorftehend, gegen John Adams aus. Im Alter von
83 Jahren war er zur funfzigften Sahresfeler der Unab⸗
bängigkeitserkiärung nad) Wafbington geladen worden; er
746
entſchulbigte fi mit anmoätiein und Eonnte nicht dahin
geben, und während bie vefammelten Bewohner den Ve⸗
teranen ihrer Zreideit Segms s und Gluͤckwuͤnſche aus:
brachten, befchloffer: Weide, Jefferſon und Adams, am naͤm⸗
lichen Tage, 4. Bali 1826, ihr verdienſtvolles Leben.
Umfange dieſes Wortes, feine Strenge in ber Ansführung
diefer Principien und der befländig von Amerika entnom:
me Maßſtab mochte ihn felbft bier und da zu ice
tigen Folgerungen und Erheifchungen veranlaſſen. Er war
ein- abgeſagter und unwerföhnlicher Feind aller Monarchie,
und fein im übrigen friebfertiger und gelafiener Charakter
cgwech und: Unwillen, wenn er auf Lab
Unheil zu — kam, welches ducch ſie uͤber die Voͤl⸗
der gebracht ⸗erden. Wir bedauern, daß wir hiernicht
einige: ESellen und Vewaſ⸗ einer wahrhaft ergreifenden
Berchbtſancheit und: Sraͤrke anſuihren lonnen,
and ber! Gharalter dieſes Artikels ‚vermticffen uns, datawf
zu detgichten; weas ‚wir geben koͤnnten, waͤre entweder zu
wenig oder zu viel. Im SJ. 1787, als ſich einige · Spu⸗
en von. Auglomanie und Monarchismue zu :dußem an⸗
engen, ſchrieb er an einen gewiſſen Hawlins:
MWon — —— erwarte den. — **
eäffe Sa * siger gti Regisrung.eine. Ab
ne ® and -t e erbiilen. = "Sf
„mom bat
welches bie
252 —** Aande in einer Pe und Angland 8 einem
Monet ‚sufügt, fo wuͤrde dieſes lehztere baiweitem uͤberwiegen.
@tubiven: @ie ben Artitel, aus welchem das roehe Buch in
AÆngland und ber: koͤnigliche Be ‚in Kranfreich beficht, und
fehen Wie dann, mwas-ein Wolf bei:der Monarchie gewinnt. Es
gibt Heine: conigliche Raſſe, welche au zuaszig@anerationen einen
vernünftigen: Menſchen gelisfert : Dos. Befle,. was. ein: Kb»
nig thun Tann, iſt, bie. Geſch leitung feinen Miniſtern gu
riberlaſſen; und wer find :biefe Minſter? Richts anders ats ein
‚ :hbel ausgeſuchtes ‚Gemite. Wenn der. Känig ſich hineinmiſcht,
” iſt es, um gu ſchaden.
Es gibt nicht leicht eine jener Fragen, welche heute,
namontlich in Westehung auf Amerſta bie oͤffentliche Mei⸗
ung beſchaftigen, aoriche: the mit: Dchaͤrfe und Aufrich⸗
Agfa. un der: -Eovfponben; al ehandelt waͤre. "Nefferfen
Acht von dem vᷣ otthell des Ackerbaus in
Ametſta und: gibt: ‚in6befondere Auſtlaͤrungen, welche fir
Emnwanderer von Wichtigkoit ſeim duͤrften;er etklaͤrt ſich
‚gegen: bie Ambegung oeiner Bank und Aulrihen und beſtrei⸗
‚tet der Lebenden Generacion bie Befuguiß, den Staat und
den Boden zum Nachtheil der folgenden! Generationen zu
belaſten. Er ſieht die dereinſtige Trenmung ‚der einzefnen
Staaten als moͤglich voraus, betrachtet ˖ Dies aber ducchaus
wicht als ein Ungluͤck oder Zerſtoͤrung der freien Grundlage
die Brengen
von Nordamerika, indem ſtets bie demokratiſche Werfaffung
und bie Republik und mit ihnen bie Gewaͤhr ber Frelheit
und bes Fortfchrittes überleben würden. Sehe intereſſant
ift ferner, was er Über Napoleon und feinen Charakter vor
r| and nad), ſeinem Safe fagt, was er Über Frauklin um
Zefſerſon· war Demokrat und‘ Republitaner im gatzen
Mafhington berichtet. „Dieſe großen Männer haben nie
mals länger als 10 Minuten über einen Gegenfland ge⸗
ſprochen, fie berührten ſtets die Dauptfache und vermieden
alle unnöthige Discuffion.” Welche Lehre für unfere 6
fentlihen Verhandlungen. Tin eignes Capitel ift dem
Be Wafhington’s geroibmet und trägt das. Gepraͤge der
Wahrheit und Treue. hr
und gewißſenhafte, fpusıhusine
—* — den —— und Briefen einen analytiſchen
Besfuc, uͤber die Principien der . anseriinnigchentkhelz,
Aber deren Wergleiihung- und Aammbung "uf Suankeiht
Anftand :wab. eine textuelle Uxbesfeguumg ber :anmerifunlfäen
Conflitution beigegeben, ver eigentlichen vom J. 1787, mit
welcher noch fehr. haͤtrſeg die murpeingliche :
ion vom J. 78 verwechſult wird; er hat *
‚Setfiualle unb beherzgeigewerche Arbeit geliefert, zorihe
æiner venſtaͤnbigen Ueberſetzung ins Dortſche im Höchfien
Saale wicbig waͤre. ın.
Polnifhe Gedichte.
‚Qstatnie: symy Juliana. Umyma Niemeewicza pod tyt
‚lem: "Treny Wygnemce Tudziei Redeta "Onlom
prres Ad. 'Mitkiewiosa i Agon Sowinskiego. w Lip-
sin m 108.
ine Broſchuͤre, welche focben in —2*5— es
Südenen ft und .brei Gebichte in. palni en
1. Die legten Verſe von —28X rg: ‚Niascawicz * um
"Zitel: „Sagen eines aserbannten““, +, giſchrieben in Sonbon
am nk Fi 33 183
wanengefang, ve wol das Herz gu treffen verſteht,
in dem hohe poctiſche Kraft, unendliche Weieranbetiebe. und der
Scumerz fi vereinigt finden; sußerben aber. — dd
und Bons ein Geräh. * — — »erimm, dem glaich, ber
in den n des verbannten juͤdiſchen Volkes ſo haufig
ausbringt. Der Anfang lautet: .
Kein Wölkchen Ueß ſich ſehn am Abenbbimmel,
Dex. untergehndben Sonne lette Stzshlen
Bekraͤnzten. purpurzotb mit golbnen Streifen
Deb naben Mesred weiten, lidten Raum;
Als fi am AWkhang' eines flarren Zelfens
Ein alter grauer Seher nieberließ -
Und ſchauend in der Wellen luſtig Spiel
In ſchwere Klagen alfo fi) ergof:
Ach !.syle fo ſtill iſt Alles zunb amber!
Warum in meiner trüben Seel' allein,
Denn Alles füfer Ruhe ſich ergibt,
Barum beunregt ich färchterfihe Quul?...
AÆchan eh Ian Harn Runde meines! Brabes,
(ib: dauet mich des traur gen Misrb Ba,
Und nun. bed Sebend letzte Stunde nabt,
"IR dieſes Lebens Frucht... 0! ein Berbannter.
mit Staunen hat der Deher oft feine Umgebung: betrachtet, die
MHerrlichteiten der Vaukunft, den · Walb der * durchein
‚unberbeängsnben! Milkienen. von: Mienfchen ;. doch banges· Sehach
bat ihn ergriffen, benn, klagt @,
‚Luft, Himmel, Land, der Menſch mit feiner Sprache:
Und Alles, Alles ift nicht mein umher ! \
747
„ — 38! weinend Echrt mein Her, zur eignen Ylar,
80 in ber Stile zwiſfchen haben Gidhen
‘Der Rau). aa Ghrohdady leichte Kriſe zieht;
Si ſei⸗ :am Bee die Wehe andgefpannt,
@8. ferumet die Biene froh an mir voräber,
Gefchawaͤtig hör! ich Schwalben unteem. Dache,
Und ‚Kinder laufen froͤhlich durch die Aue;
Und voll ber zarten, lieblichen Grinurung
: Bimut: non ben welken Wangen urir herab
- Ein heaͤnenſtrom
! Ungshd fügrt ben- ba des Vatenlandis.
er eine —E —— Mebuiztungen : vntuor
Konftantin
Die wol des Urald wilder Save, ,
Dod nie her Pol! ertragen lernt.
Es werben Kingelheiten erzählt, unter. .andera Zolgenbes vor
wahret Begebenheit:
In Tirraͤnen, voller. Reize. fieh
Ein junges, nagluͤcliches ach,
‚Ein jarte Kintlein in ben Armen,
So kommt fie vor des Kerkers Thor.
Sie will durchs ſtarre Witter nur
Don fern den neugebornen Sohn
Dow Water zeigen; — bach werböhnt
Wird ihre: Freude, Whränt und Witte,
ge ber a ee j
Verzweiftang gedentt das uirk''feines ftuͤhern Bund;
von: Einem Gefühle buschbrungen ‚ greift es zu den Waffen,
kaenpft und -fiegt,
Und achtmal but ber Mund bie Bahn burchmeflen,
Rod tmmmer heekkt In: truͤber But
Der Donner weit umher.
Ba finkt "die Kraft nkreich, für welchet Polen fo r
geopfert, Britannien, Pr ' I.)
Auf ſtarkem Dreigad wohl geftätt
"rel daſteht in ber Wogen — -
laſſen ihre vignen "Werspeibiger untergehen. ifend iſt „eine
nun folgende Wehhreibung. Auf .dem.& Kine * tſich
unter Leichen ein Soldat; ſein erſter Bo fein Weib und
feine Kinder, er raſſt fich auf, um, zu ihnen zu.gelangen. Gr
fommt bet Pulawy vorüber, die reigenden: Anlagen, bie vater:
tändifchen Denkmäler *) find zerftört, Alles in einen Truͤmmer⸗
banfen verwandelt. Auch des Bolbaten Hätte ift ——
Weib und Kind findet er nicht, er ſtirbt in Verzweiflung. So
ft auch das Vaterland gefallen, aber verloren: iſt es nicht.
D liebes Polen, Land mit. Blut getraͤnkt,
Nicht gönnt das Schickſal dir den Lorberkranz;
Doch mädsiger , wie. bein Ungluͤck böher ſteigt,
win ve deiner Söhne Liebe zu dir neigt.
tee Pier verzweigter Ciche
337 Quell unzähfiger Tugenben.
Sn —— heut: und duͤſterm Trauerkleide
Gtshfi da gekükt auf deiner. Sötme Grab,
Dein Antlig neigt zur Gebe ſich,
Wie fi, erfältt mit Dichter Frucht,
Ein Apfelbaum zur Erbe neigt.
— D tbeures Baterland!
ern auch ein graufig Loos bir fel,
‚Du bleibfi-be8 Polen Troſt und Stel;
Und feiner Hoffuung- Biel!
So klagt ber reis. Die Racht feigt herauf, usb mit Teichtem
Pfeile wird er auf Gottes Wink vo ei getzoffen.
‚ 2%, Drbon’s Redoute don Kam | Mickiemwitz, ein Gedicht,
dem General Uminſki geweiht.
Es ift biefes eine er lebendige und anſchauliche, echt
dichterifche Beſchreibung einer Scene aus dem leaten Kampfe
der Polen. Cine Reboute, die nur mit ſechs Geſchuͤtzen befegt
iſt, wird von den Ruflen angegriffen,
*) Bgl. Ar. %6 d. BI. f. 1880. D. Red.
— über die Illuſion bes Ir ausg
‚tet, es lieſt
2
8: lobt der Felbherr einon RNuͤgel
VGlrichwie ein· Mogel rin, and: o cieſt
Sich unter ihm in dichten Neihe ba: BuPreik,
Gin: weiter Rhmuz’ger: Lauefirem.
Die Nebonte dertheidigt ſich auſe Amupuafte,
Nicht ſo viel Worte ſpricht im Born der Munb,
Das Perz erfeutst fo ofſt pH in Verzweiflung,
Alb Donner die Goldäge Fock
Do: die: Menge fiegt, bie Reboute * erſtuͤrmt. Da ſchwingt
ſich Ordon, ber -R er, der ſich noch mit Wenigen Hält, zur
Mine berab- -und Mrenst bie Hunderte von Huffen, bie auf er
Dteich · dem Vewarm auf ·friſchen Beichen ziehen,
in die Cuft. Der Dichter endigt alſo:
„Bier Achlofſen, die im Beben ſich betämpft,
Den erſten Brieben, und auf Cwigkeit!
Zum erflen Mal' gehorcht des Ruſſen Seele
"Dem Zaren nicht, and wenn er ſelbſt gebeut. —
‘&8 find ber Leiber viele hier begraben;
"Bo iſt der Geh? - D Ordon, wahrlich, wird
Patron der Schanzen, benn Vernichtuugtpoetk
SR Heilig, und: dem’ Schaffen gbeich;
Mur Bott dann ſprechen werde! und: vergehe!
3. Der Zod Sowinſtes in Wols vor Warſchau.
Auch dieſes Gedtcht besieht füh ‚auf den neuchten „Kampf;
in deſſen Geſchichte gewiß od viele gleiche Dichtungen perbor:
gen liegen. ‚Bon den Wällen vor Role muß-Äch mit feiner
Schar Gowinfti,
Silderhaar ziert [hen ben Delben,
Doc mit Jugendkraft durchglauͤht ihn
Freiheit, Ebr Fe —
zuruͤckziehen; er dringt in die Kirche des „die
—* heran, und er empfängt fi fie mit 245 aus den
n. Sie flärmen.enhlih die Thuͤr,
Alle fallen die Gefaͤhrten,
Und Sowinſti bleibt; allein,
. Gonz-allein, ... doch unæſchracken
Beugt er ſich nicht vor der Obmacht.
Und aon Achtung drob durchdrungen
Naͤhert ſich der Feinde Führer.
„Ruf Pardon““, ſpricht er von Weitem,
, Wahnfinn iſt ein ſolcher Kampf.’
Aber der durchbohrt die Bruſt ihm:
„Kennſt du nun Pardon bed Polen?” —
Ad: das find die legten Worte
Des eugrauten Belden Polens, .
Und er ſtirbt/ ein Sohn der Frriheit· —
Aus/ der Rempfi.. Die ſtotzen Scharen,
Still, volf Aerng, furchtfam, fair fle
Ua des Heſden⸗ Beide bim.
Behsab, der Geißel. Aus dom Engliſchen Moriexis, -
des Verfaſſers Des Hadſchi Baba, von Tohunm
Sporſchil. Deei Theile. Braunſchweig, Vieweg.
1832. 8. 3 Thir. 12 Gr. *)
Morier, bereits durch ſeinen, Hadſchi Baba“ unter bie Lieb⸗
linge der Romanleſer eingereiht, bat ſich durch feine neueſte
Dichtung noch entſchiedener in der Gunſt besjemigen Publicums
das gern -inen -Heinen Schein **
en
fieht, ohne jebody: :gyabeugu: fireng zund · * mit *
Mirklichleit ‚hepelligt.. gu werben. Fuͤr ſolche Saumen ad die
* Morier's 5 beſondera .zinlatend ,
Bier ift Alles zu einer reizenden, lachenden Gegend. ausgearbeis
fo bequmm ‚.wie wennıman auf geebneter Gar:
*), Bal. Nr. 881 d. BI. f. 1888. D. Ned.
748 .
teupromenabe einen Spaziergang macht; nizgenb ſtoͤßt man auf
teodene hiſtoriſche Excurſe wie bei Walter Gcott, und ohne
mit den der Lecture jenes Autors zu kaͤmpfen zu haben,
genicht man body zugleich auch das bei Gcott gewohnte behag:
liche Gefühl, ſich auf einem beſtimmten unb ſichern Boden ber
Berdhgaͤltniffe zu. befinden. Morier bat fi ben Drient und in
diefem vorzugsmweife Perfien mit Vorliebe zum Grund und
Boden feiner Darftellungen erforen und bewegt fidy in biefem
Kreife mit einer eigenthümlichen Lebendigkeit der Auffaffung.
Perfin ift auch der Schauplat feines „Zohrab”. Man fieht,
dee Berf., der bekanntlich bei ber dritiſchen Geſandtſchaft in
Perſien angeftellt geweſen, hat felbft zu fehen und zu erleben
Gelegenheit gehabt, was er ſchildert, und fo find feine Darſtel⸗
lungen perſiſcher Natur, Bitte und Lebenseinrichtungen Fi
treuen und hoͤchſt anfdhaulichen Spiegelbildern geworben, welche
uns leh ‚ ohne lehren zu wollen, in bie Mitte bes Landes
und ber Nationalität verfegen, beren bewegtes Gchaufpiel vor
ums aufgerollt wird. Gingelne ber perſiſchen Geſchichte entnoms
mene Züge und Charaktere dienen der Dichtung zur Folie, find
aber auch meiftentheild durch poetifche Ingredienzien fo umge⸗
ftaltet und gefärbt, daß fie nicht eigentlich mehr für Hiftorifche
Gonterfeis gelten innen. Der in der Mitte. bes Gemaͤldes
ſtehende Gharakter des Aga Mohammed Schach, ben der Verf.
mit vieler Ausführlichleit und nit ohne fi in einzelnen
Schilderungen deffelben zu wiederholen, ausgemalt hat, ift am
getreueften der geſchichtlichen Wirklichkeit entlehnt. Die zu vie |
len originellen und fpannenden Scenen Anlaß gebenbe Grauſam⸗
keit, Kriegsluſt und Binterlift diefes Schachs find bis auf feinen
dur den Sklaven Sadek herbeigeführten Tod hiſtoriſch und
mit manchen, nur anders geffellten Ginzelnheiten in Malcom’s
„Geſchichte von Perſien“ wieberzufinden. Manche andere feiner
Thaten, wie bie Belagerung von Afterabad, eine der lebhafteſten
Darftellungen dieſes Romans, erſcheint bier zwar als erdichtet,
ift jedoch, nach des Berf. eignem Geftänbnis, in Umftänden und
Ausſchmuͤckungen der biftorifch bekannten Belagerung von Ker⸗
man nadjgebildet. Unter der anmuthig gezeichneten Geſtalt des
Prinzen Fatteh Ali hat der Dichter den gegenwärtigen König
von Perfien vorftellen wollen. Die beiden andern Bauptgeftalten
ber Dichtung, Bohrab und feine Sellebte Amima, find Bilder
der Phantafie bes Berf., wie man ſchon aus ihrem etwas weis
cher und gemüthlicher gehaltenen Golorit erſieht.
- Bir wollen dem Lefer, ber fich diefe empfeblenäwerthe
Lecture noch oufbehalten hat, nicht durch Nacherzählen bes
kunſtvoll ineinandergefügten Stoffes den befonders auf Ueberra⸗
fung bafirten. Genuß vorwegnehmen. Es fehlt nicht an Tpan:
nenben Abenteuern, lockenden Haremsintriguen, KBerfolgungen,
@interkerungen,' wunderaͤhnlichen Befreiungen, Heldenmuth,
beguͤnſtigter und verſchmaͤhter Liebe, Haß, Eiferſucht und Lei⸗
denſchaften aller Art, welche, nah Klima und Nationalität
eigenthuͤmlich gefaͤrbt, eine an Ereigniſſen reiche Welt in Be⸗
wegung ſetzen. Eine bunte Mannichfaltigkeit in glaͤnzender unb
unterhaltender Weiſe zu entwickeln, darin ſcheint Morier uͤber⸗
haupt ſtaͤrker als in Entfaltung tiefer poetiſcher Motive, die
man bei ihm nicht findet. Einen Dichter im hoͤhern Sinne bes
Wortes möchten wir ihn kaum nennen, ba er zu wenig bie
innere Ratur ber Erſcheinungen zu berühren verſteht; aber
er ift ein gemwandter aͤußerer Darfteller, mit lebhafter An:
ſchauung und Phantafte begabt, ber alle Achtung verdient.
Die mit vieler Sorgfalt gearbeitete Ueberſetzung ift mufterhaft
zu nennen. 88.
Literarifche Notizen.
Unter ber Preffe befindet fi: ‚The parliamentary po-
cköt-companion for 1833”, welcher enthalten foll. 1 Ein
.C. Belfour. 2 Bde. &.
—— aller Pairs, Angabe ihrer Aufenthaltsoste, Aemter,
Bota Über Reform, Familienverbindungen u. ſ. w. 2) Ein
Berzeichniß der Mitglieder bes Unterhauſes, Angabe ihrer ches
orte, Gewerbe, politifchen Grundſaͤge, B gen u. f. w.
8) Sin Verzeichniß der Grafſchaften, Stäbte und Flecken, bie
Bertreter in das Yarlament fenden, Bemerkungen Über die Art,
wie die gegenwärtige Reform fie betroffen bat, Angabe ber
Perſonen, welche in ibnen ſtimmberechtigt find, der Anzahl ber
10: Pfund» Häufer, ber Bendllerung, Gteuern, vorwaltenden Juter⸗
effen u. f. w., und endlich 4) verſchiedene Einzelheiten in Bes
treff der beiden Häufer und ber erecutiven Gewalt. Das
iR für engliſche Zeitumgsiefer geſchrieben, doͤrſte aber auch vie
len 3eitungslefern bei uns willlonmen fein. .
Ein Taſchenbuch eigenthuͤmlicher Art it der (biesjährige)
britte Jahrgang bes „Caricature annual, or looking glass;
containing upwardgs of three hundred caricature subjects,
delineating all the humorous and political events ofthe year
in a most entertaining ahd humorous manner, by some ef
the first caricature artists‘. („One elegant folio volume,
price 2 L. 2 8. plain, or 4 L. 4 S. coloured.’”)
Ein Verzeichniß des Oriental translation fund of Great
Britain and Ireland gibt eine fehr erfreuliche Ueberſicht der
Wirtfamleit der Royal asiatic sodety. Bon ben $2 feit
1881 bereits erfdyienenen Bänden, unter denen ſich doͤchſt bes
deutende Titel für Ethnographie, Geographie und Geſchichte
vorfinden, machen wir folgende nambaft: 1) „The travel
of Macarius, patriarch of Antioch, written by his attendaut
archdeacon, Paul of Aleppo, in Arabic. Translated by F.
n „Han Koonh Tsew, or the sor-
rows of Han. A chinese tragedy, tramslated from the ori-
inal, with notes and a specimen of the chinese text, By
okn Francis Davis.’ 4. 3) ‚The fortunate union, a ro-
mance, translated from the chinese original, with notes and
illustrations, to which is added a chinese tragedy. By J. F.
Davis.‘ 2 Bde. 8. 4) „Xakkun Nattanuawa, a
poem, deseriptive of the Ceylon system of demonology, to
which is appended the practices of a Capua or devil priest,
as described by a Budhist, and’ Kolan Nattannawa, a cinga-
lese poem, descriptive of the characters assumed by natives
of Ceylon in a masguerade. Illustrated with plates from
cingalese designs. Translated by J. Callaway, late Missio-
nary in Ceylon.’ 8. 5) ‚The adventures of Hatim Tai,
a romance, translated from the Persian. By Duncan Fer-
bes.‘' 4. 6) ‚‚Customs and manners of the women of Per-
sia and their domestic superstitions. Translated from the
original persian manuscript by James Atkinson.” 8,
In den „‚Miscelianous translations from oriental la -
ges’', erfter Band, findet ſich fogar ein indiſches Kochbuch vo.
Eine Gefchichte der Afghanen, aus dem Perfifchen, ift ebenfalls
fertig. Zweiunddreißig neue Ueberfehungen find unter ber Preffe.
Wir haben darunter eine Geſchichte des Birmanenreiches zu er⸗
warten, eine Gedichte ber Berbern, befonbers aber eine Ueber:
fegung des Liski, welches hochangeſehene dhinefifche Werk bem
GSonfucius beigemeflen wird unb in Hinſicht ber Moral unb
bes Geremonield als Geſetzbuch gilt. Ebenſo wird audy an zwei
ferneen perfifhen Romanen gedrudt. Won dem außerorbent
lichſten Werthe fcheint uns bie erwartete, von Dr. %. X. Rofen
beforgte Weberfegung von Ibn⸗Khallikan's Leben berühmter
Männer, einem arabifchen biographiſchen Wörterbucdye, zu fein,
welches über die berühmtelten arabifchen Geſchichtſchreiber, Dich⸗
ter, Krieger u. f. w., die vom 7. bis zum 14. Jahrhundert
lebten, Nacdjrichten gibt. 158.
*
Nedigirt unter VBerantwortlichkelt ber Berlagsbandlung: %. A. Brodbaus in Beipzig.
| — — — — — —
=
%
terarifher Anzeiger.
(Bu ben bei 8. A. Brodpaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.
1833.
Diefer Eiferarifche Anzeiger vied ben bei J. A. Brodhaus in Leipzig erfcheinmben Zeitfehriften: Blätter für Literm
Nr.l.
eifche Unterhaltung, Iſis, fowie de Allgemeinen mebicinifhen Zeitung, beigelegt ober beigeheftel, und betra⸗
riſq 8. A gen die Sufertionsgebühren für die Zeile, 2 Gr. 9 '
Die achte Auflage |
Converſations⸗Lexikons
» in 24 Lieferungen zu 16 Groſchen.
Trotz der vielen Berfuche, die in den letzten Jahren gemacht
worden find, bie leipziger Originalausgabe bes Converſations⸗
Lexikons zu verbrängen, hat ſich die Theilnahme bes Publicums
für diefeibe nicht vermindert, und ber zweite Abdrud ber fies
benten Auflage, der 1830 in 14,000 Exemplaren erfchien, iſt
wiederum völlig vergriffen. Dankbar für biefe Theilnahme, bie
‚in der Geſchichte ber Literatur ohne Beiſpiel ift, und erfreut
über die rähm.iche Anerkennung, weldge dieſes Werd auch im
.
. " Auslande findet, "da Telbft Literärtfch reiche Länder, ‘wie in ber |
neueften Zeit Kranfreih und England, ed ale Grundlage oder
Vorbild Ähnlicher Unternehmungen benugen,; habe ich bei ber
achten Auflage keine Koften und Mühe gefheug um bem Werte |
einen höhern Grab von Vollkommenheit zu geben, und erlaube
mir hierüber nur Bolgendes zu bemerken:
1) Das ganze Wert wird von mehr ald zwanzig beutfchen
Selehrten, die ſaͤmmtlich in ber Literatur und Wiffenfchaft Hoch»
angefehen find und die in ber Worrede genannt werben follen,
gründlich revidirt, und vorzüglich darauf Rüdficht genoms
men, daß dad Mangeilhafte durch Fiaſchaltung neuer Artikel und
Fortfuͤhrung der fruͤher aufgenommenen bis auf die neueſte Zeit
ergaͤnzt, das Ungehoͤrige ausgeſchieden und auf Reinheit der
Sprache die größte Sorgfalt gewendet werde. Der reihe Stoff,
ben das „Konverfgtions:erifon der neueſten Zeit und Literatue‘'
darbietet, wird zwar bei der Bearbeitung ber achten Auflage
forgfältig benugt, gefchichtliche Artikel zu ergänzen und wiſſen⸗
ſchaftliche Erdrterungen zu berichtigen, jenes Werk behält jedoch
feinen felbfändigen Werth und fein Intereſſe und wird
fortfahren, durch eine ausf —* — Darſtellung der Zuſtaͤnde
ber Gegenwart ſich den ausgezeichneten Beifall zu erhalten,
mit welchem es die achtbarflen Wortführer im Publicum em»
pfangen haben. |
2) Im Aeußern wird biefe achte Auflage mit der fiebenten
übereinfliimmen,, aber durch eine befondere Einrichtung wird es
möglich gemacht, ben Druck bed ganzen Werkes gleich fcharf
berzuftellen; das Papier fol noch weißer und gleichmäßiger, der
Drud noch correcter fein. _
Hiernach barfidh in biefer achten Auflage ein
mebrfach bereihhertes, überall verbeffertes
und vervollfiäindigtes Wert verfpreien.
Der Preis bes Converſations-Lexikons hat ſtets für bei⸗
ſpiellos billig gegolten und nur die ſtarken Auflagen machten
es möglich, "gegen 700 Bogen auf weißen Drudpapier für 15
Thaler zu liefern. Indeß war biefer Preis trotz feiner Billig:
keit für Viele zu hoch, da er auf einmal entrichtet werten
mußte, ich glaube daher den Wünfchen eines großen Theils des
deutſchen Publicums zu entfprechen, wenn ich bie Erſcheinung
der achten Auflage in =
24 Rieferungen, deren zwei einen Band bilden,
und wovon jebes beim Empfang zu bezahlen. if, ankuͤndige.
>
Die Lieferung Poftet
‚auf weißen Druckpapier 16 Br.
"auf gutem Schreibpapier 1 Thlr. j
‘auf eftrafeinem Velinpapier 1 Thlr. 12 ©r.
und da jete 4—6 Wochen beftimmt eine Lieferung erfcheint, To
vertheilt fich die Ausgabe für das ganze Werl auf zwei Jahre
und wirb daher auch dem Minderbemittelten nicht ſchwer fallen.
Bu biefen Bedingungen kann jede Buhhands
lung bes In» und Auslandes bie ahte Auflage bes
Conv.⸗Lex. liefern und die erſte Lieferung wird im
Februar zu erhalten fein.
Denen aber, die ein ähnliches, jedoch minder umfangreiches,
und deshalb auch billigeres Wert wünfchen, empfehle ich:
Joh. Hübner’ Bettungs: und Eonverfationd: Les
xikon. Ginundbreißigfie Auflage, bem: jegigen
Stande der Eultur angemeflen und mit vorzüglicher Rüde
fiht auf die nächfte Vergangenheit und Gegenwart, Mon⸗
ders Deutſchlands, erweitert, umgearbeitet und verdänert
ven 8. A. Rüber. Ein varerländifches Zandwoͤrter⸗
- buch. Mit 150 Biloniffen von vorgüglich ausgezeichneten
. Deutfchen. Vier Theile. Gegen 200 Bogen in gr. 8. auf
gutem Drudypapier. Leipzig, 1824— 27.
und will baffelbe, fo weit der freitich nicht bebeutende Vorrath
reicht, für den ungemein billigen Preis von fünf Thalern
erlaffen. Das Werk wird für das Beduͤrfniß Vieler außreichen,
es hat fid) eine lange Reihe von Jahren bewährt und ift voll:
fändig durch alle Buchhandlungen zu. beziehen. °.
Die Verlagsbandlung des. Gonverfationss Leriftons bat nun‘
feit mehr ald 20 Jahren gegen offenen und verfiedten
Nachdruck kämpfen müffen, indem eine Unzahl; ähnlicher Unter
nebmungen begonnen worden, bie fi mit großem Geräufdmune.
tündigten, aber in ber That meiftens nur das Wort Gonverfas
‚tionssterilon als ein Aushaͤngeſchild betrachteten, unter welchem
fie das Publicum täufchen zu können meinten. Ich nebme kein
Monopol für ein Gonv.s er. in Anſpruch, werbe aber fletö ges
gen Unternehmungen auftreten, die unter biefem Namen das
Yublicum irre führen, und erlaube mir in biefer ‚Dinficht einige
Worte über bie Werke ber Herren Baffe und Brüggemann.
Das Baffefhe Converſations⸗Taſchenlerikon if.
nun feit bem Jahr 1828, wo es begann, bis zum ziweilindfechzigften
Bändchen gedichen, es koſtet alfa jest fchon, à Bändchen 6 Gr.,
mehr ald die fiebente Auflage, und der Preis wirb fih am Ende
wol auf 18 Thlr. ſtellen. Und was erhält das Publicum für
diefen Preis? Gegen 70 dünne Baͤndchen in Sedez, für ben Ge⸗
brauch däußerft unbequem und was das Innere betrifft, ein aus
ähnlichen encyklopaͤdiſchen Werken entlehntes, mit vielen Fehlern
vermebrtes Allerlei, ohne beſtimmten Plan und ohne alle Kritik
zufammengetragen. Das Brüggemann’ he Neueſte Gons
berſations-Lexikon will zwar vorgehlä nicht mit bem
meinigen concurriren, ber Titel aber ſchon an, daß es für
baffelbe Publicum, das ich im Auge habe, Bekimmt fein fol.
Auch haben Herr Brüggemann und feine „Befellfchaft beuticher
Gelehrten’ es nicht verfchmäht, mein Werk erweislii auf das
Unverfhämtefte zu plündern, und das Meifte, was gegeben wird,
iſt foft nur ein verwäflerter Auszug aus ber fiebenten- Auflage
Bu 2 HE
⸗
des ‚Senoerfations « Brilon, dem Sonv.sLer. der mmeften Seit
und‘ Eiteratur, der Pierer ſchen —— — ıc. Was bei Herrn
Brüggemann neu und original if, erkennt wer bie Mühe lan
gen Suchens nicht ſcheut ſehr leicht. Uebrigens find ind Darftelung
u Sprache fo nadiäffig und leihtfinnig, daß 06
mag, etwas Aehnliches nachzuweiſen. Belachens⸗ ober vielmehr
beflagenswerthe Stellen feines Werkes anzuführen, entpalte ich
mich, denn das Publicum mag prüfen und entſcheiben!
Leipzig, im Januar 18838.
EEE
Ankuündigung
von
Goͤthe's nachgelaſſenen Werfen in 15 Bänden.
Sie erſcheinen in drei Lieferungen, jede zu fünf.Bänden,
und werden zi ügleich auf einem zweiten Zitelslatt ald ſaͤmmt⸗
lie Werke Alfter bis Säfter Band bezeichnet.
Bolgende Subſcriptionspreiſe bleiben bis gu Shhlaſſe dieſes
Jahres ur
In Taſchenformat
auf —** 12 $L 9 Kr., oder 6 Thir. 8 Br. Saͤchſ.
auf Drudpapier 8 Fl. 6 Kr., oder 4 Ahle. 12 Gr. Saͤchl.
2, In der Dctavausgabe
auf Velinpopier 34 Fl. 12 Kr., oder 19 Ihlr.
auf Schweizerpapier 27 Fl., oder 15 Thir.
auf Drudpapier 21 Fl. 36 Kr., oder 12 Thlr.
Die erfie Lieferung erſcheint noch vor dem Schlüffe biefes
Saheet, bie zweite Oſtermeſſe 1853, die dritte Michaelismeſſe
gerne
Göthes ſaͤmmtliche Werke in 55 Baͤn⸗
den. Vollſtaͤndige Ausgabe.
Bei Subſcription auf das ganze Bet:
Zafhenausgabe
auf Belinpapier 46 ZI. 86 Kr., ober 24 zb. 18 Gr. Saͤchi.
-
auf Drucdpapier 29 Fl. 42 Kr., ober 16 Ahir. 12 Gr. Saͤchſ.
Dctavausgabe
auf Velinpapier 125 Fl. 24 Kr., ober 69 ah. 16 Gr. Saͤchſ.
auf Schweizerpapier 99 Fl., oder 55 Thir. Saͤchſ.
auf Drudpapier 79 Fl. 12 Kr., ober 44 Thlr. Sädhf.
Die mit Neujahr 1833 eintretenden Ladenpreife find:
1) von Goͤthe's Nachlaß in 15 Banden.
a) TZafhenausgabe.
Belinpapier, 16 ZL 12 Kr., oder 9 Thlr. 12 Gr. Saͤchſ.
Weiß Drudpapiee, 1% gl. 48 Dee son oder 6 Fbir. 8 Gr. Gaͤchſ.
usgabe ın 9
Velinpapier, 45 I. 86 4 ., oder 25 bl. 18 ®r. Gaͤchſ.
Schreibpapier, 86 Fl., ober-20 Thlr. 12 Gr. Saͤchſ.
Weit Drudpapier, 28 Fli. 48 Kr., ober 16 Thlr. 8 Br. Saͤchſ.
2) von Goͤthe's fämmtlichen Werken in 55 Wänden,
Vollſtaͤndige Ausgabe,
a) Zafhenausg
Velinpapier, 59 Fi. 24 Kr., ober 34 kei s Sr. Saͤchſ.
Weiß Drudpapler, ” Fi. 86 . ‚ ober 22 She. 20 Sr. Saͤchſ.
usgabe in gr
Belinpapter, 159 Fl. 86 Kr., ober 90 te 18 &. Saͤchl.
Schweizerpapier, 126 Fl., ober 73 Thlr. Saoͤchſ.
Weiß Drudpapier, 100 Fl. 48 Kr., ober 57 Thlr. aGr. Saͤchſ.
Stuttgart und on im December 1832.
G. Cott a'ſche Buchhandlung.
Im Jahr 1839 find im Berlage ber Gebrüder Bor:
träger zu Königsberg folgende Werke erjähienen
und in allm Buchhandlungen zu haben:
Arriani, Nic., De Expeditione Alexandri Libri VII. Re-
sens. et Annotat. max, parte eritice tum Aliorum selec-
m
tie, tam suis instrusit I. E. Ellendt: TI Vol, 8, ma
. 4 Thir. 20 Gr.
Biumauers Mr. 7 Mine in 8, Cart. 2 Zhle.
Burdach, 8. $., Hiſtoriſch⸗ Ratikife Studien über bie *
letaepidemie vom Jahre IMB1- in der Provinz Preußen,
befondere in Dftpr. (Aus den Verhandlungen befonders hr
druck.) Gr. 8, h. 12 Gr.
Hirſch, Dr. G./ Ueber die Gontagtefktät ter Cholera. Be
merkungen zu dem GSenbſchreiben des gm Praͤſid. Dr. Muß
an A. v. Humboldt, 8. Geh. 18
Kawerau, 9. 8. Th., Wanblarte von Oft und Meflprew
fen zum Edyuigebraud. uf BI. Nebft einem NRamensvew
zeiniß 2c. A Mhle. 20 8
Kreyßig, 8. %., eandinicäfaftäfunde für Staatsbeamte
und andere Ricptlandıgi irthe, deren foldye und nöthig
iſt, enthaltend eine wiffenfchaftiiche —— zur richtigen
Erkenntniß, Beurtheilung und gest eirung aller 6»
genftände der Laudwirthſchaft 8. Yan 6 ®r.
Rathke, H., Misoellanea anatomieo-ph Fasc.
c. Tab. im. aen. 1 Thir. 8 Gr. .
Sachs, 2. W., Die Eholera. Rad eignen Beobadjtungen Ya
der Epidemie" zu KRönigäberg im Jahre 1831 nofologifch und
therapeutiſch bargeftels. Br. B. (X J den Verhandlungen
beſonders abgedruckt.) 2 Thlr. 4 6
Schmalz, F., —S "ie 5 Titbogr. Zeicqh⸗
nungen (auf 17 Tafeln). Gr. 8. 4 Thlo 16 ©
Verhandlungen der phyſikaliſch⸗ medicinifchen —* zu *
nigsberg über die Cholera. Erſten Bandes Stes Heft
zweiten Bandes 1ftes, Ltes u. Ites Heft. Br. 8. 4 8
Voigt, J., Geſchichte Preußzas von ben älteſten Zeiten bis
zum Untergang der Herrſchaft des deutſchen Ordens. Ster
Bd. Mit 1 Kupfer. 3 Tholr.
Wagenfelb, 2. (Lönigl. preuß. Kreis: Zhierarzt), Allgeme>
nes Bieparzeneibud), oder gründlichen, doch leicht faßlicher Un
terricht, wonach ein jeder Bichbefiger die Krankheiten feines
Hausthiere auf die einfachfte und wohlfeilſte Weile auch *
Huͤlfe eines Thierarxztes leicht extennen und ü —F deuen Tamm.
Mit 8 lithogr. Tafeln. Gr. 8. 1 The. 1
Wdllichtige literarische Anzeige
In ber Buch⸗ und Tunſthandlung von Guſtav Bes
org Lange in Darmſtadt erfcheinen in dem Laufe diefes und
bes naͤchſten Jahres die erften Lieferungen yon folgenden füs
ganz Deutidhland wichtigen Nationalwerken:
4) Originalanfichseen der vornebmfien Städte in
Meutfchland, ihrer wichtigften Dome, Kirchen
und ſonſtigen Baudenkmäler alter und neuer
Seit, nad) der Natur aufgenommen von Ludwig
Lange, Architekt und Zeichner, in Stahl. geftochen
von Ernſt Rauch, Kupferſtecher, im Verein mit
Karl Rauch und andern deutfchen Sünftiern, mit eis
ner artiftifch = topographifchen Beſchreibung begleitet von
Dr. Georg Aange.
2) Befchichte der vornebmften Städte in Deutſch⸗
Iand, im Verein mit mehren deutſchen Gelehrten here
ausgegeben von Dr. (Beorg Zange.
Man fubfcribirt nich nur für bie erſte
Folge, zu dem unten angegebenen beiſpiellos wohlfei⸗
Ten Preife. Die erſte Folde wirb enthalten:
A. Gtädtes und m zianfihten.)
1. Heft. Srankfurt am Main. IL Heft. Wärz«
burg. In Heft. Bamberg. IV. Heft. a) Rürnderg.
V. Heft. b) Rürnberg. (Bortfegung.) VI. Sf. Des
Ebiner unb ulmer Dom. L Heft. Regensburg
VII. Heft. Augsburg... IX. N Münden. X Heſt.
Landshut. KL Heft. Yaffau. XIL Def. Der regen#»
busger Dom uud bie St.sStephanstiche in Wien
. Gin. jebes. biefer Hefte, ſwelche in moͤglichſt kurzen Zwiſchen⸗
säumen (etwa von 2 zu 2 Monaten) aufeinander olgen ſollen,
ee bei Ablieferung beffelben mi; 8 Gr. oder 86 Kr.
eza — on
\ Das I. Heft (vier der ſchoͤnſten und inhalts
seihften Anfihten der Stabt Frankfurt a. M. nebft
der vollfiändigen und anfhauliden Beſchreibung
berfeiben, enthaltend, ift bereits erſchienen, unb in
allen guten Buchhandlungen Deutfchlands zu haben. Es follen
diefem I. Hefte, welches nach dem Urtheil „aller Kenner une
pergleichlich ſchoͤn ausgefallen, die nachfolgenden
Hefte, was bie größte Eorrectheit nd-wahrhaft
Tünftleeifhe Anlage ber Zeihnung, fowie was die
pollenbete GSediegenheit desStahlſtichs betrifft,
: Zeineswegs nachſtehen, fondern baffelbe vielmehr möglich
uͤbertreffen.
Städtegeſchichte.
I. Heft. Sis der Staͤdte Frankfurt a. m.
Würzburg, Bamberg, Nürnberg.
II. Heft. Geſchichte der Städte Regendburg, Augé⸗
burg, Münden, Lanbshut, Paffan.
Bin -jedes biefer Hefte von etwa 20 Bogen in Großoctav,
‚auf gutem weißen Drudpapier mit fehönen neuen Lettern ges
drudt, koſtet 10 Gr., oder 45 Kr. Das L Heft erfcheint um
bie.Miste des 3. 1833, das II. um die Mitte bes 3. 1834
und fo fort. Die Bezahlung findet auch Hier jebesmal erft bei
Xblieferung eines jeden einzelnen Heftes ftatt.
Die Herausgeber hoffen mit fefter Zuverfidt, daB bei der
allgemeinen Begeifterung, weldye gegenwärtig bie ganze beutfche
Ration für ale aus dem großartigen Geifte unferer Zeit her⸗
vorgehenden Unternehmungen erfüllt, biefe dem beutfchen Ba:
terlande gewiß zur großen Herde gereichenden Nationalwerke
buch ganz Deutſchland, namentlih durch alle deutſchen Städte,
die beſte Aufnahme finden werben. Für fie, für ihre dauernde
Verherrlihung find ja biefe Nationalwerke beffimmt! Wenn
die DOriginalanfichten die ganze’ Pracht unferer Stäbte am
Öffentlichen Monumenten jeder Art der ftaunenden Bewunderung
unferer beutfchen Stammpgenoffen enthüllen, wenn fie Thnen im
das Gedaͤchtniß "zurückrufen follen, daß im beutfher Waters
lande — flatt Giner Alles in ihren Buſen verfchliugenden
Hauptſtadt — fi sine mächtige und blühende Stadt an die ans
dere anreiht, fo foll die allgemeine Geſchichte derfelben, in einer
gebiegenen und zugleich aud) das größere Publicum anſprechen⸗
deu Korm, barftellen, unter welchen Berhältniffen fie Das, was
fie jego find, allmälig geworben, welches bie Urfachen ihres Ent⸗
ſtehens, Bluͤhens, theilweifen Verfalls und Wieberaufblühen® find.
' Welch' erhabene Aufgabe für den Künftier wie für den Ge:
ſchichtſchreiber, die altehrwürbigen Städte unſers Vaterlandes,
durch innere und äußere Wirkſamkeit in früherer und Späterer
Zeit fo bebeutungsvoll, aus dem Dunkel bisheriger Vergeſſenheit
mit neuem Glanze, wie in einem echtdbeutfhen Pantheon,
hervortreten zu laffen! "Welche Anregung für den nationalen
Kunſtſinn, bie harrlichſten deutſchen Baudentmäler, vor Allem
aber die ausgezeichnetfien deutfchen Dome und Kirchen in ihrer
eigenthämlichen Pracht und Majeſtaͤt der Reihe nach vorgeführt
zu fehen! Welche Grhebung bes beutfchen ˖ Gemeinſinns, ſich,
trog dem Mangel eines großen einheitlichen Reiche und einer
allgemeinen Reichshauptſtadt, in ben vielen herrlichen Städten
des gemeinfamen Waterlandes, diefen Mittelpuntten der Breibeit
und Auffiärung, bed Reichthume und ber materiellen Kraft,
:geoß und mädtig zu fühlen! '
Daß .biefe in beiden obengenannten Werken zu Töfenbe
‚berriihe Aufgabe brüberlich vereinter Kraft nicht
“ unerreichbar bleiben wird, bafür bürgt zunaͤchſt ber ernfte und
fefte Entſchluß der oben genannten, in ihrem Bache laͤngſt mei⸗
ſterhaft bewährten Künftler, biefem echt vaterlänbifchen
Unternehmen ihre ganze Kraft zu widmen, dafür bürgen ferner
die Namen folgender allgemein Hohgefhägten Gelchr
ten, welche fi bereite, in Bezug auf die Städtegefehichte, theils
als Förderer, theils als Diitarbeiter an ben Heraudgeber anzu⸗
ſchließen ‚bereit extiärt haben: Dr. Böhmer in Frankfurt a. M.,
Dr. Scharold in Würzburg, ‚Dr. Püflter in Zübingen
Jäger in Bürg hei Heil conn, ©eftreicher, Sohn uns lee
in Bamberg, Lodner und Mayer in Nürnberg, Staudens
raus in Landeput, Beyfchlag, von Raiſer und Wagenfeil-
in Augsburg.
Darmftabt, im December 1832,
Guſtav Georg Lange,
Buch⸗ und Kunſthaͤndler.
a EEE EEE 1 mm)
Anzeige
svon einem. neuen Taſchenbuche für chriſtliche Leſer.
Soeben it bei ©. 8. Ofiander in Thdingen erſchie⸗
nen und durch alle gute Buchhandlungen Deutfchlands und bee
Schweiz zu beziehen:
e,
Christoterp
ein Taſchenbuch für chriſtliche Kefer
auf das Jahr 1833.
Herausgegeben
im Berein mit wehren Andern
. don
Acchtbi ne F Buanp.
aconus In .
heinliden Sebiate, & üble Wall Mrukkanı bellebten
Miete Kupfern.
886 Seiten in fi. 8. 3 EL. 36 Kr., ober 2 Thlr.
Alle Lebenspgrhältniffe, Anfhauungen und Forſchungen vom
Geift und Erden des Evangeliums durchdrungen darzuftellen, iſt
der Zweck diefer auf weitere Jahrgänge berechneten —
welche lauter ernſte, nicht blos auf flüchtigen Genuß
Gaben enthält; und in unferer Zeit, "ie ber mitteld nd
unmittelbaren Hinweiſungen auf das echte Chriſtenthum fo viele
enthält und fo vieler bedarf, nicht ald unnüg erſcheinen möchte,
| Herabgefegter Preis von
Schiller und Goͤthe's Briefwechſel.
Die Anzeige von dem Grfcheinen bes Sdthe'ſchen Nach⸗
laſſes von 15 Bänden, durch welchen fofort die fämmtlichen
Werke des großen Dichter gefchloffen werben, haben aller r⸗
ten und fo allgemeinen Anklang gefunden, daß es wohl geeige
net fein dürfte, hiermit eine wiederholte Anzeige von dem 5
Briefwechfelrzwifhen Schiller und Göthe
in 6 Bbn. kl. 8.
zu verbinden. Je mehr fidh dieſes Wert, feiner innern Be⸗
deutſamkeit nah, an bie ſaͤmmtlichen Goͤthe'ſchen Werke ans
fließt, um fo häufiger dürfte der Wunſch entflehen, baffelbe
der Sammlung legterer anzuſchließen. Unfererfeits dies moͤg⸗
Vichft zu erleichtern, find wir entſchloſſen, bis zu Ende Ja⸗
auars 1833 genannte 6 Bände um ben herabgefepten Preis
von 11 Fl. 48 Kr. auf a} Yapi
und 9 1. 30 Kr. auf Drud: apier
erlaſſen, rhrend ber nachher wieder eintretende Ladenpreis
Fl. 36 Kr. und 19 Jl. if. '
Stuttgart und Tübingen, im December 1832.
"3.6. Cotta'ſche Buchhandlung.
Nachricht
für alle Freunde der Literatur. _
Bei ber beinahe täglich fich vermehrenden außerorbentlichen
Bereicherung ber Literatur fämmtliher Wiffenfchaften und Künfte
iſt es gewiß ein hoͤchſt dringendes Beduͤrfniß für das gelehrte
Yublicum fowol als für Geſchaͤftemaͤnner, fo ſchnell ald möglich
von ben wichtigften neueften Erfcheinungen auf dem Gebiete ber
gefammten europäifchen Eiteratur Kunde zu erhalten: — ein
Bedürfnis, dem bis jegt bie vorhandenen Bibliographlen nur cheil⸗
—
weife abgeholfen Haben, indem ihre Mittheilungen nur auf ein.
Eh Länder (Deutfchland, Frankreich x.) ſich in ber Haupt⸗
ache erftrediten und dadurch für Denjenigen, beffen wiffenfhafts }
liche Vervollkommnung fi eine geographiſchen Grenzen fegt,
nicht genügten.
Aber auch in pecuniairer Hinſicht war es für Bibliotheken,
Buchhandlungen, Leſecirkel, Gelehrte etc. eine höchft druͤckende Roth:
wendigkeit durch eine nicht unbedeutende jährliche Ausgabe (da®
Jourual general de la litterature de France foftet allein 20 Fr.)
nur einfeitige Mittheilungen über bie neugfie e Literatur fi ers
werben zu müffen, abgefehen davon, daß bie
turzeitungen nicht Jedermann vom Fade fi halten Tann. °
Ein anderes ebenfo wefentliches Beduͤrfniß ift eine fortlaus
fende Anzeige ber erfhienenen Recenfionen über die intereffantes
ſten neueften Werke, deren Werth oder Unwerth in den beften
deutſchen, franzdfifchen, engliſchen und ätglienifdhen Literaturgeis
tungen und Zournalen dargethan wird, um jedem einzelnen Fach⸗
gelehrten ben Stand bes wiffenfchaftlichen Kritik nachzuweiſen,
ihm bie Mühe gu erſparen, die ganze Maſſe von Literaturzei⸗
tungen burchzugeben , diejenigen Nummern anzuzeigen, bie für
ihn intereffant fein Eönnten, ihm den unumgänglich nöthigen Leis
tee und Führer zu wiffenfchaftlicher. Vervollkommnung aud bei
Krankheiten, längern Entfernungen vom Drte der Bibliotheken
und der allenfallfigen Lefevereine zu erhalten und das Nachholen
zu erleichtern, endlich um ihm zweckloſe Opfer bei Anſchaffungen
zu erſparen.
Diefen Beduͤrfniſſen abzuhelfen, haben bie bayeriſchen
Annalen es ſich in der Art zur Pflicht gemacht, daß jeden
Samftag ein einen Bogen ſtarkes — * der neueſten Lite⸗
ratur des geſammten Europas und ein ſoichkr Recenſionsanzei⸗
ger der Redaction dieſes Inflituts ausgegeben werben wirb.
Preis des Jahrgangs der bayerifhen Annalen, vereint
mi allgemeinen bibliographiſchen Intelligengblatte, beträgt
6 Tg — Der Preis „des Jahrgangs bed allgem. bibliog. Zn:
telligenzblattes allein "(von einer leipziger Michaeliemefle zur
andern) wird zu Frommen ber Wiſſenſchaft ſelbſt in Vergleich
gu andern, noch dazu viel fpecielleen Bibliographien, auf ben aͤu⸗
Berft geringen Betrag von 3 Fl. feſtgeſetzt.
Beftellungen geſchehen bei dem E. Ober » Poftamt in Muͤn⸗
den, fowie aud) bei der unterfertigten Redaction in portofreien
Beiefen. Auch Inſerationen werben, bie Beile, su 8 Str. berech⸗
net, portofrei angenommen.
Münden, am 2äften December 1838.
. Die Redaction der bayerifchen Annalen.
.'. Zu der Forfleinriktung und Abfkägung, ſowie zu bem
Grundriß der Korftwiffenfhaft von
geintid Cotta,
tft als zweiter Theil eine
Erläuterung der Forſteinrichtung durch ein ausgeführtes
Beifpiel,
mit 4 colorirten Tafeln erſchienen und eingebunben für 1 Thlr.
bis zur Oſtermeſſe 1833 in allen Buchhandlungen zu befommen,
Der fpätere Ladenpreis ift 1 Thlr. 6 Gr.
Der erſte Theil des Grundriffes der Forftmiffenfchaft greßet
bis dahin nur 2 Thlr., wovon ber Ladenpreis 2 Ahle. 8 Gr.
beträgt.
Arnold’ (he Buchhandlung
in Dresden und Leipzig.
en ift bei und erfchienen und in allen Buchhandlungen
u haben
&reuden reich, O., Die Familie DOrlof als Mörder
der ruſſiſchen Raiferfamilte und befen Anhänger,‘ über:
haupt als Erzfeinde der ruffifhen Monarchie. Broſch.
Preis 10 Sgr., oder 8 Gr.
Krause, H., Vita Friderici Guilielmi, magni Electo-
ris Brandenburgici, qui magnitudinis opumque, MU
Maffe ber Literus-
4‘
„Borussia est nacta, ancter exstifit, in panegyrid
formam redacta atque edita. Broſch. Preis 7% Ser,
«= 9
oder 6 Gr.
Kriegstieder. für preußiſche Krieger. Seh. 24 Ser,
oder 2 Gr,
Salina. Eine Zeitfchrift für gebildete Lefer. Der Li⸗
teratue, der Kunft und Sitten des Tages beitimmt.
Vierter Jahrgang 1833. Herausgegeben von meh
ten Gelehrten und von’Dr. Fr. Weidemann. Woͤ⸗
chentlich 3 halbe Bogen; Preis fuͤr den ganzen Jahr⸗
gang 6 Thlir.
Merſeburg, im December — *
Die Buch- und Kunſthandlung
von Fr. Weidemann.
Wiederholte Anzeige eines hoͤchſt intereſſanten für Kaufs
leute und Geſchaͤftsmaͤnner unentbehrlichen Handbuches.
Eines der reichdaltigſten Werke der neueſten Zeit iſt:
A dictionary practical, theoretical and historical of
gommerce and commercial navigation by J. R.
Mac Curroca, *
Daffelde enthält in alphabetifcher Orbnumg eine Samm⸗
lung ſehr ſchaͤgbarer, groͤßtentheils noch unbenugter und mit
dielee Genauigkeit unterfuchter und verglichener Materialien,
aus tenen nicht nur Slauffeute, fondern auch Staatsıwirthe,
Rechtsgelehrte und Geſchaͤftsmaͤnner viele wichtige Notizen unb
Kenntniffe fammeln Tönnen.
Wir haben von bdiefem Werke, wie bereits vor einiger
Zeit angezeigt wurbe, eine Ueberfegung veranftaltet, bie ei
fehr infizuirter Mann mit Zuziehung mehrer Sachkenner bes
forgt, und wovon mit nächftem bie erfte Lieferung erfcheinen
0
Das Ganze wird bei 100 Bogen Medianoctav umfaſſen
und Denjenigen, bie barauf bei ber Verlagshandlung unterzeich⸗
nen, für 5 Thlr. Saͤchſ. oder 9 Reichegulden erlaflen.
Stuttgart und Tübingen, den 1ften Nov. 1832.
$ ©, Cotta'ſche Buchhandlung.
Ludwigs engliſches Woͤrterbuch,
das mehre Jahre lang gar nicht zu erhalten war, habe
ich an mich gebracht und iſt daſſelbe nun wieder durch
alle Buchhandlungen des In⸗ und Auslandes von mir zu
beziehen. Es fuͤhrt den Titel:
Vollſtaͤndiges deutſch⸗engliſches und engliſch⸗ deutfches Woͤr.
terbuch, von Chriſtian Ludwig. Zweite Auf.
lage, mit einer gruͤndlichen Anleitung jur Aus⸗
fprahe des Englifchen vermehrt und zum allge
meinen Gebrauche der deutfhen und engliſchen Nation
bequemer eingerichtet; verbeffert durch .eine
genauere Angabe der Bedeutungen ber Wörter, Redens⸗
arten und Sprichwoͤrter, und vermehrt mit vielen
neuen Ausdruͤcken, und einem Verzeichniſſe ber unregel⸗
mäßtgen Beitwörter beiber Spracen.. Zwei Theile.
Gr. 8. 57 Bogen. Cartonnict. 2 Thle. 8 Gr.
Diefes Woͤrterbuch zeichnet ſich durch Vollſtaͤn⸗
digkeit, zweckmaͤßige Anordnung md Wohl—⸗
feilheit aus und gehoͤrt anerkannt zu den beſten Werken
dieſer Art.
Leipzig, im December 1832.
F. A. Brockhaus.
Literarifſcher Anzeigen
Bu ben bei ®. vi Brodjaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.)
1833. Nr. II. u
Diefer Literariſche Anzeiger
er wird den bei F. X. Brockhaus in Leipzig erſcheinenden ae: Blätter für liter«
eheftet betra⸗
it is, ſowie bee All i diciniſche A und
sifge Unterhe ung, Iſis, f 334 mebdictaiſchen Be tzus, beigelegt ober beig j
gen
ebuͤhren für bie 3
Durch alle Buchs und Kunſthandlungen iſt von mir
zu beziehen:
Der ‚Sonntag. Gedicht in ſechs Gefängen von
Ludwig Bechftein, nebft ſechs Kupfertas
feln, erfunden und radirt von Ferdinand
Berthold. Querfolio. Auf feinem Relin-
papier. Geh. 1 Thle. 21 Gr,
eeipsis, im Sanuar 1833,
F. % Brockhaus.
Im Verlage der Unterzeichneten ſind im Laufe dieſes
Jahrs erſchienen, und an alle Buchhandlungen ver⸗
ſandt worden:
Annalen, Neue allgemeine, politiſche. Serantg en von ©.
Fe s n ed, neue Kolge. air ‚Jabrgang 18 ie —
e . Broſch.
Ausiond, Das, ein Tageblatt 8. Kunde bei geifi ae und ſitt⸗
lichen Leben⸗ der Voͤlker. 1832. Gr.
Bernoulii, G., Vabemecum * —ã — A Bändchen,
au germehrte Kuflage. 16. Mit 8 Steinabbrüden. 1 SL.
Gorrefgondengblatt bes wärtemb. landwirthſchaftlichen Wereins,
heut Bolge. 1832. 2 Bände in 6 Heften. Br. 8. Broſch.
Die (, Dr. & 8. A., Beiheribung der „Reznsbfkforten, 6te8
Heft. 8. Mit 1 illum. Kupfer.
San er % G., Handbud ber erebeiten Sch. @r. 8.
3.8. v., ueber Kunft unb Alterthum. VI. 8tes
8. Broſch. 3
j Belinpapier 1 $1. 86
De 1 56 21 F
Gros E. de, Opera medica posthuma, T. IL. Semio-
tice et isagoge in clinicen. Gr. 8. 4 Fi. 86 Kr
Hari 8, ©. B., Lehrbuch für Jaͤger und bie es werben wol⸗
im. Ste vermehrte Auflage. 2 Bände. Gr. 8. 9
Segel, Dr. G. W.
die elective Logik, ifter Band, die Lehre vom Sein. Gr. 8
Herder, 3. 33 v., Der Cid. Neue Auflage. 16. Velinpt⸗
pier. 2
vr z, M., Der auche als Vorbild bee Gemeinde. Br. 8.
Hekperus, eine enchtiopaͤdiſche Zeitſchrift fuͤr gebildete Leſer.
1882. Gr. 6 Fl.
Humboldt, Alex. v., Reisen nach den Aequinoctialge-
ger nden des neuen Continents. Historischer Theil. öter Bd.
Abtheilung, Gr. 8. 2 FI. 80 Kr.
Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik. Herausgegeben
gen Ar? für wissenschaftliche Kritik, 1882.
r
8. ©. n, Bene Zuchs in 12 Geſangen. 8.
J., Biſſenſchaft der Logik. —
gephee Statiſtik und Topographie. Herausgegeben von J.
D. Memminger. Jahrg. 1851, 2 A 8. 8 Fi.
80 Kr.
Sournal, Polytechniſches. Herausgegeben von
Jahrgang 1882. 24 Hefte Gr. 8. Broſch. 16 ae
Kerner, 3, Die Schein von ron, 2 Theile. Gr. 8.
2te vermehrte Auflage. 5 $t. 2
König, 3., Geiſt der PR —RR von ©. F.
v. Rumohr. 2te vermehrte Auflage. 1 1. 48 Kr
Kunfibtatt jest. Derauggegeben von Dr. eudwig Som.
en Nikolaus, Bebihte 8. 2 KL. 15 Kr
eiteraturblatt — Derausgegeben von Dr. = Wenzel,
r.
Mannert, K., Seſchichte ber alten Deutſchen, beſonders der
Franken. Lter audeil. Gr. 8. 5
x. Dr. ® Bi ‚, Reife nad Deftreich im Gonmmer 1881.
Taſchenbuch ber neueften Geſchichte. Lter Jahr
Sn, Balenbud
16. Broſch.
— — — —, 8ter Jahrg. Iſter Theil, ober Sefäiäte bes
Jahres 1881. mit 12 niffen 6. Broſch.
Mone, F. J., Reinardus Vulpes, Ca Amen —
IX et XII conscriptum. 8 2FL.45 K
Morgenblatt für gebilbete Stände. Pa Jahrg. 1888.
&r. 4 20 FIl.
Müller, 3 ., Saͤmmtliche Hiftorifche Werke in 40 Baͤnb⸗
chen. —— — 2te und Ste Lieferung, jebe Lieferung
auf Drudpapier 3 Fl.
auf Belinpapier 4.51. 20 Kr
Nationalkalender für bie 25. Bundesſtaaten. Risen, Te
ben von &. ©. Andre, fortgefegt von 3. H. Meyer,
1883. Mit Steinabbräden. 4 Broſch. 1 Fl. 1
Deblenfal — Correggio, ein Trauerſpiel. * 5
at, ‘oder das Buch von 101. ter pen. Ueberfeht vom
Theodor von Haupt. 8. 1X.
Pechmann, H. v., Jehrboqet der —* eter Band:
iſtes Heft. Gr. 4. 2 ðᷓl. 15 Ar.
— — Gefhichte der Austrodnung und ie Suite bes Donau -
Moores, mit einer Karte. Gr. 8. 5 Kr.
Pfizer, Dr. X. 2 , Beiefineohfel zweier Deuscen. Ste Aufı
lage. Gr. 8. 2 St.
Pyrker's, Fa * v., * immtlide Werte. Ifter Bd. Tuni⸗
ſias. —— Fl.
Reider. d., Die hoͤchſte Cultur aller Biumenpflangen, um zu ,
jeber Fahreszeit im Garten, im Zimmer und vor bem Fen⸗
. fer alle Arten von Blumen heranzutreiben umb zu
pflanzen, vorzuguch Runß,
bie neueften und Loftbarften Blumenpflanzen, ud H Hyazin⸗
then, Tulpen, Roſen, Levkoien, Amarylles, Lilien, Grocus,
Gamellien, Aurikein, Maiblumen, Ranunkeln und Beildyen
bis Weihnachten zur Bluͤte zu bringen, und den ganzen Wins :
ser Blumen in Menges dann um Weihnachten Spargel, Gas
lat und Nadies, zur Faſtnacht Erdbeeren unb Kirfchen, zu
Dfteen Pflaumen wnb Weintrauben, Blumenkohl, Bohnen
und Gurten, dann ficher alle Jahre im Junius, ultus Mes
„Ionen un® Anand zu ziehen. Das Refultat dreißigjäh⸗
"siger Grfahrung eines verfuchten praktiſchen Gärtners.
1 N
Keub, Dr. J. F., Sammlung ber wichtigften Kbhanblungen
über * herrſchende Gholera » Brut. Erſter und zwei⸗
tee Theil. Gr. 8. 2 FI. 48 Kr.
wenihen, ri 2% £., Sammlung ber würt. Geſete. Ster Wh.
Rhetores graeci ex " dieibus Florentinis Mediolanensibos
Monscensibus Neapolitanis Parisiensibus Romanis Venetis
- Taurisensibus et Vindebonensibus. Emendatiores et auc-
tiores edidit suis aliorumque annotationibus instruxit, in-
dices locupletissimos adjecit Christianus Walz, Professor
Tubingensis. Vol. I. Gr. 8.
Bent, E. v, Alte und neue Pi — Vorſpiel
zu Goͤthe's Gedaͤchtnißfeier. 16. Broſch.
Schnitzler, J. H., Briefe aus- Paris über Francis im er⸗
ften Jahre feiner Qulirevolution. Sr. 8. 2 81. 24 Kr.
Schnurrer, Dr. $r., Die Cholera morbus, ihre Verbrei⸗
tung, ihre Zufaͤlle, die verfuchte Heilmethode, ihre Eigen⸗
thümlichkeit und bie im Großen bagegen anzumwenbenden Bis
tel. Mit einer Karte ihres Verbreitungsbezirks. Gr. 8.
Broſch. te. vermehrte Auflage. 1 Fl. 24 Kr.
Seyffer, von, Beſchreibung bes koͤnigl. karegey ſes Roſen⸗
ſtein. Mit 3 tithographirten Beilagen. 8.
Gtaatsacten und Urkunden, Neuefte, in monatl. Heften. 27ſter
—SOfter Band. 12 Hefte. Gr. 8. Broſch. 16 ZI.
member v., Die Zerriffenen, Novelle. 8. 2 El.
Tegner, Die Frithiof Sage. Aus dem Schwedischen
vs gr A von Helwig. Gr. 8. Reue Auflage.
Bafari, Lebensbefchreibungen der ausgezeichnetften Maler,
‚ Bildhauer und Baumeifter von Gimabue bie zum Jahr 1567.
ie —X Rt. Mit 50 lithographirten Abbildungen. Br. 8.
—** des poln. Reichstags, von dem Tage ber Bes
mung Var ſchaue bis zu feiner legten Sigung (7 — 23.
Sept.). 8. 12 Kr.
vorn "Lehrbuch der Chemie, 2ter Bd. Gr. 8, 8 Fl.
Beishaar, Dr. 3. F. von, Handbuch des würtembergifchen
— ifter Theil. Ste umgearbeitete Ausgabe. Gr. B.
Be Ar FR —— ber Staatswiſſenſchaft. 1ſter Band.
—B J. ri v., edit. 8 51.
Zeitung, Allgemeine, Sahrgang 1832 Er. * 16 Fl.
— —, Regiſter für 1881. Gr. 4. 808
Karte, T phische, von Wörtemberg, yom k. wärt.
topographischen Bureau. Nr. 7 und 8. 1. 86 Kr.
Karte,. Militairische, von Deutschland, von Klein, Nr.
8 und 4. 4 Fi,
Gtuttgars mb Tübingen, 1832.
8%. ©. Cotta'ſche Buchhandlung.
Soeben ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu
haben:
J. M. Duncanii Novum Lexicon Graecum
ex C. D. Daumm LEXICO HOMERICO-PINDARICO
- vocibus secundum ordinem literarum dispositis retrac-
tarım emendavit et awit V. C. F. Rost. Ste Lie-
ferung. 43 Bogen in gr. 4. Velinpapier. — Das
Merk wird. circa 160 Bogen umfassen und bis zu
Ostern 1833 vollendet sein. Zur Begegnung eines
im Werke seienden ausländischen Nachdrucks des
noch nicht einmal geschlossenen Werks lassen. wir
> v
Ganze von Jetzt an wieder eintreten und: haben die
auswärtigen Buchhändler befähigt, den Ertragsunter-
‚schied den Abnehmern zum 2ten Subscriptionspreis,
der auf 12 Thlr. fixist war, snrückzuzahlen.
Baumgärtner’s Buchhandlung in Leipzig.
Tr EEE}
Durd alle Buchhandlungen und Poftämter if zu beziehen:
Blätter für literarifche Unterhaltung. Redigirt unter Ben
antroortlichkeit ber Berlagshandlung. Jahrgang 1832.
Monat December, ober Nr. 336 — 366, mit 2 Bei⸗
lagen: Nr. 18, 19, 4 literariſchen Anzeigen: Nr.
XXXXVI--XXXXIX, und dem Regiſter zum gans
gen Jahrgang, Gr. 4, Preis des Jahrgangs von
Beer — (außer den Beilagen) auf gutem Druck⸗
er r.
Dee canoniſche Wächter, Eine antjjeſuitiſche geitſchrift
für Staat und Kirche und für alle chriſtliche Confeſ⸗
fionen. Derausgegeben von Alerander Müller,
Sahrgang 1832. Monat November, oder Nr, 87-96,
mit 8 fiterarifchen Anzeigern: Ne. XXXXI--XXXX VIII.
Sr. 4 Preis des Jahrgangs von 104 Nummern
(außer den Beilagen) 5 Thlr.
Iſis. Encyklopaͤdiſche Zeitſchrift, vorzüglich für Natur⸗
geſchichte, Anatomie und Phrfiologte. Bon Oken
Sahrgang 1832. Eiftes Hef. Gr. 4. Preis des
Jahrgangs von 12 Heften mit Kupfern 8 Thlr.
Leipzig, im Ianuar 1838, “
$. A. Brodhaus.
ang
Defteigiiie et Zeitſchrift.
2. Eil t ef
Dieſes Heft ieh foeben an alle Fuhpanblungen verfendet
und enthält folgende Auffäge:
- 1 Die Schlacht bei Bar: [urs Aube am 27 ften Ze:
bruar 1814 Rach öftreichifchen Driginalquellen. Mit dem
Plane der Gegend um Bar: fur: Mube. — II. Den Schluß der
Begebenheiten in und um Mantua vom 16ten September 1796
bie Aten Kebruar 1797; Nebft der Schlacht von Rivoli. — LT.
Lıteratur. Den Schluß der Betrachtungen über das Merl des
Obriſt Otounef: Memoires sur les principes de la strategie
etc. — IV. Die neueften Mititairveränberungen.
Alle Buchhandlungen nehmen auf den nädften ‚Sabre.
gang 1853 diefer Zeitfhrift Pränumeration mit ads
Thaler Sähfifh an. Auch find burdy biefelben bie früs
bern Zahrgänge feit 1818 fie — biefen Preis zu erbalten.
Wien, d. 2!ften D
%. 6. Heubner.
In ber Unterzeichneten ift Kae und durch alle Bud
bandlungen zu beziehen: .
Kunſt und Altertpum
8 Ö_ 7 be. |
Aus feinem Nachlaß Herausgegeben durch die meimar:
(hen Kunftfreunbe.
Drittes Heft des fechöten und letten Bandes.
Mit einem Regifter.
8. Broſch. Preis 3 Fl., oder 1 Thlr. 20 Gr. Saͤchſ.
Diefes Schlußbeft enthält eine reiche Achrenlefe von Reli
uien, beren mehre von hoher Bedeutung, von welchen wir bes
nders:
„Binke über landſchaftliche Gegenflände”; „Die
den frühern wohlfeilen Preis von 8 Thlr. für das gefefliper Bildung” 3 „Bei Briefe er Abſchluß des Fauſt ge
(@eleden am Meyer nub IM. d. Bumbolbt"; „Eäe unge Did»
tee’; „Le livre des Conts-et-Un’, alle von Soͤthe; dann:
„ueber die Eigenthuͤmlichkeit von Sothe's Einwirkung auf Kunft
und Wiffenfhaft” von W. v. Humboldt 5 „Im Sinne der Wan⸗
derer“ von Varnhagenz und „Rädblid und Sciufwort’ von
Zr. v. Miller, anführen.
Nun erfi, da diefe Zeitſchrift ganz abgeſchloſſen vorliegt,
werben bie 18 Hefte ober 6 Bände berfeiben ein Beflanbtheil j
jeder Kunftbibliothel werben müffen.
Stuttgart und Tübingen, den Iften Nov. 1882.
J. ©. Eotta’fhe Buchhandlung.
|| LU)
Von der Stellung sowol der constitutionnellen Bundes-
. regierungen als der Ständeversammlungen Deutsch-
lands zu dem deutschen Bunde und zu Deutschlands
Einheit. Von Dr, Theodor Kind. Kl. 8. Broseh.
Preis 6 Gr.
Leipzig.
Baumgüärtner’s Buchhandlung.
(EEE GE öMw öMm Mmmu u u u r¶ rrrc
Bei J. A. Mayer in Aachen iſt ſoeben erſchienen und
an alle Buchhandlungen verſandt worden:
Auch ein Wort
uͤber
Friedrich's IT. und Friedrich Wilhelm's IL.
Politi.
in
Polens Unfällen,
ober
Bemerkungen
er
end: Untergang”
von Herm son Raumer.
om
Dberften von Schepeler.
B. Geheftet. Preis 12 Br.
„Pol
Die
Annalen der Physik und Chemie, herausgegeben zu |
Berlin von J. C. Poggendorff. Gr. 8. Mit Kupfern,
werden auch für 1833 ununterbrochen fortgesetzt und be-
halten, sowol in Betreff des Stoffes als der Form, ganz die
frühere Einrichtung. Wie bisher wird das Bestreben des
Herausgebers dahin gerichtet sein, den Lesern Alles mitzu-
theilen, was für die in das Bereich der Zeitschrift gehören-
den Wissenschaften von Interesse ist, für die Gediegenleit
der Aufsätze aber bürgen die Namen der Herren Mitarbei-
ter. Regelmässig zu Ende eines jeden Monats erscheint ein
Heft mit den nöthigen Kupfern u. s. w., deren vier einen
Band bilden. Der Preis des Jahrgangs von 12 Heften (circa
120 Bogen) ist 9 Thir. 8 Gr.
“ Alle Buchhaadiungen und Postämter nehmen Bestellung
darauf’ an.
Leipzig, den 2ten Jan. 1839.
Joh, Amir. Barth. -
ee I r
„". Soeben ist erschienen und in allen Kunsthandiungen
gu haben: .
CORONATIO 8° Sersz VIRGINIS,
Die Krönung der heiligen Jungfrau.
Nach dem Gemälde von Bafael im Vatican, gezeich-
net und gestochen, in Rom und Dresden, von Ch.
E. Stölzel.
Der Preis eines Abdrucks dieser Platte (254 Zoll hoch
and 17 Zoll breit) vor dör Schrift ist, bis Ende Januar
1833, zu 24 "Thaler, und auf chinesischem Seidenpapier zu
28 Thaler, mit der Behrii aber ga 13 Thaler und auf
chines. Papier zu 1% Thaler preuss, Cour. festgesetzt. Nach
dieser Zeit kostet ein Abdruck vor der Schrift 30 Thaler
und auf chines. Papier 86 Thlr., mit der Schrift aber
15 Thir. und auf chines, Papier 18 Thir. preass. Cour. ia
allen Kunsthandiungen,
Diese Preise werden um so billiger erscheinen als der
Künstler über acht Jahre mit Zeichnung und Stich sich hat
beschäftigen müssen und ausserdem die Verlagsbandlung kaum
600 vollkommene Abdrücke, wegen Weichheit der Platte
und hauptsächlich wegen der engen zarten Arbeit, abziehen
zu lassen im Stande ist.
. Eine ausführliche Beurtheilung dieses Blattes, vom
Herra v. Quandt und Herro Baron v. Rumohr, ist der.
Abendzeitung beigelegt und wird jedem Abdruck beigegeben,
Dresden und Leipzig, im December 1832.
Arnold’sche Buch- und Kunsthandlung.
Sortiaufende
Ueberficht der Landtags-Verhandlungen
ber Stände des Großherzogthums Heſſen.
-Bei der Aufmerkſamkeit, welche das größere Publicam den
Verhandlungen des eben verfammelten Landtags bes Großher⸗
zogthums Heffen zuwendet, wird es eine willlommene Erſchei⸗
nung fein, wenn ihm eine fortlaufende Weberficht berfelben gege⸗
ben wird, damit es dem Gang derfelben hinſichtlich ber bedeu⸗
tendſten Momente folgen kann. Dieſe foll unter dem Zitel exe
feinen: , “ ö
Sortlaufende Weberficht der Verhandlungen bei bem Lande
tage des Großherzogthums Heſſen im Jahr 18?°/, ,,
mit Rüdbliden auf die frühern Landtage, _
Sie wird die wichtigften Actenflüde woͤrtlich mittheifem,
aber dennoch wahrfcheintich einen flarfen Octavband nicht übers
fchreiten, ber in ‚Heften ausgegeben werben fol, bamit fo eine
ſchnelle Mittheilung flattfinden fann. Die Arbeit Toll dem Geiſt
bes Wiffenfchaftlichen nicht entfrembet bleiben und nad) ber Ras
tur des Gegenftanbes bie Nefultate der Landtage anderer beute
fer Staaten beachten. Jeder Gegenſtand, ber dem Geſammt⸗
baterland angehört, fol vorzugsweife Berädjichtigung finden.
’ Bay Schluß wird ein forgfältig ausgearbeitetes Regiſter
eliefert.
s Dee Preis von 6 Heften iſt 1 Thlr., ober 1 Fl. 45 Kr.
Alle Buchhandlungen nehmen Beftellungen an.
Darmfladt, den 2Z2ken December 188%,
C. W. Leske.
Geſchichte der Austretnung und der Cultur
es
DonausMoores in Balern
von
Heinrich greiheren von Pehmann,
tönigl. Oberbaurath ꝛc. 2c. ıc. .
Mit einer Karte bes Donau: Moore. '
Münden, Stuttgart und Tübingen in der J. G.
Cotta'ſchen Buchhandlung. Preis 1 Fl. 45 Kt.
Die Austrocknung bes Donau: Moores in Baiern gehört une
ftreitig unter bie größten Unternehmungen biefer Art, denn man
kennt nur zwei ‚größere Suͤmpfe, welche man ausgetrocknet bat,
nämlich bie Oderbruͤche in Preußen und bie pontinifchen Suͤm⸗
pfe, weich’ letztere indeffen nur unvolllommen entfumpft wurden,
und einer neuen Gntfumpfung, wie es fcheint vergeblich, entge⸗
genharren. Bei ben toscanifhen Maremmen (fiehe „Das Ause
lanb’’, Rovemberheft) verhält ed fih ebenfo. In keinem Dinge
gilt der Sag Müllers: „Wo das meifte Leben, dba if
der Steg’, mehr, als eben bei foldden Unternehmungen, weis
che body fo gemeinnäglih und fegenbringenb find. Die gegen
wärtige Gefchichte dürfte daher für fo viele Localitäten von gros
Sem Intereſſe fein, und zwar um fo mehr, als durch bie Ente
fumpfung und den Anbau eined Moores von 56,000 Morgen *),
wie dieſes if, der Beweis geführt ift, ie ein 2 Unternebs
men 2 nit allein nie in das Reich bes Unmdglichen gehört,
dern durch ganz einfache Mittel bewerkfichligt werden kann
und bei Eleinerm Areal wenig Schwierigkeiten hat. Außer bem
im oben angeführten Novemberheft der Zeitihrift „Das Aut:
land’' enthaltenen Auffag über die tosganifhen Maremmen ver:
weifen wir Kenner und Techniker audy noch auf die im „Re-
caeil industriel”, Auguft 1832, Geite 158, befchriebene Ma⸗
fine zum Yustrodhen ber Suͤmpfe.
29 Der date. Morgen enthält 60,000 beir. Duabr.e Schube.
Soeben ist erschienen und an alle Buchhandlungen vor-
sendet worden:
Neueste und geschmackvoliste Maskenanzüge
in zwölf colorirten Blättern enthaltend 37 Anzüge.
Erste Sammlung. Querfolio. Preis 16 Gr.
' Industrie- Comptoir.
es Der Freifhäg
für 1883 ann bei jedem Poſtamte und jeder Buchhand⸗
lung, in Hamburg bei dem Herausgeber P. &. Gott⸗
friedt (neufätter Fuhlentwiete Nr. 6) beftellt werben, und
koſtet, wie biöher, 1 Marl das Bierteljapr. Samburg, im
December 1882.
In Kari Gerold's Buchhandlung in Wien
iR ſoeben erfchienen und ae Buchhandlungen Deutſchlande
Jahrbuͤcher der Literatur. Sechzigſter Band.
1832. Dctober. November. December.
Inhalt:
Art. I. Hesiodi earmina. "Recensuit et commentariis instru-
zit Carolus Goettlingius. Gothae et Erfordiae 1851.
U. Die Batern im Morgenlande. . Gebächtnißrebe
"zum breiundfiebenzigften Gtiftungstage der koͤn.
bair. Akademie der Wiſſenſchaften. — Gelefen am 28.
März 1832 durdy Joſeph Freiherrn von Hormayr.
. DE Baierns Gauen nad ben drei Bollsrtämmen
ber Alemannen, Franken unb Bojvaren. Aus
den Urkunden nachgewiefen von Karl von Spruner.
Gegen Heren Rittee von Lang's Baierns Gauen 2.
Bamberg 1881.
IV. Reginald Heber’s Leben unb Nachrichten Äber Ins
er Derausgegeben von Friebrich Krohn. Berlin
v. Grfte Wanderung ber älteften Tonkunſt, als Borgefchichte
* Bunt, bargefeit von Gottf. Silb. Fine Eſ⸗
en
vi Pausaniae de situ Graeeiae libri deoem. Becogno-
vit Imman. Bekkerus. Berol. 1826—27.
VII. Gefchichte ber —— nach morgenlaͤndiſchen und
abendlaͤndiſchen Berihten. Won Dr. Friedrich Wil:
Ten. Giebenter Theil. Die Kreusdse des Königs Lub⸗
wig bes Heiligen und ber .Berluft bes heiligen Landes.
Leipzig. 1838.
VIII. 1) Goͤthe, aus nähberm perfönlihen um:
' gange dargeſtellt. Ein nachgelafienes Wert von Jo⸗
bannes Fall. Leipzig 1882.
2) Goͤthe's Leute literariſche Thätigkeit, Ber:
bältnig zum Ausland und Scheiben, nad Mit
theilungen feiner Freunde, bargeftellt von Dr. Kari Wil⸗
beim Mäller. Jena 1832,
IX. Die Srfcheinungen und Geſetze bes organiſchen Lebens.
Vor G. R. Zreviranus. Erſte Abtheilung bes zwei⸗
ten Bandes. Wremen 1882.
X Die Dichtkunſt der Chineſen. GrRe ——8
Confucii Chi-bing, sive liber Carminam. Ex latina P.
"Lacharme interpretatione edidit Julius Mokl. Stattgar-
tiae et Tubingae 1880. -
Inhalt des Anzelgeblattes Ne. LX.
Daceiſche Literatur. Bon R. Türk, .
Gohuti’ 6 Leben und Gchriften.
Ueber das Wunderbare im Epos.
Regiſßer.
Neue Karte von Würtenberg.
Da bie in unferm Verlage erfhienene „Rand und Hör
eükarte von Württemberg” völlig vergriffen ik, das
ebörfniß aber einer kleinern Generalkarte van
auf Einem Blatte ſich immer flärfer ausfpridt: fo haben wie
den Berlag einer neuen Karte übernommen, weldge unter ber
Aufſicht des koͤnigl. fat.stop. Bureaus und mit Menugung ber
Grgebniffe der Lanbesvermeffung bearbeitet und im Laufe bes
Eünftigen Jahres erfcheinen wird. Die Karte it im 450,000%
theiligen Maßſtab angelegt, und alſo bedeutend größer als die
fruͤhere. Mit berfelben wird auch diesmal wieber eine Höhen
arte verbunden fein.
Der Preis iſt LH Diejenigen, welche bi6 Gabe Aprils
barauf unterzeichnen, 48 Kr..
In Bepiehung auf die unlängft von und angekhabigte Ges
nerallarte von Würtemberg in 4 Blättern, welche ganz
auf bie Landesvermeffung unb die in unferm Verlage heramds
Fommenbe große topographifche Karte bes Königreidgs
fein wirb, geben wir noch die Radyricht, daß wir bald tm Stanbe
fein werden, .die Erſcheinung ber zwei erſten Blätter anfünbigen
w Lönnen. Bon’ der eben erwähnten großen Karte werben im
aufe biefeb Monats arch wieder zwei nene Blätter auögegeben
Stuttgart und Taͤbingen, ben 1ften Dee. 1838.
3. 6. Cotta' ſche Buchhandlung.
Im Verlage von Wilhelm Kaifer in Bremen if
ſoeben erfchienen :
Sittermann, Dr. J. Ch. H., Chriſtüche Lieber.
Geheftet. 20 Br.
Collisions - Anzeige.
. Wir lassen den soeben erschienenen Band der Edin-
Durgk Cabinet Library
The travels and researches of Alexander von Hum-
boldt being a condensed narrative of his journeys
etc. One Vol. By Macgillivray etc.
für hnsere Unterhaltende Bibliothek segleich ins Deutsche
übertragen und etwa in 4 Wochen ausgeben.
Leipsig. Baumgärtner’s Buchhandlung.
‚30 Halberfadt verdient bie, ben 11ten Mär, 1833
e Verfleigerung einer über vierzehntaufend Bänbe zaͤh⸗
Inden, gar reichhaltigen Bibliothek die Aufmerkfamleit aller
Buͤcherfreunde. Biele ſehr feltene alte Drude unb Chroniken
werden bier feilgeboten, wie auch Kunſtſachen, befonbers werthe
volle Delgemälde und Kupferftiche.
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten:
Converſ ations⸗ Lexikon
neueſten Zeit und Literatunm
Zehntes Beft.
Brimm bis Beiberg.
Jedes Heft koſtet
auf weißem Druckpapier 6 Gr.,
auf gutem Schreibpapier 8 Sr,
auf ertrafeinem Belinpapier 15 Gr.
Leipzig, 20ften De. 1832. FJ. A. Brockhaus.
(3u den bei F. a. Sroebaus m Leipzi g eiſcheinenden Zeitſchriſten.) .
ertereritger, Anzeigen
1833. Nr. III:
titerariſche Anzeiger wich den. bei. B.- x Brockhaus in Leipzig. erſcheinenden —— Blätter ir liter
Dieſer.
stiäe Unterhaltung, Sſis, fowie der Allgemeinen mediciniſchen Seitung, beigelegt. oder beigeheſtet, und bear
gen. bie Snfetionsgebüßren für bie Beile 2 : &r.
— Ber
ne "über bie im Baufe bes ‚Sahres 1832:
it
J A. Brodbaus in geipig.
exfötenenen neuen Werke und Fortfegungen.
1 A Dresdens antike Deukmäler enthaltend. Her-
ausgegeben von Wilhelm Gottlieb Becker, Zweite
- Auflage Besergt und durch. Na vermehrt von
Wilkeim Adolf Beoker.. Exrsteibis viertes: Hoft, Ta-
fell I XLVI, Text Bogen 1—12.. Auf feinem Dı
pier. Folio. jedes Heft Im Dubacfiptiönspreise 1 Th Thir. 21 Gr.
ee Su onspreis be einſtwe
N — HR 16 Gr. e Die Bi rafch Bader
2. — (Franz), Politiſche Beeipeit. 6. 8. 234 Bo⸗
gen auf gutem Druckpapier. Geh. 1Thlr. 18 Gr.
8, Bechſtein —— Der Sonntag. Gedicht in Tehe
Gefaͤngen. Nebſt ſechs Kupfertafeln, erfunden und rabirt vo
Berdinand ——— Querfolio. Auf feinem“ Bel:
für Htwraeifihe. Imterhaltmg.. (Reigket - „unter
Verantwortlichleit der Verlagshandlung.) Jahrgang 1332.
RE Den Ya 806 Rummert.. Auf gutem Druckpapier.
$, Stevelanb,, natuͤclicher Bohn: Cronwels. Bon ihm ſelbſt
geſchrieben· und. frei. ins. Deutſche übertragen von St. Nelly.
WMit · einex Ginleitung ‚von Hofrath Boͤtttiger. 8 Fheüe.
1%. 23 Bogen -auf-gufem Drudpapier. Mech. 2 The
6: @enverfatiand sterilen "bernauften Zeit und Literatur, Ein
Supptementbande zu ·· allen· fruͤhern: Aull agen des Gonnenfar
tions⸗Lexikons, ſowol in den leipziger Driginelausgaben: ls
:- ben nerfihiedenen-Nachbwäden , aber auch ein für. ſich beſte⸗
denbes und in ſich ahgeſchloſſenes Werk. Gifte bis zehntes
‚Heft. Abel bis Heiderg. Gr. 8. Jebes Heft von'B Bos
gen anf weißen Drudyapier’6&r., anf gutem Sch raib⸗
—8B 8 Gr., auf extcafeinem Velinpapter 15 ®r.
Sunier (Baron von), Das Thierreich, georbnet nad)
— Drgaqniſatton. Als⸗ ndlage der Raturgeſchichte ber
Thiere und Einleitung in die vergleichende Anatondẽ. Nach
. der zweiten, vermahrten Ausgabe uͤberſezt und durch Aufäge
u it 8 ©. Voigt: Gehe und varpeiten Bond.
tem. Drndpapier, Thlr. 8 ©
ft ‚pl ki fe Säugtb
it ——— 2 Si is & ji *
ig ante * agdtttiche — urberſeht / und erfäct
r\ anm⸗e ritte, x. Op
5*— PR hei, air — eldup ke *
metri laͤn r e, deß Fegefeners und des Pa⸗
3 43 * — Bogen auf. feinem Dallhpapier. 3 Toͤlr.
Pr; —A — Gerichte. —— und: weusf
tr Auf Mat ae lub pen 3 5 ® er
einen
⸗
ae —— ar ck
—*
9. Depping (8. 8.), Grinnerungen aus. dem Leben
Deutfdyen In Parid. 12. 925 Bogen auf feinem Drudtpapier
10.8 enpoff- (30 Wilhel Das Gan
Detenho Jo ann ilhelm),. Das Ga
Handlung. Gin theoretifch« praktifches Lehr⸗ und =
der gefanmten Handlungswiſſenſchaften. (Petersburg 1
&r.8. 16? Bogen auf gutem Drudpapier. Geh. 1Thlrx. 6
11. Allgememe. Encyklopaͤdie der Wilfenfhoften und 3*
. in alphabetifcher Folge von genannten Soͤhriftſtellern ‚be
‚tet, und herausgegeben von 9. & ga and. 3. G. 8*
- ber. Mit Kupfern unb: —— Be. 4 ie
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vier Im 8 Eheitelm Stegen (Brad te
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Bänden fed t, fonfe Solde a, di ale
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gungen.fel en, an man mo olle fi —
——3 boſt oder a —
ung- PH R. .
" 12. Kalt (Sohannes), Söthe aus. whem: prefatshen 5*
* gange dargeſtellt. Ein nachgelaſſenes Werk. 12,
gemn auf feinem HDrre papler· Geh, 1.Shle,-12. we .
18. Sie. ‚Uncyfinpäbifche-Betfehrät, vorzüglich ‚für Rafüdge
ſchichte, Anatomie und Phyſtoiogie. Herausgegebeg von. Sin
Iehrgang 1832, 12 Hefte. it vielen Kupfern.
8 Thir.
14. Knorring (Karl von), —A Zenotrel Für Diut-
ſche. Geftet Bis- drittes Ch Sr, 4831) 8 . 8% Bogen
8.
Ei 8 —— — — nis Pie, vom Balsmwoi,
Pr er AN rg Sribe
dc Krug (Biihelm Zrauapei) gr 74 ten Br rn
I:
1, phiſches Lexikon, ober Allgemeines Hua —* u
ſophiſchen : Biffenfchoften vebſt ihrer —— idte.
RNach dan deinigen Standrunkte her Wiſge i dla e
„set. und herausgegeben : ;Ameättı augen Aa
vier Bänden.
rg
Auflage. In
—— — M. H. @. Meier
>
ar .-
—
u." '
—
. 7, Ehdwig (Shrifttan), -Woltftänbiges- bentfdnenglifches und
2
rk auf weißem Deudpapier. Bubfcriy-
—— bie. 18 Sr.
16. Kupffer (6. 9.) Anfangsgründe der Buchſtabenrechnung
"und Algebra, mit Inbegriff der Combinationslehre und unde⸗
ſtimmten Analytik, nebft Webungsaufgaben. Zur Repitition
des mündlichen Unterrichtd und zur eignen weitern Fortbil⸗
bung neben diefem. (Reval 1832.) Gr. 8. 16 Bogen auf
Druckpapier. 20 Gr.
engliſch⸗ beutfched Woͤrterbuch. Zweite Auflage, mit eis
ner oründtichen Anleitung zur Ausfpvade des Enge
liſchen vermehrt und zum allgemeinen Gebrauche ber deut⸗
ſchen und englifgen Nation bequemer eingerichtet;
derbeffert durch eine genaudre Angabe der Bedeutungen
ber Wörter, Redensarten und Sprichwoͤrter, und vermehrt
mit vielen neuen Ausbrüden, und einem Verzeichniffe der uns
regelmäßigen Beitwörter beiber. Sprachen. , 2 Theile. Gr. 8
67 Bogen auf Drucdpapier. Gartomnirt. 2 Ihle. 8 Gr.
18. Martens (le baron Charles de), Guide diplomatique. |
Contenant: 1° Considefations’sut l’&tude de la diplomatie.
2 Precis de® droits et des fonttions des agens diploma-
tiques. 8° Tyraits sur le style des compositions en matiere
politigue. 4° Bibliothäqus diplomatique choisie, aÄvie d’an.
5° Recueil.
catalogue de cartes de g&ographie moderne.
"- W’actes et d’offiede & V’appui du traite sur le style des com-
‘ "positions en matiere politique. 2 Bände. Gr.$. 674 Bogen
auf feinem französischen Druckpapier, Geh, & Thir. 12 Gr.
29. Münch (Ernst), Maria von Burgund nebst dem
‚Leben ihrer Stiefmutter Margarethe von York, Gemahlin
-Karl des Kühnen, und allerlei Beiträgen zur "Geschichte
des öffentlichen Rechts und des Volkslebens in den Nie-
‘ derlanden Zu Ende des 15. Jahrhunderts, aus franzöti-
schen, Aämischen, holländischen und deutschen Quellen.
2 Bände. 8. 64 Bogen auffeinem D ap. 4 Thin. 16 Gr.
2. Dundt "ig heosen). Die Einheit Deutſchlands in. politi⸗
ſchex und ideeller Entwicelung. 12. 34 Bogen auf gutem
Druckpapier. Geh. 8 Gr.
q1. Dertel (W. von), Harald und Elsbeth, ober das Zeit:
alter Johann's des Schreien. Romantifches Driginalges
malde aus ber Saite des 16. Jahrhunderts. 2 Bünde,
„ (Petersburg 1
Sch. 2 Thir. 8
£2. Le Parnasse Francais du dix-neuvieme siecle. Oeuvres
ostiques d’Alphonse de Lamartine, Casimir
‚.Delayig ne et P.-J.. de Böranger. 274 Bogen auf
‚felüen Yelinpapler. Geh. :2 Thir
” dlid (Rari.Heinrid Eudwig), Die. europäifcen
tfaffungen feit dem Jahrée 1789 bié auf die neuefte- Zeit.
Ri geſchichtlichen Einleitungen und Erläuterungen. Zweite,
sata geordnete, berichtigte und ergänzte Auflage. In drei
: Bänden. Erſter Band, bie ‚gefammten Berfaffungen bes deut:
ſchen Staatendundes enthaltend, : 2 Abteilungen. Br. 8.
84 Bogen auf weißem Drüdpapier. Subieription®
*p rei o. 4 Atir: ı20 Br: ©
4: Prbvinzit hlrecht aller zum preußifcken @taate ebrenden
Lvander und‘ Landestheile/ inſowrit in vrnſelben das —*
Landrecht Befegestraft hat, verfoßt und nach demſelben Pic
herqusgegeben von Friedrich Heinrich von Strom:
Tune. Erſten Theilt erſter Bakd, zweiten Theitserſter bie
bdritter Band, und britten Theils erfter. bie dritter Band, Gro 8.
Auch unter den Ittalnı
Provinzialrecht des Fürktenspums Halkerffabt un) ber au bems
felben gehörigen Sraſ⸗ usb Herrſchaften Hohenftein, Regen⸗
fein und Berenburg, von ẽreie Kuga ‚Bilpelm
. Benge. 1827. 1 She. 1
—— i — der Proving ak, ‚often Band: Prorin⸗
bed Fuͤtſtenthume Münfter und der edemals ‚zum
Minen gehörigen Beſitzangen der Stanbetherren,
*. —2— der Graffchaft Steinfurt und der Hereſchaften Ans
“holt mie Sehnen; ' von: Siemens Auguſt ea
“1829,” 1 ShR20 ur Du ri Sue FR ERE RZ Ju
x
80 Bogen auf feinem Drudpapier.
Provizlelrecht ber Pro oleg Weſttolen. Sıheitek Wand: Pro⸗
vinzialvecht der FR Tecktendurg und ber- Dbrrgvafiähaft
"Lingen, von Clemens Auguft Schlüter. 1860.
Provinzialrecht der Provinz Weflfgien. Dritter Bands *
ofnziatvecht ber ehemals diniſchen Grafſchaft Recklinghau⸗
fen, von Clemens Auguſt Schlüter. 1833.
Provinzialsecht der Provinz Weſtoreußen. Grfter Wand: Pros
vinzialrecht der. Diftricte bes preußifchen eanbreiits von 1721,
von Leman. Grfter Zeil. 1830. 28 &r.
Yrovinzlaleecht der Provinz Meftpreußen. Buweitee Bands. Pros
: Gntwiltelings d
«
vingialvecht der Diſtricte des preußiſchen Landrechts von 172);
von Leman. Zweiter Theil. 1852. 2 Thlr. 12 Gr.
iatredgt der Provinz Weſtpreußen. Dritter Band: Die
Statutarrechte der Stadt Danzig, von Leman. 1832.
2 Ihlt, 12 Er.
235. Raumer., (Beisbeih von), Ueber bie gefchichtfiche
egtäffe von Recht, Staat und Politik.
Zweite, verbefferte und vermehrte Kuftage, &r. 8, 17 Bogen
auf gutem GSchreibpapier. · Mhlx. 6
26. — —, Poͤlens Untergang. ‚Bmeite Auftoge 12. 64 Bes
gen auf feinem Druckpapier Weh. 1
— —, Geſchichte Europas. .feit om ale eh 15. Jahr⸗
hundere ‚Zu ſechs Baͤnden. Göftes Band, Er. B. 874 Bos
‚gen. Subferiptionspreis auf gutem weißen Drudse
ra — ag * Br, auf ertvafeinem Belinpapier
lra
28, Raumer (Ka ch von), Lehrduch der allgemeinen Geographie.
Mit fünf Kupfertafeln, &r. 84 27 Bogen Auf gutem Druckpa⸗
pier. 1.Ihlr. 6 Gr. ..
um die Einführung I in m: Saulen zu erleichtern, wird von jeber
aa uahandlun auf n Freiex. bewilligt
, Bei veibung der Erdoberflaͤ Eine Borfdgute
Gr. 8. 5; Bo⸗
Dr s Gröfunde, Zweite unveränbeete Auflage.
gen aut uf gutem 3 Drudpapier.
m den brei, auf50 GE. Fot * Sen bi ’%
en #ft bereftö in vielen Schulen eingefä r worde De
Se Auflage wenige Monate nad der erft
e
30. Rumohr G. 8 von), Drei Reifen nach Italien. Er⸗
innerungen. 1i2. 14 Bogen auf gutem Drudpapier. Geh
1 Zhir. 12 Gr.
81. Schmid (Reinholb), Die Befege ber Angelſachſen. In
der Urſprache mit Ueberſezung und Erlaͤuterungen heraus⸗
gegeben. Erſter Theil, den Text nebſt Ueberſegung enthab⸗
tend. Gr.8. 25 Bogen auf gutem Oruckpapier. Mhir. 6 Gr.
82. Schopenhauer — Saͤmmtliche Schriften,
24 Bände, Mit dem Bildniſſe der Werfafferin. 16. 436}
"Bogen. 1829-32 Gubfcriptienspreis auf- gutem
milchweißen Drukpapier 12 Adhir· auf ertreleinen Be⸗
tiupapier 16 Thir.
3, Schulze (Erafl), Die bezauberte Ro Romantif
3534 in drei Gr in en, sanfte Aluflage fr int
Nr. 1, atf-gutem & Ste Ar: ules
a Nr e
——ã— na & ch 313*
* m ie eben m neuen
"Tot — von Li nen):
ati ac in St, { * — —* en
a. Geipie Chat. Sin Roman: 4 Bine. 8. Bogen
-quf femem Drutpapier, 6 Zhlr. as;
5. € Sherer (Moyle), Bilder aus bem getieghieben. Aus
dem GEnglifhen überfegt von Rudolf Eindau. Heraus⸗
gegeben von Wilhelm Adolf einbau. 8 21 Bogen
“auf: feinem: Drudpäpien 1 Alr. 16 Br... _ on
36: Stieglik —— Ludwag) —S —*
er
— 1
wickelung d — itniffe an Weib und’ Jagd io
° Deutfchland von Di ben äfteften Zeiten bis jur Ansbilbung ber
“ Landeshofelt. “ Ein Berfug. @r.'d. 20; Bogen auf Druck
papier. 1 Ahlr. 18 Or.
87. Stimmen - ber Zeit. Lieber eines ‚Dt
z * gutem —ES "6.39 euer
®. Bus (Eugane),-Tarigull, ' sb dem Franzdffſchen. Yu. Uig anb (Pauf),
12.: —— auf feinem Druckpapier. Geh. 1Thir. 12 Sr.
M. Hiſtoriſches Taſchenbuch. Mit Beiträgen von Bans, Varnha⸗
gen von Enſe, Raumer, Voigt, Waagen. Herausgegeben von
» Briedrih von Raumer. Vierter Jahrgang Mit Rus
He Bin 12. 16 Bogen auf feinem Drudpapier. "Sort.
. r. r. —
REEL Ale OR,
Serbinand IL» (het Far * u Varim ian 1,
%0. Thiele (J. M.), Leben und Werke des dänischen
Bildhauers. Bertel Thorwaldsen. In zwei Theilen. Er-
ster Theil, Mit achtzig Kupfertafelu und einem Facsi-
mile.. Gross Folio, :
‘ Velinpapier. Text und Kupfertafeln in zwei Bänden sau-
ber cartomnirt. &.'fhlr. : ; ., .
41. Urania... Taſchenbuch aufbas Jahr 1838. Mit Dannäder’s
Sildniß und Teche Otahiſtichen nach. frauzöfifdhen "Bemätten;
18. Fi Bogen. auf feinnen —— — es. ‘2 Spt:
.' e übern an ı ur 0; .
, euer ; De Sara 1a —28 ch. 6 in 1 und 108
Die Bild atſſe a Ele;
gan * ll ’r —— — Milheim
üller, fihland, Corde uß, Deblenfaläger, Dannecker, "Galderon
wet Sprengel, Baggefen, &. von Hügelgen (lehtexs 4: nicht aus
: Ben rgnlal saßen i= erleſenen Abbruden in.gr. & jedeh
k2, Wahsmann (GC. von), Erzühlungen und KNovpellen.
4 Bänbdhen. 1830— 32. 8. 88 Bogen auf feinen Oruck
s papier. 7 Thlr. . el ’
28. Der canonifhr Wähhter. "Ehre antiſeſuftiſche Zeitſchrift
„für Staat und Kicche, und für atle chriſtiichen Confefiionen.
u Zeräusgegeden von Aleramber Müller, Jahrgang 1832,
"Außer den Beilagen 10% Nummern. Gr. 4 ‚Auf gutem Druck⸗
‚papier. 5 Ihlr. . >
Der erſte TJahrg 02 Nummern enthaltend, Foftet 2 Thlr.
⁊
an ,
"28 Gr., ber Weite Sabraang. 106 Rummern,'&
«h ‚h
, , .., ‚> eo
Neuere Verlagsbuͤcher
. von
Aug. Wilh. Unzer MAnigberg.
Dr. J. $..6. Abegg, Encyklopoaͤdie und Methadologie des
Rechtswiſſenſchaft. br. 8. 20 Sgr. (16 Sr.) a
Deffen Syſtem ber Seiminattehteimiffeufänaft als Grundlage zu
Soriefungen über das preuß. Griminalrecht. Gr. 8. 2 Thir.
. J. &. Srillowski, Auswahl von Kabeln bes Phährus und
Elegien aus den Xrauerblichern des Publius Ovibius Nafe;
mit Anmerlungen und einem Wörterbucye zum Schulgebrauch.
8.20 Gyr. (16 Sr.) - Zn .
Denkmal der Erinnerung an ben verſtorb. koͤnigl. preuß. Staats⸗
minifter, Grafen zu Dohna Schlobitten. 8, 5 Sor..d &r.)
v. Ebert, Dissertationes Siculae. Tom, 1. 8. maj. 1 Thlr.
4,3. Sriebemann, Derpraftifce Schnellrechner. 8. 5 Sgr. (A Gr.)
3.%. ©. Fuͤrſtenthal, Theoret. und prakt. Lehrbuch bes preuß.
, Sivifs und Griminalproceffee. 2 heile. Gr. 8. 8 Thir.
Blumen auf Göthe's Ruhestatt gestreut. von Friedr. ‚Ang.
. Gotthold. . 4. 5 Sgr. (4 Gr.) on |
Dr. Gt, Beinel, ae um uUrnen preufifcher Vorzeit. 8.
. m: r) oo. , »
Seen iepiäte Preußens für das Bolt und bie Jugend. 2te
3 Auf,, 8. 1 Tölx. 10 Bgr. (1 Thir. 8 Gr.) . u
— Auszug daraus für Schulen, 8. 4. Sor. (3°Gr.) , .
— — Lobias, eine idylliſche crztungs in 3 Gefängen frei
. nad ber heiligen. Urkunde... 8. 124 gr. (ID @r.) : .
H. v. Grabowsky, Recwungsaufgaben für Glementar:, Bürgers
und Gelehrte⸗, auch für Militairfchulen. 8. 20 Sgr. (16 Gr.
SB Herbart, —E — 7 ae
sfehrung, Metap 2 athematik. r, 2er
rg Thir re "Comintiffon)
Defien allgemeine Metaphyſik, nebft den Anfängen der philofo⸗
Bogen Text auf dem feinsten f
Phrftenthir
mer Paderborn und Gorvey in Weflfalen, nebft ihrer —*
aus den Quel⸗
77 Bogen auf Druds
fünftee Heft (AXV— XXIX).
:6—
Herabgefegte Preife. on
Beinfius: (Wilpelm), Allgemeines Bücherleriton, oder voll⸗
„Rändiges alphabetifches Verzeichniß dev bon 1700 bis GEnde
1827 erfhienenen Bücher, weiche in Deutfchland und in ben
durch Sprache und Literatur damit verwandten Ländern ges
: ‚bsucht worden find. Nebſt Angabe der Druckorte, der Ber:
leger unb ber Preife. 7 Bände. Gr 4 497 Bogen auf
er. 4818-29, Brüher -Breis. 87. Thlx. Sene
für won 10 Ebaler veehaͤltnehmũi⸗
u JF ap ae ewerden zu verh eg billigen: Preiſen
ur —*— Snvpplementvand wird bas kvis auf.bie meuche
Habner (Johann), Zeitungss und Gbnverfations «Rerikon.
Ginunddreeißigſte Auflage, dem jegigen- Stande: der Cui.
fur angemefien und mit vorzüglicher Rüdficht auf bie naͤchſte
Vergangenheit und Gegenwart, beſonders Deatfäjlanbe, ad
weitert, umgearbeitet und verbeffert von J. %. Müber. &m
- baberländifches Handwoͤrterbuch. Wit 160. Bubniſſen von vor
zuͤglich ausgeprichneten Deutfchen. 4. Theile. Gegen 200 Bos
gen Inge 8 auf guten Drudpapier Leipzig 1328 — 27,
Fruͤherer Preis 13 Thir. 12 .r. Jett für fünf Thaler,
— .. 92,0 ... W u ı.
phifhen Naturlehre. 2 Theile. Br. 8. 7. Ch. 16 Ohr.
hte 12 Sr)- (Ia-Sommiffien)- R
B. Ei Oepndenreich, Gelchtchte det en —— fuͤr bie
obern Glaffen der Gymnaſien. 8. 15 egr. (12 ©r.)
W. Doppg,. Aurifung gi Befongunterzicht. fü Kehren in
gurip Mrlioele * bee die Ge iin gap 1618, in pi
uriy Miloslawski, ober, bie en im Ja 2, ein r.
man don M. nd b. Kal der. * y T
p —A— —8 8. alle F *
r. 8. Ay. „Die ‚Kri ed il. & ti
für ek re: 5 —*— (# 8! * 2 7 drift
— —, Der Tag des Gerichts und der ewigen Verſohnung;
eine chriſtliche Dichtung. 8. 15 Sgr. (12 Gr.)
Antwort- auf einen Brief des Hosen Pfarrerd Wigand
an den Erzbiſqchof v. Boroweli. (Ueber Bekuͤmpfang des
Teufelsglaubens.) 8. 24 Bor. (2 Br.) EEE
— —,Lachenrede bei Beerdigung bed Erzbiſchoſs zc. v. Bo⸗
roweli. 8. 14 Sgr. (1 Br.) 1
Preußiſchea Tochbech für Frauenzimmer, die Hautweſen “und
Küche ſelbſt ‚verwalten wollen. .Bte: Auflage; 3. I Thlr.
10 Sgr. (1 BEN 8 2*N OStaats, pefeiezt buy dret s
Des Krönungsfeft des preuß. Staats, gefeie or⸗
traͤge der Herren Profeſſoren F. —* Sauer und J. En
Herbert. 3. 15 Gar. (12 Gr.) . .5
Wild. Kugug. Krug, Soſtem der eheazetifhen Pyilofophie.
8 Bde. Neue Aufl, Gr. 8. 5 Ihlr. 1A Gyr. (6 Thir. 12 Sr.)
Deſſen Syſtem dee praktifhen Pdfophie. 8 Bde Neun
Zul; Br. 6 Thlr. 5 Bor. (6 Ihlr. 4 Gr.) .
Dr. O. G. Lorek, Flora Prussica. Abbilbungen 12 or
e
non Damm vu mm —— — : 0m
Pfanzen Preußens auf. 210 illum. -Kupfertafeln in 12
ten u. 1 Heft Tert, in Royald. 35 hir. (In Commiſſion.
Dr. J. HG. C. Luͤncmann's Wörtetbudi zu Homer's Dbnffer.
Ate verbefferte Iuflage, beſorgt von Fr. Zul. Horn, Gr. 8.
224 ©gr. (18 &r.)
. — — — — —
Dr. J. H. C. Luͤnemann's Wörterbuch zu Somer's Illas. Be
von Dr. J F. CEbert verbeſſerte — 2 Gr. 8. 1 Thlr.
Dr. K. F. Berleker, De Achaicie rebus antiyuissimis Dis-
sertutio. 8. ma). 10 Sgr. (8 Gr.)
Deifen Berbicte des ätolifcy s achäifchen Bundesgenofintifiges.
Gr. 8. 10 Ssr. (8 Gr.)
— —, Biftorifche Schusdisciplinen und Repetitionsbuch. für ge
lehrte, edum ü und jeben Freund bee Geſchichte. Ifter Ban.
@r. 8.
Dr. A. 3. ©. OMhlert, Grundriß ber algemeinen reinen Logik
vom FR für Vorleſungen. 8. 12, & gr. (10 Sr)
r. Herm. Dlöhaufen, Die. Echtheit der vier canonifhen Evan⸗
„.gelien, aus ber Beihihte erwielen. Gr. 8. 1 hir. 20 Sgr.
(1 Rphlr. 16 Er.)
— —, Fe Wort über tieferen Schriftſinn. ®r. 8. 15 Sgr.
(12 G
— +, Sommetar über das Reue Teſtament. ifter Banb,
..enthaltend die drei erften Evangelien bis zur Leibensgefchichte.
‚ &r 8. Gubfe.» Preis 3 Zhir.
— —, Zer Band, enthaltend bas Spangelium d. Johannes,
bie geibendgefcpiägte und die Apoftelgefchichte. Er. 8. Gudfc»
Preis 3 dir. -
Prof. 8. Paucker, Die ebene Geometrie ber geraben Linie und
des Keieh, oder die Elemente. Mit viel. Kupf. Iſtes Buch.
Gr. 8 Thlr. W Sgr. (2 Ihe. 16 Sr)
Dr. J. S re Meder den beutfchen unterricht in ben
Gomnafim. 8. 15 Sor. (12 ®r.)
Dr. .E, D. Sauio, Observationum * Jogen Comeliam de
. Sicarlia P. I. 8. maj. 10 Sgr Gr.)
Da, Gb. Steinorth, Geigichte bes —0 fuͤr chriſt⸗
Ic Bolksfhuten. 8. 10 Gar. (8
d. Stier, Xubeutungen Pre gläubiges Shriftoerftändeif. ifte
Coma Sr. 8. 1 Ihr. 20 Bor. (1 hir. 16 Gr.)
, Die Nachtmahlakinder. Aus dem Schwediſchen von
86 Bere. Reue Aufl. .16.. 7%. Ber. (6. Br.)
Dr. €. Thierſch, Tabellar. ueberſi cht der —* Formen;
— Leſung des Home. Br 3 —
SUBSCRIPFIONS- -ANZEIGR .
Apnntheker unb Aerzte.
"PHARMACOPOEA BORUSSICA.
preußiſche ——— — —
üherſſeht und erläutert
un ‚ERIEDR, PR, DULE ,
— ⸗Univ
potbeter in ur 15 je Profefon,. De allfhe —— Inexfät, u .abne
Bil if me cini rn en Setel Ufeda bafe
na und bed Apoth —— E a
I utfland Ehrenmit gliede.
Dritte vermehrte und verbefferte Auflage.
- - Zwei Theile, in vier Lieferungen.
Die britte burhaängig verbefferts Auflage
ward zu Srleichterung wenig bemitteltee Käufer, in vier Lie
ferungen Länfang Zebruars d. I. die er ſte) ausgegeben wer:
den, deren jebe im erſten An Smpfang zu eriegenden Suob⸗
ſtriptionspreit 1 Thle. 99. Br. preuß. Courant koſtet. — Nach
Erſcheinung ber viertend Cieferung hört die F erfte Subſcrip⸗
tionspreis auf, und wird ein zweiter von 8 Thlr. 18 Gr.
euß. Courant fuͤr ein vollſtaͤndiges Eremplar, und 2 Thle
Gr. preuß. Gourant für jede einzelne eieſerung eintteten·
Leipzig, ben 14ten Januar 1839.
E zeopolt Sep.
: Sa men B erſchlaun und in allen Bude
banblungen zum @ubfc —E a rg hir, zu haben:
Deof. Dr. Ol hauſen 8 Commentar Aber das
Teſtament. ter Band.
(Das Gvangelium bed Johames, Ste Leibentgeſqhichte
und die Apoſtelgeſchichte enthaltend.)
Zugleich zeige ich, um mehren Anfragen zu begegnen, tw
gebenft an, daß der erfie Band gedachten Gommentars_vew
griffen ift, jedoch balb nach Dftern k. J. in neuer verbefferter
Auflage zu haben fein wird.
Königsderg, im Deerarber 1882,
Aug. Wüh. Unzer.
a)
+rr Leste einfache Frage an den Buchdruder Herm
Baſſe in Quedlinburg.
Dot der unbekannte Schwarze vom Herrn Profeſſos
Berzelius bie —— Handſchrift feines vollſtoͤndigen
Lehrbuches der Chemie mit dem Auftrage erhalten, ſolches unter
feiner Leitung in bas Deutfihe zu übertragen? Ay bat
Baffe die deutſche Originalausgabe — welche ber Herr Prof
Wöhler mus Aus’ Handſchrift Cat Dradfirift)
deshalb in das Deutfche überfegen mußte, weil Berzelius unfe
ver. Schriftſorache nicht ganz * zu fein glaubte — herge⸗
nominen, rn feinem Vortheil wie zu bee rechtmäßigen Cigen⸗
mn ‚größtem Schaden aus dem vollkänbigen Lehrbuche von
Bogen 90 Bogen zufammenfliden laffen unb das 9
* der unmoͤg lichen Zuſicherung zu taͤuſchen, der
habe beinahe dreidundert enggebrudte Bogen in 90 Bogen zu⸗
fammenzubrängen vermocht 7
Das rechtliche Publicum möge nach Hrn. Baſſe's Beant
wortung entſcheſden, wo die Geſetze leider fo verſchieden als fo
viele Bänder und Eindchen in Deutſchland find.
Die deutſche noliftändige —— *8 in 8 Thellen
mit 18 großen. Kupfern em ehrlicbenden
Zubanpinngen. ſtatt 20 bis. ir. "18 Shi. 18 Or. sy de
kommen.
Arnol d'ſche Buchhandlung
in Dresden und Leipzig.
ES Wwwrr—
In Bezug auf bie neneſten Boͤrnme' fchen Beiete febe
ih mid, weil man meint, «8 koͤnnte doch Jemand in ber
Farçe einen ernften Boden fuchen, zu bee Erftärun en:
daß die Angaben darim über perfäntihe Verhaͤltniffe zwifchen
bem Berfafler und mir von Anfang bis Ende farfch, und feibß
in ihren außerlichſten Umfländen erfunden und erlogen find,
Als Herr Boͤrne vor mehren Jahren nad Berlin kam, fuchte
ee mid) mit einem in Weimar von Hrn. dvd. Holtei erbetenen
Gmpfehlungstrief in meiner —— | auf, nie habe ich ihn
in der feinigen gefprodgen, weber allein noch in Gefelidhaft
Ludwig Robert's, und ebenfo wenig bin ich in den Fall gekome
men mid mit ihm auf der Straße zu zeigen. — Bon einem
ihm zu Ehren gegebenen Gaflmahle, von bem er fabelt, :
mir nichts bekannt. In den wenigen Gefellfchaften, wo
mit ihm zufammen traf, wechfelte ich nur die Worte gefeliges
Höflichkeit, die jeder Frembe erwarten darf, und auf bie «iq
titerarifcher Sharakter, ber. fi) damals noch nicht proftituirt
bette, Anſpruch zu haben fehlen. Es farm keinem Manne don
Ehre beitommen, gegen einen Menfchen, dem nichts mehr hei
Tg ift, ſich in Streit einzulaffen und ebenfo Halte ich es unter
einer Denunciationen gegen mich, die halb Spaß, hald
Hänishe Safinuationen, alle ohne Ausnahme m aus 33 jr
gear find, auch nur zu erwähnen. — Obiges
ärbigung biefer gegen mich unb einen edeln, von Et ent:
handelten Tobten (ehedem fen Kteunb!) verfuchten nstife, de
ten Boden durchaus ſchamloſe Ka unb beren Form *8
Poffenreißen- ift.
Berlin, fm San 188
Dr. W. biuas Fee,
38 -
-
”
Literariſcher Anzeiger.
(3u den bei 8. A. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.)
1833. Nr. IV.
La teils)
Diefer Literariſche Anzeiger wirb den bei $. A. Brockhaus in Leipzig erfcheinenden Beitfchriften: Blätter für litera⸗
riſche Unterhaltung, Iſis, fowie bee Allgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigelegt ober beigeheftet, und betra⸗
Soeben erſcheint bei mir und ift in allen Buchhandlungen
des Ins und Auslandes zu erhalten:
Srancedco Petrarca’d ſaͤmmtliche Canzonen, So⸗
nette, Ballaten und Triumphe, uͤberſetzt und mit er
Iäuternden Anmerkungen begleitet von Karl Sörfter.
Broeite verbeflerte Auflage. Gr. 8. 344 Bogen auf
feinem Drudpapier. 2 Thlr. 6 Gr, :
Eine gute Zugabe hierzu bildet:
Francesco Petrarca, dargeftellt von C. 2. Fernow.
Nebſt dem Leben des Dichters und ausführliden Aus:
. gabenverzeichniffen herausgegeben von Ludwig Hain.
1818. 8. 224 Boyen auf Schreibpapier. Fruͤherer
Preis 1 Thle. 12 Gr. Segt für 12 Gr,
Leipzig, im Februar 1833,
5. 4. Brockhaus.
Anzeige über die neueften Auflagen der Heyfes
[hen Sprachſchriften.
Sanover, im Verlage ber FIT n’fchen Hofbuchhandlung
° find neu erſchienen:
Theoretiſch⸗praktiſche deutſche Schulgrammatif,
oder kurzgefaßtes Lehrbuch der deutſchen Sprache, mit
Beiſpielen und Aufgaben zur Anwendung der Regeln,
von Dr. J. €. A. Heyſe. 10te verbeſſerte Ausgabe.
: &r. 8. 1832. 16 Sr.
Leitfaden zum gründlichen Unterricht in der bdeutfchen |
Sprache für höhere und niedere Schulen, nad) den
orößern Lehrbüchern der beutfchen Sprache von Dr.
3. € A. Heyſe. 9te verbefierte Auflage. Gr. 8.
1832. 6 Gr.
Die ausgezeichnete Brauchbarkeit dieſer Schulbücher ers
gibt ſich ſchon aus den öfter wiederholten und verftärkten Aufs
lagen, welche die ungemein große Verbreitung derfelben nöthi
machte. Die Schulgrammati® bat feit dem Sabre 181
nicht weniger als zehn, der Leitfaden feit 1821 neun vers
ſchiedene Auflagen erlebt, deren Peine ein unveränderter Abbrud
einer frühern, fondern jede mit Berichtigungen und Zufägen aus⸗
geſtattet ift, ſodaß diefe Werke in ihrer gegenwärtigen, durch
die große Sorgfalt des jegigen Herausgebers, Hrn. Prof. Dr.
K. Zeyſe in Berlin, fehr vervolllommneten Beftalt ges
wiß auen billigen Foderungen genügen. Anerfannte Borzüge
berfelben find große Klarheit, Saßlichfeie und Popularitaͤt
der Darftellung, verbunden mit wiffenfchaftliher Bründs
lichPeie, eine zwe Bige merbodiiche Anorönmg des
Kebrftoffes und Purchgängige' Beräcfichtigung des Draßs
tifchen durch einen reichen Vorrat von Beifpielen und
Vebungsaufgapen.
Als eine ſehr ſchatbare praktiſche Zugabe zu beiden obi⸗
gen Lehrbuͤchern ‚hat foeben bie Preſſe verlaſſen:
vuͤlfsbuch für den Unterricht in dee Deusfchen
gen die Infertionsgebühren für die Zeile 2 Gr.
Ausfprache und Rechtfchreibung ; auch als Stoff
zu Vorfchriften, nüslichen Verſtandes⸗ und Styluͤbun⸗
gen zu gebrauhen. Von Dr. 4. C. U. Heyſe.
Ein Anhang zu den Sprachlehren des Verfaflers. Neue
vermehrte und verbefferte Ausgabe. &r.8. 1833, 6 Gr.
Mit nit minderm Beifalle und Grfolge als bie obigen
Lehrbücher, ift von bemfelben Verfaſſer Herausgegeben, bas for
eben ſchon wieder in ber
Gten rechtmäßigen, ſihr vermehrten und verbeiferten Aus⸗
gabe erfchienene:
Allgemeine Fremdwoͤrterbuch
od
er
Handbuch zum Verſtehen und Vermeiden
der in unſerer Spiache mehr oder minder gebraͤuchlichen
Ausdruͤcke, mit Bezeichnung der Ausſprache, der Beto⸗
nung und der noͤthigſten Erklaͤrung
von Dr. 3. ©. A. eyſe.
2 Bünde. Gr. 8. 1882. Velin⸗Oruckpapier. 96 Bogen.
Preis 2 Thlr. 6 Sr.
_ Soeben ist erschienen und in alteu Bsch- und Kunst-
handlungen zu haben:
Schönheit und Gesang.
Grosses lithogr. Tableau, 19 Zoll breit,
26 Zoll hoch. Preis 16 Gr.
Entheltend die sehr ähnlichen Portraits der Damen
Seidier, Schechner, Schröder-Devrient,
Pirscher, Heinefetter, Fischer.in reizender
Gruppirung von Wolken umgeben und „Emblemen
der Musik. "
Dieses äusserst angenehme, schön ausgeführte Blatt
eignet sich sehr zu einer geschinackvollen Zimmerverzierung.
Es werden in Kurzem noch einige dergleichen Blätter
folgen. |
Leipzig. - Industrie- Comptoir (Baumgärtner).
Erſchienen ift und durch ale Buchhandlungen Deutſchlands
und ber Gchweiz zu haben: u
Rufenalmanad.
Eine Neujahrsgabe für 1833. Im Vereine mit 8,
Baur, 8. Bechſtein, Eduard Bernftein, 8. Blumauer,
K. Buchner, F. Baron de la Motte Fouqué, ©. Friede⸗
rih, A. Hungari, 8. W. Juſti, H. König, 8. Mad,
A. Moe, E. Müller, E. Münd, 2. Neuffer, A. Nod⸗
nagel, H. Dttenheimer, &. von Plönies, 3. B. Rouſſeau,
5. Rüden, P. Shlind, H. 3. Schlingloff, A. Schnetz⸗
(g, Ab. ımd A. Stoͤber, Wagner von Lauffenburg, J.
-
‚ von Weſſenberg, W. Wiegand, RL, With, 9.
. Zehner, Se. und ©. Zimmermann ıc., mit Compofis
tionen von W. Mangold, F. Neukaͤufler, Noch Jemand
und E. H. Rind x.
Herausgegeben
von
Heinrich Küngel und Friedrich Metz.
Taſchenbuchsformat, elegant gedruckt und gebunden. 360 Sei⸗
ten ftart, Preis 1 Thlr. 8 Gr., oder 2 51. 24 Kr.
worauf ich alle Freunde ber Poefie und fehönen Literatur auf⸗
merlfam made.
2 ber Kürze erfcheinen ferner In meinem Berlage:
Mittermaier, Geheimerath und Profeffor in Heiz
beiberg, Die Lehre vom Beweiſe im Strafproceſſe
nach, ihrer Ausbildung im deutſchen Berfahren und,
" dem beutfchen Gefegbüchern, in Bergleihung mit ber
Beweislehre im englifchen und franzöfifhen Procefle ıc.
Gr. 8.
Bimmermann, Ernſt, nach feinem Leben, Wirken
und Charakter. Ein Denkmal dee Liche und Dank:
barkeit von feinem Bruder Karl Zimmermann, großh.
heſſ. Hofdiakonus. Mit Ernft Bimmermann’s Por:
teait, geftochen von Ernft Rauch. Gr. 8.
Darmftadt, im Sanuar 1833.
FW. Heyer's Hofbuchhandlung.
Durd alle Buchhandlungen und Yoftämter ift zu beziehen:
Blätter für literarifche Unterhaltung. Redigirt unter Ver:
antwortlichkeit der Verlagshandlung. Jahrgang 1833.
Monat Januar, oder Nr. 1L— 31, mit 1 Beilage:
Nr. 1, 3 literarifchen Anzeigen: Nr. I—IL Gr. 4.
Dreis des Jahrgangs von 365 Nummern (außer ben
Beilagen) auf gutem Drudpapier 12 Thlr.
Leipzig, im Bebruar 1833.
F. A. Brockhaus.
uuuu uu u
Neuer Verlag von 2. E. Lanz in Weilburg.
Braun, Zoh., "Allgemeine Erdkunde. Gin Lehr⸗ und Leſe⸗
buch für Bolksſchullehrer, befonders im Derzogthume Naffau.
iftes Bändchen, enth. die mathemat. Erdkunde. 8. 8 Bogen.
8 Gr., ober 86 Kr. Rhein.
Briefe, Hiftorifhe. Veranlaßt durch Herren und bas
Archiv von Scloffer und Bercht. Gr. 8. 9 Bogen. Eleg.
beofh. 16 Gr., oder 1 EI. Rhein.
Drds, H., Sammlung mehrfiimmiger Ghoräle, Lieber und
Motetten von verfchiedenen Componiſten, für höhere Unters
richtsanftalten und Gingvereine, zunähft für das Herzogthum
Naſſau. Mit einer Vorrede von Dr. F. T. Friedemann,
iftes Heft. Gr. 8. 74 Bog. Seh. 1 Thir., oder I KL.
43 Kr. Partiepreis 16 Gr., oder 1 8L 12 Kr.
Gihhboff, Dr. N. G., Die Kirchenreformation in Naſſau⸗
Weilburg im ſechzehnten Zahrhundert. Mit einigen Urkun⸗
ben und ungedrudten Briefen von Luther, Melanchthon und
Scherf. Mit einer lithogr. Anſicht der Stadt Weilburg.
Gr. 8. 9 Bog. Geh. 20 Br., oder 1 8. 30 Kr. Rhein.
Sriebemann, Dr. 8. T., Das herzogl. naffauifche Landes:
gymnaſium zu Weilburg nach feiner jegigen Verfaſſung und
Verwaltung gegen einige Anklagen gerechtfertigt. Nebft Beis
lagen und zwei lithogr. Zeichnungen. Gr. 8. 15 Bog.
Gieg. brofh. 22 Gr., ober 1 ZI. 30 Kr. Rhein.
Aub unter dem Titel: -
— —, Beiträge zur Vermittelung widerſtrebender Anſichten über
Verfaſſung und Verwaltung deutfcher Gymnaſien. 2tes ‚Heft.
SZung, ®., Flora des Herzogthums Naſſau, oder Verzeichniß
ber im Herzogthum Naſſau wildwachfenden Gewaͤchſe, ag
gleich ats Leitfaden beim tinterriht auf Gymnaſten und P&
dagogien. Gr. 8. 35 3— 2 Ihle. 8 &r., ober 4 Fl. Rhein.
Kirebs, B.,* Lectiones Diodoreae, partim criticae, partim
historicae, emendantur passim aliorum scriptorum loci pla-
rimi. 8 18 Bog. 1 Thlr., oder 1 Fi. 48 Kr. Rhein.
Lanz, K. F. W., Lateinifches, Lefebuch für die untern G!affen ber
Gymnaſien. Gr. 8. 214 Bog. 18 Gr., oder 1 Fl. 12 Kr. Rhein.
Rider, Dr. 8. %., Lehr: und Handbuch der Geburtshuͤlfe für
Hebammen. Gr. 8. 22 Bog. 1Thlr. 4 Gr., ober 2 Fl. Rhein.
Im Berlage der unterzeichneten Buchhandlung erfcheinen
im Laufe biefes Jahres auf Subfcription:
Theodor Körner’3 fümmtliche Werke,
Im Auftrage der Mutter des Dichters herausgegeben
und mit einem Vorwort begleitet
von
Kari Streckfuß,
Tönigl. preuß. geb. Oberregterungdrathe.
Vollſtaäͤndige Gefammtausgabe
in Einem Bande.
(Im Gormat und Drud ber befannten ſchoͤnen Ausgabe von
Schillers ſaͤmmtlichen Werten in Einem Bande
_ ähnlich.)
‚Die vorgenannte Ausgabe wird außer Demjenigen, was bes
reits Öffentlich bekannt ift, mehre noch ungedbrudte Ge»
dichte, Novellen, beendigte dramatifche Arbei⸗
ten, einige intereffante Bruhftüde, Briefe des
Dichters aus ben legten Zahren bis zu feinem
Tode, auch mehre Briefe Goͤthe's über ihn und
feine Arbeiten, enthalten. .
In der Hoffnung auf einen recht zahlreichen Beitritt zur
Bubfcription, werden wir den Preis fo billig als möglich flels
ien, und wir glauben ſchon jegt verfichern zu können, daß ders
felbe die Höhe von 2 Thlr. preuß. Gour. nicht überfleigen
werde. Die bis jept bekannt gemorbenen eingeinen Schriften
des Dichters Eoften zufammen 4 Thlr. 16 Gr.; es wirb dems
nach die hier angefündigte neue Gefammtausgabe, bei
allen innern und äußern Vorzügen, noch um bie Hälfte
„billiger fein!
Ausführliche Ankündigungen unb Proben ber Ausftattung
‚werben in Kurzem burdy alle Buchhandlungen zu erhalten fein.
Berlin, im Februar 1833.
N icola iꝰ ſche Buchhandlung,
Um Colliſionen zu vermeiden
zeige ich an, daß ſich mehre ſehr geſchaͤzte geographiſche Schrift⸗
ſteller auf meine Auffoderung vereinigt haben, um von dem
eben in Paris erſchienenen „Abrégé de g&ographie par Balbi”,
eine beutfche, mit ben nöthigen Berichtigungen ausgeftattete
Ueberfegung in meinem Berlage erfcheinen zu laffen. Sch Hoffe,
biefelbe vor Ende bes Jahres in den Buchhandel zu bringen.
Wien, im Februar 1833.
. Anton Straußs fel. Witwe.
(In Sommiffion bei Friedr. Boldmar in Leipzig.)
I }
Im Verlage von 3. D. Sauerländer in Frank⸗
f urt am Main erfcheinen auch für das Jahr 1883 folgende
Zeitſchriften:
*
Allgemeine
Forst: und Jagvzeitung.
Herausgegeben vom Forſtmeiſter Behlen.
Diefe Zeitfehrift erfreut ſich in ihrer jegigen Anorbnung
und neuen typographiſchen Ausftattung bed allgemeinften Bels
falls. Bereits haben fig dem erneuerten Beitritt ber ausge
zeichnetften frühern Mitarbeiter, neue angefchlofien aus allen
Gegenden Dentſchlands und ber Sqchweiz. Hierdurch um fo
—
mehr aufgemuntert, werden Redactlon und Verlagthandlung
gleich bemuͤht ſein, derſelben die Gunſt der Leſer zu erhalten.
Die bereits erſchienenen Monathefte der neuen Folge, Octo⸗
ber bis December 1882 (à“l Thlr. 4 Gr., ober 2 FI. 6 Kr.)
und Sanuar 1883 (per Jahrgang zu 12 Monatheften a 4 Ihir.
16 Gr., oder 8 51. 24 Kr.) find durch alle Buchhandlungen zu
erhalten; bei näherer Anficht wirb man ſich von der Gediegen⸗
beit der Aufläge, der zweckmaͤßigen Anorbnung und geſchmack⸗
vollen äußern Ausftattung überzeugen. Diefen 4 Wonatheften
find beigegeben 2 lithograppirte Zeichnungen, 8 große Zabellen,
Intelligenzblatt und Regifter zu October bis December 1832,
Auf jedem Umſchlag wird der Inhalt des einzelnen ‚Heftes ans
gegeben, und bem Decemberheft regelmäßig das Regifter über
den ganzen Zahrgang beigefügt. Jede Buchhantlung wird bie
esften vier Hefte gerne zur Anficht liefern.
Erholungsstunden.
Zeitſchrift fuͤr gebildete Xefer. Herausgegeben von
Georg Ddring.
Hebaction und Verlagsbandlung waren bemüht, neue Mits
arbeiter, wie Belani, Ludwig Storch und Andere,
für den laufenden Jahrgang zu gewinnen und von Seiten ber
Berlagshandlung wurde auch nody für eine ſchoͤnere typographis
ſche Ausftattung geforgt. — Der Jahrgang von 12. Heften a
5 Thlr., oder 8 Fl.
Wir zeigen hiermit an, daß auch nad) bes bisherigen
Derausgebers, des Dr. 3. Er. Pierer’s Tode, die in unferm
Verlage crfcheinende
Allgemeine
meditiniſche Zeitung
mit
Beruͤckſichtigung des Neueften und Intereffanteften ber
allgemeinen Naturkunde
(als Sortfegung der Allgemeinen medicinifchen Annalen
des neunzehnten Jahrhunderts)
von dem Hrn. Dr. 8. Pabſt, praktiſchem Arzte in Altenburg,
welcher ſchon zu dem vorigen Zahrgange Beiträge lieferte, in dem:
felben Geiſte und derſelben Form wie bisher, fortgefegt werden wird.
Der äußerft billige Preis diefer wöchentlichen Zeitfchrift, für
den Jahrgang von 108 Bogen, ift nur 6 Thlr. 16 Sr. Saͤchſ.
Es bedarf Feiner befondern Ermähnung, daß biefe Zeit:
frift ihrer Beftimmung gemäß: von Allem und Jedem,
was in näherm Bezuge zur Heillunft und Heilkunde fteht (Ho⸗
mödopathie ift natürlich nicht ausgefchloffen), baldige nähere und
umfaffende Notizen mitzutheilen, einzig in ibrer Arc unter
der großen Zahl von mebicinifchen Zournalen daſteht.
Altenburg, Januar 1833.
giteratur= Comptoir.
Im Verlage der Unterzeichneten erſcheint feit Anfang 1833
und iſt durch alle refp. Buchhandlungen zu beziehen:
„Der Humoriſt.“ Eine MWochenfchrift zur Befoͤrde⸗
rung guter Zeit, herausgegeben von C. Geisheim.
8. Preis für den Jahrgang 2 Thlr. 16 Gr.
Der Herr Herausgeber, bereits feit 12 Jahren als Redac⸗
teur des „Hausfreundes in Breslau ſowol wie überhaupt in
Schlefien vortheilhaft bekannt, fellt fidy bei dem Austritte aus
dem bisherigen ftillern Kreife des Haufes in bie große Welt die
Aufgabe: in Bildern, Anfichten und Mittheilungen Grheiterung,
Seelenfrieden, Herzensfreuden, Geiſtesbewegung, gluͤckliche Wuͤr⸗
digung der Thorheit und Wahrheit, Luſt und Liebe zum Leben
und menſchenfreundlichen Wirken den Leſern als die ſchoͤnſten
Gefaͤhrten der guten Zeit zuzugeſellen.
Graß, Barth und Comp. in Breslau.
Anzelge für Gartenbeſtter, Blumenſcrunde und Gärtner.
Durch alle Buchhanblungen find die beiden folgenden, ruͤhm⸗
—* nnltR, doͤchſt reihhaltigen und praftifchen Werte
zu beziehen:
1) Vollftändiges Handbud |
der
Blumengärtnerei,
oder genaue Befchreibung von mehr als 4600 wahren
Zierpflanzenarten, mit Angabe des Vaterlandes, der Bluͤ⸗
tezeit, der vorzüglichften Synonyme u. f w. Alphabetiſch
geordnet und mit deutlichen, auf vieljährige Erfahrungen
gegründeten Culturanweifungen, fowie mit einer Einleitung
über alle Zweige ber Blumengärtnerei, einer foftematifchen
Meberfiht nad) Linns und Zufiieu und einem vollftändigen Re:
gifter der deutſchen Ramen und der Synonyme verfehen. Mit
befonberer Rüdfiht auf bad norddeutfche Klima und auf
3immerblumenzucht bearbeitet
von
J. .$. m. 2 o f f e 14
‚ großberzoglich oldenburgiſchem ãA u. ſ. w.
2 Theile. Hanover in ber Hahn’ ſchen Hofbuchhandlung.
73 Bogen in gr. 8. 4 Thlr.
2) Der Blum enfreund,
r
faßliche, auf vieljaͤhrige, eigne Erfahrung gegruͤndete An⸗
leitung zur Behandlung der Zierpflanzen,
ſowol in Zimmern, Gewaͤchshaͤuſern, Behältern u. ſ. w.
als auch im Freien, nebſt deutlicher Beſchreibung einer
großen Anzahl der beliebteſten und“fchönften, theils auch der
neueften 3ierpflanzen, welde minder wohlbabmde Blu⸗
menfreunde leicht zu gultiviven im Stande find.
n-
1)
. F. mw. Boffe.
Gr. 8. Daſ. Geh. 1 Ihr. 8 Sr
Bei X. W. Unzer in Königsberg ift erſchienen und
in allen Buchhandlungen zu haben:
Tobias. Eine idylliſche Erzählung in drei Gefängen
frei nach der heiligen Urkunde von Dr. Eduard Heis
neL Geh. 124 Sgr. (10 &)
Der befannte Verfaffer bietet Hier dem Yublicum ein Buͤch⸗
lein, welches den Freunden feiner Mufe gewiß ebenfo willkom⸗
men fein wirb als den Freunden religidfer Erbauung, Wenn
auch bie Erzählung von bem frommen, vielgeprüften Tobias
bem größern Theile des Yublicums hinreichend bekannt fein
bürfte, fo erhält diefelbe dennoch, durch die poetifche Ginklels
dung, worin fie bier. erfcheint, ein neues Interefle und mancher
Leidende wird gewiß getröfleter und erheiterter das Büchlein
aus bee Hand legen. Ganz befonbers kann baffelbe zu einem
paffenden Geburtstags s, Weihnachts⸗ oder Ginfegnungsgefchente
für Zünglinge und Zungfrauen empfohlen werben.
Bei Ludwig Dehmigke in Berlin, Burgſtraße Ar.B,
an ber langen Brüde, ift erfchienen:
Willdenow, Dr. C. L., Anleitung zum Selbststn-
dium der Botanik, ein Handbuch zu öffentlichen
Vorlesungen. 4te vermehrte Auflage, mit Kupfern.
Nach der vom Geh. Rath Link besorgten 3ten Auf
lage herausgegeben von Dr. A. Dietrich. 1832.
Gr. 8. Preis 2 Thlr.
Die Brauchbarkeit des dorftehenden Werts, bereits b
drei Auflagen außer Zweifel gefegt, if in ber vierten babu
noch um Vieles erhöht worten, baß ber Herausgeber auf das
natürliche Pflanzenſyſtem gebüprende Küdfiht genommen, bie
[
Charaktere der Gattungen und & ber Arten beeiähtigt,
und alles, für bie Zugend Anftößige baraus entfernt bat. Ueber⸗
Dies muß erwähnt werben, baß die Zahl ber in ber jegigen Auf:
lage befchriebenen Species ſaſt um das Doppelte vermehrt wor
den if, ſodaß man kaum eine Pflanze von irgend einem Ins
texeffe darin vermiſſen wird.
Es laͤßt ſich ſonach mit Beſtimmtheit erwarten, daß diefes,
nicht nur fuͤr angehende Aerzte, Wundaͤrzte und Apotheker, ſon⸗
dern fuͤr jeden Anfaͤnger in der Botanik uͤberhaupt beſtimmte
Wert, in feiner gegenwärtigen Geſtalt, eine guͤnſtige Aufnahme
finden werde, und möchte fi) baffelbe zur Ginführung in Lehr⸗
anftalten durch feinem zwedmäßigen Inhalt und billigen Preis
vor vielen andern Handbuͤchern gang befonbers empfehlen.
||
” Bei mir iſt foeben erſchienen und durch alle Buchhandlun⸗
gen zu beziehen:
Voigt (Johannes), Das Leben des koͤnigl. preuf.
Staateminiftere Sriederih Ferdinand Alerans
der Meih6:Burggrafen und Grafen zu Dohna⸗
Schlobitten. Gr. 8 Geh. Gr. - \
Leipzig, im Februar 1833.
F A. Brockhaus.
ee TUT U)
Sn Sommiffioen bei A. W Unzer in Königsberg ift
erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
Flora Prussica,
Abbildungen fänmtlicher, bis jegt vorgefundenen Pflans
jen Preußens, herausgegeben von Dr. C. ©. L'o⸗
vet. Zwölf Hefte mit ilum. Kupfern und einem
Hefte Text, in Royaloctav. Preis 25 Thlr.
Die zablreihen und ohne Ausnahme günftigen Recenfionen
des vorftehenden Werts in den geachtetſten Zeitſchriften würben
eine neue Anzeige beffelben üderfläffig machen, wenn es nur
für Gelehrte deſtimmt wäre. Da e6 aber namentlich auch für
Anfänger und Dilettanten in der Botanik von Wichtigkeit ift,
fo fehe ich mich verantaßt, hier zu wiederholen, was ich bereits
an einem andern Ort ausgefprodyen habe: daß der Habitus ber
Pflanzen in den Lorek'ſchen Abbildungen fehr gut dargeſtellt ift,
und daß fie nicht nur in Preußen, fonbern aud im ganzen
nördlichen Deutfchland, ſowie in den ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen,
welche fämmtlich eine ähnliche Flora haben, die Kenntniß vater:
Iändifcher Pflanzen zu verbreiten in hohem Grabe geeignet fint.
‚ ich kenne kein anderes Kupferwerk, welches zu gebachtem
wede in den erwähnten Ländern gleidy brauchbar und zugleich
u fo mäßigem Preife zu erhalten wäre. Auch höre ich von
Km, die in meiner Nähe das Merk befigen unb benugen, daß
fe ſich dadurch in Grmangelung einer größern botanifchen Bis
vᷣliothek wefentiich gefördert fehen. '
Königsberg, im December 1832.
Prof. Dr. Ernft Meyer.
Im Verlag bes Unterzeichneten ift nunmehr vollftändig er:
ſchienen und zu ben beigefegten Preifen in allen Buchhandluns
gen zu haben: - ,
Corpus poetarum latinorum,
uno vol. absolutum. Cum selecta varie-
tate lectionis et explicatione brevissima,
'edid. Dr. G. E. Weber. 95 Bog. Royal 8. Cart.
Auf weiß Druckppr. 12 Fl., oder 6 Thlr. 18 Gr.
Auf fein Belindrudppr. 15 Fl., oder 8 Ihle. 12 Er.
(Die frühern Gubfcriptionepreife find hiermit erloſchen.)
.. Dieſe Sammlung ber r8miſchen Dichterwerke
bedarf, ihrem Inhalte nach, keiner weitern Empfehlung. Der
Herausgeber uͤbrigens, als tuͤchtiger Philolog bekannt, hat die
‚beten Editionen dem Abdruck zum Grunde gelegt, bie Werte
der 23 Dichter mit einem fortlaufenden Eritifchen und erklaͤren⸗
— — — —
v
den Sommentare verfehen, und bie Biographien ber Autoren,
fowie ausführlidge literariſche Notizen über die verfähiebenen
Ausgaben ihrer Werke, beigefügt. Der unterzeichnete Verleger
bat feinerfeits für fhönen Drud und hoͤchſte Gorrectheit Sorge
getragen, und glaubt baher die nun vollftändige Werl mis
Recht der Theilnahme des Publicums empfehlen zu bürfen.
Brantfurt a. M., im SIanuar 1833,
Heine Ludw. Broͤnner.
(Wohlfeile Taschenbücher; alte Jahrgänge.)
VIELLIEBCHEN,.
Historisch-romantisches Taschenbuch von A. von Trom-
litz. Wir haben die frühern fünf Jahrgänge dieses
Taschenbuchs, jedes enthält 8 Kupfer (oder Stahl-
stiche), 1828, 1S29, 1830, 1831, 1832 im Preise
herabgesetzt und verkaufen sie zusammen genommen
mit 2 Thir. 16 Gr. Allein genommen den Jahr-
gang 1829 à 12 Gr. — 1830 u. 1331 à 15 Gr,
1832 à 1 Thlr. 6 Gr., wofür sie in allen Buch
handlungen zu haben sind.
Industrie- Comptoir in Leipzig
(Baumgärtner)
EEE
Berlin, im Verlage von Duncker und Humblot
ist soeben erschienen und in alien Buch- und Kunsthandlun-
gen des In- und Auslandes zu haben:
Sammlung architektonischer Entwürfe von Schinkel,
enthaltend theils Werke, welche ausgeführt sind,
theils Gegenstände, deren Ausführung beabsichtigt
wurde, bearbeitet und herausgegeben von Schin-
kel. Neunzehntes Heft, 3 Thlr.
Auch mit dem Titel:
Sechs Entwürfe zu einem Denkmale für Friedrich dem
Grossen; entworfen und herausgegeben von Schin-
kel. 3 Thir.
Sn ber J. ©. Gotta’fhen Buchhandlung in Stott⸗
gart und Tübingen ift foeben erſchienen und durch alle
Buchhandlungen zu beziehen:
Topographische Karte von Würtemberg, nach der neuen
Landesvermessung im —— Massstabe. Nr. 9 oder
Schichte IX. No. 6, enthaltend: Biberach, Buchan,
Waldsee; und No. 10 oder Schichte XI. No. 5,
enthaltend: Friedrichshafen. Ladenpreis 2 Fl. 8 Er.
Subscriptionspreis 1 Fl. 12 Kr.
Die früher erfchienenen Blätter enthalten: Nr. 1. Tuͤbin⸗
gen; Nr. 2. Urach; Nr.8. Blaubeuren; Nr. 4. Bahlingen; Nr 5.
Saulgau; Nr.6. Ehingen; Nr.7. Ulm, und Nr. 8. Wilhelmelird,.
eh TFT a NN
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten:
Converſations⸗Lexikon
er
neueften Zeit und Literatur
| Eifteg Heft.
Heidegger bis Zuſſein.
Jedes Heft Eoftet
auf weißem Drudpapler 6 Gr.,
auf gutem Schreibpapier 8 Gr.,
auf ertrafeinem Velinpapier 15 Gr.
Leipzig, 20. Sanuar 1833.
Ä % A. Brockh aus.
— — — — —
LSiterariſcher Anzeiger.
(Zu den bei 3. %. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitſchriften.)
1833. Nr. V.
Diefer iterarifhe Anzeiger wird den bei F. X. Brodhaus in Leipzig erfcheinenten Zeltfchriften: Blätter für literas
riſche Unterhaltung, Iſis, fowie der Allgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigelegt oder beigeheftet, und betra:
gen bie Infertionsgebühren für bie Zeile 2 Er. ”
Ankündigung
Einlabung zur Sußfrription.
Die
europaͤiſchen Verfaffungen
feit dem Jahre 1789
Ä bis
auf die neuefte Zeit.
Mit gefchichtlichen Einleitungen und Erläuterungen
Karl Heinrich Ludwig Pölit;.
Zweite, neu geordnete, berichtigte und. ergänste
Auflage.
In drei Baͤnden.
Erſter Band, die gefammten Verfaſſungen des deutſchen
Staatenbundes enthaltend.
Zwei Abtheilungen.
Gr. 8. 782 Bogen auf gutem Druckpapier. Subſerip⸗
tionspreis: 4 Thlr. 20 Sr.
Beipzig, bei 8. A. Brodhans.
Unter dem Zitel: ‚Die Gonftitutionen ber europäifcken
Etaaten feit ben legten 25 Jahren”, gab Herr Geheimrath und
Profeſſor Pdlid zu Leipzig in ben Zahren 1817—25, body
ohne damals fi zu nennen, bei bem unterzeichneten Verleger
ein Werk in vier Bänben heraus, das bie gefammten neuen eus
ropäifgen Berfaffungen feit ber franzöfifchen evolution bis
zum Sahre 1824 umſchloß. Das in den legten Sahren neu er
wachte Intereſſe für conflitutionnelles Leben hat den Vorrath
der erften Auflage bald erfchöpft; Herausgeber und Berleger
beabfichtigen daher jegt eine zweite, neu geordnete, bes
rihtigte und bis zum Sabre 1832 fortgeführte
‚ Auflage erfcheinen zu laffen. Die neue Anorbnung bed
Werkes beruht darauf, daß bie einzelnen Reiche und Staaten
nad ihren Berfaffungen aufeinander folgen, ſodaß 3. B.
ſaͤmmtliche Verfaſſungen innerhalb des beutfchen Bundes, fowie
fümmtlidhe in Frankreich, den Niederlanden, Polen ꝛc. nach⸗
einander ins Leben getretene Berfaffungen auch unmittelbar
nacheinander dargeftellt werben. Die Berihtigungen wer:
ben theild bie gefchichtlichen Ginleitungen, theild bie Reviſion
bes abgedruckten Textes betreffen. Die Ergänzung endlid
ift dafür beftimmt, daß alle Teit dem Jahr 1824 erfchienene
Berfoffungsentwürfe und Verfaſſungen bis zum Jahr 1882,
auf gleiche Weife wie in ber erſten Auflage, mit gefdichtlichen
Einleitungen bevormwortet werben follen. Die nad bem been
digten Drude eines Bandes erfcheinenden Verfaſſungen follen
\
entweber beim britten Bande ober in Supplementheften nd
geliefert werden. Die amerikaniſchen Verfaffungen werden ſpaͤ⸗
ter, foba'd das conftitutionnelle Leben in ben neuen Staaten
dieſes Erdtheils feft begründet fein wird, erfcheinen.
Durch eine veränderte Oruckeinrichtung — für die Einlei⸗
tungen, für die beftehenben und für die erlofchenen Verfaffungen
werden breierlei Lettern genommen — wird es möglidy wer:
den, die geſammten bereits in bie erfte Auflage aufgenommenen,
wie die neu erfdhienenen Verfoffungen in drei Bände zuſam⸗
menzudrängen, von denen der erfte
die fämmtlichen erlofchenen und beftehenden Berfaffungen
bes deutſchen Staatenbunbes
enthalten wird, worauf im zweiten Bande
die franzoͤſiſchen, italieniſchen, nieberländi:
Then, ſpaniſchen und portugiefifchen,
und im britten
bie übrigen neueuropäifchen Verfaffungen (Polens,
Schwedens, Norwegens, Griechenlands :c.)
folgen follen.
Ueber die Wichtigkeit biefed Werkes für Staatsmaͤnner und
Landtagsdeputirte, das in ber zweiten Auflage, die wir hiermit
ankündigen, alle erloſchene und beftchende Werfaffungen enthält,
ift es überflüffig, etwas zu bemerken, und der berühmte Name
des Herrn. Herausgebers bürgt bafür, daß bie fo wefentlichen
geſchichtlichen Einleitungen befriedigend abgefaßt fein werben.
Der unterzeichnete Verleger rechnet auf. eine große Theil:
nahme des Publicums; ber Bogen wird daher im Subſcrip⸗
tionspreife nur. 14 Gr. Eoften. Der erfte Band erfdeint
foeben und die übrigen zwei Bände werben im Laufe bed Jahres
beenbigt werben.
Sn allen Buchhandlungen bes Sn: und Außs-
landes wirb Subfcription angenommen.
Leipzig, im Bebruar 1883.
5% Brockhaus.
Bei Craz und Gerlach in Freiberg find erfchlenen
und durch alle Buchhandlungen zu erhalten:
Freiesleben's, 3. E., Magazin für die Oryktographie
von Sachſen. Ein Beitrag zur mineralogifchen Kennt⸗
niß diefes Landes und zur Gefchichte feiner Mineralien.
5tes Heft. Broſch. 22 Gr. Preis des Iſten bis
Aten Heftes 3 The. 12 Gr.
Lampadius, W. A., Ueber den Schwefelalfohol, nam:
lich über deſſen Entdedung, Zubereitung und Eigen:
fhaften, vorzuglich Uber deffen Anmendung in der Arz⸗
neikunde. Zweite, mit neuen Erfahrungen bereicherte
Auflage. Broſch. 6 Sr. |
Jahrbuch für den Berg: und Hüttenmann auf dad Fahr
1833. Herausgegeben bei der koͤnigl. Bergakademie
zu Freiberg. Broſch. 46 Gr.
Freiberg, den liten Februar 1838,
| Graz und Gerlad.
[2
Anzeige für das deutſche Leſepublicum.
Von den
Leipziger Kesefrüchte.
in den beſten literzruͤcen Fruchtgaͤrten des In⸗ und
Auslandes.
Herausgegeben
von
o
Dr, tarl Greif.
— auch für 1833 in Leipzig regelmäßig alle Wochen
zwei Bogen in gr. 4. auf weißen Drudpapier. Der billige
Preis eines Quartals iſt 1 Shlr. 6 Gr., wofür es von allen
Poſtaͤmtern, Buchhandlungen und fonfligen literarifchen Inſtitu⸗
ten Deutfchlande und ber angrenzenden Länder zu beziehen if.
Da bie Lefefrühte eine Ausmahl bes Beften aus cis
nee Menge von Büchern und Journalen enthalten, fo möchten
fie unftreitig wol die anziehenbfte und geiſtreichſte Lecture für
alle Stände bilden. Um ben Reichthum ber Wittheilungen ans
zubeuten, folge Hier Lie Angabe eines Theils vom Inhalte der
erfien 4 Wochenlieferungen des zweiten Jahrgangs für 1833,
Snbalt der erfien 8 Nummern.
a) Die Eingemauerte. Erzaͤhlung in Briefen von Joh.
Grafen von Mailath. b) Das Stiergefeht in Aranjuez. c)
Molord Shirley als Scharfrichter. d) Begräbniffe in Reufees
land. e) Sklaverei in England, f) Kaifer Paul's nächtliche
Jagd in Chautilly. g) Jordan, ber Volksmann; eine biogras
phifche Skizze. bh) Die Naturtöne und ihr Werhältniß zur
Muſik. D Die Beſtechung bes Himmels. k) Der elegante
Jude. 1) Leben in London. m) Geremonie bei Pafflrung bes
Wendekreiſes. n) Die Rache in Balkavargna. Gine Novelle.
o) Ein Zagbabenteuer in den Bergen ber Fuvergne. Erzaͤh⸗
lung aus Forget me not, 1833. p) Die Entfuͤhrung einer
Nonne. q) Das Schwedenloch, ober bas aufgefunbene Skelett
aus bem dreifigjährigen Kriege.
@. 9. 8. Hartmann in Leipzig.
m vvvv⸗
Bei Goedſche in Meißen if erſchienen und in allen
Buchhandlungen ht haben:
Deitreih wie es tft.
Gemälde von Hans Normann.
2 Bande, Pr. 2 Thlr. 20 Gr., auf Belinp. 3 Thlr. 8 Sr.
Der Berfaffer, ein ausgewanderter Deftreicher, ber bie
innen Berhältniffe feines Vaterlandes genau kennt und freimuͤ⸗
tbig wuͤrdigt, gibt in biefee hoͤchſt intereffanten Schrift ein
treues Gemälde dieſes merkwürdigen Staats und Auffplüffe
über bie no immer im Auslande verfannte Lage ber Propins
zen, bie Volksbildung, öffentliche Meinung und ſtatiſtiſchen Ber:
hältniffe, welche bisher geheim gehalten wurden. Angiehenbe
Drſteilung und gewanbdter Styl, verbunden mit der fletö her |
vertretenden intereflanten Gubjectivität des Verfaſſers, kuͤhner
Humor und ebles Gefühl, find die Merkmale diefer außerordent⸗
lien Grfcheinung.
Der erſte Band enthält: ’
Die oͤſtreichiſchen Länder und Voͤlker
Prognoſe. Gemaͤlde von. Deſtreich. Tirol. Steiermark. Graz.
Juyrien. Trieſt und ber öftr. Seehandet. Das lombardiſch⸗
venetianiſche Koͤnigreich. Boͤhmen. Mähren und Schleſien.
Galizien. Ungarn. Die dſtreichiſche Armee.
Der zweite Band enthält
Wie es if.
Geſchichte dee Entſtehung Wiens. Topographiſches Bemälbe.
Der E. k. Hof. Kaifer Franz und Karoline. Erzherzog Jo⸗
hann. Der Herzog von Reichſtadt. Der Abel. Deffenzliche
Stimmung. Geiflesthätigkeit. Die dfir. Literatur. Die
er Literatoren. Die geheimen Literatoren. Die gelehrten
Aroddeln. Die Univerfität. Die Police. Gharaftergemälbe,
Das ſchoͤne Geſchlecht. Krankpeiten. Kleldertrachten. Rabs
sung. Die wiener Mundart. Bollepoeſie. Kunfk und Kunft:
fin. Wiener Volkslieder. Der Yöbel. Zitel. Freudenmäd⸗
en. Theater. Der Faſching. Ballrevne. Abenbunterhals
tungen in Privatgefellfpaften. Gpaziergänge. Das Lerchen⸗
feld. Ottakraͤn. Die Keller in Wien. Der Wurfliprater,
noble Prater, Augarten, Brigittenau.
Der TShierarzt
als Rathgeber bei allen Krankheiten ber Pferde, Rinder,
Schafe, Biegen, Schweine, Hunde, Katzen unb bes
Seberviches.
Ein Handbuch zur Belehrung für Landwirthe und VBiehbejiger
jeher Art von
Dr. & % Schrader.
2 Theile. 520 Seiten. Geh. 4 The. 20 Gr.
Landwirthe, Pferdes und Biehbefiger aller Art finden darin
ein vollftändiges Handbuch, in welchem fie über alle
bei ihrem Viehe vortommenden innerlihen und Außerlis
hen Krankheitszufäle, deren Zeichen, Vorboten, bie Mittel,
ihnen vorzubeugen, ober im Keime zu erſticken, ober beim voͤlli⸗
gen Ausbruche zu heilen, Belehrungen erhalten, um bas, ſchon
wegen vielen Koften nicht ausführbare, Herbeiholen entfernt
wohnender Ihierärzte erfparen zu können. — Bel einem foldyen
Wegweifer Tann überhaupt Jeder mit eignen Augen fehen,
ſeldſt urtheilen, und braudt fi auch nicht unwiffenden
Pfuſchern anzuvertrauen. Doppelte alphabetifche Regifter über
die Kmnkheiten und bie dagegen an en Mittet und
Recepte erleichtern den Gedrauch bes’ Buches,
Terpſichore,
oder Muſeum der neueſten Modetaͤnze.
Eine miuſikaliſche Zeitſchrift für mittiere Pianoforteſpieler.
Herausgegeben von J. Haͤuſer.
1833. 5ter Jahrgang in 6 Heften. 1 Thlr.
Jeder Zahrgang bdiefer mit fo vielem Beifall ſchon feit
5 Jahren aufgenommenen muſikaliſchen Zeitſchrift enthält an
120 der neueften beliebteften Tänze für einen fehe geringen Preis.
Allgemeine
Weltgeſchichte in Bildern,
Bildergalerie zur Weltgeſchichte
von den fruͤheſten Zeiten bis zum Jahre 1832.
Nebft einem
Lehrbuche der allgemeinen Weltgefchichte
und erfäuterndem Zerte zu ben Abbildungen.
iftes Heft ſchwarz 4 Gr., illuminirt 8 Gr.
Diefelbe Ausgabe ohne bad Lehrbuch ber
Weltgeſchichte
1ftes Heft ſchwarz 3 Gr., illuminirt 7 Er.
Letztere Ausgabe ift befonders für Diejenigen be
ſtimmt, weiche ſchon im Beſitz einer Weltgefchichte find.
Bei der jest ſtets rege vorwärts ſchreitenden Bilbung aller
Stände findet namentlih das Stubium ber Gefhidhte
immer mehr Freunde und Anhänger, und verdient bies bei fei-
nee großen Wichtigkeit in Bezug auf geiftige Freiheit unb Aufs
Märung. — Das Auffaffen und Feſthalten geſchichtli
fachen und Erzaͤhlungen wisd durch bildliche Darftellung berfels
ben bem Gedaͤchtniß fehr erleichtert, um fo mehr wirb allen
Freunden biftorifcher Lecture, forwie der Jugend biefe Bilder⸗
galerie willfommen fein, worin, nach Auswahl eines fehr geadhe
teten Lehrers der Geſchichte, die Hauptmomente berfelben bild⸗
lich dargeſtellt werben.
⸗
-
Jedes Heft beider Ausgaben enthält nebſt Text & ganz
vorzüglich gezeichnete und lithographirte Abbildungen auf ſchoͤ⸗
ned Belinpapier. Das Ganze wirb ungefähr aus 20 Heften
beſtehen unb alle 2 Donate ober 6 Wochen ein ‚Heft erfcheinen.
Muſikaliſches Lerikon,
ober Erklärung und Verdeutfchung ber in der Muſik vor⸗
kommenden Ausdeüde, Benennungen und Fremdwoͤrter, mit
Bezeichnung ber Ausfprache, in alphabetiſcher Drönung.
Gin unentbehrliches Hand» und Hülfsbuh für Muſiklehrer, Or⸗
ganiften, Cantoren, ſowie für angehende Muſiker, und überhaupt
alle Sreunde ter Muſik, welche ſich über bie Ausdruͤcke in ber
Muſik zu belehren, das Nöthigfie von den Zonwerkzeugen zu
wiffen und das Wichtigſte von den vorzüglichfien Tonfegern und
Zonfünftiern ber letzten Zeit zu erfahren münfchen,
von I. ©. ufer.
Bioelte verbefferte und fehr vermehrte Auflage. Gr, 8.
Sch. 2 The. 4 Br.
Dieſes mufllalifhe Wörterbuch zeichnet fih durch feine
Reichhaltigkeit und Bollftändigkeit in der Anzahl der Artikel
und duch Mare Darftelung und Erklaͤrung derſelben aus. —
Nicht jeder Wufiliebhaber kann ſich große, theure Werte an
ſchaffen; es war daher ber Zweck bed Verfaſſers, biefen zu ſehr
billigem Preife ein’ Werk zu liefern, was in gebrängter Darftels
Iung Alles enthält, was größe Eoftfpielige Werke barbieten.
Bei Eduarb Anton in Halle ift erfchienen und in als
len Buchhandlungen zu haben: '
Dorom, Dr. Hofr., Altes Grab eines Heerfuͤh⸗
vers unter Attila, entdeckt bei Merfeburg. Mit
2 großen Steindrudtafen. 8. 12 ©r.
Bernbarby, ©, Dr. Prof, Grunblinien zur
EncyElopädie ber Philologie. Gr. 8. 27 Bo:
gen. K Bylr. #2 St.
Schlieben, W. E. A. v., Kammermth, Staatengeo:
grapbie der Länder und Reihe von Europa,
oder Weberficht bes Lebens und Wirken der Völker in
den einzelnen Staatsverbindungen. Gr. 8. 50 Bo⸗
gen. 1 Thlr. 12 ©r.
Geſchichte des alten Griechenlandd.
Kür das wichtige Etubium ber Befchichte des alten Gries
chenlands ift nadhfolgenbes, aus den beften Quellen bearbeitetes,
wichtige Werk im Verlage bes Unterzeichneten kuͤrzlich erichienen :
Geſchichte des alten Griechenlands. fer Bd.,
enthaltend die Altefte Geſchichte bis zu der fogenannten
Wanderung der Deralliden. 2ter Dd., enthaltend bie
Sefchichte von bee Wanberung der Herakliden bis zum
Ausbruche bes Perferkriegeb vom Jahre 1000 bis 500
vor Chrifti. Auch unter dem Titel: Vor⸗ und Urs
gefchichte ber Hellenen. Bearbeitet von 9. ©.
Dlaf, Rector der Domfchule zu Verden. 2 Bände,
1832. Gr. 8. Preis 5 Thle.
Die Kortfegung beffelben ift unter ber Preffe und wirb ber
britte Band noch im Laufe dieſes Jahres erſcheinen.
Leipzig, im Bebruar 1888.
C. 9. F. Hartmann.
EEE»
Deftreihifhe militatrifhe Beitfhrift 1833.
& ® eft.
Diefes Heft wird foeben an alle Buchhandlungen verfenbet.
Es enthält folgende Auffäge: I. Die Groberung Manheims
durch den kaiſ. öftreich. General der Gavalerie Grafen Wurm:
hält biefeiben um ein
fer, im November 1795, Nach oͤſtroichiſchen Originalquellen. —
If. Die Maas. Cine topographiſche geſchichtliche Skizze. —
IL Der Feldzug bes k. k. Feldzeugmeiſters Prinzen von Sach⸗
fen » Hildburghaufen 1737 in Bosnien. Rach öftreichifchen Ori⸗
ginalquellen. — IV. Biographiſche Skizze bes E. k. Hofkriego⸗
rathöpräfidenten, Feldzeugmeiſters Grafen Ignaz Gyulai. —
V. Literatur. — VI. Die neueften Militairveränderungen.
Für den Preis von 8 Thlr. Saͤchſ. Tann fowol ber Jahr⸗
gang 1833 als auch jeder der frühern Zahrgänge durch alle
Buchhandlungen bezogen werben.
Im Laufe eines jeben Wonats erfcheint regelmäßig ein Heft.
Wer bie Zahrgänge 1818 — 82 auf Einmal abnimmt, er:
iertel wohlfeiler als ber Labenpreis'ift.
Wien, ben Laſten Sanuer 1833.
% ©. Heubner,
Buchhändler.
Im Verlage ber Abminiftration ber &. Muͤller' ſchen
Buchhandlung in Mainz ift foeben erfchienen und in allen
Buchhandlungen zu haben:
Demoire
über bie Sefangenfhaft
ber Frau Herzogin von Berti,
von
dem Bicomte F. %. von GEhateaubriand.
Aus dem Franzoͤſiſchen
von
Dr. Nenrrohr,
pe an in $burg.
Behr tet. 54 —
Die einfache Anzeige bes Erſcheinens dieſer neueſten Schrift
aus der beredten Feder eines bes ge ſten eusopäifchen
Publiciſten genuͤgt, alle Freunde der Zeitgeſchichte auf dieſelbe
qufmerkſam zu machen.
Wir benugen diefe Gelegenheit, eine verwanbte Schrift befr
kin Verfaſſers aus unferm Verlag in Grinnerung zu bringen,
8
„Denkwuͤrdigkeiten, Briefe und Urkunben, das Leben und den
Tod Sr. koͤnigl. dohrit des Herzogs von Berri betref⸗
fend. uberfegt von U. MB und R. Weis.” Gr. 8,
Sch. 1 1. 50 Kr.
Berlin, im Verlage von Dunder und Humblot if
foeben erſchienen und in allen Buchhandlungen des Ins und
Kuslanbes zu haben:
Neue Beiträge zur Kenntniß des gewerblichen und coms
merciellen Buftandes ber preußifhen Monarchie. Aus
amtlichen Quellen. Bon C. W. Ferber, k. pr.
geh. Oberfinanzrathe. Mit 13 Tabellen. Gr. 8.
1 Thlr. 16 Gr. |
Diefe Mittheilungen aus amtlichen Quellen legen bie Fort»
f&gritte bar, weidye Preußens Handel und Gewerbe in ben Jah⸗
ven 1829 — BI gemadt haben. Die gute Aufnahme, weldye
bie frübern, 1829 erfchienenen Beiträge fanden, werben dieſe
neuen um fo mehr erbatten, als fie noch reicher als jene an
wefentlichen Materialien zur Beurtheilung bes gewerblichen Zus
ftandes des preufifgen Staats unb feines Handels find.
Anzeige für das gefammte deutſche Lefepublicum.
Bon tem Journale:
unser Blanet,
Blätter für Unterhaltung, Beitgeldjichte, Literatur, Kunſt
und Xheater,
erfcheinen in bee bereits früher angezeigten und bekannten Gin»
richtung auch für 1835 im Werlage bes Unterzeichneten und
unter der Mebaction des Herrn Dr. Bönecke, eines ber Lefe
welt bereits vortheilhaft befannten Gelehrten, woͤchentlich fe che
Nummern in 4. auf feinem Patentpapier. Der Preis des
Quartals ift 2 Thlr. 18 Gr., wofür man ben Planeten durch
alle Poftämter, Buchhandlungen und fonftige ‚literarifche Inſti⸗
tute Deutfchlands und des Auslandes beziehen kann.
Naͤchſt dem jederzeit hoͤchſt mannichfachen und forgfältig
ausgeflatteten Unterhaltungsblatte, dem Literaturs und Kunft:
blatte, dem Theaterblatte, maden wir noch befonbers auf
zwei fortlaufende Rubriken diefes Zournals aufmerkfam, welche
den Werth und das eigenthämliche Intereſſe deſſelben noch fteis
gern. Diefe find: a) Eine Reifezeitung; b) Neueftes
Leben und Zreiben aufunferm Planeten. Die lc
tere enthält Gorrefpondenzberichte aus allen größern Staͤdten
Deutſchlands, eine fortgefegte Charakteriftil ihrer Bewohner,
Bitten und Borfallenheiten.
Schließlich werbe noch bemerkt, baß alles Zheatralifche und
Oramaturgiſche in das Theaterblatt verwielen und diefes ſonach
einen ganz eigenthümlichen, für Schaufpieler und Kunftliebende
vorzüglich berechneten Werth beſitzt.
Bielfache öffentliche Urtheile haben entſchieden, daß fich der
Planet würdig an die Seite ber beften aͤſthetiſchen Blätter
Deutſchlands anfchließt.
C. H. 8. Hartmann in Leipzig.-
Bei 3. G. Heubner, Buchhändler iu Wien, ift foeben
erſchienen und an alle Buchhandlungen verfendet worden :
Zeitschrift
a für
Physik und verwandte Wissenschaften.
Herausgegeben
vom Professor A. Baumgartner.
2ter Band erstes Heft.
Inhalt: I. Ueber bie neuerlihft bei Magdeburg zufällig
aufgefundene problematifhe Wetallmaffee Rom Director von
Schreibers. — II. Merkwuͤrdiger Sternſchnuppenfall, beobach⸗
tet vom E. k. Bezirksarzte M. D. Rohrer. — III. Syſtem ber
ungemengten gasfaͤhigen Körper. Vom Prof. Zennek. —
IV. Ueber die Erzeugung eines dem chineſiſchen ganz gleichen
Zinnobers. Vom E. E. Bergrathe und Prof. Wehrle. —
V. Notizen über die Gewinnung der bei Verkohlung bes Bolzes
in Meilen oder Haufen fich bildenden Gfligfäure, ohne Ans
wendung von Thermolampen oder andern Apparaten. Won
Ebenbemfelben. — VI. Bemerkungen zu ber im Band I. dieſer
Zeitfchrift enthaltenen Analyfe des Meteoreifens v. Bohumiliz.
Vom Dr. Ritter v. Holger. — VII. Befchreibung eines Ardos
meterdö mit zwei Grabdleitern.
VII. Ueber die Verfertigung eines Aräometers, weldyes das
fpecififhe Gericht tropfbarer Flüffigleiten bis auf 0,0001 unb
barüber anzugeben vermag. Von Gbenbemfelben. — IX. Ueber
Kartenprojectionen. Bon 3. 3%. Littrow. — X. Ueber Littrom’s
Problem. Bom Hofrath ©. H. Munke. — XI. Ueber den
Bau ber Gentralalpenkette im Herzogthume Salzburg. Bon
3. Ruffegger. — XII. Eiterarifche Notizen. — Meteorologifche
Beobadytungen. Geptember. Dclober. November.
Neue Verlagswerke von Boike in Berlin:
Aurelius Victor, Sextus, de viris illustribus urbis. Romae.
Mit Anmerkungen und einem vollständigen Wörterverzeich-
nisse für Schulen, herausgegeben von Dr. Brohm. Zweite,
durchaus umgearbeitete Ausgabe. : 10 Gr,
Hertwig, Dr. C. H., Praktische Arzneimittellehre für Thier-
ärzte. 4 Thir. en ,
Lüdersdörff, Dr. F., Das Aufidfen und Wiederherftellen bes Fe⸗
derharzes, genannt: Gummi elaſticum; zur Darftelung lufts
und waflerdichter Gegenftände u. f. w. 8 Gr.
Pfeil, Dr. W., Reue vollftändige Anleitung zur Behandlung,
Benugung und Schaͤtzung der Forften. Gin Handbuch für
Sorftdefiger und Forſtbeamte. Fünfte und legte Abtheilung,
Bon 3. N. Planiawa. — |.
die Jorſttaxation enthaltend. Zweite Ausgabe. 2 Thlr. 18 Er.
(Die 4 erften Abtheilungen Eoften 7 Ihir. 12 Sr.)
Gammlung der Provinzials und fatutarifhen Geſetze in ber
preußifhen Monardie. Rad Anleitung der Provinzial: und
flatutarifchen echte des Juſtizminiſters Dr. v. Kamps.
Zweiter Band, die zweite Abtbeilung der brandenburgiſchen
Provinzialgefege vom Jahre 1701 —77 enthaltend. Sub⸗
fer. 9r. 2 IHlr. 20 Er.
Balentini, Gener.:Lieut. Freih. v. Die Lehre vom Krieg, in
4 Bänden mit 56 Planen. Neue wohlfeile Ausgabe. 9 Thlr.
Wörterbuch, Encyklopädisches, der medicinischen Wissen-
schaften. Herausgegeben von den Professoren der medi-
einischen Facultät zu Berlin: Dr. W. H. Busch, C. FE. v.
‘Gräfe, C. W. Hufeland, K. A. Rudolphi, H. F. Link.
Achter Band. (Cirillo’s Salbe bis Crocidismus.) Subser.-
Pr. 8 Thir. 8 Gr.
ee |
In 4. E. 8. Struve's Buch: und Muſikalienhandlung
zu Berlin ift foeden erfchienen und an fämmtliche Buchhand⸗
lungen Deutfchlands und der Schweiz verfandt worden:
Hoͤrſchelmann's, Aug., Handbuch der Geographie, nad)
den neueften Anfichten für gebildete Lefer, Gynma⸗
fien und Realfchulen bearbeitet (in Einem Bande, mit
einer tabellarifcyen Ueberfiht der europäifhen Staaten,
in Anfehung ihrer Verfaſſung, Regenten, Titel und
Orden). Gr. 8. 40 Bogen ftark. Cart. 1 Thlr. 8 Gr.
Em.
In meinem Verlage ift erfchienen und durch alle Buchhand⸗
lungen zu beziehen:
Meine Reifetage
Deutfchland, Frankreich, Stalien und
der Schweiz. -
Von - -
Dr. Wolbemar Seüffarth.
4 Bünde. 8. Preis 5 Thlr. 12 Sr.
Die reichen Betrachtungen über Länder, Völker, Menſchen,
politische und gefellige VBerhältniffe des In⸗ und Auslandes,
welche ber Herr Verfaffer mit feltenem Geiſte und in einer
hoͤchſt anziehenden, humoriftifchen Darflellungsweife bier wieder:
gibt, und die eingefireuten Iaunigen und ernflen perſoͤnlichen
NReifeabenteuer geben biefem Werke fowol ein allgemeines politi-
ſches und wiffenfchaftlidhes, als auch ein befonberes, unterhals
tendes Intereffe, und eignen es zu einer gleich bildenden wie
anziehenden Lecture.
8.9.8. Hartmann in Leipzig.
Allgemeine Encyklopädie
‘ der Wissenschaften und Künste
vn Ersch ud Gruber.
Es iſt wieder von jeder der drei Sectionen, in be:
nen biefes Merk erfcheint, ein Theil fertig geworden
(25. 23 der erften, Th. 9 der zweiten, Th. 3 ber
dritten Gection) und an alle Buchhandlungen und
Subferibenten verfandt, und es find num feit Ende 1831,
wo ich den Berlag der Encyklopaͤdie übernommen, im
Ganzen ſechs Theile geliefert worden. Den frühern
Abonnenten, denen eine Reihe von Bänden
fehlt, und Denjenigen, bie als Abonnenten
auf das ganze Werk neu eintreten wollen,
werden die billigfien Bedingungen geftellt.
Zeipzig, im Februar 1833. |
% 4. Brodhaus.
TO nd
[
- giteratifger Anzeiger. u
G6Gu den bei 3 -d, Brochaus in Leipzis eiſcheinenden Zeitſchriften.)
EBss Ne VI.
Die eiterarifihe Anzeiger wird ben or 7 A. Brockhaus in
Leipzig ericheinenden Beitfhriften: Blaͤtter für literas
riſche Unterhaltung, Sfis, fowie der Allgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigrlegt oder beigeheftet, und betra⸗
” —aus dem,
gen bie Se für bie Zeile £ Ar.
Berszeibnit
gebaltvoiter und empfehlungsiwerther Basen E u
Dertage
- Karl Wilhelm Leoͤke in Darmſtadt
. welche auf unbeflimmte Zeit zu herabgeſetzten Preifen |
buch alle Buchhandlungen zu beziehen find.
‚Almenbingen, 8. H., Rorträge über den Godex Napoleon und
feine organifdhen Umgebungen. 3 Bde. Gr. 8. 1811
und 1817. 9 Thlr. 8 Gr, ober 6 5. Herabgeſetzter Preis
1 Ihr. 16 Gr., oder 3
Deffen officit wiffenfaftich Borträge Über den Gober Na;
poleon. 3 Bde. Gr. 8. 1812—13. Sonſt 2 Thlr., oder
3 Fl. 86, Kr., jest 1 Ste * 1 51. 48 Kr.
Aufklaͤrungen über Begebenheiten ber neuern Beit. Weberfeguns
- gen und Auszüge aus Werken des Auslandes. Ifter bis KterWb.
1825—27. 8. Geh. Compl. 5 Ihr. 8 Gr., ober 9 Fl.
20 Kr., jet 2 Thlr., oder 3 Fl. 36 Kr. .
Bauſſet, 8. 5. 3. v., Denkwuͤrdigkeiten und Anekdoten aus
dem Innern bes Faiferl. Palafles, und einige Begebenheiten
während der Kafferregierung vom 3. 1805 bis zum 1. Mai
1814. Gin Beitrag zur Geſchichte Rapoleon’s.
Sranzöfifhen. 2 Bände in 4 Abtheilungen. 18238. Gr. 12.
Seh. 2 The. 16 Er., ober 4 ZI. 40 Kr., jept 1 Ihle.,“
ober 19.485 K
Deffen fortgefente Denfiwärbigfeiten und Anekdoten aus bem
Innern des kaiſerl. Palaſtes. Gin Beitrag zur Geſchichte
Napoleon’s und feiner Zeit. %. d. Franz. ifter und Zter
Be Gr. 12.. 1829. Geh. 2 Thir. 8 Gr., oder 4 Fl.,
et 1 Thlr., ober 1 51. 48 K.
— fuͤr die — 2 echtewiffenſchaft und Kritik.
Herausgegeben von Almendingen ıc. 14 Hefte Gr. 8.
BEL 6 Mr. Thlr., oder 12 Fl. 86 Kr., jest 2 Thlr., ‚oder
Bignon, Geſchichte von Frankreich, feit bem 18. Brumaire
(November 1799) biß Ende 1802. Aus dem Franzöf. über
fegt von Th. v. Haupt. 2 Bände. Gr. 8, 1830 und 1831.
2 Thlr. 12 Ser ober & #1. 80 Kr., jest 1 Thlr. 6 Gr.,
ober 2 Fl. 15 |
Blunt, J., — * alterthuͤmlicher Sitten und Gebraͤuche in
dem romiſch· batbouſchen eBottesbienft, befonders in Statien
und GSicilien. %. d. Engl. 8. 1826. 18 Gr., oder 1 1.
20 Kr., jest 8 Gr., oder 36 Kr.
Bouilly, Gelciäthen für meine Tochter; frei überfest von
4. v. Kopebue. 2 Bde. Sonft 2 Thlr. 16 Gr., oder 4 I.
48 Kr., jest cartonnirt 1 Thlr. 12 Br., oder 2 Kt. 42 Kr.
‚ Friederike, geb. Münter, Neue Gedichte, mit Vignet-
ten. Auch unter dem Titel: Gedichte, 2ter Band. Gr. 8.
1812. Brosch,
Velinpapier 2 Thrr., oder 3 FL 86 Kr., jetzt 1 Thlr,
oder 1 FL 43 K
— —
Aus dem |.
Schreibpapier 1 Thlr,, oder 1 Fi. 48 Kr., jetzt 12 Gr.,
‚oder 54 Kr.
M. T. Cicero de oratore ad Quintum fratrem libri tres.
Recensuit ©. M. Müller. 8. maj. 1819. Gonft 3 The /
8 Gr., oder 6 Fl., jept 1 Thlr. 16 Gr., oder 8 Fl.
Creuzer, Fr. (grossherzogl. bad. Geheimrath und Professor
der alten Literatur zu Heidelberg), Symbolik und My-
thologie der alten Völker, besonders der Griechen.
ister bis 4ter Band. Zweite vermehrte und durchaus um-
“ gearbeitete Auflage. Gr. 8. 1819 - 22. Mit einer Kupfer- | .
sammlung in 4to.
Dasselbe Werk Ster und 6ter Band, 1823. Enthaltend die
‘ Geschichte des Heidenthums von Mone. Gr. 8. Compl.
24 Thir, 18 Gr., .oder 44 Fl.
Herabgesetzter Preise, wenn alle 6 Bände zusam-
men genommen werden, 12 Thlr., oder 21 FL Ein- j -
zeine Bäpde werden nur zum Ladenpreis abgegeben. -
Dasselbe Werk im Auszug von G. H. Moser. Gr. 8, 1822.
4 Thlr., oder 7 Fl. 12 Kr. Herabgesetzter Preis 2-Thlr,,
oder 3 Fi. 86 Kr.
Denfwürbigleiten über den Hof Louis Napoleon'e and über
Holland. Aus dem Franzoͤſ. 2 Bochn. 12. Sch.
1 Thlr. 8 Gr./ oder 2 Fl. 20 Kr., jegt 12 ee ——
Denfwürbigkeiten von Joſeph Fouché, Herzog von Dranto. —
Aus dem Franz. uͤberſ. von Dr. ©. Dambmann. 2 Bde.
8. 1825. iſter Bb. 1 Thlr. 18 Gr, oder 3 Fl. ter Bd.
1 hir. 6 Gr., oder 2 1.15 Kr. Beide Bände alfo 3 Ihir.,
ober 5 Fl. 15 Kr. .,‚ jeht 1 Thir., oder 1 Fl. 48 Kr.
Kranceschetti, Ergeneral, Denkſchrift über bie Greigniffe, welche
dem Tode Joachim I., Königs Heider Sicilien, vorausgegans «
gen find, nebſt beigefügter Privatcorrefpondenz diefes Gene:
rals mit ber Königin, Gräfin von Lipano. Aus dem Franz.
Gr. 12. 1826. Geheftet 20 @r.,.ober 1 Kt. 50 Kr, jest
8 @r., ober 86 Kr.
Georget, Dr., Aerztliche Untersuchung der Criminalprocemse
von Leger, Feldtmaon, Lecouffe, Jean-Pierre uad Papa- - "
voine, bei weichen Geisteszerrättung als Vertheidigungs-
mittel: vorgeschützt wurde u. s. w. Aus dem F'ranzös.
von D. F. Amelung. 8. 1827. Brosch. 18 Gr., oder
4 Fl. 20 Kr., jetzt 8 Gr., oder 36 Kr.
Geſchichte des Königreichs Neapel vom Jahre 1800. bie yum
Zähre 1820. Nach den Memoiren bes Prinzen Pignatelli —
Strangoli und andern Originalquellen zuſammengeſtellt von
u R. 8. 1897, Beh. 1 She. 5 Br.,-ober 2 GL L
SE ’E 19 Sn, ober 5b K.
Sirard, P Sheprie des Widerftanbes dee Feften Körper.
Ein ann der "tt ematifäen Baufunfl. Deutſche Aus⸗
gabe von C. Kroͤnke. Ohne Kupf. 41819. Gonſt
4 Thlr., oder 7 Fl. 12 Kr., jetzt 2 Ihle, ober 3 51.86 £r.
Kupferabdrüde find nicht mehr vorhanden.
Gourgaud, General, Napoleon und bie große Atmee in Auf:
land, zugleich eine kritiſche Beleuchtung und Berichtigung bes
Werkes des Grafen Ségur. Aus dem Kranz. 2 Ihle. Er. 8.
1825. Geh. 1 Zhlr. 18 Gr., ober 3 5, jebt 12 Gr,
ober 54 Kr.
FE. C., Anleitu gliederungskun
menschlichen Körpers. Mi lem 1 l1ster Band. 1stes Heft.
1805. 1ster Band. 2tes Heft, 1906. 2er Band. 1ätes Heft.
1810. 4. Sonst 4 Thir. 8 Gr., oder * Fl. 86 Kr., jetzt 2
This 4 Ge, oder 3 Bl. 45. Kr, (Wird esotzt.)
Hufeland, G, Die Lehre vom Geld und Geldumiaufte. GEr. 8.
1819. Sonft 2 Thlr. 12 Gr., ober & El. BO Kr., jept
1 Thlr. 12 Gr., ober 2 SL 42 Kr.
Häffel, &., Der Staat, die Kirche und die Volksſchule in ihrer
innern und äußern Sinheit. Gy. 8: 1826 18 Gr., oben
1 31. 20 Kr., jest 10 Gr., ober 45 ‚Kr.
Jahrbuͤcher, Zreimüthige, ber —— beat fügen Bolkeſchu⸗
len. Herausgegeben von F. * A. J. utel
Dr. F. 8. Wagner und ©. Schellenderg. iftr Bd.
1ftes u. 2tes Heft. Br. 8. 1819, Geheftet jedes 1 Ihlr.,
oder 1 WU. 48 Sr.
Deffelben Werkes Zter Bd. iftes u. 2tes Heft. Br, 8. 1821
und 1822. Jedes Heft 1.Qpir., ober 1 Fi. 48 Kr. (Beide
SE PR im herabgefeäten Preis 2 Thlr., oder
l.
Kotzebne, Aug. v., Klios Flumenkorbchen, Iſtes bis Stes Bom.
8. 1814. Geh 5 Thlre. 6 Gr., oder 9 U, jest 8 Thlr.,
oder 5 Hl. 24 Ic
Deſſelben, Preußens ältere Geſchichte. 4 Bände. Br. 8. 1809.
Sonſt 8 Thlr., jene, 4 Perg (Binzelne Bände & 1 Thlr.
12 Gr., oder 2 Fl.
Kroͤnke, ©., Anleitung * Nnerregullceng. 2 Iheile. Gr. 8.
unb Fol. 1810 und 1811. Sonſt ar ober 5 Fl. 24 Kr.,
jest 1 Thlr. 12 @r., ober 2 Fl.
Locre, Geiſt der Ginilgefedgebung —*— ein gan aus ben
Quellen geſchoͤpfter Sommentar. 4 Bde. Br. 8. 1808—13.
4* Ihle., oder 7 Fl. 12 Seo, jept 2 Ihlr, oder 3 51 36 Kr.
2008, Dr. J. %:, ESyſtematifche Beſchrribung der außer Ge⸗
brauch —* Arzneimittel. Gr. 8. 1808. 1 Thlr.,
oder 1 Fl. SO Kr., jest 8 Gr., ober 86 Kr.
Encad, ©., Bon dem Gtraffofteme und ber Abhaltungstheorie
im Allgemeinen ; von ber Todesſtrafe insbeſondere. Eine ge:
Erönte Preisfchrift. A. d. Zranz. von C. Samhaber. Gr. 8.
1 vi ii Gr., ober 3 FL 42 Kr., jett 18 Gr., ober
Militeirelmanach, Allgemeine, ifter 2 vg. Mit 8 colorirten
Milltairgruppen und 4 Portalts b tee Generale. 12.
ie 8 Gr., oder 4 ZI, jegt 1 Thir. 4 Gr,
oder:
Monatfcırift für Predigerwiſſenſchaften, ifter bis 6ter Band.
Herausgegeben von Dr. G. Zimmermann und Dr. X. 8. Hey⸗
benrei, 8, 182124. Jeder Band von 6 Heften 2 Thlr.,
oder 8 KL. 86 Ar.
(Berabgeſetzter Preis aller 6 Bände, womit dieſe Zeitfbrift
setenoffen if, 4 Thir. 12 Gr., ober 8 81.)
‚Mond, Er. Geschichte des Heidenthums im. nördlichen
Berope. * Tbl, Die Beligionen der finnischen, sla-
wischen usd skandinsvischen Völker. Gr. 8. 1822.
2 Tür. 6 Gr., oder 4 Fl,
Desselben Werkes Zter Theil. Die Religionen. der südlichen
deutschen und. der celtischen Völker. Mit 8 Steindräcken.
Gr. 8. 1828. 2 Thir. 18 Gr., oder. 4 Fl. 80 Kr. Beide
Bände 5 Thir., oder 8 FL 30 Kr, jetzt 2 Thir. 12 Gr.,
oder 4 Fl. 15 Kr.
cz 2 8 Fl. 30 Kr. Bei
de des |
Platper, —* (rofessor zu Narbarg), Dür-Process und "
de Klagen Ipi den Akon, Aster Th. Posen. 62.8.
x... 189% —— ‚oder 8 30 R r. ° *
Desselben 2ter Thl. lagen. Gr. 8. 1825. 2 Thir., oder
Theile 4 Thlr., oder 7 FL, jetzt
2 Tllr., oder. FL 80 Kr.)
van „Jegten Winifter Kari X., von der Entwidelung bes
u Cuſeèbe Salverte's bie zum Urtheil des Gerichts⸗
fe ber Poirskammer. 4 Hefte. Aus bem Franz. Gr. 12.
1831. 1 Thir. 16 Er., ober 8 Fl. a ober
1 &. 12 Kr.
Röder, Fr., Die Keiegebieniorbnung der gefäjtoffenen ° Haufen
unb ber bia At⸗ 317 48
3 Thlr. 8 Gr., oder 6 u DHerabgefegter Ge 1 Thir.
18 Gr., oder-8 Fl.
Ref „el: bei, Geile ter Baufunft. Mit Kupfern. Gr. 8.
' 1 She. 8.Gr., oder 8 8. 24 RR, .jegt 16 Sr,
eh ie.
Echeibler, M. %., Neuer abgenöthigter ausfüncligger Berfod
zur Bekähpfung” ber Beofelptenmaderri 8. 1825. 1 The.
4 ®r., ober 2 Il., jegt 12 Gr., oder 54 Kr.
Schulz, =, Almanach für Hy 44. des Zeitgeiſtes.
ifter Jahrg. 1829. 12. Geh. 1 hie. 18 Gr. 4 oder
3 Fl., jest 16 Gr., ober 181. 12 Kr.
Seumy, Jarrs, - Einst englifdgen: BRatvofen Gefangenfdicft,
Leiden und Flucht umter Hyder Ali und Zippo
ſchrieben von ihm felbfl. X. b. ng. 8. m a.
20 Gr., oder 1 EL 0 Kr., jet 8 Gr., oder 36 Kr.
Sempoͤre, M., Betrachtungen über bie efachen der Größe und
des Verfalls der ſpaniſchen M Ueberſetzt und mit
Anmerkungen len id u: —8 ifter u. ter Bb.
Gr. 8. Beide Thiur. — ober 4 5L DO 8x,
jest 1 Thlr. 6 * . —* 2 Fl. 15 Kr
Steinbrenner, Dr. W. L., Naturlehre in "Fragen und ——
. ten für wißbegierige Kiader. Ste Aufl. Mit 1 Kupf.
18%. 9 Gr., ober 40 Kr., jest 6 Gr., oder 23 Sr.
Ullmann, Dr. ©. (Profeſſor der Theologie zu Halle), Das Le
ben bed GBregorius von Nazianz, des Kheologen. Gin- Beis
trag zur Kirden: s un Dogmengefäichte, des Aten Zahrhun
derts. Gr. 8. 3 Thlr., ober 5 Fl. 15 Kr., jegt
1 Shle. 12 Gr., ober IH KR
Bon ber Neinlichkeit, ihrem Pe auf die Geſundheit und
ihren Wirkungen auf Erhaltung ber koͤrperlichen Schoͤnheit,
auf dad Wohlfein und die Dauer bes Lebens. A. db. Franz.
12. Geh. 14 Gr., oder 1 Fl., jest 6 Gr., oder 7 Ar.
Webelind, Dr. ©. Freih. v., Ueber den Werth bes Adels und
die Anfprüche bed Beitgeiltes auf Adelinflitute. After. unb
2ter Theil. Gr. 8. 1818. Geh, 3 ., oder 5 Fl.
24 Kr, Herabgeſetzter
Deflen, Ueber ben Werth ber Heilkunde. Gr. 8. 1812. 1 Zhle.
16 Br. ober 8 GL SHerabgefegter Preig 20 Gr, ober
1 U Kr.
"Deffen, Ginige Blicke in die Lehre von den Gatzänbungen und
von ben Biebern überhaupt und von bem anfledenden faulen
Nervenfieber insbefondere. Gr. 8. 1814 1 Ahr. 16 Gr.
ober 5-51. Herabgeſetzter Preis 20 Gr., oder 1 5 30 Kr.
Derfelde über das homdopathiſche Syſtem des Dr. Hahnemann.
——— Geh. 18 Gre, ober. 1 5. 20 Kr., jet 8 Gr.,
ö r.
Bekder, Dr. J. G.,
bie Kabirenweihe Au Lemnos, nebft Winken über bie Trilo⸗
gie des Aeſchylus Überhaupt... Gr. 8. 1824. Pi: Thlr., ober
5 Fl. 15 Kr., jegt 1 Ihle., oder 1 51. 45 Kr
Wild, C. A., Dekonomiſch⸗ praktiſche ‚Bausapotheke, ober mehi-
cinifher Rathgeber für Jedermann, enthaltend: bie beften
und ficherften Mittel für die Krankheiten ber Drenfen, in
Zällen, wo bed Arztes. Hülfe zu entferut, ober defien Zus
Fiehung nicht durchaus nothwendig if; wie auch biätetifche
Lehren, die Sefundbeit zu erhalten. Er. 12, Geh. 12 Er.
oder 48 Kr., jeht 6 Gr, ober 27 Kr.
Bimpfen, vehr. v., Briefe eines Reifenten, geſchrieben aus
Ahle.
reis 1 Ihle.8 Gr., ober 2 AL 24 Kr.
Die Aeſchyliſche Icilogie Prometheus und
= — if an —— —
+.
Goglanb und Fraukreich einem Theil von Afrika, und aus
Nordamerika, aus der franzoͤſiſchen Handſchrift übesfegt und
beruußgegeben von 9. 3. Rehfuͤes. Ifter: bis‘ Ster Man.
. 48614. Auf’ Drudy. 2 Thir. 12 Gr., oder 4 Zt. BO Kr.,
1 .6 &r., oder 2 Fl. 15 Kr.
Zeitschrift für Physiologie. In Verbindung mit mehren Ge-
lehrten herausgegeben von Fr. Tiedemano, Gottfried Reinh.
Treviranus und Rud. Chr. Treviranus, ister Bd. istes
u. 2Ztes Hefi Mit 12 Abbildungen. Gr. 4, 1824 und
A Herabgesetzter Preis 4 Thir. 8 Gr., oder 7 Fl.
Derselben ; ®ter Bd. istes u. 2tes Heft und Ster Bd. 1stes
u. 2tes Hefi. Mit 57 Abbildungen. Gr. 4. 1826 u. 1827.
11 Ben 8 Gr., oder 20 FL, jetzt 6 Thir. 16 Gr., oder
12
Auch unter dem Titel: °
Untersuchungen über die Natur des Menschen, der Thiere
und der Pflanzen etc. ister bis Ster Bd.
(Einzelne Bände oder Hefte werden nur zum Laden-
preis abgegeben.) -
Zimmermann, Dr. ©., Dein in ber Hoflirdhe zu Darm
ſtadt ee ifter bie 7ter Thl. Gr. 8. und ord. 8.
uͤr Käufer der ganzen Sammlung beſteht der herab:
gelente e Dres noch fort, bie 7 Bände, nebſt ben patriotifchen
Predigten, koſten in ber Ausgabe in gr. 8. 7 Xhlr., ober IL FL
— in der Ausgabe in orb. 8. 4 Thlr. 12 Gr., ober 8 KL)
Zur. Befchichte unferer Zeit. Eine Sammlung von Denkwuͤr⸗
bigkeiten über bie Greigniffe ber legten brei Decennien. Iſter
bie zifter Theil Gr. 12. Geh: Die ganze Sammlu
6 Thle., oder 10 Fl. 45 Kr., jest 4 aple., oder 7 EI.
Ginzelne Bände a 12 Gr., ober 54 Kr. '
Kunftwerte
Museum Woersleyanım. Eine Sammlung von antiken Basre-
liefs, Büsten, Statuen und Gemmen, nebst Ansichten aus
der Levante. Herausgegebes von H. W. Eberhard und
H. Schäfer. Royal-Quart. iste bis 6te Lieferung, eim-
zein 1 Thir. 8 Gr., oder 2 Fl. 24 Kr., complet. 8 Thlr,
oder ER Fl. 26. Er, jetzt & Tidr., sin 2 EL 12 Kr.
zusammen genommen 5 Thlr..16 Gr. ‚ oder 6 Fi. 45 Kr.
Abbildungen aus dem Thierreich. Gestochen von Susemihl
‘ " und unter seiner Aufsicht ausgemalt. istes Heft. (Orni-
thologie istes Heft.) 2tes Heft, (Amphibiologie 1stes
Heft) Stes, Heft. (Ornithologie 2tes Heft.) 4tes Heft.
(Entomologie lstes Heft.) 6tes Heft. (Ornithologie Stes
Heft.) 6tes Heft. (Ormithologie Ates Heft
Velinpap. Klein Fol. Jedes’ Heft von fünf Blättern.
2 Thir., oder 8 Fl. 86 Kr. In schwarzen Abdrücken
1 Tbir., oder 1 FI. 48 Kr. Alle 6 Hefte zusammen ge-
nommen colorirt 6 Thir., oder 10. Fl. 48 Kr. In schwar-
zen Abdrücken 8 Thir., oder 5 FL 24 Kr.
Fuͤr folgende auf Unterzeichnung. in bemfelben Verlag er-
fehienene gehaltvolle Werke foll der billige Gubfcriptionspreis
noch auf unbeflimmte Zeit fortbeftehen:
Seiſt aus Luthers Schriften, oder Concordanz
der Anſichten und Urtheile bes großen Refor—
mators über die wichtigſten Gegenſtände des
Glaubens, der Wiffenfhaft und bes Lebens,
herausgegeben von 8. W. Lommier, 9. F. Lucius, 3.
Ruſt, 2. Sadrenter und Ernft Zimmermann.
IV. Bo. Gr. 8. Gubfcriptionspreis auf gewöhnlichem Druck⸗
papier 6 Thir. oder 10 Fl. 30 Kr., auf Velindruckpapier
10 Thlr. 8 GEr., oder 18 Fl.
Allgemeine Gelhidte ber Kriege ber Franzoſen
und ihrer Alliirten vom Anfange der Revolution bis
zu Rapoleon 8 Ende, für Leſer aller Staͤnde. Aus dem
*
—4
— Zum: ie ee. es —— Zhle. -
6 Gr., oder 11 Kr. Ginzelne —8 — per Band
9 Gr., ober 40 Pi
STUART un REVETT, ALTERTAÜ MER VON ATHEN,
iste bis 28ste Lief. Roy.-Fol. -
‚Subscriptionspreis für das ganze nun beendigte Kunstwerk,
welches Abbildungen, auf Züinktafeln sauber und
sorgfältig gearbeitet, enthält, für die beiden Bände des
Textes, welcher von Dr. Kınr Wucnar und Frofeaser |
FR. Osınn bearbeitet ist, und das cartongirte Exem
der Abbildungen in der Ausgabe auf Velinpapier 52 Te
12 Gr., oder 94 Fl. 30 Kr.
In der Ausgabe auf ordin. Kupferdruckpapier 40 Thlr.
20 Gr., oder 73 FI. 30 Kr.
ALTERTHÜMER VON ATTICA (The unedited agtigul-
ties of Attica), enthaltend die architektonischen Ueber-
reste von Kleusis, Rhamnus, Sunium, Thorikus. Heraus»
ben von der Gesellschaft der Dilettanti zu London.
lste bis7te Lieferung. Mit 78 Abbildungen. Royal-Folio,
Subscript,- Preis auf fein Velinpapier 11 Thir. 16 Gr,
oder 21 Fl, auf ordin, Papier Thir.. 18 Gr,, oder
15 FI. 45 Kr.
Der erläuternde zext dazu von Dr. Karl Wagner ko-
stet 12 Gr., oder 54 K
ALTERTHÜMER VON JONIEN. Henn
der Gesellschaft der Dilettanti zu London.
„Lief. Mit 110 Abbildungen. Royal-Folio.
"Sebscriptionspreis für die Ausgabe auf fein Velinpapier
15 Thir., oder 27 Fl.
, Für die Ausgabe auf ordin. Papier. 11 Thlr. 6 Gr., oder .
20 Fl. 15 Kr.
Der erläuternde Text, herausgageben .von Dr. K. Wıe-
nur, kostet 1 Thir. 8 Gr., oder 2 Fi. 24 Kr.
ALTERTHÜMER VON ATBHEN und mehren andern
Theilen Griechenlands. Als. Supplement des Stsart-Re-
vett’schea. Werkes. iste bis Ste Lieferung. Royal-Folio.
Sabecript.- Preis für die Ausgabe auf fein Velinpapier -
8 Thlr. 8 Gr., oder 15 Fi. Für die Ausgabe sef ordin.
Pap. 6 Thlr. 6 Gr., oder 11 FL 16 Kr.
erläuternde ven Dr. Kızı Wuıgusr besorgte Text
kostet 2 Thir., oder 3 Fi. 86 Kr.
Einzelne Hefte (von 12 Blättern) dieser- verschiedenen
Kunstwerke werden ebenfalls abgelassen und kesten ia
der Ausgabe auf fein Velinpapier 2 'Tir., oder 8 Fi.
86 Kr., in der gewöhnlichen Ausgabe 1 Thlr. 12 Gr.,
oder 2 Ft. 42 Kr.
Ueber die Vorzüglichkeit dieser Ausgabe der verschie-
ben von
iste his 9te
denen als classisch anerkannten Werke haben sich die kei-
tischen Blätter einstimmig günstig ausgesprochen. Sie sind
jedem gebildeten Architekten unentbehrlich, und dem Alter-
thamsfreund und Forscher vom grössten Interesse.
* derſelben Verlagshandlung erſcheint auf Subſeription:
J. Rondelet's,
vorm. Arqiett, Ritter der Seugen Mitglies des Inſtituts von
theoretiſch praktiſche Anleitung
Kunft zu bauen
Nach der fechsten Auflage aus bem Kranzöfifchen aberſett.
In fünf Baͤnden.
Mit den 207 Kupfern der pariſer Originalausgabe.
Diefes claſſiſche Werk auf deutſchen Boden zu übertragen
war ſchon lange bie Abſicht der unterzeichneten Verlagsbandlung,
bie nun in dem Hrn. Diftelbarth, Architekt zu Stuttgart,
einen Mann gefunden hat, welcher durch feinen längern Auf:
enthalt Wer Paris als Schüler Ronbelet’8. und nad) bem Zeug:
niffe bes Hrn. A. Rondelet jun., Derausgeber der 6ten Aus⸗
gabe, volllommen biefem Unternehmen gewachſen it, Zur ber
[4
» {onbern Foͤrberung der Arbeit haben ſich mit ihm einige Raͤnner
verbunden, welche mit ber nöthigen’ Sachkenntniß ausgerüftet,
ihm in Befaͤhigung nicht nachſtehen.
Die ſechs Auflagen , welche das Werk erlebt bat, find ger
wiß der ficherſte Beweis feines Werthes und feiner allgemeinen
Brauchdarkeit. Es bedarf baber keiner weiten Anpreifung.
Da es dem Verleger gelungen if, ſich durch einen Vertrag mit
Herrn A. Rondelet Sohn für. biefe Ueberfegung bie Abdrüde
der Rupferplatten zur Originalausgabe zu verſchaf⸗
fen ‚fo ſteht die Weberfegung in biefer, bei einem architektoni⸗
{en Werd fo wichtigen Beziehung dem Originalgang gleich.
Der Text ſoll in Royal⸗Oetavformat, die Kupfer in befon-
dern Heften in Kolio, auf Unterzeichnung erfcheinen, unb jebe
Buch⸗ und Runfthandiung wie audy bie unterzeichnete Verlags⸗
handlung nehmen bie Beftellungen an. Sammler von Unter:
zeichnungen erhalten auf zehn beftellte und bezahlte Grem-
plare ein elftes als Freiexemplat.
- + Der Bubferiptionspreis eines jeden Bandes ohne Unterſchied,
ob derſelbe mehr ober weniger Text und Kupfertafeln umfaßt,
ift 5 Thlr. preuß. Sourant, oder 8 Il. 45 Kr. Bei der Ablies
ferung des erften Bandes muß. die Vorausbezahlung auf ben
2ten Band geleiftet werben, bei Empfang des 2ten wird ber Ste
bezahlt und fo fort, fobaß der Ste und letzte Band gratis ges
Hiefert wird. Diefe Maßregel iſt zur Sicherheit, baß keine Erem⸗
plare ber legten Baͤnde ber Verlagahandlung als unvollftändig -
übrig bleiben, nothwendig und unerlaßlich. Nach Erſcheinung
bes zweiten Bandes tritt für bie erſten Baͤnde der um ein Bier:
theil erhöhete Ladenpreis ein, fowte für jeden weitern Band,
fobalb er erſchienen fein ‚wird. Die Verlagshandlung bittet
darum bie Unterzeichmung nicht zu verfchieben.
Zum Nugen ber einzelnen Bauhandwerker follen bie Abs
theilungen des Werkes, welde bie Kunft bed Maurers, des
Bimmermanns, bes Tiſchlers, bes Schloſſers und des
Dachdeckers enthalten, bemnädft auch einzeln verkaͤuflich fein.
Der Preis diefer einzelnen Abtheilungen wird nach ber Aus
zahl her Drudbogen und Kupfertafeln beflimmt. Alle Kanſt⸗
und Buchhandlungen nehmen lintergeichnung an.
Der erfie Band kann wegen eingetretenee Verhinderung bes
° Hrn. Ueberfepers erft zur Dftermefle dieſet Jahres erfcheinen
und die folgenden in Zwifchenräumen von 8 bis 4 Monaten.
Da bie Lieberfegung fchon weit vorgeldritten if und von den
Aupferplatten nur die Abbräde zu machen find, fo können bie
verehrlichen Gubfcribenten auf bie puͤnktliche Cindaltung biefer
Kermine 3* im 1338
armſtadt Januar
| K. W. Leske.
—— Mmumummmu aa
Storch's neue Romane.
Allen geeunden der Dichtkunſt und Unterhaltungslecture
Tann der Uäterzeichnete die angenehme Nachricht geben, daß
nachftehende Werke eines der ausgezeichnetften Belletriften uns
ferer Zeit bei ihm erfchienen und durch alle Buchhandlungen zu
beziehen find: .
Storh, Ludw., Der Freiknecht, hiſtoriſcher Roman
aus ber zweiten Hälfte bes vierzehnten Jahrhunderts.
3 Theile, auf Patentpapier. Gr. 12. Elegant brofch.
Preis 5 Thlr., ober 9 Fl.
(Der Ste und legte Band biefes höchft anziehenden Charak⸗
tergemälbes it nun erfchienen und das Werk complett
gu haben.)
Deffen: Die Fanatiker, hiſtoriſcher Roman aus den
Zeiten der St.:Barthelemy. 2 Theile. 1830. 8.
2 Thlr., oder 3 Fl. 36 Kr.
Deffen: Foͤrberts⸗ Henns. Novelle aus dem Leben ei:
nes Wundermannes der neuern Zeit, nach wahren Bes
gebenheiten dargeftelt. 1830. Gr. 12. Eleg. broſch.
Preis 1 Thlr. 12 Gr., oder 2 5. 42 Kr:
Deſſen: Der Stodengießer. Novelle, nad) einer deut⸗
(hen Volksſage bearbeitet. 1830. Broſch. 1 Thlr.
8 Gr, oder 2 Fl. 24 Kr.
Storch gehört feit drei Zahren zu den beliebten Schrift:
ſtellern im Sache der Belletriftit: er wirb nun, nad bem Gr:
. feinen der angelündigten Werke, zu den beliebteften gehören,
und es ft£ht keinem Zweifel unterworfen, baß er, bei ber über:
raſchenden Fülle, Kraft und Lieblichkeit feiner Poefie, feiner
Kenntniß des Lebens in beffen verfchiebenften @eftaltungen, bes
menſchlichen ‚Herzens und endlich bei feiner treffenden und wah⸗
ren Sharafteriftit, welches Alles ſich feit dem Erſcheinen feiner
erſten Romane ſchon fo weit und herrlich ausgebildet hat und
ſtets noch in höherer Ausbildung begriffen ift, in kurzer Zeit
die erfle Stelle. unter ben jet lebenden beutfchen Romanciers
einnehmen wird. Wenn er in feinen größern biftorifchen Roma⸗
sen bem jest fo viel gelefenen Spindler gleich kommt, fo über:
trifft er ihn in ber kleinern Novelle und Erzählung. Der „Kreis
knecht“ iſt ein biftorifher Roman, wie Deutfchlandb noch feinen
bervorgebradht bat, Spindler’s „Juden“ ausgenommen, umb e6
wird ſehr intereffant fein, die Verſchiedenheit beider Schriftftels
. lee zu beobachten. Die „Fanatiker“ find nicht minder ein hoͤchſt
anziehendes Gemälde einer vielbewegten Bet. In dem: beiben
Novellen: „Foͤrberts⸗Henns““, und „Der Slockengießer“, bethä-
| tigt der Verf. ebenfo feine Meiflerfchaft in biefem Zweige. Die
erſtere iſt idyllifcher, die zweite bramatifcher Natur. Dort führt
ee uns in eins ber romantifchen Thaͤler des Shüringerwaldes,
macht uns mit bem-barih lebenden Volle, feinen Sitten und
Gebraͤuchen bekannt; hier bringt er Schiller's ewig wahre
Worte: „Das eben ift der Fluch ber böfen That, daß fie fort
zeugend Boͤſes muß gebären”, zur lebendigſten Anfcyauung.
Reipzig, im Sanuar 1833.
€. 9. 8. Hartmann.
find — men Berlage dee Hahn’ ſchen boſdeqhhandien⸗
Merkwuͤrdige Griminal-Rechtöfälle
für Richter, Gerichtsaͤrzte, Vertheidiger und Pſychologen
bearbeitet
von
Dr. Bifchn ff, .
ee Ba SE
Erfter Band. Gr. 8. 1833. 2 Thlr. 0 Gr.
‘Der Herr Verfaffer, welcger als ausgezeichneter und thaͤti⸗
ger Schriftfteller, befonders im Fache ber Criminalrechtspflege,
bereits ruͤhmlichſt befannt ift (vergl. u. a. Hitzig's Zeit:
Thrift für die Criminalrechtspflege in ben preußifhen Staa⸗
ten, 8b. 11, &. 399 — 4045 das Vorwort zum 10ten Hefte
ber Hitzig'ſchen Annalen ber beutfchen und ausländifchen Grimis
nalrechtöpflege, ſowie &. 223 beffelben Heftes), wird vier Bände
merkwuͤrdiger Griminalrechtöfälle herausgeben, weldhe alle
Verbrechen umfaffen, die das dbeutfdhe gemeine
Recht kennt. Abgefehen davon, daß ein Werk von- folder
Reichhaltigkeit bisher nicht erfchienen if, daß ber Herr Verf,
um bdemfelben diefen Umfang geben zu koͤnnen, von ins und
ausländifhen Behörden unterflügt mwurte und berfelbe
nur die ihm mitgetheilten intereffantefien Unterfuchungen
zu Erläuterung der betreffenden Eriminalrechtslehren ausmwählte:
fo gewährt dieſe Sammlung aud dem Unterfudungsrids
ter und dem Bertheibiger eine trefflihe Anleitung
su Bebanblung ber verfchiedbenartigfien Eriminals
fälle. Sie zeigt dem Gerihtsarzte, wie er ſich bei allem
benjenigen Unterſuchungen zu verhalten habe, welche feine
Thaͤtigkeit erfabern 5 fie enthält®für den Geiftlichen, welder
zum Befuch der Gefangenen beflimmt ift, fowie uͤberhaupt für
ben Pſychologen und jeden gebildeten Eefer eine bis
lehrende und Höchft anziehenbe Unterhaltung.
°
-
L 2
Literarifher Anzeiger.
(3u den bei 3. A. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.)
1833. Nr. VII.
iſt von mir zu beziehe
Rn:
Detenhof (Sohann Wilhelm), Das Ganze
der Handlung. Ein theoretifch - praftifches Lehr⸗
und Handbuch der gefammten Handlungswiſſen⸗
ſchaften. (Petersburg 1831.) Ge. 8. 163 Bog.
: auf gutem Drudpapier. Beh. I Thlr. 6 Gr.
Supffer (C. H.), Anfangögrände der Buchſta⸗
benrehnung und Algebra, mit Inbegriff der
Combinationslehre und unbeſtimmten Analytik,
nebft Mebungsaufgaben. Zur Repetition des
mimdlichen Unterricht und zur eignen wmeitern
Fortbildung neben biefem. (Reval 1832.)
Gr. 8. 16 Bogen auf Drudpapier. 20 Gr.
Leipzig, im März 1833: -
Ä E A. Brockhaus.
Neueſtes Handbuch fuͤr Reiſende in Italien. |
Bei C. H. % Hartmann. in ikeipyig if nen. erſchie⸗
;
Titel: SZtaltenifhe Reife. Bon K. Sr. Scholler.
2 Thle. 1830. Gr. 8, 3 Thlr. 8 Gr, aber 6 all. |
Das Bebuͤrfniß eines vollkändigen Yührers für
Diejenigen, welche Stafien, das Land’ ber Kumſt und des claffis
ſchen Allerthums, mit Nuten bereifen . wollen, -‚myebe immer
fuͤhlbarer, je weniger bie vorhandenen literaxiſchen Huͤlſamittel
daſſelbe hinreichend bafsiebigten. Herr Fcholler hat dieſe Auf⸗
gabe geloſt. Er hat bie Reiſe nach Italien ſelbſt gemacht, alle
Merhöfirdigkeiten und Kunſtſchaͤte dieſes Landes ſelbſt geſehen
und theilt nur bie Reſultate feiner Forſchungen mit zweckmaͤßi⸗
ger Benutzung der vorzüglichfien Werke feiner Vorgänger mit.
Auf diefe Weife tft. Herrn Scholler's Wert ein wahrer
Schatz für alle Diejenigen, welche «ine Reife nach Ztalien bes
abfichtigen,, und wirb fowol zum Vorſtudium als zum Fuͤh⸗
ver ati der Neife feibft der treuefte und befte Rathgeber fein.
De Unterzeichnete, biöheriger Nebasteur- der nunmehr. fifties
sen Zeitähsitt „neipexud”, bat Fb mit mehren ‚Mirihge:
Dnnten zu Serausgabe “eines ‚ähnlichen Ianrnals verbunden, das
‚unter dem Fitel:
Der Unparteiiiche,
vom Iften April d. J. gm .erfeheinen wird. Dem Barmat nadı
bem Heſperus gleich und wie biefer wöchentlich fechd Nummern
umfafjend, wird ber Unpartelifche im Allgemeinen auch diefelbe
Tendenz wie eben genanntes Blatt verfolgen, jedoch einerſeits
in ausgebehnterm Sinn auf Literatur und wiſſenſchaftliche Leis
Stuttgart, im Februar 1838.
Friedrich Matter,
Die unterzeichnete Buchhandlung hat ben Veriag des Uns
parteiifchen übernommen und wirb &orge tragen, daß bie
tupographifche Ausftattung im. @inklange mit den Anfoderungen
ber Zeit ſtehe; ber Preis eines Jahrgangs von 313 Nummern
in 4, ift auf 12 81. oder RXChir. 12 Gr. feftgefent. .
Ale PYoftämter und folide Buchhandlungen nehmen Beſtel⸗
lungen barauf an. .
E. Schweizerbart'ę
Verlagshand lung.
8. 8. V. Hoffmann’s Atlas,
An alle folibe Buchhandlungen ift verſandt:
Allgemeiner Atlas
über alle Zheile der Erde
für Schulen und zum Selbſtunterricht;
, bearbeitet von
%. 3.892. Boffmann,
„ geflohen von W. Pobuda und J. Rees.
Erfte Hälfte,
enthaltend: Ne. 1 und 2 bie öftliche und weſtliche Halb⸗
fugel; Nr. 3 Kfeikaz Ne. 4 Aſia; Ne. 5 Europa; Mt.
7 Suͤdamerika; Nr. 8 Auftralia und Nr. 13 Baiern;
nebſt dazu gehörenden 7 Grläuterungsblättern; im Ganzen
alſo 15 Blatt.
In Umfchlag cartonnict, Preis 2 Fl. — 1 Thir. 6’ Gr.
b Die 2te geäfe wirb außer Haupttitel ynb Vorxrede ents
alte: . 0 Brit; RE 9 Mitsejeusopa;
—R Pe 1 Sehen ; Fe ceus
Ben mit den norbdeutichen Bundesjtaaten; Nr. 13 usb 15 das
Alpengebirge, Schweiz, Tirol x.; Nr. 16 Wür⸗
temberg und Baden.
Bis zu Erſcheinen der Lden Hälfte, deren beimeitem groͤß⸗
tee Theil fertig ift, bleibt der Praͤn⸗Preis von 4 Fl. — 2 Ihe.
12 Gr. für das ganze Werk offen.
Der Verleger enthält ſich aller Anpreifung, und wieder, . -
holt nug, daß er ein Prachtwerk verfproden — Sach⸗
verftändige mögen beurtheilen, ob er fein Wort gehalten Hat.
Stuttgart, im Wehruar 1838. _
Kari Hoffmann.
.
Nordiſche Mythologie, -
nach wiffenfhaftdihen Grundfägen beacbeiter
Bei C. 9. 8. Hartmann In Leipzig: if arſchie⸗
nen und in allen Buchhandlungen bes Ins und Auslanbes zu
haben:
Altuna. Nordifhe und nord⸗ſlaviſche Mythologie Für
Dichter und Künftter, mit 13 Abbildungen nach Ans
titen und Stammtafeln. Herausgegeben von Dr. ©,
Thermod Legis. 1830. Gr. 12. Broſch. Preis
auf ertrafeinem Patentpapie 2 Thlr. 12 Gr., oder
4 Fl. 30 Kr., auf weißem Patentpapier 2 Thlr., ober
3 St. 36 Kr.
Das Bebürfniß einer umfaffenden, ben vorhandenen Quel⸗
len treu nachgearbeiteten nordiſchen Mythologie ift feit Lef:
fing und Herder in Deutfchland nur zu häufig gefühlt wor⸗
den, und ber Wunſch, unfere Literatur mit einem ſolchen bereis
chert zu ſehen, erſt neuerlich noch von Goͤt he lebhaft ausge:
ſprochen worben. '
Diefes Bedürfniß ift nun durch ben ebenfo geiftreichen als
fachuerftänbigen iterator, ben Herausgeber der Fundgruben bes
alten Nordens, Herrn Dr. Legis, genügend ausgeführt worben.
Die nordifhe Mythen: und Sagenwelt enthält einen großen
Shan poetiſcher Zictionen und eine reichhaltige Maffe von
Stoff für dichteriſche und kuͤnſtleriſche Behandlung.
Die Alkuna wird ſich alfo eiger — Theil⸗
nahme zu erfreuen haben, um ſo mehr, da der Verleger es an
einer würbigen typographiſchen Ausſtattung dieſes Leſebuchs
nicht hat fehlen laſſen; 13 Abbildungen nach Antiken geben ber
Alluna ein erhöhtes Intereſſe.
Bon bemfelden Verfaſſer iſt früher die. erſte Berdeut⸗
(dung der Edda unter folgendem Titel erſchtenen!
Fundgruben des alten Nordens. Bearbeitet und
herausgegeben durch Dr. Gust. Thermod Legis.
Zweiter Band.
Auch unter dem Zitel:
Edda, die Stammmutter ‘der Poesie und der Weis-
heit des Nordens. Lyrisch-epische Dichtungen, My-
“ then und Sagen der Gotho-Germanischen Vorzeit,
Zum ersten Mal aus der isländischen Urschrift über-
tragen, mit ästhetisch-kritischen Bemerkungen, my-
thologischen Erläuterungen, einem fortlaufenden Com-
mentar und Begister versehen von Dr. Gust. Ther-
mod Legis. Erste Abtheilung mit einer kosmologi-
schen Karte. 1830. Gr. 8. 2 Thir.
ee NR Te
In ber Unterzeichneten ift erſchienen und an alle Buchhand⸗
lungen verſchickt worden:
Die Briefe
Freideren von Stein
Sreihberrn von Gagern
in den Jahren 1813 — 1831,
mit Erläuterungen.
d .
Dber:
Mein Antheil an der Politik.
IV
Einſamkeit.
Preis 3 FI. 24 Kr.
Dieſe; hoͤchſt intereffante Schrift verbreitet über Charakter
unb Denfungsart bes verftorbenen Freiherrn von Stein, eines
der merfwürdigften deutfchen Reichsritter, ganz neues Licht, und
ehrt feine Jreunde uud
re b an 'oon edgtem Sqhrot
Uund Korn, den wahren Fine, En rd und durch kennen.
Beſonders erfährt ber Leſer dein frommbeheiſterten Chriftenglau:
ben des Entſchlafenen, und bie auf denfelben begründeten Ans:
ſichten über Leben und Politik, welch' Tegtere ſich am intereffans
teften über folgende Materien ausſprechen: über ben naffaus
ſchen Domainenftreit; über von Rotteck und deflen die Bundes:
acte betreffende Doctrin; über den Bundestag, die Rheinfchiff:
fahrt, die Univerftäten und bie Umtriebe ber Demagogen auf
denfelben; über Burſchenſchaften und bie mainzer Commiſſion;
über Stein's Theilnahme an dem Freiheitskampf ter Griechen ;
über Preußens Verſtaͤrkung im europäifchen Sntereffe und bie
innern Gründe feiner Politik zc. ıc.
Man fehe Allgemeine Zeitung, Nr. 64 d. 3., in der aufers
ordentlihen Beilage „‚Vaterländifche Briefe’.
Stuttgart und Tübingen, im Febr. 18332 .
3. G. Cotta’ ſche Buchhandlung.
Ducch alle Buchhandlungen und Poflämter ift zu — —
Blaͤtter fuͤr literariſche Unterhaltung. Redigirt unter Ver⸗
antwortlichkeit der Verlagshandlung. Jahrgang 1833.
Monat Februar, oder Nr. 32— 59, mit 1. Beilage:
Me. 2, und 2 literarifhen Anzeigen: Nr. IV und V,
Sr. 4. Preis des Jahrgangs von 365 Nummern (als
fer den Beilagen) auf gutem Druckpapier 12 The.
Iſis. Encyklopaͤdiſche Zeitſchrift, vorzüglich für Natur
gefhichte, Anatomie und Phyſiologie. Bon Oken.
Jahrgang 1832. Zwoͤlftes Heft. Gr. 4 Preis des
Jahrgangs von 12 Hefim mit Kupfern 8 Xhle.
keipzig, im März .
' | F. 2%. Brodhaus.zz
In Baumgärtner's Buchhandlung zu Leipzig ist
erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
| TALA
und les aventures du dernier Abencerage .von Cha-
teaubriand. Mit grammatischen Erläuterungen und
Hinweisungen auf die Sprachlehren'von Hirzel, Mo-
zin und Sanguin und einem Wörterbuche. Zweite,
vermehrte “Auflage. - 12. (177 Seiten.) Brosch.
' Preis 9 Gr.
LE DIABLE BOITEUX
par Lesage.e Mit grammatischen, kritischen und er-
klärenden Noten, auch einem Wörferbuche 12.
(340 Seiten.) Brosch. Preis 16 Gr.
Bei dem jegt herrſchenden fatirifirenden und moralifirenden
Geiſte der Beobachtung, ber ſich über alle Verzweigungen be#
Ledens verbreitet, glauben wir durch die Veroͤffentlichung dieſer
mit Allem, was Bequemlichkeit erfobert unb wozu ber viele
Teitige Stoff für Belebung And Ausbildung bie Hand bot,
verfebenen äußert [Hönen und bo fehr wohlfeilen
Ausgabe dem das fran,sfilde Idiom liebenben Publicum «is
nen wahren Dienft erwiefen zu haben.
CERVANTES NOVELAS EJEMPLARES,
Mit kritischen und grammatischen Anmerkungen, nebst
einem Wörterbuche. Für den Schul- und Privatge-
brauch bearbeitet von Dr. P. A. F. Possart. No-
vela de la sennora Cornelia y de la fuerza de la
sangre. 12. Brosch. Preis 12 Gr.
GServantes’ Novellen find. einfach, natürlih und in einem
ſchoͤnen Styl geſchrieben, fie eignen fi beshalb zum Gtublum
ber in unſerer Zeit fo viele Befoͤrderer findenden ſpaniſchen
Sprache gang befonders. ®
=
1
Anleitung zum Betriebe ber Landwirthſchaft
nach den vier Jahreszeiten geordnet; ein kurzer und beuts
licher Leitfaden für Solche, welche dieſes Gewerbe erſt
kennen fernen wollen. und für Freunde deſſelben in at
bern Staͤnden von Dr. A. G. Schweitzer. 2ter und
letzter Band. Broſch. 1 Thlr. 16 Gr. (Das voll
flänbige Werk koſtet 3 Thle. 8 Gr.)
‚Dee Name bed Verfaſſers bürgt für bie große, feiner Bes
ffimmung entfprechende Zweckmaͤßigkeit dieſes Werks, beffen
Sruͤndlichkeit und aͤußerſt verftändlihen Vortrag «8 ber allges
meinen Anerkennung würdig machen. Die äußere Ausftattung
iſt fehe elegant. ,
Das Ganze der feuerfichern Lehmfchindelbedachung.
Eine auf eigne Erfahrung gegründete vollftändige Anwei⸗
fung zu ihrer Herftellung, Unterhaltung und Verglei⸗
" Hung mit dem Ziegel⸗ und Strohdache. Mebft- biefe
Bedachung betreffenden gefchichtlichen Beitraͤgen, Aus:
zügen aus Schriften und Vorfchlägen zu ihrer weitern
Verbreitung von Friedr. Teichmann. Dit Abbildun⸗
“gen. Gr. 8. Broſch. 21 Gr. _
" Diefes Werkchen, welches durch die hohe Verordnung vo
18ten Mai 1832, nach welcher bei Neubauten Schindels, Stroh:
und NRobrbächer nicht weiter geftattet werben follen, bagegen
aachgelaſſen wird, fich der Lehmſchindel zu bedienen, zu einem
äußerft zeitgemäßen die allgemeine Aufmerkſamkeit verbienenden
wird, zeigt nicht allein die großen Vortheile biefer Bedachung,
fondern lehrt auch deren wohlfeilfte Herſtellung mit allen dabei
nothwendigen Handgriffen. Der hohe Werth, welchen man auf
die Lehmfchinbelbebadgung Iegt, geht wol ganz befonders aus
den Yreisaufgaben ber koͤnigl. ſaͤchſiſchen Regierung für 1888
. bis mit 1837 hervor, nach welcher Die, welche biefe Bedachung
in Gegenden zuerft in Anwendung bringen, wo biefelbe bis jetzt
nody nit im Gebrauch war, nach ber Größe der bamit verfes
denen Gebäude, 3O— 200 Zhlr. erhalten.
Klots, R., Emendationes Tullianae. 8. maj.
6 Gr.. Ä
Putsche, Dr. C. Commendationum Home-
riarum specimen I. de vi et natura juramenti Sty-
gii et de illustrando inde vocabulo alarog. 4. maj.
Geh. 8 Gr.
Meuefte Romane von „Zenriette Fanke, geb. Arndt.
Der gefammten Lefewelt und befonders gebildeten
Srauen und Zungfrauen find bie folgenden beliebten
Schriften von Henriette Zanfe, geb. Arndt:
Die Schweſter. Seitenſtuͤck zur Schwiegermutter.
Roman in 2 Theilen. 8. Hanover, bei Hahn.
3 The. 6 Gr.
Die Schmiegermutter. Roman in 2 Xhellen.
Daſ. 2 Thle. 12 Sr.
Die Perlen. Roman in 2 Theilen. Daf. 2 The.
18 &. .
Der Blumenkranz in 8 Erzaͤhlungen. 2 Theile.
Daſ. 3 Thlr. 4 Gr. .
um fo mehr zu empfehlen, ba in biefen, treu nach dem wirk⸗
lih en Leben entwidelten und durchgeführten Schilderungen
und Gharaktergemälden der Graählungston anmutbig, natürlich
und gemüthvoll ift, und überall bie reinſte Moral, tiefe
Kenntniß und feine Beobadhtungsgabe bes menſchlichen Herzens,
ſowie der verfchiebenften Melt» und innern. Familienverhaͤltniſſe
ebenfo anziehend als verebeinb und belehrend ſich darin ausfpres
hen, wodurch biefe gelungenen Dichtungen fi fo fehr über bie
gewöhntishe Unterhaltungslecture erheben und burch ſolche
Borzüge und durch gern bleibenben Barth. in jchee
Bamilienbibliothet daher bereits ein fo großes Yublicum
und fo vielfeitige günflige Beurtheilung -gefunden haben.
(3u haben in allen Buchhandlungen.)
Ein Buch für den Winter.
Soeben ift erſchienen und in allen Buchhandlungen Deutſch⸗
lands zu befommen:
Bet Erzähler,
oder
das Buch für lange Winterabende,
Eine Balerie
der
intereffanteften Erzählungen, der merkwürbigften hiſtori⸗
chen Begebenheiten, Empoͤrungen, Verfhwörungen, Re
volutionen und Kriege aller Zeiten, charakteriftifcher Züge
aus dem Leben berühmter Zeitgenoffen, vorzüglicher Anek⸗
boten, Witzworte und Epigramme.
Allen Ständen zur Unterhaltung
sewidmet '
don
. Dr. #8arl Greif.
2 Theile, 104 Median: Dctan: Bogen ſtark. Preis
2 Thle. 16 Ge., oder 4 Fl. 48 Kr.
Leipzig, 1838. In Sommiffion bei &, H. 9. Hartmann.
Oken's Naturgeſchichte.
Soeben iſt erſchienen:
Allgemeine Naturgeſchichte
Ffür alle Stände
' von
| Hofrath Oken.
Erfte und zweite Eieferung, mit Oken's Portrait.
12 Bogen ge. 8. Preis 5 Gr., ober 18 Kr. für jede
Lieferung.
In jeder Buchhandlung ift eine ausführlihe Anzeige bes
Wertes gratis zu haben. -
Kart, Hoffmann. in Stuttgart.
Im' Verlage ber Theiſſing'ſchen Buchhandlung in
Münfter ift erfchienen:
Baader, Kranz von, Beilage zum erfien Bande ber
pbilofophifchen Schriften und Aufſaͤge. 1fles Heft,
zwei neue Aufläge enthaltend: a) Weber bie fih fo .
nennende rationnelle Theologie in Deutfchland. b)
Ueber den Begriff der Zeit und bie vermittelnde Func⸗
tion bee Form oder des Maßes. Gr. 8. 1833. _
Geh. 8 tr. _
— —, Ueber eine bleibende und univerſelle Geiſterſchei⸗
nung bienieden. Gr. 12. 1833. Geh. 6 Sr.
Erſchienen ift das Ate Heft von ber |
-Hiftorifch = politifchen BZeitfchrift, herausgegeben
von 2. Ranke.* Jahrgang 1832.
December.
Inhalt: Welen und Werth ber beutfchen Univerfitäten.
Bon Savigny. — Die Revolution bed Cantons Zuͤrich vom
Jahr 1880 in ihrer Gntwidelung —. Nom 1815 — 28.
September bis
aaltyawelluing des Gartinais Goufalvi. Anhang: Ein
en über bie gegenrärtigen Irrungen im Kirhmfaatı, —
"Boden , Arbeit an Srtrag (otefuttnte praktifcher Beobachtun⸗
tn), — Refierionen.
— — Hk iſt bee Jahegang 1858 ober ber erſte
Band geſchloſſen. — Die Zeitſchrift wirb auch im Jahre 1888
fortgefept werden. Der Preis für ben Band von etwa 50 Bo⸗
gem bleibt wie biäher 8 Thaler.
Friedrich Perthes von Hamburg.
| Zur bevorftehendben Gonftrmation empfehlen wir aufs Reue
folgende Warte:
Mitgabe für dad ganze Leben,
beim Austritt aus dee Schule und Eintritt in das buͤr⸗
gerliche Leben. Am Tage der —— der Ju⸗
amd geheiligt von M. Roſenmuͤller. 8. Sechste Auflage
mit 1 Kupfer. Broſch. 16 Gr.
Aeltern koͤnnen ihren Kindern bei jenem wichtigen **
kein paßlicheres und einflaßreicheres Geſchenk machen, als mit
dieſem die allgemeine Anerkennung befigenden, durch bie darin
enthaltenen Lehren wahrhaft ſegensreichen Buche.
Beicht⸗ und Communionbud) |
von M. Johann Chriſtian Foͤrſter. Vierte Kuflage, ver
beflert von M, Roſenmuͤller. 8. Preis 8
Baumgärtner's Buchhandlung in Leipzig.
In allen Buchhandlungen ift zu haben:
eeri
Eine Trilogie von 8. Immermann.
1) Die Bojaren. 2) — von St.⸗Petereburg.
3) Eubdori
418 Seiten in 8. Mit einer Muſikbeilage. Auf Velinp.
in eleg. Umfchlag geh: Däüffeldorf, bei J. Schaub.
Preis 2 The. 12 Sr.
Diefe Trilogie behandelt das Legte Aufftreben altreuffifcher
Magnatenherrſchaft gegen Peter's bes Großen Alleingewalt, den
Proceß und Tod des Alexis, Peter's des Großen lette Lebent⸗
Runden und die Thronbeſteigung Kathatina's.
um ben bei uns gemachten häufigen Anfragen zu begeg-
nen, zeigen wir hiermit ri baß von
T’8
hille
(immtlihen Berten,
gr. 8. in einem Band
in unit: Zeit eine neue Auflage veranſtaltet wird, wovon wir
demnaͤchſt eine befonbere Amzeige auögeben werden. Dagegen
find von biefen Werken noch folgende Aubgaben zu haben;
Sqhiuer⸗ ſaͤmmtliche Were. Gr. 8. 12 Baͤnde, weiß
Druckpapier. 12 Thlr.
— Kl. 8. 18 Bände, weiß
Drudpr. 5 Mit Titel⸗ Vignetten Wiener Aug. 7 Shlr.
Bei betterer Ausgabe bemerlen wir, daß dieſelbe ebenſo
vollſtaͤndig wie die andern Ausgaben iſt.
Schiller's ſaͤmmtliche Werke. Taſchenausg. 18 Bänden.
Schweizerpr. 6 Thlr. 8 ©
— Weiß Drudpr. 4 Thlr. 20 &.
Stuttgart und Zühbingen, ben 1fien Wärg 1838.
J. B. Cott a'ſche Puhhendtung
— — — — —
Lettecs Weltgeicichte in 4 Bänden,
Allgemeine Beltgeſchichte
für alte ‚Stände .
Hofrath Dr. Karl von Rotteck.
Vierter Band. Preis 15 Gr., ober 54 Kr.
Diefer Ate Band befchlieht das Bat; er enthält bie 18te
bis Lifte Lieferung, beren legte meinem fruͤhern Verſprechen
gemäß den Gubfcribenten gratis geliefert wird.
Das ganze Werl, etwa 130 Bogen ſtark, ift in 4 Bi
den & 4 Thlr. 4 Gr., oder 6 Fl, in allen foliden Buchhanbhıne
gen zu haben.
Stuttgart, im Januar 1888.
Kari Hoffmann.
Erklärung.
Die Etlinger’sche Buchhandlang zu Würzburg bietet
unter dem Titel: „Allgemeine und specielle Pathalogie und
Therapie nach J. L. Schoenlein’s Vorlesungen”, ein Werk
sum Verkaufe aus, das meine frühern Vorträge so un-
vollständig, so höchst fehlerhaft und häufig zu so baarem
Unsinne entstelit wiedergibt, dass ich mich genöthigt sehe,
öffentlich gegen diese Mishandlung zu protestiren und zu-
gleich das ärztliche Publicum aufmerksam zu machen, gegen
esen literarischen Betrug auf seiner Hut zu sein.
Zürich, den 2isten Febr. 1833.
Dr. Schoenlein.
Anzeige‘ ein De für bie Beſitzer von Rommel's
eichichte Philipp's von en.
Seite 126, imiär KA * es —* Volkeverfuͤhrung
kein f iheres, Bott moptgefäligeeh Mittel gebe, als Galgen
und Rab”. Umgeadhtet mın fowol ber‘ Dafammenkang
—— des —55 als auch bie am Gabe des
fer, der grabe das Geg
— (naͤmlich: ar ii
ws, Gott wohlgefälligeres ttet, 'd. i.
zung u. f. w. gebe), binlänglich —— fo veranlaßt — *
der din SchiAu ſ ſar denſolben „misassfiehen
konnte tfi ehe Arhiv fix und ‚Literatur. non Schloffer
und Bert, Bb. IV, ©. el diefer wieberholten Bekannt:
machung
Kaffer, am 2öften Februar 1838.
Rommel,
Duck alle Brchhandlingen iſt pr erhalten:
Converſations Lexikon
neueſten Zeit und Literatus
Zinälfteg Heft. *
Ideler bis Kapodiſtrias.
Jedes Heft koſtet
auf weißem Druckpapier 6 Gr.,
auf gutem Schreibpapier 8 Gr.,
“auf trafeinem Velinpapier 15 Gr.
Reipzig, 12. debruat 1833.
8. A. Brockhaus.
(dev game.
— — - — — — — — — — — —
2 —
LSiterariſcher Anzeiger.
(Zu den bei F.A. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.) .
1833. Nr. VIII.
—2
— m
——— —— — TE —— — —— — —û— — — — — .
Diefer Literariſche Anzeiger wird den bei 8. A. Brodhans in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften: Blätter für literer
Unt It fie, fowie bee Allgemeinen mebicinifd
ide " ‚ade ung, Ste ‚gen bie Unfertionsgebübren für die Beile 2 Gr.
‚Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten:
Sonverfations : Zeriton
\ der
neueften Zeit und Literatur
Dreizehntes Heft.
Karaiskakis bis Krogh.
Jedes Heft koſtet
auf weißem Druckpapier 6 Gr.,
auf gutem Schreibpapier 8 Gr.,
auf extrafeinem Velinpapier 15 Gr.
Leipzig, im März 1833.
F. 4. Brodhaus.
ZJean Pauld Biographie,
Soeben ift erfhienen und in allen Buchhandlungen theils
gleich vorräthig, theils auf Beitellung fchnell 'zu erhalten:
Wahrheit aus Sean Paul’ Leben.
7tes und tes Heftlein.
. "Mit einem Facſimile zum 6ten Heftlein.
8. 1833. Breslau, im Verlage bei Joſef Mar und Comp.
Preis 8 Thlr. 16 Gr., oder 3 Thlr. 20 Gar.
(Der Preis eines voilſtaͤndigen Exemplars ift nun 13 Thir. 18 Gr.)
Außer GSoͤthe's Wahrheit und Dichtung befigt die deut:
ſche Literatur Fein fo reichhaltiges und in jeder Beziehung fo
wichtiges biographifches Werk, als das obige von und über
Sean Paul, weldyes nun mit bem 7ten und Bten Heftlein volls
endet und geſchloſſen iſt. Franzoſen und Engländer haben ihre
Memoiren; — ein Zweig ber Literatur, ber uns Deutfchen faft
anz abgeht. Nur Goͤthe und jest auh Jean Paul dürfen
n diefer Beziehung genannt werden, weil ihre biographifcgen
Werke zugleich alle Richtungen, Beſtrebungen, ja das gefammte
- Reben ihrer Zeit barflellen, und einen Schab von Welt« und
Lebensanſichten enthalten, welche durch ihre Wahrheit und Tiefe
‚ dom unvergänglichem Werthe find.
Wie ift Jean Paul geworden, was erift, b. h.,
was hat Erziehung, Umgebung, was haben Ver:
bältniffe, Freunde, Feinde, was Shidfal, Natur
und Welt, was bat er ſelbſt dazu beigetragen, baß
er der geworben, als ben wir ihn fennen? — Diele
Be die fi) uns bei jedem bedeutenden Geifte aufdringt, wird
ier in Bezug auf Jean Paul befriebigend geloͤſt.
. Gin wichtiger Abſchnitt in diefem e, in pſychologiſcher
Binfiät, ift die Schilderung „Troftbedürftiger Seelen”,
bie zugleich eine betrübende Gchattenfeite jener Zeit aufbedt.
, „ Maria” ift das Extrem diefer Innern 3erriffenheit, in ber fie
zugleich faſt tragifch untergeht. „Zean Paul’s Verhalten
gegen junge Autoren’ ftellt fein edle Gemuͤth wieber von
. einer andern Geite bes in das hellſte Licht, und iſt oft ergoͤtz⸗
G
—
en Zeitung, beig:legt cder beigeheftet, und vetra⸗
lich, wegen der Letztern Anfodecungen, ihrer Ungeduld und ihres
Ungeſtuͤns. »
Mit aufgenommen find eine Anzahl ber ausgezeichnetiten
Briefe Sean Paul’fcher Zeitgenoffen, welche zur Vervollſtaͤndi⸗
gung feines Lebens gehören und dem Werke zur Zierde gereis
hen. Wir laffen das Verzeichniß derfelben bier folgen. Es
find Briefe an Sean Paul von:
Friedrich Wilhelm, König von Preußen; Louife, Königin von
Preußen; Maximilian, König von Baiern; Karoline, Königin
von Baiernz Amalia, Derzogtn von Weimar; Charlotte, Herzogin
von Hildburghaufen; Emil Xuguft, Herzog von Gotha; Wrieber
tite, Fuͤrſtin von Solms; Georg, Erbprinz von Medlenburgs
Strelig; Georg, Deraog von Dieiningen; Fuͤrſt Primas; The⸗
vefe, Bürltin von Taxis; Wilhelmine, Herzogin von Wuͤrtemberg;
Fuͤrſtin von Zerbft.
Emilte v. B.; Sophie v. 8.5 Bedmann; Graf Benzel: Ster:
nau; Frau v. Berg; Paſtor Bülau; Gräfin v. Chaffepot; Amt:
verwalter Eldter; Conrector Fiſcher; Karl Zörfler; Gleim;
Hebel; Präfident Heim; Helena; Karoline Herder; 3. H. Jacobi;
Kanne; von Knebel; Kofegarten; Julie von Kruͤdener; Lavater;
Julie M.; Geheimerath Mater; ‚Staatömtnifter von Montgelas;
Hofsatb Moris; Hofrat Methuſalem Müller; Adam von Ders
thel; Br. von Derthel;' Otto; Pauli; Fr. Perthes; Eliſa v. d.
Recke; Renata; Karoline Rihtes; Sophie von La Roche; Hen⸗
siette von ©. ; Friedrich Schlegel; Br. Schlichtegroll; Schubert;
Staatöminifler von Schuckmann; Schuͤtze; Heinrich von Spangen⸗
berg; Eteffend, Paul Thieriot; Tieck; von Truchſeß; Villers;
Pfarrer Vogel; Pfurrer Wölkel; Wagner ; Weiße; Nector Wers
ner; Dekan Wernlein; » in Weimar.
' Als ein, dieſes ausführliche biograppifihe Wert ergaͤnzender
Anhang iſt noch erſchienen:
Sean Paul Fr. Richter
in feinen legten Tagen und im Tode.
Bon
- Dr. Rihard Otto Spazier.
8 Breslau, im Verlage bei Jofef Mar und Comp.
Diefe Eleine treffliche Schrift, welche bei allen Leſern Jean
Paul's Beifall finden wird, und deren bisheriger Ladenpreis
21 Gr. war, iſt nun für den herabgeſezten ungemein wohlfeilen
Preis von 6 Gr. oder 74 Sgr. durch alle Buchhandlungen
Deutfchlands zu erhalten. .
Deftreihifhe militairiſche Zeitſchrift 1833.
3weites Heft.
Diefes Heft iſt foeben erfchienen und an alle Buchhandlun⸗
gen verfendet worden. Es enthält: J. Biographiſche Skizze
bes E. k. Hoflriegsrathe : Präfibenten, Feldzeugmeiſters Scafın
Ignaz Eyulai. (Schluß) — II. Die nieberländifhen Polbers.
Gin Beitzag zur Militairtopographie . ber Niederlande. —
III. Den Zelbzug bes E. k. Feldzeugmeifters Prinzen von Sach⸗
‚fen: Hildburgkaufn 1787 in Bosnien. (Schtuß.) — IV. Die
Operationen der Deftreicher am linken Rheinufer im Spätherbfte
1795. Rad oͤſtreichiſchen Driginalquellen. Erſter Abfchnitt. —
V. Literatur. — VI. Die Kortfegung bes Ehrenſpiegels be
‘.
‘
ne a. — a
k. J. oͤſtreichiſchen Armee. — VIE, Neuefte Milidafrveraͤnderun⸗
gen. Jeder Jahrgang d’efer Zeusfärift koſtet 8 Ahlr. Saͤchſ.
Mer die Zahrgänge 1818 bis incl. 188% auf einmal
abnimmt, erhält diefelben um eim Wiertel wohlfeller als ber La:
denpreis.
Wien, ben Gten März 1883.
3.6. Heubner,
Buchhaͤndſer.
Bei mir iſt ſoeben fertig geworden und in allen guten
Buchhandlungen zu haben:
Das Corpus Juris Civilis
ins Deutſche überfegt
von einem Bereine Rechtsgelehrter
„und herausgegeben von
Dr. Kari Eduard Dtto,
. d orbentit
kalferl. ruffifchem Hofrathe Aanda tie Profeflor der Rechte an
| Dr. Bruno Schilling,
Wuiel. ſaͤch ſiſchem a ud, gprofeffor der Rechte an
un Dr. ©. F. F. Sintenis,
als Rebactoren.
Erſter bis ſechster Band: Inſtitutionen, Pandec⸗
ten und Coder, nebſt 5 Kupfertaſeln und einem
Titelregiſter. Preis 24 Thir. 18 Gr., Velin⸗
papier 37 Thle. 3 Gr.
Der ſiebente und lette Band ‚(bie Novellen und kibri
feudor. enthaltend) erfcheint im Laufe biefes Jahres.
Diejenigen refp. Abnehmer, welchen ihre Budyhanblung
die vollftändige Kortfegang biefes Werkes nicht zu "liefern
vermag, wollen fi) deshalb nur an eine andere ober an
mid direct werben.
Leipzig, im März 1888.
Kari Focke.
Bei H. 8&. Brönner in Frankfurt a. M. ift foeben
erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
Carové, Dr. ’F. W., Ueber das Coͤlibatgeſetz des roͤm.
kathol. Clerns. Zweite Abtheilung.
Auch unter dem Titel: .
Vonftändige Sammlung der Gölibatgefege für die kathol.
Weltgeiſtlichen, von ben aͤlteſten bis auf die neueſten
Zeiten, mit Anmerkungen. 494 Bog. Gr. 8. Geh.
Preis 3 Thlr. 3 Gr. |
(Die erſte Abtheilung Toftet 2 Thlr. 6 Gr.)
Bei 3. A. Mayer in Aachen iſt ſoeben erſchienen und
an alle Buchhandlungen verſandt worden:
Ber Bucanier.
n
bitorifder Roman
aus der Zeit Cromwell's.
Aus bem Gnglifgen
von
Kouig Lax.
Drei Bände.
Preis: 3 Thlr., oder 5 Fl. 24 Mr.
Der geiſtreiche Verfaſſer bes Pelham, Here Bulwer, fa
in einer Recenſion obigen — ‚ Tat
„Der Bucanier ift ein ausgezeichnet gut gefchriebener os
men, in dem das Intereſe ber Handlung und bie ’
der itharakteve von gieich hohen — — re 4
vortrefftiy burchgefüer, ud die Cheifhahike ſtets in
Spannung erhalten.”
AR endlifge Heitilee Timnten ie dem Lobe diefes mit
hohem Beifall aufgenommenen Wertes überein, bas wir in ſei⸗
ner Uebesfegung mit gutem Rechte ben beutfchen Leſern brin-
gend emffeftin können.
Leipzig. (Intereffantes politifcyes Berl.) In 3. Scheib⸗
le’ 6 Berlagserpedition erſchien und if in allen Buchhanbliun⸗
gen zu Yaben:
geitanjinten
Shddeutfden. j
erausgegeben von
d
Frienerih Tudwig Bührlen.
21 Bogen flat, 8. Broſch. Welinpapier.. 1 hie.
6 &r,, dder 2 Fi.
Es ſind ruhige Blaͤtter in einer bewegten Zeit; patrioti⸗
ſche Blicke in das deutſche Nationalleben, auf die Puppen unb
Popanze unſerer Tage, keine politiſche Einzelnheiten, keite E;:
pochondriſche Aengſte, phantaſtiſche Hoffnungen. GE iſt miy:
lichſt klares Anſchauen des tomftitutiounelten, des natienafwirtb:
ſchaftlichen Lebens, gedraͤngte Auffäpe über freie Preſſe, Bolke⸗
verſammlungen, Parteikaͤmpfe, oͤffentliche Meinung, Staatsla⸗
ſten, Reformen zc., durchwoben mit kurzen Bemerkungen über
bas Bolkoleben im Ganzen. Keine Gernrebnerei, fondern ent:
fgiebener, heiterer Genf, auch dem Nichtpolitiker jeden Stan
bes genießbar. — Der Hr. Berfaffer ift dem YPublicum als
hoͤchſt angenehnter Erzaͤhler Tängft vortheildaft bekannt,
Preiserniedrigungen.
Wi zeigen an, daß wir "
Dr. J, A. Bergk’s
LEBEN DES KAISERS NAPOLEON
nach Norvins und andern Schriftfleileen bargeflekt. 4 Bänke
in ge. 8 Mit 1 Porter. von 5 Thlr. 12 Gr. auf
3 Xhfe. herabgeſetzt haben.
Diefes Wert ward bei feinem Erſcheinen wegen feiner hi⸗
ſtoriſchen Zuverläffigteit und der darin herrſchenden parteilofen
und lichtvollen Darftellung allgemein günftig aufgenommen
und viele kritiſche Blätter den fih ſehr bei:
fällig über daffelbe aus; das Erſcheinen bes Lebens Nas
poleon’s von Walter Scott, welches eher einem Roman als
einer Biographie gleicht, lenkte bie Aufmerkfamleit von der Ars
beit des deutſchen Landemanns ab, da nun einmal bie Deutſchen
nach bem Auslänbifchen lieber greifen und bed großen Unbes
tannten als Novellendichter fo berühmter Rame für jenes zu
fprechen ſchien. — Wir glauben, daß wir nad Jahren, nachdem
man fi in feinen Erwartungen getäufcgt fieht, für Bergf's
Bub aufs Reue um Aufmerkſamkeit bitten bürfen,
zu welhem Behuf wir benn aud den Anlauf fehr
erleichtert haben.
Euvier, ©. Bam,
Geſchichte der Fortfchritte in den Raturtoiffenfgaften,
feit 1789 bis auf ben heutigen Tas. Aus dem Franzoͤſ.
von Dr. 5. %. Wiefe Gr. 8. 4 Bünde in gr. 8.
Sonft 6 Thlr. 6 Gr., jest 4 Ihle.
Durch dieſes ausgezeichnete Wert allein 'wärbe fi Guvier
einen utraustöfchlichen Ruhm in ber wiſſenſchaftlichen Literatur
begründet haben. Daſſelbe gewährt eine gebrängte und forge
fältige Ueberſicht und ein vollftändiges Mortregifter geben ihm
bie Brauchbarkelt eines naturhiftoriichen Wörterbucs, weshalb
'@ keinem Raturhiſtoriker, kelnem Biegrap
keinem Wücherfannnier fühlen ſollte. —
allen Berhhandkumgen gu haben.
Leipzig, Baumgärtner Buchhandlung.
&h und üb t
—S
Durch alle Buchhandlungen und Poſtaͤmter iſt zu beziehen:
Blaͤtter Fler literatiſche Unterhaltung. Redigirt unter Vers
antwortlichkeit der Verlagshandlung. Jahrgang 1833.
Monat März, ober Nr. 60 — 90, mit 1Beilage:
Me. 3, und 2literariſchen Anzeigern: Pr. VI und VIL
Sr. 4. Preis des Jahrgangs von 365 Nummern (as
fer den Beilagen) auf gutem Drudpapier 12 Thlr.
Der eanoniſche Wächter. ine antijeſuitiſche Zeitſchrift
für Staat und Kirche und für alle chriftliche Confef:
fiinen. Herausgegeben von Alerander Müller,
Sabegang 1832. Monat December, oder Nr. 97104.
Gr. 4, Preis des Jahrgangs von 104 Nummern
(außer den Beilagen) 5 Thlr.
Leipzig, im April 1888.
5.2. Brockhaus.
Kunstanzeige..
Seit Januar 1833 erfcheint in meinem Verlage eine neue
Zeitſchrift unter bem Zitel:
Museum. Blätter für bildende Kunſt,
trdigiet vum Dr. 8. Kugler.
Wöchentlich erfhwint 1 Bogen in 4. auf milchweißem Be
linpapier; fo oft es die Werfländlichkeit bes Textes erfobert,
wird eine Kupferbeilage gegeben.
Der Preis des Sahrganges iſt 5 Thlr.,
des halben Jahrganges 2 Thlr. 12 Er.
und wird das Abormement pränumerando entrichtet. Wan uns
terzeichnet auf biefes Blatt, außer bei dem Verleger, auf allen
Eönigt. preuß. Poſtaͤmtern und in jeber foliden Buchhandlung.
Berlin, im März 1883.
- G. Groplus.
Leipzig. (kiteratur.) In J. Scheible's BVerlagéerpe⸗
dition erſchien und wurde ſoeben an alle Buchhandlungen vers
“ Garbinäle, Biſchoͤfe
re
und Prieſte
18
@
Liebesabenteurver
buch
Coͤlibatgebot und jefuitifde Grandſätze.
Hiſtoriſch geſchildert von
Banto -Dominge.
Aus dem Zranzöftifhen.
8. Broſch. Welinpapier. 20 Gr., oder 1 FI. 21 Kr.
Betrachtungen über den weifen und wundervollen Bau
des menſchlichen Koͤrpers, und über die Seele imd den
- Set des Menſchen ic, vom Schulrathe und f.
Dr. Gelpke. Mit acht Kupfertafein. Leipzig,
. 1831.
Dies vortreffliche Werk, welches bis jest ganz eingig In
- feiner Art iſt, indem kein anderes den weifeh und wuhberobllen
Bau unfers Körpers fo fablich, anziehend und religids barftellt
wie biefes, verdient in ben Händen jedes wißbegierigen unb
wahren Verehrers ber hoben Gottheit gu fein; denn fa auf
-
-
jede Silte find WErHfe und Merorife bon dem meifen Bau uk-
ſers Körpers gegeben, und dabei mit einem Reichthum von
Kenntufffen angefünt, wodurch bie Aufmerkſamkeit des Refers
bi8 and Ende gefeflelt wird, worin der Derr Berfaffer, wie aus
feinen aftronomifhen Schriften erhellt, Ein beneibenswerthes Ta:
Ient befigt. Dies Werk umfaßt 12 Betrachtungen, von welchen
bie ifte „Ueber den Geiſt, bie Seele und die Hüfte bes Den:
ſchen“, die Ste ‚Ueber bad Gehirn’, wobei bie Stufenfolge deſ⸗
ſetben don bem unvolllonmrenften Thiere bie zum Menſchen
hinauf, angeführt, die Seelenkrankheiten deſſelben und ber thie-
riſche Magnetismus auf die faßlichfte Weiſe erläutert, und eine
- Anwendung bavon auf die Groͤße unfers Geiſtes und deſſen
Verherrlichung nach dem Tode gegeben worben ift, und bie
6te und Tte: „Ueber den weifen Bau unfers Auges und Ohres,
ſehr intereffant zu lefen umd fehr lehrreich find.
Wichtiges Wert für Philologie.
Neuerlich iſt erſchienen und an alle Buchhandlungen bes
Ins und Auslandes verfandt worben:
Bibliographifhes Lexikon ber gefammten Li:
teratur der Griechen und Römer. Kon
Dr. 8. 5. W. Hoffmann. I Band. Afte und
2te Abtheilung: Griechen. Von A bis Euklid.
Preis jeder Abtheilung 1 Thlr. Gr. 8. Broſch.
Das große Bebürfniß eines niit Vollſtaͤndigkeit und Ger
nauigfeit ausgearbeiteten Werkes dieſer Art ift Schon laͤngſt a:
feitig gefühlt worden. Daher wird fich biefes bibliographifche
exiko
freunde befinden und das Beſtreben und der Fleiß des Herrn
Verfaſſers nach Verdienſt anerkannt werden Trot der großen
Reichhaltigkeit der Materialien wird man ſelten eine Luͤcke fin⸗
ben, da naͤchſt ber Textausgabe ber Schriſtſteller auch bie Ueber:
fegungen und Erläuterungsfchriften fämmtliher Autoren von
ben älteften bis auf die neueften Zeiten mit größter Genauigkeit
angegeben finb.
C. H. F. Hartmann in Leipzig.
An alle Buchhandlungen wurde verſandt:
Emmele, Dr., Beſchreibung deutſcher und roͤmiſcher
Alterthuͤmer, in dem Gebiete der Provinz Rheinheſſen
zu Tage gefoͤrdert. Mit 34 lithograph. Tafeln und
493 Abbildungen. te Ausgabe. Gr. 4.
1 Thlr. 20 Gr.
Fritſch, Dr. E. A. (Lehrer am koͤnigl. preuß. Gymna⸗
ſium zu Kreuznach), Die obliquen Caſus und die Praͤ⸗
poſitionen ber griechiſchen Sprache. Gr. 8. 16 Sr.
„ Diefe Schrift, welche bie griechiſche Grammatik auf einen
echt wiſſenſchaftlichen Standpunkt erhebt, wird allen Kennern
und Freunden der Sprachwiſſenſchaft willfommeh fein; weshalb
bex Verleger fi) erlaubt, ganz beſonders auf vieſelde aufiiierk:
fam zu machen. . .
Meinz, im März, 1888.
€. ©. Kunze.
Literarifhe Anzeige
- Da bier und ba von Freunden ber Phyſik, benen bas große
Sehler’iche phyfikaliſche Woͤrterbuch, aufs Neue beraußdgegeben
von Wrandrs, Snielin, Dorner, Munde und Pfaff, für die Bes
bürfniffe, deren Befriedigung fie nur wuͤnſchten, zu umfaſſend
und zu koſtbar f ‚ ver WBunfd, ein, weniger -für den
Phyſiker als fir ben Ditettanten berechneter Auszug aus DAR
großen Wörterbuche erſcheinen möge, gehußert worden if, fo
zeige ich hierdurch an, daß ich mit ben Derauägebern ber yeuen
Ausgabe bes Gehler'ſchen Wörterbuchs, über einen hoetmöhigen
Plan, wie dieſer Wunſch zu erfüllen fei, in Unterhandiung ſtehe.
Ich Hege bie Hoffnung, fehr bald über bie wirkliche Ausführung
!
Seh.
\
n gewiß in kurzer Zeit in den Haͤnden alles Literatur: .
biefes Planes genauere Auskunft geben zu koͤnnen, und theile
dieſe vorläufige Anzeige nur darum mit, damit theild ben ges
fhehenen Anfragen geantwortet, theils jede etwanige Gollifion
vermieben werbe, ba offenbar Niemand beffer, als die Bearbei⸗
ter des großen Woͤrterbuchs, im Stande ift, die Anfprüce bes
Yublicums zu befriedigen. '
Leipzig, im Februar 1838.
E. B. Shwidert. .
er;
Soehen ift erfdhienen und in allen Buchhandlungen zu
€ ‘
haben: ,
Banditenleben.
Ans dem Englifhen. des Mac: Farlane
von
0
W. A. Lindau.
8. Leipzig, Rein'ſche Buchhandlung, 2 Theile mit
Titelkupf. und Vign., Preis geb. 2 Thlr.
Wer von den in mehren deutſchen Schriften von Andern
mitgetheilten Bruchftäden dieſes hoͤchſt Intereffanten Werkes
ſchon Tebhaft angezogen worben ift, wird ſich einen neuen Genuß
verfhaffen, wen er in diefet Verdeutſchung das Ganze im Zus
fammenhange findet, worin biefe Bilder aus dem Banbitnleben
erft ins rechte Licht treten. |
Göthed Briefe an Lavater.
Anden: uns ift erſchienen und in allen’ Buchhandlungen zu
an
ta vart e.c
Aus den Jahren 1774 bie 1783.
Derausgegeben
von ..
H. Hirzel.
Nebſt einem Anhange und 2 Facſimile.
8. Velinpapier. Broſch.
reis: 1 Shin
Leipzig, März 1883.
Weib mann'ſche Buchhandlung
Pour paraitre le 1°" Septembre 1833.
Recherches sur les poissons fossiles, com-
prenant la description de 500 especes qui n’existent
plus; l’exposition des lois de la succession et du
developpement organique des poissons durant toutes
-les metamorphoses du globe terrestre; une nouvelle
elassification de ces animaux exprimant leurs rap-
ports avec la serie des formations; enfin des con-
siderations geologiques generales tirdes Be l’etude de
ces fossiles,
par Louss Agassız, docteur etc. etc.
5 volumes, texte in 4., et 250 planches in folio
sur papier fin,
On souscrit chez Sigismond Schmerber,
' libraire 4 Franchort s. 1. M.
Recenſion über die Allgemeine Modenzeitung in
der braunfchweiger vielgelefenen Mitternachtzeitung
Mr. 31 d. J.
Die Mitternachtszeitung, welche durch ihre Freimuͤthigkeit
ebenfo bekannt iſt als durch ihre Unparteilichkeit, ſagt:
„Ein Kind, dem weiblichen Geschlechte angehörend,
=
das mit dieser Modenzeitung geboren wäre, hätte bereits
seine Glanz- und Schönheitsperiode überlebt und ginge als
vernünftige Hausfrau etc. zur Modenzeitung, um die Ver-
angenheit in Erinnerung zu bringen etc. Aber dann waa-
ert sich die Hausfrau wohl, dass, indem sie schon Spuren
der Zeit in ihrem Gesichte trägt, die gleichalte Modenzei-
tung noch in vollster Blüte der Schönheit steht, ja, diese
immer mehr entfaltet.‘
„Die Damen und Herren werden, immer lebendig schö-
ner und, wenn nicht ‘grade eine ironische Laune von Sei-
ten der Modengöttin ihre Körper verstellt — liebenswürdi-
r. Seltsame und merkwürdige Liebeshändel oder ernstere
eitbegebenheiten gehen mit ihr Hand in Hand, und dabei
erzählt das Blatt noch so viele Anekdoten, schildert se leb-
haft Sitten, Gebräuche und Naturerejgnisse, dass man dar-
über alle Moden ver. könnte,‘
„Im Ernste! ie Modenzeitung des Herra
Baumgärtner steigt fortwährend in ihrem Wer-
the. Das Blatt ist durch ein Beiblatt für Klei-
nigkeiten erweitert und auch sein artistischer
Theilhat durch Extrakupfer, die sich jährlich
bis auf zwölf belaufen, eine Vergrösserung ge-
funden, indem zugleich mehr Sorgfalt auf den
Stich verwandt wird. — Dass die Modenzeitung kein
ultraliberales Blatt geworden ist und sich überhaupt mit
Liberalismus und hundert ähnlichen Sachen nur zuweilen,
und dann auch in weiter Ferne, beschäftigt, ist natürlich
und kann ihr gar nicht in Tadel nachgesagt werden
ete. etc. etc.”
Schintuiffenfchaftliche Schriften.
In meinem Verlage find nachflehende intereffante
Schriften erſchienen, die durch alle Buchhandlungen des
In⸗ und Auslandes bezogen werden koͤnnen:
Knorring (Karl von), Ruffifche Bibliothek
für Deutſche. Erſtes bis Drittes Heft. (Reval
1831.) 8. 34 Bogen auf Drudpapier. Geh.
2 Thlr. 12 Gr. '
Diefe drei Hefte enthalten ausgewählte Stüde von Po:
tewoj, Schukowokj, Puſchkin und Gribojedom.
Dertel (WB. von), Harald und Elsbeth, oder
das Zeitalter Johanns des Schredlichen. Ro:
mantifhes Driginalgemälbe aus der Gefchichte
des fechzehnten Jahrhunderts. 2 Bände. (Pe-
teröburg 1831.) 8. 30 Bogen auf feinem
Drudpapier. Geh. 2 Thlr. 8 Gr.
Scipio Eicala. 4 Bände. 8. 834 Bogen
auf feinem Drudpapier. 6 Thlr.
Sherer (Moyle), Bilder aus dem Kriegsle⸗
ben. Aus dem Englifchen überfegt von Ru-
dolf Lindau. Herausgegeben von Wil—
beim Adolf Lindau. 8. 213 Bogen auf
feinem Drudpapier. 1 Thlr. 16 Gr.
Stimmen der Zeit. Lieder eines Deutfchen. 12.
96 Seiten auf gutem Drudpap. Geh. 10 Gr.
Sue (Eugene), Atar-Gull. Aus dem Fran-
zöfifchen. 12. 348 ©. auf feinem Drud- .
papier. Geh. 1 Thlr. 12 Gr.
Leipzig, im April 1833.
' 8.4. Brodhaus.
— — — —
“ Btudiums; theoretische Philosophie, Anthrop
‘
. Di
Literariſcher Anzeig
(3u den bei 3. X. Brockhaus in Leipzig erſcheinenden Zeitſchriften.)
⸗
er.
1833. Nr. X. |
Auszug ,
aus’der Ordnung der Vorlesungen an der königlichen
. Universität Würzburg für das Sommer-Semester 1838.
Gesetzlicher Anfang am 1öten April,
I. Pbilosophische Facultät: Prof. Meiz: All-
gemeine Encyklopädie und Methodologie des akademischen
ologie und Lo-
gik; Metaphysik; praktische Philosophie, als Naturrecht
usd T lebre; Geschichte der Philosophie; Encyklopädie
und Methodologie der Mathematik überhaupt; Euklidische
Geometrie, verbunden mit der ebenen und den Vorbegrifien
sur sphärischen 'Trigonometrie. — Prof. Schön: Reine
allgemeine Grössenlehre mit Enncyklopädie und Methodologie
der mathematischen Wissenschaften; niedere, reine und an-
gewandte Geometrie mit ebener 'Trigonometriez höhere Ana-
lysis und höhere Geometrie; sphärische und theoretische
Astronomie mit der Anleitung zur Anstellung astronomiacher
Beobachtungen auf dem Observatorium. — Wagner:
Praktische Philosophie, als Religionslehre, Moral, Natur-
‚recht; Naturphilosophie ; Geschichte der Philusophie; Staats-
wissenschaft. — Prof. Denzinger: Allgemeine Geschichte;
europäische Staatengeschichte; allgemeine europäische und
bairische Statistik. — RBickarz: Römische Alterthüiner,
oder Darstellung der merkwürdigsten Formen und Zustände
des öffentlichen und des Privatlebens der Römer; des So-
hokles „Oedipus als König“, des Tacitus „Historien“, —
röhlich: Pädagogik und Didaktik, a) allgemeine, b)
. specielle, mit besonderer Anwendung auf die öffentlichen
Schulen und ihre zeitgemässe Behandiumg; Geschichte der
Erziehung; Aestbetik als Kunstwissenschaft mit specieller
Entwickelung der verschiedenen Kunstformen ; über einzelne
plastische oder redende Künste; Geschichte der redenden
nnd bildenden Künste. — Osann: Theoretische und Ex-
perimental - Physikz3 theoretische und Experimental- Chemie
mit besonderer Berücksichtigung der Chemie organischer
Körper. — Lesblesn: Naturgeschichte, a) Zoologie, b)
allgemeine Botanik, — Prof. Rumpf: Geognosie. — Dr.
ssdmann: Des Sophokles „Oedipus in Kolonos“‘; des
Terentins „Andria“. — Dr. Grossbach: Geschichte
Deutschlands; Geschichte Baierns; allgemeine und beirische
Statistik. — Rath Buchinger: Ueber die historischen
Hülfswissenschaften,
IH. Theologische Facultät: Fischer: a) He-
bräische, b) chaldäische, syrische und arabische Sprache;
Exegese der Bibel, a) des Alten, b) des Neuen Testaments,
Fortsetzung der Erklärung der Leidens- und Auferstehungs-
eschichte Jesu nach der Harmonie der yier Evangelien. —
orstz: Kirchengeschichte; Patrologie; Theorie des geist-
lichen Geschäftsstyls. - Rösch: Moraltheologie; Pastoral-
theologie; Homildtik; Katechetik; "Liturgik. — Biekel:
Erklärung der Offenbarung des h. Johannes; Dogmatik.
* 1. Juristische Facultät; Prof. Kilsani: CI-
vilpracticum und Relatorium; .Criminalpracticam und Rela-
torium; Examinatorinm und Disputatorium über sämmtliche
‚Zweige der Rechtswissenschäft. — Pröf, Bingelmann:
deutsches Privatrecht in Verbindung .mit dep gemeinen und
bairischen Lehenrecht ; Institutionen des französischen Civil-
rechts. — Prof. Stahl: Pandekten. — Prof. v. Link:
Historische Einleitung in das deutsche Staatsrecht; gemei-
nes und bairisches Territorialstaatsrecht.
IV. Staatswirthschaftliche Facultät: Prof.
@eter sen.: Staatswirthschaft” und KFinanzwissenschaft;
Landwirtbschaft. — Prof. Geier jun.: Encyklopädie und
Methodologie der Kameralwissenschaften ; Forstwissenschaft ;
Bergbaukunde; Technologie; Handelswissenschaft.
V. Medicinische Facultät: Prof. Pickel: Che-
mie und Pharmaeie. — Prof. Ruland: Arzueimittellehre ;
Kinderkrankheiten; gerichtliche Medicin und medicinische
Policei. — Prof. Heller: Botanik, Demonstrationen der.
blos medicinischen Giftgewächse. — Prof, #® Ouirepont:
Geburtshülfliehe mannal- und instrumental-Operationen am
Fantome und an Leichen; geburtshülfliche Klinik; über
Weiberkrankheiten. — Prof. Münz: Angtomie des Me»-
schen; vergleichende Anatomie. — Prof. Ryss: Velerinair-
medicin. — Prof. Jäger: Syphilitische. Krankheiten; Chi-
rurgie über Augenkrankheiten; Selbstübungen der Studiren-
den in den chirurgischen Operationen; chirurgisch augen-
ärztliche Klinik. — Prof, Markus: Specielle Pathologie
und Therapie; medicinische Klinik; Geschichte der Medi-
siolofie; allgemeine Pathologie und T’herapie; Semiotik. —
Prof, Rumpf: Päysiologische 'und pathologische Chemie;
Pharmacie. — Prof. Hensler: Animalischen Magnetis-
mus; Physiologie, mit physiologischen Experimenten. — Dr,
wchs: Aerztliche Receptirkunst; specielle Pathologie und -
Therapie; Geschichte der epidemischen und contagiösen
Krankheiten. " -
Schöne und bildende Künste,
Höhere Zeichnenkunst: Stöhr.
Kupferstechkunst: Bitihäuser.
Exercitienmeister.
Reitkunst: Ferdinand.
Fechtkunst: Bündgens.
Auszug
aus dem Verzeichniß der bei ber großherzi. bad. Albert:
Ludtvigs = Univerfität zu Freiburg im Breisgau für
das Sommerfemefter 1833 angelündigten, am 22. Aptil
becßginnenden Borlefungen,
IL Cheoiogtäche Facultät.
1) Geiſtl. Rath, Domcapitular und Prof. ord. Ritter Hug:
Einleitung in das Neue Teſtament
2) Geifll. Rath. und Prof. ord. Werk: Praktiſche Schrifter⸗
Mörung. — Theorie der Serlforge und Lilurgif. — Kar
techetik. F
8) Geiſel. Rath und Prof. ord. Eudw. Buchegger: Grege
tiſche Vorträge über das Evangelium nad Matthäus. —
b
ein. — Prof. Narr: Encyklopädie und Methodologie; Phy-' -
“ Dogmatik in Verbindunz mit Dogmengeſchichte. — Cra: ſchichte: Mittlere und neue allgem. Geſchichte. — Ueber
minatorium Über Dogmatik, U. Mine . on
4) Geiſtl. Rath und Prof. ord. Schreiber: Moraltheologie. — 2, Hofrat$ und Prof. -orb. Bugengeiger: Heine Geome⸗ '
Sefchichte der Moraltheologie: — Praktiſches Collegium trie. — Angewandte Mathematik. — Privatissima_ über |
über Moral. — Algemeine Religienälchre. Ka ı höhere Mathematik, — Mineralogie.
5) Prof. ord. (ker philof. Zacultät) Weger: Anfangsgrünte | 8) Hofrath und Prof. ord. Schnelier: Gefdichte ber Philo⸗
ber hebraͤiſchen Sprache. — Arabiſche Sprache — Bibli⸗ ſophie, — Metaphyſik. — Ethik. — Paͤdagogik. — Eng⸗
ſche Hermeneutik. — Gregetifche Vorträge über-die Pſalmen. Yifäge Eprache für weiter Vorgeſchrittene. — Grundfäge ber
6) Lehramtegebülfe Stengel: Hebräifche Srammatik. — An: ttatientſchen Sprache und Literatur.
fangsgründe des Ghaldäifhen — Syriſchen — Arabifchen | 4) Prof. ord. Zell: Ueber Tacitus' Annalen. — Ueber Ariſto⸗
und des Sanskrit. — Grammatiſche und hiſtoriſche Gr: |- phanes' Plutus. — Geſchichte der bildenden und zeichnenden
läuterung der Bücher Samuel’. — Gregefe über den Rd: Künfte bei ben Griehen und Römern. — Weber Aristote-
merbrief. — Gpregefe über die Briefe an bie Theſſaloniker. les De mundo. 9 |
7) Repetitor und Supplent Kle nfler: Chriſtliche Religions: | 5) Prof. ord. Seeber: Differenfial: und Sntegralredynung. — |
Zn er .dZweiter on Srperimentolppfit —. Phyſiſche Gesgzraphie und Meteo: |
N. Juristen⸗Facultät. zologie. eruke 5
H Geh. Ratd und Prof. air Ritter Duttlinger: Grimis | 6) Prof. ord. Berreb: Encyklopoͤdie und Weſchichte der ge:
" nalrecht. — Theorie des bürgerlichen Proceffet. — Strafe farnmten Raturkunde. — Aigeneine Bötanit. — Gpeciele
proceß. — Wechſelrecht und Wechfeiproce: -— Procehord⸗ Dotanit für Ereurfionen mad Demonftrationen
| a den Rechtsſtreitigkeiten für das Großher⸗ N) yo, ii. — y er: * ſangegrunde bir hebraiſchen Sprache
Hofratih und Prof. orb. Amann: Panbdekten. — Uebungscolle⸗ T me In
2 über Panbekten. — Examinatorium über Kirchenrecht. 8) Prof. erttaocd. Simmermann: Gefcichte ber Philoſo⸗
:8) Prof. ord. Brig: Aeußete Geſchichte und Juſtitationen des phie. — Logik. — Metaphoſik. — Ethit. — Paͤbagogil. —
rom. Rechts. — Examinatorium über Pandekten. — Deuts Xeſthetik.
fähs Peioatrecht. 9) Fr an Spmmapun —— Erklaͤrung der
4) Prof. ord. Baurittet: Juriſtiſche ECneyklopaͤdie. — "Eins ie ronto. — gortjegung ber tpretation des
— fa ben Code Napolson. —- Code Napsison. — Demöftbems. — Uebung im griehifhen Styl.
Babifihes Sanbechht. . 10) Privatdocent Dr. Weid: Algemeine Seltgeſchichte: Ger
6) Prof. ertraord. Buß: Europaͤiſches Boͤlkerrecht. — Allge⸗ ſchichte des Mittelalters und ber neuen Zeit. — Thesrie
füpaft und Binan. 11) —— —* * — Dee FeamgöRfeen Spra
He Dr. :Mußler: Inſti d Gefäk : i e
m Gen re Mh. — ſieutienen un sel für Mafänger. — Wiederholung ber ſchwerſten Segeln für
. IM. Mebicinische Facuität. weiter Worgeräete.
meine Slaatelehre. — Polleeiwiffenfhaft. — Gtaatswirth: | - der Statifit und Statiſtik der beutfhen Bundedſtaaten. — |
1) Hofrath und Prof. ord. Bed: Dperationtlehre mit Uebuns FE en — — —
* an Leichen. — Ueber bie Krankheiten des Gehoͤror⸗ gu en uns ef erſchienen Amb durch jede ſollde Buchhandtung
he Shirurgifhe und Augenkrankenklinik. — Gericht⸗ ' Ueber
li edicin.
9 Hofrath und Prof, ord. Baumgärtner: Converſatorlum M aschi ne .n-
über allgemeine Pathologie und Therapie. — Mebteinife: und
einigen un an m Hospital. — Practicum in ber polis F a b r i k wesen
8) Prof. ord. Bromherz: Chemie ber organifden Kipe.— | . va Charles Babb are
k it i lyſe. — and: & bj
aloe. Anleitung bur Gemifgen Analyie Arnd ‚aus dem Englischen deutsch bearbeitet von Hrn. Dr.
4) Prof. ord. Ant. Buhegger: Knochens und Bänderlehre | Friedenberg, mit einer Vorrede des Hm. Director
bes menſchlichen Körpers. — Repetitionen aus ber gefamm- | Klöden und mit vielen Originalbeiträgen, zugeeiguet
ten Anatomie. — Anatomie der Ginnesorgane. dem wirklichen Geh. Oberfinansrathe Hrn. Beuth,
5) Prof. ord. Leudart: Einleitung in bie Naturgefchichte nik. X m.
vn allgem. und fpecielle Raturgefhichte unb —8 dessen Bildniss vr 7. a impeb. Elegant
ri ch . r. “ !
- der wirbelloſen Thiere. — Phnfiologie bes Menfen. — |.
' Vergleichende Oſteologie. Diefes Werk enthält die grünblichfien und neueſten Er⸗
6) Prof. ord. Schwoͤrer: Theoretiſch⸗praktiſche Geburts: | fahrungen über den Gegenſtand, weichen ber Titel nemt.
und Kindbettlehre. — Ueber Literatur der Geburtskunde. | Die erfte Auflage des Driginald war in England im Sommer
Geburtshuͤlfliche Klinik. 1832 binnen zwei Monaten, vergriffen und umfere deutſche Be:
7) VProf. ord. (dee philof. Barultät) gerleb: Emeyllopäbie | arbeitung ift nach der zweiten, fehr vermehrten Auf:
ber Raturwiffenfchaften und ber Medicin. — Allgemeine | lage des. Driginals angefertigt.
Botanik. — Specielle Boͤtanik mit beſonderer KRückſicht Jedem Tedgniter, jedem Staatsmann, jedem Gebilbeten,
auf vffteinele Pfianzen. — Botaniſche Etturſivnen. "der ſich für das Wohl der Menſchheit intereſſirt, ja jedem Fa⸗
8) Prof. extraord Werber: Semotik. — Hiſtoriſch-kritiſche “Grifanten und Handwerker ift died Werk von hoͤchſtem Intereffe;
Beleuchtung ber verfchiedenen Anfichten über die Seilgefege | denn es zeigt nit nur den Kortfchritt bes Mafchiten und Zas
der Natur. = .Xrgneimitteliiire mit Rechyptirkunſt. — Bes | brifivefen®, fonbern auch deſſen Wirkung auf die Menfchbeit,
terinairkunde. ‚auf den Staat, auf die Einzelnen Stoffen, auf Fabrikunterneh⸗
P 9) Prof. ertraord. "Spenner: Allgemeine Botanit. — Gpe: | mer, Asbeiter und Gonfumenten.
cieie Botanik, verbunden mit botanifcyen Ercurfionen. — Stußrfhe Buchhandlung in Berlin.
. Uebungen im Pflanzenbeflimmen. — Mebicinifhe Botanik. - —
10) Kliniſcher Aſſiſtent Dr. Frick: Ueber mediciniſche Phyſtk. ANKÜNDIGUNG.
; IV. Philoſsophische Facultät. Die. lebhafte Theilnabme, deren aich das in Mailand
4) .Hofrath und Prof. ord. Deuber: Allgemeine -MWeltge -| erscheinende BCHO seit den fünf Jahren seinen Bestehens
—— — — — — — — — — — —
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[4
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-
8
“erfreut, bestimmte die Herausgeber, eine von der stalleni-
‚schen unabhängige deutsche "Abtheilung zu veranstalten,
deren Tendenz ist: das Ausland in beständiger Uebersicht
‚der: Literetur, Kunst, Musik, des Theaters, und des Le-
dene in Italien zu erhalten. Politik bleibt ausgeschlossen.
«- Wöchentlich zweimal erscheint ein Bogen in Fol.
+ Der Jahrgang des deutschen Echo kostet „. 83 Zwanziger.
Die postfreie Versendung bis an die Grenzen
den östreichischen Staats beträgt . . . 8 „
Halb- und vierteljähr. Pränumeration im Verbältniss:
‚Abounement für 2 Monate . . . . 7 Bwönziger.
» ' für 1 Monat
ec,
Alle Postämter und vorzöglichern Bechhandlungen, in-
Wien die Karl Gerold’sche, nehmen Bestellung an.
Jedem Abonnenten steht die unentgeldliche Benutzung
einer bedeutenden Anzaal der besten englischen, französi-
"schen, italienischen und dentschen Journale im Bureau des
Echo frei.
INHALT des vorliegenden Jännerheftes.
Nr. 1. Italis. Gedicht von W. Marsano. — Literatur.
. inedite e rarc di Vincenzo Monti. — Aunstews-
stellung dn Mailand im Jahre 1882. Seulptur.
Marchesi. — Thestersehau. Mailand. — Hiscellen.
Toscana. Livorno. — Nachricht aa die H, H. Abon-
nenten des Echo.
„ 2. Literatur. O inedite e rare di V. Monti (Fort-
seiz.).. — Volksfeste im Veltelin und im Gebiet von
Como, — Thrsterschau. Mailand. Venedig.
'„ $. Literatur. Opere inedite e rare di V. Monti (Fort-
seiz.). — Kunstausstellung eic. Sculptur (Fort
seiz.). — Theaterschau. Venedig. (Fortseiz.) Ber-
gas Brescia. Crema. Cremona. Lodi. Mantua,
4. Kukftausstellung etc. Sculptur (Forlsers.,. Vit-
torio Nesti, Marchetti, Gaetano Benzoni, Giuseppe
Croff, Giovanni Labus, Girolamo Rusca, Giovanni
Pandiani, Antonio Galli. — Werke in getriebe-
ner Arbeit von Desiderio Cesari. — Malerei.
Diotti. — Täesterschau. Verona. Vicenza. Padud.
Turin, Genua und Novara. — Misceilen. Neapel.
Rom. Piemont. Turia. Vercelli. Chambery. Genus.
„ 5. Literatur, Opere inedite e rare di V. nd (Fort-
setz.). — Die Schlangen in Mailand, — Mode. —
Theaterschas. Florenz. Rom.
„» 6. Literatur. Opere inedite e rare di V. Bond ( chluss).
— Kunstausstellung «etc. Malerei. setz.)
, Bayez. Liperini. — Tihesterschan. 0
„ 7. Literatar. Länderkunde. Corografia deli’Italia
di Rampoldi, Vol. I, fasc. I. — Geschichte.
Pe’ monumenti storici del Friai di 1. Pirona. —
Styläbungen im Hause des Marchese Basilio Puoti
in Neapel, nebst einigen Worten über den italieni-
schen Styl überhaupt. — Neuigkeiten aus Venedig,
eine Austerschale voll. — Miscellen. Neapel.
„ 8. Literatur. Geschichte. Commentarii della ri-
- voluzion® francese di Lazzaro Papi, Vol. 6. — Sulla
g Storia lomharda del secolo XVII, di Cesare Cantü.
— Medicin. Rifiessioni sullo stato attuale della
chirargia italiana, dell dott. L. Pacini. — Kunst.
Dipinti nuovamente scoperti, d’invenzione di Giulio
Romano. — Schriftsteller und Buchhändler in Ita-
lien. — Der steinerne Mann in Mailand. — Charade.
„» 9. Literatur. Baukunst. Principj di architettüra
civil& di Francesto Milizia. — Etwas über Malta.
— Historische Bückblicke. — Theaterscheu. Parma.
Piacenza. Modena. Ferrara. Rimini. Ravenna. —
Auflösung der Charade im vorigen Blatte.
den Se tmäßige Außgabe legt d ber fämmtlir
en Säriften ges bige usgabe letter Hand der ſaͤmm
Gu ſt' a v Schiilling
in 90 Bänden. iſt nun bis mit dem 4Oflen Bande vollendet.
Diefe ſehr ſchoͤne Taſchencrus gabe if. fo billig, daß alle 50 Wänbe
bis zur Dflermeffe 1833 nice höher als 12 Thlr. 12 Sr. au
ftehen kommen. Der fpätere Ladenpreis ift dagegen zu 20 Thir.
angefegt.
Arnol d'ſche Buchhandlung
in Dresden und Leipzig.
In Baumgärtner's Buchhandlung iſt ſoeben erſchienen
und an alle Buchhandlungen verſendet worden: u
De. Caſpari's
hHomdopathifhes Dispenfatorium
für Aerzte und Apotheker, worin nicht nur bie bis jegt
bekannten, fondern auch die in Hofrath Hahnemann's
neueftem Werke, die in Hartlaub's und Trink's Arz⸗
neimittellehre und Klinifchen Annalen und bie in bem
Achive für homoͤopathiſche Heilkunſt enthaltenen Arz⸗
neien aufgenommen worden find. Sperausgegeben von
Dr. $. Hartmann. Vierte, verbefierte und vers
mehrte Auflage. Auch unter dem Titel: Homoͤopathi⸗
ſche Pharmakopoe fuͤr Aerzte und Apotheker. Gr. 8.
(10 B.) Brofch. 12 Gr.
Die Anzahl der Auflagen dieſes nuͤtzlichen Werks ſoricht
wol am lauteſten fuͤr deſſen Zweckmaͤßigkeit.
Verſuch, den Gang der ſtationairen Krankheits⸗
conſtitution
nach Art der Barometer⸗ und Thermometerbeobachtungen
bildlich vergleichend darzuſtellen, von Dr. C. F. Trautzſch.
Mit 3 Steindrucktafeln. Gr. 4. Preis 6 Gr.
Dieſe neue ſinnreiche Darſtellungsweiſe wird jedem Arzt
außerſt intereſſant fein. Wir duͤrfen fie mit Recht empfehlen.
Dr J. Braun,
Ueber Onanie, Beiſchlaf,
maͤnnliches und weibliches Unvermoͤgen, veneriſche Krank⸗
heit, und regelwidrige Monatsreinigung, mit Angabe
ber zweckmaͤßigſten Mittel und Vorſchriften, wie man
Die duech Onanie verlorene Gefundheit wieder erhalten
und ftärten, den Beiſchlaf ohne Nachtheil für diefelbe
vollziehen, männliches Unverindgen und weibliche Uns
fruchtbarkeit befeitigen, die veneriſche Krankheit gruͤnd⸗
lich heilen, gegen Anſteckung buch diefelbe fich verwah⸗
ren und die Megelwidrigkeit ber monatlichen Reinigung
entfernen koͤnne; nebft einem Auhange über die Natur
und Heilung bes weißen Fluͤſſes, und einer gedrängten
Einleitung über die Natur und Verrichtungen des ges
funden menſchl. Körpers. Zweite vermehrte Auf:
lage. Gr. 8. (17 Bogen.) Broſch. 1 Thlr. 8 Gr.
(1 Thlr. 10 Sg. 2 Fl. 24 Kt.) .
Magazin der neueften Erfindungen, Entdeckungen
und erbeflerungen,
in der geſammten Gewerbkunde für Fabrikanten, Manu⸗
facturiſten und Kuͤnſtler. Bon Dr. Netto und
G. €. Seidemann. Neueſte Fotge. Band I.
u V. Mit 31 Abbildungen, Gr. 4. Geh. Preis
r.
Inhalt: Neu erfuntene, verbeſſerte Hefte für Grabſtichel;
Verbefferungen in der Werfertigung kurzer Waarg, oder an bem
Bands und ra He Verbefferungen in Schiffe: und
andern Pumpen, weiche auch durch gewiffe Veränderungen zum
Umdrehen ber Drehbänfe unb gu andern Zwecken anwendbar
find; Wegfchaffung bes todten Ganges an Schraubrnmuttern,
-
— — — —
mittels benen eine feine und gieifärmige Bewegung bei mans
cherlei mechaniſchen Worrichtungen hervorgebracht werben foll,
wie 3. B. an Stangenzirkeln, Nonin, Mikrometern ıc.; Ber
befferungen in der Zufammenfegung ber Stein⸗ und andern
ſſen; WBerbefferungen in fick drehenden Dampfma⸗
fhinen; über das Reinigen ber alten Delgemälde; Verbeſſerung
der achromatiſchen (farbenlofen) Fernrohre; über Dampfwagen;
Sohn Braithwaite's in London für bie preußiſche Regies
zung erbaute Dampffeuerfprige „Comet“; Methode, im Schieß⸗
pulver ben Gehalt an Salpeter zu unterfudhen; Bibliographie;
Kritik der Literatur ber Gewerbekunde. Der Spredger: das Pans
technilon ; neue Weizenart; Eiſenbahnen; Schmelztiegel; Brotbe⸗
reitung mit Beihuͤlfe der Kartoffel; ſteinerne Fußböden; Titangruͤn.
Bei mir iſt erſchienen und durch alle Buchhandlungen und
Poſtaͤmter zu beziehen:
ZBeitgenoffen
. i
Ein
diographiſches Magazin
fuͤr die
Geſchichte unſerer Zeit.
Vierten Bandes ſechſtes und ſiebentes Heft.
(XXX. XXXI.)
Sr. 8. Geh. 1Thlr.
Inhalt:
Biographien und Charakteriſtiken.
Das Leben des koͤniglich preußiſchen Staatsminifters Frijed⸗
ih Ferdinand Alexander Reichſs-Burggrafen und
Graſen zu Dohna⸗Schlobitten, General⸗Landſchafts⸗
Director, Ritter des rothen Adlerordens und des eiſern
Kreuzes, dargeſtellt von Johannes Voigt.
Deore Chriſtoph Lihtenberg Kon Heinrich
ring.
Bebensbefchreibung des Generals Baron Guſtav Morig
Armfelt. Bon ihm ſelbſt verfaßt. Aus dem Schwedi⸗
fügen überfegt und mit Anmerkungen bes Ueberſetzers bes
gleitet.
Auguft Wilhelm von Trosky, koͤnigl. fächf. wirklicher
Geheimrath, Dberamtsregierungspräftbent und Conſiſtorial⸗
director bes Markgrafthums Rieberlaufig, Herr auf Ukro,
‚ Paferin und Pidel. Bon F. A. Guͤß milch.
Biographifche Andeutungen.
Don Leandro Fernandez be Moratin.
Das achte Heft des vierten Bandes erfcheint im Mai 1888.
Leipzig, am ifin April 1833.
5. 4. Brodhaus,
Deftreihifhe militairifhe Zeitfhrift 1833.
Drittes e
Diefes Heft ift foeben erfchienen und an alle Buchhandlun⸗
gen verfendet worben.
Inhalt: I. Geſchichtliche Skizze der Kriegsereignifle in
Tirol im Jahre 1809. Ginleitung. Grfter Abfchnitt. —
"IL ueber Bildung im Militairſtande. — II. Biographie des
k. E. Generals der Gavalerie und Hofkriegsraths⸗Praͤſibenten
* Grafen von Rrimont, Fürften von Antrobocce. — IV. Literatur.
V. Reueſte Militairveränderungen.
Der Preis des Jahrgangs 1833, ſowie der aller fruͤhern
Sabrgänge it 8 Shir Saͤchſ⸗ Wer die Jahrgaͤnge
18185 — 32 auf einmal abnimmt, erhält fie um ein
Viertel wopifeiler. " .
Wien, ben 2Iften Wär; 1833.
, % ©. Heubner,
Buchhändler.
Das Baterland.
Blätter fir deutſches Volks⸗ und Staatsleben.
Nicht umfonft bat diefe Zeitfchrift eine Erweiterung ihrer
Schranken mit dem dritten Jahrgange angekündigt. Wie bie
=
n
Baht ihrer Eefer auch außerhalb Gachfend fd erfreulich vers
mebrt dat, fo haben ann bie hochgeehrteſten Männer aus eb
len Gegenden Deutſchl idre Mitwirkung zugefagt und zum
Theil ſchon bethaͤtigt; ausgezeichnet durch Gediegenheit des In⸗
halts wie busch anſprechende Form, durch Freimuth wie durch
Beſonnenheit, durch ECinheit ber Geſinnung wie durch würbige
Sprache, empfiehlt fie fi allen Freunden eines auf echte pou⸗
tiſche Bilbung gegründeten Vorſchritts.
Der Preis des Zahrgangs von 104 Rummern, bie, obgleidh
anfänglich nur auf 4 Bogen berechnet, der Menge eingegange
ner Materialien wegen im verfloffenen Bierteljahr fdhon öfters
aus einem ganzen Bogen beftanden haben (wie Nr. 8, 8, 15,
19, 28, 27), F 4 Thir., ober 2 Ihlr. für jeden Halbjahrband
von 52 Nummern.
Befonders abgedruckt erfchien:
Der deutfhe Bund und die deutſchen Stände
8 Gh. 3 Sr.
Leipzig, im April 1838,
Joh. Amber Barth.
In allen Buchhandlungen iſt unentgeltlich zu haben:
Vortheilhaftes Anerbieten
e
Freunde ber Literatug,
befonders aber für
Lefegefeltfhaften und Leihbibliotheken.
. Verzeichniß einer Auswahl
' wertbooller
‚ Romane, Rovellen, Memoiren,
un
anderer Schriften
Ä von
G. G. Bredow, Fr. v. Campan, Conteſſa, Aus.
Hagen, 8. H. von der Hagen, ©. T. A. Hoff:
mann, Jean Paul, Wilhelm Wartell, Tho—⸗
mas Moore, v. Salvandy, v. Schober, 8. €.
Shubatty, Spazier, Tieck, 3 von Voß,
©. 8. Wangen, Wengel u A. m,
FR welche im Berlage
ber Buchhandlung Joſef Mar u. Comp. in Breslau
erſchienen, und jetzt
zu ſehr herabgeſetzten Preiſen
durch alle Buchhandlungen Deutſchlande zu erhalten find.
. SP Die In dieſem Verzeichniß aufgeführten Bücher haben
wir auf unbeflimmte Zeit ganz ungemein wohlfeil, wie es fa
noch niemals gefchehen, im Preife berabgefegt. Fuͤr bie nächte
Zeit gelten tiefe Preife, ohne alle Erhöhung, in allen Bud
bandlungen Deutichlands, der Schweiz und den angrenzenden
Ländern. Won mehren bdiefer Bücher find aber nur noch eine
fehr geringe Anzahl Exempiare vorhanden, welches wie haben
bemerfen wollen. Ginzelne Bände. der angezeigten Gchriften
koͤnnen zur Ergaͤnzung nur infoweit, als ſolche einzeln vorhan-
ben find, abgelaffen werben.
Breslau, Iften März 1838.
Kofef War u Comp.
—— ————————— ————
Herabgeſetzter Preis.
Um Concurrenz zu begegnen, iſt: Dammii novum Lexi-
con graecum, 2 vol,, roy. 3, Velinp., Glasguae 1823, ven
5 Pfund (20 The.) auf 5 Ihe. W. 3. berabgefegt und für
biefen Preis durch mich auf fefte halbjährige Rechnung zu bes
en.
Berlin. | A. Aſher.
‘
.
u)
r
— — — — — LER. A (EEE — —
a)
4
: 2iterarifher Anzeigen
(3u-den bei 3. 4. Buodhaus in Leipzi g erfcheinenden Zeitfchriften.)
1883; Nr, X. —
Verzeichniß
under eönigitgen ,
Friedrich⸗Alexanders⸗Univerſitaͤt
zu Erlangen
im Sommerſemeſter 1833
zu haltenden
Vorleſungen.
Der geſetliche Anfang derſelben iſt ber 1Ste April.
Theologifhe Facultaͤt.
Dr. Bogel: Ausgewählte Abſchnitte bes chriſtlichen Mor
ral. — Dr, Kaifer; Uebungen im eregetifhen Geminar ; Gr:
Härung der 5 Megilloth (Ruth, Eſther, Klagelieder, Prediger
und Hoheslied), biblifche Ifagogik und Hoheslied, biblifhe Iſa⸗
gogit und Hermeneutik bes N. T. und hebräifch » juͤdiſche Alters
‚ ober Evangelium Johannis. — Dr. Engelhardt:
Uebungen in ber bomiletifchen und kirchengeſchichtlichen Abtheis
lung des theologiſchen Sewminariums; ausgewählte Abfchnitte
ber kirchlichen Archäologie; erſte Hälfte ber Kirchengefchichte
und Patriſtik. — Dr. Ruft: Chriſtliche Dogmatik mit befon«
deren Ruͤckſicht auf die proteftantifch s kirchliche Lehre; Brief
Pauli an die Galater und Leitung feines philoſophiſch⸗ theolo⸗
gifchen und homiletifchen Vereins. 2* Krafft: Zweite
Hälfte ber Dogmatik; Geſchichte der Pflanzung bed Chriſten⸗
thums in Auſtralien; Leitung der Uebungen ſeines Paſtoral⸗
vereins. — Dr. von Ammon: Symbolik; Dogmatik nach
evangeliſch⸗ Iutherifchem Eehrbegriffe, geſammte Paſtoraltheologie
und Uebungen im homiletiſchen und katechetiſchen Seminar. —
Prof. Harleß: Zortfe bes dogmatiſch⸗ exegetiſchen Ver⸗
eins; theologiſche Encykiopoͤdie und Methodologie; Erklaͤrung
des. erſten Kriefes an die Korinther, Summa der chriſtlichen
Lehre nach dem Apoſtel Paulus, mit beſonderer Beruͤckſichtigung
der verſchiedenen kirchlichen und Parteierklaͤrungen von Ve
nen Stellen. — Dr. Adermann: Homiletiſch⸗ katechatiſche
Uebungen.
Juriſtiſche Sacultät.-
Dr. Bucher: Inteſtaterbfolge; Pandekten; Gonverfato:
rium über die wichtigſten Lehren des roͤmiſchen Rechts. — Dr.
von Wendt: Leitung feines juriſtiſch⸗praktiſchen Jnſtituts;
Kirchenrecht für Katholiken und Proteſtanten; Griminalvecht ;
Givilproceh verbunden mit praltifchen Arbeiten. — Dr. Schund:
Grxaminatorium über einzelne Theile des. bairiſchen Staatsrechtss
bairiſches Staatsrecht in Berbinbung mit bem beutfchen Bım-
65 Naturrecht. — Dr. Fenerbach: Mittlere deutſche
Gefchichte, mit beſonderer Ruͤckſicht auf Staat und Kirche; ges
meines und bairiſches Lehnrecht; Handels» und Wechſelrecht
und franzöfifches Cibvilrecht. — Dr. Lang: Gemeinen und bais
rifchen Griminalproceh ; Kirchenrecht. Mit Dr. Kopp gemein:
ſchaftlich Erklaͤrung ‘von Cicero's Rebe Aulo Caecina, —
Dr. Hunger; Encyklopaͤdie und Me gie; Pandektenrecht
(infonderheit roͤmiſches Erbrecht), ober Inſtitutionen und Ge⸗
fchichte des römifchen Rechts.
Medicinifhe Facultaͤt.
Dr. Henke: Sraminsterium über fpecielle Pathologie und
De. Hleifhmann: Angiologie und Neurologie; allgemeine
Anatomie, menſchliche und vergleichende Anatomie der Sinnes⸗
organe; Phyſiologie; über ben Scheintob und beffen Behand⸗
lung; Graminatorium über anatomifche und päyfiologifche Ges
genftände. — Dr. Koch: Ueber die natürlihen Gruppen ber
Pflanzen und das natürliche Syſtem des Gewaͤchsreiches; ans
gewandte Landwirsbfchaft‘, insbefondere Gultur der Obſtbaͤume;
befcgreibende und phyſiologiſche Botanik mit beſonderer Ruͤckſicht
auf die offitinellen und techniſchen Gewaͤchſez botaniſche Excur⸗
ſionen. — Dr. Leupoldt: Ueber ben zweiten Theil ber ges
fammten Theorie ber Mebicin, d. i. über allgemeine Patholo⸗
. gie und allgemeine Therapie, mit befonderer Beziehung auf bie
(fpeeielle Pathologie und Therapie der pſychiſchen Krankheiten) 3
Leitung feines jatroſophiſchen Vereins — Dr. Roßhirt:
Theoretiſche und praktiſche Geburtshülfes geburtshuͤlfliche Klinik
verbunden mit Zouchirübungen und Inftrumentaloperaticnen am
Fantom; Frauenzimmerkrankheiten (mit befonderer Ruͤckſicht
auf Krankheiten der Schwangern und Woͤchnerinnen) und Krank⸗
heiten neu geborener Kinder. — Dr. Wagner: Vergleichende
Anatomie und allgemeine Zoologie; Examinatorium Aber Ana⸗
tomie und Phyſiologie des Menfhen. — Dr. Dies: Dpera⸗
tionslehre in Verbindung mit Inſtrumenten⸗ und Banbagen-
lehre; Leitung der chirurgiſch⸗augenaͤrztlichen Klinik und chirur⸗
giſche Operationen an Leihen. — Dr. Trott: Arzneimittels
lehre und pharmaceutifche Waarenkunde; Giftlehre; Receptirkunſt.
Philoſophiſche Facultaͤt.
Dr. Mehmel: Pſychologie, Aeſthetik und Naturrecht. —
Dr. Harl: RNationaloͤkonomie; Policeiwiſſenſchaft in Verbin⸗
dung mit dem Policeirecht; Staatsfinanzwiſſenſchaft mit Eins
ſchluß der Staatsrechnungskunde; Landwirthſchaft und Korft:
wiflenfhaft; Sraminatorien Aber Policeiwiſſenſchaft yad Polis
ceirecht; Nationahpirthfhaft und Gtaatsfinangwiffenfaft. --
De, Köppen: Praktiſche Phliofophie, b. i. etz EHE
und Geſchichte ber Philofophies Logik; Graminatorien. — Dr.
Kaftner: Enchklopaͤdiſche WUeberficht der gefammten Raturs
wiſſenſchaft; Meteorologies Experimentalphyſik; analytifche Che⸗
mie und Theorie der pharmaceutiſchen Chemie. — Dr. Boͤtti⸗
ger: Giſchichte der neueſten Zeitz allgemeine Geſchichte; Ger
ſchichte und Gtatiftit von Baiern und Geſchichte der Deutfchen. —
Dr. Pfaff: Ueber Chronologie und Kalender; Dynamit; Als
gebra und Analpfis bes Endlichun Dr. Rüdert: Sand
Tritgrammatit und Grflärung des Sanskrit; Auslegung ber
Pſalmen; über perfiihe und arabiſche Grammatik oder Autos
zen. — Dr. Döderlein: Uebungen im philologiſchen Semi⸗
nar; Annalen des Tacitys in Berbinbung mit lateinifyen Stu
übungen und Styliſtik; roͤmiſche Geſchichte und Antiquitäten. — .
Dr. von Raumer: allkunde; Geunbzüge der allgemeis
wen Raturgefchichte: Mineralogie; Geographie von Palaͤſtina. —
Dr. Kopp: Erklaͤrung von Cicero's Rebe pro Aulo Caecina;
Geſchichte der Raturptiloſophie oder ſpeculativen YhyRt bei
den Briedhen; im philologiſchen Seminar Platon’d Zimäus. —
Dr. Jabri: Zechnologie, verbunden mit Excurſionen; politifche
Rechenkunſt; Givilbankunf und Feldmeßkunſt mit praktiſchen
. Mebungen. — Dr. Dinterling: Gefchichte bes fdhönen Li⸗
keratur von Luther bis auf bie neueflen Seitens Gpenfer’s
Feenkoͤnigin und allegorifche Dichtung; ftyliftifche Uebungen in
gebumbener und ungebundener Rebe. — Dr. Dredysler: Weil
fagungen bed Jeſaias; bebräifches ober arabifches Fundamen⸗
tale, — Dr. Martius: Zorikologle und Grperimentalphars
made. — Dr. Ir miſcher: Xeltere Literargefchichte und Sans
ſchriftenkunde. — Dr. 8. X. Feuerbach: Sntweber Geld
der Philofophie, oder Pfychologie. — Dr. Leutbeder: Ue a
Goͤthes Fauſt; Pädagogik und Logik in Verbindung mit einem
Graminatorium. — Dr. Richter: Erklaͤrung bes vierundzwan⸗
er Geſangs aus peomer 6 Ilias, fowie ausgewählter Ho:
tes Disputatorie. — Lector Dr. Doignon:
ie * uien’ ‘ nsidörations sur les causes de la
grandeur, des Romains et de leur decadence, unb über vers
fehiebene ber fdyönften Gtellen aus ben beften franzöfifchen
Dichtern; Privatunterridt im Beanzöfifäen ; franzöfifhe Con⸗
verfatorien. — Lector Dr. Dtto: Ueber ben Don Quixote von
Gervantes und Shakſpeare's Macbeth ; 5 Literatur.
Die Reitkunſt lehrt: ber Lehrer ber Reitkunſt Eſsper;
die Yin tkunft und Gymnaſtik der Bechtmeifter Dr. Rour; bie
nft der Zeichenmeiſter Küfter; bie Tanzkunſt ber
an mei Huͤbſch.
Die Univerfitätsbibliothef iſt jeden Tag von i—?2, das
ELeſezimmer in denſelben Stunden und Mittwochs von 2 8;
bag NRaturaliens und Kunftcabinet Mittwochs und Sonnabends
von 1—2 Uhr geöffnet.
Bei Fleiſchmann in München if erſchienen:
F. J. A. Schneidawind,
8
Lt avalette
wundervolle Rettung
Sentertode
durch
die Liebe und Kufopferung feiner Gattin Emilie.
den eignen Denkwuͤrdigkeiten Bavalette's und aus andern guten
Quellen bargeftellt.
12. 1833. In Umſchlag. 12 Br, oder 48 Kt.
Der als GSeſchichtſchreiber rühmlich bekannte Herr Werfafe
fer hat mit forgfältiger Benugung aller Quellen biefe ewig
denfwärbige That auf eine Art dargeſtellt, baf jeber Lefer ihm
innigen Dank dafür zollen wird.
Ernst Münch's Geschichte ber neuesſten
Leipzig und tn Als eines ber wichtigſten
hiſtoriſchen Werte unſerer Tage erſcheint in Unterzeichneter eine
Allgemeine Geſchichte
neuefen Zeit
dem Ende des großen Kampfet ber europäifchen Mächte
wider Napoleon Bonapazte, bie auf unfere Tage .
Dr. Ernst Münch.
Die Zeit dringt fo raſch und mächtig vor unb ber Strom
ber Greigniffe ſchwellt in ſteigendem Verhaͤltniſſe fo riefenhaft
an, daß felbft Diejenigen, welche entweber. Theil baran genom⸗
men ober burdy die unmittelbaren Folgen auf irgend eine Weiſe
-
berührt worben, von all dem Gingelnen, was an ihnen vorüber
ging, kaum eine bleibende Erinnerung ſich bewahren koͤnnen, ohne
Ki ce BEE BEER — L—L—— — — — — — — ——
3
⸗
die unterſtuͤgende Muͤhe ſchriftli ———
der Parteigeiſt, —** in —— m
ſchaft und Kunft, Eur; in Mm er engen unb —— Se
texeffen das gegenwärtige Geſchlecht fo heftig bewegt unb %
wei große Lager trennt, das Geinige bazu beigetragen, baf
das Napetiegendfle FH untennetich ‚ das Klarſte entſtellt bleibe.
Es gelang u r. Ernſt Münd fe bie Bearbeis
tung einer —e und erſchoͤp ‚ Haren und
wahren Gefchichte deu neueften Zeit (feit dem —æz Congreſſe
bis gu Ende des Jahres 1883) zu gewinnen. Was bad Publi⸗
cm von bem' als Hiſtoriker hinlänglich befannten Berfaffer zu
erwarten bat, mag aus einigen feiner en Arußerungen, die
wir hier folgen laffen, hinreichend hervorgehen
„Das beabfichtigte Werk enthält bie politifche und Üird:
liche, die Krieges und Literargefchichte aller Boͤlker, naments
Lich des europäifden Welttheils. Einen befondern Plat gr
in biefem jederzeit das deutſche Vaterland einnehmen. — Ich
will es verſuchen, in demſelben von —— zu Bath
noffen zu seden, als gehörten. fie einem andern te
und als lägen ihre Begebniſſe und Schickſale ein halbes Jaht
hundert weiter entfernt. Die zerftreuten einzelnen Züge I
len zu einem möglichft getvenen Epiegelbilbe gefammelt
alle — und alle Anfprüde vernommen er —
ber Gefechte fu ne
— in den Schickſalen der Boͤlker und ihrer Les
bensentwidelung, verbunden mit der größten unb
vollften Freiheit bes menſchlichen Willens ſchwebt
mir als die hauptſaͤchlich feftzuhaltenbe bei der Darftelung
vor. — Die verfchiebenen Barteien und ihre Zugführer wer⸗
ben an den Augen bes Lefers voruͤbertreten, bie ng
ſten Charaktere nad) ihren Grundanfichten, Zwecken 2.
fhübert , überhaupt bie intereffanteften Beitgenoffen in **
europaͤiſchen Lande, ganz beſonders aber in De
graphiſch in das geſchichtliche Ganze verwebt werben
werde auf bie innere Geſchichte mehr “ F ben meiſten
Hiſtorikern in der Regel zu geſchehen pflegt, Bedacht
men. — Ich werde fuͤr meine Darſtellung ruhigſte
wuͤrdigſte, eine einfache zugleidh und klare, für Je⸗
bermann verffändlihe Sprache wählen und mid) von
RKuͤckſichten keiner lei Art einfh la Mit
biefem Berfprechen Fündige ich mich dem Publicum befcpeiten,
aber ohne dagen an. Fr 2 ‚fen ‚ wenn fie vollendet,
fol über fi) unb mich entfi
Des Werkes Plan und — * in Vorſtehendem genůͤgend
en © es bleibt und baher nur noch Folgendes beizu-
tig:
N Muͤnch's allgemeine Geſchichte erfheint in groß
Detavformat in fehs Bänden, beren jeber in 5 Lies
ferungen à 6 Bogen (oder 96 Geiten) ausgegeben wixb,
fobaß das Ganze 30 Lieferungen bildet, weiche aus 180
Bogen befiehen. Alles was biefe Bogenzahl überfteigen
folte, liefern wir unentgeldlich.
2 Sebe eiefeeung Toftet im Subfcriptionspreife nur
8 Kr. Rhein, 5 Gr. Sähf., 64 Sgr. Preuß. Borank
besahlung fan von Feiner Buchhandlung verlangt werben.
8) Wir haben feines Welinpapier, fcharfe, deutliche Lettern,
geſchmackvollen Drud gewählt und zieren den erfien Bank.
mit dem hoͤchſt ähnlichen Bildniſſe bes Herrn Verfaſſers in
herrlichem Stahlſtiche.
4) Die Lieferungen erfheinen in Umfchlag geheftet; bis Mai
1833 berfenpen wir noch fünf Eirferungen (alfo einen voll:
Ft
Münbigen Band) und in ungefäße 14 Jahren iſt das Ganze
enbigt.
Die Gehe Lieferung. ift bereits in allen Bud:
handlungen vorräthig, unb ber Eefer berfelben mag urs
theilen, ob der Verfaſſer und bie Berlagshanblung ihren Bus
fügen nachgekommen find, ober. nit. Um es Jedem moͤglich
zu madhen, ſich hiervon überzeugen gu Tonnen, erlauben wir es
allen verehrlihen Abnehmern gerne (und alle Buchhandlungen
find von uns in ben Stand t, ein Gleiches zu geffatten),
biefe erfle Lieferung, wenn Inhalt und äußere Ausflattung uns
fee Verſprechen nicht rechtfertigen und ihre Erwartungen nicht
befriebigen follte, wieber zurädgeben gu dürfen. Des
Yublicums fhägbared Vertrauen willen wir ſtets zu ehren, da»
ber fei jede Täufhung — auf weiche leider ſchon fo manches
Unternehmen ähn Art. beredimet war — ferne!
II SHEIbLE 8 Verlags: Erpebition,
Bei Joh, Ambr. Barth in Leipzig ist erschienen
und in allen Bachhandlungen zu ‚haben:
Schieb6, A., Correspondance commerciale, suivie de la
traduction allemande et anglaise des principaux ter-
: mes employds dans les lettres et terminde par un
. recueil explicatif des. mots les plus usites dans le
' commerce. ‘Gr. in 8. 4 Thlr. 12 Ur.
‘x Der Sachverständige wird sich bei Durchsicht dieses Bu-
ches leicht davon überzeugen, dass eine vieljährige Krfah-
zung in den kaufmännischen Geschäften dem Verfasser bei
der "Bearbeitung desselben zur Seite gestanden hat, und dass
es sich vor allen ähnlichen Werken durch seinen theore-
tischen und praktischen Werth auf. das Vortheilhaf-
teste auszeichnet, wie denn dieser auch schon durch den
Namen des Verfassers, dessen deutsche Handelsbriefe
so grossen Beifhll nden und in kurzer Zeit eine neue
Auflage erlebt haben, verbürgt wird.
| In einigen Wochen erscheint in der
| Ranchärhen Suchbanbinng zu Berlin
. _ . (9)
. e KPortsetzung von
Ludew. Ideler und Heinr. Nolte
Handbuch der französischen Sprache und Literatur
oder desselben
Ster Theil,
auch unter dem Titel:
Handbuch der neuern französischen Sprache
j und Literatur. '
oder
Auswahl interessanter chronologisch geordneter Stücke
aus den neuern classischen französischen
'Prosaisten
nebst Nachrichten von den Verfassern und ihren Werken, |.
bearbeitet von
Dr. $ul, Tubem Ideler,
herausgegeben von
Lubewig Ibeler.
Prosaischer Theil.
(85 Bogen gr. 8. 1 Thir. 6 Gr.)
enthaltend ungefähr 40 Schriftsteller, die nicht sowol dureli
den Namen, den sie sich in der neuern Geschichte Frank-
reichs erworben,‘ worauf bier offenbar keine Rücksicht ge-
nommen werden kann, als vielmehr durch den Ruf, der in
literarischer Beziehung ihnen zu Theil geworden, sich aus-
gezeichnet haben. Das Werk, dass also ein rein wissen-
schaftliches Interesse haben wird, ist die Fortführung des
frühern franz. Handbuchs von Ideler u. Nolte bis zur neue-
sten Zeit, und die Verlagsbuchhandlung protestirt hiermit
— — ._
weicher nad)
Erforſchung ber
im Namen des -Verfagsers und besonders des Herausge-
bers auf das bestimmteste gegen jedes andere Buch; “wel-
ches ohne Theilnahme derselben etwa als Fortsetzung des
benen Werkes sich ankündigen möchte. Der poeti-
sche Theil befindet sich ebenfalls unter der Presse,
Berlin, im April 1858.
Durch alle Buchhandlungen nnd Poftämter it zu bezieben:
Iſſe. Encyklopaͤdiſche Zeitſchrift, vorzuͤglich hr tur⸗
geſchichte, Anatomie und Phyſiologie Bon Oken.
Jahrgang 1833. Erſtes und zweites Heft. Mit fuͤnf
Kupfern. Gr. 4. Preis des Jahrgangs von 12
ten mit Kupfern 8 Thlr.
Leipzig, im April 1833.
F. A. Brockhaus.
In gllen Buchhandlungen iſt zu haben:
. F. Wecd, u
Reife über England und Portugal
B. va lien
und den Vereinigten Staaten bed La: Plata: Stromes
"während den Jahren 1823 bis 1827.
Bände. Er. 8. Leipzig, Rein' ſche Buchhandlung.
Dreis 4 Thlr.
Bei Eduard Weber in Bonn iſt foeben erfchienen und
in allen Buchhandlungen zu haben :
Europa und Deutfchland
von Nordamerika aus betradtet,
ober: Die europaͤiſche Entwidelung im 19. Jahrhundert
In Bezug auf bie Lage dee Deutfchen, nach einer Pruͤ⸗
fung im Innern Nordamerika, von
Gottfried Duden
After Band. Gr. 8. Ladenpreis 2 Thlr. 8 Gr.
Fur Aeltern, deren Söhne fudiren wollen,
Verfuc über die zu den Studien erfoberlichen
Eigenſchaften
un |
die
Mittel biefelben am Knaben, Züngling und Manne
zu erkennen.
ö
@ine Abhandlung,
einer vom E, preußifchen Dinifterium ber Geiſtli⸗
Ken, unterrichts⸗ und Werbisinalangelegenpeiten veranlaßten
ng
der Preis guerlannt worden tft,
Hr mom Ehe o sie $ BAT Ä
” ofeſſor Der eusogie asdurg,
Samburg, bei Friedrich Derthes. iüss. ®r. 8.
Geh. Preis 1 Thlr. 4 Sr.
Diefer Titel fpricht deutlich aus, was In biefem Buche zu
ſuchen ifl. Die Preisaufgabe hatte zum Gegenftande: Die
u den theologiſchen, juriſtiſchen
and mebdicinifgen Werufsarten erfoberliden
Anlagen. In bem WBorworte fagt ber Herr Berfaffer: „Die
Leſer, die ich während ber Ausarbeitung vor Augen hatte,
find Perfonen ber gebildeten Glaffe, und ich glaube,
bie Barftellung fo gehalten gu haben, daß jeder Denkende uns
ter ihmen leidet meinem Vortrage fol folgen koͤnnen. Dabei
ſuchte ich zugleich, fo viel wie möglich, die Anfoberungen bes
Gelehrten zu befriedigen u. f. w.“
‘
Bu.@. Aranz in Wänden erſchien unb if burch alle
guten Buchhandlungen bed In» ımd Auslandes Zu Beziehen:
Unterhaltungen für bad Zheaterpublicum
\ \ Augu zt Wewnid.
AIſtes und Ates Stud, — Gr. 8. Broſch.
Inhalt: I. Borwort: Ludwig Devrient. — Die Stumme
von Yortict, — Yidiges. — Auswärtiges. — Cinfälle. — Us
en Idurnal. — HI Ueber lebens aͤngliche Anflelemgen.. —
Abte. — Urban — Prolog von M. ©. Saphit, geſpro⸗
an den Gleit, ⸗ Jerrmann. — Dranatiſche Literatur. —
Journal.
Abonnementspreis für 12 in einem Bierteljahe gu liefernbe
Lagen ˖ S Wi. ,- oder L.Ihie. 4
Bei Fleiſchmann in Mänden if erfdiienen: „
Reue —
r
Erd- und Himmelskunde.
Deraußgegeben.
F. P. Sruithuffen,
ifen Bandes 1fles und 2tes Eee
oder 1 Fl. 36 K
Der raſche Fortgang biefer intereffonten Zeitfchrift ift ein
erfreulicher Beweis für den fleißigen Anbau bes seichbaltigen |.
Feldes der Naturmwiffenfhaften in Deutfchland, worin kein Wolf
uns gleichlommt. Der Phyſiker, Naturhiftoriter, Geolog, Geo⸗
draph und onom findet in dieſes Zeitſchrift immer das
Befte und Neuefte aus feinem Wache; ebenfo. legt ber ‚Herr
Herausgeber eine große Anzahl neuer Anſichten über bie Natur
und sen Bau ber w Gros, des Mondes, der Planeten, Kome⸗
| arin nieher, bie um: hoͤchſten Iuterefie ſind.
ſ. w
Sn ber Regel —— jaͤhrlich zwei Hefte von dieſer Zeitſchrift. ſtichen oder
De u nu]
Bei H. 2. Brönner in Frankfurt a. M, iſt foeben
erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
Byron, Lord, Select works, vol. EV.
Auch unter dem Titel: Notices on the
life of Lord Byron, by Thom: Moore. |
23 Bog. 12. Geh.
1 Thlr. 3. Gr.
Bon ber fo Außerft günftig aufgenommenen
Igemeinen
HOMÖOPA’THISCHEN ZETFUNG
berausgegeben
von den DD. ber Mebicin
G. W. Groß, FE darmann und 5. Rummel
ift nunmehr ber erſte Band in 4. von 24 Nummern: erfbienen
und kann durch alle Budhandlumgen, | — und Zeitungs⸗
expeditionen zum Preis von 2 Thir. bezogen werden.
In Sufanft wird wöchentlich eine 3 Kummer ber Zeitſchrift
inen, beren gluͤcklicher Fortgang bie Redaction fowie bie
Buchhandlung befenert, für biefelbe Fortwährend. aufs Entſpre⸗
chendſte zu fosgen, wm um fie ber bauernben Qunft des Publicums
wäre zu er
Den ham Sopakbifchen Sqhriftftellern, welche als Mitarbeiten |
bem Infitut beitreten wollen, bietet die unterzeichnete Buchs
handlung 10 Zhlr, für ben een Donesar an.
Ltı-
1) Driginalabhandlangen unb Uebentrogungen aus frember eiter
Preis 2 Fl., oder
Sr. 8. 1 Xhe., |
2) Ins Kurt gezogene rgebniffe geprüfter Arzaeien.
2) Sur et a Gombopafie-erfäri
ya iche aller im e der Homdopathie
nenben Schriften und Journale. ep
5) Auszüge aus intereffanten en anderer Zeitfchriften, bie
Bezug auf die Homdopathie Haben.
6) Bibliographie, und endl
7) Edrreſpondenznachrichten.
Aus ben vorflehenden Kotgeitungen geht hervor, daß ed ber
Qauptzmed der Zeitfchrift ik, dem homdopathiſchen Arzt und
dem Befoͤrderer ber Homoͤopathie eine gründliche Ueberficht, ohne
Ausnahme, über Alles zu verfchaffen, was im Felde der Wiffens
fchaften vorfommen mag und zwar durch daß periodiſche Er⸗
ſcheinen fo ſchnell als moͤglich.
Baumgaͤrtners —
In der Na uv ch fen Vuchhandliung inBi⸗ Haus⸗⸗
Volgteiplag. Nr. 1, iſt · ſooben exſcnenen una durch alle 534*
lungen des In⸗ und Auslanbdes, ſowie durch alle eitungterve
bitioutn und Poſtamter zu bezichen:
ine Gartenzeitung.
Eine Zeitfiheift: für Gärtnerei und ale damit: in Bee
hung. fiehende Wiſſenſchaften. In. Verbindung mit
den tüchtigftee Gaͤrtnern und Botanikern des In und
Auslandes herauſsgegeben von Friedrich Otto, ki
nigl. preuß. Gartendirector und‘ Inſpector bes botant-
ſchen Gartens zu Berlin, und Albert Dietrich,
Dr. bee sotofophie und Lehrer an ber Särtnerlehran
-
2 sein praktiſchen Inhalte, wirb alles Rewe
fir‘ Smrientunf und — Irtereſſe habende —
: Aine- Tırıge- geben
55* *
Des. Auclanbdes
— —4
Beige au aus —— und "Runden "Cart
—ã— und wa es adehig if, Aoskkeungen in Kupfer:
pe uiten
Gegenwärtig find bie 3 * Runimern ausgegeben; ber
vollftändige: Jahrgang wird 52 Rummern. ober. Bogen in gr. 4.
enthalten and koſtet 4 Thaler.
Alle oben nanthaft gemachte Juſtitute ſiab von ber Bars
lagthandlung in ben Stand geſetzt, —— ſowie auch
vollſtaͤndige Anzeigen vorzulegen.
Berlin, im April 1883, -
Hoffmann's Leitfaben, der Geographie.
Bei Unterzeichnetem erſchien Torben:
Allgemeine Erdbeſchrebung fuͤr Schulen,
Reitfaden für Ren und Lexrnende
UM. Fr 2 Balle Soffmanı.
264 Briten. Sr, 8. leo. geb. 54 Kr. — 12 Er.
Der Name - des- Berfällees: e für .den: Werth diefes
Schulbuchs Bürge feins ber Verleger bat es an Tchöner, folider
Ausflattung nicht ſegen laſſen/ mb, einen: fo außerordentlich
billigen Preis geſtellt, daß es fich auch in biefer Pine m
Ein ührung in Schulen. ganz beſonders eignet. I bitte hier:
: mit die Herren Schufinfpecteren und Eebter ber Erdkunde, ſich
Hoffmenn's Leitfaden zus Prüfung von ber nädiftgelegenen.
Buchhaublung vorlegen. zu laffen, und hege bie feite —æ*
gung daß biefod Buch — ihren Erwartungen gewiß entſore⸗
chend! — zu. Verbreitung ber wichtigflen Kenntnife mit Er⸗
folg wirken and dadurch Om Fleiß des Herrn Verfaſſers Ich
nen. wirb.
Stuttgart, im Mär, 1838,
Karl Hoffmann.
Literarifher Anzeiger.
Gu den bei 8. A. Brodhaus in Leipzig erfcpeinenben Zeitſchriften.)
1833. Nr. XI.
Diefer Eit,
iger wird dem bei J. X. Brodhaus in Leipzi
erſcheinenden aqeere Blaͤtten für litera⸗
erariſche Angel
riſche Unterhaltung, ITis, ſowie —— —&X beigelegt ober beigeheftet, und betra⸗
Ber
idt
über die Verlagsunternehmungen
für 1833
FR. SrockBangin Tripzim
” Die mit * begelhneten Artitei werben befiimmt im Laufe des Jadres fertig;
1. An Zeitfchriften wird für 1833 fortgefegt:
"ei. Blätter für literarifche Unterhaltung. (Herausgegeben un»
ter Verantwortlichkeit ber Berlagshandlung.) Zabigang 1883.
Außer ben Beilagen täglich eine Nummer. Gr. 4. Auf gu⸗
tem Drudpapier. 12 Ihlr.
— Bh, Dienltage und, Breitoge außgegeben, kaun aber au in
re Ss —ãeù́ Zeitſchrift, vorzuͤglich für Raturges
schichte, Anatomie um Pooftotogle, ‚Deraufgegeben dar von Ofen.
2 de. Gr. 4 Deutpapler
N
Eis EEE zn una
*4. Literarifcer —*
der auferbem noch jerneinen we Beitung” beides
legt volrb, $ — — Bee wird Kat Geofden beredkt,
Gegen Vergütung von 3 Thir. werden Anzeigen, Antikri-
titen und dergl. ben Blättern für literarifhe Uns
terhaltung, und gegen Vergütung von 1 Thlr. 12 Gr.
ber Ifis beigelegt ober beigebeftet.
I. An $ortfegungen und Reſten erfcheint:
*5. Atterbom (D. &.), Die Infel der @lüdfeligleit. Sa ⸗
genfpiel in fünf Abenteuren. Aus dem Shwenitcien überfegt
von 9. Neus. Zweite aötpeilung. @r. 8. 26 Bogen auf
Korb ing OS Fofet 1 Ze. 18 @
ie erfte Abtbeilun, ofte Ir. 12 @r.
“6. Becker ( (Wilkelm Gottiteb), Augusteum, Dres-
dens antike Denkmäler enthaltend. Zweite Auflage. Be-
sorgt und durch Nacht vermehrt von WilA. Adolf
‚ Becker. Drei Bände oder 18 Hefte, mit 154 Kupferta-
feln. Die Tafeln in Royalfolio, der Text in Octav. ftes
Heft und folgende. Subacriptionspreis eines Heftes
1 Thir. 21
-XLVI,
gg und ee Ge ——— e 31 ze
7. Bibliothek deutſcher Dichter des fiebzehnten Jahrhunderts.
Begonnen von Wilhelm Müller. Bortgefegt von Karl
girfer, 8 Bändchen. 8. Auf
Pas iR verehate Minhten wid Hoffmannswaldau und
nem Schreib⸗
In den übrigen if die Exfeheinmg ungeoiffer.
—X Rein entbe 1. Grfted dis zwdiftes Bändchen (1 — 81)
Ihlr. 8 Gr.
*8. Gonverfations »Eerifon der neueſten Zeit unb Literatur.
In vier Bänden. In Heften zu acht Bogen. Zweiten Bandes
vierteß (elftes) Heft und folgende. Iedes Heft auf weißem
Brudpapier_6 Gr., auf gutem Schreibpapier 8 Gr., auf
*9. Cuvier (Baron von), Das Thierreich, geordnet nad
feiner Organifotion. A148 Grundlage der Raturgefchichte der
Ihiere und Ginleitung in bie vergleichende Anatomie. Rad
der zweiten, Bermebsten Ausgabe überfept und durch Zufäge
emmeitert PA 8. ©. Voigt. In fünf Wänden. Dritter
ar
tbiere un! , 7
— BR GER R g de
*10. Algemeine Gncpklopädie der Wiſſenſchaften und Künfte,
in alphabetifher Foige von genannten Gchriftftellern bearbeis
tet, und herausgegeben von I. ©. Sırh und I. G. Gru:
ber. Mit Kupfern und Karten. Gr. 4. Gart.
Theil im Pı
Be
Pr 8 Idlr. 20 @r.,
ale aekiien. B. Gruber.
anette Bechfon, . 8 Hoff
Dritte Sesiion. .@. Meier
nd Kimt.
ee lm Gange fie wird
TAN tn Ki
die auf
— Rare jenl X
inziee ———— Viig
tlg Kellt,
1. Erich iohenn Samuel), Handbuch der deutschen Li-
teratur seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis
auf die neueste Zeit. Systematisch bearbeitet und mit
den nöthigen Registern versehen. Neue, mit verschiede-
nen Mitarbeitern —e* Ausgabe. Gr. 8. Auf gutem
‘
4
‚Druckpapier,, auf‘ feinem franz. Schreibgapier, und auf
demselben Ar in gr 4, mit breitem Rande.
Zweiten Bandes zweite Abtheilung: Literatur der sch&
nen Külıste. (Büaambeitet bis zum 23. Bogen vom Pre-
diger Rese in Halberstadt, htendigt von K. C. Krauklng.)
Wierten Bandes zweile Abtheilung : Literatur der ver-
mischten Schriften.
» in Dresden.) ’ Wart —* *
pe —* Sabre langem Warten von Deren EAN + et
£ die le n ber
0 hat auf meine Bitte Der K. Kraufiin in De ⸗
yen die —ã— Ben. Gr bie —— Regi d der
en. r
elbſt, und an von meiner Seite een cües D ee
ng, die ich gegen das Publ
+12. Geſchichte dee Staatöveränberung in Frentreich unter Rh:
nig Ludwig XVI., oder Entfichung, Sorefhritte und Win
tungen ber fogenagnten neuen Philoſophie in hiefem Lande
Schöter Theil. Gr. 8. Auf feinem Schreibpapier.
Der erfte bis fünfte Theil (1826—30) Eoften 9 Thlr. 16 Er.
13.HeinfiuslBilhelm), Allgemeines Bücherleriton, oder Voll:
ftändiges alphabetifches Verzeichniß aller von 1700 bis zu Ende
1853 scfhienenen Boͤcher, welche in Deutſchlaud und in bes
dur prache und Eiteratur damie verwandten Ländern ge⸗
druckt worden find. Nebft Angabe der Drudorte, der Ber:
leger und ber Preife. VBierser Supplementband, oder :
des·
ganzen· achter Mand, weicher die von 1828 bis
. Ende: 1898 esfchienenen Vuͤcher und die Berichtigungen frühe:
rer er Geiheinungen enthält. Gr.
Der eriie ie ebente Band Fr An koſten in hHerabgefegten
pre dir.; u einzelne Wände merden zu verhältnibm Big
tiligern — gege
*14. Huber —— ed), Erzählungen. Gefammelt und bers
ausgegeben von ®. A. H. In fehs Theilen. Fuͤnfter und
ws Fret 8. Auf: feinem Druckpapier.
erſte bis vierte Shell (1831) Loſten 9 Thlr.
16. Saramfin, Gefchichte bes zufiifchen Meike. Nach ber
awelten Driginalausgabe überfegt.. Eifter Band und folgende,
. ..8. Xuf.gutem Drudpapier.
xx. exaſjo bid zehnte Band, mit Koramlir ns Bildnib (1890 — 27)j.
hi eK im a esten Preif
16. Srorring (Kari von), Aufffar Vibliothet fuͤr Deut⸗
ſche. Viertes Heft und folgende. 8. Geh. Auf Oruckpapier.
Das erſte bis dritte Heft (1831) koſten Thlr. 12 Gr.
17. Krug (Wilhelm Traugott), Encyklopaͤdiſch-philoſo⸗
phiſches Lexibon, ober Allgemeines Dandwörterbudy ber philo⸗
fophiſchen Wilfenfchaften nebft ihrer Literatur und Geſchichte.
Nach dem heutigen Standpunkte der Wiffenfehaften bearbeis
tet und herausgegeben.
Auflage.
Zweite, verbefjerte und vermehrte,
In vier Bänden. Broeiser und dritter Band.
+18, * —, —— — Lexikon. Suppie:
mentband ‚zur erften Auflage, enthaltend bie Zufäge und
Warhbeſſerungan der zweiten Auflage, Gr. 8. Auf gutem
Oruckpapier.
"1. Provinzialreht aller zum praußißchen Staate gehörenden
Lander und Landeskheile, infoweit in bdenfelben das Allge⸗
‚meine Landrecht Geſetzeslraft hat, verfaßt und nach bemfelden
Plane ausgearbeitet von mehren Rechtsgelehrten. Heraus⸗
gegeben von Friedrich deintie von Strombed.
BSweit en Theile britter Bomb. Mr. 8. 20 Bogen auf. Drud:
bier. 1 Säle.
ud) unter bem Titel:
— — ber Proninz Weſtfalen. Dritter Band: Pro⸗
inzialrecht bee „chemals kurkollnifchen Greffhaft. Reckling⸗
Hark von -Elomend Auguft Schlüter.
Sehen Agrith EL Garen) Tann ohbe Bürtenfbum © Salben:
„Brett: war heit Yo or x EN and een,
n & ie eoins A alen) sehe
. anbeäherzen, —8 a sort af rs:
m Beh ——
(Bearbeitet von K. C. Amtung D
0. Praumer
en bearbeitet von G. A. Schluͤter, (1889), Toftet
{16 soeller Bands "Gr Tedlenburg
— a en ir ee
T.
Dritten Theil (Weftpreußen) er Band: Diſtricte des
—z a, ee De Es
Band: Diftricte bes
472 —— eman, Pen Zheit’(1BRo)
nit &
1 Ir.
Bweiten
« Sandredt3 von
Theils baitter Banbı Die Statutarrechte der Stapt Dansig,
beorbeitet von geman > 2 r.
r biefem Werte gehören ferner, obwol unter beſondern Titela
nth berhern und Corve u three
TE PUSER und Beartı —— —
don Paul Wigahnd. Drei Bände. 188%. Gr. 8.
Das mern sehnredit, nad) feinen Abweichungen von den Grund⸗
18 gen des BEE fen U gemeinen andrecht dargeſtellt von Zett⸗
——— von), ſcichte Europas ſeit
dem Ende des funfzeßpten Sapräufberie. In ſechs Bänten.
Artiter und dritter Band. Gr. 8
ee erſte Band (1882. koſtet im Susferiptionspr reife auf
aim £ Drudpapier 3 Thlr. 4 Gr., auf ertrafeinem Velinpapier
21. Sämid (Reinhold), Die Geſetze ber Angelfachfen. In
der Urſprache mit Uebexſetz und Gtläuterungen. Zweiter
2 Seil, “Gr. B. uf gutem Hruckpapier.
Der eriie Bi den Zert nebit Ueberfegung entbaltend nd (1282),
Pe 2 hir
22. Shatſpeare's Vorſchule. Herausgegeben und mit t Bone:
ben begleitet don Eudwig te. TOT BEN rE,
uf feinem Drucdpapier
erſte und zweite Band (1833-29) Eoften & Thlr. 6 Gr.
+28, Dißorifches Zaſchenbuch. Herausgegeben von Friedrich
von Raumer. Fuͤnfter Jahrgang. Mit einem Bildniſſe.
12. Auf feinem Druckpapier. Cart.
ger ber erften drei Sahrginge toftet 2 Thlr., der vierte 1 Ihlr. "
1
24. Täsele (J. M.), Leben und Werke des dänischen
Bildhauers Bertel '[horwaldsen. In zwei Tbeilen. Mit
160 Kupfertafeln. Zweiter Theil. Gress Folio, Auf
dem feinsten Yelinpap ier. Cart.
Der erfte Theil, m
und — ertafeln wei B n fauber cartonnirt (1888),
*25. Urania. Taſchenbuch auf das Jahr 1834. Mit dem Wilb:
niffe 3etter’8 und fechs Stabiftichen nad) engliſchen @emälben.
16. te fit feinem —— Jam fa a in —e 2 Ihlr.
PN J ruͤ ubeen wahres: rg age 1 in errgifen; ben Jahrgang
in. Yn neuen Auflagen und Deeuigkeiten erfcheint:
+26. Aleris (W.), Wiener Bilder. 12. Auf feinen Dred:
papiet. Geh. |
+27. Brun (Srieberibe), Roͤmiſches Leben. Zwei Bände.
Mit zwei Vignetten. 8. A5 Bogen auf feinem Druckpa⸗
pier. Geh. 3 Thlr. 18 Gr.
"28. Brzozowsks (M.), La guerre de Polague en 1831.
Avec une carte de la Pologue et dix croquis des batail-
les principales. Gr. 8. 19 Bogen ayf feinem Druckpe-
pier. Geh. 2 Thlr, 12 Gr.
+29. Gonverfationg : Reriton, ober Allgemeine deutfike Real⸗En⸗
chklopaͤdie für bie gebildeten Stände. Achte Driginalauflage.
In zwölf Bänden oder vierundzwanzig Lieferungen. Jede
Lieferung auf weißem Drudpapier 46 Groſchen, anf gu:
sem —— ei Abaler, auf xtrafeinem Velinpapier
Gr
dt ee BeReppeeen sur agten enges se
— — —W die neuffke Seit foetant "gie er
—* en —2*8* iũ — — Unten es
Nr.
“30. Eisgorg. (Graz: von), Schauſpiele. Zwei Binnen
8. Auf feinem „nendpapier. ge b. BR
k fe te at den Stiefen n Öliie® var darüber an den Ber
81. Ersch (Johann Samuel), Literstur der schönen Küsste
seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die
N
nbung aus ben Auellen‘
it * 8 vfertafeln und einem Bacfimile, Xert
.
neuoste Zeit. Systematisch bearbeitet und zit den nöthi-
gen Registern versehen. Neue fortgesetzte Ausgabe (vom
_ Prediger Rese in Halberstadt und K..C. Kraukling in
‘“ Dresden). Gr. 8. Auf gutem Druckpapier
32. Ersch (Johann Samuel), Literatur der vermischten Schrif-
ten seit Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die
neueste Zeit. Systematisch bearbeitet und mit den nöthigen
Registeru versehen. Nexe fortgesefste Ausgabe (von K.
©. Kraukling in Dresden). Gr. 8. Anf gutem Druck-
107.
I n ber Gera dinung bief biefer beiden Xbtheilungen beziehe ich mid,
38, Goldfmith (Dliven, Der Landprebiger von Wales
fieib, eine Erzaͤhlung. Neu: überfegt b arl. &buard
von ber Delsnig. Mit einer Einleitung. Zweite Auf:
lage. 12. 114 Bogen. aufgutem. Drudpapier. Sch. 15 Gr.
»354, Hagen (Auguft), Kuͤnſtlexgeſchichten. Enthaltend: Die
Chronik feiner Vaterſtadt vom Klorentiner Lorenz Ghiberti,
dem berühmteften ieh dei funfzehnten Jahrhunderts.
Rad dem Lialimifchen. Bändchen. 12. Auf feinem
MOructoapierx. Geh
"35. Handwörterbuch in drei Sprachen: "Englisch - deutsch-
französisch, Französisch.- deytsch - englisch, Deutsch - fran-
zösisch - englisch. (mi Stefeotypen gedruckt.) Auf fei-,
nem NVelinpepfrer.
Me drei een, — denen die et Handwoͤrterbuch befteht,
nf sein, te — find aus England
und vB befond Dee rectur w
gröpte © orgfalt re Sa nöeh der
36. Bartmann (Kart Friedrich Alexander), Reperto⸗
rium der Mineralogie und Geognoſie, enthaltend eine voll⸗
ſtaͤndige Zuſammenſtellung der neuen Fortſchritte dieſer Wiſ⸗
ſenſchaften. Als Supplemente zu feinem „Woͤrterbuche ber
Mineralogie und Geognoſie““ und zu feiner deutſchen Bear⸗
beitung von Beudant's „Lehrbuch der Mineralogie”, ſowie
‚ Mberhaupt zu allen neuern Lehr⸗ und Handbüchern ber anne:
ralogie und Geognoſie. Mit lithographirten Tafeln. Gr. 8
a gun —— Be ber Mineralogie und & *
nr — —**— hir. 8* Sr. ; das „Redrbub Ge ——
logie von Beubdaont” (ats) 4
*37. Haub (I. ©), De "Belagerung Maſtrichts. Sin
Be in fünf Aufzügen. 8. Auf feinem Drudpa-
ier
—* Hällmann (8. D.), Staatsverfaſſung der Jeraeliten.
Gr. 8. Auf gutem Drudpapier
ee. Roenig (8), Die ho Braut. Roman in zwei Bän-
den. 8. Auf feinem. Drudpapier.
40. Matthiä (Auguf), Lehrbuch für ben erften Unterricht
in der Philofophie. Dritte, verbefferte Auflage. Gr. 8.
134 Bogen auf gutem Drudpapier. 20 Gr.
*41, Mengotti (Francesco), Del commercio dei Ro-
mani ed il Colbertismo. Memorie due, Mit grammatikali-
IE [LI DIR U I IT
48, Most
’
„schen Kırläutegp und. einem Wörterbuch zum Schul-
ünd Privatgebrauche herausgagehsn von e B. Ghexsi.
12. 21 Bogen auf Pruckpapier. Geh. 1 Thir. 20 Gr.
Georg Friedrich), Eneyklopädie der m»
‚dieinisch-chirurgischen Praxis, mit Eürschluss der Ge-
burtshülfe und der Augenheilknude. Nach den besten @nal-
len und .nach.eigeer Erfahrung im Verein mit mehren: prak-
tischen Aerzten und Wundärsten bearbeitet und heyams-
gegeben * Erster Band. Gr. 8, Auf.gufem Druckpapier.
wir
geneben werben.
Reiſende in Stalien. Zweite, fehr verbeſſerte Auflage.
"Gr. 8. Auf. gutem Drucdpapler. Cart. 2 Thlr. 16 Gr.
4. Petrarea (Francesco), Saͤmmtliche Conzonen, 1:7
netie, Ballaten und Triumphe, überfegt und mit erlaͤutatuden
Anmerkungen begleitet von Karl Hörfter. Zweite, von
Gr. 8. 884 Bogen-auf feinem Oruckpapier.
*45, Poli (Karl Heinrich Ludwig), Die europäffchen
Verfafſungen feit dem Jahre 1789 bis auf die neuefte Zeit.
Mit geſchichtlichen Ginleitungen- und Griäuterungen. Zweite,
neu geordnete, bexichtigte und ergänzte Auflage." Drei Bände.
- Auf gutem Drudpapier.
d theil 783 ⸗
ten De fungen N Vettaen Gablerbunded ee alten, | et im
ubfcriptiondpretfe & te Rand, bi „gie
FE rien SE
altend (Bi Bogen), Eoftet 2 Thl
46. Raumer (Karl von), Beſchreibung van Paliſtina.
GSr. 8. Auf gutem Druckpapier.
47. Schneller (Julius Franz), Weltgeſchichte zur gruͤnd⸗
lichen Crkenntniß der Schickſale und Kräfte des Menſchenge⸗
Bänden. Gr. 8. Auf gutem Druckpapier.
ss ‚wird naͤchſtens eine befonbere Anzeige über biefed Werk aus:
„a Sismild (Briedrih Auguft), Auguft Wilgelm von
Trosky's Leben und Wirken für bie Nieberlaufig, ‚mit Be:
nugung feiner binterlaffenen autographifchen Rabeiäten.
Gr. 8. 4 Bogen auf gutem Drudpapier. Geh. 8 Er
49. Thsersch (Frederic), De l’&tat. actuel de la Grece
gk ‚des voies et moyens de sa restauration.
lumes. Gr. 8. Auf feinem Druckpapier. Geh.
*50. Boigt (Sohannes), Das Leben bed koͤnigl. preuf.
grafen und Grafen zu Doßna: Sählebitten. Sr. 8 Bo:
gen auf gutem Drudpapier. Geh. 4 Er.
*51. Zwei Babwe in Petersbugg. Reman aus ‘ben Papieren
eines alten Diplomaten. 8. BE wogen auf feinem Drudpa:
pie. 1 hir. 16 Er.
(Gin unentbehrlices Wert für Alle, welche auf bie ſchne H⸗
ſte Weiſe bie engliſche Sprache erlernen mollen.)
Die Geſchichte des unglücklichen Paares aus
Derwent Conway's einfamen Spaziergän:
gen. Bearbeitet zu einer kurzen Anleitung zum ſchnel⸗
len Erlernen der engliſchen Sprache, mit beſonderer
Ruͤckſicht auf die Ausſprache von H. v. Orth. 8.
Münden 1833. Bei Fleiſchmann. WGr.,
oder I St. 30 Kr.
Dem Herren. Busfaffer ift es nach vielem Badıbenfen ges
dungen, eine ſich ax e Methode .aufzufinden, die engliſche Sprache
in ſehr kurzer Zeit ganz allein, und chne alte Bei;
birlfe eines Lehrers, gründlich erlernen zu können.
Den vielen Freunden biefer dem Gebilbeten fo nothipenbigen
Sprache empfehlen wir daher biefes Werk aus voller Webers
zeugung; denn vermittels beffelden wird Jedenmann ſchon in,
7
wenigen Monaten im Gtanbde e fein, einen englifhen Autor ieſen
und verſtehen zu. koͤnnen. Dem Buche find die nöthigften Re:
gein in hoͤchſt faßlicher Darftellung vorausgeſchickt, worauf bie
Seſchichte des unglücklichen Paares aus Conway“ folgt, unter
Beiſetzung ber Ausſprache mit deutſchen Lettern und ber Ueber⸗
fegung ins Deutfche nebft erläuternden Noten.
Bei Joh. Ambr. Barth in Leipzig ist erschienen
und ip. allan Buchlandlungen zu haben:
Laenzi, L., Geschichte der Malerei in Italien, vom
Wiederaufstehen der Kunst his ‚Ende des achtzehn-
ten Jahrbundexsts. Aus dem Italignisehen übersetzt
und mit Anmark. vVon J. G. von Quandt herausg.
von Ad, Wagner. 3ter Bd. Gr. 6. 2 Thlr. 6 Gr.
Mit diesem Bande, der den Sten und 6ten der Original-
ausgabe. umfasst, iet die Uebertxragyng des Zanze’schen Wer-
‚kes vollendet. Die als Konstkritiker allgemein —
‚Herausgeber hegten bei Bearbeitung derselben den
\
nädfiend eine befondere Anzeige über diefed Wert aus-
*43, Neigebaur (Johann Ferdinand), Handbuch für...
Schlechte. Zweite, völlig umgearbeitete Auflage. In fünf:
„Deux vo-
Gtaatsminiftere Friedrich Ferdinand Alexandar Reif 8+ Burg: '
[4
x
das wegen seines Reichthums an Materialien zum allge-
meinen, für den reisenden Kunstfreund fast unentbehr-
lichen Handbuche gewordene Werk auf diejenige Stufe
der Vollkommenheit zu * ‚„ welche von ihren Landsleu-
ten, nach den F'ortschritten der Kritik der Kunstgeschichte
in Deutschland, gefodert wird, und der Beifall, weichen die
ersten beiden Bände gefunden, hat ihnen als oin Beweis ge-
goiten, dass sie ihre Absicht nicht verfehlt, wie es denn
auch mehrfach in kritischen Blättern öffentlich ausgespro-
chen worden, dass ihr deutscher Lanzi viel verständ-
licher, viel gründlicher sei als das italienische Ori-
Beigefügt sind diesem Bande ein sehr ausführliches Re-
ister, zugleich mit Angabe des Geburts - und Sterbejahres
Maler und mit literarischen Nachweisungen, sowie ein
zweites die gesammte in dieser Ausgabe angesogene Litera-
tur. nachweist.
Bei Kleifhmann in Münden ift erſchienen:
an
au i a 8
Beſchreibung von Hellas
uͤberſetzt und erlaͤutert
von
E. Wiedaſch.
5 Baͤnde. Mit Planen von Athen, Olympia und
Sparta, und einer Karte des Peloponneſes. Preis
7 Thlr. 8 Gr., oder 12 St. 48 Kr.
Griechenland ift wiedergeboren! Gin deutſcher Kürft, ein
Wittelöbahher, bat ben Thron ber einft fo hochberühmten Hels
lad beftiegen. Zahlreiche Reifende werben von nun an ben
claffifhen Boben bes gebildetſten Volkes des Alterthums bes
grüßen. Paufanias hat uns in feinem Werk eine Befchreibung
des alten Griechenlands mit einer Treue und Wahrheitäliche
geliefert, daß es jedem Alterthumsfreund durchaus unentbehrs
Ich if. Grabe zur gelegenften Zeit beſchenkt uns Herr Pros
feffoe Wiedaſch mit feiner vortrefflichen Weberfegung biefes
gefhägten Schriftftelless, und fie börfte um fo mehr bald in
der Hand jebes Gebilbeten fein, ba bie bem Buche beigegebes
nen ungemein reichhaltigen Anmerkungen ein wahrer Schat
find und bleiben werben.
Bei 8. Franz in München ift erfchienen und an alle
gut? Buchhandlungen verfandt:
Bilder und Lieder
von
Benriette Ottenhetmer.
12. Broſch. 1 Thlr., ober 1 FI. 36 Kr.
Gegen ben Willen der befcheibenen Verfafferin wuͤrde es
fen, wenn wir diefe Sammlung von Liedern unb Bildern uns
ter Anpreifungen anlündigen wollten. Wir unterlaffen es, über:
zeugt, daß bie ebenfo gemüthliche als geiftreidhe Tendenz berfels
ben in Vers und Profa recht vielfeitigen Anklang finden werde.
Es iſt nun vollftändig erſchienen und an: alle beutfche
Buchhandlungen verfendet:: ”
Spanifh: Deutfhes und Deutſch-⸗Spaniſches
Taſchen⸗Worterbuch.
Nach der neueſten feit 1815 von ber ſpaniſchen Akademie
fanctionirten Orthographie
von ©. F. Zrancefon.
2 Bände (102 Bogen). Gebeftet. Leipzig, bei Fried:
rich Fleiſcher. 1833, |
" Preis 8 Ihlr.
Obſchon diefes Wörterbuch nur den befcheibenen Namen ei:
ned Zafchenwörterbuches trägt, fo kann man es doch unbedenk⸗
lich als das neuefe und vollftändigfte der eriftirenden
fpanifchen Wörterbücher betrachten, welches dadurch, daß man
darin zum erſtenmale der neuen jegt durchaus in Spas
nien gebräudlihen Orthographie gefolgt ift, ſchon bes
beutende Vorzuͤge vor allen andern bat, deren weitere zu eroͤr⸗
tern, man ruhig der firengfien Kritik überläßt. Der Verleger
dofft, daß, da er das Seinige durch ſchoͤnes Papier, Drud nnb
ſehr wohlfeilen Preis gewiß redlich erfüllt hat, man ihn auch
gewiß für bie ſehr bedeutenden Koften buch eine rege Theil⸗
nahme von Geiten bes Yublicums entiyädigen wird. Ein Woͤr⸗
terbuch einer fo clafı 8 Is bi ifche i
in —X —** ihren. ve ſpariſche it, gehört
Bei Unterzeihnete iſt erſchienen und durch alle Buchhand⸗
lungen zu beziehen: inñ a
Die dritte Auflage von
Joh. Florent. Schreven,
weil. Pfarrers in Bochold,
hinterlaſſene Predigten
Nach des Verfaſſers Tode geſammelt und herausgegeben
von ſeinen Freunden.
I. Sonntagspredigten. 1 Thlr.
In Sefktogeprebigten nebft einigen Gelegenbeitsreden.
bir. ’
II. Faſtenpredigten. 1 The. -
Der außerordentliche Beifall mit welchem diefe Predigten:
fammlung aufgenommen worben ift, ſpricht am Beſten für bes
ren Borzüglipkeit.
Dem Geifte des kirchlichen Feftes und dem morslifchen Be
bürfniffe ber Zuhörer gleichpaffend gewaͤhlter Stoff, leichte, uns
gefuchte Uebergänge zu ihm, natürliche, von felbft herausfallenbe
Abteilung und bündige Kürge in Abhandlung befleiben, Klar
heit und Wärme, edle Popularität und Praͤciſion im Ausbrudke,
Entfernung alles Polemifchen find bie ſchoͤnen Gigenfchaften, die
diefe Predigten ſchmuͤcken — auf benen ihr Werth beruht.
Köln, im März 1882,
- Peter Schmig.
Bei Fleiſchmann in München ift erfhienen:
Noth- und Hülfsbüchlein für Künftler, Kunſt⸗
freunde und Kunſthaͤndler in dem Monde,
an das Licht der ſublunariſchen Welt geftellt von An-
felmus Rablofus. Mit lehrreichen Anmerkungen mb
Anekdoten von Ambrofius Haſenſchwaͤnzlein. 12. Ge
heftet. 3 Gr., oder 12 Kr.
Sin Schriftchen voll Wis, Laune und Gatire, aber auch
vol Belehrung über dad Treiben ber Künftter, Kunfifreunve
und Kunftpändier.
Bon dem in London erfcienenen Werte:
Passages from the diary of a late physictan. Witl. notes
and illustrations by the Editor, in two volumes.
ericheint in meinem Berlage von einem @adhlenner eine beuts
ſche Ueberfehung, welches ich zur SBermeibung von Gollifionen
hierdurch anzeige,
. Aachen, ben 15ten April 1888. -
J. A. Mayer.
Falk über Göthe.
Ich habe wieder einige Exemplare bdiefer
Schrift vorräthig, die zu dem Ladenpreife von
1 Thlr. 12 Gr. durch alle Buchhandlungen zu
beziehen find.
Leipzig, im April 1833.
F. A. Brockhaus.
4
Biterarifger Anzeiger.
(Zu den bei F. X. Brockhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.)
1833. Nr. XII.
en
Dieſer Literarifche Anzeiger wirb den bei $. A. Brodhaus in re ericheinenden Beitfchriften: Blätter für liter
tifhe Unterhaltung, Iſis, fowie bee Allgemeinen mebicinif
en A beigelest ober beigeheſtet, und betra⸗
gen bie Iafertionegebähren für | bie Zeile 2
Bei — Dehmigte i in Berlin iſt foeben er⸗
ſchienen:
Linnaea. Ein Journal für die Botanik in ihrem
ganzen Umfange. Herausgegeben von Prof. Dr. v.
Schlechtendal. Ster Band pro 1833 in 6 Hef-
- ten. Gr. 8. Mit Kupfern. Geh. 6 Thir.
Die ersten sieben Bände, mit vielen Abbildungen aus-
gestattet, sind noch in completten Exemplaren vorhanden
und kosten 30 Thir.
Bei Ankauf eines vollständigen Exemplars dieser
sieben Bände, bin ich geneigt, zur leichtern Anschaffung
den Preis auf 20 Thlr., also auf. nur zwei drittel des gan-
zen Preises, zu ermässigen, und können alle gute Buch-
handlungen Bestellungen annehmen. Für, einzelne Bände
verbleibt der bisherige Ladenpreis.
Soeben ift bei Fr. Bieweg in Braunfhmeig er—
ſchienen:
Der Bukkanier.
Hiſtoriſcher Roman "aus den Zeiten Cromwell's.
Aus dem Englifchen von Joh. Sporſchil.
8 Theile. 8. Kein Velinpapier. Preis 8. Thaler.
Das einflimmige Urtheil aller englifchen kritiſchen Blaͤtter,
unter ihnen daB bes geiftreichen Verfaſſers bes „Pelham“, zählt
den Bukkanier zu ben beften Grzeugniffen der neuern romans
tifchen - Literatur. Mafher Gang der Handlung, beftänbige
Steigerung bes Intereſſes, Außerft geihidte Anordnung bes
Ganzen K zarte Daltung ber weiblichen, tühne Zeichnung ber
männli
deffeiben bervortritt, find bie Worzüge des Romans, ber in
England binnen kurzer Zeit mehre Auflagen nöthig. machte.
In bemfelben Verlage ift ferner kürzlich erfchienen:
Die Heidenmauer, oder die Benedictiner.
Nach dem Engliihen des 3. J. Cooper
deutfh von 3. Sporfhil
3 Theile. 8. Preis 3 Thaler.
Die Alhambra.
Nach dem Engliſchen des Washington Irving
‚überfegt von Johann Sporſchil.
2 Theile. 8. Fein Velinpapier. Preis 2 Thlr. 12 Gr.
Beide Werke find durch bie Namen ihrer berühmten Ber»
faffee gertägend empfohlen. Ueber ihren Werth und ben Fleiß
ber Ueberfetung haben fich die beften deutſchen Sournale mit
voller — ausgeſprochen.
Zohrab, der Geißel.
Hiſtoriſcher Roman (aus der perſiſchen ir
von Morier, Verfaſſer des Hadſchi
Yu bem Englifchen nt Eau
Habſchi Baba, air früher erfchienene — des beruͤhm⸗
ten Morier, wurde dem deutſchen Publicum in brei verſchiede⸗
en Charaktere, ergreifende Situationen und ein hiſtori⸗
ſcher Hintergrund, in welchem Grommell als bie Hauptfigur
nen —— zugängig, und iſt einftimmig als eins ber
"geiftreichften Producte der neuern romantifchen Literatur aner: u
tannt. Daffelbe ift ber Fall mit Morier’s neueſtem Roman
„Bohrab”, der binnen brei Monaten in England drei Aufs
lagen erfoberte, Das Quarteriy review bezeichnet ihn als
den beften Roman, der feit mehren Jahren in England er:
ſchienen ift, und wir glauben, daß unfere deutfchen Leſer in
dieſes Urtheil einflimmen werden. Der Stoff ift Hiftorifch, und
gibt und ein treues Bild Perfiens, feiner Bewohner und Gitten
in einer fo wahren Darftellung und Sprache, wie fie nur dem
Verfaffer, ber längere Zeit bei ber englifchen Geſandtſchaft in
Perfien angeftelt war, moͤglich wurde. Die anziehendſten, er⸗
greifendften, zum Theil furchtbaren Gituationen werden bie Bes
fer in fortwährender Spannung erhalten. x
Bernbarb Mergy,
die Bartholomäusnaht.
Aus „ven Stanzöfifhen von Karl von-Lugow.
2 Ihle. 8. Rein Velinpapier. 8 Thlr.
Bei 3. A. Mayer in Aachen ift ſoeben erfchienen und
in allen ——— Deutſchlands zu haben:
Loͤwenigh, B. von, Gedichte. Erſtes Heft. 8. Ge⸗
heftet 3 Gr., oder 12 Kr.
Montigny, Louis, Capitain, Skizzen aus ben Feld⸗
zligen der großen Armee und der Belagerung von Ant⸗
werpen im Sahre 1832. Aus dem 1 Geanzefifgien. 8.
Seheftet 1 Thlr., oder 1 FI. 48 Kr
Volksbibliothek, Allgemeine. . In Verbindung mit Meh⸗
. ven herausgegeben von P. Kaatzer. Erſtes Bandchen.
Geheftet 2 Gr., oder 9 Kr.
Wagner, J., Der Jugend Morgentöne, ober: Secylg
leichte Choraliieder mit -Orgelbegleitung, zum Gebrauche
für Schüler der höhern umd niebern Glaflen der Ele
mentarfchulen beim täglichen Gottesbienfte. Die
Sinsftimme 4. Geheftet 12 Gr., ober 54 Kr.
Wilhelm Tell, ober die Befreiung: der Schweiz rei
| ac) Slorlam von P. Kaatzer. 8. Geh. 4 Gr., oder
18 Kr.
Bei Zlciſchmaun in Münden if erſchienen:
Titus Livinus
mine Geſchichte,
uͤberſetzt und erläutert
von
-€. 8 Eh. Derteh -
10ter Tell. Sr. 12 22 Gr., oder 1 Fl. 36 Kr.
Mit dem 10ten Band ift nun eine beutfche Ueberſegung
bes Livius vollendet, bie von der kritiſchen Blaͤttern als bie
gelungenfie anerfannt und allenthalben mit arherortenti chem
Beifal aufgsnommen worten ifl. Deren ſſor Dertel ge:
bahrt der Dank eines jeden Gebildeten, daß er unfere Literatur
mit dieſer getreuen, mit Anmtrkungen —— ueber⸗
ſetzung des 35 Geſchichtſchreibers dev Römer bereichert hat.
Das ganze Wert in 10 Wänden “en nun und jede Buchhand⸗
lung für 9 pie. 16 ®r., ober 1 80 Ar. gu erhalten,
ein Preis, der gewiß ale billig etanneı werden wird.
In Karl Gerold's Buchhandlung in Wien
ift foeben erſchienen, und daſelbſt, fowie in allen Buchhandlun⸗
gen, Deut ſchlande zu haben:
Jahrbuüuͤcher
der Literatur.
Elnundſechzigſter Band.
Snha
1) Röflexions sur —Q B des langues asiatiques,
adressöes à Bir James Mackintosh, suivies d’une let-
tre & M. Horace Hayman Wilson, par A. W. de
Schlegel. Bonn 1852. .
2) Annals of the turkish empire from 1591 to 1659 of
the Christian era by Naima, traaslsted from the tur-
kish by Oharles Fraser. London 1882,
2. Die Dichtkunſt bes Shinefen. Erfte Gpode.
Confucii Chi -kirg, sive Über Carmianm. Ex la
Lacharme interpretatione edidit Julius Mohl. Sinttgar-
tüne et Tubingae 1850.
In A rellminary discourse on the study of natural phi-
By #4. F. W. Hersche. (Borläufige Vetrach⸗
* — das —— der Raturwiſſenſchaften. Von
er iqe don 1830
W. 8S —— Graece. Tem. ad fidem te-
criicorum recensuit, D. J. Mari. Augusisnus
Schatz Vol. B IV Evangalia complectepe. Lipalan
V. Bar reunde ber Tonkunſt, von Friedr. Roch⸗
En er —— veipzig
toine de la Älleraiure grecque pro profene, depuis
on arigine Fu ’a la prise de Constantinapie par
Turcs; suivie d’un pr&cis de l’histoire de la —*8
tation de la litterature grecque en Occident. Seconds
dition. Par hosll. 8 tomes. Paris.
Geschichte: der grischisehen Liüteratwe, von der frühe-
sten mythischen Zeit bis zur Kinmahme Konstantinopels
dacch die Türken, vun M. 8. Nach der zıpei-
ten Auflege aus dem Französischen übersetzt von J.
Franz kwarze (vom zweiten Bande an von Dr.
Mori ie Pinder). 8 Bände. Berlin 1828 — 9%.
WI. Aleciſs. Eire Trilogie von Karl Immermann.
2 1834. Ä
Bi use en Heiligenfgein. Bon Dr. G. Garthe.
halt des Anzetgeblattes Nr. LAT.
Hammer's morgenländifche Handſchriften.
unb Leben her
underts. Ron Ch rd Kuffner Fortſe )
o x
Däniffe Literate. Bon R wine.
Kt. I.
An ber unterzeichntten Quqͥhandiuog wird erſcheinen:
Geſchichte bes geſaumten britiſchen Meichs von Dr. Al:
bert Sant 322 Dotanbänden. peitung Fi
Zwar fehlt es t ag trefflichen Bear en der Ge⸗
ſchictte Caglands und es möchte beapalb auf ben. ßen Bud
eine Vermehrung derfelben dur "9 ——5 Bert übers
flüffig ericheigen. Wie groß indef 4 die Zahl derſelben ſei,
eß mangelt uns immer noch ein Werk, welches, unpefigabet ber
abſichtlich v
Ausfüprlichleit, in gehrängter Ki bie * Englands
ak Einem ſelchen ERemgel. ier Beat
bheifen und ders Name has, gi * eiber binlänglich
annten Herrn Werfaſſers läßt nur vVortreffliches erwarten.
Die dieſes Werkse ift beichrende Unterhaltung eines
grbhern N in un An —— Re dern durch den *
nt gelehrter Sitate a, an Diefe
——— d Wert beſteht aus 2 Bänden,
wovon jeber Ye 8 enthalten und im Gubfcriptiones
preife nur 1 Thlr. 8 Br. koſten wird, Mer nachherige Yreis
wird erhöht werden. — Gine-ausführlichere Ankändigung diefes
Werkes ift in allen Buchhandlungen gu belommen.
Selle, im April 1838. \
Säaulz ſche Buchhandlung.
9. Salzmanı'd
allgemeines deutſches Gartenbuch,
vollſtaͤndiger Unterricht in Dechamblung dr Kücm:,
Blumen: und Obfigantens, theils aus eigner vieljaͤhriger
Erfahrung, theild nach ben beften Gartenfihriften ben
heiter. Mit einem Gartenkalender, emthaltend die monat:
lichen Verrihtungen ins arten und einem Anheng vom
Trocknen, Einmachen, an und Aufbewahren bes
‚Deitte durchaus vermehrte Auflage. "ei 8. Münden, bei
Fleiſchmann. 1 —* 8 Gr., oder 2 FI.
Das Salzmann'ſche Gartenbuch iſt bereit allgemein als
eines der befien, gemeinnügigfien und voltffändig-
ften anerfannt ; deshalb wünicht Referent daflelbe in ber Hanb
eines Jeden, Dez ten edain Gaytenbgu mit Nupen und Ber
gnügen betreiben will, und empfiehlt es, ihnes Danfek gewiß,
allen Bartenfreunben aus inniger Ueberzeugung.
Durch alle Buchhandlungen und PYoftänter iſt zu‘ beziehen:
Blätter fuͤr literarifche Unterhaltung. Rebigirt unter Ver
ontwortlichleit ber Verlagshandlung. Jahrgang 1833.
Monat Apsit, oder Ar. 91 — 120, mit 1 Beilage:
Ne. 4, und 4 literarifchen Anzeigen: Nr. IH— XI.
Sr. J Preis des Sg von 365 Nunmern (au:
fer den Beilagen) au u Deudpapier 12 Thlt.
Leipzig, im Mai 1
F. A. Brockhaus
EEE EEE EEE
(dien Se Lubwig Dehmigte in Berlin iR farben ers
iehen
Berlinisckes Jahrbuch für die Pharmacie
und die damit verbundenen Wisseuschaften. Her-
ausgeber: Prof. Dr. Lindes. 33ster Band, 1ste
Abtheil. 16mo mit Mitscherlich's Portrait. Preis
1 Thr. 6 Gr.
Dieser neue Band sciliepet. sie seinen Vorgängern auf
ach — 28 — —*
der darin aufgsnemmensn Gegenstände. t ganz beson-
dern Interesse dürften die Dri — * Bchlech-
tendal, —1332 ——— —— von dem
rmaceuti ablicum. gelesen und es
genügen , diese Namen zu nennen, um die Aufmerksamkeit
aller Verahrer der Pharmacde auf das Jahrbuch hinzulenken,
und ihm neue Gläseer und Firennde zuzuführen.
Sämmtliche früher emchienemen 32 Bände mit den Re-
gistern, einer ossen Anzahl Abbilduagen und 25 Portraits,
welche im preise über 56 Thir. kosten, sind durch
neue Auflagen der vergritien gewesonen ältem Bände jeist
⸗
die griechischen
.„ 110 Rebenfiguren erläutert find.
ganz vervollständigt. Zur leiohtern Anschaffung
für diejenigen, welche dieses bedeutende, stets ven den
rten redigiete Werk (von denen hier
nur Hermbstädt, Willdenow, V. Rose, Gehlen,.
Döbereinor, Kastner und Stolze genanat werden),
aoch nieht hesitsen, bin ich bereit, ein vollständiges
Kxemplar für den, aber nur auf kurze Zeit gültigen,
höchst geringen Preis von nicht mehr als 24 Thir: zu
** wefür es durch jede guto Euchhandiung zu be-
ziehen
Bei Joh. Amör. Barth in Leipzig
ist erschienen und in allen Buehhandlungen zu haben:
Westermann, Dr. A., Geschichte der Beredtsamkeit
in Griechenland und Rom. Nach den Quellen be-
arbeitet. Aster. Theil. Gr. 8. 2 Thir.
Auch unter dem besonders Titel:
Geschichte der griechischen Beredtsamkeit von unbe-
- strmmter Zeit bis zur Trennung des byzantinischen
Beichs vom Occident.
Bei der hohen Steigerung, welche das Interesse für
ner in dem letzten Decennium durch
Männer, wie Bekker, Schäfer u. A., erfahren, war selbst
nach Ruhnken's trefflicher Historia critica oratorum Grae-
corum, noch mehr nach des Franzosen Belin de Ballu un-
kritischer Histoire critique de Peloquence chez les Grecs,
eine Zusammenstellung des Wissenswürdigsten auf diesem
Gebiete ein tief‘ gefühltes Bedürfniss für die Freunde des
griechischen Alterthums. Dieses Bedürfniss hat der Verfas-
sor durch vorstehende Schrift und gewiss nicht ohne Glück,
sa.befmiodigen gesucht, und wird dieselbe daher dem »hilo-
logischen. Publieum. wie den Freunden der Geschichtefor-
schung hiermit bestens empfohlen.
— EEE
Bei 8. X. Mayer in Aachen iſt vor Kurzem eben fertig
geworden und in allen Buchhandfungen Oeutfchlande zu daben:
W. Meigen,
| Spfematifge Befhreibung
Eurspaͤiſchen Schmetterlinge;
dritten Bandes 4tes und Stes Heft.
@r. 4. mit 15 yon Verfaſſer felbft gezeichneten Gteintafeln
und 165 Bogen Krrt.
Subferiptiontspreis:
mit en 2 he. 16 Gr.
mit iAuminirten Tafeln . . .. . .e 16 s
Dreis des ganzen Werkes in drei Bänden:
mit ſchwarzen Tafeln... ... 17 Ahlr. 16 Ge.
mit illuminirten Safln . .. . . — ⸗
Mit dieſen beiden: Heften iſt der dritte Band und bamit
das ganze Wert geſchloſſen.
Ss enthlat
bie Beſchreibung von 818 Tagfaltern, 112 |
| i
Abendfaltern, 180 Sopinnern und 867 Gun, gularamen alfo
962 Arten, weile auf 125 Zafeln buch 1
Sn der Zof Linmbaues' ſchen Buchhaudlung in Müns
chen ift ſoeben erfhienen und in allen Buchhandlungen zu
nt
Das Lied der Nibelungen Aus dem. alt
beutfchen Original Überfest von Joſ. von: Hiacherg.
Zweite verbefierte Auflage, mit 4 Kupfern. Er. 8.
Gartonnirt. Preis 1 XThlr., ober 1 51. 48 Kr.
Diefe treffliche Weberfetung des in feiner Art einzigen und
Daupt: und |
\
en Xuflage, bie —ãe—n Ulla —2
fo günftigen Aufnahme, daß wir und bei dieſer zweiten, der
no; vier ganz vorzüglid) gelungene Zeldinungen beigegeben
find, und bei fdyönerer äußerer Ausftattung, fowie eines ben»
woch. billigern Preifes, aller weiterer Anpreifung enthalten yu
koͤnnen glauben. . '
Reuefte humoriſtiſch⸗topographiſch⸗ſtatiſtiſhhe Beſchrei⸗
‚ bumg ber Haupt⸗- und Reſidenzſtadt
Münden ımd beren Umgebungen, für Fremde
und Einkeimifhe von Adolf von Schaden.
Zweite, nach einem neuen Plane gänzlich umgearbei-
tete [ehr vermehrte und verbeflerte, dann mit vollfkän-
digen Regiſtern verſehene Auflage. Nebſt ganz neu
aufgenommenen, durchaus richtigen Grundriſſe mit
vielen ebenfalls neuen Kupfen. &. 12. In im
ſchlag cartonnirt. 8 Mr, 12 Gr., vier 2 ZI. 42 Kr.
Bei 3. X. Mayer in Kachen if foeben
an alle Buchhandlungen verfandt worben: erſchienen und
Ber Buranier,
Ein
bikorifder Roman
aus ber Zett Eromwell's.
Aus bem Englifhen
von
Touig Lax.
Drei Binde.
Preis: 3 Thlr., oder 5 Fl. 24 Sr.
Der geiftreiche Merfaffer bes Pelham, Herr Bulwer, fa
in einer Recenfion obigen Werkes: vom, © fagt
„Der Bucanier iſt ein ausgezeichnet gut gefchriebener He
mom, in bem das Intereſſe ber Handlung unb bie Schu—
derung der Charaftere von glei hohem Werthe if. Die
Intrigue iſt vortrefflich durchgeführt, und bie Theilmhme
wird lese ia Spannung erhalten.”
Alle engliſche Kritiber ſimmen in bem Babe dieſets mit ho⸗
hem Beifall aufgenommenen Wertes uͤberein, das wir in feiner
Ueberfetung mit gutem echte den beutfchen Leſern bringenb
empfehlen können.
Berzeiehnigs Ver arıen Bücher,
im Werlage von -
Dunder und Humblot. in Berlin
erfhienen fin.
Büchner, K., und F. Herrmann, Handbuch der neuern
französischen Sprache und Literatur, oder. Auswahl inter- _
esnanter „ ahrenologisch geordneter Stücke aus den hesten
zeuern französischen Prosaisten und Dichtern, nebst Nach
zichten von den Verfassern und ihren Werkes, Prossi-
seher Theil. Gr. 8. Geh. 1 Thir. 8 Gr.
Freundesgraͤber. (Gedichte) GEr. 12. Gch. 6 Gr.
Fortſetgzung deu 1882 in zweiter vermehrten Ausgabe erſchienenen
Hartig, ©. 2," Entwurf einer allgemeinen Forft: mb
ig, ©. 2., Entwurf einer allgemeinen s
Sagborbnung, mit befonderer Ruͤckſtcht auf den preußiſchen
Staat. Er. 8. Geh, 1 The.
Hartig, ©. L. Gutachten Aber die Fragen: Welche Holz
.. orten belobnen den Anbau am reichlichſten? und: Wie ver
hält ſich der Grundertrag bes Waldes zu bem bes Arkers?
@r. 83. Sch. 8 Er.
⸗
de, G. W. F., Philoſephiſche Abhandlungen; her⸗
—8 von Dr. K. 8. Michelet. Br. 8. 1882. 8 Thirx.
— —, phaͤnomenologie des Geiſtes; herausgegeben von
Dr. 3. Schulze. Er. 8. 1832, 4 Thlr.
.— —, Borlefungen Über die Phüofophie ber Religion,
nebft einer Gchrirt über die Beweiſe vom Dafein Gottes.
‚Derausgegeben von Dr. Ph. Mardeineke. 2 Bände. Gr. &.
"1832. 5 Thlr. 16 Er.
Hirt, A., Die Geschichte der bildenden Künste bei den
“Alten. Gr. 8. 2 Thir.
Rellſtab, &, Erzählungen, Skizzen und Gedichte. 3 Theile.
8 Seh. 4 Thlr. .
Wöhler, Dr. F., Grundriss der Chemie. Unorganische
Chemie. Zweite umgearbeitete Auflage. Mit königl.
würtemb., grossherzogl. hessischem und der freien Stadt
.Frankfort Privilegien, Gr. 8. 16 Gr. ’
ee ET ———
Sntereffante Nenigkeit.
Soeben iſt erſchienen und in allen Buchhandlungen Deutſch⸗
lands, Oeſtreichs und der Schweiz zu haben: .
Belchreibung ber vorhandenen Telegraphen mit be⸗
ſonderer Beruͤckſichtigung des preüßiſchen nebſt
einem Vorſchlage zur Verbeſſerung derſel—⸗
ben, mit 2 Tafeln Abbildungen. Geh. Pr. 6 Gr.,
obere 27 Kr. Rhein., ober 24 Kr. Conv.
Außer einer kurzen, aber gruͤndlichen Darftellung der bis
dee befannten Telegraphen ſowol in mechaniſcher, als hiſtori⸗
fer Hinſicht enthält diefe noch befonders wichtige Details über
die Sonftruction ber neueffen preußifhen (mit Abbildung
a die von ben franz. und englifdyen fo bebeutend Ab»
weicht.
Bei G. G. E. Meyer sen. in,Braunfhmweig ift er⸗
ſchienen und an alle folibe Buchhandlungen Deutfchlande und
der Schweiz vollftändig verfandt:
Byron, des Lord, Briefe und Tagebücher, mit Notizen.
aus fiinem Leben von Thomas Moore u. f. w.
8 Bände. Geh. 1734 Bogen 8. Ausgabe auf fei⸗
‚nem Velinpapier 9° Thlr., oder auf weißem Belindruds
papier 8 Thlr. ’
Die vortheithafteften Beurtheilungen in ben kritiſchen Blaͤt⸗
tern Deutfchlande haben bereits über den großen Werth unb
bas hohe Jnutereſſe des Originals entfchieden, in welchem allges
meir. ein vollendetes Weifterfiül der Biographie anerfannt
wird, und zugleich ein reicher Schatz lebendig anſprechender
Geifteberzeugniffe deö großen Mannes vorliegt, dem die Be:
ſchreibung gilt. Lord Byron ift ald Dichter und als Menſch
zu ſehr das Gigenthum der Univerfalgeficdhte und der ganzen
- gebildeten Gocietät geworben, als daß es nicht ein bödft an:
stehender Genuß ſein folkte, die Entwidelung eines folchen Gei⸗
ſtes, Herzens und. Sharafters von ben frühelten Ginflüffen an,
die auf ihn gewirkt haben, burch alle entſcheidenden Momente
feines Lebens bis zu feinem wahrhaft tragifchen, durch den mens
ſchenfreundlichſten Heroismus berbeigeführten Ende zu verfolgen ;
und diefes pſychologiſche Studium des Außerordentlichen wird
hier durch einen Glaffiter feiner Kunft geleitet, der mit ber
finnigften Aufmerkſamkeit auf bie Bleinften Einzelheiten ben geift:
vollſten Ueberblid des Ganzen, mit bem eindringendften Scharf:
finne des Hiſtorikers die anmuthigfte Darſtelungsgabe des Gr:
zaͤhlers, mit ber innigften Zartheit feines Freundſchaftgefuͤhls
die ſtrengſte Unparteilidgkeit verbindet, und, weil er bei der
liebevollſten Schonung der Schwächen feines Helden doch immer
den heiligen Ernſt "Verlegter Sitte und bie rieffte Wehmuth
über feine Verirrungen ausfpricht, fein Werk auch zu einem
— — — —
moraliſchen Bubungemittel und .zu einem praktiſchen Sommen⸗
tare der wichtigſten Lehren religidſer Lebensphilofophie gemacht
hat. Bon gleich großer Erheblichkeit iſt die Lecture faſt alles
Deſſen, was bier aus Byron's Feder ſelbſt mitgetheilt wird.
Selbſt Über die alltaͤglichſten Vorgaͤnge und Verhaͤltniſſe bes
Privatlebens rebet der ausgezeichnete Geiſt auf eigenthuͤmliche
Weife, und ſchon von biefer Seite betrachtet, Hat es feinen
eignen Rei den gewaltigen Dichter und Menſchen, indem man
feine nachlaͤſſig hingeworfene Gorrefpendenz vor ſich hat, gleich⸗
fam im Hausgewande zu erbliden. Aber grabe bie
unb angiehendften, aud in hiſtoriſcher und politifcher Hinficht
ſehr intereffanten Yartien feiner Lebensbefchreibung, find in den
von ihm aus Stalien während ber bortigen republifanifchen
Gährungen, und aus Griechenland in der Periode feines Frei⸗
heitskampfes gefchriebenen Briefen enthalten, in welden ſich
dem Lefer das Gemalde feiner merkwürdigen Schickſale unb
bervorglängenden Thaten in der bemwegteften Külle dramatifcher
Lebendigkeit vor Augen ftellt. ine große Anzahl origineller
poetifher Stüde, bie ‚größtentheils erft in biefem Werke ges
druckt erfheinen, gereichen dem Ganzen zur angenehmen Ab-
wecslung, und flößen, oft Impromptus, immer neue Bewun⸗
derung gegen die uͤberſprudelnde Schoͤpferkraft biefes reichen
Genius ein. Die Ueberfegung von fachverfländigen und ſprach⸗
kundigen Gelehrten geleitet, hat bie kuͤnſtleriſche Vollendung ber
Urfchrift, foweit es theild die gedankenreiche Gedrungenheit
Moore's, theils die geniale Eigenthuͤmlichkeit Byron's felbft,
beſonders in ſeinen in metriſcher Hinſicht aͤußerſt ſchwer nachzu⸗
bildenden Verſen geſtattete nach Kräften zu erreichen gewußt.
Bei Ludwig Dehmigke in Berlin iſt ſoeben er⸗
ſchienen: Zr
Abbildung und Beschreibnng aller in der
Pharmacopoea borussica anfgeführten Ge-
wächse, “ herausgegeben von Prof. F. Guimpel.
Text „von Professor F. L. v. Schlechtendal.
2ter Band, 11tes, i2tes Hefl. Gr. 4. mit 12 ıF-
luminirten Kupfern. Geh. Pränumerations - Preis
1 Thir.
Dieser zweite Band wird mit den folgenden 6 Heften
noch vor Jahresablauf beendet werden, und der alsdaan
folgende dritte Band das ganze Werk schliessen. Durch
den kürzlich geschehenen Ankauf ist dieses bedeutende Ku-
pferwerk nunmehr Kigenthum der Verlagshandlung gewor-
den, und dieselbe dadurch in den Stand gesetzt, auch den
ersten Barid noch auf kurze Zeit wiederum zu
dem schon erloschen gewesenen Pränumeratiohspreise zu ge-
ben. Derseibe ist für ein sauber und zweckmässig gebun-
denes Exemplar mit hundert schön colorirten Ku-
fern, nicht mehr ala 9 Thir., auf welchen geringen Preis
reunde dieser Wissen<chaft, namentlich jüngere Pharma-
oeuten, mit dem Bemerken aufmerksam gemacht werdes,
dass nach dem Erscheinen des zweiten Bandes
dieser Preis für den ersten Band aufhören und
dagegen der Ladenpreis von Zwölf Thalera
eintreten wird. "
Dietrich, Dr. A., Flora des preussischea
Staats. ister Band, 4tes Heft Mit 6 illam.
Kupf. 16 Gr. - ,
Veberfegungsanzeige.
Von ben neuen englifcehen Romanen :
Mary of Burgund, or the Revolt of Ghent, by the
Author of „Darnley“ etc. und '
England and the English, by the Author of „Pelham“
erſcheinen im Werfage don GB. Vieweg in Braunfhweig
gleichzeitig mit ben Originalen Ueberfegungen.
@iteratifber Anzeigen .
(Bu den bei $.:%. Brockhaus in Leipzig erfheinenden Zeitſchriften.)
1633. Nr. XII.
Diefer kiterariſche Anzeiger wirb ben oel 8. A
. Brodhaud ih Letpzi
erfcheinenden Beitfriften: Blaͤtter für literas
riſche unterhaltun Sie fowie der Allgemeinen mebictulfgen Zeitung, beigeltgt ober beigeheitet, und betra⸗
. j gen bie Inſertionsgebuͤhren für die Zeile 2 Sr 9 ". # aehe
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten:
Ueber
ben Anſchiuß Sachſend
deutſchen
‚Soll: und Bandelävereine.
Ä ‚ Freiebrich ron Aaumer.
: (Aus Yen Blättern für es Unterhaltung befonders
8. Geh. 4 Er.
Leipzig, im Mai 1838.
[3 4 Brockhaus.
In Kari Gerold's Bucpandtung in Wien
iſt ſoeben erſchienen, und daſelbſt ſowie in allen Buchhandlun⸗
gen Deutſchlande zu haben:
tafhenbud
der allgemeinen
Path olo gie und Therapie
Inbegriff der Semiotit
neueften Seantyunt Die Wiſſenſchaften
zunaͤchſt für daktiſche Aerzte
entworfen
Dr. Burkard Eble,
D ?. Regiments sr Feldarzte, akademiſchen Bibliothekar uf w.
Sn zwei Theilen,
woven ter erfte bie allgemeine Nofolegie, Symptomatos
lo gie und Semtotit; ber zweite die Aelosie und all:
gemeine Therapie enthält
12. ten, 1838.
In Umſchlag broſchirt. Preis: 2 Ihe. 12 Gr. Saͤchſ.
Diefes Wert reiht ſich , unmittelbas an das im vorigen
Jahr erfchienene umd fo beifällig aufgenommene Zafchenbudg, ber
Anatomie und Phyſiologie an, ſo zwar, daß 73 im mander We:
ziehung ſelbſt einige Lůcken ausfuͤllt, weiche in lehterm gelaſſen
wurden. Alle vier Baͤnde bilden zuſammen genommen ein Gan⸗
zes, welches das geſunde und kranke Leben des menſchlichen Or:
ganismus in feinen Hauptformen umfaßt, Nebſtdem, daß der
Verfaſſer, wie billig vorauszuſetzen, die neueſten und beften Werke
benugte, hat: er bie. Organifations s oder fogenannten chirurgi⸗
fhen Kraratpeiten feiner befendern Aufmerffamfeit gewidwet,
weil ihre rationnelle Erklaͤrung bie ficherfte Baſis einer wiſſen⸗
Keen Ghisuzgie iſt. Der Heitungeproseh bei Wunden unb
e Entzuͤndung und Giterung, ſowie bie ner»
—* Bildungsfehler find nach ben beften Abeorien erklaͤrt,
und bie noch immer fo ſehr vernachlaͤſſigte Heilkraft ber Natur
uͤberall eeie hervorgehoben.
Eigenthuͤmlich dem Verfaſſer iſt hier die Symptomatologie
and Semiotik zu einem Ganzen innigft verbanden, und bie eine
wie die andere umfaffender als gewöhnlich vorgetragen. — In
ber Aetiologie exfcheint ald Zugabe ein Verzeichniß uufezer ger
braͤuchlichſten Speiſen nach dem Grabe ihrer. leichtern Berdar
lichkeit. Auch die Gifte wurden claſſificirt, und namentlich alle
aufnefuͤhrt. — Nach einer jeben der vier Dauptabtheilungen folgt
bie Literatur beefelben, weiße im Durchſchnitt als volle
fändig betrachtet werden Pants. : Dens zweiten En fb ein
fehr ausführliches Negifter beigefügt, weiches bie Brauchburkejt
des Werkes ungemein erhöhen wird.
Im Berlage von 3. Zrautmwein in Berlin find fols
gende neue Bücher erfchienen, die fih zur Ginführung in Schw
Ien vorzüglich eignen unb buch alle Buchhandlungen ze erhal
n find:
Huguft, €. 5. (Director am coͤlniſchen Realg
in Berlin), Algemelnes deutſches Lehrbuch oder Aus:
wahl aus den beflen beutfchen Schriftflellern und Ue⸗
berfegungen zur Erweckung bes Gemüthes, Schärfung
des Berfiandes umd Bildung des Geiftes für die Sus
gend. Erſter Curfus für die unterfien Claſſen bee
gelehrten Schulen eingerichtet und vorzüglich AÄltteſta⸗
mentliches und Alchellenifches mit Nachbildungen befs
felben umfaffend. 16 Bogen in gr. 8. Pr. 14 Gr.
(Ein Ztee und F Curſus fuͤr höhere Gtaffen werben
nach und nach erfcdheinen.)
Deinrigs, Johann, Allgemeine deutſche Schulvor⸗
ſchriften für den erſten Unterricht im Schoͤnſchreiben
es und zweites Ergänzungsheft. Preis eines jeden
8 St.
* Mit diefen beiden Heften hat ber um bie Sqhreibkunſt ſo
hoͤchſt verdiente Verfaſſer die beiden erſten, die Aufangsgruͤnde
enthaltenden Hefte feiner allgemeinen deutſchen Schulvor⸗
ſchriften zweckmaͤßig vervollſtaͤndigt. Dieſe beſtehen nunmehr
aus 8 Heften, Preis 4 Thlr. 12 Gr., die engliſchen oder
lateiniſchen aber aus 6 Heften, Preis 3 Thlr. 12 Gr., und
es find fämmtliche Hefte auch einzeln au befommen.
Diefe Schulvorſchriften haben ſich im Inlande fowol, als
au in einem großen Theile des Auslandes allgemein verbreis
tet, und werben in allen Buchhandlungen vorräthig gehalten.
— — , Exemples d’Ecriture anglaise ä Pusage des
»Ecoles. 2tes Gahier. 10 Bi: in gr. 4 20 Gr.
Dies Heft enthält bie gebräuchliche —* Schrift mit
franzoͤſiſchen Tert.
Schmidt, E. A., Grundriß der allgemeinen Weitge⸗
ſchichte fuͤr Spnmaflen und ‚andere höhere Lehranftals
ten und zum Selbſtunterricht für Gebildete. In drei
Sedellungen, Gr. 8. 31 Bogen. Sarton. Preis 1 Thlr.
8 r. J
Die 3 Abteilungen find auch unter nachſehenden Ziteln
eingeln zu
ne Beate ber alte Geſchithte. 40 Br.
_ _, Srunbeiß ber Gefepidite di6 Mittelalters. 10 @r. |
——, 20. ı
— —
In ber KRiter’fhen Buchhandlung in Anidau er:
ſchien
Dinters Gebot⸗ und Ginleitungen — ——
eerrichte, mach feiner kurzgefaßten —— — and
- tenleßre des Chriſtenthums in einem fortfaufenden Cur⸗
fus. gehalten. für — Zum Druck beföchert
von P. Haas. Preis 8
Stimmen aus Amerika. Sefammelt und heran
Ausmanbeuuing
aegeben zu Nut und Frommen für
MG. Biken Kies Heft. —&
uonpänbtgften und wohlfeilſten ſranzoͤſiſch⸗ deutſchen
und deutſch⸗ ——* Voͤrterbuͤcher:
DICTIONNAIRE EOMPLET
compons
&upröe er meilleuee- dert ou de
einen qui wi pam —* ‚ eontssant: ’emplion-
weis den donz CONx
faire connattre l’emploi et les differentes as-
0°, chae
las. Par M. M. —8 an:
Labenpreis für er 4 Wine 18 gt.
TIT |
DICTIONNAIRE PORTATIF
ALLEMAND-FRANGAIS ET FRANQAIS- ALLBMAND.
DU DICTIONNAIRE DE DE POCHE COMPLET DE
L’ABBB MOZIN,
s‚ontewan!
les termes les plus uscessaires et. leur pronosciation; A: l’u-
enge des tunlos reales ot des Immtituis des deux sexus par
—X in Val le Dr. ‚Bisanbash.
Damtfich + Feng m —8 ⸗deutſches
polifändigen Safden- Wirterbad Mogire.von
ihm und vom Dr. Eifpnbadg
bearbeitetes
‚Yaınd» Börterbud,
enthaltend
bie vonstanagiiäfen Wrter nebf Ber
elpreade.
Zum Gebraudye der —* nA Lehranſtalten beiberfel
' Meſcuecat bans@riter.
doſe⸗ — 7 ara er
abiafeit. a
thum übertr was biaf
worden iſt, und — Erholen ea gyeibe bie
Augen weniger PR kr ik ale ber des Dictionauire- de
— Bed u Yan
- gern, diele die verſchiedenen TE gen „besfelden
Poche, tens mit Recht Ey 7 En
as Ehttrfnih Air —8 mit demſ ben befrisbigt. wer
5* und dem Heide
den KLebrigene if. 26 —
thum Bien e Bir ‚au noch ber — mebdrige
re effelben,, ber es gang befonders empfiehlt, und sur Ein
führ@atg Ehulm und Anfalten fowie sur für
Mihdrrdentttelte geeignet macht.
Der Preis & seite Theũe, von 551 2 R nämlich
unerachtet des geger bie frühere. Berechnung fi KA Ahr ee,
und nd —& nur auf 1 Bj so an — Bei *
und mehren Cremplaren
1Fl. 12 Kr. — jedog, 7 bei ei biefen Ta ori baare ce
sahlung verftanden
QUYEA
DICPIONNAIRE DB PUCHE -
ALLEMAND-FRANGCAIS ET FRANCAIS - ALLEMAND
CHRUErRAT
LBS Mes, BEGUS DANS IMs- DIVTIOHNAENNS NOURBMES DE
LANGUHs du SOIENchs, La PRONONdIAMUN DR CROX Eu
PRUYENT OFPRIR QURLQUH DIFFICULTE, QUANTITk DE PIRA-
ane otc., PROBE I: NE. INDIWiER KH —2 ACCEPTIONS,
OU: & ENPÄCHKER DE LER GOHEOHRRE, LES NONE FROFRAS DE
PERSONNES, DE PAYS, YILLBS, ELBUVES etc., QUI DIFFERENT
DANS L’UNB OU KANTeE BES PEUX LANGURS,
L' kBBE "MOoZIn.
ade Yalnmes
Reue
Def frame ud frandRi = Vene
| zatgen Mir er buſch,
bie in dem meucse rt se @ Diffen·
ſchaften aufgenommenen. Moͤrter, bie Ausip ber ſchwieri⸗
und dee MWernwedifelumng vorbeu —
Im, wie auch diejenigen —— der ee Ränder,
taͤdte, Fluſſe ıc,, He im —— gibt gieich lauten,
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wieder begonnen, und gerenke et: noch vor
Ye Yan Kr yu Mann OR ‚ce, as fe!
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de6 Dripineis, fowie: an Gihönait Det: Gikd
Kine ‚andern Werke noch übertreffen er
—& —— drtalatla
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kei allen. usb. Sunkpanbiı 15)
FH Bud: ungen. (ee, Nanktese | ef
Soeben ift erſchienen:
der eiehtf ven Kevolution
8 tden 1821
bis zur Thronbeſteigung König Otto I
von Dr. Sheodor Kind.
2 Binde. 16 Or, si las. -
„Bulefe eines £ Safzards
Weeantaiffe einer, „ragen buͤrgolichen oel⸗
9 8 7 ube
. Memoiren
eines peeupifhen DOffigiere,
Berausgegesen ,
iger vs Bfeh n
, 2 Winde, 2 Kr. 2
Keine Wyftification fein Som Noman, fordern bie Mittheulu
55 * * Pr *
it : 2
Dice Karte m geh che hi dee wenigen **
Unterhatun; aljäyrlich erſcheinen, und das Ser
fopnbtiam wird daß er c6 mit
ei 2} Mame,. veffen Ver) Ktnlire tele
der eine renge Anonymität erpeifigen, ge
Literarifhes Mufeum in Beipyig.
— — — — —
Su der Weygand'ſchen Buchhandlung in Leipzig
iſt ſoeben erſchienen, und bafeldft fowie in allen Buchs
J hanblungen ve ande au haben:
Berang, en n Reihradt,
Grafen von ———
— o—»— — —
Berdefferungen ans Ergängungen,
ee
"Zn Hmfihtag di dat ee” 1 Eh. eine.
Mater ben bes Zar
u, nur a ———
von Poutbei ad dr Tridtigen Opteie. zum Maus: hus-
gef@ihte, und — *2 —— —
*5 Werts. 8 fi Abeabies — Urteil, Rufe
in ber⸗ tellung an; überal —8 der tief⸗
ant burd), der am fih — —E8R
mehr "as «u Yuheır .
Si —— worden uin und Kin
dien Geht als rn — **
ee gelten wird. Im Gefühle, daß bieh
e Berbefferungen und Ergänzungen bebürfe, haben Bie
feger fi —* —S—— an den Autor gewendet, un
bucdy feine Güte und ach bie Mitwetung der Perfonen, bie
ihm ale Quellen gedient haben, in den Sand gefegt worden,
Thai du hung ee im HIE
unter ber Pr —— je des Originais nı
des —X Gehe Verfü — —* *
unferer ueber ſetuug, mis tigſten als
——3 * — — mie
A Li jene tens
unh Briefe wie mac bes ——s
—XR den ae eigenthümlicen Gtyl. mis hiplomatifcher
Genauigkeit bewahrt.
De Beten vn Bon Ba m Bl
—* ine Im einen unb durch alle gute
& « eb BZ ch t e
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Befeierten gediig
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— — — — —
Deſtreich iſche geitaisifae Be Reiefarife 1833.
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fe ie Then an. Ne — derſendet
worden. E⸗ it: Da a Sm
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en Pionnierd im Beide, — IH. Gefchiihttiche Skizze ber f
——— Dahn 100er GSchiuß des erften Abs
—- W. ie des k. &. Generals ber SCavalerie
rather ten Gyafen don Friment, Büren
von Buteoboeco. (‘ 25 Li -
VI. Recke weil
Dee Pod bed Safrgange LESS, fanis der akıc Abcigen
⸗
Sys se om sıs die inel. 1882 auf Einmal abs
ee en ören what 1
$ G. Heubner,
Buchhändler.
Malter Acott.
Bon ber in unſerm Verlage erſchienenen und mit großem
Beifall aufgenommenen Reuen Folge von Walter Scott’ 6
Werten find ſoeben der lite und LSte Theil erſchienen, welche
enthalten:
Ä Briefe
über
Simon alogie und Bererei
Aus dem Gnglifchen
on
. De & BB Bärmann.
8. Velinpapier elegant broſch. 2 Theile. 1 .Ihle.
Gebrüuͤder Schumann in Zwickau.
In allen Buchhandlungen iſt zu haben:
Jörg, Dr. J. C. G., Der Menſch, auf, feinen koͤrper⸗
lichen, gemuͤthlichen und geiſtigen wickelungeſtufen.
"8 Broſch. 2 Thlr. 6 Gr. j
Das conſtitutionnelle Leben der dentſchen Staaten bethaͤtigt
fihtbar das Streben zum Fortſchreiten In moralifcher, geiftiger,
bürgerlicher und gefeglicher Wervolllemmnung dee Menſchheit,
und fo bürfte vieleiht auf biefe ‚Arbeit eines unferer ausge⸗
zeichnetften Männer hingewiefen werden, ber in bderfelben den
Menfhen von feinem Usfprunge bis zunr Wer
verfchiedenen Lebensaltern, in Werbindung "und
bei wechfel:
feitigen Beflinimung feiner beiden Saturen, im Zufammenhange |
mit der großen Melt und im Conflict mit feines Gleichen, in
ber She, Im Staate und in der Kirche, für den Menſchenfor⸗
dfher, überhaupt, insbefondere aber für ben Religionsiehren, für
ben Grfehgeber "und für ben Vertheidiger ber Gefege, ferner
für den Arzt und für den Erzieher gleich anziehend ſchildert.
„.getpzig, im Mai 1889.
D * XXXX
Einladung zur Subſcription.
eye Ten a .2.
Biel Pichsststhe Akanätkhie;
en topographiſch, F
ſtatiſtiſch und wirthſchaftlich dargeſtellt.
Bach amtlichen Quellen,
Bon tiefem: ‚fr. aller Civil: nnd’ Milltairbehörden, jedem
Statikiter und Geographen, unb vorzüglich jertm Preußen
wichtigen Were, wird im Laufe diefes Jahres bie erſte Abs
theijsung unter dem Titel:
TE opogeaphifch,
ſtatiſtiſch und wirthſchaftlich dargeſtellt
| von
De} hiloſ upairb nr u 8,
x. D. 01, n . Dr . 2
deB Rarkairpen Bureand zu Berlin und der Falter, Bratbe,, Deitgliebe
| ſenſchaͤften in St. s Peteräburg.
nde. u 8.
in unſerm Berlage erfiheinen. Die amtlidye Stellung bes .
Herrn Verfaſſers ift ſchon Bürge, daß ihm die beften Queen
Feargus waren, und er hat fie alle zu feiner Arbeit venudt.
ift denn fein Werk eine Darftellung der Provinz Oftpren: :
Pen geworden, wie fie ſowol in, Hinficht auf den Reichthum
Wer aber die fruͤhern
inken in den ,
Joh. Ambe. Barth. |:
rovtnz Bstrreusſſen; |
jneueften Zeit und Literatur.
tademie der Wiſ⸗
4 .
eis auf Wi et Bent und Auwenduag ber
—— — ——— —— Provinz von *2
den umfaffen wird, auf Ba drunkpapiee druden
Lieferungen (bie erfte zur L Oſter⸗Meſſe d. 3.) ausgeben. Im
die Aaſchaffung zu erleichtern, wollen wie Denienigen, weidhe
barauf unterzeichnen, jebe biefer Lieferungen zw dem wohlfeilen
Deeife von 1 Thaler eriaflen. Worausbezahtung iſt nicht nös
tbig, und macht fi jeder Subſcribent burch feine Unterzelch⸗
nung nur zur Abnahme ber erfien Abtheilung (Dftpreufßen) vers
bindtidh. ‚bir die zweite unb bie folgenden Abtheilungen wird
eine neue Subſcriptien eröffnet werben.
Alle in⸗ und audlaͤndifche
zeichnungen an.
Berlin, den iften März 1888.
Dunder und Humblot,
nehmen Muter-
Bei ben Gebruͤdern Schumann in 3wickau find er⸗
ſchienen und ig allen ſoliden Buchbandiungen verräthig:
Conſtitutionsfrage, Die. Denkſchrift für bie Zeitge⸗
noſſen. 8. Geheftet. 4 Gr.
| Cramer, B. C., Wilhelm der kleine Baums
gärtyer. Emyählung für Knaben; zugleid ald Ans
weiſung zur Obſtbaumzucht. 8. Sch. 6 Gr.
MWeiske, C. A., Archiv für praktiſche Rechts:
kunde, mit vorziglicher Ruckſicht auf ſaͤchſiſches Recht.
After Theil. Gi. 8 Belinpap. Elegant geheftet.
21 Gr. .
*4 “. '.
. 3 In dee Schuupgafe'fhen. Yuchhendiung a Akten»
burg find foeben erſchienen und an afle Buchhandlungen ver
ſandt worben:
A. Matthla, DVermifchte Schriften In lateiniſchet umb
deutfher Sprache. Gr. 8. (204. 8.) 1 Zhle.
F. C. F. Hauschildii Carmina omnia. Gr. 8. Broſch.
-68).8 Gr. Ä -
Ueberfegungs: Anzeige,
Don dem In dieſen Tagen in London erfcheinenden
Werke:
| England’ and the English. By the Author of „Pel-
ham“ etc, (E. L. ‚Bulwer). 2 vol. _
erjcheir.t gleichzeitig mit dem Original eine beutfche Ueberfetung
von gina ‚@apfennay-in einem Werlage, wejches ich zur Wer:
meidung von, Golligonen, hierdurch anzeige. .._.... _.
. Xaden, Sen Eien Mai 1888. FR
» . \ . F J. A. Mader.
Durch alle Buchhandlungen iſt zu erhalten:
ur Sonverfationg WLerikon
Vierzehntes imbd funfzehntes tzzeft.
. Rrug bis Lyndhurſt.
Auf weißem Drudpapier 12 Gr.
Auf gutem Gchreibpapier: 16 Gr.
Auf extrafeinem Velinpapier 1 Thlr. 6 Sr.
Leipzig, im Mai 1833. u
a S. A. Brockhaus.
x
Literarifher Anzeiger.
7 | Biden dei J. A. Brodpaus ik Leipzig erſcheinenden Zeitſchriften.)
1833. Nr. XIV.
— — — Un
—— naeiget wisd den bei J. A. Brockhaus inLeipzig etſcheinenben Zeitſchriften: Blätter für litere⸗
riſcheſunterhattuung,“ Iſte, ſowie der ATktgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigeiegt oder bei eheftet, unb
ge bie Duſerttonegebühren für die Zeile ic : s Due vera
ae
, .
—1
in Kart Gerold's Buachhanblung in Wien u befreuaden — wWenn er nicht / ſchon / in. dem Prixciylen ber
ift BE. erfchienen, und dafſeldſt ſowie in * Baochhandlun⸗ Biffenfchaft, und wie leicht einzufehen, auch in allen übrigen
j en Deutſchando gqu: haben: N
$ I nod fo geringen Beziehungen derfelben verſtoßen wid —
end-bu ch ſchon aus dem früher Grwähnten zur Genüge or; *
minder ewichtig macht fi) aber dieſes Lehrbuch den Arzt,
der allgemeinen und techniſchen welchem es, bei dem Unmftande, daß die Gioktricitat eine immer
| o wichtigere Melle : in den Junktionen des thieriſchen Lebens Aber:
e ı ı & nehmen zu wollen fcheint, insbefondere aber, wenn er bie von
bem Herrn Verfoſſer fpäter herausgegebene fo überaus wichtige
Schrift: „Syſtem der Heilkunde”, verſtehen will, fozus
fagen unentbehrlich ift.
Daß bie Berlagshanblung bei ber Herausgabe biefes Wer⸗
tes durchaus nicht ihren Vortheil berüdfichtigte, braucht wol
faum eswähnt zu werben, und bürfte fich auch am. beften durch
ben für die Größe dieſes Werkes aͤußerſt billig berechneten Ber
kauftpreis a es bleibt ihr demnach nur bemerken
übrig, daß ſich der Herr Verfaſſer, eben ber Wichtigkeit ber fruͤ⸗
ber erwähnten Anſichten halber, ſowie durch den Umſtand ers
\muntert, daß biefelben ihrer WBewahrheitung mit wafhen
Schritten entgegen eilen, entſchloſſen bat, unter der Auffdgrift : N
„Rahträge”, Alles, was die Wiſſenſchaft feit Vollendung
dieſes Lehrbuches wirklich Merkwuͤrdiges aufzumeifen hat, eben
jenen Lehren gemaͤß geordnet, folgen zu laſſen.
Mit dieſer 8 bas ganze ‚ weldies aus
5 —5 A ben —— * und Brucbogen, —
4. Ad hd u upfertafeln beſteht, en, und nun complet
Gr. 8. Wien, 1832. Preis 4 Thir. Ggf. Buchhandlungen um 36 Sr. Cächf. zu haben. ’
Diefes Lehrbuch, deflen. Grunbiinien ſchon in dm Zahee }.4mg erichtene und har ei hent.
dum Selb terricht, und zur Grundlage feiner ordent⸗
1819 von vom Hama entworfen wınben, (ft gegen. Hehhang mit erwärmter Rufe, erfunden, :fyflematifch
4 md außerordentlichen Vorlefungen,
entworfen
von
9 2. Meißner,
Magifter der Pharmacie, orbentl. und Öffentl. Drofeffor des technis
{hen Chemie am E. dal yorgleänifon galktat 2 Ahlen, on mehr
ünften Bandes
bitte und 1egte Abtheſlung! .
Setatltirt bie noch nice näher unterfudten unb
J problematiſchen Subſtanzen.
Nebft einem vollſtaͤndigen Sachregiſter über das ganze Werk.
Auch unter dem Titel:
Anfangsgrämde des chemifchen Xheiles der
Narturwiſſenſchaft.
_.
wärtig von bemfeiben vollendet, und kann baher von .ber Vers |
ae ehblung den Händen des‘ Publicums hergeben werben. bearbeitet. und als das mwohlfeilfte, bequemfte, der Gefundheit
" Indem’ dieſelbe alle weitern, mehr in das Cinzelne gehenden —— er aualeih bie ——— zn meißen gut
iDarlehuntzen :bes.'Imhakts dieſes Werkes 23* — zu F * * 8— age eich vn * *
die. in den Io n. eungerüdse .i ichere Anzeige verwei⸗ arte, ſehr vermehrte und gaͤnzlich umgearbeitete Auflage.
X Mit ſechs Tabellen und zweiundzwanzig Kupfertafeln. Ber. 8.
——— vn cin vi In umfelag drofäirt. 2 Khle. 16 Sr. id. |
Syſt em der Heilkunde aus den allgememfien Raturges
fehen t von . A. Mei "Sr. 8 3 Um⸗
flag —** 1 ie. Bid. de .
uU
Wiederhokte Anzeſſt von Mac 5 hoͤchſt Interefs
ſautem Handbuch für" Kaufleute und Geſchaͤftemaͤnner.
‚Zn ber Unterzeidhneten erſcheint in kuͤrzeſter ‚Zeit bie erſte
‚Lieferung ber Ueberfegung von
A Dictionary ‘practical, theoretical and historical of
_ commerce, commercial navigation etc. by J. R.
“ Mac .Culloch.
Das nenefte Foreign Ynarterly review Nr. XXI drädt
a ae ——
” ei ‚u an .
duch fün Kaufleute —WBWES ‚an Deutschland und, Ita⸗ .
o gluͤcklichem Erfolge bearbeitet wurden, daB fich biefelben im fol ihm, wie wiz gehört haben, ‚hiefelbe Ehre widerfahren.
Bu Gewiß verdient. fie auch kein Buch in höberm Grabe, wir mös
durch die: neueften Embeckungen tm Webiete der Phyſik umb
gen ben unermeßfidien Schatz müzliäher praktiſcher Eenntniſſe
Eh es denmach für jeden Chemiler ſei, ſich mit diefem Bette begückjichtigen , die der -VBerfaffer darin zufammengehäuft hat,
fet, bleiben thee nur gb
‚lange Verzögerung dieſes Lehrbuches, ber andere aber die Wich⸗
tigkeit. er. in beufellen "ausgefsranhenen Aufkiien aufiden ges
‚ger wärtigen Stand der Wiffenichaft betrifft — zu erwähnen
i den gegemmärtigen Anſichten ganz verſchiebene Weife, und zwar
-
ober. den‘ feeifinnigen 1 und erleuchteten Geiſt, son bem jeder
Theil deſſelden daerchdrungen iſt. Grine Berb reltung durch Eu⸗
ropa wird wehr kazu beitragen, die Tauſchungen und Borär:
theile, in welchen fowol Regierungen als Maffen von Indivis
buen noch über Danbelögegenftände befangen find, zu zerſtreuen,
als irgend ein theoretifches Werk, bas bis jept erſchien.“
Stuttgart und Tübingen, im April 1833.
% G. Cotta’fhe Buchhandlung.
Bei J. G obner, Buchhaͤndler in Wien, Mr. 690,
iſt ſoeben Aſcdienen:
Zei t sc hr i ft
"für
Physik und verwandte Wissenschaften,
herausgegeben
von
A Baumgartner,
Zu - Zweiter. Band, zweites Heft.
Preis eines Bandes’ in vier Heften 2 Fhlr. 12 Gr.
Inha
." . Ueber eine leichte praktiſche Iethobe dad Bergrößerunge:
vermögen von Bernröhren aller Art genau zu beflimmen. Bon
of. Freiherrn v. Jaquin. II. Ueber einige merkwürdige Kry⸗
falltifationserfcheinungen. Won &. ©. Richter. TI. Weber die
Arendrehung ber Nebenplaneten. Bon W. v. Bield, k. k.
Hauptmann. IV. Ueber das Verhalten dünner Faden im Fo⸗
tus einer Linſe. Bom Director Precht. V. Entdeddung ber
Meinften Wengen von Galpeterfäure und quantitative Beſtim⸗
mung berfelben mittels Leicht burdy Diefelben orgbierbarer Mer
talle. Won 3. R. Plahiama. VI. Ueber ben Bau ber Gen»
:trafalpendette im Herzogthume Salzburg. Bon I. Ruſſegger.
VII. Magnetiſirung des Stahls durch einen Gteltromagnet und
durch Reibungselektricitaͤt. VIII. Literariſche Rotizen. — Mes
teorologiſche Beobachtungen im December 1882. Januar 1833.
Wien, ben iflen Mai 1838.
Aus dem Frauenholz' ſchen Berlag habe ich angefauft:
Hoffmann, G. F., Vegetabilia in Hercyniae Subter-
‚ raneis collecta iconibus descriptionibus et observa-
tionibus illustrata. 20 Bogen Text und XVlIl fein |
eolorirte Kupfertafeln. Boyal Folio. 1811.
. heref Preis 18 Thir., oder 32 Fi. 24 Kr.
Da biefes Prachtwerk wenig in Vuchhandel gefommen, und
darum in den meiften Bibliotheken noch fehlen dürfte, fo babe
ich zur Beförderung bes Ankaufs — aber nur bis Ende bes
Jahres 1833 — ben Preis auf 8 ah. berabgefent, fpäter ſoll
der Ladenpreis auf 12 Thir., oder 21 Il. 36
Nürnberg, am 6ten Mai 1838.
: ob. Leonh. Schrag:
nenne een
In Baumgärtner’s Buchhandlung in. Leipzig ist soeben
erschienen und in allen Buchhandlungen .zu. haben;
J IDEEN-MAGAZIN.
für. Architekten, Künstlet-und Handwerker, die: mit
der Baukunst und ihren Einzeinheiten zu thun ha-
ben,.als Maurer, Zimmerleute etc., wie auch für
Bauherren und Gartenbesitzer, eine reichhaltige
Sammlung von Zeichnungen zu Gebäuden, aller Art
und Bestimmung, mit ihren Theilen und Grundris-
sen, als: zu Stadt Land-, Gewächs- und Badehäu-
sern, Tempeln, Kapellen, Cabinetten, Balcons, Bal-
lustraden etc. Herausgegeben vom Prof. F. G. Groh-
mann, Neue vermehrte Auflage, 1ster' "Band. ätes
Hefi. 6 Blätter in gr. 8. Preis 8 Gr.
Die neue vermehrte, ni &ußerft wohlfeile Autgabe biefes fo
Frü-
ſtellungen beweifen
Kr. firiet werben.
* bie von al:
ihen Bes
Ka Meere 7*
den item, br
efaͤllt cin
* *5 | en
ATIONEN
öffentlichen und Privat-
gebäuden
oder ganze Anordaungen der Verzierung von Con-
cert- und Ballsälen, verschiedenen Zimmern, Vor-
sälen, Treppen und andern Rãnmen; für ‚Architek-
ten, Decorationsmaler, Zeichner, Stucaturer, Holz-
bronzeschnaider, Bangewerken:- und: Freunde. der
Baukunst; auch zum Gebrauch als Vorlegeblätter
für Gewerbs- und andere Schulen. Erstes Heft.
‘ Erfunden und: gezeichnet von F. W. Mercker.
Brosch. 6 Kupfer in 4. Preis 8 or.
DECO!
des Innern von
Wie bie früher erfchienenen wird au Bi ee Wert
eine gänftige Aufnahme erfähren, ba au 38*
ſchmack und das Talent des Zeichners ga Bin de —
‚ Ferner folgende Fortsetzungen von F. W. Mercker’s
nungen
Zei
PRAKTISCHE ZEICHNUNGEN
von Meubles im neuesten und geläutertsten Geschmacke,
mit beigefügtem Massstab etc. etc. 9tes Zimmer
(vollständiges Ameublement). Stets 6 Blätter in gr. 4.
Brosch. Preis 8 Gr. |
DIE MAPPE DES BAUTISCHLERS,
oder Ideen zu Thorwegen, Hausthüren, Doppelthüren,
‚ Vorsetzern, Stubenthüren, Gewölbthüren, Glasthu-
ren, Bogen- und andern Fenstern; 3tes Heft. 6 Blät-
ter in gr. 4. Preis 8 Gr.
DER TAPEZIRER,
oder Drappirungen von ganzen Zimmern, Plafonds,
einzelnen Wänden, Fenstern, Betten etc. 2tes Heft.
6 Blätter in gr. 4. Brosch. Preis 8 Gr.
Vor Kurzem war neu:
CONSTRUCTIONEN von OBPEN,
nach Grundsätzen der Aesthetik und der Fenerungs-
kunde dargestellt von F. W..Mercker. 3tes Hefi.
8 Kupfertafeln in gr. Folio. Brosch. Preis 1 Yhlr.
Wichtige Anzeige
Prediger und Säulleheen
Bei Wienbrad ge d chienen
durch ale Gucpandlungen I Rd ra ei -
©. Fifcher,
Paſtor zu, "Sabnberg im Furſtenthum Rofeburg,
Dre tentwurfe
über die Epifen an den Sonn⸗ und Feſttagen de6 gam-
zen Jahres. After Bd. von Advent bis Judilate
Gr. 8. i Hk 12 Gr.
Bei aller Reichhaltigkeit unſerer ———* Literatur
bietet fie doch bis jegt nur eine duͤrftige Auswahl von, Bearbeis
tungen grade dieſer Perifopen dar, welche gleichwol voll der
herrlichſten Lehren und Wahrheiten find, und auch einem großen
Theil der kirchlichen Vorträge zum Grunde gelegt werben.
Ss
‚dürfte daher die Herausgabe dieſes Werkes zwei
a and, ——— —— um. fo BR: Be
‚faffer fi die Aufgabe, Reite,.
don den Mängeln, ähnlidger
* RT e die. zheiu gu.
oder von Amen bie be ..
chen —2 je
“ polfter. a deren. ber Gewiffenhafte und an Gelbftthätigfeik
„Benäßnte 0 fü au „bedienen mit. Bect anfteht, Sede, Deritspe
in 4 vollffändigern, und 8— i2 fürges ürfen behan⸗
- beit, bie aus dem Jexie ſelbſt beroenitit Min, und ihn mbatüähft
— BR 9
ur 8 A. P. ATbier,
. —E— in Shedruff,
wmm.e mte-n,
er Bürger‘ Inhait Erklaͤrungen und. erbaͤuliche Betrach⸗
tungen über die heilige Schrift des Neuen Teſtaments,
zum Gebrauch belklecht. Workefungen ꝛc. Iſter Thl. Zte
bis Zte Abtheil vom Pfingſtfeſte des letzten Jahres bis
zu ben legten Tagen vor der dritten Oſterfeler, der Lei:
ee und —— — Ei
40: ‚ had) alla angeliften. :
nr Gt. 8. Preis 1 Thir.
genp weiche bee erfien Lieferung
> 4 da
Mehre günftige
biefer Summarien zu
igfes
‚beffen nicht erfaltete —5 ffuͤr dies Unternehmen. 6
„.fenten-in der Ian, ; Par
„Wir pen bie Dar enkart bes Verfaffers, welche
"wir mit ihim theilen. Herr Gutbier huldigt der reinen evan⸗
geliſchen Wahtheit und dem Princip der Exegetik, in allen Er⸗
Faͤhlungen, WBllvernuhb ; Darfbellangen des. heiligen: Toder nur
das Seiſtige feſtzuhalten und zu betrachten. Er het von
ben Feſſeln einer Schuldogmatik frei ‚gehalten und bie ien
Bohwisses mit Kraft und Gluͤc bewegt!” i
— — — — — —
Anzeige für: keſevereine Zeitungscabinete und Sreunde
der Tagesgeſchichte.
— Briefe aus Paris.
trau * Treie ra
in den erſten Sn va Dee Jolinsrevointion,
des Auoͤfuͤhrlichen Berichtes eines Augenzen·
gen. “ *. Wei...
Acehann Beineich, Sehnitzter.
Diefes hoͤchſt intereffi Mr Ber Sacgait fo eränbeien
Aufſchluß über die franyöfffhen Zuſtaͤnde, fo viele Detatis Aber
"die Machthaber und ihre Pläne, fo viele Nachweifungen über
"ben vorausfihtlidhen Bang ber Dinge eines Landes, beffen
Schickſal wir auf das Schickſal bes übrigen une fo großen
- Einfluß üben zu fehen gewöhnt worben,. daß es ‚mit. Recht jes
„ bem nde ‚ber Geſchichte unferer Zeit empfohlen. werben Bann.
tuttgart und Tübingen, fm April 1838,
Ss 8. otta ſche Bucpandtung.
Bei shuach u * “Hatte iſt ſorben ekſchienen:;
‚Ber Heine. Studien und Sr zen
8 ni Bacarınır des Staats. ner Ser
e. 8,
> Be ber nt geht von ber: ‚lebeegeügund‘ sur; fr
bie 248 Geſellſchaft ein Organismus ſei, .beffen? Ent⸗
wickelungen und Lebensbedingungen ſo beſtimmten Ratwegefegen
unterworfen ſind, wie es bie Guteidylungen und Lebensbedin«
muß
‚und
ihrer, wichtigſten Theile bereichern.
2 zur
lich
ude⸗geugung sine Phyſiologie des Staats zu
——
eu wurden, Bi tem” die Bortipgung |- -
(ezkbägenh Dan RC
Ri ſchwarzen Fupfern
runter diefe Jegtern jene fo viel befprochenen, dem
der horſtwicthſchaft fo ſchaͤdiichen Krankpeiten gehdeen, bie un
gungen irgend einer — ſind. Er just in biefee Ueber:
naͤchſt nicht ſowol zu
begründen, als in ihren Hauptelementn anzudeuten, wie pr
aisıe-Dhpfiologie ber Pflanzenwelt, ober auch jedes. eriſchen
Drganismus, namentlich des menſchlichen Korpers gi
—— ——————————
ee —
Durch alle Buchhandlungen und Poſtaͤmter if zu beziehen;
Blätter für literarifche Unterhaltung. Redigirt unter Vers
antwortlichkeit ber Verlagshandlung. Sahrgang 1833,
Monat Mat, oder Nr. 121— 151, mit 1 Beilage:
Nr. 5, und 2 literarifchen Anzeigen: Mr. XII und XIIL
Sr. 4, Preis des Jahrgangs von 365 Nummern (aus
. Ber Den. Beilagen) auf gets Dmdpapiet 12. She.
Seivaie, im Juni 1838. -
F. %. Brodbaus,
Soeben ift in, der G. 3. Edler'ſchen Buchhandlung in
Hanau erfgienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
Denkreize, oder uͤber die Erziehung. des, Menfchen. Ein
Der Eon MW. Pfaff. -8-- Breſch 8 Gr.
-Diefe Denkreize werben ihrem Namen —E jebin
Gebildeten reizen zum Degfen über die hoͤchſten Anliegen der
Merſchheit. Der Seit des Verfaſſers iſt kühn und tief zu:
glei, und Alles, was er fagt und lehrt, fußt auf dem Grund
aa ofen Stubiums der Hfüofeppie» und Menſchheit⸗
ge
In Kart Gerold's Buchhandlung in Wien
ift ſoeben erſchienen, und daſelbſt fowie in allen Buchhandlun⸗
., gen De zu haben
N
Eranth eme der Pflanzen
mb einige mit dieſen verwandte
- Krankheiten der Gewaͤchſe
has pathogeneti[ —A ne ſporaphiſch
E 2 0 dem J
—— ‚Unger,
: Dinfitud, ber Bin.
ertanifaen berg großh. w
Ei KEREcN: EN EEE PT
Inden Mitgliede.
nn Mit * Rupfertafein..
Br. 8. ien, 1833.
Mit ilum. Kupfer in Smafchjog brofch. 2 Kr. 1° —* «ei
itte finb bi % —*
fenfäjft t fer Pi bi Berti Got, e —eS a “and
beutend bie Anzahl ber Schriften ift, weiche über wi —8
hafte Verhalten der Thiere, und beſonbers des Menſchen weit
laͤufig ſprechen, fo bat die Wiſſenſchaft doch nur Weniges, und
dieſes nur in zerſtreuten Auffägen, Journalen 2c. aufzuweiſen,
wenn es ſich um die Krankheiten ber Pflanzen handelt.
Dieſer Gegenſtand bildete daher dis jegt immer noch eine fehr
fuͤhlbare Luͤcke im Ganzen, und eine gute Bearbeitung deſſelben
nit allein großes Licht auf bie Pathologie der Thier⸗
enfchenwelt werfen, fondern die Botanik feibft nin rinen
Ginen fehr wertpuolien
athologie der Sewachſe bilbet nun vorliegenbes
mebre wiſſenſchaftliche Ardetten ſchon hinlaͤng⸗
—8* Herrn Verfoflers, welcher darin bie Fruͤchte ſei⸗
er zehujährigen, Außerft mübfamen Unterfuchungen über gie
autausfchläge der Pflanzen Vi hat. De
anddau und
— —
ter dem Mamen don Mehlthau, Roſt, Brand u. ſ. w.bekaunt
ſind, ſo Iunchtet die Mägtichkelt dieſes Verkes auch Tür: den
Dekonomen und Jorſtmqnn von ſeibſt in die Augen.
Die auf fieben Kupfertafeln auatomiſch⸗ netter bar⸗
fellten 6 Getzenſlande find arſpruͤnglich vom Heren Berfaſſer
DE ‚ und von unferm, in biefer Art fgon vortheils
a
Be: ic
. den wiffenfiaftliten Korfcer Seen KT bem ‚Werte
® ehahpt zur Zierde gereichen buͤrſten.
u Beriage ber Thriſſi X dtun
AF — Hr Ting’ fgei Fran 8
Baader, Franz v., Wertefungen über ſpetulative Dog:
matik. Ites Heft. Gr. 8, 12 Gr.
In allen Buchhandiungen iſt zu haben:
Grundſaätzze
der
AGRICULTUR - OHEMNER
in näherer Beziehung 7 — und forſtwirthſchaftliche
von
G. Schuͤbler,
ordentlichem Profeflor an ber Univerfität iu Tuͤbingen ıc.
2% site, vi 2 |
mit Kupfera und Tabellen in geipsig, aum⸗
gäriner. Pr. 1 Thlir. 16 Wr.
Richtige politiſche Schrift! |
Memoiren eines deutſchen · Stattamnnnes
ans ben Jahren 1788 bis 1816.
eeipris, 1888, dei Frieder. Fleiſcher. LIhir. 12 Gr
Der‘ Verfaſſer, gegenwärtig und mitwirkend bei ben im
diefe intereffante Seitperiode "fallenden wichtigften Ambaffabe
und Gongreffen, gibt Hier eine fehr anziehende Schilderung di
babei ‚vorgefommenen intereffanteften @reigniffe. Diplomate
und an Höfen lebende Maͤnner,⸗ welche jener Zeit wirkſam
waren, werden balb daraus ben- —* und felngekilde:
‚ten Berfaffer erkennen, und gerne begeugen, daß Min Wer
Seiner befondeen Empfehlung bei einem —X Publicum
bedarf.
Soeben iR eeffhlened. und durch alle Buchhandlungen zu
ten: j Be bs '
Meere 4
zum deutſchen Volkotyum
Friedrich Eubmwig Jahn.
ce 1 Xhle. 18 ‚Sr. raicviel
„Wer oͤffentlich als Sprecher auftritt, ar ief db we nur
in alablier Rebe laut wird, ober ſich i Drudfcriftin ver⸗
nehmen laͤßt, iſt der Wahrheit zum Anwalt verpflichtet. Wahr⸗
heit bleibt das erfte Belek für Zeden, der das Wort nimmt,
und Sreimüthigkeit das zweite. in Merthalter, jet er Red⸗
ner, feier Schriftner, ſoll allezeit ein Ritter und ‚Retter den
Baptheit fein, und niemals ein Schüdfnapp ber Lüge.‘
biefen Morten teitet der berühmte Berfaffer "Fine
Riten id intereſſanteſten Betrachtungen über „sie setlößie” Ber |
Zune bes Vaterlandes ein und nicht 5 Ratte mag
x bie Gediegenheit biefes Buches Birofäart. an, —3 —
auch die Bemerkung, daß daſſelbe nicht von einem &
33 weicher, wie es leider nur zu ſehr ber Kal ar
r Meſſe feine beftellten Arbeiten abiiefert. eſe —
uſind kung) 100° Adtultat mehr aid sion, Füpeigee Au...
’gen eines Beiſtes, der nidt zewohat iſt Auf’ der Dberfiäite au
Ifdgweben, ſondern init feiner ganzen, * ewoͤhnlichen Kraft,
akt Tiefen eined Gegenftandes zu durchforſchen. Wen der
Bätepeit der —* von der Driginalität der darin Ken»
Anfidgten, von ber Begelſterung bie vr Leib umb Erb
pr gleich und dem Waterlande mit voller Seele anhänpt, Sen
bem ruen ‚ was bie Lefer in bfefem merfwürbigen Buche fin
den werden, übeuebt: sung der Name ves Werfaffers, zu reden.
Daß fih das: Bud genau als: Kr feines „Deut:
ſchen Do tsıy — ch em X
im | been, font in, in ' * ald Drit Bar * *5*
—— ed obigen Buchs anzu nbigen ui
Silbburghanfen, ben’ Alter Zani- 1888.
Der Berleger
@..3. 9. Rnopf..
ö —
In der — non G. Reihardt in ECisleben
iſt neu u exſchienen und in allen deutſchen Buchhandlungen zu
bern J. ©. Fr. Gannabid)s
—* beim — in der Geo⸗
graphie
für" Lehrer, die ſich meiner oder auch auderer Lehrbuͤcher
bedienen. Zugleich zum RNachleſen für Freunde Ver
Erd⸗ und Laͤnderkunde beſtimmt, bie "4, über das
Merkwuͤrdigſte derſelben belehren wollen. Broßoctav⸗
“ format. 1fles Heft 4 Br. (Bat Ganze erſcheiat im
40 Monatshrften.)
„Sch 'voerde mich in diefem wahſebeqhe über’ die Sinleiting
oder fogenannte mathematifche Geographie mu ausbreiten 4 te
-vorgüg:
ken Gebirge, Sehffe, Green und‘ * NatuemerwcdAg⸗
7* der enden, ihre —* L: en ſoiche, die nicht
any bei verſchiedenen
— — nr f&aften, Gits
* Gebräußen, € 55 he — 3 die
e er derer
ter, —* w * —ã anf ——
niſſeidartlellen, und von: den; Mitanten, uch wol eingeigen Laͤn⸗
dern die —— — Geſchichte imittpeiten. Endlich
pird ein voliſandiges Alphabetiſches Ramen and Machregifier
den Gebrauch dieſes Huͤlfsbüchs erleichtern, und den "Lehrerin
den Stand ſeten, auch⸗ deiDenudung ieides andern Lehrbuchs
ſich 38— and ne. vortheilhaft zu ee
Uebrigenß on anh Iol e t in
der —*8 erthaſen, 37 —A— he Wiſſen⸗
Sheft ſich gern: damit befcgäftigen ‚ und. mebs Navon. Avon de wiffen
wuͤnſchen als in ge n Lehrboͤchern »
:Hülfsbuch nicht ohne Befriedigung zur Hand —— ge⸗
wiſſermaßen :nis ein geographiſches Leſebuch. gebrauchen koͤnnen.
Der Verfaſſat.
In dee Unterzeichneten find erfisienen und duch alle
Bude. und Kunghandlungen zu beziehen:
„Gärhe, lithographirt von Strirniee mit Thon, ‚auf Cars
— en 3 —*
mungen „zu Hoͤthe's
Pon E. Neureuther, wegeet 4 Hefte. Prels 10
Randzelchnungen zu den Dichtungen, deuöfcher Claffiker
von. ng Neureuther, lithograph. 6 Hefte. ‚Pielt 7
RR
mänden, im Apeil 1988.
. ELitbraciſch artififge Auſtalt.
— — —
»
— — —. — —— — — — —
Literariſcher Anzeigen
(Bu den bei 3. a. Brockhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.)
= 11833. Nr. XV. . Zn
Diefer Literariſche Anzeiger wird ben bei F. A. Brodhaus in Leipzig eefiheinenden Beitfchriften : Bräter fi für litera⸗
riſche unterhaltung, Iſis, ſowie der Allgemeinen mediciniſchen Zeitung, beigelegt ober beigeheftet, und beten
gen bie Infertionegebühren für bit Seile 2 2 Gr.
NUR MUSIRALIBN
sreithop &
cipzig.
Für Orchester.
Lobe 2 J. C., Ouverture (la Gaiete). Op. 27. 1 Thir.
.1
Für Bogeninsirumente.
Eichler, W., Variations sur un theme suisse pour Te Vio-
ion avec acc. de l’Orchestre. Op. 2. 1 Tbir. 12 Gr. -
— Fr memes pour le Violon avse acc. de Pianoforte.
16 Gr.
Götze, C.,-Variations instructives pour le Violon avec acc.
d’un second Violon, pour, servir d’Etudes des positions
les plus en usage dans l’art de jouer le Violon de Sme
Position. Cah. IV. 20 Gr.
Gross, J. B., 2 leicte Duetten ohne -Daumen - Kinsatz,
mit in channg der Lagen, für 2 Violoncelles- Op. 5
— — Capriccio sur un theme de l’opera; Joseph en Egypte
% Mehul peur le Violoncelle avec acc: d’une Basse.
p. 6. 12 Gr.
— — Diverüssement pour Violoncdlle et Pianoforte. Op. 8.
— — Qustuor pour 2 Violons, Viola et Violoncelle. Op. 9,
1 Thir. 16 Gr.
Kummer, F. A., Amueemen⸗ pour Violoncelle et Piano-
forte. R, 18. 1 Thlr.
Maurer, 6 Pieces sur des th@mes favoris pour 2 Vio-
en ot Violoncelle, Op. 70. Liv. 1 eti2. & 1 Thir.
Molique, Grand Concerto | su Violon avec acc. de l’Or-
chestre. op. 9. 3 Thlr, 12 Gr.
do. avec acc. de Pianoforte.
Ries, F., “ Grand Quintuor pour 2 Violons, 2 Altos et
Violoncalle, Op. 171, 2 Tbir, 12 Gr.
Soltyk, Rondeau avec Variations peur ie Violon avos acc.
de "Orchastre. Op. 2. 1 Thlr. 8 Gr.
Fär Blasinstrumente,
Bobrowicz, J. N. de, 6 Valses et une Polonaise pour
— — ‚Op 11, 6 Gr. Io ir Cor. Op 5
„Boppzrsec oizante «iu e ir Cor, .5.
er 1.2. &1 Thlr. poRF
— — 4o. do do.
1.2. à 1 Thir.
Kummer, @., Trio pour 3 Flütes. Op. 77.
Schindelmeisser, L., Concertante pour 4 Clarinettes
aves asc. de l’Orchestre, Op. & 2 Thir. 12 Gr.
— — do. do. arec acc. de Pianoforte. 1 Thir,
Für +@uitarre.
Bebzowien, J. N. de, Varistions. brillentes. Op. 10.
— — 6 Valses et une Polonaise. Op. 11. 4 Gr.
— — Hinprompte, Varlations. Op. 12, 8 Gr.
pour le 2d Cor. Op. 6. Un
'Marschner, H., Ariette aus Falkners Braut:
Bobrowiez, J. N. de, Introduction, Variations et Polo-
naise. 13. 8 Gr.
oO
Molino Guitarre- Schule franz. und deutsch. ‚Ate Aufl.
f & Hartel
Far Pianoforte mit Begleitung.
Gross, J. B., Sonate pour le Pianuforte et Violoncelle,
02.7. 1 Tülr. 8 Gr.
Gährich, W., Quatuor pour le Pianoforte, Violon, Viola
et Violoncelle. Op. 4. 1 Thlr. 16 Gr.
Klein, J., Duo pour Pianoforte et Vicion. 2 Thir.
Kuhlau, Quatuor pour le Pianoforte, Violon, Viola et
Violoncelle. Op. 82. Nouv. Edition. 2. Thir.
Mendelssohn- Bartholdy, F., Concerto pour le Pia-
noforte avec acc. de l’Orchestre, "Op. 25. 8 Thlr.
Schlesinger, D., Quatuor ‘pour le Pidnofoste, Violon,
Viola et Violoncelle, Op. 14. 2 Thir. 12 Gr..
Für Pienoforte zu vier Händen.
Belcke, C. G., 6 grandes Marches. Op. 8. 16 Gr.
Bellini, V., Ouverture de POpéra: i Capuleti ed i Mon-
tecchi, arr. 12 Gr,
Krollmann, 4 Piöces faciles, Op. 26.
Für Pianoforte allein.
Bellini, V., Ouverture de POp6ra : i Capuleti ed ä Mon-
tecchi, 8 Gr.
Hering, Variations sur une Valse favpri. 14 Gr.
Krollmann, Bondeau brillant et faciles.
Mendelssohn- „Bemholdy, F., Osverture zum Som-
mernachtstrasm. 12 Gr
— — Concerto. 6 Dede 1 Thir. 12 Gr.
Richte 12 C., 18 Redoutentänze. ile Lieferung. 12 Gr.
Re ‚„. Introduction et Variations brillante. Op. 170.
1
Schlesinger. D., Sonste. Op. 12. 16
— — 6 Exercices en forme de Valses. Op. 18. 10 Gr.
Biegel, D. S., Varisations sur le Duo de Tancred. Op. 60.
1
Taubert, W., 6 Scherzi. Op. 8. 18 Gr.
Für Gesang.
Claudius, * 9 Lieder für Sopran mit Pianofortebeglei-
tun
Danzi i, Singibungen für die Bassstimme. Op. 32, Neue
Auflage. 1 Thir.
Geissler, C., ‚Lieder der Unschuld, Liebe und Freude
für Sopran ’oder Tenor mis leichter Klavierbegleitung.
16s und 17s Werk. à 12
Häse a Requiem für 4 Männerstinmen, Op. 35. 1 Tulr.
12
Lorehz, Lieder und Romanzen für eine Singstimme mit
Piauofortebegleitung. 16 Gr.
„Ihr wa-
ckern Leute seid gegrüsst“, mit Guiterrebegleitung. 4Gr,
— — Ariette daraus: „Seid unbesorgt ihr wackern Leute‘,
mit Guitarrebegleitung. 8 Gr.
Miller, J., Fragen und Antworten, Wechselgesang für-
4 Tenöre und 4 Bässe, 10 Gr.
Nieolal, O., 6 Lieder für Sopran mit Pianofortebeglei-
tung. 168 Werk. 16 Gr
Riehle, J., 6 Lieder mit Begleitung des Pianoforte oder
der Guiterre. Se Werk. 12 Gr, “
Theorie.
Jelensperger, Die Harmonie des 19ten Jahrhunderts,
und die Art sie zu erlernen, aus dem Französischen über-
setzt von A. F. Häser. 2 Thlr. 12 Gr.
„oochen iſt erfchienen unb an alle Buchhandlungen verfendet
worden:
ROMEO AND JULIET.
A Tragedy in fire acts by William Shakespeare. Mit
erklärenden Noten, einer Erläuterung und einem
Wörterbuche, von F. E. Feller. 137 Seiten in 12.
‚Mit 1 Kupfer. Brosch. 9 Gr.
Die Perle aus Shakſpeare's Dichterkrone, ein Werl,
das jedes füße Gefühl im Buſen weckt, die einzige eigent:
liche Liebesgefchichte des unerreihbaren Tragikers wirb bier in.
einem Außerft eleganten Abdrud mit Hinweglaſſung anftößiger
©tellen und mit zum Berſtaͤndniß nöthigen Erklärungen und
Wörterbuche, als Lefebuch zum Gebrauch beim Erlernen ber
engliſchen Sprache „geboten. — Wir machen Kenner auf ein ers
. auterndes Vorwort über das Zrauerfpiel aufmerkfam.
Dupuytren's kliniſch-chirurgiſche Vorträge,
geſammelt und herausgegeben von einem aͤrztlichen Verein,
für Deutſchland bearbeitet von Dr. Emil Beh und
Dr. Rudolf Leonhardi. te Lieferung. Bogen
18— 236. Mit 3 Kupfen. à 18 Gr.
Was bisher von biefem Merle erfchienen if, Incl. biefer
Lieferung, koſtet 1 Ihir. 21 Gr. im Gubfer. : Preis.
Kritiſche Blätter für Forft: und Jagdwiſſenſchaft,
in Verbindung mit mehren $orfimännern und Gelehrten
herausgegeben von Dr. Pfeil, koͤnigl. preuß. Oberforſt⸗
zathe und Profeffor. 6ter Band 2tes Heft. In 8.
Broſch. 20 Gr.
Jähalt: I. Recenfionen über Sneune Berke. —
N. AbhanbIungen Der Ginfluß bes Dertlichen auf bie
Sorftwiffenfhaft. — Wie groß iſt ber wirkliche Brennholzbedarf
einer Familie? — Infeltenfachen. — Wovon hängt das Ber:
haͤltniß des in der Gegend , oder von einen Reviere verbrauchten
Rutzholzes, zu dem des Bremholzes ab? — Mancherlei bie
Erziehung des Holzes betreffend. — Saat der Ulme. — Wir⸗
kung bes Feſtſtampfens des Bodens. — Ueber bie ſpaͤtere oder
ſfruͤhere Bewurzelung der Senker. — Etwas über den Anbau
der Fichte. — Der Wuchs ber Lerche. — Ueber bie zweckmaͤßige
Größe einer Revierverwaltung. — Ueber die VBersinfung bes in
den verfäuflicden Holzvorraͤthen eines Waldes befindlichen Gelb:
capitald, durch ben jährlichen Holzzuwacht. — Erklaͤrung.
Magazin der neueften Erfindungen, Entdefungen
und Verbeſſerungen,
in ber gefammten Gewerbkunde für Fabrikanten, Manu:
facturiftn, Künftter, Handwerker und Landwicthe.
Bon Dr. Netto und G. E. Seidemann. Neuefte
Folge. Band I, Heft VI. Mit 25 Abbildungen.
In 4 8 Gr.
Leipzig. Baumgärtners Buchhandlung.
Bulwer's Romane.
Der geiftreiche Verfaſſer des „Delham“, Sir E. L. Bul:
wer erregt durch feine hoͤchſt anziehenden Romane nicht allein
in England bad größte Auffehen, fonbern hat auch ſchon in
Fraunkreich und Deutſchland großen Huf erlengt. Mir
glauben daher durch bie Pd ia chenfee (dönen,
als Außerft wohlfeilen Ausgabe von Bulwers ſammtlichen
Werten bean Wünfcen der gebilbeten Leſewelt zu begegnen.
Die erſten vier Theile bdiefer neuen Befammtausgabe baten
bereits bie Preffe verlafien, und enthalten bes Werfaflers zulckt -
erſchienenes Werk, unter bem Titel:
Eugen Aranm.
Ein Roman
von bem
Verfaffer des Pelham, Devereuru, f. w.
Aus bem Gaglifchen
von .
Kakei Dr. © BR Pörmann.
eile in klein Dctav nes Belinpapi
' Preis | 12 Gr. pen
Borräthig in allen guten Buchhandlungen Deutſchlands und
ber Schweiz. Mir heffen, baB biefe ſchoͤne Ausgabe eine güns
flige Aufnahme finden wird, und werden in biefer Borausfepung
vorerft „Pelham’', und dann ben nädftens zu erwartenden
neueften Roman Bulmer’s „Die Pilger am Rhein” balbs
moͤglichſt als Fortſetung nachfolgen n le.
3widau, ben 1ften Zuni .
oo Gebruͤbet Schumann. _
Doetifhe Literatur
Im Werlog ber Unterzeichneten bat foeben bie Preffe vers
laffen unb iſt durch jede ſeu Buchhandlung zu beziehen:
a6 .
Idylliſche Erzaͤhluns
fünf Sekfiänger
von
Karl Egon Ebert.
Elegant gebunden. Preis 1 Ihe. 12 Gr., oder 2 Ft. 30 Kr.
- Der Berfaffer, als lyriſcher Dichter unter ben Trefflichſten
genannt, bat feinem, mit großer Auszeichnung aufgenommenen
Deldengedicht aus bes böhmifchen Sage „Wiafta’’ in dem gegen:
‚wärtigen „Kloſter“ ein ibylliſches Gemälde nadhgefendet, weides
durch bie Sinfachheit der Gompofition, durch die Gemuͤth
bes ones, der das Ganze befeeit, und durch die Reinheit unb
Leichtigkeit des Verſes gleich ſehr anſpricht; nnd wie es einer
bee ebeiften beutfchen Fuͤrſtinnen gewibmer iſt, fo gewiß vers
nehmlich von gebildeten rauen und Mäbdchen Beifall ernten,
aber. auch bei dem fchärfern Beurtheiler Annerfennung finben
wird, Wir haben das Buch mit ber gebährenden typographis
fen Gleganz ausgeſtattet. Saͤmmtliche mplare 5 ein
lithographitter Umſchlag, wozu bie bem Gebicht entipredgenben
Zeichnungen ein bekanntes genialer Kuͤnſtler lieferte,
Stuttgart, im Mai 1888.
or Brodhag'ſche Buchhandlung.
Schillers fämmtlihe Werke,
on der unt —— — | Du
n ber er !
banblungen zu ein liad erfäienen unb Durch alle Badge
Schiller's Werke, ge. 8. 12 Bde. welß Drudpapier.
Die. Alaer Ausgabe mit Wigaette
— —, 18 Bde. Wiener mit Vi
ſchoͤnem en 12 51: im Fr gt. Fuß. of
— —, enausgabe. 18 Bde. weiß Druckpapier.
& 51. 24 Kr. im 24 Fl. Fuß. . “
Li
.>
2
—
‘
PS, "T- „mi, .i:ı
BT DL 2 SEE zur
In Kurzem erſcheint and eine neue Auflage von:
Schillers Werten in Einem Band, auf feinſtem Ve⸗
linpapier, wovon der Suhferiptionspreis 8 SL. iſt.
(Der nachherige Ladenpreis ift 12 Fl.)
Stuttgart, ben Iften Mai 1835.
_ J. ©. Eottaifhe Buchhandlung.
In Kart Gerold's Buchhandlung in Wien
iſt ſoeben erſchienen, und daſelbſt ſowie in allen Buchhandlun⸗
gen Deutſchlande zu haben:
& p ec ielle
Pathologie ‚und Therapie
an eiit n 9,
e einzelnen |
d
Krankheiten ber nugbarfim Hausfdugthiere zu erfennen
und zu heilen,
*
angehende Thieraͤrzte und Landwirthe
bearbeitet
von
Hieronymus WBaldinger,
der Arznels und Wundarzneilkunde Doctor, 48 or am t. x. Shi
Eng ——
er vufffiäen mebiciniſch⸗ hirurgiichen dbenite zu Peteröburg.
Dritte Auflage, mit Bemerkungen und Zuſaͤtzen
von
Michael von Erdelyi, Ä
en un vroſeiet am
Zwei Theile
®r 8. Wien, 1883. Preis: 1 Ihle. Saͤchſ.
Die Vortrefflicleit und echt praftifche Brauchbarkeit des
WBaldinger’fchen Werkes iſt nicht nur von bem thieraͤrzt⸗
lichen Yublicum und unparteiiichen Beurtheilern in Öffentlichen
Blättern im Allgemeinen anerkannt, fondern am fprechendften
dadurch bewahrheitet worden, baß eine zweite, nuy aber auch
eine britte Auflage noͤthig wurde. Diefe letztere hat jeboch
ihre erſchoͤpſende Vollendung erft durch des oben genannten
neuen Herausgebers genaue kritiſche Revifion, durch beffen zahl:
seiche Zufäge, Bemerkungen und fisenge Benutzung ber ſeit⸗
berigen Fortſchritte in ber Weterinairkunde erhalten koͤnnen.
Da übrigens auch die moͤglichſte Gemeinfaßlichkeit des Bortrags
und eine große Auswahl von Beceptformeln zu ben Borzügen
diefes Wertes gehören, fo wird feibes einer weitern Anpreifung
wol nicht bebürfen. *
Bei A. Wienbrack in Leipzig ist erschienen und
durch alle Buchhandlungen zu beziehen :
Dei letzte Mensch,
ein Epos in zehn Gesängen
ch .
GRAINVILLE |
\ ‚von -
A. CREUZE ve LESSER.
” Deutsch bearbeitet
von
CH. F. K. SCHIRLITZ.
Gr. 8. Preis: 1 Thir, 12 Gr.
Dies Heldengedicht, welches nach dem Urtheil der
Kenner zu den gediegensten und genialsten Producten der
neuern belletristischen Literatur Frankreichs gehört, wird
hier ia einer deutschen Bearbeitung dargeboten, worin das
Kühne, Erhabze und Wunderbare des Originals in einen
dem Idiom unserer Sprache angemessenen, gleichfalls poeti-
schen Gewande und zwar in der Form des hierzu beson-
ders ge Hexameteors möglichst treu wiedergegeben
ist. Eine Ankündigung, welche durch alle Buchhandlungen
gratis zu bekommen, spricht sich ausführlicher über den In-
halt aus. Als ein für jeden Gebildeten passendes Geschenk
darf dies auch äusserlich geschmackvoll ausgestatiete Werk
mit Becht empfohlen werden. —
K. 5. Rauer,
hittliche Erziehung
*
dee Menſchen und Voͤlker, als erſtes Beduͤrfniß der Zeit,
. Geh. 16 Gr.
Der Verfaſſer, ven dem ſchlechthin unwiderlegbaren Grund⸗
fag ausgehend, daß der Menſch zu etwas Edlerm beſtimmt ſei
als zum Saͤugthiere, hat es verſucht, hier das Gemaͤlde einer
Geſellſchaft zu entwerfen, wie ſie ihrer Beſtimmung nach ſein
ſoll, und dabei die ſchwierige Aufgabe zu loͤſen, wie die In⸗
tereſſen der Fuͤrſten und Völker am vollkommenſten zu verſchmel⸗
zen und zu verfähnen ſeien.
Dramatifhe Literatur.
Im. Verlag ber Unterzeichneten bat foeben bie Preffe vers
laſſen und iſt an alle folibe Buchhandlungen verfanbt:
Bie Freier.
Suftfptei
in
beei Aufjügen
von .
Joseph Freiherr von Eichenborff.
Elegant bdroſchitt. 9 Gr., ober 86 Kr.
Diefe neue Dichtung, von dem xühmlichft bekannten Ver⸗
faffer des „Taugenichts““, verbindet mit reichem Wit eine ges
wandte Darflellung, unb if zugleich für den Effect ber fcent»
[den Aufführung fo günftig berechnet, daß wir darin den
Greunden der dramatiſchen Kunft eine fehe willlommene Gabe
barzubieten glauben.
Stutigart, im Mai 18
33.
Sr. Brodhag'ſche Buchhandlung.
- In ber literariſch⸗ artiftifchen Anftalt in Muͤnchen iſt er⸗
f&ienen:
Karte des Königreihd Griechenland,
nebft Theilen der angrenzenden Länder des osmaniſchen
Reichs in Europa und Aflen, nad den neueften Grenz
befimmungen herausgegeben, in Kupfer geftochen von
Schleich und Soitz. Groß Landkarten: Format. '
Preis [dwar - oo a 0 0 0 0 00. ZB Kr.
— illuminirt eo ——— 8 gt. 4 Kr.
— illuminirt unb auf Leinwand gegen . 4 BL
%
a En)
Wir empfehlen die längst rühmlichst bekannten im
Industrie- Comptoir zu Leipzig herauskommenden
BLATFTER AUS DER GEGENWART,
von desen wöchentlich 1 Bogen enggedruckt dreispaltig in
4. mit 4 bis 5 Abbildungen erscheint, Der Jahrgang, incl.
der Ergänzungsblätter, von circa 58 Bo und mit etwa
200 Abbildungen kostet nicht mehr als 8 Thlr. Gewiss die
allerwohlfeilste deutsche Zeitschrift, die zugleich eine der
belehrendsten ist, welche erscheinen. | ,
Inhalt und Abbildungen bieten stets Neues und Ia-
teressantes, “
—
f
Bictiomnaize Universel de la lahgue frangaise, rödigs d
le Dietionaaire de l’Asaddmis frangaiso, et ceux de La-
yeaux, Cattel,. Boiste, Mayeux, Wally, Cormon, ete. etc.,
contenant toutes les mots de Ja langue uswelle, avec leurs
dtymelogieg, leurs definitions, leurs diverses accaptioms
:, au propre et au figur6; los diffärentes expressions prever-
biales, familieres, populaires, poetiques, et du style Sour
tenu, tous les principaux termes des sciences, arts et ınd-
tiers, avec leur signification et les explications u6cessalres
& la parfaite intelligence de chacun deux.
Quvrage enrichi de plus de Six Mille Mots, qui ne se
trouvent dans aucun autre diotionnsire, et d’un grand
nombre d’acoaptions omises dans les autres dictionnanires,
par Ch. Nodier et V. Verger.
Deux volumes in 8vo., contenant ensemble pres de
1600 pages, en caractäre neuf dit mignomne, à deux Colon-
nes, Paris, Ge. edition, 1882, prix 15 franes == 4 Thaler.
A. Asher. Berlin, Linden Nr. 20,
Nach dem ungetheilten Urtheile aller Gelehrten, denen bies
ſes Werk zugefommen ift, das ausführliche franzoͤſiſche Dics
fionnair. Der nicht unbebeutende Worrath ber Sten Auflage
wurde raſch und ganz Yerfauft, fobaß bie letztern Beftellungen
uneffectuirt geblieben find. . Die 6te Auflage bat“ bie Preffe |
eben verlaffen und ich erhielt die exfle Sendung bavon, melde
ich mit Recht anempfehlen kann. Preis 4 Thir.
3u haben in allem foliden Buchhandlungen.
Soeben -figd esflenen wab verfenbet worden:
Memoiren der Herzogin von Abrantes. Tter Band.
Memoiren Lubwig’s XVII. Tier Band.
Da «6 Länge anerkannt ift, daß diefe beiden Werke vor
fo vielen ihres Steichen fi vortheilhaft auszeichnen, erlauben
wis uns Slod, das Publicum auf das gefteigerte Intereffe,
welches die Kortfegungen dieſer Werke durch ihre wichtigen
. Mitthellungen erweden, hiermit aufmerkſam zu machen.
.
Leipzig, den 10ten Juni 1833.
| Allgemeine nieberl. Buchhandlung.
In melnem Verlage. wurde forben fertig und an alle Buch
handlungen verfandt: - .
Kitfert, E. 2&, Der Orden ber Trappiften.
24 Bozen in groß Octav auf Velindruckpapier. Preis
1 XThle. 8 Gr., oder 2 5. 24 Kr. netto.
Alle Recenfionen fprechen ſich auf das vortheilhaftefte über
dieſe ebenfo verdienſtliche ale zeitgemäße Schrift aus, und bans
ten dem Verfaſſer befonbers für die Unbefangenheit und Kreis
muͤthigkeit, mit welchem er das Mögliche bei der Gefchichte
dieſer Ordens verbindung leiſtete.
Rathgeber und Wegweiſer für Auswanberer
nach den Bereinigten Staaten von Nordamerika. -2te
vermehrte and verbeflerte Auflage. 8. Geh. 6 Gr.,
. oder 24 Kr. re —
Binnen 14 Jahr verkaufte fi bie erſte Auflage biefes
Werkchens. Mit WoUfänbigleit verbindet daſſelbe Gebrängt:
heit, und belehrt ben Auswanderer über Alles, was er zu thun
hat, um mit Vorfiht und, Ruhe auswandern zu können.
Zautefhläger, Dr. G., großherz. hefſ. Hofrath, Fi⸗
gurentafeln zur Phyſik nebſt ausführlicher Erklärung.
Fuͤr Freunde dieſer Wiſſenſchaft, insbeſondere für Gym⸗
naſien und Realſchulen. Aftes Heft mit 6 Tafeln.
Er. 4. Brei 12 Sr, oder 48 Kr.
Bei ber täglich allgemeiner ſich verbreitenden Ginfiht von
dem großen Ginfluffe, den das Studium ter Natur, insbefons
bere der Phyſik, auf die Ausbildung und Grhaltung unfers
Geiſtes, und namentlidy auf bie Beförberung unfers irbifchen
Wohlſeins hat, wird bie Erſcheinung des gegenwärtigen Wer⸗
kes — aus etwa M Heften in groß 4. beſtehend —, welchhes bie
Wahrheiten der Phyſik durch bildliche Darftellung begleitet von
einem ausfuͤhrlichen, erklaͤrenden Terte enthaͤlt, und durch feine
Wohlfeilheit auch dem Wenigerbemittelten zugänglich machen
fol, nicht anders als ſehr zeitgemäß genannt werben koͤnnen.
Der Herr Berfaffer, der feit geraumer Zeit den phyſikaliſchen Uns
terriht im den obern Glaffen des hiefigen Gymnaſiums beforgt,
glaubt befonders durch Werächiätigung ber praktiſchen Au«
wendbarkeit dee Lehren bee Phyfik nicht allein feinen Schuͤlern
anziehenden, nicht trodenen Leitfaben beim ‚ fordern
au Erwachſenen ein angenehmes Grimerungsmittel in bie
Haͤnde gegeben zu haben.
Dormfabt, im Mai 1883,
J. W. Heyer’s Hofbuchhaudlung.
In der Buchhandlung yon KR. F. Amelang in Berlin
(Brüberftraße Nr. 11) erfchienen ſoeben folgende neue Enter:
baltungsfdäriften: "
Ehrenteih, ©, Die Kämpfer der Vendée im
Deutfchland und Italien. Eine Novelle. 8. 1 Täler. 12 Sr.
Reimann, Ulrich, Novellen. 2Bände. 8. 3 Thlr.
J. Band: Die Dealer. — Meine Ferienreife. IL Band:
Berthold's Liebeögefchichte. — Die Dichten.
Anzeige.
Unterzeidineter erlaubt fi, auf eine in feinem
von einem ſachkundigen Gelehrten (welcher fig bemnädft nennen
wird) erfcheinende Mearbeitung bes ſoeben in Paris herausse
tommenen Werkes:
Abrege de Geographie, redigE eur an nouveau plan
d’apres les derniers traites de paix et les decourer-
tes les plus recentes etc. etc., par Adrien Balbı.
vorläufig aufmerlfom zu madgen.
Bei diefer Bearbeitung wirb vorzugsweife auf Vermeh⸗
rung und Bervolftändigung ber Topographie, fowie ‚ber auf
Dandelds und militairiſche Geographie Bezug habenden Gegen-
fände Rüdfiht genommen werben. Das Nähere behalte ich
einer binnen Kurzem erfcheinenden ausführlichen Anzeige vor.
Zugleich zeige ich Hiermit an, daß von:
Mayer, R., Deutſch-engliſcher Briefſteller, oder neue
Sammlung beutfher Danblungsbriefe,
wovon bei Hilſcher in Dresden die erfien beiben Auflagen, ver⸗
griffen find, binnen Kurzem die Ste Auflage revibist unb corci⸗
girt vom Profefior 8. Bent, Lehrer am Hiefigen Realgymnes
ſium A in meinem, Bei ger Koi
08 junge kaufmaͤnniſche Publicum, ſowie die Hanblungss
Ishranftaiten made ich Hierauf befonders anfınertfam.
Braunfhmeig, den Affen Juni 1888,
. G. €. E. Meyer sen.
IXYVXCXCR
Die engliſchen Almanachs zeichnen ſich fewol durch Nein⸗
beit und Gediegenheit des Textes als auch durch die Borzüg⸗
lichkeit ihrer Stahlſtiche aus. Dieſelben finden Bes
fall in Deutſchland, unb die Gelegenheit billig diefelben zu ac⸗
queriren dürfte daher nicht ummwillfommen fein. Der unterzeidh
neten Buchhandlung ift es gelungen, den ganzen Beſtand der
nachfolgenben engliſchen Taſchenbuͤcher an fich zu bringen und offeriz*
: Keepsake. 1823. — 33. b
Picturesque Annual. 1832 — 33, Se s Sebzgang
Heath Book of beauties, 1833. She.
Gleichzeitig mache ich auf daB Taſchenbuch Turner’s Annuaı
gar aufmerkſam. Es erfhien Anfangs biefed Zahres zum er:
n ale in großem Format, welches 2 Guineen gefoftet bat,
Nunmehr erfcheint eine Ausgabe in der gewöhrlidhen Octas-
‚ weiche für 7 Thir. gegeben werden Tann. Der
iR eine Heife an ber Loire, unb bie Kupfer dazu 21 ber aus-
gezeichnet fchönften Stahlſtiche der Loiregegenden. Die Kupfer
find ganz biefelben der fruͤhern theuern Ausgabe.
Berlin, A. Aſher. Linden Fr. 30. -»
Literariſcher Anzeiger.
(3u den bei 3. A. Brodhaus in Leipzig erfcheinenden Zeitfchriften.)
1833. Nr. XVI.
Diefer Eiterarifche Anzeiger wird ben bei 5. A
sifche Unterhaltung,
. Brodhaus in Leipzi
Iſis, fowie der Kligemeinen medicinifhen Zeitung, beigelegt ober beigeheftet, und betra,
ann —
erſcheinenden Zeitſchriften; Blätter für litera,
gen die SIafertionsgebühren für bi bie ‚Selle 2 Gr.
In ber Bitetarifg- artiftifhen Anftatt in Muͤn⸗
hen find erfchienen und durch ale follde Buch⸗ und
, Kunfthandlungen zu beziehen: "
Landkarten.
Karte von Europa, zum Zeerauc fuͤr Schulen eingerichtet,
4 Blatt, colorirt 2 I. 4
— von Deutfchland, zum read für Schulen eingerichtet,
4 Blatt, colorirt 2 TI. 48 8
neberſichtskarte vom Königreich Baier, vom Major von Pflums
‚mern, colorist 86 Ir.
Karte des Ifarkreifes. 1 31. 48 Kr
— zur Reife von München ins ii und ſalzburgiſche Hoch⸗
gebirg, 2 Blatt, jedes 1 5. 1
Bandgerichtslästchen von FR Suhferiptionspreid für bie
ganze Sammlung per Blatt 15 Kr.
Das einzelne Blatt 24 Kr.
sie find gr tenen: Bellngried, Weilheim, Ketbeim, Rieden:
Bu Werdent feld, Ingol at, Kandöberg, tadtambof, Eichftädt,
Doppenheim, Schonnan. enöber
Karte von Gchlefien, not Tpeilen ber angrenzenden Länder,
von Macco. 1 51.1
— von Frankreih, für * "Bands und Beifegehuand, in Kus
Reiſekarte dee Schweiz, | mar;
pfer geftochen von Geis, colorkt 2 Fl. 48
— von Stalten nebft den nördlich angrenzenden Enten, zum
Band: und Reifegehraudh, colorist 1 81.4
l.
tolorirt 4 a5. 80
color. auf Leinwand aufgezogen und in a 5 gt. 24 Kr.
Karte von Ungarn und Siebenbürgen, nebft Theilen der ans
grenzenden Länder. 3 UL
— des osmanischen Reihe in Suropa und einem Theil deſſel⸗
pen in Afien, 6 Blatt 4 FI.
— bed osmanifchen Reihe in Curopa, 1 Blatt 1 $i. 36 Kr.
— des Königreichs, Griechenland, nach ben neueßen Grenzbe⸗
fimmungen, in Kupfer geſtochen von aid, und Geig,
groß Sandkartenformat, ſchwarz a
colorirt 8 $t. 24 Kr.
auf Leinwand gezogen u. color. 4 FI.
— von Georgien und des Hochlandes Armenien. 2% BI.
Seſchaͤfts⸗ und Aeifetableau für Deutfhland und bie angren-
zenden Ränder, in Kupfer geftochen von Seid. 2 BI. 42 Kr.
auf Leinwand und in Etui 4 SI.
Kunſtartikel.
Anfihten, Niffe und einzelne Theile des Doms zu Köln, mit
Ergänzungen nad dem Entwurf bes Meifters, nebft Unter:
ungen über bie alte Kirchenbaufunft und vergleichenden
—* ihrer vorzuͤglichſten Denkmale, von Dr. Gulpiz Boiſ⸗
ſerse, in Kupfer geftochen von ben erften Künftlern Deutſch⸗
lands. 4 Lieferungen. Br. Weltpapier.
Jede Lieferung vor der Schrift auf chineſiſch Papier 150 ZI.
- auf Belinpapier 120 #.
mit ber Schrift auf Zelinpapler 60 I.
Sammlung alt», nieder= und oberbeutfcher Gemälde der Bruͤ⸗
der ©. und M. Boifferse und J. Bertvam, Uthographirt von
Strixner, Iſte bis S2fte Lieferung. Gr. Zol.
Jede Lieferung zu 3 Blättern mit einem umſchlag, und die
Abbruͤcke auf farbigen Karton aufgezogen 15 FIl.
Ein Blatt einzeln von 5 bis 10 81.
>
Koͤnigl. —* Semätdefammtung gu Münden und —R
heim, herausgegeben von Piloty, Gelb und Comp., lithogra⸗
phirt von Flachenecker, Piloty, Strirner und Andern, 20 Lies
ferungen zu 4 Blatt 400 Fli.
Das einzelne Blatt 8 Jl.
Auswahl einer Zahl ber vorzüglichften Gemaͤlde ber. Pinakothek
in Münden, als Folge obiger koͤnigl. bairiſchen Gemaͤlbe⸗
ſammlung zu Muͤnchen und Sdie ndein⸗ lithographirt von
Borum, Hohe, Leiter, Piloty u. A., in Heften von 3—
Blättern ‚ _1ifte bis Ate Lieferung. Fr Bolio. Jedes Heft
auf chineſiſch Papier 11 Ft.
auf weiß Papier 8 Fl.
Ginzelne Blätter auf chineſiſch Papier 5 gt. 30 Kr.
weiß Papier 4 FI.
Herzoglich Leuchtenberg'ſche Gallerie, Auswahl einer Zahl der
vorzäglichften Bilder, lithographirt von Borum, ‚Hohe, Leiter,
Piloty * A. In Heften von 8S—4 Blaͤttern, ifte bis Ate
Lieferun
Vdes Heft auf chineſiſch Papier u gl.
pier
Einzelne Blätter auf he Papier * Fl. 80 Sr.
weiß Papier 4 Fi.
Denkmale der Baukunſt vom 7. bis zum 18. Jahrhundert am
Niederrhein, von Dr. S. Boifferee, 12 Lieferungen, Royals
folio, 4 6 Watt 48 Fl.
Sammlung arjiteftonifäher Entwürfe, welche ausgeführt ober
zur Ausführung entworfen wurden, mit erläuterndem Text,
von L. v. Klenze, Iftes bis Stes Heft, jedes mit 6 lithogras
phirten Blättern. Gr. Folio.
Jebes Heft 4 FI.
Brescogemälde aus ber Geſchichte der Baiern, in den Arkaden
des Hofgartens zu Muͤnchen, herausgegeben und lithographirt
von einigen Malern derſelben, in 85 Blättern. Gr. Folio. 10 Fl.
Randzeichnungen zu Goethe's Balladen und Romanzen von
E. Neureuther, lithbographirt, 4 Defte 10 &t.
— — zu ben Dichtungen deutſcher Staffiter von E. Neureus
tber, 6 Hefte 7 51. 12 Kr
Srinnerung an Rom, 3353 und Neapel, Monumente und
Volksſcenen Italiens darſtellend, von * Gail, 6 Hefte, mit
30 lithographirten Blaͤttern. Bol.
Sammlung von Contouren ber —* schen Gemälte aus ber
Glyptothek, Pinakothek und ben a: aden i in Muͤnchen, 16 Blatt
mit erläuterndem Text. 2 Si.
Zempelsuine von Korinth, mit Halt, weiche ihre Beute
auf Kameelen durch gefangene Araber fortbringen laſſen, ge:
malt von Degded und auf Stein gezeichnet von Hohe, 4 FL.
Goethe, tpographirt von Strixner, mit Thon, anf Karton
aufgezogen. 48 Kr
Schulausgab'en.
Wir empfehlen hier die bei uns erschienenen
schönen. Schulausgaben von St:-Pierre Paul et Vir-
ginie & 12 Gr. Marmontel Bilisgire a 12.Gr. Let-
ires ®Hldloise ot Abeilard à 12 Gr. Chateaubriand
Atala et les Aventures du dernier Abencerage & I Gr.
Lesage ‚Le diable boitens a-16 Gr. Cersaates Novsl-
Bu Ken u: Napoleon's und feiner
neueften Tadler und Lobredntr. Won Sr. |
Dictiomaire Universel de la langue frangaise, r&dig6 dapres
Ins gjemplanes & 12 Gr. Ortis Ultäke lettero à 16 Gr.
(Unter der Presse sind Manzeni I 'promessi sposi
und Silvio Pellico Le mie prigioni.) Wash. Irving
Columbus & 18 Gr. Shakespeare King Henry IV.
a 1 Thlr. Romeo and Juliet & 9 Gr. sämmtüch ı mit
Noten und Wörterbüchern,
Io allen Buchhandlungen zu haben.
Baumgãaretneres Buchhumilang.
Buctanbtung von ©, Schmerber in Frankfurt a. M
Einladung zur zur Suhpeciptian.
SG ef CH ibhte
europätfgen Menſchheit
AMittelalter |
Anton vo. Tillier.
Reue Ausgabe in doͤchſtens 10 Lieferungen jebe zu 10 Bogen,
ie seyetent. Der erfte ar niedrige Subſcriptions preis be⸗
trägt wur für eine Lieferung.
Diele Geſchichte des Mittelalters iſt zunädft für
die gebildeten Stände berechnet. Gefloſſen aus einem viel-
feitigen Quelfenftabiun, doch ‚ohne die Quellen ſelbſt ermübend
” nennen und üngaführen, gibt biefelbe bie Begebenheiten wer
ee in —— Klrze, noch in zu weiter Auidehnung;
Kt bei den, für bie Bildung. bes Wöller und bie Geſtaltung
idenden Thatſachen ausführlicher als bei den
minder erheblichen Creigniſſen, und verſichert ſich durch bie klare,
edte, und oft ſogar gemuͤthlliche Form ber Darſtellung des Bei
fans und bes Jutereſſe der denkenden Lefer. |
In einigen Wochen erſcheint bei mir:
Archiv für Geſchichte und Literatur. Herausge⸗
geben von ee Ehr. Schioffer und ©. Aug. Bercht.
Finter · Dan
Chr. Schloſſer. Zweite Abtheilung.
le Dictionnaire ‘de lAcadé mie frangaise, et ceux
veaux, Cattel, Böiste, Mayeux, Waly, Cormon, etc. etc.,.
‚contenaut tonten les mot de la Jangue ‘usuelle, avec leurs
&tymologies, leurs defmitions, leurs diversen abveptlons |
au prepre et 'au Aguns; Ios diffönentes axpressions prover
bialos, familidwen,, popabaires,
‚tenu, tous le⸗ x des‘ selemeze, arts et'm6-
& la parfaite in ence de chacun deux.
Ouvrage 8 e plus de Six millo mota,
_ trouvent dans auqun autre diekiganzire 4, et d’un and |
nembre d’acceptlohs - omises’ därts
par Ch. Nodier et V. Verger.
her. Berlin,.Lindendle. 20,
Rach dem ungekheilten Urtheile aller Gelaprten, ‚benen die⸗
us, es du'style"son- _
oation t les explientiuus ınscemmiren :
les auffes dictionnaires, :
‚Des: volumms in. 8vo., swontentkit. eistenible: Pres de :
INOD ‚u eazacttre:meuk dit auigeenme,ıdk: ‚deu coll '
Den, —* Giöme ition, 1882, ‚prix i18 fragps mu 4 Thalye. :
. fes Werk ängefommen 5 das efahaichte hanzökfäe Dic-
:tiomeair. Wer nicht unbed
-wutbe raſch und en lauft, ſodaß die Ieatum B
eutande Votrath ber Sten Auflage
eftellungen
uneffectuirt „geblieben find. Die 6te Auflage bat bie Preſſe
eben verlaffen umd ich erhielt bie erſte Genbung bavon, welche
ich mit Recht anempfehlen kann. Preis 4 Thir.
f< 35* iſt ſocben erſchienen und durch alle
| folibe
Beitraͤge zur Renata des Fatholicismus und zur Foͤt⸗
dernng der Sache des Lichtes und —— Oder:
Kritik der neueſten und
— dem Gebiete ber katholiſchen Theologie, von 2.
Mm. Eiſenſithmidt, koͤnigl. —— Profeifor zu
‚Schweinfurt a. M. "tr. 8. Broſch. 1 The. 6 Gr.
Diefes neue Merk eines Welehrten, der ſchon durch mens
theologiſche erhrifien ſich einen großen Ruf erworben bat, wirb
——ã Verbienſte noch r
| Sapıblder be der Perußichen Provimtalfkinde. Eine Zeit
ſchrift zur Beſprechung gemeinfamer Angegämßeiten
des Vaterlandes. Deraubgegeben von Dr. Reause
vu. m. 2. Su6 Def. Br. 8. Bold.
keipzig, im Juni 1833
G. Wolbrecht
ee a ee NER
Im Industrie- Comptoir (Baumgärtner) in Leip-
| zig ist soeben erschieven und an alle Buch- und Kunss-
haadlungs
n versendet worden:
Die beliebtesten
der gegenwärtigen Zeit, .
ein schön lthugraphirtes grosses Tableau 29 Zoll hoch,
23.Zell:breit. Preis 16. Gr.
Die Portraits von Cherubiai, Spentiai, Boisidieu, Ros-
sini, Auber, Paer, Spohr, Bellini, , Meyer-Boer,
befinden sich bier im -«iner schönen Grup irung, von ‚Wel-
ken umgeben und den Emblemen der Muäk begleitet.
Die Iden einer solchen Zusammenstellung wird gewiss
jeden Musikliebhaber ansprechen ‘und das Tableen als Eie-
mörversierung unter die geschmackvolisien Zesählt werden
können.
Reue Berlagswerke
J. D. Sauerlaͤnder in Frankfurt am Main.
Dftermeffe 1838,
Adrida, Dr: u. Profeſſor, Skizzen aus England. Zweiter
Shell. 12. 1 She. 18 Gr., oder 8 FE.
Khbad, J., Dr: u. Profeſſor, Geſchichte Spaniens. nad Bor
tugals zur Zeit ber Harrſchaft der Almoraviben und Alme:
baden. seien Ehil Gr. 8. Auf Drudpap. 2 The.
12 Sr. om 30 Kr. Auf Velinpap. 3 Thlr., ober
Greisenad, Dr., Lehrbuch der Planimetrie, für Gymnafien
i —— Mit B lthograph. Steintaf. 8. 21 Gr.,
3*
Döring, G., Tage bet Vorzeit. Dramatifches Sehiht. 1 Ih.
8. @r., ober 3 HL 15 Kr.
Eriederid, Dr. &, Gerena. Die Jungfrau bei und nach
ihrem — in bie Welt. 2 Theile. mie 2 Kpf. te
verb. A 8. Geh, Auf Drudpap. 1. Ihle. 21 Ge,
oder 8 Fi. Kr. Auf Belinpap.. — — —
oder & Fl. 80 Kr.
Dahn, E., Kritpwetifihes Erempelbuch für ben Säul: und
Yrivatunterrüht. Zweiter Gurfus Zweite Aufl. Ger. 8.
8 ®r., ober Kr. ,
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Hahn, ©., A —* heffetben. 3 tweiter Curſus. Zweite Aufl.
——— zu — Merten Bwsite die ſereng
8 Biattern. 16-@r., ober 1 Fi. 12 Mr.
— — zu Irving'« Werken. Bweite Lieferung in 4 Blaͤt⸗
teen. 3’Ge.,:ober 86 Kr.
gautirs, Bucflabir» und Leſeſpiel füe Kinder: ‚Dritte
verb. und vermebite Aufl. In einem eleganten Käſtchen.
12 VGr., gbre 38 8
Defele, A. Frihr. von, Mider aus Itallen. 2- Zelle. 8.
* eh Ku Foau 25 des Königreichs. N
aten, n don, tes e 5
Be von 141&— 43, 12. 1 Ihe. 16 Gr., oder 2 EL
Kr.
— —, Die eiga von Cambrai. Gäiſchichtliches Drama in ' drei
Acten. 8. 12 Gr., oder 54 Kr.
Sument, Konrad, Beitrag zur Berttetäung ber lateint⸗
den Sprade. Gr. 8. 12 Fl ober 54
Storch, Ludwig, Die Intrigue. Novelle. 2 Fyae. 3weite
verbeſſerte Auflage. 8. 1 Thlr. 18 Gr., ober 3
Bl.
Balfter, S., Präfidene‘ des Schachclubt in Nottingham, Ans
welfung zum Schachfpielen. Die vorzuglichſten Spieler:
— * umb Endfpiele, mebſt einigen —— Stel⸗
tungen und 50 ausgewählte Aufgaben erthaktend. - Auds dem
- Gngl. Überfegt und mit Ammerkungen begleitet don. 2. 8.
Where. Mit einer !üpegraphinten Zeichnung. 8
ZiiGr,.ober. 2:51. 30:8
Zimmer, 3.6. Sonffloriatrast, Die Geſchitht
medung ws Lazarus. Fünf Betrachtungen. 12 Geh. 8 Gr.,
. Beitfgriften. |
Erholungsfunden. Zeitfchrift für gebildete Leſer. Se
ausgegeben von G. Döring. Berhöter Jahrgang für 1838
in 12 Heften, 5 Shtr., oder 8 Th
York: und Jagdzeitung, Allgemeine, beraudgegeben vom
a Behlen Neue Kolge. October bis Decem⸗
der 1 1 Thlr. & Gr., oder 2 $. 16 8. Zemar bie
Decembre 1833 4 Thlr. 16 @r., ober 5 Fl. 2
dDieſe Zeitſchrift erſcheint nun wieber —4 und bie
Defte werben zu Anfang jeben Monats ausgegeben. Pen
bis jegt fertigen 9 Heften end 5° „litpogenphiete Zeichnungen unb
Tabellen beigegeben und für die naͤch Hefte find wieder
. 3 5 Nrpographirte Zeichnungen in Yrbekt Dem innern Gehalt
r ber äußern Ausfattung wirb ber Beifall der Lefer nicht
Atze en. -
naar
In der Unterzeichneten iR erichienen und in allen Buch:
Yandlungn zu haben:
‚Bhetores graeci, ex codicibus florentinis, mediolanen-
‘ sibus, mumacensibus, neapolıtanis, parisiensibus, ro-
manis, venetis, tauriensibas, et vindobonensibus emen-
datiores et anetiores edidit suis aliorumgue annota-
' üGomibus instruxit, indices locupletissimos adjecit Chr.
Wales 8 maj, Vol. I. Xi et p. 658.
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Drudpapier 7 FIl. 12 Kr.
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1 Fouoycvouc ng0Yvar&ouare.
M. "Ayp9ortov nooyvurasuaı Ta.
1)'Mir3alov ToV Kauapıosıov Enıroun el; 1a 15 Enro-
„gıxäis Acoyuuvâduære.
2) Aravyüuov nel Tor ou Ay9orlov ApOyyuracueitev.
. Otuwos vuvoouaTa.
Zyölın El Ta airc,
IV. Nixoikou Mpoyvuvaoızara.
V. Nixmmgdeov toü Baoıklazn nooyuavaouure,
VL Adgıuroö uelfrau.
VII. Zevgpov gunynuara wu AIomorlaı.
VIH. Trassylov- ou -Ilayupsgoüs mepyunräguare,
IK. Ayoyvuov nooyuuvaonara.
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Geh.
e ber Aufer-
vol. X et
ibp. 10 Rt.
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Eitayarı eroMlay }x denpopärv Texvoyoapav eis 1a -
dewuevu ric Eaueyevous Ömrogıxiis. m
Zepewuü wal Zunarpov zul Mapxelltvouv eis Zidusıg Toü
Eenoytvors.
Vol. V. I et p. 620.
Schreibp.
Druckp. 6 di. 28 Kr.
Inhalt:
narodv oyölıe eig Tag Ziraosg. \ j
Ma$fuov ou Illayovrov ayolia eis ıfy "Bouoybrous
ey.
Meipov nepl Twv Alvıay üytı3dasay.
Ayayiuov neol Zrdaswv.
Myanla-voö WAlov ep Zuvdnxäs.nor ou Adyov
uegwv.
Zwvoyız 1oy Imrogıxüv Idedy.
VI IMooleyöusva ing Öntogixis. n
tuttgart und Kübingen, im uni 1838. oo
z & Cottage Buchhandlung. "
— — — — —— —
Dan Werehrern der eagliſchen Spende!
Zn dee Buchhandiung von K. F. Amesabg.in Gerlin “
tflraße Nr. 11) eefölen und iſt Safelöft fowie in allen
Hhandiungen bed Inr und Auslandıs zu haben:
Ausführlices Lehrbuch der englifhen Sprache »
für Schulen und Privatunterricht; enthaltend:
wiſſenſchaftlich geordnete Anleitung zur Ausſprache und
Aneignung der Sprachformen; vorfländige Entmidelung
der Spntar, mit zabfreichen Webungsbeffptelen, beſonders
fuͤr reifere und gebildetere Schüler höherer Claſſen; «einen
Anhang zur Kenntniß und Uebung des im Mexcantilifchen
uͤblichen Styles, und eine. Auswuhl guter,. zweckmäßig
erläuterter Leſeſtiicke Von
9: Burckhardt, aus Löndon,
vedrer es ſchen 1 Sprade um dem are Söuiee fr Ba dem
u ze
—— —
Borſteder ⸗d·
3weite er
42 camnpreffe Bogen im re O E a * auf weißem Douchpapier
r
I
H.
IIE,
TV.
V.
Diefe, mit fo —— Deiſall· aufgmommene
Sprachlehte, mit willenfähftlichem Geift Me aufaefBt, und gleich⸗
zeitig alle praktiſchen Zwecke mit genuͤgender Ausfuͤhrũchkeit
verfolgend, iſt nicht für Anfänger geei net, aber tetfere
ShHhüler, ſowol Jünglinge von cia ga ‚Borbilbung, als
Damen, welde einigen vorbereitenden Untersicht in deutſcher
und frangdfifcher Spree genoſſen, überhaupt — ve neben “
vielfeitiger Jertigle der —— geönbticge
Anſchauung bes Eprachorgauiemus -erfirebt, wizb: dm" Diefem
Werke volle Befriedigung finden. Vs übesteifft alle *
Beste dieſer Art an Reichhaltigkeit der Materialien, und dabei
iſt der Preis fuͤr 82 enggrbruckte Bogen gewiß hochſt mäßig.
Indemſelben Bertage erſchten feſhrer:
Vorfchabe der ewglußchen Speer For: Dertſche,
mit beſonderer Berächäkigung der —2 für AMager,
nebſt Uebungen zum Ueberſetzen, gun Eee:
vern Fra Fi — —— rund.
Sefeübungen. Bon 5 F. Burcdherst. 1838. 20c0tie
are nuehie Bnciden —— — ber ‚dam geucci⸗
see er; sch
nen. Eeben ann plohohe vortommenben Vbeoter und: Sieben:
um Konwerbislernen. mepiri fach: unbe
Huͤlfsbuch zur Erlernung ber englifchen Sprache, und
FH
per
ven
N
— tige ſich dreifach
gen zu haben:
vorzuͤglich zur Uebung bes Gedaͤchkniſſes, herausgegeben von ©.
.Burckhardt. Zweite mit Phraſen und kleinen
Erzählungen ſehr verm. Aufl. Gr 12. Geh. 8 Br.
— *8 Engliſch⸗Deutſches und Deutſch-Eng⸗
1iſcheü Taſchenodrterbuch, nach ben an
über beide Sprachen erfchienenen gröfern Wörterbüchern, ber
fonders nach denen noh Adelung, Johnſon nd Cham⸗
bexs bearbeitet von G. F. Burdhbarbt, Zweite ver:
mehrte Auflage, in weicher bie Betonung, bie Aus⸗
ſprache, das Geſchlecht, bie Mehrzahl, bie unregelmäßigen
Zeitwoͤrter, die techniſchen, veralteten, wenig gebraͤuchlichen
und niedrigen Woͤrter genau bezeichnet, ferner die Hinwei⸗
fung auf richtige Anwendung der Zeitwoͤrter und deren Vor⸗
wörter, und auf bie Mannichfaltigkeit des Ausdrucks, auch
ein alphabetifches Verzeichniß der wichtigften Ränder, Derter,
Zauf: und anderer Ramen, fowie ber gewöhnlichkten Abkuͤr⸗
zungen, unb eine Zabelle ber unregelmäßigen Zeitwoͤrter beis
der Sprachen enthalten find. Zwei Theile Erſter
Theil: Englifh: Deutfh. Zweiter Theil: Deutſch⸗
Englifh. 1833. Octav. Jede Beite in drei Spalten,
mit ganz neuen Perlſchriften gebrudt. Engl. Drudpap.
Sauber geheftet 2 Thlr. 8 Er.
Politik.
Soeben hat bei Unterzeichneter die Preſſe verlaſſen und iſt
an alle ſoliden Buchhandlungen verſendet worden:
Baierns Heerzug nach Griechenland,
contradictoriſch eroͤrtert nach Grundſaͤtzen des Rechts und
der Politik. Mit. Urkunden. Gr. 8. Geheftet. Preis
9 Gr., oder 36 Kr.
Bor-andern politifchen Flugſchriften zeichnet bie gegenwaͤr⸗
aus: durch Neuheit und praktiſche Wichtigkeit
des Gegenftandes; durch bleibenden Werth der Erörterung für
Geſchichte, Politik, Staats⸗ und Voͤlkerrecht; dadurch, daß
äber den Streitgegenſtand bie Stimmen beider Theile bis zur
Duadruplif fogar, contrabictorifch fich vernehmen laffen, "wobei
bairiſche Amtlichkeit der einen, und wohlbefannte politifche Mei⸗
ſterſchaft der andern leicht zu erfennen fein wird.
SBGtuttgart, Ende Mai 1833,
Sr. Brodhag'ſche Buchhandlung.
> EEE EEE
In der Luͤderitz' ſchen Buchhandlung (GE. H. Schroͤ⸗
der) in Berlin erfhien eben und ift in allen Buchhandlun⸗
Dffened Sendfchreiben
on Hr. G.:D.:8.:Rath 8. Stredfug,
zur Verfländigung über einige Punkte in den Verhaͤlt⸗
niffen der Juden. Bon Dr. 3. M. Zoft (Verf. der
eilt der Istaeliten). 6 Bogen. Gr. 8. Geh.
3 Ä Ä
Im Verlage der Buch- und Musikhandlung von T.
Trautwein in Berlin erschien soeben ı
Des Adlers Horst,
romantisch-komische‘ Oper in 3 Acten von K. von
Holtei, componirt von Franz Gläser. Vollstän-
diger Klavierauszug vom Componisten, Pr. 5 Thir.
12 Gr. Ouverture f. Pfte, allein 10 Gr. Sämmtliche
Nummern darans sind auch einzeln zu haben:
Die Oper „Des Adliers Horst“ ist bei den Auf-
führunges in Barlin und Leipzig mit dem entschiedensten
Beifall aufgenommen worden; die Bühnen von Dresden,
Prag, Riga und Wien setzen sie bereits in Scene, und es
ist keinem Zweifel unterworfen, dass alle bedeutendern
deutschen Theater in Kurzem ihr Repertoir mit derselben
vermehren werden, da sie, competentem Urtheile zufolge,
überall zu gefallen geeignet ist.
9
ee ——— — — ——m UNS ——————— ä —⏑—
*
Es sei unter diesen Umständen eriaubt,.die
Musikfreundo auf den obigen Klavieranszug
aufmerksam zu machen.
Bei Ferd. Eßmann in Minden if erfihienen:
Platon's Erziehungsiehee,, als Pädagogik für die
Einzelnen und als Staatspaͤdagogik. in Beitrag zur
Geſchichte ber Erziehungswiſſenſchafte und Kımfl. Aus
den Quellen bargeftellt von Dr. Alerander Kapp,
erſtem Oberlehrer am Ardyigpmnafio zu Soeſt. Oder
Diaton’s praktiſche Philoſophie. 2 Thir.
Kapp, Dr. Ernſt, Einheit des geſchichtlich- geographt:
fhen Unterrichts. Mit 1 lithograph. Zafel. 10 Gar.
Derfelbe. Hellas. Hiſtoriſche Bilder für den Jugend⸗
unterricht. 10 Ser. .
Untereicht in ben unterm Gymmaſialclafſen, in Reals
und Bürgerfchulen. 74 Ger.
Neue Schriften von Theodor Munde.
In meinem Verlage erfcheinen foeben folgende hoͤchſt ie
tereffante Neuigkeiten, auf weiche ich bie Freunde ber ſchoͤnen
Literatur wie alle Lefezirkel lebhaft aufmerkſam mache.
Novelle von Theodor Mundt,
papier. Broſch. 1 Ihr. -
und
2. Kritiſche Wälder. - Blätter zur Beurtheilung ber
Literatur, Kunft und Wiffenfhaft unferer Zeit. Bon
Theodor Mundt. Gr. 8. Broſch. 1 Thle. 12 Sr.
Mundt nimmt feit eigigen Jahren als Rovellenbichter wie
als Eritifcher Schriftfteller unter unfern beliebteften und frucht⸗
barften Autoren einen anerkannten Plat ein, unb fein Urtheil,
bas er als Mitarbeiter an ben bebeutendften beutfchen Journa⸗
Ien abgibt, gilt überall für eine der einflußreichften und geiſt⸗
vollften Stimmen, welche man in ber Gegenwart laut werben’
bört. Wenn wir baher feine neue reizende Geſichterſtudien⸗
novelle: „Der Bafilisk”, den zahlreichen Freunden feines
„Duetts”, feine „Mabalon”, mit Zuperfiht in bie
Haͤnde geben: fo Hoffen wir nicht weniger, daB feine „Kris
tifhen Waͤlder“, in weichen er. in feiner lebendigen Me-
nier Sharakteriftiten von ben bebeutendften literarifchen Erſchel⸗
nungen der Gegenwart entwirft, eine anregende Lecture für
das gebildete PYublicum zur Drientirung im @eifl der Zeit feis
werben. -
Leipzig, Oſtermeſſe 1888.
’ . G. Wolbredt.
Soeben tft folgende’ zeitgemäße Schrift, welche insbeſondere
allen Freunden des Schulweſens zu empfehlen fein bärfte, bei
uns erfihienen unb an alle Buchhandlungen verſendet worben:
Weber die Verbindung der Sprach- und Neal:
wiffenfhaften in Gelehrtenſchulen. Andes
tungen und Wuͤnſche von M. Rüdiger,. Rector des
Im Monat Zuni 1838. |
J. G. Engelhardt' ſche Buchhandlung
_ 8
in Freiberg. _ .
Um GSollificnen zu vermeiden zeige ich hierdurch an, baf von
Characteristics of women, moral, poetical and histo-
rical, by Mrs. Jameson. 2 vols. London 1832.
eine deutfche Bearbeitung in meinem Berlage erſcheint und zus
Michaelismeffe virfandt wird.
Leipzig, den 14ten Juni 1838, "
Joh. Amber. Barth.
— [m
-
>
ui
Derfelbe. Leitfaden für den geſchichtlich⸗ geographifcen |
1. Der Baſilisk, oder: Gefihterfiudien. Eine
Gr. 12. Ver
Spmnafiums zu Freiberg. Gr. 8. 3. Bogen, 6